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Full text of "Duesseldorf Und Seine Bauten"

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Herausgegeben vom 

Architekten= und lngenieur=Verein 
zu Düsseldorf 
Selbstverlag des Vereins 

Kommissionsverlag und Druck: L. Schwann, Düsseldorf «1904 




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Sämtliche Abbildungen in Zink- und Kupfer¬ 
ätzung wurden in der Reproduktions-Anstalt 
von L. Schwann, Düsseldorf, hergcstellt. 


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Vorwort. 


Als der Düsseldorfer Architekten- und Ingenieurverein trotz seiner Jugend 
lY und seiner entsprechend geringen Mitgliederzahl sich erlaubt hatte, 
die grosse Verbands-Wanderversammlung bei sich zu Gaste zu laden, und 
die ersten einleitenden Beratungen anstellte, in welcher Weise er die Pflichten 
des Festgebers zu erfüllen haben werde, da wurde als einer der ersten der 
Gedanke laut, dass jedenfalls auch »ein Buch geschrieben“ werden müsse. 
Gehört doch ein solches anscheinend zu dem unentbehrlichen Rüstzeuge, 
womit der Verbandswanderer in dem jeweiligen fremden Orte ausgestattet 
zu werden pflegt. 

Aber, schnell fertig ist die Jugend mit dem Worte, nur leider nicht 
ebenso rasch mit dem — Buche, das zeigte sich bald. Wohl manch einer, 
der begeistert für das grosse Werk stimmte, wurde sich der wahren Trag¬ 
weite seines Entschlusses erst recht bewusst, als es nun galt, selbst sein 
Teil dazu beizutragen. Denn dass nur die Mitglieder des Vereins bei der 
Zuweisung der zu bearbeitenden Abschnitte, in die sich der Stoff von selbst 
zerlegte, in Frage kommen könnten, das stand sogleich fest. Ja, wenn noch 
der vertraute Zeichenstift allein genügt hätte! Hier aber musste auch die 
viel sprödere Feder gehandhabt werden, um Entstehung und Wesen des 
zeichnerisch Dargestellten zu beschreiben. Mehr wie einer erlahmte an der 
Aufgabe, die er neben seiner Berufstätigkeit geglaubt hatte bewältigen zu 
können, und nicht immer war ein Ersatz leicht zu finden. 

Die Arbeit der Redaktionskommission war weder nach dieser Richtung 
leicht, noch gegenüber dem bald erkannten Bedürfnisse, die Einzelabhand¬ 
lungen zu beschneiden oder auch zu ergänzen, kurz zusammenzufügen, dass 
nicht bloss äusserlich, sondern auch nach Stoffbehandlung und Schreibweise ein 
möglichst einheitliches Werk, ein Buch des Vereins entstand, nicht eine zu¬ 
fällige Sammlung »fliegender Blätter" von Einzelbearbeitem. Hierin das 





VI 


die er mit seinem Namen deckt, gewahrt blieb, erschien als eine der vor¬ 
nehmsten Aufgaben der Redaktion. Nur zwei Kapitel eines und desselben 
Verfassers, die etwa herauszufinden dem Leser überlassen bleiben möge, 
durften diesem zugunsten des Einklangs des Ganzen für nötig gehaltenen 
Verfahren infolge Einspruchs des Bearbeiters nicht unterzogen werden. 

Wenn der Verein das Werk nunmehr den Fachgenossen in voller Er¬ 
kenntnis aller dem Buche als Ganzem anhaftenden Mängel übergibt, so tut 
er dies mit der Bitte um eine kollegiale, wohlwollende Aufnahme, die in 
mancher Hinsicht den Willen für die Tat zu nehmen geneigt ist und 
es würdigt, dass eine Vielheit von Nicht-Berufsschriftstellem, von Männern, 
deren ausserdem nicht zu vernachlässigende Lebenstätigkeit im allgemeinen 
auf einem andern Gebiete wirkt, es zusammengestellt hat, um eine nicht zu 
schnell verbleichende Erinnerung an die Wanderversammlung und ihre 
Stätte den Gästen mitzugeben. Und da ein fröhlicher Geber immer be¬ 
sonders gern gesehen wird, so soll auch nicht verheimlicht werden, dass 
die Bearbeiter, so gern sie sich der Aufgabe angenommen haben, trotzdem 
schliessen in dem befreienden Gefühle: 

Libro completo 

Saltat scriptor pede laeto! 

oder wie der Herr J. V. Scheffel dem alten St. Gallener Mönche nach¬ 
singt: 

Ist das Buch zu End’ gebracht, 

Der Schreiber einen Luftsprung macht! 

Wenn der Verein nun auch imstande war, lediglich aus der Zahl seiner 
Mitglieder genug Opferwillige zu stellen, die Zeit und Kraft unentgeltlich 
der guten Sache widmen wollten und konnten, so wäre doch nie und 
nimmer an die Vollendung des vorliegenden stattlichen Bandes zu denken 
gewesen, wenn nicht Freunde und Gönner sich in ungeahnt freigebiger 
Weise hilfreich erwiesen hätten. 

An erster Stelle ist es angenehme Pflicht des Vereins, der Verwaltung 
der Stadt Düsseldorf, dem Herrn Oberbürgermeister Marx und der 
Stadtverordnetenversammlung, herzlichen und aufrichtigen Dank 
zu sagen für einen reichen Beitrag zu den Kosten unseres Werks, sodann 
in gleicher Weise den Herren von der Gesamtleitung der grossen 
Kunst-, Gewerbe- und Industrieausstellung 1902. 

Ferner sei verbindlicher Dank ausgesprochen dem Herrn Landes¬ 
hauptmann der Rheinprovinz Dr. Renvers und Herrn Pro¬ 
vinzialkonservator Prof. Dr. Clemen für die freundlichst gewährte 
Hergabe zahlreicher Bildstöcke aus Veröffentlichungen der Provinzial¬ 
verwaltung, dem Herrn Direktor der Rheinischen Bahngesellschaft, Ober¬ 
bürgermeister a. D. Hau mann, für die Erlaubnis zur Nachbildung von 
Zeichnungen der Gesellschaft, und dem Königlichen Wasserbauinspektor, 
Herrn Beyerhaus, gleicherweise für die gütig gewährte Benutzung seines 


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VII 


bei dem Abschnitte der Rheinstrom bauarbeiten erwähnten hervorragenden 
Werkes über unsem Strom. 

Besonderer Dank gebührt sodann dem Herrn Dr. Niepmann, Direktor 
des städtischen historischen Museums, für liebenswürdige Unterstützung 
beim Aussuchen von geschichtlich bedeutsamen Unterlagen für die histo¬ 
rischen Abschnitte des Buchs und dem Herrn Verwalter Klein der 
städtischen Badeanstalten für schätzenswerte Angaben zu dem diese be¬ 
handelnden Kapitel. 

Um den Buchschmuck im engeren Sinne haben sich durch wertvolle 
Originalzeichnungen verdient gemacht Herr Maler Felix Schmidt und 
die Herren Architekten W. Furthmann, C. Oanzlin, Regierungsbau¬ 
führer Heinr. Höhle, Al. Ludwig und Direktionsassistent W. Zaiser, 
die letztem sämtlich Vereinsmitglieder und teilweise auch noch schrift¬ 
stellerisch an dem Werke tätig gewesen. 

Ihnen allen und nicht weniger der L. Sch wann sehen graphischen 
Kunstanstalt für die hervorragende Ausstattung und Wiedergabe des Bild¬ 
werks, wie dem Herrn Direktor Oemler dieser Anstalt für den stets gern 
erteilten fachmännischen Rat sei an dieser Stelle noch öffentlich gedankt. 

Dasseldorf, im Juli 1904. 

Der Redaktions-Ausschuss 

des 

Architekten- und Ingenieurvereins. 

Endeil» Schweitzer» Baltzer» 

Regierungs- und Baurat. Landesbauinspektor. Landesbaumeister. 






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Inhaltsverzeichnis 


I. ABSCHNITT. 

Einleitung:: Geschichtliches Aber Düsseldorf. 

Seite 

i. Lage und Bodenbeschaffenheit. \ Von 3 

2., Geschichtliche Entwicklung.J G. Tharandt, 7 

3. Baugeschichte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts . J Stadtbaumeister 13 

4. Die Entwicklung der Stadt Düsseldorf im 19. Jahrhundert, dargestellt 

nach den Stadterweiterungsplänen. Von C. Geusen, städtischem Bei¬ 
geordneten .17 

5. Schiffahrtswesen.)Von G. Tharandt, 37 

6. Statistisches. j Stadtbaumeister 40 

7. Betrachtungen über die Geschichte der bildenden Kunst Düsseldorfs. 

Von Th. Groll, Maler.47 


II. ABSCHNITT. 

öffentliche Anlagen und ihr Schmuck. 

A. öffentliche Park- und Gartenanlagen, Plätze, Friedhöfe. 


Von J. Nauen, Gartenarchitekt.53 

B. Denkmäler, Brunnen, Tore. 

Von Ed. Endeil, Regierungs- und Baurat.68 


A. Kultusbauten. 


III. ABSCHNITT. 

Hochbauten. 


1. Katholische Kirchen und Klöster.) Von C. Ganzlin, 89 

Anhang: Katholische Kirchen der nächsten Umgebung j Architekt 111 

2. Evangelische Kirchen.j Von M. Korn, 126 

Anhang: Evangelische Kirchen der Umgebung . . / Architekt 13b 

3. Synagogen. Von C. Ganzlin, Architekt .140 


B. Forstliche Schlösser. 

1. Das alte Schloss. Von P. Baltzer, Landesbaumeister.143 

2 Das Jägerhofschloss. Von Baurat C. Bongard, Kreisbauinspektor . . 14b 
3.. Schloss Benrath. Von Ed. Endeil, Regierungs- und Baurat . . . .148 


C. Verwaltungsgebäude. 

1. Militärbauten. Von Baurat K. Kraft, Garnisonbauinspektor . . . .153 

2. Die Gebäude der Post- und Telegraphen-Verwaltung. Von \V. Oertel, 

Postbaurat. ibi 


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X 


3. Das Regierungs- und Präsidialgebäude 

4 . Gebäude der Justizverwaltung 

a) Das Landgerichtsgebäude .... 

b) Das Gefängnis. 

5. Das Gebäude der Generalkommission 

(). Das Hauptsteueramtsgebäude . . . 

7. Das Königliche Staatsarchiv .... 

8. Die Landesbibliothek. 


Von Baurat 
C. Bongard, 
Kreis¬ 
bauinspektor 


o- 


Die Gebäude der Rheinischen Provinzial Verwaltung. Von Hch. Ostrop, 
Landesbaurat. 

10. Das Kreishaus. Von Rob. Kohlhagen, Kreisbaumeister. 

11. Das Rathaus. Von L. Fettweis, Architekt.\ 

12. Das Direktionsgebäude der städtischen Gas-, Wasser- ] 


Von 


und Elektrizitätswerke. > Fr. Hofmeister, 


13. Die städtischen Sparkassen. 

14. Die Handelskammer. Von H. vom Endt, Architekt 


Architekt 


D. Gebäude fAr Kunst, Wissenschaft und Unterricht. 

1. Der Kunstpalast. Von C. Gabriel, Regierungsbaumeister. 

2. Die Kunsthalle. Von P. Prack, Architekt. 

3. Das historische Museum. Von Gust. Weigelt, Stadtbaurat. 

4. Das Kunstgewerbemuseum des Zentralgewerbevereins. Von W. Zaiser, 

Architekt und Direktionsassistent. 

5. Die städtische Sternwarte. Von Gust. Weigelt, Stadtbaurat . . . . 

6. Die Kgl. Kunstakademie. Von Baurat C. Bongard, Kreisbauinspektor 

7. Die Kunstgewerbeschule. Von P. Mühlenkamp, Architekt. 

8. Die höheren Schulen. Von Jac. Berns, Architekt. 

9. Die Volksschulen. Von P. Mühlenkamp, Architekt. 


E. Gebäude fAr Krankenpflege und öffentliche Wohlfahrt. 


1. Pflege- und Waisenhäuser 

2. Krankenhäuser . . . 


|Von B. Tüshaus 
! u. Th. Schneider, 
) Architekten 


3. Irrenanstalten 

Provinzial-Heil- und Pflegeanstalten. Von Hch. Ostrop, Landesbaurat 

4. Badeanstalten. Von L. Fettweis, Architekt. 

.5. Der Schlacht- und Viehhof. Von Ferd. Wessing, Abteilungsvorsteher 

bei dem städtischen Hochbauamte, Regierungsbauführer a. D. . . . 


F. Theater-, Konzert- und Vereinshäuser. 

1. Das Stadttheater. 

2. Das Apollotheater. 

3. Die städtische Tonhalle. 

4. Der Künstlerverein Malkasten. 

5. Das Haus der Gesellschaft Verein . . . . 

6. Das Haus der Düsseldorfer Bürgergesellschaft 

7. Hospize. 


Von 

H. vom Endt, 
Architekt 


Seite 

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300 




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XI 


Seite 

G. Gast-, Kaffee- und Bierhäuser. 

Von H. vom Endt, Architekt.305 

H. Geschäftshäuser und Bankgebäude. 

Von P. P. Fuchs, Architekt, unter Mitarbeit der Architekten P. Mühlen - 


kamp und H. Schleh. 3 2 5 

J. Wohnhäuser. 

Von M. Wöhler, Architekt.366 

IV. ABSCHNITT. 

Ingenieurbauten. 

1. Die Rheinstrombauarbeiten auf der Strecke Cöln- | Von 

Düsseldorf-Ruhrort.! G. Tharandt, 427 

2. Die Hafen- und Werftanlagen. J Stadtbaumeister 436 


3. Die Rheinbrücke. Von G. Geiss, Regierungsbaumeister a. D. ... 449 

4. Die Brücken in der Stadt. Von G. Tharandt, Stadtbaumeister . . . 457 

5. Die Staatseisenbahn-Anlagen. Von W. Platt, Regierungs- und Baurat 460 

6. Die Strassen- und Kleinbahnen. Von G. Tharandt, Stadtbaumeister . 473 

7. Die Kanalisation Düsseldorfs. Von C. Geusen, städtisch. Beigeordneten 


und E. Lisner, Oberingenieur.483 

8. Der Strassenbau. Von G. Tharandt, Stadtbaumeister.512 

9. Das städtische Wasserwerk.) Von Hüttig, 518 

10. Die städtischen Gas- und Elektrizitätswerke . . . / Ingenieur 523 


11. Das städtische Feuerlöschwesen. Von G. Tharandt, Stadtbaumeister . 533 

V. ABSCHNITT. 

Gewerbliche Anlagen. 

Von H. Salzmann, Architekt.537 


JE? 



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ERSTER ABSCHNITT 
& 

EINLEITUNG 

GESCHICHTLICHES 
ÜBER DÜSSELDORF 



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I. Lage und Bodenbeschaffenheit.*) 

üsseldorf, ehemals die Haupt- und Residenzstadt des 
Herzogtums Berg, jetzt Hauptstadt des Regierungsbezirks 
Düsseldorf und Sitz der Rheinischen Provinzial-Ver¬ 
waltung, liegt unter 51° 13 4 46" nördlicher Breite und 
6° 46' 26" östlicher Länge von Greenwich am rechten 
Ufer des Rheins, wo die Düssei in diesen mündet. Gegen¬ 
über erheben sich die Stadt Neuss und die zur Land¬ 
bürgermeisterei Heerdt gehörigen Vororte Ober- und Niederkassel. 
Beide Ufer sind im Süden der Stadt durch die Eisenbahnbrücke bei Hamm, 
im Norden durch die neue Strassenbrücke, sowie durch mehrere Fähren 
verbunden. 

Im Umkreise von rund 30 km finden wir die volkreichen Industrie- 
und Handelsstädte Duisburg, Essen, Elberfeld, Barmen, Mülheim 
a. d. Ruhr, Remscheid, Solingen, Cöln, M.-Gladbach, Rheydt und 
Crefeld u. a. m. mit einer Gesamtbewohnerzahl von etwa 2 Millionen. Sie 
sind mit Düsseldorf durch zahlreiche Voll- und Kleinbahnen sehr vorteilhaft 
verbunden und von erheblichem Einfluss für die wirtschaftliche Bedeutung 
der Stadt. 

Der Umfang des auf dem anliegenden Stadtplane rot umgrenzten Stadt¬ 
bezirks beträgt 36,07 km, wovon 15,6 km auf die Rheinuferlänge entfallen. 
Sein Flächeninhalt beläuft sich auf 4868,31 ha. Ausserdem besitzt die Stadt 
einen in der Bürgermeisterei Gerresheim gelegenen Forst von 121,02 ha 
Grösse (vergl. Stadtplan H 1, 2, 3). 

Die unmittelbare Umgebung des Stadtkreises bilden die mit Düssel¬ 
dorf wirtschaftlich mehr oder weniger verbundenen Bürgermeistereibezirke 



*) Mit Benutzung eines Aufsatzes von Staatsarchivar Dr. phil. Wächter in der Festschrift der 
Stadt Düsseldorf zur 70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte 1898. 


I 


* 


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4 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


von Kaiserswerth, Eckamp, Rath, Gerresheim, Eller und 
Benrath (Abb. l). 

Das Stadtgebiet erstreckt sich über eine weite fruchtbare Ebene; nur im 
Osten erheben sich an der Stadtgrenze die letzten Ausläufer des sauer¬ 
ländischen Ebbegebirges im Grafenberge bis zur Höhe von -f- 101 N. N., 
während die ebenen Gelände auf durchschnittlich + 38 N. N., der normale 



Rheinwasserspiegel auf 4 - 28 N. N. und der Nullpunkt des Düsseldorfer 
Pegels auf -f- 26,45 N. N. liegen. 

Die Stadtteile durchfliesst, nachdem sie sich bei Gerresheim östlich von 
der Stadt gespalten hat, die Düssei in zwei Armen, Teiche und Zier¬ 
gewässer speisend und vor dem Eintritt in das engere, bebaute Stadtgebiet 
2 H.W-Arme aussendend, den nördlichen oder den Kittelbach, der teil¬ 
weise geregelt bei Kaiserswerth in den Rhein mündet, und die südliche 
Düssei oder Brückerbach. 


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LAGE t.'XI) BODEXBESCHAFFEXHE1T. 


5 


Der Rhein ist zwischen den berichtigten Uferlinien bei normalem 
Wasserstand von + 1,55 D. P. 380 m breit. Er besitzt innerhalb der 150 m 
breiten Schiffahrtsrinne eine Tiefe bis zu 7,0 m und wird von Deichen ein¬ 
gefasst, wodurch die Stadt mit Umgebung vollständig hochwasserfrei ge¬ 
worden ist. Das Hoch Wasserbett hat im Stadtbereiche bei + 8,5 D. P. eine 
durchschnittliche Breite von 800 m. 

Der Grundwasserstand schwankt im Norden der Stadt zwischen 29,95 
und 28,25, im Süden zwischen 29,85 und 28,45 und im Osten zwischen 
36,45 und 35,45 über N. N. 

Das Klima ist mild, die Witterung je nach der Windrichtung namentlich 
im Winter leicht veränderlich. Südwest- und Westwinde herrschen vor. 
Die mittlere Jahrestemperatur beträgt + 8 0 C, die Niederschläge stellen sich 
im Winter auf 125—150 mm, im Sommer auf-200—250 mm. 

Diese atmosphärischen Verhältnisse, vereint mit der Fruchtbarkeit des 
Bodens, kennzeichnen die von Natur ausserordentlich günstige Lage der 
Stadt. Sie zeitigten von alters her den hochentwickelten Garten- und Ge¬ 
müsebau mit der Feldwirtschaft in den Aussenorten und die herrlichen An¬ 
lagen innerhalb der bebauten Stadtteile. 

Düsseldorfs bevorzugte geographische Lage, die zahlreichen Verbindungen 
zu Wasser und zu Lande im Nah- und Fernverkehr mit der Provinz, ins¬ 
besondere mit den niederrheinisch-westfälischen Montan- und Industrie¬ 
gebieten, dem bergischen Lande, mit dem Mittel- und Oberrhein, sowie den 
Niederlanden und Belgien förderten von jeher das wirtschaftliche Empor¬ 
blühen der Stadt und zeitigten die Erfolge ihrer schaffensfreudigen und tat¬ 
kräftigen Bürgerschaft. 

Nahezu 300 verschiedene Industriezweige und Gewerbearten bilden die 
Quelle des Erwerbes in rund 16000 Haupt- und Nebenbetrieben. Im 
Jahre 1900 standen im Dienste der Hauptindustriegruppen 1275 Dampfkessel 
mit einer Gesamtheizfläche von rund 83000 qm. Eine Entwicklung in 
Handel, Gewerbe und Industrie, die ihres Gleichen sucht, hob die stille 
Kunst- und Gartenstadt in 30 Jahren zu einer Gressstadt vornehmster Be¬ 
deutung empor. Und welcher Zukunft sie entgegen geht, ist am besten an 
den als Gradmesser zu betrachtenden Gewerbe-, Industrie- und Kunstaus¬ 
stellungen abzulesen, die in ihren Mauern 1811, 1837, 1852, 1880 und 1902 
mit steigenden, nie dagewesenen Erfolgen zum Ruhme Rheinlands und West¬ 
falens veranstaltet wurden. Mit ihnen hat sich Düsseldorf über die Grenzen 
Deutschlands hinaus einen europäischen Ruf erworben. 

Geologisch ist die Stadt an dem östlichen Ufer des niederrheinischen 
Kreidemeeres gelegen, dessen Grenzen sich zwischen Mülheim a. d. Ruh^ 
Siegburg, Bonn, Euskirchen und Aachen annähernd mit denjenigen des 
späteren niederrheinischen Tertiärdeltas decken, das seine Entstehung dem 
Rhein in Gemeinschaft mit der Maas verdankt. Während sich nach Westen 
und Norden Tertiärablagerungen ungemessen ausebnen, erstreckt sich östlich 
angrenzend im Gebiete der Ems und Lippe die obere Kreide des Beckens 


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QUERSCHNITT A-B 



GEOLOGISCHE ÜBERSICHT. 
























GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG. 


7 


von Münster, woran sich nach Süden fortschreitend das südlich vom mitt¬ 
leren Devon umfasste Deckgebirge des rheinisch-westfälischen Carbons im 
Gebiet der Emscher, Ruhr und Wupper anschliesst (Abb. 2). 

Ein Querschnitt, nach der Linie Hilden, Mülheim a. d. Ruhr, Vreden 
und Enschede aus Bohrungen vom Generaldirektor Schulz-Briesen entworfen, 
lässt den oberdevonischen Grundstock zwischen Hilden und Kettwig er¬ 
kennen, der die Grundlage für den Aufbau der jüngeren Schichtenreihe 
bildet. Südlich von Hilden ist die Einlagerung des niederrheinischen Tertiärs 
angedeutet. Bei Kettwig tritt der Kulm oder Kohlenkalk zu Tage, dann 
folgt bis Mülheim a. d. Ruhr der flötzleere Sandstein, dem das produktive 
Carbon aufgelagert ist, das zunächst ebenfalls zu Tage tritt, im weiteren 
Verlaufe jedoch unter dem Deckgebirge verschwindet. 

Der Untergrund des Stadtgebietes besteht aus mächtigen Lagen von 
tertiärem Sande, Kies und Ton, überdeckt von diluvialen Schichten verschie¬ 
dener Stärke. Diese enthalten wiederum Kies, Sand und Lehm von vorzüg¬ 
licher Beschaffenheit, die allerwärts gewonnen und als Baumaterialien ver¬ 
arbeitet werden. Auf diese ausgedehnten Ablagerungen gründet sich die 
in hohem Rufe stehende Porzellan-, Ziegel-, Tonwaren- und Kunststein¬ 
industrie der Stadt. 

JE? 

2. Geschichtliche Entwicklung. 

n einer Urkunde des Papstes Hadrian IV. vom 23. Mai 1159 
wird Düsseldorf zum erstenmal geschichtlich erwähnt, 
durch die dem Ursulastifte zu Cöln die Erhebung von 
5 Schillingen Duisburger Münze in Düsseldorpia bestätigt 
wird. Der Ursprung der Stadt dürfte in einem Fischer¬ 
dorfe grauer Vorzeiten zu suchen sein. — Herren von 
Grund und Boden der damaligen Niederlassung waren 
die wahrscheinlich aus der Maasgegend stammenden Altfreien von Tyvern 
oder Tevern, denen auch die Güter Monheim und Himmelgeist gehörten. 

1189 trat der wahrscheinlich kinderlose Arnold von Tevern sein 
Allodium gegen 100 Mark Silber an den Grafen Engelbert I. von Berg 
ab. Diesem Grafen, einem Sprössling des nach seiner Stammburg bei 
Oldenthal benannten Dynastengeschlechts vom Berge, und seinen Nach¬ 
folgern gelang es, mit Unterstützung des Kaisers Friedrich Barbarossa, seine 
Hausmacht ansehnlich zu vergrössern und den Landbesitz am rechten Rhein¬ 
ufer auszudehnen. Um ihn auch zu behaupten und an der wichtigen Ver¬ 
kehrsstrasse des Rheinstromes einen festen Stützpunkt gegen das benachbarte 
Kurcöln zu gewinnen, hatten die Grafen von Berg wiederholte, aber ver¬ 
gebliche Versuche gemacht, unterhalb Cölns gelegene Orte, wie Monheim u. a., 
mit Wall und Graben zu befestigen. Erst als es den verbündeten nieder¬ 
rheinisch-westfälischen Territorialherren in der Schlacht bei Worringen am 



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8 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


5. Juni 1288 gelungen war, den kurcölnischen Erzbischof Siegfried von 
Westerburg zu besiegen, konnte Graf Adolf V. von Berg diese Niederlage 
ausnutzen, um den alten kurcölnischen Stützpunkt gegen Berg, die Burg 
Zons am linken Rheinufer, zu zerstören und sich am rechten Ufer fest¬ 
zusetzen. 


Er verlieh mittels Urkunde vom 14. August desselben Jahres, nach 
Muster des von ihm zwei Jahre vorher zur Stadt erhobenen Ratingen, 
Düsseldorf städtische Freiheiten, also Steuerfreiheit und Zollexemtion, sowie 
das Recht der Schöffenwahl und eigene Gerichtsbarkeit. In diese Freiheiten 
waren auch die Besitzungen der Ritter Adolf von Flingern und Ruprecht 


von Pempelfort mit einbe¬ 

griffen. Gleichzeitig erwarb 
Graf Adolf V. das Geleit 
auf dem Rheine und ^ y 
dem Leinpfad 
innerhalb seiner fd^L 

Landesgrenzen. 

Zur weiteren • 

Entwicklung der i(f 

neuen Stadt und 
Beruhigung ihrer 
Geistlichkeit und 
Bevölkerung über 
die Gefangen- jf ’jK’ 

Setzung des Cöl- !\ 

ner Erzbischofs | ' .ic’-L' 

trug die Errich¬ 
tungeinesgeistlichen 
Kollegiums wesentlich 
bei, nachdem schon 
1206 vom benachbarten 








m. 


abgetrennt worden war. — 
Den Grafen von Berg 
v wurde am 24. Mai 1380 
von König Wenzel 
aus Dankbarkeit 
v4$2^)j\ für die Unter- 

>> ir Stützung in dem 

%vT' kirchlichenSchis- 

i ma ^' e Herzogs- 

<!'würde verliehen. 
I ym Der erste Herzog 

Wilhelm (1360— 
.. '-0 II 1408) vereinigte 

-'■ JJ&sb 1 * m Frühjahr 1384 

I dieangrenzenden 

Wf 5 )1 j]’ OrtschaftenGolz- 

heim, Derendorf 
und Bilk unter der 
Bedingung mit der 
/ Stadt, dass die Land¬ 

bevölkerung hereinziehen, 


Bilk eine unabhängige Alte ofenplatte mit dem Wappen von Häuser erbauen und 
Pfarrei für Düsseldorf jauch -cieve-Berg. von c j a aus jh re Güter 


bewirtschaften sollte, wofür er seinen Schutz und städtische Freiheiten ge¬ 
währte. Zehn Jahre später wurde das Kirchdorf Hamm unter den gleichen 
Bedingungen in den Stadtverband aufgenommen, 1377 auch der Duisburger 
Rheinzoll nach Düsseldorf verlegt. 

In Erkennung der Wichtigkeit Düsseldorfs wegen seiner günstigen geo¬ 
graphischen Lage am Rhein und in Erwägung der zukünftigen Bedeutung 
der Stadt als Mittelpunkt der Herzogtümer Berg und Jülich — die Ver¬ 
einigung erfolgte unter Herzog Adolf 1423 — erhob Herzog Wilhelm Düssel¬ 
dorf zu seiner steten Residenz. Unter seiner Regierung dehnte sich die Stadt 
um das Dreifache ihres Bestandes zur Zeit Graf Adolfs V. aus und gedieh 
durch weitgehende innere Entwicklung. Ganz besondere Sorgfalt Hess der 


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GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG. 


9 


Herzog der Kollegiatkirche angedeihen. Zahlreiche Dotationen rühren 
von ihm her. Aus den alten Stiftskirchen zu Siegburg, Cöln und selbst 
weiter gelegenen Orten Hess er Reliquien, Paramente und Manuskripte 
herbeiholen; auch setzte er ständige Renten zur Erhaltung und Vermehrung 
des Kirchenschatzes aus. Die Stiftspfarrkirche wurde zur herzoglichen Familien¬ 
kirche bestimmt, wofür bisher die Ordenskirche zu Altenberg, eine Stiftung 
der alten Dynasten von Berg, gegolten hatte. 

Wilhelms Nachfolger, Herzog Wilhelm II. (| 1511), hinterliess aus 
seiner zweiten Ehe mit Sibylla von Brandenburg, Tochter des Kurfürsten 
Albrecht Achilles, eine Tochter Marie, die durch ihre Heirat mit Johann III., 
dem Erben von Cleve, Mark und Ravenstein, die Herzogtümer Jülich, Cleve, 
Berg vereinigte. Ihr Sohn und Nachfolger war Wilhelm der Reiche 


(1539—1592), und mit dessen 
Sohn und Nachfolger Johann 
Wilhelm (1592—1609), der 
mit der schönen, unglück¬ 
lichen, in der Nacht 
vom 3. September 
1597 mit Billigung 
des Herzogs auf 
Befehl seiner Räte 
ums Leben ge¬ 
brachten Jacobe 
von Baden ver¬ 
mählt war, schloss 
die Reihe der Herr¬ 
scher des bergischen 
Hauses im Mannes¬ 
stamme. Ein tragisches Ge- 





dieser letzte, im Wahnsinn en¬ 
dende Spross des Hauses, der 
sich das Marmordenkmal in 
der Stiftskirche errichten 
liess und an jeder 
Seite dieses Kunst¬ 
werks einen Altar 
zu seinem und 
seiner Vorfahren 
Angedenken stif¬ 
tete , erst viele 
Jahrespäter(iÖ28) 
dort seine Bei¬ 
setzung fand. 

Eine Tochter Wil¬ 
helms des Reichen, 
Anna, hatte den Pfalz¬ 


schick brachte es Siegel des Herzogs Carl Theodor v. Pfalz-Zweibrücken grafen Philipp 
mit sich, dass Jülich -cieve- Berg. LudwigvonNeu- 

burg geheiratet, woher sich nun Pfalz-Neuburg in den Mitbesitz der Jülich- 
schen Erblande setzte. Der diesem Hause entsprossene Pfalzgraf Wolfgang 
Wilhelm, in dessen Regierungszeit der dreissigjährige Krieg wütete, konnte 
trotz strenger Neutralität das Land und die Stadt Düsseldorf nicht vor den 
ganz Deutschland erschütternden Leiden bewahren. 

Unter seinem im Erbe folgenden Sohne Philipp Wilhelm fand die 
Vereinigung der Kurpfalz mit den drei Grafschaften Jülich, Cleve und 
Berg statt. 

Von ganz besonderem Glanz und eine Epoche in Düsseldorfs Ent¬ 
wicklung zur Kunststadt war die Regierung von Wolfgang Wilhelms zweitem 
Nachfolger Johann Wilhelm (1696—1717), bekannt unter dem volkstümlichen 
Namen Jan Wellern, dessen Reiterstandbild, von Grupello gegossen, den 
Marktplatz der Stadt ziert. Dieser Kurfürst berief die namhaftesten Künstler 


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10 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


jener Zeit an seinen 
Hof und gründete mit 
deren Unterstützung 
dieberühmteGemälde- 
galerie, die durch die 
Seltenheit ihrerSchätze, 
worunter allein 50 Ge¬ 
mälde von Rubens, das 
In- und Ausland nach 
Düsseldorf zog. Diese 
Galerie wurde 1758, 
nachdem ihr schon 
mehrfach die Wegfüh¬ 
rung gedroht hatte, 
kriegerischer Verwick- 

Abb. 3. Düsseldorf um 1288 zur Zeit seiner Stadterhebung. | un g en wegen nach 

Mannheim gebracht, jedoch auf Betreiben der Stände nach dem Friedens¬ 
schluss für Düsseldorf wieder gewonnen. 1805 erfolgte ihre Fortführung 
nach Kirchheim-Bolanden und von dort nach München, wo sie jetzt als der 
kostbarste Teil der Pinakothek aufbewahrt wird, nachdem Preussen 1871 zu¬ 
gunsten der Krone Bayerns endgültig darauf verzichtet hat. Der Wert der 
Galerie wurde damals zu 2100000 Talern angegeben. 

Unter Jan Wellern entwickelte sich die Stadt ganz wesentlich, indem 
u. a. allen Zuzüglern, die sich innerhalb der Wälle anbauten, das Bürger¬ 
recht unentgeltlich gewährt und auf 30 Jahre Steuerfreiheit zugebilligt wurde. 
Zur Belebung von Handel und Wandel berief der Fürst einen Kommerzrat 
und richtete Fahrposten bis nach Nymwegen ein. 

Dem Bruder Jan Wellems, Carl Philipp (f 1743), folgte Carl Theodor 
aus der Sulzbacher Linie des pfalzgräflichen Hauses in der Regierung. Dieser 
residierte in München und besuchte seine bergische Residenzstadt 

r nur zweimal in der langen Zeit seiner Herrschaft. Trotzdem war 
seine Regierung vom segensreichsten Einflüsse auf Düsseldorf, wo 

ihm der Graf von Goltstein als 
Statthalter tatkräftig zur Seite 
stand. Von den vielfältigen Neu¬ 
schöpfungen verdient hier die 
Maler-, Zeichen- und Baukunst- 
Akademie (1767) und die erste 
Anlage des Hofgartens genannt 
zu werden. 

In den letzten Jahren der 
Regierungszeit Carl Theodors hatte 
mit dem Niederrhein auch Düssel- 
Abb. 4. Das alte Zoiitor. dorf unter den Einflüssen der 




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GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG. 


11 



Abb. 5. 


Das alte Ratinger Tor. 


französischen Revolution schwer zu leiden. Auch trat am 28. Fe¬ 
bruar 1784 der Rhein zu noch nicht dagewesener Höhe aus 
seinen Ufern, zerstörte die Deiche bei Himmelgeist und über¬ 
schwemmte die ganze Stadt mit Ausnahme einiger altstädtischer 
Strassen. Die Wasserhöhe ist heute noch in der Treppenhalle 
des alten Rathauses vermerkt. — Die kriegerischen Ereignisse 

am Ende des 18. Jahr¬ 
hunderts zerstörten Wohl¬ 
stand und Handel, Stadt 
und Land gerieten in 
Schulden. 1794 wurde die 
Festung von den fran¬ 
zösischen Truppen bom¬ 
bardiert und in Besitz ge¬ 
nommen. Der Schaden betrug 500000 Taler. Die Franzosen lagen von 
1795—1801 hier im Quartier, und die von ihnen unternommenen neuen 
Festungs- und Batteriebaüten verschlangen 6 Millionen Livres. 

Nach Carl Theodors Tode am 16. Februar 1799 folgte Max Joseph von 
Pfalz-Zweibrücken, der durch den Apanagialrezess vom 30. November 1803 
die Verwaltung des Herzogtums Berg seinem Schwager Wilhelm von Bayern 
übertrug. Bayern wieder trat das Herzogtum am 15. März 1806 an Napoleon 1 . 
ab, der es unter Hinzunahme der rechtsrheinischen Teile des von Preussen 
in Besitz genommenen Herzogtums Cleve und des Fürstentums Nassau- 
Oranien unter Erhebung zum Grossherzogtum seinem Schwager Joachim 
Murat überwies, mit dem die französische Verwaltung einzog. Auf dem 
Wiener Kongresse 1815 endlich fiel das Orossherzogtum Berg an Preussen. 

Die vom König Friedrich Wilhelm III. 
von Preussen vollzogenen Patente über 
die Besitzergreifung des Herzogtums 
Niederrhein, der Herzogtümer Cleve, 

Berg, Geldern, des Fürstentums Moers 
und der Grafschaften Essen und Werden 
wurden mit einer Proklamation am 5. Mai 
1815 in Düsseldorf bekannt gegeben. 

Für die Stadt brachte der Übergang 
an Preussen zunächst manche Verluste. 

Bisher war sie Residenz der Landesfürsten 
und Sitz der Regierung mit den obersten 
Verwaltungsbehörden des Landes ge¬ 
wesen. Auch während der Fremdherr¬ 
schaft waren in Düsseldorfs Mauern fast 
alle Behörden des vergangenen Gross¬ 
herzogtums geblieben. Nach der Ein¬ 
verleibung jedoch gingen die beiden, Abb. 6. Das alte Flinger Tor. 



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12 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


die höheren Verwaltungszweige in sich vereinigenden Ministerien und der 
Staatsrat ein, andere Behörden mit zahlreichem Personal wurden in die 
Städte Coblenz, Bonn, Cöln und Münster verlegt. 

Die Wiederherstellung der Kunstakademie bildete nur einen ungenügenden 
Ersatz für die zahlreichen Einbussen. Der Wohlstand der Bevölkerung konnte 
sich nicht heben und Handelsstockungen traten recht fühlbar ein. Englische 
Waren beherrschten den Markt und schädigten die heimischen Industrien 
aller Art. Die fernere Zeit brachte dann aber unter der gesunden und 
starken Politik der Preussenkönige einen unerwarteten, sich fort und fort 
steigernden Aufschwung in allen Verhältnissen. Ihnen ist das dauernde Auf¬ 
blühen Düsseldorfs zu danken, das recht deutlich in der grossen Kunst-, 
Gewerbe- und Industrie-Ausstellung des Jahres 1902 zum Ausdruck kam. 



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BAUGESCHICHTE BIS ZUM ENDE DES 18. JAHRHUNDERTS. 


13 


3. Baugeschichte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.*) 



ls Düsseldorf 1288 mit Wällen und Gräben befestigt 
wurde, umfasste das Stadtgebiet nur 4V? ha und be¬ 
schränkte sich auf die noch jetzt die „alte Stadt“ genannte 
Strasse, die Levengasse, später Liefergasse genannt, die 
vom Oberkellereigebäude, dem sogenannten Leven- oder 
Lieferhause, nach der Lambertuskirche führende Gasse 
und die nur auf der Ostseite bebaute, gegen den Rhein 
mit Mauer umwehrte Krämerstrasse (Abb. 3). 

Im Laufe des 14. Jahrhunderts vergrösserte sich die Stadt allmählich 
nach Süden. Die Mühlengasse, die Kurzestrasse, die untere Bolkerstrasse 
und ein Teil des Burgplatzes wurden angebaut und die „neue Stadt“ genannt. 

Diesem Aussenbezirke reihten sich 1384 die Dorfschaften Golzheim, 
Derendorf und Bilk und 10 Jahre später das Dorf Hamm an. 

Der weitere Ausbau der Stadt vollzog sich, als im Jahre 1394 der Raum 
zwischen der südlichen Düssei, dem Rheine und der neuen Stadt zur Be¬ 
bauung frei gegeben wurde. Es entstanden die Flinger-, Berger- und Rhein¬ 
strasse, sowie andere in rascher Folge, indem den Anbauenden 1395 die 
Ermächtigung verliehen wurde, zur Deckung der Baukosten von allem durch¬ 
gehenden Fuhrwerk Pflaster- und Brückenzoll zu 
erheben. Die neuen inneren Stadtteile umgab 
man gleichzeitig mit Mauern und Gräben. 

Nach dieser südlichen Erweiterung er¬ 
fuhr die Stadt 1443 eine um¬ 
fangreiche Vergrösserung nach 
Osten durch die Neubriick-, 

Hunsrücken- und Mittelstrasse. 

Auch in der „alten 
Stadt“ vollzogen sich 
durch Einwanderung 
der Kreuzbrüder erheb¬ 
liche Veränderungen. 

Die Kreuzbrüderkirche 
mit Kloster wurde an 
der Ratingerstrasse er¬ 
baut, das alte Hospital 
wurde von hierin einen 
Neubau an der Ecke 
Flinger- und Mittel¬ 
strasse verlegt. Aus 

ihm ging das unter Abb. 8. Das ehemalige Rheintor. 


*) Mit Benutzung einer Abhandlung von Ottomar Moeller in der Festschrift des Geschieht- 
Vereins vom Jahre 1888 zum 600 jährigen Jubiläum der Stadt Düsseldorf. 


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H 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


dem Namen Hubertuskrankenhaus in der jetzigen Neusserstrasse noch vor¬ 
handene, 1772 errichtete neue Hospital hervor. Im Laufe weiterer zwei Jahr¬ 
hunderte vergrösserte sich das bebaute Stadtgebiet um ungefähr das Fünffache des 
ursprünglichen Umfanges. Die nördliche Grenze bildete, vom nordwestlichen 
Zoll türm (Abb. 4) am Rhein ausgehend, der damals noch unbebaute, hinter 
den Gärten der Altestadt hinführende Weg zum Eiskellerturm. Die Ostgrenze 
erstreckte sich von hier bis zum Turm am Stadtbrückchen und wurde vom 
Mühlengässchen, der Ratinger Mauer und einem hinter den Gärten der Huns- 
rückenstrasse bis zur Wallstrasse führenden Wege, der späteren Neustrasse, 
gebildet. Wie am Ende der Ratingerstrasse (Abb. 5), stand auch am Ausgange 
der Flingerstrasse ein fester Torturm (Abb. 6) und zwischen beiden, in der 
Gegend des jetzigen Friedrichsplatzes, ein vorgeschobener Festungsturm. Die 



Abb. 9. Düsseldorf im Jahre 1620. 


Südgrenze lief vom Tor am Stadtbrückchen in südwestlicher Richtung bis zur 
Vereinigung der jetzigen Hafen- und Akademiestrasse, wo das erste Bergertor 
(Abb. 7) stand, und wandte sich von da nordwestlich durch die Akademie- und 
Rheinstrasse zu dem Rheintore (Abb. 8). Diese Südgrenze war durch zwei 
Türme befestigt. Die Westgrenze, wurde durch den Rhein und den westlich 
noch unbebauten Marktplatz, durch das Schloss und die Krämerstrasse gebildet. 

Von den öffentlichen Bauwerken dieser annähernd drei Jahrhunderte um¬ 
fassenden Periode der Baugeschichte Düsseldorfs bis 1600 sind ausser dem 
Turme der Bilkerkirche, der Lambertus- und der Kreuzherrnkirche, dem 
Schlossturme, sowie dem am Markt stehenden alten Rathause nur gering¬ 
fügige Reste auf uns gekommen. Eine Anzahl von Privathäusern aus jener 
Zeit, wie am Burgplatze, in der Kurze- und Bolkerstrasse mit den Jahres¬ 
zahlen 1584, 1589, 1595 u. a. m. sind aber bis heute erhalten geblieben. 


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BAUGESCHICHTE BIS ZUM ENDE DES 18. JAHRHUNDERTS. 


15 


Die von 1614—1620 unternommene Erweiterung der Befestigungen Hess 
die bisher als Wallgänge dienende Neu- und Wallstrasse, sowie den Parade-, 
jetzigen Friedrichplatz, entstehen. Vor den Wällen wurden vier Bastionen: 
am Eiskeller-, am Ratinger-, Flinger- und Bergertore angelegt, ferner die 
Zitadelle durch zwei Bastionen verstärkt und durch eine neue Brücke mit 
der Stadt verbunden (Abb. 9). 

Der Umfang der Stadt betrug im Jahre 1620 26,6 ha. In der zweiten 
Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden die Hafen- und Zitadellstrasse mit 



Abb. 10. Düsseldorf im Jahre 1788. 

ihren Nebengassen, die Dammstrasse und im Jahre 1709 die jetzige Neusser- 
strasse, damals die „Neustadt" genannt. Hierauf trat ein längerer Stillstand 
in der baulichen Entwicklung ein, indessen wurden mehrere öffentliche 
Gebäude, wie z. B. das Galeriegebäude, der Marstall, das Gouvernements¬ 
haus und der Jägerhof errichtet. 

Als im Jahre 1787 durch weiteres Hinausschieben der Festungswerke 
nach Südosten die bisherige Umwallung zwischen Flinger- und Berger¬ 
bastion entbehrlich ward, wurde nach Schleifung derselben ein neues Stadt- 


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Düsseldorf im Jahre 1809 




















BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


17 


viertel, die Carlsstadt, geplant. Indem die Regierung die Auffüllung und den 
Bau der Strassen ausführen liess, machte der Stadtteil grosse Fortschritte, so 
dass die Carlsstadt 1791 bereits 86 Häuser zählte. Der befestigte Umfang 
der Stadt betrug jetzt etwa 70 ha (Abb. 10). 

Mit der im Friedensschlüsse zu Luneville 1801 festgesetzten Schleifung 
der Festungswerke beginnt für Düsseldorf die neuere Entwicklungsgeschichte 
(Abb. 11). 

& 

4. Die Entwicklung der Stadt Düsseldorf im 19. Jahrhundert, 
dargestellt nach den Stadterweiterungsplfinen. 

ie Entwicklung Düsseldorfs zur Orossstadt fällt vollständig 
in das 19. Jahrhundert: in dieses Jahrhundert trat die 
Stadt ein mit 16000 Einwohnern, sie verliess es mit 
über 200000. Der erste Stadt erweiterungsplan vom 
Jahre 1831 erweiterte das Stadtgebiet auf eine Fläche 
von 98,6 ha, der letzte vom Jahre 1885 auf eine Fläche 
von 2400 ha. Diese räumliche Entwicklung an der Hand 
der Stadterweiterungspläne zu schildern, ist der Zweck dieses Abschnittes, 
wobei jedoch nur die Hauptgrundzüge hervorgehoben werden sollen; ein 
Eingehen auf Einzelheiten, insbesondere eine Beschreibung der wachsenden 
Stadt nach der baukünstlerischen Seite der Hochbauten hin, ist als ausserhalb 
des Rahmens der folgenden Abhandlung liegend angesehen worden. 

a) Allgemeine Bemerkungen über die Entwicklung Düsseldorfs. 

m heutigen Stadtbild Düsseldorfs erinnert nichts mehr daran, dass die 
Stadt ehemals Festung gewesen ist. Die frühere halbkreisförmige Um¬ 
wallung ist in den Gartenanlagen im Norden und Süden, sowie in den 
Strassenzügen Königsallee und Alleestrasse, Anlagen und Strassen, die den 
Platz der früheren Festungswerke einnehmen, kaum noch zu erkennen; auch 
die Entwicklung der Stadt über die genannten Anlagen und Strassen hinaus 
zeigt nicht die bei andern ehemaligen Festungen so deutlich hervortretende 
Form von konzentrischen Ringen. Das Fehlen dieser konzentrischen Ent¬ 
wicklung Düsseldorfs dürfte darin seinen Grund haben, dass die grosse 
Landstrasse von Süden nach Norden (heute Cölner-, Pempelforter-, Duis¬ 
burger- und Kaiserswertherstrasse), die kurz vor der Stadt noch die Land¬ 
strassen von Süd- und Nordosten (heute Erkrather- und Münsterstrasse) 
aufnahm, nicht durch die alte Stadt, sondern in einer Entfernung von fast 
einem Kilometer an den früheren Festungswerken vorbei fjihrte. In Düssel¬ 
dorf fehlte daher die an solchen Landstrassen strahlenförmig von innen nach 
aussen fortschreitende Bebauung, die im weiteren Verlauf auf die zwischen 
diesen Strassen liegenden Sektoren Übergriff, und deren spätere Verbindung 
durch Ringstrassen sich als natürlicher Abschluss und zur Verteilung des 



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i8 


Düsseldorf und seine bauten. 


Verkehrs ergab. An Stelle dieser gewissermassen organischen Entwicklung von 
einem Mittelpunkte aus tritt in Düsseldorf ein Beginn der Bautätigkeit an 
mehreren, Punkten, zum Teil in grösserer Entfernung vom Herzen der Stadt, 
und die Aufgabe der Stadterweiterung bei wachsendem Umfange der Stadt 
war es, die so entstandenen neuen Viertel zu einer Einheit zu verschmelzen: 
eine Aufgabe, die nicht immer gelöst ist und gelöst werden konnte. 

Diese mangelnde Einheitlichkeit in der Entwicklung der Stadt ist nicht 
ohne Folgen für den städtischen Verkehr geblieben. Wegen des Fehlens 
. durchgehender Strassen fehlte die Belebung des Stadtverkehrs im Innern, es 
fehlte die Rückwirkung, die bei einem allseitigen gleichmässigen Wachstum 
der Stadt das Wachstum an den Grenzen auf die innere Stadt ausübt. Ins¬ 
besondere aus diesem Grunde wurde die mangelnde direkte Verbindung 
der Stadt mit ihrer näheren und ferneren Umgebung im Norden und Süden 
in den zur Ausarbeitung des Stadterweiterungsplanes anfangs des vorigen 
Jahrhunderts gebildeten Kommissionen häufig beklagt. 

An Versuchen, diesem Mangel abzuhelfen, hat es nicht gefehlt. So findet 
sich in einem Bebauungsplan des Regierungs- und Baurats v. Vagedes aus 
dem Jahre 1825 der Vorschlag, die Alleestrasse über den Napoleonsberg*) 
bis zum sogenannten Luftballon an der Ecke der jetzigen Kaiser- und Nord¬ 
strasse durchzulegen, um die von Norden kommende Strasse in die innere 
Stadt einzuführen. Ebenso ist in dem genannten Plan die bei Anlage der 
Karlsstadt bereits in Aussicht genommene Verbindung der Kasernen- und 
Hunsrückenstrasse vorgesehen, um die damals in Fortsetzung der Kasernen¬ 
strasse nach Süden projektierte neue Strasse über Stürzelberg bis ins Herz 
der Stadt zu bringen. Endlich ist in jenem Plan auch eine Verlängerung 
der Benratherstrasse über die Königsallee nach Osten zwecks Verbindung 
mit den Strassen ins Bergische Land, nach Westfalen und nach Süden in Aus¬ 
sicht genommen. Die Durchführung der Alleestrasse nach Norden scheiterte 
jedoch an dem Widerspruch der städtischen Behörden, der begreiflich erscheint, 
weil die Strasse zur Bildung neuer Bauviertel im Hofgarten dienen sollte. Die 
Durchführung der Strasse ohne Bebauung wäre sehr zu begrüssen gewesen, 
und der Ansicht von Vagedes', «dass diese Strasse den allgemeinen Verkehr 
fördern würde und zugleich eine seltene Grösse und Pracht entfalte", kann 
man nur zustimmen. Die Verbindung des Stadtinnern mit dem Norden ist 
heute noch mangelhaft, denn die erste durchgehende Verbindungsstrasse, die 
Hofgarten- und Kaiserstrasse, liegt fast ein Kilometer vom Rheine entfernt. 
Die gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts angelegte Scheibenstrasse hat als 
Entlastungsstrasse niemals eine Bedeutung erlangt und einen nennenswerten 
Verkehr nicht erhalten; vor und während der Ausstellung 1902 ist diese Strasse 
über ein Jahr ohne Nachteil für den durchgehenden Verkehr gesperrt gewesen. 


*) *Ein Hügelchen<, heisst es in dem Erläuterungsbericht, »das weder zweckmässig noch schön 
genannt zu werden verdient, und das in derselben Weise, wie es entstand, auch abgeändert werden 
kann.« Der Napoleonsberg ist bekanntlich aus dem Aushub des früheren Sicherheitshafens auf¬ 
geschüttet wo!den. Der Plan von v. Vagedes ist leider nicht mehr aufzufinden. 


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BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


19 


Der Durchbruch der Kasemenstrasse zur Hunsrückenstrasse ist ebenfalls 
nicht ausgeführt worden; er hat auch an Bedeutung verloren, da die Strasse nach 
Süden über Stürzelberg (Himmelgeist) nicht in der Fortsetzung der Kasemen¬ 
strasse, sondern der Allee- und Breitestrasse zur Ausführung gekommen ist 
(Friedrichs- und Brunnenstrasse). An Verkehrsbedeutung steht diese Strasse 
hinter der alten Strasse nach Süden, der jetzigen Cölnerstrasse, auch weit zurück. 

Desgleichen ist die von v. Vagedes geplante Durchführung der Benrather- 
strasse nach Osten und deren Verbindung mit den vorgenannten Hauptland¬ 
strassen, obgleich sie den einmütigen Beifall der städtischen Behörden gefunden 
hat, nicht zur Wirklichkeit geworden. 

Die einzige grosse Strasse, die von alters her in das Innere der Stadt 
führte, war die von Osten kommende, aus dem bergischen Lande (Orafenberger 
Chaussee und Schadowstrasse). Nachdem ihre frühere direkte Verbindung 
mit der Flingerstrasse infolge Anlegung der Festungswerke unterbrochen 
worden war,*) erreichte sie mit dem Umwege über Elberfelder-, Kommuni- 
kations- und Bolkerstrasse die innere Stadt. Der Durchbruch der Schadow¬ 
strasse zur Königsallee erfolgte im Jahre 1866, die weitere Fortsetzung bis 
zur Alleestrasse, die Bazarstrasse, wurde 1874 hergestellt, der Durchbruch 
von der Flingerstrasse zur Alleestrasse ist im Jahre 1897 ausgeführt worden. 

Die Nachteile, die der Stadt in früheren Zeiten das Fehlen durch¬ 
gehender Verkehrsstrassen gebracht hat, sind heute, nachdem die genannten 
Strassen in den Bereich der weiter entwickelten Stadt aufgenommen sind, 
für die Stadt als Ganzes wesentlich abgeschwächt; sie treten noch in Er¬ 
scheinung beim Strassenbahnnetz, das einen wenig einheitlichen Charakter zeigt 
und trotz mehrfacher Parallellinien keine genügend zahlreichen direkten Ver¬ 
bindungen der einzelnen Verkehrszentren aufweist. Die Randstrassenzüge 
der früheren Stadterweiterungen: Königsallee—Haroldstrasse, Duisburger¬ 
strasse—Jakobistrasse—Tonhallenstrasse—Oststrasse, sind zu Durchgangs¬ 
strassen der erweiterten Stadt geworden. 

Die Verschiebung des geschäftlichen Schwerpunktes aus der Altstadt 
an die Kreuzungspunkte der Hauptlandstrasse von Osten mit der Haupt¬ 
landstrasse von Süden nach Norden und den neuen süd-nördlichen 
Durchgangsstrassen Königsallee und Jakobi-—Tonhallenstrasse, also in den 
Strassenzug Wehrhahn bis Comeliusplatz, dürfte auch eine Folge des Fehlens 
durchgehender Verkehrslinien in der inneren Stadt sein. 


b) Der erste Stadterweiterungsplan vom Jahre 1831. 

D ie erste Anregung zur Aufstellung eines Stadterweiterungsplanes auf dem 
Gelände der im Jahre 1801 geschleiften Festungswerke gab die Ver¬ 
fügung der Königlichen Regierung vom 12. Juni 1827 an die Stadt, in der 
mitgeteilt wurde, dass von der Staatsverwaltung eine Summe von 48000 
Talern zur Vollendung der Schleifungs- und Verschönerungsarbeiten der 

*) Das früher am Ausgang der Flingerstrasse stehende Tor ist Mitte des sechzehnten Jahr¬ 
hunderts an das Ende der Kommunikationsstrasse verlegt worden. 


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20 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Stadt überwiesen worden sei. Bereits früher (1808—10) war die Alleestrasse 
angelegt, ebenso fällt die Anlage der Kaiserstrasse in jene Zeit. Die Ver¬ 
fügung der Königlichen Regierung bezeichnete als Aufgabe der für die 
Planbearbeitung zu bildenden Kommission die Feststellung eines Stadtbau¬ 
plans unter Zugrundelegung der bereits früher durch den Regierungs- und 
Baurat v. Vagedes und den Garteninspektor Weyhe bearbeiteten Pläne, 
sowie eines Planes zur Verschönerung der Umgebung der Stadt. Die 
Kommission, der die beiden vorgenannten Techniker angehörten, arbeitete 
den Plan aus; nach Begutachtung durch die Stadtvertretung erhielt er im 
Jahre 1831 die Königliche Genehmigung. Der seinerzeit in Kupfer ge¬ 
stochene Plan ist in Abb. 12 dargestellt. 

Nach dem Plan wurde der neue Stadtbering begrenzt nördlich vom 
früheren Sicherheitshafen bis zum Ratinger-Tor, östlich von den Wasser¬ 
anlagen der Landskrone und des Stadtgrabens, südöstlich ebenfalls vom 
Stadtgraben, der damals in offenem Lauf vom Ende der Königsallee bis 
zum südlichen Ende der Kasemenstrasse zog, weiter vom Schwanenspiegel 
und einer der jetzigen Kavalleriestrasse folgenden Linie, südlich durch einen 
Verschluss im Zuge der jetzigen Fürstenwallstrasse bis zum Rhein. Ausser¬ 
halb dieses Berings wurden noch Baulinien festgestellt in der südlichen 
Verlängerung der Kasernenstrasse (Elisabethstrasse), für die Neusserstrasse 
und die Jägerhofstrasse. Es fehlt also eine durch Baulinien festgestellte 
Verbindung mit den grossen Landstrassen nach Norden und Süden; nicht 
einmal für die Schadow- und Hofgartenstrasse, an denen sich damals schon 
eine lebhafte Bautätigkeit entwickelt hatte, wurden Baulinien festgesetzt. 
Seitens der Stadtvertretung war dringend gewünscht worden, von dem 
sogenannten Schnapp, an der Abzweigung der Ellerstrasse von der Cölner- 
strasse, eine Strasse bis in die verlängerte Benratherstrasse zu führen, doch 
wurde dem Wunsche nicht entsprochen. Dieser Strassenzug ist erst in den 
letzten Jahren nach Offenlegung der Steinstrasse zwischen Ost- und Charlotten¬ 
strasse Wirklichkeit geworden. 

Im Innern des erweiterten Stadtberings war noch vorgesehen »eine 
Verbindung der Stadt mit der Neustadt (in der Nähe der Kaserne an der 
Kavalleriestrasse) durch mehrere Bauquartiere". Es sind dies die Bau¬ 
viertel zwischen Südstrasse, die damals bis zur Bergerallee durchging, und 
Haroldstrasse. Ein für die Verbindung der beiden Stadtteile geeigneter 
Strassenzug ergab sich dabei nicht, denn die Poststrasse (damals Düssei¬ 
strasse), die diese Verbindung hersteilen sollte, liegt dafür nicht zweckmässig 
und hat einen grösseren Verkehr bis heute nicht erhalten. Ebenso ungeeignet 
für diese Verbindung war die Bergerallee, die ebenfalls fast gar keinen Verkehr 
aufweist. Die beste Verbindung mit der Neustadt wäre die Durchführung 
der Bilkerstrasse nach Süden gewesen, die als Fortsetzung der Markt- und 
Bergerstrasse dem Verkehr aus der inneren Stadt einen direkten Weg geboten 
hätte. Diese Durchführung der Bilkerstrasse in die Neustadt ist denn auch in 
mehreren Eingaben der damaligen Bewohner dieser Strasse verlangt worden. 


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BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


21 



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Abb. 12. Stadtplan im Jahre 1831 








22 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Zeigt nun der Erweiterungsplan auch hinsichtlich seiner Ausdehnung 
und seiner Verkehrslinien manche Mängel — Mängel, die indessen begreiflich 
und verzeihlich sind, weil die Entwicklung der Stadt, wie sie das Jahr¬ 
hundert gezeitigt hat, nicht vorauszusehen war, vor allen Dingen aber, weil 
es an den nötigen Geldmitteln fehlte —, so verdienen anderseits die 
zur Verschönerung der Stadt geschaffenen Anlagen uneingeschränktes Lob. 
Die gärtnerischen Anlagen des Hofgartens und um das Ständehaus mit 
den grossen Zierteichen müssen als Meisterwerke der Gartenkunst angesehen 
werden, und die beide Anlagen verbindenden Strassen — Königsallee, Allee¬ 
strasse und Haroldstrasse — zeigen in Entwurf und Ausführung einen grossen 
Zug. Heute, wo diese Anlagen vollständig in den Bereich der erweiterten 
Stadt aufgenommen sind, kommt ihre Schönheit noch mehr zur Geltung 
als ehedem, wo sie die Grenzen der Stadt bildeten; denn gerade in der 
Vereinigung der Schönheit der gärtnerischen Anlagen mit dem sich in ihrer 
unmittelbaren Nähe abspielenden grossstädtischen Verkehr liegt vielleicht der 
Hauptreiz, den Düsseldorf auf jedermann ausübt. Der Pflege dieser herrlichen 
Schöpfung der Vorfahren wird in der Düsseldorfer Stadtverwaltung mit Recht 
die sorgfältigste Aufmerksamkeit gewidmet. 

Bereits wenige Jahre nach Feststellung des Erweiterungsplanes vom 
Jahre 1831 stellte sich die Notwendigkeit heraus, das Stadtgebiet zu ver- 
grössern. An der Schadowstrasse, am Schadowplatz, an der Hofgarten- und 
Duisburgerstrasse schritt die Bebauung rasch fort. Die Stadt stellte daher 
bei der Regierung den Antrag, Bebauungspläne für die genannten Strassen 
und für ein neues Viertel in Pempelfort aufstellen zu lassen. Die Regierung 
forderte indessen eine genaue Bestimmung der Ausdehnung des neuen 
Planes, verlangte insbesondere, dass die Ausdehnung nicht zu gering, eher 
etwas zu gross anzunehmen sei. Die im Jahre 1836 begonnenen Arbeiten 
zur Aufstellung eines neuen Stadterweiterungsplans kamen erst im Jahre 1852 
zum Abschluss. Bevor auf diese Arbeiten näher eingegangen werden kann, 
erscheint es nötig, einen Blick auf die Entwicklung derjenigen Anlagen zu 
werfen, die bestimmend für den Ausbau der Stadt in der Folgezeit gewesen 
sind, nämlich auf die Eisenbahnanlagen. Um den Zusammenhang nicht zu 
stören, soll vorgreifend die Ausgestaltung dieser Anlagen in und um 
Düsseldorf bis zur Neuzeit beschrieben werden. 

c) Die Eisenbahnanlagen Düsseldorfs von ihrer Entstehung 
bis zur Gegenwart.*) 

D ie erste Eisenbahn Düsseldorfs war die nach Elberfeld. Sie wurde 
im Jahre 1838 bis Erkrath, 1841 bis zu ihrem Endpunkte dem Betriebe 
übergeben. Der Bahnhof lag am Südende der Königsallee, die Trasse ver¬ 
lief im Zuge der heutigen Graf-Adolfstrasse bis zur Oststrasse, sie ist noch 


*) Unter Benutzung von: Studien zur Wirtschafts- und Verwaltungsgescliichte Düsseldorfs im 
19. Jahrhundert von Otto Brandt. 


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BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


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zu erkennen im Anschlussgleis der Oberbilker Stahlwerke und des Düssel¬ 
dorfer Röhren- und Eisenwalzwerks an den Bahnhof Lierenfeld. Vom 
Bahnhof ging ein im Anfang mit Pferden betriebenes Oleis im Zuge der 
Haroldstrasse bis zum Rheinwerft. Für die einige Jahre später eröffnete 
Cöln-Mindener Bahn, für deren Führung nach langer Prüfung der Frage, 
ob die Bahn über Opladen—Elberfeld oder über Düsseldorf—Duisburg zu 
führen sei, der letztere Weg gewählt wurde, sollte der Bahnhof am Wehr¬ 
hahn, also an der Stelle des jetzigen Oüterbahnhofs Derendorf angelegt 
werden; doch wurde auf Antrag der Stadt, die den Bahnhof in der Nähe 
der bebauten Teile wünschte, auch durch Verbindung des Sicherheitshafens 
mit dem Stadtgraben einen neuen Stadthafen in der Nähe der Eisenbahnen 
herstellen wollte, der Bahnhof als Kopfstation südlich neben den Bahnhof der 
Elberfelder Linie gelegt. Das Einfahrtsgleis der neuen Bahn lag im Zuge der 
jetzigen Eisenstrasse, das Ausfahrtsgleis schnitt die Linie nach Elberfeld in 
Schiertenhöhe, seine Trasse ist noch zu erkennen im Zuge der Worringerstrasse. 

Als der Verkehr der Eisenbahnen immer mehr zunahm, musste für 
die Cöln-Mindener Bahn ein Verbindungsgleis zwischen Käshof, in der Nähe 
des jetzigen Bahnhofes Lierenfeld, und Wehrhahn hergestellt werden, ein 
Oleis, das heute noch als Oüterzuggleis vorhanden und in Betrieb ist. Auch 
dieses Oleis schnitt das Hauptgleis der Bahn nach Elberfeld in Schienen¬ 
höhe. 

Die Verbindung der letzteren Bahn, die 1857 an die Bergisch-Märkische 
Eisenbahn-Gesellschaft übergegangen war, mit der Linie Aachen—Neuss — 
Oberkassel erfolgte im Jahre 1870 durch den Bau der festen Rheinbrücke 
bei Hamm. Die Trasse lief vom Bahnhofe in der Haroldstrasse bis zum 
Rhein und von da parallel der jetzigen Hafenbahn zur Brücke. Eine weitere 
Vermehrung erfuhren die Eisenbahnanlagen der Stadt durch die im Jahre 
1872 eröffnete untere Ruhrtalbahn über Ratingen und Kettwig, die im Bahn¬ 
hofe der Bergisch-Märkischen Bahn endigte, und deren Führung noch er¬ 
halten ist als Linie Rath -Orafenberg- Lierenfeld. Die letzte grosse Eisen¬ 
bahnlinie Düsseldorfs war die früher von der Rheinischen Bahn in den 
Jahren 1875 — 76 erbaute Strecke Speldorf—Troisdorf, für die ein Bahnhof 
am Wehrhahn in der Nähe der jetzigen Ueberführung der Grafenberger¬ 
strasse angeordnet wurde, und die ebenfalls zur Umgehung der Bahn¬ 
anlagen Düsseldorfs das jetzt noch vorhandene und betriebene Verbindungs¬ 
gleis Rath —Eller erhielt. 

Die Eisenbahnanlagen haben für die bauliche Entwicklung der Städte 
und für die Entwicklung des städtischen Verkehrs in der Regel ein störendes 
Moment gebildet und vielfach hemmend auf diese Entwicklung eingewirkt. 
Auch in Düsseldorf war dies, und zwar in noch höherem Masse als anders¬ 
wo, der Fall, weil der südlich der Haroldstrasse und der alten Bahnhöfe 
liegende Stadtteil durch die Eisenbahnanlagen vollständig von den übrigen 
Stadtteilen getrennt wurde, und im Osten der Eisenbahndamm der Cöln- 
Mindener Bahn ein Hindernis für die Ausdehnung der Stadt bildete. Nur 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


nach Norden zu konnte sich die Stadt unbehindert von Eisenbahnanlagen 
ausdehnen, und so zeigt sich auch in der Gegenwart noch die Bebauung und 
der Verkehr im Norden der Stadt in freudigerem Fortschreiten als im Süden 
und Osten. Für den Süden kommt allerdings als Hindernis einer lebhafteren 
Entwicklung hinzu das Fehlen einer grossen Landstrasse und der Abschluss 
des Hinterlandes durch den von Osten nach Westen ziehenden Rhein. 

Heute erscheint es kaum mehr glaublich, dass noch vor 20 Jahren die 
durchgehenden Strassen von Norden nach Süden: die Tal-, Friedrichs-, Elisa¬ 
beth-, Kavallerie- und Neusserstrasse in Schienenhöhe über eine mit starkem 
Verkehr belastete Eisenbahnlinie führten, und dass diese Linie auf einer langen 
Strecke in der verkehrsreichen Haroldstrasse lag. Es ist begreiflich, dass man bei 
Anlage der Eisenbahnen, ungewiss über deren Verkehrsentwicklung im Laufe 
der Zeit, kein Bedenken trug, die Wege und Strassen in Schienenhöhe zu 
kreuzen, gelegentlich auch eine Bahnlinie in Höhe der Strassenkrone in der 
Strasse selbst zu führen. Dass diese Zustände aber, nachdem der Eisenbahn¬ 
verkehr stark gewachsen und die Entwicklung der Stadt und ihr Ver¬ 
kehr einen bedeutenden Aufschwung genommen, noch so lange geduldet 
wurden, ist nur zu verstehen, wenn man die Verhältnisse der Eisenbahnen 
vor ihrer Verstaatlichung und die gegenseitige Rivalität der verschiedenen 
konkurrierenden Gesellschaften in Rücksicht zieht. Mehrfach wurde der 
Versuch gemacht, die Übergänge der Strassen in Schienenhöhe zu beseitigen, 
er scheiterte jedoch an den hohen Kosten und an der mangelnden Einigkeit 
unter den verschiedenen Gesellschaften. Erst nach der im Jahre 1879—82 
durchgeführten Verstaatlichung der Eisenbahnen kam die Frage der Um¬ 
gestaltung der Bahnanlagen Düsseldorfs in lebhaften Fluss, sie wurde gelöst 
durch Erbauung eines für den Verkehr sämtlicher Linien bestimmten Zentral- 
Personen- und Güterbahnhofs. 

Eine nähere Beschreibung der neuen Bahnanlagen an dieser Stelle 
kann unterbleiben; der Stadterweiterungsplan vom Jahre 1885, der dieser 
Abhandlung beigegeben ist, zeigt die früheren und die jetzigen Anlagen. 
Der neue Personenbahnhof, ebenso der Güterbahnhof, liegen für die Aus¬ 
dehnung und Entwicklung der Stadt günstig. Leider sind die in weiterer 
Entfernung von der damals bebauten Stadt liegenden Übergänge in 
Schienenhöhe nicht beseitigt worden, und es bedarf, nachdem die Stadt 
sich inzwischen bis zu diesen Übergängen ausgedehnt hat, weiterer Auf¬ 
wendungen, um auch hier schienenfreie Übergänge zu schaffen. Im grossen 
und ganzen kann jedoch die Eisenbahnfrage, soweit sie für die Entwicklung 
und Ausdehnung der Stadt Bedeutung hat, als gelöst betrachtet werden. 

Ob indessen die Bahnhofsanlagen, insbesondere die Anlagen des 
Personenbahnhofes, in Zukunft für den stets noch wachsenden Eisenbahn¬ 
verkehr ausreichen werden, muss bezweifelt werden. Solche Zweifel scheinen 
auch bei der Eisenbahnverwaltung obzuwalten, da sie im Jahre 1902, um 
den Ausstellungsverkehr zu bewältigen, mit grossen Kosten eine besondere 
Bahn nebst besonderem Bahnhof für die Ausstellung gebaut hatte, dem die 


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BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


25 


Ausstellungssonderzüge ohne Berührung des Hauptbahnhofs zugeführt wurden. 
Ein derartiger Notbehelf wird sich in Zukunft nicht mehr schaffen lassen. 

Inwieweit die Eisenbahnanlagen im einzelnen auf die bauliche Ent¬ 
wicklung der Stadt eingewirkt haben, wird sich bei der Besprechung der 
Stadterweiterungspläne ergeben. 

d) Der zweite Stadterweiterungsplan vom Jahre 1854. 

D ie im Jahre 1836 aufgenommenen Arbeiten zur Aufstellung eines Stadt¬ 
erweiterungsplanes kamen erst im Jahre 1852 zum Abschluss. Die 
städtischen Behörden sahen wohl schon beim Beginn der Arbeiten deren 
Schwierigkeiten und lange Dauer voraus und beantragten daher bei der 
Königlichen Regierung, es möchte, um dem bereits bestehenden Mangel 
an freien Bauplätzen abzuhelfen, der Teil der Landskrone zwischen dem 
Ratinger-Tor und dem Platze des jetzigen Theaters, „ohnehin ein totes 
Wasser, dessen Vertilgung schon in medizinalpolizeilicher Hinsicht sehr zu 
wünschen wäre", zugeschüttet und zum Ausbau bestimmt werden; weiter 
bat die Stadt, einige Baublöcke an der Westseite der Kaiserstrasse auf dem 
Gelände des Hofgartens zu schaffen, wie dies bereits früher in dem Stadt¬ 
bauplan des Garteninspektors Weyhe vorgesehen war. Die Regierung lehnte 
indessen diese Anträge ab, da der Umfang der öffentlichen Anlagen unter 
jeder Bedingung in seiner Integrität erhalten werden müsse. Man sieht aber 
aus den Anträgen, dass die Ansichten der städtischen Behörden über die 
Erhaltung der Garten- und Parkanlagen in deren vollem Umfange zeitweise 
geschwankt haben. 

Der erste Entwurf des neuen Planes sah eine umfangreiche Ver- 
grösserung des Stadtberings nach Norden, Osten und Süden vor. Der neue 
nördliche Stadtteil, für dessen Verbindung mit der Altstadt die Scheiben¬ 
strasse geplant wurde, lag zwischen der Kaiser-, Nord- und Duisburger¬ 
strasse. In der Fortsetzung der letzteren bildete die Jakobistrasse bis zur 
Schadowstrasse, von dieser aus die jetzige Tonhallenstrasse (damals auch 
Oststrasse genannt) und dann die Oststrasse bis zur jetzigen Bahnstrasse die 
Grenze des neuen östlichen Stadtteils. Südlich der Eisenbahn sollte aus 
polizeilichen Gründen kein neues Stadtviertel angelegt werden. Da jedoch 
der lebhafte Verkehr in der Nähe der Eisenbahn bereits Anlass zu Haus¬ 
bauten gegeben hatte, so wurden dort noch drei Bauviertel in Aussicht 
genommen, die östlich von der Comeliusstrasse, westlich von der Friedrichs¬ 
strasse begrenzt wurden; zur Verbindung dieser neuen Viertel mit der Neu¬ 
stadt sollte die Reichsstrasse (damals Krautstrasse) dienen. Die südliche 
Begrenzung der neuen Südstadt bildete die Fürstenwallstrasse. 

Der umfangreiche Erweiterungsplan, der den Stadtbering von 98,6 ha 
auf 278 ha vergrösserte, war der Gegenstand zahlreicher und langwieriger 
Beratungen technischer und verwaltungsrechtlicher Natur. Mehrfache Um¬ 
arbeitungen und Ergänzungen mussten teils infolge von Prüfungsbemerkungen 
der Aufsichtsbehörden, teils infolge Einspruchs von Privaten vorgenommen 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


werden. Die Beratungen kamen zum Abschluss und die Vorlage des Planes 
höheren Orts erfolgte im Jahre 1845. Die Königliche Genehmigung zu dem 
Plane wurde indessen versagt mit der Begründung, »dass es im allgemeinen 
nicht zweckmässig erscheine, die Richtung schon vorhandener Wege ohne 
überwiegende materielle Gründe zu verlassen, um eine oft nicht einmal zur 
Zierde gereichende Rechtwinkeligkeit der zu bildenden Bauquartiere herzu¬ 
stellen". Der Stadt wurde daher aufgegeben, den Plan nochmals umzuarbeiten. 

Die Umarbeitung des Planes kam im Jahre 1852 zum Abschluss. 
Ausser den Änderungen gemäss den gegebenen Anordnungen zeigt der 
neue Plan eine Erweiterung gegen den ursprünglichen um beträchtliche 
Flächen im Norden und Süden. Als nördliche Grenze wurde die heutige 
Parkstrasse bis zur heutigen Derendorferstrasse angenommen, diese und in 
ihrer Fortsetzung die Pempelforterstrasse bildeten die neue nordöstliche 
Grenze. Weiter wurden im Nordosten noch festgesetzt Baulinien für die 
heutige Düsseltaler- und Adlerstrasse, für die Landstrasse nach Elberfeld 
bis zur Eisenbahn, sowie für die Gerresheimerstrasse ebenfalls bis zur Eisen¬ 
bahn. Als östliche Grenze des Planes wurde vom Wehrhahn ab die Ost¬ 
strasse beibehalten, südlich der Eisenbahn wurde der Plan erweitert durch 
die Fortführung der Comeliusstrasse bis zur Oberbilkerallee; diese und die 
Bilkerallee bildeten bis zum Schnittpunkt mit der Neusserstrasse die 
südliche, Neusser- und Brückenstrasse die südwestliche Grenze. Die Gesamt¬ 
fläche des Stadtberings nach dem neuen Plan war 375,0 ha gross. Der 
Plan erhielt im Jahre 1854 die Königliche Genehmigung und ist dargestellt 
in Abb. 13. 

Die neue Nordgrenze des bebauungsfähigen Geländes wurde gegen 
die Nordgrenze des Stadtplans vom Jahre 1831 in den beiden Etappen des 
Entwurfs um rund 1300 m hinausgeschoben. Wesentlich geringer war die 
Ausdehnung nach Osten. Von der Königsallee, der bisherigen östlichen 
Grenze, bis zur Oststrasse beträgt die mittlere Entfernung nur 500 m, also 
noch nicht die Hälfte jener Ausdehnung nach Norden, trotzdem sich die 
Bebauung im Osten um die einzige in das Herz der Stadt führende grosse 
Landstrasse gruppierte. Als Grund für diese Beschränkung in der Ausdehnung 
nach Osten wurde die tiefe Lage des jenseits der Oststrasse liegenden Geländes, 
das sich zum Bauen wenig eigne, angeführt; es erscheint aber nicht ausge¬ 
schlossen, dass man an die die Stadt im Osten umziehende Eisenbahn nicht zu 
nahe herangehen wollte, sie jedenfalls als nicht zu überschreitende Grenze an¬ 
sah. Auch für die neue Südstadt wurde eine weitere Ausdehnung nach Osten 
südlich der Eisenbahn aus polizeilichen Gründen nicht für zulässig erachtet. 
Eine weitere Ausdehnung nach Osten wäre indes wohl zweckmässig gewesen, 
denn das Bedürfnis zur Ausdehnung des Stadtberings nach dieser Seite trat 
schon bald hervor. So entstanden kurz nach Feststellung des Planes die 
Fortsetzung der Bismarckstrasse über die Oststrasse hinaus, die Immermann¬ 
strasse und die Charlottenstrasse. Auch das von der Ost-, Kloster-, Wor- 
ringer-, Grafenbergerstrasse und Wehrhahn begrenzte Stadtviertel entstand 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


bald nachher ohne einen geregelten Bebauungsplan und zeigt in seiner An¬ 
lage und Ausbildung deutlich die Zufälligkeit seiner Entstehung. Die 
mangelnde Ausdehnung des Erweiterungsplanes nach Osten hat ein organisches 
Wachstum der Stadt nach dieser Richtung gehemmt, insbesondere ein 
Zusammenwachsen mit Oberbilk verhindert, und die Folge davon sehen 
wir noch heute in der mangelhaften Verbindung der Stadt mit diesem Vorort. 

Der Erweiterungsplan, der das Bild der inneren Stadt, soweit sie von 
den jetzigen Eisenbahnanlagen begrenzt ist, festgelegt hat, zeigt die unor¬ 
ganische Entwicklung Düsseldorfs in klarster Weise. Der Stadt nach dem 
Bauplan vom Jahre 1831 wurden drei grosse neue Stadtteile lose ange¬ 
gliedert, die durchgehende Verbindungen nicht zeigen und mit der alten 
Stadt und untereinander nur an ihren Rändern verbunden sind. Es ist 
auch nicht einmal der Versuch gemacht worden, die grossen Landstrassen 

inniger mit dem Strassennetz der 
früheren Stadt zu verbinden, nur 
in der Anlage der Scheibenstrasse 
könnte man den Versuch sehen, 
die von Norden kommende Strasse 
in die alte Stadt zu führen. Er 
musste aber schon deshalb miss¬ 
lingen, weil der Sicherheitshafen 
eine direkte Verbindung unmöglich 
machte; die Scheibenstrasse hat 
einen grösseren durchgehenden 
Verkehr- überhaupt nicht erhalten. 
Infolge der mangelhaften Verbin¬ 
dung der Stadt mit den grossen 
Landstrassen mussten in der Folge 
daher die als Ringstrassen des Planes 
Abb. 14. 1:3000. Der Königsplatz. anzuse henden baumbepflanzten 

Strassen, wie Duisburger- und Oststrasse in gleicher Weise wie die Ringlinien 
des Bebauungsplanes vom Jahre 1831 als Durchgangsstrassen für den Verkehr 
der erweiterten Stadt benutzt werden. 

Die Mängel der losen Verbindung der einzelnen Stadtteile unter¬ 
einander und mit der älteren Stadt sind in der Folge durch eine Reihe von 
Massnahmen teils beseitigt, teils gemildert worden; wo einzelne noch be¬ 
stehen, ist es durch einfache Mittel möglich, Besserung zu schaffen. Die 
Breite, die den Strassen des Erweiterungsplanes gegeben wurde, ist mit 
wenigen Ausnahmen so, dass sie auch heute noch den gesteigerten Verkehrs¬ 
ansprüchen genügt. 

Im übrigen zeigt der Plan, verglichen mit den grossartigen Strassen- 
und Gartenanlagen der früheren Zeit, eine gewisse Nüchternheit. Der neue 
südliche Stadtteil ist vollständig nach dem Rechteckschema angelegt, ohne 
Berücksichtigung des in jener Gegend bereits vorhandenen Strassennetzes. 



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BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


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Der dort angeordnete (Kirch-)Platz kann als eine glückliche Platzanlage 
nicht bezeichnet werden. Bei Entwertung der neuen Nord- und Oststadt ist 
das Rechteckschema allerdings durch die Benutzung der vorhandenen Wege 
gemildert, doch sucht man vergebens nach grossen und weiträumigen 
Strassenzügen, für die man in Düsseldorf doch so schöne Vorbilder hatte. 
Eine Ausnahme macht der Königsplatz (D 5), der die in älteren Zeiten stets 
gewählte, geschlossene Form mit der von der Sehrichtung abgewendeten 
Einmündung nur je einer Strasse in jeder Ecke zeigt, (s. Abb. 14) eine 
Platzlösung, die nach Lage der Verhältnisse nicht als durch Zufall entstanden 
angesehen werden kann. 

e) Der dritte Stadterweiterungsplan vom Jahre 1885; neueste 
Entwicklung der Stadt bis zur Gegenwart. 

D ie auf die Feststellung des Planes vom Jahre 1854 folgenden Jahrzehnte 
bedeuten eine Ruhezeit, wenn auch keinen Stillstand in der baulichen 
Entwicklung Düsseldorfs. Schon vorhin ist von der Entstehung neuer 
Strassen und Stadtviertel jenseits der Oststrasse gesprochen worden. Neue 
Strassen entstanden auch an anderen Punkten ausserhalb der Grenzen des 
Planes zum Teil in weiterer Entfernung. Die im Jahre 1873 hergestellte- 
Überführung der Orafenbergerstrasse regte auch die Bautätigkeit östlich der 
Eisenbahn an und das zu jener Zeit dort zwischen Rethel- und Humboldt- 
. strasse entstandene neue Stadtviertel tritt durch seine Eigenart im heutigen 
Stadtplan deutlich hervor. Die Aufstellung eines erweiterten Bebauungs¬ 
planes wurde daher immer dringender. Die Entwicklung der damaligen 
Aussenorte: Flingern, Ober- und Unter-Bilk brachte die Gefahr nahe, dass 
bei nicht rechtzeitiger Aufstellung eines diese Gemeinden umfassenden Er¬ 
weiterungsplanes sich für Verkehr und Bebauung missliche Zustände in der 
Nähe dieser Aussengemeinden ergeben würden. Ferner drängte die Ende 
der siebziger und anfangs der achtziger Jahre in Aussicht genommene Um¬ 
gestaltung der Eisenbahnanlagen zur Aufstellung eines Planes, der die 
weitere Entwicklung der Stadt von der Anlage der Eisenbahnen möglichst 
unabhängig machte. Den äusseren Anlass zur Aufstellung eines umfassenden 
Stadtbebauungsplanes gab dann das Gesetz vom 2. Juli 1875, betreffend die 
Anlegung und Veränderung von Strassen und Plätzen in Städten und länd¬ 
lichen Ortschaften. Dieses Gesetz gab den Gemeinden die Möglichkeit, die 
für ihre Entwicklung nötigen Massnahmen zur Aufstellung von Bebauungs¬ 
plänen selbständig zu treffen, auch gab es den Weg, auf dem die Durch¬ 
führung der Pläne möglich war. 

Die Arbeiten zur Aufstellung eines neuen Stadterweiterungsplanes be¬ 
gannen im Jahre 1876 und kamen zum Abschluss im Jahre 1885. Das Er¬ 
gebnis war ein die vorhin genannten Aussenorte umfassender Plan, der eine 
bebauungsfähige Fläche von rund 24 oo ha umfasste, die Fläche gegenüber 
dem Plan von 1854 also fast auf das Siebenfache vergrösserte. Sie reicht 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


bei einer durchschnittlichen Zahl von 250 Seelen auf das ha für eine Be¬ 
völkerung von 600000 Einwohnern. Wenngleich trotz der schnellen Ent¬ 
wicklung Düsseldorfs in den letzten Jahrzehnten kaum zu erwarten ist, dass 
diese Bevölkerungszahl in absehbarer Zeit erreicht wird, so war es doch 
richtig, die Grenzen des Entwurfs so weit zu stecken, damit die Hauptlinien 
in grossen Zügen festgelegt werden und sich neue Stadtteile auch in 
weiterer Entfernung von dem Mittelpunkte der Stadt organisch an das Be¬ 
stehende oder Werdende angliedern konnten. Die Entwicklung der Stadt 
hat die Richtigkeit dieses Standpunktes dargetan, denn an einigen Stellen 
hat die Bebauung sogar schon Gelände jenseits der Grenzen des Planes 
ergriffen (Wokersche Villenkolonie, G 3) und die Feststellung von Bebauungs¬ 
plänen für weitere ausserhalb der Grenzen des Planes liegende Flächen wird 
in kurzer Zeit nötig werden. 

Der Stadterweiterungsplan, der in weitem Kreisen bekannt geworden 
ist durch das in Stübbens Städtebau abgedruckte Gutachten, ist in Abb. 15 
in der Form dargestellt, die er als genereller Entwurf von den seiner Zeit 
zur Prüfung des städtischen Entwurfs berufenen Gutachtern erhalten hat. 
Der Plan ist nach grossen Gesichtspunkten entworfen; seine Ausführung 
ermöglichte eine organische Weiterentwicklung der Stadt im Anschluss an 
die bestehenden Teile und gab der inzwischen zur Grossstadt gewordenen 
Stadt ein würdiges Kleid. Die von der Stadt ins Land ziehenden Strassen 
(Radialstrassen) sind kräftig betont und bilden, wo sie in neuerer Zeit aus¬ 
gebaut sind, hervorragende Strassenzüge (Grafenberger Chaussee). Für die 
Führung der grossen Landstrassen von Norden und Süden ins Herz der 
Stadt enthält der Plan geeignete Vorschläge. Für die erstere ist von der 
Kaiserswertherstrasse an der Rolandstrasse eine neue Strasse abgezweigt, 
die über die frühere Golzheimer Insel zieht und in der Rheinuferstrasse ihre 
Fortsetzung findet. Die Mündung des früheren Sicherheitshafens sollte dabei 
zugeschüttet und der Sicherheitshafen, da der Bau des neuen Hafens auf 
der Lausward schon in Aussicht stand, in einen Binnenteich verwandelt 
werden. Für die Landstrasse aus Süden ist von der Oberbilkerallee ein 
diagonaler Strassenzug abgezweigt (Hüttenstrasse), der jedoch nur bis zur 
Graf-Adolfstrasse durchgeführt wurde. Eine direkte Verbindung dieser von 
Norden und Süden in die Stadt ziehenden neuen Strassen fehlt demnach. 

Die Radialstrassen sind verbunden durch drei Ringstrassenzüge, deren 
innerer aus einer Reihe schon bestehender und bei Umbau der Bahnanlagen 
neu entstandener Strassen gebildet ist. Die beiden neuen äusseren Ring¬ 
strassen sind in ihrer Lage zur Stadt richtig entworfen und werden nach 
ihrem Ausbau grossartige Promenaden in der erweiterten Stadt bilden. 

Die zwischen den Radial- und Ringstrassen liegenden Sektoren sind 
durch zahlreiche Diagonalstrassen in einzelne grosse Baublöcke, deren Unter¬ 
teilung der Zukunft überlassen ist, geschieden. 

Die zugleich mit der Aufstellung des Planes entworfene Umgestaltung 
der Eisenbahnanlagen ermöglichte eine Weiterentwicklung der Stadt ohne zu 


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BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


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grosse Abhängigkeit von den Bahnanlagen. Für sämtliche innerhalb der 
Grenzen des Planes die Eisenbahnen schneidenden Strassen sind schienenfreie 
Kreuzungen vorgesehen und inzwischen auch zur Ausführung gekommen. 

Nur die Grafenberger Chaussee und einige Strassen in deren Nähe 
schneiden die beiden Eisenbahnlinien Rath—Grafenberg und Rath —Eller jetzt 
noch in Schienenhöhe. Diese beiden Linien sollten nach den] Entwurf für 
die Umgestaltung der Bahnanlagen in Fortfall kommen, sie sind aber, da 
der erheblich gewachsene Eisenbahnverkehr ihre Beseitigung nicht zuliess, 
noch heute in Betrieb. Jetzt noch schienenfreie Übergänge für die Grafen¬ 
berger Chaussee herzustellen, ist kaum möglich, man wird daher, um den 
stets zunehmenden Strassenverkehr von der Unbequemlichkeit der Übergänge 
in Schienenhöhe freizumachen, eine neue Verkehrsstrasse von der Grafen¬ 
berger Chaussee abzweigen müssen, die nach schienenfreier Kreuzung der 
beiden Bahnen östlich von Grafenberg wieder den Anschluss an die Land¬ 
strasse nach Mettmann und Gerresheim findet; die Grafenberger Chaussee 
wird dann in ihrem östlichen Teil den Charakter als durchgehende Strassen- 
verbindung verlieren. Die in neuester Zeit angelegte Graf Recke-Strasse 
schneidet die beiden Eisenbahnen allerdings auch in Schienenhöhe, doch 
wird dies zu Missständen kaum führen, da diese Strasse keinen grösseren 
durchgehenden Verkehr erhalten wird, sondern nur dem Promenadenverkehr 
zum Grafenberger Wald dient. 

Ausserhalb der Grenzen des Planes sind die Übergänge in Schienen¬ 
höhe beibehalten worden; das jetzt zum Teil über die Grenzen des Planes 
hinausreichende Wachstum der Stadt wird aber die Entfernung auch dieser 
Übergänge und den Ersatz durch Unter- oder Überführungen nötig machen. 

Ungenügend ist die Zahl der Bahnkreuzungen im Osten der Stadt. 
Die Unterführungen der Ellerstrasse und der Cölnerstrasse liegen 750 m von¬ 
einander entfernt, so dass die Verbindung Oberbilks mit der Stadt mangel¬ 
haft ist. Die städtischen Behörden haben seinerzeit noch eine weitere Unter¬ 
führung unter dem Hauptbahnhofe in der Verlängerung der Bismarckstrasse 
gewünscht, der Eisenbahnverwaltung sogar die Hälfte der Kosten dafür zur 
Verfügung gestellt, doch lehnte diese die Herstellung ab. Hoffentlich gelingt 
es noch, wenigstens eine Unterführung für den Fussgängerverkehr unter dem 
Bahnhofe zu erhalten. Der neue Güter- und Rangierbahnhof schiebt sich in 
störender Weise zwischen die nördlichen Stadtteile ein und gestattet nur Ver¬ 
bindungen in Entfernungen von 700—800 m. Die Zahl der Über- und Unter¬ 
führungen im Osten wäre jedenfalls zahlreicher, wenn im Stadterweiterungs¬ 
plan vom Jahre 1854 einige Strassen bis zur Eisenbahn oder über diese 
hinaus vorgesehen worden wären, denn im Süden, wo beim Umbau der 
Bahnanlagen eine neue Bahnstrecke hergestellt wurde, ist die Zahl der 
Unterführungen erheblich grösser, wenn auch die Lichtweite nicht in allen 
Fällen ausreicht. 

Für die Aufnahme der das Stadtgebiet durchfliessenden Bäche sind im 
Plane besondere Strassenzüge vorgesehen. Die Belassung dieser Wasserläufe 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


in den Baublöcken, eine Anordnung, die sich in Düsseldorf vielfach findet, 
ist für deren Reinhaltung hinderlich und umsomehr zu verwerfen, als die in 
breiten Strassen offen geführten Bäche einen Schmuck der Stadt bilden und 
ihr Wasser zur Spülung der flach liegenden Kanäle nicht entbehrt werden kann. 

Der Plan enthält beachtenswerte Vorschläge für Garten- und Park¬ 
anlagen, die zum Teil von grosser und eigenartiger Schönheit sind. Leider 
ist hiervon nur wenig zur Wirklichkeit geworden, was besonders bezüglich 
der geplanten Parkanlagen am Fusse des Grafenbergs zu beklagen ist. 

Auf der Grundlage des Planes sind in der Folgezeit für die einzelnen 
der Bebauung zu erschliessenden Flächen besondere Fluchtlinienpläne auf¬ 
gestellt worden, bei denen indessen, wie aus dem beigegebenen Stadtplan 
zu ersehen, nur die Grundgedanken und Grundzüge des Planes beibehalten 
worden sind. Insbesondere sind beibehalten, wenn auch mit Abweichungen 



Abb. 16. Beispiele spitzwinkliger Baublöcke. Abb. 17. 


in der Führung und im ganzen Umkreis der Stadt im einzelnen noch nicht 
festgestellt, die mittlere und äussere Ringstrasse. Stücke der erstem sind die 
teils schon der Bebauung erschlossenen, teils demnächst freizulegenden 
Clever-, Jülicher-, Weseler-, Lindemann- und Dorotheenstrasse, Stücke der 
letztem die Ürdinger-, Johann-, Gerhard-, Heinrich- und Jan-Wellem-Strasse. 

Bei der Bearbeitung dieser Einzelpläne hat man — allerdings nach dem 
Vorbilde des generellen Planes — die Verkehrsrücksichten etwas zu stark in 
den Vordergrund gerückt. Haben bei den Plänen aus den Jahren 1831 und 
1854 die Forderungen des Verkehrs eine zu geringe Berücksichtigung gefunden, 
so muss man bei den neueren Plänen eine zu einseitige Berücksichtigung der 
Verkehrsinteressen feststellen. Die Folge hiervon ist eine für das werdende 
Stadtbild und für die Bebauung nicht immer günstige Gestaltung der Be¬ 
bauungspläne. Die einseitige Bevorzugung der Verkehrsinteressen hat zur 
Einlegung zahlreicher diagonaler Strassenzüge geführt, die viele, oft den 


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BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


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Schnittpunkt vdn fünf oder mehreren Strassen bildende Knotenpunkte entstehen 
Hessen und eine schlechte Lage und mangelhafte Gestalt der öffentlichen Plätze 
häufig zur Folge hatten. 

Beispiele von nicht gut gestalteten und schlecht liegenden Plätzen sind 
in dem Stadtplan zahlreich zu finden, aber auch die beim Zusammentreffen 
mehrerer Strassenzüge gebildeten, geometrisch regelmässigen Platzfiguren 
genügen fast nie den Zwecken, die man mit der Anlage von Plätzen erstrebt. 
Die Zusammenführung vieler Strassen auf einen Punkt ist in Städten wie 
Düsseldorf nur ausnahmsweise nötig; selbst an Stellen mit grösserm Verkehr, 
wie beispielsweise am Platze vor dem Hauptbahnhofe, ist die gewählte 
fächerförmige Einführung der Strassen, die sich auch beim Hauptbahnhofe in 
Frankfurt a. M. findet, für die Abwicklung des Verkehrs durchaus zulässig, für 
das bessere Aussehen und die Gestalt der Plätze aber jedenfalls vorzuziehen. 

Die Entwicklung Düsseldorfs und seines Verkehrs hat nun auch gezeigt, 
dass die vielen in den Bebauungsplänen angeordneten diagonalen Strassen- 
verbindungen nicht nötig 
sind, eine ganze Anzahl 
dieser Strassen kann un¬ 
beschadet der Interessen 
desVerkehrs fortfallen. Da¬ 
mit verschwinden ausser 
den vorhin genannten 
auch die sonstigen Nach¬ 
teile, die diese, die übrigen 
Strassen oft unter spitzen 
Winkeln schneidenden Di¬ 
agonalstrassen manchmal 
zur Folge haben. Dies Abb l8 I:3O0O . Der Marktplatz, 

sind einmal die an den 

Schnittpunkten entstehenden grossen leeren Räume, die, besonders wenn 
mehrere Diagonalstrassen in einem Punkte Zusammentreffen; den Genuss 
des Stadtbildes verkümmern und die Raumwirkung der Bebauung beein¬ 
trächtigen, in zweiter Linie die zahlreichen spitzwinkligen Baublöcke, die 
bei den leider oft vorkommenden ungeschickten Grundrisslösungen der Eck¬ 
baustellen einen Missstand für die Bebauung bilden, wie die Abbildungen 
16 und 17, aus Düsseldorf entnommene Beispiele, zeigen. 

Sicherlich dürfen die für den Verkehr nötigen Diagonalstrassen, auch 
wenn sie spitzwinklige Baublöcke schaffen, nicht fehlen. So wäre es z. B. 
bei der Aufstellung des Bebauungsplanes für das militär-fiskalische Gelände 
zwischen Königsallee und Kasernenstrasse geboten gewesen, eine von Süd¬ 
osten nach Nordwesten bis zur Ecke der Benrather- und Kasernenstrasse 
ziehende, etwa die Fortsetzung der Hüttenstrasse bildende Diagonale einzu¬ 
legen, die in Verbindung mit dem Durchbruch einer Strasse vom genannten 
Punkte bis zur Ecke der Flinger- und Marktstrasse einen direkten Strassenzug 

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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


von der Cölnerstrasse über die 
Oberbilkerallee ins Herz der 
Altstadt geschaffen hätte. An- 
v*;\ dererseits ist es aber auch nicht 

/ \ S zu billigen, wenn ohne Rück- 

sicht auf das werdende Stadt- 
< bild Diagonalstrassen ange- 

\ V/ ordnet werden, nur weil man 

, glaubt, dass der Verkehr sie 

LyTj später einmal fordern könnte, 

vdr / Sieht man aber von der Ein¬ 

legung der für den Verkehr 
nicht nötigen Diagonalstrassen 
ab, so werden sich in der 
Regel die Strassenkreuzungen 
auf den Schnitt zweier Strassen 
beschränken lassen; es ver¬ 
schwinden die vielen Strassen- 
knotenpunkte und die öffent¬ 
lichen Plätze brauchen nicht 
mehr Erweiterungen dieser 
Knotenpunkte zu bilden; sie 
können, was sie sein sollen und 
in früheren Zeiten stets gewesen 
sind, selbständige Raumgebilde 
im Stadtplan werden, deren 
Lage und Gestalt nicht von 
den Zufälligkeiten der Strassen¬ 
kreuzungen abhängig sind. Nur 
derart ausgebildete Plätze er¬ 
füllen den Zweck, der mit ihrer 
Anlage erstrebt wird, nämlich 
Ruhepunkte im grossstädtischen 
Verkehrzu bilden und Gelegen¬ 
heit zur Aufstellung monumentaler Bauten zu geben. Die Geschlossenheit 
ergibt sich bei derartig angelegten und durchgebildeten Platzanlagen fast 
von selbst. Als Muster einer Platzanlage kann der Marktplatz Düsseldorfs 
(D 5) angesehen werden (s. Abb. 18). Auch der oben schon behandelte 
Königsplatz zeigt richtige Gestalt und Lage. Dagegen können manche 
Platzanlagen und Strassenkreuzungen auch des dargestellten Stadterweiterungs¬ 
planes nicht als mustergültig gelten. 

Für einzelne Stadtviertel, deren Bebauung in der nächsten Zeit zu er¬ 
warten ist, sind deshalb neue Bebauungspläne aufgestellt worden. Die Abbil¬ 
dungen 19 und 20 zeigen die bisher bestehenden und die neu projektierten 



Abb. 19. 

oben nach dem neuen 


Derselbe Stadtteil (F 3—4) 

unten nach dem alten Bebauungsplan. 


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BAULICHE ENTWICKLUNG BIS ZUR GEGENWART. 


35 


Pläne. Die für den Verkehr nötigen Diagonalstrassen sind in diesen neuen 
Entwürfen vorgesehen, und bei den Strassenführungen sind die bestehenden 
Wege, soweit dies angängig erschien, benutzt worden. Die Bebauung wird 
sich nach diesen Plänen besser gestalten, als nach den früheren, auch werden 
die Strassen- und Platzbilder ruhiger und geschlossener wirken. 

Für sämtliche Strassen mit Ausnahme derer, die voraussichtlich Oeschäfts- 
strassen werden, sind in den neuen Plänen (mindestens 5 m tiefe) Vorgärten 
vorgesehen, deren Nutzen in wirtschaftlicher und hygienischer Beziehung, 
auch rücksichtlich der Schönheit der Strassenbilder hier nicht näher dargetan 
zu werden braucht. Strassen, die keine Vorgärten erhalten können, sollen 
mit Mittelpromenaden ausgestattet werden. Bei der Feststellung der Strassen- 
breiten ist in diesen Plänen eine sorgfältige Individualisierung vorgenommen 
worden; die Breiten sind, abgesehen von den Strassen mit voraussichtlich 
grösserem durchgehendem Verkehr auf das geringste zulässige Mass beschränkt 
worden. Reine Wohnstrassen haben eine Breite von 10 und 13 m (5 — 6 m 
Fahrdamm), Strassen mit geringerem durchgehendem Verkehr sollen eine Breite 
von 15 und 18 m (7 — 9 m Fahrdamm) zwischen den Baufluchtlinien erhalten. 
Strassen mit grösserem durchgehendem Verkehr sollen mindestens 20 m 
Breite (10 m Fahrdamm) zwischen 
den Strassenfluchtlinien erhalten. 

Aus den letzten Jahren muss 
als bemerkenswerte Anlage noch 
die neue Rheinuferstrasse zwischen 
dem Hafen und der Rheinbrücke 
Erwähnung finden. Während das 
Aussehen Düsseldorfs nach der 
Rheinseite hin früher wenig er¬ 
freulich war, wird die Stadt nach 
Bebauung dieser Strasse auch von 
dem Strome aus ein freundliches 
und grossstädtisches Bild zeigen. 

Bereits in dem dargestellten Stadt- 
erweiterungsplane vom Jahre 1885 
ist eine breite Strasse am Rhein¬ 
ufer projektiert, gewissermassen als 
Durchmesser für die Ringlinien. 

Der Ausbau der Strasse, mit deren 
Anlage zugleich eine hochwasser¬ 
freie Lage des Rheinufers geschaffen 
werden musste, scheiterte jedoch 
an den Schwierigkeiten der Erhal¬ 
tung des im starken Angriff des 
Stromes liegenden Ufers. Nach Abb . 20 . Derselbe Stadtteil <cd 2) 

Herstellung des 1896 vollendeten oben nach dem neuen, unten nach dem alten Bebauungsplan. 

3* 



ULM 



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36 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Hafens auf der Lausward und der i8g8 dem Verkehr übergebenen Rhein¬ 
brücke wurde die Regulierung des Ufers von der Stadt in Verbindung mit 
der Strombauverwaltung energisch in Angriff genommen. Über die inter¬ 
essante Ausführung dieser Arbeiten wird an anderer Stelle berichtet, hier 
ist nur die Tatsache festzustellen, dass diese Regulierung des Rheinufers eine 
regelmässigere Führung der Uferstrasse ermöglichte, als im Plane vom Jahre 
1885 vorgesehen werden konnte. Nach Norden wird die Strasse in der Zu¬ 
kunft auf dem Gelände der früheren Golzheimer Insel bis zur Stadtgrenze 
weiter geführt werden, nach Süden wird sie ihre Fortsetzung in der Strom- und 
Uferstrasse und der Verlängerung der letztem östlich des Dorfes Hamm finden. 
Südlich von diesem erreicht sie dann wieder den Rhein und wird dessen Ufer 
auf dem in kurzer Zeit hier herzustellenden neuen Deich weiter begleiten. 

Zum Schluss möge noch eine kurze Zusammenstellung der Zahlen Platz 
finden, die die Entwicklung der Stadt Düsseldorf im ig. Jahrhundert zeigen. 

Stadterweiterungsplan von 1831 bebauungsfähige Fläche g8,6 ha, Ein¬ 
wohnerzahl rund 28000; 

Stadterweiterungsplan von 1854 bebauungsfähige Fläche 375,5 ha, Ein¬ 
wohnerzahl rund 45000; 

Stadterweiterungsplan von 1885 bebauungsfähige Fläche 2400 ha, Ein¬ 
wohnerzahl rund 110000; 

Bebaute Flächje igo3 einschliesslich Hofraum und Hausgärten, jedoch ohne 
Strassen und Parkanlagen g48 ha, Einwohnerzahl rund 230000. Aus der letzten 
Zahl ergibt sich eine Wohndichte von rund 244 Seelen auf das Hektar ohne 
Strassen und Parks gerechnet, sicherlich ein günstigesVerhältnis. Düsseldorf kann 
in jeder Beziehung eine wohlangelegte und wohlgebaute Stadt genannt werden. 



Das Kohlentor, gefallen bei Anlegung der Rheinuf^rstrasse. 


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Modell eines Rang- oder Beurtschiffes, wie solche zwischen Cöln—Düsseldorf und Holland 
in den Jahren 1750—1820 auf dem Rheine fuhren. 

5. Schiffahrtswesen. 

Wappen der Stadt steht der bergische Löwe, stolz auf¬ 
gerichtet den Anker umfassend, als Sinnbild der unter 
dem kräftigen Schutze des Landesherrn stehenden Schiff¬ 
fahrt. Dieser Symbole treu war Düsseldorfs Bemühen von 
jeher auch darauf gerichtet, sein Recht am Strome zu 
verteidigen und auf dem Rheine seine Zukunft zu suchen. 
Zwar hat es langer Zeiten und vieler Kämpfe bedurft, 
um neben älteren und stärkeren Rivalen in die Reihe der schiffahrttreibenden 
Hafenstädte zu treten, aber heute steht Düsseldorf als eine der vornehmsten 
da, der als seiner jüngsten Tochter der Rhein väterlich wohlwollend alle 
Wege zum weiteren Aufblühen geebnet hat. 

Frisches Wagen und Unternehmen der Bürgerschaft unter starker Führung 
des Staates und kluger Verwaltung der Stadt verhalfen ihr im Verein mit 
den Fortschritten der Technik des Wasser- und Schiffbaues zur Beteiligung 
an der Nutzung des Stromes und dazu, ihre Lage an ihm und im Bezirke 
der niederrheinischen Handels- und Industrietätigkeit unter dem Aufschwung 
der Wirtschaftspolitik des mächtigen Deutschen Reiches zu einer mass¬ 
gebenden zu gestalten. 

Die Entwicklung Düsseldorfs ist mit der Aufhebung der Umschlags¬ 
und Stapelrechte benachbarter Rheinstädte, namentlich Cölns, und der Rhein¬ 
zölle eng verknüpft. Aber auch später, als anfangs des 19. Jahrhunderts 
unter der Fremdherrschaft eingesessene Kaufleute schon verstanden hatten, 
zwischen Mannheim und Holland eine Rangschiffahrt*) einzurichten, 

*) Rangschiffahrt war eine regelmässige, an bestimmte Tarife, Fahrzeiten und Ladefristen 
gebundene Frachtbeförderung zwischen gewissen Häfen mit einer gewissen Zahl Schiffe, auf Grund 
eines landesherrlich bestätigten Vertrags zwischen Schiffern und Kaufleuten geübt, die nur Güter der 
Yertragschliesser verfrachteten, von diesen aber auch ausschliesslich benutzt werden mussten. 



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38 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


waren noch schwere Kämpfe, z. B. infolge der 1826 verfügten Aufhebung 
des Düsseldorfer Freihafens, zu bestehen. 1831 endlich brachte die Rhein- 
schiffahrtsakte dem Schiffsverkehr die völlige Freiheit. Die Rang¬ 
schiffahrt hob sich unter wesentlichem Nachlassen der Frachtsätze, und die 
bisher zu Lande bewegten Güter wandten sich dem Wasserwege zu. 
1835 gewann Düsseldorf seinen Freihafen wieder, und die Einfuhr hob sich 
mit der Ladefähigkeit der Schiffe und der Beschleunigung der Fahrt. 

Mit dem Erscheinen des ersten Dampfschiffes 1816 nahm der 
Stromverkehr eine neue Gestalt an. Die langsame Segel- und Treidelschiff¬ 
fahrt erhielt ihre erste, stetig wachsende Konkurrenz durch die »Nieder¬ 
ländische Dampf sch iffreederei", die den Schleppdienst mit Erfolg 
einführte, seit 1852 aber wieder aufgegeben hat, um dafür den Güter- und 
Personenverkehr aufzunehmen. Die Gesellschaft besitzt heute neun Salon¬ 
boote, die auf ihren Fahrten zwischen Rotterdam und Mannheim das 
Düsseldorfer Werft täglich anlaufen. 

Als erstesdeutschesDampfschiffunternehmen trati825die »Preussisch- 
Rheinische Gesellschaft“ in Cöln hinzu, und 1836 wurde die »Düssel¬ 
dorfer Dampfschiffahrtsgesellschaft" gegründet, deren erstes Dampf¬ 
boot »Victoria“ 1838 auf dem Strome erschien. 1853 schlossen die Cölner 
und die Düsseldorfer Gesellschaft einen Betriebsvertrag, der beiden zum 
Vorteil und dem Reiseverkehr zum grössten Nutzen gereicht. Die beiden 
Gesellschaften besitzen zurzeit zusammen eine Flotte von 5 einfachen Glatt- 
deckem, 13 Promenadendeckern und Halbsalonschiffen, sowie 13 Schnell- 
und Doppeldeckdampfern. Der schönste und grösste Salonschnelldampfer 
auf dem Rhein und auf Europas Strömen ist die »Kaiserin Auguste Viktoria“, 
die als neuestes Schiff ganz in Deutschland gebaut, in Düsseldorf zu Hause 
ist. Es hat 83 m Länge bei ein Zehntel Breite, und die Maschinen erreichen 
1350 Pferdekräfte. 

Trotz des infolge starken Wettbewerbes eingetretenen Sinkens der Be¬ 
förderungspreise Hess der weitere Niedergang der Segelschiffahrt und das 
Anwachsen des Verkehrs 1845 die »Ruhrorter Dam pfschleppschiff- 
fahrt“ und 1846 die »Niederrheinische Dampfschleppschiff¬ 
fahrtsgesellschaft" entstehen. 

Die letztgenannte, in Düsseldorf sesshafte Gesellschaft bezweckte, die 
vormaligen auf dem untern Rhein und der Waal herrschenden mangelhaften 
Schleppverhältnisse durch eine geregelte Dampfschiffahrt zu ersetzen und 
damit eine Güterschiffahrt vermittels Schleppschiffen zwischen den nieder¬ 
ländischen und den niederrheinischen Häfen zu verbinden, um so die Unab¬ 
hängigkeit der letzteren und die freie Bewegung des niederrheinischen, ins¬ 
besondere des Düsseldorfer Handels, vor fremden Unternehmungen zu sichern. 

Die Gesellschaft hat in ihren Bestrebungen grosse Erfolge aufzuweisen. 
In den ersten Jahren wurden nur zwei Schlepper und zwölf eiserne Schlepp¬ 
schiffe in Dienst gestellt; 1852 folgte ein dritter grosser Schlepper. Als 
Ende der siebziger Jahre in der Rheinschiffahrt eine vollständige Umwälzung 


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SCHIFFAHRTSWESEN. 


39 


durch Verbesserung der Dampfer und ihres Schleppvermögens, sowie durch 
beträchtliche Steigerung der Tragfähigkeit der Lastschiffe eintrat, vervoll¬ 
ständigte die Gesellschaft auch ihr Betriebsmaterial, und zwar in den acht¬ 
ziger und neunziger Jahren durch den Bau zweier Doppelschraubendampfer, 
zweier Raddampfer, sowie eines Turbinendampfers, ferner durch den Neu¬ 
bau von zwölf grossen eisernen Lastschiffen mit einer Tragfähigkeit von 
17—30000 Zentnern. 

Jetzt besitzt die Gesellschaft fünf Schlepper mit Maschinen von zu¬ 
sammen 3000 indizierten Pferdekräften, sowie 24 eiserne Lastschiffe mit einer 
Tragfähigkeit von 348000 Zentnern. 

Mit diesen verstärkten Betriebsmitteln hat sie seit den neunziger Jahren 
ihren Dienst nach dem Mittel- und Oberrhein bis Strassburg 
ausgedehnt, namentlich .von den Ruhrhäfen aus, und betreibt zwischen 
diesen Endpunkten sowohl das Schleppen fremder Fahrzeuge, als ins¬ 
besondere auch den Massengüterverkehr in eigenen Lastschiffen. Die ge¬ 
samte Leistung und Güterbewegung der Gesellschaft betrug im letzten Jahre 
408000 Tonnen und wird sich 1904 voraussichtlich auf 550000 Tonnen 
erhöhen. 

Weiter hat sich in Düsseldorf die Reederei L. W. Cretschmar um 
die Hebung des Rheinverkehrs besondere Verdienste erworben. Ihre Dampf¬ 
boote unterhielten die Verbindung mit den benachbarten Rheinuferorten, 
bis 1901 die »Mülheimer Dampfschiffahrtsgesellschaft" diese 
Fahrten übernahm. Der Fährverkehr zwischen der Stadt und den links¬ 
rheinischen Vororten ist seit Erbauung der Strassenbrücke nicht sehr er¬ 
heblich. Erst neuerdings werden Verbesserungen durch Einstellung neuer 
grosser Fährdampfer, die im Anschluss an Strassenbahnen verkehren sollen, 
angestrebt. 

Neben diesen Reedereien waren es aber vor allem auch die staatlichen 
Unternehmungen zur Regelung und Vertiefung des Fahrwassers und die 
städtischen Hafen- und Werftbauten, die zur Hebung des Stromverkehrs 
in Düsseldorf beitrugen. Die Fahrwassertiefe von 3,0 m bei einem ge¬ 
mittelten Niedrigwasserstande von + 1,5 D. P. gestattet den grossen Fracht¬ 
schiffen mit voller Ladung bis Cöln zu schwimmen. Dabei hat die Trag¬ 
fähigkeit der Segelschiffe von 300 Tonnen im Anfänge des vorigen Jahr¬ 
hunderts bis zu 2060 Tonnen der Schleppschiffe heutigen Tages zugenommen. 

Aber nicht nur die Rheinflotte ist durch diese technischen Vervollkomm¬ 
nungen leistungsfähiger geworden, auch der überseeische Verkehr in 
direkter Fahrt nach England und den Häfen der Nordsee und der 
Ostsee, der schon Mitte vorigen Jahrhunderts eingeleitet wurde, ist in 
fortwährender Steigerung begriffen. Im Düsseldorfer Hafen verkehren zurzeit 
7 Rhein-Seedampferlinien mit 38 Dampfern von 32810 Tonnen Gesamt¬ 
tragfähigkeit und etwa 50 Seeleichtem von je 500—1100 Tonnen Lade¬ 
fähigkeit. Hiermit ist aus dem vorgeschichtlichen Fischerdorfe ein See¬ 
hafen geworden, und dieser Erfolg der gemeinsamen Bestrebungen fand 


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40 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTE 


seine Anerkennung in der Entsendung kaiserlicher Kriegsschiffe zur Feier 
der grossen Ausstellung von 1902, während der die deutsche Marineflagge 
monatelang am städtischen Werft flatterte und Hunderttausende von Schau- 
und Wissbegierigen um sich an Bord versammelte. 

Diese erfreulichen Ereignisse und Fortschritte auf dem Gebiete der 
Schiffahrt dankt Düsseldorf aber auch in nicht geringem Grade dem Vater 
Rhein selbst. Es ist bemerkenswert, dass infolge der planmässigen Strom¬ 
korrektionen die Behinderung der Schiffahrt durch Hochwasser durch¬ 
schnittlich im Jahre auf nur acht Tage beschränkt ist; und zwar liegt die 
Segelschiffahrt erst bei + 5,1 D. P. still, während die Dampfschiffahrt bei 
dieser Höhe die erste und bei + 6,q D. P. die zweite Beschränkung er¬ 
fährt und erst bei + 7,5 D. P. verboten ist. Die alpine Herkunft des 
Stromes und sein Verlauf in klimatisch milden Niederungen sichern den 
ausreichenden Wasserstand ohne anhaltenden Eisstand oder lange dauernde 
Eisgänge. Die durchschnittliche Behinderung hierdurch beläuft sich im Jahr 
auf nur 17 Tage. Zu diesen Vorzügen gesellt sich die gleichmässige Strom¬ 
geschwindigkeit bei dem geringen relativen Oberflächengefälle, das bei 
Düsseldorf zwischen + 1,35 und + 8,93 D. P. 1:5400 bis 1:5500 beträgt. 

Ober die Entwicklung des Wasserfrachtenumschlags im Düsseldorfer 
Hafen und den Schiffsverkehr wird der nächste Abschnitt einige Angaben 
bringen. 

& 

6. Statistisches. 

(Nach den Berichten der Stadtverwaltung und der Handelskammer.) 


a) Stand und Bewegung der Bevölkerung. 

ie fortgeschriebene Einwohnerzahl der Stadt betrug am 1. April 
1904 236807, wovon 120322 männlichen und 116485 weib¬ 
lichen Geschlechts. 

Die Entwicklung Düsseldorfs zeigen folgende Zahlen. 

Die Seelenzahl belief sich im Jahre 


0 

0 

00 

H 

aui 

O 

O 

O 

O 
»—< 

O 

00 

00 

rH 

auf 

95458 

1807 

11 

19472 

1885 

11 

115190 

1816 

ft 

22675 

1890 

11 

144642 

1825 

tf 

25 532 

1895 

11 

176000 

1835 

tt 

31 596 

1900 

11 

207402 

1846 

tt 

38 129 

1901 

11 

214460 

1858 

11 

49 200 

1902 

11 

222720 

1870 

11 

70094 

1903 

tt 

227 587 

1875 

11 

80695 






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STATISTISCHES. 


41 


Diese Zunahme ist lediglich das Ergebnis des Überschusses der Ge¬ 
burten über die Sterbefälle und des Zuzuges über den Wegzug, Einge¬ 
meindungen haben nicht stattgefunden. Das Verhältnis des Geburtenüber¬ 
schusses zu dem des Zuzuges ist Schwankungen unterworfen. Im letzten 
Jahrzehnt betrug jener 37157 oder 20 auf 1000 Einwohner, dieser 35018 
oder 18 auf 1000 Einwohner, während von 1850—1893 die Einwanderung 
überwog. 

Nur in 3 von sämtlichen 34 deutschen Städten über 100000 Einwohner 
ist der Geburtenüberschuss grösser, nämlich in Essen 26,5 und in Dortmund 


und Mannheim 22,5 von Tausend. 

Vergleichsweise bezifferte er sich 

in der Rheinprovinz auf.17,0 

in Preussen auf.14,3 

im Deutschen Reiche auf .... 13,6 

im Jahre igoo. 


Der Zurückgang der Einwanderung ist auf das Anwachsen der Vororte 
zurückzuführen. Die vor wenigen Jahren nach Einwohnerzahl noch kleinen 
Gemeinden beziffern sie jetzt: Stockum auf 1400, Rath 10000, Gerres¬ 
heim 16000, Eller 8000, Himmelgeist-Wersten 4300 und das auf¬ 
blühende Oberkassel jenseits des Rheins auf 6000, zusammen auf rund 
50000 Seelen, die wirtschaftlich mit der Stadt Düsseldorf mehr oder weniger 
eng verbunden sind. 

Nach den Religionsbekenntnissen teilt sich die städtische Bevölke¬ 
rung in 67% Katholiken, 30% Evangelische, 2% Juden und 1 % Sonstige. 

Die Eheschliessungsziffer 

betrug in den letzten Jahren . . durchschnittlich 10 von 1000 Einwohnern, 

die Geburtsziffer ... „ 37 „ 1000 „ 

„ Sterbeziffer .... „ 18 „ 1000 „ 

Der Flächeninhalt des Stadtgebietes betrug am 31. März 1903 
4868 ha. 

Hiervon waren: 

bebaut mit Häusern, einschl. Hofräume und Hausgärten . 948,0 ha 

Strassen, Wege, Eisenbahnen.644,3 » 

öffentliche Garten- und Parkanlagen .103,0 „ 

Begräbnisplätze.58,44 „ 

Wasserfläche einschl. halber Breite des Rheinstroms . . 380,96 „ 
übrige Fläche.2733,62 „ 

Es entfielen hiernach: 

auf 1 ha des Stadtgebiets.47 Einwohner; 

„ 1 Einwohner.41,6 qm bebaute Fläche. 


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42 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


b) Der Grundbesitz und sein Wechsel und die Bautätigkeit 

D ie in der Zeit vom 1. April 1902 bis 31. März 1903 beschlossenen 
Neuerungen im Bebauungspläne erstrecken sich auf 28895 m, die 
neuen Fluchtlinienpläne auf 1916 m Baufront. 

Die Stadt besass am 31. März 1903 an eigenem Grundvermögen 
527,63 ha. 

Sie errichtete im Dezember 1901 einen Grundstücksfonds für den 
Ankauf von Liegenschaften, der aus einer Anleihe mit 5000000 Mark 
dotiert wurde. 

Ausgegeben wurden aus ihm für die Erwerbung von Grundstücken in 

allen Teilen der Stadt bis 31. März 1903.1376687,09 Mark, 

eingenommen aus verkauften Grundstücken.990624,94 „ 

und es wurden in dem am 31. März 1903 schliessenden Jahre insgesamt 

erworben . 1594,68 ar, 

veräussert.226,13 „ 

also der Gemeinde-Grundbesitz um.1368,55 ar vermehrt. 


Im Jahre 1902 fanden unter Lebenden folgende Veräusserungen statt: 



Unbebaute Grundstücke: 

Bebaute Grundstücke: 


Zahl 

Fläche qm 

Wert Mark 

Zahl 

Fläche qm 

Wert Mark 

Durch Kauf. 

564 

755 349 

13934067 

502 

325932 

33686985 

„ Tausch .... 

14 

14983 

96476 

5 

6825 

359OOO 

„ Zwangsversteigerung 

14 

43462 

338370 

43 

28488 

3037^52 

Sa. 

1 

592 

813794 

14368913 

550 

361245 

37083437 


Die Bautätigkeit der letzten Jahre im Stadtgebiet spiegeln folgende 
Zahlen wieder: 


1. Baugesuche. 



j Rechnungsjah 

r 


1902 

1901 

1900 

Überhaupt. 

2340 | 

2318 

1923 

Darunter Neubauten öffentlicher Gebäude 

6 

12 

7 

Dgl. Neubauten privater Strassenwohnhäuser 

474 

463 

468 

„ „ sonstiger Privatgebäude . . 

362 

223 

217 

„ Ausstellungsgebäude . . . 

— 

255 

— 

Bauveränderungen.> 

1283 

1344 

1213 

„ Abbrüche. 

17 

21 

18 


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STATISTISCHES. 


43 


2. Die errichteten Neubauten. 


Rech¬ 

Zahl 

der neu errichteten 

Auf neuem 

Grundstück 

der 

Zahl 

neu entstandenen 

Deren 

heiz- I Wohn- 

nungs¬ 

jahr 

Wohn¬ 

gebäude 

anderen 

Gebäude 

über¬ 

haupt 

errichtete 

Wohngebäude 

Wohnungen mit 

1—3 ) 4 und 5 Jöu.mehr 

heizbaren Wohnräumen 

über¬ 

haupt 

bare 

Zim¬ 

mer 

räume 

über¬ 

haupt 

19OO 

281 

19.I 

472 

254 

50 

439 

229 

1264 

4959 

6181 

1901 

424 

00 

6l I 

378 

1091 

543 

425 

2059 

8368 

8779 

1902 

441 

197 

638 

' 427 

1 965 

831 

365 

2 l 6 l 

8929 

100-5 




und auf 1000 

Einwohner: 





1900 1 


— 

— 

1,20 

n _ 

— 

— 

5,99 

I _ 

29,99 

1901 

i ,94 

— 


i ,73 

I. — 

— 


9,42 | 

— 

40,16 

1902 

1,96 

— 


1,90 

1 _ 

j 

— 


9,60 

i l 

1 _ 

ii 

44.76 


Diese Bautätigkeit hält im Jahre 1903/4 in gesteigertem Masse an. 

Bei einem Bevölkerungszuwachs im Rechnungsjahre 1902 
von 4867 Personen fällt gin Personenzuwachs von 0,48 auf 1 neuen Wohnraum, 
im Rechnungsjahre 1901 

von 8260 Personen fällt ein Personenzuwachs von 0,99 auf 1 neuen Wohnraum. 
Nach der Grösse fallen von 100 Wohnungen auf die: 


mit 

1—3 I über 3 
heizbaren Wohnräumen 


im Rechnungsjahr 1900 . . . 

47,15 

52,85 

, „ 1901 . . . 

52,99 

47,01 

„ 1902 . . . 

1 

44,65 

55,35 


3. Wohnungspolizei. 

Die Tätigkeit der Wohnungsinspektion (d. h. der besondern Wohnungs¬ 
kommission oder der Revier-Polizeibeamten) ist 1902 sehr rege gewesen. 

Die Beseitigung der Übelstände gelang weitaus meistens auf gütlichem 
Wege dank dem zunehmenden Verständnis der Hausbesitzer. 

Bezeichnender Weise musste eine erhebliche Anzahl von Anzeigen über 
Wohnungsmängel, die von Mietern eingingen, fast durchweg als berechtigt 
anerkannt werden. 

Es wird auch seitens der Mieter der weitere Ausbau der längst er¬ 
sehnten segensreichen Einrichtung der Wohnungsinspektion dringend ge¬ 
wünscht. 


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44 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Ergebnis der Wohnungsrevisionen. 


Jahr 

Zahl 

der 

besichtigten 

Wohnungen 

Beanstandete 

W ohnungen 

Wohnungen, 
deren Mängel im 
Laufe des Jahres 
beseitigt wurden 

Als ungeeignet zum 
Bewohnen oder als 

überfüllt bezeich- 
nete Wohnungen 

Bei letzteren wurden 

das Vermieten oder 

Beziehen 

gestattet ^ verw eigert 

IQOI ' 

7270 

555 

1 

458 

t )J \ binnen 4—8 

J Wochen zu 
197 ) räumen 

1 

1 1 

! 1 

2 3 

IC)02 

>0 393 ! 

976 

; 

787 

i 

37 t — 


c) Verkehrsangaben. 

D er Fremdenverkehr nimmt stetig zu. 1Q02 wurden in hiesigen Oast- 
höfen und Herbergen 311 993 Fremde untergebracht, wobei allerdings 
der Besuch der 6 Monate währenden Ausstellung eine starke Rolle spielt. 

a) Über die Betriebsergebnisse der städtischen Strassenbahnen 
(also ausschliesslich der von Aktiengesellschaften betriebenen Linien: 1. der 
Bergischen Kleinbahnen, 2. der Rheinischen Bahngesellschaft, 3. der Klein¬ 
bahn Düsseldorf-Duisburg mit zusammen 6,4 km Betriebslänge im Stadt¬ 
gebiet) geben folgende Zahlen Auskunft. 

Es waren vorhanden: an einfacher Gleislänge, * Betriebslänge 

1901 66,426 km 38,630 km 



1902 


82,999 

” 

4 I,6l2 


Rech¬ 

nungsjahr 

Zurückgelegte 
j Wagennutz- 
km 

| Beförderte 
Personen ! 

ohne 

Abonnenten 

t 

Fahigeld- 

Einnahme 

Mark 

Durchschnittl. ; 

Einnahme 

fürWagen-km 

Strom¬ 

verbrauch 

1 

Bemerkungen 


1 

Pf. 

Kilowattstunden 


1898 

l 2692284 

7928227 

1028368,55 

00 

8 

— 

Pferdebetrieb 
fZum Teil noch 
| Pferdebetrieb, 
j Stromverbrauch 
(für 9 Monate. 

1899 

3342058 

1 4 869 294 

1 IOO38661 

1358968,85 

40,60 
35,68 1 

441522 

2 298 803 

1900 

14 301 504 

1733590,- 

1901 

5790155 

16299 582 

1850 705,92 

31,96 j 

2551226 


1902 

7761642 

23163448 

2 5<>7 452,57 

33,07 

2 908 456 

Ausstellungsjahr 


b) Auf den Düsseldorfer Staatsbahnhöfen sind Personen befördert 


worden: 

1895 .. 1742 479 , 

1899 .2845972, 

1900 2947779, 

1901 .2707203, 

1902 .2833498. 


In dem Ausstellungsjahr 1902 hat ausserdem der besonders erbaute 
Ausstellungsbahnhof in 6 Monaten l 503 604 Personen befördert. 


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STATISTISCHES. 45 

Der Güterverkehr aller Düsseldorfer Staatsbahn-Stationen in Tonnen 
belief sich: 



Empfang: I 

! j 

Stückgut j Wagenladungen 

Versand: 

Stückgut | Wagenladungen 

1893/94 

51481 

I 

I 155 940 

84 460 

465128 

1895/96 

61 5°5 

1 409 156 

102 O92 j 

533 474 

1899/00 

97 642 

1 2 OO4 482 

138674 

979 54 7 

1900/01 

92 130 j 

I 93O K)I 

130 771 

920 426 

1901/02 

96 96 I 

I 771 221 

126282 : 

852 505 


Der beklagenswerte wirtschaftliche Rückgang in allen Verhältnissen 
spricht sich deutlich genug in diesen Zahlen aus. 

c) Der Verkehr des Düsseldorfer Hafens zeigt, verglichen mit dem 
zu Cöln, Duisburg und Ruhrort, folgendes Bild in Tonnen: 



Düsseldorf 

Cöln 

Duisburg 

■ 

Ruhrort 



1 

Zufuhr (zu Berg u 

nd Tal). 


1899 

530649 

700822 

1817 900 

1582 225 

1900 

528 340 

607 692 

2 OO0887 

1592198 

1901 1 

481230 

515615 

1 655 886 

1 559 7M 

1902 

540 209 | 

564 392 

1 564 768 

1 289 851 


(4-12.3%) 

(+9.3%) 

(-5.5%) 

(— 17 . 3 %) 



Abfuhr (zu Berg und Tal). 


i 

1899 

88 803 

299 300 

2312499 

4 414 233 

1900 

91 962 

266 800 

2 744 977 

5 109 188 

1901 

101 589 

227613 

3 069 005 

5199 568 

1902 

121 165 

236 394 

3 302119 

5 027 <>04 


(4-19.3%) 

(4- 3.85%) 

(4-7.6%) 

(- J.3%) 



Gesamtverkehr in 

Tonnen. 


1899 

619453 

1 

I 

1 000 122 

1 

4130 399 

5 596 458 

1900 

1 

, 620301 

1 874 402 

4 745 864 

6 701 386 

1901 

C“' 

00 

<N 

OO 

1 743 228 

4 724 891 

6 759 282 

1902 

! 661374 

800786 

4 866 887 

6 317 455 


(+ «3.5 %) 

(4- 7.8%) 

(+ 3%) 

(- 6.5%) 


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46 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Der Verkehr zu Düsseldorf ist also 1901 gegen 1900 wie fast überall 
zurückgeblieben (um 6 °/ 0 ), aber schon 1902 gegen 1901 beträchtlich wieder 
gestiegen und zwar überwiegend stärker als in jedem der andern Häfen. 
Die Annahme, dies günstige Ergebnis sei durch die am 1. Mai 1902 er- 
öffnete grosse Ausstellung bewirkt worden, ist irrig, weil die dafür bestimmten 
Güter ausschliesslich den Landweg benutzt haben. 

Zum Ein- und Ausladen kamen im Hafen an: 



1900 

1 

1901 

1902 

Dampfschiffe. 

5004 

4819 

5179 

Segelschiffe und Schleppkähne. 

2 461 

2 246 

00 

0 

o 

♦m 

Angekommene Flösse. 

70 

80 

78 

Die Zahl der beladen angekommenen und 
abgegangenen io-Tonnenwagen auf der 
Hafenbahn betrug. 

i 

•47 646 

46044 

58 256 


Der Wasserstand am Düsseldorfer Pegel (o. D. P. = -f 26,45 N. N.) war 


im Rechnungsjahr 1902 

am höchsten (Januar 1903).5,74 m, 

„ niedrigsten (November 1902) . . . -j- 0,60 m. 

Die Schiffahrt war geschlossen: 

wegen Hochwassers.keinen Tag, 


Eistreibens (8. bis 17. Dezember 1902) . 10 Tage. 


d) Der Post-, Telegraphen- und Fernsprechverkehr sämtlicher 
im Stadtgebiet belegenen Postämter spiegelt sich in folgenden Ziffern: 



1901 

1902 

Die Zahl der Briefsendungen in Eingang und 



Aufgabe betrug. 

56 Million 

76,6 Million Stück 

Die Zahl der Pakete ohne Wert betrug . . . 

247 

2,71 )) » 

fj » »> mit ,, ,, ... 

0,82 

Ojbcj ,, „ 

Der Betrag dei Postanweisungen „ ... 

141 

153 „ Mark 

Die Zahl der Telegramme betrug. 

o »7 )> 

0,82 „ Stück 

,, „ „ Fernsprechstellen betrug .... 

3544 

4248 

„ „ „ vermittelten Gespräche betrug . . 

9,17 Million 

10,45 Million 

Die Gesamteinnahme der Reichspost aus diesem 



Verkehr. 

3)4 

4,04 Million Mark 


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BETRACHTUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DER BILDENDEN KUNST DÜSSELDORFS. 47 


7. Betrachtungen über die Geschichte der bildenden 
Kunst Düsseldorfs. 

n Anbetracht des beschränkten verfügbaren Raumes, sowie 
des Umstandes, dass die Geschichte der Düsseldorfer 
Kunst, als solche, schon des öftem geschrieben ward und 
daher hinlänglich bekannt sein dürfte, kann und soll es 
hier nicht die Aufgabe sein, eine historisch-detaillierte, 
mit Namen und Daten gespickte Abhandlung zu ver¬ 
fassen. Es soll vielmehr versucht werden, die ver¬ 
schiedenen Epochen des Düsseldorfer Kunstlebens, soweit es die 
bildende Kunst betrifft, auf Grund seines Verhältnisses zum Geistesleben 
des Volkes zu charakterisieren und zu bewerten. Dazu bedarf es einer 
allgemeinen, auf Düsseldorf im besondern anwendbaren Vorbetrachtuug. 

Kunstgeschichte ist in gewissem Sinne Volksgeschichte. Die Schöpfungen 
der bildenden Kunst sollen und werden fördernd und läuternd auf die Ent¬ 
wicklung der ebenso zahlreichen,’ wie verschiedenartigen ideellen und 
intellektuellen Kräfte des Volkes einwirken, während anderseits nicht bestritten 
werden kann, dass die mannigfaltigen Regungen in dem oft so tiefen und 
feinen Gemüts- und Geistesleben des Volkes, ob sich dieselben nun äussem 
in schlichtem Wort und guter Tat, ob in dem Gedankenfluge seiner Dichter 
und Denker, das Schaffen der bildenden Künstler, als der lebendigen Glieder 
dieses Volkes, in anregender Weise beeinflussen werden. 

Da diese Wechselwirkung selbstverständlich, also das Natürliche ist, 
so ist sie auch zu einer gedeihlichen Entwicklung erforderlich, und je 
intensiver und vielseitiger sie sich äussert, um so gesunder wird natur- 
gemäss die Entwicklung des Kunstlebens sein. Soll daher ein in ideeller 
Beziehung blühendes Kunst- wie Volksleben gezeitigt werden, so handelt 
es sich darum, möglichst viele geistige Berührungspunkte zwischen Volk und 
Kunst zu schaffen, das heisst, beiderseits dafür zu sorgen, dass jeder 
geistigen Individualität Gelegenheit zur freien Entfaltung und 
Betätigung gegeben wird. 

Wie draussen in der Blütezeit der Natur wir die verschiedenartigsten 
grossen und kleinen Blüten und Blumen frei und ungehindert unter der¬ 
selben Sonne wachsen und sich ausleben, wie wir analog im Volke, und 
besonders im deutschen und rheinischen Volke, ungezählte Eigenarten unter 
dem Schutze der Gesetze gleichberechtigt und ungehemmt sich entwickeln 
und gemäss der ihnen innewohnenden Kraft sich zur Geltung bringen sehen, 
so müssten auch im Kunstleben alle Individualitäten, und jeder 
anerkannte, selbständig bildende Künstler ist eine solche, 
gleichberechtigt nebeneinander zur Geltung kommen können, soll jene 
Wechselwirkung zwischen Volk und Kunst im vollen Umfange sich voll¬ 
ziehen und so die Grundbedingung vorhanden sein zu einer Blütezeit 
der bildenden Kunst. 



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48 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Eine solche Blütezeit erlebte Düsseldorf zweimal. Das erstemal unter 
dem von medicäischem Geiste erfüllten Kurfürsten Johann Wilhelm zu Ende 
des 17. und zu Anfang des 18., das zweitemal um die Mitte des 19. Jahr¬ 
hunderts. Jener pracht- und kunstliebende Fürst entbot in seine Residenz 
meist Stammes- und sinnesverwandte Künstler, die mit Herrscher und Volk, 
soweit solches damals in Betracht kam, zu einem harmonischen Ganzen ver¬ 
wuchsen und, von Fürstengunst und Volksbegeisterung getragen, frei neben¬ 
einander und unabhängig voneinander bildeten und schafften. Der Nach¬ 
folger Johann Wilhelms, Carl Philipp, zerstörte mit rauher Hand, was jener 
so herrlich aufgebaut. Die erste Akademie, unter der Herrschaft Carl 
Theodors, entfremdete Kunst und Volk, und unter der Ungunst politischer, 
akademischer und sozialer Missstände führte diese Entfremdung zum völligen 
Bruche. Infolgedessen fristete die Kunst Jahre hindurch ein kümmerliches 
Dasein, welches durch den Verlust der berühmten Galerie mit dem Ruin 
des Düsseldorfer Kunstlebens zu enden schien. 

Bald darauf (1815) gelangte Preussen in den Besitz der Stadt, und von 
da ab datiert das Wiedererwachen ihrer Kunst, welches jedoch erst unter der 
Regierung des geistreichen und feinsinnigen Königs Friedrich Wilhelm IV. 
zur zweiten und glänzenderen Blütezeit führen sollte. 

Schon des genialen Cornelius umfassender Geist belebte während seiner 
leider nur zu kurzen Wirksamkeit das Kunstbewusstsein und Kunstinteresse 
in seiner Vaterstadt und ermöglichte es, dass späterhin Wilhelm von Schadow 
eine ganze Anzahl bedeutender künstlerischer Kräfte nach Düsseldorf ziehen 
oder in Düsseldorf grossziehen konnte. Hierdurch sowie besonders auch 
infolge seiner eminenten Bedeutung als Lehrer und Organisator erwarb sich 
Schadow mächtigen Einfluss, hinderte jedoch durch eine zu einseitige 
Geltendmachung dieses Einflusses die volle Entfaltung der künstlerischen 
Kräfte, die um ihn und neben ihm ins frische Leben drängten, und schuf 
so, vielleicht unbewusst, zwischen Volk und Kunst eine, den innigen geistigen 
Verkehr hemmende Schranke. Erst als die selbständigen Künstler sich auf 
sich besannen, sich solidarisch miteinander verbanden, sich frei machten von 
den lähmenden Einflüssen akademischer Selbstherrlichkeit und geistiger Be¬ 
vormundung, fiel diese Schranke und nun ergoss sich reich und immer 
reicher in grossen und kleinen Strömen das geistige Fluidum hinüber und 
herüber. Die Künstler schöpften wieder aus der Seele ihres Volkes. Poetische 
Gedankenfrische, tiefe innige Auffassung, Schönheit der Form und Linie und 
lebensfrohe Farbenlust waren die charakteristischen Merkmale ihrer Werke. 
Das Volk wiederum begeisterte und bildete sich an den Schöpfungen der 
Kunst, fand es doch in ihnen seine geheimsten Herzensregungen, seine 
heiligsten Gedanken, sein besseres Selbst wieder. Auch das Kleine wirkte 
anregend und belehrend und weckte und schärfte den Blick für das wahr¬ 
haft Grosse. So kam jene glorreiche Zeit, jene sonnige Blütezeit rheinischen 
Kunstlebens, welcher illustre Namen, wie Rethel und Mintrop, Lessing und 
Hildebrandt, Knaus und Hasenclever, A. und O. Achenbach, Jordan und 


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BETRACHTUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DER BILDENDEN KUNST DÜSSELDORFS. 49 

Ritter und viele, viele andere, unvergänglichen Ruhm verliehen und deren 
Glanz noch die spätesten Zeiten wärmend durchleuchten wird. 

Bereits in den 70 er und 80 er Jahren jedoch machte sich eine gewisse, 
den Niedergang anbahnende Erschlaffung geltend und beschleunigte das 
Hereinbrechen jener wilden Reaktion, die, wenn sie in Düsseldorf auch nicht 
gerade Orgien feierte wie anderswo, doch fürs erste wenigstens jenen Nieder¬ 
gang der Kunst beförderte. Indessen soll, ehe dies näher erläutert wird, 
vorab hier bemerkt werden, dass es in der nun folgenden Zeit des Streites, 
des Zweifels, der Unsicherheit und Willkür eine ganze Reihe genialer und 
hochbedeutender Männer gab, wie E. von Gebhardt und P. Janssen. Vautier 
und Bockeimann, Dücker und C. Gehrts und andere mehr, die, weit über 
dem gärenden Getriebe stehend, es verhinderten, dass die Quellen jener 
geistigen Verbindungsströme zwischen Volk und Kunst ganz versiegten, und 
dass die Düsseldorfer Kunst, konnte sie auch ihren olympischen Sitz nicht 
behaupten, auf die staubige Strasse hinabsteigen musste. 

Abgesehen von dem gesunden Naturalismus der Neuzeit, der sich bereits 
in jener Blüteperiode betätigte, und welchen jeder denkende Künstler als 
berechtigt anerkannte, wirkten auch hier ungesunder, weil mit dem echt 
deutschen Empfinden nun einmal unverträglicher französischer Einfluss, sowie 
modernes Strebertum vielfach schädigend auf das Kunstleben ein. Das 
krankhafte Bedürfnis, aufzufallen um jeden Preis, auf Kosten einer gereiften 
Durchbildung, nervöse Neuerungssucht und virtuos-technische Manieriertheit 
machten sich immer einseitiger geltend. Damit Hand in Hand gehende, 
von geistiger Gebundenheit und oft verblüffender Anmassung zeugende 
Intoleranz, sowie parteipolitische Herrschergelüste bekämpften, und zwar 
dank dem Indifferentismus und der Ängstlichkeit der objektiv Denkenden 
mit Erfolg, unter der Flagge individueller Wahrheit den wahren 
Individualismus. 

Immer mehr schwanden daher die Harmonie aus den Kreisen der 
Künstler, die fröhliche und unbedingt volkstümliche Vielseitigkeit der trotz 
vielen Könnens immer nüchterner, gedanken- und farbenärmer werdenden 
Ausstellungen, immer mehr daher auch jene, für eine gesunde Entwicklung 
so notwendige intensive Wechselwirkung zwischen Kunst und Volk. Beide 
Parteien standen sich vielfach verständnislos gegenüber, so dass ein blühendes 
Kunstleben nicht aufkommen konnte. 

Da wurde (1898) die Veranstaltung einer grossen deutsch-nationalen 
Kunstausstellung für das Jahr 1902 beschlossen. Das allseitige Bedürfnis, 
dass etwas Besonderes zur Aufrechterhaltung von Düsseldorfs Ruf als Kunst¬ 
stadt geschehen müsse, vereinigte noch einmal die gesamte Künstler¬ 
schaft zu gemeinsamem Tun. Die glühende Begeisterung für den 
grossen Zweck, die in gleicher Weise Künstler und Laien entflammte, 
zerschmolz das Eis der Entfremdung, der Vorurteile, der Gleichgültigkeit 
und Zaghaftigkeit. Ein Geisteshauch aus längst verwehter Zeit, ein Frühlings¬ 
ahnen ging durch die Herzen und in allen Köpfen und Werkstätten schaffte 

4 


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50 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


man in alter Freudigkeit und neuer Zuversicht für diese Ausstellung. Hatte 
nun auch trotzdem die Düsseldorfer Abteilung der Ausstellung unter den 
oben erwähnten Missständen zu leiden, entbehrte man in ihr allgemein die 
Werke so manches tüchtigen Künstlers, Hess sie auch vielfach die freie 
Sicherheit und Sorglosigkeit künstlerischer Offenbarung vermissen, so trug 
sie doch nicht wie so manch anderes Abteil einen einseitigen, öden Charakter, 
sondern bot wieder einmal ein erfreuliches Bild fast des gesamten heimischen 
Kunstschaffens, welches die sichere Hoffnung zu erwecken geeignet war, 
dass das gesunde Blut im Organismus unseres Kunstlebens die Zeitkrankheiten 
überwinden wird, dass die freie Entfaltung einer jeden künstlerischen 
Individualität wieder ermöglicht und dadurch die Wechsel¬ 
wirkung zwischen Kunst und Volk in ihrer lebendigen, um¬ 
fassenden Vielseitigkeit wieder hergestellt werden kann, 
und dass so, aber auch nur so, die bildende Kunst Düssel¬ 
dorfs allmählich ihrer dritten Blüteperiode entgegenreifen 
könnte. Möchte diese Hoffnung sich voll und ganz erfüllen! 



Siegel der Schöffen zu Düsseldorf 1560. 


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ZWEITER ABSCHNITT 


& 

ÖFFENTLICHE ANLAGEN 
UND IHR SCHMUCK 



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Abb. 21. Nördlicher Abschluss des Königsgrabens. 


A. öffentliche Park- und Gartenanlagen, Plätze, Friedhöfe. 

rei Beinamen sind es, die Düsseldorfs Schönheiten und 
Bedeutung als mächtig aufblühende Stadt am Rheine 
kurz kennzeichnen: Industriestadt, Kunststadt, 
Gartenstadt. Die Industrie bleibt an den Grenzen 
des Weichbildes; die Kunst tritt wenig in die äussere 
Erscheinung, da sie meistens in Museen, privaten Samm¬ 
lungen und Ateliers gehegt wird; die Gartenstadt aber 
fällt jedem Besucher überraschend in die Augen. Sie fesselt jeden, der nicht 
Gelegenheit und Müsse hat, in das Innere der Gebäude einzudringen; sie 
wird dem Fremden als ein unauslöschliches, prächtiges Bild in steter Er¬ 
innerung bleiben und lehrt auch den Düsseldorfer seine Heimat mit jedem 
Tage lieber gewinnen. 

Schon beim Austritt aus dem Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs 
lässt uns das liebliche Bild des grossen, reich mit gärtnerischen Anlagen 
gezierten Platzes ahnen, dass hinter dem Ring grösserer und kleinerer 
Hotels noch manches Sehenswerte in Düsseldorf zu finden sein wird. Und 
wir werden nicht getäuscht. Zieht sich doch vom Norden der Stadt, der 
Golzheimer Insel ab, eine fast ununterbrochene Kette von alten, schat¬ 
tigen Alleen, Park- und Gartenanlagen aller Art bis zu der Flora im süd¬ 
lichsten Teil der inneren Stadt am Bilker Bahnhof hin. 

Der mächtige Rhein gibt der Stadt ihre Bedeutung als Handelsplatz, 
und seine majestätische Schönheit, die reissende Strömung und das reiche 



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54 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 22. Blick in die Jägerhof-Allee von dem runden Weiher aus. 


Leben auf seinen Wogen im Verein mit der malerisch aufgebauten Stadt 
sind von grossartigster Wirkung. Auch die kleine Düssei, ein im Bergischen 
Lande westlich von Elberfeld entspringender Bach von etwa 45 km Lauf¬ 
länge, tut in der Stille das ihre, um das Innere der Stadt in einen Oarten 
zu verwandeln. Ihr verdanken die lieblichen Weiher, die von alten Bäumen 
überschatteten Kanäle und die vielen Teiche das Dasein, ihr schliessen sich 
die grossen Züge der Parkanlagen an. Am Bahnhof Gerresheim teilt sich 
der Bach in einen nördlichen und einen südlichen Lauf. Die nördliche 
Düssei streift die Villenkolonie Grafenberg (G 3), versorgt den Zoologischen 
Garten (F 3) mit fliessendem Wasser und erreicht das Weichbild der Stadt 
bei der Dreifaltigkeitskirche zu Derendorf (E 3). Von dort aus lässt sich 
der Bachlauf durch eine Kette von Park- und Gartenanlagen: Prinz-Georg¬ 
strasse, Jägerhof- und Malkastenpark (E 4), Hofgarten, Landskrone, Garten 
der Dienstwohnung des Regierungspräsidenten (D 4 und 5) bis zur Ein¬ 
mündung in den Rhein beim Düsseischlösschen verfolgen. 

Die südliche Düssei findet zunächst zur Speisung von Weihern im 
Volksgarten (E 7) Verwendung, durchzieht dann teils offen, teils gedeckt 
den Südwesten der Stadt und versieht, bevor sie unterhalb des Hafens in 
den Rhein mündet, den Kaiserteich, den Schwanenspiegel und den Speeschen 
Graben (C 5, D 6) mit ausreichendem Zufluss. 

Von allen den vielen Anlagen im Weichbilde der Stadt und dessen 
nächster Umgebung ist der Hofgarten (D 4) die bedeutendste und dem 
Düsseldorfer die liebste. 

Schafft er doch mit den herrlichen, schattigen Ruheplätzen und Wandel¬ 
gängen und besonders mit den sehr zweckmässigen Spielplätzen für Kinder 
jeden Alters die den Stadtbewohnern unentbehrliche Erholung in gesunder, 
feuchtfrischer Luft. 


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ÖFFENTLICHE PARK- UND GARTENANLAGEN, PLÄTZE, FRIEDHÖFE. 


55 



Die Geschichte des Hofgartens reicht bis in das 18. Jahrhundert zurück. 
Kurze Zeit nach dem siebenjährigen Kriege, als die französische Einquartierung 
Düsseldorf verlassen hatte, begann der Kurfürst Karl Theodor mit dem Bau 
des neuen Jägerhofs (E 4). Auf Veranlassung des damaligen Statthalters 
von Jülich-Berg, des Grafen von Goltstein, wurde Nicolaus de Pigage, der 
in Schwetzingen hervorragende Parkanlagen geschaffen hatte, beauftragt, 
einen Plan zur Umwandlung des alten Hofgartens zwischen dem Ratinger 
Tor und dem Jägerhof in einen öffentlichen Park mit schönen Alleen und 
Promenadewegen zu entwerfen. Dieser Plan war bald fertig gestellt und 
wurde am 10. November 1769 dem Oberkellnereiverwalter Brosy zur Aus¬ 
führung überwiesen. 

Schon 1770 waren die Alleen und Boskette gepflanzt, der Düsselbach 
reguliert und kanalisiert, sowie das Gärtnerhaus an der Ecke der Jägerhof- 
und Kaiserstrasse errichtet. Alle diese Bauten lagen aussei halb der damaligen 
Festung, und das reichlich 7,5 ha grosse Viereck zwischen Kaiser-, Jägerhof-, 
Jakobistrasse und der Düssei, der eigentliche Hofgarten (D, E 4), war staat¬ 
liches Eigentum. Das ist es auch heute noch, nur hat die Stadt seit einigen 
Jahren gegen eine Entschädigung von 5000 Mark die Unterhaltung über¬ 
nommen. Der Friede 
von Luneville 1801 
bestimmte die Schlei¬ 
fung der Festungs¬ 
werke und wirkte da¬ 
durch entscheidend 
auf die Fortentwick¬ 
lung der schönsten 
Parkanlage Düssel¬ 
dorfs. 1803 wurde 
Maximilian Weyhe, 
der Sohn des kurköl¬ 
nischen Hofgärtners 
Clemens Weyhe, zur 
Leitung des weiteren 
Ausbaues der Anlagen 
berufen. Weyhe schaff¬ 
te mit unermüdlichem 
Fleisse und vielem Ge¬ 
schick. Leider flössen 
die Geldmittel nicht so 
reichlich, dass er alle 
seine Pläne sogleich 
verwirklichen konnte. 

Da brachte das Jahr 
1806 für Düsseldorf 


Abb. 23. Blick auf die grosse Fontäne im runden Weiher. 


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Abb. 24. Hofgartenpartie am Theater. 


einen grossen Umschwung. Napoleon rückte mit seinen siegreichen Scharen 
in die Stadt und setzte seinen Schwager Murat als Statthalter ein. Dieser 
zeigte den Verschönerungsplänen Weyhes das lebhafteste Interesse und 
bewilligte für den weiteren Ausbau und die Unterhaltung der Anlagen 
jährlich 40000 Frcs. Die Schleifung der Festungswerke nahm nun rüstigen 
Fortgang, und damit gedieh auch die Vergrösserung des Parkes. 

Der Besuch Napoleons in den Tagen vom 2. bis 5. November 1811 und 
der überaus glänzende Empfang seitens der Stadt veranlassten den Herrscher, 
zur weiteren Verschönerung Düsseldorfs am 17. Dezember desselben Jahres ein 
Dekret zu erlassen, dessen Artikel 3 und 8 bedeutsam für die Anlagen wurden. 
Artikel 3 lautet: »Die alten Festungswerke und das Glazis werden der 














ÖFFENTLICHE PARK- UND GARTENANLAGEN, PLÄTZE, FRIEDHÖFE. 


57 



Abb. 26. Die Königsallee. 

Stadt geschenkt, um nach dem Verschönerungsplane mitbepflanzt und zu 
öffentlichen Spazierwegen eingerichtet zu werden." — Artikel 8: »Aus dem 
Staatsschätze wird jährlich eine Summe von 100000 Frcs. bezahlt, die 
durch das Budget auf besagte Arbeiten (dazu gehörten auch noch andere 
Arbeiten zur Verschönerung der Stadt) angewiesen werden soll." 

Auf diese Weise erhielt die Stadt einen aus staatlichen Mitteln geschaffenen 
Park. Weyhe brachte nun seine Verschönerungspläne in den nächsten Jahren 



Abb. 27. 


Südlicher Abschluss des Königsgrabens. 


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58 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


zur Ausführung und dehnte die Parkanlagen bis zum Rheinstrom aus. Er 
starb am 25. Oktober 1846. Ein Denkmal, das dem grossen Oartenkünstler 
in der Alleestrasse in der Nähe des Ratinger Tores am Ausgangspunkte 
seiner Schöpfungen 1850 errichtet worden war, wurde 1873 in den fiskalischen 
Teil des Hofgartens versetzt, wo es — leider nur wenig beachtet — heute 
noch steht. 

Infolge des Anwachsens der Stadt hat der Hofgarten sehr viel von 
seinem Reiz und seiner vornehmen Ruhe eingebüsst. Früher war die Stadt 
klein, der Hofgarten gross; heute ist es umgekehrt. Die fortwährende Ver- 
grösserung Düsseldorfs nach allen Seiten verlangte mehr und bequemere 
Wegdurchbrüche, grössere Tummelplätze für die Kinder und anderes, was die 
Schönheit der Parkanlage beeinträchtigt. Dennoch bietet der Hofgarten dem 
aufmerksamen und dafür empfänglichen Besucher in seinem Baumbestand, 
seinen Teichen und Rasenflächen noch jetzt ein grossartiges Bild landschaft¬ 
licher Schönheit. Bei günstigem Wetter sieht man Tausende von Menschen 
sich im Hofgarten ergehen und an der Natur erfreuen. Die Anlagen haben 
unter der sachverständigen Hand des jetzigen Stadtgärtners Hillebrecht sehr 
gewonnen und auch in dendrologischer Beziehung einen grossen Wert er¬ 
halten, indem man dort eine erhebliche Zahl von verschiedenen Baumarten, 
zum Teil mit Namensbezeichnung, vorfindet, so dass nicht nur dem Laien, 
sondern auch dem Fachkundigen Gelegenheit zu interessanten Beobachtungen 
und Vergleichen gegeben ist. Der Hofgarten bedeckt jetzt eine Fläche von 
rund 33 Hektar. 

Von grossartiger Wirkung ist der Blick vom runden Weiher durch die 
breite Ulmenallee nach dem Jägerhof (Abb. 22) und anderseits von dem 

Bismarckdenkmal in der 
Alleestrasse nach der 
grossen Fontäne im run¬ 
den Weiher (Abb. 23), 
dem „ungeladenen Gast" 
oder „grünen Jungen", 
wie der Düsseldorfer die 
schöne Springbrunnen¬ 
gruppe von J. Hammer¬ 
schmidt (Abb. 61) wegen 
ihrer Neigung zur Auf¬ 
nahme grüner Algen 
nennt. Auch die von 
mächtigen alten Linden 
gebildeteSeufzeralleezwi • 
sehen der Jakobi- und der 
Hofgartenstrasse schliesst 
in höchst wirkungsvoller 
Abb. 28. Der Kaiserteich vor dem Ständehause. Weise mit derFontäne ab. 



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ÖFFENTLICHE PARK- UND GARTENANLAGEN, PLÄTZE, FRIEDHÖFE. 


59 



Abb. 29. Der Schwanenspiegel mit Fischerhäuschen. 


Der Teil des Hofgartens zwischen Allee- und Hofgartenstrasse ist der 
an Wasserflächen reichere. Auf ihnen tummeln sich stattliche Scharen 
weisser und schwarzer Schwäne, wie seltener kleiner Wasservögel, für deren 
Treiben alt und jung stets ein lebhaftes Interesse zeigt (Abb. 24). In diesem 
Teile finden wir auch das ergreifend wirkende Kriegerdenkmal und die 
Büste der Prinzessin Stephanie von Hohenzollem. 

Über die sog. goldene Brücke gelangt man nach dem Ananas¬ 
berge, der weniger in seiner Eigenschaft als Berg, wie durch das in an¬ 
sprechenden Formen darauf erbaute städtische Wirtschaftshäuschen die 
Spaziergänger anlockt. 

Der nördlich sich anschliessende Teil des Hofgartens hat einen voll¬ 
ständig parkartigen Charakter. Buchen von seltener Schönheit wechseln mit 
Prachtstücken anderer einheimischer und fremder Bäume ab und umsäumen 
unter kunstvoller Ausnutzung des sanft gewellten Geländes sauber gehaltene 
Rasenflächen von recht erheblicher Ausdehnung. Hier ersteigen wir den 
Napoleonsberg, eine künstliche Aufschüttung des Bodens, der beim Bau des 
jetzt wieder verschwundenen Sicherheitshafens nördlich vor der Kunstakademie 
gewonnen ward, und geniessen unter den berühmten alten Ulmen, einer 
besondern Sehenswürdigkeit der Stadt, den Blick über die im Vordergründe 
sanft abfallenden Parkanlagen auf die breite, mit Denkmälern und Bäumen 
geschmückte Alleestrasse, ein Stadtbild von seltener Schönheit. 

Auf der weitgestreckten sog. Golzh.eimer Insel wird in nächster Zeit der 
Hofgarten durch Anlegung des Kaiser-Wilhelm-Parks seine weitere Fortsetzung 
nach Norden finden. Hier sollen sich an den Kunstpalast (D 4) grosse 
öffentliche Staats- und Stadtbauten anreihen, die einen wirksamen Abschluss 
der ausgedehnten, am Rheine sich hinziehenden Parkanlagen nach der Land¬ 
seite bilden werden. Im Jahre 1902 hatte diesen ganzen Platz zwischen 


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6o 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Golzheim (C 2) und der Rheinbrücke die Industrie-, Gewerbe- und Kunst¬ 
ausstellung eingenommen, von der noch einige Baulichkeiten für die dies¬ 
jährige Gartenbauausstellung ansprechende Verwendung gefunden haben. 
Auch diese werden indessen in den nächsten Jahren grösstenteils dem Kaiser¬ 
park weichen, so dass nur der monumentale Kunstpalast und die ihm gegen¬ 
überliegenden Betonbauten dauernd an das grosse Werk des Jahres 1902 
erinnern werden. 

Bleibt daher von sichtbaren Anlagen der Industrie-, Gewerbe- und 
Kunstausstellung den kommenden Generationen nur wenig erhalten, so 
ist der grosse Erfolg dieses gewaltigen Unternehmens auch in ferner Zu¬ 
kunft nicht auszutilgen. Er bleibt Düsseldorf als einer der ehrenvollsten 
Marksteine seiner grossartigen Entwicklung dauernd erhalten. Wohl mancher 
hat sich auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 sinnend die Frage 
vorgelegt: Was kann hiernach noch kommen? Gibt es angesichts dieses 
Aufwandes an Kunst, Geist, Tatkraft und — Geld noch eine Steigerung? 
Die Leiter der Düsseldorfer Ausstellung haben den Mut gehabt, diese 
Frage mit Ja zu beantworten und ihrem schon im Jahre 1898 gefassten 
Plane treu zu bleiben, wenn auch nicht eine Weltausstellung, so doch 
zweifellos mehr im Sinne der Zeit eine Industrie-, Gewerbe- und 
Kunstausstellung zu schaffen. Der Erfolg ist in unser aller Ge¬ 
dächtnis; die Leiter der Ausstellung haben die infolge des Pariser Unter¬ 
nehmens auf das höchste gespannten Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern 
noch übertroffen. 

Dem Kaiser Wilhelm-Park wird sich später der verlassene Friedhof 
zwischen der Kaiserswertherstrasse und der Golzheimer Insel (D 3) als Teil 
des ganzen Parkes anschliessen. Seit 1884 ist die Bestattung in Reihen¬ 
gräbern, seit 1898 auch die in Erbbegräbnissen auf diesem Friedhofe eingestellt. 



Abb. 30. Im Floragarten. 


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ÖFFENTLICHE PARK- UND GARTENANLAGEN, PLÄTZE, FRIEDHÖFE. 6l 

Kehren wir nun durch den Hofgarten wieder zurück, um ihn beim 
Stadttheater zu verlassen, so nimmt uns vor dem Parkhotel ein laub¬ 
geschmückter Platz auf, der das Denkmal des grossen Sohnes der Stadt 
Düsseldorf, des Malers Peter von Cornelius (Abb. 48), zum Mittelpunkt hat 
und hach ihm benannt wird. Einzig in seiner Art und mächtig packend 
ist von ihm aus der Durchblick (Abb. 25) nach dem in weiter Ferne (800 m) 
die vornehmste Strassenanlage der Stadt abschliessenden Graf-Adölf-Platz (D 5), 
im Vordergründe mit der sog. „Visitenkarte Düsseldorfs«, einem kostbaren 
Blumen- und Rasenteppich mit Monumentalbrunnen (Abb. 58), der schon bei 
den ersten wärmern Sonnenstrahlen seine festlichen Farben aufleuchten und bis 
spät in den Herbst hinein die mannigfaltigst wechselnden Wunder der Flora 
auf den Beschauer wirken lässt. Im Osten und Westen trennen' alte Kasta¬ 
nien- und Ulmenalleen die breiten Verkehrsstrassen (Abb. 26) von dem 
Schmuckplatz, der von der figurengeschmückten Steinbrüstung der Brücke 
am Stadtgraben (Abb. 21) in einem Kanal zwischen sorglich gepflegten, 
baumbeschatteten Ufern gewissermassen seine Fortsetzung bis zum Graf- 
Adolf-Platze findet (Abb. 27). Es ist ein Überrest von Wall und Graben 
der ehemaligen Festung. 

Östlich von dem prächtigen Strassenzuge der Königsallee führt eine 
kurze Strasse auf den Königsplatz (D 5), dessen Baum- und Gartenanlagen 
die Johanniskirche einschliessen. 

Der Graf Adolf-Platz, der Schwanenspiegel, der Kaiserteich (D 6), der 
Schwanenmarkt (D 5) und der Speesche Graben (C 5) bilden das südliche 
Ende der zusammenhängenden Parkanlagen von der Golzheimer Insel bis 
zum Ständehaus (Abb. 28). Hier sind es hauptsächlich die weiten, von 
hohen Bäumen umgebenen Weiher, die den Reiz auf den Beschauer aus¬ 
üben und wie im Sommer zu Wasserfahrten, so im Winter jung und alt 
zum Schlittschuhlaufen anregen (Abb. 29). Auch in anderen Teilen der Stadt 
sind die Strassen vielfach mit Bäumen geschmückt, die — zurzeit über 
16000 Stück — ihr auch ausserhalb der Garten- und Parkanlagen ein 
freundliches Aussehen geben. 

Von gesondert liegenden Garten- und Parkanlagen sind besonders zu er¬ 
wähnen die Flora (D 6, 7), der Volksgarten (E 7) und der Zoologische Garten (F 3). 

Die Flora wurde anfangs der siebziger Jahre des vergangenen Jahr¬ 
hunderts als Privatunternehmen angelegt (Abb. 30). Die Unterhaltungskosten 
für ein Palmenhaus, sonstige Gewächshäuser, vor allem aber für den reichen 
Blumen-, besonders Rosenschmuck, wurden durch das zu entrichtende Eintritts¬ 
geld bestritten, bis im Jahre 1902 die Flora in das Eigentum der Stadt überging 
und nunmehr freier Zutritt gewährt ist. Die gärtnerischen Luxusanlagen 
wie das Palmenhaus mussten dabei leider aufgegeben werden, auch wird 
der Blumenschmuck jetzt einfacher gehalten. Dagegen sind sonst, namentlich 
an den Wegeanlagen, erhebliche Verbesserungen durchgeführt. Eine geräumige 
Gartenwirtschaft mit Terrasse bietet leibliche Erfrischung und den Genuss 
von Konzerten in freier Luft. 


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62 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Der Volksgarten ist zwar erst im Werden begriffen, verfügt aber 
schon jetzt über einen schönen, schattenspendenden Baumbestand. Mitten 
im Industriegebiet der Stadt gelegen, erfüllt er so recht seinen Zweck, den 
Fabrikarbeitern nach angestrengter Arbeit Erholung in der freien Natur zu 
schaffen. Reichlich vorgesehene Kinderspielplätze lassen auch die Jugend zu 
ihrem Rechte kommen; eine 1,5 ha grosse Wasserfläche belebt die Land¬ 
schaft in anmutiger Weise und befriedigt das Bedürfnis der Schlittschuh¬ 
läufer Oberbilks. Ein Wirtschaftsgebäude ist vorläufig nur in den ersten 
Anfängen vorhanden. Der aus einem Preisausschreiben hervorgegangene 
Entwurf des Düsseldorfer Architekten P. P. Fuchs zu einem endgültigen 
solchen Gebäude ist aber bereits für die Ausführung genehmigt und dürfte 
in nicht zu' langer Zeit der Verwirklichung entgegengehen. Zurzeit be¬ 
friedigen geräumige Terrassen das dringendste Ruhebedürfnis nach einer 
Wanderung im Park. 

Der Zoologische Garten (Abb. 31) darf als eine der hervor¬ 
ragendsten landschaftlichen Anlagen Düsseldorfs bezeichnet werden. Nach 
dem Urteil Sachkundiger — wir nennen nur den allbekannten Hagenbeck 
in Hamburg — ist der Düsseldorfer Zoologische Garten bezüglich seiner 
landschaftlichen und räumlichen Ausgestaltung der schönste in Deutschland. 

Wir verdanken ihn dem Tierschutzverein Fauna. Am 14. Dezember 1874 
fand die begründende Versammlung statt und schon am 31. Mai 1876 konnte 
der Garten der öffentlichen Benutzung übergeben werden. 

Bei der festlichen Eröffnung feierte der Vorsitzende der Fauna, Advokat- 
Anwalt Lützeier, die Männer, denen wegen ihrer rastlosen Arbeit ein hervor¬ 
ragender Anteil an dem Gelingen des Unternehmens zugesprochen werden 
müsse. Zu diesen gehörte der Gartenarchitekt Hillebrecht, dem das Verdienst 
gebührt, die Anlage gärtnerisch so vollendet schön ausgestaltet zu haben. Es 
würde zu weit führen, eine auch nur knappe Geschichte des fast 30 jährigen 
Bestehens des Gartens zu geben; nur möge nicht unerwähnt bleiben, dass 
die Düsseldorfer Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung des Jahres 1880 
in seinen herrlichen Anlagen ihre Zelte aufschlug. 

Der Garten ist kein eigentliches Erwerbsunternehmen, sondern soll in 
erster Linie dem Gemeinwohl dienen. So kam es, dass im Laufe der Dinge 
allmählich, nachdem sich die Reihe'der Gründer gelichtet hatte, ein Nach¬ 
lassen des Interesses für den Garten eintrat, besonders weil kaum ein Jahr 
verging, wo der Betrieb nicht Zuschüsse erheischte, die langsam zu einer 
nicht unerheblichen Verschuldung führten. Immerhin fand sich doch eine 
Anzahl hochherziger und weitersehender Männer, die an dem Programm 
der Gründer festhielt. Auch innerhalb des Tierschutzvereins regten sich die 
alten Gedanken von neuem und kamen in der 28. Jahresversammlung 1901 
zu beredtem und entschiedenem Ausdruck. In Erinnerung an die Gründung 
des Gartens durch den Verein Fauna wurde der Vorsitzende des Tierschutz¬ 
vereins zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt und unter seiner Leitung 
der Geschäfte reiften nunmehr umfassende Pläne für eine Neugestaltung des 


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64 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 32. 


Im Z<x)logischen Garten. 


gemeinnützigen Unternehmens. Nach Abstossung der anderweitig schwe¬ 
benden Verpflichtungen wird eine bei der Landesbank aufgenommene An¬ 
leihe von 500000 Mark in der Hauptsache zu einer Ergänzung und Neu¬ 
gestaltung der baulichen Anlagen, namentlich zur Erweiterung des Fest¬ 
saales und seiner Neben- und Wirtschaftsräume, dienen. Daneben soll der 
Erneuerung und Vermehrung des Tierbestandes besondere Aufmerksamkeit 
zugewendet werden. 

Manche erfolgreiche Verbesserung wird der Eingeweihte bereits jetzt 
feststellen können. 

Wenn sich der Garten hinsichtlich seines Tierbestandes auch mit den 
grossen Gärten in Hamburg, Berlin, Antwerpen, Amsterdam, Cöln nicht 
messen kann, so besitzt er doch ein achtunggebietendes lebendes Inventar, 
das in stetiger Zunahme begriffen ist. 

Die Anlagen bieten ein prächtiges färben- und lebensvolles Bild in 
landschaftlich schöner Umgebung, besonders von den schattigen Terrassen 
der Gartenwirtschaft aus: links im Hintergründe die künstlerisch gestaltete 
Burgruine, rechts malerisch gruppierte Baumbestände, als Abschluss in der 
Ferne die Hügelkette des Grafenberger Waldes, und im Vordergründe rechts 
und links auf Inseln gewaltige Weidenbäume als Umrahmung (Abb. 32). 

Die Friedhöfe Düsseldorfs leiden an dem fast überall hervortretenden 
Übelstande, dass sie dem Mittelpunkte der Stadt zu nahe liegen. Der bereits 
erwähnte alte Friedhof bei Golzheim wurde 1883 durch einen neuen Fried¬ 
hof am Tannen Wäldchen (C Di, 2), jetzt Nordwestfriedhof genannt, 
ersetzt. 

Schon 10 Jahre später musste dieser bedeutend vergrössert werden, und 
in kurzer Zeit steht eine weitere Vergrösserung auf 27 ha bevor. 

Dieser Friedhof, wie auch der neue, noch nicht in Benutzung genom¬ 
mene zwischen den Vororten Volmerswerth, Flehe und Hamm, der sog. 
Südwestfriedhof (B C 8), sind zum grossen Teil im landschaftlichen 


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ÖFFENTLICHE PARK- UND GARTENANLAGEN, PLÄTZE, FRIEDHÖFE. 


65 



oder englischen Stile an¬ 
gelegt. Es ist eine viel 
verbreitete, aber nicht zu¬ 
treffende Annahme, dass 
bei dieser Art der An¬ 
lage von Friedhöfen zu¬ 
viel Fläche verloren gehe. 

Durch Schaffung ent¬ 
sprechend grosser Wie¬ 
senflächen lässt sich auch 
hier eine sehr gute Aus¬ 
nutzung des Geländes er¬ 
möglichen. 

Da in Düsseldorf, wie 
in fast jeder mächtig an¬ 
wachsenden Stadt, alle 
Friedhöfe später in Park¬ 
anlagen umgewandelt 
werden, so legt man jetzt 
mit Recht schon bei der 
Anlage sehr viel Wert auf 
die Wegeführung und An¬ 
pflanzung, damit die vor¬ 
handenen Baumbestände 
bei der Umgestaltung 
möglichst unverändert er¬ 
halten bleiben können. 

Der Südwestfriedhof 
wird demnächst nach 
seiner Fertigstellung an 
Stelle der jetzigen Fried¬ 
höfe in Stoffeln bezw. Oberbilk (E F 7, 8), in Bilk (C 7) und Hamm (B 7) 
von dem ganzen südlichen Stadtteil und den zugehörigen Vororten benutzt 
werden. 

Sämtliche Friedhöfe zeichnen sich durch günstige Bodenverhältnisse 
— fast durchweg Sandboden — und günstige Höhenlage aus, so dass die 
Gräber überall hochwasser- und grundwasserfrei sind. Der Nordwestfried¬ 
hof zeigt bei seinem zum Teil hügeligen Gelände eine besonders ansprechende 
und sehenswerte Gestaltung und ist durch eine stattliche Reihe überaus 
schöner und würdevoller Denkmäler, zum Teil Kunstwerke ersten Ranges, 
geschmückt (Abb. 33—38). 


Abb. 33. Familie von Gahlen (Bildhauer E. Butti, Mailand). 


JE? 


5 


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66 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 





Abb. 34. 


ramme Arnold Schlüter (Architekt E. Roetmg) 


«Vv 


Abb. 35. 


Familie Vohwinkel 


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ÖFFENTLICHE PARK- UND GARTENANLAGEN, PLÄTZE, FRIEDHÖFE. 


ERBBEGRÄBNISSE AUF 
o^Gäforcsr DEM csroro'or 
NORDWESTFRIEDHOFE 


36. Familie Schulte 

(Bildhauer Fr. Kühn, München). 


Familie Haniel (Architekt G. Wehiing), 




HSS 














Abb. 39. Sarkophag des Kurfürsten Johann Wilhelm. 


B. Denkmäler, Brunnen, Tore. 

öffentlichen Denkmälern aus früherer Zeit hat 
Düsseldorf sehr wenige aufzuweisen. Aus dem 18. Jahr¬ 
hundert sind nur das Reiterstandbild des Kurfürsten 
Johann Wilhelm auf dem Markte und eine Marmorstatue 
desselben Fürsten im Hofe der Kunstschule vorhanden. 
Alle weiteren Standbilder stammen aus dem 19. Jahr¬ 
hundert und der neuesten Zeit. Die bedeutendsten unter 
ihnen stellen die Gestalten der Männer dar, die im Bewusstsein des Volkes 
als die Begründer des geeinigten Deutschen Reiches fortleben: den Kaiser 
Wilhelm I. und seine Paladine Bismarck und Moltke. Männer der Kunst 

reihen sich ihnen in ganzen Figuren 
und Büsten an, vornehmlich Corne¬ 
lius, Schadow, Immermann und 
Mendelssohn-Bartholdy. Ferner bil¬ 
den freiere Schöpfungen wie das 
Kriegerdenkmal, das Denkmal vor 
dem Ständehause und eine Anzahl 
mehr dekorativer Denkmäler und 
Brunnen einen herrlichen Schmuck 
unserer öffentlichen Anlagen, Plätze, 
Weiher und Brücken. 

1. Die Reiterstatue des Kur¬ 
fürsten Johann Wilhelm auf 
dem Markte vor dem Rathause, das 
bekannteste Werk des berühmten 
kurfürstlichen Bildhauers Gabriel 
Grupello aus Mailand, wurde 1703 
begonnen, im Giesshause, dem alten 
Theater, in Bronze gegossen und 
1711 aufgestellt. In seinem grünen 
Kleide, einer auffallend schönen 
Patina, bildet das Standbild ein 
Wahrzeichen Düsseldorfs — im 




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DENKMÄLER, BRUNNEN, TORE. 


6g 


Volksmunde der „Jan Wellm« genannt (Abb. 40). Ursprünglich war ein 
höherer Sockel geplant, den vier Löwen zieren sollten, von denen jeder 
ein Laster — Geiz, Hoffart, Neid, Unmässigkeit — niedergeworfen hatte. 
Der Guss der bereits fertig gestellten Modelle ist jedoch nie zur Ausführung 
gelangt. Eine Zeichnung ist im historischen Museum vorhanden. Der 
frühere einfache Sockel wurde 1830 durch den jetzigen Granitsockel vom 
Bildhauer Kamberger ersetzt, an den einige vergoldete bronzene Palmen¬ 
zweige und Lorbeerkränze angeheftet sind, und dessen Breitseiten grössere 
Inschrifttafeln mit der Widmung und Datum aufweisen. 

Die Gestalt des Kurfürsten in voller Rüstung mit Krone und Marschall¬ 


stab sitzt in gerader, etwas steifer 
Haltung auf dem langsam daher¬ 
schreitenden, kräftigen Pferde, dessen 
mächtiger nachschleppender Schweif 
dem Guss als weitere Stütze dient. 
Während der Kopf des Pferdes eine 
feine Durchbildung zeigt, ist das 
Gesicht des Reiters wenig ausdrucks¬ 
voll modelliert. 

2. Im Hofe der Kunstschule 
hinter dem alten Galeriegebäude be¬ 
findet sich eine Marmorstatue 
desselben Fürsten von Johann 
Baumgärtgen aus dem Jahre 1780, 
die früher in der Mitte des Schloss¬ 
hofes gestanden hat. Die lebens¬ 
grosse, stark untersetzte Gestalt steht 
in voller Rüstung und herabfallen¬ 
dem Mantel, die Linke in die Seite 
gestützt, in würdevoller Haltung da 
(Abb. 41). Im historischen Museum 
sind die Marmorplatten des früheren 
Sockels noch vorhanden, welche 
die Embleme des Krieges und der 
schönen Künste darstellen. 

3. Aus früherer Zeit stammt 
auch die Figur der Justitia in 
einer Nische des alten Rathausturms, 
auf die hier kurz hingewiesen sein 
mag. 

4. Das Denkmal Kaiser 
Wilhelms I. in der Alleestrasse an 
der Mündung der Elberfelderstrasse, 
von dem Bildhauer Karl Janssen, dem 



Abb. 41. Marmorstatue des Kurfürsten Joh. Wilhelm. 
(Aus Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) 


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70 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Professor der Kunstakademie, ist am 18. Oktober 1896 eingeweiht (Abb. 42). 
Es zeigt den Kaiser in Generalsuniform und Mantel auf energisch daher¬ 
schreitendem Ross, begleitet von den Genien des - Kriegs und des Friedens. 
Die drei in Bronze ausgeführten Gestalten erheben sich auf hohem, reich 
gegliedertem Granitsockel, der an Vorder- und Rückseite mit bronzenen 
Kartuschen, Wappen und Emblemen verziert ist, die das Deutsche Reich, 
das Königtum Preussen und die Stadt Düsseldorf versinnbildlichen. An 



Abb. 42. 


Standbild Kaiser Wilhelms I. 


den beiden Seitenflächen des Sockels sind Flachreliefs eingelassen, auf deren 
einem der Untergang des alten römischen Reiches deutscher Nation dar¬ 
gestellt ist Die Kriegsfurie mit brennender Fackel schreitet über die am 
Boden liegende Germania hinweg und im Hintergründe ist die Flucht der 
Königin Luise angedeutet. Auf dem andern Relief wird der Borussia von 
den Vertreterinnen der Bundesstaaten die Kaiserkrone überreicht. 

5. Das Standbild des grossen deutschen Kanzlers, des Fürsten Bis¬ 
marck (Abb. 43), hat einen hervorragenden Platz vor der Kunsthalle mit 


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DENKMÄLER, BRUNNEN, TORE. 


71 


weitem Blick in den herrlichen Hofgarten erhalten und ist am 10. Mai 1899, 
gestiftet aus freiwilligen Beiträgen patriotischer Bürger, feierlich enthüllt worden. 

Es stellt den eisernen Kanzler im schlichten Interimsrocke der Halber¬ 
städter Kürassiere mit Helm dar, eine kraftvolle Gestalt in imponierender 
Haltung. An beiden Seiten des Sockels sitzen als Verkörperungen des 
Wehrstandes und der Industrie zwei kräftige Gestalten, ein antiker Krieger, 
der das Schwert der Abwehr mit festem Griff umfasst und im linken Arm 
ein Bündel Eichenstäbe — als Sinnbild der Einigung der deutschen Stämme — 



Abb. 43. 


Standbild des Fürsten Bismarck. 


hält, und eine markige weibliche Figur, die Frau aus dem Volke, auf 
den Hammer gestützt, als Zeichep der kräftig aufblühenden Industrie. 

Sämtliche Figuren sind in Bronze gegossen, und der granitene Sockel 
ist mit bronzenen Wappen der hauptsächlichsten Bundesstaaten verziert. Die 
Künstler des Werkes sind die Düsseldorfer Bildhauer Johann Röttger und 
August Bauer. 

6. In etwa gleichem Abstand vom Kaiser Wilhelm-Denkmal nach der 
anderen Richtung der Alleestrasse ist später als Gegenstück des vorigen 
dem zweiten Paladin, dem Grafen Moltke, ein gleichwertiges Standbild 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


errichtet worden (Abb. 44). Die Bronzefigur auf hohem Oranitsockel, von 
dem verstorbenen Bildhauer Tüshaus herrührend, zeigt den Schlachtendenker 
voll Lebenswahrheit im greisenhaften Alter. Die Figuren am Sockel bringen 
das »Wagen und Wägen", die jauchzende Begeisterung der Krieger und die 



Abb. 44. Standbild des Grafen Moltke. 


eindringliche Mahnung an Deutschlands Jugend, in beredter Sprache zum 
Ausdruck. Mit seiner lebendigen Darstellung, wie der alte Veteran seinem 
Enkel von den Kriegstaten des grossen Strategen erzählt, hat der Verfertiger 
— Bildhauer Josef Hammerschmidt — ein höchst packendes und gelungenes 
Beiwerk dem Denkmal hinzugefügt (Abb. 45). 


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Abb. 46. 


Kriegerdenkmal. 


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DENKMÄLER, BRUNNEN, TORE. 


7. In der Nähe dieser drei Stand¬ 
bilder der hervorragendsten Erschei¬ 
nungen jener grossen Zeit, an einer 
der schönsten und poesievollsten 
Stellen des Hofgartens hinter dem 
Theater, steht das Denkmal, das den 
in den glorreichen Kriegen 1864/66 
und 1870/71 gefallenen Söhnen von 
der Stadt geweiht ist und der Trauer 
um die Gefallenen einen ergreifenden 
Ausdruck gibt (Abb. 46). Auf einem 
Sarkophage ruht in halbliegender 
Stellung die Gestalt eines nackten 
verwundeten Kriegers, zu dessen 
Füssen das Wappentier Düsseldorfs, 
ein mächtiger Löwe, sitzt. Das edle 
Antlitz des Sterbenden und der Kopf 
des Löwen mit dem schmerzvoll 


klagenden Ausdruck zeugen von der Abb . 45 . Gruppe am Moitke-Denkmai. 

meisterhaften Auffassung des Künst¬ 
lers, des Bildhauers Hilgers in Charlottenburg, der — selbst ein Sohn Düssel¬ 
dorfs — dieses Werk geschaffen hat Am Sockel des ganz in weissem 
Marmor ausgeführten Denkmals stehen die Verse H. Sudermanns: 

„Ruhm ward dem Sieger genug und Jauchzen und grünender Lorbeer, 

Tränen, von Müttern geweint, schufen dies steinerne Bild.“ 












74 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




Abb. 47. 


Der Rhein und seine Töchter. 


8. Vor dem Eingänge des Ständehauses erhebt sich auf einer in den 
Kaiserteich vorspringenden Plattform die am 7. März 1897 enthüllte Brunnen¬ 
gruppe aus Bronze: Der Rhein und seine Töchter. Dieses Denkmal 
verdankt seine Entstehung dem glänzenden Feste, das die rheinischen Stände 
am 18. September 1884 dem Kaiser Wilhelm I. und der Kaiserin Augusta 
gaben (Abb. 47). 

Es ist ein Werk der Bildhauer Karl Janssen und des verstorbenen Joseph 
Tüshaus. Hoch auf dem Felsen thront der Vater Rhein, von Reben umrankt, 
umgeben von vier weiblichen Idealgestalten und spielenden Putten. Am 
Fusse liegt der Drache, der den Nibelungenschatz mit Kaiserkrone und 
Reichsschwert bewacht. 

die Nebenflüsse des Rheins dar, 
sondern zwei von ihnen ver¬ 
körpern auch die Malerei und 
Industrie, die Hauptfaktoren nie¬ 
derrheinischen Fleisses. 

Die Rückseite des Denkmals 
ist dem Acker- und Weinbau, 
sowie der Fischerei gewidmet. 
Der Sockel, mit wasserspeienden 
Fischen und Muscheln verziert, 
steht in einem Becken von hellem 
Granit. 


Die Frauengestalten stellen nicht nur 




Abb. 49. 


Relief vom Cornelius-Denkmal. 


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DENKMÄLER, BRUNNEN, TORE. 


75 



Abb. 48. Peter von Cornelius. 


9. Auf dem Corneliusplatze hebt sich gegen das dunkle Laub des Hof¬ 
gartens das Denkmal Peter von Cornelius', des Neugestalters der Düssel¬ 
dorfer Malerakademie, stimmungsvoll ab (Abb. 48). 

Im Jahre 1879 wurde es, von der Künstlerhand A. Donndorfs modelliert, 
in Bronzeguss errichtet. An den Querseiten des reich gegliederten Sockels 
sitzen die weiblichen Figuren der Poesie und Religion und an der Vorder- 
und Rückseite zieren ihn eine Anzahl Reliefs, die allegorische Gestalten der 
Malerei, der Germania und Italia, sowie darunter in Rankenwerk Faust und 
Helena darstellen (Abb. 49 und 50). Die Inschriften der Städte Berlin, 
München, Rom geben die 
übrigen Orte von Cornelius’ 

Tätigkeit an. 

10. Nicht weit hiervon auf 
dem mit Rasen und Zier¬ 
sträuchern geschmückten, ge¬ 
schäftsstillen Schadowplatze 
steht die Kolossalbüste Wil¬ 
helm von Schadows, des 
Nachfolgers Cornelius' in der 
Leitung jier Kunstakademie, von 
Bildhauer H. Wittig (Abb. 51). 





Abb. 50. Relief vom Cornelius-Denkmal. 


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76 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


ii. In zwei Ni¬ 
schen an derVorder- 
fassade des Stadt¬ 
theaters sind 1901 
zwei Bronzestand¬ 
bilder: I mm er¬ 

mann, der Schöpfer 
der Düsseldorfer 
Musterbühne (Ab¬ 
bild. 52), und Felix 
Mendelssohn- 
Bar t h o 1 d y, der 
mit jenem durch 
drei Jahre eng ver¬ 
bundene Musik¬ 
direktor derselben 
Kunststätte(Abb.53), 
aufgestellt, die von 
Professor Clemens 
Buscher im Aufträge 
des Kunstvereins für 


Rheinland undWest- 
falen modelliertsind. 

12. Als aller- 
neuestes, erst im 
Sommer 1903 ent¬ 
hülltes, Denkmal 
schliesst diese Reihe 
neuerer Kunstschöp¬ 
fungen dieimOarten 
des Malkastens er¬ 
richtete Herme des 
AltmeistersOoethe, 
aus weissem Mar¬ 
mor, die von der 
Hand des hiesigen 
Bildhauers O. Rutz 
herrührt (Abb. 55). 
Sie hält die Erinne¬ 
rung daran wach, 
dass Goethe nach 
der »Kampagne in 

Abb. 51. Wilhelm v. Schadow. 




Abb. 52. Karl Leberccht Immermann. 


Frankreich" 
hier auf dem 
damaligen Gu¬ 
te Pempelfort 
seines Freun¬ 
des F. H.Jaco- 
bi, im Herbste 
1792 wochen¬ 
lang weilte. 

13. Zu er¬ 
wähnen sind 
ferner noch im 
Hofgarten das 
sehr unter den 
Witterungsein¬ 
flüssen leiden¬ 
de Sandstein¬ 
denkmal des 
Schöpfers der 
Anlagen, des 
Gartendirek¬ 
tors Weyhe, 



Abb. 53. Felix MendeLssohn-Bartholdy. 


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DENKMÄLER, BRUNNEN, TORE. 


vom Bildhauer Reiss zeit entsprossene, 

(Abb. 57), sowie Abb - 54 - Gartendirektor Weyhe. höchst reizvolle, VOn 

begabten jüngeren Künstlern erfundene Brunnenanlagen erhalten. — Dem 
Cornelius - Denkmal gegenüber, auf stets in herrlichem Blütenflor prangen- 


Abb. 55. Goethe-Büste im Garten des Malkasten. Abb. 56. Prinzessin Stephanie v. Hohenzollem. 


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78 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




dem, das Auge des Beschauers 
entzückendem Blumen parkett, 
rauschen die Wasser des vom 
Bildhauer Müsch entworfenen 
Monumentalbrunnens (Ab¬ 
bild. 58). Angrenzend hieran an 
der Bazarstrasse ist in jüngster 
Zeit ein architektonischer 
Abschluss des Königsgrabens 
in einer mit Figuren gezierten 
Sandsteinbrüstung erstanden. 
Hinter ihr in der Tiefe liegt 
eine scheinbar auf dem Wasser 
schwimmende mächtige Tri - 
tonengruppe vom Bildhauer 
Friedrich Courbillier. Ein ge¬ 
waltiges Fischungeheuer wird 
von einem kraftstrotzenden Fluss¬ 
gott zurückgehalten und im Ver¬ 
ein mit kleinen nackten Wasser¬ 
kindern, die von allen Seiten 
andringen, bekämpft. 

Künstliche, mit Schilf und klet¬ 
ternden Wasserpflanzen durch¬ 
wachsene Felsen in der Tiefe, 
seitlich die Brüstung abschliessende Aufbauten mit speienden Tritonenköpfen, 
das Wasser auffangenden Muschelschalen und sich balgenden Puttengruppen 
geben, belebt durch die rauschenden, weit in den Graben hinausgeworfenen 
Wassermassen, ein wirkungsvolles 
und künstlerisch höchst gelungenes 
Brunnenbild auf architektonischem 
Hintergrund, das demVerschönerungs- 
verein zu verdanken ist (Abb. 21). 

Am andern Ende hat der Königs¬ 
graben im letzten Jahre einen rein 
architektonischen Abschluss ge¬ 
funden, bei dessen Anlage besonders 
darauf Bedacht genommen ist, dass 
der Ausblick nach dem Corneliusplatze 
hin möglichst ungehindert frei blieb 
(Abb. 59). Der beigegebene Grund¬ 
riss zeigt in drei aneinander gereihten 
Bögen die Steinbrüstung mit einge¬ 
bauten Bänken und seitlichen, als Abb. 58. 


Abb. 57. 


Mariensäule. 


Brunnen von Müsch. 


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stattliche Lichtträger 
verwendetenObelisken 
(Abb. 60). 

Das Steinmaterial 
ist fränkischer Sand¬ 
stein und die Beleuch¬ 
tungskörper sind aus 
Galvanobronze herge¬ 
stellt Auch dieser 
Abschluss ist ein Ge¬ 
schenk des Verschöne¬ 
rungsvereins an die 
Stadt Düsseldorf. Der 
Entwurf ist das Ergeb¬ 
nis eines Wettbewerbs 
und stammt von dem 
Architekten W. Furth¬ 
mann. Das Bauwerk 
erforderte eine Kosten¬ 
summe von 15000 Mark. — Die den runden Weiher im Hofgarten 
zierende Springbrunnengruppe ist von Professor Oeder der Stadt ge¬ 
schenkt und stammt vom Bildhauer J. C. Hammerschmidt. Sie stellt einen 
auf einem Felsblock sitzenden Tritonen dar, der, im Begriff sein aus Fischen 
bestehendes Frühstück zu verzehren, von einem aus der Tiefe aufsteigenden 
Nilpferd gestört wird. Mit von Entsetzen verzerrtem Gesicht und in leb¬ 
haftester Bewegung schreckt er zurück vor dem mächtigen Wasserstrahl, den 
ihm das Untier entgegenspeit (Abb. 61). 

An kirchlichen Denkmälern (nach Clemen, Denkmäler der Rhein¬ 
provinz) ist in Düsseldorf nur eine verhältnismässig geringe Anzahl künst¬ 
lerisch wertvoller vorhanden. Immerhin bergen die alten Kirchen deren 
einige, auf die aufmerksam zu machen hier nicht unterlassen werden soll. 
Der Zeit nach ist als ältestes das in der Maxkirche stehende 2 m hohe bronzene 


Abb. 59. 


Südlicher Abschluss des Königsgrabens. 




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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Adlerpult vom Jahre 1449 zu er¬ 
wähnen, das aus der Abtei Altenberg 
stammt (Abb). 62. Auf einem drei¬ 
seitigen, gotischen, mit Strebebögen 
und Fialen versehenen architektoni¬ 
schen Unterbau sitzt auf einer Kugel 
ein mächtiger, prachtvoll stilisierter 
Adler, jede Feder einzeln durchge¬ 
arbeitet, die Augen von Kristall ein¬ 
gesetzt, der auf seinen Flügeln das 
Buchgestell trägt 
Zwei Denkmäler von hervorragen¬ 
dem Kunstwert finden wir in der 
Lambertikirche: das Sakramenthäus¬ 
chen und das Grabmal des 1592 
gestorbenen Herzogs Wilhelm V. 

Das Sakramenthäuschen (Ab¬ 
bild. 63), neben dem Hochchor bis 
zum Gewölbe hinaufreichend, ist durch 
seinen ornamentalen Schmuck und 
seinen Figurenreichtum das bedeu¬ 
tendste spätgotische Werk dieser Art Abb ' 6, ‘ SpHngbrunnengnrppe im runden Weiher. 

am Niederrhein. Nach den Wappen ist es zwischen 1475 und 1479 von 
Herzog Wilhelm 111 . und dessen Gemahlin Elisabeth gestiftet. Das fünfseitige 

Gehäuse wird von einem fünfseitigen Sockel auf 
reich profiliertem Fusse getragen, dessen Kanten 
als gewundene Säulen hervortreten, von hockenden 
Löwen beschirmt, die in den äusseren Vorder¬ 
pranken Schilde und Wappen der Stadt Düssel¬ 
dorf, der Länder Jülich-Berg-Ravensberg und 
Nassau-Saarbrücken halten. Die vier freien Seiten 
zeigen in Nischen je eine Heiligenfigur und dar¬ 
über eine figürliche Szene in starkem Hochrelief: 
Adam und Eva im Paradies und nach dem Sünden¬ 
fall, Christus am Ölberge, das Wunder des heiligen 
Hubertus. Das Gehäuse ist in den unteren Kehlen 
und den Einrahmungen der vier vergoldeten 
schmiedeeisernen Gitter mit vortrefflich frei gear¬ 
beitetem gotischem Laubwerk verziert. Die 
trennenden Pfeiler zeigen unter zierlichen Bal¬ 
dachinen je zwei Heiligenfigürchen, und auf den 
unteren Sohlbänken sitzt Jesse und Maria. 

Abb.62. Adlerpult in der Maxkirche. ln drei Stockwerken bekrönt das Gehäuse ein 
(A " ' lt 'Th;in“ e M m:u ' r der luftiger Baldachin. Die Pfeiler sind durch Kielbögen 


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DENKMÄLER. BRUNNEN, TORE. 


8l 


miteinander verbun¬ 
den, und der Aufbau 
klingt in zahlreichen, 
mit barocken Krabben 
besetzten Fialen nach 
oben aus. Den Ab¬ 
schluss des ganzen 
bildet ein Pelikan mit 
ausgebreiteten Flügeln. 

DasOrabmal des 
H erzogsWilhel m V. 
an der Ostwand der 
Kirche erreicht fast die 
Höhe des Gewölbes 
(Abb. 64). Es ist aus 
schwarzem, weissem 
(für alles Figürliche), 
rotem (Säulen), gelbem 
(für Obelisken und 
Seiteneinfassungen) 
und braunem Marmor 
hergestellt und durch 
ein schmiedeeisernes 
Gitter mit vergoldeten 
Rosetten abgeschlossen. 
Über vier Stufen, auf 
deren Ecken acht aus 
weissem Marmor ge¬ 
arbeitete Löwen als 
Schildhalter mit den 
Ahnenschilden des 
H erzogs hocken, erh ebt 
sich der Unterbau, dem 
der Sarkophag vorge¬ 
baut ist. Auf diesem 
ruht die lebensgrosse 
Gestalt des Herzogs 
in voller, fein ziselierter 
Rüstung, in freier un¬ 
gezwungener Haltung. 
Über dem Unterbau 
erhebt sich das Grab¬ 
denkmal in Stilformen 
der italienischen Hoch- 



Abb. 63. 


Sakramenthäuschen in der Lambertikirche. 
(Aus Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) 

6 


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Abb. 64. Grabmal Herzog Wilhelms V”. in der Lambertikirche. 


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DENKMÄLER, BRUNNEN, TORE. 


83 


renaissance nach dem durch Andrea Sansovino festgestellten Schema des 
Triumphbogens. Vier vorgestellte korinthische Säulen tragen das Gebälk des 
Giebelaufsatzes in zwei Geschossen, das weibliche Figuren, Engel und als 
oberer Abschluss die Gestalt des Auferstandenen bekrönen. Das grosse, im 
Halbrund abgeschlossene Relief stellt das jüngste Gericht dar, während in 
den Nebennischen die Figuren der vier Kardinaltugenden angebracht sind: 
die Klugheit mit der Schlange, die Gerechtigkeit mit Schwert und Wage, die 
Tapferkeit mit einer durchbrochenen Säule und die Mässigkeit mit zwei Ge- 
fässen. Diese weiblichen Idealfiguren sind von grosser Schönheit in der Linien¬ 
führung. Als Künstler werden die Meister Gilles de Rivtere und Niccolo 
Pippi von Arras, von anderer Seite Gerhard Scheben aus Cöln genannt. 

Als Beispiel eines im Freien stehenden kirchlichen Denkmals sei noch 
der an der Nordseite der Lambertikirche angebaute grosse Kalvarienberg 
angeführt (Abb. 65). Unter frühgotischer Halle bildet er mit seinen vom Bildhauer 
Reiss herrührenden lebensgrossen, überaus ausdrucksvollen Figuren ein be¬ 
achtenswertes Denkmal dieser Gattung. An seiner Stelle stand bis 1883 der 
alte, kurz vor 1469 mit neun lebensgrossen Figuren errichtete Kalvarienberg, 
der rücksichtslos beseitigt worden ist. Der Verbleib der Reste ist unbekannt. 


Abb 65. 

Kreuzigungsgruppe an der Lambertikirche. 


6 * 


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84 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




Torbauten. 

D ie Tore der alten 
Festungswerke sind 
im Abschn. I erwähnt und, 
soweit noch Abbildungen 
der sämtlich verschwun¬ 
denen Baulichkeiten vor¬ 
handen waren, auch durch 
solche veranschaulicht. 

Von diesen älteren 
Toren war noch bis vor 
wenigen Jahren eines er- 
halten:dasB e r g e rT o r, am 
Beginne der Bergerallee 
gelegen. Im Jahre 1609 
liess Kurfürst Sigismund 
an der alten Bergerpforte 
das Brandenburger Wap¬ 
pen anschlagen. Dies 
alte Tor fiel bei der Ver¬ 
stärkung der Befestigun¬ 
gen um das Jahr 1620; 
als Ersatz errichtete man 
am andern Ende der Zita¬ 
dellstrasse ein neues, das 
1751 durch 
Karl Theo- 


Abb. 66. Sladtseite des Berger Tores. 

(Aus Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. 1 


dor erneu¬ 
ert wurde. 

Sein pla¬ 
stischer Schmuck wurde durch Balthasar Späth 
ausgeführt. Das Tor war ein grosser zwei¬ 
stöckiger Backsteinbau mit einem mittleren 
Teil, der nach der Bergerallee als Risalit 
vorsprang, und zwei Seitenflügeln von 
je drei Achsen 1 Abb. 66). Die der alten 
Stadt, der Bäckerstrasse, zugekehrte 
Fassade zeigte über der Durchfahrt 
reichen plastischen Schmuck aus 
Sandstein, der grösstenteils auch nach 
dem Abbruch des Bauwerks noch 


Abb. 67a. Fenstereinrahmung 
vom alten Berger Tor. 
(Bildhauerarbeit.) 


erhalten ist. Das von kriegerischen 
Trophäen eingerahmte Fenster, Abb. 67b. Bogenschuss- 

.... . stein vom alten BergerTor. 

der mit Löwenkopf und behelmtem (Biidha U erarb«it.) 


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DENKMÄLER, BRUNNEN, TORE. 


85 




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Abb. 68. 


Ratinger Tor. 


Kriegerhaupt verzierte Schlussstein, sowie die seitlich angebrachten Wappen¬ 
schilder bilden einen wirkungsvollen plastischen Schmuck und zeigen eine 
feine Durchbildung der Einzelheiten (Abb. 67a, 67b und 6ga, 69b). Die der 
Bergerallee zugekehrte Seite war erheblich einfacher in kräftiger Gliederung 

ausgebildet und im Bogenabschluss der Aus- _ 

fahrt mit dem grossen bergischen Wappen fl 

verziert. Das ein- < , Ajftl.* jfT w V j 
zige Tor, das jetzt JI 

Düsseldorf besitzt, \ V* '. j/y "V )l 

ist das Ratinger : j| 

dem stammt aus 

Festungswerke '..T': l 

Abb. 69a. Trophäe von dem alten niedergelegten 3.1 Abb. 69b. Trophäe von dem alten 
Berger Tor. ten Ratinger Tores Berger Tor. 


Trophäe von dem alten 
Berger Tor. 


Abb. 69 b. 


Trophäe von dem alten 
Berger Tor. 















86 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


ist im Abschnitt i beigegeben. Das jetzige Tor besteht aus zwei fast qua¬ 
dratischen Hallenbauten im Schinkelschen Stile, an drei Seiten mit dorischen 
Säulen, in den Metopen mit Lorbeerkränzen verziert und mit flachem 
Giebel bekrönt. Die beiden monumentalen Torbauten bieten, von der 
Alleestrasse aus gesehen, einen stattlichen Abschluss der mit mächtigen 
Bäumen besetzten Allee des Hofgartens (Abb. 68). 

Wenden wir uns nach diesem Blick nunmehr auf unserer Wanderung 
zurück, so sehen wir den Eingang in die alte Stadt mit der ehemaligen 
Kreuzbrüderkirche im Hintergründe vor uns und gehen damit über zu der 
Betrachtung ihrer baulichen Anlagen. 







DRITTER ABSCHNITT 

SB 

HOCHBAUTEN 



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A. Kultusbauten/) 

I. Katholische Kirchen und Klöster. 

erste Pfarrkirche des gesamten Düsseldorfer Pfarrbezirks 
war die St. Martinskirche zu Düsseldorf-Bilk (C 7). 
Sie wurde von dem hl. Suitbertus, der seit dem Jahre 
695 in Suitbertuswerth, dem späteren Kaiserswerth, an¬ 
gesiedelt war, gestiftet. Von dieser ersten Kirche ist uns 
zwar nichts erhalten geblieben, an ihrer Stelle steht jedoch 
die heutige alte St. Martinskirche, eine dreischiffige 
romanische Pfeilerbasilika mit halbrunder Apsis und 
westlichem Glockenturm, deren älteste Teile schon vor 
dem Jahre 1019 vorhanden waren. Um 1200 wurde eine Erweiterung nach 
Osten und im 15. Jahrhundert ein Umbau der Seitenschiffe vorgenommen, 
ln neuerer Zeit ist die Kirche, nach einer im Jahre 1860 erfolgten wenig 
gelungenen Ausbesserung, 1879—1881 durch die Architekten A. Rincklake 
und C. Pickel einer gründlichen, wohlgelungenen Wiederherstellung unter¬ 
worfen fAbb. 70—72). Als Material ist in der Hauptsache, wie bei den 
meisten niederrheinischen Kirchenbauten dieser Periode, Tuffstein verwendet. 
Ein Reihe sehr verwandter, zum Teil fast gleicher, Anlagen zieht sich in weitem 
Bogen, von Kaiserswerth ausgehend, um Düsseldorf herum. Wir begegnen 
ihnen in Kalkum, Wittlaer, Mündelheim, Hilden, Itter, Himmelgeist und Heerdt. 
Die Kirche des letztgenannten Ortes, am jenseitigen Rheinufer gelegen, wurde in 
den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wegen Baufälligkeit niedergelegt. 

*) Unter Benutzung von: C 1 e m e n, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Düsseldorf 1894, L. Schwann. 
Geschichte der Stadt Düsseldorf, 1888, Verlag Kraus. — Zeitschrift für christliche Kunst (Schnütgen). 



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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


Qi 


Aus nur wenig 
späterer Zeit stammen 
die Uranfänge der 
Lamb ertikirche 
(D 4 und 5). Schon 
1159 wird eine Mutter¬ 
gotteskapelle genannt, 
die sich an der Stelle 
befand, wo die jetzige 
Lambertikirche steht, 
und die später durch 
eine zu Ehren der 
Heiligen Lambertus, 

Severinus und Anno 
errichtete Kapelle er¬ 
setzt wurde. Im Jahre 
1206 zur Pfarrkirche 
erhoben, wurde diese gegen das Ende des 13. Jahrhunderts, nach Verlän¬ 
gerung der bis dahin noch einschiffigen Anlage und Hinzufügung des 
Turmes, zur Kollegiats- und Stiftskirche umgewandelt, ln den Jahren 
1370—1394 erfuhr die Kirche eine bedeutende Erweiterung; die Mauern 
des Schiffes und Chores wurden durchbrochen und die dem Mittelschiffe 
gleich breiten Seitenschiffe, sowie der Chorumgang hinzugefügt. 



(Aus Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) 



Abb. 74. St. Lambertikirche. 


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92 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Nachdem 1394 an der Süd¬ 
seite die zweigeschossige 
Sakristei, mit bemer¬ 
kenswertem Erk^r 
A zur Zeigung der 
Heiligtümer, an¬ 
gebaut worden 
war, hatte die 
' Kirche im we¬ 

rk sentlichen die 

nommen (Ab¬ 
zeigt sich uns 
[ als dreischif- 
j fige gotische 
nl Hallenkirche 


Abb. 76. Kreuzbrüderkirche (Turmansicht). 
Wiederherstellungs-Entwurf. 


mit um den 
dreiseitigen 



Abb. 77. Kreuzbrüderkirche. 
I : 464. 


Chor herumgeführten Seitenschiffen und schwerem, viereckigem Westturm 
(Abb. 75). 


Die in den Jahren 1447—1476 auf dem die Kirche umgebenden Kirch¬ 
hofe errichtete Kreuzigungsgruppe wurde 1769 an die nördliche Umfassungs¬ 
mauer der Kirche versetzt. 1887 war eine Erneuerung der verwitterten 
Figuren dieser Gruppe notwendig (Abb. 65). 1634 wurde die Kirche durch 
die Explosion des benachbarten Pulverturmes erheblich beschädigt, und 1815 



Abb. 78. Kreuzbrüderkirche. 

Innere Choransicht. 


erhielt sie nach einem Brande den jetzigen 
Turmhelm.Seiti870 t 
ist das Innere der 
Kirche in der Haupt¬ 
sache durch Archi¬ 
tekt Becker in Mainz 
erneuert worden 


(Abb. 74). 

Die noch erhal¬ 
tenen ältesten Teile 
zeigen Tuffsteinver- 
blendung, während 
die späteren in 
reinem Ziegel¬ 
mauerwerk herge¬ 
stellt sind. Von der 
inneren Ausstattung 



Abb. 7 9. Kreuzbrüderkirche. 

Querschnitt. 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


93 



Abb. 80. St. Andreaskirche. 

(Au* Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) 


1 


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Abb. 81. 


St. Andreaskirche. 1:687. Abb. 82. St. Andreas. 1:458. 


der Kirche ist besonders bedeutungsvoll ein von Herzog Wilhelm gestiftetes, 
reich ausgestattetes Tabernakel (Abb. 63) in spätgotischen Formen mit 
reichem figürlichem Schmuck (1475—1479); ferner das frühgotische Grab¬ 
mal der Marg. von Windeck, sowie namentlich das in den Formen der 
italienischen Hochrenaissance ausgeführte, mit hervorragendem Figuren¬ 
schmuck versehene Grabmal Wilhelms V. (gestorben 1592) (Abb. 64). Ausser¬ 
dem weist die Kirche noch eine Reihe bemerkenswerter Epitaphien auf. 

Eine nach ihrem Ursprung gleichfalls den ersten Zeiten der Düssel¬ 
dorfer Geschichte angehörende Kirche ist die in der Ratingerstrasse gelegene 
Kreuzbrüderkirche (D 4). Schon vor dem Jahre 950 war an ihrer Stelle 
ein wegen seines wundertätigen Marienbildes viel besuchtes Muttergottes- 
kapellchen vorhanden, ln dessen unmittelbarer Nähe stand ein zur Auf¬ 
nahme der zahlreichen Pilger, zeitweise auch als Hospital dienendes Gast¬ 
haus, das Herzog Gerhard I. im Jahre 1445 samt der Kapelle den schon 
früher von ihm nach Düsseldorf berufenen Kreuzbrüdern übergab. Diese 

hatten schon im Jahre 1443 in unmittelbarem Anschluss an das Kapellchen 

eine Kirche errichtet, die das seltene 
Beispiel einer zweischiffigen Anlage 
mit zwei Chören und dazwischen¬ 
liegendem Turm bietet (Abb. 77). 
Die Kirche zeigt schlichte Formen 
und ist als Ziegelrohbau errichtet, 
wobei in bescheidenem Umfange 
Sandstein verwendet worden ist. 
In ihr wurde 1597 Jakobe von Baden 
beigesetzt. Das alte darangelehnte 
Muttergotteskapellchen musste im 
Anfang des vorigen Jahrhunderts, da 
es den Verkehr störte, abgebrochen 
werden, während die Kirche, freilich 
leider stark verbaut und durch Ein¬ 
ziehen von Zwischendecken zu einem 
Abb 83. St. Andreaskirche. Montierungsdepot umgewandelt, uns 



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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


95 




lTi 


i 1 


erhalten geblieben 
ist. In den letzten 

Ä Jahren sind durch 

^ ^ den Architekten 

Pickel auf Veran- 

J** Verwaltung Pläne 

zur Wiederherstel- 

|mi i ,'l & ! ' _ lung als Garnison- 

; 8 ? j= v\ ^ ^ kirche . entworfen, 

S 1 —-A- = =:Bp düngen zeigen die 

,. -JÜI Kirche in dieser 

— 1 1 * m Rekonstruktion (Ab- 

Abb. 84. (Aus Ciemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) Maxkirche. foHd y(j y8 ’JQ) 

Für die 1619 nach Düsseldorf gekommenen Jesuiten wurde 1622 bis 
1629 durch Herzog Wolfgang Wilhelm die Andreaskirche (D 5) errichtet 
und ihr gleichzeitig ein polygonales, mit Kuppel überwölbtes Mausoleum 
angegliedert (Abb. 80). Die eigentliche Kirche, eines der besten Beispiele des 
rheinischen Jesuitenstiles, besteht in einem dreischiffigen Hallenbau mit 
durch mächtige Pilaster und weit ausladenden Architrav gegliederten Aussen- 
mauem, zwei den Chor flankierenden Türmen und einfach ausgebildeter 




Abb. 84. (Aus Ciemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) Maxkirche. 


Westseite (Abb. 81). Die mit reichem 
Stuck versehenen Gewölbe werden 
durch acht kreuzförmige kannelierte 
Pfeiler mit reichen Kapitellen und 
Architraven getragen (Abb. 83). In 
den Seitenschiffen sind gewölbte Em¬ 
poren angelegt (Abb. 82). 

Das an die Kirche anschliessende 
Kloster wurde 1625 errichtet; es dient 
jetzt der Königlichen Regierung als 
Bureaugebäude. 

Nachdem die im Jahre 1650 nach 
Düsseldorf gekommenen Franziskaner 
1655—1663 ihre erste Kirche nebst 
Kloster errichtet hatten, machte sich 
schon in den Jahren 1734—1737 der 
Neubau dieser noch heute unter der 
Bezeichnung Maxkirche (C D 5) 
bestehenden Kirche und des Klosters 



Abb. 85. 


Max kirche. 


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g6 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 86. Inneres der (Tamisonkirche. 


erforderlich. Erstere wurde 1805 
nach Aufhebung des Klosters zur 
zweiten Pfarrkirche der Stadt erhoben. 
Sie ist ein in einfachen Formen ge¬ 
haltener Ziegelsteinbau mit Haustein¬ 
gesimsen und interessantem Dach¬ 
aufbau (Abb. 84). Ein Turm ist nicht 
vorhanden; statt dessen erhebt sich 
über der westlichen Dachabwalmung 
ein in schönen Formen gehaltener 
geschieferter sechsseitiger Dachreiter, 
der die Glocken aus der im Jahre 
1812 geschlossenen Kreuzbrüder¬ 
kirche enthält. Die Kirche ist eine 
dreischiffige Hallenkirche, deren 
flache Kreuzgewölbe durch Stuck¬ 
ornamente ver¬ 
ziert sind und 
auf 18 Säulen 
mit jonischen 
Kapitellen und 
darüber lagern¬ 
den Gebälk¬ 
stücken ruhen 
(Abb. 85). 

Im Inneren 
hat ein aus der 
Abtei Altenberg 
stammendes be¬ 



merkenswertes bronzenes 
Ad ler pult von 2 m Höhe 
aus dem Jahre 1449 Auf¬ 
stellung gefunden (Ab¬ 
bild. 62). 

Von dem Klosterge¬ 
bäude ist noch ein Stück 
des aus dem 18. Jahr¬ 
hundert stammenden 
Kreuzganges vorhanden. 

Auf dem Platze des 
1634 in die Luft gefloge¬ 
nen, in der Nähe der Lam¬ 
bertikirche gelegenen 



Abb. 88. 


Inneres der Franziskaner-Klosterkirche. 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


97 


Pulverturms errich¬ 
teten die 1639 nach 
Düsseldorf gekom¬ 
menen Karmeli- 
tessen im Jahre 
1644 — 1646 ein 
Kloster mit Kirche 
(C D 4), das schon 
1671 bedeutend ver- 
grössert und in den 
Jahren 1706—1715 
samt der Kirche auf 
der alten Stelle voll¬ 
ständig neu aufge¬ 
führt wurde. Die in 
Ziegelsteinen mit 
geringer Haustein¬ 
gliederung erbaute 
Kirche ist einschiffig 
mit segmentbogen¬ 
förmig geschlosse¬ 
nen Kreuzflügeln. 
Ober der Vierung 



Abb. 89. Kirche und Kloster der Dominikaner. 

(Nach einer Originalzeichnung von F. Schmidt.) 



erhebt sich eine flach ge¬ 
wölbte Kuppel, während die 
Kreuzarme durch flache 
Tonnengewölbe überspannt 
sind. Die Bemalung der 
Gewölbe stammt aus dem 
18. Jahrhundert. Das Kloster 
dient heute als Krankenhaus. 

An der Stelle des abge¬ 
brochenen und 1710 nach 
der Neustadt verlegten Hu¬ 
bertus-Hospitals wurde 1735 
im Anschluss an den Bau 
der Infanteriekaserne durch 
Ingenieur Carnon die 
Garnisonkirche errichtet. 
Sie ist ein sehr einfacher 
verputzter Ziegelsteinbau mit 
abgerundeten Kreuzarmen. 
Letztere sind mit flachen 
Kuppeln überdeckt, während 


/ 


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98 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 91. Inneres der Dominikaner-Klosterkirche. 


das Langhaus ein segmentförmiges 
Tonnengewölbe hat (Abb. 86). Über 
der Vierung erhebt sich eine über¬ 
höhte Kuppel. 1824 zur Simultan¬ 
kirche gemacht, wird sie demnächst 
mit dem Rest der alten Kasernen 
abgebrochen werden. 

Die Kirche und ein Teil des 
Klosters der Franziskaner wurden 
in dem Jahre 1855 u. f. an der Ost¬ 
strasse (E 5) nach den Plänen und 
unter der Leitung des Klosterbruders 
Paschalis Gratze erbaut und im Jahre 
1860 durch Hinzufügung des Süd- 
und Westflügels sowie eines Werk¬ 
stättengebäudes erweitert (Abb. 87). 

Die einschiffige Kirche wie das Kloster 
sind in einfachster Weise aus Ziegel¬ 
steinen unter sparsamer Verwendung 
von Hausteinen zu den architekto¬ 
nischen Gliederungen ausgeführt, die Strassenseiten haben neuerdings Ziegel¬ 
verblendung erhalten. 

Im Aufträge des Dominikanerordens wurde in den Jahren 1867 bis 
1870 nach Plänen des Dombaumeisters v. Schmidt in Wien unter örtlicher 
Leitung von Professor Rincklake der erste Teil des Klostergebäudes 
und der Chor der Kirche errichtet (D 6). 

Erst 1886, nach Rückkehr der Dominikaner, konnte der Bau wieder 
aufgenommen und bis 1887 nach denselben Plänen unter Leitung des 
Architekten C. Pickel das Kreuzschiff mit hohem, schlank emporstrebendem 
Dachreiter, sowie das basilikale Langschiff mit Schwibbögen fertiggestellt 
werden. Die gesamte Bautätigkeit an Kirche und Kloster fand erst 1889/90 
ihren Abschluss (Abb. 89—91). 

Auch diese Bauanlage ist in Ziegelsteinen mit Sandsteingliederungen 
ausgeführt; die Sockel und Treppenstufen bestehen aus Basaltlava, Gewölbe¬ 
rippen, innere Gesimse usw. aus Tuffstein. — Nach den Plänen und unter 

der Leitung des Franziskanerpaters 
Paschalis Gratze wurde in den 
Jahren 1870—1872 die St. Josefs¬ 
kirche in Oberbilk (F 6), ein 
ausserordentlich schlichter Bau aus 
Ziegelsteinen mit geringer Hau¬ 
steinverwendung, errichtet. Sie ist 
basilikal mit vor der Mittelachse 
liegendem Turm angeordnet und 



Abb. 92. 


St. Josefskirche in Oberbilk. 


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Abb. 93. Neue Kirche zur heiligen Dreifaltigkeit. 


Abb. 95. Mariä-Himmelfahrtkirche. 


nach Osten durch drei Chöre geschlossen (Abb. 92). 
Achteck übergeführten Turmes wurde von der Höhe 
des Mittelschiffdaches aufwärts erst 10 Jahre später 
nach den Plänen der Architekten Rincklake und Pickel 
ausgeführt. — Die in den Jahren 

§ 1892/93 mit zwei West- und 

einem Chorturm errichtete Kirche 
zur heiligen Dreifaltigkeit _ 
in Derendorf (E 3), ein drei- 
schiffiger, niedriger, sehr ein- L 
facher Backsteinbau mit f 
flacher Decke, war bei dem 
bedeutenden Anwachsen dieses 
Stadtteiles nicht mehr aus¬ 
reichend und sollte zu Ende 
der achtziger Jahre des vorigen 
Jahrhunderts durch eine neue 
ersetzt werden. ln einem 
engeren Wettbewerb errang 
Architekt Pickel den ersten 
fl- Qv y Preis und wurde mit der Aus- 

führung auf grund seines Ent- 

Abb. 94 - Nevre°Kirche zur WUrfeS betraUt Die KirCfle Al 

heiligen Dreifaltigkeit. erhielt ihren Platz in der Nähe 


Der Aufbau des ins 


Abb. 96. 


Mariä-Himmelfahrtkirche. 
I : 666. 













Abb. 98. Neu-St. Martin. Querschnitt. Abb. 99. Neue St. Martinskirche. 

(Aus der Zeitschrift für christliche Kunst.) (Aus der Zeitschrift für christliche Kunst.) 


der alten, die nach Fertigstellung des Neubaues abgebrochen wurde. Die 
dreischiffige, vermöge der weiten Säulenstellung sehr durchsichtige Hallen¬ 
kirche hat stark hervortretende Kreuzschifflügei und ist nach Osten durch 
drei Chöre abgeschlossen, von denen der mittlere polygonal, die beiden 
seitlichen rechteckig geschlossen sind (Abb. 94). Über der Vierung erhebt 
sich ein Dachreiter; den westlichen Abschluss bilden neben dem oben ins 
Achteck übergeleiteten Hauptturm zwei polygonal geschlossene, quer zur 
Längsachse angeordnete Kapellen (Abb. 93). Um den Chor gruppieren sich die 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


101 




niedrigen Sakristeien. Zur Verblendung aller Aussenflächen, sowie für sämt¬ 
liche Architekturteile des Äussern und Innern ist ein heller Sandstein von 
der Saar verwendet worden. Die Baukosten betrugen bei einem verfügbaren 
Laienraum von etwa 850 qm für ungefähr 2500 Besucher rd. 415000 Mark. 

Die Mariä-Himmelfahrtkirche im Vorort Flingern (E 4) ist in ein¬ 
fachen Formen als dreischiffige Hallenkirche mit Kreuzflügeln erbaut; der 
Hauptchor, um den sich die Sakristeien und sonstigen Nebengelasse grup¬ 
pieren, zeigt die Form des halben 
Rechtecks. Der in der Verlänge¬ 
rung des Langschiffes angeord¬ 
nete viereckige Olockenturm 
ist von zwei Seitenkapellen 
flankiert (Abb. 95 und 96). Als 
Baustoffe haben auch hier wieder 
Ziegelsteine, sowie für die 
Architekturteile Hausteine ge¬ 
dient. Die Kirche bietet für 
1800 bis 2000 Besucher Raum 
und ist mit einem Kostenauf- 
wande von 240000 Mark nach ... T _ ,. . , T ... » 

^ Abb. 100. Abgebrochene Lorettokapelle. 

den Plänen des Architekten Pickel 

in den Jahren 1890 — 1892 erbaut. — An der Kreuzung der Bilker Allee 
mit der Lorettostrasse in Unterbilk stand früher die 1685 gegründete, 

1740 bedeutend erweiterte 
Lorettokapelle, ein ein¬ 
facher Bau in toskanischer 
Renaissance mit drei gleich 
breiten, durch schwere Pfeiler 
getrennten, überwölbten Schif¬ 
fen und massivem, zwiebel¬ 
gekröntem Vierungsturm (Ab¬ 
bild. 100 und 101). Das Bauwerk 
musste der in den Jahren 
1894—1896 durch den Archi¬ 
tekten Tepe aus Driebergen 
bei Utrecht erbauten neuen 

Ahb. 101. Inneres der Lorettokapelle. St. Martinskirche Weichen 

(C 6). Diese ist ein dreischiffiger Bau mit Querschiff und drei polygonal 
geschlossenen Chören. Den Seitenchören schliessen sich die Sakristei und 
die Taufkapelle an; den westlichen Abschluss der ganzen Baugruppe, die das 
dreieckige Baugrundstück nahezu vollständig bedeckt (Abb. 97 und 98), 
bildet ein grosser quadratischer Glockenturm (Abb. 99). Bei einem Laien¬ 
raum von rund 850 qm Grösse bietet die Kirche ungefähr 2500 Besuchern 
Platz. Als Baumaterial sind in der Hauptsache Ziegelsteine, für Gesimse, 


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Mariä - Empfängniskirche. 

(Aus der Zeitschrift für christliche Kunst.) 


Abb. 104. 

Mariä-Empfängniskirche. 


Mariä - Empfängniskirche. 1 1540. 

tAus der Zeitschrift für christliche Kunst.) 


(Aus der Zeitschrift für christ¬ 
liche Kunst.) 



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Masswerk usw. in massigem Um¬ 
fange Sandstein verwendet worden. 

In den Jahren 1894 —1896 wurde 
für die von der Derendorfer Pfarre 
abgezweigte Süd-Pempelforter Pfarr- 
gemeinde nach dem bei einem 
öffentlichen Wettbewerbe mit dem 
ersten Preise gekrönten Entwurf 
des Architekten L. Becker in Mainz 
die Mariä - Empfängniskirche 
in der Oststrasse errichtet (E 5) 
(Abb. 102 — 104). 

Der in reichen Formen der 
rheinischen Hochgotik ausgeführte 
Bau hat in allen sichtbaren Flächen 
Tuffsteinverblendung erhalten; das 
gleiche Material ist auch für die 
Masswerke und inneren Architektur¬ 
glieder, sofem sie keinen erheb¬ 
lichen Druck aufzurtehmen haben, 
verwendet, während zu den stark 
belasteten und dem Wetter be¬ 
sonders ausgesetzten Bauteilen 
grauer Sandstein gewählt worden ist. 

Der dreischiffige basilikale Bau 
mit weit ausladenden Querschiff¬ 
flügeln hat neben dem mit Um¬ 
gang versehenen Hochchor noch 
vier kapellenkranzartig angeord- 



_• t 1 t- u—i* 


Abb. 105. Mariä-Empfängniskirche. 1 : 540. 

Aus der Zeitschrift für christliche Kunst.) 



Abb. 106. Choransicht der Mariä-Empfängniskirche. 


nete Seitenchöre. Den 
Seitenschiffen sind an 
der Westseite zwei sechs¬ 
eckige Haupttürme vor¬ 
gelagert, zwischen denen 
nach aussen eine ge¬ 
räumige offene Vorhalle, 
nach innen die Orgel¬ 
bühne eingebaut ist (Ab¬ 
bild. 105). 

An die beiden letzten 
Felder der Seitenschiffe 
schliesst sich je eine 
Kapelle an, während die 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


den in öffent- 
lichemWettbe- 
werbe mit dem 
ersten Preise 
gekrönten Plä¬ 
nen des Prof. 
Kleesattel die 
Kirche der 
gleichfalls aus 
der Derendor- 
fer Pfarre her¬ 
vorgegangenen 
St. Rochus- 
Gemeinde (E4) 
(Abb.107-109). 
Das in reichen 
Formen roma¬ 
nischer Bau- 

—--weise errichte- 

entstand nach Abb - Ila Chonmsicht der St Rochuskirche. te Q 0 tteshaUS 

bildet eine dreischiffige Pfeiler-Säulenbasilika mit halbkreisförmig geschlossenem 
und mit einem Umgang geziertem Chor. Die dreischiffigen Kreuzflügel 


Abb. m. St. Rochuskirche. Blick in das Querschiff. Abb. 112. St. Rochuskirche. Langschiff nach Westen. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


106 




haben ebenfalls halbkreisförmige Abschlüsse er¬ 
halten. Über der Vierung erhebt sich ein massiver 
achteckiger Turm von 47 m Höhe. Dem durch 
Triforienumgänge und Fensterarkaden reich ge¬ 
gliederten Mittelschiff ist ein mächtiger, 83 m hoher 
Hauptturm vorgelagert, dessen reich ornamentiertes 
Portal und Eingangshalle besonders bemerkenswert 
sind. Die dem Hauptchor beiderseitig angegliederten 
Osttürmchen vervollständigen die reiche Gruppierung 
der ganzen Bauanlage (Abb. 110—112). 

Die Orgelbühne erstreckt sich über das obere 
Abb. 113. Abgebrochene Turmgeschoss und das ganze erste Mittelschiffsjoch 
Rochuskapelle. unc j Mietet somit einer beträchtlichen Anzahl von 

Sängern Raum. Sakristei und Nebenräume liegen in den einspringenden 
Ecken zwischen Chor und Kreuzschiff. 

Die Aussenflächen der Kirche 
sind mit Tuffstein verblendet, während 
die Architekturglieder in der Haupt¬ 
sache aus Sandstein bestehen. Zu den 
Arkadensäulen des Mittelschiffs ist 
belgischer Granit verwandt. Die Bau¬ 
kosten betrugen einschliesslich der 
inneren Einrichtung, Glocken usw. rd. 

800000 Mark. Bei etwa 1280 qm 
Laienraum bietet die Kirche 3400 
Besuchern Platz. 

ln der Nähe des Standplatzes der 
jetzigen Rochuskirche befand sich früher 
eine schmucklose kleine Kapelle, die 
Rochuskapelle, die im Jahre 1667 
aus Anlass des Erlöschens einer Pest¬ 
epidemie erbaut war, nach Fertig¬ 
stellung der Kirche gleichen Namens 
aber abgebrochen wurde. Sie war 
ein einschiffiger, kreuzförmiger, ge¬ 
wölbter Bau mit geschweiften Giebeln 
und achtseitigem Dachreiter (Abb. 113). 

Gleichzeitig mit der Spaltung der 
Derendorfer Kirchengemeinde in drei 
selbständige Gemeinden vollzog sich 
auch das Aufblühen der früher durch 
die Bahnlinien abgeschnittenen und 
infolgedessen etwas zurückgebliebenen 
südlichen Stadtteile. Hier entstand um 


Abb. ii 4. St. Petrikirchc. 

Nord-(Turm)Seite. 1 : 700. 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


107 




Abb. 115. 


Choransicht der St. Petrikirche. 


die Mitte der achtziger Jahre des 
vorigen Jahrhunderts in der Friedrichs¬ 
stadt als neue selbständige Pfarr- 
gemeinde die St. Petrusgemeinde. 

Zur Gewinnung der Baupläne für 
deren auf dem sog. Kirchplatz (D 6) 
zu erbauende Kirche, die Petrus¬ 
kirche, wurde ein beschränkter 
Wettbewerb ausgeschrieben. Aber 
von den eingereichten Entwürfen 
konnte keiner als für die Ausführung 
ohne weiteres geeignet anerkannt 
werden. Erst ein zweiter engerer 
Wettbewerb hatte das Ergebnis, dass 
der Architekt Pickel mit der weiteren 
Bearbeitung seines preisgekrönten 
Entwurfes und später mit der Leitung 
des Neubaus nach diesem Entwurf 
betraut wurde (Abb. 114 und 115). 

Das imposante Gotteshaus zeigt 
die Formen reicher Spätgotik. Alle äusseren Flächen sind mit Tuffquadern 
verblendet, während die Architekturglieder in rotem Pfälzer Sandstein her¬ 
gestellt sind. Der reich ge¬ 
gliederte Bau ist eine dreischiffige 
Hallenkirche mit tiefem, nach 
dem halben Zehneck geschlos¬ 
senem, von zwei Türmchen 
flankiertem Chor und polygonal 
geschlossenem Kreuzschiff, über 
dessen Vierung sich ein schlanker 
sechseckiger Dachreiter erhebt. 
Die nach Süden orientierte Kirche 
findet ihren nördlichen Abschluss 
in einem mächtigen, etwa 80 m 
hohen Hauptturm, dem nach 
Osten und Westen je eine ge¬ 
räumige Eingangshalle vorge¬ 
lagert ist. Den ersten Seiten¬ 
schiffeidern schliessen sich 
niedrige polygonal ausgebildete 
Kapellen an; um den Chor 
gruppieren sich die zweige¬ 
schossige Sakristei und die Tauf¬ 
kapelle (Abb. 117). 


Abb. 116. 


Choransicht der St. Petrikirchc. 


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io8 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Der Innenschmuck der Kirche, von dem als besonders bemerkenswert 
die schönen Olasfenster, ferner auch Altar, Kanzel, Chorgestühl und Triumph¬ 
kreuz hervorzuheben sind, ist besonders reich (Abb. 116). Leider wird aber 
die Wirkung des Innnenraumes durch die wenig gelungene Ausmalung stark 
beeinträchtigt. 

Bei rund 920 qm verfügbarem Laienraum finden etwa 3000 Besucher 
in der Kirche Platz. Die Baukosten betrugen einschliesslich Zentralheizung, 


elektrischer Beleuch¬ 
tung, Wasser- und 
Kanalanschluss, je¬ 
doch ausschliesslich 
der inneren Ausstat¬ 
tung, rund 610000 
Mark. 

Da trotz der Er¬ 
bauung der Rochus- 
und der Mariä-Em- 
pfängniskirche dem 
kirchlichen Bedürfnis 
der Derendorfer Ge¬ 
meinden noch nicht 
Genüge getan war, 
wurde in den letzten 
Jahren des vorigen 
Jahrhunderts nach 
den Plänen des Ar¬ 
chitekten Pickel an 
der Kaiserswertherstrasse 
die in einfachen romani¬ 
schen Formen gehaltene 
St. Adolfskirche (D 3) 
begonnen, jedoch vorläufig 



nur Chor und Quer¬ 
schiff vollendet. Sie 
ist als dreischiffige, 
flach gedeckte Pfeiler- 
Säulen-Basilika mit 
zwei Westtürmen, 
Kreuzschiff und halb¬ 
kreisförmig geschlos¬ 
senem Chor gedacht. 
Die Vierung soll 
später ein ins Achteck 
übergeführterKuppel- 
turm krönen. Die Aussen- 
flächen erhalten Tuff¬ 
quaderverblendung, 
während die Architektur¬ 
teile aus Sandstein her¬ 
gestellt werden (Ab¬ 
bild. 118 und 119). 

In der Entstehung 
sind ferner drei weitere 
Kirchen für die Aussenbe- 
zirke Düsseldorfs begriffen, 
und zwar als Filialkirchen 
der Bilker St. Martinspfarre 


Abb. 117. St. Petrikirche. 

I : 750. 

die Kirche zu Flehe und die Suitbertuskirche an der Werstenersträsse, und 
als Tochterkirche der St. Josefspfarre in Oberbilk die neue Kirche an der 
Lessingstrasse. 

Die vom Architekten Pickel entworfene Kirche zu Flehe (C 9) zeigt 
die interessante Anordnung eines zweischiffigen Langhauses mit in der Achse 
vorgelagertem Hauptturm, zweischiffigem Querschiff und dreischiffigem Chor¬ 
anbau (Abb. 120 und 121). Die äusseren Flächen werden mit Ziegelsteinen 
verblendet, die Architekturteile in Hausteinen ausgeführt. Bei 620 qm Laien¬ 
raum wird die Kirche für etwa 1800 Besucher Raum bieten. Die Baukosten 
sind auf rund 190000 Mark veranschlagt. 

Die vom Architekten T epe entworfene dreischiffige Suitbertuskirche (D 7) 
erhält ein basilikales Langhaus mit Kreuzschiff und polygonal geschlossenem 


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Chor, der von zwei 
Seitenchören flan¬ 
kiert wird. Dem 
Mittelschiff ist ein 
quadratischer 
Hauptturm vorge¬ 
lagert (Abb. 122 
und 123). Die Aus¬ 
führung erfolgt in 
ähnlicher Weise 
wie bei der St. Mar¬ 
tinskirche in Bilk. 

Die Besucherzahl 
ist bei 900 qm 

Laienraum auf rund 3000 Personen, die Baukosten sind auf rund 300 000 Mark 
angenommen. 

Die neue Oberbilker Kirche (E 6) zeigt eine fünfschiffige Anlage 
mit seitlich angeordnetem Turm; die drei Mittelschiffe sind gleich hoch, 
während die beiden äusseren Seitenschiffe niedriger gehalten sind. Der Chor 
bildet in gleichfalls dreigliederiger Anordnung die Fortsetzung der drei 
Mittelschiffe. Ihm schliesst sich eine zweigeschossige Sakristei an (Abb. 125). 
Die äusseren Flächen der Kirche werden verputzt, während Ecken, Gesimse 
und sonstige Architekturteile aus Hausteinen hergestellt werden sollen (Ab¬ 
bild. 124). Der verfügbare Laienraum beträgt 825 qm und genügt für eine 
Besucherzahl von 2300 Personen. Die Kosten sind auf rund 400000 Mark 
veranschlagt. Der Entwurf stammt von dem Architekten Pickel. 



& 

Klöster. 


D ie kleineren Klosteranlagen der Stadt, die sämtlich ohne nennens¬ 
wertes architektonisches Interesse sind, mögen hier nur erwähnt 
sein. Es sind die Frauenklöster zu St. Anna und der Ursulinen in 

der Ritterstrasse, die 
Klöster der Clarissen 
in der Kaiserstrasse, 
der Schwestern 
vom armen Kinde 
Jesu in der Anna- 
strasse, der Franzi s- 
kanerinnen zum 
Herzen Jesu in der 
Mendelssohnstrasse und der 
Kreuzschwestern Christi Hilf 
Abb. II 9. St. Adolfskirche. 1:750. in der FlurstraSSe. 



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110 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN 


t 


• * > 
I 



Abb. 122 
SuitbertiLs 
kirche. 
1:718. 


Abb. 120. 


Kirche zu Flehe. 1:481. 


Abb. 124. Neue Oberbilker Kirche. 1 : 605. 



Abb. 125. Neue Oberbilker Kirche. 1:652. 


Abb 


Suitbertuskirche 


123 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


111 


Katholische Kirchen der nächsten Umgebung. 

S ehr beachtenswerte kirchliche Bauten sind auch in der nächsten Umgebung 
Düsseldorfs vorhanden. Die älteste, schon im Anfang des achten Jahr¬ 
hunderts durch den heiligen Suitbertus gegründete Stiftskirche befand sich 
in Kaiserswerth. Sie wurde um die Mitte des 11. Jahrhunderts durch 
eine mit flacher Decke versehene Pfeilerbasilika ersetzt, der sich drei Apsiden 
und ein Westturm angliederten. In dieser Gestalt war die Kirche vermutlich 
schon um das Jahr 1050 vollendet. Die mannigfaltigsten Unbilden sind 

über dieses hochinter¬ 
essante Gotteshaus hin¬ 
weggegangen, jedoch 
ohne dass es jemals 
gänzlicher Vernichtung 
anheimgefallen wäre. Aus 
fortifikatorischenGründen 
musste im Jahre 1243 der 
Turm abgetragen werden, 
während im Jahre 1248 
die ganze Choranlage bei 
einer Belagerung Kaisers¬ 
werths zerstört wurde. 
Aber wahrscheinlich 
schon im Jahre 1264 ent¬ 
stand in den Formen des 
romanischen Übergangsstiles ein neuer, noch jetzt vorhandener Chor. Bei 
einer Belagerung und Beschiessung Kaiserswerths im Jahre 1702 wurde 
die Kirche nochmals stark beschädigt, so dass sie von 1703—1717 abermals 
einer Wiederherstellung unterworfen werden musste. Der 1243 abgetragene 
Turm erfuhr im Jahre 1765 eine notdürftige Erneuerung. Schliesslich fand 



Abb. 126. Stiftskirche zu Kaiserswerth. Nördliche Vorhalle. 
(Aus Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) 



Abb. 127. 


Längenschnitt der Stiftskirche zu Kaiserswerth. 
(Aus Clemen, Kunstdcnkmäier der Rheinprovinz.) 


: 600. 


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112 


KATHOLI SCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 



Abb. 128. 


Stiftskirche zu Kaiserswerth. 1 : 400. 
(Aus Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 11 3 

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A 



Abb. 129. Stiftskirche zu Kaiserswerth. 

(Aus Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz). 


in den Jahren 1870—1877 durch den Professor A. Rincklake und unter der ört¬ 
lichen Bauaufsicht des Architekten Pickel ein durchgreifender Um- und Aus¬ 
bau der Kirche statt. An Stelle des durch die unmittelbare Nähe des stark 
abfallenden Rheinufers in seiner Standfestigkeit bedrohten einen Westturmes 
wurden zwei seitliche Türme errichtet (Abb. 128). Die sehr beachtenswerte, 
bis dahin vermauert gewesene nördliche Vorhalle (Abb. 126) wurde freigelegt 
und wiederhergestellt, sowie das alte, die Kirche teilweise verdeckende und 
verunzierende Abteigebäude abgebrochen. Ferner wurden die beiden Krypten 
aus dem 17. Jahrhundert geschlossen (Abb. 127). Im Innern erhielt zunächst 
das Langhaus eine wohlgelungene Ausmalung; diejenige des Chores, sowie 
der Aufbau der beiden Chortürmchen um die Mitte der achtziger Jahre des 
vorigen Jahrhunderts unter der Leitung des Architekten Pickel vollendeten 
das prächtige Bild, das sich dem Besucher der Kirche im Äusseren wie im 
Inneren bietet (Abb. 129). 

Von besonderer kunstgeschichtlicher Bedeutung ist der in der Kirche 
befindliche Suitbertusschrein aus vergoldetem Kupferblech mit Eichenholz¬ 
kern, dessen Aufbau und Ornamentierung der spätromanischen Periode an¬ 
gehören, während sein figürlicher Schmuck bereits frühgotischen Einfluss 
zeigt Die Kirche ist mit Tuffsteinen verblendet; die Architekturteile be¬ 
stehen aus Sandstein und Trachyt, die Dachflächen sind geschiefert. 

Eine wahrscheinlich gleichfalls von Kaiserswerth ausgegangene Gründung 
war die älteste Pfarrkirche zu Ratingen, die um 1165 durch einen 

8 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


115 


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Abb. 132. Stiftskirche zu Gerresheim von Osten. 

(Aus Qemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) 


romanischen Neubau ersetzt und 1266 fast gänzlich zerstört wurde. Im An¬ 
schluss an ihre Wiederherstellung wurde sie um 1276 nach Osten in den 
Formen des Übergangsstiles erweitert und im 14. Jahrhundert unter Be¬ 
nutzung der drei Türme, wovon die beiden seitlichen mit je zwei Ecken auf 
je zwei freistehenden Mittelschiffpfeilern ruhen, in eine gotische Hallenkirche 
umgewandelt. Im Jahre 1892 erfuhr die Kirche nochmals eine Erweiterung 
nach Osten hin durch Architekt Wiethase, sowie später den Anbau eines 
Kreuzschiffes nach den Plänen desselben, inzwischen verstorbenen, Architekten 
unter Leitung des Diözesanbaumeisters Renard. Durch den ktzteren wurde 
auch die Wiederherstellung der Aussenseiten des alten Teiles und der Seiten¬ 
türen bewirkt (Abb. 130 und 131). 

8 * 


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Abb. 133. Stiftskirche zu 
Gerresheim. Längenschnitt. 

(Aus Clemen, Kunstdenkmäler 
der Rheinprovinz.) 


Abb. 134. Stiftskirche zu 
Gerresheim von Westen. 

(Aus deinen, Kunstdenkmäler 
der Rheinprovinz.) 


W.V 






* 


1 i- 


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/ 












































































































































































KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


117 


Eines der schönsten Beispiele romanischer Baukunst in der näheren 
Umgebung Düsseldorfs ist die Pfarrkirche, frühere Stiftskirche zu 
Gerresheim, bei der auch ein Teil des alten Kreuzganges und Klosters 
noch erhalten ist (Abb. 132—136). 

Im Jahre 822 wird zum erstenmal eine Kirche in Gerresheim erwähnt. 
Diese älteste Vorgängerin der heutigen Anlage wurde 917 durch die Ungarn 
vollständig zerstört. Schon 970 war wieder ein Neubau erstanden, der be¬ 
reits im Jahre 992 abermaliger Zerstörung, wahrscheinlich ebenfalls durch 
die Ungarn, anheimfiel. Die heute vorhandene Kirche und das Kloster sind 
dann zu Anfang des 13. Jahrhunderts begonnen und im Jahre 1236 vollendet 
worden (Abb. 137). Die Kirche ist eine dreischiffige Pfeilerbasilika mit 
Kreuzschiff, achtseitigem Vierungsturm und besonders malerischer Chor¬ 
ansicht. Als Material ist Tuffstein verwendet. 


Das Bauwerk wurde in der Mitte der siebziger Jahre durch Architekt 
Wiethase und seit 1894 durch den Diözesanbaumeister Renard einer gründ¬ 
lichen Wiederherstellung unterworfen. 

Aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammt die zuerst mit 
flacher Decke versehen gewesene, im 14. Jahrhundert eingewölbte Kirche 


Abb. 135. Stiftskirche zu 
Gerresheim von Norden. 

(Aus Cleraen, Kunstdenkmäler 
der Rheinprovinz.) 



zu Erkrath. Sie ist als Pfeiler¬ 
basilika mit halbrunder Apsis 
ausgebildet und in ihrem Innern 
zufolge ihrer grösseren Höhe von 
bedeutenderer Wirkung als ähn¬ 
liche Beispiele der Umgebung 
(Abb. 138). 

Die als weiteres Glied dieser 
Kette romanischer Gotteshäuser 
der Umgegend anzuführende 
Kirche zu Hilden dient heute 
dem evangelischen Gottesdienste. 
(Siehe den folgenden Abschnitt.) 













ii8 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 136. Stiftskirche zu Gerresheim. 

(Aus Giemen, Kunstdenkmäler der Rhetnprovinz.) 

Als letzte dieser Kirchen sei schliesslich noch die des Dörfchens 
Himmelgeist genannt. Sie wurde im 11. Jahrhundert als Pfeilerbasilika 
mit drei Apsiden errichtet, im folgenden durch Anbau eines quadratischen 
Chorhauses mit daran stossender, halbrunder Apsis erweitert und schliesslich 
anfangs des 13. Jahrhunderts durch Errichtung des Westturmes und Ein¬ 
wölbung des Mittelschiffs zu der Gestalt ausgebaut, worin sie auf uns ge- 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


119 



wenigen Architekturteilen Trachyt und 

Sandstein verwendet worden. In den Jahren 1868 und 1869 wurde die 
Kirche durch Professor Rincklake, im Jahre 1891 der Turm durch Architekt 
Pickel restauriert. 

Zum Schlüsse sei hier wegen ihrer kunstgeschichtlichen Bedeutung 
noch die Düsseldorf eng benachbarte, wenn auch streng genommen nicht 
mehr in den Rahmen dieses Werkes gehörende, Quirinuskirche zu 
Neuss kurz erwähnt. Sie ist eine dreischiffige, mit Kreuzgewölben und 
Seitenschiffemporen versehene Pfeilerbasilika. Über dem Querschiff mit halb¬ 
rund geschlossenen Flügeln erhebt sich ein achteckiger Vierungsturm; 
den Abschluss nach Osten bildet ein halbrund geschlossener Chor. Quer¬ 
schiff und Chor sind gegen den Fussboden des Langhauses bedeutend er¬ 
höht und bergen unter sich eine umfangreiche Krypta. Ein mächtiger 
quadratischer Westturm über dem ersten Joch des Mittelschiffes trägt dazu 


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120 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


bei, dieses Gotteshaus zu einem der am schönsten gruppierten des ganzen 
Niederrheins zu machen. 

Die Kirche wurde in ihren Uranfängen, wahrscheinlich in der Mitte 
des 9. Jahrhunderts, als flachgedeckte Pfeilerbasilika errichtet und im 11. Jahr¬ 
hundert durch den östlichen Anbau der fünfschiffigen, noch heute erhaltenen 



Abb. 138. Kirche zu Erkrath. 

(Aus Clemen, Kunstdenkmäler'der Rheinprovinz.) 

Krypta, sowie eines darüber befindlichen gleich grossen Chores erweitert. 
Dieser ältere Vorgänger des heutigen Bauwerkes ist wahrscheinlich bei 
der Einnahme von Neuss durch Philipp von Schwaben im Jahre 1205 zum 
grössten Teile zerstört worden, denn im Jahre 1209 wurde durch Meister 
Wolbero der Grundstein zu einem Neubau gelegt, in den die vorerwähnte, 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


121 


gleichzeitig nach Osten und Süden erweiterte Krypta hineinbezogen wurde. 
• (Abb. 140). 

Nachdem 1496 das Dach des Westturmes und des Langschiffes durch Blitz¬ 
schlag und 1513 das des Vierungsturmes durch Sturm zerstört worden waren, 
wurde im Jahre 1741 die ganze Kirche durch Brand so stark beschädigt, 



dass bei der Wiederherstellung die Giebel des Chores und der Kreuzarme, 
die Zwerggalerien der Apsiden, sowie die oberen Stockwerke der Vierungs¬ 
ecktürmchen abgetragen werden mussten. Wegen der hohen Kosten konnten 
diese Bauteile damals nicht in der alten Form wieder hergestellt werden, 
vielmehr wurden über den Apsiden halbe Kuppeldächer, über der Vierung 
einschliesslich der Seitentürmchen Mansardendächer errichtet, während der 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN, 



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Abb. 141. St. Quirinuskirche zu Neuss. 
Südansicht nach der Wiederherstellung. 
(Aus Clemen, Kunstdenkmäler derRheinprovinz.) 


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KATHOLISCHE KIRCHEN UND KLÖSTER. 


- •• -♦ * 


























124 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Vierungsturm selbst ein überhöhtes achtseitiges Kuppeldach erhielt, mit der 
Figur des heiligen Quirinus als Bekrönung. Der Westturm erhielt ein 
flaches Zeltdach. 



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si! 


Abb. 142. St. Quirinuskirche 
zu Neuss. Längenschnitt. 

(AusClemen, Kunstdenkmäler der 
Rhcinproviaz.) 


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Nachdem in den Jahren 1843—1847 eine gründliche Restaurierung, 
hauptsächlich des westlichen Teiles, durch Bauinspektor Oppermann erfolgt 
war, wurden die neueren, seit dem Jahre 1881 betriebenen Wiederherstellungs¬ 
arbeiten dem Regierungsbaumeister Busch in Neuss anvertraut. Unter seiner 
Leitung ist der östliche Teil einschliesslich der Krypta, die er wieder zu¬ 
gänglich machte, in seiner alten Schönheit neu erstanden. Nur noch die 
Kuppel des Vierungsturmes und das Zeltdach des Westturmes harren des 
y Ersatzes durch die entsprechenden Neuanlagen. Die 

i Abbildungen 141-143 geben zumTeilschon diegeplanten 

endgültigen Herstellungen des alten Zustandes wieder. 


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126 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




2. Evangelische Kirchen.*) 

Düsseldorf bestand schon vom Jahre 1570 an eine 
sogenannte heimlich reformierte Gemeinde, wahrschein¬ 
lich auch eine lutherische, obwohl sich dies nicht ur¬ 
kundlich nachweisen lässt. Die Vorgeschichte beider 
Gemeinden verliert sich in den reformatorischen Be¬ 
wegungen, die bis zum Jahre 1570 das ganze Länder¬ 
gebiet der Herzoge von Kleve, Jülich, Berg und Mark 
beherrschten. In die Öffentlichkeit treten beide erst mit dem Jahre 1609. 

Die reformierte Gemeinde erbaute in diesem und dem darauffolgenden 
Jahre ein Gotteshaus (Predigthaus ohne Turm und Glocke) an der Kurzen 
Strasse, das 1683/84 durch die Kirche 
an der Bolkerstrasse (D 5) ersetzt 
wurde. Da der Protestantismus zu 
der Zeit nur geduldet war, durfte das 
Gotteshaus nicht an der öffentlichen 
Strasse liegen, sondern musste in einem 
mit Tor verschlossenen Hofe zwischen 
Hintergebäuden errichtet werden (Ab¬ 
bild. 144). 

Die Kirche ist als Putzbau in 
Renaissanceformen mit flachgewölbter 


Abb. 144. Ev. Kirche an der Bolkerstrasse. I : 430. 


Spalierdecke erbaut. Der Innenraum hat die Form eines rechteckigen Saales 
von etwa 22 m Länge und 13 m Breite. Bemerkenswert ist die eigentümliche 
Ausnutzung des Raumes. Der Altartisch mit Kanzel darüber steht nicht dem 

Haupteingang gegenüber, 
sondern am Mittelpfeiler 
der westlichen Längs¬ 
wand. Eine zweigeschos¬ 
sige Empore umgibt den 
Kanzelaltar auf drei Seiten 
(Abb. 145). Die drei ent¬ 
sprechenden Gruppen des 
Gestühls zu ebener Erde 
sind ebenfalls so ange¬ 
ordnet, dass die Mehrzahl 
der Besucher dem Kanzel¬ 
altar gegenüber sitzt. 
Ähnliche Anlagen kamen 
sonst erst während des 


Abb. 145. 


Inneres der Kirche an der Bolkerstrasse. 


*) Mit Benutzung von >Geschichte der Stadt Düsseldorf , herausgegeben von dem Düsseldorfer 
Geschichtsverein, Düsseldorf 1888, Verlag C. Kraus daselbst. — Clemen, Berichte der Provinzial¬ 
kommission für Denkmalpflege. — Der Kirchenbau des Protestantismus. 


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EVANGELISCHE KIRCHEN. 


127 





Abb. 146. Turm der Kirche an der Bolkerstrasse. 


18. Jahrhunderts vielfach zur Aus¬ 
führung. Die Kirche enthält bei nur 
286 qm Grundfläche etwa 800 Sitz¬ 
plätze. Der schlichte, mit einer wohl¬ 
geformten Renaissance - Kuppelhaube 
gekrönte Turm wurde erst nachträglich 
(im Jahre 1687) angebaut. Er zeichnet 
sich durch eine hübsche Silhouette 
aus (Abb. 146). 

Die evangelisch-lutherische Ge¬ 
meinde erwarb schon im Jahre 1614 
einen Kirchbauplatz; durch dieUnbilden 
des 30 jährigen Krieges verzögerte sich 
aber die Grundsteinlegung bis zum 
Jahre 1683. 

1687 wurde die auf einem Hofe 
an der Bergerstrasse (D 5) erbaute 
Kirche geweiht. Sie ist ebenfalls rings von Gebäuden umschlossen, ein ein¬ 
facher Saalbau ohne Turm, als Ziegelrohbau in deutschen Renaissance¬ 
formen aufgeführt. Der Innenraum ist überwölbt und hat zwei Reihen 
Emporen (Abb. 147). 

Interessant ist die Tatsache, dass schon hier die im Jahre 1765 von 
Taschenmacher in Elberfeld für 850 Reichstaler gekaufte Orgel mit Kanzel 
und Altartisch zu einer Gruppe vereinigt wurde, und die Anlage somit als 
eine frühe Vorläuferin der sich in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahr¬ 
hunderts bemerkbar machenden Bewegung im evangelischen Kirchenbau 
bezeichnet werden kann (Wiesbadener Programm). 

Im Jahre 1825 ging aus der Vereinigung der vormals reformierten und 
der lutherischen Gemeinde die jetzige »evangelische unierte Gemeinde“ 

hervor, während die 
Gamisongemeinde 
mit dem Jahre 1815 
und die Parochie 
Düsseltal 1859 als 
selbständige Ge¬ 
meinden von ihr 
ausschieden. Die 
Simultankirche der 
Gamisongemeinde 
ist als ehemals katho¬ 
lische Anlage bereits 
unter den katholi¬ 
schen Gotteshäusern 
besprochen. 


Abb. 147 


Inneres der Kirche an der Bei^erstrasse. 


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128 DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 

Die Kirche der im 
Jahre 1822 durch den 
Grafen Adalbert von der 
Recke-Volmarstein ge¬ 
gründeten Rettungsan¬ 
stalt Düsseltal (F 3), 
einer der ersten deutschen 
Anstalten dieser Art, wor¬ 
über unter den Pflege- 
und Waisenhäusern mehr 
zu sagen sein wird, wurde 
1854 eingeweiht und in 
öffentlichen Gebrauch ge¬ 
nommen. Sie ist als 
nüchterner Putzbau mit 

rund geschlossenen Fenstern errichtet und hat einen kleinen Westturm mit 
zweiseitig kurz abgewalmter Spitze (Abb. 148). Der Grundriss ist einfach saal¬ 
förmig mit drei Fensterachsen. Das Bauwerk bietet nichts von besonderem 
Interesse. 

Für die vereinigte reformierte und lutherische Gemeinde trat zu den 
beiden alten Kirchen (an der Bolker- und der Bergerstrasse) im Jahre 1871 
im südlichen Stadtteil die Krankenhauskirche, worin bis 1897 sonntäglich 
öffentlicher Gottesdienst stattfand. Die Kirche ist ohne besondere Bedeutung. 

Schon im Jahre 1859 tat die evangelische Gemeindevertretung die ersten 
Schritte zur Erwerbung eines Baugrundstückes für eine neue Kirche auf 
dem Königsplatze. Die Vorbereitungen zogen sich aber derart in die Länge, 
dass erst am 18. Juni 1875 der Grundstein zum Bau der Johanniskirche 
(D 5) gelegt werden konnte, mit deren Entwurf die Architekten Kyllmann 
und Heyden in Berlin betraut waren. Die am 6. De¬ 
zember 1881 eingeweihte Kirche ist eines der stattlichsten 
der damals in Deutschland entstandenen neuen evange¬ 
lischen Gotteshäuser (Abb. 149) (vergl. »Kirchenbau 
des Protestantismus“ S. 267). Die Aussenfronten sind 
von Backsteinen mit Werksteingliederungen im Stil 
der Berliner Schule mit starken Anklängen an die 
Werke der italienischen Frührenaissance hergestellt. 

(Abb. 150). Leider hat sich das äusserlich verwendete 
Material nicht wetterbeständig erwiesen, so dass schon 
in allernächster Zeit umfangreiche Auswechselungs¬ 
arbeiten unabweisbar nötig sind. 

Die Hauptmasse der Kirche sind: grösste äussere 
Länge 61 m, grösste äussere Breite 36 m, Höhe vom 
Gelände bis Oberkante Hauptgesims 23 m, Höhe des 

Turmes rund 84 m. Abb. 149. Johanniskirche. 1:935. 




Abb. 148. Kirche der Anstalt Düsseltal. 


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EVANGELISCHE KIRCHEN. 


12 g 


Die Kirche enthält etwa 1600 Sitz¬ 
plätze, davon 1000 im Schiff, 600 auf 
den Emporen, die durch sechs Treppen 
zugänglich sind. Die Baukosten be¬ 
trugen rund 1000000 Mark. 

Von bedeutender Wirkung ist im 
Innern namentlich die Anlage der 
Vierung, die zugleich durch Aus¬ 
rundung der Kreuzwinkel die Nach¬ 
teile vermeidet, die sonst den Kreuz¬ 
kirchen hinsichtlich der Zweckmässig¬ 
keit anhaften (Abb. 151). Leider Hess 
die Akustik des Raumes zu wünschen 
übrig und musste durch Anbringung 
von Behängen an den Wänden und 
Gurtbögen verbessert werden. 

Die reissende Bevölkerungszu¬ 
nahme der Stadt zwang kaum 11 Jahre 
nach Fertigstellung der Johanniskirche 
die evangelische Gemeinde zu er¬ 
neuter Tätigkeit auf dem Gebiete 


des Kirchenbaus, und zwar 
waren es naturgemäss die 
Aussenbezirke und unter 
diesen wieder der südliche 
und südöstliche Stadtteil 
(Friedrichsstadt und Ober¬ 
bilk), für die zuerst gesorgt 
werden musste. Im Jahre 
1892 wurden zwei Kirch- 
bauplätze an der Florastrasse 
und an der Kruppstrasse — 
beides eingebaute Grund¬ 
stücke — erworben. 

Dann wurden zunächst 
aushülfsweise Predigtstätten 
geschaffen. An der Krupp¬ 
strasse entstand ein Betsaal 
für etwa 400 Personen, ver¬ 
bunden mit Pfarrerwohnung 
(F 6), nach den Plänen des 
Architekten vom Endt. In 
der Friedrichsstadt sorgte 

9 



Abb. 151. Inneres der Johanniskilchc. 

(Aus »Kirchenbau des Protestantismus«.) 



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130 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


der rührige »Verein für innere Mission“ .für eine 
vorläufige Predigtstätte durch Erbauung des Vereins¬ 
hauses an der Kronenstrasse, das — ebenfalls 
vom Architekten vom Endt entworfen — 1896 
fertiggestellt wurde (D 6). (Vgl. auch Abschnitt III F.) 

Zur Erlangung von Entwürfen für die beiden 
endgültigen Kirchbauten wurde im Sommer 1893- 
ein öffentlicher Wettbewerb unter den deutschen 
Architekten ausgeschrieben. Sein Ergebnis war, dass 
für die Kirche in Oberbilk der Entwurf des Archi¬ 
tekten Weidenbach in Leipzig, für diejenige an der 
Florastrasse die Arbeit des Architekten Küppler 
in Leipzig mit den ersten Preisen gekrönt wurden. 

Zur Ausführung des letzten Entwurfs — einer 
Zentralkirche mit Vierungsturm — konnte die Ge¬ 
meindevertretung sich indessen nicht entschliessen, , , ' 

ö 1 Christuskirche an der Kruppstrasse. i:(>32. 

sondern beauftragte den Architekten Weidenbach, 

der sich an dem Wettbewerb für diese Kirche nicht beteiligt hatte, einen 
neuen Entwurf aufzustellen. Dieser wurde dann auch im Juli 1894 

E nachdem der Bau der Oberbilker Kirche 

if grund seines preisgekrönten Entwurfs 

1896—1899 unter Oberleitung des Archi- 
ipzig und örtlicher Leitung des hiesigen 
•t. 

e an der Kruppstrasse (F6)hat einen 
:reuzförmigen Grundriss (Abb. 152). Im 
^uerschiff sowohl wie auch im Langhaus vor 
ier Orgel sind verhältnismässig tiefe Em- 
>oren eingefügt. Die gering bemessenen 
Jaumittel zwangen zu dieser, fast über- 
nässig zu nennenden Raumausnutzung. Von 
100 Sitzplätzen sind nur 670 zu ebener 
:rde, die übrigen 430 auf den Emporen 
intergebracht. Von der Anordnung einer 
igentlichen Choranlage, wie sie die Jo¬ 
hanniskirche noch in bedeutenden Ab¬ 
messungen aufzuweisen hat, wurde hier 
abgesehen nur eine breite Chor¬ 
schräge mit halbachteckförmiger Apsis 
dem Langhaus angefügt. 

; Die im frühgotischen Stil gehaltene 
i Architektur weist, den geringen Bau- 
.153. Längenschnitt der Christuskirche. 1:655. mittein entsprechend, einfache Formen 


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EVANGELISCHE KIRCHEN. 


131 


auf. Als Material ist für die schlichten äusseren Ansichtsflächen ein dunkel 
lederfarbener Verblendziegel, für alle Gesimse und Masswerke roter Eifel¬ 
sandstein gewählt. Die Dächer sind mit schwarz glasierten Ludovici-Falz- 
ziegeln gedeckt. Im Innern sind sämtliche Tür- und Fensterumrahmungen 
wie auch die Gurtbögen und Gewölberippen von lederfarbenen Verblend- 
und Profilsteinen hergestellt, die schlichten Wandflächen geputzt und von den 
Düsseldorfer Malern Henning und Witte ornamental verziert. Die von 
A. Lüthi in Frankfurt a. M. hergestellte Bleiverglasung der Fenster weist 
reichen ornamentalen, zum Teil auch figürlichen Schmuck auf. Leider wird 
dadurch der Lichteinfall zu sehr behindert (Abb. 153 u. 154). 

Die Baukosten betrugen einschliesslich der innem Ausstattung rund 
350000 Mark. 

Die Friedenskirche an der Florastrasse (D 6) zeigt eine sehr 
einfache Grundrissanlage. Das Innere der Kirche hat die Form eines recht¬ 
eckigen, fast quadratischen Saales, in der Quer- wie der Längsrichtung in 
je drei Joche geteilt. Aber gerade dieser einfache klare Grundriss mit seinen 
recht bedeutenden Spannweiten gibt dem Raume eine ruhige monumentale 
Wirkung (Abb. 155). Von der Anlage einer weit in das Schiff vorspringenden 
Orgelempore wurde glücklicherweise abgesehen, so dass der Besucher gleich 
beim Eintritt den ganzen Raum frei überblicken kann. 

Beiden Kirchen eigentümlich ist die aussergewöhnliche Anordnung der 
Orgel und Sängerbühne. Die Orgel steht im Turminneren, jedoch um etwa 
3 V« m über dem Emporen- 
fussboden erhöht, und unter 
der Orgel ist auf diese Weise 
eine etwa 60 Personen fassende 
Sängerbühne gewonnen (Ab¬ 
bild. 156). 

Die Architektur der Frie¬ 
denskirche ist auch in Einzel¬ 
heiten der der Christuskirche 
nahe verwandt. Auch das Bau¬ 
material ist — abgesehen von 
einer etwas helleren Farbe der 
Verblendsteine — das gleiche 
wie dort (Abb. 158). 

Einen kostbaren Schatz aber 
birgt die einfache Friedens¬ 
kirche, der sie zu einer Sehens¬ 
würdigkeit ersten Ranges macht, 
das ist die 1898 im Aufträge 
und für Rechnung des preussi- 
schen Staates von Professor 
Eduard von Gebhardt be- 



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gonnene, noch nicht vollendete Ausschmückung mit einem Zyklus von 
Bildern aus der biblischen Geschichte. Dem berühmten Künstler 
wurde durch diesen Auftrag Gelegenheit gegeben, das im Kloster Loccum 



Abb. 157. Inneres clcr Friedenskirche. 


von ihm begonnene und erprobte 
Werk zu vollenden, nämlich der 
deutschen Kunst nicht nur eine neue 
religiöse, sondern eine ausgesprochen 
und typisch protestantische Kirchen¬ 
malerei zu geben. 

Schon am Tage der Einweihung 
der Kirche (31. Oktober i8gg) war 
das erste Wandgemälde (im Seiten¬ 
schiff rechts neben dem Chor) voll¬ 
endet. Es stellt die »Verklärung 
Christi" und die »Heilung des mond¬ 
süchtigen Sohnes" (Ev. Marci g) dar 
und ist als Abschluss einer neu- 
testamentlichen Bilderfolge gedacht, 
zu der später vielleicht noch die 
Flächen der Wandpfeiler zwischen 
den grossen Schiffenstern ausgenutzt 


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Abb. 158. 


Friedenskirche mit seitlichen Pfarrhäusern. 


werden sollen. In gleicher Weise bildet als Gegenstück zu diesem Bilde 
»Die Taufe im Jordan" den Abschluss der geplanten alttestamentlichen Reihe. 

Auf der etwa 2V2 m breiten Chorschräge hat Gebhardt die zwölf 
Apostel in 1V* facher Lebensgrösse dargestellt, darüber im Schlussstein des 
Chorbogens als Symbol der Einsetzung des alten Bundes den Regenbogen 
hinter der zum Schwur erhobenen Hand Gottes und aus Wolken hervor¬ 
schwebend die Gestalten von Tag und Nacht. Als Mittelpunkt der Chor¬ 
ausschmückung, auf den alles hinweist, hängt freischwebend unter dem Chor¬ 
bogen ein mächtiges Kreuz mit dem Körper des Heilands (Abb. 157). Dem 
Chor gegenüber sind die Wandflächen zu beiden Seiten der eingebauten 


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134 DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 

Orgel zu einem einheitlichen Kolossalgemälde, 
der „Bergpredigt", ausgenutzt, dessen erster 
wichtigerer Teil bereits fertiggestellt ist. Der 
zweite Teil wird voraussichtlich noch in diesem 
Jahre vollendet werden. 

Die Gewölbe und die wenigen noch nicht 
von Bildern bedeckten Wandflächen der Kirche 
sind vom KircHenmaler Osten nach Anleitung 
des Professors von Gebhardt ornamental bemalt. 

Die Wandflächen der halbachteckförmigen 
Altamische sind mit kostbaren Stoffteppichen 
in Aufnähearbeit behängt. Die Bleiverglasung Abb - .59- Betsaal an der Ahnfeid- 

der Fenster ist von den Düsseldorfer Glas- strasse ' ’ s °°' 

malern Gassen und Blaschke mit Grisaillen unter Verwendung von Motiven 
aus dem Altenberger Dom ornamental bemalt. 

Die Friedenskirche enthält etwa 1300 Sitzplätze, davon 900 zu ebener 
Erde, 400 auf den Emporen. Die Baukosten betrugen einschliesslich der 
inneren Einrichtung, jedoch ohne die Gebhardtsche Ausschmückung, rund 
390000 Mark, d. i. für jeden Sitzplatz 300 Mark. Die Pfarrhäuser zu 
beiden Seiten der Kirche an der Strassenfront, vom Architekten Korn in 
Düsseldorf entworfen, haben je 40000 Mark weitere Baukosten verursacht. 

Kurz nach Beginn der Bauausführung der Friedens- und der Christus¬ 
kirche wurde auch im Westen und Norden der Stadt das Bedürfnis nach neuen 



evangelischen Predigtstätten 
so dringend, dass die Ge¬ 
meindevertretung sich ent¬ 
schloss, auf den im Jahre 
1897 erworbenen Kirchbau- 
plätzen (Ecke Schumann- 
und Ahnfeldstrasse und Ecke 
Collenbach- und Clever¬ 
strasse) Interimskirchen zu 
errichten. Von Fachwerks¬ 
bauten wurde abgesehen, 
da die Gebäude auch nach 
Vollendung der eigentlichen 
Kirchbauten als Gemeinde¬ 
häuser zu Versammlungen 
kirchlicher Vereine benutzt 
werden sollen. Entwurf und 
Bauleitung beider wurde 
dem Architekten Korn übertragen. Die Bauten sind 1898/99 ausgeführt. 

Der Betsaal an der Ahnfeldstrasse (F 4) steht mit seiner nörd¬ 
lichen Umfassung (Chorseite) unmittelbar auf der Grundstücksgrenze. Der 



Abb. ibo. Betsaal an *der Ahnfeldstrasse. 


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EVANGELISCHE KIRCHEN. 


135 


Wunsch, für die Kirche möglichst viel Strassenfrontlänge freizulassen, führte 
zu der Grundrissanordnung einer breitgelagerten dreischiffigen Basilika, deren 
Eingangsfront nicht an der Strasse, sondern seitlich liegt (Abb. 15g). 

Die etwa 12,6X5,8 m grossen Räume im Erdgeschoss der Seiten¬ 
schiffe lassen sich durch versenkbare Drahtputzwände mit mechanischem 
Getriebe zu Unterrichts- und Vereinszwecken vom Gesamtraum abteilen. 
ln dem Keller unter dem westlichen Seitenschiff ist, mit breitem Lichtgraben 
vor den Fenstern, die Küsterwohnung untergebracht. 

In das etwa 10 m breite, 20V2 m lange, 12 m hohe Mittelschiff ist im 
Erdgeschoss an der Südfront eine geräumige Vorhalle mit drei gleichförmigen 
Portalen eingebaut; darüber liegt die Orgelempore mit Sängerbühne. 

Die am nördlichen Grenzgiebel die flache Kanzel- und Altarnische 
flankierenden Nebenräume (Sakristei und Kaffeeküche) bleiben im Erd¬ 
geschoss liegen, wodurch im Emporengeschoss die Anlage seitlicher Fenster 
ermöglicht ist, die der Kanzelnische genügendes Licht zuführen. Die Archi¬ 
tektur des Gebäudes ist in den Formen mittelalterlichen Rundbogenübergangs¬ 
stils durchgeführt Für die Aussenfronten wurden dunkelrote Verblendziegel 
verwendet; die Flächen sind durch braune Glasuren belebt (Abb. 160). 

Der mit einer Holzdecke versehene Innenraum enthält etwa 700 Sitz¬ 
plätze (Abb. 161). Die Baukosten betrugen einschliesslich der inneren 
Ausstattung 9x000 Mark, d. i. 130 Mark für jeden Sitzplatz. 

Der Betsaal an der Collenbachstrasse (D 3) hat einen aus¬ 
geprägteren kirchlichen Charakter als das vorbeschriebene Gebäude. Er 
stellt eigentlich eine richtige Kirche dar, der nur der Turm fehlt. 

An einen rechteckigen, dreischiffig geteilten Saal von etwa 14:16 m 
Weite, dessen schmale Seitenschiffe Emporen enthalten, schliesst sich nord¬ 
westlich eine nach dem halben Sechseck geschlossene Apsis an. Dieser 
gegenüber, vom Saal durch Rolljalousie¬ 
wände abgetrennt, ist ein Versammlungs¬ 
raum von etwa 9: 7V2 m vorgelagert. 

Darüber liegt die geräumige Orgelempore, 
die später ebenfalls zum Versammlungs¬ 
raum umgestaltet werden kann. Zu beiden 
Seiten dieses Vorbaus sind die Treppen¬ 
häuser angeordnet (Abb. 162.) 

Für die Architektur dieses Bauwerks 
ist der frühgotische Stil gewählt (Ab¬ 
bild. 163). Die Aussenfronten sind von 
gelben Verblendsteinen mit roten Sand¬ 
steingesimsen hergestellt Der mit einer 
einfachen Holzdecke versehene Innenraum fasst etwa 650 Sitzplätze (Abb. 164). 
Die Baukosten betrugen einschliesslich der inneren Ausstattung rund 
73000 Mark, d. i. 112 Mark für jeden Sitzplatz. — Mit der Vollendung der 
zuletzt beschriebenen vier Gotteshäuser, die sämtlich im Jahre 1899 ein- 



Betsaal an der Ahnfeldstrasse. 
1 :482. 


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136 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



geweiht wurden, hat die Kirchenbautätigkeit der 
evangelischen unierten Gemeinde ihren vorläufigen 
Abschluss gefunden. 

Von den Predigtstätten der vielen kleinen evan¬ 
gelischen Gemeinschaften, die zumeist in Hinter¬ 
gebäuden untergebracht sind, sei noch die im Garten 
des englischen Generalkonsulats an der Prinz- 
Georgstrasse 1897/99 erbaute Englische Kirche 
(E 3) erwähnt. Das aus Bruchsteinen mit Werkstein¬ 
gesimsen hergestellte, von August Zöfgen in Düssel¬ 
dorf entworfene und ausgeführte, frühgotische Kirch¬ 
lein wirkt in seiner grünen Umgebung sehr malerisch 
(Abb. 167). Es hat 240 Sitzplätze und vor der Orgel 
eine Sängerbühne mit 25 Plätzen (Abb. 165 und 166). 
Der nach englischen Vorbildern mit Zinnen und 
Helm bekrönte Turm enthält im dritten Oberge¬ 


schoss ein aus 14 Glocken bestehendes Glockenspiel, das jede Stunde oder, 


je nachdem die Einstellung erfolgt, alle zwei oder mehr Stunden einen 


Choral spielt. Die Baukosten betrugen einschliesslich der inneren Ausstattung 


65000 Mark; Orgel und Glockenspiel kosteten weitere 10000 und 6500 Mark. 


Evangelische Kirchen der Umgebung. 


Aus der Umgebung Düsseldorfs ist als einzige evangelische Kirche nur 
Ix. die von Hilden zu erwähnen. Sie gehört zu der Kette der im vorigen 


Abschnitt über die katholischen Kirchen bezüglich ihrer Baugeschichte schon 



Betsaal an der Collenbachstrasse. 


genannten gleicharti¬ 
gen, rings um Düssel¬ 
dorf zu findenden ro¬ 
manischen Kirchen, 
wird bereits im g. Jahr¬ 
hundert erwähnt und 
ist in der ersten Hälfte 
des 13. Jahrhunderts 



Abb. 164. Betsaal an der 
Collenbachstrasse. i : 460. 


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EVANGELISCHE KIRCHEN. 


137 


neu errichtet. Der 
Turm wurde 1696 
auf dem alten Un¬ 
tergeschoss neu 
aufgeführt. Die 
starke Verwitte¬ 
rung der äusseren 
Architekturteile, 
sowie die unsach¬ 
liche Unterhal¬ 
tung der Kirche 
im Laufe des ver¬ 
gangenen Jahr¬ 
hunderts Hessen 
in den letzten 
Jahren einegründ- 
. liehe Erneuerung 
dringend notwen¬ 
dig erscheinen. ’ 
Sie wurde vom 



Abb. 165. 


Inneres der englischen Kirche. 


Jahre igoi ab 
durch den Archi¬ 
tekten Korn in 
Düsseldorf unter 
Oberleitung des 
Provinzial - Kon - 
servators Profes¬ 
sors Clemen so 
ausgeführt, dass 
jetzt die eigen¬ 
artige Anlage 
wieder in ihrer 
vollen früheren 
Schönheit zur Gel¬ 
tung kommt (Ab¬ 
bild. 168, 169 

und 170). 

Die Kirche ist 
eine dreischiffige 
romanische Pfei¬ 


lerbasilika mit Emporen, deren Mittelschiff durch zwei fast quadratische 
Kreuzgewölbe auf kräftigen Diensten überspannt ist. Die Emporen öffnen 
sich nach dem Mittelschiff hin in breiten Doppelbögen mit Kleeblattabschluss 
und sind ebenso wie die Seitenschiffe mit Kreuzgewölben auf schlichten Pfeilern 
überwölbt. Besonders eigenartig sind die flachbogigen Aussparungen der 
Aussenwände des Emporengeschosses. — Die Lichtmasse der Kirche sind 
29,50 m in der Länge und 14,10 m in der Breite. Die Mauern des Lang¬ 
hauses und der Seitenschiffe bestehen aus Tuffstein und Trachyt, das 
Turmmauerwerk ist in 


Kohlensandstein aus dem 
Neandertai ausgeführt. 



Abb. 166. Englische 
Kirche. 1 : 507. 



Abb. 167. 


Englische Kirche. 


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Abb. ib8. Ev. Kirche in Hilden. Innenperspektive. 

(Aus deinen, Berichte der Provinzialkommission für Denkmalpflege.) 


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Abb. 169. 


Ev. Kirche in Hilden. 

(Aus Clemcn, Berichte der Provinzialkommission für Denkmalpflege.) 


Längenschnitt. 

































140 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


3. Synagogen. 

erste Synagoge der Düsseldorfer jüdischen Gemeinde 
wurde von dem kurfürstlichen Hofkammeragenten von 
Geldern im Jahre 1712 im Anschluss an den Neubau 
seines eigenen Hauses auf der Neusserstrasse errichtet. 
Sie wurde, nachdem dieses Gebäude im Jahre 1772 in 
den Besitz des St. Hubertusstiftes übergegangen war, 
in ein Mietshaus an der Hunsrückenstrasse verlegt, wo 
sie bis zu dessen Niederlegung beim Durchbruch der Kommunikationsstrasse 
im Jahre 1776 verblieb. 

Von 1776—1792 befand sich die Synagoge in einem dafür angekauften 
Hause auf der Neustrasse. Nach langjährigen, ungünstig verlaufenen Prozessen 
um das Besitzrecht dieses Hauses sah sich die Gemeinde im Jahre 1787 




Abb. 172. 


Inneres der alten Synagoge. 


Abb. 171. Alte Synagoge. 
I : 569. 


wiederum in die Lage gebracht, ein neues Asyl 
ausfindig machen zu müssen, für das sich schliess¬ 
lich in der von Johann Wilhelm neu angelegten Carlsstadt und zwar in der 
Kasemenstrasse ein Platz bot. Unverzüglich wurde zum Neubau nach einem 
von dem Hofmaurermeister Köhler verfassten Plane geschritten und im März 
1792 konnte die feierliche Einweihung des neuen Tempels stattfinden. Die 
Synagoge erwies sich schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts als 
zu klein. Da sich aber für die Ausführung des im Jahre 1868 gefassten 
Beschlusses, für grössere Räume zu sorgen, ein geeigneter Bauplatz nicht 
finden wollte, so wurde schliesslich ein Neubau auf dem alten Grundstücke 
und zugleich derjenige der strassenwärts befindlichen, baufälligen Häuser be¬ 
schlossen, sowie Entwurf und Ausführung den Architekten Deckers und 
Kühne übertragen. Die Einweihung dieses Neubaues (D 5) fand im Sep¬ 
tember 1875 statt (Abb. 171 und 172). 



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SYNAGOGEN. 


14t 



Das einfach disponierte, noch / \ \ 

heute in Benutzung befindliche ^-4- 4 -u 

äisä A mmmA 

zeigt in seinen Einzelheiten schön 
ausgeprägte maurische Formen. 

Auch dieser Bau erwies 
sich nach kaum 25jährigem Be¬ 
stehen als zu klein, weshalb die 
Gemeinde gegen Ende des 
vorigen Jahrhunderts sich aber¬ 
mals zur Errichtung eines Neu¬ 
baues genötigt sah. Nachdem 
ein öffentlicher Wettbewerb im 
Jahre 1900 nicht zur Erlangung 
geeigneter Pläne geführt hatte, 
wurde die Anfertigung des end¬ 
gültigen Planes und die Bauleitung m 1:500 

in die Hand des Architekten Abb - 1 73- Neue Synagoge. Querschnitt. 

Professors Kleesattel gelegt, und unter dessen Leitung geht das Bauwerk 
gegenwärtig seiner Vollendung entgegen. 

Der neue Tempel ist gleich dem älteren, noch benutzten, in der Kasernen¬ 
strasse gelegen (D 5), neben dem neuen Kreishause. Der Grundriss zeigt 
eine grossräumige Zentralanlage mit reichlich bemessenen Nebenräumen, wie 
Wandelhalle, Garderobe, Toiletten u. a. Hinter dem nach Osten hin an¬ 
geordneten Allerheiligsten liegen die Zimmer des Rabbiners und des Kantors, 
sowie ein Raum für die Tempelgeräte, darunter die geräumige Vorsynagoge 

n Rings um die 

iten der 15 m im 
en Vierung ziehen 
die Frauen be- 
ren, während über 
sten eine solche 
und die Orgel 
tob. 173 und 174). 
Formen des früh- 

Stiles errichte- 

zwei Ecktürm- 

Abb. 174. Neue Synagoge mit Gemeindehaus, i : 568. chen flankierte 




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Abb. 174. 


Neue Synagoge mit Gemeindehaus. 1:568. 


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Bauwerk ist durchaus mit hellem Vogesensandstein verblendet, woraus auch 
sämtliche Architekturgliederungen hergestellt sind. Für Sockel und Frei¬ 
treppen diente Niedermendiger Basaltlava; die Vierungspfeiler und Bögen 
bestehen aus rotem Vogesensandstein, die Säulen der Emporen aus Labrador. 

Die Dächer der Vierungskuppel und der beiden Seitentürme sind mit 
Kupfer, die übrigen Dachflächen mit Schiefer gedeckt. 

Durch eine offene Bogenhalle mit der Synagoge verbunden wurde zu 
gleicher Zeit in etwas einfacheren Formen, aber unter Verwendung gleicher 
Materialien, das Gemeinde- und Schulhaus errichtet (Abb. 175). 

Die Baukosten sollen sich für die gesamte, noch nicht fertige Anlage 
einschliesslich der inneren Einrichtungen, Gestühl, Orgel, Beleuchtung, Be- 
und Entwässerung usw. auf rund 575000 Mark belaufen. Der nutzbare 
Laienraum beträgt zu ebener Erde 720 qm für etwa 800 männliche Besucher; 
auf den Emporen 500 qm für etwa 560 Frauen. 



I^imbertikirchen-Stunnhahn 1 «S1 1. Aller Sturmbahn 1767. 


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143 


DAS ALTE SCHLOSS. 


B. Fürstliche Schlösser. 

1. Das alte Schloss. 

is vor wenigen Jahrzehnten besass Düsseldorf eine be¬ 
deutende und umfangreiche Schlossanlage, die, schon 
vor dem Jahre 1260 gegründet und im Laufe der Jahr¬ 
hunderte den verschiedensten Wandlungen unterworfen, 
leider im Jahre 1872 einem grossen Brande nahezu 
vollständig zum Opfer gefallen ist. Die Entstehung des 
Schlosses weist in jene Zeit, da der niederrheinische Adel, 
vor allem Graf Adolf von dem Berge in Verbindung mit dem Herzog von 
Brabant und dem Grafen von Jülich und Mark, die Cölner Bürger so er¬ 
folgreich im Kampfe gegen das aufstrebende und herrschsüchtige Cölner 
Erzstift unterstützte und dessen Herrschaft durch die Schlacht von Wor¬ 




ringen 1288 endgültig brach. Dieser Zeitpunkt bedeutet zugleich den Be¬ 
ginn des ‘Aufblühens der Stadt Düsseldorf. 

Der in dem beigefügten Crundriss mit A bezeichnete Teil des Schlosses 
ist die älteste Anlage, der noch im 13. Jahrhundert der Flügel B mit dem 
schweren runden, jetzt noch erhaltenen Eckturm angefügt wurde (Abb. 176). 

Im 15. Jahrhundert entstand der Flügel D mit dem gewaltigen vier¬ 
eckigen Südostturm, der die Mühlen- und Kurzestrasse, sowie den Markt- 
und Burgplatz beherrschte. 


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144 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTF.jf. 


Die wichtige Tatsache, dass Düsseldorf nach der Vereinigung der Graf¬ 
schaft Berg mit dem Herzogtum Jülich und später auch mit den Grafschaften 
Ravensberg, Kleve und Mark im Jahre 1511 zur Landeshauptstadt aller vor¬ 
genannten niederrheinischen Landschaften erhoben wurde, ist ein neuer Mark¬ 
stein in der Entwicklungsgeschichte der Stadt. 

Als Ausdruck dieses Emporblühens kann auch, nach dem grossen 
Schlossbrand des Jahres 1510, der in dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts 
erfolgte bedeutsame Ausbau und die Erweiterung des Schlosses, das im 
Jahre 1538 als massige und geschlossene Bauanlage mit grossem Innenhof 

dastand, bezeichnet wer¬ 
den. Mit dieser Erweite¬ 
rung war zugleich eine 
Umgestaltungderäusseren 
Erscheinung des Schlosses 
verbunden, indem gleich¬ 
zeitig die Dächer, Giebel, 
Turmhauben usw. in den 
Formen des Übergangs¬ 
stiles von der Gotik zur 
Renaissance ausgebildet 
wurden. 

Im Jahre 1634 verur¬ 
sachte die Explosion des 
in der Nähe befindlichen 
Pulverturmes, die auch der 
benachbarten Lamberti¬ 
kirche verderblich wurde, 
starke Beschädigungen an 
dem Schlosse, wodurch 
sich abermals umfassende 
Ausbesserungsarbeiten 
notwendig machten. 

Kurfürst Johann Wil¬ 
helm, der grosse Förderer 
und Mehrer der Stadt Düsseldorf, zugleich einer der feinsinnigsten Fürsten 
des damaligen Deutschlands und eifriger Nachahmer Ludwigs XIV., Hess dann 
gegen Ende des 17. Jahrhunderts, nachdem er 1690 seine Hofhaltung nach 
Düsseldorf verlegt hatte, weitere Umbauten an dem Schlosse vornehmen 
und es auf das kostbarste ausstatten. So wurde der Innenhof mit Kolonnaden 
geschmückt und das Galeriegebäude zur Aufnahme der berühmten Gemälde¬ 
sammlung hergerichtet. 

Schon im Jahre 1755 erfuhr das Schloss eine weitere Umgestaltung. 
Die Brustwehren der Dächer wurden entfernt, über den gotischen Bogen¬ 
stellungen des dritten Geschosses ward noch ein weiteres Geschoss mit 



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FÜRSTLICHE SCHLÖSSER. 


145 


Wohnräumen für die Dienerschaft aufgebaut und das Ganze mit schweren 
französischen Dächern gekrönt. Der Baumeister dieser Ausführung war 
Nosthofen. 

Nie. de Pigage, gleichzeitig Architekt des Benrather Schlosses, erbaute 
um 1780 einen neuen Marstall. 

Bald nachher gingen dann die schweren Stürme der französischen Rhein¬ 
feldzüge auch über unser Schloss dahin, und bei der Beschiessung der Stadt 
im Jahre 1794 brannte es im Innern aus, während der Nordflügel ganz in 
Asche gelegt wurde. Nachdem im 19. Jahrhundert nochmals ein Ausbau 
des Schlosses für die Versammlungen der rheinischen Stände und die Zwecke 
der Kunstakademie erfolgt war, besiegelte der grosse unheilvolle Brand vom 





Abb. 178. (Aus Clemen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz.) Das Jägerhof schloss. 

20. März 1872, der nur noch einen grossen Trümmerhaufen von der einst 
so stolzen Anlage übrig liess, endgültig das Geschick des Schlosses. 

Als einziger Rest ist nur der runde Turm der alten Nordfront auf unsere 
Tage gekommen (C 5). Auch dieser hat im Laufe der Jahrhunderte mancherlei 
Wandlungen durchgemacht, namentlich die Bedachung häufig gewechselt. 
Sie bestand ursprünglich aus einer einfachen Spitzhaube, die 1552 durch eine 
geschweifte Kuppel mit kleiner Laterne ersetzt wurde. 1844 erhielt der Turm 
über dem obersten Stockwerk noch eine Laterne mit Plattform nach dem 
eigenhändigen Entwurf des Königs Friedrich Wilhelm IV., die auch nach dem 
Brande wieder hergestellt worden ist (Abb. 177). Als Material sind zu dem 
Schlosse hauptsächlich Sandsteinquadern vermischt mit Trachyt verwendet 
worden. Spätere Verstärkungen wurden in Ziegelsteinmauerwerk ausgeführt. 


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146 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Erwähnt sei noch, dass Kurfürst 
Johann Wilhelm nach 1700 den Neu¬ 
bau eines Riesenschlosses in Düssel¬ 
dorf plante, das in der Neustadt 
als Nachahmung des Ver¬ 
sailler Schlosses mit ge¬ 
waltigen Freitreppen und 
Terrassen am Rheinufer sich 
erheben sollte. Leider kam 
dieser Plan nicht zur Aus¬ 
führung, da die Finanzlage 
des Landes die Verwirk¬ 
lichung solcher Millionen¬ 
projekte nicht gestattete. 
Der in sehr bedeutenden 
Abmessungen ausgeführte Originalentwurf der Schlossanlage, der sich im 
historischen Museum befindet, gibt heute noch Kunde von den hochfliegenden 
Plänen des damaligen Landesfürsten. 



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2. Das Jägerhofschloss (E 4). 

Jägerhofschloss wurde zwischen 1760 und 1766 unter 
dem Herzog Carl Theodor in den vom Rokoko zum 
Klassizismus überführenden Formen der Pariser Schule 
erbaut und diente bis zum Ende des 18. Jahrhunderts 
den Bergischen Oberjägermeistern zur Wohnung. Nach¬ 
mals war der Jägerhof die Residenz Murats und, nachdem 
er 1815 in den Besitz der Krone übergegangen war, 
lange Jahre Wohnsitz der fürstlichen Familie der Hohenzollern. Zur Zeit 
steht er unbenutzt (Abb. 178). 

Aus der Zeit der Entstehung stammt nur der zurückliegende Mittelbau, 
die in nüchternen Formen gehaltenen Seitenflügel sind 1845 angebaut worden. 

Das Schlösschen besteht aus Erd- und Obergeschoss und hat ein durch 
Lukarnen belebtes Mansardendach. Das Mittelrisalit des alten Baus ist um 
ein Stockwerk höher geführt und durch Pilasterstellungen, Wappenaufsatz 
und einen zierlichen Balkon über dem Haupteingang geschmückt. Der 
hässliche Windfang vor letzterem stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. 

Das Gebäude enthält eine grosse Anzahl Räume, die sämtlich ohne 
Korridore aneinandergereiht sind. Die Haupträume befinden sich im Mittel¬ 
risalit des alten Baus, nämlich im Erdgeschoss eine ovale Eintrittshalle und 
ein grosser Gartensaal mit ausgerundeten Ecken, und im ersten Stock zwei 
ebenso gestaltete Säle (Abb. 179). 



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DAS JÄGERHOFSCHLOSS. 


147 

Die innere Ausstattung ist einfach und bietet nichts Bemerkenswertes. 
Im Oartensaal steht eine Bronzefigur des Herzogs Johann Wilhelm von 
Baumgärtner. 

Der zum Jägerhof gehörige Marstall in der Pempelforterstrasse ist neuer¬ 
dings mit einer Putzfassade im Stile des Schlosses versehen worden. Sein 
Hauptschmuck besteht in drei grossen, reichgeschnitzten Oiebelfüllungen mit 
Jagdemblemen und Wappen, deren eine Abb. 180 zeigt. 



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Abb. 180. 


Hölzerne Giebelfüllung vom Jägerhofmarstal 1 , 






















148 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


3. Schloss Benrath. 

jj| T ^Vas älteste Schloss, der Sitz der Herren von Benrode, die 

jßSac|fc J_ ' 1222 zuerst erwähnt werden, lag an der Stelle der jetzigen 

Kaserne (im Lageplan B). Es ging schon im 13. Jahr- 
hundert an den Grafen von Berg über und wurde 
wahrscheinlich im 30 jährigen Kriege zerstört (Abb. 182). 
y |H r ln den Jahren 1662—1666 liess die Gemahlin des 

Pfalzgrafen Philipp Wilhelm, Elisabeth Amalie Magda- 
Ilena, ein neues Schloss errichten, das einige hundert 
Schritt hinter dem jetzigen Bau mitten in dem langen 
^SlIPcloWeiher lag, indessen durch Feuchtigkeit und Brand so 

dass es bald unbewohnbar wurde. 

~~ Kurfürst Karl Theodor liess es deshalb abbrechen 

schuderhlusvontch'Toss und im J ahre *755 den Bau des jetzigen Schlosses 
Benrath. (im Lageplan A) beginnen, der wegen der folgenden 

Kriegswirren 20 Jahre in Anspruch nahm und über 800000 Taler kostete. 
Um die grossartigen Wasserwerke, Kaskaden und Teiche zu speisen, wurde 
der Itterbach durch einen eigenen Kanal vom Kloster Noven nach dem 
Park geleitet. Das Schloss diente Karl Theodor und seiner Gemahlin als 
Sommeraufenthalt, nach ihm nur noch Joachim Murat und später während 
17 Jahre dem Erbprinzen Leopold von Hohenzollem-Sigmaringen als 
Wohnung. Kaiser Wilhelm I. benutzte es zweimal als Absteigequartier bei 
seinen Besuchen von Düsseldorf. 

Das Schloss ist Eigentum der Krone. Der Baumeister Nicolaus de. Pigage 
(1721—1796), der Schöpfer des Mannheimer Schlosses und der Schwetzinger 



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150 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Gartenanlagen, dem wir auch in der Beschreibung des Hofgartens begegnen, 
hat diesen Schlossbau als eine ländliche Villa, einen Sommersitz, errichtet, 
dessen Hauptbau nur ein Glied der grossen, ebenfalls von ihm herrührenden, 
höchst eigenartigen Gartenanlage bilden sollte (Abb. 183). 

Vor der hohen Freitreppe an der Langseite des ein längliches Rechteck 
bildenden Schlosses liegt ein grosses Wasserbecken, zu beiden Seiten zwei 
abgetrennte niedrige, im Halbrund geschlossene Flügelbauten, die je 



Abb. 184. Erdgeschoss des Schlosses Benrath. Ungef. 1:558. 


101 Räume enthalten. Nach hinten erstreckt sich in der kurzen Mittelachse 
des Schlosses ein sechs Morgen grosser, von hohen Bäumen eingefasster, 
sehr langer Teich — der sogenannte „Spiegel". Links vom Schlosse liegt 
der französische Garten mit Kaskaden, Becken, geradlinigen Wegen, Blumen¬ 
rabatten und Laubengängen, rechts ein ungezwungen angelegter Blumen¬ 
garten. An den vier Ecken des Hauptbaus stehen vier originelle steinerne 
Schilderhäuschen mit römischen Helmen an den Giebeln und Pyramiden 
als Aufsätzen (Abb. t8i). Der zwischen dem Schloss und dem Rhein liegende 
quadratische Park mit herrlichem altem Baumbestand bildet mit seinen, weite 


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SCHLOSS BENRATH. 


151 


Durchblicke gewährenden, ihn geradlinig durchkreuzenden Alleen einen 
vielbesuchten Anziehungspunkt für die Spaziergänger der Umgegend. 

Das eigentliche Schlossgebäude ist nach Gurlitt das künstlerisch am 
höchsten stehende Werk Pigages. Die Grundrisslösung nennt er eine 
glänzende Kunstleistung. Und wahrlich möchte man beim Beschauen des 
äusserlich verhältnismässig niedrigen, nur einstöckig wirkenden Gebäudes 
kaum glauben, dass es in seinem Innern nahezu 80 Räume birgt, wovon 
eine grössere Anzahl, wie das in der Achse liegende Vestibül und der runde 
Kuppelsaal, sowie die nach beiden Seiten in zwei Reihen sich anschliessenden 
grösseren Empfangs- und Gesellschaftssäle erhebliche Abmessungen auf¬ 
weisen (Abb. 184). Die grosse Kunst der Raumverteilung bewirkt, dass man 
von aussen her, und bei flüchtigem Besuch auch im Innern, nur Festräume 
wahrnimmt, während sehr reichliche Nebenräume, Gastzimmer und Be¬ 
dientenräume in den zwei, die beiden seitlichen ovalen Lichthöfe umgebenden, 
Stockwerken untergebracht 
sind. Ausser der mit schönem 
schmiedeeisernem Rokoko¬ 
geländer versehenen Haupt¬ 
treppe führen noch sieben 
schmale, sehr geschickt und 
gänzlich versteckt angelegte 
Nebentreppen aus den Sälen 
und dem Vestibül in die 
oberen Teile (Abb. 185). Die 
Gliederungen des Innern 
durch kannelierte Doppel¬ 
pilaster; die kassettierte und 
mit Rosetten geschmückte Kuppel, die sich mittels zweier weit ausladender, 
mit Gemälden versehener Kehlen nach oben öffnet; die Wandvertäfelungen 
der anschliessenden Festräume mit Girlanden und Bildern, sowie die schlicht 
vornehme Handhabung des Ornaments zeigen zwar noch überall die Formen 
des Rokoko, doch deuten schon naturalistisch gebildete Einzelheiten, wie 
Laubgehänge und dergleichen, den beginnenden Klassizismus auch im Kunst¬ 
gewerbe an. 

Das Äussere bietet trotz seiner verhältnismässig sehr grossen Einfachheit 
durch die, mit den stark vortretenden Pavillons glücklich gegliederten Fas¬ 
saden, durch den giebelgekrönten, bis ans Dach reichenden Portalvorbau, 
sowie durch die hohen, von Festons bekrönten und mit Holzläden ver¬ 
sehenen Fenster einen sehr monumentalen Anblick und ist in seiner strengen 
und doch zierlichen Bauart ein wichtiges Beispiel des damaligen Geschmacks 
der Pariser Akademie in voller Reinheit. 

Durch eine den ganzen Bau umziehende, von eisernem Geländer ein¬ 
gefasste, um 12 Stufen erhöhte, schmale Terrasse wird das Gebäude vorteilhaft 
aus dem Garten hervorgehoben. Oben erhält es durch ein mit reizvoll ge- 



Abb. 185. Dachgeschoss des Schlosses Benrath. 

Ungefähr I : 624. 


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152 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


zeichneten ovalen Fenstern belebtes, schön geschwungenes, schieferbekleidetes 
Mansardendach einen wirkungsvollen Abschluss. Nach der Gartenseite über¬ 
ragt den mit reicher Sandsteingruppe gezierten Pavillon eine geländer¬ 
umschlossene Kuppelbekrönung (Abb. 186). 

Endlich sei noch erwähnt, dass sich die Ausstattung mit geschnitzten 
und eingelegten, durch vergoldete Bronzebeschläge gehobenen Möbeln, mit 
kostbaren Stücken in Boulearbeit und mit Luxusgegenständen deutscher und 
französischer Arbeit in künstlerischer Beziehung würdevoll dem Ganzen der 
schönen und eigenartigen Schlossanlage, des nächst Schloss Brühl bei Cöln 
bedeutendsten Rokokobaus am Rheine, anpasst. 



Abb. 186. Gartenfront des Schlosses Benrath. 

(Aus deinen, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz ) 



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n der Stadt Düsseldorf liegen in Garnison ein Regiment 
Infanterie (Nr. 39), zwei Regimenter Kavallerie (Husaren- 
Regiment Nr. 11 und Ulanen-Regiment Nr. 5) und eine 
reitende Abteilung des Feldartillerie - Regiments Nr. 7. 
Diese Truppenteile waren früher mit Ausnahme des 
Husaren-Regiments in einem umfangreichen, über 200 m 
langen Kasernement (D 5) untergebracht, das im 
Jahre 1735 durch den Architekten Aloysius Bartholus als nüchterner Putz¬ 
bau ausgeführt, durch seine gewaltigen Abmessungen immerhin einige 
Wirkung ausübte. 

Seit dem Jahre 1893 sind nacheinander nördlich der Stadt, in der Nähe 
des Friedhofs, an der Ross- und Tannenstrasse für das Ulanen-Regiment, 
eine Eskadron Husaren, das Infanterie-Regiment und die eine Abteilung Artillerie 
neue Kasernenanlagen (D 2) geschaffen und im Zusammenhang mit diesen 
Bauten eine grosse Offizier-Speiseanstalt (für Infanterie,' Ulanen und Artillerie), 
das Militärgerichtsgebäude mit dem Arresthause und die Garnison-Wasch¬ 
anstalt erbaut worden. Im Innern der Stadt sind daher nur noch das 
Garnisonlazarett (D 7), das Proviantamt mit seinen Magazinen (C 6), die 
Kaserne für vier Eskadronen des Husaren-Regiments (C 6), das Bezirkskom¬ 
mando, das Artilleriedepot, die Garnisonkirche und die Diensträume der 
Garnisonverwaltung (D 5) verblieben. 

Die abgebildeten Lagepläne der neuen Kasernen für das Infanterie- 
Regiment Nr. 39 und die eine Eskadron des Husaren-Regiments sollen als 
Beispiele für die Gesamtanordnung sowie die Verteilung der Baulichkeiten 
in einem Kasernement dienen, die im allgemeinen nur Verschiedenheiten 
zeigen, welche durch die Bedürfnisse der einzelnen Waffengattungen und die 
Örtlichkeiten bedingt sind (Abb. 187 und 188). 

In allen Kasernements liegen vorn an den Toren die Mannschafts¬ 
gebäude, in grösster Nähe die Bedürfnisanstalten, dahinter die Wirtschafts¬ 
häuser mit den Koch- und Waschküchen und den Vorratsräumen, daran 
anschliessend der Exerzier- oder Reitplatz, umgeben von den Nebengebäuden, 



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154 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


wie Ställe, Kammergebäude, Verheiratetenhäuser, Reitbahnen, Exerzierhäuser, 
Schuppen und Schmieden. 

Da die Gebäude der gleichen Gattung in den verschiedenen Kaser- 
nements gleichfalls wesentliche Unterschiede nicht aufweisen, mögen auch 



Abb. I87. 


Lageplan des Infanterie-Kasernements. 1 : 2667. 


die nachstehend erläuterten Grundrisse als Typen für die verschiedenen 
Gebäude-Kategorien dienen. 

a) Mannschaftsgebäude des Infanterie-Regiments. In jedem Mann¬ 
schaftsgebäude, das ausser dem Keller- und Dachgeschoss je drei Haupt¬ 
geschosse und im Mittelbau ein viertes Geschoss umfasst, ist ein ganzes 


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* 




Bataillon untergebracht. Die | 

Mannschaften liegen meist zu g ’i Q ' 

bis 10 Mann in Stuben von p^?=ej u r _u—>-. J fl 

g,o m Tiefe und 5,0 m Breite, l nn t L I ll_-_ 1 

so dass im Durchschnitt 4,5 qm fr“- 4 * 1 /-j 1 *•'3 

Zimmerfläche auf den Kopf ent- j-* jS *"""»■**•*•% 1 

fallen (Abb. 18g). - Z , 1 Q] 1 

Die Wohnungen der Offiziere J j 

und Unteroffiziere, sowie sonstige r-i^ ^' ' 

Einzelquartiere- auch für Ver- _ i p^pin oir^rr? 1 

heiratete — befinden sich in den ” I I 

beiden Flügelbauten; -—1 IM C (— f —> T-' 

die Keller enthalten I *.jL [ „ _ [ 

Kohlengelasse und andere Lager- —* — --- 

räume; die Dachböden sind als 1 

Kompagnie-Kammerräume nutz- j [_ _J [ _ J ß f 

bar gemacht. * j — i — 

b)DieWirtschaftsgebäude i * T ‘“*r 

enthalten im Erdgeschoss die * 

Speisesäle der Mannschaften und 1 r* 1 “ 

Unteroffiziere, sowie die Koch- j ,_] ] H 

küchen; im Keller die Wasch- ZXH— ,- 

küchen, Badestuben und Vorrats- T~ ... 3 / 

räume usw., Handwerkerstuben j 1 zzt — ~.T~ z=~^| | 

und Bureaus; im Obergeschoss * ° ° “ “ ° 0 ° ° 11 1 

sind Familienwohnungen ein- Abb. 188. I^gepla^des Haaren-Kasemements. 

gerichtet (Abb. igo). 

c) Die Gebäude für verheiratete Unteroffiziere umfassen je 12 bis 
1 »Wohnungen, die auf drei Hauptgeschosse verteilt sind und aus je zwei Wohn- 
räumen und Küche bei den Unteroffizieren, sowie je vier Wohnräumen und 
Küche bei den Feldwebeln bestehen. Dabei sind als Durchschnitts-Raum¬ 
grössen für die Stuben etwa 22,0 qm, für die Küchen 14,0—15,0 qm und 
für die Kammern 7,0—12,0 qm gewählt. Abort und Waschküche müssen 
von mehreren Familien gemeinsam benutzt werden. (Abb. igi). 


Lageplan des Husaren - Kasernements. 
Ungefähr 1:1500. 



Abb. 189. Mannschaftsgebäude des Infanterie-Kasemements. 1. Obergeschoss. 1:863. 


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156 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




Abb. 190. Wirtschaftsgebäude des 
Infanterie - Kasemements. Erdgeschoss. 


Die übrigen Baulichkeiten 
bieten kein besonderes Interesse. 

Sämtliche Gebäude der 
vorgenannten Kasemements sind 
durchweg massiv, teils als Ver- *_ 
blendziegelbauten, teils als Putz¬ 
bauten ausgeführt und in ihrer 
Architektur ziemlich einfach 
gehalten. Der grösste Wert ist 

auf möglichst solide, auch mut- —- — —- 

willigen Zerstörungen Widerstand leistende Ausführung des inneren Ausbaus 
gelegt worden. So haben z. B. die Mannschaftsstuben durchweg eichenen 
Riemenfussboden in Asphalt, die Flure Tonplattenbelag erhalten. 

Die Mannschafts-, Wirtschafts- und Wohngebäude für Verheiratete sind 
mit Falzziegeln eingedeckt, bei den Stallgebäuden bilden die massiven, etwas 
geneigten Decken gleichzeitig das Dach. Hier ist Holzzementeindeckung 
mit Korkplattenunterlagen verwendet worden. Die gleiche Dachdeckung 
haben auch die Exerzierhäuser und Kammergebäude erhalten. Alle Bau¬ 
lichkeiten sind an die städtische Wasserleitung, Entwässerungs- und Gas¬ 
leitung angeschlossen. Die Gebäude haben ausschliesslich Lokalheizung. 

0 , o , Von diesen reinen Nutzbauten 

' hebt sich die nach einem Entwurf 

des Oberbaurats Schäfer in den 
Jahren 1895—1896 erbaute Offi¬ 
zier-Speiseanstalt wesentlich 
ab. Das Erdgeschoss enthält die 
• Gesellschaftsräume des Ulanen- 
Regiments und der Artillerieab¬ 
teilung, das Obergeschoss die¬ 
jenigen des Infanterie-Regiments, 
während im hochliegenden Keller 
i'.. t ».,6 .J die gesamten Wirtschaftsräume 

Abb. 191. Verheirateten - Gebäude des Infanterie- untergebracht sind. 

Kasemements. .. Obergeschoss. 1:488. Die Haupttreppe liegt mitten 

im Hause zwischen zwei kleinen Lichthöfen (Abb. 192 und 193). 

Das stattliche Gebäude steht inmitten schöner alter Baumanlagen, die 
ihren Namen „Kaiserhain“ davon herleiten, dass hier im Jahre 1884 der alte 
Kaiser Wilhelm mit dem damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm und 
seinen beiden Paladinen Bismarck und Moltke während des Manövers 
ein Frühstück eingenommen hat. Die Fassaden zeigen die Formen¬ 
sprache der deutschen Renaissance. Kräftig gegliederte Fenster- und Tür¬ 
einfassungen, reiche Giebel, Türmchen, Erker und Altane wirken zusammen, 
um den Charakter eines vornehmen Gesellschaftshauses zum Ausdruck zu 
bringen. Sämtliche Architekturteile bestehen aus rotem Eifelsandstein; die 



lial 






Abb. 191. Verheirateten - Gebäude des Infanterie- 
Kasemements. i. Obergeschoss. 1:488. 


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157 

Flächen sind geputzt, 
die innere Ausstattung 
ist einfach, aber ge¬ 
schmackvoll (Abb. 194 
und 195). 

Einer besonderen Er¬ 
wähnung bedürfen noch 
das Militärgerichtsge¬ 
bäude mit Arresthaus 
und die Waschanstalt. 

Das Gerichtsge¬ 
bäude ist sowohl in 
dem Gerichts- als auch 
in demArrestzellenflügel 
dreigeschossig und hat 
etwa den Raumumfang 
eines kleinen Amts¬ 
gerichts. 

Der rd. 6o,o qm 
grosse Sitzungssaal mit Beratungs- und Zeugenzimmer liegt im zweiten Ober¬ 
geschoss, während die Bureauräume auf Erd- und erstes Obergeschoss 
verteilt sind. Jedes dieser Geschosse enthält ausserdem eine kleine Dienst¬ 
wohnung. Der Arrestflügel umfasst 42 Zellen, die jedoch dem Bedürfnis 
der Garnison schon nicht mehr 
genügen, obwohl das Gebäude 
erst im Jahre 1900 fertiggestellt 
worden ist. 

Das Gebäude ist durchaus 
massiv; die Fassaden sind in 
roter Ziegelverblendung mit 
sparsamer Verwendung von 
Hausteinen ausgeführt. 

Sämtliche Decken sind 
massiv, selbst die Decke über 
dem obersten Geschoss; der 
Fussboden in den Fluren und 
Gängen besteht aus Terrazzo, 
in den Bureauräumen und den 
Zellen aus Linoleum, im Dach¬ 
boden und dem Kellergeschoss 
aus Beton mit Zementestrich 
(Abb. 196 und 197). 

Die Garnison-Wasch¬ 
anstalt, die bis auf einen 



Abb. 193. Offizier-Speiseanstalt, i. Obei^geschoss. 1:224. 


MILITÄRBAUTEN. 



Abb. 192. Offizier-Speiseanstalt. Erdgeschoss. 1:254. 


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Flügel einstöckig ist, ent¬ 
hält in dem Erdgeschoss 
die Räume für reine und 
schmutzige Wäsche für 
Flickarbeiten, die Roll¬ 
kammer, die Waschküche, 
den Maschinen- und den 
Kesselraum mit Kohlen¬ 
gelass, im Dachboden die 
Trockenräume mit dem 
Apparat zum künstlichen 
Trocknen. — Wohnungen 

Abb. 194. Vorderseite der Offizier-Speiseanstalt. ... • . ^ , . . 

für drei Beamte sind in 

den beiden Obergeschossen des westlichen Flügelbaus untergebracht. 

Auch hier ist durchweg massive Bauweise gewählt. Die Aussenflächen 
des Gebäudes zeigen gleichfalls rote Ziegelverblendung. Der nachstehende 
Grundriss gibt die Verteilung der Räume im Erdgeschoss wieder (Abb. 198). 

Das Proviantamt (C 6) mit seinen beiden Magazinhöfen umfasst 
ausser dem Dienstwohngebäude, einem Unterbeamtenhaus und dem Bäckerei¬ 
gebäude grosse Korn- und Mehlspeicher von je vier Hauptgeschossen und 
Kellergeschoss, Futter- und Strohscheunen, sowie verschiedene Schuppen 



Abb. 195. Gartenseite der Offizier-Speiscanstalt. 


und das Wiegehaus. Bemerkenswert sind nur die Kornspeicher, die in vier 
2,80 m hohen Geschossen je zwei grosse Lagerräume enthalten, deren Fuss- 
böden aus Dielung auf Holzbalken über Eisenträgern und gusseisernen 
Säulen oder hölzernen Pfosten bestehen. Im obersten Geschoss wird die 


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MILITÄRBAUTEN. 1 5 g 

Decke durch das Dach gebildet. Die Fensteröffnungen der Speicher sind 
nicht verglast, sondern nur mit Drahtgittern und Läden verschlossen. 

Von der alten Husaren-Kaserne in der Neusserstrasse (C 6), die wahr¬ 
scheinlich im Frühjahr igoö zum Abbruch kommt, ist nur die Offizier-Speise¬ 
anstalt bemerkenswert, deren Erdgeschoss-Grundriss nachstehend abgebildet 
ist (Abb. igg). 



Zum Schluss sei hier noch der Lageplan des Oarnisonlazaretts (D 7) 
kurz erwähnt Vom am Eingang liegt das Verwaltungsgebäude, das im 
Erdgeschoss die Bureaus usw. und im ersten Obergeschoss Wohnungen für 



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Beamte enthält; weiterhin 
sind auf dem Grundstück 
vier Krankengebäude ver¬ 
teilt — ein zweistöckiger 
Bau, zwei einstöckige Ba¬ 
racken und ein Absonde¬ 
rungshaus — und von diesen 
getrennt und durch ein be¬ 
sonderes Tor zugänglich das 
Waschhaus mit Leichenhaus 
und Desinfektionsanstalt (Ab¬ 
bild. 200). 

Ober die Garnisonkirche, 
die inmitten der alten Kaser¬ 
nen eingebaut ist und in den 
nächsten Jahren durch eine 
neue ersetzt werden soll, ist 
näheres unter Kirchen ge¬ 
sagt, ebenso über die in der 
Ratingerstrasse belegene, dem 
Militärfiskus gehörige und 
von ihm jetzt als Depot be¬ 
nutzte Kreuzherrenkirche. 


Abb. 200. 


Lageplan des Garnison-Lazaretts. 

1 : 1450- 


Vom : Verwaltungsgebäude A. Links 
und rechts: Krankengebäude C und Ci. In der Mitte dahinter: Krankengebäude B. Zurück rechts: 
Krankengebäude D. Zurück links: Wasch- und Leichenhaus G. Daneben: Eishaus. 



Abb. 201. Belagerung Düsseldorfs im Jahre 1702. 

(Aus dem historischen Museum.) 


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DIE GEBÄUDE DER POST- USD TELEGRAPHEN-VERWALTUNG. 


161 


2. Die Gebäude der Post* und Telegraphen-Verwaltung. 

it dem gewaltigen Aufschwünge von Handel und Ge¬ 
werbe im Regierungsbezirke Düsseldorf hat sich auch 
der Post-, Telegraphen- und Fernsprechverkehr im Ober¬ 
postdirektionsbezirke Düsseldorf, der räumlich nahezu dem 
Regierungsbezirke entspricht, hervorragend entwickelt. 
Nachstehende Zahlenreihen zeigen diese Entwicklung 
im Oberpostdirektionsbezirke Düsseldorf und in der Stadt 
Düsseldorf, sowie zum Vergleiche die entsprechende Entwicklung in den Ober¬ 
postdirektionsbezirken Trier und Cöslin. 



-1 

Bezirk 

Einnahme 

aus Porto- und 
Telegraphen¬ 
gebühren 

rd. Mark 

Femsprech- | 

stellen 

rd. 

Gesamtzahl 

der 

vermittelten 

Gespräche 

rd. 

Gesamtzahl 

der Post- 

und Tele¬ 
graphen¬ 
beamten 

rd 

Einwohner¬ 
zahl auf 

1 qkm 

0.-P.-D.Düsseldorfi892 | 

1 

[ 13 OOO oco 

4 500 

£3 OOOOOO 

5000 

361 

1902 

26 000 000 

20 900 

52 OOOOOO 

9800 

476 


1 

I 



Einw. i. ganz. 

Stadt Düsseldorf 1892 

j I 704000 

j 9 00 

3 O78 200 ! 

500 

rd. 150 000 

1902 

4 040 000 

4200 

! 1 

! IO4454OO 

1 I IOO 

|„ 223000 

O.-P.-D. Trier 1892 

2052500 

160 

j 278 ÖOO 

1500 

; 97 

IQO 2 

■ 3 788 300 

2 400 

2915 IOO 

2400 

1 1,5 

O.-P.-D. Cöslin 1892 

1416500 

100 

173 200 

! 1700 

! 41 

1902 

2 068 900 

1 270 

I 770 IOO 

235« 

1 4 -’ 


Dem bedeutenden Anwachsen des Verkehrs gemäss sind im Oberpost¬ 
direktionsbezirke Düsseldorf in den letzten 10 Jahren 14 reichseigene Post¬ 
häuser teils neu gebaut, teils umgebaut und erweitert worden oder noch 
in der Ausführung begriffen, während drei neue Posthäuser bereits zu Anfang 
der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts erbaut waren. 

Dagegen hat in der Stadt Düsseldorf selbst die Errichtung von Post¬ 
neubauten nicht Schritt halten können mit der schnellen Steigerung des 
Verkehrs; es soll erst in den nächsten Jahren ein grosser Neubau auf einem 
bereits angekauften, rd. 8000 qm grossen Teile des früheren Exerzierplatzes 
zwischen verlängerter Bahn-, Breiten- und Kanalstrasse, sowie ein bedeu¬ 
tender Erweiterungsbau auf dem durch Hinzukauf bis zur verlängerten Bahn- 
und Breitenstrasse vergrösserten Postgrundstücke an der Harold- und Kasernen¬ 
strasse errichtet werden. Die Entwürfe zu diesen Neuanlagen, die voraus¬ 
sichtlich gegen 2 Millionen Mark kosten werden, stehen aber noch nicht fest. 


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1 Ö2 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Düsseldorf besitzt zur Zeit 10 Postämter, 1 Haupttelegraphen- und 
Fernsprechamt, 1 Telegraphen-Zeugamt und 1 reichseigene Posthalterei. 

Von diesen Ämtern sind nur die Postämter I und VI, das Telegraphen¬ 
amt und die Posthalterei in reichseigenen Gebäuden, die übrigen aber in 
angemieteten Räumen bezw. Gebäuden untergebracht. 

Nachstehend sollen nur die 3 reichseigenen Postämter, sowie ein für 
die Oberpostdirektion ganz angemietetes Gebäude besprochen werden. 

1. Das Gebäude des Postamts 1 und der Oberpostdirektion 
an der Harold- und Kasernenstrassen-Ecke (D 5 und 6). Das ursprünglich 
3882 qm grosse, früher von dem Exerzierplätze und der Kaserne begrenzte 



geschossigen Seitenflügel an der Kasernenstrasse und dem in früherer Zeit 
zum grössten Teile auch nur eingeschossigen Hofgebäude ist in den Jahren 
1856—1859 erbaut worden. Bereits in den Jahren 1879—1880 musste das 
Hofgebäude und im Jahre 1887 der Seitenflügel an der Kasernenstrasse um 
ein Geschoss erhöht werden. Ausserdem sind die Gebäude nach Erfordernis 
des stetig steigenden Betriebes mehrfach im Innern umgebaut worden. 

Abbildung 202 zeigt die Erdgeschosse der Gebäude in ihrer Bebauungs¬ 
und Benutzungsweise. Im Hauptgebäude befinden sich rechts vom Haupt¬ 
treppenhause die Räume für die Oberpostkasse, links die für das Postamt I 
mit einer geräumigen, von der Kasernenstrasse besonders zugänglichen 
Schalterhalle vor den Brief- und Geldschaltem; im Seitenflügel an der 
Kasernenstrasse sind die Schalter für die Paketannahme mit einem beson- 


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DIE GEBÄUDE DER POST- UND TELEGRAPHEN-VERWALTUNG. 


163 


deren Schalterflure und einer grossen Packkammer untergebracht. Das erste 
Obergeschoss enthält Diensträume der Oberpostdirektion. Im zweiten Ober¬ 
geschosse befindet sich die etwa 2 / 8 der Grundfläche dieses Geschosses um¬ 
fassende Dienstwohnung des Oberpostdirektors, im übrigen Teile, der 
früheren Dienstwohnung des Postdirektors, ebenfalls Diensträume der Ober¬ 
postdirektion. Das Hofgebäude enthielt ursprünglich Pferdeställe und Wagen¬ 
schuppen, dann die Ortspackkammer und Lagerräume für Telegraphenbau¬ 
materialien. Seit der Vergrösserung des Gebäudes liegen im Erdgeschosse 
ausser sonstigen Diensträumen die Säle für die Abfertigung der abgehenden 
und die Entkartung der ankommenden Sendungen. Das Obergeschoss ent¬ 
hielt bis zum November 1902 die Räume der umfangreichen Briefbestellung 
für die ganze Stadt mit einem Saale für 120 Briefträger und einige Dienst¬ 
räume der Oberpostdirektion. 

Nach Verlegung des Briefbestellgeschäftes zum Postamte VI (Neubau 
am Hauptbahnhofe) konnte im Obergeschosse die inzwischen bedeutend 
gewachsene Telegraphenapparat-Werkstatt, sowie die neu eingerichtete 

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Abb. 203. 


Ansicht des Gebäudes der Oberpostdirektion an der Haroldstrasse. 


Fahrrad-Werkstatt und im Erdgeschosse die Postzollabfertigung untergebracht 
werden. Die letztgenannten Räume sind nach der Verlegung der Zoll¬ 
abfertigung in den Erweiterungsbau an der Worringerstrasse im November igo3 
noch zur Fahrrad-Werkstatt hinzugezogen worden. 

Abbildung 203 zeigt die Ansicht des Hauptgebäudes in einfachen 
Florentiner Palastformen, durch den später aufgebrachten gleichmässigen 
Ölfarbenanstrich als Putzbau erscheinend, während tatsächlich der Sockel 
aus Basaltlava, die beiden Gurtgesimse, die Balkonbrüstungen und die Ecken 
des Hauptgesimses aus Trierer Sandstein, die Tür- und Fenstereinfassungen, 
Sohlbänke, Konsolen des Hauptgesimses, die Säulen des Portalvorbaus aus 
Heilbronner Sandstein hergestellt und nur die übrigen Flächen mit Mörtel 
von Trierer Kalk in Quaderung verputzt sind. Das flache Dach ist mit 
Zink gedeckt. 

Mit der Steigerung des Post- und Telegraphenverkehrs haben sich auch 
die Dienstgeschäfte der Oberpostdirektion vermehrt, die im Jahre 1896 
schon 7, im Jahre 1903 aber 10 Abteilungen hatte; ausserdem ist noch ein 
Abteilungsdirigent (Oberpostrat) ohne besondere Abteilung zur Unterstützung 

n* 


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1 Ö 4 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




des Oberpostdirektors vorhanden. — Um das gesteigerte Raumbedürfnis zu 
befriedigen, mussten daher schon im Jahre 1895 die beiden Obergeschosse 
und im Jahre 1899 noch die übrigen Räume des Hauses Friedrichstrasse 26 
angemietet werden.*) Das sehr geräumige, dreigeschossige, auf einem 
rd. 1440 qm grossen Grundstücke errichtete Gebäude war wie für die 
Zwecke der Behörde geschaffen. Es sind jetzt darin untergebracht: sechs 
Abteilungen, die Kanzlei, Druckerei und die Bezirksrechnungsstelle der 
Oberpostdirektion. Abbildung 204 zeigt die Benutzungsweise des ersten 
Obergeschosses. Die Bezirksrechnungsstelle, worin der gesamte Oeldverkehr 
des Bezirks in aus- und eingezahlten Postanweisungen mit 
rd. 80 Millionen Mark irn Monat, jährlich über 1 Milliarde, 
von etwa 40 Beamten und Beamtinnen mit Hülfe von .12 
Rechenmaschinen bearbeitet wird, liegt höchst zweckmässig 
in einem grossen Saale des Seitenflügels. 

2. Das Gebäude des Telegraphen- und Fern¬ 
sprechamts in der Königsallee Nr. 29 (D 5). 

Das rd. 2800 qm grosse Grundstück ist im Jahre 1829 
für 4950 Mark gekauft worden, die auf ihm für rd. 76000 Mark 
errichteten Gebäude wurden am 17. November 1830 für die 
Posthalterei in Benutzung genommen und an den jeweiligen 
Posthalter vermietet. Die Posthalterei hatte sich bis dahin 
zusammen mit dem Postamte in der Poststrasse (daher der 
heute unverständliche Name dieser entlegenen Strasse) gegen¬ 
über dem Grundstücke des Grafen Spee befunden. 

Die Gebäude der neuen Posthalterei bestanden ursprünglich 
aus einem zweigeschossigen Mittelgebäude, zwei nicht über¬ 
bauten Durchfahrten rechts und links von dem Mittelgebäude 
unter den jetzigen Altanen (siehe Abb. 205) und zwei Seiten¬ 
gebäuden. In den beiden inneren Quergebäuden und den Seiten¬ 
flügeln waren Stallungen und Postillonswohnungen eingerichtet. 
Die Stallungen mussten bereits 1834 und nochmals 1840 er¬ 
weitert werden. Bei Einrichtung der König¬ 
lichen Posthalterei vom Jahre 1857 ab konnten 
jedoch die durch den Eisenbahnbetrieb ent¬ 
behrlichen Postställe dem Militärfiskus ver¬ 
mietet werden. 

Im Jahre 1863 wurde das Hauptgebäude 
für eine Telegraphenstation mit Dienstwohnung 
A11 w . des Vorstehers eingerichtet, die letztere aber 

Abb. 204. Mietgebaude der Oberpost- 0 ' 

direktion. 1. Obergeschoss. 1:500. schon 1873 zu Telegraphen - Dienstzwecken in 



*) Dieses Haus ist für den verstorbenen Möbelfabrikanten Arnold gebaut worden, nachdem 
dessen früheres Haus in der Friedrichstrasse an der Stelle des jetzigen rheinischen Hofes im Jahre 1877 
durch eine von dem damals gegenüberliegenden Cöln-Mindener Bahnhofe über die Strasse hinweg 
bis zum Treppenhause hineingefahrene Lokomotive zerstört worden war. 


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Abb. 205. 


Ansicht des Telegraphenanus. 


Anspruch genommen. Zur ferneren Erweiterung des Telegraphenamts und 
Einrichtung eines Bezirks-Telegraphen-Materialien magazins (des jetzigen 
Telegraphen-Zeugamts) wurden die Gebäude 1878—1879 umgebaut, wobei 
die jetzige Strassenfassade entstand (Abb. 205). Aber schon i 887 musste 
auf den südlichen Seitenflügel noch ein drittes Geschoss für den Fem- 
sprechvermittelungsbetrieb aufgesetzt werden. Grössere Umbauten erfolgten 
ferner in den Jahren 1891 und 1900, sowie der bedeutendste in den Jahren 


1901 — 1902, so dass mit verschiedenen 
kleineren baulichen Änderungen im ganzen 
bereits rd. 317000 Mark auf dem Grund¬ 
stücke verbaut worden sind. 

Die Erker, Säulen und Gesimsteile 
der Risalite sind aus Kunststein, Fenster¬ 
bänke und Türgewände aus Trachyt, die 
Altane aus Gusseisen hergestellt, die 
übrigen Architekturglieder und Flächen 
in Zement geputzt. 

Abbildung 206 zeigt die Gebäude in 
ihrer jetzigen Benutzung im Erdgeschosse. 
Daszweigeschossige Hauptgebäude 
an der Königsallee enthält im Erd¬ 
geschosse rechts die Telegramm-Annahme 
und zwei öffentliche Fernsprechstellen, im 
übrigen Dienstzimmer des Telegraphen¬ 
amts und das Wolffsche Telegraphen¬ 
bureau; der dreigeschossige rechte 
Seitenflügel des ersten Hofes im 
ErdgeschossedenSaal fürHughes(Drucker)- 
apparate, im ersten Obergeschosse den Saal 



für Morse- und Klopferap parate, im zweiten Abb . 2o6 . Erdgeschoss des Telegraphen 

Obergeschosse früher das Femsprech- amts. 1:750. 


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i66 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Vermittlungsamt, jetzt Erfrischungs-, Kleider- und Waschräume der Fernsprech- 
gehülfinnen, der eingeschossige linke Seitenflügel des ersten Hofes 
die Sammler- und Umformeranlage für den Femsprechbetrieb und die 
Äpparatwerkstatt des Telegraphenamts. Der 1901-1Q02 erbaute mittlere 
Querflügel, der an die Stelle des niedergelegten alten Stallgebäudes ge¬ 
treten ist, enthält in teils drei-, teils viergeschossiger Anlage die Säle für 
das Fernamt (für Gespräche nach auswärts) und für das Ortsamt (für Ge¬ 
spräche in der Stadt). Die technische Einrichtung dieser Säle, die noch 
für die Gewerbe-, Industrie- und Kunstausstellung im Jahre 1902 betriebsfähig 
wurde, hat rd. 325000 Mark gekostet. Das Fernamt kann bis zu 160 Fern¬ 
leitungen, das Ortsamt bis zu 6400 Stadtanschlüssen ausgebaut werden. 
Der zweite Hof mit seinen Gebäuden diente, mit Ausnahme des rechten 
Seitenflügels im Erdgeschosse, wo die Abfertigung der Telegraphen boten 
untergebracht ist, bisher Posthaltereizwecken. Nachdem die Posthalterei 
im November 1903 die neuen Gebäude an der Worringerstrasse bezogen 
hat, sollen die Räume zum Teil für die Fernsprechbauabteilung, zum Teil 
für die Zwecke des Telegraphen-Zeugamts eingerichtet werden, das seit 
September 1898 auf einem Teile des rechts neben dem Telegraphenamte 
liegenden, etwa 15 m breiten und über 70 m tiefen Grundstücks, seit Juli 1900 
auf der ganzen rd. 1100 qm grossen Fläche untergebracht ist Da die stetig 
wachsenden Mengen der Telegraphen- und Femsprech-Baumaterialien auf 
diesem Grundstücke, das bis auf einen kleinen Verladehof vollständig 
überdacht ist, kaum noch ordnungsmässig gelagert werden können, sollen 
in dem zu planenden Neubau Lagerräume mit etwa 3000 qm nutzbarer 
Bodenfläche für das Telegraphen-Zeugamt vorgesehen werden. 

3. Das Grundstück des Postamts VI und der reichseigenen 
Posthalterei (E 5) am Hauptbahnhofe. 

Infolge der raschen Entwicklung des Stadtteils um den Hauptbahnhof 
ergab sich für das Postamt VI, das früher im Empfangsgebäude des Haupt¬ 
bahnhofs untergebracht war, eine ungewöhnliche Verkehrssteigerung, so dass 
die Errichtung eines besonderen Gebäudes für dieses Postamt bald unab¬ 
weisbar war. Nur die Durchgangspackerei konnte in den Bahnhofsposträumen 
bleiben. Zunächst bestand die Absicht, ein Mietpostgebäude auf dem Eck¬ 
grundstücke am Wilhelmsplatz zwischen Kurfürsten- und Worringerstrasse 
zu errichten. Als aber der Unternehmer dieses Mietgebäudes gleich nach 
Beginn des Baus im Frühjahr 1897 in Vermögensverfall geriet, musste das 
Gebäude als reichseigenes ausgeführt werden. Leider sind die mehrfach 
gemachten Vorschläge, ein grösseres Grundstück gegenüber dem Haupt¬ 
bahnhofe bezw. das Grundstück des jetzt neben dem Bahnhofe erbauten Hansa¬ 
hauses zur Errichtung eines umfangreichen Hauptpostgebäudes zu erwerben, 
s. Zt. nicht durchgedrungen. Der Erwerb des Hansagrundstücks scheiterte 
sogleich an der ausserordentlich hohen Preisforderung von etwa 900000 Mark. 
So wurde denn das erwähnte Eckgrundstück am Wilhelmsplatze in einer Grösse 
von 1535 qm für den Preis von rd. 186200 Mark im Jahre 1900 dem Eisen¬ 
bahnfiskus abgekauft und sogleich mit dem Bau begonnen, worin ausser 


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i68 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


den Diensträumen für das Postamt VI noch die Lagerräume der Tele¬ 
graphenmaterialien-Verwaltung untergebracht werden sollten. 

Als das Gebäude kaum unter Dach war, drang jedoch der nochmals von 
dem damaligen Oberpostdirektor, Geheimen Postrate Granzow, gemachte 
Vorschlag durch, an dem Hauptbahnhofe auch ein Hauptpostgebäude für 
die gesamte Brief- und Paketbestellung nebst Posthalterei zu errichten. 

Es wurden dann alle noch unbebauten Grundstücke an der Worringer- 
strasse nebst einem Einschnitte nach der Karlstrasse mit einer Gesamt- 
Fläche von 6202 qm für den Preis von 633000 Mark hinzuerworben und 
mit dem Erweiterungsbau im Frühjahr 1902 begonnen.. Das oben genannte 



Abb. 208. Brief - Schalterhalle des Postamts VI. 


Hauptgebäude konnte im November 1902, nachdem es dem geänderten 
Programm entsprechend umgebaut war, in Benutzung genommen werden. 

Die Bebauung des ganzen 7737 qm grossen Grundstücks ist in Ab¬ 
bildung 207 dargestellt. Das dreigeschossige Hauptgebäude enthält im Erd¬ 
geschosse im wesentlichen die Schalterräume mit jetzt 24 Schaltern statt 
der früher nur im Eckbau geplanten 8 Schalter (das Innere der Schalter¬ 
halle zeigt die Abb. 208) sowie die Entkartung; im ersten Obergeschosse 
die Amtszimmer des Postamts und die Briefträgerei-Räume für z. Zt. schon 
über 200 Briefträger; im zweiten Obergeschosse die Wohnung des Post¬ 
direktors, die Geldbriefträgerei, einige Bureauräume und verfügbare Räume. 
— Das durchweg eingeschossige Packkammergebäude enthält: im Ver- 


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DIE GEBÄUDE DER POST- UND TELEGRAPHEN-VERWALTUNG. 



16g 

bindungsbau die Abfertigung, darunter die Heiz- und Kohlenkeller, im 
geschlossenen Mittelbau die Paketausgabe, -Annahme und Zollabfertigung 
(Abb. 209 zeigt das Innere der Schalterhalle), dahinter die Drucksachen- 
Verteilung, Vereinigungs-Packkammer (zur Vereinigung der Pakete mit den 
Adressen) und die Abfertigung der Paketbesteller, darunter die 4 m hohe Hilfs¬ 
packkammer, die einerseits durch zwei grosse elektrische Aufzüge für 1000 kg 
Belastung mit den Packkammerräumen im Erdgeschosse, anderseits durch 
eine etwa 250 ifi lange, zweigeschossige Tunnelanlage mit dem Bahnhofe 
verbunden werden soll. In den von der Strasse zurücktretenden Flügeln 
liegen die Bestellpackkammem. 


Die einzelnen Gelasse der Faketbesteller und die Lagergestelle der 
Paketausgabe sind in Eisenverband mit Zwischenwänden aus Streckmetall 
hergestellt Die Ladebühnen werden durch Glasdächer geschützt. 

Das eingeschossige Krankenstallgebäude umfasst zwei Ställe für je 
zwei Pferde, einen Kühlstand, eine Aufseher-, eine Postillonsstube, eine Ge¬ 
schirrkammer und eine Schmiede, im Dachgeschosse eine Kaffeeküche und 
einen Kleiderraum für die Postillone. In den beiden Ställen lassen sich 
leicht durch Herausnehmen der eisernen Standsäulen und Lattierbäume Boxe 
einrichten. 

Die grosse Wagenhalle kann 42, die kleine 12 Wagen aufnehmen. Das 
Stallgebäude bietet Platz für 36 Pferde. Ab- und Zuführungskanäle für 


Abb. 209. 


Paket-Schalterhalle des Postamts VI. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


170 



Abb. 210. 
Eckbau des 
Postamts VI. 


verbrauchte und frische Luft, Öffnungen und Schlote sorgen für reichliche 
Lüftung der Ställe. Über den Mittelgängen sind an der Decke Wasser¬ 
rohrschlangen angeordnet, worin im Winter das Wasser zum Tränken der 
Pferde durch die Stallwärme überschlagen wird, und die im Sommer zum 
Kühlen der Ställe dienen sollen. Über den Ställen befinden sich Futter¬ 
böden. Statt der üblichen Dunggrube ist 
ein allseitig geschlossenes Dunghaus her¬ 
gestellt. Das Wohngebäude an der 
Karlstrasse enthält sechs Wohnungen 
für verheiratete Postillone und den 
Posthaltereiaufseher, sowie eine 
Feldpost- und eine Montie¬ 
rungskammer. 

Abbildung 210 zeigt 
die Ansicht des Haupt¬ 
gebäudes am Wilhelms¬ 
platze. Die Architektur¬ 
teile der Strassenseiten 
aller Gebäude sind in 
rotem Eifelsandstein, der 
Sockel ist aus Basaltlava, 
auf den Hofseiten in 
Verblendziegeln herge¬ 
stellt, die Mauerflächen 
sind geputzt. 

Die Decken wurden 
im allgemeinen aus 
Stampfbeton in Vouten 
oder Kappenform zwi¬ 
schen eisernen Trägern 
auf frei sichtbaren guss¬ 
eisernen Säulen, in ein¬ 
zelnen Räumen des 
Hauptgebäudes als Koe- 

nensche Vouten bezw. Lolatsche Ankerdecken mit Eiseneinlagen ausgeführt, 
über dem Heizkeller solche nach System Hennebique. Nur das Postillons¬ 
wohnhaus hat Balkendecken erhalten. Die Eingangsflure und Schalter¬ 
hallen sind mit mosaikartig gerauhten Fliesen, die Flure der Wohnungen 
im Hauptgebäude mit Terrazzo belegt; die Packkammerräume haben Asphalt- 
Fussboden, die übrigen Diensträume sowie die Zimmer der Wohnungen im 
Hauptgebäude Linoleumbelag erhalten. In den untergeordneteren Räumen, 
Kellern, Dachböden und Ställen ist Zementestrich (bei letzteren mit Eisen¬ 
feilspänen gemischt) als Fussbodenart gewählt. Die drei kleinen Höfe und 
die Wagenhallen sind mit Beton, dem in der oberen Schicht Basalt- und 


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DIE GEBÄUDE DER POST- UND TELEGRAPHEN-VERWALTUNG. 


171 


Granitkleinschlag beigemischt ist, befestigt worden, nur der vierte grosse 
Hof, der von der Worringer- bis zur Karlstrasse über 1 m fällt, ist mit 
Basaltlavasteinen gepflastert. 

Die Treppen der umfangreichen Bauanlage sind teils in gewachsenem 
Stein (Ruhrkohlen- und Vollinger Sandstein), teils in Schmiede- und Guss¬ 
eisen ausgeführt. Für die Treppen des Postillon-Wohngebäudes ist Kunst¬ 
stein mit Linoleumbelag gewählt worden. 

Die steilen Dächer haben eine Eindeckung von glasierten Falzziegeln 
mit Haussenscher Unterdachkonstruktion (Pappstreifen mit Zinkfedem), die 
flachen Dächer eine solche von Holzzement in drei Papplagen nach dem 
System von Büscher & Hoffmann erhalten. Die Wagenhalle ist doppellagig 
mit Pappe, die geschweiften Turm- und Erkerdächer sind mit Kupfer¬ 
blech gedeckt. 

Wenn auch die ganze Anlage nicht aus einem Gusse in akademischer 
Lösung entstehen konnte und sich dem Beschauer nicht gerade vorteilhaft 
darbietet, so hat sie sich doch für den eigenartigen, umfangreichen Betrieb 
des Postamts bei der Benutzung als zweckmässig erwiesen. 



Abb. 211. Altes Postgebäude, das jetzige Telegraphenamt (Abb. 205). 

(Nach einer Originalzeichnung von C. Scheuren.) 



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172 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 212. 


3. Das Regierungs* und 
Präsidialgeb&ude (D 5). 

D ie ausgedehnten Geschäfts¬ 
räume der Kgl. Regierung 
sind in dem früheren Jesuiten¬ 
kloster untergebracht, das, 1625 
gegründet, im Laufe der Jahr¬ 
hunderte mannigfache tiefein¬ 
greifende Umänderungen und 
Erweiterungen erfahren hat. Der 
alte schmucklose Klosterbau 
schliesst mit der östlich anstossen- 
den Andreaskirche einen grossen 
Hof, den sogenannten Kanzleihof, 
ein. Das Gebäude kann weder 
in der Grundrissausbildung noch 
in architektonischer Beziehung 
auf Interesse Anspruch machen. 
Der Dachaufbau am östlichen 
Ende des Nordflügels diente frü¬ 
her astronomischen Zwecken. 

In den Jahren 1889 bis 1891 
und 1901 bis 1902 sind grössere 
neuzeitliche Erweiterungsbauten 
angefügt worden, die an der 
Das Präsidialgebäude. Mühlenstrasse eine von zwei 


Risaliten eingefasste 
Fassade mit zusam¬ 
men sechs Achsen, 
an der Andreasstrasse 
eine neunachsige 
Fassade aufweisen, 
beide in einheit¬ 
lichen Barockforme n 
gehalten (Abb. 213). 
Das gegenüber¬ 
liegende Präsidial¬ 
gebäude wurde zwi¬ 
schen 1760 und 1766 
als sogenannte Resi¬ 
denz erbaut. Der 
langgestreckte drei¬ 
stöckige Bau ist in 



Erweiterungsbau des Regierungsgebäudes. 


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GEBÄUDE DER JUSTIZVERWALTUNG. 


173 


einfachen Zopffortnen durchgeführt, die Mitte der Fassade durch ein in 
flachem Giebel abgeschlossenes Mittelrisalit hervorgehoben, dem ein Portal¬ 
bau mit nüchterner Ornamentik vorgelegt ist. Das Innere des Gebäudes 
enthält nichts Bemerkenswertes (Abb. 212). 

Es ist gegründete Aussicht vorhanden, dass in nächster Zeit für die 
Regierung und die Wohnung des Präsidenten neue monumentale Gebäude 
an anderer Stelle errichtet werden. 

53 

4. Gebäude der Justizverwaltung. 

a) Das Landgerichtsgebäude (D 5). 

inst beherbergte das im Mittelpunkte der Stadt am Königs¬ 
platze belegene, aus früherer Zeit noch so benannte »Justiz¬ 
gebäude", das Ende der 60er Jahre des vorigen Jahr¬ 
hunderts erbaut ist, alle Zweige der hier vertretenen 
Justizverwaltung. Infolge der grossartigen Entwicklung 
der Stadt genügt das Gebäude schon lange nicht mehr 
den Bedürfnissen der Rechtspflege, obgleich das früher 
darin untergebrachte Amtsgericht bereits seit Jahren auf mehrere Mietshäuser 
verteilt worden ist, und das Landgericht allein sich an der alten Stätte 
ausdehnen konnte. — Der unmittelbar am Königsplatze gelegene Hauptbau 
hat ausser dem Erdgeschosse noch zwei obere Geschosse, ^ 

während der linke Flügel mit dem Schwurgerichtssaale nur fl -§] 

erdgeschossig ist, der rechts gelegene dagegen noch ein Ober- f 
geschoss besitzt 
(Abb. 214). Der 
Sitzungssaal der 
Strafkammer be¬ 
findet sich im 
ersten Stocke des 
Hauptbaus und 
umfasst die fünf 
Achsen desMittel- 
risalits. Ein an- 
dererSitzungssaal 
liegt im ersten 
Stock über dem 
Schöffengerichts¬ 
saale. Die Bureaus 
des Landgerichts 
sind im Erdge- 











174 


DÜSSELDORF UND SEINF. BAUTEN. 


schosse und im ersten Stocke, die der Staatsanwaltschaft im zweiten Stocke, so 
gut es eben geht, untergebracht. Im Kellergeschosse befinden sich die 
Dienstwohnungen für den Kastellan und einen Oerichtsdiener, sowie die 
Räume für die Sammelheizung. 

Das Äussere stellt sich dar als ein einfach gegliederter Putzbau in den 
nüchternen Formen der klassizistischen Renaissance. 

Das Innere entbehrt nahezu jeglichen architektonischen Schmucks. 

Der Schwurgerichtssaal enthält drei grosse Ölgemälde von Schadow, 
Paradies, Hölle und Fegfeuer darstellend. 

Das unmittelbar neben dem Justizgebäude an der Josefinen- 
strasse gelegene frühere Staatsarchiv ist nach Errichtung 
des neuen Archivgebäudes für die Zwecke der 
Justizverwaltung umgebaut und enthält 
Diensträume für das Amts- und 
Landgericht. Der Bau ist im 
Jahre 1877 als Backstein- 
Rohbau in den Formen der 
Berliner Schule errichtet 
worden und bietet nichts 
Bern erkenswertes. 

Die Verhältnisse drängen 
mit Macht auf die Errich¬ 
tung eines oder mehrerer 
der Bedeutung Düsseldorfs 
würdigen Neubauten für 
die Justizpflege hin. 

Hoffentlich führen die 
bereits seit mehreren 
Jahren zwischen den be¬ 
teiligten Behörden schwe¬ 
benden Verhandlungen 
bald zu einem all¬ 
seitig befriedigenden 
Ergebnisse. 



Abb. 215. 
Lageplan des 
Gefängnisses. 
1:2500. 



b) Das Gefängnis (D2). 

D as Gefängnis zu Düsseldorf-Derendorf wurde in den Jahren 1889 bis 1893 
erbaut als Ersatz für das baufällige und unbrauchbare Gefängnis in der 
Akademiestrasse, das jedoch erst im Jahre 1904 nach Fertigstellung des neuen 
Gefängnisses in Anrath, Kreis Crefeld, aufgegeben werden wird. 

Es ist bestimmt für männliche und weibliche Gefängnis-, Haft-, Polizei- 
und Untersuchungsgefangene und kann 488 Männer und 102 Weiber auf¬ 
nehmen. Die Gesamtgrösse des Gefängnisgeländes beträgt 3,62 ha (Abb. 215). 


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GEBÄUDE DER JUSTIZVERWALTUNG. 


175 


Das Hauptgebäude des Männergefängnisses besteht aus vier recht¬ 
winklig zueinander stehenden Flügeln. Der vom Vorhofe aus zugängliche 
Verwaltungsflügel enthält im Erdgeschosse Vorratsräume, im ersten Stocke 
Dienstzimmer der Beamten und darüber die Kirche, der Rest des Flügels 
sowie die drei übrigen Flügel die Einzelzellen der Gefangenen. Am Ende 
des mittleren Zellenflügels sind die Schulräume angeordnet. 

Die Flügel sind viergeschossig panoptisch gebaut und bilden in ihrem 
Schnittpunkte die Zentralhalle. Letztere reicht vom ersten bis dritten Stock 
und ist zwischen Trägem flach überwölbt. In Höhe des ersten Stocks ist 
eine Plattform hergestellt, von der aus sämtliche vier Flügel zugänglich sind. 
Im zweiten Stocke befindet sich der Stand des Oberaufsehers zur Überwachung 
des Dienstes in sämtlichen Flügeln. 

Die Kirche ist für 388 Gefangene berechnet und für evangelischen wie 
für katholischen Gottesdienst eingerichtet. Die Sitze der Gefangenen sind 
durch Scheidewände, die bis zur Schulterhöhe reichen, voneinander getrennt. 

Zum Männergefängnisse gehören noch ein besonderes Lazarettgebäude, 
enthaltend vier Einzel-Krankenräume, zwei Säle für je sechs Kranke, zwei 
Zellen für Unruhige, eine Zelle für Krätzkranke, ein Arztzimmer, einen Auf¬ 
seherraum und die nötigen Nebenräume; ferner ein Wirtschaftsgebäude mit 
einer Speiseküche, einer Bäckerei und verschiedenen Schuppen- und Vorrats¬ 
räumen. 

DasWeibergefängnis besteht aus einem Vorbau und einem Zellenflügel. 
Ersterer enthält im ersten Stocke die Krankenstation, im zweiten Stocke einen 
Arbeits- und Vorratsraum, im dritten Stocke einen Betsaal. Der panoptische 
Zellenflügel ähnelt in Bau und Einrichtung einem Flügel des Männer¬ 
gefängnisses. Die zum Weibergefängnisse gehörigen Koch- und Waschküchen 
sind in einem besonderen Wirtschaftshofe angelegt. 

Im Männergefängnisse werden die panoptischen Flure durch Luftheizung, 
sämtliche übrigen Räume mit Ausnahme der nicht heizbaren Kirche durch 
Warmwasserheizung erwärmt. Die Wärmeentwickler, ein gusseiserner Warm¬ 
luftofen von 66 qm Heizfläche und vier Cornwallkessel von je 32 qm Heiz¬ 
fläche, sind im Untergeschosse der Zentralhalle aufgestellt. 

Im Weibergefängnisse ist die Heizung ähnlich wie beim Männergefäng¬ 
nisse eingerichtet. Im Lazarett des Männergefängnisses werden sämtliche 
Räume durch Kachelöfen vom Flur aus geheizt. Die Fäkalien der Gefangenen 
werden in den Spülzellen in grossen Gefässen mit Wasserverschluss gesammelt 
und täglich in fahrbare eiserne Tonnen geschüttet, die auf dem Wirtschaftshofe 
stehen. Die Abfuhr erfolgt wöchentlich sechsmal durch einen Unternehmer. 

Die Schmutzwasserleitung aus den Spülzellen, Baderäumen und Küchen 
ist an den städtischen Kanal angeschlossen. Die Anstalt hat eine eigene 
Wasserleitung. Das Wasser wird aus Kesselbrunnen entnommen und durch 
Handpumpenwerke nach den Dachböden der beiden Gefängnisse in dort 
stehende Wasserbehälter befördert. Um für einen Brandfall das Rohrsystem 
unter den Hochdruck der städtischen Wasserleitung setzen zu können, ist 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


176 

eine Vorrichtung getroffen, die es ermöglicht, die Anstalts-Wasserleitung mit 
der städtischen schnell zu verbinden. Die Beleuchtung der Gebäude und der 
Höfe erfolgt durch Petroleumlampen. An Beamtenwohnungen sind vorhanden 
ein Wohnhaus für den Direktor, zwei für die beiden Anstaltsgeistlichen, eins für 
zwei Inspektoren und vier für je vier Aufseher; in den beiden Torgebäuden 
sind noch weitere sechs Dienstwohnungen für Unterbeamte untergebracht. 
Sämtliche Gebäude sind in einfachem Ziegelstein-Rohbau, zum Teil mit Sand¬ 
steinabdeckungen der Gesimse und Giebel, zum Teil mit überstehenden Dächeni 
ausgeführt. — Die Gesamtbaukosten haben rund 1 560000 Mark betragen. 

Die Ausführung erfolgte nach im Ministerium der öffentlichen Arbeiten auf¬ 
gestellten Skizzen durch den Baurat Möller und den Regierungsbaumeister Uber. 

30 

5. Das Gebäude der Königlichen Generalkommission (D 6). 

n den Jahren 1896 bis 1898 wurde der erste Teil des Ge¬ 
bäudes der Kgl. Generalkommission, 1902 bis 1903 der 
Erweiterungsbau in der Oststrasse errichtet. Die Anordnung 
der Räume im ersten Obergeschosse zeigt der Grund¬ 
riss (Abb. 216). Im Kellergeschosse befinden sich ausser 
Gelassen für Brennmaterialien und zurückgelegte Akten 
der Raum 

des Heizers. Die Geschosshöhe, 
von Oberkante zu Oberkante 
Fussboden gerechnet, beträgt 
im Keller 3 m, in den übrigen 
Stockwerken 4,3 m. 

Die Architektur des Ge¬ 
bäudes ist in einfachen Barock¬ 
formen durchgeführt unter 
Verwendung von Basaltlava für 
die Sockelverblendung und von 
rotem Eifelsandstein für die 
Quaderung des Erdgeschosses 
und für sämtliche Architektur¬ 
teile; die glatten Flächen in den 
beiden oberen Stockwerken sind 
geputzt. Ornamentaler Schmuck 
ist auf das schräge Eckrisalit 
beschränkt, wo sich das Haupt¬ 
portal und im ersten Stocke der 
Sitzungssaal befinden (Abb. 217). 

Im alten Bau sind die 
Decken über den Zimmern des 


für die Sammelheizung und die Wohnung 



AM>. 216. 

Gebäude der Generalkominission. 



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Erdgeschosses und 1. Stockwerks als ebene 
Stampfbetondecken zwischen eisernen Trägern 

ausgeführt, während die' Zimmer des 
obersten Geschosses eine Holzbalkendecke 
erhalten haben. Im Erweiterungsbau 
sind sämtliche Räume mit Könen- 
schen Plandecken versehen. 

Die Korridore haben über¬ 
all Kreuzgewölbe aus 
Schwemmsteinen. Der 
Dachstuhl ist in Holz 
ausgeführt, das Man¬ 
sardendach nach der 
Strasse zu mit Schie¬ 
fer, hofwärts teils mit 
Zink, teils ebenfalls 
mit Schiefer gedeckt. 

Als Fussboden ist, 
abgesehen von den 
Dienstwohnungen, 
dem Sitzungssaale und 
einigen besseren Räu¬ 
men des 1. Stocks, die 
Eichenriemendielung 
auf Blindboden er¬ 
halten haben, zumeist 
Linoleumbelag ver¬ 
wendet. Die Treppen 
sind freitragend und 
aus Ruhrkohlensandstein hergestellt. — Die innere Ausstattung des Gebäudes 
ist einfach, eine etwas reichere Durchbildung haben nur der Sitzungssaal 
und das Haupttreppenhaus nebst den anschliessenden Flurhallen erhalten. 

Erwärmt wird das Gebäude durch eine Warmwasser-Sammelheizung mit 
drei Flammrohrkesseln von je 18,5 qm Heizfläche. 

Die Gesamtbaukosten haben sich, abgesehen von den Ausstattungs¬ 
gegenständen, auf rund 368000 Mark oder für das Kubikmeter umbauten 
Raumes auf 17 Mark, für das Quadratmeter auf 293 Mark gestellt. — Der 
Entwurf für den älteren Bauteil stammt aus dem Ministerium der öffent¬ 
lichen Arbeiten, für den Erweiterungsbau von Baurat Bongard. 


Abb. 217. 

Eckbau des Gebäudes 
der Generalkommissit >n. 


33 


12 


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178 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



6. Das Hauptsteueramtsgebäude (C6). 

5 as Hauptsteueramtsgebäude, in • der Nähe des Hafens an 
der Stromstrasse gelegen, stammt aus den Jahren 
lQoi —1902. Es enthält im Erdgeschosse und im ersten 
Stocke die Diensträume des Hauptsteueramts und die 
Wohnungen des Ober-Steuerinspektors und des Amts¬ 
dieners, im zweiten Stocke die Bureaus des Erbschafts¬ 
steueramts und eine weitere Dienstwohnung. Der Haupt¬ 
eingang ist in die Mittelachse der abgeschrägten Ecke gelegt. Ein kreis¬ 
rundes Vestibül vermittelt den Zusammenstoss der einen stumpfen Winkel 
einschliessenden Korridore (Abb. 218). 

Das Äussere des Gebäudes ist in den Formen der deutschen Renaissance 
einfach, aber durchweg in echtem Material (weissem Sandstein für die Archi¬ 
tekturteile, sattroter Ziegel¬ 
verblendung für die Mauer¬ 
flächen) durchgeführt, das 
hohe Dach mit Schiefer ge¬ 
deckt. Zierformen sind nur 
am Haupteingang, am Giebel 
und an dem Erkertürmchen 
angewendet. 

Der innere Ausbau ist 
der Bestimmung des Gebäudes 
entsprechend im allgemeinen ein 
fach gehalten. Die Decken sind, soweit < 
sich über Diensträume erstrecken, als Könensche 

Plandecken zwischen Eisenträgern, im übrigen als gewöhnliche Balken¬ 
decken ausgeführt. Für die Fussböden ist in der Hauptsache teils Holzdielung, 
teils Linoleum verwendet. Die Heizung erfolgt durch eiserne Zimmeröfen. 

DieKosten desNeubaus haben rund 123000Mark betragen, d.i. 15,90 Mark 
für das Kubikmeter umbauten Raumes und 251 Mark für das Quadratmeter. 

Die Skizzen sind im Ministerium der öffentlichen Arbeiten entworfen, 
die Ausarbeitung der Bauentwürfe und die Bauleitung durch den Regierungs¬ 
baumeister Kochs war dem Baurat Bongard unterstellt. 


18. Grundriss 
Hauptsteueramts. 







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DAS KÖNIGLICHE STAATSARCHIV. 


179 


7. Das Königliche Staatsarchiv (E4). 

reichen Bestände des Düsseldorfer Archivs umfassen 
aus alter Zeit im wesentlichen die Archive der Erzbischöfe 
und Kurfürsten von Cöln, der Herzogtümer Jülich-Berg, 
Cleve-Mark und Geldern und der Grafschaft Mors. Ihnen 
schliessen sich an die Archive der Landstände dieser 
Fürstentümer sowie der in ihnen gelegenen säkularisierten 
geistlichen Korporationen. Aus neuerer Zeit kommen 
hinzu die Archive der dem vorgenannten Gebiete entsprechenden Departements 
der französischen Fremdherrschaft, sowie die Akten der jetzigen Regierungen 
Düsseldorf, Aachen und Cöln. 

Da das erst im Jahre 1877 fertiggestellte Archivgebäude in der Josefinen- 
strasse räumlich im höchsten Grade beschränkt und in seiner ganzen Ein¬ 
richtung unzweckmässig war, entschloss sich die Staatsregierung, auf einem 
von der Stadt Düsseldorf kostenlos zur Verfügung gestellten Eckgrundstücke 
an der Stockamp- und Prinz Georgstrasse einen auch für die Zukunft aus¬ 
reichenden und neuzeitlichen Anforderungen entsprechenden Neubau aufzu¬ 
führen. Es wurden ihm die im Ministerium der öffentlichen Arbeiten auf¬ 
gestellten Skizzen zugrunde gelegt, worauf die Ausführung in den Jahren 
1899—1901 durch den Baurat Bongard und den Regierungsbaumeister Kochs 
erfolgte (Abb. 219). 

In seiner Gesamtanlage zeigt der Neubau den für die preussischen 
Staatsarchive in den letzten Jahrzehnten eingeführten Typus, indem die Archiv¬ 
bestände in einer Anzahl niedriger Geschosse in einem sogenannten Magazin¬ 
gebäude untergebracht sind, während die für die Verwaltung bestimmten 
Räume einschliesslich des Benutzersaales und der Wohnung des Archiv¬ 
dieners einen mit dem Magazine nur durch einen Brückengang verbundenen 
Sonderbau einnehmen. 

Das Erdgeschoss des Verwaltungsgebäudes enthält rechts von dem in 
der Mittelachse der Hauptfront gelegenen Eingänge die Wohnung des Dieners, 
links einige Arbeitszimmer und einen Packraum (Abb. 220). Im Dach¬ 
geschosse sind noch zwei Zimmer für Archivbeamte und ein Teil der 
Bibliothek untergebracht. 

Das Magazingebäude besteht in der Hauptsache aus sechs je 300 qm grossen 
und im Lichten 2,35 m hohen Sälen, die unter sich durch eiserne Treppen 
in Verbindung gebracht sind. Ausserdem ist ausserhalb der Säle und von 
diesen aus durch einen Flur zugänglich eine vom Kellergeschosse bis zum 
Dachboden durchgehende steinerne Treppe angeordnet. Dem östlichen Giebel 
des Magazingebäudes ist in gleicher Fussbodenhöhe mit dem untersten Saale 
ein photographisches Atelier zum Photographieren von Urkunden, Siegeln 
und dergl. vorgebaut. 

Das Äussere der Anlage bringt die Bestimmung der einzelnen Bauteile 
in charakteristischer Weise zum Ausdruck. Mächtige Treppengiebel krönen 
die Schmalseiten des in geschlossener Masse sich erhebenden Magazins. Die 

12 * 



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Abb. 219. 



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DAS KÖNIGLICHE STAATSARCHIV. 


181 


Fenster sind gruppenweise zusammengefasst. Das hohe Dach wird durch 
Erker in angemessener Weise belebt. Das Verwaltungsgebäude ist in etwas 
reicheren Architekturformen durchgeführt. Die schwach vortretenden Risalite 
sind durch Giebel ausgezeichnet, der Benutzersaal ist durch grosse, in eigen¬ 
artigen Formen gehaltene Fenster, der Haupteingang durch eine Portal¬ 
umrahmung hervorgehoben. 

Als Hauptmaterial für die Fassaden ist ein stumpfroter holländischer 
Backstein verwendet, der mit dem gelblich-grauen Sandstein der Architektur¬ 
glieder und mit der braun-roten Glasur der Dachpfannen gut zusammengeht. 


Die innere Ausstattung des 
Archivgebäudes ist einfach, 
aber gediegen. Schmuck¬ 
formen haben nur die Ein¬ 
trittshalle, die Korridore 
nebst dem Treppenhause 
sowie der Benutzersaal er¬ 
halten. 

Die Konstruktion des 
Gebäudes ist seiner Be¬ 
stimmung entsprechend so¬ 
lid und, soweit erforderlich, 
feuersicher. Die Decken sind 
massiv zwischen 
Eisenträgern, und 
zwar im Verwal¬ 
tungsgebäude als 
Kleinesche, im Ma¬ 
gazin als Koenen- 
sche Voutendecken 
ausgeführt. Die 
stützenden Teile im 



Abb. 220. 


Magazine bestehen aus je 
vier zusammengenieteten 
Winkeleisen. Die Decke da¬ 
selbstist nicht durchbrochen, 
wie dies früher vielfach bei 
Archiven und Bibliotheken 
zur Ausführung gebracht 
wurde, sondern ganz ge¬ 
schlossen; trotzdem ist die 
Beleuchtung der Reposi- 
torien eine vollständig aus¬ 
reichende. Die Dachstühle 
sind aus Holz, die Fuss- 
bodenbeläge grösstenteils 
aus Linoleum. 

Die Heizanlage 
des Gebäudes ist 
eineZentral-Dampf- 
heizung. Die Hei¬ 
zung des Magazins 
wird nur an beson¬ 
ders kalten Tagen 


Grundriss des Staatsarchivs. 

1:540. 

in Betrieb gesetzt und bezweckt weniger eine dauernde Beheizung der Säle, als 
vielmehr durch zeitweilige Erwärmung die Luft daselbst trocken zu erhalten 
und die Archivbestände vor Feuchtigkeitsschäden zu schützen. Die Aktengestelle 
sind hier zum erstenmal nach einem System des Fabrikanten Lippmann in 
Strassburg verstellbar ausgeführt. Ein grosser Vorzug dieses Systems besteht 
darin, dass Luft und Licht überall Zutritt haben, und dass die Möglichkeit ge¬ 
geben ist, nach Bedarf Fache von jeder Grösse und Form herzustellen. Das 
photographische Atelier gestattet Aufnahmen von einer Plattengrösse bis zu 
30/40 cm. Bei seiner Einrichtung sind die neuesten Errungenschaften der 
Technik nach jeder Richtung hin verwertet worden. Die Gesamtbaukosten der 
Anlage haben nach der Abrechnung 175000 Mark betragen, wonach sich das 
Kubikmeter umbauten Raumes auf 15,30 Mark, das Quadratmeter Fläche auf 
248 Mark gestellt haben. 


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182 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


8. Die Landesbibliothek (D 5). 

D ie Königliche Landesbibliothek wurde im Jahre 1778 durch den Statt¬ 
halter Grafen Goltstein gegründet. Sie besitzt einen kostbaren Schatz 
von Druckwerken aus der ersten Zeit der Buchdruckerkunst und umfasst 
über 50000 Bände. 

Das Gebäude, worin die Bibliothek untergebracht ist, gehört der Stadt 
Düsseldorf. Die bauliche Einrichtung der Bibliothekräume entspricht nicht 
den heutigen Anforderungen und bietet so wenig wie das Äussere irgend 
etwas Bemerkenswertes. 


& 

9. Die Gebäude der Rheinischen Provinzial Verwaltung. 

ine Reihe von Bauten dient den Zwecken der verschie¬ 
denen Zweige der Rheinischen Provinzialverwaltung, 
deren Sitz Düsseldorf ist. Darunter sind namentlich 
zwei von hervorragendster Bedeutung für das Stadt¬ 
bild, das Provinzial-Ständehaus und das Gebäude der 
Landes-Versicherungsanstalt „Rheinprovinz''. Auch die 
Landesbank, besonders ihr Erweiterungsbau, ist von 
künstlerischer-Eigenart und der Beachtung wert, liegt aber leider für eine 
solche sehr ungünstig an baumbepflanzter Strasse. 

Hervorragend dagegen belegen an dem offenen „Kirchplatze" an der 
Friedrichstrasse (D 6) und wohl auffallend durch seine stattliche Front, sonst 
aber von geringem baulichem Interesse, ist das Gebäude der Provinzial- 
Feuerversicherungsanstalt. Es ist hervorgegangen aus zwei symmetrisch 
gestalteten Privathäusern und enthält ausser der Dienstwohnung des Direktors 
in der nördlichen Hälfte des ersten Stockwerks und solchen für zwei Unter¬ 
beamte nur Bureauräume. 

Ebenso ist das Dienstwohngebäude des Landeshauptmanns an 
der Elisabethstrasse Nr. 11 (D 6) nicht ursprünglich zu diesem Zwecke und 
namentlich dem einer grossem Repräsentation, die deshalb im Ständehause 
ihre Stätte finden muss, erbaut worden, wenn auch immerhin als ein herr¬ 
schaftliches Wohnhaus grossem Umfangs. Es wurde 1895 aus Privathänden 
erworben und von den Architekten Jacobs & Wehling umgebaut, namentlich 
die Fassade in einige Beziehung zu den Renaissanceformen des schräg gegen¬ 
überliegenden Ständehauses gebracht. Das Erdgeschoss zeigt Tuffstein, die 
obem Stockwerke Ziegelverblendung und Zementputz in den Architektur¬ 
gliedern. 

Ganz unscheinbar endlich ist das benachbarte, 1903 aus einfachsten Ver¬ 
hältnissen lediglich für das praktische Bedürfnis umgebaute Haus, worin sich 
die Bureauräume des jüngsten Zweigs der Provinzialverwaltung, der Für¬ 
sorgeerziehung Minderjähriger, befinden, nachdem das Ständehaus, 



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Abb. 221. (Nach einer Originalzeichnung von J. C. Raschdorf.) Das Provinzial - Ständebaus. 










































184 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


das nach der bei seiner Erbauung noch herrschenden Ansicht sogar für alle 
die vorgenannten Zwecke Raum bieten sollte, sich für die Unterbringung 
der erforderlichen Beamten als nicht mehr ausreichend erwiesen hatte. 

Die im Vorstehenden als erwähnenswert bezeichneten drei Gebäude 
mögen hier kurz dargestellt werden, während einige ebenfalls der Provinz 
gehörige, bei Düsseldorf belegene Heilanstalten einem besonderen Abschnitte 
Vorbehalten bleiben. 

a) Das Provinzial-Ständehaus (D6). 

D as Ständehaus ist als Amtsgebäude der Rheinischen Provinzial-Ver- 
waltung nach Plänen und unter Leitung von J. C. Raschdorf in den 
Jahren 1876—1880 erbaut (Abb. 221). 

Es liegt nach allen Seiten frei in den Anlagen des südlichen Stadtteils 
an dem sogenannten Kaiserteiche, hat vier architektonisch ausgebildete Fassaden 

und umschliesst einen freien 
Innenhof von rund 170 qm 
Grösse und rund 2420 qm be¬ 
baute Fläche. 

In dem 3,44m hohen Sockel¬ 
geschosse sind ausser Keller¬ 
räumen für Heizungs- und 
sonstige Zwecke eine Pförtner¬ 
wohnung und die Druckerei 
untergebracht. 

Das 5,30 m hohe Erdge¬ 
schoss und das 4,60 m hohe 
zweite Obergeschoss enthalten 
ausser einer Wohnung für den 
Botenmeister nur Bureauräume, 
das 5,30 m hohe erste Obergeschoss ausschliesslich Räume für den Provinzial¬ 
landtag und den Provinzialausschuss. 

Der ursprünglich 13,0-14,5 = 188,5 qm grosse, durch Oberlicht erhellte 
Sitzungssaal des Landtags ist im Jahre 1895 auf 20,0 • 14,5 = 290,0 qm ver- 
grössert und enthält 156 Sitzplätze für die Abgeordneten. 

Der Sitzungssaal des Provinzialausschusses ist 13,88-6,41=88,97 qm 
gross (Abb. 222). 

Die Zunahme der unterzubringenden Beamten und Hilfsarbeiter, deren 
Zahl seit dem Jahre 1880 von 58 auf 120 gestiegen ist, hat den Ausbau 
eines Teils des Dachgeschosses erfordert. 

b) Die Landes-Versicherungsanstalt „Rheinprovinz“ (D6). 

as Dienstgebäude der Landes-Versicherungsanstalt hat drei Strassen- 
fronten und rund 1860 qm bebaute Fläche. — Der an der Friedrichs¬ 
und Adersstrasse liegende Teil mit dem Quittungskarten-Gebäude ist in den 




Abb. 222. Grundriss des 1. .Stockwerks. 1 : 800. 


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Wohrtm-CT 


Abb. 223. 


Landes-Versicherungsanstalt. Front an der Friedrichsstrasse. 


Jahren 1895—1896 nach Plänen der Architekten Jacobs & Wehling erbaut. 
Die Zunahme der Geschäfte erforderte bald eine Erweiterung, die in den 
Jahren 1901—1902 nach Plänen des Architekten vom Endt im Charakter des 
älteren Gebäudes durch Bebauung der ganzen Front der Luisenstrasse und 
der anschliessenden halben Front der Friedrichsstrasse ausgeführt ist (Ab¬ 
bild. 223). 

Die Sandsteinfassaden zeigen modernisierte Renaissanceformen. Sämtliche 
Wände und Decken sind aus feuersicheren Materialien hergestellt; beim Er¬ 
weiterungsbau sind Hennebique-Bauweisen ausgiebig angewandt. 

Das Gebäude enthält ein Sockelgeschoss, ein hochliegendes Erdgeschoss 
und zwei Obergeschosse; dazu kommt im Erweiterungsbau noch ein Keller¬ 
geschoss mit Räumen für die Zentralheizung, für Heizungsmaterial und für 
Wirtschaftszwecke der im Hause wohnenden Beamten. 


ln dem 3,36m hohen Sockelgeschoss sind eine Wohnung des Hausmeisters, 
drei Boten Wohnungen, die Wirtschaftsräume der Wohnung des ersten Vorstands- 
beamten, sowie einige Bureau-, Registratur- und Kistenräume 
|Pt _1 untergebracht. Das 4,80 m hohe Erdgeschoss, sowie das 4,75 m 

flßDi] hohe erste und das 4,25 m hohe zweite Obergeschoss enthalten 

p standsbeamten aus- 

§—f =Jeifcw^ L und Diensträume, 

M 4 _ Jj , , u _ u« sowie einen Kassen- 

- Mp r jpJ raum nebst .Tresor. 

b 1 I *| T I I | | .. .Kv.'H jl karten-Gebäude bil- 

y det einen besonderen 

Abb. 224. Grundriss der Landes-Versicherungsanstalt. i:8oo. Flügel mit einem 


mr\ 





u. 

1 




Abb. 224. 


Grandriss der Landes-Versicherungsanstalt. i: 800. 


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Abb. 225. 
Erweiterungsbau 
der Landesbank. 


Vollgeschosse zu ebener Erde und dar¬ 
überliegenden sechs Halbge¬ 
schossen.—Bei der Raum¬ 
gestaltung desEr- 


weiterungsbaus 
ist darauf Rück¬ 
sicht genommen, 
dass sowohl die 
Landwirtschaft¬ 
liche Berufsge¬ 
nossenschaft als 
auch das Schieds¬ 
gericht für die 
Arbeiterversiche¬ 
rung, letzteres mit 
einem Sitzungs¬ 
saale und Kasse, 
haben unterge¬ 
bracht werden 
können(Abb.224). 
Das ganze Ge¬ 
bäude ist mit Niederdruck-Dampfheizung und elektrischerBeleuchtung versehen. 


c) Die Landesbank der Rheinprovinz (D6). 

ie Landesbank der Rheinprovinz besorgt die Kassengeschäfte der Provinzial¬ 
verwaltung, gibt Darlehen, insbesondere an Kommunalverbände, Zivil¬ 
und Kirchengemeinden, gemeinnützige Anstalten, Korporationen und 
Genossenschaften, gewerbliche Unternehmer, städtische und ländliche Grund¬ 
besitzer, namentlich zur Ratentilgung von Hypothekenschulden, nimmt De¬ 
positen sowie Spargelder an und verzinst sie. Sie hat einen jährlichen 
Kassenumschlag von über 600 Millionen Mark. 

Als infolge der Zunahme der Geschäfte, namentlich aber einer hier nicht 
zu erörternden Erweiterung des Geschäftsbereichs, die seit 188t im Provinzial- 
Ständehause für die Bankzwecke benutzten Räume nicht mehr ausreichten, 
wurde 1895 das Eckhaus Friedrichstrasse-Fürsten wall, bis dahin Dienst¬ 
wohngebäude des Landeshauptmanns, mit einem Kostenaufwand von 231000 
Mark zum Geschäftshause der Landesbank 
umgebaut und durch einen Anbau am 
Fürstenwall erweitert (Abb. 225). 

Der alte Gebäudeteil enthält in den 
beiden Obergeschossen die Dienstwoh¬ 
nung des Bankdirektors, im Erdgeschosse 
den Sitzungssaal des Kuratoriums und 
die Diensträume des Direktors. 




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188 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


gezeichnetem Ornament und grossen ruhigen Flächen vorteilhaft aus. Es 
gliedert sich in zwei Teile, deren einer in zweigeschossiger Anlage die 
Dienstwohnung des Landrats, der andere, harmonisch mit ersterem verbunden, 
in drei Geschossen die Diensträume des Landratsamts und des Kreisaus¬ 
schusses für den Landkreis Düsseldorf enthält. Die Grundrisse sind klar und 
übersichtlich; das Bestreben, nur zweckentsprechende, helle und luftige Räume 
zu schaffen, kommt überall zum Ausdruck und ist wohl gelungen (Abb. 228). 

Das Kellergeschoss des Wohnungsflügels birgt die Wirtschafts- und 
Vorratsräume nebst den erforderlichen Nebengelassen. Um eine geräumige, 
durch zwei Geschosse hindurchgehende Diele gruppieren sich im Erdgeschosse 
die Wohnräume, im ersten Stockwerke die Gesellschafts- und Schlafräume der 
Dienstwohnung des Landrats. In der Mansarde sind die Räume für die 
Dienstboten untergebracht. 

Das Kellergeschoss des Dienstgebäudes enthält die Kesselanlage mit 


den erforderlichen Kohlenkellern für die Niederdruckdampfheizung 
sowie eine Dienstwohnung für den Hausmeister. In dem Erd¬ 
geschosse liegen die Diensträume für das Landratsamt und eine 
demnächst einzurichtende Kreissparkasse, im ersten Stockwerke 
die Räume für den 

Kreisausschuss und fe e* 

die Steuerbehörde jpl .**•»-*-*— •— —- 

sowie der Kreistags.- Mr U- * - ■ 

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sind hier einige Re- --L, — "-i-c"—r? 

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j rx w j Abb. 228. Kreishaus. Grundriss des i. Stocl 

den. Das Mansarden- 


Kreishaus. Grundriss des i. Stockwerks. 


geschoss ist so eingerichtet, dass im Bedarfsfälle auch hier noch Dienst¬ 
räume geschaffen werden können. Das Kellergeschoss hat eine Höhe von 
3,50 m, die übrigen Stockwerke eine solche von 4,80 m erhalten. Der Kreis¬ 
tagssitzungssaal weist eine Höhe von 7 m auf. 

Da das Gebäude nach allen Seiten frei steht, mussten vier Fassaden 
architektonisch ausgebildet werden. Von diesen sind die drei von der 
Kasemenstrasse aus sichtbaren vollständig in echtem Material ausgeführt, 
und zwar ist für den Sockel Grauwacke und Niedermendiger Basaltlava, für 
die oberen Geschosse Tuffverblendung und für die architektonischen Gliede¬ 
rungen und Ornamente Rheingrafenwälder Sandstein verwendet worden. An 
der Rückseite sind nur die Fenster- und Türumrahmungen sowie die Ge¬ 
simse in Sandstein ausgeführt, während die Flächen Rauhputz erhalten 
haben. — Die Dächer sind mit Clottener Moselschiefer gedeckt. 

Der innere Ausbau des Gebäudes ist zwar durchaus solide, aber tun¬ 
lichst einfach gehalten; nur die Gesellschaftsräume und die Diele in der 


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DAS RATHAUS. 


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Dienstwohnung sowie der Kreistagssitzungssaal haben eine etwas auf¬ 
wendigere Ausstattung erhalten. Hier sind die Paneele, Türen und die 
Treppe in deutschem Eichenholz ausgeführt, die Fussböden in Parkett her¬ 
gestellt. Für alle übrigen Räume ist Linoleum als Fussbodenbelag gewählt. 
Die in den Dachraum hineingezogene Decke des Kreistagssitzungssaales ist als 
Holzdecke ausgebildet, während die Decken in den Repräsentationsräumen, 
der Landratswohnung und in den Diensträumen des Kreisausschusses leichte 
Stuckverzierungen erhalten haben. 

Die Flure und Hallen des Dienstgebäudes sind mit Rabitzgewölben 
überdeckt; das Treppenhaus daselbst ist in festem Mainsandstein ausgeführt, 
Stufen und Podest dagegen sind aus bayrischem Granit hergestellt. 

Die Kosten für die gesamte Bauanlage ohne Grunderwerb belaufen sich 
auf 540 000 Mark, so dass das Quadratmeter bebauter Fläche 450 Mark, das 
Kubikmeter umbauten Raumes 26,50 Mark gekostet hat. 

50 

II. Das Rathaus (C D 5). 

rotz ihrer Grösse und trotz ihrer bedeutsamen aufstrebenden 
Entwicklung ist die Stadt Düsseldorf nicht im Besitze 
eines einheitlichen und dem Umfange der städtischen 
Verwaltung entsprechenden Rathauses, vielmehr sind die 
Geschäftsräume der verschiedenen Verwaltungszweige in 
einer ganzen Reihe teils gekaufter, teils gemieteter Häuser, 
die zum grössten Teile sich um das aus dem 16. Jahrhunderte stammende 
alte Rathaus gruppieren, zerstreut. 

Obwohl dieser Zustand sowohl von der Verwaltung wie auch von der 
Bevölkerung als sehr hinderlich und unangenehm empfunden wird, Hessen 
die sonstigen bedeutenden wirtschaftlichen Aufgaben, zu denen die Stadt 
bei ihrer raschen und stetig sich steigernden Entwicklung gezwungen wurde, 
den schon seit Jahrzehnten geplanten Neubau nicht zur Ausführung gelangen. 

Ein im Jahre 1884 gemachter Versuch, allmählich durch Umbau aller 
am Marktplatze gelegenen städtischen Gebäude ein neues Rathaus zu schaffen, 
führte nur zu der Erbauung des in der einspringenden Ecke des Markts 
stehenden neuen Teils, der in der Hauptsache die städtischen Reprä- 
sentations- und Versammlungsräume enthält. Man gelangte nach der Voll¬ 
endung dieses Baus sehr bald zu der Überzeugung, dass auf diese Weise 
eine einheitliche und grosszügige Anlage wohl nicht zustande kommen 
könne. 

Die nachstehende Baubeschreibung muss sich daher auf die Besprechung 
des alten Rathauses und des vorerwähnten neuen Teils beschränken, da 
die sonstigen, Verwaltungszwecken dienenden, Gebäude irgendwelches Inter¬ 
esse in baulicher Beziehung nicht haben. 



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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 229. Alter Teil des Rathauses. 

Das alte Rathaus, am Marktplatze in unmittelbarer Nähe des 1872 
durch Brand zerstörten kurfürstlichen Schlosses gelegen, wurde im Jahre 
1570—1572 an der Stelle eines älteren Stadthauses von dem Maurermeister 
Heinrich Tuschmann oder Tussmann aus Duisburg erbaut (Abb. 229). Man 
nimmt an, dass der Ausführung Pläne des damaligen kurfürstlichen Bau¬ 
meisters zugrunde gelegen haben, da die Formengebung des Rathauses sich 
eng an die Architektur der aus der gleichen Zeit stammenden Erweiterungs¬ 
bauten des vorgenannten Schlosses anlehnt. Die spätgotischen Fassaden 
des dreistöckigen Baus, welcher an der dem Marktplatze zugekehrten Schau¬ 
seite durch zwei geschweifte Giebel und einen achtseitigen, fünfgeschossigen 
Treppenturm geziert ist, entbehrten früher des Verputzes; das Gebäude 
hatte in seiner einfachen Ziegelarchitektur mit sparsamer Hausteinverwendung 
einige Ähnlichkeit mit den Stadthäusern Hollands und Belgiens. Der Ein¬ 
gang befand sich in dem vorerwähnten Treppenturme, zu dem überdachte 
Freitreppen hinaufführten, wie solche aus den Gramminianischen Kupfern 
über die Hochzeit der Jakobe von Baden noch ersichtlich sind. Das Erd¬ 
geschoss enthielt zwei grosse Hallen, worin die Wollenweber und andere 
Zünfte ihre Waren zum Verkaufe ausstellten. 

Ein grösserer im Jahre 1749 erfolgter Umbau soll nach den Plänen 
des Aachener Architekten J. J. Couven ausgeführt sein. Dabei wurden die 
Ecken des Treppenturms durch vorgestellte Pilaster betont, sowie die 
einzelnen Geschosse des Gebäudes durch schmale Gesimse voneinander 


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DAS RATHAUS. 


191 



getrennt. Neben dem Treppenturme, dessen drittes Geschoss durch die in 
einer Nische aufgestellte Figur der Justitia geziert wurde, Hess der 
Architekt ein neues Portal mit einfacher Rokokogliederung und darüber einen 
Balkon anbringen, der durch ein gut gezeichnetes, flach geschmiedetes 
Eisengitter abgeschlossen ist. Demselben Architekten wird das jetzt ver¬ 
mauerte Portal der westlich an die vorbeschriebenen Bauteile sich an¬ 
schliessenden ehemaligen kurfürstlichen Kanzlei, sowie das zierliche 
schmiedeeiserne Treppengitter des Haupttreppenhauses zugeschrieben. 

Der im Jahre 1884 begonnene Erweiterungsbau des Rathauses, der 
nach den Plänen des damaligen Stadtbaumeisters C. Westhofen ausgeführt 
ist, stösst rechtwinklig an die erwähnte ehemalige kurfürstliche Kanzlei an. 
Es ist ein Ziegelbau mit reicher Hausteingliederung. Namentlich der den 
südlichen Abschluss dieses Bauteils bildende Turm hat eine monumentale 
Ausbildung mit reichem ornamentalem und figürlichem Schmuck erhalten, 
wodurch dieser Bau 
stark gegen die 
nüchternen Formen 
des anstossenden 
alten Gebäudes ab¬ 
sticht (Abb. 230). 

Den Mittelpunkt 
dieser Anlage bildet 
ein stattliches Trep¬ 
penhaus, sowie der 
mit Gemälden von 
Baur,Klein-Chevalier 
und Neuhaus ge¬ 
schmückte Stadtver¬ 
ordneten - Sitzungs¬ 
saal, um den sich 
35 weitere Geschäfts¬ 
räume gruppieren. 

Als südliche Fort¬ 
setzung schliesst sich 
an diesen Erweite¬ 
rungsbau ein nüch¬ 
ternes dreigeschos¬ 
siges Haus, das bis 
zur Ecke der Zoll¬ 
strasse reicht und als 
einzigen Schmuck 
über demPortalezwei 
bronzene weibliche 

Idealbüsten aus dem Abb. 230. Erweiterungsbau des Rathauses. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


IQ2 

18. Jahrhunderte zeigt. Vermutlich ist dieses Haus im Jahre 1708 für Gabriel 
von Grupello, den Schöpfer des auf dem Marktplatze stehenden Reiterstand¬ 
bildes des Kurfürsten Johann Wilhelm, erbaut. Die genannten Büsten sollen 
gleichfalls von Grupello sein. — Die hieran anschliessenden Gebäude in 
der Zollstrasse, sowie die ganze Häuserflucht am Rheinufer, von der Zoll¬ 
strasse bis zur Kunstgewerbeschule, sind sämtlich städtischen Verwaltungs¬ 
zwecken dienstbar gemacht, haben jedoch weder durch ihre Grundriss¬ 
entwicklung, noch durch ihr Äusseres irgendwelches Interesse. Abb. 231 
gibt den Erdgeschossgrundriss des Ganzen. Jedenfalls besitzt die Stadt in 
diesem ausgedehnten Baublock einen vorzüglichen Platz für einen monumen¬ 
talen Rathausneubau, der hoffentlich in nicht allzu ferner Zeit erstehen wird. 



Stadtsiegel von 1363. 


12. Das Direktionsgebäude der städtischen Gas-, Wasser- 
und Elektrizitätswerke (E6). 

rst Ende des Jahres 1904 soll der Bau dieses Verwaltungs¬ 
gebäudes begonnen werden und bis Oktober 1905 
vollendet sein. Im Kellergeschosse enthält das Gebäude 
die Pförtnerwohnung, bestehend aus Küche und zwei 
Zimmern, den Tresor, vier Aktenräume, Lichtpauseraum, 
Waschküche, Aborte sowie Heiz- und Kohlenräume. 
Im Erdgeschosse befinden sich neben dem Vestibül das Pförtnerzimmer, links 
vom Treppenhause der Buchhaltereisaal 11,53-21,87 = 252,16 qm gross und 
5,25 m hoch, sieben Bureauräume verschiedener Grösse für die Betriebs¬ 
inspektion, sowie gegenüber dem Haupteingange und neben der Buchhalterei 
belegen der Kassenraum 10,73-9,33 = 100,11 qm gross und das Kassen¬ 
botenzimmer (Abb. 232). 

Das erste Stockwerk enthält im Flügel an der Scheurenstrasse fünf 
Bureauräume für das Direktorium und im Flügel an der Luisenstrasse vier 
Bureauräume verschiedener Grösse für das Elektrizitätswerk (Abb. 233); das 
zweite Stockwerk neun, das dritte Stockwerk noch sechs Bureauräume. 

Der Tresor wird mit eisenarmierter Decke von 30 cm Stärke und 
eisenarmiertem, 50 cm starkem Fussboden aus Beton versehen und durch 



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DIREKTIONSGEBÄUDE DER STADT. GAS-, WASSER- UND ELEKTRIZITÄTSWERKE. IQ% 



Stahlschieneneinlagen in den aus klinkerartigen Steinen und Zementmörtel 
hergestellten Mauern und durch teuer- und diebessichere Türen und Fenster¬ 
laden geschützt. Die Beheizung und Lüftung besorgt eine zentrale Nieder¬ 
druckdampfanlage. — Die Strassenfronten werden im Re¬ 
naissancestil, und zwar der Sockel aus Oberhessischer 
Basaltlava, der Aufbau aus Pfälzer Sandstein 
aufgeführt (Abb. 234). — Die Hinterfronten 
erhalten glatten Zementputz, gezogene 
Hauptgesimse und eingezogene 
Nuten als Fensterein¬ 
fassungen, sowie Sand¬ 
steinfensterbänke 


Abb. 231. Grundriss des Rathauses. i:6oo. 

und Basaltlavapiinten. — Die Decken 
sind als eisenarmierte Betondecken mit 
Estrich geplant. 

Die Fussböden aller Räume werden 
mit Linoleum belegt, ausgenommen die 
Aborte, die Flure im Erd- und Keller¬ 
geschosse, die Mosaikplatten erhalten, 
und die Aktenräume im Keller, die 
Asphaltfussboden bekommen sollen. Die 
Heizkeller und die Keller des Pförtners 
werden zementiert. 






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194 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Unter dem Fussboden der Pförtnerwohnung werden mit der Heizungs¬ 
und Lüftungsanlage in Verbindung stehende Lufträume angelegt und zur 
Abhaltung der Erdfeuchtigkeit mit weissen Plättchen verblendete Luftgräben 
ausgeführt. 



Abb. 234. Verwaltungsgebäude der städtischen Werke. 


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DIE STÄDTISCHEN SPARKASSEN. 


195 


13. Die städtischen Sparkassen. 

a) Das Haus der Sparkasse an der Bahnstrasse (D 5) 

ist ein in kräftigen Renaissanceformen gehaltener Bau mit Sandsteinfassade, 
der ausser den Sparkassenräumen auch die Geschäftszimmer des Standes¬ 
amts enthält. 

Die Raumverteilung ist derart, dass im Erdgeschosse der 155 qm grosse 
Kassensaal mit anschliessendem Tresor, sowie Teile einer Haüsdienerwohnung 
angeordnet sind (Abb. 235). Das erste Stockwerk enthält acht Geschäftsräume 
des städtischen Standesamts (Abb. 236); das zweite Geschoss das 6,70 auf 
5,08 m grosse Sitzungszimmer des Sparkassenkuratoriums und eine geräumige 
Wohnung des Sparkassenrendanten. Die Bauart des Gebäudes ist entsprechend 
dem sich im Erd- und ersten Obergeschosse abspielenden öffentlichen Ver¬ 
kehre in diesen Geschossen durchaus massiv. 



Die Sicherung des Tresors gegen Einbruch ist dadurch zu erreichen 
gesucht, dass seine Wände aus Klinkern in Zementmörtel ausgeführt sind, 
wobei jede zweite Mauerschicht Einlagen von Flussstahl-Flacheisen erhalten 
hat. Der Fussboden besteht aus einer 30 cm starken Betonlage auf einer 
doppelten Schicht von kreuzweise übereinander gelegten J- Trägem des 
Normalprofils 8. Dieselbe Bauart hat die Decke, nur sind hier die Träger 
vom Normalprofile 10 gewählt und die Betonschicht ist 50 cm stark. 

Die Beheizung aller Geschäftsräume erfolgt durch Gasöfen. Die Rauch¬ 
rohren des Gebäudes sind daher innen mit Klinkern verblendet und mit 
Zementmörtel glatt gefugt; auch sind im Kellergeschosse Wassersammelkästen 
in die Kamine eingebaut. 

Das Gebäude ist im Jahre 1896 unter der Oberleitung des damaligen 
Stadtbaurats Peiffhoven errichtet. 


b) Das Sparkassengebäude an der Ehren- und Hospitalstrasse (D 4), 

das voraussichtlich im Jahre 1905 seiner Bestimmung wird übergeben werden 
können, soll ebenfalls Zweigstellen der städtischen Sparkassenverwaltung und 
des Standesamts aufnehmen. 

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Abb. 237. Erdgeschoss der Sparkasse an der Ehrenstrasse. 



Abb. 238. I. Stockwerk (Standesamt) an der Ehrenstrasse. 


Es wird aus Kellergeschoss 
und vier Stockwerken, wovon 
zwei zu Wohnzwecken dienen 
sollen, bestehen. 

Die Geschäftsräume der Spar¬ 
kasse sind im Erdgeschosse (Ab¬ 
bild. 237), die des Standesamts 
im ersten Obergeschosse ange¬ 
ordnet (Abb. 238). Der Haupt¬ 
eingang ist an die Ehrenstrasse 
gelegt, doch kann das Standes¬ 
amt auch von der Hospital¬ 
strasse aus erreicht werden. Das 
zweite Obergeschoss enthält eine 
aus sieben Wohnräumen, das 
dritte Obergeschoss eine aus 
sechs Räumen bestehende Woh¬ 
nung. Diese haben ihren 
Hauptzugang von der Hospital¬ 
strasse her, sind aber auch von 
der Ehrenstrasse aus durch eine 
Nebentreppe zugänglich. Für 
den Hausmeister ist eine 
Wohnung von zwei Räumen 
und Küche im Sockelgeschosse 
vorgesehen, wo ausserdem die 


Räume für die Heizung so¬ 
wie die erforderlichen Haus¬ 
haltungskellerräume unterge¬ 
bracht sind. 

Die Fassaden sollen in Putz¬ 
architektur und in modernen 
an das Barock anklingenden 
Formen ausgeführt werden. 
Der gesamte innere Ausbau 
des Gebäudes wird im 
wesentlichen dem des Spar¬ 
kassengebäudes an der Bahn¬ 
strasse entsprechen (Abb. 239). 




Abb. 239. Sparkasse an der Ehrenstrasse. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


198 


14. Die Handelskammer (D 6). 


ei dem in den Jahren 1900/1901 erbauten Hause der 
Handelskammer ist versucht worden, das alte Gilden¬ 
haus wieder aufleben zu lassen und in dem an einer 
der verkehrsreichsten Strassen der Stadt, der Graf-Adolf¬ 
strasse, gelegenen Neubau die Bedeutung des Gebäudes 
für Industrie, Handel und Schiffahrt durch die Gesamt¬ 
gestaltung sowohl, wie auch durch die ornamentale 
Ausbildung zum Ausdruck zu bringen. 

Die geringe Frontbreite von 16 m bei einer Grundstücktiefe von 40 m 
legte den Gedanken nahe, den First des Hauses nicht parallel, sondern 
senkrecht gegen die Strassenfront zu richten, womit die Ausbildung des Ge¬ 
bäudes als Giebelhaus gegeben war. Das Portal ist dadurch wirkungsvoll 
hervorgehoben, dass die zum Hochparterre führenden Stufen als doppel- 
armige Treppe in eine mächtige halbkreisförmige Bogenöffnung eingefügt 
sind. Diese Bogennische kehrt im dritten Obergeschosse in Gestalt einer 
Loggia wiedei. Am Fusse des Giebels ist auf der einen Seite die Industrie 
als kraftvolle Jünglingsgestalt, auf der anderen Seite der Handel (Schiffahrt) 
als weibliche Figur mit den entsprechenden Emblemen in Sandstein ver¬ 
sinnbildlicht. Die Giebelspitze wird von einer in Kupfer getriebenen ge¬ 
flügelten Merkurfigur, ausgerüstet mit dem Wahrzeichen des Handels, 
gekrönt (Abb. 240). 

Die Räume des Erdgeschosses gruppieren sich um eine 7,0 zu 11,20 m 
grosse Halle, die in Verbindung mit den beiden strassenwärts gelegenen 
Beratungszimmem zur Abhaltung kleiner Börsen dient. Nach der Hofseite 
schliessen sich die eigentlichen Geschäftsräume der Kammer an (Abb. 241). 

Im ersten Obergeschosse nimmt der reich ausgestattete Sitzungssaal mit 
daranstossendem Kommissionszimmer die ganze Stirnseite des Gebäudes 
ein. Der letztgenannte Raum dient zugleich als Aufenthaltsraum für das 




Abb. 241.. Erdgeschoss 

der Handelskammer. 1:500. 


Publikum während der Sit¬ 
zungen der Kammer (Abb. 242 
und 243). 

Auf der Hinterseite sind 
Bibliothek, Lesezimmer, Expe¬ 
dition und Assistentenzimmer 
angeordnet. 

Das zweite und dritte 
Obergeschoss enthält die 
Wohnung für den Syndikus 
der Handelskammer, das Tief¬ 
parterre eine solche für den 
Hauswart mit besonderm Ein¬ 
gänge von der Strasse her. 



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DIE HANDELSKAMMER. 


199 



Abb. 243. Sitzungssaal der Handelskammer. 


Die gesamten Baukosten haben 206500 M. oder rund 24 M. für das 
Kubikmeter umbauten Raums und rund 500 M. für das Quadratmeter be¬ 
bauter Fläche betragen. 

Zu der Fassade ist rot und gelb geflammter Pfälzer Sandstein von 
Bruchmühlbach verwendet. 

Bauentwurf und Bauleitung lagen in den Händen des Architekten 
vom Endt. 


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DER KUNSTPALAST. 


201 



Der Ehrenhof des Kunstpalastes. 


Abb. 245. 


D. Gebäude für Kunst, Wissenschaft und Unterricht. 

I. Der Kunstpalast (D4). 

m Anfänge des Geländes, das für die Industrie-, Gewerbe- 
und Kunstausstellung 1902 durch Anschüttung dem Rheine 
abgewonnen wurde, erhebt sich in der Nähe der Rhein¬ 
brücke das neue Kunstausstellungsgebäude. Für die 
genannte Ausstellung öffnete es zum erstenmal seine 
Pforten und durch den Überschuss dieses glänzend ver¬ 
laufenen Unternehmens wurden zum grössten Teile die Kosten des Baus 
gedeekt. Der sehr glückliche, klare und übersichtliche Grundriss stammt von 
dem Architekten Bender zu Düsseldorf, dessen Entwurf bei dem Wettbewerb 
preisgekrönt worden war (Abb. 246). Die Architektur wurde entworfen und 
ausgeführt von Architekt E. Rückgauer, als Vertreter der Firma Ph. Holz¬ 
mann & Cie. in Frankfurt a. M., der die Gesamtausführung übertragen war. 

Das Gebäude hat eine bebaute Fläche von 8000 qm bei einer Front¬ 
länge von 132 m und einer Tiefe von 90 m. Die Kuppel, welche die 
Eingangs- und Empfangshalle krönt, misst bis zur Spitze 40 m. 

Der Bau birgt sieben grössere und sieben kleinere Ausstellungssäle, die 
durch verstellbare Holzwände in kleinere Räume abgeteilt werden können. 
An der Hauptfront befinden sich, zweigeschossig angeordnet, die Räume 



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202 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


mit Seitenlicht, alle übrigen Hallen haben doppeltes Oberlicht. Die vor¬ 
deren Säle können durch eine Niederdruckdampfheizung erwärmt werden. 
Dieser Teil des Gebäudes ist unterkellert und dient im Untergeschosse als 
Lagerraum, Garderobe, Heizungsraum und Hausmeisterwohnung. 


Die Hauptfront, 
in wuchtigen Ba¬ 
rockformen gehal¬ 
ten, ist in Brohler 
Tuffstein ausge¬ 
führt, teilweise mit 
Verwendung von 
Sandstein, Granit 
und Basalt (Ab¬ 
bild. 244). Die 



Kuppel hat Kupfer¬ 
eindeckung. Hinter 
dem Kuppelraume 
ist, als eine Haupt¬ 
zierde der ganzen 
Bauanlage, ein ln 
Sandstein ausge¬ 
führter Gartenhof 
italienischer 
Hochrenaissance 


Abb. 246. 


Grundriss des Kunstpalastes. 1:1300. 


angeordnet, eine Stiftung der bauausführenden Firma (Abb. 245). Ein süd¬ 
licher Anbau mit Barockfassaden in Putztechnik enthält eine Wirtschaft. 

Der figürliche Schmuck des Giebelfeldes über dem Hauptportale wurde 
von dem Düsseldorfer Bildhauer C. H. Müller ausgeführt, die Füllungen 
über den Portalen der Endrisalite und in den Brüstungen über den seit¬ 
lichen Erdgeschossfenstern des Mittelbaus sind Arbeiten des Bildhauers 
A. Nieder. — Die Gesamtkosten für die Bauanlage stellten sich auf 
1300000 M., d. h. 165 M. für das Quadratmeter bebauter Fläche. 


30 


2. Die Kunsthalle an der Alleestrasse (D 5). 

is der schönsten und durch die Kunstschätze, die es 
birgt, bedeutsamsten Gebäude unserer Stadt ist die 
Kunsthalle. Sie wurde im Jahre 1882 durch die Archi¬ 
tekten Giese und Weidner erbaut (Abb. 247). 

Die oberen, durch Oberlicht erhellten Säle, die sich 
um das Treppenhaus gruppieren, dienen zur Aufnahme 
der neuen städtischen Gemäldegalerie (Abb. 250). 
Von dem künstlerischen Schmucke des Gebäudes sind besonders bemerkens¬ 
wert die Fresken an den Wänden des oberen Treppenhauses, Schöpfungen 
des verstorbenen Professors C. Gehrts (Abb. 248); ferner ein grosses Mosaik¬ 
gemälde in der Bogennische über dem Haupteingange, nach dem Entwürfe 



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DIE KUNSTHALLE. 


203 



Abb. 247. Die Kunsthalle. 



Abb. 248. 


Treppenhaus der Kunsthalle. 


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204 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


des Professors Roeber ausgeführt von Salviati. — Das Erdgeschoss enthält 
einen grösseren und einen kleineren Ausstellungssaal, ferner Bureaus, einen 
Sitzungssaal, Garderobe usw. 

Im Jahre 1902 wurde durch das städtische Hochbauamt nach den 
Plänen des Professors Ad. Schill ein Souterrainanbau geschaffen, dessen 



durch Oberlicht erhellte Räume namentlich 
zur Veranstaltung von wechselnden Kunst¬ 
ausstellungen dienen (Abb. 249). 

Die Flächen der Fassaden sind mit 
Blendziegeln bekleidet, alle Architekturteile 
bestehen aus Sandstein. Die Decken sind 
in Holz konstruiert. 

Als Fussbodenbelag ist in den Sälen 
Linoleum, in den Vestibülen und Fluren 
Mosaik und Terrazzo gewählt. 

Das Gebäude wird durch Zentral¬ 
heizung erwärmt. 



Abb. 250. Obergeschoss der Kunsthalle. 
1 :500. 


Abb. 249. Grundriss der Kunsthalle. 
1:500. 


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DAS HISTORISCHE MUSEUM. 


205 


Das historische Museum (D4). 

stetige Wachstum der Stadt Düsseldorf im letzten Jahr¬ 
hundert, zumal ihr Aufblühen in der zweiten Hälfte des¬ 
selben, das gesteigerte Selbstbewusstsein seiner Bürger 
und der auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens 
entfaltete Gemeinsinn hatten auch den Sinn für die 
Vergangenheit und Entwicklung der Stadt in früheren 
Zeiten belebt. Man fand Interesse an alten Bauwerken 
und Inschriften, forschte nach alten Urkunden, richtete sein Augenmerk auf 
historische Funde und sammelte 
Gegenstände aller Art, die nach 
dieser Richtung hin Aufklärung 
gaben oder geben konnten. 

Zuerst freilich waren es nur Ein¬ 
zelne, die sich solchen Bestre¬ 
bungen widmeten. Aber von 
ihnen ging das Interesse auf 
weitere Kreise über und wurde 
immer allgemeiner. Schliesslich 
regte sich ganz naturgemäss der 
Wunsch, einen Mittelpunkt zu 
schaffen, von dem aus jene 
Bestrebungen nicht nur ein¬ 
heitlich organisiert, geleitet und 
gefördert, sondern mit ihren 
Ergebnissen auch der Allgemein¬ 
heit nahe gebracht werden 
könnten. Dieser Wunsch ging 
in Erfüllung, als die Stadtver¬ 
ordnetenversammlung am 4. Mai 
1874 beschloss, ein historisches 
Museum zu errichten zur Auf¬ 
nahme solcher Gegenstände, die 
für die Geschichte und Ent¬ 
wicklung der Stadt Düsseldorf 
und Umgegend von Bedeutung sind. — Die Gründung des Museums 
erfolgte, und die ersten zumeist von Schenkungen herrührenden Funde 
und Sammlungen wurden im ehemaligen Justizgebäude .untergebracht. Zu¬ 
gleich wurde ein aus sechs Bürgern der Stadt als Mitgliedern bestehendes 
Kuratorium gewählt, das die Verwaltung des Museums unter dem Vorsitze 
des Oberbürgermeisters oder eines von diesem delegierten Beigeordneten 
übernahm und aus seiner Mitte heraus einen Konservator ehrenamtlich zur 
besondem Beaufsichtigung des Museums bestellte. Erster Konservator war 




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206 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


der Königliche Notar Strauwen. — Im Oktober 1879 siedelte das Museum 
in den früheren Antikensaal des alten Gebäudes der vom Kurfürsten Carl 
Theodor im Jahre 1767 gegründeten Akademie der bildenden Künste über 
(dieser Saal besteht heute noch, in ihm befindet sich das Einwohner-Meldeamt). 

Von den mancherlei Schenkungen, die das historische Museum im 
Laufe der Zeit erhielt, ist vor allem diejenige Sr. Königl. Hoheit des 
Prinzen Georg von Preussen zu erwähnen, der dem Museum 30 Ölgemälde 
(meist Porträts alter bergischer Fürsten und ihrer Familienangehörigen) 
stiftete. Dieser hohe Herr übernahm auch, nachdem ihn die Stadt in ihrem 

Dankschreiben für die Schen¬ 
kung darum gebeten hatte, am 
16. Juni 1886 das Protektorat 
über das historische Museum. 

Nach und nach erforderte 
die Verwaltung des Museums 
und seine Pflege und Förderung 
immer mehr Kraft und Zeit, 
und man ging deshalb dazu 
über, anstatt des ehrenamtlichen 
Konservators einen besoldeten 
Kustos mit Sitz und Stimme im 
Kuratorium zu bestellen. Als 
der erste Inhaber, der Kupfer¬ 
stecher Heidtland, am 17. März 
1893 sein Amt niederlegte, über¬ 
nahm es der Oberlehrer Herr 
Dr. Niepmann, in dessen Händen 
es noch heute liegt. 

Im Jahre 1879 wurde das 
Museum abermals verlegt und 
im Gebäude Reuterkaserne Nr. 1, 
einem ehemaligen Lagerhause 
einer Dampfschiffahrtsgesell¬ 
schaft, das kurz vorher zu städ¬ 
tischen Zwecken umgebaut war, 
untergebracht. Dieses Gebäude, worin sich das Museum noch heute befindet, 
und das damals auch das städtische Hochbauamt und das städtische Leih¬ 
amt aufnahm, bietet an sich weder aussen noch innen besonders Bemerkens¬ 
wertes. Es ist in letzter Zeit wieder umgebaut worden, um für das 
«Löbbecke-Museum“, eine von Frau Löbbecke hier der Stadt geschenkte, 
von ihrem verstorbenen Ehemanne hinterlassene grossartige naturwissen¬ 
schaftliche Sammlung, vornehmlich in Konchylien, Korallen und Mineralien 
bestehend, eine passende Unterkunft zu schaffen. Für dies Museum ist der 
Teil, den das Hochbauamt bis dahin inne hatte, hergerichtet, und das ganze 



Relief vom Sockel der Statue des Kurfürsten Johann 
Wilhelm im Hofe der Kunstgewerbeschule. 


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DAS HISTORISCHE MUSEUM. 


207 



Abb. 251. 


Erdgeschoss des historischen Museums. 



Gebäude dient nunmehr bis auf die noch vom Leihamte eingenommenen 
Räume nur Museumszwecken. Durch den letzten Umbau sind vornehmlich 
andere Eingangsverhältnisse geschaffen worden, indem statt der bisherigen 
getrennten Eingänge an der Strasse Reuterkaseme ein gemeinschaftlicher, 
einheitlich und würdig gestalteter Ein- und Aufgang für das historische und 
das Löbbecke-Museum auf der Rheinseite hergestellt worden ist. Das Bau¬ 
werk hat dadurch zugleich mehr den Charakter eines Museumsgebäudes 
gewonnen. Die dargestellten beiden Grundrisse geben ein Abbild desselben 
in seiner heutigen Verfassung (Abb. 251 und 252). Bei dem Umbau ist auch 
darauf gerechnet, dass in nicht zu langer Zeit, wenn sich die Sammlungen 
vergrössert haben werden, — das Löbbecke-Museum soll den Grundstock 
eines weiter auszugestaltenden naturwissenschaftlichen Museums bilden —, 
auch noch das Leihamt aus dem Gebäude hinauswandert und dieses dann 
allein Museumszwecken überlässt. Für spätere Zeiten ist endlich noch der 
Aufbau eines vollen dritten Geschosses in Aussicht genommen. 



1 / 4 Talerklippe 1599. 


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4. Das Kunstgewerbemuseum des Zentralgewerbevereins 

(D4). 

er Museumsbau wurde in den Jahren 1893 bis 1896 von 
den Architekten C. Hecker und Fr. Deckers, nach einem 
mit dem ersten Preise ausgezeichneten Entwürfe des 
Erstgenannten, ausgeführt. 

In seiner Aussenarchitektur zeigt der Risalitbau, dessen 
Hauptfront nach dem Friedrichsplatze gelegen ist, die 
Formen der holländischen Renaissance, unter mässiger 
Anwendung von Bildhauerarbeiten in Bollendorfer Sandstein, verbunden mit 
Backsteinverblendung (Abb. 253). 

Der ganze Bau, von dem vorläufig nur der rechte Flügel mit dem 
Mittelbau ausgeführt wurde, hat eine Gesamtlänge von 65,74 m und 
gliedert sich in einen ganz in Sandstein ausgeführten Mittelbau und zwei 
Seitenrisalite, die durch reiche Staffelgiebel geziert sind. 

Der Sockel des Gebäudes besteht aus Niedermendiger Basaltlava. 

Durch das Portal im Mittelbau gelangt man zunächst zu den Verwaltungsräumen 
und der Biblio¬ 
thek, die im 
Untergeschoss 
um den Licht¬ 
hof gruppiert 
sind. Zwei 
nach rückwärts 
gelegene Säle 
werden nach 
Bedarf als 
Ausstellungs¬ 
räume mitbe- 
benutzt (Ab¬ 
bild. 254). Abb. 254. Erdgeschoss des Kunstgewerbemuseums, i : 600* 




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DAS KUNSTGEWERBEMUSEUM DES ZENTRALGEWERBEVEREINS. 


209 



Der mit einem Oberlicht überdeckte Lichthof, der von Säulenarkaden 
umgeben ist und spanische Renaissancemotive zeigt, hat eine gute Raum¬ 
wirkung. Er dient lediglich zu Ausstellungszwecken und wird im Bedürfnis¬ 
falle durch eingestellte Holzwände in einzelne kleinere Räumlichkeiten 
geteilt. 

Auf der in die Mittelachse des Gebäudes gelegten Haupttreppe gelangt 
man zu dem ersten und zweiten Stockwerke, deren Umgänge einen freien 
Blick in den Lichthof gestatten. Ihre Breite erlaubt, dass auch hier Aus¬ 
stellungen kleineren Umfangs stattfinden können, ohne dass das Beschauen 
der an den Wänden angebrachten oder in die Glaskästen eingeordneten 
Museumsgegenstände behindert wäre. 

Betritt man im ersten Stocke vom Treppenhause aus die Flucht der 
eigentlichen Museumsräume, die in ihrer vollständigen Ausstattung mit 
Möbeln und Hausgerät reine Kulturbilder darstellen, so gelangt man zuerst 
in den Theobald-Haniel-Saal, benannt nach den hier untergebrachten 
Stiftungen der 
gleichnamigen 
Familie. Weiter 
folgen ein Zim¬ 
mer in nieder¬ 
deutscher Re¬ 
naissance mit 
kleinem Barock¬ 
erker, ein vlämi- 
scher Raum, eine 
holländische 
Stube, die ita¬ 
lienische Halle, 

(Abb. 255), die 
Küche mit anstos- 
sendem kleinem 
Raume für aller¬ 
lei Gebrauchs¬ 
gegenstände. ln 
den beiden rück¬ 
wärts gelegenen 
Sälen haben eine 
Anzahl Holzar¬ 
beiten, Möbel 
usw. Platz ge¬ 
funden. 

In der zweiten 
Etage sind im 

ersten Raume Abb. 255. Florentiner Halle im Kunstgewerbemuseum. 


14 


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210 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Kunstschmiedearbeiten untergebracht, dann folgen eine romanische Halle, 
eine kleine spätgotische Kapelle (Abb. 256) und ein Zimmer in sog. tiroler 
Gotik. In den anschliessenden Räumen befindet sich die Eduard-Böningersche 
Sammlung japanischer und anderer orientalischer Kunstgegenstände. Die 
beiden Räume rückwärts dienen zur Ausstellung von Textilarbeiten, Gobelins, 
Kostümen und orientalischen Metallarbeiten. Sie finden ihren Abschluss in 
einem aus Damaskus stammenden orientalischen Gemache. 

Zu erwähnen wäre noch, dass im Dachgeschosse ein Zeichensaal 
und die ausgedehnten Depoträume sich befinden, während in das Keller¬ 
geschoss die Gips- 
giesserei, Heizung, 
Packräume und die 
Aborte für das 
Publikum gelegt 
sind. 

Der nunmehr 
zu errichtende Er¬ 
weiterungsbau, der 
sich im wesentlichen 
symmetrisch zur 
Hauptachse gestal¬ 
tet, wird ausser den 
Sammlungen des 
Museums auch noch 
die städtische Bi¬ 
bliothek aufnehmen 
(Abb. 257). Ihre 
Räume liegen in 
drei Geschossen 
nach der Neubrück¬ 
strasse und erhalten 
für ihre Zwecke 
zwei Treppenan¬ 
lagen. Im Dach¬ 
geschosse sind zwei 
Zeichensäle mit Mo¬ 
dellzimmer, Lehrer¬ 
zimmer und ver¬ 
schiedene Neben¬ 
räume vorgesehen. 
Eine Wohnung für 
den Kastellan soll 
im Sockelgeschosse 

Abi). 256. Kapelle im Kunstgewerbemuseum. angeordnet werden, 


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DAS KUNSTGEWERBEMUSEUM DES ZENTRALGEWERBEVEREINS. 


211 

* 


ausserdem die Neben¬ 
räume für die Biblio¬ 
thek. Mitausserordent- 
lichen Mitteln — 
einer Stiftung hiesiger 
Bürger — wird der 
Lesesaal der Biblio¬ 
thek ausgestattet wer¬ 
den. Die Pläne hierzu 
stammen von Pro¬ 
fessor Pet. Behrens, 
dem Direktor der 
Düsseldorfer Kunst¬ 



gewerbeschule, während die gesamte Erweiterung von dem städtischen 
Beigeordneten Baurat Radke bearbeitet wird. 

Die Baukosten für den ersten Bauabschnitt betrugen 332252 M., d. h. für 
das Kubikmeter umbauten Raums 10,56 M. 



Zwittergulden 1690. 


* 4 * 


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212 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


5. Die städtische Sternwarte (C7). 

uf dem jetzt mit Martinstrasse 101 bezeichneten Grund¬ 
stücke errichtete zunächst für sich selbst, dann aber in 
der Absicht, sie später der Stadt zu vermachen, der be¬ 
kannte Physiker und Astronom Professor Dr. Johann 
Friedrich Benzenberg in den Jahren 1844 und 1845 die 
Düsseldorfer Sternwarte. In der Tat wurde die Stadt 
nach dem Tode Benzenbergs im Jahre 1846 Erbin der 
Sternwarte und trat damit in die Reihe der wenigen Orte Deutschlands ein, 
die städtische Sternwarten besitzen; soviel bekannt, sind dies nur Hamburg 
und Bamberg. 

Die Stadt bildete dem Wunsche des Erblassers gemäss ein Kuratorium 
mit dem jedesmaligen Oberbürgermeister als Vorsitzendem und stellte einen 
Astronomen an. 

Damals bestand die Sternwarte aus einem kleinen eingeschossigen, mas¬ 
siven Wohngebäude, das nur ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und den Haus¬ 
flur mit Treppe nach dem Speicher enthielt, sowie dem rechtwinklig dazu 
angebauten Observatorium. Das letztere bestand aus einem einzigen Raume, 
dem Meridianzimmer, dessen Decke zugleich das Dach des Anbaus bildete 
und die Dachklappen für die Bestimmung der Polhöhe und Zeit enthielt. 
Ausserdem besass das Wohngebäude ein flaches Holzdach zu weiteren astro¬ 
nomischen Beobachtungen. 

Bevor der erste städtische Astronom, Dr. Franz Brünnow, sein Amt an¬ 
trat, mussten notwendige Veränderungen und Verbesserungen an der Stern¬ 
warte vorgenommen werden. Das flache Dach, das sich nicht bewährt hatte, 
wurde entfernt und durch ein Satteldach ersetzt; ferner wurde über der¬ 
jenigen Hälfte des Meridianzimmers, die dem Wohnhause abgewandt ist, ein 
massiver Aufbau mit Drehkuppel aus Holz und Zinkbedachung für ein sechs- 
füssiges Fernrohr hergestellt. Die Auflagerung des Fernrohrs erfolgte auf 
einem hohlen Backsteinpfeiler. In der andern Hälfte des Meridianzimmers 
erhielten das Passageninstrument, die Stemzeituhr und der Repetitionskreis 
ihre Plätze. Der Kuppelraum wurde unmittelbar vom Meridianzimmer mit¬ 
tels Treppe und horizontaler Falltür zugänglich gemacht. Die Kuppel ruhte 
auf drei eisernen Kugeln, die sich in einer Rundbahn bewegten, während 
die Drehvorrichtung aus einer einfachen Haspel bestand, über deren Walze 
ein Seil mit Endhaken zum Eingriff in 12 am Rande der Drehkuppel be¬ 
festigte kleine 'Ringe ging. 

Nachdem diese Erweiterung der Sternwarte vollendet war, bezog Brünnow 
das kleine Wohnhaus und trat seine Tätigkeit als städtischer Astronom an. 
Er schied jedoch schon 1851 wieder aus seinem Amte aus. Sein Nachfolger 
wurde der Astronom Dr. Robert Luther, nachmaliger Professor und Geheimer 
Regierungsrat, dessen langjährige Wirksamkeit vor allem die Düsseldorfer 
Sternwarte in der wissenschaftlichen Welt bekannt gemacht hat. Er hat es 



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DIE KÖNIGLICHE KUNSTAKADEMIE. 


213 


verstanden, ihr trotz der beschränkten Räume und Mittel neben den anderen 
Sternwarten der Welt eine von der astronomischen Wissenschaft anerkannte 
Stellung zu verschaffen. Kein Geringerer als Alexander von Humboldt 
sprach sich im Jahre 1855 recht anerkennend über sie aus. Von Robert 
Luther wurden der erste Planet der Düsseldorfer Sternwarte im Jahre 1852 
und später noch 23 andere Planeten entdeckt Seinen rastlosen Bemühungen 
um die Förderung der Sternwarte ist es auch gelungen, nach und nach 
einige Verbesserungen in deren Baulichkeiten und Einrichtungen zu erreichen. 

So erhielt im Jahre 1852 das Wohngebäude in seiner Längsrichtung 
einen kleinen zweistöckigen Anbau zur Vergrösserung der Wohnung und 
Unterbringung einer inzwischen entstandenen astronomischen Bibliothek. 

Ein Jahr später wurde die alte Rundbahn der Drehkuppel durch zwei 
eiserne, in einem Stücke gegossene und abgedrehte Ringe, welche die Firma 
Jacobi, Haniel & Huyssen in Sterkrade lieferte, ersetzt. Im Jahre 1877 be¬ 
schaffte die Stadt an Stelle des sechsfüssigen einen siebenfüssigen Refraktor, 
der auf einem massiven, in Niedermendiger Basaltlava ausgeführten Pfeiler 
aufgestellt wurde. Endlich ward im Jahre 1897 ein neues freistehendes 
Wohnhaus für den Astronomen erbaut, in dem auch die inzwischen ange¬ 
wachsene Bibliothek der Sternwarte geeignete Unterkunft fand. 

In dieser Verfassung befindet sich die Sternwarte noch heute. Da sie 
aber mit ihren Baulichkeiten und Einrichtungen nicht mehr auf der Höhe 
der Zeit steht und deshalb die Gefahr nahe liegt, dass sie ihre bisherige 
Bedeutung verliert, so wird zurzeit die Frage eines Um- oder Neubaus der 
Warte erörtert. Die hohen Kosten eines Umbaus und zugleich die Erwä¬ 
gung, dass die Sternwarte an ihrer jetzigen Stelle mehr und mehr von der 
städtischen Bebauung eingeschränkt und an freien und genauen Beobach¬ 
tungen gehindert wird, werden wahrscheinlich zu einem Neubau an ganz 
anderer Stelle drängen. 

Bis zum Jahre 1903 waren auf der Düsseldorfer Sternwarte im ganzen 
2505 Beobachtungen an Planeten und zwar 1213 an 220 fremden und 1292 
an den 24 Düsseldorfer Planeten gemacht. 

53 

6. Die Königliche Kunstakademie (D 4). 

achdem das alte herzogliche Schloss, das bis dahin die 
Königliche Kunstakademie beherbergt hatte, im Jahre 1872 
ein Raub der Flammen geworden war, entschloss sich 
die Staatsregierung, unter Aufwendung von für die da¬ 
maligen Verhältnisse ganz erheblichen Mitteln, nach den 
Plänen des Baumeisters Riffart einen Neubau zu er¬ 
richten. Als Baustelle wurde ein Gelände südlich von 
dem damaligen Sicherheitshafen ausgewählt, das zwar in der Nähe des 
unansehnlichsten Teils der Altstadt gelegen war, aber den grossen Vorteil 



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214 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 258. Die Kunstakademie. 

direkten Nordlichts und des ungehinderten Ausblicks auf die prächtigen 
Baumgruppen des Hofgartens bot. Infolge der durch die Erbauung der 
Rheinbrücke bedingten Umgestaltung der Umgebung ist seit 1895 der 
malerische Vordergrund des schiffbelebten Hafens fortgefallen; an dessen 
Stelle sind jetzt hübsche Gartenanlagen getreten. Auch ist bei dieser Ge¬ 
legenheit die Zugänglichkeit der Akademie von den vornehmeren Stadtteilen 
her wesentlich verbessert worden. 

Der Bau imponiert vor allem durch seine gewaltige Nordfront, die bei einer 
Länge von 156 m sich in den Balustraden der Risalite bis zu einer Höhe von 
30,60 m erhebt (Abb. 258). Die viergeschossige, in den Formen der italie¬ 
nischen Renaissance gehaltene Fassade wird durch zwei stark hervortretende 
Seitenrisalite und ein breites flaches Mittelrisalit gegliedert. Die grossen 
Fenster kennzeichnen die Bestimmung des Gebäudes. Die im obersten 
Geschosse des Mittelbaues befindliche Aula ist durch mächtige im Halbkreise 
geschlossene Fensteröffnungen und durch Säulenstellungen hervorgehoben. 
Die Flächen sind in den drei unteren Geschossen gequadert, das oberste Ge¬ 
schoss ist durch Pilaster belebt. Die Nischen zwischen den Fenstern der 
beiden oberen Stockwerke haben neuerdings einen Schmuck in Gestalt von 
ornamentalen Tonstiftmosaiken nach Angaben des Professors Schill erhalten. 
Ein reiches Kranzgesims mit Balustrade bildet den oberen Abschluss des 
Gebäudes. Als Material ist zur Quaderung des Untergeschosses Basaltlava, zur 
Verblendung des Erd- und ersten Obergeschosses Tuff, zu den Gesimsen und 


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DIE KÖNIGLICHE KUNSTAKADEMIE. 


215 


sonstigen Architekturteilen Udelfanger Sandstein verwendet worden. Acht 
Nischen im zweiten Obergeschosse, sowie die Postamente über den Säulen des 
Mittelrisalits harren noch des Statuenschmucks. 

Der Grundriss der Akademie ist klar und übersichtlich (Abb. 259). Die 
Klassen, Ateliers und Sammlungsräume reihen sich an einen zweimal gewinkelten 
Korridor. Die Lage des Gebäudes zur Stadt brachte es mit sich, dass der 
Eintritt von der östlichen Seitenfront erfolgt. Die Haupttreppe ist in der 
Mitte der Hinterfront angeordnet, während zwei durchgehende Nebentreppen 
an den Enden des Korridors den Verkehr zwischen sämtlichen Stockwerken 
vermitteln. 

Im Jahre 1897 sind auf dem Dachboden des westlichen Flügels zwei 
Freilichtateliers eingerichtet worden. 

Eine Zentralheizung ist nur für das Kupferstichkabinett vorhanden, im 
übrigen werden alle Räume örtlich durch eiserne Öfen geheizt. 

Die Beleuchtung erfolgt teils durch Gas, teils — und zwar in einem 
Teile der Korridore und in der Aula — durch elektrisches Licht. Es wird 
beabsichtigt, die elektrische Beleuchtungsanlage in nächster Zeit auch auf die 
Klassen und Ateliers auszudehnen. 

Die innere Ausstattung des Gebäudes ist im allgemeinen einfach; nur 
das Haupttreppenhaus hat neuerdings eine reichere dekorative Ausmalung 
erhalten. 

Den Glanzpunkt des Akademiegebäudes bildet die Aula, die in der 
Mitte der 90er Jahre durch Professor Schill architektonisch und dekorativ 
ausgestaltet und durch den Akademiedirektor Professor Peter Janssen mit 
herrlichen Deckengemälden und einem figurenreichen Wandfriese geschmückt 
wurde (Abb. 260). Erstere stellen die drei Haupterfordernisse, deren die 
Kunst bedarf, Natur, Phantasie und Schönheit dar, während der farben¬ 
prächtige Fries in einer Reihe von Szenen des Menschen irdisches und 
Seelenleben schildert. 

Von der ehemaligen weltberühmten Düsseldorfer Gemäldegalerie, die 
im Jahre 1803 nach München übergeführt wurde und dort den Stamm der 
alten Pinakothek bildet, sind immerhin noch wertvolle Reste vorhanden, die 
im Erdgeschosse des Mittelbaus untergebracht sind. Von den etwa 140 
Nummern sind besonders hervorzuheben: Rubens' Himmelfahrt Mariä, und 
Simson und Delila von J. van Winghe. 

Ausserdem birgt die Akademie eine bedeutende Sammlung von Hand- 



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216 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


zählende Kupferstichsammlung und ein Museum von Gipsabgüssen. — In 
den Gartenanlagen vor der Nordfront der Akademie ist im Jahre 1899 
nach Angaben des Professors Schill ein besonderes Gebäude für Freilicht- 



Aula der Kunstakademie. 


malerei errichtet worden. Es besteht im wesentlichen aus einem massiven 
und mit Werksteinen verkleideten Mittelbau mit zwei Atelierräumen und 
gemeinschaftlichem Eintrittsflur und aus zwei seitlichen, ganz aus Eisen und 



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DIE KUNSTGEWERBESCHULE. 


217 


Olas hergestellten Modellräumen. In einem dieser Räume, für Tiermalerei 
bestimmt, befindet sich ein künstlicher Teich für Spiegelungsstudien. Ent¬ 
wurfsbearbeitung und Ausführung lagen in der Hand des Kreisbaubeamten 
Baurats Bongard. 

Das westlich von der Akademie gelegene Bildhaueratelier wurde von 
einer Unternehmerfirma auf eigene Kosten errichtet und später vom Staate 
angekauft. Das Gebäude ist ein reiner Nutzbau und entbehrt jedes archi¬ 
tektonischen Schmucks. 


& 

7. Die Kunstgewerbeschule (CD5). 

■ Kunstgewerbeschule ist eine von der Stadt Düsseldorf 
gegründete, durch Staatszuschuss unterstützte und unter 
Staatsaufsicht stehende Lehranstalt. 

Sie wurde 1883 eröffnet und soll jungen Handwerkern 
und Gewerbetreibenden Gelegenheit geben, sich Kennt¬ 
nisse und Fertigkeiten anzueignen, die sie befähigen, ihren 
Beruf im Sinne künstlerischer, nicht rein handwerksmässiger Betätigung 
auszuüben. 

Die Schule besteht aus drei Abteilungen: der Vorschule, der Fachschule 
und der Abendschule. 

Die erstere bereitet auf den Fachunterricht vor. 

In der Fachschule gibt es besondere Fachklassen für Möbel-, Gerät- und 
Architekturzeichner, für Dekorationsmaler, für figürliches Zeichnen und 




Abb. 261. 


Die Kunstgewerbeschule. 


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218 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Malen, für ornamentales und figürliches Tonmodellieren und Holzschnitzen, 
für Treiben, Ziselieren und Wachsmodellieren. 

Der Lehrplan der Abendschule umfasst figürliches und ornamentales 
Gipszeichnen, Aktzeichnen und Fachzeichnen für die genannten Berufsarten. 
Die Anstalt ist in einem am Rheinufer liegenden Gebäude, das nach den 
Plänen des damaligen Stadtbaumeisters E. Westhofen 1883 errichtet wurde, 
untergebracht. 

Der Bau enthält 14 Klassen mit den nötigen Nebenräumen für Lehr¬ 
mittel, Modelle usw., 8 Lehrerateliers, Amtszimmer des Direktors, Bibliothek¬ 
zimmer und schliesslich Dienstwohnungen für den Direktor und den Haus¬ 
meister. 

Das Äussere des Gebäudes zeigt die Formen der Renaissance. An den 
Strassenfronten ist für die Architekturteile Werkstein verwendet, die Flächen 
sind mit gelben Backsteinen verblendet. Im Innern ist der Bau sehr einfach 
und anspruchslos, auch der Grundriss bietet nichts Bemerkenswertes (Abb. 261). 



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HÖHERE SCHULEN. 


219 



Abb. 262. Teil des Bendemannschen Frieses in der Aula des städtischen Gymnasiums. 


8. Höhere Schulen. 

zum Jahre 1882 bestanden in Düsseldorf nur vier höhere 
Schulen und zwar das Königl. Gymnasium an der 
Alleestrasse, das städtische Gymnasium und Real¬ 
gymnasium an der Klosterstrasse, die höhere 
Mädchenschule (Luisenschule) an der Steinstrasse 
und die mittlere Mädchenschule an der Oststrasse. 
Es kamen dann bis zum Jahre 1900 hinzu die Ober¬ 
realschule an der Fürstenwallstrasse, eine zweite mittlere Mädchen¬ 
schule an der Florastrasse und die Realschule an der Prinz-Georgstrasse. 
Seitdem ist neu errichtet und Ostern 1903 in Benutzung genommen das 
Reformgymnasium an der Rethelstrasse, während zwei weitere Neubauten, 
nämlich für eine zweite Realschule an der Scharnhorststrasse und der 
Ersatzneubau für das Königl. Gymnasium an der verlängerten Grün¬ 
strasse, im Entstehen begriffen sind. 

Im Schuljahre 1905 werden sonach insgesamt neun höhere Lehranstalten 
zur Verfügung stehen. Dazu kommen noch drei grössere Privatlehr¬ 
anstalten für Mädchen: die Marienschule, die höhere Mädchenschule von 
Fräulein Anna Schmidt und die Schule der Ursulinen. 

Bei den bis zum Jahre 1882 errichteten Gebäuden waren die Decken 
der Klassen und Flure durchweg Holzbalkendecken mit verputzter Unter¬ 
ansicht. Die Fussböden bestanden aus Tannen- oder Eichenholzbrettem. Zur 
Erwärmung der Räume dienten gusseiserne Öfen. Die Lüftung wurde auf 
einfachste Weise durch Öffnen der Fenster bewirkt und nur in einigen 
Bauten waren Luftabzugsöffnungen vorhanden. 

Bei den nach 1882 errichteten Schulbauten kommen für die Flure 
massive Decken zur Anwendung, während es für die Klassenräume meist 
bei der alten Art der Ausführung bleibt. Mit der althergebrachten Ofen¬ 
heizung wird nunmehr aber gebrochen und es werden Zentralheizungs- und 
Lüftungsanlagen eingeführt. Die vor 1900 errichteten höheren Schulhäuser 
haben ferner die vom Hauptbau getrennten Schülerabortanlagen in beson¬ 
deren, auf dem Spielhofe liegenden Gebäuden. — Endlich sind die Dienst¬ 
wohnungen für den Direktor und den Hausmeister bei den meisten Anlagen, 
die vor 1900 entstanden, in dem Schulgebäude selbst untergebracht. 



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220 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Aula des städtischen Gymnasiums. 


Erst bei dem 1902 
errichteten Bau des 
Reformgymnasiums 
an derRethelstrasse 
fügte man die 
Schüleraborte dem 
Klassengebäude un¬ 
mittelbar an und 
schaffte gleichzeitig 
aus den Klassen, 
der Aula und der 
Direktorwohnung 
besondere Bauteile, 
die jedoch unter¬ 
einander in Ver¬ 
bindungstehen und 
eine organische 


Abb. 263. 

Baugruppe bilden. Nach diesem Grundsätze, unter Berücksichtigung der 
besonderen örtlichen Verhältnisse, sind auch die Entwürfe zu den Neubauten 
der Realschule an der Schamhorststrasse und des Königl. Gymnasiums an 
der verlängerten Grünstrasse aufgestellt. 

Von den aufgeführten höheren Lehranstalten mögen nunmehr die folgen¬ 
den einer näheren Besprechung unterworfen werden. 


a) Das Königl. Gymnasium an der Alleestrasse (D 5). 

D as Königl. Gymnasium, zur Hauptsache aus dem Ende der zwanziger 
Jahre des vorigen Jahrhunderts stammend, ist in seiner ganzen Anlage 
so recht ein Beispiel für die kümmerlichen Verhältnisse seiner Entstehungszeit. 
Im Innern fehlt es überall an Licht und Luft. Nur die Aula mit der an 
drei Seiten angeordneten Empore und der doppelten, unten in dorischen, 
darüber in jonischen Formen gehaltenen Säulenstellung ist weiträumig und 
von monumentalem Charakter. Das Äussere des Gebäudes ist in den 
nüchternsten Formen des Klassizismus gebaut, ohne jedes Risalit, mit ganz 
glatten Flächen, ohne irgendwelchen architektonischen Zierrat. 

Trotz der in den Jahren 1887 bis 1889 erfolgten Erweiterung ist das 
Anstaltsgebäude nicht mehr imstande, die Schar der ungefähr 800 Schüler 
zu beherbergen. Infolgedessen ist nach längeren Verhandlungen zwischen 
Staat und Stadt ein Vertrag zustande gekommen, womit diese sich ver¬ 
pflichtet hat, dem Königl. Gymnasium ein neues Haus zu erbauen, das sich 
auf dem Gelände des ehemaligen Exerzierplatzes neben der Königsallee 
nach den Plänen des Beigeordneten Baurat Radke erheben soll. Das wertvolle 
Gelände des jetzigen Gymnasiums wird dann in den Besitz der Stadt übergehen. 

Über den Neubau wird am Schlüsse dieses Abschnitts Näheres gesagt 
werden. 


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HÖHERE SCHULEN. 


221 


b) Das städtische Gymnasium und Realgymnasium an der 
Klosterstrasse (D 5). 

as Gebäude zeigt in seiner äusseren Gestalt die zur Zeit seiner Erbauung 
(1858) üblichen klassischen Formen der Schinkelschen Schule und 
eine dementsprechende einfache Innenausbildung. Nur die Aula erhebt sich, 
als Festraum ausgestattet, über den Rang der anderen Räume. Sie enthält 
einen bedeutsamen künstlerischen Schmuck in einem unterhalb der Decke 
sich hinziehenden gemalten Friese allegorischer Darstellungen von Kunst, 
Wissenschaft, Handel und Industrie, deren Schöpfer der verstorbene Direktor 
der Düsseldorfer Kunstakademie, Professor Ed. Bendemann, ist (Abb. 262, 
263 und 264). Durch drei Erweiterungen in den Jahren 1864,1875 und 1899 ist 
die Zahl der Klassen auf 26 gebracht; ausserdem sind noch vorhanden ein 
Laboratorium, ein Physiklehrzimmer und ein naturwissenschaftliches Lehrzimmer, 
beide mit Nebenraum, ein Bibliothekzimmer, Kartenzimmer, Amtszimmer, 
Konferenzzimmer,Turnhalle, sowie eineDirektor- und eine Hausmeisterwohnung. 

Die im Jahre 1862 mit acht Klassen als höhere Mädchenschule gegründete 

c) Luisenschule an der Steinstrasse (D 5), 
die durch einen Erweiterungsbau im Jahre 1876 auf die Doppelklassenzahl 
vergrössert worden ist; ebenso die. 1882 errichtete und 1902 erweiterte 

d) Mittlere Mädchenschule an der Oststrasse (E5), 

beide nach den eingangs erwähnten Grundsätzen gestaltet, bieten baulich 
nichts Bemerkenswertes. 

e) Oberrealschule an der Fürstenwallstrasse (D6). 

ei dem 1886 bis 1887 erfolgten Bau der Oberrealschule an der 
Fürstenwallstrasse sind dagegen bereits neue Errungenschaften 
der Technik und 
Schulhygiene nütz¬ 
lich verwendet Das 
Äussere dieses Ge¬ 
bäudes zeigt die 
damals beliebte Art 
des Schulpalastes in 
Architekturformen, 
die der italienischen 
Renaissance ent¬ 
lehnt sind. Zu den 
Gliederungen wur¬ 
de durchweg Werk¬ 
stein verwendet, die 
Flächenmauerungen 
sind in Blendstein 

hergestellt(Abb.2Ö5). Abb. 264. Aula des städtischen Gymnasiums. 





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Abb. 265. Oberrealschule an der Fürstenwallstrasse. 




Das Innere bietet wenig Interessantes, nur die Aula hat eine etwas bessere 
Ausstattung erhalten, ln dem Gebäude befinden sich 18 Klassen, Zeichensaal, 
Aula, Turnhalle, Bibliothek, Kartenzimmer, Konferenz- und Amtszimmer, 
ausserdem die aus 10 Räumen und Küche bestehende Direktorwohnung 
und eine Hausmeisterwohnung (Abb. 266). 

Die Erwärmung besorgt eine Niederdruck¬ 
dampfheizung. 

Durch einen im Jahre 1903 ausgeführten 
Erweiterungsbau wurden die für den natur¬ 
wissenschaftlichen, physikalischen und chemi¬ 
schen Unterricht erforderlichen Räume ge¬ 
schaffen (Abb. 267). Dieser Bau ist, vom 
Hauptgebäude getrennt, an der Fürstenwall¬ 
strasse errichtet und enthält ausser den 
erwähnten Lehrräumen, die sich auf das Erd¬ 
geschoss, zwei Stockwerke und das ausgebaute 
Dachgeschoss verteilen,im Unter¬ 
geschosse auch einen Raum zur 
Unterstellung von Fahrrädern. 

Das Haus ist durchweg massiv ausgeführt mit Decken und 
Treppen in Betoneisenkonstruktion nach dem System Henne- 
bique. Alle Fussböden sind mit Linoleum auf Zementestrich 
belegt. Bei der Einrichtung der Lehrsäle wurden die neuesten 
Erfahrungen auf diesen Gebieten verwertet. Das Äussere des 
Erweiterungsbaus ist in Anlehnung an barocke Formen ent¬ 
worfen (Ab¬ 
bild. 268). Alle 
Flächen sind 
mitKalkmörtel 
geputzt, die 
Ornamente 
frei angetra¬ 
gen. Die Bau¬ 
kosten beliefen 

Oberrealschule an der Fürstenwallslrasse, I. Obergeschoss. 1:500. Sich auf FUnd 


Abb. 267. Erweiterungsbau der 

Ob er real schule, i 1400. 



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HÖHERE SCHULEN. 


223 


x 10000 M. ohne die Einrichtung der 
Laboratorien und Lehrsäle. 

Die Oesamtbaukosten für die 
Schule betrugen 470000 M. 

Diesem Bau folgte als nächste 
höhere Knabenschule die im Jahre 1893 
errichtete 

f) Realschule an der 
Prinz-Georgstrasse (E 4). 

iese Lehranstalt wurde schon nach 
einem vollständig neuen Pro¬ 
gramm, das gleich bei der Erbauung 
die für den chemischen, naturwissen¬ 
schaftlichen und physikalischen Unter¬ 
richt benötigten Lehr-, Arbeits- und 
Sammlungsräume forderte, errichtet. 

Sie befindet sich auf einem Eckgrund¬ 
stücke der Prinz-Oeorg- und Frank¬ 
linstrasse in einem allseitig freiliegenden Gebäude, das aus Keller, Erd- und 
zwei Obergeschossen nebst einem Anbau nach dem Hofe zu besteht, der 
oben die Aula, sowie zu ebener Erde die 21 X 12,50 m grosse Turnhalle 
enthält Die ganze Bauanlage zeigt eine klare Grundrisslösung mit gut 
verteilten Eingängen und Treppen (Abb. 26g). Im östlichen Flügel liegt 
die Direktorwohnung. Sie verteilt sich auf drei Stockwerke und ist ein 
Stück des eigentlichen Schulhauses, indem die Stockwerkshöhen und Fenster- 



Abb. 269. Realschule an der Prinz-Georgstrasse. Erdgeschoss. 1:478. 




Abb. 268. Erweiterung der Oberrealschule. 


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Realschule an der Prinz-Georgstrasse. 


achsen die gleichen sind wie an dem Schulgebäude und auch die Aussen- 
architektur dieses Teils das Wohnhaus nicht im geringsten verrät (Abb. 270). 

Die Anstalt enthält 17 Klassen, Direktor-, Amts- und Vorzimmer, 
Lehrersprech- und Konferenzzimmer, Dienstzimmer und Wohnung des 
Hausmeisters, Bibliothekraum, Kartenzimmer, einen besonderen Raum für 
den Religionsunterricht, zwei Räume für den Unterricht in der Physik und 
Chemie, einen Raum für den naturwissenschaftlichen Unterricht und für die 
Sammlungen, schliesslich Zeichensaal, Aula und Turnhalle. Alle Räume, 
mit Ausnahme der in den Ferien auch allein für sich zu heizenden 
und deshalb mit Öfen versehenen Dienstwohnungen, werden durch eine 


Abb. 271. 


Niederdruckdampf - Luftheizung er¬ 
wärmt. Bei dem Ausbau des Innern 

sind Eingangshalle, Haupttreppen¬ 
haus, Aula, Konferenzzimmer und 
Direktordienstzimmer mit etwas 
reicheren Mitteln ausgestattet. Die 
Eingangshalle sowie die Flure sind 
überwölbt und ihre Fussböden mit 
Tonfliesen belegt. In den Klassen 
sind die Decken aus Holz- 
balken mit verputzter Unter¬ 
er— ansicht gebildet, die Fuss- 

böden aus Pitchpineholz. 

G Alle Treppen sind in Ruhr- 

kohlensandstein ausgeführt. 
cT“ Die Baukosten betrugen ohne 

Einrichtung der Lehrsäle und 
Arbeitsräume 460000 M. 

I Entwurf und Ausführung be- 

——1 sorgte das städtische Hoch- 

- bauamt unter dem damaligen 


Grundriss des Reformgymnasiums an der Rethelstrasse. Stadtbaurat Peiffhoven. 


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HÖHERE SCHULEN. 


225 


g) Reformgymnasium an der Rethelstrasse (E 4). 

it dem Bau des Reformgymnasiums an der Rethelstrasse 
endlich setzt der neueste Abschnitt auf dem Gebiete des höheren 
Schulhausbaues ein. Hatten bisher fast ausnahmslosGrundstücke mit grossen 
Strassenfronten zur Verfü¬ 
gung gestanden, so war hier 
eines mit nur schmaler Front 
und bedeutendem Hinter¬ 
gelände zu bebauen. 

Die ganze Anlage glie¬ 
dert sich in drei Teilen: dem 
Klassenbau, dem Aulabau 
und demDirektorwohnhause, 
zu einer einheitlichen Bau¬ 
gruppe. Aulabau und Direk¬ 
torwohnhaus nehmen die 
Strassenfrontein,das Klassen¬ 
gebäude fügt sich rechtwink¬ 
lig dem Aulabau mit zwei 
Flügelbauten an, die als 
Schenkel eines stumpfen Winkels der Ost- und der Nordgrenze des Grund¬ 
stücks folgen (Abb. 271). — Der Haupteingang, zwischen dem Aulagebäude 

und demDirektorwohnhause, 
führt auf eine kleine Vor¬ 
halle, an die sich nördlich 
der Flur und eine zur Aula 
führendeTreppeanschliessen. 
Der aus Erdgeschoss und 
zwei Obergeschossen be¬ 
stehende Klassenbau enthält 
21 Klassen von etwa 6,25 
auf 8 m Grösse, einen Vor¬ 
trags- und Sammlungsraum 
für naturwissenschaftlichen 
Unterricht, einen Vortrags¬ 
saal für Chemie mit Labo¬ 
ratorium für Lehrer und 
Schüler und einem Samm¬ 
lungsraum; ferner Konferenz¬ 
zimmer, Vor- und Amts¬ 
zimmer des Direktors, Hausmeisterdienstzimmer, Bibliothek und Arbeitszimmer 
und endlich ein Lehrmittel- und Kartenzimmer. 

In dem ausgebauten Mansardengeschosse haben die Räume für den 
Handfertigkeitsunterricht, zwei Zeichensäle, Modellsammlungen und eine 

15 



Abb. 273. Physikzimmer des Reformgymnasiums an der 
Rethelstrasse. 



Abb. 272. Aula des Reformgymnasiums an der Rethelstrasse. 



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226 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


„ Kombinations"klasse Unterkommen gefunden. Für den Musikunterricht 
dient ein besonderer Saal, der mit der Aula durch eine grosse Öffnung 
in Verbindung steht, sodass der Chor bei Schulfeiern in die Aula hinein¬ 
singen kann. 

Die Aula liegt im ersten Stockwerke ihres besonderen Baus, sie reicht 
durch zwei Geschosse und ist durch ein Rabitzgewölbe mit Stückarbeit 
überdeckt Auch die Wände sind mit Stuckverzierungen überzogen. Vier 
Kronleuchter und einige Wandarme in reicher Bronzearbeit spenden abends 



Abb. 274. Strassenansicht des Refonngyrnnasiums an der Rethelstrasse. 


das nötige Licht (Abb. 272). Im Dachgeschosse des Aulabaus befindet sich 
der Vortragssaal für Physik nebst Laboratorium und Arbeitszimmer (Abb. 273). 
Das Erdgeschoss nimmt die Turnhalle mit Kleiderablagen und Geräteräumen 
ein. Das Innere des Schulhauses ist in würdiger neuzeitlicher Weise durch¬ 
gebildet. Unter Verzicht auf ornamentalen Aufwand und reiche Einzel¬ 
behandlung an Decken, Wänden und Holzarbeiten ist eine überaus an¬ 
sprechende Stimmung durch helle Wand- und Deckentöne, wozu Fussböden, 
Türen und Möbel in farbenkräftigem Gegensätze stehen, erreicht. 


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HÖHERE SCHULEN. 


227 


Auch technisch bietet der Bau viel Neues und Beachtenswertes. So 
wurden sämtliche Flur- und Klassendecken, die Treppen, alle Fensterstürze 
und auch die über 10 m freigespannte Decke des Haupttreppenhauses in 
Beton und Eisen nach System Hennebique ausgeführt. Die Fussböden aller 
Räume und Flure bestehen aus Zementestrich mit Linoleumbelag. Zur 
Heizung der ganzen Anlage dient eine Niederdruckdampfanlage mit örtlichen 
Heizkörpern. Die Lüftung geschieht mit vorgewärmter Luft, die durch 
elektrisch angetriebene Ventilatoren in die einzelnen Räume gedrückt wird. 


Abb. 275. 


Hofansicht des Reformgymnasiums an der Rethelstrasse. 



Die Abluft wird im Dachraume gesammelt und durch mehrere Deflektoren 
über Dach abgeleitet Vorzüglich ist auch die Ausstattung der Anstalt mit 
Lehrmitteln und Lehreinrichtungen, insbesondere gilt dies von den physi¬ 
kalischen, chemischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts-, Arbeits- und 
Sammlungsräumen. 

Das zweigeschossige Direktorwohnhaus enthält ausser einer geräumigen 
Diele sieben Zimmer, Küche und Nebenräume. Auch seine Ausstattung ist 
gediegen (Abb. 274). 

15 * 


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228 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Die Architektur der ganzen Anlage schliesst sich dem Charakter einiger 
in der Stadt noch erhaltener Bauwerke aus der Zeit des Herzogs Carl 
Theodor in selbständiger Weise an. Alle Flächen sind mit Kalkmörtel ge¬ 
putzt, der ornamentale Schmuck ist frei angetragen (Abb. 275). 

Der Entwurf und die Ausführungszeichnungen zu der ganzen Anlage 
sind unter Leitung des Beigeordneten Stadtbaurat Radke im städtischen 
Hochbauamte ausgearbeitet. Die Ausführung begann am 16. Mai 1902 und 
wurde trotz des sehr schlechten nassen Sommers in nicht ganz 11 Monaten 
beendet. Alle Arbeiten und Ausführungen sind trotzdem durchaus muster¬ 
gültig und lassen nichts von der Hast, womit sie betrieben werden mussten, 
erkennen. Die Baukosten belaufen sich auf 701000 M. Davon entfallen auf 
die Direktorwohnung 35000 M, auf die innere Ausstattung der Schule 
55000 M. Ein Kubikmeter des umbauten Raums hat etwa 15,50 M gekostet. 


h) Zweite Realschule an der Scharnhorststrasse (E 3). 

F ür den Neubau der zweiten Realschule an der Scharnhorst¬ 
strasse waren im Bauprogramm 19 Klassen, eine Kombinationsklasse 
und die bei dem soeben iV \ Direktorwohnhaus (Abb. 276). 


besprochenen Schulhause 
einzeln aufgeführten 
Räume gefordert. Der 
Ausführungsentwurf 
gliedert die Bau¬ 
anlage 
wieder 
in Aula¬ 
bau, Klas¬ 
senbau 
und 



Der Aulabau ist an die west¬ 
liche Ecke des Grundstücks 
verlegt. Er hat einen be¬ 
sonderen Eingang erhalten, 
damit bei Schulfeiern die 
Besucher das Schulhaus 
selbst nicht zu betreten 
brauchen (Abb. 277). 
Der grösste Teil 
der Scharnhorst- 
strassenfront ist 
y von dem Klas¬ 
senbau fürSpe- 
zialunterricht 
eingenommen, 
daran schliesst 
sich östlich in 
der Tiefe des 
Grundstücks 
ein weiterer 
Klassenbauan. 
Diese dreiBau- 
körper fassen 
den etwa 2000 
Quadratmeter 
grossen Spiel- 


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HÖHERE SCHULEN'. 


229 


hof ein, von dem eine Ausfahrt nach der Scharnhorststrasse geht. Der lange 
Ostflügel des Klassenbaus wird durch ein ziemlich in der Mitte liegendes 
Treppenhaus in zwei Teile geschnitten, wovon zunächst nur der südliche 
erbaut werden soll. Der Haupteingang zum Schulhause liegt in der Ver¬ 
längerung des hofseitigen Klassenbaus neben dem Direktorwohnhause. Die 
Erwärmung und Lüftung der Baulichkeiten soll in derselben Weise wie bei 
dem Reformgymnasium geschehen. Die Strassenfront des Klassenbaus wird 
dreigeschossig, der Hofflügel viergeschossig aufgeführt (Abb. 278). 

Das Direktorwohnhaus nimmt die östliche Ecke an der Schamhorststrasse 
ein. Es schliesst sich dem Klassenbau fest an und enthält sieben Zimmer und 
Küche, die sich auf Erd- und Obergeschoss verteilen. Im Untergeschosse 
des Wohnhauses liegen die Hausmeisterwohnung und Kellerräume. 

Die Architektur der Bauanlage ist unter Verwendung barocker Formen 
entworfen. Für die Gliederungen der Strassenansichten wird Sandstein 



verwendet, alle Flächen werden geputzt. Für den Bau wurden 780000 M 
zur Verfügung gestellt, davon entfallen 615000 M auf die eigentliche Bau¬ 
ausführung, 45 000 M auf Kanal- und Strassenbaukosten und Nebenanlagen, 
38000 M auf die Direktorwohnung und 42000 M auf die schulmässige 
Ausstattung. • 

Die zurzeit im Bau befindliche Anstalt wird voraussichtlich zum 1. April 
1906 fertiggestellt werden. Der Entwurf stammt aus dem städtischen Hoch¬ 
bauamte, dem auch die Bauleitung obliegt. 


i) Der Neubau des Königl. Gymnasiums (D5). 


D er Neubau des Königl. Gymnasiums soll sich auf einem von 
der Kanalstrasse, der verlängerten Grünstrasse und der Breitenstrasse 
umschlossenen Grundstücke erheben. Dieses stösst südlich an das Gelände, 
das der Reichsfiskus für den unter den Postbauten erwähnten Neubau des 


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Abb. 278. Di e Realschule an der Schamhorststrasse. 1 1382. 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


230 



Postd i en s tgebäud es 
erworben hat. Da 
sich im Hofe des 
letztem voraussicht¬ 
lich ein starker 
Wagenverkehr ent¬ 
wickeln und die 
Tätigkeit in den dort 
anzulegenden Tele¬ 
graphenwerkstätten 
auch nicht ohne Ge¬ 
räusch sein wird, so 
schien es geboten, 
die Klassenräume 
des Gymnasiums 
möglichst entfernt 
davon strassenwärts 
anzuordnen. Dies 
geht um so eher 
an, als die Kanal¬ 
strasse und die ver¬ 
längerte Grünstrasse 
keinen nennenswer¬ 
ten Verkehr haben 
und voraussichtlich 
auch nicht bekom¬ 
men werden. Um 
aber die Unterrichts¬ 
räume auch noch 
dem Geräusche die¬ 
ser Strassen mög¬ 
lichst zu entrücken, 
wird das Gebäude 
allseitig 6 m hinter 
die Bauflucht zu¬ 
rückgestellt und der 
freigelassene Raum 
als Vorgarten an¬ 
gelegt werden (Ab¬ 
bild. 279). Aula und 
Turnhalle sowie die 
Räumefürden physi¬ 
kalischen Unterricht 
liegen anderBreiten- 


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HÖHERE SCHULEN. 


231 


strasse (Abb. 280). Das Direktorwohnhaus nimmt die äusserste Südostecke 
an der Kanalstrasse ein, wo es die Seitenmauer des Postgebäudes verdecken, 
zugleich aber auch eine etwaige Erweiterung des Klassenbaus in südlicher 



Abb. 279. 


Erdgeschoss des neuen Königl. Gymnasiums. 1:555. 


als Wandelhalle erweiterten Flur längs der Orünstrassenfront führen, der den 
Schülern bei schlechtem Wetter als Bewegungsraum dienen soll. Zu ebener 

Erde, unmittelbar mit dem Klassenbau verbunden, 

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__ s ' n d die Schüleraborte geplant, die vermittels ab- 

j [ ; | ' I Ij-j geschlossener Vorräume sowohl von der Wandelhalle 


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% Abb. 280. Obergeschoss des 


neuen Königl. Gymnasiums. 


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wie vom Spielhofe aus erreicht werden können (Abb. 282). Das Klassen¬ 
gebäude wird in Erd-, zwei Obergeschossen und dem teilweise ausgebauten 
Dachgeschosse 18 Klassen, Religionszimmer, O.esangzimmer, Vor- und Amts- 


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232 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


zimmer des Direktors, Konferenzzimmer, Lehrerbibliothek, Schülerbibliothek, 
Zeichensaal und Dienstzimmer und Wohnung des Hausmeisters enthalten. 

Im Untergeschosse befinden sich die Räume für die Zentralheizung und 
Lüftung, ausserdem ein Raum zur Unterstellung von Fahrrädern. 

Die Turnhalle liegt auch bei dieser Anstalt wieder im Erdgeschosse des 
Aulabaus, dessen erstes Obergeschoss die Räume für den physikalischen 
Unterricht einnehmen. Die Aula selbst ist im zweiten Obergeschosse unter¬ 
gebracht und ihre Decke als Gewölbe, weit in den Dachraum hineinragend, 
ausgebildet. Amtszimmer des Direktors, Konferenzzimmer, Lehrerbibliothek, 
Treppenhäuser, Aula, Turnsaal und Heizraum erhalten elektrische Be¬ 
leuchtung. 

Der Sockel des Baus besteht aus Hartgestein, die Architekturteile der 
Strassenfronten werden in Sandstein ausgeführt. Alle Flächen erhalten ein¬ 
fachen Putz. Zur Eindeckung der Dächer ist Schiefer vorgesehen. 

Die reinen Baukosten sind auf insgesamt 600000 M veranschlagt ohne 
die innere Einrichtung. Als Zeitpunkt der Vollendung ist der 1. April 1906 
vorgesehen. 

Mit der Bearbeitung des Entwurfs und der Ausführung ist auch bei 
diesem Werke das städtische Hochbauamt unter Leitung des Stadtbaurats 
Radke betraut. 



Abb. 281. Seitenfassade des neuen Königl. Gymnasiums nach der Kanalstrasse. 


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m Jahre 1880 unterhielt die Stadt Düsseldorf in 18 städ¬ 
tischen Schulhäusern 170 Klassenzimmer, wovon 168 mit 
zusammen 11099 Schülern belegt waren. Nach dem 
Stande vom 1. Oktober 1903 verfügt die städtische 
Schulverwaltung in 40 verschiedenen Schulhäusem über 
538 Klassenräume, wobei 29622 Schüler in 508 Klassen¬ 
zimmern untergebracht sind. Den ältesten Typus des 
Schulhauses zeigt der Grundriss der Schule an der Ellerstrasse. 
Bis zur Mitte der 80 er Jahre vorigen Jahrhunderts wurde an ihm festge¬ 
halten. Die Grundrissanordnung ist hier so getroffen, dass die Treppe sich 
in der Mitte der ganzen Anlage befindet und die Klassenräume unmittel¬ 
bar auf den Treppenflur münden (Abb. 283). Das dreistöckige Schulhaus 
enthält in jedem Geschosse vier Klassenzimmer. In den meisten Fällen 
wurde von diesen der Raum für zwei Klassen im zweiten Obergeschosse ab¬ 
geteilt und als Wohnung für den Hauptlehrer ausgebildet, sodass in dem 
Gebäude tatsächlich nur. zehn Unterrichtsräume verfügbar blieben. Amts- und 
Konferenzzimmer fehlen noch im Grundrisse, ebenso die Hausdiener¬ 
wohnung — die Reinigung und Heizung des Gebäudes muss der Haupt¬ 
lehrer besorgen —, ebenso fehlen Turnhalle und Aula. Für den Turn¬ 
unterricht stehen in den verschiedenen Stadtteilen drei Turnhallen zur Ver¬ 
fügung, wohin die Schüler oft auf weiten Wegen von ihren Klassen aus 
geführt werden. 

Die innere und äussere Ausstattung dieses Schultyps war die denkbar 
einfachste. Das Äussere zeigt in Backsteinrohbau teilweise mit Verwendung 
von Terrakotten nüchterne Architekturformen oder glatte Zementputzflächen 
ohne jegliche Teilung. Die Decken waren in Holz konstruiert, die Fuss- 
böden bestanden aus Tannenholz-Dielung, nur die Treppen waren massiv 
mit Sandsteintrittstufen hergestellt. 



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DIE VOLKSSCHULEN. 


235 



1:500. 


Die Heizung der Klassenräume geschah durch grosse ummantelte 
Öfen, sogen. Hagedornsche Öfen, denen durch unter dem Fussboden lie¬ 
gende Kanäle von aussen Frischluft zugeführt wurde. Die zwischen Mantel 
und Ofen erwärmte Frischluft strömte oben am Ofen in den Klassenraum 
aus. Die Entlüftung der Räume geschah durch Abluftkanäle in den Aussen- 
mauern, ausserdem dienten die Oberlichter der Fenster als Entlüfter. 

Gegen 1890 ging dann unter Leitung des Stadtbaurats Peiffhoven die 
Verwaltung dazu über, grössere Schulhäuser zu bauen und sich besonders 

die Fortschritte auf dem Gebiete der Heizungs¬ 
technik zunutze zu machen. Auch suchte 
man das Schulhaus durch Ausbildung der 
Schauseiten nach aussen hin zu kennzeichnen. 
Durch Verwendung farbiger Blendsteine in 
Verbindung mit Putzflächen und Sandstein- 
Architekturteilen gab man dem Äussem den 
Charakter eines öffentlichen Gebäudes. 

Als erstes Schulhaus dieser Art ist die 
Schule an der Kronprinzenstrasse zu 
nennen (Abb. 284). Hier zeigt der Grundriss jedes Geschosses bei drei¬ 
geschossiger Teilung sechs an einem Mittelflure gelegene Räume für 
Schulzwecke. Von diesen ist wiederum der Raum von zwei Klassenzimmern 
im zweiten Obergeschosse als Rektorwohnung eingerichtet, ein Raum im 
Erdgeschosse gibt die Dienstwohnung für den Hausdiener ab, und ein weiterer 
Raum ist als Amts- und Konferenzzimmer nutzbar gemacht, sodass vierzehn 
Räume als eigentliche Schul¬ 
zimmer übrig bleiben. 

In bezug auf die Feuer¬ 
sicherheit des Gebäudes ging 
man ebenfalls einen Schritt 
weiter und überwölbte die 
Mittelflure mit massiven 
Decken zwischen Eisenträgern. ' 

Die Deckensysteme von Lauterbach, 

Kleine oder Möters & Co. waren 
am meisten gebräuchlich. Um den 

hohen Anforderungen in bezug auf 



Abb. 284. Schule an der Kronprinzenstrasse. 1 :500. 


Verschleiss zu genügen, wurde bei den Treppenstufen statt Sandstein zu¬ 
nächst Niedermendiger Basaltlava, später Granit verwendet; die Klassenzimmer 
erhielten durchweg Pitchpine-Fussböden und die Wände wurden in den 
Fluren und Klassenzimmern auf 1,50 m Höhe mit Zementmörtel geputzt 
und mit Ölfarbe gestrichen; oberhalb werden Wand- und Deckenflächen 
in Leimfarbe getönt (Abb. 285). 

Die Flure, von nun an etwa 3,50 m breit, erhalten Mosaikplattenbelag 
in hellen ansprechenden Farbenmustern und dienen fortan auch zur Auf- 


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Abb. 285. 


Schule an der Kronprinzenstrasse. 


bewahrung der Schüler¬ 
garderobe. 

Zu den nach Ge¬ 
schlechtern getrennten 
Klassenräumen führen 
vom Spielhofe aus un¬ 
mittelbar zugängliche 
massive Treppenanlagen. 
Im Innern des Gebäudes 
wird die Teilung der 
Systeme durch Glasab¬ 
schlüsse auf den Korridoren hergestellt, die in der Regel nur vom Lehr¬ 
personal als Durchgang benutzt werden, im Falle der Gefahr aber auch die 
Entleerung des Gebäudes über eine beliebige Treppe ermöglichen. 

Ein weiter ausgebautes Beispiel des vorbeschriebenen Schultypus zeigt die 
Schule an der Lennestrasse (E3), die im Jahre 1893 erbaut wurde. Der 
Grundriss (Abb. 286) weist wieder 18 Räumlichkeiten in drei Geschossen 
auf, die sich auf 14 Klassenzimmer, Rektor- und Hausdienerwohnung, sowie 
Amts- und Konferenzzimmer verteilen. Die Klassenzimmer haben Abmes¬ 
sungen von 9,20 m zu 6,20 m bei 4,25 m lichter Höhe, Maße, die als 
Normalmaße einer Klasse für 70 Schüler auch bei späteren Anlagen immer 
wieder angewandt sind. 

Bemerkenswert ist hier zunächst der Versuch, den Grundriss durch An¬ 
ordnung von weitvorspringenden Risaliten lebhafter zu gestalten und dadurch 
auch eine freiere Ausbildung der Architektur der Schauseiten 
zu erzielen, als solche bisher bei der Schablone der 
langgestreckten Schulhäuser auf vollständig 
rechtwinkligem Grundrisse mög¬ 
lich war (Abb. 287). 

Ferner ging 
man dazu über, [ 
dem Grundrisse 
eine Turnhalle an¬ 
zufügen und sie in 'j 
unmittelbare Ver¬ 
bindung mit dem | 

Schulhause zu brin¬ 
gen. Die Abmes¬ 
sungen der Turn¬ 
halle betragen !| 

22,00 m zu 11,00 m 
bei 5,50 m lichter 
Höhe. Auch diese [_ 

Grössenverhältnisse Abb. 286. Schule an der Lennestrasse. Erdgeschoss. 



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Abb. 287. 


Schule an der Lennästrasse. 


werden für die Folge als Normal¬ 
maße für Turnhallen beibehalten. 

Als Fussboden der Klassen¬ 
zimmer finden wir noch 
immer Pitchpine-Dielung auf 
eichenen Lagerhölzern. Die 
hervorragendste Neuerung im 
Ausbau des Schulhauses war 
die Einführung der Zentral¬ 
heizung, wofür das System der Niederdruckdampf-Luftheizung gewählt wurde. 
Im Kellergeschosse aufgestellte Niederdruckdampfkessel versorgen eine 
Anzahl ebenfalls dort angeordneter Heizkammem, denen von aussen Frischluft 
durch unter der Kellersohle liegende Kanäle zugeführt wird. Von hier 
aus gelangt die auf 50—6o°C erwärmte Luft durch senkrechte, im Mauer¬ 
werke ausgesparte Kanäle in die Räume, wird durch Abluftkanäle über 
dem Fussboden wieder abgesogen, zum Speichergeschosse geleitet und von 
dort durch über Dach angeordnete Deflektoren ins Freie befördert. Um 
im Sommer eine wirksame Lüftung der Klassenräume zu erzielen, lassen 
sich die Frischluftkanäle mit den Warmluftkanälen so verbinden, dass die 
von Aussen eingeführte Frischluft unmittelbar in die Klassenräume gelangt. 
Für den Winter ist die Möglichkeit geschaffen, durch Mischklappen solange 
frische ungewärmte Luft einzuführen, bis die gewünschte Temperatur vor¬ 
handen ist. Den erforderlichen Feuchtigkeitsgehalt erhält die zugeführte Luft 
durch die in den Heizkammern auf den Rippenkörpern aufgestellten Wasser¬ 
verdampfschalen (Abb. 288). 

Die Schule an der Kanonierstrasse (D2), im Jahre 1901 durch 
den Beigeordneten, Königl. Baurat Radke erbaut, zeigt zunächst den Versuch, 
zwei vollständige siebenklassige Systeme für Kinder beider Konfessionen in 
einem Gebäude zu vereinigen. — Jedes System hat sieben Knaben- und 

sieben Mädchen klassen, Lehrerkonferenz- und 
Amtszimmer; ausserdem ist für beide Systeme 
gemeinsam eine Reserveklasse, ein Zeichensaal, 
im Erdgeschosse des Gebäudes eine Turnhalle, 
sowie die aus drei Zimmern bestehende Haus¬ 
dienerwohnung vorhanden (Abb. 289). 

Für beide Rektoren und einen Lehrer ist 

ein gern einsam es 
Wohnhaus in 
•einer Ecke des 
Grundstücks er- 
richtet(Abb.29o). 

Das Schul¬ 
gebäude ist in 

Abb. 288. Querschnitt der Schule an der Lennestrasse. Ziegelrohbau mit 



. □ n □ □ 

1 1 1 1 



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238 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Putzflächen ausgeführt, das Dach ist mit Biberschwänzen, die Türme mit 
Kupfer gedeckt (Abb. 291). — Der Innenausbau hat hier wiederum mancherlei 
Änderungen der früheren Ausführungsweisen erfahren. Anstatt des Holzbodens 



in den Klassenzimmern und des Plattenbelags in den Fluren sind zum ersten¬ 
mal sämtliche Fussböden mit Korklinoleum auf Zementestrich belegt, eine 
Fussbodenart, die auch bei allen weiteren Neubauten angewandt worden ist. 



Abb. 290. Lageplan der Schule an der Kanonierstrasse. 


Statt der Steintreppen sind frei¬ 
tragende Wangen treppen (Abb. 292) 
in Eisenbeton nach dem System 
Hennebique ausgeführt. Die Stufen 
haben gleichfalls Linoleumbelag 
erhalten, die Kanten schützt eine 
Mannstädt-Profilleiste. 

Die Oesamtkosten für das Schul¬ 
gebäude einschl. Heizungsanlage be 1 
trugen 284000 M oder für das cbm 
umbauten Raums 14,50 M. 

Die nach 1900 eintretende Er¬ 
weiterung des Lehrplans für die 
Volksschulen bedingte eine Ver¬ 
mehrung der Klassenräume des 
Normalschulsystems. Eine Physik¬ 
klasse mit Nebenraum und ein be¬ 
sonders eingerichteter, meistens im 


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Abb. 291. 


Die Schule an der Kanonierstrasse. 


Abb. 292. Treppenhaus der Schule 
an der Kanonierstrasse. 


Dachgeschosse liegender Zeichensaal (Abb. 293) sind fortan in jedem Grund¬ 
risse zu finden, ebenso eine Turnhalle und ein oder zwei Klassen zur Aus¬ 
hülfe oder für Fortbildungsschul¬ 
zwecke. Da die letzteren den Abend¬ 
besuch der Schule bedingen, so wird 
von nun an auch jede neue Schul¬ 
anlage m it Gasbeleuchtung ausgestattet. 

Diese Neuerungen finden sich 
zum erstenmal in dem 1902 nach 
Radkes Plänen erbauten Sch ul hause 
an der Sietnensstrasse (E6), das 
somit gewissermaßen den dritten 
neuen Typus verkörpert (Abb. 294). 

Der innere Ausbau entspricht dem 
bei der Schule an der Kanonierstrasse 
besprochenen; zum erstenmal aber sind 


hier die Zwischendecken 
des ganzen Gebäudes 
massiv, als Hennebique- 
Decken, hergestellt. Eine 
wesentliche Änderung er¬ 
fährt auch die Grundriss¬ 
lösung. Wurden bislang 
die Klassenräume, bei 

Abb. 293. Der Zeichensaal der Schule an der Kanonierstrasse. der freien Läge der 






































































240 DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN 



Abb. 294. Erdgeschoss der Schule an der Siemensstrasse. 1 : 500. 


Schulhäuser, um einen Mittelflur nach den verschiedensten Himmelsrichtungen 
orientiert, so wird nun die Raumverteilung so gewählt, dass die Klassen 
möglichst alle aus derselben Himmelsrichtung ihre Beleuchtung erhalten 



(Abb. 295). Auch in bezug auf die Heizung ist dieses Schulhaus durchaus 
anders behandelt als seine Vorgänger. Die Mängel der bis dahin angewandten 
Niederdruckdampf-Luftheizung, die bei vielen Vorzügen namentlich daran 
leidet, durch die unmittelbare Verbindung von Heizung und Lüftung unlieb¬ 
sam von der Windrich¬ 
tung und dem Windein¬ 
fall abhängig zu sein, 
führten dazu, die Raum¬ 
heizung von der Lüftung 
in der Weise zu trennen, 
dass in allen Räumen 
Heizkörper aus glatten 
Röhren an den Fenster¬ 
wänden oder auf Konsolen 
ruhende Radiatoren auf¬ 
gestellt wurden, die 

Abb. 29b. Die Schule an der Siemensstrasse. durch Niederdruckdampf 



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DIE VOLKSSCHULEN. 


241 


erwärmt werden. Für die Lüftung wurden Heizkammern im Keller ein¬ 
gerichtet und, um deren Anzahl bei der grossen Ausdehnung der Gebäude 
möglichst zu beschränken, wendete man elektrisch betriebene Ventilatoren an. 

Die Fassade des Gebäudes zeigt mit einfacher Backsteinarchitektur bei 
weissen Putzflächen und mit roter Dacheindeckung das charakteristische 
Bild eines Schulhauses (Abb. 296). Die Gesamtbaukosten beliefen sich für 
das Schulhaus einschl. Heizungsanlage auf 278000 M oder für das Kubik¬ 



meter umbauten Raums auf 13,20 M. — Einen in der Gesamtanlage inter¬ 
essanten Grundriss zeigt die im Jahre 1903 erbaute Schule im Vororte 
Hamm (A 7), (Abb. 297). 

Der Grundriss ist hier insofern noch verbessert, als die Bedürfnisanstalten, 
für beide Geschlechter getrennt, zum erstenmal mit der Schule unmittelbar 
verbunden sind. Auch ist in jedem Geschosse auf den stellenweise erwei¬ 
terten Fluren eine Art Spielplatz geschaffen, wodurch den Kindern bei 
schlechtem Wetter bis mit weissen Putzflächen 

zu einem gewissen rplf' 1 'HU einfache, ansprechende 

Grade Gelegenheitzum I 111 l| -jN*f \ • | Formen. Das Dach ist 

Tummeln innerhalb I V"JrVf -1» --, / mit roten Biberschwän- 

des Schulgebäudes ge- fj i ffil, f j f ( zen, der Uhrturm mit 
geben wird (Abb. 298, | *-*; n Schiefer und Kupfer 

299 und 302). fj - Abb. 299. Volks- gedeckt (Abbild. 300 

Innenausbau wie V [ und 3<>i). - Die Bau- 

Raumanzahl sind im t Dachgeschoss. kosten des ersten Bau¬ 
übrigen die gleichen I] " “J abschnitts — sieben 

wie bei der Schule an J_ *^ | I Klassenräume, Amts- und Konfe- 
der Siemensstrasse. Ü- ; 1 1 wA c / renzzimmer, Hausdienerwohnung 

Die Schauseiten j_ ?n i / j — betragen insgesamt 129500 M 

des Gebäudes zeigen j“ U j 4 oder für das Kubikmeter umbauten 

in Backsteinarchitektur Raums 12,50 M. 

l6 


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Abb. 300. Vorderansicht der Schule in Hamm. 



Abb. 301. Seitenansicht der Schule in Hamm. 


Allen vorgenannten neueren Schulen ist gemeinsam, dass die Ausstattung 
sämtlicher Räume stets in einfachen aber gefälligen Formen unter Benutzung 
aller neuzeitlichen und schultechnisch praktischen Hülfsmittel gehalten ist. 
Ganz besondere Berücksichtigung haben immer alle gesundheitlichen Vor¬ 
schriften gefunden, auch ist angestrebt, durch freundliche Farbengebung wie 
helle Räume den Aufenthalt im Schulhause für Lehrer und Schüler nutz¬ 
bringend und angenehm zu gestalten. 

Erwähnt sei ferner noch die jüngst eingeführte Neuerung der Einrichtung 
von Kochklassen für die Schülerinnen der oberen Volksschulklassen. 
Abb. 303 zeigt die Inneneinrichtung einer solchen Klasse im Schulhause an 
der Aachenerstrasse (D7). 

Die Spielhöfe, deren Grösse sich nach der Zahl der Klassen richtet, sind, 
um ein möglichst schnelles Aufsaugen des Regenwassers zu erzielen, mit 
einer etwa 50 cm starken Packlage von grober Kohlenschlacke befestigt, auf 
der eine Feinschicht gesiebter und ausgeglühter Kohlenasche eingewalzt 
wird. Pflasterung, ausser einem das Gebäude umgebenden Traufstreifen von 

1,50 m Breite, erhalten 
die Spielhöfe nur da, wo 
es die Kohlenzufuhr und 
der Zugang zum Gebäude 
erfordert. 

Die Abortanlagen sind, 
für Knaben und Mädchen 
getrennt, im allgemeinen, 
mit der erwähnten Aus¬ 
nahme in Hamm, ab¬ 
seits des Schulhauses auf 
dem Hofe errichtet und 
so bemessen, dass auf je 
eine Mädchenklasse zwei 
Aborte, auf je eine 



Abb. 302. Innenansicht des Flurs der Schule in Hamm. 


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DIE VOLKSSCHULEN. 


243 


Knabenklasse ein Abort und eine Anzahl Stände entfallen. In ihrem Äussern 
passen sich diese Anlagen den Formen des Schulhauses an. Um das 
Innere möglichst kräftig zu lüften, erhalten die Abteilungen keine Decken 
und das Dach einen mit Rohglas abgedeckten Dachreiter, durch dessen 
seitliche feststehende Jalousieeinrichtung die Luft jederzeit entweichen kann. 
Um Beschädigungen durch herabfallende Glasbruchstücke zu verhüten, ist 
unter den Dachreiter ein Drahtnetz gespannt. Die Wände der Anlagen 
werden innen mit rauhem Zementputze versehen, um das Beschreiben zu 
verhindern. Die Abortanlagen für die Lehrer sind bei allen neueren Schulen 
im Schulhause selbst angeordnet. 


Abb. 303. Kochklasse in der Schule an der Aachenerstrasse. 




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E. Gebäude für Krankenpflege und öffentliche 

Wohlfahrt. 

I. Pflege- und Waisenhäuser. 

a) Die Rettungsanstalt Düsseltal (F3) 

wurde 1822 durch den Grafen Adalbert von der Recke-Vo^narstein als eine 
der ersten deutschen Anstalten dieser Art errichtet. Sie steht auf dem Boden 
eines ehemaligen Trappistenklosters, das 1707 von Kurfürst Johann Wilhelm 
gegründet, 1714 zur Abtei erhoben und 1802 säkularisiert wurde (Abb. 304t. 

Das Hauptgebäude (altes Knabenhaus) ist noch von. dem Stifter der 
Anstalt 1825 erbaut, die anschliessenden Bauwerke sind nach dem Brande 
von 1851, der die alte Prälatur vernichtete, errichtet worden. Die Ökonomie¬ 
gebäude und die Mühle entstanden im Jahre 1894, die Anstaltskirche 1854, 
das neue Knabenhaus 1899, das Beamtenhaus an der Mathildenstrasse 1900. 
Das im Jahre 1716 erbaute interessante Torgebäude am Wege nach der 
Stadt (Abb. 306) musste bis auf den südlichen Seitenflügel, den letzten Rest 
des ehemaligen Klosters, im Jahre 1901 der mitten durch die Anstalt gelegten 
Graf-Reckestrasse weichen. 

Der Giebel des Mittelbaus war mit dem kurfürstlichen Wappen, das von 
zwei Löwen gehalten wurde, geschmückt und mit einer Madonna bekrönt. 



Abb. 304. Die ehemalige Anstalt Düsseltal. 


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Abb. 305. 


Holzschnitzerei aus der Bogenrundung des Tors von Düsseltal. 


Die Bogenrundung des Eingangstors zierte eine Holzschnitzerei, drei aus den 
Wassern hervorragende Hügel, darüber einen Stern, darstellend (Abb. 305). 
Das gleiche Wappen findet sich an der Villa Albani in Rom. Es deutet 
darauf hin, dass der zur Zeit der Gründung des Klosters Düsseltal regierende 
Papst Clemens XI. ein Spross der Familie Albani war. 

Die Rettungsanstalt 
Düsseltal dient dem guten 
Zwecke der Fürsorge- 
und Waisenerziehung. 

Die Zahl der Betten 
für Zöglinge beträgt 200 
(120 Knaben und 80 Mäd¬ 
chen), für Angestellte 40. 

Für Knaben und Mäd¬ 
chen sind je zwei Kran¬ 
kenstuben mit zusammen 
14 Betten vorhanden. Die 
verheirateten Angestellten 
sind in 11 Wohnungen 
untergebracht. 

In Kellerräumen der 
Anstalt befindet sich eine 
Brausebadeeinrichtung 
mit 10 Brausen. 

Die Entwässerung ge¬ 
schieht in den städtischen 
Kanal, die Heizung durch 
eiserne Öfen, die Beleuch¬ 
tung ausschliesslich durch 

Petroleum. Abb. 306. Das Torgebaude der alten Anstalt Düsseltal. 



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Abb. 307. 


Das katholische Knaben-Waisenhaus. 


b) Das katholische Knaben-Waisenhaus (E6) 


an der Oberbilkerallee ist im Jahre 1872 durch den katholischen Knaben- 
Waisen-Verein auf dem hierzu 1870 erworbenen sogenannten Neuhofs-Oute 
errichtet worden. 


Das vorhandene, erst kurz zuvor neuerbaute herrschaftliche Wohnhaus 
wurde für die Zwecke der Waisenerziehung umgebaut und durch einen 
Neubau bedeutend vergrössert, sodass schon anfangs bis zu 100 Pflege¬ 
kinder untergebracht werden konnten. Dem wachsenden Bedürfnisse ent¬ 
sprechend wurde im Jahre 1900 durch Umbau Raum für weitere 20 Pfleg¬ 
linge geschaffen und im Jahre 1903 ein grösserer Neu- und Umbau nach 
Plänen des Architekten B. Tüshaus in Angriff genommen, sodass jetzt die 
Unterbringung von 150 Kindern, 12 bis 15 Schwestern und 8 bis 10 Dienst¬ 
leuten möglich ist (Abb. 307). — Die Anlage besteht gegenwärtig aus dem 



Abb. 308. Lageplan des katholischen 
Knaben-Waisenhauses. 


Hauptgebäude, einem alten Nebengebäude, das 
Werkstätten, Ställe usw. enthält, und dem gleich¬ 
falls alten Gärtner-(Aufseher-)Wohnhaus(Abb. 308). 

Die Leitung der Anstalt liegt in den Händen 
der Schwestern vom armen Kinde Jesu. 

Das Hauptgebäude enthält im Kellerge¬ 
schosse Koch- und Waschküchen, Backraum, Schuh¬ 
putzraum und Vorratsräume. Im Erdgeschosse 
befinden sich die Aufenthalts- und Esszimmer für 
die Kinder, Wohnzimmer der Schwestern und vier 
Klassenzimmer für den demnächst in der Anstalt 
selbst abzuhaltenden Schulunterricht (Abb. 309). 
Im Obergeschosse liegen die Schlafräume für die 
Kinder und Schwestern, Krankenzimmer, Wasch¬ 
raum, Bad und die Kapelle mit Nebenräumen 
(Abb. 310). Das Dachgeschoss ist auch noch 
ausgebaut und enthält ausser weiteren Schlaf- und 
Waschräumen der Zöglinge die Dienstmädchen- 
Schlafzimmer, Kleiderräume, Leinwandkammer usw. 

Das Gebäude ist ausgestattet mit zentraler 
Niederdruckdampfheizung, sowie mit Leucht- und 


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PFLEGE. UND WAISENHÄUSER. 


247 


Kochgasanlage. — Die Wasserversorgung erfolgt durch die städtische Wasser¬ 
leitung; die Abwässer der Anstalt werden in den städtischen Schwemmkanal 
geleitet. Die Neuanlage einschliesslich Umbau und Anlage der Zentralheizung 
erforderte einen Kostenaufwand von 80000 M, wovon 60000 M auf den 
Neubau entfallen. 



Abb. 310. Obergeschoss des katholischen Knaben-Waisenhauses. 1:600. 


c) Das Kinderpflegehaus an der Ratingerstrasse (D4), 

durch Umbau und Zusammenziehung dreier Privathäuser entstanden, enthält 
im ganzen 83 Räume, wovon sechs als Wohnung des Hausvaters dienen. 

Die Anstalt bietet Unterkunft für etwa 300 Kinder beiderlei Geschlechts 
und ist ständig vollbesetzt. 

d) Das städtische Pflegehaus an der Himmelgeisterstrasse (D8) 

steht auf einem Grundstücke von ungefähr 20000 qm Grösse und setzt sich 
aus drei Gebäuden zusammen: dem in der Mitte gelegenen Verwaltungs¬ 
gebäude, worin zugleich eine Anzahl von Pfleglingen Platz findet, und den 


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248 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


tj I beiden Seitengebäuden, 

die nur zur Aufnahme siecher 
Männer und Frauen bestimmt 

__ sind. Insgesamt bietet es 

\ Raum für 533 Pfleglinge, wo- 

\ von je 204 in den beiden 

\ Seitengebäuden Unterkom- 

men finden (Abb. 311). 

o Die Oesamtbaukosten 

* • % jjn haben rund 750000 M be- 

6 0 *•'*"*,*\ tragen, oder für den Kopf der 

Bele S un g rund 1400 M. 

3. 311. Das städtische Pflegehaus. 1:2800. gcbäude enthält im Kcllcr- 

, Verwaltungsgebäude. 2 . Küchen- bzw. Kapellenanbau. geSChOSSe WirtSChaftS- Und 

3. Verbindungshallen. 4. Männerhaus. 5. Frauenhaus. ‘ MaSChinenräUme, Backofen. 

6. Spaxierhöfe. 7. Wirtschaftshöfe. 8. Kesselhaus. . , „ . . 

Waschküche mit Dampfbetrieb 
nebst Zubehör; im Erdgeschosse die Räume für die Verwaltung, für Ärzte und 
Geistliche, Apotheke, Verwalterwohnung, Aufnahmezimmer und zwei Kranken¬ 
säle, ferner die Kochküche mit drei Dampfkesseln und einem Bratherd, Spül¬ 
küche, Vorratsräume und zwei Speiseausgaben; im ersten (Abb. 312) und 
zweiten Obergeschosse die Aufenthalts- und Schlafzimmer für die Pfleglinge, 
Arbeits- und Speisesäle, Wärterzimmer, Bäder, Teeküche und Aborte. Die 
Schlafräume weisen Grössen auf für zwei bis vierzehn Betten. 

Im Mittelbau des ersten Obergeschosses liegt die Kapelle, deren Empore 


Abb. 311. 


Das städtische Pflegehaus. 1: 2800. 


1. Verwaltungsgebäude. 2. Küchen- bzw. Kapellenanbau. 
3. Verbindungshallen. 4. Männerhaus. 5. Frauenhaus. 
6. Spaxierhöfe. 7. Wirtschaftshöfe. 8. Kesselhaus. 


vom zweiten Oberge¬ 
schosse aus zugänglich 
ist. Im Dachgeschosse 
sind Schlafzimmer und 
Wohnräume für das aus 
vierzig Köpfen bestehen¬ 
de Dienstpersonal ange- 


d 1 

RI 


ordnet. — Die beiden 
seitlichen Pflege¬ 
häuser, ein Männer¬ 
haus und ein Frauen¬ 
haus (Abb. 313), stimmen 
in ihrer baulichen Ein¬ 
richtung ziemlich über- 



Abb. 312. 


Städtisches Pflegehaus. 1. Obergeschoss des Verwaltungsgebäudes. 1:540. 


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ein. Sie enthalten im Erdgeschosse und zwei Obergeschossen die Aufent¬ 
halts-, Arbeits- und Speisesäle, sowie die Schlafräume der Pfleglinge, ferner 
die Zimmer für Wärter, Bäder, Teeküche und Aborte. Die Grundfläche der 
Schlafräume beträgt für jedes Bett 6 bis 7 qm, die Stockwerkshöhe 4,5 m, 
der Luftraum danach rund 30 cbm. 

Die drei Gebäude sind durch bedeckte Gänge miteinander verbunden, 
sodass den Pfleglingen Gelegenheit gegeben ist, sich auch bei Regenwetter 
im Freien zu bewegen. 

Die Heizung der Räume geschieht durch eiserne Öfen mit äusserer 
Luftzuführung; nur die Kapelle ist mit Dampfheizung versehen. 

Die Fassaden sind in einfachen Formen mit gelber Ziegelverblendung 
ausgeführt, die Dächer durchweg mit doppelter Papplage gedeckt. Entwurf 
und Ausführung lag in den Händen des damals unter Leitung des Baurats 
Peiffhoven stehenden städtischen Hochbauamts. 


2. Krankenhäuser. 


a) Das katholische Marienhospital 

an der Sternstrasse (D 4) wurde durch eine Anzahl Düsseldorfer Bürger (den 
Marienverein) im Jahre 1867 begründet und zunächst für 50 bis 60 Betten ein¬ 
gerichtet. Heute bietet die Anstalt Raum \i' // 

für etwa 380 Kranke bei einem Pflege- und \* // 

Dienstpersonal von 40 Schwestern, 5 Kran- } v —V 

kenwärtern, 15 Dienstmädchen und 13 Hand- / — ' V 

werkern und sonstigen Bediensteten. /W b V 

Die gesamte Bauanlage (Abb. 314) /y -— i \ 

bedeckt ein etwa 290 ar grosses, an drei / ( v ... \j 

Seiten von Strassenzügen begrenztes Grund- A \ ' \ ’ \ 

stück und umfasst ausser dem eigentlichen \\\ = \ 

Krankengebäude mit einem Kapellenanbau j 

noch ein Absonderhaus, Leichenhaus, Kessel- J -3 k LJ 1 ; j . p 

und Maschinenhaus, Stallgebäude, Treib- ' -- 1 

haus und Pförtnerhaus. " a V 7 “- 17 !| ] 

Die Gebäude sind als Ziegelrohbauten Abb JI4 Lageplan des Ma L„hos P i to is. 
in gotischen Formen errichtet. Das Haupt- 1:4700. 


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Abb. 315. Das Marienhospital. 


gebäude zeigt eine stark gruppierte Anlage mit weit vorspringenden Seiten¬ 
flügeln (Abb. 315). 

Im Krankengebäude enthält das Kellergeschoss die Vorratsräume, Wasch¬ 
küchen, Werkstätten, Schlafräume für die Handwerker und Bediensteten, 
Bäckerei, Laboratorium, Esszimmer, Baderäume und Aborte für das Dienst¬ 
personal usw. 

Im Erdgeschosse liegen die Koch- und Spülküche, vier grosse Kranken¬ 
säle, ein Zimmer der chirurgischen Frauen-Station, Damen-Pensionat erster 
und zweiter Klasse mit vier Zimmern, Herren-Pensionat mit sechs Zimmern, 
drei Zimmer für Ärzte, Apotheke, Vorstandssitzungssaal, ein Schwestemraum, 
Leinwandzimmer, Speisesaal für weibliche Bedienstete, Bügelzimmer, Bureau, 
Pförtnerzimmer, Ansprach- und Wartezimmer, Teeküche, Baderäume, sowie 
die Kapelle mit Sakristei und Paramentenraum. 

Das erste Obergeschoss (Abb. 316) enthält sieben grössere und drei kleinere 
Krankenräume der ersten chirurgischen und ersten innern Männerstation, 
Damen-Pensionat mit vier Zimmern, Herren-Pensionat mit sechs Zimmern, 
Wärterzimmer, Teeküchen, Laboratorium, zwei Operationssäle, Räume für 
Röntgen- und Elektrisierapparate, Instrumentenkammern, zwei Baderäume, 
sowie Wohn- und Schlafzimmer (Klausur) der Schwestern, endlich einen zur 
Kapelle gehörenden Chorraum. 


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KRANKENHÄUSER. 


251 


Das zweite Obergeschoss zeigt annähernd die gleiche Raumanordnung. 
Im Dachgeschosse sind noch 12 grössere und kleinere Krankenräume der 
innem Frauen- und Kinderstation, ferner 28 Schlafzimmer für Bedienstete, 
drei Baderäume, zwei Teeküchen, ein Arbeitsraum, Wasch- und Vorratsräume 
untergebracht 

Das Gebäude hat Zentraldampfheizung; die elektrische Beleuchtung 
besorgt das städtische Werk. Den zum Kochen, Waschen und Baden er¬ 
forderlichen Dampf liefert eine zehnpferdige Dampfmaschine, die gleichzeitig 
die Antriebskraft für den Betrieb der Waschmaschinen, Personen- und 
Speiseaufzüge erzeugt. 

Der Erbauer der ersten Anlage ist Professor A. Rincklake; die Kapelle 
stamrtit von dem Architekten Pickel. 


b) Das evangelische Krankenhaus 


an der Fürstenwallstrasse (D 6) wurde im Jahre 1866 auf einem rechteckigen, 
über sechs Morgen grossen, auf allen vier Seiten von Strassen begrenzten 
Grundstücke erbaut. Es bietet Platz für 250 Kranke. 

Das stark gruppierte, sonst aber als nüchterner Ziegelrohbau ausgeführte 
Hauptgebäude liegt im nördlichen Teil des Grundstücks mit der Front 
nach Norden. Es enthält ausserdem enthält jedes 


im Kellergeschosse die Wirt- Geschoss acht kleinere 

schaftsräume und in einem |__i | Zimmer und in jedem der 

besondern Anbau das Kessel- ■*. v ■A'j beiden Flügel noch vier 

haus und den Maschinen- " ' | Zimmer zur Aufnahme von 

raum. In jedem der drei ™ Privatkranken (Abb. 317). 

Stockwerke befinden sich v Im ersten Oberge- 

vier nach Süden gelegene schosse (Abb. 318) befindet 

Krankensäle für durch- I . "J ja'"'“ | sich über dem Eingänge 

schnittlich je neun Betten; fl_I I ‘ I der Operationssaal und im 



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252 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


zweiten Obergeschosse der aseptische Operationssaal; ein Vorraum dient 
zur Einleitung der Narkose, während ein dritter kleinerer Raum für Augen¬ 
operationen bestimmt ist. 

Zur Beförderung der Kranken ist ein Personenaufzug vorhanden, der 
für ein vollständiges Bett Raum gewährt. 

An der Südseite des Hauses sind lan gg estreckte Baikone vorgelagert, 
vier ebensolche mit Olasbedachung seit 1903 an der Nordseite. 


An der Ostseite des 
Grundstücks liegen zwei Ab¬ 
sonderhäuser (Abb. 31Q) und 
eine Begräbniskapelle nebst 
Leichenhaus im Süden an 





der Kirchfeldstrasse. — Der 
Anschluss an das städtische 
Elektrizitätswerk dient ausser 
zur Beleuchtung des Hauses 
auch noch verschiedenen 



Zweigen ärztlicher Tätigkeit (Untersuchung und Behandlung vieler Krank¬ 
heiten mittels besonderer Apparate und elektrischer Lichtbäder), dem Betriebe 
■des Röntgenapparats usw. 

Die Wasserversorgung erfolgt durch das städtische Wasserwerk, die 
Entwässerung durch den städtischen Schwemmkanal. 

Die Zahl der verpflegten Kranken betrug im Jahre 1903:1837. 


c) Die Krankenanstalt der Schwestern: Töchter vom hl. Kreuz 

am Stiftsplatze (D 4) ist einem Kloster angegliedert, das nebst Kirche aus 
dem Jahre 1716 stammt. 

Das zugehörige Krankenhaus ist 1882 bedeutend vergrössert und bietet 
gegenwärtig Raum für 135 Kranke bei einem Pflegepersonal von 18 Schwestern, 
2 Wärtern und 8 Dienstmädchen. Auch eine Wohnung für einen Assistenz¬ 
arzt befindet sich in der Anstalt. 

Sie ist ausgestattet mit Zentral-Warmwasserheizung, elektrischer Licht¬ 
end Waschmaschinenanlage und einem Buddenbergschen Desinfektions- 


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KRANKENHÄUSER. 


253 


apparat. Zwei gut eingerichtete Operationssäle mit Röntgen-Apparat ermög¬ 
lichen auch eine ausgedehnte chirurgische Behandlung. 

Die Anlage als Krankenhausbau bietet nichts von weiterm Interesse. 


d) Das städtische Baracken-Krankenhaus 


an der Eisenstrasse (E6) wurde im Jahre 1896 als Vorläufer des demnächst 
an der Moorenstrasse zu erbauenden grossen städtischen Krankenhauses ein¬ 
gerichtet und bestand zunächst nur aus dem Verwaltungsgebäude, dem 

Desinfektionshause und fünf ausser den Bureaus und 

Döckerschen Baracken. vy einem Ärztezimmer die ge- 


Das Verwaltungsge¬ 
bäude ist ein schlichter Putz¬ 
bau, der im Erdgeschosse 


räumige Küche für die ganze 
Anstalt, im Obergeschosse 
Wohnräume für Assistenz¬ 



ärzte und Schwestern enthält. Der Ausbau ist der vorübergehenden Be¬ 
stimmung des Gebäudes entsprechend ganz einfach gehalten. 

Die fünf Baracken zeigen die übliche Bauart: jede besteht in der Haupt¬ 
sache aus einem Krankensaale mit 12 Betten, Baderaum und Wärterzimmer. 

Das Desinfektionshaus enthält zugleich eine Waschküche, die Leichen¬ 
halle, ein Laboratorium, das zugleich als Obduktionsraum benutzt wird, und 
ein Röntgenzimmer. Dies Gebäude hat zum Teil Sammelheizung. Die 
Fassaden sind in Eisenfachwerk gebildet. 

Die Anstalt ist im Jahre 1897 durch die Aufstellung von noch drei 


Döckerschen Baracken, im Jah¬ 
re 1901 durch die Errichtung 
eines viergeschossigen massiven 
Gebäudes erweitert worden. 
Das letztere ist so eingerichtet, 
dass es bei Aufgabe des Ba¬ 
rackenkrankenhauses nach Ein¬ 
ziehen von Wänden als Wohn- 



Abb. 319. Absonderhaus des Ev. Krankenhauses. 1 : 500. 


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254 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


haus benutzt werden kann; es umfasst ausser verschiedenen Wirtschaftsräumen 
im Sockelgeschosse, sowie Laboratorien und anderen ärztlichen Zimmern 
im Erdgeschosse, fünf auf die drei oberen Geschosse verteilte Krankensäle 
für insgesamt 50 Kranke. Jeder Saal hat einen Flächeninhalt von annähernd 
52 qm. Ein sechster ebenso grosser Saal wird von den Schwestern benutzt. 
Die Heizung geschieht mit Öfen. Die Fassaden sind mit Zementmörtel verputzt. 

Dies Gebäude nimmt ausschliesslich unter Polizeikontrolle stehende 
weibliche Kranke auf, andere Kranke werden in den Baracken untergebracht. 

Die Höchstbelegungsziffer der ganzen Anstalt beträgt 150. 

e) Das St. Josefs-Krankenhaus (F6) 

an der Kruppstrasse im Stadtteile Oberbilk ist im Jahre 1900 für die »Genossen¬ 
schaft der barmherzigen Schwestern vom heiligen Vincenz von Paul" von 
dem hiesigen Baugeschäfte von Heinr. Essmann errichtet worden und enthält 
85 Krankenbetten bei 12 Pflegeschwestem, 2 Wärtern und 8 Dienstmädchen. 

Im Kellergeschosse befinden sich die Vorrats- und Kochküchenräume, 
Werkstätten, Kesselraum für die Zentralheizung, sowie eine Armenküche mit 
Armenspeiserau m. 

Das Erdgeschoss (Abb. 320) enthält drei Warte- und Sprechzimmer, drei 
Krankenzimmer, einen Operationssaal mit zwei Röntgen-Apparaten, Sterili¬ 
sationsräume, Teeküche, zwei Badezimmer, sowie zwei Schlafräume und einen 
Speisesaal für die Schwestern. 

Im ersten Obergeschosse liegen neun Krankenzimmer mit den erforder¬ 
lichen Nebenräumen, das Direktorzimmer und die Kapelle mit Sakristei. 

Das zweite Obergeschoss ent¬ 
hält acht Krankenräume, ein Wärter¬ 
zimmer, zwei Räume für Pensio¬ 
näre, Teeküche, zwei Baderäume, 
Schrankzimmer usw. 

Das Dachgeschoss ist für die 
Wäscherei des Krankenhauses, so¬ 
wie zur Unterbringung des Dienst¬ 
personals ausgebaut. 

Die Heizung erfolgt durch 
eine Zentraldampfheizung, die Be¬ 
leuchtung durch Gas. Ein um¬ 
fassendes wirksames Lüftungssystem 
sorgt für die nötige Lufterneuerung. 
Personen- und Speisenaufzug sind 
vorhanden. 

Die Kosten der Oesamtanlage 
betrugen 360 000 M einschl. Grund¬ 
erwerb und innerer Einrichtung. 
Für das Quadratmeter bebauter 



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KRANKENHÄUSER. 


255 


Fläche sind 340 M, für das Kubikmeter umbauten Raums 18,60 M Kosten 
erwachsen. Eine ähnliche Anlage ist 

f) Das St. Vincenzhaus 

im Stadtteil Derendorf (E 3) an der Jülicherstrasse, das von den gleichen 
Ordensschwestern im Jahre 1902 errichtet worden ist. 

g) Allgemeines städtisches Krankenhaus in Verbindung mit einer 
Akademie für praktische Medizin (E8). 

N achdem die städtische Verwaltung sich ein volles Jahrzehnt mit der Frage 
des Baus eines allgemeinen städtischen Krankenhauses beschäftigt und 
allein die Programmfrage die verschiedensten Phasen der Entwicklung durch¬ 
laufen hat, liegt nunmehr ein geschlossener und vollständig durchgearbeiteter 
Bauplan vor, der sich alle bedeutsamen Fortschritte auf dem Gebiete der 
medizinischen Wissenschaft nutzbar gemacht hat und wohl in allen Teilen 
als erschöpfend bezeichnet werden darf. 

Der Bauentwurf ist auf Grund eines allmählich in den Sitzungen der 
städtischen Krankenhauskommission entstandenen Bauprogramms aufgestellt 
und vom Hochbauamte der Stadt unter Baurat Radke ausgearbeitet. 

Das zur Aufnahme des Krankenhauses bestimmte Gelände hat eine 
Grösse von rund 88300 qm und liegt südlich vom Stadtinnern mit dem 
Hauptzugange von der Moorenstrasse (Abb. 321). 

Alle 27 Einzelbauten, die auf dem Lageplane von der Südostecke aus 
nach rechts fortlaufend mit römischen Ziffern bezeichnet sind, zerfallen in 
vier Gruppen: 

a) die 3 Gebäude für die Verwaltung; 

b) die 3 Gebäude für den wirtschaftlichen Betrieb; 

c) die 18 eigentlichen Krankenhausbauten; 

d) die 2 Bauten für das wissenschaftliche Institut, und dazu kommt 

e) der Betsaal. 

a) Von den drei Gebäuden für die Verwaltung — Nr. XV, XXV und 
XXVI — musste das Hauptgebäude XXVI an der Hauptstrasse, der Mooren¬ 
strasse liegen. 

Eine notwendige Folge der Forderung, dass die Infektionskranken streng 
von den anderen Kranken zu trennen seien, war die Errichtung auch eines 
besonderen kleineren Gebäudes für deren Aufnahme (XV), das unmittelbar 
neben die besonderen Bauten der Infektionsabteilung gelegt ward. 

Nr. XXV ist das Direktorgebäude. 

b) Die Lage der Gebäude für den wirtschaftlichen Betrieb — 
Nr. XXII Koch- und Waschküche, Nr. XXIII Stall- und Remisengebäude, 
Nr. XXIV Kesselhaus — wird bestimmt durch die Notwendigkeit, dass alle 
Wasserzu- und Ableitungen, alle Dampfzu- und Rückleitungen im Gefälle 


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256 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


verlegt werden müssen, dessen tiefsten Punkt die Zisterne vor dem Kessel¬ 
hause zu bilden hat. Daher waren die Wirtschaftsgebäude zur Vermeidung 
von Oefällverlust zweckmässig an die tiefste Stelle des Geländes an der Nord¬ 
westecke zu legen. 

c) Die Gruppe der eigentlichen Krankenhausbauten besteht aus 
15 festen Gebäuden und 3 Baracken. Sie zerfällt in sieben mit Rücksicht 
auf den ärztlichen Dienst räumlich voneinander zu trennende, in sich aber 
zusammenzufassende Unterabteilungen: 

1. 2 feste Gebäude und 3 Baracken für ansteckende Krankheiten und 
Tuberkulose Nr. III, IV, VIII, IX, X, XI; 

2. 6 Gebäude für innere Krankheiten, Frauenleiden und Geburtshilfe 
Nr. VI, VII, XII, XIII, XVI, XVIII; 

3. ein Gebäude für äussere Krankheiten mit dem Operationshause 
Nr. XXI; 

4. 1 Gebäude für zahlende innere und äussere Kranke Nr. XX; 

5. 2 Gebäude für Haut- und Geschlechtskranke Nr. XIV und XIX; 

6. 1 Gebäude für die vorläufige Aufnahme von Geisteskranken 
Nr. XXVII; 

7. 1 Gebäude für Hydrotherapie, Lichtbehandlung, Inhalation und 
medikomechanische Behandlung Nr. XVII. 

d) Das wissenschaftliche Institut besteht aus dem Bau Nr. I, der 
den Obduktionssaal, die Laboratorien, die Auditorien und den Raum für die 
Leichenabholung enthält, und dem kleinen Gebäude II für Versuchstiere. 

e) Der Betsaal V soll auf dem höchsten Punkte des Geländes, auf der 
Südseite der zentralen Gartenanlage, errichtet werden. 

Alle Krankenhausbauten sind so gelegt, dass die Krankenräume in der 
Hauptsache Südlicht bekommen, eine geringe Anzahl erhält Südost- oder 
Südwestlicht, keiner Nordlicht. Die Entfernung untereinander beträgt bei 
den zweigeschossigen Bauten mindestens 20 m, bei den dreigeschossigen 
mindestens 25 m. 

Allen Krankenhausbauten sind auf der Südseite durch alle Geschosse 
gehende Liegehallen vorgelagert, sodass der Aufenthalt der Kranken im 
Freien im höchsten Maße ermöglicht ist. 

Für die Abmessungen der einzelnen Säle war die Forderung einer 
Mindestbodenfläche von 7,5 qm und eines Mindestluftraums von 30 cbm 
für das Bett maßgebend. 

Als Heizungsart ist die zentrale Warmwasserheizung vorgesehen. Sie 
ist insofern zentral, als zwar in jedem Gebäude ein Warmwasserkessel auf¬ 
gestellt ist, diese aber sämtlich durch an einer Stelle erzeugten, in einem 
Rohrnetze den Verbrauchsstellen zugeführten Dampf erwärmt werden. Nur 
diejenigen Bauten, die eine möglichst hohe Regulierfähigkeit der Heizungs¬ 
anlage, sowie eine dauernde Beheizung verlangen, erhalten die Warmwasser¬ 
heizung, jene aber, wo diese Bedingungen entfallen, die billigere Nieder- 
druckdam pfheizung. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Die Wasserversorgung der Krankenhausanlage wird das städtische Wasser¬ 
werk mit seinem Rohrnetze, ebenso die Entwässerung das städtische Kanal¬ 
netz übernehmen. 

Das Gelände und sämtliche Gebäude erhalten elektrische Beleuchtung. 

Nach dem Programm soll der Ausbau allmählich, den Bedürfnissen fol¬ 
gend, vorgenommen werden. Nach Ausführung des ersten Bauabschnitts 
werden 496 Betten vorhanden sein, nach Erledigung des ganzen Bauplans 
987 Betten. 

Bei der fertigen Bauanlage entfallen auf ein Krankenbett rund 16,60 qm 
bebaute Grundfläche sämtlicher Gebäude und 240 cbm umbauten Raums. 

53 

3. Irrenanstalten. 

Provinzial-Heil- und Pflegeanstalten. 

am 1. Januar 1825 eröffnete Anstalt Siegburg blieb 
über 50 Jahre die einzige öffentliche Anstalt für Geistes¬ 
kranke in der Rheinprovinz. Das stetig wachsende Be¬ 
dürfnis, für die Unterkunft unheilbarer Geisteskranker 
ausgiebig zu sorgen, führte 1865 den Rheinischen Pro¬ 
vinziallandtag zu dem Beschlüsse, gleichzeitig fünf neue 
Irrenanstalten, und zwar zu Bonn, Andernach, Düren, 
Merzig und Grafenberg, für insgesamt 1300 Betten zu erbauen. 

Diese in den Jahren 1876 bis 1882 eröffneten Anstalten, von denen die 
in einem Lageplane (Abb. 322) dargestellte zu Grafenberg in unmittelbarer 
Nähe Düsseldorfs liegt, erwiesen sich schon 1886 wieder als zu klein, trotz 
mehrfacher Erweiterungen musste ein grosser Teil von Kranken in Privat- 
und Genossenschaftsanstalten untergebracht werden. 1892 hatte die Provinz 
in eigenen Anstalten rund 2500, in Genossenschaftsanstalten rund 700 
Geisteskranke. 

Durch das Gesetz vom 11. Juli 1891 wurde die Verpflichtung der 
Provinz erheblich gesteigert; sie musste nunmehr für etwa 6000 der An¬ 
staltspflege bedürftige Kranke Unterkunft schaffen und deshalb zur Errichtung 
weiterer Provinzial-Heil- und Pflegeanstalten schreiten. 1895 wurde die An¬ 
stalt Mariaberg zu Aachen (für 400 Kranke) vorübergehend gepachtet und 
zugleich der Neubau zweier Anstalten (Galkhausen und Süchteln) für je 
800 Kranke, sowie die Erweiterung der beiden alten Anstalten zu Grafenberg 
und Merzig um je 200 Betten eingeleitet. 

Bei diesen Erweiterungs- und Neubauten ist das bis dahin übliche 
System der geschlossenen Anstalten, das mit seinen Korridoranordnungen, 
vergitterten Fenstern, durch Mauern eingeschlossenen Höfen den Kranken 
eine freie Bewegung nicht gestattet, ganz verlassen: es ist das »Offentür¬ 
system « zur Anwendung gebracht, das auf einem grösseren landwirtschaft¬ 
lichen Anwesen eine mit allen neueren Einrichtungen eines Krankenhauses 



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2Ö0 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


versehene Zentralanstalt mit freien kolonialen Abteilungen vereinigt, die 
Beschäftigung der Kranken im landwirtschaftlichen und gärtnerischen Be¬ 
triebe als Heilfaktor ausgiebig anwendet, auf jedwede Vergitterung der 
Fenster sowie Ummauerung der Gärten und Höfe verzichtet, und den in 
den freien Abteilungen untergebrachten Kranken eine möglichst geringe 
Beschränkung ihrer Bewegungsfreiheit gewährleistet. 

Auf die zwischen Düsseldorf und Cöln an der beide Städte verbinden¬ 
den Provinzialstrasse und Staatsbahn belegene Anstalt Galkhausen möge 
im Rahmen dieses Werks an der Hand des abgedruckten Lageplans 
(Abb. 323) etwas näher eingegangen werden. 

Die Anstalt bedeckt ein Gelände von 110 ha, wovon 56 ha Ackerland, 
45 ha Wald sind und der Rest sich auf Wiesen, Wege und Parkanlagen 
verteilt. Mit dem Bau ist 1897 begonnen und die letzten Gebäude sind 
1903 errichtet, aber schon 1900 konnten die Kranken der aufgelösten Anstalt 
Marienberg-Aachen übergeführt werden. Die Kosten haben mit Grunderwerb 
3800000 M betragen. 

Ein senkrecht zu der Provinzialstrasse angelegter 6 m breiter Weg, in 
dessen Mittellinie die Kirche mit 300 Sitzplätzen steht, bildet die Achse, 
neben der rechts die Frauen-, links die Männergebäude gruppiert sind, und 
zwar zunächst der Provinzialstrasse im Vereine mit dem Verwaltungsgebäude 
die offenen Landhäuser für Rekonvaleszenten und Ruhige, im Hintergründe 
symmetrisch zu der Kirche die Pavillons der sogenannten Zentralanstalt, be¬ 
stimmt zur Aufnahme der frisch zugeführten, unruhigen und einer ein¬ 
gehenderen Beobachtung bedürftigen Kranken. 

Hinter der Zentralanstalt, entfernt vom eigentlichen Krankenhausbetriebe, 
stehen das Maschinen- und Kesselhaus, das Wasch- und Kochküchen¬ 
gebäude, die Bäckerei, das Leichen- und Obduktionshaus und kleinere 
Nebengebäude; noch weiter nordöstlich liegt das alte Gutsgehöft Galkhausen, 
das für landwirtschaftliche Zwecke umgebaut und erweitert ist. 

Das Verwaltungsgebäude, vorn am Hauptzugangswege, enthält ausser 
den Räumen für administrative Zwecke einen Festsaal mit Bühne und 
Nebenräumen, ferner Konferenz-, Bibliothek- und ärztliche Arbeitszimmer usw. 
sowie Wohnung für zwei Assistenzärzte. Weitere Wohnungen für unver¬ 
heiratete Assistenzärzte befinden sich in den Gebäuden der Zentralanstalt. 
Für drei verheiratete Assistenzärzte, für den Verwalter, den Rendanten, den 
Maschinenmeister, den Oberpfleger und den Gärtner sind besondere Wohn¬ 
häuser errichtet, ebenso für den Anstaltsdirektor; das Wohnhaus des letztem 
liegt dem Hauptzugangswege gegenüber, auf der andern Seite der Provinzial¬ 
strasse. 

Die meist zweigeschossigen Pavillons für durchschnittlich je 40 Kranke 
enthalten in den Obergeschossen Schlafräume, in den Erdgeschossen Tages¬ 
und Wirtschaftsräume, sowie Wachsäle für Bettbehandlung und überdachte 
Veranden. — Die Architektur zeigt einen villenartigen Charakter: Ziegel¬ 
rohbau durch Putzflächen und Holzfachwerk belebt, mit Falzziegeldächern 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


(Abb. 324 und 325). Nur das 
Verwaltungsgebäude und die 
Kirche haben Werksteingliede¬ 
rungen und Schieferdächer. 

Die Wasserversorgung (300 
Kubikmeter täglich) erfolgt aus 
einem 1 km entfernten Kessel¬ 
brunnen durch elektrisch be¬ 
triebene Pumpen. 

Die gesamten Abwässer, 
einschliesslich der Abgänge aus 
den grubenlosen Spülklosetten, 
werden als Schwemmkanali¬ 
sation mit natürlichem Gefälle den nordwestlich gelegenen Rieselfeldern 
zugeführt. 

Die Beleuchtung ist elektrisch; die im Selbstbetriebe erzeugte elektrische 
Kraft dient auch zum Antriebe der Pumpen und sonstiger Maschinen in den 
Werkstätten und im Wasch¬ 
hause. 

Die Kochküche ist für 
Dampfbetrieb eingerichtet. 

Die Heizung wird von 
der Hauptkesselanlage be¬ 
wirkt: der hochgespannte 
Dampf wird durch Lei¬ 
tungen in begehbaren Ka¬ 
nälen den einzelnen Ge¬ 
bäuden zugeführt und dort 
auf Niederdruck gemindert. 

Daneben sind für Gruppen 
von je fünf Gebäuden noch 
vier besondere Heizstellen mit Feuerungen für Koks vorgesehen. Die Venti¬ 
lation ist vorwiegend natürlich; sie wird ausserdem durch Frischluftkanäle, 
die mit der Heizung in Verbindung stehen, und durch kippende obere 
Fensterflügel erzielt. 


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BADEANSTALTEN. 


263 


4. Badeanstalten. 


uf dem Gebiete der Volkswohlfahrtspflege ist die Stadt 
Düsseldorf durch Schaffung zahlreicher und billiger Bade¬ 
gelegenheiten im Laufe der letzten Jahrzehnte in aner¬ 
kennenswerter Weise vorgegangen und zeigt sich fort¬ 
gesetzt noch bemüht, dem Anwachsen der Bevölkerung 
und dem gesteigerten Badebedürfnisse Rechnung zu 
tragen. — Bis zum Anfänge der achtziger Jahre gab es 
hier nur eine offene städtische Badeanstalt und zwei Volksbadeplätze am Rheine 
sowie eine kleine Privatbadeanstalt mit veralteten Einrichtungen, das soge¬ 
nannte Friedrichsbad am Hofgarten. 

Im Jahre 1885 schritt die Stadt dann zum Bau einer grösseren Anstalt 
in der Grünstrasse (D5), während gleichzeitig noch zwei Privat¬ 
schwimmbäder am Rhein errichtet wurden. 

Die erstgenannte Anstalt liegt, sowohl von der Grünstrasse wie von 
der Bahnstrasse aus zugänglich, auf einem 53 ar grossen, winkelförmig ge¬ 
stalteten Grundstücke von allen Seiten frei inmitten eines sehr tiefen Bau¬ 



blocks. Da das Gebäude von beiden Strassenzügen weit zurückgestellt ist 
und daher eigentliche Strassenschauseiten nicht hat (der Zugang erfolgt auf 
beiden Seiten durch überbaute Toreingänge), so ist es als schmuckloser 
Ziegelrohbau ausgeführt. Dagegen kann die Grundrissbildung der Anlage 
ebenso wie die innere Ausbildung der einzelnen Räume namentlich, nach¬ 
dem im vorigen Jahre eine durchgreifende Umgestaltung des inneren Aus¬ 
baus stattgefunden hat, als sehr gut gelungen bezeichnet werden (Abb. 326). 

Die Anstalt enthält ein Schwimmbad für 





Abb. 32b. Die städtische Badeanstalt an der Grünstrasse. 1:500. 


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Abb. 327. 

Schlachthof und Viehmarkt Düsseldorf. 
Lageplan 1:2000. 

(s. Seite 269.) 


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266 


DÜSSELDORF UND SEIXE BAUTEX. 


In dem Herren¬ 
bade befinden 
sich 55 Aus¬ 
kleidezellen für 
Erwachsene und 
fünf Auskleide- 
plätze für zu= 
sammen 90 Kna¬ 
ben; in dem 
Damenbade 24 
Zellen für Er¬ 
wachsene und 
vier Auskleide- 
plätze für zu¬ 
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Mädchen. 
Weiter umfasst 
die Anstalt 23 
Wannenbäder 



Abb. 328. Schwimmbad der Badeanstalt an der Grünstrasse. 


für Herren und 19 für Damen, sowie 8 Brausebäder für Herren. Zwischen 
Damen- und Herrenbad liegt das Heissluftbad mit Ruheraum für 10 Betten, 
sowie ein im Jahre 1893 eingerichtetes Dampfbad. 

Den Dampf zur Erwärmung des Wassers sowie zur Beheizung des Ge¬ 
bäudes liefern drei Hochdruckdampfkessel von je 65 qm Heizfläche. Das 
erforderliche Wasser (etwa 250000 cbm für das Jahr) wird aus einer inner¬ 
halb des Gebäudes gelegenen Brunnenanlage gewonnen und mittels Pulso¬ 
meter den einzelnen Verbrauchsstellen zugeführt. 

Die Baukosten der Gesamtanlage beliefen sich auf 502000 M. 

Im Laufe der Jahre wurde die Anstalt, die in bezug auf Grössenab¬ 
messungen der einzelnen Flure, Treppen, Zellen, Wannenbäder usw. als vor- 



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BADEANSTALTEN. 


267 


bildlich gelten kann, durch Ausführung von mancherlei Neuerungen und Ver¬ 
besserungen dem neuesten Stande der Badetechnik entsprechend umgestaltet. 
Namentlich bezieht sich dies auf die Schwimmhallen. Durch Einbrechung 
grosser, farbig verglaster Fensteröffnungen in den Stimmauern ist hier eine 
erheblich bessere Tagesbeleuchtung geschaffen, die Wände sind vollständig 
mit Kacheln bekleidet, die Einfassungen der Becken mit Marmor versehen 
und die neuesten Brausen angebracht worden (Abb. 328). 

Schmucke Gartenanlagen auf den freien Teilen des Grundstücks ver¬ 
vollständigen die äussere Ausstattung. 

Die noch bis zur Eröffnung des neuen Bades vielfach herrschende An¬ 
sicht, dass im Sommer nur die Rheinbadeanstalten besucht würden, erwies 
sich als irrig, es wurde daher, um auch in einem anderen Stadtteile Bade¬ 
gelegenheit zu schaffen, bereits am 17. Januar 1893 von den Stadtverordneten 
der Bau einer zweiten Badeanstalt an der Kloster- und Cölner- 


strassen-Ecke (E 5) beschlossen. 

Dies Bad, das 15 Brausebäder für Herren und 3 Brause- und 3 Wannen¬ 
bäder für Damen umfasst, wurde im Jahre 1895 eröffnet. Es wird aus der 
städtischen Leitung mit Wasser gespeist. Die Erwärmung des Wassers 
und die Beheizung der Räume erfolgt durch Niederdruckdampf. Die Gesamt¬ 
anlagekosten betrugen einschliesslich Grunderwerb etwa 61000 M. 

Die starke Entwicklung der Stadt, besonders nach Norden hin, und der 
stets zunehmende Besuch der vorhandenen Badeanstalten veranlassten die 



Abb. 330. 



Badeanstalt an der Münsterstrasse. 1:500. 


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268 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben, nach dessen Ausfälle den Architekten 
Oenschmer, Oenschel und Fettweis gleiche Preise zuerkannt wurden. Der Aus¬ 
führung diente jedoch im wesentlichen der von dem städtischen Hochbau¬ 
amte entworfene Grundriss als Unterlage, während die Formengebung dem 
Genschmerschen Entwürfe entlehnt ward. Mit dem Bau der Anstalt wurde 
im Frühjahr 1900 begonnen; schon am 9. April 1902 konnte sie in Be¬ 
nutzung genommen werden (Abb. 329). 

Sie umfasst: eine Schwimmhalle mit Becken von 12 zu 23 m, 72 Aus¬ 
kleidezellen für Erwachsene und fünf gemeinschaftliche Auskleideräume für 
120 Kinder, 50 Wannenbäder und 15 Brausebäder, letztere nur für Männer 
(Abb. 330); ferner Räume für Heissluft- und Dampfbäder und für etwa 25 
Ruhebetten. Der Ausbau dieser Abteilung wird erst im Jahre 1905 erfolgen. 

Die Maschineneinrichtung besteht aus zwei Dampfkesseln mit je 72 qm 
Heizfläche, Hochdruckheizung und Pulsometeranlage zur Wasserförderung 
aus dem vorhandenen Brunnen. 

Die Ausführungskosten belaufen sich auf 450000 M ohne Grunderwerb. 

Ausser den genannten Badeanstalten hat die Stadt noch mit einem 
Kostenaufwande von 114800 M eine neue überdachte Rheinbadean- 
stalt erbaut, die wohl als eine der schönsten auf dem ganzen Rhein¬ 
strome bezeichnet werden darf. Sie hat eine Länge von 68 m und eine 
Breite von 18,80 m. Die Schwimmhalle enthält 66 geräumige Auskleide¬ 
zellen und ein Becken von 9,5 zu 45 m sowie fünf Einzelbaderäume. Neben 
dieser neuen Anstalt besitzt die Stadt noch zwei Rheinbadeanstalten, die 
früher im Privatbesitze waren; in diesen werden teils Freibäder und teils 
Bäder zu 10 Pfennig abgegeben. 

Sämtliche Badeanstalten einschliesslich der Flussbäder haben einen 
jährlichen Besuch von durchschnittlich etwa 750000 Personen aufzuweisen. 


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DER SCHLACHT- UND VIEHHOF. 


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5. Der Schlacht- und Viehhof (e 2 ). 

^as Gelände des in den Jahren 1896 bis 
1899 mit einem Kostenaufwande von 
3423798 M, davon 396087 M für 
den Grunderwerb, erbauten Schlacht- 
und Viehhofs hat eine Grösse von 
etwa 9,4 ha, wovon bis jetzt 16270 
Quadratmeter bebaut sind. Die vor¬ 
handene Anlage genügt für die 
Versorgung einer Stadt von 250000 
Einwohnern, ist also nunmehr nahe¬ 
zu an die Grenze der Leistung 
gelangt. Die Möglichkeit einer 
Vergrösserung um 75 bis ioo°/ 0 ist 
vorgesehen. Das Grundstück liegt im 
Norden der Stadt, ist begrenzt im Westen 
durch die Ratherstrasse, im Süden und 
Norden durch Privatgrundstücke und im Osten 
durch die Bahnlinie Düsseldorf-Duisburg. Der zwei¬ 
gleisige Anschluss an diese zieht sich an der ganzen östlichen Langseite des 
Grundstücks zwischen diesem und den Hauptgleisen bis zum Güterbahnhofe 
Derendorf hin (Abb. 327 auf S. 264 bis 269). 

Von dem Zustellungsgleise zweigt ein Drehscheibengleis ab, mittels dessen 
Anschlussgleise für die Düngerabfuhr und die Kohlenanfuhr erreicht werden. 

Die Gesamtanlage (Abb. 331) setzt sich aus vier Gruppen zusammen, 
nämlich den Baulichkeiten 


1. des Viehmarkts; 

2. des Schlachthofs, dem auch der Pferdeschlachthof und die Anlagen des 
Maschinenhauses nebst Kohlen- und Düngerhof angeschlossen sind; 

3. der Verwaltungs-, Wirtschafts- und Wohnzwecke; 

4. der gesondert liegenden Sanitätsanstalt (des Schlachthofs für krankes 
Vieh) nebst Abwässerkläranlage. 

Alle Gruppen sind erweiterungsfähig. 

Der eigentliche Viehhof liegt mit seiner Längenachse parallel dem Zu¬ 
stellungsgleise. Unmittelbar neben diesem Gleise sind zunächst 1,12 m 
über Schienenoberkante die Rampen mit den 28 Zählbuchten angelegt, 
worin die erste tierärztliche Untersuchung stattfindet. Die hierbei als krank 
befundenen Tiere werden sofort, ohne den eigentlichen Schlacht- und Vieh¬ 
hof zu betreten, mittels eines die beiden Hauptgleise verbindenden Weichen¬ 
strangs nach der Sanitätsanstalt abgeschoben. 

Parallel mit den Zählbuchten liegen sodann die den eigentlichen Vieh¬ 
hof bildenden Markthallen, zurzeit drei: für Grossvieh, Kleinvieh und 
Schweine. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Die Markthalle für Grossvieh (Abb. 332) hat eine Länge von 38,52 m, 
eine Breite von 31,52 m, bedeckt also eine Fläche von ungefähr 1214 qm. 
Die Höhe der dreischiffigen Halle beträgt etwa 6 m an der Traufkante 
der beiden Seitenschiffe und etwa 10,20 m an den Traufkanten des Mittel¬ 
schiffs. Eine Zwischenwand trennt die Halle in zwei Abteilungen, die 
Verkaufshalle und die Stallabteilung. Über letzterer ist eine Betondecke 
zwischen eisernen Trägem eingeschaltet, um einen Futterboden zu ge¬ 
winnen, während in der Verkaufshalle die Dachschalung zugleich die Decke 
bildet. Zu beiden Seiten der 2,50 m breiten Eintriebsgänge liegen die mit 
Futterkrippen aus Beton versehenen Stände beider Abteilungen für 144 Stück 



Abb. 331. Übersicht über den Schlachthof. 


Grossvieh, und zwischen je zwei Futterkrippen und an den Seitenwänden 
der Halle Futtergänge von 1,50 m bzw. 1,00 m Breite. In den Ecken der 
Verkaufshalle sind zwei Räume für Aufseher und Arbeiter, in der Stall¬ 
abteilung eine Abortanlage und die Treppe zum Futterboden angeordnet. 
Der Fussboden besteht aus Klinkern, das Dach aus Häuslerschem Holz¬ 
zemente auf Schalung und Holzsparren, die von schmiedeeisernen Bindern 
getragen werden. 

Die Markthalle für Kleinvieh, in denselben Abmessungen und 
der gleichen Bauart wie die Grossviehmarkthalle, besteht aus einer Ver¬ 
kaufshalle für Kälber und einer Stallabteilung für sogenannte Überständer. 
Jene bietet Raum für 500 Stück Kälber, die an einfachen Holmen mittels 
eingeschraubter Ringe angebunden werden, und enthält ausserdem noch 


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DER SCHLACHT- UND VIEHHOF. 


271 


sechs Buchten für 75 Stück Kleinvieh. Die Stallabteilung kann in 18 Buchten 
250 Stück Kleinvieh aufnehmen. Die Buchteneinfriedigungen bestehen in 
ihrem 60 cm hohen unteren Teile aus 10 cm starken Wänden von hoch¬ 
kantig in. Zementmörtel versetzten und beiderseits mit Zement verputzten 
Ziegelsteinen. Darüber ist eine 60 cm hohe Gittereinfriedigung aus ver¬ 
zinkten Rundeisenstäben zwischen wagerechten Gasrohren aufgestellt. An 
Nebenräumen enthält die Markthalle eine Abortanlage, einen Raum für den 
Aufseher, eine Tränkeküche und das Treppenhaus zum Futterboden über 
der Stallabteilung. 

Die Markthalle für Schweine (Abb. 333) ist 60,30 m lang und 38,52 m 
breit, mit einer bebauten Fläche von 2323 qm und zeigt im allgemeinen die 
gleiche Bauart wie die übrigen Markthallen. Das Dach, aus einer 4 cm 
starken Zementhaut mit Eiseneinlagen (System Henningsen) und Abdeckung 
aus Dachpappe, wird von vier eisernen Doppelbindem getragen. Die innere 



Abb. 332. 


Markthallen. 


Einrichtung bietet in 96 Buchten Raum für 1600 Schweine. Zwischen 
je zwei Buchtenreihen laufen in der Querrichtung 1,20 m breite Treib¬ 
gänge, die durch nach beiden Seiten zu öffnende sog. Wandeltüren nach 
der jeweils der Treibrichtung entgegengesetzten Seite abgesperrt werden 
können und so eine zwangläufige Führung der Tiere in den Treibgängen 
bewirken. 

An Nebenräumen enthält die Halle einen Abort- und Pissoirraum, einen 
Raum für Arbeiter und das Treppenhaus. Der Fussboden besteht aus Guss¬ 
asphalt auf Betonunterlage. 

Der östlich gelegene Viehmarkt ist nach veterinär-polizeilicher Vor¬ 
schrift von dem westlich, anschliessenden Schlachthofe, um die nötige 
Kontrolle ausüben und die bei Seuchenausbrüchen erforderlich werdenden 
Absperrungen vornehmen zu können, durch eine 2,24 m hohe Gitter¬ 
einfriedigung getrennt. Deshalb hat der Viehhof auch einen besondern Zu¬ 
gang vom Vorplatze erhalten. 


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272 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Die Gebäude des Schlachthofs, bestehend aus drei getrennten Schlacht¬ 
hallen für Grossvieh, Kleinvieh und Schweine, vier Grossviehställen, dem 
Kühlhause nebst Vorkühlraum, Apparateraum, Eisfabrik und Wasserturm, 
dem Maschinen- und Kesselhause, der Grossviehkuttelei, dem Düngerhause, 
sowie dem Fleisch- und Trichinenschauamte mit Freibank, gruppieren sich 
um die 15 m weit gespannte, 141,40 m lange Verbindungshalle, die den 
Verkehr mit allen Teilen des Schlachthofs unbeeinflusst vom Wetter er¬ 
möglicht. 

Die drei Schlachthallen sind um je 75°/« erweiterungsfähig, dagegen 
die Kuttelei für Grossvieh, das Düngerhaus, das Kessel- und Maschinenhaus, 
der Apparateraum nebst Wasserturm, die Eisfabrik, das Vorkühlhaus und 
das Trichinenschauamt schon für die künftige, vollständig ausgebaute Anlage 
des Schlachthofs genügend ausgeführt. 

Das eigentliche Kühlhaus ist zweigeschossig, aber für den jetzigen Be¬ 
trieb nur das etwa 1700 qm grosse Kellergeschoss in Benutzung genommen. 

Die von eisernen Fachwerkbindern überspannte Verbindungshalle hat 
an den Traufkanten eine Hölle von 10,50 m, ist durch hohes Seitenlicht 
und zwei Oberlichter erhellt und vom Vorplatze des Schlachthofs aus 
durch eine 12,92 m weite Öffnung zugänglich. Die Dachdeckung ist die¬ 
selbe wie bei den Markthallen für Grossvieh und Kleinvieh, der Fussboden 
besteht aus Kopfsteinpflaster. 

Die Schlachthalle für Grossvieh (Abb. 334) ist 44,05 m lang, 23,02 m 
breit und 6,00 bzw. 6,60 m hoch bis unter die Sparren des sichtbaren Dachs. 
An der westlichen Giebelseite sind ein Blutraum, zwei Wiegeräume und 
sonstige Nebengelasse abgetrennt. In der Halle, die zwei Reihen Schlacht¬ 
stände von 8,50 m Tiefe und 2,60 m Breite neben einem 5 m breiten 
Mittelgange aufweist, befinden sich 28 Stück Winden, woran bequem 
200 Stück Grossvieh in einem Tage geschlachtet werden können. Die ge¬ 
schlachteten Tiere werden an Spreizen zu einer Hängebahn aus I-Trägern 
aufgezogen und an kleine, auf dieser laufende Wagen mit Doppelhaken 
gehängt. 

Die Überführung der Wagen aus den Quergleisen der Schlachtstände 
in die nach der Längsrichtung der Halle und aus dieser hinaus verlaufenden 
Hauptgleise der Hängebahn wird durch feste Bogenweichen vermittelt, so 
dass jedes geschlachtete Tier mit Leichtigkeit von einem Arbeiter sowohl 
an jede beliebige andere Stelle der Halle, wie auch in den gegenüber 
liegenden Vorkühlraum geschoben werden kann. Der Fussboden der Halle 
besteht aus gestockten Oranitplatten, während die Dachdeckung wie bei der 
Markthalle für Grossvieh ausgeführt ist. Für genügende Lüftung wird, 
ausser durch reichlich angeordnete Schiebefenster, durch Lüftungsschlote 
und Luftkanäle mit Jalousieklappen gesorgt. 

Die Schlachthalle für Kleinvieh hat eine Länge von 44,18 m 
und eine Breite von 38,04 m und besteht aus dem eigentlichen Schlacht¬ 
raume und den unmittelbar an der südlichen und nördlichen Langseite 


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DER SCHLACHT- UND VIEHHOF. 


273 


anschliessenden, in Buchten 
geteilten Schlachtstallungen 
für etwa 500 Hammel und 
Kälber. In Ecken der Halle 
befinden sich ein Baderaum 
mit neun Brausezellen, ein 
Geräte- und ein Aufseher¬ 
raum. 

Der Schlachtraum hat 
in Entfernungen von 3,90 m 
beiderseits des 5 m breiten 
Mittelgangs und an den 
Wänden Rahmen mit zu- ... ,,, T . ... , . „ „ ,., . 

Abb. 333. Inneres der Markthalle für Schweine. 

sammen 1400 Haken, woran 

täglich etwa 820 Stück Kleinvieh geschlachtet werden können. Auf zwei 
durch den Mittelgang führenden Hängebahngleisen werden die geschlachteten 
Tiere quer durch die Verbindungshalle mittels einfacher Laufkatzen zum 
Kühlhause gefahren. Die Bauweise ist im übrigen dieselbe wie die der 
Grossviehschlachthalle. 



Inneres der Markthalle für Schweine. 


Die Schlachthalle für Schweine ist 44,05 m lang und 42,54 m 
breit. Sie enthält neben dem eigentlichen Schlachtraume nur einerseits 
Stallungen, dagegen anderseits die Kaldaunenwäsche, und zerfällt innerhalb 
des Schlachtraums wieder in die zwei Abteilungen des Abstech- und 
Brühraums und des Ausschlachteraums. Damit die den Brühkesseln ent¬ 


strömenden Dämpfe nicht an das frische Fleisch im Ausschlachteraume ge¬ 
langen, sind diese beiden Teile der Halle oberhalb der auch hier ange¬ 
ordneten Laufschienen durch eine mit Schwemmsteinen ausgemauerte 
Eisenfachwand getrennt. 

Die Höhe der Stallungen und der Kaldaunenwäsche beträgt durch¬ 
schnittlich 4,10 m, die des Ausschlachteraums 4,25 bzw. 5,20 m, die des 

Brühraums etwa 8,60 m. 
Der Schlachtstall mit 29. 
Buchten zwischen dünnen 
Betonwänden und Wander¬ 
türen bietet Raum für 250 
Schweine und ist durch fünf 
Türen unmittelbar mit den 
Tötebuchten im Abstech- 
raume verbunden. Diese 
Abstech buchten sind durch 
70 cm hohe Gitter einge¬ 
friedigt. 

In der Mitte des Abstech- 



Abb. 334. Inneres der Schlachthalle für Grossvieh. Und BrÜhraumS Stehen fünf 


18 


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274 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Brühbottiche und daneben ebensoviele Drehkrane, womit die getöteten Tiere 
aus den Tötebuchten in die Brühbottiche gehoben und aus diesen später auf 
die Enthaarungstische gelegt werden. In dem durch Oberlicht und Fenster 
des östlichen Giebels erhellten Ausschlachteraume können an festen Haken¬ 
rahmen und verschiebbaren Haken täglich 540 Stück Schweine geschlachtet 
werden. Über die Hakenrahmen laufen in doppelter Richtung fahrbare 
Flaschenzüge, womit die Tiere von den Enthaarungstischen an jeden Platz 
der zugehörigen Hakenrahmenabteilung gebracht werden können, ln dem 
Gange vor der Kaldaunenwäsche befindet sich die doppelgleisige Hänge¬ 
bahn zur Beförderung der ausgeschlachteten Tiere in den Vorkühlraum 
oder zur Abfuhr. Südlich an den Ausschlachteraum stösst die Schweine¬ 
kuttelei, an deren Längswänden 45 gusseiserne Waschgefässe mit Tisch¬ 
platten zum Reinigen und Entfetten der Därme und Zapfhähne für kaltes 
und warmes Wasser angebracht sind. 

Südlich von der Gruppe der Schlachthallen liegen die vier Schlacht¬ 
ställe für Grossvieh mit Raum für 284 Stück. 

Zwei der Gebäude enthalten je zwei durch einen Querflur vollständig 
gesonderte Stallabteilungen, das dritte nur eine Stallabteilung und daneben 
ein Fett- und Häutelager mit Bureauraum. 

Die drei Gebäude sind 36,80 m lang, 11,12 m breit und im Erd¬ 
geschosse 3,80 m hoch, während der Futterboden im Dachgeschosse eine 
durchschnittliche Höhe von 2,65 m erhalten hat. Die Decken sind massiv 
zwischen eisernen Trägem, die Fussböden der Ställe mit Klinkern, des Fett¬ 
lagers mit Zementestrich und des Häutelagers mit Asphalt befestigt. Das 
Fettlager ist durch verzinkte Vergitterungen in acht Zellen abgeteilt. 

Der vierte Grossviehstall ist bei gleicher Länge wie die vorigen 25,05 m 
breit und besteht aus zwei massiv getrennten Abteilungen, deren kleinere, 
von etwa V7 der Gesamtfläche, für Bullen bestimmt ist. Die Futtertröge 
der grossem Abteilung stossen mit ihren Rückwänden aneinander und 
bilden so drei Stallabteilungen in einem gemeinsamen Lufträume. 

Über den Stallräumen liegt der Futterboden. Das Dach ist auch hier 
mit Holzzement gedeckt. Zwischen den Stallgebäuden liegen am südlichen 
Kopfende Düngergruben. 

Südlich an die grosse Verbindungshalle stösst die Kuttelei für 
Gross- und Kleinvieh. Sie ist 25,03 m lang, 16,02 m breit und durch¬ 
schnittlich 6,65 m hoch. Der Fussböden besteht aus Gussasphalt, das Holz¬ 
zementdach mit sichtbaren Sparren ruht auf drei schmiedeeisernen Bindern. 
An den Wänden sind 34 Kaldaunenwaschgefässe mit Entfettungstischen wie 
in der Schweinekuttelei, in der Mitte des Raums vier Wampenbrühbottiche 
zum Brühen der Köpfe, Füsse und Eingeweideteile, sowie die erforderlichen 
Abschabetische aufgestellt. 

Südlich von der Kuttelei und mit dieser durch eine Verdachung ver¬ 
bunden liegt das Düngerhaus, 16,02 m lang, 13,77 m breit und durch¬ 
schnittlich 4,60 m hoch. Es dient zum Entleeren der Mägen, deren Inhalt 


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DER SCHLACHT- UND VIEHHOF. 


275 


durch die im Fussboden des Raums angebrachten Schüttrichter in die 
darunter gestellten Düngerwagen fällt und auf dem Düngergleise oder der 
Düngerstrasse abgefahren wird. Zur weiteren Reinigung der Mägen dienen 
fünf grosse, an der Südwand des Düngerhauses aufgestellte Spültröge. 

Zwischen dem nördlichen Ende der Verbindungshalle und der Rather- 
strasse liegt das Fleischschauamt. Das Gebäude enthält im Keller¬ 
geschosse Lagerräume und einen Raum für den Fleischdämpfer, worin das 
im rohen Zustande bedenkliche Fleisch für den menschlichen Genuss 
brauchbar gemacht wird. 

Im Erdgeschosse befinden sich je eine Meister- und Gesellenstube, ein 
Zimmer für den Tierarzt, ein Auslegeraum für Fleisch und die Freibank, der 
Verkaufsraum für minderwertiges Fleisch, mit besonderem Zugänge von der 
Ratherstrasse. Im Obergeschosse liegen zwei grosse Schauamtssäle, das Ge¬ 
schäftszimmer für den Vorsteher, ein anderes für die Probennehmer und ein 
Reserveraum. 

Südlich vom Schauamtsgebäude schliesst sich an die westliche Lang¬ 
front der Verbindungshalle das Kühlhaus mit seinen Nebengebäuden 
in einer Gesamtlänge von etwa 94 m und einer Breite von 37 m an. 
Gegenüber der Grossviehschlachthalle liegt der eingeschossige Vorkühl¬ 
raum, 27,86 m lang, 18,10 m breit und 6,70 m hoch. Er dient zur ersten 
Abkühlung des frisch geschlachteten Fleisches in einer Lufttemperatur von 
etwa 8° C. 

Die seitlichen Fenster und die Oberlichter in der gewölbten Decke 
sind mit Glasbausteinen ausgemauert. Um alle Kälteverluste nach Möglich¬ 
keit zu vermeiden, sind sämtliche Aussenwände des Kühlhauses, des Vor¬ 
kühlraums, der Eisfabrik und des Apparateraums aus zwei 1 '/* Stein starken 
Mauern mit einer in Goudron versetzten Korkplatteneinlage gebildet. 

Gegen die Erdwärme ist der Fussboden durch eine 80 cm starke 
Schicht von Schlackenbeton, worüber eine 20 cm starke Kiesbetonschicht 
mit Zementfeinschicht liegt, gesichert. Die Decke ist aus porigen Loch¬ 
steinen zwischen Trägern gewölbt, darüber eine etwa 15 cm starke Schicht 
von Schlackenbeton mit Zementfeinschicht und auf dieser endlich noch 
eine 20 cm hohe Lage von Blätterholzkohle ausgebreitet. Mit den Schlacht¬ 
hallen ist der Vorkühlraum durch Hängebahnen unmittelbar verbunden. 
Das auf diesen an den Laufkatzen und Schlachtspreizen ankommende Fleisch 
wird auf die Spreizenträger des Vorkühlraums mittels zehn an der Süd¬ 
wand angebrachten Winden übergeführt. Der nördliche Teil des Vorkühl¬ 
raums ist mit Hakenrahmen zum Aufhängen des Kleinviehs ausgestattet. 

Der besondere Kühl raum für Schweine liegt der Schweineschlacht¬ 
halle gegenüber und ist mit Gleisen, Hakenrahmen usw. ähnlich ausge¬ 
stattet wie der Vorkühlraum. Er hat einen Flächeninhalt von etwa 360 qm 
und bietet Raum für 535 Stück Schweine. Durch eine bequeme Treppe 
steht er in unmittelbarer Verbindung mit dem eigentlichen Kühl¬ 
hause. 

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27Ö 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Dies, 51,30 m lang und 35,38 m breit, ist zweigeschossig derart aus¬ 
geführt, dass man von der Verbindungshalle, vom Vorkühlraume und vom 
Schweinekühlraume um eine halbe Geschosshöhe zu dem zunächst in Be¬ 
nutzung genommenen Untergeschosse hinabsteigen muss. Das etwa 1600 qm 
grosse Obergeschoss ist, mit Ausnahme des von ihm abgetrennten Pferde¬ 
fleischkühlraums mit 110 qm Grundfläche, für die spätere Erweiterung be¬ 
stimmt. 

Der Pferdefleischkühlraum ist durch eine besondere Treppe von dem 
Pferdeschlachthofe aus zugänglich, von dem übrigen Kühlhause aber durch 
massive Mauern vollständig getrennt. Das Kellergeschoss, dem zwei be¬ 
sondere Pökelräume eingebaut sind, ist 3,50 m, das Obergeschoss 4 m und 
das Dachgeschoss 1,50 bzw. 3,28 m hoch. Die seitlichen Fensteröffnungen 
sind auch hier durch Falconnierglasbausteine geschlossen, die überall da, 
wo grössere Wärmeunterschiede zwischen der Innen- und Aussenluft er¬ 
wartet werden können, in doppelter Schicht angeordnet sind, sodass sich 
drei ruhende Luftschichten ergeben. Der Kühl- und Pökelraum ist in 247, 
der Pferdefleischkühlraum in 17 abschliessbare Kühlzellen zerlegt, zwischen 
denen 2,50 m breite Längs- und 1,80 m breite Quergänge den Verkehr zu 
den Ausgängen, dem Vorkühlraume und der Verbindungshalle vermitteln. 
Die 2,60 m hohen Fleischzellen bestehen aus Rundeisenstäben zwischen 
Gasrohren, sind oben mit Drahtgeflecht überspannt und im Innern mit 
Haken an Rahmen zum Aufhängen des Fleisches versehen. Die Zellen 
sind etwa 4 qm gross und durch Schiebetüren zu verschliessen. 

Südlich vom Vorkühlraume liegt der zweigeschossige Apparateraum, 
in dessen Untergeschosse die vier Luftkühlapparate aufgestellt sind. Das 
Obergeschoss soll für die Erweiterung dienen. Ein Teil des Raums ist 
durch Höherführung als Wasserturm von quadratrischem Grundrisse mit 
10,08 m Seitenlänge ausgebildet. Im Obergeschosse, etwa 16 m über dem 
Hofe, befindet sich ein Kaltwasserbehälter von 200 cbm Inhalt für die Wasser¬ 
versorgung der gesamten Anlage. Das Wasser wird aus einem neben dem 
Maschinenhause gelegenen Speisebrunnen von 3 m lichter Weite durch 
Dampfpumpen geschöpft. Im ersten Stockwerke des Wasserturms sind die 
Akkumulatoren der elektrischen Lichtanlage aufgestellt, die übrigen beiden 
Geschosse dienen als Lagerräume. 

Zwischen Kühlhaus und Apparateraum lehnt sich an die Westseite des 
Vorkühlraums die 18,04 m lange und 7,01 m breite Eisfabrik an, die 
im Erdgeschosse den Eiserzeuger und im Kellergeschosse einen Raum zum 
Aufbewahren des Eises enthält. In der Eisfabrik werden stündlich 1000 kg 
Eis hergestellt. Die Dächer dieser Gebäude sind mit Holzzement, das des 
Wasserturms mit Schiefer gedeckt. — Von dem Apparateraum durch einen 
überdeckten Durchgang getrennt, schliesst sich nach Süden das Maschinen¬ 
haus nebst dem Brunnenhäuschen und dem Kesselhause an 

Das Maschinenhaus ist 25,50 m lang, 17,50 m breit und durch¬ 
schnittlich 9,70 m hoch. Das Untergeschoss enthält lediglich die Maschinen- 


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DER SCHLACHT- UND VIEHHOF. 


277 


fundamente und einige Rohrleitungen. Der Fussboden des Gebäudes ist 
aus Tonplatten hergestellt, das aus Holzzement bestehende Dach ruht auf 
drei Fachwerksbindem. Im Maschinenhause befinden sich zwei Dampf¬ 
maschinen von 300 und 175 PS und die Kompressoren für die Erzeugung 
der kalten Luft nebst den Kondensatoren, sowie eine Dampfmaschine von 
75 PS zum Antrieb der Dynamomaschinen der elektrischen Beleuchtung. 
In einem besondern Anbau, dem Brunnenhäuschen, stehen zwei Schacht¬ 
pumpen für die Beschaffung des Gebrauchswassers und des Kühlwassers 
für die Kältemaschinen. Die nach dem System Linde ausgeführte Kühl¬ 
einrichtung ist imstande, zu jeder Jahreszeit im Kühlraume eine Temperatur 
von nicht über + 3° C und im Vorkühlraume eine solche von nicht über 
+ 8° C zu halten. 

Die Luft ist dabei in beiden Räumen verhältnismässig trocken und dauernd 
derartig beschaffen, dass sich das Fleisch erwiesenermaßen sechs Wochen lang 
im Kühlhause aufbewahren lässt, ohne Schaden zu nehmen und ohne 
Schimmelpilzbildung zu zeigen. 

Das Kesselhaus ist 20,50 m lang, 17,50 m breit und durchschnittlich 
g,30 m hoch. Der Fussboden liegt 1,38 m tiefer als der des anstossenden 
Maschinenhauses, damit das Kesselhaus unmittelbar von der offenen Kohlen¬ 
lagerstätte erreichbar ist. Die Bauweise ist ähnlich der des Maschinen¬ 
hauses. 

Gegenwärtig sind drei Dampfkessel von je go qm wasserberührter 
Heizfläche für 8 Atm. Überdruck aufgestellt, wovon einer vorläufig als 
Reserve dient Bei späterer Erweiterung der Anlage kann noch ein vierter 
Kessel aufgestellt werden. Im Kesselhause befinden sich ferner noch zwei 
Körtingsche Injektoren zum Speisen der Kessel. Der noch verfügbare 
Raum dient als Werkstatt. 

In dem südwestlichen Winkel des Grundstücks befindet sich, nur von 
der Ratherstrasse aus zugänglich, der Pferdeschlachthof, bestehend aus 
dem Schlachthause und den Stallungen. Der Pferdestall, 17,g3 m lang, 
5,go m breit, bietet Raum für 15 Pferde. 

Das Pferdeschlachthaus, g,50 m breit und im Mittel 17,50m lang, 
ist mit sechs Winden versehen und enthält 47 Haken zum Aufhängen der 
Fleischteile. Die Einrichtung und Bauweise ist im übrigen ähnlich wie die 
der Grossviehschlachthalle. 

Die Sanitätsanstalt, d. h. der Schlachthof für krankes und seuchen¬ 
verdächtiges Vieh, liegt als ein, das Schlachthaus und ein Stallgebäude sowie 
die Abwässerkläranlage umschliessender, eingefriedigter Hof völlig abgesondert 
in der nordöstlichen Ecke des Grundstücks. 

Das Stallgebäude für Krankvieh enthält zwei getrennte Abteilungen 
für 30 Stück Grossvieh, 40 Stück Kleinvieh und 40 Schweine, sowie einen 
besondern Raum für das dem menschlichen Genüsse entzogene Fleisch. 
Es ist 32,64 m lang, g,52 m breit und 3,80 m hoch; die Höhe des Kniestocks 
beträgt 2 m. Die Ausstattung ist dieselbe wie bei den übrigen Ställen. 


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278 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Die Schlachthalle für Krankvieh ist 25 m lang, 10,02 m breit 
und 6 m hoch und besteht aus zwei Teilen, dem Schlachtraume für Gross- 
und Kleinvieh und dem für Schweine. Die Ausstattung ist ähnlich der¬ 
jenigen der übrigen Schlachthallen. 

Kehren wir nach dem Eingänge des Hauptschlacht- und Viehhofs 
zurück, so finden wir nördlich des Vorplatzes an der Ratherstrasse den 
Ausspannhof mit Pferde- und Hundeställen und Wagenschuppen zur 
Aufstellung der aus der Stadt gekommenen Fuhrwerke und Gespanne der 
Metzger. Rechts und links an der Doppeldurchfahrt liegt je ein Pferdestall 
für 32 und 18 Pferde mit Futterboden darüber, in der gegenüberliegenden 
Ecke des etwa 2000 qm grossen viereckigen Innenhofs der nach diesem 
völlig offene, aus 18 Abteilungen bestehende, Wagenschuppen und an der 
Ostseite der Hundestall mit 51 85/148 cm grossen Abteilungen. Sie sind 
mit eisernen Türen versehen, die Zwischenwände mit Zinkblech benagelt, 
der obere Verschluss aus Gitterstäben gebildet. 

An der Kopfseite des Vorplatzes liegt das Doppelwohnhaus für 
die beiden Vorstandsbeamten. Das Gebäude hat eine grösste Länge 
von 25,56 m und eine grösste Tiefe von 14,17 m und enthält südlich die 
Wohnung des Direktors, bestehend aus sieben Wohnräumen, Küche, Bade¬ 
zimmer, zwei Mansardenstuben und den nötigen Keller- und Speicher¬ 
räumen, nördlich die ähnliche Wohnung des zweiten Vorstandsbeamten mit 
sechs Wohnräumen. Zu jeder Wohnung gehört ein geräumiger Garten. 

Das an der Südseite des Vorplatzes gelegene Verwaltungs-, Wirt¬ 
schafts- und Wohngebäude hat eine Länge von 43 m und eine Breite 
von 13,06 m. Der Mittelbau ist dreigeschossig, die Flügel zweigeschossig. 
Das Kellergeschoss enthält zwei Waschküchen, Vorratsräume, Wein- und 
Bierkeller für die Gastwirtschaft. Über den Wirtschaftsräumen liegen im 
ersten Stockwerke des östlichen Flügels sieben Fremdenzimmer. Die Wirt¬ 
schaft ist vom Schlachthofe und vom äussern Vorplatze aus zugänglich. 
Über den im westlichen Flügel untergebrachten, nur vom Schlachthofe aus 
zugänglichen Diensträumen der Kasse, der Buchhalterei, des Direktors und 
der Tierärzte befinden sich auch noch, das erste Stockwerk des Mittelbaus 
einnehmend, drei Dienstwohnungen für den Maschinenmeister, den Futter¬ 
meister und den Pförtner, sowie im zweiten Stockwerke des Mittelbaus eine 
solche für den Aufseher. Sie sind sämtlich nur vom Vorplatze aus zugäng¬ 
lich und enthalten je vier Räume mit abschliessbarem Flur. An die Wirt¬ 
schaft stösst südlich ein Garten. 

Zwischen den Haupteingängen zum Schlacht- und Viehhof sind 
Pförtnerhäuschen erbaut, deren westlich gelegenes bei 4,78 m Länge 
und Breite mit zwei Vorbauten einen Raum für den Pförtner enthält, während 
das östlich zwischen den Zugängen zum Schlacht- und Viehhofe gelegene 
Häuschen bei 8,03 m Länge und 4,78 m Breite ausserdem noch ein Zimmer 
für den Nachtwächter birgt. — Die Aussenarchitektur der sämtlichen Gebäude 
sucht in einfacher, aber gefälliger Weise dem praktischen Bedürfnisse zu 


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DER SCHLACHT- UND VIEH HOF. 


279 


genügen und der ganzen Anlage unter Vermeidung jedes unnötigen Auf¬ 
wands ein freundliches Äusseres zu gewähren. Sämtliche Betriebsgebäude 
sind einfach mit gelben Verblendsteinen mit roten Streifen gemauert. Nur 
die um den Vorplatz gruppierten Gebäude haben, ihrer Bedeutung und 
Lage entsprechend, eine etwas reichere architektonische Ausbildung durch 
ausgedehnte Verwendung von Profilsteinen und — wenngleich sparsame — 
Anwendung von Sandstein erfahren. 

Das Grundstück ist nach der Strasse hin durch massive Mauern aus 
Blendsteinen und nach der Bahn durch einen Lattenzaun zwischen Eisen¬ 
pfosten abgeschlossen. 

Die gesamte Anlage wird durch elektrisches Licht und zwar durch 
500 Glühlampen und 53 Bogenlampen beleuchtet. 

Die Wasserversorgung geschieht aus dem oben schon erwähnten 
Brunnen unter Vermittlung des Wasserturms. Alle Strassen haben Kopf¬ 
steinpflaster mit Fugenverguss aus Asphalt, nur die besonders der Ver¬ 
schmutzung ausgesetzten zwischen der Schlachthalle und der Kuttelei für 
Grossvieh sind mit Stampfasphalt versehen. 

Die erhöhten Bürgersteige haben Mosaikpflaster mit Bordstein¬ 
einfassung. 

Die Entwässerung der einzelnen Räume und Strassen erfolgt, nachdem 
die gröberen Sinkstoffe sich in Strassensinkkästen und Schlammfängern ab¬ 
gesetzt haben, durch ein Netz von glasierten Tonröhren nach der im Sanitäts¬ 
hofe liegenden Kläranlage und von dort nach dem städtischen Kanäle. Die 
Klärung wird mechanisch nach dem Systeme Friedrich & Glass in Leipzig 
bewirkt. 

Der Plan der ganzen Anlage und die Entwürfe der Markthallen, 
Schlachthallen und Verbindungshalle rühren von Gg. Osthoff in Berlin 
her, die übrigen Teile sind auf dem städtischen Hochbauamte entworfen. 


53 




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Abb. 335. Das erste Theater Düsseldorfs (links), ehemaliges Giesshaus. 


F. Theater-, Konzert- und Vereinshäuser. 

I. Das Stadttheater (D5). 

Chronik Düsseldorfs berichtet, dass die ersten Theater¬ 
vorstellungen hier in den letzten Jahren des 17. Jahr¬ 
hunderts stattgefunden haben, als die italienische Oper 
an dem Hofe des ^Kurfürsten Johann Wilhelm eingeführt 
wurde. Diese Aufführungen, die lediglich dem Kunst¬ 
bedürfnisse und der Prunkliebe des Fürsten dienten, 
waren nicht für das grosse Publikum bestimmt, sondern 
fanden im engen Rahmen des Hofes statt. 

Erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts finden wir eine feste, der Öffent¬ 
lichkeit gewidmete Schaubühne. Das alte Giesshaus am Markte, worin 
ürupello das Reiterstandbild Johann Wilhelms gegossen hat, war bei der 
vorübergehenden Anwesenheit des Kurfürsten Karl Theodor in Düsseldorf im 
Jahre 1747 nur für einige Wochen in ein Theater umgewandelt worden. 
Seit dem Jahre 1751 wurden sodann in diesem Gebäude regelmässig von 
wandernden Schauspielergesellschaften Vorstellungen gegeben. Die überaus 
mangelhafte Einrichtung dieses Theaters, sowie die ungenügenden künst¬ 
lerischen Kräfte Hessen eine gedeihliche Entwicklung der Theaterverhältnisse 
nicht aufkommen. Erst im Jahre 1781 trat eine Wendung zum besseren 
ein. Auf die eindringlichen Vorstellungen kunstsinniger Bürger hin veran- 
lasste der damals regierende Pfalzgraf Karl Theodor eine durchgreifende 
Neugestaltung des Theaterwesens. Es wurde einem fürstlichen »Kommissarius" 
unterstellt, das Gebäude einer gründlichen Ausbesserung unterworfen, neue 
Dekorationen wurden auf Kosten des Fürsten angeschafft und den Theater¬ 
leitern mancherlei Erleichterungen gewährt. Leider hielt diese Besserung 



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DAS STADTTHEATER. 


281 


wegen der unruhigen kriegerischen Zeitläufe am Ausgange des 18. Jahr¬ 
hunderts nicht an. Erst mit dem Jahre 1805, als unter Napoleons Herr¬ 
schaft das Theater in eine »Bergische Nationalböhne" umgewandelt wurde, 
hoben wieder bessere Zeiten an. Nach der Besetzung Düsseldorfs durch 
Preussen ging das Theatergebäude auf Veranlassung des Königs Friedrich 
Wilhelm III. laut Schenkungsurkunde vom 11. April 1818 aus Staatsbesitz in 
das Eigentum der Stadt über. Es tauchte auch bald der von den Regierungs¬ 
bauräten von Vagedes und Götz eitrigst unterstützte Plan auf, ein neues 
Theatergebäude zu errichten, doch beschloss man aus Sparsamkeitsrücksichten 
nur, das alte Theater neu auszubauen. Nach jahrelangem Warten — 1831 — 
wurden endlich die notwendigen Verbesserungen mit einem Kostenaufwande 
von 20000 Talern ausgeführt. 1832 setzte man einen, allen alten Düssel¬ 
dorfern noch wohlbekannten, Portikus mit vier jonischen Säulen vor den 
Giebel (Abb. 335). 

In diesem immerhin noch recht dürftigen Gebäude begann mit dem 
Jahre 182g ein neuer Aufschwung der Düsseldorfer Schauspielkunst, — nach¬ 
dem die Minderwertigkeit der hiesigen Bühne sich immer mehr fühlbar 
gemacht hatte —, als an die Spitze des Theaters ein Mann trat, der dazu 
ausersehen war, der Schöpfer einer der glanzvollsten Epochen deutscher 
Schauspielkunst zu werden und den Ruhm der Düsseldorfer Bühne über die 
ganze gebildete Welt zu verbreiten: Karl Immermann. — Es kann nicht 
unsere Aufgabe sein, auf das, was Immermann in Gemeinschaft mit dem zu 



Abb. 336. Das Stadttheater. 


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282 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


gleicher Zeit als städtischer Musikdirektor hier wirkenden FelixMendelssohn- 
Bartholdy für die Hebung der Düsseldorfer Theaterverhältnisse getan hat, 
näher einzugehen; mit Stolz blickt jeder Düsseldorfer heute noch auf diesen 
glänzenden Zeitabschnitt des hiesigen Theaterlebens zurück. Leider war 
diese Olanzperiode nicht von langer Dauer, schon im Jahre 1837 nötigten 
Oeldschwierigkeiten Immermann von der damaligen Musterbühne zurück¬ 
zutreten und das Theater seinem Schicksale zu überlassen. 

Immermanns Befürchtung, dass mit dem Untergange seiner Bühne die 
Poesie in Düsseldorf für lange Jahre zu Grabe getragen werde, hat sich nur 
zu sehr bewahrheitet. Die Theatergeschichte Düsseldorfs bietet in den fol¬ 
genden drei Jahrzehnten wenig Erfreuliches, sie spricht nur von den Kämpfen 
der verschiedenen Direktoren um ihr Bestehen. 

Infolge der Bevölkerungszunahme Düsseldorfs wurde dann die Errichtung 
eines Theaterneubaus ein unabweisbares Bedürfnis. Im Jahre 1864 traten 
300 angesehene Bürger mit einer Eingabe an den Oberbürgermeister Hammers 
heran, worin sie dringend den Neubau eines städtischen Theaters mit min¬ 
destens 1600 Plätzen forderten. Infolgedessen bewilligte die Stadtverordneten¬ 
versammlung am 21. Februar 1865 den Betrag von 120000 Talern und 
beschloss am 21. März 1865, von der Königlichen Regierung die Hergabe 
eines Teils des Botanischen Gartens an der Alleestrasse als Baustelle 
zu erbitten. Dem Anträge wurde am 14. August desselben Jahrs statt¬ 
gegeben. So vortrefflich dieser Platz für die Errichtung des Gebäudes in 
künstlerischer Beziehung und hinsichtlich seiner Lage zur Stadt war, so wenig 
günstig erwies sich der Baugrund, da sich hier ein Teil des ehemaligen 
Festungsgrabens befand. Erst in der Tiefe von 24 Fuss erreichte man festen 
Boden. 

Architekt Professor Ernst Giese, der spätere Teilhaber der Dresdener 
Architektenfirma Giese & Weidner, der zu jener Zeit an der Düsseldorfer 
Kunstakademie einen Lehrstuhl für Architektur innehatte, wurde mit der 
Anfertigung der Pläne für den Neubau betraut, und sein Entwurf fand am 
26. November 1867 die Zustimmung der Stadtverordneten. Zum Baubeginne 
sollte es indes noch nicht kommen. Die Prüfung der Pläne seitens der 
Königlichen Regierung nahm über ein Jahr in Anspruch. Es fanden sich 
auch angesehene Bürger, die gegen den Neubau überhaupt Einspruch er¬ 
hoben, weil die Stadt durch notwendigere Arbeiten zu sehr belastet sei, und 
so zog sich die Ausführung des Unternehmens, das überdies durch die 
Kriegsereignisse an Teilnahme einbüsste, bis zum Jahre 1873 hin. Im Sep¬ 
tember dieses Jahrs begann man endlich mit dem Neubau nach den Gieseschen 
inzwischen abgeänderten Plänen, nachdem die Stadtverordneten die nun¬ 
mehr auf 270000 Taler veranschlagten Kosten bewilligt hatten. Am 29. No¬ 
vember 1875, nach zweijähriger Bauzeit, fand die erste Vorstellung in dem 
neuen Musentempel statt (Abb. 336). 

Das Gebäude, im italienischen Renaissancestile der Dresdener Schule 
gehalten, enthält 1260 Sitz- und 90 Stehplätze. Die ursprüngliche Bühne 


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DAS STADTTHEATER. 


283 


war 15,70 m tief und 22,50 m breit, die Breite der Bühnenöffnung beträgt 
10,50 m. Im Jahre 1891 wurde bei Anbau eines Kulissen- und Oarderoben- 
hauses an der Hofgartenseite die Bühne um 13,50 m verlängert (Abbild. 
337 und 338). 

Als hervorragendes Kunstwerk des Hauses ist der von dem Düsseldorfer 
Maler Ernst Hartmann gemalte Vorhang zu erwähnen, eine Stiftung des 
Kunstvereins für Rheinland und Westfalen. 



Die mechanischen Einrichtungen sind unter Leitung des Maschinenmeisters 
Brandt aus Darmstadt ausgeführt, desselben Meisters, der an der Schaffung 
der Wagnerbühne in Bayreuth mitgewirkt hat. Die frühere, von der Firma 
J. H. Reinhardt in Würzburg stammende Luftheizung wurde im Jahre 1891 
von der Düsseldorfer Firma Walz 8t Windscheid in eine vereinigte Warm¬ 
wasser- und Luftheizung umgewandelt. 

Zur Feuersicherheit ist die Bühne mit einem hydraulisch zu bewegenden 
eisernen Vorhänge ausgestattet, der in 20 Sekunden herabgelassen werden 
kann; auch ein Berieselungsapparat ist vorhanden. 


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* 



Abb. 339. Das Apollotheater. 


2. Das Apollotheater (D6). 

er leichtgeschürzten Muse wurde in Düsseldorf vor noch 
nicht zehn Jahren auf dem Grundstücke des ehemaligen 
Cöln - Mindener Bahnhofs ein Tempel errichtet, das 
Apollotheater. Frühergab man in einem als Theater 
ausgebauten Saale in der Hunsrückenstrasse, Korns 
Thaliatheater, Operetten und kleine Lustspiele, doch 
ging dies Unternehmen in den 70er Jahren wieder ein. 
Ausser einer Anzahl kleiner Singspielhallen bestand damals nur ein minder¬ 
wertiges Vari£tetheater in der als Gartenwirtschaft bekannten, an der Post¬ 
strasse belegenen Bockhalle, wo bei schönem Wetter die Schaustellung auch 
wohl in den Garten verlegt wurde. 

Versuche, in Düsseldorf ein der Bedeutung der Stadt angemessenes 
Variet£theater zu errichten, sind etwa zwanzig Jahre alt. Aber alle Pläne 
scheiterten daran, dass geeignete Bauplätze nicht zur Verfügung standen oder 
zu teuer waren. Auch als mit dem Eingehen der früheren Bahnhöfe am 
Anfänge der Königsallee und der Friedrichsstrasse das dort freiwerdende 
Gelände, sowie noch später ein Platz östlich davon zur Errichtung eines 
ständigen Zirkus mit Einrichtung zum Variet£betriebe geeignet erschien, er¬ 
litten doch alle Pläne Schiffbruch an den Klippen der Geldbeschaffung. 

Erst als Ende 1897 infolge einer Anregung des damaligen Beigeordneten 
und jetzigen Oberbürgermeisters Marx die Herren C. Kraus und L. Nieder- 
leitner einen abermaligen Versuch zur Begründung einer solchen Theater- 



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DAS APOLLOTHEATER. 


285 


gesellschaft machten, fand sich erfreulicherweise endlich eine genügende 
Anzahl angesehener Bürger, die anfangs 1898 die Apollotheater-Aktiengesell¬ 
schaft mit Ausgabe von 700 Aktien zu 1000 M gründete. Auf Grund 
der von dem Architekten Hermann vom Endt entworfenen Pläne wurden 


die Grunderwerbs-, Bau- und Ausstattungskosten auf 1200000 Mark fest¬ 
gestellt, die durch jene Aktienausgabe und die Aufnahme einer von der 
Landesbank der Rheinprovinz gewährten hypothekarischen Beleihung von 
500000 M aufgebracht wurden. 

Dem Architekten war insofern eine schwierige Aufgabe gestellt, als die 
Gesellschaft beschlossen hatte, das zu errichtende Gebäude nicht ausschliess¬ 
lich für Vari£t£zwecke, sondern auch für Zirkusvorstellungen, Konzertauf¬ 
führungen, Bälle, Ausstellungen u. ä. verwendbar zu gestalten und sämtlichen 
Räumen ausreichendes Tageslicht zu geben. 

Am 25. Juli 1898 wurde der erste Spatenstich getan und am 16. De¬ 
zember 1899 das Theater durch eine Vorstellung vor geladenen Zuschauern 
eröffnet (Abb. 33g). 

Das zum Bau benutzte Grundstück hat eine Grösse von 4051 qm, wo¬ 
von 2850 qm bebaut sind; ausserdem sind noch 730 qm Hoffläche für 
Kesselanlage, Stallungen und Requisitenräume unterkellert. Der achteckige 
Zuschauerraum ist 37,50 m breit; mit ihm in unmittelbarer Verbindung 


stehen sechs 

Restaurations- pg ^ 

räume, je zwei 

für jedes Ge- S 

schoss. Die Bf 

lichte Bühnen- -njo 

Öffnung be- *1 

trägt 12,50 m. j] 1 '.'l i- 
Die 20 m breite J| 

und einschl. 
der Vorbühne 
lgmtiefeBüh- 
ne hat eine 

sechseckige [ 

Grundform 

und verengt | _ 

sich nach hin- * . | ■ 

ten trichterförmig. Die- V 
sem Umstande ist wohl 
nicht zum geringsten die > 
vorzügliche Akustik des ge¬ 
waltigen Zuschauerraums zu¬ 
zuschreiben. An die Bühne 


Abb. 340. 
Grundriss für 
V ari£t£-Be trieb. 
1 :700. 










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286 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



schliessen sich, nur einseitig 
angebaut, ein besonderes Gar¬ 
deroben- und ein Requi¬ 
sitenhaus an. Infolge die¬ 
ser fächerförmigen Auf¬ 
teilung der 
Bühne mit 
ihren Neben¬ 
bauten ist bei 
einer Feuers¬ 
gefahr die¬ 
sem gefähr¬ 
lichsten Teile 
aller Theater 
leicht beizu¬ 
kommen. 

Das ganze 
Hausistübri- 
gens in allen 
Teilen feuer¬ 
sichergebaut, 
Bühne und 
Zuschauer- 

raum mit zahlreichen Hydranten, jene auch mit einem Berieselungsapparate 
versehen. Ein eigenes Kabel führt zur Hauptfeuerwache. 

Das Haus fasst rd. 3000 Zuschauer, 1500 im Parterre, 650 im ersten 
Range und 850 im zweiten Range. Die zahlreichen Ausgänge sind so ange¬ 
ordnet, dass das Theater sich bei vollbesetztem Hause in wenigen Minuten 
entleert (Abb. 340). 

Die vorgesehene Einrichtung für Zirkusvorstellungen besteht darin, dass 
unter dem Parkette die Manege mit Wassergraben vorhanden ist. Die Klapp¬ 
sitze werden um die Zirkusmanege herum auf einem eisernen Unterbau in 
Form eines Amphitheaters derart aufgestellt, dass der Wandelgang des 
Parketts freibleibt und als Umritt dient. Nachdem zwei Drittel des Bühnen¬ 
bodens entfernt sind, dient der Bühnenraum als Aufsitzraum und über ihm 
können weitere Sitzreihen aufgebaut werden. Stallungen für etwa 120 Pferde 
sind vorgesehen (Abb. 341). 

Die Gesamtkosten für Bau und Einrichtung einschliesslich Bestuhlung, 
Dekorationen und Architektenentgelt haben nicht ganz eine Million Mark 
betragen. 

Bis jetzt gedeiht das Unternehmen recht günstig, wie daraus hervorgeht, 
dass bei reichlichen Abschreibungen in den Jahren 1900 und 1901 io°/ 0 , im 
Jahre 1902 (Ausstellung) 15°/ rt und im Jahre 1903 12% Dividende verteilt 
werden konnten. 


Abb. 341. 
Grundriss für 
Zirkus-Betrieb. 
I : 700. 


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DIE STÄDTISCHE TONHALLE. 


287 


3. Die städtische Tonhalle (E5). 

Tonhalle, jetzt ein städtisches Konzert- und Gesellschafts¬ 
haus grossen Stils, hat sich aus kleinen räumlichen 
Verhältnissen langsam zu der jetzigen Anlage entwickelt. 
Ihre Vorläufer, anfangs des 19. Jahrhunderts noch vor 
der Stadt am Steinwege belegen, waren unter den Namen 
Jansens Garten, dann Beckerscher Garten beliebte Aus¬ 
flugsorte der Düsseldorfer, später, schon an den Umfang der angewachsenen 
Stadt gerückt, ebenso Geislers Lokal. Hier wurde zu Pfingsten des Jahres 1818 
in einem aus Holz gezimmerten und mit Brettern verschalten Saale, dessen 
Giebel am Steinwege (Schadowstrasse) und dessen Langseite an der jetzigen 
Tonhallenstrasse lag, das erste „Niederrheinische Musikfest" abgehalten. 

Im Jahre 1863 ward auf Anregung des Musikfestkomitees das Geislersche 
Besitztum von der Stadt angekauft und in den beiden folgenden Jahren durch 
den Stadtbaumeister Westhofen ein grosser Konzertsaal, der jetzt noch be¬ 
stehende „Kaisersaal", errichtet, der seinen Namen nach dem grossen Fest¬ 
essen führt, das die Rheinischen Provinzialstände im Jahre 1877 zur Feier 
der Anwesenheit Kaiser Wilhelms 1 . darin gaben. In Verbindung mit den 
an der Schadowstrasse gelegenen Räumen, dem „Rittersaal", nach einem 
Malkastenfeste genannt, und der „Glashalle ,r , hat dann däs nunmehr als 
„Städtische Tonhalle“ bezeichnete Konzerthaus und sein prächtiger 
Garten viele grosse Veranstaltungen auf musikalischem und gesellschaftlichem 
Gebiete beherbergt. Den Kaisersaal, der 42,48 m zu 24,20 m misst und 
mit seinen zwei Galerien 2820 Personen fasst, zeichnet eine wundervolle 
Akustik vor den meisten deutschen Konzertsälen aus, sodass Sänger wie 
Musiker stets mit Freude in dem Raume wirken. 

Mit der Zeit genügten die älteren Teile der Anlage, namentlich die 
Wirtschaftsräume, nicht mehr den Bedürfnissen. 

Im Jahre 1886 wurde darum zum Ausbau der Tonhalle mit Erhaltung 
des Kaisersaals ein Wettbewerb unter deutschen Architekten ausgeschrieben 
und nach dessen Ausfälle an erster Stelle der Entwurf des Architekten H. vom 
Endt in Düsseldorf und jener des Architekten Bruno Schmitz in Berlin, an 
zweiter Stelle der Plan der Architektenfirma Frz. Deckers & Karl Hecker in 
Düsseldorf ausgezeichnet. 

Mit Benutzung dieser Entwürfe arbeitete das städtische Hochbauamt im 
Jahre 1888 die besondern Pläne unter Leitung des damaligen Stadtbaumeisters 
Westhofen und nach dessen Tode unter Stadtbaurat Peiffhoven aus, und die 
Ausführung folgte 1889 bis 1892 in zwei Abschnitten, um Betriebsstörungen 
zu vermeiden (Abb. 342, 343 und 344). 

Im Jahre 1901 sind der Kaisersaal und der Verbindungssaal von dem 
jetzigen Stadtbaurat und Beigeordneten Radke mit neuer Stuckausschmückung 
versehen und zu gleicher Zeit nebst dem Rittersaale von der Firma Hem- 
ming & Witte ausgemalt worden. 



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2go 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Die geräumigen 
Erdgeschosssäle(Ab- 
bild. 345) in Ver¬ 
bindung mit den 
schönen Garten¬ 
anlagen bieten zu 
grossen und gröss¬ 
ten Versammlungen 
und zu musikali¬ 
schen Darbietungen 
die günstigste Ge¬ 
legenheit. Die ent¬ 
sprechend gross an- 
gelegtenWirtschafts- 
räume erlauben es 
grosse Festessen bis 
zuioooTeilnehmern 
ohne Schwierigkei¬ 
ten abzuhalten. Im 
Sommer steht der 
schöne schattige 
Garten mit seinen 
breit angelegtenTer- 
rassen und wirkungs- 
vollenBeleuchtungs- 
anlagen dem Publi- 

Abb. 347. Von der Hauptfassade der Tonhalle. kum offen Und es 

ist ein Genuss, hier den Konzerten der vorzüglich geleiteten städtischen 
Kapelle zu lauschen. 

Für kleinere Veranstaltungen, Privatgesellschaften, Hochzeiten bietet sich 
im ersten Obergeschosse eine Anzahl von Sälen mittlerer Grösse (Abb. 346). 

An der Ecke der Schadow- und der Tonhallenstrasse zu ebener Erde 
befindet sich ein Tagesrestaurant und ausserdem sind an der Schadowstrasse 
einige vermietbare Ladenräume eingerichtet. 

Den Mittelteil der Hauptfassade stellt Abbildung 347 dar. 



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DER KÜNSTLERVEREIN MALKASTEN. 


2g 1 

4. Der Künstlerverein „Malkasten“ (E 4). 

bschon die Düsseldorfer Kunst bis in das 17. Jahrhundert 
zurückreicht und bereits damals zeitweise eine gewisse 
Bedeutung erlangte, so hat die eigentliche Entwicklung 
Düsseldorfs zur Kunststadt doch erst mit dem dritten 
Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts begonnen durch die 
im Jahre 1829 erfolgte Gründung des Kunstvereins für 
Rheinland und Westfalen, der im Jahre 1844 die des 
«Vereins Düsseldorfer Künstler zu gegenseitiger Unterstützung und Hilfe« 
folgte. Trotzdem es sich bei beiden Veranstaltungen in erster Linie um 
eigentliche Zwecke der Kunst handelte, so ist in ihnen doch auch schon 
die Wurzel zu erkennen, aus der zuerst im November 1835 zur Pflege der 
Geselligkeit der «Familienverein Düsseldorfer Künstler" und im Herbste 
1844 eine Vereinigung entspross, die sich «Familienverein der Düssel¬ 
dorfer Künstler zu gegenseitiger Unterstützung und Hilfe« nannte. Beide 
Gesellschaften besassen indessen nur eine geringe Lebenskraft und gingen 
an der Teilnahmlosigkeit ihrer Mitglieder zugrunde. Erst in der politischen 
Erregung des Revolutionsjahrs 1848 fand der Vereinigungsgedanke wieder 
neuen Boden. Am Abend des 6. August hatte sich nach der Beendigung 
des Frühjahrsfestes, das vor dem auf dem Friedrichsplatze errichteten Kolossal¬ 
bilde der Germania gefeiert war, eine Anzahl Künstler in der Bockhalle 
bei einem Trünke kühlen Biers zusammengefunden. Begeistert durch die 
soeben symbolisch dargestellte Vereinigung aller deutschen Stämme unter 
einer Fahne, beschlossen sie auf Anregung Emanuel Leutzes, eine neue, der 
Förderung des künstlerischen Lebens und der Erholung gewidmete Gesellschaft 
zu gründen, ln einer fünf Tage später, am 11. August, abgehaltenen Ver¬ 
sammlung Düssel¬ 
dorfer Künstler fand 
bereits die Konsti¬ 
tuierung des neuen 
Vereins statt, der 
auf den Vorschlag 
des Malers Carl 
Hübner den Namen 
«Malkasten« er¬ 
hielt und schnell 
zu kräftigem Auf¬ 
blühen gelangte. 

Einige Schwierig¬ 
keiten verursachte 
anfänglich die Fra¬ 
ge der Vereins¬ 
räume, die mehrfach 




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2Q2 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


gewechselt werden mussten, wobei in der Regel die Oüte des Biers aus¬ 
schlaggebend war. Zuerst hauste der Malkasten bei dem Ökonomen Rehl, 
zog sodann zur Löwenburg in der Pempelforterstrasse hinter dem jetzigen 
Malkastengarten, und wählte darauf das Fussbahnsche Lokal in der Kaiser¬ 
strasse, wo er jedoch nur ganz kurze Zeit verblieb, um in das des Wirts 
von der Beek in der Altestadt überzusiedeln. Auch hier war seines Bleibens 
nicht sehr lange. Sesshaft wurde der Verein erst in dem Hause Ratinger- 
strasse Nr. 3, wo er 13 Jahre lang verblieb. 

Schon 1855 war in einer Vorstandssitzung darauf hingewiesen worden, 
dass das Gut der Brüder Friedrich Heinrich und Johann Georg 
Jacobi, der Jacobische Garten in Pempelfort, von deren Erben unter er¬ 
leichterten Bedingungen zu erwerben sei, und dass es sich empfehlen möchte, 
ihn wenn möglich als späteres Besitztum einer zu gründenden Witwenkasse 
anzukaufen. Die von dem Architekten Franz Deckers, Ehrenmitgliede des 
Düsseldorfer Architekten- und Ingenieurvereins, einem alten Malkästner von 
echtem Schrot und Korn, zuerst gegebene Anregung fand begeisterten An¬ 
klang, doch war die Erwerbung dieses für die Gesellschaft allerdings überaus 
geeigneten, durch grosse literarische Ereignisse und künstlerische Erinne¬ 
rungen geweihten Bodens, wo einst Goethe, Herder, Hamann, Wieland, Förster, 
Heinze, Graf Friedrich Leopold zu Stolberg, die Fürstin Galizyn und andere 
Geistesgrössen zum Besuche des philosophischen Bruderpaars Jacobi ge¬ 
weilt hatten, mit grossen Schwierigkeiten verknüpft, worunter die Beschaffung 
der Mittel nicht die geringste war. Indessen um das Gut vor der Zer¬ 
teilung zu bewahren und dem Malkasten für spätere Zeit zu sichern, be¬ 
schlossen zwei Mitglieder der Gesellschaft, Andreas Achenbach und Arthur 
v. Sybel, den Ankauf, der im September 1857 erfolgte. Der Preis betrug 
22000 Taler. Damit war die dringendste Sorge einstweilen aus dem Wege 
geräumt, bis zur Besitznahme durch den Verein sollten aber noch mehrere 
Jahre vergehen. Zunächst war wenigstens erreicht worden, dass der Mal¬ 
kasten, nachdem die zeitigen Besitzer des Gartens ihm 1859 das Treibhaus 
als ein Sommerlokal angeboten hatten, sein künftiges Heim gegen einen 
jährlichen Mietzins von 200 Talern als solches benutzen konnte. Der feier¬ 
liche Einzug fand am 14. Juli 1860 statt. Am 31. Mai 1860 waren dem 
Malkasten die Rechte einer juristischen Person verliehen worden, ohne die 
der beabsichtigte Ankauf des Grundstücks nicht hätte geschehen können. 
Dann wurde zur Beschaffung der Geldmittel eine mit Gemälden aus allen 
Kreisen der deutschen Kunstgenossenschaft ausgestattete Verlosung veran¬ 
staltet und mit deren sehr günstigem Erlöse endlich die Möglichkeit ge¬ 
wonnen, den Kaufvertrag abzuschliessen, der den Malkasten für 25000 Taler 
zum Eigentümer des herrlichen Besitzes machte. 

Noch aber fehlte es, da das alte Jacobische Familienhaus für die Zwecke 
des Vereins nicht genügte, an einem Winteraufenthalte. Es musste also ge¬ 
baut werden und abermals bedurfte es langer Verhandlungen. Ein Wett¬ 
bewerb unter den deutschen Architekten wurde ausgeschrieben und am 


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DER KÜNSTLERVEREIN MALKASTEN. 


293 


15. Januar 1862 der Beschluss gefasst, für den Neubau den Betrag von 
25000 Talern aufzuwenden. Es dauerte jedoch noch bis zum 2. Februar 
1864, bevor die Baufrage zur wirklichen Lösung gelangte. Erst in der 
Generalversammlung dieses Tages wurde auf den Vorschlag des Vorstands 
beschlossen, den Plan des Altmeisters Ludwig Blank zur Ausführung zu 
bringen. Am 21. Mai 1865, dem Geburtstage Albrecht Dürers, fand die 
Grundsteinlegung statt, am 18. April 1866 wurde das Abschiedsessen in dem 
alten Winterlokale in der Ratingerstrasse abgehalten und am 30. März 1867 
die feierliche Einweihung des neuen Hauses vorgenommen, das zu einer 
Stätte unverwüstlicher Fröhlichkeit werden und in seinen reich geschmückten 
Räumen so manche grossartige Festversammlung sehen sollte. 

Bei dem Neubau wurde das historische Jacobische Wohnhaus in 
schonendster Weise behandelt und die neuen Räume dem Vorhandenen so 
angefügt, dass das alte Wohnhaus in seinem ganzen Umfange bestehen 
bleiben konnte. Der neue Teil enthält Eintrittshalle, Kleiderablage, Billard¬ 
zimmer, den grossen Saal mit Bühne, den kleinen Speisesaal und Wirt¬ 
schaftsräume. In dem alten Hause verblieb die Bibliothek, ein Atelier 
nebst Schlafzimmer für den jeweiligen Hausmeier und die Wohnung des 
Kastellans. 

Im Jahre 1891 sind nach Plänen des Regierungsbaumeisters Schleicher 
nach dem Garten zu ein Lesezimmer, eine überdeckte Veranda, ein Bühnen¬ 
zimmer und die Terrasse angebaut worden, wodurch die Gartenfront eine 
würdige Ausbildung erfahren hat. 

Weltbekannt sind die Feste des Malkastens nicht so sehr wegen des bei . 
ihnen entfalteten Glanzes, als vielmehr ganz besonders wegen ihres Humors, 
ihrer übersprudelnden Künstlerlaune und ihrer Gemütlichkeit. Diese Feste 
reichen bis zum Anfänge des vorigen Jahrhunderts, wenigstens bis in die 
zwanziger Jahre zurück, wo man begann, wenn auch nicht alljährig, so doch ab 
und zu Frühlingsfeste zu feiern, deren Schauplatz in der Regel der Grafenberg, 
die Fahnenburg, Haus Roland oder der Bilker Busch bildeten, und denen 
irgend eine romantische Idee, wie die Besiegung des mächtigen Ritters Durst, 
die Befreiung der gefangenen Prinzessin Waldmeister, Aschenbrödels Hoch¬ 
zeit, Tannhäuser und Venus zugrunde lag. ln malerischem, von Zuschauern 
umdrängtem, musikbegleitetem und phantastisch aufgeputztem Zuge ging 
es hinaus. Später, als der Jacobische Garten mit seinen herrlichen 
Baumgruppen, weiten Rasenflächen und poesievollen Gewässern zu Gebote 
stand, wurde der Schauplatz dieser Festlichkeiten hierhin verlegt, wodurch 
sie allerdings für die Öffentlichkeit ihre Bedeutung einbüssten und einen 
intimen Vereinscharakter annahmen.- Auch Weihnachtsfeste wurden veran¬ 
staltet, gewöhnlich in dem Geislerschen Wirtshause am Steinwege, der 
jetzigen Schadowstrasse, wo heute die Tonhalle steht. Später änderte sich das 
Wesen der Feste, die Romantik entfloh und machte anderen Gedanken Platz. 
Man bildete Volksfeste, Kirmessen, Schützenfeste und dergleichen nach, 
oder es wurde eine Künstlerposse, eine «internationale Kunstausstellung", 


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wähnenswert sind auch die jährlichen Maskenbälle, die sog. ,, Redouten«, 
die am Samstag vor Karneval diesen einleiten und zu dessen wesentlichem 
Bestände in Düsseldorf geworden sind. Den Glanzpunkt aller dieser Feste 
bildete aber das zur Feier der Anwesenheit Kaiser Wilhelms I. und der 
Kaiserin Augusta im Malkasten am 6. September 1877 veranstaltete, bei 
dem auch der Kronprinz Friedrich, die Kronprinzessin, Prinz Friedrich Karl, 
eine grosse Zahl anderer Fürstlichkeiten und der grosse Schlachtenlenker 
Moltke zugegen waren. Nach einem kurzen Vorspiele auf der Malkasten¬ 
bühne wurden auf einer in der grossen Wiese errichteten Festbühne die 
glanzvollsten Begebenheiten der deutschen Geschichte verkörpert, und nach 
einem Schlussworte der Germania vereinigten sich die sämtlichen mitwirken¬ 
den Personen zu einem Festzuge durch den Garten. Den Schluss der Dar¬ 
stellungen bildete ein Elfenreigen auf der fernen Wiese. 

Eine weitere Veranlassung zu einer grossen Festlichkeit gab die Ein¬ 
weihung des Corneliusdenkmals am 24. Juni 1879, die der Malkasten durch 
ein grosses Gartenfest feierte, dem unser jetziger Kaiser als Prinz Wilhelm 
zum erstenmal als Gast des Malkastens beiwohnte. 

Die Unterkunftsfrage hatte mit der Erbauung des neuen Vereinshauses 
ihre endgültige Lösung gefunden, es entsprach allen Anforderungen an ein 
wirkliches Künstlerheim und auch der geschichtlichen Erinnerung war durch 
die Erhaltung des Jacobischen Wohngebäudes in seiner alten Form genügt. 
Noch aber machte sich im Winter der* Mangel einer Kegelbahn bemerkbar 
und zwar um so fühlbarer, als das Kegeln in der schönen Jahreszeit auf der 
an einem herrlichen Plätzchen belegenen Sommerkegelbahn eine der be¬ 
gehrtesten und fleissigst geübten Vergnügungen war, deren Unterbrechung 
mit Eintritt der rauheren Witterung stets unangenehm empfunden wurde. 
Nach längeren Kämpfen mit einer auch vorhandenen Gegenpartei siegten 


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DER KÜNSTLERVEREIN MALKASTEN. 


295 


endlich die Kegelfreunde und die Eröffnung einer von den Architekten 
Boldt & Frings in enger Verbindung mit dem Hause erbauten Doppel¬ 
kegelbahn für den Winter war im November 1882 ihr Lohn. Endlich 
vereinigte man nach dem Plane Jos. Kleesattels mit ihr auch noch eine 
Sommerbahn, wodurch der ganze Raum zu einheitlicher Benutzung ge¬ 
eignet wurde, und damit konnten die baulichen Einrichtungen der Mal¬ 
kastenanlage auf absehbare Zeit als abgeschlossen gelten (Abb. 34g). 

Wohl wenige geschlossene Gesellschaften dürften in der glücklichen 
Lage sein, über ein gleich umfangreiches und prächtiges Heim verfügen zu 
können, wie der Malkasten. 



Abb. 350. 


Gartenansicht des Malkastens. 




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2Q6 


DÜSSELDORF l'ND SEINE BAUTEN. 


Haus der Gesellschaft „Verein“ (D 5). 

ient der »Malkasten“ in erster Linie dem geselligen Be¬ 
dürfnisse der Künstlerschaft, so vereinigt die Gesellschaft 
Verein in der Steinstrasse die Vertreter des Handels 
und der Industrie, sowie der höheren Beamtenschaft. 

Die ersten Anfänge zum Zusammenschlüsse dieser Kreise 
reichen bis zum Beginne des 19. Jahrhunderts zurück, 
indem damals zwei geschlossene Gesellschaften entstanden, deren Zweck 
die Pflege gemeinsamer Unterhaltung war. Die eine, die Lesegesellschaft, 
allgemein »Rat der Alten“ genannt, hatte anfangs ihr Heim in der Zollstrasse 
Nr. 1 und 2, dem alten Zolltore, siedelte später aber in das städtische 
Haus am Marktplatze, das zwischen dem alten Stadttheater und dem Rat¬ 
hause gelegen war, über. Die zweite, »Parlament" oder »Ressource der 
Herren Kaufleute" betitelt, ergänzte sich lediglich aus dem Handelsstande 
und hat ihren Sitz häufig gewechselt. Beide Gesell- ':\ 
schäften standen 1817 schon in grosser Blüte. jj 

Das Jahr 1822 brachte die Gründung einer dritten 
Gesellschaft, die sich »Kasinogesellschaft" nannte // \ 



und von 1838 bis zu ihrer Auflösung im Jahre 

1843 im Schnitzlerschen Hause 

an der Ecke der Alleestrasse |~ ' 

und der Elberfelderstrasse - -- 

ihren Sammelpunkt hatte. 1 
Die Mitglieder dieser drei 

Gesellschaften standen in leb- ; Abb. 35 

haftem Verkehre miteinander des vei 

und der gegenseitige Besuch i— 

in den Räumen aller drei 1 

Vereine war gern gesehen, ji 

Durch diese Annäherung j 

wurde der Gedanke einer I r. . 1 ... , . 

Vereinigung angeregt und der , «1 _ j ’ 

Wunsch nach einer Verschmelzung J 1 “ 

der drei Gesellschaften von Jahr zu 1 * 

Jahr lebhafter. Da es aber auch an I 

Gegnern nicht fehlte, so kam erst in I 

der Versammlung der Kasinogesell- L — 

Schaft am 1. Oktober 1842 ein be- P 

stimmter Vereinigungsantrag zur 

Sprache, bei dessen einstimmiger An- , J 

nähme zugleich zum Ausdrucke ge- | I 

bracht wurde, dass dieser Schritt nicht I 

nur der Förderung des geselligen L 


Abb. 351. Erdgeschoss 
des Vereins. 1:600. 


L.J 


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DAS HAUS DER GESELLSCHAFT „VEREIN“. 


297 


Lebens dienen würde, sondern dass 
darin zugleich ein mächtiger Hebel, 
das bürgerliche Leben überhaupt zu 
kräftigen und den Gemeinsinn zu 
heben, zu erblicken sei. 

Nachdem die Vermögens- und 
Satzungsfragen geklärt waren, auch 
die Beibehaltung des bisherigen 
Heims der Lesegesellschaft am Markte 
beschlossen und auf Vorschlag des 
Notars Euler die besonders gewichtig 
erscheinenden und alle Mühe fast 
wieder vereitelnden Verhandlungen 
über den Namen der neuen Gesellschaft endlich durch den Beschluss erledigt 
waren, sie einfach „Verein" zu nennen, fand zur Feier des Zusammen¬ 
schlusses und zur Taufe des jungen „Vereins" am 1. Januar 1844 ein 
glänzendes Fest statt, bei dem fast keiner der 375 Gründer fehlte. Zur 
Charakterisierung der damaligen Zeit mag erwähnt werden, dass die zu 
dem Feste notwendigen Gegenstände, besonders das Tafelsilber, von den 
einzelnen Familien geliehen wurden. — Das den Zwecken der Gesellschaft 
dienende städtische Haus am Markte besteht zum Teil heute noch, ist aber 
jetzt für die städtische Verwaltung hergerichtet und mit dem Rathause 
vereinigt. 

Die Ausstattung der Gesellschaftsräume war der anspruchslosen Zeit 
gemäss sehr einfach, sogar dürftig. Im Vorsaale standen die Spiel- und 
Speisetische und in einer Ecke prangte ein Gestell mit den Reihen der 
langen Tabakpfeifen der Stammgäste. Zwei fleissig benutzte Billards nahmen 
einen grossen Teil des Hauptsaals in 
Anspruch. 

Volle 25 Jahre hat die Gesellschaft 
in diesem Hause ihr Heim gehabt und 
sich wohl darin gefühlt, ein Beweis für 
die Genügsamkeit der damaligen Zeit, 
wenngleich schon bald, namentlich unter 
den jüngeren Mitgliedern, das Verlangen 
nach dem Besitze eines eignen Gesell¬ 
schaftshauses mit Garten auftauchte, zu 
dessen Befriedigung es zunächst aber 
auch an einem geeigneten Grundstücke 
fehlte. Erst im Frühjahre 1867 gelang 
es den Mitgliedern Advokatanwalt Frings 
und J. Budeus, das Jung-Stürenbergsche 
Besitztum an der Königsallee Nr. 23, 
dessen Garten an die Steinstrasse an- 



Abb. 353. Der »Vereine. 



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2Q8 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


grenzte, für den Verein anzukaufen. — Nun wurde der Bau eines neuen 
Vereinshauses an der Steinstrasse beschlossen. Ein engerer Wettbewerb 
lieferte die Pläne und dem Regierungsbaumeister Neu, dem derzeitigen 
Bauleiter an dem Landgerichtsgebäude, wurde die endgültige Ausarbeitung 
und die Bauleitung übertragen. Der mit allem Eifer betriebene Bau ward 
schon zu Neujahr 1869 vollendet und am to. Januar 186g feierlich eingeweiht. 

Das zu dem Besitztume gehörige alte Haus an der Königsallee wurde 
bald veräussert, dagegen im Jahre 1872 das Nachbarhaus Steinstrasse Nr. 10 
angekauft, um die Möglichkeit einer Erweiterung des Gesellschaftshauses 
nach dieser Seite hin sicher zu stellen. 

Zu einer solchen Erweiterung und gleichzeitig zum Umbau des Vereins¬ 
hauses kam es aber erst im Jahre 1880. Die Pläne hierzu lieferte ein 
engerer, unter einheimischen Baukünstlern veranstalteter Wettbewerb, der 
die Architekten Boldt & Frings als Sieger hervorgehen liess. Sie erhielten 
auch den Bauauftrag und im Herbste 1882 stand der Bau vollendet da 
(Abb. 351, 352 und 353). 

Bei der Einweihung stiftete eine Anzahl eifriger Kegler als Wand¬ 
schmuck der Kegelbahn ein Gemälde, auf dem der talentvolle jugendliche 
Maler Peter von Krafft in trefflich humorvoller Weise die Keglergesellschaft 
in Porträtfiguren mit mittelalterlicher Gewandung verewigt hat, nur ein Mit¬ 
glied erscheint als Vertreter der modernen Richtung im Zylinderhute und 
russischen Pelzmantel. Im Jahre 1889 wurde infolge der Vermehrung der 
Weinbestände eine erhebliche Vergrösserung der Weinkeller vorgenommen, 
sodass heute der Verein eine der 
grössten und vorzüglich einge¬ 
richtete Kelleranlage besitzt. 

ln jüngster Zeit ist das Haus 
mit einer Zentralheizung ver¬ 
sehen und gleichzeitig wurde 
als Erweiterung der Kegelbahn 
durch den Architekten vom Endt 
eine Glasveranda erbaut, die den 
hübschen Garten auch dann zur 
Geltung kommen lässt, wenn die 
Witterung zum Verweilen in ge¬ 
schlossenem Raume zwingt. Am 
1. Januar des Jahres 1904 blickte 
der Verein auf sein öojähriges 
Bestehen zurück. — Wie im Mal¬ 
kasten herrscht auch im Verein 
echt rheinisches Leben, das all¬ 
jährig auf den Kostümbällen am 
Karnevalsmontag und -dienstag 
seinen Höhepunkt erreicht. Abb. 354. Die 'Bürgergesellschaftc. 



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Abb. 355. Längen¬ 
schnitt des Hauses der 
Bürgergesel 1 scha f t. 

1 :500. 



6. Das Haus der Düsseldorfer Bürgergesellschaft (D 5). 

ür die katholische Bevölkerung Düsseldorfs bildete sich 
schon vor vielen Jahren ein konfessioneller Verein, die 
»Kasinogesellschaft", die ihren ersten Sitz in dem ältesten 
Stadtteile im Weinrestaurant Thölen am Stiftsplatze hatte, 
sich später aber ein eignes Haus in der Bilkerallee Nr. 5 
baute, ln den siebziger Jahren wurde auf dem rück¬ 
wärtigen Teile dieses Grundstücks mit der Front nach 
der Poststrasse durch die Architektenfirma Tüshaus & von Abbema ein Saal¬ 
bau, das sogenannte katholische Vereinshaus, er¬ 
richtet. 1896 beschloss die Gesellschaft, dies für 
das neue Düsseldorf nicht mehr ansehnlich genug 
erscheinende Haus zu veräussern und ein neues 
grösseres Vereinshaus im Herzen der Stadt zu 
errichten. Es wurde hierzu das der Rentnerin 
Wwe. Brügelmann gehörige Wohnhaus Schadow- 
strasse Nr. 40 auf einem Grundstücke von 3182 qm 

mit grossem schönem 
Garten angekauft, und 
nach den Plänen des 
Architekten Leo von 
Abbema in den Jahren 
1897 bis 1900 hier ein 
Neubau mit einem 
Kostenaufwande von 
600000 M einschliess¬ 
lich der Einrichtung 
aufgeführt (Abb. 354). 

Das ganze Besitztum 
stellt einen Wert von 
einer Million Mark 
dar. Die Gesellschaft 




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3 oo 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


nahm mit der Übersiedelung in das neue Vereinshaus den Namen Düssel¬ 
dorfer Bürgergesellschaft an. 

Das Gebäude, dessen Erdgeschoss als grosser Ladenraum zu vermieten 
ist, enthält in dem ersten Obergeschosse ein öffentliches Restaurant (Abb. 357) 
und in den höheren Geschossen ein Hotel mit 40 Betten (Abb. 356), ferner 
nach hinten gelegen grosse Vereinsfesträume, sowie umfangreiche Kellereien 
für das Weingeschäft (Abb. 355). Der grosse Garten mit Terrasse, in den die 
bei derartigen Vereinshäusern nie fehlende Kegelbahn hineingebaut ist, bietet 
auch Gelegenheit zum Tennisspiele. 

& 


7. Hospize, 

a) Das Paulushaus (D 6). 

D er Verein christlicher Arbeiter und Handwerker kaufte 1891 ein Gärtnerei¬ 
grundstück in der Luisenstrasse, worauf im Jahre 1892 ein Hospiz 
und Saalbau nach dem Plane des Architekten Vetter errichtet wurde. Nach¬ 
dem sich diese erste Anlage jedoch schon fünf Jahre 
später als zu klein erwiesen hatte, erwarb der 
Verein die anstossenden beiden Häuser der 
Jahnstrasse behufs weiterer Ausdehnung hin¬ 
zu. Auf diesen Grundstücken wurde nach 
den Plänen und unter Leitung des 
Architekten Fettweis die vorhandene 
Bauanlage erweitert und den all¬ 
gemeinen Bestimmungen für 
öffentliche Versammlungs¬ 
räume entsprechend um¬ 



gebaut, ausserdem ein zweiter Saal 
angegliedert. Das Anwesen umfasst 
nunmehr: je zwei Wohngebäude an 
der Luisenstrasse und an der Jahn¬ 
strasse mit zusammen 104 Wohn- 
räumen, ein Hospiz für unverheiratete 
Arbeiter von 43 Betten, Speisesaal und 


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HOSPIZE. 


301 


Küche; hieran anschliessend 
den grossen Saal von 2g m 
Länge, 15 m Breite und 
10 m Höhe mit Bühne und 
oberer Galerie, sowie einem 
Gesamtfassungsvermögen 
von 1000 Personen. Der 
kleine Saal ist 19,5 zu g,5 m 
gross und 7 m hoch und 
fasst 370 Personen. Ausser¬ 
dem sind noch Räume für 
das Volksbureau, für die 
Kranken- und Sterbekasse, 
ein Lehrsaal, eine Kinder¬ 
bewahrschule, ein Volkskaffee 
und eine Gaststube vorhan¬ 
den (Abb. 358). 

Die Grösse der Grund¬ 
stücke beträgt rd. 3300 qm, 
die bebaute Fläche 1800 qm. 
Die Grunderwerbskosten be¬ 
liefen sich auf 48000 M, die 





Abb. 359. Der Saalbau des Paulushauses. 



Abb. 360. Die Strassenansicht des Kronenhauses. 


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HOSPIZE. 303 

Oebäudekosten auf 200000 M. Eine Ansicht des im Hofe belegenen Saal¬ 
baus bietet Abbildung 359. 


b) Das evangelische Hospiz „Kronenhaus“. 

D er Verein für innere Mission hat durch den Architekten H. vom Endt 
an der Kronenstrasse (D 6) ein Hospiz für junge Männer errichten 
lassen, das ähnliche Zwecke wie das vorbeschriebene Paulushaus verfolgt. 
Der Saalbau ist bereits im Jahre 1895/96 auf einem von Herrn Peter Oöring 
in Honnef a. Rh. geschenkten Grundstücke errichtet worden und dient 
Versammlungs- und Vereinszwecken, erst eine zweite Schenkung desselben 
Herrn gab die Möglichkeit, ihn zu einem Hospize zu erweitern. Der Saal 
ist derartig eingerichtet, dass er ohne Schwierigkeit in fünf getrennt zu 
benutzende Räume geteilt werden kann (Abb. 360, 361 und 362). 



Abb. 363. Erdgeschoss des Neanderhauses. 
1 :500. 


Abb. 364. Obergeschoss des Neanderhauses. 
1: 500. 


c) Das Neanderhaus (E 6). 

D as Neanderhaus in der Scheurenstrasse Nr. 10 ist teils als Gasthaus, 
(christliches Hospiz), teils als Gesellenherberge eingerichtet. Beide 
Teile haben getrennte Eingänge und sind auch im Innern gegeneinander 
abgeschlossen (Abb. 363 und 364). Das Haus wurde im Jahre 1900 durch 
den Architekten Hch. Scherrer errichtet. Die Baukosten haben 126400 M 
betragen oder für das Kubikmeter umbauten Raums 17,50 M. 


d) Das Marthastift (E 4). 


D as Marthastift in der Pempelforterstrasse Nr. 76 nimmt beschäftigungs¬ 
lose weibliche Dienstboten auf und beherbergt sie für geringes Entgelt 
bis zur Erlangung einer Stellung. Auch dieses Haus wurde im Jahre 1900 


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304 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


durch Architekt Hch. Scherrer gebaut (Abb. 365 und 366). Die Baukosten 
haben 78000 M betragen oder für das Kubikmeter umbauten Raums 16 M. 

Zu dem vorstehenden Abschnitte würde noch gehören eine Reihe 
weiterer Vereinshäuser, wie die Loge am Schadowplatze (D 5) und das in 
den sechziger Jahren von dem Architekten Frz. Deckers entworfene Haus 
der Bürgergesellschaft »Zur Ludwigsburg" in der Steinstrasse, endlich auch 
mehrere andere Herbergen oder Hospize. Sie haben aber kein besonderes 
bauliches Interesse oder die Veröffentlichung ist von den Eigentümern nicht 
gewünscht worden. 



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9 





G. Gast», Kaffee» und Bierhäuser. 


\ T\t überall, so sind auch in Düsseldorf 
V V die der Unterbringung von Fremden 
dienenden Anlagen den im Laufe der Zeit 
^ {'jyx- eingetretenen Verschiebungen der Verkehrs- 
VrLz Verhältnisse gefolgt, ja es ist hier infolge der 
Umwälzungen des Eisenbahnwesens, das, an¬ 
fänglich in den Händen mehrerer Privatgesellschaften liegend, mit der Ver¬ 
staatlichung noch eine besondere Veränderung selbst erfuhr und auch dem 
Stadtbilde einprägte, eine weitere Zwischenstufe zu verzeichnen. 

Von den zunächst in der Nähe der Schiffsanlegestellen und der Fahr¬ 
post, beide in dem alten Stadtteile naturgemäss belegen, angesiedelten Gast¬ 
häusern in der Hafenstrasse, Benratherstrasse, am Karlsplatze usw., ist heute 
nichts mehr erhalten oder es hat seine ehemalige Bedeutung völlig verloren. 
Das letzte dieser alten Häuser, »der Römische Kaiser" in der Benratherstrasse, 
hat seine Pforten allerdings erst im Jahre 1903 geschlossen, um in einem 
eben vollendeten stattlichen Neubau an der Oststrasse, dem neuzeitigen Ver¬ 
kehre näher gerückt, wieder aufzuleben. 

Als dann anfangs der vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts die 
Empfangsgebäude der Privateisenbahnen im Süden der Stadt errichtet waren, 
entstand in ihrer Nähe eine neue Reihe von zum Teil für damalige Ver¬ 
hältnisse bedeutenden Gasthöfen, aber auch sie verloren ihre Bestehensmög¬ 
lichkeit oder Bedeutung, als die neue Zeit hereinbrach und mit der Voll¬ 
endung des jetzigen Hauptbahnhofs an einer bis dahin ganz unentwickelten 
Stelle der Stadt, ja sogar weitab von ihr, die zweite grosse Verkehrsver- 
schiebung hervorrief. 

Wie sich die Stadt mit ganz neuen Strassenzügen ausdehnte bis an 
diese nun wohl endgültige Stelle heran, wo der Fremde sie zum erstenmal 
betritt, so entstand, seit den letzten 12 Jahren erst, an den neuen Verkehrs¬ 
wegen und in der Umgebung des Bahnhofs auch eine ganze Reihe grosser 
und bemerkenswerter, völlig moderner Gasthöfe, wie Germania, Hotel 
Royal, Bahnhofshotel, Hotel Bristol, Monopol-Metropole, 
Düsseldorfer Hof, Hansahaus. Ihnen schliesst sich eine Zahl grosser 
und selbst grösserer Unternehmungen dieser Art an, die aus besondern 


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306 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Gründen nicht so augenfällig die Beziehung zum Bahnhofe betonen, darunter 
der Breidenbacher Hof und Hotel Heck, die seit Jahrzehnten sich 
ihren alten Ruf auch an alter Stelle im Mittelpunkte der Stadt zu wahren 
gewusst haben, oder als neuere Bauten das Parkhotel und der Artus¬ 
hof, jenes im Jahre 1902 in der Nähe der Ausstellung und des Theaters, 
dieses im Anschlüsse an das Apollotheater errichtet. 

Mit all diesen Gasthöfen sind Bier- oder Weinwirtschaften von grösserer 
oder geringerer Bedeutung verbunden. 

Ein Teil von ihnen möge im folgenden eine knappe Darstellung er¬ 
fahren, wobei im allgemeinen dem Alter der Anlagen gefolgt ist. 

Der »Breidenbacher Hof", im Mittelpunkte der Stadt an der 
Alleestrasse gelegen, ist mit seinen 100 Fremdenzimmern und 148 Betten 
das grösste Hotel Düsseldorfs; es bestand schon im Anfänge des vorigen 
Jahrhunderts, hat sich aber aus räumlich kleinen Verhältnissen erst zu seiner 
heutigen stattlichen Grösse entwickelt. Der jetzige Bau stammt aus dem 
Jahre 1872. Damals Hess die Besitzerin, die Düsseldorfer Baubank, nach¬ 
dem sie durch Anlage einer neuen Verbindungsstrasse zwischen Allee- und 
Kanalstrasse für ihr Hotel eine neue Schauseite gewonnen hatte, durch die 



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GAST-, KAFFEE- UND BIERHÄUSER. 



Architekten Boldt & Frings 
das vorhandene kleine Haus 
an der Alleestrasse um¬ 
bauen und an der neuen 
Bazarstrasse sowie an der 
Kanalstrasse in Verbindung 
mit dem Umbau einen 
umfangreichen Neubau 
ausführen. 

ln den Jahren 1899/1901 
ist das Hotel sodann durch 
die Architekten Klein & 
Dörschel nochmals umge¬ 
baut und der Neuzeit 
entsprechend eingerichtet 
worden, sodass es den 
ersten grossstädtischen 
Oasthöfen an die Seite ge¬ 
stellt werden kann. 

Ausser den eigentlichen 
Gastzimmern enthält das 
Haus mehrere vornehm 
Abb - 3 6 9 - Hotel Heck, ausgestattete Restaurations¬ 

räume sowie grössere und kleinere Säle für Festlichkeiten. Endlich sind 
im Erdgeschosse nach der Bazar- und Kanalstrasse hin noch einige elegante 
Läden eingerichtet (Abb. 367 und 368). 

Das „Hotel Heck" an der Blumenstrasse, im Jahre 1889 durch die 
Architekten Tüshaus & von Abbema erbaut, enthält 30 Zimmer mit 
36 Betten (Abb. 369). Die grossen Gasträume und Säle sowie die guten 


Kücheneinrichtungen gestatten die 
Abhaltung von grösseren Festlich¬ 
keiten (Abb. 370 und 371). 


Abb. 371. 
Hotel Heck. 
Erdgeschoss. 


I Abb. 370. 
li Hotel Heck 


Stockwerk. 

i:525- 


Frrfnd 


CifAt.: 


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Abb. 374. 


Das Parkhotel. 


Das im Jahre 1902 durch die Architekten Kayser, von Grossheini 
und Wöhler erbaute »Parkhotel" am Corneliusplatze umfasst 90 Zimmer 
mit 120 Betten und ist mit allem ausgestattet, was von dem neuzeitlichen 
Gasthofbetriebe erwartet wird. Eine grössere Anzahl Gastzimmer ist mit 
einem Salon und Badezimmer verbunden und in jedem Stockwerke befinden 

sich Räume für 
mitreisende Die¬ 
nerschaft (Abb.372 
und 373). Auch 
lassen sich einzelne 
Gruppen von zwei 
bis fünf Räumen 
mit Bade- und 
sonstigen Neben¬ 
räumen für län¬ 
geren Aufenthalt 




durch Flurab¬ 
schlüsse von dem 
übrigen Hotelver¬ 
kehre abtrennen. 

Das Haus hat 
massive Decken, 
Niederdruckdampf¬ 
heizung, Warm¬ 
wasserleitung,elek¬ 
trisches Licht und 
hydraulische Auf¬ 
züge. Der Gepäck- 


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GAST-, KAFFEE- UND BIERHÄUSER. 


309 


aufzug lässt sich von der Strasse aus bedienen. Die Fassaden zeigen 
italienische Renaissanceformen in flachem Relief und sind in Hoheleger 
Tuffstein ausgeführt (Abb. 374 und 375). Die Baukosten haben 850000 M 
betragen. 

Das Hotel »Germania", Bismarckstrasse Nr. 101 (Abb. 376), im Jahre 
1893 durch die Architekten Jacobs & Wehling erbaut, hat im Erdgeschosse 
(Abb. 377) eine grosse Bierwirtschaft mit schöner figurenreicher Ausmalung. 



Abb. 375. Ecke des Parkhotels. 

Die Obergeschosse (Abb. 378) enthalten 65 Zimmer mit 92 Betten. Bau¬ 
kosten etwa 180000 M. 

Das »Hotel Royal“, Bismarckstrasse Nr. 102 (Abb. 379), dem vorge¬ 
nannten gegenüberliegend, wurde zu gleicher Zeit durch die Architekten 
Boldt & Frings errichtet (Abb. 380). Im Erdgeschosse befindet sich eine 
grössere Weinwirtschaft (Abb. 381) und einige kleinere Gasträume. Die 
Baukosten haben 500 M für das Quadratmeter bebauter Fläche betragen. 
— Das Hotel »Monopol-Metropole", Ecke der Ost- und der Kaiser- 


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Abb. 376. Hotei Germania. 


Wilhelmstrasse, wurde in den Jahren 1892/93 durch den Architekten P. P. Fuchs 
erbaut. Das Erdgeschoss (Abb. 382) enthält ein grosses, an beiden Strassen 
gelegenes Bierrestaurant und ein Weinrestaurant an der Kaiser-Wilhelm¬ 
strasse, ferner ausgedehnte Küchenanlagen mit darunter liegenden Spül- und 
Nebenküchen. Der Haupteingang zu dem Gasthofe liegt an der Kaiser- 
Wilhelmstrasse und führt unmittelbar auf die Haupttreppe mit Personen- 



Abb. 377 - Hotel Germania. Erdgeschoss. 1:500. Abb. 378. Hotel Germania. Obergeschoss. 1:500. 


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aufzug(Abb- 383 )- Die 
Schauseiten, in Putz¬ 
bau ausgeführt,zeigen 
wie die Innenarchi¬ 
tektur die Formen 
des Stils Louis’ XVI. 
Das Haus enthält eine 
eigene Anlage für 
die Erzeugung von 
elektrischem Lichte 
und von Kraft für den 
Betrieb der Aufzüge, 
ausserdem Zentral¬ 
heizung und eine me¬ 
chanische Wäscherei. 
Die Baukosten haben 
ohne die Maschinen- 
Abb. 379. Hotel Royal, anlagen 425000 M 

betragen, also für das Quadratmeter bebauter Fläche 625 M und für das 
Kubikmeter umbauten Raums 27,50 M. 

Das vormalige »Hotel de l’Europe“, Friedrichsstrasse Nr. 1, neben dem 
früheren Zugänge zum Cöln-Mindener Bahnhofe, wurde nach Hinzuziehung 
des Nachbar - Grundstücks im Jahre igoo/1901 durch den Architekten 
P. P. Fuchs umgebaut und erweitert und führt jetzt den Namen »Euro¬ 
päischer Hof". Fast das ganze Erdgeschoss (Abb. 384) wird von einer 
grossen Bierwirtschaft mit.abteilbarem Gartensaale eingenommen; die Hotel¬ 
treppe liegt an der Friedrichsstrasse, die Nebentreppe an der Turmstrasse. 
Das erste Obergeschoss (Abb. 385) enthält ein Speisezimmer und ein Unter- 
haltungs- und Lesezimmer, ferner über einem Teile des Gartensaals die 
Hotelküche mit Nebenräumen. Die Gastzimmer sind auf den Rest dieses 
Geschosses sowie auf das zweite und dritte Obergeschoss verteilt. Über den 

Küchenräumlichkeiten liegt die Wohnung 
des Hotelleiters. Das Ganze stellt sich 
dar in modernen Formen. Die Aussen- 
ansichten zeigen einen reichen Schmuck 
freihändig aufgetragener Putzornamente 
zwischen grösseren glatten Putzflächen. 
Im Innern haben die Räumlichkeiten 
des Erdgeschosses und der Haupt¬ 
treppenaufgang an der Friedrichs¬ 
strasse einen einheitlichen reichen 
Bildschmuck erhalten, wobei haupt¬ 
sächlich Vorwürfe aus dem Stadt¬ 
bilde des alten Düsseldorfs, der 


Abb. 380. 
Hotel Royal. 


1. Stockwerk. 
I : 500. 


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312 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Geschichte des Hauses und seiner Umgebung, sowie aus dem Märchen von 
den sieben Schwaben — dies mit bezug auf das zum Ausschanke gelangende 
heimische Schwabenbräu —gewählt sind. Das Bauprogramm forderte eine weit¬ 
gehende Erhaltung der alten Anlage, wodurch sowohl die Grundrisslösung als 
auch die Entwicklung der Fassaden erheblich erschwert wurde. Die Kosten 
betrugen für den Neubau 29 M, für den Umbau 14 M für das Kubikmeter. 
Neben dem Apollotheater befindet sich ein gleichzeitig mit ihm er¬ 
bautes Hotel mit Restaura¬ 
tionsbetrieb, womit eine 
Reihe von Sehenswürdig¬ 
keiten sowie Räume für 
Schaustellungen u. ä. ver¬ 
bunden sind. Das Ganze 
heisst »Artushof“ und 
bedeckt einen Flächen¬ 
raum von 692 qm; sein 
Erbauer in den Jahren 
1899/1900 war der Archi¬ 
tekt H. vom Endt. (Ab¬ 
bild. 386). 

Das eigenartige Unter¬ 
nehmen ist von der Inter¬ 
nationalen Panorama-und 
Automaten-Aktien Gesell¬ 
schaft ins Leben gerufen 
• und soll in enger Ver¬ 
bindung mit dem Apollo¬ 
theater eine Stätte mannig¬ 
fachster und verschieden¬ 
ster Zerstreuungen sein. 
Den Mittelpunkt der 
ganzen Anlage bildet das 
an der Ecke der Aders¬ 
und der Jahnstrasse ge¬ 
legene Hotel-Restaurant, 

Abt, 38'. Speisesaal des Hotels Royal. ^ ^ ^ ^ 

Betten enthält und mit Zentralheizung und elektrischem Lichte versehen ist. 
Im Erdgeschosse schliessen sich ihm folgende Betriebe an: American Bar, 
Automatenhalle, Automatisches Restaurant. Von letzterem führt ein elegantes 
Treppenhaus zu einem in dem ersten Stockwerke gelegenen Kaffee. Von 
der Automatenhalle aus gelangt man ferner in die tiefer liegende und auf 
einer Rutschbahn zu erreichende Automatenausstellung mit Panoptikum, 
sowie schliesslich zu einem Stereorama, einem Irrgarten mit Spiegel¬ 
täuschungen und einem Konzertsaale. In unmittelbarer Verbindung mit 


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GAST-, KAFFEE- UND BIERHÄUSER. 


315 


diesen Anlagen steht 
ein grosser Panorama¬ 
bau, dessen Rund¬ 
gemälde von Zeit zu 
Zeit gewechselt wird. 
Die Dächer der ver¬ 
schiedenen Gebäude¬ 
teile sind als Gärten 
ausgebildet und stehen 
unter sich wie mit dem 
zwischen Hotel und 
Panorama gelegenen 
grossen Wirtschafts¬ 
garten durch Treppen¬ 
anlagen in Verbindung. 

Die umfangreiche 
Bauanlage des Hansa¬ 
hauses ist bei den 
.»Geschäftshäusern" zu 
besprechen. Es enthält 
neben den mancherlei 
anderen Zwecken die¬ 
nenden Räumen auch 
ein gut eingerichtetes 



Abb. 389. 


Der »Römische Kaiser«. 



Abb. 390. 


Innenraum des »Römischen Kaisers«. 


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3 i 6 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Hotel mit 73 Zimmern und 100 Betten, dem ein im Erdgeschosse liegendes 
geräumiges Bierrestaurant angegliedert ist. In dessen Nähe befindet sich 
eine von diesem Betriebe vollständig gesonderte Weinstube mit gut aus¬ 
gestattetem Festsaale (vergl. Abb. 502, 503, 504 und 505). 

Das oben schon erwähnte, im Mai 1904 eröffnete Hotel »Römischer 
Kaiser“ zeigt in der Orundrissbildung grosse Ähnlichkeit mit dem Hotel 
Monopol. Es enthält 56 Zimmer mit 70 Betten, ist mit besonderem Ge¬ 
päck- und Personenaufzuge versehen und durchaus neuzeitlich ausgestattet. 
Der Grundriss der Anlage (Abb. 387 und 388) stammt von dem Besitzer, Bau¬ 
unternehmer Zensen, die architektonische Ausbildung der Fassaden (Abb. 389) 
von Professor Kleesattel, die Entwürfe für den inneren Ausbau der mit 
dem Hotel verbundenen Bier- und Weinstuben von Architekt vom Endt 
(Abb. 390). 

JE? 

Die Düsseldorfer Bierhäuser erfahren und verdienen nach dem 
Stoffe, den sie verschenken, eine scharfe Trennung. Man unterscheidet 
nämlich Bierwirtschaften, wo lediglich obergäriges Bier (das im besondem 
sog. »Düsseldorfer Bier“) verzapft wird, und bessere Gasthäuser, wo dem 
Besucher die verschiedensten hiesigen und fremden Biere sowie sonstige 
Getränke vorgesetzt werden können. 

Die ersterwähnten liegen zum weitaus grösseren Teile in der Altstadt 
und sind vielfach mit einer kleinen Brauerei verbunden, die den namentlich 
im Sommer sehr geschätzten Trank gleich in die Schankstube liefert. In 

baulicher Beziehung weisen sie keine grossen 
Verschiedenheiten auf und unterscheiden sich 
äusserlich meistens wenig oder garnicht von 
einem gewöhnlichen altstädtischen Wohnhause. 

Charakteristisch ist nur in der Grundriss¬ 
bildung die Stellung des Schanktisches, der, viel¬ 
fach in eine Nische eingebaut, immer so ange¬ 
ordnet ist, dass von ihm aus nicht nur die in 
der Trinkstube sitzenden Gäste bedient und 
zugleich der ganze Raum 
übersehen werden, son- 

Altes Wirtshausschild. , . , t f 

dem dass auch nach dem 
Flure hinaus das hier übliche Steh- und Schankbier 
aus dem Hause verabreicht werden kann. Gewöhnlich 
ist ein vorderes grösseres Gastzimmer für den „kleinen 
Mann" und ein hinterer kleiner Raum für die bessere 
Gesellschaft, „die Häre“, vorhanden, die meistens auch 
getrennte Eingänge haben. Eines der ältesten Wirts¬ 
häuser dieser Art und der Häuser Düsseldorfs über¬ 
haupt ist der im Grundrisse (Abb. 391) dargestellte 



Altes Wirtshausschild. 



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GAST-, KAFFEE- UND BIERHÄUSER. 


317 





Ctseu-»<M* rT * 


Der 


Abb. 391. 
»Goldene Ring«. 
1:500. 


»Goldene Ring" am Burgplatze, dessen »Häre- 
stübchen« noch einen reichen humoristischen Wand¬ 
schmuck aus alter Zeit aufweist. 

Die zweite Gattung, nämlich die besseren Bier- 
und Weinhäuser, ist mehr in den neueren Stadt¬ 
teilen zu finden. 

Gewissermassen als Übergang von der 
einen zu der anderen Art sei hier das »Alte 
Brauhaus" in der Schadowstrasse genannt, 
an dessen Stelle früher eine kleine Wirt¬ 
schaft mit Brauerei obergärigen Biers stand. 
Die jetzige Anlage ist im Jahre 1896 durch 


die Architekten Klein & Dörschel 
ausgeführt, wobei die Brauerei fort¬ 
fiel (Abb. 392). Die ganz in Sand¬ 
stein ausgeführte Fassade zeigt 
gotisierende Renaissanceformen und 
gibt dem Hause schon äusserlich 
den Charakter einer gemütlichen 
Kneipstätte (Abb. 393). 

Als Beispiel einer einfacheren 
ganz neuen Anlage sei die Wirt¬ 
schaft »Dehner" in der Duisburger¬ 
strasse erwähnt, die von dem Archi¬ 
tekten P. Mühlenkamp erbaut ist. 
(Abb. 394). Die in moderner Formen¬ 
sprache entworfenen Fassaden sind 
geputzt (Abb. 395). Die Baukosten 
haben 95000 M betragen, sodass 
auf 1 qm bebauter Fläche 333 M 
und auf 1 cbm umbauten Raums 
17,15 M entfallen. 

Inmitten des 
städtischen Hof¬ 
gartens auf einem 
Hügel gelegen be¬ 
findet sich das 
städtische Kaffee¬ 
haus »Ananas¬ 
berg", so genannt 
nach der eine Ana¬ 
nas darstellenden 

Abb. 392. Altes Dachverzierung des 

Brauhaus. früheren hölzernen 






Abb. 393. 


»Altes Brauhaus« 


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Abb. 397. 


Südseite des Ananasbergs. 1:243. 



Gebäudes. Im Jahre 1901 ist von dem Beigeordneten Baurat Radke das 
neue Haus mit Anlehnung an die Architektur des nahen Jägerhofschlosses 

und des Hofgartenhauses in zierlichen Ro¬ 
kokoformen als Putzbau errichtet worden. 
Die innere Raum¬ 
ausstattung ist in 
reizvoller Weise in 
gediegenem Mate¬ 
rial erfolgt. Die 
gesamten Bau¬ 
kosten haben 


Abb. 394. Wirtschaft Dehner. 

Erdgeschoss. 1: 500. 


rd. 65000 M betragen (Abb. 396, 397 und 398). 

Eine andere neuzeitliche städtische Gast¬ 
wirtschaft befindet sich am Rheine beim Burg¬ 
platze, das »Düsseischlösschen“, dessen 


Abb. 396. 

Ananasbeig. 


Erdgeschoss. 

Name von der benachbarten Einmündung der kanalisierten Nord-Düssel in 
den Rhein herzuleiten ist. Das zierliche Häuschen verdankt seine Entstehung 

der Rheinufer-Vor- 
schiebung und ist 
zusammen mit den 
übrigen, die Merk¬ 
punkte des neuen 
Rheinkais bilden¬ 
den Hochbauten im 
Zuge der Kaimauer, 
auf einem äusserst 
kleinen Raume nach 
einem Entwürfe des 
Baurats Radke er¬ 
richtet worden (Ab¬ 
bild. 399). Diearchi- 
‘ tektonischen Glie¬ 
derungen und der 
figürliche Schmuck 
der Fassaden sind 

M>i>. v>5- Wirtschaft Dehner, in Sandstein, die 


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Nordseite des Ananasbergs. 


Abb. 400. Düsseischlösschen. Keller- und Erdgeschoss. 1:500. 


Abb. 399. 
Stzassenseite des 
Düsselschlösschcns. 


Abb. 401. Erd- und Obergeschoss 
des Düsseischlösschens. 1 : coo. 


Abb. 402. 

Das Düsseischlösschen 
von der Rheinseite. 


1 

in 

1 

■ 






























Abb. 404. 













GAST-, KAFFEE- UND BIERHÄUSER. 


32t 


Flächen in bossiertem Tuffstein ausge¬ 
führt. Das Gebäude enthält in drei 
übereinander liegenden Geschossen Wirt¬ 
schafts-, Küchen- und Kellerräume (Ab¬ 
bild. 400 und 401) und in den beiden 
höchsten Geschossen die Wohnung des 
Wirts. Die Wirkung der malerischen 
Anlage ist, namentlich von der Rhein¬ 
seite her, hervorragend (Abb. 402). Die 
Baukosten, die etwa 65000 M betragen haben, werden durch die Pacht 
gut verzinst. 

Ebenfalls auf städtischem Grund und Boden ist das »Fischerhaus" 
am Schwanenspiegel nach einem Plane des Architekten vom Endt als reiz¬ 
volle Ergänzung der landschaftlichen Umgebung (vgl. Abb. 29) und als An¬ 
legeplatz für die Gondelfahrten auf dem Schwanenspiegel errichtet. Der 
kleine Fachwerkbau lehnt sich an die Teichböschung, wobei das Erd¬ 
geschoss gegen Hochwasser zu schützen war. Zu ebener Erde befindet 
sich ausser Küche und Nebenräumen die Gaststube mit nach dem Wasser 
zu ausgekragtem Balkon (Abb. 403). Im Obergeschosse ist eine kleine 
Wohnung für den Pächter untergebracht. Die Baukosten haben einschliesslich 
eines später angefügten Er¬ 
weiterungsbaus 15000 + 

7000= 22000 M betragen. 

Für den städtischen 
Volksgarten in Oberbilk 
ist die Anlage eines um¬ 
fangreichen Wirtschafts¬ 
gebäudes beabsichtigt, 
dessen Gestaltung Gegen¬ 
stand eines Wettbewerbs 
unter hiesigen Architekten 
bildete (s. Seite 62). Von 
dem für die Ausführung 
angenommenen Entwürfe 
des Architekten P. P. Fuchs 
ist vorderhand ein kleiner 
Teil mit Küche usw. zur 
Ausführung gekommen; die 
Gesamtanlage, die in Ab¬ 
bild. 404 schon dargestellt 
ist, soll erst verwirklicht werden, wenn sich die Stadt mehr nach der süd¬ 
östlichen Seite entwickelt hat und ein regerer Besuch des Volksgartens 
eine Vergrösserung des Wirtschaftsbetriebs nötig macht. — Die zunehmende 
Bedeutung des Grafenberger Stadtwalds als Hauptausflugsort für die 

21 



Abb. 405. Gartenansicht des Jägerhauses. 



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322 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




erholungsbedürftigen Düsseldorfer hat die Errichtung einer Anzahl von 
Wirtshäusern in unmittelbarer Nähe desselben zur Folge gehabt. Unter 

diesen zeichnet sich das „Jägerhaus“ am Fusse des Berg¬ 
rückens aus (Abb. 405). Im Anschlüsse an einen vor¬ 
handenen Saalbau ländlicher Art wurde es im Jahre i8g7 
durch den Architekten P. P. Fuchs erbaut und im 
Jahre 1902 durch Errichtung eines besonderen Aus¬ 
schankgebäudes erweitert und gleichzeitig umgebaut. 

Das Hauptgebäude enthält im Erd¬ 
geschosse (Abb. 408) die Gaststuben 
mit Nebenräumlichkeiten sowie einen 
grösseren Saal, im Obergeschosse 
Gesellschaftsräume und die Wohnung 
des Wirts. Dem Charakter der Bau¬ 
anlage entsprechend ist besondere 
Sorgfalt auf die Gestaltung der Ter¬ 
rassen sowie des 
mit Musik¬ 
pavillon 
ver¬ 


sehenen 
grossen 
Gartens 
verwandt 
worden. 
Musikhalle hat 
im Sockelge¬ 
schosse einen 
weitern Bieraus¬ 
schank erhalten. 
Die Aussenflächen 




1 1 




Abb. 407. I 1:800. 
Wirtschaftsgebäude des Zoologischen Gartens. 


des Hauptgebäudes sind geputzt, die Dachflächen mit 
roten Ziegeln gedeckt. Das Ausschankgebäude ist teils 
mit Ziegeln verblendet, teils geputzt; das Obergeschoss ist 
in Holzfachwerk gebildet. Die innere Ausgestaltung der 


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Das Arabische Kaffeehaus 


\bb. 409. 


Grundriss der Jägerhaus-Anlage. 1 1650. 

Gebäude zeigt bei einfacher Formengebung reichere Verwendung malerischen 
Wandschmucks. Die Baukosten betrugen für das Hauptgebäude mit Aus¬ 
schluss des Saals 75000 M, demnach für das Kubikmeter ig,6o M; für das 
Ausschankgebäude 17300 M, d. i. für das Kubikmeter 24,65 M. 


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324 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Im Zoologischen Garten gelangt in diesem Jahre ein Erweiterungs¬ 
bau der Wirtschaft zur Ausführung, da das vorhandene, vor etwa 20 Jahren 
von den Architekten Tüshaus & von Abbema entworfene Gebäude dem 
gesteigerten Verkehre nicht mehr genügte. Der Neubauentwurf der Archi¬ 
tekten Klein & Dörschel ist das Ergebnis eines Wettbewerbs unter Düsseldorfer 
Architekten 'Abb. 406 und 407). Die Bausumme wird 250000 M betragen. 

Als eigenartiges Kuriosum sei schliesslich noch das .»Arabische 
Caf6" an der Graf-Adolfstrasse genannt, das im Jahre 1895 auf einem nur 
8 m breiten Bodenstreifen, einem Reste des ehemaligen Bahnkörpers, voll¬ 
ständig in gut verwendeten maurischen Formen unter reichlicher Anbringung 
farbiger Glasursteine nach dem Entwürfe des Architekten Peters errichtet 
worden ist (Abb. 40g). 


US 




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325 


H. Geschäftshäuser und 
Bankgebäude. 
1. Geschäftshäuser. 

ür die erste Entwicklungsstufe auch 
der Düsseldorfer Geschäftshaus- 
Bautätigkeit ist die verbreitete Gepflogenheit bezeichnend, bei wachsendem 
Verkehre in einzelnen Stadtteilen Verkaufsräumlichkeiten durch Umbau vor¬ 
handener Wohngebäude zu schaffen. Dann tritt mit dem allgemeinen Auf¬ 
schwünge der geschäftlichen Verhältnisse unserer Stadt, der als die Frucht 
der »Gewerbeausstellung von 1880" angesehen werden kann, das Geschäfts¬ 
haus, d. h. das schon beim Entwürfe in grösserem oder geringerem Umfange 
für Geschäftszwecke bestimmte Bauwerk, in die Erscheinung, dem späterhin 
das Kaufhaus mit Laden- oder Lagerräumen im ersten Obergeschosse folgte. 
Im Laufe der letzten Jahre sind dann als letzte Glieder dieser Kette nach dem 
Vorbilde anderer Grossstädte auch einzelne Waren häu ser, Gebäude, die vom 
Keller bis zum Speicher nur Geschäftszwecken dienen, hier errichtet worden. 

Bis vor ungefähr einem Jahrzehnte bildeten einzelne Strassen der älteren 
Stadtteile den geschäftlichen Mittelpunkt der Stadt. Die Anlage des Zentral¬ 
bahnhofs auf einem Gelände, das beim Baubeginne an der Peripherie der 
Stadt lag, hat eine starke Verschiebung des geschäftlichen Verkehrs im 
Gefolge gehabt. Um den neuen Bahnhot, sowie auf dem Gelände der alten 
Bahnhofsanlagen entstanden umfangreiche neue Stadtteile und deren verbin¬ 
dende Hauptstrassenzüge nach den älteren Stadtvierteln entwickelten sich 
sehr bald zu bedeutenden Verkehrsadern, die naturgemäss auch den Charakter 
guter Geschäftslagen annahmen. Konnten daher bis vor einem Jahrzehnte 
die Elberfelder-, Bolker-, Markt-, Berger-, Flinger-, Mittel- und Grabenstrasse 
als die Hauptgeschäftslagen bezeichnet werden, so sind zurzeit der grosse 
Strassenzug der Flinger-, Berger-, Schadowstrasse, Wehrhahn und Grafen¬ 
bergerstrasse im Zentrum, die Königsallee und Graf-Adolfstrasse im Osten, 
die Friedrichsstrasse im Süden, sowie die Nord- und Münsterstrasse im 
Norden der Stadt die Brennpunkte des geschäftlichen Verkehrs der neueren 
Stadt, ohne dass jedoch die oben erwähnten Strassen der Altstadt wesentlich 
an ihrer geschäftlichen Bedeutung eingebüsst hätten. — 

Den hiesigen Verhältnissen entsprechend kommt in Düsseldorf der Haupt¬ 
sache nach das Geschäftshaus für den Kleinhandel in Betracht, d. h. 
das an der Verkehrsstrasse gelegene Haus, das nur im Erdgeschosse Laden¬ 
räume hat. Die in anderen Grossstädten häufiger vorkommenden Kaufhäuser 
mit Geschäftsräumen in den Obergeschossen, die unabhängig von dem 
Geschäftsbetriebe des Erdgeschosses sind, finden sich nur vereinzelt und 
scheinen sich bei den hiesigen Geschäftsleuten keiner besonderen Beliebtheit 
zu erfreuen. Dagegen nimmt die Zahl der Warenhäuser mit einheitlichem 
Betriebe in allen Stockwerken ständig zu. 



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326 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 





Wenig zahlreich sind Geschäftshäuser für den Grosshandel, 
zumal derjenigen Zweige desselben, die nicht auf den Laufverkehr des 
Strassenpublikums und nicht darauf angewiesen sind, ihre Waren mit grossem 
Aufwande zur Schau zu stellen, sich vielmehr mit kleinen Ausstellungsgelegen¬ 
heiten, vielfach auch mit dem Hinweise auf die Ausübung des Geschäfts 
durch ein Firmenschild, begnügen können und Arbeitsstätten sowie Lager¬ 
räume auf dem Hinterlande untergebracht haben. 

Dagegen hat die Eigenart der hiesigen industriellen Verhältnisse und die 
Tatsache, dass Düsseldorf der geschäftliche Mittelpunkt der rheinisch-west¬ 
fälischen Industrie — vornehmlich der Eisen- und Bergwerksbetriebe — und 
als solcher zugleich der Sitz zahlreicher gewerblicher Vereinigungen, 
Syndikate usw. ist, die Veranlassung dazu gegeben, dass 
hier ein nach jeder Richtung hin bemerkenswerter Ge¬ 
schäftspalast (Cityhouse) erbaut wurde, der neben kleineren 
Läden und' etlichen Restaurations - Räumlichkeiten in der 
Hauptsache nur Bureau- und Geschäfts-Repräsentationsräume 
enthält. — 

Die Grundrissbildung des hiesigen Geschäftshauses ent- 

nuu* ^ i u. ruicc- o ° 

sirasse 26. Erd- ' behrt im allgemeinen zufolge der beschränkten Abmessungen 
geschoss. 1:500. ^ Baugrundstücke in den besseren Geschäftslagen des gross¬ 

zügigen Charakters und kann sich aus dem gleichen Grunde in bezug auf 
die Ausbildung der Schauseiten nicht mit der Mehrzahl z. B. Berliner und 

Frankfurter Geschäftshäuser messen, deren 
Fassaden bei gewaltiger Längenausdehnung 
der Strassenfront 


häufig von bedeu¬ 
tender und monu- 
mentalerWirkung 
sind. Dagegen 
bietet die architek¬ 
tonische Aussen- 
gestaltung der hie¬ 
sigen Geschäfts¬ 
häuser in anderer 
Beziehung viel¬ 
fach ein erhöhtes 
Interesse, weil auf 
sieeineAnzahlvon 
Sonderumständen 
eingewirkthatund 
darin zum Aus¬ 
drucke kommt. 


Abb. 412. SchadowStrasse 17. 


Abb. 411. 


Diebeschränkte 
Alleestrasse 26. Strassenfrontbreite 


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Abb. 413. 


Grabenstrasse 4. 


der hiesigen Baugrundstücke im Abb - 4 * 5 - Fiingerstrwse 22/26. 

Innern der Stadt hat im Vereine mit dem Verlangen des Bauherrn nach 
möglichst grossen und ungeteilten Schaufensterflächen 


dahin geführt, dass die Mauerstützen des Erdgeschosses 
vielfach auf Abmessungen eingeschränkt wurden, die 
das ästhetische und statische Empfinden des Beschauers 
nur wenig befriedigen können. Da ausserdem die Bau¬ 
polizei bis in die letzten Jahre hinein eine vollständige 
Durchbrechung der Frontwand gestattete, so führte die 
Forderung des Auftraggebers nach Schaufenstern, die 
die ausgedehnteste wirtschaftliche Ausnutzung ermög¬ 
lichten, in zahlreichen Fällen, namentlich bei eingebauten 


Reihenhäusern, zur gänzlichen Auflösung der 
Vorderwand im Erdgeschosse, wobei sogar 
i die Endstützen in die Brandgiebel verlegt 
\ wurden. Fälle, wo es dem Baukünstler 
gelungen ist, Mauer- oder Werkstein- 
\ stützen bescheidensten Umfangs an 

I die Brandgiebel anschliessend bei den 

|Auftraggebern durchzusetzen, wurden 
[~~~ von diesen schon als Beispiele grossen 

. Entgegenkommens gegen das ästhe¬ 

tische und statische Empfinden des 
Architekten angesehen. Unter diesen 


Abb. 414. Graben¬ 
strasse 4. 1 :500. 


Verhältnissen steigerte sich beim ein¬ 
gebauten Geschäftshause die Schwierig- 



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328 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN 



Abb. 417. Königsallee 33. 
Erdgeschoss. 1 :500. 


keit einer künstlerisch befriedigenden 
Aufrisslösung, da das der Wandflächen 
vollständig entkleidete Erdgeschoss nur 
sehr schwer mit den Obergeschossen, 
die Wohnzwecken dienen sollten und 
hierzu schwerlastende Mauerflächen mit 
verhältnismässig kleinen Fenster¬ 
öffnungen erhalten mussten, in 
Einklang und Beziehung zu 
bringen war. 

Die Aufgabe wurde noch 
mehr durch das Verlangen der 
Geschäftsinhaber nach mög¬ 
lichster Annäherung der Schau¬ 
fenster - Glasflächen an die 



Abb. 418. Königsallee 33. 
Obergeschoss. 1 1500. 


Aussenflucht der Strassenwand erschwert, weil hierdurch eine Tiefenentwick¬ 
lung der in der Breite schon stark geschmälerten Pfeiler gleichfalls aus¬ 
geschlossen war. Die nach der Breite und Tiefe auf das Mindestmaß ein¬ 
geschränkte Erdgeschossstütze kann nicht mehr die überzeugende Vor¬ 
stellung der Lastübertragung des Obergeschoss-Mauerwerks auf die 
Grundmauer erwecken, sie verstärkt im Gegenteile in ihrer beängsti¬ 
genden körperlichen Schmächtigkeit das Gefühl ästhetischen Unbe¬ 
hagens und verschwindet daher bald hinter dem in die Strassenflucht 
vorgerückten Schaufensterrahmenwerk. Dieses die Stütze verdeckende 
Rahmenwerk — obgleich in den Ansichtsflächen naturgemäss 
anspruchsvoller in die Er¬ 
scheinung tretend — ist der 
ihm nun scheinbar zufallenden 
Aufgabe des Tragens der 
oberen Mauermassen gleichfalls 
nicht gewachsen, es bringt je¬ 
doch die von dem praktischen 
Bedürfnisse geforderte Möglich¬ 
keit des Vorrückens der Schau¬ 
fensterauslage bis an die 
Strassenfluchtlinie. Mit Rück¬ 
sicht auf diese Verhältnisse 
mussten naturgemäss die Mauer¬ 
flächen der Obergeschosse archi¬ 
tektonisch so ausgebildet wer¬ 
den, dass sie möglichst wenig 
den Eindruck massiger Körper¬ 
lichkeit erweckten; sie verwan- P i - a- .- K 

dein sich daher, wie verschiedene Abb. 419. Königsallee 33. 



I rat n sn! 


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CIGARREN 


Abb. 420. Ecke Königsallee, Graf-Adolf- und Hüttenstrasse. Erdgeschoss. 1:500. 

Beispiele zeigen, in leichte, künstlerisch graziös belebte bild- oder teppichartige 
Flächen, hinter denen ihre Körperlichkeit mehr und mehr verschwindet. Dem 
leichten Rahmenwerke des Erdgeschosses schliesst sich der durch eine Bildfläche 
dargestellte Abschluss der Obergeschosse an, das Bauwerk stellt somit nach 
der Strasse hin eine die Konstruktionsmasse gefällig verdeckende Dekorations- 






330 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


fläche dar. Der Verfasser dieser Zeilen 
möchte diesem Typus des hiesigen Ge¬ 
schäftshauses, dessen Werdegang im vor¬ 
stehenden kurz geschildert ist und der 
als besondere Eigentümlichkeit Düssel¬ 
dorfs, sowie zugleich als ein Beweis 
bemerkenswerter Anpassungsfähigkeit an 
die Forderungen des Auftraggebers be¬ 
zeichnet werden kann, den Namen 
„Plakathaus" geben. 

Eine neuerdings eingetretene Be¬ 
engung durch baupolizeiliche Bestim¬ 
mungen, die für die Strassenfronten der 
Geschäftshäuser auch im Erdgeschosse 
massive Pfeiler von grösseren Abmes¬ 
sungen vorschreiben, schliesst eine 
Weiterbildung des genannten Typus für 

Abb. 422. Schadowstrasse 34. clje Folge ailS. 

Die nachstehende Auswahl von Baulichkeiten ist einerseits aus dem Ge¬ 
sichtspunkte der Entwicklung des Geschäftshauses von seiner Verbindung mit 
dem Wohnhause bis zum Warenhause oder Geschäftspalaste, anderseits mit der 
Erwägung getroffen worden, ob das Bauwerk hinsichtlich Grundplan- oder 
Aussengestaltung oder aus einer sonstigen Eigenart besonderes Interesse 
bietet. Zur Erleichterung der Übersicht ist die nachstehende Gruppen¬ 
einteilung nach Möglichkeit durchgeführt worden: 

a) Gebäude mit Verkaufsräumen im Erdgeschosse und Wohnräumen in 
den Obergeschossen; 

b) Gebäude mit Verkaufsräumen in zwei oder mehreren 
Geschossen; 

c) Warenhäuser; 

d) Geschäftshäuser für besondere Geschäftszweige. 

a) Gebflude mit Verkaufsräumen im Erdgeschosse und 
Wohnräumen in den Obergeschossen. 

aturgemäss bilden Geschäftshäuser dieser Art die Mehr¬ 
zahl. Es konnten daher nachstehend nur solche Be¬ 
rücksichtigungfinden, die hinsichtlich Grundrissentwicklung 
oder Frontausbildung ein besonderes Interesse in An¬ 
spruch nehmen, in gleicher Weise auch solche, die für 
die Entwicklung des Geschäftshauses in Düsseldorf von 
Bedeutung erscheinen. 

In dieser Hinsicht seien aus der Reihe älterer An¬ 
lagen als nach mancher Richtung hin bemerkenswert 
erwähnt: 





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GESCHÄFTSHÄUSER. 


331 



Abb. 424. 


Bergerstrasse 3. 


das Geschäftshaus Alleestrasse 
Nr. 26, Ecke Elberfelderstrasse der 
Firma Joh. Peters, erbaut im Jahre 1878 
durch die Architekten Tüshaus & von 
Abbema (Abb. 410 und 411); 

das Geschäftshaus Schadow- 
strasse Nr. 17 der FirmaJ. H. Wilde¬ 
mann, durch Umbau hergerichtet 
von den Architekten van Eis & Schmitz 
im Jahre 1883 (Abb. 412), und 

das Geschäftshaus Graben¬ 
strasse Nr. 4 der Firma Gebr. 

Mangold, umgebaut durch die Archi¬ 
tekten Jacobs &Wehling im Jahre 1888 
(Abb. 413 und 414). 

Sodann gehören zu dieser Gruppe 
die folgenden: 

Die Geschäfts- und Wohnhäuser 
Flingerstrasse Nr. 22/26 wurden 
im Jahre 1890 bis 1891 von den 
Architekten Tüshaus & von Abbema für die Firma Christian Unkelbach 
errichtet (Abb. 415 und 416). In der Frontgestaltung zu einheitlicher Gesamt¬ 
erscheinung durchgebildet sind die Vorderhäuser im Grundrisse durch eine 
bis über die Dachfläche geführte Brandmauer abgeteilt. 

Das Haus- und Kücheneinrichtungsgeschäft von Otto Wehle, Königs¬ 
allee Nr. 33, benutzt das Erdgeschoss als Ladenraum (Abb. 417), den 


erhellten Keller teilweise zu Ausstellungszwecken. Der Ent¬ 
wurf stammt ebenfalls aus dem Atelier der Architekten 
Tüshaus & von Abbema (Abb. 418 und 419). Die in deut¬ 
schen Renaissanceformen gehaltene Fassade ist in hellem 
Sandstein ausgeführt. 

Die Essmannschen Geschäftshäuser, Ecke Königs¬ 
allee, Graf-Adolf- und Hüttenstrasse wurden im 
Jahre 1894 bis 1895 auf dem Gelände der alten Düssel¬ 
dorfer Bahnhöfe von den Architekten Kayser & von 
Grossheim und Wöhler erbaut. 

~i Bemerkenswert an der Grundrissentwicklung ist 

die einheitliche Zusammenlegung je zweier Höfe. 
Die Aufgänge zu den Privatwohnungen sind 
von den Ladenräumlichkeiten vollständig 
gesondert (Abb. 420). 

Die malerischen, in freien Formen 
deutscher Frührenaissance durchgeführten, 



Abb. 425. 
Bergerstrasse 3. 
Erdgeschoss. 

1:500. 



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332 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 426. Schadowstrasse 23. 

strassenwärts Ladengeschäfts-, im übrigen Wohnzwecken. 
Stadtteile ist das Geschäftshaus 
Bergerstrasse Nr. 3 der Fisch¬ 
handlung Karl Maaßen, durch 
den Architekten Viktor Wolff im 
Jahre 1899 erbaut, bemerkenswert. 

Die Gliederungen sind aus Sand¬ 
stein hergestellt, die Flächen geputzt; 
die Aussenerscheinung passt sich 
dem Gesamtcharakter der älteren 
Umgebung in stimmungsvollerWeise 
an (Abb. 424 und 425). 

Als prächtiges Beispiel eines 
modernen „Plakathauses'' ist das im 
Jahre 1900 durch umfassenden Um- 
und Erweiterungsbau von den Archi¬ 
tekten Wehling & Ludwig ausgestaltete 


Strassenfronten zei¬ 
gen Werksteinarchi- 
tekturzwischenPutz- 
flächen (Abb. 421). 

Das Geschäfts¬ 
haus Schadow¬ 
strasse Nr. 34 der 
Firma C. Fausel 
wurde imjahrei898 
durch den Architek¬ 
ten Gottfried Weh¬ 
ling zu seiner heu¬ 
tigen Erscheinung 
umgebaut(Abb-422). 
Das Erdgeschoss 
zeigt bei geschick¬ 
ter Fierrichtung des 
Treppenhaus-Zu¬ 
gangs zu passagen¬ 
artig angeordneten 
Schaufensterflächen 
elegante moderne 
Schaufensteranlagen 
aus poliertem Maha¬ 
goniholze (Abbil- 
dung423). Das erste 
Obergeschoss dient 
ln dem älteren 


Abb. 427. Schadowstrasse 23. Erd- und Ober¬ 
geschoss. 1:500. 


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GESCHÄFTSHÄUSER. 


333 


neue Geschäftshaus Schadowstrasse Nr. 23 
der Firma Gebr. Mangold hervorzuheben. 

Die Mauerflächen der Obergeschosse über 
der eleganten modernen Holzschaufenster¬ 
anlage im Erdgeschosse sind bildartig in 
glasierter Fayenceplattenverkleidung mit figür¬ 
lichen Darstellungen, die auf den Geschäfts¬ 
zweig des Besitzers bezugnehmen, durchge¬ 
führt (Abb. 426 und 427). 

Die Wehlingschen Geschäftsgruppen 
Königsallee Nr. 9 und 11, sowie Blumen¬ 
strasse Nr. 7 und 9, im Jahre 1901 — 1902 
durch die Architekten Wehling & Ludwig 
erbaut, zeigen Strassenfrontdurchbildungen in 
moderner Formensprache. Die Schauseiten an 
der Königsallee sind über den in Eisenkon¬ 
struktion folgerichtig durchgebildeten Schau¬ 
fensteranlagen in Werkstein ausgeführt (Ab¬ 
bild. 428 und 429). Die Fassaden an der 
Blumenstrasse zeigen über den Holzschau- 
fensteranlagenWerksteingliederungen zwischen 
Putzflächen mit anmutigen Glaseinlagen (Ab¬ 
bild. 430, 431 und 432). 

Das Everssche Geschäftshaus Wehrhahn 
Nr. 21, im Jahre 1903 durch den Architekten 





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Abb. 428. 


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Königsallee 11. 


P. P. Fuchs erbaut, zeigt bei in Holz durchgeführter Schaufensteranlage im 
übrigen Putzflächen mit Holzerker und Holzdrempel in moderner Form¬ 
gebung. Die Hahnenpylonen seitlich des 
flachen Frontgiebels weisen auf den 
Strassennamen. Der Sockel sowie die 
Brüstungsfelder des Erkers sind mit farbi¬ 
gen Glasflächenmustern verkleidet. (Ab¬ 
bild. 433 und 434). 

Die Baukosten betrugen insgesamt 
80000 M, d. h. für Kubikmeter umbauten 
Raums 25 M. 

Das EckhausKI osterstrasseNr.68a, 
an der Oststrasse, wurde im Jahre 1898 
im Aufträge des Herrn Ludwig Kraus 
durch den Architekten P. P. Fuchs erbaut. 

Für die malerisch aufgebauten Schau¬ 
seiten sind die Formen der deutschen Früh¬ 
renaissance zur Anwendung gekommen; 
die gotischen Einzelformen sollen den 



Abb. 429. Königsallee 
geschoss. 


1. Erd- und Obcr- 
: 5 °°. 


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334 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Einklang mit dem das Strassenbild beherrschenden nahen kirchlichen Bau¬ 
werke herbeiführen (Abb. 435, 436 und 437). Die Baukosten betrugen ins¬ 
gesamt 90000 M oder für Kubikmeter umbauten Raums 22,50 M. 

Unter den zahlreichen Neubauten auf dem Gelände der ehemaligen 
Bahnhofsanlagen sei das Geschäftshaus Oststrasse Nr. 157 mit hierorts 
typischem Grundrisse (Abb. 438) aufgeführt, das durch den Architekten Hans 
Schleh erbaut wurde. Das Gebäude zeigt moderne Putzarchitektur unter Ver¬ 
wendung glasierter Verkleidungsplatten. Die Baukosten betrugen insgesamt 
70000 M oder für Kubikmeter umbauten Raums 19 M. 


Abb. 430. Gruppe Blumenstrasse 7 und 9. 

Das im Jahre 1903 durch den Architekten Philipp Fischer für die Firma 
P. J. Stübben erbaute Geschäfts- und Wohnhaus Alleestrasse Nr. 38 hat 
aus Sandstein hergestellte wirkungsvolle Fassaden in den Formen deutscher 


Abb. 431. Bhunenstrasse 7. Erdgeschoss. 


Abb. 432. Blumenstrasse 7. Obergeschoss. 


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GESCHÄFTSHÄUSER. 


335 
































































Abb. 435. Kloster¬ 
strasse 68 a. 


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Abb. 437. Klosterstrasse 68a. Abb. 438. Oststr. 157. 
Obergeschoss. 1:500. Erdgeschoss. 1:500. 


Frührenaissance (Abb. 439, 440 und 441). Die 
Baukosten betrugen mit Ausschluss der durch 
die Lage in dem ehemaligen Festungsgraben 
bedingten Fundierung unter Kellersohle rd. 
180000 M oder für Kubikmeter umbauten 
Raums 25 M. 

Das Geschäftshaus Alleestrasse Nr. 24 
— jetzt dem Betriebe einer Weinwirtschaft 
dienend — ist 1882 bis 1883 durch die 
Architekten van Eis & Schmitz erbaut. Es zeigt über dem Erdgeschosse 
ein Galeriestockwerk und darüber Obergeschosse, die zu Wohnungen dienen, 
ln den Formen der deutschen Renaissance belebt die Aussenerscheinung 
mit Eckturm und malerischen Erkerausbauten das Strassenbild in wirkungs¬ 
voller Weise (Abb. 442). 

Die in den Jahren 1896 und 1898—1899 vom Architekten Heinrich Salz¬ 
mann für die Aktiengesellschaft de Fries & Cie. errichtete Geschäfts- und 

Wohnhausgruppe Graf-Adolf¬ 
strasse Nr. 83 bis 87 zeichnet 
sich durch eine belebte, in 
deutscher Renaissance einheit¬ 
lich durchgeführte Strassenfront 
aus (Abb. 443). Charakteristisch 
augeordnete figürliche Darstel¬ 
lungen deuten die industrielle 
ZweckbestimmungderGebäude 
an. Die ausgedehnten Erdge¬ 
schoss- und Kellerräume dienen 
zur Aufstellung und Lagerung 
von Erzeugnissen derWerkzeug- 
maschinenindustrie (Abb. 444). 


Abb. 439. 
Alleestr. 38 
Erdgeschoss 


Abb. 440. 
Alleesir. 38. 
Obergeschoss 
I : 500. 

















GESCHÄFTSHÄUSER. 


337 




Abb. 442. Alleestrasse 24. 

in 


In dem viergeschossigen Hintergebäude 
befinden sich die Geschäftsräume, Bureaus 
mit Tresoren, Sitzungszimmer des Ver¬ 
waltungsrats, die Pack- und Versandräume 
und dergl.; die Obergeschosse des Vor¬ 
derhauses enthalten elegante Privat¬ 
wohnungen. 

Die Baukosten betrugen für die 
sämtlichen Bauwerke mit Ausschluss der 
Krananlagen, Aufzüge, Beleuchtung und 
Heizung rund 21,60 M für das Kubik¬ 
meter umbauten Raums; die Kosten der 
zu den Fassaden verwendeten besseren 
Baumaterialien, wie Werksteine, Eisen, 
Holz, Glas, sowie die des figürlichen 
Schmucks sind hierin mit 95 M für 
das Quadratmeter Ansichtsfläche enthalten. 

DasGürtlersche Geschäftshaus A 1 1 ee- 
strasse Nr. 30, im Jahre 1897 bis 1898 
durch den Architekten Gottfried Wehling 
erbaut, gibt bei eigenartiger Grundriss¬ 
anordnung eine Strassenausbildung 
modernisierenden Renaissanceformen 


Abb. 441. Alleestrasse 38. 


mit bemerkenswertem naturalistischem 
Ornament (Abb. 445, 446 und 447). 

Die Baukosten betrugen insge¬ 
samt 65000 M oder für das Quadrat¬ 
meter bebauter Fläche 325 M und für 
das Kubikmeter umbauten Raums 
16,25 M. 

Von neueren Ausführungen er¬ 
scheint das Doppelhaus Grafen- 
berger Chaussee Nr. 32/34, im 
Jahre 1903 bis 1904 durch den Archi¬ 
tekten Richard Bauer aufgeführt, 
wegen der eigenartigen Aufriss-Ent¬ 
wicklung bemerkenswert (Abb. 448). 
Der wesentliche Höhenunterschied 
des Gartengeländes gegen den Bürger¬ 
steig gab zur Anlage gutbeleuchteter 
Lagerräumlichkeiten in der Hofunter¬ 
kellerung sowie in den Seitenflügeln 
Gelegenheit; diese Kellerräume ste¬ 
hen durch an die Brandmauer ange¬ 
lehnte besondere Treppenaufgänge in 

22 


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338 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




Abb. 443. Graf-Adolfstrasse 83/87. 

unmittelbarer Verbindung mit der 
Strasse (Abb. 449). 

Als sonstige bemerkens¬ 
werte Geschäftshäuser dieser 
Gruppe seien noch erwähnt: 

Schadowstrasse Nr. 13/15 
der Firma A. Bai lauf. Architekten 
Boldt & Frings, 1888. Graf- 
Adolf strasse Nr. 45 der Firma 
L. Horsthemke. Architekt Karl 
Hecker, 1901. Königsallee 
Nr. 30a der Firma Jean Sporrer. 
Architekt Otto van Eis, 1895. 
Königsstrasse Nr.3a der Fir¬ 
ma Alwin Schneider & Königs. 
Architekt Emst Roeting, 1900. 
Kaiser-WilhelmstrasseNr. 1, 
Ecke der Oststrasse. Architekten 


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Abb. 445. 



Strasse 30. Erd¬ 
geschoss. 1: 500. 


Alleestrasse 30. 



Strasse 30. 1. Ober¬ 
geschoss. 1:500. 


n * $ 



Abb. 448. Grafenberger Chaussee 32/34. 


fli 1 



Abb.449. GrafenbergerChaussee 3 2/34. 
Erdgeschoss. 1:500. 


Jacobs & Wehling, 1892. Bismarckstrasse Nr. 69, 71 und 73. Architekt 
Heinrich Salzmann, 1898. Bismarckstrasse Nr. 106. Architekten Jacobs & 
Wehling, 1891. Kaiser-Wilhelmstrasse Nr. 55. Architekten Jacobs & 
Wehling, 1892. Wehrhahn Nr. 13 der Erben Baumann. Architekt L von 
Abbema, 1903. Mittelstrasse Nr. 25 des Herrn Joh. Schaaf. Architekt 
L. von Abbema, 1902. 

22 * 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




Va N'ü 

i 0 A O * O 

> A A 


b) Gebäude mit Verkaufsräumen ln 
zwei oder mehreren Geschossen. 

D as Geschäftshaus Schadowstrasse 
N r. 18, Ecke des Schadowplatzes, der 
Firma Louis Alsberg wurde im Jahre 1888 
durch die Architekten Boldt & Frings als 
eine der ersten Anlagen dieser Art erbaut. 
Das Erd- und erste Obergeschoss dienen 
zu Ladenverkaufs- und Ladenlagerzwecken, 
das zweite und das dritte Obergeschoss 
enthalten Wohnräume (Abb. 450). — Das 
Geschäftshaus Kasernenstrasse Nr.9/11 


Abb. 45 1. 


Kasernenstrasse 9/11 


Abb. 452. 

Kasemenstrasse 9/11. 
I : 500. 


der Firma Richard van den Bergh 
wurde im Jahre 1890 durch den 
Architekten P. P. Fuchs errichtet. 
(Abb. 451). Keller-, Erd- und 
erstes Obergeschoss dienen dem 
Geschäftsbetriebe des Besitzers 
zu Ladenverkaufs-, Ausstellungs¬ 
und Lagerzwecken (Abb. 452). 
Mit Ausschluss der Fundierungs¬ 
arbeiten — die Baustelle liegt 


im Gebiete der ehemaligen Abb. 450. 


Schadowstrasse 18. 


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GESCHÄFTSHÄUSER. 


341 




Festungsgräben — betrugen die Bau¬ 
kosten 90000 M, d. i. für Quadrat¬ 
meter Baufläche 450 M oder 20 M 
für Kubikmeter umbauten Raums 
von Kellersohle bis zum Haupt¬ 
gesimse. 

Das Branscheidtsche Haus — 

Eckstrasse Nr. 1, Ecke der 
Schadowstrasse — im Jahre 1890 
von dem Architekten J. Görres durch 
Um- und Erweiterungsbau herge¬ 
richtet (Abb. 453) — enthält im Erd¬ 
geschosse Ladenräume und im Ober¬ 
geschosse ein durch besonderen 
Treppenaufgang zugängliches Wiener 
Kaffee mit bemerkenswerter Innen¬ 
ausstattung. 

Das Geschäftshaus der ehe¬ 
maligen Baufachausstellung Char¬ 
lottenstrasse Nr. 80—82 wurde im Jahre 1893 bis 1894 durch den 

Architekten Emil Woker er¬ 


baut (Abb. 454). Das Keller-, 
Erd- und erste Obergeschoss 
— früher zu Ausstellungs¬ 
zwecken verwendet — dienen 
heute teils als Verkaufsläden, 
teils als Bureauräume (Abbil¬ 
dung 455); das zweite und 
das dritte Obergeschoss ent¬ 
halten je zwei Wohnungen. 



Abb. 454. 


Charlottenstrasse 80—82. 


Abb. 455. Charlottenstrasse 80—82. 


ß 


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Abb. 457. Schadowstrasse 36, 
Erdgeschoss. 1:500. 


Abb. 456 . 


Schadowstrasse 36. 


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Googl 


& ■ MT' 

Königsallee 9/10, Ecke Schadowstrasse, 

















GESCHÄFTSHÄUSER. 


343 




Die Baukosten des zum Teil 
auch in den Decken feuer¬ 
sicher konstruierten Gebäudes be¬ 
tragen bei einer bebauten Fläche 
von rund 510 Quadratmeter für 
ein Quadratmeter 550 M oder 
für ein Kubikmeter umbauten 
Raums 24 M. 

Das Geschäftshaus Scha- 
dowstrasse Nr. 36, Ecke der 
Viktoriastrasse wurde im Jahre 
1893 durch die Architekten Tüs¬ 
haus & von Abbema erbaut 
Ursprünglich nur im Keller-, 

Erd- und ersten Obergeschosse 
für Geschäftszwecke eingerichtet 
(Abb. 456), dient es heute in 
allen Geschossen der Firma 
Adolf Mathaei zum Geschäfts¬ 
betriebe. Die stattlichen Fronten 
zeigen gotische Formen bei Ver¬ 
wendung von Eifeier Sandstein 
für die Architekturteile, im üb¬ 
rigen Ziegelverblendung (Abbil¬ 
dung 457). 

Das Geschäftshaus Königs¬ 
allee Nr. 9 und 10, Ecke der 
Schadow- und Blumenstrasse, 
wurde im Jahre 1896—1897 nach 
Plänen der Architekten Klein & 

Dörschel errichtet. Die Grund¬ 
risslösung zeigt zweckmässige Abb ' 46 °' 

Einfachheit und gestattet, die ganze Gebäudegruppe sowohl zu dem einheit¬ 
lichen Betriebe eines grossen Warenhauses wie auch für getrennte Geschäfte 
zu verwerten (Abb. 458). Bei den Schauseiten ist versucht worden, durch Erker¬ 
ausbauten und massive Ecktürme die grossen 
Schaufensterflächen zu beleben (Abb. 459). 

Das Schneidersche Geschäftshaus, Mittel¬ 
strasse Nr. 11, im Jahre 1896 durch den Archi¬ 
tekten Hermann vom Endt errichtet, bietet eine 
gute Grundrisslösung einer kleinen Eckbaustelle 
Abb. 461. Al > b - 4()2 - und zeigt in seiner Hausteinfassade schmucke, 
Erdgeschoss. Obergeschoss. modern-gotische Formen (Abb. 460, 461 und 462). 

1:500. 1:500. Ebenfalls eine ansprechende Ecklösung bietet das 


Mittelstrasse 11. 


Abb. 462. 
Mittelstrasse 11. 
Obergeschoss. 

1 : 500. 


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344 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Geschäftshaus Kommunika¬ 
tion sstrasse Nr. q, der Firma 
J. Neumann, im Jahre 1898 
nach dem Plane des Architekten 
Leo von Abbema erbaut (Ab¬ 
bild. 463,464 und 465). Es zeigt 
wie das 

Kumlysche Geschäftshaus 
Alleestrasse Nr. 57, Ecke 
Stadtbrückchen, desselben Archi¬ 
tekten, bei ungezwungener klarer 
Grundrissanordnung auf knap¬ 
per Baustelle (Abb. 466) Putz- 
strassenfronten von malerischem 
Aufbau in freier gotischer 
Fortnengebung (Abb. 467) 

Das Geschäftshaus Scha- 
do wstrasse Nr. 31 bis 33 der 
Firma Peek & Cloppenburg 
wurde im Jahre 1900 durch den 


IMBIIIE *. 


ins 
















GESCHÄFTSHÄUSER. 


345 



Architekten P. P. Fuchs erbaut 
(Abb.468). Als charakteristisches 
Plakathaus anzusprechen (Ab¬ 
bild. 469), zeigt es in moderner 
Formengebung Schaufenster¬ 
rahmenwerk aus poliertem Maha¬ 
goniholz, in den Obergeschossen 
zwischen den als Fensterab¬ 
schluss auftretenden Jalousie¬ 
führungen Stiftmosaikflächen 
(Abb. 470). Das feuersichere, in 
den Hauptgeschossen reich mit 
edlem Holz ausgestattete Ge¬ 
bäude dient in allen Geschossen 
lediglich dem Geschäftsbetriebe 
der Firma (Abb. 471 und 472). 

Das Geschäftshaus Scha- 
dowstrasse Nr. 30 — das 
Mendelssohnhaus — wurde im 
Jahre 1902 durch den Architekten 


Abb. 468. Schadowstrasse 31—33. 

Richard Hultsch teilweise 
unter Benutzung vorhandener 
Seitengebäude umgebaut. 
(Die Neubauteile sind im 
Grundrisse schraffiert.) (Ab- 
bild.474). Ober dem messing¬ 
verkleideten Schaufenster¬ 
rahmenwerke bauen sich die 
Obergeschosse aus Sandstein 
mit Marmor- und Bronze¬ 
schmuckteilen auf. Laden¬ 
eingangsflur und Treppenhaus 
haben gleichfalls reichere 
Ausstattung in edlen Bau¬ 
materialien erfahren (Ab¬ 
bild. 473). Die Neu-und Um¬ 
baukosten betrugen insgesamt 
180000 M. — Das durch die 
Architekten Wehling & Lud- 


Pccr\8.^opf ? cnour\c 


pe ci\». (foppen bu?\c- 


arnuM. 


Abb. 469. 


Schadowstrasse 31—33. wig im Jahre 1900 für den 


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GESCHÄFTSHÄUSER. 


347 


Photographen Th. 
Lantin erbaute Eck¬ 
haus Schadow- 
strasse Nr. 52 an 
der Bleichstrasse, 
bringt den bemer¬ 
kenswerten V ersuch, 
Glasflächen zur Ver¬ 
kleidung von Mauer¬ 
körpern an der 
Aussenfront zu ver¬ 
wenden. Bei elegan¬ 
ter moderner For- 
mengebung spricht 
die durch reichere 
Farben Wirkung 
künstlerisch belebte 
Aussenerscheinung 
prächtig an. Der 
die interessante Eck¬ 
lösung krönende 
figürliche Abschluss 
weist auf den Ge¬ 
schäftsbetrieb des 
Eigentümers (Abb. 
475 , 476 und 477). 



Abb. 476. Schadowstr. 52. 
Obergeschoss. 1:500. 



Abb. 475. Schadowstrasse 52. 


Die Baukosten betrugen insgesamt 225000 M, d. i. für 


das Quadratmeter 532 M und 
für das Kubikmeter 28 M. 

Das Geschäftshaus Schadow¬ 
strasse Nr. 47, im Jahre 1903 
bis 1904 im Aufträge des Herrn 
Ingenieurs H. Tebay durch den 
Architekten P. P. Fuchs erbaut, 
zeigt bei weitgehender, durch die 
Art der früheren Bebauung er¬ 
möglichter Ausnutzung der Bau¬ 
stelle eine Durchführung der 
Schaufenster-Passagenanlage bis 
zum mittleren Hofraume (Ab¬ 
bild. 478 und 479). Die Strassen- 
front zeigt bei modernen Formen 
in den beiden Geschäftsgeschossen 
durchgeführte Eisenkonstruktions¬ 
formen zwischen Sandsteinauf- 



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348 



Abb. 478. Schadow- 
strasse 47. Erd¬ 
geschoss. 1:500. 



Abb. 479. Schadow¬ 
strasse 47. Ober- 
geschoss. 1:500. 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


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lagerpfeilern, ab- |-—■g — h r 

schliessend mit dem i 

die Last des Oberge- Wsg r : ' ' n gg* N | hnn | 

sch oss -Mauerwerks 
aufnehmenden Ka¬ 
stenträger, weiterhin 
in den Oberge¬ 
schossen Holzfor¬ 
men mit Putzflächen 
zwischen Sandstein¬ 
abschlüssen (Abb. 

480 und 481). Be- _ 
merkenswert er¬ 
scheint derTreppen- W P-m—, 11 

aufgang zum Ober- [ ZS FtT^T Ir 

geschosse. 

Die Baukosten |J I I 1 1 -J * 

betrugen insgesamt 1 i | 

150000 M oder für wf111 tTT] 1 11 ij l 11111111111 I I 1 1 1 11 1 | 111 ffi ~ 

das Kubikmeter um- _TilJIlJJ>r l 1 ILLIX 

bautenRaumsdurch- -/ B II | \ 

schnittlich 23,50 M. ~ 

Das Geschäfts¬ 
haus Wehrhahn 

Nr. 9 bis 11 wurde | " 1- 

im Jahre 1895 durch _ . I 

den Architekten ™ »IIm 

Adolf Liertz erbaut._ fl|IliPjj_J 

(Abb. 483 ). Das Abb Schadowstrasse 47. 

Keller-, Erd- und 

erste Obergeschoss dienen Verkaufs- und Ausstellungs- 
Zwecken des Möbelgeschäfts der Firma J. Buyten & Söhne. 
Die Obergeschosse sind zum Teil zu Musterzimmem, 
zum Teil auch zu Wohnungen eingerichtet. Die Hinter¬ 
gebäude dienen ausschliesslich Lagerzwecken. 

Die unter Verwendung von Sandstein ausgeführte 
Strassenfront zeigt in wuchtigen Verhältnissen und male¬ 
rischen Einzelheiten maßvolle Formen der deutschen 
Renaissance. 

Als Entwicklungsstufe zum Warenhause ist das im 
Jahre 1883 durch die Architekten Boldt & Frings erbaute 
Geschäftshaus Mittelstrasse Nr. 18 der Firma Coppel 
& Goldschmidt anzusehen. Die durch mehrere Geschosse 
reichende, durch Oberlicht erhellte Haupthalle ist noch 


Schadowstrasse 47. 


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GESCHÄFTSHÄUSER. 


349 



allseitig von Betriebsräumen um¬ 
geben, die gegen die Halle hin 
abgegrenzt sind. Die Strassenfront 
weist im allgemeinen deutsche Re¬ 
naissanceformen auf. Die neuzeit¬ 
liche Schaufensteranlage im Erd¬ 
geschosse wurde im Jahre 1902 
durch den Verfasser dieser Zeilen 
eingebaut (Abb. 482). 

Sonstige bemerkenswerte 
Gebäude dieser Gruppe sind: 

Schadowstrasse Nr. 39 der 
Firma J. Breucker Nachf. Architek¬ 
ten Jacobs & Wehling. Breite¬ 
strasse Nr. 2, Ecke der Graben¬ 
strasse, der Firma Geschw. Alsberg. 
Architekt Josef Seche in Cöln, 1895. 
Cöl nerstrasse Nr. 1 bis 3, Ecke 
Wehrhahn. Architekt Rudolf Schnütt- 
gen, 1898. Alleestrasse Nr. 44, 




Abb. 481. Schadowstrasse 47. 

Ecke der Grabenstrasse. Architekten 
Klein & Dorschel, 1898 bis 189g. 
Schadowstrasse Nr. 59, Ecke der 
Wagnerstrasse. Architekt Clemens 
Mühlenkamp, 1893. Graf-Adolf¬ 
strasse Nr. 3, 4 und 5. Architekt 
Winkelmann. Graf-Adolfstrasse 
Nr. 14 bis 20. Architekt W. van Moer- 
beck, 1895 bis 1H96. Graf-Adolf¬ 
strasse Nr. 46, Ecke der Oststrasse. 
Architekten Kremer & Herold, 1903 


Abb. 483. 


Wehrhahn 9/11 . bis 1904. Schadowstrasse Nr. 42 


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350 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 482. 


Mittelstrasse 18. 



n 



stras.se 19 1 21. Erd¬ 
geschoss. 1 :500. 



Abb. 484. Bolkerstrasse 19/21. 


Architekten Klein & Dör- 
schel, 1900. Königsallee 
Nr. 31. Architekt Karl 
Hecker, 1900. Bolker¬ 
strasse Nr. 20. Architekt 
P. P. Fuchs, 1893. 


c) Warenhäuser. 


G ebäude dieser für die 
Entwicklung und 
Eigenart des modernen Ge¬ 
schäftslebens bezeichnen¬ 
den und bedeutungsvollen 



j 


Abb. 486. Bolkerstr. 19/21. 
Passagenbau. 1 :400. 


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GESCHÄFTSHÄUSER. 


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Gattung sind in Provin¬ 
zialgrossstädten nur in 
beschränkterem Umfange 
vorhanden. Ihre Zahl ist 
jedoch hier in stetiger 
Zunahme begriffen. 

Als frühestes Beispiel 
ist in der Altstadt das 
Warenhaus der Firma 
Gebr. Hartoch, Bolker- 
strasse Nr. 19 bis 21, 
anzuführen (Abb. 484). 

Es wurde im Jahre 1896 
von den Architekten 
Jacobs 8t Wehling durch 
Um- und Erweiterungs¬ 
bau errichtet und zeigt 
bei mässigen Abmessun¬ 
gen die charakteristische 
Grundrissbildung (Ab¬ 
bildung 485). Die Bau¬ 
kosten betrugen insgesamt 

llOOOO M oder für das Abb. 488. Schadowstrasse 43/45. 

Quadratmeter bebauter Fläche 312 M oder 22,25 M für das Kubikmeter 
umbauten Raums. 

Dieses Gebäude soll wie auch die älteren Baulichkeiten auf den benach¬ 
barten Grundstücken, Bolkerstrasse Nr. 17, Flingerstrasse Nr. 20 und Markt¬ 
platz Nr. 2, abgebrochen und durch eine grosse Warenhausanlage mit Durch¬ 
gangsverbindung zwischen Bolker- und Flingerstrasse für den Geschäfts¬ 
betrieb der oben genannten Firma durch den Architekten Richard Hultsch 
ersetzt werden (Abb. 486). — Das Warenhaus Schadowstrasse Nr. 43—45 
der Firma L. Tietz, im Geschäftsmittelpunkte gelegen und zugleich die grösste 
Anlage dieser Art in Düsseldorf, wurde im Jahre 1899 durch den Architekten 




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352 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


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Fritz Hofmeister erbaut. Die Galerie- 
geschosse gruppieren sich in typischer 
Weise um den die Mitte der Anlage 
einnehmenden stattlichen Lichthof mit 
der eindrucksvollen Aufgangstreppe. Die 
Durchfahrt zurKlosterstrasse(zum Kontor¬ 
gebäude) ist durch Anbringung von 
Schaukästen ausgenutzt (Abb. 487). 

In dem durchaus massiv und feuer¬ 
sicher ausgeführten Gebäude dienen 
abgesonderte Nottreppen, Nottüren und 
Feuerbaikone in ausreichender Anzahl und 
zweckentsprechender Lage zur Rettung 
bei Feuersgefahr. — Die monumentale 


Grabenstrasse 15. 


Fassade aus 

Abb. 489. Grabenstrasse 15. Sandstein 

zeigt bei mächtigen, mehrere Geschosse um¬ 
fassenden Schaufensteröffnungen moderne Formen 
mit Anlehnung an historische Bauweisen (Ab¬ 
bild. 488). 

Die Baukosten betrugen einschliesslich Zen¬ 
tralheizung, elektrischer Lichtanlage, Fahrstühle 
und sonstiger Nebenanlagen insgesamt 460000 M 
oder für das Kubikmeter umbauten Raums 18,50 M. 

Das Kaufhaus S. Guttmann 8t Cie., Graben¬ 
strasse Nr. 15, zeigt eine warenhausartige An¬ 
lage in verhältnismässig kleinem Umfange (Ab¬ 
bild. 489). Es wurde im Jahre I898 durch die 
Architekten Klein & Dörschel erbaut und ist in 
der Grundrissbildung deshalb bemerkenswert, 
weil der Lichthof nur nach drei Seiten hin von 



Abb. 490. Grabenstrasse 15. 
Erdgeschoss, i : 500. 


Galerien umgeben, seine Hinterseite aber durch 
die Haupttreppe begrenzt ist (Abb. 490 und 491). 
Das Gebäude ermangelt deshalb des für das 
Warenhaus charakteristischen vollständigen Um¬ 
gangs. Durch die geringen Ausmaße war eine 
Beschränkung der Galerieöffnung und eine Licht¬ 
entnahme von der Hinterfront bedingt. 

ln dieser Gruppe ist auch das Geschäfts¬ 
haus der Firma G. Hettlage, Klosterstrasse 
Nr. 39 bis 41 und Kreuzstrasse Nr. 4 bis 6, auf¬ 
zuführen. Aus einer kleinen Anlage auf dem Grund¬ 
stücke Klosterstrasse Nr. 41 durch Angliederung 
der Eckparzellen hervorgegangen, sind die einzelnen 



Abb. 491. Grabenstrasse 15. 
Obergeschoss. 1 : 500. 


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1 



Abb. 492. Klosterstrasse 39/41, Ecke Kreuzstrasse. 


Bauabschnitte aus der Orundrissanordnung deutlich erkennbar (Abb. 493). 
Es dient im Keller-, Erd-, ersten und zweiten Obergeschosse dem einheitlichen 
Oeschäftsbetriebe, im dritten Obergeschosse zu Wohnungen für Angestellte. 
Die stattliche Strassenfront zeigt bei weitgespannten Schaufensteranlagen im 
allgemeinen Formen deutscher Frührenaissance (Abb. 492). 

Die ältere Anlage wurde im Jahre 1894 durch den Architekten P. P. Fuchs, 
der Um- und Erweiterungsbau 1899 bis 1900 durch den Architekten Rott¬ 
lender in Cöln ausgeführt. 



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354 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Sonstige bemerkenswerte Gebäude 
dieser Gruppe sind: Das Filialhaus der Firma 
L. Tietz, Grabenstrasse Nr. 13. Architekt Carl 
Axel. Das Filialhaus der Firma Gebr. Hartoch, 
Wehrhahn Nr. 34 bis 36. Architekt Adolf Liertz, 
1896. Erweiterung 1903 —1904 durch den Archi¬ 
tekten Hultsch. 



□ 


494. Breitestrasse 8. 

Erdgeschoss, i : 500. 


d) Geschäftshäuser für besondere 
Geschäftszweige. 

D as Verwaltungsgebäude der »Düsseldorfer All¬ 
gemeinen Versicherungsgesellschaft für See-, 

Fluss- und Landtransport“ Breitestrasse Nr. 8, 
durch die Architekten Jacobs 81 Wehling im Jahre 1890 
erbaut, enthält im Erdgeschosse (Abb.494) das grosse 
Hauptbureau, Direktionszimmer, Sitzungssaal für Abb 
den Verwaltungsrat, Tresore und sonstige Neben¬ 
räume, im Obergeschosse die Wohnung des Direktors. Die monumentale 
Strassenfront zeigt eindrucksvolle Architekturformen in freier italienischer 

Renaissance (Abb. 495). 
Die Baukosten betrugen 
insgesamt 170000 M. 

Das Direktionsge¬ 
bäude der »Dampfschiff¬ 
fahrtsgesellschaft für den 
Nieder-und Mittelrhein", 
Berger Ufer Nr. 1, 
birgt im Sockelgeschosse 
Hausmeisterwohnung 
und Registratur. Letztere 
steht durch eine Treppe 
mit dem im Haupt¬ 
geschosse liegenden 
grossen Bureauraume in 
unmittelbarer Verbin¬ 
dung. Im Hauptge¬ 
schosse befinden sich 
ausserdem der Sitzungs¬ 
saal für den Verwaltungs¬ 
rat und die Arbeits¬ 
zimmer der beiden Vor¬ 
standsbeamten (Abb.496). 
Im Obergeschosse liegt die Wohnung des Direktors. Die Hauptschauseite 
des in reizvoller Lage am Rheine gelegenen Eckhauses ist durch einen Erker- 


Abb. 495. 


Breitestrasse 8. 


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GESCHÄFTSHÄUSER. 


355 



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Abb. 496. Berger Ufer 1. 

Hauptgeschoss. 1:470. 


türm wirkungsvoll belebt. Die Architektur¬ 
gliederungen sind in freien Renaissance¬ 
formen aus Sandstein hergestellt, die Wand¬ 
flächen mit Ziegeln verblendet (Abb. 497). 

Das Gebäude wurde im Jahre 1898 
durch die Architekten Klein & Dörschel 
erbaut. 

Das im Jahre 1900 durch den Archi¬ 
tekten P. P. Fuchs ausgeführte Geschäfts¬ 
gebäude der Firma C. G. Blankertz, Hu¬ 
bertusstrasse Nr. 34, enthält im Erdgeschosse (Abb. 498) die Kontor¬ 
räume, im Kellergeschosse und den Hofunterkellerungen die Lager, und im 
dritten Obergeschosse — mit grossem Belichtungsboden — die Lichtpause¬ 
anstalt der Firma. Aus der Eigenart des Grundstücks und der Bauaufgabe 
folgte der malerische Aufbau der an englische Formen angelehnten Aussen- 
erscheinung (Abb. 499). Die Kosten des der Hauptsache nach massiven 
und feuersicheren Gebäudes betrugen insgesamt 80000 M, oder für das 
Kubikmeter umbauten Raums 23 M. 

Das Geschäftsgebäude der Düsseldorfer Verlagsanstalt, Aktiengesellschaft, 
Kasernenstrasse Nr. 18, 
wurde im Jahre 1898 durch die 
Architekten Klein & Dörschel 
erbaut. 

Das Vorderhaus ent¬ 
hält im Erdgeschosse (Ab¬ 
bild. 500) die Expedition der 
Zeitung »Neueste Nachrich¬ 
ten“, das Sitzungszimmer des 
Verwaltungsrats und strassen- 
wärts einen Ladenraum, in 
den Obergeschossen vermiet¬ 
bare Bureauräumlichkeiten 
bzw. Wohnungen für Ange¬ 
stellte. Im Hintergebäude 
liegen die Druckerei, Setzerei, 

Stereotypie, die Redaktions¬ 
bureaus, Zeitungsausgabe usw. 

Die in freien Renaissance¬ 
formen gegliederte Strassen- 
front ist aus Sandstein her¬ 
gestellt (Abb. 501). 

Die Baukosten für die 


Abb. 497. 


Berger Ufer i. 


durchweg massiven und feuersicheren, mit Zentralheizung und Lastenaufzug 
versehenen Gebäude betrugen: 


23* 


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356 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 498. Hubertus¬ 
strasse 34. Erd- 


a) für das Vorderhaus, 
insgesamt 134000 M 
oder für das Quadrat¬ 
meter Baufläche442 M, 

b) für das Hintergebäude 
insgesamt 68000 M. 

Die grösste und bedeu¬ 
tendste Anlage aus dieser 
Gruppe von Geschäftshäusern 
ist das in den Jahren 1900 
bis 1902 durch den Architekten 


Hubertus 



























Heinrich Ernst für die 
..Rheinische Immobilien¬ 
gesellschaft Hansa" er¬ 
baute, am Wilhelmsplatze, 
dem Bahnhofsvorplätze, 
belegene .»Hansahaus". 
Es bedeckt bei einheit¬ 
licher Aussenerscheinung 
einen durch den Wil¬ 
helmsplatz, die Oraf- 
Adolf- und die Harkort¬ 
strasse, sowie die Staats¬ 
bahnanlage begrenzten 
ganzen Baublock (Ab¬ 
bild. 503). 

Die beiden an der 
Harkortstrasse belegenen 
Bauabschnitte sind nach 
Muster großstädtischer 
Geschäftspaläste in den 
Obergeschossen (Abb.504) 



Abb. 502. 


Hansahaus. Turmaufbau. 



Abb. 503. 


Das Hansahaus. 


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358 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 504. Hansahaus. 
Obergeschoss. 1:780. 


aus- 

schliesslich 
zu vornehmen 
Bureau- und Ge¬ 
schäftsrepräsentations¬ 
räumen im Erdgeschosse 
(Abb. 505) zu Läden mit Lager¬ 
räumen, im Kellergeschosse und 
in den Hofunterkellerungen, im Dach¬ 
geschosse zu feuersicheren Geschäftsarchiven eingerichtet, während die am 
Wilhelmsplatze und an der Graf-Adolfstrasse belegenen Gebäudeteile dem 
Betriebe eines feinen Hotels mit Bier- und Weinrestaurant — in den Ober¬ 
geschossen teilweise zu Bureaus hergerichtet — dienen. Dieser großstädtische 
Bau ist in allen Teilen durchaus massiv und feuersicher, der Hauptsache 
nach in Hennebique-Bauweise ausgeführt, die bei diesem Gebäude hier 
zum erstenmal zu ausgedehnterer Anwendung kam. Der malerische Aufbau 
zeigt die Formen italienischer Renaissance mit modernen Anklängen (Ab¬ 
bild. 502). Sämtliche Aussenfronten sind in echtem Werksteinmaterial aus¬ 
geführt: das Erdgeschoss aus rotem Mainsandstein, die Obergeschosse in 
Pfälzer Sandstein, Pfeilervorlagen und Säulen aus rotem Baveno-Granit mit 
Bronze-Architekturteilen. Die Innenausstattung ist unter Aufwand reicher 
Mittel gediegen durchgeführt. Auf weitestgehende Sicherheit bei Feuersgefahr, 



000 0.0 
0 ijjcfOO ; ; 


Abb. 505. Hansahaus. 
Erdgeschoss. 1:780. 


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GESCHÄFTSHÄUSER. 


359 


Berücksichtigung der neuesten gesundheitlichen Anschauungen und aller für 
den Zweck des Gebäudes zur Verkehrserleichterung in Betracht kommenden 
Errungenschaften ist besonderer Wert gelegt. Bei der baulichen Anordnung 
der Bureaugeschosse ist darauf Rücksicht genommen, dass durch Einfügung 
oder Wegnahme leichter Wandkonstruktionen in ihnen je nach Bedürfnis neue 
Raumeinteilungen eingerichtet werden können. Das Gebäude ist mit Zen¬ 
tralheizung, elektrischem Licht, Personenaufzügen, Telephonkabel usw. aus¬ 
gestattet. Die Baukosten betrugen insgesamt 2110000 M oder für das 
Kubikmeter umbauten Raums im Durchschnitt 31,50 M. 

Sonstige bemerkenswerte Gebäude dieser Gruppe sind 
endlich noch: Das Kontorgebäude der Firma Robert Zapp, Harold¬ 
strasse Nr. 10, durch den Architekten Emst Roeting erbaut. 

Das Bureaugebäude der Firma Heinrich Haupt, Bahnstrasse Nr. 43. 

Die Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei L Schwann, bei der das 
vorliegende Werk hergestellt ist, beabsichtigt im Anschlüsse an ihre gross¬ 
artigen Betriebsgebäude (vgl. Abschnitt: Gewerbliche Anlagen) auf dem 
Teilgrundstücke Charlottenstrasse Nr. 84 bis 86 nach dem Plane des 
Architekten P. P. Fuchs die Errichtung eines umfangreichen Verwaltungsge¬ 
bäudes, dessen Fassade den Schluss dieses Abschnitts bilden möge (Abb. 506). 



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3Öo 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


2. Bankgebäude. 



Abb. 508. Reichsbank. 
Obergeschoss. 1: 400. 


jjer beispiellose Aufschwung der heimischen Industrie und 
des Handels sowie die rege Bautätigkeit haben im Ver¬ 
laufe der letzten Jahrzehnte eine fortschreitende Ent¬ 
wicklung des Bankwesens in der Stadt Düsseldorf im 
Gefolge gehabt. Die Zunahme des Geldverkehrs zeigt 
sich am besten in den Umsatzziffern der hiesigen Reichs¬ 
bankstelle, die in deren Gründungsjahr 1876 312 Millionen, 
dagegen im Jahre 1902 2029 Millionen Mark betrugen. Dies bedeutende 
Anwachsen des Bankgeschäfts hat die Gründung einer Reihe von Zweig¬ 
niederlassungen auswärtiger Grossbanken veranlasst, die hauptsächlich dem 
Geldverkehre und Kreditbedürfnisse der zahlreichen hier, im geschäftlichen 
Zentrum der rheinisch - west¬ 
fälischen Grossindustrie, durch 
Geschäftsstellen vertretenen indu¬ 
striellen Werke, Genossenschaften 
und Verbände dienen; daneben 
bestehen auch einzelne von alters 
her ansässige Privat- und Genossen¬ 
schaftsbanken. 

Dem Raumbedürfnisse der 
erstgenannten Anstalten wurde 
naturgemäss zunächst dadurch ent¬ 
sprochen, dass irgend¬ 
welche Baulichkeiten 
entsprechenden Um¬ 
fangs für die 
Bedürfnisse 
der Bank 

zweckdienlich hergerichtet und nach Bedarf vergrössert 
wurden, während die Errichtung monumentaler, die Be¬ 
deutung des Geldinstituts nach 
aussen hin bekundender Bank¬ 
gebäude mit eigenartiger, dem 
besondern Bedürfnisse angepasster 
Grundrisslösung bisher die Aus¬ 
nahme bildete. 

Düsseldorf steht daher in Bau¬ 
werken dieser Art gegen Städte 
von geringerer geschäftlicher und 
wirtschaftlicher Bedeutung nicht 
unwesentlich zurück. Die Düssel- 
Reichsbank. Erdgeschoss. 1:400. dorfer Börse, dem Börsenverkehre 




Abb. 507. 


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BANKGEBÄUDE. 


361 

des Kuxen-, Wertpapier-, Rohmaterial- und Oetreidegrossmarkts dienend, 
deren Bedeutung vornehmlich in Eisen- und Montanwerten von Jahr zu 
Jahr sich hebt, besitzt kein eigenes Gebäude, die Börsenversammlungen 
finden vielmehr vorläufig in gemieteten Räumlichkeiten der städtischen Ton¬ 
halle statt. 

Das vornehmste Bankgebäude der Stadt, das Geschäftshaus der 
Reichsbankstelle, Alleestrasse Nr. 8/9 (D 4), wurde in den Jahren 1892 
bis 1894 unter der Oberleitung des Geheimen Baurats Emmerich durch 
den hiesigen Architekten Professor H. Stiller erbaut. Die Geschäfts¬ 
räume liegen im Erdgeschosse (Abb. 507), Wohnungen für die Vor¬ 
standsbeamten in 
den Obergeschos¬ 
sen (Abb. 508); eine 
Wohnung für den 
Kassenboten ist im 
Seitenbau über den 
Tresoren angeord¬ 
net. An den mit 
einer wirkungs¬ 
vollen, auf Säulen 
ruhenden Decke in 
Gipsguss mit wech¬ 
selnden Füllungs¬ 
motiven geschlosse¬ 
nen Geschäftssaal, 
worin dem Ein¬ 
gänge gegenüber 
die Kasse, rechts die 
Buchhalterei, links 
die Arbeitsplätze für 
die Kassendiener 
eingerichtet sind, 
schliessen sich strassenwärts das Direktorzimmer, hofwärts — seitlich und 
hinter den Treppenanlagen — die Tresore an. Die Strassenfront ist in präch¬ 
tigen Formen der Florentiner Renaissance aus Heilbronner Sandstein fein 
gegliedert (Abb. 509). Der vornehmen Aussenerscheinung entspricht bei 
mässigem Aufwande die reizvolle Durchbildung der Innenräume. 

Die Baukosten betrugen rd. 307000 M oder bei 11480 cbm umbauten 
Raums für das Kubikmeter 26,75 M. 

Das Gebäude der Bergisch-Märkischen Bank, einer Zweig¬ 
niederlassung der Bergisch-Märkischen Bank in Elberfeld, Königsplatz Nr. 15/16 
(D 5), wurde in den Jahren 1884/1885 durch die Architekten Boldt & Frings 
erbaut. Das Erdgeschoss birgt die Geschäftsräumlichkeiten, das Keller¬ 
geschoss die Tresoranlagen, in den Obergeschossen befindet sich die 



Abb. 509. Die Reichsbank. 


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3 Ö2 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Wohnung des Bankvorstands. Die Grundriss¬ 
anordnung des Erdgeschosses (Abb. 510) ist 
im allgemeinen symmetrisch: der in der 
Hauptachse belegene Geschäftseingang führt 
in die zentrale Vorhalle mit anschliessendem 
Wartezimmer und Kassenräumen, rechts liegt 
die Haupt-, links die Effektenkasse. Der in 
der Mittelachse gelegenen, teilweise durch 
Oberlicht erhellten Buchhalterei schliessen 
sich auf der einen Seite das Direktionszimmer 
in guter Verbindung mit der Hauptkasse, auf 
der andern Seite der Effektentresor 
mit Garderobe und im Zwischen¬ 
geschosse der Archivraum an. 

Zum Kassentresor und den 
vermietbaren Stahlkammern im 
Kellergeschosse führen beson¬ 
dere Nebentreppen von den 
Kassenräumen aus. Das Gebäude 




Abb. 510. Bergisch - Märkische Bank. 
Erdgeschoss. 1:500. 

den 


Abb. 511. Niederrheinische Bank. 
Erdgeschoss. 1:500. 


ist als Putzbau in 

Formen der italienischen Renaissance ausgeführt. 

Es ist kürzlich von der Stadt Düsseldorf erworben 
und dient zurzeit Verwaltungszwecken des Stahlwerks¬ 
verbands. Der Geschäftsbetrieb der Bergisch-Märkischen 
Bank ist bis zur Vollendung eines auf dem ehemaligen 
Exerzierplätze an der Kanalstrasse beabsichtigten Neubaus 
in ein Miethaus an der Bismarckstrasse verlegt. 

Das Geschäftshaus der Niederrheinischen Bank, 
Zweiganstalt der Duisburg-Ruhrorter Bank, Schadow- 
platz Nr. 12 (D 5), wurde in den Jahren 1896 bis 1897 durch 
die Architekten Kayser & von Grossheim und Wühler erbaut. 
Das Erdgeschoss (Abb. 511) enthält die Geschäftsräumlichkeiten, 
das erste und zweite Obergeschoss (Abb. 512) je eine Wohnung 
für die Bank Vorstände. Um den in der Mittelachse angeord¬ 
neten Raum für das Publikum gruppieren sich die Hauptkasse, 
das Sprech- und Direktorzimmer, sowie die Buchhalterei. 
Auf der rechten Gebäudeseite liegt der Eingang zu den 
Privatwohnungen, links der Geschäftseingang. Die Tresore 
befinden sich im Kellergeschosse. Die Strassenfront aus 
Burgpreppacher Sandstein zeigt in monumentalen Verhält¬ 
nissen die charakteristische, an Motive der französischen 
Renaissance sich anlehnende Formensprache der Künstler 
(Abb. 513). 

Abb. 512. Niederrheinische Bank. Die feinsinnige Durchbildung des inneren Ausbaus 

1. Obergeschoss. 1:500. ist besonders bemerkenswert. 



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BANKGEBÄUDE. 


363 


Das Geschäftshaus der Düsseldorfer Bank (vormals Düsseldorfer 
Volksbank), Breitestrasse Nr. 7 (D 5), wurde im Jahre 1890 durch den Archi¬ 
tekten P. P. Fuchs erbaut. Die Grundrissbildung war durch die Forderung 
beengt, dass das Erdgeschoss, das ursprünglich allein für Bankzwecke in 
Aussicht genommen war, jederzeit auch zu Wohnungen herzurichten sein 
sollte. Mit der Ausdehnung des Instituts wurde das erste Obergeschoss 



zum Geschäftsbetriebe hinzugezogen und der rechte Seitenflügel angebaut. 
Im Erdgeschosse (Abb. 514) befinden sich hofwärts die Kasse mit Tages¬ 
tresor, strassenwärts die Warte-, Direktions- und Sprechzimmer, im Seiten¬ 
bau das Depositenbureau. Im Untergeschosse sind daselbst die Stahl¬ 
kammern untergebracht. Die Buchhalterei, das Sitzungszimmer des Auf¬ 
sichtsrats usw. liegen im Obergeschosse (Abb. 515) und können durch einen 
besonderen Treppenaufgang vom Kassenraume aus erreicht werden. Das 


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364 


DÜSSKI.DORF UND SEINE BAUTEN. 


zweite Obergeschoss ent¬ 
hält eine herrschaftliche 
Mietwohnung, der linke 
Flügelbau im Unter- und 
Erdgeschosse die Wohnung 
für den Kassenboten. 

Die Strassenansicht des 
Gebäudes, bis zum Fenster¬ 
bankgurt des Erdgeschosses 
mit Udelfanger Sandstein 
verblendet sonst geputzt, 
zeigt freie Formen italie¬ 
nischer Renaissance (Ab¬ 
bild. 516). Die Baukosten 
der ursprünglichen Anlagen 
betrugen für das Kubik¬ 
meter umbauten Raums 



Abb. 516. Die Düsseldorfer Bank. 


19,50 M. — Die dem Barmer, früher dem Düsseldorfer, Bankvereine 
dienenden Geschäftsräume, Steinstrasse Nr. 20 (D 5), befinden sich in dein 

früher gräflich Hatzfeldschen Palais, das durch _ 

den Architekten Franz Deckers erbaut und von * 4 

dem Architekten Wilh. Kordt durch Umbau und ^ )•““ 

_ Erweiterung für die jetzige Benutzung 1 — -t j 

;n| hergerichtet ist. An den durch Oberlicht 

; Hj#| erhellten Kassenraum schliessen sich in V» , 

ij sachmässiger Folge die * '■ J 

Buchhalterei, das Direk- j * » J 

if IJj . j torzimmer, das Sprech- J. 

— jr I ~ 1 _ r _ und Wartezimmer sowie ■*“* 

^ | “ 1 T TT ‘ c 55 das E^ e ^tenbureau an. 1 ^, 

(Abb. 517). Die Archiv- 

räume, der Kassentresor I I I I 

^ und die Stahlkammer | L X. . «L. J , 

Abb. 515. Düsseldorfer Bank. befinden sich im Keller- Abb. 514. Düsseldorfer Bank. 
1. Obergeschoss. 1:500. . , 0 .. Erdgeschoss. 1:500. 

geschosse, das Sitzungs- 

„ zimmer des Aufsichtsrats im Oberge- 


I m— “ y m 

ilJM 

Abb. 514. Düsseldorfer Bank. 
Erdgeschoss. I : 500. 



Abb. 517. Der Banner Bankverein. 

Erdgeschoss. I 1500. 


schosse, das im übrigen die Wohnung 
für einen Vorstandsbeamten enthält (Ab¬ 
bild. 518). 

Der Vollständigkeit halber seien 
noch die Geschäftshäuser der Bank¬ 
firmen G. A. Trinkaus, Hofgarten¬ 
strasse Nr. 12, Simons & Co., Königs¬ 
allee Nr. 17, und Fleck & Scheuer, 


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BANKGEBÄUDE. 365 

Kommandite der Bergisch-Märkischen Bank, Kasernenstrasse Nr. 16, erwähnt, 
die ohne besondere bauliche Bedeutung sind. 

Das Haus der Landesbank der Rheinprovinz ist an andrer 
Stelle unter den Gebäuden der Rheinischen Provinzialverwaltung be¬ 
sprochen. 


4 ' 



Abb. 518. Der Barmer Bankverein. 




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366 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


MilMIMIMl! 


Abschnitt J. 


G eniesst Düsseldorf über die Gren¬ 
zen unseres Vaterlandes hinaus 
den Ruf einer Kunststadt und zugleich 
den eines hervorragenden Industrie¬ 
mittelpunkts, so liegt hierin die glück¬ 
liche Vereinigung zweier Elemente, die 
in gegenseitiger Unterstützung zur 
Förderung eines berechtigten Wohl¬ 
lebens beitragen. Zu der Zeit, als 
Düsseldorf noch vorwiegend Kunst¬ 
stadt war und die mächtig wachsende 
Industrie noch nicht ihren Einfluss auf 
die Gestaltung des Wohnhauses aus¬ 
übte, finden wir ein behagliches 
Düsseldorfer Wohnhaus, das reich ist 
an all dem, was die schönen Künste 
zum Schmucke allein beitragen können, in bezug auf die 
Gesamtanlage aber als arm bezeichnet werden muss. 

Es ist nicht angängig, bei der Beurteilung des Düsseldorfer Wohn¬ 
hauses der siebziger Jahre den Maßstab unserer jetzigen Anschauungen über 
aufwendige Bauweise anzulegen, weil in dieser Beziehung seit 30 Jahren so 
grosse Fortschritte zu verzeichnen sind, dass nur der Vergleich mit dem, 
was in anderen Städten Deutschlands zu gleicher Zeit entstanden ist, ein 
richtiges Urteil gibt. Bei solchem Vergleiche können wir dem damaligen 
Düsseldorfer Wohnhause immer noch eine höhere Rangstufe zuweisen. 

Lange Zeit hat in Düsseldorf das Einfamilienhaus die Herrschaft be¬ 
hauptet. Die abgeschlossene Etage war noch im Jahre 1890 eine Seltenheit 
und erst die neueste Zeit hat das Etagenhaus für sechs und mehr Familien 
gebracht. 

Das Dreifensterhaus mit oder ohne Anbau ist eine ausgeprägt rheinische 
Bauform, die gerade hier in ausgedehntester Weise zur Anwendung ge¬ 
kommen ist. 

Die geringe Frontabmessung von 7 bis 9 m zeitigte dafür eine Grund¬ 
rissform, die einmal gefunden lange Jahre geherrscht hat und noch heute 
ausgeführt wird. Nur der „malerische" Schmuck der Innenräume brachte 
je nach der Vermögenslage des Bewohners eine Abwechselung in die sonst 
allgemeine Gleichförmigkeit der Raumgestaltung. Wie das Dreifensterhaus, 
so bringt auch das Vierfensterhaus jener Zeit wenig verschiedenartige 
Lösungen. 

Mit dem Wachsen der Stadt und des Wohlstands ihrer Bevölkerung 
steigerten sich auch die Ansprüche. Die schematische Bauweise musste einer 


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WOHNHÄUSER. 


367 


der Eigenart des Bauherrn angepassten weichen, und so sind im Laufe der 
letzten 20 Jahre Wohnhäuser entstanden, die von einem gesunden Streben 
der hiesigen Architekten Zeugnis ablegen. 

Der rein dekorative Aufwand verlor seine Herrschaft und man begann, 
dem praktischen Komfort mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die richtige 
Erkenntnis, dass in einer guten Grundrisslösung die vornehmste Aufgabe des 
Architekten des Wohnhausbaus liegt, brach sich Bahn, und der Fortschritt 
in den gesundheitlichen Einrichtungen drängte 



Abb. 519. Aderssche Wohnungsstiftung an der Volmerswertherstrasse. Abb. 520. 



Abb. 521. Aderssche Wohnungsstiftung an der Volmerswertherstrasse. Abb. 522. 


der Wunsch nach reicherer Ausschmückung der Räume erst erfüllt werden 
kann, wenn allen Forderungen einer praktischen Plangestaltung zuvor ent¬ 
sprochen ist Wenn das Streben des Architekten in dieser Hinsicht jetzt 
von Erfolg gekrönt ist, so verdankt er dies dem verständnisvollen Entgegen¬ 
kommen des Bauherrn, und hier treten die Vorzüge der Vereinigung von 
Industriestadt und Kunststadt zutage: der Sinn für das Praktische ist aus¬ 
gebildet, aber zugleich bewahrt der künstlerische Geist unserer Stadt den 
Bauherrn davor, das als zweckmässig Erkannte in ausschliesslich nüchterner 


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WOHNHÄUSER. 


369 


Gestalt zu wünschen. Der Kampf gegen veraltete Anschauungen ist wohl 
keinem Architekten erspart, und oft wird er sich damit begnügen müssen, 
die Ausführung nur eines Teils seiner Wünsche durchgesetzt zu haben. 
Es ist daher falsch, jeden Fehler in der Anlage eines Wohnhauses dem 
Architekten allein zur Last zu legen. In der mangelnden Einsicht des Auf¬ 
traggebers liegt oft die wahre Ursache einer fehlerhaften Anordnung, die 
der Architekt nicht verhindern konnte. So wünschenswert der praktische 
Komfort im Wohnhause des Gutgestellten ist, so unbedingt notwendig ist 



Abb. 525. Häuser des Spar- und Bauvereins an der Emmastrasse. 


er in derWohnung 
des Unbemittelten. 
Hier ist es un¬ 
vermeidlich, dass 
wenige Räume 
eine unverhältnis¬ 
mässig grosse An¬ 
zahl von Bewoh¬ 
nern aufnehmen 



Abb. 526. 


Häuser des Spar- und Bauvereins an der Emmastrasse. 


müssen, und deshalb sind hier die weitestgehenden Anforderungen an zweck¬ 
mässige und gesunde Anlagen zu stellen. 

Auf dem Gebiete des billigen und gesunden Kleinwohnungsbaus ist 
in erster Linie die Stadt Düsseldorf selbst rührig und erfolgreich tätig. Nach 
der anlässlich des VI. internationalen Wohnungskongresses in Düsseldorf 1902 
von dem Geheimen Baurat J. Stübben verfassten Festschrift des Rheinischen 
Vereins zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens hatte sie bis dahin schon 
26 viergeschossige Zwei- bis Achtfamilienhäuser mit 201 Wohnungen von 
zwei bis vier, meist drei Räumen mit abgeschlossenem Flur, eigenem Abort 


24 


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Abh. 528. 


Aus der Wokerschen Villenkolonic. 


und in der Regel auch lüftbarer Speisekammer und Hofbalkon an der Hütten¬ 
strasse (DE 6), Pionier-, Luisen- und Scheurenstrasse (E 6) erbaut. Ausser¬ 
dem aber haben sich zwei gemeinnützige Anstalten die Aufgabe gestellt, gute 
und gesunde Wohnungen für Familien des Arbeiterstandes zu schaffen: die 
Aderssche Wohnungsstiftung und der Spar- und Bauverein. 

Die Adersstiftung besitzt in verschiedenen Stadtteilen 48 Häuser mit 
257 Wohnungen von zwei bis vier Räumen nach Entwürfen der Architekten 
R. Oenschmer und E. Roeting. Die des letzteren sind Doppelhäuser für zwei 
Familien und Etagenhäuser mit Wohnungen von zwei oder drei Räumen. 
Eine im Jahre 1899 ausgeführte Gruppe von freistehenden Doppelhäusern 


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372 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




Abb. 534. 


Fassadengruppe an der Goethestrasse 16—24. 


(Abb. 51g und 520) an der Volmerswertherstrasse (C 7) sieht für eine 
Familie vier oder fünf Räume in zwei Geschossen vor. Es ist auf weit¬ 
gehende Raumausnutzung Bedacht genommen und im Raume selbst eine 
gute Anordnung nutzbarer Wandflächen, gute Licht- und Luftzuführung und 
behagliche Raumwirkungen erzielt (Abb. 521 und 522). 


Abb. 535. Hum- 
boldtstrasse 15. - 

Hochparterre. Abb. 537. 


Abb. 536. Hum 
boldtstrasse 15. 
Obergeschoss. 


Humboldtstrasse 15. Küche. 


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WOHNHÄUSER. 


373 




Etagenhäuser 
derselben Stif¬ 
tung in der 
Uferstrasse 
(B6), ebenfalls 
von E Roeting, 
enthalten in je- 
demOeschosse 
zwei abge¬ 
schlossene 
Wohnungen 
von zwei oder 
drei Zimmern, Balkon nach 
dem Hofe und Abort (Ab¬ 
bild. 523 und 524). Die 
Räume haben durchschnitt¬ 
lich eine Tiefe von 5 m 
und eine lichte Höhe von 
3,10 m. Bei genügend 
grosser Fensterfläche bieten 
sie trotz geringer Raumzahl 
selbst einer grösseren Familie 
gesunde Wohnung. Andere Häuser der 
strasse (O 4), der Luisenstrasse (DE 6), 




Abb. 538. Ahnfeld- 
strasscS 1 .Erdgeschoss. 


Ahnfeldstrasse 81. 


Adersstiftung liegen an der Flur- 
der Monheimerstrasse (F 6), der 
Kaiserswertherstrasse (C 2) usw. 

Im Aufträge des Spar¬ 
und Bauvereins wurden von 
dem Architekten Fr. Hofmeister 
drei dreigeschossige Etagen¬ 
häuser an der Emmastrasse 
(E 7), erbaut, wo¬ 
von zwei in jedem 
Geschosse drei 
Wohnungen und 
eins je zwei Woh¬ 
nungen enthält 
(Abb. 525 und 526). 

Dem praktischen 
Komfort ist hier 
mehr als bei frü¬ 
heren Beispielen da¬ 
durch Rechnung ge- 
tragen, dass neben 
der geräumigen 


Abb. 541. Ahn 
feldstrassc 107 


Abb. 540. 


Ahnfeldstrasse 107. 


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374 

Küche eine Spülküche 
angeordnet ist. Da in 
kleinen Wohnungen die 
Küche meist auch als 
Wohnraum benutzt wird, 
so ist durch die Möglich¬ 
keit, das gebrauchte 
Geschirr aus dem Raume 
zu entfernen und in der 
Spülküche zu waschen, 
eine erhöhte Wohnlich¬ 
keit des Küchenraums 
erreicht. Jede Wohnung 
enthält ausser Küche 
und Spülküche noch 
ein oder zwei Zimmer, 
eigenen Abort und einen 
grossen Balkon. 

Der Spar- und Bau¬ 
verein besitzt ausserdem 
noch 13 dreigeschossige 
Fünf-Achtfamilienhäuser 




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Abb. 544. Ehrenstrasse 14. 




































DÜSSELDORF JJND SEINE BAUTEN 


mit 92 Wohnungen von zwei his drei Räumen 
an der Schinkelstrasse (E 4), Stahlstrasse (E 6) 
und Hoffeldstrasse (F 4 bis O 5). « 

Das Einfamilienhaus wird noch f 
heute in Düsseldorf 


Heinestrasse 1 1 


von den Wohl¬ 
habenderen ge¬ 
genüber der Etage 
bevorzugt. Dr. R. 

Eberstadt schreibt 
in seiner Abhand¬ 
lung über rheini¬ 
sche Wohnungs¬ 
verhältnisse: „Im Jahre 1900 
kamen in Düsseldorf auf ein 
Wohnhaus 20 Bewohner gegen¬ 
über 77 Bewohnern in Berlin. 
Die Düsseldorfer Ziffer ist somit 
eine recht günstige. Die Vor¬ 
herrschaft des Familienhauses, 
das sich auch gegenüber der 
neueren Entwicklung behauptet, 
spricht sich darin deutlich aus." 
— Der Düsseldorfer nimmt lieber 
die Unbequemlichkeit des häu¬ 
figen Treppensteigens in Kauf, 
um in einem schmalen Hause 
allein zu wohnen, als dass er 
die Bequemlichkeit der anein¬ 
andergereihten Räume der Etage 
geniesst und sich hierbei das ihm 
widerstrebendeZusammenwohnen 
•" -1 mit mehreren Par- 

' ' : n te ' en ' n e ' nem Hause 

1 | .i w auferlegt. Nicht nur 
" 1 im äusseren 


Abb. 549. Heine¬ 
strasse 11. Hoch¬ 
parterre. 


asse 


Stadtgebiete entstehen fort¬ 
gesetzt Einfamilienhäuser, 
sondern auch nahe dem 
Mittelpunkte der Stadt 
werden ganze Strassenzüge 
damit bebaut. Die 
Nähe des Hofgartens 



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Abb. 552. Parkstrasse. 

n gibt im allgemeinen bei Grundstücken für Einfamilienhäuser 
den Wertmesser, weshalb die angrenzenden Strassen mit vor¬ 
nehmen und prunkvollen Anlagen bebaut sind. 

Durch baupolizeiliche Bestimmungen ist das sog. 
Grafenberger Viertel zwischen dem Zoologischen 
Garten, der Grafenberger Chaussee und den Staats¬ 
bahnlinien (FG 3/4) zu einem Villenviertel gemacht, 
und durch die vorgeschriebene Anlegung von Vor¬ 
gärten, die Beschränkung der Höhe der Gebäude 
und die Gestattung der Grundstücksbebauung nur 
Ab £‘i 53 ' a m Park ? trasse - bis zur Hälfte der Fläche villenartige Bebauung er- 

Erd- und Obergeschoss. ö 

zwungen. Die Preise von Baustellen sind hier in 
den letzten Jahren jedoch grösstenteils schon so gestiegen, dass Neu¬ 
erwerbungen erhebliche Mittel erfordern. 

Dagegen haben an der Grenze dieses Viertels hart am Grafenberger 
Stadtwalde Fr. Woker & Sohn in dankenswerter Weise noch Grundstücke 



erschlossen (G 3), die es zu verhältnismässig geringen Preisen dem Mittel¬ 
stände ermöglichen, ein eigenes Anwesen zu erwerben (Abb. 527). Es sind 
etwa 300 Baustellen geschaffen, deren Fronten bei einer Flächengrösse von 
300 bis 700 qm 12 bis 20 m messen. Baubeschränkungen einerseits und 
Zugeständnisse der Bauordnung anderseits legen den Charakter einer Villen¬ 
kolonie fest und gestatten billigere Bauausführungen (Abb. 528). Um die 
freie Lage der kleinen Gärten hinter den Häusern zu sichern, ist die hintere 


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378 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Baugrenze auf 15 m Tiefe festgesetzt. Von grossem Werte ist die Bestimmung 
des Bauwichs, denn sie bewirkt, dass nur zwei, in Ausnahmefällen drei 
Häuser aneinandergebaut werden dürfen, dann aber wieder ein freier Raum 
von mindestens 6*m bis zum nächsten Hause offen bleibt. 

Als Beispiel der hier zu findenden Häuser mittlerer Orösse sei ein von 
dem Architekten Hofmeister entworfenes gegeben (Abb. 529, 530 und 531). 

Bei 10 m Frontlänge und 15 m Tiefe 
zeigt der Grundriss eine gute Aus¬ 
nutzung der bebauungsfähigen Fläche, 
während die Aussenarchitektur den 
Landhaus-Charakter wahrt. 

Das von dem ArchitektenV. Wolff 
ebenfalls in dieser Villenkolonie er¬ 
baute Wohnhaus (Abb. 532) zeigt eine 
Grundrisslösung, wobei besonderen 
Wünschen des Bauherrn, eines Malers, 
zu genügen war. Bemerkenswert ist 
die verhältnismässig grosse Diele, auf 
deren Ausgestaltung besonderer Wert 
gelegt ist. Im Dachgeschosse liegt 
ein Atelier, das die Hälfte der Fläche 
dieses Geschosses — 54 qm — ein¬ 
nimmt. Das Äussere des Gebäudes 
mit reicher Holzarchitektur lehnt sich 
dem Stile der Fachwerkhäuser der 
Rhein- und Moseltäler an (Abb. 533). 
Die Baukosten einschl. Architekten¬ 
gebühr betrugen 21000 M bei einer 
bebauten Fläche von 110 qm. 1 qm 
kostete somit 190 M, und der Preis für 1 cbm umbauten Raums stellte 
sich auf 20 M. In einem Teile des eben erwähnten Grafenberger Villen¬ 
viertels, wo keine offene Bebauung 
vorgeschrieben ist, zeigen die von dem 
Architekten H. vom Endt an der Goethe¬ 
strasse 16—24 erbauten kleinen Ein¬ 
familienhäuser mit 7,50 m Front ver¬ 
schiedenartige Fassaden für nur zwei 
verschiedene Grundrisslösungen (Ab¬ 
bild. 534). 

Das Einfamilienhaus Humboldt¬ 
strasse 15, erbaut von den Architekten 
Kayser, von Groszheim und Wöhler, 
hat eine Front von 10 m. Die Wirt¬ 
schaftsräume liegen im Tiefparterre, 


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Erdgeschoss. 


Hochparterre. 


T 











WOHNHÄUSER. 


379 


sodass eine volle Ausnutzung des Hochparterres zu Wohnzwecken ermöglicht 
wurde (Abb. 535 und 536). Der kleine Lichthof genügt, um der Anrichte 
im Hochparterre und den Aborten in den drei Geschossen Tageslicht zu 
geben und vor allem den nötigen Luftwechsel, auch für das Treppenhaus, 
zu erzielen. Die Treppe wird ausserdem durch ein grosses Oberlicht 
erhellt. Die gesteigerten Ansprüche an Wohnlichkeit finden Befriedigung 
durch Anlage von Zentralheizung, elektrischer Lichtleitung und Warmwasser¬ 
entnahmen neben allen Zapfhähnen für kaltes Wasser. Ebenso ist ein ge¬ 
wisser Luxus in der Küche, den 
Baderäumen und Toiletten ent¬ 
wickelt (Abb. 537). Bei einer 
Bausumme von 77 000 M betrugen 
die Kosten der Be- und Ent¬ 
wässerung einschl. Warmwasser¬ 
leitung und aller Apparate, Spül¬ 
tische, Badeeinrichtung, Toiletten 
usw. 10400 M. Diese Zahlen 
geben ein klares Bild, wie in 
diesem Hause in erster Linie die 
gesundheitstechnischen Anlagen 
berücksichtigt sind. 

Eine grössere Frontentwick¬ 
lung zeigt das Haus Ahnfeld¬ 
strasse 81 von den Architekten 
Klein & Dörschel. Die Anordnung 
des Eingangs mit Sitzplatz sowie 
die Aussenarchitektur betonen 
den Landhauscharakter (Abb. 538 
und 53g). — Architekt vom Endt 
erbaute das Haus Ahnfeldstrasse 107. Die Frontausdehnung von 12,50 m 
ermöglichte die Anordnung von zwei Zimmern an der Vorderseite, deren 

eines durch einen Ausbau über dem 



Abb. 557. Haroldstrasse 6a. 



Abb. 558. Haroldstrasse 6a. Abb. 559. 
Erdgeschoss. Hochparterre. 


Eingänge erweitert ist (Abb. 540 und 541). 

Im inneren Stadtgebiete sind Ein¬ 
familienhäuser jeder Grösse ausgeführt. 
Zum Zwecke des Verkaufs wurde Ende 
der 80er Jahre von Tüshaus & von Abbema 
eine grosse Anzahl von mittleren Ein¬ 
familienhäusern in der Rubens- und 
Gartenstrasse errichtet. Die Häuser 
Gartenstrasse 61 und 63, ein Dreifenster¬ 
haus und ein Vierfensterhaus, zeigen 
Beispiele des dort angewandten Stils der 
Fassaden (Abb. 542). 


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38 o 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 560. 


Elisabethstrasse 12. 



Abb. 561. Abb. 562. Abb. 563. 

Hochparterre 1. Obergeschoss Dachgeschoss 

des Wohnhauses Elisabethstrasse 12 . 


Das in neuester Zeit 
von dem Architekten 
Thilo Schneider erbaute 
Haus Ehrenstrasse 14 
zeigt eine zweigeschossige 
Anlage mit 9,90 m Front¬ 
abmessung (Abb. 543). 
Es handelte sich bei dem 
Bau nicht darum, ein der 
Eigenart des Auftrag¬ 
gebers entsprechendes 
Wohnhaus, sondern viel¬ 
mehr ein möglichst gut 
verkäufliches Objekt zu 
schaffen. Das Haus ent¬ 
hält (Abb. 544) im Erd¬ 
geschosse drei Wohn- 
räume, die Küche mit 
Speisekammer und eine 
Garderobe mit Toilette, 
während das erste Ober¬ 
geschoss vier Schlaf¬ 
zimmer mit Bad und 
Toilette umfasst, und im 
Dachgeschosse der Vor¬ 
dergiebel die Anlage 
eines geräumigen Frem¬ 
denzimmers gestattet. 

Die Fassade ist ge¬ 
putzt, das Dach mit roten 
Biberschwänzen gedeckt. 
Der Verkaufspreis beträgt 
60 000 M, worin der ver¬ 
hältnismässig hoheGrund- 
stückspreis zum Aus¬ 
drucke kommt. — Von 
demselben Architekten 
und zu gleichem Zwecke 
wurden die Häuser Stern¬ 
strasse 61 bis 65 erbaut 
(Abb. 545, 546 und 547). 

In der Parkstrasse ist im 
Jahre 1903 vondenArchi- 
tekten Wehlingtk Ludwig 


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Abb. 564. Haroldstrasse 8. Hochparterre. Abb. 565. 


Haroldstrasse 8. 



Abb. 566. . 


Haroldstrasse 8. Empfangszimmer. 


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Abb. 567. Rochusstrasse 4b. Abb. 568. 
Dachgeschoss. 1. Obergeschoss. 




Abb. 569. Rochusstrasse 46. Abb. 570. 
Hochparterre. Tiefparterre. 



Abb. 571. Tonhailenstrassc 11. 


eine Reihe kleiner Einfamilien¬ 
häuser errichtet, die bei geringer 
Bausumme möglichst viele gesunde 
Räume enthalten (Abb. 552 und 553). 
Der Verkaufspreis eines Hauses 
mitZentralheizung beträgt 33 500 M. 

In allerjüngster Zeit ist eine 
ähnliche Reihe Einfamilienhäuser 
nach Entwürfen des Architekten 
Moebius an der neugeöffneten 
Beethovenstrasse Nr. 3 bis 17 ent¬ 
standen (Abb. 551). 

Das Bauprogramm verlangte, 
Einfamilienhäuser in mittlerer Preis¬ 
lage bei reicher moderner Aus¬ 
stattung zu schaffen, dabei die An¬ 
lage der Küche im Keller unbedingt 
zu vermeiden. 

Hieraus ergab sich der fast 
gleiche Grundriss für sämtliche 
Häuser mit einem Vordergebäude 
und Seitenflügel (Abb. 550). 

Nur bei den Eingängen und der 
verschiedenen Anordnung eines Teils 
der Räume in den Obergeschossen, 
die durch die Architektur bedingt 
ist, weichen die Grundrisse unwesent¬ 
lich voneinander ab. 

Jedes Haus hat Vor- und Hinter¬ 
garten und einen 11,30 m langen 
Wirtschaftshof. Das Erdgeschoss ent¬ 
hält vorn ein Wohnzimmer mit Stuck¬ 
decke, Wandstoff be- 
kleidung und eichenem 
Parkettboden, hinten 
ein Esszimmer mit 
Glasveranda, Holz¬ 
decke und Paneel, 

Fussboden und Wän¬ 
de wie im Vorder¬ 
zimmer. Eine 2 m 
breite V erbindungstür 
ermöglicht eine ge¬ 
meinsame Benutzung 



Abb. 572. T011- 

hallenstrasse 11. 
Erdgeschoss. 


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Abb. 573. Tiefparterre 



beider Räume. Im Seitenflügel sind 
Küche, Speisekammer und Abort mit 
Fliesenbelag und weisser Majolika¬ 
wandbekleidung untergebracht. Flur 
und Treppenhaus sind ebenso, aber 
farbig, ausgestattet. 

Das erste Geschoss enthält vier 
Zimmer mit eichenem Stabfussboden, 
Abort und Badezimmer mit Fliesen 
und Wandplatten. 

Das ausgebaute Dachgeschoss hat 
noch drei Zimmer und eine Bügel¬ 
kammer im Seitenflügel. Auch diese 
Zimmer haben Parkettfussboden er¬ 
halten, ebenso die Flure der Ober¬ 
geschosse. 

Darüber befindet sich im Vorder¬ 
hause der Trockenspeicher. Auf dem 
turmartig ausgebildeten Treppenhause 
ist eine Laterne mit Abstellvorrichtung 
zur Entlüftung des ganzen Hauses auf¬ 
gebaut. 

Für Beleuchtung sind Gas und 
elektrische Leitung, für Heizung Gas 
und Öfen vorgesehen, jedoch auch 
Vorkehrungen zur Anlage einer zen¬ 
tralen Heizung getroffen. 

Die Höhe beträgt im Erdgeschosse 
4,13 m, im ersten Geschosse 3,76 m, 
im zweiten Geschosse 3,60 m. 

Das Haus Heinestrasse 11 wurde 
durch die Architekten Jacobs & Wehling 



Abb. 576. Inselstrasse 9. 


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384 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


erweitert (Abb. 548 und 549). 
— Eine Vereinigung der 
Wohnung mit den Geschäfts¬ 
räumen für einen Rechts¬ 
anwalt finden wir in dem 
Hause Steinstrasse 13 von 
dem Architekten Baur. Das 
Untergeschoss (Abb. 555) 
enthält Bureauräume, deren 
Strassenzugang von dem 
Eingänge zur Wohnung ge¬ 
trennt angeordnet ist. Ausser¬ 
dem liegen im Unterge¬ 
schosse die Wirtschafts¬ 
räume. Im Hochparterre 
(Abb. 556) ist die Gestaltung 
der Diele bemerkenswert. 
Der eingeschossige Raum 
mit seiner grossen Kamin¬ 
nische trägt den Charakter 
eines behaglichen Wohn- 
raums. Die Deckenöffnung 
für die durch eine Neben¬ 
treppe entlastete Dielen¬ 
treppe ist auf das Mindestmaß beschränkt. Die Fassade (Abb. 554), in erster 
Linie aus den Bedürfnissen des Grundrisses entwickelt, ist durch verschieden¬ 
artig behandelte Putzflächen und Verwendung farbiger Kachelverkleidungen 
; belebt. — Das Haus Haroldstrasse 6 a (Abb. 557), von 
p! den Architekten Klein & Dörschel erbaut, wird vom 
1 7 ■ ■ te ; Auftraggeber bewohnt und ist daher seinen Wünschen 

entsprechend gestaltet. Die Garde¬ 
robe neben dem breit entwickelten 
Eingänge liegt im Sockelgeschosse 
(Abb. 558). Das Hochparterre ent¬ 
hält vier zusammenhängende Zimmer, 
die sich um eine Diele gruppieren 
(Abb. 559). 

Reichere Mittel standen zum 
Bau des Hauses Elisabethstrasse 12 
(Abb. 560) dem Architekten E.Roeting 
zur Verfügung. Die Wirtschafts¬ 
räume im Tiefparterre sind mittels 
eines Anrichteraums mit dem Speise¬ 
zimmer im Hochparterre (Abb. 561) 




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WOHNHÄUSER. 


385 



verbunden. Um einen 
kleineren eingeschalteten 
Lichthof gruppieren sich 
in allen Geschossen die 
Nebenräume, sodass die 
Strassen- und die Garten¬ 
front ausschliesslich für 
Wohnräume ausgenutzt 
werden konnten (Abb. 562 
und 563). 

Das Haus Haroldstrasse 8 
(Abb. 565), von dem Archi¬ 
tekten Hch. Salztnann er¬ 
baut, hat die gleiche Front¬ 
breite und zeigt bei wesent¬ 
lich geringerer Tiefe eine 
Anlage ohne Lichthof (Ab¬ 
bild. 564). Der im Hoch¬ 
parterre überbaute Eingang 
gab Gelegenheit zu einer 
reizvollen Gestaltung des 
Empfangszimmers (Ab¬ 
bild. 566). 

Architekt Regierungsbau¬ 
meister Schleicher erbaute 



80. Schäferstrasse 10. 


Schäferstrasse 10. Diele 


Schäferstrasse 10. Hoch parterre. Abb. 58 









DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Abb. 584. Bahnstr. 22 
Erdgeschoss. 


Abb. 585. Bahnstr. 22 
Hochparterre. 


Bahnstrasse 22 



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WOHNHÄUSER. 


387 


Treppe zur Verbindung sämtlicher Geschosse anzuordnen. Die hier ein¬ 
gebaute Nebentreppe liegt inmitten des Gebäudes und stellt so die denkbar 
kürzeste Verbindung aller Räume von Geschoss zu Geschoss her (Abb. 573, 
574 und 575). Die Diele, deren Treppe nur der Herrschaft des Hauses 
dient, bewahrt damit einen wohnlichen und ruhigen Charakter. 

Die Disposition des Hauses Steinstrasse 15a (Abb. 577) von den Archi¬ 
tekten Klein & Dörschel zeigt dadurch eine grosse Achsenwirkung, dass 
Salon, Diele und Saal in eine Flucht gelegt sind (Abb. 578). Garderobe 
und Anrichte im Hochparterre sind mit Oberlicht versehen. Darüber ist 
ein Lichthof angeordnet, von dem im Obergeschosse die Nebentreppe, der 



Abb.586. Jägerhofstrasse 7 
Hochparterre. 


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Baderaum und der Flur ihre Beleuchtung erhalten 
(Abb. 579). — In der Anlage des Hauses Schäfer¬ 
strasse 10 (Abb. 580), bringt Architekt H. vom Endt 


Jägerhofstrasse 7. 
25 * 


Abb. 5 8 7. Jägerhofstrasse 7. 

1. Obergeschoss. Abb. 588. 













































388 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



eine Vervollkommnung des Grundrisses seines vorerwähnten Hauses Ahn¬ 
feldstrasse 107 (Abb. 581). Die Anordnung einer Nebentreppe und einer 
Anrichte vor dem Speisezimmer geben dem Hause eine erhöhte Wohnlichkeit 
(Abb. 582). 

Das von den Architekten Kayser, von Grossheim und Wöhler erbaute 
Haus Bahnstrasse 22 (Abb. 583) erforderte infolge der geringen Frontbreite 
von 12 m und der bedeutenden Tiefe die Anlage eines grossen Innenhofs. 

Vorderhaus und Hin¬ 
terhaus wurden durch 
die Diele verbunden 
(Abb. 584 und 585). 

Von denselben Ar¬ 
chitekten ist das Haus 
Jägerhofstrasse 7 er¬ 
baut (Abb. 586, 587, 
588 und 58g). 

Ein vor allem in 
der Aussenarchitektur 
englische Einflüsse 
zeigendes Haus (Ab¬ 
bild. 590 und 591) 
wurde von Baurat 
March aus Berlin in 
der Kanalstrasse Nr. 8 
erbaut. 

Das Haus Insel¬ 
strasse 3 (Abb. 592 
und 593), Architekt 
E. Roeting, zeigt eine 
vornehmeAnlageohne 
Diele und Neben¬ 
treppe (Abb. 594, 595 
und 596). Besondere 
Aufmerksamkeit ist 
auch hier den gesund- 

Abb. 589. Einzelteil von Jägerhofstrasse 7. heitstechnischen An- 

lagen gewidmet (Abb. 598). Hervorzuheben ist die liebevolle Ausbildung 
der Gartenfassade (Abb. 597). 

Das Haus Reichsstrasse 41 bis 43 (Abb. 599) von dem Architekten 
H. vom Endt zeigt bei breiter Frontentwicklung eine Anlage von sechs 
Zimmern nebst Nebenräumen im Hochparterre (Abb. 600 und 601). Die 
Gestaltung und Ausnutzung des Lichthofs bietet eine interessante Lösung. 

Aus den 80er Jahren stammt das Haus Hofgartenstrasse 6 von den 
Architekten Boldt & Frings (Abb. 602). Es enthält im Erdgeschosse die 


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WOHNHÄUSER. 


389 



Wohn- und Gesellschaftsräume sowie die Küche mit Nebenräumen 
(Abb. 603), im Obergeschosse die Schlafzimmer. Die monumentale Fassade 
mit der breiten Loggia im Obergeschosse zeigt die Formen italienischer 
Renaissance. 

ln dem Hause Kaiserstrasse 48 von den Architekten Kayser & v. Gross¬ 
heim ist das zu ebener Erde liegende Erdgeschoss (Abb. 604, 605, 607 
und 608) ausschliesslich durch die Wirtschaftsräume in Anspruch ge¬ 
nommen. Der Eingang ist im Hochparterre überbaut, sodass die ganze 
Front für Wohnräume (Abb. 606) nutzbar wurde. Die Diele (Abb. 609) 
mit seitlich angeordneter Treppe verbindet die an der Strassenfront liegen¬ 
den Wohnräume mit dem nach der Gartenseite verlegten Speisezimmer, 
die Fassade ist im Barockstil ausge¬ 
führt (Abb. 610). 

In dem Hause Allee¬ 
strasse Nr. 42 ist durch die 
Architekten Jacobs &Weh- 
ling ein grösserer Um¬ 
bau ausgeführt. Der 
im ersten Oberge¬ 
schosse (Abb. 612 
u. öl3) geschaffene 
Saal zeigt eine 
interessante Aus¬ 
stattung, für die eine 
antike Decke aus 
Südtirol vorbildlich 
war (Abb. öl l). Die 
Wandvertäfelung 
und dieTüren sind in 
Nussbaumholz aus¬ 
geführt (Abb. Ö14). 

Unter Verwendung 
einer alten 

Täfelung wurde von denselben Architekten das Esszimmer in dem 
Hause Königsallee 13 ausgebaut. Das Deckengemälde ist eine 
Schöpfung des Malers H. E. Pohle (Abb. Ö15 und öiö). 

Von Baurat March wurde das Haus Jägerhofstrasse 22 
erbaut. Der Grundriss zeigt eine äusserst interessante und 
eigenartige Lösung. Da der Verkehr zu den im Tiefparterre 
liegenden Wirtschaftsräumen gleich an der Haustür in das 
Untergeschoss geleitet wird (Abb. Ö22), so verliert die 
scheinbare Zerrissenheit der Wohnräume des Hochparterres 
strasse ^8* '^re Bedeutung; jede Unwohnlichkeit der Gesamtanlage ist 

ras parterre. vermieden. Der in der Mittelachse angeordnete Eingang 


Abb. 590. 


Kanalstrasse 8. 




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390 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 593. Einzelteil von Inselstrasse 3. 


erschliesst sofort den grossen 
Blick in die Tiefe des 
Hauses. Rechts und links 
vom Eingänge sind die 
Zimmer des Herrn und der 
Dame angeordnet. Die 
Trennung der Räume von 
einander bringt den grossen 
Vorteil, dass jeder nur eine 
Tür enthält und damit die 
denkbar günstigste Aus¬ 
nutzung der Wandflächen 
ermöglicht und zugleich den 
Räumen eine grosse Behag¬ 
lichkeit und gute Raum¬ 
wirkung gegeben ist. Auch 
die Gestaltung der Vor¬ 
diele (Abb. 617), die in die 
grosse, fast die ganze Haus¬ 
breite einnehmende Diele 
(Abbild. 618) mündet, ist 
von vorzüglicher Wirkung. 



Abb. 594. Inselstrasse 3. 
Tiefparterre. 



Abb. 595. Inselstrasse 3. 
Hochparterre. 


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WOHNHÄUSER. 


391 


Garderoben und Haupttreppe 
sind rechts und links von der 
Vordiele angelegt. Die Diele 
selbst vermittelt durch eine 
reich geschmückte Galerie im 
ersten Obergeschosse (Ab¬ 
bild. 623) die Verbindung der 
vorderen mit den hinteren 
Räumen. Der vornehmen Aus¬ 
bildung des Innern (Abb. 621) 
entspricht die monumentale 
Fassade, die in Formen und 
Material (Tuffstein aus dem 
Brohltale) besonders wirkungs¬ 
voll ist (Abb. 619 und 620). 

Die Grundrissentwicklung 
des Hauses Kanalstrasse 5 
(Abb. 624), von dem Archi¬ 
tekten Thilo Schneider, erinnert 
durch die Anlage eines drei¬ 
seitig geschlossenen, nach der 
Strasse offenen Hofs an die 
Schlösser des westfälischen 
Adels in Münster usw. Die 
den "Hof seitlich begrenzenden 
Flügelbauten enthalten im Erd¬ 
geschosse (Abb. 625 und 626) 
den Haupt- und den Neben¬ 
eingang. Die Wirtschaftsräume 
in diesem Geschosse sind sehr 
vornehm und ausgedehnt ge¬ 
bildet Der enge Zusammen¬ 
hang der Wohnräume im 



Abb. 596. Inselstrasse 3. 
1. Obergeschoss. 



Abb. 597. 


Inselstrasse 3. Gartenseite. 



Abb. 598. 


Inselstrasse 3. Toilette. 


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392 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



R eichsstrasse 41/43 


Abb. 600. Reichsstrasse 
Hochparterre. 


Abb. 601. Reichsstrasse 41/43 
1. Obergeschoss. 


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WOHNHÄUSER. 


393 


Hauptgeschosse (Abb. 627 und 
628) bietet interessante Wechsel¬ 
wirkungen von Raum zu Raum. 

Das Haus Inselstrasse 16/17 
(Abb. 629), von dem Architekten 
Professor Kleesattel erbaut, ent¬ 
hält im Sockelgeschosse die 
Wirtschaftsräume, im Hoch¬ 
parterre fünf Wohnräume, Diele 
und Nebengelasse (Abb. 630), 
im ersten Obergeschosse acht 
Zimmer (Abb. 631). 

Das von den Architekten 
Kayser & von Grossheim aus 
Berlin im Jahre 1899 erbaute 
Haus Goltsteinstrasse Nr. 15/16 
(Abb. 634) steht auf einem 
Grundstücke, das bei 22,40 m 
Strassenfront in einer Tiefe von 
18 m auf die geringe Breite 
von 10 m eingezogen ist. Trotz 
dieser ungewöhnlichen Form 
zeigt der Grundriss eine klare 
und übersichtliche Lösung (Ab¬ 
bild. 632). Die WirtschaftsräurtTe 
sind im Tiefparterre angeordnet. 

Die Wohnräume in der Front 
des Hochparterres haben eine Tiefe von 6,20 m. Im Speisezimmer mit 
seinen seitlichen- Ausbauten (Abb. 636 und 637) kann eine grosse Zahl 

Personen Platz finden und trotz seiner 
grossen Abmessungen übt der Raum auch 
bei gewöhnlicher Benutzung durch wenige 
Personen keine unbehagliche Wirkung aus. 
Die Türen von der Diele (Abb. 635) nach 
dem Speisezimmer einerseits und dem Salon 
anderseits liegen mit dem Blumenfenster 
des letzteren und mit der Mitte des Winter¬ 
gartens in einer Achse, sodass bei einer 
Gesamttiefe von etwa 30 m grosse Raum¬ 
wirkung erzielt worden ist. Im ersten Ober¬ 
geschosse sind die Schlaf- und Toiletten¬ 
räume der Familie sowie zwei Bäder an¬ 
geordnet (Abb. 633). Die einseitig freie 
Lage des Hauses Bleichstrasse 14 (Abb. 638), 




Abb. 602. Hofgartenstrasse 6. 


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Abb. 607. 


Hoch¬ 

parterre. 



Kaiserstrasse 48. Wohnzimmer. 


















WOHNHÄUSER. 


395 



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396 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN 



Al)b. 613. Alleestrasse 42. Abb. 614. 
Obergeschoss. 


AVandvertiifelung des Saals. 


Alleestrasse 42. 


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WOHNHÄUSER. 


397 



Abb. 615. Königsallee 13. 

Esszimmer. 

grossen Podeste der Dielen¬ 
treppe angeordnet ist. Das 
Obergeschoss (Abb. 640) 
enthält die Schlafzimmer. 

Von denselben Archi¬ 
tekten wurde das Haus 
Bleichstrasse 16 erbaut 
(Abb.641). Hier sind vier 
zusammenhängendeWohn- 
räume um die Diele 
gruppiert (Abb. 642). Die 
Dielentreppe ist im Ober¬ 
geschosse seitlich fort¬ 
gesetzt (Abb. 643). 

Das von den Architek¬ 
ten Klein & 

1 , Abb. 616. Königs- 

Dorscheler- allee , 3 . Kan f in 

baute HaUS im Esszimmer. 


von den Architekten 
Kayser, von Grossheim 
und Wöhler, gestattete 
eine geschlossene An¬ 
lage ohne Lichthof. 
Der breit entwickelte 
Haupteingang steht in 
unmittelbarer Verbin¬ 
dung mit den im 
T i ef parterre angeord n e- 
ten Wirtschaftsräumen. 
Im Hochparterre (Ab¬ 
bild. 63g) schliessen 
sich drei zusammen¬ 
hängende Wohnräume 
an die Diele an, 
während das Ess¬ 
zimmer nur mit dieser 
allein verbunden und 
der dazugehörige An¬ 
richteraum unter dem 


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398 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



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WOHNHÄUSER. 


399 



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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Jägerhofstrasse 22. Speisesaal. 




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Kanalstrasse 5 
Hochparterre. 


Kanals trasse 5 


1. Obergeschoss. 






















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Abb. 629. 
Inselstrasse 16/17. 


Abb. 630. Abb. 631. 
Inselstrasse Inselstrasse 




Abb. 632. 

Abb. 633 

Goltstein- 

Goltstein- 

strasse 

Strasse 

1 5 / 1 6. 

15/16. 

Hoch¬ 

1. Ober¬ 

parterre. 

geschoss. 



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WOHNHÄUSER, 


403 



Abb. 635. 


Goltsteinstrasse 15/16. Vordiele. 


26* 


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404 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



























WOHNHÄUSER. 


405 





Abb. 638. Bleichstrasse 14. 




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Abb. 648. Tiefparterre. Abb. 649. Hochparterre. Abb. 650. Obergeschoss. Abb. 652. Hofgartenstrasse 14. Erdgeschoss. 

























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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Abb. 653. Hofgartentsrasse 1. 

Haroldstrasse 10a (Abb. 644) ist nicht als Eckhaus zu bezeichnen, jedoch 
gestattete der an der einen Seite liegende Hof die Anordnung von Seitenlicht. 
Der im Obergeschosse beginnende Lichthof lässt darauf schliessen, dass 
sich das Fensterrecht nur auf einen Teil der freistehenden Seitenfront er¬ 
streckt. Die Grundrisse zeigen eine weitgehende Durchbildung (Abb. 645 
‘^j und 646). — Das Grundstück Tonhallenstrasse 16 ist auf zwei Seiten 
M von dem Garten der städtischen Tonhalle umschlossen, 

—— " >■ 1 und bei dem von dem Architekten _Bm_ «l 

I j . von Abbema hier erbauten Hause | | . j 

- | _ frw-M (Abb. 647) ist diese Nachbar- I _ _ 

I; ' schaft einer dauernden Parkanlage Hjl 

I: —— p T für die Grundrissgestaltung be- |T.«—✓ p 

L stimmend gewesen (Abb. 648, ~|_v| loSj 

A Eine Anlage grossen Stils P — x 1 I~|? 

■ : I " M l ,' ist das Haus Hofgartenstrasse 14 liir-“—j fap 

ha von den Architekten Boldt & g 

I — | Frings (Abb. 651). Der Grund- ^ 

■ riss ze ‘^ ^ e ‘ bedeutender i 

Flächenausdehnung eine Anlage . 1 ^.. ■ 

Abb.654." Hofgartenstrfl. g r0SSer RäU01e - die U " ter Sich 

Hochparterre. zusammenhängend um die Halle Obergeschoss. 


Abb. 654. Hofgartenstr. 1. 
Hochparterre. 


Abb. 655. Hofgartenstr. 1. 
Obergeschoss. 

























WOHNHÄUSER. 


40Q 


gruppiert sind (Abb. 652). 
Von den Architekten Kayser 
& von Qrossheim wurden 
die Häuser Hofgarten¬ 
strasse 1 und 10 erbaut. 
Gleichartig in bezug auf 
Gediegenheit der Ausbil¬ 
dung waren die Anforde¬ 
rungen, die die Architekten 
hier zu erfüllen hatten, die 
verschiedenartige Gestal¬ 
tung der Grundstücke je¬ 
doch ergab ganz verschie¬ 
dene Lösungen. 

Das Haus Hofgarten¬ 
strasse 1 (Abb. 653) zeigt 
nach dieser Strasse eine 
verhältnismässig geringe 
Frontabmessung (Abb. 654 
und 655), während die 


Abh. 656. Hofgartenstrasse 1. Diele. 

breite Seite nach dem Hof¬ 
garten eine günstige Ent¬ 
wicklung der Wohnräume 
gestattete (Abb.656 und 657). 

Das Grundstück Hof¬ 
gartenstrasse 10 (Abb. 658) 
liegt nur mit dem geringeren 
Teile seiner Frontentwick¬ 
lung (Abb. 659) an dieser 
Strasse, zum grösseren an 
einer nur 9 m breiten 
Seitenstrasse. Die Erweite¬ 
rung des Grundstücks nach 
rückwärts führte zu einer 
breiten Entwicklung der 
Gartenfront (Abb. 660). 

FreistehendeWohn- 
häuser sind in äusserst 
geringer Zahl vorhanden. 

Neuere derartige Ausfüh¬ 
rungen finden wir nur in Abb. 657. Höfgartenstrasse i. Diele. 




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4 io 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


dem schon erwähn¬ 
ten Grafenberger 
Villenviertel und ver¬ 
einzelt in den äusse¬ 
ren Bezirken. 

Es besteht die 
Absicht, das Gelände 
der Ausstellungen 
von 1902 und 1904 
in einen öffentlichen 
Park am Rheine 
umzuwandeln und 
im östlichen An¬ 
schlüsse hieran Bau¬ 
stellen für frei¬ 
stehende Häuser zu 
schaffen. Erst nach 
Verwirklichung die¬ 
ses Plans wird die 
Möglichkeit gege¬ 
ben sein, die Gunst 
der Lage unserer Stadt an dem grossen Strome auch dem freistehenden 
Einzelwohnhause zugute kommen zu lassen. 

Weit rheinabwärts, noch hinter dem Ausstellungsgelände, ist in den 
90 er Jahren schon das Haus des Malers Rocholl von den Architekten Klein 
& Dörschel erbaut worden. Sowohl in der Grundrissausbildung wie in 
der Aussenarchitektur ist das Haus seiner ländlichen Umgebung angepasst 
(Abb. 661 und 662). 

Villa Waldfrieden nannte der Maler, Professor Carl Gehrts sein von 
Regierungsbaumeister Schleicher erbautes Haus. Die Aussenarchitektur ent- 



Abb. 658. Hofgartenstrasse 10. 



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WOHNHÄUSER. 


411 



Abb. 66 


spricht der 
Lage am 
Waldrande 
(Abb. 663). 
Das Atelier 
(Abb. 664) 
des zu früh 
verstor¬ 
benen Mei- 

Haus Rocholl. Erdgeschoss. 5^01*5 nimmt 

einen grossen Teil desj Grund¬ 
risses ein (Abb. 665). 

Von demselben Architekten 
ist der Erweiterungs- und Um¬ 
bau des in der Nähe Düssel¬ 
dorfs gelegenen Herrschafts¬ 
hauses Garath entworfen (Ab¬ 
bild. 666 und 667). 

Im Grafenberger Walde an 
der Strasse nach Rath wurde 



Abb. 662. Haus Rocholl. 



von dem Architekten Thilo 
Schneider das Haus Sack 
(Abb. 668) erbaut, das mit 
den Nebengebäuden einen 
geschlossenen Herrschafts¬ 
sitz bildet. Das zweige¬ 
schossige Wohnhaus ent¬ 
hält im Erdgeschosse (Ab¬ 
bild. 669) die Wohn- und 
Wirtschaftsräume. Letztere 
sind geräumig angelegt 
und stehen in unmittel¬ 
barem Zusammenhänge 
mit der Nebentreppe. An 
die Anrichte schliesst sich 
das Esszimmer an, dem 
Salon und Herrenzimmer 
folgen, während Wohn- 
und Empfangszimmer 
durch die Halle (Ab¬ 
bild. 671) mit ihnen ver¬ 
bunden sind. Das Ober¬ 
geschoss enthält Schlaf- 


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412 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



und Kinderzimmer. 
(Abb. 670). 

In einer Um¬ 
gebung sonst anein¬ 
andergereihter Häu¬ 
ser mit Vorgärten 
ist in der Uhland- 
strasse 38 ein frei¬ 
stehendes Haus von 
denArchitekten Kay- 
ser, von Orossheim 
und Wöhler erbaut. 
In Rücksicht auf die 
verhältnismässig ge¬ 
ringe Breite des 
Grundstücks ist das 



Haus so nahe an 
die Nachbargrenze 
gerückt, dass nur 
die Breite einer 
Durchfahrt frei blieb 
(Abb. 672 und 673). 
Die anschliessende 
Front enthält den 
Eingang und die 
Fenster der Neben¬ 
räume, während die 
Wohnräume nach 
den übrigen drei 
Seiten entwickelt 
sind. Die beige¬ 
gebene, den ersten 
Entwurf darstel lende 



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Abb. 00 7. 


Haus Garath. 


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WOHNHÄUSER. 


413 





Haus Sack, 


1. Obergeschoss. 


Abb. 669. Haus Sack. Erdgeschoss. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN 


Fassade ist den 
Grundrissen ge¬ 
mäss abgeändert 
(Abb. 674). 

Architekt C. Har- 
rison Townsend in 
London erbaute das 
Haus Grafenberger 
Chaussee 116, ein 
englisches Land¬ 
haus in äusserer 
und innerer Aus¬ 
bildung mit all dem 
praktischen Kom¬ 
fort, der für den 
deutschen Wohn¬ 
hausbau lange Zeit 
vorbildlich war (Ab- 
bild.675,67Öu.677). 

Dasimjahrei873 
von dem Baumeister 


Abb. 671. J 

Lorenz Schillmann erbaute Haus des 
Professors Oeder an der Jacobistrasse 
(Abb. 678 und 682) wurde im Jahre 1894 
von den Architekten Jacobs & Wehling 


Haus Sack. Diele, 


Abb.672. Uhlandstr.38 
Erdgeschoss. 


Abb.673. Uhlandstr.38 
Obergeschoss. 


Uhlandstras.se 38, 




































Abb. 675. Grafenberger Chaussee 116. 


mit einem Kostenaufwande von 160000 M erweitert und umgebaut (Ab¬ 
bild. 679 und 681). Bemerkenswert ist die feingestimmte Ausstattung der 
Räume. Im Anschlüsse an die Wohnräume des Erdgeschosses (Abb. 680) 
ist eine Bildergalerie (Abb. 683) im Stile der italienischen Renaissance an¬ 
gebaut, deren reich ornamentierte und vergoldete Decke mit Oberlicht und 
Tür mit Umrahmung in nassauer Marmor von Prof. Schill entworfen sind. 
Die Wände über dem Marmorpaneele sind mit grauem Leinenplüsch be¬ 
spannt. Im ersten Obergeschosse ist die Ausstattung des Ateliers (Abb. 684) 
und des anschliessenden italienischen Zimmers (Abb. 685) bemerkenswert. 
Die Decke des letzteren ist in Nussbaumholz mit gemaltem Ornament 
ausgeführt, die Wände sind mit grauem Leinen bespannt, dessen Nähte durch 
graue Plüschstreifen gedeckt sind. Das Atelier erhielt eine rot lasierte 
Holzbalkendecke mit Bronzeverzierungen und Nussbaumfüllungen. Die 












6 




Abb. 678. 


Haus Oeder. Strassenseite. Abb. 679. Haus Oeder. Erdgeschoss. 



Abb. (>Ho. 


Haus Oeder. Esszimmer. 


Wände zeigen Nuss¬ 
baumtäfelungen mit 
Feldern aus japani¬ 
schen Matten, darüber 
weissen Putz. Die 
Entwürfe sind von 
Qottfr. Wehling in 
enger Fühlung mit dem 
Bauherrn geschaffen. 

Miethäuser mit 
mehreren herr¬ 
schaftlichen Woh¬ 
nungen sind in Düssel¬ 
dorf erst seit den 
letzten 10 Jahren in 
nennenswerter Zahl 
gebaut. Vorwiegend 
liegen diese Ausfüh¬ 
rungen noch in den 
Händen von Unter¬ 
nehmern, die meist 
nicht den Oesamtent¬ 
wurf von einem Ar¬ 
chitekten bearbeiten 
lassen, sondern sich 
darauf beschränken, 


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WOHNHÄUSER. 



ihn mit der Anferti¬ 
gung einer Fassaden¬ 
zeichnung zu betrauen 
und im übrigen jeden 
geschulten technischen 
Beirat verschmähen. 
Auf dieseWeise können 
naturgemäss komfor¬ 
table herrschaftliche 
Wohnungen nicht ent¬ 
stehen. Anderseits ist 
durch die Vorliebe für 
das Einzelhaus die 
Entstehung von Etagen¬ 
wohnungen mit bester 
Ausstattung und ent¬ 
sprechend hohen Miet¬ 
preisen eingeschränkt. 
Die überwiegende Zahl 
der Etagenhäuser ent¬ 
hält im Erdgeschosse 
Läden. Sie sind als 
Geschäftshäuser be¬ 
zeichnet und als solche 
bereits in einem frühe¬ 
ren Kapitel bearbeitet. 



Abb. 683. 


Haus Oeder. Bildergalerie. 

27 


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Abb. 684. Haus Oeder. Atelier. Abb. 685. Haus Oeder. Italienisches Zimmer. 


418 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



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Erdgeschoss. 










































420 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



In den Häusern Rethelstrasse 6 und 8 bringt Architekt R. Oenschmer 
zwei Grundrisslösungen mit je sechs Zimmern, Küche, Speisekammer und 
Bad (Abb. 686 und 687). 

Die Anlage des Hauses Nr. 8 erhält durch die Nebentreppe einen 
herrschaftlichen Charakter. Die geringe Grundstücksbreite von 11,40 m 
führte zur Anordnung von Flügelbauten (Abb. 688 und 68g). 

Eine geschlossene 
Grundrisslösung gestat¬ 
teten die breiteren Fronten 
der Häuser Paulusstrasse 5 
und 7 (Abb. 6go) von dem 
Architekten Thilo Schnei¬ 
der. Die Etagen enthalten 
5 bis 8 Zimmer, Küche, 
Speisekammer und Bad 
(Abb. 6gi und 692). 



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Abb. 694. 


Prinz-Georgstrasse 81/83. 
Etagenhäuser. 



Prinz-Georgstrasse 81/83. 
Etagenhäuser. 



Abb. 695. Etagenhäuser der Prinz-Geoigstrasse 81/83. 


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424 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 699. Rochusstrasse 45. 

Erdgeschoss I. Obergeschoss 

mit Architektenbureaus. 



stmsse 45. 2. Ober¬ 

geschoss mit Maler¬ 
ateliers. 


Zwei Orundrisslösungen mit Flügelbau und eingeschaltetem Lichthof 
(Abb. 693 und 694) zeigen die Häuser Prinz-Oeorgstrasse 81 und 83 von 
der Baufirma Florack Söhne (Abb. 695). 

In Ausführung begriffen sind die von dem Architekten R. Qenschmer ent¬ 
worfenen Etagenhäuser an der Bahnstrasse zwischen der Kasernen- und der 
Breitenstrasse (Abb. 696). 

Ein Etagenhaus für Künstlerarbeitsstätten möge zum Schlüsse hier noch 
erwähnt sein (Abb. 697). In dem Hause des Architekten M. Wöhler, 
Rochusstrasse 45,' befinden sich im Erd- und Obergeschosse dessen Archi¬ 
tekturbureaus (Abb. 698 und 699) und eine Wohnung für den Diener. Im 
zweiten Obergeschosse sind zwei Malerateliers angeordnet. Das eine Atelier 
liegt mit Schlafzimmer und Bad zusammen, während das Schlafzimmer 
des andern von der Galerie aus zugänglich ist (Abb. 700). 


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VIERTER ABSCHNITT 
& 

INGENIEURBAUTEN 


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RHEINSTROMBAUARBEITEN AUF DER STRECKE CÖLN-DÜSSELDORF-RUHRORT. 427 

I. Die Rheinstrombauarbeiten auf der Strecke 
Cöln - Düsseldorf - Ruhrort.*) 

Cöln tritt der Rhein aus den rebenbewachsenen Berg¬ 
hängen des deutschen Mittelgebirges, die seine Ufer 
von Bingen ab umsäumen, heraus und beginnt mit 
dem Eintritte in die niederdeutsche Tiefebene seinen 
unteren Lauf. 

Das zuvor stark wechselnde Gefälle bleibt jetzt regel¬ 
mässig, es beträgt zwischen Cöln und Düsseldorf im 
Durchschnitte 1:5800, von Düsseldorf bis Ruhrort 115300. Die ganze Strom¬ 
strecke, die den Gegenstand unserer Betrachtung bilden soll, zeichnet sich 
namentlich im obern Teile durch zahlreiche und scharfe Krümmungen aus. 
Weiter wirken niedrige Ufer und weit einbuchtende, unregelmässig begrenzte 
Vorländer un¬ 
günstig auf die 
Gestaltungdes 
Flussbetts ein. 

Vor inselarti¬ 
gen Vorlands¬ 
erhebungen 
teilt sich der 
Hochwasser¬ 



strom und bildet unterhalb am Zusammenlaufe langgestreckte Ablagerungen, 
die wie der »Leverkuser Grund" oder der »Schaarort" zwischen Benrath 
und Urdenbach (Abb. 701 und 702) vielfach schräg durch den Strom 
ziehen. Anderseits wird durch die seitliche Abströmung grösserer Wasser- 

*) Mit Benutzung der Abhandlung des Königlichen Wasserbauinspektors Beyerhaus „Der 
Rhein von Strassburg bis zur holländischen Grenze“, Verlag von Gross in Koblenz. Preis 7 M. 




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RHEINSTROMBAUARBEITEN AUF DER STRECKE CÖLN-DÜSSELDORF-RUHRORT. 


Uferdeckung vor dem Bislicher Schaardeich, Zustand im Jahre 1779 (nach Eversmann). 
1 cm = 30 rh. Ruthen. 


Die Triangelwerke bei Porz oberhalb Cöln im Jahre 1798 (nach Wiebeking), 
1,7 cm = 100 rh. Ruthen. 


Grimmlinghauscn 


Volmerswerth 


Abb. 707. Der Rhein zwischen Volmerswerth und Grimlinghausen im 



Abb. 708. Uferdeckung mit Kopfschwellen (Nobilings). 


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430 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


mengen 
über die 


weg die Strömung 
im Flußschlauche derart 
verringert und in ihrem regel¬ 
mässigen Verlaufe gestört, dass ein 
Teil der mit geführten Sinkstoffe sich 
absetzt. Auf diese Weise ist der »Platt- Abb.709. Querschnitt durch das mit Deckwerk 

hals« zwischen Dormagen und Monheim ^ 6 

und der »Zonser Grund" entstanden (Abb. 703 und 704). Die Schiffbarkeit 
des Stroms wurde auf diese Weise stark beeinträchtigt. Schon früh Hess man 
sich daher die Bekämpfung der Ursachen entsprechend den jeweilgen An¬ 
forderungen der Schiffahrt und mit den zu Gebote stehenden Hilfsmitteln 
angelegen sein. Die ersten Versuche in dieser Richtung gingen, da vor 
der Einführung des Dampfschleppverkehrs der Schiffahrt schon durch den 
guten Ausbau des Leinpfads für den Treidelzug gedient war, zunächst 
nur auf den Schutz der abbrüchigen Ufer aus, namentlich in scharf ein¬ 
buchtenden Krümmungen, wie bei Benrath und Düsseldorf. Die um die 
Mitte des 18 . Jahrhunderts angewandten Uferdeck werke, sogenannte Blees¬ 
werke und deklinante Buhnen (Abb. 705) versagten und leiteten den Strom 
erst recht auf die Ufer, besser schon wirkten die sogenannten Triangelwerke 
(Abb. 706), die aus ihnen entstanden, indem man nahe dem Kopfe kurze 
senkrechte oder inklinante Buhnen anschloss, wodurch vor die Ufer vor¬ 
springende Dreiecke geschaffen wurden. Aber erst die reinen, dem Strom¬ 
laufe entgegengerichteten inklinanten Buhnen (Abb. 707), die das überströmende 
Wasser vom Ufer ab schräg gegen die Strommitte lenkten, konnten sich all¬ 
gemeiner einführen. Einen nachhaltigen Erfolg erzielte man mit ihnen 
besonders, nachdem man den anfänglich zu steil angelegten Böschungen 
immer flachere Neigungen gegeben und den Fuss durch Grundschwellen 
vor Unterwaschung geschützt hatte. Als sehr wirkungsvoll vor abbrüchigen 
Ufern haben sich auch kurze, nahe beieinander buhnenartig angelegte 
Kopfschwellen erwiesen, deren Krone von Mittelwasser ausgehend mit einer 
Neigung von 1:4 bis 1:8 nach dem Strome zu abfällt (Abb. 708, 709 und 
710). Die von dem Strombaudirektor Nobiling eingeführte Bauweise hat 
gegenüber der Anlage von Parallelwerken, auch Leitwerke genannt, den 
Vorzug geringeren Material- und Kostenaufwands und erzielt schliesslich 
eine schnellere Verlandung der dem Strome entzogenen Wasserflächen. 

Parallelwerke sind daher ober- und unterhalb 





Düsseldorfs nur vereinzelt, bei geringer 
» Höhe und des öfteren mit Buhnen 
zu einem Systeme verbunden, 
11 angewendet worden, meist wo 


Abb. 710. Querschnitt A-B durch eine Kopfschweiie. im Schiffahrtsinteresse eine 


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RHEINSTROMBAU ARBEITEN AUF DER STRECKE CÖLN-DÜSSELDORF-RUHRORT. 43 1 



Heerdt 


^Theodor 


DÜSSELDORF 


Abb. 711. Stand der Regulierungs- 
arbeiten bei Heerdt und Düsseldorf 
im Jahre 1874. 1:23000. 


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.bb. 712. Querschnitt der 
uhnen XVI bis XVIII am 


Querschnitt. 


Längenschnitt. 

Buhnen am Rhein in Steinbau nach dem Jahre 1880. 


Querschnitt einer Steinbuhne nach dem Jahre 1885 


Dorf Hhelnkassd 


Abb. 715. Die Stromstrecke 
von Wiesdorf bis zur Wupper¬ 
mündung im Jahre 1900, mit 
Tiefenlinien von 1895. 

1125000. 


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RHEINSTROMBAUARBEITEN AUF DER STRECKE CÖLN-DÜSSELDORF-RUHRORT. 433 


bessere Führung des 
Stroms geboten er¬ 
schien. So wurde 
das «Heerdter Loch" 
verbaut und die 
scharfe, unmittelbar 
vor Düsseldorf in die 
Karl - Theodor - Insel 
einschneidende Kon¬ 
kave abgeflacht (Ab¬ 
bild. 711). 

Die das Fahr¬ 
wasser beeinträchti¬ 
genden Kiesablage¬ 
rungen suchte man 
• zunächst durch den 
vorbeschriebenen Ein¬ 
bauten ähnliche Ein¬ 
schränkungswerke 
zum Abtreiben zu 
bringen. Nachdem 
aber seit 187g eine 
Fahrwassertiefe von 
3 m unter N. W. bei 
150 m Breite ge¬ 
fordert wurde, musste 
man sich an festge¬ 
lagerten, mit Geröll 
durchsetzten Stellen, 
an Stromübergängen 
und vor den Mün¬ 
dungen Geschiebe 
führenderNebenflüsse 
zu umfangreichen 
Baggerungen ent- 
schliessen. Um die 
so gewonnene Fahr¬ 
rinne dauernd zu er¬ 
halten, förderte man 
die Strömung in ihr 
durch den regel¬ 
mässigen Ausbau der 
Stromufer in Mittel¬ 
wasserhöhe nach tun- 



28 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


434 



liehst schlanken und gleichmässig verlaufenden Linien. Gleichzeitig schränkte 
man die Strombreite durch den Einbau von Buhnen, deren Kieskem durch 
Senkfaschinen (Abb. 712), später durch Steinschüttung und Abpflasterung 
(Abb. 713 und 714) gedeckt war, auf 300 m ein. 

Auf diese Weise ist eins der bedeutendsten Schiffahrtshindernisse auf der 
Strecke Cöln-Düsseldorf, die Untiefe an der Mündung der Wupper (Abb. 
715), in der Zeit von 1850 bis 1891 vollständig und dauernd beseitigt 
worden. Eine Inselbildung oberhalb Heerdt bei Düsseldorf, die »Ölgangs¬ 
insel" (Abb. 711), wurde schon in den 60er Jahren durch ein Abschlusswerk 
des linken kleinen Arms, ferner durch das Vortreiben sogenannter Schlick¬ 
fänge (flacher Buhnen), schliesslich durch Anlage eines Richtwerks gegen 
den Erftkanal hin zum Verwachsen mit dem festen Ufer gebracht. 

Durchstiche wie in der oberrheinischen Tiefebene sind in der nieder¬ 
rheinischen oberhalb Ruhrort wegen der damit verbundenen Gefälls- 
vermehrung nicht ausgeführt worden. Wohl war vor 100 Jahren geplant, 
die weitläufigen Windungen des Stromlaufs durch einen Durchstich von 
Volmerswerth aus nach Düsseldorf abzuschneiden (Abb. 1 im Abschnitt I 
dieses Buches) und die Schwierigkeiten der Uferregulierung zu umgehen. 
Die später aufgetauchte Frage eines Durchstichs von Heerdt aus in nörd¬ 
licher Richtung nach Büderich war sogar vor nicht langer Zeit für Düssel¬ 
dorf eine brennende geworden (vgl. Abb. 711). 

Jetzt gehören diese Pläne endgültig der Vergangenheit an, nachdem die 
zielbewusst mit Unermüdlichkeit betriebene Stromregulierung einen auch den 
Ansprüchen des Großschiffahrtsverkehrs genügenden Erfolg gezeitigt hat. 
Besonders war damit für die Stadt Düsseldorf die Vorbedingung für die 

Abb. 718. Querschnitt der 1869 
erbauten Koupierungen 
oberhalb und unterhalb 
der Kodbcrger 
Insel. 




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RHEINSTROMBAUARBEITEN AUF DER STRECKE CÖLN-DÜSSELDORF-RUHRORT. 435 

. . 1* 

grossartigen in \ 

einem beson¬ 
deren Kapitel 
beschriebenen 
Bauausführungen 
an Hafen und 
Werft geschaffen, 
mit deren Vollen¬ 
dung der Rhein für 
alle Zeiten an die Stadt 
gefesselt ist 

Der 1890 bis 1896 ent¬ 
standene grosse Hafen, die 
1898 vollendete feste Rhein¬ 
brücke für Kleinbahn- und 
Strassenverkehr, der damit gleich¬ 
zeitig begonnene und 1902 durch 
die Aufhöhung der Golzheimer Insel 
und die Werftvorschiebung wenigstens in 
bezug auf die Beseitigung der Hochwasser¬ 
gefahr abgeschlossene Uferausbau — alle diese 
mit grosser Tatkraft vollendeten Bauten legen 
Zeugnis davon ab, dass die in ungeahnter Weise 
aufgeblühte rheinische Kunststadt auch für die ihr 
aus der bevorzugten Lage an der grossen deutschen 
Wasserstrasse dem Handel und Verkehre gegenüber 
erwachsenden Pflichten jederzeit ein offenes Auge 
und nicht zuletzt eine offene Hand gehabt hat 
Unterhalb Düsseldorfs bis Ruhrort geht 
der Strom einen durch scharfe Windungen 
weniger verzögerten und regelmässigeren 
Weg. Die normale Fahrrinne konnte auf 
dieser Strecke durch Buhneneinbauten und 
Baggerungen weit geringeren Umfangs 
fast durchweg ausgebildet werden. Die 
bedeutendste Arbeit zur Verbesserung 
des Schiffahrtswegs war der Anschluss 
des » Bodberger Draps“ an das linke 
Ufer (Abb. 716, 717 und 718). Die x * 

Abschlusswerke und die zur Ein¬ 
schränkung des Strombetts vorgelegten 
Buhnen sind dabei unter Verwendung von 
Eisenschlacken aus den Duisburger Hoch¬ 
öfen gebaut. In ähnlicher Weise wurde am 

28* 


Abb. 719. Stand 
der Regulierungs¬ 
arbeiten bei Duis- 
buig im Jahre 1874. 
Ungefähr 11317 50. 



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436 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


gegenüberliegenden Ufer die Ehinger Bucht (Abb. 717) zur Verlandung 
gebracht. 

Noch jetzt andauernde Arbeiten erfordert die Strecke Wanheim-Duis¬ 
burg (Abb. 719). Zwar durch Parallelwerke und Buhnensysteme in Ver¬ 
bindung mit Baggerungen wesentlich verbessert, wird sie doch dauernd von 
der Hochfelder Eisenbahnbrücke ungünstig beeinfusst, deren Strompfeiler¬ 
gründungen anderseits bis in die neueste Zeit umfangreiche Sicherungs¬ 
maßnahmen erheischen. 

Durch die einheitliche und planmässige Durchführung der vorbeschrie¬ 
benen Arbeiten, ermöglicht und in die Wege geleitet von der im Jahre 1851 
eingesetzten Rheinstrombauverwaltung, ist die beschriebene Stromstrecke zu 
einer Schiffahrtsstrasse ausgestaltet worden, wie sie von gleicher Leistungs¬ 
fähigkeit kaum bei einem Strome auf dem Kontinente wiedergefunden wird. 
Feste, die Bebauung ermöglichende und sichernde Ufer zwingen den Strom 
in sein, auch durch ein Hochwasser kaum verrückbares Bett. Während 
noch im Jahre 1839 auf dieser Strecke bei einem Wasserstande von + 1,50 
am Pegel zu Cöln nur mit einer Fahrwassertiefe von 1,52 m gerechnet 
werden durfte, findet der Schiffer bei dem gleichen Wasserstande jetzt überall 
eine Fahrstrasse von 3 m Tiefe vor, die sich in beinahe gleicher Beschaffen¬ 
heit bis nach Rotterdam hinzieht. 


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2. Die Hafen- und Werftanlagen. 

us dem schmucken großstädtischen Bilde, das Düsseldorf 
längs dem Rheinufer heute dem Beschauer darbietet, 
haben erst die Umwälzungen der neuesten Zeit jene 
letzten Wahrzeichen verdrängt, die noch an die durch 
Jahrhunderte hingegangene Entwicklung des Rhein¬ 
schiffahrtsverkehrs gemahnten. Nur die Benennungen 
von Strassen der Altstadt erinnern noch daran, dass 
einstmals an der »Hafenstrasse“ und am »Rheinort“, wo noch vor 
10 Jahren das älteste Lagerhaus in unscheinbaren Abmessungen mit seinen 
grauen Mauern und hohem Walmdache stand, der erste schutzbietende 
Ankerplatz lag. 

Obwohl die Teilnahme »Düsseidorps“ an der Rheinschiffahrt schon für 
die Mitte des 13. Jahrhunderts urkundlich erwiesen ist, und trotzdem es an 
Bemühungen seitens der Bürger und ihrer bergischen Fürsten, den Werft- 
und Güterverkehr zu heben, nicht gefehlt hat, konnte dieser es bis in das 
19. Jahrhundert hinein zu keiner Bedeutung bringen. Lasteten doch die 
Sonderrechte, die das benachbarte mächtige Cöln in dem sogenannten 
Stapelrechte besass, mittels dessen es alle zu Berg fahrenden Schiffe zwang, 
ihre Güter drei Tage lang zum Kaufe auszulegen, wie überhaupt die aller¬ 
orten erhobenen Zölle und Abgaben derart drückend und lähmend auf der 


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DIE HAFEN- UND WERFTANLAGEN. 


437 


Schiffahrt, dass da¬ 
gegen die Unzuläng¬ 
lichkeit der Fahrstrasse 
und die Fährnisse des 
bald träge über Sand¬ 
bänke dahinfliessen- 
den, bald die Ufer un¬ 
gezügelt überschreiten¬ 
den Stroms kaum 
schwerer ins Gewicht 
fielen. Auch der napo- 
leonischen Herrschaft 
gelang es trotz mancher 
Anläufe dazu nicht, in 
solche unglückliche 
Zustände gründliche 
Besserung zu bringen. 

Napoleons Einsicht 
und Tatkraft verdankte 
Düsseldorf allerdings 
den um 1811 vollen¬ 
deten Sicherheits¬ 
hafen, der fast ein 
Jahrhundert hindurch 
den Schiffen Unter¬ 
kunft gegen Hoch¬ 
wasser und Eistreiben 
gewährte. Sein Becken 
dehnte sich in 82 m 
Breite und 400 m 
Länge vor der heutigen 
Kunstakademie aus, da 
wo jetzt herrliche An¬ 
lagen die Umgebung 
der Brückenrampe 
zieren, nördlich be¬ 
grenzt von dem Napo¬ 
leonsberge, der mit den 
ausgehobenen Boden¬ 
massen aufgeschüttet 
worden ist. — Dieser, 
einer starkenVerschlik- 
kung unterworfene, 
Sicherheitshafen konnte 



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Lageplan des Düsseldorfer Rheinhafens (schwarz schraffiert die geplante neueste Erweiterung). 









438 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 721. Der Zollhafen mit Zoll-Niederlage. 


ebensowenig wie die vor der Altstadt liegenden wenn auch des öfteren ver¬ 
besserten Staden einem Güterumschläge von einiger Bedeutung genügen. 
Das 1866 erbaute Lagerhaus, das jetzt nach mehrfacher Umwandlung als 
städtisches Museum historischer und naturwissenschaftlicher Sammlungen 
dient, lag so weit vom Strome ab, dass die Güter dahin eine weite Strecke 
über Land gerollt werden mussten. Die Mängel aller Art wurden um so 
fühlbarer, als die Rheinschiffahrt nach ihrer im Jahre 1868 unter preussischer 
Herrschaft erfolgten völligen Freigabe einen raschen Aufschwung nahm, der 
noch gefördert wurde durch die mit der Verwertung der Dampfkraft ver¬ 
bundenen Fortschritte im Schiffbau und durch die Verbesserung der Fahr¬ 
rinne, die von der 1851 eingesetzten Rheinstrombauverwaltung planmässig 
und erfolgreich betrieben wurde. 


Abb. 722. 


Der Handelshafen. 



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DIE HAFEN- UND WERFTANLAGEN. 


439 


Düsseldorf kam den 
gesteigerten Anforde¬ 
rungen nicht ebenso 
schnell entgegen wie 
andere Rheinstädte. 

Denn, ohne dass man 
sich der Erkenntnis 
von der Notwendigkeit 
einer gründlichen Bes¬ 
serung der Werft- und 
Hafenverhältnisse ver¬ 
schlossen hätte, kamen 
die Meinungen, wie 
diese zu erzielen sei, 
nicht ins Klare. Pläne 
eines Nord- und Süd¬ 
hafens, eines Werft¬ 
umbaus und gar der 
schon im vorigen Abschnitte erwähnten Stromverlegung verzögerten die 
Entscheidung um Jahre. Als sie schliesslich ausgangs der 8oer Jahre zu¬ 
gunsten des Hafens auf der Lausward im Süden der Stadt fiel, hatten 
die Unzuträglichkeiten und Gefährdungen des Schiffsverkehrs vor den Ufern 
der Stadt ihren Höhepunkt erreicht. Von einer 800 m langen mit Gleisen 
versehenen Uferstrecke waren nur 250 m für den unmittelbaren Güterumschlag 




Abb. 724. 


Der Handelshafen mit Getreidespeicher usw. 


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440 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Abb. 725. Lageplan des 
Rheinwerfts von der Brücke 
bis zum Hafeneingang. 

1:5ooo. 




^ |p; 




zwischen Schiff und Fuhr¬ 
werk geeignet. Oft sperrten, 
\V\ ausser den gedrängt nebeneinander gelegenen Lande¬ 
brücken der regelmässig anlaufenden Dampferlinien 
und der Schiffbrücke, mehrfache Reihen von Frachtschiffen das schmale, dicht 
am Ufer sich hinziehende Fahrwasser. Bei Sturm uud höheren Wasserständen 
waren die Verhältnisse noch unerträglicher. 

So war es für das gerade damals nach rascher Entwicklung verlangende 
Gemeinwesen ein Ereignis von weitesttragender Bedeutung, als endlich im 
Jahre 1890 zur Verwirklichung des von dem Regierungsbaumeister Plock 
ursprünglich aufgestellten, von dem verstorbenen Stadtbaurat Frings wesent¬ 
lich umgearbeiteten, Entwurfs für den Beckenhafen (B6) geschritten wurde. 
Am 30. Mai des Jahres 1896 konnte das vollendete Werk feierlich dem Be¬ 
triebe übergeben werden (Abb. 720). 

Der Hafen besteht zurzeit aus vier Becken. Während das der Stadt 
zunächst gelegene und zurzeit noch dem Petroleumverkehre dienende 
kleinste Becken einen besonderen Zugang vom Strome hat, gliedern sich die 
andern an die 75 m breite Haupteinfahrt fächerförmig an. . 

Das grösste dieser Becken mit zwei Buchten nimmt teils den Zoll- 
verkehr auf (Abb. 721), teils dient es als freier Handelshafen (Abb. 
722). An seiner 850 m langen, durchaus hochwasserfreien, mit zahlreichen 
Kränen und wie die übrigen Hafenufer mit doppeltem Bahngleise aus¬ 
gerüsteten Kaimauer hat sich ausserhalb des Zollgitters hauptsächlich die 
Spedition mit mehreren Schuppen angesiedelt. Hier ragt neben drei Zoll¬ 
hallen das sechsgeschossige städtische Niederlagegebäude auf, das auf 
140 Senkbrunnen gegründet (Abb. 723) 9200 qm Lagerfläche mit einem 
Fassungsvermögen von rund 15000 t überdeckt. Weiter fallen in diesem 
Teile des Hafens das Fabrikgebäude der Küpperschen Mälzerei, der 
grosse Getreidespeicher nebst Elevator und das Verwaltungs¬ 
gebäude der Niederrheinischen Dampfschiffahrtsgesellschaft 
(Abb. 724) in die Augen. Am Stirnufer des Handelshafens liegt die elek¬ 
trische Kraftstation, die drei Dampfkessel, drei Dampfmaschinen mit je 
zwei Dynamos und eine Akkumulatorenbatterie zum Ausgleich der Belastungs¬ 
unterschiede beherbergt. Von hier aus erhalten die 24 elektrischen Kräne 
des Hafens von 1,5 bis 25 t Tragfähigkeit ihren Strom durch meist blanke 
Leitungen, zum geringem Teile auch durch Kabel zugeführt, und werden 



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DIE HAFEN- UND WERFTANLAGEN. 


441 




" 1 '• O m 

/ 

1800 Glüh- und über 150 Bogenlampen sowie die Mo¬ 
toren der Hafenplatzpächter gespeist. 

Die beiden hinteren Hafenbecken und die sie 
trennenden, nicht hochwasserfrei gelegenen Molen ge¬ 
währen hauptsächlich dem Holzhandel und der Holzbearbeitungs¬ 
industrie Unterkunft. Der vor dem Hafenschutzdeiche binnenseitig entlang 
laufende Uferstreifen von 20 m Breite endlich vermittelt den sofortigen 
Umschlag, namentlich der Massengüter, von Wasser zu Land. Die 
dort nachträglich ausgehobene Bucht dient 16 Personendampfem der Nieder¬ 
rheinischen Dampfschiffahrts-(Düsseldorfer)Gesellschaft als Winterlager. 

Die Gesamtfläche der Hafenanlage umfasst 80 ha 50 ar,- wovon 18,50 ha 
im früheren Stromgebiete liegen. Die Wasserfläche der vier Becken, bei deren 
Aushub von den zu Bodenschüttungen erforderlichen 1,94 Millionen cbm 
allein schon 1,63 Millionen cbm gewonnen wurden, beträgt 22,5 ha. Die 
Sohle liegt auf + 24,45 N. N., d. i. 2,0 m unter dem Nullpunkte des Düssel¬ 
dorfer Pegels, sodass auch bei Niedrigwasser eine Wassertiefe von 2,5 m 
selbst beladenen Schiffen eine sichere Liegestatt gewährt. 19 ha Lagerplätze 

liegen, soweit sie wie der 1,8 ha grosse Zollhof 
hochwasserfrei sind, auf -f- 35, 95 N. N., sonst gehen 


Abb. 726. Querschnitt 
durch das Rhein werft. 
1:364. 


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442 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


sie bis auf -j- 34,00 N. N. herab. Von 6,31 km Uferlänge sind 0,85 km Kai¬ 
mauer, 3,44 km mit Basaltsäulen gepflasterte, und 2,02 km begrünte Böschung. 
Die Zufahrtstrassen nehmen 5,4 ha und die mit vier Lokomotiven und 24 
städtischen Wagen bedienten Gleisanlagen bei 32 km Länge 17,25 ha in 
Anspruch. Die übrige Fläche entfällt auf Böschungen, Deiche, Gebäude 
und Trennstücke. 

Die Entwässerung des durch den Hammer Flügeldeich und den Hafen¬ 
schutzdeich gegen H. W.-Flut geschützten Geländes geschieht im all¬ 
gemeinen oberirdisch, nur die Flächen hinter der Kaimauer sind an das 
städtische Kanalnetz angeschlossen. Eine Wasserleitung mit Hydranten und 
Ventilbrunnen vervollständigt die den neuzeitlichen Bedürfnissen in jeder 
Weise gerecht werdende Ausstattung des Hafens. 



Abb. 727. Unteres Werft am Schlossufer. 


Die Gesamtkosten betrugen rund 10 Millionen M. 

Der jährliche Gesamtverkehr, der in dem Napoleonischen Hafen 150000 t 
nicht überschritt, wuchs nach Eröffnung des heuen Hafens schon im Jahre 
1896, also in dem ersten Betriebsjahre, auf 398000 t. Das letztvergangene 
Jahr weist mit 835000 t ein Mehr von 174000 t gegen das Vorjahr auf. 

Diese Zahlen neben der Tatsache, dass seit dem Jahre 1900 die mit 
Wasser- und Bahnanschluss versehenen Lagerplätze sämtlich verpachtet sind, 
beweisen nicht nur, dass trotz des Niedergangs der Industrie und der all¬ 
gemeinen Geschäftsfläue der letzten Jahre das junge Unternehmen in stetigem 
Aufschwünge gestanden hat; sie geben auch ohne weiteres die Erklärung 
dafür, dass man an massgebender Stelle sich zu einer Erweiterung der 
bestehenden Anlagen entschlossen hat, mit deren Bau tunlichst noch in 


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DIE HAFEN- UND WERFTANLAGEN. 


I 


443 




Abb. 728. Rampe am Rathausufer. 

diesem Jahre begonnen werden wird. — Die 90 m breite Einfahrt des neu 
zu schaffenden Beckens wird sich stromaufwärts nahe hinter der des 
bestehenden Hafens 


öffnen. Das Becken 
wird einschliesslich 
der Einfahrt rund 


1600 m lang, wo¬ 
von 1000 m jenseits 
des geräumigen 

Schiffswendeplatzes 
in einer Geraden 
liegen. Die Breite 
der Beckensohle 

wird 60 m betragen, 
sich aber schliess¬ 
lich im Interesse des 
Flossholzverkehrs 
auf 100 m erweitern. 

Die so zu schaffen¬ 
de Wasserfläche ist 
• 7»5 ha gross. Die 
Wassertiefe soll die 
gleiche wie im vor¬ 
handenen Hafen sein 
und die Böschungen Abb. 729. 


Treppe zwischen oberer und unterer Strasse. 


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444 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


auf dem grössten Teile der 3,3 km betragenden Uferlänge begrünt werden. 
Die 18,7 ha neuer Lagerplätze erhalten eine durchschnittliche Tiefe von 
60 m, durchweg Wasser- und Bahnanschluss und sind in der Höhenlage 
(+ 8,05 D. P. = -f- 34,50 N. N.) so bemessen, dass die Böden des Erdgeschosses 
der dort zu errichtenden Gebäulichkeiten hochwasserfrei bleiben. An Zu¬ 
fahrwegen für Landfuhrwerke erstehen 41000 qm, an Gleisen zur Bedienung 
der Ufer 10 km. Eine Vermehrung der Betriebsmittel ist vorgesehen, wie 
auch allen sonstigen Bedürfnissen des Betriebs und Verkehrs in weitgehendem 
Maße genügt wird. 

Die diesem neuen Becken zugehörige Grundfläche umfasst 56,8 ha. 



Abb. 730. Ausbau der oberen Strasse. 


Bei dieser Hafenerweiterung soll auch dem Petroleumverkehre un¬ 
mittelbar unterhalb der Düsseldorf-Neusser Eisenbahnbrücke ein neues 2,52 ha 
grosses Gelände zugewiesen werden. Dort wird ein Ufereinschnitt her¬ 
gestellt, der zwei Petroleumtankschiffen Liegeplatz bietet. Ausschliesslich den 
Zwecken des Umschlags werden 1,1 km Gleis und 5600 qm Strassenfläche 
dienen und 1,46 ha Pachtgelände erübrigt werden. Die gesamte Hafen¬ 
neuanlage umfasst hiernach eine Fläche von 59,32 ha. 

Das frei werdende Becken des jetzigen Petroleumhafens soll für den 
hier in besonders günstiger Lage zur Stadt unterzubringenden Speditions¬ 
verkehr umgebaut werden. Hierzu wird der Ausbau mit Kaimauern 
nötig, der sich auch auf die hafenseitige Böschung der zwischen Zoll- und 


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DIE HAFEN- UND WERFTANLAGEN. 


445 


Petroleumhafen und Strom liegenden Zunge erstrecken wird. Auf deren 
Werftfläche werden zwei neue dreigeschossige Zollrevisionshallen 
errichtet. Schliesslich soll dem stark fühlbar gewordenen Mangel an Lager¬ 
räumen für Zollgüter durch den Bau eines zweiten Niederlagegebäudes 
neben dem bestehenden abgeholfen werden. 

Für alle genannten Neu- und Umbauten ist die Summe von 6'/ 2 Millionen 
Mark ausgeworfen. 

Wenn es also bald dahin kommen wird, dass die heute bestehende und 
bisher als der »Neue Hafen« bezeichnete Anlage diese Benennung wird ab¬ 
treten müssen, so wird doch nie vergessen werden dürfen, dass ihre 
Schöpfung den Beginn einer Periode regster Bautätigkeit zum Vorteile des 
Handels und Verkehrs bezeichnete und mit ihrer Eröffnung der eigentliche 



Abb. 731. Hafenvogt-Häuschen 'am Bergerufer von der oberen Strasse aus. 


Aufschwung Düsseldorfs als Hafenstadt und Handelsstadt überhaupt einsetzte. 
Erst als mit der jetzigen Hafenanlage ein Ersatz für die zu beseitigenden 
alten Anlagen längs der Stadt geschaffen war, konnte weiter auch an den 
Ausbau des Stromufers, insbesondere des die ganze Stadtfront begleitenden 
Rheinwerfts gedacht werden, womit die von der Rheinischen Bahngesell¬ 
schaft durch Erbauung der festen Rheinbrücke hervorgerufenen Um¬ 
wälzungen Hand in Hand gingen. 

Der am linken Ufer unmittelbar am Strome belegene Teil Oberkassels 
mit dem Staatsbahnhof fiel zuerst den Abgrabungen zum Opfer, die in 
den Jahren 1896 bis 1899 zwecks einer einheitlichen Regelung des Hoch¬ 
wasserbetts vorgenommen wurden. Gleichzeitig schüttete man auf dem 
rechten Ufer den alten Sicherheitshafen zu und schob auf 500 m Länge vom 


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446 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Kohlentore abwärts das Ufer durchschnittlich um 30 m gegen die Korrektions¬ 
linie vor. An der gepflasterten Böschung dieser Uferstrecke erstanden die 
Oüterhallen der Düsseldorfer und der Niederländischen Dampfschiff¬ 
fahrts-Gesellschaften. Die ehemalige Schiffbrücke ging mit der Er¬ 
öffnung der festen Rheinbrücke ein. 

Nachdem weiter durch Freilegungen an der Krämerstrasse und am 
Burgplatze alle Vorbereitungen dazu getroffen waren, konnte im Frühjahre i8gg 
von der Lambertuskirche stromaufwärts mit dem eigentlichen Bau des Rh ein- 
werfts begonnen werden. Ohne wesentliche Unterbrechungen und Unfälle, 
unterstützt durch günstige Wasserstands- und Witterungsverhältnisse, nahm 
die Vorschiebung der Uferlinie ihren Fortgang und bereits am 8. März igo2 
konnte am Pegelhause vor dem Zolltore die Schlußsteinlegung zu dem nun¬ 
mehr vom Petroleumhafen bis zur Golzheimer Insel als ein ununterbrochener 
Uferzug sich darstellenden Werke stattfinden. 

Der Übersichtsplan (Abb. 725) und der Querschnitt (Abb. 726) lassen 
Ausdehnung und Einrichtung des Werfts in seiner jetzigen Gestalt im 
wesentlichen erkennen. Die neue 854,5 m lange untere Mauer ist unter 
Verbauung der bis ig m unter M. W. reichenden Tiefen mit dem erheb¬ 
lichen Kostenaufwande von 3500 M für einen lfd. Meter errichtet. Sie ist 
bis zu 37 m vor die ehemalige winkelige Ufergrenze in die Korrektions¬ 
linie geschoben, wodurch eine Fläche von 1,84 ha dem Wasser abgewonnen 
wurde. Die Breite des unteren auf + 6,00 D. P. liegenden, mit Kran- und 
doppeltem Eisenbahngleise versehenen gepflasterten Werfts beträgt 20,0 m 
(Abb. 727). Mehrere bequeme, 1:35 fallende Fahrrampen verbinden den 
Ladekai mit der oberen Prunkstrasse und zahlreiche Treppen kürzen 
die Wege zwischen beiden (Abb. 728 und 72g). Unter dem rheinseitigen 

Gehwege des Hochufers liegen auf 
450 m Länge 8,0 m tiefe über¬ 
wölbte Lager- und Geschäfts¬ 
räume. Die obere Strasse hat 
eine Breite von 24,g m, wovon 
11,0 m auf die mit Strassenbahn- 
gleisen ausgerüstete Fahrbahn, 
8,6 und 5,3 m auf die baumbe¬ 
pflanzten Gehwege entfallen. 

Das ganze Werft ist mit allen 
Versorgungsnetzen ausgiebig ver¬ 
sehen und mit elektrischer und 
Gasbeleuchtung ausgestattet. Eine 
vornehme, in Granit und Sand¬ 
stein ausgeführte Brüstung gibt 
dem gediegenen Werke einen 
passenden Abschluss. — An den 
Abb. 732. Hafenvogt-Häuschen vom unteren Werft aus. Rampenköpfen und vor den ein- 



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DIE HAFEN- UND WERFTANLAGEN. 


447 


mündenden Querstrassen sind archi¬ 
tektonisch hervorgehobene, mit Bänken, 

Austritten und Baikonen versehene 
Ruheplätze (Abb. 730) angeordnet, 
von denen aus sich das geschäftige 
Leben und Treiben am Werft und 
das ewig wechselnde Bild des breiten 
Stroms überschauen lässt. Andere 
schön stilisierte Aufbauten dienen 
der Unterbringung von Trinkhallen 
und Wirtschaftsbetrieben. Be¬ 
sonders treten das Hafenvogt- (Ab¬ 
bild. 731 und 732) und das Pegel¬ 
häuschen mit Zeit- und Wasserstands¬ 
messer (Abb. 733) in die Erscheinung, 
sowie das »Düsselschlösschen« 
mit Leuchtfeuer auf den Zinnen des 
Turms (Abb. 399, 400, 401 und 402). 

Zahlreiche, mit schöner Schmiedearbeit 
gezierte Flaggen- und Beleuch- 
tungsmasteundObeliskenbegleiten Abb ' m ^ u Tj‘r rS,andÄmesser 
in langer Reihe die ganze Stadtfront. 

Das bedeutende Werk, das die Stadt vor allen Angriffen des Stroms 
und vor jeglicher Hochwassergefahr hoffentlich für alle Zeiten schützt, und 
für das insgesamt die Summe von 4 1 /* Millionen M aufgewendet wurde, 
fand seinen vorläufigen Abschluss im Norden stromabwärts von der Rhein- 
brücke mit der gleichzeitig vorgenommenen Aufhöhung der Golz¬ 
heimer Insel auf +9,0 D. P. 

Dort über den sumpfigen, zur Aufnahme des Mulls und aller Ab¬ 
fallstoffe gerade schlecht genug gewesenen Wasserlöchem, Resten eines 
alten Rheinarms, wo 1902 das Märchenbild der unvergesslich schönen 
und grössten Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung Deutschlands zu 
sehen war und heute die Internationale Kunst- und die Gartenbau-Aus¬ 
stellung blüht, wird in Zukunft der mit den glücklichen Erfolgen dieser 
hervorragenden Unternehmungen aufs engste verknüpfte Kaiser-Wilhelm- 
Park erwachsen. 

Wird hier erst die bereits geplante weitere Berichtigung des Stroms 
und die fernere Anhöhung des landeinwärts der Bebauung zu erschliessenden 
Geländes erfolgt sein, schliesslich auch eine fortlaufende Häuserreihe der 
Hochuferstrasse einen der bevorzugten Lage würdigen, architektonisch wirk¬ 
samen Hintergrund geben, dann wird Düsseldorf auch dem Rheine entlang 
eins der herrlichsten Städtebilder entrollen in einer fast einen Halbkreis 
bildenden Rundung von mehreren Kilometern Länge, geschmückt durch 
Natur und Kunst und von Handel und Wandel belebt. 



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448 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 





Richtige Crkenntnis und Würdigung der Bedeutung des t?hein(tromes für Handel 
und 3ndu|trie fdjuf vor wenigen Jahren den ßädtifchen Hafen. Demfelben 
:8oden entfproß das heute vollendete Werk. Weniger als drei Jahre genügten, 
um dem 8trom troß der gewaltigen Waffertiefen einen Teil feine» alten fettes abzu¬ 
ringen, das gewonnene Land den Dntereffen der 8d)iffal)rt nußbar zu machen und 
eine Uferftraße zu fd>affen. die den Wellen ein ßeinernes Halt wird bieten, wenn in 
Zukunft des ttheines Hochfluten die 8tadt bedrohen. 

nd wenn heute der Bürger ftolzen Blickes des veränderten ttheinbildes fid> freut. 
> dann möge er gerne und dankbar anerkennen, was eine weitblickende Gemeinde¬ 
vertretung und Verwaltung fchuf, und mit uns feine Wünfche dahin vereinen, daß 
unter Gottes gnädigem 8<huß der 8au der 8tadt zu Hub und Zier, den fDitwirken- 
den zur €l)r, Jahrhunderte überdauern und alle Wünfche erfüllen möge, die den Grund- 
ftein zum Werke legten. 


Düfleldorf, am achten fDärz des Jahres Cintaufendneunhundertundzwei. im vier¬ 
zehnten Jahre der fegensreichen Regierung des Kaifers und Königs Wilhelm des II., 
wenige Wochen vor Cröffnung der großen Düffel- 
dorfer tJnduftrie-, Gewerbe- und Kunßausßellung. 



Ahb. 734. Alter Werftkran (nach einem Ölgemälde im histor. Museum). 


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Blick auf die Rheinbrücke von der Kunstakademie aus. 

3. Die Rheinbrücke.*) 

ie ausserordentliche Bedeutung einer Verbindung der 
beiden Rheinufer bei Düsseldorf war schon am Ende 
der dreissiger Jahre des vorigen Jahrhunderts erkannt 
und gewürdigt worden. Es ist hierfür charakteristisch, 
dass damals (im Jahre 1837) die städtischen Behörden 
beim Bekanntwerden der nahe bevorstehenden Errich¬ 
tung einer Schiffbrücke bei Düsseldorf in einer 
Immediateingabe dem Könige ihren ehrfurchtsvollen Dank aussprachen 
mit Rücksicht „auf das hochwichtige Interesse, das die treue Stadt an 
der Ausführung des herrlichen Projekts nimmt“. Die Schiffbrücke wurde 
auch im Jahre 1839 erbaut. Als 10 Jahre später seitens des Staats die 
Erbauung einer festen Rheinbrücke bei Cöln geplant wurde, setzten die 
ersten Versuche ein, eine feste Verbindung der beiden Rheinufer bei Düssel¬ 
dorf durch die Hierherverlegung dieser Brücke zu erhalten, und man be¬ 
gründete einen dahingehenden Antrag mit der historischen Tatsache, „dass 
die uralten Verbindungen des nördlichen Deutschlands mit Belgien und 
Frankreich stets über Düsseldorf geführt haben“. Diesen an sich berechtigten 
Wünschen konnte aus volkswirtschaftlichen und politischen Rücksichten 

*) Unter Benutzung der Festschrift „Die neue Rheinbrücke bei Düsseldorf und die Kleinbahn 
Düsseldorf-Crefeld“, herausgegeben von der Rheinischen Bahngesellschaft, Düsseldorf 1898. 

29 



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450 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


keine Folge gegeben werden, um so weniger, als „die Stromverhältnisse bei 
Düsseldorf den Bau einer festen Brücke sehr erschwert haben würden“. 

Die in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geplanten zahl¬ 
reichen Eisenbahnuntemehmungen führten zur Wiederaufnahme des alten 
Gedankens, eine bequeme gerade Verbindung der arbeitsamen Industrie¬ 
städte Düsseldorf und Crefeld herbeizuführen, und man war sich über die 
Wichtigkeit und wirtschaftliche Tragweite dieser Verbindung — wie aus den 
damaligen Verhandlungen und Eingaben zur Genüge erhellt — bei den be¬ 
teiligten Behörden und Interessentengruppen völlig im klaren. 

Trotzdem brachten die folgenden beiden Jahrzehnte keinen Fortschritt 
in dieser Angelegenheit. Die Entscheidung stand zwar manchmal nahe be- 



Abb. 735. Der Sicherheitshafen vor Beginn der Zufüllungsarbeiten, Frühjahr 1897. 


vor, sie musste jedoch immer wieder auf bessere Zeiten verschoben werden, 
zumal zwischen den beteiligten Körperschaften, der Stadtverwaltung, den 
Handelskammern und Gemeinden, dem Kriegsminister und dem Handels¬ 
minister über die wichtigsten Punkte — die Lage der Brücke, den Kosten¬ 
punkt usw. — eine Einigung nicht zu erzielen war. 

Als in der Mitte der sechziger Jahre der Plan einer Eisenbahnbrücke 
über den Rhein bei Hamm entgegen den Bestrebungen und Wünschen der 
Stadtverwaltung die Oberhand bekam und von den übrigen Interessenten warm 
befürwortet wurde, blieb die Entscheidung nicht mehr zweifelhaft. Abermals 
erlitt jedoch die Verwirklichung der Pläne durch die Kriegsereignisse des 
Jahres 1866 Aufschub, aber nach dem Feldzuge wurde die Bauerlaubnis er¬ 
teilt und der Bau rüstig in Angriff genommen. 


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DIE RHEINBROCKE. 


451 


Der anfangs der siebziger Jahre einsetzende wirtschaftliche Aufschwung 
unseres Vaterlands, die gewaltige damit verbundene Steigerung des Personen- 
und Warenverkehrs, nicht zum wenigsten in den Rheinlanden, hatten bald 
die Unzulänglichkeit der über den Rhein führenden Verkehrswege zur Folge. 
Hierzu kam, dass die Verbindung mit Neuss über Hamm die ersehnte Ver¬ 
bindung Düsseldorfs mit Crefeld nicht zu ersetzen vermochte, und dass die 
Hammer Eisenbahnbrücke dem Landverkehre nicht nutzbar gemacht werden 
konnte. Abermals tauchte die alte Frage der Errichtung einer stehenden 
Brücke bei Düsseldorf auf, abermals knüpften sich endlose Verhandlungen 
daran, und obwohl allenthalben über die Notwendigkeit kein Zweifel be¬ 
stand, konnte doch eine Einigung, insbesondere über die Kostendeckung, 
nicht erzielt werden. — Eine bedeutsame Wendung schien die Angelegenheit 
im Jahre 1889 durch den Beschluss der Stadtverwaltung einschlagen zu 



Abb. 736. Der Sicherheitshafen nach Vollendung der Brückenrampe, Sommer 1898. 


wollen, die Vorarbeiten nun selbst in die Hand zu nehmen. Vier Entwürfe 
wurden vorgelegt und besprochen, aber eine Verwirklichung lag noch in 
weiter Feme, da der Staat jede geldliche Beteiligung grundsätzlich ablehnte. 

So lagen die Verhältnisse, als sich im Jahre 1894 die „Rheinische 
Bahngesellschaft" bildete mit dem satzungsmässigen Zwecke „der Er¬ 
richtung einer stehenden Brücke bei Düsseldorf und des Baus einer Klein¬ 
bahn von Düsseldorf nach Crefeld“. Nachdem dieser Art die Aufbringung 
der erforderlichen Geldmittel gesichert war, Hessen sich auch die anderen 
Schwierigkeiten in verhältnismässig kurzer Zeit beiseite räumen, sodass schon 
im Jahre 1897 mit dem Bau der Brücke begonnen Werden konnte. 

Von den in Betracht kommenden drei Baustellen: a) vor der Einmündung 
der Haroldstrasse in die Rheinuferstrasse (C 6), b) am Burgplatz (C 5) oder 
c) am Sicherheitshafen, wurde nach eingehender Prüfung die letzte als in 
jeder Beziehung vorteilhafteste zur Ausführung gewählt. Die Stromkrümmung 

29* 


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Rheinbrückc bei Düsseldorf. 


452 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


> 

S 


hat an dieser Stelle bereits wesentlich an Schärfe verloren, 
auch war eine ausreichende Entwicklung der rechtsseitigen 
Auffahrtsrampen durch Zufüllung des nach Vollendung der 
Hafenanlage überflüssig gewordenen Sicherheitshafens ohne 
Schwierigkeiten zu ermöglichen (Abb. 735 und 736). 

Die allgemeine Anordnung der Brücke nach Anzahl 
und Spannweite der Öffnungen war durch die örtlichen 
Verhältnisse bedingt. Infolge der Stromkrümmung liegen 
Schiffahrtsweg und Stromrinne am rechten Ufer. Die Strom¬ 
bauverwaltung stellte daher im Interesse der Schiffahrt die 
Forderung, dass von der Korrektionslinie des rechten Ufers 
ab eine mindestens 180 m weite Öffnung freigelassen 
werden müsse. 

Hieraus ergab sich die Notwendigkeit, zwei zu 
einem Mittelpfeiler symmetrische Hauptöffnungen von 
je 181,25 m Spannweite anzuordnen, eine Einteilung, 
die man aus Schönheitsrücksichten im allgemeinen 
gern zu vermeiden sucht, die aber hier durch die 
schöne Bogenform und dank der architektonischen 
Ausgestaltung der Aufbauten zu befriedigender Wirkung 
gebracht worden ist. 

Das linke Landwiderlager kam nunmehr rd. 70 m 
hinter die Uferlinie. Es traf sich günstig, dass die 
Stadt Düsseldorf noch während des Brückenbaus be¬ 
schloss, das rechte Ufer ober- und unterhalb der 
Brücke in die Korrektionslinie vorzuschieben und als 
Werft auszubauen. Infolge dieser Einbauten wurden 
Abgrabungen des linksseitigen Vorlands notwendig, die 
sich bis an das Landwiderlager erstreckten. Nunmehr 
deckte sich die Oesamtspannung beider Hauptöffnungen 
mit dem eigentlichen Stromschlauche in einer für die 
Wirkung des Bauwerks durchaus vorteilhaften Weise. 

Durch Vorschiebung des Büdericher Banndeichs 
unter gleichzeitiger Tieferlegung des Vorlands konnte 
die Breite des letzteren derart eingeschränkt werden, 
dass nur drei Flutöffnungen von 50, 57 und 63 m 
Spannweite zur Abführung des Hochwassers notwendig 
wurden. 

Mit einer am rechten Ufer eingelegten Öffnung 
von 60 m Spannweite, die das Werft und die Hoch¬ 
uferstrasse freilässt, sind demnach sechs Öffnungen mit 
einer Länge von insgesamt 638 m zwischen den Endwider¬ 
lagern vorhanden. Das geometrische Gesamtbild ist in Ab¬ 
bildung 737 dargestellt. 


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DIE RHEINBRÜCKE. 


453 


Die Gründung der Pfeiler erfolgte ohne nennenswerte Schwierigkeiten, 
tragfähiger Baugrund war allenthalben in massiger Tiefe vorhanden. Die an- 
gestellten, zum Teil bis 19 m D. P. hinabgeführten Bohrungen ergaben mehr 
oder weniger groben Kies, untermischt mit sandigen Schichten. Bei 18 m 
begann eine feste Mergelschicht. 

Die Pfeiler der Flutöffnungen 
sowie das linke Landwiderlager 
der Hauptöffnungen sind auf 
Beton zwischen Spundwänden 
gegründet, da ihre Herstellung 
im Trockenen erfolgen konnte. 

Dagegen wurde das rechte 
Landwiderlager, sowie der 
Flusspfeiler mittels Druckluft¬ 
gründung niedergebracht, da 
grosse Wassertiefen (6 bis 9 m) 
auf die Anwendung dieses be¬ 
quemen Verfahrens hinwiesen. 

Das Material der Pfeiler 
besteht aus einem Kerne von 
Rheinkiesbeton, dessen Be¬ 
schaffung die geringsten 
Schwierigkeiten machte, mit 
einerWerksteinverkleidung, die 
unter Wasser Basaltsäulen, von 
da bis zu den Bogenwider- l/ - V!? j 
lagern Basaltlavaquader und 
in den Aufbauten graugelber 
Weiberer Tuffstein bilden (Ab¬ 
bild. 738). Die Verblendung 
der Vorköpfe ist mit roh¬ 
bearbeiteten starken Bossen 
versehen, wodurch sich eine 
kräftige Wirkung erzielen liess. 

Das rechte und linke 
Widerlager ist durch hohe 
Portalaufbauten, deren Firste 
mit den Bogenscheiteln in 
ungefähr gleicher Höhe lie¬ 
gen, architektonisch reich betont (Abb. 739). Dagegen tritt der Strompfeiler 
an Massenwirkung zurück. Er trägt dafür einen einzigen bedeutsamen 
Schmuck in Gestalt eines gewaltigen, aus Stein gemeisselten, stromaufwärts 
blickenden Löwen mit Anker, des Wappenbilds Düsseldorfs. Die Haupt¬ 
träger der drei Flutöffnungen und der rechten Seitenöffnung bestehen aus 



Abb. 738. Ansicht und Schnitt des Strompfeilers. 1:200. 


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454 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



ganz unter der Fahrbahn liegenden Zweigelenkbogen mit Pfosten und 
nach der Mitte fallenden Schrägstäben (Bogenfachwerk); die mittleren Felder 
(Zwickel) sind vollwandig. Der eiserne Überbau der Hauptöffnungen ist in 
seiner Form der Bonner Rheinbrücke nachgebildet. Als Trägersystem ist 
demnach auch hier die elastische, einfach statisch unbestimmte Zwei¬ 
gelenkbogen, dessen beide Bogengurtungen kontinuierlich gekrümmt sind, 
mit Pfosten und einfachen Schrägstäben zur Anwendung gebracht. Der 
Obergurt liegt in ganzer Länge über der Fahrbahn, der Untergurt durch¬ 
schneidet bei Kno¬ 
tenpunkt 2 (die Kno¬ 
tenpunkte zählen 
vom Kämpfer ab 
bis zum Scheitel 
von o bis 12) die 
Fahrbahn(Abb-740). 

Die Hauptbögen 
sind in lotrechte 
Ebenen gelegt, ihr 
Abstand beträgt von 
MittezuMitteg,7om. 
Die Bürgersteige 
sind auf Konsolen 
ausgekragt. 

Die Brückenbahn 
ist im mittleren Teile 
derHauptöffnungen 
an die Bögen an¬ 
gehängt, in der 
Nähe der Kämpfer 
mit den Bogen¬ 
vertikalen vernietet. 

Das Pfeilverhält¬ 
nis der Hauptbögen 
beträgt annähernd 
1:6,5, das der Seiten¬ 
öffnungen ist erheb¬ 
lich flacher. Die Fahrbahn steigt in den Rampen und Seitenöffnungen mit 
1:40 an und ist in den beiden Hauptöffnungen wagerecht. 

Der Abstand der Hauptquerträger und der die Fahrbahn tragenden 
Hängeeisen beträgt 7,25 m. Der Querverkehr auf der Brücke ist — eine 
häufig gestellte, aber nicht recht zu begründende Forderung — völlig un¬ 
behindert (Abb. 741). 

Durch sechs Fahrbahn-Längsträger zweiter Ordnung und vier Zwischen¬ 
querträger (sämtlich Walzprofile) wird die Fahrbahn in eine Anzahl rechteckiger 


Abb .739. Rechter Uferpfeiler nach seiner Vollendung, Juni 1898. 


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DIE RHEINBRÜCKE. 


455 


Felder eingeteilt, deren Abdeckung 
in der üblichen Weise mit Buckel¬ 
platten erfolgt ist. 

Der Bogenwindverband liegt 
in der Ebene des Obergurts. Da 
die diagonalen Verstrebungen nicht 
bis ans Auflager durchgeführt wer¬ 
den können, werden die Kräfte 
mittels eines am Knotenpunkte 1 
angeordneten steifen Portalrahmens 
nach dem Untergurte und durch 
dessen Diagonalverband zum 
Kämpfergelenke weitergeleitet. 

DieTemperaturschlitze der Fahr¬ 
bahn liegen bei den beiderseitigen 
Knotenpunkten 4, sodass die Fahr¬ 
bahn aus drei in der Längsrich¬ 
tung voneinander völlig unab¬ 
hängigen Teilen besteht. 

Diese Dreiteilung war not¬ 
wendig, um die Fahrbahntafel 
nicht als Zugband wirken zu lassen, 
wodurch ganz andere Kräfte in dem 
Stabwerke hervorgerufen würden, 
als in der Berechnung ermittelt 
sind. Um nun trotzdem die auf 
den mittleren Teil der Fahrbahn¬ 
tafel wirkenden Windkräfte sicher 
nach dem Auflager leiten zu 
können, ist ein horizontaler Aus¬ 
legerträger, dessen Gurtung die 
Fusswegrandträger bilden, ange¬ 
ordnet. Seine Seitenteile finden 
ihre festen Stützpunkte am Auf¬ 
lager und am Untergurte im 
Knotenpunkte 2, sein Mittelträger 
ist in den beiderseitigen Knoten¬ 
punkten 4 in wagrechtem Sinne 
eingehängt. 

Die Buckelplatten der Fahrbahn 
sind mit Beton ausgefüllt. Auf die 
mit Quergefälle 1:75 abgeglichene 
Oberfläche ist in den Haupt- und 
Flutöffnungen Holzpflaster verlegt 



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Abb. 740. Geschlossene Bogenträger der linken Hauptöffnung, September 1897. 









456 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


worden. Die Fusswegkonsolen sind mit Belageisen überdeckt, deren 
Zwischenräume mit Zementplatten ausgefüllt wurden. Die Oangbahn selbst 
besteht aus Asphaltplatten (System Löhr). 

Die Kosten der Brücke, deren Bauzeit auf vier Jahre bemessen war, aber 
um ein Jahr gekürzt werden konnte, stellen sich ohne die Rampenschüttung 
auf rund 3,8 Millionen M. Im einzelnen kosteten in runden Zahlen: 
die Pfeiler einschl. der um sie eingebrachten Stein¬ 


schüttungen bis zur Fahrbahnhöhe.1430000 M, 

die Aufbauten über den Pfeilern. 150000 „ 

der eiserne Oberbau ausschl. Fahrbahnbefestigung, 

aber einschl. 85000 M für das Geländer .... 1840000 „ 
die Befestigung der Fahrbahn und Fusswege . . . 110000 „ 

für Hilfsschleppdienst. 110000 „. 


Die Ausführung des Gesamtbauwerks war der Aktiengesellschaft Gute¬ 
hoffnungshütte in Oberhausen übertragen, die auch den Entwurf des eisernen 
Oberbaus aufstellte und ihrerseits die selbständige Ausführung der Pfeiler 
der Finna Ph. Holzmann & Co. in Frankfurt a. M. auf Grund deren An¬ 
gebots überwies. 


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Abb. 741. Brückenquerschnitt im Scheitel der Hauptöffnung. 1:120. 


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DIE BRÜCKEN IN DER STADT. 


457 



Abb. 742. Die alte Benrather Brücke. 


4. Die Brücken in der Stadt. 

Düsseiarme und Ziergewässer der Stadt bieten der 
Überführung von Strassen und Wegen keine erheblichen 
Hindernisse, die Brücken sind daher von geringen 
Abmessungen. Das hervorragendste Bauwerk ist die 
Benrather Brücke zur Überführung der gleichnamigen 
Strasse über den Kanal an der Königsallee (Abb. 742). 
Diese Brücke wurde unter Leitung der grossherzoglich 
bergischen Baudirektion in den Jahren 1813 bis 1814 erbaut und kostete 
37300 Fr. In den achtziger Jahren lösten sich Schalen des Ziegelgewölbes 
infolge Verwitterung ab, so dass die längere Tragfähigkeit des Bauwerks in 
Frage gestellt schien. Es wurde deshalb bald darauf ein Neubau beschlossen. 
Obwohl eine Eisenkonstruktion mit erbreiterten Verkehrswegen den zu¬ 
künftigen Bedürfnissen mehr Rechnung getragen haben würde, so wurde 
doch mit Rücksicht auf die schöne Korbbogenform des alten Bauwerks die 
Erneuerung nach dessen Muster, aber mit durchbrochenen Brüstungen vor¬ 
genommen. Der innere Kern der Widerlager konnte stehen bleiben (Ab¬ 
bild. 743 - 746 ). 

Über demselben Wasserlaufe wurde 1861 bis 1862 eine gusseiserne 
Fussgängerbrücke im Zuge der Graben- und Königsstrasse er¬ 
richtet, der zwei andere, besonders durch ihre schönen Lagen im Hofgarten 
und in den Ständehausanlagen bemerkenswerte Fussgängerbrücken gleichen. 
Es sind dies die goldene Brücke über die Landskrone und die 
Brücke über den Wasserlauf zwischen Kaiserteich und Schwanen¬ 
spiegel. Die gusseisernen 11,0 m weit spannenden Tragwerke mit bogen¬ 
förmigem Untergurte sind in den Widerlagern eingemauert. 



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Abb. 743—746. Die umgebaute Benrather Brücke. 1:700 




















DIE BRÜCKEN IN DER STADT. 


459 


Mehrere über die Düsseiarme führende Strassenbrücken sind 
entweder mit Gewölben zwischen gewalzten Trägem oder bei grösseren 
Konstruktionshöhen mit 5 m weit spannenden Betongewölben hergestellt. 

Im Zuge der Bastions- und der Grünstrasse, ebenfalls über dem 
Graben an der Königsallee, wird binnen kurzem eine 7 m breite Fuss- 
gängerbrücke von 11 m Spannweite mit Zweigelenk Bogenträgem er¬ 
baut werden, deren Ansicht Abbildung 747 gibt. 



Abb. 747. Ansicht der neuen Fussgängerbrücke im Zuge der Grünstrasse. 1:267. 






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4Ö0 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


5. Die Staatseisenbahn - Anlagen.*) 

Sei mir gegrüsst, du Dorf an der Düssei, 

Nun herrliche Stadt am köstlichen Rhein! 

iese Worte, geschrieben vor Eröffnung der Düsseldorfer 
Ausstellung, die so vorzüglich verlief, dass sie ein 
unvergängliches Ruhmesblatt in der Geschichte der 
Stadt Düsseldorf bildet, haben in den verflossenen zwei 
Jahren nicht an Bedeutung verloren. 

Ja! einst Fischerdorf, dann vor über 600 Jahren Stadt, 
heut neben der längst bekannten Kunststätte ein Brennpunkt der Industrie, 
von Handel und Verkehr, welch' stolzer Werdegang! und zum grössten 
Teile dem alles belebenden Einflüsse des rollenden Flügelrads zu danken! 

Vor der Eisenbahnzeit gab es auch in Düsseldorf wie anderwärts fast 
gar keine Industrie, hatten Handel und Verkehr geringe Bedeutung, fanden 
sich doch in der Nähe der Stadt weder Kohlen noch Eisenerze. Wie sollte 
da die Industrie gedeihen, zumal die Beförderung auf dem Wasserwege 
langwierig, unzuverlässig und deshalb teuer war, weil sowohl Gelände für 
Fabriken als Umschlagstellen am Rheine fehlten. 

Als nun die später mit der Bergisch-Märkischen Bahn vereinigte Düssel- 
dorf-Elberfelder Eisenbahn-Gesellschaft gegründet wurde, da legte man — 
bezeichnend für die damalige Stellung Düsseldorfs — den Sitz der Gesell¬ 
schaft nach Elberfeld, denn dort im bergischen Lande blühte die Gewebe¬ 
industrie derartig, dass jede der Schwesterstädte Elberfeld und Barmen 
damals erheblich mehr Einwohner zählte als Düsseldorf. Allein diesem 
Umstande ist es zuzuschreiben, dass Düsseldorf keine Eisenbahndirektion 
erhalten hat. 

Der 1841 eröffneten Linie nach Elberfeld folgten bald die anderen, 
nämlich 1845 nach Deutz, 1846 nach Duisburg, 1870 nach Neuss, 1872 nach 
Kettwig-Kupferdreh, 1874 nach Troisdorf und Speldorf, 1876 nach Rath 
rheinisch und 1879 nach Mettmann-Hoerde. Während dieser Zeit siedelten 
sich rings um die Kunst- und Gartenstadt herum so viele blühende Zweige 
der Eisenindustrie an, dass kaum einer unvertreten blieb. Da sich indessen 
die erwähnten Eisenbahnlinien in der Hand von drei Privatgesellschaften 
befanden, die sich natürlich gegenseitig den Rang streitig zu machen suchten 
und deshalb garnicht daran dachten, ihre Netze in enge Schienenverbindung 
miteinander zu bringen, so genügten in jener Zeit die Eisenbahnverhältnisse 
in Düsseldorf wie an vielen anderen Orten längst nicht den Ansprüchen, 
die Handel und Industrie an sie stellten. 

Es bestanden bis zur Umgestaltung der Bahnhofsanlagen in Düsseldorf 
drei Bahnhöfe, zwischen denen nur der Übergang einzelner Wagen möglich 



*) Mit Benutzung des Zentralblatts der Bauverwaltung, Jahrg. 1888 S. 434 und S. 541 ; und 
der Zeitschrift für Bauwesen, Jahrg. 1894. 


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DIE STAATSEISENBAHN-ANLAGEN. 


46 l 


war. Im Süden an der Friedrichstrasse lag der 1845 erbaute Cöln- 
Mindener Kopfbahnhof, dicht dabei der I838 eröffnete Düsseldorf- 
Elberfelder, später Bergisch-Märkische Bahnhof, anfangs auch 
Kopfbahnhof, dann bei Errichtung der Rheinbrücke 1869 bis 1870 zum 
Durchgangsbahnhof umgebaut und erst 1876 mit dem wohlbekannten 
schönen Empfangsgebäude am südlichen Ende der Königsallee geschmückt, 
das Abbildung 748 im Zustande des eben beginnenden Abbruchs im Jahre 
1893 darstellt. Im Norden lag der 1874 in Benutzung genommene Rhei¬ 
nische Bahnhof Wehrhahn, an dem später auch einzelne Cöln-Mindener 
Züge hielten. 

Die Entfernungen zwischen den drei Bahnhöfen waren folgende: vom. 
Bergisch-Märkischen bis zum Cöln-Mindener Bahnhofe (gerechnet von Ein¬ 
gangshalle zu Eingangshalle) rund 300 m, desgl. bis zum Rheinischen Bahn- 



Abb. 748. Das ehemalige Bergisch-Märkische Empfangsgebäude. 


hofe 2200 m und vom Cöln-Mindener Bahnhofe bis zum Rheinischen rd. 2500 m. 
In lebhaftem Wettstreite mit den andern Gesellschaften hatte die Rheinische 
Eisenbahn-Gesellschaft in Aussicht genommen, unterhalb Düsseldorf den 
Rhein zu überbrücken und einen Anschluss an ihr linksrheinisches Bahnnetz 
herzustellen. Schliesslich kaufte sie im Jahre 1875 mit der Cöln-Mindener 
Eisenbahn-Gesellschaft zusammen die Grundstücke für einen späteren Haupt¬ 
bahnhof am Wehrhahn zwischen der Buscherstrasse und Grafenberger¬ 
strasse, dort wo sich jetzt der Güterbahnhof Düsseldorf-Derendorf 
befindet, an. 

So war die Sachlage, als im Jahre 1879 die Cöln-Mindener und ein 
Jahr später die Rheinische Bahn vom Staate angekauft wurden. 

Alsbald wurde die Besserung der Bahnhofsverhältnisse in Düsseldorf 
staatsseitig in die Hand genommen und vom Minister für Handel, Gewerbe 


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und öffentliche Arbeiten die Direktion Elberfeld mit der Ausarbeitung der 
Entwürfe zu einer gründlichen Umgestaltung der gedachten Anlagen beauf¬ 
tragt. Diese stellte in den Jahren 1880 und 1881, nachdem inzwischen 
auch das Bergisch-Märkische Unternehmen für den Staat erworben war, die 
allgemeinen Entwürfe für den Umbau fertig, errichtete nach Bereitstellung 
der Mittel am 1. März 1884 die Bauabteilung in Düsseldorf und begann 
1885 mit dem Bau. 

Der Umbau bezweckte, unter möglichster Trennung des Güterverkehrs 
von dem Personenverkehre alle Linien in den Hauptbahnhof einzuführen, 
den Südbahnhof (Bilk) und den Nordbahnhof (Derendorf) in be¬ 
queme Verbindung mit dem Hauptbahnhofe zu bringen, überflüssige 
Strecken aufzugeben und den Verkehr auf den Vorbahnhöfen zusammen¬ 
zufassen, sowie den Güterverkehr möglichst auf Derendorf zu 
verweisen. 
























Demgemäss sind der frühere Rheinische Bahnhof Gerresheim und der 
ehemalige Bergisch-Märkische Bahnhof Rath aufgehoben, während der Bahn¬ 
hof Grafenberg nur für den Güterverkehr und die Wagenzustellung 
nach den daselbst angeschlossenen industriellen Werken bestimmt wurde. 
Eine Trennung des Güterverkehrs von dem Personenverkehre findet auf den 
Vorbahnhöfen Gerresheim, Rath und Eller, sowie auf der Blockstation Eller 
statt. Für den Güterverkehr zwischen Gerresheim und Derendorf dienen 
zwei besondere Gleise, während die Güterzüge von Cöln an der Block¬ 
station Eller zum Verschubbahnhof Lierenfeld abgelenkt werden. 
Güterzüge der Strecke Troisdorf-Speldorf, die in Düsseldorf keine Wagen 
aussetzen oder aufnehmen, fahren unmittelbar von Rath nach Eller und um¬ 
gekehrt. In Lierenfeld findet eine Trennung der für die benachbarten Anschluss¬ 
werke bestimmten Sendungen von den nach Derendorf zu lenkenden statt. Auf 
Bahnhof Lierenfeld werden nur Wagenladungen, keine Stückgüter abgefertigt. 






























464 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Diesem in grossen Zügen angedeuteten Bauplane gemäss wurde nach 
Legung des zweiten Gleises Rath-Derendorf 1886 bis 1887 der Verschub- 
bahnhof Lierenfeld umgebaut und 1887 mit dem Güterbahnhofe 
D eren dort begonnen. Die Hauptschwierigkeit bei den genannten Bahnhöfen 
bot die Aufrechterhaltung des Betriebs und in Derendorf die Überführung 
der damaligen Düsselthalerstrasse. Dies 176,5 m lange Bauwerk musste 
natürlich stückweis ausgeführt werden. Der grössere Teil wurde 1888 
der kleinere 1889 fertig. Die Brücke bildet den Zugang zum Personen¬ 
bahnhöfe Derendorf, der in einfachen Formen erbaut am 22. Juli 1889 
eröffnet wurde. Ein Teil der Brücke und das Empfangsgebäude sind in Ansicht, 
Querschnitt und Grundrissen durch Abbildung 749, 750, 751 u. 752 dargestellt. 



Abb. 753. Empfangsgebäude auf Bahnhof Bilk. 1:244. 


Am 1. November 1890 folgte die Eröffnung der Güterbahnhöfe 
Derendorf und Bilk und gleichzeitig die Schliessung des Cöln-Mindener 
Bahnhofs für den Güterverkehr. Am 1. April 1891 beendete der Bergisch- 
Märkische Güterbahnhof sein Dasein. Der Personenverkehr hörte mit Er¬ 
öffnung des Bahnhofs Bilk (Abb. 753 u. 754) am 1. Juli 1891 in Rath B.-M. f 
in Grafenberg und Gerresheim Rh., sowie in Düsseldorf C.-M. auf. Zuletzt 
wurde der Personenverkehr des Bergisch-Märkischen Bahnhofs am 1. Ok¬ 
tober 1891 nach dem neuen Hauptbahnhofe verlegt, aber erst ein Jahr 
später konnte die geräumige Eingangshalle nach einer kleinen Schlussfeier 
dem Verkehre übergeben werden. 

Aus dem diesem Werke beigegebenen Stadtplane und dem Plane der 
Gleisanlagen in und um Düsseldorf ist zu erkennen, wie die Eisenbahn- 


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DIE STAATSEISENBAHN-ANLAGEN. 


465 


linien nach dem eben geschilderten Umbau Düsseldorf seit 1891 im S. und 
O. in weitem Bogen umfassen, dabei fast überall*) die Strassen schienenfrei 
kreuzend und das ganze grosse Gebiet, das von der Friedrichstrasse, der 
Luisenstrasse, dem Bahnhofe, der Bismarckstrasse, Charlottenstrasse und 
Bahnstrasse begrenzt wird, der Bebauung eröffnend. 

Wo heut die prächtige Graf-Adolfstrasse vom Hauptbahnhofe zur Friedrich¬ 
strasse führt und sich weiterhin die Haroldstrasse bis zum Rheine hinzieht, 
da rollten einst die Züge der Bergisch-Märkischen Bahn und schnitten den 
Süden durch die Planübergänge vollständig von der übrigen Stadt ab. 
Dieser neue Stadtteil Düsseldorfs wurde in den Jahren 1893 bis 1894 





Grundriss des Empfangsgebäudes auf Bahnhof Bilk. 1 :600. 


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angelegt und damals musste auch das Bergisch-Märkische Empfangsgebäude, 
dessen stattliche Vorhalle im Frühlinge einem Eingangstore mit dem wunder¬ 
vollen Blicke auf den grünenden Hofgarten glich, dem Durchbruche der 
Königsallee zur Luisenstrasse weichen (Abb. 748). Heute sieht das ganz 
selbstverständlich aus, aber damals schwankte man lange, ob man an dieses 
Wahrzeichen der Stadt Hand legen sollte. 

Charakteristisch für Düsseldorf ist die Anlage des monumentalen Vor¬ 
platzgebäudes (Abb. 755) in Strassenkrone und des Bahnsteiggebäudes 

*) Nur an drei Stellen, der Münsterstrasse, der Stoffeierstrasse und dem Feldwege am Käshof 
blieben Planübergänge bestehen, von denen aber der an der Münsterstrasse seit 1902 durch eine 
Überführung beseitigt ist. 

30 


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466 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


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Abb. 755. Hauptbahnhof. Ansicht des Vorplatzgebäudes. 


in Schienenhöhe, ln jenem sind die Fahrkartenschalter, die Gepäckabfertigung, 
die Post und die Stationskasse, Diensträume für die Bahnmeisterei, Ver¬ 
sammlungssäle und eine Dienstwohnung untergebracht, in diesem die Dienst¬ 
zimmer der Station, die Wartesäle, ein Fürstenzimmer und Räume für den 
Bahnhofswirt. Architektonisch wohlgelungen sind die Eingangshalle des 
Vorplatzgebäudes (Abb. 756 u. 757) und der Lichthof des Bahnsteiggebäudes. 

Das an drei Fronten feinkörnigen Sandstein aus der Rheinpfalz zeigende 
Vorplatzgebäude ist in vornehmen ruhigen Formen erbaut, mit höchst sauber 
ausgeführten Feinheiten der Steinmetzkunst geziert; es macht einen statt¬ 
lichen Eindruck, der allerdings noch erheblich gewinnen würde, wenn 
das Gebäude so wie der ausführende Architekt es erdacht hatte, nämlich 
höher, ausgeführt worden wäre. Leider scheiterte diese Absicht des Archi¬ 
tekten an besonderen Verhältnissen und heute bleibt nur zu bedauern, dass 
die den Bahnhofsvorplatz umgebenden anderen Gebäude das sie an künst¬ 
lerischer Empfindung weit übertreffende Empfangsgebäude durch ihre Masse 
überragen. 

Düsseldorf ist Durchgangsbahnhof für die Linien Berlin-Magdeburg- 
Elberfeld-Aachen und Berlin-Hannover-Cöln, die sich vor dem Hauptbahn- 
hofe schienenfrei kreuzen, sodann für Schnellzüge Cöln-Hamburg, Cöln- 
Münster, Cöln-Emmerich-Holland und die Luxuszüge Amsterdam-Cöln- 
Mentone, die denselben Weg über Düsseldorf nehmen, wie Berlin-Hannover- 
Cöln. Fast alle Züge der anderen Linien (von Opladen, Lennep, Mettmann 
und Rath, Kettwig, Speldorf) enden auf Kopfbahnsteigen (Abb. 758). 

Bei Aufstellung des Entwurfs für den Hauptbahnhof hatte man mehr 
Gewicht auf leichte und bequeme Zugänglichkeit aller Bahnsteige als auf 
das Vermeiden der Überschreitung eines Gleises auf jeder Bahnhofsseite 
gelegt. Die Reisenden mussten daher auf der Seite Berlin-Aachen das Gleis 


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DIE STAATSEISENBAHN-ANLAGEN. 467 

Neuss-Elberfeld und auf der Cölner Seite das Oleis Duisburg-Cöln über¬ 
schreiten, um an die Züge der anderen Fahrrichtungen heranzukommen. 
Solange der Verkehr noch nicht allzu dicht war, erschien dieser Zustand 
erträglich, aber mit der Vermehrung der Züge, besonders der Schnellzüge, 
entstanden doch Fahrplanschwierigkeiten, die zum Teile nur durch besondere 
Maßnahmen gelöst werden konnten. 

Schon seit längerer Zeit plante man deshalb schienenfreie Zugänge zu 
den Mittelbahnsteigen. Aber erst die in Aussicht stehende Ausstellung 1902 
gab erwünschten Anlass, den Plan in die Wirklichkeit umzusetzen. Im 
Jahre 1900 begann der Umbau des Hauptbahnhofs Düsseldorf damit, dass 
erst der Gepäcktunnel bis zum Maschinenhaus, dann der Ausgangstunnel 
und der Posttunnel bis zum Bahnsteig IV verlängert wurden; daran schloss 
sich die Umänderung der Treppenanlagen, die Herstellung der Bahnsteige 
für Post und Gepäck, die Verlegung der Aufzüge und Bahnhofsspeiren, so¬ 
wie die Vermehrung der Fahrkartenschalter. Schon vorher war ein eigenes 


Abb. 756. 


Hauptbahnhof. Mittelteil des Vorplatzgebäudes. 

30* 


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468 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Elektrizitätswerk an das Maschinenhaus, das früher nur der Heizung diente, 
zur Beleuchtung des Hauptbahnhofs, der Bahnhöfe Bilk, Derendorf und 
Lierenfeld angebaut worden. Auch die Umänderung der beiden Kreisdreh¬ 
scheiben an den Kopfbahnsteigen V und X in Pendelscheiben war durch 



Abb. 757. Hauptbahnhof. Innenansicht der Eingangs- und Schalterhalle. 


den wachsenden Verkehr bereits vorher nötig geworden. — Beide Tunnel 
sind seit igo2 sowohl dem Eingänge wie dem Ausgange freigegeben und 
die Fahrkartenprüfung findet unten statt, Maßregeln, die jedem Reisenden 
nur angenehm sein werden. 

Den jetzigen Zustand stellt im Grundrisse die Abbildung 75g dar. 


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DIE STAATSEISENBAHN-ANLAGEN. 


469 


So wohlgelungen die jetzigen Anlagen sind, weil alle Reisenden ohne 
Gleisüberschreitung zu allen Zügen gelangen können, so bleibt doch zu 
beklagen, dass der Mjttelbahnsteig I sowohl wegen der Säulenstellungen als 
wegen der durchaus nötigen Anzahl der Gleise besonders neben den beiden 
Treppen nicht breiter angelegt werden konnte. 

Ausser an dem Hauptbahnhofe sind natürlich seit 1891 auch andere Ver¬ 
änderungen der Düsseldorfer Bahnhöfe nötig geworden. So wurde der 
Bahnhof Bilk mit erheblichen Mitteln für den Güterverkehr bedeutend er¬ 
weitert und mit einer Bahnsteighalle versehen. Das letztere war auch in 
Derendorf der Fall, wo ferner ein Dienstgebäude für Übernachtung und für 
Wohnzwecke, sodann ein grosser Lokomotivschuppen mit nennenswerten 
Erweiterungen der Gleise für den Güterverkehr und den Verschubbetrieb 
zu erwähnen wären. Auch in Grafenberg und Gerresheim fanden erheb¬ 
liche Umänderungen statt. Der Anschluss zum Hafen, der früher von Bilk 
ausgehend nach Norden hin zum alten Rheinwerft lief, wendet sich jetzt 
südwestlich zum Hafenbahnhofe, der bereits 1896 eröffnet wurde. Den 
Betrieb im Hafen führt die Stadt, indem sie den ganzen Verschubverkehr 
und die Zuführung der Wagen zu den einzelnen Ladestellen übernimmt, 
während die Staatseisenbahn nur die Züge anbringt und abholt. 

In letzter Zeit wurde noch die Verbindungsbahn von Lieren- 
feld über Grafenberg nach Rath gebaut, die den Güteraustausch zwischen 
den beiden erstgenannten Bahnhöfen und den vielen angeschlossenen Werken 
erheblich erleichtert. Früher wurden alle diese Güter über Derendorf ge¬ 
fahren und störten dort ungemein, weil die Züge wenden mussten. 

Ein der Neuzeit angepasster, hier beigefügter „Plan der Gleis¬ 
anlagen in und um Düsseldorf" (Abb. 760) gibt ein anschauliches 
Bild der einzelnen Bahnhöfe und der verschiedenen Schienenwege zwischen 
diesen Bahnhöfen, deren Entfernungen voneinander die folgenden sind: 


Block Rheinbrücke bis Bilk 4,20 km 

Bilk „ Hauptbahnhof 2,00 „ 

n „ Hafen 2,60 „ 

Hauptbahnhof „ Derendorf 2,00 „ 

„ „ Block Stoffeln*) 1,90 „ 

Block Stoffeln „ Eller 2,00 „ 

Block Eller „ Lierenfeld 2,10 „ 

Lierenfeld „ Derendorf 2,30 „ 

Derendorf „ Grafenberg 3,30 „ 

Hauptbahnhof „ Block Flingern 2,30 „ 

Block Flingern „ Gerresheim 3,10 „ 

Lierenfeld „ Grafenberg 2,40 „ 

Grafenberg „ Rath 3,20 „ 


*) Dieser Block musste im Laufe der Jahre noch eingeschaltet werden, weil die Züge sonst 
bei Block Eller, wo sich zwei Linien kreuzen — Hauptbahnhof-Eller und Lierenfeld-Cöln — und 
zwei andere berühren, nämlich Hauptbahnhof-Cöln und Lierenfeld-Eller, zu sehr ins Stocken gerieten. 


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470 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Man ersieht ferner aus dem Plane, in wie enger Verbindung der städ¬ 
tische Hafen mit Bilk, dem Hauptbahnhofe und Derendorf steht, wie bequem 
an letzteren der Schlacht- und Viehhof angegliedert ist, wie ferner die Bahn¬ 
höfe Derendorf, Lierenfeld und Orafenberg ein geschlossenes Dreieck bilden, 
und wie vielseitig die Anschlüsse an die zahlreichen industriellen Werke 
gestaltet sind. Von den 37 Anschlüssen, die mit 100 Weichen rund 18,7 km 
Oleise umfassen, seien beispielsweise genannt: die städtische Gasanstalt und 
das städtische Elektrizitätswerk, die Waggonfabrik, die Lokomotivfabrik 
Hohenzollem, die Eisengiesserei und Maschinenfabrik Haniel & Lueg, die 
Werkzeugmaschinenfabrik Schiess, die .Kesselfabrik Piedboeuf, die Draht¬ 
industrie, das Lierenfelder Walzwerk, das Oberbilker Stahlwerk, die Fabrik 
von Hein, Lehmann & Co., das Röhrenwalzwerk Hahn. Das wird genügen, 
um einen Begriff zu geben von der Fülle der einzelnen Zweige auf dem 
Gebiete der Eisenindustrie, die sich um Düsseldorf zusammendrängen. 

Erkennt man schon hieraus die Bedeutung der Düsseldorfer Bahnhöfe, 
so wird die nachfolgende Zusammenstellung, welche die in Wochentagen 
auf dem Hauptbahnhofe innerhalb 24 Stunden verkehrenden Personenzüge 
angibt, dieses Bild noch anschaulicher gestalten. 



-*!■ *- * 




Abb. 758. 

1. Stations-Vorstand. 

2. Stations - Assistent. 

3. Stations - Telegraphen - Dienst- 

räume. 

4. Kaiser-Zimmer. 

5. Speisesaal. '' 

6. Anrichte-Zimmer. 


Hauptbalmhof. Grui 

7. Wartesaal III. und IV. Klasse. 

8. Wartesaal I. und II. Klasse. 

9. Sitzungszimmer. 

10. Nebenraum. 

11. Abort für Männer. 

12. Abort für Frauen. 

13. Abort für Männer. 


des Bahnsteiggebäudes. i: 1560. 

14. Abort für Frauen. 

15. Damenzimmer. 

16. Herrenwaschzimmer. 

17. Damenwaschzimmer. 

18. Aborte. 

19. Bahnarbeiter. 

20. Zugbeamten. 


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DIE STAATSEISENBAHN-ANLAGEN. 


471 



Abb. 759. Hauptbahnhof. Grundriss des Vorplatzgebäudes. 1:1280. • 


21. Kesselhaus. 

33. Raum für das Hauptschalt¬ 

44. Raum für Publikum. 

22. Bierkeller. 

brett. 

45. Kassenräume. 

23. Batteriekammer. 

34. Posttunnel. 

46. Hauptschalter. 

24. Keller der Verwaltung. 

35. Eingangstunnel. 

47. Eingangshalle. 

25. Waschküche. 

36. Gepäcktunnel. 

48. Hülfsschalter. 

26. Plättstube. 

37. Ausgangstunnel. 

49. Polizei. 

27. Vorratskeller. 

38. Postpackkammer. 

50. Handgepäck. 

28. Keller der Verwaltung. 

39. Entkartung. 

51. Gepäckhalle. 

29. Flaschenkeller. 

40. Abfertigung. 

52. Ausgangshalle 

30. Maschinist. 

41. Postamtsvorsteher. 

53. Bahnarzt. 

31. Aufzüge. 

42. Stationskassenräume. 

54. Fahrkarten • Kontrolle. 

32. Heizkammer. 

43. Postschalterflur. 



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472 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Ankommende: 

Schnellzüge Personenzüge 


von 

Cöln 

20 

11 

tt 

Duisburg 

20 

11 

tt 

Elberfeld 

5 

14 

n 

Neuss 

5 

21 

tt 

Rath 

1 

22 

tt 

Lennep 

— 

10 

tt 

Opladen 

— 

8 

tt 

Mettmann 

— 

6 

tt 

Benrath 

— • 

3 

tt 

Langenfeld 

— 

1 

tt 

Gruiten 

— 

1 

tt 

Calcum 

— 

1 


Abfahrende: 

Schnellzüge Personenzüge 


nach 

Cöln 

21 

11 

tt 

Duisburg 

IQ * 

n 

tt 

Elberfeld 

5 

15 

tt 

Neuss 

5 

20 

tt 

Rath 

1 

18 

n 

Lennep 

— 

10 

tt 

Opladen 

— 

7 

tt 

Mettmann 

— 

6 

tt 

Benrath 

— 

3 

tt 

Langenfeld 

— 

1 


Zusammen 51 109 Zusammen 51 102 

Hierzu kommen noch an jedem Werktage, abgesehen von den Bedarfs¬ 
zügen, 24 Eilgüter-, ‘Vieh- und Ferngüterzüge, die den Hauptbahnhof 
berühren. 



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DIE STRASSEN- UND KLEINBAHNEN. 


473 


Die Strassen- und Kleinbahnen.*) 

ie Strassenbahnen Düsseldorfs, die jetzt zu den städtischen 
wirtschaftlichen Unternehmen zählen, haben eine bewegte 
Entwicklung hinter sich. 

Im Jahre 1877 wurden einer belgischen Gesellschaft 
die Anlage und der Betrieb einer normalspurigen Pferde¬ 
bahn innerhalb der Stadt mit 25 jähriger Konzessions¬ 
dauer genehmigt Die eingleisige Bahn hatte 1889 vier Linien mit einer 
Länge von 9,5 km und beförderte mit einem Bestände von 68 Pferden und 
33 Einspännerwagen ohne Abonnenten 1715000 Personen, wovon sie 
242000 M bezog. Der zwischen Stadt und Gesellschaft abgeschlossene, ein 
förmliches Monopol gewährende, Vertrag war für den Unternehmer sehr 
günstig, aber nicht geeignet, das Verkehrsmittel der Stadt fortschreitend 
anzupassen und weiter zu entwickeln. Als die verstaatlichten Privatbahnen 
auf einem Hauptbahnhofe im Osten der Stadt zusammengeführt wurden und 
der Strassenverkehr, in andre Richtungen gewiesen, neue und vermehrte Be¬ 
förderungsgelegenheiten förderte, entschloss sich die Stadtverwaltung 1892, 
die Pferdebahn anzukaufen und die Gesellschaft durch eine bis zum Ablaufe 
der Konzession zu zahlende Rente zu entschädigen. 

Am 1. Juli 1892 wurden Gleise und Fuhrpark übernommen, der Be¬ 
trieb aber zunächst noch an einen Unternehmer verpachtet Das Jahr schloss 
nach Erbauung neuer Linien mit einer Bahnlänge von 19,7 km ab, worauf 
mit 124 Pferden und 46 Einspännerwagen 2220000 Personen ohne die 
Abonnenten befördert und 290000 M eingenommen wurden. Das Gleisnetz 
erweiterte sich bis zum Jahre 1898 auf rd. 45 km Betriebslänge, der Fuhr¬ 
park auf 370 Pferde und 88 Einspännerwagen, und befördert wurden fast 
acht Millionen Fahrgäste, die eine Einnahme von 1360000 M brachten. 
Die Zahl der Angestellten betrug 440 Mann. Hiermit hatte das Pferde¬ 
bahnwesen seinen Höhepunkt erreicht. Neben dem Pferdebetriebe war 
bereits eine Linie, die stark benutzte Strassenbahn nach Grafenberg, mit 
grossem Erfolge einige Jahre elektrisch betrieben worden, und die Vorzüge 
erkennend drängten jetzt Verwaltung wie Bürgerschaft zur allgemeinen Ein¬ 
führung des motorischen Betriebs. Zugleich forderten die alten vielfach 
verschlissenen Gleise und Wagen dringend Erneuerung. So wurde denn 
am 29. März 1898 der elektrische Strassenbahnbetrieb beschlossen, 
dessen Durchführung mit Hilfe des seit 1892 bestehenden städtischen 
Elektrizitätswerks wohl sehr erleichtert, bei der notwendigen Erneuerung 
der Gleise und dem Umbaue der Bahnhofsanlagen aber durch die Forderung 
der Aufrechterhaltung des Betriebs erheblich erschwert war. Am 1. Juli 1899 
wurde der motorische Betrieb der ihn einrichtenden Elektrizitätsgesellschaft 
Schuckert 81 Cie. übertragen und die Umwandlung in flotten Gang gesetzt, 

*) Unter Benutzung der Festschrift der Rheinischen Bahngesellschaft 1898 für den Abschnitt 
der Kleinbahn Düsseldorf-Crefeld. 



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DIE STRASSEN- UND KLEINBAHNEN. 475 



Am 1. Juli endlich nahm die städtische Verwaltung den Betrieb auf 
dem 30,1 km langen doppelgleisigen Bahnnetze mit 230 Motor- und An¬ 
hängewagen selbst in die Hand und zählte am Schlüsse des Jahres 1900 
14352000 beförderte Personen und 1136000 M Einnahme. (Einige weitere 
Angaben finden sich in Abschnitt I unter 6. Statistisches.) 



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S esor gt und Düsseldorf konnte 

Ahb. 764. Ansicht des Dienstgebäudes auf dem Münstertrassen - Bahnhofe. SChlOSS daher l8QQ den 

Bau von Vorort¬ 
bahnen nach Gerresheim und Eller und den Ankauf der im Privat¬ 
besitze befindlichen Linien nach Rath-Ratingen, mit der Absicht, diese 
Linien im Anschlüsse an das innere Strassenbahnnetz fortan selbst zu betreiben. 

Die linksrheinischen Vororte und die Städte Crefeld und Neuss 
waren schon zwei Jahre früher durch die Rheinische 
Bahngesellschaft der Großstadt näher gebracht, und 
die Kontinentale Gesellschaft für elektrische 
Unternehmungen verband die südlich gelegenen Ort 
schäften, darunter die Stadt Hilden, bis 
Vohwinkel bei Elberfeld mit Düsseldorf 
durch die jetzt von der Bergischen Klein¬ 
bahngesellschaft betriebene Schmalspur¬ 
bahn, die in Oberbilk an die städtische 
Strassenbahn anschliesst. Auch die n ö r d 1 i c h e 
Umgebung bis Duisburg wurde durch die 
über Kaiserswerth führende Düsseldorf- 
Duisburger Kleinbahn aufgeschlossen. ~[ 

An den letzten beiden Linien besitzt die Stadt J 
vertragliche Mitbetriebsrechte und Erwerbs- r 
rechte bis zur Stadtgebietsgrenze, ohne sie ; 


i|j. 




Abb. 765. Dienstgebäude. Münsterstrasse. Abb. 766. Abb. 767. Dienstgebäude. Münsterstrasse. 
Erdgeschoss. 1:500. Obergeschoss. 1:500. Seitenansicht mit Schnitt. 1:200. 





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DIE STRASSEN- UND KLEINBAHNEN. 


477 



bisher geltend gemacht zu haben. Welchen segensreichen Einfluss diese 
Vorortbahnen im Vereine mit den städtischen Strassenbahnen haben, geht 
am besten aus den Betriebsergebnissen und Einnahmen des Jahres 1902 hervor. 

Personen Einnahme in M 

Die städtischen Strassenbahnen beförderten 23163448 2567452 

„ Rheinische Bahngesellschaft „ 5069810 

„ Düssseldorf-Duisburger Kleinbahn „ 1 326 500 

„ Bergische Kleinbahn im Stadtgebiete „ 627330 rd. 40000. 

Somit war auf dem vorbeschriebenen Wege sichtlich nicht nur einem 
längst empfundenen Verkehrsbedürfnisse, sondern auch vielen Mißständen 
in der Verteilung der Besiedelung innerhalb des Einflusskreises der Stadt 
und somit in der Wohnungsfrage abgeholfen. 

Mit der Herabsetzung der Tarife und der Einführung zusammen¬ 
stimmender Fahrpläne auf den einzelnen Bahnen wurden weitere wesentliche 
Fortschritte in der Benutzung dieser Verkehrsmittel gemacht. 


Der Gleisbau der städtischen Strassenbahnen ist im Abschnitte „Strassen- 
bau" beschrieben. Der elektrische Strom wird aus den städtischen 



Abb. 769. Lageplan des Bahnhofs in der Limpurgstrasse. 1:1000. 


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Abb. 77o. Ansicht der Wagenhalle auf dem Limpurgstrassen - Bahnhofe. 


478 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Der Hauptbetriebs-und 
Werkstättenbahnhof liegt 
ziemlich zentral in der Er- 
kratherstrasse (E 5) und ist 
hinsichtlich der Ausnutzung des 
ungünstig abgegrenzten Ge¬ 
ländes bemerkenswert (Abb. 761). 
Filialbahnhöfe befinden sich an 
der Münsterstrasse (D 3) für 
die nördlichen Linien (Abb. 762, 
763, 764, 765, 766,767,768); in 
Rath (G 1) für die Ratinger 
Linie; an der Limpurg- 
strasse(G3) in Grafenberg 
für die östlichen Linien (Ab¬ 
bild. 769, 770, 771,772, 773, 774), 
und in Eller ist ein kleiner 
Abstellbahnhof (H 7) ein¬ 
gerichtet. 

Die Rheinische Bahn¬ 
gesellschaft hat ihren Be¬ 
triebsbahnhof mit Kraft¬ 
station in Qberkassel, ist 
aber über die Rheinbrücke und 
die Allee- und die Breitestrasse 
bis zum Graf-Adolfplatze (D 5) 
nach Düsseldorf hineingeführt, 
wie sie auch eine Güterzugs¬ 
verbindung von dem Ratinger 
Tore nach den auf dem Rhein- 
werfte stehenden Hallen der 
Dampfschiffahrts - Gesellschaften 
unterhält. Ihre Bahn wurde 
1897 eröffnet und war die erste 
normalspurige, mit Oberleitung 
elektrisch betriebene Fernbahn 
für Schnellzugsverkehr in 
Deutschland, ln der Düssel¬ 
dorfer Alleestrasse ist sie aus 
Schönheitsgründen genötigt ge¬ 
wesen, statt der das Strassenbild 
störenden Kraftoberleitung unter¬ 
irdische Stromzuführung aus 
einem Schlitze neben einerSchiene 


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DIE STRASSEN'- UND KLEINBAHNEN. 


479 


nach System Siemens & Halske 
anzuwenden. 

Dem Betriebe ist eine Ge¬ 
schwindigkeit von 40 km auf 
der freien Strecke zugrunde ge¬ 
legt. Die Bahn hat daher 
grösstenteils eignen Bahnkörper 
erhalten müssen und durchfährt 
auch die kleinen Zwischenorte 
nicht auf den Ortsstrassen, 
sondern berührt sie ausserhalb, 
wo besondere kleine Halte¬ 
stellengebäude errichtet sind. 

Das Planum der freien 
Strecke ist mit 9,2 m Breite, 
also zweigleisig angelegt; vor¬ 
derhand ist aber nur die Strecke 
in Düsseldorf und auf einer 
Strasse in Crefeld zweigleisig 
mit Achsenabstand von 2,75 m 
ausgebaut. Diese Breiten sind 
mit der Absicht bemessen, auf 
der freien Strecke zwischen 
Oberkassel und Crefeld auch 
Staatsbahnwagen zu überführen, 
auf den Endstrecken aber nur 
Kleinbahnwagen zu fahren. Des¬ 
halb ist auch die freie Strecke 
mit dem normalen Quer¬ 
schwellenoberbau und Vignoles- 
schienen der preussischen Staats¬ 
bahn versehen. Die Endstrecken 
haben Rillenschienen des Profils 
25 a mit einem Gewicht von 
42 kg für das Meter erhalten, 
die auf einem 30 cm breiten 
und 15 cm hohen Steinpacklagen- 
Unterbau ruhen und 10 cm hoch 
mit Kiesbeton unterstopft sind. 

Die Kraftstation in Ober¬ 
kassel ist für Gleichstrom von 
600 Volt Spannung errichtet 
und versorgt die Strecke von 
Düsseldorf bis Hoterheide(i2km) 





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Abb. 77b. 


Elektrizitätswerk und Dienstgebäude in Oberkassel. 


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DIE STRASSEN- UND KLEINBAHNEN. 


481 



• Abb. 777. Beamten Wohnhäuser bei Bahnhof Oberkassel. 


direkt mit Strom. Für die weitern 10 km bis Crefeld ist eine Akkumulator- 
Unterstation in Fischeln (16 km) angelegt, die ihrerseits durch eine besondere 
Fernleitung von Oberkassel Strom erhält. Sie lässt sich bei steigender Be¬ 
anspruchung zu einer zweiten Kraftstation ausbauen. 

Um Schwankungen auszugleichen, ist die Zentrale mit einer Akkumu¬ 
lator-Pufferbatterie ausgestattet. 

Die Verteilung der Gebäude auf dem Betriebsbahnhöfe Oberkassel zeigt 
der Lageplan (Abb. 775). Der Hof hat Oleisverbindung mit dem daneben- 



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482 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN 


liegenden Staatsbahnhofe. Die Bauten sind massiv, für die Pfeiler, Tür- und 
Fensterumrahmungen aussen ausgesuchte Maschinensteine verwendet, die 
Flächen geputzt. 

Das an das Maschinenhaus anstossende Verwaltungsgebäude enthält 
auch einen Aufenthaltsraum für das Dienstpersonal, einen Waschraum mit 
Badeeinrichtung und im ersten Stocke den Akkumulatorraum (Abb. 776). 

Neben dem Betriebsbahnhöfe liegt eine Reihe von Beamtenwohnhäusern, 
deren Äusseres dem der Betriebsbauten entspricht (Abb. 777). 

Als Muster einer Haltestelle auf der Strecke ist die des Orts Büderich, 
die oben eine Wärterwohnung enthält, in Abbildung 778 gegeben. 

Die Bergische Kleinbahn hat ihren Bahnhof mit Kraftwerk in 
Benrath und die Düsseldorf-Duisburger in Kaiserswerth. Die Bau- 
und Betriebsweise dieser Privatbahnen schliesst sich der städtischen im wesent¬ 
lichen an. 


& 


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DIE KANALISATION. 


483 



7. Die Kanalisation Düsseldorfs. 

A. Entwässerungsverhältnisse Düsseldorfs vor der Kanalisation. 

|ie Entwässerungsverhältnisse Düsseldorfs waren vor Aus¬ 
führung der Kanalisation wenig befriedigend und ge¬ 
sundheitlich bedenklich. Soweit sich die Möglichkeit 
bot, wurden die Abwässer in der Altstadt durch kurze 
Kanäle dem Rheine, in anderen Stadtteilen den beiden 
Düsselarmen und den von diesen gebildeten Zierteichen 
zugeführt. Die in letztgenannten Gewässern zur Ablage¬ 
rung gelangenden Schlammassen verbreiteten, besonders in den Sommer¬ 
monaten, vielfach gesundheitsschädliche Ausdünstungen. Auch der Boden 
und das Grundwasser wurden durch die vielen Senkgruben verunreinigt, 
da diese die einzige Möglichkeit zur Beseitigung der Abwässer in den Stadt¬ 
teilen bildeten, die der oberirdischen Vorflut entbehrten. 

Die Unzulänglichkeit dieser Entwässerungsverhältnisse, die bei der 
raschen Entwicklung der Stadt naturgemäss immer fühlbarer werden musste, 
die vermehrte Wasserzuführung durch die im Jahre 1870 in Betrieb gesetzte 
Wasserleitung, endlich die Erkenntnis, dass für die neu entstehenden Bau¬ 
viertel beizeiten für ordnungsmässige Entwässerung gesorgt werden müsse, 
zeitigten den Entschluss, eine systematische Kanalisation auszuführen, deren 
Entwurf im Jahre 1882 unter Leitung des früheren Stadtbaurats Frings in 
Angriff genommen wurde. Mit der Ausführung wurde 1884 begonnen. 


B. Grundzüge des Entwurfs der Kanalisation. 

D er Entwurf für die Kanalisation sah die gemeinsame Abführung von 
Regen- und Gebrauchswasser, sowie der menschlichen Auswurfstoffe vor. 
Da indessen die Aufsichtsbehörde für die Zuführung der letzteren zu den 
Kanälen die Herstellung einer Kläranlage zur Bedingung machte, die Stadt 
sich zur Erbauung einer solchen damals jedoch nicht entschlossen konnte, 
wurde von der Zuführung dieser Stoffe vorläufig abgesehen; sie wurden nach 
wie vor in den Grundstücken aufgestapelt und von Zeit zu Zeit abgefahren. 
Nachdem jedoch inzwischen eine Reinigungsanlage für die Abwässer an der 
Nordgrenze des Stadtgebiets hergestellt worden ist — worüber unten näheres — 
werden auch die menschlichen Auswurfstoffe den Kanälen zugeführt. 

Für einen kleinen Teil des Stadtgebiets bei Grafenberg — auf dem 
Übersichtsplan (Abb. 779) durch eine Schraffur umrändert — findet die ge¬ 
trennte Abführung von Regen- und Schmutzwasser statt. Das Regenwasser 
des steil abfallenden Gebiets wird durch einen besonderen Kanal dem 
Kittelbache zugeführt. 

Wegen der verschiedenen Höhenlage ist das Stadtgebiet in ein oberes 
und in ein unteres Entwässerungssystem eingeteilt worden. Die Kanäle des 
unteren Systems müssen bei einem Rheinwasserstande von 4- 6,00 m am 
Düsseldorfer Pegel und darüber vom Rheine abgesperrt und durch Pumpen 

31* 


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484 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


entleert werden, während die Kanäle des oberen Systems bei der höheren 
Lage der Strassen immer mit dem Rhein in Verbindung bleiben können; 
jedoch müssen auch in einzelnen Teilen des oberen Systems in die Leitung 
für die Kellerentwässerung Absperrschieber eingeschaltet werden, die bei 
hohen Rheinwasserständen zur Verhinderung von Kellerüberflutungen ge¬ 
schlossen zu halten sind. 

Das Stadtgebiet nördlich des Hofgartens und östlich der Cölnerstrasse 
gehört zum oberen System, während das untere System für die Entwässerung 
der übrigen Teile des Stadtgebiets dient. (Siehe Übersichtsplan Abb. 779.) 

Jedes dieser beiden Systeme zerfällt wieder in ein inneres Gebiet und 
in ein Aussengebiet. Von diesen kann das nördliche Aussengebiet ohne 
Schwierigkeiten im Anschlüsse an die bestehende Kanalisation entwässert 
werden, für das südliche Aussensystem werden, wenn es nicht möglich ist 
die gereinigten Schmutzwässer dieses Systems oberhalb der bebauten Stadt 
dem Rheine zuzuführen, die Abwässer durch Pumpen der Reinigungsanlage 
an der Nordgrenze des Stadtgebiets zugeführt werden müssen. 

Der Sammelkanal des oberen Systems geht von der südlichen Düssei an der 
Scheidlingsmühle (Übersichtsplan F 8) nach Norden durch die Cölnerstrasse, die 
Pempelforterstrasse, die Rochus-, Duisburger- und Kaiserswertherstrasse, wo 
er nördlich des alten Friedhofs im Zuge der Rolandstrasse nach dem 
ursprünglichen Projekte in den Rhein münden sollte. Der Auslass im Zuge 
der Rolandstrasse, der auch die Abwässer des unteren Systems aufnehmen 
sollte, ist indessen nicht zur Ausführung gelangt; für die gesamte Kanali¬ 
sation ist jetzt ein gemeinsamer Auslass an der Stadtgrenze hergestellt, 
worüber weiter unten im Abschnitt G das Nötige gesagt wird. Bis zur 
Fertigstellung dieses gemeinsamen Auslasses hat das Wasser des oberen 
Systems sich durch den im Zuge der Crefelderstrasse (D 3—4) erbauten Regen¬ 
auslass in den Rhein ergossen. 

Der Sammelkanal des unteren Systems geht von der südlichen Düssei 
an der Brunnenstrasse (D 7) durch die letztere, die Friedrichs-, Kirchfeld-, 
Elisabeth-, Kasernen-, Alleestrasse und durch den Hofgarten nach der da¬ 
selbst errichteten Pumpstation; von hier ergossen sich bis zur Herstellung 
des vorhin erwähnten gemeinsamen Sammelkanals seine Abwässer durch 
einen im Zuge der Inselstrasse erbauten Kanal in den Rhein. 

Wegen der Nähe des Rheins ist es möglich, den Sammelkanal des 
unteren Systems an mehreren Stellen durch Regenauslässe zu entlasten. Dies 
geschieht dort, wo grössere Nebensammelkanäle einmünden, wie an der 
Ecke der Elisabeth- und Herzogstrasse, der Elisabeth- und Thurmstrasse, der 
Kasernen- und Benratherstrasse, sowie der Allee- und Mühlenstrasse. Infolge 
dieser Entlastung brauchte der Sammelkanal trotz des geringen Gefälles von 
1:3000 auf seinem unteren Laufe nur ein Profil von 2,00 m Höhe und 1,60 m 
Breite zu erhalten. 

Viel ungünstiger liegen bezüglich der Entlastung durch Regenauslässe 
die Verhältnisse im oberen Systeme, weil hier wegen der grösseren Ent- 


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DIE KANALISATION. 


485 


fernung vom Rheine nur wenige Regenauslässe zu diesem geführt werden 
können. Ein Regenauslass ist vorgesehen in der Dorotheenstrasse und 
Lindemannstrasse von der Ackerstrasse ab nach der nördlichen Düssei unter¬ 
halb des Zoologischen Gartens, ein anderer soll von der Behrenstrasse ab 
durch die Kettwigerstrasse, die Cölner- und Stoffeierstrasse die grösste Menge 
des Regenwassers des östlich dieser Kanäle liegenden Gebiets der südlichen 
Düssei zuführen. Von diesen Punkten ab ist aber eine Entlastung der 
Kanäle des oberen Gebiets bis zum Treffpunkte der Duisburger-, Nord- und 
Kaiserswertherstrasse nicht mehr möglich; daher musste der Kanal in der 
Rochus- und Duisburgerstrasse verhältnismässig gross werden; er hat eine 
lichte Höhe von 2,40 m und eine lichte Weite von 2,go m bei einem Gefälle 
von 1: 700 erhalten. 

Erst von dem letzgenannten Punkte ab konnte durch die Crefelderstrasse 
der einzige Regenauslass für das obere System nach dem Rheine hin im 
inneren Stadtgebiet angeordnet werden. 


C. Berechnung der Kanalprofile. 

a) Formeln zur Berechnung der Kanalprofile. 


D ie Berechnung der Kanalprofile erfolgte früher nach der Eytelweinschen 
Formel, später aber nach folgenden, die Durchflussquerschnitte der ver¬ 
schiedenen Kanalprofile besser berücksichtigenden Gleichungen unter 3. und 4. 

1. Q = F-c. 



3. c = k\/R-J. 


4. k — 


. 1 
23 + - 
_ ' n 

23 -ti 
1 4 - —— 


In diesen Formeln bedeutet: 

Q — Wassermenge in cbm. 

F= Querschnittsfläche der Leitung in qm. 
p = Benetzter Umfang des Querprofils in m. 

F 

R = Hydraulischer Radius = -• 


c = Geschwindigkeit des Wassers pro Sekunde in m. 

J = Relatives Gefälle. 

n = 0,012 = Rauhigkeitsgrad. 

k = Koeffizient, der abhängig ist von n und R. 

Die Formel unter 4 ist die vereinfachte von Ganguillet und Kutter. 


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486 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Hiernach sind die Kanalprofile abhängig: 

1. von der abzuführenden Wassermenge, 

2. von dem Gefälle, welches den Kanälen mit Rücksicht auf den Wasser¬ 
stand im Vorfluter, hier im Rheine, und auf die Höhenlage der zu 
entwässernden Strassen gegeben werden kann. 


b) Abzuführende Regenwassermenge. 


Für die Berechnung der Kanalprofile wurde ein Regenfall von 40,6 mm 
Höhe in der Stunde angenommen, der nach den meteorologischen Beob¬ 
achtungen in Düsseldorf von 1887 bis 1903, das ist in 16 Jahren, nur einmal 
überschritten worden ist. Eine Überlastung des Kanalnetzes ist bei dieser 
Annahme also höchst selten zu erwarten und in der Tat auch bis jetzt noch 
nicht eingetreten. 

Der Bestimmung der von den Kanälen abzuführenden Regenwasser¬ 
menge ist ferner die Annahme zugrunde gelegt worden, dass von dem 
maximalen stündlichen Regenniederschlag von 40,6 mm, das sind 112,78 Liter 
pro ha und Sekunde, den Kanälen von den verschiedenen Stadtgebieten, je 
nach deren Bebauung und Terraingefälle, die eine grössere oder geringere 
Versickerung und Verdunstung herbeiführen, folgende Wassermengen für das 
ha in der Sekunde zufliessen: 

1. in der dichtbebauten Altstadt 8o°/ 0 = go,22 1 , 

2. in der übrigen inneren Stadt mit mittlerer Bebauung (Karlstadt) 
66 % % = 75,19 1 , 

3. im mittleren Stadtbezirk (Oststadt, Friedrichsstadt und Neustadt) 
50% = 56,30 1, 

4. in dem äusseren Stadtbezirke, in dem nur eine Bebauung bis zur 
Hälfte der Grundstücksfläche zulässig ist und meist grössere Garten¬ 
flächen und Vorgärten sind, 33V8 0 /o= 37,59 ', 

5. in den Villenvierteln, in denen eine noch grössere Baubeschränkung 
z. B. durch Bauwiche, vorgeschrieben ist, 20% = 22,56 1 . 

Für die Hauptkanäle ist als Verzögerungskoeffizient im allgemeinen 


r^= angenommen, weil das Gelände meist sehr wenig Gefälle hat; nur für 
das stark abfallende Grafenberger Gebiet ist und für das Gebiet mit 

mittlerem Terraingefälle (F bezeichnet die Grösse des Entwässerungs¬ 
gebiets in ha) als Verzögerungskoeffizient in Rechnung gestellt worden. 


c) Abzuführende Gebrauchswassermenge und Fäkalien. 

Für die Schmutzwassermengen ist der durchschnittliche Wasserverbrauch 
pro Kopf und Tag maßgebend; es ist dieser Verbrauch jedoch höher an¬ 
genommen, als er in Wirklichkeit jetzt ist, da ausser dem Wasser aus der 
Wasserleitung auch noch Grundwasser und Wasser aus Privatbrunnen den 
Kanälen zugeführt wird; auch wird der Wasserverbrauch nach allgemeiner 


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DIE KANALISATION. 


487 


Einführung der Spülaborte, die nach Anschluss der Aborte an die Kanäle 
erfolgen wird, steigen. Es ist deshalb mit einem Wasserverbrauch pro Kopf 
und Tag von 150 1 gerechnet und ferner angenommen, dass hiervon die 
Hälfte den Kanälen in neun Stunden zufliesst; es ergibt dies 0,002315 1 pro 
Kopf und Sekunde. 

Die Bevölkerungsdichtigkeit ist für das ha zu 400 Einwohner für die 
innere und 300 Einwohner für die äussere Stadt in Rechnung gestellt, eine 
Annahme, die nach der Entwicklung der Stadt eine sehr hohe ist. Es be¬ 
trägt mithin die maximale Gebrauchswassermenge pro ha und Sekunde: 

1. für den inneren mittleren Stadtbezirk 0,002315*400 = 0,93 1 , 

2. für die äussere Stadt 0,002315*300 = rd. 0,70 1 . 

d) Abzuführende Gesamtwassermenge. 

Die maximale Gesamtwassermenge ergibt sich nach diesen An¬ 
nahmen pro ha und Sekunde, ohne Rücksicht auf die Verzögerung, zu 
91,2 1 als Höchstbetrag in der dichtbebauten Altstadt, zu 23,3 1 als Mindest¬ 
betrag in den weitläufig bebauten Villenvierteln. 


e) Abzuführende Wassermenge unterhalb der Regenauslässe. 

Die Regenauslässe nach dem Rheine sind so projektiert, dass sie erst 
in Funktion treten, wenn das Schmutzwasser durch die vierfache Menge 
Regenwasser verdünnt ist. Da nun die durchschnittliche Gebrauchswasser¬ 


menge bei 350 Einwohnern pro ha = = °’^ 1 Sekundenliter beträgt, 

so können von den Kanälen unmittelbar unterhalb der Regenauslässe ausser 
dem Gebrauchswasser noch 4*0,61=2,44 Sekundenliter Regenwasser ab¬ 
geführt werden, eine Menge, die einem stündlichen Regen von 2,63 mm Höhe 
unter der Annahme entspricht, dass von diesem Regen nur ’/s durch die 
Kanäle zum Abfluss gelangt, die übrigen */ 8 aber verdunsten, versickern 
oder erst nachträglich in die Kanäle gelangen. Beim Abschluss des unteren 
Systems bei Wasserständen des Rheins über -f 6,00 m D. P. müssen auch 
die Regenauslässe dieses Systems geschlossen werden; es ist dies ohne Be¬ 
denken für die Entwässerung, da Regenfälle von mehr als 2,63 mm Höhe 
in der Stunde in der kälteren Jahreszeit, in der allein nur Wasserstände über 
+ 6,00 m D. P. Vorkommen, hier noch nicht beobachtet worden sind. Die 
Regenauslässe nach den Bachläufen beginnen erst zu wirken, nachdem das 
Kanalwasser durch Regenwasser mehr als sechsfach verdünnt ist. Solche 
Regenauslässe sind noch nicht ausgeführt. 


f) Gefälle und Tiefenlage der Kanäle. 

Für. die Berechnung sind nicht die Sohlengefälle der Kanalleitungen, 
sondern die Gefälle der Wasserspiegellinien in Rücksicht gezogen, die sich 
bei dem Zufluss der grössten Regenwassermenge und dem höchsten, beim 
stärksten Regenfalle beobachteten Rheinwasserstande von + 4,00 m am 


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488 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Düsseldorfer Pegel oder -f 30,45 m N. N. im Kanalnetz einstellen. Denn 
wenn die Hauptsammler durch den Rückstau vom Rheine und den gleich¬ 
zeitigen starken Regenwasserzufluss bis zum Scheitel bezw. bis zu ihrer 
maximalen Wasserspiegellinie gefüllt sind, so arbeiten die Nebenkanäle, so¬ 
weit deren Scheitel tiefer liegen, nicht als Gefälleleitungen, sondern unter 
Druck. Das Sohlengefälle ist nie schwächer, sondern mindestens gleich dem 
Gefälle der Wasserspiegellinie angenommen, damit bei schwachem Wasser¬ 
zufluss eine möglichst grosse Geschwindigkeit zur Verhinderung von Ab¬ 
lagerungen in den Kanälen erzielt wird. 

Die Höhenlage der höchsten Wasserspiegellinie ist im allgemeinen so 
bestimmt, dass die Keller noch entwässert werden können. Wegen der meist 
flachen Lage der Strassen konnten keine starken Gefälle angeordnet werden. 
Bei den begehbaren Kanälen schwanken die Gefälle zwischen 1:200 und 
1:3000 und bei den Steinzeugrohrleitungen zwischen 1:100 und 1:666,7. 

Die Sohle der Nebenkanäle liegt im allgemeinen 3 bis 4 m, die Sohle 
der Sammelkanäle dagegen bis zu 10 m tief unter Strassenkrone. 

g) Kanalprofi 1 e. 

Ausser Rohrkanälen von 25 bis 50 cm lichtem Durchmesser sind 
eiförmige gemauerte Kanäle von 1,05 bis 2,00 m Höhe zur Verwendung 
gekommen. Wo auch diese Profile nicht genügten, wurden erbreiterte Kanal¬ 
profile gewählt (Abb. 780). 

Für die Regenauslässe, die stets grössere Wassermengen abzuführen 
haben, sind Profile mit flacher Sohle und halbkreisförmigem oder über¬ 
höhtem Gewölbe zur Anwendung gekommen (Abb. 781). 

Das grösste Kanalprofil befindet sich in der Duisburgerstrasse, es zeigt 
eine lichte Höhe von 2,40 m und eine lichte Breite von 2,90 m. Der 
grösste Regenauslasskanal ist derjenige in der Crefeldersträsse; er musste, 
da er bei maximalem Regen die Hauptregenwassermengen des oberen 
Systems, und zwar im ganzen rund 15 cbm in der Sekunde abzuführen hat, 
bei dem Wasserspiegelgefälle von 1:313 die lichte Höhe von 3,00 m und 
die lichte Breite von 3,50 m erhalten. 

Für das steil abfallende Gebiet Grafenberg, für das die getrennte Ab¬ 
leitung von Regen- und Schmutzwasser stattfindet, wurden die in Abbild. 782 
dargestellten Doppelprofile angewendet. 

D. Ausgeführte Kanalbauten bis zum Jahre 1904. 

a) Allgemeines. 

M it den Kanalbauten für das untere System wurde im Jahre 1884 begonnen, 
mit denjenigen für das obere System im Jahre 1889. Der Ausbau 
der Kanalisation ist seitdem kräftig gefördert worden. Von den Vororten 
Hamm, Volmerswerth und Flehe abgesehen, entbehren jetzt nur noch wenige 
bewohnte Strassen der unterirdischen Entwässerung. Die Gesamtlänge der 


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DIE KANALISATION 



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Abb. 781. Profile der Regenauslässe. 






























490 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


ausgeführten Strassenleitungen (ausschliesslich Hausanschlüsse und Sink¬ 
kastenleitungen) betrug Ende 1903 rund 195 km, von denen 79 km ge¬ 
mauerte und Betonkanäle und 116 km Rohrleitungen sind. Für das untere 
Kanalsystem sind zur Hebung des Abwassers bei Rheinwasserständen über 
+ 6,00 m D. P. zwei Pumpstationen errichtet. 

Die bis zum Ende des Jahres 1903 aufgewendeten Kosten betrugen rund 
11 Millionen M. 

b) Material der Kanäle, Baugrund- und Grundwasser¬ 
verhältnisse und Ausbau der Baugruben. 

Die Rohrleitungen von 25 bis 50 cm Durchmesser sind aus glasierten 
Steinzeugrohren, die gemauerten Kanäle im allgemeinen aus Kanalformsteinen 
in Zementmörtel 1:3 mit einer Sohle aus glasiertem Steinzeuge hergestellt 
Nur bei den grösseren Sammelkanalprofilen mit einer grösseren Mauermasse 
ist zum Teil ein Trass-Kalkmörtel in einer Mischung von 1:1:2 für die 

Unter- und Hin¬ 
termauerung und 
zumTeileinTrass- 
Zementmörtel in 
einer Mischung 
von 1:1:4 mit 
Vorteil verwen¬ 
det worden. 

Dagegen hat 
sich der früher 
für die Hinter¬ 
mauerung ver¬ 
wendete verlän¬ 
gerte Zement¬ 
mörtel in der 

Mischung von einem Teil Zement, drei Teilen Kalk und sechs Teilen Sand 
nicht bewährt. Bei späterer Blosslegung solchen Kanalmauerwerks behufs 
Anschluss zeigte es sich, dass dieser Mörtel nach mehreren Jahren noch 
nicht erhärtet war, der billigere Trass-Kalkmörtel 1:1:2 wurde dagegen nach 
kurzer Zeit sehr fest und dicht. Bei den Kanalbauausführungen der neueren 
Zeit ist wegen der geringen Preise des Zements nur mit reinem Zement¬ 
mörtel im Mischungsverhältnisse ein Zement zu drei Sand gearbeitet worden. 

In den meisten Fällen wurde ein guter Baugrund ohne Grundwasser 
vorgefunden. Nur in dem östlich von dem Zoologischen Garten und 
Flingern liegenden Gebiet fand sich Grundwasser schon in geringer Tiefe 
und ein schlechter Untergrund vor, sodass die Wasserhaltung schwierig 
wurde und mit Spundwänden bezw. Wellblechwänden unter Anwendung 
von Betonfundament gearbeitet werden musste, ln der Nähe von Grafen¬ 
berg war der Untergrund sogar so schlecht, dass für die Sicherung des 




IIÄÖi 


Abb. 782. 


Profile der Doppelkanäle für das Grafenberger Gebiet. 


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DIE KANALISATION. 



Grundwasser 
nach der 
Bauausführung. 


Abb. 783. Grundwassersenkung 
im Grafenberger Trenngebiet. 


WL Kanals sich die Herstellung 1 

eines Pfahlrostes als not- 
wendig erwies. Um das Orundwasser * 1 

nach den Pumpensümpfen zu leiten, 
wurden auf der Baugrubensohle i 

Drainrohre verlegt, die später an 

ihren unteren En- ; 

Grundwasser . , 

11 7 °* vor Baubeginn. den mit den seit- : 

liehen Kanalschäch- : ~ v -' 

— — nach der ten bezw. mit den 0 v; 

Bauausführung. _ . . Abb. 784. Absteifung 

RemigUngSbrun- einer Baugrube mit- 

nen der Rohrlei- telst senkrechten 

. , f Verbaus. i: 200. 

tungen verbunden 

wurden, um den Grundwasserstand 
, = Drainrohre für dauernd zu senken. Bis jetzt wurde 
«nkSiT dwaMer hierdurch eine Senkung von 0,50 bis 
1 b = Drainrohre rar 1,00 m erreicht. Die Anordnung der 

die Grundwasser- ' , 

Senkung während Drainrohre ist aus Abbildung 783 

des Baus, i: ioo. , 

zu ersehen. In den letzten Jahren 
wurden die Baugruben nur durch senk¬ 
rechten Verbau gesichert, weil dieser den 
, Einsturz der Baugrube besser verhütet, als 

der horizontale Verbau (vergl. Abb. 784). 


Abb. 784. Absteifung 
einer Baugrube mit¬ 
telst senkrechten 
Verbaus. i: 200. 


a = Drainrohre für 
die Grundwasser¬ 
senkung. 

b = Drainrohre für 
die Grundwasser¬ 
senkung während 
des Baus. 1:100. 




Schnitt E—F. Aufsicht. Schnitt E—F*. 

Abb. 785. Einsteigeschächte mit seitlicher Entlüftung. 1:100. 


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492 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


c) Besondere Bauwerke. 

1. Elnstelgeschfichte und Reinigungsbrunnen. 

Behufs Reinigung und Untersuchung der 
Kanalleitungen sind Einsteigeschächte (Mann¬ 
löcher) angeordnet, und zwar bei kleineren 
gemauerten Kanälen in 60 bis 70 m, bei 
grösseren in 80 bis 100 m Entfernung. In 
der Regel sind diese Schächte dem Wangen¬ 
mauerwerke des Kanals aufgesattelt; nur bei 
den breiteren Kanälen und bei den Spül¬ 
türanlagen gelangten die wesentlich teueren 
Seiteneingänge zur Ausführung (Abb. 785). 

Die Steinzeugrohrleitungen erhalten in 
Entfernungen von 40 bis 60 m besteigbare 
Reinigungsbrunnen, zwischen denen die 
Leitungen in gerader Linie ausgeführt 
werden, um das Durchziehen von Bürsten 
zum Zwecke der Reinigung zu ermöglichen. 
Die Brunnen werden mit 8 cm tiefen Sandfängen versehen, die den Aushub 
des Sandes erleichtern (Abb. 786). 

2. Kanalverbindungen. 

Die gemauerten Kanäle werden durch tangentiale Kurven von 10 bis 
20 m Radius miteinander verbunden. Das kleinere Profil hat in der Regel 
eine höhere Lage mit vermittelndem Sturzgefälle, damit ein Rückstau aus 
dem grösseren Profile vermieden wird. Das Verbindungsbauwerk, dessen 
Grundrissform durch die Grösse der Profile gegeben ist, wird vermittels 
eines sogenannten Trompetengewölbes geschlossen (Abb. 787). 

Bei den Steinzeugrohrleitungen ist für jede Verbindung mit einer anderen 
Strassenleitung oder einer Privatleitung, die grösser ist als 20 cm, ein 
Reinigungsbrunnen angeordnet. 

3. Dückeranlagen. 

Wo ein Kanal in ungefähr gleicher Höhenlage einen anderen Kanal 
oder einen offenen Wasserlauf kreuzt, muss eine Unterdückerung angeordnet 
werden. Abbildung 788 zeigt die projektierte Unterdückerung des Kittel¬ 
baches durch den Kanal der Münsterstrasse. Zu Seiten des Bachs sind 
Dückerschächte angebracht, die die Verbindung des Kanals mit zwei unter 
der Bachsohle liegenden gusseisernen Röhren vermitteln. Die beiden 
Dückerschächte wurden mit Schlammfängen versehen, um die gröberen 
Sinkstoffe von den Dückerrohren fern zu halten. Die Anordnung von zwei 
Rohren bietet die Möglichkeit, bei etwaiger Verstopfung eines Dückerrohrs 
das Wasser durch das andere zu leiten, ersteres trocken zu legen und 
zu reinigen. Zur Steigerung der Selbstreinigung des Dückers wurde das 
Gefälle vom Einlaufe bis zum Auslaufe aus den Dückerschächten grösser 



Schnitt C — D. 



Abb. 786. Reinigungsbrunneu mit seit¬ 
licher Entlüftung. 1 : 100. 


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DIE KANALISATION. 


493 


gewählt als das Kanalgefälle, ln derselben Weise wurde der Stadtgraben 
durch einen Regenauslasskanal im Zuge der Benratherstrasse und der 
Speesche Graben in der Nähe des Treffpunkts der Post- auf die Harold¬ 
strasse durch den Sammelkanal der Kavallerie - Lorettostrasse unterdückert. 
Diese Dückeranlagen haben sich im Laufe der Jahre als durchaus betriebs¬ 
sicher bewährt. 

4. Strassensinkkasten. 




Für die Strassenentwässerung werden Sinkkasten von 45 cm lichter 
Weite aus Steinzeug verwendet, die, in Entfernungen von zirka 50 m an¬ 
geordnet, vermittels einer Anschluss¬ 
leitung von 20 cm lichter Weite mit 
den Kanälen verbunden und mit 
Schlammfängen versehen sind. Der 
Einlauf erfolgt 
durch einen, dem 
Rinnen- bezw. 

® Strassenprofile an • 
u gepassten abnehm- 
| baren Rost. Der 
Wasserspiegel des 
Schlammfangs liegt 



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,, _ Schnitt a—b. 

Abb. 788. Normale Dückeranlage. 1 :100. 
















DIE KANALISATION. 


495 


frostfrei in 1,20 m Tiefe unter der Strasse, der 
Austritt der Kanalluft wird durch einen Wasser¬ 
verschluss von 10 cm Höhe verhindert Ein im 
Schlammfang stehender verzinkter eiserner Eimer 
fängt die festen Stoffe auf (Abb. 789). 

5. Lüftung der Kanüle. 

Für ausgiebige Luftemeuerung im Kanalnetze, 
die in gesundheitlicher Beziehung und zur Ermög¬ 
lichung eines geregelten Kanalbetriebs nicht ent¬ 
behrt werden kann, sind in den Strassen Luft- 
einlässe in durchschnittlichen Entfernungen von 
50 m angeordnet, die der atmosphärischen Luft 
den Zutritt in das Kanal netz gestatten (Abb. 785 
und 790). 

Die Ventilation erfolgt nicht durch Schlitze A bb. 789. Strassensinkkasten. 
in der Schachtabdeckung, sondern durch einen ,: 5 °- 

besonderen, an den Schacht angemauerten Ventilationskasten, aus dem der 
durch die Ventilationsöffnungen fallende Schmutz leicht entfernt werden kann. 
Zur Erzielung der nötigen Bewegung des Luftstroms im Kanalnetz sind 
ferner sämtliche Hausleitungen ohne Wasserverschlüsse mit den Strassen- 
kanälen verbunden; auch dienen hierzu die Regenrohre, die mit den Kanälen 
ohne Wasserverschlüsse verbunden sind, soweit keine Fenster oberhalb 
der betreffenden Dachrinnen liegen. 

6. Spülung der Kanüle. 

Bei den im allgemeinen schwachen Gefällen der Kanäle ist die Zu¬ 
führung besonderen Spülwassers notwendig. Der Sammelkanal des oberen 

Schnitt a —b. 



Abb. 790. Selbständige Entlüftung bei Lage der Kanalleitung im Bürgersteig. 1:50. 



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496 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Systems in der Cölnerstrasse erhält seine Spülung aus der südlichen Düssei 
und dient als Spülkanal für alle von der Cölnerstrasse aus nach Westen 
ausgehenden Leitungen des unteren Systems. Der Sammelkanal des letzteren 
erhält seine Spülung am Ende der Brunnenstrasse ebenfalls aus der süd¬ 
lichen Düssei (vergl. Abb. 791). Auch die mit ihren oberen Enden auf die 
Düsseibäche stossenden Nebenleitungen werden aus diesen Bächen gespült. 

Desgleichen bieten die Ziergewässer im Innern der Stadt zur Anbringung 
von direkten Spüleinlässen Gelegenheit. Die Benutzung der städtischen 
Wasserleitung zu Spülzwecken konnte auf ein geringes Maß beschränkt 
werden. 

Zur besseren Ausnutzung der Spülströme, und um das Kanalwasser 
selbst zur Spülung benutzen zu können, sind hauptsächlich an den Ver- 



Abb. 791. Spüleinlass an der Düsselbrücke in der Brunnenstrasse mit Schieber und Klappenschach L. 

bindungsstellen mehrerer Kanalleitungen Stauvorrichtungen, und zwar bei 
den gemauerten Kanälen in Gestalt von eisernen, das Profil bis zur Kämpfer¬ 
höhe schliessenden Spültüren (vergl. Abb. 787), und bei den Steinzeugrohr¬ 
leitungen aus Spülschiebern in den Revisionsbrunnen bestehend, angeordnet. 
Durch diese Vorrichtungen wird das Wasser angestaut und durchströmt nach 
dem plötzlichen Öffnen der Spültüren bezw. Schieber die unterhalb ge¬ 
legenen Strecken mit grösserer Kraft, sodass Ablagerungen mitgerissen werden. 

7. Pumpstationen. 

Die maximale Abwassermenge des unteren Systems, die nach völligem 
Ausbau des Systems bei Wasserständen des Rheins von mehr als 4- 6,00 m D. P. 
zu heben sein wird, beträgt 2900 1 pro Sekunde, ln diesen 2900 Sekunden¬ 
litern ist eine Regenwassermenge enthalten, die einer stündlichen Regenhöhe 


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DIE KANALISATION. 


497 


von 2,63 mm entspricht; diese Regenhöhe ist nach 16jährigen Beobachtungen 
während der kälteren Jahreszeit, in der allein ein Hochwasser von -f- 6» 00 m D. P. 
und mehr zu erwarten ist, noch nicht überschritten worden. 

Für die Hebung des Wassers sind* ausschliesslich Zentrifugalpumpen 
gewählt, die durch Gaskraftmaschinen getrieben werden. Letztere sind in¬ 
folge ihrer sofortigen Betriebsfähigkeit, und weil sie wenig Raum erfordern, 
bei dem intermittierenden Betriebe praktischer und ökonomischer als Dampf¬ 
maschinen. 

Ein unter dem Pumpengebäude angeordneter besonderer Saugekanal 
führt das Wasser, nachdem es einen Sandfang mit beweglichem Gitter 
passiert hat und hier von den gröberen Sink- und Schwimmstoffen befreit 
worden ist, den Saugerohren der Pumpen zu.' Die Ausgussrohre der letzteren 
wurden zu einem gemeinsamen Druckrohre vereinigt, das unterhalb der Ab¬ 
sperrvorrichtungen des Auslasskanals in letzteren mündet. 

Es sind zwei Pumpstationen errichtet worden. Die zuerst ausgeführte 
liegt im Hofgarten; sie hat vier Zentrifugalpumpen, welche je 250 Sekunden¬ 
liter, zusammen also 1 cbm 5 bis 6 m hoch zu fördern vermögen. Diese 
Pumpen werden von vier Gasmotoren von je 40 effektiven Pferdekräften 
getrieben (Abb. 792). Die zweite Pumpstation liegt an der Crefelderstrasse. 
Durch die hier aufgestellten drei Zentrifugalpumpen können im ganzen 
2 cbm Wasser pro Sekunde in den Rhein gepumpt werden. Der Antrieb 
erfolgt hier durch drei Gasmotoren von je 120 PS (Abb. 793). 

E. Kanalbetrieb. 

D a den Kanalleitungen im Stadtgebiet Düsseldorf wegen dessen meist flacher 
Lage im allgemeinen keine starken Gefälle gegeben werden konnten, 
so ist es nicht möglich, die schweren Sinkstoffe des Abwassers durch Spülung 
allein zu entfernen. Eine periodische Reinigung der Kanäle ist daher nötig, 
und zwar werden alle Steinzeugrohrleitungen und die Kanäle im unteren 
Entwässerungssysteme in der Regel sechsmal im Jahre, und die Kanäle im 
oberen System, die stärkeres Gefälle haben, viermal gründlich gereinigt; 
nur bei den Rohrleitungen in den asphaltierten Strassen und denjenigen, 
denen bei schwachem Gefälle besonders viel Schmutz zugeführt wird, ist 
die Beseitigung der Ablagerungen in kürzeren Intervallen nötig. 

Bei den grossen mit Bankett versehenen Kanälen werden die Bankette 
wöchentlich einmal abgespült, um zu vermeiden, dass die sich auf ihnen ab¬ 
lagernden Schmutzstoffe in Fäulnis übergehen und schädliche Ausdünstungen 
verbreiten. 

Es wird stets an den oberen Endpunkten der Kanalleitungen mit der 
Reinigung begonnen, und der abgelagerte Schmutz, soweit er nicht vorher 
herausgeschafft wird, allmählich nach unten hin befördert. 

Die Wandungen der gemauerten Kanäle werden mittels Piassavabesen 
abgescheuert; der sich ablagernde Schlamm und Sand wird, soweit er nicht 
durch Spülung weiter nach unten getrieben werden kann, unter Zuhilfenahme 

32 


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498 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


von Kanalschiffchen und Schiebkarren nach denjenigen Schächten hin be¬ 
fördert, wo er leicht und ohne Belästigung zu verursachen ausgehoben werden 
kann. Dies erfolgt in Eimern durch die an den bereit stehenden zweirädrigen 
Schlammwagen befindliche Hebevorrichtung. Die Rohrleitungen werden 
mittels kreisrunder, dem Profil angepasster Haarbürstenwalzen gereinigt und 
der Schmutz auf dieselbe Weise herausgeschafft, wie bei den gemauerten 
Kanälen (Abb. 794). Nach der Reinigung wird eine kräftige Spülung vorge¬ 
nommen. Ausserdem werden die Kanäle alle acht Tage mit Düsseiwasser oder 
Wasser aus der Wasserleitung durchgespült. Die Reinigung der Strassensink- 
kasten, die ebenfalls durch das Kanalbetriebspersonal ausgeführt wird, erfolgt 



Abb. 792. Inneres der Pumpstation im Hofgarten. 

in der Regel alle drei bis vier Wochen; nur die Sinkkasten in den asphaltierten 
Strassen werden wöchentlich zwei- bis dreimal gereinigt. Die Reinigung 
geschieht hier in der Weise, dass die in den Sinkkasten befindlichen Schlamm¬ 
eimer mittels der an dem Schlammwagen befindlichen Winde hochgehoben 
werden, und der schlammige Inhalt durch Umkippen des Eimers in den 
Wagen entleert wird. Der in dem Sinkkasten noch etwa zurückbleibende 
Schlamm wird dann mittels Handbagger entfernt (vergl. Abb. 795). 

Im Betriebsjahre 1902 sind im ganzen 1594 Wagen = 2391 cbm Schlamm 
und Sand aus den Kanälen und Steinzeugrohrleitungen zur Abfuhr gelangt 
Das zum Reinigen und Spülen der Kanäle und zum Reinigen der Sink¬ 
kasten vorhandene Personal besteht aus: 


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DIE KANALISATION. 


499 


2 Aufsehern, 
g Vorarbeitern, 

43 Arbeitern für die Kanalreinigung und Spülung, 
io Arbeitern für Sinkkastenreinigung. 

Die Arbeiter zum Reinigen und Spülen der Kanalleitungen sind in 
sieben Kolonnen, jede bestehend aus einem Vorarbeiter und fünf Mann, ein¬ 
geteilt, und zwar besorgen vier Kolonnen die Reinigung der gemauerten 
Kanäle und drei die der Steinzeugrohrleitungen. 

Die beim Kanalbetriebe erforderlichen Reparaturen werden in Regie aus¬ 
geführt. In den für diese Arbeiten eingerichteten Schlosser- und Schreiner¬ 
werkstätten sind dauernd zwei Schlosser, zwei Schreiner bezw. Stellmacher 
und zwei Hülfsarbeiter beschäftigt. Diese Personen haben alle beim Kanal- 



Abb. 793. 


Inneres der Pumpstation in der Crefelderstrasse. 


betrieb und für die Strassensinkkasten vorkommenden Reparaturen an Ab¬ 
deckungen, Werkzeugen, Schlammwagen, Schlammeimern usw. auszuführen 
und die erforderlichen neuen Werkzeuge und Geräte anzufertigen. 

Die Betriebsausgaben für die Reinigung und Unterhaltung des Kanal- • 
netzes und der Strassensinkkasten betrugen vom i. April igo2 bis 31. März 1903: 


a) für Reinigung der gemauerten Kanäle.29701,90 M, 

b) ,, » » Steinzeugrohrleitungen .... 25 498,88 ,, 

c) » .. » Strassensinkkasten ...... 30338,09 „ 

d) » Geräte, Reparaturen für Schlammwagen usw. . . 7172,28 » 

e) » Unterhaltung des Kanalnetzes.5849,20 « 


98560,35 M. 

32* 


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Abb. 794. 


Reinigung einer Kanalrohrleitung. 


Ende 1902 waren vorhanden: 

1. rund 73000 lfd. m gemauerte Kanäle, 

2. ,, 106000 ,, ,, Rohrkanäle, 

3. ,, 4800 Strassensinkkasten. 

Mithin betrugen die Kosten für die Reinigung: 

1. der gemauerten Kanäle pro lfd. m 0,41 M, 

2. u Steinzeugrohrleitungen ,, „ >, 0,24 ,, 

3. ,, Strassensinkkasten ,, Stück 6,32 ,,. 

Die Oesamtkosten des Betriebs und der Unterhaltung einschliesslich 
der Strassensinkkasten betrugen pro lfd. m Strassenleitung durchschnittlich 
o,55 M. 

F. Hausanschlüsse. 

D er Anschluss der bebauten Grundstücke an den Kanal ist obligatorisch; für 
die Ausführung der Hausentwässerungsleitungen ist eine Polizeiverordnung 
erlassen worden, aus der folgende Hauptgrundsätze hier Platz finden mögen: 
»Die Hauptanschlussleitung des Hauses, die in der Regel nicht mehr als 15 cm 
Lichtweite haben soll, ist ohne Wasserverschluss an den Kanal anzuschliessen; 
im Innern der Gebäude und ausserhalb dürfen für alle Leitungen, die weniger 
als 1,50 m Abstand von Mauern haben oder bei Rückstau einem grösseren 
Wasserdruck als 2 m ausgesetzt sind, nur gusseiserne Rohre mit Bleidichtung 
der Muffen verwendet werden. Alle Fallrohre sind behufs Entlüftung in 


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DIE KANALISATION*. 


501 


gleicher Weite bis über Dach zu führen und alle Kanaleinläufe mit Geruch¬ 
verschlüssen von mindestens 70 mm Wasserverschlusshöhe zu versehen, nur 
bei Klosetts genügt eine solche von 40 mm. Münden mehr als zwei Ein¬ 
läufe übereinander in das gleiche Fallrohr, so sind Anordnungen zu treffen, 
die eine Zerstörung der Geruchverschlüsse verhindern; die sekundäre Ent¬ 
lüftung der Geruchverschlüsse wird als eine genügende Sicherung hiergegen 
angesehen. Bei Aborten, deren Geruchverschluss mindestens 50 mm tief 
und die an ein Fallrohr von mindestens 125 mm Weite angeschlossen sind, 
kann von besonderer Anordnung zur Verhütung der Zerstörung der Geruch¬ 
verschlüsse abgesehen werden. Die Spülung der Aborte darf nicht durch 
direkten Anschluss an die Wasserleitung erfolgen. Aus Abbildung 796 sind 
die Kanalanschlusseinrichtungen eines Wohnhauses zu ersehen. Für jede 
Hausentwässerung ist eine die Anlage darstellende Zeichnung einzureichen, 
die, wie auch die Ausführung, baupolizeilich geprüft wird. Die An¬ 
schlussleitungen von den Häusern zum Strassenkanal gelangen, um eine 
gleichartige und gute Herstellung zu erzielen und nachträgliche Strassen- 
senkungen infolge mangelhafter Zufüllung der Baugrube zu vermeiden, 
durch die städtische Verwaltung auf Kosten der Hausbesitzer zur Ausführung.“ 

G. Neuere Ergänzungsbauten der Kanalisation: Reinigungsanlage, 
Hauptsammel- und Auslasskanäle. 

a) Allgemeines. 

W ie in Abschnitt B. schon mitgeteilt, wurde von der Aufsichtsbehörde 
für die Erlaubnis, die menschlichen Auswurfstoffe den Kanälen zuzu¬ 
führen, die Bedingung gestellt, das Abwasser in einer besonderen Kläranlage 
zu reinigen. Zur Erbauung einer solchen Anlage konnte sich die Stadt aber 
früher nicht entschlossen; der Anschluss der Aborte an die Kanalisation 
unterblieb demnach, und die menschlichen Auswurfstoffe wurden nach wie 
vor auf den bebauten Grundstücken in Gruben gesammelt und von Zeit zu 
Zeit abgefahren. Die Erkenntnis der hygienischen Nachteile dieser Auf¬ 
stapelung der menschlichen Auswurfstoffe in der Nähe der Wohnstätten, und 



Abb. 795. Reinigung der Strassensinkkasten. 


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502 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


die vielen Klagen, welche die Entleerung der Abortgruben und die Abfuhr 
deren Inhalts hervorriefen, veranlassten die städtischen Behörden, die Er¬ 
bauung einer Kanalwasserreinigungsanlage in Aussicht zu nehmen, um die 
Erlaubnis zum Anschluss der Klosetts an die Kanalisation zu erlangen. Der 
Ausführung zugrunde gelegt wurde der von den Verfassern dieses Aufsatzes 
ausgearbeitete Entwurf. Die • Reinigungsanlage hat hiernach ihren Platz 
an der nördlichen Stadtgrenze, bis zu der die Sammelkanäle der Stadt zu 
verlängern waren, gefunden. 

b) Vorflutverhältnisse. 

Die Vorflutverhältnisse des Rheins, des natürlichen Rezipienten für die 
Abwässer, sind für die Entwässerung der Stadt ausserordentlich günstige. 
Die sekundliche Wassermenge des Rheins bei mittlerem Wasserstande 
(+ 2,75 m D. P. = + 29,20 m N. N.) beträgt 2000 cbm und bei kleinstem, 
eisfreiem Wasserstande (+ 0,60 m D. P. = + 27,05 m N. N.) noch 662 cbm 
in der Sekunde. Die sekundlich durch die Kanäle abfliessende grösste 
Schmutzwassermenge für die jetzige Bevölkerung bei Annahme eines Wasser¬ 
verbrauchs pro Kopf und Tag von 150 1 , die zur Hälfte in neun Stunden 
den Kanälen zufliessen mögen, beträgt dagegen nur 0,522 cbm. Bei dem 
genannten kleinsten Rheinwasserstande findet mithin noch eine über 1200- 
fache Verdünnung der Abwässer statt. Bei diesen günstigen Verhältnissen 
ist eine nachteilige Beeinflussung des Rheinwassers durch die Zuführung der 
Abwässer' der Stadt nicht änzunehmen. Diese Annahme wird auch bestätigt 
durch die Ergebnisse von Untersuchungen des Rheinwassers oberhalb und 
unterhalb der Stadt, die seit einigen Jahren fortlaufend vorgenommen werden. 
Aus einer Reihe von 28 Einzeluntersuchungen hat sich z. B. ergeben als 
Gehalt des Rheinwassers: 

An gelösten und suspendierten Stoffen: 


a) oberhalb der Stadt. 

.287 

mg 

im 

Liter 

b) unterhalb „ ,, . 

.285 

tt 

n 

tt 

Hiervon organische Stoffe: 





a) oberhalb der Stadt. 

.102 

11 

n 

tt 

b) unterhalb „ . 

.101 

tt 

11 

tt 

An gelösten Stoffen: 





a) oberhalb der Stadt. 

.240 

tt 

tt 

tt 

b) unterhalb » „ . 

.240 

tt 

tt 

tt 

Hiervon organische Stoffe: 





a) oberhalb der Stadt. 

. 94 

tt 

» 

tt 

b) unterhalb » „ . 

. 92 

tt 


tt 


Sauerstoffverbrauch: 

Gesamtstoffe: 

a) oberhalb der Stadt.8,57 mg f. d. Liter 

b) unterhalb „ » .8,44 „ „ „ „ 


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DIE KANALISATION. 


503 


Gelöste Stoffe: 

a) oberhalb der Stadt.5,51 mg f. d. Liter 

b) unterhalb » » .5,72 » » „ „ . 

Weitere Ergebnisse auch von bakteriologischen Untersuchungen sind in 

Abbildung 797 graphisch dargestellt.*) 

Die Beschaffenheit der Düsseldorfer Abwässer zeigt keine von der nor¬ 
malen Beschaffenheit städtischer Abwässer abweichenden Eigenschaften. Die 
Menge der suspendierten und gelösten Stoffe beträgt, abgesehen von den 
groben Schwimm-, Schwebe- und Sinkstoffen, deren Abscheidung in der 
Reinigungsanlage unter allen Umständen erfolgt, selten mehr als 1 Gramm 
im Liter, und die organischen Stoffe bilden hiervon nur den kleinsten Teil. 
Aus einer Reihe von Einzeluntersuchungen ergeben sich folgende Mittel¬ 
werte: 

Gesamtrückstand . . . 928 mg im Liter 
Glührückstand . . . 632 » » » 

Glühverlust . . . 296 » .. „ 

Gelöste Stoffe . . . 734 „ » 

Glührückstand . . . 549 „ „ ,, 

Glühverlust ... 185 » » „ 

Gelöster und suspendierter Stickstoff: 

Insgesamt.31 „ ,, „ 

Flüchtiger.20 » „ „ 

Organischer. 11 » „ „ 

Gelöster Stickstoff: 

Insgesamt.25 „ „ „ 

Flüchtiger.20 „ ,, 

Ofganischer. 5 » » „ . 

Der Gehalt an organischem Stickstoff, insbesondere an gelöstem, ist also 
sehr gering. Der Sauerstoffverbrauch ist allerdings auffällig hoch und be¬ 
trägt im Mittel 

für die Gesamtstoffe 230 mg für d. Liter, 

» » gelösten Stoffe 124 » » „ „ , 

sein Verhältnis zu der Menge der organischen Bestandteile des Wassers 
ist 1:1 bis 1:2, während dieses Verhältnis bei den Abwässern anderer 
Städte 1:4 bis 1:6 ist. Da die organischen Stoffe im Düsseldorfer Kanal¬ 
wasser nicht wesentlich anderer Natur sein werden, wie die im Kanalwasser 
anderer Städte, muss angenommen werden, dass ein erheblicher Teil des 
verbrauchten Sauerstoffs zur Oxydierung anorganischer Bestandteile des 
Wassers verbraucht wird. Die Untersuchungen haben die Richtigkeit dieser 
Annahme dargetan, da erhebliche Mengen Eisenoxydul im Wasser enthalten 
sind; nach Herstellung des Hauptsammelkanals von der Crefelderstrasse bis 

*) Vergleiche dazu noch den Aufsatz von Geusen und Loock im zweiten Heft der Mitteilungen 
der Königlichen Prüfungsanstalt für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung. 


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Abb. 797. Untersuchung des Rheinwassers bei Düsseldorf oberhalb der Stadt (Entnahmestelle i), direkt unterhalb der Kanalmündung (Entnahmestelle 2)^ 
unterhalb der Stadt an der Stadlgrenze (Entnahmestelle 3) sowie bei km 246 (Entnahmestelle 4). 



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DIE KANALISATION. 


505 


zum Rhein an der nördlichen Stadtgrenze und der Reinigungsanlage wird 
nun sicherlich eine Verminderung dieses Gehalts an Eisenoxydul eintreten, 
da in dem 3,25 km langen Hauptsammelkanal und in der Reinigungsanlage 
eine reichliche Zuführung von Sauerstoff zum Wasser erfolgen wird, sodass 
das etwa vorhandene Eisenoxydul vollständig oxydiert wird und im Kanal 
oder in der Reinigungsanlage niedergeschlagen wird. 

Aus den Untersuchungen ergibt sich, dass bei einem mittleren Wasser¬ 
stande des Rheins, bei dem die Wasserführung des Stroms rund 2000 cbm 
in der Sekunde beträgt, an Düsseldorf feste Stoffe im Rhein vorbeifliessen: 
2000 • 0,287 = 574 kg, von denen 2000 • 0,240 = 480 kg im Wasser ge¬ 
löst sind. Durch die Kanäle werden dem Rheine zugeführt 0,522 • 0,928 = 
0,484 kg, von denen 0,522 • 0,734 = 0,383 kg gelöst sind. Die Vermehrung 
von 574 bzw. 480 kg um 0,484 bzw. 0,383 kg ist durch keine Untersuchung 
nachweisbar. Selbst beim kleinsten Wasserstande von + 0,60 D. P. beträgt 
die Menge der festen Stoffe, die der Rhein an Düsseldorf vorbeiführt, noch 
189 bzw. 155 kg in der Sekunde. 

Nach Anschluss der Aborte an die Kanalisation wird nun allerdings die 
Menge der Schmutzstoffe um ein geringes erhöht. Die relative Schmutz¬ 
wassermenge wird dabei jedoch kaum eine Vermehrung erfahren, da der 
Anschluss der Aborte nur bei Einrichtung von Wasserspülung gestattet wird, 
sodass zugleich mit den menschlichen Auswurfstoffen mindestens die lofache 
Menge Wasser den Kanälen zugeführt wird. 

c) Beschreibung der Kanalwasserreinigungs-Anlage. 

Es erschien demnach zulässig eine Reinigung der Abwässer nur in einem 
solchen Umfange vorzunehmen, dass die grösseren Schmutzstoffe vom Rheine 
abgehalten, insbesondere die schwereren Sinkstoffe und die grösseren 
Schwimmstoffe entfernt würden. Hierzu gehören Rechenanlagen mit ge¬ 
ringen Zwischenräumen und Sandfänge; es wurde demnach eine Anlage 
vorgesehen, in der nur auf mechanischem Wege das Wasser von allen 
Schwebe- und Schwimmstoffen bis zu einer möglichst geringen Grösse 
befreit und die Sinkstoffe wie Sand, Kaffeesatz usw. zurückgehalten werden. 

Ein von dem Abteilungsvorsteher des Königlichen Instituts für Infektions¬ 
krankheiten, Professor Proskauer, abgefasstes Gutachten kommt zu dem 
Ergebnis, dass eine solche Reinigung für die Düsseldorfer Abwässer bei den 
günstigen Vorflutverhältnissen im Rheinstrome ausreicht, und die Aufsichts¬ 
behörde erklärte sich mit der Absicht der Stadt einverstanden. Die hier¬ 
nach projektierte Anlage ist an der nördlichen Stadtgrenze auf einem 
grösseren durch die Stadt angekauften Gelände errichtet und reicht aus für 
die Reinigung des Schmutzwassers einer Bevölkerung von fast 400000 Seelen; 
eine Vergrösserung ist später leicht möglich. 

Aus den Abbildungen 798, 799, 800 und 801 sind sämtliche inneren 
Einrichtungen ersichtlich, wie sie zur Ausführung gelangt sind. Zur näheren 
Erläuterung diene folgendes: 


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DIE KANALISATION. 


507 


Das Kanalwasser tritt im Reinigungsgebäude zunächst in zwei Ver¬ 
teilungskanäle von je 1,70 m lichter Weite und aus diesen in je drei Reinigungs¬ 
gerinne von je 1,50 m Weite. Die Verteilungskanäle enthalten je einen 
maschinell angetriebenen sechsarmigen Grobrechen, zwischen dessen Stäben ein 
Zwischenraum von 155 mm vorhanden ist. Die aufgefangenen Stoffe werden 
durch Handarbeit in eine Rinne abgestrichen und sodann in Wagen geladen. 

Von den sechs Reinigungsgerinnen sind für die nächste Zeit nur vier 
für die Kanalwasserreinigung erforderlich, und sind daher jetzt auch nur in 
vier Gerinnen Rechenapparate nach Patent Riensch ausgeführt. Die Apparate 
erhalten Feinrechen aus Stahldrähten, deren Entfernung nur 3 mm beträgt. 

Die beiden übrigen Gerinne sollen zunächst zu Versuchen für etwaige 
Verbesserungen dienen. 

Hinter den Rechen sind Schlammfänge angeordnet, aus denen die Sink¬ 
stoffe durch direkt wirkende Dampfstrahlapparate angesogen, gehoben und 
in ausserhalb des Gebäudes liegende Becken gefördert werden. Hier setzen 
sich die Sinkstoffe ab, während das im Förderrohre der Ejektoren mit¬ 
gerissene Wasser dem Kanäle zugeführt wird. Die Inbetriebsetzung eines 
grösseren Sandfangs vor der eigentlichen Reinigungsanlage, für den die 
Anlage vorhanden ist, der aber vorläufig mit Kies verfällt und durch den der 
Zuflusskanal ohne Unterbrechung hindurchgeführt worden ist, ist leicht möglich. 

Die Sohlen der Reinigungsgerinne liegen 28,95 m über N. N. Da der 
ungehinderte Betrieb der Anlage noch bei Sommerhochwasser im Rheine, 
das an der Mündung des Auslasskanals auf + 30,79 N. N. anzunehmen 
ist, möglich sein muss, ferner das für den Abfluss der künftigen grössten 
Wassermenge im Auslasskanal von der Reinigungsanlage bis zum Rheine 
erforderliche Wasserspiegel-Gefälle rund 18 cm beträgt, so ergibt sich die 
grösste Fülltiefe in den Gerinnen zu 2,02 m. Übersteigt der Rhein an dem 
Auslasskanal die Höhe von +30,79 m N. N., so wird die Reinigungsanlage 
ausser Betrieb gesetzt und das Wasser durch den Auslasskanal ungereinigt 
der Vorflut übergeben. Zu diesem Zwecke wird in dem Bauwerke, von 
dem aus der Zuleitungskanal zur Reinigungsanlage von dem- von der Stadt 
kommenden Hauptsammelkanal abzweigt, ein bewegliches Überfallwehr ge¬ 
zogen, sodass der ganze Querschnitt des Auslasskanals frei wird, während 
gleichzeitig durch Schliessen der in dem Zulaufkanale und in dem Ablauf- 
kanale der Reinigungsanlage eingebauten Schieber diese abgesperrt wird. 

Nach Ausweis der Rheinwasserstands-Beobachtungen wird die Not¬ 
wendigkeit, die Anlage zu schliessen, nach dem Durchschnitt von 20 Jahren 
nur an dreizehn Tagen im Jahre eintreten. 

Bei kleineren Wasserständen als -j- 30,79 m N. N. an der Kanalmündungs¬ 
stelle ist das genannte Wehr so eingestellt, dass immer die gesamte Schmutz¬ 
wassermenge und mindestens die vierfache Regenwassermenge der Reinigungs¬ 
anlage zufliesst. Nur bei grösserem Regenwasserzufluss tritt das Wehr als 
Überfallwehr in Funktion und ergiesst sich dann das Überfliessende, stark 
verdünnte Kanalwasser unmittelbar in den Rhein. 


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508 


dCsskldorf und seine bauten. 


Für den Betrieb der Anlage sind in einem besonderen Maschinenhause 
zwei einzylindrische Ventil-Dampfmaschinen von je 50 effektiven PS auf¬ 
gestellt, von denen eine als Reserve dient, auch ist für eine dritte Maschine 
Raum vorhanden. 

Die Dampferzeugung geschieht in einem besonderen Kesselhause durch 
zwei Flammrohrkessel von je 100 qm Heizfläche und 10 Atmosphären 
Betriebsspannung. Ein Kessel dient als Reserve, und ist auch im Kessel¬ 
hause Raum für eine event. spätere Erweiterung durch Aufstellung eines 
dritten Dampfkessels vorgesehen. Die Speisung der Kessel erfolgt durch 
zwei Dampfpumpen von je 6 cbm Leistung in der Stunde. Für die Ver¬ 
sorgung der Anlage mit reinem Wasser ist ein Tiefbrunnen vorhanden, von 
dem aus das Wasser mittels einer Dampfpumpe mit 60 cbm Leistung in der 
Stunde in ein 25 m hoch angebrachtes Kaminreservoir von 40 cbm Inhalt 
gehoben wird. 

Von den Maschinen wird die Kraft zunächst auf eine durch das Maschinen¬ 
haus und die ganze Reinigungshalle gehende Transmissionswelle übertragen, 
von der aus die Rechenapparate und die beiden Aufzugsvorrichtungen für 
die Förderung der Wagen mit den aus den Kanalwässern gehobenen Rück¬ 
ständen angetrieben werden. Ausserdem werden die beiden Orobrechen 
von der Transmissionswelle aus in Betrieb gesetzt. 

Der Kesseldampf wird ausser zum Betriebe der Pumpen und Maschinen 
dazu benutzt, die in den Sandfängen, welche hinter den Rechenapparaten 
angebracht sind, sich ansammelnden Sand- und Schlammassen durch die 
bereits erwähnten Dampfstrahlapparate nach den Absatzbecken zu fördern. 

Für die elektrische Beleuchtung der Reinigungsanstalt sind zwei Gleich¬ 
strom-Nebenschlussdynamos von je 24 PS Stärke aufgestellt, welche gleich¬ 
falls von der Transmissionswelle angetrieben werden; ausserdem ist eine 
Akkumulatorenbatterie vorgesehen. 

d) Hauptsammelkanäle und Auslasskanal. 

Die Herstellung der Reinigungsanlage an der nördlichen Stadtgrenze 
machte auch den Ausbau der Kanalisation durch die Erbauung des gemein¬ 
samen Sammel- und Auslasskanals nötig. Der früher für die Ableitung aller 
Abwässer der Stadt vorgesehene Auslasskanal im Zuge der Rolandstrasse 
konnte nicht mehr zur Ausführung kommen, weil die Bebauung der Stadt 
nach Norden bereits weit über die Rolandstrasse hinaus vorgeschritten war. 
Auch liegt der Auslasskanal ohne Zweifel an der unteren Stadtgrenze 
am besten. 

Der Sammelkanal des oberen Systems ist von der Ecke der Crefelder-, 
Nord-, Duisburger- und Kaiserswertherstrasse durch die letztere Strasse nach 
der Reinigungsanlage geführt und der vorhandene Sammelkanal des unteren 
Systems durch Weiterführung über die Golzheimer Insel mit dem ersteren 
verbunden worden. Diese Verbindung findet vorläufig schon unterhalb des 
verlassenen Kirchhofs in der Kaiserswertherstrasse statt, weil der Sammel- 


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DIE KANALISATION. 


50Q 


kanal von der Vereinigungsstelle beider Kanäle ab so grosse Abmessungen 
erhalten hat, dass er für lange Zeit das Wasser beider Entwässerungsgebiete 
nach der Reinigungsanlage abzuleiten vermag; erst wenn er hierzu nicht 
mehr imstande sein wird, muss der Sammelkanal des unteren Systems für 


sich über die Golzheimer Insel nach 
der Reinigungsanlage geführt werden, 
wo er dann unmittelbar oberhalb des 
Reinigungsgebäudes mit dem Haupt- 
sammelkanale des oberen Systems ver¬ 
bunden wird. 

Die Hauptsammelkanäle haben die 
in Abbildung 802 dargestellten Profile 
erhalten. Von der Ecke der Crefelder- 
und Kaiserswertherstrasse ab hat er 
zunächst das Profil a) von 2,10 m 
lichter Höhe und 1,60 m lichter Breite, 
durch das bei dem Wasserspiegel- 
Gefälle von 1:2000 und einer Fülltiefe 
von 1,68 m in der Sekunde 2418 1 
abgeführt werden. Von der Vereini¬ 
gungsstelle der beiden Sammelkanäle 
an der Rolandstrasse ab hat das Kanal¬ 
profil eine lichte Höhe von 2,30 m und 
eine lichte Breite von 2,20 m (Ab¬ 
bild. 802 c) und führt bei einer Fülltiefe 
von 1,85 m und dem Wasserspiegel¬ 
gefälle von 1:2857 in der Sekunde 
3397 1 ab. Nach Aufnahme des später 
erforderlichen Sammelkanals des 
Aussengebiets an der Golzheimer Ka¬ 
pelle und Entlastung von dem über¬ 
flüssigen Regenwasser durch einen 
auch erst nach der Bebauung des 
nördlichen Aussengebiets notwendig 
werdenden Regenauslasskanal daselbst, 
ist der Hauptsammelkanal 2,40 m im 
Lichten hoch und 2,25 m im Lichten 
breit (Abb. 802 c); bei einer Wasser¬ 
füllung von 1,90 m Höhe und dem 
Wasserspiegelgefälle von 1:2857 wer- ; 
den durch dieses Kanalprofil 3738 Se¬ 
kundenliter abgeführt. Dieses Kanal¬ 
profil genügt bis zur Einmündungs- • 
stelle des Hauptsammelkanals des j 



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>. 802. Haiiptsarnmelkanäle. 


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5io 


DÜSSELDORF USD SEINE BAUTEN. 


unteren Systems kurz vor der Reinigungsanlage. Von hier ab hat der Kanal 
ebenso wie der Auslasskanal bis zur Korrektionslinie des Rheins die lichte 
Höhe von 2,50 m und die lichte Breite von 2,80 m (vergl. Abb. 802 d) und 
kann bei einem Gefälle von 1:2300 rund 6,5 cbm in der Sekunde abführen. 
Der Zulauf- und der Ablaufkanal der Reinigungsanlage haben eine lichte 
Höhe von 2,70 m und eine lichte Breite von 3,00 m. An der Korrektions¬ 
linie des Rheins ist der obere Teil der Öffnung des Auslasskanals durch 
eine Klappe geschlossen, welche sich nur bei einem stärkeren Überdruck 
des Kanalwassers, hervorgerufen durch einen grösseren Regenwasserzufluss 
hebt, und kann erst dann das stark verdünnte Kanalwasser an der Korrektions¬ 
linie austreten, während das Gebrauchswasser einschliesslich der vierfachen 
Regenwassermenge durch ein von der Kanalsohle abzweigendes, 1200 mm 
weites eisernes Rohr aus 10 mm starkem Siemens-Martinsbleche unter der 
Rheinbettsohle noch rund 50 m weiter bis in den Stromstrich geleitet wird, wo 
seine Oberkante noch 3,70 m unter Niedrigwasser liegt, sodass eine innige 
Vermischung des Kanalwassers mit dem Rheinwasser stets gesichert ist. 

Der Hauptsammelkanal des unteren Systems auf der Golzheimer Insel 
ist 2,20 m im Lichten hoch und 1,90 m im Lichten breit (vergl. Abb. 802 b); er 
vermag bei einem Gefälle von 1:2857 in maximo 2740 Sekundenliter bei 
1,80 m Fülltiefe abzuführen. 

e) Pumpanlage zur Gewinnung von Rheinwasser zur Spülung 

der Kanäle. 

Da die neuen Sammelkanäle des oberen und unteren Systems so dimen¬ 
sioniert sind, dass sie zusammen die Abwässer eines von 430000 Menschen 
bewohnten Gebiets abführen können, bis jetzt aber ein Gebiet von nicht 
mehr als 200000 Einwohnern an die Kanalisation angeschlossen ist, so sind 
zurzeit diese Kanäle zu gross, weshalb bei trockenem Wetter Ablagerungen 
entstehen könnten. Es sind deshalb in der Pumpstation im Hofgarten zwei 
Hochdruckzentrifugalpumpen von 12 cbm Leistung in der Minute aufgestellt 
worden, die das Wasser aus einem unmittelbar am Rheine erbauten Tief¬ 
brunnen ansaugen und bis zu dem städtischen Zierteich, der Landskrone, 
drücken, wo das reine Wasser zunächst zur Auffrischung des Wassers in 
diesem von der nördlichen Düssei gespeisten Teiche und in dem mit 
letzterem verbundenen Stadtgraben dient; von den Teichen aus wird dann 
das Wasser den Kanälen zur Spülung zugeführt. 

Der Antrieb der beiden Pumpen erfolgt durch je zwei der vorhandenen 
40 PS starken Gasmotoren der Pumpstation. 

H. Kosten und deren Deckung. 

D ie Gesamtkosten der Kanalisation haben bis jetzt rund 12000000 M be¬ 
tragen, von denen durch die Beiträge der Hausbesitzer rund 4000000 M 
gedeckt sind. Für die Aufbringung der Kanalbaukosten wird von den Haus¬ 
besitzern ein einmaliger Beitrag von 40 M für das Meter Frontlänge des 


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DIE KANALISATION. 


511 


Grundstücks beim Anschlüsse desselben erhoben. Da indessen die Kanal¬ 
baukosten insbesondere nach Herstellung der grossen Sammel- und Auslass¬ 
kanäle höher sind, auch die jährlichen Betriebskosten eine erhebliche Höhe 
erreichen, ist in der für die Kanalisation erlassenen Gebührenordnung be¬ 
stimmt, dass ausser einem jährlich aus städtischen Mitteln zu leistenden 
Zuschüsse zu dem Bedarfe von den Hausbesitzern eine jährliche Gebühr er¬ 
hoben wird, die nach der Länge der Grundstücksfront und nach dem 
Nutzungswerte der Grundstücke zu bemessen ist Der Beitrag der Stadt und 
der Prozentsatz, der vom Nutzungswert des Grundstücks zu erheben ist, 
wird jährlich festgestellt; ersterer soll nicht weniger als 20 und nicht mehr 
als 3o°/'o des Bedarfs betragen. Augenblicklich trägt die Stadt 30% des 
Bedarfs, der Prozentsatz vom Nutzungswert der Gebäude ist zu i 0 /0 fest¬ 
gesetzt. Die Jahresabgabe für das Meter Frontlänge beträgt 1 M. 

Die Kanalisation wird als besonderes wirtschaftliches Unternehmen der 
Stadt betrieben und hat einen selbständigen Etat, der sich für das Jahr 1904 
in Einnahmen und Ausgaben auf 1342000 M stellt. 


33 



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512 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


8. Der Strassenbau. 

Bau und Unterhaltung:. 

it Ende der achtziger Jahre hielt der moderne Strassen¬ 
bau auch in Düsseldorf seinen Einzug. 

Grundsatz beim Baue ist, für spätere endgültige Pflaste¬ 
rungen mit Steinen oder Asphalt grundlegende Maka- 
damisierungen in solcher Tiefe unter der planmässig 
festgesetzten Fahrbahnkrone herzustellen, dass nach 
Verschleiss der Schrottdecken die endgültige Befestigung 
in normaler Stärke darauf gelegt werden kann. Dies Verfahren ist verhältnis¬ 
mässig billig und gestattet in ungemein kurzer Zeit, die fertig angebauten 
Strassen ohne grosse Verkehrs- und Geschäftsstörungen zu pflastern und der 
Befestigung grosse Tragfähigkeit zu verleihen. Die Bauweise wird auch 
bei Umpflasterung alter Strassen und bei Neupflasterung bisher in richtiger 
Höhe chaussiert gewesener Strassen angewendet, wenn alte tragende Ver- 
steinungen nicht darunter liegen. Vielfach sind Steinpflasterungen mit ver¬ 
kitteten Fugen erfolgreich hergestellt. 

Als Pflastermaterial dienen deutsche und belgische Grauwacke und 
versuchsweise deutsche Diorite und Diabase in Strassen mit leichtem Fuhr- 
verkehre; belgischer Porphyr und schwedischer Granit in Laststrassen. 
Basalt wird seiner Glätte und Melaphyr seiner geringen Härte wegen nicht 
mehr zugelassen. 

Der Asphalt wird vorzugsweise in ruhigen Wohn- und vielbegangenen 
Geschäftsstrassen der inneren Stadtteile, in den Allee- und Prunkstrassen der 
Vorstädte verwendet. 

Die Makadamstrassen werden mit Basalt- und versuchsweise mit Diorit- 
oder belgischem Porphyrschrott auf Packlage hergestellt. 

Reitwege sind in neuerer Zeit mit Ziegelgrobschlag unterfüllt und mit 
einem Gemische von Sand und Lohe eingedeckt worden. 

Die Bürgersteige werden mit Basaltlava oder mit Zement- oder Asphalt¬ 
platten, Promenadenwege mit Schlacken auf Ziegelfeinschrott oder unter 
stärkerem Verkehre mit Mosaikpflaster auf leicht betonierter Unterlage 
befestigt. 

Über die Unterbringung der Versorgungsnetze und die Befestigungs¬ 
weise gibt der abgebildete Strassenquerschnitt (Abb. 803) näheren Aufschluss. 

Im Stadtgebiete waren 1903 insgesamt 3042000 qm Wegeflächen vor¬ 
handen. Hiervon sind 682000 qm mit Steinpflaster, 114000 qm mit Asphalt, 
627000 qm mit Steinschlag und 341000 qm mit Kies und Schlacken be¬ 
festigt, wozu 112000 qm Rinnenpflaster treten. Unbefestigte Kulturwege 
waren 186000 qm vorhanden. Die mit Platten oder Pflaster verschiedener 
Ausführung versehenen Bürgersteige erstrecken sich über 540000 qm und 
die Promenaden und Alleen ausserhalb der Gartenanlagen besitzen eine 
Ausdehnung von 438000 qm. 



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514 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Der Bau der Strassen und ihre Unterhaltung stützt sich auf einen 
Zentralbauhof in der Ellerstrasse und sechs Bezirksdepots, welche die 
Maschinen, Geräte und Materialien aufnehmen. Es sind vier Dampfwalzen 
von 12 bis 15 t Leergewicht vorhanden. Die Unterhaltung besorgt wie 
auch die Reinigung die Stadt, der Neubau wird an Unternehmer vergeben. 

Strassenteilungen. 

J e nach Bedeutung, Lage und Richtung zum Verkehre werden die 
Strassenbreiten verschieden eingeteilt und ausgestattet. Radial- oder durch¬ 
gehende Diagonal- und Ringstrassen in den älteren, von den Eisenbahn¬ 
linien umfassten Stadtteilen besitzen bei Breiten bis zu 30 m nur Bürger¬ 
steige und Fahrbahnen. Bei Breiten von 22 m an ist die Bepflanzung der 
Bürgersteige Regel, wenn die Bäume 5 bis 6 m Abstand von der Gebäude¬ 
flucht erhalten können. Hierzu gehören z. B. als Ringstrassen die Graf- 
Adolfstrasse mit je 8 m breiten Bürgersteigen und 14 m Fahrbahn, die 
Worringerstrasse mit je 6 m und 13 m; die Hüttenstrasse als Diagonal¬ 
strasse mit je 7,5 m und 11 m. Ältere Promenaden- und Alleestrassen 
weichen hiervon ab. Sie sind in den Querschnitten der Allee- und Prinz- 
Georgstrasse, der Kavallerie-, Haroldstrasse sowie der Königsallee mit Kanal¬ 
strasse als Beispielen dargestellt (Abb. 804 und 805). 

Für Strasseneinteilung und Breitenbemessung der verschiedenen Ver¬ 
kehrswege in der äusseren Stadterweiterung sind die dargestellten Quer¬ 
schnitte der Kaiserswerther-, Lindemann-, Jülicher- und Ürdingerstrasse, 
ferner die Graf-Reckestrasse und die Grafenberger Chaussee charakteristisch. 

Die zwischen Hauptstrassenzügen liegenden Verbindungs- und 
Nebenstrassen erhalten Breiten von 15 bis 25 m mit und ohne Vorgärten 
von verschiedener Tiefe. Die Bürgersteige bedecken meistens 2 / 4 der Ge¬ 
samtbreite zwischen den Fluchtlinien. Neuerdings werden auch bei land- 
hausmässiger Bebauung und für abgelegenere, aber mit Vorgärten aus¬ 
zustattende Wohnstrassen Verkehrsbreiten bis zu 10 m herab festgesetzt, 
wofür ein Beispiel in der Füsilierstrasse (Abb. 805) abgebildet ist. 

Die grossen freien Plätze sind ausnahmslos als Schmuckplätze nur mit 
Umfahrtstrassen ausgebildet. Besondere Hervorhebung verdienen der Königs-, 
Cornelius- (D 5), Franken- (D 2), Schiller- (F 4), Wilhelms- (E 5), Lessing- 
(E 6), Fürsten-, Kirch- (D 6) und Graf-Adolfplatz, sowie der Schwanenmarkt 
(D 5). Die Mehrzahl von ihnen wirkt anziehend durch Brunnen oder Denk¬ 
mäler innerhalb der Anlagen. 

Strassen mit Bahngleisen. 

D ie Strassenbahngleise liegen bei schmalen Fahrdämmen auf deren 
einer Seite mit 2,75 m Achsenabstand nebeneinander, bei Breiten von 
10 m an in der Mitte und werden nur auseinandergezogen, wenn Mittel¬ 
promenaden es bedingen. 


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i,-- *1,1* — - n 

Abb. 805. Strassenquerschnitte. 



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DER STRASSENBAU. 













518 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Mit der bisher erfolgten Bauweise der Bahngleise wurde unter tun¬ 
lichster Vereinfachung ihrer Gründung und Einbettung eine hohe Dauer¬ 
haftigkeit der Schienenwege wie auch der Fahrbahnbefestigungen erreicht. 

ln Fahrbahnen mit Steinpflaster werden die Phönix-Rillenschienen 
Prof. 25 c und b, mit Stumpf- früher Plattstoss und doppelten Fusslaschen 
auf abgewalzter, 20 cm hoher Packlage verlegt und mit Feinschrott aus 
Basalt oder Hochofenschlacke unter feuchter Kiesmischung gestopft. Die 
Steghohlräume der Schienen werden mit hartgebrannten Tonformstücken 
ausgesetzt. Diese Füllstücke sind, frost- und rammschlagfest wie sie sind, 
ein besonderes Erzeugnis Düsseldorfs. Sie verhindern das Unterkriechen 
der Pflastersteine längs den Schienenköpfen. 

Bei asphaltierten Fahrbahnen wird nach beigefügter Abbildung 806 ge¬ 
baut. Ausserordentliches Gewicht wird auf die Güte des die Schienen 
tragenden und umhüllenden Betons gelegt, der vollständig abbinden muss, 
damit die Schienen festumklammert unter dem Betriebe nicht schwingen 
oder federn können. Bei versuchsweise ausgeführter Einsäumung der 
Schienenköpfe mit Hartholz sind die Klötzchen dem Schienenprofile angepasst 
und ausgeschnitten worden, um in Rollschicht auf Zementbeton in Goudron 
versetzt zu werden. Asphaltunterlagen sind zur Schienenfundierung nicht 
im Gebrauche, weil sie als elastisches, veränderliches Mittel das Durchbiegen 
der Schienen unter Raddruck nicht verhindern und zur Zerstörung des be¬ 
nachbarten Betons und aufliegenden Asphalts beitragen. 

& 


9. Das städtische Wasserwerk. 



in städtisches Wasserwerk besteht seit dem Jahre 1870. Es 
ist insofern von hohem Interesse, als es die Entwicklung 
des deutschen Maschinenbaus während der letzen drei 
Jahrzehnte widerspiegelt, und so betrachten wir heute 
die Maschinen, die nun schon seit mehr als 30 Jahren 
unermüdlich ihre Arbeit verrichten, mit Anerkennung für 
die Erbauer als die Vorkämpfer und Begründer des 


modernen Maschinenbaus. Wir sehen manche Bauart in ihrer ersten Aus¬ 


gestaltung, die später allgemein gebräuchlich geworden, aber auch manche 
in Vergessenheit geratene, und der Fortschritt der Technik tritt uns recht 
deutlich vor Augen. 

Noch aus dem Gründungsjahre des Wasserwerks sind die von der 
Maschinenfabrik Magdeburg-Buckau erbauten Einzylindermaschinen vor¬ 
handen. 


Dampfspannungen über sechs Atmosphären hat man damals anscheinend 
nicht gern gewählt, auch die Anordnung von Hoch- und Niederdruck¬ 
zylindern, obgleich sie schon längst bekannt war, hielt man nicht für be¬ 
sonders erforderlich, denn sowohl die Dampfmaschinen des Pumpwerks 1 , 


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DAS STÄDTISCHE WASSERWERK. 


519 


als auch die des einige Jahre jüngern Pumpwerks II, sind Einzylinder¬ 
maschinen mit Einspritzkondensation. Die Dampfspannung der beiden 
Flammrohrkessel im Werk I beträgt fünf Atmosphären, aber die beiden 
Maschinen dieses Werks sind mit jener durch lnglis & Spencer verbesserten 
Corliss-Steuerung ausgerüstet, die im Jahre 1867, also kurz zuvor, auf der 
Pariser Ausstellung allgemeines und berechtigtes Aufsehen erregte. 

Die Pumpen der Station 1 werden durch die verlängerte Kolbenstange 
der Dampfmaschinen bewegt, sie sind doppeltwirkende, horizontal liegende 
Kolbenpumpen mit Glockenventilen und entnehmen ihr Wasser aus drei 
durch Heberleitungen verbundenen, in den Grundwasserstand abgesenkten 
Schachtbrunnen von 4,6 m Durchmesser. Sie fördern bei 18 Umdrehungen 
in der Minute stündlich 367 cbm. 

Schon im Jahre 1875 musste eine zweite Pumpstation angelegt werden. 
Die Lieferung der Maschinen wurde der Firma Gebrüder Sulzer in Winter¬ 
thur übertragen. 

Auch diese Maschinen sind nur mit einem Dampfzylinder ausgestattet, 
haben aber die später häufig angewendete, jetzt als „alte Sulzersteuerung" 
bezeichnete Ventilsteuerung, die wieder kurz zuvor durch die Wiener Aus¬ 
stellung von 1873 allgemein bekannt geworden war. 

Bei dem Pumpwerke II überwand man die besonders zur Zeit des 
grössten Verbrauchs bedeutende Hubtiefe durch Aufstellung zweier Rittinger- 
Schöpfpumpen. Diese schaffen das Wasser aus zwei Schachtbrunnen von 
5 und 7 m Durchmesser nach einem unter dem Fussboden des Maschinen¬ 
raums liegenden, gemauerten Becken, und von hier wiederum entnehmen 
es die durch die verlängerte Kolbenstange der Dampfmaschinen direkt an¬ 
getriebenen, doppeltwirkenden, horizontalen Druckpumpen und drücken es 
in das Rohrnetz. 

Die Pumpen fördern bei 25 Umdrehungen in der Minute stündlich 
384 cbm. 

Die Kesselanlage der Station II besteht aus zwei Dupuis’schen soge¬ 
nannten Hammerkesseln mit Unterfeuerung unter dem Wasserkessel und 
dem an letzteren angeschlossenen, stehenden Röhrenkessel. Die veralteten 
Maschinen der Stationen I und 11 dienen jetzt nur noch als Reserve. 

Im Jahre 1888 wurde die dritte Pumpstation erbaut. Sie enthält zwei 
Dampfmaschinen mit parallel zueinander angeordneten Zylindern für Hoch- 
und Niederdruck, die durch den Receiver verbunden und mit alter Sulzer¬ 
steuerung versehen sind. Von jedem Zylinder wird durch Winkelhebel an 
der verlängerten Kolbenstange eine Pumpe angetrieben. Die vier Pumpen 
stehen in einem 9,90 m tiefen Schachte und entnehmen das Wasser zuerst 
sieben gemauerten Schachtbrunnen, wovon zwei als Sammelbrunnen mit 
den übrigen durch Heberleitungen verbunden sind; später mussten noch 
acht Rohrbrunnen von 400 mm 1. W. an die Heberleitungen angeschlossen 
werden. Die einfach wirkenden, stehenden Plungerpumpen saugen direkt 
aus dem Brunnen und drücken in das Rohrnetz. Trotzdem dass zur 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Erzielung eines möglichst gleichmässigen Gangs und Verminderung der 
eckenden Stosswirkungen auf die Maschine beim Wechsel der Saug- und 
Druckperiode über den Plungerkolben Differential kolben angeordnet sind, 
arbeiten die Pumpen mit erheblichen Stössen. 

Die Maschinen fördern bei 25 Umdrehungen in der Minute stündlich 
1119 cbm. Ihr Dampf wird in vier Zweiflammrohrkesseln mit 6,5 Atmo¬ 
sphären Spannung erzeugt. 

Die neueste Station, Pumpwerk IV, wurde im Frühjahre 1902 in Be¬ 
trieb gesetzt. 

Zwei Verbundmaschinen mit parallel zueinander liegenden Hochdruck- 
und Niederdruckzylindern, deren Pleuelstangen an gemeinsamer, mit 
Schwungrad versehener Welle angreifen, betreiben mittels Seilen und Seil¬ 
scheiben die 11,25 m tiefer stehenden Schöpfpumpen, die das Wasser einem 
Sammelbrunnen von 6 m Durchmesser entnehmen und in einen unter dem 
Fussboden des Maschinenhauses liegenden Behälter fördern. 

Die Anlage erinnert an Pumpwerk 11 . Die Dampfmaschinen besitzen 
Radovanovic-Steuerung und Einspritzkondensation und fördern bei 50 Um¬ 
drehungen in der Minute stündlich 1600 cbm, wozu sie zusammen ungefähr 
380 PS aufwenden. 

Die Schöpfpumpen sind vierfach wirkende Saug- und Druckpumpen 
mit sogenannten Gruppenventilen. 

Die Druckpumpen werden durch die verlängerten Kolbenstangen an¬ 
getrieben und sind doppeltwirkende Plungerpumpen, deren innenliegende 
Stopfbüchsen sich in einem stets mit Wasser gefüllten Behälter befinden. 

Die vier Zweiflammrohrkessel dieser Maschine haben eine Heizfläche 
von je 91 qm und 10 Atmosphären Spannung. 

Das Wasserwerk liegt im Süden der Stadt (D 9) in der Nähe des 
Dorfes Flehe, dicht am Rheine und in dessen Bett gemessen etwa 12 km 
flussaufwärts von Düsseldorf (vgl. Abb. 1 in Abschnitt 1 ). Man hat wohl 
die Uferlage gewählt in der Annahme, dann ein durch natürliche Filtration 
gereinigtes Rheinwasser in stets genügender Menge zu schöpfen. Indessen 
zeigte es sich und wurde durch die chemische Analyse bestätigt, dass das 
Wasser nur Grundwasser ist und einem Grundwasserstrome entnommen 
wird, der sich von den östlich Düsseldorfs liegenden Höhen nach dem 
Rheine hinunterzieht. Als Tatsache wurde dies noch erhärtet bei der Be¬ 
triebseröffnung des Pumpwerks III. Der Grundwasserspiegel bei Pump¬ 
werk I senkte sich nämlich so stark, dass die in Geländehöhe liegenden 
Pumpen das Wasser nicht mehr zu heben vermochten, und man sich ge¬ 
nötigt sah, eine Schöpfpumpe in dem 2,62 m tiefer liegenden Maschinen¬ 
keller aufzustellen. Ferner liess man das Wasser zunächst in einen Schöpf¬ 
behälter fördern und aus diesem die Druckpumpen ihrerseits es wieder 
entnehmen. Nach dieser Erfahrung werden alle neueren Brunnen zur Ab- 
fangung des Grundwasserstroms am Rheinufer entlang angelegt, und es 
bilden demgemäss auch die bis zu einer Tiefe von 25 m und in Ab- 


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DAS STÄDTISCHE WASSERWERK. 


521 


ständen von 30 m angelegten 17 Rohrbrunnen des Pumpwerks IV, wie 
aus dem Lageplane ersichtlich, eine am Ufer ungefähr 370 m lang¬ 
gestreckte Kette (Abb. 807). 

Die Rohrbrunnen bestehen aus kupfernen, 40 cm weiten, mit 30 mm 
langen und 5 mm breiten Schlitzen versehenen Rohren und sind in 
groben, nach aussen feiner werdenden Kies eingebettet. Damit ist weniger 
bezweckt das Wasser zu reinigen, als vielmehr eine ständig durchlässige 
Schicht zu schaffen. 

In die Kupferrohre tauchen die Heberrohre ein. Bemerkenswert ist, 
dass die Kupferrohre fast auf die ganze Länge, nämlich bis auf ein kurzes 
oberes Stück, gelocht sind. 

Die Rohrbrunnen sind miteinander durch Heberleitungen verbunden, 
die unter dem Wasserspiegel eines Sammelbrunnens ausmünden. Jeder 
Rohrbrunnen ist durch einen Schacht von oben her zugänglich und durch 
einen Schieber von der Heberleitung absperrbar. Steigt man in einem 
solchen Schachte hinunter, so gelangt man in einen gemauerten, zu Drei¬ 
viertel ovalen Kanal mit flachem, wenig nach innen geneigtem Boden von 
1,65 m Breite und 2 m Höhe, der die Heberleitung enthält. Die Sohle 
dieses Kanals liegt 9,85 m unter Gelände. Der höchste Punkt der Heber¬ 
leitungen ist mit den Pumpen durch ein dünnes Rohr verbunden, sodass 
diese in den Heberleitungen das zum Ansaugen des Wassers aus den Rohr¬ 
brunnen erforderliche Vakuum erzeugen. 

Vier Druckleitungen des Wasserwerks, wovon zwei 
419 mm, die andern 425 und 600 mm weit sind, 
führen das Wasser durch die Stadt hindurch nach 
den Höhenzügen von Grafenberg, wo auf der 
Hardt 56,5 m über dem Nullpunkte des 
Düsseldorfer Pegels ein Hochbehälter 
von 7200 cbm Fassungsver¬ 
mögen steht, der mittels 
Fernsprecher und Tele¬ 
graph mit dem 
Wasserwerke ver¬ 
bunden ist. 



Abb. 807. Lageplan des stiidt 
Wasserwerks in Flehe. 


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522 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Der grösste Wasserverbrauch während eines Tags fiel im Jahre 1901 auf 
den 13. Juli mit 40780 cbm, der geringste auf den 1. Januar 1902 mit 
13 247 cbm. Der Gesamtwasserverbrauch betrug in demselben Rechnungsjahre 
8846416 cbm, woraus sich ein durchschnittlicher Tagesverbrauch von 
24237 cbm berechnet. 

Ausser der Stadt Düsseldorf sind noch alle zum Stadtbezirke gehörenden 
Ortschaften, sowie die Nachbargemeinden Ludenberg, Gerresheim, Eller und 
Oberkassel an das Rohrnetz angeschlossen. 

Der Preis für 1 cbm Wasser beträgt 12 Pfennig. Von den 11263 an¬ 
geschlossenen Grundstücken entnehmen 9171 das Wasser durch Wasser¬ 
messer. Der Verbrauch der übrigen wird eingeschätzt und durch einen 
bestimmten Jahresbeitrag vergütet 

Das Wasserwerk erzielte im Jahre 1901/1902, nach Abzug der üblichen 
Abschreibungen und der Verzinsung des Anlagekapitals, einen Reingewinn 
von 227125,09 M. 


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DIE STÄDTISCHEN GAS- UND ELEKTRIZITÄTSWERKE. 


Bogen lampen-Träger 


Tip^X 10. Die städtischen Gas- und Elektrizitätswerke. 

W YT a) Das Gaswerk. 

** -B. \ Tow den gewaltigen Fortschritten der Beleuchtungstechnik 

^ ^ V . in dem letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts geben 

\^J die beiden Werke Düsseldorfs, das Gaswerk und das 
~~ Elektrizitätswerk, beredtes Zeugnis. 

Nicht lange nachdem die Gasbeleuchtung sich über die Grenzen 
einiger Versuchsanstalten hinaus verbreitet und zur Beleuchtung von 
Gebäuden brauchbar erwiesen hatte, war auch Düsseldorf im Besitze 
eines Gaswerks, wenn es sich zunächst auch in den Händen eines 
Privatunternehmers befand. 

Nach Ablauf der Konzession für dieses Unternehmen baute im 
Jahre 1866 die Stadtverwaltung ein eigenes Werk. 

Als dann die Elektrizität mehr und mehr Boden auf dem Felde 
des Beleuchtungswesens gewann, war Düsseldorf eine derjenigen Städte 
Deutschlands, die auch zum Bau eines eigenen Elektrizitätswerks schritten. 

Trotzdem beide Werke sowohl auf dem Gebiete der Beleuchtung 
als auch des Kleinmotorenbetriebs miteinander in Wettbewerb traten, 
gelang es der Verwaltung, sie nebeneinander in wirtschaftlicher Weise 
zu betreiben und zu hervorragenden Einnahmequellen für die Stadt zu 
gestalten. 

Das Gaswerk, das heute besteht, ist nicht mehr jenes im Jahre 1866 
erbaute; es wurde vielmehr erst im Jahre 1888 ausserhalb der Stadt 
) in Flingern (G 5) angelegt, nachdem das ältere an der Grenze seiner 
Leistungs- und Erweiterungsfähigkeit angelangt war. 

Die Lage des neuen Werks ist so gewählt, dass mittels eines 
Anschlussgleises der Staatsbahn die Kohlen bis auf das Anstaltsgelände 
selbst gefahren werden können. Innerhalb des Werks vermitteln zwei 
feuerlose Lokomotiven nach System Lamm-Francq, die ihren Dampf 
1 den feststehenden Hochdruckkesseln des Werks entnehmen, den Trans- 
^ port der Kohlen und des Koks. 

Das gesamte Gaswerk besteht aus den voneinander unab- 
hängigen Betrieben I und 11 . 

dem annähernd 260 m langen Retortenhause sind für 
’ Betrieb I 30 Münchener Vollgeneratoröfen mit je neun Retorten 
[ und für Betrieb II 27 solcher Öfen aufgestellt. Je sechs Öfen in 

| Betrieb 1 und je neun Öfen in Betrieb II bilden einen Block 

= mit eigenem Schornstein. In unmittelbarer Verbindung mit dem 

I r; Retortenhause stehen die von einem Gleise durchzogenen 

i Kohlenschuppen, sodass die Kohlen fast vom Bahnwagen 

- v ' ( mittels der auf Schienen laufenden Ladeapparate (System 
"j Eitle in Stuttgart) in die Retorten eingebracht werden 

vom Rhein werft. können. Das Laden der Retorten geschieht jetzt nur 


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524 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


noch durch diese mit 3 m langer, zweiteiliger Mulde versehenen Ladeapparate. 
Durch eine hinter den Retortenöfen liegende Sammelleitung und durch 
Leitungen, die in begehbaren, unterirdischen Kanälen verlegt sind, wird das 
Gas vom Retortenhause nach den Kondensatoren geführt, die in einer Ent¬ 
fernung von ungefähr 40 m zu beiden Seiten des Maschinenhauses in be- 
sondem Häusern, und zwar wieder in Betrieb 1 und II getrennt, aufge¬ 
stellt sind. 

Der Betrieb I weist 16 parallel geschaltete, gusseiserne Kondensatoren, 
Wasserröhrenkühler, auf; in Betrieb II stehen acht schmiedeeiserne Röhren¬ 
kühler, deren jeder bei einer Höhe von 7 m und einem Durchmesser von 
1,30 m, 136,6 qm Kühlfläche besitzt. 

ln dem zwischen beiden Kondensatorhäusem liegenden Maschinenhause 
befinden sich vier dreiflüglige Gassauger der Berlin-Anhalter Maschinen¬ 
bau-Aktiengesellschaft, die mit kleinen Dampfmaschinen direkt gekuppelt 
sind. Sie saugen das Gas aus den Vorlagen durch die Kondensatoren und 
drücken es durch die Teerscheider, Skrubber, Reiniger und Gasmesser nach 
den Gasbehältern. 

Die Verbindungsleitungen der Gassauger sind so angelegt, dass man 
beliebig mit dem einen oder dem anderen Gassauger aus diesem oder 
jenem Betriebe absaugen kann. Für gewöhnlich steht ein Gassauger zur 
Aushilfe, ist also nicht in Betrieb. Umlaufregeier sind zwischen je zwei 
Gassaugern für den Fall des Versagens der Dampfmaschinen aufgestellt. 

Die Teerscheider, denen zunächst die Gassauger das Gas zuführen, 
sind nach dem System Pelonze & Audoin gebaut, mit der aus vier hinter¬ 
einander angeordneten, gelochten Blechen bestehenden Glocke. 

Auch die Skrubber sind wiederum den beiden Betrieben entsprechend 
in zwei Gruppen angeordnet. Die aus den Teerscheidern und den 
Skrubbern austretenden Kondensationserzeugnisse werden den unter der 
Hofoberfläche, zwischen Retortenhaus .und Maschinenhaus, liegenden Teer¬ 
und Ammoniakwassergruben zugeführt. 

Die Trockenreinigung des Gases erfolgt in gusseisernen Reinigungs¬ 
kästen mit Eisenoxydhydrat zur Beseitigung von Schwefelwasserstoff, Cyan, 
Rhodan und den letzten Resten von Ammoniak. Der Regenerierungsraum 
des älteren Betriebs I befindet sich neben der des Betriebs II über dem 
Raume, der die Reiniger enthält. Die Regenerierungsmasse wird bei Be¬ 
trieb II in besonderen Wagen durch einen hydraulischen Aufzug nach dem 
oberen Stockwerke gehoben und durch Schüttvorrichtungen in der Decke 
des Reinigerraums oder im Fussboden des Regenerierraums wieder in die 
Reiniger hinuntergeschüttet. So macht die Reinigungsmasse 16 bis 20 mal 
den Weg von und nach den Reinigungskästen. Alsdann besitzt sie einen 
Gehalt von 10 bis 12°/ 0 Ferrocyan und bildet einen einträglichen Verkaufs- 
Nebenartikel des Werks. 

Nach dem Trockenreinigungsprozesse gelangt das Gas durch die vier 
Stationsmesser in die Gasbehälter. Der älteste dieser Gasbehälter (auf dem 


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DIE STÄDTISCHEN GAS- UND ELEKTRIZITÄTSWERKE. 


525 


Lageplane Nr. 2) fasst 25000 cbm und ist zweihübig. Sein Becken ist aus 
Schmiedeeisen hergestellt, hat einen Durchmesser von 43,50 m und eine 
Tiefe von g,4 m. Der zweite Gasbehälter (Nr. 1) fasst 40000 cbm und ist 
dreihübig. Er hat bei einem Durchmesser von 46,80 m eine Tiefe von 
ebenfalls 9,4 m und ist aus Beton hergestellt Der erst vor kurzem in Be¬ 
trieb genommene dritte Behälter (Nr. 3), ist wie Nr. 1 dreihübig und fasst 
50 000 cbm. Er hat einen Durchmesser von 50 m und ein schmiedeeisernes 
Becken von 9,70 m Tiefe. Während Gasbehälter Nr. 1 radiale Führung 
besitzt, werden die beiden anderen tangential geführt. 

Bevor das Gas in die beiden Hauptleitungen zur Stadt eintritt, durch¬ 
strömt es noch die im Maschinenhause aufgestellten Druckregeler und zwar 
je einen Vorregeler und einen Hauptregeler, die den Gasdruck von 260 mm 
Wassersäule auf 40 bis 75 mm vermindern. 

Die Vorregeler haben hauptsächlich den Zweck, den Druckunterschied 
beim jeweiligen Anheben eines Mantelrings der Gasbehälter auszugleichen. 

Die beiden Hauptleitungen nach der Stadt haben einen Durchmesser 
von 900 mm. 

Zur Beheizung der Fabrikräume und der Gasbehälter im Winter und 
zur Speisung der feuerlosen Lokomotiven, sowie der Dampfmaschinen der 
Gassauger sind fünf Hochdruckdampfkessel von zusammen 375 qm Heiz¬ 
fläche und 6 bis 10 Atmosphären Spannung in dem hinter dem Maschinen¬ 
hause liegenden Kesselhause aufgestellt. 

Ausser dem vorerwähnten Ferrocyan, das von chemischen Fabriken zur 
Herstellung von Berliner Blau angekauft wird, ist ein weiteres Neben¬ 
erzeugnis des Gaswerks schwefelsaures Ammoniak, das aus dem Ammoniak¬ 
wasser mittels zweier Destillierapparate nach dem System von Dr. A. Feld¬ 
mann unter Verwendung von Schwefelsäure gewonnen wird, nachdem das 
noch im Wasser gebundene Ammoniak durch Zusatz von Kalkmilch aus¬ 
getrieben worden ist. 

Die Gesamtgaserzeugung im Jahre 1902/1903 betrug 20856800 cbm; 
die stärkste Gasabgabe fand am 6. Dezember 1902 mit 106900 cbm statt. 
Es wurden 68853300 kg westfälischer Gaskohle verwendet, sodass durch¬ 
schnittlich aus 100 kg Kohle 30,29 cbm Gas gewonnen wurden. Der Preis 
der Kohle betrug frei Gaswerk 14,70 M für 1000 kg. An Gaskoks wurden 
48147850 kg oder 69,93% der Kohle gewonnen. Die Retortenfeuerung 
beanspruchte 21,17% des Gesamtkoksgewinns. Zur Vergasung von 100 kg 
Kohle waren 14,81 kg Koks und zur Erzeugung von 100 cbm Gas 48,88 kg 
Koks erforderlich. Der Koksverkauf ergab durchschnittlich eine Einnahme 
von 11 M für 1000 kg. 

Die höchste Betriebsleistung der Betriebe I und II beträgt 50000 und 
60000 cbm täglich. Da nun, wie oben erwähnt, am 6. Dezember 1902 
bereits 106900 cbm verbraucht wurden, so bedarf das Werk wiederum 
einer Erweiterung und man hat daher auch mit dem Bau eines dritten 
Betriebs begonnen. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Wie die Erweiterung gedacht ist, geht aus dem beigefügten Lageplane 
hervor (Abb. 808). 

Für öffentliche Strassenbeleuchtung unterhält das Werk ungefähr 
5000 Laternen, wovon 2000 als Nachtlatemen und 3000 als Abendlatemen 
brennen. Alle Laternen sind mit Glühstrümpfen und Zündflämmchen ver¬ 
sehen. 

Der Preis des Gases beträgt für die Verbraucher 16 Pfg. für 1 cbm 
Leuchtgas und 8 Pfg. für das zu Arbeits-, Heiz- und Kochzwecken ver¬ 
wendete Gas. 

Für beide Arten der Gasentnahme werden getrennte Gasmesser in 
den Kellern der Gebäude aufgestellt. Bei einem Jahresverbrauche über 
3000 cbm Leuchtgas treten besondere Ermässigungen des Leuchtgas¬ 
preises ein. 

Der Reingewinn des Gaswerks betrug für das Rechnungsjahr 1901/1902, 
nach Abzug der Verzinsung des Anlagekapitals und aller Abschreibungen, 
617923,18 M, sodass auf 100 cbm erzeugten Gases ein Reingewinn von 
3,365 M zu verzeichnen war. 


b) Das Elektrizitätswerk (G 5). 


D as Düsseldorfer Elektrizitätswerk war bei seiner Eröffnung im Jahre 
1891 das erste Werk, dessen Stromerzeugungsstätte entfernt von den 
Verbrauchsstellen angelegt wurde. 

Die günstigen Erfolge, die man kurze Zeit zuvor in Barmen und in 
Hannover mit Akkumulatorbatterien erzielt hatte, ergaben den Beweis für 
die Lebensfähigkeit und den hohen Wert des Akkumulators für elektrische 
Zentralen. 

Indem die Akkumulatorbatterien den Ausgleich zwischen dem niedrigsten 
und dem höchsten Energieverbrauche an einem Tage vermitteln, werden die 
unvermeidlichen Verluste auf das geringste Maß beschränkt. Der Maschinen¬ 
betrieb wird durchaus gleichmässig und daher einfacher; die innerhalb 
24 Stunden zu leistende Energie kann auf einen Teil der gesamten Betriebs¬ 
zeit gleichmässig verteilt werden, und Betriebsschwankungen und die aus 
diesen entstehenden, gegenüber einem gleichmässigen Betriebe erheblich 
höheren, Verluste können vermieden werden. 

Diese Erkenntnis war auch bei der Planung des Düsseldorfer Elektrizitäts¬ 
werks für die Anlage von Akkumulatorunterstationen bestimmend, 
sodass man drei solcher Stationen im Stadtgebiete selbst anlegte, die 
Maschinenstation aber, um Düsseldorf nach Möglichkeit vor rauchenden 
Schornsteinen zu bewahren, ausserhalb der Stadt unterzubringen sich ent¬ 
schloss und zwar in der Nähe des Gaswerks (Abb. 809). Durch den Eisen¬ 
bahnanschluss des Gaswerks war auch das Heranschaffen der Kohlen für 
das Elektrizitätswerk bequem gemacht. 

Die Entfernung der Maschinenanlage von den Unterstationen wurde 
durch höhere Spannung, 300 Volt in den Fernleitungen, und durch direkte 


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DIE STÄDTISCHEN GAS- UND ELEKTRIZITÄTSWERKE. 


527 


Telephonverbindung der Unterstationen mit der Maschinenanlage über¬ 
wunden. Die Ausführung des ganzen Werks wurde der Firma Schuckert & Cie. 
in Nürnberg übertragen. Es bestand aus zwei liegenden Tandemdampf¬ 



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maschinen der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz von je 300 ind. PS 
mit direkt gekuppelter Gleichstrom-Dynamomaschine und drei Wasserröhren¬ 
kesseln der hiesigen Maschinenfabrik Hohenzollem von je 150 qm Heiz- 


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Abb. 809. Grundriss des städtischen Elektrizitätswerks. 






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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


fläche und neun Atmosphären Spannung. Die drei Akkumulator¬ 
stationen in der Bleichstrasse (D 5), in der Orünstrasse (D 5) und 
in der Karlsstrasse (E 5) hatten bei dreistündiger Entladung zusammen 
eine Kapazität von 5460 Amperestunden mit einer höchsten Stromstärke 
von 1632 Ampfcre. Für das Stromverteilungsnetz wurde das Dreileiter- 
system mit 2 X 110 Volt Spannung und isoliertem Mittelleiter gewählt. 
Die Dampfmaschinen waren mit Ventilsteuerung und zwar der Hochdruck¬ 
zylinder mit zwangläufiger, durch einen Porterschen Regulator beherrschter 
Höffner-Steuerung, und der Niederdruckzylinder mit Daumensteuerung ver¬ 
sehen. Die Maschinen arbeiteten mit Oberflächenkondensation, deren 
Pumpen durch Winkelhebel an der verlängerten Kolbenstange angetrieben 
wurden. 

Die Dynamomaschinen waren von Schuckert gelieferte Flachring- 
Nebenschlussmaschinen mit einer höchsten Leistung von 1000 Ampere 
und einer höchsten Spannung von 400 Volt. Die Leitungen von den 
Maschinen bis zum Schaltbrett wurden durch den Maschinenkeller verlegt. 
Von den Sammelschienen gehen die Fernleitungen zu den Unterstationen 
und von diesen zu den Knotenpunkten des Stromverteilungsnetzes sind die 
Speiseleitungen in einer Tiefe von ungefähr 1 m im Erdreiche gelegt. 

Die grösste der drei Akkumulatorstationen, die in der Bleichstrasse, be¬ 
stand aus 140 Zellen von 800 Ampere Entladestromstärke bei 2640 Ampfcre- 
stunden Kapazität, die beiden anderen Stationen hatten ebenfalls 140 Zellen 
mit je 420 Ampere Entladestromstärke und je 1410 Amperestunden. 

Damals, im Jahre 1891, zählte Düsseldorf ungefähr 150000 Einwohner; 
seit den nunmehr verflossenen 12 Jahren ist die Einwohnerzahl auf 230000 
angewachsen, und es ist daher erklärlich, dass auch die Werke für die 
Beleuchtung der Stadt heute ein wesentlich anderes Aussehen haben als 
damals. 

Schon im Jahre 1893 wurde die Anschaffung einer dritten Dampf¬ 
maschine mit direkt gekuppelter Doppeldynamo von 300 Kilowatt er¬ 
forderlich. 

Ganz wesentlich aber musste das Werk vergrössert werden, als der 
Strassenbahnbetrieb im Jahre 1899 elektrisch eingerichtet wurde. 

Zwei Dampfdynamomaschinen von je 450 Kilowatt der Elektrizitäts- 
Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer & Co. in Frankfurt a. M. wurden 
zunächst aufgestellt und in den folgenden Jahren, 1900 und 1901, kamen 
noch zwei Maschinen von 450 und 800 KW., die eine von Schuckert, die 
andere von Lahmeyer geliefert, hinzu. 

Wie die älteren, so waren auch die später aufgestellten Dampfmaschinen 
Tandemmaschinen der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz; sie er- 


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DIE STÄDTISCHEN GAS- UND ELEKTRIZITÄTSWERKE. 


529 


hielten jedoch Einspritzkondensation, da die Beschaffung des Kühlwassers 
infolge des immer grösser werdenden Betriebs auf Schwierigkeiten stiess. 
Aus diesem Grunde legte man eine Rückkühlanlage nach Art der Kamin¬ 
kühler an, der das Einspritz- und Kondenswasser der Maschinen zugeführt 
wird, um von neuem als Einspritzwasser benutzt zu werden. 

Die alte Kesselanlage erhielt schon 1893 einen vierten Dampfkessel von 
150 qm Heizfläche; ausserdem aber wurden — bei Übernahme des Strassen- 
bahnbetriebs — noch sechs Dürr-Kessel von je 275 qm Kessel- und 27,5 qm 
Überhitzerheizfläche in einem neuen Kesselhause aufgestellt. Ihre Dampf¬ 
spannung beträgt 12 Atmosphären. 

Im besondern für den Strassenbahnbetrieb wurde eine Pufferbatterie 
in der Erkratherstrasse (F 5) errichtet 

Die Batterie hat eine Kapazität von 550 Ampfcrestunden bei einstündiger 
Entladung, sowie zwei Zusatzdynamomaschinen, welche durch die auf der 
gleichen Achse sitzenden Gleichstrommotoren betrieben werden. 

Im Laufe der Jahre waren auch die Akkumulatoren der Unterstationen 
vergrössert worden, sodass sie bei einer Kapazität von 11450 Ampere¬ 
stunden eine Stromstärke von 3532 Ampere in dreistündiger Entladung ab¬ 
zugeben vermochten. 

Das gesamte Kabelnetz war seit der Eröffnung des Werks von 
168,5 km auf 368,22 km angewachsen und die Jahresstromerzeugung in 
10 Betriebsjahren von 484111,4 auf 5443301 Kilowattstunden angestiegen. 

Dies war das Elektrizitätswerk im März 1901, als die Einwohnerzahl 
Düsseldorfs 215000 betrug. Für den Lichtbetrieb standen einschliesslich der 
Reserven 1250 Kilowatt und für den Bahnbetrieb 1700 Kilowatt bei normaler 
Beanspruchung zur Verfügung. 

Die Schaltung der Lichtmaschinen war so eingerichtet, dass zwei hinter¬ 
einander geschaltet auch für den Bahnbetrieb mit gewöhnlich 570 Volt 
Spannung arbeiten können, wogegen sie einzeln mit ungefähr 275 Volt 
auf die Akkumulatoren arbeiten. 

Mit dem stetig wachsenden Stromverbrauch ermässigten sich die 
Selbstkosten des Stroms innerhalb der 10 Betriebsjahre (ohne Berücksichti¬ 
gung der Verzinsung und Abschreibung) von 13,06 Pfg. auf 5,01 Pfg. für 
die erzeugte und von 18,74 auf 6,92 Pfg. für die nutzbar abgegebene 
Kilowattstunde, sodass auch für die Stromabnehmer der Preis von 65 Pfg. 
nach und nach auf 22,68 Pfg. (im Mittel) für die Kilowattstunde herab¬ 
gesetzt werden konnte. 

Im Dezember 1901 war die Belastung des Werks so stark geworden, 
dass man wiederum zu einer Erweiterung der Maschinenanlage schreiten 
musste; man entschied sich aber diesmal für Aufstellung von Dreh ström- 

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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Dynamomaschinen, die zunächst die stark beanspruchten Gleichstrom- 
Fernleitungen zu der Unterstation I in der Bleichstrasse entlasten sollten, 
und zwar in der Weise, dass Drehstrom-Fernleitungen bis zur Station ver¬ 
legt und in dieser selbst durch Umformer Gleichstrom erzeugt werden sollte. 

Die Gleichstrom-Fernleitungen dieser Station konnten alsdann zur Ver¬ 
stärkung der Fernleitungen nach den beiden anderen Unterstationen dienen. 
Man beabsichtigte aber auch, die Aussenbezirke der Stadt durch Drehstrom 
zu versorgen, in der Erwartung, dass gerade diese Bezirke mit ihren zahl¬ 
reichen Fabrik- und Gewerbebetrieben eine kräftige Einnahmequelle für das 
Werk sein würden. 

Es wurde demnach der Aufbau zweier Tandemdampfmaschinen mit 
direkt gekuppelten Drehstromdynamos begonnen, wobei die eine der beiden 
ältesten Maschinen, um Platz zu gewinnen, weichen musste, ln der Unter¬ 
station an der Bleichstrasse mussten wesentliche Veränderungen infolge der 
Aufstellung der Umformer und der zugehörigen Schalttafel, sowie der Er¬ 
weiterung der Gleichstrom-Schalttafel vorgenommen werden. 

Schon im Herbst des Jahres 1902 konnten die neuen Maschinen in 
Betrieb gesetzt werden. Die Dampfmaschinen wurden wiederum der 
Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz in Auftrag gegeben. Sie leisten 
normal 1400 ind. PS. Ihre Steuerung ist die gleiche wie die der älteren 
Maschinen, Höffner-Feuerung mit Porter-Regulator, nur ist an letzterem eine 
Einrichtung in Gestalt eines verschiebbaren und nach einer Skala einzu¬ 
stellenden Gegengewichts angebracht, die es ermöglicht die Umdrehungs¬ 
zahl der Maschine zwischen 72 und 94 in der Minute zu verändern. Die 
Maschinen sind für Einspritzkondensation eingerichtet und stehen mit dem 
Kaminkühler in unmittelbarer Verbindung. Als Reserve für die Rückkühl¬ 
anlage ist eine Verbindung mit der städtischen Wasserleitung hergestellt. 

Die Drehstrom - Dynamomaschinen besitzen eine Leistung von je 
960 Kilowatt bei einer Spannung von 5000 Volt; sie sind von der Firma 
Schuckert & Cie. in Nürnberg als Maschinen mit feststehendem Anker und 
umlaufendem Magnetrade geliefert Die Zuführung des Erregerstroms er¬ 
folgt durch zwei auf der Welle sitzende Schleifringe, als Erregermaschine 
dient ein Gleichstrommotor von 600 Volt mit gekuppelter Gleichstrom- 
Dynamo von 110 Volt. 

Der Motor entnimmt den Strom den Sammelschienen der Strassenbahn- 
maschinen. Ist die Drehstrom-Dynamo erregt, so betreibt sie einen Dreh¬ 
strommotor von 110 Volt, der seinerseits wieder eine den Erregerstrom 
liefernde Gleichstrom-Dynamo antreibt. Die Spannung von 5000 Volt wird 
für den Drehstrommotor in einem besonderen Transformator auf 110 Volt 
herabgedrückt. Ferner ist noch die Möglichkeit gegeben, der einen Gleich- 


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DIE STÄDTISCHEN GAS- UND ELEKTRIZITÄTSWERKE. 


531 


strom-Dynamomaschine für Lichtbetrieb sogleich den Erregerstrom für die 
Drehstrom-Dynamos zu entnehmen. Die Aufstellung der neuen Maschinen 
erforderte auch eine Vergrösserung der Kesselanlage. 

Vier Wasserröhrenkessel von je 275 qm Heizfläche und je 80 qm 
Überhitzerfläche wurden gegenüber der ältesten Kesselanlage aufgestellt. 

Da ein Teil des Wassers der Rückkühlanlage wieder zum Speisen der 
Kessel benutzt wird, und natürlich stark ölhaltig ist, auch das den Brunnen 
entnommene Wasser in hohem Grade zu Kesselsteinbildung neigt, so sind 
in beiden Kesselhäusern Speisewasserreiniger aufgestellt worden. 

Der eine der beiden Reiniger ist von der Firma Schumacher in Cöln 
(System Froitzheim) geliefert und mit einem Kiesfilter der Wiesbadener 
Städte-Reinigungsgesellschaft verbunden, der andere stammt von der Firma 
Reinecken in Düsseldorf. Unter dem Fussboden der beiden Kesselhäuser 
befinden sich ein Rohwasser- und ein Reinwasserbehälter von je 80 cbm 
Fassungsvermögen. Aus dem ersten entnehmen Dampfpumpen das unreine 
Wasser und führen es den Reinigern zu, während das gereinigte Wasser in 
die Reinwasserbehälter sogleich aus den Reinigern abgelassen wird, um 
durch die Speisepumpen den Kesseln zugeführt zu werden. 

Eine weitere besondere Einrichtung sind die mechanischen Feuerungen der 
Dampfkessel nach System Leach. Sie haben sich bei der durchaus gleichmässigen 
Beanspruchung der Kessel gut bewährt, sodass nach und nach sämtliche. 
Kessel damit ausgestattet wurden. Ihr Antrieb erfolgt durch Elektromotoren. 

Die Drehstrommotoren der Umformer in der Unterstation Bleichstrasse 
sind Synchronmotoren der Firma Helios; mit ihnen sind die Dynamo¬ 
maschinen unmittelbar gekuppelt. Es wurden drei Drehstrommotoren auf¬ 
gestellt, wovon einer beiderseits mit einer Gleichstrom-Dynamo von je 
265 Kilowatt gekuppelt ist, während die beiden anderen Dynamos je 
475 Kilowatt zu leisten vermögen. Jeder der drei Motoren leistet 690 PS. 
Beim Anlassen läuft zunächst die Dynamomaschine als Motor, bis Synchro¬ 
nismus eingetreten ist, ihren Strom der Akkumulatorbatterie entnehmend, 
alsdann wird durch Umschalten der Drehstrommotor die treibende Maschine. 
Auch er entnimmt den Erregerstrom der Batterie. 

Aus dem beigefügten Schaltungsschema der Unterstation an 
der Bleichstrasse (Abb. 810) geht die Anordnung deutlicher hervor als 
hier mit Worten ausgeführt werden kann. Die Bezeichnungen der Maschinen 
und Apparate sind, soweit sie zum Verständnis des Schemas notwendig 
sind, mit Benutzung der üblichen Darstellungsweise darin enthalten. 

Die Schaltung der beiden anderen Unterstationen für den Lichtbetrieb 
ist ganz ähnlich der direkten Gleichstromschaltung in der Station Bleich¬ 
strasse. Umformer sind in diesen Stationen nicht aufgestellt. 

34* 


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532 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Die Zellenschalter sind nach System H. Mueller mit senkrecht zwischen 
Oleitschienen verschiebbaren Kontaktschlitten gebaut 

Das Elektrizitätswerk unterhält jetzt als Strassenbeleuchtung 262 Bogen¬ 
lampen und 352 Glühlampen, und zwar sind nur die verkehrreichsten und 
vornehmsten Strassen mit öffentlicher elektrischer Beleuchtung versehen. 
Die Bogenlampen haben 10 Ampere und sind zu je zwei hintereinander 
geschaltet Sie hängen in Entfernungen von 40 bis 50 m zumeist mitten 
über der Strasse mit einer Lichtpunkthöhe von g bis xo m. 

Die voraussichtlich in einiger Zeit wiederum vorzunehmende Ver¬ 
stärkung der Maschinenstation wird wahrscheinlich in der bereits begonnenen 
Weise durch Drehstrommaschinen erfolgen. 

Ein gemeinsames Verwaltungsgebäude für die beiden vor¬ 
beschriebenen städtischen Werke findet sich in Abschnitt III C dieses Buchs 
unter Nr. 12 beschrieben. 


30 



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DAS STÄDTISCHE FEUERLÖSCHWESEN. 


533 


11. Das städtische Feuerlöschwesen. 


Feuerverteidigung der Stadt stützt sich auf ihr Druck¬ 
wasserrohmetz und die organisierte Wehr, die auf Orund 
des Reglements vom 1. Februar 1874 gebildet wurde. 
Sie besteht aus der Berufsfeuerwehr mit technisch aus¬ 
gebildeten, besoldeten Mannschaften und der seitherigen 
freiwilligen Feuerwehr als Reserve. 

Zur Zeit zählt die Berufsfeuerwehr einen Brandinspektor, 
einen Brandmeister, 4 Feldwebel, 11 Oberfeuermänner, 2 Maschinisten, 2 Tele¬ 
graphisten, 56 Feuermänner und 9 Fahrer, und die Reservefeuerwehr 
136 Oberfeuermänner und Mannschaften in 12 Abteilungen. 

Grundsatz ist, die Berufsfeuerwehrleute, sobald der Dienst sie nicht in 
Ansprach nimmt, mit Handwerksarbeiten zu beschäftigen, z. B. mit Schmiede- 
und Schlosserarbeiten für die städtischen Oas-, Wasser- und Elektrizitäts¬ 
werke, mit Schreiner- und Anstreicherarbeiten für die Schulen usw., mit 
Sattlerarbeiten für den städtischen Fuhrpark. Ausserdem hat die Feuerwehr 
für ihre eigenen Zwecke Schneider- und Schusterwerkstätten. 

Die Mannschaften sind zum Teil verheiratet und mit Ausnahme von 
einzelnen einschliesslich der Familie kaserniert 

Die Berufsfeuerwehr ist auf drei Depots: in der Hüttenstrasse 
(Hauptdepot) (E 6), Akademiestrasse (D 5) und Nordstrasse (D 3) verteilt, 
wo mit den sonstigen Wagen und Geräten acht Gespann Pferde, zwei 
Dampfspritzen, 17 Abprotzspritzen, vier tragbare Handspritzen und vier 
mechanische Leitern stationiert sind (Abb. 811 und 812). 

Das Hauptdepot besteht aus: 

1. dem Verwaltungsgebäude mit Remise, Wachtstube, Telegraphenzimmer, 
Bureau und vier Wohnungen für den Brandmeister und drei Oberfeuer¬ 
männer; 

2. einem Wohngebäude 
mit 29 Wohnungen 
für verheiratete und 
einer Wohnung von 
vier Räumen für un¬ 
verheiratete Feuer¬ 
wehrleute; 

3. einem Werkstattge¬ 
bäude mit 12 Werk¬ 
stätten und mit Stal¬ 
lungen ; 

4. einem Steigerhaus 
und 

5. einer offenen Reit¬ 
bahn. 




Abb. 811. Ansicht des Feuenvehrdepots in der Hüttenstrasse. 


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534 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Für Löschzwecke können über 
1300 öffentliche Hydranten benutzt 
werden, ausserdem aber stehen 
in den meisten grösseren Werken 
und Baulichkeiten eine grosse 
Anzahl privater Hydranten zur 
Verfügung. Um deren Auffindung 
zu erleichtern, sind genaue Grund¬ 
risse dieser Werke in Buchform 
vereinigt auf jedem Depot mehr¬ 
fach niedergelegt, und jeder aus¬ 
rückende Wagen erhält ein sol¬ 
ches Planbuch, dessen Inhalt den 
Mannschaften auch durch laufen- 

Abb. 812. Lageplan des Feuerwehrdepots an der <j en Unterricht bekannt ist, auf 

Hüttenstrasse. t 

den Weg. 

Für das Feuermeldewesen bestehen 99. öffentliche und einige private 
elektrische Feuermelder. Die ersteren sind automatisch nach System 
Siemens & Halske und befinden sich in Nischen an den Aussenwänden 
von Gebäuden. Der Meldende hat eine Feuerglocke zu ziehen und erhält 
durch Schwingungen einer Galvanoskopnadel Antwort, dass die Meldung 
verstanden oder zu wiederholen ist. 

Die Leitung nach den Depots vermitteln unterirdische Kabel, die in fünf 
Linien eingeteilt sind. 

Die Berufsfeuerwehr bezieht täglich sechs Wachen und zwar in den 
genannten Depots, im Stadttheater, Apollotheater und im Hafengebiet 

Für die Hafen- und Werftanlagen ist die Beschaffung eines Feuerlösch¬ 
dampfers vorgesehen. 

Sämtliche Berufsfeuerwehrleute sind im Samariterdienst ausgebildet und 
die Depots dienen zugleich auch als Unfallstationen. 


& 




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FÜNFTER ABSCHNITT 
& 

GEWERBLICHE ANLAGEN 



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I. Entwicklung der Industrie 
in Düsseldorf.*) 

üsseldorf trat in früheren 
Jahrunderten als Sitz von 
namhaften Gewerbe-Be¬ 
trieben nicht hervor, 
während die Erzeugnisse 
aus den nahen Bezirken 
des bergischen Landes: 
Stahl- und Eisenwaren aus Solingen 
und Remscheid und Webstoffe aus 
Elberfeld, schon im siebzehnten Jahr¬ 
hundert weit in der Welt bekannt waren. 
Unsere Stadt bildete für das bergische 
Hinterland hauptsächlich den Austauschplatz 
für fertige Waren und Rohprodukte, den Marktplatz 
für Kolonialwaren und Getreide; zeitweise blühte auch der Handel mit Wolle 
und Tabak. Wohl haben der Graf von Berg, der Gründer Düsseldorfs, wie 
seine Nachkommen viel dazu getan, Gewerbe in die Stadt zu ziehen, Industrie 
und Handel zu fördern und zu schützen; allein gegen die Machtmittel der 
nahen reichen Hansestadt Cöln wurde kein dauernder Erfolg erzielt Die 
politischen Kämpfe Hessen auch das Land und die Stadt sehr verarmen. 
Erst gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts war in der Stadt und deren 
Bann etwas fabrikmässiger Gewerbebetrieb zu finden. Das erste grössere 
Werk wurde im Jahre 1783 gegründet. (Es sei bemerkt, dass bei den nach¬ 
stehenden Angaben immer Stadt- und Landkreis Düsseldorf als ein Ganzes 
betrachtet werden.) 

Kommerzienrat Brügelmann richtete in diesem Jahre die erste deutsche 
mechanische Baumwollspinnerei hier ein, ausgestattet mit einem Privileg 
auf 12 Jahre für eine von ihm erfundene Kratz-, Spinn- und Handmaschine. 
Wer diese Maschine nachahmte, oder dazu gehörige Leute verführte, ihre 
Kenntnis der Maschine anderen mitzuteilen, sollte mit einer Strafe von 
1000 Dukaten oder im Nichtzahlungsfalle mit lebenslänglicher Zuchthaus¬ 
strafe belegt werden! Kurz nach der Jahrhundertwende wurde die eben 
aufblühende gewerbliche Tätigkeit durch die gegen England gerichteten 
Gewaltmassregeln Napoleons I. vollständig zu Boden gedrückt. Im Jahre 
1812 gibt der Kalender der Dängerschen Buchhandlung nur folgende 
Zahlen Düsseldorfer Fabriken an: für Bleiweiss 2, Essig 2, Instrumente 3, 
Kratzen 3, Likör 4, Schreibfedem 1, Wagen 2, Tabak 3, Zucker 1. Auch 
gab es um 1817 noch 13 selbständige Schiffbauer, eine Gewerbe, das heute 
hier nicht mehr zu finden ist. Bis zum Jahre 1850 breitete sich die 


*) Unter Benutzung von statistischen Angaben aus „Dr. O. Brandt, Studien zur Wirtschafts¬ 
und Verwaltungsgeschichte Düsseldorfs“. 


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538 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Industrie hauptsächlich auf dem Textilgebiete aus; die Mehrzahl der darin 
beschäftigten Arbeiter wohnte ausserhalb der Stadt, viele sogar in Westfalen 
als Hausweber. An für die damalige Zeit grösseren Betrieben bestanden 
1850 hier: 2 Färbereien, 4 Kattundruckereien (mit 300 Arbeitern hier und 
1800 auswärtigen Nesselwebem), 6 Fabriken für Baumwolle und mit Wolle 
gemischte Waren (mit 700 Spulern, 13 hiesigen und 600 auswärtigen 
Webern), 2 Schönfärbereien, 1 Bleiröhren-, Zinkröhren-, Walzblei- und Blei¬ 
drahtfabrik, 1 Eisengiesserei (13 Arbeiter), 16 Weinhandlungen, 18 Oetreide- 
handlungen, 2 Holzschneidereien, 3 Ziegeleien usw. Ferner zählte man 
40 Grosskaufleute, 59 Spediteure und Kommissionsgeschäfte, 17 Buch- und 
Kunsthandlungen. Die heute so hoch entwickelte Metallindustrie war zu 
jener Zeit also nur durch zwei Fabriken vertreten. 

Die Erbauung der Eisenbahnlinien Cöln-Hannover und Aachen-Elber¬ 
feld, sowie die Verbesserung der Schiffahrtverhältnisse auf dem Rheine 
waren die Vorbedingungen, die Düsseldorf in besonderer Weise für Gross¬ 
betriebe geeignet erscheinen Hessen. Die Eisenindustrie trat daher sehr 
bald in den Vordergrund, da Kohlen und Eisen mit den neuen Transport¬ 
mitteln schnell und billig herbeigeschafft werden konnten, während die 
Textilindustrie keine nennenswerten Fortschritte mehr machte, bald sogar 
zurückblieb; die Arbeitslöhne wurden für sie, selbst in der Umgebung der 
Stadt, zu hoch. 

Einige Firmen für Metallbearbeitung verlegten ihre Betriebe von aus¬ 
wärts nach hier, z. B. die Firma Poensgen von der Eifel, Piedboeuf von 
Aachen, während in den fünfziger Jahren auch schon ansehnliche ein¬ 
heimische Fabriken bestanden, wie die Eisengiesserei und Mechanische 
Werkstätte von Schimmelbusch & Co., die Maschinenfabrik und Eisen¬ 
giesserei von Schneider, Robert 81 Co., die Maschinenfabrik, Gelb- und 
Zinkgiesserei Windscheid, die Zündhütchenfabrik Braun & Bloem u. a. m. 

Wir finden 1861 an wichtigeren Werken: 

2 Walz- und Hammerwerke mit 350000 Tal. Umsatz, 570 PS, 250 Arbeitern, 


1 Röhrenwalzwerk » 103000 » » 108 » 100 

4 Eisen- und Metallgiessereien mit 77500 Tal. Umsatz, 170 

1 Waggonfabrik mit.28 » 143 

10 Tabak- und Zigarrenfabriken mit.520 

1 Dampfkesselfabrik, 

1 Puddlingswerk, 

2 Drahtstiftfabriken, 

12 Spinnereien und Färbereien, 

1 Papierfabrik. 


Das Baugewerbe wuchs gleichzeitig ausserordentlich; und es entstanden 
auch hierin allmählich sogenannte Grossbetriebe, sodass 1895 der Bau¬ 
industrie 4,1% der gesamten Düsseldorfer Bevölkerung angehörten. 

Metallverarbeitung und Maschinenbau traten in den 70 er Jahren immer 
mehr in den Vordergrund und dehnten sich auch auf das Land aus. So 


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DIE ENTWICKLUNG DER INDUSTRIE. 


539 


entstand in und um Düsseldorf eine gewaltige Industrie, von einer Viel¬ 
seitigkeit der Erzeugnisse, wie sie wohl an wenigen Orten Deutschlands 
wieder zu treffen ist. 

Von grossem Einfluss auf die Entwicklung des Handels und der In¬ 
dustrie wurde die Eröffnung der städtischen Hafenanlage im Jahre i8qö. 
Um den Hafen hat sich innerhalb sehr kurzer Zeit eine ganze Anzahl 
grosser gewerblicher Betriebe angebaut: Kesselfabriken, Werkstätten der 
Dampferlinien, chemische Fabriken und Niederlagen chemischer Produkte, 
Mälzereien, Lagerhäuser, Fabriken für Holzbearbeitung, Zementwaren usw. 

Grössere Fabrikzentren finden sich auch weiterhin in den Stadtteilen 
Oberbilk und Orafenberg, für die ein eigener Bahnhof in Lierenfeld erbaut 
worden ist; ferner haben die Vororte Benrath, Hilden, Eller, Reisholz, 
Gerresheim, Rath, Ratingen, Oberkassel und Heerdt in höherem oder ge¬ 
ringerem Grade industriellen Charakter. 

Interessant ist die Erscheinung, dass in unserer Zeit neben Aktiengesell¬ 
schaften auch Gemeinden die Aufschliessung von Ländereien unternehmen, 
die sich durch ihre Lage, Bodenpreise usw. für Industrieanlagen eignen. 
Bei Düsseldorf sind in Oberkassel und Reisholz Aktiengesellschaften, in 
Heerdt die Gemeinde in dieser Weise vorgegangen und haben Bahnhöfe, 
Gleise, Werften, Strassen, Kanalisation, Wasserleitungen und alles sonst 
Nötige mit grosser Sachkenntnis und weitsichtig angelegt, um Industrielle 
zur Ansiedelung zu veranlassen. Daneben sind grössere Flächen zur An¬ 
lage von Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden bereit gehalten. Eine 
Anzahl umfangreicher Betriebe ist denn auch nach diesen Vororten verlegt 
worden und zwar meist solche, die der Rheinwerft für Wasserfrachten be¬ 
dürfen. Der Ausbau des Kleinbahnnetzes in und um Düsseldorf förderte 
ebenfalls die Errichtung von Gewerbebetrieben in den Vororten. 

Im allgemeinen ist zu bemerken, dass dem Vorteile des billigeren 
Bodenpreises, den die Aussenwerke gegenüber den in der Stadt liegenden 
haben, der Nachteil gegenübersteht, dass die Arbeiter diese in der Stadt 
oder nahe dabei gelegenen Betriebe bevorzugen, besonders aber ihre 
dortigen Arbeitsstätten weniger leicht wechseln, weil sie merken, wie rasch 
sie ersetzt werden können. Bei genügendem Anlagekapital ist für nicht 
lästige Betriebe die möglichste Stadtnähe der Aussenlage vorzuziehen, ob¬ 
wohl baupolizeiliche und sonstige Vorschriften im Stadtgebiete manchmal 
recht weitgehende Forderungen stellen und in der Stadtnähe die Boden¬ 
preise rascher als draussen wachsen. Es ist dies ein sehr zu beachtender 
Umstand, da jedes Werk in unserer raschlebenden Zeit viel eher zu einer 
gründlichen baulichen Umgestaltung genötigt sein wird als ehemals, dabei 
aber einen Neubau auf neuem Gelände, weil weniger den Betrieb störend, 
dem Umbau der Gesamtanlage an alter Stelle vorziehen muss. 

Eine sehr erhebliche Steigerung der Maschinenkräfte war in den Jahren 
1895 bis 1902 wahrzunehmen. Als Betriebskraft stand in früherer Zeit 
neben Handbetrieb die Wasserkraft der kleinen Bäche zur Verfügung; noch 


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540 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


1834 waren keine Dampfmaschinen in Düsseldorf aufgestellt, während z. B. 
Duisburg zur selben Zeit schon 31 Maschinen mit 1005 Pferdekräften besass. 

Im Jahre 1861 sind 436g PS vorhanden in Dampf, 

n n 1876 ,, 6558 ,1 „ n » 

» ,, 1895 ,, 25804 » » , davon 25140 in Dampf.*) 

Sehr stark fällt das schnelle Anwachsen der Verwendung von Elektri¬ 
zität als Betriebskraft auf; neuerdings sind auch vielfach Gaskraftmaschinen 
in Gebrauch. Die Metallindustrie fordert in neuerer Zeit immer mehr den 
Einbau zahlreicher und grosser Hebezeuge, wodurch die bauliche und kon¬ 
struktive Anlage der Werke bedeutend beeinflusst wird; es ist deshalb in 
den nachfolgenden Einzelbeschreibungen auch die Art und Grösse solcher 
Transportmittel ausführlicher besprochen worden. 

Düsseldorf wurde im Laufe der Zeit auch Sitz und Mittelpunkt der 
grössten industriellen wirtschaftlichen Interessengemeinschaften Deutschlands. 
Hier sind zu nennen der Verein Deutscher Eisenhüttenleute, der Verein zur 
Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und 
Westfalen, die Norddeutsche Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und 
Stahlindustrieller, das Roheisensyndikat, der Verein deutscher Werkzeug¬ 
maschinenfabriken, sowie der Zentralgewerbeverein für Rheinland und 
Westfalen, die Roheisen-Einkaufsvereinigung, die Verkaufsstelle der deutschen 
Gas- und Siederohrwerke, der Halbzeugverband, die Vereinigten Docht¬ 
fabriken, die Müller-Einkaufs- und Verkaufsvereinigung, der Verband deutscher 
Stahlflaschenfabriken usw., in diesem Jahre ist schliesslich auch noch der 
Sitz des deutschen Stahlwerksverbands hierher verlegt worden. Die nahen 
Beziehungen der hiesigen Gewerbetätigkeit zu solch mächtigen Gruppen 
waren fortgesetzt für das Gedeihen der Stadt von allergrösster Bedeutung. 

1903 hatten 94 Aktiengesellschaften in Düsseldorf ihren Hauptsitz, und 
im Handelsregister waren weiter eingetragen 14 Aktiengesellschaften, 
160 Gesellschaften mit beschränkter Haftung und 2243 sonstige Firmen. 

Die Steigerung der Gewerbetätigkeit mögen auch folgende Zahlen be¬ 
weisen. Es waren tätig: 

1875 in 7251 Betrieben 18761 Personen, 

1895 „ 11641 „ 53380 „ 

Die bedeutende Steuerkraft der Grossbetriebe beweist die Tatsache, 
dass z. B. 1901 von 151 hier bestehenden Betrieben der ersten Gewerbe¬ 
steuerklasse rund 230500 M Steuern gezahlt wurde, während die 4950 
übrigen Betriebe der anderen Gewerbesteuerklassen nur rd. 174000 M auf¬ 
brachten. 

In mittleren Betrieben (5 bis 100 Arbeitern) waren tätig: 

1875 37°/ 0 Unternehmer, 3,7% Beamte, 58,9% Arbeiter, 

1895 2i°/ 0 „ 6,8 % " 72,2 °/ 0 „ . 

*) Leider Hessen sich die entsprechenden Zahlen für die letzten Jahre, die zweifellos eine 
erhebliche Steigerung zum Ausdruck bringen würden, nicht angeben, da eine Zählung der gewerb¬ 
lichen Betriebe seit dem Jahre 1895 nicht mehr stattgefunden hat. 


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ÜBERBLICK ÜBER DIE BESTEHENDEN INDUSTRIEGRUPPEN. 541 

Die Unternehmer sind also im Abnehmen begriffen, während die Zahl 
ihrer Hilfskräfte stark steigt; es mehren sich also die Grossbetriebe. 

Von 1000 Einwohnern des Stadtkreises sind 1895 beteiligt an: 

Bergbau, Industrie Handel und Forst- und 

und Baugewerbe Verkehr Landwirtschaft 

602,5 198,8 32,2 

Die Ausdehnung oder Verlegung der Betriebe aus dem Stadtkreise 
hinaus ist wichtig für die Verschiebung der Berufsarten des Landkreises. 

So wird es interessieren, dass im Landkreise Düsseldorf schon 1895 die 
industrielle Bevölkerung 58% ausmachte. 

Die Gewerbetätigkeit Düsseldorfs ist weltbekannt geworden durch die 
grosse Ausstellung des Jahres 1902 für Rheinland und Westfalen. Nach 
Umfang wie Art war dort die heimische Industrie in hervorragender Weise 
dargestellt und in jeder Beziehung glänzend vertreten. 

2. Überblick über die bestehenden Industriegruppen. 

An bedeutenderen Anlagen, die sich durch ihren baulichen Umfang und 
i \ ihre Arbeiterzahl oder durch Güte und Masse der Erzeugnisse besonders 
auszeichnen, seien hier folgende genannt. 

Röhren werke: 

Deutsch-Österreichische Mannesmannröhrenwerke, Rath;* Düsseldorfer 
Röhren- und Eisen-Walzwerke;* Düsseldorfer Röhrenindustrie, Aktien¬ 
gesellschaft; Hahnsche Werke, Aktiengesellschaft hier und in Grossen- 
bau.m; Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik, Aktiengesellschaft, 
Rath;* Balcke, Tellering & Co., Aktiengesellschaft, Benrath und die 
ihr zugehörige Hildener Gewerkschaft; J. P. Piedboeuf & Co., Eller; 
Press- und Walzwerke, Aktiengesellschaft, Reisholz. 

Fittingsfabrik: 

Gebr. Inden, G. m. b. H. 

Blechwalzwerke: 

Oberbilker Blechwalzwerk, G. m. b. H.; Capito 8 t Klein, Benrath; 
J. P. Piedboeuf & Co.; Grafenberger Walzwerk, G. m. b. H.; Düssel¬ 
dorfer Röhren- und Eisenwalzwerke, Aktiengesellschaft; * Hahnsche 
Werke, Aktiengesellschaft. 

Draht- und Drahtstiftwerke: 

Düsseldorfer Eisen- und Drahtindustrie, Aktiengesellschaft; Wilhelm- 
Heinrichswerk, Aktiengesellschaft; Malmedie 8 t Co., Drahtstiftmaschinen¬ 
fabrik; Dreher & Sohn, Gerresheim; D. Künne & Sohn, Gerresheim; 
E. von Gahlen & Co., Nietenfabrik, Gerresheim. 


Bemerkung: Die mit * bezeichneten Anlagen werden .im dritten Abschnitt näher besprochen. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


542 

Ou ßstahl werke: 

Haniel & Lu eg; * Aktiengesellschaft Oberbilker Stahlwerk, vormals 
C. Poensgen, Oiesbers & Co.; Stahlwerk Krieger, Aktiengesellschaft, 
Oberkassel;* Oecking 8t Co., Orafenberger Gußstahlfabrik. 
Oiessereien: 

Ernst Schiess;* de Fries 8t Co., Aktiengesellschaft, Heerdt;* Louis 
Soest 8t Co., O. m. b. H., Reisholz;* Haniel 8t Lueg, Röhrengiesserei;* 
Düsseldorfer Eisenwerk, Aktiengesellschaft; Windscheid 81 Wendel; 
Franz Schwarz; Hasenkamp 8t Co., Oberkassel; Deutsche Delta-Metall- 
Gesellschaft Alexander Dick 8t Co. 

Mit der Anfertigung von Walzen beschäftigen sich: 

Jos. Eck 8t Söhne; Carl Schürmann; August Schmitz. 

Bergwerksmaschinenbau und Hütteneinrichtungen: 

Haniel 8t Lueg;* Benrather Maschinenfabrik, Aktiengesellschaft, Benrath;* 
Maschinenfabrik Sack, O. m. b. H., Rath. 

Maschinenfabriken: 

Emst Schiess;* de Fries 8t Co., Aktiengesellschaft, Heerdt;* Haniel 8t 
Lueg;* Louis Soest 8t Co., Reisholz;* Düsseldorfer Maschinenbau- 
Aktiengesellschaft vorm. J. Losenhausen; Falk 8t Bloem; Düsseldorfer 
Werkzeugmaschinenfabrik Habersang 8t Zinzen; Malmedie 8t Co.; 
Klein, Hundt 8t Co.; Hermann Hartung Nachfolger, O. m. b. H.; 
Ferdinand Emil Jagenberg; Maschinenfabrik Sack, O. m. b. H., Rath; 
Sack 8t Kiesselbach, O. m. b. H., Rath; Fischer 8t Co. 
Kesselfabriken: 

Jacques Piedboeuf, O. m. b. H.; Düsseldorf-Ratinger Röhrenkesselfabrik 
vorm. Dürr 8t Co.; * Rather Dampfkesselfabrik M. Gehre 8t Co., Aktien¬ 
gesellschaft, Rath; C. Leonhard Nachfolger. 

Hebezeugfabriken: 

Benrather Maschinenfabrik, Aktiengesellschaft, Benrath;* Düsseldorfer 
Kranbaugesellschaft Liebe Harkort, G. m. b. H., Oberkassel; de Fries 
8t Co., Aktiengesellschaft, Heerdt;* Düsseldorfer Maschinenbau-Aktien¬ 
gesellschaft vorm. J. Losenhausen. 

Fabriken für Eisen konstruktion des Hoch- und Brückenbaus: 

Hein, Lehmann 8t Co., Aktiengesellschaft; Brückenbau Flender, Aktien¬ 
gesellschaft; Tillmannsche Eisenbau-Aktiengesellschaft. 
Holzriemenscheiben: 

A. Friedr. Flender 8t Co., Reisholz. 

Lokomotivbau: 

Hohenzollem, Aktiengesellschaft.* 

Waggonbau: 

Düsseldorfer Eisenbahnbedarf vorm. Carl Weyer 8t Co., Aktiengesell¬ 
schaft, Düsseldorf und Reisholz.* 


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ÜBERBLICK ÜBER DIE BESTEHENDEN INDUSTRIEGRUPPEN. 


543 


Luxus-Wagen bau: 

P. Scheurer 8t Co. 

Emaillierwerke: 

Wilh. Hiby, O. m. b. H.; Düsseldorfer Emaillierwerk Wortmann & 
Elbers; B. G. Weismüller 8c Co., O. m. b. H.; Franz Schwarz. 
Graphische Kunstanstalten: 

R. Brend’amour & Co.; Brend'amour, Simhard & Co., Oberkassel; 
L. Schwann;* August Bagel; Düsseldorfer Verlagsanstalt, Aktiengesell¬ 
schaft; P. Girardet & Co.; L. Voss & Co. 

Chemische Fabriken: 

Farbwerke, Aktiengesellschaft;* Conrad Wilh. Schmidt, G. m. b. H. 
(Lacke und Firnis); Carl Jäger (Anilin); Lithopone-Werke, Reisholz; 
Max Rogier, Gerresheim; Voss & Sievert (Lacke); Gebr. Evers, Reis¬ 
holz; Dr. Schmitz 8t Co., G. m. b. H.; Emst Sieglin (Seifenpulver); 
Eureka, Reisholz (Seifenpulver); Aktiengesellschaft der Remyschen 
Werke (Stärke); Henkel & Co., Reisholz (Stärke); Compes & Co., Lieren- 
feld (Ceresin); Deus & Moll (Bleiweiss); de Haen, Carstanjen & Söhne 
(Drogen usw.);* Th. Schütte (Färberei und Waschanstalt); Heinr. Laag 
& Co. (Färberei und Waschanstalt); Laag 8t Leusch (Seidenappretur); 
Pahlsche Gummiwarenfabrik, Rath. 

Grossbetriebe für das Baugewerbe: 

Möbel: Heinr. Brüggemann; L. Emst; J. Buyten Söhne. Sägewerke: 
Fried, und Wilh. Hüllstrung, G. und E. Leysieffer, Wickingsche Werke; 
DüsseldorferTon-und Ziegelwerke, Aktiengesellschaft; Werner8c Bardach 
und Max Werner (Badeapparate und Eisschrankfabrik); F. Bendix Söhne 
(Holzbearbeitung); Opderbecke 8c Neese (Marmorwerk); Soci£te anonyme 
de Merbes le Chateau (Marmorsägewerk); Alfons Custodis, Aktiengesell¬ 
schaft für Essen- und Ofenbau; Gebr. Poensgen (Wäschereianlagen); 
Franz Halbig (Heizanlagen); A. Siebei (Bauartikel); Düsseldorfer Ton¬ 
warenfabrik, Aktiengesellschaft, Reisholz. Betonbau: Dücker 8t Co.; 
Diss 8c Co., Aktiengesellschaft; Markmann 8t Petersmann (Beschläge); 
Sommer 8t Co. (Stühle). 

Malfarben fertigen: 

Dr. Fr. Schönfeld 8t Co.; Schminke 8t Co. 

Glashütten: 

Gerresheimer Glashüttenwerke, vorm. Ferd. Heye, Aktiengesellschaft, 
(die grösste Flaschenfabrik der Welt); Rheinische Spiegelglasfabrik, 
Eckamp. 

T extilwerke: 

Gebr. R. Lupp (Spinnerei und Färberei); Landgrebe 8t Burberg; Ferd. 
Möhlau 8t Söhne (Blaudruckereien); J. Herzfeld Söhne (Baumwoll¬ 
spinnerei, Weberei und Druckerei); Kammgarnspinnerei, Aktiengesell- 


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544 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Schaft;* Johann Simons Erben (Färberei); Gesellschaft für Baumwoll¬ 
industrie; Aktiengesellschaft Textilwerk. 

Papierfabriken: 

Flender & Schlüter, (Pergamentpapier); Hermes & Co., G. m. b. H.; 
Julius Schulte Söhne, G. m. b. H.; Ferdinand Emil Jagenberg; 
Schulte & Zinken. 

Sodann sind verschiedene Anlagen zu nennen, die nicht zu den vorigen 
Gewerbegruppen gehören, wie: 

Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik, Aktiengesellschaft 
(Kriegsbedarf);* Braun & Bloem (Zündhütchen und Jagdmunition); 
J. H. Branscheidt (Schokolade und Zucker); ferner 9 grössere, 25 kleinere 
Brauereien; Ed. Liesegang (Photographische Artikel); Baessler & Jorrissen 
(Transportmittel); J. Mittelstenscheid (Armaturen); J. G. Schwietzke, 
G. m. b. H. (Metallgiesserei und Armaturen); Niedorheinisch-Bergische 
Lagerhaus-Gesellschaft, G. m. b. H.; Friedr. Küppers* und W. Ruthe¬ 
meyer & Söhne (Malzfabriken); Franz de Hesselle (Lederfabrik); Ver¬ 
einigte Silberwarenfabriken, Aktiengesellschaft; A. F. Emde (Zigarren¬ 
fabrik). 

& 

3. Besprechung einzelner Betriebe aus allen Gruppen. 

s sollen nunmehr einzelne Betriebe aus verschiedenen 
Gruppen des Gewerbes näher beschrieben werden und 
zwar vorzugsweise solche Werke, die in einheitlicher 
Weise erbaut sind, da sie vom bautechnischen Stand¬ 
punkt aus interessanter sind als viele ältere Anlagen, 
die nach Bedürfnis, ohne System, vergrössert wurden. 
Die angegebene Leistungsfähigkeit einzelner Anlagen 
ist eine durchschnittliche und bezieht sich auf mittelgute Jahre. 

Es sei noch bemerkt, dass bei denjenigen Werken, bei denen ein ent¬ 
werfender und ausführender Architekt nicht genannt ist, im allgemeinen der 
Entwurf der Gesamtanordnung von dem Bauherrn oder dessen Ingenieuren 
stammt, und die Ausführung einem Bauunternehmer übertragen ge¬ 
wesen ist. 

Haniel & Lueg. Das im Jahre 1873 gegründete, in Düsseldorf- 
Grafenberg gelegene Werk beschäftigt etwa 2000 Personen und umfasst 
folgende Hauptbetriebe: Maschinenfabrik, Eisengiesserei, Rohrgiesserei, Stahl¬ 
werk, Hammerwerk, Presswerk. Aus kleinen Anfängen hervorgegangen, hat 
dieses Werk heute Weltruf erlangt. Haupterzeugnisse sind: Maschinen, 
Guss- und Schmiedeteile für Bergbau, Hüttenwesen, hydraulische Anlagen, 
Gasmotoren, Einrichtungen für Häfen, Schiffshebewerke usw. 

Das Verwaltungsgebäude, ein mehrstöckiges massives Bauwerk, das 
kaufmännische Bureaus, grosse Zeichensäle usw. enthält, liegt an der 



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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


545 


Strasse; daneben eine 
Badeanstalt (Abb. 813). 

Dahinter beginnt der mit 
gärtnerischen Anlagen 
verzierte Fabrikhof und 
daran anschliessend die 
Fabrikstrasse, die bei¬ 
derseits von den Haupt¬ 
werkstätten begrenzt 
wird. Die rechts ge¬ 
legene Gebäudegruppe 
(Eisenfachwerk mitEisen- 
bindern) enthält die elek¬ 
trische Zentrale mit 
Kesseln von 1700 qm 
Heizfläche und die 
Dampfmaschinen von 
zusammen 2000 PS, wo¬ 
mit elektrische Energie 
für Kraft und Licht er¬ 
zeugt wird; weiter folgen 

die Eisengiesserei, ein 11 Abb - 8 ' 3 - Eisenwerk Haniel & Lueg. Lageplan. 1:4600. 

Hallenbau, der mit den modernsten Hilfsmaschinen und Kranen ausgestattet 
ist, sowie die Aufbereitungsanlagen in einem besonderen Gebäude. Als 
Besonderheit werden in dieser Werkstatt gusseiserne Schachtauskleidungen, 
sogenannte Tübbings, entweder als ganze Ringe oder als Segmente bis zu 
40 t Gewicht ausgeführt. Zur Lagerung, weiteren Bearbeitung und zum 
Putzen der Gußstücke ist auch der Fabrikhof benutzbar gemacht, indem 
ihn ein schwerer Kran in ganzer Länge bestreicht. 

An die vorgenannte Gebäudegruppe schliesst sich auf 
der rechten Seite die Rohrgiesserei an, die hauptsächlich 
Druckrohre für jeden vorgeschriebenen Press¬ 
druck und Kanalisationsstücke erzeugt Dieses 
Gebäude ist ein Hallenbau mit hohem Mittel¬ 
schiffe. Die Modellschreinerei und der Modell¬ 
raum sind nahe dabei in einem besonderen 
mehrstöckigen Bau untergebracht An der 
linken Seite der Fabrikstrasse 




Abb. 814. Eisenwerk Haniel & Lueg. 

Querschnitt des Presswerks, i: 600. 



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Abb. 815. 


Eisenwerk Haniel & Lueg. Querschnitt der Montagehalle. 1:500. 


Maschinenfabrik. 

Hier werden vor¬ 
zugsweise dampf¬ 
hydraulisch arbeiten¬ 
de Maschinen für 
35 


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546 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Bergwerke usw. gearbeitet. Bemerkt sei, dass die Hauptkonstruktions¬ 
teile des Schiffshebewerks zu Henrichenburg hier ausgeführt wurden. Die 
Gebäude haben massive Umfassungswände und Eisenbinder und sind teils 
mit Wellblech, teils mit Pappe gedeckt. Grosse elektrische Laufkrane von 
30 t Tragkraft bestreichen das Mittelschiff; Krane von 20 t die Seitenschiffe. 
Die anstossende grosse Montagehalle ist vierschiffig und wie die vorbe¬ 
schriebenen Werkstätten mit den modernsten Maschineneinrichtungen aus¬ 
gestattet. — Es folgt das Hammer- und Presswerk (Abb. 814), worin Schmiede- 



Abb. 816. Haniel & Lueg. Innenansicht der Montagehalle. 


stücke aus Martinstahl, Nickel und Flusseisen bis zu 40000 kg bearbeitet 
werden können. Hier stehen mehrere Schmiedepressen mit dampfhydrau¬ 
lischem Antrieb, deren eine bis zu 2500000 kg Druck ausübt. 

Betritt man das Werk durch das architektonisch reizvolle, von dem 
Architekten vom Endt entworfene, Torwärterhaus, so gelangt man auf einen 
der vorgenannten Fabrikstrasse parallelen grösseren Fabrikhof. Links an 
diesem liegt eine neuere Montagehalle (neue mechanische Werkstatt) 
(Abb. 815), die mit den grössten und stärksten Arbeitsmaschinen und Hebe¬ 
zeugen ausgestattet ist, sodass hier Stücke bis zu 60 t Gewicht bearbeitet 


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Abb. 817. 


Haniel & Lueg. Gesamtperspektive. 


werden können (Abb. 816). Sie ist fünfschiffig angelegt mit erhöhten 
Mittelschiffen und ganz in Eisenfachwerk erbaut. Stützen und Dachbinder 
bestehen gleichfalls aus Eisen. Die Halle ist mit Pappe gedeckt (Abb. 817). 

Das grösste Gebäude auf dem Grundstücke ist die sich an die vorige 
Halle anschliessende Stahlgiesserei, worin Siemens-Martinstahl, Nickel und 
Flusseisen in Blöcken bis zu 50 t Gewicht hergestellt werden. Diese Halle 
ist vierschiffig, ebenfalls mit erhöhten Mittelschiffen, und ganz in Eisen¬ 
fachwerk und mit eisernen Bindern erbaut. 

Gleisanlagen reichen in alle Höfe und Werkstätten. 

Das gesamte Werk darf als mustergültige Anlage bezeichnet werden. 
Auf dem Gebiete der Fürsorge für Arbeiter und Beamte ist die Firma 
jederzeit in bahnbrechender Weise vorgegangen. 



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548 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Das Werk fertigt jährlich etwa 60000 t Waren jeglicher Art im Werte 
von 10000000 M. 

Deutsch-Österreichische Mannesmannröhrenwerke, Rath. 
Das Werk wurde 1900 errichtet auf einem 25 ha grossen Grundstücke. 
Bebaut sind 18,70 a mehrgeschossig, 378 a eingeschossig. Leider sind 
dem Verfasser keine Zeichnungen dieser sehr interessanten Anlagen zur 
Verfügung gestellt worden, die perspektivische Ansicht muss deshalb ge¬ 
nügen (Abb. 818). 

Kolossale Maschinenkräfte werden hier entwickelt, um nahtlose Rohre 
nach dem bekannten Mannesmannschen Verfahren zu ziehen. Das Werk 
kann nach gänzlicher Vollendung 50000 t Röhren und ähnliche Erzeugnisse 
jährlich herstellen, die augenblickliche Leistungsfähigkeit beträgt 24000 t. 
Die Dampfmaschinen haben eine Effektivstärke von 6000 Pferdekräften, die 
Kessel eine Heizfläche von 1000 qm. Die nebenan liegenden Röhrenwerke, 
Aktiengesellschaft, derselben Gesellschaft gehörig, fertigen hauptsächlich 
überlappte wassergasgeschweisste Rohre. Bebaut sind hier 149 a einge¬ 
schossig und 54,50 a mehrgeschossig. 



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Abb. 820. Stahlwerk Krieger. Innenansicht der Giesserei. 

Stahlwerk Krieger, Aktiengesellschaft, Oberkassel. Das 
Werk, das nur Stahlfassonguss herstellt, wurde im Jahre 1900 erbaut (Arch. 

H. Salzmann) (Abb. 819). 

Das Verwaltungsgebäude, ein gänzlich massiver Bau, enthält Tresors, 
grössere Bureauräume und in den oberen Geschossen Säle, die jedoch vor¬ 
läufig zu Wohnungen ausgebaut sind. Sämtliche Werkstätten sind sehr hell. 

Mit Ausnahme der in Ziegelbau aufgeführten Schreinerei, sind sie in 
Eisenfachwerk errichtet, mit eisernen Stützen und Bindern; die Dächer 
haben durchweg Pappeindeckung erhalten; da in den Hallen Stahlblöcke 
bis zu 60000 kg Gewicht gegossen werden, sind die Stützenentfemungen 
sehr weit genommen. 

Die mechanische Werkstatt deckt 2000 qm; sie ist mit sehr schweren Arbeits¬ 
maschinen ausgestattet. Kranbahnen befinden sich hier wie in der Giesserei. 

Die Halle für Martinstahlbereitung mit Giesserei enthält zugleich die 
Ofenanlage, Formerei, Zerkleinerungsanlage und die Trockenöfen. Hier 
laufen Krane von 25, 15 und 5 t Tragkraft. 3 Siemens-Martinöfen sind in 
Betrieb mit 5 Generatoren (Abb. 820). 

An der elektrischen Zentrale sind die Frontwände über die höchste 
Decke hinausgezogen, wodurch auf dem Gebäude ein freiliegender Behälter 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE 















550 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


gebildet worden ist, der etwa 50 cbm Wasser für Fabrikzwecke fasst Der 
Betrieb erfolgt durch elektrische Kraftübertragung. 

Alle Gebäude können leicht vergrössert werden. 

Ernst Schiess, Werkzeugmaschinenfabrik und Eisengiesserei. Die 
Fabrik, von dem jetzigen Besitzer, Geh. Kommerzienrat Emst Schiess, 1866 
begründet, bedeckt heute ein 5V2 ha grosses Grundstück bei 2V2 ha be¬ 
bauter Fläche (Abb. 821). Etwa 1 km Gleisanlagen sind innerhalb des 
Werks vorhanden (Abb. 822). 1898 bis 1900 wurde die Anlage durch 



Hilfe Werkzeugmaschinen bis zu den allergrössten Abmessungen hersteilen 
und hat deren bis Ende 1900 rd. 7000 geliefert und in der ganzen Welt 
abgesetzt (Abb. 823). Vorzugsweise werden Sondermaschinen für Hütten¬ 
werke, Kesselschmieden, Walzwerke, Schiffswerfte, Maschinenfabriken, Gas-, 
Lokomotiv-, Waggon-, Waffen- und Werkzeugfabriken usw. ausgeführt. 

Die Zentrale zur Erzeugung von Licht und Kraft enthält 8 Dampf¬ 
kessel mit 1000 qm Heizfläche und 3 Dampfmaschinen von 850 PS. Der 
gesamte Antrieb erfolgt durch elektrische Kraftübertragung, gruppenweise 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


551 


und einzeln mittels 65 Motoren. Das Bureaugebäude ist ein dreistöckiger 
massiver Bau, der unten kaufmännische Bureaus, oben grosse Zeichensäle enthält. 

Die Eisengiesserei, ein Neubau in Eisenfachwerk mit eisernen Bindern 
und Pappdach, worin Stücke bis zu 50000 kg Gewicht gegossen werden 
können, enthält drei am Kopfende gelegene Kupolöfen; drei elektrische 
Laufkrane, deren einer Lasten bis zu 20 t, die andern je 15 t befördern 
können, befahren die Haupthallen; ausserdem sind eine Reihe anderer 
Hebezeuge vorhanden. 

Grosse Modellräume (2500 qm) befinden sich in der Nähe dieser Halle. 

In der 770 qm grossen Schmiede sind acht Doppel- und zwei Einzel¬ 
feuer, vier Dampfhämmer, Kaltsägen, Drehkrane usw. aufgestellt. Das Ge¬ 
bäude hat Eisenfachwände mit seitlichem Oberlicht, Eisenbinder und Pappdach. 

Die mechanischen Werkstätten (5500 qm) enthalten etwa 400 Werkzeug¬ 
maschinen, darunter 160 verschiedene Drehbänke bis 1 m Spitzenhöhe und 



Abb. 822. 


Ernst Schiess. Gesamtperspektive. 


derart eingerichtet, dass Spindeln bis zu 17 m Länge gedreht und ge¬ 
schnitten werden können; ferner Hobelmaschinen, darunter solche für 
Stücke bis zu 12 m Länge, 4 m Breite und 4 m Höhe, Shapingmaschinen, 
Nutstoss-, Bohr- und Fräsmaschinen, die eine Fläche von 3 m Höhe und 
6 m Breite bestreichen können usw. 

Die Hauptmontagehalle (2600 qm), gleichfalls ein Eisenfachwerksbau 
mit Pappdach, ist mit zwei Laufkranen von je 30 t Tragkraft ausgerüstet. 
In den Bearbeitungswerkstätten befinden sich 39 Krane von zusammen 
etwa 150 t Tragfähigkeit 

Bemerkenswert ist, dass sämtliche Glasflächen an den Gebäuden aussen 
und innen von besonderen Laufbühnen aus gereinigt werden können. 

Die jährliche Leistungsfähigkeit des Werkes beträgt rd. 6000 t. 1900 
zählte man 1000 Arbeiter und Beamte. 

Eine moderne, einheitliche Anlage zeigen die Fabrikbauten der Aktien¬ 
gesellschaft de Fries & Co. in Heerdt, entworfen und ausgeführt von 


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552 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


dem Architekten H. Salzmann in 
Düsseldorf, 1900 bis 1901 (Ab¬ 
bild. 824). Das 65000 qm grosse 
Grundstück wird in diesem Jahre 
schon eine bebaute Fläche von 
24000 qm aufweisen (Abb. 825). 
An der Strassenfront liegen drei 
Beamtenhäuser (450 qm); geplant 
sind daneben Küchen- und Bade¬ 
anlagen (500 qm), sowie ein Ver¬ 
waltungsgebäude (800 qm). 

An einer 20 m breiten Fabrik¬ 
strasse reihen sich die verschiedenen 
Werkstätten aneinander, die so an¬ 
gelegt sind, dass jede bequem ver- 
grössert werden kann. 

Das Werk enthält drei ver¬ 
schiedene Hauptbetriebe, die alle 
ihre Kraft von einer Zentrale er¬ 
halten (Abb. 826). 




Abb. 824. Eisengiesserei und Maschinenfabrik de Fries & Co., Aktiengesellschaft. 
Lageplan und Querschnitte. 1:3300. 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


i. Fabrik zur 
Herstellung von 
Werkzeug - Ma¬ 
schinen leichter 
und allerschwerster 
Art. Sie setzt sich 
aus vier Hallen von 
etwa 7 m Höhe und 
einer dreischiffigen 
Montagehalle mit 
13 m hohem Mittel¬ 
schiffe zusammen; 
zwei elektrische 
Krane von je 20 t 
arbeiten hier. Die 
Seitenschiffe sind 
zweistöckig. In den 

kleinen Hallen befindet sich noch eine Anzahl Krane von je 7,5 t. Ein 
Magazin für Vorräte von Kleineisenzeugen, fertigen Maschinen usw. liegt in 
der Nähe, ebenso eine besondere Werkstätte für Pressluftwerkzeuge (zu¬ 
sammen 850 qm) und ein Magazin für Ousswaren (520 qm). 

2. Die Eisengiesserei, eine mächtige vierschiffige Halle (4000 qm), 
die mit zwei grossen Kranen von je 20 t, verschiedenen kleineren von 10 t 
Tragkraft und einigen Drehkranen ausgerüstet ist. Die besten Form-, 
Trocken- und Oiessmethoden sind hier in Anwendung; es können Stücke 
bis zu 60000 kg Einzelgewicht gegossen werden. In der Putzerei werden 
die Stücke von Maschinen gereinigt und geputzt. Lagerräume für Sand, 


de Fries & Co., A.-G. Innenansicht der Montagehalle. 












554 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Eisen, Koke usw. 
liegen sehr günstig 
zum Betriebe und zum 
Eisenbahn-Anschluss. 
Mit allen Neben¬ 
räumen beansprucht 
dieser Arbeitszweig 
rd. 5700 qm Grund¬ 
fläche. Die grosse 
Kranbahn ist auch 
in den Hof hinaus 
verlängert und der 
Verschluss derGiebel- 
wand deshalb durch 
eine fahrbare Wand 
bewirkt. 



Abb. 827. Rheinische Metallwaren-und Maschinenfabrik. Lageplan. 1:4000. 


3. Die Fabrik 1. Hauptburcau. 2. Magazin. 3, 58. Warm- und Kaltzieherei. q, 56, 59.60. Kessel¬ 
haus. xo, ii f 15, 21, 62—64. Kamine. 12, 70. Glühhäuser. 13. Adjustierhallen, 
für Hebezeuge m- Beizraum. 15, 23, 54. Maschinen und Lokomobilen. 5. -52. Rohrwerk und 
Zieherci. 24. Geschossdreherei. 25. Mechanische Werkstatt. 26. Beschusshaus. 
.(2500 qm mit An- 27. Kanonen werk statt* 31—37.. Hülsen und Kleingeschosse. 34. Modellschuppen. 

' " 35. Schreinerei. 38. Revision. 39. Gussofen. 40. Schmiede. 41, 55, 61. Pumpen- 

bauten). Hier werden haus. 45.—47 Giesserei. 48—53. Presserei. 49. Kaltsägen. 58. Betriebsbureau. 

7 65. Lokomotiven. 57, 66, 67. Lagerschuppen. C8—69. Hydraulische Akkumulatoren. 

kleinere Hebezeuge, 

wie Flaschenzüge, Winden und Krane gebaut. Eine Hauptschmiede für 
alle Werkstätten, ferner die Modellschreinerei, das Holzlager und Modell¬ 
lager liegen auf der linken Seite der Fabrik- 
•/fic strasse nahe beieinander und bedecken zu- 

y^/v | sammen eine Grundfläche von rd. 2300 qm. 

v ___Z Die elektrische Zentrale, mit Dampf- 

■ 1 .... j ..j - ;. maschinen von 500 PS und Kesseln von 

Abb. 828. Rheinische Metallwaren- und 240 qm Heizfläche bei 10 Atmosphären 
Querechnit^'der Ad/ustierhalfe.800 DrUCk VerS 0rgt ^aS Werk mit Licht, Kraft 

^ ' und Wärme; dieser Bau deckt 700 qm. 

Die Maschine arbeitet mit Kondensation, wofür ein Balke-Kühler angelegt ist. 
Die Arbeitsmaschinen werden gruppenweise mit Motoren angetrieben. 

Jede Hauptwerkstätte hat gesonderte Bureaus für die betreffenden 

Betriebsbeamten 



Abb. 829. Rheinische Metallwaren-und Maschinenfabrik. .Abteilung Deren¬ 
dorf. Schnitte durch die Kanonendreherei. 1 :500. 


und sehr umfang¬ 
reiche Kleider¬ 
und Waschräume 
sowie Aborte für 
die Arbeiter. 

Die Werk¬ 
stätten sind ent¬ 
weder massiv 
oder als Eisen- 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 555 

fachwerkbauten ausgeführt und mit Pappe oder Drahtglas gedeckt. Die 
Fussböden bestehen im Magazin aus Beton oder Holzpflaster. Die Licht¬ 
einfallflächen der Wände und Dächer betragen 40 bis 50 °/ 0 der Bauflächen, 
die Werkstätten sind daher ausserordentlich hell. Die Heizung erfolgt mit 
Hochdruckdampf, der in den einzelnen Werkstätten reduziert wird. 

Das Werk ist mustergültig eingerichtet, hat 250 Arbeitsmaschinen, zu- 
zammen 14 Krane, und seine Erzeugnisse sind weithin bekannt geworden. 

Die jährliche Erzeugung beträgt etwa 5000000 kg im Werte von rd. 
3000000 M. 

Die Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik, 
Aktiengesellschaft, Düsseldorf, gegründet 1889 durch den jetzigen 



Abb. 830. Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik. Gesamtperspektive des Düsseldorfer Werks. 


Geh. Baurat Ehrhardt, besteht zur Zeit aus drei getrennt liegenden Ab¬ 
teilungen in Düsseldorf, Rath bei Düsseldorf mit zwei Werken und 
Sömmerda (Abb. 827). Sie beschäftigt neben rd. 150 Beamten über 
3000 Arbeiter. Das Werk ist weltbekannt geworden auf dem Gebiete des 
Waffenwesens (Schnellfeuergeschütze, Geschosse usw.). 

a) Die Abteilung Düsseldorf umfasst folgende Betriebe: eine Fabrik 
nahtloser, stählerner Hohlkörper aller Art; eine Fabrik nahtloser Rohre und 
Kaltzieherei; ein Röhrenwalzwerk; eine Geschützfabrik; eine Artillerie¬ 
geschossfabrik; eine Kartuschhülsenfabrik; eine Infanteriegeschossfabrik und 
eine Eisengiesserei und Maschinenfabrik. Diese Anlagen bedecken eine 
Grundfläche von 281 a (Abb. 828). Im Betriebe sind 15 feststehende und 
Lokomobilkessel mit etwa 2300 qm Heizfläche und 16 Dampfmaschinen 


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556 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 



Abb. 831. Rheinische Metallwaren- und 
Maschinenfabrik. Abteilung Rath. Lageplan. 
112500. 


mit einer Leistung von rd. 3000 PS. 
Acht Dynamomaschinen geben elek¬ 
trische Kraft an 25 Sekundärdynamos 
zum Betriebe der mechanischen Werk¬ 
stätten und zur Beleuchtung der Ge¬ 
samtanlage durch 1600 Glühlampen 
und 60 Bogenlampen ab. 20 hydrau¬ 
lische Pressen sind vorhanden, darunter 
drei, die einen Pressdruck von 800 t 
auszuüben vermögen; dazu gehören 
acht hydraulische Akkumulatoren, wo¬ 
von zwei eine Hubhöhe von 7V2 m 


1. Pförtnerhaus mit Speisoraum. 2. Wohnhaus mit bei 305 mm Kolbendurchmesser haben. 

Geschäftsräumen. 3. Anbau, Lager für Bleche. _ . .... . ...... , 

4. Spiialrohrschweisserei. 5. Maschinenräume. ZUITl BeWeiSÜ tUr die Leistungsfähigkeit 

s. Wassergasanstalt, q. Koksschuppen. 10. Kamin des Werkes möge die Angabe dienen, 

für Kessel. it. Kesselhaus. 12. Kamin für Öfen. , , . ^ . . « *x 

13. Hammerwerk. 14. Lagerhaus mit Schreibstuben. ÖBSS die (jeSCllOSStäbrik IfflStanQe ISt, 
15. Rohrprobierhalle. 16. Wagehaus. 17. Dreherei ... .. . * , _ . . . .. , 

mit Maschinenraum. 18. Werkstatt für Spiralrohre. täglich 2 ö 00 StUCk FeldSChrapnellS Und 
iq. Abort. 20. Pumpenhaus. 21. Maschinenhaus. « 

1000 Stuck 

15 cm-Geschosse (oder eine entsprechende An¬ 
zahl schwerer Geschosse bis zu 35 cm Kaliber) 



herzustellen (Abb. 829). 

Die Bauten sind meistens massiv oder in 




Eisenfachwerk mit Eisenbindern und Papp- Ab . b :, 832 ,. Rheinische Metall waren- 

, und Maschinenfabrik. Abteilung Rath, 

eindeckung errichtet (Abb. 830). Querschnitte von Hallen. 1:2500. 



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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


557 


b) Die Abteilung Rath, Werk I und II, 
erzeugt das im Düsseldorfer Werk zur 
Verarbeitung kommende Stahlmaterial 
und beschäftigt dabei etwa 1000 Arbeiter; 
33 Dampfkessel mit 2500 qm Heizfläche, 
20 Dampfmaschinen mit 4350 PS sind 
hier in Betrieb (Abb. 831, 832, 833, 834, 
835, 836). Das Werk I hat 57 a, Werk II 
208 a bebaute Fläche. Die Abteilung ist 
ebenso wie jene in Düsseldorf an die 
Eisenbahn angeschlossen und umfasst 
folgende Betriebe: a) das Martin-Stahl¬ 
werk mit drei basisch zugestellten Martin- 
Siemensöfen und einem sauer zugestellten 


x. Stabeisenmagazin. 2. Adjustierhalle. 3. Uni¬ 
versal-Abschneider. 4. Putzerei. 5. 40 PS Loko¬ 
mobile und Warm sä gen. 6. Verladehalle. 7. Walz¬ 
werk. 8. Kesselhaus. 9. SchweisaÖfen. 10. Schlosserei. 
11. Schweissöfen. 12. Steinschuppen. 13, 14. Gene¬ 
ratoren. 15. Schrottmagazin. 16, 17. Martinstahl¬ 
werk. x8, 19. Dolomitanlage, Maxchinenräume 
und Kessel. 20. Koks- und Steinschuppen. 21. Ban¬ 
dagenschuppen. 22 und 23. Pressbau mit Bandagen- 
und Scheiben walz werk. 24. Stahlwerk II. 25. Stein¬ 
schuppen. 26. Tiegelstahlwerk. 27. Raderfabrik 
und Schreinerei. 28. Radsatzschuppen, Presshalle 
und Maschinen raum. 29. Tiegelfabrik, Maschinen- 
und Kesselhaus. 30. Tonschuppen. 31. Hammer¬ 
werk. 32. Schlosser-, Klempner- und Schmiedewerk¬ 
statt. 33. Wohnhaus mit Stall. 34. Pförtneihau*. 

35. Kontor. 36. Materialien-Magazin. 



Abb. 835. Rheinische Metallwaren- und Maschinen¬ 
fabrik. Abteilung Rath. Werk II. Hallenquerschnitte. 
1:3000. 



Abb. 834. Rheinische Metallwaren- und 
Maschinenfabrik. Abteilung Rath. Werk II. 
Lageplan. 1:5000. 











558 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


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Siemens-Martinofen; es stellt 
etwa 50000 t Stahl im Jahre 
her;b)dieTiegel- 
// gußstahlfabrik, 
die den Rohstoff 
/ für Geschütze 
_ . _ / und Werkzeuge 
---—// liefert; c) das 
.g i . 1 , j j Schmiede-Press- 
.' / werk mit drei 


Abb. 837. Maschinen-Bauanstalt Hohenzollem, Aktiengesellschaft. Lageplan. 

1 :500. 

1. Kaufmännisches Bureau. 2. Technisches Bureau. 3. Pförtner-Wohnung. 4. Eiektr. 
Zentrale und Kesselhaus. 5. Tischlerei. 6. Materialienschuppcn für Giesserei. 7. Kern¬ 
macherei. 8. Giesserei. 9. Betriebsbureau. 10. Eisenlager. 11. Schmiede. 12. Kessel¬ 
schmiede. 13. Altes Kesselhaus. 14. Magazin. 15. Schlosserei. 16. Dreherei. 17. Dampf¬ 
maschinen-Montage. 18. Schlosserei für Dampfmaschinenbau. 19. Kupferschmiede. 
20. Lokomotiven-Montage. 21. Eiektr. Reparaturwerkstatt. 22, 23, 24, 25. Schuppen. 


dampfhydrauli¬ 
schen Schmiede¬ 
pressen von 400, 
900 und 1500 t 
Arbeitsdruck und 


mit Kraneinrichtungen für Schmiedestücke bis zu 30000 kg Gewicht; d) das 
Bandagen- und Räderwalzwerk; e) das Walzwerk für Stabeisen und Quadrat¬ 
stahl zur Erzeugung von Hohlkörpern mit einer monatlichen Leistungs¬ 
fähigkeit von 2000 t; f) das Dampfhammerwerk mit 14 Dampfhämmern 
für Schmiedestücke bis zu 5 t Gewicht; g) die mechanischen Werkstätten, 
mit Werkzeugmaschinen reichlich ausgestattet und imstande monatlich 600 
vollständige Radsätze für Eisenbahnfahrzeuge herzustellen; h) die Anlage 
zum elektrischen Schweissen und das Spiralrohrwerk, die einzige Fabrik 
ihrer Art in Europa; hier werden mittels vier Sondermaschinen die be¬ 
kannten spiralgeschweissten Rohre ausgeführt; i) die Anlage für Stahlfassonguss. 



Abb. 838. Maschinen-Bauanstalt Hohenzollem, Aktiengesellschaft. Gesamtperspekdve. 


Die Gesellschaft hat einen eigenen Schiessplatz in Unterlüss in der 
Lüneburger Heide. Sie ist eng verbunden mit der Fahrzeugfabrik Eisenach, 
wo hauptsächlich Lafetten, Protzen u. ä. gebaut werden, ebenso mit dem 
Press- und Walzwerk in Reisholz, das Hohlkörper wie Kessel, Zylinder u. ä. 
allergrösster Art presst. 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


559 


Hohenzollern, Aktiengesell¬ 
schaft, für Lokomotivbau. Das 
Werk, das etwa 900 Arbeiter beschäftigt, 
baut hauptsächlich Lokomotiven, Dampf¬ 
maschinen und Kessel (Abb. 837). Seine 
Gebäude bedecken eine Grundfläche von 
25 000 qm. Als Betriebskraft sind Dampf¬ 
dynamos verwendet von 770 Pferde¬ 
stärken. Die Werkstätten enthalten mehr 
als 30 Krane. Fast alle Gebäude sind 
massiv errichtet und mit Pappe gedeckt. 

Auf dem Fürsorgegebiete hat sich die 
Gesellschaft durch die Erbauung von 
Meisterwohnungen und Errichtung einer 
Arbeiterkolonie in der Nähe des Werks 
betätigt (Abb. 838). 

Der Wert der jährlichen Erzeugung beträgt etwa 5000000 M. 

Die Benrather Maschinenfabrik, Aktiengesellschaft, zu 
Benrath, ist ein zwar noch junges, erst 1895 begonnenes Unternehmen, 
aber trotzdem bereits die grösste Sonderfabrik Europas für Hebezeuge ge¬ 
worden und geniesst den Weltruf für ihre Leistungsfähigkeit (Abb. 839). 
Die grössten Krane für Werften und Häfen stammen von ihr, darunter 
mehrere von 150 t Tragkraft und 40 m Ausladung. Auch Sondermaschinen 
für Hüttenwesen, Ladevorrichtungen u. ä. werden hier gebaut. Entwurf 
und Bauleitung für das Verwaltungsgebäude, die Kraftzentrale und einen 



Abb. 839. Benrather Maschinenfabrik, Aktien¬ 
gesellschaft. Lageplan. 1:4000. 



Abb. 840. Benrather Maschinenfabrik. Gesamtperspektive. 


Teil der Werkstätten lagen in Händen des hiesigen Architekten H. Salzmann 
(Abb. 840). 

Neben dem Haupteingangstore erhebt sich die Kraftzentrale, ein Ziegel¬ 
rohbau, der auch im Innern ansehnlich ausgestattet ist. Der Turmbau ent¬ 
hält mehrere Akkumulatorenräume, durch Aufzug mit dem Säureraum im 


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560 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 





Eisengiesserei und Maschinenfabrik L. Soest & Co., G. m. b. H. Lageplan und Hallenschnitte. 112500. 

Keller verbunden, und einen Wasserbehälter. Vier Kessel von je 100 qm 
Heizfläche bei neun Atmosphären Druck, erzeugen den Dampf für drei 
stehende Dampfmaschinen von zusammen 550 PS; letztere sind direkt ge¬ 
kuppelt mit einem elektrischen Motor zur Schaffung von Kraft und Licht 
für den gesamten Betrieb, der mit Ausnahme der Dampfhämmer, elektrisch 
ist. Für die zwei grossen Dampfhämmer ist eine besondere Maschine vor¬ 
handen, deren Dampfkessel gleichzeitig auch die Wärme für die Fabrik¬ 
heizung abgibt. 

Das Verwaltungsgebäude, in Sandsteinarchitektur mit Putzflächen erbaut, 
nimmt die Mitte der sehr ansehnlichen, an der Bahnlinie Düsseldorf-Cöln 
gelegenen Hauptfront ein. Es enthält grosse Tresoranlagen, Badeanstalt und 
Speisesaal im Sockelgeschoss, kaufmännische Bureaus und Sitzungszimmer 
im Erdgeschoss, sowie in den Obergeschossen grosse Zeichensäle und im 
Dachgeschoss eine grosse Lichtpauseanstalt und zeigt eine gediegene innere 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


561 


Ausstattung. Alle Bureaus haben indirekte (Decken-) Beleuchtung durch 
Bogenlicht. Geschmackvolle Waschräume und Aborte sind an drei Stellen 
vorhanden. Das Betriebsbureau grenzt an die aus drei grossen Hallen be¬ 
stehenden Werkstätten. 38 Krane und sonstige Hebezeuge jeder Art und 
Grösse bewegen sich hier elektrisch und vermitteln den Transport der 
Arbeitsstücke zu den Maschinen; sie haben zusammen eine Tragkraft von 
220 t. 

Die Anlage wird augenblicklich von den Architekten Salzmann und 
Ganzlin erheblich erweitert. Für die Schreinerei usw. werden Neubauten 
an der Strasse errichtet und der grosse Hof an der linken Halle entlang 
wird in einer Breite von 35 m überdacht; auch diese aussergewöhnliche 
Spannweite wird durch einen mächtigen Laufkran von 20 t Nutzlast be¬ 
strichen. Die bebaute Fläche der ganzen Fabrik beträgt nach der Erweite¬ 
rung 25000 qm. 

Jährliche Erzeugung: 5000000 kg im Werte von 4100000 M. 

Louis Soest & Co., G. m. b. H., Maschinenfabrik und Eisen- 
giesserei in Düsseldorf-Reisholz, auf einem Grundstücke von 638ooqm 
1901 bis 1902 durch den Architekten H. Salzmann entworfen und erbaut, 
zeigt eine von dem de Friesschen Werke grundverschiedene Bauanlage, 
obwohl auch sie im modernsten Sinne errichtet und ausgestattet ist (Ab¬ 
bild. 841). Das Werk umfasst drei Hauptbetriebe: 1. Giesserei, 2. Bau von 
Dampf- und Gaskraftmaschinen, 3. Bau von Zerkleinerungsmaschinen und 
Trockenapparaten. Jedes Gebäude kann auch hier leicht vergrössert werden 
(Abb. 842). 

An eigener Zufuhrstrasse zum Werke liegt rechts das massive Ver¬ 
waltungsgebäude mit kaufmännischen und technischen Bureaus im Erd¬ 
geschoss, grosser Tresoranlage und Kantine im Sockelgeschoss, Lichtpaus¬ 
anstalt und Wohnung des Direktors im ersten Stokwerk; links von der 
Strasse eine Badeanstalt mit Speiseräumen für die Arbeiter, Meisterwohnung, 



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5 Ö2 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Stallung und Wasserturm. Diese Bauten zeigen aussen Ziegelverblendung 
mit Putzgliederung, innen sind sie einfach aber gediegen ausgestattet. Am 
Einfahrtstor befinden sich die Pförtnerbude, Kontrollräume, Lohnbureau 
und Krankenkasse; von hier aus ist der ganze Fabrikhof zu übersehen! 

Das Modellhaus hat 700 qm Bodenfläche. Die Oiesserei mit 3000 qm 
Grundfläche umschliesst den Modellraum, die Putzerei, grosse Trocken¬ 
anlagen und Dammgruben und ist mit Aufzügen, sowie Kranen von 
20 und 10 t Tragkraft ausgerüstet; es können Gußstücke bis zu 30 t Ge¬ 
wicht gegossen werden. Der Kran der Mittelhalle bestreicht auch den Hof 
hinter dem Giebel; eine wagerecht drehbare Klappe gestattet den Durch¬ 
gang. Ofenanlagen, Aufbereitung, Aufzug und Lagerräume liegen günstig 
zur Gleisanlage. 

ln der 2820 qm grossen Halle rechts von der Zufuhrstrasse werden 
Maschinen gebaut. Laufkrane von 20 und 15 t bewegen hier die Lasten, 
ausserdem sind grosse Drehkrane an den Binderstützen angebracht Das 
v , r „ t h Seitenschiff ist teilweise zweistöckig aus- 

f r ' v //, gebaut. DerFussboden besteht aus Asphalt. 
^ ^ F e * Inmitten der Anlage befindet sich vorne 

die Schreinerei und 
ein grosses Magazin 
für ankommende und 
angehende kleinere 
Waren. Dahinter liegt 
die elektrische Zentrale 
mit einer Dampf¬ 
maschine und einer 
Ersatzmaschine von zu¬ 
sammen 315 PS, die 
aus einem Kessel mit 
110 qm Heizfläche bei 10 Atmosphären Druck gespeist werden. Die 
Akkumulatorenräume sind zweistöckig; eine Ersatzmaschine für Wasser, ein 
Külilturm für die Kondensation liegen in der Nähe dieses Gebäudes. 

Der dritte Hauptbetrieb befindet sich hinter der Zentrale unter einem 
800 qm deckenden Sägedach. Lauf- und Drehkrane, Dampfhämmer usw. 
sind auch hier in Tätigkeit. 

Kleine Gleise verbinden sämtliche Werkstätten und Magazine mit¬ 
einander. 

Alle Gebäude sind in massiver Bauart, Ziegelsteinverblendung mit 
einzelnen Putzflächen, errrichtet, nur das zweistöckige Modellhaus ist ein 
Fachwerkbau; die Dächer sind mit Pappe oder Drahtglas gedeckt. Der 
gesamte Betrieb ist elektrisch. Jede Hauptwerkstätte hat grosse Kleider¬ 
und Waschräume, sowie Aborte für die Arbeiter. 

Die Düsseldorf-Ratinger Röhrenkesselfabrik vorm. Dürr 
& Co. umfasst eine Abteilung für Landkesselbau in Ratingen mit 9500 qm 



Düsseldorf-Ratinger Röhrenkesselfabrik. Abteilung: Schiffskesselbau. 
Düsseldorf-Hafen. Lageplan. 1:2750. 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


563 




Abb. 844. 


Düsseldorf - Ratinger Röhrenkesselfabrik Dürr & Co. 
Abteilung: Landkesselbau in Ratingen. 


bebauter Fläche und 
ein neues zweites 
Werk fürSchiffskessel- 
bau, das 1894 in 
Düsseldorf mit 4700 
qm bebauter Fläche 
errichtet ist. Die erste, 
im Jahre 1883 erbaut, 
liegt am Bahnhofe 
Ratingen - Ost, mit 
Eisenbahn - Anschluss 
(Abb. 843). Dem Be¬ 
triebe dienen fünf 
Maschinen von zusammen 250 PS und drei Dampfhämmer mit drei Kesseln 
»System Dürr* von zusammen 240 qm Heizfläche, hydraulische Nietvorrich¬ 
tungen, Schweisseinrichtung und eine grosse Anzahl von Werkzeugmaschinen. 
Der Transport erfolgt mittels hydraulischer Laufkrane. Schienenwege er¬ 
strecken sich durch die ganze Fabrik, deren Gebäude fast alle in Säge¬ 
dachform errichtet sind (Abb. 844). 

Die Abteilung Düsseldorf liegt auf der Spitze einer Landzunge des 
Hafens auf einem 11500 qm grossen Grundstücke. Hier werden die be¬ 
kannten Schiffskessel »System Dürr" für See- und Flußschiffe hergestellt. 
Zum Betriebe dienen zwei Dürr-Kessel mit je 100 qm Heizfläche und drei 
Dampfmaschinen mit zusammen 190 PS. Jede dieser Dampfmaschinen ist 
mit einer Dynamomaschine verbunden, die den Strom für die Beleuchtung 
und zum Betriebe der einzelnen Motoren liefert. Die Bureaus liegen im 
Obergeschoss der Rohrdreherei (Abb. 845). 

Der Hauptbau, die Kesselschmiede, 2400 qm gross und 13 m hoch, ist 
dreischiffig, sowie mit zwei Laufkranen von 15 t und 5 t, vier Schweiss- 
feuern usw. ausgestattet. Die Montagewerkstatt mit Schlosserei ist ein hoher 
Sägedachbau von 1400 qm Bodenfläche. Die einzelnen Gebäude sind durch 
Schienenwege miteinander verbunden. Das Verladen der Kessel in die 

Schiffe und Eisen¬ 
bahnwagen ge¬ 
schieht mittels eines 
grossen Uferdreh¬ 
krans von 25 1 Trag¬ 
kraft und 13 m 
Ausladung. 

Die Bauten sind 
in Eisenfach werk er¬ 
richtet. Die Firma 
beschäftigt 50 Be¬ 
amte und etwa 500 

36* 


Abb. 845. 


Düsseldorf-Ratinger Röhrenkesselfabrik Dürr & Co. 
Abteilung: Schiffskesselbau in Düsseldorf. 


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564 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Arbeiter. Der Umsatz beträgt 
2500000 M, der Bau wert in Ra¬ 
tingen rd. 450000 M, in Düssel¬ 
dorf 250000 M. 

Die Düsseldorfer Röh¬ 
ren- und Eisenwalzwerke, 
im Jahre 1860 gegründet, seit 
1873 Aktiengesellschaft, beschäf¬ 
tigen etwa 2300 Arbeiter. Haupt¬ 
erzeugnisse sind Rohre, nahtlos 
und geschweisst, Bleche, Uni¬ 
versaleisen, Stabeisen, Draht, 
Stahlbrammen (Abb. 846). Das 
Werk zerfällt in zwei Hauptab¬ 
teilungen, deren eine in Ober¬ 
bilk, die andere in Lierenfeld 
liegt. Das hier dargestellte Oberbilker Werk hat 55000 qm bebaute Fläche, 
wovon 2600 qm mehrgeschossig sind. Betriebskraft ist Dampf von 7500 
Pferdestärken, von denen 1000 in elektrische Energie umgewandelt sind. 
Die Dampfkessel haben eine Heizfläche von 7000 qm. Die Leistungs¬ 
fähigkeit des Werks beträgt 85000 t Ganz- und 80000 t Halbfabrikate. 
Der Bauwert der Anlage ist 1900000 M, der Maschinen und inneren Ein¬ 
richtung 3000000 M. Die grösseren Maschinen (Hämmer, Pressen, Krane 
usw.) werden teils durch Dampf, teils hydraulisch und durch Elektrizität an¬ 
getrieben. 

Das Werk besitzt drei Häuser für Beamte und 53 Häuser für Arbeiter, 
die 200 Wohnungen mit zusammen 690 Zimmern enthalten. 

Düsseldorfer Eisenbahnbedarf, vorm. Carl Weyer & Co., 
Aktiengesellschaft, ist eine der ältesten Waggonfabriken Deutschlands. 
Die Gesellschaft hat zwei Werke in Betrieb, ein älteres in Düsseldorf-Ober¬ 
bilk und ein neues in Reisholz. Jenes bedeckt eine bebaute Fläche von 
27500 qm und beschäftigte im Jahre 1900 etwa 1200 Arbeiter und 65 Be¬ 
amte; seine Leistungsfähigkeit beläuft sich auf etwa 1900 Wagen (Abb. 847). 
Ein Teil des Betriebs er¬ 
folgt direkt von den 
Dampfmaschinen aus(ö50 
PS), ein Teil durch elek¬ 
trische Kraftübertragung. 

Auf dem Werke sind 
elektrisch betriebene, in 
Gruben versen kteSchiebe- 
bühnen zur Verbindung 
der einzelnen Werkstätten 
vorhanden. Letztere sind 




Abb. 846. Düsseldorfer Röhren- und Eisenwalzwerk. 
Abteilung Oberbilk. Lageplan. 1: 5300. 


1. Pförtner. 2. Puddelwerk. 3. Walzwerk für Grob-, Fein-, 
Stabeisen, Universalwalzwerk. 4. Kessel. 5. Drahtlager. 6. Gene¬ 
ratoren. 7. Kohlen. 8. Zentral-Verwaltung. 9. Drahtlager. 
10. Röhrenlager. 11. Beizraum. 12. Schmiede. 13. Mechanische 
Werkstatt. 14. Betriebsbureau. 15. Puddelwerk, Universal- 
Sch weisseisen- und Walzwerk. 16. Röhren Walzwerke. 17. Gene¬ 
ratoren. 18. Röhrenbiegerei. 19. Schreinerei. 20. Wohnhäuser. 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


565 


vorzüglich eingerichtet. Der Wert der 
Erzeugung beträgt jährlich 5000000 M, 

Bauwerte 1250000 M, Einrichtung 
1 200000 M. 

ln dem neueren Werke in Reis¬ 
holz, das im Jahre 1899 errichtet ist, 
werden vorzugsweise Güterwagen her¬ 
gestellt (Abb. 848). Die bebaute Fläche 
beträgt 7700 qm. Die Werkstätten 
sind durch eine grosse, elektrisch be¬ 
triebene Schiebebühnenanlage verbun¬ 
den, deren Laufschienen dieser gleich 
hoch mit den Hauptgleisen liegen. 

Die mechanische Werkstatt, das Kessel- 
und Maschinenhaus, sowie die Schmiede, 
sind massiv errichtet; die Dächer haben 
Holzbinder und sind teils mit Ziegeln, 
teils mit Pappe gedeckt. Die Schreinerei 
hat massive Umfassungswände und 
Holzzementdach. Die Montagewerkstatt, 

Lackiererei usw. sind Holzfachwerk¬ 
bauten mit Pappdächer. Die von der 
Hauptmaschine erzeugte Kraft (130 PS) wird teils durch Dampf direkt, 
teils elektrisch übertragen. 

Der Wert der Erzeugnisse (700 Wagen) beträgt jährlich 1250000 M ; 
Bauwert 420000 M; Einrichtung 240000 M. Ein Doppelhaus für Beamte, 

ein Pförtnerhaus und 
eine Anzahl Arbeiter¬ 
häuser sind auf dem 
Fabrik-Grundstücke 
errichtet. 

Die Farbwerke, 
Aktiengesel 1 - 
Schaft, Düssel¬ 
dorfentstanden aus 
der älteren Farben¬ 
fabrik G. Müller 
Söhne (Abb. 849). 
Die jetzige Anlage 
ist von dem hiesigen 
Architekten Roeting 
entworfen. Die Fa¬ 
brik stellt haupt¬ 
sächlich Bleiweiss, 




A. Pförtnerhau». B. Beamtenhaus. C. Eisenlager. 
D. Schmiede. E. Akkumulatorenraum. F. Maschinen¬ 
baus. G. Kesselhaus. H. Mech. Werkstatt. T. Holz¬ 
lager. K. Schreinerei. L. Montagewerkstatt. Al. Lak- 
kiererei und Polsterei. N. Arbeiterhäuser. O. Schiebe¬ 
bühne. 


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566 


DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 




Glätte, Orange und Mennige her. Die Bauten decken 70,5 a des 223 a 
grossen Grundstücks und sind fast alle auf Gleisen zu erreichen. Das 
Bureaugebäude ist zweistöckig, alle andere einstöckig. Für die Arbeiter 
sind umfangreiche Bade- und Aufenthaltsräume vorhanden (Abb. 850). Die 
Fundamente der Gebäude sind aus Trassbeton hergestellt, die Mauerflächen 

gelb und rot verblendet, 
Dachdeckung in ver¬ 
schiedener Art. 

Aus der Textilbranche 
sei die Kammgarn¬ 
spinnerei, Aktien¬ 
gesellschaft, aufge¬ 
führt (Architekt Mühlen¬ 
kamp & Bender), die bei 
einer Maschinenkraft von 

Abb. 850. Düsseldorfer Farbwerke, A.-G. Gesamtperspektive. PS etwa ÖOO Arbei¬ 

ter beschäftigt und rd. 

15000 qm Bebauung hat (Abb. 851). Die Bauten sind durchweg in Säge¬ 
dachform errichtet. Die Baukosten einschliesslich der Einrichtung betragen 
rd. 3500000 M. Die 
Firma stellt jährlich etwa 
850000 kg Waren im 
Werte von 5 000 000 M her. 

Das Werk von de 
Haen, C a r sta n j e n 
Söhne, Fabrik und 
Lagerhaus pharmazeuti¬ 
scher Präparate, im städ¬ 
tischen Hafengebiete, Ar¬ 
chitekt W. Kordt in 
Düsseldorf, ist besonders 
interessant durch die ver¬ 
schiedenen Einrichtungen 
zur Erzielung eines mög¬ 
lichst wirksamen Feuer- 

Schutzes (Abb. 852). Das Kammgarnspinnerei, 
eigentliche Fabrikge- Aktien-Gesellschaft, 
bäude, ein vollständiger 
Massivbau, wurde 1898 errichtet. In seinem Keller befinden sich schwere 
Mühlwerke, im Erdgeschosse leichtere Zerkleinerungsmaschinen, Kochappa¬ 
rate, Dampfmaschinen, Kesselanlage und Schlosserei. Die Arbeitsräume im 
ersten Obergeschoss, in Abteilungen getrennt, sind von zwei Längsgalerien 
unmittelbar erreichbar. Das zweite Obergeschoss enthält Sortier- und 
Packräume; ein aussenliegender Warenaufzug verbindet alle Geschosse. Von 


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BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 


567 



Abb. 852. de Haen-Carstanjen & Söhne. Pharmazeutische 
Fabrik und Lagerhaus. Lageplan und Schnitte. 1:2000. 


1. Lagerraum. 2. Schreibstube. 3, 5. Privatkontor. 4. Wartezimmer. 
6. Kontor. 7. Ankleideräume. 8. Stadtexpedition, q. Pack- und Versand¬ 
hof. 10. Pförtner. 11. Fuhrwerkswage. 12. Speiseraum für Arbeiter. 
13. Schlosser Werkstatt. 14. Kohlen. 15. Kesselhaus. 16. Dampfmaschine. 
17. Fabrikationsräume. 18. Drogenmühlen, iq. Laboratorium. 20. Lager¬ 
und Abfüllräume. 21. Abort und Stallung. 


der Fabrik durch Pack- 
und Versandhof getrennt 
liegt das grosse Lagerhaus, 
nach allen Seiten frei, das 
im Jahre 1901 durchaus 
feuersicher erbaut ist. Im 
Keller sind hier Räume 
für leicht entzündbare 
Waren, von den anderen 
Räumen feuersicher abge¬ 
trennt. ln gleicher Weise 
sind im Erdgeschoss die 
Bureauräume von den 
Lagerräumen geschieden. 
Zwei Treppenhäuser gehen 
durch sämtliche Stock¬ 


werke, und jedes ist mit einer Rauch- 
abzugsvorrichtpng versehen, die von 
jedem Stockwerke aus bedient werden 
kann. Die beiden Obergeschosse ent¬ 
halten Lagerräume; im zweiten sind 
ausserdem noch Packräume vorhanden. 
Zwei elektrisch betriebene Aufzüge 
dienen nur dem Warenverkehr. Alle 
Decken, Trennungswände und Treppen 
sind in Eisenbeton (System Hennebique) 
hergestellt, ebenso die Stützen der 



Abb. 853. de Haen-Carstanjen i& Söhne. 

Lagerhaus. Gesamtperspektive. 



Abb. 854. Malzfabrik von Friedr. Küppers. 


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DÜSSELDORF UND SEINE BAUTEN. 


Deckenunterzüge in den Umfassungs- 
^ wänden, welch letztere nachträglich 

unabhängig von den Betonkonstruk- 
mnH tionen ausgeführt wurden. Die Fas- 
Sjp saden des Hauptbaus sind mit roten 
Ziegeln verblendet und zum Teil 
Abb - 8 “- t L - Öchwann ' - geputzt (Abb. 853). 

Die Baukosten beliefen sich auf 
170 M für das Quadratmeter und 
9,50 M für das Kubikmeter umbauten Raums. Die Anlage entspricht allen 
Anforderungen der Neuzeit. 

Die Malzfabrik von Friedr. Küppers besitzt im Hafen ein 
durchweg massives grosses Gebäude, nach dem Entwurf des Architekten 
Grimm in Cöln, mit 2850 qm Grundfläche (Abb. 854). Eine Dampfmaschine 
von 120 Pferdekräften erzeugt die Elektrizität zum Betriebe der einzelnen 
Maschinen und für die Beleuchtung der Anlage. Das Gebäude ist mit 
Niederdruckheizung versehen. Die Baukosten betrugen 600000 M; für die 
Maschineneinrichtung wurden weitere 250000 M aufgewendet. Es können 
bis zu 10000 t Waren erzeugt werden. Zur Beförderung des Getreides 
aus den Schiffen in die Speicher dient ein Elevator. 

L. Schwann, Buch- und Steindruckerei, Verlagsanstalt 
(Abb. 855). Die Gebäude enthalten 8700 qm Nutzfläche für die ver¬ 
schiedenen Lager, Werkstätten und Bureauräume, sind massiv erbaut und 
mit Zentralheizung, Aufzügen usw. versehen (Abb. 856). Das Hauptlager 


BESPRECHUNG EINZELNER BETRIEBE. 56g 




der Verlagshandlung umfasst etwa zwei Millionen Bände und Hefte. Die 
Betriebskraft für die 72 Maschinen und 14 Motoren ist Elektrizität, die von 
der städtischen Zentrale entnommen wird. 250 Personen der verschiedensten 
Berufe sind bei der Herstellung von Werken des Buch- und Kunstdrucks 
tätig. 



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Druck vox L. Schwann, Düsseldorf. 


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