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Full text of "Heinrich Gundelfingen"

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DISSERTATKM 

22608 



Heinrich Gundelfingen. 



zur Geschichte des Deutschen Fruhhumanismus und zur 

Losung der Frage iiber die urspriingliche 

Konigsfelderchronik. 







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Heinrich Gundelfingen. 






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Dieser Aufsatz bildet Heft VI der in dem Verlag der 
Universitatsbuchhandlung (Otto Gschwend) zu Freiburg in 
der Schweiz erscheinenden Freiburger lustorischen Studien. 






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Heinrich Gundelfingen. 



Ein Beitrag 

zur Geschichte des Deutschen Friihhumanismus und zur 

Losung der Frage liber die urspriingliche 

Konigsfelderchronik. 



Dissertation 

zur 

Erlangung der Doktorwiirde 

von der 

philosophischen Fakultat 
der 

Universitat Freiburg in der Schweiz 
von 

Joseph Ferdinand Rtiegg 



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Freiburg (Schweiz) 
Buchdruckerei Gebrilder Fragniere 

1910 






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Meinen lieben Ettern 

JOSEPH FIDELIS FERDINAND RUEGG 

und 
MARIA ANNA KATHARINA BARBARA geb. STAUB 

in Dankbarkeit gewidmet. 






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Inhaltsverzeichnis. 



Seile 

Einleitung und Verzeichnis der Werke Heinrich Gundelflngens 9 

Seine Abkunft und Studien 14 

Seine Tdtigkeit als Lehrer und Schriftsteller an der Universitdt 

Freiburg i Br. 1471- 1488 * . 29 

Werke : Militaria monimenta 33 

Austria? principum chronici epitome triplex 35 

Comitum Tyrolis successio 44 

Descriptio confcederationis Helvetica; ... 51 

Amoenitates urbis Lucernensis 55 

Topographia urbis Bernensis 58 

Origo, profectus et gesta incolarum et civium 

de Hasli 63 

Letzte Lebensjahre in Waldkirch und letzte Werke 1488—1490 . 66 
Officium de beato Nicolao super Saxo heremita 

Underwaldensi Helvetio 68 

Historia Nicolai Underwaldensis eremitae 69 

De thermis Badensibus 71 

De thermis diversis 72 

Excurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger (2. Buch 
der Austria?). 

Sein Verhaltnis zu Mathias von Neuenburg und 
zu dem sogn. Gregor Hagen bezw. zu einer Klin- 

genberger — und zur Kdnigsfelder Chronik ... 76 

2. Heinrich Gundelfingen und Albrecht von Bonstetten 108 






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Einleitung und Verzeichnis der Schriften 
Heinrich Gundelfingens. 



Nur sparliche und zum Teil unsichere Berichte gaben 
uns bisher in wenigen gedruckten Werken Kunde von Hein- 
rich Gundelfingen. Kurze Beachtung schenkten ihm O. Lo- 
renz 1 , G. v. Wyfi- und P. Albert n , aber auch was diese 
uns mitteilen ist so knapp, dafi wir daraus eine grundliche 
Kenntnis und Wurdigung Gundelfingens nicht gewinnen 
konnen. 

Reichlich flieSen zwar auch die Quellen nicht, aus 
denen wir Neues schopfen konnten; vereinzelte weit zer- 
streute Notizen und Gundelfingens Werke bilden die Grund- 
lage fur unsere Ausfiihrungen 4 . 

Die zerstreuten Nachrichten finden an der betr. Stelle 
ihren Quellennachweis \ 



') Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter I 3 (Berlin 
1886) S. 266 ff. 

') Geschichte der Historiographie in der Schweiz (Zurich 1895) 
S. 139. Anmerkung. 

") Die Geschichtschreibung in Freiburg im Breisgau (in Zeit- 
schrift fur Geschichte des Oberrheins N. F. 16.) S. 538 ff. 

') Weder ein Briefwechsel selbst noch Spuren eines solchen 
liefien sich auffinden. 

& ) Es eriibrigt uns an dieser Stelle alien jenen, welche in dieser 
Arbeit, sei es durch freundl. Hinweise, sei es durch Ermc-glichung, die 
Handschriften zu beniitzen, sowie durch Ubersendung solcher, uns 
giitigst unterstutzten, den verbindlichsten Dank auszusprechen ; so be- 
sonders den H. H. Prof. D r A. Biichi, der auch die Giite hatte, die 
zweite Korrektur mitzulesen, Prof. Dr G. Decurtins und Prof. 
D r G. Schniirer an der Universitat Freiburg i. Ue., sowie den titl. Vor- 
standen vom Universitatsarchiv Basel, H. Oberbibliothekar Dr. C. Ch. 






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10 Einleitung und Verzeichnis der Schriften H. Gundelfingens. 

Gundelfingens "Werke aber sind folgende: 
A. Ganz oder teilweise erhaltene: 

1. (Austrian principum chronici epitome triplex.) ' 
1476 Juli — Dezember. 
Original MS. der KK. Hofbibliothek in Wien. Cod. 
merabranac. lat. N° 516 saec. XV. 4°. 



Bernoulli; Stiftsarchiv in Beromiinster, H. H. Probst Estermann; Stadt- 
archiv Freiburg i Pr. H Archivrat Prof. Dr P. Albert; Universitats- 
archiv ebenda, H. Prof. D r H, Mayer ; Erzbischofl. Archiv ebenda, 
H. H. Archivregistrator Steinbrenner; Kantons- and Universitats-Blb- 
liothek Freiburg > Ue. H. Bibliothekar Nationalrat M. v. Diesbach; 
K. Hofbibliothek in Hannover; K. K. Statthaltereiarchiv in Innsbruck; 
Grofiherzogl. Generallandesarchiv in Karlsruhe ; Stadtarchiv Luzern, 
H. Archivar Dr Weber; Bibliothek des Kapuzinerklosters in Romont, 
Kt. Freiburg (Schweiz), R. P. Basile Bibliothekar; Stans, H. Staats- 
archivar Dr. R. Durrer; K. K. Universitatsarchiv in Wien, Archivar 
Dr Goldmann ; K. K. Hofbibliothek ebenda, Custos Prof. D* Mencik. 

') Die Klammer zeigt an, dass der Titel dem betr. Werke nicht 
von Gundelfingen selbst gegeben wurde. — Vielfach wurde diesem 
Werke der Titel ..Historia Austriaca" gegeben, mit Unrecht, denn er 
ist zu weit gefafit. Albert (\. c. S. 539) hat bereits darauf hingewiesen. 
Gundelfingen selbst gab dem Werke keinen Titel. Auf Blatt 1 des 
Original MS. ist von alter Hand folgender besser entsprechender Titel 
eingetragen : ^Austria; principum chronici epitome triplex Henrici 
Gundelfingen Constantiensis artium magistri ecclesie Friburgensis 
sacellani ad Sigismundum Austrie, Stirie, Karinthie principem Triden- 
tinorumque montium dominum.'' Nach diesem Titel: ..Quid hoc vo- 
lumen intuerit, vide pagina 9 in operis divisione, Videtur autem scrip- 
tum hoc opus a|nte?| annum 1480. D|atum] autem est Sigismundo 
Austria? .... zwei Linien sind vollig ausradiert. vielleicht enthielten 
sie bios den soeben erwahnten Titel Sigismunds. Diese Handschrift, 
gebunden in Holzdeckel mit Pergamentuberzug ist 17X24,5 cm gross 
und zahlt im ganzen 68 Blatter. Hievon sind 54 beschrieben; 1 Blatt 
entfallt auf den erwahnten Titel und 53 Blatter auf die Schrift Gundel- 
fingens. Ob es seine eigene ist konnen wir nicht sagen, die feinen 
Korrekturen die sich darin finden diirften von seiner Hand stammen. 
Den Text zieren funf hiibsche Initialen und 87 Einzelwappen, welche 
alle von ein und demselben Kiinstler gemalt zu sein scheinen. Die 
Wappen in den Initialen beziehen sich auf den Besitz Herzog Sigis- 
munds, die iibrigen sind den sagenhaften Urfiirsten Alt-Osterreichs 
beigegeben. Reiche Gold- und Silberauflage zeichnen sie aus. Auch 
Albert (1. c.) nimmt an, es sei dies die Herzog Sigismund gewidmete 
Ur schrift. 






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Einleitung und Verzeichnis des Schriften H. Gundelfingens. 11 

Kopie cbenda. Cod. chartac. lat. N° 3500 saec. XVI. 8°. 

Gedruckt sind einige Bruchstiicke; die 3. Epitoma zum 
grofiten Teil, in Petri Lambeci Comment, de Bibl. 
Aug. Vindobonens. lib. II. Vindobonas An. 1619. 
S. 83, 87, 465—509. Das bellum Burgundionum in 
der 3. Epitoma ist auch gedr. von I. Blcesch im 
Archiv des histor. Vereins des Kt. Bern. Bern 1880 
Bd. 9. S. 192 ff. 

2. Comitum Tyrolis successio. 

Anhang in dem vorerwahnten MS. n° 1 ; von Gundel- 

fingen aber als eigene Schrift fur sich aufgefafit. 
Im Original f° 52-53. 
Gedruckt in Petri Lambeci Comment. (1. c.) S. 509—511. 

3. (Descriptio confcederationis Helvetica?.) 

1477—1479 bezw. 1480. 
Erhalten in einer 
Kopie des Kapuzinerklosters in Romont, Kt. Freiburg 
Schweiz. Cod. 1 chartac. 4° f° 11— 12 v . Ungedruckt. 

4. (Amoenitates urbis Lucernensis, carmine descriptas) 

von 1480/81. 
Original verschollen; von Melchior Rufi ins Deutsche 
ubersetzt und deutsch in seine Chronik aufgenommen 
worden - und so erhalten geblieben. 
Gedruckt in „Melchior Russen Eidgenossische Chronik," 
herausg. von Jos. Schneller, Bern 1834, S. 18 ff. 

5. (Topographia urbis Bernensis.) 

1486 September 20. 

Erhalten in einer 
Kopie im Cod. v. Romont; Vgl. oben n° 3. 
Gedruckt v. Blcesch im Archiv des histor. Vereins des 

Kt. Bern. Bern 1880 Bd. 9. S. 177 ff. 



') Einc genaue Beschreibung dieses Buches erscheint in den 
Freiburger Geschichtsblattern Kd. 17. Freiburg > Ue. 1910, unter dem 
Titel: „Ein interessanter Codex des Kapuzinerklosters Romont." 

-) Vgl. unten S. 55. 






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12 Einleitung und Verzeichnis der Schriften H. Gundelfiiigens. 

6. (Origo, profectus et gesta incolarum et civium 

de Hash.) 

Erhalten in einer 
Kopie im Cod. v. Romont; Vgl. oben n° 3. — Ungedruckt. ' 

7. Officium de beato Nicolao super Saxo heremita 

Underwaldensi Helvecio. 
1487 88. 
Original verschollen. Erhalten in einer beglaubigten 
Kopie von 1650 kl. Folio, liegt bei den „Br. Klausen 
Kanonisationsakten 1 * in der Pfarrlade Sachseln, Kt. 
Obwalden. 
Ungedruckt. Kleine Bruchstucke in P. A. Hugo, Nico- 
lai de Rupe anachoret* vita ac res gestae. Freiburg 
Schweiz 1636, S. 360, 365. 

8. Historia Nicolai Underwaldensis eremitae. 

1488 August 13. 
Original verschollen. Erhalten in einer 

Kopie vom Jahre 1591, kl. Folio, in Privatbesitz, und 
ferner in der Kopie von 1650 Vgl. oben n° 7. 

Ungedruckt. Kleine Bruchstucke in J. Joachim Eichorn : 
..Miraculorum Helvetia? sidus, hoc est supernaturalis 
ac stupenda Nicolai de Saxo, Anachoretae Under- 
waldii vita, Rorschachii 1613, S. 33; in P. A. Hugo 
1. c. S. 157 158, 184, 245; und J. Ming, Lebens- 
geschichte des seligen Niclaus von Fliihe Bd. 3. 
Luzern 1871. S. 298 300. 

9. (De thermis Badensibus.) 

1489. 

Ein Bruchstuck ist gedruckt erhalten geblieben in • De 
balneis, gedruckt Venetiis apud Juntas 1553, in dem 
Abschnitt: -Conradi Gesneri excerptorum et obser- 
vationum de thermis lib. f° 292 292 v . 

Vermutlich als eigenes Werk anzusehen 

') Die Zugehdrigkeit dieser Schrift ist noch nicht ganz sicher 






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Einleitung und Vcrzcichnis der Schriften H. Gundelfingens. 13 

10. (De thermis fdiversis]) 

sc. Pfafers, Leuk, Baden-Baden, Wildbad(en) und 
Plummers. 
Nur kleine Bruchstucke gedruckt erhalten in _De Bal- 
neis" f° 294, 295* 96, 297, 297 v -, 298. Vgl. oben n° 9. 

B. Verloren. 

11. Monimenta militaria. 

Vor 1476. 






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Seine Abkunft und Studien. 



Heinrich Gundelfingens Abkunft scheint in einem ge- 
heimnisvollen Dunkel zu liegen. 

Schon auffallend ist die Verschiedenheit in der Schreib- 
weise seines Namens, wie sie bereits zu Lebzeiten Gundel- 
fingens auftrat. Er selbst schrieb sich in seinem, im Original 
erhaltenen Werke ^Heynricus Gundelfingen de Constantia" '. 
Zeitgenossische Aufzeichnungen und Kopien seiner Werke 
nennen ihn aber „Henricus de Gundelfingen" '-'. Erstere 
wic letztere Form ist uns mehrfach iiberliefert. Als dritte 
ebenfalls aus Gundelfingens Zeit stammende Form finden wir 
sodann die Bezeichnung ,Gundelfinger u :l . Zweifel an der 
Identitat der Personlichkeit werden schon abgewiesen durch 
das Vorkommen aller drei Namensformen in den Senats- 
protokollen der Universitat Freiburg ' Br., in welchen ein 
und dieselbe Person handelt. 



') (1476) ..Austrie principum", — ferner (1458 Okt.) in G. Tcepke, 
Die Matrikel der Universitat -Heidelberg (Heidelberg 1884) I 294. — 
(1476 Dez. 11.) Senatsprotokoll der Universitat Freiburg 'Br. (Uni- 
versitatsarchiv). — (1486 Sept. 20.) Topographia urbis Bernensis, Kopie. 

') (1481 Mai 18.) Senatsprotokoll 1. c. — (1488 Aug. 13.) Historia 
Nicolai. Kopie. — (1490 Aug. 29.) Jahrzeitbuch von Waldkirch N° 41 
(Grofiherzogl. Generallandesarchiv in Karlsruhe). — (1490 Dez. 17.) 
Jahrzeitbuch von Beromiinster (Propsteiarchiv Beromiinster, Kt. Luzern.) 

') (1460 Okt. 8.) in H. Mayer, Die Matrikel der Universitat Frei- 
burg i Br. vou 1460 1656 (Freiburg I Br. 1907) 19. (1471 Marz 7.) 
ini Liber proclamationum et investiturarum der DiSzese Konstanz, im 
erzbischofi. Di5zesanarcliiv Freiburg ■ Br. — (1477 Marz 8.) Senats- 
protokoll. 1. c. (1490 Aug. 29.) Jahrzeitbuch von Waldkirch no 39 40.- 
- Diese Listen unter Anm. 1, 2 und 3 liefien sich noch weiter tuhren" 






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Verhaltnis H. Gundelfingens zu Propst Niklaus v. Gundelfingen. 15 

Wir wahlen jene Bezeichnung, welche Gundelfingen 
selbst in seinem erhaltenen Originalwerke sich gab. 

Die Tatsache aber, dan Heinrich Gundelfingen neben 
diesem sich auch den vollen Namen beilegte bezw. beilegen 
liefi, welcher seine Zugehorigkeit zum adeligen Geschlechte 
der ,von Gundelfingen" zeigt, flihrt uns zur Ansicht P. 
Alberts, wonach „unser Gundelfingen ein Bastard des im 
Lautertal des Amtes Miinsingen ansafiigen und 1546 ausge- 
storbenen freiherrlichen Geschlechtes dieses Namens war" J . 

In der Annahme P. Albert's, Heinrich mochte vielleicht 
ein Sohn sein von Niklaus von Gundelfingen, dem Kon- 
stanzer Generalvicar und Propst von Beromunster - werden 
wir bestarkt durch folgende Anhaltspunkte : 

Niklaus von Gundelfingen hielt sich grofitenteils in 
Konstanz auf :( ; da£ unser Heinrich Gundelfingen diese 
Stadt als Ort seiner Herkunft bezeichnet, tragt allein noch 
nichts auffallendes an sich, erscheint uns aber in anderem 
Lichte sobald wir in Betracht Ziehen, dass Heinrich an 
beiden von ihm besuchten Universitaten von Studenten aus 
Beromunster begleitet war. Geschah dies auf Fiirsorge von 
Propst Niklaus ? Unter seiner Regierung trat Heinrich zum 
Stifte Beromunster spater in noch engere Beziehungen, er- 
hielt er ja die Anwartschaft auf ein Canonicat und ver- 
schiedene Pfriinden, wie wir sehen werden. 

') I. c. S. 539 Anmerkung 3. 

'-') Beromunster — Miinster im Kt. Luzern; uber das Kollegiatstift 
daselbst. Vgl. M. Riedweg, Geschichte des Kollegiatstiftes Beromunster 
(Luzern 1881). — Niklaus von Gundelfingen war Propst dieses Stiftes 
1435-1469 Riedweg, 281 ; nach Kindler von Knobloch, Oberbadisches 
Geschlechterbuch I (Heidelberg 1898) S. 493 war Niklaus selbst ein 
Sohn des Abtes Heinrich von St. Gallen, Freiherrn von Gundelfingen. 

Die Art und Weise, wie Niklaus von Gundelfingen ..die gute 
Pfarre im Argau" erhielt — offenbar ist Beromunster gemeint — lalit 
ihn nicht in vorteilhaftem Lichte erscheinen. Vgl. Marmor, Zur Ge- 
schichte des Bistums Konstanz, in Freiburger Diozesanarchiv (Freiburg 
' Br. 1876) S. 346 47. — Propst Niklaus und unser Heinrich werden sowohl 
miteiuander verwechselt als auch identifiziert. 

) Er besuchte Beromunster so selten. dafi der Convent dieses 
Stiftes sich beschwerte. Vgl. Riedweg, S. 281. 






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16 Seine Abkunft und Studien. 

Propst Niklaus hatte offenbar an Heinrich ein Interesse, 
■was dadurch nicht unwahrscheinlich gemacht wird, wcnn 
in den Stiftsakten von Beromunster von einem verwandt- 
schaftlichen Verhaltnis zwischen beiden Obgenannten. auch 
nirgends die Rede ist l , 

"Wir diirfen wohl mit ziemlicher Bestimmtheit annehmen, 
dafi wir Heinrich als Sohn des Propstes Niklaus und als 
seinen Geburtsort Konstanz anzusehen haben -. 

Den Zeitpunkt seiner Geburt kennen wir nicht, eben- 
sowenig seine erste Jugendzeit ; doch konnen wir annehmen, 
dafi jener vor 1450 zu suchen ist, denn 1458 treffen wir 
Heinrich an der Universitat Heidelberg, wo er unter dem 
dritten Recto rate des Magisters Johann Trutzenbach von 
Heilbronn, in der Zeit vom 11. — 30. Oktober als „Heinricus 
Gundelfingen de Constancia" sich in die Universitatsmatrikel 
eintragen liefi '. 

Man konnte versucht sein, aus dem Datum der Matrikel 
einen Schlufi auf das Alter Gundelfingens zu Ziehen. Fiir 
die Aufnahme der Studenten an die Universitat war aber 
damals auch in Heidelberg weder eine Altersgrenze fest- 
gelegt \ noch eine gewisse Vorbildung verlangt •'; im allge- 
meinen nimmt man ein Alter von 10 14 Jahren an". 

Als Gundelfingens Begleiter lernen wir gegen unser 
Erwarten nicht einen Konstanzer sondern Heinrich Lauffen 
aus Beromttnster kennen 7 . 



') Riedweg, S. 490. 

'-') Wenn als andere Geburtsorte erwahnt werden; Freiburg (Leu, 
Helvetisches Lexikon IX 346), ferner Luzern (O. Lorenz 1. c. I 124. — 
A. Bernoulli, Die Luzerner Chronik des Melchior Rufe, (Basel 1872.) S. 
94) so beruht dies auf Irrtum; eine andere Bezeichnung der Herkunft 
Heinrich Gundelfingens als ..de Constantia" laftt sich keine nachweisen 
aus seiner Zeit. 

: > Tcepke, I 294. ' " 

') Ebenda Einleitung S. XLIX. 
) Ebenda S. XUI. 

fi ) Mayer, Einleitung S. LXXXVII. 

") Tcepke, I 294, Ein Konstanzer Student Diethelm Tyler 

mochte sich vielleicht noch in Heidelberg befinden; 1454 hatte er sich 






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H. Gundelfingen in Heidelberg 17 

Von Studenten aus Beromiinster, ja von den Schweizern 
uberhaupt wurde die Heidelberger Universitat vor Grtin- 
dung einer solchen in Freiburg 'Br. und in Basel mit Vor- 
liebe bezogen. 

Beromiinster bcsafi geradezu eine Tradition, seit der 
bertihmte Buchdrucker Helias Helie, Chorherr von Bero- 
miinster an der Heidelberger Universitat sich aufgehalten 
hatte '. 

Als nun Gundelfingen mit seinem Gefahrten diese 
Hochschule bezog, traf auch er dort Schweizer an ; 
so die Briider Friedrich - und Burkard :! von Liitishoven, 
zu welchen er hernach in Beziehung kam. Als Studienge- 
nosse verdient aber besonders Thuring Fricker erwahnt zu 
werden, der spatere Stadt- und Geschichtschreiber Berns, 
der von 1456 1460 in Heidelberg den Studien oblag '. 

In ihrem Kreise befand sich auch Wilh elm Dorflinger, der 
Schwestersohn des obgenannten Helias Helie, dem er hernach 
in der neuen Kunst des Blicherdruckens behulflich war '. 

in die Matrikel einschreiben lassen. (Tcepke, I 278) Gundelfingen folgten 
1459 am 2. Juli Markus Wecher (Swecher) am 18. Dezember Jakob und 
Jeorius Richlin fratres. (Tcepke, I 299,300) Georg Richli war auch mit 
Albrecht von Bonstetten befreundet und stand mit ihm im Brief- 
wechsel. Vgl. Albert Biichi, Albrecht von Bonstetten, Briefe und aus- 
gewahlte Schriften, in Quellen zur Schweizer Geschichte XIII. (Basel 
1893) no 13 und 14. S. 24 ff. - Vielleicht vermittelte Richli Gundel- 
fingen die Bekanntschaft mit Bonstetten! 

') Inscribiert 1422 23 als: ..Helias (Helye) de Thuerego, canonicus 
Beronensis, Constanc. dioc. d[edi|t, er wurde Baccalaureus artium 1425 
im Januar; Tcepke, I 158. — Vgl. auch Riedweg, S. 482. 

'-') Inscribiert 1449 Marz oder bald nachher ; Baccalaureus artium 
1451 Januar 23., Tcepke, I 259., Magister artium 1454 Marz 8., Tcepke, II 
392 393. — Vgl. auch Riedweg, S. 417. 490. 

') Inscribiert 1450 Januar oder bald nachher ; Tcepke, I 263. — 
Vgl. Riedweg, S. 415. 417. 

4 ) Inscribiert 1456 als „Theringus Fricker de Bruek, cler. Con- 
stanciensis die XIIII. Aprilis". Baccalaureus artium via moderna 1458 
Januar 16. Tcepke, I 285., Magister artium 1460 Februar 27., Tcepke, 
II 398. — Vgl. G. v. Wyfi, 131 ff. - O. Lorenz, I 129. 

•'') Inscribiert 1457: _ Johannes D6rflinger de Verona [Berona] 
XXI Aug.' - Tcepke, I 289. - Vgl. Riedweg, S. 483. 549. 

2 



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18 Seine Abkunft und Studien. 

Nicht auf einen bloften Zufall mSchten wir es zuriick- 
ftihren, dafi wahrend Gundelfingens Anwesenheit in Heidel- 
berg daselbst noch mehrere Schweizer aus jenen Gegenden 
eintrafen, in welchen der oben erwahnte Probst Niklaus 
Macht und Einflufi besaE : so Conrad Luthard aus Brem- 
garten, der spater Chorherr in Beromiinster wurde i ; Ulrich 
Mentellar aus Beromiinster selbst, der ebenfalls hier ein 
Canonicat erhielt - ; ferner Heinrich Scherer aus Sempach '• 
und der Cleriker Johann Scherlebach aus Sursee 4 . 

Gundelfingen kam in dieser "Weise bereits mit jenen 
Leuten in Beriihrung, denen er spater am gleichen Stifte 
ein Amtsgefahrte wurde. 

Gemafi dem Brauche der damaligen Zeit wird Gundel- 
fingen in Heidelberg zuerst der Artistenfakultat beigetreten 
sein, zumal er spater den Titel Magister artium fiihrte. 
Grofien Einflufe mag auch auf ihn der Umstand ausgeubt 
haben, dafi er gerade in jenen Jahren seine Studienlauf- 
bahn begann, in welchen die ersten Schritte zur Umge- 
staltung insbesondere der Artistenfakultat getan wurden. 

Es war die Zeit des einkehrenden Humanismus in 
deutschen Landen ; Heidelberg war neben Erfurt "' die 
Statte, von der aus ein frisches Leben den deutschen Geist 
aufweckte. Noch regierte die alte scholastische Schule, aber 
deren Kraft war nur mehr eine geteilte, seit im eigenen 
Reiche Thomisten und Scotisten, diese beiden grofien 
Parteien um die Oberherrschaft stritten. 

Inzwischen hatte der Humanismus in Italien sich zu 
voller Blute entfaltet und pochte nun auch an deutschen 
Toren an. 



') Inscribiert 1459 Marz 11., Baccalaureus artium via moderna 
1461 Januar 19. Tcepke, I 296. — Vgl. Riedweg, S. 416. 492. 

*) Inscribiert 1459 April 26. - Tcepke, I 297. - Vgl. Riedweg, S. 
416. 492. 

') Inscribiert als ..Heinricus seratoris" 1459 April 26. - Tcepke, 
I 297. — Ein Johann Scherer war Chorherr in Beromiinster, Vgl. 
Riedweg, S. 417. 

4 ) Inscribiert 1459 Oktober 23. Tcepke, I 230. 

'') Vgl. F. W. Kampschulte, Die Universitat Erfurt in ihrem Ver- 
haltnisse zu dem Humanismus und der Reformation. Trier, 1858 60. 






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H. Gundelfingen in Heidelberg 19 

Es war Peter Luder, der ihm zuerst und zwar in Hei- 
delberg Einlafi verschaffte '. Zwar vermochte er nicht so 
recht in das neue Studium einzufiihren ; der „lockere 
Vogel" king zu sehr am AuSerlichen, ohne in den tieferen 
Sinn und Geist der Classiker einzudringen. Hierin war 
Gundelfingen wohl sein ziemlich getreuer Schuler. Vielleicht 
wurde er bereits durch Peter Luder mit dem einen oder 
anderen Werke von Ovid, Virgil, Horaz und Cicero, Salust, 
Plinius und Plutarch, Justinian, Persius, Aeneas Sylvius 
und anderen mehr, bekannt gemacht, auf welche VerfaSer 
sich Gundelfingen in seiner spateren schriftstellerischen 
Tatigkeit beruft. 

Wie jeder in Heidelberg Immatrikulierte, so war auch 
Gundelfingen durch die Universitatsstatuten gehalten, der 
bevorzugten Stellung eines akademischen Burgers sich 
wiirdig zu erweisen durch eifriges Studium und Besuch 
der Vorlesungen -. 

Eine genauere Bestimmung der Artistenfakultat vom 
9. April 1458 traf auch Gundelfingen, wonach die Horer 
der Lectionen ebenfalls an den Ubungen iiber jenes Buch 
teilzunehmen hatten, iiber welches gelesen wurde :t . 

Etwas lebendige Leute scheint das Wintersemester von 
1458 59 zusammengefuhrt zu haben, in deren Gesellschaft 
Gundelfingen sich befand, errachtete die Artistenfakultat 
sogar fur notig, das Larmen wahrend den Lectionen, Exer- 
zitien und Disputationen zu verbieten ; das Zuspatkommen 
in die Vorlesungen scheint bereits damals in Obung gewesen 
zu sein 4 . 

Nicht lange konnte Gundelfingen ruhigem Studium ob- 
liegen, denn die gefxirchtete Pest, welche die deutschen 
Gaue heimsuchte, hielt im Winter 1459 60 auch in Heidel- 
berg Einkehr. 

') Vgl. Allgemeine deutsche Biographie Bd. 19. S. 376 77. 
! ) Tcepke, I Einleitung S. XIX. 

') E. Winkelmann, Urkundenbuch der Universitat Heidelberg. 
II. (Heidelberg 1886) S. 45 no 117. 

*) Ebenda n° 398 vom 4. Nov. 1458. 






UM.'EISITYOrC.-UfCf-ll..' 



20 Seine Abkunft unci Studien. 

Die Universitat sah hiedurch sich veranlafit, durch Be- 
schlufi vom 2, Januar 1460 sowohl den Magistern wie auch 
den Schtilern zu erlauben, von Heidelberg fortzuziehen l . 
Schon anfangs Dezember hatte die Flucht vor der Pest 
aus Heidelberg begonnen - ; unter den Fliichtlingen haben 
wir wahrscheinlich auch Gundelfingen zu suchen. 

Von seinen Gefahrten befinden sich zwar Thiiring 
Fricker am 27. Februar 1460 noch in Heidelberg \ und 
jener Heinrich Lauffen, der mit Gundelfingen sich immatri- 
kulieren liefi, erlangte am 12. Juli desselben Jahres den 
Grad eines Baccalaureus artium ', Wenn Gundelfingen 
wegen der Pest vor diesem letzteren Zeitpunkte weggezogen 
ist, so ist dies wohl der Grund, warum nicht auch er gleich 
Heinrich Lauffen es zur Wiirde eines Baccalaureus brachte \ 

In dem gleichen Jahre 1460 erhielt Gundelfingen die 
Anwartschaft auf ein Canon icat in Beromiinster, also noch 
unter dem schon erwahnten Propst Niklaus von Gundel- 
fingen ,: . Fliichtete sich Heinrich Gundelfingen von Heidel- 
berg vielleicht nach Beromiinster, bis er die in Heidelberg 
unterbrochenen Studien an der Universitat Freiburg 'Br. 
wieder aufnahm ? 

Diese im Jahre 1457 von Herzog Albrecht von Oester- 
reich gegriindete Hochschule wurde 1460 eroffnet ; am 27. 
April begann unter dem ersten Rector Mathaeus Hummel 
die Aufnahme der Studenten '. 



') Ebenda n° 400. 

■) Tcepke, I Einleitung S. XLI. 

:e ) Tcepke, I S. 398. 

4 ) Via moderna. Tcepke, I 294. 

') Die Baccalaureatslisten der Artistenfakultat sind sorgfaltig ge- 
flihrt, Tcepke, I Einleitung S. XI. Gundelfingens Name fehlt somit nicht 
etwa aus Versehen. 

,! ) Kiichler A., Chronik von Sarnen (Sarnen 1895) S. 7. — Ried- 
weg S 490. — Wenn Gundelfingen als Chorherr von Bern bezeichnet 
wird {Albert, S. 538 ; Meyer, S. 9 10 Anmerkung, und mehrere altere Werke) 
so beruht dies lediglich auf einer Verwechslung des Namens ..Berona" 
=^ Beromiinster, mit ..Berna" —■ Bern. 

T ) Zu Meyer, Vgl. auch Baumgarten, Freiburg > Br. (Die deutschen 






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H. Gundelfingen in Freiburg • Br. 21 

Heinrich Gundelfingen gehorte zu den ersten Hdrern 
der neuen Hochschule ; er liefi sich daselbst als 127. am 
8. Oktober gleichen Jahres in die Matrikel der Universitat 
einschreiben. Hier lautet die Eintragung : -Henricus Gundel- 
finger Constanc. dioc. eodem die 1 * '. 

An demselben Tage liefi sich namlich als 126. offenbar 
als Gefahrte Gundelfingens jener Burkard von Lutishofen 
eintragen, dem v/ir bereits in Heidelberg begegnet sind '. 

In Freiburg trafen sie bereits einen stattlichen Be- 
kanntenkreis an, denn eine ansehnliche Zahl Lehrer und 
Studenten war bereits aus Heidelberg dahin iibergesiedelt. 

So kamen sie in Freiburg wieder zusammen mit Conrad 
Stiirzel von Kinzingen einem hervorragenden und besonders 
am cesterreichischen Hofe geschatzten Gelehrten, der schon 
in Heidelberg Magister artium war und nun in Freiburg 
einer der ersten Ordinarii der Artistenfakultat wurde :1 . In 
Johannes Pfeffer von Widenberg, dem tiichtigen Theologen 
und ersten Ordinarius begegnete ihnen ebenfalls ein alter 
Heidelberger '. 

Auch an der jungen Universitat Freiburg hatte Gundel- 

Hochschulen, illustrierte Monographien, herausg. von Theod. Koppstein 
I. Bd.) Berlin 1907. 
') Meyer, S. 9. 

'-') Ebenda : ..Burkardus de Lueteshofen pbr. Const, canonicus 
Beronens. octava die Octobris." Dieser Eintrag zeigt auch im Vergleich 
mit demjenigen Gundelfingens, dan Gundelfingen 1460 bios die An- 
v/artschaft auf ein Canonicat in Beromiinster erhalten hat, niclit aber 
schon ein Canonicat selbst, wie man nach Riedweg S. 490 annehmen 
konnte, denn Gundelfingen wurde alsdann sogut wie Burkard auch den 
Titel Canonicus iiihren. — Burkard.ist in der Zwischenzcit nun Priesterge- 
worden ; er hatte sich eine Zeitlang in Wien aufgehalten und scheint 
ein lockeres Leben gefuhrt zu haben (JRiedweg S. 447.). Eigentumlicher 
Weise lafit er auch an der soeben eroffneten Universitat Basel im 
Wintersemester 1460 61 sich in die Rektoratsmatrikel eintragen als : 
.Burkhardus de Lutishoven canonicus beronensis". Gundelfingens Name 
findet sich in der Basler Matrikel nicht. 

*) Mayer, S. 4, an 8. Stelle ; weitere biogr. Angaben sowie Literatur 
ebenda Anm. 8. 

J ) Mayer, S. 3, an 1. Stelle, Vgl. ebenda Anm. 1. 






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22 Seine Abkunft und Studien. 

fingen reichlich Gelegenheit, mit tiichtigen Lehrern Umgang 
zu pflegen. Neben dem als ersten Rector bereits erwahnten 
Mathaeus Hummel, der beriihmt war als D r juris canon, 
et medicinae und sowohl am Hofe Friedrichs III wie bei 
Erzherzog Ferdinand von Oesterreich in hohem Amt und 
Ansehen stand, fand er an der Artistenfakultat als deren 
ersten Dekan den Magister Kilian Wolf von Haslach, seinen 
direkten Vorgesetzten und Lehrer, wie wir wohl annehmen 
durfen '. Dieselbe Fakultat besafi damals in den Magistri 
Johann Molfeld von Meiningen und Conrad Arnold von 
.Schorndorf sowie Johann Kerer von Wertheim - weitere her- 
vorragende Gelehrte ''. 

Auch Magister Johann Knapp von Reutlingen und 
Ulrich Rotpletz, D r jur. can., diese beiden Zierden der 
Universitat, werden Gundelfingen nicht unbekannt geblieben 
sein 4 . 

Reiche Anregung mochte er ebenfalls empfangen im 
Verkehr mit Studienkameraden ; er traf unter diesen nicht 
wenige, die spater zu gewaltigem Ansehen und grofiem 
Ruhme gelangten, so Johannes Geiler von Kaisersperg, dem 
wir hernach begegnen werden. 

Im Jahre 1461 traf Gundelfingen in Freiburg wieder 
mit Thuring Fricker zusammen, der nun als Magister sich 
daselbst immatrikulieren liefi ■"', aber noch im gleichen Jahre 
an die Universitat Basel zog '\ Zwei Jahre hernach trat 
Johann Molitor aus Rastetten in den Freiburger Studenten- 



') Er hielt Vorlesungen uber die Logik, die _vetus ars" — 
Schreiber H., Geschichte der Albert-Ludwigs Universitat zu Freiburg 
i Br. (Freiburg 1887) S. 49. -- Mayer, 3, 3 u. Anna. 

') Nachmals Weihbischof v. Augsburg. 

') Schreiber, 1. c. - Mayer, S. 3, 5 und 3, 6. und Anmerkungen 
daselbst. 

') Mayer, S. 5, 37 und 11, 151. und Anmerkungen. 

') -Mgr. Turingus Fricker de Brugg Const, dioc. XVIII Januarii". 
- Mayer, S. 12, 182 und Anm. 

") Basel Rektoratsmatrikel 1. c. Liefi Thuring Fricker sich viel- 
leicht auch zu gleicherzeit an zwei Universitaten einschreiben wie 
Burkard von Liitishofen ? 



Original from 
UMVEISnYOFCAUFCfiMn 



H. Gundelfingen in Freiburg i Br. 23 

kreis ] und 1464 auch Jakob Wimpheling "-', zwei junge 
Kraft e im Dienste des Humanismus, die spater Gundelfingen 
weit iiberflugelten. 

Nicht so leicht, wie wir die Gesellschaft, in der Gun- 
delfingen sich befand, kennen lernen, konnen wir erfahren, 
welchen Studien er oblag. 

So viel ist sicher, dass auch er bei der Immatrikulation 
die hieran geknupfte Verpflichtung ubernehmen mufite, 
mindestens ein „Quindenium' - zu horen, wenigstens 15 Kol- 
legstunden zu besuchen :i . 

In der Lehrweise behielten bis 1484 die Nominalisten 
(Thomisten) die Oberhand ; schon bald nach Eroffnung der 
Universitat hatten zwar auch die Realisten (Scotisten) sich 
Eingang zu verschaffen gewufit, wurden aber aufs heftigste 
von ersteren bekampft '. 

Gundelfingen hatte also Gelegenheit, beide Richtungen 
kennen zu lernen. 

Lehrgegenstand der Artistenfakultat waren die sechs 
logischen Schriften des Aristoteles, die bekannt sind unter 
der Bezeichnung „Organon" ■'. 

Dafi Gundelfingen der Artistenfakultat angehorte, geht 
hervor aus detn Protokoll dieser Fakultat vom 29. Dezember 
1465, nach welchem er auch den Vornamen Johannes 
fiihrte, und inzwischen Baccalaureus artium geworden war, 
nun aber vom Magisterium zuriickgewiesen wurde „praecipue 
propter deformitatem morum'" ". 

Man mochte hier vielleicht versucht sein, in diesem 
Johann Heinrich Gundelfingen eine von unserem Gundel- 



') 8. Okt. - Mayer, S. 25, 58 und Anm. 

-') 31. Oktobcr. — Mayer, S. 29, 1 und Anm. 

') Mayer, Einleitung S. XXVII. 

J ) Koenig, Znr Geschichte der Universitat Freiburg im 15., 16 
und 19. Jahrh., im Freiburger Didzesanarchiv Bd. 22. (Freiburg 'Br 
1892) S. 330 u. Anm. 1. — In Basel herrschten ebensolche Zankereien 
wie in Freiburg. Vgl. Vischer, Geschichte der Universitat Basel (Basel 
1860) S. 138 ff. 

') Ebenda S. 328. — Vgl. auch Schreiber, S. 45 ff. 

') Mayer, S. 9. Anm. 127. 






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24 Seine Abkunft und Studien. 

fingen verschiedene Personlichkeit zu vermuten, ist dies ja 
das einzige uns bekannte Vorkommen eines zweiten Vor- 
namens bei dem von uns behandelten Gundelfingen. 

Nach den Freiburger Universitatsstatuten wurde nun 
aber besonders strenge darauf geachtet, da£ vor der Er- 
langung eines akaderaischen Grades der zu Promovierende 
seinen Namen in der Universitatsmatrikel nachweisen 
konnte '. 

Einen zweiten Gundelfingen suchen wir in der Univer- 
sitatsmatrikel vergebens, es bleibt uns nur iibrig die Iden- 
titat mit unserem Heinrich Gundelfingen anzunehmen. 

Ein eigentumliches Licht wirft auf diesen die Begrun- 
dung, weshalb er nicht zur Erlangung des Magistergrades 
zugelassen wurde. Wenn Gundelfingen nicht einen in jeder 
Beziehung einwandfreien Lebenswandel gefuhrt hat, so mag 
da vielleicht ein Grofiteil ^Erbgut" mit in die Wagschale 
fallen, zudem hatte er bereits in Heidelberg an seinem 
Lehrer Peter Luder ein Vorbild und an Burkard von Liitis- 
hofen einen Studiengenossen, welche beide im Humanismus 
den Verkiinder eines ungebundenen Lebens begrufiten. 

Ob Gundelfingen den Grad eines Magister artium 
schliefilich doch in Freiburg erlangte, ist uns nicht bekannt '-' ; 
unmoglich ware es nicht, wenn die deformitas morum viel- 
leicht bios als temporares HinderniS aufgefafit werden 
darf. Sicher ist aus seiner eigenen und der Zeitgenossen 
Bezeichnung, dafi er diese Magisterwurde erlangte. 

Verweilte er in Freiburg auch nach 1465, dann wurde 
er auch ein Studienkamerad Albrechts von Bonstetten, dem 
nachmaligen Dekan des allbekannten Benediktinerstiftes 
Einsiedeln, der spater in humanistischer Tatigkeit gleiche 
Wege wie Gundelfingen wandelte — worauf wir unten noch 
zu sprechen kommen aber dank weitreichenster Bezie- 



') Mayer, Einleitung S. XXIX. 

"') Wir haben alle gedruckten Matrikeln unisons t daraufhin abge- 
sucht und auch die leider noch ungedr. Wiener Universitatsmatrikel 
ergab hiefiir keineu Aufschlu§. Andere Glieder des Geschlechtes der 
„von Gundelfingen" kommen wohl haufig vor. 






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H. Gundelfingen studicrt Theologie 25 

hungen zu fiirstlichen Hofen und angesehenen Zeitgenossen 
einen weit grofieren Ruhm einheimste '. Eigenttimlicher 
"Weise finden sich in Bonstettens Brief wechsel wider Er- 
warten nicht die geringsten Anhaltspunkte iiber direkte 
Beziehungen zwischen Bonstetten und Gundelfingen '-' ; aber 
Rickli und Fricker diirften vielleicht die Briicke zwischen 
den beiden bilden. 

Es mangeln ferner jegliche Spuren von dauernderen 
Beziehungen Gundelfingens mit den bereits oben erwahnten 
Gelehrten und Studenten wie auch mit den neu an die 
Freiburger Universitat kommenden Johann Fuchsmag von 
Hall, dem Philologen und Historiker ', sowie Johann Reuchlin 
von Pforzheim, dem spater so bedeutenden und gefeierten 
Humanisten 4 . 

Gundelfingen erscheint etwas vereinsamt, vielleicht zu- 
riickgesetzt, aber warum ? Aus seinen spateren Werken 
gellt es uns wie ein Klageruf entgegen, wenn er die Feder 
ergreift und in Armut einen Gonner sucht, der seiner ge- 
denkt. '' 

In den Jahren vor 1470 verlegte er sich auch auf das 
Studium der Theologie, wahrscheinlich nachdem er Magister 
artium geworden war. Genaueres wissen wir weder hier- 
uber noch wo er Theologie studiert und wann er Weihen 
erhalten habe ; umso willkommener sind uns die wenigen 
sicheren Nachrichten, welche ihn bereits als Inhaber von 
kleinen Pfrunden zeigen. 

Geweiht worden durfte er wohl sein noch zu Lebzeiten 
des Generalvikars von Konstanz, der kein anderer war als 
eben der schon genannte Niklaus von Gundelfingen, Propst 
von Beromunster. Noch imTodesjahre dieses Propstes (1469), 
wohl auf dessen Verwenden hin, erhielt Heinrich Gundel- 

') Vgl. A. Biichi, Albrecht von Bonstetten (Frauenfeld 1889) 
- Mayer, 36,2. 

') A. Biichi, Briefe 1. c. 

') 1469 Okt. 25. — Mayer, S. 44, 32 und Anm. 32. 

4 ) 1470 Mai 19. - Mayer, S. 46, 6 und Anm. 6. 

*') Topographia urbis Bernensis. — Historia Nicolai. 






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26 Seine Abkunft und Studien. 

fingen ein Lehen, die ^Giegenegg" auch 9 Kirchbfiel" ge- 
nannt, damals zugehorend zur Kirche in Schwarzenbach 
(Kt. Luzern) '. 

Dazu besafi er bis 1471 auch das Rektorat der Pfarr- 
kirche in Oberkirch (Kt. Luzern) ; am 23. Februar d. J. leistete 
er aber freiwillig Verzicht auf diese Stelle '-'. 

Der Umstand, dafi er auf diese Stelle freiwillig resig- 
nierte, legt uns nahe, er habe das Oberkircher Rektorat 
nicht bios inne gehabt und den Nutzen daraus gezogen 

') Hieher gehort auch die folg. urkundl. Notiz: -Item 10 s. |an 
eine Jahrzeit| dat Heinricus Hagen alias Bind von uf und ab der leen- 
schaft cuinsdam boni dicti Giegenegg pertinantis ad feudum magistri. 
Heinrici de Gundelfingen [auf dem Blattrande: -nunc magistri Petri 
Kiindig" | cum orto et pratello juxta domum Thiiringi Scherers et certis 
pertinentiis, utvidetur in littera emptionis inde confecta." -- Estermann 
M., Zur Bruderklausengeschichte aus dem Archive Beromunster, in 
Kathol. Schweizerblatter Bd. 7. (Luzern 1891) S. 261,262. auf Grund 
des Urbars bezw. Jahrzeitbuches von Schwarzenbach. Dieses soeben 
genannie Feudum war frei geworden durch den Tod des Chorherren 
Mathias Kupfernagel 1469. — Die Kollatur besafsen Propst und Kapitel 
von Beromunster (Riedweg S. 222). Gundelfingen besafj lediglich dieses 
Feudum, nicht aber auch das Rektorat von Schwarzenbach. — Vgl. 
Schneller, Die Kirche zu Schwarzenbach Kt. Luzern (Jahrzeitbucher 
des Mittelalters) in Geschichtsfreund Bd. 3 (Einsiedeln 1848) S. 195. - 
Nuscheler A., Die Gotteshauser der Schweiz, fortgesetzt von Konrad 
Liitolf, in Geschichtsfreund Bd. 57 (Stans 1902) S. 110. 

'"') ..die 23. Februarii 1471 magister Hainricus Gundel finger rector 
ecclesie parrochialis in Oberkilch eandem suam ecclesiam libere resi- 
gnavit". — Reg. proclamationum et investiturarum de annis 1469—1474 
f° 84. (entnommen aus dem noch unveroffentlichten Teil des M. S. 
zum Urkundenbuch des Stiftes Beromunster. St A. Luzern). — Gundel- 
fingen erhielt am 5. April d. J. zum Nachfolger den Vikar Conrad 
Hiltprant. - Ebenda f 86 v ..die 5. Aprilis e. a. data est proclamatio 
Conrado Hiltprant presbitero Augustensis diocesis ad vicariam per- 
petuam ecclesie parrochialis in Oberkilch vacantem per liberam resi- 
gnationem magistri Hainrici Gundelfinger et per venerabilem dominum 
Nicolaum abbatem monasterii S. Urban i in Nigra Silva (!) ord. Cister- 
cien. literatorie presentato". Das Pra;sentationsrecht auf Oberkirch 
hatte der Abt von St. Urhan, (Kt. Luzern), inne. — Vgl. Nuscheler, in 
Geschichtsfreund Bd. 60 S. 187. - - Die Ausfuhrungen iiber die Pfarrei 
Oberkirch von J. Bolsterli in Geschichtsfreund Bd. 22 S. 62 ff. sind 
lilckenhaft. 






UM.'EISITYOrCALlfCf-ll..' 



H. G. wird Kaplan am Miinster zu Freiburg > Br. 27 

sondern vielleicht auch selbst besorgt; damit wiirde aller- 
dings die ohne jegliche Begriindung aufgestellte Ansicht, 
Gundelfingen sei vor 1471 in Konstanz tatig gewesen, dahin 
fallen '. 

Gewifi legte er nicht ohne Grund sein Rektoratsanit 
nieder ; zweifelsohne handelte er bereits in Hinblick auf 
seine baldige Anstellung als Lehrer an der Universitat in 
Freiburg. 

Im Jahre 1469 war namlich an der Artistenfakultat 
daselbst eine Stelle frei geworden, welche der bereits er- 
wahnte Magister und Doktor Conrad Sturzel 5 Jahre hin- 
durch inne gehabt hatte, der nun aber an die juristische 
Fakultat ubertrat -'. 

Wahrschcinlich hatte sich Gundelfingen urn den ledigen 
Lehrstuhl beworben. 

Hi emit in Zusammenhang steht jedenfalls auch Gundel- 
fingens Ernennung zum Kaplan der ..Alt-Aetscherin Pfriinde u 
am St. Johannes Baptisten Altar im Miinster zu Freiburg, 
als welcher er am 7. Marz des Jahres 1471, also wenige 
Tage nach dem Wegzug von Oberkirch erscheint f . 



') Joachimsohu, Der Fruhhumanismus in Schwaben, in Wurtem- 
berg. Vierteljahrhefte 5, (1896) S. 72 und hieraus Mayer S. 10. Anm. 
Die Annahme Riedwegs (S. 490) Gundelfingen sei von 1461 71 Lehrer 
der Rhetorik in Freiburg gewesen, beruht auf einer Verwechslung 
mit dessen Tatigkeit von 1471—81. 

I Hammer, H., Literarische Beziehungen und musikalischesLeben 
des Hofes Herzog Siegmunds von Tirol, in Zeitschr. des Ferdinandeums, 
III. F., 43. H. (Innsbruck 1899), S. 84. 

') -die 7° (Marcii) date sunt absentie (?) magistro Hainrico Cundel- 
finger capellano altaris S. Johannis Baptiste in ecclesia B. Marie Vir- 
ginis usque apparitionem Michaelis archangeli". — Liber procl. et 
investit. vom Jahre 1471 der DiOz. Konstanz im erbischofl. Archiv zu 
Freiburg > Br. 

Hienach scheint Gundelfingen einen Urlaub bis 8. Mai 1471 er- 
halten zu lmben. Gundelfingen wird als Inhaber der Alt-Aetscherin 
Pfriinde auch bestatigt durch eine Notiz iin liber beneficiorum in ec- 
clesia parrochiali B. V. Maria? Friburgensis f° 20 v , im St. A. Freiburg 
i,Br. — Vgl. Albert, 1. c. S. 538 Anm. 4. — Uber die Alt-Aetscherin 
Pfriinde. Vgl. Zell, Fr., Beitrage zur Geschichte der Miinsterpfarrei in 






UM.'Ersnvof(AurcM< 



28 Seine Abkunft und seine Studien. 

In den bisherigen Ausfuhrungen haben wir versucht 
den Spuren Heinrich Gundelfingens nachzugehen und seine 
Wege aufzudecken. Sparlich genug fliessen die Quellen, so 
blieb nichts anderes iibrig als der Versuch, das Wenige 
desto besser auszuniitzen. Etwas genaueren Aufschlufi er- 
halten wir uber seine spatere Wirksamkeit. 

Freiburg, in Freiburger Diozesanarchiv Bd. 22 (Freiburg 1892) S. 267. 
— Ders. in Di&z. Arch. Bd. 16 (Freiburg 1883) S. 254, iiber dieselbe 
Pfarrei handelnd, teilt init, daf$ am 23. Febr. 1442 der Generalvikar des 
Bischofs Heinrich IV von Konstanz : Propst Niklaus von Gundelfingen 
-anf die Bitte des Heinrich Vogt, Kaplan des Altars des HI. Johannes 
Baptist im Minister, wegen geringfugigen Einkoinmens seiner Pfriinde 
(18 9 Pfennige jahrlich) mit dieser eine andere Pfrunde desselben Al- 
tares (7 9 Pfennige jahrlich) vereinigte". 

Reicht Gundelfingens Anstellung als Kaplan des obgenannten 
Altares vielleicht noch in die Zeit des Generalvikars und Propstes 
Niklaus von Gundelfingen zuriick ? 

Die Behauptung, Gundelfingen sei Kaplan in Freiburg in der 
Schweiz gewesen, -welche von Petras Lambecius, Commentariorum 
de Augustissima Bibliotheca Cajsarea Vindobonensi lib. II S. 466 
zuerst und unbegriindeter Weise aufgestellt wurde, und in einer Reihe 
von Werken bis auf Ottok. Lorenz, 1. c.S. 266 sich wiederfindet. beruht 
auf Verwechslung. Wieso Potthast A., Bibliotheca histories inedii 

xvi I (Berlin 1896) S. 564 zu der Bezeichnung konimen konnte 
„Gundelfing, Henric, Frisingensis Helvetia capellanus", ist uns unbe- 
greiflich. 






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Seine Tjitigkeit als Lehrer und Schriftsteller 
an der Universitat Freiburg i Br. 



1471 1488. 



Wean Gundelfingen vielleicht schon vor 1471 oder spates- 
tens in diesem Friihjahre als Lehrer an die Universitat 
Freiburg zu kommen trachtete, so gelangte sein Gesuch 
doch erst im Winter dieses Jahres vor das Plenum der 
Universitatsprofessoren zur Besprechung. 

Am 31. Oktober 1471 wurde der aus Wien herberufene 
Magister D r Johann Mosch von Altheim, ein tuchtiger Theo- 
loge zum Rektor der Universitat gewahlt 1 . Eines der ersten 
Geschafte seines Rektorates war die Aufnahme Gundel- 
fingens in den Lehrkorper derselben. 

Am 5. November namlich war schon wieder eine Uni- 
versity tsversammlung; diese beschlofi hinsichtlich des aufzu- 
nehmenden *Poeta" in vorsichtiger Weise, man moge diesen 
zuerst fragen, ein wie hohes -Stipendium" er verlange. 

Gundelfingen weilte offenbar in der Nahe des Ver- 
sammlungslokales ; in seiner Antwort gab er kund, er wolle 
taglich einmal lesen, die Ferien ausgenommen', und wiinsche 
dafur eine Entschadigung von 24 Rhein. Gulden. Der Ver- 
sammlung gefiel dieser Antrag und es wurde beschlossen, 
durch Abgcordnete der Universitat auch der Burgerschaft 
Freiburgs tiber die Anstellung eines Poeten Mitteilung 
zu machen '. 

') Schreiber, 1. c. 112 ff. 

') Uber die damaligen Universitatsferien. Vgl. Baumgarten, 1. c. 
S. 23. — Mayer, Einleitung S. LXV. 

') ..respondit, se velle quotidie semel lcgere, diebus privatis et 
capere 24. flor. Rhenenos. Senatsprotocoll 1. c. 1471 Nov. 5. 






UM /tr 51TY or CAUrCRMl.' 



30 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

Dies geschah und am 28. November erbielt Gundel- 
fingen vorlaufig auf die Dauer eines Jahres als , ; Poeta u , 
als Lehrer der Dichtkunst Anstellung. Die Entschadigung 
hiefur im Betrage von 24 Gulden wurde ihm gewahrt, 
dafur aber wurde er verpflichtet, seine ordentliche Vorlesung 
unentgeltlich zu halten und nichts zu beziehen aufier diesem 
-Stipendium" ! . 

Gundelfingen eroffnete seine akademische Lehrtatigkeit 
noch am gleichen Tage seiner Anstellung mit einer offent- 
lichen Vorlesung. 

Nach damaliger Vorschrift musste er wohl gleich den 
iibrigen Lehrern den Text seines Buches langsam vorlesen, da- 
mit die Studenten nachschreibenbezw. den ihrigen verbessern 
konnten. n Dann unterschied und erweiterte er ihn kunst- 
gerecht (artificialiter) und driickte zuletzt den Inhalt summa- 
risch in Schlussform (per modum conclusionis) aus\" 

Gundelfingens Lehrtatigkeit gefiel offenbar der Univer- 
sitat, denn schon am 10. Januar 1472 vertraute sie ihm die 
weitere Aufgabe an, er solle auch „in oratoria arte" vor- 
tragen; als hiefur geeignete Stunde wurde die dritte nach 
dem Mittagsmahle ihm angewiesen, Taglich solle er eine 
offentliche Vorlesung halten, wenn er aber raehrere 
Ubungen einfiigen wolle, so habe das privatim zu geschehen :1 . 

Gauz geeignet scheint die festgesetzte Stunde aber doch 
nicht gewesen zu sein, denn zur selben Zeit fanden die 
ordentlichen Disputationen der Artistenfakultat statt und 
diese waren nicht selten. Gundelfingen musste bei der 
Gelegenheit immer seine Vorlesungen ausfallen lassen, um 
selber daran teilnehmen zu konnen und auch andere nicht 
zu hindern'. 

Wie Gundelfingen schon als Student von Kameraden aus 
Beromiinster umgeben war, so traf dies auch jetzt wieder ein. 

' ) Senatsprotokoll 1471 Nov. 28. — Laut den Universitatsstatuten 
mufitc namlich jeder Hdrer seinem Lehrer ein Kollegiengeld im Be- 
trage von 3 Bazen entrichten. Vgl. K6nig, 1. c. S. 23. 

') Schreiber, 1. c. 44. Baumgarten, 1. c. 29. 

') Senatsprotocoil von 1472 Jan. 10. 

') Ebenda. 






UM.'EISITYOrC.-UfCf-ll..' 



H. Gundelfingen gelangt in den Universitatsrat 31 

Viclleicht ist es seinem Beftirworten zuzuschreiben, dass 
jener Friedrich von Lutishofen, Magister in artibus und 
Chorherr von Beromiinster nun im Jahre 1472 ebenfalls an 
der Artistenfakultat eine Lehrstelle erhielt, war er doch ein 
alter Bekannter von Heidelberg her 1 . 

Mit Heinrich von Hewen trat ein weiterer Chorherr 
von Beromunster in Gundelfingens Kreis, zwar nicht als 
Lehrer sondern als Schuler'. 

"Wenn Gundelfingen es in etwas genau nahm, so war 
es sicher in der Ausbezahlung seines Gehaltes. Schon am 
23. Juli 1472, also bevor ein Jahr seit seiner Anstellung 
verflossen, gelangte er bereits mit emer Reklamation an die 
Universitat, welche ihm das zugesagte Stipendium voll zu 
entrichten versprach und beifiigte, es werde auch kein 
zweiter Lehrer der Rhetorik angestellt, bevor die Univer- 
sitat besser bei Kasse sei :i . 

Gundelfingen war somit wenigstens eine zeitlang vor 
Konkurrenz gesichert. 

Zum erstenmal gelangte er zu einer Wurde im akade- 
mischen Senate im Sommer-Semester 1473. Am 30. April 
fanden die "Wahlen statt; der bekannte Jurist Ulrich Rot- 
pletz wurde Rektor und Gundelfingen sein zweiter Assessor 4 . 

Es wurden namlich dem akademischen Senate je zwei 
„Conciliarii., und -Assessores* 4 beigegeben; erstere vor- 
nehmlich zur Unterstutzung des Rektors, letztere wurden 
zwar vom Rektor beigezogen in polizeilichen und justiz- 
amtlichen Geschaften, dienten aber doch zunachst dem 
Dekan der Artistenfakultat, welche die grosste aller Fakul- 
taten war'. 

') Er lie£ sich in die Matrikel der Universitat eintragen am 
29. Mai 1472. — Mayer, 1. c. 52,5. - Im Winter-Semester 1472 73 wurde 
er bereits zum Assessor des Senatskollegiums gewahlt. — Senats- 
protocoll 1472 Oktober 31. 

') Mayer, 1. c. 52,6. 

') Senatsprotokoll 1472 Juli 23. 

4 ) Ebenda v. 1473 April 30. 

r ') Schreiber, 1. c. 29. — Baumgarten, 1. c. 25. — Dekan der Ar- 
tistenfakultat war in diesem Jahre Magister Johann Zurzach. 






UM.'Ersnvof(AurcM< 



32 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

Das Amt ernes ^Assessors" war fur Gundelfingen die 
Stufe, um schon im Herbst desselben Jahres 1473 zu 
der ungleich ehrenvolleren Stellung eines Dekans der Ar- 
tistenfakultat zu gelangen 1 . 

Als solcher, mit einem Rate von hochstens 12 Mit- 
gliedern, hatte er die Aufgabe, die ihm unterstellte Fakultat 
zu uberwachen, deren Geschafte zu fiihren, und seine be- 
sondere Pflicht war es, die Magistri regentes seiner Fakul- 
tat einzuberufen zu den Versammlungen, so z. B. am 
1. September, wie alle Jahre ublich, in welcher Zusammen- 
kunft die Vorlesungen und Ferieniibungen fiir das nachste 
Jahr bestimmt wurderr'. Er hatte auch die* ordentlichen 
Disputationen anzuordnen und zu leiten, welche jeden 
Samstag im Sommer von Morgens 5 Uhr und im Winter 
von 6 Uhr an gehalten wurden; er hatte ebenfalls die 
Promotionen seiner Fakultat vorzunehmen '. 

Gundelfingen kam in seiner Eigenschaft als Dekan noch 
mehr in Beriihrung mit den verschiedenen angesehenen Ge- 
lehrten der Universitat, deren Namen wir schon fruher 
erwahnt haben. 

Die reiche Anregung, welche dieser Verkehr mit sich 
brachte, weckte in Gundelfingen den Gedanken, sich auch 
selbst literarisch zu betatigen, vielleicht nicht ganz ohne 
die Absicht, hiedurch seine Einkunfte zu verbessern, denn 
dem einen und anderen seiner Kollegen war inzwischen 
das Stipendium erhoht worden 1 . 

Dem damaligen eifrigen Forderer der Universitat Frei- 
burg gait auch Gundelfingens Zueignung seiner ersten Werke. 

Es war Herzog Sigismund von Tyrol, welcher dieser 
ruhmvollen Stiftung Albrecht VI. die 1458 bezw. 1463 unter 

') Mayer, 1. c. 9, 137. 

') Schreiber, 1. c. 44. 

") Ebenda S. 43, 47. 

') Z. B. dem Magister Sttirzel. — Vgl. Hammer Heinr., Literarische 
Beziehungen und musikalisches Leben des Hofes Herzog Siegmunds 
von Tirol, in Zeitsch. des Ferdinandeums fiir Tirol und Vorarlberg 
3. Folge 43. Heft (Innsbruck 1899) S. 85. Anm. 1. 






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Beginn der literarischen Tatigkeit H. Gundelfingens. 33 

seine Obhut gekommen war 1 , seine besondere Aufmerksam- 
keit schenkte, der einen ansehnlichen Kreis von Gelehrten 
in seinen Dienst zog-. Als Freund und Macen der huma- 
nistischen Richtung war er natiirlich auch Gegenstand hu- 
manistischer Verehrung. 

Gundelfingen versuchte hierin auch sein Moglichstes 
als echter Sohn seiner Zeit. 

Seine literarische Tatigkeit begann cr vor 1476; schon vor 
diesem Jahre v/idmete er namlich dem Herzog Sigismund 
eine Schrift, auf welche bis anhin niemand aufmerksam 
gemacht hat. 

Zwar ist diese weder im Original noch in Abschriften 
uns erhalten geblieben, aber wir besitzen Kenntnis von 
derselben durch einen Hinweis in Gundelfingens eigenem 
Werke, seiner ^Austriae", indem er zu Herzog Sigismund 
sagt: „si pectus tuum affectat ampliare principatum tuum 
a Burgundionumque tyrannide terras tuas eripere : hec 
Vegecii Egidii Galtherique in Alexandros „ Militaria moni- 
menta", a me tue serenitati dicata, carptim seu quasdam 
scintillulas excerpta omni cum studio diligentia opera vigi- 
lantia perpendas u:1 . 



') Baumgarten, 1. c. 13. 

•) Von uns bereits erwahnte Gelchrte nebst anderen Kollegen 
fanden sich am Hofe dieses Fxirsten zusammen, wie Johann Knapp, 
Michel von Marpach, Mathceus Hummel, Martin Streichenbach, Jo- 
hann Pfeffer von Widenberg, Conrad Arnold von Schorndorf, Hans 
Costenzer, Conrad Stiirzel, u. a. m. — Vgl. Hammer, 1. c. S. 81 it. 

;1 ) Original MS. f° 48 v . - Lambecius, 1. c. S. 505. — Unter Vege- 
cius ist gemeint: Flavius Vegetius Rhenattts, romischer Militarschrift- 
steller, urn 400 n. Chr., sein Werk handelt: de re militari. — Vgl. 
Chevalier Ulysse, Repertoire des sources historiques du moyen age, 
Bibliographic (Paris 1907) T. 2, 4636. — Teuffel-Schwabe, Geschichte 
der rbmischen Literatur Bd. 2 s , S. 1105 ff. — Unter Egidius: Aegidius 
de Columna, Romanus, ord. S. Augustini, archiepiscopus Bituricensis 
(t 1316) sein Werk: de regimine principum libri 3, in lib. III. de re 
militari. — Vgl. Potthast, 1. c. 1, 17. - Unter Gualtherus (nach Lam- 
becius 1. c. S. 505): Philippus Gualterus Castellionis, episcopus Maga- 
lonensis, qui carmine heroico libros novem de rebus gestis Alexandri 
Magni composuit, quos inscripsit Alexandreida. — Es ist dies der be- 

3 






UM.'EisnvofG.urcrNi' 



34 Seine Tatigkeit als Lehrei und Schriftsteller. 

Gundelfingen schuf demnach aus oben angefuhrten 
Quellen eine Zusammenstellung, vielleicht eine Unterweisung 
iiber das Kriegfdhren 1 . Er verfasste dicse Schrift, wie 
klar hervorgeht, in Hinblick auf den drohenden Burgunder- 
krieg. 

Die Vermutung aber, dafi der Abschluss der ^Ewigen 
Richtung" zwischen den Eidgenossen und Herzog Sigismund 
dieses erste Werk Gundelfingens mit veranlasste, diirfte 
nicht unwahrscheinlich sein, da Gundelfingen auf jenes denk- 
wtirdige allgemein von den Vertragschliessenden Parteien 
bejubelte Ereigniss vom Jahre 1474 mit besonderer Freude 
in sein em nachsten "Werke, der ^Austrise" hinweist. Dieses 
Biindnis wurde am 30. Marz 1474 im Entwurfe festgesetzt 
und am darauffolgenden 11. Juni besiegelt-. 

Ungefahr in diese Zeit mochten wir die Ab- 
fassung von Gundelfingens „Militaria monimenta'* und da- 
mit den Begiun seiner .literarischen Tatigkeit setzen. 

Sein erster Versuch, dem Herzog Sigismund sich zu 
nahern, blieb nicht ohne Erfolg; vermutlich gelang dies 
durch Vermittlung jener Freiburger Universitatslehrer, 
welche bereits bei Sigismund zu Ansehen und Einfluss 
gelangt waren 1 . 

Er erhielt hievon Kunde am 11. Dezember 1476. Der 
damals regierende Rektor Johannes G'eiler von Kaisersperg 
berief namlich an diesem Tage die Professoren zu einer 
Versammlung zusammen. Daselbst eroffnete er ein Schreiben 
des Herzogs Sigismund, worin dieser den Wunsch aus- 
sprach, es mochte die Universitat Freiburg den Magister 
Heinrich Gundelfingen zu ihrem „Kollegiaten* aufnehmen, 



kanntc Dichter der Alexandreis Waliher von Lille oder Chdtillon. — 
Vgl. Chevalier, 1. c. 1, 1671 s. v. Gauiier tie Chdtillon. 

') Eine Analogie hiezu bietet Johann Sef/ners, Lehre vom Krieg, 
der ebenfalls aus Vegetias geschopft hatte ; herausgegeben von See- 
miiller 1. c. VI. 1. — Vgl. dazu VI. 2. 

-) Hieriiber Vgl. Dierauer J., Geschichte der Schweizerischen 
Eidgenossenschaft Bd. 2 (Gotha 1892) S. 180 ff. 

:( ) Vgl. oben Anm. 3. 






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„Austriae principum chronici epitome triplex". 35 

zum ordentlichen Lehrer in der Redekunst bezw. den hu- 
manistischen Studien beforden 1 . 

Gundelfingen mochte nicht wenig erfreut sein tiber 
diese Erhebung, er schwur den Treueid und tibernahm die 
Verpflichtung, ein halbes Jahr hindurch taglich uber die 
erwahnten Facher zu lesen. Fur die Vorlesung iiber die 
Rhetorik durfte er, wie schon anno 1470 keine Entschadigung 
verlangen, im iibrigen war er gehalten gleich seinen Kollegen 
und auch zu demselben verpflichtet. 

Wahrend dies sich zutrug, war er bereits an der Fertig- 
stellung seiner zweiten Schrift, seines Hauptwerkes be- 
schaftigt, namlich der „Austriae principum chronici 
epitome triplex". 

In der Schilderung der Zeitereignisse reicht Gundel- 
fingen hierin bis zum 29. Juni 1476-, und spricht von Karl 
dem Kiihnen als von einem noch Lebenden 1 . 

Hieraus ergibt sich, dafi Gundelfingen nach dem 
29. Juni 1476 und vor dem 5. Januar 1477* die ^Austrias" 
beendigt hat. 

Er leitet dieses "Werk ein mit einer Widmung an 
Herzog Sigismund, die an Lobes und Dankesspruchen iiber- 
fliesst, womit er offenbar seine Erkenntlichkeit fur die 
Befdrderung zum Ordinarius zu bezeugen sucht'. Die Er- 



') «Assumptus est in collegiatum Magister Heinricus Gundelfingen 
de Constancia ad preces literatorias principis uostri ducis Austria, 
eo pacto, ut obligahis sit ad legendum in arte oratoria sive studiis 
humanitatis." Senatsprotocoll von 1476 Dez. 11. 

') Uber die Ereignisse dieser Zeit Vgl. Dierauer 1. c. 2. 234. 

! ) Vgl. oben S. 33 ..si pectus tiium" etc. 

') Tod Karls des Kiihnen in der Schlacht bei Nancy Gundel- 

fingen erwahnt noch den Einfall in Savoyen, Burgund und Lothringen 
„quas nuper tuorum exercitus invasit" (Orig. MS. f° 48 v ); dieser Be- 
richt wurde also unmittelbar vor der Schlacht bei Nancy nieder- 
geschrieben. 

'') Die Adresse (Orig. MS. f° 1) lautet: ..Serenissimo illustrissimo- 
que Sigismundo domus Austrie, Stirie, Karinthie etc. principi Tridenti- 
norumque montium domino excellentissimo, nostre confederacionis jubari 
splendidissimo Heynricus Gundelfingen de Constancia, arcium magister. 
ecclesie Friburgensis capellanorum ultimus humilem obedienciam pers- 
cribit et presens dedicat opusculum." 






UM.'EISITYOrC.-UfCf-ll..' 



36 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

wahnung von Sigismunds Gemahlin Elconora von Schott- 
land benutzt er, urn deren Abstammung von dem Fiirsten 
Brutus Trojanus einzuflechten. Hiebei nennt er als seine 
Quelle -Gaufridi Monumentensis regum Brittanicorum 
Cronicam" ', woraus er den fabelhaften Stammbaum von 
Adam bis zum genannten Brutus, von dem die Fiirsten 
Brittaniens, d. i. Schottlands und Englands abstammen 
sollen, entnimmt. 

Mit Spruchen aus Cicero, Seneca und Ovid legt Gundel- 
fingen sodann dem Fiirsten nahe, in seiner Regierung Milde 
obwalten zu lassen; darait Sigismund sehe, wie manche 
seiner Vorfahren durch Frommigkeit, Milde, Ttichtigkeit, 
Gerechtigkeit und andere Tugenden sich Ruhm erwarben, 
unternimmt es Gundelfingen ^originis tue historiam ex aliis 
chronographis"- zusammen zuschreiben, 

Wie er diese Genealogic zu stande gebracht, sagt er 
mit eigenen "Worten 5 , und gibt sodann iiber den Inhalt des 
Werkes einen kurzen Ueberblick 1 . Nur zaudernd — bemerkt 



') Galfridus Monmutensis, Archidiacon, hernach Bischof v. Asa- 
phensis (+ 1154): Historia Britanniae libri XII, seu Britannias utriusque 
regum et principum origo et gesta insignia, seu Historia Britonum. — 
Vgl. Potthast, 1. 487. 

') Orig. MS. fo 2v. 

') ..Sane ut tuorum parentum originem lirapidius in nonnulla 
redigam epithomata librum augustalem Francisci Petrarche (!), at pers- 
picerem perutile fuit, Jordani Gottici cronicam adprime utilem: de 
seva Gottorum irrupcione in urbem totamque Ytaliam pertractantemi 
qua Romanorum nobilitas ferine in nichilum redacta extitit preter 
paucos qui ad alpium juga evasere, eciam Hermani Contracti comitis 
de Sulgow et Augustensis canonici cronographiam, Ottonis Frisingensis 
episcopi comitis de Feringen historiam : de duabus civitatibus Augus- 
tinum immitando dilucidantem, et nonnulam Matthei cronicam, ex qua 
primorum Austrie ducum ac principum originem collegi, ac eciam alios 
rerum gestarum et particularium narratores." (Orig. MS. f° 2^). 

4 ) ..Procedit autem hec mea conscripcio per tria epithomata : 

Primum autem continebit primorum Austrie principum guber- 
namcn ac originem, a primi marchionis Abrahe gentilis temporibus ad 
usque vacacionis, quo Austria imperio Romano vacaverat, tempus, 
eciam magnam principum ac nominis mutabilitatem, Hoc ipsum corn- 
plecti videbitur epithoma. 






UM.'EISITYOrC.-UfCf-ll..' 



„Austriae principum chronici epitome triplex". 37 

er — mache er sich an das Werk, aber ein Kaiserwort, 
eine Stelle aus Persius und ein Spruch Salomons bestarken 
ihn in seinem Vorhaben und so geht er zum 1. Buche seiner 
^Austriae" iiber. 

Nochmals auf seine besondere Quelle fur den 1. Teil 
des 1. Buches verweisend sagt er: „Primorum marchie 
orientalis principum cronographiam, quantum ad primum 
epithoma prosequar Matthei cuiusdam, qui hanc ipsam 
conscripsit cronicam, stilum ac calamum parum immutan- 
do" 1 . Hiemit suchte er offenbar die Glaubwiirdigkeit seines 
Berichtes zu bestarken. 

Was uns Gundelfingen in diesem 1, Teile bietet, ist bis 
zu einem bestimmten Zeitpunkte lediglich die lateinische 
Fassung der Osterreichischen Chronik von den 95 Herr- 
schaften Alt-Osterreichs, der sog. Hagen Chronik-. 

Den ganzen Knauel von Berichten iiber diese fabel- 
haften Herrschaften hat Seemuller entwirrt und dabei auch 
Gundelfingens Fassung in ihrem Verhaltnis zu den anderen 
Berichten bestimmt : . Hienach haben wir bei Gundelfingen 
den Bericht des Mattheus, welcher vermutlich der Bear- 
beiter des Archetyps der gesamten Mischklasse 2' der sog. 
Hagen Chronik ist, den uns Gundelfingen aufbewahrt hat. 

Der Umstand aber scheint nicht beachtet worden zu 
sein, dafi der Bericht des Mattheus, der Gundelfingen vor- 



Secundum illustrium comitum Aventini montis, id est Avensberg 
dictorum, e quibus tuum videris traxisse sanguinem Ruodolfi: videlicet 
et Albrechti illustrissiinorum regum. primorumqrfe tue originis in 
orientali marchia principum ac precedencium subsequencium comitum 
gene|a|logiam explanat et dilucidat. 

Tercium vero clarissimo tuo apici dedicavi, quem deus sempi- 
terne custodiat. (Orig. MS. fo 3.) 

') Orig. MS. fo 4. 

"') Neu herausgegeben in M. G. H. Deutsche Chroniken VI. 1. 
Halbbd. ; Kinleitung dazu im 2. Halbbd., von Joseph Seemuller 
(Hannover 1906 9). 

') 1. c. VI. 2. Seite CXCIV Zeile 35 ff ; S. CXCV. 1. ff; S. CXCVII 
10 ff. ; S. CCXII ff. iiber die Fabelwappen — auch Gundelfingens ; 
S. CCLXXIX. 29. ff,; S. CCXCI. 30. ff.; S. CCXCVII. 4.; S. CCXCVIII. 31. ff. 






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38 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

lag, bios bis zu den beiden Fabel-Fiirsten Johannes und 
Petrus sowie deren Schwester Elisabeth, bis in die Zeit 
vor 896 reicht. So weit reicht in der gesamten Gruppe 
der sog. Hagen Chronik der Bericht von den Fabelfursten 
Alt-Osterreichs. Esscheint, dafi er als selbstandiges Ganzes 
in Umlauf war. 

Von der Stelle an, wo Mattheus aufhort, endigt auch 
Gundelfingens Verwandschaft mit der genannten Gruppe 
von Chroniken. Er hatte keine sog. Hagen Chronik zur 
Vorlage und sah sich gezwungen, selbst nach Quellen um- 
zusehen, um die mit dem Berichte des Mattheus begonnene 
Fiirstenreihe fortzufuhren. 

In der Widmung seiner -Austriae" zitierte Gundel- 
fingen auch Otto v. Freisings Chronik'. In ausgiebigster 
ja ausschliesslicher Weise hat er diese beniitzt, indem er 
dieselbe fur den 2. Teil seines 1. Buches geradezu ausschrieb. 

Sowohl eine Reihe von kleineren Notizen die er 

bisweilen anders zusammenfugt, je nachdem die Fort- 
fuhrung der Reihenfolge dies benotigte als auch grosse 

Abschnitte sind Wort fur Wort aus Otto v. Freising und 
dessen Continuatio Sanblasiana entlehnt. 

Aus den vielen Parallelstellen greifen wir bios die 
folgende als Beispiel heraus. 



Qtto v. Freising. -' 
,Nam illustrissimus mar- 
chionis Alberti filius Leopal- 
dus. Hie est Leopaldus, 

qui cum patre suo Alberto 
marchiam orientalem Ungaris 
eripuit, ac inter caetera virtutis 
suae opera exercitum Ovonis 



Gundelfingen. 11 
n Deinde Leopaldus Al- 
berchti illustrissimi filius, 
qui etiam marchiam orienta- 
lem ab Ungaris eripuit, ac 
inter caetera virtutis suae 
opera exercitum Ononis Un- 
garorum ducis innumerabilem, 



') Vgl. oben S. 36. Anm. 3. 

') Otto v. Freising's, Chronik in Scriptores reran) Germanicarum, 
Schulausgabe Bd. 17. Th. 1. herausg. v. Wilmanns (1867) (daselbst 
auch die Continuatio Sanblasiana) S. 286. c. 32. 

') Orig. MS. fo 28, 






UM.'Ersnvor«ufCM' 



„AustriaE principutn chronici epitome triplex". 39 

innumerabilem, fines suos ex fines suos ex improviso vas- 

improviso vastantem, subito tantem, subito correptis ar- 

correptis armis quod tamen mis, quod tamen in omni 

in omni conflictu etiam for- conflictu etiam fortibus in- 

tibus incautum est pene fundi- cautum est, pene funditus 

tus cum paucis delevit." cum paucis delevit 1 ." 

Otto v. Freising hatte diesen Passus dem Hermannus 
Contractus von Reichenau entnommen, und dabei diesen 
als seine Quelle auch mit Namen genannt. Gundelfingen 
nennt diesen Hermannus auch als seine Quelle, offenbar 
weil er hier gerade dessen Namen vor sich hatte, denn eine 
direkte Benutzung ist nicht nachzuweisen. 

Mit Jordanes mag es sich ebenso verhalten-. 

Eine womoglich noch sklavischere Anlehnung zeigt 
Gundelfingen bei Benutzung der Continuatio Sanblasiana. 

Die weitlaufige Erzahlung der Continuatio von dem 
Streit und dessen Folgen zwischen Konig Richard Lowen- 
herz von England und Herzog Leopold von Osterreich, ent- 
standen anlaiilich der Belagerung von Akkon im 3. Kreuz- 
zuge 1191 bringt Gundelfingen genau und in extenso wieder 3 . 

Gundelfingen scheint eine Handschrift vorgelegen zu 
haben, in welcher Otto v. Freisings Chronik sowie deren 
Fortsetzung zu einem Werk vereinigt war, denn Gundel- 
fingen glaubte auch bei den Entlehnungen aus letzterer, 
immer noch Otto v. Freising selbst zu folgen; er fuhrt z. B. 
fur das Jahr 1195 noch Otto v. Freising als seinen Ge- 
wahrsmann an 1 . 

In welch naiver, unselbstandiger Weise Gundelfingen 



') Weitere Parallelen zu Otto v. Freising, S. 259, 260, 267 finden 
sich in Gundelfingen f° 27v, 28. 

') Vgl. oben S. 36. Anm. 3. 

") Vgl. Otto v. Freising, S. 466 und besonders S. 468 ff. „Hac 
tempestate rex Anglorum" etc. mit Gundelfingen, Orig. MS. fo 28v : ff. 
„Ea tempestate rex Anglorum" etc. 

4 ) Orig. MS. fo 29v. Der Irrtum daselbst, dafi filr 1195 Hein- 
rich IV. anstatt Heinrich VI. angefuhrt wird, kann leicht ein Versehen 
des Schreibers sein. 






UM.'EISnYOK.-LIICf-JI..' 



40 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

Geschichte schrieb, zeigt er selbst, indem er nach Er- 
wahnung des Jahres 1195 beifugt: -Hie videtur deficere 
aliqua anno rum supputatio, fortassis septuaginta auni usque 
ad Ottakarum regem Bohemie" 1 . Seine Vorlage, die Conti- 
nuatio Sanblasiana reicht eben nicht so weit; offenbar 
hatte Gundelfingen fur die betreffenden 70 Jahre keine 
Quelle zur Verfiigung, der Miihe einer solchen nachzu- 
spuren enthob er sich mit dieser Ausrede. Diese ist aber 
auch ein weiterer Beweis, dafi Gundelfingen nicht aus der 
sogn. Hagen Chronik geschopft hat, sonst hatte er sie wohl 
gerade hier benutzt, urn die Liicke auszufullen'-. 

Gundelfingen schliefit sein 1. Buch mit einem kurzen 
Hinweis auf den Sieg Rudolfs von Habsburg iiber Ottokar 
und dessen Erwerbung Osterreichs, womit er einen Uber- 
gang zum 2. Buche herzustellen sucht. 

Im 2. Buche fiihrt er uns die Abstammung der Habs- 
burger von den Perleonen vor, anschliefiend daran in 
unvollkommener Genealogie mit eingestreuten kleinen his- 
torischen (annalistischen) Notizen die Glieder des Hauses 
Habsburg bis auf Herzog Sigismund herunter . 

Mit einer Betrachtung iiber die "Wandelbarkeit sowohl 
der Herrschaften und des Namens Osterreich wie der "Welt 
uberhaupt schliefit Gundelfingen dieses Buch ab 1 . Nachdem 
er in der "Widmung der ^Austria;" Otto v. Freising als 
seine Quelle bezeichnet, mufi es uns nicht wundern, wenn 
er ihn hier nicht nochmals nennt, trotzdem er wiederum 
aus ihm schopfte. Er zieht aber auch andere Berichte 
heran, so sagt er: -sicuti Illirice testantur hystorie" ; wohl 
nur um zu prunken denn eine direkte Beniitzung ist 

nicht leicht festzustellen — verweist er auch auf eine Reihe 
von Werken, welche von den Geschicken der Volker er- 
zahlen, er bemerkt namlich -Extant super hoc Manethi 

') Orig. MS, fo 29v. 

') Vgl. zu dieser Liicke eine sclieinbar analoge in Deutche Chro- 
niken VI. 2. CXCVI. 2. ff. 

') Vgl. hieriiber den Exkurs S. 76 ff. 

') Exclamacio mutabilitatis (Orig. MS. i°. 35v ff.) 






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„ Austria: principum chronici epitome triplex". 41 

Egipciaci, Diodori Siculi, Esgodi, Estii, Berosi, Caldei, Pompei 
Trogi, JustiniCornelii, Julii Celsi, Varronis, Eusebii, Jeronimi, 
Orosii, Jordani aliorumque quamplurimum tarn nostrorum 
quam illorum, quos longum est enumerare monimenta prec- 
lara'• , . 

Gleichsam als Resultat der im 2. Buche aufgestellten 
Genealogie der Habsburger gibt er noch als Anhang einen 
Stammbaum dieses Geschlechtes bci 2 . Er bietet hierin den 
Mannesstamm, iibersieht aber sogar Glieder, die er in seiner 
Genealogie erwahnt hatte. 

Zum dritten Buche betont Gundelfingen einleitend den 
unschatzbaren Wert der Eintracht und die verderblichen 
Folgen der Zwietracht. Mit heller Begeisterung weist er 
sodann, den Boden der Zeitgeschichte betretend, hin auf die 
^Ewige Richtung", wo das als unmdglich erschienene zur 
"Wirklichkeit wurde, jene Einigung zwischen zwei Erbfeinden, 
dem Habsburger Sigismund und den Eidgenossen gegen 
Karl den Kiihnen von Burgund. Gundelfingen findet nicht 
"Worte genug, um jenem Jubel iiber dieses Ereignis wurdigen 
Ausdruck verleihen zu konnen, und wenn er die Eidge- 
nossen zeichnet mit ihrem Antlitz und Freude strahlenden 
Augen, so glauben wir auch Gundelfingen zu sehen, wie er mit 
gehobenen Gefiihlen auf seiner Schreibstube alle jene Rumes- 
taten und Siege der Eidgenossen, der Verbundeten Sigis- 
munds aufzeichnet. 

Er schrieb uber die gewaltigen Zeitereignisse unter 
deren Eindruck, wie sollte es da nicht auch sein gutes 
Recht sein, in lebhaftester Weise seiner Freude Ausdruck 
verleihen zu durfen; da£ er dabei seinen Gonner Sigismund 
besonders mit Lob uberschuttet, erklart sich schon aus der 
Widmung des "Werkes. 

In der Schilderung der Kampfe und Schlachten wird 
bisweilen seine Sprache lebhaft und verfiihrt ihn zu einer 
Begeisterung, welche die Darstellung des Historischen leider 
zuriickdrangt, um sich selber breit zu machen. 



') Orig. MS. io 36. 
') Ebenda fo 37, 37v. 






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42 Seine Tatigkeit als Lehrer trad Schriftsteller. 

Man hat Gundelfingen vorgeworfen, er biete hier ledig- 
lich humanistischen Wortschwall ' ; diese Beurteilung geht 
entschieden zu weit. Gundelfingen mufi aus seiner Zeit 
heraus beurteilt werden und da darf man nicht einseitig 
nur den damaligen Hnmanismus im Auge behalten, sondern 
hat auch jene tiefe freudige Erregung der Gemiiter ge- 
biihrend zu beriicksichtigen, welche iiber die Niederwerfung 
des machtigen, gefiirchteten, gemeinsam eidgenossisch-oster- 
reichischen Feindes damals herrschte und auch in Gundel- 
fingen zum Ausdrucke gelangte. 

Gundelfingen bietet uns an historischem Gehalte zwar 
nicht mehr viel Neues zu den anderen zeitgenossischen 
Berichten, gleichw.ohl ist es zu verwundern, warum man 
ihn bis anhin fast ganzlich ignoriert hat *-', seine Nachrichten 
- wenn wir so sagen diirfen, als diejenigen der „Niederen 
Vereinigung** nicht heranzog zum Vergleich z. B. mit den 
schweizerischen Quellen. 

Gundelfingen scheint in den Angaben iiber die Streit- 
krafte wie auch iiber die Gefallenen ziemlich zuverlassig zu 
sein ; mit Ausnahme der Schlacht bei Murten, wo er die 
Zahl der Burgunder auf 60 000 und die Besatzung von 
Murten auf 1200 Mann ansetzt, driickt er die Zahl der 
Feinde nicht hinauf und die der eigenen Leute nicht her- 
unter. Besondere Beachtung verdient sein Bericht iiber 
den Kampf der Walliser gegen ein piemontesisch-lombar- 
disches Heer' 1 , da wir gerade iiber dieses Ereignis so spar- 
liche Nachrichten haben, dafi uns jeder Zuwachs aufierst 
willkommen ist. 

In der Beschreibung der Schlachten von Grandson und 
Murten bringt Gundelfingen Einzelheiten, welche schwerlich 
bios auf allgemeines Gerede zuriickzufiihren sind, so z. B. 
ist sein Bericht iiber Grandson auch von Interesse, weil er 



') Vgl. O. Lorenz, G. v. Wyss, 1. c. — u. a. m. 
-) Ochsenbein, Quellen zur Geschichte der Schlacht bei Murten 
kennt Gundelfingen nicht einmal! 

') Vgl. Dierauer, 1. c. 2, 219 ff. 






UM.'Ersnvof(AurcM< 



..Austria; principum chronici epitome triplex". 43 

bereits die Angabe enthalt, dafe der Besatzung dieser 
Festung durch einen Eid das Leben garantiert worden sei. 

"Wenn Gundelfingen audi selbst im Felde nicht mit- 
gekampft hat, so besafs er in Freiburg doch genug Leute 
um sich herum, welche an den Kriegsereignissen teilge- 
nommen hatten. Veit Weber, der in Gedichten die 
Schlachten gegen den stolzen Burgunder verherrlicht hat, 
und vielleicht bei Gundelfingen, dem Lehrer der Dichtkunst, 
hierin Unterweisung erhalten haben mochte, konnte ihm 
wohl Mitteilungen machen iiber den Verlauf des Krieges. 

Er wird aber nicht der einzige Bote gewesen sein, wie 
schon ihre nicht immer ubereinstimmenden Zahlenangaben 
zeigen. 

Das letzte genau datierbare Ereignis, das Gundelfingen 
in seiner Beschreibung des Burgunderkrieges erwahnt, ist 
die Eroberung des "Wadtlandes und der Zug nach Lausanne 
vom 29. Juni 1476. 

Der Verlauf dieser Karapfe veranlassten Gundelfingen, 
der Schilderung der Ereignifie noch philosophische Betrach- 
tungen anzuschliefien und zwar nochmals iiber die Wandel- 
barkeit der Dinge. 

Es mag hier die Beobachtung nicht uninteressant sein, 
dafi Gundelfingen hierin nicht, wie man erwarten mochte, 
dem Aristoteles folgt, der doch damals ziemlich ausschliefi- 
lich auch noch in Freiburg in Ehren stund 1 ; sondern Platon 
und dem Neuplatoniker Philon. Gundelfingen scheint in 
dem Streite der Nominalisten und Realisten auf die Seite 
der let2teren sich gestellt zu haben. 

Gundelfingen schliefit sein "Werk ab, indem er sich an 
Herzog Sigismund personlich wendet und ihm nahe legt, 
wie er iiber seine Untertanen in Milde und Gerechtigkeii 
herrschen solle, wie er selber ein gutes Beispiel zu geben 
und sich von verschiedenen Lastern frei zu halten habe 1 '. 



') Noch 1477 mufiten alle ordentlichen Lehrer iiber die Mathe- 
matik und die Ethik des Aristoteles vortragen. — Senatsprotocoll vor. 
1477 September 17. 

') -non te emolliat intus prodiga luxuries iuxta illud : ..Et Venus 






UM.'Ef5(TV0r CAUrCfNI' 



44 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

Mit einer nochraaligen Widmung empfiehlt sich alsdann der 
Autor seinem Gonner. 

Als Anhang zur „Austri«e" gab Gundelfingen seine 
dritte Schrift bei: namlich die„Comitum Tyrolis SUCCessio" 1 . 

Wir mochten vermuten, dafi er diese nach dem 11. Dez. 
1476, seiner Erhebung zum Ordinarius, noch schnell in Eile 
beigeftigt hat 2 , wenigstens scheint er sie, als er in der 
Widmung der « Austrian u deren Einteilung aufstellte noch 
nicht geplant zu haben. 

Er versuchte hierin, weil Sigismund auch Tirol besafi, 
dessen Ahnenreihe, die Herren Tirols in eine Reihenfolge 
zu stellen, ausgehend von den Herzogen Karntens bis auf 
Sigismund. 

Bei genauer Prufung ergibt sich, dafi wir in dieser 
Schrift nichts Eigenes von Gundelfingen vor uns haben, in- 
dem er ohne Angabe einer Quelle einfach des Mathias 
Neoburgensis Chronik ausgeschrieben hat '. 

Sobald ihm diese Quelle nicht mehr zur Verfiigung steht, 
sucht er moglichst schnell fertig zu werden, er weifi kaum 
mehr als blofie Namen. Der Wert dieser Schrift ist so-. 
mit gering *. 



et vinum sublimia pectora frangunt". Si enim Bacho Venerique ope- 
ram das, qui cetera subpeditare soles, jam sub luxurie juga venisti, 
libertasque animi tui periit ac Veneris camino flagrante ebria mens 
interim ebet." Orig. MS. i° 50. 

J ) Orig. MS. f° 52, 53. 

') Welche hernach dem Orig. MS. der „Austrice" beigebunden 
wurde, auJSerlichunterscheidet sie sich nicht vom Orig. MS. der Austria. 

'■') So Capitel 4. 5 ed von G. Studer, Bern 1866 S. 3, 4, 92, 93, Zeile 
16- 20, 24, 25; Cap.' 15. Schlufi 13—17; Cap. 60, Z. 24-15 folg. Seite 
— Nicht unmOglich ware es auch hier, dafi Gundelfingen aus einer 
Quelle schopfte, welche ebenfalls fur Mathias als solche gedient 
haben mag. 

') Schon ein einziges Beispiel geniigt hier, urn das Verhaltnis 
von Gundelfingen zu Mathias von Neuenburg zu zeigen. 
Mathia; Neoburgensis Chron. j Gundelfingen Orig. MS. f° 52. 



Cap. 5. S. 4. Z. 16. 



_Quod Petrus rex Arragonum, 



„Quod Petrus rex Arragonum, egre ferens pro avunculo suo Con- 
Conradini proavunculus, egre fe- ' radino aliquibus machinationibus 






Original from 
UMVEHaiYOFCAUrCfiMA 



„ Austria* principum chronici epitome triplex". 45 

Beiuahe ein Urteil herrschte bisher iiber Gundelfingeus 
-Austria;"; man hielt es fur wertlos, im besten Falle etwa 
die Schilderung des Burgunderkrieges ausgenommen; also 
einzig das 3. Buch sei einiger Beachtnng wert 1 . Hammer 
bezeichnet das Werk geradezu als ^voll mittelalterlichen 
Aberglaubens"-'; besonders sind es die zwei ersten Biicher, 
welche Gundelfingen den Namen eines Phantasten einge- 
tragen haben ! . 

Fiir Gundelfingens ^Austria?" ist schon ihr Aufieres 
charakteristisch. Die Pergamentblatter schmiicken hubsche 
Initialen, ausgefiihrt mit der staunenswerten Feinheit der 
mittelalterlichen Miniaturmalerei, die Schrift zeigt uns aber 
bereits den auftauchenden Humanismus an '. Der Geist 
der Ubergangszeit spricht sowohl hieraus, wie besonders 
aus dem Aufbau des Werkes selbst. 

Kritiklos schreibt Gundelfingen ab; hat er eine Quelle, 
die ihm fur seinen Zweck dienlich ist, glucklich gefunden, 
dann ntitzt er sie auch sklavisch aus ; er ist zu unselbst- 
standig, um sich von ihr zu befreien und so verlafit er sie 
erst, wenn sie versiegt. Stellt er aber einmal aus ver- 
schiedenen Vorlagen Gesammeltes zusammen, dann schachtelt 
er die Funde ineinander, bisweilen gluckt es ihm einen 



rens, habitis machinationibus occul- ! per mare occultis insulam Sicilie 
tis cum incolis insule Cecilie, per i ingressus, occisis Francigenis et 
mare potenter insulam ingressus fugato Karolo insulam Sicilie oc- 
occisis Francigenis et fugatoKarolo cupavit.." 
insulam Cecilie occupavit." 

') Vgl. C. M. Lichnowsky, Geschichte der Hauses Habsburg 1 
(Wien 1836) S. 520 no 160. — J. G. Grdsse, Handbuch der Allgem. 
Literaturgeschichte aller bekannten Volker der Welt 2 (Dresden 1846) 
S. 627 meint, es sei gut, daft die Fabeln Gundelfingens noch nicht ge- 
druckt seien. — O. Lor em, I. c. 267 G. v. Wyss, 1. c. 139. — Albert, 
1. c. 540. 

') 1. c. S. 101, der entweder nicht wei6, was man unter Aber- 
glauben zu verstehen hat oder dann Gundelfingens Werk gar nicht kennt. 

! ) Z. B. Lambecius, 1. c. S. 472 sagt : _meras continet absurdas 
fabulas et nugatoria figmenta." 

') Einzelne alte Abbreviaturen werden aber noch - wenn auch 
nicht mehr consequent — beibehalten, s. z. B. fiir est. 






UM.'Ersnvof(AurcM< 



46 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

natiirlichen Zusammenhang zu finden, oft aber gelingt es 
erst unter Zuhilfenahme von Spruchen aus Klassikern und 
anderen Autoren, womit er zugleich seinera Werke noch 
den Mantel des Humanismus umzuhangen sucht. Er gibt 
zwar mebrmals selbst zu, dafi er keine gewandte Feder 
fiihre - ob dies immer aufrichtig gemeint ist? — unrichtig 
ist es vielfach nicht. 

Er zeigt aber nicht in alien 3 Blichern der „Austriae'" 
den gleichen Charakter, weil er in den ersten zwei Buchern 
fremdeWerke ausschreibt, wahrend er im dritten uns Zeit- 
geschichte mitteilt. 

Die Sucht nach fabelhaften Genealogien wurde gerade 
in seiner Zeit wieder modern, er su elite darum auch ihr 
seinen Tribut zu leisten. 

Wenn das 1. Buch einen eigenen historischen "Wert 
nicht besitzt, so ist es doch von Wert bei der Bestimmung 
des Verhaltnisses verschiedener Berichte in der Gruppe 
der sogn. Hagen Chronik '. Viel wichtiger ist das 2. Buch, 
welches Gundelfingen aus Quellen zusammengestellt hat, 
die uns zum Teil verloren gegangen oder bios in verander- 
ter Gestalt erhalten geblieben sind '-'. Das dritte Buch ist 
ebenfalls aller Beachtung wert, wie eben bereits gezeigt 
wurde ! . 

Gundelfingen blieb der Erfolg seines Werkes nicht aus. 
Er erhielt von Herzog Sigisniund einen neuen Beweis seiner 
Gewogenheit, indem dieser ihn am 25. Januar 1477 zu 
seinem Kaplan ernannte 1 , was offenbar nach Eintreffen der 
„Austriai* erfolgtc. Auch die Universitat Freiburg ehrte 



') Aus Gundelfingens Bericht uber die Fabel-Herrschaften 
schbpfte wahrscheinlich Jakob Mennel fiir seine Cronica domus Aus- 
strix et comitum de Habsburg. Vgl, Deutsche Chroniken, 1. c. VI. 2- 
CCXCVIII. 31 ff. 

-) Vgl. Exkurs S. 77 ff. 
) Vgl. S. 41 ff. 

') ..Herr Hainrictts Gundelfinger ist zu Caplan aufgenommen, 
und in sunder schirni" Cod. 324 fo 84. (KK. Statihaltereiarchiv Inns- 
pruck), der befr. Codex enthalt Erlasse Sigismunds. 






UM.'EisuYorc.-urcf-ii.' 



H. Gundelfingen wird Vice-Rector der Universitat. 47 

Gundelfingen bald darauf, indem sie ihn am 8. Marz 1477 
zum Consiliarius, zum Mitgliede des engeren Universitats- 
rates wahlte'. Mit den Beforderungen Gundelfingens durch 
Herzog Sigismund steht vielleicht auch seine alsbaldige 
Ernennung zum Vize-Rektor der Universitat in Zu- 
sammenhang. 

Am 30. April 1477 wurde namlich Friedrich, Graf von 
Hohenzollern als Rektor gewahlt. Auch in Freiburg war 
es Ubung, hochadelige Studenten, wenn sie auch erst 
Knaben sein mochten, mit der hochsten Wiirde der Univer- 
sitat zu bekleiden. Die Burde dieses Amtes aber wurde 
einem geschaftskundigeren Universitatslehrer iibertragen, 
der den Titel Vice- oder Pro-Rektor fiihrte-', in unserem 
Falle also Gundelfingen :! . 

Als solcher lag ihm die Fuhrung der Universitatsbiicher 
ob, vorab die Immatrikulationslisten. Er hatte die Univer- 
sitatsversammlungen einzuberufen, durfte daselbst, gleich 
dem Rektor, aber nur bei Stimmengleichheit mitstimmen. 
Die Verfiigung uber Karzer und andere Strafen lag in 
seinen Handen, und nicht bios die Bursen hatte er zu iiber- 
wachen 1 sondern auch die Interessen und Rechte der 
Universitat sorgsam zu wahren. 

Eine Gelegenheit hiezu bot sich auch unter seiner 
Amtstatigkeit und zwar der Biirgerschaft der Stadt Freiburg 
gegeniiber. In entschiedener Weise wurde deren Ansinnen, 
bei Inkorporationen auch ein Wort mitzusprechen von der 
Universitat abgelehnt und diese Antwort hatte Gundelfingen, 
der Vice-Rektor in Begleitung des Rektors Friedrich von 
Hohenzollern sowie der beiden Doctoren Matz und Letscher, 
der Burgerschaft mitzuteilen' 1 . Nicht lange hernach war 



') ..receptus est ad consilium universitatis magister Heinricus 
Gundelfinger." Senatsprotokoll von 1477 Marz 8. 

) Baumgarten, 1. c. S. 20. Mayer, Einleitung S. XXVIII. XLV. 

') Senatsprotocoll von 1477 April 30. 

') Schreiber, 1. c. S. 39 ff. 

') Senatsprotocoll von 1477 August 16, 






UM.'EISITYOrC.-UfCf-ll..' 



48 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

Gundelfingen abermals Abgeordneter, wiederum in Streit- 
sachen mit der Burgerschaft '. 

Als am 31. Oktober 1477 sodann als neuer Rektor 
Doctor Ulrich Rotpletz gewahlt wurde, erhielt Gundelfingen 
als erster Rat an seiner Seite Platz 2 . 

Erst am 5. Juni 1478, als bereits Friedrich von "Wendels- 
heim Rektor war, legte Gundelfingen als Vice-Rektor 
Friedrichs von Hohenzollern, zugleich mit dem soeben ge- 
wesenen Rektor Ulrich Rotpletz Rechenschaft ab iiber die 
gefiihrte Verwaltung. 

Nach der Verrechnung blieben der Universitat noch 
ganze 13 s. 4 d., welche sie sogleich dem Pedellen iiberwies :i . 

Unter dem Rektorate des Magisters Johannes Scherer 
aus Freiburg' gelangte Gundelfingen am 30, Mai 1479 neben 
dem auch bereits erwahnten Doctor Sturzel wiederum in 
den Universitatsrat "'. 

Diesem Rate war es zu verdanken, wenn in Freiburg 
auf das Begehren der Jus Studierenden hin ein Lehrer fur 
burgerliches Recht angestellt wurde „ne nostra universitas 
discalciato pede ambularet" ''. 

Gundelfingen wurde auch vom Rektor Johannes Scherer 
bei Amtshandlungen beigezogen, so bei einer Neuvereidigung 
des pflichtvergessenen Magister Johannes Nellinger ". 

Im Jahre 1480 wurde der bekannte Magister Johannes 
Knapp von Reutlingen zum Rektor gewahlt, neuerdings war 



') Senatsprotocoll von 1477 Oktober 5. 

-') ..Magister Heinricus de Gundelfingen de Constantia." — In 
den Rat wurden ferner gewahlt: Magister Michahel Rindschenkel von 
Marpach ; als Assessores : Magister Johannes Scherer und Magister 
Nicolaus Glotterer. — Senatsprotocoll von 1477 Oktober 31. 

') Senatsprotocoll von 1478 Juni 5. 

*) Wohl derselbe, welcher unter dem Rektorate des Ulrich Rot- 
pletz mit Gundelfingen im Rate safi. 

') Mit den Assessoren Magister Sebaldus Karg de Ulma und 
Magister Heinricus de Argentina. — Senatsprotocoll von 1479 April 30. 

') Senatsprotocoll von 1479. Juni 5. 

7 ) Ebenda. 






UM.'EISITYOrC.-UfCf-ll..' 



H. Gundelfingen von der Universitatsversammlung. 49 

es Gundelfingen, nachdem er wahrend dem verflossenen 
Winter 1479/80 zum zweiten Mai Dekan der Artistenfakul- 
tat gewesen war, der jenem nebst Ulrich Rotpletz als Rat- 
geber zur Seite gestellt wurde. Auch war er wiederum 
Mitglied einer Deputation der Universitat an die Freiburger 
Burgerschaft in deren neuen Streithandeln mit der Hoch- 
schule'. 

Interessanten Aufschlufi iiber Gundelfingen gibt uns 
das Senatsprotokoll vom 18. Mai 1481 -'. Uber ihn selbst 
wurde in der Versammlung dieses Tages verhandelt. Wir 
vernehmen da, dafi Gundelfingen von der Universitat wieder 
einmal die voile Ausbezahlung seines Gehaltes verlangte ; 
zugleich wiinschte er von der Artistenfakultat zu der theo- 
logischen ubertreten zu durfen. An Stelle der von ihm bis 
anhin gehaltenen Vorlesungen uber die Dichtkunst und 
Rhetorik gedachte er die Vorrede des HI. Hieronymus zur 
HI. Schrift zu erklaren; nur wenige Schiiler habe er in 
seinem Kolleg iiber Rhetorik und er habe in der freien 
Zeit sich eigentlich mehr fur die theologische Fakultat vor- 
bereitet, deren Schiiler zu sein er sich riihme :1 . 

Wie die Universitat zu Gundelfingens Begehren sich 
verhielt ersehen wir aus folgendem : zunachst stellte sie 
fest, da& Gundelfingen im Jahre 1480 in der Zeit vom 
Dienstag den 21. Juli, bis Montag den 16. Oktober kaum 
15 Stunden zu lesen vernachlafiigt habe, zugezahlt sowohl 
die Feiertage wie auch jene, an welchen zu lesen er sich 
nicht verpflichtet glaubte. Fur diese Zeit solle ihm das 
voile Stipendium ausgehandigt werden. 

Von dem 16. Oktober ab habe er aber wegen der Pest 
kein Kolleg gehalten bis zum Feste des HI. Hilarius 
(13. Januar) 1481 '. Zu der Zeit sei er wieder in Freiburg 



') Senatsprotocoll von 1480 August 26. 

-) Rektor war Conrad Odernheim von Frankfttrt. 

:I ) Demnach hatte Gundelfingen wohl in Freiburg Theologie 
studiert ? 

4 ) Auch andere Lehrer zogen von der Universitat wegen der 
Pest zeitweilig fort, z. B. Doctor Gabriel Hochsteter von Hagnow 

4 






UM.'Ersnvof(AurcM< 



50 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

eingetroffen, nachdem daselbst die Pestzeit vortibergegangen 
war. Alsdann sei er verblieben, indem er iiber die Buco- 
lica las und damit an der Artistenfakultat beschaftigt war 
bis zutn St. Georgstag (23. April), an welchem er wieder- 
holt seinen Gehalt reklamierte 1 . 

Auch diesen versprach die Universitat zu entrichten, 
fur die Zeit namlich vom 13. Januar bis 23. April 1481. 

Keine Entschadigung erhielt Gundelfingen fur die Zeit 
seiner Abwesenheit, d. i. vom 16. Oktober 1480 bis 
13. Januar 1481., 

Die Universitat hielt mit ihm genaue Abrechnung, und 
wenn sie ihm fur die zwei oben bezeichneten Termine den 
vollen Gehalt ausbezahlte, obwohl er ein paar wenige 
Stunden hatte ausfallen lassen, so tat sie dies nur unter 
Beriicksichtigung anderweitiger Dienste, die er ihr geleistet 
und welche sie auch weiterhin von ihm wiinschte, namlich 
durch seine Tatigkeit als Brief- und Missivenschreiber. 

Laut dem Protokoll scheint Gundelfingen mit dem ihm 
zu teil gewordenen Bescheid der Universitat vollauf sich 
befriedigt zu haben '-'. 

Auf dem Begehren, an die Theologische Fakultat tiber- 
treten zu diirfen, scheint er nicht beharrt zu sein, wenig- 
stens vernehmen wir hieriiber nichts. 

Weitere Beachtung verdient die Nachricht, er sei 
wahrend einer bestimmten Zeit von Freiburg fern gewesen. 

Wo hielt er sich aufterhalb Freiburgs auf ? 



wandte sich in dieser Zeit nach Basel und Zurich. — Senatsprotocoll 
von 1481. Mai 21. und August 5. 

') Demnach hat Gundelfingen bereits vor dem 23. April und 
nach dem schon friiher erwahnten dieses Begehren gestellt. 

2 ) ..Item in eadem congregatioue inotus fuit articulus petitorius 
per magistrum Heinricum de Gundelfingen; desideravit enim duo: 
primo, ut sibi stipendium integre ab universitate persolveretur : se- 
cundo, ut universitas lectiones in poesi hucusque factas velit commu- 
tare, et consentire, ut loco predictarum lectionum in arte humanitatis 
habitarum legere possit prologum S. Jeronimi super bibliam, attento 
quod paucas habeat scolares in arte oratoria, et etiam quod modo de- 
derit se vacando facultati theologice, cujus scolarem se fateretur, 






UM.'EISITYOrC.-UfCf-ll..' 



Descriptio confcederationis Helveticae. 51 

Schrif ten Gundelfingens und einige weitere Begebenheiten 
in seinem Leben bezw. Nachrichten iiber solche greiffen da 
wieder enge ineinander und fuhren auf Schweizerboden. 

Bei Abfassung des dritten Buches seiner ^Austria? - 
mochte Gundelfingen bereits die Gelegenheit wahrgenommcn 
haben, dafi er mit Leichtigkeit aus demselben eine zweite 
Schrift zusammen setzen kbnne. Ohne Zweifel bald nach 
der Beendigung des Burgunderkrieges, nachdem am 5. Januar 
1477 Herzog Karl der Kuhne vor Nancy gefallen war, tat 
er dies '. # 

Diese neue Schrift tragt keine Bezeichnung, wenigstens 
ist uns keine erhalten geblieben; es geht aber aus dem 
Inhalte der Schrift hervor, dafi der Autor sie als eine Landes- 
beschreibung der damaligen Eidgenossenschaft auffafite ; wir 
wollen sie somit „Descriptio confoederationis Helveticae" 
nennen "-'. 



„De primo conclusit univcrsitas, quod quia seinel informasset 
eundem, quod a fcsto Jacobi usque ad Galli anno [14|80 vix per quin- 
denam neglexerit legere attentis vacationibus et aliis diebus, quibus 
putaret se non esse astrictum ad legendum, sed enim a festo 
sancti Galli anni ejusdem omnino absens propter pestem non 
legit usque ad festum s. Hilarii, peste cessante reversus fuit, et no- 
biscum permanens legit in Bucolicis et examinanter interdum in 
facultate artistica fuit usque ad festum s. Georgii, quo instabit (!) ei 
solvendum stipendium iterum. Placuit universitati, ut priimim stipen- 
dium a festo s. Jacobi usque ad Galli sibi daretur integre, et a festo 
s. Hilarii anno [14)81 usque ad festum s. Georii (!) etiam sibi daretur, et 
solum stipendium a festo s. Galli usque ad Hilarii sibi defalcaretur 
propter eius absentiam, et quia certas fecit epistolas pro universitate et 
in ejus negotiis placuit universitati, ut in recompensam lectionum neg- 
lectarum a festo s. Jacobi anni [14]80 usque ad Galli anni ejusdem et 
a festo Hilarii anni [14)81 usque Georii ubi etiam parum legit, sit con- 
tentus, satisfaciendo per huiusmodi labores habitos, scribendo epistolas 
et missivas, de quibus universitas etiam grata vult esse. Hec conclusa 
sunt eidem magistro dicto, et gratus fuit et bene contentus in omnibus 
ian universitatis conclusis." Senatsprotocoll von 1481, Mai 18, 

') „bella in ... . Belgarsum oppido a. d. 1476 calendis decem- 
bris (!) gesta, ubi tandem Karolus Heduorum dux longe a suis luce se- 
quenti inter hostium cadavera tiranidis sue penam luens perempta 
repertus est." — Descriptio confoederationis Helvetica: f° 12v. 

') Vgl. Verzeichnis der Schriften Gundelfingens, S., n° 3 u. Anm. 






UM.'Ersnvof(AurcM< 



52 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

In einem ersten Abschnitt gibt der Verfasser aus Julius 
Caesar, Strabo u. a. eine BeschreibungAlt-Helvetiens und zahlt 
dessen Gaue und Volksstamme auf '; die alten Namen der 
verschiedenen Stamme scheint er mit Vorliebe zu benutzen, 
sie kommen in dem 3. Buche der „Austri3e" wie in spateren 
Schriften sehr oft vor. Auch einige der grofieren Fliisse 
z. B. Rhone, Rhein und Aare, vergifit er nicht zu erwahnen 
und benutzt sie zur Grenzbestimmung. Mit Freude erinnert 
er an die Kriege der alten Helvetier und beruhrt auch 
kurz das rcdende Wappen der Urner und Berner. 

Zur neuen Zeit iibergehend verherrlicht er sodann in 
ungemessenem Jubel die Eidgenossenschaft, welche schon 
1600 (!) Jahre vor Caesar vorhergesagt worden sei. 

In vielfach schon in der „Austria? u angewendeten 
Redensarten fahrt die Erzahlung im Lobe der ihrer Ahnen 
wiirdigen Eidgenossen fort und kommt alsdann auf den 
Burgunderkrieg zu sprechen. Hier stimmen nicht bios die 
Zahlen uberein- mit den im 3. Buche der „ Austrian" Mit- 
geteilten sondern sowohl die Anordnung des Stoffes wie 
auch ganze Partien. Es sind Ausziige aus der fur Herzog 
Sigismund bestimmten Darstellung ; bisweilen sind die Satze 
umstellt, doch aber so, dafi man Gundelfingens Charakter 

') Wenn die Descriptio an einer Stelle sagt : „quibus limitibus 
(naralich Alt-Helvetiens) adhuc duodecim Helvetiorum videlicet nos- 
trorum federatorum pagi quinadmodo tempore Cesaris consistunt", so 
kann dies nicht etwa als Beweis angesehen werden, diese Schrift sei erst 
geschrieben worden, als bereits 12 Orle zur Eidgenossenschaft gehorten. 
Gundelfingen fand in Alt-Helvetien 12 Volkerschaften und nun glaubt 
er einfach, auch hierin eine Parallele zur neuen Schweiz ziehen zu 
konnen, bei der Aufzahlung aber kommt er nicht uber 9 Orte hinaus, 
er nennt nicht einmal alle eidgendssischen Orte, dafur fiigt er dann 
die Mitverbiindeten einzelner Orte, namlich Appenzell uud Solothurn an. 

') Eine einzige Abweichung enthalt die Angabe der bei Murten 
erschlagenen Feinde ; in dem Werke an Sigismund gibt Gundelfingen 
an, es seien 16000 auf dem Felde gebliebzn. Diese Zahl konnte er nun 
wohl berichtigen, indem er auch die auf der Verfolgung Umgekomme- 
nen hinzurechnete; und nebenbei bemerkt, schreibt er hier an die 
siegreichen Eidgenossen selbst, somit mochte er auch versucht sein, 
die Zahl der Vernichteten heraufzuschrauben ; er gibt hier 20000 an. 






UM/irSIIVOKALirCfW 



Descriptio confcederationis Helveticae. 53 

ganz gut erkennt und nicht etwa an einen Nachahmer 
Gundelfingens zu denken braucht. 

Diese „Descriptio" ist zwar nirgends aufierlich als 
Schrift Gundelfingens beglaubigt, aber alle Anzeichen weisen 
daraufhin, dafi er sehr wahrscheinlich deren Verfasser ist 1 . 

Zum Abschlufi der Schrift preist Gundelfingen die 
kriegstiichtigen siegreichen und machtigen Eidgenossen, und 
wirkungsvoll weist er auf Rom hin, die "Weltenbeherrscherin, 
die gesturzt sei aus Zwietracht ; wahrnend erhebt er 
seine Stimme vor der Zwietracht der Eidgenossen, welche 
kaum den Gipfel des Ruhmes erreicht, der Uneinigkeit an- 
heim zu fallen drohen und der Bestechlichkeit durch fremde 
Geschenke. 

Dieser Abschlufi der „Descriptio confcederationis Hel- 
veticas" zeigt uns, dafi Gundelfingen unter dem Eindrucke 
des Haders und Streites, wie dieser zwischen den Stadten 
und Landern nach dem Burgunderkriege unter den Eid- 
genossen ausbrach, geschrieben hat; hieraus ergibt sich fur 
die Abfassungszeit dieser Schrift ein Terminus ante quern, 
indem namlich hervorgeht, dafi diese vor der erfolgten 
Einigung der Eidgenossen auf dem Tage in Stans, d. i. vor 
dem 22. Dezember 1481 anzusetzen ist. 

') Es geht dies am besten hervor aus der genauen Vergleichung 
der beiden ganzen hier ia Betracht kommenden Schriften Gundel- 
fingens. Ein kleines Beispiel mag schon die enge Verwandschaft zeigen : 
„AustriaV Orig. MS. f° 39v. „Descriptio" Kopie fo 12. 

..eorum civitates ac oppida ocius | ..eorum civitates ac oppida ocius 
obsidere undique igne, ferro milite obsidere undique igne, ferro ac 
invadere Ellengurt videlicet Bla- ; milite invadere Ellengurt videlicet 
niont, Gramont, Orbe, Lile, Junge ! Bellemontem idemque Blamont, 
aliaque plura solo coequare prece- Grammo, Orbe, Lile, Junge aliaque 
pisti ac ferme totam dominorum , castra solo coequare ausi ac ferme 
de Bellomonte terrain nactus mag- i totam dpminorum de Bellomonte 
namque cedem circa Ellengurt ip- i terram nacti, magnam cedem circa 
sis hostibus anno 1474 dominica oppidum Ellengurt Heduis intule- 
proxima post Martini ceciderunt : runt cecideruntque eo die (domi- 
namque ex Burgundionibus eo die , nica proxima post Martini wie an 
duorum pugnatorum milia. 1 * f friiherer Stelle steht) ex Heduis 

. duo fere pugnatorum milia." 






Original from 
UMVEHSIlYOFCAUFCfNIA 



54 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

Zur Feststellung des Terminus post quern verhilft uns 
die bereits erwahnte Nachricht der „Descriptio" vom Tode 
Karls des Kuhnen. 

Somit haben wir also bereits eine Zeitgrenze, innerhalb 
welcher die Entstehung der „Descriptio" zu sixchen ist, d. i. 
zwischen 1477 (Januar 5.) und 1481 (Dezember 22.) ' 

Nach dieser Feststellung eines Termins interessiert es 
uns nun zu wissen, wera Gundelfingen die -Descriptio 1 " denn 
eigentlich zugedachte. 

Jedenfalls nicht den Bernern, sonst wiirde er nicht die 
Form „veluti Bernenses consueverunt" gebrauchen, sondern 
hatte dann die Form der Anrede angewandt. 

An jemand anderem hatte Gundelfingen ein Interesse. 

"Wir haben oben darauf hinge wiesen, dafi Gundelfingen 
1460 die Anwartschaft auf ein Kan on ik at in Beromunster 
erhielt' 2 . Dieses hatte er aber bis anhin noch nicht erlangt. 

Der Rat der Stadt Luzern war es, welcher das Patronat 
des Stiftes Beromunster inne hatte '. Diesen Rat gedachte 
Gundelfingen mit seiner „Descriptio tt auf sich, den lang- 
jahrigen Anwarter aufmerksam zu machen. Ohne Zweifel 
geschah es nicht gar haufig, dass dem Luzerner Stadtrate 
von fremden Gelehrten Schriften gewidmet wurden, umso 
erfreuter mochte er gewesen sein. 

') Den Termin noch enger begrenzen wiirde die Erwahnung des 
Feldzuges gegen Mailand, falls namlich derjenige von 1479 gemeint ist 
(Vgl. Dierauer, 1. c. 2, 254 ff.) Die ..Descripto" (Kopie fo 12v) sagt 
namlich : „bella pene innumerabilia a Julii Cesaris tempore adhuc 
usque diem adversus Anglos, Brittones ac Allogobres (!) idem Lamba- 
dienses (offenbar verschrieben fur Lombard) Mediolanenses aliosque 
principes ac dominos faustis auspiciis per nostros federates gesta". — 
Unter dem Kampfe gegen die Allobroger ist -urohl der Burgunderkrieg 
und unter jenem gegen die Lombarden jenes Gefecht der Walliser zu 
verstehen Vgl. S. — "Wenn die Kopie der -Descriptio" Jahrzahlen 
bringt wie z. B. 1481 und sogar 1574, so geht aber aus dem Textinhalt 
klar hervor, das dies lediglich Fehler des unkundigen oder fliichtigen 
Abschreibers sind ; weder die ..Ewige Richtung" mit Sigismnnd ist 
1481 geschlossen noch die Schlacht von Hericourt 1574 geschlagen 
worden. Es liessen sich noch mehrere solche Irrtumer der sehr fliich- 
tigen Kopie anfilhren. 

) Vgl. S. 20. - •') Vgl. Riedweg, S. 157. 291 ff. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



..Amcenitates urbis Lucernensis". 55 

Soviel ist sicher, da6 Gundelfingen seine Absicht er- 
reichte, indera er endlich in Beromiinster eine Chorherren- 
stelle durch Luzern ' im Jahre 1480 - unter dem Propste 
Jost von Silinen (1469 82) erhielt 5 . 

Hieraus ergiebt sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit 
einerseits, dafi Gundelfingen seine ..Descriptio u schon vor 
1480 dem Luzerner Rate iiberreichte ' ; somit riickte der 
Terminus ante quem noch naher zum Terminus post quern 
und v/ir haben nun als Abfassungszeit 1477 — 1479 bezw. 1480. 

Anderseits wird es uns nun klar, wie Gundelfingen dazu 
kam, in einem lateinischen Gedichte die Annehmlichkeiten 
der Stadt Luzern zu besingen. Dieses ist uns bekannt 
unter dem Namen ,,Amoenitates urbis Lucernensis". Hiemit 
wollte er offenbar dem hohen Rate der Stadt Luzern in 
geziemender Weise den Dank abstatten fur seine Beforde- 
rung zum Chorherren von Beromiinster "'. 

Bald nach 1480 hat Gundelfingen sein poetisches W"erk 
die -Amcenitates" dem Luzerner Rate iiberreicht, denn der 
Luzerner Stadtscheiber Melchior Rufi konnte dasselbe be- 



') Dies betont Gundelfingen ausdriicklich in seiner spiiteren, 
ebenfalls dem Rate Luzerns gewidmeten ..Historia Nicolai". Vgl. S. 69. 

') Die Angaben der Prftpste Bircher und Goldlin sind zweifel- 
los richtig in Bezug auf Gundelfingens Ernennung zum Chorherren 
Vgl. Estermann, S. 260. Wilhelm Dorflinger (1792 99) in Beromiinster, 
gibt in seinem Manuscript iiber die Zeit Propst Jost's von Silinen eine 
Lisle iiber den damaligen Bestand des Stiftes Beromiinster, aus welcher 
hervorgeht, dafj Gundelfingen vor 1472 an der Spitze der sieben Chor- 
herren — Subdiakonen stand. — Das ganze Stift bestund aus 7 Chor- 
herrenpriestern, 7 Chorherren-Diakonen und ebensoviel Chorherren- 
Subdiakonen. — Vgl. Estermann, 1. c. S. 261. 

') Hernach Bischof von Sitten und Grenoble.— Vgl. Riedweg, 285 ff. 
A. Liitolf, in Geschichtsfreund Bd. 15. und Allgem. Deutsche Bio- 
graphic Bd. 14. S. 572. 

') Vgl. unten S. 55, Anm. 1. Will der Chronist Ulrich RnjS mit 
seinem Ausdrucke ..Commendatz" vielleicht die „Descriptio~ 
bezeichnen ! 

') A. Biichi erwahnt den Inhalt der ..Amcenitates" ausfuhrlich 
in ..Die alteste Beschreibung der Schweiz" (Schweizerische Rund- 
schau : Stans 1903 04 Bd. 4 S. 177.) 






uM/irsuvorcAUfciw 



56 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

reits in den ersten Abschnitten seiner Chronik, die er nach 
1480 begann, verwenden '. 

Wenn der Wert der Schrift ^Amcenitates'* an sich zwar 
nicht gross ist'-, so ist sie doch wohl beach tens wert, als 
eine der ersten humanistischen Schrifkn der Schweiz, 
welche auf die Schonheit des Landes aufmerksam machen 
und weil sie uns Fingerzeige fur Gundelfingens Biographie 
zu geben vermag. 

Rufi hatte die „Amcenitates u in der Fastnacht 1481 
bereits in Handen, und wir konnen die Vermutung hegen, 
Gundelfingen mochte wahrend der Zeit seiner Abwesenheit 
von der Universitat Freiburg (16. Oktober 1480 bis 
13, Januar 1481) vielleicht in Luzern selbst gewesen 
sein, und in Beromiinster 1 '' wie auch in der Innerschweiz 



') Vgl. G. v. Wy/i, 1. c. S. 138 ff. - Dieses Gedicht ist uns nur 
durch Melchior Rub erhalten geblieben. — Vgl. S., n° 4. — Rufi sagt 
namlich (S. 18 ff.) an den Rat der Stadt .Luzern sich wendend; 
„Gnedigen Herren! Nachdem der hochgelert herr Heinrich Gundel- 
fingen Pceta und Chorher zu Minister in Ergew [ Beromiinster | ein 
Commendatz (!) und iiwer Statt Lutzern Gelegenheit in latinischen 
Zungen gemacht und uch mine liehen herren ze gevallen geschenkt 
hat, die will aber der vergangnen Fassnacht Wierung halb iiwer 
schrieberie, ettlich klein zitt der muse verlichen gewesen ist, so meint 
ich besser und loblicher gethon sin, solich zitt zu vertrieben mit 
erberen arbeit dan mit springen und tantzen, damit ich doch niemer 
keinen hannen gewinnen mdchte, und hab darumb dieselben geschrifft, 
die von treffenlichem hochem klugen dichten der latin und mit lob- 
wiirdiger Zierung der Worten gesetzt ist, in dies nachfolgend tutsch 
mit hilff (!) bracht, als hienach." Run nahm die Translationen des 
Niclas von Wyle zur Hand und mit derselben Hilfe brachte er die 
Amcenitates in die deutsche Sprache. Vgl. Joachimsohn, 1. c. S. 102 

■-') A. Bernoulli, Die Luzerne r Chronik des Melchior Run 
(Basel 1872) S. 99. erkennt ihr nur einen untergeordneten kultur- 
historischen Wert zu. 

') Ober die Richtigkeit der Vermutung J. L. Aebi's (Geschichts- 
freund Bd. 22. S. 234) Gundelfingen sei auch der Verfasser der vier 
Hexameter auf dem ..Grabmal der Graf en Bero und Ulrich von Lenz- 
burg in der Stiftskirche zu Beromiinster", wollen wir nicht ent- 
scheiden; es ware ja m&glich, doch hatte Beromiinster residierende 
Chorherren. welche wohl ebensogut im Stande waren ein paar Verse 
zu Schmieden wie Gundelfingen. 






uM/irsuvorcAUfciw 



H. Gundelfingen verbleibt in Freiburg i Br. 57 

Besuche gemacht und bei der Gelegenheit Anregung fur 
weitere Schriften empfangen haben. 

In diese Zeit nun von 1480 auf 1481 setzen die meisten 
Geschichtschreiber, welche uber Gundelfingen etwas mit- 
teilen, dessen endgiiltigen Wegzug von der Universitat Frei- 
burg, indem Gundelfingen die Stelle eines Rektors der 
Pfarrkirche in Sarnen erhalten habe; etliche glauben, er 
habe in Sarnen selber Aufenthalt genommen. 

Der erste, welcher Gundelfingen als Pfarrer von Sarnen 
bezeichnet, ist Propst Bircher (1609 1641) von Beromiinster l , 
welcher die Archivalien des Stiftes ordnete und Abschriften 
davon nahm, sein Bericht kann demnach auf urkundlichem 
Material beruhen. 

Uns ist es zwar nicht gelungen eine Bestatigung fur 
den Bericht Bircher's zu finden. In den Proclamations- 
und den Investierungslisten fanden wir bios die Namen der 
Vikare in Sarnen, deren Rektor Gundelfingen gewesen 
sein soil-. Ware Gundelfingen wirklich Rektor von Sarnen 
gewesen, welche Stelle er nur durch den Rat Luzern's 
hatte erlangen k6nnen :i , so hatte er doch wohl auch hie- 
fur und nicht bios fur die Verleihung des Kanonikates in 
Beromiinster den Luzernern gedankt, wie er das spater tat*. 

Sollte Gundelfingen trotzdem die Rektoratswiirde in 
Sarnen inne gehabt haben, so ist aber wenigstens soviel 
sicher, dafi er nicht bleibenden Aufenthalt daselbst ge- 
nommen hat; denn, nachdem er am 13. Januar 1481 wieder 
an der Universitat eingetroffen war, verblieb er langere 
Zeit daselbst. 

') Estermann, 1. c. S. 260. — Riedweg, 1. c. S. 333 ff. 

') Kaspar Linder 1465 Febr. 11., Marz 4., nach dessen Tod 
Christophorus Spatz 1481 Nov. 18. — Liber procl. et investit. dioc. 
Constantiensis im Erzbisch. Archiv. Freiburg i. Br. 

'■') Indem Luzern um 1480 auch das Patronat von Sarnen in seine 
Hand bekam. — Frdl. Mitteillung v. H. Staatsarchivar Dr Durrer, die 
bestatigt wird durch einen Eintrag in dem soeben erwahnten Liber 
procl. et invest, vom Jahre 1481 Januar 29. - Ist vielleicht Sarnen 
zugleich mit Beromunster durch Papst Sixtus IV. 1480 Januar 13. 
Luzern iiberwiesen worden? — Vgl. auch Riedweg, 1. c. S. 291. ff. 

4 ) In der Vorrede zu seiner Historia Nicolai. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



58 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

Sein Versuch, an die theologische Fakultat iiberzutreten, 
war ihm zwar mifigluckt; er blieb bei den Artisten und 
wurde 1484 nochmals deren Dekan 1 . Die Vorlesungen tiber 
die Dichtkunst scheint er doch fallen gelassen zu haben. 
Er erhielt namlich am 13. August 1483 in diesem Fache 
einen Nachfolger in Johannes Lunson von Bischofzell '-. 

Gundelfingens Name kommt in den Protokollen immer 
seltener vor. Am 16. Marz 1486 treffen wir ihn nochmals 
zusammen mit Doctor Ulrich Rotpletz dem damaligen 
Rektor, mit Doctor Johannes Knapp, Doctor Meninger', 
dera Lizentiaten Johannes Zurzach ' und dem Magister 
Johannes Costenzer, die gemeinsam 4 Goldgulden zusammen- 
legen fur Michael Sorger, der sie schon Jahre hindurch in 
ihren Arbeiten unterstiitzt und bis dahin noch keine Ent- 
schadigung dafur erhalten habe '. 

Gundelfingen scheint sich etwas zuriickgezogen zu 
haben ; umso eif riger konnte er dem Studium der Philosophic 
obliegen. Er erlangte denn auch hierin die Magisterwurde. 
Dies mufi vor dem 20. September 1486 erfolgt sein, indem 
er namlich unter diesem Datum bereits den Titel eines 
Magisters Philosophiae sich beilegte ' ; . 

Kunde hievon gibt uns eine Schrift Gundelfingens, 
welche bekannt ist unter dem Namen „TopOgraphia urbis 
Bernensis". 7 



') Mayer, 1. c. S. 10. Anm. 

-) Der auf ein Jahr angestellt wurde mit 15 fl. Entschadigung 
und der Verpflichtung taglich eine Stunde zu lesen. — (Senatsprotocoll 
von 1483 August 13.), er hatte sich am 4. April gl. Jahres immatri- 
kuliert. — (Mayer, I. c. S. 76, 21.); 1484 wurde seine Anstellung auf 
2 weitere Jahre erneuert und sein Gehalt auf 20 fl. erhoht - (Senats- 
protocoll von 1484 Nov. 11. u. 16.) 

') Johannes M&lfeld von Meiningen. 

4 ) Johann Suter von Zurzach. 

"') Senatsprotocoll von 1486 Marz 6. 

") Vgl. unten S. 61. — Philosophen erwiihnt Gundelfingen auch 
in seinen Werken. Vgl. oben S. 43. 

7 ) Vgl. S. no 5. Den Inhalt dieser Schrift gibt A. Biichi, Die 
altesten Beschreibungen der Schweiz, 1. c. S. 176. 






UM /« S1TY or CAlirCRMl.' 



-Topographia urbis Bernensis". 59 

Er widmete diese, richtiger mit Descriptio bezeichnete 
Beschreibung Bern's seinem geistlichen Mitbruder, dem 
Beromiinster Chorherren Magister Peter Kistler, Propst des 
Kollegiatstiftes in Zofingen (1476 1492) K 

Wie er in humanistischer Gespriichigkeit selbst sagt, 
fiihrten ihn nicht Freundschaftsbande zu Kistler, sondern 
vielmehr der "Wunsch, dessen unbegrenzter Freigebigkeit 
sich nahern zu konnen. Nicht iibel versteht er es, dem 
reichen und sehr einflu&reichen Propst den armen Schreiber 
gegenuber zustellen. Weil Propst Peter Kistler ein Stadt- 
berner, sogar der Sohn eines bekannten Schultheifien von 
Bern', habe er die Aufgabe gewahlt, dessen Vaterstadt in 
einer Beschreibung zu verherrlichen ! . 

Um dies fertig zu bringen mufiten Cicero, Vergil, Ovid, 
Plinius, Aeneas Sylvius u. a. Federn lassen, vielleicht zog 
er auch Justingers Bernerchronik zu Rate (?) 

In ziemlich fliefiendem Latein berichtet Gundelfingen 
iiber Berns Griindung durch Berchthold V, wobei er den 
Namen Bern a_: die bekannte Sage vom Baren ankntipft''. 
Eine eigentiimliche Nachricht bringt er iiber die Besiede- 
lung des Uchtlandes bei, indem namlich Volker „ex Scandiis 
ultimis Sarmathie (!) insulis ad 880 milia ripe Rheni ac 



') War auch Chorherr und Pfarrer in Bern, Dekan des St. Vin- 
zenzen Stiftes daselbst. — Vgl. Riedweg, S. 493. — Brunner Carl, Das 
alte Zofingen und sein Chorherrenstift, Festschrift (Aarau 1877), S. 64. 
Den Magistergrad hatte Kistler in Paris erlangt — Vgl. v. Miilinen 
W. F., Jahrzeitbuch des Stiftes zu Zofingen, im Anzeiger fiir 
Schweizer Geschichte, Bd. 7. S. 501. 

•) Schultheiss Peter Kistler, bekannt durch den Twinghtrrenstreit. 

! ) Vielleicht hatte Gundelfingen gerne eine Stelle in Bern, etwa 
am St. Vinzenzenstifte angenommen. — Der oben erwahnte Thiiring 
Fricker, seit 1470 Stadtschreiber Bern's konnte leicht fiir Gundelfingen 
Beziehungen vermitteln, so vielleicht gerade mit Propst Kistler. 

J ) Gundelfingen bezeichnet als Griinder Berchtold IV. indem er 
diesen verwechselt; Berchtold IV. griindete Freiburg i. Ue. 

') Bei Justinger Conr., Berner Chronik (ed. G. Studer. Bern 
1870) S. 8. 






uM/irsuvorcAUfciw 



60 Seine TStigkeit als Lehrer tind Schriftsteller. 

precipue in Oedlandia (!), a loci desertione dicta, minori 
maiorique Burgundiis 1 * sich niedergelassen halten'. 

Hatte Gundelfingen etwa Kenntnis von einer Sage, die 
eine Parallele zum Berichte vom „Herkommen der Schwyzer 
und Oberhasler 1 * ware*-'? 

Im weiteren Verlaufe der Schrift schildert er die 
geographische Lage der Stadt Bern und kennzeichnet ihr 
ausseres Bild. Zu den Felsen, "Wallen und Tiirmen der- 
selben vergisst er auch nicht die gesunde Bernerluft, er 
freut sich am Reichtum an Feldfriichten und an den wohl- 
gefullten Speichern. Seine Begeisterung verfuhrt ihn sogar 
zum Dichten; in 13 Distichen versucht er Berns Lob zu 
verkiinden und nennt dieses Machwerk eine Elegie (!) ; mit 
mehr Recht bezeichnet er selbst seine Verse als holperig. 
Besser als in der Dichtkunst scheint er im Berner Zeug- 
hause bewandert zu sein. Da kntipft er mit besonderer 
Freude historische Erinnerungen an die aufgespeicherten 
Kriegsgerate und Siegestrophajen. Auf dem Gang durch die 
Stadt schreitet er unter den bekannten Bogengangen durch 
und bewundert auch den hiibschen Marktbrunnen, er be- 
sucht das stattliche Rathaus und den vornehmen Gerichts- 
saal und vergifit weder das neue grofiartige St. Vinzenzen- 
munster noch auch die Weinkeller. Dafi er auch Berns 
Silberschatze, die verschiedenen Kostbarkeiten der Kirchen 
und Kloster und manches andere mehr kennt, zeigt nur 
umso eher, dafi Gundelfingen aus eigener Anschauung 
schreibt, wenn er dazu bisweilen auch fremde Worte braucht. 
Er ist bewandert in der Stadtordnung wie in der Kenntnis 



. x ) „Topographia" (gedr. v. Blcesch), 1. c. S. 180. — Gundelfingen 
sch&pfte vielleicht aus Jordanes, den er in seiner ..Austriae" als Quelle 
nannte. Vgl. S. 36. Anm. 3. — In Jordanes „de origine actibusque Gelarum" 
(ed. Holder 1882) cap. 3. ist von der Insel Scandzia die Rede; „a 
fronte posita et Vistula: fluminis, qui Sarmatiis montibus ortus". In 
Cap. 17. ist die Rede vom Auszuge der Geten aus Scandza. In Cap. 4: 
..Scandza quasi officina gentium aut certe velut vagina nationum". 
Auch spricht Jordanes wiederholt von den Burgundern; in diesen sah 
wahrscheinlich Gundelfingen die Ansiedler. 

-') Vgl. iiber diese G. v. Wyfi, 1. c. S, 134. 






UM.'EC:-ITY Of CALirCR'JI/ 



H. Gundclfingen wunscht eine Universitat in Bern. 61 

der angesehenen eingebiirgerten Geschlechter. Wenn er 
Beraer und Bernerinen als ungemein sympatische Leute 
schildert, so machte er hierin ein Kompliment seinem alten 
Studiengenossen Thiiring Fricker, bei dem er vielleicht auf 
diesem Bernerbesuche eingekehrt und Gastfreundschaft ge- 
nossen hatte. Fricker wies ihn vielleicht hin auf den 
machtigen Propst Kistler, ura diesem einen Vorschlag zu 
machen, den wohl Fricker selber auch begriifite. Gundel- 
fingen wagt denn auch keck den Vorschlag, indem er Kist- 
ler zuruft, Nichts scheine der Stadt Bern zu mangeln, 
wenn sie nur eine hutnanistische Schule, eine Universi- 
tat hatte. 

In eindringlichen Worten legt Gundelfingen die Be- 
deutung einer solchen Schule dar. Mit Cicero, Salust und 
Plutarch riickt er als Zeugen auf, urn den Propst Kistler zu 
bewegen, er mochte in Bern nach seiner Weisung ein- 
wirken '. 

Diese Aufmunterung umfafit einen grofien Abschnitt - 
und schliefit die kulturhistorisch benierkenswerte Be- 
schreibung Berns ab. 

Die ^Topographia urbis Bernensis" ist auch aufierlich 
als Werk Gundelfingens beglaubigt, indem sie seine Unter- 
zeichnung tragt; diese lautet: ,Hec sunt que mihi Heinrico 
Gundelfingen artium et philosophise magistro, studii Fri- 
burgensis collegiato, Beronensis ecclesieque canonico minimo, 
de urbe Bernensi armipotentissima in mentem subire anno 
domini 1486 duodecimo kalendas octobris" \ Demnach 
beendigte er am 20. September 1486 dieses Werk, besafi 

') Probst Kistler wurde spater auch Chorherr in Bern; es scheint, 
dafi Gundelfingens Anregung Folge geg<:ben wurde und gewissermassen 
hat auch Gundelfingen ein Verdienst daran, wenn Heinrich Lupulus 
eine humanistische Schule in Bern eroffnen konnte. — Vgl. hieriiber 
Stammter J., der Humanist und Chorherr Heinrich Wolflin, genanut 
Lupulus (1470-1534), in Kathol. Schweizerblatter N. F. 1887 S. 104 ff. 
— Stcehelin, Huldreich Zwingli (Basel 1895) 1,27. Fluri A., Die ber- 
nische Stadtschule und ihre Vorsteher bis zur Reformation. Berner 
Taschenbuch 1893 94 (Bern 1894). S. 93. 

') Auch heute noch, trotzdem ein Blatt der Kopie verloren ist. 

') „Topographia" (ed. Blcesch) S. 190. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



62 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

damals bereits den Magistergrad in der Philosophic und 
war in der Reihe der Beromiinster Chorherren der letzte 1 . 

Mit der ^Topographia" 4 hatte sich Gundelfingen dem 
Rate der Stadt Bern indirect zu nahern versucht; diesem 
ersten Schritte folgte ein zweiter, mit einer Schrift an 
diesen Rat selbst. 

Zwar ist diese weitere Schrift noch nicht vollstandig 
als "Werk Gundelfingens verburgt, aber verschiedene An- 
zeichen weisen auf ihn als deren Verfafier hin. 

Der Romonter Codex, welcher aus Zofingen stammt, 
enthalt zwischen den Kopien der ^Topographia urbis 
Bernensis* und der Descriptio confcederationis Helvetic* 
eine weitere Kopie -. Alle drei Kopien riihren von dem- 
selben Abschreiber her, der sie sehr wahrscheinlich auch 
in Zofingen selbst hergestellt hat ; die Vermutung liegt nicht 
fern, dieser Kopist, offenbar ein Chorherr Zofingens, habe 
eine Sammlung von "Werken Gundelfingens angelegt und 
uns in einer dritten Kopie ein weiteres Werk desselben 
Autors aufbewahrt. Gundelfingen zahlte ja Zofinger Chor- 
herren zu seinen Schulern, wie wir wohl annehmen diirfen \ 
wenn somit vielleicht einer aus diesen Schulern die Werke 
seines Lehrers zu sammeln suchte, so lag in Zofingen be- 
reits der Anfang hiezu: die Propst Kistler gewidmete 
„Topographia u '. 

Diese weitere Schrift tragt keinen Titel, iiberhaupt 



') Mitveranlassung zur _Topographia" mochte vielleicht auch 
ein Zofinger gewesen sein, der in Freiburg die Hochschule besuchte 
und zweifelsohne Gundelfingen kennen lernte ; bereits am 26. Juli 
1486 liess sich namlich daselbst Heinrich Horber, Canonicus in Zofingen 
immatrikulieren (Mayer, 1. c. S. 84, 11.) Dieser mochte auch der Uber- 
bringer der Schrift Gundelfingens an Peter Kistler, den Probst Zo- 
fingens sein. — Seit Gundelfingens Tatigkeit als Lehrer an der Uni- 
versitat Freiburg waren bereits mehrere Zofinger an dieser Hoch- 
schule gewesen. 

"') Vgl. S. No 6. 

) Vgl. oben Anm. 1. 

') Die den Bernern gewidmete Schrift aber konnte durch Kistler 
selbst sehr leicht fiir Zofingen vermittelt werden. 






uM/irsuvorcAurciw 



Ein fragliches Werk H. Gundelfingens. 63 

scheint ihr jeder Anhaltspunkt zur Eruierung deren Autors 
zu fehlen, doch haben wir sie mit eigenen Worten zu be- 
zeichnen als „Origo, profectus et gesta incolarum et 
civium de Hasli". 

Diese Schrift ist dem Rate und der Einwohnerschaft 
der Stadt Bern gewidmet. Der Verfafier tut dies, von 
Freunden gebeten, und verweist hiebei auf friihere historio- 
graphische Schriften. Es ist nicht zu verkennen, dafi die 
Widmung den Charakter Gundelfingen's tragt, die ihm ge- 
laufige Phrase iiber seine Schreibweise kehrt ebenfalls 
wieder'. Hiezu kommen noch als weitere Momente jene 
oben erwahnten Nachrichten der .,Topographia~ uber die 
Besiedelung des Uechtlandes und die Prophezeihung der 
Eidgenossenschaft aus der ..Descriptio'' . welche in der 
•.Origo" 4 wieder auftauchen. Zudem miissen wir im Auge 
bebalten, dafi Gundelfingen ein sehr grofies Interesse daran 
hatte, sich den Rat der Stadt Bern geneigt zu machcn, 
wenn sein Vorschlag zur Griindung einer Schule ausgefiihrt 
werden sollte und er vielleicht von den Bernern auch die 
Verleihung einer Chorherrenstelle erwirken wollte, wie er 
dies einige Jahre zuvor mit gutem Erfolg bei den Luzernern 
getan hatte". 

Eine Reihe von Momenten spricht somit dafiir, Gundel- 
fingen als den Verfasser der -Origo" zu bezeichnen. 

Mit wenigen, aber nicht unwichtigen Abweichungen 
bietet die „Origo" lediglich die lateinische Fassung von 
jenem, dem Eulogius Kiburger zugeschriebenen ,Herkommen 
der Schwyzer und Oberhasler., :: . 

Diese Werke zeigen uns, dafi Gundelfingen in Freiburg 
eine ziemlich eifrige schriftstellerische Tatigkeit entfaltete. 



') Z. B. 



..Austria;". 



..stiluin ac calamum parum 
imniitando". 



-Origo"'. 
..quo quirem stilo cursibili et 
piano uti". 

') Die Berner besaBcn das Patronat am St. Vinzenzeustifte. 
') Vgl. G. v. WyA 1. c. S. 134. 






UM/ilSIIVOrCAUfCM/ 



64 Seine Tatigkeit als Lehrer und Schriftsteller. 

Noch im Jahre 1487 treffen wir ihn an der Universitat; er 
verlangte am 18. September von derselben ein weiteres 
Mai das ihm schuldige , „Stipendium a . Diese liefi ihn, an- 
statt das Geld auszuzahlen, wissen, dafi sie ihn gleich 
anderen „Stipendiaten halte, nachdem diesen ihr „Stipen- 
dium" entrichtet sei, wolle sie diese Verpflichtung auch 
ihm gegeniiber erftillen '. 

Bald nach diesem Vorkommnis zog Gundelfingen sich 
in den Ruhestand zuruck, denn schon am 4. Februar 1488 
wurde er auch in der «Lectur" der freien Kiinste, von der 
er freiwillig zuriicktrat, ersetzt durch den Magister Johannes 
RoBnagel von Wallenstadt - ; Johann Lunson war eben bios 
die „Lektur u in der Dichtkunst iibertragen worden. 

Gundelfingen hatte seit 1471 einen Lehrstuhl an der 
Universitat Freiburg inne gehabt; er war zum Range eines 
Ordinarius gelangt, er war tatig in der Universitatskanzlei 
(Universitatskanzler?), wurde ofters in den Universitatsrat 
berufen sowohl als Assessor wie als Consiliarius, mehrmals 
hatte er die "Wurde eines Dekans der Artistenfakultat be- 
kleidet und war sogar Vice-Rektor bezw. Rektor de facto. 

Er schied von der jungen Hochschule nach 17jahriger 
Wirksamkeit; er war ein Kollege der grofiten Gelehrten 
seiner Zeit gewesen. 



') Senatsprotocoll von 1487 September 18. 

) Es geht dies hervor aus der Urkuhde, welche Herzog Sigis- 
mund filr Johannes Rofinagel ausstellte : ..Bekennen als dann der ersam 
unser getrewer lieber maister Hainrich Guncielfinger collegiat auf 
unser hohen schuol zu Freyburg im Brysgew, der lectur in freyen 
kiinsten, so er auf derselben hohen schuol gehabt hat, frey abgestanden 
ist, und den ersamen unsern getreuen lieben maister Hansen Rofenagel 
von Wallenstatt darzuo kumen hat lasse. 

..Actum Inspruk an montag post purificationis Marie" (4. Febr.) 

Copialbuch von 1488 f° 9CK K. K. Statthaltereiarchiv Innspruck. 

Die Universitat Freiburg hatte um diese Investitur gebeten. — 
,, Johannes RoBnagel de Walstatt clericus Curiens. dioc." hatte sich in 
Freiburg immatrikulieren lassen am 4. Marz 1474 (Mayer, 1. c. S. 56, 
16 u. Anm.); er war Magister geworden an der Artistenfacultat 
1480 81; Dekan dieser Fakultat 1485 87 u. 1490 91. -Johann Rofinagel 
kommt in den Senatsprotocollen ofters vor. 






UM.'Ef:.iT¥or c.~ Lifcr:-Ji,- 



H. Gundelfingens Abschied von der University 65 

* 

Er stand neben Geiler von Kaisersperg, urn nur diesen 
aus der langen Reihe angesehener Freiburger zu erwahnen, 
er sah die jungen Wimpheling und Reuchlin heranwachsen 
und manchen Wissbegierigen mag er dem Humanismus zu- 
gefuhrt haben, der spater seinen Lehrer an Bedeutung 
weit ubertraf '. 

Gundelfingen eroffnete als erster an seinem Lehrstuhle 
eine Gelehrtenreihe, von denen nicht wenige zu den Zierden 
nicht bios seines Faches sondern der Universitat uberhaupt 
gehoren, wie Ulrich Zasius, Philomusus (Jakob Locher) und 
Glarean (Heinrich Loriti) -. 

') So z. B. diirfen wir wohl den Georg Eberbach von Rotten- 
burg, den spateren Humanisten und Rektor an der Erfurter Universitat 
als seinen Schuler ansehen ; dieser lieB sich in Freiburg immatrikulieren 
am 10. Februar 1473 (Mayer, S. 54, 19); ferner die beiden Briider 
Heinrich und Matheus Nythart von Ulm, Freunde der Humanisten, 
immatrikuliert am 18. Oktober 1473 (Mayer, S. 55, 20 u. 21) nm nur 
diese hier anzufiihren. 

) Vgl. u ber diese, Schreiber, S. 68. 70. 






uM/irsuvorcAiifciw 



Letzte Lebensjabre in Waldkirch u. letzte Werke. 

1488—1490. 



Kenntnis von Gundelfingens Aufenthalt nach seinem 
Riicktritt von der Universitat Freiburg erhalten wir aus 
einer seiner nachsten Schriften. 

Die Vorrede zu seiner „Historia Nicolai Underwaldensis 
heremitae" unterzeichnete er namlich: ,,ex collegio Sylva- 
censi alias * "Waldkirch a. d. 1488 idus augusti" ; zu be- 
achten ist auch die Namensform, er schreibt sich: ,,Hen- 
ricus de Gundelfingen artium et philosophize magister Bero- 
nensis collegii canonicus". 

Die Form : de Gundelfingen - zeigt, dafi Gundelfingen 
in seiner Namenschreibung selbst nicht konsequent war. 
Ferner ersehen wir hier aus einer Stelle allein schon, dafi 
er zwei verschiedene Magister-Wiirden besafi, diejenige 
der Artistenfakultat im allgemeinen und jene der Philo- 
sophic im besonderen. Dafi er sich nicht mehr als Kolle- 
giat der Universitat Freiburg bezeichnete, beweist, dafi er 
aus deren Lehrkorper ausgetreten war, wie wir bereits ge- 
sehen haben. 

Gundelfingen zog von Freiburg weg und nahm seinen 
Aufenthalt im Kollegiatstifte Waldkirch ! . 



') Kopie gibt irrtiiralich actas. 

") Falls dies nicht- auf Rechnung des Abschreibers zu setzen ist. 

') Waldkirch an der Elz, heute Bezirksamtsstadt im badischen 
Kreis Freiburg. - Im aufgehobenen Chorherrenstift ist heute eine 
hfthere Privat-, Lehr- und Erziehungsanstalt. 






UM.'Ef-:.iTY or c.'-Lircr:'!!/ 



H. Gundelfingen wird Frtihmesser in Waldkirch. 67 

Dieses Chorherrenstift war 1430 durch Umwandlung 
eines verarmten Frauenklosters entstanden, nachdem da- 
selbst alle Klosterfrauen gestorben waren '. Nach Griindung 
der Universitat Freiburg wurde dieses Stift so zu sagen 
Versorgungsheim fur ausgediente Universitatslehrer, die 
allda ihren Lebensabend zubringen konnten '. 

Wie aus obigen Ausfiihrungen hervorgeht, hat Gundel- 
fingen am oder nach dem 4. Februar, seinem Rucktritte 
und vor dem 13. August 1488, dem Datum seiner .Historia 
Nicolai" in Waldkirch eine Pfrunde erhalten :t . 

Wie uns das Jahrzeitbuch von Waldkirch mitteilt, war 
Gundelfingen Kaplan der St. Michaelskapelle 1 . Diese 
Kapelle befand sich aufierhalb der Kollegiatkirche, aber 
in deren Nahe und wurde auch Friihmesserei genannt ■". 
Da verbrachte nun Gundelfingen den Rest seiner Tage und 
er hatte hier genugend Mufse seiner schriftstellerischen 
Tatigkeit obzuliegen. 

Wir haben bereits seine „Historia Nicolai" erwahnt. 
Es war namlich am 21. Marz 1487 der bis in weit ent- 
fernte deutsche Gaue hinaus bekannte Eremit Nikolaus 
von Flue gestorben r . Schon zu Lebzeiten stund dieser 
merkwiirdige Mann im Rufe grofier Frommigkeit. Neben 



') St. Margaretenkloster genannt, die Einkiinfte dieses Klosters 
betrugen bei seinem ErlOschen noch 30 Mark Silber. Vgl. Werk- 
mann L., Beitr^ge zar Geschichte der Frauenstiftes Waldkirch, iu 
Freiburger Diozesanarchiv Bd. 3 (Freiburg 1868) S. 143, 147 ff. 

') Svhreiber, S. 51 Anm. 

') Propst war daselbst in dieser Zeit Georg Schnewelin von 
Landech (1472—1508). - Vgl. Werkmann, S. 6. — Weiteres in Freibg. 
Dioz. Arch. Bd. 24. S. 236 ff. 

4 ) Anniversar v. Waldkirch no 41 fo 8, in Grofiherzogl. General- 
landesarchiv in Karlsruhe. 

") Werkmann, 1. c. S. 152, 157. 

") Im Ranft bei Sachseln, im heutigen Kanton Obwalden (Schweiz) 
— Die Quellen und Litteratur ilber Nikolaus von Flue siehe bei 
Chevalier Utyfi, Repertoire des sources historiques du moyen age. 
Bibliographie T. 2. (Paris 1907) Kolonne 3333 4, wo aber gerade 
Gundelfingen fehlt. 






uM/irsuvorcAUfciw 



68 Letzte Lebensjahre in Waldkirch und letzte Werke. 

ungezahlten Volksscharen besuchten ihn, auch hochange- 
sehene Personen, darunter manche Gclehrte 1 . 

Bald nach dem Tode dieses Volksheiligen verfafste 
Gundelfingen, indem er keinen Zweifel trug, da£ der Da- 
hingeschiedene bald canonisiert werde, zu dessen Ehre das 
„Qfficium de beato Nicolao super Saxo heremita Under 
waldensi Helvetio" '-'. 

Da der Inhalt dieses Offiziums grofitenteils, sogar mit 
denselben Worten in der ^Historia Nicolai" wiederkehrt- 
sei hier nur kurz ein "Wort tiber dessen Form gesagt. Die 
lateinische Sprachc handhabt Gundelfingen hier besser als 
z. B. in der „Austrize". Die Hymnen aber sind wreniger 
gegliickt, gerade hervorragend scheint der Dichter Gundel- 
fingen nicht gewesen zu sein. Einzelne Verse fliefien zwar 
leicht und sind hiibsch, aber gerade diese sind aus anderen 
Hymnen entlehnt', denen gegeniiber Gundelfingens Mach- 
werk durch den verschiedenen Versbau sich ziemlich deut- 
lich kenntlich macht. 

Gundelfingen hatte dieses Officium offenbar bereits fin- 
den praktischen Gebrauch vorgesehen, indem er ihm nach 
Art des gregorianischen Chorals auch Musiknoten beigab 1 . 
Hiemit lernen wir ihn nun von einer neuen Seite kennen. 

Gundelfingen hatte in Freiburg reichlich Gelegenheit 
gehabt, bei ttichtigen Lehrern, wie Magister Conrad Stiirzel 
und Johann Knapp Unterricht in der Musik zu erhalten; 

') So: Johann Geiler von Kaisersperg anno 1472; Hans von 
Waldheim 1474; Felix Fabri 1475; Albrecht von Bonstetten 1478 (Vgl. 
Biichi, 1. c. S. 67). Alle diese erzahlen in ihren Schriften iiber Nikolaus 
von Flue. — Vgl. G. v. Wy& 1. c. S. 148 49. 

? ) Vgl. S. No. 7. - Holier, Bd. 3, 1673. 

') Giitige Mitteilung v. H. Universitatsprof. D' P. Wagner, 
Freiburg i. Ue. 

4 ) Ming J., Der selige Bruder Nikolaus von Flue (Luzern 1861 78) 
Bd. 2. S. 83 84 und Anm. 1. Renward Cysat, Stadtschreiber von 

Luzern bezeugt 1591 durch einen Eintrag im Mannlehenbuch der 
Stadt Luzern (St. A. Luzern) II. f° 408, dass das Officium „in der 
kilchen ze bruchen." Vom Officium wie von der Historia nahm er 
ein Vidimus. 






uM/irsuvorcAUfciw 



•H. GundeHingen schreibt iibcr den S. Nicolaus v. Flue. 69 

Musik war an der Universitat Freiburg ein mit Eifer ge- 
pflegtes Fach 1 . Die gewonnene Kenntnisse suchte er nun 
vielleicht im Officium zu verwerten. Wie die Verse der 
Hymnen eine Kompilation sind, so scheint dies auch beim 
Choral der Fall zu sein. 

Noch bevor er dieses Officium aus der Hand gab - 
wie er selbst sagt machte er sich daran, zur grosseren 
Ehre des verstorbenen Einsiedlers eine „Historia Nicolai 
Unterwaldensis eremite" zu schreiben-'. 

Er widmete 1488 ! diese Schrift dem Schultheissen und 
Rate der Stadt Luzern 1 , da dieser ihm bereits friiher 
grofies "Wohlwollen erwiesen habe ; '. Nicht ungerne sahe er 
es, wenn die Luzerner seine r Historia 11 drucken Liefsen, 
spater wolle er dann noch bessere Arbeiten tiber Bruder 
Klaus schreiben; so sucht sich Gundelfingen in der Vor- 
rede zur „Historia u dem Luzerner Rate zu empfehlen. 

In diesem "Werke nun erzahlt er uns, was er sehr 
wahrscheinlich bei einem . Besuche des Eremiten selbst be- 
obachtet und gehort hat. Den Wunsch zu diesem Besuche 
mochte schon Johann Geiler von Kaisersperg in ihm an- 
geregt haben, der 1472 von der Universitat Freiburg aus 
einen solchen Besuch ausgefuhrt und seinem Studiengenossen 
und Kollegen Gundelfingen wohl hieruber Mitteilung 
machen konnte. 

Bei genauer Priifung ergibt sich, dafi Gundelfingen eine 



') Schreiber, 1. c. S. 68. — Nicht unmoglich ware es, dafi Gundel- 
fingen auch selbst iiber Musik vorgetragen habe. Der allgemeine 
Ausdruck „Lectur in freyen Kiinsten" (Vgl S. 61, Anm. 2) begreift 
auch das Musikfach in sich. 

) Vgl. S. 66, n= 8. - Haller, 1. c. 1673. 

a ) Vgl. oben, S. 66. 

') SchultheiS war damals Ludwig Kramer. — Vgl. Liebenau Th v., 
Die Schultheissen von Luzern, in Geschichtsfreund Bd. 35. (Einsiedeln 
1880) S. 110. 

') Vgl. S. 55. - Hieraus geht auch hervor, wie nichtig die Be- 
hauptung von O. Lorenz (S. 124) ist. wo er sagt : ..in den alten 
Schweizerkantonen konnte Gundelfingen sich gewifi keiner Freunde 
ruhmen". 



UMKRSmWCAUFOW 



70 Letzte Lebensjahre in Waldkirch und letzte Werke. 

Pilgerreise nach Einsiedeln und an andere "Wallfahrtsorte 
der Schweiz gemacht und wohl hiebei auch den Einsiedler 
im Ranft besucht hatte. 

Hierilber erstattet er uns Bericht, nicht wie man aus 
anderen Quellen geschopftes wiedergibt, sondern wie man 
aus eigener Erinnerung mitteilt, einige wenige Stellen aus- 
genommen ' . 

In Kiirze entwirft er uns ein Bild von „Bruder Klaus'" 
fiber sein Leben vor dem Antritt des Einsiedlerlebens; 
ausfuhrlicher berichtet er uber das letztere, er beschreibt 
den Aufenthaltsort des Eremiten, dessen Tagewerk und 
betont oftmals und bestimmt dessen langjahrige vollstandige 
Enthaltung von jeglicher korperlicher Speise. Er teilt auch 
verschiedene Lehren und Ermahnungen mit, die der Ein- 
siedler wohl auch Gundelfingen gab, und in lebhafter, von 
dem tiefen Eindruck des Besuches beeinflufiten Sprache 
stellt er der genufisiichtigen Welt mit ihren Gewohnheiten 
den einfachen Bruder Klaus gegeniiber, der keine Bediirf- 
nisse kennt. In der Schilderung des Treibens der "Welt 
liegt ein kleines Stuck Kulturgeschichte jener Tage. Der 
Bericht uber den Eremiten aber, trotzdem er eine Lob- 
rede ist, zeichnet sich aus durch Sachlichkeit^ Berichte 
tiber Visionen und "Wunder fehlen vollstandig - ; manches, 
was spater als Vision etc. erzahlt wird, finden wir bei 
ihm noch natiirlich. 

Gundelfingens „Historia'" ist durchaus selbstandig, um 
dessen Verhaltnis zu anderen Biographen uber dieselbe 
Persdnlichkeit zu kennzeichnen. Wenn inhaltlich iiberein- 
stimmende Stellen sich finden 3 , so beweisen diese nur, dafi 



') Indeni er sich auf Cfesar von Heisterbach und auf den HI. 
Hieronymus beruft. Vgl. hierilber Riiegg F., Heinrich Gundelfingen, 
ein zeitgenosssicher Biograph des Seligen Nikolans von Flue, in 
Zeitschrift fiir Schweizerische Kirchengeschichte Bd 4. (Stans 1910). 
Heft 2. S. 21 ff. 

') Hinsichtlich der langjahrigen Enthaltsamkeit stellt er bios den 
Tatbestand fest. 

•") Formelle sind keine vorhanden. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



H. Gundelfingens ..Historia Nicolai Unterwaldcnsis eremitae". 



die Schreiber dasselbe berichten und somit die Glaub- 
wiirdigkeit erhohen. 

Gundelfingen hatte neben dem Schatze eigener Er- 
fahrung auch einen guten Gewahrsmann, von dem er sichere 
Nachrichten iiber den Eremiten erhalten konnte. Es ist 
dies der sogn. Bruder Ulrich im Moslin, der angeregt durch 
Bruder Klaus unweit dessen Einsiedelei auch selbst ein 
Eremitenleben fuhrte und von Gundelfingen ebenfalls be- 
sucht wurde. 

Gundelfingen flicht namlich in die „Historia Nicolai" 
eine kurze Biographie des genannten Bruder Ulrich ' und 
teilt mit, was er diesen iiber Bruder Klaus ausfragte, auch 
beschreibt er uns Ulrich selbst. 

Gundelfingens „Historia Nicolai" gehort als Werk 
eines Zeitgenossen und Augenzeugen zu den wichtigsten 
Quellenschriften iiber den Seligen Nikolaus von Flue und 
ist eine der wertvollsten Schriften Gundelfingens iiberhaupt. 

Wie der Rat von Luzern sich dem Verfasser des 
-Officiums" und der ^Historia Nicolai", welche derselbe 
schon auf Pergament geschrieben hatte, erkenntlich zeigte, 
wissen wir nicht, sicher ist, dass der genannte Rat diese 
Schriften in seine Hand erhielt '-. 

Ob Gundelfingen die versprochene vollendetere Historie 
iiber Nikolaus von Flue spater noch ausgefiihrt hat wissen 
wir auch nicht, mochten es aber sehr bezweifeln, denn es 
fehlt jeglicher Anhaltspunkt fur die Existenz dieses Werkes. 

Hiugegen haben wir noch Kunde von einer anderen 
Schrift Gundelfingens, die er nach dem Berichte Conrad 
Gesner's im Jahre 1489 geschrieben hat. 

Gesner betitelt dieselbe; „De thermis Badensibus" 3 . 
"Wie wir aber sehen werden, ist dieser Titel zu enge gefafit 




1 ) Welche vielfach irrtumlicherweise als ein Werk Gundelfingens 
fflr sich betrachtet wurde. — Vgl. Haller, 1. c n° 1823. 

') Und sie bewunderte, aber in fremde Hande kommen liefi und 
erst 1591 durch Renward Cysat zu Sachseln wieder gefunden wurde; 
(1. c. f° 408) heute ist ihr Aufenthalt neuerdings unbekannt. 

) Vgl. S. no 9. 






uM/irsuvorcAUfciw 



72 Letzte Lebensjahre in Waldkirch und letzte Werke. 

oder dann hat Gundelfingen iiber verschiedene Bader in 
mehr als einem Werke geschrieben. 

Leider bietet uns Gesner nur Bruchstiicke aus Gundel- 
fingen. Das erste und grofite befafit sich mit Baden im 
Aargau. 

Wie aus diesem hervorgeht, beschreibt er einleitend 
kurz die Lage Badens. Offensichtlicb.es Interesse hat unser 
Humanist an den antiken Funden, welche auf den alten 
Romerstatten in der Gegend von Baden und Brugg gemacht 
wurden, er versucht sich sogar im Kopieren der Inschriften '. 
Alsdann erwahnt er die einzelnen Badanstalten Badens und 
streift hiebei auch die St. Verena Legende. Der Beniitzung 
der gleichen Bader durch beide Geschlechter stellt Gundel- 
fingen verschiedene, besonders die kirchlichen Gesetze 
entgegen. 

Das Wasser Badens findet er Schwefel- und Alaun- 
haltig, geeignet verschiedene "Wirkungen hervorzurufen. Von 
diesen gibt er eine ganze Reihe an, so z. B. meint er, sie 
helfen bei Phlegma und schlechtem Humor wieder auf. 
Nicht uninteressant sind die Ratschlage, welche Gyndel- 
fingen fur einen richtigen Gebrauch der Bader erteilt. Er 
glaubt, taglich sieben Stunden im Bade sollten genugen; 
wahrend des Badens sei jeglicher Genufi von Speise und 
Trank sowie auch das Schlafen zu vermeiden u. a. m. 

Auch iiber die r Ieilquellen von Pfdfers- unterrichtet 
uns Gundelfingen, die Gold enthalten und von einem natur- 
lichen Feuer erwarmt seien ; man gebrauche diese vorziig- 
lich gegen alle Arten Gicht. 

Ebenfalls iiber die Bader in Leak"' weifi er Auskunft; 
nach seiner Meinung enthalten letztere Kupfer und befordern 
erfolgreich den Stuhlgang. 



') Abgedr. in Mommsen Th., Inscriptiones confcederationis Hel- 
vetia* latina: (Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft Zurich 
Bd. 10.) S. 50 no 245. 

') Kt. St. Gallen. 
') Kt. Wallis. 






UM /E( HTY or CAlirCfMl.' 



H. Gundelfingen schreibt fiber verschicdene Bader. 73 

Wie a us Gesner hervorgeht 1 schrieb Gundelfingen auch 
iiber Baden-Baden, Wildbaden 2 und Plummers, hievon sind 
uns aber nur wenige Satze ubermittelt. 

Man wundert sich, wie Gundelfingen dazu kam, uber 
diesen seinen Studien nicht nahe liegenden Gegenstand zu 
schreiben. So unaufgeklart dies uns ist, so zeigt es doch, 
daft er ein waches, fur Mannigfaltiges gewecktes Interesse 
hatte. Baden im Aargau hatte er auf seiner Schweizerreise 
wohl selbst besucht und da das lockere Leben und Treiben 
beobachtet. Etwas Aufklarung gibt uns ferner die Matrikel 
der Universit&t Freiburg, aus der wir ersehen, dass aus 
Baden mehrere und sowohl aus nachster Nahe von Pfafers, 
von Ragaz"', wie auch aus dem "Wallis 4 Studenten nach 
Freiburg kamen, von welchen Gundelfingen sehr wohl das 
eine und andere liber die betr. Bader vernehmen konnte. 
Wildbad (en) war ferner ein von Gelehrten gerne aufge- 
suchter Erholungsort '. 

Gundelfingen hatte in Waldkirch auch eher Zeit, 
seinem Gefallen nachzugehen. 

"Wider Erwarten finden wir im Freiburger Senats- 
protokoll seinen Namen im Jahre 1489 noch einnial, nun 
aber zum letzten. Die Universitat hielt namlich am 19. August 
mit alien ihren „Stipendiaten" vollstandige Rechnungsabnahme 
uber ihre Pflichten und Guthaben. Wahrend Gundelfingens 
Nachfolger Johannes Lunson und Johannes Rossnagel hier 
als Gl&ubiger neben anderen auftraten, finden wir unseren 
Gundelfingen als Schuldner, welcher der Universitat 20 
Gulden zuriickbezahlte ". 

') fo 297, 297v, 298. 

') Wildbad, Wiirtemberg. 

:I ) Johann Kesler, i'mmatrikuliert am 17. Juni 1484, wurde am 
18. Mai 1486 pedellus fac. artium. (Mayer, 49, 7.) 

4 ) Johannes Rotten, immatrikuliert am 15. Dezember 1484 
(Mayer, 80, 7.), urn nur diese beiden aus der grossen Zahl der 
Schweizer zn erwahnen. 

') So nahm z. B. Johannes Heynlin aus Stein im Jahre 1478 
daselbst Aufenthalt. Vgl. Hofifeld M., Johannes Heynlin aus Stein, 
in Basler Zeitschrift fur Geschichte und Altertumskunde Bd. 7. S. 205. 

") Der Grund hiefur ist nicht klar; vielleicht hatte sich beim 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



74 Lctzte Lebensjahre in Waldkirch und letzte Werke. 

Fast genau ein Jahr nach diesem Vorkommnis waren 
Heinrich Gundelfingens Tage gezahlt. Wie das Jahrzeit- 
buch des Stiftes Waldkirch uns sagt, starb er am Sonntag 
nach Bartholomaei (d. i. am 29. August) 1490 ' und wurde 
daselbst vor dem _Beiuhause u begraben 2 , 

Sein Testament machte er offenbar noch selbst und 
zwar vor dem 19. Juli 1490 '; hierin verlangte er, dafi an 
seinem Gedachtnistage bei seinem Grabe eine Miserere 
gebetet werde ' ; dafur machte er eine Stiftung mit jahr- 
lichem Ertrage von 6 ft. 3 d. '• ; auch das Kollegiatstift Bero- 
miinster vergafi er nicht und stiftete dahin 3 ft ,; . 

Mit Gundelfingen ist nicht einer der grofien Gelehrten 
ins Grab gestiegen, aber eine fleifiige vorbereitende Kraft. 
Seine ausschliefilich lateinischen W"erke zeigen ein humanis- 
tisches Kleid, in das Wesen des Humanismus aber drang 
er nicht. Er ist der Typus fur die Ubergangszeit, fur den 
deutschen Fruhhumanismus. 



Nachprtifen der Rechnungen ein Fehlbetrag ergeben auf seinen Conto; 
oder hatte er etwa sein ..Stipendium" antecepiert und war gleich her- 
nach von seiner Stelle zuriickgetreten? Die Stelle lautet: „Magister 
Heinricus Gundelfingen viginti florenos remisit et solutus est" Iremisit 
et ist aus dem Vorhergehenden zu erganzen.) Gundelfingen war aber 
nicht allein in dieser Lage, er hatte auch liierin noch Kollegen, z. B. 
den Johannes Zurzachcr. 

') _item illo die (dominica post Bartholomaei [aus dem Vorher- 
gehenden zu erganzen |) erit anniversarium venerabilis doinini magistri 
Henrici de Gundelfingen capellani sancti Michaelis omniumquc paren- 
tum et antecessorum eius" Anniversar von Waldkirch 1. c. no 41 f° 8. 

') (venerabilis vir magister Henrtcas) |aus dem vorherg., wie in 
Anm. 2. zu erganzen | Gundelfinger vor dem Beinhaus 1 miser(ere). 
Anniversar v. Waldkirch n° 39 f° 69 und n° 40 f° 80 (dasselbe), beide 
in Karlsruhe 1. c. 

') An diesem Tage war bereits Jakli Biicher zu Sinspach ab- 
gabenpflichtig auf Grund des Stiftungsbriefes. Anniversar 1. c. no 41 fo 8- 

') Anniversar n° 39 f° 69 ; n° 40 f° 80. 

') Anniversar n° 41 f° 8. 

'') Riedweg, 1. c. S. 417. Ein irrefiihrendes Datum weist das 

Anniversar von Beromiinster auf, indem Gundelfingens Gedachtnis 
auf den 17. Dezember 1490 eingetragen ist. Das Richtige bietet 
zweifelsohne Waldkirch. Vielleicht ist erst auf den 17. Dezember die 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



H. Gundelfingen Bedeutung. 75 

Mit seinen Werken erging es ihm gleich Albrecht von 
Bonstetten und fiiglich passt auch fiir Gundelfingen 
A. Biichi's Wort: „die Historiographie zeitigte neuere und 
glanzendere Leistungen, so dafi die Schriften unseres Hu- 
manisten der Vergessenheit anheimfielen und in Staub und 
Moder von Archiven und Bibliotheken begraben blieben, 
bis der Eifer einer neuern Zeit sie wieder zu Tage forderte '. 

Grofieren Einfluft als durch seine Werke mochte 
Gundelfingen fiir seine Zeit durch die Tatigkeit als Lehrer 
humanistischer Wissenschaften ausgeiibt haben; die Gelegen- 
heit, durch das lebendige "Wort auf die kommende Gene- 
ration einzuwirken war ungleich wertvoller, und Gundel- 
fingen hat geholfen eine Saat auszusaen und deren Wachs- 
tum zu fordern, welche herrlich gedieh und sich entfaltete. 
Von dem Ruhm des deutschen Humanismus zu seiner 
Bliitezeit fallt auch ein Lichtstrahl zuriick auf einen seiner 
Wegbahner: auf Heinrich Gundelfingen. 



Nachricht vom Ableben Gundclfingens in Beromunster eingetroffen- 
— Man beachte auch hier den Namen: ,ad annivcrsarium D(oraini] 
Mfagistri| Heinrici de Gundelfingen H(uius) EJcclsiae] C|apellani] datur 
1 £1." Anniversar v. Beromunster, St. A. Beromunster. — Gundelfingen 
scheint auch die Pfriinde „Giegenegg'' (Vgl. S. 26) bis 1490 beibehalten 
zu haben, denn erst in diesem Jahre erhalt er einen Nachfolger in 
dem Magister Peter Kiindig. — Estermann, 1. c. S. 262. 
') Buchi, Albrecht v. Bonstetten 1. c. S. 102. 






UM/HSIIVOKAUfCRW 



Exkurse. 
1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger 

(2. Buch der Austria). 

Sein Verhaltnis zu Mathias von Neuenburg und zu dem sogen. 

Gregor Hagen bezw. zu einer Klingenberger- 

sowie zu einer Konigsfelder Chronik. 



Gundelfingen behandelt in diesem Buche das Haus 
Habsburg, wobei er deutlich zeigt, dafi es ihm in aller- 
erster Linie um den genealogischen Nachweis zu tun war; 
jeweilige Zeitereignisse erwahnte er fast keine, und die 
wenigen die er noch anfiihrt, nur kurz. 

Einleitend bemerkt er, es sei dem Herzog Sigismund 
die Geschichte der Grafen v. Habsburg aus alteren Zeit- 
beschreibungen besser bekannt (als ihm selbst!), er beruhre 
sie somit nur kurz 1 . 

Er geht, wie schon friiher erwahnt, aus von der Ab- 
stammung der Habsburger aus romischem Geschlechte. 

Die Sage von der romischen Abstammung der Habs- 
burger und anschliefiend daran die Frage nach der Existenz 
einer Klingenberger Chronik fand bereits mehrfache Er- 
forschung - ; nichtsdestoweniger miissen wir sie an dieser 

') -qui tui originem tuorumque predecessorum gesta ac annalia 
prioribus ex chronographis melius novisti." Orig. MS. f° 30. - Lam- 
becius 476. 

) Vgl. die Zusammenstellung der Litteratur hieriiber bei P. P. 
Albert, Die habsburgische Chronik des Konstanzer Bischofs Heinrich 
von Klingenberg in ZGO. N. F. 20 Bd. (Heidelberg 1905) S. 179. - 
V. Thiel, Die Habsburger Chronik Heinrichs von Klingenberg, in M.I. 






Mi/irsiivorcAurciNi/ 



Die Habsburger Stanimsage. 



77 



Stelle, soweit sie Gundelfingen betrifft, nochmals be- 
handeln auf Grund eigener Untersuchung. 

Beachtung fand, namlich das 2. Buch der Austrian, 
Gundelfingens bisher insoweit als man in ihm Anhalts- 
punkte erblickte, welche entweder fur oder gegen die 
Existenz einer Klingenberger Chronik zu sprechen schienen. 

Bisher war man allgemein der Ansicht, dafi Mathias 
v. Neuenburg in seiner Chronik die romische Abstammung 
der Habsburger, wenn auch vielleicht nicht selbst erfunden, 
so doch zuerst uns iiberliefere. Neben Mathias stellte man 
den Bericht, wie er uns in der sogn. Klingenberger Chronik 
vorliegt 1 . Diesen fiigte man als dritten denjenigen Gundel- 
fingens bei ; indern man nun alle drei miteinander verglich, 
versuchte man das Verhaltnis dieser "Werke unter sich und 
zu einer vermutlichen Chronik Heinrichs von Klingenberg 
feststellen zu konnen. 

Um dieses Verhaltnis und die Ausfuhrungen hieriiber 
leichter priifen zu konnen, sind wir gezwungen, die be- 
treffenden Stellen, obwohl sie in anderen Abhandlungen 
schon mehrf ach zitiert sind, nochmals hier einfugen zu miissen. 



Mathias v. Neuen- 
burg '-. 

1. Rudolf us comes 
de Habsburg ex an- 
tiquis progenitori- 
bus ab urbe Roma 
traxit originem. 



Klingenberger 

Chronik :; . 

Von don Herren 

von Habsburg. 

1. Die selben graf- 
fen warent von 



Rom, in dise land preclare Romanorum 



Gundelfingen *. 

2. Religatis ac de- 
portatis ob poten- 
tis senatoris truci- 
dacionem olim du- 

obus fratribus, 



6.G. 20. Bd. (Innsbruck 1899) S. 577. Anm. verspricht in einem An- 
hang den 2. Teil von Gundelfingens -Austria?" 4 zu bieten ; diese Ver- 
offentlichung ist wohl unterblieben, wir vermochten sie nirgends zu 
finden. 

') Die Klingenberger Chronik, herausg. von A. Henne v. Sar- 
gans (Gotha 1861). 

') S. 1. Z. 16 ff. 

: ') S. 18 ff. 

') Orig. MS. fo 29 ff. — Lambecius 476. 






UM/irSIIVOKALirCfW 



78 



Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 



2. Olim namque 
duobus fratribus 
potentis Romani 
occisionem elimi- 

natis ab urbe, 
pater eoi'Lim, nobi- 
lior Roma nus, dans 
cuilibet eorum im- 
mensam pecaniam 
ipsos iussit paries 
abire remotas. Qui 
se in superior i Ale- 
mannia receperunt. 

3. Antiquior ante in 
empcionem prediorum 
ei municionum, junior 
aulciu ad habendum 
vasallorum in u I til iidi- 
tiem conabatur. Pa ire 
a mem post aliquos 

annos filios visi- 
tante, cum vidisset 
senioris empta, eius 

prudenciam com- 
mendavit. Requirens 
a litem a juniore, quid 
egerit, ille : se om- 
nia in n nam muni- 
cionem tortissimam 
collocasse. Hi iussis 

omnibus vasallis 
suis cum eorum li- 
beris rnasculis optime 

armatis venire ad 
mo n tern 

4. ubi castrum 
Habsburgest collo- 



kommen, und 
warent von guotem 
und altem geslecht 
ze Rom, und warent 
dennocht nit als rich 
und als machtig als 
si aber adenlich mit 
iren taten warent. 
Es fiiegte sich, dass 
ir ainer von diesem 

geslechte gaistlich 
was, und kam von 
Rom in dise land 
und wart bischoffze 
Strassburg, wan das 
selb bistum in den 
ziten in grossen eren 
was, 

2. und bracht also 
smeii bruoder mit 
im herus ... Also 

halrF der bischoti" 
sinem bruoder gar 
j fast und gab im auch 
grofj guot, wan er 

was mac h tig und 
1 rich . . . Ainsmals 
do fiiegte es sich, 
dass der bischoH" von 

Strassburg wollte 

besechen was sin 

Bruoder gebuwen 
hette, und kam also 
mit vil herrschaft zuo 
sinem bruoder gen 

4. Habspurg. Und 
do der bischoff di 



familie Petre Leonis 

dicte de Aventino 

montc, a Julii Ce- 

saris valentissimi 

omnium principis 

qui in vigore animi 

non habuit parem 

nee ante se nee post 

se familia descenden- 

tibus ipsisque ad 
Alpium jugavenien- 
tibus, 
4. ubi nunc cas- 
trum Habsburg 
Lucernensem circa 
lacum collocatum 
cernitur. 

3. Senior adeplus 
prcdin ct possession- 
nes junior ingencia 
vasallorum dominia, 



UMVE«Sm™FCAUF(»M 



Die Habsburger Stammsage. 



79 



catum, illic patrem 
traducens, illam for- 
cium multitudinem, 
quos et omnes eorum 
posteros masculini 
sexussuos et posteri- 
tatis sue fideles vasal- 
los, illis confitenti- 
bus, patri probavit, 
suum asseruit esse 
castrum. Quo viso 
pater in illius ani- 
mosa nobilitate ga- 
visus magnum the- 
saurum destinavit 
eidem. 
5. Ex quibus frat- 
ribus omnes de 
Habsburg postea 
processerunt. 



vesti sach, do sprach 
er zuo sinem bruo- 
der : liber brnoder, 

mich dunkt, du 
habist gar wenig ge- 
buwen nach der hilff, 
die ich dir getan hab. 
Der von Habspurg 
antwurt sinem bruo- 
der : herr und bruo- 
der, morn sollent ir 
erst recht sehen den 
buw, den ich getan 

hab ; wan er hat 
haimlich nach alien 
sinen dienern und 
friinden geschickt. 

Morndess do die 
herren ufgestuonden, 
do lag d;ts veld voll 
volkes, und hattend 
ir gezelt ufgeslagen, 
herren, ritter und 
knecht. Der bischoff 
wond, er war be- 

legen ; nain herr, 
sprach der von Habs- 
purg, das sind min 
muren, die ich ge- 

buwen hab; wan 
wie guot min huss 
ware, das hulff mich 
nut, hette ich kain 



5. dc quibus pos- 
teri descenderunt 
comites. 

Et presertim Od- 

bertus monasterii 

s.mctiTruperti Nigre 

Silve fundator, eius- 

demque Silve pro 

tunc tenens. 



frund im land, die 
sind mir behultfen in 
alien minen noten ; 
ich bin frdmd im 
land, nun hab ich 
mir selbst friind ge- 
macht. 
Das gefiel dem 
bischoff wol und 
was wiltig, sinem 



bruoder ze hel/en. 

Rieger zieht aus dem Vergleiche der Parallelen 2. 3. 5. 

bei Mathias und Gundelfingen den Schlufi, da& beide Er- 

zahlungen verwandt seien, da£ ferner die Zusatze bei 

letzterem urspriingliche Bestandteile des Textes gewesen, 



UHI««Sm"oFCAUFOW 



80 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

bei Mathias aber unterdriickt wurden. Rieger glaubt die 
Annahme einer gemeinsamen Vorlage fur wohlberechtigt '. 

Dem gegeniiber behauptet Thiel, dafi Gundelfingen die 
Erzahlung des Mathias als Grundlage seines Berichtes be- 
nutzte, dabei aber durch siilistische Anderungen und Inter- 
polationen der Erzahlung ein glaubwiirdigeres Aussehen 
verlieh -, Gleichwohl nimmt auch Thiel an, dais diese Ab- 
stain mungssage vor Mathias von Neuenburg zuruckreiche, 
beweist dies allerdings nicht, sondern verspricht sich hicr- 
iiber Aufklarung von den inzwischen durch Dierauer ver- 
offentlichten „Jahrbuchern" '. 

In diesen letzteren findet sich die von Thiel erhoffte 
Aufklarung nun leider nicht, hingegen ist eine wichtige 
Parallele des Mathias von Neuenburg zu Gundelfingen so- 
wohl Rieger wie auch Thiel eigentumlicher Weise entgangen, 
welche beiden Aufklarung gebracht hatte, dem ersteren 
hatte sie seine Vermutung bestatigt und dem letzteren ge- 
zeigt, warum Gundelfingens Bericht ein glaubwiirdigeres 
Aussehen besitzt. 

Es ist dies die Stelle 4: 

Mathias : Gundelfingen : 

„ubi castrum Habsburg est i „ubi nunc castrum Habs- 
collocatum." burg Lucernensem circa lacum 

collocatum cernitur." 

Aus dem Berichte Gundelfingens konnen wir deutlich 
ersehen, nach und vor welchem Zeitpunkte seine Urquelle 
niedergeschrieben worden ist ; es la&t sich der Terminus 
post quem finden d. i. nach der Erbauung der sogn. Neu- 
habsburg am Luzernersee, die bald nach 1232 errichtet 



') Heinrich v. Klingenberg und die Geschichte des Hauses Habs- 
burg, im Archiv fur Oesterreichische Geschichte Bd. 48 (Wien 
1872) S. 322. 

') Die Habsburger Chronik Heinrichs v. Klingenberg, in M. 
I. 6. G. Bd. 20. (Innsbruck 1899) S. 579 ff. 

') Chronik der Stadt Zurich, herausg. von Joh. Dierauer, in 
Cjuellen zur Schweizer Geschichte 18. Bd. (Basel 1900). 



UNIWISfffOfCAUFOW 



Gundelfingen bietet die urspriinglichere Fassung. 81 

worden war '. Gundelfingen gibt uns fernerhin den Ter- 
minus ante quern: das Habsburgerschloss am Luzernersee 
wurde im Jahre 1352 durch die Eidgenossen von Grund 
aus zerstort-; in Gundelfingens klarem Bericht kann aber 
nur das intakt bestehende und nicht das zerstorte Schlofi 
gemeint sein, folglich mufi der Bericht nicht bios nach 
der Erbauung dieses Schlofies 1232 sondern auch vor des- 
sen Zerstorung 1352 aufgezeichnet worden sein. 

Rieger war auf der ganz richtigen Spur, wenn er in 
den Zusatzen Gundelfingens Bestandteile des urspriinglichen 
Textes sah, die von Mathias v. Neuenburg aber unterdruckt 
worden waren. 

Eine solche Unterdruckung haben wir gerade in der 
angefuhrten Stelle 4 nun vor uns; diese zeigt, dafi Mathias 
den betreffenden Passus erst nach 1352 niedergeschrieben 
hat : ; hieraus ist es aber auch nicht schwer zu erklaren, 
warum Mathias ktirzte, da er nach zerstortem Neuhabsburg 
nur mehr den eigentlichen Stammsitz: die Habsburg im 
Aargau im Auge hatte. 

Es ergibt sich somit folgendes Resultat iiber die Ab- 
fassung der Habsburger Stammsage : Mathias v. Neuenburg 
ist nicht der erste, welcher diese Sage aufzeichnete ; er 
anderte die vor 1352 abgefafite Vorlage, nach 1352 dem 
Tatbestande seiner Zeit anpassend um ' ; bei Gundelfingen 
aber besitzen wir einerseits den urspriinglichen Bericht, 
anderseits aber zugleich einen Hinweis auf die Ent- 
stehung der Sage. 

Letzteres wollen wir hier noch beriihren. Es zeigen 
uns die Termini post quem und ante quem, die wir bei 
Gundelfingen gefunden haben, in welchem Zeitraum diese 
Habsburger Sage entstanden und aufgezeichnet wurde, d. i. 

') Vgl. auch Dierauer, 1. 70. 

') Klingenberger Chronik, S. 86. 

') Dies gilt auch von dem Bericht der Klingenberger Chronik, 
die ebenfalls Habsburg im Argau meint. 

') Es betrifft dieses sein erstes Capitel ; hieraus scheint sich zu 
ergeben, da£ Mathias uberhaupt nicht vor 1352 seine Chronik begann 

ti 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



82 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

zwischen 1232, der Erbauung der Neuhabsburg und 1352, 
der Zerstorung derselben. 

Die Veranlassung zum Baue Neuhabsburgs war die 
Trennung der grofien Giiter Rudolf des Alten gewesen durch 
dessen zwei S6hne Albrecht den Weisen und Rudolf den 
Schweigsaraen ' . 

Auch der Bericht bei Gundelfingen erzahlt von zwei 
Briidern, von welchen der altere sich weitere Giiter ver- 
schafft, der jiingere aber Vasallen sich erwirbt. In der 
Erwahnung des .Vaters der beiden Sonne bei Mathias mag 
eine dunkle Erinnerung an Rudolf des Alten enthalten sein. 

Die Verwandtschaft zwischen dem historischen und 
dem sagenhaften Berichte ist unschwer zu erkennen und es 
diirfte wahrscheinlich sein, dafi jene Gutertrennung und die 
mit ihr verbundene Entwicklung des habsburgischen Hauses 
in zwei Linien den Kern zur Sagenbildung bot '-'. 

Dafi die Fabel von der romischen Abstammung beige- 
zogen wurde lafit sich erklaren, indem auch andere Ge- 
schlechter jener Zeit rait Vorliebe ihren Ursprung an 
romische Familien ankniipften { . 

Im Vergleich mit Gundelfingen zeigt Mathias eine Aus- 
gestaltung des Sagenhaften, welche bereits den lehrhaften 
Charakter aufnimmt und unwillkiirlich an das Gleichnis aus 
der Bibel erinnert, das vom Wucher mit den Talenten 
handelt. 

Noch ausgepragter finden wir dasselbe in dem Berichte 
der sogn. Klingenberger Chronik ; an Stelle des Vaters tritt 
aber einer der beiden Briider als Bischof v. Strafiburg; 
hier spielt offenbar eine feme Erinnerung an Werner I. 
Bischof v. Strafiburg (1001 — 1028) den Erbauer der Habs- 

') Vgl. Dierauer, 1, 70. - -) Vielleicht trug gerade die Kurz- 
lebigkeit der Doppellinie dazu bei. 

') Th. v, Liebenau, Die Anfange des Hauses Habsburg, im Jahr- 
bach des heraldisch-genealogischen Vereins ..Adler" (Wien) 9, 123. — 
Uber die Ableilung von den Perleonen, Vgl. Rieder, 324 ff. und Anni. 
2, ebenda. — Thiel, 579. — Vgl. oben S. 36, Anm. 3 ..preter paucos 
qui ad alpium iuga evasere" ! 






UM.'EC:-ITY Of CALirCR'JI/ 



Gundelfingens Quelle 83 

burg im Aargau herein. Dafi hier nur mehr ein Bruder es 
ist, der gepruft wird iiber die Verwendung der ihm ge- 
schenkten Giiter, das mag auch zeigen, dafi die Kenntnis 
von jener Doppellinie des Geschlechtcs verschwunden war. 

Aus dem Verhaltnis Gundelfingens zu Mathias v. Neuen- 
burg und zur sogn. Klingenberger Chronik haben wir gesehen, 
dafi Gundelfingen weder aus der einen noch der andern 
genannten Quelle geschopft hat. 

Wo miissen wir nun seine Vorlage suchen? 

Bereits Rieger ' und Scherer '-' wiesen auf Heinrich 
v. Klingenberg bin. 

Da etliche Annalenwerke und Chroniken aus den be- 
treffenden Jahrhunderten verschollen oder verloren gegangen 
sind. so scheint es wenig lohnend zu sein, dem Urheber 
jener Sage bezw. der Ergriindung ihrer Aufzeichnung nach- 
zugehen. 

Auf einige Beobachtungen muss hier aber doch noch 
aufmerksam gemacht werden. 

In der von Albert neu bekannt gegebenen .historia 
comitum Habsburgensium" jenes Klingenbergers, die in 
Mennels ^chronica Haspurgica" enthalten ist, finden sich 
namlich Stellen, denen eine Verwandtschaft mit Gundel- 
fingen nicht abgesprochen werden kann :; . 

') 1. c. 

') Uber das Zeitbuch der Klingenberge, in St. Galler Mitteilungen 
1. (St. Gallen 1862) S. 65 ff. 

') P. P.Albert, Die habsburgische Chronik des Konstauzer Bischofs 
Heinrich v. Klingenberg, in Z. G. O. N. F. 20. Bd. (Heidelberg 1905) S. 213 ff. 
— Je weiter die Sage zeitlich von dem oben erwahnten historischen Hinter- 
grund entfernt ist, uniso mehr verliert sie diesen aus den Augen. Dessen 
ungeachtet konnen gleichwohl auch jtingere Sagen historische Reminis- 
zeuzeu enthalteu, beeinflunt durch anderweitige Berichte. Es trifft 
dies auch in unserem Falle zu. Zu dem bereits Erwahnten sei hier 
nur noch ein Beispiel angefiihrt. Albrecht v. Bonstetten, der die 
Habs burger von den Scipionen abzuleiten sucht und hernach einen 
Sagcnbericht bietet, welcher demjenigen der sogn. Klingenberger 
Chronik nahe verwandt ist, legt in dieseni dem Bruder des Bischofes 
den Nameu Albrecht bei, womit Albrecht der Weise gemeint sein 
mag. (Albrecht v. Bonstetten, Historia archiduc. Austria?.) MS. auto- 
graph (?) XIV. 934 der Kgl. Hofbibliothek in Hannover f° 27v. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



84 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

Noch Thiel konnte sich nicht erklaren, wie Gundel- 
fingen dazu kam, die Habsburger als.Grafen „de Aventino 
monte" zu bezeichnen ', 

In der oben erwahnten „historia comitum Habsburgen- 
sium" hebt mit Vers 143 folgende Stelle an : 

„Austrasy ist sovil geseyt 
Wie das die glaublich Schrift ausleyt, 
Als Avenspurg die landtschaff schon 
Und Lutzelburg on alien won '-'." 

Konnte nicht diese Bezeichnung „ Avenspurg" , die von 
Mennel aus dem lateinischen so ubersetzt wurde, dem 
Gundelfingen die Veranlassung zu seiner Benennung der 
Habsburger gewesen sein :H ? Im weiteren Verlaufe des 
2. Buches der „Austriae" gebraucht Gundelfingen sogar selbst 
neben „de Aventino monte" auch „Avensberg" als Bezeich- 
nung fur Habsburg. 

Von mehr Bedeutung ist eine weitere Notiz. Gundel- 
fingen sagt namlich anschlie&end an die Abstammungssage 
der Habsburger: ,,de quibus posteri descenderunt comites, 
et presertim Odbertus inonasterii sancti Truperti Nigre 
Silve fundator, eiusderaque Silve dominium pro tunc tenens", 
Auch die ^historia comitum Habsburgensium" erzahlt von 
einem Ottberth, dem Sohne des Konigs Odoberth, er habe 
das Fiirstentum Habsburg erhalten, 

,Und stifft ain closter in der eer 

Sant Trutpert das zemal nit fer 

Von Freiburg in dem Breisgau ist gelegen '." 

Auffallend bleibt diese Uebereinstimmung immerhin, 
auch wenn man dieselbe darauf zuruckfiihren mochte, es 



') L c. 579. 

') Albert, habsburgische Chronik 1. c. 216. 

") Eigentiimlicher "Weise gebraucht auch der liber Augustalis die 
Bezeichnung ..Rudolfus, comes de Avensperg" namlich fur Konig Ru- 
dolph v. Habsburg. Vgl. unten S. 86. 

4 ) Albert, 1. c. S- 217 Vers 213 ff. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



Gundelfingen und Klingenberg. 85 

seien vielleicht beide Berichte direkt aus der „tertia vita 
Sti. Truperti* geschopft 1 ,- was wir zwar bezweifeln. 

Eine dritte Parallele endlich haben wir darin, daft so- 
wohl Gundelfingen als die ^historia comitum Habsburgen- 
sium* von einer Pilgerfahrt zum HI. Grabe berichten, welche 
Albrecht, der Vater Konig Rudolfs unternommen hatte. 
Gundelfingen 2 . historia comitum Habsburg 3 . 

-Senior Alberchtus *Kung Rudolffs vater graf Albrecht, 
dominico cum sepul- | Der was ain cristen also grecht, 
chro carnis nexum ; Das er auf sich nam bilgerfart 
solverunf '. Zum heiligen grab aus guterart". 

Aus diesen drei Parallelen diirfte die Vermutung neue 
Bekraftigung erfahren, es habe Gundelfingen eine Klingen- 
berger Chronik gekannt in dieser oder jener Fassung. 
Ubrigens hat Mennel die historia comitum Habsburgensium 
stark iiberarbeitet, vielleicht sogar dies und jenes geandert, 
woraus es erklarlich erscheint, dafi in anderen Angaben 
Gundelfingen von demselben abweicht. 

Ob nun Gundelfingen aus Klingenberg geschopft oder 
sonst aus einer anderen Quelle, soviel steht fest, dafi er 
seinen Bericht iiber die Habsburger vor Konig Rudolf I. 

— vielleicht eine einzige Notiz ausgenommen " - einer bis 

♦ 

') A.A. SS. Bolland. 26. April III. 427. - In dieser Vita wird 
zuerst der Bericht iiber den Griinder des Klosters gefalscht, urn das 
Kloster auf einen Habsburger zuruckfuhren zu kdnnen. 
) Orig. MS. fo 31. 
) 1. c. S. 220 Vers 336. 

A ) Zu erganzen ist namlich aus dem Vorhergehenden -filiusque 
eius Alberchtus in Longabardia". 

') Es ist dies folgende Stelle : 
Continuatio Sanblasiana (MG. SS. Gundelfingen (Orig. MS. f° 30v). 



20. 314 Z. 23 27.) 

,,Simili modo Rtiodolfus come! de 
Pfullendoi f, sororius comitis Ruodolli 
de Pregantin, omnia prcdia sua beredit 
loco iiiiperatori Inididit. Pro his im- 
pcrator Alberto comiti de Habis- 
burc, qui filiam comitis Ruodolfi in 



,,Anno domini 1167 Ruodolfi comitis 
'Pragancia filiam matrimonio duxit. 
Eiusdcmquc Albeiclui sororem duxit 
Ruodoljj'us comes de Pfidlemlor/f, qui 
ambo beredis loco itnperatori Friderico 
omnia predia contradiderunt. Ea prop- 
ter comes Alberchtus montis 






Origins' from 
UMVEHSIlYOFCAUFCfNIA 



86 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

anhin nicht wiedergefundenen Aufzeichnung entlehnte ; weder 
in Mathias v. Neuenburg noch • in anderen auf uns ge- 
koramencn Berichten konnen wir fiir Gundelfingens hier in 
Betracht fallende Partien die Vorlage finden, die vor 1352 
und vor Mathias aus dem oben angefiihrten Grunde aufge- 
zeichnet wurde. 

Um K6nig Rudolf kennzeichnen zu konnen, sah sich 
Gundelfingen nach einer neuen Quelle um, und indem er 
glaubte, einem Werke Petrarchas zu folgen schrieb er 
die Charakterisierung sowohl Konig Rudolfs wie Konig 
Albrechts wortlich aus dem liber augustalis des Benvenuti 
de Rambaldis ab '. 

In der "Weiterverfolgung von Gundelfingens Genealogie 
der Habsburger kommen wir nun zu der Partie, fiir welche 



matrimonio liabebat, concessit Turi- I Aventini, uxoris sue causa, que co- 
censem comitatum et advocationem | mitis Ruodolffi de Prx-gancia (ilia ex- 



Sechingensis ecclesie cum prediis 
conquisitis de Biedirtan." 



titcrat, adirc licreditatem huiusniodi 
habebat, Pro lioc tamcn hereditatis 
jure imperator Fridericus Alberchto 
Thuricensem concessit comitatum 
et Sechingensis ecclesie advocatiam 
j cum prediis de Bydertan." 

Die Verwandschaft zwischen diesen beiden Berichten scheint 
aber bios eine mittelbare zu sein. - Vgl. ferner Regesta Habsburgica 
1. bearbeitet von Harold Steinacker (Innsbruck 1905) n° 178. — Be- 
merkenswert ware auch Gundelfingens zwar nur kurzer Bericht uber 
die Niederlage der Ziircher bei Winterthur im Jahre 1292. Er sagt 
von den Ziirchern: .Mille pugnatorum fuerunt cesi, pluresque captivati". 
(Orig. MS. f° 31) — In Christian Kuchemeisters neue Casus monast. 
S. Galli (herausg. v. J. Hardegger, in St. Galler Mitteilungen 1. 
(St. Gallen 1862) S. 42. treffen wir einen verwandten Bericht tiber 
dieselben Ziircher: ..und ward me denn tusend gefangen". Vitodu- 
ran gibt keine Gesamtzahl an. — Der sogn. Ilagen 1. c. S. 169 § 353 
fcennt von diesem Kampfe weder die Zahl der Gefallenen noch auch 
den Ort des Schlachtfeldes. 

') Rerum Germanicarura scriptores ex bibliotheca M. Freheri 2. 
(Argentorati 1717) S. 19. Der liber augustalis gieng zeitweise unter 
dem Namen Petrarchas und auch viele audere Schriftsteller waren in 
diesem Irrtum befangen. 






UM.'EC:-ITY Of CALirCR'JI/ 



Die Stammreihe Konig Rudolfs 87 

Mathias von Neuenburg und der sogn. Hagen wiederum 
Gundelfingens Vorlage gewesen sein sollen '. 

Von Wichtigkeit ist, bei der Untersuchung dieses Ab- 
schnittes Gundelfingens (G.) nicht bios die Chronik des 
Mathias von Neuenburg (M.) - in ihrer allgemein bekannten 
Gestalt sondern auch deren Varianten in der Ausgabe 
Cuspinians (MC.) ;< zur Vergleichung heranzuziehen ; ferner 
darf sich diese nicht bios erstrecken auf den sogn. Gregor 
Hagen (H.) ' sondern hat auch die Konigsfelder Chronik und 
zwar in ihren alteren Teilen (K.) wie in der von Gerbert 
veroffentlichten jiingeren Fassung (KG.) zu beriicksichtigen "'. 

Die zu vergleichende Partie hebt an mit der Gemahlin 
Konig Rudolfs. Unsere samtlichen Chronisten benennen sie 
als eine Grafin von Hohenberg' ; . Nur MC. H. und G. 
kennen deren Namen Anna. "Wieder Alle aber kennen drei 
Sonne Konig Rudolfs": Rudolf, Albrecht und Hartmann. 
Ihre Reihenfolge ist aber verschieden. Mit M. hat G. Al- 
brecht an erster und Rudolf an zweiter Stelle; MC. aber 
und H. setzen Rudolf voran ; H. nennt aber gegenuber MC. 
den Hartmann als zweiten Sohn, wofur Albrecht an die 
dritte Selle ruckt. 

Die Meldung, Hartmann sei im Rheine ertrunken findet 
sich in alien Berichten. Als Ort dieses Ereignisses be- 
zeichnen KG. (164) und H. (127,15) Kobolcz, wahrend MC. 

') Vgl. O. Lorenz, i, 268 — Mayer, Chronik 1. c. 316 ff. — Thiel, 
600 ff. — Jos. Seemuller, Zur Kritik der Konigsfelder Chronik, in den 
Sitzungsberichten der K. Akademie der Wissenschaften zu Wien, philos. 
histor. Klasse 147. Bd. (Wien.) Heft 2. S. 23. Anm. 1. 

"-') (herg. v. Studer) S. 1 - 180. 

') Ebenda, S. 181. 

4 ) Seemuller, Deutsche Chroniken VI. 1. 

*) Chronicon K&nigsfeldense, wir konnten die Ausgabe bentitzen 
von Herrgott Gerbert, in Monnmentorum Aug. domus Austriacse torn. 
IV. et ultimus (Typis Sanblasianis 1772) 161 ff. — Ober die urspriing- 
liche Kbnigsfelder Chronik sowie die Fassung KG. Vgl. Seemuller, Zur 
Kritik 1. c. ; iiber das Verhaltnis von H. zu K. Vgl. Seemuller, Deut- 
sche Chroniken VI. 2. S. CCLX. Z. 3 ff. 

u ) G. sagt Hohenburg, was offenbar bios ein Schreibfehler ist. 

7 ) MC. allein sagt: tres filios inter alios (!). 






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68 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

M. und G. sagen bei Rheinau. G. allein gibt noch genauer 
an, Hartmann habe Schiffbruch gelitten 1 . Nur MC. M. 
und G. wissen die Begrabnisstatte Hartmanns -. 

Diese Stelle ist besonders interessant wegen des Ver- 
haltnisses von MC. zu M. und dieser beiden zu G. 



MC. (180,7). 

..apud Reynow in 
Rheno periit et 
cum matre par- 
vulo fratre Karolo 
in choro Basiliensis 
ecclesie est sepul- 
tus fc . 



M. (13,7). 
„prope Rinowe in 
Reno submersus 
Basilea cum matre 
predicta et adhuc 
uno filio parvulo in 
choro maioris ecc- 
lesie sunt sepulti 1 ", 



G. (Orig. MS. 
f° 31). 
-qui naufragium 
prope Rynow pas- 
sus periit et in ecc- 
lesie Basiliensis 
choro cum matre 
parvuloque filio se- 



pulture traditur". 
Unter den Differenzen fallt vor allem auf, dan G. das 
Verbum im Prsesens bietet; dies erklart denn auch den 
weiteren Unterschied, dass M. die Basler Kirche genauer 
als Hauptkirche bezeichnet. Dies ist offenbar kein blofier 
Zufall sondern entsprang dem Bedurfnis, einer Verwechs- 
lung mit anderen Kirchen vorzubeugen wahrend in MC. 
und G. es als selbstverstandlich hingestellt wird, dafi damit 
die Hauptkirche gemeint sei. "Wir haben hier einen weiteren 
Beweis zu dem obgn. (S. 81) dafi der Bericht des G. Ur- 
sprunglicheres enthalt als M. Ist nun aber MC. alter als 
G. oder verhalt es sich vielleicht umgekehrt? Durch die 
richtige Erwahnung des Schiffbruches gewinnt G. bereits 
einen Vorsprung, ihm ist es ferner selbstverstandlich, dafi 
dieser im Rheine sich ereignete, wenn er bei Rheinau er- 
folgt war. Merkwiirdig ist vollends der Bericht bei MC, 
Hartmann sei mit dem kleinen Bruder Karl begraben an- 
statt mit einem Sohnchen (worin M. mit G. verwandt ist) ; 
hieraus entsprang fur MC. die Notwendigkeit, bei der Auf- 

') Daii dies richtig ist, beweist das Kalendarium necrologicum 
Basiliense, in BOhmer 1. F., Fontes rerum Germanicarum IV. S. 147, 148. 
zum Jahre 1281 Dez. 21 

') Ebenda. 






UM/ilSIIVOrCAUfCM/ 



Die Stammreihe Konig Rudolfs. 89 

zahlung der drei Sohne Konig Rudolfs die Interpolation 
winter alios 4 * zu machen. G. allein zeigt den unverwischten 
urspriinglichen Charakter und zwar den annalistischen. MC. 
aber scheint trotz der Interpolation alter als M. zu sein '. 

Nur mit K. - und H. bringt G. die Notiz, Rudolf, Konig 
Rudolfs Sohn, habe die Tochter des Konigs von Bohmen 
geheiratet. G. allein gibt dies noch genauer, indem er 
Rudolf als Herzog von Schwaben und den Konig Bohmens 
Ottokar nennt. K. H. und G. gemeinsam ist sodann der 
Bericht, Rudolfs und seiner Gemahlin von Bohmen Sohn 
sei Johann, der kxinftige Morder Konig Albrechts gewesen. 
In G. allein folgt hierauf unmittelbar ein knapper anna- 
listischer Vermerk uber das Gefecht Herzog Rudolfs von 
Schwaben gegen die Berner an der Schofihalden, im Jahre 
1289 :1 ; M. (22,13) kennt dieses Gefecht zwar auch, aber sein 
Bericht ist grundverschieden und kennt gegeniiber G. keine 
Zahl der Gefallenen. G. allein kennt den Tod des eben 
genannten Rudolf. Anstatt nun wie MC. K. und H. rait der 
Aufzahlung der Tochter Konig Rudolfs fortzufahren (M. fugt 
eigene, hier nicht in Betracht fallende Capitel ein) greift G. 
riickwarts und schachtelt den Passus ein: tres fuere uti 
nonnulle applaudent nobis historie de Avensberg (!) filii 
patrui regis Ruodolfi, etc. womit G. zeigen will, dais ur- 
spriinglich die Grafen v. Habsburg, Lenzburg und Kiburg 
„beinahe" eine einzige Familie gewesen sein soil en '. 

In der Reihe der Tochter Konig Rudolfs zahlen K. 
(114) und G. bios funf auf. (K. kiindet einleitend eine Reihe 
von sechs an, aber korrigiert sich dann selbst) 5 ; bei MC. 
(180) M (11.5) und H. (127,18) finden wir sechs. K. H. 



') Vgl. hieniber auch unten S. 98 ff. 

"') Warum wir die Stammreihe von K6nig Rudolf bis Kdnig 
Albrecht nicht mit KG. bezw. als abhangig von H. (gegen die An- 
nahme Seemullers) bezeichnen, soil diese Untersuchung zeigen. 

') Orig. MS. f° 31: idemque Ruodolfus a. d. 1289 trecentos Bur- 
gundie superioris Bernenses occidit, alios autem captivos abduxit, a 
d. 1290 in Praga ad superos conscendit. 

*) Orig. MS. fo 31v. 
) Vgl. hieriiber Seemuller, zur Kritik S. 21 ff 






UM/irSIIVOKALirCfW 



90 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

und G. nennen die erste Tochter Clementa, aller tibrigen 
Tochter Namen sind ihnen ebenso unbekannt wie die Vor- 
namen der Fursten, welche diese T6chter heirateten, aus- 
genommen Wenzel Konig von Bohmen, der alien bekannt 
ist, MC. (der keine Namen den Tochtern zu geben weifi) 
und G sogar noch genauer als Sohn Ottokars, und der 
nach K. und G. die Clementa heiratete; bei H. erhalt 
Wenzel die zweite, und bei MC. erst die funfte Tochter. 
Allen gemeinsam ist die Erwahnung des Herzogs von 
Sachsen. 

Aber weder aus M. noch aus H. oder K. konnte G. 
den Bericht haben, dafi von zwei Tochtern eine dem Fursten 
Nieder-Bayerns und die andere dem Herzog Ober-Bayerns 
zugewiesen worden seien; M. K. und H. kennen hierin 
bios ein Bayern; dieselben Berichte wissen auch nichts 
von einem dux Vratislavie, der eine der Tochter Rudolfs 
geheiratet habe, wie G. berichtet, der aber dafiir gegeniiber 
M. K. und H. nicht weiss, dass eine Tochter dem March- 
grafen von Brandenburg vermahlt wurde ; M. gibt die erste 
Tochter an Karl III ; sowohl M. wie H. finden fur eine 
Tochter keinen Mann. 

Dieses merkwiirdige Verhaltnis der soeben angefuhrten 
Gattenreihe wird uns aber klarer, wenn wir MC. in Be- 
tracht ziehen. MC. namlich erwahnt die Herzoge von 
Nieder- und Ober-Bayern wie auch den dux Vratislavie, 
zu welchem MC. beisetzt : quo defuncto recepit marchionem 
de Brandenburg. MC. hat also Kenntnis der zweimaligen 
Vermahlung einer Tochter, G. kennt bios deren erste, M. 
und H. bios deren zweite. MC. nennt den Gemahl der 
funften Tochter Wenzel Konig von Bohmen, Sohn Ottokars 1 , 
ebenfalls eine Stelle, der G. am nachsten steht. MC. kennt 
auch den Gemahl der sechsten Tochter, diese habe Karl, 
den erstgeborenen des Konigs von Sizilien - zum Manne 
erhalten, worin M. dem MC. nahe kommt. 



') Mit dem Beisatz: per ipsum Rudolfum occisi. 
') Mit der Erganzung: sive Apulien. 






uM/irsuvorcAUfciw 



Die Stammreihe Kdnig Albrechts. 91 

Auf Grund des dargelegten Verhaltnisses in Betreff 
dieser Partie der Stammreihe darf man fiiglich sagen, 
es verhalten sich M. K. H. und G. zu MC. wie Auslaufer 
zu ihrer Centrale. Dieser aber steht G. am nachsten '. M. 
zeigt gegenuber MC. ganz deutlich, dass er die Genealogie 
des letzteren summarisch zusammenf asste '-', M. hatte eben gar 
nicht den Zweck im Auge eine Genealogie in seiner Chronik 
zu bieten. 

G. fuhrt auch die Stammreihe von diesen also ver- 
heirateten Tochtern noch an 1 ; schon ein erster Blick auf 
die genealogischen Tabellen, die sich aus den Berichten 
unserer Chronisten (ohne MC.) aufstellen lassen, zeigt, dafi 
G. weder aus M. noch aus H. geschopft haben kann; ab- 
gesehen davon, dafi G. mehr bietet als M. und H., bemer- 
ken wir hier als Beispiel bios den Unterschied, dafi G. eine 
Grafin von Oetingen kennt, die von einer Tochter Konig 
Rudolfs und dem Fiirsten Nieder-Bayerns abstammt, wo- 
von sowohl M. wie H. nichts wissen. 

MC. geht nach der Aufzahlung der Tochter Konig 
Rudolfs und deren Manner sogleich iiber zur Stammreihe 
Konig Albrechts. Da MC. nicht bios in der direkten Stamm- 
reihe Konig Rudolfs mit den iibrigen Chronisten einig geht 
und in den Grundzugen gleichsam ihren Ausgangspunkt 
darstellt, sondern auch in der Stammreihe Konig Albrechts 
dasselbe Verhaltnis zeigt, so scheint es, als ob die Auf- 
zahlung der Kindeskinder Konig Rudolfs bei den letzteren 
Geschichtschreibern eine Einschachtelung sei, welche diese 
aus anderen Quellen bewerkstelligen mussten, das wtirde 
dann auch die auffallende Differenz, welche in dieser ein- 



') Trotzdem er bios ftinf Tochter kennt. 

') So z. B. wo M. sagt (11. 21) : ex his itaque tribus (!) filiabus 
multi duces Bawarie, Saxonie et marchiones in Brandenburg pro- 
cesserunt. 

) G. gibt in seiner Genealogie uberhaupt bei jedem Gliede auch 
sofort seine eigene Nachkommenschaft an, wo er eine solche kennt. 
G. zeigt das gleiche Schachtelungssystem wie K. Vgl. iiber letzteres 
Seemuller, zur Kritik S. 8. 






UM.'EC:-ITY Of CALirCR'JI/ 



92 Exkurse. 1. Gundelfingens Gencalogie der Habsburgcr. 

geschachtelten Partie zwischen den verschiedenen Berichten 
sich vorfindet erklaren. 

Zur Ergriindung des Verhaltnisses der verschiedenen 
Berichte tiber die Stammreihe Konig Albrechts lafit sich 
eine doppelte Untersuchung anstellen, die eine umfasst die 
Reihe der Personen, die andere deren Todesdaten und Be- 
grabnisnachrichten. 

Hiebei ist im Auge zu behalten, daS H. sein Material 
fiir diese Stammreihe aus K. ' bezw. einem Auslaufer von 
K. geschopft hat. 

Samtliche Berichte kennen Konig Albrechts Gemahlin 
und nennen sie als Tochter des Grafen von Tyrol; MC. 
und M. allein erwahnen nicht, dafi sie eine Tochter Mein- 
harts gewesen sei. 

Deren Kinderreihe wird gemeinsam eroffnet mit Rudolf; 
in der Angabe, dieser sei Konig von Bohmen gewesen 
stimmen Alle ixberein; seine Gemahlin ist ihnen als eine 
Tochter des franzosischen Konigs bekannt, einzig M. be- 
zeichnet sie als Witwe des Konigs Wenzel von Bohmen ; 
mit Namen belegen sie nur KG. H. und G. und zwar gibt ihr 
ersterer den unrichtigen Namen Elisabeth gegenuber den 
lezteren beiden, welche sie Blanka nennen '-'. 

Friedrich der zweite Sohn wird in alien Berichten er- 
wahnt; M. kennt seine Gemahlin nicht; MC. nennt sie eine 
Tochter des Konigs von Arragon. H. und G. wissen auch 
ihren Namen Elisabeth ; H. allein kennt den Namen ihres 
Vaters Jakob, wahrend G. allein von einer Tochter Fried- 
richs berichtet'. 



') Vgl. Seemulter, Zur Kritik 1. c. S. 18. und Deutsche Chroniken 
VI. 2. CCLX. 

') Die Form, in welcher MC. und G. diesen Passus mitteilen ist 
beachtenswert : 

G. (Orig. MS. £° 32v). MC. (180) erwahnt: 

_Ruodolfus primogenitus, qui ..Rudolfus primogenitus, qui 

rex Bohemie factus est post Otta- factus est rex Bohemie et filiam 
kari filiutn, regis Francie filiam regis Francie ducens sine liberis 
Blankam ducens sine liberis vita est defunctus." 
functa est." 

J ) MC. und G. bieten wiederum eine Gegenuberstellung : 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,' 



Die Stammreihc Konig Albrechts. 93 

Leopolds Gattin kennt M. allein nicht, die iibrigen be- 
zeichnen sie als eine Tochter des Grafen von Savoyen. H. 
nnd G. kennen ihren Namen Katharina. .MC. hat Kenntnis 
von zwei Tochtern Leopolds, aber von keiner weiss er den 
Namen, womit G. vollig einig geht'. H. nennt sie Katha- 
rina und Agnes. M. berichtet bios von einer Tochter. In 
dem Berichte iiber die Verheiratung dieser zwei Tochter 
gehen MC. H. und G. einig. M, nennt ebenfalls einer Tochter 
Gemahl als Hern ,de Kussi", und zwar in erster Ehe, in 
zweiter Ehe habe sie einen Grafen ,,de Magdburg" geheiratet. 

Gerade dieser Passus iiber Leopold und seinen Stamm 
zeigt, dafi die verschiedenen Berichte sich auf einen Ur- 
bericht zuriickfiihren lassen. 

Heinrich, den vierten Sohn Konig Albrechts erwahnt 
MC. nicht-'; M. nennt bios seinen Namen, wahrend H. und 



MC. (180) sagt: ..Item Friedericus in Romanorum regcm in dis- 
cordia electus et coronatus, qui ex filia regis Aragonum, sola relicta 
filia que post comiti Karinthie data est, sine liberis est defunctus." 
G. lautet : ..Secundus Fridericus postea in Romanorum regem electus 
et coronatus. Elyzabeth Jacobi regis Arragonie filiam matrimonio 
duxit, ex qua solam reliquit filiam, que postea comiti Karin|thi|e co- 
pulata, sine liberis diem clausit extremum a. 1330, 12. die mens. Junii". 

') Auch in dem Berichte iiber Leopold lafit sich zwischen MC. 
und G. leicht die auffallende Parallele herausfinden. MC (181): -Item 
Leopoldus strenuissimus, qui relictis duabus filiabus ex filia comitis 
Sabaudie, quarum una postea data est duci de Sweinitz Silesie. alia 
domino de Cusin Francie, sine aliis liberis |est| defunctus." G. (Orig. 
MS. f" 29 v .): -Tercius Leopaldus strenuissimus, qui Heynricum impe- 
ratorum de Lutzelburg (sic!) octingentis cum galeatis ad Ytaliam con- 
duxit, adversus Switenses circa locum Aegre vel Morgarten dictum mi- 
litum movens, notabilem prochdolor suorum militarum inibi stragem 
ac cedem passus, vite mortem in Argentina commutans, a. 1326 ultima 
mens. Febr. una cum uxore sua Katarina Sabaugiensi et filia in Regis- 
campo sacrophago (!) mandatur ; relictis duabus ex filiabus filia comitis Sa- 
baudie, quarum una data est duci de Swednitz Boloniensi, alia do- 
mino de Cussino Francigene, ex qua domini de Cussino nati sunt." 
Der Bericht iiber die Schlacht am Morgarten zeigt eine irrttimliche 
Zusammensetzung zweier vermutlich annalistischer Notizen. 

') Vielleicht ist dies bios ein Versehen des Schreibers durch 
Ubersehen. 






uM/irsuvorcAUfciw 



94 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie dcr Habsburger. 

G. ihn und seine Gemahlin kennen; G. weiss aber gegen- 
uber H. ihren Namcn Elisabeth nicht. 

Otto, den funften Sohn kennen wieder alle Berichte. 
MC. und G. bezeichnen seine Gemahlin als eine Tochter 
des Herzogs von Niederbayern. M. und H. kennen auch 
hierin bios ein Bayern; H. allein weiss ihren Namen 
Elisabeth; deren zwei Sohne Friedrich und Leopold sind 
alien bekannt. 

Albrecht den Lahmen erwahnen wiederum Alle, ebenso 
seine Gemahlin Johanna als Tochter des Grafen von Pfirt. 
MC. allein kennt ihren Namen Johanna nicht. 

Von den Tochtern Konig Albrechts wird Anna von 
MC. gar nicht erwahnt, die ubrigen aber ohne Namen, aus- 
genommcn Agnes und Katharina; M. kennt ebenfalls bios 
diese beiden mit Namen, gegeniiber H. und G. die alle 
Namen wissen; in der Aufzahlung ihrer Manner gehen 
sie einig. 

Warum MC. neben Katharina bios Agnes noch nennt 1 , 
wird uns erklarlich, wenn wir beriicksichtigen, dass uns in 
den Genannten zugleich Wohltaterinen des Klosters Konigs- 
felden begegnen. Daselbst wurdc diese Stammreihe auf- 
gezeichnet; es geht dies aus MC. selbst hervor. MC. braucht 
beim Abschlusse der Stammreihe die Verbalform des 
Prassens, so sagt er, (181,10): -item- Agnes, quam ducens 
Andreas rex Ungarie sine liberis est defunctus, que hodi- 
erno die ducil vitam sanctam et beatam". Dicser Eintrag 
zeigt an, dafi er zu Lebzeiten der Konigin Agnes aufge- 
zeichnet wurde ;! und zwar nachdem sie im genannten 
Kloster selbst Aufnahme gefunden hatte, dennin der zitierten 



') In der Fassung dieser Stammreihe, wie sie Urstisen aufnahm, 
sind die Namen auch der ubrigen Tochter bekannt (Studer, 1. c. 181.) 

') Dieses item kehrt in dieser Stammreihe regelmassig wieder 
um deren Glieder aneinander zu reihen ; dadurch unterscheidet sie 
sich auch schon auBerlich von ihrer Fortsetzung. 

! ) Hierauf machte bereits Studer aufmerksam. aber wurde nicht 
beachtet ; er setzt die Enstehungszeit dieses Berichtes in die Jahre 
1360 1364 Juni 11. 






uM/trsiiYorcAiifciw 



Ein wesentlicher Unterschied in den versch. Berichten. 95 

Stelle ist offenbar nichts anderes gemeint als ihr kloster- 
liches Leben. 

Von welcher Bedeutung uns dieser Urastand ist, werden 
wir unten sehen ; er zeigt uns aber auch, dafi der betreffende 
Verfasser der Stammreihe die Namen der iibrigen Tochter 
Konig Albrechts nicht mit Namen erwahnt etwa aus Un- 
kenntnis, er setzt vielmehr deren Namen als bekannt vor- 
aus und bezeichnet sie deswegen bios in der Redeweise 
seiner Zeit, so wenn er sagt: item ducissa Lothringensis, 
item comitissa de Oetingen. 

Die Stammreihe welche uns MC. (und M.) bietet, unter- 
scheidet sich in einem anderen Punkte wesentlich von den 
iibrigen Berichten. MC. (und M.) 1 bieten bios eine Stamm- 
liste, letztere hingegen suchen den einzelnen Personlich- 
keiten auch Notizen iiber ihren Tod und Begrabnisort beizu- 
fiigen. Aufmerksam hierauf macht uns in besonderer Weise 
G. Dicse Notizen nun sind von grofier Wichtigkeit, um 
uberhaupt Klarheit fiber das Verhaltnis der in Betracht 
fallenden Chronisten zu einander zu erhalten. MC. und M. 
bieten fur dicse Untersuchung keine Anhaltspunkte und 
fallen einstweilen aufier Betracht. 

Den Tod Konig Albrechts geben M. (42, 22) sowohl 
wie H. (186, 2) und G. zum 1. Mai 1308. G. gibt das 
Verbum im Praisens und vermerkt gegeniiber H. nicht, dafi 
Albrecht in Konigsfelden beigesetzt wurde, weil Albrecht 
da nur kurz ruhte und bald darauf nach Speyer uberfuhrt 
wurde, es handelte sich um keine definitive Bestattung-. 

Nicht uninteressant ist die Differenz zwischen H. und 
G. hinsichtlich Elisabeths, Albrechts Gemahlin. H. (189, 15) 
sagt, sie sei 1313 V. kal. nov. gestorben und zuerst zu "Wien 
und hernach zu Konigsfelden begraben worden. Demgegen- 
uber bringt G. das Jahr 1316, aber nicht als Todesjahr 



') M. scluebt anderweitige Berichte ein. 

') Nach anderen Berichten soil der Leichnam Albrechts ilber- 
haupt nicht in Konigsfelden sondern in Wettingen aufbewahrt worden 
sein bis zur Ueberfiihruiig nach Speier. Dann zeigt G. noch deutlicher 
seine Richtigkeit. 






UM.'EC:-ITY Of CALirCR'JI/ 



96 Exkurse. 1. Gtindelfingens Genealogie der Habsburger. 

sondern als Zeitpunkt des Begrabnisses der Elisabeth in 
Konigsfelden; das Verb stent hier im Perfect. 

Auch die Notizen iiber Tod und Begrabnis der Sonne 
und Tochter Konig Albrechts und der Elisabeth gewahren 
noch weitere Einblicke in das Verhaltnis von H. zu G. 
bezw. zu ihrer Quelle. 

Von Rudolf wissen weder H. (178, 25) noch G. das 
Todesdatum; von dessen Gemahlin Blanka erwahnt H. 
(179, 3) unrichtig als Todesjahr 1300 (1305). G. kennt bios 
den Namen der Gemahlin, nicht auch das Datum '. 

Friedrichs, des nachmaligen Konigs Tod setzt H. (197, 1) - 
in das Jahr 1330, ebenso G. der noch beifugt, Friedrich 
werde (Praesens) ,in quodam Austrie claustro in octava 
epiphanie" beigesetzt '. Den Tod der Gemahlin Friedrichs 
kennt H. allein. 

Leopolds Tod erfolgte nach H. (180,6) im Marz 1326, 
nach G. starb Leopold zu Strafiburg und wird (Prassens) 
gemeinsam mit seiner Gemahlin Katharina und einer Tochter 
am letzten Februartage (28. Februar) in einem Sarkophage 
zu Konigsfelden bestattet; K. bestatigt das Datum bei G. 
mit „pridie kalendas martii (28. Februar). Der Bericht des 
G. setzt einen friiheren Tod Katharinas sowie einer ihrer 
beiden Tochter voraus (iiber welche wir an Todesnach- 
richten in unseren Berichten sonst nichts erfahren, auher 
was bei G. steht) und zeigt gute Bewandnis mit der Habs- 
burgergruft in Konigsfelden: auch diese Textstelle bei G. 
weist deutlich auf Konigsfelden selbst als deren Ent- 
stehungsort hin. 

Von Bedeutung ist der weitere Umstand, dan G. auch 
fur Heinrich sowie dessen Gemahlin als Begrabnisort 
Konigsfelden angibt, was H. nicht kennt. H. sagt irrtiim- 
lich, Heinrich sei 1332 gestorben; demgegcnuber bringt G. 
allein die richtige Angabe, Heinrich sei 1327 zugleich 

') H. scheint unrichtig erganzt zu haben. 

') Zu beachten ist, da6 H. dies nicht aus K. schftpft (?) Vgl 
Seemiitter, 1. c. Note zu § 370. 
') Orig. MS. fo 29v. 






uM/irsuvorcAUfciw 



Ein wesentlicher Unterschied in den versch. Berichten. 97 

mit seiner Gemahlin in Konigsfelden begraden worben 
(Perfect) ,in die Blasii" (3. Februar) G. kennt aber gegen- 
iiber H. weder den Namen der Gemahlin Heinrichs noch 
deren Tod, den H. im Herbst 1343 erfolgen lafit. Der 
Bericht bei G. der den Begrabnisort kennt und auch weifi, 
da£ "Heinrich und seine Gemahlin gemeinsam bestattet 
sind, weist wiederum deutlich auf Konigsfelden hin, 
als auf den Ort, wo er erstmals aufgezeichnet wurde, 
und zwar erfolgte dies nach dem Tode der Gemahlin 
Heinrichs, deshalb lautet bei G. das Verb im Perfect ,se- 
pultus est". 

Ottos Tod erfolgte nach H. (181, 10) im Jahre 1350, 
nach G. aber 1367 jm Monat Februar. H. allein kennt 
dessen Begrabnisort zu ,Newnperg*\ Den Tod der ersten Ge- 
mahlin Ottos, Elisabeth kennt H. nicht, wohl aber G. der 
das Jahr 1345 angibt 1 . 

Albrechts des Lahmen Tod setzt H. (199, 21) auf 
1358 III. kal. Aug. (30. Juli) und sagt, Albrecht sei in einem 
Karthauserkloster Osterreichs begraben; G. aber berichtet, 
Albrecht wird (Praesens) am 19. Juli 1368 -,in cenobio 
Gemmikilch" begraben. H. allein kennt den Tod Johannas 
der Gemahlin Albrechts. 

Annas, der Tochter Konig Albrechts, Tod und Begrab- 
nis ist sowohl H. wie G. unbekannt. 

Die Konigin Agnes starb nach H. (192, 30) am Barna- 
bastag (11. Juni) 1364 und wurde zu Konigsfelden begraben. 
G. gibt nicht den Todestag, sondern sagt, Agnes wird 
(Prasens) am 10. Juni 1364 in Konigsfelden beigesetzt. Den 
Tod ihres Gemahls, des Konigs Andreas von Ungarn kennt 
H. allein. 

Elisabeth starb nach H. im Jahre 1352 und liegt zu 
Konigsfelden; nach G. wird (Praisens) sie am 19. Mai 1352 
in Konigsfelden beigesetzt. 



') Vielleicht gehort dieses Datum in die Liicke von KG. — See- 
mtiller, 1. c VI. 1 S. 180 ij 372 Anm. 8 zur Z. 9. setzte demnach in die 
Liicke richtig die 40 er Jahre, wenn nach G. auch nicht das Todes- 
datum Ottos gemeint ist, wie Seemiiller es annimmt. 

7 






UM/srsiTYOKAurcrw 



98 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

Guotas Tod kennt H. (193, 15) nicht, wohl aber deren 
Begrabnisort zu Konigsfelden; G. dagegen sagt, sie sei am 
5. Marz 1329 zu Konigsfelden begraben worden (Perfect). 

Merkwurdigerweise kennt von der letzten Tochter 
Katharina weder H. noch G. den Todestag, H. (194, 8) 
allein bemerkt, sie sei zu Konigsfelden begraben worden ; 
bevor dies erfolgte, scheint somit der Bericht in G. beendigt 
worden zu sein. 

Der Bericht iiber die Begrabnisstatten bei G. zeigt, 
dafi er Konigsfelden viel naher stent als H. Auffallend 
ist, dafi in G. bei den Begrabnisberichten unterschieden 
wird im Gebrauch der Verbalform, bald treffen wir Perfect 
und bald Praesens. Dafi dies nicht willkurlich angewendet 
wird, zeigten bereits die obigen Ausfuhrungen bei den 
einzelnen Berichten. Besonders bemerkenswert ist, dafi 
wir gerade eine Grnppe von Berichten im Prassens (1352 
Mai 19. — 1364 Juni 10. — 1368 Juli 19') haben, welche in 
die gleiche Zeit fallen, in der MC. das Verb ebenfalls im 
Prcesens gebraucht; K. schlicfit ebenfalls mit dem Datum 
1364 Juni 10., mit dem Tode der Konigin Agnes. 

In diesen 3erichten beruhren sich somit MC. K. und G. 
sehr nahe. 

Hieraus, wie aus dem dargclegten Verhaltnis der ver- 
schiedenen Berichte zu einander ergeben sich die Resultate 
fur die Bestimmung der Abfassungszeit und Zugehorigkeit 
der Berichte bezw. der Vorlagen von MC. M. H. KG. und G. 

MC. zeigt eine einheitliche Stammreihe von Konig 
Rudolf und Konig Albrecht, diese weist auf Konigsfelden 
hin, wo noch bei Lebzeiten der Konigin Agnes und zwar 
zur Zeit, als sie dem Klosterverbande angehorte, diese 
Stammreihe aufgezeichnet wurde; diese fand hcrnach Ver- 
wendung sowohl in der urspriinglichcren wie in freierer 
Fassung. In MC. ist sie am urspriinglichsten erhalten ge- 
blieben. In M. treffen wir sie in freierer Gestaltung ver- 



') Letzteres aber betrifft nicht Konigsfelden und gehort vielleicht 
schon nicht mehr der ursprunglichen K. an. 






uM/irsuvorcAUfciw 



VerhSltnis der verschiedenen Berichte. 99 

arbeitet, da M. sie auflost, um Berichte fiber Zeitereignisse 
einflechten zu konnen, er verfahrt • dabei so griindlich, dafi 
man nur mit Mtthe das genealogische Geriist herausschalen 
kann. 

Hinsichtlich der einheitlichen Stammreihe bilden K. H. 
KG. und G. innerhalb der Gesamtgruppe unserer Berichte, 
gegeniiber MC. und M. eine Sondergruppe. 

Von letzteren zweien unterscheidet sich diese Sonder- 
gruppe namlich dadurch, dafi sie nicht bios die Stammreihe 
bietet sondern auch die Personalnotizen iiber Tod und 
Begrabnis. K. ist nicht in der urspriinglichen Gestalt er- 
halten aber zeigt in seinen Auslaufern H. KG. und G., dafi 
wir K. auch zu dieser Sondergruppe zu rechncn haben. 

Am deutlichsten zeigt G. uns den Charakter der 
Sondergruppe, er kommt noch dem urspriinglichen Berichte 
am nachsten, in ihm allein finden wir noch die annalistische 
Form erhalten, in welcher der jeweilige Schreiber in 
Konigsfelden Vergangenes im Perfect und sich gerade Er- 
eignendes in der Prxsensform aufzeichnete; G. allein lafit 
noch die ursprungliche Quelle durchblicken. Diese scheint 
eher ein Totenregister (Anniversar?) oder ein Begrabnis- 
buch (Depositionscatalog?) als ein Annalenwerk gewesen zu 
sein, das etappenweise (Perfect, Pratsens) fortgefiihrt und 
zu dessen Eintragungen einzelne annalistische Notizen beige- 
geben wurden. Auch von letzteren besitzen wir einige bei G. 

Zwischen Totenbuch und Annalenwerk lafit sich bei 
der Gestalt, in der uns K. erhalten blieb, nicht leicht unter- 
scheiden; G. mag leicht diese und jene annalistische Notiz 
in Hinsicht auf den bios genealogischen Zweck seines 
Buches weggelassen haben; was erhalten blieb zeigt uns 
mit wenigen Ausnahmen (Gefecht bei Winterthur, an der 
Schosshalden, am Morgarten) bios einseitig das Totenbuch; 
immerhin ist wohl zu beachten, dafi G. bei der Erwahnung 
des Todes Konig Rudolfs sagt: ^sicuti eius testantur anna- 
lia obiit anno 1291" ', 



') Orig. MS. fo 31. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



100 Kxkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

Vielleicht war derselbe Schreiber, welcher die Todes- 
nachricht des Jahres 1352 (Praesens) in das Konigsf elder 
Totenbuch eintrug, auch der Verfasser der einheitlichen 
Stammreihe, die er zu Lebzeiten der Konigin Agnes auf- 
stellte. Den Tod derselben vermerkte er aber nicht in diese 
Stammreihe sondern ins Totenbuch und in G. blieb uns mit 
grosser Wahrscheinlichkeit der Necroiog erhalten, den er 
da eintrug 1 . 

In KG. beweist gerade die Stammreihe, dafi ihre 
Fassung gegeniiber K. liickenhaft ist, was KG. im Verhaltnis 
zu MC. schon zeigt-. KG. kann so leicht auf Grand der 
Beruhrung mit H. den Eindruck erwecken, als sei K. fur 
die Stammreihe Konig Rudolfs, den ersten Teil der einheit- 
lichen Stammreihe von H. abhangig, wahrend K. fur den 
zweiten Teil, die Stammreihe Konig Albrechts anerkannter- 
mafien die Quelle bildet :! . Wie wir aus den dargelegten 
Untersuchungen sehen, besafi K. nicht bios den zweiten 
Teil sondern die ganze Stammreihe einheitlich und konnte 
so fur spatere Berichte die Vorlage bilden 1 . Seemuller deckt 
selbst auch einige Bedenken auf, welche gegen die An- 
nahme sprechen, das Verhaltnis von K. zu H. sei hinsicht- 
lich der Stammreihe Konig Rudolfs gerade das umgekehrte 
von demjenigen der Stammreihe Konig Albrechts'. Die 

') Orig. MS, fo 66, er lautet vermengt mit der Stammreihe : 
..Secunda Agnes, a rege Ungarie ducta, que post mariti mortem 
ad monasterium in Regiscampo devenit, quod cum (MS. irrig non) exi- 
guis gazis (hievon hat weder KG. noch H. Kenntnis, sie erwahnen 
dafur andere Geschenke) et iminensis diviciis ac privileges dotavit, 
celibem inibi peragens vitam patrisque mortem ingenti cum vigilancia 
vindicans, eius occisores dominos videlicet de Warta, de Palma, de 
Kschenbach eorumque complices trucidando fugando aliisque modis talio>- 
nem redendo, in eodem monasterio sepelitur anno 1364 10. die men- 
sis Junii". 

') Wodurch Seemilllers Schlussurteil iiber das Verhaltnis des ver- 
lorenen Originals von K. zur Ubcrlieferung in KG. eine weitere Be- 
kraftigung erhalt, Deutsche Chroniken VI. 2. S. CCLXI Z. 32. 

3 ) Wie Seemiiller, Zur Kritik S. 13 ff. bes. S. 21. feststellt. 

4 ) Ebenda und deutsche Chroniken VI. 2. S. CCLX ff. 
) Zur Kritik S. 31. 



\ 



UM /K 51TY Or CALirCRMl.' 



Era Kdnigsfelder Anniversar Oder ein Depositionscatalog ? 101 

Rolle, welche MC. in dieser Frage spielt, zeigt, wie be- 
griindet diese Bedenken sind. 

Man muss aber auch im Auge behalten, dafi die ein- 
heitliche Stammreihe bios die direkte Stammlinie enthalt; 
derjenige Teil in M. H. KG. und G. welcher die Kindes- 
kinder Konig Rudolfs anfiihrt, ist eine Einschachtelung in 
die einheitliche Reihe und hinsichtlich dieser eingeschobenen 
Partie hat Seemtiller recht, sie ist der direkten Stammreihe 
von Haus aus fremd und j linger '. 

Ob aber bereits die erste Verbindung von Totenbuch (Anna- 
len?), Stammreihe und der Griindungsgeschichte Konigsfeldens, 
K. diesen eingeschobenen Passus enthielt, das ist nicht so leicht 
nachzuweisen ; aus K. schopfen M. H. KG. und G. und so 
scheint es nicht unwahrscheinlich ; deren Verschiedenheit 
innerhalb dem eingeschobenen Teile macht aber diese An- 
nahme doch fraglich. 

Die erste Fassung von K. wurde aufgezeichnet gleich 
oder bald nach dem Tod der Konigin Agnes. Es scheint 
sehr wahrscheinlich, dafi gerade ihr Hinscheid, der schmerz- 
liche Verlust der grofien Gonnerin des Klosters Konigsfelden 
die Veranlassung bot, unter Zuhilfenahme bereits vorliegen- 
der Aufzeichnungen (Totenbuch, Stammreihe, etc.) der edlen 
Wohltaterin ein schriftliches Denkmal zu setzen. In den 
Jahren 1365 66 mufi dieses erfolgt sein-'. 

Soweit reicht die alte Fassung von K. und wie wir 
gesehen haben, hort auch MC beinahe in demselben Mo- 
mente (genauer ein Jahr zuvor) auf. 

K. erhielt eine Fortsetzung; dasselbe ist auch bei MC. 
der Fall, aber MC. verlafit, "wie oben dargetan, bei der 
Aufzahlung der Kindeskinder Konig Albrechts den gemein- 
samen Boden, auf den sich MC. M. H. KG. und G. zu- 
sammen fanden. und geht eigene Wege. Bei M. ergaben 
sich bei denselben Kindeskindern nur mehr wenige (viel- 
leicht bios zufallige) Parallelen, um nun vollstandig ausser 



') Ebenda, S. 13. 

*) Vgl. ebenda, S. 12. 






UM/irSIIVOKALirCfW 



1&2 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

Betracht zu fallen, da er keine Anhaltspunkte mehr bietet, 
welche fur die Untersuchung der Fortsetzung von K. be- 
langreich waren. 

Als abhaugig von der Fortsetzung der Konigsfelder 
Chronik (FK.) erscheinen H. KG. und G. 

Zwischen H. und G. bleibt das oben gekennzeichnete 
Verhaltnis bestehen bis zum Eintritt der Stammreihe von 
Herzog Leopold (f 1386 Juli 9.). Die Grundztige bleiben 
dieselben, in den Einzelheiten aber weichen sie oft von 
einander ab. 

H. (198 § 398 ') wie G. kennen vier Sonne und zwei 
Tochter Albrechts des Lahmen. Nach H. starb der erst- 
geborne Rudolf 1365 VI. kal. aug. (27. Juli) und liegt zu 
"Wien in S. Stephan begraben. Nach G. wird (Praesens) 
Rudolf 1365 am Sonntag nach Jakobi (27. Juli) in S. Stephan 
beigesetzt '-. Den Namen seiner ersten Gemahlin kennt G. 
gegenuber H. nicht, sondern weifi bios, dafi sie eine Tochter 
Konig Karls von Bdhmen war. KG. benennt sie irrig als 
Elisabeth. In der Angabe der 2. Gemahlin stimmen H. 
und G. iiberein. Friedrich starb nach H. (208 1) 1363 IV. 
non nov. (2. Nov.) G. sagt aber richtig, er sei (Perfect) am 
10. Dez. 1362 gestorben ; als dessen Begrabnisort nennen sie 
beide S. Stephan in Wien. Albrechts Todesdatum kennt 
weder H. noch G. ; letzterer aber berichtet er sei „circa 
Brunn in Moravia" gestorben und in Wien begraben worden; 
er habe die Universitat Wien gegrundet, welches Verdienst 
nach H. (209, 22) erst dem gleichnamigen Sohne Albrechts 
zukommt. 

Die bisher so enge Verwandtschaft zwischen H. 
und G. lockert sich. Es ist sehr wohl denkbar, das FK 



') H. schSpft getreu aus FK. 

') Orig. MS. f° 33v : ..qui mausoleum S. Colomanni mirifice et 
sumptuoso opere complevit pluraque ecclesiis bona contulit - ecclesie 
Wiennensis S. Stephani preposituram fundans, miroque opcre turris 
structuram incipiens sine liberis decessit ac in eadem ecclesia anno 
1365 dominica proxima post Jacobi sepelitur." KG. stimmt weder 

mit H. noch mit G. in der Angabe des Todesdatunis iiberein. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



Stammreihc Albrecht des Lahmen. 103 

dem H. noch nicht so weit fortgefiihrt vorlag als dem G. 
G. kennt gegeniiber H. weder den Vornamen der ersten 
Gemahlin Albrechts noch denjenigen derzweiten, bei letzterer 
erwahnt er anstatt Beatrix von Niirnberg (bei H. 209, 5) 
bios, sie sei eine Tochter des Herzogs von Holland. Her- 
zog Leopolds Tod weifi H. (215, 24) bios mit dem Jahr 
(1386) nicht aber auch mit dem Tage (9. Juli) zu datieren, 
gegeniiber G. ' ; beiden gemeinsam ist die Angabe des Be- 
grabnifies in Konigsfelden. G. weist also da wiederum auf 
einen genaueren und wohl einen Konigsfelder Bericht hin. 
G. kennt aTt>er nicht den Namen der Gemahlin Leopolds, 
die H. (211, 15) mit Viridia bezeichnet, dafur weifi aber H. 
nicht, dafi diese eine Visconti war, was wir aus G. erfahren, 
in der Benennung ihres Vaters Barnabas Mediolanensis 
gehen beide einig. Albrechts des Lahmen Tochter Katha- 
rina nennt H. (190, 4) vor der Tochter Margareta, bei G. 
ist dies umgekehrt. Von Katharina weifi H. bios, dafi sie 
eine Clarissin war, G. aber ist genauer unterrichtet und 
sagt, sie sei Abtissin eines S. Claraklosters in Wien gewesen. 
Von Margareta weifi sowohl H. wie G. bios ihre Ver- 
heiratung, hierin aber gehen H. und G. wiederum auseinander, 
indem nach H. (199, 6) Margareta in erster Ehe mit dem 
Herzog Meinhart von Baiern, in zweiter mit dem March- 
grafen von Mahren vermahlt war, nach G. aber mit dem 
Marchgrafen von Brandenburg. Nur mehr gemeinsam ist 
H. (211, 15) und G. die Aufzahlung der vier Sohne Herzog 
Leopolds, von einer Tochter Elisabeth hat G. keine 
Kenntnis. 

Gundelfingens Vorlage scheint hier geendet zu haben ; 
er sucht denn auch schnell uber die folgenden Glieder hin- 
wegzukommen, um alsdann bei Kaiser Friedrich in einer 
Lobrede, die wenig tatsachliches bietet, langer zu verweilen 
und mit Herzog Sigismund, Gundelfingens Gonner, seine 
Ha"bsburger Genealogie abzuschliefien. 

') G. (Orig. MS. fo 34) : ..Quartus Alberchti Contracti filius Leo- 
paldus — in Sempach anno 1366 (offenbarer Schreibfehler statt 1386\ 
9. die mens, iulii bello periit, in Campo regis suis cum maioribus se- 
pulture mandatus." 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



104 Exkurse. 1. Gundelfingens Genealogie der Habsburger. 

Auch dieser 3. und letzte Abschnitt des 2. Buches 
zeigt, dafi G. nicht aus H. geschopft hat, wohl aber, dafi 
sowohl H. wie G. auf Vorlagen beruhen, die . einander sehr 
nahe verwandt sind. 

Auffallend ist, dafi Gundelfingen bei Kaiser Friedrich 
sagt, er sei der 17. Kaiser seit Augustus, und an einer 
anderen Stelle bemerkt, das Haus Habsburg zahle bis zu 
seiner Zeit bereits funf romische Konige 1 . Er scheint eine 
Liste vor sich gehabt zu haben, an der er diese Glieder 
abzahlen konnte. Vielleicht umfafite die urspriingliche 
Konigsfelder Chronik eine grofiere Konigslisfe, als man 
heute aus der iiberlieferten festzustellen vermag 2 . Gundel- 
fingen hatte demnach nicht bios die Stammreihe der Konige 
Rudolf und Albrecht sondern auch derjenige Teil von K. 
vorgelegen, welcher der Stammreihe vorgeschoben wurde ; 
bei ihm stofien wir sodann auch auf FK., die in ihren 
annalistischen Beigaben bis 1411 reichte : \ die letzte Todes- 
hachricht, die Gundelfingen bringt und die er nicht selbst 
erlebt hatte, trifft gerade das Jahr 1411'. 

"Wenn wir nun die Gesamtergebnisse unserer Unter- 
suchung ubersehen, so ergibt sich zunachst die vollige Un- 
richtigkeit der Meinung, Gundelfingen habe direkt aus dem 
sogn. Gregor Hagen geschopft und der Umstand, dafi 
Gundelfingen bios funf Tochter Konig Rudolfs kennt und 
mit Hagen allein ' die erste dieser Tochter Clementa nennt, 
erklare ausreichend und ohne Rest das Doppelverhaltnis 
Gundelfingens zu Hagen und Mathias von Neuenburg, das 
in den genealogischen Notizen Gundelfingens sich zeige ,! . 



') In der Einleitung zum 3. Buche der Austria*, Orig. MS. f° 37 * ; 
Gundelfingen bezeichnet daselbst Kaiser Friedrich als patruelis des 
Herzogs Sigismufid. 

') Vgl. Seemiiller, Zur Kritik 1. c. S. 49. 

:l ) Ebenda. 

') Orig. MS. fo 34: ..Primus enim [Leopaldi| filius Leopaldus 
Magnus duxit Katherinam de Burgundia, anno 1411 quarta feria an- 
garie penthecostes (3. Juni) ad superos conscendit." 

') Seemiiller, Zur Kritik S. 23. Anmerkung 1, iibersieht hierin KG- 

") Ebenda. 



if C.-LKCr-ll:' 



Riickblick und Endresultat dieses Exkurses. 105 

Gundelfingens 2. Buch, iiber das Haus Habsburg ist 
nicht bios keine Kompilation ans Mathias von Neuenburg 
und Hagen, sondern ist uns sogar der Schliissel, der uns 
zur Quelle fuhrt, aus der auch Mathias und Hagen, seine 
angeblichen Vorlagen schdpften. 

Gundelfingen ubernahm die Stammsage der Habsburger 
aus einem Berichte, dessen Quelle nicht bios alter als 
Mathias ist sondern auch dessen Fundgrube darstellt. In 
der Aufzahlung der Stammreihe der Konige Rudolf und 
Albrecht weist er sodann hin auf eine gemeinsame Quelle 
MC, welche die einheitliche Stammreihe der Konigsfelder 
Aufzeichnungen enthalt; diese wurde von Mathias zerrissen, 
von dem Verfasser der Konigsfelder Chronik aber in sein 
Werk unverstummelter aufgenommen und von hier aus 
gehen die verschiedene Zweige, wie sie sich in H. KG. und 
G. finden. Dieses Verhaltnis erklart uns auch, warum 
Hagen auch mit Mathias von Neuenburg sich in einigen 
Punkten beriihrt und beweist, dafi der Verfasser der Konigs- 
felder Chronik nicht notig hatte, erst aus Hagen Ent- 
lehnungen zu machen, um die Stammreihe K6nig Rudolfs 
aufzustellen. 

Die vor dem Tode der Konigin Agnes abgeschlossene 
einheitliche Stammreihe (die nach ihrem Tode und vor 
Anfang 1366 eine Erganzung erhielt ') bildete fur die Konigs- 
felder Chronik den Grundstock; der Verfasser der Chronik 
verwendete ihn und gestaltete ihn in der Stammreihe 
Kdnig Albrechts mit Nachrichten aus einer zweiten Gruppe, 
(Totenbuch oder ein Annalenwerk) weiter aus. 

Noch deutlicher als die erste Gruppe zeigt die zweite 
auf Konigsfelden als ihren Entstehungsort hin und diese 
bestarkt infolge des Zusammenfallens ihrer Abfassungszeit 
die Annahme, auch erstere sei am selben Orte entstanden. 

Diesen zwei Gruppen fugte der Verfasser der Konigs- 

') Vgl. Seemtiller. (zur Kritik S. 12) der die Abfassungszeit der 
Stammreihe Konig Albrechts iiberhaupt zwischen Juli 1365 und Anfang 
1366 setzt, da er bios auf K. bezw. KG. abstellt, welche in diesem 
Punkte bereits als eine Forts etzung von MC. erscheinen. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



106 Exkurse. 1. Guadclfingens Genealogie der Habsburger. 

felder Chronik einen dritten Teil bei, die Griindungs- 
geschichte des Klosters Konigsf elden ; Gundelfingen beruck- 
sichtigte diese nicht, weil es ihm nur urn genealogische 
Nachweise zu tun war. 

In Gundelfingen lafit sich ferner auch die der Konigs- 
felder Chronik bezw. der Stammreihe Konig Rudolfs und 
Albrechts vorgeschobene Konigsreihe, wenn auch nur mehr 
schwach erkennen, deutlicher dafiir aber die Fortsetzung 
der Chronik bis zum Jahre 1411. 

In ihm allein treffen wir noch einen direkten Anklang 
an den Rohbau des Konigsfelder Werkes, der in Mathias 
von Neuenburg, in Hagen wie auch in der bei Gerbert er- 
haltenen Fassung weit mehr verwischt ist. Er allein bietet 
noch die annalistische Form, in welcher Vergangenes in 
der Perfect- und eben sich Ereignendes in der Praesens- 
form aufgeschrieben wurde; es schimmert durch die 
Fassung Gundelfingens noch deutlich der Charakter der 
urspriinglichen Konigsfelder Aufzeichnungen, speziell ihrer 
2. Gruppe durch, die entweder ein Totenbuch mit anna- 
listischen (Rand-) Notizen oder ein Annalenwerk selbst ge- 
bildet haben. 

Auf Annalen weist Gundelfingen wie oben bemerkt 
selbst bin, indem er zum Todesjahre Konig Rudolfs sagt '• 
-sicuti eius testantur annalia'' '. 

Dieses annalistische Geprage erklart aber auch die 
Knappheit und Kurze anderweitiger Berichte in Gundel- 
fingens Genealogie, wie die oben erwahnten Gefechte bei 
Winterthur und an der Schofihalden, dasselbe ist der 
Fall bei der Erwahnung der Schlacht am Morgarten "-' und 
bei Sempach 1 . Dafi die Vorlage Gundelfingens in den 
ersten beiden die Zahl der Erschlagenen kennt, beweist, 

') Orig. MS. f° 31. Dies zcigt auch, warnm Gundelfingen sich 
gezwungen sah. die Charakteristik KOnig Rudolfs und Albrechts aus 
anderen Autoren zu schopfen, seine annalistische Vorlage bot fur die- 
selbe offenbar zu wenig. 

') Vgl. S. 93, Anm. 1. 

') Vgl. S. 103, Anm. 1. 






Uhl/SrSIIYOKAUfCIW 



Der Wert des 2. Buches von Gundelfingens ..Austria?'*. 107 

dafi der betreffende Annalist mit den Ereignissen gut ver- 
traut, zugleich aber auch ein Habsburger Freund war, 
denn in den beiden ersten Gefechten siegten die Habs- 
burger, da werden die Gefallenen ihrer Gegner genannt, 
am Morgarten und bei Sempach aber waren sie die Unter- 
legenen, hier wird die Zahl der Erschlagenen wohlwollend 
verschwiegen, dafur aber die Niederlage beklagt oder bios 
trocken registriert '. 

Der Umstand, dafi Gundelfingen in so umfassender 
"Weise, beinahe sein ganzes zweites Buch iiber die Habs- 
burger auf den Konigsfelder Aufzeichnungen fufit, fiihrt zur 
Vermutung, es mochte auch die Habsburger Stammsage, 
wie sie sich in den, eingangs dieses Excurses erwahnten 
"Werken findet, vielleicht aus Konigsfelden herruhren "-'. 
Oder kannte man vielleicht in Konigsfelden eine Klingen- 
berger Chronik und fiihrte sie weiter; deckt sich etwa in 
letzter Linie gar die ganze Frage nach einer Klingenberger 
Chronik mit derjenigen nach der ursprunglichen Fassung 
der Konigsfelder Chronik bezw. ihrer einzelnen Teile? 

Gundelfingen vermag uns diese Fragen noch nicht zu 
heben, aber er bahnt doch den Weg zu ihrer Losung. 

Dies alles zeigt, von welcher Bedeutung Gundelfingens 
2. Buch seiner Austria? ist, um einer Losung der Frage 
nach der Klingenberger Chronik naher zu kommen und um 
die Entstehung und die urspriingliche Fassung der Konigs- 
felder Chronik zu erkennen ; es behauptet hierin neben 
Mathias von Neuenburg und dem sogn. Gregor Hagen einen 
vollends ebenbiirtigen ja hoheren "Wert. 

Gundelfingens Bericht ist umso mehr beachtenswert 
gerade deshalb, weil er zu befangen war, das gefundene 
Material selbstandig zu verarbeiten und somit uns seine 
Vorlage getreuer wiedergibt. 



') Vgl. S. 103 Anmerkung 1. 

-') Der lehrhafte Charakter der Stammsage weist schon eher auf 
einen geistlichen Verfasser bin als auf einen Laien. 






uM/irsuvorcAUfciw 



2. Heinrich Gundelfingen und Albrecht 
von Bonstetten. 



Auf ein Verhaltnis zwischen diesen beiden Friih- 
humanisten haben bereits in besonderer Weise hingewiesen 
A. Biichi, hinsichtlich Ubereinstimmungen in deren Werken 
zur Geschichte Osterreichs ', und G. Tobler, der die eigen- 
artige Ubereinstimmung in deren literarischer Tatigkeit 
hervorhebt'-'. 

Urn hieriiber eine kleine Untersuchung anzustellen, mag 
es nicht unangezeigt erscheinen, die in Betracht fallenden 
"Werke Gundelfingens und Bonstettens vorerst in chrono- 
logischer Reihe einander gegenuber zu setzeu. 

Gundelfingen. Bonstetten :i . 

1. „ Austria? principum chro- a) *Germania praelia Karoli 
nici epitome triplex." (1476) I quondam Burgundise." 



2. Hierin im 3. Buche r Bel- 
lum adversus Burgundi- 
ones u . (1476) 

3. „Descriptio confcederacio- 
nis Helveticae." (vor 1479 
bezw. 1480) 

4. ..Amcenitates urbis Lucer- 
nensis." (ca. 1480) 

5. ..Topographia urbis Ber- 
nensis." (1486) 

6. ^Historia Nicolai Under- 
waldensis eremita? (1488 
Aug. 13.) 



(1477) 

b) „Historia fratris Nicolai 
de rupe heremite Under- 
waldensis." (1479) 

c) Superioris Germanise con- 
fcederacionis descriptio. 
(1479) 

d) Historia domus Austriae. 
(1491) 



') 1. c. 110 115. 

') In d. Jahresbcrichten der Geschichtswissenschaft 12. Jahrgang 
1889 (Berlin 1891) Abt. 2. S. 176. 

') Vcrzeichnis seiner Schriften Vgl. Biichi, 125 126. 






UM.'Ef'-MTV Or C.'- LlfCR-JI,- 



Vcrgleichung ihrer Werke. 109 

Dieser Liste konnten noch folgende "Werke beigefugt 
werden. 

[Alexandri] „militaria moni- I „Alexandri Magni de situ 



Jndie ad Aristotelem. (1495) 
Officium horae canonice '. 



menta." (vorl476) Vgl. S. 33. 

Officium de beato Nicolao. 
Vgl. S. 68. 

Da aber diese letzteren nur bios aufierlich im Titel 
sich beriihren, gehen wir nicht naher auf sie ein. 

Von ersteren aber entspricht 

N° 1 = d; 2 — a; 3, 4, 5 = c; 6 = b. 
Schon diese bios ausserliche Gegenuberstellung scheint mit 
Evidenz eine Verwandtschaft in der literarischen Tatigkeit 
Gundelfingens und Bonstettens zu erweisen. 

Da uns der Briefwechsel Bonstettens keinen Aufschlufi 
zu geben vermag, so sind wir lediglich auf eine Vergleichung 
der betreffenden "Werke angewiesen. 

Hier heben wir zunachst hervor das Verhaltnis von 
Gundelfingens „Austriae" zu Bonstettens ,Historia domus 
Austria?", von N° 1 zu d; hierin ist umso auffallender, dafi 
beide "Werke dieselbe Einteilung aufweisen, wahrend sie 
in der Ausfuhrung, rait einzelnen Ausnahmen, weit aus- 
einandergehen. 

Was den Bericht Bonstettens iiber die Geschichte Alt- 
Oesterreichs anbelangt, so ist dieser hier so gekurzt, dafi 
seine Quelle schwer zu ergrunden ist. Seemuller suchte 
sie nachzuweisen und betrachtet einen deutschen Auszug 
aus dem sogn. Hagen als Bonstettens Vorlage -. 

Wurde Bonstetten dem Berichte Gundelfingens iiber 
Alt-Oesterreich gefolgt sein, dann wurde Bonstetten doch 
gewifi den ersten Besiedler des Landes nicht .Stockerus" 
nennen 1 , wohl aber ^Abraham* wie Gundelfingen dies tut. 
Nach Bonstetten griindete der erste Landesbesiedler den 
„comitatum Stirie", hievon weifi Gundelfingen nichts '. 



') Vgl. ebenda. 

') Deutsche Chroniken, VI. 2. S. CCXCVII Z. 22 ff. 

3 ) MS. Hannover. 1. c. f° 8. 

') Auch der sogn. Hagen nicht. 






UM.'EfJ.ITY or C.'-Lircr:'!!/ 



110 2. Heinrich Gundelfingen und Albrecht von Bonstetten. 

Uberraschender ist folgende Stellc : Gundelfingen erzahlt 
namlich von einem heiligen „ Amman", der Marckgraf in 
Pannonien gewesen sein soil; bei Bonstetten finden wir 
aber: ,,Js [populus] quemdam superillustrem virum Amonem 
nomine in ductorem primum delegit, ante hoc de marchio- 
nibus invenio nihil"*. 

Das zeigt deutlich, warum Bonstettens Bericht gekurzt 
erscheint; er hatte keine Vorlage, aus welcher er die lange 
Reihe von Marchgrafen und Fiirsten vor „Amman" ent- 
lehnen konnte, cr hatte somit auch Gundelfingens ^Austriae" 
nicht vor sich, denn er hatte aus ihr schon Aufschlufi 
erhalten -. 

Welchen Quellen Bonstetten in seinen Ausfuhrungen 
ixber das Haus Habsburg folgt, hat Buchi bereits nach- 
gewiesen :1 . 

Wo Bonstetten mit Gundelfingen verwandt ist, bildet 
die Konigsfelder Chronik beinahe regelmafiig die Brucke 
zwischen beiden. 

Zv/ei einzige Stellen neben der verwandten Einteilung 
des "Werkes sind es, welche eine Verwandtschaft der Er- 
zahlungen Bonstettens und Gundelfingens nahe zu legen 
scheinen, indem beide die Habsburg an den Vierwald- 
stattersee verlegen und den Herzog Albrecht als Griinder 
der Universitat Wien bezeichnen '. 

In vielen anderen Punkten weichen die beiden aber 
vollstandig von einander ab, eine formelle Ubcreinstimmung 
fehlt durchwegs. 

Wenn wir nun alles das in Betracht Ziehen, so diirfte 
sich wohl ergcben, dafi Bonstetten Gundelfingens voll- 

') MS. Hannover fo 10. 

') Auch diese Stelle beweist, da6 Bonstetten den sogn. Hagen 
nicht kannte, denn aus ihm hatte er gleichwie aus Gundelfingen das 
Mangelnde erganzen kdnnen. Vgl. Buchi 1. c, S. 114, dessen Annahme 
von einer Abhangigkeit Bonstettens von Gundelfingen oder Hagen in 
der besprochenen Partie haltlos wird. 

') 1. c. 113 14. 116. 

') Welchen Irrtum Gundelfingen in seinem Stammbaum der 
Habsburger aber berichtigt. - Buchi, 1. c. 114 hat ebenfalls auf diese 
beiden Stellen hingewiesen. 






UM.'EC:-ITY Of CALirCR'JI/ 



Personliche Beziehungen Gundelfingens zu Bonstetten. Ill 

standiges "Werk nicht in Handen gehabt hat. Aber beniitzte 
cr vielleicht Ausziige? Die Moglichkeit einer solchen Be- 
niitzung kann ja nicht abgelehnt werden. Ein anderer 
Umstand aber ist noch in Betracht zu Ziehen, namlich die 
Schweizerreisc Gundelfingens von 1480 81, auf welcher 
dieser in Einsiedeln wahrscheinlich den Dekan Albrecht 
v. Bonstetten personlich gesprochen hat. Hiebei mag 
manqhes Wort tiber Geschriebenes und noch zu Schreiben- 
des gefallcn sein. Wenn man Bonstettens Bericht uber 
Alt-Oesterreich aufmerksam durchgeht und ihn vergleicht 
z. B, mit demjenigen Gundelfingens, so bekommt man 
wirklich den Eindruck, Bonstetten habe da etwas zu- 
sammengeschrieben, das er nur vom Horensagen her kannte 
und wenigstens noch in Erinnerung, wenn auch unklarer 
hatte, so z. B. fafite er den Ortsnamen ..Stocharus" als 
Personennamen auf, indem er nicht mehr wufite, dafi unter 
diesem Namen bios der Ansiedelungsort nicht aber der 
Ansiedler ^Abraham" selbst gemeint sei. 

Die beiden Hauptwerke Gundelfingens und Bonstettens 
in ihrcr Gesamthcit miteinander verglichen, mul man sagen, 
die Beriihrungspunkte sind vielleicht fast eher zufallige und 
allzu sparliche, um einc direkte Abhangigkeit des einen 
vom andern zu erweisen. 

An dieser Stelle miissen wir auch das Verhaltnis von 
N° 5 zu d kurz hineinbeziehen. N° 5 ist ebenfalls alter 
als d); in diesen beiden nun finden sich einige wenige aber 
genaue Parallelen. Mit dieser Abhangigkeit verhalt es 
sich nun aber also: Gundelfingen benutzte in seiner Topo- 
graphia urbis Bernensis vier kleine Stellen aus des Aeneas 
Sylvius Beschreibung der Stadt Wien'. Bonstetten schricb 
1491 diese Beschreibung des Aeneas ganz ab und einver- 
leibte sie seiner Historia domus Austria?, Die vermeintliche 
Abhangigkeit beruht also lediglich auf der Benutzung einer 
gemeinsamen Vorlage und ist ein Zufall -. Vielleicht wurde 

') Aenca; Sylvii, postca Pii Pape II. Historia rerum Friderici III. 
Imperatoris (Helmstadii 1700) S. 7. 

') Eine solche Stelle ist folgende : 






uM/irsuvorcAUfciw 



112 2. Heinrich Gundelfingen und Albrecht von Bonstetten. 

Bonstetten durch Gundelfingen auf Aeneas Sylvius aufmerk- 
sam gemacht. Benotigt hatte Bonstetten dics.-n Anstofi 
zwar nicht, er war so wie so ein Bewunderer des Aeneas 
Sylvius '. 

"W"as das Verhaltnis von N° 2 zu a) anbelangt, wo 
Gundelfingen und Bonstetten Zeitgeschichte schreiben, 
ist vor allem zu bemerken, da£ auch hier eine Abhangig- 
keit Bonstettens von Gundelfingen, der fruher geschrieben, 
nicht nachzuweisen ist. Beide Berichte sind selbstandig, 
in einzelnen Zahlenangaben stimmen sie uberein, in anderen 
weichen sie von einander ab; von einem Gefechte im 
Wallis berichtet Bonstetten nichts, wohl aber Gundelfingen. 

Eine mehr formelle Ubereinstimmung scheint zwar doch 
sich zu finden ; in Anschlu.fi an die Schlacht von Murten 
beide bringen namlich den Vers: 

Gundelfingen. Bonstetten - 

„incidis in scillam cupiens „incidit in Silleam rabiem 

vitare Caribtim. - volens vitare Charibtim." 

Dies ist aber wohl bios ein zufiilliges Zusammentreffen, 
das entstanden aus der beiderseitigen Kenntnis desselben 
Dichters. 

In Betracht kame nun das Verhaltnis vo.i N° 3, 4 und 
5 zu c). 4 und 5 fallen zeitlich nach c). Formelle Vcr- 
wandtschaft ist in diesen zwei letzteren nicht nachzuweisen. 
Inhaltlich ist beiden gemeinsam der Ruhm der schonen 
Gegend und der hubschen Gebaude. Merkwiirdig ist aber 
z. B. dafi Gundelfingen bci Bern bios 20 Commitate mit 
12000 kriegstiichtigen Leuten erwahnt gegeniiber Bonstetten 



Gundelfingen. Bonstetten (MS. Hannover 1° 16 v ). 

,.fenestre, que undique vitree ..modo fenestra- undique vitrei* 

perlucent in domibus, multa et , perlucent, in doniibus multa et 



mundu suppellex." 



inunda suppellex." 



') Auch hatte Bonstetten in Italien studiert und wahrscheinlich 
die Reise seines Abtes Gerold zu Pius II. nach Puteoli mitgemacht 
Vgl. Biichi, Bonstettens Brief e I. c S. 63. 

) Bonstellens, Beschreibung der Burgunderkrie^e, herausg, im 
Archiv fQr Schweizer. Gesch. Bd. 13. (Zurich 1862) S. 294. 






UM.'Ef-:.iTY or c.'-Lircr:'!!/ 



H. Gundelfingen, der erste Beschreiber der Schweiz ? 113 

mit 24 Commitaten und 20000 Kriegern. Hatte Gundel- 
fingen aus Bonstetten geschopft, so konnten wir gerade 

diese Differenz nicht begreifen; das vorhin als beiden ge- 
meinsam Erwahnte ist wohl eher auf die humanistische 
Lobrednerei zuruckzufiihren ; die wichstigsten Anhaltspunkte 
in N° 4 und 5 im Verhaltnis zu c) sprechen gegen eine 
Entlehnung aus Bonstetten durch Gundelfingen. 

"Wie verhalt es sich nun mit N° 3 zu c)? 

In friiheren Untersuchungen haben wir darauf hinge- 
wiesen l , dafi N° 3 mit Riicksicht auf die Abfassungszeit 
und Uberreichung an den Rat Luzerns zwischen den 
5. Januar 1477 und 1479 bezw. 1480 fallen mufi. Merk- 
wiirdiges Zusummentreff en ! 

Auf Veranlassung von Freunden aus Luzern verfafite 
Bonstetten 1479 seine Descriptio 2 . 

Was Gundelfingens Descriptio bietet, ist zwar hochst 
unvollkommen, aber doch weist er auf die alte Gauein- 
teilung hin, zu welchen Bistiimern die heute gehoren, er 
nennt die grofieren Fliisse, d:e Grenzen, ja er wagt auch 
einen Fingerzeig auf das Feldzeichen der Urner und 
Berner, er bereits hebt die Kriegsmacht der Eidgenossen 
hervor. 

Wurden etwa die Luzerner durch Gundelfingens Werk 
angeregt zum Wunsche, eine genauere, eine ausfuhrlichere 
Beschreibung der Eidgenossenschaft zu erhalten und zwar 
von einem der Ortlichkeit naher sich befindenden und so- 
mit auch besser mit ihr bekannten Verfasser? Da war 
gerade Bonstetten die geeignete Personlichkeit. 

Melchior Rufi kannte Gundelfingen und Bonstetten, er 
gehort offenbar unter die Luzerner Freunde Bonsttetens \ 
unter jene, welche Bonstettens Descriptio veranlafiten. 

Ist am Ende gar Gundelfingens Descriptio bald nach 
dem 5. Januar 1477 abgefafit und dem Rate Luzerns noch 



') Vgl. S. 55. 

') Biichi, 64 - Derselbe, Bonstettens Briefe 221 ff. 
J ) Vgl. Biichi, Bonstettens Briefe S. 83 und ebenda Anmerk. 3. 
ferner S. 95. 

8 






UM/irSIIVOKALirCfW 



114 2. Heinrich Gundelfingen und Albrecht von Bonstetten. 

vor 1479 tibereicht worden? Damit wiirde diese Schrift 
Gundelfingens die Prioritat vor derjenigen Bonstettens er- 
langen, und nicht mehr Bonstetten ware der erste Be- 
schreiber der Schweiz, sondern Gundelfingen. 

Die al teste W"idmung der Descriptio Helv. Bonstettens 
ist an den Dogen Mocenigo von Venedig gerichtet unterm 
25. Februar 1479. Begreiflicher "Weise sagt er darin nicht, 
Freunde in Luzern hatten ihn zu dieser Schrift aufgefordert, 
das hatte Bonstetten weniger Ruhm eingebracht, als wenn 
er sein Werk als Resultat eigenen Impulses uberreichen 
konnte, so bemerkt er denn in der ganz humanistischen 
Widmung, da£ ihn das allgemeine Interesse fur gewaltige 
kriegstuchtige Volker zur Beschreibung der Eidgenossen- 
schaft bewogen habe '. 

Die Kriegstuchtigkeit und den Kriegsruhm der Eid- 
genossen hebt auch Gundelfingen in seiner Descriptio be- 
sonders hervor. Bonstetten tut dasselbe aber in feinerer 
Form, was fur seine Schrift uberhaupt gilt. 

Eine direkte Abhangigkeit der beiden Schriften ist 
nicht nachzuweisen. Gundelfingens Descriptio Helv. scheint 
sich zu derjenigen Bonstettens zu verhalten wie etwa ein 
erster fliichtiger Entwurf zu seiner spateren umge- 
arbeiteten Ausfiihrung. 

Als letzte Parallele bietet sich nun N° 6 zu b). Gundel- 
fingens Schrift ist spater und mu&te somit zu Bonstetten 
in einem Abhangigkeitsverhaltnis stehen. Da aber beide 
Berichte durchaus selbstandig sind, so trifft dies nicht zu 2 . 

Ziehen wir nun aus all diesen Ausfuhrungen das End- 
resultat, so ergibt sich ein mehr negatives. 



') Wenn Bonstetten diese Schrift zuerst an auswartige Hdfe 
sandte, bevor er sie den Eidgenossen vorlegte, so zeigt dies nur, wie 
Bonstetten als echter Sohn seiner Zeit bestrebt war, mit den Fiirsten 
und Macenen des Humanismus in Beziehung zu treten, am einen 
mOglichst grossen Kreis von Verehrern sich zu erwerben. 

') Vgl. F. Ruegg, Heinrich Gundelfingen, ein zeitgen6ssischer 
Biograph des seligen Nikolaus von Flue in Zeitschrift fur Schweizer 
Kirchengesch. (1910) S. 34. 






uM/irsuvorcAUfciw 



Ihr Verhaltnis erkliirt sich auch aus den Zeitereignissen. 115 

Der Umstand, dafi Gundelfigen und Bonstetten eine 
Reihe Parallelen geschaffen, durfte sich erklaren lassen, 
weil sowohl bei ersterem wie bei letzterem die in Betracht 
fallenden Schrif ten aus den Zeitumstanden und Ereignissen 
hervorgegangen sind. Gundelfingen sowohl wie Bonstetten 
hatten am Hause Habsburg und an den Eidgenossen, um 
weitere nicht zu erwahnen, ein grofies personliches Interesse. 
Der Burgunderkrieg und seine Folgen einerseits sowie die 
Personlichkeit eines Bruder Klaus andererseits waren dazu 
angetan, dafi mehrere Schriftsteller auf demselben Boden 
sich treffen konnten. 






uM/irsuvorcAiifciw 



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