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Full text of "Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Ein Blick in das tiefere organische Leben der Natur"

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BIBLIOTHEQUE 


 LOVUIS ABASIUL. 


[ARBERNARARRNERN, | 


Fibrarg of the Museum 


OF 
COMPARATIVE ZOÖLOGY, 
S AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. 


Foundev by private subscription, In 1861. 


HannnnnnndNn 


Deposited by Alex. Agassiz 
from the Library of LOUIS AGASSIZ. 


No. 14,87 57 
Ma SEE 


DIE 


INFUSIONSTHIERCHEN 


ALS 


VOLLKOMMENE ORGANISMEN. 


EIN BLICK IN DAS TIEFERE ORGANISCHE LEBEN 
DER NATUR. 


VON 


D. CHRISTIAN GOTTFRIED EHRENBERG 


ZU BERLIN. 


NEBST EINEM ATLAS VON VIERUNDSECHSZIG COLORIRTEN KUPFERTAFELN, 


GEZEICHNET VOM VERFASSER. 


LEIPZIG, 
VERLAG VON LEOPOLD VOSSs, 


BUCHHÄNDLER DER K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU ST, PETERSBURG. 


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SEINER KÖNIGLICHEN HOHEIT;, 


FRIEDRICH WILHELM, 


KRONPRINZEN VON PREUSSEN. 


Wenn das kleinste Leben der Erde sich im übersichtlichen Bilde hier zunächst 
vor Ew. KönssLicnen Homer reichem Gemüthe tiefer und formenreicher entfaltet, 
als es bisher entfaltet vorlag, so glaubte ich damit vor dem Vaterlande und dem 
Königshause, welches auch in meinen geringen, bis durch Afrika’s und Asiens 
Fluren geleiteten, Kräften auf die Wissenschaft fördernd wirkte, meinen 
ehrfurchtsvollsten Dank und den Dank der Wissenschaft auszusprechen. 

Es giebt ein vollendetes organisches Leben im unsichtbar kleinen Raume, 
welches die Grösse des Grossen in der Natur unabsehbar erhebt. All die hier 
verzeichneten, zum Theil sehr überraschend einflussreichen, Formen sind zu klein, 
um dem natürlichen Auge deutlich zu seyn, und sehr viel zu klein, um mit ihm 
als vollendet organisirteWesen erkannt zu werden. Sie gehören einer unsichtbaren, 
aber kräftig wirkenden, Körperwelt an; ihre Gestaltung hat, seitdem sie nun 
endlich mit künstlich verstärkten Sinnen und diese glücklich unterstützenden 
Methoden genauer erforscht ist, anschaulich werden lassen, dass auch das Kleinste 
im Raume darum nicht einfach, sondern mit den verschiedensten thätigen 
Organen so wundervoll und unbegreiflich ausgestattet ist, dass es sich ganz 


gleichmässig und gleichwürdig in die Reihen der grösseren Lebensformen stellt. 


Diess wissenschaftliche Resultat mit mancherlei andern unmittelbar daraus 
folgenden Erkenntnissen ist es, welches als eine inländische Frucht mühsamer 


Pflege dem GELIEBTEN SOHNE seines GELIEBTEN Könics zu huldvoller Aufnahme 


in tiefster Ehrfurcht überreicht 


EW. KÖNIGLICHEN HOHEIT 


unterthänigster 


C. © EHRENBERG. 


vO OoRRBREDE 


GESCHICHTLICHE EINLEITUNG UND ALLGEMEINE UEBERSICHT. 


I. den reinsten Gewässern und auch in den trüben, stark sauren und salzigen Flüssigkeiten der ver- 
schiedensten Erdzonen, in Quellen, Flüssen, Seen und Meeren, oft auch in den inneren Feuchtigkeiten der le- 
benden Pflanzen und Thierkörper, selbst zahlreich im Körper des lebenden Menschen, ja wahrscheinlich auch 
periodisch getragen im Wasserdunst und Staube der ganzen Atmosphäre der Erde, giebt es eine, den gewöhnli- 
chen Sinnen des Menschen unbemerkbare, Welt sehr kleiner lebender organischer Wesen, die man seit nun 
etwa 70 Jahren Infusorien nennt. Im Treiben des gewöhnlichen Lebens geht man an diesem geheimnissvol- 
len unermesslichen Reiche des lebendigen Kleinen ohne Erkenntniss und ohne Theilnahme vorüber. Ueber 
alle Erwartung gross und erstaunenswerth sind aber diese Verhältnisse für den stillen Beobachter, welcher 
mit Hülfe vergrössernder, die Sehkraft verstärkender, Gläser sie sich näher bringt. In jedem Tropfen ste- 
henden bestäubten Wassers erkennt man nicht selten, wenn auch nicht immer, mit Hülfe des Mikroskops 
munter bewegte Körper von "ss bis unter "oo Linie Grösse des Durchmessers, die oft so gedrängt beisam- 
men leben, dass ihre Zwischenräume kaum so gross sind, als ihre Durchmesser. Nimmt man den Tropfen, 
 obschon er grösser ist, auch nur zu 1 Cubiklinie Inhalt, und die Zwischenräume, obwohl sie oft kleiner sind, 
so gross als ihre Durchmesser an, so berechnet man leicht und ohne alle Uebertreibung, dass ein solcher 
* Tropfen mit den Cubikzahlen der Hälfte jener Grössen, das ist mit Hunderttausenden bis zu Tausend Millio- 
nen Thierchen bevölkert ist. Ueberdenkt man sich nun die Summe des Lebens eines grösseren Wasserge- 
füsses oder gar eines Grabens und Teiches, und berechnet man, dass, nach vielen Beobachtern der Meere 
und ‚namentlich des Meeresleuchtens, selbst: ganze grosse Strecken des Oceans eine ähnliche Massenentwik- 
kelung mikroskopischer Organismen periodisch erkennen lassen, so ergeben sich, auch bei viel grösser an- 
genommenen Zwischenräumen, Zahlen und Verhältnisse des dem blossen Auge unbemerkbaren Lebens auf 
der Erde, die jene unscheinbaren, nur dem bewaffneten Auge des Naturforschers in ihrem Detail erkennba- 
ren, Infusorien zu einem der würdigsten Gegenstände des Nachdenkens und der wissenschaftliehen For- 
schung erheben. 

Diese wunderbar grosse, dem Menschen verhüllte, Welt des Lebendigen ist seit ihrer Entdeckung 
unter der Feder leicht bewegter und phantastischer Schriftsteller oft als eine monströse Geisterwelt, voll 
mit den offen sichtbaren unvergleichlicher, theils grauenhafter, theils wunderlich verzerrter, nicht recht le- 
bender und nicht recht lebloser Formen geschildert worden; andere haben sie aus spielendem Uebermuth der 
bildenden Naturkraft abgeleitet, und noch im Jahre. 1820 wurde von einem sonst verdienten Schriftsteller 
die Zauberkraft umständlich geschildert, mit welcher einige dieser Formen begabt seyn sollen. Aber es ist 
auch nicht bloss das Mystisch-Wundervolle, Abentheuerliche und Sonderbare der Formen und ihrer Kleinheit ge- 
wesen, was das Interesse vorzugsweise erregte, vielmehr haben die Infusorien in bei weitem höheren Grade 
durch ihre von den verschiedenen Beobachtern immer wieder angegebenen physiologischen höchst wunderba- 
ren Eigenthümlichkeiten alle Freunde des Wissens, und selbst die gelehrtesten und tiefsten Forscher von 
Leisırz und BoErHAVE an bis auf unsere Zeit beschäftigt, ja sie mussten nothwendig das Interesse aller 
nachdenkenden Menschen gewinnen. Folgende, wenn sie statt fänden, mit Recht bewunderten Eigenschaf- 
ten sind den Infusorien von den verschiedenen Beobachtern zugeschrieben worden: 


* 1) Eine mutterlose Entstehung aus unorganischen Urstoffen oder aus faulen organischen Theilen ; 
2) Eine zufällige Form aus spielendem Uebermuth der bildenden Naturkraft; 
3) Ein Bestehen ohne zusammenhaltende Oberfläche, ohne Haut; 
4) Ein grenzenloser proteischer Formenwechsel des Körpers; 
5) Eine Verwandlung, Metaschematismus, aller in alle andern Infusorienformen ; 
6) Kine Verwandlung derselben durch äussere Einflüsse in Pflanzen; 
7) Ein Verschmelzen kleiner zu grösseren Formen durch Aneinanderreihen (Juxtaposition) mit oder ohne Zutritt einer ge- 
meinsamen Oberhaut; 
8) Ein einfaches eranindhenn von Infusorienhaufen zu den onen der wahren Pilze, Schimmel und F lechten ; 
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* 9) Zusammensetzung aller Thiere und Pilanzen, ja des Menschen selbst aus einem Haufen von lebenden Infusorien; 
* 10) Entwiekelung aller Pilanzen und Thiere, auch des Menschen, aus einzelnen Spermatozoen; 
* 11) Tragen von frei um ihre Axe rasch bewegten Rädern; 
* 12) Bewegung ganz ohne Bewegungsorgane; 
* 13) Ernährung ohne gesonderte Ernährungsorgane durch Aufsaugen, wie Schwamm oder Löschpapier ; 
* 14) Fortpflanzung ohne alle Befruchtung und Eibildung; 
* 15) Besitz von Entwürfen, unvollendeten Scheinorganen, anstatt wahrer Organe; 
* 16) Einschachtelung fünffacher und selbst aller Generationen der Organismen aller Zeiten in einander, ja aller Menschen von 
Avam an bis anf den einstigen letzten in einander und in ein erstes Infusorium; 
* 47) Unverbrennlichkeit und Leben im Fener und Licht; 
18) Unzerstörbarkeit durch electrische Funken; 
19) Leben im luftleeren Raume; 
* 20) Zaubernde Wirksamkeit in die Ferne; 
* 24) Wirkliches Wiederaufleben nach dem wirklichen Tode. 


Nur wenige dieser höchst wunderbaren, alle philosophischen Ansichten vom Leben und der Entste- 
hung der Organismen höhnenden Eigenschaften wurden zum Theil als ungegründet schon früher mühsam er- 
wiesen, bei weitem die Mehrzahl aber, alle nämlich mit einem Sternchen bezeichneten, sind bis in die aller- 
neueste Zeit fort und fort behauptet worden, und bilden zum Theil die Grundlage tief ausgebildeter und die 
neuere Physiologie und alles Wissen durchdringender philosophischer Systeme. 

Es ist unter Anderm die stille und ernste Aufgabe einer langen Reihe von Jahren meines Lebens 
gewesen, diese vor allen so merkwürdigen, riesenhaft grossen, aber in das Dunkel der Kleinheit verhüll- 
ten, Naturverhältnisse näher und immer näher zu betrachten und zu prüfen, das Fabelhafte von dem Wirk- 
lichen zu sondern und das Wirkliche in eine systematische leicht fassliche Uebersicht zu bringen. In den 
Jahren 1830 und 1831 übergab ich der Berliner Akademie der Wissenschaften einen Auszug aus diesen ge- 
wonnenen Resultaten, und später 1833 und 1835 mehrere Nachträge. Hiermit überreiche ich das ganze 
seitdem sorgsam nachgeprüfte, in den Hauptsachen seit nun 8 Jahren sich gleich gebliebene, aber sehr an- 
sehnlich vermehrte Detail, welches die Kräfte des Einzelnen zu übersteigen anfängt, reif und unreif der 
allgemeinen Wissenschaft und weiteren Pflege. 

Um den Standpunkt anzuzeigen, auf welchem vor diesen Mittheilungen die Kenntnisse waren, und 
um die allmälige Entwickelung derselben bemerklich zu machen, ist folgendes historische Bild nöthig. In 
den frühesten Zeiten der menschlichen Geschichte und im Stande der Kindheit menschlicher Kenntnisse suchte 
man schon immer die Erscheinungen der Natur, und des Lebens insbesondere, sich desshalb mehr durch eine 
rein logische Ordnung und Systematik im Denken, mehr durch Schlussfolgerungen als durch detaillirte ge- 
naue Untersuchungen begreiflich zu machen, weil diess der leichtere und bequemere, aber auch der damals 
allein gangbare Weg war. So galt es denn ehedem für eine hohe Kunst und nützliche Anstrengung, aus 
einer geringen Menge von positiven Kenntnissen durch Künstliche, immer sehr gewagte, consequente Schlüsse 
einen allgemeineren Ueberblick über das gesammte Triebwerk der Natur zu erlangen, und je mehr dieser 
mit den inneren Gesetzen des menschlichen Denkens in Einklang zu seyn schien, mit um so mehr Begeiste- 
rung ward er von den Zeitgenossen aufgenommen. Diese glückliche Zeit der Kindheit war die rein diale- 
etische Zeit der griechischen Philosophen. Damals war es leicht, ein wahrer Philosoph, d.h. ein Mann zu 
seyn, der die positiven Gesammtkenntnisse seiner Zeit umfassend, dieselben mit den Gesetzen des Denkens 
abwägt und davon einen systematischen Ueberblick giebt. Die Fehler der Systeme lagen im Mangel der positiven 
Gesammtkenntniss, und ein umsichtiges scharfes Denken begründete fast allein den Vorzug der einzelnen. So 
entstanden die vielen, an Werth sich ziemlich gleichen, Systeme der alten Philosophen, deren keines brauch- 
bar blieb. Seitdem sind, und zwar mit ARISTOTELES, wohl dem letzten wahren scholastischen Philosophen, 
die positiven Kenntnisse durch detaillirte Untersuchungen zu vielen isolirten gen Himmel steigenden Pyrami- 
den erwachsen, und die neueren Systematiker erklimmten nur einzelne derselben und bildeten sich einseitige 
mathematische, chemische, naturhistorische, psychologische oder rein dialectische Systeme, deren Mängel sie 
denn zum Theil gestanden, zum Theil in Mysticismus oder eine kunstreiche Dialectik selbst verbargen. Ja 
die neuesten Kräfte, welche mit genialer Energie an Systemen arbeiteten, scheuten so sehr diese Mühe oder 
erkannten so wenig diesen Weg zum Ziele, dass sie lieber, ohne die reale Natur und ohne die Erscheinun- 
gen und den Werth des Wichtigsten in der Natur, des Lebens, auch nur entfernt zu überblicken und zu be- 
achten, den Zusammenhang der Natur schildern zu können behaupteten. Noch baut daher systemlos unsere 
Zeit an den Pyramiden des Wissens und an bequemen Stufen zu ihnen für die künftigen Geschlechter. 

Unter den älteren philosophischen Wunderlichkeiten hat sich besonders die vom alten DEmocrIT aus- 
gebildete materialistische Atomen-Lehre sehr ausgezeichnet, wonach das Weltall voll sehr kleiner untheilbarer ver- 
schieden geformter Körperchen, Atome, ist, deren Bewegung, Vereinigung und Trennung alle grösseren körper- 


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lichen Erscheinungen bilde. Diese von PLATo in einer lieblichen bilderreichen Sprache poetisch leichtfertig mit 
kleinen Dreiecken ausgeschmückte Idee kehrte 1630 mit DEescArTEsS (CArTEsıUs) wieder, der sich Kügelchen 
und andere Körperchen von verschiedener Grösse dachte, die kleineren in den Zwischenräumen der grösse- 
ren, alles in Bewegung. Die Wirbel einiger dieser Ur-Theilchen stellten das organische Leben der Thiere 
dar, und die Thiere selbst wären demnach nur seelenlose Maschienen, getrieben vom atomistischen Wirbel 
und fremder Kraft. Mitten in einer von diesen Ideen erfüllten und für sie begeisterten Zeit, kurz nach dem 
Tode des DescArTEs, entdeckte LEEUWENHOER, ein wissbegieriger Privatmann in Delft in Holland, im April 
1675 im 43sten Jahre seines Lebens die Infusorien in einem Topfe voll stehenden Regenwassers. Er hielt 
sie natürlich für die belebten Atome der Welt (living atoms), erkannte aber sogleich an der Willkühr ihrer 
Bewegungen und den fussartigen Bewegungsorganen ihre thierische Natur und nannte sie kleine Thiere, Ani- 
malcula. Die ersten von ihm beobachteten Formen waren ohne Zweifel Vorticella Convallaria, dann wohl 
Stylonychia Mytilus, ferner vielleicht eine Zeucophrys (pyriformis?) und etwa Trichodina Grandli- 
nella. LEEUWENHoER hatte schon vorher sich durch sorgfältige mikroskopische Untersuchungen über Nerven- 
und Pflanzenstructur bekannt und verdient gemacht, und er suchte wahrscheinlich in der häutigen Oberfläche 
jenes Tropfens nach den Ur-Theilchen des Wassers (s. p. 520. und Vortie. Convallaria). 

Schon lange vor LEEUWENHOEK giebt es zwar deutliche Anzeigen von starken Eindrücken, welche 
die Infusorien auf Menschen direct machten, allein sie kamen nicht zum klaren Bewusstseyn derselben. Be- 
sonders die blutartigen Färbungen der Gewässer, welche man in den ältesten Zeiten der Geschichte als Un- 
glückszeichen und unmittelbare Götterzeichen aufgezeichnet hat (vergl. p. 119.), mögen oft Anschauungen 
von rother Zuglena oder Astasia dergl. gewesen seyn. Sehr passend auf infusorielle Erscheinungen ist auch 
die Nachricht von blutigem Gewässer zur Zeit Mosıs in Aegypten, welches ebenfalls als eine unmittelbare 
Wirkung Gottes bezeichnet wird. So würde man denn im hebräischen Urtexte der Mosaischen Schriften die 
Euglena unter dem Namen Majim dam = 2a und in der arabischen Uebersetzung als Ma demm po Io, 
im Koran Sure Je, als e! demm n, im Griechischen der Septuaginta aber als aiu« toü norauoö, blu- 
tiges Gewässer, bezeichnet finden. ArısSTOTELEs kannte schon 330 Jahre vor Curısto das Rothwerden der 
Flüssigkeiten da, wo sich Würmchen, ozwinzıe, erzeugen (Hist. Anim. V. c. 19.) und kannte auch das Vor- 
kommen der Mücken-Würmchen, zwvonwv oxwAnzes, im Schleime des sauren Weines (ebenda). Ganz alt scheint 
überhaupt die Kenntniss der mit den Mückenlarven gewiss damals, wie jetzt, im Volke bekannten und ver- 
wechselten Essig- und Wein- Aelchen zu seyn, da von den alten Auslegern des mosaischen Gesetzes geboten 
war, den Wein durchzuseihen, und auch Curıstus bei MATTHAETS c. 23. v. 24. den Pharisäern bekanntlich 
sagte: „ihr blinden Wegführer, die ihr die Mücken (zövwne) durchseihet, aber Kameele hinuntertrinkt.“ 
Die Araber übersetzten das griechische Wort zövoy mit el Baudsa &Ssx.J|, die Habessinier mit Tengne, und 
obwohl manche Erklärer die im Weine ertrunkenen Mücken verstehen wollen, so ist doch sehr klar, dass man 
die Würmer des sauren Weines vielmehr kannte und meinte. Im Talmud heissen solche Würmer Jabehus 
war2, jetzt bei den Arabern Dud os. Diese unscheinbaren Mückenwürmchen, die man nur eben noch mit 
dem Gesicht erreichte, deren Entwickelung zu Mücken aber man bei den grösseren sah und längst kannte, 
wurden die Veranlassung medicinisch-naturhistorischer, schreckenerregender Theorieen. Die furchtbaren Ei- 
genschaften der kleinen kaum sichtbaren Mücken südlicher Länder, welche, indem sie in Augen, Nasen und 
Ohren kriechen, bis zur Verzweiflung bringende Schmerzen verursachen, die kräftigsten Thiere, sogar Lö- 
wen, tödten und an denen auch ich in Afrika Kameele sterben sah und selbst sehr litt, deren ähnliche lä- 
stige ich dann wieder in den Steppen Sibiriens, doch viel weniger bösartig, mit Herrn ALEXANDER von Hun- 
BOLDT kennen lernte, haben schon im Alterthume zu der Idee fliegender Skorpione geführt, und schon VArro? 
und CoLumerLA® zur Zeit Carıstı haben ausdrücklich die Schädlichkeit der Sumpfluft ganz unsichtbaren klei- 
nen Fliegen zugeschrieben, wie man denn aus ähnlichen Ideen- Associationen, ohne directe Beweisführung, 
die Pest lange vor Entdeckung der Infusorien durch so kleine Wesen bedingt meinte.* Vielleicht verehrten 
sogar ursprünglich die Bewohner Acron’s in Palästina den dämonischen Herrn der unsichtbaren giftigen Flie- 
gen als den vielbekannten Baal-Sebub (Belzebub, Dominus muscarum). — Auch die unmittelbarsten An- 
schauungen von todten Infusorien-Massen, freilich ohne alle Ahnung ihres Wesens, erwähnt schon STRABO° 
als Silbertripel, aus dem man sogar in Spanien und in Pitane Asiens die besten, auf Wasser schwimmenden, 
leichten und festen Ziegelsteine (Pitachnas) fertigte, deren Vortrefflichkeit Virruv® selbst zum Bauen ganz 
besonders empfiehlt. Auf Schizonema endlich und grüne Infusorien bezieht man gewiss zuweilen mit glei- 
chem Rechte, wie auf Conferven, die Ausdrücke Alga und Conferva (s. p. 121.), so wie die stagna viren- 


‘ Bocnart, Hierozoicon, II. p.576. * Varro de re rust. I. c.XII. ° Conunkına de re rust. I. c.V. * Payater de Möncanire, 
TI. p.178, (1646.) ° Srrano, Z. XIII. ed. Fauconer, p. 882. ’Ev Ißnoig dE grow ieiv Tlooudwrıog Ex Tırog Yig deyılmduns, y va dpyupcgure 
izuusteiaı, nMvdovg anyvuulvag zul inınkeovous. ° Virruvius de Architectura, II. 3. 


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ia und fontes virides der alten römischen Schriftsteller. Endlich erinnern an den von Zuglena oder Ohla- 
midomonas gehabten Eindruck CicEro’s Worte: Zerrae herhescens viriditas, (de Senectute ce. 13.), so 
wie auch Ovip’s liebliche Bezeichnung der generatio spontanea: Semina limus habet virides generantia 
ranas.“ — Diess alles, wozu auch die alte Bekanntschaft mit den Feuersteinen (Pyrita) gehört, waren be- 
wusstlose und ahnungslose Anschauungen dieser Verhältnisse. B. . 

LEEUWENHoER’S Entdeckung des mikroskopischen Lebens wurde, wie sich erwarten: liess, sogleich 
und zuerst medieinisch erfasst. Ein anonymer Engländer schlug 1676 alsbald vor, gegen die mithin zur 
Zeit epidemischer Krankheiten doch wahrscheinlich die Luft erfüllenden und verpestenden kleinen Thierchen 
Musik, Trompeten, Pauken und Kanonen anzuwenden, um sie, wie die Heuschreckenzüge, zu verjagen und 
ihre Massen zu zersprengen.” Als nun vollends im Jahre 1677 die Spermatozoön von LEEUWENHOEK als 
allgemein verbreitete zahllose unsichtbare "Thiere im lebenden Thier- und Menschen-Körper angezeigt wur- 
den, sprachen sich die wunderlichsten, schon früher vorhandenen, Ideen über die Verbreitung der unsicht- 
baren Thierwelt noch bestimmter aus. LEEUWENHOER selbst dachte an ein Entstehen der Menschen und al- 
ler Thiere aus den Spermatozoön. PrrrAurr’ vertheidigte 1681 die Idee des HırpocrATes, dass nichts ent- 
stehe, sondern alles schon vorhanden. sey und nur wachse und sich entwickele. Prof. Sturm in Altdorf * 
dachte sich daher 1687 die ganze Luft voll kleiner Menschen und Thiere, deren man zahllose einathme 
und die unnützen wieder ausschwitze. Der Jesuit Boxannı? bewies 1690, dass die generatio spontanea 


der Bibel nicht zuwider sey, und dass die Inseeten und Würmer mithin nicht brauchten alle mit in die Arche 


NoAn’s gegangen zu seyn, da sie hinterher wieder entstehen, theils auch im Wasser leben konnten. HARTSOE- 
kerR® hielt 1694 die Infusorien für Larven geflügelter, die Luft erfüllender, unsichtbar kleiner Insecten (Mücken) 
und bildete die Entwiekelung des Menschen aus einem Samenthierchen sogar ab. Anpey,’ ein Prof. der 
Anatomie in Paris, breitete das Feld der mikroskopischen Thiere theoretisch so weit aus, dass sich von 
1700 an eine immer lebhaftere Opposition zu bilden anfıng, die aber doch sich nur auf einzelne Anwendun- 
gen der neuen Lehre bezog. So bildeten zwar Varrısseri® in Padua und Lister’ in London kräftige Geg- 
ner der Spermatozoönlehre, nahmen aber die Existenz der Körperchen an und, wie Lanxcısı'° 1717 die Schäd- 
lichkeit der italienischen Sumpfluft aus unsichtbaren TThierchen erklärte und der berühmte preuss. Leibarzt 
Friepor. Horrmann" in Berlin 1720 bei Epidemieen viele Würmchen im Wasser gesehen haben wollte, so 
hielt VALLısserı die Pest wieder für ein Product mikroskopischer Thierchen. Reichen Stoff, sich auszuspre- 
chen, gab 1721 die in Toulon und Marseille stark wüthende Pest selbst, deren Grund die Aerzte Goir- 
ron’: und LEekene® mit Vardısserı in Thierchen fanden, deren Form mit krummen Schnäbeln und Krallen 
sie aus der Idee ‘(milbenartig) beschrieben, bis ein abgeschmacktes, zum Theil offenbar betrügerisches, 
zum Theil vielleicht satyrisches, Buch'"* 1726 in Paris erschien, welches die Würmer nach den Krank- 
heiten als: Ohnmachtler, Leibkneifler, Schwärler, Thränenfistier, Wollüstler, Durchlaufler 
u.s. w. benannte und abbildete, wodurch denn auch jene Pestler lächerlich wurden und lange aufhörten, Ge- 
genstand träumerischer Verhandlungen zu seyn. Andererseits verwebten die Philosophen Leisxıtz (die Ein- 
schachtelung begünstigend), und Cnrıstian WoLr diese neuen Erscheinungen des unsichtbaren Lebens ver- 
trauend und bestätigend in ihre wissenschaftlichen Systeme, und alle wahren Gelehrten jener Zeit, HuysEns, 
BoERHAVE, VALLISNERI, MUSCHENBROEK U. S. W. zogen das verborgene Leben in das helle Licht der wissen- 
schaftlichen Erkenntniss. rs | Ä 

Freilich dauerte das Schwanken der Meinungen noch eine geraume Zeit fort. Voreilige Urtheile, Ei- 


telkeit im Widerspruch, ostentative Speculation sogenannter philosophischer Köpfe, Benutzung schlechter In- 


strumente, Ungeschick und Uebereilung im Gebrauch zeitgemäss guter Instrumente, besonders aber vorgefasste 
Meinungen blieben wohl damals, wie jetzt, lange das Hinderniss für die richtige allgemeine Verwendung der ge- 
sammten schon feststehenden Kenntnisse, und LEkuwenuoEk blieb nicht weniger als 40 Jahre lang, am ent- 
schiedensten vertheidigt von den Optikern, der einzige speciellere gute Beobachter. Zwar gingen, ausser einem 
ungenannten sehr lobenswerthen Beobachter bei London, allmälig auch Harrıs und Kıng in England (s. p. 521.) 
auf LEEUwENHoER’s Wege der Beobachtung weiter, allein erst 1718 gab JoBLoT, Prof. der. Mathematik in 
Paris, der Lehre eine neue umfassendere Basis. LERUWENHOER starb 1723 im 91sten Lebensjahre. Rear- 
mur in Paris ging 1734 in seinem lehrreichen Werke über Inseeten (nach Lixse) in HARTSoERER’s Phantasieen 
ein, als wären die Infusorien Larven von Fliegen, und meinte, ihre Schwärme bildeten die Kümmung im 


! Ovmıus, Metamorphos. NV. 375. ” Philos. Transact. XI. Nr.136. ». 891. 1677. 3 Essay de Physigue, Praef. * De Plant. 
animaliumque generatione, Dissert. ° Observat. circa viventia, p.19. 6 Essay de Dioptrique, p. 226— 230. ” De la generation des vers dans 
le corps de U’ homme. ° ÜConsiderazioni ed esperienze inlorno alla gener. dei vermi, ATIO. 9 Philos. Transaect. NN. 1720. '° De no.riis pa- 
ludum effluviis. '‘ Medicinae ration. Systema II, p. 2271. '* Observations faites sur la peste de Marseille, 17121.” 13 An. pestis massi- 
liensis @ seminio verminoso, 1721.* '* Systeme d’un medecin anglois sur la cause de toutes les especes de maladies, Paris. Becueilli par 
M. A. €. D. Vergl. RuneLenı, Entoxoorum hist. nat. I. p. 168. Derselbe hat auch 90 Aufgüsse erdichtet, '* Tiieodiede, 1710. 


- IX 


Sommer. Lesser’s (Pastors in Nordhausen) Insectentheologie 1738 und des Engländers BAKEr’s Buch über 
das Mikroskop 1742 vermittelten durch reiche Compilation, ohne eigene Zusätze, eine weitere Verbreitung 
dieser Kenntnisse in Europa. Linn& theilte erst 1746 seine Ansicht über die in seinem Systema Naturae 
übergangenen Samenthierchen und Infusorien mit. Er hielt sie für ölige leblose und passiv bewegte Kör- 
perchen. Diese Ansicht gewann er aus einer wahrscheinlich unklaren Anschauung von Spermatozoen eines 
Hundes bei schwacher Vergrösserung, die ihm Liegerkünn 1737 in Leyden auf seinen Wunsch gab, wo GRo- 
Nov, BArTscH und Andere zugegen waren. Er erklärte sie sogleich für passiv bewegt, und weil man ihm 
nicht auch sogleich gründlich das Gegentheil beweisen konnte, hielt er die anwesenden Gegner für besiegt!. 
Er scheint selbst wenig Beobachtungen angestellt zu haben und mit Recht sagte man (MüLLer) von ihm: dis- 
sertationem de mundo invisibili scripsiüt, in quo hospes fuit”. Später erkannte er die Thierheit der Kör- 
perchen mit übergrossem Enthusiasmus an. Unser bei Göttingen?, DE GEER in Schweden‘, 'TREMBLEY im Haag’, 
HırL und NeEpHAm in England und Burrox in Frankreich brachten von 1746 bis 1750 neues Leben in diese 
Untersuchungen, die letzteren 2, indem sie mit angenehmer Beredsamkeit paradoxe Theorieen vertheidigten, 
die Infusorien für reizbare Maschienen, für durch Hitze unzerstörbar und für Producte eines übermüthigen 
Spieles der bildenden Naturkraft und generatio aequivoca erklärten. NEEDHAM glaubte auch die Waizenälchen 
vom Tode zu erwecken (s. p. 492.). Hırı und Baker brachten 1751 und 1753 neues, und letzterer besonders 
recht gut beobachtetes, zum Theil von ARDERoN geliefertes, Material, während jener zuerst eine systema- 
tische Einkleidung und Uebersicht des Vorhandenen versuchte. KäÄSTNEeR beobachtete 1752 Vorticellen bei 
Leipzig‘, und ein Anonymus gab sehr vortreffliche Nachrichten von Berlin 1753 (s. p.278.), wie Brapy von Brüssel 
1755 (s. p.289.), auch über Vorticellinen und Lacinularien. Erst Röser’s’ und ScHÄrrer’s® höchst ausgezeichnete 
Talente für Beobachtung und Darstellung 1755 wirkten, sammt pE GEERr’S Bestätigungen, so weit auf Linn& ein, 
dass er die Vorticellen bei den Polypen, die Melicerta bei den Mollusken und Zrachionus bei den Litho- 
phyten aufnahm. Alles Uebrige warf er noch 1758 (Syst. Nat. ed. X.) zusammen in seinen Volvox Glo- 
bator und Chaos, während er in den kleinen Milben (Acaris) wieder die Ursache vieler Krankheiten, der 
Pocken, Masern, Ruhr und Pest anerkannte®. Plötzlich aber erwachte dann in Lixne nicht bloss die Er- 
kenntniss eines Unrechtes gegen die vorhandenen vielen Thatsachen, sondern zugleich ein mächtiges Vorge- 
fühl grossen Einflusses der Infusorien-Welt auf das Ganze der Erde und den Menschen. Es ist fast be- 
dauernswerth, dass die völlig gehaltlosen phantastischen Mittheilungen des hannöverschen Barons OTTo voN 
MüÜNCHHAUSEN, welcher ohne alle Beweisführung 1765 alle Pilze, Schimmel und Flechten für Polypenstöcke 
von Infusorien erklärte (s. p. 522.), die nächste Veranlassung zu Linxe’s Uebergang in diese Ideen waren. 
Doch mögen WRrisgere’s wissenschaftlichere Beobachtungen gleichzeitig und tiefer anregend gewirkt haben. 
WRrisBEre führte 1765 den Namen Animaleula infusoria ein (s. p. 522.), wonach Linne sein Chaos in- 
Jusorium benannte. Den deutschen Namen Infusionsthierchen findet man schon bei LEDERMÜLLER 1763'° an- 
gewendet. Linse überliess sich hierauf, nachdem auch Parzas 1766 seine Stimme nüchtern bestätigend ab- 
gegeben hatte, in der letzten Ausgabe seines Sysiema Naturae 1767, die ruhige eigene Beobachtung ein- 
mal verlassend, den ausschweifendsten Phantasieen über diese chaotische Formenwelt. Pilze und Schimmel- 
samen, Fäulniss und Hefenbildung, die Samenthierchen, den syphilitischen Ansteckungsstoff, die Ausschlags- 
krankheiten, die Wechselfieber, ja selbst die Trübung des Aethers im Frühling zog er als einzelne wirk- 
liche oder vermuthliche Arten in seine Thiergattung C7aos, mit der er den Schluss des Thierreiches bildete. 
Offenbar schwebte dabei dem sonst so klaren Reformator der Naturforschung die Aristotelische Idee einer 
stufenweisen Vereinfachung der Organismen, als Resultat auch seines Lebens, vor, und seinem allerdings 
hie und da tief poetischen Gemüthe!! gefiel das chaotische, das Weltall umfassende, Ende. 

Eine dritte Stufe der Entwickelung nach JogLorT bildete für diese Kenntnisse des dänischen Justiz- 
raths Orro Frieprıch MÜüLLer’s grosse Reihe gründlicher Beobachtungen von 1773’. Weit entfernt von al- 
lem Phantastischen, aber ganz im Geiste einer wahren Philosophie, nicht neue Meinungen, sondern scharfe 
Beweise für seine Meinungen suchend, lebte er der Naturbeobachtung und Systematik des Beobachteten. Er 
gab das erste System dieser von Linse verkannten mikroskopischen Erscheinungen in Lixxe’s eignem Sinne. 
Obwohl er aber mit rüstigem und von aller Eitelkeit entfernten, lauterem Eifer noch 11 Jahre fortbeobach- 
tete, so hielt er doch selbst in dem grösseren, 1786 nach seinem Tode erschienenen, Werke die plötzliche 
Entstehung der Infusorien aus unorganischen Stoffen und die geringere Organisation und allmälige Abstufung 

_ der Infusorien in ihrem eigenen Kreise fest. Schon vor MüLzer, 1769, bildete sich eine gute, aber nur physiologi- 
sche, Schule für die mikroskopischen Kenntnisse durch SparLaxzanı in Italien (s. p. 522.), welcher sich Saussure 
und BonnET in Genf (s. p. 289.) anschlossen und woran später Corrı in Modena (s. p. 413.) und CoLomgo in Cone- 


ULınn£, Sponsalia plantarum. * 1773. et 1786. praef. ° s.p. 270. * p. 278. ° p. 278. © p. 274. 7 p. 278. ° p. 405. ? Linne, Exanthemata viva, 
Upsal. 1757. *° Mikroskop. -Gemüths- und Augenergötzuugen, p.90. '' Amor unit plantas. '* Vermium terrestrium et fluviutilium historia. 
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gliano ohnweit Venedig! Theil nahmen. Mürter's, die einzelnen Formen schärfer unterscheidendem, Wege 


folgten mit glücklichem Eifer der Pastor Göze in Quedlinburg?, der Freiherr von GLEICHEN auf dem Greifen- 
stein?, der Pastor Eıcnnorn in Danzig‘ und besonders der Professor der Theologie von PauLA ScHRAXK in 


Landshut’, denen sich die Prof. Herrmann in Strassburg® und Beseke in Mietau? anschlossen. 


.SCHRANK’S Thätigkeit® verband in Deutschland das 19te Jahrhundert mit dem 18ten im ruhigen wis- 
senschaftlichen Gleise. Apams in England und Brusuieres sammt Bosc in Frankreich copirten MÜLLERr’S 
letztes Werk, wie GwmeLın das erste copirt hatte. Allein von ganz besonderm Einflusse wurden zu Anfange 


. des neuen Jahrhunderts Grurtauisen’s und Lamarck’s Ansichten auf die neueren Vorstellungen. Schon Arı- 


STOTELES sprach von unvollendeten Schematen (aeoıyoagyeis) der organischen Körper, von vollendeten Vor- 
zeichnungen der Form vor der innern Ausbildung. Aehnliches trug nun LAmArck ganz speciell auf ganze Grup- 
pen der skeletlosen Thiere über, wie es in einem allgemeineren Sinne schon Linse, ParLas und wohl alle 
früheren Beobachter auch angenommen, nur weniger detaillirt entwickelt und ausgesprochen hatten. Ebenso 
hatte man schon die Pflanzen behandelt, indem man Adansonien, Palmen und Algen als Extreme der Abstu- 
fung darstellte. Lamarcr’s rein speculative dialectische Ansichten verbreiteten sich bald in alle Schulbücher 
über ganz. Europa, und Cuvier, der Zoolog unserer Zeit, schenkte ihnen seine Aufmerksamkeit. Auch er hielt, 
als dem Resultate auch seines eigenen beobachtungsreichen Lebens, an der Aristotelischen Idee einer stu- 
fenweisen Vereinfachung der Organismen in der Richtung zum kleinsten Raume so fest, dass er nach Ner- 
ven bei den Infusorien auch nur zu suchen, wie es sich von selbst verstehe, für unnöthig hielt (Anatomie 
comparee Vol. II. Lecon XI. Schluss). In Deutschland wurden ähnliche Ansichten durch die naturphiloso- 
phische Schule, besonders von Trevirastes in die Physiologie und von OkEN auf originelle Weise in die be- 
schreibende -Naturgeschichte übertragen. Specieller noch haben SchweEisgEer 1820 und v. Baer 1825, be- 
sonders und am speciellsten aber Bory DE St. Vincent von 1822 bis 1831 die Infusorien abgehandelt. Alle 


- bisherigen Beobachter und Systematiker nicht nur der Infusorien, sondern der Naturforschung im Allgemeinen, 


wohl ohne Ausnahme und die neuesten bestimmter, als die ältesten, haben daran festgehalten und es immer 


'von Neuem ausgesprochen, dass es eine Abstufung der Organismen vom Zusammengesetzten zum Einfachen 


bis zum Verschwinden aller organischen Differenz der Materie gebe, und wie Neepuam 1750 sein System 
der Urzeugu ng gerade auf diese einfachen indifferenten Bildungsversuche der Natur bei den Infusorien, ‚wie 


‚er es sich dachte, stützte und nur bei ihnen die generatio spontanea zugab, indem er selbst sagt: Tous 
les naturalistes en conviendront que plus les corps organises sont composes, moins ü y a lieu de 


craindre une generation equivoque dans leur production (Nowvelles observat. p. 247.), so haben Oken, 
Cars und andere geistvolle Männer bis in die neueste Zeit ein Beharren gewisser Naturbildungen auf be- 
stimmten niedrigsten und immer höheren Bildungsstufen so durchgehend. angenommen, dass diess zur Grund- 
lage neuer physiologischer Systeme diente. Auch der von aller sogenannten speculativen Philosophie durch- 
aus entfernte, das positive zoologische Wissen seiner Zeit mit ausgezeichnetem Erfolge umfassende und he- 
bende, GEORG vox Cuvier bediente sich noch 1830 in der letzten Ausgabe seines Thiersystems (Regne ani- 
mal) der Vereinfachung der Organisationen als Eintheilungsgrund, und stellte, wie ARISTOTELES und Linn® 
mit dem Menschen anfangend, die Infusorien deshalb an’s Ende, weil ihr Körper keine Eingeweide, noch 
andere Zusammensetzung, selbst oft keinen Mund mehr habe, und er bezog sich auf Bory’s neueste 25jäh- 
rige Untersuchungen (im Diction. classique, Vol. X. p. 533.). Diess war der Stand der Naturforschung bis 
1830 (vergl. p. 519.). i 

Die in gegenwärtigem Versuche niedergelegten Forschungen, welche, wie der Anblick des Details 
anzeigen mag, nicht das zufällige Ergebniss eines glücklichen Augenblicks, sondern die allmälige Frucht be- 
harrlicher, durch lange Zeiträume und durch verschiedene Welttheile verfolgter, Bemühungen sind, haben 
zu 2 bisher nicht vorhandenen, wenigstens nie erwiesenen, Ansichten für die Naturforschung im Allgemei- 
nen geführt und dieselben gründlich zu befestigen gestrebt: 1) zur Erkenntniss einer bis an die letzten Gren- 
zen selbst der künstlich gesteigerten Sehkraft durchgreifenden, in allen Hauptsystemen vollendeten und sich 
nicht abstufenden thierischen Organisation; 2) zur Erkenntniss eines unerwartet grossen direeten Einflusses 
der- mikroskopischen Formenwelt auf die unorganische Natur. Die Folge der ersteren ist unter andern auch 
eine immer grössere und überaus grosse Unwahrscheinlichkeit der Existenz einer generatio spontanea oder 
mutterlosen Erzeugung organischer Körper. Der Gang der Untersuchungen ist historisch folgender gewesen: 

Seit dem Jahre 1816 mit physiologischen Studien beschäftigt, strebte ich zuerst nach Specialkennt- 
niss der Formen, bei denen man eine generatio spontanea annahm, der Pilze nämlich, Infusorien und En- 
tozoen. : Im Jahre 1818 theilte ich in meiner Inaugural-Dissertation? systematische Resultate der mycolo- 
gischen Untersuchungen mit. Im Jahre 1819 gewann ich den directen, bisher nicht vorhandenen, scharfen 


ı p. 278. 2 p. 355. 3 p.32, 353. *p. 401. ° p. 297. ° p. 351. 7 p. 56. ° Fauna boica. ° Sylvae mycologicae berolinenses, 1818. bei Dünnrer. 


Beweis des Keimens der einzelnen Pilz- und Schimmelsamen, wodurch die Entstehung dieser Pflänzchen 
aus generatio spontanea, wegen der vorhandenen Menge der Samen, sehr beschränkt und unnöthig er- 
schien, Münchnausen’s von Linse als unsterblich gepriesene Entdeckung aber, dass diese: Samen Infusorien 
oder Luftpolypen wären, als ganz unrichtig zuerst streng erwiesen war. Diese Beobachtungen wurden in 
einem lateinischen Schreiben an Herrn NEES vo ESENBECK: „De mycetogenesi epistola“ in den Actis Aca- 
demiae Leopoldinae, 1820. p. 161, 187. mitgetheilt. Einen kurzen Bericht über meine damaligen Bestre- 
bungen und deren Erfolg, auch für Infusorien, gab ich. allgemeiner in der Regensburger botan. Zeitung, 
Flora, 1820. B.2. p. 535. Eine speciellere Uebersicht ist in Poeernnorrrs Annalen der Physik 1831. 
Auf einer im Jahre 1820 im Auftrage der Berliner’ Akad. d.: Wissensch. mit Dr. HEMPRICH unternommenen, 
von Sr. Majestät dem Könige Frieprıch WirHeLm IN. auf. ‚den Vortrag Sr. Excellenz des Herrn Staatsmini- 
sters STEIN VoM ALTENSTEIN allergnädigst unterstützten, Reise nach Afrika, auf. welcher ich 6 Jahre ver- 
weilte, habe ich, wie im Allgemeinen mit meinem Freunde das Wechselverhältniss aller Organismen, so. auch 
die mikroskopische Formenwelt immer von Neuem beachtet, und ein wachsendes Interesse an derselben war 
die Folge davon. Die grossen Schwierigkeiten der mit jugendlichem reinen Eifer von uns doch wohl viel zu 
ernst und zu ideal aufgefassten Reise, auf welcher allmälig 8 europäische Begleiter und in Massaua auch 
Hemprich starben, von der nur ich und mein Jäger Heinrich Schurz (jetzt in Kiel) zurückkehrten, erlaub- 
ten natürlich nicht, dem einzelnen Felde der Forschung viele Kraft zu widmen. Doch brachte ich die ersten 
specielleren Nachrichten über die Verbreitung der mikroskopischen Formen in 2 andern Welttheilen mit, in- 
dem die überseeischen Nachrichten von Necker 1790', von.Bosc 1800°, von Bory DE St. Vincent 1804°, 
von Rıcnz 1807° nur in allgemeinen Ausdrücken abgefasst waren, und die von Tiresıcs 1812 verzeichne- 
ten Leucht-Infusorien des Oceans offenbar Acalephen gewesen sind (s. p. 258, 316.). Jene Beobachtungen 
wurden 1828 in den Tafeln der Symbolae physicae, Evertebrata I. und in den Abhandl. d. Berl. Akad. 
d. Wiss. 1829 mitgetheilt, und schon 1828 wurden (Tafel VI.) sehr detaillirte Structurverhältnisse bei Rü- 
derthieren abgebildet, wie denn 1820 die Mundwimpern von Monaden schon erkannt und angezeigt waren. 
Lebhaft ergriffen von dem grossen Einflusse der bisher nur wenig beachteten mikroskopischen For- 
menwelt, bekam ich durch Herrn ALEXANDER von HumgoLor's Aufforderung zur Begleitung auf seiner Reise 
nach dem Ural neue Aussicht, auch diese Beobachtungen zu erweitern. . Ich nehme hier Gelegenheit, Tunes, 
Herr Baron, dem Manne, der mich mit grosser, erst zu verdienender, Theilnahme, ja mit Freundschaft 
seit dem Beginn meines wissenschaftlichen Daseyns an- sich gezogen, geehrt und 'beglückt hat, den. mein 
Lob nicht erhebt, dessen offenkundige erstaunenswerthe geistige Thätigkeit das Gepräg e des lautersten wis- 
senschaftlichen Strebens ein ganzes langes Leben hindurch bewahrt und nie ‚verloren hat, meinen Dank für 
Inr Beispiel, Inre Theilnahme zu sagen. Wenn die. Philosophie, als die Palme des Lebens, im möglichst 
ausgebreiteten und tiefen Wissen, im Verschmähen des leeren dialectischen Scheines und im gleichmüthige 
Streben nicht nach neuen leichtfertigen Meinungen und Systemen, sondern nach strengen umsichtigen sr 
weisen für haltbare Meinungen und Systeme liegt; so mag mit Recht wohl jeder Zeitg enosse seine Blicke 
nach Inxen richten. Wohl sehätze ich mich glücklich, Innen so nahe gestanden zu haben, wie es die Reise 
nach Russland mit sich brachte, und wenn ich den Abschluss meiner Untersuchungen über die mikroskopi- 
schen Organismen, so einseitig, so geringfügig auch die Beschäftigung manchem erschienen, in Inrer Nähe ge- 
wann, so mochte diese wohl die besondere, heitere und ernste Seelenspannung dazu geben, wie ich denn an Inrem 
Urtheil mich oft gekräftigt habe, wenn voreilige Opposition mir die Freude an meinen Bestrebungen entzog. 
Auf dieser von Herrn v. HumBoLpT beabsichtigten, durch die Befehle Sr. Majestät des Kaisers von 
Russland NicoLaus I. auf das Freisinnigste unterstützten und in grösserer Ausdehnung ausgeführten, von Sr. 
Erlaucht dem Herrn Staatsminister Grafen von CAancrın auf das Zweckmässigste und Züuvorkommendste ge- 
förderten, Reise, an welcher ich durch Herrn v. HumpoLpr’s freundliche Gunst und durch besondere Geneh- 
migung Sr. Majestät mit Prof. Gustav Rose 1829 Theil nahm, beobachtete ich mit grosser Aufmerksamkeit 


auch die mikroskopischen Lebensformen. Die Vergleichung der afrikanischen, arabischen und europäischen 


Gestalten, die ich sämmtlich in Zeichnungen festgehalten hatte, und ihrer Verhältnisse gab das 1830 sogleich 
nach der Rückkehr publieirte, diesem Werke zum Grunde liegende, Resultat, wobei das gelungene Füttern 
der Thierchen mit Farbe als Erläuterung -sehr behülflich, aber nur Folge des schon Erkannten war. Diese 


Beobachtungen sind in den Abhandl. der Berl. Akad. d. Wiss. 1830 und auszugsweise in der Zsös 1830. p. 168. 
und 758. angezeigt worden. Seitdem sind 1831, 1833 und 1835 am ersteren Orte weitere, meist nur über- 
sichtliche, Details publieirt worden. Das ganze Material, u ganze Basis jr Mittheilungen lege ich hier- - 


mit erst zur weiteren Benutzung vor. 


' Comment. Acad. Theod. Palat. Vol. VI. Physic. p.251. ° Hist. nat. des vers. Suite de Burron par Derkrvınıe. °® Voyage aux 
4 Istes. — Dict. elassique des sc. nat. VII. p. 254. * Vergl. Scuweisser’s Handb. d. Naturgesch. 1820. p. 261. 


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Eine neue reiche Anwendung erhielt die Lehre von den Infusorien im Jahre 1835 durch Verglei- 
chungen der Verhältnisse der G@allionella ferruginea. Den prismatischen 2schaaligen harten und spröden 
glasartigen Panzer der Bacillarien hatte ich schon 1830 zum Abtheilungsgrunde benutzt. Kürzine's inter- 
essante Entdeckung, dass er aus wirklicher Kieselerde bestehe, wurde 1834, von mir und H. Rose bestü- 
tigt, der Berliner Akademie angezeigt und noch meiner Abhandlung von 1833 p. 319. zugefügt. Durch Er- 
kennen der für Eisenocker oder eine, zuletzt Zyngbya ochracea genannte, Pflanze gehaltenen rostgelben 
Flocken der Sumpflachen als eine kieselhaltige Gallionella trat der Gedanke nahe, dass das Raseneisen 
ein organisches Produet seyn möge. Die bekannten chemischen Analysen begünstigten es, und eine frühere 
Anwesenheit in der Gegend von Eger und Carlsbad lenkte meine Ideen auf jene eisenhaltigen Mineralwässer, 
gleichzeitig aber auf die ebenfalls oft stark Ocker und Erden absetzenden Soolwässer. Zu gleicher Zeit 


erbat ich mir daher im Frühjahr 1836 vom Herrn Geheimen Ober-Bergrath Karsten die Zusendung von 


den Absätzen sämmtlicher Soolwässer der Preuss. Monarchie, und Herr Dr. Parruey in Berlin verschaffte 
mir auf mein Ansuchen die Bekanntschaft des Herrn Fabrikbesitzers Fischer in Pirkenhammer bei Carlsbad, 
durch dessen Güte ich am 25. April einige Fläschehen mit Carlsbader Quellschleim erhielt, dessen zum Theil 
neue, zum Theil nur aus Meerwasser bekannte, Infusorienformen meine Aufmerksamkeit im hohen Grade stei- 


‚gerten (s. Berichte der Berliner Akademie, 1836. p. 32.). Er selbst nahm bei seiner bald darauf erfolgen- 


den Anwesenheit in Berlin und der von mir ihm gegebenen Ansicht der Formen den lebhaftesten Antheil 
und versprach, sich dieser Untersuchungen in seiner Heimath thätig anzunehmen. Im Juni, bald nach sei- 
ner Rückkehr, sandte mir Herr Fıscuer etwas von der kieselguhrähnlichen Substanz des Torfmoores von 
Franzensbad bei Eger mit dem Bemerken, dass sie ausschliesslich aus den Panzern von Naviculis zu be- 
stehen, und der feuerbeständige Rückstand des stellenweis ausgeglühten Moorbodens zu seyn scheine, zu- 
gleich mit dem Ersuchen, die Thierformen zu bestimmen und das Resultat zu publieiren. Letzteres geschah 
am 27. Juni in der Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe der Berl. Akademie d. Wiss., und ich 
theilte nach den angestellten Untersuchungen mit, dass nicht bloss die kieselguhrähnliche Masse von Fran- 
zensbad, wie der Sumpfocker, sondern auch der anerkannte, von KLarrorn analysirte, Kieselguhr von Isle 
de France und das von demselben analysirte Bergmehl von Santa Fiora in Toscana ganz aus erkennbaren 
Arten von Bacillarienschaalen bestehen, deren Arten ich aufzählte (s. Berichte der Berl. Akad. 1830. p. 50.). 
Nach wenig Tagen, schon am 30. Juni, nachdem ich meine Aufmerksamkeit auf die Polirerden und Tripel 
gewendet hatte, theilte ich der Akademie die gewonnene neue Beobachtung mit, dass der Polirschiefer von 
Bilin, welcher als Blättertripel oder Silbertripel im Handel ist und ein grosses geognostisches Lager in Bilin bildet, 
ebenfalls ganz aus erkennbaren Bacillarienschaalen gebildet sey, und auch der Klebschiefer des Menilmontant 
davon Spuren zeige (s. Berichte d. Berl. Akad. 1836. p. 55.). Im August entdeckte ich die gleichen Ver- 
hältnisse des Casseler und Planitzer Polirschiefers und auch die Bildung des Halbopals und Saugschiefers 
aus Infusorien, wozu theils das Königliche Mineralien-Cabinet, theils eine besondere Nebenreise Herrn von 
HumßoLprTs nach Bilin mir reichhaltiges Material übergeben hatte. Die Halbopale des Porphyrs und Ser- 
pentins und die Feuersteine der Kreide zeigten in sich Pyxidieulas als mikroskopische Organismen (p. 83.). 

Auf einer im September unternommenen Reise nach Jena fand ich in Delitzsch die Xanthidien 
und Peridinien der Feuersteine als noch ausgezeichnetere Infusorien-Formen, und hielt in der Versamm- 
lung der deutschen Naturforscher zu Jena einen Vortrag über die neuesten Fortschritte in der Erkenntniss 
der Infusorien als Felsmassen (s. Amtlich. Bericht über die Vers. d. deutsch. Naturf. zu Jena, 1836. p. 69.). 
Specieller erläuterte ich die mikroskopischen Feuerstein-Organismen, besonders auch die Algen, in einem 
Vortrage vor der Berliner Akademie am 12. Dec. (s. Bericht d. Berl. Akad. 1836. p. 114.). Im Jahre 1837 
sind dann in den Monatsberichten der Berliner Akademie am 9. Februar die essbaren Infusorien-Erden von 
Degernfors angezeigt. In der Sitzung der Berliner naturforsch. Gesellsch. am 21. März wurde der Kiesel- 
guhr von Kymmene Gärd in Finnland vorgelegt (s. Wıremann’s Archiv, 1837. I. p. 277.). Die Infusorien 
des Polirschiefers von Oran wurden am 13. April der Berl. Akad. angezeigt. Am 20. Juli wurde das Mas- 
senverhältniss der jetzt lebenden Kieselinfusorien erläutert und der Polirschiefer von Jastraba bezeichnet. 
Am 11. December wurde die 6monatliche Beobachtung der lebenden Dammerde angezeigt, das Dendrosoma 
radians und die Knospenpaarung der Closterien beschrieben; am 21. December ist das über 28 Fuss mächtige 
Lager der Infusorien in der Lüneburger Haide erläutert worden (s. Berichte der Berl. Akad. 1837.). Eine 
Zusammenstellung der fossilen Erscheinungen bis 1837 ist aus den Abhandl. d. Berl. Akad. von 1836 unter 
dem Titel: „Die fossilen Infusorien und die lebende Dammerde“ in wenig Exemplaren besonders abgedruckt. 
Seitdem sind neue Infusorien-Lager im See Lillhagsjon und bei Loka in Schweden, ferner bei Savitaipal 
in Finnland beobachtet (s. Berichte d. Berl. Akad. 11. Januar 1838.). Ferner ist bei Zamuto in Ungarn ein 
Infusorien-Conglomerat als Polirschiefer, auf Isle de Bourbon eine Infusorien-Erde und auf Lucon der Phi- 


Tr un u 2:2: a a as si 


XII 


lippinen ein Kieselguhr aus Infusorien, bei Kliecken im Dessnhiächein‘ aber eine essbare Infusorien- Erde be- 
obachtet (s. ebenda Juni 1838.), so dass die Zahl der fossilen Infusorien- Arten en 103 ERST und ‚eine 
überaus grosse, die ganze Erde umfassende, Verbreitung vor Augen liegt ; 

Wenn nun auch die jetzige schärfere Beobachtung die früher an den Infusorien be wuneie vorn er- 
wähnten Eigenschaften sämmtlich als unerwiesen und unbegründet hat erkennen lassen, wie es an den be- 
treffenden Orten specieller erläutert wird, so hat sich doch eine grosse Reihe höchst merk würdiger Eigen- 
schaften und Verhältnisse durch eine genauere Nachforschung bestätigen oder entdecken lassen, welche 
zum Theil ein grosses physiologisches Interesse wirklich in Anspruch nehmen. Folgendes ist die Uebersicht 


der im Texte abgehandelten, begründeten und besonders merkwürdig gen Eigenschaften FAR Verhältnisse der 
Infusorien: 


1) Alle Infusorien sind organisirte, zum grossen Theil, wahrscheinlich alle, hoch organisirte Thiere. "Dass alle mikrosko- 
pischen Organismen nur Thiere, nicht Pflanzen wären, wie Baer meinte , ist irmig >; viele Pflanzen bestehen deutlich aus mikrosko- 
pischen Einzelformen. oo ge I 

2) Die Infusorien bilden 2 ganz natürliche Thierelassen nach ihrer Seuche lassen sich nach der Structur se 
abtheilen und erlauben keine Vereinigung ihrer Formen in gleichen Gattungen oder Eulen mit grösseren Thieren,. so ähnlich sie auch 
oft erscheinen. we 

3) Die Existenz von Infusorien ist in 4 Welttheilen und im Meere nachgewiesen, und einzelne Arten sind i in den entfern- 
testen Erdgegenden dieselben. 

4) Die geographische Verbreitung der Infusorien auf der Erde folgt den a bei andern Natarkörpern Saint Gesetzen. 
Nach Süden hin giebt es in andern Weltgegenden stellvertretende abweichende Formen mehr als nach Westen und Osten, aber sie feh- 
len nirgends, auch betrifft die climatische Verschiedenheit der Form nicht bloss die grösseren. Im Meerwasser und Salzwasser leben 
zahlreich andere Formen, als im Flusswasser, viele aber sind dieselben und gewöhnen sich an verschiedene sehr“ abweichende Ver- 


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hältnisse. 
5) Die meisten Infusorien sind dem blossen Auge unsichtbar, viele sind aber als bewegte Pünktchen sichtbar und bei keinem i 
übersteigt die Körpergrösse eine Linie. Die Organisation aller ohne Ausnahme ist für, ‚das blosse Auge völlig unsichtbar. en ae s 
6) Die unsichtbaren kleinen Infusorien färben durch ihre zahllosen dicht. . gedrängten Mengen ausgedehnte Wassermassen mit i 
auffallenden Farben. 2 F 


7) Sie verursachen, an sich unsichtbar, eine Art des Meeresleuchtens durch eigene Lichtentwickelung.- 
8) Sie bilden, einzeln unsichtbar, eine Art der Dammerde durch dicht. gedrängte lebende Massen. 
9) Da zu 1 Cubikzoll Erde oft mehr als 41000 Millionen einzelner Thiere gehören, so geben die: Infusorien die BE! 


numerischen bekannten Verhältnisse des selbstständigen Lebens, sie bilden die Hauptzahl, ‚vielleicht die Hauptmasse der thierisch beleb- 
ten Organismen auf der Erde. 


10) Die Infusorien haben die in der gesammten organischen Natur bis Tot bekannte grösste zeugende Kraft. Bei Thmen 
ist die Möglichkeit zur Vervielfältigung des nen bis zu einer Million in wenig Stunden. Da eine Vorticelle oder Bacillarie sich 
binnen 1 Stunde theilt und nach Zwischenzeit von 1 Stunde wieder theilt, also in-3 Stunden aus einem 4 werden und in 5 ‘Stunden 
aus einem 8, in 7 Stunden aus einem 16, so ist es möglich, dass in je 24 Stunden 4096 Einzelthiere aus 1, in 48 Stunden oder 
2 Tagen aber 8 Millionen und in 4 Tagen 140 Billionen werden. Im Biliner Polirschiefer bilden ungefähr 41000 Millionen Gallio- 
nellen immer 1 Cubikzoll Stein, daher etwa 70 Billionen 1 Cubikfuss (1728 C. Zoll = 1 C. Fuss). Mithin könnte ein Thierchen 
durch blosse Selbsttheilung in 4 Tagen möglicherweise 2 Cubikfuss Stein bilden. Diese so  gleichmässig fortgesetzte Prodüctivität scheint 
durch andere äussere Bedingungen zwar sehr gehindert zu seyn, aber so viel Kraft ist in ihnen schlummernd ohne Uebertreibung vor- 
handen. So blühen die Bäume überschwenglich und tragen nur mässige, oft keine Früchte! 


11) Die beobachtete Fortpflanzung der Infusorien durch Selbsttheilung giebt eine, alle: Berechnung möglicher Zerstöring des’ 
Individuums aufhebende, mögliche Erhaltung und Verbreitung derselben in. Meeren und ‚Lüften, welche poötisch genug an Unsterblichkeit 
und ewige Jugend grenzt. Man theile sich in zahllose immer neue Theile, um zahllose Jahre zu leben und jung zu seyn. (8. p. 290.) 


12) Die Knospenpaarung, welche vielleicht doch das noch ungelöste polyembryonische Räthsel aller. Pflanzensamen .und Pflan- 
zenbildung einschliesst (alle Bäume, Sträucher. und Pflanzen sind offenbar den Corallenstöcken ähnliche Blüthenstöcke 5 vergl. de Myce- 
togenesi, 1820.), liegt auch bei den Spindelthierchen am Tage. TERN 

13) Die Infusorien bilden durch ihre Kieselschaalen unzerstörbare Erden, Steine und Felsmassen; welche, die‘ Geschichte‘ des’ 


Menschen schon jetzt weit überragend, vielleicht einst zu, alle kalkigen, leichter zerstörbaren Organismenreste übt agenaleıt), Denkstei- 
nen der Erdbildung werden. 


14) Man kann aus unsichtbaren Infusorien mit Kalk oder Soda Glas bereiten, _o u Ziegelsteine aus ihnen fer- 
tigen, sie als Feuersteine benutzen, wahrscheinlich Eisen aus ihnen bereiten, mit ihnen als Tripel Silber poliren ad formen, als Ocker 
färben und als Moder und Dammerde düngen, auch aus ihnen gebildetes Bergmehl gegen den Hunger als unschädliche Füllung anwenden. 

15) Die unsichtbaren Infusorien schaden zuweilen und allein, wie es scheint, durch Tödten der Fische in Teichen, durch 
Verschlämmen des klaren Wassers, durch Sumpfgeruch und durch Schreck abergläubischer Menschen. Dass sie die Sumpffieber, Pest und 
andere Krankheiten bedingen, ist unwahrscheinlich und nie glaubwürdig nachgewiesen. Bei der Cholera in Berlin 1832 säh ich: keine 
ausserordentlichen Eiuisongen in den Gewässern, noch in der Atmosphäre. Zwar giebt es sehr kleine. Krätzmilben und Eitermilben, 
aber vom Baal-Sebub und der Pestfliege der Orientalen an bis zur Furia infernalis Lınn&’s und dem Cholerathierchen ist alles bis- 
her unerwiesene Behauptung und Aberglaube. 


16) Die Infusorien sind, so weit die Beobachtung reicht, schlaflos. ; 
17) Die Infusorien zerfliessen theilweis beim Eierlegen und verändern dadurch passiv mannigfach die Form. 


18) Die Infusorien bilden unsichtbare Eingeweidewürmer vieler Thiere und des Menschen, auch wenn man. die en 
von ihnen ausschliesst. 


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XIV 


19) Die unsichtbaren Infusorien haben selbst Läuse und Eingeweidewürmer, und die Läuse der Infusorien haben wieder er- 
kennbare Läuse (s. p- 211, 510. Tafel XV. Fig. I. IV. Taf. LXII. Fig. V. 3.). 

20) Die Infusorien haben ein ansehnlich langes Leben, auch abgesehen vom Einfluss der Selbsttheilung, und sie mögen oft 
einen Winterschlaf durch Trockniss aus Frost, und einen Sommerschlaf durch Trockniss aus Wärme haben, wahrscheinlicher aber lie- 
gen sie ohne Schlaf und Erstarrung nur in Trägheit dabei und leben dadurch schwerlich länger, vielmehr gewiss kürzere Zeit. 

21) Wie Fiehten-Blüthenstaub jährlich als Schwefelregen aus den Wolken fällt, so scheinen die viel kleineren Infusorien, 
mit dem Wasserdunst passiv gehoben, allerdings zahlreich und wolkenartig, lebend unsichtbar in der Atmosphäre zu schweben, seltener 
vielleicht lebend dem Staube beigemischt zu seyn. Directe Erfahrungen hierüber sind noch nicht hinreichend viele und streng wissen- 
schaftliche angestellt. Nur im Anfange der Platzregen sind sie zu erwarten, und ehe da 5 einzelne Tropfen untersucht sind, ist die 
Gelegenheit vergangen. Um nur 1000 Tropfen der Regen genau zu untersuchen, verlangt es viele Zeit, und was sind 1000 Tropfen 
eines Regens? Das interessante Feld liegt der Beobachtung noch offen. Auch nach Franz ScnuuLze’s und Scauwann’s neueren Ver- 
suchen mit künstlich gereinigter atmosphärischer Luft giebt eine Wasserdunst- und Staub-lose Luft, keine Thierchen für Infusionen. 
(Possenn. Annalen d. Physik, 1836. 1837.) 

22) Im Allgemeinen verhalten sich die Infusorien gegen alle äusseren Einflüsse den grösseren Organismen ziemlich gleich. 
Sie verzehren zwar zuweilen starke Gifte ohne raschen Nachtheil, aber doch mit allmäligem schädlichen Einflusse derselben. Sie ertragen 
unter gewissen Umständen hohe Hitze- und Kälte-Grade, wie es auch andere Thiere und Menschen thun. Sie leben mit und ohne Licht. 

23) So leicht auch das Gewicht der unsichtbaren Infusorien ist, so ist es doch berechenbar und gewogen, und allerdings 
mag der leiseste Luftzug, welcher Federn hebt, mit solchen Körperchen, wie mit dem Wasserdunste, spielen (s. p. 170.). 

24) Die scheinbare grosse Geschwindigkeit der Infusorienbewegung im vergrösserten Tropfen, zum klaren Bewusstseyn ge- 
bracht, ergab mir, dass Hydatina senta 1 Linie in 4 Secunden, Monas Punctum 1 Linie in 48 Secunden, Navicula gracilis 
1 Linie in 6 Minuten 24 Sec. durchläuft. Somit braucht Hydatina senta zu einer Meile Weges 21 Wochen, Monas Punctum 
5 Jahre, Navicula gracilis 40 Jahre. Eine Schnecke (Zimnaeus stagnalis) läuft °/, Linien in 1 Secunde, ein Mensch im Eil- 
schritt 5 Fuss in der Secunde, ein Militairpferd im Trapp 13 Fuss in 1 Secunde. 

25) Lıns# sprach aus: Aller Kalk komme von Würmern (Omnis calx e vermibus). Jetzt wird man angeregt daran zu 
denken, ob nicht alle Kieselerde und alles Eisen (also 3 Hauptbestandtheile der Erde) auch aus Würmern kommen, oder ob sie von 
ihnen nicht wenigstens doch organisch mannigfach umgewandelt, schon einmal verzehrt wurden. Omnis silex, omne ferrum 
e vermibus. Es zu behaupten oder zu verneinen, ist jetzt gleich unrichtigs. Nur immer speciellere Untersuchung wird Licht geben. 

26) Die directen bisherigen Beobachtungen für die mutterlose Erzeugung organischer Körper (generatio primitiva) erman- 
geln, wie es nun scheint, sämmtlich der nöthigen Schärfe. Dieselben Beobachter, welche das plötzliche Entstehen der kleinsten Orga- 
nismen aus Urstoffen gesehen zu haben meinen, haben die sehr‘ zusammengesetzte Structur derselben ganz übersehen. Ein arges 
Missverhältniss ist dabei nicht zu verkennen und eine Täuschung liegt am Tage. Beobachtungen über das Entstehen krebsartiger Thiere 
und Insecten aus Urstoffen sind die Nachklänge einer veralteten Zeit, wo die Raupen aus den Blättern wuchsen. Geschichtlich ist völ- 
lig deutlich die Urzeugung, von den Autochthonen-Menschen anfangend, auf die Frösche, von den Kröschen auf die Insecten, von den 
Insecten auf die mikroskopischen und der Untersuchung schwer zugänglichen Formen allmälig durch bessere Erkenntniss zurückgedrängt 
worden. Auch bei diesen schwindet der Boden, auf dem sie stehen soll. 


27) Die wunderbare stete Formveränderung- mancher Infusorien hat sich auf Grenzen und organische Gesetze zurückführen lassen. 


28) Die Kraft der Infusorien-Organisation ist durch ein starkes Kaugerüst mit Zähnen in ihrem Munde anschaulich bezeich- 
net, auch haben sie völlig deutliche Geistesfähigkeiten, wie andere Thiere. Dass sie gerade, wie Crusıus, der Philosoph, (Anleit. üb. 
nat. Begeb. nachzud. II. p. 1226. 1749.) aus der Selbsttheilung schliesst, eine vollkommenere Seele hätten, mag dahin gestellt seyn. 


29) Die Infusorien-Beobachtung hat eine schärfere Begriffsbestimmung des Thieres im Allgemeinen herbeigeführt, wonach 
sich alle Pflanzen und Mineralien durch Mangel der thierisch-organischen Systeme scharf und streng scheiden. 


30) Es ergiebt sich aus diesen Untersuchungen endlich, dass die Erfahrung eine Unergründlichkeit der organischen Schöpfun- 
gen dem kleinsten Raume zugewendet zeigt, wie die Sternenwelt dem grössten, deren nicht naturgemässe Grenzen die optischen Hülfs- 
mittel ziehen. Eine Milchstrasse der kleinsten Organisation geht durch die Gattungen Monas, Vibrio, Bacterium, Bodo. 

Ueber die innere Einrichtung des Werkes, welches durch den Herrn Verleger in Hinsicht auf die 
Darstellungen im Kupferstich ohne alle Prahlerei einerseits, und ohne Rücksicht auf Ersparniss andererseits, 
nur mit Hinsicht auf entschiedene Zweckmässigkeit angelegt wurde, ist zu bemerken, dass die Eleganz des 
Druckes mehr als eine secundär nothwendige, gleichartige Zugabe erschien, und wenn es mir gelungen wäre, 
dem Texte selbst den innern Gehalt zu geben, welcher dieser äusseren Eleganz nicht unangemessen ist, so 
würde ich nur meine Pflicht für die Wissenschaft und für das mir geschenkte Vertrauen erfüllt zu .haben 
glauben. Uebrigens soll dieses Werk keineswegs ein abgeschlossenes System darstellen. Es ist nur ein er- 
ster Versuch, die durchgreifende Organisation der so schwer übersehbaren mikroskopischen Formen über- 
sichtlich zu machen. Nur eine möglichst feste Grundlage für künftige weitere Forschung soll es bieten. 
Täglich finde ich selbst mehr Detail und noch immer neue Formen. Darein habe ich besonders mein Be- 
streben, meinen Stolz gesetzt, wo möglich nirgends zu viel, sondern überall nur zu wenig gesehen und dar- 
gestellt zu haben. Alles, was ich aufnahm, habe-ich selbst beobachtet, alle Zeichnungen habe ich selbst 
gefertigt. Diese Zeichnungen bilden die Basis der wörtlichen Beschreibung, sie sind mit möglichster, vielfach 
von Neuem prüfender Sorgfalt entworfen und sind als Darstellungen des Lebendigen nicht Abzeichnungen, son- 
dern Compositionen aus vielen Beobachtungen, wie sie kein Maler fertigen konnte, der nicht selbst Beobachter 
ist. Alle Meinungen, Zahl der Gattungen dergl. sind Nebensachen, aber die Facta sollen wahr seyn. Noch habe 
ich grossen Fleiss auf das Geschichtliche gewendet, obschon es meist nur eine muthmassliche Deutung seyn 
konnte. Von Willkühr hierbei habe ich mich, so viel ich konnte, fern gehalten und vielleicht eher zu viel, 


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XV 


als zu wenig Zeit und Raum auf die Synonymie verwendet, doch hielt ich sie für wissenschaftlich noth- 
wendig. Auch von den ungenauesten und leichtfertigsten früheren Beobachtern habe ich zuweilen doch Vor- 
theil für die geographische Verbreitung der Formen gezogen, aber es sind fast überall nur die von mir selbst 
beobachteten Lokalitäten sicher. Alle Schriftsteller, die ich eitire, habe ich selbst nachgesehen, was nur 
mit Hülfe der sehr reichhaltigen, selten wichtige Lücken bietenden, Berliner Königlichen Bibliothek in ei- 
nem solchen Grade möglich war. Die wenigen ungeprüften sind mit Sternchen und Fragzeichen versehen. 
Durch Anwendung von Zahl und Maass auf diese unsichtbare Formenwelt und auf ihre organischen Theile 
hat sich eine früher ungekannte Schärfe in die Unterscheidung der Arten bringen lassen. Mit gleicher Sorg- 
falt und Anstrengung habe ich mich sehr häufig bemüht, den ganzen Entwickelungseyclus der Individuen zu 
verfolgen und im Detail festzuhalten. Vieles, besonders über Bacillarien, hat sich im Laufe des Druckes noch 
sehr erweitert und vertieft, so dass nur die Resultate noch im Allgemeinen aufgenommen werden konnten. 
Vielleicht finden späterhin Nachträge eine geneigte Aufnahme. Ueber die meisten Einzelformen hätte ich 
freilich noch viel mehr von ihrer Lebensart erzählen können, allein die generellen Uebersichten scheinen dem 
Bedürfniss zu genügen, und eine noch grössere Ausdehnung des Werkes schien für jetzt unzweckmässig. 
Fleiss und Treue in den Thatsachen und Fülle in den Beobachtungen sind mein Wahlspruch gewesen. Die 
Einkleidung hätte nur auf Kosten der Fülle oder der Kürze gewinnen können, und so sehr ich selbst die 


Eleganz und Leichtigkeit der Darstellung schätze, so kann sie doch nur auf zweiter Stufe stehen, und Fülle 
und Klarheit der Uebersicht sind nähere Freundinnen des Wissens. 


METHODE DES SAMMELNS, DER BEOBACHTUNG UND DES AUFBEWAHRENS DER INFUSORIEN. 


Die Infusorien findet man nicht in übelriechenden Pfützen dergl. Diese wimmeln zwar von Infuso- 
rien, aber ziemlich alle von denselben wenigen und gemeinen Arten (p. 526.), auch besteht nicht aller Schlamm 
und Moder aus Kieselthieren. Das Aufsuchen von Infusorien-Formen ist durchaus dem Pflanzen- und In- 
secten-Sammeln ähnlich. Die lieblichsten und auffallendsten Gestalten, namentlich auch fast alle Räderthiere, 
finden sich im klaren Wasser langsam fliessender oder nachquellender Gräben, Lachen und Bassins, in de- 
nen fein zertheilte Wasserpflanzen, besonders Zemna, Ceratophyllum, Conferven dergl. wachsen. Sehr 
reichhaltig an ausgezeichneteren Arten pflegen Torflachen oder Wiesengräben zu seyn. Sieht man schein- 
bar mit Schimmel überzogene Pflanzen unter'm Wasser, so hat man eine reiche Erndte. Es sind meist lieb- 
liche Glockenthierchen (Vorticellen), zwischen denen Räderthiere verschiedener Gattungen, Blumenfischchen, 
Schwanenthierchen und viele andere Formen gleichzeitig munter leben. Kleine gelbliche Gallertkugeln an 
Ceratophyllum sind die lieblichen Sonnenschirmthierchen. Der weisse Schimmel an den Wurzeln der Meer- 
linsen ist meist Vorticella nehulifera, und kleine schwärzliche, im rechten Winkel von der Meerlinsen- 
Wurzel dergl. abstehende, kurze Borsten sind die liebliche Melicerta. Findet man irgendwo zwischen Meer- 
linsen das Kugelthier (Vowox Globator), so darf man nur bei mehreren mit der Lupe nach innern weis- 
sen Flecken suchen, um alsbald den Raubschiffer zu entdecken. Die staubige oder häutige Oberfläche stag- 
nirender Lachen ist oft voll von seltenen Formen. Grüne, gelbe, blaue, braune, rothe schleimige Ueberzüge 
der Wasserpflanzen oder Färbungen der Gewässer sind in der Regel von lieblichen Infusorien- Formen ge- 
bildet, und was dem Vorübergehenden höchstens sonderbar ist, das wird dem mikroskopischen Forscher zum 
überraschendsten Schauspiel des formenreichsten Lebens. Jeder, wer Lust oder Beruf zu solchen Beobach- 
tungen hat, findet leicht die specielleren ihm bequemsten Methoden des Sammelns und Beobachtens von 
selbst, und was manchem bequem und förderlich ist, ist dem andern unbequem. Nützlich sind vielleicht fol- 
gende Bemerkungen: Man muss nicht Gläser auf das Geradewohl, mit modrigem stinkenden Wasser ge- 
füllt, mit sich nach Hause nehmen, das ist lästig und unzweckmässig. Was man zur specielleren Untersu- 
chung mit sich nimmt, muss schon eine sichere Anzeige eines bestimmten Gehaltes und Interesses haben. 
Um diess zu erfahren, muss man Gläser von weissem klaren Glase auf Erholungswegen oder mikroskopi- 
schen Excursionen bei sich haben, und eine (entweder gewöhnliche oder besser noch applanatische) Lupe, d. i. 
eine gefasste einfache oder doppelte Glaslinse von etwa 4maliger Vergrösserung im Durchmesser, an einer 
Schnur befestigt, bei sich führen, damit sie nicht zu leicht in’s Wasser fällt. Stärkere Vergrösserungen sind zeit- 
raubend und unnütz, sogar eine 2malige des Durchmessers reicht aus. Auch ist ein kurz zusammenschieb- 
barer Stock mit einem Haken am Ende nützlich. Sehr dünne klare Reagenz-Gläser, die jeder Apotheker 
verschafft, mit guten Stöpseln, in ein bequemes, etwa 4 Zoll langes, gegen 2 Zoll hohes und 3 Zoll brei- 
tes, Blechkästcehen auf Baumwolle in doppelter Lage neben einander gelegt, kann man dutzendweis ohne 
Unbequemlichkeit bei sich haben; um aber von der Oberfläche der Gewässer bequemer einzuschöpfen, be- 


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diene ich mich oft kleinerer starker weisser Gläser mit weiter Mündung, deren man ebenfalls ohne Last 
mehrere frei mit sich nehmen kann. Findet sich eine durch irgend eine Trübung oder durch 
Meerlinsen, Confervenüberzug dergl. die Aufmerksamkeit erregende Lache, so schöpft man et- 
was ein, thut auch wohl, von den Pflanzen, nicht allzuviel, aber etwas mit in das Glas zu 
- nehmen. - Erkennt man mit der Lupe nicht kleine bewegte Wesen oder glockenartige Vorticel- 
len sogleich, so giesst man das Geschöpfte weg und geht weiter, bis man irgend etwas Le- 
bendes im: Wasser wirklich erkennt, das erst trägt man zur Untersuchung nach Hause. Man 
erwirbt sich gar bald eine solche Fertigkeit im Unterscheiden der schon öfter gesehenen For- 
men, dass man die gewöhnlicheren, selbst sehr kleine, aus ihren Bewegungen und Gestalten mit Sicherheit 
beurtheilt, ohne sie erst unter. das zusammengesetzte Mikroskop zu bringen, wie ich denn in jedem Halb- 


jahre bei meinen Vorträgen für Studirende dergleichen Excursionen und Demonstrationen, selbst im Winter, 


zu ‚machen pflege. Im Winter darf man nur an offenen Stellen, unter Brücken dergl., Ceratophylla oder 
abgestorbene Schilfblätter aus dem Wasser hervorholen, um viele Formen von Infusorien zu erhalten. Oft habe 
ich ganz zugefrorene Gräben mit einem Handbeile aufgeschlagen und die gesuchten Formen selten verfehlt. 
Sehr reichhaltig pflegt der schleimige Ueberzug der Brückenpfeiler, Wehre und Wasserschütze. dergl. unter'm 
Wasser zu seyn, und auch in den Soolrinnen, in nicht ganz ablaufenden Dachrinnen, in Sturmfässern und 
stehenden Wassertonnen aller Art findet sich ein unerwarteter Reichthum in jedes Beobachters Nähe. Die 


gefüllten Gläschen müssen einen nur kleinen Luftraum unter dem Stöpsel haben und zu Hause sogleich ge- 


öffnet werden, sonst sterben die Thierchen. Zur specielleren Untersuchung in der Wohnung bedarf man eines 
zusammengesetzten Mikroskops, am besten der neueren Construction. Ich selbst habe 1820 meine ersten und 
glücklichen Untersuchungen über das Keimen der Schimmelsamen mit einem hölzernen Nürnberger Mikroskop 
a 10 Thlr., einem damals. unschätzbaren Geschenk meines Bruders FERDINAND E., dem ich hiermit danke, gemacht, 
und habe die neuesten Verbesserung gen nur zur weiteren, reicheren, Entwickelung der schon gewonnenen Grund- 
sätze noch anwenden können. Ein gutes Mikroskop erleichtert die Untersuchung und befördert die Klarheit der 
Erkenntniss. Man bedarf 'nothwendig zur Untersuchung der Infusorien einer Vergrösserung von 300-—400mal im 
Durchmesser und verliert viel Zeit und Kraft, wenn diese unklar ist. Zum Weiterfördern der Wissenschaft 
kann man mit 800- bis: 1000maliger noch sehr Vieles thun. Mikroskope von 1" Paris. Fuss Höhe sind für 
grössere Menschen bequem, für kleinere unbequem. Wer, wie ich, nicht über 5 Fuss misst, dem ist ein 
etwa 14 Zoll hohes Mikroskop bequemer. Ich beobachte lieber im Stehen und bin dabei aufmerksamer, ge- 
spannter, als im Sitzen, bei andern mag ‘es umgekehrt seyn, daher einige die horizontalen Mikroskope vor- 
ziehen. Wer am Tage ‚anders beschäftigt ist, kann mit einem guten achromatischen Mikroskope ebensogut 
des Nachts beobachten. : Ich selbst habe anhaltende Beobachtungen durch viele ganze Nächte gemacht und 
kann die von :CHEvALIEr in Paris gefertigten Reverberations-Lampen zur starken Beleuchtung sehr empfeh- 
len, obsehon eine klare Arcanp’sche Lampe hinreicht. ‘Wenn man, sobald man sich angegriffen fühlt, Kopf- 
weh oder Augenweh bemerkt, die Beobachtungen alsbald aussetzt und nur in einzelnen wichtigen Fällen 
sich preisgiebt, so kann man, wie ich und viele vor mir, sich ein ganzes Leben lang ohne Schaden für die 
Augen mit dem Mikroskope beschäftigen, und wer nützen will, muss etwas wagen und preisgeben. 

Zur Beobachtung. der Infusorien setzt man die in Reagenzgläschen gesammelten oder in sie später 


| gefüllten Infusorien auf ein kleines hölzernes oder blechernes Gestell, dessen Oeffnungen numerirt sind, so 


- kann man sich leicht eine gar nicht lästige, sogar zierliche Menagerie von lebenden 
ee Infusorien anlegen, indem man die Formen möglichst isolirt in verschiedene Gläschen 

mn | bringt. Bei Lehrvorträgen erinnern die Zahlen an den Inhalt, und bei Beobachtungen 
N dienen sie zur Bezeichnung der Einzelheiten. Man giesst aus dem Gläschen etwas 


in ein Uhrg Ins und stellt dieses auf ein halb schwarzes, halb weisses Bretechen von 4—6 Zoll im Quadrat. 


Alle dunkeln Infusorien : erkennt man leicht auf dem weissen Grunde, alle weissen und durchscheinenden auf 
dem schwarzen mit der Lupe und oft mit blossem. Auge. Meist sammeln sich die kleinen Formen, wenn 
sie zahlreich sind, :an der Lichtseite des Wasserrandes im Uhrglase. Man kann mit Hülfe der pinselartig 
abgeschnittenen feinen Spitze des Federschaftes einer Raben- oder Gänsefeder besser 
‘als mit einem sie in sich. verwickelnden Malerpinsel eine Menge davon in die Höhe he- 
J) ben und auf ein Glastäfelchen bringen. Auch kann man so die grösseren Räderthierchen 
4 bei einiger Uebung leicht einzeln aus dem Uhrglase heben. Merkt man sich den Ort ge- 
mau, wo man mit der Lupe kleine Thierchen sieht, so kann man, auch dem blossen Auge 
unsichtbare, einzelne Formen auf diese Art meist sehr sicher fangen und isoliren. Zum 
> Einfangen der Formen vom Boden grösserer Wassergefässe dient auch ein Glasröhrchen 
zum Aufsaugen C——— —>— , das jeder Glasbläser, Chemiker oder Apotheker aus Gefällig- 


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keit leicht fertigen kann. Es kann einen Fuss lang und 2— 2”, Linien dick seyn. Saugt man, so dringen 
die gewünschten Thierchen mit dem Wasser in die Kugel, und lässt man das Wasser daraus in ein Uhrglas auslau- 
fen, so kann man sie aus der geringeren Wassermenge leicht weiter isoliren. MoRREN hat ein ähnliches solches 
Röhrchen Microsoter genannt. Den mit dem Federpinsel aufgenommenen Tropfen thut man auf ein flaches 
Glastüfelchen, wo er sich von selbst zur bequemen Beobachtung abflacht. Ist das Wasser wärmer als das 
Mikroskop, so beschlägt dieses mit Wasserdampf. Diese lästige periodische Trübung hebt man durch ab- 
wechselndes Aufschrauben, Entfernen der Objectlinse vom Wasser, oder durch Auflegen sehr feiner Glas- 


oder Glimmerblättchen auf den Tropfen. Um durch letztere Methode die grösseren Infusorien nicht zu zer- ; 
quetschen, oder auch, um die kleineren am bestimmten Orte festzuhalten, thut man kleine Fragmente von Con- : 


ferven zu ihnen. Diese vermindern den Druck und sammeln die Thierchen im Wasser um sich. Will man aber 
sehr starken Druck anwenden, um z.B. die kleineren Räderthierchen so zu quetschen, dass ihr Körper zer- 
fliesst und ihre Zähne als alleinige harte Theile sichtbar werden, so kann man sich einer zwar zusanmen- 
drückenden, aber nicht verschiebenden, Presse bedienen. Die einfachste Art solcher Pressen oder Quetscher, 
wie ich sie 1831 angab und Herr Schek sie ausführte (s. Abhandl. d. Berl. Akad. 1831. p. 46.), sind 2 
zwischen Schraubengewinden so verbundene geschliffene Gläser, dass ein Ausschnitt ihres Randes in einen 
festen Zapfen des untern Schraubengestelles passt. Ein stärkeres Glas dient zur Unterlage, und ein (um 
starke Vergrösserung zu erlauben) dünneres muss etwas über den Rand des Schraubengestelles hervorragen. 
So bringt das Zusammenschrauben einen beliebig starken Druck ohne Verschiebung hervor. 
PurkinJE hat dieses Instrument 1835 vergrössert und etwas abgeändert, und Schiek hat seit 
1836 eine andere, zierliche Form erfunden, welche Nachlassen und Verstärken des Druckes 
während der Beobachtung mit einer Hand erlaubt. Grosse Uebung findet alles diess entbehrlich. 
Die fossilen Bacillarien-Erden sind unter etwas Wasser zu beobachten. Um feine Anatomieen zu 
machen, dienen sehr fein gespitzte zweischneidige Messerchen, die auch von der Form der Staarnadeln seyn 
können und die, wenn sie in eine lange ganz feine Spitze auslaufen, einen höchst überraschenden Fühl- 
apparat bilden, wodurch man selbst bei Infusorienanatomieen harte und weiche Theile mit Ueber- 
zeugung unterscheidet. Eine fein auslaufende Pincette ist zum Anfassen der Pflanzen nöthig. 
Grössere Infusorien kann man mit dem Federpinsel ohne grosse Schwierigkeit einzeln in Rea- HM NN 
genzglüser mit klarem Wasser setzen und mit kleineren farbigen Thierchen füttern, wobei r _ ıl 
man meist bald ihr Eierlegen und die ganze Entwickelung beobachten kann. Die äusseren £ \ 
Organe und die eigentliche Lebenskräftigkeit vieler Infusorien sieht man nur erst, wenn man n Il 
den Wassertropfen mit ein wenig durchscheinender Tuschfarbe zum Theil färbt. Die Wir- I, 

kung dieses Experiments ist selbst ohne Rücksicht auf das bald erfolgende Verschlingen sol- 
cher Farben, die organischen Ursprungs sind, höchst überraschend. Am besten sind Indigo, 
Carmin oder Saftgrün in Form reiner Tuschfarben. 

Endlich ist die Möglichkeit zu erwähnen, Sammlungen von allen Arten der Infusorien im “2 
trocknen Zustande anzulegen, welche einerseits den wissenschaftlichen Vortheil gewähren, auch diese klei- 
nen Formen des organischen Lebens scharf mit einander zu vergleichen, und andererseits eine Bürgschaft 
für die Richtigkeit der Mittheilungen über scheinbar aller Controlle entbehrende Gegenstände werden. Die 
für Pflanzen gehaltenen Kieselthiere der Bacillarien-Formen hat man zwar schon längst in den Algensamm- 
lungen aufbewahrt, allein dass man den Volvox, die Räderthiere und die Monaden sogar mit ihren Rüsseln 
und gefärbten Magen vollständig kenntlich und selbst für das naturhistorische Studium aufbewahren könne, 


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ist vor Kurzem noch so unglaublich gewesen, wie die Formbeständigkeit all dieser Körperchen selbst. Die 


Methode ist höchst einfach und hat nur Schwierigkeit im scharfen Isoliren der Formen. Man muss mit 
grösseren anfangen, um Uebung zu erlangen. Man trägt ein mit dem Federpinsel aus dem Uhrglase genom- 
menes Thierchen auf ein Glimmerblättchen oder Glastäfelchen, entzieht ihm die Feuchtigkeit mit Löschpa- 
pier und einer Messerspitze bis auf möglichst wenig und lässt das Wasser auf der flachen warmen Hand 
dann rasch vollends verdunsten. Ziydatina wird am besten, wenn man sie mit Strychnin tödtet und dann 
einzeln rasch auftrocknet. Man kann auch viele in einem engen völlig verschlossenen luftlosen Glase durch 
mehrstündiges Entziehen der Luft oder auch dadurch in der Expansion tödten, dass man sie in die heisse 
Sonne setzt, doch müssen sie schnell, nachdem sie gestorben, aufgetrocknet werden, ehe sich innen Gasent- 
wickelung zeigt, die alle Organe verunstaltet. Jedes dieser getrockneten Thierchen ist wie ein Bild. Man 
kann nicht alle Gestalten, alle Organe wie im lebenden Thiere an ihm noch zusammen beobachten, aber man kann 
sich so viele Präparate machen, dass man alle gewünschten Ansichten vor sich erhalten sieht. Für eine längere 
kürzere Zeit erhalten sich die fossilen Baeillarien in Oelen und klaren Balsamen sehr schön, wie im Was- 


ser sichtbar, allein mit der Zeit trocknen diese ein und verderben das Object; die einfach getrockneten 
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kann man oft befeuchten und wieder trocknen. Die weichen Infusorien werden unter Wasser einmal wie- 


. der sehr frisch, sind aber dann meist verdorben. Die natürliche Form und Grösse ist zuweilen zwar schwer 


zu erhalten, oft aber durchaus treu und gleich. Die Farbe erhält sich bei mir schon viele Jahre lang, nur das 
Pigment der Augen. vergeht bald. Man thut wohl, die aufzubewahrenden Formen vorher mit Farbe zu füt- 
tern. Muskelpräparate u. s. w. sind besser ohne diess. Den Act des Gebärens, den Act des Auskriechens 
des Jungen aus dem Ei, ‚die verschiedenen Zahnformen, die Muskeln, die Sexualdrüsen, die Wirbelorgane, 
die gefärbten Magen, die Eier, kurz alle diese scheinbar, zuweilen wirklich nur momentanen, Einzelheiten 
des mikroskopischen Lebens habe ich in einer über 1000 Nummern enthaltenden Sammlung vor mir, und 
ich halte es für eine sehr nützliche Aufgabe der Beobachter und Lehrer, sich mit der Aufbewahrung dieser 
Wunderwelt angelegentlich zu beschäftigen. Zur: längeren Verwahrung ist am besten, die Präparate auf 
einem geschliffenen runden Glastäfelchen zu trocknen und dieses mit einem andern ähnlichen zu bedecken, 
beide aber am Rande mit Wachs oder Lack zu verbinden und so in die. bekannten mikroskopischen Schie- 
berchen mit mehreren Oeffnungen zu ordnen, worin man bisher nur Ungeziefer und Haare der Neugier preis 
gab. Ich habe meine eigene Sammlung der mikroskopischen Objeete in 5, 4" Zoll hohen, 3" Zoll breiten 
und gegen 2 Zoll tiefen, Kästchen, deren jedes in 5 Reihen zu 10 geordnet, 50 Schieberchen, jeden mit 
6 Nummern enthält, was für jedes Kästchen 300 Nummern, im Ganzen 1500 Nummern giebt. Wegen des 
. .bequemeren Auflegens der kleinen Schieber auf den Objeettisch, ohne besondere 
m Befestigung bei Beobachtung der äussersten Objecte, ist es besser, nur 4 Objecte 
5 in jedes Täfelchen zu bringen. Für thätige Privatgelehrte und weniger bemittelte 
‚Beobachter sind‘2 Glimmerblättechen den Glastäfelehen vorzuziehen, weil diese an- 
-sehnlich. theurer und schwieriger "zu haben sind. Auch zwischen Glimmer in wohl 
. verwahrten ‚Kästchen kommen keine Milben zu den Objecten, und sie erhalten 
- sich so als grössere Sammlungen bei mir seit nun 4 Jahren (s. Abhandl. d. Berl. 
Akad. d. Wiss. 1835. p. 141.). Die fossilen Formen der Feuersteine und Halb- 
.opale erlangt man am: schönsten durch sehr dünn geschliffene Blättchen zur An- 
sicht und beliebigen Eatwährenden Benutzung. Mit ein wenig Wachs auf Glastäfelchen geheftet oder mit Mastix 
ganz darauf befestigt, sind sie leicht in ähnlichen Kästchen mit den übrigen zu ordnen und zu verwahren. 


Berlin, im Juli 1838. 


‚Der Verfasser. 


CLASSE DER MAGENTHIERE 


Polygastrica. Polygastriques. 


CHARACTER: Animalia emedullaria, asphycta, polygastrica, forma indefinita, androgyna, pseudopoda. 


Medulla spinali carentia, vasorum pulsu destituta, ventrieulis numerosis globosisque insignia, spontanea divisione 
fissa gemmisve aucta (hine forma indefinita),, singula sexus utriusque organis instructa, processibus pedifor- 
mibus (saepissime vibrando) locum mutantia, vere articulatis pedibus orba. 


CARACTERE: Animaux sans moelle epiniere, sans pulsation des vaisseaux, ayant T intestin 
Jendu en nombreux estomacs glohuleux, la forme indefinie (4 cause de gemmes ou 
de la division spontanee), les deux sexes reunis, se mouvant (souvent vihrant) par le 
OHR de faux-pieds, depourvus de vrais pieds articules. 


Magenthiere sind rückenmarklose und pulslose Thiere mit in zahlreiche blasenartige Magen zer- 
theiltem Speisecanale, mit (wegen Knospenbildung oder Selbsttheilung) unabgeschlossener Körperform, mit 
doppeltem vereinten Geschlecht, bewegt durch (oft wirbelnde) Scheinfüsse und ohne wahre Gelenkfüsse. 


Polygastrica 


sunt: 

Trematodea ventrieulis numerosis, sponte 
dividua aut gemmipara; 

Complanata ventriculis numerosis et gemmi- 
para; 

Acalephae ventriculis numerosis, sponte di- 
viduae aut gemmiparae ; 

Rotatoria ventriculis numerosis, gemmipara 
aut sponte dividua; 

Turbellaria ventriculis numerosis gemmisque 
insignia, spuria articulatione nulla; 

Nematoidea gemmipara aut sponte dividua, 
androgyna; 


Somatotoma pulsu et articulis destituta; 
Mollusca asphycta et sponte dividua; 


Inseeta articulis destituta, asphycta, andro- 
gyna et sponte dividua aut gemmipara; 


Pisces emedullares, asphycti, ventriculis nu- 


merosis, androgyni, sponte dividui aut 
gemmipari. 


Les Polygastriques 
sont: 

Trematodes ä nombreux estomacs, ä gemmes 
ou division spontande; 

Complanes (Planaires) A nomhreux esto- 
macs et gemmipares; 

Acalephes ä nombreux estomacs, ä gemmes 
ou division spontande; 

Rotatoires änombreux estomacs et ä gemmes 
ou. division spontande; 

Turbellaries änombreux estomacs et äagemmes, 
sans fausses articulations; 

Nematoides & gemmes ou division sponta- 
nee et aux deux sexes reunis; 


Somatotomes (Naidines) sans pulsation des 
vaisseaux et sans articulations ; 


Mollusques sans coeur et ä division spon- 


tande; 
Insectes sans artienlations, sans pulsation 
- des vaisseaux, aux deux sexes reunis, ä 
gemmes et ä division spontande; 
Poissons sans mo@lle epiniere, sans coeur, 
ä nombreux estomacs, aux deux sexes r&unis 
et & gemmes ou division spontande. 


Die Magenthiere 
sind: 
Saugwürmer mit vielen Magen, Selbstthei- 
lung oder Knospenbildung; 
Plattwürmer mit vielen Magen und Knos- 
penbildung;; 
Quallen mit vielen Magen, Selbsttheilung 
oder Knospenbildung; 
Räderthiere mit vielen Magen, Knospen- 
bildung oder Selbsttheilung ; 
Strudelwürmer mit vielen Magen und Knos- 
penbildung, ohne Scheingliederung ; 
Fadenwürmer. mit Knospenbildung oder 
Scheingliederung und vereintem doppelten 
Geschlecht; 
Spaltthiere ohne lirdarang und olıne Puls; 


Schneeken ohne Herz und mit Selbstthei- 
lung; 

Inseeten ohne Gliederung, ohne Gefässpul- 
sation, mit vereintem doppelten Geschlecht, 
Knospenbildung oder Selbsttheilung ; 

Fische ohne Rückenmark, ohne Herz, mit 
vielen Magen, vereintem doppelten Ge- 
schlecht, Knospenbildung oder Selbstthei- 
lung. 


0.202 


Uebersicht der 22 Familien der Magenthiere: 


[ vollkommene Selbst- (panzerlose ...... ee ..... Monadina 
Körper- theilung ee .... . Cryptomonadina 
Anhanglose |form be- unvollkommene allseitige Selbsttheilung , mit Panzer (Kugelbildung) Volvocina 
(Fusslose) , ständig . Selbsttheilung (Mo- |cnnie Selbsttheilung (Fadenbil- (panzerlose . . Vibrionia 
Darm- Gymmica: nadenstockbildung) dung) gepanzerte . - Closterina 
lose, ee panzerlose » 2... core Ze Astasiaea 
Anen- wechselnd | gepanzerte „rose er een onen nne rennen Dinobryina 
z —n kankerlase ; a. ca wu a a a ae. .. 0... Amoebaea 
Zn En ; vieltheiliger Fuss aus einzelner Oeffnung ...... Arcellina 
Si ige ee rer | AHRRSEEE Erin een ER elienOcfnie Baeillaria 
Behaarte, Epr- panzerlose...-o ce er een nen een nen rennen nenne. + Gyclidina 
tricha: a a ante ee Peridinaea 
[ Einmündige, Be ee ee en ie ee Vorticellina 
Anopisthia: | gepanzerte. . "re ee rer re rennen nn er rreennnenee. Ophrydina 
1 ee ae ee - « - Enchelia 
Bosm- ‚Enantiotreta: gepanzerte . er eseseeeieieaee . Colepina 
hass & mit von einem Rüssel überragten Munde ohne Schwanz Trachelina 
es; else rer Sana 0 je vorderem Munde und schwanzartigem Bauchende Ophryocereina 
ee en gepanzerte... oe. er. re a arunnnen . + + Aspidiscina 
dela: ini: 1 De mit Wimpern bewegt... .. oc... - - + Colpodea 
Bam A 080... 00000000 mit mehrfachen Bewegungsorganen ........ . Oxytrichina 
\ ee gepanzerte.. core 0... Denen - + + Euplota 


Erläuterungen zur Ciasse der Magenitbiere. 


Die Magenthierchen bilden jetzt 553 Arten in 123 Gattungen und 22 Familien, von denen 11 panzerlos und ebensoviel ge- 
panzert sind, wie nackte Mollusken und Schaal-Mollusken. Nach dem Reichthum an Arten verhalten sich die Familien wie 
folgt: die Bacillarien sind 168 Arten in 35 Gattungen, die Monadinen 41 Arten in 9, die Trachelinen 38 Arten in 8, die 
Vorticellinen 35 in 8, die Enchelien 30 in 10, die Colpodeen 27 in 5, die Astasiaeen 24 in 6, die Volvocinen 18 
in 10, die Peridinaeen und Oxytrichinen jede 17 in 4 und 5, die Cryptomonadinen und Closterinen jede 16 Arten in 6 
und 1 Gattung, die Vibrionien 14 Arten in 5 Gattungen, die Euploten 12 in 4, die Ophrydinen 11 in 4, die Arcellinen 10 
in 3, die Cyclidinen 9 in 3 Gattungen, die Colepinen 5 Arten in 1 Gattung, die Amoebaeen 4 in 1, die Dinobryinen 
und Ophryocercinen jede 3 ‘Arten in 2 und 1 Gattung, die Aspidiscinen 2 Arten in 1 Gattung. Die Baeillarien bilden 
mithin allein mehr als %/,, und mit den Monadinen, Trachelinen und Vorticellinen zusammen die Hälfte der Classe. Unklare 
Anschauungen der Massen hatte man bewusstlos schon in den ältesten Zeiten (s. p- VII. und p. 118.), allein die einzelnen Formen 
brachte der Entdecker der Infusorienwelt, LEEUwEnHoEK, 1675 erst zum klaren Bewusstseyn. Die ersten waren Vorticel- 
linen, Oxytrichinen und vielleicht Enchelien (s. p- VI). Derselbe Naturforscher hat bis an’s Ende seines Lebens etwa 27 
verschiedene Arten beobachtet, nämlich wahrscheinlich: Bodo Ranarum, Bursaria intestinalis und cordiformis, Carchesium 
polypinum, Chilodon Cucullulus, Chlamidomonas Pulisculus?, Coleps hirtus?, Colpoda Cucullus, Epistylis 
Anastatica und vegetans, Euglena sanguinea und viridis, Kerona Polyporum?, Leucophrys pyriformis?, eine Mo- 
nas?, Paramecium Aurelia?, ein Peridinium?, Stylonychia Mytilus und pustulata, Synedra Ulna, Tricho- 
dina Grandinella und Pedieulus, Vaginicola erystallina, V ibrio Bacillus und Rugula, Volvox Globator und Vor- 
ticella Convallaria. Euglena viridis beobachtete vor ihm wohl Harrıs 1696 in England, und 1703 beobachtete ein Unge- 
nannter ebenda Vorticella nebulifera und Bacillaria vulgaris zuerst. JosLor hat dann 1718 bei Paris etwa auch 24 Arten 
aufgefunden, worunter 15 neue waren: Amphileptus Anser und Fasciola, Cyelidium Glaucoma?, Enchelys Farcimen 
und Pupa, Euplotes Charon, Glaucoma scintillans, Oxytricha Pellionella und Pullaster, Spirostomum ambi- 
guum, Trachelius Anas, Lamella und trichophorus, Triehoda Pyrum und Uroleptus Piscis. Frıscn sah 1738 die 
Opercularia. Tremsıev entdeckte dann 1745 mehrere schöne Vorticellinen, Stextor und Zoothamnium, und nannte sie 
Trichterpolypen und Knollenpolypen. In den Jahren 1748 und 1750 brachten Burron’s und Nrepnam’s Theorieen viele 
| Verwirrung in die Ansichten über die Infusorien, doch bildete Hırı 1751 aus den bisherigen Kenntnissen das erste System. Er nannte 
| die Magenthierchen Aruimaleula, als besondere Abtheilung des Thierreichs und zerspaltete diese in 3 Gruppen: 1) Gliederlose, G@'y- 
; mmica; 2) Geschwänzte, Cercaria; 3) Gliederreiche, Arthronia. Derselbe bildete die Gattungsnamen Enchelis, Cyclidium, Pa- 

ramecium, Craspedarium, Brachiurus, Macrocercus und Scelasius ganz oder zum Theil für Magenthierchen, von denen er je- 
| doch die Räderthiere und Spermatozo@n nicht unterschied (History of animals). Neue Formen hat er nur wenige und unklare zuge- 
| fügt. Baxer hat 1753 besonders 4 kenntliche neue Formen verzeichnet, den berühmt gewordenen Proteus (Trrachelocerca Olor), Uvella 

Glaucoma, Navicula fulva und Acineta tuberosa. Röseı gab 1755 die schönsten Abbildungen bis auf die neueste Zeit von neuen 
' Vorticellinen und beschrieb auch einen neuen Prozeus (Amoeba). Linnt stellte 1758 Röser's Vorticellen zur Gattung Hydra 
als 8 Arten, nannte das Carchesium Sertularia polypina, das Kugelthier Yolvox Globator, und alle übrigen Magenthiere Yolvox 
Chaos. Srarzanzants und Wrisgerg’s physiologische Beobachtungen wurden 1765 wichtig, wo gleichzeitig MÜNncHHAUSEN’s un- 
| richtige Behauptungen, dass alle Pilze Polypenstöcke von Infusorien wären, zum Vorschein kamen. Parras verzeichnete 1766 14 Ma- 
| genthierchen zwischen Räderthieren bei den Zoophyten in den 2 Gattungen Brachionus und Volvox. Lisne nahm 1767 ebenfalls 
14 wahre Arten, 9 als Vorticella, 1 als Hydra, 2 als Volvox und 2 als Chaos neben ganz heterogenen Dingen auf. Erst ©. FE. 
| MüÜrzer brachte 1773 durch genauere Beobachtung einen wissenschaftlichen Grund in diese Kenntnisse, indem er, mit Ausschluss der 


0002 


von ihm nicht gesonderten Räderthiere und Angwillulae, 155, zu etwa ?/; neue, Arten verzeichnete. Er bildete daraus 12 Gattun- 
gen: Monas, Volvox, Enchelys, Vibrio, Cyclidium, Paramecium, Kolpoda, Gonium, Bursaria, Cercaria, Trichoda und 


Vorticella. CGorrtı, GÜzE, SCHRANK, GLEICHEN und HERRMANN, vorzüglich aber Eıcnnorn mehrten diese Kenntnisse, und am 
meisten Mürzer selbst, nach dessen Tode 1786 sein umfassendes Werk, Azuimalcula Infusoria, erschien, welches, mit Ausschluss 


der 56 Räderthiere, einigen Cercarien, Anguwillulis und Halcyonellen, etwa 314 Magenthierchen verzeichnet, wovon jedoch 
viele nur verschiedene Zustände anderer sind, so dass ich etwa 241 richtig aufgefasste, in 16 Gattungen vertheilte, Arten erkenne. Die 
4 neuen Gattungen sind Proteus, Leucophra, Kerona, Himantopus. CoLomBo, BEsEKE, AsBıLDGAARD, besonders aber SCHRANK 
vermehrten seitdem die Artenzahl durch Beobachtung, und die Botaniker Rorn, Lynesrye, Acarpn, Turrın und Andere verzeich- 
neten viele neue Formen und Gattungen der Bacillarien als Pflanzen. Nırzsch 1816, Garron 1823 und gleichzeitig Acaron 
(s. p- 173. und 238.) wurden durch Beobachtung der Bacillarien auf neue Theorieen über die Bildung und Anordnung der Natur- 
körper geleitet, welche besonders der letztere sehr weit verfolgt hat. Lamarck und Oxen versuchten 1815 neue, nur theoretische, 
Classificationen. Seit 1822 hat Borr pe Sr. Vıncent im Dietion. classique d’ hist. nat. und in der Encycloped. method. d’ hist. 
nat. Resultate einer 25jährigen Beschäftigung mit den Infusorien mitgetheilt und, abgesehen von etwa 80 dazu gestellten Räderthieren, 
einigen Insecten, Krebsen, Halcyonellen und Polypeneiern, allmälig ungefähr 500 Artnamen für Magenthierchen gegeben, 
von denen aber eine unglaublich grosse Zahl, mehr als 200, (s. Zsis 1834. p. 1182.) durch Wiederholungen und Benennung vieler 
ganz unkenntlicher alter Abbildungen entstandene Doppelnamen sind. Von diesem fleissigen Beobachter entdeckte wirklich neue Arten 
sind zwar nur sehr wenig, wie denn auch die erläuternden Abbildungen im Diez. elassigue mit wenigen Ausnahmen nur verkleinerte 
Copicen nach den älteren Abbildungen sind, dagegen sind manche richtige systematische Abtheilungen gemacht, indem die ganze For- 
menmasse, mit Ausschluss des Fremdartigen, in etwa 50 Gattungen und 15 Familien abgetheilt wurde. Die Gattungsnamen Achnan: 
thes, Gallionella, Gyges, Oxytricha und Uvella, so wie die etwas veränderten Amoeba, Lacrymaria und Ophrydium sind 
nach Bory, nur mit ganz anderen Characteren hier aufgenommen, Losana in Turin hat 1828 und 1830 fast 300 unbrauchbare Namen 
gegeben, weil er jede Formverschiedenheit für eine besondere Art hielt (s. p. 73.). Cuvıer folgte 1830 in seinem System der Zoo- 
logie den neueren durch Borv verbreiteten Ansichten. Seit 1829 sind in den Schriften der Berliner Akademie der Wissensch., be- 
sonders 1830, 1831, 1833 und 1835, diese gegenwärtigen Beobachtungen allmälig mitgetheilt worden. 

Die hier aufgenommenen Formen der Magenthierchen bilden eine durchaus natürliche Gruppe von Thieren und unterscheiden 
sich so bestimmt von allen übrigen Thieren, wie irgend Thierclassen sich scharf sondern. Keine der vielen Arten übersteigt eine Linie 
an Grösse, die kleinsten (Monas, Bodo, die Einzelthierchen der Vibrionen) erreichen erwachsen nur Ysuoo bis 000 Linie, und 
ihre dem Ei eben entschlüpften Jungen würden Ygoooo bis Yızoooo einer Linie gross, mithin mit unsern jetzigen besten Mikroskopen un- 
sichtbar seyn (s. p. 8.). Die Stentor und Spirostomum sind so gross, als die grössten Räderthiere, und es giebt Milben, 
Krebse und Käfer von gleicher Grösse. Man kann diese mit blossem Auge recht wohl sehen. Andere bilden, obwohl einzeln un- 
sichtbar klein, durch ihre Mengen sehr auffallende grüne, rothe, gelbe, blaue, braune und schwarze Färbungen. Die den Polypen- 
stöcken ähnlichen Thierstöcke mehrerer an sich kleiner Vorticellen und Baeillarien werden mehrere Linien und mehrere Zoll 
gross. Micromega bildet mehrere Zoll hohe knorplige Bäumchen, die als Fucus-Algen beschrieben worden sind, und Gallionella 
und Schizonema, so wie Epistylis grandis bilden oft mehrere Fuss lange zusammenhängende Massen. Viele Magenthierchen leben 
im Süsswasser, doch leben auch viele im Salzwasser der Meere, ja in graduirten starken Soolwässern (s. p. 170, 228, 232.), im stark 
gerbestoffhaltigen Lohwasser (s. p. 14.), Urin u. s. w. (s. p. 520.). Manche leben in feuchter Erde, zuweilen nur vom Wasserdunst 
der Atmosphäre, mit welchem letzteren, der so geringen Schwere halber, zahllose Mengen gehoben und vom Winde wolkenartig unsicht- 
bar bewegt werden müssen. Sehr merkwürdig ist, dass die ganze Formenmasse sich zu gleichen Theilen in panzerlose und gepanzerte 
theilt, und überaus merkwürdig ist der harte Glaspanzer vieler Formen, wodurch sie nach vieltausendjährigem Tode noch Zeugniss von 
lokalen Zuständen der Erde bei ihrem Leben abzulegen fähig sind und zu Denksteinen der urweltlichen Geschichte werden, indem sie 
Erden, Steine und Felsen bilden. 

Zwar ist noch nicht bei allen einzelnen Magenthierchen eine vollkommene thierische Ausbildung direct beobachtet, allein es sind 
in allen Familien ohne Ausnahme durch beharrliches Nachforschen einzelne, meist viele, oft sogar alle nur irgend zahlreich beobachte- 
ten Arten als mit einer sehr grossen Organisation begabt erkannt worden. Die beobachteten Mündungen des Speisecanals haben ein Vorn 
und Hinten, und die beobachteten Augen ein Oben und Unten, daher auch ein Rechts und Links, ausser Zweifel gesetzt. Ein Mund 
am Ende ist immer als Vorderfläche angesehen, und wo nicht ein, bei allen Thieren die Rückenseite bezeichnendes, Auge vorhanden war, 
ist die Mundfläche des nicht am Ende befindlichen Mundes für Bauchfläche genommen worden. Hiernach richten sich die Bezeichnungen 
für hintere schwanzartige oder vordere rüsselartige Verlängerungen des Körpers. Ein Rüssel der Rückenseite ist entweder Stirn oder 
Öberlippe, einer der Bauchseite ist Unterlippe oder Kinn. Ein schwanzartiger Anhang der Rückenseite, welcher also die hintere Darm- 
mündung unter sich hat, ist ein wahrer Schwanz (s. Colpodea), ein solcher der Bauchseite ist ein Fuss. Der Stiel der Vorticellen und 
Bacillarien ist, wie der Stamm der Corallenthiere, weder Fuss noch Schwanz, sondern ein Gestell (Fwulerum). Bei einzelnen 
unklaren Arten und Gattungen ist auf andere ihnen sonst am nächsten stehende, deutlicher zu erkennende Formen, mehr Rücksicht als auf ihre 
Unklarheit genommen worden. Uebrigens ist der Organismus wegen der traubenartig zerspaltenen Gestalt des Speisecanals und der fisch- 
rogenartigen vielkörnigen Gestalt des Eierstocks, wodurch alle übrigen Theile vielfach verdeckt und zur Seite gedrängt werden, meist 
etwas schwierig, klar zu durchschauen, doch hilft das Mittel der farbigen Nahrung mit Indigo, Carmin oder Saftgrün oft überraschend 
aus. Folgendes ist die ermittelte Summe der Organisation der Classe: Ein Bewegungsorganismus ist als äussere fussartige Wim- 
pern und Haken bei grösseren Formen schon von Leruwrnnork erkannt und deren Verschiedenheiten sind p. 363. erläutert. Seit 1820 
sind sie auch bei den Monaden (Regensb. bot. Zeit. 1820. 2. 535.), und seit 1835 bei Monas Termo angezeigt. Man kann aber 
auch Muskeln schen. Diese bilden bei Stextor deutlich, wie bei Megalotrocha der Räderthiere, den Boden, worauf die Wimpern stehen, 
als trübe Längsstreifen oder Spiralen. Im Stiele der Schnell-Vorticellen und im Leibe der Opercwlaria sind sie noch klarer. Mo- 
naden haben oft nur eine einzelne, 2 oder wenig Wimpern in Form von Rüsseln am Munde bei sonst nacktem Körper (Gymuuca), 
bei Paramecium Aurelia überzählte ich 2640, bei Stylonychia Mytilus 170 äussere, über den Körper zerstreute, Bewegungsorgane. 
Oft bilden sie Längsreihen, zuweilen Queerreihen, wie bei Vorticellen und Colepinen, zuweilen sind sie (bei ersteren) kranzartig und 
gleichen völlig den Räderorganen. Sehr merkwürdig sind Scheinfüsse vieler Formen (Pseudopodia), d.i. willkührliche Körperfortsätze, die 
oft schwer zu sehen sind, deutlich aber den Formenwechsel des Proteus bedingen (p. 126.). Nur G@yges und eine Anzahl von Bacil- 
larien-Gattungen haben noch keine Bewegungsorgane erkennen lassen, was, weil sie bei andern, verwandten, mit Anstrengung gefunden 
wurden, nur Fehler der Beobachtung zu seyn scheint. Einige Bacillarien sind, wie Austern, wohl nicht zur Bewegung geschaffen. Fast 


u 


BEegate: 


alle bewegen sich mit gleicher Leichtigkeit vorwärts und rückwärts, manche sehr langsam. — Ein Ernährungsorganismus ist bei 
allen: 11 panzerlosen Familien direet beobachtet und auch bei 8 der gepanzerten duiih Farbeaufnahme als viele blasenartig am Munde 
oder Darme hängende Magen erwiesen, bei allen 3 übrigen aber sind den Magenblasen ähnliche Organe auch schon erkannt. Die zwei- 
felhaft und unklar geblichenen Arten verlangen also nur auch eine schärfere Beobachtung. Die unmittelbare Aufnahme roher Nahrung un- 
terscheidet diese Magen von Blinddärmen, er die relativen Verhältnisse des Darmes zum Körper sind hier als Eintheilungsgründe be- 
nutzt. Bei sehr vielen Formen ist eine doppelte Mündung des Speisecanals erkannt, diese sind als Zixterodela, Darmführende, be- 
zeichnet; bei vielen andern ist bisher nur eine Mündung erkannt, diese sind als Darmlose, Anentera, bezeichnet; jedoch ist diese 
Abtheilung, da sie die kleinsten Formen begreift, weiter darauf zu untersuchen (vergl. Monas socialis). Die darmführenden For- 
men. lassen sich nach der Stellung der Mündungen übersichtlich machen. Einige haben Mund und After in derselben Grube vereint 


(Anopisthia, Einmündige), andere haben beide an den entgegengesetzten Enden der Körperaxe (Enantiotreta, Gegenmündige), 


einige haben nur eine der beiden Oeffnungen an- ‘einem Ende des Körpers, während die andere vom Körper überragt wird (Adotreta, 
Wechseln ündige), andere haben beide getrennte Mündungen von den Körperenden überragt (Katotreta, Bauchm ündige). In 
den 3 Familien der Enchelia, Trachelina und Euplota sind auch Formen mit Zähnen im “Munde erkannt, welche 4 Gattungen mit 


9 Arten bilden. Besonders bemerkenswerth sind ein rother und schön violetter, bei mehreren Formen in seiner Wirkung erkannter, Ver- 
‚dauungssaft und dessen Gefässe, welche bei. den übrigen allen wasserhell sind (s. Massula). — Ein doppelter Geschlechtsorga- 


nismus, männlich und weiblich, ist in jedem Individuum vorhanden, seit 1832 erkannt, aber 1835 erst umständlich beschrieben. Der 
weibliche besteht in periodisch dicht gedrängten, meist farblosen, oft farbigen, grünen, rothen, gelben, blauen, braunen Körnchen ‚die 
zu andern Zeiten weniger zahlreich sind und ganz fehlen. Sie bilden netzartige Schnüre durch den ganzen Körper und lassen sich mit 
den Eierröhren der Insecten und Saugwürmer vergleichen. Diese Eierchen sind im Mittel etwa a der Muttergrösse. Die gröss- 


‚ten bei Bursaria flava sind !a3» Linie, die‘ meisten aber Y/3000— "ıooo, die kleinsten wohl unter "/ı2oo00 Linie gross. Der männliche 
besteht aus 1 oder 2 kugelförmigen, eiförmigen, stabförmigen, bandartigen, ringförmigen oder perlschnurförmigen Samendrüsen, wie ähn- 


liche Organe bei Saugwürmern (Trematodea) und Strudelwürmern (Turbellaria) noch weit umständlicher zu beobachten sind, 
und wohl aus contractilen, zuweilen sternartigen, Blasen (s. Paramee. Aurelia und Abhandl. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1835.). Le- 
bendig gebärend ist nır Honas vivipara geschen, vielleicht gehören aber einige Körnerbewegungen bei Bacillarien dahin. Ausser 
der Eialınz. dienen Selbsttheilung, Knospenbildung und Zygose oder Knospenpaarung zur Fortpflanzung dieser Formen, deren über alle 


Begriffe grosse Vermehrungstähigkeit dadurch bedingt wird. Durch unvollkommene Selbstheilung und Knospenbildung entstehen die Mo- 


nadenstöcke. Ein Gefässsystem ist noch bei. keiner Form deutlich geworden, das bei Paramec. Aurelia angegebene war eine 
Irrung durch die Eierketten. Es scheint zu fein für die bisherige Beobachtung zu seyn. — Als Empfindungsorgane sind bei 48 
Arten in 21 Gattungen von 7 Familien, den Monadinen, Cryptomonadinen, Volvocinen, Astasiaeen, Dinobryinen, Pe- 
ridinaeen und Colpodeen, Augen beobachtet, welche sämmtlich ein rothes, nur bei 1 Form (Ophryoglena) ein fast rein schwar- 
zes Pigment haben. Nervenmark - Ganplien ‚ als Unterlage der Augen, sind bei Amblyophys und Euglena beobachtet (vergl. p. 491.). 
Die geographische Verbreitung der Classe erstreckt sich über ganz Europa, das nördliche Afrika, das westliche und nördliche 
Asien (Arabien , Syrien und Sibirien), und ist auch in Carolina in Amerika und im Weltmeere beobachtet. Fossile Formen sind über- 
diess aus Europa, Afrika, Isle de France, Isle de Bourbon und von Lucon aus den Philippinen-Inseln bekannt. Letztere bilden zum 
Theil als vielleicht neueres Kieselmehl bis 28 Fuss mächtige Lager im Lüneburgischen, zum Theil 12—16 Fuss mächtige Lager als 
Polirschiefer im Tertiärgebilde. Andere reichen in den Feuersteinen der Kreide in die Secundärformationen, und in den Halbopalen der 

Porphyre mag Pyxidieula in noch grössere Tiefen und Altersstufen der Erdrinde steigen. 
Kine so eben noch aus den Bächen von Real del Monte im mexikanischen Amerika getrocknet eingegangene Sendung des 


Rendanten .des: dortigen Bergwerks, CAarı EHRENBERG, meines jüngeren Bruders, enthält die ersten 14 mit Sicherheit speciell zu be- 


stimmenden, in Amerika lebenden, Infusorien, nämlich: 1) Cocconeis concentrica nov. sp.; 2) Cocconema gibbum; 3) Fragila- 
ria Catena nov. sp.; 4) Gomphonema Augur nov. sp.; 5) @. clavatum; 6) G. gracile; T) @. truncatum; 8) Navicula 
lanceolata?; 9) N. gibba?; 10) N. viridis?; 11) N. viridula; 12) Synedra Gallionü?; 13) S. lunaris; 14) S. Ulna. Alle 
erkennbaren Formen sind Kiesel-Baeillarien, welche mithin auch in Amerika, wie überall, vorzuherrschen scheinen. Sämmtliche 
Formen gehören 6 Generibus an, die alle europäisch sind, und nur '/ dieser Arten sind in Europa nicht vorgekommen, — Durch Herrn 
Prof. Carı Rırrer, den Geographen, erhielt ich endlich auch neuerlich den @uellschleim der warmen Meeresquellen von der griechi- 
schen Vulcan-Insel Santorin. Ich fand zahlreich darin 4 Arten Kiesel-Bacillarien: 1) Cocconema graecum nov. sp.; 2) Na- 
vicula quadricostata (von Carlsbad) mit noch 2 gestreiften, nicht sehr ausgezeichneten, Navzcwulis, den Jungen der N. Zanceolata 
und szriatula?. — In den ‚volhynischen Feuersteinen der Kreide sieht man Xanthidium ramosum wit Hayfischzähnen, Echiniten, 
Fichtenholz und Blüthenstaub von Fichten eine sonst scheinbar homogene Feuersteinmasse bilden (s. Berichte der Berl. Akad. d. Wiss. 
Juni 1838.). Die speciellere geographische Verbreitung ist bei den einzelnen Familien und Gattungen nachzusehen. 


ERSTE FAMILIE. 


MWonadina Wonadinen 


CHARACTER: Animalia polygastrica tubo intestinali destituta (anentera), nec loricata (nuda), nec appen- 
diculata (gymnica), corpore uniformi, divisione spontanea perfecta simplici non nisi in partes 
duas, decussata autem in quatuor pluresve dividua. | 

CARACTERE DES MONADINES. Animaux polygastriqgues, sans canal intestinal, sans cara- 
pace, sans appendices, ü& corps uniforme, se divisant par division spontande par- 
Faite et simple tout au plus en deux, mais par division croisee aussi en quatre ou 
plusieurs individus. 


Alle selbstbewegten Körperchen, welche das Mikroskop im Wasser zeigt, die bei verhältnissmässi- 


ger so starker Vergrösserung, dass äussere zarte Organe erkennbar werden könnten, keine Füsse, Haare, 
Borsten oder andere äussere Anhänge führen, die auch nicht von irgend einer besondern gallertigen, häu- 
tigen oder harten Hülle umgeben und gepanzert erscheinen; bei denen ferner zwar sich eine Mehrzahl von blasen- 
artigen Speisebehältern im innern Körper erkennen lässt, oder sehr wahrscheinlich wird, aber kein diese 
verbindender Speisekanal zur Klarheit gebracht werden kann, die nie kettenartig gegliedert erscheinen, 
sondern nur höchstens zuweilen durch einfache Einschnürung (Selbsttheilung) doppelt, oder durch kreuzweise 
Einschnürung viertheilig oder brombeerartig werden und deren kugliger, eiförmiger oder länglicher Körper 
beim Ruhen und Schwimmen keine willkührliche Formveränderung zeigt, solche Körper gehören zur 
Familie der Monaden. 


Erläuterungen. 


Bei Körpern, welche so klein sind, dass man sie nicht so weit vergrössern kann, dass die natürlicherweise verhältnissmässig 
noch viel feineren Organe ihres Körpers erkennbar werden müssten, hat man kein Recht auf Einfachheit ihres Baues zu schliessen. 
Solche Formen bleiben zweifelhafte Körper, bis man Mittel findet, ihren specielleren Bau zu erkennen. Sind sie selbstbewegt, so mag 
man sie fraglich zu den Monaden stellen, sind sie bewegungslos und organisch geformt, fraglich zu den Pflanzen. Unorganische so 
kleine Körper erkennt man an der gerissnen Unregelmässigkeit oder mathematisch scharfen Regelmässigkeit ihrer bewegungslosen Form. 
Wo keiner dieser Charactere klar ist, darf man im wissenschaftlichen Sinne kein festes Urtheil über die vorliegenden Körperchen aus- 


‚sprechen. Sie sind dann weder einfache T'hierkörper, noch einfache Pflanzenzellen, noch formlose Mineralien, sondern es sind mit un- 
serm Gesichtsinne unerreichbare Körper (vergleiche Monas). Zu diesen zweifelhaften Formen gehören bei den besten Hülfs- 


mitteln unserer jetzigen Zeit alle Körperchen ohne Ausnahme, welche weniger als "/so00 einer Linie im Durchmesser haben, auch -schon 
viele von denen, die Ysooo bis %/s00o0 Linie messen. 

Als anhanglose der Monadenfamilie angehörige Formen sind auch alle solche angesehen, welche nur einen Wimperkranz um 
den Mund oder nur einen fadenförmigen einfachen oder doppelten Rüssel am Munde haben, den sie peitschenartig oder wirbelnd bewe- 
gen. Ferner ist der kegelförmig oder fadenförmig (schwanzartig) verlängerte Hinterleib nicht als besonderer Anhang betrachtet. Ebenso 
würde ein verlängerter Vorderleib (Hals), welcher also den Mund nicht am Grunde, sondern am Ende zeigt, kein Anhang seyn. 

Einen Panzer erkennt man leicht durch sein Abstehen vom eigentlichen Körper, wenn letzterer sich durch andere Färbung 
auszeichnet; zuweilen ist die Entscheidung weniger leicht. Bei einigen fällt der Körper erst dann zusammen, wenn er die Eier entleert 
hat, und unterscheidet sich vom Panzer. Wo mehrere Individuen einen gemeinschaftlichen Panzer führen,. ist es leicht, diess zu er- 
kennen. Im Allgemeinen ist bei weniger durchsichtigen Formen immer ein Panzer zu vermuthen. Meist sind die gepanzerten Thierchen 
durch Starrheit ihrer Umrisse kenntlich. Druck zwischen geschliffnen Glasplatten zersprengt und isolirt den Panzer so, dass er sicht- 
bar wird. Sehr durchsichtige, gallertige Panzer erkennt man oft nur durch Trübung der umgebenden Flüssigkeit wit Farbe (Indigo), 
indem diese dann in einem bestimmten, scharf begrenzten, Abstande vom Körper entfernt bleibt und von ihm abgehalten wird. 

Den vielmagigen Ernährungs-Apparat erkennt man am sichersten durch gefärbte Nahrung, welche man in’s Wasser mischt. 
Jedenfalls nach einigen Stunden, zuweilen augenblicklich, sieht man deren Aufnahme in eine Mehrzahl von rundlichen Blasen oder Zel- 
len. Sind die Magen der 'Thierchen weniger zahlreich, aber dafür grösser, so ist das Erkennen meist leicht. Schwierig wird es zu- 
weilen, wo die Magenblasen sehr zahlreich, daher sehr klein sind. Ist daun noch überdiess der Körper durch einen, wenn auch noch 
so durchsichtigen, Panzer umhüllt, oder durch farbige Körner (Eier) stark grün gefärbt, so verdecken diese die Magenzellen zuweilen 
so sehr, dass ihr Erkennen unsicher oder unmöglich wird. Viele grüne Thierchen sind in diesem Falle. Oft erkennt man die Viel- 
zahl der Speisebehälter grösserer Infusorien schon ohne alle künstliche Nahrung dadurch, dass man gleichzeitig kleinere farbige Thiere 
neben und in den durchsichtigen grösseren erkennt, welche diese verschluckt haben. Beobachtung verschiedener Lebensperioden, beson- 
ders nach der Entleerung der Eimasse, lässt den wahren Ban zuweilen sicher erkennen. 


Ei 


Die Existenz eines eigentlichen Speisecanals, in welchen die sämmtlichen Magen einmünden, ist meist sehr schwierig zu er- 
mitteln. Man überzeugt sich bei solchen Formen, die nicht allzubeweglich sind, durch F ütterung mit Indigo oder Garmin direet. Manche 
füllen sich sogleich begierig voll und man sieht das F ortrücken der blauen Nahrung in einem innern Canale des durchsichtigen Körpers. 


- Bei vielen ist diese direete Beobachtung unmöglich, obschon das Resultat, die farbig erfüllten Magen, deutlich ist. Als sicheres Merk- 


mal der Anwesenheit eines wirklichen Darmes oder Speisecanales ist eine besondere Entleerungs-Oeffnung, Afteröffnung, angenommen. 
Bei anhaltender Beobachtung sehr mit sichtbaren Nahrungsstoffen angefüllter 'Thierchen sieht man, wo viele gleichzeitig zu übersehen 
sind, leicht sowohl Aufnahme als Entleerung der genossenen unverdauten Stoffe. Da, wo diese an einer andern Stelle als dem wirbeln- 
den Munde geschieht, ist deutliche Anwesenheit eines Speisecanals, und solche Formen gehören nicht zu der Familie der Monaden. 
Da, wo aber die Speise durch dieselbe Mundstelle, welche sie aufnahm, auch nach einiger Zeit immer wieder ausgeworfen wird, ist 
entweder kein Speisecanal, oder ein in den Mund zurückkehrender vorhanden. Letzteres ist nur bei den Vorticellinen und Ophry- 
dinen der Magenthierchen, welche einen sichtbaren kreisförmigen Speisecanal haben, der sich wieder zum Munde umbiegt, allein 
alle diese Formen sind sehr kenntlich durch periodisch zuckende Zusammenziehungen ihres Körpers, welche mit dieser Bildung des Ernäh- 
rungs-Apparates in nächster Beziehung zu stehen scheinen. Allen übrigen Formen, denen dieses Zucken und der direct sichtbare Spei- 
secanal abgeht, ist in diesem Werke Mangel einer besondern Auswurfsöffnung und eines Speisecanals zuerkannt. 

Längliche Thierchen, welche bei verhältuissmässig hinreichender mikroskopischer Vergrösserung einen gegliederten Körper er- 
kennen lassen, verrathen dadurch eine unvollkommne mehrfache queere oder längenmässige Selbsttheilung. Sind sie fadenförmig, so ist 
diess nicht ihre Grundform, sondern jedes einzelne Glied des Fadens ist als ein besonderes Thier zu betrachten, welches durch wieder- 


‚holte Selbsttheilung eine fadenförmig zusammenhängende Familie bildet; sie sind also gar nicht vergleichbar mit Gliederthieren, auch 


nicht mit den gegliederten Würmern. Alle solche Formen gehören auch nicht zu der Monadenfamilie, sondern die queergetheilten ge- 
hören zu den Zitterthierchen (Vibrionien), die längsgetheilten zu den Stabthierchen (Bacillarien). Bei den Monaden 
theilt sich jedes Thier zwar meist in 2 Theile, aber diese Theile trennen sich vollständig von einander, ehe sie sich wieder theilen. 
Nur bei Monas gliscens habe ich das Zusammenhängen von zuweilen 4 Thierchen erkannt und nicht hervorgehoben, weil es nur sel- 


ten und ausnahmsweise zu seyn schien. Der Character würde sie sonst zu den Vibrionien ziehen. 


Anders ist es mit der kreuzweisen Theilung. Alle Thierchen, welche bei sonstigen Characteren der Monaden sich abwech- 


‚selnd nach der Queere und nach der Länge unvollkommen theilen, bilden dadurch beerenartige Kugeln, und so kann man häufig, je- 


doch auch nicht immer, aus der Beerenform wieder auf unvollkommene kreuzweise Theilung schliessen. Solche Formen können der Mo- 
nadenfamilie angehören, nur müssen sie panzerlos seyn. 

Endlich ist ein besonderer Character dieser Familie in der geringen Formveränderung des Körpers. Keine Monadenform kann 
sich willkührlich fadenförmig, knotig und abwechselnd kugelförmig gestalten, keine kann beliebige Körperstellen lang ausdehnen und wie- 
der einziehen. Zwar werden die ovalen und länglichen Monadinen beim Sterben und Eintrocknen des Wassertropfens, in dem sie le- 
ben, auch kugelförmig und eckig, allein das ist durch unwillkührliche Contraction. Alle solche, den Monaden übrigens nächst ver- 
wandte Formen, welche grosse Veränderlichkeit der Form zeigen, vereinigen sich mit andern Familien, die panzerlosen mit der Familie 
der Astasiaeen oder Amoebaeen, die gepanzerten mit der der Dinobryinen und Arcellinen. 

Was die Summe der organischen Systeme anlangt, welche den Formen der Monadenfamilie nachweislich zukommt, so besitzen 
dieselben deutlich erkannte Bewegungsorgane in allen Gattungen, deutliche Ernährungsorgane und deutliche Fortpflanzungsorgane, sogar 
zweierlei Art. Einige haben Augenpunkte als Empfindungsorgane. Nur die Circulationsorgane des Blutes sind bisher spurlos unerkenn- 
bar geblieben, was jedoch, bei dem geringen Durchmesser, den diese Organe nur haben können, nicht zu verwundern ist und keines- 
wegs erlaubt, daraus mit Sicherheit auf deren Mangel zu schliessen. 


Die Familie der Monaden enthält jetzt 41 Arten (Species) von Thieren, welche sich zur Erleich- 


‚terung der Uebersicht in 9 Gattungen (@enera) abtheilen lassen. 


Uebersicht der Gattungen der Monadinen: 


- Leinfache . --... ae, Monas 
durch Zusammen- 


EeReN = treten... . - Uvella 
durch Selbsttheilung Polytoma 


augenlose . . . 


e schwimmende . 
lippenlose . . . ie 


schwanzlose . . ; mit1 oder 2Rüsseln Microglena 
einfache 


augenführende . | “ ) mit vielen Rüsseln . Phacelomonas 
Em a... Glenomorum 
lan Se ee : . +» Doxococeus 


u ee Fr er Chilomonas 
a nie en Bodo 


Die Charactere dieser Uebersicht sind specieller folgende: 


schwanzlose Monadinen sind solche, deren Körper ohne deutliche schwanzförmige Verlängerung ist, im Gegensatze anderer, 
die eine solche Verlängerung besitzen ; 

lippenlose Monadinen sind solche, deren Mund vorn, am gerad abgestutzten Ende, in der Körper-Axe ist, im Gegensatze 
solcher, die den Mund seitlich, am schief abgestutzten Vorderende u. s. w. führen. Alle besitzen 1, 2, oder viele, wim- 
perartige, fadentörmige Rüssel am Munde; 

schwimmende oder drehende Monadinen führen den wirbelnden Mund bei ihren Bewegungen in der Richtung der Bewegun- 
sen, vorm, ihre stetige oder. drehende Bewegung ist in der Richtung der Körper-Axe, wenn auch zuweilen wankend; 
andere, im Gegensatze dieser, bewegen sich rollend, über Kopf, gegen die Körper-Axe, oder ohne Rücksicht auf diese; 


augenlose Monadinen besitzen keine in allen Individuen beständigen und der Lokalität nach ebenfalls festen Angenpunkte, im 
Gegensatze solcher, die deren immer in der vordern Körperhälfte, meist am Kopfe und meist rothfarbige, zeigen; 
einfache Monadinen sind solche, welche nie anders als einfach oder höchstens durch einfache Theilung doppelt gesehen wer- 


den, im Gegensatze von solchen, die, obwohl auch ursprünglich einfach, doch auch haufenweis zusammenhängend, brom- 
beerartig gefunden werden. 


sul 


ERSTE GATTUN«& 
WMonade. Monas. 


CHARACTER: Animal e familia Monadinorum cauda et ocello destitutum, ore terminali truncato, eiliis 
aut proboscide subtili flagelliformi, unica duplicive instructo, dum natat antico, divisione 
_spontanea simplici bipartitum aut nunquam dividuum. 


CARA CTERE: Animal de la famille des Monades, sans queue et sans oeil, ü houche terminale 
tronguee pourvue de cils ou de trompe en forme de fouet chez quelgues uns double 
et tres delie, toujours anierieure, ü division spontanee simple ou nulle. 


; Das Geschlecht der eigentlichen Monaden unterscheidet sich von allen Formen der Familie durch 
Mangel an Schwanz, vorragende Lippe und Mangel an Augen, ferner durch solche Bewegung in der Rich- 
tung der Lüngsaxe des Körpers, dass der Mund stets vorn bleibt, und durch Mangel des Zusammenhän- 
gens vieler Individuen in Form einer Beere. 

Es sind bisher 25 Arten der Monaden erkannt worden. Zwei sind grün, zwei gelblich, drei röth- 
lich, achtzehn farblos. Am auffallendsten unterscheiden sich die gefärbten; aber die Farbe allein ist kein 
sicherer Charakter. Setzt man blaue Farbe zum Wasser, so fürben sich die farblosen blau, roth bei Zu- 
satz von Carmin, grün bei Zusatz von Saftgrün. Die Farbe kann also von der genossenen Nahrung kom- 
men. Ist das Wasser, worin sie leben, sonst farblos, so schliesst man mit Recht, dass die Farbe, welche 
sie haben, ihnen eigen ist. Ist die genossene farbige Substanz sehr intensiv gefärbt und nicht allzufein zer- 
theilt, so erkennt man die Füllung der einzelnen Magen bei starker Vergrösserung deutlich, indem nicht der 
‘ganze Körper, sondern nur einzelne Flecke, innere Bläschen, farbig erscheinen. 

Ob. man wahre Monaden vor sich habe, lässt sich durchaus gar nicht beurtheilen und entscheiden, 
wenn man nicht wenigstens eine klare Vergrösserung von 300mal im Durchmesser benutzt. Oft reicht diese 
nicht aus. ‘Im Allgemeinen sind überdiess die Arten der Gattung Monas noch sehr schwierig scharf zu be- 
stimmen, indem man leicht junge Thierchen ganz anderer Gattungen für Monaden hält. Auch sind die Ein- 
zelthiere der Gattungen Bacterium, Vibrio, Uvella, Polytoma, Pandorina, Gonium und vieler anderer, 
wenn sie so eben aus ihrer Vereinigung oder gemeinsamen Hülle geschieden oder noch einfach sind, von 
Monaden nicht zu unterscheiden. Ein einzelnes Individuum, zumal ausser dem Acte seiner Theilung, ist 
mit Gewissheit gar nicht zu bestimmen. Wenn daher Beobachter den Namen eines oder jedes einzelnen be- 

wegten Pünktchens, zumal in einer Flüssigkeit, die deren überhaupt nieht sehr viele hat, zu wissen ver- 


langen oder angeben, so müssen sie sich mit Annäherungen an das Rechte begnügen. Da wo einzelne For- 


men sich in dichter Menge entwickelt haben, ist die Bestimmung leichter und sicherer, weil sich dann aus 
mehrfachen Lebensverhältnissen die Eigenthümlichkeit beurtheilen lässt. Leitend sind folgende Erscheinungen. 
Sieht man in einem Tropfen Vibrionen, Bacterien, Uvellen oder Polytomen, deren auffallende Formen 
als Monadenstöcke leicht erkenntlich sind, und zwischen diesen einzelne Monaden-ähnliche Körper, so muss 
man zuerst daran denken, dass es Junge oder Einzelthiere jener Monadenstöcke seyn können, und wenn 
die Grösse nicht sehr differirt, sie dafür gelten lassen. Eben so ist es mit den grünen Monaden zwischen 
Pandorinen und Gonien. Besonders täuschend ist auch Ohlamidomonas Pulvisculus, deren Jugendzustand 
oft für eine augenlose und ungepanzerte grüne Monade gehalten werden kann. Giebt man sich einige Mühe, 
so findet man in der Masse der Individuen gewöhnlich doch bald Aufschluss. Besteht man darauf, über ein 
einzelnes Individuum oder über flüchtige Beobachtungen zu entscheiden, so wird man viel Falsches angeben- 

Die Beobachter sind fast immer sehr geneigt, in der Bewegungsart der Thierchen unterscheidende 
Charactere zu finden. Man hält schneller schwimmende für verschieden von langsamen; wälzende, wan- 
kende, hüpfende unterscheidet man scharf. Solche Unterschiede sind nur dann brauchbar, wenn man viele 
gleichartige Individuen sieht und wenn sich auch am Körper selbst irgend ein Character erkennen lässt, 
durch den jene Eigenthümlichkeit bedingt seyn kann. So ist das Hüpfen gewöhnlich die Folge von einer 
oder mehreren kleinen Borsten am Thierchen, die man bei scharfer Aufmerksamkeit und geeigneter Ver- 
grösserung erkennt. Sind solcher Borsten mehrere, so gehören dergleichen Monaden zu den. Borstenmona- 


hs 


den (Chaetomonas). Ist nur eine Springborste, so ist diess gewöhnlich ein Schwanz, und die Form ge- 
hört zu den Schwanzmonaden (20odo). Schnelleres und langsameres Schwimmen ändert sich oft nach 
dem mehr oder weniger häufigen Futter und nach dem Alter oder der Grösse, wie bei allen andern Thieren. 
Die Erscheinung des Wankens ist meist Folge einer linsenförmigen zusammengedrückten Körperform. Die 
Erscheinung des Drehens um die Längsaxe beim Schwimmen ist, wie es scheint, immer die Folge eines 
einfachen fadenförmigen Rüssels am Munde, als einseitigen Schwimmorgans. Wo 2 Rüssel oder viele Wim- 
pern sind, scheint immer das Schwimmen ohne Drehen zu erfolgen, und so lässt sieh umgekehrt auch wohl 
von der Bewegung auf die Bewegungsorgane mit Wahrscheinlichkeit schliessen, obschon die willkührlichen 
Bewegungen aller Thiere höchst mannichfach sind. So vermögen z. B. alle Monaden, welche einen oder 
zwei fadenförmige Rüssel als Bewegungsorgane haben, auch wenn sie keine schwanzartige Springborste be- 
sitzen, ebenfalls zu hüpfen, indem sie den Rüssel schnell anstossen. Beim Verdunsten des Wassers erkennt 
man diess oft ganz deutlich. 


Die einzelnen Systeme des Organismus der Monaden - Gattung. 


Bewegungssystem. 


Obwohl noch nicht bei allen Arten von Monaden, welche hier verzeichnet sind, Bewegungsorgane beobachtet werden konnten, 
so ist es doch wahrscheinlicher, dass der Mangel an der Beobachtung liegt, als dass er in den Formen selbst begründet sey. Nur ganz 
allmälig bei sehr scharfer absichtlicher Fixirung der Aufmerksamkeit auf diese Organe sind sie mir anschaulich geworden; aber bei allen 
seltnen oder ausländischen Formen war solche Bemühung nicht wohl möglich. Es ergiebt sich aus den bereits erlangten Kenntnissen, 
dass zum Character einer wahren Monade ein fadenförmiger Rüssel als Bewegungsorgan immer gehören mag. Die mehrfachen Wimpern, 
welche man zaweilen vorn zu erkennen glaubt, sind oft nichts anderes, als ein einfacher Rüssel in schwankender oder drehender Bewe- 
gung, so wie man ein schnell hin und her bewegtes Stäbchen vielfach sieht. Doch giebt es eine Art mit 2 Rüsseln. Monas tingens 
hat nämlich immer 2 Rüssel, bildet aber doch wohl eine besondere Gattung , Glenomorum, welche sich zu Microglena verhält wie 
Uvella zu Monas. Nicht immer aber, wo 2 Rüssel sind, sind diese ein wesentlicher constanter Character, sondern ich habe beobach- 
tet, dass bei eintretender Längstheilung solcher Formen, die nur einen Rüssel haben, sich erst 2 Rüssel bilden, ehe sich der Körper 
theilt (s. Taf. I. Fig. IV. a. und Fig. XVII.). Da aber diese doch nur einzeln unter den einfachen erscheinen, so erkennen sich dennoch 
die Formen leicht, welche 2 Rüssel als Art-Character beständig führen, durch ihre constante Wiederkehr. Bei jenen Verhältnissen 
müssen diese dann 4 Rüssel zeigen, was ich aber noch nie beobachtete. Diese Rüssel als Bewegungsorgane haben, wie man leicht 
beobachtet, eine doppelte Function, sie sind Bewegungsorgane und Wirbel- oder Fangorgane,. meist beides gleichzeitig. — Durch mo- 
mentanes Rückwärtsgehen einzelner Individuen muss man sich nicht über das Vorn und Hinten irre leiten lassen. 


Ernährungssystem. 


Der Ernährungs- Apparat der Monaden ist bei mehreren Arten sehr deutlich auch ohne künstliche Mittel zu erkennen. Bei 
Monas Termo, Guttula und socialis habe ich ihn durch gefärbtes Futter künstlich zur Anschauung erhalten, bei Monas Guttula 
und vwvspara ihn auch im ganz natürlichen Zustande erkannt, indem die innern Magenzellen mit farbigen Theilchen zuweilen zufällig 
erfüllt waren. Er besteht aus vielen einzelnen getrennten Zellen, 8—20 an Zahl, die sich aber nicht alle gleichzeitig erfüllen, meist 
grossentheils contrahirt ganz unsichtbar sind, oft auch, wenn sie mit klarer Flüssigkeit erfüllt sind, als helle Bläschen im Innern er- 
scheinen. Den Mund kann man als helle oder ausgezeichnete Stelle an der Basis des Rüssels zuweilen direct erkennen (s. Taf, I. 
Fig. II. b. und Fig. V.). Beim Wirbeln in farbig getrübtem Wasser bildet diese Stelle das Centrum der entstandenen Strömung. Bei 
den übrigen verzeichneten Formen sind Mund und Magen also wohl nicht fehlend, sondern nur bei einigen noch unbeobachtet. Eine 
besondere Ausleerungsstelle, ausser der Mundöffnung, habe ich nie beobachten können, weshalb es scheint, als hängen die vielen klei- 
nen Magen wie einzelne getrennte Beutel vom Grunde des Mundes nach innen hinab. Der Hintertheil der Monaden wäre sonach ihr 
Rücken. Die Nahrung der Monaden scheint aus kleinen Algensaamen, Chlorophyll-Körnchen und andern Theilchen aufgelöster Pflan- 
zen, so wie aus noch kleineren, jüngeren Monaden zu bestehen. So wenigstens könnte man Taf. I. Fig. IH. und IV. deuten. 


Fortpflanzungssystem. 


Der Fortpflanzungs- Apparat der Monaden ist ganz besonders dentlich beobachtet in Monas Guttula, vivipara und M. tin- 
gens. Er besteht aus sehr vielen im ganzen Körper verstreuten, netzartig verbundenen (?) Körnchen, und aus einem verhältnissmässig 
grossen kuglichen und drüsigen Körper, welcher sich bei der Selbsttheilung mit theilt. Diese drüsige Kugel ist, wenn man die grösse- 
ren Infusorien und diese wieder mit den noch leichter zugänglichen Saugwürmern (Trematodea) vergleicht, offenbar einer männlichen 
Samendrüse ganz analog, und jene Körnchen sind Eiern ganz ähnlich. Bei Monas vivipara waren die Körnchen alle einzeln in zit- 
ternder Bewegung (schon ausgekrochen?), was diese Ansicht begünstigt. Die wahrhaft farbigen Monaden scheinen ihre Farbe nur die- 
sen Eiern zu verdanken, gleichgestaltete farblose schwimmen meist zwischen den farbigen einzeln umher, wonach es denn oft ent- 
leerte farbige geben mag, die man als farblose leicht so lange für andere Arten hält, bis noch bestimmtere Charactere aus ihrem Kör- 
per ermittelt worden sind. Bei Monas vivipara sah ich das Zerfliessen des Körpers und Freiwerden der beweglichen Keime oder 
Jungen, wie es bei ‚Stentor und den grösseren Magenthierchen sich leichter beobachten lässt. Eine contractile ‚ strahlige Blase, 
welche die beiden Fortpflanzungs- Apparate verbindet, habe ich bisher noch bei keiner Art ganz deutlich, vielleicht aber doch bei M, 
Guttula und Okenü, erkamt. 

Ueberdiess haben die Monaden ebenfalls noch andere F ortpflanzungsweisen, die nur die Individuenzahl vermehren. Sie haben 
Selbsttheilung nach 2 Richtungen, als Queertheilung oder als Längstheilung. Die Queertheilung allein ist von mir beobachtet bei Mo- 


nas Guttula, hyalina, gliscens, Okenii und socialis, die Längstheilung allein bei Monas Punetum ‚ beide vereint bei Monas 
vivopara. Wahre Knospenbildung ist nicht beobachtet. 


sg 


Bin iu Te 


Gefässsystem. 


Blutumlaufs- Organe lassen sich, wahrscheinlich nur ihrer Feinheit halber, nicht erkennen, um wie viel weniger also das Blut 
selbst in seinen Blutkörperchen, obschon die Analogie der übrigen Systeme mit den grösseren Thieren auch für die Anwesenheit dersel- 


ben spricht. Wäre das Blut gefärbt, so wären die Gefässe leichter sichtbar. Giebt es also, der Analogie der übrigen Thiere nach, 
_ Blutgefässe, so werden sie wohl farbloses Blut in sich führen. 


Empfindungssystem. 


Empfindungs-Organe gehen den Monaden keineswegs ab. Mit ihrem Rüssel sieht man sie tasten, und ihr Stillstehen und 
Wirbeln, wo reichliche Nahrung ist, zeigt, dass sie Empfindung davon haben. Einige haben Augen-ähnliche Organe; diese sind aber 
hier, um die Formenmasse der einzelnen Gattungen zu verringern und übersichtlicher zu machen, nach dem Grundsatze, dass ein be- 
sonderes Organ eine besondere Gattung bezeichnet, als Gattung Microglena verzeichnet. Nur die Monas tingens hat mir, erst nach- 
dem sie schon auf Tafel I. gestochen war, noch ein rothes Auge erkennen lassen. Grosse Mengen derselben, welche mir der Zu- 
fall neulich erst zur wiederholten Beobachtung darbot, zeigten noch andere von den Monaden abweichende Charactere, die ich noch habe 
bei der Darstellung anbringen lassen, weshalb sie wohl besser als eigene Gattung, G@lenomorum tingens, betrachtet wird. Die rothe 
Farbe des Pigments lässt solche augenähnliche Empfindungs-Organe scharf erkennen, wo aber ein dergleichen Hülfsmittel zum Erken- 
nen der Anwesenheit von Nervensubstanz mangelt, hindert die geringe Grösse und die Durchsichtigkeit der kleinen Körper die Wahr- 
nehmung, ohne den Mangel zu beweisen. Die Gattung Mozas umfasst nun gerade die in dieser Hinsicht für die Wahrnehmung er- 
schwerten Organismen, zu deren Erläuterung denn die Gattungen Microglena und G@lenomorum dienen können. 


Specielle Verbreitung der Monaden. 


Ueber die geographische Verbreitung der wahren Monaden lässt sich mit Sicherheit nur dann etwas feststellen, wenn man mit 
den neuesten Mikroskopen und Kenntnissen diese Formen weiter geprüft: haben wird. Mir sind nur meine eigenen in 3 Welttheilen ge- 
machten Beobachtungen desshalb vergleichbar, weil ich mit denselben Instrumenten die europäischen Formen mit den gemachten Zeich- 
nungen und Messungen genau vergleichen konnte. Ich bin daher der Meinung, dass es allerdings in Nordafrika und in Asiens westli- 
chen und nördlichen Extremen wahre Monaden giebt. Zwei wahre Monadenformen wurden von mir in Nordafrika beobachtet, eine im 
Nilwasser, Monas simplex (Bacterium simplex), und eine in der Oase des Jupiter Ammon, Monas inanis (Cychidium inane) 
Zwei Arten, Monas scintillans und M. Termo, wurden im westlichen Asien, in Arabien, und 6 Arten, M. Enchelys, Ihyalina 
Kolpoda, Mica, ovalis und Umbra, im nördlichen Asien in Sibirien von mir beobachtet. Die in meinen akademischen Vorträgen 
1830 angegebenen Formen sind zum Theil hier in andere Gattungen übergetragen worden. Monas Atomus und M. Glaucoma des 
Nils gehören jetzt zur Gattung Uvella, ebenso die sibirischen Monas Atomus und M. Uva. 

Es verdient ferner hier noch eine besondere Bemerkung, dass man häufig in Pflanzenzellen, in Eiern, in todten Wasserflöhen 
und in Infusorien selbst, sich rasch bewegende Pünktchen sieht, welche Monaden genannt worden sind und denen man daher, weil sie 
‚in so abgeschlossnen Räumen vorkommen, eine elternlose Entstehung aus Urstoffen (durch Generatio primaria) zuschreibt. Diese 
Beobachtungen sind oft unrichtig. In sehr vielen, vielleicht unter gewissen Lebensverhältnissen in allen Pflanzenzellen erkennt man eine 
kreisende Bewegung kleiner Kügelchen, welche in einigen Wasserpflanzen, den Chara-Arten, zu einer sehr auffallenden Circulations- 
Erscheinung wird. Diese langsam kreisenden Kügelchen sind ohne alle Spur von thierischer Organisation, und ihre Bewegung ist eine 
passive, vom Lebensprocesse der Pflanze ausgehende, deren Theile sie sind. Ja man hat die wunderliche Verwirrung der Erscheinun- 
gen bis auf die Blutkügelehen in den Thieren und im Menschen ausgedehnt und auch diesen ein den Monaden ähnliches, ja gleiches 
selbstständiges Leben zugeschrieben. Diess sind Auswüchse einer falschen philosophischen Richtung unserer Zeit. Die angegebene 
Selbstständigkeit der Bewegung dieser Körpertheilchen ist unwahr und eine thierische Structur, wie Monaden, besitzen sie gar nicht. 
Sie ist von Niemand nachgewiesen. ; 

Andere haben in gewissen Pflanzenzellen, besonders im Innern der Wasserfäden, in Tangen (Fweis) und dergleichen eine von 
jener langsam kreisenden Bewegung der Pflanzensäfte verschiedene Bewegung sehr kleiner besonderer Körperchen beobachtet und dabei 
von infusoriellen Bewegungen und Monaden gesprochen. Dergleichen Erscheinungen sind allerdings sehr häufig, allein ihre Verbindung 
mit Infusorien und Monaden meist augenscheinlich übereilt und unrichtig für den, welcher die Monaden genauer studirt hat. Die in 
Conferven so häufigen Körnerbewegungen, welche eine Entwickelungs-Periode der Conferven allerdings bezeichnen mögen, scheinen auch 
da, wo das Durcheinanderlaufen der Kügelchen deutlich ist, nur passiv zu seyn. Sie kommen nur dann vor, wenn der Inhalt der 
Schläuche anfängt locker zu werden, sich zusammenzuballen, zu bräunen und zu zersetzen. Es liesse sich diese Erscheinung vielleicht 
oft dadurch erklären, dass man das Eindringen von Wasser in kleine Oeffnungen der reifen, sich zersetzenden Schläuche annimmt, wel- 
ches, indem es sich mit der schon innerhalb befindlichen organischen Flüssigkeit der Conferve, oder des Tanges verbindet, solche Strö- 
mungen macht, wie Säure oder Branntwein im Wasser hervorbringen, durch welche dann die kleineren Theilchen des Zelleninhalts in 
passive, sehr verflochtene, den thierischen und willkührlichen ähnliche, Bewegungen geriethen. Aber auch die Körperchen selbst bedür- 
fen einer Ausgleichung ihrer bisherigen Flüssigkeit mit der neuen, daher kreisen, hüpfen und zittern sie. 'Thut man feinen organischen 
Staub erst in Branntwein (Weingeist), dann in Wasser, so hat man eben solche Bewegungen noch heftigerer Art zu beliebiger Ver- 
gleichung, weil der sie durchdringende Weingeist sich erst mit dem Wasser wieder auszugleichen, zu verdünnen hat, wobei sie, obwohl 
heftig hüpfend, ganz passiv sind. In einigen seltenen Fällen glaube ich in Pflanzenzellen wohl auch wahre Monaden, und zwar Monas 
Termo, erkannt zu haben, namentlich einmal in einer Zelle von Spirogyra princeps, während ich viel häufiger jene ersteren Bewe- 
. gungen gesehen habe. Ein sehr deutlich sprechender Beweis für diese Ansicht ist bei der Saprolegnia Molluscorum (Vaucheria 
aquatica dergl.), deren innere grosse Samen so lange im Innern bewegungslos liegen, bis, wie ich beobachtete, ein kleiner Deckel 
am Ende der Kolben (durch das Reifwerden) abspringt und daselbst eine eirkelrunde Oeffnung entsteht, dann aber sich drehen, winden | 
und auskriechen. Das eindringende Wasser wird offenbar von den Keimkugeln, welche bis dahin in der Pflanzenflüssigkeit lagen, ein- 
gesogen und es entstehen theils hygroskopische, theils Entwickelungsbewegungen, die den thierischen so vollständig gleichen, dass die 
Erscheinung an sich durchaus für thierische Willensfreiheit sprechen würde, wenn nicht das bald erfolgende Stillliegen und das Keimen 
nach 6 Stunden, wie es Dr. Unser bei andern Vaucherien ebenfalls beobachtet hat, die Grundverhältnisse klar vor Augen legten. 
Uebrigens finde ich gar keine Schwierigkeit auch im Vorkommen wirklicher Monaden in geschlossenen Pflanzenzellen. Sind doch 
der Eingeweidewürmer genug im Innersten thierischer Körper, und das Leben des Weizenaals (Angusllula Tritici) in den Weizen- 
körnern auf den’ Halmen des Feldes ist eine alte Erfahrung. Nur sind diese Erscheinungen nicht häufig. Alles Organische ist vom 


2 


Wasser durchdrungen, und wie Säfte bei einer matt gewordenen, ins Wasser gesetzten Pflanze rasch in alle Theile steigen, auch Far- 
ben mit ihnen in oft unnatürlichen Wegen dann gewaltsam aufgesogen werden, so mögen die Eier und Jungen der kleinsten Monaden, 
vielleicht auch der Räderthiere (Notommata Weneckü) sich mit dem Wasser vielfach in Pflanzen vertheilen, nur verhältnissmässig 
selten entwickeln und stark vermehren. 

Eben solche infusorielle Bewegungen hat man in kleinen todten Thieren und in verdorbenen Eiern beobachtet und sie sind 
eine häufige Erscheinung. Auf Taf. II. Fig. VII. u. XV, auf Taf. XXI. Fig. V. und Taf. LXIM. Fig. VI. sind dergleichen Ver- 
hältnisse aus meiner Erfahrung abgebildet. In all den Fällen, wo Thiere oder thierische Theile mit Monaden erfüllt gesehen werden, 
ist zwar nicht, wie bei den Pflanzen, an Entwickelungsbewegung zu denken, allein auch da sind es nicht immer wahre Monaden, son- 
dern sehr verschiedene Gattungen von Infusorien, oft aber auch gar keine organischen Körper. Alle sehr verkleinerten Theile, welche 
besonders eingeschlossen oder im Wasser frei schweben, zeigen nämlich eine zitternde Bewegung, welche um so weniger als eine 
Lebensbewegung erscheint, je allgemeiner sie ist und je mehr auch alle unorganischen und offenbar leblosen, geglühten, fein gepulver- 
ten Mineralien dasselbe zeigen. Das farbige schwarze Pigment im Auge der Fische und aller übrigen Thiere zeigt diese Erscheinung 
sehr schön, ebenso aber etwas Gummi guttae, Indigo in Wasser aufgelöst, oder geriebenes Glas im Wassertropfen, wie der für Bo- 
tanik sehr verdiente Rogerr Brown nachwies. Das in Wasser aufgelöste feinkörnige Dotter im Ei verhält sich ebenso. Die Tem- 
peratur-Differenzen der obern und untern Grenzfläche jedes Tropfens und das Verdunsten bewirken mit den schon oben angegebenen 
und noch andern Einflüssen beständige Strömungen im Wasser, die kleine Körperchen zum Zittern bringen und mit sich reissen. Allein 
es giebt in todten Eiern, todten Zntomostracis, todten Räderthieren und todten Magenthieren (Closterium) zuweilen wirkliche 
lebende Thiere, welche den ganzen innern Raum erfüllen. So habe ich oft das Innere todter Eintomostraca ganz erfüllt gesehen mit 
Leucophrys carnium, auch Oxytricha Pellionella habe ich in grosser Menge im Innern todter Wasserflöhe gefunden. Ferner 
ist eine ziemlich grosse Lippenmonade häufig in todten Räderthieren anzutreffen, Chilomonas destruens. Eine Borstenmo- 
nade, Chaetomonas, und eine Schwanzmonade, Bodo, leben in Closterien. Endlich giebt es auch wahre Monaden, die ich für 
identisch mit Monas Crepusculum halte, welche kranke Thiere und Eier ganz erfüllen und die Stelle von Entozoen der Infusorien 
vertreten, deren starke Entwickelung, wie die der Schlupfwespen in den Raupen, tödtlich wird. 

Bei einigen Bacillarien (Navieula, Fragilaria, COlosterium, Micrasterias) giebt es periodisch im Innern lebhaft be- 
wegte Kügelchen, die das Ganze erfüllen. Ob diess ein Zustand der Auflösung ist, oder ob es ein Lebendiggebären ist, habe ich 
nicht klar ermitteln können. Zu den Monaden scheinen diese bewegten Körperchen nicht zu gehören, und werden sie anatomisch be- 
freit, so setzen sie die Bewegung nicht lange fort, sondern kommen sehr bald zur Ruhe, was man für einen Beweis passiver Bewe- 
gung anzusehen hat. : 

Die Angaben endlich von zahllosen Mengen und von Millionen Thierchen in einem einzigen Tropfen beziehen sich, so weit 
sie die eigentlichen Monaden angehen, auf nur 2 oder 3 Arten. Im solcher Menge leben nur Monas Crepusculum und Monas 
Termo, zuweilen M. scintillans, beisammen. Allein Bodo .saltans, die Vibrionen, Bacterien und Spirilla erlauben ebenfalls 
solche Schwindel erregende Berechnungen ihrer oft wirklich vorhandenen Mengen. 

Als Richtschnur für alle auf Monaden beziehbare Erscheinungen und abzugebende Urtheile, wenn sie einen wissenschaftlichen 
Werth haben sollen, ist streng festzuhalten, dass es vielerlei Bewegungen kleiner Körper und vielerlei bewegende Kräfte giebt, dass 
aber nur solche bewegte kleine Körperchen zu den Thieren und Monaden zu rechnen sind, welche je nach ihrer relativen Grösse ent- 
weder den vollen Organismus, oder doch deutliche Spuren des Organismus der wahren Monaden an sich tragen. Alle in dieser Bezie- 
hung nicht scharf und ausdrücklich beachteten oder unklaren beweglichen Objecte des Mikroskops, welche mit Monaden Aehnlichkeit haben 
oder haben sollen, sind nur kleine bewegte Körperchen und haben keinen Anspruch an den Namen von Monaden, folglich auch keinen 
Werth für irgend eine damit in enger Verbindung stehende Theorie. 


Die 25 Arten der Gattung Monas lassen sich nach ihrer Gestalt in 2 Gruppen übersichtlich machen: 
1) als Kugelmonaden von ganz runder oder eiartiger Form, deren sind 17, und 2) als Stabmonaden 
mit länglicher, mehr als doppelt so langer als dicker Form, solcher sind 8. 


a. Kugelmonaden, Sphaeromonades. 


Die 17 Kugelmonaden sind kaum doppelt länger als breit, zuweilen kugelartig, nie eine vollkommne Kugel, daher sind die 
eiartigen nicht sicher zu unterscheiden. Ziemlich scharf runde giebt es 4 Arten, alle übrigen 13 sind länglich oder ausgebuchtet. Bei 
der Selbsttheilung geht die reine Kugelform allemal verloren. Ich theile die Kugelmonaden jetzt daher in etwas mehr rundliche, 
Punktmonaden, deren sind 9, und in etwas mehr längliche, Eimonaden, deren sind 8. Tiefere Forschung wird späterhin festere 
Charactere geben. Von den 9 Punktmonaden sind 4 farblos oder weisslich, 2 grün, 1 gelb, 2 röthlich. Die Eimonaden sind 
alle farblos. 


ee Punktmonaden, 
* farblose oder weissliche: 
1. Monas Crepusculum, Dämmerungsmonade. Tafel I. Fig, 1. 
M. hyalina, acervatim oculo naturali albicans, globosa, agilis, carnivora, %ı000 lineae partem raro attingens, nunquam 
superans. 
Monade Cr epuscul e, hyaline, en masse blanchätre a ? oeil naturel, spherique, agile, carnivore, ne 
passant jamais !|;o millimetre en longueur. 


Organisation der Infusorien, Abhandlungen der Akademie zu Berlin, 1830. p. 74. 
= 5 ——n —. a ee N 


Aufenthalt: Bei Berlin häufig zu allen Jahreszeiten beobachtet, vielleicht auch als Monas Termo bei St. Catharinenburg im Ural. 


Diese kleinste aller bisher mit dem Auge erreichbar gewesenen Thierformen, deren Organisation freilich daher noch unerreich- 
bar blieb, ist rundlich, farblos, dem blossen Auge, wo sie in grosser Menge ist, weisslich, rasch bewegt, nährt sich von thierischen 


oder Pilz-Stoffen und wird nicht über t/ıooo Linie im Durchmesser gross, ist aber oft nur halb so gross und noch viel kleiner. Sie 
lebt im Wasser, worin thierische Theile liegen und sich aufzulösen anfangen, stirbt aber mit weit vorrückender Fäulniss derselben 
und ihre zahllosen Cadaver kommen dann an die Oberfläche des faulen Wassers und bilden eine farblose dicke Gallerthaut darauf. Spä- 
ter sinken sie zu Boden, das Wasser klärt sich wieder, verliert seinen Geruch und kann dann neuen Formen zum Aufenthalte und zur 
Entwickelung dienen. Farbestoffe habe ich sie nie aufnehmen gesehen. Oft findet sie sich im inneren Körper anderer, todter Infuso- 
rien oder grösserer Thiere und in deren verdorbenen Eiern. Dabei scheint sie sich ganz so zu verhalten wie Käfer- oder Flie gen- 
Larven in grösseren Thieren. Ihr Vorkommen in allen wässrigen Feuchtigkeiten, welches bei Zuthun von Fleisch ihre schnelle Ver- 
ınehrung möglich macht, lässt sich mit den zahllosen Samen der Pflanzen im Brach- oder Stoppellande vergleichen, die man im Herbst 
und Winter läugnen möchte, aus denen aber in jedem Frühjahr sich eine dichte Decke des üppigsten Pflanzenlebens entfaltet. Thut 
man einen thierischen fleischigen Theil, oder auch einen Pilz in ein Glas mit Wasser, so vermehrt sich diese Monade gewöhnlich, 
wenn auch nur eine darinnen war, in wenigen Stunden zu unberechenbaren Mengen. Ein kleiner Tropfen zeigt unter dem Mikro- 
skope ein so dichtes Gewühl, dass man keine Zwischenräume zwischen den Individuen annehmen kann. Sie drängen sich an einan- 
der vorbei. Sind die Thierchen, wie es häufig der Fall ist, */ooo Linie gross, so beträgt ihre Menge in einem 1 Cubiklinie gros- 
sen Wassertropfen, den sie gedrängt erfüllen, die Cubikzahl von 2000, also 8000 Millionen, und mithin in 1 Cubikzolle desselben 
Wassers, welcher 1728 Cubiklinien enthält, 13 Billionen und 824000 Millionen. Rechnet man auch ihre Grössen im Mittel nur zu 
!/ısoo Linie im Durchmesser, so steigt immer die Zahl der Individuen eines so dicht erfüllten Tropfens auf 3375 Millionen. Igno- 
rirt man die Hälfte, um den einzelnen Thierchen grösseren Spielraum zu geben, so bleiben immer noch 1687 Millionen für einen Tro- 
pfen. Wollte man aber einem solchen 1 Cubiklinie grossen Tropfen nur 100 Millionen Thiere zugestehen, so würde in demselben, da 
er 8000 Millionen aufnehmen kann, ein leerer Raum für 7900 Millionen gleichgrosser Thiere bleiben, mithin für die Individuen ein 
weit grösserer Spielraum übrig seyn, als der ist, welchen man sieht, und es würde die Möglichkeit jenes Gedränges wegfallen, welches 
die Beobachtung doch klar und unwiderleglich erkennt. Man vergleiche die Zahlen der Schaalinfusorien des Biliner Tripelberges 
unter Gaillonella distans, Tafel XXI. 

Obschon diese kleinste Monade genau genommen nicht mit vollem Rechte in das Thierreich gezogen werden kann, weil an 
ihr jene organischen Systeme des inneren Körpers noch nicht entdeckt sind, welche ein Thier charakterisiren, so liegt doch ein Grund 
‚klar vor Augen, warum sie nicht beobachtet werden konnten, weil nämlich die Monade zu klein und durchsichtig ist und weil die durch 
unsre zeitgemässen Hülfsmittel verstärkte Sehkraft in solche Tiefen noch nicht zu dringen vermag. Derselbe Grund verbietet aber na- 
türlich auch zu behaupten, dass es kein Thier sey. Ihre Bewegung, ihre Vermehrungsweise, ihre Form, ihre Substanz und ihr Zu- 
sammenseyn mit entschiedenen Thieren sprechen sämmtlich für den thierischen Charakter. Gleichzeitig mit ihr leben nämlich häufig Spz- 
rillum Rugula und Leucophrys carnium, welche letztere Form den thierischen Organismus deutlich zeigt. So steht denn Monas 
Crepusculum an der Grenze der Sehkraft und deutet darauf hin, dass diese Grenze der menschlichen Wahrnehmung noch nicht die 
Grenze der organischen Natur ist. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. I. 
Fig. a. ist 450. Mal im Durchmesser vergrössert, bei 9 Zoll Abstand des Auges vom Object. 
Fig. 6. ist 820 Mal vergrössert. Stärkere Vergrösserungen geben Verlust an Deutlichkeit und keinen Gewinn an Einsicht in die Structur. Bei 3000- 


maliger Vergrösserung im Durchmesser sieht man sie in der Form wie Fig. II. 6., aber im Wesentlichen nicht anders, nur unklarer. 
2. Monas Termo, Schlussmonade. Tafel I. Fig. I. 
M. hyalina, subglobosa, agilis, herbivora, */soo lineae partem attingens aut duplo vel triplo minor. 
Monade Terme, hyaline, spheroide, agile, herbivore, ayant ‘so millimetre de longueur, souvent n’ayant 
que la moitie ou le tiers. 


HEMPRICH u. EHRENBERG, Symbolae physicae. Evertebrata I. Tab. II. 1828. Text 1830. Phytozoa Polygastrica Fol. d. 2. 
Organisation der Infusorien, Abhandlungen der Berliner Akademie, 1829. p. 16. 1830. p. 64. und p. 74. Tafel I. F. I. 1832. p. 56. 
PosseEndorrr's Annalen der Physik 1831. p. 30. Taf.I. Fig. I. 


Aufenthalt: In allem stehenden Wasser häufig zu allen Jahreszeiten bei Berlin; in der Oase des Jupiter Ammon bei Siwa in Nord- 


alrika; im Gebirgswasser des Wadi Essle am Sinai; im Pfeffer-Aufguss bei Tor in Arabien; im Flüsschen Belaja Reka bei Koli- 
wan im Altai; im Wasser der Iset bei St. Catharinenburg im Ural; in der Kupfergrube Soimonofskoi im Ural, bei 6 Lachter 
Tiefe; im Newa-Wasser zu St. Petersburg; im Ostseewasser bei Wismar! im Nordseewasser bei Christiania und Droebak in Nor- 
wegen! im Grubenwasser von Freiberg aus grosser Tiefe und im Carlsbader Mineralwasser in Berlin!, von Dr. Werxeck in Salz- 
burg! beobachtet. 


Ob O. F. MürLers Monas Termo diese oder eine andere ähnliche Art gewesen, lässt sich nie mehr mit Sicherheit ent- 
scheiden. Auch sind alle aussereuropäischen von mir selbst gemachten Beobachtungen nur in sofern sicherer, als ich mit denselben Au- 
gen und Instrumenten die Umstände, Zeichnungen und Maasse vergleichen konnte. Die mit Indigo-Nahrung und genau geprüften, mit- 
hin sichren hierher gehörigen, Vorkommen sind durch ! ausgezeichnet und stellen eine grosse Verbreitung in Europa fest. 

Die Schlussmonade bildet die Grenze der wirklich beobachteten deutlichen thierischen Organisation. Sie ist immer 
farblos, kuglig, in ihrer Bewegung rasch, nährt sich von Pflanzenstoffen und erreicht */soo Linie an Grösse, ist aber meist */ıooo bis 
!/ısoo Linie gross, oft kleiner. Man sieht die grösseren Individuen immer in Gesellschaft von kleineren, die bis "/ooo Linie im Durch- 
messer haben und auch deshalb wohl offenbar jüngere Thiere derselben Art sind, weil sie sich gegen künstlich gereichte Nahrung 
ganz gleichartig verhalten. 

Ein sichrer Beweis der Thierheit dieser Form ist, dass sie in das Wasser gemischten Indigo unter Wirbeln am Vorder- 
ende sichtlich verzehrt und nach kurzer Zeit 1—6 innere blaue Flecke, als eben so viele Magen, erkennen lässt, welche sie damit 
angefüllt hat. In Flüssigkeiten, worin Pflanzentheile sich auflösen, die ihr als reichliche Nahrung dienen, vermehrt sie sich ganz ge- 
wöhnlich zu zahllosen Mengen, und man kann durch Aufguss von Wasser auf frische Pflanzentheile diese Vermehrung leicht begünsti- 
gen. Zwar hat man viel von unmittelbarem Belebtwerden der Pflanzentheilchen selbst geschrieben, allein je mehr ich die Stractur und Ent- 
wickelung der einzelnen mikroskopischen Thierformen verfolgte, desto unwahrscheinlicher wurde mir solche Bildung, für die ich bei mei- 
ner überaus vielfachen absichtlich gesuchten Gelegenheit dazu, nie eine sichere Beobachtung erlangen konnte. Dagegen habe ich neuer- 
lich auch an vielen Individuen der Monas Termo einen einfachen fadenförmigen Rüssel erkannt, mit dessen Hülfe sie ihr Wirbeln und 


ihre Bewegung vollbringen. Dr. Werneck in Salzburg, ein sorgfältiger und feiner mikroskopischer Beobachter, hat denselben ebenfalls 
erkannt. Eine Selbsttheilung ist mir bei dieser Art so wenig, als bei der vorigen, zur deutlichen Anschauung gekommen, weshalb die 
Vermehrung weit gewöhnlicher, vielleicht nur durch Eierlegen dann zu erfolgen scheint, wenn sie reichliche Nahrung haben. Bei Mo- 
nas vivipara und M. Guttula sind die Eier gross, daher sichtbar, bei M. Termo sind sie bisher einzeln nicht zu unterscheiden ge- 
wesen, vielleicht nur, weil sie der Sehkraft sich durch Kleinheit entziehen. 


Hieran schliessen sich einige einfache Folgerungen, welche man auf die Erscheinungen der organischen Verhältnisse bei die- 
sen kleinsten Thieren gründen kann. Mit Indigo oder Garmin genährt, füllen diese Monaden sehr bald mehrere ihrer innern Zellen, 
Behälter, damit an und ihre Durchsichtigkeit verräth ganz deutlich, dass sie davon genossen haben. So sieht man denn bei 800- bis 
1000maliger Diameter- Vergrösserung selbst Thierchen von 1) soo bis Yrooo Linie im Durchmesser, welche je 4, ja 6 Farbepünktchen 
im innern Körper haben. Diese 4 Pünktchen, deren organisches Verhältniss man sich schon bei Monas Guttula und vivipara, noch 
besser aber beim Trompetenthierchen (Stentor) und Pantoffelthierchen (Paramecium Aurelia) deutlich machen kann, sind 
offenbar ebensoviele mit Farbestoff erfüllte Magen. Ihre Lage ist meist so im Hintertheile des Körpers, dass die vordere Körperhälfte 
leer bleibt, und auch den Hinterleib füllen die kleinen Magen nicht ganz aus. Zuweilen liegen in der hintern Körperhälfte 3 bis 4 sol- 
cher Punkte hintereinander in einfacher Reihe. Ist nun das Thierchen mit 4 Magen 1/ısoo Linie gross und nehmen die Punkte die 
Körperhälfte so ein, dass sie in einfacher Reihe hintereinander liegen, so ist jeder Magen !/, der Körperlänge und folglich 112000 einer 
Linie gross. Will man nicht annehmen, was unwahrscheinlich ist, dass jeder Magen nur durch ein gerade so grosses Nahrungstheilchen. 
erfüllt werde, so bedarf es, weil diese kleinen Magen, beim Drehen des Thierchens, immer ihre runde Gestalt behalten, wenigstens 
doch 3 Farbetheilehen, um sie zu runden. So ergiebt sich denn, dass jedes dieser erkennbaren Theilchen mithin höchstens !/36000 einer 
Linie, d.i. Y/as2000 eines Zolles, im Durchmesser haben kann. Der französische gelehrte Chemiker Dumas hat neuerlich 1825 die 
Atome oder die letzten Bestandtheile, die Ur-Theilchen alles Organischen auf 1/00 Millimeter, d.i. !/ore Linie, festgesetzt, und die 
feinsten Theilchen aller organischen und unorganischen Körper, welche der gelehrte Botaniker Rogerr Brown in London 1827 beob- 
achtete und für constante Grössen ansah, betragen !/0000 bis 1/0000 Zoll oder Y000— "/sooo Linie englisch. Aus obigen einfachen Dar- 
stellungen der erreichbaren organischen Verhältnisse erkennt man aber, dass es sogar lebende : noch’ deutlich organisirte Thiere giebt, 
welche nicht grösser sind als jene Urstoffe seyn sollen. Mithin kann die Grenze der Körperwelt in der Richtung des kleinsten Raumes 
so nahe nicht liegen. 

Will man ernsthaft spielend noch einen Schritt weiter gehen, so vergleiche man die kleinen scharf umgrenzten ganz deutlichen 
Monaden-Magen mit denen der grössern Magenthierchen. Bei den letzteren erkennt man diese innern Behälter als häutige freie mit 
Speise erfüllte Blasen, die mit einer feinen Röhre, einem hohlen Stiele, am Darme hängen und beim Bersten und Zerfliessen des Thie- 
res oft losreissen, frei werden und, an der Ablösungsstelle contrahirt, eine geschlossene mit sichtbarer Speise (Indigo) erfüllte Kugel 
bilden. Man hat keinen Grund, den eben so scharf begrenzten, mit Indigo erfüllten, innern Speisebehältern der Monaden eine eben 
solche freie häutige Umhüllung abzusprechen , wenn sie auch, wegen Feinheit, an sich unsichtbar ist. Vielmehr ladet die Gleichheit 
aller Nebenverhältnisse ein, auch hier eine Gleichheit der Bildung im Einzelnen anzuerkennen. Da, wo sich ferner 2 Magen der grös- 
seren Formen (vergl. Bursaria, Stentor u. s. w.) berühren, erkennt man deutlicher als sonst einen Abstand des Inhalts von der äus- 
sern Grenze der Magen, und kann so die Dicke der Magenwand beurtheilen, welche ausserordentlich gering ist. Man erkennt, dass 
diese Dicke der Wand sich zum Durchmesser des Magens kaum anders als 20 zu 1 verhält. Setzt man sie nur zur Hälfte, zu !/ıo 
des Durchmessers an, so beträgt sie bei den !ısoo Linie grossen Individuen der Monas Termo, wo die einzelnen Magen als !/; der 
Körperlänge messbar erscheinen, also einzeln "2000 Linie messen, */ızoooo einer Linie. Da wir nun wichtige physiologische Gründe 
haben, in allen freien Magenwänden Saft aufnehmende Canäle (Gefässe) zu suchen, welche ebenfalls Wände haben,. so ergiebt sich eine 
Wahrscheinlichkeit für die Ferne der organischen Atome oder letzten Bestandtheile, welcher die jetzigen Mittel zu einer weiteren directen 
Forschung bei weitem nicht genügen. 


Betrachtet man ferner die ganze Reihe der Magenthierchen und Räderthierchen, ja aller wohl bekannten Thiere, so 
liegt eine gewisse gleiche Summe ihrer Hauptorgane klar vor Augen. Auch bei Monas Guttula, vivipara, grandis und (Glenomorum) 
Zingens, also schon bei wahren Monaden, ist dieselbe Summe, nur mit Ausnahme der Blutgefässe, ganz darstellbar. Es ist daher nicht 
wahrscheinlich, dass sie der Monas Termo, welche einen grossen Theil davon nachweislich besitzt, übrigens fehle. Schärfere Beob- 
achtung wird also späterhin auch hier zunächst eine runde männliche Samendrüse und kleine Körner als Eier entdecken. Die Körnchen 
des Eierstocks, oder die Eier verhalten sich zur Körpergrösse fast bei allen Räderthieren nahe wie 3 zu 1, bei vielen Ma gen- 
thieren wie 80 zu 1, bei einigen wie 40 zu 1. Bei den Monaden, welche sie erkennen lassen, verhalten sie sich (bei Monas Gut- 
Zula, vivipara und grändis) ebenfalls wie 40 zu 1 oder wie 30 zu 1. Man darf daher mit einiger Wahrscheinlichkeit dasselbe Ver- 
hältniss auf Monas Termo übertragen. _Berücksichtigt man nur die grössten Individuen der letztern, welche "/soo Linie erreichen und auch nur 
die grössten der herrschenden Eiverhältnisse (30 zu 1 oder 40 zu 1), so würden die noch zu beobachtenden Eier der Monas Termo 
!/s000 bis Ysoooo einer Linie im Durchmesser gross seyn. Ist das Eiverhältniss aber wie 80 zu 1, so sind sie "/oooo Linie oder 
!/ysoooo Zoll im Durchmesser gross. Nun sind ferner die grössten Individuen dieser Monade gar leicht bloss durch das Streben zur 
Selbsttheilung um das Doppelte ihres Normalmaasses vergrösserte Individuen, mithin die Verhältnisse der Mittelformen zu berücksichtigen. 
So könnte leicht die Eigrösse der Monas Termo nur */soooo einer Linie betragen und diess der natürliche Grund seyn, warum sie bis 
jetzt nicht sichtbar seyn konnten. Eine Vergrösserung, welche !g0000 Linie isolirt erkennbar macht, giebt es nicht. 


Die eben ausgekrochenen Jungen pflegen bei den Räderthieren, wo sie sehr vielfach bekannt sind, wenig grösser, selten dop- 
pelt so gross zu seyn als die Eier, aber den Organismus der Mutterthiere schon völlig. entwickelt zu besitzen (vergl. die Tafeln der 
Räderthiere), Von fast gleicher Grösse mit den Eiern sind die bewegten Jungen der Monas vivipara. Ist aber die entwickelte Brut 
von Monas Termo ebenso von fast gleicher Grösse mit den Eiern, so ist sie in den Mittelzahlen Yısooo Dis Yroooo Linie gross und 
wahrscheinlich auch den Mutterthieren gleich organisirt. Die innern Magenzellen dieser Jungen, zu '/ der Länge gerechnet, würden 
"ooooo bis !ı2o000 einer Linie, die Wände derselben aber zu Yı. gerechnet, /oooooo Dis "ıoooo. einer Linie, d. i. im Durchmesser 
weniger als ein Zehnmilliontheil bis ein Vierzehnmilliontheil eines Zolles messen. Hat man aber grösseren Gefallen an noch grösseren 
Zahlen, so darf man nur die Minima und das Cubikmaass berechnen. 2 


/ Diess sind keine phantastischen Luftbilder, sondern die einfachsten Schlussfolgen aus directen Beobachtungen. Wer mag hier 
an eine nahe liegende Grenze der Natur und der Naturforschung denken! Wenn die unermessliche Natur uns in den Räumen der Ster- 
nenwelt schrankenlos entgegentritt, so ist sie es nicht minder für die Forschung in der Richtung zum kleinsten Raume! 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fie. I. 


Fig. a. ist 450mal im Durchmesser vergrössert, 
Fig. 4. 820mal. 


Bei 2000maliger Vergrösserung erscheint diese Form der Monas Guttula F ig. III. a. sehr ähnlich, aber nicht klarer. 


3. Monas 6Guttula, Tropfenmonade. Tafel I. Fig. IH. 


M. hyalina, globosa, lenta, !/;o, lineae partem aequans, aut minor. 


Monade Goutte, hyaline, spherique, lente, egalante Yss millimetre, ou moins. 
Abhandl. der Berlin. Akad. d. Wissensch. 1830. p. 63. 74. (94.) Tafel I. F. 3. 1831. p. 57. 


Aufenthalt: Bei Berlin häufig zu allen Jahreszeiten. Sie wurde aber zuerst im Newa- Wasser in St. Petersburg 1829 entdeckt oder 


2 


von der vorigen unterschieden. 


> Man sieht diese schon etwas grössere Monade nicht selten mit der Schlussmonade gleichzeitig in Wassergefässen, worin sich 
zersetzte Pflanzen befinden, welche für solche Thierchen viel Nahrung geben. Sie zeichnet sich, neben ihrer ansehnlicheren Grösse 
und Durchsichtigkeit, durch langsamere Bewegung aus. Im Innern erkennt man immer deutlich mehrere Blasen. Bringt man Indigo 
oder Carmin in das Wasser, so füllt sie sich alsbald damit an und ihre Magenzellen erscheinen dann verhältnissmässig grösser als bei 
der vorigen. Ich sah aber nie mehr als 4 bis 6 Magen farbig angefüll. Am vordern Körperende erkennt man nach T rübung des 
Wassers mit Indigo einen Wirbel und beim Verdunsten des Wassers sah ich wiederholt einen einfachen fadenförmigen Rüssel von nicht 
ganz der Körperlänge. Beim Schwimmen dreht sie sich um ihre Längsaxe. Die sich füllenden Magenzellen erscheinen in der hintern 
Körperhälfte und meist auf einer Seite. Der Grund davon liegt in einem durchsichtigen drüsigen runden Körper, welcher einen Theil 
des Leibes erfüllt. Bei Anwendung einer 2000maligen Vergrösserung habe ich die Structur dieser Monade allmälig zu mehr Klarheit 
der Uebersicht bringen können als die der vorigen. Am Grunde des fadenförmigen Rüssels ist eine hellere begrenzte Stelle, welche 
man für den Mund halten kann, weil die Strömung, welche der wirbelnde Rüssel erregt, dahin gewendet ist. Es liessen sich so bis 12 
Magenzellen von verschiedenem Durchmesser erkennen, überdiess der trübe, durchscheinende, runde Körper, aller Analogie mit den grös- 
seren Infusorien (vergl. Paramecium Aurelia, Nassula, Bursaria dergl.) nach, die männliche Samendrüse. Eine hellere Blase oder 
Zelle mitten im Körper ist entweder eine 13te Magenzelle, oder eine contractile Blase, wie sie sonst häufig bei Infusorien vorkommen. 
Ich sah jedoch nie ihre deutliche Gontraction. Ueberdiess unterschied ich zerstreute Körnchen, welche etwa !/ des Körperdurchmes- 
sers, also ?/s76o Linie, Grösse hatten und die sich als Eier ansehen lassen. Die eben ausgekrochenen Jungen mögen daher sich unter 
Monas Termo verstecken, obschon die Moras Termo sich durchaus nicht immer in M. Guttula umwandelt. Ueberdiess sah ich ein- 
zelne Individuen in Queertheilung. Beim Trocknen zerfliesst der Körper fast immer, jedoch erhalten sich einzelne zuweilen gut. Ich 
besitze dergleichen kenntliche mit und ohne angefüllte Magenzellen. Auch Monas Termo habe ich mit blau erfüllten Magenzellen, und 
M. Crepusculum ohne solche, kenntlich trocken aufbewahren können. 


% Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. IM. 


Fig. @. ist ein leeres (hungriges) Individuum, umgeben von farbig genährten, bei 450maliger diametraler Vergrösserung. 

Fig. 5. ist ein in der Queertheilung befindliches Individuum mit vielen sehr kleinen Magenzellen. 

Fig. ce. ist 2000mal vergrössert und aus vielen Beobachtungen allmälig construirt. Die conische Bewegung seines Rüssels ist sammt der dadurch be- 
wirkten Strömung theilweis dargestellt. i 


4. Monas vivipara, lebendig gebärende Monade. Tafel I. Fig. IV. 
M. hyalina, globosa, lenta, vivipara, !/;a lineae partem attingens aut minor. 
Monade vivipare, hyaline, spherique, lente, egalante ').; millimetre ou moins en longueur. 
Abhandl. der Berlin. Akad. d. Wissensch. 1835. p. 172. Tafel I. Fig. VII. 


Aufenthalt: Bisher nur im stagnirenden Wasser Berlins. 


Ich entdeckte diese selir ausgezeichnete Monade am 3ten Mai 1835 sehr zahlreich in Gesellschaft der Chlamidomonas Pul.- 
visculus. Die meisten Individuen hatten eine Grösse von !/s bis /s, Linie und waren mithin viel grösser als die grosse Masse der 
sie umgebenden Staubmonade. Die Gestalt der meisten Individuen war kugelrund, doch gab es auch eiförmige dazwischen, und ich 
überzeugte mich bald, dass diess die durch Längstheilung entstandenen Sprossen waren. Besonders interessant war die Deutlichkeit 
grosser Organisation dieser Körperchen. Was sich bisher bei den Monaden undeutlich, ganz versteckt und unzugänglich erwiesen hatte, 
die Eibildung und das Entwickeln der Jungen aus diesen, war hier die am meisten in die Augen fallende Erscheinung. Der ganze Kör- 
per war nämlich mit sehr zahlreichen runden Körnchen erfüllt, welche sämmtlich in einer zitternden Bewegung waren. Etwa 30 solcher 
Körnchen gingen auf die ganze Körperlänge von !/s Linie. Jedes war mithin !/ısco einer Linie lang. Beim Verdunsten des Tropfens 
zerflossen die Monaden und die Körnchen schwammen zitternd, aber selbstständig so herum, dass sie nicht vom Rüssel des ‚wimperlosen 
Thieres bewegt seyn konnten. Die ganze Erscheinung sprach dafür, dass diese Körnchen die aus der Eischaale bereits entschlüpfte 
Brut waren. Besondere Organe liessen sich, der Kleinheit halber, an den Körnchen nicht wahrnehmen. Ausser dieser Eibildung und 
dem Lebendiggebären beim Bersten sah ich oft im innern Körper der Monaden ansehnlich grosse grüne Massen. Ich überzeugte mich 
bald, dass es verschluckte Individuen der Chlamidomonas Pulvisculus waren und beim Zerfliessen der Monade wurden sie ,„ obwohl 
noch in die Magenzelle eingeschlossen, so deutlich, dass sie sich von den frei daneben schwimmenden nicht mehr unterscheiden liessen ; 
so sind also auch Monaden Carnivoren, Raubthiere. Ich mischte Indigo in das Wasser und sah am andern Morgen viele mit 
mehreren grossen blau erfüllten Magen, so dass über die Ernährungsorgane kein Zweifel übrig blieb. Anch erkannte ich mit grosser 
Deutlichkeit einen fadenförmigen Rüssel an der vordern wirbelnden Stelle, wo der Mund zu suchen zu seyn schien, und die Strömung 
zeigte an, dass der Mund an der Basis des Rüssels sey, obwohl die Oeffnung selbst undeutlich blieb. Ausserdem liess sich noch im 
Innern ein auflallender grosser, weniger getrübter, runder und unveränderlicher Fleck bemerken, welcher die Mitte jedes Thieres ein- 
nahm und fast */; der Körpergrösse hatte. Beim Wälzen des Thieres blieb er rund und hatte also eine Kugelform. Vergleicht man 
diesen kugligen innern Körper mit den ganz gewöhnlichen drüsigen Körpern im Innern aller grossen Magenthiere, so springt die 


3 


10 


Aehnlichkeit, ja Gleichheit, in die Augen. Dieser Körper ist sehr sicher eine männliche Samendrüse der Monade, welche bei der 
Längstheilung sich ebenfalls theilt. @ueertheilung und Längstheilung liessen sich gleichzeitig direct beobachten und obwohl die Eientwik- 
kelung gewöhnlich nicht gleichzeitig vorhanden ist, so waren doch hier bewegliche Junge im Innern aller Individuen gleichzeitig mit der 
Selbsttheilung. Individuen, welche sich zur Längstheilung vorbereiteten, zeigten 2 Rüssel anstatt des einen schon vor der vollendeten 


Theilung. 
Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. IV. 


Der ganze Haufe besteht aus 6 einfachen und 2 doppelten 450mal diametral vergrösserten Thieren, deren 2 Indigo in sich aufgenommen haben, 
3 aber verschluckte Individuen der Ohlamidomonas Pulviseulus enthalten. Eins hat den Rüssel eingezogen. 

Fig. a. ist in der Längstheilung von hinten nach vorn begriffen und hat auch schon vorn 2 Rüssel ausgebildet. Im Innern erkennt man die angefan- 
gene Theilung der mittleren Samendrüse und drei verschluckte Staubmonaden, deren durch die Theilung 2 der einen, 1 der andern Hälfte bleiben. 
Fig. 6. ist in der Queertheilung schon fast vollendet. Jede Hälfte hat schon ihre mittlere Drüse, aber die hintere hat noch keinen Rüssel. Der faden- 

förmige Verbindungstheil ist ein ausgedehntes Körperstück, welches, sobald es reisst, sich contrahirt, ganz einzieht und verschwindet. 


** Farbige, 
+ Grüne Punktmonaden: 


5. Monas grandis, grosse Punktmonade. Tafel I. Fig. V. 
M. corpore ovato utrinque aequaliter rotundato majusculo, */s6 lineae partem attingente, laete viridi, ore pellucido, 


motu lento. 


Monade grande, a corps grand, ovale, arrondi aux deux bouts, grandeur *s millimetre, couleur d’un 
verd vif, bouche diaphane, mouvement lent. 


Abhandl. der Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1834. p. 253. 


Aufenthalt: Bei Berlin, selten. Zuerst am 4. Mai 1832 im Sumpfwasser beobachtet, dann wieder im Frühjahre 1835, nur ein- 
zeln, gesehen. 


Die Form ist dreimal so gross als die grössten Individuen der Monas (Chlamidomonas) Pulvisculus, aber die Bewegung 
viel träger. Die Farbe ist eben so schön grün. Die grüne Farbe wird durch gleichgrosse runde Körnchen erzeugt, welche ziemlich 
genau */so der Körpergrösse haben, also ungefähr 1/ı0so Linie messen und Eier zu seyn scheinen. Es mag deshalb periodisch farblose 
Formen dieser Monade geben. Der eiförmige, vorn und hinten gleichartig abgerundete, Körper hat vorn eine hellere Stelle und macht 
bei dieser, wenn man Indigo in’s Wasser mischt, einen Wirbel. Neuerlich (1835) habe ich mich überzeugt, dass nur ein einfacher 
fadenförmiger Rüssel diesen Wirbel durch sein Schwingen bewirkt und dass, wenn ich früher mehrfache Wimpern sah, diess die ge- 
wöhnliche optische Täuschung war, nach welcher ein einfacher schnell hin und her bewegter Körper mehrfach erscheint. Der Rüssel 
ist verhältnissmässig sehr kurz, nur !— !/; der Körperlänge, daher mag auch das Schwerlällige der Totalbewegung kommen. Im In- 
nern einiger Individuen sah ich mehrere grosse dunkle Körper, die ich früher sämmtlich für verschlungene kleinere Monaden hielt, all- 
ein ich habe später 2 dieser Körper bei allen Individuen constant gesehen und halte daher 2 derselben für die ovalen männlichen Sa- 
mendrüsen. Eine contractile Blase konnte ich nicht erkennen, ohne desshalb ihren Mangel aussprechen zu wollen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. V. 


Es sind 6 Individuen in verschiedenen Stellungen abgebildet, wovon 5 im Jahre 1832, 1 im Jahre 1835 gezeichnet wurden; alle sind 290mal 


diametral vergrössert, 
Fig. a. ist eins der 1832 beobachteten Individuen im Wirbeln begriffen. Die Vielzahl von Wimpern um den Mund dieser und der andern mag der er- 


wähnten optischen Täuschung ihren Ursprung verdanken. 
Fig. d. ist eine Zeichnung von 1835. Die beiden ovalen Körper im Hinterleibe mögen Hoden seyn. 


6. Monas bicolor, zweifarbige Punktmonade. Tafel I. Fig. VI. 
M. corpore ovato subgloboso, antica parte attenuato, *ı20 lineae partem longo, aut minore, hyalino, nucleo viridi, sim- 
plici aut duplici, motu vacillante. 


Monade bicolore, a corps ovale presque globuleux, aminci au bout anterieur, grandeur tout au plus 
!/yo millimetre, couleur d’eau, a 1 ow 2 paquets verds dans F interieur, mouvement vacillant. 


Vergl. Enchelys Pulvisculus MüLuer Tafel IV. Fig. XVIN. 
Abhandl. der Berlin. Akademie d. Wissensch. v. 1831 (1832) p. 57. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Form findet sich zuweilen häufig unter Chlamidomonas Pulvisculus, auch ohne diese. Sie schwimmt etwas wankend 
mit dem spitzeren Ende nach vorn. Der kugelförmige Hintertheil ist oft höckerartig erhoben. Der grüne innere Kern scheint dem 
Eierstocke anzugehören. Ich habe diese Monade jedoch neuerlich nicht wieder gesehen und sie könnte vielleicht, bei wiederholter schar- 
fer Prüfung, doch nur ein Entwickelungszustand der Chlamidomonas selbst, nämlich diese nach dem Eierlegen seyn. Enchelys Pul- 
visculus von MÜLLER ist vielleicht dieselbe, nur umgekehrt erläuterte, Form. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. VI. 


en Es sind 9 Individuen dieser Monade in verschiedenen Stellungen und Zuständen 290mal vergrössert dargestellt, deren Mehrzahl nur 1 grünen 
ern hat. 


MM = 


tr Gelbe Punktmonaden: 


7. Monas ochracea, ockergelbe Punktmonade. Tafel I. Fig. VI. 


M. corpore subgloboso, perparvo, !/.. lineae partem vix superante, dilute ochraceo, motu et habitu Monadis Termonis. 


Monade ochreuse, ü corps tres-petit globuleux, ne passant pas beaucoup yo millimetre, couleur 
d’ochre, mouvement et exterieur de la Monade Terme. 


Abhandl. der Berliner Akademie d. Wissensch. v. 1831 (1832) pag. 57. 
Aufenthalt: Berlin. 


Diese ockergelbe Monade war in den Jahren 1828, 1830 und 1831 häufig in den Wassergräben des Thiergartens im ersten 
Frühjahre und bildete einen zuweilen blass eisen.ockerartigen staubigen Schein an der Oberfläche des Wassers. Seitdem habe ich sie 
nicht wieder gesehen und daher auch ihre Organisation nicht nach der neueren Methode schärfer prüfen können. Nahrung nahm sie 
nicht sichtlich auf, jedoch liegt das zuweilen an Nebenumständen, und auch sichtlich aufnehmende verweigern nicht selten die Aufnahme 
doch lange. Auch die beiden nächst vorhergehenden Arten nahmen keine Farbestoffe auf. Die gelbe Farbe mag den Eiern angehören, 
wie die grüne der M. grandis. Die Monas flavicans der Stabmonaden scheint in keiner Beziehung zu dieser Form zu stehen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. VI. 


Ein Haufen von 40 und einigen Individuen 290mal vergrössert. Die grössten sind !/,,. Linie gross. 


+++ Rothe Punktmonaden: 


Ss. Monas erubescens, blassrothe Punktmonade. Tafel I. Fig. VII. 


M. corpore ovato, roseo, parvo, "ıs4 lineae partem adaequante, motu lento continuo. 


Monade rougissante, a corps ovale petit, grandeur 2 millimetre, couleur de rose, mowvement lent 
continu. 


Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1830 (1832) pag. 63. 67. 
-— ar on — — .— 1831 (1832) pag. 57. 


Aufenthalt: Im salzhaltigen Kurotschkinskischen See der Kirgisensteppe bei Astrachan. 


Wasser des genannten Sees bei Astrachan, welches während der mit Herrn ALexanper von HumsorLpr im Jahre 1829 
gemachten Reise durch Russland und Sibirien von Professor Gustav Rose in einer Flasche bis Petersburg mitgenommen worden war, 
zeigte mir in Petersburg diese auffallende bisher unbekannte Monadenform. Sie bildet mit der viel kleinern bei Berlin lebenden Monas 
vinosa und der cylindrischen Monas Okenii von Jena die einzigen rothen Monadenformen. Die rothe Farbe hat sich besonders bei 
der letzteren deutlich als dem Eierstocke angehörig erkennen lassen. Es mag also auch farblose Thiere derselben Art geben, die aber 
schwer von andern zu unterscheiden sind, wenn nicht gleichzeitig, was immer der Fall seyn wird, eiführende dazwischen erscheinen. 
Bei günstigen Umständen für die Entwickelung kann diese Form Veranlassung zu blutfarbigen (salzigen) Gewässern geben. 


Erklärung der Abbildungen Taf. 1. Fig. VII. 


Es sind 10 Individuen der Monas erubescens in verschiedenen Grössen und Stellungen 300mal vergrössert. Weitere Structur und Entwik- 
kelungsverhältnisse sind nicht beobachtet. 


9. Monas vinosa, weinrothe Punktmonade. Tafel I. Fig. IX. 


M. corpore ovato utringue aequaliter rotundato, minimo, Yıooo—!/so0 lineae partem fere aequante, colore vini rubro, 
motu lentissimo, tremulo. 


Monade vineuse, a corps ovale, obtus aux deux bouts, tres-petit, ‘soo — "Iso millimetre en longueur, 
couleur de vin rouge, mouvement tremblent et tres-Ient. 


Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1831 (1832) pag. 58. 
Aufenthalt: In Berlin. ; 


Diese lebhaft rothe sehr kleine Monade findet sich in Berlin nicht selten in Wasser, welches lange in Gläsern gestanden hat 
und worin vegetabilische Theile vermodert sind, nachdem es wieder klar geworden ist. Sie bildet meist einen weinrothen Ueberzug der 
Wand des Glases auf der Lichtseite, zuweilen umgiebt sie auch die vermoderten Pflanzenreste selbst. Nach einiger Zeit stirbt sie ab 
und bildet eine rothe Cruste auf der Wand des Glases, welche noch die einzelnen Thierleiberchen erkennen lässt, aber keine Bewegung 
mehr zeigt. Zur Prüfung der weiteren Organisation ist sie neuerlich nicht vorgekommen. Farbestoffe nahm sie nicht auf, oder die 
Magenzellen sind so klein, dass diese ungeachtet der stattgefundenen Aufnahme unsichtbar blieben. Sie kann, wie die vorige, zur Er- 
scheinung blutartiger Färbung des (süssen) Wassers beitragen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. IX. 


Fig. a. sind einige Hundert Individuen bei 450maliger Vergrösserung des Durchmessers. Einige sind zusammengehäuft und ruhig, wohl abgestorben, 


etwa 70 schwärmen langsam zitternd umher. 
Fig. 6. sind 14 etwas mehr, nämlich 820mal vergrösserte Thierchen. 


p. Eimonaden. 
Mit etwas bestimmterer Eiform, alle farblos: 


+ Ausgeschweifte Kimonaden: 


10. Monas Holpoda, Busenmonade. Tafel 1. Fig. X. 


M. corpore reniformi emarginato, ovato, antica parte acutiore, parvo, "/s.. Iineae partem non superante, hyalino, motu 
vacillante. 


Monade Kolpode, a corps anguleux en forme de rognon, ovale, aminci en avant, petil, ne passant 
pas en longueur ‘so. millimetre, couleur d’ eau, mowement vacillant. 


Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) pag. 64, 67. 
a ® = = — = — 1831. (1832.) pag. 58. 


Aufenthalt: In Schlangenherg, Smeinogorsk, am Fusse des Altai beobachtet. 


Im freien Gewässer beim Silberbergwerke des Schlangenberges in Sibirien fand sich 1829 auf der mit Herrn ArExAnDEr 
von HumsorLor unternommenen Reise diese Monade zahlreich. Kolpoda Oucullus fand sich nur in lichtloser Tiefe in dem Silber- 
bergwerk. Die Form beider ist selbst ähnlich, die Grösse unterscheidet sie sehr. Ich habe bei Berlin diese ausgebuchtete Monade nie 
so bestimmt gesehen, obwohl Kolpoda Cueullus sehr gemein ist und ich gerade auf letztere und ihre Entwickelung sehr scharf auf- 
merksam war. Feinere Organisations-Details müssen künftig das Weitere entscheiden, namentlich wird die Anwesenheit eines Rüssels, 
wenn sie bei der Monade später einmal nachgewiesen werden kann, diese Form von Ko/poda scharf trennen, der Mangel aber die Ver- 
muthung begünstigen, dass beide nur Entwickelungsformen eines und desselben Thieres sind. Bis dahin ist sie als häufig beobachtete 
Form festzuhalten. Sie könnte späterhin auch der Gattung Chilomonas verfallen, wenn der Mund sich in der Grube selbst, seitlich, 
nachweisen liesse. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. X. 


Fig. a. sind 8 um einander herumschwärmende Individuen eines der völligen Verdunstung nahen Tropfens bei 525maliger Vergrösserung. 
Fig. d. ist ein einzelnes Individuum nach 800maliger Vergrösserung des Durchmessers. 


+r Ganzrandige an beiden Enden gleichartig abgerundete Eimonaden: 


11. Monas Enchelys, längliche Eimonade. Tafel I. Fig. X1. 
M. corpore ovato utringue rotundato, majusculo, "oo — "/so lineae partem aequante, hyalino, motu lento continue, 
superficie inaequali. 
Monade Enchelide, a corps ovale, egalement arrondi aux deux bouts, assez grand, ‘so — "ho milli- 
metre en longueur, couleur d’eau, mowvement lent continu, surface inegale. 


Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) pag. 63, 68. 
— - —_ - —_ - — 1831. (1832.) pag. 58. 


Aufenthalt: Zuerst in der Kupfergrube Soimonofskoi im Ural, dann im Newa-Wasser zu Petersburg (Monas Volvox var.?), und 
auch bei Berlin beobachtet. Selten. 


Auf der Reise, welche ich 1829 mit Herrn ALexanper von Humsorpr nach Sibirien machte, fand sich in der 6 Lachter 


tiefen Kupfergrube Soimonofskoi diese bis dahin mir unbekannt gebliebene Form, welche sich von der nächstverwandten Monas Gut- 


tula durch ihre eiartige Gestalt sehr unterscheidet, in nur einem Exemplare. Sie bewegte sich langsam und ohne Wanken, stetig. 
Ihre Umrisse waren etwas uneben. Im Innern unterschied ich verschiedene unklare Umrisse von Eingeweiden. Im Jahre 1830 fand 
ich eine ganz ähnliche Form in sumpfigem Wasser im August bei Berlin. Letztere liess in der Mitte des Körpers einen grossen we- 
niger durchsichtigen Kern erkennen, vielleicht die männliche Samendrüse. Mit Indigo ihre Magenzellen sichtbar zu machen, blieb un- 
versucht. Neuerlich ist sie nicht wieder vorgekommen, daher nicht genauer beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XL. 


Fig. a. sind 5 bei Berlin beobachtete Individuen von !/;, Linie Grösse, 290mal vergrössert. 

Fig. 6. ist ein einzelnes, !/,.. Linie grosses, 525mal vergrössertes Individuum vom Ural. Die Zeichnung sollte etwas grösser seyn, allein sie ist ge- 
messen und die Differenz ist eine Folge der verschiedenen Empfänglichkeit des Auges für die Grössen. Ich habe sie absichtlich nicht abgeändert, aber 
die Maasse angezeigt. 


12. Monas Umbra, Schattenmonade. Tafel I. Fig. XI. 
M. corpore ovato utrinque rotundato, parvo, "oo lineae partem aequante, hyalino, motu accelerato, superficie aequali. 


Monade Ombre, a corps ovale, arrondi aux deux bouts, petit, egalant ‘|. mällimetre, couleur d’ean, 
surface egale, mouvement vif. 


Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) pag. 64, 67. 
- = 1831. (1832.) pag. 58. 


Aufenthalt: In Syrjanofskoi im Altaigebirge. 


Die Form fand sich einzeln zwischen sehr frischen Conferven, welche im Jahre 1829 von mir in Syrjanofskoi untersucht wur- 
den, und ich entwarf damals die hier mitgetheilte Zeichnung. Von demselben Beobachter mit demselben Instrumente betrachtet, liess 
sie eine ziemlich strenge Vergleichung mit allen übrigen zu und ergab sich danach als mit den andern bekannten Formen nicht wohl 
vereinbar. Von Monas Enchelys, deren jüngere Form sie seyn könnte, unterschied sie sich durch schnellere Bewegung, durch regel- 
mässigeren Contour und durch mehr Trübung im Innern, die aber eine Folge von aufgenommener Nahrung gewesen seyn könnte. Man 


- 13 nn 


könnte diese Form noch für ein einzelnes Individuum der Uvella Glaucoma oder des Pol 'ytoma Uvella derselben Tafel I. zu halten 
geneigt seyn, allein diese pflegen nicht in so klarem Wasser und nieht ohne zahlreiche Gesellschaft von ihres Gleichen zu leben. 


Erklärung der Abbildung Taf. I. Fig. XM. 


Das Individuum ist 525mal im Durchmesser vergrössert. Im Innern sind Spuren von Organen sichtbar, welche damals nicht so scharf als 
jetzt aufgefasst worden sind. 


13. Monas hyalina, wasserhelie Eimonade. Tafel I. Fig. XIM. 


M. corpore ovato, utrinque aequaliter rotundato, parvo, Yen = ao Insae longo, hyalino, divisione spontanea, utplu- 
rimum bipartito, aequabili, motu vivaci et saepe saltatorio. 


Monade hyaline, a corps ovale, egalement arrondi aux deux bouts, petit, "hs — "Ir. millimetre en 
longueur, souvent double par division spontanee, couleur d’eau, surface reguliere, mouvement 
vif et souvent sautillant. 


Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) pag. 64, 68— 70. 
= = — = — = E= 1831. (1832.) pag. 58. 


Aufenthalt: Zuerst beobachtet 1829 in Tobolsk in Sibirien, dann in Ilezkaja Saschtschita bei Orenburg als Bacterium Monas im 
Salzwasser, und später auch im Newa- Wasser zu St. Petersburg. 


Dieses sehr kleine Thierchen fand sich in grosser Menge im Wasser, welches in Gläsern einige Zeit in der Stube gestanden 
hatte. Es hat einige Aehnlichkeit in seiner Grösse und Bewegung mit Bodo didymus und Bodo saltans, allein es liess sich nicht 
wie bei diesen ein griffelartiger Fortsatz am Hinterleibe erkennen. Seine Sprünge mögen daher wohl mit einem feinen Rüssel am Vor- 
dertheile bewirkt werden. Die folgende bei Berlin vorkommende ähnliche Form springt nie, und der ebenfalls ähnliche bei Berlin vor- 
kommende Bodo saltans ist von mir noch nicht in der Selbsttheilung gesehen worden. Alle diese russischen Formen sind nicht mit 
farbiger Nahrung und nicht mit der neueren Schärfe geprüft worden, welche die vermehrte Uebung erst später gewonnen hat. Znche- 
Iys constricta des Seewassers und Z. öntermedia des süssen Wassers von MÜLLER sind vielleicht beide dieselbe Korm aus Dänemark. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XI. 


Fig. a. sind 7 in Queertheilung begriffene Individuen der in Tobolsk im stagnirenden Wasser des Tobol beobachteten doppelten 1/,.. Linie grossen 
Formen, 525mal vergrössert. 

Fig. 2b. Er 20 Individuen aus dem Newa- Wasser in St. EEE, von 40 bis !/soo Linie Grösse. Die eingeschnürten oder doppelten sind in der 
‚Queertheilung begriffene Individuen. 


14. Monas gliscens, gleitende Eimonade. Tafel I. Fig. XIV. 


M. corpore ovato utrinque aequaliter rotundato, parvo, singulo "/3s3 Jineae aequante, hyalino, divisione spontanea ut- 
plurimum bipartito, interdum quadripartito, aequabili, motu gliscente nec saltatorio. 


Monade glissante, a corps ovale, egalement arrondi aux deux bouts, petit, '/ıo2 millimelre en lon- 
gueur, souvent double quelquefois quadruple, par division spontanee, couleur d’eau, surface re- 
guliere, movement glissant, jamais sautillant. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese bisher ganz unbeschriebene Form fand sich zuerst am 18. April 1835 in grosser Menge mit Stylonychia pustulata 
in einem Gefässe, worin frische Brenmnesseln (Urzica dioica) zerquetscht mit Wasser übergossen worden waren, wobei aber nicht noth- 
wendig an generatio spontanea zu denken. Sie mögen sonst mehr einzeln im Wasser seyn und sich bei so guter Nahrung zuweilen 
schnell sehr stark vermehren. Es mochten wohl viele Millionen in jedem Tropfen seyn. Gleichzeitig war Speröllum Undula in gros- 
ser Menge. Die Bewegung der einzelnen Thierchen war ein fortwährendes -Durcheinandergleiten der zahllosen Mengen. Am Vorder- 
ende des Körpers der einzelnen war ein kleiner Wirbel in gefärbtem Wasser sichtbar. Ein höchst wahrscheinlich vorhandener feiner 
Rüssel liess sich nicht direet erkennen. Ein mittlerer heller Fleck in jedem Individuum mag wohl die Samendrüse bezeichnen. Vor 
und hinter diesem Flecke erkennt man einen Gürtel feiner Bläschen, welche Magenzellen seyn mögen. Sichtliche Aufnahme von Farbe- 
stoffen fand nicht statt oder war der Kleinheit der Behälter halber nicht sicher zu bemerken. Eier waren wohl zu fein, um direct er- 
kannt zu werden. Besonders auffallend war die Selbsttheilung, welche etwas der Familie der Monadinen fremdes und vielmehr an 
die Familie der Vibrionien tretendes zeigte. Die Theilung der Monadinen ist nämlich immer vollkommen abgeschlossen, ehe eine 
neue eintritt, daher bilden sich nie Gliederfäden oder Ketten von Thieren, dagegen ist sie in der Vibrionen-Familie immer vielfach, 
ohne vollendeten Abschluss. Da aber doch hier nur höchstens eine doppelte Selbsttheilung ohne Abschluss vorkam, welche zuweilen 3 
bis 4 Individuen zusammenhängend ergab, und da es nicht Regel, sondern Ausnahme zu seyn schien, so schien es auch naturgemässer, 
die Form bei den Monadinen zu lassen. Allerdings bildet sie aber einen Uebergang zu Bacterium der Vibrionien. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XIV. 


Fig. a. stellt eine Gruppe von 20 Thierchen in verschiedenen Graden der Selbsttheilung und auch einzelne einfache bei einer Vergrösserung von 290mal 
im Durchmesser dar. . 

Fig. 6. sind 5 Thierchen 820mal vergrössert. Von diesen ist eins einfach, die übrigen bilden durch einfache oder mehrfache Queertheilung ohne völlige 
Trennung der Theile stabartige gegliederte Monaden-Stöcke. Zwei derselben sind im Begriff sich einfach zu theilen, daher doppelt; eins hat im Zu- 
stande der ersten Theilung, vor Vollendung derselben, sich in einem der Theile von neuem zu theilen begonnen; so sind 3 aneinanderhängende Indi- 
viduen entstanden. Eins endlich hat, in der ersten Theilung begriffen, vor deren Vollendung, in beiden Theilen neue Selbsttheilung begonnen; so 
sind 4 noch zusammenhängende Thierchen, oder .ein bewegliches Gliederstäbchen entstanden. 

Fig. e. ist ein in der Queertheilung begriffenes Thierchen bei 2000maliger Vergrösserung des Durchmessers. 


4 


15. Monas ovalis, kleine Eimonade. Tafel I. Fig. XV. 
M. corpore ovato, utrinque aequaliter rotundato, minimo, "/soo lineae aequante, hyalino, motu tremulo. 
Monade ovale, a corps ovale, arrondi aux deux bouts, tres-petit, egalant "oo millimetre, couleur 
d’ eau, mouvement tremblant. 


Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) p. 64, 69. 
— 1831. (1832.) p. 58. 


Aufenthalt: Bei Barnaul in Sibirien. 


Diese kleine Monade fand sich sehr häufig im Jahre 1829 im Wasser der Muschelschnecken, Anodonta, des Ob bei 
Barnaul in Sibirien. Sie war gleichzeitig mit Trichodina stellina, die aber nur Trichodina Pediculus ist, und mit Leucophrys (?) 


fluida von Mürrer, welches wirbelnde Kiemenfragmente der Muschelschnecke, keine Infusorien sind. Sie ist wenig ausgezeich- 


net und bedarf noch weiterer Untersuchung. Die mehr ovale Gestalt unterscheidet sie von der sehr verwandten Monas Termo, aber 
mehr noch die zitternde Bewegung. Von Monas hyalina ist sie auch durch geringere Grösse verschieden. Die bei Berlin im Was- 
ser der Muschelschnecken häufig vorkommenden Monaden schienen mir von dieser durch mehr rundliche Körperform sich immer zu 
unterscheiden. Sie nehmen keine Farbe-Nahrung auf, und daher habe ich sie bisher immer zu Monas Crepusculum gezogen, bis 
eine schärfere Beobachtung noch schärfere Charactere ermittelt haben wird. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XV. 
Es sind 11 Individuen der Monas ovalis aus der Anodonta des Ob 525mal vergrössert. 


FF Ganzrandige, vorn zugespitzte Eimonaden: 
8 u 


16. Monas Mica, Schimmermonade. Tafel I. Fig. XVI. 


M. corpore ovato, antico fine attenuato, majusculo, Yı2o— "100 lineae aequante, hyaline, motu circum axin longi- 
tudinalem rotatorio et vacillante. 


Monade Mica, a corps ovale, anterieurement pointu, assez grand, ‘| — '\s. millimetre en longueur, 
cowleur d’eau, mouvement tournoyant sur Taxe longitudinale du corps et vacillant. 
Monas Mica, Müıter (?) Animalec. infus. T. I. Fig. 14. 15. 


Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) pag. 64, 67. 
SE = < = = _ 1831. (1832.) pag. 58. 


Aufenthalt: Im klaren Süsswasser (Norwegens?) von ©. F. Mürrer, bei Buchtarma am Altai im Wasser des Irtysch, und bei 
Berlin von mir beobachtet. 


Die Schimmermonade, welche zuerst der dänische Naturforscher O. F. Mürrer beschrieb und abbildet, ist, wie die meisten 
der früher beschriebenen Monaden, mit Sicherheit nicht zu deuten, doch mag sie wohl zu diesen von mir beobachteten Formen gehören. 
Die wankende Bewegung scheint sie von M. Enchelys auszuschliessen. Auch meine bisherigen Beobachtungen der Monas Mica sind 
noch nicht ausreichend, die Form ganz festzustellen, da sie nicht neuerlich für eine geschärftere Untersuchung zur Hand war. Die 
innere umschriebene Stelle, welche, nach MürLrer, ihren Ort wechselt, vielleicht aber -bloss bei verschiedenen Individuen an verschie- 
denen Stellen des inneren Raumes sichtbar war, könnte leicht die Samendrüse gewesen seyn; mir war sie nicht so deutlich. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XVl. 


Fig. a. ist die in Buchtarma von mir: gezeichnete Form. aus dem Wasser des Irtysch. Sie mass '/,,. Linie und ist 245mal vergrössert. Die feinen 
Punkte im Innern mögen wohl erfüllte Magenzellen seyn. i 
Fig. 6. sind 3 in Berlin beobachtete Formen. Eine Spur der grossen mittleren Samendrüse machte sich allerdings wohl auch bemerklich. Vgl. Chzlomonas. 


TTTF Ganzrandige, hinten zugespitzte Kimonaden: 


17. Monas Punctum, punktförmige Eimonade. Tafel I. Fig. XVII. 


M. corpore obovato, antico fine dilatato, truncato, postico fine attenuato, majore, "/o6 lineae attingente, hyalino, ve- 
sienlarum (ventrieulorum ?) fascia media transversa, motu eircum axin corporis longitudinalem volvente. 


Monade Point, ü corps ovale, anterieurement dilate, tronque, posterieurement aminci, grand longueur, 
egalante ‘|; millimetre, couleur d’eau, vesicules internes formantes une ceinture au milheu dw 
corps, mouvement tournoyant sur Faxe longitudinale. 


Volvox Punetum MüLLer (2?) Animalc. infus. Tafel II. Fig. 1. 2. (Monas Punctum MüLLer —= Bacterium.) 


Aufenthalt: In Berlin im Loh- Wasser. 


Diese neue Monadenform wurde von mir im Anfange des Jahres 1835 beobachtet. Ich erhielt mit ihr erfülltes auf Lohe. ge- 
standenes Wasser durch meinen Freund und Collegen, Herrn von Cuamısso. Sie gehört zu den grösseren und am besten beobachte- 
ten Monaden. Ob der dänische Yolvo»s Punetum, welcher im faulen Seewasser gefunden wurde, diese Form war, ist unsicher, aber 
in der Erscheinung müssen beide Formen sich sehr ähnlich seyn. Auch einen kleinen Rüssel und Längstheilung scheint der scharfsich- 
tige dänische Naturforscher bei seiner Form gesehen zu haben. Die Berliner Thierchen bestehen aus ovalen, vorn breiten und "abge- 
stutzten Körperchen, die sich nach hinten stumpf zuspitzen, vorn und hinten durchsichtig sind und in der Mitte einen breiten Gürtel 
von innern Bläschen zeigen, die ich für Magenzellen halte. Den vordern hellen Fleck halte ich für den Mundraum, denn in der Mitte 
dieses stumpfen Endes befindet sich ein sehr feiner fadenförmiger oder 'peitschenartiger Rüssel von etwa der halben Körperlänge, wel- 


15 


cher einen Wirbel im Wasser macht und auch die etwas langsame um die Längsaxe wälzende Bewegung vermittelt. Den hintern hel- 
len Fleck halte ich für die männliche Samendrüse, die vielleicht aus 2 Theilen besteht. Von den innern Bläschen gehen etwa 12 bis 
15 auf die Körperlänge. Um den Rüssel zu erkennen, bedarf es sehr scharfer Aufmerksamkeit. Beim Antrocknen nach dem Verdun- 
sten des Wassers wird er am deutlichsten. Besondere Bemerkung verdient noch die Selbsttheilung dieses Thierchens, welche häufig, 
aber immer nur als Längstheilung vorkam. Ich beziehe darauf auch die sichtliche Theilung oder Duplieität der hintern Samendrüse, 
des hellen Fleckes bei einfachen Individuen als Vorbereitung. Farbestoffe nahm es nicht sichtlich auf. Eier liessen sich auch nicht 
erkennen. Dass die Bläschen der Mitte Eier wären, scheint nicht annehmlich, weil sie in verschiedenen Individuen verschiedene und 
zu starke Grössen zeigten. Die wahren Eier mögen sehr klein und durchsichtig seyn, oder periodisch erscheinen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XV. 


Fig. a. sind 9 bis gegen !/,, Linie grosse Individuen der Monas Punctum von Berlin, 290mal im Durchmesser vergrössert. Eins davon ist in der 
Längstheilung begriffen. 

Fig. d. sind 5 dergleichen, 530mal vergrössert. Bei 2 dieser Formen ist der hintere helle Fleck getheilt, eine ist in der völligen Längstheilung des 
Körpers weit vorgerückt und eine hat sich kugelförmig zusammengezogen. 


b. Stabmonaden, Bhahdomonades. 


Mehr als doppelt so lang als breit oder fadenförmig, ungegliedert. 


a. An beiden Enden gleichförmig abgerundete, ceylindrische Stabmonaden: 


* Farblose Stabmonaden: 


18. Monas cylindrica, Cylindermonade. Tafel I. Fig. XVII. 


M. corpore cylindrico, medio parumper turgido, longitudine latitudinem plus quam duplo superante, */6 lineae longa, 
hyalina, volutando procedens, nec socialis. 


Monade cylindrigue, a corps cylindriforme, gonfle un peu au milieu, plus de deux fois plus Ion, 
Y D Y 8 
que large, 1),, millimetre en longueur, couleur d’eau, mouvement tournoyant; non sociale. 


Baclerium cylindricum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) p. 61, 68. 
Monas cylindrica, — - _ = _ & — 1831. (1832.) p. 59. 


Aufenthalt: Im Salzwasser von Dezkoi bei Orenburg am Ural. 


Im Jahre 1829 fand ich auf der Reise mit Herr AıLrxanper von Humsoror in der Umgegend der Steinsalzbrüche von 
Dlezkoi am Ural unter 6 Infusorienformen einzeln diese langgestreckte Monade, welche ich im Jahre 1830 als Bacterium cylindricum 
verzeichnete. Ich ziehe jetzt vor, alle nicht deutlich mehrfach gegliederten Bacterien zu den Stabmonaden zu stellen. Von Structur 
ist nichts weiter beobachtet als eine innere feinkörnige Trübung, und so wird denn hiermit auch nur die Existenz der Form vorläufig 
festgehalten. Die grosse Aehnlichkeit mit der bei Berlin und auch in Afrika vorkommenden Monas simplex, welche etwas deutlicher 
spindelförmig‘ und nie so gross ist, ist unverkennbar und verlangt eine weitere Aufmerksamkeit auf die Beständigkeit der Charactere 
der geographisch weit getrennten Formen. 


Erklärung der Abbildung Taf. I. Fig. XVII. 


Sie stellt die bei Orenburg gezeichnete einzelne Form dar, welche */,, Linie lang und 245mal vergrössert ist. 


*%* Rothe Stabmonaden: 
19. Monas Okeniü, Oken’s Stabmonade. 


M. corpore eylindrico, aequabili, parumper curvato, ter quaterve longiore quam lato, utrinque rotundato, '/ıo2 lineae 
attingens, volutando procedens, vacillans, rubra; socialis. 


Monade ®Oken, & corps egalement ceylindrique, un peu courbe, trois ou quatre fois plus long que 
large, obtus aux deux bouts, egalant "os millimetre, mouvement tournoyant sur Ü axe longitu- 
dinale, vacillant, couleur beau rouge; sociale. 


Aufenthalt: Im Gebirgsbache des Dorfes Ziegenhayn unweit Jena und häufig bei Berlin beobachtet. 


Am 18. September 1836, an dem Tage der statutenmässigen Eröffnung der 14ten durch OkEn gegründeten Versammlung der 
deutschen Naturforscher, fand ich auf einer in Gesellschaft des Herrn Prof. Weıss unternommenen Excursion, etwas unterhalb der 
Kirche von Ziegenhayn, in einem kleinen Bassin des Baches , diese schönrothe Monade in zahlloser Menge. Sie bildete am Grunde 
handbreite rothe Flecke, und zwischen ihren Legionen fand sich zahlreich Ophidomonas Jenensis, eine neue Gattung der Panzermo- 
naden, mit Euglena viridis und Spirogyra. Bei einer günstigen Entwickelung kann diese Form leicht eine sehr intensive Blut- 
farbe des stagnirenden Wassers veranlassen (vergl. Monas erubescens und M. vinosa). Die am 18. September in ein Fläschchen 
geschöpften Thierchen, welche ich in Jena den Naturforschern der zoologischen Section vorzeigte, lebten in einzelnen Exemplaren noch 
am 11. December zu Berlin, und indem ich dieses schrieb, hatte ich sie sammt Ophidomonas lebend neben mir unter dem Mikroskope. 
Seitdem ist sie in Berlin ganze Gräben erfüllend vorgekommen. Diese niedliche Monadenform hat auf der Tafel, welche längst abge- 
druckt war, nicht mehr dargestellt werden können, und ich beschränke mich daher für jetzt auf die Beschreibung. 

Die Form ist cylindrisch, überall gleich diek und an den Enden plötzlich abgerundet. Diese regelmässige Form verändert 
sich etwas durch die nicht selten sichtbare Queertheilung und auch durch das Entleeren der Eier. Im ersteren Falle wird das Thier- 
chen eingeschnürt und als freier Theil eiförmig, fast kugelförmig; im letzteren gefaltet und verschiedentlich abnorm. Kinzelne Indivi- 
duen geben daher wahrscheinlich bei keiner Species der Monaden ein sicheres Bild der Form, die aber bei grösseren Mengen sich leicht 


Si er age Se 2 nn ee SR  " 


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feststellen lässt. Die Bewegung geschieht mittelst eines schr feinen, die Hälfte der Körperlänge erreichenden Rüssels, welcher peitschen- 
artig bewegt wird und gleichzeitig einen in getrübtem Wasser sichtbaren Wirbel erregt, welcher die Nahrungsstoffe zum Munde führt. 
Die Bewegung ist schwankend und um die Längsaxe rollend. Das Schwanken ist wahrscheinlich nur eine optische Täuschung, indem 
der etwas gekrümmte Körper beim geraden Drehen diese Erscheinung bedingt, welche bei OpAudomonas noch weit auffallender ist. Im 
Innern unterscheidet man viele kleine scharf umschriebene Blasen, diese halte ich für Magenzellen. Sie sind veränderlich. Uebrigens 
ist der Körper in der Mitte, seiner grössten Ausdehnung nach, mit einer rothen Masse erfüllt, welche zwischen den Magenzellen liegt. 
Ich halte diese für den Eierstock. Bei einigen Individuen, aber selten, war sie grün, was die gewöhnliche Farbenentwickelung bei 
Jungen ist. Noch andere Individuen waren ganz farblos, bei völlig gleicher Gestalt und Bewegung, mitten unter den rothen. Diese 
mochten ihre Eier entleert haben. Ferner zeigen die rothen und grünen Individuen vorn und hinten einen hellen Fleck. Der vordere 
bezeichnet die Mundstelle, der hintere scheint die innen liegende männliche Samendrüse erkennen zu lassen. Bei eintretender Queer- 
theilung trennt sich erst der Kierstock in 2 Theile und es erscheint eine helle Linie queer in der Körpermitte. Es scheint auch ein 
contractiles Blasenorgan zu geben, indem ich zuweilen noch eine grössere helle Blase erkannte. Deutliche Farbenaufnahme erfolgte 
nicht, oder war wegen zu kleiner Magenzellen für mein Auge nicht erkennbar. 


ß. Vorn zugespitzte, hinten abgerundete Stabmonaden, Kegelmonaden: 
* Grüne Kegelmonaden: 


20. Monas deses, träge Kegelimonade. Tafel I. Fig. XIX. 


M. corpore oblongo conico, antica parte attenuato, obtuso, ter quaterve longiore quam lato, "/ı0o lineae aequante, 
volutando lente procedens, viridis; solitaria. 


Monade lente, & corps oblong conique, aminci au bout anlerieur, obtus, trois ou quatre fors plus 
long que large, egalant 1,0 millimetre, mouvement lent tournoyant, couleur verte; solitaire. 
Ennchelys deses, MüLLer (?) Animalc. Infusor. Tab. IV. Fig. 4—5. 


Bacterium deses, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) p. 61, 67. 
Monas deses, —_ - —_ - —_ - —_ 1831. (1832.) p. 59. 


Aufenthalt: Nach Mütter in Aufgüssen von Meerlinsen (Zemna) im Winter in Dänemark, nach meinen Beobachtungen im Ge- 
wässer des Altaigebirges bei Syrjanofskoi. 

Im Sommer 1829 fand ich auf der Reise mit Herrn vow Humsoıpr diese der von Mürrer bezeichneten sehr ähnliche 

Form, ohne aber auch einen tiefern Blick in ihren Organismus zu thun. Zufällig oder durch besondere Entwickelungs- und Nahrungs- 

verhältnisse trägere Individuen der Gattung Astasia, oder flüchtig beobachtete und unzureichend vergrösserte junge Euglenen, können 

leicht Erscheinungen zeigen, die dieser Form gleichen. Sie wird demnach nur vorläufig hier niedergelegt. 


Erklärung der Abbildung Taf. IL. Fig. XIX. 


Es ist ein Exemplar der Monas deses in 2 Stellungen. Grösse !/,,o Linie. Vergrösserung 245mal im Durchmesser. Die Zeichnung ist 
von mir in Syrjanofskoi gefertigt. 


** Farblose Kegelmonaden: 


21. Monas socialis, gesellige Kegelmonade. Tafel I. Fig. XX. 


M. corpore oblongo conico, antica parte attenuato, subacuto, plus quam duplo longiore quam lato, hyalino, ventrieu- 
lis magnis, */ıs lineae aequans, motu gliscente continuo; socialis. 


‘ 
Monade sociale, a corps oblong conique, aminci anlerieurement, presque aigu, plus de deux fois 
3 b) 3 =) 9 
plus long que large, couleur d’eau, egalant *;ı millimelre en longueur, ventricules grands,. 
mouvement glissant continu; sociale. 


Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 59. 
Aufenthalt: In Berlin. : 


Diese Monadenform unterschied ich zuerst im Jahre 1830. Sie findet sich zuweilen in grosser Menge gleichzeitig mit Uvella 
Glaucoma in stagnirenden Wasserkübeln. Sie characterisirt sich vor letzterer durch verdünnten Vordertheil, während diese, wenn sie 
Kugeln bildet, den Hintertheil verlängert, wahrscheinlich auch durch einfachen Rüssel. Der lang-eiförmige Körper, welcher nur aus- 
nahmsweise und kurz nach der Theilung kurz eiförmig erscheint, ist durch seine grossen inneren Magenzellen sehr ausgezeichnet, die 
sich rasch mit farbigen in’s Wasser gemischten Stoffen erfüllen. Mehr als 6 Magen habe ich nie angefüllt gesehen, oft nur einen, diesen 
dann aber sehr ausgedehnt gefunden. Am spitzen Vordertheile ist ein feiner Wirbel sichtbar, der nicht so lebhaft ist, wie bei Uvella 
Glaucoma, daher auch wohl nicht durch 2 Rüssel bewirkt wird. Zuweilen schien es, als ob am hintern dicken Ende kleine Kugeln 
der genossenen Farbe wieder ausgeworfen würden (!). Ueber Samendrüsen und Eier habe ich keine Beobachtungen machen können. @ueere 
Selbsttheilung habe ich neuerlich wieder öfter gesehen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XX. 


Im Ganzen sind 19 mit Indigo genährte Individuen in einer solchen Gruppirung, dargestellt, wie man sie häufig sieht. Dabei sind die ver- 
schiedenen vorherrschenden individuellen Formen und Stellungen berücksichtigt. 
Fig. a. hat keine Farbe aufgenommen und biegt sich im Schwimmen. 
Fig. 6. ist mit dem Vordertheile rückwärts gekehrt und hat nur 1 Magenzelle, aber sehr stark erfüllt. 
Fig. €. bereitet sich zur Queertheilung vor und hat keinen Indigo verzehrt. 
Fig. d. hat 4 Magenzellen erfüllt. Ueberall ist das spitze Ende der Vordertheil. Sie schwimmen nach verschiedenen Richtungen. 


17 


y. Hinten zugespitzte, vorn abgerundeie Stabmonaden, Kreiselmonaden: 


* Gelbe Kreiselmonaden: 


22. Monas flavicans, gelbliche Kreiselmonade. Tafel I. Fig. XXI. 


M. corpore obconico, postica parte subacuto, plus quam duplo longiore quam lato, "4.4 lineae aequans, flavicans, 
motu gliscente continuo; socialis. 


Monade jaunätre, a corps conique, aigu au bout posterieur, plus que deux fois plus long que large, 
egalant ", millimetre, couleur jaunätre, mouvement glissant continu; sociale. 


Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) pag. 59. 
Aufenthalt: Bei Berlin im Thiergarten. 


Diese umgekehrt kegelförmige oder birnförmige Monade fand sich zuerst im Jahre 1830 häufig in den Wassergräben des 
Thiergartens. Das abgerundete Körperende ist im Schwimmen nach vorn gerichtet. Die Form hat einige Aehnlichkeit mit Monas 
Punetum, ist aber nur halb so gross, und durch die gelbe Farbe, welche nicht den Magenzellen, sondern den Zwischenräumen dieser, 
dem Eierstocke, anzugehören scheint, sehr verschieden. Die ockergelbe Punktmonade, Monas ochracea, und der gelbe Aen- 
derling, Astasia flavicans, sind verwandte, aber doch sehr verschiedene Thierformen. Die gelbe Kreiselmonade zeigt im In- 
nern viele kleine Bläschen, welche nicht die Eier seyn können, weil diese gewiss kleiner sind als die Magenzellen. Diese Bläschen 
sind daher wohl die Magenzellen und die Trübung zwischen diesen, welcher die gelbe Farbe inhärirt, halte ich für die Eier. Vorn 
und hinten hat jedes Individuum einen hellen Fleck. Der vordere, am stumpfen Ende, mag wohl der Mundöffnung angehören, der hin- 
tere die männliche Sexualdrüse enthalten. Am Vordertheile erkennt man bei Trübung des Wassers durch Farbe einen kleinen Wirbel, 
aber den zu vermuthenden Rüssel konnte ich damals nicht erkennen. Neuerlich habe ich sie nicht wieder beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXI. 


Unter der dargestellten Gruppe von 13 Individuen sind die ganz birnförmigen oder kegelförmigen die Normal-Formen. Das spitzere Ende ist 
bei allen das Hintertheil. Sie schwimmen in verschiedenen Richtungen und sind von verschiedener Grösse. Die grössten sind !/,,, Linie gross und alle 
380mal vergrössert. Die an Aszasea erinnernde Veränderlichkeit der Form ist nicht deutlich willkührlich. 

Fig. a. ist ein Individuum, welches vorübergehend den Mundtheil etwas vorstreckt. 
Fig. 6. ist ein mit dem sche verdünnten Hinterleibe nach oben gerichtetes Thierchen. 
Fig. e. ist eine fast spindelartig gestreckte, beim Verdunsten des ns "oe vorkommende Form, keine bleibende Normal- „Form. 


d. An beiden Enden verdünnte Stabmonaden, Spindelmonaden: 


* Grüne Spindelmonaden: 


23. Monas Ttingens, grüne Spindelmonade. Tafel I. Fig. XXH. 


M. corpore fusiformi, triplo aut quadruplo longiore quam lato, "00 — Yırs lineae adaequante, laete viridis, motu 
circa axin rotatorio; socialis. 


Monade colorante, a corps fusele, trois fois ou quatre fois plus long que large, "Iıo—!Ir milli- 
metre en longueur, couleur d’un beau verd, WERUDERHE tournoyant sur U axe longitudinale; 
sociale. 

Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 60. 


Aufenthalt: In stagnirenden Wasserkübeln in Berlin. 


Diese sehr lieblich grüne Monadenform bildet einen grossen Theil der grünen Färbungen des ee Wassers in Berlin, 
und im Tode als grüne Haut des Wassers einen grossen Theil der grünen Priestley’schen Materie. Im Jahre 1832 fand ich sie erst 
im Monat Juni, 1834 zuerst im Mai. Zu Anfange des Jahres 1835, wo der Stich dieser Tafeln vorbereitet wurde, und im Früh- 
jahre, wo er begonnen wurde, suchte ich diese Form umsonst. Erst am 13. Juni 1835 sah ich sie wieder und dann in zahllosen 
Mengen, so dass oft in jedem Tropfen eines grossen Gefässes mehrere Millionen leben mochten. Eine erneute Untersuchung ergab mir 
dabei eine so wichtige Vermehrung der Detailkenntniss des Organismus, dass ich vorzog, die schon gestochene frühere Zeichnung aus 
der Tafel wegnehmen und eine neue einsetzen zu lassen. Diesen neueren und glücklicheren Untersuchungen zufolge gehört die Form 
sogar nicht mehr zur Gattung Mozas, sondern besitzt ein schönrothes Auge, 2 Rüssel und verbindet sich periodisch zu rollenden Ku- 
geln, Charactere, welche eine eigene, in die Nähe von Microglena zu stellende, Gattung bedingen. Ihr richtiger Platz wäre dem- 
nach ganz am Ende der Tafel I. Und diese Nachricht wird hinreichen, Missverständnissen vorzubeugen. Um die systematische Ueber- 
sicht richtig zu geben, ist dieselbe Form in ihrer wahren Stelle als 6te Gattung der Monaden-Familie unter dem Namen @lenomorum 
Zingens, mit Bezugnahme auf diese Figur, eingereiht worden, wo denn auch über die Organisation das Speciellere mitgetheilt wird. 


** Farblose Spindelmonaden: 


24. Monas simplex, einfache Spindelmonade. Tafel I. Fig. XXII. 


M. corpore fusiformi subcylindrico utrinque subacuto, Y/ıa, lineae attingente, hyalino, motu gliscente et rotatorio. 


Monade simple, a corps fusele, presque eylindrique, peu aigu, ". millimetre en longueur, couleur 
d’eau, mouvement glissant et rotatoire. 


Bacterium simplex , HeMmrrıch u. EHRENBERG, Symb. physicae. Evertebrata I. Phytozoa Polyg. Tabula I. Fig. 6. 1828. 
Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. (1830.) 
Monas simplex, HrmPRICH u. EHnrEnBERG, Symbolae physicae. Evertebrata I. Phytozoa Polygastrica, Text 1830. Fol. d. ß. 2. 
Monas simplex, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) pag. 60. 
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Aufenthalt: In Aegypten bei Cahira nach der Nilüberschwemmung und bei Berlin beobachtet. 


Diese Form ist wenig ausgezeichnet und noch nicht oft genug beobachtet. Nah verwandt ist sie der Monas ceylindrica vom 
Ural, die aber viel grösser war. Bei der ägyptischen Form beobachtete ich einen feinen Wirbel am vordern Ende, was einen Rüssel 


vermuthen lässt. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXI. 


Fig. a. ist ein im Jahre 1827 bei Berlin beobachtetes Individuum, 1/;,, Linie gross, 345mal vergrössert. 
Fig. 6. sind 3 in Aegypten beobachtete Exemplare aus Lachen bei Bulak unweit Cahira. Sie waren !/s, Linie lang und wurden 200mal vergrössert, 


25. Monas inanis, leere Spindelmonade. Tafel I. Fig. XXIV. 


M. corpore utrinqgue subacuto, fusiformi, subcompresso, parvo, "/soo lineae non superante, hyalino, motu va- 
cillante. 


Monade epuisece, a corps aigu aux deux bouts, fusele, un peu comprime, petit, !ıso millimetre en 
longueur, couleur d’eau, mouvement vacillant. 
Cyclidium inane, HemrrıcH u. EHRENBERG, Symbolae physicae. Evertebrata I. Tabula I. Phytozoa, Polygastrica libyca, Fig. 5. 18238. 
Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. (1832.) pag. 15. 


Monas inanis, Symbolae physicae. Text 1830. Fol. d. £. 1. 
Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) pag. 60. 


Aufenthalt: In stagnirendem faulen Wasser bei Siwa, in der libyschen Oase des Jupiter Ammon. 


Diese libysche Infusorienform wurde im November 1820 beobachtet. Structurverhältnisse sind nicht weiter ermittelt worden, 
daher ist nur die festgehaltene Form zu beurtheilen. Weil der Körper etwas seitlich zusammengedrückt war und sich wahrscheinlich 
beim Schwimmen um die Längsaxe drehte, so erschien die Bewegung wankend. Dieserhalb habe ich früher die Form zur Gattung 
Cyclidium_ gestellt. 


Erklärung. der Abbildungen Taf. I. Fig. XXIV. 


Sie stellen die 1820 in Libyen gezeichneten, 200mal vergrösserten, 9 Individuen der Monas inanis vor. Einige sind von der schmalen, 
andere von der breiten Seite aufgefasst. 


26. Monas scintillans, fliimmernde Spindelmonade. Tafel I. Fig. XXV. 


M. corpore fusiformi, subcompresso, bis terve longiore quam lato, !isoo— sgs lineae aequans, hyalina, motu valde 
agili, vacillante. 


Monade reluisante, a corps fusele, un peu comprime, 2 ou 3 fois plus long que large, ayant 
Urso— Yıo2 millimetre de longueur, cowleur d’eau, mouvement tres-vif, vacillant. 
Enchelys microsoma, HEMPRICH u. EHRENBERG, Symbolae physicae, Phytozoa Polygastrica sinaitica, Tabula I. Fig. 3. 1838. 
Bacterium seintillans, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. (1832.) pag. 15. 20. 


Monas scintillans, Symbolae physicae. Text 1830. Phytozoa polygastrica. Fol. d. ß. 2. 
Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) pag. 60. 


Aufenthalt: Im Wasser von Wadi Ess’le des Sinai-Gebirges und bei Berlin. 


Im November 1823 fand sich diese Infusorien-Form mit 15 andern und 2 Angwillulis zwischen Conferven der Gebirgsbäche 
des Sinai in Tor, wohin ich sie getragen hatte. Bei Berlin fand ich eine ähnliche im Mai 1828 in 6 Tage altem Sumpfwasser. Le- 
bend war sie meist mehr als doppelt länger als breit, im Sterben wurde sie ganz scheibenförmig, wie alle länglichen weicheren Formen 
zu thun pflegen. Ihre Bewegung war wankend, was bei starker Vergrösserung eine Art von Flimmern im Wasser verursacht. Weitere 
Structurverhältnisse haben sich damals nicht ermitteln lassen, und in der neuern Zeit ist die Form nicht wieder vorgekommen. 


Erklärung der Abbildungen Tafel I. Fig. XXV. 


Die beiden dargestellten Gruppen sind eine lebende und eine todte. 
Fig. a. sind 22 lebende Individuen aus Berlin, deren grösstes t/;,, Linie erreicht, 380mal vergrössert. 
Fig. 6. sind 16 todte, daher scheibenförmige Individuen ebendaher. 


Beurtheilung sämmtlicher zur Gattung Monas gehörigen Synonyme. 


Man hat bisher der Gattung Monas 38 verschiedene Arten zugeschrieben, von denen aber nur die 25 hier verzeichneten 
(Monas tingens als 26ste ist ein eignes Genus) dieser Gattung in dem vorn angegebenen Sinne anzugehören scheinen. Ganz sicher 
sind nur die, deren Structur im Detail beobachtet worden ist. Von den 3 Arten, welche O. F. MürLzer zuerst 1773 beschrieb, sind 
2 noch jetzt der Gattung zugehörig, Monas Termo und M. Mica; die dritte, M. Lens, ist zu Uvella Atomus gezogen. Monas 
Ovulum von Götze 1783 ist Synonym von Chlamidomonas Pulvisculus. Von den 10 Arten, welche Orro Fasrıcrus 1786 aus 
Mürrer’s Nachlass herausgab, gehören nur 2 zu dieser Gattung, Moras Termo und M. Mica. Die übrigen haben nach meinem 


Urtheile folgende Synonyme: Monas Atomus — Uvella Atomus; Monas Punctum — Bacterium Punctum; M. Lens — Uvella 
Atomus; M. Lamellula = Bacterium Lamellula; M. Ocellus — Cryptomonas?; M. Pulvisculus = Chlamidomonas Pul- 
visculus; M. tranguilla = Chaetomonas?; M. Uva — Uvella Chamaemorum. Borv ve Sr. Vıncent hat 1824 auch der 


Gattung Monas 3 neue Artnamen zugefügt, von denen aber keine sicher annehmbar ist. Monas Bulla ist MüLLer’s Oychdium 
Bulla und gleicht zwar in der Abbildung sehr der Monas Guttula, war aber keine Kugel, sondern ein plattes scheibenrörmiges Häut- 
chen, vielleicht doch ein wahres Oyclidium. Monas enchelioides ist Mürzer’s Enchelys intermedia, und Monas precatoria ist 
eine unklare, bei Greicnen Tafel XVII. Fig. III. c. abgebildete Form. Unter den 24 von mir unter neuen Namen hinzugefügten 


u 


Arten verschiedener Welttheile sind zwei: Monas polytoma und M. VoWwox, jetzt zurückgenommen. Erstere ist als eigne Gattung, 
Polytoma, abgesondert und letztere zu Monas Enchelys gezogen. Monas tingens ist ebenfalls als besondere Gattung, Glenomorum, 
entfernt: worden. Bory’s Ophthalmoplanis Polyphemus ist Monas Mica, Ocellus ist Or yptomonas?, Oyclopus ist Vvella Atomus. 

Vielleicht gehören zur Gattung Mon»as noch mehrere Arten der Gattung Znxchelys von MÜLLER, welcher mit dieser im Aeus- 
seren ziemlich genau den Begriff verband, den ich mit der Abtheilung der Sibnenilen verbinde. Enchelys tremula, constricta, 
intermedia und Pulvisculus mögen, wie E. deses, wohl Monaden seyn, die Erchel. intermedia würde aber dann Monas inter- 
media, nicht M. encheloides zu nennen seyn. Volvox Granulum und Pilula mögen wohl, wie V. Punetum, Monaden seyn. 
Cyclidium nigricans und Gomium corrugatum halte ich ebenfalls für Monaden, von denen die letztere in der Längstheilung be- 
griffen ist. Jedoch ist über alle diese, etwa noch 5—7, zuzufügenden Monadenformen nicht eher weiter zu entscheiden, als bis sie 
von Neuem beobachtet worden sind. Schliesslich ist zu bemerken, dass die Gattung Bacterium Tafel V. mit den Stabmonaden 
sehr leicht verwechselt wird. 


ZWEITE GATTUNG: TRAUBENMONADE. 
Uvella. Uvelle 


CHARACTER: Animal e familia Monadinorum cauda et ocello destitutum,. ore terminali truncato, eiliis 
aut proboscide subtili flagelliformi (dupliei?) instructo, natantibus solitariis antico, divisione 
spontanea simplici perfecta bipartitum aut nunquam dividuum, periodice in acervos mori aut 
uvarum forma quoquoversum volutantes consociatum. 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Monades, sans queue et sans oeil, ü bouche terminale 
tronquee, pourvue de cils ou de trompe en forme de fouet (double?) anterieure dans 
la nage des individus simples, a division spontanee simple parfaite ou nulle, se reu- 
nissant periodiquement en pelotons (grouppes) tourno tee de la forme de mure ou 
de grappe. : 


Die Gattung der Traubenmonaden ist durch den periodischen Character der Vereinigung vieler 
Individuen in Form einer rollenden Maulbeere und (wahrscheinlich durch immer) 2 Rüssel am Munde aus- 
gezeichnet. Im Uebrigen schliesst sie sich durch Mangel an Schwanz, durch nicht vorragende Lippe, d. h. 
keinen seitlichen, sondern einen vordern Mund, durch Mangel an Augenpunkten, durch nicht über Kopf rol- 
lende, sondern in der Richtung der Längsaxe des Körpers fortschreitende, Bewegung der Einzelthiere und 
durch einfache vollkommene Selbsttheilung an die Gattung Monas eng an. Die in den Zeichnungen aus 
früherer Zeit dargestellten vielfachen Wimpern am Munde sind wahrscheinlich durch schnelles Schwingen 
zweier Rüssel entstandene Erscheinungen. 

Die Gattung ZUvella besteht nur aus 6 Arten, von denen ? grün gefärbt, 4 farblos sind. Sie wurde 
erst 1824 von Bory DE ST. VincENT abgesondert und benannt, aber nicht begründet. Noch im Dictionnaire 
classigue d hist. nat. Vol. XVI. 1850 pag. 485 erklärt dieser Beobachter sie beweglichen Algensaa- 
men (Zoocarpes) gleich, wie sie z. B. auf Volwox vegetans wüchsen. Diese Vorstellung ist aber ganz 
unrichtig, weil jener Volvox ein Thier der Vorticellen-Familie, keine Pflanze ist (vergl. Zpistylis ve- 
getans dieses Werkes). 

Rücksichtlich der Organisation sind 4 Arten bisher einer intensiveren Beobachtung zugänglich gewe- 
sen: Dvella Chamaemorum, Uva, Alomus und Glaucoma. Letztere 2 nehmen sehr leicht Farbestoffe, 
Indigo und Garmin, in innere Zellen auf und lassen den polygastrischen Character scharf erkennen. Der 
Mund wirft die Farbe in Kugelform auch wieder aus. Bei 7. Glaucoma liessen sich bis 10 gefüllte Ma- 
genzellen erkennen und im Innern sichtbare, verschlungene, grüne Monaden zeigten diese Form als Raub- 
thier. — Bewegungsorgane sind bei 3 Arten beobachtet, bei Zvella virescens, Uva und Glaucoma. Bei 
ersterer sah ich früher viele Wimpern als Kranz um den Mund, die ich aber jetzt für die häufige optische 
Erscheinung halte, nach welcher ein einfacher schnell hin und her bewegter Körper mehrfach gesehen wird. 
Bei Zvella Uva schien mir ein einfacher fadenförmiger Rüssel am Munde das Wirbeln zu bedingen, allein 
bei U. Glaucoma überzeugte ich mich sehr scharf, dass immer 2 Rüssel vorhanden sind. Ich bin jetzt der 
Meinung, dass wohl diese 2 Rüssel allen Arten der Gattung zukommen mögen, indem die Beobachtung die- 
ser Theile schwierig ist. Bei U. Glaucoma ist der Character so beständig, und von mir so oft geprüft 
worden, dass ich ihn für ganz fest erkläre und in ihm einen sehr bestimmten Unterschied unter den Einzel- 
thieren der Uvellen und den Monaden vermuthe, deren viele, vielleicht alle, nur 1 Rüssel wirklich führen. — 


Fortpflanzungsorgane waren bisher nur bei einer Art, U. Glaucoma, anschaulich, wenn nicht auch die_ 


grüne Färbung der 7. virescens und U. Bodo, als den Eierstock bezeichnend, die nöthige Sicherheit hätte. 
Bei 7. Glaucoma lassen sich farblose Körnchen zwischen den Magenzellen erkennen, welche mit mehr 


re 


Sicherheit für Eier gehalten werden können. Organe, welche mit männlichen Samendrüsen vergleichbar 
sind, haben sich bisher, wenn nicht in MüLer’s Figuren des Volvox socialis Fig. 8., und des Vowox Uva 
der helle Punkt in der Mitte hierher gehört, der Beobachtung entzogen. Ausser der Eientwicklung ist Selbst- 
theilung, aber keine Knospenbildung beobachtet. Erstere sah MürLer bei U. Afomus, wenn nämlich, was 
er als Monas Lens Fig. 10. abbildet, dahin gehört; ich sah sie bei 7. G@l/aucoma als vollkommene Längs- 
und Queertheilung. — Das Empfindungssystem war bisher so wenig speciell zu erreichen, als das Gefässsy- 
stem, obschon die Erscheinung des Empfindens dem Beobachter nicht selten zu klarer Anschauung wird. 
Die willkührliche Vereinigung in beerenartige Kugeln ist bei dieser Gattung keine Geschlechtsverbindung, 
wie es sich LEEUWENHOER bei den Vorticellen dachte, auch keine blosse Molecularbewegung, sondern ein 
Gesellschaftstrieb, welcher, man mag ihn immerhin Instinet nennen, einen nicht unbedeutenden Grad von 
Geistesfähigkeit auch in so kleinen Organismen erkennen lässt, die an den letzten Grenzen der Selhkraft 


stehen. 


Die geographische Verbreitung der Traubenmonaden ist, wie es scheint, sehr gross. U. Uva 
und @laucoma wurden von mir doch wohl in Africa beobachtet; 7. Atomus und Uva in Sibirien, alle 3 
Arten leben zahlreich bei Berlin. Ob 7. virescens und Glaucoma auch bei Paris, Strassburg und in Dä- 
nemark und England vorkommen, ist für erstere nicht ganz sicher, weil die Beobachter leicht könnten Syn- 
ura Uvella, die viel gewöhnlicher ist, damit verwechselt haben. 


Die von LEEUWENHOEK zuerst 1675 entdeckten Infusorien sind seiner Beschreibung nach den Uvel- 
len ähnlich gewesen, allein es waren offenbar Vorticellen und zwar Fort. Convallaria. Seine damals 
beobachteten kleinsten Thierchen, welche MüLLer zu Monas Lens zieht, halte ich weder für Monaden 
noch für Uvellen (vergl. Uvella Atomus). 


27. Uvella virescens, gelbliche Traubenmonade, Tafel I. Fig. XXVI. 


U. corpore ovato, utringue rotundato, parvo, "iss lineae aequante, laete viridi, in globulos, "ss lineae diametro fere 
magnos consociata. 


Uvelle jaunätre, u corps ovale, arrondi aux deux bouts, petit, egalant !ga millimetre en longueur, 
 couleur verdätre, grouppes globuleuses roulantes "|, millimetre en Cpaisseur. 
Volwox Uva MüLzLer? Animalc. infus. Tab. II. Fig. 17— 21. 
VoWwox Uva HERRMANN (MüLLer) Naturforscher XX. p. 154. Tafel III. Fig. 33. et p. 149. £ 


Uvella virescens BoRY DE St. Vıncknt? Encyclop. m&thod. 18%4. Diction. classique d’ hist. nat. 1830. 
Uvella flavoviridis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 61. 


Aufenthalt: Berlin! Strassburg? Paris? Dänemark ? 


Es giebt bei Berlin 2 Thierchen gleicher Form, welche schwer zu unterscheiden sind, aber ganz verschiedenen Gattungen 
und Familien angehören. Es lässt sich daher nicht mehr entscheiden, ob die früheren Namen zu einem oder dem andern gehören. Ich 
muss dieselben Synonyme bei Syzura Uvella, der andern, auf Tafel III. abgebildeten, Form wieder anführen. Dieser Unsicherheit hal- 
ber gab ich 1831 den besondern Namen, welchen ich jetzt jedoch mit dem ältern von Bory vertausche, da dieser einmal da ist und 
sein früherer Begriff doch nie zu ermitteln seyn wird. Mürzer entdeckte diese oder die andere Form 1778 im Graben eines Gartens 
in Copenhagen zu Anfang Decembers. Die Beeren enthielten 2, 4 bis 50 Thierchen. Er erhielt sie 14 Tage in einem Gefässe. Im 
October 1779 konnte er sie nur 3 Tage am Leben erhalten. Später hatte er sie im August zwischen Lemna polyrrhiza zu Mejen- 
berg beobachtet. Die Beeren zerfielen allmählig unter seinen Augen in einzelne Thiere (uvae moleculas projiciebant). HERRMANN 
beschrieb 1784 ein ähnliches Thierchen aus Strassburg, und nach der Zeichnung hatte es MüLLer für das seinige erklärt. Bory fand 
seine Thierchen im Herbste bei Paris zwischen Meerlinsen, sah oft unregelmässige und aus 30 bis 40 Thierchen bestehende Kugeln. 
Ich selbst fand bis zum Jahre 1831 die Thierchen häufig bei Berlin im Thiergarten zwischen Meerlinsen im Sommer, seitdem nicht 
wieder. An ihrer Statt finde ich seitdem, in etwas anderen Verhältnissen, zwischen Conferven, die Synura Uvella. Ich zählte zu- 
weilen in der sichtbaren Kugelhälfte der ersteren bis 40 Thierchen. 


Schon Mürrer sah um den Vordertheil dieser Thiere einen Schimmer (Aalo), den er für Wimpern hielt. Auch Herrmann 
sah ein Wirbeln. Ich erkannte bei Färbungen des Wassers deutlich ein wirbelndes Organ um eine scharf umschriebene Mundstelle. 
Das Wirbelnde schien eine Vielzahl feiner Härchen, Wimpern, zu seyn. Jetzt vermuthe ich, durch ähnliche andere Thiere, Uvella 
Glaucoma, belehrt, dass dieser Wimperkranz dort wie hier von nur zwei peitschenartigen Rüsseln vorgestellt wird. Die grüne Farbe 
scheint die‘Farbe der Eier, des Eidotters, zu seyn. Der von Mürzer beobachtete helle Punkt in der Mitte war entweder der Mund, 
den ich auch sah, oder, was aus Fig. 20. und 21. bei ihm hervorgehen könnte, die Samendrüse, welche ich nicht erkannte. Aufnahme 
von Farbe in Magenzellen sah ich nicht. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXVl. 


Fig. a. 5. c. sind 3 brombeerartige Haufen von Thieren, wie sie im Wasser nach allen Richtungen rollend sich langsam fortwälzen, 245mal vergrös- 
sert. Es giebt deren, die nur 2, 3, 4, und andere, unregelmässig gehäufte, welche weit über 50 Thierchen enthalten. 

Fig. d. sind 3 Einzelthiere vor der Vereinigung oder nach der Trennung, ein wenig mehr vergrössert. Eine anfangende Theilung habe ich bei sol- 
chen nie beobachtet. Sie sind von C’hlamidomonas, Tafel IH., fast nur durch Mangel des zuweilen schwer erkennbaren rothen Auges und durch 


die gleichzeitigen Beeren ohne Hülle zu unterscheiden, von Farbe jedoch blasser. 


u 


28. Uvella Chamaemorum, farblose Brombeermonade. Tafel I. Fig. XXVII. 
U. corpore ovato utrinque rotundato, minore, Y40 lineae non superante, hyalino, acervis ad !/4s lineae crassis. 


Uvelle Fausse Mure, a corps ovale, arrondi aux deux bouts, plus petite que la precedente, ne sur- 
1 DE N ans \ z . 
passante "Jo millimetre, couleur d’eau, grappes *"ı. millimetre pres en Epaisseur. 


Uvella Chamaemorus Bory, Encycl. m&thod. 18%. Dict. class. d’hist. nat. 1830. Nur der Name, nicht die Sache. 
Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) pag. 61. 


Aufenthalt: Bei Berlin, vielleicht bei Paris und Copenhagen. 


Unter dem Namen Uvella Chamaemorus, richtiger Chamaemorum, hat zwar Bory ve Sr. Vincent eine Art dieser 
Gattung beschrieben, allein der Name war, wie er selbst sagt, nur eine willkührliche Abänderung des Namens Monas Uva von Mür- 
zer. Da ich 2 zu unterscheidende, auf Mürrer’s Namen passende, Formen beobachtet habe, so habe ich beide Namen, um nicht das 
fortschreitende Uebel der vielen Namen zu mehren, in diesem neuen Sinne benutzt. Die bei Berlin zwischen Chlamidomonas Pulvis- 
culus zuweilen sehr häufig vorkommende Form fand ich 1828 zuerst am 1. Mai in einem Löschkübel, dann habe ich sie im Sommer 
ih Wassertonnen öfter gesehen, nur nicht, seitdem ich die genauern Untersuchungen über die Organisation anstellte. Diese Form würde, 
der Grösse ihrer T’hierchen halber, nur dann mit der folgenden Uvella Uva zu verbinden seyn, wenn sich ermitteln liesse, dass eine 
Vereinigung von Einzelthieren in Beeren nicht in einer bestimmten, sondern in verschiedenen Entwicklungsstufen ihres Lebens erfolge, 
denn die constituirenden Thiere der Beeren differiren in diesen beiden um das Doppelte der Grösse und sind bei jener oval, bei dieser 
rund. — ÖOrganisationsverhältnisse haben sich nicht viele bisher erkennen lassen, jedoch sah ich schon 1831 schwache Aufnahme von 
Indigo, wovon keine Zeichnung gemacht wurde. Die rollenden Beeren sind je voller, desto runder, die eckigen und länglichen beste- 
hen aus nur wenigen Thierchen, oder sind Ueberbleibsel grösserer sich auflösender Kugeln. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXVI. 


Die 4 Kugelbeeren von verschiedener Grösse wurden im Jahre 1828 gezeichnet. Die Thierchen hatten zum Theil 1/,, Linie im Durchmes- 
ser, viele waren kleiner. Die Vergrösserung betrug 160mal im Diameter. Wären sie der U. verescens gleich vergrössert abgebildet, so würden die 
Beeren der Hälfte der Abbildung jener im Durchmesser gleichen. Ein einzelnes Thierchen ist !/; des Durchmessers einer Beerenkugel gleich, die !/,, 
Linie misst. 


29. Uvella Uva, Weintraubenmonade. Tafel I. Fig. XXVIM. 


U. corpore subgloboso, rotundato, minimo, */aoo — "/sco lineae longo, hyalino, acervis '/so lineae diametro non supe- 
rantibus, ventriculis parvis. 


Uvelle Grappe, a corps presque globuleux, arrondi, tres-petit, ‘o— 'Iıso millimetre en longueur, 
couleur d’eau, grappes egalantes tout au plus '|.. millimetre, a ventricules peu distincts. 
Monas Uva MüLLer? Animalc. infus, Tab. I. Fig. 12. 13. vergl. Polytoma Uvella. 
Uvella Chamaemorus Bory 1824. ? 
Monas Atomus et Monas Lens, HeMmPrrRIıcH u. EHRENBERG, Symbolae physicae, Phytozoa Tab. I. Fig. 1. Tab. II. Fig. 2. 1828. 
Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. (1832.) p. 16. 19. 1830. (1832.) p. 83. 84. 
Uvella Uva, Symbolae physicae. Text 1831. 
Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 61. 
Aufenthalt: Bei Berlin! vielleicht bei Paris und Copenhagen. In Afrika bei Bulak im Nilwasser; in Asien am Ural bei Soimo- 
nofskoi und Ilezkoi, und bei Barnaul und Schlangenberg (Smeinogorsk) am Altai. 


Diese sehr kleine Form der Traubenmonaden lebt in stagnirendem Wasser, welches einen sumpfigen Geruch hat. Zuerst 
unterschied ich sie im August 1828 zu Berlin. Einige früher beobachtete afrikanische Monaden habe ich ihrer kugelrunden Form und 
Grösse halber auf diese Art beziehen zu müssen geglaubt. Mürrer scheint in seiner Monas Uva diese sammt der vorigen und der 
Polytoma Uvella verwechselt zu haben; zu letzterer gehören Wrısgere’s und Sparzanzanr’s Angaben. Herrmann’s Form gehört 
zu U. Glaucoma. Im Jahre 1831 sonderte ich von dieser Art noch eine der sibirischen Formen unter dem Namen Uvella minuta 
ab (Abhandl. d. Berlin. Akad.), weil nämlich die nur "/soo Linie grossen, also der Monas Terma gleichen, Thierchen von Schlangen- 
berg beerenartig vorkamen. Später fand ich aber die bei Berlin vorkommende Weintraubenmonade in der Grösse so unbeständig, 
oder so gewöhnlich mit U. sninuta vermischt, dass ich beide Formen zu trennen jetzt Bedenken trage. Dass Uvella Uva auch mit 
Uvella Atomus zu vereinen sey, meine ich desshalb nicht, weil letztere sich leicht, erstere, auch bei gleicher Grösse der Individuen, 
schwer mit gefärbter Nahrung sichtlich füllt. Von Organisation ist, ausser inneren mit Farbe schwach erfüllten Magenzellen, die ich 
1831 nur beobachtete, nicht abbildete, ein einfacher Rüssel als Bewegungsorgan erkannt worden, der aber vielleicht doppelt ist. Die 
Kugeln rollen in allen Richtungen langsam fort. Die Einzelthiere behalten den Mund im Schwimmen vorn und drehen sich um die 
Längsaxe. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXVIH. 


Die 3 Beerenkugeln sind in Berlin beobachtet zwischen C’hlamidomonas Pulvisculus. 
Fig. a. ist !/aoo Linie gross, die Einzelthierchen etwa !/,,, Linie, fast 1/, des Kugeldurchmessers. Die Vergrösserung betrug 100mal im Durchmesser. 
Fig. d. !/go Linie im Durchmesser, 300mal vergrössert. 


30. Uvella Atomus, atomartige Traubenmonade. Tafel I. Fig. XXKX. 


U. corpore subgloboso, rotundato, minimo, Y/srs—"/zss lineae longo, hyalino, acervis !/s6 lineae fere magnis, natura 
vorace, ventriculis amplis. 


Uvelle Atome, a corps presque globuleux, arrondi, tres-petit, "ss — ıraı millimetre en longueur, cou- 
leur d’eau, grappes egalantes tout au plus ')., millimetre, animal vorace ü ventricules amples. 


Monas Atomus, Monas Lens et Volvox socialis? MüLzer, Animalc. infus, Tab. I. Fig. 2—3. 9—11. Tab. II. s—% 
GLEICHEN, Infusionsthiere, p. 197. Das Vorspiel, Taf. XIV. B. I. a. 1778. 
Monas Atomus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) p. 57. 83. 94. Tafel I. Fig. 2. 
Uvella Atomus , = = _ - _ - — 1831. (1832.) p. 61. 

6 


eh 2 


0... 28 


Aufenthalt: In Berlin! Im Seewasser von Wismar! und Copenhagen; auf dem Greifenstein; in Sibirien im stagnirenden Wasser 
des Ob bei Barnaul; im Ural in der 6 Lachter tiefen Kupfergrube Soimonofskoi und in den salzigen Lachen bei Hezkaja Sasch- 
tschita ohnweit Orenburg. 


Die Atomenmonade von Berlin zeichnet sich vor den früheren ähnlichen dadurch sogleich sehr aus, dass sie leicht farbige 
Nahrung aufnimmt und verhältnissmässig grosse Magenzellen damit erfüllt. Jene mögen daher eine weit feinere Zertheilung des Ernäh- 
rungsapparates besitzen. Von Monas Termo sind die Einzelthiere zuweilen schwer zu unterscheiden und nur, wenn es sich bestätigen 
sollte, dass alle Uvellen einen doppelten, alle Monaden einen einfachen Rüssel führen, würde eine bestimmte Unterscheidung möglich 
seyn. Die ausländischen Formen sind daher nicht völlig sicher an dieser Stelle Die Atomenmonade ist vorherrschend grösser als 
Monas Termo und wo sie zahlreich erscheint, findet man gleichzeitig beerenartig vereinte rollende Gruppen. Die Aufnahme von In- 
digo erkannte ich schon 1830, wo die Form in der Abhandlung pag. 57. unter den geprüften Monaden genannt wird. Am vordern 
Ende sieht man im farbigen Wasser sehr leicht einen Wirbel. Das Bewegungsorgan habe ich jedoch nicht erkannt. Bei der folgen- 
den Art sah ich es deutlich als 2 Rüssel. Wenn Mürrer’s Figuren von Monas Lens hierher gehören, so hat er die Queertheilung 
oft gesehen. Monas Atomus von Mürzer kann sich leicht von Monas Lens. desselben nur durch Gefülltseyn einiger Magen unter- 
schieden haben. i 

In Berlin lebt diese Form mit Vorticella microstoma in Regentonnen und Löschkübeln unter der grünen Priestley’schen Ma- 
terie häufig. Mürrer fand sie im Seewasser, welches einen Winter durch gestanden hatte, aber nicht übel roch. Ich fand sie auch 
im sibirischen Salzwasser des Steinsalzes und im Wasser der Ostsee. 

MÜtLtrr citirt zu Monas Lens noch eins der zuerst von LEEUWENHOoER 1675 entdeckten Thierchen, was ich aber seiner 
Schnelligkeit und der geringeren Vergrösserung halber, die LEEUwWENHOoER benutzte, eher für Trichodina Grandinella halten möchte. 
JorrLor’s, BAKER’s, LEDERMÜLLER’s, WrisBErg’s, Hırı’s, SparzLanzanrs und Eıcnnorn’s Monaden sind nicht zu erkennen, weil 
die Vergrösserung nicht scharf ermittelt werden kann, welche die Beobachter benutzten. Bei geringer Vergrösserung erscheinen fast 
alle Infusorien wie Pünktchen oder Monaden. Wahrscheinlich gehören sie nicht zu den bekannten kleinsten. Eıcnnorn’s Citat gehört 
wohl zu Chlamidomonas. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXX. 


Etwa 20 Einzelthiere und 4 beerenartige Gruppen verschiedener Grösse, welche man sich alle in Bewegung zu denken hat, und deren mehrere 
verraihen, dass sie von Indigo gekostet haben, bilden die Darstellung. 
Fig. a. besteht‘aus 14 Thierchen, von denen der Rundung halber nur 9 sichtbar sind; 
Fig. 6. besteht aus 7 Thierchen; 
Fig. ec. besteht aus 5 Thierchen; 
Fig. f. sind Einzelthierchen vor ihrer Verbindung. 


31. Uvella Glaucoma, bläuliche Traubenmonade. Tafel I. Fig. XXX. 


U. corpore ovato, aetate majore conico, postice attenuato, majusculo, "/ıor —"/ıos lineae longo, hyalino, acervis !/36 
lineae fere magnis, ventrieulis amplis, proboscide filiformi aperte duplici. 


Uvelle Glaucome, a corps ovale, avec T üge conique, aminci posterieurement, assez grand, ezalant 
’ 3 8 2065 pP > S 
no —Yıs millimetre, couleur d’eau, grappes "is millimetre en Epaisseur, ventricules amples, 
trompe en fouet double. 


ARDERON nach Baker, Nutz und Gebrauch d. Mikroskops, p. 451. Das Maulbeerinsect, Tafel XIIT. Fig. XV. 1- 3. 1745. 
GLEICHEN, Infusionsthiere, p. 177. Das Chaos, Tafel XVII. B. II. 1778. 
HERRMANN, Naturforscher, XX. p. 149. Das weisse Röschen, t. 3. Fig. 27. f. 1784. 
Volvox socialis, MüLLer? Animalc. infus. Tafel III. Fig. 8—9. 
Volvox socialis, Schrank ? Fauna boica, Ill. p. 33. 1803. 
Uvella rosacea, Bory? 1824. et Dietion. class. d’hist. nat. 1830. 
Volvox Glaucoma, HEMPRICH u. EHRENBERG, Symb. phys. Tab. II. 1838. 
Monas Glaucoma, Abhandl. der Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1829. 
Uvella Glaucoma, HemrRIicH u. EHRENBERG, Symbolae phys. Polygastrica, Text Fol. f. £. 1. 1831. 
Uvella Glaucoma, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 62. 
Aufenthalt: In Berlin! Bei Norwich in England; bei Strassburg; beim Greifenstein; bei Ingolstadt?; bei Copenhagen ?; bei Paris; 


in der Oase des Jupiter Ammon in Libyen und in Dongala oberhalb Aegypten im Nilwasser. 


Die Berliner Form ist die sicherste für die Art. Sie findet sich im Sommer häufig in Regentonnen und Löschkübeln, welche 
mit Priestley’scher Materie überzogen sind, im Juni, einzeln zu allen Jahreszeiten, auch in der Stube im Winter. Die libysche Form 
sah ich am 22. November 1820, die Dongalanische im März 1822. Arperon fand sie in einem Teiche bei Norwich am ersten März; 
Mürrer mit Ohara vulgaris nach 1 Monat in der Stube; Scuran« bei Ingolstadt mit Chara hispida (?); Herrmann in der 
Mitte August’s im Häutchen eines stehenden Wassers bei Strassburg. Uebergiesst man frische gequetschte Brennnesseln oder andere 
Pflanzen mit Brunnenwasser, so entwickelt sie sich, wenn ihre Keime einzeln darin waren, was nicht selten ist, in wenig Tagen oft 
zu grossen Mengen. GLEıcHEN sah sie zu Greifenstein ob Bonnland im Gerstenaufguss. In Afrika fand ich sie im freien stagniren- 
den Wasser. Herrmann vergleicht die Grösse passend mit Uvella virescens. Als grösste farblose Form ist sie auch wahrscheinlich 
die meist beobachtete. Sie lebt nicht in sehr übelriechendem Wasser und solche Angaben beziehen sich wahrscheinlich auf Polytoma 
Uvella. Scnrank’s gelbliche Form könnte auch zu Synura Uvella gehören und MÜLLer’s Volvox socialis zu Uvella Atomus. 

Rücksichtlich der Organisation ist diese Form mehr als die übrigen der Beobachtung zugänglich gewesen. Die vollständigsten 
Beobachtungen gelangen erst am 22. und 24. Juni 1835, wo die Form unter Chlorogonium euchlorum und Chlamidomonas Pul- 
visculus in Menge war. Das Erkennen von Aufnahme farbiger Nahrung gelang 1831 und das Wirbeln am Vorderende wurde schon 
damals klar. Allein erst 1835 sah ich in vielen Individuen ohne künstlich gereichte Nahrung verschluckte grüne Monaden und erkannte 
damit, dass das kleine Wesen ein Raubthier sey. Ferner füllten sich bei Indigofütterung bis 10 Magenzellen an, und aus der Mund- 
öffnung kamen zuweilen blaue Kugeln (verdaute Stoffe) wieder heraus. Ueberdiess liessen sich. bei 800maliger Vergrösserung des Durch- 
messers in den Zwischenräumen der Magenzellen kleine farblose Körnchen wahrnehmen, welche Gestalt und Grösse von Eiern hatten. 
Beim Abnehmen des Wassers und Antrocknen der Thierchen erkannte ich 2 fadenförmige Rüssel am Vordertheile von der Länge des 
Körpers. Männliche Samendrüsen und contractile Blasen liessen sich nicht scharf erkennen, jedoch könnte leicht Mürrer’s Abbildung 


23 —_ 


des Volwox socialis in der mittleren helleren Stelle bei Fig. 8., wenn die Darstellung, wie zu vermuthen, sehr treu ist, solche Drü- 
sen anzeigen. Endlich gelang es auch noch, freiwillige Längs- und Quertheilung zu beobachten. 

Rücksichtlich der Körperform ist diese Traubenmonade noch dadureh merkwürdig, dass sie erst eiförmig als Einzelthier 
lebt und so sich zu Beeren verbindet. Nach etwa 24 Stunden lösen sich diese Beeren aber in anders gestaltete Thierchen wieder auf. 
Müırer beobachtete nur den Anfang, das Auflockern, sah aber den F ortgang bei Monas Uva deutlich. Sparzanzanı beobachtete 
keine Art der Gattung Uvella, sondern Polytoma, daher sah er es anders. Die Form der Thierchen nach dem Zerfallen der Bee- 
ren erscheint einer Schwanzmonade, Bodo, ähnlich, indem sie dann einen conisch verlängerten Hinterleib besitzen, der zum Theil wie 
ein Stiel oder eine dicke Borste aussieht. Einige sind vorn und hinten conisch, also spindelförmig. Diese Spindeln mögen wohl in 
der Längstheilung fast vollendete Doppel-Thierchen seyn, die noch am Munde zusammenhängen und sich in entgegengesetzter Rich- 
tung ausdehnen. Der conische Hintertheil enthält innen noch Eier, ist daher kein Schwanz. Zuweilen trennen sich ganze Beeren in 
2 Theile. Die Einzelthiere bewegen sich ganz anders als die Beeren, immer mit dem Munde nach vorn, sich um die Längsaxe des 
Körpers drehend, : 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXX. 


Die Gruppe @. enthält 15 Einzelthiere, 1 in der Selbsttheilung und 6 beerenartige Gesellschaften. Zum Theil haben sie Indigo-Nahrung 
aufgenommen. Alle sind 290mal vergrössert. Alle ungeschwänzten Individuen sind Einzelthiere vor der Beerenbildung. Die Kugelform einiger ist nur 
die Projection der Eiform von dem schmalen Ende. 

Fig. o. ist ein sich zur Queertheilung vorbereitendes, sich einschnürendes Individuum. ' 
Fig. %. ist in der Längstheilung begriffen. 
Fig. y. ist eine der besonders auffallenden Formen, welche zuweilen nach dem Zerfallen der Beeren vorkommen. Die vordere und hintere Verlän. 
gerung scheint der gespaltene, von einander weichende und sich diametral entgegensetzende Hinterleib zu seyn, so dass der Mund also in der 
Mitte läge. - 
Fig. d. ist ein Einzelthier nach dem Zerfallen der Gesellschaftsform, 800mal vergrössert. Es zeigt die 2 Rüssel am Munde, den mit Eiern erfüllten 
Körper und Hintertheil, 1 verschlungenes Individuum der grünen Chlamidomonas und 9 mit Indigo erfüllte Magenblasen. 


32. Uvella Bodo, grüne Traubenmonade. Tafel I. Fig. XXX. 


U. corpore conico, antica parte rotundato, postica attenuato, "/sss;— "/ass lineae longo, laete viridi, acervis ovatis "/ıos 
- Jineae longis. 


Uvelle verte, a corps comique, arrondi anterieurement, aminci posterieurement, longueur "is — "ıza 
millimetre, couleur d’un beau vert, a grappes ovales "2 millimetre longues. 


Uvella Bodo, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) pag. 62. 
Aufenthalt: In Berlin! ; 


Diese ist eine der zahlreichen Infusorien-Formen, welche die grüne Haut des stehenden Wassers, oder die sogenannte Priest- 
ley’sche grüne Materie bilden. Sie lebt mit Chlamidomonas Pulvisculus und Euglena viridis oder auch mit Ohlorogonium_ eu- 
chlorum, deren Jugendzustand sie freilich seyn könnte, in Regentonnen und anderen Wassergefässen, auch in Lachen und Gräben. 
Da ich kein rothes Auge an ihr habe entdecken können, so habe ich sie, als nicht zu den genannten Formen gehörig, betrachten zu 
müssen geglaubt, allein ihre Kleinheit und schwächere Färbung des Pigments könnte auch der Beobachtung die Anwesenheit des Auges 
bisher entzogen haben. Erst wenn die andern Organisationsverhältnisse klar erkannt sind, wird man den Mangel der Erkenntniss des 


Auges für wahren Mangel anzusehen haben. Die grüne Farbe ist, der Analogie nach, durch die Eier bedingt. Ich sah sie jährlich ° 


in ganz unberechenbaren Mengen seit 1830. Früher verwechselte ich sie mit Monas tingens (Glenomorum), Bodo viridis und Ohlo- 
rogonium. Der spitze Hinterleib der Uvella Bodo ist desshalb kein Schwanz, weil die grüne Färbung (Eier) bis ans Ende reicht. 
Die beerenartigen Haufen haben das Eigenthümliche, dass sie nicht wie die der übrigen Uvellen nach allen Richtungen, über den 
Kopf der Thiere, rollen, sondern sich um die Längsaxe drehen und das stumpfe Ende vorn führen. 

Die sämmtlichen Uvellen sind im Beerenzustande schwierig getrocknet aufzubewahren. Doch gelang es mir mit U. Glaucoma, 
Magen und Rüssel bleiben deutlich. | 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXXI. 


Es sind 2 Gruppen in verschiedener Vergrösserung gezeichnet. 

a. enthält 27 Einzelthiere in verschiedenen Stellungen und Grössen mit & Gesellschaftsformen, 290mal vergrössert. Die grössten Individuen sollten, der 
Vergrösserung nach, nur 1 Linie gross seyn. Sie sind, obwohl gemessen, doch etwas grösser in Folge der gewöhnlichen Gesichtsdifferenz, die ich 
nicht abzuändern pflege. 

d. enthält 8 Einzelthiere, 500mal vergrössert. Anwendung noch stärkerer Vergrösserung ergab kein instructiveres Bild, daher wurde auch davon keine 
Zeichnung gemacht. 


Uebersicht aller bisherigen Namen für die Gattung ZUvella. 


Man hat bisher 9 Special-Namen für die Gattung Uvella bekannt gemacht, von denen aber nur 6 geltend sind. Borr pE 
Sr. Vıncent gab deren 3 im Jahre 1824, Uvella Chamaemorus, Uvella virescens, und Uvella rosatea. Letzterer ist für 
MüırzR’s Volvox socialis gegeben und daher überflüssig. Im Jahre 1830 wurden 3 von mir eingeführt: Uvella Atomus, Glau- 
coma, Uva, und im Jahre 1831 noch 3, Uvella Bodo, flavoviridis und minuta. Letztere 2 sind hier unterdrückt, indem für 
erstere Borx’s Name, U, vörescens, aufgenommen, und letztere zu Uvella Uva gezogen wurde. 


nn 


Be 


DRITTE GATTUNG: THEILMONADE. 
Polytoma. Polytome. 


CHARACTER: Animal e familia Monadinorum, cauda et ocello destitutum, ore terminali truncato, ciliis 
aut proboseide subtili flagelliformi dupliei instructo, natantibus solitariis antico, divisione 
spontanea, decussata et imperfeceta, multipartitum, in mori formam enascens, dein solutum 
et altera vice solitarium. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades, sans queue et sans oeil, ü houche terminale 
et tronguee, pourvue de trompe en forme de fouet double, anterieure dans la nage 
des individus simples, poussant avec Täge, par la division spontande croisee, en forme 
d’une mure, qui se dissout enfin en molecules (les animaux) simples. 


Die Gattung der Theilmonaden zeichnet sich durch unvollkommene Abschnürung der Individuen 
bei der Selbsttheilung von den Traubenmonaden aus. Bei diesen theilt sich das Individuum vollständig 
oder auch gar nicht, aber die freieren Thiere vereinigen sich zu Gesellschaftskugeln und tanzen gemeinsam 
in Beerenform umher. Der Tanz der Theilmonaden ist ein unfreier. Jene gleichen den Vögelzügen und 
TThierheerden in ihren Vereinen, diese den schwimmenden Corallenstöcken. Ihre Beerenform ist Folge der unvoll- 
kommenen Selbsttheilung, welche nur eine Einschnürung und erst spät eine gemeinsame völlige Abschnürung 
ist. Die Gesellschaftsform der Traubenmonaden fehlt den Theilmonaden, wie es scheint, ganz und 
was im Leben der Traubenmonaden auseinander gerückt und zum Theil freier Willkühr anheim gestellt 
ist, Zerspaltung des Individuums und Gesellschaftsleben, ist bei den Theilmonaden zusammengedrängt 
und der Willkühr entzogen. Diesen fehlt ein grosser Theil der Poesie des Lebens, den jene besitzen. Schon 
SpaLLanzanı hat diese Erscheinung bei derselben Polytome recht ausführlich beobachtet, nur blieb ihm die 
Höhe der Organisation dieser Wesen, das Erhabenste, unbekannt., Zuweilen schien es mir, als hätten die 
Thheilmonaden einen gemeinsamen dünnhäutigen Ueberzug, allein ich- habe es dann immer nur für die ausge- 
dehnte Zwischenhaut, d. h. Mangel an Tiefe der Abschnürung der Individuen gehalten. Wäre eine Hülle 
vorhanden, so würden sie, wie Chlamidomonas, zur Familie der Kugelthiere zu stellen seyn. Mangel an 
Augen, Mangel an vorragender Lippe, Mangel an Schwanz und die Bewegung der Einzelthiere in der Längs- 
axe des Körpers, sind, ihnen zukommender, Character der Monadenfamilie. 

Es ist bisher nur eine einzige Art dieser Gattung vorgekommen, welche farblos oder nur leicht 
milchfarben ist. An Organisationsverhältnissen zeigte sich der vielmagige (polygastrische) Ernährungsorga- 
nismus deutlich. Eben so deutlich hat sich der Bewegungsorganismus ermitteln lassen, welcher aus 2 peit- 
schenartigen Rüsseln am Munde besteht. Ueberdiess erkannte ich eine, nicht dem Ernährungsapparate zu- 
gehörige, contractile grössere Blase, welche dem männlichen Theile des Sexualsystems anzugehören scheint. 
Endlich lässt eine grosse weisse freie Stelle im vordern Körper eine daselbst befindliche, die Magenzellen 
nach hinten hindrängende, Samendrüse vermuthen, deren schärfere Umgrenzung bisher unsichtbar blieb. Ei- 
"bildung ist, vielleicht wegen Kleinheit oder Durchsichtigkeit der Eier, bisher nicht beobachtet. Freiwillige 
Queertheilung und Längstheilung aber sind sehr in die Augen fallend. Das Zerfallen der Beeren in Einzel- 
thiere beobachteten früher schon MÜLLER und WRISBERE. 

Die geographische Verbreitung der 'Theilmonaden ist in Europa ansehnlich, ausser Europa noch un- 
bekannt. Sie wurden von mir in Petersburg und ‚bei Berlin beobachtet. Mürzer beobachtete sie als Mo- 
nas Uva, wahrscheinlich mit Uvella Uva abwechselnd, in Copenhagen, WRISBERG in Göttingen und SPAL- 
LANZANI in Italien in Modena. Ob Bory dieselbe als Zvella Chamaemorus in Paris beobachtet habe, ist 
unsicher, weil es auch Zvella Uva seyn konnte. 

Der Name Polytome wurde von den verdienten Reisenden Quoy und GAMARrD für kleine, aber dem 
blossen Auge sehr sichtbare Seethiere, Acalephen, der Freyeinet’schen Weltumseglung angewendet, welche 
an Form den Uvellen fast gleichen. EscnscnoLtz hat schon mit Recht nachgewiesen (System der Acale- 
phen), dass diese Körper nur knorpliche Schwimmstücke von Diphyiden sind. Der Name Polytoma ist da- 
her unbenutzt und da 1830 dieser Form der Name Monas polytoma die zufällige Uebereinstimmung gab, 
so ist später der Specialname als Genus -Name aufgenommen worden. ° 


33. Polytoma VUvella, traubenartige Theilmonade. Tafel I. Fig. XXXH. 
P. corpore ovato aut oblongo, utringue aequaliter obtuso, /ıoa — "so Jineae longo, hyalino albicante, acervis Y/s2 li- 


neae magnis. 


Polytome Uvelle, a corps wale ou oblong, obtus aux deux bouts, longueur "os — io millimetre, cou- 
leur d’eau blanchätre, a grappes d’ un "Iıs millimetre. 


Monas Uva, MüLzer,-zum Theil, Animalc. infus. Taf. I. Fig. 12— 13. 1786. 
WRISBERG, de Animalc. infus. satura, p. 24. Taf. I. 4. 1764. 

SPALLANZANI, Opuscules physiolog. p. 209. Taf. 2. Fig. 15. B. €. D. 1776. 

Uvella Chamaemorus, BorY DE Sr. Vincent, 18%. Encycl. meth. 

Monas polytoma, Abhandl. der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1830. (1832.) p. 84. 
Polytoma Uvelle, _ = —_— .- E= > = 1831. (1832.) p-. 62. 


Aufenthalt: In Berlin!, Petersburg!, Göttingen, Modena, Paris, Copenhagen. 


Die Theilmonade lebt nur in faulem, übelriechenden Wasser, worin thierische Theile sich auflösen, von denen sie sich 
nährt. Meist findet sie sich gleichzeitig mit Vibrionen und Spirillen, zuweilen auch mit Uvella Uva und U. Atomus, zwischen 
Chlamidomonas und Vorticella microstoma in Regentonnen und Löschkübeln dergl., worauf sich eine Haut gebildet hat. Sie 
macht, wo sie in Menge ist, das Wasser milchig, und oft ist es von unerträglichem Geruch, wenn sie am dichtesten es erfüllt. Ich 
fand sie im Freien am meisten im Juli, im Zimmer aber zu allen Jahreszeiten in Aufgüssen. Auf die älteren Synonyme ist kein siche- 
rer Verlass, ob sie hierher gehören, nur Srarzanzants Beobachtung ist unzweifelhaft. Alle oben angeführte haben das Vorkommen 
in thierischen Infusionen oder in faulem Wasser für sich. Müırer hat mit Unrecht Herrmann’s und GLEIicHEN’s weisse Uvellen 
für einerlei mit denen von Sparranzanı und Wrisgerg gehalten, und Borx ist ihm gefolgt. Wenn Uvella Uva und Polytoma 
Uvella, was ich öfter sah, zusammen vorkommen, so unterscheidet man sie sogleich , letztere ist weit weniger tief eingeschnürt und 
trüber. 

Was die Organisation betrifft, so hat die Theilmonade ein sehr fein getheiltes, in die hintere Körperhälfte zurückgedrängtes 
Verdauungsorgan. Lange erwartete ich umsonst, dass sie sich, wie Uvella Atomus oder Glaucoma, mit Indigo sichtlich anfüllen sollte. 
Erst am 15. April 1835 gelang es, die Schwierigkeit für die Beobachtung zu überwinden. Man muss eine 600 bis 800malige Ver- 
grösserung anwenden, dann sieht man auch die kleinen Magenzellen mit farbiger Speise erfüllt. Dieselben Zellen im hintern Körper 


hielt ich früher für Eier. Es sind deutliche,Magen. Die grössere Blase füllt sich nie mit Indigo, verschwindet periodisch und dehnt 


sich wieder aus. Die leere vordere Körperhälfte scheint grossentheils durch eine homogene durchscheinende Samendrüse von kugliger 
Form erfüllt zu werden, welche die Magenzellen und den Darm nach hinten drängt. Vorn am Munde befinden sich 2 fadenförmige 
Rüssel, welche die Hälfte der Körperlänge haben und deren Schwingen einen Wirbel hervorbringt, den man in gefärbtem Wasser leicht 
sieht. Niemand kann jetzt mehr im Ernste diese deutlich organisirten Thiere für abgelöste Theile des faulen Fleisches halten, wenn 
auch hie und da die Nebenumstände sich noch schwer erklären lassen. — Auf Glimmer getrocknet, kann man die Korm ziemlich gut 
aufbewahren. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXXIL. 


Die 3 Gruppen sind nach 3 verschiedenen Vergrösserungen aufgefasst. Einige Thierchen haben Indigo verzehrt. 
a. 290mal vergrössert, enthält 3 Einzelthiere, 2 in der Queertheilung begriffene «, eins in der Längstheilung $#, und 7 beerenartige in mehrfacher un- 
vollkommener Theilung. Von diesen ist eins aus 3 Theilen so gebildet, dass ein ursprünglich einfaches, durch die Längstheilung eingeschnürtes, Thier- 
chen sich an einem seiner Theile wieder in die Queere eingeschnürt hat. Drei andere sind aus 4 Kugeln bestehend, welche ein, nur erst einfach in 


die Länge und dann über Kreuz in die Queere, getheiltes Thierchen darstellen. Die übrigen 3 Beerenkugeln sind Thiere, welche durch kreuzweise 


unvollkommne, d. h. nicht völlig ablösende, Selbsttheilung noch weiter eingeschnürt sind. Bei denen, wo eine gemeinsame zarte Haut die Körper ein- 
zuschliessen scheint, ist diess wahrscheinlicher flache Einschnürung der Oberhaut. 

b. sind sechs 450mal vergrösserte Thierchen verschiedener Grösse. 

e. ist 820mal vergrössert. Die grössere runde Blase in der Körpermitte ist die contractile Samenblase, welche sich nie mit Farbe füllt. 


VIERTE GATTUNG: AUGENMONADE. 
Microglena. Microglene. 


CHARACTER: Animal e familia Monadinorum, cauda destitutum, sed ocello praeditum, ore terminali 
truncato, proboscide subtili flagelliformi simplici instructo, natantibus antico, divisione spon- 
tanea simpliei perfeceta bipartitum aut nunquam dividuum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades, sans queue, mais ayant un point rouge qui 
tient lieu d’oeil, & bouche terminale tronquee, pourvue de trompe en forme de 
Fouet simple tres-deliee, anterieure dans la nage, a division sponlanee simple par- 
Feite ou nulle. 


Die Gattung der Augenmonaden characterisirt sich durch einen rothen inneren Punkt am vorde- 
ren Körper, welcher hier als Auge betrachtet wird. Sie hat sonst alle Charactere der wahren Monaden: 
Mangel an Schwanz, Mangel an vorragender Lippe, Schwimmen in der Längsrichtung des Körpers, keine 
unvollkommene Selbsttheilung und einen einfachen, peitschenartigen Rüssel. 

Die Gattung Microglena besteht bis jetzt nur aus zwei sichern Arten, welche beide farbig, eine 
gelb, die andere grün sind. Sie wurde 1831 von mir zuerst unterschieden und mit 2 Arten, M. mmona- 
dina und volvocina bekannt gemacht. Letztere hat sich jedoch später als eigne Gattung der Panzermona- 
den erwiesen, und ist 1832 von mir als Trrachelomonas volvocina beschrieben worden. An ihrer Stelle 
hat sich MüLzer’s Znchelys punctifera als 2te Form dieser Gattung, als M. punctifera ergeben. An Or- 
ganisation hat besonders eine dieser Arten grossen Reichthum, ja fast vollendete thierische Zusammen- 
setzung erkennen lassen. Als Bewegungsorgan ist bei beiden Arten ein einfacher fadenförmiger Rüssel er- 
kannt. Beide haben, in allen Individuen, einen rothen, nicht äusserlichen, sondern inneren Pigmentfleck, 

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welcher bei grösseren Infusorien (Zuglena und Räderthieren) sich als häufiges auf einem (Nerven) Gang- 
lion aufsitzendes, dem einfachen Auge der Daphnien ähnliches, Auge zu erkennen giebt. Ausser diesen 
Organen zeigt Microglena monadina den Körper mit schön grünen, gleichartigen Körnchen erfüllt, welche 
ganz das Ansehen und die Lage von Eiern haben. Ferner ist in der Mitte des Körpers queer gelagert ein 
graues, bandartiges, eingerolltes und drüsiges Organ, welches ich als Samendrüse betrachte. Vielleicht hat 
dasselbe Mürter bei Micr. punctifera als helles Queerband gesehen. Eine contractile Blase liess sich 
nicht wahrnehmen. Sehr bestimmt aber wurden eine Vielzahl von Magenblasen anschaulich, unter denen 
sich vielleicht die männliche Sexualblase verbarg. So sind denn bei dieser Form, welche den Monaden 
ganz ähnlich ist, alle Systeme, auch das diesen scheinbar fehlende Empfindungssystem, des thierischen Or- 
ganismus erkennbar geworden. Nur das Gefässsystem blieb unbekannt. Wie zart aber müssen die Gefässe 
dieser kleinen Thiere seyn! Sie nicht zu erkennen, ist die offenbare Schuld der unzureichenden Mittel für 
die Beobachtung. 

Da die Augen der Thiere und selbst des Menschen nie auf der Bauchseite, sondern immer auf der 
Rückenseite, d. h. über dem Anfange des Ernährungscanales, nie unter demselben liegen, so bezeichnen 
auch die Augen der Augenmonaden wohl deren Rückenseite. Es ergiebt sich daraus, dass der Rüssel 
eine verlängerte Oberlippe ist und dass die ringartige Samendrüse auf der Bauchseite geschlossen, auf der 
Rückenseite geöffnet ist. Auch kann man nun von einem Rechts und Links dieser kleinen Thiere sprechen. 

Die geographische Verbreitung dieser Form ist erst weiter zu ermitteln. Beide Arten sind von mir 
nur in Berlin, und Microglena monadina überdiess in Delitzsch bei Leipzig beobachtet worden. Micro- 
glena punctifera ist in Dänemark und bei Ingolstadt angegeben. 


34. Microglena punctifera, gelbliche Augenmonade. Tafel I. Fig. XXXII. 


M. corpore ovato subconico, postica parte attenuato, fs. limeae non superante, flavo, ocello rubro et nota frontali 
nigricante. 


Microglene jaunätre, ü corps ovale, presque conique, aminci posierieurement, ne surpassant pas 
. . x . . . . A x 
!; millimetre, couleur jaune, oeil rouge simple avec une tache noirätre semblable a un se- 
cond oeil. 


5 
Enchelys punctifera, MüLLer, Animalc. infus. Taf. IV. Fig. 2—3. 1786. 
Enchelys punctifera, Schrank, Fauna boica III. p. 39. 1803. 


Aufenthalt: Bei Berlin, Ingolstadt und Copenhagen. 


Ich fand diese Form zuerst im Winter, am 11. Februar 1835, an grauschleimigen Wasserpflanzen im Thiergarten bei Ber- 
lin in Menge. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die von Müıter in Sümpfen beobachtete Form dieselbe sey, obschon die von mir ge- 
sehene durchsichtiger war. Dass er das Auge schwarz sah, liest an der zu schwachen Vergrösserung. ScHrAnk scheint allerdings 
dasselbe Thierchen unter Wasserlinsen beobachtet zu haben. Bory führt zwar im Dietion. classique d’ hist. nat. unter Enchelys 
die Form auch an, hat sie aber wohl nur der Systematik halber angegeben, nicht selbst beobachtet. Ich war früher geneigt, dieses Thier- 
chen, seiner zwei Augen wegen, für eine Art der Gattung Distigma, der Familie der Astasiaeen zu halten, allein die eigene An- 
schauung hat mich anders belehrt. Einer der Punkte ist nur roth, der andere ist wahrscheinlich der spiralförmig umgebogene rechte 
Mundwinkel. Bei der Bewegung dreht es sich etwas wankend um die Längsaxe und geht immer mit dem stumpfen Ende voran. Die 
Bewegung ist langsam, weil der Rüssel kurz, nur von der Körperlänge ist. Der von Müıter beobachtete hellere Queerstrich in der - 
Mitte kann leicht die bandförmige Sexualdrüse seyn, die ich nicht unterschied, vielleicht weil meine Thiere zu wenig dunkle Nahrung 
und Eientwicklung in sich hatten. 


Erklärung der Abbildung Taf. I. Fig. XXXIM. 


Es sind 6 Individuen verschiedener Lage, Form und Grösse von Ygg bis !/;, Linie Grösse, 290mal vergrössert. Die stumpfe rüsselführende 
Seite ist überall die vordere. 


35. Microglena monadina, grüne Augenmonade. Tafel I. Fig. XXXIV. 


M. corpore ovato, utringue aequaliter rotundato, paullo minore, "402 —"/so lineae longo, laete viridi, ocello rubro, 
distinete simplici. 


Microglene verte, a corps ovale, egalement obtus aux deux bouts, plus petite, "yo — "ho millimetre 
en longueur, couleur d’ un beau vert, oeil rouge distinctement simple. 


Microglena monadina, Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 64. Tafel I. Fig. 1. 
= = a. = — — 1835. (1836.) p. 164. Tafel I. Fig. 17. 


Aufenthalt: Bei Berlin und Delitzsch. 


Ich entdeckte ‚diese Form im Jahre 1831 im Thiergarten bei Berlin im ersten Frühling zwischen grauschleimigen Wasser- 
pflanzen. Ich glaubte sie durch das rothe Auge characterisirt, im Vergleich zu Monas Pulvisculus. Seitdem habe ich letztere als 
den Kugelthieren zugehörig erkannt und bei ihr ebenfalls ein rothes Auge gefunden (vergl. Chlamidomonas). Am 31. März 1835 
fand ich ‚die Microglena wieder und habe sie als dennoch verschieden von der Staubmonade bestätigt. Ihre Eikörnchen geben ihr 
eine mehr bläulich-grüne Farbe und die mittlere bandartige, fast cirkelförmige Sexualdrüse unterscheidet sie völlig, auch hat Chlami- 


u 


domonas 2 Rüssel, Microglena nur einen. Der Rüssel ist ungefähr von der Körperlänge. Ein Ei ist etwa rss Linie gross und 
kugelförmig. no wankend und um die Längsaxe drehend. Enntwickelungseyelus Yı240 — !Jso Linie. 
Beide Formen habe ich auf Glimmer getrocknet wohl erhalten vor mir. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXXIV. 


Es sind 2 Gruppen nach 2 verschiedenen Vergrösserungen. 
Die Gruppe @. umfasst 7 Thierchen verschiedener ‘Stellung, Form und Grösse, a das längste, '/;, Linie gross, £ das kleinste, */,,, Linie gross. Alle 
sind 290mal vergrössert. 
Fig. 6. ist ein einzelnes 480mal vergrössertes Thierchen. 


FÜNFTE GATTUNG: BRAUTMONADE. 
Glenomorum. Glenomore. 


CHARACTER: - Animal e familia Monadinorum, cauda destitutum, sed ocello ornatum, ore terminali trun- 
cato, proboscide filiformi dupliei instructo, natanti singulo antico, divisione spontanea sim- 
plici perfeeta bipartitum aut nunquam dividuum, periodice in acervos, mori aut uvarum forma, 
quoquoversum volutantes consociatum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades, sans queue, orne d’ um point rouge qui 
tient lieu d’ oeil, & bouche terminale tronyuee pourvue de trompe en forme de fouetl 
double, anterieure dans la nage des individus simples, ü division spontanee simple 
parfaite ou nulle, reuni periodiquement en grouppes tournoyants de la forme de 
mure ou de grappe. 


Die Gattung der Brautmonaden unterscheidet sich von der nah verwandten Gattung der Trau- 
benmonaden durch ein einfaches rothes Auge im vorderen Körper. Von den Monaden und Augenmonaden 
durch periodisches Vereinigen vieler Einzelthiere in Beerenform. Beständigkeit der Form, Mangel an Schwanz, 
nicht vorragende Lippe, ein doppelter Rüssel, Bewegung in der Längsaxe des Körpers bei den Einzelthie- 
ren und Mangel an Bestockung durch unvollkommene Selbsttheilung unterscheiden die Gattung von allen 
übrigen e 

Die Gattung besteht nur aus einer Art, welche von mir als Monas tingens aufgeführt worden war. 
Sie ist ganz besonders nahe verwandt der Gattung Chlorogonium in der Familie der Wechselthiere, 
Amoebaea, die aber eine mehrfache gleichzeitige Selbsttheilung zeigt, und sich, den Astasiaeen gleich, will- 
kührlich etwas zusammenzieht und ausdehnt. 

Unter Nro. XXI. ist beim Namen Monas tingens die Diagnose dieser Form mitgetheilt, hier soll 
nur von der Structur das Nöthige für die Gattung nachgetragen werden. 

Dieses so kleine Thierchen gehört unter die augenscheinlich vollständig thierisch organisirten Mona- 
dinen. Als Bewegungsorganismus besitzt es am vordern Ende 2 feine Rüssel von mehr als halber Körper- 
länge. Kleine weissliche Blasen im Körper lassen sich als Magenzellen erkennen. Die grüne Farbe besteht 
aus sehr feinen Körnchen, welche man ein Recht hat, für Eier zu halten. In der Mitte des Körpers ist 
ein grösserer kuglicher durchscheinender farbloser Körper, der als männliche Samendrüse leicht annehmlich 
ist. Ueberdiess befindet sich im vordern Drittheile des Körpers ein schön rother innerer Punkt, welcher 
der Analogie der grössern Thiere nach als Auge zu betrachten ist. — Getrocknet auf Glas oder Glimmer 
lässt sich diese Form sehr klar und schön aufbewahren. 

Diese Gattung ist nur bei Berlin beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXI. 


Die mit a. und 2. bezeichneten Gruppen sind in 2 verschiedenen Vergrösserungen dargestellt. 
a. bezeichnet 14 Einzelthiere in verschiedener Lage, Form und Grösse, und 2 Gesellschaftsgruppen, 290mal EIER 
6. sind 2 Einzelthiere bei 480maliger Vergrösserung. 


n An u AT a 


D=) 2 


SECHSTE GATTUNG: WEDELMONADE. 
Phacelomonas Phacelomonade. 


CHARACTER: Animal e familia Monadinorum, cauda destitutum, ocellatum, ore truncato terminali, eiliis 
filiformibus (8— 10) s..proboscide multipliei instructo, natanti antico, divisione spontanea 
simplici perfecta bipartitum aut nunquam dividuum. 


 CARACTERE: Animal de la famille des Monades, sans queue, mais ayant un point rouge, qui 
est un oeil, & hbouche terminale tronqude pourvue de plusieurs (S—10) cüs ou 
trompes en fouet, anterieure dans la nage, ü division spontanee simple parfaite 
ou nulle. 


Der Character der Wedelmonaden liegt in der Vielzahl von Rüsseln am Munde, welche einen 
Wimperkranz bilden. Uebrigens sind sie den Augenmonaden ganz ähnlich. Beständigkeit der Form, Man- 
gel an Schwanz, schroff am Körperende befindlicher Mund, Anwesenheit eines inneren rothen Pigmentkör- 
pers als Auge, Bewegung in der Längsaxe des Körpers und vollkommene einfache Selbsttheilung unterschei- 
den die Form von den übrigen Monadinen. 

Es ist nur eine Art der Gattung: bisher bekannt. An Organisationsverhältnissen zeigte diese viele 
Magenzellen, deren sichtliche Anfüllung mit Farbestoffen aber nicht gelang. Als Bewegungsorgane liessen 
sich S— 10 fadenförmige kürzere Rüssel oder Wimpern am Munde erkennen. Als Fortpflanzungsorganis- 
mus waren dicht gedrängte, sehr kleine grüne Körnchen im Körper sichtbar, welche Eier zu seyn schei- 
nen. In der Mitte des Körpers liess sich ein kugliger farbloser grösserer Körper als männliche Samendrüse 
ansprechen. Eine contractile Blase ist nicht erkannt. Sehr deutlich aber zeigen alle Individuen einen rund- 
lichen rothen Pigmentfleck im Innern des Vordertheils,' welcher, der Analogie nach, ein Auge ist, dem ein 
Nervenmarkknoten überall da zur Stütze dient, wo die Beobachtung dieses Detail erreichen kann. Diese 
Gattung besitzt als Fortpflanzungsmittel noch queere Selbsttheilung. 

Sie ist bisher nur bei Berlin beobachtet. 


36. Phacelomonas Pulvisculus, grüne Wedelmonade. 
Ph. corpore oblongo subconico, postico fine attenuato, "os lineae parum superante, laete viridi. 
Phacelomonade verte, a corps oblong, um peu conique, aminci posterieurement, egalant Us milli- 
metre, couleur verte. | 


Monas Pulvisculus, MüLLer? Animalc. infus. Tab. I. Fig. 56. 1786. 
Phacelomonas Pulvisculus, Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1835. p. 171. 


Aufenthalt: Berlin. 


Ich fand diese Form am 3. Juni 1836 in Pankow bei Berlin, eine grüne Lache ganz erfüllend. Ob nicht MüLLer’s Monas 
Pulvisculus, welche ich jetzt zu Ohlamidomonas der Kugelthiere ziehe, richtiger hierher gehört, ist nun zweifelhaft. Sicher ist, dass ich 
beide Formen früher für Eine gehalten habe, indent, ich die Mehrzahl der Wimpern am Munde schon im Jahre 1819 zuweilen deutlich 
erkannte und im Jahre 1828 bestätigte, seitdem aber nie wieder sah, weil ich ein ähnliches, aber sehr verschiedenes, Thier vor mir 
hatte. Die kleinen grünen Eier sind fast "/ooo Linie, nämlich '/ıo20 Linie gross. Bei bevorstehender Selbsttheilung werden die klei- 
nen kurz conischen .Körper erst walzenförmig und schnüren sich dann in der Mitte ab. Beim Sterben werden sie kugelförmig. Ge- 
trocknet lassen sie sich sehr leicht und schön aufbewahren. Die Bewegung der Thiere ist rasch in der Längsrichtung des Körpers 
und um die Axe drehend ohne Wanken. Diese Form beweisst, dass Rüssel und Wimpern nicht allzu verschiedene Organe sind. 

Eine Abbildung hat nicht mehr in die Tafeln aufgenommen werden können, da die erste, an deren Ende sie gehört, sammt 
der zweiten gestochen war. — Entwickelungseyclus "/ı2o—Yıs Linie. 


SIEBENTE GATTUNG: WALZMONADE. 
Doxococcus Doxocoque. 


CHARACTER: Animal e familia Monadinorum, cauda et ocello destitutum, ore natantibus vago; motus 
Volvocis, contra axin rotatorius; divisio spontanea simplex perfecta aut nulla. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades, sans queue et sans oeil, & bouche variable 
dans la nage; mouvement d'un Volvox, roulant contre Faxe du corps; division spon- 
Lande simple parfaite ou nulle. : 


Die Gattung der Wälzmonaden unterscheidet sich von allen Monadinen durch ihre nicht schwim- 
mende oder drehende, sondern rollende Bewegung der Einzelthiere über Kopf, ganz der ähnlich, welche die 
zusammengesetzten Kugelthiere oder die Beeren der Traubenmonaden haben. Im Uebrigen sind sie den 


9 


Monaden ganz gleich. Beständigkeit der Körperform, Mangel an Schwanz und Augen, Mangel an einer 
vorragenden Lippe, einfache, vollkommene oder keine Selbsttheilung sind die wesentlichen Charactere, wel- 
che sie von den übrigen Infusorien unterscheiden, und bei den Monadinen einreihen würden. 

Die Gattung der Wälzmonaden ward im Jahre 1830 mit 3 Arten von mir aufgestellt und 1852 
mit einer Aten vermehrt. An Organisation hat die Beobachtung bisher nicht viel ermittelt, indem 3 Arten 
auf der Reise in Sibirien beobachtet wurden, und die 4te sich zu wenig durchsichtig zeigte. Bei D. @lo- 
bulus sind wahrscheinlich Magenblasen erkennbar gewesen. Bei demselben und D. Pulvisculus sind Ei- 
körnchen erkennbar gewesen. Ein Bewegungsorgan ist unerkannt, auch keine Selbsttheilung beobachtet. 
Die eigenthümliche Bewegung dieser Einzelthiere ist bis jetzt ihr Character. 

Zwei Formen der Gattung leben in Europa, eine davon mit 2 andern fanden sich bei Orenburg 
und in Sibirien. 


37. Doxcococcus Globulus, kuglige Wälzmonade. Tafel I. Fig. 1. 
D. corpore subgloboso aut ovato, hyalino, */,» lineae attingente. 


Doxocoygue Globule, ü corps spherigue ou ovale, couleur d’eau, longueur !|s; mällimetre. 


Volvox Globulus, MÜLLER, Vermium fluviat. hist. I. p.%8. 1773. 
— —_ — Animalc. infus. Tafel III. Fig. 4. 1786. 
Doxococcus Globulus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 58, 82. 1831. p. 63. 


Aufenthalt: Im salzhaltigen Wasser von Dlezkaja Saschtschita bei Orenburg im September, und in Pflanzenaufgüssen in Copenhagen 
beobachtet. + 


Die rollende, langsame Bewegung zeichnet diese Wälzmonade sogleich aus. Mürrer’s Abbildung zeigt keinen wesent- 
lichen Unterschied. Der Mund ist unerkannt, jedenfalls, der Bewegung nach zu urtheilen, bald oben, bald unten, bald vorn, bald 
hinten. Es scheint fast, dass ein einfacher fadenförmiger Rüssel diese Bewegung nicht hervorbringen könne, und dass wohl mehrere 
seyn müssen. Die Form ist erst weiter zu beobachten. MürLrer sah auch zuweilen raschere Bewegung. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. 1. 
Es sind zwei, */;, Linie grosse, 290mal vergrösserte Thierchen. Die Trübung scheint von kleinen, etwa 4/,9,6 Linie grossen, Eiern zu 
kommen, die grösseren Blasen mögen Magenblasen seyn. 
385. Doxococcus ruber, rothe Wälzmonade. Tafel II. Fig. I. 
D. corpore globoso, parvo, "/ısı lineae magno, lateritio, nec pellucido. 


Dozocogue rouge, a corps globuleux, petit, "I. millimetre en longueur, couleur rouge de brique, 
point transparent. 


Doxococcus ruber, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1832. p. 9. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Sie fand sich am 5. April 1832 zwischen grünen Wasserfäden, Conferven, des Thiergartens. Ich konnte im farbigen Was- 
ser an dieser Form keine Wirbel entdecken. In gewissen Stellungen sah ich ein 3theiliges Inneres, in anderen Lagen einen dunkle- 
ren, nicht immer scharf begrenzten Punkt. Ich bin doch jetzt zweifelhaft, ob diese Form nicht zu Trachelomonas der Panzermo- 
naden gehört, obschon ich durch Druck und Färbung mich vom Panzer nicht überzeugen konnte, und die Bewegung eigenthümlich ist. 


Erklärung der Abbildungen Taf. U. Fig. H. 


Die Gruppe von 7 Thierchen zeigt die angegebenen Verhältnisse unter 290maliger Vergrösserung. 


39. Doxococcus Pulvisculus, grüne Wälzmonade. Tafel II. Fig. IH. 


D. corpore exacte globoso, parvo, */ıoo lineae non superante, viridi, obscuro. 


Doxocogue vert, ü corps parfaitement globuleux, petit, ‘); millimetre en longueur, vert, obscur. 
Dowococeus Pulvisculus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 82. 1831. p. 63. 
Aufenthalt: Bei Catharinenburg im Ural. 


Sie fand sich im Juli zwischen Conferven, */ıs—Hıoo Linie gross. Der kugelförmige Körper war mit grünen gleichgrossen 
Körnchen ganz erfüllt und zeigte überdiess einige unregelmässige innere Dunkelheiten. Die Bewegung war die eines F’olvox, ohne be- 
stimmtes vorn und hinten. Auch diese Form erinnert sehr an Trachelomonas, liess aber keinen bestimmten Panzer erkennen. Ich 
verglich sie damals mit Ohlamidomonas Pulvisculus. 


Erklärung der Abbildungen Tafel I. Fig. II. 


Die 3 Individuen sind in Catharinenburg nach dem Leben von mir gezeichnet und 245mal vergrössert. 


40. Doxococcus inaequalis, unregelmässige Wälzmonade. Tafel I. Fig. IV. 
D. corpore subgloboso inaequali, minore, Yzoo lineae magno, hyalino, viridi adsperso. 


Dozxocogue inegal, u corps inegal, presque globuleux, assez petit, “ıo millimetre en longueur, cou- 
leur d’eau, pointille de vert. 
Doxococeus ingequalis, Abhandl. der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 82. 1831. p. 63. 
Aufenthalt: Bei Catharinenburg im Ural. 


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30 


Das unregelmässig kuglige Thierchen fand sich mit vorigem im Juli zwischen Conferven der Iset. Die unebene Oberfläche 
spricht mit dafür, dass es yinaiski ist. Die grünen Zeichnungen könnten von genossener Nahrung herrühren. Die Bewegung war cha- 
racteristisch, die Organisation aber, der Eile auf der Reise halber, nicht weiter zu ermitteln. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. IV. 


Die 3 in Catharinenburg sogleich gezeichneten Individuen sind 245mal vergrössert, 


ACHTE GATTUNG: LIPPENMONADE. 
Chilomonas. Chilomonade. 


CHARACTER: Animal e familia Monadinorum, cauda et ocello destitutum, ore laterali aut obliquo, hine 
labiato, eiliis? aut proboseide subtili flagelliformi (dupliei?) instructo, divisione spontanea aut 
simplici perfeeta, aut nulla. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades, depourvu de queue et d’oeil, a bouche late- 
rale ou oblique (surmontee d’une levre), distinguece de cils ou de trompe en forme 
de fouet tres-deliE (double?), & division spontanee simple parfaite ou nulle. 


Die Lippenmonaden bilden eine kleine Gattung in der Monadenfamilie, welche sich durch schief 
gegen die Längsaxe des Körpers stehenden Mund auszeichnet, wodurch ein über den Mund vorragender 
Theil lippenartig erscheint. Alle Arten bewegen sich in der Längsaxe des Körpers, haben eine beständige 
Körperform, sind schwanz- und augenlos und haben vollkommene einfache oder gar keine Selbsttheilung, 
vielleicht auch immer 2 feine Rüssel. 

Es sind nur 3 Arten dieser Gattung bekannt, welche 1831 von mir vorgeschlagen wurde. Zwei 
davon hatte ich 1830 als Monas Volvox und Trichoda? Paramecium verzeichnet, die dritte, Chilomo- 
nas destruens, von 1833, wurde 1834 bekannt gemacht. An Organisationsverhältnissen ist noch nicht 
alles, aber schon mancherlei, entwickelt worden. Sichtliche Thätigkeit eines Ernährungssystems ist bei Ch. 
Volvox erreicht worden, farblose Magenblasen sind bei allen Arten erkannt. Ausserdem sind deutlich Be- 
wegungsorgane bei 2 Arten beobachtet; bei Ch. Paramecium besonders klar 2 Rüssel, bei O4. destruens, 
weniger klar, eine Vielzahl von Wimpern am Munde. 

Sämmtliche Arten leben bei Berlin, zwei davon auch in Petersburg, und die dritte, Oh. destruens, 
auch im Ostseewasser bei Wismar. Letztere ist vielleicht ein wahrer Eingeweidewurm anderer Infusorien (!) 
des Zrachionus Mülleri. 


41. Chilomonas Volvox, wälzende Lippenmonade. Tafel I. Fig. V. 


Ch. corpore ovato, antica parte attenuato, exciso, Y/ızo lineae attingente, hyalino, pellucido, labio praelongo. 


Chilomonade roulante, a corps ovale, aminci et echanere anterieurement, longueur 'o mällimetre 
au plus, couleur d’eau, transparent, a levre longue. 


Monas VoWwox, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 84. 
Chilomonas Vowoxr, — - —_ - — - — 1831. p. 64. 


Aufenthalt: In Petersburg und Berlin. 


Ich fand diese sehr ausgezeichnete, an Form fast einem Börsenthierchen (Bursaria) oder Halsthierchen (Trachelius) 
ähnliche, Monade in 3 Wochen lang gestandenem Newa-Wasser in Petersburg zuerst Ende Novembers 1829, aber 1831 auch in Berlin im 
gestandenen Spree-Wasser. Bei Fütterung mit Indigo füllte sie viele kleine Magenzellen an und zeigte an der vorderen Vertiefung 
einen Wirbel. Das Bewegungsorgan blieb unerkannt. Die Zahl der angefüllten Magenzellen schwankt bis zu 9, doch blieb noch viel 
Platz für andere. Meist war der Körper hinten gerundet, zuweilen fast gespitzt. Einige waren weniger als halb so gross, als andere 
und konnten durch Theilung dieser nicht entstanden seyn, waren daher Junge aus Eiern. Eier liessen sich direct nicht erkennen, auch 
keine andern Sexualtheile. Die Form ist neuerlich nicht wieder vorgekommen. Die Petersburger Thierchen waren im Ganzen etwas 
kleiner und rundlicher, Yzss bis Yısa Linie gross, die Berliner bis Yı2o Linie lang, länglicher. Verschluckte Farbe schien bei letz- 
teren vom Munde wieder ausgeworfen zu werden (vergl. Monas Kolpoda). 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. V. 


Fig. «. bezeichnet eine Gruppe der Berliner Thierchen, mit Indigo gefüttert, 12 an Zahl, in verschiedenen Stellungen und Grössen, 290mal vergrössert. 
Fig. $. ist eine Gruppe von 3 Thierchen aus Petersburg, 380mal vergrössert. 


42. Chilomonas Paramecium, dreiseitige Lippenmonade. Tafel II. Fig. VI. 


Ch. corpore oblongo, longitudinaliter carinato, triquetro, ad Yss lineae longo, hyalino-turbido, interdum moriformi. 


Chilomonade Prisme, ü corps oblong ,‚ earine longitudinalement, trilateral, atteignant Y,, millimetre 
en longueur, couleur d’eau trouble, quelquefois se reumissant en forme de müre. 


31 — 


GLEICHEN, Infusionsthierchen, Taf. XVI. Fig. II. E.2 Ovalthierchen, 1778. 
Trichoda? Paramecium, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 85. 
Chil Paramecium, — £, _ & a — 1831. p. 64. 


Aufenthalt: In Petersburg, Berlin und auf dem Greifenstein. 


Diese Lippenmonade lebt in Wasser, worin Waizenbrod lange geweicht worden, entsteht nicht, sondern entwickelt sich wohl 
‚ nur darin zahlreicher, wenn sie vorher einzeln zufällig in den Flüssigkeiten war. Sie findet sich zu vielen Tausenden in einem Tro- 
pfen. Ich habe sie noch nie zur Aufnahme ‚von farbiger Nahrung bringen können. Mürrer’s Enchelys Seminulum hat viel Aechn- 
lichkeit, soll aber eylindrisch gewesen seyn. Der Längskamm bei dieser ist auffallend. Grerıcnen’s Ovalthierchen des Aufgusses 
von türkischem Waizen mit Regenwasser gehört zweifelhaft hierher. Man erkennt es ausser der prismatischen Form noch an dem 
schiefen Ausschnitt vorn, wodurch die Lippe entsteht. Bei 245maliger Vergrösserung des Durchmessers erkennt man schon die zahl- 
reichen Magenzellen deutlich, Ich zählte deren bis 30. Bei 380maliger Vergrösserung erkannte ich in Berlin 2 fadenförmige Rüssel 
vorn an der vorragenden Lippe, von der Hälfte der Körperlänge. Die Bewegung ist in der Längsaxe und schwankend. In Petersburg 
sah ich öfter 2 bis 3 Tierchen vereint zu kleinen Beeren, was nicht Folge von Längstheilung seyn konnte, sondern als freies Zu- 
sammentreten erschien, wie bei Uvellen. Sexualorgane sind noch nicht unterschieden worden. 


Erklärung der Abbildungen Taf. D. Fig. VI. 


Die beiden Gruppen o. und £. sind in Petersburg von mir gezeichnet, y. in Berlin. 
0. ist bei 245maliger Vergrösserung abgebildet, ein Einzelthier mit drei beerenartigen Gruppen. 
ß. ist die russische Form, 380mal. vergrössert, in 2 Exemplaren. 
y. ist die in Berlin beobachtete Form bei gleicher Vergrösserung in 4 Exemplaren. 


43. Chilomonas destruens, zerstörende Lippenmonade. Tafel II. Fig. VI. 


Ch. corpore oblongo, forma ob mollitiem mutabili, Y72 lineae fere longo, hyalino aut flavicante. 


Chilomonade Destructeur, a corps oblong, variable en forme par sa mollesse, egalant ‘|, millime- 
tre, couleur d’eau. ou jaunätre. 


Chilomonas destruens, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1832. (1834.) p. 93. 
Aufenthalt: In der Ostsee bei Wismar und bei Berlin. 


Im August 1833 fand sich diese Form zuerst in einem todten oder sterbenden Räderthierchen, Brachionus Mülleri, im 
Ostseewasser bei. Wismar. Am 23. März 1835 fand sich dasselbe Thierchen auch bei Berlin zwischen Süsswasser-Conferven in zwei 


verschiedenen todten Räderthierchen, in Anuraea foliacea und Monocerca Rattus. Exsteres war etwas gelblich, letzteres farblos 


und etwas mehr gerundet. Es lebten viele beisammen, wie Fliegenlarven in einem todten Wirbelthiere. Bei beiden liessen sich im 
Innern viele Bläschen erkennen, etwas kleiner bei dem ersteren, etwas grösser bei dem letzteren, ich hielt sie für Magenzellen. Die 
Form des Körpers war bei allen an sich wohl beständig, langeiförmig, aber beim Schwimmen änderte jeder Anstoss die Form leicht 
ab, so dass sie bei ihrer Bewegung an die Wechselthierchen, Proteus, erinnerten, ohne deren Character wirklich zu besitzen. Befreit 
aus dem Kerker, hatten sie eine beständige Eiform, und da liess sich auch bei Trübung des Wassers durch Indigo ein durch Wimpern 
oder einen, vielleicht auch 2, Rüssel erregter Wirbel im vorderen Körper erkennen. Aufnahme von Farbe in die Magen sah ich nicht. 


‚ Ist vielleicht die im lebenden kranken Brachionus von mir beobachtete Monade (Tafel LXHI. Fig. V. 3.) der Jugendzustand dieser 
Form ? (vergl. Bodo intestinalis). 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. VD. 


Es sind 36 Thierchen abgebildet: 
Fig. ©. ist Brachionus Müllere von Wismar, todt mit 21 der ihn zerstörenden Lippenmonaden erfüllt. 
t sind 2 Thierchen nach ihrer Befreiung aus. dem Zrachkionus. 
Fig. $. ist Anuraea foliacea, erfüllt mit Chzlomonas. 
Fig. y. ist Monocerca Battus, letztere beide von Berlin, alle 290mal vergrössert. 


NEUNTE GATTUNG: SCHWANZMONADE. 
. Bodo. Monade ä queue. 


‚ CHARACTER: Animal e familia Monadinorum, caudatum, ocello destitutum, ore terminali (proboscide fili- 


formi simpliei?), divisione spontanea simplici perfeeta bipartitum, aut non dividuum, interdum 
in uvae formam consociatum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades, pourvue de queue, sans oeil,  bouche ter- 
minale, & division spontanee simple parfaite ou nulle, quelquefois se reunissant en 
Jorme de mure ou de grappe. 


Die Schwanzmonaden unterscheiden sich von allen übrigen Monadinen durch einen schwanzartigen 

Anhang hinten am Körper. Sie sind augenlos, haben den Mund vorn abgestutzt und bilden keine Mona- 

 denstöcke, sondern haben eine einfache vollkommene oder gar keine Selbsttheilung. Einige bilden, wie die 
Traubenmonaden, freiwillig Gesellschaftsvereine. 

Die Gattung Bodo besteht gegenwärtig ‚aus 8 Arten, von denen 1 grünfarbig ist, die andern farb- 

los sind. Sie wurde von mir im Jahre 1830 mit 4 Arten zuerst unterschieden, und 1831 mit 2. socialis 


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vermehrt. Seitdem sind noch 3 Arten hinzugekommen, welche hier zuerst bezeichnet werden. Früher ver- 
einigte man diese Formen theils mit den Samenthierchen, theils mit den Cercarien der Schnecken in 
der Gattung Cercaria. Letztere Gattung gehört jetzt zur Classe der Saugwürmer, und bildet mit den 
Samenthierchen eine Familie der geschwänzten Saugwürmer. Die geschwänzten Magenthierchen 
aus der Familie der Monadinen bilden allein die Gattung Zodo. Bodo heisst der Grenzstein. Die Bo- 
donen, oder geschwänzten Monaden, gehören zu den kleinsten bis jetzt erkannten organischen Wesen, und 
Bodo saltans bildet mit Monas Termo und Orepusculum, sammt einigen Formen der Familie der Zit- 
terthierchen, Vibrionien, die Grenzgestalten für unsere Sehkraft. Millionen und Millionen leben nicht sel- 
ten in einem einzigen Tropfen Wassers beisammen. Sie sind im Detail ihres Organismus zum Theil nicht 
mehr unterscheidbar und sind die Milchstrasse der Sehkraft im kleinen Raume. 

Der Gesammtorganismus dieser Formen ist durch sorgfältige Forschung schon, wie der der Mona- 
den, mannigfach in seinen Einzelnheiten erreichbar geworden, so klein auch die Individuen sind. Ja die 
kleinste Form, 2#odo saltans, hat von allen allein zur Sicherstellung der Ernährungsorgane sich am zweck- 
mässigsten ergeben. Magenblasen sind überdiess in Vielzahl bei Z0odo grandis erkannt, und diese Form 
hat auch, so wie 2. intestinalis, als Bewegungsorgan einen einfachen, vielleicht doppelten, Rüssel erken- 
nen lassen. Die bei Bodo vorticellaris erkannten Wimpern am Munde mögen eben dahin gehören. Sexual- 
organe sind bisher unbeobachtet. Queere Selbsttheilung ist bei 2odo didymus gesehen, und eine trauben- 
oder beerenartige Gesellschaftsform findet sich bei 2o0do socialis als eine der einfachen Erscheinungen, die 
früher die Beobachter mit Erstaunen erfüllten (vergl. 3. socialis). 

Rücksichtlich der Verbreitung der Bodonen auf der Erde ist bisher soviel festgestellt, dass 3, Bodo 
viridis, didymus und vorticellaris in Sibirien leben, und der erste von diesen sammt allen übrigen bei 
Berlin vorkommen. Von letzteren ist 2odo socialis auch in Doberan und Detershagen bei Wismar beob- 
achtet. Merkwürdig ist noch, dass eine Art der Gattung, 2. viridis, sogar in todten Magenthierchen, 
in Olosterium acerosum, lebt und 2 Arten, 2. intestinalis und B. Ranarum, im Darmkanale lebender 
Frösche, als Eingeweidewürmer, sehr häufig sind. 


44. Bodo socialis, gesellige Schwanzmonade. Tafel I. Fig, VI. 


B. corpore ovato, subgloboso, ad "ss .lineae magno, hyalino, cauda corpore saepe longiore, socialis, mori et uva- 
rum forma. 


Monade a queue sociale, a corps ovale presque globuleux, *ırı millimetre en grandeur, couleur 
d’ eau, a queue sowvent plus longue que le corps, se rdunissant en grappes ou mures. 
GLEICHEN, Infusionsthierchen, das Chaos, Tafel XVII. B. I. Das Naturspiel, Tafel XVII. D. II. . Kugelthierchen, Tafel XXII. 
D: I. XXI. D. I. XVI. G. 1. XVI. C. 01, 1778. 
Monas Lens, MüLLer, Animalc. infus. 1786. zum Theil. 


Bodo socialis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 65. 
Thaumas socielis, — - — - —_ ee 1831. p. 66. 


Aufenthalt: In Berlin, in Doberan und Detershagen bei Wismar, und auf dem Greifenstein bei Bonnland, vielleicht auch in Copen- 


hagen beobachtet. 


Diess Thierchen ist eins der gewöhnlichsten im stehenden Brunnenwasser und Pflanzenaufgüssen. Es hat darin etwas Wun- 
derbares, dass es gespreizte Gruppen bildet, die sich gemeinsam fortbewegen, ohne dass man leicht eine Verbindung der einzelnen 
Thierchen wahrnimmt. Sie scheinen wie durch Zauber in eine gewisse Entfernung von einander und an einander festgebannt. Sie bil- 
den zuweilen Kettenreihen, Flächen, Beeren, Trauben. Sieht man ein aus 8 in gleicher Ebene aneinanderhängenden Thierchen beste- 
hendes Täfelchen von seiner Fläche, so sieht man alle 8 Thierchen, aber von der Seite gesehen, zeigt sich dasselbe schwimmende 
Täfelchen (wie Gozuum pectorale) nur als ein zusammenhängender Körper oder Stab. Diess mag Greicnen’s Verwunderung über 
sein Naturspiel veranlasst haben. Diese Verbindung mehrerer Plierchen wird durch einen sehr feinen Faden, einen Schwanz, vermit- 
telt. Viele frühere Beobachter mögen diese Throrchen, wenn sie einzeln waren, für Monaden gehalten haben, indem der Schwanz 
schwer sichtbar ist. So ist es GrEıcHen und gewiss auch MüLzer ergangen. Oft bemerkt man erst durch einzelne rollende, ge- 
spreizte Beeren, dass die Monaden, welche man vor sich hat, Bodonen sind. Zuweilen zieht eine einzelne Monade in weiter Entfer- 
nung einen ganzen Ballen unförmlicher Masse hinter sich her, das ist ein Bodo. Wo aber 2 Thierchen durch einen dünnen Faden ver- 
bunden sind, kann dieser der Trennungstheil irgend einer sich queertheilenden wahren Monade seyn, der, sobald er gerissen, ganz ver- 
schwindet. Im Innern dieser Schwanzmonade sah ich dunklere Pünktchen, aber keine deutlichen Organe. Farbe nahm, sie nicht auf. 


‘Zu Beeren vereinigen sich Thhierchen sehr verschiedener Grösse, von "sro bis Yıss Linie Körperlänge. Die Einzelthiere hüpfen zuwei- 


len. Man hat sich vorzusehen, dass man nicht junge Vorticellen mit dieser Monadine verwechselt; hier ein einfacher Rüssel, dort 
Wimpern unterscheiden einst wohl beide Formengruppen. 

GrEıcHen fand diese Form im Gerstenaufguss, im Hanfaufguss und im Aufguss von türkischem Waizen. Ich fand sie in 
der eisenhaltigen schwachen Mineralquelle bei Doberan und in Detershagen im Mai im stehenden Wasser, in Berlin im stehenden Brun- 
nenwasser sehr zahlreich zu allen Jahreszeiten. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. vor. 


Es sind 3 Gruppen unterschieden. Gruppe 1. und 2. sind in Berlin beobachtet, 3 aber in Dokorin; sie umfassen 120 Thierchen., 
1. sind Einzelthiere; 


2. sind beeren - und traubenartige Gruppen, in denen immer der fadenförmige Schwanz viel länger erscheint; 


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3. ist ein schwimmendes Einzelthier, welches einen grossen Ballen mit sich fortzieht, mit freien Einzelthieren und vielen, an einem Conferven- oder 
Leptomitus-Faden ansitzenden, Thierchen von Doberan. Alle sind 500mal im Durchmesser vergrössert. 


45. Bodo vortlicellaris, Glockenmonade. Tafel IL Big. RX. 


B. corpore oblongo, ter longiore quam lato, ad */ıoo lineae longo, hyalino, cauda brevissima, nec socialis. 


Monade ü queue Vorticelle, ü corps oblong, trois fois plus long que large, Js. millimetre pres en 
longueur, couleur d’eau, queue tres-petite; point de grappes. | 


Bodo vorticellaris, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62. 1831. p. 65. 


Aufenthalt: Im Ural bei Catharinenburg. 


Es fanden sich eine Mehrzahl dieser Formen im Jahre 1829 im Juli im frischen Wasser der Iset bei Catharinenburg. Ihre 
längliche Gestalt, der vorn abgestutzte wirbelnde Mund und der scharf gespitzte Hintertheil, bezeichneten sie als bisher unbekannte 
Thierchen. - Im Innern waren nur körnige Dunkelheiten als Trübung kenntlich und die Umstände der Reise erlaubten nicht, noch spe- 
ciellere Nachforschungen anzustellen. Der Körper war biegsam und die Bewegung gleichförmig. Die wirbelnden Wimpern am Munde 
konnten leicht ein einfacher, vielfach zitternder Rüssel seyn. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. X. 
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Es sind 4 Exemplare bei 245maliger Vergrösserung des Durchmessers in verschiedenen Stellungen. 


46. Bodo didymus, doppelte Schwanzmonade. Tafel II. Fig. X. 


B. corpore ovato oblongo, antico fine rotundato, minimo, */soo lineae longo, medio utplurimum constrieto, hyalino, 
cauda brevissima, nec socialis. 


Monade ü queue Doublet, a corps ovale oblong, anterieurement obtus, tres-petit, egalant "00 mil- 
limetre, ordinairement etrangle au milieu, couleur d’eau, queue tres-petite, point de grappes. 


Bodo didymus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62. 1831. p. 65. 


Aufenthalt: Im Ural bei Gatharinenburg. 


Im gestandenen Wasser der Iset zeigten sich im Juli viele sehr kleine Doppelmonaden zahlreich, welche zuweilen eine leichte, 
hüpfende Bewegung machten, aber wankend und um die Längsaxe drehend sich meist langsam fortbewegten. Sie hätten können für Monas 
Termo in der Selbsttheilung gelten, allein durch das Hüpfen erkannte ich, beim schärfern Forschen nach der Ursache, eine sehr feine 
Borste am hintern Körper. Das Hüpfen geschah nur, wenn sie am Verdunstungsrande des Wassertropfens sich beengt fühlten. In 
gleichen Verhältnissen hüpfen auch Monaden, allein diese durch ihren vorderen Rüssel; die kleine starre Borste führten jene Thier- 
chen offenbar hinten. Tiefere Untersuchungen konnten nicht angestellt werden. Die meisten russischen neuen Infusorien habe ich spä- 
ter auch bei Berlin beobachtet, diese beiden aber noch nicht. Ist diese Form vielleicht doch Bodo saltans in der Selbsttheilung ? 
Letztere ist viel beweglicher. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XL, 
Die 3 Individuen der obern Gruppe 1) sind 380mal vergrössert, die 2 der untern 2) 800mal. 


4%. Bodo saltans, hüpfende Schwanzmonade. Tafel I. Fig. XI. 


B. corpore ovato, antice rotundato, minimo, */ıooo lineae longo, hyalino, cauda brevi, ventrieulis amplis, nee mori- 
_formis. 


Monade a queue Sauteur, a corps ovale, arrondi antierieurement, tres-petit, "soo miällimetre en lon- 
gueur, couleur d’eau, queue courie, ventricules amples, point de grappes. 


Bodo saltans, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 65. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


"Diese Form muss ihrer Kleinheit halber früher mit Monas Termo Müıer’s verwechselt worden seyn. Sie ist sehr ausge- 
zeichnet und zuweilen leben viele Millionen in einem Tropfen Wasser. Ihre rasche hüpfende Bewegung, welches Hüpfen bei jedem 
Anstosse an etwas Fremdes oder aus Furcht davor zu erfolgen scheint, sammt der Kleinheit, characterisirt sie deutlich. Schon im 
Jahre 1831 erkannte ich die Springborste oder den Schwanz am Hintertheile und hatte auch die Freude, bei stärkster Vergrösserung 
sie im Innern mit Pünktchen von Indigo erfüllt zu sehen, was den vielzelligen, polygastrischen Ernährungsapparat ausser Zweifel setzte. 
In einigen liessen sich 4 Magen in der vordern Körperhälfte unterscheiden, die hintere blieb leer. Sie erhielt daher in der Anzeige 
ein ! Zeichen. Vorn ist sie stark abgerundet, hinten borstenartig gespitzt. Ob Bodo didymus aus dem Ural dieselbe Form ist, 
bleibt noch zweifelhaft. Vielleicht macht die queere Selbsttheilung diess Thierchen träge. Bodo saltans in der queeren Selbstthei- 
lung sollte aber wohl */soo Linie gross werden, oder ohne diese */s00o Linie gross seyn, wenn "/ıooo Linie der erwachsene Zu- 
stand wäre. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IE. Fig. XI. 


Es sind 2 Gruppen dargestellt nach Fütterung mit Indigo. 


1. sind 34 Individuen bei 450maliger Vergrösserung. 
2. sind 5 Individuen in verschiedenen Stellungen nach 2000maliger Vergrösserung des Durchmessers. 


BEER rn er = 


48. Bodo grandis, grosse Schwanzmonade. Tafel II. Fig. XL. 


B. corpore oblongo, utrinque rotundato, magno, !/ra lineae longo, hyalino, cauda setacea, ventri affıxa, rigida, ven- 
trieulis amplıs. 


Monade a queue Chef, a corps oblong, arrondi aux deux bouts, grand, "so millimetre de lon- 
ueur, couleur d’eau, queue selacee, affichee au ventre, roide, ventricules amples. 
9 2. 2 2 b) 


Aufenthalt: Bei Berlin, Wien und Salzburg. 


Ich fand diese sehr ausgezeichnete grosse Schwanzmonade zweimal, am 15. April 1835 und am 15. Januar 1836 mit Eu- 
glenen im Thiergarten zu Berlin. Herr Dr. Werneck in Salzburg meldete mir, nach Vollendung des Stiches der Tafel, eine Beob- 
achtung offenbar wohl desselben Thierchens, aber von Yas—!/;o Linie Grösse, bei Salzburg und sandte mir eine recht schöne Zeich- 
nung im December 1835. Herr Dr. Focke in Bremen beobachtete auch am 11. Mai 1835 im Alserbach von Wien wohl wieder das- 
selbe T’hierchen von */ııo Linie Grösse. Ich selbst habe nur ausser der steifen, den Körper doppelt an Grösse übertreffenden, aber 
fest am Munde vor der Mitte des Bauches angehefteten Springborste, die ein Schwanz ist, viele Magenhlasen und einen feinen Rüssel 
erkannt, der fast die 3fache Körperlänge einnehmen konnte. Dr. Focke’s und Dr. Wernecke’s Abbildungen lassen, ausser den Ma- 
genzellen, Eier, und erstere eine eiförmige Samendrüse erkennen, auch hat jener Beobachter an einem Individuum, ausser der Schwanz- 
borste, den Rüssel doppelt gezeichnet. Zuweilen biegt es den Schwanz über den Mund nach vorn und wäre dieses Thierchen mit einer 
hintern Analöffnung, die gegen den Character der Monadinen ist, versehen, so würde der Schwanz offenbar ein Fuss seyn, wie der 
Griffel bei Monocerca u. dergl. unter den Räderthieren. Bestätigt sich aber bei ihm ferner der Mangel einer vom Munde getrenn- 
ten Analöffnung, so ist dieser Theil ein Schwanz, wenn er auch an der Unterlippe sässe, denn diese ist dann das Ende des geboge- 
nen Rückens. Die Bewegung dieses Thieres ist langsam, zuweilen mit der Borste sich fortschleudernd oder umwendend, mit dem Rüs- 
sel mehr tastend als wirbelnd. 5 


Erklärung der Abbildungen Taf. H. Fig. XH. 


Es sind 2 bei Berlin beobachtete Formen vorgestellt. 
Fig. 1. ist mit dem Munde unterwärts gekehrt und hat die Schwanzborste über den Mund nach vorn vorgestreckt, so dass sie ganz über den Kör- 


per ragt. : 
Fig. 2. ist mit dem Munde nach oben gekehrt und hat die Schwanzborste über den Körper nach hinten gerichtet. Diese Stellung ist die ruhige beim 
Schwimmen und Tasten, jene ist die gereizte. Fig. 2. liegt auf dem Rücken. 


49. Bodo intestinalis, Darmmonade. Tafel II. Fig. XIM. 


B. corpore oblongo, subconico, antico fine rotundato, ad *Yı.. lineae longo, hyalino, cauda corporis fere longitudine, 
ventriculis amplis. i 


Monade a queue intestinale, a corps oblong, presque comique, arrondi anterieurement, "2. milli- 
metre pres en longueur, couleur d’eau, queue de la longueur du corps, ventricules amples. 


Aufenthalt: Im dicken Darme der lebenden Frösche bei Berlin, Delft? und Quedlinburg ?. 


Es sind im Darmkanale vieler lebenden Thiere, von der Fliege und dem Regenwurm an bis zu den Fischen und auch bei Ie- 
benden Menschen, Monaden ähnliche Infusorien beobachtet worden. Die Mehrzahl dieser Beobachtungen bezieht sich auf Formen der 
Gattungen Bursaria, Glaucoma und auf Fadenwürmer der Gattung Arguillula, welche meist ziemlich gross sind. Es hat sich 
nicht ausser Zweifel stellen lassen, dass die beiden hier abzuhandelnden schon beobachtet wären (vergl. aber Chaos der Monaden von 
Göze). Ich fand sie bei Kröten, beim grauen und auch beim essbaren grünen Frosch in mit Wasser verdünntem Darmschleime in grosser 
Menge. Cercaria gyrinus von MürLrr würde zwar der Abbildung nach passen, war aber gewiss ein anderes Thierchen und ist vom 
Entdecker auch fälschlich mit den Samenthierchen verwechselt worden, wie denn die ganze Synonymie derselben unsicher ist. Meist 
fand ich diese und die folgende Art beisammen und in diesem Falle war immer die gegenwärtige Form zahllos überwiegend und ansehn- 
lich kleiner. An inneren Organen liessen sich mehrere grosse Blasen erkennen, die wohl Magenblasen waren. Ein einfacher (?) 
fadenförmiger Rüssel von kaum der halben Körperlänge bewirkte einen Wirbel in Indigo-Färbung. Aufnahme von Farbe sah ich nicht. 
Manche hefteten sich mit dem Schwanze fest. Einige zeigten eine Einschnürung zur Queertheilung. 


Erklärung der Abbildungen Taf. DH. Fig. XII. 


Die Darstellung umfasst 28 Thierchen in verschiedener Stellung und, Form unter 2 verschiedenen Vergrösserungen. 
Gruppe 1. ist 290mal im Durchmesser vergrössert; 
Gruppe 2. und 3. 450mal. Letztere wirbelt, nachdem sie sich mit dem Schwanze angeheftet hat. Bei 2+ ist ein zur Queertheilung sich vorbereitendes 
Thierchen. 


50. Bodo Ranarum, Froschmonade. Tafel II. Fig. XIV. 
B. corpore ovato, turgido, antice acuto, ad "120 lineae magno, hyalino, cauda corpore breviore, ventrieulis non 
distinctis. 


Monade a queue Grenouille, a corps ovale, gonfle, aigu anterieurement, ‘| millimetre de lon- 
gueur, couleur d’eau, queue plus courte que le corps, ventricules non distincts. 


Aufenthalt: In lebenden Fröschen bei Berlin, Delft? und Quedlinburg ?. 


Sie lebt mit der vorigen und mit Bursaria Ranarum gemeinschaftlich im Dickdarm lebender Frösche und Kröten, wo sie 
vielleicht von LEEuUwEnHoER schon beobachtet, aber nicht unterschieden worden. Die Form passt auch sehr auffallend zu Cercaria. 
gibba von MürLer, welche derselbe im Aufgusse eines Lebermooses fand; dennoch fürchte ich, dass die Anerkennung dieses Syno- 
nyms zu Irrthum verleitet ‚ da Mürrer’s Thierchen wohl um vieles grösser war und der Aufenthalt so sehr verschieden ist. 


= 


Der Gestalt nach gleicht diess farblose Thierchen einer Froschlarve. Es lebt zahlreich beisammen, zitternd im Schwimmen. 
Ich sah es nie hüpfen. Von inneren Organen ist bisher nichts weiter beobachtet worden. Indigo nimmt es nicht auf. Ich fand es 
zuerst 1826 in der Aana temporaria. Grösse "Ii00o — Yıro Linie. Vergl. Göze, Naturg. d. Eingeweidewürmer, p. 429. 1782. 


Erklärung der Abbildungen Tafel H. Fig. XIV. 


ö Es sind 24 Thierchen in 2 Gruppen, nach verschiedener Vergrösserung. 
1. sind 21 Thierchen bei 290maliger Vergrösserung; 
2. sind 3 nach 450maliger Vergrösserung des Durchmessers. 


51. Bodo viridis, grüne Schwanzmonade. Tafel II. Fig. XV. 


B. corpore.ovato, subgloboso, antice rotundato, ad !/oo lineae magno, viridi, cauda brevissima. 


Monade ü queue verte, a corps ovale presque globuleux, arrondi anlerieurement, egalant "oo mil- 
limetre, couleur verte, queue. tres-petite. 


Bodo viridis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62. 1831. p. 65. 
Aufenthalt: In Schlangenberg am Altai und bei Berlin. 


Diese Form wurde auf Herrn ALExAnperR von Humsgoror’s Reise mit Herrn Rose und mir nach dem Altai am 9. Au- 
gust 1829 entdeckt. Sie fand sich frei zwischen zerfallenden Conferven. Seit dem Jahre 1832 kenne ich sie auch von Berlin. 

Diese letztere Form war zum Theil ansehnlich grösser, indem jene '/soo Linie, diese bis '/oo Linie gross, also doppelt 
grösser war. Diese Differenz scheint sich noch dadurch zu erhöhen, dass letztere im Innern eines andern todten Infusionsthiers, des 
Closterium acerosum, lebte. Allein die doppelte Grösse kann leicht der erwachsene, theilungsfähige Zustand seyn und die Um- 
stände, unter denen beide Formen von mir gefunden worden, sind sich doch sehr gleich. Auch hier waren es zerfallene Conferven, 
unter denen todte Glosterien lagen. Letztere haben an jedem Ende Oeffnungen, worein allerlei Thierchen kriechen können. 

An Organisation sind bisher nur einige Magenblasen erkennbar gewesen und die grüne Farbe zeigte sich durch feine Körn- 
chen gebildet, die u: Eier seyn mögen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. II. Fig. XV. 


Fig. 1. ist ein todtes Olosterium acerosum (vergl. Tafel VI.) von Berlin, erfüllt mit 16 Bodonen, welche dessen Eierstock, wovon ein Theil in der 
Mitte noch übrig ist, verzehrt haben mögen, 450mal vergrössert. 

Fig. 2. sind die in Säilangenberg beobachteten ersten Formen, 525mal vergrössert, Auf der Tafel ist die angegebene höchste Grösse von !/,y,” in 
1/,00 umzuändern. 


Uebersicht aller zweifelhaften bisher beobachteten Bodonen. 


Ausser den 8 hier verzeichneten Arten scheint es nützlich, auf noch einige, von frühern Beobachtern angedeutete, Formen auf- 
merksam zu machen, welche vielleicht dieser Gruppe angehören, die mir aber nicht vorgekommen und nicht zweifelfrei geworden sind. 
Hırrz, der erste Systematiker für die Infusorien, bildete 1751 aus den geschwänzten Infusorien eine Gattung Macrocercus; die von 
ihm beobachteten so benannten Körper scheinen Vorticellen und Euglenen oder Astasiaeen gewesen zu seyn. Der zweite Syste- 
matiker, OÖ. F. Mürrer, bildete 1773 aus allen kleinern geschwänzten Infusorien die Gattung Cercaria, worin er die allerverschie- 
densten geschwänzten Thierchen, selbst anderer Thierklassen, zusammenstellte. Seine Cercaria Lemna und ingwieta sind Saugwür- 
mer. Diese Zusammenstellung tadelte schon Scurank 1803 (Fauna boica 3. 2. p. 86.). Daher theilte auch schon Nırzscn 1817, 
Beiträge zur Infusorienkunde, (und 1827), die Mürrer’sche Gattung in 12 Gattungen; Bory pe Sr. VıncenT hat sie nach ihm 
1824 und 1826 als 2 Familien betrachtet und noch stärker, in 13 Gattungen , zerspalten, aber in seinen Gattungen ebenfalls sehr he- 
terogene Thiere vereint. Die einfach geschwänzten Cercariea enthalten 7 Gattungen und die gabelförmig geschwänzten Urodiea 6. 
Samenthierchen und Saugwürmer sind ebenfalls in seiner ersten Familie, zu welcher die Schwanzmonaden gehören würden. Seine 
Urodiea sind Räderthiere mit Vorticellen-Fragmenten, Kerobalana. In Bory’s Gattungen Cercaria und Virgulina allein 
könnten von ihm Bodonen unter sehr verschiedenen anderen Thieren aufgenommen seyn. Folgende 7 namhafte Infusorien sind für die 
Gattung Bodo noch zu vergleichen. 


Von Mürter: Oyclidium hyalinum. Von Boryr: Cercaria Cometa. 
Cercaria Gyrinus. - opaca. 

- gibba. 

= tenax. 

- Discus. 


Geschichtliche Bemerkungen zur Familie der Monadinen. 


Am Schlasse der Familie der Monadinen scheint es zweckmässig, einige, keiner bestimmten erkennbaren Gattung derselben 
scheinbar oder wirklich zukommende, geschichtliche Verhältnisse specieller zu berühren. Viele Beobachter und Schriftsteller der frühesten und 
neuesten Zeit bedienen sich der Ausdrücke: Punktthierchen, Kugelthierchen, Gewimmel, Chaos und Monade zur Bezeich- 
nung der kleinsten ihnen erreichbaren, scheinbar der Monadenfamilie angehörigen Formen. Man hat dabei oft gar nicht an Monaden 
zu denken. Die Grenzen des Erreichbaren sind sehr verschieden gewesen. Linn£, welcher die Lrruwennoek’schen Infusorien, 1767 
in seiner Abhandlung über die unsichtbare Welt, noch nicht sehr von leblosen Oeltröpfchen unterschieden meinte, hatte offenbar ein sehr 


‚ 


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unvollkommenes Mikroskop. Er unterschied daher nur Vorticellen und einige wenige grössere Formen, alle übrigen waren sein 
Einfaches, das er noch in der letzten, XlIlten, Ausgabe seines Systema Naturae, Chaos infusorium nannte. Die damals schon 
von allen Seiten hervortretenden bestimmteren Beobachtungen über diese Thierwelt hatten aber schon so tief auch auf ihn eingewirkt, 
dass er in einem Aufschwunge seiner Phantasie p. 1327 die Hautausschläge, den Fieberreiz, die Blattpilze, den Gährungsstof! und die 
Trübung des Aethers im Frühling (Schwedens) als belebte Wesen den künftigen Forschern überweist, Dinge, die hier freilich aus der 
Familie der Monaden und aus den Classen der Infusorien weggelassen sind, weil man an ihnen weder Magen noch Zähne, weder Au- 
gen noch Füsse und Eier hat wahrnehmen können. Unter dem Namen Chaos, welcher vor MürLer’s Systematik der Infusorien soviel 
als später der Name Monade oder belebte Ur-Theilchen bedeutete, hat man auch, besonders Gözr (Naturgeschichte der Eingeweidewürmer 
1782. p. 429.) die grösseren Infusorien verzeichnet, welche schon LEEUWENHOEK hundert Jahre zuvor, 1683, im Darmkanale der 
Frösche fand. Diese sind theils Bursarien, theils Bodonen?. Noch in Lınık’s Sinne nennt Brumensacn 1797 alle eigentlichen 
Aufgussthierchen, Chaos und theilte sie als zahllos in ihren Gattungen, aber einfach in ihren Arten, in Wasser- Chaos, Auf- 
guss-Chaos und Samen-Chaos. Chaos organicum nannte Oxen 1815 nur noch die Gattung Monas. Borv ve Sr. VıncEnT ver- 
steht unter dem Namen Oahos (er meint Chaos) im Dictionnaire classique d’ histoire naturelle 1823. die grüne Haut des stagni- 
renden Wassers, oder die sogenannte Priestley’sche grüne Materie, welche meist aus todten Infusorien sichtlich besteht. 

Ferner hat man in gar vielen Dingen Monaden oder kleine Infusorien angeblich beobachtet, welche man geneigt ist, der Gat- 
tung oder doch der Familie der Monaden anzureihen. Ueber viele von diesen Angaben ist nicht zu entscheiden, weil den Beobachtun- 
gen die nöthige Schärfe und Umsicht mangelt. Ausser den schon erwähnten Infasorien des Darmschleims der Frösche, sind die ähnli- 
chen im Darme der Fliegen, Hühner, Tauben und des Menschen, welche sämmtlich schon LEEUwEnHoEK beobachtete, sammt 
den Monaden im Zahnschleime des Menschen und denen im frischen Harne der Pferde, welche auch LEEUWENHOEK schon auf- 
zeichnete, sehr unsichere Monaden. Die erstern sind, wie schon erwähnt, Bursarien und Bodonen, welche in diesen Gattungen 
hier abgehandelt werden, bei den übrigen ist es zweifelhaft, ob, was LEEUWENHOEK sah, wirklich Thiere waren, indem nicht alles, 
was man bewegt sieht, auch belebt ist. Er scheint die bei sehr stärken Vergrösserungen leicht in die Augen fallenden zitternden und 
drehenden Molecularbewegungen im Wasser schwebender Substanztheilchen aller Art, welche neuerlich Rogerr Brown schärfer be- 
trachtet hat, nicht unterschieden zu haben. Das Infusorien-Gewimmel, welches auch LEEUwENHOEK schon in dem Schleime der Kie- 
menblätter zweischaliger Muscheln sah, und das in der neueren Zeit vielfach wieder besprochen worden, besteht aus unregelmässigen, 
wirbelnden Fragmenten der Schleimhaut und der Kiemen des Muschelthieres, zwischen denen einige wirkliche Infusorien, Monas 
Crepusculum, M. ovalis und Trichodina Pediculus vorkommen. Wer nicht scharf beobachtet, hält leicht die Wirbel und Bewe- 
gungen aller Art, welche die Kiemenfragmente in der trüben Flüssigkeit machen, für Monaden-Gewimmel, während es nur passiv be- 
wegte Schleimtheilchen sind. Selbst Mürrer, der geübte Fürst der Infusorien-Beobachter, hatte sich, wie LEEUwENnHorK und 
Göze thaten, verleiten lassen, aus den bewimperten Kiemenfragmenten, welche oft lange nachdem sie abgerissen sind, wie die Stücke 
eines zerschnittenen Aals, einer Schlange oder Regenwurms, sich fortbewegen, 3 Arten von Infusorien der Gattung Lewcophra 
zu bilden, und neuerlich ist dieselbe Erscheinung wieder die Ursache wunderlicher Mittheilungen geworden. Es gehören dahin wohl auch 
die von Donn£ angegebenen Infusorien in brandigen Geschwüren und krankhaften Ausflüssen bei Menschen, welche abgelöste noch zit- 
ternde Theile der bewimperten Schleimhäute seyn mögen, die vielleicht gar keinen Anspruch auf einen Platz im Bereiche der selbst- 
ständigen Infusorien- Organismen haben. Ob Ruporrmn WaAscner dabei 1836 bestimmte Infusorien gesehen, mag unentschieden seyn. 
Leeuwennoerr’s Samenthierchen sind hier desshalb nicht zur Familie der Monaden gezogen, vielmehr von der ganzen Classe der 
Magenthierchen ausgeschlossen und zu den Saugwürmern verwiesen, weil sie mit den wahren Gercarien der Saugwürmer 
grössere Aehnlichkeit in Form, Bewegung und selbst den erreichbaren Spuren der Structur haben. 

Unter den 7 Thierarten, welche 1781 der Freiherr von GreıcHhen im Innern der Regenwürmer fand, sind nur 4 Infu- 
sorien und keine Monade. Das infusorische Chaos, welches der Pastor Göze 1782, wie LEEUWENHoEK 1683, im Mastdarme 
der Frösche, aber auch der Landkröten und der Salamander fand, und welches er in 6 Formen unterscheidet, begreift auch 
ein Chaos der Monaden, dieses waren wohl die beiden hier verzeichneten Bodonen. Die Infusorien, welche zuerst 1792 der Maler 
Kıezmann, Schwiegersohn des berühmten Inseeten-Malers Rorser, in Mückeneiern, im Dotter von Hühnereiern und in ausgepress- 
ten Pflanzensäften fand, waren sehr wahrscheinlich gar keine Infusorien, sondern nur die Molecularbewegung der Dotter- und Amylum- 
Kügelchen. Er vermuthete fälschlich, dadurch die Leruwennoer’schen Samenthierchen auch im weiblichen Körper nachgewiesen 
zu haben. 1798 hielt wieder Dr. Eger die’Dotterkügelchen der Hühnereier für Monaden. Wirkliche lebende Infusorien waren auch 
vielleicht jene Heerden von Infusionsthierchen nicht, die Cavorını 1785 im Kelche und Magen der Sertularia dichotoma sah. Alle 
verschluckten Partikelchen werden im bewimperten Magen und Darme vieler kleinen Thiere, der Bryozoen, Medusen und sogar 
vieler Räderthiere (vergl. Brachionus urceolaris und Hydatina senta) in einer kreisenden Bewegung gesehen, die einem Ge- 
wimmel von Monaden täuschend ähnlich ist, dennoch habe ich selbst vielfach auch wirkliche lebende Infusorien, und 1835 sogar Räder- 
thiere (Monura Colurus) im Magen der Sertwlaria, Monopyxis, geniculata sich sträubend beobachtet. Frisch verschluckte, aber 
bewegungslose, Thierchen habe ich in zahlloser Menge in Infusorien, auch Magenthieren gesehen und häufig auf den Tafeln abgebildet 
(vergl. Stentor, Bursaria, Chilodon, Hydatina u. s. w.). Wahre Monaden in Eiern von Muschelschnecken, Anodonta, hat 
Preırrer 1825 (Naturg. der deut. Mollusken, I. p. 12. Tafel II. Fig. 20.) beobachtet. Ich selbst habe dergleichen häufig in Eiern 
von Räderthieren und vielen andern kleinen Wasserthieren gesehen. Sie liessen sich in diesen ähnlichen Verhältnissen immer auf 
Monas Crepusculum beziehen. Todte Thiere, selbst Infusorien sind oft ganz erfüllt von anderen Infusorien: Ohilomonas destruens, 
Chaelomonas, Bodo. 

Oft hat man auch die Blutkörperchen des Menschen und aller Thiere für besondere Thierformen gehalten oder Thiere im 
Blute gesehen. Schon 1656 spricht Prrrus Boreırus von wallfisch-ähnlichen (!) Thieren im Blute, was offenbar Fliegenlarven, 
Maden, im todten gestandenen Blute waren. LEEUWENHOERK spricht nicht von Infusorien im Blute, sondern er hielt das Blut den 
Thierchen für unzugänglich, wegen zu grosser Feinheit der Gefäss-Enden, Nach Trevıranus Biologie Il. 373. soll (1737) HoLLmann, 
der Philosoph, Thiere im Blute gesehen haben, er ist aber sonst nicht als Beobachter bekannt. 1798 erklärte: Dr. Eger in Göttin- 
gen in seiner Inaugural-Dissertation über Eingeweidewürmer, die Blutkügelchen (nach Runorruı) selbst für lebende Thiere. 
Neuerlich hat Prof. Maver in Bonn 1828 den Blutkörperchen als Monosphären, Biosphären dergl. wieder ein selbstständiges Leben 
zugeschrieben, und in REICHENBACH’s Zoologie desselben Jahres stehen sie unter dem Namen Haematobium als eine besondere Thier- 
gattung, welche sammt den Samenthierchen die erste Classe seines Thierreichs bildet, während er die Infusorien mannigfach ver- 
theilt. Auch Carus ist 1831, Acta Nat. Curios. XVI. ?. 76., dieser Ansicht thierischer Selbstständigkeit der Blutkörperchen nicht 


37 ee 


abgeneist, weil es nur willkührlich sey, die Grenze zu bestimmen, wo solche Körperchen, wie Blut und Samenthiere, Theile des 
Organs oder selbstständige Parasiten desselben genannt werden sollen. Czermac, welcher 1830, wie vor ihm EgEr, eine selbst- 
ständige thierische Bewegung der Blutkörperchen beobachtet zu haben mittheilt, hat 1832 diese Körperchen mit den Chylus-Kügelchen 
und Samenthieren, als eine eigene Familie der Lebensatome, zwischen die Ein geweidewürmer und Infusorien eingeschaltet, und 
erstern die besonderen Namen der Chylosphären und Haematosphären ertheilt (Beiträge zur Lehre von den Spermatozoen. 1833). 
Die wirbelnde Bewegung der Salamander- und Proteus-Kiemen hat diesen fleissigen Beobachter offenbar in Irrthum geführt, indem 
er die Wirkung der Fragmente dieser, bei Untersuchung des frisch entleerten Kiemenblutes, für Eigenbewegimg der Blutkörperchen ge- 
halten. Bei starker Vergrösserung sieht man die Wimpern des Kiementheils, welche die Strömungen der Blutkörperchen um ihn herum 
gerade so veranlassen, wie bei den Kiemenfragmenten der Austern. Was die Meinung anlangt, als gebe es keine scharfe Grenze 
zwischen Theilen und Parasiten eines Organs, so spricht dagegen die sich immer mehr entwickelnde Festigkeit eines überall gleichen 
thierischen Bildungstypus. Es scheint allerdings eine scharfe und feste Grenze zu geben. Alle solche Körperchen sind keine Thiere, 
welche nicht einen deutlichen, und in den Hauptsystemen vollendeten, thierischen Organismus entweder direet erkennen, oder doch 
wahrscheinlich werden lassen. Wendet man dieses Merkmal auf die 3 in Frage stehenden Dinge: Blutkörperchen, Chyluskör- 
perchen und Spermatozoen an, so fallen erstere 2 ganz aus und letztere treten aus mehrfachen schon angeführten Gründen zu den 
Saugwürmern. 

Ideen der allerneuesten Zeit, wie der Zitterstoff und das Nebelmeer von Ur-Monaden sammt dem Unthier, wel- 
ches nicht von innen, sondern von aussen wächst, wie ein Crystall, mit seiner Zauberkraft (Bonn 1836, Maver’s Supplement zur 
Lehre vom Kreislauf II.) beruhen sämmtlich auf einem nicht mehr zeitgemässen Irrthum der Beobachtung, welcher 1773 Göze ver- 
leitete, ganz dasselbe zu sehen. Er sah nämlich (Abhandl. aus der Insectologie p. 570.) im Austerwasser schwimmende wirbelnde 
Theilchen, die von allen Seiten andere Theilchen (durch dem Wirbel) an sich rissen und hielt sie für Polypen, die sich Röhren bau- 
ten. Es waren wirbelnde Kiemenfragmente. Das sind seine Röhrenpolypen. So entstehen auch die Unthiere und der Zitterstoff 
aus dem Wirbeln der Schleimhaut-Fragmente aller Art. Dabei ist nicht an Monaden zu denken. — Ueber GLeıicuen’s Unform und 
Naturspiel siehe. Uvella. . 

Das Zerfallen vieler Thiere in Monaden beruht auf dem Umstande, dass die Infusorien, wie schon LEEUwENHoEk sah, 
beim Abnehmen des Wassers durch Verdunstung platzen. Die innern grossen Kugeln, oft mit Nahrung sichtlich erfüllt, ihre Magen, 
reissen dann ab und werden mit den kleinen Körnchen, ihren Eiern, beim Platzen des Körpers heftig herausgedrängt und fortgeschleudert. 
Ausserhalb bringen die schwer sichtbaren wirbelnden Wimpern des noch fortlebenden Körpers die leichter sichtbaren Körnchen und Ku- 
geln in seiner Nähe gerade in eine solche tanzende Bewegung, wie die Salamanderkiemen die Blutkörperchen und die Muschelkiemen 
benachbarte Theilchen. Diese sehr klaren Verhältnisse hat man, durch unklare Mikroskope verleitet, oft fälschlich für selbstständige 
Bewegung oder gar für Zauberei gehalten. Aber auch wimperlose Saugwürmer hat man in selbstbewegte kleine Theile zerfallen ge- 
sehen. Fischer schrieb 1797 an Reır, dass er ein Zerfallen der Cystidicola Farionis in geschwänzte Kugeln gesehen (Rrır’s 
Archiv 2. p. 29). Da die Gefässe der Saugwürmer, zuweilen und vielleicht immer auch der Darm derselben, innerhalb ebenfalls 
mit oscillirenden Klappen und Wimpern besetzt sind, so lässt sich auch diese Erscheinung als zerfallende, noch fortwirbelnde Theile 
dieser Organe erklären. : 

Endlich erwähne ich noch einiger speciellen Ansichten über die Monaden in lebenden Pflanzen, oder, wie man es gar zu nennen be- 
liebt hat, über das vegetabilische Monaden-Meer, was an die wallfisch-ähnlichen Thiere im Blute erinnert, welche BorrrLus be- 
schrieb. Schon LEEUWEnHOEK fand, bald nach Entdeckung der Infusorien, lebende Thierchen im frischen Weinreben-Wasser. Was 
er gesehen, ist aber unklar und da er die Molecularbewegung nicht unterschied, so kann er leicht dergleichen aufgefasst haben. Beson- 
ders auffallend monadenähnlich sind die schon Nerpnam 1745 und Burron I. p. 256. bekannt gewordenen Samen kleiner schimmelartiger 
Wasserpflanzen, die man sonst Byssus aguatica und neuerlich Yaucheria aquatica, Achlya, Conferva ferax oder Saprolegnia 
nannte. Ja es ist kaum ein Zweifel zu hegen, dass nicht gerade diese scheinbaren belebten Algensamen der von Nerpnam schon beoh- 
achteten und abgebildeten Saprolegria die eigentliche Veranlassung zu seiner ganzen so einflussreich gewordenen Theorie gewesen, 
nach welcher es einen Uranfang des Organischen als einfache sich entwickelnde Pflanze gebe, der sich allmählig zum Thiere fortbilde ; 
denn er hält die sich aus der Pflanze drängenden bewegten Samen für völlig einerlei mit den Infusionsthieren. Bei weitem die Mehr- 
zahl der neueren ähnlichen Behauptungen beruhen auf ähnlichen Beobachtungen, die nur zum Theil in andere physiologische Richtungen 
einschlugen. Neepnam entdeckte diese demnach merkwürdigsten Formen, diese, anstatt Samen Monaden einschliessenden Pflanzen, wie er 
es sich dachte, an auf Wasser keimender Gerste. WRrıstErc sah sie wieder 1765 auf einer Fliegenlarve und bildete sie ab. Mür- 
LER fand sie auf einer todten Fliege im Wasser, 1788, und gab darnach die Abbildung in der Zoologia danica. Ebenfalls auf 
Fliegen fand sie Horrmann Bang in Schweden. Lrxczye fand sie auf einem todten Fische, G@asterosteus aculeatus, in Däne- 
mark. Grurtuussen fand sie 1820 an einer Branchien-Schnecke und bildet sie ab als Conferva ferax. Carus fand sie 
1822 an einer todten Salamander-Larve, an Salamandereiern beobachtete sie Horkzı. 1827 sah sie GoETHE an einer Stu- 
benfliege wieder. Früher und im gleichen Jahre fand ich sie häufig auf im Wasser gestorbenen kleinen Poduren, auf Fliegen 
und todten Inseeten sehr verschiedener Art. Den merkwürdigsten Fall beobachtete ich im Jahre 1830 » wo ich durch Herrn Kıuc’s, 
des Entomologen in Berlin, Güte einen kleinen Fisch (Oyprinus Gobio) erhielt, dessen ganzer Schwanz an der Wurzel krankhaft 
aufgetrieben und mit dieser Saprolegmia dick besetzt war. Beim Schwimmen war der Schwanz immer nach oben gekehrt. MEYEN 


erwähnt dieser Pflanze auch auf faulen Blättern von Yiscum album (Acta Nat. Ourios. XV. 2. 1831. p. 381). In dieser, einem 


feinen weissen Schimmel ähnlichen, Pflanze, mehr noch als in den eigentlichen grünen Vaucherien, zeigen die Samen beim Reifen 
eine Bewegung, die sehr thierisch erscheint. Sie tritt erst ein, wenn sich vorn in der Keule ein kleines rundes Loch geöffnet hat. 
Diese Samen kommen dann anscheinend willkührlich durch die Oeffnung hervor, drehen sich eine Zeit lang zitternd und sich windend 
im Wasser umher, ohne sich weit zu entfernen, sinken nach !/, bis 2 Stunden bewegungslos zu Boden und haben nach Verlauf von 6 
Stunden wieder gekeimt. Ich beobachtete diess leicht in einem Uhrglase. Die Bewegung ist sehr wahrscheinlich nur durch Aufsaugen 
der eindringenden und umgebenden, von der früheren Umgebung verschiedenen, Flüssigkeit bedingt und ist ganz gleichartig mit dem 
raschen Springen und Durcheinanderlaufen kleiner Staubtheilchen, die in Branntwein lagen, und welche man darauf in Wasser bringt. 
Die gegenseitige chemische Einwirkung und Durchdringung der heterogenen Flüssigkeiten bis zur Sättigung macht die Bewegung, wozu 
hier die Turgescenz der Keimentwicklung vermehrend treten mag (vergl. Abhandl. d. Berlin. Akademie, 1833. p. 157.). Das Keimen nach 6 
bis 8 Stunden sah auch Dr. Unser bei bewegten Zezosperma-Samen schon 1827 (Acta Nat. Cur. XII. ?. 793). Diess sind 
keine Uebergänge vom Pflanzen- in’s Thier-Reich, sondern einfache Pflanzen. Ihre Samen haben keine thierische Organisation, so 


10 


nn nenn 


schwierig auch manchem Beobachter die Erklärung der Erscheinung zu geben seyn mag. Nicht uninteressant ist, dass an derselben 
Pflanze, welche das grosse NEEnHmAm’sche System besrinrääte, auch GortuE einen wunderbaren Anstoss genommen, welchen einer sei- 
ner Freunde zu bemänteln gesucht hat, der aber historisch merkwürdig bleibt. Es ist das von ihm in der Morphologie bemerkte Ver- 
stäuben der Fliegen im. Herbste, was er für directe Auflösung in den organischen Urstaub hielt. Es war das Ausstreuen des Samens 
der Saprolegnia, die aus dem kranken und todten Fliegenleibe wächst, wie aus dem Fischleibe (vergl. Acta Nat. Cur. AV. ?. 
1831. p. 379.). 

Ferner hat man’ in der neueren Zeit viel über Bewegungen in verschiedenen Pflanzentheilen geschrieben und sie für neue 
Bericht gen gehalten, welche ein Verhältniss zu den Monaden feststellten. Schon Nrepnam hatte 1745 bemerkt, dass alle 
Theile der Pflanzen belebte organische Theilchen besässen. Burron sagt, (Hist. nat. Vol. II. p. 258): Ms. NEED- 
HAM s’est assurd par une infinite d’observations, ‘que toutes les parties des vegdtaux contiennent des parties organiques 
mouvantes. Wo mag er sie also nicht gesehen haben! Neuerlich hat man, seit GLeicHen’s Beobachtung der bewegten Körperchen im 
Melonen-Pollen, und seit Broxenrart’s darauf weiter begründeter Spermatozoen-Lehre bei den Pflanzen, als ganz allgemein gültig ausge- 
sprochen, dass es in den Pflanzen von Monaden und Spermatozoen wimmle. Besonders viel hat MEYEn dazu beigetragen, diese 
Idee zu verbreiten, und er nennt p. 416. die bewegten Körperchen vegetabilisches Monaden-Meer. Die von ihm reichlich zusammen- 
getragenen historischen Nachrichten finden sich in Rogerr Brown’s vermischten botanischen Schriften von Ners v. Esengeor B. IV. 
1830. von p. 327 an. Es ist über diesen Gegenstand viel für und wider verhandelt worden. Jetzt, nach Entdeckung der Organi- 
sations- Verhältnisse der Infusorien, liegt es am Tage, dass alle Vergleichung der bewegten Theilchen verschiedener Art bei Pflanzen 
mit Monaden so lange aller Begründung entbehrt, als nicht nachgewiesen ist, dass sie wirklich organisirt sind wie Monaden. Eine be- 


. sondere Bemerkung verdienen die sogenannten Samenthierchen, welche früher Schumieper (Icon. 1793. p. 85.) dann Frırprıch 


Nees von Esenseck 1822. (Flora p. 33.) und neuerlich Dr. Unser und Werneck in sog. Antheren der Moose gefunden haben. 
Man hat sie vergleichend Monaden genannt, weil es runde Körperchen waren, aber Dr. Unser fand spiralförmige und nannte sie 
Spirillum Bryozoon als Species einer bekannten Gattung von Infusorien. Schon Dr. Werneck hat diess (in der Flora 1834. 7. 
?. 143 — 153.) zurückgewiesen und sie nicht für Infusorien, sondern für geschwänzte Samenthierchen erklärt. Auch das Letztere 
ist aber, aller Wahrscheinlichkeit nach, nur eine äussere Aehnlichkeit, ohne alle Beziehung auf die innere, wahre Natur dieser Kör- 
perchen. Wo keine Organisation nachzuweisen, fehlt es jedem Urtheil über Achnlichkeit mit Thieren am ersten und wichtigsten Grunde. 


ZWEITE FAMILIE: PANZERMONADEN. 
Cryptomonadina. Wonades a Carapace. 


CHARACTER: Animalia polygastrica, Monadinorum omnibus (aut saltem non aliarum familiarum) chara- 
eteribus organieis instructa, involuero molli durove singula (propter divisionem spontaneam 
simplicem perfectam aut nullam) singulo loricata. 


CARACTERE: Animaux polygastriques, pourvus de tous les caracteres organiques des Mona- 
dines (au moins depourvus des caracteres des autres familles) et enveloppes chacun 
isolement dans une carapace molle ou endurcie particuliere, ce que se tient par 


leur division spontanee simple parfailte, ou par manque de division. 
K 


Solche frei und selbst bewegte mikroskopische Körperchen, welche die organischen Charactere der 
Monadenfamilie mit Bestimmtheit, oder doch keine deutlichen Charactere anderer Familien erkennen lassen, 
und deren nicht mehrere von einer gemeinsamen Hülle umschlossen sind, sondern von denen, aus Mangel 
an Selbsttheilung, oder ihrer vollkommenen einfachen Selbsttheilung halber, immer jedes einzelne frei von 
einer besondern gallertartigen, häutigen oder harten Hülle umgeben und gepanzert ist, gehören zur Familie 
der Panzermonaden. 


* 
Die Familie der Panzermonaden wird bis jetzt aus 16 'Thierarten gebildet, welche in 6 Gattun- 


gen vertheilt worden sind: Oryptomonas mit 7 Arten, Gphrdomonas, Prorocentrum und Lagenella, jede 
mit 1 Art, Oryptoglena und Trachelomonas jede mit 3 Arten.” Sie wurde 1831 in den Abhandlungen 
der Berlin. Academie von mir zuerst aufgestellt und bestand damals aus den 4 Gattungen: COryptomonas, 
Gyges, Lagenula und Pandorina wit 10 Arten. Im Jahre 1833 (1834) wurde sie ebenda p. 281. schär- 
fer bestimmt und mit den jetzt angegebenen Gattungen versehen, wozu nun eine neue, Ophidomonas, 
kommt. Die Gattungen @yges und Pandorina sind zur Familie der Kugelthiere (Polvocina) gezogen 


und der Name Lagenula ist, wegen Collision - mit dem Namen einer Pflanzengattung von LourEiro, in Za- 
genella umgeändert worden. 


39 


Der Organisationsgehalt der Familie ist eben so vollständig ermittelt, wie der der Monadenfamilie 
und der grössern polygastrischen Thierchen, wenn aueh bei einzelnen Arten noch nicht alles erreicht wor- 
den ist. Der Panzer dieser Thiere ist theils ein offenes Schildehen (Scutelhrm), theils ein geschlossenes Büchs- 
chen (Urceolus), letzteres bei den Gattungen Zagenella, Trachelomonas und Prorocentrum, ersteres 
bei Oryptomonas und Cryptoglena. — Bewegungsorgane sind in allen Gattungen, ausser bei Lagenella, 
erkannt, wo aber Dr. WERNEcK sie vielleicht auch gesehen. Sie bestehen nur in einem oder 2 fadenför- 
migen, sehr feinen, einer kräftigen Wirbelbewegung fähigen, ‘meist einziehbaren Fortsätzen des Mundrandes, 
wie sie bei den Monadinen angezeigt sind und welche auch hier Rüssel genannt werden. — Das Ernäh- 
rungssystem ist zwar bisher bei keiner Art durch Aufnahme von farbiger Nahrung in innere Zellen nach- 
weislich gewesen, allein die innern Zellen sind bei 6—7 Arten, fast der Hälfte, an sich anschaulich ge- 
worden. CUryptomonas curvata, ovata, glauca und fusca, Prorocentrum micans, Trachelomonas 
nigricans und volvocina zeigen dergleichen deutlich. Das Auswerfen der verdauten Stoffe ist noch nicht 
beobachtet, aber die ‘Analogie der Bildung bei den Monaden hier festgehalten worden. — Das Fortpflan- 
zungssystem ist in seiner Doppelnatur vollständig darstellbar geworden. Wenn es, der grossen Ueberein- 
stimmung des für die Beobachtung Erreichbaren halber, annehmbar ist, dass die Farben der Infusorien auch 
da, wo die Kleinheit des Details der Sehkraft wnerreichbar ist, vorzugsweise den Eiern angehören, 
so gäbe es keine Art der Panzermonaden, welche nicht Eier erkennen liesse, indem alle fast immer 
farbig, grün oder bräunlich, nur selten einzelne (periodisch) farblos sind. Es lässt sich aber sogar bei fast 
allen, besonders den grünen Formen direct erkennen, dass die grüne Farbe aus regelmässigen gleich grossen, 
dicht an einander gedrängten Körnchen besteht. Was den männlichen Theil des Sexualsystems anlangt, so 
ist die Kleinheit der Formen keineswegs ein Hinderniss für dessen Darstellung geblieben, ja er ist schon 
bei mehrern Arten deutlich geworden. Bei 4 Arten der Gättungen Oryptomonas und Oryptoglena be- 
steht er überall aus 2 in der Körpermitte liegenden, ovalen oder runden Drüsen, welche nicht, wie bei 
Microglena, bandartig verbunden zu seyn scheinen. Eine centractile, die beiden Theile des Geschlechts- 
Systems verbindende Blase, wie sie die Räderthiere führen, ist nur bei Orypfomonas ovata deutlich 
geworden und auch bei grössern Formen oft schwer zu finden, obschon sie vorhanden ist. — Spuren eines 
Gefässsystems sind, wahrscheinlich mehr seiner Feinheit, als seines Mangels halber, nicht aufgefunden. — 
Ein -selbstständig entwickeltes Empfindungssystem ist auch in dieser Familie bei 2 der fünf Gattungen in 
allen Arten und Individuen durch augenartige Pigmentstellen im Inneren des Vordertheiles ausgesprochen. 
Diese Augen bezeichnen zugleich die Rückenseite und mithin das Rechts und Links der Formen. 

Was die geographische Verbreitung der Familie anlangt, so erstreckt sich die Beobachtung dersel- 
ben bis jetzt über Europa, von der Mitte Deutschlands östlich bis über die Grenze von Asien am Ural. 
Alle verzeichnete Arten leben bei Berlin, im süssen Wasser, nur Oryptemonas fusca ist vom Ural und 
Prorocentrum micans ist ‚eins der leuchtenden Seethierchen der Ostsee bei Kiel. Aus Zeichnungen des 
Herrn Dr. WERrnEcK in Salzburg, welche er im December 1835 durch mich der naturforschenden Gesell- 
schaft zu Berlin vorlegte, ersah ich, dass bei Salzburg mehrere Arten der Familie: Trachelomonas nigri- 
cans, T. volvocina und vielleicht Zagenella euchlora, ebenfalls vorhanden sind. Es wäre endlich mög- 
lich, dass die in den Feuersteinen der Kreide und dem Porphyr, von mir Pyzidicula genannten, fossilen 
Formen der Gattung Zrachelomonas angehörten. 


Man erkennt die Panzermonaden leicht durch ihre Steifheit bei den Bewegungen und bei Berührung 
mit andern Körpern. Zuweilen, wie bei Prorocentrum und Lagenella, sieht man den Panzer als beson- 
dere Hülle sogleich direct. Wo ein Zweifel bleibt, entscheidet Druck zwischen geschliffenen Glasplatten. 
Die Gattung Trachelomonas besitzt einen glasartigen, durch Glühen nicht zerstörbaren, Kiesel-Panzer. 
Die durch den Panzer nicht selten bedingte Trübheit und Undurchsichtigkeit der kleinen Körper macht das 
Erkennen der Organisation schwierig; daher ist in dem Character der Familie darauf Rücksicht genommen. 
Die Familie der Kugelthiere (Yolwocina) unterscheidet sich durch unvollkommene Selbsttheilung, wodurch 
Monadenstöcke entstehen, welche eine bleibende schwesterliche Verbindung vieler Thierknospen sind. Junge 
Kugelthiere sind erst einfach und man muss sich hüten, diese für besondere Thiere, für Panzermonaden, 
zu halten, was bei Ohlamidomonas Pulvisculus, Pandorina Morum gar leicht geschieht. Einmal oder 
flüchtig gesehene Formen erlauben kein sicheres Urtheil. Beständigkeit der Form bei grossen Mengen und 
wiederholte solche Beobachtung spricht befriedigend für den Character als Panzermonaden, Uebergänge in 
die zusammengesetzten Formen entscheiden gewöhnlich leicht für den Platz bei den Kugelthieren. — 
Nahe verwandt ist auch die Familie der Wimperthierchen (Peridinaea). Besondere Wimpern ausser 


99... BEER. > _. 


esmenaen. 7 


40 — 


dem Mundrande und Borsten oder Anhänge des Panzers unterscheiden diese Formen. Die Gattungen Ohae- 
tomonas und Chaetotyphla sind den Gattungen Oryplomonas, Cryptoglena und Lagenella vielleicht zu 
verwandt (vergleiche Tafel XXIII). 

Uebersicht der Gattungen: 


kurze Form, keine Selbsttheilung 


Panzer stumpf und oder Längstheilumng ...... Cryptomonas 
Augenlose ..... glatt lange gewundene Form und Queer- 
delag un. ....,. Ophidomonas 
Panzer mit einer vordern Spitze ...... aasısn Prorocentrum 
Panzer mit halsartiger, enger Mündung ......... Lagenella 


Panzer ein offenes Schildchen . . Uryptoglena 
Panzer ein geschlossenes Büchs- 
diese „un ns ei nenn: Trachelomonas 


Augenführende . . . ( Panzer ohne halsar- 
tige Mündung . . 


ZEHNTE GATTUNG: PANZERMONADE. 
COryptomonas. Monade ä carapace. 


CHARACTER: Animal e familia Cryptomonadinorum, ocello et apiculo destitutum, forma brevi, sponte 
longitudinaliter aut nunquam dividuum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades a carapace, depourvu d oeil et de pointe 
anterieure, Taille courte, division spontanee longitudinale ou nulle. 


Die Gattung der Panzermonaden ist durch Mangel eines Augenpunktes und durch stumpfen, glatten, 
nicht mit einer vordern Spitze versehenen Panzer, ferner durch dessen kurze, nicht fadenförmige Gestalt, 
und durch Längstheilung oder Mangel an Selbsttheilung characterisirt. 

Es sind 7 Arten dieser Gattung bekannt, von denen 6 grün, eine bräunlich gefärbt sind. Sie wurde 
1831 zuerst von dem panzerlosen Doxococcus der Monadenfamilie geschieden, und mit 6 Arten in den 
Abhandl. d. Berlin. Academie aufgezeichnet. Eine 7te Art wird hier als ©. glauca zuerst beschrieben. An 
Organisations-Details hat ©. ovata die grösste Ausbeute gegeben, doch sind, bis auf die asiatische ©. fusc« 
und die neuerlich nicht vorgekommene €. Zenticularis, alle Arten physiologischer Beobachtung zugänglich 
gewesen. Der Panzer ist bei den meisten Arten ein unten und vorn offenes, am Rande eingebogenes Rük- 
kenschildchen (Seutelhum), nur bei ©. ovata schien es ein geschlossenes Büchschen (Urceolus) zu seyn. 
Als Bewegungsorgane zeigten 3 Arten, ©. curvata, ovala und erosa einen einfachen Fadenrüssel, dage- 
gen ©. glauca einen doppelten. Drei bis 4 Arten, ©. curvata, ovata, glauca und vielleicht fasca, liessen 
innere (Magen-) Zellen erkennen. Ausser ©. fusca zeigten alle Arten grüne Körnchen als Eier. Drei Ar- 
ten, ©. ovata, erosa und eylindrica, liessen 2 ovale oder runde männliche Samendrüsen erkennen, er- 
stere auch eine contractile Samenblase am hintern Ende des Leibes. Selbsttheilung ist nirgends deutlich 
beobachtet worden, zuweilen hingen aber 2 schwimmende Individuen mit dem Munde fortdauernd an ein- 
ander, was vielleicht das letzte Moment der spontanen Längstheilung von hinten nach vorn war. Empfin- 
dungs- und Gefässsystem sind unerkannt. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist bisher von Berlin bis zum Ural beobachtet, indem 6 
Arten nur bei Berlin leben, die ©. fusca aber allein in Catharinenburg beobachtet ist. 

In der Form hat diese Gattung viel Aehnlichkeit mit den Lippenmonaden, die aber panzer- 
los sind. 


52. Crypltomonas curvalta, krumme Panzermonade. Tafel I. Fig. XVI. 


C. corpore valde compresso magno, duplo longiore quam lato, 48vam lineae partem aequante, antico fine infra, po- 
stico supra emarginato seu leviter sigmoideo, viridi. 


Monade a carapace courbee, ü corps Ires-comprime, grand, deux fois plus long que large, ").. mil- 
limetre en longueur, anterieurement et posterieurement echanere en forme legere de la lettre S, 
cowleur verte. 
Cryptomonas curvata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 57. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Im Jahre 1830 fand ich diese Monade am 3. Mai, 1832 im November zwischen Conferven des Thiergartens in Menge. Die 
grössten Exemplare erreichten !72 bis "/as Linie Länge. Die Bewegung war langsam und wankend, zuweilen um die Karigsiee dre- 
hend und plötzlich hüpfend. Der sehr zusammengedrückte papierartige Panzer hatte am vorderen Vorsprunge einen kaum der halben 


4 — 


Körperlänge gleichenden, feinen wirbelnden Rüssel und in der Ausbuchtung darunter eine grosse ovale Oeffnung. Die Kürze des seitli- 
chen Rüssels veranlasste offenbar die langsame, wälzende Bewegung und sein rasches Anstossen das Hüpfen. Der Körper füllte den 
Panzer ganz aus; letzterer erschien als eine geschlossene Büchse. Die grüne Farbe war von dicht an einander gereihten Körnchen, 
die, Eiern vergleichbar, */.o— '/so der Körpergrösse hatten, und mithin etwa Yı2.0 einer Linie gross waren. Von diesen Körnchen 
umgeben, waren im Innern grössere, hellere Blasen sichtbar, die ganz die Gestalt, Lage und Grösse von Magenzellen hatten. Farbe 
nahmen sie nicht als Nahrung sichtlich auf. Ich bin jetzt zweifelhaft, ob ich nicht die bei ©. ovata deutliche Längsspalte des Pan- 
zers auf der Bauchseite hier doch übersehen habe. In diesem Falle ist die Form anders zu bezeichnen. Der Körper wäre dann nie- 
dergedrückt (corpus depressum), die oflene Seite die Bauchseite, > uch geschlossen, die Stirn nicht von oben nach unten, 


m 


sondern von links nach rechts ablaufend. — Entwicklungseyclus "us" — "is. 


Erklärung der Abbildungen Taf. U. Fig. XVI. 


Die 6 Figuren bilden 2 Gruppen. Die oberen 3 sind im Jahre 1830 gezeichnet, die 3 untern 1832. 
Fig. 1. die erste der untern Reihe, ist von der Seite (Rücken?) gesehen, !/,, Linie gross, 310mal vergrössert. 
Fig. 2. ein kleineres Individuum vom Rücken (der linken Seite?) gesehen. 
Fig. 3. ist das erstere vom Bauche (der rechten Seite?) gesehen, wo es die ovale Mundöffnung zeigt. 


53. COryptomonas ovalta, eiförmige Panzermonade. Tafel II. Fig. XVII. 


C. corpore depresso, ovato, magno, duplo longiore quam lato, 48vam lineae partem aequante, viridi. 


Monade a carapace ovale, a corps deprime, ovale, grand, deux fois plus long que large, 'ı mil- 
limetre en longueur, couleur verte. ‘ 
Enchelys viridis, MüLLer? Animalc. infus. Tab. IV. Fig. 1. 


Craterina viridis, Borr? Encycl. m&th. 1824. p. 523. et Essay d'une classif. des microsc. 18%. 
Cryptomonas ovata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 57. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, vielleicht auch bei Copenhagen. 


Sie wurde im Jahre 1830 im September zwischen Conferva? ochracea mit Or. cylindrica beobachtet; im Jahre 1834 fand sie | 
sich im Juli zwischen anderen Conferven des Thiergartens und am 11. Februar 1835 wieder zahlreich in ähnlichen Verhältnissen. Die 
kleinsten hatten "Jıo2, die grössten */;; Linie Länge. Mürrer’s Thierchen war eylindrisch und fand sich in Wasser, welches mehrere 
Wochen lang gestanden hatte. Vielleicht war diess ©. eylindrica. Bei C. ovata ist offenbar die breite Seite die Rückenseite oder 
Bauchseite. Der niedergedrückte Panzer schliesst sich auf einer dieser Seiten nicht, sondern ist da nur umgebogen, und bei der Gat- 
"tung Oryptoglena liegt der Augenpunkt auf der geschlossenen Seite der Oberfläche näher, was diese als Rückenseite zu erkennen 

giebt. So ist es ac hier betrachtet. Der fast elliptische Körper ist vorn schief abgestutzt und leicht ausgebuchtet, von links nach 

rechts ablaufend. Der einfache Rüssel ist länger als die Körperhälfte. Die Bewegung ist langsam, wankend, um die Längsaxe dre- 

hend, wenn Widerstand kommt, hüpfend. Der Panzer ist nicht hart, sondern papierartig. Zahlreiche innere helle Blasen zwischen 

den grünen Eiern bezeichnen die Magenzellen. In der Mitte sind immer 2—3 eiförmige graue Körper, die hier als Samendrüsen 

betrachtet werden. Am hintern Ende ist eine einfache veränderliche, bald vorhandene, bald verschwindende Samenblase. Die kleinsten 

Individuen konnten nur Junge aus Eiern seyn, da sie als Theile der Selbsttheilung zu klein waren. Selbsttheilung ist gar nicht | 
beobachtet. i 


Erklärung der Abbildungen Taf. II. Fig. XVH. 


Es sind 7 rüsselführende, gleich stark vergrösserte, Exemplare nach Zeichnungen vom Jahre 183%, und 1 rüsselloses nach Zeichnung von 
1830 dargestellt. 
Fig. 1. ist vom Bauche gesehen; 
Fig. 2. vom Rücken gesehen; 
Fig. 3. von der Seite gesehen, sämmtlich 310mal vergrössert; 
Fig. 4. ein junges, nicht durch Theilung entstandenes Exemplar, 380mal vergrössert. 


54. CUrypiomonas erosa, ausgerandete Panzermonade. Tafel D. Fig. XVII. 


C. corpore depresso, ovato, parvo, 80mam lineae partem vix attingente, viridi, antica parte late hyalino, eroso. 


Monade ü carapace echancree, a corps deprime, ovale, petit, egalant ‘|; millimetre pres, de cou- 
leur verte, püle et echancre au bout anterieur. 


Cryptomonas erosa, Abhandl, der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 56. 1835. p. 164. Tafel I. Fig. 11. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Panzermonade lebt in klarem Wasser der Torfgruben zwischen Conferven im Sommer. Im Jahre 1835 fand ich sie 
schon wieder am 11. Februar, also lebt sie den Winter durch fort. Sie ist weicher, als die übrigen, nur der ©. glauca gleich, hat 
aber offenbar einen häutigen Panzer in Form eines Schildchens (Scwtellum), welcher auf der Bauchseite umgerollt, nicht geschlossen | 
ist. Sie ist gewöhnlich "20, selten bis %/su Linie gross, von Farbe schön grün, ins gelbgrüne spielend, vorn blasser. Das Farbige 
erscheint als sehr kleine Körnchen, die man nur bei starker Vergrösserung erkennt, von Y> bis *ıs der Körperlänge. Magenzellen 
waren, wohl der Durchsichtigkeit ihrer Wände halber, nicht deutlich, dagegen traten sehr deutlich in der Körpermitte 1 bis 3 kugel- 
förmige drüsige graue Körperchen für das Auge hervor, die, mit den ähnlichen der grösseren Formen verglichen, als Samendrüsen er- 
scheinen. Die lebhafte Bewegung der Thierchen glich der des Oychdium Glaucoma, war aber langsamer und wurde durch einen 
einfachen, fadenförmigen Rüssel von fast der ganzen, oder ?/; der Körperlänge vermittelt. Die vordere Mundgegend dieses Thierchens 
ist blasser, weil sie weniger Körnchen enthält. Manche Individuen waren in der Mitte durchgehend hell und nur mit 2 grünen Seiten- 
streifen versehen; dergleichen sah ich durch Auswerfen grüner körniger Masse (Eier) an der vordern schief abgestutzten, etwas ausge- 4 
buchteten Endfläche (dem Munde) aus ganz grünen entstehen. — Entwicklungseyelus "ısco—*/so Linie. « 


11 | 


ER NEE EURER ID 


Erklärung der Abbildungen Taf. HD. Fig. XVIH. 


Die 10 Thierchen sind in verschiedenen Stellungen, wie sie im Mikroskop erscheinen, dargestellt, !/ı.. Linie gross, 380mal vergrössert, 
also bei gleicher Vergrösserung mit Fig. 4. der vorigen Art gezeichnet. Das mit F bezeichnete Thierchen ist im Eierlegen (?) begriffen. Das mittlere 
rechts ist von der Seite gesehen. 


55. Oryptomonas cylindrica, eylindrische Panzermonade. Tafel IL. Fig. XIX. 


©. corpore eloneato, subeylindrico, triplo loneiore quam lato, 72dam lineae partem fere aequante, viridi, antica parte 
1 galo, Y B) 3 9 I 1 B) ’ 
oblique truncato et emarginato. 


Monade a carapace cylindrigue, a corps allonge, presque eylindrique, trois fois plus long que 
7 \ . . x z z z Ze 
large, egalant a peu pres "ss millimeire, de couleur verte, tronque et echancere au bout anterieur. 


LEEUWENHOER, August 1701? 

Enchelys viridis, MüLnLer? Animalc. infus. Tab. IV. Fig. 1. 

Craterina viridis, Bory ? 

Cryptomonas cylindrica, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p 57. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, vielleicht auch in Delft und bei Copenhagen beobachtet. 


Im Jahre 1830 fand ich diese Form zahlreich mit Orypt. ovata im September zwischen Conferva? ochracea, am 28. Juni 
1835 war sie häufig zwischen KEuglena sanguinea, die ich am Wege nach Spandau in der Jungfernheide bei Berlin sammelte, und 
es könnte wohl seyn, dass sie eines der ersten grünen Infusorien ist, welche LEEUWENnHOoER in einer Dachrinne seines Hauses in 
Delft mit Euglena sanguinea betrachtete, die aber auch zu Chlamidomonas gehören, oder selbst junge Euglenen seyn konnten. 
Alle diese jetzt unterschiedenen Formen wurden früher verwechselt. Mürtzer’s Citat habe ich schon bei ©. ovata angeführt, es lässt 
sich nicht entscheiden. Diese Art ist dreimal so lang als breit und wenig zusammengedrückt, daher fast cylindrisch. Der Panzer ist 
offenbar wie ein Schildchen. Vorn sah ich einen Wirbel, aber den Rüssel, welcher ihn hervorbringen mag, nicht. Magenzellen 
waren direet auch nicht wahrnehmbar, wahrscheinlich verdeckten die grünen Körnchen ihre Umrisse. Die grüne Farbe bestand aus 
sehr feinen Körnchen, von denen etwa 20 auf die Körperlänge gingen, die bis !/; Linie gross war. Deutlich lagen in der Mitte des 
Körpers 2 ovale graue Körperchen, die Samendrüsen. Einschnürungen zur Selbsttheilung sah ich nie, aber zuweilen 2 Individuen an- 


einanderhängend schwimmen, welche eine Längstheilung von hinten nach vorn anschaulich machen konnten. Entwicklungseyelus wohl 
!ısa0 bis %/2 Linie, 


Erklärung der Abbildungen Taf. U. Fig. XIX. 


Die 10 dargestellten Individuen sind in verschiedenen Stellungen, einige wirbelnd, alle 290mal, fast eben so stark als ©. ovata vergrössert. 
Fig. 1. ist vom Rücken gesehen, wirbelnd.. 


Fig. 2. vom Bauche gesehen, wo die 2 Samendrüsen deutlicher werden, mit Weglassung der Eikörnchen. 


36. Cryptomonas? glauca, bläuliche Panzermonade. Tafel II. Fig. XX. 


€. corpore ovato, turgido, 72dam lineae partem attingente, duplo longiore quam lato, antico fine truncato, caeru- 
lescente, flagello duplici. 


Monade a carapace bleuätre, a corps ovale, gonfle, deux fois plus long que large, atteignant !)zo 
millimetre em longueur, tronqgue au bout anterieur, couleur verte bleuätre, trompe a fouet double. 


Aufenthalt: Berlin. 


Diese Panzermonade ist noch nirgends beschrieben. Ich fand sie am 29. Juni 1835 in einem Löschkübel mit Olamidomo- 
nas Pulvisculus in grosser Menge. Sie unterschied sich sogleich sehr auffallend durch die blaugrüne Farbe gegen die gelbgrüne der 
Staubmonade. Ihre Grösse schwankte zwischen to? —". Linie, so dass die kleinsten nicht Theile der grössern seyn konnten, 
also aus Eiern entsprossen seyn mochten. In einem anderen Löschkübel der Strasse fand sich unter ähnlichen Verhältnissen eine an- 
dere ganz ähnliche neue Form gleichzeitig, Oryptoglena conica, die aber deutlich ein rothes Auge besass und nach hinten spitz war. 
Sehr auffallend war der deutliche doppelte Rüssel. Die grünliche Farbe war zu blass oder sanft, um die sie wohl bildenden Eikörn- 
chen scharf umgrenzt sehen zu lassen, aber desshalb traten gerade die innern Magenzellen recht grell hervor. Ob 2 mittlere von die- 
sen hellen Flecken den Samendrüsen angehörten, blieb ungewiss. Ich zählte 3—8 solcher Magen. Den Panzer, in Form eines umge- 
rollten Schildchens, habe ich erkannt. Hat die Form vielleicht ein sehr blasses, rothes Auge, das ich übersehen habe ? Gehört sie des 
doppelten Rüssels und des Mangels eines Auges halber, in eine besondere Gattung (Diplotricha)? Einige im Schwimmen vorn zu- 
sammenhängende Individuen liessen auf Längstheilung von hinten nach vorn schliessen. Die Bewegung war munterer, als bei Ohlami- 
domonas, oft hüpfend. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XX. 


Es sind 17 Individuen der bläulichen Panzermonade und, zur Farbenvergleichung, 1 Individuum der gleichzeitig beobachteten augenführenden 


Chlamidomonas Pulvisculus dargestellt. Die 2 zusammenhängenden schwammen so gemeinsam umher. Die kleinsten sind Junge, doch wohl aus 
Eiern, nicht aus Queertheilung. ; 


37. Uryptomonas? fusca, braune Panzermonade. Tafel II. Fig. XXI. 
C. corpore ovato, turgido, 125tam lineae partem aequante, fusco. 
Monade a carapace brune, a corps ovale, gonfle, egalant '); millimetre en longueur, couleur brune. 


Bacterium? fuscum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 81. 89. 
Oryptomonas? fusca, _ = -— = = £ — 1831. p. 57. 


Aufenthalt: Bei Catharinenburg im Uralgebirge. 


Diese Infusorienform fand sich im Juli 1829 auf der Reise mit Herrn ALEXANDER von Humsoror zwischen Conferven der 
Iset bei Catharinenburg. Ich hielt sie damals für ein zweifelhaftes Bacterium, allein ich habe jetzt wenig Zweifel, dass es nicht eine 


- 43 


Art der Panzermonaden gewesen. Die Längslinie der Zeichnung war wohl gewiss die Panzergrenze, und dann passt die Form recht 
woll hierher. Die beiden innern Blasen mögen Magenzellen gewesen seyn, wenn es nicht Samendrüsen waren. Die bräunliche Farbe 
mag den Eiern angehören. Ich sah damals viele Exemplare übereinstimmend, aber freilich auf der Reise. Die Bewegung war drehend 
um die Längsaxe, der Körper nicht niedergedrückt, sondern beim Drehen gleich dick. 


Erklärung der Abbildung Taf. I. Fig. XXT. 


Es ist ein in Catharinenburg gezeichnetes Exemplar, 245mal vergrössert. 


38. CUrypiomonas lenticularis, linsenförmige Panzermonade. Tafel II. Fig. XXI. 


C. corpore lenticulari, orbiculato, parvo, 144tam lineae partem aequante, viridi, lorica crassa. 


Monade a carapace lenticulaire, a corps lenticulaire, rond, petit, egalant "|, millimetre, couleur 
verte, carapace £paisse. 


Cryptomonas lenticularis, Abbandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 57. 
Aufenthalt: Berlin. 


Im Jahre 1831 erkannte ich in dieser, schon früher von mir beobachteten, Form den Character einer Panzermonade. Ich 
sah sie dann wieder im Juni 1832 und im Juli 1834 in Löschkübeln. Die Bewegung war wankend. An einer Stelle des Randes sah 
ich deutlich einen Wirbel und glaubte mehrere Wimpern zu sehen. Es mag wohl das Schwingen eines Rüssels gewesen seyn. Auf 
der breiten Seite liegend, erschien das Thierchen wie eine grünliche Sohieibe mit einem dunkelgrünen Rande; von der Seite gesehen, 
spindelförmig, dunkelgrün. In der Mitte waren zuweilen mehrere Körner oder Bläschen von grauer Farbe. Die kleinsten waren !/ıos, 
die grössten "is. Linie gross. Farbige Nahrung nahm es nicht auf. Oft lag es auf der breiten Seite ganz still. Den dunkelgrünen 
Saum halte ich für die Dicke des Portzori 5 ne wäre vielleicht die grosse, helle, mittlere Scheibe eine Samendrüse, welche die grü- 
nen Eier u. s. w. nach der Seite drängt? 


Erklärung der Abbildungen Taf. H. Fig. XXI. 


Es sind 15 Thierchen, 9 von der breiten, 6 von der schmalen Seite dargestellt, alle 450mal. vergrössert; eins darunter ist von der kleinsten 
beobachteten Grösse. 
Fig. 1. ist von der breiten (Rücken-) Fläche ; 
Fig. 2. ist von.der schmalen (Seiten-) Fläche gesehen. 


Geschichtlicher Zusatz zur Gattung UOrypltomonas. 


Es sind nur 2 der früher bekannt gewordenen Infusorien fraglich zu den Panzermonaden zu stellen. Znchelys viridis von 
MüÜırer ist schon zu C. ovata und ceylindrica citirt worden, ausserdem Könnte Monas Ocellus desselben Beobachters eine beson- 
dere Art dieser Gattung seyn, indem der sehr dunkle Umkreis vielleicht wie hei ©. Zenticularis die Dicke des Panzers anzeigt. Jene 
Art zieht Borx oe Sr. Vincent in seine Gattung Oraterina, welche eigentlich Vorticellen-Fragmente enthält, diese in seine 
Gattung Ophthalmoplanis*wit 2 Formen, die 2 andern Gattungen angehören. Die dicken Umkreise der Figuren bei Jogror und Gueı- 
CHEN ü.8. w. sind aber nicht gleichgeltend mit diesen bei MÜLLer, sondern sind chromatische Erscheinungen der Mikroskope. 


EILFTE GATTUNG: SCHLANGENMONADE. 
Ophidomonas Monade Serpent. 


CHARACTER: Animal e familia Cryptomonadinorum, ocello destitutum, lorica obtusa nuda, statura fili- 
formi et divisione spontanea transversa perfecta. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades ü carapace, depourvu d’ oeil, & carapace 
ohtuse glahre, & taille filiforme et & division spontanee parfaile transversale. 


Die Gattung der Schlangenmonaden unterscheidet sich von den übrigen Panzermonaden durch- 
Mangel des Auges, durch stumpfen, glatten Panzer, durch fadenförmige Gestalt und durch queere vollkom- 
mene Selbsttheilung. j 

Es ist bis jetzt nur eine bräunlich gefärbte Art dieser Gattung bekannt geworden. Sie wurde am 
18. September 1836 entdeckt und wird hier zuerst characterisirt. An Organisation haben sich nur ein 
röhrenförmiger Panzer und ein fadenförmiger Rüssel als Bewegungsorgan mit vielen Magenzellen im Innern 
des Leibes erkennen lassen. Das Hinderniss für weitere Erkenntniss liegt im geringen Breiten - Durchmes- 
ser der Form. Ob die bräunliche Farbe den Eiern angehört, blieb unentschieden. Selbsttheilung ist als 
Queertheilung erkennbar gewesen. 

Sie ist nur in Deutschland, bei Jena, beobachtet. 


59. Ophidomonas jenensis, jenaische Schlangenmonade. 


O. corpore spiraliter curvato tenuissimo, utroque fine aeqnaliter obtuso, 48vam lineae partem longo, olivaceo- 
fuscescente. 


Monade Serpent de Jena, & corps courbe en spirale, tres-fin, obtus aus deux bouts, egalant ‘|z 
millimetre, couleur d’ olive brunätre. 


Bericht über die Versammlung d. Naturforscher zu Jena, 1836. (Nicht Ophidosoma.) 
Aufenthalt: Ziegenhayn bei Jena. 


Diese sehr eigenthümliche Panzermonade, welche einem Spirillum ganz ähnlich ist, fand ich mit Herrn Prof. Weiss am 
18. Sept. 1836 in einem kleinen Bassin zum Wasserschöpfen bei der Kirche des Dorfes Ziegenhayn bei Jena, gleichzeitig mit Monas 
Okenii und mehreren gewöhnlichen Arten von Euglena. Beim Schwimmen schlängelt sie sich wie ein Y%drio, untersucht man aber 
die Erscheinung genau, so schlängelt sie sich gar nicht, sondern ist ganz steif, aber spiralförmig gewunden, wie ein gedehnter Pfropfen- 
zieher. Das Wälzen um die Längsaxe bedingt die optische Täuschung des Schlängelns. Ihre Bewegung ist rasch.. Am Rande des 
Tropfens liegt sie bald still, macht aber dann noch lange vorn einen deutlichen Wirhel. Ein sehr feiner Rüssel ist von mir als Be- 
wegungsorgan mehrmals deutlich erkannt worden. Es finden sich Formen von '; bis zu 2"); Spiralen. Beim Stillliegen erkennt man 
die starre krumme Körperform, welche einen Panzer verräth, der ein Büchschen (Urceolus) seyn mag. Im innern Körper, der an 
Dicke !/ı, der grössten Länge, also */r2 Linie beträgt, sind 18 bis 24 Magenbläschen, oft weniger, sehr deutlich zu erkennen. Wei- 
tere Structurverhältnisse blieben verborgen. — Einen Anfang zur ähnlichen Spiralform macht schon Oryptomonas curvata. Ich habe 
Hunderte von Exemplaren beobachtet und bis zum December in Berlin lebend erhalten. Die Gattung Sperzllum unterscheidet sich 
durch unvollkommne vielfache Queertheilung, welche die Spirale bedingt und verlängert, während hier die einfache vollkommne Queer- 
theilung die eigene Spiralform des Körpers zerstört oder kürzt. 

Da die Tafeln längst gestochen waren, so liess sich eine Abbildung nicht mehr aufnehmen. 


ZWÖLFTE GATTUNG: STACHELMONADE. 
Prorocentrum. Monade a pointe. 


CHARACTER: Animal e familia Cryptomonadinorum, ocello destitutum, lorica glabra, apiculo frontali 
terminata. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades a carapace, sans oeil, & carapace glahre, 
terminee en pointe frontale. 


Die Gattung der Stachelmonaden ist von allen übrigen Panzermonaden durch Mangel des Auges 
und glatten, mit einer vorderen Spitze versehenen, Panzer ausgezeichnet. 

Es ist nur 1 gelblich gefärbte Art der Gattung bisher bekannt geworden. Die Gattung wurde 1832 
in den Abhandlungen der Berliner Akademie gegründet. An Organisation ist ausser dem Panzer, welcher 
ein Büchschen (Urceolus) zu seyn scheint, ein einfacher, fadenförmiger Rüssel als Bewegungsorgan er- 
kannt. Vom Ernährungssysteme ist eine Vielzahl grosser innerer Zellen, Magen, beobachtet. Die gelbliche 
Farbe mag den Eiern angehören, welche jedoch direet nicht weiter erkannt wurden. Eine der hellern Bla- 
sen gehörte vielleicht dem männlichen Sexualsysteme an, doch blieb dieses zweifelhaft. Dr. Micnaeuıs hat 
vielleicht eine männliche Samendrüse gesehen. Besonders merkwürdig ist diese Gattung, weil die einzige 
bekannte Art zu den Leuchtthieren des Meeres gehört, und es mag mithin für diese so in die Augen fal- 
lende organische Thätigkeit auch ein besonderes, noch unerkanntes, organisches Verhältniss bei ihr geben. 
Hier sey nur noch bemerkt, dass alle Leuchtinfusorien des Meeres, welche bisher bekannt wurden,. durch 
eine : wachsgelbe Farbe bezeichnet sind, wodurch wahrscheinlich wird, dass dieselbe in einiger directen 
Verbindung mit der Erscheinung stehe (vergl. Peridinium Tafel XXI). Selbsttheilung ist nicht beobachtet. 

Die einzige Form lebt bei Kiel im Ostseewasser und ist bisher nirgends weiter beobachtet. 

Von der Gattung Peridinium unterscheidet sich diese Form durch Mangel des Wimpernkranzes, und 
die einfache Zuspitzung der Stirn ist hier nicht für einen besondern Fortsatz angesehen worden. Zu 
strenge Consequenz könnte diese Form desshalb aber allerdings in die Familie der Kranzthierchen, in 
die Nähe von Chaetotyphla verweisen (Tafel XXI.) * 


60. Prorocentrum micans, leuchtende Stachelmonade. Tafel HI. Fig. XXI. 
P. corpore ovato compresso, postico fine attenuato, antico rotundato dilatato et apieulato, magno, 36tam lineae par- 
tem longo, ceraceo. 
Monade a pointe lumineuse, ü corps ovale, comprime, aminci au bout posterieur, dilald et pointu 
au bout anterieur, assez grand, egalant !|ıs millimetre, couleur de cire, 


Cercaria, MicHAELıs, Leuchten der Ostsee, 1830. p- 38. Tafel I. Fig. oben rechts. 
Prorocentrum micans, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 307. und 1834. über das Meeresleuchten, 


p. 537. (1%.), 575. (167.) Tafel II. Fig. VI. 
Aufenthalt: Im Ostseewasser bei Kiel. 


4 


Der Entdecker dieses höchst merkwürdigen Thierchens ist Herr Dr. Micna&zıs in Kiel. Er beschrieb es und bildete es 
im Jahre 1830 in der sehr interessanten Schrift: über das Leuchten der Ostsee ‚ ab. Im Jahre 1832, im November, erhielt 
ich durch seine Güte auf meine Bitte leuchtendes Kieler Seewasser in Berlin, und hatte die Freude, die Leuchtthierchen lebend in Ber- 
lin zu untersuchen. Dass man lebende Infusorien 6—8 Tagereisen weit transportiren könne, hatte ich in Arabien 1823 zuerst beob- 
achtet, und die Anwendung jener Erfahrung erhielt hier eine überraschende Bestätigung. In 4 Flaschen leuchtenden Seewassers, welche 
ich im September erhielt, fand sich mit Peridinium Fusus und Peridinium Furca auch dieses Thierchen häufig. Sie erhielten 
sich bis zum Ende Novembers lebend und erst spät, am 25. November, überzeugte ich mich auch bei dieser Form, durch isolirtes Auf- 
heben von leuchtenden Tröpfchen mit einem Federpinsel und Betrachten des Inhaltes des Tröpfchens unter’'m Mikroskope, von seiner 
eignen Lichtentwickelung, wie sie Herr Micma&rıs schon sehr wahrscheinlich gefunden. Es sind flache, eiförmige Blättchen von wachs- 
gelber Farbe und "/ss Linie Durchmesser, welche wankend im Wasser schwimmen, zuweilen hüpfen. Vorn haben sie einen kleinen 
Stiel, wie ein verkehrt eiförmiges .Pflanzenblatt. Dieser kleine Stiel ist die spitz auslaufende Stirn. Dicht unter ihm bemerkt man 
das rasche Schwingen eines einfachen peitschenartigen Rüssels von ?/; der Körperlänge, und im Wasser sieht man eine Strömung da- 
hin gehen, wo also offenbar der Mund seyn mag. Der Körper scheint zusammengedrückt (corpus compressum) und ist von einer 
harten Hülle umgeben, deren innere Grenze man erkennt. Im Innern sind 6—10 grosse hellere Blasen sichtbar, welche Magenzellen zu 
seyn schienen. Die gelbliche Farbe bildete die Zwischenmasse zwischen diesen Blasen und war undeutlich sehr feinkörnig. Aus Herrn 
Micnaärıs unterer Abbildung könnte noch hervorgehen, dass im Innern eine grosse ovale Drüse liegt, die vielleicht Samendrüse wäre. 


ir Erklärung der Abbildungen Taf. II. Fig. XXIH. 


Es sind 4 Exemplare des Ostseethierchens nach dem Leben in Berlin gezeichnet. 
Fig. 1. ist eine Gruppe von 3 Thierchen von der breiten Seite, der Seitenfläche (?), gesehen ; 
Fig. 2. ist ein einzelnes Thierchen vom Rücken (?) gesehen. Alle sind 310mal vergrössert. 


DREIZEHNTE 6A TT UNG: FLASCHENMONADE. 
Lagenella. Lagenelle. 


CHARACTER: Animal e familia Cryptomonadinorum, ocello instructum, lorica urceolata in collum s. ro- 
strum producta. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades a carapace, pourvu d un oeil et d’ une 
carapace a hec ou ü& goulot en forme de houteille. 


Die Flaschenmonaden unterscheiden sich von allen Panzermonaden durch einen Augenpunkt 
und einen geschlossnen Panzer mit vorderer schnabel- oder halsartiger Verlängerung in Form einer Flasche. 

Die einzige Art dieser Gattung ist grünfarbig. Die Gattung selbst wurde in den Abhandlungen der 
Berliner Akademie 1831 unter dem Namen Zagenula gegründet, welcher aber seit 1832 in Lagenella um- 
gewandelt ist, weil eine Pflanzengattung von LourEiRo jenen ersten Namen schon besass. Die Organisation 
ist noch nicht hinreichend entwickelt. Viele Arten einer Gattung ergänzen sich gewöhnlich und geben zu- 
sammen ein befriedigenderes Bild der Organisation, als die angestrengteste Beobachtung einzelner Formen 
es oft erreicht. Ein deutlicher, erystallheller Panzer, grüne Körnchen als Färbendes im inneren Leibe, welche 
man mit Eiern zu vergleichen berechtigt ist, und ein schön rother, bei keinem Individuum fehlender, inne- 
rer Punkt in der vorderen Körpergegend, den man ein Auge zu nennen berechtigt ist, sind die bisher er- 
mittelten organischen Verhältnisse. Magenzellen, Samendrüse und Rüssel sind noch nicht beobachtet. Doch 
würde, nach einer Zeichnung des Herrn Dr. WErneEck, welche sich auf diese Form zu beziehen scheint, ein 
fadenförmiger, einfacher, langer Rüssel vorhanden seyn. 

Diese Gattung und einzige Art ist bisher nur bei Berlin und vielleicht bei Salzburg beobachtet. 


61. Lagenella euchlora, schöngrüne Flaschenmonade. Tafel H. Fig. XXIV. 
L. corpore ovato, collo brevi truncato, 96tam lineae partem longa, lorica erystallina, corpore (ovario) viridi. 


Lagenelle verte, a corps ovale et a goulot court tronque, "as millimetre en longueur, carapace ery- 
stalline, corps ou avaire de couleur verte. 


Lagenula euchlora, Abhandl. d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p- 62. Tafel I. Fig. 8 


Lagenella euchlora, — 00 - = > — 1832. p. 281. 
Aufenthalt: Berlin! und Salzburg? 


Im Jahre 1830 beobachtete ich das Thierchen im April zwischen Conferven des Thiergartens, später habe ich es im Som- 
mer öfter in ähnlichen Verhältnissen gesehen, aber neuerlich ist es mir nicht wieder zugänglich gewesen. Aus einer Zeichnung, welche 
mir Hr. Dr. Werneck aus Salzburg sandte, lässt sich ein dortiges Thierchen auf diese Form deuten , doch hat es einen etwas zu 
kurzen Hals. In dieser Zeichnung ist ein Rüssel von fast mehr als Körperlänge und sind auch verschiedene innere Organe angedeutet, 
welche Magenzellen und Eier anzeigen. Das rothe Auge ist ebenfalls hervorgehoben und die Grösse oo bis */ss”” angegeben, was mit 
dem !/6”” meiner Beobachtung sehr übereinstimmend ist. Der Panzer dieses Thierchens ist nicht glasartig hart, wie bei Trachelomonas; 
sondern papierartig weich. Es ist nöthig, hier zu bemerken, dass neuere Beobachtungen mich belehrt haben, dass auch bei Trache- 


12 


STR EN 


46 . 


lomonas sich zuweilen Spuren einer halsartigen Verlängerung des Mundes bemerken lassen. Der Character ist bei Lagenella viel 
bestimmter und beharrlich, bei jenen scheint der halsartige Theil einziehbar, weich zu seyn. Die grünen Körnchen sind Iho—!hz der 
Körperlänge. — Entwicklungseyclus also wohl !/1920— os Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXIV. 


Es sind 7 Individuen verschiedener Grösse und in verschiedenen Stellungen abgebildet. Bei den meisten ist der häutige Panzer sehr deutlich 
abstehend, bei einigen anliegend, vom Körper mehr ausgefüllt. Ist jenes vielleicht Folge des schon stattgefundenen theilweisen Eierlegens und mithin 
des Zusammenfallens des Körpers? Selbsttheilung ist nicht beobachtet, jedenfalls giebt es keine unvollkommene Selbstheilung. 


m 


VIERZEHNTE 6ATTUNG: PANZERAUGE. 
Cryptoglena. Cryptoglene. 


CHARACTER: Animal e familia Cryptomonadinorum, ocello instructum, lorica sceutellari, latere involuta, 
nec rostrata. , 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades a carapace, pourvu d’un oeil et d «me ca- 
rapace ouverte, en forme de houclier enroule aux cöles, sans bec au hout anterieur. 


Die Gattung der Panzeraugen ist vor allen Panzermonaden durch einen deutlichen Augenpunkt 
und durch einen schildförmigen, an den Seiten eingerollten, offenen Panzer, ohne vorderen Schnabel, cha- 
racterisirt. | | 

Die Gattung Oryptoglena besteht gegenwärtig aus 3 grünfarbigen Arten, und wurde im Jahre 1831 
(1832) in den Abhandlungen der Berliner Akademie p. 150. mit 2 Arten, ©. agilis und pigra, zuerst be- 
gründet. Die dritte Art, ©. conica, wird hier zugefügt. Der Name der Cryptoglena agilis ist durch ein 
Versehen in ©. caerulescens 1832 umgeändert, da aber letzterer Name bezeichnender ist, so ist er hier 
beibehalten. Alle 3 Formen sind sehr klein. An Organisation haben sie dessenungeachtet schon mancher- 
lei ermitteln lassen. Besonders die neueste Art ist zu Hülfe gekommen. Der Panzer hat sich bei allen 


"Arten als ein offenes eingerolltes Schildehen (Seutellum) gezeigt. Als Bewegungsorgane sind bei ©. conica 


2 fadenförmige Rüssel deutlich geworden, bei den andern Arten sind sie unerkannt. Die kleinen Magen- 
zellen scheinen bei allen Arten durch die grünfarbigen Ei-Körner überdeckt zu seyn. Diese bei allen Ar- 
ten unterschiedenen Körnchen bilden wohl den weiblichen Theil des Sexual-Systems. Spuren des männli- 
chen Theils sind in ©. conica hervorgetreten, wo in der Körpermitte 2 ovale graue Drüsen sichtbar wa- 
ren. Als Anzeigen eines isolirten Empfindungssystems werden hier die bei allen Arten und Individuen er- 
kannten rothen Pigmentstellen im vorderen Körper angenommen, welche den Augen ganz analog umschrie- 
ben, gestellt und gefärbt sind. Alle Individuen sind einzeln; Selbsttheilung ist nicht beobachtet. 

Die Verbreitung dieser Formen, welche zu den kleinsten augenführenden organischen, Körpern ge- 
hören, ist bisher nicht weiter beobachtet. Sie leben sämmtlich in Berlin. 


62. Crypioglena conica, kreiselförmiges Panzerauge. Tafel II. Fig. XXV. 


C. corpore conico, antico fine dilatato, truncato, postico attenuato subacuto, 96tam lineae partem aequante, e viridi 
caerulescente. 


Cryptoglene Toupie, a corps comique, dilate et tronque au bout anterieur, aminci et presque aigu 
au bout posterieur, egalant !J,s millimetre, couleur verte bleuätre. s 


Aufenthalt: Berlin. 


Ich fand diese sehr lieblich-grüne Form in zahlloser Menge als Färbung des Wassers eines Löschkübels am 29. Juni 1835 
in Berlin an demselben Tage mit Oryptomonas glauca. Die Form und das rothe Auge unterschied sie sehr von dieser, welche 
grösser war. Die Farbe war ein sehr sanftes Blaugrün und zerlegte sich unter dem Microscop in einzelne Körnchen von !/so der 
Körpergrösse, welche Eier seyn mögen. In der Körpermitte waren 2 graue ovale Körperchen sichtbar, die sich, der Analogie zufolge, 


‚für männliche Samendrüsen ansprechen lassen (vergl. Abhandl. d. Berlin. Akad. 1835. Tafel I.). Beim allmähligen Verdunsten des 


Wassertropfens wurden bei jedem Thierchen am stumpfen vordern Ende 2 fadenförmige Rüssel von halber Körperlänge sichtbar. Der 
rothe Augenpunkt fand sich sehr weit vorn, an der Stirn. Der hintere Theil des Panzers war farblos und schien vom Körper, oder 
doch vom Eierstocke nicht erfüllt zu seyn. Bei einigen war die Körperform etwas gekrümmt. Die Bewegung war rasch, wälzend in 
der Längsaxe, zuweilen aus der Bahn hüpfend. — Entwicklungseyelus Yıo20 bis !/oo Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. II. Fig. XXV. 


Es sind 6 Individuen verschiedener Grösse 310mal vergrössert dargestellt. Das grösste war !/g6, das kleinste 1/,,, Linie gross. 


63. Crypioglena pigra, träges Panzerauge. Tafel II. Fig. XXVI. 


C. corpore ovato subgloboso, parvo, 250mam lineae partem attingente, antico fine emarginato, colore laete viridi; 
lente natans. 


47 


Uryptoglene paresseuse, a corps ovale presque globuleux, petit, atteignant "2, millimetre, echan- 
cre au bout anterieur, couleur d’un beau vert, nageante lentement. 


Cryptoglena pigra, Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1832. p. 150. 1833. p- 296. Tafel VII. Fig. 2. 
Aufenthalt: In und bei Berlin. 


Die ersten Exemplare dieser Art fand ich im Februar 1832 zwischen Conferven des Thiergartens bei Berlin unter dem Eise. 
Sie ist fast nur Y/; der ersten ‘gleich, sehr klein und von einer zwar auch bläulich grünen, aber mehr lebhaften, mehr mit gelb ge- 
mischten Farbe. Der Körper ist kurz, gerundet, vorn ausgeschweift, und der Panzer unterhalb offen. Hinten scheint der Panzer ge- 
schlossen. Das rothe Auge ist sehr deutlich in der Mitte. Die Grösse der grössten beträgt "/so Linie. Etwa 15 Körnchen lagen in 
der Körperlänge, eins ist also "/7s0 einer Linie gross. Die Bewegung war langsam um die Längsaxe wälzend. In gewissem Lichte 
war der rothe Augenpunkt farblos, aber scharf umschrieben. — Entwicklungseyclus */;7, —"/os Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. II. Fig. XXV. 


Es sind 2 Gruppen dargestellt, welche 14 'Thierchen umfassen. 
Fig. 1. ist die erste Gruppe, welche 7 Individuen bei 290maliger Vergrösserung enthält; 
Fig. 2. ist die zweite Gruppe mit ebensoviel, 1000mal im Durchmesser vergrösserten, Thieren. 


64. CUrypioglena caerulescens, bläuliches Panzerauge. Tafel I. Fig. XXVI. 


C. corpore elliptico depresso, minimo, 500mam lineae partem aequante, antico fine emarginato, caerulescente viridi; 
alacriter natans. 


Cryptoglene bleuätre, a corps elliptique, deprime, tres-petit, egalant ‘so millimetre, echancre au 
bout anterieur, couleur verte bleuätre ; nageante vivement. 


- Cryptoglena agilis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1832. p. 150. 
Oryptoglena caerulescens, — - — - a - - 1833. p. 290. Tafel VII. Fig. 1. 


Aufenthalt: In und bei Berlin. 


Im Januar 1832 in der ehemaligen Senkgrube für warmes Wasser, dem Bassin der königlichen Porzellanfabrik zu Berlin 
zwischen Conferven entdeckt, später im Frühling im Thiergarten häufig beobachtet. Die erstere Localität ist jetzt durch Zuwerfen des 
Bassins verschwunden. Das etwas abgeplattete Thhierchen ist schön blaugrün und zeichnet sich durch den rothen Augenpunkt sehr aus. 
Es ist das kleinste aller bis jetzt bekannten Thiere, welches ein solches Auge noch erkennen lässt. In einer gewissen Beleuchtung 
ist der scharf umschriebene Punkt farblos, weshalb ich neuerlich schwankte, ob es nicht vielmehr die männliche Sexualdrüse und die 
Farbe eine optische sey, allein ich bin zur frühern Meinung zurückgekehrt. Das vordere Ende ist von rechts nach links ablanfend. 
Bei der Seitenansicht erkennt man, dass die geschlossene Panzerseite, weil das Auge dieser zunächst steht, die Rückenseite, die offene 
die Bauchseite ist. Im Schwimmen sieht man bei allen Arten einen hellen Streif mitten durch den Körper in der Längsaxe gehen, 
das ist die offene Stelle des Panzers auf der Bauchseite. Die Bewegung dieser Art ist sehr schnell. Die blau-grüne Farbe zeigt 
sich bei starker Vergrösserung schwach gekörnt. Etwa 12 Körnchen lagen vielleicht in der Körperlänge, Sind diese Körnchen Eier, 
so ist eins 1/6000” gross, mithin der Entwicklungscyclus wohl %/6000 —!/soo Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IL. Fig. XXVIL. 


Die Darstellung umfasst 2, aus 23 'Thierchen bestehende, Gruppen. 
Fig. 1. ist eine Gruppe von 12 Thierchen bei 380maliger Vergrösserung des Durchmessers. 
Fig. 2. sind 11 Thierchen bei 1000maliger Vergrösserung. 


FUNFZEHNTE GATTUNG: RÜSSELMONADE. 


= { 
Trachelomonas MWMonade a irombe. 


CHARACTER: Animal e familia Cryptomonadinorum, ocellatum, lorica erostri urceolata. 


CARACTERE: Animal de la famille des Monades a carapace, pourvu d un oeil et d’ une 
carapace fermee en forme de cruche, allongee ou spherique, sans bec ou goulot. 


Die Gattung der Rüsselmonaden begreift solche Panzermonaden in sich, welche mit einem Au- 
genpunkte versehen sind und einen schnabellosen, büchsenförmigen, geschlossenen Panzer besitzen. 

Zu dieser Gattung gehören bis jetzt 3 Arten, deren 2 grün, 1 schwarzbraun gefärbt sind. Sie ist 
im Jahre 1832 aus der Microglena volvocina gebildet worden, die bis dahin auch alle ihre Arten um- 
schloss. An Organisation ist nicht besonders viel, aber, der Schwierigkeit bei so kleinen Panzermonaden 
ungeachtet, doch einiges bereits ermittelt. Ein geschlossener, nur mit einer einfachen runden Oeffnung ver- 
sehener, bei 2 Arten kugliger, bei einer walzenförmiger, glasartiger, harter Panzer, welcher der Glüh- 
hitze widersteht, bildet die Hülle. Ein sehr langer einfacher, fadenförmiger Rüssel vermittelt bei allen Ar- 
ten die Bewegung und das Herbeischaffen der Nahrung. Im Innern des Körpers selbst sind bei 2 Arten, 
T. nigricans und volvocina, sehr kleine hellere Bläschen, welche wohl Magenzellen seyn mögen, erkannt, 
bei 7. eylindrica sind Eikörnchen deutlicher geworden. Männliche Sexualdrüsen sind vielleicht bei 7. n- 


gricans erkannt. Als Theil des Empfindungssystems giebt sich der rothe Augenpunkt in allen Arten zu 


erkennen. Selbsttheilung ist nirgends beobachtet. 

Die Verbreitung dieser Gattung ist noch nicht weit beobachtet. Alle Arten leben bei Berlin und 2 
davon, wie es scheint, auch bei Salzburg, nämlich 7. volvocina und nigricans. 

Zu dieser Gattung gehört vielleicht die merkwürdige Thierform, welche eine grosse Masse für die 
Substanz der Feuersteine der Kreide liefert und die ich wegen Mangels einer sichtbaren Oeffnung zur Gat- 
tung Pyzxidicula, Tafel X., gestellt habe. 

Sehr verwandt dieser Gattung ist Zagenella, obwohl sie durch einen häutigen Panzer und einen 
schnabelartigen Hals unterschieden ist, denn auch bei den Rüsselmonaden ist mir eine Spur von letzterem 
neuerlich öfter vorgekommen. : 


65. Trachelomonas nigricans, schwärzliche Rüsselmonade. Tafel II. Fig. XXVIH. 


T. eorpore ovato suhbgloboso, parvo, 144tam lineae partem aequante, viridi, nigrofusco aut rufescente, ocello fusco. 


Monade a trombe noirätre, a corps ovale presque globuleux, petit, egalant !2 millimetre, couleur 
verte, brune, rougeätre ou noirätre, oeil brunätre. 


Microylena volvocina, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 64. 151. Taf. I. Fig. 2. die ovalen Figuren. 
Trachelomonas nigricans, — - _ - — - —_ 1833. p. 315. Taf. VII Fig. V. 


Aufenthalt: Berlin, wahrscheinlich auch Salzburg. 


Diese Art wurde früher mit den übrigen gemeinsam als Microglena volvocina beschrieben, am 16. April 1832 ward sie 
zuerst unterschieden. Sie ist immer eiförmig, hat seltner eine grüne, meist eine gelbbraune, röthliche oder schwarzbraune Farbe und 
ein braunes oder schwärzliches Auge. Ueberdiess zeigt sie den rothen Ring zwischen dem Panzer und dem Körper, welcher die andern 
beiden Arten so sehr auszeichnet, nie deutlich. Der Dozxococcus ruber hat in der oberflächlichen Erscheinung Aehnlichkeit mit die- 
ser Form, ist aber nicht eiförmig, sondern kuglig, ohne jedoch den rothen Ring der runden Trachelomonas volvocina zu besitzen. 
Im Innern erkennt man kleine, helle Blasen, die Magen seyn mögen und öfter erschien ein grosser, kugelförmiger, drüsiger Körper, 
welcher vielleicht eine Samendrüse war. Der Mund ist eine kleine, runde Oeflnung, der Rüssel so lang als der Körper. Die Bewe- 
gung ist rasch, um die Längsaxe wälzend. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXVIM. 


Es sind 8 Individuen dargestellt in verschiedener Projection der Eiform, 310mal vergrössert. 
Fig. 1. ist die Eiform vom der Mundseite mit zurückgezogenem Rüssel. 
Fig. 2. macht mit dem Rüssel einen Wirbel. Das äusserste Thierchen rechts zeigt eine kugelförmige grosse Samendrüse. 


66. Trachelomonas volvocina, wälzende Rüsselmonade, Tafel II. Fig. XXX. 


T. corpore sphaerico, majore, 72dam lineae partem attingente, viridi, fuscescente aut rufescente, ocello et cingulo 
: pi rubris. 


Monade a trombe volvocine, a corps spherique, assez grand, egalant '\;; millimetre en longueur, 
couleur verte, brunätre ou rougeätre, oeil et ceinture a Üentour rouges. 
Microglena volvocina, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 64. 151. Taf. I. Fig. 2. die runden Figuren. 


Microylena volvoeina, PogsEnDorrr’s Annalen der Physik, 1832. 
Trachelomonas volvoecina, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 315. 331. Taf. VII. Fig. 3. 


Aufenthalt: Bei Berlin und wahrscheinlich bei Salzburg beobachtet. 


Unterschieden wurde diese Form 1831, wieder beobachtet im März, April und Mai 1832 und im Juni 1834 zwischen Con. 
ferven des Thiergartens. Die Form ist immer kugelförmig, meist grün oder bräunlich, und zeichnet sich immer durch einen lebhaft 
rothen Ring im Umkreis aus. Das Auge ist deutlich roth gefärbt und im Innern lassen sich Bläschen erkennen, die wohl Magenzellen 
seyn mögen. Zwischen diesen ist eine sehr feinkörnige Masse, welche die grüne oder bräunliche Farbe des Körpers bedingt. Vorn ist 
ein peitschenförmiger zarter, langer Rüssel, welcher die Bewegung und das Heranziehen der Nahrung vermittelt. Etwas sehr Merk- 
würdiges ist und bleibt bei diesem Thierchen der rothe Ring im Umkreise und er verdient noch fernere Aufmerksamkeit. Dieser leb- 
haft farbige Ring bleibt nämlich immer in ruhiger horizontaler Lage, wie sich auch immer das Thierchen rasch um seine Längsaxe 
dreht. Es folgt daraus, dass dieser rothe Ring kein wahres Pigment am Thiere seyn kann, sondern dass er eine optische Erscheinung 
ist. Versuche, diese Erscheinung durch schillernde Wimpern oder dadurch zu erklären, dass dieses Roth die gewöhnliche Ergänzungs- 
farbe des Grün für das Auge sey, blieben unbefriedigend. Wimpern sind nicht sichtbar und die deutlich bewimperten vielen Infusorien 
zeigen keinen solchen Ring. Eben so wenig zeigen die vielen anderen eben so grün gefärbten und eben so kugelartigen Infusorien 
diese Ergänzungsfarbe fürs Auge. Ein anderer, durch vielfache Versuche von mir entdeckter, Weg scheint fruchtbarer zu werden. Ich 
versuchte, die Erscheinung durch abplattenden Druck zu modificiren und wendete dazu 2 wohl geschliffene Glasplatten an. Der Druck 
wirkte ganz überraschend. Die kleinen Panzer sprangen wie Glas sternartig auseinander und war der Druck nicht zu stark, so blieb 
das Thierchen unversehrt, und beim Nachlassen des Druckes bewegte es sich neben seinem Gehäuse oder Panzer, als sey dieser ihm 
keineswegs unentbehrlich. Die nackten Thierchen waren von lebhafter grüner Farbe und zeigten ein sehr grelles rothes Auge, aber 
der rothe Ring im Umkreis war verschwunden. Der zerbrochene Panzer hatte auch in seinen Fragmenten keine Spur einer rothen 
Farbe. Hieraus scheint hervorzugehen, dass die schöne Farbenerscheinung entweder einer Flüssigkeit angehört, welche zwischen dem 
Panzer und dem Körper innerlich vorhanden ist und beim Platzen sich zerstreut oder, da diese nicht an sich erkennbar ist, so ist es 
fast wahrscheinlich , dass der blosse Zwischenraum die Farbe auf die Weise bewirke, wie sie im blättrigen Glimmer erscheint. Nach 
Newron würde dei Abstand der Fläche für durchgelassenes Roth zweiter Ordnung, im Fall Luft dazwischen wäre, 0,00017015 pa- 


0 Se 


riser Linien betragen. Mögen doch Physiker vom Fach sich diese Erscheinung zur Anschauung bringen und noch gründlicher beur- 
theilen helfen. 
Diese und die vorige .Art finden sich unter den Zeichnungen des Herrn Werneck aus Salzburg. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXIX. 


Die Darstellung umfasst 16 Thierchen in sehr verschiedener Grösse und Stellung. Von diesen sind 8 mit vorgestrecktem Rüssel, 6 mit ein- 
gezogenem. Alle sind 280mal vergrössert, die grössten !/,, Linie gross. 
Fig. 1. ist ein Thierchen mit lang vorgestrecktem Rüssel zum Tasten; 
Fig. 2. ein anderes mit eingezogenem Rüssel; 
Fig. 3. ein sehr junges Thierchen; 
Fig. 4. und 5. sind zwischen geschliffenen Glasplatten gedrückt und zeigen das Zerspringen des Panzers ohne Zerstörung des innern Körpers, mit Ver- 
lust des rothen Ringes. 


67. Trachelomonas cylindrica, cylindrische Rüsselmonade. Tafel II. Fig. XXX. 
T. corpore oblongo subeylindrico, 84tam lineae partem longo, laete viridi, ocello rubro, cingulo optico purpureo. 
Monade a trompe ceylindriqgue, a corps oblong presque cylindrique, egalant '), millimetre, couleur 
d’un beau vert, oeil rouge, ceinture pourpree. 


Microglena volvocina, Abhandl. der Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1831. (1832.) p. 64. 151. Taf. I. Fig. 2. die längliche Form. 
Trachelomonas cylindrica, — - e— - = — 1833. p. 315. Taf. VII. Fig. 4. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese eylindrische Art wurde am 20. April 1832 von der vorigen, mit der sie früher vereinigt war, geschieden. Die Härte 


des Panzers sämmtlicher 3 Formen erlaubt schwerlich eine starke Variation in der Gestalt. Es ist daher wahrscheinlicher, dass diese 


verschiedenen Formen verschiedenen Arten angehören. Die eylindrische Art zeichnet sich auch durch violette Farbe ihres rothen Rin- 
ges etwas aus und ist keineswegs eine verlängerte, sich zur Theilung anschickende, Form, indem sie oft kleiner und nie grösser als 
die vorhergehende Art ist. Ihre Grösse betrug */; bis "/, Linie. Der Rüssel war fast von der Körperlänge. Die immer grüne Farbe 
war bestimmter körnig, als bei den übrigen, etwa 15 Körnchen glichen der grössten Körperlänge, oder jedes */ı2co Linie. Mithin 
wäre der Entwicklungseyelus Yı2co bis Ys, Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXX. 


Es sind 9 Individuen in verschiedenen Grössen und Stellungen, 280mal vergrössert. 


Zusatz zur Familie der Panzermonaden. 


Die Monaden und Panzermonaden bilden eigentlich zusammen ein Ganzes, eine einfache physiologische Gruppe, die sich wie 
nackte Mollusken und Schaalen-Mollusken, Zimacina und Helicina oder, noch näher, wie Octopus und Argonauta ver- 
hält. Alle ihre wichtigern Organisationsverhältnisse scheinen genau übereinstimmend, nur Anwesenheit und Abwesenheit der besondern 
Hülle unterscheiden sie. Diese doppelte Familie umfasst, ohne Sonderung, einigermassen die frühere Familie der Monadaires der En- 
cyclopedie methodique von 1824. Die 3 Gattungen: Zamellina, Monas und Oychdium stellten die Monadinen vor und Oph- 
thalmoplanis Ocellus eine undeutliche Form der Cryptomonadinen. Lamellina bestand aus Bacterium, Gonium, Monas 
und wohl aus Jungen des Amphileptus Fasciola ; Cyclidium aus Bodo und Oyclidium Glaucoma. 

Von 6 der hier bezeichneten Formen der Panzermonaden habe ich, während der Abfassung der Artikel, trocken aufbewahrte, 
zahlreiche Exemplare zur Vergleichung vor mir gehabt, nämlich von Oryptomonas ovata, glauca und erosa, Oryptoglena cae- 
rulescens und conica und Trachelomonas volvocina. 


nn 


Z— 


DRITTE FAMILIE: KUGELTHIERE. 
Volvocina. Volvociens. 


CHARACTER: Animalia polygastrica, anentera (tubo intestinali destituta), gymnica (non appendiculata), 
et corpore uniformi Monadibus simillima, sed involuero seu lorica instructa, et intra loricam 
integram sponte dividua, hine polyparium formantia, rupta demum lorica effusa et eundem 
evolutionis eirculum repetitura. 


CARACTERE DES VOLVOCIENS: Animaux polygastriques, sans canal intestinal, sans appen- 
dices du corps et a corps uniforme, semblables aux Monades, mais pourvus d une 
enveloppe ou carapace, et se divisant par division spontanee parfaite sous T en- 
veloppe intacte, en nombre d’ animaux qui prennent la forme d’ un polypier. Len- 
veloppe se rompt enfin et donne passage aux animaux divises. Ceux-ci renowvellent 


ü leur tour le meme developpement. 
13 


{ 


Zur Familie der Kugelthiere gehören alle solche Monaden-ähnliche Thierchen mit vielen Magen 
und ohne deutlichen Darmkanal, welche keine besondern Anhänge am Körper und eine unveränderliche Kör- 
perform besitzen, die aber von einer besondern Hülle oder einem Panzer umgeben sind, und innerhalb die- 


- ser sich durch vollkommne Selbsttheilung des Körpers, während die Hülle ganz bleibt und sich ausdehnt, 


so vermehren, dass sie einen umhüllten Polypenstock bilden, dessen endlich platzende Hülle die vielgetheil- 
ten Thiere frei giebt, welche neben der Eibildung einzeln denselben Theilungsceyelus wiederholen. 

Diese Familie umfasst bis jetzt 18 Thierarten, welche nach physiologisch, wie es schien, wichtigen 
organischen Verschiedenheiten, zu besserer Uebersicht in 10 Gattungen vertheilt sind, nämlich: @onzium mit 
5 Arten, Volwvox mit 3 Arten, Gyges und Pandorina jede mit 2 Arten, und Zudorina, Synerypta, Syn- 
ura, Uroglena, Chlamidomonas und Sphaerosira jede mit 1 Art. 

Die gegenwärtige Familie der Kugelthiere wurde 1832 in den Abhandl. d. Berliner Akademie der 
Wissenschaften, p. 281. zuerst festgestellt, während die in ihr vereinigten Gattungen früher theils zur Fa- 


milie der Panzermonaden, wie @yges und Pandorina, theils zu den Kranzthierchen, wie Gonium . 


und Volwox, Sphaerosira und Eudorina, gezogen worden waren. Unter gleichem Namen hatte schon 
1824 Bory DE ST. Vincent eine Familie (Volvociens) aufgestellt, allein er hielt die dazu gehörigen For- 
men für belebte Pflanzen-Samen, Zoocarpes, und hatte unter den 3 Gattungen Gyges, Volvox und En- 
chelys wirkliche Pflanzenkeime (Znchelys Tiresias —= Tiresias crispa —= Conferva capillaris AGARDH, 


"Syst. Alg. 1824. p. 95.) mit aufgeführt. Sein Character war bloss eine gewisse Stetigkeit der Elementar- 


theile dieser Körper. Die von ihm genannten Arten der Gattungen gehören sehr verschiedenen Familien an. 
Er vereinigte @yges der Kugelthiere und Doxococcus Globulus, Monas deses und Microglena pun- 
etifera der Monadinen mit Oyclidium Glaucoma der Scheibenthierchen, ferner mit Znchelys, Tri- 
choda und Leucophrys der Walzenthiere und mit der Conferva capillaris. Aus einem anderen Theile 
der gegenwärtigen Familie bildete er seine Familie der Pandorinees, worein er die panzerlose Gattung 
Uvella der Monadinen ebenfalls gestellt hatte (Zneyeloped. method. Vers. Vol. 2. p. 521. 1824). 


Der Organisations-Gehalt der Familie ist schon ansehnlich weit ermittelt, obschon diese gepanzer- 


ten Thierchen der mikroskopischen Analyse schwerer als die panzerlosen zugänglich sind. Der Panzer ist 
bei den Gattungen @yges, Chlamidomonas und Synerypta ein das Thier fest umschliessendes, geschloss- 
nes Büchschen (Urceolus), aus dem es sich nicht entfernen kann, bei den andern allen ist er ein vorn 
offner Mantel (Zacerna), aus welchem das Thierchen sich weit hervorstrecken und sogar ganz entfernen 
kann, worauf es wahrscheinlich bald, wie einige der gepanzerten Räderthiere, einen neuen bildet. So 
verlassen die Thiere des @onium u. s. w. ihren Panzer. Die kugelförmigen Vereine bestehen bei dieser 
aus ebensoviel dicht beisammenstehenden Zreceolis, als Thierehen sind. Die Thierchen der Synerypta schei- 
nen zunächst in einen Urceohıs eingeschlossen und sammt diesem in einer Zacerna zu stecken. — Bewe- 
gungsorgane sind bei allen Gattungen beobachtet. Sie bestehen, wie bei Monadinen und Panzermona- 
den, aus einem einfachen oder doppelten sehr feinen, peitschenartigen Rüssel am Munde jedes Thierchens. 
Die kugelartigen Thier-Haufen erscheinen daher bewimpert oder behaart. Nur bei Syrura sah ich früher 
eine Mehrzahl von Wimpern am Munde, allein ich halte die neuern Beobachtungen für richtiger, da ich frü- 
her durch das rasche Schwingen des einfachen Rüssels öfter zu Irrthum verleitet worden war, es ist wohl 
eine optische, keine reale Vielheit gewesen. — Das Ernährungssystem ist durch Anfüllung mit Farbe nur 
bei Chlamidomonas einmal zweifelhaft zur Anschauung gekommen und zeigte sich als sehr kleine Magen- 
zellen. Ohne Farbenahrung sind dergleichen helle Magenzellen bei Vowox Globator und Gonium Pecto- 
rale, bei ersterem einigemale sehr schön anschaulieh geworden. Bei den meisten Arten werden sie durch 
die grünfarbigen Eier verdeckt. — Das Fortpflanzungssystem ist bei allen Gattungen deutlich geworden, nur 
bei Uroglena zweifelhaft geblieben. Der weibliche Theil zeigt sich als farbige, gleich grosse, sehr zahl- 
reiche Körnchen, die Eier; der männliche Theil bildet 1—2 rundliche Drüsen, die sich meist sehr aus- 
zeichnen und einzelne contractile Blasen. Die Drüsen erkennt man immer bei @onium Pectorale, Chla- 
midomonas, Uroglena und Volvox Globator. Contractile Samenblasen wurden bei @onium Pectorale, 
Chlamidomonas?! und dem Volvox allein sichtbar. — Spuren von Gefässen wurden umsonst gesucht. — 
Das Empfindungssystem giebt sich bei 5 Gattungen in allen Individuen als rothe Augenpunkte im vordern 
Körper zu erkennen. Es sind die Gattungen Droglena, Eudorina, Chlamidomonas, Sphaerosira und 
Volvox. 

Die geographische Verbreitung der Familie ist schon weit ermittelt. @yges bipartitus lebt bei 
Berlin, und in der libysehen Oase des Jupiter Ammon bei Siwa, @yges Gramulum bei Copenhagen, Paris, 
Ingolstadt und Berlin. Pandorina hyalina \ebt nur in Dongala in Nubien, Pandorina Morum bei Berlin, 
Paris und in Kyschtym im Uralgebirge. Gonium hyalimım. ist nur in Sehlangenberg am Altaigebirge und 


>1 


Gonium glaucum nur im Seewasser der Ostsee bei Wismar beobachtet. Auch Gonium Pectorale soll 
im Salzwasser (des atlantischen Meeres an der französischen Küste?) beobachtet seyn und bei Berlin ist 
es häufig im süssen Wasser, wo sich auch alle übrigen Formen finden. 

Besonders merkwürdig ist diese Familie durch das am 30. August 1698 von LEEUWENHOER ent- 
deckte Kugelthier, Volwox Globator, welches über ein Jahrhundert lang für anerkannte Philosophen den 
Grund zu der wunderlichen Meinung gelegt hat, als wären alle Menschen, von Adam an, in einander geschach- 
telt gewesen, und wir jetzt lebenden also sammt unsern Eltern und Nachkommen aller Zeiten gleich anfangs 
in Eva eingeschlossen gewesen und alle von gleichem Alter. Man nennt diese dem Volvox entnommene 
Erklärung der Entwicklung die Einschachtelungstheorie. Zu solchen Wunderlichkeiten und Lächerlichkeiten 
führt die Speculation, sobald sie sich auch nur einen Schritt über die prüfende Beobachtung erhebt. Die 
Beobachtung nämlich, worauf man diesen anschaulichen logischen Bau sehr consequent gründete, ist nach- 
weislich falsch, was bei Volvox Globator umständlicher erörtert wird. Solche Dinge werden zu Unge- 
heuern, wie kleine Fehler in der Addition und Multiplication grosser Zahlen und dass sie, ohne wahr zu 
seyn, bei aller Lächerlichkeit, möglich bleiben, gehört zu den Demüthigungen, welche der aus sich heraus- 
bauende menschliche Geist erfährt, wenn er fliegt, ohne sich vorher um die aus treuer Naturbeobachtung 
gewebten Flügel zu bekümmern, die allein ihn tragen können. 

Von den Panzermonaden unterscheiden sich diese Formen dadurch, dass sich bei der Selbstthei- 
lung nicht der Panzer mit theilt, sondern nur erweitert und seine ursprüngliche Form behält. 


Uebersicht der 10 Gattungen der Kugelthiere: 


| Panzer kugel- |Mangel eines wirbelnden Rüssels. . G@yges 
et einfacher Panzer artig Wirbelnder Rüssel... ...... Pandorina 
Augenlose . . en ei tafelförmig zusammengedrückt „2. see. 000 0% Gonium 
doppelter Panzer. „> + «+. a a tt Synerypta 
geschwänte „een en inese in, nn re Synura 
sleichförmige einfache Selbst- geschwänzt .. . . een Uroglena 
theilung (keine innere Kugel- ! zeschwänzt einfacher Rüssel .»..*..... Eudorina 
x ee 1 bildung) ur u rain n Chlamidomonas 
re ungleichförmige Selbsttheilung einfacher Rüssel... . er .2eeeerenen Sphaerosira 
(innere Kugelbildung) 12 MUSS a nn Volvox 


SECHSZEHNTE 6ATTUNG: GYGES-RING. 
Gyges. Gyges. 


CHARACTER: Animal e familia Volvocinorum, ocello caudaque destitutum, lorica urceolata simplici, sub- 
globosa, proboscide filiformi vibrante nulla. 


CARACTERE: Animal de la famille des Volvociens, sans oeil et sans queue, ü carapace ur- 
ceolee simple, globuleuse, depourvu de trompe vibrante en forme de fouet. 


Die Gattung Gyges-Ring unterscheidet sich von allen Gattungen der Kugelthiere durch Mangel 
an Auge und Schwanz, durch einen büchsenartigen, einfachen, kugelförmigen Panzer und durch Mangel ei- 
nes wirbelnden Fadenrüssels. 


Diese Gattung besteht‘ nur aus 1 bis 2 Arten ; beide mit grünem Kern und erystallnem Umkreis. 


Bory DE Sr. Vincent bildete dieselbe 1824 mit 4 Arten. @. translucidus, viridis, enchelioides und 


lithuatus, allein nur @. viridis ist hier als @. Granulum aufgenommen. Im Jahre 1831 wurde die zwei- 
felhafte Gattung in der Familie der Panzermonaden physiologisch festzustellen versucht (Abhandl. der 
Berl. Akad. 1831. p. 61). Der Name hat wahrscheinlich seinen Ursprung von dem unsichtbar machenden Ringe des 
Iydischen Königs Gyses, dessen PLATO und Cicero erwähnen. Eine zweite Art der Gattung, @. bipartitus, hatte 
ich 1828 unter den libyschen Infusorien abgebildet. — An Organisationsverhältnissen ist noch nicht viel ent- 
wickelt. Der Panzer ist wohl ein Büchschen (Zrceolus). — Ein Bewegungsorgan ist nicht erkannt, aber 
eine sehr langsame Bewegung auch nur zuweilen anschaulich geworden. Der Mangel eines Wirbels bei 
denselben, den ich durch Farbe-Umgebung erkannte, lässt schliessen, dass kein Rüssel, sondern wohl nur 
ein saugender oder kriechender Mundrand vorhanden ist, der an sich nicht einmal erkannt wurde. — Das 
Ernährungssystem ist noch nicht unterschieden. — Vom Geschlechtssysteme sind nur die grünen Körnchen 
als vermuthliche Eier deutlich und nicht selten erkennt man eine immer einfache Selbsttheilung des Kör- 


N - 


_ ı, a 


pers ohne den Panzer, als zweite Fortpflanzungsart. — Gefässe und Empfindungssystem sind völlig uner- 
kannt. Wäre nicht die schwache, freie Bewegung vorhanden, so fehlte es eigentlich an thierischen, sichern 
Characteren durchaus. Die Gattung ist daher sehr zweifelhaft. Matte und sterbende Exemplare der Pan- 
dorina Morum und Eier von Räderthieren sind dieser Gattung sehr ähnlich, nur liegen letztere ganz 
still, haben aber doch schon zur Bildung der Gattung Zursella gedient. Auch darf man ‘grosse Einzel- 
thiere der Chlamidomonas nicht verwechseln, die 2 Rüssel und Augen haben. 

BorY DE ST. VincEnT schrieb diesen Dingen einen doppelten Panzer als Character zu, allein er hielt 
den äusseren und inneren Contour des einfachen dicken Panzers für zwei Häute und seine Erläuterung der 
Form, als Ring, ist nicht glücklich, da der helle Ring im Umkreise nur eine optische Erscheinung der 
Projection ist. 

Eine grosse geographische Verbreitung dieser Formen habe ich selbst beobachtet. Man sah sie in 
Dänemark und Paris, ich fand sie in Berlin und im libyschen Afrika. Beide bekannte, vielleicht mit Un- 
recht getrennte, Arten gehören dem Süsswasser an. 


68. Gyses Granulum, samenartiger Gyges-Ring. Tafel I. Fig. XXXL 


G. minor, ad 96tam lineae partem longus, ovatus aut subglobosus, granulorum acervo medio obscure viridi. 


Gyges Granule, petit, egalant ‘).; millimetre, de forme ovale ou globuleuse, gramules du milieu de 
couleur verte obscure. 
Volwoxr Granulum, MüLLer? Animalc. infus. Tafel II. Fig. 3. 1786. 
Volvox Granulum ,, Schrank ? Fauna boica, III. p. 31. 1803. körneriges Kugelthier. 


Gyyges viridis, Bory? Encyel. m&th. Vers. 1824. 
Gyges bipartitus var., Symbolae physicae. Text 1831. Fol. d. «. 2. 


Aufenthalt: Copenhagen?, Ingolstadt?, Paris?, Berlin!. 


Diese Form mag um das Jahr 1783 von Mürrer entdeckt seyn. Er sah sie im Juni im Sumpfwasser. Scurank fand sie 
wieder zwischen Lemra (Meerlinsen) im August bei Ingolstadt (?). Bor ve Sr. Vincent beobachtete sie wohl bei Paris zwi- 
schen Oonferven und gab einen andern Namen. Ich selbst beobachtete sie oft zwischen Conferven, immer einzeln und sehr träge, zu- 
letzt sah ich sie am 29. Juni 1835 in Berlin. Ihre Farbe war ein dunkles Grün der Körner, scheinbar von einem breiten erystallnen 
Ringe umschlossen. Kein Wirbel. Es ist leicht möglich, dass die frühern Beobachter die einfache, sich zur Theilung vorbereitende, 
schwimmende und wirbelnde Form der Pandorina Morum, oder auch bewegte Conferven-Samen vor sich hatten, da sie der Form, 
obwohl eine langsame Bewegung, doch eine schwimmende Bewegung zuerkennen, welche ieh nie beobachtete. Mürrer’s passende Ab- 
bildung erlaubt seinen Namen anzuwenden. Die ganze Form bedarf aber einer weitern Untersuchung und Befestigung. Neuerlich fand 
ich auch wieder fast bewegungslose Formen, welche 15 bis 20 viel kleinere grüne Kugeln von gleicher Grösse in sich einschlossen, 
und der Fig. 6. der Pandorina Morum glichen. Vielleicht gehören sie hierher. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXXI. 
& 


Es sind 3 bei Berlin beobachtete Formen dargestellt, welche 310mal vergrössert wurden. 


69. Gyges bipartitus, getheilter Gyges-Ring. Tafel II. Fig. XXXH. 


G. major, ad 40mam lineae partem accedens, subglobosus, grannlorum acervo medio, saepe diviso, flavicante - viridi. 


Gyges divise, a corps plus grand, *; millimetre de longueur, presque spherique et a granules dw 
milieu verles jaunätres, souvent divisces en deux parties. 
Gyges biparlitus, HemrrıcH u. EHRENBERG, Symbolae physicae. Evertebrat. Zoolog. Phytozoa Tab. II. Fig. 2. 4. 1828. 


— = —_ - — Text 1831. Polygastrica Fol. d. «. 2. 
En = Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 61. 


Aufenthalt: In der Oase des Jupiter Ammon in Libyen und bei Berlin. 


Ich beobachtete und zeichnete diese Form zuerst im November 1820 in Siwa, dann fand ich sie im Jahre 1826 schon bei 
Berlin wieder zwischen Conferven. Ich beschrieb sie in den Symbolis physicis 1831 und führte sie in den Abhandlungen der Ber- 
liner Akademie unter den Panzermonaden auf, Ich hielt damals den Volvox Granulum (Gyges viridis von Bory) für synonym von 
Volvox Morum und Pandorina Morum, und das mag auch wohl richtig seyn. Seitdem hat es mir geschienen, dass 2 bei Berlin 
vorkommende Formen unterschieden werden müssen, deren eine gelbgrün, die andere dunkelgrün gefärbt ist und die ich früher zu- 
sammenfasste. Ich habe nun der kleineren, dunkelgrünen, welche ich neuerlich auch getheilt und doch ihrem Character treu sah, den 
vacanten Namen des Yolvox Granulum gegeben und die hellere, häufiger getheilt erscheinende, Form unter dem gegenwärtigen Namen 
abgesondert. — Es sind crystallene Gallert-Kugeln mit einem bei der Aufsicht sich darstellenden, breiten, farblosen Umkreise und einem 
gelbgrünen, oft getheilten, zuweilen kugelartig einfachen, mittleren Körper. Sie haben eine, zuweilen lange aussetzende, sehr lang- 
same Eigenbewegung und erinnern dadurch an Difflugia, ohne jedoch deren Fortsätze erkennen zu lassen. Die innere grüne Masse 
besteht aus sehr kleinen gleichgrossen Körnchen, die, wenn es Thiere sind, Kier seyn mögen. Die Theilung sah ich in verschiedenen 
Graden und halte sie für innere Selbsttheilung im geschlossnen Panzer, welche den ‚Character der Kugelthiere bildet. 


Erklärung der Abbildung Tafel I. Fig. XXXL. 


- ‚Es ist die bei Berlin beobachtete Form in der Theilung. dargestellt, 310mal vergrössert. Die Abbildung in den Symbolis physicis, welche 
ich in Africa entwarf, ist bei geringerer Vergrösserung gezeichnet (vergl. Euastrum Tafel XU.). 


Uebersicht der bisherigen Specialnamen dieser Gattung. 


Es sind 6 Namen für Arten der Gattung Gyges gegeben worden; davon hat Bory ne Sr. Vincent 1824. 4 gegeben, von 
denen aber keiner annehmbar ist. Gyges translueidus Borx nach einer Figur von Jogror, welche ein Thierchen des Auster-Was- 
sers darstellen soll, aber sehr leicht eine blosse Luftblase im Wasser gewesen seyn kann, vielleicht auch zu Oyelidium glaucoma 
gehört. Gyges viridis ist, wie er selbst angiebt, ein Synonym von Vowox Granulum Mürter, dessen Figur er auch dabei co- 
pirt hat. Gyges enchelioides ist Synonym von Enchelys similis Mürzer und wahrscheinlicher ein Doxococeus, welcher dann 
D. similis heissen müsste. G. Zithuatus ist Synonym von Paramecium marginatum MüıLer und mag entweder eine Bursaria 
(Spirostomum?), oder gar ein abgerissener Vorticellen-Leib seyn. — Die beiden andern Namen sind 1828 und 1835 auf Ta- 
fel II. von mir gegeben. Als 7ten Namen kann man den von Turrın im Dietionnaire d’ hist. nat. gegebenen, Bursatella oder 
Bursella olivacea, betrachten, welcher aber nur Eier eines Räderthiers, wahrscheinlich von Salpina bezeichnet. 


SIEBZEHNTE 6A TTTUNG: BEERENKUGEL. 
Pandorina. Pandorine. 


CHARACTER: Animal e familia Volvocinorum, ocello caudaque destitutum, lorica urceolata subglobosa 
simplici, proboscide filiformi vibrante instructum, divisione spontanea interna moriforme. 


CARACTERE: Animal de la famille des Volvociens, sans oeil et sans queue, a carapace urceo- 
lee glohuleuse, simple et a trompe fiiforme, se developpant en forme de müre par 
division spontanee interne. ein | 

Die Beerenkugeln unterscheiden sich von den übrigen Gattungen der Kugelthiere durch Mangel - 
an Auge und Schwanz, durch einen büchsenartigen einfachen, ziemlich kugelförmigen Panzer, einen faden- 
formigen wirbelnden Rüssel und entwickeln sich durch innere Selbsttheilung in beerenartige Kugeln, oder 
Monadenstöcke. 

Die Gattung hat nur zwei Arten, eine mit grünen, die andere zweifelhafte, mit farblosen Thierchen. 
BoRY DE ST. VincENT gab diesen Namen im Jahre 1824 in der Encyclopedie methodique d’histoire na- 
turelle dem. eigentlichen Kugelthier,' dem YoWwox Globator, den er Pandorina Leeuwenhoekii nannte, 
und zog nur als untergeordnete Art den Volwox Morum hinzu, Pandorina Morum. Seine Charactere 
der Gattung, welche er zum Typus einer Familie der Pandorineen machte, waren nur auf Molecular- An- 
häufung , nicht auf Organisation gegründet, weshalb sie hier durch ganz andere physiologische ersetzt wor- 
den sind. — Der Organisationsgehalt ist noch nicht hinreichend ausgebeutet. Der Panzer der Einzelthiere 
ist ein Büchschen (Urceolus); der der Beerenformen, oder durch unvollkommene Selbsttheilung des Thie- 
res (ohne den Panzer) hervorgehenden Monadenstöcke, ist ein Haufen von Büchschen, welche äusserlich 
durch keine Einschnürung geschieden sind, aber für die Einzelthiere gesonderte Zellen bilden. — Als Be- 
wegungsorgan ist bei der europäischen Art ein langer, einfacher Rüssel sehr deutlich beobachtet. — Als 
Ernährungsorgane sind zuweilen besondere helle Bläschen sichtbar geworden, die aber nicht sichtlich Far- 
bestoffe aufnahmen. Deutlich ist dieses System noch nicht geworden. — An Fortpflanzungsorganen sind die 
grünfarbigen Eier bei der europäischen Art deutlich und zuweilen liess sich auch eine mittlere kugelförmige, 
helle, drüsige Stelle erkennen, die vielleicht die männliche Samendrüse anzeigte. Von Gefässen und beson- 
dern Empfindungsorganen sind keine Spuren beobachtet. 

Die Gattung scheint sehr weit verbreitet zu seyn. Pandorina hyalina ist in Dongala in Nubien 
beobachtet und die europäische Art lebt, ausser bei Berlin, wohl auch in Paris, Copenhagen, Modena und 
Kyschtym im Ural als Extremen der Erfahrung. Jedoch sind alle Formen, ausser der von Berlin, zweifel- 
haft, weil es leicht an den andern Orten Zudorina elegans gewesen seyn könnte. 


70. Pandorina Morum, grüne Beerenkugel, Maulbeerkugel. Tafel I. Fig. XXXII. 


P. corpore intra loricam simplici aut multipartito, viridi, singulo 96tam, polypariis maximis ad 10mam lineae partem 
 magnis, proboscide corpus duplo superante. 


Pandorine Müre, a corps simple ou divise sous enveloppe simple, vert, egalant !,; millimetre, poly- 
piers !I; millimetre, a trompe deux fois plus longue que le corps. 
Animaluccio More, Cortı, Osservaz. microscopiche, p. 73. 1774. 
Volwor Morum, MüLLer? Animalc. infus. Tafel III. Fig. 14— 16. 1786. 
Volvox Morum, Scurank, Fauna boica III. 2. p. 32. 1803. 


Pandorina Morum, Bory, Encyclop. meth. 1824, 
Pandorina Morum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 58, 85, 88. 1831. p. 61. 


Aufenthalt: In Modena?, Copenhagen?, Paris?, Ingolstadt?, Kyschtym?, Berlin!. 


Corrı scheint diese Art zuerst 1774 in Modena beobachtet zu haben. Etwa 1783 fand sie wohl MüLLer im October und 
December zwischen Lemna bei Copenhagen. Schrank fand sie im Bodensatze eines stillen, reinen Wassers den Sommer hindurch 


14 


bei Ingolstadt. Borv scheint sie bei Paris zu Ende des Herbstes mit Yolvox @lobator beohachtet zu haben. Ich fand sie sehr häu- 
fig im März, April, Juni und October bei Berlin, und am 10. September 1829 bei Kyschtym im Uralgebirge. Nur die Berliner Form 
ist ganz sicher, indem alle übrigen Angaben auch auf Kudorina passen, deren Auge Niemand vorher erkannt hat und welche sehr auf- 
merksam zu unterscheiden ist. Ich fand sie häufig zwischen Lemza und Conferven oder mit Gonium pectorale, Stentor nigricans 
und Yolvox Globator. Gewöhnlich war sie sehr zahlreich in allen verschiedensten Entwicklungsstufen beisammen. Die kleinsten 
selbstständigen und einfachen Individuen waren /o6 Linie gross und glichen sehr einer Panzermonade oder einem grossen Individuum 
der Ohlamidomonas Pulvisculus. Im Innern der getheilten Kugeln gab es oft ’/,., Linie grosse und noch kleinere Individuen. Der 
grüne Körper theilt sich innerhalb des häutigen Panzers erst in 2, und dann wieder in 2 Theile, zuweilen aber sogleich in 4 Theile 
a. s. w. In der Jugend ist der Panzer dünnhäutiger und wird immer dicker gallertig mit zunehmender Grösse. Die aus der Peripherie 
des Panzers hervorragenden Rüssel der kleinen Thiere zu erkennen, ist oft schwierig. Ihre Wirkung sieht man leicht bei Trübung 
des Wassertropfens durch Indigo, und aufmerksame Betrachtung erkennt auch den feinen Canal vom Thier zur Peripherie, worin der 
Rüssel liegt, der weit hervorgestreckt werden kann. Die grösste beobachtete Zahl der durch Theilung in einer Kugel befindlichen 
Thiere beträgt 30. In einigen grünen Körpern sah ich grössere Blasen, waren diess Magenzellen? In andern sah ich überall eine rund- 
liche, drüsige helle Stelle, diess schien die Samendrüse zu seyn. Zuweilen waren die kugelförmigen grünen ’Thierchen der grossen 
Kugeln vielfach eingeschnürt, und bildeten körnige Haufen, was ich als vielfache kreuzweise Selbsttheilung erkannte, wie sie bei @o- 
nium, Sphaerosira und Volvos deutlich ist, aber bei @yges, Synerypta und Synura, den übrigen augenlosen Gattungen fehlt, 
Die grünen Körnchen, welche ich für Eier halte, waren deutlich etwa "/ı2 des einfachen !/os Linie grossen Körpers, aber die von die- 
sen wahrscheinlich umhüllten und verdeckten Magenzellen traten nie völlig klar hervor, obschon sich Spuren davon erkennen liessen. 
Zuweilen drehten sich die grünen Thiere in ihrem Panzer langsam herum, wie es auch die Kugeln des Volvo, aber selten nur und 
kurz vor dem’ Heraustreten, thun. ScHurank’s Vermuthung, nach welcher die Ortsveränderung der grünen Kugeln und die dadurch 
hervorgehende Aenderung des Schwerpunktes die Bewegung der grossen Kugeln veranlasse, ist irrig, indem das Drehen der Kugel die 
fest sitzenden inneren Körper nur scheinbar gegeneinander verrückt, wie das Fahren im Wagen die Bäume des Waldes. Auch fehlt 
es nicht an Bewegungsorganen, die er nur nicht erkannte. Die Kigenbewegung der Kugeln vor dem Bersten der Hauptkugeln besteht 
nur in einer geringen Umwälzung in ihrer engen Zelle. — Entwicklungseyelus "ırs2 bis "Jo Linie. 
Zu dieser Art gehört vielleicht als Synonym Gorium polysphaerium von ScuranKk 1787. 8. Gonium. 


Erklärung der Abbildungen Taf. I. Fig. XXXIH. 


Es sind 2 Einzelthiere und 12 Monadenstöcke in sehr verschiedener Entwickelung vorgestellt. Alle sind 310mal im Durchmesser vergrössert, 
alle in Berlin gezeichnet. ’ 

Fig. 1. ist eine, !/,, Linie grosse, im Jahre 1830 gezeichnete, Form des aus Selbsttheilung der Einzelthiere (Fig. 11. bis 14.) hervorgegangenen Mo- 
nadenstockes. Es giebt bis !/,, Linie grosse, welche jedoch bei gleicher Vergrösserung für die Zeichnung schon einen zu grossen Raum einnehmen. 
Im Innern der feinkörnigen grünen Thierkörper sind Blasen sichtbar, welche vielleicht Magenzellen waren; 

Fig. 2. ist eine fast gleichgrosse Kugel vom 22. März 1835, deren Thiere gekrönt erscheinen und in Farbe und Form manches Eigenthümliche en 
die ich aber, als eigene Art ubäthöndern, der Uebergänge halber, Bedenken trug. Sie enthielt 30 Thiere; 


Fig. 3. ist Has Höhe gross, ebenfalls gekrönt, vom Jahre 1830; 

Fig. 4.- wurde am 3. Juni 1836 mit @onium pectorale beobachtet, nur wenig kleiner als: vorige; 

Fig. 5. mit voriger beobachtet, !/,; Linie gross; 

Fig. 6. ist von 1830 und zeigt Spuren einer Samendrüse bei allen Individuen, Grösse Y/;, Linie; 

Fig. 7. ist vom 10. April 1832, in farhigem Wasser wirbelnd, t/;, Linie gross; 

Fig. 8. ist ein durch Spaltung der Viertheilung entstandenes $theiliges Thierchen von 1830, !/,, Linie gross; 

Fig. 9. ist durch doppelte Selbsttheilung 4theilig, von 1830. Grösse "/y; Linie. So ist das von Corrı abgebildete Thier; 


Fig. 10. ist eine Form von 1830, wo nach einer doppelten Selbsttheilung nur 2 Theile sich weiter entwickelt und wieder getheilt haben, daher 6theilig;; 
Fig. 11. ist anfangende kreuzweise Theilung, 1830 beobachtet; 

Fig. 12. u. 13. zwei ganz einfache Einzelthiere, 1830 gezeichnet; 

Fig. 14. ein in einfacher Selbsttheilung befindliches Einzelthier von 1830. 


71. Pandorina? hyalina, farblose Beerenkugel. Tafel II. Fig. XXXIV. 


P. corpore globoso, hyalino, minimo, 480mam lineae partem aequante, libero aut in polypariis globosis 60mam lineae 
partem magnis incluso. 


Pandorine hyaline, a corps globuleux, tres-petit, egalant ‘|. millimetre, libre ou constituant des 
polypiers globuleux, egalants ‘; millimetre en Epaisseur, couleur d’ eau. 
Volvox Globator jw.? Sym bolae physicae. Evertebrata I. Phytozoa, Tab. I. 
Pandorina hyalina, Symbolae physicae. Evertebrata I. Text. Fol. e. «. 2. 
Pandorina hyalina, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 17. 20. 


Pandorina Sphaerula, — = -- s — Be 1830. p. 58. 
Pandorina? hyalinı, — - — - — une 1831. p. 63. 


Aufenthalt: In Dongala im Nilwasser mit Gonferven. 


Das kleine kugelförmige, sich wälzende Thierchen wurde nur unter 100maliger Vergrösserung betrachtet und gezeichnet, und 
hatte die Bewegung eines Doxococews, aber zu bestimmte innere kleinere Kugeln, als dass diese für die gewöhnlichen Organe be- 
trachtet werden könnten. Ich führe es daher hier auf. Der Name Pandorina Sphaerula ist durch ein Versehen entstanden und nur 
ein Schreibfehler. An Organisation ist nichts weiter entwickelt und die Form daher unsicher, bis sie wieder beobachtet wird. Wahr- 
scheinlich findet sie sich, wie so viele von mir in Afrika entdeckte Thierchen sich später bei Berlin gefunden haben, einmal in Deutsch- 
land wieder. 


Erklärung der Abbildungen Taf. II. Fig. XXXIV. 


Es sind 3 Polypenstöcke des afrikanischen Thierchens, 100mal vergrössert. Bei 300maliger Vergrösserung würden sie etwa die Grösse von 
Fig. 6. der vorigen Art haben. 


Uebersicht aller bisherigen Namen für die Gattung Pandorina. 


Borr ne Sr. Vıncent gab 1824 in der Eneycloped. methodiqgue den Namen Pandorina Leeuwenhoekiü dem Volvox 
Globator und vermuthete 1828 im Diet. celassique d’hist. nat. XIII. p. 127, dass Gonium polyspliaerium: von SCHRANK eben- 
falls eine Art dieser Gattung sey. Beide, sammt dem Namen P. Sphaerula, fallen weg. Es bleiben obige 2. 


ACHTZEHNTE GATTUNG: TAFELTHIERCHEN. 


Gonium. Gone. 


CHARACTER: Animal e familia Volvocinorum, nee ocello, nee cauda munitum, lorica simpliei, sponta- 
nea divisione, in polyparia tabulata (quadrangularia) acerescens. 


CARACTERE: Animal de la famille des Volvociens, sans oeil et sans queue, & carapace simple, 
se developpant par division spontande en polypiers aplatis en forme de lame (quarree). 


Die Tafelthierchen sind eine Gattung der Familie der Kugelthierchen, charaecterisirt durch 
Mangel an Auge und Schwanz, ‘durch einfachen Panzer und eine Entwicklung mittelst Selbsttheilung zu 
Monadenstöcken, die sich durch flache (4eckige) Tafelform auszeichnen. 

Diese Gattung umfasst 5 hier dargestellte Arten. Vier von ihnen haben grüne Thierchen in cry- 
stallnem Panzer, 1 hat farblose. Gegründet wurde die Gattung 1773 von MüLLer, welcher ihr sogleich 4 
Arten zutheilte: @. Pectorale, pulvinatum, truncatum, lunatum (Vermium historia p. 60). Derselbe fügte 
1779 eine neue Art, @. corrugatum, hinzu und nach seinem Tode publicirte ©. Faprıcıus diese 5 Arten 
wieder, aber mit 2 neuen Namen. Im folgenden Jahre 1787 beschrieb Schrank ein Gonium polysphae- 
rium und 1803 ein @. ietrasphaerium. Im Jahre 1824 unterdrückte Bory DE Sr. Vincent die Gattung 
Gonium gänzlich, bildete ganz unnöthig aus @. Pectorale die neue Gattung Pectoralina hehraica und 
stellte die übrigen Arten von MÜLLER zur Gattung Kolpoda. Später, 1828, bildete er aus einer Varietät 
des Gonium Pectorale die Pectoralina flavicans und vermuthet, dass @. polysphaerium ebenfalls eine 
Pectoralina oder Pandorina sey. In den Jahren 1830 und 1831 wurde in den Abhandlungen der Ber- 
liner Akademie @onium mit ? Arten, @. Pectorale und Ahyalinum, hergestellt und als Gattung physiolo- 
gisch zu begründen versucht. Im Jahre 1833 wurde sie ebenda mit 2 neuen Arten, denen hier eine dritte 
folgt, vermehrt. 

An Organisation ist bereits vieles, aber fast nur bei einer Art der Gattung ermittelt worden. Der 
Panzer der Einzelthierchen, welche man nur beim Zerfallen der Täfelchen deutlich unterscheidet, ist weder 
4eckig noch tafelförmig, sondern ziemlich rund, und ist ein Mantel (Zacerna), welchen das Thier perio- 
disch verlassen und sich neu herstellen kann. Durch regelmässig wiederholte Längstheilung ohne Queer- 
theilung entsteht der tafelförmige Panzer der Gesellschaftsform, welcher eigentlich eine unvollkommene 
Trennung durch Selbsttheilung in einfacher Ebene ist. Alle Thiere eines solchen Monadenstockes oder Tä- 
felchens sind durch 3 bis 6 bandartige Röhren verbunden. — Die Bewegungsorgane bestehen bei @. Pecto- 
rale in 2 fadenförmigen Rüsseln am Munde jedes Thieres, welche wirbeln, bei den übrigen Arten sind sie 
unbekannt. — Als Ernährungsorgane liessen sich bei derselben Art Bläschen im Inneren der einzelnen grü- 
nen Körper erkennen, aber Aufnahme von Farbestoffen zu beobachten, gelang nie. Vielleicht gehören auch 
die dunkeln Puncte des @. punctatum zu den Magenzellen. — Von Fortpflanzungsorganen sind die Haupt- 
theile des doppelten Sexualismus anschaulich geworden. Die grüne Körperfarbe besteht aus innern Körn- 
chen, die Eiern gleichen. Eine runde, kleine Samendrüse zeichnete sich durch matte Helligkeit und eine 
contractile Blase durch grössere Klarheit im Körper aus. Alles dieses liess sich nur bei @. Pectorale 
wahrnehmen. Selbsttheilung war überdiess bei @ Pectorale, tranguillum und glaucum erkennbar. — 
Vom Gefässsystem und Empfindungssystem liessen sich keine deutlichen Spuren wahrnehmen. Ein rother 
Punkt, der zuweilen vorn sichtbar werden wollte, liess sich bei scharfer Aufmerksamkeit überall als die 
am Grunde der Rüssel liegende Mundöffnung erkennen, welche zuweilen den röthlichen Lichtreflex gab. 

Die Verbreitung der Tafelthierchen auf der Erdfläche ist jetzt bis so weit ermittelt, dass @o- 
nium Pectorale in Europa eine sehr grosse Verbreitung hat, deren Extreme Paris, Mietau, Linz und Co- 
penhagen sind. Gonium hyalinum wurde in Schlangenberg am Altaigebirge beobachtet und Gonium glau- 
cum lebt allein im Seewasser der Ostsee bei Wismar. Auch @. Pectorale soll im salzigen Wasser zuwei- 
len vorkommen. 

Die Formen dieser Gattung sind im Aeusseren einiger Arten den Pflanzengattungen Bangia und 
Uva ähnlich. Diese Aehnlichkeit gehört nur der Form. Die thierische Organisation oder ihr Mangel un- 


ff 


terscheiden beide scharf überall, wo sie nur zu ermitteln sind. Wo die Sehkraft nicht ausreicht zu ent- 
scheiden, bleibt die Entscheidung künftigen Generationen, und jedes Bauen mit solchem unentschiedenen Ma- 
terial ist gehaltloses Mühen und schädliches Vorgreifen in die Rechte der Nachkommen. 


72. Gonium Peciorale, grünes Tafelthierchen. Tafel IH. Fig. I. 


6. corpusenlis viridibus, loriea erystallina inelusis, 384—96tam lineae partem longis, polypariüs e 16 animaleulis 
formatis quadrangularibus tabulatis, 24tam lineae partem non superantibus. 


Gone Pectoral, a corpuscules verts en carapace erystalline, egalants "io — 'ıs millimetre, poly- 
piers formes de seize animalcules, aplatis, quarres, egalants ‘| —')ı2 millimetre au plus. 
Gonium Pectorale, Danice Bryst-Hiörneren, MüLLer, Vermium historia, p. 60. Zoolog. dan, Prodr. 4475. 1773. 
Kugelquadrat, Gözw, Bonner’s Abh. z. Insectolog. 1773. I. p. 376. Tafel IV. Fig. & 1: p. 523. 
Gonium, Pxzısson, Berliner Beschäftigungen, in 8vo. I. p. 339. 1775. 
Volvo complanatus, Schrank, Beiträge zur Naturgesch. 1776. t. 4. f. 23. 27. p. 107. i 
Bröst-Horningen, MüLner, Swensk Vetenskaps Nya Handl. vol. 2. p. 12. Tab. I. Fig. 11—13. 1781. Mürter's kleine Schriften, 
I. p. 15. 1.2. f. 1—3. 178. 
Gonium, Brseke, Leipziger Magazin, 1784. IV. 3. p. 319. Fig. 2—6. 
Gonium Pectorale, MüLLer , Animalc, infus. 1786. Tab. XVI. Fig. 9—11. 
Gonium Pectorale, Kugelquadrat - Eckethierchen, Schrank, Fauna boica, 1803. I. 2. p. 74. 
Pectoralina hebraica, BorY DE ST. Vincent, Encyel. method. 1824. 
Gonium, Rasraın, Hist. nat. de !’ Alcyonelle. M&moires de la soc. d’hist. nat. de Paris, Vol. IV. Tab. 12. F. 6. p. 88. 1827. 
Pectoralina hebraica, Turrın, M&m. du Museum, XVI. 1828. Tab. 13. F. 23. Dict. des sc. natur. 1829. Vegetaux globulins, 
Tab. I. 
Pectoralina hebraica et P. flavicans?, Bory, Diet. classique d’hist. nat. 1828. XII. 
Gonium Pectorale, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 39. 1831. p.. 75. 1833. p. 251. 281. 329. 
Aufenthalt: Bei Copenhagen!, Mietau!, Quedlinburg!, Dessau!, Berlin!, Linz!, Paris!, und an der Nordküste F rankreichs ? beob- 


achtet. 


Dieses sehr interessante, das Auge jedes Beobachters überraschende, Thierchen fand MürLLer, wie es scheint, zuerst bei Co- 
penhagen vor 1773 im klaren Wasser. Kurz nach dem Erscheinen seines Werkes machte in gleichem Jahre Göze seine Beobachtung 
desselben Thierchens in Regenpfützen bei Quedlinburg bekannt, und 1775 beschrieb es Pruisson als im Mai des Jahres 1773 von ihm 
in Berlin beobachtet. Schrank fand es im ausgetretenen rückständigen Donauwasser bei Linz im Juli und August 1776 mit Volvox 
Globator. Besexe fand es im Meerlinsenwasser bei Mietau, hielt es aber für ganz farblos. Im Jahre 1827 fand ich es zuerst bei 
Berlin wieder. Am 20. Sept. 1830 war es in einem Löschkübel innerhalb der Stadt s&hf' zafflreich, am 28. Mai und 25. Juni 1835 
fand ich es in freien Torflachen zwischen Meerlinsen und Yolvox Globator bei den Pulvermühlen. Am 23. Mai 1830 erhielt ich 
durch Herrn Hofrath Schwas aus Dessau ein kleines Fläschehen mit vielen dieser Thiere in Berlin, welche noch lange Zeit hier 
fortlebten. Am 3. Juni 1836 fand ich zuletzt viele lebende Exemplare in einer Regenlache des Dorfes Schönhausen bei Berlin mit 
Phacelomonas und erhielt sie länger als einen Monat in der Wohnung am Leben. Rasrarr hatte dergleichen im Frühjahr 1827 bei 
Paris in den Excrementen der Halcyonella beobachtet und nach Turrın 1828 fand sie Le Barırır in klarem, salzigem und süssem 
Wasser (an der Nordküste Frankreichs, bei Havre, wie es scheint) unter allerlei Conferven. Er erhielt sie in Gefässen mit süssem 
Wasser, das er von Zeit zu Zeit erneute, mehrere Jahre lang. Sie verschwanden im Winter und erschienen wieder im Sommer. 

Die vielfachen Beschreibungen der früheren Beobachter grenzen oft an’s Wunderbare und zeigen, welch allgemeines Interesse 
diese niedliche Thierform überall erregte. Die erste Beschreibung von MürzLer war nüchtern und klar. Er sah die verbindende Haut 
und auch den Wirbel der Thierchen. Das erste Wunderbare brachte aber der Pastor Göze in die Form dadurch, dass er die 16 
Thierchen ohne sichtbare Verbindung und Berührung in gleichem Abstande verbleiben und sich so fortbewegen sah. Diess war auch in 
der ersten Abbildung, welche er von dem Thiere lieferte, festgehalten. Die späteren Beobachter wunderten sich darüber und hielten 
das Wunderbare noch fester, wie es gewöhnlich geht. Beseke sah sie in Berührung mit einander, wahrscheinlich hatte er jüngere 
Thiere vor sich. Schrank sah sie von Brachionus urceolatus gefvessen und zerrissen werden -und die Skelete (leeren Panzer) zahl- 
reich auf dem Wasser schwimmen. Beide lieferten ebenfalls panzerlose Abbildungen. Die erste bessere Abbildung gab MürLer 1781 
in den Abhandlungen der schwedischen Akademie und dieselbe ist in dem spätern Infusorienwerke von 1786 im Wesentlichen wiederge- 
geben, obschon es andere Zeichnungen (freie Copien?) waren. Rasraır hat ebenfalls den Panzer erkannt, aber Turrın’s Zeichnun- 
gen von 1828 nach 1200maliger Vergrösserung des Durchmessers haben ihn sonderbarer Weise nicht. Dagegen hat dieser geübte 
Beobachter die Verbindungstheile der Thierchen dort recht gut erkannt und gezeichnet. Viel weniger glücklich sind seine Zeichnungen 
für das Diet. d’histoire naturelle vom folgenden Jahre. Da sind weder Panzer noch Verbindungstheile angegeben, die ganze Form 
ist zu den Pflanzen gezogen und die Darstellung der ursprünglichen von Göze wieder gleich. Bory ve Sr. Vıncent hat MüLLer’s 
Darstellung verkleinert wiederholt. Die’. elassig. In der Beschreibung hält er das Wunderbare der Vereinigung von Moleculen fest, 
welche nicht existiren. Rüssel und sonstige Organe hat niemand erkannt, aber wer MüLzer’s erste Beschreibung vergleicht, wird in 
ihm den geübtesten aller Beobachter bald erkennen. Den Namen Pectorale gab er vom Brustschilde des jüdischen Hohenpriesters. 

Die Thierchen des Gozuum haben eine doppelte Gestalt. Als Einzelthier gleichen sie den Staubmonaden, Chlamido- 
monas, bis auf den Mangel des Augenpunktes völlig, nur sind sie runder. Ihr häutiger Panzer ist meist nicht zu erkennen. Sie 
sind aber einer raschen oder plötzlichen Selbsttheilung in jedesmal 16 Längstheile fähig. Ich habe Tausende beobachtet und habe nie 
eine Abweichung von dieser Zahl bemerkt, welche auch den früheren Beobachtern fest schien. Es ist mithin eine 4fache und dann 
nicht weiter fortgesetzte Längstheilung über’s Kreuz, oder eine doppelte kreuzweise Theilung der Einzelthiere, welche die 16fachen 
Tafelthierchen, die Polypenstöcke jener Einzelthiere bildet. Wenn sich ein Einzelthierchen in immer gleicher Ebene in 16 Theile 
getheilt hat, aber durch den Panzer in Verbindung geblieben ist, so ist es dann einer doppelten weitern Entwicklung fähig. Entweder 
die Einzelthiere lösen sich nach einiger Zeit aus dem mantelartigen Panzer ganz aus und schwimmen einfach, sich sogleich einen neuen 
Panzer bildend, umher, und theilen sich dann frei wieder in 16 Theile ‚ oder diess letztere geschieht schon im alten Panzer. Beides 
sieht man häufig, wenn man viele Thierchen beisammen hat. Schon MüLLrr beobachtete es. 

Die tafelförmigen kleinen Monadenstöcke wirbeln, wie MüLter richtig sah, und werfen fremde Theilchen von sich weg, oder 
zichen sie an. Dieselben Wirbelbewegungen dienen zum Schwimmen. Um sie in ihrer ganzen Kraft und Pracht zu sehen, darf man 


nur mit einem Pinsel Indigo- Tusche auflösen und etwas davon zum Objecte bringen. Der Strudel um alle Thierchen ist überra- 


DL 


schend und lässt erkennen, wie verhältnissmässig kräftig die scheinbar schwach belebten Thierchen in ihrem Elemente herrschen. Das 
Wirbelnde hielt ich anfangs für Wimpern des Panzers, es sind aber 2 leicht erkennbare Rüssel am Munde jedes Einzelthierchens, so 
dass jedes Täfelchen deren 32 besitzt, wovon 24 am Rande herum, 8 in der Mitte hervorstehen, weil da die Oeffnungen für die Ein- 
zelthiere sind. Lässt man ein Thierchen auf einer recht klaren Stelle des Objectträgers antrocknen, so überzeugt man sich schnell 
von der Anzahl der Rüssel. Mischt man Farbe in das Wasser, so grenzt sich alsbald der Panzer völlig deutlich ab, und bei scharfer 
Aufmerksamkeit erkennt man zwischen den ruhig liegenden Thierchen, besonders beim Wechsel des Lichtes mit Hülfe des Spiegels die 
rankenartigen Verbindungstheile der Einzelthiere untereinander, welche äusserst zart sind. Es sind deren nie mehr als 6, zuweilen weniger. — 
Was nun die Organisation der Kinzelthierchen weiter betrifft, so haben sie im Innern grüne Körnchen als Eier, von etwa !/o0o Linie 
Grösse, eine rundliche, matt durchsichtige Samendrüse und eine veränderliche klar durchsichtige Samenblase. Ein Auge liess sich nie 
entschieden wahrnehmen. — Die Einzelthiere schwimmen mit dem Munde vorn, wie Monaden. Die Bewegung der Tafeln ist sehr ver- 
schieden. Sie schwimmen bald horizontal, bald vertical und im letzteren Falle oft auf dem Rande radartig wälzend, oft auch hin und 
her wankend. — Oft findet man weniger als 16 Thierchen, nie mehr, in einem Täfelchen, das kommt vom Austreten der Einzelnen 
her, um selbstständig zu werden und ist ein Entwicklungszustand, aber nie zum Wachsen, sondern zum Auflösen der Tafeln. Die jun- 
gen Täfelchen führen die Einzelthiere enger beisammen und sind heller gefärbt, bei alten stehen sie oft weit auseinander. Bory’s 
zweite Art, Gonium flavicans, scheint mir daher, ohne andere Charactere als die Farbe, so wenig rathısam abzusondern, als 
Besere’s Form. Es giebt sehr blasse, die bei starker, unklarer Vergrösserung .den grünlichen Ton ganz verlieren. Diess mag vor 
der Reife der Eier der Fall seyn. Im Magen anderer Infusorien erkennt man öfter Tafelthierchen, weil ihre Form leicht kennt- 
lich ist (vergl. Tafel XXXIH. F. 2. 3.). Entwicklungseyelus etwa !/ıoo bis *,4 Linie, der Täfelchen "os bis "4 Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IHM. Fig. I. 


Es sind 4 Einzelthiere und 12 tafelförmige Monadenstöcke des Tafelthierchens in ihren verschiedenen Entwickelungsstufen dargestellt. Nur 

Fig. 13. ist 800mal vergrössert, alle übrigen 400mal. 

Fig. 1. ist eine vollkommen entwickelte Gesellschaftsform, so entstanden, dass Fig. 12. sich durch 4fache Selbsttheilung in gleicher Ebene in Fig. 7. 
verwandelt hat. Aus dieser entstehen durch einfache Vergrösserung oder Ausdehnung Fig. 10. und Fig. 2., welche in Fig. 1. sich weiter entwickelt 
haben, ohne schon wieder zur Selbsttheilung hinzuneigen; 

Fig. 2. ein jüngeres Exemplar; 

Fig. 3. ist eine Gesellschaftsform, von welcher 7 Thierchen noch einfach sind, 9 aber sich schon in 16 Theile getheilt haben und von der schmalen 
Seite gesehen werden. Letztere haben auf der breiten Seite schon die Form von Fig. 7.; 

Fig. 4. ist eine vollständig entwickelte Gesellschaftsform halbgewendet; 

Fig. 5. ist ein Monadenstock des Tafelthierchens, dessen mittlere 4 Thiere sich bereits abgelöst haben; 

Fig. 6. ein ähnlicher, von dem 3 seitliche Thiere. sich entfernt haben; 

Fig. 7. ist ein so eben frei gewordenes, schon getheiltes, Einzelthier oberhalb von der Fläche, unterhalb von der Kante gesehen; 

Fig. 8. ist eine fast volle Seitenansicht eines erwachsenen Tafelthierchens; 

Fig. 9. sind 2 umherschwimmende Fragmente eines bereits sehr weit aufgelösten Täfelchens; 

Fig. 10. ist ein jüngeres schon zerfallendes Täfelchen ; 

Fig. 11. ist ein erwachsenes Täfelchen, dessen mittlere 4 Thierchen allein sich schon getheilt haben und von der schmalen Seite vorliegen; 

Fig. 12. sind 3 durch Auflösung der Täfelchen frei gewordene, oder auch aus Eiern herangewachsene Einzelthiere, ohne Vorbereitung zur Selbst- 
theilung; : 

Fig. 13. ist ein 800mal vergrössertes Einzelthierchen eines Täfelchens mit einem Theile des Mantels 7”. + bezeichnet die 6 rankenartigen Verbin- 
dungsröhren, ;» bezeichnet die beiden Rüssel, o die Mundöffnung, i die Samendrüse, s die contractile Samenblase. Ueberdiess sind im mittleren Kör- 
per sehr feine grüne Körner und grössere Bläschen, letzteres scheinen Magenzellen, ersteres Eier zu seyn. 


73. Gonium punctatum, punktirtes Tafelthierchen. Tafel II. Fig. I. 


G. corpusculis in lorica erystallina viridibus nigro punctatis, 384tam lineae partem magnis, 16 in polypariis 48vam 
lineae partem latis, quadrangularibus, planis. 


Gone tachete, a corpuscules verts tacheles de noir, en carapace cerystalline, egalants Yo2 milli- 
metre; polypiers quarres aplatis, a 16 corpuseules et egalants 'z, millimetre en largeur. 


Gonium punetatum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 250, 
Aufenthalt: Berlin. 


Ich fand diese Form am 16. April 1832 zwischen Conferven bei Berlin. Sie ist kleiner, als die erwachsenen Exemplare 
des Gonmium Pectorale und hat eine langsamere Bewegung. Wimpern oder Rüssel waren nicht zu erkennen und beim Zusatz von 
Farbe in Masse lag sie regungslos still. Die 16 einzelnen grünen Kugeln haben dunkelschwarze Punkte, welche kaum Magenzellen 
seyn können. Der alle Körper verbindende sehr klare cerystallne, aber weiche Panzer ist viereckig und ganz dem des vorigen ähn- 
lich. Das Täfelchen hatte !/,; Linie Breite und die grünen Körper waren !/; dieser Breite gross. Diese Verhältnisse waren zwar 
sehr klar, aber da die Form nur einmal erst beobachtet ist, bleibt sie noch etwas zweifelhaft. 


Erklärung der Abbildungen Taf. II. Fig. Il. 


Fig. 1. ist von der flachen Seite, 
Fig. 2. halb gewendet gezeichnet. 


74. Gonium? Ttranquillum, ruhendes Tafelthierchen. Tafel IH. Fig. IH. 


G. corpusculis in lorica erystallina viridibus, 240tam lineae partem attingentibus, 16, simplicibus, binatis aut quater- 
natis, in polyparüs 24tam ad 12mam lineae partem latis, quadrangularibus, planis, interdum duplo latiori- 
bus quam longis. 


Gone tranguille, ü corpuscules verts en carapace crystalline, approchants de 'ız mällimetre; po- 


Iypiers quadrangulaires aplatis, quelques uns deus fois plus larges que longs, @galants 'Jı 
—! millimetre, a 16 corpuscules simples, binaires ou quaternaires. 


15 


Gonium? twanquillum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833, p. 21. 
Vergle MEvEn, Nova Acta Nat. Curios. T. XIV. Taf. 43. Fig. 36.? 


Aufenthalt: Berlin. 


Diese Form wurde am 18. und 20. Juni 1832 zahlreich beobachtet. Sie war völlig bewegungslos, aber in so vielen Bezie- 
hungen sich der Gattung der Tafelthierchen anschliessend, dass ihre nahe Verwandtschaft mit Bangia und Ulva bis auf weitere 
Beobachtung nicht entscheidender seyn konnte. Auch die Gonien liegen zuweilen ganz still und über ihren thierischen Bau kann doch 
kein Zweifel mehr seyn. Die scheinbar doppelten Formen, wie Fig. 2., mögen durch ungleiche Entwicklung oder Selbsttheilung der 
Thierchen entstehen und nur im Mangel der quadratischen oder der allseitig gleichförmigen Entwicklung verschieden seyn. Jedenfalls 
sind in dieser Form andere Entwicklungsgesetze herrschend, als in der vorigen. Die Viertheilung tritt nicht plötzlich vierfach und ab- 
geschlossen, sondern allmälig auf und die Selbsttheilung scheint in der Vierzahl zwar, aber nicht bei 16 ihre Grenze zu finden. Ein 
kleines Exemplar hatte im Innern nur 4 grüne doppelte Kugeln, ein grösseres hatte 16 doppelte Kugeln, je 8 in 2 mehr genäherten 
Reihen. Die grössten Täfelehen hatten 16 vierfache, also 64 Kugeln und davon einige wieder in Theilung, diese zeigten auch 
schwärzliche Punkte, wie das deutlich bewegte @. punectatum. Unter der Menge gab es auch im Zerfallen begriffene jüngere und 
ältere Täfelchen,, deren grüne Kugeln sich ohne Ordnung gruppirt hatten. Bei alle dem fehlt es noch an hinreichender Ermittlung von 
thierischen Characteren. Auch sind keine Verbindungsröhren beobachtet worden. 


Erklärung der Abbildungen Taf. MI. Fig. II. 


Es sind 6 Täfelchen in verschiedener Entwickelung abgebildet. 

Fig. 1. ist ein Täfelchen mit 16 doppelten (32) grünen Körpern, woran ein kleineres hängt, das vielleicht nur ein Ueberbleibsel eines grösseren ist, 
im Fall es kein Jugendzustand seyn kann. 

Fig. 2. enthält ebenfalls 16 Doppelthiere, welche aber, durch Längstheilung in immer gleicher Richtung, sich so vorherrschend nach einer Seite ausge- 
breitet, d. i. von einander entfernt haben, dass der Breitendurchmesser des Täfelchens doppelt so gross geworden, als der Längendurchmesser. Man 
würde irren, wenn man diese Form für 2 zusammenhängende Täfelchen hielte. In der innern Hälfte sind einige Thiere wieder in Theilung begriffen, 
so dass dieses Täfelchen 37 Thierchen enthält. 

Fig. 3. enthält 16 kreuzweis getheilte Thierchen, so dass 64 Einzelthiere im Täfelchen sind. Beim weitern Auseinandertreten dieser erhält sich die 
quadratische Form des Täfelchens. 

Fig. 4. ist dasselbe von der Seite gesehen. 

Fig. 5. ist ein von seinen Thieren vielfach schon verlassenes Täfelchen, wodurch die Reihen der übrigen, sich auch zum Entweichen anschickenden, 
gestört sind. : 


75. Gonium? hyalinum, farbloses Tafelthierchen. Tafel II. Fig. IV. 


G. corpusculis (cum lorica) hyalinis, 250mam lineae partem magnis, 20 ad 25 in polypariis quadratis, planis, 50mam 
lineae partem latis. 


Gone? hyalin, a corpuscules (et carapace) hyalins; polypiers quarres aplatis, egalants ‘rs milli- 
x . 7 \ 77° z . 
metre, constitues de 20 a 25 corpuscules ayant !ızs millimetre en Epaisseur. 


Gonium? hyalinum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 63, 67. 1831. p. 75. 
Vergl. Kugelqundrat, BEsEkE, Leipzig. Magaz. d. Naturk. IV. p. 319. f. 2—6. 1784. 


Aufenthalt: In Schlangenberg am Altaigebirge. 


Auf der Reise mit Herrn ALrxAanner von Humsoror nach Sibirien im Jahre 1829 fand ich dieses Thierchen in stagni- 
rendem Wasser in Schlangenberg. Es hatte ganz die Form eines Tafelthierchens, aber völlig farblose innere Kugeln. Der letz- 
tere Character ist zwar auch von Prof. BEesex£ bei einem Thierchen der Gegend von Mietau angegeben, allein da er das Gomium 
Pectorale nicht auch kannte, so ist es wahrscheinlich, dass er blasse, jüngere Exemplare desselben bei starker Vergrösserung, wo 
sich alle Farben verdünnen, als farblos erklärte. Auch Mürrer hat nicht sehr lebhaft grün gefärbte gesehen, wie jedoch es deren, 
wo sie überhaupt in Menge sind, viele giebt. Die Hülle habe ich nicht über die sibirischen Thierchen hinausragen gesehen und ich 
habe später Uvellen (U. Atomus) beobachtet, die beim Abfallen der Einzelthiere sich fast ähnlich gruppirt hatten. Ich sah in 
Schlangenberg etwa 10 schwimmende Täfelchen, deren Bewegung ganz an @. Pectorale erinnerte, zwischen farblosen, sehr kleinen, 
nur "/goo Linie grossen Monaden, welche Uvellen-Theile der Uvella Uva (minuta) waren. Eine genetische Verbindung dieser bei- 
den Thierformen war mir damals ganz unwahrscheinlich. Weitere Details sind nicht beobachtet. Ich sah Täfelchen, welche 4 Reihen 
von Thierchen zu 5 (also 20), andere, welche 5 zu 5, (also 25) Thierchen enthielten. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IM. Fig. IV. 


Fig. 1. ist ein sibirisches Täfelchen mit 25 'Thieren von der Fläche gesehen; 
Fig. 2. dasselbe von der Seite; 
Fig. 3. ein anderes mit 20 'Thieren. 


26. Gonium? glaucum, bläuliches Tafelthierchen. Tafel II. Fig. V. 


G. corpusculis e viridi caerulescentibus in lorica erystallina, 576tam ad 364tam lineae partem magnis, 4 ad 64 plu- 
ribusque in polypario quadrangulari, plano, 48vam lineae partem non superante. 


Gone bleuätre, a corpuscules veris bleuätres, en carapace cerystalline ayant rss — "ıs, millime- 
tre d’Epaisseur ; polypiers quarres, aplatis, ne surpassant pas 'h. millimetre et contenant 4 
a 64 ou plusieurs corpuscules. 


Aufenthalt: Im Seewasser des Hafens von Wismar. 


Diese Körperchen sind mir im Jahre 1831 sehr oft und immer zahlreich zwischen den Conferven der Ostsee bei Wis- 
mar im Mai vorgekommen, wo ich sie in den Jahren 1833 und 1834 im August wieder beobachtete. Im Jahre 1835 erhielt ich sie 
durch die Güte des Herrn Dr. Rose in Wismar zwischen verschiedenen See-Algen lebend in Berlin. Ich habe-nie eine deutliche 
Ortsveränderung an diesen Körperchen beobachtet und sie desshalb als zweifelhafte Körperchen zurückgeschoben. Zu den Algen der 


59 


Gattungen Bangia oder Ulva sie zu rechnen, ist für jeden, welcher die physiologische Eigenthümlichkeit dieser Formen scharf in’s 
Auge fasst, eben so unbefriedigend. Die Entwicklung der vierseitigen Täfelchen rückt diese Formen offenbar an Gorium, aber der 
Mangel an wirbelnden Bewegungsorganen, selbst wenn es Thiere sind, unterscheidet sie freilich bedeutend, Ich würde, wäre der Or- 
ganismus, gleichviel ob thierisch oder pflanzlich, schärfer zu chin gewesen, vorgezogen haben, eine eigene Gattung, Gonidium, 
mit dieser Form und dem @. trangwillum zu bilden, allein da alle aufzustellenden Charactere unsicher heben, so hielt ich für bes- 
ser, diese Körperchen hier einzuschieben, wo ihre Form sie nicht unnatürlich anschliesst. Wären sie Pflanzen ‚ so lag es doch für 
jetzt ausser der Kraft, diess zu entscheiden, da die Bewegungslosigkeit oder Trägheit allein keinen Character dafür abgiebt. Ich sah 
Täfelchen mit 4, 8, 16, 20, 32, 64 und ei viel mehr grünen Körperchen. Sie sind sehr zart, aber schr ee 


Erklärung der Abbildungen Taf. IH. Fig. V. 


Fig. 1. enthält 64 gleichartig entwickelte Körperchen und ist '/,; Linie gross; alle sind 290mal vergrössert; 
Fig. 2. enthält 16 gleichartig entwickelte Körperchen; ' 

Fig. 3. enthält 32 ungleich entwickelte Körperchen ; 

Fig. 4. ist in der Theilung der Körperchen begriffen; 

Fig. 5. zum Theil ebenfalls in der Theilung; 

Fig. 6. sind die kleinsten beobachteten Exemplare. 


Beurtheilende Uebersicht der Arten der Gattung Gonium. 


Es sind bisher 13 verschiedene Namen für die Arten dieser Gattung gegeben worden. Ausser den so eben verzeichneten Ar- 
ten sind folgende vorhanden: Gomium corrugatum von MÜrLer 1779 mag eine Monade in der Selbsttheilung seyn; @. flavicans 
ist hier zweltilliah aus Pectoralina flavicans, von Borv, 1828 gebildet angeführt; @. Zumatum von MürLer 1773 ist von ihm 
selbst später, 1786, G. rectangulum genannt worden und scheint ein Fragment irgend eines im Zerfliessen begriffenen flachen Ma- 
genthierchens zu seyn, welches die Samenblase noch enthält; @. ER NE von Mürrer ist vermuthlich ein eben solcher 
Theil und wurde früher von ihm @. truncatum genannt; G. polysphaerium von Scurank 1787 mag wohl eine Micrasierias 
gewesen seyn; @. pulvinatum von Mürzer 1773 könnte eine eigne farblose Art seyn, ist aber für den Character der Tafelthier- 
chen noch nicht hinreichend beobachtet, zu @. Ayaliuım scheint sie nicht gezogen werden zu können; @. rectangulum und trun- 
catum sind schon genannt; @. tetrasphaerium von ScHrank, 1803, war vielleicht ein Zuastrum. 


NEUNZEHNTE GATTUNG: DOPPELMANTEL. 
Syncrypta. Synerypte. 


CHARACTER: Animal e familia Volvocinorum, ocello caudaque destitutum, lorica dupliei inclusum; 
— Cryptomonades sociales lorica communi inclusae. 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Volvociens, sans oeil et sans queue, pourvu d’ une double 
enveloppe; — Monades & carapace sociales pourvues d’ une enveloppe commune. 


Die Gattung Synerypta gehört in die Familie der Kugelthiere und unterscheidet sich von allen 
übrigen durch Mangel an Auge und Schwanz der Einzelthierchen und durch Besitz einer doppelten Hülle. 

Es ist nur eine Art der Gattung bekannt, welche grünlich und der Zwvella virescens sehr ähnlich 
ist. Die Gattung wurde 1833 in den Abhandlungen der Berliner Akademie zuerst begründet. Die Gesamnt- 
organisation ist noch nicht vollständig ermittelt, doch sind bis jetzt folgende Verhältnisse ausser Zweifel 
gesetzt. — Die Körperhülle ist deutlich eine doppelte. Den Körper umgiebt zunächst eine häutige Hülle, 
welche ganz der einer Panzermonade gleicht und ein eingerolltes Schildchen bildet; sammt dieser befin- 
den sich aber die Thierchen der beerenartigen Monadenstöcke dieser Form in einer gemeinsamen gallerti- 
gen Hülle, aus welcher sie sich entfernen können, die also ein Mantel (Zacerna) ist. — Als Bewegungs- 
organ lässt sich bei jedem Einzelthierchen ein langer, fadenartiger, wirbelnder Rüssel erkennen, welcher 
die Gesellschaftsformen ringsum behaart erscheinen lässt. — Die Magenzellen blieben bisher unerkannt, auch 
war keine Farbeaufnahme sichtbar. — Als Fortpflanzungsorgan lassen sich 2 grünfarbige Massen ansehen, 
welche im Körper jedes Thiers sehr ‚ausgebreitet sind und die alles umhüllende Eiermasse darzustellen 
scheinen. Die Entwicklung durch Theilung geschieht nach dem Character der Kugelthiere innerhalb der 
äussern unzertheilten Hülle so, dass die innere Hülle sich vollständig mit dem Thiere theilt. Es scheint 
nur Längstheilung obzuwalten. — Gefäss- und Nervenspuren sind unerkannt. 

Die Verbreitung dieser Gattung und einzigen Art hat bisher auf die Um gegend von Berlin beschränkt 
geschienen, doch ist es leicht möglich, dass sie mit Zvella virescens und Synura Uvella an vielen an- 
dern Orten für ein und dasselbe Thier gehalten worden. Ich selbst habe beide nur erst neuerlich von die- 
ser unterschieden. 


= 6o 


737. Synerypta Volvox, wälzender Doppelmantel. Tafel IM. Fig. VI. 


S. animalenlis ovatis viridibus, taenia albicante media, 240mam lineae partem longis; polypariis globosis, lorica ery- 
stallina, 48mam lineae partem vix superantibus. 


Synerypte Volvoce, animalcules ovales, verts a raye blanchätre au milieu, egalants ‘|, milli- 
\ 5 Me . ® . x 1 . . \ 
metre; polypiers globuleux en enveloppe eryslalline, ne surpassant guere ‘I, millimetre. 


Synerypta Volvor, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 314. 
Aufenthalt: Berlin. 


Diese Form wurde am 11. Juni 1832 in torfigem klarem Wasser bei den Pulvermühlen von Berlin zuerst beobachtet. Ich 
habe sie dann im gleichen Monat wieder gefunden, im Jahre 1835 sah ich sie am 22. März. Sie findet sich im Wasser, welches 
von Conferven abfliesst, wenn man diese aus dem Wasser zieht, am leichtesten. Die rollenden grünen Beeren sind für den Beobachter 
eine höchst angenehme Erscheinung und umgiebt man sie mit einem Tröpfehen blauer Farbeauflösung von Indigo, so erkennt man ihre 
kräftigen Wirbel. Um die Bewegungsorgane zu sehen, muss man sie in klarem Wasser auf recht reinem Grunde während der Beob- 
achtung allmälig antrocknen lassen, aber auch im farbigen Strudel erkennt man das peitschende Organ oft sehr scharf. Die Kugeln 
mit vielen grünen Körpern entstehen durch Längstheilung einzelner solcher Körper. Ich habe nie ein einzelnes frei gesehen, vielleicht tritt 
auch die Selbsttheilung mit seiner Befreiung alsbald ein. Die einfachsten waren 4theilig, es mag also die erste Selbsttheilung sogleich 
eine kreuzweise seyn. In manchen Kugeln zählte ich mehr als 30 Thierchen. Die Breite des äussern Mantels scheint veränderlich. 
Spuren von Augen habe ich umsonst gesucht und auch die Magenblasen blieben von der Eiermasse und den Panzern verdeckt. Wich- 
tig für die Bildung dieser Thiere, besonders ihrer Gesellschaftsformen, ist, dass die Einzelthiere, mit den Hintertheilen dicht an ein- 
ander gedrängt, einen mittleren Kern ihrer Monadenstöcke bilden, während bei Pandorina und Gomium, wohl auch bei G'yges, sie 
zerstreut sitzen. Man wird diesen Character einst recht wohl zu Abtheilungen brauchen können. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IH. Fig. VII. 


Es sind 5 Monadenstöcke des Doppelmantels bei 2 verschiedenen Vergrösserungen abgebildet. 
Fig. 1. ist 260mal vergrössert; 
Fig. 2. bis 5. sind 400mal vergrösserte Formen in verschiedenen Entwickelungsstufen. 


ZWANZIGSTE GATTUNG: STRAHLENKUGEL. 
Synura. Synure. 


CHARACTER: Animal e familia Volvocinorum, ocello destitutum, cauda filiformi, loricae fundo seu in 
polypariis centro affıxum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Volvociens, depourvu d’oeil, a queue flliforme attachee 
au fond de Tenveloppe ou au centre du polypier. 


Die Gattung Strahlenkugel gehört zur Familie der Kugelthiere und zeichnet sich durch Man- 
gel eines Augenpunktes und durch Besitz eines fadenartigen Schwanzes aus, welcher am Grunde des Pan- 
zers, oder im Centrum des Monadenstockes (der Gesellschaftsform) angeheftet ist. 

Diese Gattung, von welcher bis jetzt nur eine gelbliche Art bekannt ist, wurde 1833 in den Ab- 
handlungen der Berliner Akademie p. 314 zuerst beschrieben. Ihre specielleren Organisationsverhältnisse 
sind noch nicht hinreichend ermittelt, weil sie nach 1832 nicht wieder beobachtet, an ihrer Stelle aber 
eine andere ihr ganz ähnliche Form anschaulich wurde, welche durch ein Auge characterisirt ist und daher 
wohl zur Gattung Uroglena gehört. Ob beide Formen nun auf Kosten dieser ersten als eine zu betrachten 
sind, muss späterhin ermittelt werden. Die früher beobachtete augenlose Form liess folgende Structur er- 
kennen: Der gemeinsame Panzer der Gesellschaftsform bildet eine Gallertkugel, welche so viel offene Zellen 
hat, als Einzelthiere da sind, aus diesen Zellen können die Thierchen sich lang hervorstrecken, indem sie 
mit einem sehr feinen, schwanzartigen, dehnbaren Anhange im Centrum der Kugel, oder dem Grunde ih- 
rer Zelle angeheftet bleiben, gerade so wie Floscwaria oder Conochilus u. s. w. der Räderthiere. Dass 
die kleinen 'Thierleiber noch eine besondere panzerartige Schale haben, wie bei Synerypta, vermuthete 
ich damals aus mir jetzt nicht genügenden Gründen. — Als Bewegungsorgan glaubte ich mehrere Wimpern 
am Munde der Einzelthierchen direet zu erkennen, doch vermuthete ich diese Wirkung von einem einfachen 
Rüssel. Von Ernährungsorganen wurde nichts unterschieden. Die gelbliche Farbe habe ich dem Eierstocke 
zugeschrieben, welcher zuweilen, wie bei Synerypta, zweitheilig erschien. Andere Organe wurden nicht 
klar, weil die Thierchen sehr durchsichtig waren. Es gab aber kleinere und grössere, aus vielen Indivi- 
duen bestehende, Kugeln und letztere waren offenbar aus ersteren so entstanden, dass die kleinen Einzel- 
thiere sich durch Längstheilung vermehrt hatten, ohne den äussern Mantel mit zu theilen, was dem Cha- 
racter der Kugelthiere gemäss ist. 

Ausser bei Berlin ist diese Form noch nicht beobachtet. 


61 


78. Synura Uvella, traubenartige Strahlenkugel. Tafel IT. Fig. X. 


S. corpuscnlis oblongis flavicantibus, e lorica exserendis, cauda extensa corpore triplo longiore; polypariis moriformibus. 


Synure Uvelle, a corpuscules oblongs jaunätres, ayant le tiers de la queue en longueur, se prolon- 
geant hors de l’enveloppe; polypiers en forme de müre. 


Synura Uvella, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 381. 314. 
Aufenthalt: Berlin. 


Dies auffallende Thierchen wurde am 13. October 1831 in vielen Exemplaren zuerst beobachtet. Am 4. Mai 1832 war es 
noch zahlreicher in einem Graben des Thiergartens bei Berlin. Seine Bewegung war wälzend wie Uvella oder Volvox Globator. 
Sehr eigenthümlich war, dass die Einzelthierchen sich aus ihren Panzerzellen der Kugeln lang hervorschieben konnten, wodurch sie dem 
Conochilus Volvox der Räderthiere sehr gleichen. Die weitere Structur ist oben angegeben; der Leib eines Thierchens ohne den 
Schwanz hatte "/ı,, Linie Länge, eine Kugel 1, —!ıs Linie Durchmesser. z 

Am 25. Mai 1835 fand ich in gleichen Verhältnissen ähnliche aber andere Thierchen, an Farbe grünlicher und mit einem 
deutlichen rothen Augenpunkte nahe am Munde. Die Kugeln oder Monadenstöcke hatten ebenfalls */.. — '/ıs Linie Durchmesser. Die 
Einzelthiere hatten einen deutlichen fadenartigen Rüssel und liessen im Innern noch 1 bis 2 runde (Samen-) Drüsen erkennen. Die 
Einzelthierchen glichen ganz denen von Uroglena Volwvox, aber ich hatte bis dahin die letztere Gattung nur als sehr grosse Kugeln 
gesehen, die */; Linie im kleinsten Durchmesser hatten und mit Yolvox Globator zugleich vorkamen. Sollte sich die augenlose Sy- 
nura Uvella nicht wieder finden, nachdem diese Zweifel ausgesprochen sind, so mag ich wohl früher das Auge übersehen haben und 
die Gattung mag mit Uroglena zu verschmelzen seyn, so dass letztere nur eine ältere, Syzura die jüngere Form gewesen. 

Diese Synura sammt der Synerypta und Uroglena Volvox können früher sehr leicht mit Uvella vörescens verwechselt 
worden seyn, was Vorsicht bei Beurtheilung der Formverbreitung nöthig macht. 


Erklärung der Abbildungen Taf. III. Fig. IX. 


Es sind 4 Gesellschaftsformen der Syrura Uvella und eine Gesellschaftsform der jungen Uroglena, sammt 2 Einzelthieren der letzteren, 
dargestellt. 
Fig, 1. ist ein vollkräftiger Monadenstock von Synura Uvella, nach einer Zeichnung von 1831, mit etwas, aber wenig, vorragenden Thierchen. 
Fig. 2—4. sind Zeichnungen von 1832. In Fig. 2. ist die innere Begrenzung zu erkennen, welche mich damals veranlasste, an einen zweiten Pan- 
zer zu denken; es waren aber wohl Eierstockgrenzen. 
Fig. 5. umfasst 2 Einzelthierchen von 1835, welche bei o den Mund, bei t die Samendrüse erkennen lassen. Die äussere Figur scheint sich durch 
Duplicität der Samendrüse und Anschwellen des Körpers zur Selbsttheilung vorzubereiten. 
Fig. 6. ist ein Monadenstock der Form von 1835. Beide letztere sind als junge Uroglenen zu betrachten. 


EINUNDZWANZIGSTE GATTUNG: STRAHLENAUGE. 
Uroglena. Uroglene. 


CHARACTER: Animal e familia. Volvocinorum, ocello caudaque insigne, singulorum spontanea divisione 
in polypariis simpliei et aequali. “ 


CARACTERE: Animal de la famille des Volvociens, distingue par un oeil et une queue, & di- 
vision spontanee simple et egale des corpuscules dans les polypiers. 


Die Gattung der Strahlenaugen zeichnet sich in der Familie der Kugelthiere durch Besitz eines 
Auges und Schwanzes aus und sie gehört zu den Formen, welche eine einfache und gleichförmige Selbst- 
theilung in ihren Monadenstöcken zeigen. 

Uroglena wurde 1833 in den Abhandlungen der Berliner Akademie als neue Gattung p. 317. zu- 
erst beschrieben. An Organisation ist sie augenscheinlich reich. Der Panzer der Gesellschaftsform ist ein 
Mantel (Zacerna), welcher für alle Einzelthiere Zellen bildet, aber bei der Theilung derselben sich nur 
vergrössert, ohne sich abzuschliessen. Alle Thierchen haben eine fadenförmige, schwanzartige Verlänge- 
rung des Hinterleibes (Rückens), wie die Vorticellen und Bodonen, mit Hülfe dessen sie am Grunde 
ihrer speciellen Hülle angeheftet sind. Da in den Gesellschaftskugeln alle Hüllen in der Mitte vereinigt sind, 
so sind es auch diese Schwänzchen, und daher bilden sie vom Centrum der Kugel ausgehende Strahlen. — 
Als Bewegungsorgane dienen einfache fadenförmige Rüssel, deren jedes Thierchen einen am Munde hat, 
deren Vielzahl aber in jeder Kugel die ganze Kugel behaart erscheinen lässt. Sie dienen zum Schwimmen 
und Anziehen von Nahrung an den Mund durch Wirbeln. — Ernährungsorgane sind noch nicht speciell er- 
mittelt, und scheinen sehr kleine Magenzellen zu seyn, welche Farbestoffe nicht aufnahmen oder nicht er- 
kennen liessen. Die sehr geringe Grösse der Einzelthierchen sammt zu grosser Durchsichtigkeit aller Theile 
mag die Ursache des Mangels an dieser Erkenntniss seyn. Dem Wirbel zufolge liegt der Mund vorn, gerade 
am Grunde des Rüssels. — Fortpflanzungsorgane scheinen sich in vollständiger Duplieität des Geschlechts 
direet erkennen zu lassen. Die grünliche Masse im innern Körper ist, der Analogie der deutlichsten For- 


men gemäss, ein Eierstock, und dieser zeigt sich als 2theilig. Die einzelnen Körnchen, welche wahrschein- 
16 


62 


lich als Eier die grünliche Farbe bedingen, liessen sich zuweilen nicht deutlich unterscheiden, allein sie 
sind häufig deutlich. Auch bei Euglenen sieht das ungeübte Auge erst die grüne Farbe, und allmälig erst 
unterscheidet es die Körner. Zuweilen liegt auch dieses Auseinandertreten der Einzelheiten an andern Zu- 
fälligkeiten (Intensität der Färbungen und dergl.) des Objects und des Auges. Ueberdiess befindet sich ein 
grosser, rundlicher, drüsiger Körper in der Mitte des Leibes aller Einzelthiere, welcher zuweilen doppelt 
ist. Diesen halte ich für einfache oder, wo sich Selbsttheilung vorbereitet, doppelte Samendrüsen. — Endlich 
lassen sich deutliche Anzeigen eines Empfindungssystems als rother Augenpunkt im vordern Körper wahr- 
nehmen. — Spuren eines Gefässsystems hinderte offenbar die Kleinheit bisher zu erkennen. 

Sicher ist diese Gattung und Art nur bei Berlin beobachtet, allein es ist sehr wahrscheinlich, dass 
sie mit Synura und Synerypta früher für Uvella virescens, d.i. Volvox Uva, manchmal angesehen wor- 
den ist (vergl. Synura). 


79. Uroglena Volvox, wälzendes Strahlenauge. Tafel IH. Fig. XI. 


U. corpusculis oblongis flavicantibus e lorica prominulis, cauda extensa triplo, sextuplo et ultra longiore quam cor- 
pus, polypariis moriformibus. 


Uroglene Volvoce, a corpuscules .oblongs jaumütres depassant T enveloppe, ayant le tiers jusgu a 
moins du sivieme de la queue en longueur ; polypiers en forme de müre. 


Uroglena Vowox, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 281. 317. 
Aufenthalt: Berlin. 


Am 15. Juni 1834 wurde diese Form zuerst im Torfwasser bei Berlin beobachtet. Die Kugeln waren !/; Linie gross, die 
Einzelthierchen "/ı4, Linie, ohne den Schwanz. Am 1. April 1835 fand ich sie an einem Orte, wo ich den Yolvox Globator zu 
finden gewohnt war, aber nicht an demselben Orte fand ich sie am 23. Mai 1835 mit dem Yolvox. Am 25. Mai fand ich an einem 
andern Orte die bei Syzura Uvella erwähnte und abgebildete, in ihren Monadenstöcken viel kleinere Form. Ich bin jetzt unsicher, 
ob nicht die ganze Verschiedenheit dieser Gattung von der Gattung Syzura, das rothe Auge, früher von mir übersehen wurde. Diese 
Augenpunkte wollen sehr aufmerksam gesucht seyn. Einmal gefunden, sieht man sie sogleich wieder. Fände ich jetzt die Synura 
augenlos wieder, so würde sie freilich eine verschiedene Form seyn. Ich habe in der Characteristik der Gattung die Einzelnheiten des 
Organismus dieser Art, der einzigen, bereits angegeben. Hier erwähne ich nur noch, dass manche der kleinen Einzelthiere 2, und 
einige sogar 3 Augen hatten. Ich habe diess als Vorbereitung zur Selbsttheilung angesehen. Ich sah dann oft eben so viel (Samen -) 


Drüsen, aber den Eierstock nicht deutlich dreifach. Wahrscheinlich ist, wenn die erste Trennung in 2 Theile zum Abschliessen reif 


wird, einer der Theile schon wieder zu einer neuen Theilung vorbereitet. Ferner war einigemale sehr überraschend , dass alle Einzel- 
thiere in einer von der allgemeinen Kugelbewegung verschiedenen, besonderen, zitternden Bewegung innerhalb ihres besondern Panzers 
waren. Sie drehten sich um ihre eigene Axe hin und her. Endlich war zuweilen der Grössenunterschied der Einzelthierchen sehr auf- 
fallend. Dasselbe kommt aber auch bei Yolvox Globator vor und mag Folge der Theilung seyn. Trübung des Tropfens mit Indigo 
oder Karmin zeigt die überraschendste Thätigkeit der Einzelthiere, von der man im klaren Wasser keine Ahnung erhält, aber Stofl- 
aufnahme liess sich nicht erkennen. Auch manche grössere Formen verschmähen die Farben, z. B. Euglenen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IH. Fig. XI. 


Es sind 2 Gesellschaftskugeln und 2 Einzelthiere abgebildet. Wahrscheinlich gehört aber die kleinere augenführende Gesellschaftsform sammt 
den beiden grünlichen Einzelthieren der Fig. IX. ebenfalls hierher. 

Fig. 1. ist mit etwas grösseren Einzelthierchen, welche sich zur Selbsttheilung vorbereitet haben, 450mal vergrössert; 

Fig. 2. ist 290mal vergrössert, mit etwas kleineren 'Thierchen, also wohl nach der Selbsttheilung ; 

Fig. 3. u. 4. sind Einzelthiere. Bei o vor dem Auge ist der Mund, £ bezeichnet die Samendrüse. 


ZWEIUNDZWANZIGSTE GATTUNG: AUGENKUÜGEL. 
Eudorina. Eudorine. 


CHARACTER: Animal e familia Volvocinorum, cauda destitutum, ocellatum, proboscide unica filiformi, 
singulorum spontanea divisione in polypariis simpliei et aequali. 


CARACTERE: Animal de la famille des Volvociens, sans queue, mais dislingue par un oeil et 


la trompe filiforme simple, ü division spontanee simple et egale des corpuscules dans 
les polypiers. 


Die Augenkugel ist eine Gattung der Kugelthiere, welche beim Mangel eines Schwanzes ein deut- 
liches Auge und einen einfachen, fadenförmigen Rüssel besitzt, und die in ihren kugelartigen Monaden- 
stöcken eine einfache und gleichförmige Selbsttheilung der Einzelthiere erkennen lässt. 

Die Gattung, welche nur eine einzige Art bisher umfasst, wurde 1831 in den Abhandlungen der 
Berliner Akademie p. 78. zuerst aufgestellt und abgebildet. Ihre Einzelthierchen unterscheiden sich von 
Uroglena durch Mangel an Schwanz, von Chlamidomonas durch einfachen Rüssel, von Pandorina durch 
einen Augenpunkt, von Polwox und Sphaerosira durch gleichförmig abschliessende Selbsttheilung, wodurch 


ENDE DENE 


63 


keine innern Gruppen (Kugeln) der Einzelthiere entstehen, von G@onium durch Augen. und concentrische 
Lagerung der Thiere in ihrem kugel- oder eiartigen Monadenstocke. An speciellen Organisations - Verhält- 
nissen ist noch mancherlei zu ermitteln übrig. — Als Panzer ist ein Mantel (Zacerna) vorhanden, aus wel- 
chem die Thierchen sich periodisch entfernen können, um einen neuen wohl so auszuschwitzen (?), wie 
sich viele Ringwürmer schnell neue Röhren bilden. Man findet Kugeln, worin leere Räume für fehlende 
entflohene Thierchen sind. Die vereinten Mäntel aller Einzelthiere, welche durch Selbsttheilung nicht mit 
getrennt sind, bilden den Monadenstock der Kugel und den Character des Kugelthiers. — An Bewegungs- 
organen ist ein einfacher, langer, fadenförmiger, wirbelnder Rüssel am Munde jedes Einzelthieres sichtbar. 
— Die Ernährungsorgane wurden nicht direct erkannt. Farbige Nahrung ward nicht sichtlich aufgenommen. 
— Fortpflanzungsorgane sind als körniger Zustand der innern grünen Färbung der Einzelthierchen, d. i. als 
Eier, anschaulich geworden. Männliche Drüsen wurden nicht deutlich. — Von Spuren des Empfindungssy- 
stems scheint der schönrothe Pigmentfleck im vordern Körper jedes Einzelthieres als Auge annehmbar zu 
seyn. — Gefässspuren waren nicht erreichbar. 

Als Verbreitung der Gattung auf der Erdoberfläche ist bis jetzt nur die Umgegend von Berlin mit 
Sicherheit zu nennen, doch mag man leicht an andern Orten diese Form mit Pandorina Morum für eine 
und dieselbe gehalten haben, wie ich es früher auch that, oder gar mit Volwox Globator, wie es vielleicht 
ScHRANK that. Um das Auge zu sehen, muss man ein klares Mikroskop besitzen, welches 300mal im Durch- 
messer vergrössert, und es sorgfältig anwenden. nn 


SO. Eudorina elegans, schöngrüne Augenkugel. Tafel IHM. Fig. VI. 
E. corpusenlis globosis viridibus, ocello laete rubro, nunquam e lorica prominulis (saepe numerosis), polypario ovato 


aut globoso volutante inclusis. 


Eudorine elegante, a corpuscules globuleus, verts, avec un oeil rouge vif, me surpassant jamais 
le bord de l’enveloppe; polypiers ovales ou globuleux (souvent remplis de beaucoup d’ animal- 
cules) et tournants. 


Eudorina eleyans, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 78. u. p. 192. Tafel II. Fig. 10. 


Aufenthalt: Berliner Umgegend, vielleicht der Ural bei Kyschtym. 


Ich unterschied diese Formen schon im Jahre 1829 und 1830 von der nächst verwandten Pandorina Morum, die ich da- 


mals, wegen Mangels an Bewegungsorganen, von bewegten Pflanzen mich kaum zu unterscheiden getraute (1830. p. 38.), durch ihre 
wirbelnden Organe und hielt dann diese bei Pandorina für eingezogen, unentwickelt dergl. Die 1829 bei Kyschtym im Ural beobachtete 
Form der Pandorina Morum liess die Rüssel schon ziemlich deutlich erkennen, wie ich es in der Zeichnung festgehalten habe, und 
ich war desshalb schon damals im Begriff, die ganze Form zu der damaligen Familie der Kranzthierchen, Peridinaea, neben 
Volvox zu stellen. Erst 1831 sah ich das rothe Auge bei solchen Formen, die zugleich einen deutlichen, fadenförmigen Rüssel zeig- 
ten, und fand zugleich andere Pandorinen, an denen ich weder Auge noch Rüssel erkannte. , Diess veranlasste mich, die neue Gat- 
tung Eudorina bei den Kranzthierchen zu gründen und die Form vom Ural, welche ebenfalls Spuren des Rüssels gezeigt hatte, 
in den Abhandl. d. Berlin. Akademie 1831. p. 78 zu Eudorina zu ziehen. Später fand sich der Rüssel beim sorgfältigern Untersu- 
chen auch bei allen augenlosen Pandorinen und es ist daher jetzt wieder nöthig, die sibirische Form, an der kein Auge beobachtet 
wurde, des Rüssels ungeachtet, zu Pandorina zu verweisen. Ich hielt 1831 die ganzen Kugeln dieser Formen, auch des Yolvox, 
für Einzelthiere, was ich später erst als irrig erkannte (vergl. Vowox). r 

Ich fand dieses sehr liebliche Thierchen, welches, wie es ganz vernehmlich erscheint, mit sehenden Augen in schwesterlicher 
Eintracht seine Familie im kleinen Raume der Gewässer friedlich umherrollt, und nur kleine schleimige Theilchen in seinen engen Ma- 
genzellen aufzunehmen im Stande seyn mag, mithin zu den Raubthieren schwerlich gehört, mit Yolwox Globator, und auch mit Chla- 
midomonas Pulvisculus, zuweilen allein in so grosser Menge, dass es den Rand des Gefässes grün färbte, öfter aber einzeln. Am 
6. Juni 1832 unterschied ich durch Druck der Kugeln auch die Eikörnchen in der grünen Körpermasse, wobei das Auge sehr deutlich 
wurde. Im Jahre 1835 fand ich es zuerst am 9. April, im Jahre 1836, den ganzen Sommer hindurch in allen Monaten. Unter vie- 
len kugelförmigen Monadenstöcken sind immer einzelne ovale oder unregelmässige, die ich nie so constant und in Menge sah, dass ich 
in ihnen eigne Arten hätte erkennen mögen. Die Art der Befestigung des Körpers in seiner Zelle liess sich nicht deutlich machen. 
Einen Schwanz erkannte ich nie. Vielleicht giebt es Stolonen, wie bei Gomium und VoWwox. Ich zählte 30 bis 50 Thierchen 
in einer Kugel und sah nie weniger als 15, habe also noch keine jüngeren Kugeln beobachtet. Vielleicht habe ich aber diese für Ohla- 
midomonas gehalten. Die Kugeln hatten '%s bis */ıs Linie im Durchmesser und Platz für 6—8 Thierchen in der Länge. Ein 
erwachsenes Einzelthierchen hatte */o6—- '/ızuo Linie Durchmesser und seine Eier hatten etwa "/Ji» des Körperdurchmessers. Demnach 
wäre der Entwicklungseyclus ungefähr von "/ııs» zu "/ıs Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IH. Fig. VL. 


Es sind 3 Gesellschaftsformen oder Monadenstöcke der Eudorina bei einerlei Vergrösserung abgebildet, welche der Verschiedenheit der Grös- 
sen der Thierchen halber auffallend sind, eine nicht ganz deutlich erklärbare Eigenthümlichkeit vieler Kugelthiere. Ist die Verschiedenheit Folge der 
Selbsttheilung oder der Entwickelung, indem sich auch die jungen Thiere schon theilen, oder verstecken sich noch verschiedene Arten in die hier aufge- 
stellten? Das Letztere möchte ich verwerfen und bei der Mitte bleiben. 

Fig. 1. ist eine längliche, grössere, ältere Kugel; 
Fig. 2. und 3. sind runde, kleinere, jüngere Geschwistervereine. 


FAN 


TE 


DREIUNDZWANZIGSTE 6ATTUN&G: HÜLLENTHIERCHEN. 
Chlamidomonas Chlamidomonade. 


CHARACTER: Animal e familia Volvocinorum, sine cauda, sed ocello et dupliei proboseide flagelliformi 
instructum, singulorum spontanea divisione in polypariis simplici et aequali. 


CARACTERE: Animal de la famille des Volvociens, depourvu dune queue, mais distingue par un 
oeil et la trompe füiforme double, a division sponlanee simple et egale des corpuscules 
dans les polypiers. 


Die Gattung der Hüllenthierchen aus der Familie der Kugelthiere unterscheidet sich von allen 
übrigen Gattungen derselben Familie durch Mangel an Schwanz, aber Besitz eines Auges und doppelten 
peitschenartigen Rüssels, sowie durch einfache und gleichförmige Selbsttheilung der Einzelthiere in den Mo- 
nadenstöcken. : 

Diese Gattung umfasst wieder bis jetzt nur eine einzige Art, eins der wohl am frühesten, vielleicht 
schon Harrıs und LEEUWENHOEK bekannten, Infusorien, welches O. F. MüLzLer Honas Pulvisculus nannte. 
Die Gattung wurde erst 1832 (Abhandlungen der Berliner Akademie, 1833. p. 288.) zur Aufnahme empfoh- 
len, bis dahin aber die Form von mir selbst als Monas Pulvisculus mit Microglena monadina zuweilen 
verwechselt, bis ich den wichtigen Unterschied beider Formen mir allmälig deutlich machte, welcher in dem 
doppelten Rüssel, dem gemeinsamen Panzer und der einfachen runden Samendrüse der Chlamidomonas 
besteht und nun leicht zu ermitteln ist. An Organisationsverhältnissen sind folgende Einzelheiten festzustel- 
len gelungen: Der Panzer ist ein Büchschen (Urceodlus), welches das Thier bis zum Munde eng umschliesst 
und in welchem es sich einfach oder mehrfach theilt, worauf er platzt und die Einzelthiere frei lässt. Bei 
den jüngern Einzelthieren ist der Panzer schwer zu sehen, oft völlig ununterscheidbar. Sobald die Thei- 
lung anfängt, wird er als abstehendes Häutchen sichtbar. — Als Bewegungsorgan sind 2 fadenförmige Rüs- 
sel am Munde vorhanden. — Als Ernährungsorgane liegen kleine Bläschen im innern Körper, welche ich 
in früheren Zeichnungen dargestellt habe, die mir aber später nicht wieder klar wurden, wo ich die an- 
dern Theile des Organismus sah. — Als Fortpflanzungsorgane haben sich sowohl Eier als Samendrüsen zu 
erkennen gegeben. Als erstere kann man grüne Körnchen betrachten, welche den innern Körper ganz er- 
füllen und ihm die grüne Farbe geben. Für letztere einen grossen, runden, drüsigen Körper in der Leibes- 
mitte, welcher zuweilen doppelt ist. Neben diesem findet sich auch wohl zuweilen eine helle Blase, die 
ich aber nicht contractil sah und die entweder zu den Magenzellen gehört oder eine Samenblase ist. — 
Das schönrothe Auge bildet eine Spur des Empfindungssystems. — Vom Gefässsysteme sind keine Anzeigen 
anschaulich geworden. 

Die sichere geographische Verbreitung dieser Form ist nicht leicht auszumitteln, da man mit dem Na- 
men Monas Pulvisculus gar viele kleine grüne Thierchen bisher verwechselte, indem man Chlamidomo- 
nas, Microglena, Phacelomonas und junge andere Thiere verschiedener Gattungen nicht unterschied. Auch 
hat eine speculative Richtung der Physiker und Algologen die Beobachter der neueren Zeit von der einfa- 
chen Erscheinung oft abgelenkt, und Verbindungen dieser kleinen schöngrünen Thierchen mit Pflanzen be- 
hauptet und Verwechselungen mit Pflanzensamen herbeigeführt, die zum Theil unauflöslich sind. Jedenfalls 
mag sich aber diese Form weit über Europa erstrecken. Schweden und Dänemark, London, Delft und Pa- 
ris, Ingolstadt, Erlangen, Quedlinburg, Bremen, Berlin und Danzig mögen als geographische Anhaltspunkte 
erscheinen. Von mir selbst ist die Form in Berlin, Wismar, Delitzsch und Jena beobachtet. 


81. Chlamidomonas Pulvisculus, grünes Hüllenthierchen, Staubmonade. Tafel IH. Fig. X. 


Ch. corpuseulis ovatis viridibus, ocello laete rubro, urceolo fatiscente inclusis (proboscide dupliei), polypariis paucipa- 
ris subglobosis. 


Chlamidomonade Poussier, a corpuscules ovales verts en enveloppe urceolee, ayant un oeil rouge 


vif (et deux trompes) ; polypiers petits presque spheriques, ne contenants qu'un petit nombre, 3 
ou %& (a 8?) animalcules. 


Harrıs? grünes Wasser, Philos. Transact. 1696. p. 254. 
LEEUWENHOEK? Epist. physiol. p. 283. 5. Nov. 1716. ist 25. Aug. 1701. 
Göze, Hannöversches Magaz. 1773. p. %60, 274. 
—  Tremsuex’s Polypengeschichte, 1775. p. 176. 
Grüne Wasserläuse, Eıchuorn, Kleinste Wasserthiere, p. 73. Tafel VII. Fig. B. (1775.) 1781. 
InsEnHouss, Vermischte Schriften, I. p. 146. (1779.) 1782. 
Monas Ovulum, Göze, Wittenb. Magaz. 1783. 2. p. 2.* 
Monas Pulvisculus, MÜLLER, Animalc. infus. p. 8 Taf. I. Fig. 5. 6. 1786. 
Monas Pulvisculus, Schrank, Fauna boica, II. p. 24. 1803. 
Infusionsthiere der grimen Materie im Wasser, Trevıranus Biologie, II. p. 344. 1803. 
Monas Lens, Nezs von Esengeck, Algen des süssen Wassers, 1814. 


6> 


Monade mit Wimpern am Munde, EHRENBERG, Flora od. botan. Zeitung, 18%. 2. p- 535. und in HzmrricaH’s Naturgesch. p. 291. 1820. 
Monas Lens, Hornscauch, Nova Act. Nat. Cur. X. II. p. 517. 1821. e 
Colpoda vermis infusorius viridissimus, Link, Philos. botanica, 1824. p. 42. 


Monas Pi werfzcnipe \ Bory DE Sr. Vincent, Encycl, m&th. Monade Poussier, p. 549. 18%. 
Ulva lubrica 


Protococcus viridis, MEYEN in NEEsS von Esengeck Rogert BRowN’s Vermischten Schriften, IV. p. 331. 337. 1830. 


Monas Pulvisculus, Abbandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 57. 
Chlamidomonas Pulvisculus, — - — - _ ._ - — 1833. p. 288. 


Aufenthalt: Berlin, Wismar, Delitzsch und Jena, wahrscheinlich auch Copenhagen, Lund, London, Paris, Delft, Bonn, Erlangen, 
Quedlinburg, Danzig, Bremen, Greifswalde. 


Die Entdeckung dieses Thierchens, welches die Wasserkübel und alle Lachen und Pfützen im Frühjahre, oft auch im Som- 
mer und Herbst besonders nach Gewittern schön grün färbt, scheint eine der frühesten seyn zu müssen, weil es dem blossen Auge durch 
seine lebhaft grüne Farbe schon sehr auffällt und man schon frühzeitig grüne mikroskopische Thierchen in grünem Wasser beobachtete. 
Freilich giebt es ähnliche noch andere Thierchen, allein die haben dann alle vorläufig Theil an den ersten geschichtlichen Erinnerungen. 


Wenn irgend ein Infusionsthier, so kann die Staubmonade stolz seyn auf ihre Geschichte und da ich über die Structurver- 
hältnisse das Nöthige bei den Gattungscharacteren angeführt habe, so ist hier der Ort für das Geschichtliche der Art. 


Harrıs in London mag 1696 Euglenen vorherrschend geschen haben, zwischen denen er aber als kleine Formen auch 
diese höchst wahrscheinlich schon zuerst sah. LEEUWENnHoER in Delft beobachtete 1701 schon Euglena sanguinea und dazwischen 
kleine grüne Thierchen, aber noch deutlicher sah er sie wohl 1716, wo er sogar ihre Monadenstöcke beschreibt. Er sah aber 8- Thei- 
lung, die ich nie sah; dennoch kann er den Yolvox Globator nicht meinen, denn diesen hatte er schon früher entdeckt und gut 
beobachtet. Sicherer ist die folgende Erwähnung dieser Thierchen von Göze in Quedlinburg, welcher Räderthiere damit fütterte. 
Noch deutlicher beschreibt diese Form Eıcumorn aus Danzig und setzt ahnungsvoll für ihre Geschichte in neuester Zeit hinzu: ‚‚diese 
kleinen Puncte zeigen sich am frühesten im Jahr, — dass man glauben sollte, sie wären die erste Anlage zu allen übrigen Wasser- 
insecten.“ Mürrer zog Eıcnuorn’s Form irrig zu seiner Monas Less, worin ScHRAnkK ihm folgte, weil er das Citat nicht 
prüfte. Incenmouss in London hat, nachdem Prıiesrtıey die Aufmerksamkeit auf die grünen, schleimigen und erdigen Absätze des 
stehenden, der Sonne ausgesetzten, Wassers gelenkt hatte, höchst wahrscheinlich kein anderes, als dieses Thierchen zu einer grossen 
Celebrität gebracht und an ihm direct zu erkennen geglaubt, dass es in Tremellen oder Pflanzen ähnliche Körper ersterbe und dass 
diese wieder in belebte grüne Thierchen erwachen. Durch Trevıranus Biologie wurden diese Ansichten in Deutschland eingeführt 
und mit eignen gleichartigen Beobachtungen, die er in Bremen anstellte, bestätigt. Gowpruss theilte 1810 aus Erlangen ähnliche 
Beobachtungen mit. Doch könnte er auch bewegte Samen von Teiraspora lubrica und Conferva rivularis vor sich gehabt haben 
(Abh. d. Erlang. phys. Soc. I. p. 46.f. 34.). Nees von Esengeck, damals auch in Erlangen, beobachtete, dass aus Infusorien sich die 
grüne Materie bilde und dass diese als das Urprincip der Pflanzenbildung überhaupt, zunächst aber erschöpfend für die Algenformation 
des süssen Wassers erscheine. Das Thierchen nannte er Monas Lens, welchen Namen Horsscnucn entlehnte, um dergleichen Ver- 
wandlungsbeobachtungen in Moose, Hypnum riparium, in Oscillatorien, Oonferva frigida und castanea mitzutheilen; Cas- 
SEBEER nannte es später Monas Teermo. Inzwischen hatte ich schon 1820 die Mundtheile dieser Körperchen angezeigt, denn auf 
diese grünen Monaden, vielleicht mit auf PAacelomonas, die ich damals nicht unterschied, bezogen sich meine Beobachtungen. Acaroa 
baute 1820 seine Idee der Verwandlungen, bei Pflanzen, nämlich der Entstehung grosser Pflanzen aus kleinen durch I uxtaposition 
dieser, indem sie aus kleinen selbstständigen Körpern zu Organen grösserer würden und spricht dabei auch von grünen Thieren, in 
welche die Algen sich auflösen, was auf diese Staubmonaden sich, zum Theil wenigstens, beziehen mag. Link beobachtete diese grü- 
nen Monaden in Berlin und billigt die Ansicht, dass sie aus todten Pflanzen entstehen, nicht ‚aber zu Pflanzen werden. Dieselbe An- 
sicht wiederholte Mexen 1827 in der Zinnea p. 396 und 428, nur mit dem Unterschiede, dass lebende Conferven in grüne Infuso- 
rien (p. 461.) und Oscillatorien in Bacillarien zerfielen, die Priestley’sche Materie aber von Anfang an eine Pflanze sey. Borr 
vE Sr. Vincent ist später besonders ausführlich über diese vermeintlichen Verwandlungen gewesen und hält geradehin auch Teira- 
spora (Ulva) lubrica für die erstarrten Haufen der Monas Pulvisculus, so wie er denn schon 1825 ein ganzes Naturreich ersann, 
welches abwechselnd Thier und Pflanze sey. Er nennt es französisch Regne Psychodiaire, meint aber ein dipsychisches Reich, zu 
dessen Annahme ihn irrige Beobachtungen führten (Dietion. classique Art. Histoire naturelle). Noch viele andere neuere Schrift- 
steller haben dieselben Ideen ausgesprochen und diese freien grünen Infusorien mit bewegten grünen Pflanzensamen und wirkliche Mona- 
denstöcke der Infusorien (Schizonema, Coccochloris (Ophrydium)) mit Algen für identisch gehalten. Meyen hat zuletzt in Rogerr 
Browss vermischten Schriften die von Ivsensouss, Trevıranus und ihm selbst beobachteten grünen bewegten Thierchen, Proto- 
eoccus viridis genannt, für schwankend zwischen Thier und Pflanzen erklärt und in der Botanik abgehandelt. 


Diese nun mit Bewegungsorganen, Augen, Eiern, Samendrüsen und Magenzellen versehenen Staubmonaden sind, derselben 
Verhältnisse halber, hier als vollendete, mit Pflanzen in gar keiner Beziehung stehende, Thiere angesehen. Wo sie sich in Menge 
entwickeln, entsteht sehr bald dadurch, dass ihre verlassnen Hüllen als todte Theile zergehen, theils auch die Einzelthiere selhst ster- 
ben und durch dann eintretende Gasentwicklung in ihrem Körper an die Oberfläche kommen, eine grüne Haut. Unter dem Mikroskope 
ist diese, einer Ulve zuweilen ähnliche, Haut von jeder Ulve auf das Wesentlichste verschieden. Sie zeigt die aneinander gereihten 
todten, oft ihr Augenpigment noch deutlich lange erhaltenden, grünen ’Thierchen verbunden durch eine farblose, aus vielen andern farb- 
losen und todten Infusorien (die ‘meist ganz wohl erkenntlich sind) und aus häutigen Fragmenten (der Panzer) gebildete Zwischenhaut. 
Diese Haut ist keine Ulve. Bei kalter Witterung hört die Gasentwicklung auf und die eigne Schwere senkt die todten Thierchen zu 
Boden, wo sie zerfallen, zuweilen aber bei neu eintretender Wärme und Gasentbindung sich als eine blasige, grüne Tremellen- oder 
Ulven-artige, gekränselte Masse wieder heben. Die, wo sie gehäuft sind, grünen Eierchen werden vereinzelt unsichtbar, bilden aber, 
wie es scheint, einen guten Theil des Morastes und des Staubes, welcher die Atmosphäre erfüllt. Millionen und aber Millionen mö- 


gen nie zu weiterer Entwicklung kommen, aber zahllose Millionen entwickeln sich im Frühjahre bei günstiger electrischer Spannung 
der Atmosphäre. 


Besonders auffallend ist bei diesen Thierchen der spermatische Geruch, welchen das Wasser hat, worin sie zahlreich leben. 
So lange man sie als erste Entwicklungsstufe anzusehen sich berechtigt meinte, war diese Eigenthümlichkeit nicht ohne einiges Gewicht, 
allein den jetzigen Entwicklungen der Kenntnisse zufolge bleibt es eine Eigenschaft, die wenn auch nicht übersehen werden darf, 
doch keinen physiologisch besonders hohen Werth hat (vergleiche Euglena viridis). 


17 


66 


Erklärung der Abbildungen Taf. IH. Fig. X. 


Es sind 69 Einzelthierchen und Gesellschaftsformen unter 2 verschiedenen Vergrösserungen dargestellt, die mit A und 2 bezeichnet sind. 

A ist 290mal, 2 820mal im Durchmesser vergrössert. Die Gruppe A ist wieder in 3 verschiedene Theile gesondert. ; 

Fig. A. 1. ist eine Reihe von Thierchen in ihrer Entwickelung. Die 4 ersten, von der Zahl an, zeigen die einfache Entwickelung eines Einzelthie- 
res, die 7 übrigen die Selbsttheilung in verschiedenen Zuständen der Grössenentwickelung, in 2 und 4 Theile. 

Fig. A. 2. ist ein Haufe dieser bis !/,, Linie grossen Monaden, wie man ihn häufig zur Ansicht hat, klein und gross durch einander, alle zur glei- 
chen Art gehörig. Oft leben aber auch andere grüne Thierchen dazwischen, die sich dann entweder durch andere Farbe-Nüancen sogleich, oder bei 
genauerer Prüfung unterscheiden lassen. Beides 1832 in Berlin beobachtet. 

Fig. 4.3. sind etwas grössere Thierchen, bis !/,g Linie gross, welche ebenfalls zu dieser Art gehören, am 15. Juni 1834 in Berlin gezeichnet. Das 
erste und letzte dieser Einzelthierchen passen auf MüLLer’s Diagnose der Monas Pulvisculus, hell mit grünem Rande. Das Helle ist die Sa- 
mendrüse in der Mitte. 

Fig. B. sind 3 stärker vergrösserte Einzelthiere. p sind die 2 Rüssel, o’ der Mund, o das Auge, i die Samendrüse, vt Magenzellen. Der ganze 
Körper ist mit Eikörnchen ausgefüllt. 


VIERUNDZWANZIGSTE GATTUNG: RUÜDERTHIERCHEN. 
Sphaerosira. Spherosire. 


CHARACTER: Animal e familia Volvocinorum, ecaude, ocellatum, proboseide simplici, divisione sponta- 
nea intra loricam inaequali (polypariis intra polyparia pullulantibus). 


CARACTERE: Animal de la famille des Volvociens, sans queue, pourvu d’un oeil et d’une trompe 
en forme de fouet simple, ü& division spontanee inegale dans Tenveloppe (ayant de 
jeumes polypiers dans les vieux). 


Die Gattung der Ruderthierchen aus der Familie der Kugelthiere zeichnet sich durch Mangel an 
Schwanz, Besitz eines Auges und eines einfachen fadenförmigen, ruderartigen Rüssels aus, und hat beson- 
ders eine ungleiche Selbsttheilung der Einzelthiere in den Gesellschaftsformen (hat junge Polypenstöcke in 
den alten). 

Gegründet wurde diese Gattung im Jahre 1831 in den Abhandlungen der Berliner Akademie, aber 
der damalige Character ist jetzt nicht mehr ausreichend. Ich unterschied sie von Pandorina durch ihre 


deutlichen Ruderfäden oder Rüssel an jeder Gemme, und von Volvox durch eben jene einzelnen Wimpern, 


während dieser überall bewimpert sey. Beide Formen haben sich später in dieser Bildung übereinstimmend 
gezeigt. Von Pandorina unterscheidet sie jetzt das Auge und von Zudorina die ungleiche Entwickelung 
der Thierchen, von Yolvox der einfache Rüssel. Es ist nur eine Art der Gattung bekannt, die von ihrer 
Organisation nicht alles Nöthige, aber doch schon einiges hat erkennen lassen. — Der Panzer ist ein Man- 
tel, welchen das erwachsene Thier verlassen kann und in dem nicht alle, sondern nur einige durch viel- 
fache Selbsttheilung schon zu einem neuen Monadenstocke vorgebildet werden, wie bei Volwox. Der Ge- 
sellschafts-Panzer ist eine häutige, hohle Kugel von bedeutender, dem blossen Auge recht wohl sichtbarer, 
Grösse, in deren Peripherie alle ihre oft zahllosen 'Thierchen die Haut bilden. — Als Bewegungsorgan ist 
ein einfacher fadenförmiger Rüssel der Einzelthiere sichtbar geworden. — Ernährungsorgane sind nicht ge- 
sehen, wahrscheinlich verdeckt vom farbigen Eierstock. — Als Fortpflanzungsorgane scheinen die gekörnten 
gelbgrünlichen Massen im innern Körper betrachtet werden zu können, und die Körnchen selbst als Eier. 
Samendrüsen u. s. w. sind nicht erkannt. Ihre Selbsttheilung ist Längstheilung und geschieht Anfangs in 
gleicher Ebene, wie bei @onium, wodurch flache Scheiben entstehen. Allmälig bildet sich eine in der 
Mitte hohle Kugel als Polypenstock aus. — Ein rother Augenpunkt bezeichnet ihr Empfindungssystem. 
Ausser bei Berlin und vielleicht bei Strassburg ist diese Gattung noch nicht beobachtet. 


S2. Sphaerosira Volvox, srünliches Ruderthierchen. Tafel IH. Fig. VIH. 


S. corpusculis subglobosis pallide virescentibus, ocello laete rubro, lacerna inelusis; polypariis magnis globosis multi- 
paris, glomerulis compressis. 


Spherosire verdätre, a corpuscules presque spheriques, verdätres päüles, pourvus d’un oeil rouge, 
ayant U enveloppe en forme de manteau; polypiers en forme de grande boule a nombre d’ ani- 
malcules et contenant de petits polypiers comprimes. 


Volvox Sphaerula, HERRMANN? Naturforscher, XX. 1784. p. 154. Fig. 33. 
Sphaerosira Volvor, Abhandl. der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 78. 


Aufenthalt: Bei Berlin, vielleicht auch bei Strassburg. 


Dieses eigenthümliche Kugelthier lebt bei Berlin sehr häufig zwischen Volvo» Globator, zuweilen allein in zahlloser Menge 
beisammen und ist von der Grösse des Yolvox selbst. Es erscheint wie leere Kugeln des Yolvox und ist häufig der Vorläufer an 
den Orten, wo später der Yolvox häufig erscheint. Ich fand es nur im Frühjahr, 1834 am 30. Mai, 1835 am 13. Mai, 1836 am 
9. April, zuweilen waren wohl 100 in einem kleinen Uhrglase voll Wasser. Die Kugeln hatten zuweilen '/;, Linie im Durchmesser, 


die Thierchen */os bis */ıoo Linie. Nicht alle, sondern nur einzelne der die Gesellschaftskugel bildenden Thiere werden grösser und 
theilen sich plötzlich in viele Theile, deren ich bis 50 zählte. Ein solcher Haufen ist von der Seite gesehen schmäler, als von oben, 
ein Beweis, dass eine gleichförmige Längstheilung statt gefunden. Er erinnert an Gonium. Solcher jungen Polypenstöcke im alten, 
deren hei Yolvox Globator gewöhnlich 8, selten über 20 sind, finden sich hier mehr als 100 in einer Kugel und überall zerstreut. 
Die einfach bleibenden Thierchen sind. kugelförmig.. Vielleicht sind diese die allein reife Eier bildenden Thiere. Verbindungsröhren 
wie bei Yolvox sah ich nicht deutlich, allein die zuletzt beobachteten Thierchen liessen doch dergleichen undeutlich erkennen. Viel- 
leicht sind sie nur feiner. In den grössten Kugeln bewegten sich zuweilen die Einzelthiere besonders in ihrer. Hülle und einzelne hatten 
oft dieselbe verlassen, was durch leere Stellen angezeigt war. In farbigem Wasser erscheint ein kräftiger Wirbel rings um die Ku- 
gel. Beim Antrocknen auf klarem Glase erkennt man die Rüssel selbst. 

Volvox Sphaerula von MüLter könnte vielleicht eine 2te farblose Art dieser Gattung seyn, allein Sparranzanrs von 
ihm eitirtes Thier mag cher ein Haufen von Bodonen gewesen seyn. Hrrrmann’s Thierchen passt vielleicht auf die von mir ge- 
sehene Art, allein es ist zu unbestimmt bezeichnet. Es bewegte sich nicht, schien aber um sich zu wirbeln und war grünlich. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IH. Fig. VIH. 


Fig. 1. ist eine !/, Linie grosse Gesellschaftskugel (Monadenstock) mit mehreren Hunderten von Einzelthieren, 200mal vergrössert dargestellt. 

Fig. 2. ist ein 310mal vergrössertes Stück der Kugel mit 6 Einzelthieren und 2 jungen Monadenstöcken, deren einer von der schmalen Seite gesehen 
ist, der andere von der breiten. Von der schmalen Seite gesehen, zeigen die Theile der letzteren auf einer Seite Spitzen, die vielleicht die Rüssel 
der jungen Thiere sind. 


FÜNFUNDZWANZIGSTE GATTUNG: KUGELTHIER. 


VWolvox. WVolvoce. 


CHARACTER: Animal (typus) familiae Volvocinorum, ecaude, ocello simplici et proboscide dupliei in- 
structum, divisione spontanea inaequali, polyparia globosa parva intra polyparia magna formans. 


CARACTERE: Animal (type) de la famille des Volvociens, sans queue, ayant um oeil et la 
trompe double, a division spontande inegale, developpant de jeunes polypiers glohu- 
leux dans les vieux. 


Die Gattung der Kugelthiere, welche zugleich der Typus für die Familie der Kugelthiere ist, un- 
terscheidet sich durch Mangel an Schwanz, durch Anwesenheit eines Auges und eines doppelten fadenför- 
migen Rüssels, besonders aber durch eine solche ungleiche Selbsttheilung der Einzelthiere, dass die meisten 
sich in ihrem Panzer einfach (unvollkommen) theilen, einige aber durch vielfache Theilung zu grossen brom- 
beerartigen innern Kugeln werden und junge Gesellschaftsformen in den alten bilden. 

Die Gattung Volwvox bildete Linn& in der Xten Ausgabe seines Sysiema Naturae, 1758. und sie 
umfasste für ihn die ganze Summe der Infusorien mit Ausschluss von 11 Vorticellen, welche er Zydra 
nannte. Alle übrigen band er in 2 Arten der Gattung Volwox, V. Globator und V. Chaos. In der Xllten 
Ausgabe 1766 theilte Lins& die Infusorien in 4 Gattungen, Vorticella, Hydra, Volvox und Chaos, und 
stellte 4 Arten der Gattung Volvox auf, V. Beroe, hicaudatus, Globator und dimidiatus. Erstere 2 
sind Akalephen, und letzterer ist die Polypenlaus, Trichodina Pediculus. Euuıs wendete wieder 
1769 den Namen Volwox für eine Menge verschiedener Infusorien an, die den Gattungen Monas, Chilo- 
don, Trichoda, Leucophrys, Paramecium und Amphileptus so entsprechen, dass jede seiner Arten jetzt 
zu einer andern Gattung gehört. Erst 1773 stellte ©. F. MüLLer eine schärfer begrenzte Gruppe auf, die 
er mit diesem Namen bezeichnete. Schrank und die neueren Beobachter und Systematiker sind ihm darin 
meist gefolgt. Allein auch diese bei ihm aus 6, und 1786 aus 12 Arten bestehende Gattung umfasste zu 
verschiedenartige, nur in der Kugelform sich ähnliche, Körper. Bory DE St. Vincent trennte 1824 das 
Kugelthier mit der Beerenkugel (Vowox Morum MiüLLer) unter dem besondern Namen Pando- 
rina, und liess mehreren der übrigen Formen den Namen Volwox. Diese Trennung war in so fern nicht 
glücklich, als sie nicht auf bestimmte Structur-Verhältnisse, sondern auf eine hypothetische Ansicht der 
Structur gegründet war, und auch, als sie diejenige Form, welche sowohl bei Linn£, als bei MüLLer und 
Schrank den Typus der Gattung Volvox abgegeben hatte, von derselben ganz ausschloss. Seit 1830 ist 
nun in den Abhandl. d. Berliner Akademie p. 39. der Name Pandorina der Beerenkugel allein überlas- 
sen und die Gattung Vowox im Sinne des Gründers physiologisch zu befestigen versucht worden. An dem- 
selben Orte wurden 1831 p. 76. 2 neue Arten hinzugefügt, so dass gegenwärtig 3 bekannte Arten zu ver- 
zeichnen sind. 

Was die specielle Organisation der Gattung anlangt, so sind die Bemühungen für ihre Erkenntniss erst 
reichlich belohnt worden, seitdem (Abh. d. Berl. Ak. 1833 p. 328.) die Beobachtung bis auf die rechte Tiefe 
selenkt wurde. Früher sah man nämlich allgemein die ganze Kugel für ein einzelnes warziges oder bewim- 


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pertes Thierchen an und man hielt das Platzen dieser Kugel für ein Gebären des Einzelthieres. Allein diese 
Ansicht führt zu Wunderlichkeiten und Widersprüchen, ist offenbar irrig und die organischen Verhältnisse 
liegen viel tiefer. Jede Kugel ist ein hobler Monadenstock von vielen Hunderten, ja Tausenden sehr klei- 
ner Thierchen, und in der hohlen Kugel selbst entwickeln sich kleinere Kugeln, die aber keine Einzelthiere, 
sondern ebenfalls kleinere Monadenstöcke, Schwesterthiere, sind. Die eigentlichen Einzelthiere sind die 
kleinen grünlichen Wärzchen oder Pünktchen der Oberfläche und gleichen Monaden. Jedes dieser kleinen 
Thierchen verhält sich vollständig so wie ein Einzelthier von Gonium Pectorale. Es besitzt einen gallert- 
artigen Panzer von der Form eines glockenartigen, vorn offenen Mantels (Zacerna), den es, erwachsen, 
verlassen kann, und hängt durch 3 bis 6 fadenartige Röhren mit den benachbarten Einzelthieren zusammen. 
Hieraus erkennt man ganz deutlich, dass man unrichtig urtheilt, wenn man die grünen Körper des Gonium 
oder der Pandorina wit den grossen inneren grünen Kugeln des Yolwox vergleicht. Es sind die kleinen 
äusseren Körnchen der Oberfläche des letztern, welche vergleichbar sind mit jenen, und der VolWwox, ob- 
wohl viel grösser als G@onium in seiner Gesellschaftsform, ist doch viel kleiner in seinen Einzelthieren. 
In diesen kleinen Thierchen nun, welche als grüne sehr kleine Wärzchen auf der Peripherie der Volvox- 
Kugel sichtbar sind und die bisher nur wenig beachtet wurden, hat eine angestrengte Nachforschung mir 
folgende, mit denen der Monaden-Familie ganz übereinstimmende, Structurverhältnisse erkennen lassen. 
Als Bewegungsorgane besitzt jedes Einzelthierchen sämmtlicher 3 Arten 2 fadenförmige Rüssel, 
welche in beständiger kräftiger Wirbelbewegung begriffen sind und an deren Grunde die Mundöffnung liest. 
— Als Ernährungsorgane erkannte ich. bei Volwox Globator deutlicher, als bei den übrigen, kleine helle 
oder grünlich erfüllte, nur einmal dann scharf und zur Ueberzeugung gesehene Blasen, als ich sie mit aller 
zu Gebote stehenden Sehkraft suchte. Die Mundöffnung ist ‚durch eine hellere Stelle bezeichnet. — Als 
Fortpflanzungsorgane erkannte ich, meiner Meinung nach, bei Volvox Globator den vollständigen doppelten 
Sexual- Apparat der grösseren Infusorien. Zuerst liess sich bei den stärksten Vergrösserungen die grüne 
Farbe des innern Körpers als aus Körnchen bestehend erkennen, welche Eier zu seyn schienen. In älteren 
Thierchen waren die Körnchen viel einzelner und daher die Körperfarbe blasser. In jüngern waren sie, 
ihrer Gedrängtheit halber, nicht deutlich isolirt zu erkennen. Ueberdiess enthielt jedes Thierchen aller 3 
Arten 1 bis 2 hellere, grosse, runde Stellen im Körper, welche ich mit Samendrüsen zu vergleichen be- 
rechtigt zu seyn meinte, nachdem ich diese Organe durch viele Klassen kleiner Thiere vergleichend beobach- 
tet hatte. Zwei schienen eine Vorbereitung zur Selbsttheilung anzuzeigen, indem dann auch zuweilen 2 
rothe Pigmentstellen vorhanden waren. Ferner sah ich einigemale deutlich bei F. @Globator zwischen 2 
soleher Drüsen eine contractile helle Blase, welche ich denn für die Samenblase halte. — Als Empfindungs- 
organ endlich erkannte ich bei sämmtlichen 3 Arten einzelne, oder bei bevorstehender Theilung mehrfache, 
rothe Pigmentstellen des innern Körpers nahe am Munde, welche, aller Analogie nach, als Augen angese- 


hen werden können. — Von Gefässen ist keine deutliche Erkenntniss zu erlangen gewesen (vergl. Volwox 


Globator). 
An geographischer Verbreitung der Gattung ist ermittelt worden, dass sie in Europa sehr ausgedehnt 


ist, aber aus andern Welttheilen fehlen die Nachrichten gänzlich. Stockholm und Paris, Norwich und Pavia 
sind die Extreme der Beobachtung. 


= 


83. Volvox Globator, grünes Kugelthier. Tafel IV. Fig. 1. 


V. animalculis minimis subglobosis, globulis internis margine integro et viridibus, polypariis globosis. 


Volvoce vert: Animalcules tres-petits presque globuleux, ayant les globules internes (jeunes poly- 
piers) & bord entier et vertes et les polypiers (meres) spheriques. 


LEEUWENHOEK, Continuatio Arcan. Nat. p. 149. Fig. 2. 1700. (1698.) 
BAKER (GREENLEAFE und ARDERON), Das Kugelthier (1745.), Nutz und Gebrauch des Mikroskops, 1754. p. 418. Tafel XII. Fig. 27. 
Das Kugelthier, Röser, Insectenbelustigung, Ill. Theil. p. 617. Tafel 101. Fig. 1—3. 1755. 
Volvox Globator, Lınnk, Systema Nat. ed. X. 1758. ed. XII. 1766. 
Volvox globosus, DE GEER, Abhandl. der schwed. Akademie, 1761. 
Volvox, Hauuer, Elementa physiologiae. Vol. VIII. p. 3, 216. 1766. 
= Globator, Paızas, Elenchus Zoophytorum, p. 417. 1766. 
Voloox Globator, MüLLer, Historia vermium terrestr. et fluviat, I. p. 32. 1773. 
Kugelihier, Göze, Zusätze zu Bonner’s Abhandl. aus der Insectologie, p. 375. 1773. 
TREMBLEY, Instruction d’un p£re A ses enfans. 1775. I. p. 302. 
Kugelthier, Eıcunorn, Kleinste Wasserthiere. 1775. p. 26. Tafel I. Fig. 8. 
Volvox, SpaLLanzanı, Opuscules de physique par SknNEBIER, I. p. 193. Tab. II. Fig. XI. (1776.) 1777. 
Volvox Globator, MüLLer, Animalc. infus. 1786. p. 18. Tafel III. Fig. 12— 13. 
— —  Scarank, Fauna boica, Ill. 2. p. 33. 1803. nicht 1776. (s. V- stellatus.) 
_ _ TreEvıRANUs Biologie, I. p. 339. 1803. (war offenbar kein Volvox, sondern eine Leucophrys, oder ein ähnliches Thier.) 
—_ —  Oxen, Lehrbuch d. Naturgesch. 1815. p. 29. ; 
_ —  ScuhwEissER, Handbuch der Naturgesch. d. skeletlosen Thiere, p. 249. 1820. 
Pandorina Leeuwenhoekü, BorY DE St. Vincent, Encycl. method. 1824. Dict. classique des sc. nat. 18%. 
Y Volvox Globator, Stoxes, 1828 in Vısor’s Zool. Journal. 1830. p- 51 — 32. 
= —_ Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 39. 1831. p. 76. 1833. p- 328. Tafel VI. Fig. 1. 


69 


Aufenthalt: Ich selbst habe es nur bei Berlin beobachtet, nach andern fand es sich bei Delft, Norwich, Yarmouth, London?, Pa- 
via, Paris, Nürnberg, Linz?, Jena, Quedlinburg, Dresden, Danzig, Copenhagen und Stockholm. 


Das grüne Kugelthier entdeckte, der Abbildung nach, Leruwennork am 30. August 1698 in einem Wiesengraben bei 
Delft und er gehört auch zu den Beobachtern, die es am sorgfältigsten untersucht haben. Er erkannte 5 bis 12 Kugeln im Innern, 
erkannte und zählte die Körperchen der Peripherie (die Thierchen), sah ihre regelmässige Stellung und sah das Ausschlüpfen der klei- 
nern Kugeln aus den zerplatzten grossen, beobachtete auch in den kleineren Kugeln schon noch kleinere, die er für Samen in Samen 
hielt, da er das Ganze sich als Pflanze dachte, welche den Infusorien zur Nahrung zu dienen bestimmt sey. Baxer erhielt es dann 
von GREENLEAFE und ARDERON aus Yarmouth im Juli und aus Norwich zu Ende Sommers zugesendet. Er sah die Wärzchen der 
Oberfläche und zuerst die Wimpern (Rüssel). Die grossen innern Kugeln hielt er für einfache Eier. Der Maler Röseı beobachtete 
es nach ihm bei Nürnberg und weder er noch Baker erwähnen LEEUWwENnHoER. Er salı die Wärzchen der Oberfläche, aber keine 
Wimpern und hielt erstere für feine Röhrchen, wodurch das Thier Wasser hervorspritzen könne, so dass es sich auf die Art bewege, 
wie eine Rakete und zwar nach allen Seiten willkührlich. Er sah das Auskriechen der Kugeln, die er für Junge hielt und in diesen 
Jungen schon im Mutterleibe noch 3fache Generationen eingeschachtelt, so dass ein altes noch lebendes Thier seiner Kinder Kindes- 
Kindes-Kinder bei sich führe. Er sah noch grössere, ähnliche eiförmige Thiere von violetter, rosenrother und schillernder Farbe. 
Auf Röser’s Beobachtung und Abbildung gründete Lınnk 1758 seinen YVolvox Globator, welcher erst 1760 von pe GEER bei 
Stockholm entdeckt und beschrieben und gleichzeitig 1761 in Linnk’s Fauna swecica aufgenommen wurde. Man fand ihn im Som- 
mer und Herbst. Es ist ganz offenbar, dass Röser’s Beobachtungen einen grossen Antheil an Boxwer’s und Harzer’s berühmter 
Idee der Einschachtelung haben, mit welcher diese in jener Zeit die Entstehung der organischen Körper und des Menschen zu erläutern 
versuchten. MüÜrrer nahm diesen Volvox Globator 1773 in sein System der Infusorien auf, nachdem -er ihn auch bei Copenhagen ent- 
deckt hatte und bemerkte, dass er im Alter weisslich und orangengelb werde, dass die Wärzchen der Oberfläche keine Haare wären und 
abfielen, dass er auch 30 bis 40 innere Kugeln gesehen (was wohl auf den Y. stellatus zu beziehen), und dass auch er öfter in dem 
merkwürdigen Thiere Enkel und Urenkel (4 Kugeln) eingeschachtelt gesehen habe. Er ändere zuweilen seine Kugelform ab und sey einge- 
drückt. Im Frühjahr und Sommer fand er ihn in ruhigen Erlenlachen. In gleichem Jahre sah ihn Göze bei Quedlinburg und bestätigte die 
grössere Kugelzahl und die wunderbaren Geburten. TremsLey scheint dann, nur auf Baxer’s und Röseı’s Beobachtungen gestützt, sei- 
ner zu erwähnen. Ercunorn fand ihn bei Danzig zuerst am 3. Sept. 1760 im Regenwasser, sah aber „‚weder Augen, noch Füsse, noch 
Fortpflanzung“. Sparzanzanı, welcher 1776 seiner erwähnt, fand ihn bei Pavia zweimal in überaus grosser Menge im Aufguss von Hanf- 
samen und der T’remella (Nostoc). Er sah aber niemals 5 Kugeln in einander, wie Röszı, wohl aber 3, welche offenbar in einander ge- 
schachtelte Junge wären, deren Auskriechen er mit ansah. Er beobachtete 8—13 innere Kugeln. Er sagt dann p. 196: man könne im 
Innern 13 Generationen sehen, allein das sollte offenbar heissen 3. In Mürrer’s nachgelassenem grossen Infusorienwerke ist nichts zuge- 
fügt als die Abbildung. Schrank, welcher 1776 dies Thierchen bei Linz beobachtet zu haben meinte (Beiträge zur Naturgeschichte p. 107.), 
hat damals, seiner Abbildung nach, Pandorina Morum und ganz junge Monadenstöcke des Y. stellatus für diese Form gehalten. Später, 
1803, hat er offenbar das rechte ’Thier gesehen und bemerkt, dass die peripherischen grünen Wärzchen unterhalb der Oberfläche lie- 
gen, diese aber glatt ist. Auch bemerkt er, dass die Jungen sich jedes für sich bewegen und hält den Druckfehler der 13 Einschach- 
telungen bei Srazranzanı für eine Behauptung, die er widerlegt. Trevıranus glaubt ihn in Bremen in einem stinkenden Aufguss 
von Irisblättern und Oxen ihn in Jena in einem Aufgusse von Commelina-Wurzeln gesehen zu haben. Auch soll er nach letzterem 
in Dachrinnen und Kornaufguss erscheinen. Für die Einschachtelung beweise er nichts. Die sich trennenden Punkte wären belebte 
Nahrungsstoffe, welche er erst gefressen habe. Beide sahen gewiss ein anderes Thierchen, welches nur der ehemaligen Gattung 
Volwox angehörte. SCHwEIGGER sagt nicht, dass er den Yolvox selbst gesehen und vermuthet, dass die Kugeln keine durch Be- 
fruchtung entstandenen Individuen sind. Borr ve Sr. Vıncent beobachtete die Form vielleicht selbst bei Paris und scheint die Idee 
eines Monadenstockes damit zu verbinden, ohne jedoch das Verhältniss der Einzelthiere zu erkennen; denn was er molecules vivantes 
oder Einzelthiere nennt, sind die grossen inneren Kugeln, daher verband er auch den YolWwox Morum mit dem V. Globator in 
einer Gattung. Nach Broperır’s Mittheilungen beobachtete 1828 Sroxes in England wieder das Platzen des Yolvox mit 4 Kugeln 
und man bildete es in grobem Holzschnitt ab. Der 1828 in den Tafeln zu den Symbolis physieis fraglich erwähnte junge Volvox 
Globator ist jetzt als Pandorina hyalina abgesondert. In den Abhandlungen der Berliner Akademie 1830 und 1831 wird diese 
Form aus der Gegend von Berlin bezeichnet und schärfer als bisher in einer besondern Gattung abgegrenzt. Erst 1832 (1833) wurde 
eben da die umfassendere Organisation auseinandergesetzt. Carus neue Erläuterung des 7. @lobator von 1835 siehe bei Y. stellatus. 


Das grüne Kugelthier fand ich bei Berlin vor 1830 durchaus gar nicht, seitdem aber jährlich in zahllosen Mengen und vom 
Anfange Aprils bis Ende Decembers in allen Monaten selbst unterm Eise, in Torflachen und zwischen Meerlinsen des Bassins im Thier- 
garten. Es unterscheidet sich vom sternführenden durch glatte, innere Kugeln und durch ziemlich regelmässig kugelförmige peripheri- 
sche Thierchen, auch hat es nie mehr als 15 Kugeln, meist 8 gezeigt und die alten Monadenstöcke sind regelmässig sphärisch. Ich 
hatte zuweilen mehrere Hunderte dieser Thierchen in einem Uhrglase voll Wasser. Die grössten Kugeln hatten "/; Linie im Durch- 
messer, die kleinsten frei schwimmenden */;o bis 4/0 Linie. Die kleinen Einzelthierchen der Peripherie hatten %,ss Linie im Durch- 
messer. Solcher Thierchen zählte ich im Umkreise einer grossen Kugel bis 140, mithin besass wohl die ganze Kugel 9800, ohne 
die in den 8 grossen innern Kugeln befindlichen, welche vielleicht noch 4 bis 6mal soviel ausmachten. Bei kleinen Mutter- Kugeln 
zählte ich 82 und 102 im Umkreis, aber bei einigen überdiess bis 15 innere Monadenstöcke. LEEUWENHoEK zählte auch 80 Wärz- 
chen im Umkreis. Ich berechne nun, dass wenn die Thierchen ziemlich regelmässig parallele Cirkellinien bildeten, die Hälfte jener 
' Zahl die richtige Zahl der Thier-Reihen um die Kugel giebt, und wird mit ihr die ganze Zahl multiplieirt, die ziemlich richtige 


Zahl aller Thierchen der Kugeloberfläche erlangt wird. Sind 80 im Umkreise, so enthält die Kugeltläche ungefähr 40mal 80—=3200 
Thiere. 


Thut man etwas blaue oder rothe Farbe in’s Wasser unter dem Mikroskope, so erkennt man sehr deutlich eine kräftige Strö- 
mung um die einzelnen Kugeln, welche beim Schwimmen ein constantes Vorn und Hinten erkennen lässt. Es ergiebt sich dadurch, 
dass die inneren kleinen Kugeln, wo weniger (bis 8) sind, immer in der hintern Mutterhälfte liegen und dass die vordere leer ist; 
wo viele sind, wird diess undeutlich. Die Strömung ist eine Folge der Gesammtwirkung aller Einzelthierchen, die wie Thierheerden, 
Vögelzüge, selbst singende oder tanzende Menschen- und Volkshaufen einen gemeinsamen Rhythmus und eine gemeinsame Richtung anneh- 
men, oft selbst ohne Commando und ohne sich des Willens dazu klar bewusst zu werden. So schwimmen alle Polypenstöcke und der 
gemüthliche wie der kälter urtheilende Naturbeschauer erkennt hierin einen Gesellschaftstrieb, welcher aus Kraft und Nachgiebigkeit 


; 18 


- TO 


für gemeinsame Zwecke besteht, einen Zustand, der eine geistige Thätigkeit verlangt, die allzugering anzuschlagen man nicht berech- 
tigt, nur verführt seyn kann. Nie darf man auch vergessen, dass alle Einzelthierchen Empfindungsorgane besitzen, die den Augen 
vergleichbar sind und dass sie mithin nicht blind sich im Wasser drehen, sondern als Bürger einer unserm Urtheile fern liegenden 
grossen Welt den Genuss einer empfindungsreichen Existenz, so stolz wir uns auch geberden mögen, mit uns selber theilen. 

Die specielle Organisation des Volvox Globator ist in der Characteristik der Gattung angegeben und in der Erläuterung 
der Abbildungen zu vergleichen. Hier ist nur noch zu bemerken, dass er eine dreifache Fortpflanzungsthätigkeit zeigt. Er bildet 
1) durch doppelte, hermaphroditische Geschlechtsthätigkeit, wie es scheint, grünfarbige Eier. 2) bildet er, durch einfache, unvoll- 
kommene Selbsttheilung (Längstheilung) innerhalb der Panzer der Einzelthierchen, Monadenstöcke als hohle mit Wasser gefüllte Ku- 
geln, die nach einiger Zeit von den Einzelmonaden verlassen werden und vergehen; 3) bildet er nach einem, wie es scheint, bestimm- 
ten, Gesetze an bestimmten innern Stellen dieser Monadenstöcke, durch vielfach sich rascher wiederholende Selbsttheilung (oder Knos- 
penbildung ?) gewisser Einzelthiere, innere Schwester-Kugeln, welche später aus der zerplatzenden grossen Mutter-Kugel hervortreten und 
sehr rasch durch Aufsaugen von Wasser, Auseinandertreten der schon völlig ausgebildeten Tausende von Einzelthieren wieder zu gros- 
sen selbstständig rollenden Monadenstöcken werden. Diese Stellen der Kugeln, wo sich neue Knospenhaufen entwickeln können, sind 
an Zahl 2 bis 8, sehr früh kenntlich, und man hat sie für Junge der 2ten Generation gehalten. Diese Stellen selbst scheinen gar 
nicht etwas Besonderes, sondern nur grössere, für diese Theilung sich anschickende Individuen zu seyn, die man mit Bienenköniginnen 
in ihrem anderen Verhältnisse vielleicht richtig vergleicht. Diese Keimflecke oder helleren und etwas grösseren Einzelthiere in den von 
der Mutterkugel eingeschlossenen scheinbaren Töchterkugeln sahen LEEUWENHOEK und SpALLanzanı ganz richtig. Röser’s wun- 
derliche Steigerung LeEUWENHOER’s irriger Ansicht, nieht bloss die Töchterkugeln für junge Einzelthiere und die Keimflecke für 
Junge der Jungen zu halten, sondern auch die darüber und darunter liegenden durchscheinenden wahren Einzelthiere für noch weitere 
5 Generationen zu erklären, hatte, bei der seinem entschiedenen Beobachtungstalente gegebenen Anerkennung und Auctorität, Belangen- 
heit in die späteren Urtheile über diesen Gegenstand gebracht. Selbst MürrLer hat, offenbar aus Achtung vor Rösrı’s Abbildung, 
eine, wo nieht 2 Generationen mehr angegeben, als er selbst gesehen. Dass diess so ist, geht aus Röser’s und Mürzer’s Abbildun- 
gen ganz deutlich hervor. Niemand hat 5 Generationen gezeichnet, Röser hat nır 4, Mürrer, wie LEEUWENHOEK, nur 2, an- 
dere haben 3 abgebildet. Ueberhaupt ist aber dabei an Nachkommen und Generationen gar nicht zu denken. Es ist nur Erweiterung 
und Verbreitung eines und desselben Einzelthieres, von dessen allmälig vergrössertem Körper jedes Pünktchen auch der innern Kugeln 
ein unmittelbarer Theil ist. Das Verwandtschaftsverhältniss dieser Einzelthierchen ist mithin viel näher als selbst das der jungen Hy- 
dra-Polypen oder der Pflanzenzweige. Man kann sie zunächst, aber ebenfalls nicht ganz passend, mit Zwillingsgeschwistern verglei- 
chen. Genug sie sind unmittelbare Theile eines und desselben Eies. So geht denn die ganze Ansicht von Einschachtelung (emödoite- 
ment) vieler Generationen in einander völlig leer aus und es tritt die ganz andere Ansicht der Selbsttheilung und Schwesterverwandt- 
schaft der monadenähnlichen Einzelthierchen, bei welchen die Kugeln nur Nebensache sind, da seyn und fehlen können, an ihre Stelle. 

Zuweilen bewegen sich die kleinen Kugeln schon frei im Innern, ‚allein das ist selten, denn sie sind angewachsen und es 
‘geschieht nur kurz vor dem Platzen der grossen Kugel. Schrank wollte von dieser Ortsveränderung der innern Kugel 1776, welche 
den Schwerpunkt verändere, die Bewegung herleiten und man hat diess nach ihm zuweilen zur Erklärung der Bewegung auch anderer 
Infusorien benutzt. Was er sah, ist aber der Bewegung der Bäume eines Waldes zu vergleichen, die man beim Fahren sieht. Nur 
ganz ausgewachsene, d. h. keine weitere Selbsttheilung eingehende, Kugeln lösen sich, wie es scheint, zuweilen ab, bevor die Haupt- 
kugel platzt, was dann bald geschieht, wie ich es beobachtete. Ich sah auch bei schon zerrissnen und von vielen ihrer Thiermonaden 
verlassnen Kugeln ein Zittern und Bewegen der kleinen Einzelthiere in ihren Zellen, wie bei Uroglena. 

Unter die besonders merkwürdigen bisher unbekannten Eigenthümlichkeiten des Yolwox Globator gehört offenbar, dass ich 
im Juni 1835 in sehr vielen lebenden Kugeln lebende Räderthiere eingeschlossen fand, welche darin wirbelten und neben sich Eier 
hineingelegt hatten, aus denen ich wieder die Jungen im Volvo selbst auskriechen sah. Ich trug die Beobachtung am 16. Juni in 
der Berliner Gesellschaft der naturforschenden Freunde vor und sie ist am 22. Juni 1835 in den Zeitungen angezeigt gewesen. Ich 
nannte das Räderthierchen Notommata Parasita. Seitdem habe ich die Erscheinung unzählige Male und in ganz beliebiger 
Menge mir wieder zur Anschauung bringen können. Ich habe auch noch eine 2te Art von Räderthieren derselben Gattung, N. Pe- 
Zromyzon, in gleichem Verhältniss beobachtet. Alle Kugeln, welche von Räderthieren als Schiff oder Kutsche benutzt wurden, 
hatten zerrissne Stellen und die Räderthiere hatten sich offenbar eingefressen, auch frassen sie sichtlich die innern grünen Kugeln 
auf und legten an deren Stelle ihre Eier an die innere Wand der Kugel. Ich sah oft 3 bis 5 erwachsene Räderthiere mit meh- 
reren Eiern in einer Kugel, meist aber nur 1 bis 2. Hieraus ist völlig deutlich, dass jene dabei immerfort lebenden und schwim- 
menden Kugeln des Yolvoa keine Individuen seyn können. Die Eier der Räderthiere waren zuweilen borstig (Wintereier). Ich 
bin durch diese Erscheinung über das wahre Verhältniss der gelben Körper im Yolvox auwreus unsicher geworden. Sie haben etwas 
Fremdartiges an sich. Aber ich glaube ganz geschlossene Individuen mit lauter gelben Kugeln beobachtet zu haben. 

Rücksichtlich der von Röser und MüLrer erwähnten Farbenverschiedenheiten möchte ich fast glauben, dass Röseı die Mas- 
sula ornata (Tafel XXXVN.) für einen 70wox gehalten habe, doch passt die angegebene Grösse, wenn er grosse /olvoces gesehen 
hat, nicht. Kin violetter und rosenrother Yolvox beleidigt das Gefühl. Die Farbe kann hier nur von den Eiern kommen und 
diese Farben sind unerhört. Bei Nassula kommt sie in dem Verdauungssafte des grossen Individuums vor. Vielleicht sah Röser gleich- 
zeitig kleinere Kugelthiere, dann kann die Grösse passen. Mürzer hat den Volvox aureus nicht unterschieden und vielleicht Syzura 
Uvella oder ganz abgelebte verlassne Kugeln als weissen Yolvox angesehen. Lässt man die Kugeln auf ein sehr klares Glas antrock- 
nen, so erkennt man die feinen Rüssel der Monaden völlig scharf, wenn man sie 300 bis 500mal vergrössert. Sie lassen sich vor- 
trefflich getrocknet aufbewahren und geben eines der interessantesten mikroskopischen Objecte. Die kleinen Augen verlieren die Farbe 
des Pigments und auch das Grün verbleicht etwas, wenn man das Object dem Lichte zuviel aussetzt. Bei weniger gut achromatischen 
Mikroskopen irrt man sich leicht mit dem rothen Auge, indem alle Bläschen im Innern rothe Ränder haben; dieser Irrthum ist hier 
abgerechnet. Entwieklungseyelus !/sooo? bis Y/s Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IV. Fig. I. 


Es sind in 13 Figuren die hauptsächlichsten Organisations- und Entwickelungszustände des Volvox zeitgemäss vorgestellt. Die grossen Ku- 
geln sind Monadenstöcke der Einzelthiere. Die Einzelthiere sind nicht die innern Kugeln, sondern die zahllosen Pünktchen der Oberfläche, welche in 
Fig. 6., 7. und 13. stärker vergrössert vorgestellt sind. Die Figuren 8. bis 12. zeigen die Entwickelung eines zur innern Polypenstockbildung geeigne- 
ten Einzelthieres, einer Volvo.x- Königin. 


1 


Fig. 1. ist ein grosser Monadenstock mit 8 Töchterkugeln (Königinnen) und deren mittlerer Oeffnung, welche vielleicht auch bei der grösseren Kugel 
vorn offen bleibt und dem inneren Raume Wasser zuführt. Die Bewegung der kleinen zahllosen Monaden-Rüssel im Umkreise macht einen Strom von 


der Mitte der leeren Hälfte zur Mitte der vollen, und das Centrum jener ist beim Schwimmen vorn. Die sogenannte 2te Generation ist hier nicht an- 
gedeutet, weil sie nicht immer deutlich sichtbar ist. Ansicht von der Seite, : 


Fig. 2. ist eine eben freigewordene Kugel, die sich noch nicht durch rasches Aufsaugen von Wasser aufgeblasen hat. Sehr bald erreicht sie die Ge- 


stalt der Fig. 3. Ihre hellen inneren Stellen, welche man auch schon im Mutterleibe dann oft sieht, wenn man die Kugel eintrocknen lässt, sind die 
Anfänge der neuen Kugeln, enthalten aber nie selbst schon wieder andere Keimflecke. 


Fig. 3. ist ein kleineres Individuum, von hinten gesehen, mit 9 Kugeln. Die dunkeln Körper in den kleinen Kugeln sind darüber liegende peripheri- 
sche Monaden, die, wie der über die Sonne gehende Mond, schwarze Flecke darauf bilden, welche wohl Röseı für innere Generationen hielt. 


Fig. 4. ist eine Kugel von mittlerer Grösse, die eine Notommata Petromyzon ß sich zur Wohnung erlesen hat, welche sich von ihr herumfahren lässt 


und worein diese auch bereits ihr Ei « geheftet hat. Eine zerrissene Stelle zeigt die Art des Hineinkommens (vergl. Notommata Werneckii und 
Notommata Parasita auf Tafel L). 


Fig. 5. ist eine platzende Kugel, welche die inneren Monadenstöcke entleert. 
Fig. 6. ist ein Stück der Oberfläche des Volvo, 500mal im Durchmesser vergrössert, die Einzelthiere in ihren Verbindungen darstellend. Jedes hat 


2 Rüssel und wenigstens 1 Auge u.s.w. Einige schicken sich in ihrer individuellen Panzer-Zelle zur Selbsttheilung an und verdoppeln die Organe. 


Eins hat den Körper schon fast völlig der Länge nach getheilt, aber noch keine doppelten Rüssel gebildet. In der Mitte ist ein Thier in seiner Zelle 
in 6 Thiere (3mal) getheilt und bildet eine Art von neuem Polypenstock für sich. 


Fig. 7. ist ein schärfer aufgefasstes Einzelthierchen mit 6 Verbindungsröhren (Stolonen?), 2 Rüsseln, einem Auge, 2 matteren, festen, hellen Stellen 


(Drüsen), und einer contractilen, sehr klaren Stelle (Samenblase). Der Körper ist mit grünen Körnchen erfüllt, welche Eier und zum Theil grün er- 
füllte Magenzellen zu seyn schienen. 


Fig. 8—12. sind die ersten Entwickelungszustände einer innern Töchterkugel (Volvoxkönigin®?). Fig. 8. ist der einfachste Zustand eines hellen Pun- 
ktes, wie sie in Fig. 2. sichtbar sind. Dieser entwickelt sich in wenig Stunden zu Fig. 9., geht also eine kreuzweise unvollkommne Selbsttheilung ein. 
Zuweilen theilt sich ein Theil allein sogleich wieder und so entsteht Fig. 10., welche dann durch rasche vielfache Selbstheilung beerenartig oder kör- 
nig wird, wie Fig. 11., und allmälig sich immer weiter durch Selbsttheilung in kleinere Individuen spaltet, welche dann, wie Fig. 12., den grössern 
inneren Kugeln gleichen und deren jedes einzelne Körnchen ein Einzelthier mit 2 Rüsseln, Augen u. s. w. ist. Beim weitern Entfalten bildet sich 
erst der Mantel mehr aus, welcher als ein weisser Ring um die Kugel erscheint. 


Fig. 13. ist ein 2000mal im Durchmesser vergrössertes Thierchen, welches 1/,3, Linie gross war. Die Grösse des Objects ist gemessen und die Diffe- 
renz der zu berechnenden Grösse liegt im Auge. Es ist dem Thierchen der Figur 7. ziemlich gleich. Die Organe sind im Umriss ein wenig schär- 
fer gezeichnet, als sie, des grossen Lichtmangels halber, gesehen wurden. Die Verbindungsröhren 7%, die beiden Rüssel, das rothe Auge o, die beiden 
grossen Drüsen 7 und die contractile hellere Blase in der Mitte s scheinen ausser Zweifel gesetzt. Die mittlere grüne Ausfüllungsmasse ist mit grosser 
Aufmerksamkeit und Anstrengung der Sehkraft beurtheilt worden und zerfiel danach in 2 verschiedene Massen, in grössere grüne Haufen vf und in klei- 
nere grüne regelmässige Körnchen of. Letztere waren wohl !/;o00 Linie bis 1/3000 Linie gross. Um diess Verhältniss aus einander treten zu lassen, 
habe ich mir in der Zeichnung erlaubt, die grünen Haufen durch scharfe Umrisse abzusondern und die Idee klar hervorzuheben, welche sich bei der 
Untersuchung in mir gestaltete, dass diese nämlich Magenzellen sind, welche vom Munde 0’ aus frei in den Körperraum zahlreich hinabhängen, so dass 
der Mund am Grunde siebartig durchlöchert wäre. Wer an dieser Figur Anstoss nehmen will, möge sie wegdenken und Fig. 7. dafür, als die ganz 
treu gezeichnete, wo aber, der Kleinheit halber, die Theile nicht aus einander treten, an ihrer Stelle seiner eigenen Beurtheilung zum Grunde legen. 

. Ich bemerke nur, dass auch diese Figur keineswegs ideal, sondern wirklich gesehen, nur etwas schärfer dargestellt ist, als sie gesehen werden konnte. 


84. PVolvox aureus, goldfarbenes Kugelthier. Tafel IV. Fig. I. 


V. animalenlis subglobosis, viridibus, globulis internis aureis margine integro, polypariis globosis. 


Volvoce dore: Animalcules verts presque globuleux, globes internes jaunes d’or a bord entier, poly- 
piers spheriques. 


Volvox Globator aetate aurantius, MüLLER? Vermium histo ria, 1773. p. 32. et Animalc. infus. 1786. p. 19. 
Volvox aureus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 77. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, vielleicht bei Copenhagen. 


Diess schöne Kugelthier fand ich 1831 am 19. Juli und 13. October einzeln zwischen Uroglenen in Torflachen bei Ber- 
lin, allein im Jahre 1834 und 1835 fand ich es zwischen YoWwox Globator und V. stellatus ebenda mehrmals. Häufig sah ich es 
erst-im Juni 1835 mit den, Räderthierchen in sich einschliessenden, Exemplaren im Bassin des Thiergartens nicht weit vom Bran- 
denburger Thore. Ich habe es dann am 9. und 30. April und am 7. Mai ebenda und bei den Pulvermühlen an der Jungfernheide in 
gleichen Verhältnissen wiedergefunden und den ganzen Sommer hindurch bis zu Anfang Decembers dieses Jahres theils an denselben 
Orten beobachtet, theils in meiner Wohnung monatlang aufbewahrt. Ungeachtet dieser zahlreichen Beobachtungen ist mir die Entwick- 
lung der inneren gelben Körper zu beobachten nie gelungen. Ja ich sah nicht selten Exemplare, welche neben 4 bis 7 grünen glat- 
ten inneren Kugelu eine gelbe hatten, auch 2, 3 u. s. w. Zuweilen waren zwischen den gelben Kugeln deutliche Eier von Räder- 
thieren und oft ganz ausgebildete Räderthiere. Ich dachte daher bald daran, dass auch die gelben Kugeln Eier seyn könnten, 
allein ich sah nicht selten ganz jugendlich frische, nirgends verletzte, Kugeln mit 8 bis 15 ganz gleichartigen gelben Tööchterkugeln und 
ich habe nie soviel Eier von Räderthieren in einer und nur einmal ein einziges in einer unverletzten (?) Yolvox- Kugel gefunden. 
Es bleibt mir nichts übrig, als vorläufig diese Bildung weder für Alters- noch für Krankheitszustand noch für parasitische Thiere zu 
halten und sie nur der weitern Forschung zu empfehlen. 


Die Einzelthierchen sind etwas weniger regelmässig als beim Yolvox Globator und neigen sich zur Form des Y. stellatus, 
sind auch meist kleiner. Der helle Umkreis um die innern Kugeln ist auffallend breit und deutlich. Einzelthierchen waren daran nie 
zu erkennen. Dieser letztere Character schien mir anfangs specifisch, allein ich habe dann den hellen Umkreis auch bei den Kugeln 
der andern Arten deutlich erkannt. : 


Erklärung der Abbildungen Taf. IV. Fig. I. 


Fig. 1. ist eine absichtlich ausgewählte solche Kugel mittlerer Grösse, welche ganz geschlossen zu seyn schien, aber neben 8, lauter gelben, ‚Kugeln 
doch ein offenbares Räderthier-Ei der Notommata Parasita im Innern trug. 


Fig. 2. ist ein gelber innerer Körper einer grossen Kugel im ganz entwickelten Zustande. 


72 - 


85. Volvox stellatus, sterntragendes Kugelthier. Tafel IV. Fig. IH. 


V. animaleulis angulosis, minoribus, viridibus, globulis internis viridibus numerosioribus tuberenlatis s. margine dentato 
stellatis, polypariis subglobosis saepe oblongis. 


Volvoce dtoile: Animaleules anguleux, plus petits que ceux des autres especes, verts; globes internes 
verts, nombreux, tuberculeux, ou a bord dentele en forme d’eioile; polypiers presque globu- 
leux, souvent oblongs. 

Volvox Globator, ScHRANK, Beiträge zur Naturg. 1776. 


Volvox stellatus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 77. 
Volvox Globator, Carus, Erläuterungs-Tafeln für die vergl. Anatomie, Heft IV. Fig. 1. A. B. 1835. 


Aufenthalt: Bei Berlin und vielleicht bei Linz und Dresden. 


Es scheint, dass die früheren Beobachter ausser Schrank diese besondere Form nie gesehen haben. Die sternförmigen 
Kugeln sind sehr auffallend. Doch mögen die, welche 20 bis 40 innere Kugeln beobachtet haben wollen, leicht diese Form gesehen 
haben. Ich habe erst nach dem Stich der Abbildung noch einige Beobachtungen gemacht, welche characteristische Eigenthümlichkeiten 
betreffen. Es gehört dahin die meist ovale, sogar längliche Form der Gesellschaftskugeln und die kleineren gedrängter stehenden Thier- 
chen, deren Form auch nicht rund, sondern etwas strahlig, 3eckig, 4- bis 6eckig ist, während ihre grossen Kugeln ebenfalls ?/; Li- 
nie gross und zuweilen sogar etwas grösser werden. Carus hat in seinen ausgezeichneten Erläuterungs- Tafeln für die vergleichende 
Anatomie zwar offenbar beide grüne Formen des Volvo. vor sich gehabt, allein da er die Thierchen in der stärksten Vergrösserung 
ungleichförmig und in der Form den eckigen Verbindungstheilen der Canäle entsprechend darstellt, so scheinen seine intensiveren Beob- 
achtungen dem Yolvox stellatus anzugehören, während Fig. I. A. bis IV. den /olwoo Globator allerdings vorstellen. Der Ver- 
fasser hält diesen Körper wieder für besonders merkwürdig wegen seiner Indifferenz zwischen Pflanzen- und Thiernatur, wie auch LEEU- 
WENHOEK es that. Das Platzen der grossen Kugel hält er für bedingt durch die Ausdehnung, welche das Wachsthum der innern Ku- 
geln veranlasst, und meint, die Zahl der äussern grünen Körperchen vermehre sich nicht. Die Bewegung der Kugeln geschehe durch 
ein Oscilliren der ganzen Kugelfläche, die einen Wirbel bilde, und die Richtung scheine durch einfallendes Licht geleitet zu werden, 
weil er sie sich am beschatteten Rande einer offenen Schaale ansetzen sah. — Die ganze Hülle des Yowox sei offenbar einsaugend 
nach Pflanzenart durch die Haare. Er sah einen oder mehrere dunkle Punkte mit rother Färbung, die er für die, eingesogene organi- 
sche Substanz vorbereitende und verbreitende, Organe hält. Das Ganze sey ein Thier ohne Mund, Afteröffnung und Darm. Es sey eben 
so gut als blosse Pflanzenzelle oder als blosse Dotterblase zu betrachten. Es sey eine oscillirende Dotterblase mit Gefäs- 
sen und drüsenartigen Organen in ihren Wänden, und aussen mit haarförmigen kiemenartigen Organen, den 
oseillirenden Fibrillen der Eier der Gorgonien oder den einsaugenden Fäserchen auf dem Ei der Sängthiere 
vergleichbar, besetzt. Dieser Vorstellung entspricht auch die Abbildung Fig. I. B., wo die von mir angegebenen Rüssel der 
kleinen Thiere als Haare in deren Zwischenräumen auf der Oberfläche verstreut dargestellt werden. Wenn es sich bei diesen so ver- 
schiedenen Ansichten um ein einzelnes Factum handelte, so wäre es schwer, eine Entscheidung über so feine Zweifel zu wagen und 
gern bescheidete ich mich, gegen eine poetisch ansprechendere meine Ansicht Preis zu geben. Allein die ganzen zahlreichen Familien 
der Kugelthiere, Monadinen und Cryptomonadinen, der Astasiaeen, Peridinaeen und Ophrydinen sind völlig im glei- 
chen Falle mit dem Volvox. Ich wage nicht, die schmucklose frühere Darstellung, wie ich sie gab, zu verlassen und übergebe die 
weitere Vergleichung der späteren Zeit. Nur darauf mache ich aufmerksam, dass durch Carus die fadenförmigen Wirbelorgane, die. 
Verbindungs-Canäle der grünen Körperchen und die rothen Punkte in jedem grünen Körperchen befestigt wurden. 

Einer der wichtigeren Charaetere des YoWwox stellatus sind seine mit hohen Wärzchen besetzten jüngern Kugeln, welche 
bei Aufsicht eine sternartige Form erhalten, wie sie schon Scnrank Taf. IV. f. 22. abbildete. Zuweilen sind diese Formen der 
Kugeln so auffallend, dass ich auch schon an Eier von Räderthieren gedacht habe, allein die vielen Uebergänge dieser Bildung 
liessen mich den Gedanken bei Seite setzen. Ich stelle mir vor, dass die kleinen Panzer der Einzelthiere dieser Art nach vorn eine 
conische Verlängerung haben, wie Lagenella, aus der sie ihre Rüssel hervorstrecken. Mit dem Alter werde diese Verlängerung kür- 
zer und sie verschwinde endlich ganz durch die Turgescenz des übrigen Körpers. 

Das Platzen der grossen Kugeln geschieht, meinen Erfahrungen nach, nicht durch Auseinandertreiben mittelst des Wachs- 
thums der inneren Kugeln, sondern diese haben zuweilen so viel Spielraum, dass sie sich selbst im Innern frei wälzen. Ich bin viel- 
mehr der Meinung, dass die Spannung, welche das Reissen bedingt, durch das Auseinandertreten der kleinen Thierchen der Oberfläche 
hervorgebracht wird und zwar durch ungleiche Selbsttheilung dieser an grossen Flächen, wodurch die in der Theilung trägeren Gegen- 
den allerdings eine Spannung erleiden mögen, welche Risse zur Folge hat. Doch kann es auch eine Folge der allgemeinen Entwick- 
lung oder Reife seyn, wie es wahrscheinlicher ist. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IV. Fig. IH. 


Fig. 1. ist eine grosse Gesellschaftskugel mit 12 kleineren in ihrem Innern. Ich fand innerhalb bis 23 dergleichen. 
Fig. 2. u. 3. sind 2 kleinere Kugeln, welche zuweilen frei im Wasser vorkommen. Eine dergleichen scheint Scarank bewegt gesehen zu haben, und 
LosanA hat, wie es scheint, mehrere seiner Arten von Volvox auf diese Formen gegründet. 


Uebersicht und Beurtheilung aller namhaft gemachten Arten der Gattung Volvox. 


Man hat bisher überhaupt 80 Arten der Gattung Volvo beschrieben, aber nur 3 sind anwendbar geworden. Der Gründer 
der Gattung, Lınn&, hat 1758 und 1766 4 Art-Namen gegeben: 1) V. Chaos hat er selbst zurückgenommen und daraus die Gattung 
Chaos gebildet. 2) V. Beroe und 3) bicaudatus sind Akalephen der Gattungen Beroe und Cydippe; 4) V. Globator ist 
als Stamm stehen geblieben; 5) Y. dimidiatus nannte 1761 Wırxe die Trichodina Pedieulus. 6) V. Proteus nannte Parras 
1766 die Amoeba diffhtens. 1769 beschrieb Erııs 6 Arten: 7) F. wvalis = Monas? 8) V. Torgwlla = Chilodon Cu- 
eullulus; 9) V. volutans —= Trichoda pura; 10) V. Oniscus = Leucophrys pyriformis; 11) V. Terebella = Pa- 
ramecium Aurelia ; 12) V. vorax — Amphileptus Fasciolat Orro Fr. Mürıer beschrieb 1773 6 Arten: 


- 


«3 


13) V. G@lobulus —= Doxococcus Globulus ; 16) U. Lunula — Vibrionum acervus? 
14) V. Pilula = Vorticella? Monas? 17) V. Sphaerula —= Sphaerosira? Vorticella? 
15) V. Confüictor = Bursaria? Conflictor. 18) Y. Globator = V. Globator. 


Die in Mürzers Nachlass von Farrıcıus 1786 publieirten noch 7, also 13 Arten, haben folgende Synonyme, wobei die 6 eben ge- 
nannten aber nicht wiederholt werden: 

19) Y. Punctum = Monas Punctum ; 23) V. Morum —= Pandorina Morum ; 

20) V. Granulum = Gyges Granulum? Monas? 24) V. Uva — Uvella virescens? Synura Uvella? 

21) V. Grandinella —= Spirodiscus? Peridinium? 25) V. vegetans = Epistylis vegetans. 

22) V. socialis = Uvella Atomus? U. Glaucoma? i 
Den Yolwox Conflictor stellte aber MüÜııer selbst schon 1786 zur Gattung Leucophra, so dass 12 Arten blieben. Scurank 
beschrieb 1776 26) den V. complanatus = Gonium Pectorale und V. Globator = V. stellatus; 1187 27) den V. Pileus — Bursa- 
ria und V. Sphaerula — Epistylis vegetans. Derxselbe fügte 1803 den 28) V. Zaevigatus hinzu, welcher vielleicht zu Pando- 
rina Morum zu stellen ist. Herrmann bildete 1784 eine namenlose Art, welche der Gattung Znchelys anzugehören scheint und 
zuerst V. Uva und Sphaerula ab. Dr. Marrınıere beschrieb 1787 ein Seethierchen, welches Rozıer zu Volwox zog, wo- 
hin es auch Gmeuın als 29) V. Bulla 1788 stellte, das aber offenbar eine Akalephe, vielleicht Mammaria scintillans war. 
30) V. Sphaericula in Anam’s Essays on Microscope 1798 ist wohl ein Druckfehler für 7. Sphaerula. GıRroD CHAnTRans 
beschrieb 1802 31) einen rothen U. Zacustris, welcher hier zu Euglena sangwinea gezogen worden ist. Scurank’s Volvox von 1803 
ist schon erwähnt. Erst 1824 wurden wieder 3 neue Arten von Borv pe Sr. Vıncent in der Encyclopedie method. bekannt ge- 
macht, wo die Familie der Yolvociens aufgestellt wurde p. 521. 32) V. scintillans = Bursaria? scintillans; 33) V. bursari- 
oides — Bursaria? globina; 34) V. Glaucoma = Cyclidium Glaucoma. Derselbe hat 1830 im Diet. classique: Volvoce 
noch 5 Arten von Jogror, aber zum Glück ohne Namen aufgeführt. 7. glodosus daselbst ist ein Schreibfehler für @lodulus, ebenso 
Vibrio Lunula für Volvox Lunula. 

Im Jahre 1829 beschrieb Marreo Losana in Turin 50 Arten der Gattung Yolvo.x, die er fast sämmtlich abbildete. Er rech- 
nete dazu 7 Monaden und alle bisherigen Yolvoces und hatte überdiess 36, die er mit neuen Namen belegte. Die Abbildungen sind 
in groben Umrissen und unkenntlich. Sein Yolvox trilobus, baccatus, Morum, floriferus, uranoides, triflorus und scutife- 
rıs können die verschiedenen Zustände der Pandorina Morum seyn. Wahre Yolvoces hat er, wie es scheint, nicht gesehen. Sein 
V. reticulatus kann nicht für treue Beobachtung eines Volvox gelten, da er keine inneren Kugeln bei so weit gespreizten Einzel- 
thieren sah. Sein V. saturnius ist vielleicht Peridinium cinctum. Jede Beurtheilung dieser Abbildungen wird zu vielen neuen 
Fehlern und einer neuen wissenschaftlichen Last. Es ist Pflicht, diese ganze Thätigkeit auf die Seite zu schieben und vor einer glei- 
chen zu warnen, da sie kein Lob und keine Freude bringen kann. Diess ist aber hier um so mehr nöthig auszusprechen, als derselbe 
Beobachter Hunderte unbrauchbarer Namen in die Geschichte der Wissenschaft eingeschrieben hat, denn er hat auch 69 Arten der 
Gattung Proteus, 64 Arten Kolpoda, 77 COyclidium, 28 Paramecium und 26 Oplarium, zusammen 307 und darunter nahe an 
300 unbrauchbare Namen ohne Entschädigung irgend einer Art gegeben. Zur Gattung Yolvox hat er, mit Einschluss der Monaden, 
43 Namen gebracht, die sich im XXXIH. Bande der Memorie di Torino 1829. und in der Isis von 1832 verzeichnet finden. Der 
Verfasser ist nur dann einigermassen zu entschuldigen, wenn man einen grossen Theil der Schuld auf die schiefe philosophische Rich- 
tung der Zeit wirft, welche ihn mit der Idee erfüllte, dass alle diese Formen an sich nichts Reelles, nur Nüancirungen des einfachsten 
Lebendigen wären. Der Mangel an umsichtiger Prüfung ist die ihm verbleibende Schuld. Im Jahre 1831 wurden in den Abhandlun- 
gen der Berliner Akademie 2 neue Arten: 78) V. aureus und 79) V. stellatus hinzugefügt, und 1834 ist in Prırcnarn’s Em- 
pfehlungsschrift für seine Mikroskope der rothe Yolwox lacustris, von GıroD 'CHANTRANS, wieder mit dem neuen unnöthigen Namen 
80) V. Calamus belegt worden, welcher also auch vermuthlich zu Zuglena sanguwinea gehört. 


VIERTE FAMILIE: ZITTERTHIERCHEN. 


Vibrionia. Vibrionides. 


CHARACTER: Animalia filiformia, distinete aut verisimiliter polygastrica, anentera, nuda, gymnica, cor- 
pore Monadinorum uniformi, divisione spontanea imperfecta (transversa), eatenatim conso- 
ciata, hine filiformia. 


CARACTERE: Animaux füiformes, distinctement ou vraisemhlablement polygastriques, sans Ca- 
nal alimentaire, sans carapace, sans appendices, & corps uniforme des Monadines, 
se r&unissant par division spontanee imparfaite (transversale) en chaines filiformes. 


Es gehören zur Familie der Zitterthierchen alle fadenartigen Körperchen, welche selbst bewegt 
und gegliedert sind und die alle Charactere der Monadenfamilie an sich tragen, so weit diese erreichbar 
sind; die wirklich oder wahrscheinlich polygastrisch, darmlos, panzerlos, ohne äussere Anhänge und von 
unveränderlicher Körperform sind, und deren fadenartige Gestalt durch unvollkommene queere Selbstthei- 

19 


ea u a lee en ed an 


“4 


lung entsteht. Oder: Zitterthierchen sind Monadinen, welche, durch queere unvollkommene Selbsttheilung, 
bewegte Gliederfäden bilden. 


Die Charactere der Familie der Zitterthierchen sind nur zum Theil jetzt erreichbar und zum Theil 
. der Analogie nach hier aufgenommen worden, was, wenn es ausgesprochen ist, nicht zu Irrthum verleiten 
kann. 

Die Zahl der Thierarten, welche die Familie bilden, beträgt 14. Sie sind in 5 Gattungen vertheilt: 
Vihrio mit 6 Arten, Bacterium und Spirillum jede mit 3 Arten, Spirochaeta und Spirodiscus jede 
mit 1 Art. Diese Familie wurde zuerst 1830 in den Abhandlungen der Berliner Academie p. 38 mit 3 
Gattungen: Vihrio, Spirillum, Bacterium und 17 Arten physiologisch begründet, wovon jedoch die Mehr- 
zahl der Arten der Gattung BDacterium später zu den Stabmonaden, MHonas, gezogen worden sind. 
Schon im Jahre 1824 hatte zwar Bory pe ST. Vincent (Zneyclopedie method. p. 524.) eine Familie der 
Vibrioniden aufgestellt, allein ihre Charactere waren von Fadenwürmern, den Anguillulis, entlehnt und 
er hielt sie alle für Vorbilder der Entozoen und Annulaten. Dessenungeachtet hat er den wahren Cha- 
racter dieser Gruppe zuerst beobachtet, indem er beim Antrocknen die Gliederung erkannte. Nur hat er 
diese Beobachtung nicht zur Characterisirung benutzt, sondern p. 780 daselbst und auch 1830 im Dietion. 
classique, die Laecrymarien und Pupellen dabei gelassen, auch den Vibrio Bacillus nie von den An- 
guillulis geschieden. Seine Familie der Vibrioniden umfasste nämlich 1824 die Gattungen Spirulina (s. 
Spirodiscus), Melanella (siehe Vibrio), Vibrio (= Anguillula), Lacrymatoria und Pupella (siehe Fa- 
milie der Walzenthierchen, Znchelia), und 1830 theilte er die Gattung Vibrio in 3 Subgenera: La- 
mellinaires, Gordioides und Oxyuroides. Im Jahre 1831 wurde die Familie in den Abhandlungen der 
Berliner Akademie p. 66. speciell abgehandelt und mit 14 Arten aufgenommen: Bacterium mit 6 Arten, 
Vibrio mit 5 Arten, Spirillum mit 2 Arten, Spirodiscus mit 1 Art, deren Specielles in den betreffenden 
Rubriken angezeigt wird. Die Gattung Spirochaeta wurde 1832 (1833) ebenda p. 313 hinzugefügt. Die 
Gattung Bactrium, welche ich in Hemrricn’s Naturgeschichte p. 408 (vergl. p. VII.) aus Bacillarien 
ohne Bewegung bildete, um die Pflanzen von den Thieren zu trennen, sollte zu den Algen gehören, allein 
jetzt bin ich der Meinung, dass die stillen Bacillarien, welche Nırzsch für Pflanzen hielt, todt waren 
und somit ist die besondere Gattung unnöthig. Ueber Oscillatoria und Spirogyra siehe Closterina. 

Der Organisationsgehalt der Familie ist noch bei weitem nicht genügend ermittelt und das Bekannte 
steht weit hinter dem zurück, was in der Familie der Monaden ermittelt werden konnte. Man würde ein 
Recht haben, hier von grösserer, wirklicher Einfachheit im Bau zu sprechen, wenn nicht sogleich der 
Grund vor Augen läge, warum dieser Mangel an Erkenntniss vorhanden ist. Er liegt in der Kleinheit der 
Einzelthiere. Die fadenförmigen sehr zarten Körper nämlich sind nicht Einzelthiere, sondern kettenartige 
Monadenstöcke und jedes der schwer sichtbaren Gliederchen der Kette ist offenbar erst ein Einzelthierchen. 
Der Grund dieser Ansicht liegt darin, weil diese Formen nie eine bestimmte Länge oder Gliederzahl besitzen, 
und weil gleichzeitig mit sehr langen sehr kurze vorhanden zu seyn pflegen und so kurze, dass sie bis aus 
nur 2 bis 3 Gliedern bestehen, die man von Monas Termo und Orepusculum gar nicht anders, als durch 
die Gesellschaft und eine etwas eigenthümliche, schwer zu characterisirende Bewegung unterscheiden kann. 
Aller Organisationsgehalt muss daher ‘nothwendig in diesen kleinsten Theilen der Gliederfäden zu suchen 
seyn und ihn da zu entdecken, fehlt es unsrer Sehkraft jetzt an Stärke. 

Der Grund, warum nun überhaupt diese Körperchen hier als Thiere angesehen werden, liegt einerseits in 
der sehr kräftigen, schwimmenden, schlängelnden, offenbar willkührlichen Bewegung, welche diese Formen deut- 
lich besitzen und die von jeher ihnen eine Stelle bei den Thieren gesichert hat, allein ich habe auch bei 
der stärksten Art und Gattung Bacterium ein Bewegungsorgan als einfachen wirbelnden Rüssel erkannt, 
welches über die Thierheit derselben schon völlig entscheidet, und welches auch für die übrigen eine Ana- 
logie darstellt, die die grosse Wahrscheinlichkeit gleicher Bildung befestigt. Form und Bewegungsorgan 
der Einzelthiere ist sammt der Dimension den Formen der Gattung Monas gleich, ich halte es daher für 
nicht allzu gewagt, auch die übrigen, sich der Sehkraft entziehenden, Organisations -Verhältnisse zu ver- 
gleichen. Aufnahme von farbigen Nahrungsstoffen zu beobachten gelang aber nie. Vom Fortpflanzungsver- 
hältniss sind nur Ei-?Körnchen und Selbsttheilung, ein rein thierischer Character, erkannt. 

Die Bewegung der wahren Vibrionen ist eine schlängelnde, so dass der gerade Gliederfaden sich 
schlangenartig krümmt und in der Ruhe wieder streckt. Der Grund davon scheint in einer stärkern Ein- 
schnürung und grösseren Isolirung der Einzelthiere zu liegen, so dass diese sich an einander verschieben 
können. Bei Zacterium ist die Einschnürung schwächer, daher kein Schlängeln möglich, nur ein gerades 


- «> 


Schwimmen. Bei Spirilhım ist die flache Einschnürung wohl schief, so dass die Verlängerung durch Selbst- 
theilung jene steife Spirale bedingt. 

Rücksichtlich der geographischen Verbreitung lässt sich bemerken, dass die Familie sich über ganz 
Europa ausdehnt und dass einzelne Formen im libyschen Africa, andere im sibirischen Asien beobachtet 
worden sind, dass auch im Wasser der Ostsee ihre Formen zahllos vorhanden sind. Wo es sich um die 
grössten Zahlenverhältnisse in der Natur der organischen Wesen handelt, concurriren häufig Formen dieser 
Familie und sie bildet mit den Monadinen die Milchstrasse der Organisationen für die Sehkraft im kleinsten 
Raume (vergl. Vibrio und Bacterium). 

Zunächst verwandt der Familie der Zitterthierchen ist die Gattung Polyfoma der Monadinen. Sie 
unterscheidet sich durch unvollkommne Längstheilung und Queertheilung, wodurch Kugeln anstatt der Ket- 
ten entstehen. Physiologisch ist diess kein bedeutender Unterschied. Vielleicht ist sie, mit leichter Abün- 
derung der Characteristik beider Familien in ihren speciellen hierauf sich beziehenden Bezeichnungen, hier 
anzureihen. 


Uebersicht der Gattungen: 
Gliederfäden (Monadenstöcke) als gerad- 


Er = a = ee a 0 men Bacterium 
linige Körper an a - Du Schlangen Mesa ae Vibrio 
d liederiäden hiegsam .. .. su... 20 nu au i 
als spiralförmig gekrümmte Körper (durch een nn. nn : Spirochaeta 
hi fe? theil lene Gliederfäd hi eylindrisch gedehnte Spiralform . . Spirillum 
u Be en. scheibenartig gedrängte Spiralform . Spirodiscus 


SECHSUNDZWANZIGSTE GATTUNG: 6GLIEDERSTÄBCHEN. 
Bacterium. Bactere. 


CHARACTER: Animal e familia Vibrioniorum, divisione spontanea in catenam filiformem rigidulam abiens. 


CARACTERE: Animal de la famille des Vihrionides, prenant par la division spontanee la 
forme d’un fü articule raide. 


Die Gattung der Gliederstäbchen gehört zur Familie der Zitterthierchen und unterscheidet sich 
durch unbiegsame Form ihrer durch queere Selbsttheilung entstandenen Gliederstäbchen. 

Es werden hier 3 Arten der Gattung als sicher angenommen, welche sämmtlich sehr klein und farb- 
los sind. Gegründet wurde die Gattung Zacterium im Jahre 1828 in den Abhandlungen der Berliner Aka- 
demie 1829. p. 15. und in den Symbolis physicis von Hemrrıch und Eurengerse, Zvertebrata I. Phyto- 
zoa, Tab. I. et II. 1828. mit 3 Arten aus Africa. Nähere Bestimmungen zur Characteristik folgten 1830 
in den Berliner akademischen Abhandlungen p. 38. und 61. mit 8 neuen Arten aus Russland und im Texte 
zu den Symbolis physicis, Evertebrata I. 1831. Fol. b. «. 2. Bis dahin war bei der starren, runden 
Stabform mehrerer Arten die mehrfache Selbsttheilung und Gliederung . vorausgesetzt worden. Allein eine 
schärfere Beobachtung der Monaden liess bei diesen ähnliche Formen ohne mehrfache Gliederung erkennen; 
es wurden daher 1831 in den Abhandlungen der Berliner Akademie die ungegliederten Arten der Gattung 
Bacterium zu den Monaden gezogen und nur 6 im Ganzen beibehalten. Auch von diesen sind hier noch 
2 zu den Vibrionen gestellt und 1 eingezogen worden, worüber am Schlusse weitere Nachricht befindlich 
ist. Die Schwierigkeit der Characteristik dieser Formen ist bei den jetzigen Hülfsmitteln noch sehr gross, 
wodurch ein nie ruhendes Schwanken in das Urtheil übergeht. Ganz sicher ist nur eine Art der Gattung. 

Nur bei 2. ürdloculare ist thierische wirkliche Organisation beobachtet, indem sich ein wirbelnder 
Rüssel erkennen liess. Ausserdem ist körnige Trübung und die Selbsttheilung erkannt. Nur die, freilich 
sehr kräftige, offenbar freie, Bewegung ist ein allen Formen gemeinsamer thierischer Character. Zu ver- 
gleichen ist für diese Gattung Monas gliscens. 

Bacterium triloculare ist zuerst in der Oase des Jupiter Ammon im libyschen Africa, dann auch 
bei Berlin beobachtet, 2. Znchelys und Punctum sind bisher nur in Petersburg gesehen. 


S6. Bacterium triloculare, dreigliedriges Gliederstäbchen. Tafel V. Fig. 1. 


B. corpusculis ovatis in cylindros breves, bis vel quinquies, saepe ter longiores quam latos abeuntibus totidemque lineo- 
lis transversis notatis. 


Bactere triloculaire, a corpuscules ovales se developpant en cylindres courts, deux a cing fois 
mais plus sowvent trois fois plus longs que larges, ayant autant de rayes transversales. 


a nn a 


76 


Baclerium triloculare, Symbolae physicae. Fvertehrata I. Tab. II. Fig. 6. 183. Text 1831. Polygastrica, Fol. b. «. 2. 
Bacterium triloeulare, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 15. 19. 
Bacterium articulatum et B. triloculare, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 69. 


Aufenthalt: In der Oase des Jupiter Ammon im libyschen Africa und bei Berlin beobachtet. 


Im November 1820 fand ich auf meiner Reise mit Dr. Hemrrıcn in Libyen diese Form im sumpfigen Wasser zu Siwa (im 
Ausflusse des Sonnenguells). Das Thierchen war nicht lebhaft bewegt, aber zahlreich und deutlich durcheinander fahrend. Alle Indi- 
viduen schienen nur 3 dunkle @Queerlinien zu besitzen und vorn und hinten war es fast spindelförmig ablaufend, dabei farblos. Diese 
Form ist auf der angegebenen Tafel der Symdolae physicae gestochen. Seitdem fand ich (1831) bei Berlin ein sehr ähnliches Thier- 
chen, welches mehr als 3 Abtheilungen zeigte und dabei denn auch etwas grösser war. Ich verzeichnete diess 1831 in den Abhand- 
lungen der Berliner Akademie als eigene Art, als 2. articulatum. Neuerlich habe ich aber diese Form, am 6. April 1833, wieder 
in stehendem modrigen Wasser eines Glases in zahllosen Mengen auf meiner Stube beobachtet, und bin dadurch der Meinung gewor- 
den, dass die Charactere der africanischen Form keine unterscheidenden sind und dass die Zahl der Gliederung auf der ketsgbeeitenden 
Entwiekelung der Einzelthiere durch unvollkommne queere Selbstheilung beruht, so dass die ursprüngliche Eiform des Körpers zum 
stabartigen Cylinder wird. Ich sah aber nie mehr als 5 Glieder und sah auch nie Einzelthiere , sondern alle, auch die kleinsten, wa- 
ren schon 1- bis 2mal getheilt. Besonders erfreulich war mir der deutliche Wirbel am Vordertheil der kleinen Körper im farbigen 
Wasser, und eine angestrengte Untersuchung brachte mir sogar einen einfachen fadenartigen kurzen Rüssel zu directer Anschauung. Bei 
den grössten Formen hatte der Rüssel ‘ der Körperlänge, bei den kleinen die Hälfte. Die Bewegung der T'hierchen war auktormd 
und um die Längsaxe langsam wälzend. Farbeaufnahme fand nicht sichtlich statt. Ein sehr feinkörniger Inhalt bildete die innere Trü- 
bung. Vibrio bipunctatus von MÜLzer, den er im riechenden Seewasser in zahlloser Menge fand, ist zu schmal für diese Form und 
mag wohl eine eigene verwandte Art seyn, denn Bacillarien vermehren sich nicht in faulendem Wasser. 

Grösse ee africanischen Form in den Monadenstöcken *"/3o0 Linie, der Berliner *4oo bis Yıo2” , der Einzelthierchen bei letz- 
terer %Jo6o” , als '/s der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. 1. 


Es sind 2 Gruppen des in Berlin beobachteten Thierchens. 
Fig. 1. sind 38 Thierchen, 290mal im Durchmesser vergrössert; 
Fig. 2. sind 7 1000mal vergrösserte Thierchen in verschiedener Entwickelung. 


s?. Bacterium? Enchelys, monadenartiges Gliederstäbchen. Tafel V. Fig. H. 


B. corpusculis indistinetis subovatis, minoribus, in eylindros minores abenntibus, lineolis transversis obsoletis, colore 
hyalino. 


Bactere Enchelide, u corpuscules peu distincts, vraisemblablement ovales, plus pelits et se. develop- 
pant en cylindres plus minces que ceux de T espece precedente, & rayes transversales peu 
marqueces et a couleur d’eau. 


. 


Bacterium Enchely, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 61. 70. 
Bacterium? Enchelys , — = _ - _ 0 1831. p. 69. 


Aufenthalt: In Petersburg. 


Diese Art wurde im Jahre 1829 in Brodaufgüssen des Newa- Wassers auf der Reise mit Herrn ALExANDER von Humsoıpr 
im Winter in Petersburg entdeckt. In jedem Tropfen waren Millionen Thierchen, welche sich steif und zitternd durch einander be- 
wegten. Die Grösse der ganzen Stäbchen betrug !/a4o Linie. Undeutliche Gliederungen waren einzeln und mehrere zu erkennen, aber 
eine bestimmte Zahl nicht festzustellen. Die Dicke der Stäbchen lag 3mal in der Länge. Trübungen theilten dieselben zuweilen in 
4 bis 5 Theile, zuweilen in 2 oder 3, aber immer nur sehr en Es bleibt zweifelhaft, ob lie Form nicht zu den Stabmo- 
naden gehört, allein da sie beim Eintrocknen sich bestimmter gliederte, so scheint sie wohl hier ihre natürliche Stelle zu finden. Ein 
Wirbeln ist nicht beobachtet. r 


P2 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. I. 


Es sind 12, 1829 in Petersburg gezeichnete, Thierchen nach 800maliger Vergrösserung des Durchmessers. Die Vergrösserung ist ziemlich 
der von Nr. 2. der Fig. 1. gleich, die nur !/, stärker war. 


SS. Bacterium? Punctum, punktähnliches Gliederstäbchen. Tafel V. Fig. II. 


B. corpusculis indistinetis subglobosis, minimis, in eylindros minimos abeuntibus, Iineolis transversis obsoletis, colore 
hyalino. 


Bactere Point, a corpuscules peu distincts, vraisemblablement globuleuz, beaucoup plus petits que 
ceux des especes precedentes et se developpant en cylindres tres-petils, a rayes transversales 
peu marquees et a couleur d’eau. 

Monas Punctum, Mürzer ? Animalc. infus. p. 3. Tab. I. Fig, 4. 


Melanella monadina, Borv? Encycl. meth. 1824. Diction. classig. d’hist. nat. 18%. 
Bacterium Punctum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 60. 1831. p. 69. 


Aufenthalt: In Petersburg. 


Ich fand diese Form bei meinem Aufenthalte in Russland mit Hertn ArLrxannper von Humsoıpr im Jahre 1829 in Peters- 
burg im Winter in einem Brodaufgusse, welchen Herr Dr. Weisse auf seiner Stube gemacht hatte, in grosser Menge. Sie war an Grösse 
der Monas scintillans ziemlich ähnlich und ist eine zweifelhafte Form, welche mit Monas hyalina, M. inanis und M. scintillans 
einer spätern schärferen Characteristik übergeben werden muss. Ich sah beim Antrocknen Gliederung und habe desshalb die Form hier- 
her gezogen. Ob MÜLLEr mit seiner schwarzen Monas Pumctum dieses Thierchen gemeint habe, ist schwer zu entscheiden. Ich 
möchte fast glauben, dass es mit seinem Vibrio Lineola einerlei sey. Die schwarze Farbe wird durch starke Rundung bei gewisser 


«7 


Kleinheit durch die Ahbeugung der Lächtstrahlen in den Abrundungsflächen erklärlich. Borv’s Gattung Melanella hat dieser Form of- 
fenbar den Namen zu verdanken und enthält ausserdem Vibrionen und ‚Spirilla, welche aber sämmtlich keinen Character in der 
schwarzen Farbe haben, obschon alle diese Thierchen bei geringer Vergrösserung das Licht durch ihre cylindrische Rundung so stark 
abbeugen, dass sie schwärzlich erscheinen. Mürter fand sein Thierchen im Aufguss von Birnen und im stinkenden Fliegenanfguss. 
Er eitirt dabei eine Abbildung von GLEICHEN, die ein Thierchen aus einem Erbekhan in betrifft, das Strichlein , wobei letzterer 
wahrscheinlich an 7. Lineola gedacht, welches aber nicht so speciell bestimmbar ist. Bory will es in altem Meerwasser beobachtet 
haben. Grösse Yss6 bis "/sss Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. IM. 


Es sind 18 ın Pelir 1829 gezeichnete Thierchen in ihren, beim Trocknen erst en sichtbaren, stäbchenartigen Monadenstöcken 
bei 800maliger Vergrösserung, der Vergrösserung nach mithin vergleichbar mit Fig. 2. der Nr. 


Beurtheilende Uebersicht aller Arten der Gattung. 


Es sind bisher’ 12 Arten der Gliederstäbchen verzeichnet worden, wovon aber die meisten, bei immer schärferer physiologi- 
scher Characteristik dieser Gattung, allmälig an andere Gattungen übergeben worden sind. Nur 3 bleiben in dieser Gruppe beisammen. 
Von den im Jahre 1828 aufgeführten 3 Arten ist nur B. triloculare. als Stamm verblieben, die beiden andern, B. scintillans und 
simplex, sind unter diesen Ks zur Gattung Monas gestellt. Die 8 Arten von 1830 haben 2 noch nicht wieder beobachtete For- 
men der Gattung übrig gelassen, B. Enchelys und Punetum, die übrigen sind in der Mehrzahl als Arten der Gattungen Monas und 
Vibrio abgesondert worden, So sind B. cylindrieum und deses als gleichnamige Monaden aufgeführt, B. Monas zu Monas hya- 
lina gezogen, B. fuscum ist als Oryptomonas fusca verzeichnet und B. Termo und tremulans sind zur Gattung Yibrio gestellt 
worden, indem erstere mit Yibrio Lineola verschmolzen ward. Das 1831 hinzugefügte B. articeulatum ist hier mit B. iriloculare 
vereinigt. 

Monas Lamellula von MÜLrer ist vielleicht noch eine Art der Gattung Bacterium. Aus dieser ist Bory’s Gattung Za- 
mellina entstanden, deren Formen jedoch theils zu @onium (pulvinatum), theils zu Chaetomonas gehören, theils aus Jorror und 
unbestimmbar sind. Der Yibrio Bacillus aus dem Zahnschleime der Menschen, welcher aber kein Thier zu seyn scheint und den ich 
oft passiv, aber nie sich activ bewegen sah, würde, im Fall er thierisch wäre, B. Bacillus zu nennen seyn. Junge Sperella glei- 
chen den Bacterien ebenfalls sehr, doch sind sie immer mit den alten vermischt und man erkennt ihre Abstammung leicht, wenn 
man aufmerksam ist. Dahin gehört z. B. Fig. 12. c. d. Tafel II. von Könter aus Leipzig 1777. Naturforscher St. X ., welches 
offenbar zu Spirillum volutans gehört (s. Spirillum). Gueıcnen’s Gylinderthierchen könnte zu B. iriloculare gehören, bleibt 
aber ein unsicheres Synonym. 


SIEBENUNDZWANZIGSTE 6ATTUNG: ZITTERTHIERCHEN. 
a VWibrio. Vibrion. 


CHARACTER: Animal e familia Vibrioniorum, divisione spontanea imperfecta in catenam filiformem et 
anguis instar flexuosam abiens. 


CARACTERE: Animal de la famille des Vihrionides, se developpant par division sponlanee üm- 
parfaite en forme de chaine filiforme et flexible comme un serpent. 


Die Gattung der Zitterthierchen unterscheidet sich von allen verwandten Gattungen der Vibrio- 
nien durch eine aus unvollkommener Selbsttheilung hervorgegangene fadenartige Kettenform mit schlangen- 
ähnlicher Biegsamkeit. 

Nach der hier gegebenen Characteristik besteht die Gattung Vibrio jetzt nur aus 6 Arten, welche 
sämmtlich farblos und sehr dünn sind, obschon einige ziemlich lang werden. Der Gründer des Namens war 
0. F. Mürzer 1773 in dem Werke: Vermium flw. et terr. historia, allein der Character seiner Gattung 
war sehr verschieden von dem jetzigen, er bezog sich nur auf die äussere gestreckte Form und mikrosko- 
pische Grösse. Diese nicht physiologische, zu unbestimmte Umgrenzung hat veranlasst, dass man 59 Art- 
namen in die Gattung gebracht, welche sämmtlich bis auf 3 zu entfernen sind und deren Formen nun den 
verschiedensten Familien der Infusorien, ja sogar 2 andern Thierklassen, den Saugwürmern und Faden- 
würmern, einzureihen waren. MüLLEr selbst gründete seine Gattung Fibrio im obigen Werke mit 15 Ar- 
ten, hatte aber dabei geradehin als Typus mehrere Fadenwürmer der Gattung Anguillula vor Augen, 
die mithin gar keine Infusorien waren. In den dänischen Gesellschaftsschriften vermehrte er die 
Gattung um 2 Arten, und im 19ten Stücke des Naturforschers 17 83 theilte er den Vihrio Anguillula 
in 4 Arten. Eben da, im 20sten Stücke 1784 p. 142. gründete er den Vibrio Lunula. GMmELIN kannte 
offenbar nur diese Materialien, als er 1788 in der XIllten Ausgabe von Linxe’s Sysiema Naturae 18 Ar- 
ten von Vibrio aufzählte und das Stabthierchen in die besondere Gattung Bacillaria stellte. Der Druck 

20 


m 


des 6ten Bandes mag also schon 1786 beendet gewesen seyn. In dem nachgelassenen Werke Mürrer’s, 
welches Faprıcıus herausgab (Animalc. Infusoria), sind 39 Arten angegeben, die 4 Arten des F. An- 
guillula aber zu Unterarten umgebildet. Oder vielmehr bereitete schon MüLLer selbst, und wohl mit gu- 
tem Bedachte, das Genus Angwillula für diese grösseren Formen vor, welches nun zu den Fadenwür- 
mern (Nematoideis, sonst Entozois) übergegangen ist, während die Gattung Vibrio als Normalformen die 
den Anguillulis ähnlichsten wahren Infusorien beibehält. Steigen unterschied 1793 im Naturforscher 
(XXVIH. Stück) 3 neue Vibrionen, welche aber zu den Fadenwürmern gehören. Zwei Arten bildete 
Schrank 1796 in seiner Sammlung naturh. und physik. Aufsätze, und 2 andere 1802 in seinen Briefen an 
Nav, endlich 5 Arten in der Fauna hoica 1803. Seine 1823 in den Nov. Act. Nat. Curios. Vol. XI. 
P. II. p. 525. gelieferte Revision enthält keine neuen Arten, sondern die Reduction einiger früheren, so 
dass nur 8 Arten der Gattung Vebrio angenommen werden. Die Euglenen, Closteria und Naviculas, 
welche MüLLEr zu den Vibrionen zählte, zieht er, letztere nach NıTzschH, in seine Gattung Bacillaria, und 
wahre Vibrionen vereinigt er mit wahren Bacillarien sammt Osecillatorien in seiner Gattung Oscillaria. 
Nırzsch hatte 1817 in seinem vortrefflichen Beitrage zur Infusorienkunde die Naviculas von den 
Vibrionen abgesondert und sie zur Gattung Bacillaria gezogen, wohin sie, wenn man nicht noch mehr 
Gattungen bilden wollte, allerdings gehörten. Im Jahre 1824 bildete Bory DE ST. Vincent in der Zncy- 
elopedie method. eine Familie der Vibrioniden aus eben so heterogenen Elementen, deren schon oben er- 
wähnt ist. Seine Gattung Pebrio theilt er in 3 Subgenera: Vihrions Lamellinaires, Gordioides und 
Oxyuroides. Ersteres hat 2, das ?te 3 Arten und das 3te 7 Arten. Im Ganzen giebt er der Gattung 
12 Arten, darunter 1 neue. Nur die 2 ersteren ohne die neue gehören zur jetzigen Gattung Vibrio, die 
übrigen sind Fadenwürmer (Nematoidea). Einige der wahren Vibrionen findet man bei ihm mit Spirit. 
Zum vereint in seiner Gattung Melanella. Im Jahre 1830 hat derselbe im Diet. classique d’ hist. nat. 
dasselbe kürzer wiederholt. Im Jahre 1827 schlug v. BAER, der Anatom und Physiolog, in den Act. Zeop. 
Nat. Cur. XIII. 2. p. 748. vor, die einfachsten Vibrionen mit dem Gattungsnamen Zineola abzusondern, 
was aber in Melanella, einem freilich sprachwidrig gebildeten Namen, schon geschehen war. In den Sym- 
holis physicis von HempricHn und EHRENBERG, Zvertebrata Phytozoa Tab. I. wurde 1828 eine neue Art 
erwähnt, dieselbe aber im Text von 1830 (1831), nach ebenda erfolgter Berichtigung der Gattungscha- 
ractere, zu den Fadenwürmern verwiesen. Ueberdiess wurden da 1828 2 Arten Melanella, worunter eine 
neue aus dem rothen Meere, aufgeführt, welche 1830 zu den wahren Vibrionen gestellt worden sind. In 
den Abhandlungen der Berliner Akademie wurden 1830, mit Feststellung der jetzigen Charactere der Fami- 
lie der Vibrionien, dieser Gattung selbst 4 Arten zuerkannt, worunter 1 neue war. Noch eine Art wurde 
im Jahre 1831 ebenda zugefügt, wieder eine 1833 an gleichem Orte. Im gegenwärtigen Werke ist eben- 
falls eine neue Art mitgetheilt, dagegen aber eine der früheren unterdrückt worden. Die speciellere Nach- 
weisung und Beurtheilung dieser geschichtlichen Verhältnisse folgt im Anhange zur Gattung. 

Die Thierchen der gegenwärtigen Gattung Vibrio gehören zum Theil mit zu den am frühesten von 
LEEUWENHOEK entdeckten Infusorien (vergl. Vibhrio Bacillus). Jo»LoT und GLEICHEN beobachteten dieselbe 
Art, und letzterer den Vebrio Rugula von MüLLer. Die Schwierigkeit, bestimmte innere Organisations- 
Verhältnisse dieser so sehr dünnen Thierchen zur Anschauung zu bringen, hat sich nicht überwinden lassen. 
Hätten sie einen in der Länge des fadenförmigen Körpers verlaufenden röhrenartigen Darm wie die Essig- 
Aelchen, so würde er wohl auch, wie bei diesen, durch Farbenahrung sichtbar geworden seyn, denn Fä- 
den erkennt man leichter als Punkte. Da aber es wahrscheinlicher ist, dass jedes ihrer einzelnen kleinen 
Glieder ein monadenähnlicher, abgeschlossener, rundlicher Körper von polygastrischem Baue ist, so mag 
wohl auch nur eine noch ansehnlich verstärkte Sehkraft im Stande seyn, die Organisations- Verhältnisse zur 
Anschauung zu bringen. Auch ein Wirbeln am vordern Ende und ein Rüssel liessen sich nicht erkennen. 
Die Ursache davon kann seyn, weil der fadenförmige, der nahen Analogie mit Zacterium nach zu vermu- 
thende, Rüssel zu kurz, oder auch, weil er zu lang ist, oder endlich, weil er vorhanden ist, ohne zu wir- 
beln und nur zum Tasten dient. Bei Thierchen mit sehr langen Rüsseln, z. B. Euglenen, habe ich ihn, 
der Länge halber, lange Zeit übersehen, indem seine Wirkung sich nicht in der Nähe des Thierchens so be- 
stimmt äussert, als in einiger Ferne davon, wo ich immer Wirbel sah, diese aber von sehr kleinen, frei 
schwimmenden Monaden oder Vibrionen erregt meinte, für die ich den Rüssel hiel. Beim Antrocknen 
liess sich ebenfalls keiner erkennen. So bleibt denn bis jetzt die Analogie der Form und Bewegung sammt 
der, schon von Mürzer bei Y. Bacillus vermutheten, Selbsttheilung das alleinige Detail des organischen Ver- 
hältnisses, welches die Beurtheilung leiten muss. 


Die geographische Verbreitung der Gattung ist erfahrungsgemäss durch ganz Europa, im libyschen 
Africa und im nordwestlichen Asien Sibiriens, wie im südwestlichen Arabiens am rothen Meere bekannt. 


_ .9 


Den Namen Zitterthierchen gab GLEICHEN einer, dieser Gattung wahrscheinlich angehörigen, aber 
unbestimmbaren, Form. Alle Zitterthierchen sind in der Ruhe geradlinig und in der Bewegung schlangenartig. 

Dass die Zitterthierchen, Fibrio (Melanella Borv, Zineola Baer), nur unvollkommen entwickelte 
Anguillulae oder Protozoen, d.i. Vorbilder der Aelchen wären, wie manche neuere Physiologen es dar- 
gestellt haben, ist nachweislich unrichtig, da nie eins sich in das andere oder aus dem andern entwickelt, 
die blosse Formähnlichkeit aber bei so völliger innerer Verschiedenheit keinen Werth für Systematik ha- 
.ben kann. 


89. Vibrio Lineola, strichförmiges Zitterthierchen, Strichelchen. Tafel V. Fig. IV. 


V. bacillis minimis parumper flexuosis eylindrieis, utroque fine rotundatis, articulis (corpuseulis) subglobosis, hyalinis, 
obsoletis. 


Vibrion Lineole, a baguettes tres-petites, un peu flexibles, eylindriques, rondes aux deux extremiles, 
articulations (corpuscules) peu marquees, presque spheriques, couleur d’eau, 
Vibrio Lineola, MÜLLER, dan. Straegstrackkeren, Vermium hist. 1773. p. 39. Zoolog. dan. prodr. 2446. 
Liniestraekkeren, MÜLLER, Nye Samling d. Saelsk. Skrifter, III. T. 1. Fig. 3. a. 
Vibrio Lineola, MÜLLER, Animalc. infus. p. 43. Taf. VI. Fig. 1. 1786. 
Vibrio Lineola, Schrank, Fauna boica, III. 2. p. 52. 1803. 


Melanella atoma, Bory, Encycel. method. 18%. Dict. classique, 1826. 
Vibrio Lineola und Bacterium Termo, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p- 61, 66, 69, 70. 1831. p. 67, 70. 


Aufenthalt: Berlin!, Copenhagen, Paris, Ingolstadt?, Petropawlofsk am Ischim und Tobolsk am Irtisch und Tobol in Sibirien. 


Der dänische Naturforscher O. F. MüLLer fand sein Thierchen in einer vegetabilischen Infusion nach mehreren Tagen, dann 
auch in einer mehr als 3monatlichen stinkenden Infusion, und wiederum in geruchlosem Wasser mit Meerlinsen sammt Oychdium 
Glaucoma. SCHRANK fand es zu Ingolstadt oder Landshut in einem 1 Monat alten Aufgusse der isländischen Flechte. Borr be- 
schreibt 1824 sein Pariser Thierchen wie ein Bacterüum und nennt Heuaufguss als besondern Aufenthaltsort; 1826 will er es in fau- 
lem Urin beobachtet haben. Ich selbst fand es in sehr verschiedenartigen stehenden Wässern, welche ein Häutchen hatten und zuwei- 
len schon stark rochen. Zuletzt fand ich aber die Normal-Form in Wasser, welches 14 Tage lang auf Kalbsblut gestanden hatte und 
entsetzlich übelriechend war. Die sibirischen Thierchen wurden 1829 auf der mit Herrn ALzxanper von HumsoLpr unternommenen 
Reise beobachtet. Die libysch-africanischen Thierchen, welche ich auf meiner Reise mit Dr. Hrmrrıcn im November in einer sum- 
pfigen Lache zu Siwa beobachtete, habe ich jetzt, ihrer Grössendifferenz halber, zur folgenden Art, Y. tremulans, gezogen, wohin 
ich auch das Bacterium Termo von Petersburg und Petropawlofsk nun rechne. Die Grösse des Yibrio Lineola schwankt zwischen 
"soo und */ıooo Linie Länge der Monadenstöcke oder Stäbchen. Die Dicke beträgt "/ooo Linie, und diess mag die wahre Grösse der 
rundlichen Einzelthierchen seyn, welche man erst beim Eintrocknen unterscheidet, wo die kleinen, beim Schwimmen biegsamen, sich 
schlängelnden Stäbchen gegliedert erscheinen. Weitere Structur-Details liessen sich der Kleinheit und Durchsichtigkeit des Objects 
halber nicht erkennen. Bemerkenswerth ist das gewöhnliche Zusammenballen dieser Thierchen in unförmliche Haufen, die ein schwim- 
mendes Gewimmel zahlloser Tausende von Einzelthieren sind (vergl. U. tremulans). — Diese Form gehört, wie es scheint, mit Mo- 
nas Termo, Crepusculum sammt einigen Bacterien und Spirillen, zu den wichtigsten Einzelheiten der organischen Schöpfung, 


weil sie die erstaunenswerthesten numerischen Mengen und Massen selbstständiger Organismen zu bilden eingerichtet ist und oft wirk- 
lich bildet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. IV. 


Es sind 2 Gruppen in verschiedener Vergrösserung dargestellt. 
Fig. 1. ist das Thierchen, welches ich am 4. April 1833 sehr rein von allen andern Formen im Wasser des Kalbsblutes zu Berlin millionenweise beob- 
achtete, 300mal im Durchmesser vergrössert. 


Fig. 2. ist dasselbe, 800mal vergrössert, in etwa 200 Exemplaren. Stärkere Vergrösserung zeigte nichts Neues, nur weniger Klarheit. 


90. Pibrio tremulans, geselliges Zitterthierchen. Tafel V. Fig. V. 


V.-baeillis validioribus brevibus distinctius flexuosis eylindrieis, articulis (corpusenlis) oblongis hyalinis, obsoletis. 


Vibrion iremblant, ü baguettes courtes plus grosses, plus distinciement flexibles, ayant les articu- 
lations oblongues peu distinctes, a couleur d’eau. 
Melanella atoma, Symbolae physica e, HemrrıcH u. EHRENBERG, Evertebrata Phytozoa, Tab. II. Libyca, Fig. 7. 
Bacterium? tremulans und B.? Termo von Petersburg, nicht von Tobolsk, und Vibrio Lineola von Petropawlofsk, Abhandl. der Akademie 
d. Wissensch. zu Berlin, 1830. 


Vibrio Lineola, Symbolae physicae. Text 1830. (1831.) Fol. £. «. 2. - 
Bacteriüm? tremulans ganz und B.? Termo von Berlin, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 69, 70. 


Aufenthalt: Berlin!, Siwa im libyschen Africa, Petropawlofsk am Ischim in Sibirien und Petersburg. 


Diese Art unterscheidet sich von der vorigen durch grössere Verhältnisse. Die Thierchen sind dieker und mehr als doppelt 
so gross als bei der vorigen Art. Stäbchen von !/g; Linie Länge hatten das Fünftheil der Länge an Dicke, waren mithin Yı240 Linie 
stark, oder doppelt so stark als die vorige Art. Die weniger auffallende Schlangenbiegung des Körpers, als sie bei U. Augula ist, 
liess mich früher diese Form fraglich zu Baeterium stellen, allein ich halte sie jetzt für einen Yibrio.“ Die kleinsten hierher gezoge- 
nen Thierchen sah ich auf der Reise mit Herrn ALExANDER von HumsoLpr im salzigen Steppenwasser bei Petropawlofsk. Sie hat- 
ten !/soo Linie Grösse, und ich stellte sie früher zu Vibrio Lineola. Die grössten wurden in Petersburg beobachtet, sie hatten !/yuo 
Linie (nicht Y/soo) Länge. Die africanischen Thierchen hatten %so Linie, die Berliner und eine ähnliche in Petersburg beobachtete, 
Form (Bact.? tremulans) hatten ts Linie Länge. Die Unsicherheit in der Benennung dieser Formen beruht auf den noch nicht 
hinreichend scharf ermittelten, characteristischen Merkmalen der Arten. Die von den lebenden Thieren von mir genommenen Zeichnun- 


gen und Maasse sind das Leitende für meine Urtheile. Von Organisation ist nichts weiter beobachtet. Zitternde freie Bewegung und 


2 


Bade 


£ 
E 
% 
E 


so 


etwas schlängelnde Körperbiegung waren deutlich. Sie pflegen bewegliche Haufen von wimmelnden Thierchen zu bilden und haben also 
ein geselliges Treiben. Diese Vibrionen-Haufen sind aber nicht mit den brombeerartigen Kugeln der Uvellen zu vergleichen. Sie 
scheinen vielmehr durch ein Drängen nach Nahrungsstoff zu entstehen. Bei Uvellen sind alle Köpfe der Einzelthierchen nach. aussen 
gekehrt, hier wühlen die Vordertheile meist in der Richtung nach innen. Das Vorn und Hinten ist deutlich an der constanten Bewe- 
gung zu erkennen, nicht an verschiedener Gestaltung. Getrocknet zerfallen diese sich schlängelnden Stäbchen in etwas länglichere Glie- 
der als die vorigen, deren Abgrenzung man auch schon im Leben etwas, aber undentlich erkennt. — Ueberall lebten diese Thierchen 


in schon übelriechendem Wasser. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. V. 


Es sind 2 Gruppen bei fast gleicher Vergrösserung vorgestellt, welche mit der von Fig. IV. 1. (nicht 2.) vergleichbar ist. 
Fig. 1. ist nach in Berlin beobachteten Thierchen bei 300maliger Vergrösserung gezeichnet. Es sind an Zahl 74 Thierchen. 
Fig. 2. ist in Petersburg bei 450maliger Vergrösserung gezeichnet; an Zahl 94 Thierchen. 


91. Vibrio subtilis, zartes Zitterthierchen. Tafel V. Fig. VI. 
V. bacillis tenuissimis elongatis hyalinis rectis, aperte articulatis, vibrationibus artieulorum tenuissimis, formam rectam 
non mutantibus natans. 


Vibrion subtil, a baguettes allongees, tres-minces et droites, distinctement articuleces, nageant par 
vibrations subtiles des articulations et sans changer la forme droite des corpuscules; couleur 
d’ eau. 


Vibrio sublilis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, (1832.) 1833. p. 279. 


Aufenthalt: Berlin. 
Diese Art wurde am 21. April 1832 bei Berlin im Thiergarten beobachtet. In der Ruhe gleicht sie einem Bacterium, bei 


der Bewegung verschieben sich aber die kleinen Glieder an einander, rasch hin und her, so dass das ganze Stäbchen zitternd erscheint, 


ohne aber grössere schlangenartige Biegungen zu machen. Auch im Schwimmen behält es somit seine geradlinige Gestalt. Die Fein- 
heit der kleinen Monadenstöcke berührt die Grenze der Sehkraft. Die kleinen Gliederchen (Einzelthierchen) sind zoo Linie dick, fast 
kugelförmig und bilden sehr lange, bis 36 Linien grosse, Fäden, die dem Yibrio Bacillus ähnlich, aber weit zarter und deutlicher 
gegliedert sind. Vom /. prolifer unterscheiden sie sich durch viel grössere Zartheit und Mangel an schlangenartiger Biegung. An 
Organisation ist nichts weiter ermittelt. Am vordern Ende suchte ich vergebens nach einem Rüssel, den die Feinheit des Objects ver- 
barg. Man darf Spirsllum tenue mit diesem Zitterthierchen nicht verwechseln. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. VI. 


Es sind 2 Gruppen in verschiedener Vergrösserung dargestellt. 


Fig. 1. sind 28 Stäbchen (Monadenstöcke) verschiedener Länge und 2 Einzelthierchen bei 300maliger Vergrösserung. 


Fig. 2. u. 3. sind 2 einzelne Stäbchen in verschiedenem Zustande. Fig. 2. ist in der Ruhe, 3. in der Bewegung. Bei eintretender Ruhe kehrt Fig. 3. 
in die Form von 2. zurück. Beide sind 800mal vergrössert. 


92. Vibrio Rugula, schlängelndes Zitterthierchen. Tafel V. Fig. VI. 


V. bacillis validioribus elongatis, hyalinis, serpentino alacri motu flexuosis, distinete articulatis. 


Vibrion ride, a baguettes allongees robustes, vivement tortueuses dans la nage, distinclement articu- 
lees, a couleur d’ eau. 
LEEUWENHOER, Experimenta et Contempl. p. 40. 1683.? p. 309. 1692.2 Anatomia et Contempl. p. 38. 1684. 
ea, GLEICHEN, Infusionsthierchen. Tafel XVII. C. 2. a. 1778. 
Volvox Lwnula, MüLzLer, Vermium historia, 1773.? 
Vibrio Rugula, MüLLer, Animalc. infus. 1786. p. 44. Tab. VI. Fig. 2. 
Vibrio Rugula, SCHRANK, Fauna boica, IM. 2. p. 53. 1803. 
Melanella flewuosa, BoRY DE Sr. Vincent, Encyclope&d. method. 184. Dict. classique 1826. 
Melanella erythraea, HEemPRICH u. EHRENBERG, Symbolae physic. Evert. Phytoz. Tab. IN. 2. Fig. 1. 1828. 
Vibrio Rugula, Symbolae physic. Text 1830. (1831.) Polygastrica. Fol. f. «. 2. 


Vibrio Rugula, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 18%. p. 7. 12. 17. 19. 1830. p. 66. 68. 69. 71. 1831. p. 67. 
Aufenthalt: Delft, auf dem Greifenstein über Bonnland, Copenhagen, Landshut, Paris, Berlin, rothes Meer bei Tor im sinaitischen 


Arabien, Petersburg, Uralsk im Ural und Barnaul am Altaigebirge. 


Die Verbreitung dieser Form scheint sehr gross zu seyn, und sie ist wahrscheinlich eine der am frühesten beobachteten Infu- 
sorien-Formen. Sie unterscheidet sich durch ansehnlichere Grösse der Gliederstäbchen und ganz deutliche Schlangenbiegungen von V. 
Lineola und tremulans, durch grössere Stärke und Biegung aber von V. sudtilis, und ist am leichtesten mit U. Bacillis zu verwech- 
seln, der jedoch viel träger ist und sich nur wenig krümmt. Noch schärfere Unterschiede muss die spätere schärfere Beobachtung leh- 
ren. LEEUWENHoEK fand ein ähnliches Thierchen im Zahnschleime des Menschen. Ich halte aber diese Beobachtung für unsicher. 
Eher mögen die in seinem Darmschleime von ihm 1684 entdeckten Thierchen, welche den Essig-Aelchen glichen, aber 60mal kleiner 
waren, hierher gehören. Bei Josror kommt es nicht vor. Gueichen fand offenbar dieses Thierchen im Gerstenaufguss auf dem 
Greifenstein. MüÜırer, welcher es zuerst entdeckt zu haben meinte, fand es in einem mehrwöchentlichen Meerlinsenaufguss, dann im 
Seewasseraufguss der Ulva (Solenia) Linza und später im Fliegenaufgusse. Er sah die Schwingungen (rugas) bei dieser Art und beob- 
achtete, dass sie nach dem Tode die Haut des Wassers bildeten. Oft ballten sie sich in gelbliche Haufen zusammen. Ich glaube sogar, dass 
der seltene und wunderbare Yolvox Lunula, welchen MüLLer schon 1773 aufführt und den er für einen Möcrocosmus hielt, schwer- 
lich etwas anderes als ein Haufen von Yibrio Rugula war. Schrank, damals in Landshut, fand ihn in stinkendem Fliegenaufgusse 
in zahlloser Menge im Spätsommer. Bory fand ht in allen Arten von Infusionen, Jesonders in modrigem Regenwasser, nennt ihn 
undurchsichtig und schwarz, und leitet die Haut des Wassers besonders von ihm und Monas Termo ab. Rechne ich meine früheren, 
weniger scharf unterscheidenden , Beobachtungen ganz ab, so sah ich ihn 1823 in Arabien in gestandenem Seewasser bei Tor, wo ich 
zu Ende Octobers und im November absichtliche Infusionsbeobachtungen anstellte (Abhandl. d. Berlin. Akad. 1829. p- 12.). Ich beob- 


un Sl 


achtete ihn dann in Berlin häufig in den verschiedensten Infusionen, wenn sie übelriechend wurden, und im Jahre 1829 sah ich, den 
entworfenen Zeichnungen nach, wohl dieselbe Form auf der Reise mit Herrn ALrxanper von Humsoıpr in Petersburg, in Uralsk 
und in Barnaul, überall in gestandenem, mit Haut überzogenen, Wasser. Zuweilen fand ich ihn mit Spirillum Undula, selten mit 
Vibrio Bacillus, gewöhnlich mit Monaden und Oyeldium Glaucoma. Ex gehört zu den Formen, welche Millionenweise in einem 
Tropfen leben und sich in bewegliche, unförmliche, oft rundliche Haufen zusammenballen, deren durch und durch sichtbares Wimmeln, 
besonders für das weniger geübte Auge, etwas höchst anregendes hat und es auch dann nicht verliert, wenn der kältere, denkende 
Beobachter mit Maass und Zahl sich die Erscheinung zergliedern will. — Grösse der Gliederstäbchen bis “ss Linie, Dicke "/ıooo Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. VI. 


Es sind 2 Gruppen in 2 verschiedenen Vergrösserungen, beide nach Beobachtungen aus Berlin. 

Fig. 1. zeigt eine Gruppe von Thierchen, 300mal vergrössert, welche um einen schleimigen, rundlichen Körper schwärmt und ihn fortbewegt. Die 
Vordertheile fast aller, etwa 70, Stäbchen, aus mehr als 1000 Thierchen gebildet, bewegen sich zur Kugel hin. Die Stäbchen sind Monadenstöcke 
verschiedener Grössen. 

Fig. 2. ist 800mal vergrössert. 


93. Pibrio prolifer, gegliedertes Zitterthierchen. Tafel V. Fig. VII. / 


V. bacillis validioribus abbreviatis, hyalinis, motu lento flexuosis, distinete articulatis. 


Vibrion proölifere, a bagueltes robustes courtes, lentement tortueuses dans la nage, distinciement ar- 
ticulees, @ couwleur d’ eau. 


Vibrio prolifer, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 67. 
Aufenthalt: Bei Berlin! und Petersburg ? 


Ich fand diese Form im Juni 1830 und am 1. April 1835 in Berlin in einer modrigen Infusion von Pflanzen. Sie zeich- 
nete sich durch ihre grössere Stärke vor den übrigen Arten aus und die Gliederung war durch schwächere Einschnürung der Glieder 
ganz besonders hervortretend. In der Form erinnerte sie sehr an Spirillum Undula, welche gleichzeitig dabei war, sich aber auf 
den ersten Blick unterscheiden liess, weil sie eine feste Krümmung hat, während jene beim Ruhen geradlinig wurde. Ich rechne hierzu 
auch ein 1829 in Petersburg gezeichnetes Thierchen, welches ich in vielen Exemplaren sah und das nur 2 bis 3 in einander hin und 
her wackelnde Glieder besass. Ich hatte es früher übergangen und zu U. Rugula gelegt. Auch von Y. prolifer sah. ich dreiglie- 
drige umherwackeln. Die Länge dieser Form beträgt von !/scs bis zu */o6 Linie, die Dicke zwischen %, und */; mehr als bei Y. Ru 
gula... Dicke 1,6 Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. VIH. 


Es sind 2 Gruppen mit 2 verschiedenen Vergrösserungen gezeichnet. 
Fig. 1. sind 25 Stäbchen verschiedener Grösse und mit danach verschiedener Gliederzahl. Alle gekrümmten sind in Bewegung, alle. geraden ruhend, 
alle 300mal vergrössert. 
Fig. 2. ist ein einzelnes Stäbchen, 800mal vergrössert. 


94. Vibrio Bacillus, stabähnliches Zitterthierchen. Tafel V. Fig. IX. 


V. bacillis elongatis validis, hyalinis, motu serpentino parum concitato leviter flexuosis, articulis interdum distinetis, 
interdum post exsiccationem demum conspicuis. 


Vibrion baguette, a baguettes allongees robustes, legerement tortueuses dans la nage lente, quelque- 
Jfois distinctement articulees, quelguefois seulement apres U evaporation de l’eau. 
LEEUWENHOEK, Experimenta et Contempl. p- 40. 1683. p. 309. 1692.? 
Enchelis 2.2 Hınn, History of animals, 1752. p. 2. Tab. I. 
JosLor, Observat. avec le Microscope, p. 67. T. 8. F. 12. et 14. (1716.) 1754. 
Vibrio Bacillus, MÜLLER, Vermium hist. p. 40. 1773. Zoolog. dan. prodr. 2447. 
Schlangenthierchen, GLEICHEN, Infusionsthierchen, Tab. XVII. F. 3. 1778. 
Kiep-Straekker, Nye Samling of Dansk. Vidensk. Saelsk. Skrifter, Il. p. 11.° 
Vibrio Bacillus, MüLLer, Naturforscher, XIX. p. 164. 1783. 
= = —  Animale. infus. p. 45. Tab. VI. Fig. 3. 1786. 
>= — ScHRANK, Fauna boica, III. 2. p. 49. 1803. 
Enchelys Bacillus, Oken, Naturgeschichte, 1815. III. 1. p. 36. 
Vibrio Bacillus, Bory, Encycl. method. 1824.. Dict. classique, 1830. 
— — Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 38. 1831. p. 67. 


Aufenthalt: Delft?, London? , Paris, Copenhagen, auf dem Greifenstein, bei Landshut, bei Berlin! und in Isle de France ? 


Ich habe diess Thierchen in Wasserkufen der Strassen Berlins mit Astasia euchlora in zahllosen Mengen gesehen, aher 
es auch in Pflanzen-Infusionen und im faulen Wasser beobachtet, worin Schnecken, Paludina vivipara, sich aufgelöst hatten. LeEu- 
WENHOER’S Abbildung des Thierchens in seinem Zahnschleime passt, den meisten Figuren nach, wohl zu diesem Yibrio, allein er 
hat offenbar alle die Schleimstäbchen für Thiere gehalten, welche keine thierische, nur eine passive Bewegung haben, und die, wenn 
sie gekrümmt sind und geradlinig fortbewegt werden, sich zu schlängeln scheinen. So erscheint es bei Ophidomonas, die sich nicht 
schlängelt. So täuscht man sich auch oft mit den Spirzllis. Hırı’s Enchelys ist unsicher hier anzuführen. Josror sah wohl diese 
Form zuerst in Stroh-Aufgüssen 1716. Müızer fand sie in Aufgüssen von grönländischem Heu, in Sumpfwasser und in faulem Was- 
ser bei Meerlinsen (Zemna minor). Gweicnen fand sie im Gersten-Aufguss, Scurank im März zwischen Conferven bei Landshut. 
Borx fand diese Thierchen, wie er 1830 sagt, in allen Theilen der Erde, wo er sein Mikroskop aufstellte, in der heissen und in 
der gemässigten Zone. Er war 1800 in Isle de France. Als besonders merkwürdig wäre anzusehen, dass Herr Bory diess Thier- 
chen, wie er 1824 und 1830 wiederholt, in wohl verstöpselten Flaschen mit Conferven Jahre lang. sich erhalten gesehen und dass die 
kleinen Cadaver unverändert tausendweis auf dem Boden lagen». Man müsste hieraus mit allem Rechte auf einen Kieselpanzer 
schliessen. Allein es mag wohl eine Verwechselung mit sehr feinen Bacillarien (Navieula oder Synedra) gewesen seyn, deren pris- 
matische Form desto schwerer zu erkennen ist, je feiner sie sind. Was derselbe Beobachter vom Breiterwerden des Kopfes erzählt, 


21 


2 


ist wohl eine sehr einfache optische Täuschung durch Annäherung dieses Theils. Die Gliederung, welche Mürıer bei V. Rugula 
salı, hat Bory hier zuerst gesehen. Aber Mürrer sah schon die Selbsttheilung der Gliederstäbchen auch bei dieser Art. 

Oft gleiten diese Stäbchen langsam fort, ohne Schlängeln, zuweilen schlängeln sie sich etwas, aber sich lebhaft windend sah 
ich sie nie, doch erwähnt diess die Eineyelop. method. Vielleicht waren lange Stäbchen des V. Rugula dabei. — Länge der Stäb- 
chen bis zu "%, Linie, Dicke Yı40 Linie; Einzelthierchen rund, der Dicke gleich. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. IX. 


Es sind 2 Gruppen in zwiefacher Vergrösserung. 
Fig. 1. sind 8 Gliederstäbchen, 300mal vergrössert; 
Fig. 2. sind 2, 800mal vergrössert. Die geraden sind in Ruhe, die krummen in Bewegung. 


Nachtrag zur Gattung Vibrio nebst Beurtheilung der sämmtlichen bisherigen Arten. 


Die Gattung Yibrio in Mürrer’s Sinne hat eine grosse literärische Geschichte; im gegenwärtigen Umfange hat sie deren 
weniger. Die weitläufigsten Verhandlungen betreffen den Yiörio Anguillula als Essig-Aelchen und Kleister- Aelchen, und gehören 
jetzt mithin nicht mehr in eine Darstellung der Infusorien- Verhältnisse, sondern zur Klasse der Fadenwürmer. Dahin gehört denn 
auch die wirthschaftlich interessante Frage über das Entstehen der Essig-Aelchen, und die physiologisch interessante Frage über das 
Wiederaufleben des Viörio nach dem Tode. Da Beides ein allgemeineres Interesse hat und früher in der directesten Beziehung zu 
den Ideen über die Infusorien- Verhältnisse stand, so scheint es mir zweckmässig, diese Verhältnisse auch hier mit einigen Worten zu 
berühren. 

Die älteste Nachricht über die Essig-Aelchen scheint doch die vom Jahre 1656 von Prrrus Borzırus zu seyn, denn Baco 
von Vervram kannte sie zu Anfange des 17ten Jahrhunderts noch nicht. Ersterer sagt p. 7. seiner Observat. microscop. Centu- 
ria, sie kämen an die Oberfläche, um Athem zu holen. Die Art, wie er davon spricht, lässt freilich vermuthen, dass andere vor ihm, 
jedoch gewiss ungefähr in derselben Zeit, die Erscheinung schon beobachtet und verbreitet hatten. Vielleicht war es aber nur münd- 
liche ‚Tradition. Power, Hook und Jogror haben diese Thierchen später beobachtet, LEEUWEnHoEK erwähnt ihrer noch später, 
1684 zuerst. Schon 1688 beobachtete Crrurus, Arzt.in Rom, nach Baker II. 250., dass sie lebendige Junge gebären, ‘was dann 
SHERWOOD, Göze und neuerlich Bauer und Duvsks noch genauer analysirt haben. Das selbstthätige Anfüllen des Darmkanals dieser 
Aelchen (Argwsillula) mit farbigen Substanzen habe ich in den Abh. der Berliner Akademie 1830. angezeigt und T. VII. abgebildet. Man 
überzeugt sich durch Zusatz von etwas Indigo oder Carmin in die Flüssigkeit auf diese Weise sehr leicht, dass sie keine polygastri- 
schen Thiere sind, indem sie einen einfachen, fadenförmig durch den ganzen Körper verlaufenden, Darm erkennen lassen. Sie sind 
aber auch keine Räderthiere, weil sie keine Wirbelorgane besitzen, was man im farbigen Wasser ebenfalls sogleich unterscheidet. 

Ueber ihr Entstehen im Essig, im Kleister u. s. w. muss man sich nur nicht selbst täuschen. Ich habe behufs zahlloser Un- 
tersuchungen und Demonstrationen bei Vorträgen mir viel öfter dergleichen verschaffen müssen, als man es wohl sonst zu Untersuchungen 
bedarf. Sehr oft war es durchaus unmöglich, solche Thierchen zu bekommen. Oft ist der aufgestellte Essig bis auf den Boden ver- 
dunstet, ohne ein Thierchen zu zeigen, oft wimmelte bald alles von Thieren. Gerade. so verhält es sich auch mit den Infusorien. 
Machen kann man sie nicht, nur finden kann man sie und nehmen, wenn sie da sind; höchstens kann man ihre Vermehrung begünsti- 
gen. Gewöhnlicher sind sie im Bieressig als im Weinessig, doch scheinen sie auch in diesem, wenn er schleimig wird, sich aufhalten 
zu können. Schon LrEUwENnHoEk fand sie sogar in gutem (?) Weine (PAxlos. Transact. 1676. 7.656). Wenn man sich keine 
falsche und lächerliche Vorstellung von der Panspermie oder der Lehre macht, nach welcher zahllose Eier und Thiere überall in der 
Luft fortgetragen werden und hie und da als Staub und mit dem Staube niederfallen, so lässt sich auf diese Weise das oft fehlende, oft 
zahlreiche Erscheinen der Essig-Aelchen wohl erklären. Uebrigens sind nur die Erscheinungen untadelhaft aufzufassen, die Erklärungen 
kann man nicht herbeiführen, wenn sie nicht, durch fortschreitende Entwickelung der Thatsachen veranlasst, von selbst entgegenkommen. 

Eine andere, oft wiedererzählte , Eigenthümlichkeit der Vibrionen ist ihr Wiederaufleben nach dem Tode. Auch diese be- 
zieht sich nicht auf die wahren Vibrionen, sondern ebenfalls auf die Aelchen (Angwillula). Sie ist eine bis in die neueste Zeit in 
den Lehrbüchern fortgeführte, durch unrichtige Beobachtung veranlasste, Fabel, welche schon oft widerlegt worden ist, die aber, wie 
alles Wunderbare, allen nüchternen Gründen widersteht. Beim Räderthiere (Rotifer vulgaris) wird hiervon etwas umständlicher 
die Rede seyn. Hier nur so viel, dass da, wo man diese ähnlichen Verhältnisse scharf verfolgen kann, nicht einmal eine Erstarrung 
statt zu finden scheint. Vielmehr können die Thiere mit viel und auch mit wenig Feuchtigkeit ihr Leben fortsetzen. So lebt die saft- 
reiche Made der Pelzmotte im dürrsten Pelzwerke, die Maden der Holzkäfer leben bekanntlich oft im dürrsten Holze unserer 
Wohnungen, und es giebt gar viele dergleichen Thiere. Befeuchtet werden die Anguillulae lebendiger und vermehren sich rascher. 

Es sind bisher 56 Namen für Arten der Gattung Vibrio verwendet worden, 6 davon sind beibehalten, 50 sind ausgesondert. 
MüÜtrer hat bis 1786 38 Namen gegeben, wovon 3 den Stamm der jetzigen Gattung bilden. Die übrigen 35 sind: 1) Yibrio Aceti 
—= Anguillula Aceti der Fadenw ürmer, 2) V. Acus = Euglena Acus, 3) V. Anas = Amphileptus Anas, 4) V. Angul- 
lula = Anguillula fluviatilis der Fadenwürmer, 5) Y, Anser — Amphileptus Anser, 6) V. bipunctatus = Synedra 
Ulma, 1) V. Coluber, 8) V. Colymbus = Amphileptus, 9) V. continuus = Oscillatoria, 10) V. Cygnus — Amphileptus, 
11) V. Falx = Trachelius, 12) V. Fasciola = Amphileptus, 13) V. fluvialis = Anguillula, 14) V. geniculatus = Os- 
eillatoria, 15) V. Glutinis = Angwillula, 16) V. Gordius = Amblyura Gordius der Fadenwürmer, 17) V. intermedius 
= Trachelius, 18) V. Intestinum —= Enchelys? 19) P. Linter — Trachelius, 20) V. Lunula = Closterium, 21) V. Mal- 
leus = Cercaria Malleus (furcata) der Saugwürmer, 22) V. marinus = Enchehidium marinum? 23) V. Olor — La- 
erymaria Olor, 24) V. pawillifer = Bacillaria paradoxa, 25) V. Proteus — Lacrymaria Olor, 26) V. Sagitta = Eu- 
glenu? 27) V. Serpens = Spirulina (Oseillatoria) , 28) PF. Serpentulus = Amblyura, Fadenwurm, 29) F. Spirillum 
—= Spirillum volutans, 30) V. strietus = Lacrymaria, 31) V. tripunctatus = Navicula gracilis? 32) V. Undula = Spi- 
rıllum Undula, 33) V. Utrieulus = Trachelius, 34) V. Vermiculus = Bursaria intestinalis, 35) V. verminus = Tra- 
chelius? — Sreinsuch’s 3 Arten waren: 36) V. Agrostis = Angullula, 37) V. Phalaridis = Anguillula, 38) V. Tritiei 
= Anguillula. Schrank gab bis 1829 9 neue Namen, deren keiner zur jetzigen Gattung gehört: 39) Y. acerosus = Closte- 


3 


rium, 40) V. Eruca —= Enchelys, 41) V. Filaria — Oscillatoria, 42) V. Fusus — Navieula Julwa, 43) V. lacustris 
— Anguillula fluviatilis, 4) V. Lagena — Ichthydium Podura? 45) V. Subula — Euglena Acus, 46) V. truncatus 
= Enchelys? 41) V. turrifer = Cocconema? (Naviewla?). Borx ve Sr. Vincent bildete 1824 48) den Vibrio ministe- 
rialis — Anguillula Glutinis?, welchen an ähnlichem Standorte, in Pilzen (Morcheln) schon ArLexanper von Humsoıor 1797 
(gereizte Muskel- und Nervenfaser I. p. 179) entdeckt hatte. Ich selbst habe bis jetzt 5 neue Artnamen in dieser Gattung gegeben, von 
denen einer aus früherer Zeit 49) V. dongalanus zu den Anguillulis übergeht, einer 50) V. amblyoxys aus Russland vorläufig 
suspendirt ist, weil an ihm keine Gliederung, wie bei Yzdrio und keine Organisation der Angwillula beobachtet wurde, Charactere, 
welche jetzt die Stellung entscheiden (s. Trachelius). Drei Arten bilden mit den drei rückständigen von MÜrrer die jetzige Gattung. 

Dass der verdünnte schwanzartige, abfallende Hinterleib der Cercarien als ein wahrer Yiörio ein selbstständiges Leben 
führe, war eine frühere Meinung des verdienten Nırzsch (Beiträge zur Infusorienkunde 1817. p. 15), die jedoch durch die neueren 
Entwickelungen. dieser Kenntnisse unhaltbar geworden ist, wogegen seine übrigen Beobachtungen classisch bleiben. 


A Te 


ACHTUNDZWANZIGSTE GATTUNG: SCHLINGENTHIERCHEN. 
Spirochaeta. Spirochete. 


CHARACTER: Animal e familia Vibrioniorum, divisione spontanea imperfecta in catenam tortuosam s. 
cochleam filiformem flexibilem elongatum. : 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Vihrionides, s’ allongeant par division spontanee im- 
parfaite en forme de chaine tortueuse ou de spirale füiforme flexible. 


Die Gattung der Schlingenthierchen ist eine Form der Familie der Zitterthierchen, Vibrionien, 
welche sich von den übrigen durch eine aus unvollkommner (schiefer?) Selbsttheilung hervorgegangene ge- 
wundene, aber dabei biegsame, Kettenform oder fadenartige Schraubenform unterscheidet. (Ein verlängertes, 
biegsames Sperdllum.) 

Die. erste Aufstellung dieser Gattung geschah in den Abhandl. d. Berliner Akademie 1833. p. 313. 
Sie gründete sich auf eine einzelne Thierform, welche freilich sehr ausgezeichnet war, indem sie die starre 
Natur der Walzenspiralen (Spirillum) wit der Biegsamkeit der Vibrionen vereinigte. Es war ein Thier- 
chen von grosser Lebendigkeit, welches einer Spiralfaser des Pflanzengewebes glich, die, ohne ihre Spiral- 
form zu verlieren, sich hin und her schleuderte, schlingenartig umbog und viel Energie erkennen liess. Von 
Organisation war in dem ausserordentlich zarten Spiralfaden nichts weiter zu ermitteln, als dass er aus 
dicht an einander gedrängten kleinen Gliedern bestand, welche den Vibrionen-Gliedern glichen und die da- 


her Einzelthiere seyn mögen, deren Organisations -Detail unserer jetzigen Sehkraft, seiner Feinheit halber, 
verschlossen ist. 


Ausser bei Berlin ist es nicht beobachtet. 


95. Spirochaeta plicatilis, wurmförmiges Schlingenthierchen. Tafel V. Fig. X. 


Sp. corpore tenuissimo subgloboso, cochleae filiformis longae anfractibus angustissimis numerosissimis, colore hyalino. 


Spirochete pliable, a corps tres-mince presque spherique et a spirale filiforme longue; les tours 
de spirale tres-nombreux et tres- elroits; couleur d eau. 


Spirochaeta plicatilis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 313. 
Aufenthalt: Berlin. 


Dieses zwischen Yidrio und Spirillum stehende panzerlose Thierchen fand sich am 2. April 1832 im überwinterten Wasser 
in meiner Wohnung zu Berlin. Es war eng schraubenartig gewunden, sehr zart und farblos, dabei fadenartig lang gestreckt und hog 
sich, ohne seine Schraubenform zu verlieren ‚ wie ein Regenwurm, kräftig in die verschiedensten Gestalten, schwamm auch sich schlän- 
gelnd wie ein Aal. Die Dicke des Fadens lag bis 70mal in seiner Länge. Länge der Fäden (Monadenstöcke) */;s bis */ı. Linie, 
Dicke der Fäden (Grösse der Einzelthierchen) !/ıooo Linie. : Beim Antrocknen wurde die Gliederung messbar. 

Die Erscheinung der krummen Gliederfäden in Spiralen kann man sich vielleicht so erklären, dass die Einzelthierchen schiefe 
Formen haben, wonach eine Seite breiter ist, als die andere, was sehr einfach durch schiefen Ansatz des Mundes bedingt seyn mag. 
Bei eintretender queerer Selbsttheilung mag sich dann dasselbe Verhältniss hier geltend machen, wie es bei Meridion vernale ohne 
allen Zweifel vorhanden ist (vergl. Tafel XVI.), wo aber die Selbsttheilung als eine Längstheilung auftritt. 


‚Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. X. 


Es sind 2 Gruppen nach werschiedener Vergrösserung. Durch ein Versehen ist der Name Sp. Serpens anstatt Sp. plicatilis gestochen, 
denn MüLLer’s Vibrio ‘Serpens ist eine Oseillatoria (Spirulina). 


Fig. 1. sind 11 Gesellschaftsformen des Schlingenthierchens von verschie 
dabei immer spiralförmig, alle 300mal im Durchmesser vergrössert. 
Fig. 2. ist eine einzelne Gesellschaftsform, 800mal vergrössert, 


dener Länge und in verschiedener Bewegung, eine gerad ausgestreckt, aber 


- 54 


NEUNUNDZWANZIGSTE GATTUNG: WALZENSPIRALE. 
Spirillum. Spirille. 


CHARACTER: Animal e familia Vibrioniorum, divisione spontanea imperfeeta (et obliqua®?) in catenam 
tortuosam s. cochleam rigidam et in eylindri formam extensam abiens. 


CARACTERE: Animal de la famille des Vihrionides, se developpant par division spontanee 
imparfaite (et oblique‘) en forme de chaine tortueuse ou de spirale raide et coylin- 
drique. 


Walzenspiralen sind solche Thierchen der Vibrionen-Familie, welche aus unvollkommener (schie- 
fer?) Selbsttheilung hervorgegangene spiralförmige und unbiegsame Ketten von cylindrischer Form, oder 
Schraubencylinder bilden. 

Die Gattung wurde zuerst 1830 in den Abhandl. der Berliner Akademie p. 38 angezeigt und mit 
2 Arten begründet, wozu hier eine dritte neue kommt. Die zwei ersten Arten waren 2 schon von ©. F. 
Mürter bezeichnete Vibrionen, deren einen Bory DE Sr. Vincent mit anderen Thierchen in seine Gattung 
Melanella zog, während er den anderen als Vöbrio bezeichnete. — An Organisations-Erkemntnissen hat 
die ganze Familie der Vibrionien wenig und diese Gattung, ihrer allzugrossen Feinheit halber, allzuwenig 
erreichbar werden lassen. Nur die rasche, kräftige, willkührlich zögernde und beschleunigte Bewegung 
sammt der allmälig zunehmenden Gliederung, welche Selbsttheilung anschaulich macht, sind die thierischen | 
Charactere. Zu ihnen gesellt sich die Begleitung von anderen Infusorien, welche deutlicher organisirt sind. 

Die Verbreitung dieser Formen ist von Paris bis Petersburg und von Copenhagen bis Leipzig beob- 
achtet, mithin in Europa ansehnlich gross. 


96. Spirillum tenue, zarte Walzenspirale. Tafel V. Fig. XI. 


Sp. fibris leviter tortuosis, hyalinis, tenuissimis, obsolete articulatis, anfractibus saepe ternis et quaternis. 


Spirille fin, a fibres legerement tortueuses tres- fines, presjue insensiblement articulces, ayant souvent 
2 3 @ 4 tours de spirale; couleur d’eau. 


Aufenthalt: In Berlin. 


Ich beobachtete diess Thierchen im April 1835 in einer alten Infusion von Pflanzen in meiner Wohnung. Es hatte viel 
Achnlichkeit mit Yidrio subtilis und ich prüfte es daher sehr oft und scharf auf die Beständigkeit der starren Biegungen, die ich 
immer wieder sah und welche beim Tode nicht verschwanden. Es war sehr energisch bewegt, wimmelnd zu Millionen in einem Tro- 
pfen. Die grössten Stäbchen hatten /;, Linie, die meisten %/o6 Linie Länge. Die Dicke betrug etwa "/ıooo Linie und die erst im An- 
trocknen sichtbaren Gliederungen waren der Dicke gleich, kugelartig. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. XI. 


Es sind 25 Spiralstäbchen verschiedener Grösse in ihren um die Längsaxe wälzenden, oft zitternden, Bewegungen dargestellt, wie sie bei 
300maliger Vergrösserung erscheinen. 


97. Spirillum Undula, kleine Walzenspirale. Tafel V. Fig. XI. 


Sp. fihris valde tortuosis brevibus, validioribus, distinete articulatis, hyalinis, anfractu singulo aut sesquipliei insignibns. 


Spirille ondoyant, a fibres bien tortueuses, courtes et robustes, distinciement articulees, n’ ayant 
gu’ un ou un tour et demi de spirale; couleur d’eau. 
Pibrio Undula, MüLLer, Vermium hist. p. 43. 1773. , 
Schraubenförmiges Thierchen, Könner? Naturforscher, X. p. 103. Tafel I. Fig. 12. e. f. 1777. 
Bölgestreckere, MÜLLER, Nye Samling of Dansk. Vid. Saelsk. Skr. D. II. p. 19. 8. t. 3. f. 1. a.° 
S Vibrio Undula, Mürıer, Animale. infus. p. 47. Tafel VI. Fig. 4—6. 
— _ SCHRANK, Fauna boica, III. 2. p. 53. 1803. 


—= —_ Bory, Encyel. me&th. 1824. 
Spirillum Undula, Abliandl. der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 38. 1831. p. 68. 


Aufenthalt: Copenhagen!, Leipzig?, Heilbrunn bei Benedietbeyern, Paris?, Berlin!. 


Dieses sehr kleine, einem Pfropfenzieher ähnliche, starre, aber munter bewegte, Thierchen findet sich in Berlin häufig im 
stehenden Wasser mit modrigem Geruch. Im Jahre 1835 fand ich es im Freien schon im April und Mai. Auf der Stube habe ich 
es zu allen Jahreszeiten beobachtet. Es ist Millionenweis in einem Tropfen, gewöhnlich mit Cychidium Glaucoma und Vorticella 
microstoma, zuweilen mit Bodo socialis und oft mit Polytoma Uvella. Mürırr, der Entdecker dieser Form, verwechselte sie 
noch mit der folgenden und so mag auch Könter, welcher, was MürLer übersah, die erste Abbildung gab, beide verwechselt ha- 
ben. LEEUWENHOoER’s von MÜrLer angeführte Beobachtungen gehören, wie mir scheint, zu Vibrio Rugula, Herrmanv’s Thier- 
chen aber zu Spirillum volutans. Die Form dieser Species gleicht gewöhnlich einem Pfeilbogen, oder wie MÜrLer es auch richtig 
ausdrückt, dem Buchstaben v. Es bildet nur a Spiralwindung, dann zerfällt es in die Einzelthiere. Die Gliederung dieser 
Körperchen wird sehr deutlich, wenn sie antrocknen. Ihre Bewegung erscheint schlängelnd, aber sie ist geradlinig und wankend, das 
Schlängeln ist durch die Spiralform erzeugte optische Täuschung flüchtiger Beobachtung. Die Grösse der krummen Stäbchen beträgt 
A cs bis "/a6 Linie ‚ die Dicke Yısso Linie, welches auch die Länge eines runden Einzelthierchens ist. 


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Müırer fand das Thierchen 1773 im stehenden Meerlinsenwasser und vor 1786 im Wasser, worin Morcheln, Helvella Mi- 
ira, sich auflösten. Borv’s Vibrio ministeriahis der Trüffen und ArLzxanper von Humsoıor's Vibrio Glutinis der Morcheln 
halte ich für verschieden von diesem Sperzillum. Bory beschreibt sein Thierchen spindelförmig, was nur optische Täuschung seyn 
konnte, wenn er das rechte sah. JosLor’s Figur, welche er citirt, bezieht sich aber auf eine Anguillula flwviatilis. Schrank 
fand sein Thierchen im Heilbrunner Gesundwasser im Juni. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. XII. 


Die beiden Gruppen sind nach 2 verschiedenen Vergrösserungen abgebildet. 
Fig. 1. ist ein 300mal vergrösserter Haufe von 18 Monadenstöcken. 3 
Fig. 2. sind 12 800mal vergrösserte Schrauben in verschiedener Entwickelung, 
Fig. 3. ist die Bewegungslinie eines einzelnen Schraubenstäbchens. 


98. Spirillum volutans, grosse Walzenspirale. Tafel V. Fig. XIH. 


Sp. fibris valde tortuosis, validioribus longiusculis, distincte artieulatis, hyalinis, anfractibus ternis, quaternis pluribusve. 


Spirille tournant, ü fibres tres-tortueuses, robustes et allongees, distinctement articulees, ayant 3, 
4 ou plusieurs tours de spirale; couleur d’ eau. 
Schraubenförmiges Thierchen, KöutLer, Naturforscher, X. p. 103. Tafel II. Fig. 12. g. 1777. 
Vibrio Undula, HERRMANN und MürLer, Naturforscher, XX. p. 150. Tafel III. Fig. 27. g. 1784. 
Vibrio Spirillum et V. Undula var., MüLzer, Animalc. infus. p. 47. et 49. Tab, VI. Fig. 9. 1786. 


Melanella Spirillum, Bory, Encyclop&d. method. 1824. Dict. classique 18%. 
Spirillum volutans, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 38. 65. 70. 1831. p. 68. 


Aufenthalt: . Leipzig!, Strassburg!, Copenhagen!, München, Paris, Berlin!, Petersburg!. 


Der Entdecker. oder erste Verzeichner dieses Thierchens war 1777 Könıer in Leipzig, dann beschrieb es Herrmann in 
Strassburg aus dem Aufguss von vegetabilischem Küchen-Abfall und sagt 1784, dass er die Beobachtungen vor 18 Jahren gemacht. 
Er schickte seine Zeichnung an MÜrLer zur Bestimmung und so erhielt sein Thierchen von MüLzer den Namen Yibrio Undula. 
Die Zeichnung ist nach zu kleiner Vergrösserung entworfen, zeigt aber deutlich die Form des Spirillum volutans durch mehrfache 
Schraubenwindungen.. Mürzer selbst lernte diese Form schon 1782 in einem Aufguss von Sonchus arvensis kennen , hatte aber noch 


. längere Schrauben angetroffen, die ihn bestimmten, jene kürzern von Herrmann als V. Undula aufzuzeichnen. Auch erst in dem spä- 


tern Infusorienwerke ist bei U. Undula bemerkt, dass es Formen dieser Art mit mehrfachen Spiralwindungen gebe. Borr fand seine 
Art in einem Wassergefässe, worin die Samendrüsen von Fröschen sich aufgelöst hatten, die er damals untersuchte. Auch in andern 
Aufgüssen thierischer und menschlicher Substanzen fand er dergleichen. Ich selbst habe diess Thierchen immer auch in übelriechenden 
Infusionen mit weisser Haut beobachtet. Im Jahre 1829 sah ich es auf der Reise mit Herrn von Humsoror in Petersburg in Was- 
ser, worin Fleisch faulte. Neuerlich beobachtete ich es am: 10. Juni und 27. Juli 1835 in einer vegetabilischen faulen Infusion sehr 
zahlreich. Im Allgemeinen ist diese grössere Art seltner als die kleinere. Nach Könter’s ersten und vielfach besten Untersuchungen 
könnte die grössere Form desshalb seltner seyn, weil die kleine nicht oft sich soweit entwickle, allein ich habe die kleine so zahllose 
Male beobachtet und Millionenweis gesehen, dass diese Entwicklung sich schwerlich der Beachtung entzogen hätte, indem man das 
Grössere leichter sieht als das Kleinere. Da diese starren Spirilla sämmtlich beim Trocknen ihre Form und Breite behielten, bin ich 
schon angeregt gewesen, sie für Panzerthiere zu halten, allein auf Platin-Blech verbrannte Massen davon zeigten sicher keinen 
Kieselpanzer, auch nichts Geformtes als Rückstand. Daher habe ich den Gedanken für jetzt fallen lassen. Mürzer’s Special- Name 
ist zum Genus-Namen erhoben worden. — Länge der Spirale “02 bis %/,s Linie. Dicke etwa */ı2oo Linie. 


Erklärung der Abbildungen Tafel V. Fig. XIM. 


Es sind 3 Gruppen nach 3 verschiedenen Vergrösserungen dargestellt. 
Fig. 1. ist die in Petersburg beobachtete Form in 6 Spiralstäbchen, welche bei gleicher Vielzahl von Windungen ansehnlich kleiner, nur gg gross 
war. Vielleicht ist noch eine besondere Art hierin verborgen. Die Vergrösserung beträgt 300mal. 
Fig. 2. ist dieselbe, 800mal vergrössert, in 10 andern Stäbchen und in verschiedenen Graden der Anhäufung von Einzelthieren durch Selbsttheilung zu 
Spiralen. Aehnlich ist Grurtauisen’s Abbildung aus München (Beitr. z. Physiol. u. Eautognosie p. 302. Taf. I. Fig. 10. 1812.). 
Fig. 3. ist in Berlin in Pflanzenaufgüssen beobachtet und bis 4/,, Linie gross, 800mal vergrössert, 


/ 


Nachtrag zur Gattung Spirillum. 


Seit der Feststellung der Gattung Spirillum ist sie von andern nur durch eine Art vermehrt worden, die besonders merk- 
würdig, aber unhaltbar ist. Es ist Spirillum Bryozoon von Dr. Unser. Sie fand sich in den sogenannten Antheren der rosenarti- 
gen Enden des Sphagnum capillifohum (Regensburger Botan. Zeitung, Flora 1834. I. p. 143—150. Tafel I. Fig. 4—8.), 
Dr. Werneck fand dasselbe, im Sphagnum squarrosum, hielt es aber für kein Sperillum, sondern für ein Spermatozoon (Ebenda 
151). Nach einer früheren Beobachtung von Frıror. Ners von EsEnBEck (Ebenda 1822. p. 33.) waren die Körperchen in den- 
selben Antheren desselben Sphagnum capillifolium. vundliche monadenartige Dinge. Dass hierbei nicht an Spwrilla oder Monaden 
zu denken sey, scheint sehr klar, allein da ich neuerlich keine dergleichen Antheren untersuchen konnte, so halte ich mein Urtheil zu- 
rück. Sollte aber nicht gerade der zuweilen runde, zuweilen geschwänzte. Zustand die höchst interessante Frage über die Natur dieser 
Körperchen völlig lösen? So rund und dann geschwänzt ist ja gerade alles Pollen gebildet! Es waren also wohl Pollenkörner, die 
Ners jünger und ganz, Unser älter und geplatzt mit ihren Schläuchen sah? (Vergl. p. 38 dieses Werkes.) 

. Ferner könnte es scheinen, dass MüLner’s Vibrio serpens noch eine Art dieser Gattung Spirzllum sey, allein ich bin 
der Meinung, dass MÜrLer die oft blassgrüne Farbe dieser ‘zuweilen sehr intensiv grün gefärbten, geschlängelten, steifen und faden- 
artigen Alge für wasserfarben gehalten hat. Die Form selbst war auch 1786 nicht neu, sondern schon 1774 von .Corrı (Osservaz. 
microscopiche p. 15.) in 2 Arten bekannt gemacht und Tab. I. F. 8 und 9 daselbst abgebildet. Er nannte sie Tremella a spira 
maggiore und minore. Diese Form gehört offenbar zu den Oscillatorien und ist auch von mir bei Berlin häufig beobachtet wor- 


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den. Turrın bildete sie 1828 im Diction. d’hist. nat. als Spirulina oseillarioides al und Bory zeigte 1829 im Diet. elas- 
sique d’hist. nat. diese neue Gattung als eine ihm völlig unbekannte Form an, ohne zu gedenken, dass er selbst 1824 eine Gattung 
Spirulina hei den Infusorien aufgestellt hatte. Da Borv’s Gattung Spirulina sich, des von ihm gegebenen Characters der flach zu- 
sammengedrückten Spirale halber, höchst wahrscheinlich auf sein Sp. Ammonis gründete, denn sein Sp. Mülleri war der kugelrunde 
Volvoxz Grandinella, und da jenes Sp. Ammonis nach einer unklaren Figur von Josror gebildet ist, welche vielleicht eine junge 
Planorbis (Scheibenschnecke) oder Difflugia darstellt, so scheint der Name Spirulina in Turrın’s Sinne für die Algengattung 
beizubehalten, welche demnach 2 Arten besitzt: ‚Spirulina oscillarioides oder major und Sp. minor (vergl. Spirodiscus fulvus). 


DREISSIGSTE GATTUNG: SCHEIBENSPIRALE. 
Spirodiscus. Spirodisque, 


CHARACTER: Animal e familia Vibrioniorum, divisione spontanea imperfecta (et obliqua?) in catenam 
filiformem s. cochleam rigidam disciformem accrescens. 


CARACTERE: Animal de la famille des Vihrionides, se developpant par division spontanee im- 
parfaite (et ohlique?) en forme de chaine allongee ou de spirale raide et tournee 
en disque. 


Die Gattung der Scheibenspirale unterscheidet sich von den nächstverwandten Gattungen der 
Familie der Zitterthierchen durch eine aus unvollkommener (und schiefer?) Selbsttheilung hervorgegangene 
fadenartige Kettenform, welche unbiegsam ist und eine scheibenartige Spirale bildet. 

Die Gattung wurde 1830 in den Abhandl. der Berliner Akademie p. 65 angezeigt und ich war da- 
mals der Meinung, dass in Trichoda Bomba und vielleicht auch Volwox Grandinella von MüLLer noch 
andere Arten dieser Gattung vorhanden seyn möchten. Letztere hatte bereits Bory 1824 in eine Gattung 
Spirulina gebracht, in welche später Turrm die Oscillatoria spiralis zog und die von der mir bekannten 
Form sehr verschiedene Körper enthielt. Ich kenne nur eine Art. — An Organisation ist so wenig ermit- 
telt, dass ich die ganze Gattung für unsicher halte. Die langsame Bewegung und die anscheinende Gliede- 
rung beim Antrocknen der tellerförmigen Spirale sind das alleinige Anhalten für die Organisation und die 
gegebene Stellung. (Vergl. Nachtrag zu Spirzllum.) 

Der Aufenthalt war Syrjanofskoi im Altaigebirge. 


99. Spirodiscus fulvus, gelbbraune Scheibenspirale. Tafel V. Fig. XIV. 


Sp. cochlea lenticulari, obsolete articulata, fulva, 100mam lineae partem fere lata. 


Spirodisque fauve, a spirale lentieulaire, indistinctement articulee, fawve, egalant "|, millimetre en 
largeur. 


Spirodiscus fulvus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 65. 67. 1831. p. 68. 


Aufenthalt: Syrjanofskoi im Altaigebirge. 


Ich entdeckte dieses Thierchen in mehreren Exemplaren zwischen Conferven des Gebirgswassers bei Syrjanofskoi auf der 
Reise mit Herrn ALzrxanner von Humsoropr im Jahre 1829. Die Eile der Reisebeobachtungen lässt mich in diese seitdem nicht 
wieder beobachtete Form zwar einige Zweifel legen, allein im Ganzen mag die Bezeichnung doch nicht allzu unrichtig seyn. Es hatte 
eine langsame wälzende deutliche Bewegung und erschien dabei linsenartig. Beim Verdunsten des Wassers erschien es gegliedert. Dass 
es von Mürzer’s Volvox Grandinella, welcher kugelförmig und farblos war, sich als Art unterscheidet, scheint mir fest begründet, ob 
es generisch zu trennen, kann bedenklich erscheinen und dann wäre der Name Spirulina Grandinella zu wählen. Allein der von 
Bory gegebene Name Spirulina ist auch, später zwar, der Oscillatoria spiralis des Corrı von Turrın gegeben (siehe den Nach- 
trag zu Spirillum) und bei dieser Form von Borv sogar anerkannt, während sein für den Yowox (Spirulina Mülleri) gegebener 
Character ‚als scheibenförmige Spirale“ auf diesen nicht, sondern auf die Spirulina Ammonis, ein Thierchen von Jogror, passt, 
welches wohl eine junge Scheibenschnecke, P/anorbis, oder Difflugia war. Rasraır scheint dasselbe 1827 wieder beobachtet und Tr:- 
choda Bomba genannt zu haben, welche letztere ich für einen Szentor halte. (Rasraır, Alcyonella, Mem. de Ia soc. d’ hist. nat.) 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. XIV. 


Es sind 4 Exemplare nach den im Altai gemachten Abbildungen dargestellt; die zwei mittleren sind halb von der Seite, die 2 seitlichen von 
oben gesehen. Durchmesser %/,,, Linie. Vergrösserung 200mal. 


, | Bu 


FÜNFTE FAMILIE: SPINDELTHIERCHEN.- 
Closterina. Closterieces. 


CHARACTER: Animalia polygastrica anentera (tubo intestinali destituta), gymnica (non appendiculata), 
et corpore uniformi involuerato seu loricato, Cryptomonadibus simillima, cum lorica sponte 
et imperfeete dividua, hine in polyparium bacilliforme (aut fusiforme) abeuntia, papillis de- 
nique in loricae apertura diseretis. 


CARACTERE: Animauz distinctement ou vraisemhlahlement polygastriques, sans canal alimen- 
taire, sans appendices du corps et & corps uniforme, semblahles aux Cryptomonades 
par leur enveloppe ou carapace el se divisant avec T enveloppe par division sponta- 
nee imparfaite, de maniere & constlituer un polypier en forme de haguette, de fil ou 
de fuseau; enfin a papilles constantes et mobiles dans l owerture de la carapace. 


Es gehören zur Familie der Spindelthierehen alle solche deutlich oder doch wahrscheinlich den 
Panzermonaden ähnliche Thierchen mit vielen Magen und ohne deutlichen Darmkanal, welche keine beson- 
dern Anhänge am Körper und eine unveränderliche Körperform besitzen, die aber von einer besondern Hülle 
oder Panzer umgeben sind und sammt dieser sich unvollkommen so theilen, dass sie stabartige, fadenartige 
oder spindelartige Polypenstöcke bilden, und welche bestimmte Bewegungsorgane in der Panzeröffnung (an 
der Mundöffnung?) führen. 

Die Familie der Spindelthierchen wird bis jetzt aus 16 Thierarten gebildet, welche so wenig 
physiologisch wichtige Unterschiede der Organisation zeigen, dass sie alle in einer einzigen Gattung, (lo- 
sterium, zusammengehalten werden konnten. Alle diese Thierchen sind sehr pflanzenartig und träge. Schon 
BoNAVENTURA Corrı hatte 1774 dergleichen beobachtet und mit dem Namen Corpicetti a Baccello_abge- 
bildet, und 1775 gab auch Eıcnuorn Nachricht und Zeichnung unter dem Namen der halbe Mond. Beide 
beobachteten eine willkührliche sehr langsame Ortsveränderung an den Körperchen schon deutlich, MüLLEr 
hatte sie vor 1784 als Pflanzen betrachtet, dann aber überzeugte er sich von ihrer thierischen Natur und 
nannte sie Pibrio Lunula (Naturforscher XX. p. 142). Hermann beschrieb sie ebenfalls 1784 mit MÜL- 
LERS Namen, sah keine Bewegung und gab eine sehr kleine Abbildung. In MüLLer’s nachgelassenem Werke 
von 1786 sind sie unter dem Namen Pibrio Lunula unter den Infusionsthieren umständlich aufgeführt. 
GiRoD CHAnTrans bildete 1802 solche Formen als Conferven-Keime ab. Eine 2te, bewegungslose, Art be- 
schrieb erst Scarank 1803 als Pibrio acerosus. Im Jahre 1817 sonderte Nırzsch alle starren Körper- 
chen von Yibrio ab und nannte die prismatischen Bacillaria, die drehrunden aber Olosterium. Er war 
damals von der später verlassenen Idee eingenommen, dass Pflanzen und Thiere als Species einer und der- 
selben Gattung organischer Körper vorkämen, und hielt Olosterium Lunula und ©. tripunctatum? für 
vegetabilische, C7. Acus für thierische Species (Beiträge zur Infusorienkunde, p. 60. und 67.). Im Jahre 
1821 sah GRrUITHUIsSEN bewegte Körperchen in den Spitzen der Hörner und bestätigte die freie Bewegung 
des Ganzen, hielt aber die ersteren für innere Samenkörner, wie bei Conferva ferax, und das Ganze für 
eine Pflanze (Acta Nat. Our. X. 2. p. 449.). Scnrank stellte 1823 die beiden Formen dieser Familie in 
die Gattung Bacillaria (Acta Nat. Cur. XI. 2. p. 533.). Bory DE St. Vincent bildete 1824 aus diesen 
und andern heterogenen Thierformen (Lyserves Echinellen) die Gattung Zunulina, welche mithin unnö- 
thig war, in der Encycloped. method. wit 5 Arten, von denen aber nur 1 als neu hier aufgenommen ist. 
Die selbstständige Bewegung bestätigt er auch. Im Jahre 1828 wurden in den Symbolis physicis von HEn- 
PRICH und mir 2 Formen dieser Familie vom Sinaigebirge als Olosterium Lunula und Bacillaria multi. 
striala auf Tafel II. der Phytozoa abgebildet, und in den Abhandl. der Berlin. Akademie von 1829 p. 15. 
als 2 Arten der Gattung Closterium bezeichnet. Turrın bildete 1828 dergleichen Formen als Zunulina 
unter den Pflanzen ab (Diet. des sc. nat.). Auf der Reise mit Herın ALEXANDER von HumsoLpT in Russ- 
land 1829 entdeckte ich 2 neue Arten, welche in den Abhandl. der Berlin. Akademie von 1830 in der Fa- 
milie der Bacillarien.p. 40. und 62. verzeichnet sind, und ich beobachtete damals, dass die in den Spiz- 
zen der Hörner sichtbaren bewegten Körperchen in der Nähe von Oeffnungen des Panzers lagen und 12 
bis 20, die Ortsveränderung bedingende, Papillen wären, die zuweilen hervorragten. Diese Beobachtung 
wurde in der Isis 1830 p. 168. mitgetheilt und ausführlicher im Texte zu den Symbolis physicis, Ever- 
tebrata I. Polygastrica Fol. b. «. 2. beschrieben. Ebenda wurde COlosterium als zwei mit dem Rücken 
an einander geheftete, mit dem Munde sich entgegengesetzte, Difflugien erläutert. Im Jahre 1831 wurde 
in den Schriften der Berliner Akademie eine besondere Familie der Closterinen als gepanzerte Zit- 


terthierchen, im Gegensatze der Bacillarien als gepanzerten Amoebaeen, aufgestellt und die Zahl 
der Arten der einzigen Gattung Olosterium auf 9 erhöht. Im Jahre 1832 wurden in einem erst 1854 ge- 
druckten Vortrage ebenda noch 2 neue Arten mit neuem Detail des Organismus sammt Copulation bekannt 
gemacht. Im Jahre 1833 beschrieb ein mannigfach sehr glücklicher Beobachter, Kürzıne, 6 Arten der Gat- 
tung Closterium als Pflanzen der Familie der Diatomeen in der. botanischen Zeitschrift Zinnea p. 594., 
worunter 1 neue Art von NırzscH, 2 von ihm selbst und eine von CorvA befindlich, welche ich am genann- 
ten Orte noch beurtheilt habe und von denen keine als neu hier aufgeführt ist. Er war der Meinung, dass 
sie abwechselnd ein vegetabilisches und thierisches Leben führen. Ferner beschrieb Corpa selbst 1835 im 
Almanac de Carlsbad 5 Arten mit neuen Namen und bildete eine neue Gattung dieser Familie unter dem 
Namen Pleurosicyos myriopodus. Diese Mittheilungen erhielt ich nach dem Stiche der beiden Tafeln die- 
ses Werkes, welcher zu Ostern 1835 begann. Corpa hat auch bei einer seiner Arten die Copulation zweier 
Individuen gesehen, welche ich bei 4 Arten beobachtet hatte. Er glaubt mittlere Oeffnungen am Panzer ge- 
funden zu haben, spricht von einem Mund, Darmkanal, nennt die bewegten Körpercehen an den Enden eine 
Wirbelblase. Bei Copulation bildet er die mittleren Oeffnungen bei einem Individuum auf der convexen, beim 
andern auf der concaven Seite ab. Die innern Kugeln nennt er Oeltropfen. Die spiralförmige grüne Masse 
im ©. spirale hält er für den Darmkanal. Bei Pleurosicyos myriopodus nennt er die hellen seitlichen 
Stellen ‚Füsse. Von diesen Arten ist nur das Cl. didymotocum vielleicht eine neue Art, alle übrigen sind 
die schon 1831 verzeichneten Formen. Die neue Gattung Pleurosicyos ist derselbe Körper, welchen ich 
Cl. Digitus nannte, und die hellen Stellen sind keine Füsse und keine Oeffnungen. Es ist Schade, dass 
diese Details des fleissigen Beobachters und geschickten Zeichners nach zu grossen Feinheiten streben und 
daher nicht buchstäblich der Wissenschaft zu Gute kommen. MeyEn behauptet in WıEsMmAnNs Archiv für 
Naturgeschichte 1836. I. p. 208.: Die Closterien sind keine Thiere, sondern Pflanzenzellen, die mit Chlo- 
rophyli gefärbt sind, ganz so wie die Confervenzellen. Der beschränkte Raum setzt aber, wie er sagt, 
weiterer Ausführung ein Ziel, warum sehr Schade ist, da jede Behauptung ohne Begründung wissenschaft- 
lich nur störend ist. Durch Oeffnungen der concaven Seite sah er auch 2mal das Hervortreten der 
Sporenmasse. Im Jahre 1836 sind von mir in Wisemann’s Archiv p. 185. des Jahresberichts die Synonyme 
zu Corpa’s Closterien gegeben. Zuletzt hat C#. MorreEn in Lüttich, ohne die Geschichte dieser Körper zu 
kennen, eine Art der Gattung Closterium ausführlich beobachtet und beschrieben und sich verleiten lassen 
zu glauben, dass alle, oder doch 6 von mir angezeigte, Arten nur Varietäten einer und derselben Art, und 
dass alle Pflanzen wären, daran die Bemerkung knüpfend, dass also das meinen Mittheilungen über die In- 
fusorien geschenkte Vertrauen nicht überall gerechtfertigt sey. Ich darf diesen Tadel hier nicht übergehen 
und bemerke dagegen, dass ich die Closterien zwar als höchst wahrscheimliche, aber nie, auch jetzt nicht, 
als völlig erwiesene, Thierformen dargestellt habe, da ich nirgends von Darstellung ihres Ernährungsappa- 
rates gesprochen, und hoffe, dass die selbst im speciellen Falle hier vorliegenden Studien und Gründe so- 
wohl nicht verlangtes Vertrauen rechtfertigen, als auch vor den Irrwegen zurückhalten werden, worauf we- 
niger umsichtige Beobachter der Wissenschaft schaden. Herr Morren hat zwar recht wohl ansprechende 
Abbildungen mit vielem Detail gegeben, allein er hat die Oeffnungen an den Spitzen der Hörner nicht er- 
kannt und hat von den mir bekannt gewordenen 16 Arten nur eine einzige beobachtet, deren Geschichte und 
Variation mir noch bekannter war, als sie es ihm geworden ist. Selbst wenn sich auch später meine durch 
sorgfältige Studien gebildete Meinung über die 16 Closterien als irrig ergäbe, welch Recht hat wohl Herr 
Morren, diess auf 655 Infusorien auszudehnen, von denen er nur eins beobachtete und vielleicht doch ir- 
rig für eine Pflanze hielt? (Annales des sc. naturelles 13836. Tom. V. p. 257.) 

Der Organisationsgehalt der Familie ist der der Gattung. Ich bin weit entfernt, dem Thierreiche, 
das keinen Mangel an Formen leidet, Pflanzen aufzudringen und die 16 Closterien sammt den etwa noch 
16 ähnlichen, schwierig zu beurtheilenden, Formen grundlos den mehr als 600 wohl organisirten Infusorien- 
Thieren anzureihen, um deren Zahl zu vergrössern, fahre vielmehr hier, wie früher, fort, die Charactere 
dieser Formen scharf zu untersuchen und vergleichend hervorzuheben, welche der spätern Zeit das Urtheil 
festzustellen schon erlauben werden. dh» 

Der Grund, warum die Closterien nicht Pflanzen, sondern Thiere zu seyn scheinen, liegt in nicht einem, 
sondern vielen Characteren. 1) Sie haben freiwillige Bewegung, welche schon Corrı kannte; 2) sie haben 
an den Spitzen Oeffnungen, die von mir zuerst angezeigt wurden; 3) sie haben fortdauernd bewegte, sogar 
hervorragende, beständige Organe dicht hinter den Oeffnungen, die ich zuerst als solche erkannte, welche 
aber schon GRrUITHUISEN sah; 4) sie haben queere Selbsttheilung, welche schon MüLLer sah. Diese 4 Haupt- 
charactere schliessen die Closterien von allen bekannten Pflanzen aus und reihen sie den Infusorien natür- 
lich an, denn alle Pflanzen, welche freiwillige Bewegung, offene Mündungen, Füsse und Selbsttheilung ha- 


BD  ___ 


ben, kann man, auch ohne sie essen zu sehen, ohne Vorwurf zu den Thieren zählen. Die übrigen, schein- 
bar an die Conferven nah antretenden, Structurverhältnisse liessen sich etwa auf folgende Weise den Infu- 
sorien ebenfalls vergleichbar finden. — Der Panzer oder die Hülle, welche den weicheren Organismus um- 
schliesst, hat die Gestalt eines Büchschens ( Urceolus), ist gelblich oder farblos, und an beiden Enden bei 
vielen Arten deutlich offen. Von ihm umschlossen ist ein sehr zarter, schleimiger, erystallheller Körper, 
welcher oft von grünen Körnchen, die Eier seyn können, und Bläschen ganz erfüllt ist. Dieser Panzer 
lässt sich zu Kohle verbrennen und ganz verflüchtigen, wobei er sich vorher kräuselt. Mittlere Oeffnungen 
der Spindeln, welche CorpA angiebt, habe ich nirgends bestätigen können. — Am Bewegungsorganismus ist 
so viel ermittelt, dass sehr kurze, zarte und durchsichtige Organe in Form conischer Papillen in der Nähe 
beider Panzeröffnungen im innern Raume liegen und nur sehr wenig hervorschiebbar sind. Trübt man das 
Wasser mit Farbe, so sieht man zuweilen deutlich, wie bei Naweulis, ein Hin- und Herschieben der Far- 
betheilchen an den Enden des Closteriums, und ich erkannte eine Mehrzahl abwechselnd hervortretender 
Wärzchen, die mir an Zahl in directem Verhältniss mit den runden, langsam bewegten, innern Körperchen 
in der Nähe der Oeffnungen zu stehen schienen. Ich bin daher geneigt geworden, diese letzteren für die 
Basaltheile jener etwas vorragenden conischen Wärzchen, welche mit einer Mehrzahl von nicht wirbelnden 
Rüsseln vergleichbar sind, zu halten, doch habe ich keine völlige Klarheit über den Zusammenhang erlangt 
Beim Zerschneiden der Spindel und Ausfliessen des Inhalts zieht sich der Haufe bewegter Körperchen kant 
dem gallertigen 'Thierkörper von der Spitze zurück der Mitte zu und dehnt sich in eine lange Reihe. Alle 
bekannten Arten haben diesen Organismus. Früher verglich ich ihn mit den Wechselfüssen der Arcella, 
allein ich halte jetzt die Zahl für bestimmt. Vergleicht man die zu bewegende Masse des Closteriums mit 
diesen zarten Bewegungs- oder Tastorganen, so passt auch die Langsamkeit der Bewegung auf das Miss- 
verhältniss der Organe zum Körper. — An Ernährungsorganen lässt sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit ein 
polygastrischer Apparat erkennen, welcher einen Theil der Blasen oder hellen Stellen bildet, die zwischen 
- der grünen körnigen Masse liegen. Man hat aber diese Magenblasen wohl zu unterscheiden von den vielen 
rundlichen und drüsigen Körpern, welche daneben oft zerstreut liegen und fälschlich Oeltröpfchen genannt 
wurden, die auch zuweilen Reihen bilden. Die Magenzellen sind wohl nur die sehr kleinen farblosen, nie 
grünen Blasen. Aufnahme von Farbestoff habe ich nie beobachtet. 

An Sexualorganen lässt sich vielleicht der volle thierische Gehalt bereits nachweisen. Die grünen 
Körner, welche den Körperraum meist erfüllen, hat man ein Recht, nach der Analogie von Stentor, Bursa- 
ria u. Ss. w., für Eier zu halten. Diese Eier sind nach den verschiedenen Arten verschieden gruppirt, auch 
nach den Entwickelungszeiten etwas anders geordnet. Meist sind sie in mehr oder weniger dicken und 
zahlreichen cylindrischen, hüllenlosen Trauben von der Mitte aus nach den beiden Enden verlaufend, zuwei- 
len sind diese Cylinder bandartig, gewunden oder gekräuselt, so bei ©. striolatum und acerosum, was 
vielleicht Veranlassung zum CI. spirale gegeben. Jener spirale Körper ist ein solcher, vielleicht mehr- 
facher, Körnerschlauch. Am auffallendsten unterscheidet sich €7. Digitus durch gezahnte, bandartige Kör- 
nerschläuche, wie sie auch bei Conjugaten vorkommen (vergl. Tafel XXIX. Fig. IV. und V. dieses Wer- 
kes), deren Zwischenräume für Oeffnungen gehalten worden sind. Eingesenkt in dieselben Körnerschläuche, 
angeheftet oder dazwischen zerstreut finden sich grössere kugelartige drüsige Körper, welche helle Flecke 
bilden und oft reihenweis gelagert sind. Diese eben nennt CorpA Oeltröpfchen. Sie haben ganz offenbar 
einige Aehnlichkeit mit den in den grünen Bändern der Conjugatae befindlichen hellen Körpern; darüber 
vergleiche man den Nachtrag. Hier ist es ‚möglich, die paternosterschnurförmige Bildung der männlichen Sa- 
mendrüsen bei Sientor und ihre Mehrzahl bei Zuglena zur Vergleichung zu ziehen. So fehlt es also nicht 
an organischen Verhältnissen, welche mit weiblichen und männlichen Sexualtheilen vergleichbar wären. Con- 
tractile Organe sind nicht erkannt. Einer besondern Erwähnung verdienen aber noch andere Fortpflanzungs- 
verhältnisse durch Selbsttheilung und Doppelknospen oder Copulation. Jedes einfache Spindelthierchen scheint 
schon ein in der Mitte zusammengewachsenes Doppelthier zu seyn. Queere vollkommne Selbsttheilung 
schnürt es oft in der Mitte ab in 2 Theile, die sich völlig ausbilden. Ausserdem giebt es bei einigen Ar- 
ten eine mehrfache queere Selbsttheilung, welche sich vor dem Tode nie völlig löst (Cl. striolatum und 
Digitus), und deren Theile sich unähnlich bleiben. Ganz besonders merkwürdig ist aber die Copulation. 
Man kannte diese Erscheinung sonst nur bei Conferven, die man desshalb Oonjugatae nannte, allein im 
Jahre 1818 beobachtete ich sie auch bei Schimmeln, die wahre Pilze sind (Syzygites, Verhandl. d. Ge- 
sellsch. naturf. Freunde zu Berlin I.). Es scheint mir darin ein pflanzlicher Character nicht nothwendig zu lie- 
gen. Es giebt Knospen bei Thieren und Pflanzen, warum sollte da, wo viele andere wichtige Charactere 
für thierische Natur sprechen, die Copulation allein dagegen entscheiden? Diese Copulation ist offenbar 
kein Geschlechtsaet, keine Ei- oder Samenbildung, sondern vielleicht eine Art Doppel-Knospenbildung, welche, 

23 


ee: 


90 


wie die gewöhnliche einfache, Thieren und Pflanzen gemein seyn kann. Diese Doppelknospen passen recht 
wohl zur oben erwähnten Ansicht der Duplicität aller Spindelthierchen. — Empfindungs- und Athmungsor- 


sane sind nicht beobachtet. 
Die geographische Verbreitung dieser Familie und Einzelgattung ist im arabischen und sibirischen 


Asien und durch ganz Europa im Süsswasser direet beobachtet worden. 


EINUNDDREISSIGSTE GATTUNG: SPINDELTHIERCHEN. 
Ciosterium. Clostere. 


CHARACTER: Animal Closterinorum familiae characteribus instructum. 
CARACTERE: Animal ayant les caracteres de la famille des Closteriees. 


Zur Gattung der Spindelthierchen gehören alle bisher bekannte Formen, welche den Character 
der Familie der Spindelthierchen besitzen. 

Es sind bisher 16 wirkliche Arten der Gattung aufgefunden worden, beschrieben sind aber 27 Ar- 
ten. Die Geschichte der Gattung ist bei der Erläuterung der Familie umständlich mitgetheilt. Ebenso be- 
zieht sich alles dort von Organisation, Fortpflanzung und Verbreitung Gesagte auf die einzige Gattung, von 
welcher mit Unrecht eine Gattung, Pleurosicyos, getrennt worden war. Der Name Mülleria von LECLERC 
kann nicht angewendet werden, weil es schon eine Pflanzengattung gleiches Namens von Liss& giebt. Zu 
besserer Uebersicht der Arten lassen sich 2 Subgenera bilden, deren 1, COlosterium, 8 glatte Arten, das 
andere, Toxotium, eben so viel gestreifte enthält, und die sich wie Mavieula und Surirella verhalten. 


a. Glatte Spindelthierchen, Olosterium. 


100. Closterium Lunula, halbmondförmiges Spindelthierchen. Tafel V. Fig. XV. 


Cl. semilunare aut rectiusculum glabrum, apicibus attenuatis, rotundatis, glandulis sparsis, granulorum yiridium taeniis 
pluribus, fere 10. 


Clostere Lunule, argue ou droit, glabre, aminci et arrondi aux deux extremites, ayant les glan- 
dules internes Eparses et les granules vertes en plusieurs (10) fils. 
Der halbe Mond, Eıcuuorn, Kleinste Wasserthiere, p. 48. Tafel V. Fig. C. 1775. (1781.) 
Vibrio Lımula, MüLLer, Naturforscher XX. p. 142. 1784. 
— — Hermann (nach MüLuer) ebenda p. 169. Tafel II. Fig. 59. 1784. 
SE —  Mürzer, Animalc. infus. p. 55. Tab. VII. Fig. 13. und 15. 1786. 
Mülleria? Lamula, Lecuerc, 1802.2° 
:Conferve inedite Nr. 77. (Zygnema deciminum),, GIROD CHANTRANS, Recherch. sur les Conferves, T. 33. 1802, 
Mülleria? Lamula, Schrank, Fauna boica III. 2. p. 47. 1803. 
Closterium Lunula, NırzscH, Beiträge z. Infusorienkunde, 60. und 67. 1817. ? 
Vibrio Limula, Grurtavssen, Acta Nat. Curios. X. 2. p. 449. 18241. cfr. Cl. moniliferum: 
Baeillaria Limula, ScHhRANK, — — — XI. 2. p. 533. 18233. 
Lunulina vulgaris, Borv, Encycl. meth. 1824. Diction. classig. d’hist. nat. 18%. 
— — Turrın, Dict. d’hist. nat. Planch. Vegetaux I. F. 3. 1838. 
Closierium Lunula, HEmPRıcH u. EHRENBER&, Symbolae physicae. Evertebrat. L, Phytozoa Tab. II. IV. Fig. 6. 1823. 


— — Isis, 1830. p. 168. 
E — Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 7. 15. 1830. p. 40. 56. 62. 1831. p. 67. 


— — Symbolae physicae. Text 1830. (1831.) Fol. b. «. 2. 
— —_ Kürzıne, Algae aquat. siccatae, Dec. III. Nr. 22. £833. und Synopsis Diatomearum , Linnea, 1833. p. 596. 


Closterium Lumula und acuminatum, Corva, Almanac de Carlsbad 1835. p. 190. Tafel V. Fig. 56 — 60. 
== E MorREN, Annales des sc. natur. 1836. Tom. V. Botanique p. 263. Tafel IX. X. u. XI. mit Ausschluss fast aller Sy- 


nonyme und der Fig. 43. auf Tafel XI. 
Aufenthalt: Bei Danzig, Copenhagen, Strassburg, Landshut, München, Paris?, Thal von Montmoreney, Halle, Berlin, Prag, bei 
Brüssel und bei Gent, Catharinenburg am Ural, Tobolsk am Irtisch und in den Quellen des Sinaigebirges in Arabien. 


Die erste Beobachtung aller Naturkörper ist meist unbefangen und pflegt daher die beste zu seyn. Spätere Beobachter wollen 
mehr und anders sehen, daher die gewöhnliche Verwirrung, welche sich erst nach langer vieler Mühe und nur an der Natur selbst wie- 
der entwickeln lässt. Das halbmondförmige Thierchen gehört zu den interessantesten Erscheinungen des Mikroskops und ist sehr 
gemein zu allen Jahreszeiten zwischen Conferven der Bäche, im grünen Schleime klarer Wasserrinnen und abfliessender Bassins. Corrı 
beobachtete 1774 Cl. Dianae und acerosum. Eıcnuorn, der erste Beobachter des C7. Lunula, fand es im Sommer in Danzig und 
hielt es mehr für ein Thier, als für eine Pilanze. Er glaubte an den Spitzen eine Vertiefung als Mund zu sehen, was wohl die Hau- 
fen der bewegten Papillen waren, denn bei so kleiner Vergrösserung mussten die wahren Oeffnungen ihm unbekannt bleiben. In seiner 
Zeichnung sind Längsstreifen, welche die Beschreibung nicht erwähnt. Vielleicht sah er also die bandartigen Eierschläuche schon deut- 
lich, denn zu Panzerstreifen sind diese Linien zu stark und sparsam. Aus MüÜrrer’s Abbildungen geht deutlich hervor, dass er bei 
Copenhagen diese Art beobachtete, doch gehören nur Fig. 13. und 15. ganz sicher hierher. Fig. 9. bis 11. ist C7. moniliferum, 
Fig. 14. vielleicht O7. turgidum, wenn die Streifung nicht bloss Schattirung ist. Turrın gab 1828 Abbildungen von Borr’s Zu- 
nulina vulgaris im Diet, d’hist. nat. Es sind 2 sehr wenig vergrösserte Formen, deren linke zu ©. Lunula, deren rechte zu 
Cl. moniliferum gehören mag. Borr beobachtete diese Form im Thale von Montmorency. Die von mir in den Bächen des Sinai- 
gebirges 1823 beobachtete Form gehört offenbar hierher. Noch detaillirtere grössere Zeichnungen habe ich von dem sibirischen Thier- 
chen 1829 auf der Reise mit Herrn von Humsoror gemacht, welche eine zu unregelmässige Reihe von Drüsen zeigt, als dass sie 


zur folgenden Art gehören könnte. Kürzıne’s schöne Abbildung des Thierchens von Halle halte ich für unsicher in Beziehung auf 
diese Art. Es mag 07. moniliferum oder turgidum gewesen seyn, welche alle zusammen allerdings wohl das 07. Lunula von Nırzscn 
bildeten. Corna’s Abbildungen des €2. Lumula (Fig. 36—58.) und des 07. acuminatum (Fig. 59 —60.) von Prag gehören wohl 
deutlich hierher. Der in Fig. 57. abgebildete Darmkanal existirt aber nicht. Er mag durch Verwechselung der bandartigen Eier- 
schläuche entstanden seyn. Eben so wenig habe ich je die mittleren, in der Zeichnung scharf angegebenen, Oeffnungen bei irgend ei- 
ner Art erkannt. Auch-in der copulirten Form (Fig. 59.) scheinen mir wichtige Unrichtigkeiten in der Zeichnung zu liegen, welche 
die Oeffnungen betreffen. Es ist Schade, dass durch diese Verhältnisse es auch unsicher wird, ob die angegebenen Oeffnungen an den 
Spitzen so deutlich gesehen worden sind. Ich habe gerade bei dieser Art die Oeffnung nie so deutlich direct schen können, obschon 
ich sie bei den meisten andern erkannte. Nachdem ich diese Art 1829 bei Catharinenburg gezeichnet hatte, fand ich sie auch wieder 
häufig bei Tobolsk in Sibirien mit 07, Trabecula, und da sah ich zuerst bei 400maliger Vergrösserung das langsame Spiel der aus 
dem Panzer hervortretenden conischen Wärzchen an den Spitzen (s. Zsös 1830). So deutlich isolirt habe ich sie dann nicht wieder ge- 
sehen, obwohl das Thierchen bei Berlin häufig ist, allein mit den Navieulis und selbst den grossen Arcellis geht es oft ebenso. Ich 
halte daher jene lange betrachtete Erscheinung fest. Ich habe damals unterlassen eine Zeichnung zu machen, weil ich sie noch besser 
in Berlin zu fertigen gedachte. Da ich es aber nicht so deutlich, obwohl oft, hier wieder sah, so habe ich es weniger deutlich und 
aus dem Gedächtniss nicht zeichnen wollen. Schneidet man das Thierchen entzwei, so zieht sich der grüne Inhalt sowohl, als ein die- 
sen umgebender farbloser Schleim (das eigentliche Thier?), in welchem die bewegten Papillen sitzen, sammt diesen aus dem Panzer 
langsam ganz hervor. Recht anschaulich machen Morren’s grosse Abbildungen viele Verhältnisse dieser Species. Herr Prof. Morren 
wird auch wohl jetzt selbst einsehen, dass die von ihm gezeichneten Formveränderungen nicht die von mir gemeinten Arten sind, aber 
dass alle seine Figuren bis auf (Olosterium acerosum) 42. und 43. der Tafel XI. zu dieser einzigen Art gehören, halte ich für 
unzweifelhaft. Er hat an Thieren von Brüssel und Gent Selbsttheilung und Copulation beobachtet, und letztere besonders mit grosser 
Aufmerksamkeit verfolgt. Die Copulation hält er für entschiedenen Character einer Pflanze. Ich habe schon oben meine Gegen- 
gründe angegeben, und dass die Selbsttheilung ein den Pflanzen widerstrebender Character ist ; habe ich anderweit (Berichte der Berli- 
ner Akademie 1836) entwickelt. Die bewegten Körper bei den Papillen hat Morren p. 277. roth gesehen und gefunden, dass sie in 
den von grüner Masse entleerten Spindeln fehlen. Er hält sie daher nicht für constante Organe. Er hält sie nicht für Augen wie bei 
Euglena, weil Closterium kein Thier sey (!) und weil sie körnig und bewegt wären. Er hält sie nur für eine Modification der grü- 
nen Substanz und stellt in Frage, ob sie nicht zur Fortpflanzung dienen. Dass er sie in entleerten (todten, vom Thiere verlassenen) 
Schaalen nicht mehr sah, war ganz richtig beobachtet, aber unrichtig auf das lebendige Thier angewendet. Wohl müssen sie fehlen, 
wo der ganze Organismus fehlt. Closterien, deren bewegte Körperchen in den Spitzen ruhen oder fehlen ‚ sind allemal todte Körper. 
Die rothe Farbe ist hier nur eine optische, und allerdings sind nicht alle rothen Pünktchen Augen, aber die rothen Punkte aller Infu- 
sorien, welche ich für Augen erklärt habe, scheinen es ohne Ausnahme doch zu seyn. Später, p. 279., hat er andere bewegte Körn- 
chen im Innern für einerlei mit den Papillen-Körperchen gehalten, denn bei vielen Arten sind periodisch bewegte Körnchen im oder 
zwischen dem Eierstocke sichtbar. — Die weisse mittlere Querbinde halte ich für den Centraltheil des innern farblosen Körpers, und 
in diesem vereinigen sich die grünen Körnerröhren mit stumpfen Enden. Ich zählte bis 10 bei dieser Art. Bei Verletzungen fliessen 
letztere in einander. Die drüsigen grösseren Kugeln im Innern, welche männlichen Samendrüsen vergleichbar sind, bilden mehrfache, oft 
unregelmässige, Reihen. — Grösse der grössten Thierchen bei Berlin /; Linie ‚ der vom Sinai "> Linie, der von Catharinenburg Yo 
Linie. Grösse der (Ei-?)Körperchen unter Yso0o Linie. Es mag also anfangende kleine Thiere von 2000 Linie Grösse geben;. die 
Knospen durch Copulation sind schon sehr gross und nicht den wahren Jungen, sondern den Theilen vergleichbar. Dass eine weitere 
scharfe Beobachtung dieser Verhältnisse sehr interessant ist, bedarf wohl keiner Andeutung. 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. XV. 


Es sind 3 schon sehr entwickelte Individuen bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. 
Fig. 1. ist ein in der Mitte dickeres, an den Enden stark verdünntes, Exemplar mit einigen deutlich begrenzten cylindrischen Körnerschläuchen. 
Fig. 2. ist ein grösseres, mehr gleichartig spindelförmiges, Individuum, dessen mittlerer farbloser Körper von der grünen Körnermasse sehr eingeengt ist. 
Fig. 3. ist ein zerschnittenes noch grösseres Thierchen, dessen Inneres sich sammt den Papillen der Spitze allmälig herauszieht. Die grösseren Kugeln 
zwischen grünen Eikörnchen sind die drüsigen, den Samendrüsen vergleichbaren, Körper. 


4101. Closterium moniliferum, Perlen-Spindelthierchen. Tafel V. Fig. XVI. 


Cl. semilunare, nunquam rectum, slabrum, apieibus attenuatis rotundatis landulis pellucidis in serie media unica dis- 
BD q 8 ’ 8 
positis, granulorum viridium taeniis pluribus, tribus medis distinctioribus. 


Clostere monilifere, argue, jamais droit, glabre, aminci et arrondi aux deux extremites , ayant 
les glandules internes au milieu en fil de perles simple et les granules vertes en plusieurs fils, 
dont les 3 du milieu sont plus distingues. 

Vibrio Lımula var., MüLLer, Animale. infus. p- 55. Tab. VII. Fig. 8-11. 1786. 


Pjlanzenthier, Gruitaussen, Beitr. z. Physiognosie u. Eautognosie, p. 33. T. I. Fig. 40. 
Olosterium Lwmula, Nırzsch nach Kürzıng. 1817. 


Lunulina monilifera, Borv, Encyclope&d. m6thod. 18%. Dict. classique d’hist. natur. 18%. 

Lunulina vulgaris, Turpın, Dict. des sc. nat. Planches Vegetaux I. F. 3. a. rechts. 1828. 

Closterium Lunula var., Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62. 

Closterium acerosum var., Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 68. 

Closterium Lumula, Kürzıne, Synopsis Diatomearum, Bot. Zeitschr. Linnea, v. SCHLECHTENDAL, p. 596. T. XVII Fig. 80. 1833. 
Closterium Lunula var., MorrREN? Annales des sc. nat. Botanique Tom. V. p. 337. Planche XI. Fig. 42. 


Aufenthalt: Copenhagen, München, Halle, Paris, Schlangenberg (Smeinogorsk) am Altai, Berlin, bei Brüssel und Gent. 


Diese bei Berlin mit der vorigen sehr häufige, vielleicht constant etwas kleinere, Form scheint sich überall mit ihr vereint zu 
finden. Im ersten Frühjahre fand ich sie zahlreicher als im Sommer, sah sie jedoch in allen Monaten des Jahres. Borr ve Sr. Vıx- 
CENT trennte sie zuerst, als besondere Art, 1824. Ich habe sie früher nie dafür anerkennen wollen, weil ich sie immer mit der an- 
dern fand und auch Uebergangsformen sah, allein ich habe sie neuerlich in solcher Menge und so in allen Entwicklungszuständen und 
Grössen constant gesehen, dass ich doch auch nun vorziehe ‚ sie als eigene Art abzusondern, zumal da es immer zweifelhaft blieb ‚ob 
sie zu GC. Lunula oder acerosum zu stellen sey und da C7. acerosum wit andern Arten an demselben Character der einfachen 


Drüsenreihe sehr fest hält. Als Character hatte Bory für ©. Lunula die rhombische Form bei der Aufsicht angenommen, welche 
dieser zweiten Art fehlen soll, allein das ist nur Entwicklungszustand. Kurz nach der Selbsttheilung haben alle Olosterien die etwas 
ıhombische Figur, wie es auch schon MürLer in Fig. 15. abbildete. Auch die übrigen von ihm angegebenen Charactere ausser der 
einfachen Drüsenreihe sind nicht unterscheidend. Seine Abbildung scheint Turrın im Diet. d’hist. nat. benutzt zu haben. Er selbst 
hat im Diet. classique, Bacillarices Fig. 6. nur Cl. Lumula bei zu geringer Vergrösserung abgebildet. Seine Lunulina Mou- 
geotü ist Synedra lunaris der Bacillarien- Familie. Grurtuvssen’s und Kürzıne’s Abbildungen des C2. Lunula sind die besten 
bisherigen dieser Art, nur sind von Letzterem die mittleren Drüsen nicht scharf beobachtet. Morren hat ein kleines Individuum als 
das Junge von O1. Lunula abgebildet. Copulation ist bei dieser Art noch nicht beobachtet. Der Körper ist bei dieser und der vo- 
rigen Art fast immer in der Mitte etwas aufgetrieben, doch sah ich Ausnahmen. Zuweilen verwandelt sich beim Zusehen ein krummes 
Closterium in ein gerades und umgekehrt, man hat dies für Biegung gehalten, allein es ist allemal und ohne Ausnahme nur ein Drehen 
so, dass die krumme Form nur die gerade Projection für's Auge erhält, wie man einen Ring von der schmalen Seite als gerade Li- 
nie sieht. Alle Spindelthierchen sind steif. Die jugendlich frischen Thierchen sind bis dicht an die Spitze grün. Das Grün ist ein 
helleres, mehr gelbliches, wärmeres, als bei der vorigen Art. Später oder beim. Sterben zieht sich die grüne Färbung (Eier) gegen die 
Mitte in 2 Massen zusammen. Diese Art hat weniger, aber lebhafter bewegte, Papillen in den Spitzen, als die vorige. Die Körper- 
chen oder Papillen varüren an Zahl bei einem und demselben Individuum nicht, aber bei verschiedenen oft. Sehr oft sind sie schwie- 
rig zu zählen, wenn man nicht das Thierchen zerdrückt und jedes Zählen ohne diess Mittel ist unsicher. Die kleinen Bläschen in 
der grünen Masse mögen Magenzellen seyn. Ortsveränderung deutlich, sehr langsam. Grösse von YUz6 bis Yıo Linie beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen, Taf. V. Fig. XVI. 


Es sind 7 Individuen in verschiedener Entwickelung dargestellt, alle 300mal im Durchmesser vergrössert, alle von Berlin. 
Fig. 1. ist.1/;, Linie gross, erwachsen, aber noch ganz jugendlich frisch, mit 7 bewegten Papillen in den Spitzen, je 5 (Samen?) Drüsen, 3 dunkleren 
Körner-Trauben (Eileitern?) als Längsbinden, vielen kleinen (Magen?) Zellen und sehr verengter heller Mittelstelle, 
Fig. 2. ist !/,; Linie gross, erwachsen, aber noch ganz jugendlich frisch, mit breiter farbloser Mittelstelle (Centraltheil des innern gallertigen Thierkör- 
pers?) mit 5 bis 6 bewegten Papillen, je 6 Drüsen und durch die (Ei-) Körnchen verdeckten (Magen -) Zellen. - 
Fig. 3. ist 1/ı, Linie gross mit sich verkürzender grüner Körnermasse, mit 8 bis 9 bewegten Papillen, je 5 grossen und einer kleinen (Samen?) Drüse, 


2 Längsbinden und vielen kleinen Zellen. 

Fig. 4. ist ein sehr junges Thierchen von !/;, Linie Grösse mit je 4 (Samen -) Drüsen, 4 bis 5 bewegten Körperchen und noch unentwickelten (Eilei- 
tern) Längsbinden. 

Fig. 5. und 6. sind ähnliche Jugendformen. 

Fig. 7. ist ein noch junges, schon in der Queertheilung befindliches, aber todtes Thierchen, daher ohne deutliche Papillen. 


102. Clostierium Dianae, Bogen-Spindelthierchen, Dianenthierchen. Tafel V. Fig.XVU. 


Cl. semilunare gracilius, utroque fine valde attenuatum, subacutum, glabrum, glandularum media unica serie, taeniis 
obseurioribus pluribus rectis aut flexuosis. 


Clostere de Diane, argue, grele, tres-aminei et presque aigu aux deux extremites, glabre; serie 
des glandules internes au milieu simple, a plusieurs raies vertes foncces longitudinales, droites 
ou lortueuses, 


Corpicetti a baccello, Corrı? Osservaz. microscop. sulla Tremella, p. 111. Tab. II. Fig. XVII. a, b. und m, n. 1774. 
Closterium ruficeps, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 67. 


Aufenthalt: Berlin, vielleicht Lucca in Italien. 


Diese sehr liebliche, schlanke Form der glatten Spindelthierchen, welche an Grösse der vorigen gleichkommt, ist nie in der 
Mitte bauchig, aber an den Enden sehr dünn, oft fäst spitz mit schwacher Abrundung. Da ich ausser dem Cl. striolatum noch ‘ein 
drittes, C7. turgidum , mit röthlichen Spitzen beobachtet habe, so schien es mir zweckmässig, den früheren Namen, O7. ruficeps, zu 
unterdrücken. Es lebt mit ©1. striolatum hei Berlin zuweilen so häufig in Torfwässern, dass ich in einem Uhrglase Hunderte bei- 
sammen hatte. Besonders zahlreich fand ich es nach 1831 am 10. und 15. Juni 1835 bei den Pulvermühlen wieder. Es hat eine 
gelbgrüne liebliche Farbe des Körpers, blass rosenrothe Spitzen und meist sehr lebhafte Zeichnungen. Ich zählte je 8 bis 10 bewegte 
Papillen, je 5 bis 8 mittlere Drüsen, 2 bis 4 dunkle Bänder auf der Halbansicht. Bei dieser Form war besonders deutlich die Oefl- 
nung an jedem Ende, dicht vor der Spitze auf der convexen Seite zu erkennen. Auszeichnend waren auch immer mehrfache, bis 5, 
Queerfurchen des Panzers in der Mitte, wo es sich bei der Copulation öffnete. Bei dieser sah ich beide Individuen mit der convexen 
Fläche einander zugekehrt. Diese gestochene Abbildung war lange vor Herrn Morrenw’s Abhandlung der Gesellschaft der naturfor- 
schenden Freunde in Berlin vorgelegt. Ueberdiess sind die Zustände todter Thierchen bemerkenswerth, wo die Drüsen gelb werden, 
anschwellen und länger sichtbar bleiben, als die andern Theile. Ortsveränderung sehr langsam, zuweilen tagelang keine; aber fortwäh- 
rendes Spiel der Papillen. Grösse bis "/ıo Linie. Ich habe keine sehr kleinen beobachtet. Vielleicht gehört Corrr's Thierchen zum 
Theil hierher. Die übrigen Figuren von ihm halte ich für COlosterium acerosum, im Fall sie nicht dasselbe von oben oder unten 
gesehen darstellen. Morren irrt sehr, wenn er glaubt, dass C/. ruficeps einerlei mit seiner Form sey. Die von ihm gesehenen ro- 
then Punkte sind optische Farbentäuschungen, diese röthlichen Spitzen der Hörner aber wirkliche Färbung (vergl. 02. Cornu). 


Erklärung der Abbildungen Taf. V. Fig. XV. 


Es sind 7 ganze Thierchen und ein Theil abgebildet. Zwei davon in Doppelknospenbildung (Copulation). Alle sind 300mal vergrössert, die 
einzelne Spitze 800mal. 


Fig. 1. ein lebendes, jugendlich kräftiges, erwachsenes Thierchen mit 7 und 8 Drüsen. Bei 0’ die Oeffnungen. 

Fig. 2. ein ähnliches, etwas kleineres, mehr gekrümmtes, lebendes Thierchen mit 7 und 6 Drüsen. 

Fig. 3. ein lebendes, sehr schwach gekrümmtes, fast gerades Stäbchen mit 8 und 8 Drüsen. 

Fig. 4. und 5. zwei todte Thierchen. 

Fig. 6. Doppelknospenbildung durch Verschmelzung zweier Körnermassen (Körpertheile) zu einem(?) neuen Individuum mit Absterben der Mutterkörper. 
Fig. 7. stärker vergrösserte Spitze eines Horns mit ihrer Oeffnung 0’. 


93 


103. Closterium acerosum, nadelartiges Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. 1. 


Cl. rectum fusiforme, utroque fine sensim attenuatum, obtusum ‚ glabrum, viride, glandularum serie media simplici, 
taeniis obscuris pluribus. 


Clostere Poincon, droit en Jorme de fuseau, s’amincissant peu a peu aux deux extremites obtuses, 
glabre, vert, ü serie des glandules au milieu simple et a plusieurs raies obscures. 
Corpicetti a baccello, Cortı? Osservaz. microsc. p- 111. Tab. II. Fig. XVIL. i, g. und r, s. 1774. 
Vibrio Lamula, MÜLLER, Animalc. infus. Taf. VII. Fig. 12%. 1786. 
Vibrio acerosus, Schrank, Fauna boica, I. 2. p. 47. 1803. 
Bacillaria multistriata, Hrmrrıch u. EHRENBERG, Symbolae physicae. Phytozoa, Tab. II. Sinaitica, Fig. 9. 18%. 
Closterium multistriatum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 15. 20. 
Closterium acerosum, Symbolae physic. Evertebrata Text 1830. (1831.) Polygastrica. Fol. b. «. 2%. 


— — Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 68. 
Closterium Lamula, MorrEn, Fig. 43.2 


Aufenthalt: Bei Landshut, Berlin, Lucca in Italien und in den Bächen des Sinai-Gebirges in Arabien. 


Man hat diese Form gewiss mit Unrecht mit C7. Lunula verwechselt. Die älteren Beobachter und selbst einige neuere be- 
haupten zwar, die geraden Stäbchen könnten sich krumm biegen, allein das ist offenbar eine Täuschung, welche durch die verschiedene 
Projection einer und derselben gekrümmten Form entsteht, je nachdem man sie von oben oder von der Seite sieht. Bei langsamem Auf- 

‚richten und Umdrehen scheinen krumme Stäbchen gerad zu werden, bleiben aber immer krumm. Ich habe viel Zeit umsonst darauf 
verwendet, dieses Biegen zu sehen, und halte es jetzt für optische sehr einfache Täuschung. Schon Corrı sah in dieser Form die 
Papillen in den Spitzen (guasi un occhietto) wie ein kleines Auge, sah aber die Bewegung nicht. Die Drüsen hielt er erst für Sa- 
men oder Körner, dann aber sah er Bewegung der Stäbchen. Die Hälften waren ungleich lang, mit dem kurzen Ende hefteten sie 
sich fest und bewegten sich zuweilen wie ein Uhrzeiger sehr langsam, so dass nach "/;, Stunde das Viertel des Kreises durchlaufen war. 
Zuweilen gingen sie mit dem langen Ende fort. Bald bogen sie sich krumm, bald gerad, (diess mag auf die vorige halbmondförmige Art 
gehen), aber sehr langsam. In einer Stunde durchschnitten sie nicht ?/; des Gesichtsfeldes des Mikroskops. Die Bewegung war plötz- 
lich, stossweis. Er hielt sie für Phytozoen (Piantanimali). Fortpflanzung sah er nicht. Er hatte 25 bis 30 Individuen gesehen. 
Auch neuerlich ist es noch nicht gelungen, die Fortpflanzung direct zu erfahren, doch sprechen mehrere der von mir gezeichneten un- 
gleichschenklichen Figuren für queere Selbsttheilung. Langsame Fortbewegung habe ich an diesen geraden Formen ebenfalls gesehen. 
Die Papillen der Spitzen sind immer bewegt. Ich zählte bis 9. Oeflnungen erkannte ich noch nicht. In engen Cylindergläsern sah 
ich sie oft hoch hinauf gekrochen. Drüsen je 3 bis 7; einmal 1 und 2. Zu dieser Art gehören die Formen auf Tafel II. und XXII. 
hei Bodo viridis und Chaetomonas. Vielleicht hatte die grüne Schwanzmonade die grünen Körnchen des COlosterium verzehrt und 
sich nur so grün getärbt. Im Tode werden die Panzer zuweilen ganz oder zur Hälfte schwarz. Die Grösse ist beobachtet von 136 bis 
'/ı Linie. Zwei noch zusammenhängende gebogene Formen, wie Fig. 10., könnten Veranlassung zu C7. didymotocum gegeben haben. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig! 


Es sind 10 Individuen in verschiedenen Zuständen abgebildet, alle 300mal vergrössert. 


Fig. 1. ist ein sehr junges Thierchen mit nur 1 und 2 Drüsen von !/;g Linie Grösse. 

Fig. 2. ist vermuthlich eine Hälfte nach Queertheilung, ehe sich die andere wieder völlig ergänzt hatte (vergl. Fig. IV. 3.). 
Fig. 3. ist ein Thierchen mit 5 und 4 Drüsen. 

Fig. 4. ist zerschnitten mit vordrängendem Inhalte. 

Fig. 5. ist ein grösseres Exemplar als Normalform. 

Fig. 6. ist ein todtes, in faulem Wasser gelegenes, Thierchen (vergl. Tafel I. Fig. VI. und Tafel XXI. Fig. IV.). 


Fig. 7—9. sind jüngere und Mittelformen. 


104. Closterium Trabecula, balkenförmiges Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. H. 


Cl. rectum cylindricum, medium constrictum , utroque fine truncatum, glabrum, viride, glandulis sparsis aut in serie 
multiplici positis, taeniis obscuris numerosis. 


Clostere Soliveau, droit, eylindrique, etrangle au milieu, glabre, trongue aux deux extremites, 
vert, a glandules eparses ou en plusieurs series et a nombreuses bandes obscures. 


Closterium Trabecula, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62, 70. 1831. p. 68. 
! 
Aufenthalt: Bei Tobolsk in Sibirien und bei Berlin. 


Diese Form ist sehr ausgezeichnet und findet sich bei Berlin sehr häufig zwischen Oscillatorien. Entdeckt wurde sie im 
Jahre 1829 auf der Reise mit Herrn ALexanper von Humsoıpr in Sibirien. Sie gehört zu den grossen Arten der Gattung und 
ist leichter zu sehen, als 04. Zunula, weil die Masse überall fast gleich dick ist. In Tobolsk fand ich sie im Juli, bei Berlin am 
20. Juni und am 29. Juli. So erschien sie auch in den Jahren 1832 und 1834. Im Jahre 1835 fand sie sich schon im Februar. 
Um ihre Bewegung zu sehen, muss-man viel Geduld haben, da sie stundenlang ruhig liegt. In engen Cylindergläsern kann man durch 
äussere Marken das Fortrücken mit der Lupe nach Tagen leichter bemerken. Sie zeichnet sich auch durch eine sehr grosse Anzahl 
(bis 50) bewegter Papillen aus und hat keinen farblosen Raum zwischen den Papillen und dem Ende. Oeffnungen glaubte ich an den 
abgestutzten Endflächen 3 neben einander zu erkennen, ein Umstand, welcher vielleicht später, wenn er sicher ist, eine besondere Gat- 
tung bedingt. Es giebt Formen mit gleichen und ungleichen Hälften. Einige waren fast keulenförmig wie Fig. 6. Viele hatten die 
mittlere Einschnürung in einer Wulst, andere ohne diese. Bemerkenswerth ist noch , dass einige mehrfach reihenweis gestellte, andere 
weit zahlreichere zerstreute Drüsen hatten. Sind diess vielleicht doch verschiedene Arten der besonderen Gattung? Einige Individuen 
waren mit bewegten sehr feinen Körperchen ganz erfüllt. War diess lebendig zu gebärende aus den Eiern schon entschlüpfte Brut ? 
In der Dicke waren die beobachteten Hunderte von Individuen weit auffallender verschieden ‚„ als in der Grösse. Die Grösse ist von 
!ıa — "ls Linie beobachtet. Dicke 7 bis 20mal in der Länge. 


24 


RE. Er et 


»4 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. I. 


Es sind 8 Stäbchen in sehr verschiedenen Zuständen dargestellt,. die grössten 300mal vergrössert, alle von Berlin, nur Fig. 6. aus Sibirien. 
Fig. 1. ist eine Berliner Form, 1/, Linie gross, 300mal vergrössert, ohne Wulst in der Mitte, mit überaus vielen zerstreuten Drüsen? oder Magenzellen. 


Fig. 2. eine viel schlankere jüngere Form von u Linie Grösse. 
Fig. 3. mit deutlich zerstreuten Drüsen wie vorige, !/; Linie lang. 


Fig. 4. ist die in Tobolsk 1829 gezeichnete Form, '/, Linie gross, 450mal. vergrössert. 
Fig. 5. ist ein, wie mir schien, todtes Thierchen von Berlin, in welchem Haufen von bewegten dunkeln Körperchen umherirrten und dessen grüne 


in gerade Längsbänder geordnet war. Es fehlten die bewegten Papillen. Grösse Y/, Linie. 
Fig. 6. eine besondere, seltene keulenartige Form von Berlin. Vielleicht durch noch nicht ausgeglichene Selbsttheilung entstanden; Grösse ?/, Linie. 
Fig. 7. ist ein durch Druck zerplatztes Thierchen, dessen innerer Körper durch die Oeffnung auszufliessen beginnt und die bewegten Papillen + nach 


sich zieht. 
Fig. 8. ist ein nur 100mal vergrössertes Thierchen von !/, Linie Länge. 


105. Closterium Digitus, fingerförmiges Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. II. 


Cl. rectum ovato-cylindricum, quater vel quinquies longius quam latum, glabrum, utroque fine valde rotundatum, di- 
visionis spontaneae vestigiis interdum triplieibus, taeniis longitudinalibus saepe margine undulatis. 


Clostere Doigt, droit, ovale-cylindrique, quatre ou cing fois plus long que large, glabre, tres-arrondi 
aux deux bouts, ayant quelquefois les traces d’une division spontanee triple et les bandes lon- 


gitudinales souvent a bord dentele. 


Closterium Digitus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 68. 
Pleurosicyos myriop(od)us, Corpa, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 182. Tafel V. Fig. 68, 69. 


Aufenthalt: In Berlin und bei Prag. 


Dieser Körper ist bei Berlin nicht selten zwischen Conferven in sehr klaren Torf-Lachen, wo er den ganzen Sommer hindurch 
einzeln angetroffen wird. Im Jahre 1835 fand ich ihn schon am 26. Mai zwischen Spirogyra princeps. Es giebt 2 Formen des- 
selben. Eine hat 8 grüne dunkle Längsstreifen inwendig, deren Ränder ziemlich glatt sind, die andere hat dergleichen mit stark ge- 
zahnten Rändern. Es scheint mir, dass die Form mit den gezahnten grünen Bändern der jüngere Zustand der andern ist. Der Grund 
liegt darin, weil ich die ungezahnte Form oft innerlich in mehrere Kinkihem zertheilt sah, die andere nie. Ich zweifle gar nicht, dass 
Corva hei Prag” dasselbe Thier beobachtet hat, denn was die mehreren Hunderte (320) von Oeffnungen und Füssen anlangt, welche 
er gesehen haben will, so hat er offenbar jeden Zahn der inneren grünen Bänder für einen Fuss gehalten. Auch ist die achteckige 
Form wohl nicht richtig. Der Panzer erschien mir nicht eckig, sondern walzenförmig glatt, aber sehr durchsichtig, daher kommt wohl 
die Täuschung von den 8 grünen Bändern, als ‘wären es 8 Ecken des Thieres mit vielen Spitzen. Ich habe an dieser Form keine 
Ortsveränderung beobachten können, doch bewegte sich deutlich an jedem Ende innerlich eine einzelne Papille. Diese Form kann wohl 
später auch zum T'ypus einer eignen, auf ganz andere Charactere gegründeten, Gattung werden, aber der Name Pleurosieyos (BEcken- 
gurke) kann nicht angewendet werden, da er auf Täuschung beruht. Copulation ist nicht beobachtet, aber wohl deutliche Vorbereitung 
zur mehrfachen Queertheilung. Grösse 1/0 bis "Jo Linie. Dicke 4 bis 5mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. II. 


Es sind 2 Exemplare bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. 
Fig. 1. ist der vermuthlich jüngere Zustand mit gewöhnlicher Duplicität und gezahnten Körnerbinden (Eiertrauben?). 
Fig. 2. ist der mehr entwickelte, zur mehrfachen Queertheilung vorbereitete, Zustand mit 3 wasserhellen Queerbinden (vergl. Fig. IV. 1. und 2.). Die 
Drüsen scheinen durch den Biersigrk stets ganz umhüllt zu seyn und waren vielleicht deshalb nie sichtbar. 


106. Closterium aitenuatum, schlankes Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. IV. 


Cl. semilunare aut leviter curvatum, glabrum, utroque fine longe attenuatum, obtusum, glandularum serie media sim- 
plici, lineis mediis transversis nullis. 


Clostere grele, semilunaire ou legerement arque, glabre, tres-aminei et obtus aux deux bouts, ayant 
les glandules en serie simple au milieu, sans raies transversales au milieu. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich fand diess seltnere Spindelthierchen zuerst am 16. März 1832 und hielt es damals für einerlei mit 02. Cornu oder 
acerosum, allein eine neuere Beobachtung desselben am 10. Juli 1835 hat mich vorziehen lassen, es als besondere Art aufzuzählen. 
Zunächst scheint es fast dem C/. Dianae zu stehen, von dem es sich durch Mangel der mittleren Queerlinien unterscheidet. Beson- 
ders merkwürdig war mir die auf der Tafel dargestellte Beobachtung einer so eben abgeschlossenen Trennung durch Selbsttheilung. Ich 
sah 5 bis 6 sehr feine bewegte Pünktchen, eine undeutliche Mehrzahl von Drüsen in einfacher Reihe und 2 bis 3 dunklere Längsbin- 
den in der Mitte. Die Farbe war ein mehr bläuliches Grün. Ob Fig. 3. mit gelblich grüner Farbe nicht eher zu 01. Dianae ge- 
hört, könnte im Zweifel seyn, allein es fehlten die mittleren Qucerstreifen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. IV. 


Fig. 1. und 2. wurden von mir genau in der Form und Lage gegeneinander gesehen, als sie dargestellt sind. Beide Körper hatten offenbar zusam- 
mengehangen und sind kurz vorher durch queere Selbsttheilung in der Mitte getrennt worden. Auch hat sich in jedem Theile wieder eine Stelle des 
Körpers zur Selbsttheilung vorbereitet. Vergrösserung 300mal, Grösse '/; Linie übersteigend. 

Fig. 2. ist ein kleineres, mehr gebogenes, eben so stark vergrössertes, Exemplar, welches an ©7. Deanae stark erinnert. Grösse !/,, Linie. 


107. Clostierium Cornu, hornförmiges Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. V. 


Cl. tenuissimum, leviter curvatum, subeylindricum, apice truncatum, glabrum, taeniis viridibus undulatis. 


Clostere Corne, trös-grele, legerement arque, presque cylindrique, trongue au bout, glabre, a bandes 
vertes ondulees. 


95 


Vibrio Lamula, MüLter, Animalc. infus. Tab. VII. Fig. 8.2 
Closterium Cornu, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62. 1831. p. 67. 
Closterium tenue, KÜTZING, Synopsis Diatom. in v. SCHLECHTENDAL’S Linnea, p. 595. Tafel XVII. Fig. 78. 


Aufenthalt: Berlin!, Halle?, Copenhagen? und bei Catharinenburg im Ural. 


Die Species wurde nach einer 1829 auf der Reise mit Herrn von Humporor in Catharinenburg zwischen Conferven im 

Juni entdeckten Form gegründet. Vielleicht lässt sich aber die kleinere Figur Müızer’s hierher rechnen. da: Jahre 1831 fand ich 
schon dieselbe Form in Berlin wieder und habe sie dann öfter, aber immer einzeln, im Frühjahre beobachtet. Sie ist die dünnste un- 
ter den. glatten Arten und besonders durch ihre abgestutzten Enden, wie bei C7. Trabecula, exrkemntlich, dessen Junges sie ihrer an- 
sehnlichen Länge und der Biegung halber nicht seyn kann. Ich zählte 6—8 bewegte Körperchen dicht an den Enden. Die grüne 
Masse war am Rande wellenförmig, Bewegung ist so wenig beobachtet als Copulation. CZ. tenue von Kürzına könnte auch, sowie 
Müırer’s Form, wenn sie ungestreift waren, das Junge von C7. Dianae seyn. Länge von ‘Js bis "/ıo Linie beobachtet. Dicke bis 
33mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. V. 


Es sind 2 Exemplare von Berlin abgebildet, das grössere von !/,,, das kleinere von %/ıs Linie Länge, beide 300mal vergrössert. 


6. Gestreifte Spindelthierchen, Toxotium. 
108. Closterium? Cylindrus, Cylinder-Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. VI. 


Cl. ovato-cylindrieum, vix ter longius quam An, medium leviter constrietum, utroque fine obtusissimum, extus stria- 
tum, strüs loricae granulatis. 


Clostere Cylindre, ovale-cylindrique, ü peine trois fois plus long que large, legerement etrangle au 
milieu, tres-obtus aux deux extremites, raye ewterieurement, a raies granulees. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese nur 4 bis mal, und wahrscheinlich immer todt von mir beobachtete, Form unterschied ich zuerst am 20. Juni 1832, 
wagte aber nicht, sie irgendwo einzureihen. Seitdem sah ich sie wieder ohne Genugthuung. Ihre Aehnlichkeit mit (7. margariiacaum 
veranlasste ihre Stellung in dessen Nähe, obschon sie auch Achnlichkeit mit der Gattung Euwastrum der Bacillarien-Familie hat, 
wohin sie der Mangel bewegter Papillen zieht, im Fall er im frischen Zustande statt findet. Sie hat die Form eines Coleps. Grösse 


1/,, Linie. Dicke kaum Y, der Länge. 


Erhlarne der Abbildungen Taf. VI. Fig. VI 


Es sind 2 verschiedene Exemplare bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. 
Fig. 1. mit 2 einfachen kugelartigen gelblichen (Ei-?) Massen ; 
Fig. 2. mit 2 getheilten dergleichen. 


109. Closterium margaritaceum, gekörntes Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. XII. 
Cl. eylindricum reetum elongatum, 8— 9ies longius quam latum, medium utplurimum leviter constrietum, utroque fine 
rotundatum truncatum, extus striatum, striis loricae granulatis margaritaceum; punetis mobilibus a fine longe 
remotis. 
Clostere margaritifere, droit, cylindrique et allonge, 8 u neuf fois plus long gue large, legerement 
eirangle au milieu, arrondi et tronque aus deux extremiles, raye exterieurement a raies gra- 
nulees en forme de fil de perles et a points mobiles tres-eloignes des extremites. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 

Diese Art der Spindelthierchen fand sich am 5. August 1834 zwischen Conferven und sie ist mir seitdem öfter, aber doch 
nie zahlreich vorgekommen. Die Form ist eylindrisch wie eine Nadelbüchse, und von gekörnten schwachen Leisten äusserlich rauh oder 
geperlt. Die abgestutzten, wenig zugerundeten, Endflächen halten die Mitte zwischen der Form des C7. Cylindrus und Trabecula. 
Besonders ausgezeichnet ist diese Art durch die grosse Entfernung der bewegten Papillen oder Körnchen von den Endflächen. Diese 
Papillen sind sehr zahlreich, bis über 20, und wie bei allen übrigen von einer besondern Blase eingeschlossen. Ob an der Stelle, wo 
Papillenhaufen liegen, auch die Oeffnungen sind, liess sich nicht entscheiden, obschon es wahrscheinlich wurde. Eine andere, physio- 
logisch wichtige, Eigenthümlichkeit dieser Form ist ihre Queertheilung. Durch 4fache Selbsttheilung sah ich sie in 8 Kammern getheilt. 
Von diesen ist die mittlere Theilungsstelle die älteste, dann folgen die gerade über den Papillenhaufen liegenden beiden. Die jüngsten 
sind die 4 andern, gleichzeitigen. Drüsen, Magenzellen und Oeffnungen sind nicht erkannt. Grösse */;, bis */ıs Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. XIH. 
Es sind 2 Zustände dieser Art dargestellt, beide 300mal vergrössert. 


Fig. 1. ist die jüngere, aber schon in einfacher Queertheilung begriffene Form, 1/,, Linie gross. 
Fig. 2. ist die ältere,.mehrfache Queertheilung vorbereitende, Form, !/,; Linie gross. 
140. Closierium Turgidum, dickes Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. VI. 
Cl. validum, leviter curvatum, subeylindricum, utringue parum attenuatum, apice rubescens et rotundatum, subtiliter 
striatam , striis laevibus. 
Clostere epais, robuste, legerement arque, presque eylindrigque, peu aminci, rougeätre et arrondi 
aux deux bouts, finement raye, ü raies lisses. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


96 


Es gehört zu den grössten Arten und wurde von mir früher, wegen der röthlichen Spitzen, mit zu Cl. ruficeps gezogen, 
weil die Streifung des Panzers äusserst zart ist und übersehen wurde. Seit Entdeckung der Streifung, im Mai und am 10. Juni 1835, 
hat es mehr Verwandtschaft zu Cl. striolatum, welches aber an beiden Enden scharf abgestutzt ist und mehrfache Selbsttheilung zeigt, 
die selbst den grössten Exemplaren dieser Art, von */; Linie, fehlt. In der Mitte ist es, wie 07. Dianae, durch 4 doppelte Queer- 
linien (einfache Leisten?) ausgezeichnet, Ich zählte auf der Halbansicht des /; Linie grossen Thierchens 23 Längsstreifen. Bei ci- 
nem !/; Linie grossen 32 Streifen. Bewegte Papillen liegen dicht an den stumpfen Spitzen und sind sehr zahlreich. Ich zählte bis 25. 
Der Panzer ‚hat wieder sehr deutliche Oeflnungen auf den Enden der convexen Seiten. Diese Enden haben etwa */; der mittlern Kör- 
perdicke. Deutliche helle Drüsen sind in einfacher Mittelreihe, ich zählte 7 bis 9. Drei dunklere grüne Binden (Kileiter?) sind in 
der Mitte. Viele kleine farblose Blasen (Magenzellen) sind zerstreut in der grünen Masse (eingehüllt von dem Eierstocke). Ortsver- 
änderung liess sich scharf bemerken. Zuweilen fanden sich im Innern ganze Haufen und viele einzelne bewegte monadenartige Kör- 
perchen. War diess schon im Leibe ausgekrochne Brut? Ich sah es bei noch lebenden Thieren, deren Papillen in starker Thätigkeit 


waren. Grösse von "Yı> bis '/; Linie beobachtet. Dicke 8 bis 11mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. VI. 


Es sind 2 Exemplare von */, Linie Grösse (nicht von den grössten) abgebildet. Vergrösserung 300mal. 
Fig. 1. ist ein noch lebendes Thierchen, in dessen Innerm bei « 3 grosse Haufen lebender (?) Körperchen wimmeln. Bei 0’ sind die Panzeröffnungen, 
bei + die bewegten Papillen. Die vielen kleinen Bläschen im Innern mögen die feinen Magenzellen seyn. Das Grüne ist wohl der Eierstock, die 3 


dunkeln Mittelbinden vielleicht Eileiter oder Uterus. 
Fig. 2. ist eine Normalform im kräftigen Zustande von gleicher Grösse. 


111. Clostierium lineatum, linirtes Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. VII. 


Cl. maximum, gracile, leviter curvatum, medium longe eylindricum, filiforme, utrinqgue valde attenuatum et truncatum, 
striis distinctis laevibus lineatum, trieies fere longius quam latum. 


Clostere raye6, tres-long, mince, legerement argque, eylindrique et filiforme au milieu, tres- aminci et 
tronque aux deux extremiles, ü raies distinctes en forme de lignes lisses, souvent trente fois 
plus long que large. 

Closterium lineatum, Abhandl, der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 38. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Es ward zuerst in vielen Exemplaren am 15. und 18. Juni 1832 zwischen Conferven des Thiergartens bei Berlin entdeckt. 
Seitdem ist es mir wieder am 7. und 21. Juni 1835 in zahlloser Menge vorgekommen. Es zeichnet sich besonders durch seine in der 
Mitte sehr lang cylindrische, dann gegen die Enden schnell sehr verdünnte, und zuweilen daher hakenartig gebogene, Form aus. An den 
abgestutzten dünnen Endflächen ist nach der convexen Seite hin jederseits eine deutliche Oeffnung und dicht hinter dieser liegen be- 
wegte Papillen in ansehnlicher Zahl, deren ich bis 15 zählte. Die Spitzen sind meist etwas gelblich, weil der Panzer diese Farbe 
hat und hier nicht mit grünem Inhalt erfüllt ist. Die Dicke der Endfläche ist etwa /; der mittleren Körperdicke. Die Streifung des 
Panzers zeigt 12 bis 16 Linien auf der Halbansicht. Helle, runde Drüsen bilden in der Mitte eine einfache perlschnurartige Reihe und 
ich zählte darin bis 43 Kugeln (22 +21). Ganz besonders interessant war die schon 1832 (1833) von mir angezeigte Eigenthümlich- 
keit dieser Form, sich nach Art der Confervae eonjugatae zu verbinden und gemeinsam neue Individuen (Doppelknospen) zu 
bilden. Ich sah öfter 2 leere Panzer mit den convexen Flächen einander zugekehrt, und beide in der Mitte mit einem Queerspalt klaf- 
fend beisammenliegen. Zwischen ihnen lagen 2 grosse runde grüne Kugeln vom Durchmesser des Panzers. Eine von den Spindeln 
hervorgetriebene Warze, wie es bei den Spirogyren der Fall ist und wie neuerlich, 1836, Morren bei Olost. Lunula abgebildet 
hat, sah ich nie. Grösse */ıs bis */; Linie beobachtet. Das kleinste beobachtete Exemplar war 28mal so lang als dick, die grössten 
30 bis 34mal. Mehrfache @Queertheilung sah ich nie. Ortsveränderung sah ich in Cylindergläsern, an deren Wänden sie allmälig vom 
Boden weit in die Höhe rückten. Beim Glühen auf Platinblech kräuseln sich die Spindeln, werden schwarz und lassen sich ganz ver- 
brennen. Ich habe schon damals die in Copulation befindlichen Exemplare auf Glimmer isolirt aufbewahrt und recht wohl erhalten 


noch jetzt vor mir. 
Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. VI. 


Es sind 3 einfache Spindeln und ein Paar copulirte abgebildet, alle 300mal vergrössert. 


Fig. 1. ist die Normalgestalt des erwachsenen lebenden Thieres von !/; Linie Länge. 
. Fig. 2. ist ein todtes Thierchen gleicher Entwickelung mit innern Kugeln, die vielleicht die allein rückständigen, veränderten (Samen -) Drüsen sind. 


Fig. 3. ist ein junges Exemplar von !/,s Linie Länge. 
Fig. 4. ist ein Paar in seinem Act der Doppelknospenbildung. Beide Thiere sind todt, ihre grüne Körnermasse (Eierstock) + ist kugelartig zusammen- 
geballt und aus ihnen hervorgetreten. Diese will Herr Morren sich zu einzelnen Thieren haben entwickeln gesehen, was ich nicht sah. Eine Hälfte 


des linken Thieres ist, um Raum zu sparen, weggelassen. Ich sah auch dergleichen einzelne Hälften oft liegen. 


112. Closterium striolatum, gestricheltes Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. XI. 


Cl. fusiforme arcuatum, utrogue fine leviter sensimque attenuato, truncatum, subtilius striatum, striis laevibus, decies 
aut duodecies fere longius quam latum. 


Clostere striole, ayant la forme d’un fuseau arque, peu a peu aminci et Tronque aux deux bouts, 
legerement raye, a raies lisses, n’Etant que 10 a 12 fois plus long que large. 


Closierium striolatum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 68. 1833. p. 238. 
Olosterium costatum! und Cl. spirale? Corva, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 191. Taf. V. Fig. 61—63. und Fig. 67.? 


Aufenthalt: Berlin und Prag. 


Im Jahre 1831 unterschied ich diese Form vom ©. ruficeps, jetzt Cl. Dianae, indem ich die Streifung und deren Man- 
gel als unterscheidende Hauptcharactere kennen lernte. Auch erkannte ich schon damals die mehrfache Gliederung. Am 15. Juni 1832 


97 


sah ich zuerst die Copulation ganzer Stäbchen zu wiederholten Malen und in verschiedenen Formen. Am 10. Juni 1835 sah ich zahl- 
lose Mengen und wieder viele im Act der Doppelknospenbildung. Sie waren zwischen Oscillatorien des Thiersartens. In den Ab- 
handlungen der Berliner Akademie wurden diese Verhältnisse 1833 umständlich angezeigt. CGorpa hat 1835 ein Olosterium von Prag 
beschrieben, welches in den wesentlichen Characteren diesem gleicht. Er nannte es C/. costatum. Es unterscheidet sich zwar durch 
stärkere Leisten und eine einzelne bewegte Papille, allein so sicher sind diese Zeichnungen und Beobachtungen nicht, dass darauf eine 
besondere Art zu begründen schiene, auch hat der Verfasser seine Beobachtungen mit den früheren Mittheilungen zu vergleichen keinen 
Versuch gemacht. Ich meine daher, dass sich jene Charactere und auch der Mangel der Streifung hei CZ. sptrale übersehen liessen, 
da es oft schwer ist, letztere zu erkennen. Wiederholte Beobachtungen müssen diese Zweifel erst entfernen. Todte leere Panzer zei- 
gen die Streifung besser als lebende. Ich zählte 13 bis 15 auf der Halbansicht. Sehr deutlich sind die Oeffnungen oberhalb der ab- 
gestutzten Endfläche auf der convexen Seite, welche bei Corvpa nicht angegeben sind. Auch sah ich zuweilen an der mittleren Thei- 
lungsstelle bis 20 parallele Queerlinien neben einander. Die von Corva angemerkten mittleren Oeffnungen sind mir bei dieser und al- 
len Arten unbekannt geblieben. Die jugendlich frischen Stäbchen haben eine schöngrüne Farbe (des Eierstocks?) und röthliche Enden. 
Die (männlichen?) Drüsen liegen in einfacher Mittelreihe 6 zu 6 oder 5 zu 7. Dicht an den abgestutzten Enden sind zuweilen 5 bis 
9, zuweilen nur 2 (CorvAa sah nur 1) bewegte Papillen, die man nicht mit andern ähnlichen ; im Körper herumirrenden, Theilchen 
verwechseln darf. Corpa will durch galvanische Schläge (!) den Mantel (! ) des Thieres von der Papillenblase getrennt haben (p. 191). 
Man vergleiche seine Beobachtung der Crystall-Linse des Auges bei den Räderthieren (Norommata). Bei C1. didymotocum hält 
er die bewegten Papillen für Junge (Zwillinge). Zwei dunklere grüne Bänder (Eileiter?) begleiten meist die Drüsenreihe, zuweilen 
sind sie um einander verschlungen und haben die Drüsenreihe etwas verschoben. So erscheinen sie als Spirale. Manche Stäbchen 
haben einfache @Queertheilung, manche 3fache, in 4 Theile. Die Copulation findet meist in der Mitte, zuweilen an den seitlichen Thei- 
lungsstellen, immer ohne Warze statt. Ich sah meist 2 Kugeln gebildet, deren jede zu 2 verschiedenen Hälften gehören mochte. Wei- 
tere Entwickelung der Kugeln (Doppelknospen?) sah ich nicht. — Grösse bis /,. Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. XI. 


Es sind 2 frische Einzelthiere, vier in der Copulation und 2 todte und leere Panzer dargestellt. Alle 300mal vergrössert. 
Fig. 1. ist der Normalzustand, mit 2 bewegten Papillen; 
Fig. 2. eine Spindel mit spiralförmig erscheinenden grünen Bändern und mehr Papillen; 
Fig. 3. ein leerer ganzer Panzer; 
Fig. 4. ein leerer halber Panzer; 
Fig. 5. 2 in der Mitte copulirte Spindeln mit 2 Kugeln; 
Fig. 6. 2 ungleich copulirte Spindeln mit 1 Kugel. 


113. Closierium selaceum, borstenförmiges Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. IX. 
Cl. fusiforme setaceum rectum aut levissime arcuatum, leviter striatum, cornutum, cornibus setaceis, singulis corpore 
longioribus. 
Clostere setace, ayant la forme d’un fuseau droit ou tr&s-lögerement arque, presque insensiblement 
raye, cornu, a cornes setacees dont chacume surpasse le corps en longueur. 


Closterium setaceum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833, p- 239. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Am 5. Mai 1832 zwischen Conferven hei Berlin entdeckt, am 5. August 1835 in Copulation beobachtet. Es sind eylindri- 
sche sehr feine und lange borstenartige Stäbchen, welche in der Mitte einen sehr kurzen spindelartigen Körper haben, grösstentheils 
aber aus den Hörnern bestehen. Der Körper ist an Länge etwa '/; des Ganzen und an Dicke etwa Yo. Die Enden der Hörner sind 
abgerundet, aber zu fein, um Oeffnungen erkennen zu lassen. Sind die Panzer leer, so sieht man eine sehr feine Streifung auf ihnen. 
Ich zählte bis 10 Streifen auf der Halbansicht. Der kleine spindelförmige mittlere Körper hat einen grünlichen Inhalt und eine weisse 
Queerbinde, wie alle“Closterien. Sehr eigenthümlich ist aber, dass die bewegten Papillen nicht an den Spitzen der Hörner, ‘sondern 
an den Enden der mittleren Spindeln befindlich sind. Ich zählte 2 zu 2, 3 zu 3 oder 4 zu 4 in langgestreckter Zelle. Es schien 
mir, dass an dieser Stelle äussere Farbetheilchen langsam fortgeschoben würden, eine Oeffnung erkannte ich nicht. Bemerkenswerth 
ist auch, dass bei dem ähnlich gebildeten ©7. rostratum eine Oeffnung vorn an den Hörnern sichtbar ist. Haben vielleicht nur 67. 
Trabecula, margaritaceum und setaceum einen hierin abweichenden ‚ und selbst unter sich noch verschiedenen, Bau? Die Copu- 
lation hatte darin etwas ganz Eigenthümliches, dass durch die austretende grüne Masse die beiden Thierchen in 4 Theile auseinander- 
getrieben wurden, und dass die Masse selbst einen platten eckigen Körper bildete, der eine hellere Stelle in der Mitte und körnigen 
Inhalt zeigte. Fortrückende Bewegung sah ich nicht. Kürzıne’s Frustulia subulata ist bei der folgenden Art zu vergleichen. — 
Grösse */; Linie, des Körpers ohne”die Hörner */;s Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. IX. 


Es sind 3 Einzelthiere und 2 in Doppelknospenbildung abgebildet, alle 300mal vergrössert. 
Fig. 1. bis 3. sind in der Zahl der bewegten Punkte und der Länge der Hörner verschiedene Exemplare. 
Fig. 4. ist die schon beendete Knospenbildung. Der grosse mittlere Körper muss sich hier wohl in viele Individuen entwickeln, da er zu einem viel 
zu dick ist. 


114. Closterium rostratum, langschnäbliges Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. X. 


Cl. fusiforme gracile, utrinqgue longe attenuatum, leviter arcuatum striatum, cormutum, cornibus setaceis singulis cor- 
g 9 q 9 B) B) B) 
pus vix aequantibus, saepius longe brevioribus. 


z \ . . N PETE EN rn 
Clostere rostre, en forme d’un fuseau grele, tres-aminci aux deux extremites, legerement argue, 
raye, cormu, a cornes selacees, chacune &galant a peine le corps en longueur, souvent beau- 

coup plus courtes. : 


253 


98 


Olosterium rostratum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p- 67. 1833. p. 40. 
Closterium Acus, Nırzsch, Kürzıng Synopsis Diatom. Linnea 1833. p. 595. Taf. XVII. Fig. 81. 
Frustulia subtilis und subulata, Kürzıne® ibid. p. 538. Taf. XIN. Fig. 3. 1833. 

Closterium caudatum, Corda, Almanac de Carlsbad, p. 190. 209. Tafel V. Fig. 66. 1835. 


Aufenthalt: Berlin!, Halle, Wanzleben im Mannsfeldischen, Weissenfels, Prag. 


Das im Jahre 1831 beschriebene C/. rostratum hatte die Hörner von der halben Körperlänge, allein ich kannte schon da- 
mals auch eine Form mit noch längeren Hörnchen, die ich als Abart von dieser ansah, obschon sie in der Form mehr Aehnlichkeit mit 
CI. setaceum hatte, welches bei gleicher Länge sehr viel dünner ist. Auch hatten jene beiden Formen röthliche Hörnchen, diese farb- 
lose. Ich bin jetzt der Meinung, dass obige Namen zusammengehören und dass die farblosen Hörnchen des C7. Acus wohl nur blass 
waren oder variiren, indem auch die Streifung sehr leicht übersehen seyn kann. Die röthliche Farbe der Spitzen giebt Kürzıne bei 
Frustulia subulata auch an. Ich habe das Cl. rostratum im Jahre 1835 im April, am 30. Mai und am 1. Juni sehr zahlreich 
wieder beobachtet. Der Panzer hat in der Halbansicht 14 bis 15 Streifen. Die Hörnchen sind von verschiedener Länge, nie einzeln 
länger als der mittlere Körper. Vorn sind sie etwas verdickt und haben da eine Oeffnung, welche CorvAa auch (p. 190.) wohl aus Ver- 
sehen angiebt, da sie in der Zeichnung nicht existirt. Die bewegten Papillen sind im Grunde, nicht in der Spitze der Hörner. Ich 
zählte 8 bis 11. Die Drüsen liegen in einfacher Mittelreihe, je 7 bis 8, von zwei dunklen grünen Längsbändern eingefasst. Zwischen 
der grünen feinkörnigen (Ei-?) Masse waren viele kleine farblose Blasen (Magenzellen?). Selbsttheilung und Copulation sind nicht 
beobachtet. — Grösse !/ıo bis '/, Linie, letzteres bei */,s Linie Länge des Mitteltheils. C/. Acus von Nırzscn 1817 war Euglena Acus, 
denn er sagt damals p. 67, es bewege sich wie die lebhaftesten Kolpoden, allein „das von Kürzıne 1833 abgebildete (7. Acus von 


Nırzsch ist offenbar diese Art von Olosterium. i 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. X. 


Es sind 2 kräftige Exemplare mit Hörnchen von verschiedener Länge 300mal vergrössert dargestellt. 


4115. Closterium? inaequale, ungleichschnäbliges Spindelthierchen. Tafel VI. Fig. XI. 
Cl. semilunare fusiforme, parvum, fuscescens, striatum, altero cornu obtuso, altero graciliore, longiore, acuto. 
Clostere inegal, en forme de fuseau arque, semilunaire, raye, petit, a couleur fauwve, ayant les. deux 

bouts inegaux, U un obtus, Vautre grele, plus long et aigu. 


Closterium? inaequale, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 67. 1833. p. 238. 
Aufenthalt: Berlin. 


Ich fand diese braunen Körperchen in grosser Menge am 1. August 1831 zwischen Conferven des Thiergartens, seitdem nicht 
wieder. Ich hatte schon 1833 den Character dieser Form specieller auseinandergesetzt, es war aber doch von Herrn MorrEN miss- 
verstanden oder nicht beachtet worden. Nur diese Art hat von allen bekannten in der Ungleichheit einen Character, aber bei allen Ar- 
ten giebt es ungleiche Formen. Diese Art und 07. Oylindrus sind die einzigen der 16 Arten, welche keine bewegten Papillen er- 
kennen liessen. Vielleicht waren die beobachteten Exemplare todt. In einigen Stäbchen waren unsichere Bläschen. Eine Queertheilung 
war nirgends sichtlich vorbereitet. Längsstreifen gingen 5 bis 6 auf die Halbansicht. Zwar fehlen wichtige Charactere der Gattung 
Closterium, allein Form, Vorkommen und Gesellschaft sprechen für diese nächste Verwandtschaft. — Grösse 1/;, Linie. Dicke 9— 10mal 
in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. XI. 


Es sind 3 Stäbchen bei 300maliger Vergrösserung abgebildet. Bei Fig. 3. bezeichnet « das stumpfere kürzere, # das längere spitzere Hörnchen. 


Nachtrag, Uebersicht und Beurtheilung aller Artnamen der Gattung Closterium. 


Es sind bisher 27 Artnamen gegeben worden, wovon 16 angewendet, 1 zweifelhaft, 10 zurückgewiesen sind. Nrrzscn, der 
Gründer der Gattung, hat 3 Namen gegeben, wovon einer 1) Closterium Lumula, beibehalten ist und den Stamm bildet , die beiden 
andern sind: 2) 07. Acus —= (1817) Euglena Acus, (1833) Closterium rostratum; 3) Cl. tripunctatum — Navicula. Ausser 
den hier verzeichneten 15 neuen Artnamen [4)—18)] sind 2 meiner früheren Namen abgeändert worden: 19) C7. multistriatum — CI. 
acerosum; 20) Cl. ruficeps = Cl. Dianae und CI. turgidum. Kürzıng hat 1833 zwei neue unhaltbare Namen gegeben: 21) 
Cl. tenue = Cl. Cornu; 22) CI. Leibleini = CI. moniliferum. Corva hat 1833 bei Kürzıne 1, und 1835 4, also 5 neue 
Namen gegeben, von denen nur einer vielleicht annehmbar ist, die übrigen haben folgende Synonyme: 23) Cl. acuminatum — CI. 
 Lunula; 24) Cl. costatum = CI. striolatum; 25) Cl. caudatum —= Cl. rostratum; 26) C/. didymotocum, vielleicht neu; 27) 
Cl. spirale = Cl. striolatum? juw. i 

Unter andern Gattungsnamen sind als der Gattung CVosterium wirklich oder nur scheinbar verwandte Formen 13 verzeichnet 
worden. Von Mürrer 1) Vibrio Lumula = Closterium L. Von Scurank 2) Vibrio acerosus = Closterium ac. Von OkEn 
3) Enchelis Lunula = COlosterium L. Von Borv ve Sr. Vincent 4) Lunulina diaphana = Kieselnadeln von Schwämmen, 
Spongia; 5) L. monilifera = Clost. moniliferum und Ol. acerosum; 6) L. Mougeotii — Synedra lunaris ; T) L. olivacea 
—= Gomphonema? olivaceum; 8) L. vulgaris = Closterium Lunula. Von Turrın 9) Bacillaria bipunciata — Olosterium. 
Von mir 1828 10) Bacillaria multistriata = Closterium acerosum. Von Kürzıse 11) Frustulia subtilis — Closterium ro- 
stratum juv.; 12) Fr. subulata — Closterium rostratum juv. Von Corva 13) Pleurosicyos myriopodus — Clost. Digitus. 

Unter all diesen, der Gattung der Spindelthierchen anheimfallenden , Namen ist nur ein einziger, welcher noch eine den ver- 
zeichneten 16 zuzufügende Art vermuthen liesse, aber auch dieser mannigfach unklar. Es ist das Olosterium didymotocum. Der 
Name bezeichnet einen bewegten Papillarkörper als Zwillings-Brut, was daran am wenigsten richtig zu seyn scheint, und die gebogene Form 
ist kein so sicherer Character ‚„ dass er zum Anhalt dienen könnte. (Vergl. C/. acerosum Tafel VI. Fig. I. 10. und 02. attenua- 
zum Fig. IV.) F 


Br era rg 


9 


Schon vor 1821 hatte Gruitnvisen in seinen Beiträgen zur Physiognosie und Eautognosie 1812. p. 322. die thierische Na- 
tur des Olosterium erkannt und auch ‘schon die bewegten Papillen in den hellen Spitzen gesehen. Die erläuternde Abbildung daselbst, 
Tafel I. Fig. 40., stellt Closterium moniliferum vor. Es schien ihm darin Pflauzensinnlichkeit mit Thierempfindung, und Thier- 
willkühr mit Pflanzenbewegung gepaart, das heisst aber offenbar mit andern Worten bloss » dass er schwache Empfindung und langsame 
Bewegung beobachtet hatte. Er sah, wie MÜrLer, queere Selbsttheilung in der Mitte. Die Biegung glaubte er, wie bei Mimosen, 
durch Anschwellung bedingt, was aber eine optische Täuschung durch Drehen ist. Leisrein zählte 1827 Closterium Lunula®? wun- 
ter den Algen der Gegend von Würzburg auf (Flora od. bot. Zeitung 1827. I. p. 259.), und will es auch in Infusionen häufig ge- 
funden haben, was wohl sehr wenig rein bereitete und beaufsichtigte seyn mochten. Ascarpn billigt 1828 (Species Algarum IT. 1. 
?. XXXV1II) die Stellung des Olosterium unter den Algen, wie er denn die ganzen Bacillarinen ebenfalls als Algen verzeich- 
net und der Idee nachgeht, dass es Formen giebt, welche mit gleichem Rechte in heiden organischen Reichen stehen, eine Idee, die 
den hier vorgelegten Beobachtungen zufolge nicht zulässig erscheint. 


Bd A 0 


Nachtrag zur Familie der Closterinen. 


An die Vibrionien hat man oft die Oscillatorien und Confervas conjugatas angereiht, weil sie eine thierische Be- 
wegung hätten, und Grurravissen will 1821 (Nov. Acta Nat. Cur. X. 448.) sogar äussere Bewegungsorgane, Härchen, an Con- 

Jugata pectinata und C. princeps von Vaucner beobachtet haben. Letzteres ist eine schon oft vorgekommene Täuschung durch 
Anflug von kleinen, Conferven, Hygrocrocis dergl., welche auch R. Wacnkr (Isis 1832) veranlasst hat, die Eier der Räderthiere 
für gewimpert zu erklären, und nach welcher Corna 1835 neue haarige Species von Bacillarinen gebildet hat. Wer viel Algen und 
dergleichen Wasserorganismen beobachtet, erfährt bald, dass periodisch die verschiedenartigsten Körper mit diesen meist gegliederten 
Fäserchen dicht besetzt sind und dass sie nicht Füsse der beweglichen sind. Bei den Vibrionien habe ich dieser Pflanzenverhält- 
nisse nicht erwähnt, weil jene Familie nur panzerlose Formen umfasst, die Oscillatorien aber sowohl als die Conjugatae oder 
Zygmemata eine besondere schlauchartige Hülle zeigen, in welcher die kettenartigen Gliederungen eingeschlossen liegen. Man würde 
sie nur als gepanzerte Vibrionien betrachten können, wenn man sie den Thieren anreihen wollte ‚ und das Sind eben Closterinen. 
Zwar könnte man auch wohl versucht seyn, dieselben mit den @allionellen zu den Bacillarinen zu stellen, allein die Bacilla- 
rinen (auch die Gallionellen) haben keine Queergliederung, sondern nur Längsgliederung, während alle Gliederung der Oscilla- 
torien und Gonferven, sowohl der Anordnung der innern Organisation als der Bewegungsrichtung zufolge, eine queere ist. Diese 
-queere Gliederung ist aber auch ein Character der Vibrionien und Closterinen. Was die Organisation der Conjugatae, Juga- 
les, Zygnemata oder Spirogyrae selbst anlangt, so ist dieselbe neuerlich noch immer von Mour. 1836 als viel einfacher darge- 
stellt worden, als sie wirklich. ist, worauf Meven in der Zinnea, Zeitschrift von v. ScHLECHTENDAL „ 1827. p. 410. Tafel VII. 


aufmerksam machte. Die Bewegungs-Härchen, welche Schrank in den Nov. Act. Nat. Cur. XI. p. 531. 1823 an Bacillarien | ; 
wieder sah, sind Meven niemals vorgekommen (p. 418.), aber die Bewegungen der Spirogyren (Sp. gwinina) hat er vielfach auch ; 
beobachtet. Er nennt zwar auch p. 421. den anatomischen Bau der Conferven „den einfachsten, den man sich nur denken kann,“ | 
allein er hat doch es besser erkannt und in flüchtigen Umrissen gezeichnet. Der Bau der Spirogyren ist auffallend zusammengesetzt 


und zeigt in dieser Zusammensetzung einen vom gewöhnlichen Pflanzenbaue sehr verschiedenen Character, einen Character, welcher an 
den Bau der ähnlichen Thiere allerdings stark erinnert. Jede Zelle besitzt ein blasenartiges grosses Gentralorgan, welches durch strah- ; 
lenartige Canäle nach allen Seiten der Zelle hin wirksam erscheint. Die grünen körnigen Spiralbänder stehen in direetem Zusammen- 4 
hange mit dem Centralorgane. In alten Spirogyren ist es farblos, in jungen blassgrünlich, und aus den Spiralbändern zieht sich der | 
grüne Inhalt später in diese Centralblase zurück, um die glatte oder strahlige Kugel zu bilden, welche zuletzt in den einzelnen Glie- 
dern einzeln sichtbar ist. Man würde, wollte man leichtsinnig Aehnlichkeiten erfassen, von Uterus, männlicher Sexualblase, Eileitern, 
Samendrüsen sprechen können. Allein alles ist starr. Die den Samendrüsen der Infusorien vergleichbaren hellen grösseren Kugeln der . 
grünen Bänder sind grobkörnig, es giebt keine sichtlich offene Mündung der Zellen. Es giebt keine Selbsttheilung, nur Knospenbil- 
dung und Abfallen der Knospen. Es liegt in den Spirogyren das Geheimniss des Pflanzenorganismus weniger dunkel, als in allen S 
übrigen Pflanzenzellen. Vieler der angestrengtesten Untersuchungen ungeachtet bin ich nicht zu klarer Erkenntniss gekommen, aber 
auch nicht zu dem Gefühl, das Vorhandene erschöpft zu haben. Die Conferven sind nicht das Einfachste „ sie sind das Interessan- 
teste, das Wichtigste der Pflanzenwelt für die jetzige Forschung. Viel unkiarer bleiben die Oscillatorien. Sie sind wegen zu zar- 
ter Feinheit dem Urtheile weniger zugänglich als die Spirogyren, im Uebrigen aber. scheinen sie mir einen schr ähnlichen Bau zu 
verrathen. Die Bewegung scheint mir eine unwillkührliche oder doch nicht thierische, bedingt durch rasches Wachsthum und Knospen- 
bildung an den Spitzen und durch Lichtreiz, welcher viele Bewegungen bei allen Pflanzen vermittelt. Sie ist vorhanden und oft über- 
raschend, nie aber fand ich sie der thierischen, selbst nicht der der Bacillarien gleich. Mein beiläufiges Urtheil über die Natur 
‚der Oscillatorien und Spirogyren oder Conjugaten rücksichtlich ihrer Stellung bei den Infusorien und also bei den gepanzer- 
ten Vibrionien, schliesst sie von den Thieren für jetzt aus. Ihre Pflanzennatur beruht auf folgenden Gründen: 1) Sie haben keine 
offenen Mündungen; 2) sie pflanzen sich nie durch Selbsttheilung fort, ihre Theilung ist nur ein Abfallen der Knospen; 3) ihr Wachs- 
thum geschieht, auch wo es als Gliederung erscheint, nur durch Knospenbildung; 4) sie haben die äussere und innere Starrheit des 
Pflanzen-Organismus; 5) ihre bei den Spirogyren vorhandene Copulation ist eine gleichgültige Fortpflanzungsform, welche bei Pil- 
zen, Syzygites, von mir 1818 (Symd. mycolog. Dissert. naug. und Verhandl. d. Berl. Naturf. I.) auch beobachtet wurde und die 
ich neuerlich auch bei Thieren, C/osterium 1833, erkannte. Es ist der einfachen Gemmenbildung ähnlich, die bei Thieren und allen \ 
Pflanzen gleichartig auftritt. Für die Stellung entscheidet es nicht; 6) sie bilden im Innern spiessige Crystalle, wie viele Pflanzen- 
| 
: 


zellen, aber kein Thierkörper. Ich habe diess häufig an Spirogyra princeps beobachtet; 7) ihre Bewegung ist keine deutlich frei- 
willige. Diese Gründe sind es, welche mich veranlassen, die Oscillatorien und Conjugaten von den Infusorien auszuschliessen. 


a 100 


SECHSTE FAMILIE: AENDERLINGE 


Astasiaea. Astasices. 


CHARACTER: Animalia polygastrica anentera (tubo intestinali destituta), gymniea (non appendiculata), 
nec loricata, formam caudatam aut ecaudem sponte mutantia, apertura corporis unica. 


CARACTERE: Animauzx evidemment ou vraisembhlablement polygastriques, sans canal alimen- 
faire, sans appendices (sans ramifications) du corps, sans carapace et changeant & 
leur gre la forme, ayant une seule ouverture du corps et souvent une queue. 


Die Familie der Aenderlinge nimmt alle solche geschwänzte oder ungeschwänzte Thierchen auf, 
welche deutlich oder mit Wahrscheinlichkeit viele Magenzellen ohne deutlichen Darmkanal besitzen, die kei- 
nen Panzer, keine besondern Körperanhänge, eine einzige Oeffnung haben, und welche willkührlich ihre Ge- 
stalt verändern Können. 

Zu dieser Familie gehören für jetzt 23 bis 24, in 6 Gattungen vertheilte, Thierarten: Zuglena mit 
11 Arten, Astasia mit 4 bis 5, Distigma mit 4, Colacium mit 2 Arten, und Amblyophis und Chloro- 
gonium jede mit 1 Art. Ihre Formen sind unter den am frühesten entdeckten Infusorien. Schon HARRIS 
und LEEUWENHOER haben, ersterer 1696 vermuthlich Zuglena viridis, letzterer 1701 vermuthlich dieselbe 
und Zuglena sanguinea, beobachtet. Die Familie wurde 1850 in den Abhandlungen der Berliner Akade- 
mie p. 38. mit den beiden Gattungen Astasia und Zuglena und 10 bis 12 Arten, als den Monadinen zu- 
nächst stehend, gegründet. Bis dahin waren einige wenige, 6—7 dieser Körper, in den Gattungen Vibrio, 
Enchelys, Cercaria und Proteus von MüLLer, in denen von Cercaria, Raphanella wnd Virgulina bei 
BorY DE ST. Vincent, und Znchelys und Phacus bei Nırzsch verzeichnet worden. Die Gattung Astasia 
wurde zuerst in PoegEnDorrr's Annalen der Physik 1830. p. 508. characterisirt. Die Gattung Distigm 
war schon 1828 auf den Tafeln der Symbolae physicae gestochen, wurde aber erst 1831 im Texte zur 
Familie der Astasiaeen gestellt. In den Abhandlungen der Berlin. Akad. wurde 1831 die Gattung Asn- 
hlyophis hinzugefügt. Die Gattung Colacium wurde 1833 ebenda aus dem Sientor? pygmaeus gebildet, 
und die Gattung Chlorogonium ist an gleichem Orte 1835 zuerst angezeigt. In gegenwärtigem Werke 
wird die Familie mit 2 Arten der Gattung Zuglena vermehrt. 

Der Organisationsgehalt der Familie ist ansehnlich weit ermittelt, aber noch nicht hinreichend er- 
schöpft. — Als Bewegungsorgane sind bei 4 Gattungen fadenartige Rüssel erkannt, welche bei 3 einfach, 
bei 1 doppelt sind. Vermuthlich wird auch die 5te Gattung, Colacium, bei geschärftem Nachforschen ei- 
nen Rüssel erkennen lassen, aber bei Distigma erwarte ich keinen. — Als wahrscheinliche Ernährungs- 
organe sind in allen Gattungen viele: blasenartige Zellen erkannt worden, allein nie hat eine Art irgend ei- 
ner Gattung gefärbte Nahrung ganz deutlich aufgenommen, obschon ich bei Zuglena viridis undeutlich blau 
und auch roth gefärbte sehr kleine Zellen zuweilen zu bemerken glaubte. Desshalb diese Formen nicht für 
Thiere zu halten, verbietet der übrige Organisationsgehalt sammt den deutlichen Rüsseln und Bewegungen 
auf das Bestimmteste, es muss daher irgend ein anderer Grund, dessen Aufsuchung die Mühe lohnen wird, 
hier sowohl als bei den Kugelthieren, Panzermonaden, Bacillarien und Closterien diese Weige- 
rung bedingen. In manchen Fällen half stärkere Vergrösserung, die aber hier vielleicht zu dunkel wird, um 
die Farben zu unterscheiden. — Der sexuelle Organismus tritt in allen Gattungen deutlich in einem seiner 
Theile, in vielen höchst vollständig hervor. Die Hälfte der Gattungen zeigen direet eine Duplicität des Ge- 
schlechts oder Hermaphroditismus. Die Gattungen Astasia, Distigma und Colacium haben bisher nur ei- 
nen, dem weiblichen Sexualtheile vergleichbaren, Apparat erkennen lassen. In der Gattung Zuglena sind, 
ausser den grünfarbigen Eikörpern und Samendrüsen, auch contractilen Samenblasen vergleichbare. Organe 
erkannt. — Vom Empfindungsorganismus sind sehr auffallende Spuren bei 5 Gattungen meist als grosse 
schönrothe Augenpunkte ermittelt, unter denen bei Amblyophis und BZuglena longicauda ein weisslich drü- 
siger Knoten die unmittelbare Anschauung von Nervenmasse neuerlich unter allen polygastrischen Infusorien 
zuerst dargeboten hat. — Das Gefässsystem entzog sich bisher noch aller Forschung. 

Die geographische Verbreitung der Familie ist über ganz Europa, auch im sibirischen Asien, in Don- 
sala Nubiens und vielleicht im Oceane bei Brasilien beobachtet. 

Ueber die merkwürdigen Erscheinungen, welche diese Familie der Infusorien durch ihre zahllosen 
und erstaunenswerthen Mengen von gleichzeitig entwickelten Individuen als grünes und blutrothes Gewässer 
hervorbringt, ist in den Gattungen Asiasia und Zuglena und im Nachtrage das Speciellere angezeigt. 


101 


Uebersicht der Gattungen in der Familie der Aenderlinge: 


Augenlose 


a en, a 5.5. Astasia 
Fe mit 1 Rüssel... .. nn. rn en 
z mit 1 Auge ... : e — “+ Euglena 
Augenführende Sr wit 2 Pssele 2.252... 2.200 58, Chlorogonium 
a stielen’Testsitzenle 3. „ini us ae Colacium 
EI er a a ee Distigma 


ZWEIUNDDREISSIGSTE GATTUNG: AENDERLING 
Astasia. Astasie. 


CHARACTER: : Animal e familia Astasiaeorum, liberum, ocello destitutum, breviter aut longe caudatum. 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Astasiees, libre, sans oeil et a queue longue ou petite. 


Die Gattung der Aenderlinge umfasst alle die lang oder kurzschwänzigen, geschwänzten Formen 
der Familie der Aenderlin ge, welche sich frei bewegen und augenlos sind. 

Die Beobachtung deutlicher Augenpunkte bei den Euglenen veranlasste im Jahre 1830 die Tren- 
nung der ähnlichen augenlosen Formen in die Gattung Astasia. Diese Gattung wurde zuerst in PoceEx- 
DORFFS Annalen der Physik 1830. p. 508. mit 3 Arten charaeterisirt und zu den Rotatorüs monotrochis 
fraglich gestellt. Bald darauf wurde sie mit 4 bis 6 Arten in einer eigenen, dicht bei den Monadinen 
der Polygastrica, wo sie noch jetzt steht, angereihten, Familie der Astasiaeen in den Abhandlungen der 
Berlin. Akademie 1830 verzeichnet. Die Gattung Astasia war eine Frucht der russischen Reise mit Herrn 
ALEXANDER von HumpoLpr 1829, indem sie zur Characteristik der Astasia haematodes und viridis diente, 
welche von mir am Altai beobachtet wurden. In Po66ENDoRFFs Annalen fügte ich in dem Aufsatze über 
die blutartigen Erscheinungen Astasia sanguinea und Ast.? Iacustris nach andern Beobachtern hinzu, die 
ich beide jetzt für Synonyme von Zuglena sanguinea halte. In den akademischen Abhandl. ward die Ast. 
euchlora von Berlin hinzugesetzt. Ebenda wurde 1831 die Gattung auf 4 sichrere Arten beschränkt: A. 
euchlora, haematodes, viridis und eine neue, A. flavicans. Als 5te zweifelhafte Art wurde Paramecium 
oceanicum von V. Cuamisso’s Weltumsegelung. mit KoTZEBUE angesehen. Im Jahre 1833 wurde in densel- 
ben Schriften Ast. pusilla als neue Art verzeichnet und 1835 wahrscheinlich doch die frühere Ast. eu- 
chlora als besondere Gattung Ohlorogonium beschrieben. So. besteht die Gattung jetzt aus 4 bis 5 Ar- 
ten, von denen 1 grün und roth, 2 nur grün, 1 gelb und 1 farblos sind. 

Der Organisationsgehalt der Gattung ist noch nicht hinlänglich scharf ermittelt, indem die am frucht- 
barsten gewordene Art, A. euchlora, ausgeschieden ist. — Magenblasen sind bei Astasia pusilla allein mit 
Wahrscheinlichkeit anschaulich geworden. Wahrscheinliche Eikörperchen sind bei den 4 farbigen Arten in 
der feinkörnigen Farbe vorhanden, und bei Ast. haematodes sind sie deutlicher beobachtet. Nur bei Ast. 
pusilla ist ein deutlicher Rüssel als fadenartiges Bewegungsorgan erkannt. Andere Structurverhältnisse sind 
bisher nicht zur Klarheit gekommen. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist ansehnlich weit beobachtet. Die rothen Infusorien, 
welche LEEUWENHoEK 1701 in Delft in Holland fand, und die grünen, welche Harrıs 1696 in London 
beobachtete, rechne ich, der grossen geographischen Entfernung der in Europa noch nicht sicher beobachte- 
ten A. haematodes und viridis halber, lieber zu Zuglena sanguinea und viridis, indem man das Auge 
damals übersehen haben würde, wenn es auch noch’ grösser gewesen wäre. Sicher ist das Vorkommen der 
Ast. haematodes in der Steppe Sibiriens am Altaigebirge. A.? viridis ebendaher ist weniger sicher. Das 
brasilianische Seethierchen mag rücksichtlich seiner Stellung noch zweifelhaft seyn. Zwei Arten le- 
ben bei Berlin. | | 

Diese Gattung enthält Thierchen, welche durch ihre schnelle Entwickelung zu zahllosen Mengen und 
ihre rothe Farbe ganzen Wassermassen eine blutrothe Färbung geben können, eine Erscheinung, welche oft 
ganze Ortschaften in Angst und Entsetzen gebracht hat. 


116. Astasia haematodes, blutfarbiger Aenderling. Tafel VI. Fig. I. 


A. expansa fusiformis, brevissime caudata, 33tiam lineae partem longa, primo viridis, dein sanguineo -rubra. 


2 \ 2 + . . x 5 
Astasie sanglante, s’eiendant en forme de fuseau, a queue tres-courte, egalant *ıs millimetre en 
longueur, d’ abord verte, plus tard rouge de sang. 


26 


102 


Astasia haematodes, PogGENnDorFr’'s Annalen d. Physik 1830. p. 506 — 508. 
Astasia haematodes, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830, p- 38, 54, 61, 68. 1831. p. 70. 


Aufenthalt: In Lachen der Platowskischen Steppe zwischen Barnaul und Koliwan im östlichen Sibirien. 


Diese Form wurde im Juli 1829 auf der Reise mit Herrn ArLexanner von Humsoror beobachtet. Sie bildete einen sehr 
intensiv blutfarbigen Schleim auf einer Wasserlache in den Vertiefungen der Steppe bei einer Station zwischen Barnaul und Koliwan. 
Dieser Schleim war im Wasser selbst ganz vertheilt, bildete aber am Rande eine dicke Lage, welche ich, in 2 bis 3 Linien Dicke, 
wie eine Fetthaut, abheben konnte und die unmittelbar auf dem Moder des Grundes aufsass. Ich zog etwas davon auf weisses Papier 
und liess es antrocknen, anderes nahm ich in feuchtem Schlamme mit bis Schlangenberg, wo ich es mikroskopisch untersuchte und die 
ganze Farbe von lebenden Thierchen gebildet fand, die wie Kugeln-erschienen, sich aber bald dehnten und sehr wunderliche Gestalten 
annahmen, welche denen der Zuglena viridis sehr glichen. Ich fand ganz gleichtörmige grüne und rothe, auch halbgrüne und halb- 
rothe. Die damals vielfach gezeichnete Form ist sehr abweichend von der Form der Euglena sanguinea, obschon die Verwandlun- 
gen ganz ähnlich waren. Ein Rüssel wurde damals nicht erkannt und nicht vermuthet, so wie überhaupt die neuere Schärfe der Un- 
tersuchung damals nicht angewendet wurde. Die Organisation ist daher nur mangelhaft beobachtet. Die ähnlichen Beobachtungen rother 
ähnlicher Thiere aus Norwegen, Halle, Delft und Frankreich sind bei Euglena sanguinea zu vergleichen, weil diess die europäische 
Form ist. Vielleicht findet sich aber auch diese Astasi@ noch in Europa, und dann ist die Synonymie nach bester Ueberzeugung zu theilen. 


\ Erklärung der Abbildungen Taf. VII. Fig. I. 


Es sind 14 Thierchen in 13 verschiedenen Lebensformen in Schlangenberg gezeichnet. Einige sind kugelartig zusammengezogen, andere spin- 
delartig gestreckt, einige herzförmig, blattförmig, eiförmig, halbmondförmig, nierenförmig u. s. w. Die mit * bezeichnete Figur ist im Sterben durch 
Platzen. Ob die hervortretenden Kugeln Eier sind, ist zweifelhaft, ich halte sie lieber für mit Eierstockmasse umhüllte Magenzellen. Vergrösserung 450mal. 


117. Astasia flavicans, gelber Aenderling. Tafel VII. Fig. II. 


A. corpore expanso conico-cylindrico, 36tam lineae partem longo, antico fine rotundato, cauda brevissima obtusa, ova- 
rio flavicante. 


Astasie jaunätre, s’Etendant en forme de cone presque eylindrique, egalant ‘| millimetre en lon- 
gueur, arrondie au bout anterieur, a queue tr&s-petite obtuse, ü ovaire jaunätre. 


Astasia flavicans, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 70. 1833. p. 231. 
Aufenthalt: Berlin. 


Ich fand diese Art im Frühling 1831 im Thiergarten bei Berlin als dichten Ueberzug eines ockergelb gefärbten Wassergra- 
bens. Sie hat ganz die Form der Euglena viridis oder hyalina, ist aber kleiner und hat keinen rothen Augenpunkt. In einem 
Uhrglase voll Wasser waren viele Tausende. Der vordere abgerundete Kopf zeigt zuweilen einen Ausschnitt ‚ vermuthlich den zweilip- 
pigen Mund. Ein Rüssel war nicht zu erkennen. Viele Thierchen hatten an den Extremen und in der Mitte farblose Stellen. Die 
mittlere mag wohl die Samendrüse seyn, die vordere ist, der nahen Analogie der Euglenen nach, der Kopf, die hintere stumpf ge- 
spitzte der Schwanz. Der übrige Raum wird vom gelblichen Eierstocke erfüllt, welcher die Magenzellen umschliesst und undeutlich 
macht. Dass die gelbliche Farbe von genossener Nahrung herrührt, ist hier unwahrscheinlich, weil die Magenzellen selbst dann deut- 
licher seyn würden. Farbenahrung nahm sie nicht auf. Grösse bis %s6 Linie. F ormveränderung mannigfach, wie bei Zuglena viridis. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VO. Fig. II. 


Es sind 12 Thierchen in verschiedenem Alter und in ihren verschiedenen Formveränderungen dargestellt. Die scheinbar kreuzartigen entste- 
hen durch Anziehung des Hintertheils an den Vordertheil und Ausweitung der Mitte. Ziehen sich auch die Extremitäten ein, so bildet sich eine Kugel, 
welche alsbald durch Ausdehnung wieder zur Fischform wird. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 


418. Astasia pusilla, kleiner Aenderling. Tafel VII. Fig. II. 


A. corpore expanso conico, 72dam lineae partem longo, antica parte turgida rotundata, hyalino, cauda brevissima sub- 
acuta. 


Astasie naine, a corps (eiendu) conique, egalant ‘ss millimetre en longueur, elargi et arrondi au bout 
anterieur, hyalin, a queue tres-petite presque aigue. 


Astasia pusilla, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 231. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Am 27. Mai 1832 und 6. April 1833 im Thiergarten bei Berlin als Ueberzug der Frühlingsgewässer entdeckt. Ich hatte 
in einem Uhrglase Tausende, vielleicht Millionen dieser Thierchen, welche sich an die Oberfläche zogen und eine Haut bildeten. Man 
könnte sie für Junge der Ast. flavicans halten, allein die grossen Blasen in ihrem Innern, welche Magenzellen zu seyn schienen, sah 
ich bei der grösseren Form nie so gross, auch liess diese keinen Rüssel erkennen. Bei der kleinen dagegen war, sobald ich Farbe 
zum Wasser that, ein deutlicher Strudel am Vordertheile sichtbar, und ich erkannte schon 1833 den fadenförmigen Rüssel von der 
Hälfte der Körperlänge. Zuweilen schien mir der ganze Körper zu flimmern. Im Fall der Bewimperung würde diese Form in die Fa- 


milie der Kranzthierchen, Peridinaea, zu stellen seyn. Aufnahme von Farbenahrung fand nicht. statt. Körpergrösse */ıo bis 
Y%, Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VO. Fig. I. 


Es sind 12 Thierchen in 2 Gruppen nach 2 verschiedenen Vergrösserungen abgebildet. Die obere Gruppe von 9 Thierchen ist nach Zeich- 
nungen von 1832 und 1833 mit dem 1833 beobachteten Rüssel nach 300maliger Vergrösserung, die verschiedenen Zustände der F ormveränderung dar- 
stellend. Ein und dasselbe Thierchen macht beständig alle diese Evolutionen der Form. 

Die untere Gruppe + von 3 Thierchen ist nach Yooomaliger Vergrösserung des Durchmessers und 1833 gezeichnet. 


103 


119. Astasia? viridis, grüner Aenderling. Tafel VIL Fig. IV. 


A. corpore expanso ovato-oblongo, 75tam lineae partem longo, medio turgidulo, viridi, cauda brevissima acuta. 


Astasie? verte, & corps (etendu) ovale-oblong,, egalant *);; millimetre en longueur, un peu gonflee au 
milieu, verte, a queue tres-petite aigue. 
Astasia viridis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 61, 67. 1831. p. 71. 
Aufenthalt: Syrjanofskoi im Altaigebirge. : 


Diese Art wurde 1829 auf der Reise mit Herrn von Humsoıpr im Juli zwischen Conferven bei Syrjanofskoi entdeckt. Sie 
könnte leicht eine junge Form einer Euglena seyn, indem ich damals die rothen Augenpunkte schwieriger sah als jetzt. Auf meiner 
Zeichnung finde ich auch einen feinen fadenförmigen Rüssel angezeigt, was aber ebenfalls für die Gattung nicht entscheidet. Ich habe 
nur wenig Individuen, und diese auf der Reise, gesehen. Grösse /ıw—"/s Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VO. Fig. IV. 


Es sind 2 Formen des in Syrjanofskoi beobachteten Thierchens nach Zeichnungen von 1829. Beide 450mal vergrössert. 


Uebersicht aller Artnamen für die Gattung Astasia. 


Es sind von mir seit 1830 für diese Gattung 8 Artnamen theils als sicher, theils als wahrscheinlich derselben zugehörig, be- 
trachtet worden, von denen ich aber 2, A. lacustris und sanguwinea, jetzt zu Euglena sanguinea zu stellen vorziehe, einen als 
eigene Gattung, Chlorogonium, abtrenne, und 1, A. oceanica, als unentscheidbar, nur nebenbei bemerke. Astasia lacustris grün- 
dete sich auf Yolvox lacustris von GırRoD CHANTRANs, den neuerlich der Londoner Mechanikus Prırcnarn Volv. Calamus ge- 
nannt hat. Ast. sanguinea gründete sich auf Enchelys sanguinea aus Bonn 1826 von Ners und GoLpruss, die ich ebenfalls zu 
Euglena ziehe, und ebendahin stelle ich die rothwerdende Cercaria viridis, welche 1701 LeruwEnHoEk in Delft, 1790 Weser 
in Halle und 1791 Srrom in Norwegen beobachteten. Es wäre möglich, dass späterhin sich die T’hierchen von Besangon, Lon- 
don, Bonn, Eger in Norwegen und Delft zur Astasia haematodes oder als eigene Art aufstellen liessen. Das Paramecium ocea- 
nicum, welches v. Cuamısso 1815 an der Küste von Brasilien im starkriechenden Seewasser des offenen Meeres fand und 1820 in 
Act. Nat. Cur. X. p. 371. beschrieb, nannte EscnscnoLrz 1825 (Isis p. 747.) Arthonema und hielt es für den lebenden Samen 
einer Pflanze. Vielleicht war es doch eine Astasia, welche das Meerwasser grün färbte. Endlich ist MüLzer’s Proteus tenax noch 
zu vergleichen, welcher hier als Distigma tenax aufgeführt ist. 


DREIUNDDREISSIGSTE GATTUNG: STUMPFAUGE. 
Amblyophis. Amblyophide. 
CHARACTER: Animal e familia Astasiaeorum, ocello singulo instructum, liberum, proboseide filiformi 
simpliei, ecaude (Zuglena ecaudis). 


CARACTERE: Animal de la famille des Astasiees, lihre, ayant un seul oeil, une trompe fili- 
| forme simple et point de queue (Euglene sans queue). 


Die Gattung der Stumpfaugen unterscheidet sich in der Familie der Aenderlinge durch ein einzel- 
nes Auge, freie Bewegung, einfachen fadenförmigen Rüssel und Mangel an Schwanz. (Es sind Augen- 


thierchen ohne Schwanz.) 


Es ist nur eine grünfarbige Art dieser Gattung beobachtet worden. Die Gattung selbst wurde 1831 
in den Abhandl. d. Berliner Akad. aus dem Grunde von Zuglena abgesondert, weil Daseyn und Mangel ei- 
nes namhaften Organs Gattungscharactere vorzugsweise abgiebt. 

Die Organisation der einzigen Art ist als mannigfach zusammengesetzt leicht zu erkennen. — Als 
Bewegungsorgan ist ein einfacher, fadenartiger, kurzer Rüssel von etwa 1; der Körperlänge ermittelt wor- 
den. — Das Ernährungsorgan ist, wahrscheinlich von den grünfarbigen Eiern dicht umhüllt, unklar geblie- 
ben, doch ist eine weite Spalte am Grunde des Rüssels leicht wahrnehmbar, welche eine 2lippige Mund- 
öffnung anzeigt, deren Oberlippe den Rüssel trägt. — Als Fortpflanzungsorganismus ist eine sehr dicht ge- 
drängte Masse grüner Körnchen anzusehen, welche den ganzen Körper, mit Ausnahme des vordern Endes 
oder des Kopfes, erfüllt und grün färbt. Diese körnige grüne Masse lässt sich für eine Eimasse halten. 
Ueberdiess erkennt man im Körper noch zweierlei sehr bestimmt geformte Organe. Eins derselben bildet 
einen grossen, hellen, rundlichen Fleck in der Mitte, andere sind 5 stabartige Körperchen, deren 2 vor, 3 
hinter der hellen Stelle liegen. Diesen ganzen Apparat, dessen Zusammenhang noch nicht klar ermittelt 
ist, kann man vorläufig für den männlichen Organismus halten. Weil dergleichen Stäbchen ohne die mitt- 


lere hellere Stelle bei mehreren Arten der Gattung Zuglena vorkommen, die letztere also da seyn und feh- 


2 
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ER u 435. 


104 


len kann, so sind hier besonders die stabartigen Organe für Samendrüsen gehalten. Contractile Samenbla- 
sen sind nicht erkannt, auch Selbsttheilung noch nicht beobachtet. — Das Empfindungssystem ist bei die- 
ser Form unter allen polygastrischen Infusorien am deutlichsten und schönsten repräsentirt. Es befindet sich 
nämlich bei allen Individuen am vordern hellen Ende hinter dem Rüssel, da wo die Eiermasse anfängt, im 
Innern, ein sehr lebhaft roth gefärbter Fleck von constanter Farbe, meist länglich von Gestalt, und an Ge- 
stalt sowohl als an Stellung und Farbe dem Auge der Räderthiere und der Zntomostraca gleich, ja 
neuerlich liess sich unter demselben im hellen Raume eine besondere drüsige, kugelförmige Masse erken- 
nen, welche mit dafür spricht, dass dieser Fleck ein auf Nervenmasse ansitzendes Auge ist. Da das Auge 
die Rückenseite bezeichnet, so ist der Rüssel auf der Oberlippe befestigt. 
Die Verbreitung dieser Form ist über Berlin hinaus mit Sicherheit noch nicht beobachtet. 


120. Amblyophis viridis, grünes Stumpfauge. Tafel VIL. Fig. V. 


A. corpore magno, elongato, cylindrieo, turgido aut compresso, postico fine subito rotundato, viridi, capite hyalino, 
ocello magno laete rubro. 


Amblyophide verte, a corps grand, allonge, eylindrique, tantöt gonfle, tantöt comprime, arrondi su- 
. ’ . x A . N . 
bitement au bout posterieur, vert, ü tete Iyaline, ayant un grand oeil d’un beau rouge. 


Amblyophis viridis, Abhandl. der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p- 73, 152. Taf. II. Fig. VII. 1835. p. 15, 29. Taf. I. Fig. XVII 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Dieses 'Thierchen ist häufig zwischen den Arten der Gattung Zuwglena und besonders im Frühjahr leicht zu haben, aber von 
mir zu allen Jahreszeiten beobachtet, auch öfter überwintert. Es lebt immer nur einzeln am’Boden der Gefässe, und nur selten fin- 
det man 2 in einem Tropfen. Es zeichnet sich besonders durch Trägheit in seinen Bewegungen aus. Ich habe es nie schwimmen ge- 
sehen, meist windet es sich langsam und kriecht. Zuweilen breitet es sich in eine runde Scheibe aus, ist manchmal bandförmig, manch- 
mal cylindrisch, manchmal gerad, manchmal schraubenartig gewunden. Man verwechselt es in seinen Evolutionen wohl leicht mit Zu- 
glena Spirogyra, die aber gefurcht ist und einen Schwanz hat. Die Jungen sind schwer von Z. deses zu unterscheiden, indem diese 
ihr Schwänzchen oft einzieht. Die Organisation ist bei dem Gattungscharaeter erläutert. Ich sah sehr kleine Thierchen von !oo Li- 
nie Grösse, die ich für Junge dieser Form halten konnte. Die grössten hatten */ıo Linie Länge, am häufigsten sind sie Yıs bis Yıa 
Linie lang, meist immer grösser als Zuglena viridıs. 


* 


Erklärung der Abbildungen Tafel VI. Fig. V. 


Es sind 3 Thierchen in verschiedenen Grössen und Veränderungen dargestellt, alle 300mal vergrössert. Die grössten sind die Normalform 
und stellen 3 Veränderungen eines und desselben Individuums vor, eine gestreckte, eine leicht spiralförmig gebogene, eine scheibenartig abgeplattete Form. 
Ueberdiess sind 2 junge 'Thierchen dabei, welche man leicht mit Z. deses verwechselt. : 


VIERUNDDREISSIGSTE GATTUNG: AUGENTHIERCHEN. 
Euglena. Euglene. 


CHARACTER: Animal e familia Astasiaeorum, ocello singulo instructum, liberum, proboseide filiformi 
simplici et caudatum. | 


CARACTERE: Animal de la famille des Astasiees, libre, pourvu d’um seul oeil, d une irompe 
Siiforme simple et d’ une queue. 


Zur Gattung der Augenthierchen gehören alle Formen der Familie der Astasiaeen, welche ein 
einzelnes Auge führen, freie Bewegung, einen einfachen fadenartigen Rüssel haben und geschwänzt sind. 

Es sind bisher 11 Arten dieser Gattung bekannt geworden, von denen 9 immer srünfarbig mit ro- 
them Auge vorkommen, eine aus der grünen Farbe in die blutrothe übergeht und eine ganz farblos ist. Die 
Gattung wurde 1830 in Pos6EnDorFF’s Annalen der Physik p. 508. mit 5 Arten angezeigt, aber in den Ab- 
handl. der Berlin. Akademie 1830. p. 39. erst systematisch begründet und auf 6 Arten erhöht. Ebenda 
ward 1831 eine 7te Art zugefügt und 1833 daselbst die Zahl auf 9 erhöht. Zwei neue Arten werden 
hier zuerst mitgetheilt. Die Arten dieser Gattung waren zum Theil schon früher bekannt, und eine dersel- 
ben, E. viridis, gehört offenbar zu den ersten beobachteten Infusorienformen, indem die fischähnlichen läng- 
lichen 'Thierchen, weiche Harrıs 1696 in grünem Wasser beobachtete, wohl ohne wichtiges Bedenken hier- 
her zu ziehen sind. Da Z. viridis gewöhnlich die Z sanguinea begleitet, so sind die länglichen grünen 
Thierchen, welche LEEuUwEnnork 1701 mit dieser sah, wohl auch zum Theil hierher zu ziehen. In Mir- 
LER'S grösserem Infusorienwerke sind 4 bis 5 Arten, 2 als Cercaria viridis und Pleuronectes, eine als 
Enchelys deses, eine als Fibrio Acus und eine vielleicht als Vibrio Sagitta verzeichnet. Den Vibrio 
Aecus nannte Schrank 1803 Vibrio Subula und Nırzscn 1817 Closterium Acus. OxEn verzeichnete 1815 
Euglena viridis wahrscheinlich als Cercaria viridis und auch als Znchelys viridis und Znchelys Pul- 


visculus, den Vibrio Acus aber als Znchelys Subula. Scurank nannte 1823 den Pibrio Acus Bacilla- 
ria Acus. Bory pe St. Vincent hat 1824 Vihrio Acus und Sagitta in die Gattung Zacrymatoria, Cer- 
caria viridis in die, viele heterogene Formen enthaltende, Gattung Raphanella, Cercaria Pleuronectes 
mit Oyelidium in die Gattung Firgulina gestellt, Enchelys deses aber in der Gattung Enchelys gelassen. 
Wahrscheinlich ist auch seine Cercaria maculata einerlei mit Pibhrio Sagitta, und seine Enchelys 
amoena einerlei mit seiner Raphanella urbicola und urbica, die er sogar von Conferva dissiliens, sei- 
nem Cadmus, nicht scharf unterscheidet, da er sie alle für Samen hält. Zuglena sangwinea wurde 1826 
von Ners und GoLprFuss vermuthlich mit dem Namen Znchelys sanguinea belegt, und Nırzsch zog in sei- 
ner Zertheilung der Gattung Cercaria 1837 die Cerc. viridis zur Gattung Znchehys und bildete aus Cere. 
Pleuronectes die Gattung Phacus, wie er es schon 1817 p. 4. angezeigt hatte. Die übrige speciellere Sy- 
nonymie ist bei den Arten und im Anhange zur Gattung angezeigt. 

Von der Organisation sind viele Details bereits glücklich ermittelt, einige wesentlichere Punkte sind 
noch im Rückstand und müssen künftiger Wissenschaftlichkeit empfohlen werden. — Als Bewegungsorgane 
sind bei 9 der 11 Arten einfache fadenförmige Rüssel erkannt. Nur Z. Ayalina und E. Pyrum haben 
dergleichen noch nicht erkennen lassen, weil beide seltner beobachtet wurden. Bei Z. sangwinea wurden 
einmal 2 gesehen, aber der Vorbereitung zur Selbsttheilung zugeschrieben. — Als Ernährungsorgane sind 
bei Z. hyalina, E. Pleuronectes und longicauda viele besondere Zellen meist deutlich, einige auch bei 
E. Spirogyra zu sehen, bei den übrigen Arten ist es schwieriger, dieselben direet zu erkennen, vermuth- 
lich weil sie von grüner Eiermasse dicht umhüllt sind. Farbeaufnahme ist noch nie ganz deutlich gewor- 
den, obwohl sie bei Z. vöridis zuweilen vorhanden zu seyn schien. — Ziemlich vollständig lässt sich der 
Geschlechtsorganismus durch viele Arten nachweisen. Bei allen farbigen Arten, deren sind 10, besteht die 
grüne Farbe aus sehr kleinen dicht gedrängten inneren Körnchen von gleicher Grösse, die man, zufolge der 
Aehnlichkeit mit grösseren Infusorien, als Eier betrachten kann. Bei der einzigen farblosen Art lassen sich 
ebenfalls sehr feine farblose oder weissliche Körnchen oder Eierchen erkennen. Ausser diesen Eiern, als 
weiblichen Theil, welcher allen Individuen zukommt, lassen sich bei 5 Arten noch andere bestimmte innere 
Organe erkennen, welche man berechtigt ist dem männlichen Sexualorganismus zuzuschreiben. Bei Z. Pleu- 
ronectes und longicauda sind es einzelne linsenförmige grosse Drüsen, bei Z. Acus sind es viele stabar- 
tige helle Körperchen, bei Z. deses sind es polyedrischen Crystallen ähnliche, viele Körperchen und bei Z. 
Spirogyra findet man häufig 2 ringartige, grosse, hellere Körper im Innern, welche sich ebenfalls auf 
solche Organe beziehen lassen. Ueberdiess sind bei 2. Pleuwronectes und longicauda contractile rundliche 
Samenblasen erkannt, welche aber bei den übrigen noch nicht beobachtet wurden. Selbsttheilung ist als 
Längstheilung nur bei Z. Acus direct gesehen worden. Eine Vorbereitung dazu schien auch die Duplieität 
des Rüssels bei einer Z. sangwinea zu seyn. — Als Organe der Empfindung sind rothfarbige Augenpunkte 
mit grösster Deutlichkeit vorhanden, und bei Z. Zongicauda, der flachsten Art unter den grösseren, gelingt 
es auch, wie bei Amblyophis, den hellen Markknoten direet zu erkennen, welcher dem rothen Pigment- 
flecke so zur Basis dient, wie diess bei Oyclops, den einfachen Augen der Daphnien und bei sehr vielen 
Räderthieren der Fall ist. Schon MüLLer sah bei 2. Acus diese Punkte richtig, erkannte sie aber nicht 
für das, was sie wirklich sind. — Gefässe blieben ihrer Feinheit halber bisher unerkannt. 

Die geographische Verbreitung dieser Gattung ist durch ganz Europa beobachtet, nur vielleicht Z. 
Aeus ist ausser Europa gefunden. Dass Zuglena sanguinea in Aegypten vorkomme, ist Vermuthung. Alle 
leben im Süsswasser, nur Vibrio Sagitta, eine zweifelhafte Art, lebt allein im Meerwasser der Ostsee. 
MüLzer fand auch Z. Acus im salzigen (brakischen) Wasser der Festungsgräben von Copenhagen. 

Ueber die Verwechselung einiger Formen der Gattung mit Samen von Algen, und über die darauf 
gebauten Hypothesen über Verwandlung von Pflanzen in Thiere und von Infusorien in Pflanzen, ist das Nö- 
thige unter Zuglena viridis und im Nachtrage zur Familie zu finden. 


121. Kuglena sanguinea, blutfarbiges Augenthierchen. Tafel VI. Fig. VI. 


E. corpore extenso oblongo, eylindrico aut fusiformi, capite valde rotundato, cauda brevi conica subacuta, proboscide 
corpus extensum longitudine superante, colore primum viridi, dein sanguineo rubro. 


\ \ L . . x A 5 
Euglene sanglante, a corps (diendu) oblong, eylindrique ou en forme de fuseau, a tete tres-arron- 


die, ü queue courte conique presque aigue, la trombe surpassant en longueur le corps elendu; 
cowleur d’abord verte, puis rouge de sang. 


Blutige Färbung des Nilwassers zu Mosis Zeit in Aegypten? 2 Buch Mosis, Cap. 7. 

Rothe Thierchen im Dachrinnenwasser, LEEUWENHork, 1701. Continuatio Arc. Nat. p- 382. (1702.) 

Cercaria viridis, (MÜLLER), WEBER 1790 in WAGENER’s Naturwunder und Ländermerkwürdigk. 4 Th. p. 143. 1804. 

E e —  (Mürser), H, Strom, Skrivter af Naturhistorie Selskabet, 1. Bd. 2det Hefte, p- 24. Tab.X. Fig. 1-7. Kioben- 
havn 1791. 

Volvox lacustris, GIRoD CHAntRans, Bullet. des sc. nat. de la soc. philomat. Nr. 6. p. 43. 1797. 


27 


y. 


RT EEE 2 


RER 


106 


Volvox lacustris, @IROD CHANTRANS, Recherches sur les Conferves, p. 54. Pl. VII. Fig. 17. An. X. (1802.) 
Enchelys sanyuinea, FRıEDR. NERsS und GoLDFUSS, Kastner’s Archiv für die Naturlehre, VII. 116. 18%. 
Euglena sanguineu, Po6GEnDorrEs Annalen d. Physik, 1830. p. 508. 

_ —_ Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 71, 151. Taf. I. Fig. 4. 
Volvox Calamus, PrivrcHArp, Natural hist. of Animalcules, p. 39. 1834. 


Aufenthalt: In Halle! , Berlin!, Eilau!, in Delft?, Eger in Norwegen?, Besangon?, Bonn?, London?, Aegypten? 


Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass die blutartige Farbe, welche zahllose Mengen dieses Thierchens auf ganzen Teichen 
hervorbringen, die Veranlassung gewesen, dass man schon zu Mosis Zeit eine directe Anschauung von Infusorien hatte und auf dieselbe 
aufmerksam war. Der mit grossen Mengen derselben verbundene modrige und widerliche Geruch des Wassers, sammt dem Sterben der 
Fische dadurch, passt recht wohl auf die historischen Nachrichten aus jener Zeit, doch könnte nicht das Flusswasser, sondern es wür- 
den nur alle Teiche, Bassins und Gräben von der Färbung infieirt gewesen seyn, so dass, anstatt Ueberfluss an Trinkwasser, kurz 
nach der Ueberschwemmung im ganzen Lande nur Modergeruch und blutartige Trübung der stagnirenden Gewässer vorhanden war, eine 
Erscheinung, die sich in wenig Tagen einstellen und auf das Unglaublichste steigern und verbreiten kann. Ob gerade jenes Färbende 
Euglena sanguinea oder Astasia haematodes war, ist natürlich nicht zu entscheiden, ‚bis eine dieser Formen dort wieder beobach- 
tet seyn wird. Ich selbst habe mit Dr. Hemrrıcn in Aegypten drei Arten, das Wasser und feuchte Erde rothfärbender, Organismen 
beobachtet: ‚Sarcoderma sanguineum, Geocharis nilotica und Sphaeroplea annulina, und das rothe Meer bei Tor in Arabien 
durch Trichodesimum erythraeum iu weiter Ausdehnung an der Küste blutartig geröthet gesehen, allein kein rothes Infusorium beob- 
achtet, was bloss Folge der Periodicität ihrer Entwickelung seyn kann. (Vergl. PocsEnnorrr’s Annalen der Physik 1830. über blut- 
artige Erscheinungen p. 503. seq.) 

Erst fast 100 Jahre nach der Erfindung des Mikroskops entdeckte LEEUWENHOEK am 25. August 1701 in einer bleiernen 
Dachrinne seines Hauses in Delft in stagnirendem Regenwasser direct ein, das Wasser durch seine Menge rothfärbendes, Thierchen, 
und beschrieb sehr umständlich die Nebenumstände der Erscheinung. Es war offenbar eine Astasia oder Euglena, und da die letz- 
tere in Deutschland häufig, die erstere nur in Sibirien beobachtet ist, so hat man die Beobachtung auf die deutsche Form vorläufig zu 
beziehen. Am 15. Juli 1790 beobachtete der Kämmerer Weser in Halle die blutrothe Färbung eines Teiches bei Giebichenstein 
als durch mikroskopische sehr kleine Thierchen bedingt, welche deutlich Zuglena sanguwinea waren, und gleichzeitig sah der Professor 
der Theologie Strom in Eger in Norwegen einen Fischteich blutartig gefärbt, dessen Farbe er durch Mürrer’s rothwerdende Cer- 
caria viridis bedingt angiebt. Er sah es im Juni, Juli bis zum August 1790 anhaltend, und gab die erste Abbildung des T’hierchens 
bei zu geringer Vergrösserung. Gırop CHantrans beobachtete eine gleiche Erscheinung 1797 bei Besangon. Er sah das Wasser 
von prächtig rother Farbe (rouge Eclatant), deren Nüance zwischen Zinnober und Carmin war. Unter dem Mikroskope erkannte er, 
dass die Färbung aus Thierchen bestand, die er Yolvox lacustris nennt. Er sammelte den rothen Bodensatz eines Gefässes, 70 Gran 
an Gewicht, liess ihn trocknen und bereitete sich eine rothe Farbe daraus, welche ihm vollkommen dienlich war, das Thierchen selbst 
damit zu malen. Er erhielt diese Menge aus etwa 1 Maass Wasser (pinte de Paris). Er vermuthet, dass, wenn man Bassins mit 
diesem Thierchen erfüllen wollte, was durch ihre eigene rasche und enorme Vermehrung leicht sey, man sie wie Cochenille als schö- 
nen Farbekörper würde brauchen können. Essigsäure tödtete die T’hiere und machte die Farbe braun, Salpetersäure löste sie getrock- 
net mit Brausen auf (der Kalkgehalt des Wassers brauste wohl nur), und änderte die Farbe in schmuzig Gelb. Der Rückstand be- 
trug !/; des Ganzen und gab, verbrannt, den Geruch von verbranntem Horne. Nach der Galeination fand er noch etwas Eisen und 
giebt die chemischen Bestandtheile so an: 0,60 Kalk, 0,02 Eisen, das Uebrige Wasser und verbrennliche Stoffe. Getrocknet, mit Al- 
kohol übergossen, gab die Masse dem Alkohol eine schöne Orangefarbe, die sich bei langsamem Kintrocknen erhielt, mit Wasser ge- 
mischt aber an der Sonne ausbleichte. Blosse Auflösung der rothen Farbe in Wasser zum Malen widerstand der Sonne, und ge- 
färbtes Papier änderte die Farbe, auch dem starken Lichte ausgesetzt, nicht bedeutend. Später (1802) beobachtete derselbe, dass .Coz- 
ferva glomerata sich in diesem Volvo auflöse, und hielt Harzer’s rothe Gonferve der Schweizer Seen mit Unrecht für dasselbe, 
welche wahrscheinlich Oseillatoria rubescens war, die wieder 1825 den Murten-See roth färbte. Er gab auch eine unkenntliche Ab- 
bildung des Thierchens. Tiefer im Wasser lebende sollten blasser seyn, und sie lebten, getrocknet, nach 4 Jahren wieder auf (p. 168). 
Ueber die vielfach unrichtigen Beobachtungen Gırop CHANTRANSs rücksichtlich der Verwandlungen von Bacillarien in Oscillato- 
rien u. s. w. ist aber die Familie der Bacillarien nachzusehen. z 


Im Jahre 1826 beobachteten Frıepr. Nzzs von Esengeck und Gorpruss im botanischen Garten zu Bonn in einem Was- 
sergefässe im September ein ähnliches T’hierchen, welches sie Enchelys sangwinea nennen. Das dunklere Auge haben sie nicht be- 
zeichnet, allein es ist erst deutlich, wenn man, von seiner Existenz und Stellung überzeugt, es aufsucht, und es ist der Farbe halber 
bei grünen Thierchen leichter zu unterscheiden als bei rothen. Im Jahre 1830 stellte ich in Poscenporrr's Annalen der Physik die 
mir damals bekannten Nachrichten über blutartige Erscheinungen kritisch zusammen und erwähnte auch der Euglena sanguinea, 
aber nicht aus eigner Anschauung. Erst bald darauf, im October 1830, erhielt ich auf meine Bitte durch Herrn Professor GoEPrERT 
in Breslau ein rothes Wasser aus einem Teiche bei Eilau ohnweit Sprottau in Schlesien zur Post, worin dergleichen rothe Thierchen 
befindlich waren, welche Herr Gorrrert im September oder Anfang Octobers daselbst beobachtet hatte. Diese Thierchen hatten 
sämmtlich ein deutliches rothes Auge und unterschieden sich sehr von der sibirischen Astasia. Ich habe sie über einen Monat lang in 
Berlin lebend erhalten. Seitdem habe ich dasselbe Thierchen auch bei Berlin selbst in seiner ganzen überraschenden, oft ziegelrothen, 
Massenfärbung beobachten können, und habe es in den letzten Jahren (1834 und 1836) an derselben Stelle in den Chausseegräben und 
den Sumpf-Lachen am Eintritt der Birkenstrasse in die Jungfernheide immer wieder aufgefunden. Im Jahre 1834 fand es sich am 
20. Juli bis zum. 1. August, im Jahre 1836 im Juni und noch am 16. October. (Mittheilungen d. naturforsch. Freunde zu Berlin 
1836. p. 30.) Neuerlich will es auch der Mechaniker Prırcmuarn in London gesehen haben und hat daraus eine neue Art mit dem 
Namen YVolvox Calamus gebildet, aber keine Zeichnung gegeben, während er alle übrigen nach den Vorbildern abgebildet hat. 


Die Bewegung dieser bald fischartigen, bald kugelartigen, bald anders gestalteten Thierchen ist langsam, aber oft schwim- 
mend und dabei um die Längsaxe drehend. Manche sind noch ganz grün, andere halbroth und halbgrün oder gefleckt. Im Innern er- 
kennt man viele körnige Kugeln. Ich halte diese für mit farbigen, erst grünen, dann rothwerdenden, Eiern dicht umhüllte Magenzel- 
len. Ein sehr feiner fadenartiger Rüssel von mehr als Körperlänge will sorgfältig gesucht seyn. Er ist Verlängerung der Oberlippe 
und scheint einziehbar zu seyn, oft sucht man ihn durchaus umsonst. Seine Thätigkeit sieht man, wenn man das Wasser durch Farbe 
trübt. Beim Antrocknen einzelner Thierchen auf recht klares Glas kann man ihn sehr schön und deutlich zur Ansicht erhalten. Ein- 
mal sah ich 2 Rüssel. Unter dem Rüssel ist ein 2lippiger Mund, dahinter im farblosen Kopfe das rothe Auge auf der Rüsselseite. 


Oft bleiben alle Thierchen sehr lange in der Contraetion und sind dann ganz kugelförmig. Sie sind immer, wenn sie roth sind, grös- 
ser als Z. virödis. Selbsttheilung ist nicht beobachtet. Getrocknete Thierchen, lange dem Lichte ausgesetzt, verloren ihre rothe Farbe 
und wurden grünlichgelb. Ebenso sind die 1829 gesammelten und auf Papier getrockneten der sibirischen Aszasia jetzt (1837) fast 
ganz verbleicht. Ueber die rothen F ärbungen der Gewässer im Allgemeinen ist im Nachtrage zur Familie Nachricht gegeben. — Grösse 
1), bis Yo Linie, oft kleiner. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. VI. 


Es sind 11 Thierchen in verschiedenen Formveränderungen dargestellt. Die 2 oberen sind im Schwimmen begriffen, die mittleren Formen 
kommen beim Schwimmen seltner, öfter beim Kriechen vor. Bei £. ist ein ganz kugelförmig contrahirtes mit vielleicht eingezogenem Rüssel gezeichnet. 
Fig. o. ist das einzige beobachtete 'Thierchen mit 2 Rüsseln. Ein platzendes Exemplar ist mit * bezeichnet. Vergrösserung 300mal. 


122. KHuglena hyalina, farbloses Augenthierchen. Tafel VII Fig. VI. 


E. corpore extenso fusiformi, capite attenuato, obtuso, bilabiato, cauda brevi subacuta, colore hyalino albicante. 


Euglene hyaline, s’etendant en forme d’un fuseau a tete amincie obtuse, fendue au bout, a queue 
courte aigue; couleur hyaline blanchätre. 


Aufenthalt: Bei Berlin, vielleicht von Schrank 1780 (p. 475.) bei Passau unter Enchelis viridis beobachtet. 


Diese farblose Art ist mir nie häufig vorgekommen. Ich habe sie früher immer für Euglena viridis nach dem Eierlegen 
gehalten, allein ich habe neuerlich sie wieder mit Meridion vernale am 14. März 1835 beobachtet und besondere Eikörnchen auch 
in ihr entdeckt; ich halte _sie daher jetzt für eine eigene Art. Spuren von runden Blasen mögen die Magenzellen seyn. Der Rüssel 


. und die Theilung sind nicht beobachtet. Das hellrothe grosse Auge lässt diese Form im Mikroskope sehr angenehm erscheinen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VL. Fig. VI. 


Es sind 2 Exemplare bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. Das spindelförmige schwimmt, das eiförmige liegt ruhig und ist zusammen- 
gezogen. 


123. Euglena deses, träges Augenthierchen. Tafel VO. Fig. VIL. 


E. corpore extenso cylindrico, capite subito rotundato, obsolete bilabiato, cauda brevissima apiculata; viridis, deses, 
rependo flexuosa, nunquam natans. 


Euglene paresseuse, s’etendant en forme d’un cylindre, ü tete subitement arrondie, legerement 
echaneree, a queue en forme de tres-petite pointe; verte, paresseuse dans ses mouvements, Tor- 
Zueuse en rampant, ne nageant jamaıs. 
Enchelys deses, MüLzer? Animalc. infus. p. 55. Tafel IV. Fig. 45. 1786. 
— — ScHrRANK, Fauna boica, III. 2. p. 38. 1803. 
— — Boryv, Encyel. me&th. 1824. 


Euglena Acus var., Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. Tafel I. Fig. III. g. 
Euglena deses, _ S e= 3 _ - — 1833. p. 248. Tafel VII. Fig. VIN. 


Aufenthalt: Bei Berlin und Paris, vielleicht auch bei Copenhagen und Landshut. 


Früher habe ich diese Form der Augenthierchen als einen Zustand der Euglena Acus angesehen und sie auch 1831 unter 
dieser abgebildet. Seit 1832 halte ich sie für eine eigene Art, weil ich sie in grossen Mengen sehr constant sah, und ich gab schon 


1833 eine characteristische Abbildung, welche 1835 noch um wesentliche Details verbessert wurde. Ob Müıter’s Enchelys deses 


dieses Thierchen ist, lässt sich nicht entscheiden. Ich habe seine Abbildung auch zu Monas deses citirt. Mürzer sah es im Win- 
ter in einem Aufgusse von Meerlinsen, aber unbiegsam. Schrank sah es bei Landshut im August zwischen Meerlinsen und biegsam. 
Borr ve Sr. Vincent beschreibt es in äusseren Characteren am deutlichsten, hielt es aber für Samen (Zoocarpes) der lern 
rivularis oder C. fracta, mit denen gemeinschaftlich er es bei Paris fand. 

Der stets schlaffe Körper gleicht einem nicht elastischen Faden, ist nie spindelförmig, sondern eylindrisch, und schwimmt nie. 
Er windet sich langsam ohne Haltung von einem Orte zum andern und bildet nur selten, aber doch zuweilen, die knotenartigen An- 
schwellungen , welche der E. viridis die auffallende Form eines Schnellrädchens geben. Alle Bewegungen sind träge und spannungs- 
los. Ein flacher Ausschnitt am vordern Ende bildet die Mundöffnung, deren Oberlippe einen fadenförmigen Rüssel von '% bis Y/; der 
Körperlänge führt. Dieser Rüssel, 1833 noch vermuthet, ist seit 1834 beobachtet. Er macht einen deutlichen Wirbel, Beide En- 
den des Körpers sind in geringer Ausdehnung farblos, der ganze mittlere Körper ist durch grüne sehr feine Körnchen erfüllt, die zum 
Theil Magenzellen zu umhüllen scheinen. Dazwischen aber liegen viele, poly&drischen Crystallen ähnliche, grössere helle Körper, die 
ich mit den stabartigen der Z. Acus vergleiche und für Samendrüsen halte, welche reihenweis verbunden zu seyn schienen, was aber 
nicht klar wurde. Der Schwanztheil gleicht einem sehr kurzen Spitzchen und ist oft eingezogen. Grösste Länge */;o Linie, kleinste 
beobachtete */s, Linie. Dicke 6- bis 12mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. VII. 


Es sind 8 Thierchen in verschiedenen Bewegungen und Grössen abgebildet, alle 300mal vergrössert. Einige haben den Schwanztheil ganz 
eingezogen, aber dessen Undeutlichkeit ist auch oft nur Folge der Körperlage. 


-124. Euglena viridis, grünes Augenthierchen. Tafel VII. Fig. X. 


E. corpore extenso fusiformi, capite breviter attenuato, bilabiato, cauda brevi conica (nec fissa); colore viridis, utro- 
que fine hyalina. 


E ug. lene verte, s’etendant en forme d’un fuseau, a 1öte amincie courte, fendue au bout, a queue 
courte conique (point fendue) ; ‚couleur verte, hyaline aux deux bouts. 


108 


"Grünes Wasser, Harrıs, Philosophical Transactions, p. 34. 1695. 

Grüne Thierchen im rothen Wasser, LEEUWENHOEK, Continuatio Arcanorum Naturae, p. 382. 1702. 

Enchelis tertia, Hır, History of Animals, 1751.? 

Schleimige grime Haut (a filmy matter), PriestLey, Experiments and observ. — on air, Vol. IV.? 1779.° 

Enchelys viridis, SCHRANK, Neue philos. Abhandl. d. Münchner Akad. II. p. 472. 1780. Tab. I. Fig. IV —X. 

Runde und eiförmige grime Wasserthierchen, Fontana, 1781. Memor. di matemat. ed fisica della soc. ital. T. I. p. 705. 1782. 

Fischartige grüme Insecten, > 

Conferva rivularis, IngenHousz, Vermischte Schriften, II. p. 164. 318 seg. Tafel II. Fig. V. (1779.) 1784. 

Tremella Nostoc , 

Vorticella rotatoria juv., SCHRANK, Naturforscher, XVIM. 1782. p. 81. 

Cercaria viridis, MÜLLER, Animalc. infus. p. 126. Taf. XIX. Fig. 6—13. 1786. 
—_ — Weser 1790 in WAGeEner’s Naturw. und Ländermerkwürdigk. 1804. 
— — Strom 1790, Skrivter af Naturhist. Selsk. Kiobenh. 1791. 

Volvoxr inconnu, GiIROD CHANTRANS, Recherches sur les Tremelles, 1802. p. 72. Tab. X. Fig. VI.? cfr. p. 168. 

Cercaria viridis, Schrank, Fauna boica III. 2. p. 80. 1803. i 

Grüne und runde Körper der grimen Materie des W’assers, Trevıranus? Biologie, II. p. 340. seqq. 1803. 

Furcocerca viridis, LAMARcK, Systeme des anim. sans vert. 1815. I. 

Ennchelys viridis, Nırzsch, Beiträge z. Infusorienkunde, p. 4. 1817. 

Cercaria viridis , 

Conferva bipartita, | BoRY DE Sr. Vincent, Diction. classig. d’hist. nat. Article Arthrodiees. Vol. I. p. 597. 18%. Encyel. 

Tiresias crispa, meth. p. 81. 1824. 

Cadmus dissiliens , 

Raphanella urbica, 

Enchelys amoena? 
— Bory DE St. Vincent, Dict. classique. Art. Matiere. p. 271. 18%. Raphanella urbicola 18%. Planche LVI. X. 

Fig. 18. Planche LVIN. XXI. Fig. 46. 

Einchelys viridis, Nırzsch, Encyclopädie von Erscu und GRUBER. Cercaria 1827. 

Grüne aus Pflanzen entstandene Infusorien, MEyen, Linnea v. SCHLECHTENDAL, 1827. p. 4238. und 431.2 Taf. VII. Fig. 15, 16. 

Euglena viridis, PoGGEnDorFF’s Annalen d. Phys. 1830. 504. ; . 
—  — Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 39, 82. Tafel VI. Fig. II. 1831. p. 16. 71. 1832. p. 438. 

1833. p. 249. ! 

Protococeus viridis, MEYEN, in NErs v. EsEnBEcKk RoBERT BRown’s vermischten bot. Schriften, IV. p. 331. 337. cfr. 445. 1830. 

Euglena viridis, RupoLeHu WAGNER, Isis, 1832. p. 390. 393. 

Ennchelys Pulvisculus, ; : ; 

Monas Pulvisculus? 

Protococcus Monas, i 

Palmella botryoides, Kürzıns, Linnea v. SCHLECHTENDAL, VIII. p. 342. 361. 367. Taf. VI. Fig. I. 1833. 

Oscillaria brevis, . 

Protonema Barbulae, 

Barbula muralis, 


\ BoryY DE Sr. VIncEnT, Encyel. m&th. 1824. 


Aufenthalt: Beobachtet in Winchelsea in Sussex?, Delft!, Londen!, Passau!, Landshut!, Copenhagen!, Halle!, Besangon?, Pa- 
ris!, Berlin!, Erlangen!, Bonn?, Eger bei Christiania in Norwegen?, Florenz ?, Jena!, Delitzsch bei Leipzig!. 


Die Geschichte des niedlichen grünen Augenthierchens mit Vollständigkeit auch nur kurz anzugeben, würde mehrere 
Bogen füllen. Ich halte aber für nöthig und nützlich, die mir bekannt gewordenen wesentlichsten Verschiedenheiten der Ansichten frü- 
herer Beobachter hier zu berühren und übersichtlich zusammenzustellen. Die Geschichte dieser Form verschmilzt sehr häufig untrennbar 
mit der Geschichte der grünen Staubmonade, Chlamidomonas Pulvisculus, und begreift wahrscheinlich auch andere grüne Infu- 
sorien. Man hat ihm in seinen wahren und eingebildeten verschiedenen Zuständen und Formen wohl nicht weniger als 17 verschiedene 
Gattungsnamen und 19 Artnamen gegeben, und hat es zu den Infusorien, zu den Räderthieren, zu den Algen und neuerlich 
zu den Moosen gestellt, ja Priester scheint es zu den Erden, den Mineralien, gerechnet zu haben. Diese kleine niedliche 
Thierform bleibt ein merkwürdiges Denkmal, wie irrige: Beobachtungen auf irrige Theorieen, und irrige Theorieen wieder auf falsche 
Beobachtungen leiten, bis zuletzt ein Thurmbau zu Babel entsteht und ein einfacher Körper 17, scheinbar rechtmässige, Gattungsnamen 
erhält, alle 3 Naturreiche durchläuft, die wunderlichsten Verwandlungen eingeht, ein neues vergängliches Reich gründet, und am Ende 
doch wieder zu einem einfachen niedlichen und harmlosen Thierchen wird. 


Die länglichen grünen Infusorien, welche Harrıs 1696 in Winchelsea sah, bleiben etwas zweifelhaft; allein unter den grü- 
nen Thierchen, welche LEEUwENHoER am 25. August 1701 im rothen Wasser einer bleiernen Dachrinne in Delft beobachtete, gab 
es dergleichen mit einem 2spitzigen Hintertheile. Diese Bemerkung, welche, obwohl irrig, doch von Insenuousz, MüLLer, Schrank 
und Nırzsc# wiederholt wird, scheint bezeichnend für diese Art. Hırr, welcher als Systematiker nur die Form berücksichtigte, rech- 
nete diese Körper wohl unter seinen dritten Typus der Gattung Znchelis. Erst fast 80 Jahre nach LexuwEnnorr’s Beobachtung 

erhielt die grüne Färbung des Wassers durch PrıestLev ein neues unerwartetes Interesse, weil diese grüne Materie, . welche er an- 
fangs für unorganisch hielt, Lebensluft, oder dephlogistisirte Luft, in grosser Menge ausströme. Es nahmen sich nun Physiker und Phy- 
siologen, welche nicht hinreichende Kenntniss der organischen Formen hatten, dieser Sache lebhaft an, daher erhielten gleich anfangs 
die Untersuchungen eine schiefe Richtung. Scurank’s Beobachtungen waren in sich selbst nicht genug befestigt, um Widerstand zu 
geben. Insenhousz bildete offenbar diese Thierchen sammt Chlamidomonas Pulvisculus als Grund der Priestley’schen grünen 
Materie des Wassers ab, sah an ersterer den gespaltenen Schwanz wieder, wie LEEUWENHOER, und behauptete ganz irrig, dass beide 
sich in bekannte Pflanzen, Conferva rivularis und Tremella Nostoc, verwandelten, auch aus diesen durch ihr Zerfallen wieder her- 
vorkämen. Von Seiten der Philosophie kam man in derselben Zeit diesen Beobachtungen entgegen, wenn letztere nicht schon Folge je- 
ner aus Nerpuam’s Zeit her waren. Fonrana’s Beobachtung eitirt auch schon Insenmousz. SCHRANK erklärte 1782 seine frü- 
here Enchelys viridis für junge Räderthiere und behauptete die Entwickelung verfolgt zu haben. Er sah wahrscheinlich Räder- 
thier-Eier umgeben von Euglenen, wie es sehr gewöhnlich ist, und sah deren Entwickelung. (Vergl. Hydatina senta Taf. XLVI.) 
Mürzer’s nüchterne und in aller Hinsicht vortreffliche Beobachtungen der mikroskopischen Organismen stellten zwar bald darauf fest, 
dass die grünen Färbungen des Wassers wirkliche besondere Thiere seyen, und er verzeichnete sie theils als Monas Pulwisculus und 
Enchelys Pulvisculus, theils als Cercaria viridis, allein er unterliess jene Verhandlungen über das grüne Wasser mit seinen Beob- 
achtungen scharf zu vergleichen und danach zu beurtheilen. Erst nach seinem Tode wurden seine Untersuchungen der Cercaria viri- 
dis bekamt. Weser und Strom beobachteten dann rothe, sehr intensiv blutartige und grüne Färbungen von Teichen, wobei sie ne- 
ben der vothen, jung ebenfalls grünen, Kuglena sanguinea gewiss auch Bugl. viridis sahen, wie denn letzterer in Eger bei Chri- 
stiania das rothe und grüne Thierchen mit demselben Namen, Cercaria viridis, benennt. 


109 


Mit Anfang des jetzigen Jahrhunderts hat man den grünen Färbungen der Gewässer und ihrer Niederschläge fortdauernd grosse 
Aufmerksamkeit geschenkt, allein nicht mehr in jener Beziehung wie Prıestrey, sondern in der, wie es Insenmousz that. Man 
wollte Verwandlungen der Infusorien in Pflanzen sehen. Sehr viele irrige Beobachtungen über dergleichen Verwandlungen machte Gı- 
ROD CHAnNTRANs, ein französischer Offizier in Besangon und Paris, welcher auch beobachtet haben wollte, dass Cercaria viridis, 
in Schatten gestellt, nach einigen Tagen lebend grau werde, p. 186. (vergl. EZ. Ayalina und sanguwinea). Umständlich hat 1803 
Schrank wieder vom rein naturhistorischen Gesichtspunkte aus diese Verhältnisse betrachtet und unter 7 namhaften, das Was- 
ser grünfärbenden, Substanzen die Cercaria viridis obenan gestellt. Trevıranus wiederholte die Beobachtungen von InGEnHoVUSZ 
gleichzeitig und befestigte die Idee von den Verwandlungen. Er scheint Euglena viridis nicht in ihrer ausgestreckten Gestalt, oder 
nur Chlamidomonas gesehen zu haben. Lamarck hat sie wohl nicht selbst beobachtet, gab aber, des gespaltenen Schwanzes hal- 
ber, den besondern, sprachwidrig gebildeten, Gattungsnamen Furcocerca. Professor Nırzsc# in Halle, welcher 1817 Mürzer’s 
Gattung Cercaria in 12 Gattungen sonderte, zog Cercaria viridis mit Cercaria Podura in die Gattung Enchelys und war 
ebenfalls der Ansicht, dass beide Formen durch getheilten Hintertheil übereinstimmten (siehe 1827); allein schon Bory pe Sr. Vın- 


cent erkannte, dass Raphanella urbica, wie er diess Thierchen nennt, sich von Cercaria Podura, die er Furcocerca nemt,. 


durch Mangel an Gabelschwanz unterscheidet. Ueberdiess war Borr von der Idee der Verwandlungen der Thiere in Pflanzen und der 
Pflanzen in Thiere so sehr eingenommen, dass er ein Reich der Doppelseelen (Aegne psychodiaire) darauf gründete, und so rech- 
nete er denn auch diess Augenthierchen zu den Arthrodieen, die bald wirkliche Pllanzen, bald wirkliche Thiere wären. Bory gab 
diesem Thierchen wahrscheinlich 5 verschiedene Namen, indem er 2 Thierchen daraus bildete, Aaphanella urbica und Enchelys 
amoena, und diese den Samen von Tiresias crispa (Conferva bipartita Dırıw.) und von Cadmus dissiliens (Conferva dis- 
siliens Dirıw.) ganz gleich erklärte. Auch hielt er eine gewisse Art von Ulven für Produet dieser Thiere (Diet. class. Matiere, 
272.). Achnliche Ansichten verbreiteten sich durch irrige Beobachtung der Staubmonade (s. Ohlamidomonas). In Deutschland 
hat Herr Mevern seit 1827 diese Ideen neuerlich noch verfolst. Er sah, wie er sagt, Conferven in farblose und grüne Thierchen 
zerfallen, und bildet 1827 das Auskriechen eines solchen länglichen Thierchens aus dem Eie ab. Aus den Zeichnungen sieht man 
wohl, dass das, was er sah, kein Ei eines Infusoriums, sondern irgend etwas unklar Beobachtetes, weniger Feines war. War das, 
was er sah, eine Panzermonade (Trachelomonas) in ihrer Schaale, die er zufällig zerdrückte, oder hielt er die contrahirte Zx- 
glena viridis, wie sie Kürzıng abbildet, für ein Ei? Noch 1833 erklärt derselbe Beobachter die von Ingenmousz und TrevırAa- 
sus bezeichneten Thierchen für Protococcus viridis, welche Körperchen er als Pflanzen betrachtet, die zwischen Thier und Pflanze 
schwanken und freie Bewegung aus innerer Ursache, wie Thiere, besässen, aber deren Bewegung zwecklos sey. Gerade so, als Irri- 
tabilität, bezeichnete ehedem Nerpnam die Bewegung der Infusorien. (Vergl. Abhandl. der Berlin. Akad. 1833. p. 157.) 

Zuerst 1830 wurde in Possennorrr’s Annalen die wahre Natur der Euglena viridis zu erläutern versucht und sie der 
Eugl. sanguwinea nah verwandt erklärt. “ Ich‘ stellte beide damals, der Form des Auges und des Mangels an Selbsttheilung halber, 
zu den Räderthieren, allein in demselben Jahre veranlasste mich die erneute Beobachtung und das Auffinden noch anderer augen- 
führender Infusorien, eine Familie der Astasiaeen in der Nähe der Monaden zu bilden, deren Glied sie wurden, wie sie es noch 
sind; auch gab ich eine deutlichere Abbildung, als die bisherigen waren. Im Jahre 1831 suchte ich die Natur der Augenpunkte (p. 16.) 


. fest zu begründen, und 1832 entdeckte und beschrieb ich, es 1833 wiederholend, den Rüssel als Bewegungsorgan. Dusarvın hat 


letzteren 1836 bei Euglena longicauda bestätigt. Es schlossen sich hieran 1832 die tüchtigen bestätigenden Beobachtungen des Pro- 
fessors RunoLru WAGNER in Erlangen, welcher das rothe Auge der Euglena viridis sehr deutlich auch sah. Er sah Priestley’sche 
grüne Materie aus Zuglena viridis gebildet, aber sie war und blieb todt. Conferven wuchsen zwischen ihr, aber nicht aus ihr. Durch 
ein weniger gutes Mikroskop verleitet, hat Kürzıne 1833 den Weg von Grrop Cuanrrans wieder betreten und den Grundsatz von 
Neuem geltend zu machen versucht, dass kleine Körper sich je nach den Einflüssen in verschiedene grössere Formen entwickeln könn- 
ten. Unter dem Namen Enchelys Pulvisculus und wohl auch Monas Pulvisculus giebt er eine erkennbare Zeichnung von Zu- 
glena viridis, worin selbst der Augenpunkt bemerkt ist, und behauptet, diese Korm sich in Prozococceus Monas, Palmella botryoi- 
des, Oscillaria brevis, Protonema Barbulae und aus dem letzteren in ein Laub-Moos, in Barbula muralis, verwandelnd beob- 
achtet zu haben, eine Beobachtung, die offenbar nur Kolge des nicht hinreichenden Mikroskops war, da der fleissige Algolog damals 
dieses nöthigen Hülfsmittels noch entbehrte. Im Jahre 1835 erhielt ich Zeichnungen und Nachrichten des Herrn Dr. WErnEcK in 
Salzburg, aus denen hervorgeht, dass diese Form mit rothem Augenpunkte, sammt E. sanguinea, gerade, wie ich sie hier kenne, 
auch dort existirt. Einen einfachen fadenartigen Rüssel hat auch er beobachtet. 

Das grüne Augenthierchen wird bis Er einer Linie gross, lebt zwischen Conferven am Boden ei Gewässer den ganzen Win- 
ter hindurch und ist oft von mir unter dem Eise hervorgeholt worden. Schon im Februar und März färbt es zuweilen bei Berlin die 
Oberfläche der Gewässer, häufiger im warmen April und den ganzen Sommer und Herbst hindurch. Oft färbt es mit Ollamidomonas 
Pulvisculus die Wasserkufen und Rinnsteine der Strassen grün. Nur im Freien ist es meist in Begleitung anderer Arten derselben 
Gattung. Unter dem Eise fand ich es mit Conferven am 15. Januar 1836 und wiederholt im Januar und Februar 1837 mit E. Pleu- 
ronectes, longicauda und Spirogyra. In Jena und Delitzsch sah ich es im September. Nach Gewittern finden sich oft in 2 Ta- 
gen schon alle Wasserkufen und Lachen davon grün gefärbt. Sein Grün ist dunkler als das der Chlamidomonas oder des Chloro- 
gomium. Zuweilen ist der Körper ganz grün mit rothem Punkte (strotzend von Eiern), oft ist es vorn und hinten wasserhell. Zu- 
weilen hat es ein helles Band in der Mitte, zuweilen hat es nur wenig grüne Körnchen in verschiedenen Haufen. Diess mögen Zu- 
stände vor und nach dem Eierlegen seyn. Ich glaubte sonst, dass es auch ganz farblose gebe. Diess mag der Fall auch seyn, allein 
es giebt eine farblose Art, die man nicht verwechseln darf, welche farblose oder weissliche (Eier) Körnchen in sich führt (Z. Ayyalina). 
Der rothe Augenpunkt ist immer an derselben Stelle, ist kein äusserer Farbepunkt, sondern innerlich in einer hellen Stelle des Vorder- 
theils auf gleicher Seite mit dem fadenartigen Rüssel. Als Auge bezeichnet er die Rückenseite, und der Rüssel ist mithin Oberlippe 
oder Stirn. ‘Dicht unter der Rüsselbasis ist eine leichte Queerspalte, welche die Mundstelle bezeichnen mag. Im Jahre 1830 glaubte 
ich Aufnahme von Indigo und Carmin in kleinen inneren Zellen zu beobachten, habe mich aber neuerlich nie wieder davon so überzeu- 
gen können, wie es bei vielen andern Infusorien leicht ist. Zuweilen sah ich erystallartige, helle, poly&drische Körper, wie die bei 
E. deses, nie aber Selbsttheilung, halte auch Mürzer’s Fig. 7. nicht für Queertheilung, sondern für veränderliche Einschnürung. Der 
Rüssel ist von der Körperlänge, beim Ruhen oft nur tastend, beim Schwimmen wirbelnd.. Die Bewegung ist fischartig schwimmend, 
oft um die Längsaxe drehend, und wird durch Wirbeln des Rüssels vermittelt, dessen Basalmuskeln wohl einen grossen Theil des vor- 
dern hellen Fleckes bilden mögen. Auffallend sind die häufigen Veränderungen der Körperform durch lokale Anschein und Stri- 
eturen, welche aber der ganzen ‚Familie eigen sind. Der 2spitzige Schwanz, welchen LerEuUwEnHork, Incennousz, Mürzen, 


28 


110 - 


Scurank und Nrrzsch gesehen haben wollen, ist schon von Borv zurückgewiesen und existirt bei keiner Art. Er mag durch Ver- 
wechselung mit Cercaria Podura (Ichthydium der Räderthierchen) in die Beschreibungen gekommen seyn. Junge Thierchen 
haben oft ein sehr blasses rothes Auge und können leicht für Astasia viridis oder Monas deses gehalten werden. Sie sind nicht 
rund, sondern schon den alten ähnlich. Oft werden plötzlich alle Individuen birnförmig und allmälig kugelförmig, ohne je wieder sich 
zu entfalten. Diess scheint Folge von Unbehaglichkeit bei chemischer Veränderung des Wassers zu seyn, welche sie tödtet. Wenn 
Räderthiere (Hydatina senta) mit diesem Thierchen gleichzeitig leben, so sieht man, wie jene deren Leib anbeissen und aussau- 
gen, die Haut aber oft wieder wegwerfen. Grosse Mengen von Euglena viridis bilden, sterbend in Kugelform contrahirt, eine grüne 
zähe Haut des Wassers, welche erst, wie im Leben, einen spermatischen, dann einen modrigen Geruch verbreitet und sich so lange 
bei Kälte senkt und abwechselnd bei Wärme hebt, als Blasenbildung, d. h., Zersetzung der kleinen Körper und Gasentwickelung, statt 
findet. Zuletzt zerfällt die Masse in grauen Staub, welcher die sehr kleinen Kierchen ohne Hülle zu enthalten scheint. Vielleicht ist 
also öfter kein anderes Austreten der Eier aus dem Körper, als mit völliger Auflösung desselben, und das Wiederaufleben der Thier- 
chen aus getrockneter grüner oder rother Materie, wie es Gırop Cuantrans nach 4 Jahren bei E. sanguinea angiebt, oder das 
Rückkehren der Tremella Nostoc in Priestley’sche Materie bei Insennousz, mag nichts anderes seyn, als das Auskommen der nicht 
getödteten Eier nach dem Tode der Mutterthiere. Auch ist diese grüne Haut aus todten Euglenen sehr oft ganz erfüllt von den gros- 
sen Eiern der Räderthiere, deren Entwickelung man ja nicht mit Schrank für Verwandlung halten darf. Beim Verbrennen auf 
Platinblech geben sie einen animalischen empyreumatischen Geruch, werden erst braun, dann schwarz, verlieren alle Form und lassen 
sich ohne deutlichen Rückstand verflüchtigen. Oft finden sich aber zwischen ihnen so viele, aus dem Wasser niedergeschlagene, mikro- 
skopische Crystalle von kohlensaurem Kalk, dass sie mit Säuren deutlich brausen, was man nicht ihnen selbst zuschreiben darf, wie es 
Gırop Cnantrans bei E. sanguinea gethan. Getrocknet auf Glas oder Glimmer, erhalten sie ihre Form selten ganz glatt, aber 
der Rüssel bleibt deutlich, die grüne Farbe verbleicht allmälig etwas, aber nicht ganz, das rothe Pigment des Auges erhält sich jedoch 
selten über 8 Tage. — Beobachtete Grösse Ye —!/ao Linie. Eikörnchen */xooo Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. IX. 


Es sind 11 Thierchen in verschiedenen Grössen und Formverwandlungen dargestellt, alle 300mal vergrössert. 
Die fischförmigen schwimmen, die birn-, kugel- und herzförmigen sammt dem in Form eines Schnellrädchens liegen still, oder bewegen sich langsam 
kriechend und mit dem Rüssel tastend. Die ganz kugelförmigen haben oft den Rüssel völlig eingezogen oder neben sich unsichtbar angelegt. 


125. KEuglena Spirogyra, gewundenes Augenthierchen. Tafel VII Fig. X. 


E. corpore extenso subeylindrico, postice in caudam brevem acutam attenuato, fuscescente viridis, capite subtruncato, 
corpore subtilissime sulcato et granulato, saepe tortuoso. 


Euglene Spirogyre, s’etendant presqu en forme de cylindre, aigu au bout posterieur par, une queue 
courte, & couleur verte brunätre, ayant la tete presque tronquce et le corps tres-finement raye 
et granule, sowent tortueux. 

Euglena Spirogyra, Po6GENDoRFF's Annalen d. Physik, 1830. p. 508. 

Euglena Spirogyra, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 83. Tafel VI. Fig. IV. 1831. p. 72. 1835. p. 165. Tafel I. Fig. 20. 

Aufenthalt: Bei Berlin, Jena und Salzburg. 


Diese grösste Form der Augenthierchen lebt nicht in Wasserkufen. Ich fand sie nur zwischen Conferven und Bacillarien 
in abfliessendem, oder doch mit Vegetation erfüllten Wasser. Sie ist sehr träge und bewegt sich fast wie E. deses, hat immer eine 
brännlichgrüne Farbe und ist meist durch feine gewundene und etwas gekörnte Furchen ausgezeichnet, wodurch es wie mit, auf der 
Halbansicht 14, Spirallinien überzogen scheint. Ich sah diese Linien oft ganz parallel und durch Winden des Körpers unter den Au- 
gen spiralförmig werden. Der Schwanz ist dornartig gespitzt, der Körper meist cylindrisch, oft gefaltet, zuweilen bandartig, immer 
schlaf. Der kurze Rüssel ist etwa '/; des Körpers lang. Im Innern hat diese Form 2 ringartige grosse Organe, welche ich mit den 
stabartigen der Amdlyophis vergleichbar fand und für 2, sehr eigenthümlich gebildete, Samendrüsen halte (s. 1835). Sie findet sich 
zu allen Jahreszeiten, aber nie sehr gesellschaftlich. Ich beobachtete sie neuerlich wieder am 1. März und 21. Juni 1835, am 15. Ja- 
nuar 1836 unter dem Eise im Thiergarten bei Berlin und im September 1836 mit Monas Okenii bei Jena. Auch im Januar und 
Februar 1837 wieder unter dem Eise bei Berlin. — Grösse !/o bis */ıö Linie beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VII. Fig. X. 


Es sind 6 Thierchen in verschiedenen Stellungen und Grössen abgebildet, 300mal vergrössert. Das grössere, !/ıo Linie grosse, hat den 
Rüssel eingezogen oder neben sich verborgen. 


136. Euglena Pyrum, birnförmiges Augenthierchen. Tiäfe VI. Fig. XI. 


E. corpore extenso, ovato, turgido, pyriformi, oblique sulcato, viridi, cauda corporis iongitudinem fere aequante, acuta. 


Euglene Poire, a corps (eiendu) ovale, gonfle en forme de poire, sillonne obliquement, vert, ü queue 
aigue de la longueur du corps. ee 


Euglena Pyrum, Abhandl. d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 72. 151. Tafel I. Fig. V. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Form lebt ebenfalls einzeln und findet sich nur selten zwischen den andern im freien, mit Vegetation erfüllten, Was- 
ser. Man kann leicht Z. veridis, wenn sie in ihren Lebensfunctionen gestört ist, für diese Form halten, die aber wesentlich verschie- 
den ist. Sie bewegt sich langsam um die Längsaxe wälzend, hat jedoch den zu, vermuthenden Rüssel noch nicht direct erkennen las- 
sen. Die Körperveränderungen sind gering. Sie wird zuweilen kugelartig, zuweilen lang birnartig. Am 15. Januar 1836 fand ich sie 
Mi ee Arten auch unter dem Eise wieder. Der im Verhältniss sehr lange Schwanz ist characteristisch. — Ganze Grösse !/os bis 

72 Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. XI. 


Es sind 4 Individuen abgebildet, welche die verschiedenen Grössen und Formen da 


irstellen, 300mal vergrössert. 


2a 


127. Euglena Pleuronectes, schollenartiges Augenthierchen. Tafel VI. Fig. XH. 


E. corpore compresso, orbieulari, ovato, foliaceo, longitudinaliter striato, viridi, cauda tenui, acuta, corporis tertiam 
fere quartamve partem aequante, hyalina. 


Eusrlene Pleuronecte, a corps comprime, ovale-orbiculaire, foliace, raye longitudinalement, vert; 
[2 ’ Pp p ’ a 3 ’ 
queue grele, aigue, egalant le tiers ou le quart du corps, hyaline. 
Cercaria Pleuronectes, MüLLER, Vermium hist. p. 36. 1773. Zool 08. dan. prodr. 2488. 
== — Mürter? Animalc. infus. p. 139. Tab. 19 Fig. 19— 21. 1786. 
FE — Scurank? Fauna boica, Ill. 2. p. 85. 1803. 
Phacus Pleuronectes, Nırzsch? Mikrosp. Beiträge z. Infusorienkunde, 1817. p. 4. 


Virgulina Pleuronectes, Bory? Encyclop&d. m&thod. 1824. Dict. classique 1830. 
Phacus Pleuronectes, Nırzscuh, Encyclopädie v. Erscu und GrUBER, Cercaria 1827. 


Euglena Pleuronectes, PogernDorrr's Annalen d. Physik, 1830. p. 508. 
_ — Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 39, 83. Tab. VI. Fig. V. 1831. p. 72. 1835. p. 164. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, Copenhagen?, Landshut?, Halle; ?, Salzburg. 


Es könnte mancher Zweifel entstehen, ob MüLıer’s Oercaria Pleuronectes wirklich Euglena Pleuronectes sey, allein 
ich bin dieser Meinung, wie Anfangs, so jetzt. Jene soll farblos seyn, erst im Tode grün werden und 2 Augenpunkte vorn haben. 
SCHRANK spricht nicht von der Farbe und von den Augen, Bory übersetzt nur Mürzer’s Beschreibung und es ist auch unsicher, ob 
Nırzsch das Thierchen selbst gesehen hat. Müırer hat seiner ersten Beschreibung später nichts zugefügt und war ungewiss, ob die 
beiden Augenpunkte nicht Anzeigen, Winkel, des Mundes wären, wie es wirklich der Fall ist. Die blassgrüne Farbe des Thierchens kann 
leicht, wie bei @ozuum, von ihm bei der Bewegung noch blasser oder gar nicht gesehen worden seyn und die Ruhe, wo er es grün 
sah, hielt er vielleicht für Tod. Er sah es in mehr als 6 Wochen lang stehendem Wasser. Schrank fand es im August mit Was- 
serlinsen bei Landshut. Bei Berlin ist es sehr häufig zwischen Conferven. Ich beobachtete es zu allen Jahreszeiten, neuerlich am 
23. Februar 1825 und am 15. Januar 1836 unterm Eise im Thiergarten. Es erhält sich auch den ganzen Winter hindurch zwischen 
Conferven in der Stube. Der flache, eiförmige oder fast scheibenartige, von der Seite zusammengedrückte, Körper ist vorn flach, etwas 
schief ausgerandet und daselbst lässt sich ein fadenartiger Rüssel von '/; oder ?/; der Körperlänge erkennen, welcher am längeren Vor- 
dertheile ansitzt, wo sich auch das grosse, schönrothe Auge befindet und der mithin Stirn oder Oberlippe ist. Jede Körperseite hat 
13 Streifen. Grüne Körnchen erfüllen den ganzen Körper wohl als Eier. Jn der Mitte ist eine unveränderliche matt helle Stelle, die 
schon MÜrLLer sah und welche ich als linsenförmige Samendrüse erklärt habe. Eine andere helle klare Stelle daneben ist veränderlich, 
verschwindend und wiederkehrend, diese scheint Samenblase zu seyn. Kleinere Bläschen zwischen den grünen Körnchen mögen Magen- 
zellen seyn. Neben dem Auge ist oft noch ein dreieckiger, veränderlicher, heller Fleck (2te Samenblase?). Das unbiegsame Schwänz- 
chen beträgt */;, oft nur */, der Körperlänge. Bewegung langsam, wankend. Die Formveränderungen bestehen im Umbiegen des Kör- 
pers zu einer halben Schraubenwindung, wie in Fig. XIM., die nicht bloss im Schwimmen, sondern auch in der Ruhe eintritt. Es 
lebt nur einzeln. Diese Form, oder wahrscheinlich Z. Zriquetra, beobachtete Dr. WERNEcK, wie ich ‚aus seinen Zeichnungen ersehe, 
auch in Salzburg. — Grösse !/o6 bis Yo, Linie. (Ei-?) Körnchen Ygoo — !ıooo Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. XU. 


Es sind 8 Thierchen in verschiedenen Grössen abgebildet, alle 300mal vergrössert, die 6 breiten von der Seite, die 2 schmalen vom Rücken 
(der Kante) gesehen. 


128. Euglena longicauda, langschwänziges Augenthierchen. Tafel VI. Fig. XIH. 


E. corpore compresso, elliptico (foliaceo), viridi, canda corporis longitudine, hyalina, subulata. 
Eugrlene. caudee, a corps comprime, elliptigue (foliace), vert, a queue hyaline, subulee, de la lon- 
g D D Yh s ) s D 
gueur du corps. 


Euglena longicauda, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 83. 1831. p. 72. 151. Taf. I. Fig. VI. 1835. p. 164. Taf. I. Fig. XII. 
_ Dusarvın, Comptes rendus hebd. de ’Acade&mie de Paris, 1. Febr. 1836. p. 104. Nr. 5. 


Aufenthalt: Bei Berlin und vielleicht bei Paris beobachtet. 


Diese 1830 entdeckte Art wird viel grösser als vorige und gehört wegen ihrer sanften Farben, ihres grellrothen grossen Au- 
ges und ihres offen liegenden vielen Organisationsdetails zu den interessantesten Erscheinungen des Mikroskops. Man erkennt in dem 
blattartig flachen und steifen meist elliptischen Körper eine innere aus Körnchen bestehende, gelblich grüne Färbung, die vermuthliche 
Eiermasse. Vorn, dem Schwanze entgegengesetzt, ist ein Einschnitt am Körperrande, an dessen mehr vorragendem Theile ein faden- 
förmiger höchst zarter Rüssel von ?/; der Körperlänge (ohne den Schwanz) ansitzt, und wirbelt. Wegen der Lage des Auges schien 
es mir fast, als ob bei dieser Art der Rüssel der Unterlippe angehöre und der mehr vorragende Theil dem Kinn vergleichbar sey. Die 
breiten Seiten des Körpers haben 14 bis 15 Längsstreifen. Zwischen den grünen Körnchen sieht man im Innern viele runde Bläschen, 
welche Magenzellen seyn mögen. In der Mitte des Körpers ist eine grosse, trübe, runde Stelle und auf dieser, auch zuweilen neben 
dieser, ein sehr heller, periodisch verschwindender Fleck. Ein eben solcher heller Fleck ist neben dem rothen Auge. Die trübe 
Scheibe lässt sich als Samendrüse betrachten und die contractilen Blasen lassen sich für 2 Samenblasen ansehen. Neuerlich sah ich 
noch bei dieser Art und bei Amdlyophys einen hellen, scharf umgrenzten, Markknoten (Ganglion) unter dem rothen Augenpunkte. 
(Vergl. die Bemerkung zur Erklärung der Abbildung von Colacium stentorinum 134.) Der unbewegliche Schwanz ist sehr spitz. Der 
Körper kann sich spiralförmig winden, aber nicht verkürzen. Die Bewegung ist frei, meist wankend, durch Schwingen des Rüssels 
vermittelt. Sie lebt zu allen Jahreszeiten einzeln bei Berlin zwischen Conferven im frischen Wasser mit Bacillarien. Ganze Grösse 
Una bis Yo Linie, der grünen Körnchen (Eier?) Ygoo — !ıwoo Linie. 

Dusarpın, ein junger Mann in Paris, welcher sich sehr absprechend als Gegner der Infusorien- Organisation aufwarf, glaubt 
1836 den Rüssel entdeckt zu haben und führt diese seine Beobachtung als Hauptbeweis an, dass er mehr zu sehen im Stande sey, 
als man gesehen haben wolle. Es war aber eine der wenigen richtigen Beobachtungen unter allen von ihm mitgetheilten, und war 
nur Bestätigung des schon Bekannten. Schon 1832 war bei den Euglenen und Monaden diess Organ beobachtet und 1832, 
1833 und 1835 wiederholt bekannt gemacht, auch waren diese Verhandlungen an die Pariser Akademie von mir eingesendet. 


112 


Erklärung der Abbildungen Taf. VH. Fig. XI. 


Es sind 5 Thierchen bei 300maliger Vergrösserung abgebildet. Davon sind 3 von der Seite (der breiten Fläche) gesehen, eins vom schma- 
len Rücken (der Kante) und eins im gewundenen Zustande, den es im Schwimmen und im Ruhen beibehält, aber verändern kann. 


129. Euglena triquetra, dreiseitiges Augenthierchen. Tafel VO. Fig. XIV. 


E. corpore ovato, foliaceo, carinato, triquetro, viridi, cauda corpore breviore hyalina. 


Euglene trilaterale, a corps ovale, foliace, carine, triateral, vert; la queue plus courte que le 
corps, hyaline. 


Euglena triquetra, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 249. Tafel VII. Fig. VII. 


Aufenthalt: Bei Berlin und vielleicht bei Salzburg beobachtet. 


Diese ausgezeichnete Art wurde am 14. April 1832 zwischen Lemna minor im Thiergarten von Berlin entdeckt und fand 
sich eben da am 27. Juni wieder. Ich habe sie seitdem sehr oft immer einzeln gesehen und fand sie am 15. Januar 1836 mit mehre- 
ren Arten der Gattung in Conferven, die ich unter dem Eise hervorzog. Nach einer Zeichnung des Dr. Wernecr findet sich diese 
Form wahrscheinlich auch bei Salzburg. Sie bewegt sich mit Hülfe eines, dem breiten Körpertheil an Länge fast gleichen Rüssels, hat 
ein kurzes, farbloses Schwänzchen und auf dem Rücken eine kammartige, einfache Leiste, welche es dreiseitig macht und ihm eine sehr 
verschiedene Körperform von der der vorigen Arten giebt, die auch vermittelnd zwischen die breiten und cylindrischen Formen der Gat- 
tung tritt. ‘Dass der hinzutretende dritte Flügel ein seitlicher Fortsatz sey, habe ich früher gemeint, jetzt verlassen, vielmehr halte 
ich die schmale Bauchseite der EZ, Pleuronectes hier für in die Queere erweitert. Ganz neuerlich habe ich (im Januar 1837) noch 
einige Structurdetails mehr beobachtet, als die Abbildung der Tafel enthält, indem ich ausser den grünen Eikörnchen auch Blasen sah, 
die ganz an die Structur von E. Pleuronectes antreten. Streifen habe ich nicht erkannt, doch sehe ich diese in der Zeichnung des 
Herrn Werneck von Salzburg, von 1835, angegeben, wo auch der Rüssel gezeichnet ist, der bei allen von diesem sorgfältigen Beo- 
bachter gezeichneten Arten vorn ein Knötchen führt, welches ich nicht sah und doch für optische Täuschung halte. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VH. Fig. XIV. 


Es sind 6 Thierchen bei 280maliger Vergrösserung gezeichnet, drei breitere von der Rückenseite, das schmalere von der rechten Lateral- 
Fläche, das stumpfdreiseitige halb verkürzt von hinten, das spitzdreiseitige ganz verkürzt von hinten. 


130. KEuglena Acus, nadelförmiges Augenthierchen. Tafel VI. Fig. XV. 


E. corpore fusiformi, tenui, subulato, strieto, medio viridi, capite attenuato, subtruncato et cauda valde acuta hyalinis. 
D 9 D D ‚ca D ) 


Euglene Aiguille, a corps en forme de fuseau mince, subule, droit, vert au milieu; tele amincie 
presque tronquee et queue tres-aigue, Tune et Vautre Iyalines. 
Vibrio Acus, MüLLer, Animalc. infus. p. 59. Tab. VII. Fig. 9. 10. 1786. 
Vibrio Subula, Schrank, Fauna boica, II. 2. p. 47. ohne EıchHorn’s Synonym. 1803. 
Closterium Acus, NırzscH, Beiträge z. Infusorienk. 1817, nicht 1833 bei Kürzıng. 
Lacrimatoria Acus, Bory, Encycl. m&thod. 1824. Dict. classique, 18%, 


Euglena Acus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 39, 53, 62, 83. 1831. p. 72, 151. Tafel I. Fig. II. 1855. 
p- 165. Tafel I. Fig. XVII. 


Aufenthalt: Bei Copenhagen im brakischen Wasser, bei Landshut, Halle, Berlin! und Catharinenburg am Ural? 


Diese Form ist ebenfalls eine der lieblichsten im Mikroskop, obschon sie durch Steifheit oft einen mehr vegetabilischen Cha- 
racter annimmt, den aber die fortrückende Bewegung und das grell rothe Auge beseitigen. MürLrr beobachtete sie im Salzwasser oder 
brakischen -Wasser der Festungsgräben in Copenhagen, wo ich auch Meerlinsen wachsen sah, und wo Paramecien lebten. Er bildet 
die Körperfarbe gelblich ab und nennt die Farbe des Auges bald roth, bald schwarz. Das hlasse Grün ist bei starker Vergrösserung 
gelblich und so hängt auch die Farben-Nüance des Auges etwas vom Grade der Vergrösserung und der Intensität ab. Ebenso haben 
die ältern Individuen des Cyclops scheinbar schwarze Augen, die jungen haben grell rothe. Schrank fand sie im August bei 
Landshut mit Meerlinsen, beobachtete aber das Auge nicht. Er sah es auch nicht bei Huglena viridis und Pleuronectes. Die von 
Nırzsch angegebene grosse Beweglichkeit beweist, dass er 1817 diese Form meinte, aber 1833 ein wahres Olosterium gezeichnet 
hatte. Bory hat nur Mürrer übersetzt und diese Form mit ganz heterogenen Thierchen vereinigt (s. Laerymaria). Im Jahre 1829 
habe ich sie, ohne das Auge zu erkennen, wenn es nicht Mavieula Acus war, bei Catharinenburg im Ural auf der Reise mit Herrn 
von Humsoror flüchtig gesehen und gezeichnet. Im Jahre 1830 erwähnte ich p. 83 der Selbsttheilung. Im Jahre 1831 gab ich 
eine mehrfache Abbildung ohne Rüssel, deren Fig. 9. aber zu E. deses gehört, und 1835 habe ich eine einfache skizzirte Abbildung 
mit dem Rüssel gegeben, den ich erst nach dem Stich dieser Tafel fand. Eıcnnorn’s Pfriemenwurm Tab. V.B., welchen Schrank 
eitirt, ist eine gelbliche, gegliederte, harte Dipteren-Larve, welche häufig zwischen Meerlinsenwurzeln lebt und die vielleicht schon 
Hırı 1752 als Macrocercus septimus abbildete. Mit Bacillarien lebt Z. Acws zuweilen schon im März in grosser Menge bei- 
sammen,. doch bildet sie nie allein eine grünliche Farbe des Wassers. Nur selten zeigt sie die Formveränderungen der übrigen eylin- 
drischen Euglenen, allein ich sah es hinreichend oft ebenfalls. Nur bei dieser Art habe ich Selbsttheilung als Längstheilung beobachtet. 
Im innern Körper sind helle, vielleicht 'kettenartig verbundene Stäbchen, die ich als Samendrüsen “betrachte (vergl. Stentor). Die 


grünen Körnchen mögen Eier seyn. — Grösse von !/ıs bis Yıs Linie beobachtet. Man verwechsele Mavieula Acus und Olosterium 
setaceum nicht. | 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. XV. 


ö Es sind 9 Thierchen bei 300maliger Vergrösserung des Durchmessers in verschiedenen Grössen und Formverwandlungen. Einige haben sich _ 
in der Mitte ausgeweitet und um soviel verkürzt, als sie an lokaler Breite zugenommen, eins ist fast zirkelförmig gebogen. Die geraden sind schwim- 


mende Individuen. Eins davon ist dicker als gewöhnlich und offenbar zur Selbsttheilung vorbereitet, welche bei 2 Thierchen weiter entwickelt dargestellt 
ist. Die stabartigen Samendrüsen sind mit 7 bezeichnet. 


EEE ee nn. _ 1 winner TE ae an 1. seh ID echte 


131. KBuglena rostrata, geschnäbeltes Augenthierchen. Tafel VD. Fig. XVI. 


E. corpore elongato conico, postice in candam sensim attenuato, viridi, capite rostrato, cauda brevissima. 


Euglene rostree, a corps allonge conique, s’amincissant peu a peu en queue au bout posterieur, vert, 
a tete brusquement amincie en forme d’un bec et a queue tres-petite. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich fand diese Form zwischen Bacillarien und Oscillatorien am 11. Februar 1835. Sie zeichnete sich durch einen 
vorn schief abgestumpften conischen Körper sehr aus und war in gleicher Gestalt zahlreich mit anderen Euglenen vorhanden. Der vor- 
dere Stirntheil, oder die Oberlippe, ist bei dieser Form schnabel- oder hornartig zugespitzt. Unter dieser Spitze, in der Vertiefung, 
kommt ein Rüssel von ?/; oder der Hälfte der Körperlänge hervor, welcher wirbelt. Schwanzspitze und Stirnschnabel waren farblos, 
das übrige innen grün, das Auge schön roth. Weitere Details sind nicht beobachtet. Grösse von !/ıs bis "/;o Linie. 

Diese letzten 5 Arten blieben im Tode ausgestreckt, alle übrigen contrahiren sich zu Kugeln. Wären sie gepanzert? Ich 
habe diess nicht wahrscheinlich finden können. Die flachen Formen scheinen sich nicht allein als Genus Phacus absondern zu lassen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VII. Fig. XVl. 


Die 5 abgebildeten Individuen sind 300mal vergrössert. Sie stellen die grössten und kleinsten beobachteten Thierchen von verschiedenen Sei- 
ten dar. 


Nachtrag zur Gattung der Augenthierchen. 


Ausser den hier verzeichneten Arten der Gattung Zuglena ist wohl ohne Zweifel Yidrio Sagitta von MÜLLER, welchen 
schon Baker 1742 abbildete und den Bory ve Sr. Vıncent doppelt, als Zacrimatoria Sagitta und Lacrimat. maculata, 
auch als Cercaria maculata verzeichnet, dieser Gattung angehörig. Ob noch die breiten Gercarien von MüıLter, welche Borr 
als 4 Arten seiner Gattung Vörgulina aufführt, die aber Nırzscn 1817 und 1827 in 3 Gattungen, Macrocereus, Phacus und 
Cyelidium vertheilt und die ich im Nachtrag fraglich zur Gattung Bodo der Monadenfamilie gezogen habe, hier ihre richtigere Stelle 
finden, muss erst eine erneute sorgfältigere Beobachtung derselben lehren. Mir sind sie bisher unbekannt geblieben. Die als farblos 
bezeichneten Arten könnten recht wohl eine grünliche Farbe und ein Auge besitzen, welche schon oft übersehen worden sind. Es kommt 
besonders darauf an, zu beobachten, ob sie Augen besitzen und ob ihre Körperform veränderlich ist. Bestätigt sich der Mangel von 
beiden, so sind es wohl Bodonen, sind sie formändernd und augenlos, so gehören sie wohl zu Aszasia, sind sie augenführend, zu 
Euglena. (Siehe Cercaria im Nachtrage zur Familie der Astasieen.) Es wäre auch wohl möglich, dass Hırr's Brachiurus pri- 
mus und gwintus zur Gattung Euglena gehörten; ersterer könnte sogar E. Pleuronectes, letzterer E. viridis seyn: dieser ist aber 
wohl der Grösse halber eine Notommata oder Diglena, jener eine Euchlanis oder Pterodina der Räderthiere gewesen. — 
Ueber die Massenverhältnisse, die grünen und rothen Färbungen der Gewässer durch Astasieen und Euglenen, siehe den Nachtrag zur 
Familie. 


FÜNFUNDDREISSIGSTE GATTUNG: NIXENTHIERCHEN, NIXCHEN. 
Chlorogonium. Chlorogone. 


CHARACTER: Animal e familia Astasiaeorum, ocello singulo instructum, liberum, nec pedicello affıxum, 
caudatum, proboscide filiformi duplici. 


CARACTERE: Animal de la famille des Astasiees, pourvu d’un seul oeil, nageant librement (ne 
s’attachant pas a un pedicule fixe), et ayant une queue et une trompe filiforme double. 


Die Gattung der Nixchen umfasst diejenigen geschwänzten Formen der Familie der Aenderlinge, 
welche ein einfaches Auge besitzen, sich frei im Wasser bewegen (ohne am Stiele festgeheftet zu seyn) 
und die einen doppelten fadenartigen Rüssel haben. 

Es ist nur eine Art dieser Gattung bekannt, welche von schön grüner Farbe ist. Die Gattung wurde 
1835 in den Abhandlungen der Berliner Akademie vorläufig angezeigt, und wird hier zuerst fester begrün- 
det. Die Art war früher, schon 1830, als Astasia euchlora verzeichnet. — Der Organisationsgehalt ist 
ziemlich ansehnlich ermittelt. — Als Bewegungsorgan dient ein doppelter fadenförmiger wirbelnder Rüssel. — 
Als Ernährungsorgane sind viele blasenartige Zellen im Körper erkannt, aber die Aufnahme von farbigen 
Stoffen und Exeretion unerkannt geblieben. — Als Fortpflanzungsorgane sind sehr feine grüne innere Körn- 
chen leicht zu sehen, welche den Eiern vergleichbar sind und die Farbe geben. Ausser diesen weiblichen 
Sexualtheilen sind noch Organe darstellbar gewesen, welche sich männlichen Samendrüsen vergleichen las- 
sen. Eine solche kugelförmige matt helle Drüse findet sich in der Mitte jedes Körpers und füllt fast die 
ganze Dicke aus. Contractile Blasen sind nicht ermittelt. Eine Selbsttheilung ist in Form mehrfacher schie- 
fer Queertheilung beobachtet. — Als Empfindungsorgan tritt in allen Individuen ein schönrother Augenpunkt 
im vorderen Körper hervor. Gefässe blieben unerkannt. 


29 


214 


Die geographische Verbreitung ist bisher ausser Berlin nicht bekannt geworden. 
Diese Form gehört bei Berlin zu den hauptsächlichsten Urhebern der grünen Färbung stehenden 
Wassers, so dass etwa 10000 Individuen in einem Tropfen Wassers nicht selten sind. 


132. Chlorogonium euchlorum, schöngrünes Nixchen. Tafel VII Fig. XVH. 


Ch. corpore fusiformi, utrinque valde acuto, breviter caudato, laete viridi. 


Chlorogone euchlore, a corps en forme d’ un fuseau, tres-aigu aux deux bouts, a queue petile et 
a couleur d’un vert vif. 


Astasia euchlora, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 38. 1831. p. 70. 
Aufenthalt: Bei und in Berlin. 


Euntdeckt wurde diese Form 1827 in Berlin in Sturmfässern der Strassen, welche sie ganz grün färbte. Sie wurde zuerst 
1830 und 1831 als Astasia euchlora charaeterisirt. Später ging es mit dieser Form gerade so wie mit Monas tingens und Gle- 
nomorum tingens. Ich fand nämlich anstatt der augenlosen Astasia, die ich seit 1830 oft genug wieder besah, aber nie anders 
fand, am 18., 19., 20. und 21. Juni 1835 alle Wasserkufen Berlin’s voll von einer sehr ähnlichen, aber augenführenden Form. Diese 
beschrieb ich als Ohlorogonium und hielt sie anfangs für ganz verschieden von der Astasia euchlora. Seit jener Zeit habe ich. 
sie 1835 und 1836 noch unzählige Male wieder gesehen und nun bin ich der Meinung, dass beide Formen ein und dasselbe Thierchen 
sind und dass ich sie nur jetzt besser zu beobachten gelernt habe, als ich es früher verstand. Das Auge ist zwar sehr scharf bezeich- 
net, aber sehr fein, daher übersieht man es leicht, che man seine Existenz weiss. Beim Sterben ziehen sie sich nicht zusammen und 


beim Antrocknen auf sehr reines Glas oder Glimmer behalten sie, wo sie einzeln liegen, die Form ziemlich gut, zeigen auch dann die 


2 Rüssel ganz schön. Die Farbe der Eier verbleicht etwas, die der Augen verschwindet ganz. Sie gehen aber getrocknet ein sehr 
hübsches mikroskopisches Objeet. Die übrige Organisation ist bei der Gattungs-Characteristik angezeigt. Besonders auffallend und 
merkwürdig ist die mehrfache, aber vollkommen abschliessende , schiefe, spontane @Queertheilung dieser Form, welche an Closterium 
und Vibrionien oder Gozium erinnert. Ich sah oft 2-, 3-, 4-, auch 5-Theilung. In der Contraction gleicht der Körper oft einer 
spindelförmigen Weintraube. Die Contraetilität des Körpers, welche zwar oft, wie bei Euglena Acus, sehr gering scheint, zu ge- 
wissen Zeiten jedoch ganz deutlich wird, und Mangel an Panzer, schliessen dieses Thhierchen sowohl von der Gattung @lenomorum 
der Monadinen, als von den Volvocinen, Vibrionien und Closterinen aus. Es hängt sich oft mit den Schwänzen in rollende 
Gesellschaftskugeln zusammen, wie GZezomorum, und lebt gemeinschaftlich mit Chlamidomonas und Euglena viridis in den Was- 
serkufen. Letztere hat, wo sie allein ist, ein dunkleres Grün, aber erstere ist von dieser an der Farbe nicht zu unterscheiden, obschon 
ich diese, wo sie ganz überwiegend war, doch etwas gelblicher fand. Wo sie sehr entwickelt ist, wird das Wasser ganz dick, grü- 
ner Oelfarbe gleich und hat einen eben so spermatischen Geruch, wie das von Ohlamidomonas und Euglena. Sie bildet eine dichte 
Priestley’sche grüne Masse. Grösse */oe bis 1, Linie ohne den Rüssel. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VI. Fig. XV. 


Diese Abbildungen des Nixenthierchens sind absichtlich aus ganz verschiedenen Perioden der Beobachtung entlehnt. Alle rüssellosen Thier- 
chen sind die ehemalige Astasia euehlora von 1830, alle rüsselführenden sind nach Zeichnungen von 1835, und gehören dem damaligen Chlorogondum 
an. Jene sind 200mal, diese 300mal vergrössert. 

Die obere Reihe bei 17+ sind kleinere, zum Theil contrahirte, Formen. Alle gekörnten Figuren sind Contractions-Zustände, alle in die 
Queere eingeschnürten sind Theilungs-Zustände, wobei keine Schaale sichtbar wird. Zuweilen liess sich erkennen, dass sich erst der grüne Eierstock 
innerlich mehrfach abtheilt und dass die Strieturen des äusseren Körpers erst später folgen, wie in der mittleren der 3 rüsselführenden Figuren links. 
Der sternartige Haufe in der Mitte ist eine, um eine todte Vorticelle angehäufte, Menge dieser Thierchen, die sich mit dem Schwanze befestigt ha- 
ben. Die übrigen beiden Haufen, zu 3 und 6, bestehen aus jungen und alten Thieren und rollen sich im Wasser fort, 0 bezeichnet das Auge, 0” den 
Eierstock, v+ die Magenzellen, # die männliche Samendrüse. 


SECHSUNDDREISSIGSTE GATTUNG: FLOHFREUND. 
Colacium. Colace. 


CHARACTER: Animal e familia Astasiaeorum, ocello singulo praeditum, pedicello simplici aut (e divi- 
sione spontanea) ramoso affıxum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Astasiees, orne d’un seul oeil, s attachant par un pedi: 
cule simple ou ramifie (par la division spontande du corps). 


Die Gattung Flohfreund unterscheidet sich von den ihr zunächst verwandten der Familie der 
Aenderlinge durch ein einzelnes Auge und durch Festsitzen auf einem Stiele, welcher sich durch Selbst- 
theilung des Körpers verästet. 

Es sind nur 2 grüne Arten dieser Gattung bekannt, welche beide parasitisch auf Wasserflöhen (Cy- 
clops) leben und diese oft ganz mit grüner Farbe überziehen. Die Gattung wurde 18553 in den Abhand- 
lungen der Berliner Akademie zuerst beschrieben und auf den, 1831 zuerst verzeichneten, Sientor? pyg- 
maeus gegründet. — An Organisationsverhältnissen ist noch mancherlei zu entwickeln, einiges ist bereits 
aufgefunden. — Bewegungsorgane sind an sich noch nicht erkannt, allein ihre Wirkung zeigt sich als Wir- 
bel im farbigen Wasser am Vordertheile des Körpers. Wahrscheinlich ist ein fadenförmiger einfacher Rüs- 


115 


sel vorhanden, weil der Wirbel zu einem mehrfachen nicht stark genug ist. — Ernährungsorgane sind wohl 
als die vielen inneren Zellen oder Bläschen erkannt, welche besonders bei Col. vesiculosum vorhanden 
sind. — Als weibliches Fortpflanzungsorgan (Eier) lassen sich grüne Körnchen ansehen, welche in beiden 
Arten die grüne Farbe bilden. Männliche sind nicht erkannt. — Als Empfindungsorgan ist der rothe Augen- 
punkt bei ©. stentorinum deutlich. — Gefässe sind unerkannt. 

| Die geographische Verbreitung der Gattung ist nieht über Berlin hinaus bekannt. 

Diese Gattung ist besonders dadurch merkwürdig, dass sie Epizoen auf Wasserflöhen (Zntomo- 
stracis) und Räderthieren, d.i. Infusorien als Schmarotzerthiere von Infusorien, oder Infusorien- 
läuse darstellt. Aehnliches ist bei @omphonema, Volvox, Vorticella und Brachionus zu vergleichen. 
Bei letzterer Gattung sind auch Infusorien als Eingeweidewürmer von Infusorien sicher beobachtet, wie 
sie bei Closterien und Bacillarien es zweifelhaft sind. 


133. Colacium? vesiculosum, blasiger Fiohfreund. Tafel VIIL Fig. 1. 


C. corpore ovato-fusiformi, variabili, laete viridi, vesiculis internis distinctis, pedicello brevissimo, raro ramoso. 


Colace vesiculeux, a corps ovale-fusele, variable, d’un beau vert, ayant des vesicules internes di- 
stincies et un pedicule tres-court, rarement rameuz. 


Stentor? pygmaeus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 100. 
Colacium vesiculosum , —_ - — - _ - —_ 1833. p- 288. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Art ist bisher nur auf Wasserflöhen, COyclops guadricornis, und deren Larven oder Jungen zuerst am 5. Mai 
1832 unterschieden worden. Letztere sind aber bei Berlin zuweilen von den sie überziehenden Sehmarotzerthierchen ganz grün. 
Alle Thierchen sitzen auf kurzen Stielen fest, die ich Anfangs mit dem verlängerten, sich mit einer Saugscheibe ansaugenden, Leibe 
der Trompetenthierchen vergleichbar fand, welche ich aber seitdem, besonders bei der zweiten Art, so deutlich stielartig sah, 
dass ich sie jetzt mit den Stielen der Vorticellen und Gomphonemen in eine Reihe stelle. Die Thierchen selbst sind kleine, 
grüne, einer Astasia ähnliche, längliche Körper, welche mit einem verdünnten Ende festsitzen, mit dem andern, etwas weniger spi- 
tzen, nie so breit erweiterten Einde als bei der 2ten Art, wie Vorticellen, einen schwachen Wirbel machen. Löst man sie vom 
Standorte ab, so kriechen sie, unbehülflich sich windend, wie Euglena deses. Den rothen Augenpunkt habe ich auch neuerlich, am 
23. Mai 1835, umsonst aufgesucht, allein ich bin doch von seinem Mangel noch nicht überzeugt, da er bei der andern Art existirt 
und die Untersuchungen zuweilen durch subjective Zustände unfruchtbar werden. Auch das Wirbelorgan habe ich nicht deutlicher er- 
mitteln können, obschon seine Wirkung sehr klar ist. Die Bläschen im Innern könnten Magenzellen seyn. Die grüne Färbung be- 
steht aus inneren (Ei) Körnchen. Der Körper kann sich spindelförmig ausdehnen und kugelförmig zusammenziehen. Ich glaube frei- 
willige Längstheilung beobachtet zu haben. — Grösse bis "zz Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. I. 


Es sind 2 Gruppen dieses Thierchens von 34 Individuen in zwei verschiedenen Vergrösserungen dargestellt. 

Fig. 1. ist ein ganz junger, aber schon vollendet entwickelter Cyelops yuadricornis oder Wasserfloh von der Bauchseite, welcher mit Colacium 

dünn, aber auf allen Theilen, den Fühlern, den Schwanzborsten, den Füssen, dem Rückenschilde u. s. w., besetzt ist, !/;, Linie gross, 300mal 
vergrössert, ; 


Fig. 2. ist ein Theil des Rückenschildes eines andern, 500mal vergrössert, mit 10 Thierchen, wovon eins kurz nach der Längstheilung doppelt, ein 


anderes bei « ganz ausgestreckt wirbelnd dargestellt ist. 


134. Colacium stientorinum, trompetenförmiger Flohfreund. Tafel VIH. Fig. II. und 
Tafel LIV. Fig. II. 3. 


C. corpore minore, subcylindrico, expanso, conico et fere infundibuliformi, variabili, laete viridi, obsolete vesieuloso, 
pedicellis saepius' ramosis. 


. . . + A ’ . . 
Colace Stentor, plus petit, plus eylindrique, s’diendant en forme de cöne ou d’ entonnoir, variable, 
d’un beau vert, ayant les vesicules internes moins distinctes, les pedicules sowvent rameux. 


Stentor? pygmaeus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 100. 
Colacium aequabile und CO. stentorinum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 227, 289. Tafel XI. Fig. II. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Früher wurden von mir beide Formen unter dem Namen Stentor? pygmaeus verwechselt. Entdeckt wurden sie 1831 und 
wieder beobachtet am 5. Mai (nicht März) und 30. Sept. 1832 auf Wasserflöhen. Später habe ich sie im Frühjahr, Sommer und 
Herbst beobachtet. Am 20. Nov. 1832 fand ich diese Form auch auf einem Räderthierchen, Polyarthra Trigla (sexpennis), 
auf dem ich sie am oben angeführten Orte nebenbei mit abbildete. Diese Art ist etwas kleiner und mehr gelblich grün als die erste, 
und ich habe an ihr auch neuerlich, im Mai 1835, den rothen Augenpunkt wieder gefunden, obschon ich ihn ebenfalls lange suchen 
musste, da er sehr blass ist. Er befindet sich am Rande der grünen Eiermasse, wo der vordere farblose Kopftheil beginnt. Ob das 
Thierchen, welches in farbigem Wasser deutlich wirbelt, einen Rüssel oder Wimpern habe, liess sich auch nicht entscheiden. In seiner 
Form gleicht es, wenn es wirbelt, durch den erweiterten Vorderrand sehr einer Vorticelle oder ‚Szezzor. Es bildet zuweilen ganz 
ansehnliche verzweigte Bäumchen von 2 bis 12 Thierchen, die durch spontane Längstheilung des Körpers, wie bei Vorticellen, zu 
entstehen scheinen. Gestört zieht es sich in Kugelform zusammen. Ich fand diese Form häufiger auf hüpfenden Larven des Cyclops, 
die MÜLLER sonst Amymone und Nauplius nannte, — Grösse des Körpers bis oc Linie. 


116 
Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. D. 


Es sind 145 Thierchen in 4 Gruppen und einige einzelne abgebildet, erstere 300mal, letztere 500mal vergrössert. 

Fig. 1. ist ein Nauplius, d.i. eine Larve des Oyclops quadricornis, welche mit den grünen Schmarotzerthierchen überall besetzt ist, die aber nicht 
ganz entfaltet sind. 

Fig. 2. ist eine Stelle des Rückenschildes von einem andern Nauplius. Das Thierchen bei « wirbelt, das daneben befindliche hat sich erweitert und 
will eben anfangen zu wirbeln, die übrigen sind noch nicht entfaltet. 

Fig. 3. sind unentfaltete ähnliche Thierchen mit längeren Stielen. 

Fig. 4. sind dergleichen mit baumartig verzweigten Stielen. Das Bäumchen bei « enthält 11 Thiere, das bei # 4, und hat 2 davon verloren. 

Fig. 5. bis 8. sind gewaltsam abgelöste freie Thierchen, 500mal vergrössert. Fig. 6. ist ganz entfaltet, Fig. 7. und 8. sind zusammengezogen. 

Die auf Tafel LIV. abgebildeten Thierchen sind auf der Polyarthra Trigla, einem Räderthierchen. Der Name Colacium aequabile 
anstatt stentorinum war 1833 nur ein Versehen. 

Der Cyelops und NVauplius, kleine Wasserkrebschen, welche hier dargestellt sind, können mit dazu dienen, das so ganz ähnliche Ver- 
hältniss der rothen Augen dieser Krebschen und der Infusorien vergleichbar zu machen. Beim jungen Cyelops (Nauplius) sind sie roth und völlig de- 
nen eines Brachionus (Tafel LXIIL.) ähnlich. Beim erwachseneren Cyelops werden sie dunkler roth, fast schwarz. Den Nervenknoten sieht man un- 
ter beiden, wie bei Nozommata und Brachionus. 


SIEBENUNDDREISSIGSTE GATTUNG: DOPPELPUNKT. 
Distigma. Distigme, 
CHARACTER: Animal e familia Astasiaeorum, liberum, ocellis duobus insigne. 
CARACTERE: Animal de la famille des Astasiees, libre, ayant deux yeux. 


Die Gattung Distigma, Doppelpunkt, umschliesst alle diejenigen Formen der Familie der Aender- 
linge, welche sich frei bewegen und 2 Augenpunkte besitzen. 

Diese Gattung enthält 4 Arten, deren 1 grünfarbig, 1 gelblich und 2 farblos sind. Sie wurde 1828 
in den Symbolis physicis von Henrich und Enrensere Zvertebrata I. auf den Tafeln als Distigma Pla- 
naria aus Nubien verzeichnet und 1831 im Texte dazu beschrieben. In den Abhandlungen der Berliner 
Akademie wurde die Gattung 1831 mit 3 Arten verzeichnet, und eine vierte wurde ebenda 1833 fraglich 
hinzugefügt. — Der Organisationsgehalt ist noch nicht hinreichend ermittelt. — Bewegungsorgane sind nicht 
darstellbar gewesen, und es scheint, dass äusserlich keine existiren. Es schwimmt keine dieser Formen. 
Sie machen auch keinen Wirbel in farbigem Wasser. Sie kriechen vielmehr wie Egel und verändern dabei 
die Körpergestalt Proteus-artig, ohne jedoch wirkliche veränderliche Fortsätze oder Scheinfüsse, wie Amoeba, 
hervorzutreiben. Die Formveränderungen sind wie bei Zuglena viridis, nur des weicheren Körpers halber 
noch etwas stärker. Es sind nur beliebige Anschwellungen und Strieturen in dem Längsdurchmesser des 
Körpers. Sie scheinen in allen Verhältnissen, auch im Mangel des Rüssels, sich an Amoeba anzuschlies- 
sen. — Als Ernährungsorgane lassen sich zahlreiche Bläschen betrachten, welche bei 2 Arten, D. tenax 
und Proteus, beobachtet sind, aber eine Anfüllung derselben durch farbige Substanzen gelang nicht. — Als 
Fortpflanzungsorgane sind nur bei D. viride grüne Körnchen deutlich geworden, bei den übrigen liessen 
_ sich eiartige Körperchen nicht scharf unterscheiden, auch sind keine andern Sexualtheile erkannt. — Als 
Empfindungsorgane kann man 2 schwärzliche, sehr feine Pünktchen am vordern Körperende ansehen, die 
den Augen der verwandten Formen analog gestellt und gebildet sind. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist von 1 Art in Dongala in Afrika und von 3 Arten in 
Berlin beobachtet, von einer derselben wohl auch in Copenhagen, letztere im Süsswasser und vielleicht im 
Seewasser der Ostsee. 


135. Distigma? tenax, zäher Doppelpunkt. Tafel VIH. Fig. II. 


D. corpore proteiformi, majore, flavicante-hyalino, vieissim hie illie valde turgido aut valde constrieto, ocellis parum 
distinctis. 
Distigme? tenace, a corps proteiforme, plus grand que les autres especes, jaunütre-hyalin, alterna- 
tivement de cöte et d’autre tres-gonfle ou tres-etrangle, ayant les yeux peu distincts. 
Proteus tena, MüLLer, Animalc. infus. p.10. Tab. II. Fig. 13—18. 1786. 
—_— —  ScHRANK, Fauna boica, Ill. 2. p. 29. 1803. 
Amiba Raphanella, Bory, Dict. classique, 1822. 
Pupella (tenax), Bory, Encycel. m&thod. 1824. p. 45. Amiba. 
Raphanella Proteus, BorY DE St. Vincent, Encyclop. method. 18%. Dict. class. 1828. 


Distigma? tenax, Symbolae physicae, HrmrricH u. EHRENBERG. Evertebrata I. Polygastrica, Text. Fol. c. 8. 1. 1831. 
— — Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 73. 1833. p. 243. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, Copenhagen! und Ingolstadt? beobachtet. 


Der Bruder des Etatsraths MÜLLer, welcher sämmtliche Zeichnungen des dänischen grossen Infusorienwerkes gezeichnet und 
gestochen hat, fand das Thierchen zuerst im November 1779 im Flusswasser mit Conferva nitida (Zygnema) einmal, und dann im 
October 1781 wieder im Seewasser. Vielleicht war aber letzteres eine andere Art. SCHRANK scheint einen wahren, veränderliche 
Fortsätze bildenden, Proteus (Amoeba) hei Ingolstadt mit dieser Form verwechselt zu haben. Mürrer selbst citirt eine Figur von 


- 118 


GreicHen, die nicht dahin, sondern vielleicht zu Amoeba diffluens gehört. Das am 20. Juni 1832 im Thiergarten bei Berlin 
zwischen Lemna minor beobachtete Thierchen unterschied sich von dem eigentlichen Prozeus, oder den Amoeben, auf das 
Wesentlichste, hatte nur die einfachere Veränderlichkeit eines Egels und kam ganz mit der, von MürLrr gegebenen, Abbildung des 
Süsswasserthierchens überein. Bory oe Sr. Vincent hat diesem Thierchen zuletzt, ohne es selbst beobachtet zu haben, seine 
Stellung ziemlich richtig angewiesen. Es kann nur entweder zu den augenlosen Euglenen (As/asia), seinen Raphanellen, oder 
den Distigmen gehören. Ich habe wiederholt im ganz ausgestreckten Zustande des Vordertheils 2 scharf umschriebene schwärzliche 
Punkte erkannt, die ich, der grossen Verwandtschaft der Erscheinung mit den Dop pelpunkten halber, gern festhalte, obschon es nöthig 
ist, dasselbe noch öfter und noch schärfer zu beobachten. Das Thierchen ist ausgedehnt */zo Linie gross, sehr weich und hat einen 
blassgelblichen Farbeton, welcher vielleicht den Eiern angehört, die nicht direet unterschieden sind. Im Körper liegen viele Blasen, 
welche Magenzellen seyn mögen. Die Formveränderung beschränkt sich auf willkührliches Anschwellen und Einschnüren des ursprüng- 
lich fadenartigen Körpers mit Beibehalten des Vorn und Hinten, oder derselben Axenrichtung des Körpers, wie bei den Contractionen 
eines Blutegels, was bei Amoeda nicht der Fall ist, aber bei Aszasia stattfindet. Farbige Nahrung wurde nicht aufgenommen, und 
es ist kein Wirbel und kein Rüssel sichtbar geworden. Ich sah nur ein Kriechen und sich Winden als Bewegung. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. IM. 


Es sind 6 Thierchen in verschiedenen Evolutionen ihres Körpers dargestellt, alle 300mal vergrössert, 
Fig. 1. zeigt die in der Mitte willkührlich angeschwellte cylindrische Grundform, und auf dem der Zahl zunächst stehenden Ende 2 kleine runde Punkte; 
Fig. 2. ist ein ähnliches oder dasselbe Thierchen, vorn und hinten verdickt, in der Mitte eingeschnürt, wobei die Augen nicht sichtbar sind; 
Fig. 3. ist vorn lang ausgestreckt und hinten noch verdickt; vorn sind die beiden Punkte sichtbar; 
Fig. 4. ist vorn verdickt und hinten gestreckt; 


Fig. 5. und 6. sind wie Fig. 2., mehr zusammengedrängt, sich der Kugelform nähernd. 


‚136. Distigma Proteus, farbloser Doppelpunkt. Tafel VIH. Fig. IV. 
D. corpore proteiformi minore, hyalino, utrinqgue obtuso, vieissim hie illic valde turgido aut. valde constricto, ocellis 
distinctis. 
Distigme nn e, a corps proteiforme petit, hyalın, obtus aux deux bouts, alternativement de cöte 
et d’autre trös-gonfle ou tres-eirangle, ayant les yeux distincts. 


Distigma Proteus, Symbolae physicae, Hemprıch u. EHRENBERG. Evertebrata I. Polygastrica, Text Fol. c. ß. 1. 1831. 
Distigma Proteus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 73, 152. Taf. I. Fig. 11. 1833. p. 243. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Im Jahre 1831 wurde diese Art zuerst beschrieben und ich beobachtete sie wieder im April 1832 zwischen Gonferven bei Ber- 
lin. Sie ist ganz farblos, daher schwer zu schen, kleiner als D. tenax und grösser als die folgende Art. Es macht langsame Evo- 
Iutionen seines Körpers, um zu kriechen, und verwechselt sich sehr leicht mit Amoeba diffiuens. Die beiden schwärzlichen Pünkt- 
chen am Vordertheile waren constant und characteristisch. Im innern Körper waren viele verhältnissmässig grosse Bläschen als Magen- 
zellen sichtbar. Weitere Details blieben der Beobachtung verschlossen. — Kleinste Grösse !ıs, stärkste ?/so Linie im ausgedehnten 


Zustande. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. IV. 


Es sind 8 Formen eines und desselben Thierchens 300mal vergrössert dargestellt. 
Fig. 1., 4., 5., 7. und 8. sind vorn verdünnt, hinten verdickt; 
Fig. 2. vorn und hinten verdickt; 
Fig. 3. und 6. sind vorn verdickt, hinten verdünnt. 


137. Distigma viride, grüner Doppelpunkt. Tafel VII. Fig. V. 
D. corpore proteiformi minimo, granulis viridibus repleto, vicissim hie illic valde turgido aut valde constrieto, ocellis 
distinctis. £ 
Distigme vert, & corps proteiforme tres-petit, rempli de granules vertes, alternativement de cöte et 
d’ autre tr&s-gonfle ou tres-etrangle, ayant les yeuw distincts. 


Distigma viride, Symbolae physicae, Hrmrrich u. EHRENBERG. Evertebrata I. Polygastrica, Text Fol. c. ß. 1. 1831. 
Distigma viride, Abhandl. der Akademie d. Wissensch, zu Berlin, 1831. p. 73, 152. Taf, II. Fig. 12. 1833. p. 243. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Der grüne Doppelpunkt ist kleiner als der farblose, mit dem er zu gleicher Zeit entdeckt wurde. Er kann nicht 
wohl der fruchtbare Zustand des andern seyn, weil dieser grösser ist, es müsste denn der farblose den Zustand nach dem Eierlegen 
darstellen, wobei zugleich die früher eingehüllten Magenzellen sichtbar würden. Die grüne Farbe rührt auch offenbar nicht von genos- 
sener Nahrung her, weil sie aus gleichartigen Körnchen besteht und nicht in sichtbare Magenzellen eingeschlossen ist. Ich halte die 
Form auch jetzt noch für eine eigene Art. Die 2 vordern schwärzlichen Punkte waren besonders deutlich. Die Bewegung und Form- 
Grösse nicht über */,; Linie beobachtet. 


veränderung hatte nichts Abweichendes. 
Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. V. 


Es sind 6 Darstellungen der Formen des grünen Doppelpunktes, 300mal vergrössert. 
Fig 1., 4., 6. ‘haben den Vordertheil verdünnt, den Hintertheil (Rücken) verdickt; 
Fig. 2. und 3. haben den Vordertheil verdickt; 


Fig. 5. verdickt sich in der Mitte. 
30 


4 


“= 


DEN N 


118 


138. Distigma Planaria, egelartiger Doppelpunkt. Tafel VII. Fig. VI. 


D. corpore proteiformi parvo, hyalino, lineari, utrinque acuto, stricturis tumoribusque levioribus, ocellis distinctis. 


Distigme Planaire, ü corps protöiforme, petit, hyalin, lineaire, aigu aux deux bouts, ayant les 
etranglemens et les gonflemens plus legers et deux yeuz distincts. 
Distigma Planaria, Symbolae physicae, HemrricH u. EHRENBERG. Evertebrata I. Phytozoa, Tab. I. Fig. VI. 1828. Text, Poly- 


gastrica, Fol. c. £. 1. 1831. 
Distigma Planaria, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 9, 16, %0. 1831. p. 73. 


Aufenthalt: Bei Suckot im nubischen Afrika. 


Diese Art wurde im Jahre 1822 auf meiner Reise mit Dr. Hemrrıch von mir zwischen Conferven des Nilwassers bei Suckot 
in Nubien entdeckt. Gleichzeitig war Rotifer vulgaris zugegen. Sie war farblos, vorn und hinten sehr spitz, und hatte übrigens 
viel Aehnlichkeit mit einem jungen Rotöfer, nur dass dieser die beiden hintern Fussspitzen nie verläugnet. Die Augenpunkte wurden 
wiederholt scharf beobachtet, aber die Beobachtung nur bei 100maliger Vergrösserung gemacht. Die Bewegung war nur kriechend, 
gleich der einer P/anaria, und die abwechselnden Anschwellungen und Einschnürungen des Körpers waren wie bei Euglena viridis, 


aber schwächer. Ein Exemplar hatte eine stärkere Trübung des Körpers und in der vordern Hälfte einen klaren Fleck oder Gürtel. 
— Grösse in der Ausdehnung !/o Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. VI. 


Es sind 6 Formen des Thierchens bei 100maliger Vergrösserung vorgestellt, überdiess 2 isolirte Kopftheile. Die Zeichnungen wurden 1822 
von mir in Dongala gemacht. 


Fig. 1. ist ausgestreckt mit anschwellendem Kopfende; 
Fig. 2. ist in der Mitte zusammengeschnürt; 
Fig. 3. und 4. sind einzelne Köpfe; 


Fig. 5. ist ein, mit gleichförmiger Trübung erfülltes, Exemplar in linienartiger Form und mit einem hellen grossen Flecke. 


Nachtrag zur Gattung Distigma. 


 Müızer erwähnt 2 Augenpunkte hei Eirchelys punctifera, .allein ich habe diese Form als Microglena, und einen der 
Punkte als einen Mundwinkel bezeichnet. Ferner erwähnt er zweier Augenpunkte bei Cercaria Pleuronectes. Letztere sind die bei- 
den Mundwinkel der Zuglena Pleuronectes, deren wahres Auge er übersah. MüLLer’s Cercaria inquieta und Cercaria Lemna, 
welche ebenfalls 2 Augenpunkte haben, sind Saugwürmer (Trematodea) der Gattung Histrionella, wohin ich sie 1831 in den 


Symbolis physicis, Entozoa, gestellt habe. Zu bemerken ist auch, dass ungeübte Beobachter bei schwachen Vergrösserungen leicht 
Räderthiere (Rotifer) für Arten dieser Gattung halten könnten. 


Nachtrag zur Familie der Astasiaeen. 


Ueber die rothen und grünen Färbungen der Gewässer, und über" meteorische Infusorien. 


Die blutartigen und grünen wirklich gefärbten Gewässer haben ihre Farbe oft von Infusorien oder auch von feinen Wasser- 
fäden, Wasserseide, aus der Pflanzengattung Oscillatoria und deren Verwandten, welche sich zahllos in ihnen entwickeln, und die 
Beobachtung hat gelehrt, dass die thierischen Färbungen häufig von Arten der Familie der Aenderlinge gebildet werden. Nicht alle 
farbigen Gewässer sind durch Organismen gefärbt. Sowohl ruhendes als fliessendes Wasser wird zuweilen durch unterliegende bunte 
Erdschichten und Wasserpflanzen, oder von überhängenden, sonderbar farbigen oder sonderbar erleuchteten Ufern, auch von Spiegelung 
der Luft täuschend gefärbt, zeigt sich aber im Glase farblos und klar. Ein gelblichweisser Boden färbt ein über ihn stehendes oder 
fliessendes bläuliches klares Wasser schön grün, wobei der Reflex der Luftbläue noch vermehrend wirkt. Andere Gewässer sind nach 
Regen oder wegen Zuflusses reissender, über lockern farbigen Boden laufender, Gebirgsbäche periodisch oder immer trübe und gelblich, 
grünlich, auch röthlich gefärbt, verlieren aber, im Glase ruhend, sehr bald die Färbung, welche als Bodensatz niedersinkt. So sind 
alle angeschwollenen Flüsse meist gelblich und in Schlesien führt die Neisse der Oder zuweilen rothes Wasser zu (Kunpmann, Sel- 
tenheiten d. Nat. u. Kunst, p. 549). Ausser diesen hier gleichgültigen Färbungen giebt es wirkliche Färbungen durch zahllose, das 
ganze Gewässer erfüllende, dem blossen Auge einzeln unsichtbare, sehr zarte, grüne oder rothe Pflänzchen und Thiere, und besonders 
auch Infusorien. Die grünen Färbungen dieser Art haben erst in neuester Zeit die Aufmerksamkeit erregt, während die rothen schon 
im tiefen Alterthume als Wunderzeichen und Schrecknisse, den Kometen und Feuermeteoren gleich , bemerkt worden sind. Die neue- 
sten Zusammenstellungen der historischen Nachrichten über blutfarbige Meteore und rothes Gewässer finden sich in des geistreichen 
Chrannv’s wichtigem Buche über die Feuermeteore von 1819, und noch viel reichhaltiger mit grosser Belesenheit in der Abhandlung 
des verdienstvollen Präsidenten der Academia Leopoldina, Ners von EsEngeck, im ersten Bande von Rogerr Brown’s vermisch- 
ten botanischen Schriften von 1825, p. 343. und 571. Nach meiner Rückkehr aus Aegypten und Sibirien habe ich zuletzt in einem 
Aufsatze: Neue Beobachtungen über die blutartigen Erscheinungen in Aegypten, Arabien und Sibirien, in Possennorrr’s Annalen der 
Physik 1830. p. 477 ff. sowohl den historischen Kreis der Erscheinungen zu erweitern versucht, als auch mich bemüht, die einzelnen 
Thatsachen naturhistorisch zu prüfen und zu erläutern, welches ich hier in beiden Beziehungen fortsetze. 

Für die älteste historische Erfahrung blutartiger Gewässer durch lebende Organismen kann man vielleicht die aus der mosai- 
schen Geschichte ansehen, welche ganz das Gepräge einer wirklichen Thatsache an sieh trägt. Auf unmittelbare Einwirkung Gottes 
durch ‚Moses, heisst es, wurden alle Seen und Wassersümpfe des (ausgetretenen) Nilstroms und seiner Bäche in Blut verwandelt, dass 
die Fische starben und der Strom stank, so dass die Aegypter sein Wasser nicht trinken konnten, und es war Blut in ganz Aegyp- 


119 


tenland (2 B. Mos. Cap. 7.). Aehnliche Erscheinungen werden der unmittelbaren göttlichen Einwirkung auch bei den heidnischen Schrift- 
stellern der frühesten Zeit zugeschrieben, welche sie zu den Schrecknissen, Trauer- und Unglückszeichen rechnen. So bei Homer 
Dias XI. 52., wo Jupiter durch blutigen Morgenthau den Griechen ein blutiges Treffen verkündet, und Nias XVI. 459., wo Kro- 
nıon, als Vater des Sarrenon, blutigen Regen träufelt, weil Parrocrvs diesen im Kampfe zu tödten im Begriff ist. Ebenso bei 
Livıvs und Priwrus. Sehr viele ähnliche, Furcht und Schrecken erregende, Fälle von blutigen sogenannten Meteoren, auch blutfar- 
bigen Teichen mit Sterben der Fische, finden sich in den oben genannten Schriften zusammengestellt. Am meisten der ägyptischen Er- 
scheinung ähnlich wäre aber die braune ätzende Farbe des ausgetretenen Oderwassers in Schlesien 1736 gewesen, welche zur grossen 
Landplage wurde und in Kunpmannv’s angeführtem Werke p. 547. ziemlich umständlich angezeigt ist. Die damals viel besprochenen, 
lange zurückgebliebenen, Watte- und Eier artigen fingerdicken Ueberzüge aller Niederungen, welche auch dem Kaiser nach Wien zur 
Ansicht geschickt wurden, waren offenbar ursprünglich grüne, dann oh ie verfilzte Conferven oder Wasserfäden. Ebenso merk- 
würdig ist die von Decanporıe beschriebene rothe Färbung des Manten-Sons in der Schweiz im Februar und März 1835 durch Oseil- 
Zatoria rubescens, welche auch Fische tödtete und ihnen rothe Knochen verursachte, die aber Borr unrichtig als Osc. Pharaonis 
mit der ägyptischen Erscheinung vergleicht, weil nicht das ganze Wasser roth war, sondern.es nur viel grüne und rothe Flecke gah, 
wie 1815 im See von Lubotin in Preussen. Auch der im Jahre 1819 in der Reise des Cap. J. Ross nach der Baffins-Bay erwähnte 
rothe Schnee, welcher viel Aufsehen erregt hat, war den alten Griechen ‚schon bekannt. Ausser röthlichen haarigen Schneewürmern 
bemerkt schon Arıstorrıes das Rothwerden des liegenden Schnees in Griechenland (Hist. anim. V. Cap. XIX.). Neuerlich wurde 
er wieder von Tuıenemann 1821 in Island, von Lessing 1831 in Lappland auf dem Wege nach Lairo-Kjaell, und von WEBsTER 
1830 am Cap Horn beobachtet. (Brewster, Zdinb. Journ. III. 1830. p. 30.) Dieser rothe Schnee ist kein Thier, sondern, 
meinen eigenen vielfachen Untersuchungen nach, ein auf dem Schnee, wie auf feuchtem Boden wachsender, Pilz der Gattung Zepra- 
ria, Lepraria nivalis, welche in ihrer Erscheinung etwas einer Flechte (Ziehen) Aehnliches besitzt. Vielleicht ‚gehört die Form 
aber doch, wie Tremella meteorica (Anhaldtia, Actinomyce) ursprünglich zu den Wasserpflanzen, und dann wäre sie, als Sphae- 
rella nivalis nach SoMmMerFELD, zu den Algen zu zählen. Sehr mit Unrecht ist auch dieser rothe Schnee die Veranlassung gewor- 
den, dass Cnrannt alle ähnlichen rothen Färbungen zu den unorganischen Atmosphärilien und Meteoren rechnen wollte. Schon Ners 
von EseEngeck beschränkte diese Ansicht und leitete die Aufmerksamkeit auf organische Atmosphärilien, die vielleicht im Luftraume 
gebildet periodisch zur Erde kämen. Die vorurtheilsvollen früheren Beobachtungen erlauben, wie mir es scheint, die bisherigen Nach- 
richten über Meteor-Organismen noch sämmtlich auf rein terrestrische Körper zurückzuführen, allein es ist höchst wünschenswerth, dass 
alle solche Erscheinungen vielseitig genau beachtet und mikroskopisch untersucht werden mögen, ehe sie chemisch oder auf andere 
Weise zerstört werden. Einfaches Antrocknen auf weisses Papier oder reines Glas erlaubt meist eine Versendung und noch eine späte 
entscheidende Untersuchung. 

Es sind von mir in Pogsennorrr’s Annalen d. Physik 1830. 23 terrestrische Körper, darunter 7 Thiere und 12 Pflanzen, 
namhaft gemacht worden, welche man historisch nachweislich oder sehr wahrscheinlich für blutige Meteore irrthümlich gehalten hat, und 
welche in vielen Ländern Verwunderung, Bestürzung und Schrecken verbreitet haben. Unter den 7 Tbieren waren 4 Arten von Infu- 
sorien aus der Familie der Aenderlinge, von denen jetzt 3 als ein und dasselbe Tierchen angesehen werden, wogegen aber neuer- 
lich 2 andere Infusorien dazu gekommen sind. Die 4 Infusorien, welche die Erscheinung blutartiger Färbung des W assers wirklich 
verursachten, sind: 

1) Euglena sanguinea. Obwohl wahrscheinlich 1701 schon von LEEUwWENHOoER direct beobachtet, wurde sie doch erst 
im Jahre 1790 auf eine sehr ‘merkwürdige Weise auffallend einflussreich. Sie entwickelte sich im Juli 1790 gleichzeitig bei Halle und 
bei Eger in Norwegen zu so grosser Menge, dass sie ganze Teiche blutartig und florentinerlackartig färbte. Vielleicht war sogar die 
Beobachtung des YoWwox lacustris von Gırop Cmanrtrans aus Besangon, welche 1797 bekannt gemacht wurde, ebenfalls aus jenem 
Jahre. Aus Weser’s Beschreibung des Thierchens von Halle lässt sich der Character der Gattung und auch der Art sicher erkennen. 
Die Enchelys sanguinea (Astasia? sanguinea) der Professoren Fr. Ners und GorLpruss zu Bonn von 1826 halte ich jetzt für 
dasselbe Thierchen, welches auch Professor GoErrErr 1830, einen Teich bei Eilau färbend, beobachtete. Letzteres habe ich selbst 
untersucht und sah auch in den Jahren 1833, 1834 und 1836 von ihm Lachen und Gräben bei Berlin erst ziegelroth, dann lackroth 
und blutartig gefärbt. Vom Herrn Regierungsrath Hacrn in Königsberg hörte ich, dass 1802 ein zum Bleichen benutzter Teich da- 
selbst zur grossen Bestürzung der Fabrikanten eine blutartige Farbe annahm. Prof. Hasen serzor fand das Wasser mit Thierchen 
erfüllt, und auf seinen Rath warf man Salz hinein, wodurch sie verschwanden. Es mag wohl die Euglena gewesen seyn, und man 
wird denselben Zweck durch Asche, Lauge, Branntweinspülig und alle ähnlichen scharfen, geistigen und sauren, besonders schnell misch- 
baren Dinge auch erreichen. Durch Probiren in Gläsern wird man leicht die jedesmal zweckmässigste Methode herausfinden, da fast 
alles das Wasser Verändernde diese Thierchen zu Boden senkt und tödtet. Oseillatorien vertilgt man auf diese Weise aber nicht; da 
gilt es vielleicht, zum Bleichen den frühen Morgen zu benutzen, um gutes Wasser in Kübel zu schöpfen, denn mit der Sonnenwärme 


entwickelt sich das Gas der Pflänzchen, welches sie vom Boden an die Oberfläche hebt und durch wenig Salz u. s. w. nicht entfernt wird. 


2) Astasia haematodes wurde 1829 auf der Reise mit Herrn ALexanper von HumsoLor in der Platowskischen Steppe 
am Altai als intensiv blutiges Wasser bildend von mir beobachtet. 

3) Monas vinosa wurde seit 1830 als weinrothe Flecke in Wassergläsern auf infundirten Substanzen in Berlin beobachtet. 

4) Monas Okenü wurde 1836 als intensiv rothe handgrosse Flecke am Boden eines Baches in Ziegenhayn bei Jena beob- 
achtet und in der Versammlung der Naturforscher daselbst betrachtet. | 

Das Rothwerden des Sumpfwassers durch Mückenlarven kannte schon ArıstoTELes, und der blutartige Schlamm, aus dem 
sich diese Mückenlarven entwickelten, war vielleicht Euglena sanguinea (Hist. anim. V. Cap. XIX.). Andere auf diese Weise 
bekannt gewordene Thierchen sind die kleinen krebsartigen Wasserflöhe, Daphnia Pulex und Cyclops quadricornis, deren er- 
steren schon Swammervam 1680 bei Vincennes in Frankreich und Prof. Scaurr in Leyden bewunderten, und welchen Lıiwn£ und 
ScHArFFER als Monoculus Pulex ebenfalls im rothen Wasser sahen. Acarpı hat neuerlich (1824) nur den Cyclops so gefunden, 
welchen auch ich seit 1826 jährlich bei Berlin in rothen kleinen Lachen beobachtete. Die Farbe des Oyclops ist durch periodische rothe 
Oeltröpfehen bedingt, welche sich im innern Körper mehr oder weniger entwickeln. Endlich hat man rothe Meeresfärbung durch Mam- 
maria scintillans, eine kleine Leuchtmeduse von der Grösse eines Stecknadelknopfes, in deren Laichzeit beobachtet. Bei Havre 
sah es Dr. Surıray. Sie gab auch vielleicht die bläuliche Färbung, welche Scoresger 1820 bei Grönland, und die, welche @vor 
und Gaımarn im Südmeere sahen, letztere aber einer (jungen) Salpa-Art zuschrieben. Sie vermutheten nur, dass diese das rothe 
Meer roth färben möge, was nie beobachtet worden. 


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—— 120 


Unter den Erzählungen von blutigen Gewässern sind einige, welche die Erscheinung zu bestimmten Perioden wiederkehrend 
darstellen. Der Jacobs-Brunnen bei Sichem in Palästina soll alle 3 Monate sich roth und grün färben. Aehnliches wird von einem 
Brunnen bei Schleiz im Voigtlande gemeldet. Schon Pıinıus sagt L. 31. c. V., ein See bei Babylon sey im Sommer 11 Tage lang 
roth. Ich habe selbst beobachtet, dass rothe Gräben an einzelnen Zwischentagen ganz klar waren, oder am Morgen klar waren und 
gegen Mittag erst immer röther wurden, was wohl täglich so wechselte. Der Grund lag da im Auftauchen und Untertauchen der In- 
fusorien je nach der Luftwärme, und in dem periodischen Erscheinen verschiedener Generationen. Hatte ich rothes Infusorienwasser in 
Gläsern, so senkte sich die Farbe oft zu Boden, und setzte ich sie an die Sonne oder nur an’s Fenster, so verbreiteten sich die Thier- 
chen im Wasser und sammelten sich als intensivere Farbe wieder an der Oberfläche. — Sehr oft ist Blutthau und Blutregen offenbar 
nichts anderes gewesen, als Auswurf der Bienen oder Schmetterlinge beim ersten Ausfliegen, den man tropfenweise am Boden u. s. w. 
fand. Oft sind diese Tropfen halb roth, halb weiss, daher die Sagen von Milch- und Bluts- Tropfen (Zacte et sanguine pluisse). 
Dass die rothe Lepraria kermesina als Infusorium lebend aus der Atmosphäre falle und dann zur Pflanze werde, ist eine unbegrün- 
dete Hypothese von Wranser 1823, gleich der von Ramon, dass Glimmerschiefer sich in sie organisire (GeuLen’s Journ. VI. 1806). 

Die grünen Färbungen der Gewässer haben weniger das Volk als die einzelnen Gelehrten beschäftigt: (Die ältesten Nach- 
richten sind wohl bei Prixıus, welcher den Namen der filzigen und röhrigen (blasigen) Conferva der Alpenflüsse von ihrer. Heilkraft 
bei Knochenbrüchen, @ conferruminando, ableitet [Hist. nat. L. 37. e. 8.].) Imrerarı kannte dasselbe als Wasserflachs, 
Linum aquaticum, Baunın als grünen Tang, Alga viridis. Feinere Unterschiede solcher grünen, das Wasser färbenden, nicht 
zu den Kräutern und nicht zu den Moosen passenden, Körper sind erst nach Erfindung des Mikroskops sehr zahlreich gemacht worden. 
Schon 1696 fand Harrıs ein grünes Wasser in Winchelsea in Sussex nicht durch fasrige Conferven, sondern durch frei bewegte In- 
fusorien gefärbt. Es war wohl ohne grossen Zweifel die erste Beobachtung der Chlamidomonas und Euglena viridis. LerUwEN- 
work fand 1701 grüne und rothe Infusorien im Wasser zu Delft. Die Oscillatorien unterschied Arperon in Norwich bei Baker 
gegen das Jahr 1745, und 1767 beobachtete sie auch Ananson. Erst im Jahre 1779 wurde durch den hochverdienten englischen 
Physiker Priester eine grosse Aufmerksamkeit auf diese grünen, sonst unscheinbaren Wasserfärbungen rege, indem er mit Verwun- 
derung bemerkte, dass dieselben geradeso reines Sauerstoffgas (Oxygen, dephlogistisirte Luft, reine Luft, Lebensluft, wie man es ver- 
schieden nannte), in grosser Menge entwickelten, wie er es bei den Pflanzenblättern entdeckt hatte. Da er keine Specialkenntniss die- 
ser Naturkörper besass, so ist gar nicht zu entscheiden, welchen organischen grünen Stoff des Wassers er vor sich hatte, und er scheint 
selbst zu verschiedenen Zeiten verschiedene gehabt zu haben. Erst 1781 nannten ihm Berwy die Substanz Oonferva fontinalis (Oscil- 
Tatoria), und Forster Byssus botryoides Linnei (= Palmella? Protococcus?). SENNEBIER, berühmter Physiker und Biblio- 
thekar in Genf, behauptete 1781, dass Prıestıev’s sauerstoffgasgebende grüne Materie nur eine Conferve (Conjugata?) sey (Jour- 
nal de Physique 1781. I]. 210.). Incennousz, Leibarzt in London, wiederholte und bestätigte ebenfalls Prıesrrev’s Erfahrun- 
gen, allein er leitete, aus einem gleichen Mangel an Specialkenntniss dieser Organismen, auf einen sehr einflussreich gewordenen Irr- 
weg, ‘welcher die Kräfte vieler späteren Physiologen und Botaniker absorbirt hat, nämlich auf die sich nicht bestätigende Verwandlung 
grüner Infusorien in grüne Pflanzen, und auf das rückgängige Zerfallen grüner Wasserpflanzen in Infusorien. Seinen nicht hinreichend 
vergrösserten Abbildungen nach gingen diese Beobachtungen von Ohlamidomonas Pulvisculus und Zuglena viridis aus, die sich in 
Conferva rivularis und Tremella Nostoc verwandeln sollten. Insenmousz behauptet auf das Bestimmteste, dass er sowohl aus 
den Thieren als aus den Pflanzen reines Sauerstoffgas erhalten habe (Journal de Physigue 1784. und in seinen Vermischten 
Schriften 1784). Seit jener Zeit nennt man häufig in den Büchern die grünen Ueberzüge und Absätze des Wassers ganz verschiede- 
ner Art Priestley’sche grüne Materie. 

Orro Fr. MürLer, der dänische Fürst mikroskopischer Forschung, hatte schon 1773 die grün färbenden Infusorien als Mo- 
nas Pulvisculus (M. Lens war in Rücksicht auf Ercmmorn’s grüne Wasserläuse wohl ein Irrthum) und Znchelys viridis ver- 
zeichnet, aber von Verwandlungen derselben nichts beobachtet, nichts erwähnt (Historia Vermium 1113). Franz v. Paura SCHRANK 
beschrieb 1780 unter dem Namen Enchelys viridis ein hautbildendes grünes Thierchen, welches er 1784 aber für Samen (Eier) des 
Räderthieres hielt und welches MüLrer 1786 als Cercaria viridis besonders beschrieb, ohne je sehr speciell auf das Verhältniss 
der Infusorien zur Priestley’schen grünen Materie einzugehen (s. Euglena viridis). GiroD CHANTRANS zahlreiche specielle Beob- 
achtungen der Verwandlung von grünen Infusorien und Baeillarien in Oscillatorien und Conferven waren vom Jahre 1797 und 
wurden 1803 besonders publieirt (vergl. Euglena sanguwinea und E. viridis). Unter seinen vielen irrigen Beobachtungen wird auch 
Gonium pectorale als Frucht der Conferva fontinalis (Oseillatoria) 1803. p. 62. erwähnt. Im Jahre 1797 beschrieb Schrank 
das, was Forster für Byssus botryoides erklärt hatte, als Lepra Infusionum in Usrerr's Annalen der Botanik IX. p. 4., und 
derselbe nahm 1803 den naturhistorischen übersichtlichen Gesichtspunkt dieser grünen Färbemassen, besonders in der Fauna boica III. 
2. 9.80. unter Cercaria viridis, wieder auf. Er machte 8 verschiedene Körper namhaft, welche grüne Materie bilden, 2 Pflanzen: 
Lepra Infusionum und Conferva Infusionum, und 6 Infusorien: Vibrio vegetalis (Oscillatoria), Cercaria viridis (Euglena), 


" Linza pruniformis (Ophrydium), vorzüglich aber Enchelys Pulvisculus (Chlamidomonas?), Enchelys viridis (wohl ebenfalls 


Euglena viridis?) und selten Gonium pectorale. Schon damals hielt Scnrank nur die beiden Pflanzen und vielleicht die Oscil- 
latorie, welche er für ein Thier ausah, für Sauerstoffgas entwickelnd, was durch Tmomson (Graf Rumroro) und SENNEBIER erwie- 
sen sey, die Infusorien aber für unsicher in dieser Beziehung. Gleichzeitig theilte Trevıranus in seinem übrigens überaus verdienst- 
vollen Werke: Biologie, 2r Band, 1803. viele Erfahrungen in dem andern Sinne von Insenmousz mit, welche jene Ideen der @e- 
neratio spontanea und Verwandlung in Deutschland sehr befestigen halfen. Eine specielle Feststellung der beobachteten Organismen 
scheint er sogar für unnöthig und unmöglich gehalten zu haben. Schrank überarbeitete denselben Gegenstand, als entschiedener Geg- 
ner der Generatio aequivoca (Non generant aquilae columbas) 1811 und 1813 in den Schriften der Münchner Akademie, und 
suchte noch mehr die specielle Formenkenntniss der concurrirenden Organismen zu vermehren und zu befestigen. Anstatt der früheren 
8 verzeichnete er 1811 13 massenweis grünfärbende Organismen des Wassers, indem er die Lepraria Infusionum, wie er sie dann 
nennt, und die er als Wasserform von der Lepraria botryoides als Luftform unterscheidet, sammt mehreren Arten der Gattung Con- 
jugata der Conferven (= Zygnema, die er Jugalis nennt), als alleinige Oxygengas gebende Formen ansieht. Zu den bloss grün 
färbenden schon genannten 6 Infusorien fügt er noch 5 neue hinzu: Yibrio Lunula (Closterium), Vowox Globator, Volwox Pun- 
— (Monas), Volvox Granulum (Gyges? Monas?) und V. Morum (Pandorina). Ausdrücklich bemerkt er, dass alle diese 
Tiere ihm kein Sauerstoffgas zu entwickeln scheinen, ohne jedoch eigene Versuche gemacht zu haben. Im Jahre 1813 beschrieb er 
ebenda besonders 4 Arten der Gattung Jugalis (Conjugata, deren Vaucner 14 kannte), als die gewöhnlicheren und massenartig 
häufigeren Formen. Seine Yaucheria microscopica mag wohl der Jugendzustand von Uwa (Tetraspora) lubriea gewesen seyn. 


121 


Die von Insennousz neu angeregte Aristotelische Idee der Generatio spontanea und der Verwandlungen wurde 1810 von 
Gorpruss in den Abhandl. d. Erlang. physic. Soc. I. p. 40. und von Grurruvssen 1812 in den Beiträgen z. Physiognos. u. Eau- 
tognosie p. 321. aus der Priestley’schen Materie weiter entwickelt. NeEs von EsenBEck schrieb in diesem Sinne sein geistreiches 
Buch über die Algen des süssen Wassers 1814, die er als nächste Fortbildung der Priestley’schen Materie aus Infusorien ansah. Acarnz, 
der verdiente schwedische Algolog, schrieb 1820 seinen vielbesprochenen, diess erweiternden, Aufsatz über die Metamorphose der Al- 
gen (Isis 1820.), worin er durch specielle Beobachtungen begründen wollte, dass sich Infusorien in Pflanzen, Pilze in Algen, Algen 
in Lichenen verwandelten, dass einfachere Conferven in zusammengesetzte übergingen und dass die Stengel der Nareissen und Lilien 
aus Conferva rivularis zusammengesetzt seyen. Enchelys Pulvisculus (Euglena viridis?) soll sich in Oscillatoria limosa, 
Zygnema guininum in grüne Infusorien und diese in Ulva bullosa, Oscillatoria flexuosa sich in Vibrionien? verwandeln. 
Herr Apotheker, Professor Wıremann in Braunschweig wollte 1820 (Flora, bot. Zeit. p. 86.) den Volvox Globator als Basis 
der Priestley’schen Materie und der Verwandlungen erkennen, sagt aber in einer späteren Mittheilung desselben Jahres (N. Acta Nat. 
Cur. X. p. 718.), dass er einen Wasserfloh, Cypris detecta, für den Volvox gehalten. Nach Hornscnucn’s Mittheilungen 
1821 verwandelten sich Infusorien (s. Chlamidomonas) in Priestley'sche Materie und diese durch confervenartige Gebilde in Moose 
(N. Acta Nat. Cur. X. II. 517.). Seit 1822 (Diet. elassique d’hist. nat. Art. Arthrodieces) hat Bory ve Sr. Vincent 
diese Verwandlungen ganz besonders umständlich entwickelt und zu bekräftigen gesucht. Im Jahre 1823 erschienen detaillirte Beobach- 
tungen über die elementarischen Organismen als Schimmel- und Infusorienbildung von Garus und Nrrs vow Esengeck in N. Acta 
Nat. Cur. XI. 1I. Ebenda behauptete WıesmAann wieder, die Priestley’sche Materie gehe bald in thierische, bald in vegetabilische 
Formen über. Aus grünem Wasser (von Infusorien?) gingen Conferva setiformis und mutabilis, Cypris detecta und Oyclops 
quadricornis u. s, w. hervor, und aus den todten Cypriden bildete sich Ulva compressa und Lepraria Infusionum u. s. w. Diese 
Untersuchungen wurden wahrscheinlich ohne ein zweckmässiges Mikroskop angestellt und es fehlt ihnen daher die Schärfe der Begrün- 
dung. Viel Aufsehen machten 1823 GAaıtzon’s, Zolleinnehmers in Dieppe,' Beobachtungen über die Conferva comoides, welche in 
Thiere zerfalle und durch Aneinanderreihen von Thieren, Juxtaposition, wieder zur Pflanze werde, was durch das Diet. classique, 
Art. Diatoma und Nemazoaires, verbreitet worden war, was aber Turrın 1827 (Mm. du Mus. d’hist. nat.) gründlich wider- 
legt hat. Gleichzeitig (1824) behauptete DesmazıEres in Lille, ein ähnliches Aneinanderreihen von Monaden zu Conferven in der 
Bier- und Weinhefe beobachtet zu haben, deren Körperchen, die schon von LEEUWENHOER und GrUITHUISsEN beobachtet waren, er 
Mycoderma nennt, und welche Acarnn 1828 zu Hygrocroeis zieht. Raspaız hat schon 1827 diese irrigen Ansichten gut wider- 
legt (Bulletin des sc. nat. XII. p. 43.). Prof. Frıror. Ners v. EsengecK machte dann 1824 sehr richtig auf die Unzulässig- 
keit aufmerksam, die Conferven und die ihnen ähnlichen, von Horxscuucn verwechselten, Mooskeime für ein und dasselbe zu halten, 
und sprach sich gegen die Meinung aus, dass alle Priestley’sche Materie, wie CAssEBEER so eben mitgetheilt hatte, von Mooskeimen 
entstehe (N. Acta Nat. Cur. XII. p. 180.). Bory oe Sr. Vincent hat darauf im Diet. classique, Art. histoire naturelle, 
1825 ein eigenes Naturreich aus solchen Formen gegründet, die abwechselnd Thier und Pflanze wären, Aegne psychodiaire, und 
1826 ebenda Arz. Matiere, Metamorphose und Mycoderme, die Priestley’sche Materie als eine besondere Art der Materie über- 
haupt, Matiere vegetative, bezeichnet, wobei er heftig kämpft, dass die Verwandlung keine zufällige und grenzenlose sey, vielmehr 
scheint er sie als eine begrenzte, der individuellen Entwickelung zugehörige, anzusehen. Doch hat er selbst viele Verwandlungen anerkannt, 
welche der späteren Prüfung nicht widerstanden haben (s. Chlamidomonas, Euglena). \Vergl. auch Burnacn’s Physiologie I. 1826. 

Im Jahre 1827 schienen Dr. Unser’s fleissige Beobachtungen der Ectosperma clavata den Uebergang von Thieren in. 
Pflanzen und umgekehrt zur Evidenz zu bringen, allein es war offenbar nur eben solche Samenentwickelung, wie die von GruıtHVI- 
sen 1821 mitgetheilte der Conferva ferax (Saprolegnia), N. Acta Nat. Cur. XII. p. 189. Gleichzeitig hat auch Meven in 
der bot. Zeitschrift Zinnea die Priestley’sche Materie weitläufig beschrieben und behauptet, dass sie nicht aus Infasorien, sondern als 
Pflanze entsteht, als Pflanze fortlebt und sich unter günstigen Umständen in Infusorien umwandeln kann (1827. p. 369.). Dabei ver- 
wandele sie sich aus Protococcus viridis in Priestleya viridis (so nennt er die Conferva botryoides), und aus dieser in Ulva. 
terrestris. Später weicht er selbst von dieser Ansicht wieder ab. Asarpn vertheidigt seine systematischen Bestimmungen und Ver- 
wandlungsbeobachtungen gegen vielfache Angriffe in den ‚Species Algarum, Vol. II. 1. 1828. p. ALIV. sowohl p. AXIX. 
als XXAY. besonders gegen Borr und Turrın, und in den Jcones Algarum europaearum 1828 gegen Sourank (Flora 1823). 
Er behauptet, nicht als Regel, sondern nur ausnahmsweise, eine Zusammensetzung der grossen aus kleinen Organismen durch Juxta- 
position, die er bei Cozferva mucoroides 1820 (Metamorphosis Alg.), Syncollesia 1824, beobachtet hatte, und hauptsächlich 
eine Entwickelung ganz in dem Sinne von Turrın (1827) gemeint zu haben. Im Jahre 1830 schrieb Merex dem Protococcus ein 
infusorielles Leben zu und verwechselte ihu wahrscheinlich mit Euglena viridis (s. E. viridis). Eine nähere Bestimmung der grün- 
färbenden Infusorien, auch des Trichodesmium Flos agquae, erschien 1830 in PossEnnorrr's Annalen und in. den Abhand- 
lungen der Berl. Akademie d. Wissensch. 1830 und 1831. Ruporrn Wacner hat darauf 1832 (in der Zss) Priestley’sche Ma- 
terie aus Euglena viridis gut beobachtet, und ebenfalls nicht aus ihr, sondern nur zwischen ihr wachsende Conferven gesehen. In 
gleichem Jahre theilte Gravenmorst ältere Beobachtungen über Infusionen und ‚Infusorien mit, bei denen aber die Bestimmung der 
Formen sehr wenig sicher zu seyn scheint. Sein Yolwox Globator war ein ganz anderes Thier (NV. Acta Nat. Cur. XV II. 1833). 
Zuletzt hat der fleissige Algolog, Herr Kürzıne, in der Zinnea die Entwickelung der Euglena viridis als Priestley’sche Materie 
in verschiedene Algenformen bis zur Bildung eines Laubmooses, der Barbula muralis, verfolgt, wobei er offenbar, gleich allen ähn- 
lichen Beobachtern, durch ein zu schwaches und unklares Mikroskop nicht hinreichend unterstützt worden ist (vergl. Chlamidomonas 
und Euglena viridis). 

Auch die grünen Färbungen der Gewässer sind zuweilen mit dem Absterben der Fische verbunden gewesen, wie mein Freund 
Prof. Kunze einen solchen Fall in einem Fischteiche bei Leipzig 1823? beobachtet hat. Er nennt den färbenden Körper (Flora, bot. 
Zeit.) beiläufig Granularia ichthyoblabe, Fischtödter, welcher Name 1824 in Srrunpeı’s Nomenclator botanicus übergegangen. 
Jetzt ist er geneigt, ihn Palmella ichth. zu nennen. Coccodea viridis Pallis. (Diet. d. se. nat. IX.) und eine Nachricht des 
Gesellschafters (Zeitschrift) 1822. p. 183. aus Petersburg scheint ihm dahin zu gehören. Ein ähnlicher Fall veranlasste wohl das 
auffallende Fischsterben zur Cholera-Zeit 1831 in Ostpreussen, welches in der Spener’schen Zeitung v. 5. Octob. angezeigt ist. 

Sowohl die grünen, als die rothen oder violetten Färbungen grösserer Wasserflächen pflegen die Landleute das Blühen des 
Wassers zu nennen. Die grüne hautartige Wasserblüthe nannte Lınnk Byssus Flos aguae, Rorn Conferva Flos aquae, 
AcarnH Öscillatoria Flos ayuae. Fine blaugrüne schrieb LynssrE der zerfallenden Nostoc Flos ayuae zu. Letztere ist mit 
Palmella ichthyoblabe, Trichodesmium Flos aguae und vielleicht Coccodea wohl die eigentliche Wasserblüthe, da sie wie kleine 


31 


nn 


grüne und bläuliche Flocken das Wasser ganzer Seen erfüllt. Gerade so erfüllt das erst grüne, dann rothe Trichodesmium_ ery- 
thraeum das ganze Seewasser der Buchten des rothen Meeres, und vielleicht dieselbe Art dieser Gattung sah v. Cmamısso, den vor- 
liegenden, auf Papier angetrockneten , Exemplaren zufolge, als grüne Streifen im Meere zwischen Teneriffa und Brasilien am - - 
1815. Es giebt aber ausser den rothen, grünen und bläulichen Färbungen des Wassers durch Infusorien auch gelbe, deren ich bei 
Monas und Astasia flavicans und M. ochracea erwähnte, auch milchartige, deren bei Polytoma Uvella gedacht ist, und schwarz- 
braune, fast schwarze, wie dunkelbrauner Kaffee, welche bei Berlin der ‚Stextor niger und Ophryoglena atra nicht selten in gros- 
sen Lachen hervorbringen. : 

Sehr auffallend für das Volk pflegt das periodische schnelle Wechseln solcher Erscheinungen zu seyn. Ein gestern klarer 
See ist heute grün, morgen farblos und übermorgen wieder farbig, oder am Morgen und Abend farblos klar, am Mittag (oder in grös- 
seren Perioden) abwechselnd trübe und gefärbt. Hiermit verbindet sich wohl auch ein plötzliches Sterben aller Fische. Diese Umstände 
sind leicht erklärlich durch die schnelle alles erfüllende Vermehrung und Gasentwickelung der kleinen Algen und der zahllosen Cada- 
ver der Infusorien, welche durch Wärme periodisch vermehrt, durch Kälte vermindert und unterbrochen wird. Durch die Gasbläschen 
werden die Körperchen zur Oberfläche getragen; hört deren Bildung auf, so sinken sie plötzlich alle zu Boden. Auch am Boden kön- 
nen sich die den Fischen schädlichen Palmellen und Oscillatorien ungewöhnlich stark vermehren, ohne an der Oberfläche sichtbar zu 
werden. Oseillatorien bilden oft mit Conjugaten meist Zoll- oder Hand-grosse kleine schwimmende Inseln. Wenn grüne Färbungen 
technischen Zwecken schädlich werden, so lassen sich die thierischen ebenfalls durch Kali-Lauge oder Koch-Salz zerstören oder beschrän- 
ken, die pflanzlichen sind früh geringer als Mittags, und können Mittags mit Rechen und Netzen von der Oberfläche entfernt werden. 
Die grünen Absätze sind neuerlich (1834 und 1835) von französischen Chemikern unter dem Namen Baregine als Quellenschleim, ge- 
ade so wie ehemals die Priestley’sche Materie, ohne Kenntniss der Substanz, vielfach analysirt worden; man hat sie auch Zoogene 
und Glairine genannt. (Vergl. Dauseny, Linn. Transact. XV I. p. 587. 1834. Lonschamr, Annal. d. Chim. 1836.) Chemische 
Analysen existiren schon von Fontana und Scherer 1786, und über die rothe Oscillatorie des Murten-Sees von CorLanon und MAcCAIRE- 
Prısser, über die violette Farbe des Sees von Lubotin von Krarrorn, welcher einen dem Indigo ähnlichen Stoff darin fand. Reine 
Infusorien-Färbungen sind noch nicht sorgfältig analysirt worden. Mit Infusorienbildung sind jene nur irrig in Verbindung gebracht worden. 

Folgende grüne Infusorien sind von mir, als intensive grüne Färbungen grösserer Wassermassen bedingend, wirklich beobach- 
tet worden: 1) Monas bicolor; 2) Uvella Bodo; 3) Glenomorum tingens ; 4) Phacelomonas Pulvisculus; 5) Cryptomonas 
glauca; 6) Cryptoglena conica; T) Pandorina Morum; 8) Gonium Pectorale, 9) Chlamidomonas Pulvisculus; 10) Vol- 
vox Globator; 11) Astasia sanguinea jung; 12) Euglena sanguinea jung; 13) Euglena viridis; 14) Chlorogonium euchlo- 
rum; 15) Ophrydium versatile. Durch alle diese einzelnen Formen, nur 7), 8), 10) und 15) ausgenommen, habe ich das Was- 
ser einer dicken grünen Oelfarbe gleich verdichtet gesehen. Ophrydium bildet Faust- und Kopf- grosse schöngrüne Gallertkugeln, 
welche zuweilen, der Tetraspora lubrica gleich, dicht gedrängt das Wasser färben. Pandorina, Gonium und Volwox geben eine 
blassgrüne Färbung, die nur am Rande von Gefässen dicht und dunkel wird. 

Als dieker grüner Ueberzug aller unter Wasser befindlichen Gegenstände haben sich folgende Infusorien zuweilen beobachten 
lassen: 1) Arthrodesmus quadricaudatus und pectinatus; 2) Euastra verschiedener Art; 3) Olosteria verschiedener Art; 4) Sten- 
tor polymorphus; 5) Vorticella chlorostigma. Als blauer Ueberzug ist Stentor caeruleus, als schön orangefarbener ist Stentor 
aureus, als vostfarbener sind Gallionella ferruginea, Naviculae und Gomphonemata beobachtet. Als tief schwarzer erscheint zu- 
weilen ‚Stentor niger, wenn er sich festsetzt; als weisser, schimmelartiger Ueberzug erscheinen V orticellen. 

Rücksichtlich der bisher wirklich beobachteten Meteororganismen und meteorischen Infusorien, welche sich auf Kolpoda Py- 
rum nach GreicHEn, auf unbestimmte Infusorien nach Borr und auf Furcularia rediviva, Monas Termo und M. Lens nach 


- Scuurrze beschränken und sämmtlich unsicher sind, vergleiche man die Abhandl. d. Berlin. Akad. d. Wissensch. 1829. p. 13. und 


Poscsenvorrr's Annalen 1830. p. 512. Ueber ein Tausend rein und einzeln beobachteter Schneeflocken, Regentropfen und auch in 
Afrika untersuchter Thautropfen gaben mir selbst noch keine Anschauung von Infusorien der Atmosphäre. 


—— ne Ve 


SIEBENTE FAMILIE: WIRBEL-MOOSTHIERCHEN. 
Dinobryina. Dinobryines. 


CHARACTER: Animalia aperte aut verisimiliter polygastrica, anentera (tubo intestinali destituta, corpo- 
ris unica apertura instructa), gymnica (non appendieulata), formam sponte mutantia et lori- 
cata (= Astasiaea loricata). | 


CARACTERE: Animauz distinctement ou vraisemblablement polygastriques, sans canal intesti- 
nal (ayant une seule owerture du corps), sans appendices (sans ramifications) du 


corps et changeant ü leur gre la forme, mais ayant une carapace (= Astasiees ü 
carapace). 


Die Familie der Wirbelmoosthierchen wird aus allen solchen, deutlich oder wahrscheinlich po- 
Iygastrischen, 'Thierchen gebildet, welche eine einzige Körperöffnung und /einen deutlichen Darmkanal be- 
sitzen, keine besondern Körperanhänge führen, willkührlich ihre Gestalt verändern können und gepanzert 
sind (gepanzerte Astasiaeen). 


123 


Diese kleine Familie, welche physiologisch und systematisch sehr ausgezeichnet ist, enthält nur 2 
Gattungen mit 3 Arten. Eine ihrer Formen wurde 1831 als Paginicola? socialis in den Abhandl. d. Ber- 
lin. Akademie zuerst beschrieben, aber schon als eigene Gattung bezeichnet, eine andere wurde ebenda als 
Cocconema? Utriculus beschrieben. Im Jahre 1833 wurde an gleichem Orte p. 279. die neue Familie 
zuerst mit Einer Gattung, Dinobryon, characterisirt und dieser eine 2te Art hinzugefügt. Jetzt folgt eine 
zweite Gattung. 

Der Organisationsgehalt der Familie ist nicht hinreichend ermittelt, doch fehlt es nicht an einzelnen 
Details. — Als Bewegungsorgan ist bei einer Form der Gattung Dinobryon ein einfacher fadenartiger Rüs- 
sel erkannt. — Der Panzer ist bei allen ein Büchschen (Zrceolus), in welchem das kleine, sehr contractile, 
einer Zuglena ähnliche, Thierchen wie das der Vaginicola oder des Tintinnus mit dem Rücken angehef- 
tet ist. — Ernährungsorgane sind nur unsicher, als wenig scharf umschriebene helle Bläschen, erkannt. — 
Grünliche oder gelbliche feine Körnchen scheinen in allen Individuen den Eierstock zu bilden. Drüsen sind 
nicht erkannt, aber eine helle Blase im Körper der Zpipy.xis könnte die contractile Samenblase seyn. Sehr 
einflussreich für die Form ist die Knospenbildung des Panzers oder des Mantels bei Dinobryon, welche 
der der Haleyonellen oder Bryozoen (Moosthiere) analog ist. Es entstehen dadurch frei schwim- 
mende Bäumcehen. — Als Empfindungsorgan ist bei Dinobryon ein rother feiner Augenpunkt am vordern 
Körper anschaulich geworden, welcher der andern Gattung fehlt. 

Sämmtliche Formen sind nur bei Berlin sicher beobachtet worden, Epipyzis vielleicht auch in 
Stuttgart. 


ACHTUNDDREISSIGSTE GATTUNG: HERMENTHIERCHEN. 
Epipyxis. Epipyxide. 
CHARACTER: Animal e familia Dinobryinorum, ocello destitutum (sessile). 
CARACTERE: Animal de la famille des Dinobryines, depourvu d'un oeil (et sessile). 


Die Gattung Zpipyzxis enthält solche Formen der Familie der Wirbelmoosthierchen, welche kein 
Auge besitzen (und angeheftet sind). 

Die einzige Art dieser Gattung wurde im Jahre 1831 als Cocconema? Utriculus verzeichnet. An 
Organisation hat sich kein Bewegungsorgan, nur ein feinkörniger Eierstock von gelblicher oder bräunlicher 
Farbe erkennen lassen. Ein trichterförmiges Erweitern und Oeffnen des vordern Körperendes und ein Con- 
trahiren desselben sind die deutlichsten thierischen Charactere geblieben, doch findet sich im hintern Leibe 
jedes Thieres zuweilen ein helles Bläschen, welches ich für eine Samenblase halten möchte. Selbsttheilung 
ist nicht beobachtet. Der weiche Körper sitzt in einem nicht viel härteren, häutigen, nicht kieselhaltigen 
Büchschen, und letztere ist fuss- oder stielartig festgeheftet auf Conferven. Form einer Herme oder Stand- 
säule. (Zpipyzis = Pyzidis incola.) 

Ob die von v. Martens entdeckte Frustulia crinita, welche en 1833 Aristella minuta 
nannte, hierher gehört, bleibt zu untersuchen. Man durfte ihr die fehlenden Charactere nicht beilegen und 
die überflüssigen, welche von einer Zygrocrocis kommen konnten, nicht entziehen. 

Verbreitung ausser Berlin nicht sicher, vielleicht in Stuttgart beobachtet. 


139. Epipysis Utriculus, schlauchartiges Hermenthierchen. Tafel VII. Fig. VM. 


E. parva, 54tam lineae partem alta, urceolo conico, pedicellato, granulis flavicantibus foeta. 


Epipyzide Outre, petite, egalant "I millimetre en hauteur, a carapace conique, urceolee, pedicel- 
lee, remplie de granules jaunätres. 
Frustulia erinita? v. MARTENS in Steuper et Hocusterrer, Enum. plant. germ. p. 178. 1825. ° 


Cocconema? Utrieulus, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 89. 
Aristella minuta? Kürzıne, Linnea, 1833. p. 563. Tab. XV. Fig. 42. 


Aufenthalt: Bei Berlin und vielleicht in Stuttgart. 


Die sichere Form wurde 1831 zuerst in Berlin beobachtet. Sie war gleichzeitig mit Synedra Ulma auf Conferva rivu- 
laris. Am 6. Febr. 1835 fand sie sich sehr häufig wieder auf alter Conjugata guwinina. Wirbel und Rüssel wurden nicht beobach- 
tet, aber ein deutliches Erweitern und Verkürzen des Vorderendes gesehen. Magenzellen waren nicht deutlich. Farbige Nahrung wurde 
nicht aufgenommen. Eine helle Blase im Körpergrunde fand sich bäi fast allen Individuen. Die in der Expansion conische Gestalt 
wird in der Contraction keulen- oder birnförmig (vergl. Dinobryon sociale). 

Zufolge der Zeichnung bei Kürzıne beobachtete v. Marrens 1825 am 5. April ein sehr ähnliches Thierchen auf Con- 
ferva glomerata in Stuttgart in einem Stadtbrunnen, und wieder am 24. Juni 1827, sah aber oft an jedem Körperchen einen Faden, 


= 124 


der auch. oft ganz fehlte. Beim Trocknen wurden sie unsichtbar, was gegen die Natur der Diatomeen sey. Wäre der unsichere 
Faden etwas Zufälliges, so passte das Uebrige ganz, aber der Name Ariszella könnte doch nicht bleiben, da er auf einem Irrthum 
beruht, was auch mit dem Specialnamen erinita der Fall wäre; der andere ist später als Uzrsewlus. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. VII. 


Es sind 28 Thierchen auf einem Stück der alten Conjugata quinina abgebildet, das Ganze 300mal vergrössert. 
Bei « ist ein Thierchen mit fast ganz offenem Büchsenrande, bei # mit ganz offenem. Bei y sitzt ein Thierchen, wohl nur zufällig, auf einem andern. 
Bei d ist ein contrahirtes Tihierchen. 


NEUNUNDDREISSIGSTE GATTUNG: WIRBEL-MOOSTHIERCHEN. 
Dinobryon. Dinobrye. 


CHARACTER: Animal e familia Dinobryinorum, ocello instructum (libere vagans, gemmificatione fruti- 
culosum). 


CARACTERE: Animal de la famille des Dinobryines, ayant un oeil (nag ee librement et pous- 
sant par la gemmification en forme d’ un arbrisseau). 


Die Gattung Dinobryon umfasst alle Formen der Familie der Wirbelmoosthierchen, welche ein Auge 
besitzen (freie Ortsbewegung behalten und durch Knospenbildung zu bäumchenartigen Monadenstöcken werden). 

Es sind 2 Arten der Gattung bekannt, deren eine 1830, die andere 1833 beschrieben wurde. Ueber 
den Organisationsgehalt vergleiche die Familiencharacteristik und die Arten. Das Büchschen ist deutlicher 
gesondert vom Thiere, als bei Zpipyis, und einfache Knospenbildung am obern Rande ohne Ablösung giebt 
dichotomische, verästelte, frei schwimmende Monadenstöcke, welche Bäumchen gleichen. Die kleinste Oo- 
rallenstockbildung durch unvollkommene Selbsttheilung ist bei Vibrionien, Pol/ytoma der Monadinen und 
den Kugelthieren; Dinobryon bildet den kleinsten Corallenstock durch unfreie Knospen. PoWwox — 
Astraea; Dinobryon = Oculina. 

Die Verbreitung ist ausser Berlin nicht beobachtet. Es wäre möglich, dass D. Sertwlaria als Haupt- 
form dieser Gattung bliebe und D. sociale, wegen Mangels des Auges, getrennt werden müsste. Die Be- 
‚stätigung wird man aus der verhältnissmässigen Entwickelung der übrigen Organisation mit Sicherheit beur- 
theilen können. 


140. Dinobryon Sertularia, wedelförmiges Wirbelmoosthierchen. Tafel VII. Fig. VII. 


D. frutienlosum, majus, loricae singulae prope finem constrietae ostio dilatato, leviter eXciso. . 


Dinodrye Sertulaire, plus grande, se developpant en forme d’un arbrisseau, ayant les carapaces 
etranglees vers V’extremite, dilatees a la bouche et legerement echancrees. 


Dinobryon Sertularia, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 280. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Art wurde 1832 am 2. und 3. März und 5. April zuerst, dann sehr oft wieder, so im Febr. 1835, am 2. und 13. 
März 1837, beobachtet. Sehr zahlreich fand ich es an der staubigen Oberfläche sumpfiger Gewässer mit Naviculis, auch zwischen 
Conferven. Das ganze Bäumehen, so auffallend seine Gestalt und Grösse erscheint, ist sehr schwer zu sehen, weil alle Panzer cry- 
stallhell sind und die Thierchen eine sehr zarte Farbe haben. Die wälzende und fortrückende Bewegung der Bäumchen bringt sie erst 
zur leichteren Anschauung. Im Innern jedes erystallhellen Panzers ist ein blassgelbes Thierchen von der Gestalt einer sehr jungen 
Euglena viridis oder vielmehr eines Chlorogonium, welches sich spindelförmig ausstrecken und fast kugelartig zusammenziehen kann, 
aber nicht aus dem Panzer ragt. Am vorderen Körperende ist ein deutlicher rother Punkt als Auge. An der erweiterten Mündung 
des hinter derselben zusammengezogenen Panzers bemerkt man im farbigen Wasser einen Wirbel. Das Wirbelorgan ist ein einfacher, 
langer, aus dem Panzer hervorragender, Fadenrüssel von mehr als Ei elkiee. Im innern Körper sieht man undeutliche helle Stel- 
len (Magenblasen), umhüllt von sehr feinen gelblichen Körnchen, welche zuweilen 2 Längsbinden zu bilden scheinen. Die Baumform 
entsteht durch Knospenbildung der letzten, jüngsten Thiere. Aus dem obern Rande jedes Panzers (Mantels) pflegt nur ein junges 
Thier als Knospe hervorzutreten, zuweilen sieht man aber auch 2. Oft sind die untern Mutterthiere der kleinen Corallenstöcke ge- 
storben und die übrigen schleppen die Schaalen derselben lebenslang mit sich herum, wie junge Gorallenthiere die Knochen der alten 
als Stiel oder Fuss benutzen. Die Bewegung ist wie bei Yolvoo durch gemeinsame Anstrengung und zufällige oder willkührliche 
Uebereinstimmung aller Einzelthiere. — Grösse der Bäumchen */ı2 bis */ıo Linie, der Einzelthierchen Us Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. VII. 


Fig. 1. ist ein vielfach verästetes, durch Knospenbildung entstandenes, durch Wirbeln der Einzelthiere schwimmendes Bäumchen, oder ein Monadenstock 
aus 19 Thieren, 300mal vergrössert. Die untern Mutterthiere sind gern, 
Fig. 2. ist ein keiies Einzelthierchen, 500mal vergrössert, 


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125 


4141. Dinobryon? sociale, geselliges Wirbelmoosthierchen. Tafel VIH. Fig. IX. 


D. frutieulosum, minus, loricae singulae simpliciter conicae ostio truncato. 


Dinobrye? sociale, plus petite, se developpant en forme d’un arbrisseau, ayanti les carapaces sim- 
plement coniques et trongquees au bout. 


Vaginicola? socialis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch, zu Berlin, 1830. (1831.) p. 72. 1831. ‘p. 93. 
Dinobryon? sociale, Abhandl. der Akademie d. Wissensch, zu Berlin, 1831. p. 94. 1833. p. 279. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese zweite Art unterscheidet sich von der vorigen durch eine einfacher conische Panzerform und durch Mangel des Auges. 
Letzteren Character halte ich aber für unsicher, bis erst das Wirbelorgan ebenfalls beobachtet seyn wird. Es scheint die Differenz 
mehr subjectiv als objectiv zu seyn. Schon im Jahre 1831. erwähnte ich dieses sonderbaren Thierchens im Anhange zur Abhandlung 
von 1830. Ich habe es 1831 und am 10. Juli 1834 noch öfter beobachtet, aber nie so häufig gesehen, als die später entdeckte grös- 
sere Art. Ich fand es ebenfalls an der staubigen Oberfläche des Bassins im Thiergarten. Den Wirbel sah ich im farbigen Wasser 
deutlich, aber weder den Rüssel, noch das Auge. Im Jahre 1831 war diess Thierchen wegen seiner Ergänzung des Parallelismus der 
gepanzerten und panzerlosen Gruppen der Infusorien interessant und ist es noch. Ich sah nie so grosse Bäumchen, wie bei voriger, 
deren freie Bewegung und Natur sonst gleichartig ist. — Grösse der Bäumchen %ı Linie, des Thierchens !2 Linie. 


Erklärung der Abbildung Taf. VIH. Fig. IX. 


Es ist ein Bäumchen oder Monadenstock aus 7 Thieren abgebildet, welcher sein erstes Mutterthier verloren hat und wirbelt. Vergrösserung 
300mal. 


ACHTE FAMILIE: WECHSELTHIERCHEN. 
Amocbaea Amoebees. 


CHARACTER: Animalia polygastrica, anentera (tubo intestinali destituta, apertura corporis unica), pro- 
cessibus variabilibus appendiculata et ramosa (proteiformia), nee loricata. 


CARACTERE: Animaux polygastriques, sans canal alimentaire (& une seule owerture du corps), 
‘ayant des appendices du corps variables en forme de ramifications ou de pieds, (ü 
corps proteiforme), depourvus d une carapace. 


Die Familie der Wechselthierchen zeichnet sich unter den polygastrischen, darmlosen, mit ein- 
facher Körperöffnung versehenen, Thieren durch veränderliche Fortsätze, welche eine ästige, beständig wech- 
selnde, Körperform bedingen, und überdiess durch Mangel eines Panzers aus. 

Es giebt nur eine bekannte Gattung dieser Familie, welche die früheren ‚Beobachter Profeus nann- 
ten, die von Bory DE ST. Vincent Amiba benannt worden ist. Die Familie der Amoebaeen wurde 1830 
in den Abhandlungen der Berl. Akad. d. Wissensch. gegründet und umfasste damals nur 2 Arten, jetzt sind 
deren 4 unterschieden. Sie bildete als panzerlose Gruppe den Gegensatz gegen die zahlreiche Gruppe der 
gepanzerten Bacillarien. An Organisation ist bereits mancherlei ermittelt. — Besondere Bewegungsorgane 
fehlen. Die rundlichen, gallertigen, sehr eontractilen Körper dieser Formen haben die Fähigkeit, an jeder 
beliebigen Körperstelle fussartige Fortsätze hervorzuschieben, mit denen sie ihre Ortsveränderung bewirken 
und deren Natur bei Amoeba princeps genauer erörtert wird. Durch diese Eigenthümlichkeit, welche von 
der blossen Constrietion und lokalen Expansion nur in der Längsaxe des Körpers der Astasiaeen u. s. w. 
ganz verschieden ist, wird eine beständige höchst auffallende Formänderung bedingt, welche viel Bewunde- | 
rer gefunden, und die man mit dem Formenwechsel des griechischen Proteus verglichen hat. — Ernährungsorgane 
sind als viele Magenzellen theils durch natürliche, theils durch künstliche Füllung bei allen Arten anschaulich 
geworden. — Als Fortpflanzungsorgane sind bei A. princeps allein eiartige Körnchen direct erkannt. Bei 
A. verrucosa schien auch eine kugelförmige männliche Samendrüse vorhanden zu seyn, und bei derselben 
und A. diffluens hat sich auch wohl eine contractile Samenblase erkennen lassen. Bei A. diffluens ist 
Selbsttheilung beobachtet. — Empfindungsorgane und Gefässe sind noch nicht beobachtet. 

Die Verbreitung der Familie und einzigen Gattung ist durch sanz Europa von Italien bis in das si- 
birische Asien beobachtet. 


32 


126 


VIERZIGSTE GATTUNG: WECHSELTHIERCHEN. 
Amoeba. Amoebe. 


CHARACTER: Animal Amoebaeorum familiae characteribus instructum. 


CARACTERE: Animal, ayant les caracteres de la famille des Amoebees. 

Die einzige Gattung der Familie der Wechselthierchen ist durch die Charaetere der Familie selbst 
bezeichnet. 

Man hat sehr viele ganz heterogene Thiere, nicht weniger als 89, mit den Namen Proteus und 
Amiba belegt, welche im Nachtrage zur Gattung gesichtet sind. In die gegenwärtige, später physiologisch 
1 begrenzte, Gattung Amoeba haben sich bisher nur 4 Arten einreihen lassen. A. diffluens wurde 1755 von 
| Röser entdeckt und Proteus genannt, auch 1778 von GLEICHEN beobachtet. Erst 1786 nahm sie MÜLLER 

als Proteus diffluens in sein systematisches Verzeichniss auf und verband sie mit Distigma lenax. SCHRANK 
vermehrte 1803 die Gattung Proteus um 2 Arten. Bory pe ST. VincENT unterdrückte 1822 den Namen 
Proteus, weil er schon für Amphibien - und Pflanzengattungen verbraucht sey, und wählte den Namen Armiba, 
unter welchem er aber sehr viele ganz unvereinbare Körper verzeichnete. Losana beschrieb 1825 nicht 
weniger als 69 unhaltbare Arten der Gattung Proteus. Die Gattung im gegenwärtigen Sinne wurde 1830 
in den Abhandl. d. Berlin. Akad. d. Wissensch. mit der erstgenannten Art und einer neuen, A. radiosa, be- 
gründet. Ebenda wurde 1831 A. princeps zuerst beschrieben. Eine 4te Art, A. verrucosa, wird hier 
hinzugefügt. Der Organisationsgehalt ist im Allgemeinen im Familiencharacter schon angezeigt und findet 
sich im Einzelnen bei den Arten angegeben. 
Die geographische Verbreitung der Gattung ist die der Familie. 


142. Amoeba princeps, grosses Wechselthierchen, Briareus. Tafel VIH. Fig. X. 


A. major, dilute flavicans, sextam lineae partem replens, processibus variabilibus numerosis, eylindricis, crassis et apice 
rotundatis. 


Amoebe Chef, grande, jaunätre, egalant !|; millimetre, pourvu d’appendices variables nombreuw, cy- 
lindriques, epais et arrondis au bout. 


Amoeba princeps, Abhandl. der Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 8, 79% 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Es ist zwar von Röseı eine grössere Art von Proteus beschrieben worden, welcher der Dimension nach mit diesem über- 
einstimmt, allein die stumpfen dieken Fortsätze dieser in Berlin vorkommenden Art scheinen mir nicht ganz vereinbar mit Röser’s Ab- 
bildungen, welche sich doch wohl nur auf grössere Individuen der A. diffluens beziehen, wohin sie schon MÜLLER zog und auch 
Schrank stellte. Vielleicht ist Röser’s Thierchen noch eine besondere Art. Für diese würde der Name A. Roeselii vorzuzie- 
hen seyn, weil Bory diesen als Amiba ‚Roeselii, freilich ohne Begründung des Unterschiedes, gegeben hatte. Der kleine, mit blos- 
sem Auge schon etwas sichtbare, Körper hat eigentlich eine Kugelform , kann aber jede beliebige Körperstelle erschlaffen lassen und 
| dureh Contraction des übrigen Körpers die innern Theile nach dieser Stelle beliebig hintreiben, wodurch eine Verlängerung daselbst 
| - entsteht, welche man sehr befriedigend mit einem Bruche vergleichen kann, in den die Eingeweide hineingedrängt werden. Solcher 
j Fortsätze kann das Thierchen gleichzeitig viele, 10 bis 12 bilden, oft hat es nur 2 bis 3. Es drängt sichtlich in diese scheinbaren 
F Füsse den ganzen Inhalt des innern Körpers, oft auch die mit ganz deutlich erkennbaren verzehrten Stoffen erfüllten Magenzellen. Diess 
| ist offenbar das ganze Geheimniss des Formenwechsels dieser Thierchen. Sehr deutlich waren die Magenzellen im innern Körper mit 


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Doxococcus ruber und Confervenkeimen und andern leicht erkennbaren Nahrungsstoffen erfüllt. Viele andere wasserhelle Blasen wa- 
ren mit blossem Schleim erfüllte gleiche Zellen. Nicht eben so bestimmt liess sich die Mundstelle erkennen, auch wurden Samendrü- 
| sen und Samenblasen nicht klar anschaulich. Dagegen war der ganze Körper mit kleinen, farblosen, etwa Yıooo Linie grossen, Körn- 
chen durchwirkt. Alle veränderlichen Fortsätze waren am Ende heller und fast farblos, aber nie spitz. 
Im Jahre 1831 entdeckte ich diese Art, / Linie gross, einzeln im Thiergarten bei Berlin zwischen Navieulis im Frühling. 
Im Jahre 1832 fand ich sie am 8. April und 1. Mai wieder einzeln, doch nur !ı» Linie gross. Ich habe sie dann wieder am 19. März 
1835 beobachtet. — Grösse von *ız bis 1/s Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. X. 


3 as "Es ist ein und dasselbe Individuum in 3 Formveränderungen abgebildet, 300mal vergrössert. Fig. 1. fast ganz zusammengezogen; Fig. 2. 
sich in 3 veränderliche Fortsätze ausdehnend; Fig. 3. in 10 bis 12 Fortsätze zackig ausgedehnt. 


143. Amoeba verrucosa, kurzfüssiges Wechselthierchen. Tafel VII. Fig. XI. 
A. expansa minor, 2%0mam lineae partem non superans, hyälina, pigra, processibus variabilibus brevissimis, obtusis, 
VEerrUcosa. 
| Amoebe verrugueuse, (ötendue), petite, ne surpassant pas *ı, millimetre, hyaline, paresseuse, ayant 
i des appendices variables obtus et Tres-petits en forme de verrues. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


er 


127 


» Das hier zuerst beschriebene kurzfüssige Wechselthierchen hat so wenig Füsse als die andern Arten, aber die. veränderlichen 
Fortsätze dienen als Füsse. Ich habe es im Januar 1835 in einem Eherinierien Gefässe mit Micrasterien in grosser Menge beob- 
achtet und 1836 in demselben Gefässe den ganzen Sommer hindurch erhalten. Nie sah ich Fortsätze, welche nur die Hälfte der Kör- 
perdicke erreicht hätten. Oft lag es lange regungslos. Dabei war es sehr gefrässig, indem in allen Thierchen Oseillatorien oder Na- 
viculae, meist halb verdaut, zu erkennen waren. Erst sah ich in einigen, später in allen Individuen einen runden, drüsigen, anschn- 
lich grossen Körper, und bei vielen auch eine contractile sich auszeichnende Blase, welche ich für männliche Samendrüsen und Samen- 
blasen halte. Die kurzen warzenartigen Fortsätze waren immer sehr stumpf. Viele zerstreute leere Blasen schienen Magenzellen zu 
seyn. Bestimmte Eikörnchen waren nicht deutlich in der sehr schwachen Trübung des erystallhellen Körpers zu erkennen. — Grösse 
bis 1/;o Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. XI. 


Es sind 4 verschiedene Exemplare in verschiedenen Formen abgebildet, 300mal vergrössert. Fig. 1. hat einen Magen mit 3 Nawieulis und 
einer zusammengerollten Oscillatorie erfüllt. Fig. 2. hat einen Magen bei ° mit einer Oscillatorie, einen andern bei ** mit einer einzelnen Navseula er- 
füllt. Fig. 3. hat nur eine grössere, spiralförmig zusammengelegte, -Oscillatorie verschlungen. Fig. 4. hat irgend ein anderes goldgelbes Opfer in einem 
seiner Magen. 


144. Amoeba diffiuens, schmelzendes Wechselthierchen, Proteus. Tafel VIIL..Fig.XII. 


A. expansa 24tam lineae partem raro superans, hyalina, processibus variabilibus subacutis, longiuseulis, validis. 


Amoebe rameuse, surpassant (etendue) rarement ‘)ı, millimetre, etant de couleur d eau et ayant les 

appendices variables assez longs, robustes et presque aigus. 

Der kleine Proteus, Röser, Insectenbelust. III. p. 621. T. 101. A—W. 1755. 

Volvox Chaos, Linn£, Systema Nat. ed. X. 1758. 

- Volwox Proteus, Parzas, Elenchus Zoophyt. p. 417. 1766. 

Chaos Proteus, Lınn£, Syst. Nat. ed. XII. 1767. 

Volwox Sphaerula, MüLLkr, Hist. Vermium p. 31. 1773. 

Kugelthierchen und Proteus, GLEICHEN, Infusionsth. p. 151. 168. Tab. 28. Fig. 18, 1778. 

Vibrio Proteus, GMELIN, Lınn&'s Syst. Nat. ed. XIII. 1788. 

Pr es „9,4 Müszen, Animalc. infus. p.9. Tab. II. Fig. 1—12. 1786. 
—  (Gleichenü)? 

Proteus diffluens , 


= eryatallinug, | SCHRANK, Fauna boica III. 2. p. 24—2. 1803. 
—  Gleichenü, 2 
—  tenax, 
Amiba Roeselü , E 
— divergens, % BoRY DE Sr. Vıncent, Dietion. classig. d’hist. nat. 1822. 
— Gleichen, 
Amiba Mülleri, BoRY DE Sr. Fans; Encyel. m&th, 1844. 
Proteus (69? m), Losana, Memorie di Torino, XXIX. 1825. 
Proteus diffluens, M. SurırAı, BLAınviLLe, Dict. des sc. naturelles 182%6. 
Amoeba diffluens, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 39, 61, 68, 75. Taf. I. Fig. V. 1831. p. %. 


Aufenthalt: Bei Nürnberg!, Copenhagen! auf dem Greifenstein ob Bonnland, bei Ingolstadt!, in Paris?, bei Turin!, bei Havre!, 
bei Berlin!, bei Saratof an der Wolga! und bei Catharinenburg im Ural. 


Nachdem Baker die Lacrimatoria Olor unter dem Namen Protews beschrieben hatte, nannte doch Risen dieses ganz an- 
dere Thierchen aus der Gegend von Nürnberg auch den kleinen Protews im Gegensatze des grossen der griechischen Mythologie, 
und gab viele Abbildungen seiner Verwandlungen. Lınn# nannte Röser’s T kiachen das er nicht selbst gesehen, Yolvox Chaos, 
dann Chaos Proteus. Paıras nahm Röser’s früheren Specialnamen auf und nannte diess Thierchen Yolvox Proteus, den BAKEr’- 
schen Proteus als Brachionus verzeichnend. Müıter zweifelte anfangs, ob nicht sein Volwox Sphaerula Röser’s Proteus sey, 
unterschied diesen daher nicht als besondere Art. Erst etwa 1784 fand er ihn selbst bei Copenhagen und errichtete (1786) die eigene 
Gattung Proteus, welchen Namen freilich schon 1768 Laurentı dem wunderbaren unterirdischen Kiemen-Salamander gegeben hatte. 
Müırer glaubte 3 Arten für seine Gattung zu haben: P. diffluens, tenax und (Gleichenü?), eine von GLEıcHEn auf dem Grei- 
fenstein beobachtete und abgebildete Art. Den ersten und letzten halte ich für ein und dasselbe Thier, der mittlere ist Diszigma? 
tenax. Er gab neue Abbildungen der von ihm beobachteten Form des P, diffluens. ScurAnk, welcher den wahren P, /enax kaum 
kannte, scheint dieselbe Art bei Ingolstadt gefunden und in 4 zerspalten zu haben. Boryv in Paris gab demselben Thierchen, das er 
nur in der verkümmerten Form des P. Gleichenii kannte, noch unnöthig 3 neue Namen, änderte aber mit Recht den Gattungsnamen 
in Amiba, den er jedoch auf sehr heterogene Thierchen zu weit ausdehnte. Am unglücklichsten für die Geschichte der Wissenschaft 
ist Losana’s Bemühung gewesen, welcher, wenn nicht 69, doch wohl sicher 10 besondere Namen für die einzige Art gegeben, je 
nachdem sie verschiedenfarbige Nahrung genossen und verschiedene Formen angenommen hatte. Wegen sichtlichen Mangels einer phy- 
siologischen Critik der Erscheinungen (vergl. Yovox u.s. w.) lassen sich die von ihm bemerkten oft scheinbar wichtigen Unterschiede 
für weniger wichtig halten, zumal da alle seine Abbildungen sehr roh gefertigt sind. Der einzige wissenschaftliche sichere Nutzen sei- 
ner Mittheilung, welcher statt haben kann, ist, das geographische Vorkommen der Gattung bei Turin befestigt zu haben. Er sah das 
Thierchen zu allen Monaten des Jahres im Wasser des Po und seiner Seen, auch unter dem Eise. Brarvvırce theilte dann aus den 
Manuscripten des sehr geübten mikroskopischen Beobachters Dr. Surırar in Havre mit, dass dieser den P, difflwens bei Havre beob- 
achtet habe. Ich selbst hatte 1826 schon öfter das Thierchen bei Berlin gesehen und fand es im letzteren Jahre wieder auf der Reise 
mit Herrn von Humsoıor in Russland bei Catharinenburg im Juli und bei Saratof im August, wovon ich damals Zeichnungen entwarf 
und genaue Messungen machte. Im Jahre 1830 gab ich die ersten Darstellungen des Ernährungsorgans dieser Art, und habe sie seit- 
dem noch sehr häufig in allen Monaten, ausser im Winter, beobachtet. Nicht selten fand ich sie mit Chlamidomonas Pulviscuhus, 
und von deren sichtlichem Genuss ganz grün gefärbt. Künstlich habe ich sie oft blau und roth gefärbt. 

Die Erscheinung dieser Art ist am meisten und immer sehr abentheuerlich beschrieben worden, und ist allerdings sehr 
unterhaltend für den Beobachter. Ein oft sehr durchsichtiges, zuweilen trübes, Klümpchen Schleim bildet den Körper, und diess reckt 
sich und dehnt sich etwa wie ein in einen Sack eingesperrtes vielfüssiges träges Thier, so dass bald hier, bald da sich langsam Zacken 
bilden, die abwechselnd wieder eingezogen werden, und wovon bereits gemeldet wurde. Besonders merkwürdig ist Röser’s Beobach- 


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tung seiner Selbsttheilung, die ich nie sah. Surırar sah nach Brarwvirıe bei der Formverwandlung keine Ortsveränderung, was 
wohl zufällig war, da ich sie häufig sah. Röser fand sein Thierchen mit Yolvox Globator in ziemlicher Menge, und er beobach- 
tete Exemplare von etwa ı/, Linie Grösse, wie er sagt und abbildet. Verletzt zerfloss es in Körnchen, wie viele andere Infusorien 
es auch thun. Ich selbst habe Exemplare beobachtet und schon 1830 abgebildet, die Stäbchen der Synedra Ulna verschlungen hat- 
ten, welche 4- bis 6mal so lang waren, als ihr ganzer Körper und sich daher in einen Ueberzug dieser Stäbchen verwandelt hatten, 
dabei aber auch noch Zacken bildeten. Die contractile helle Stelle, welche ich damals für den Mund hielt, halte ich jetzt für verschie- 
den von diesem, obschon der Mund, wenn er sich öffnet, ihr ganz ähnlich ist. Der wahre Mund öffnet sich aber nur im Acte des 
Verschlingens oder Auswerfens und bleibt nicht so lange offen, als diese helle Stelle ausdauert. Scurank fand seine Thierchen im 
Mai, Juni und August 1794 und 1795 im Donauwasser mit Ceratophyllum ; die Gueıcnen’sche Form, welche dieser in Gerstenaufguss 
gefunden, sah Schrank im Aufguss des Eisenhütchens (Aconitum) nicht selten im Juni. — Grösse von Y/; Linie (?) selten, häufig 
!/aa bis Y,s Linie gross. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. XU. 


Es sind 7 Formen dargestellt, welche zwar von mehreren Thieren entlehnt sind, aber ebensowohl als blosse Veränderungen eines und des- 
selben Individuums gelten können. Alle sind 380mal vergrössert. Fig. 1. ist der ganz contrahirte Zustand. Fig. 2. ist dasselbe Thierchen, nachdem 
es 3 Hörnchen hervorgeschoben; beide mit Indigo gefüttert. Fig. 3. ist ein anderes Thierchen, welches eine Syredra Ulna und eine Navieula gra- 
cölis verschlungen hat und welches ich vielfach abbildete. Fig. 4. ist dasselbe zackentreibend; beide würden contrahirt der Fig. 1. gleichen. Fig. 5. ist 
ein 4zackiges Thierchen ohne farbige Nahrung. Fig. 6. und 7. sind andere Formen mit Farbe genährter Individuen, welche wieder an Fig. 1. sich 


anreihen. 


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145. Amoeba radiosa, strahliges Wechselthierchen. Tafel VII. Fig. XIH. 


A. minor, 20mam lineae partem fere aequans, processibus tenuibus, longis, crebris, acutis, radiatis varians, hyalina. 


Amoebe rayonnante, petite, egalant a peu pres *ıo millimetre, ayant des appendices variables nom- 
breux, longs, greles, en forme de rayons et aigus, a couleur hyaline. 


Amoeba radiosa, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 39. 1831. 
Aufenthalt: Bei Berlin, vielleicht auch bei Turin beobachtet. 


Ich entdeckte diese sehr ausgezeichnete Form vor dem Jahre 1830 bei Berlin im Sommer zwischen Meerlinsen, jedoch nur 
einzeln. Ich habe sie seitdem einzeln öfter im Sumpfwasser beobachtet. Das Besondere der Art besteht in dem spitzen Auslaufen der 
Fortsätze, welches auch im contrahirteren Zustande deutlich bleibt. Bei grosser Expansion könnte man das T’hierchen einem Stachel- 
schweine vergleichen, zusammengezogen ist es von der gemeineren A. diffvens nicht zu unterscheiden, bildet aber sehr bald und im- 
mer wieder seine dünnen, langen, stachelartigen Strahlen und schreitet dabei gar nicht langsam vorwärts. Es gehört zu den leicht mit 
farbiger Nahrung zu füllenden Infusorienformen. Eier, Samenblasen u. s. w. waren nicht deutlich. Grösse 10 Linie. 

Losana’s ähnliche Formen sind unsicher in der Auffassung, und die so wenig sorgfältig gezeichneten Abbildungen könnten 
auch nur zufällig spitzer gerathen seyn, als sie in der Natur waren. Ich wage nicht, das Vorkommen dieser Art bei Turin durch jene 
Abbildungen für sicher gestellt zu halten. Es mag desshalb die flüchtig beobachtete und gezeichnete A. diffluens gewesen seyn, weil 
diese überhaupt am meisten verbreitet ist. 


Erklärung der Abbildungen Taf. VIH. Fig. XII. 


Es sind 4 Zustände eines und desselben Thierchens dargestellt, alle 380mal vergrössert. 
Fig. 1. und 2. sind in der stärksten Ausdehnung; 
Fig. 3. und 4. contrahirt. - 


Nachtrag zur Gattung und Familie der Wechselthierchen (Amoebaea). 


Die 89 Artnamen der Gattungen Prozeus und Amiba, von denen nur 4 hier angewendet werden konnten, sind in der übri- 
gen grossen Mehrzahl folgendermassen zu verstehen: 1) Baker’s Proteus ist — Lacrimaria Olor. Von Mürzer’s 3 Arten ist 


_ eine benutzt: 2) Proteus diffluwens; sie ist die Stammform Amoeba diffluens; 3) P. tenax = Distigma? ten. 4) P. (Gleiche- 


nü) = P. diffluens sind eingezogen. Scurank’s neue Art 5) P. erystallinus ist wohl = Amoeba diffluens. Bory’s Gattung 
Amiba für Proteus enthält nach ihm 11 Arten mit 12 Namen, davon sind 4: 6) A. Roeselü, 7) Amiba divergens (1822), 8) 
A. Mülleri (1824) und 9) A. Gleichenii nur als Synonyme Einer Art, der Amoeba difflwens, angesehen, die übrigen gehören 
ganz andern Gattungen an; 10) A. ochrea ist — Trachelius? oder Amphileptus? 11) A. Anser und 12) A. Oygnus = Am- 
phileptus Anser; 13) A. Olor = Lacrimaria Olor; 14) A. Anas, 15) A. Solea und 16) A. Joblotü sind — Trachelius 
Anas; 17) A. cydonea ist Kolpoda Cucullus. Losana’s 69 Arten gehören wohl ebenfalls zum Theil ganz andern Gattungen an: 
18) Proteus comosus, 19) flavescens, 20) humilis, 21) infundibuliformis, 22) rostratus und 23) siniews könnten Synonyme 
von Amoeba princeps seyn; 24) P. cataphractus, 25) hirtus und 26) macherophorus, den er selbst für P. diffivens hält, könn- 
ten zu Amoeba radiosa gehören; 27) P. Cyclidium könnte ein Oychidium , 28) P. praeceps eine Form der Stylonychia seyn; 
alle übrigen 58, 29) bis 86), und auch alle 69 zusammen, könnten verschiedenartige Zerrbilder der Amoeba diffiuens seyn. — Ich 
habe seit 1830 den, vielen heterogenen Dingen gegebenen, Namen Asmida sprachgemässer in Amoeba umgewandelt, und die genannten 
a: und die zahllosen ungenannten Gestalten auf die obigen 3, physiologisch zu characterisirenden, neuen Arten 87) bis 89) 
eschränkt. 

Dusarovın’s wunderliche Behauptung (Annal. des sc. nat. IV. 1835. p. 352.), den Proteus tenax? in der Bauchhöhle 
des Regenwurms gefunden zu haben, mag sich, wie auch WırcMmann (Archiv 1836. II, 184.) bemerkt, auf ein Entozoon beziehen. 


nn 


 —-— -—— —— 


Ueber das künstliche Wechselthierchen, den künstlichen Proteus. 


Zu den merkwürdigen Sonderbarkeiten gehört die Verwirklichung der seit alter Zeit spukenden Idee, dass man Infusionsthier- 
chen machen könnte. Lixs#’s und anderer Meinung nach waren Oeltröpfchen im Wasser schon an sich gleich den Infusorien. Auch 
neuerlich, noch 1833, glaubte Durrocner (L’agent immediat du mouvement vital), alle kugelförmigen oder elliptischen Infuso- 
rien wären den durch electrische Strömung bewegten Bläschen (des Pflanzensaftes) gleich, und somit wären sie künstlich zu machen. 
Caonıarn-Lartour glaubte sie sogar noch 1834 aus ölbildendem Gas (Kohlenwasserstoffgas) bereitet zu haben, aber die ihm unbe- 


kannten, von ihm fabrieirten, Thiere erkannte Auvovın für Branchio poden, Wasserflöhe, Krebse, und theilte gewiss nicht - 


jene Ansicht der Bildung (Z’ Institut, Journal, 17. Mai 1834). Diese offenbar ganz irrigen Beobachtungen und Ansichten, welche 
bei meist all den Schriftstellern mehr oder weniger schroff wiederkehren, welche die Generatio spontanea und die Verwandlungen ver- 
theidigen, von denen im Nachtrage zu den Astasiaeen gehandelt ist, beruhen auf nicht hinlänglich scharfer Bestimmung und Kennt- 
niss der beobachteten Gegenstände und auf Mangel am Gebrauche guter Mikroskope. 

. Viel interessanter, als diese verfehlten Bemühungen, und wirklich merkwürdig ist die Bildung des künstlichen Proteus, welche 
Herr Prof. v. Bonsporrr aus Helsingfors in der Versammlung der deutschen Naturforscher in Stuttgart 1834 mitgetheilt hat, und die 
ich bald darauf in Berlin zu meiner grossen Freude von ihm bereiten sah. Tropft man nämlich die Auflösung von salzsaurer Thonerde 
in Kali- Auflösung, so entstehen durch Fällung und Wiederauflösung der Thonerde im Ueberschuss des Kali’s chemische Wirkungen 
und Reactionen in den Tropfen der Thonauflösung, welche dieselben ganz den Evolutionen einer Amoeba diffluens gleich gestalten und 
völlig lebendig aussehen. Tanzende Bewegungen, aber keine Evolutionen, zeigen Kamphertheilchen auf Wasser und ein Kupfervitriol- 
Crystall auf Quecksilber in etwas Kochsalzauflösung, wenn diese durch Eisen nach Runce’s Methode berührt und in chemische Thä- 
tigkeit gebracht wird, wie ähnlich es Erman und HerscHer auf andere Weise früher auch beobachteten (s. PoesEennporrr’s Anna- 
len VIII. 1826. p. 106.). Dem scharfsinnigen Entdecker dieses niedlichen Proteus ist es, wie es sich versteht, nie wahrscheinlich 
gewesen, dass der ähnliche künstliche Körper irgend eine andere als blosse Formverwandtschaft mit dem thierischen habe und sich zu 
ihm anders als die Puppe oder das Uhrwerk zum Kinde verhalte. 


NEUNTE FAMILIE: KAPSELTHIERCHEN. 
Arcellina. Arcellines. 


CHARACTER: Animalia polygastriea, anentera (tubo intestinali destituta, unica apertura instructa), lo- 
ricata, corpore processibus variabilibus pediformibus appendiculato, multiformi; loricae uni- 
valvis, urceolatae aut scutellatae apertura unica. — Amoeba lorica urceolata inclusa aut scu- 
tello obtecta. 


CARACTERE: Animaux polygastriques, sans canal alimentaire, ayant une seule owerture du 
corps, pourvus d’une carapace et changeant la forme du corps par des appendices 
variables semblables aux pieds; carapace univalve urceolee ou scutellee & ouverture 
simple. — Amebe en carapace urceolee ou defendue par un houclier. 


Zur Familie der Kapselthierchen gehören alle solche polygastrische Thiere, welche bei einfacher 
Körperöffnung keinen deutlichen Darmkanal erkennen lassen, die gepanzert und nur am Vordertheile des 
Körpers mit willkührlich veränderlichen fussartigen Fortsätzen versehen sind, und deren Panzer ein geschlos- 
senes, mit einer einzelnen Oeffnung versehenes, Büchschen oder Schildchen bilde. = Mit büchsenartigem 
oder schildartigem Panzer versehene Wechselthierchen. | 

Es gehören von bis jetzt bekannten Thieren 9 bis 10 Arten zu dieser Familie, welche in 3 Gat- 
tungen vertheilt sind: Difflugia mit 4 bis 5, Arcella wit 4 Arten und Cyphidium wit einer Art. Die 
ersten Formen der Familie wurden im Jahre 1815 von L&ox LecLerc in den Memoires du Museum d hist. 
nat. Vol. II. beschrieben. Er hatte in Laval 2 bis 3 Arten beobachtet und gab der Gattung den Namen 
Difflugia. WLamarck stellte 1815 diese Formen als Difflugia proteiformis zu den Cristatellen der 
Moosthiere, Oken 1817 zu Melicerta der Räderthiere und Acn. Rıcmarnp 1824 fraglich zu den An- 
nulaten; Raspaır hielt sie 1827 für Haleyonellen -Eier, Bory stellte sie 1828 in sein Reich der Dop- 
pelseelen. Die richtigste Ansicht hatte der Entdecker selbst, er hielt sie für dem Proteus verwandte Infu- 
sorien. Die besondere Familie wurde im Jahre 1830 in den Abhandl. der Berlin. Akad. d. Wissensch. mit 
2 Generibus, Arcella und Difflugia, und 5 Arten im Gegensatz der nackten Amoebaeen gegründet. Ebenda 
wurde 1831 eine dritte Art der Gattung Difflugia zugefügt. Das dritte Genus wurde 1835 a. a. ©. an- 
gezeigt und wird hier zuerst genauer beschrieben. Ueberdiess ist hier jeder der beiden früheren Gattungen 
noch eine neue Art zugefügt. 

Als Organisationsgehalt der Familie ist ungeachtet der Schwierigkeit des meist undurchsichtigen 
Panzers Folgendes ermittelt: — Der Panzer selbst ist als Körperbedeckung ein bald mehr häutiges, bald 

33 : 


Ba in enge state da na ER SZ eis 


— 130 


mehr festes, oft undurchsichtiges Büchschen mit einer einzigen Oeffnung, oder ein Schüsselchen. Zuweilen 
soll er etwas spiralartig seyn. Der eigentliche Körper ist eine äusserst weiche Gallerte, welche beständig 
nach verschiedenen Richtungen aus der Panzeröffnung hervorzufliessen scheint. — Als Bewegungsorganismus 
sind bei allen Arten aller Gattungen zarte wechselnde Fortsätze am vordern Körper beobachtet worden, 
welche bald eingezogen, bald vorgeschoben, bald einfach, bald verästet sind. Es sind weder Füsse noch 
Fühlhörner, sondern ein eigenthümlicher Bewegungs- Apparat. Oft erscheint er wie kleine Ströme einer 
fliessenden Gallerte und ist zuweilen schwer zu erkennen. — Der Ernährungsorganismus ist als viele innere 
Magenblasen bei den 4 Arten der Gattung Arcella und bei Difflugia Enchelys erkannt, bei den übrigen 
4 Arten noch nicht ermittelt. Alle jene haben farbige Nahrungsstoffe aufgenommen, einige haben grosse Baecil- 
larien verschlungen. — Vom Fortpflanzungsorganismus ist keine deutliche Anschauung, selbst nicht von 
Eiern, gewesen. Nur Arcella dentata und Cyphidium aureolum verdanken wohl ihre Farbe einer Ei- 
masse, bei den übrigen schien sie nur dem Panzer anzugehören. Selbsttheilung und Knospenbildung fehlen, 
doch könnte die erstere, wie bei Vaginicola, innerhalb der Schaale, ohne deren Theilnahme, stattfinden. 
Ob, was ich 1830 bei Arcella vulgaris für den Mund gehalten, nicht vielleicht abwechselnd eine männ- 
liche contractile Blase war, habe ich noch nicht weiter entscheiden können. Der wahre Mund ist sehr ähn- 
lich gestaltet, aber bleibt nie so lange geöffnet. — Nerven und Gefässe sind spurlos unerkannt. 

Die geographische Verbreitung der Familie ist in Frankreich, Preussen und Russland bis nach To- 
bolsk in Sibirien beobachtet. 

Ganz neuerliche Untersuchungen haben fossile Verhältnisse vermuthlich dieser Familie hervortreten las- 
sen, welche in der Gattung Arcella genauer bezeichnet werden. » 


Uebersicht der Gattungen in der Familie der Kapselthierchen: 


Panzer ein kugel- oder tonnenartiges Büchschen . . Difflugia 
Panzer ein Schüsselchen oder Schildchen ..... Arcella 
Veränderliche Kortsätze: breit, ungetheilt „. wie ein Schneckenfuss . „. „nm na ou. cn are n ee - Cyphidium 


Veränderliche Fortsätze strahlenartig, meist vielstrahlig . 


EINUNDVIERZIGSTE 6ATTUNG: SCHMELZTHIERCHEN. 
Difflugia. Difflugie. 


CHARACTER: Animal e familia Arcellinorum, processibus variabilibus numerosis aut multifidis in corpo- 
ris antica parte sola, lorica subglobosa aut oblonga (subspirali?) urceolata. 


CARACTERE: Animal de la famille des Arcellines, ayant les appendices variahles nombreux 
ou fendus seulement au hout anterieur et la carapace spherique ou ohlongue (quel- 
quefois spirale?) urceolee. 


Die Gattung der Schmelzthierchen gehört zur Familie der Kapselthierchen und umfasst diejeni- 
gen Formen derselben, welche bei strahligen veränderlichen Fortsätzen ein kugel- oder tonnenartiges, viel- 
leicht auch spirales Büchschen als Panzer haben. 

Die Gattung entdeckte und gründete LEon Lecrerc 1815 a. a. ©. Er gab ihr den sprachwidrig ge- 
bildeten Namen Difflugia (a diffluendo), welcher sich nicht mehr verbessern, aber doch aussprechen lässt 
und bezeichnend ist. Er erkannte ganz richtig die Form für ein dem Proteus ähnliches Infusionsthier mit 
einer Schneckenschaale, und glaubte 2 bis 3 Arten bei Laval unterscheiden zu können. Den Specialnamen 
nennt LAmArck einfach D. proteiformis, doch vereinigte er die D. acuminata und vielleicht. eine 5te be- 
sondere Art. ScHwEissEr erkannte die richtige Stellung nach LecLerc 1820 an; Bory DE Sr. Vincent 
schloss aber die Gattung von den Infusorien aus. In den Abhandlungen der Berliner Akademie von 1830 
wurde ihre Stelle bei den polygastrischen Infusorien mit 2 Arten durch analoge Formen physiologisch be- 
festigt, und 1831 ward eine dritte Art ebenda zugefügt. Eine vierte Art wird hier zuerst verzeichnet und 
dabei auf die Wahrscheinlichkeit der Existenz einer schon von Lecrerc beobachteten 5ten Art aufmerksam 
gemacht. 

An Organisation haben die bisherigen Arten wenig mehr als die veränderlichen Bewegungsorgane 
erkennen lassen. Der undurchsichtige Panzer hindert die Erkenntniss weiteren Details. Doch hat neuerlich- 
die wohl hierher gehörige D. Enchelys, deren Panzer durchsichtiger ist, viele innere Magenblasen gezeigt, 
woraus sich auf deren Anwesenheit bei den übrigen sehr leicht schliessen lässt. Was LeEeLerc für Begat- 


= --—— 


tung hielt, ‚kann diese nicht gewesen seyn. Bei D. proteiformis und acuminata ist der Panzer äusser- 
lich mit Sandkörnchen dicht beklebt, so dass er einer kleinen Phryganeen-Hülse ähnlich erscheint, bei D. 
oblonga und Enchelys ist er glatt. Lecuerc will unter dem Ueberzuge eine spiralförmige Kapsel (Schnek- | 


kenhäuschen) beobachtet haben, was mir nicht gelang, vielleicht war es eine besondere Art, die auch wohl i 
JoBLoT schon beobachtet hat. Ä 


Die Verbreitung dieser Gattung ist in Frankreich, in Berlin und in Tobolsk in Sibirien beobachtet. : | 


146. Diflugia proteiformis, veränderliches Schmelzthierchen. Tafel IX. Fig. 1. | 


| 
D. lorica ovata et subglobosa, lapillis aspera, nigricans aut virescens, dorso rotundata (nec spiralis), 20mam lineae | 
partem attingens, processibus hyalinis singulis denisque. | 


Difflugie proteiforme, & carapace ovale et presque spherique, recowverte de petits grains de sable, . 
noirätre ou verdätre (sans spirale), egalant ") millimetre en longueur, appendices variables 
hyalins d’un seul jusguW a dix. 


Difflugia, Lecrerc, Memoires du Museum d’hist. nat. II. p. 478. Pl. 17. Fig. 2. und 3. excl. relig. 1815. } 
Difflugia proteiformis (Limnopolypi), Lamarck, Syst&me des anim. sans vert. I. 1815. 

Melicerta (proteiformis),, Oxen, Isis, 1817. p. 980. 

Difflugia proleiformis, SCHWEIGGER 1819. und Handb. d. Naturgesch. d. skeletlosen Thiere, p- 404. 1820. 
Difflugia Annelide? Acn. RıcHarp, Dict. classique d’hist. nat. 18%. 

Alcyonellae stagnorum pullus, RaspaıL, M&moires de la soc. d’hist. nat. de Paris, IV. 1897. 

Difflugia (Psychodiaire), Borv, Dict. class. Art. Psychodiaire, p. 333. 1838. 

Difflugia proteiformis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p- 40, 62, 70. 1831. p. 90. 
Tubularia sultana? MEyeEn, Isis 1830. p. 187. 


Aufenthalt: Bei Laval in Frankreich, bei Berlin und bei Tobolsk in Sibirien beobachtet. 


De 


Unter Leorerc’s Figuren findet sich die hier bezeichnete Art sehr deutlich vor. Er beobachtete sie bei Laval in klarem 
Wasser zwischen Wasserpflanzen. Ich fand sie bei Berlin seit 1826 sehr häufig zwischen NMaviculis im Bodensatze klarer Frühlings- 
gewässer und zwischen Oscillatorien. Im Juli 1829 fand ich sie in Tobolsk in Sibirien, */o Linie gross, auf der Reise mit Herrn 
v. Humsoıor. Im Sept. 1831 bei Berlin sehr zahlreich unten an den Blättern der Nymphaea alba. Im April 1832 und im April 
1835 fand ich sie zwischen Öscillatorien besonders häufig. Zuweilen fanden sich in einem Uhrglase voll verdünnten Bodensatzes Hun- 
derte dieser Thierchen. Die verschiedenen Meinungen der Beobachter rühren von Mangel an eigener oder von flüchtiger Beobachtung 
her. Ich habe bei dieser Art nie die spirale Krümmung des Büchschens beobachtet, welche Lecrerc angiebt, und halte diess daher 
für Character einer andern Art oder Gattung. Ich zählte bis 6 veränderliche, erystallhelle, schwer sichtbare, aber dicke Füsse, die ’ 
sich zuweilen plötzlich verästeten oder auch sich auf mehr als die Panzerlänge ausdehnten. Lecrerc giebt bis 10 an „ hat aber bei \ 
dieser Form nur 5 als Maximum gezeichnet. Die Ortsveränderung ist sehr langsam. Sie erscheinen unter dem Mikroskope gewöhn- E 
lich wie ein rauhes Sandkörnchen, das unbeweglich liest. Die veränderlichen Fortsätze kommen nach einiger Ruhe erst zum Vorschein. | 
— Grösse bis "/;o Linie. LEcLErc giebt zwar "/ıo Linie an, allein das bezieht sich wohl auf D. acuminala, die er verwechselte. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IX. Fig. I. 


Es sind 5 Darstellungen von 4 Individuen gemacht. Fig. a., d., e. 300mal, Fig. d., e. 380mal vergrössert. 
Fig. a. und 6. ist ein und dasselbe Thierchen, a. von der Seite, 6. von hinten gesehen. Fig. e. ist ein anderes von der Seite. Diese 3 sind in Ber- 
lin beobachtet. 
Fig. d. und e. sind 2 Zeichnungen, welche ich in Tobolsk gefertigt habe, 380mal vergrössert. 


4147. Difflugia oblonga, längliches Schmelzthierchen. Tafel IX. Fig. IL. 
D. lorica ovato-oblonga, dorso rotundato, laevis, fuscescens, 18vam lineae partem longa, processibus crassioribus 
(paucioribus) hyalinis. 
Difflugie oblongue, a carapace ovale oblongue, lisse, brumätre, u dos arrondi ‚ egalant !!; millime- 
tre, ayant les appendices variables plus Epais, moins nombreux et hyalins. 
Difflugia oblonga, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 90. : 4 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Im Jahre 1831 fand ich diese Form zuerst einzeln in ähnlichen Verhältnissen als die vorige, und habe sie dann öfter gese- | 
hen. Ihrer Grösse und Gestalt halber kann sie nicht die abgeriebene oder sandlose vorige Art seyn, auch die dicken, langen und we- iu 
niger verästeten, 2- bis 3fachen Fortsätze sprechen dagegen. Lecıerc scheint sie unter seinen glatten Formen nicht gehabt zu ha- i 
ben, weil er denen allen die Spirale zuschreibt. — Grösse bis !/Jıs Linie beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Tafel IX. Fig. I. 


Es sind 4 Formen eines und desselben Individui dargestellt, alle 300mal vergrössert. 


148. Difflugia acuminata, spitziges Schmelzthierchen. Tafel IX. Fig. IH. 


D. lorica ovato-oblonga, dorso acuminato, lapillis aspera, 6tam lineae partem attingens, processibus hyalinis. 


Difflugie aigue, a carapace ovale oblongue, aigue au dos, recouverte de petits grains de sable 
: egalant ‘|; millimetre, pourvu d’appendices hyalins. ä 


Difflugia al. sp., LecLerc, M&m. du Museum d’hist. nat. I. p. 478. Pl. 17. Fig. 5. 1815. 
Difflugia acuminata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch, zu Berlin, 1830, p- 40, 75. 1831. p. 9. 


Aufenthalt: Bei Berlin und bei Laval in Frankreich. 


een 


132 ————— 


Lecrerc kannte diese Form schon 1815. Ich beobachtete sie 1830 zuerst und habe sie am 25. Febr. 1835. wieder gefun- 
den. Sie ist bei Berlin sehr selten und ich sah nur leere Schaalen. Lecrerc hat aber auch das Thier selbst gesehen und abgebildet. 
Es gleicht dem der D. odlonga. Wahrscheinlich beziehen sich Lecrerc’s höhere Grössenangaben von "io Linie bei D. proteifor- 
nis auf diese Form. — Grösse bis */s Linie. 


Erklärung der Abbildung Taf. IX. Fiz. I. 


Es ist eine leere Schaale des Thierchens, welche doch wohl dem zurückgezogenen lebenden Thiere völlig gleicht, von */; Linie Grösse ab- 
gebildet. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 


149. Difflugia Enchelys, walzenartiges Schmelzthierchen. Tafel IX. Fig. IV. 


D. minima, lorica ovata, dorso rotundato, glabra, pellucida, hyalina, 46tam lineae partem longa, processibus hyalinis 
tenuibus parvis, apertura laterali. 


Difflugie Enchelide, tres-petite, a carapace ovale, arrondie au dos, lisse, transparante et hyaline, 
egalant *,; millimetre en longueur, pourvue d’appendices hyalins greles et petits, et d’une ou- 
verture laterale. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Art wurde am 25. Mai 1835 in einem überwinterten Wasser auf der Stube entdeckt und lebte gleichzeitig mit Micra- 
sterien und Zuwastris. In demselben Gefässe fand ich sie noch bis zum Sommer des Jahres 1836. Sie zeichnet sich durch ihre 
seitliche Panzeröffnung von allen übrigen Arten bedeutend aus und gewährte durch ihre Durchsichtigkeit den Vortheil der Anschauung 
des polygastrischen Ernährungsapparates als viele Blasen im innern Körper. Ich fand auch in einzelnen 'Thierchen verschlungene Ba- 
cillarien. Die veränderlichen Fortsätze waren sehr dünn und kürzer als die Schaale, etwa Y; derselben. In einem Tropfen des Bo- 
densatzes hatte ich oft 10 bis 20 Thierchen, die ganz einer ruhenden Zrchelys glichen. Grösse ",; Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IX. Eio.:IN. 


Es sind 2 Exemplare des Thierchens unter 300maliger Vergrösserung abgebildet. 
Fig. @. von der Bauchseite mit eingezogenen Fortsätzen, im Innern 2 verschluckte Navieulas zeigend. 
Fig. 6. von der Seite gesehen, mit vielen leeren Magenzellen und 2 vorgeschobenen veränderlichen Fortsätzen. 


Nachtrag zur Gattung der Schmelzthierchen. 


Es ist wahrscheinlich, dass es noch eine besondere Art der Gattung Difflugia giebt, deren eylindrisches Büchschen in eine 
Spiralwindung umgebogen, einem Planorbis der Wasserschnecken ähnlich ist. Schon Josror bildete eine solche Form ab, und 
'Borr ve Sr. Vincent nannte sie Spirulina Ammonis. Eine ähnliche Form beobachtete Rasrarı 1827 (Mem. de la soc. d’ hist. 
nat. de Paris Vol. IV. T. 12.) mit der Aleyonella stagnorum und nannte sie Trichoda Bomba, welche Form MÜLrer’s wohl ein Sten- 
Zor mit seiner Mandspirale war (vergl. Spirsllum und Spirodiseus). Lecrerc hat eine ganz ähnliche Bildung bei einer Difflugia beob- 
achtet und war der Meinung, dass es ein allen Formen seiner Gattung zukommender Character sey. Die Abbildungen, welche er giebt, 
sind für die Form ausführlich. Sie kommt mit und ohne Sandüberzug vor, was vielleicht auch bei den andern Arten berücksichtigt 
werden muss, vielleicht auch 2 Arten einer besondern Gattung bezeichnet. Sie gleicht sehr der eigentlichen D. proteiformis. Man 
könnte sie D. Planorbis-nennen, wenn ihr nicht der Name Difflugia oder Spirulina Ammonis beizubehalten wäre, der aber aller- 
dings einem blossen jungen Planorbis gegeben seyn mag, da Josror’s Beobachtung und Abbildung ohne Schärfe ist. 

Difflugia ist mit einem halben C/osterium nicht vergleichbar, weil dessen Bewegungsorgane feste Zahl haben. 


ZWEIUNDVIERZIGSTE GATTUNG: KAPSELTHIERCHEN. 
Arcella. Arcelle. 


CHARACTER: Animal e familia Arcellinorum, processibus variabilibus numerosis aut multifidis sparsis- 
que, lorica depressa scutellata. 


CARACTERE: Animal de la famille des Arcellines, pourvu d’appendices variahles nombreux ou 
Fendus et epars, ayant une carapace deprimee en forme de bouclier. 


Zur Gattung der Kapselthierchen gehören alle Formen der Familie der Kapselthierchen, welche 
zahlreiche oder vielstrahlige veränderliche Fortsätze zerstreut führen und einen niedergedrückten schildarti- 
gen oder schüsselartigen Panzer besitzen. 

Diese Gattung wurde 1830 mit 3 Arten in den Abhandl. der Berliner Akademie zuerst angezeigt. 
Sie war eine Frucht der Reise mit Herrn von HumpoLpr nach Sibirien, wurde in Tobolsk und Catharinen- 
burg entdeckt und später erst in Berlin auch beobachtet. Erst neuerlich ist eine 4te Art, auch von mir, 
beobachtet worden, welche hier zuerst beschrieben wird. 


133 | 


Die Organisation ist besonders bei A. vulgaris mehrseitig zu entwickeln gewesen. Der Panzer ist 
bei den verschiedenen Arten verschieden gebildet und hat bei der ersteren sehr regelmässige feine Facet- 
tirung. Bei A. dentata hat er grössere erystallartige Facetten. Bei A. aculeata besteht er aus einem Ge- 
wirr von Stäbchen, bei A. Ayalina ist er homogen, klar. — Der Bewegungsorganismus besteht überall aus 
ausschiebbaren und einziehbaren, veränderlichen, strahlenartigen Fortsätzen. — Der Ernührungsorganismus 
zeigt sich in allen Arten als zahlreiche Magenblasen, welche auch leicht farbige Nahrung aufnahmen. — 
Der weibliche Fortpflanzungsorganismus ist nur in der Farbe bei A. dentata, die wohl dem Eierstocke an- 
gehört, anschaulich geworden. Spuren eines männlichen hat A. vulgaris als contractile (Samen-?) Blase 
erkennen lassen. — Empfindungs- und Circulationsorgane sind unerkannt. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist von Berlin bis Tobolsk in Sibirien beobachtet. 

Ueber die fossilen Verhältnisse wahrscheinlich hierher gehöriger Formen vergl. den Nachtrag. 


150. Arcella vulgaris, scheibenförmiges Hapselthierchen. Tafel IX. Fig. V. 


A. campanulato-orbicularis, hemisphaerica aut dorso umbonata, lorica laevis, e granulis minimis seriatis constituta, 
flava aut rufo-fusca. 


Arcelle vulgaire, campanulee, orbiculaire, sowvent hemispherique ou gonflce au dos, ü carupace lisse 
constituce de tres-pelits grains colles en series regulieres, jaune ou brune-rougeätre. 


Arcella vulyaris, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 40, 61, 69, 70, 75. Taf. I. Fig. VI. 1831. p. 90. 


Aufenthalt: Bei Berlin, bei Catharinenburg im Ural und bei Tobolsk in Sibirien. 


Diese sehr auffallende, kleine, bald flachere, bald convexere Thierform, welche einem runden, scheibenförmigen Pflanzen- 


Samen gleicht, aber, von der Seite gesehen, flach glockenartig oder schüsselartig mit eingebogenem Rande ist, findet sich sehr häufig. 


an Meerlinsen und andern Wasserpflanzen, auch zwischen Conferven. 'Thut man dergleichen Pflanzen in ein Glas, so sammeln sich die 
Arcellen am Boden und kriechen allmälig am Glase selbst wieder in die Höhe, so dass die Lichtseite des Glases, mit der Lupe be- 
sehen, oft dicht schwarz punktirt erscheint; diese Pünktchen sind meist Arc. vulgaris. Lässt man sie auf dem Objeetträger des Mi- 
kroskops im Wassertropfen einige Zeit ('/, Stunde) in Ruhe, so strecken sie ihre erystallhellen, langen, veränderlichen Füsse weit her- 
vor und kriechen sehr langsam herum. Ich fand sie in Catharinenburg und Tobolsk 1829 im Juli von */ıoo bis "/o Linie Durchmes- 
ser. In Berlin habe ich sie in allen Monaten beobachtet und öfter zahlreich überwintert. Besonders zahlreich sah ich sie am 26. Juni 
1834 und am 20. März 1835 mit Conferven. Schon im Jahre 1830 gelang die Darstellung der polygastrischen Structur durch Indi- 
gofütterung. Ich zählte bis 98 mit Indigo erfüllter runder Blasen. Man sieht nirgends einen Wirbel dabei, vielmehr öffnet sich von 
Zeit zu Zeit eine Stelle des innern weichen Körpers und schliesst sich wieder. Solcher Stellen habe ich neuerlich oft 2 gesehen. Die 
erste hielt ich für den Mund, die zweite, welche länger geöffnet bleibt, halte ich jetzt für eine contractile Samenblase. In einigen in 
Tobolsk gezeichneten Figuren habe ich auch einen drüsigen runden Körper von '/; bis '/; des ganzen Durchmessers angemerkt, der 
vielleicht eine Samendrüse war, die ich aber neuerlich nicht wieder fand. Besondere Fikörnchen wurden nicht beobachtet, der innere 
Körper erschien mir immer farblos und ohne körnige Trübung. Sehr oft sah ich auch ganz grosse Exemplare von Naviculis im In- 
nern lebender Thiere, was an die ähnliche Gefrässigkeit der Amoebda diffluens erinnerte. 

Besondere Bemerkung verdient die regelmässige, fein facettirte, oder aus kleinen Geckigen Zellen oder Körperchen gebildete, 
Structur des meist cirkelrunden, zuweilen auch etwas unregelmässigen Panzers, welcher bei geringer Vergrösserung radienartig fein ge- 
streift erscheint, bei grösserer aber spiralförmige oder in concentrischen Kreisen gestellte Facetten erkennen lässt. Im Umkreis eines 
"/io Linie grossen Panzers zählte ich 238. — Grösse "/ıoo Linie bis "/ı Linie beobachtet, Mehrzahl Yss bis Y/,o Linie gross. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IX. Fig. V. 


Es sind 6 Darstellungen der Arcella vulgaris in verschiedener Grösse und Form, wovon a., d., e., e. und f. in Berlin beobachtet und 

300mal vergrössert sind, d. in Tobolsk beobachtet und 380mal vergrössert ist. 

Fig. a. ist !/;, Linie gross, 300mal vergrössert, und hat grosse verschluckte Bacillarien im Leibe. Die fleischigen Fortsätze sind eingezogen. 

Fig. 5. ist ebenfalls ein in seiner Schaale eingezogenes Thierchen, aber die Schaale so durchsichtig, dass sich die Grenze des Körpers und 13 seiner 
strahlenartigen Fortsätze wie ein Stern erkennen lassen. Der helle runde Fleck in der Mitte ist bei allen Figuren die mittlere und untere Panzer- 
öffnung. Das Thierchen hat 4 seiner Magen mit Indigo erfüllt. 

Fig. e. hat einen noch durchsichtigeren Panzer und 98 mit Indigo erfüllte Magenzellen, dabei die Mundstelle und die contractile Blase erweitert. Der 
Umriss des Körpers in der Schaale ist zu erkennen, und er hat 2 seiner Fortsätze lang hervorgeschoben. 

Fig. d. ist eine der besondern, in Sibirien beobachteten, Formen und entworfenen Zeichnungen. Aehnliche Formen habe ich seitdem auch in Berlin 
gesehen. Häufiger ist diese Form bei Are. dentata. 

Fig. e. ist ein kleineres, !/,; Linie grosses, 300mal vergrössertes, Thierchen, welches 7 Magenzellen mit Indigo erfüllt und 7 Strahlen hervorgescho- 
ben hat. 

Fig. f. ist von der Seite gesehen. 


151. Arcella aculeata, stachliges Kapselthierchen. Tafel IX. Fig. VI. 
A. hemisphaerica, saepe difformis, margine aculeata, lorica e fibris bacillaribus brevibus (paleaceis) constante, flavicans. 
Arcelle epineuse, hemispherique, souvent difforme, epineuse au bord, ayant la carapace formee 
de fibres bacillaires courtes, comme de paille menue. 
Arcella aculeata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 40. 1831. p. 91. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese ausgezeichnete Form ist im Ganzen seltner als vorige, doch zuweilen auch häufig bei Berlin. Seit 1830 habe ich sie 
oft wieder gefunden, besonders zahlreich auch am 26. Juni 1834 und am 20. März 1835, meist gleichzeitig mit der andern. Unter 


34 


— 134 


jedem Stachel schien mir, wie unter einem Halbeylinder, ein weicher Fortsatz zu liegen, doch sah ich auch dergleichen Fortsätze, aber 
immer nur einzeln, an der entgegengesetzten Seite. Die Stacheln sind öfter nur auf einer Hälfte des Scheibenrandes ‚ und die mitt- 
lere Panzeröffnung ist meist ausser der Mitte. Ich sah 6 bis 8 meist gebogene Stacheln, zuweilen 3 » 2 und 1. Magenzellen liessen 
sich im Innern deutlich auch mit Indigo erfüllt erkennen, weshzlb schon 1830 das Thierchen zu den sicheren Magenthierchen ge- 
zählt wurde. Beim Verkohlen wurde die Form des aus kurzen starren Fasern, wie aus Spreu, gebildeten Panzers schwer zerstört. — 
Grösse bis zu "ıs Linie beobachtet (ohne die Stacheln).. * 


Erklärung der Abbildungen Taf. IX. Fig. VI. 


Es sind 3 Individuen von verschiedenen Formen dargestellt, alle 300mal vergrössert. Die Stäbchen in Fig. @. sind nicht verschluckte NVa- 
viculae, sondern die Fibern der Panzermasse. Die Bläschen dazwischen sind Magenzellen. Der grosse helle runde Fleck ist die untere Panzeröffnung. 
Fig. 6. hat 3 Stacheln, einen entgegengesetzten contractilen Fortsatz und mittlere Magenzellen. 

Fig. e. ist eine leere schiefe Schaale. Die letzteren 2 Figuren sind rücksichtlich der Panzerstructur nicht homogener als die erste, sondern nur nicht 
in der Zeichnung ausgeführt. Alle haben die Stacheln auf der linken Seite. 


152. Arcella deniata, gezahntes Kapselthierchen. Tafel IX. Fig. VII. 


A. hemisphaerica, anguloso-polygonia, hine margine dentata, lorica membranacea, homogenea, flavicans aut virescens. 


Arcelle dentee, hemispherique, anguleuse et polygone, parcela dentee au bord, ü carapace mem- 
braneuse homogene, jaumütre ou verdätre. 


Arcella dentata, Abhandl. d, Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 40. 1831. p. 90. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Auch diese Art wurde schon 1830 als eine polygastrische Thierform durch Indigonahrung physiologisch begründet. Ich fand 
sie zuerst im Juli zwischen Conferven, und habe sie neuerlich mehrmals, doch nicht oft und immer einzeln, beobachtet. Ich habe bis 
jetzt in dieser Art 3 verschiedene Formen vereinigt, welche leicht besondere Arten seyn könnten. Eine scharf zehnkantige Form mit 
10 vorspringenden Winkeln gleich so viel Zähnen am Rande, mit abgerundetem Obertheil; eine Skantige Form mit abgestutztem Ober- 
theil und scharfen, aber wenig vorspringenden, Winkeln; und eine 12kantige Form mit facettirtem Obertheil und überall abgerundeten 
Kanten, gleich einer Maulbeere. Mehrere beobachtete Zwischenformen zwischen diesen einzelnen Extremen haben mich bisher vorziehen 
lassen, sie für Abänderungen einer und derselben eckigen Thierart zu halten, welche sich übrigens ganz so verhält, wie die vorigen 
Arten. Ich beobachtete 5 Strahlen des Bewegungsorgans. — Grösse "/ss bis "/;o Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IX. Fig. VI. 


Es sind in 5 Darstellungen die 3 Hauptformen nach 3 verschiedenen Individuen abgebildet; alle sind 300mal vergrössert. 
Fig. a. eine 10kantige Form, '/,, Linie gross, vom Rücken gesehen; 
Fig. 6.—e. eine Skantige Form, 5. vom Rücken, e. von der linken Seite gesehen; 
Fig. d.—e. eine 12kantige stumpfeckige Form, d. vom Rücken, e. von der rechten Seite gesehen. 


153. Arcella? hyalina, farbloses Mapselthierchen. Tafel IX. Fig. VIH. 


A. minor, subglobosa laevis, lorica membranacea hyalina. 


Arcelle hyaline, plus petite que les precddentes, presque spherique, lisse, a carapace membraneuse 
hyaline. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich beobachtete diese Art im Bodensatze eines überwinterten Glases mit Micrasterien und Cyphidium aureolum häufig 
am 15. April 1835 und den folgenden Monat lang fort. Die zahlreichen polygastrischen Blasen im Innern waren sehr deutlich, andere 
Organe liessen sich aber mit Sicherheit nicht erkennen. Die veränderlichen Fortsätze waren zuweilen von der Länge des Panzers, meist 
3 bis 4. Im Ganzen unterschied sich diese Form besonders durch die nahe Kugelgestalt des Panzers, doch fanden sich auch halb- 
kugelförmige. Vielleicht gehört diese Art zur Gattung Diffugia, deren Character in den nur um den Mund gestellten veränderlichen 
Organen mehr, als in der Panzerform, physiologisch begründet seyn mag. — Grösse '%e— "is Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IX. Fig. VIH. 


; Es sind 6 Darstellungen ebensoviel verschiedener Thierchen in verschiedenen Stellungen und Grössen, 300mal vergrössert. 
Fig. a., d., c. und e. mit 4 veränderlichen Fortsätzen; Fig. d. und f. mit 3 dergleichen. 
Am 18. April 1837 beobachtete ich diese Form zahlreich mit Conferven des Thiergartens und sah bis 30 wimperartige Füsse. 


Nachtrag zur Gattung der Kapselthierchen. 


Man könnte vermuthen, dass die Hauptmasse des bei Oran vorkommenden Tripels, worin Fischversteinerungen der Alosa 
elongata Acassız liegen, eine Form der Gattung Arcella sey, welche sich nahe an Arc. vulgaris anschliesst. Schwierigkeit da- 
bei ist, dass die Panzer der lebenden Arten keine Kieselerde enthalten und nicht feuerbeständig sind, während diess hier der Fall ist. 
Vielleicht sind die zelligen fossilen flachen Schüsselchen von Oran also doch aus der Familie der Bacillarien, und zunächst wieder 
vergleichbar den Gallionellen. (Siehe Gallionella und Aetinoceychıs.) 


-— wu en... 


DREIUNDVIERZIGSTE GATTUNG: HÖCKERTHIERCHEN. 
Cyphidium. COyphide. 


CHARACTER: Animal e familia Arcellinorum (?), processu variabili dilatato unico integerrimo, lorica 
urceolata (gibbosa). 


CARACTERE: Animal de la famille des Arcellines (?), pourvu d un seul appendice variable 
large et simple et d’ une carapace urceolee (bossue). 


Die Gattung der Höckerthierchen umfasst Thiere aus der Familie der Kapselthierchen (?), welche 
einen ungetheilten einfachen veränderlichen Fortsatz als Bewegungsglied, und einen büchsenartigen (höckri- 
gen) Panzer haben. 

Diese Gattung, welche nur eine Art enthält, wurde 1835 in den Abhandl. d. Berlin. Akademie zu- 
erst bezeichnet. Sie bildet den Uebergang der Familie der Kapselthierchen zur Familie der Stabthier- 
chen durch ihren einfachen schneckenfussartigen Bewegungsorganismus, und gehört eigentlich wohl zu den 
Formen der Desmidiaceen-Gruppe, wo ihrer auch erwähnt wird, die aber einer tieferen physiologischen 
Characteristik noch ermangelt. Die Organisationsverhältnisse sind noch nicht weit ermittelt. Die Kör- 
perbedeckung ist ein sonderbar unregelmässig höckriger, verbrennlicher Panzer, welcher meist viereckig er- 
scheint und einem kleinen Würfel mit einem kurzen conischen Stiele gleicht. — Als Bewegungsorgan ist 
ein gallertiger breiter, sichtlich bewegender Fuss von wechselnder, aber immer ganzrandiger, Gestalt an- 
schaulich geworden, der freilich eben so gut der Leib einer Amoeba verrucosa seyn konnte, welche den 
Würfel verschlungen hatte. Die Oeffnung ist nicht direct beobachtet, eben so wenig sind Magenzellen er- 
kannt. — Der weibliche Fortpflanzungsorganismus mag durch die goldgelbe, nicht dem Panzer, sondern dem 
innern 'Thierleibe angehörige, Farbe als Eierstock angedeutet seyn, der männliche ist unerkannt. — Em- 
pfindungs- und Circulationsorgane sind unerkannt. 

Die Beobachtung der geographischen Verbreitung ist auf Berlin beschränkt. 


154. Cyphidium aureolum, soldfarbenes Höckerthierchen. Tafel IX. Fig. IX. 


C. cubicum gibbosum aureolum, processa hyalino. 


Cyphide dore, cubique, bossu, dore, ayant un appendice variable hyalin. 


Cyphidium aureolum, Abhandl. der Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1835. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Am 1. März 1835 beobachtete ich zuerst viele Hunderte dieser Körperchen in einem überwinterten Glase mit Micraste- 
rien, demselben, worin später Arcella hyalina und worin vorher Amoeba verrucosa häufig waren. Alle Körperchen lagen sehr 
still, wechselten aber doch langsam den Ort, und ungeachtet der grossen Mengen sah ich nur einmal das vorgeschobene Bewegungsor- 
gan, doch nie die Oeffnung für dasselbe. Diese Oeffnung scheint auf einer der Kanten zu seyn, indem oft das Thierchen so auf der 
Kante fest ruht, dass es, ohne sich anzusaugen, nicht stehen könnte und dass man 6 Höcker der 8 des Würfels auf einmal sieht. 
Der würfelartige Panzer hat nämlich auf jeder seiner 8 Ecken einen rundlichen, oft gezahnten, Höcker. Liegt er auf der Fläche, so 
sieht man deren 4, von der Kante gesehen aber sieht man 2 mittlere und jederseits 2 seitliche. Die Spitze scheint Hintertheil zu seyn. 
Zuweilen ist auch vorn eine kleinere Spitze. Bei manchen Individuen waren die Höcker etwas unregelmässig und fehlten bei einem. — 
Grösse "las bis %ss Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. IX. Fig. IX. 


Es sind 6 Formen nach 5 Individuen dargestellt, alle 300mal vergrössert. 
Fig. a. ist von hinten, der Spitze aus, gesehen, 
Fig. 6. und ec. ist dasselbe Thierchen, auf einer Kante ruhend, und mit gezahnten Höckern, e. nachdem es das Bewegungsorgan vorgeschoben. 
Fig. d. ist auf der Kante ruhend, mit glatten Höckern. 
Fig. e. ist halb auf der Kante ruhend, eine kleine Form mit schiefer Spitze, 
Fig. f. ist ein höckerloses Exemplar. 


Nachtrag zur Familie der Kapselthierchen oder Arcellinen. 


Dusaroın hat neuerlich (Comptes rendus des seances de F_Academie des sc. de Paris 1835. ]. p. 338. und 1836 
Fevr., besonders Annales des sc. nat. III.— IV. ?. 108. 1835.) im Canal von Frankreich und England (a Manche) einige der 
kleinen Polythalamien von Fıcnrer und Mor, welche der fleissig und genau beobachtende französische Gelehrte »’ Orgıonr 
(Tabl. method. des Cephalopodes, Annales d. sc. nat. 1826.) Foraminiferen nannte, lebend wieder beobachtet und behauptet, 
sie wären den Infusorien näher verwandt, als den Dintenfis chen, wohin sie Linx& zog und welche Stellung als zweifelhaft schon 
vielfach bezeichnet war. Er stellt sie unter dem neuen Namen Rhizopodes, der aber schon in der Botanik mehrfach verwendet ist, 
in die Nähe von Proteus, und hält sie für Thiere ohne Oberhaut (sans epithelium), deren wurzelartige Fortsätze beliebig sich nicht 
bloss verlängern und verästen, sondern auch verschmelzen können. Herr Duyarvın läugnet auch die wahre- Organisation der Infuso- 


z 136 


Met 


rien und hält die farbigen Spectra seines wahrscheinlich nieht achromatischen Mikroskops jenen Anfüllungen mit Indigo und Carmin 
gleich, die er, wie nach ihm Perrıer (ebenda 1836), für optische Täuschung hält. Die Magen der Infusorien nennt er daher va- 
cwoles und findet sie bei Fadenwürmern, Saugwürmern, Flustren überall. Diese Vorstellungen, welche offenbare Effecte ei- 
nes nicht vorurtheilsfreien Gebrauchs eines nicht mehr zeitgemässen Mikroskops sind, eignen sich auch nicht, jenen Beobachtungen über 
Miliola, die er lebend in Paris gehabt hat, Vertrauen zu bereiten. Hätten die kleinen Polythalamien wirklich den von ihm ver- 
mutheten Bau, so würden sie zu den gepanzerten Amoebaeen oder den Arcellinen, vielleicht in besonderer Familie, zu stellen 
seyn, deren physiologischer Character von ihm nicht erkannt wurde. Es wären dann nämlich Corallenstock-bildende Arcelli- 
nen, deren Oberhaut gewiss nicht fehlt. Es scheint mir, dass den wahren Nautiliten der schon vorhandene Name Oephalopoda 
maultilocularia als lateinischer Name einer Abtheilung zukommt, dass aber der griechische, ebenfalls vorhandene, Name Polythalamia 
den kleinen, bisher schwierig zu erklärenden, physiologisch noch unklaren, Formen zu ertheilen ist, wenn sie als besondere Familie 
betrachtet werden sollen. Ich selbst habe viele dieser Formen im Sande und an den Gorallen des rothen und Mittelmeeres gesammelt, 
glaubte auch 1823 ein Thierchen mit mehrfachen (6—8) Fühlfäden nur in den Randzellen des Nautilus (gyzehensis. var. Forsk.) suezen- 
sis zu erkennen, allein ich hielt es für eine den F/ustris verwandte Form, und die Entstehung der kleinen Scheibe den ähnlichen For- 
men durch Knospenbildung bei den Bryozoen gleich. Ich wage noch nicht, von dieser nicht völlig festgestellten Ansicht abzugehen, 
und finde einen starken Gegengrund gegen Dusarpın’s Ansicht darin, dass die Polythalamien eine Kalkschaale besitzen und es 
bisher noch keine Kalkschaalen bildenden Infusorien giebt, wohl aber Bryozoen (Moosthiere, d.i. Flustra, Eschara u. s. w.). 


© 


ZEHNTE FAMILIE: STABTHIERCHEN. 
Bacillaria. Bacillaries. 


CHARACTER: Animalia aperte aut verisimiliter polygastrica anentera, (tubo intestinali destituta), lori- 
cata, corpore (distinete aut verisimiliter) processu variabili indiviso appendiculato, eoque mul- 
tiformi; lorica (utplurimum prismatica et silicea) aperturis unica pluribusve perforata, saepe 
divisione spontanea (longitudinali) imperfeeta in polyparia articulata dividua. 


CARACTERE: Animaux distinctement ou vraisembhlahlement polygastriques, sans canal intesti- 
nal, pourvus d’ une carapace et (Evidemment ou vraisemblahlement) d’ appendices 
du corps variables point divises, ayant par cela un corps multiforme. La carapace 
(souwvent prismatique et siliceuse) ayant une ou plusieurs owiertures et se divisant 
sowent par division spontanee imparfaite (longitudinale) en polypiers articules. 


% 


Die Familie der Stabthierchen umfasst alle solche deutlich oder wahrscheinlich polygastrischen 
Thiere ohne Darmkanal, welche gepanzert und mit einem deutlich erkennbaren oder wahrscheinlichen un- 
getheilten veränderlichen Fortsatze (Bewegungsorgane) versehen, daher, ungeachtet eines harten Panzers, von 
veränderlicher Körperform sind, deren Panzer (meist prismatisch und kieselhaltig, erystallartig) eine oder 
mehrere Oeffnungen besitzt und zuweilen durch unvollkommne spontane (Längs-) Theilung gegliederte Mona- 
denstöcke bildet. 

Die Familie der Stabthierchen ist sehr zahlreich und enthält geognostisch höchst merkwürdige For- 
men. Sie enthält bis jetzt etwa 168 Arten, welche von mehr als 80 Gattungsnamen hier auf 34—35 Genera 
redueirt sind. Die Familie der Bacillarien wurde unter diesem Namen 1830 bis 1832 in den Abhandlungen der 
Berlin. Akad. d. Wissensch. zuerst als eine Familie der polygastrischen Thiere physiologisch begründet. Im 
Allgemeinen hat die Bearbeitung dieser Familie ungemein viel Theilnahme gefunden, indem mir nahe an 60 
selbstthätige Schriftsteller über dieselbe bekannt geworden sind. — Obwohl die ersten Beobachter dieser For- 
men sie, ganz den neuesten Ansichten gemäss, für Thiere hielten, so hat doch bei Weitem die grösste 
Menge der späteren Beobachter sie für Pflanzen gehalten, und so ist auch die grösste Entwickelung der For- 
menkenntniss von Seiten der Botaniker ausgegangen, die zuletzt den fremden Pflegling liebgewannen. Eine 
specielle geschichtliche Uebersicht der Entwickelung der Kemntnisse ist bei den einzelnen Gattungen und im 
Nachtrage zu finden. Hier mögen nur die Folge der Genera und die hauptsächlichsten Meinungen in kurzer 
Uebersicht eine Stelle finden. — Die ausführlicheren Citate sind bei den betreffenden Arten der Gattungen 
nachzusehen. 


Geschichtliche Erläuterung der Familie der Bacillarien. 


= Die ersten Formen der Familie entdeckten wohl schon Leruwennork 1702 und Josror 1716 in der Synedra Ulna, die 
sie freilich nicht scharf genug von Vibrio Bacillus unterschieden; dann beobachtete BAReEr 1754 wohl Navieula fulva? und Aeci- 


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neta tuberosa. O. F. Müier beobachtete 1773 als alleinige Form dieser Familie das Gomphonema trumcatum, welches er als 
Vorticella pyraria wit einem Carchesium verwechselte. _ Schrank scheint 1776 ebenfalls ‚ seiner Abbildung nach, Nav. fulva 
als Chaos infusorium gemeint zu haben. O. F. Mürrer beschrieb 1779 wohl Achnanthes brevipes als Behaarung seiner Con- 
Fferva hirta, die er in Pyrmont gefunden. Im Jahre 1782 entdeckte derselbe im Meerwasser der Ostsee das sonderbare Stabtlierchen, 
Bacillaria, welches aus vielen sich an einander verschiebenden Stäbchen besteht, und beschrieb es 1786 als Yidrio paxillifer. Diese 
Form gab das erste physiologische besondere Interesse für die Familie. Prof. Hermann in Strassburg machte 1784 ältere Beobach- 
tungen zweier Enchelys (Navicula gracilis® und: N. phoenicenteron?) und eines Vibrio (N. Librile?) bekannt, welche dieser 
Familie angehören, gab aber zu kleine Zeichnungen. Mürrzer beschrieb 1783 eine Fragiaria und eine Gallionella als Pflanzen 
unter den Namen Conferva pectinalis und armillaris. In seinem nachgelassenen Infusorienwerke 1786 führt er neben dem Yibrio 
pazillifer noch V. bipunctatus (Synedra Ulna?) und V. tripunctatus (Navie, graeilis) als Synonym von Hermann’s Eun- 
chelys und als Thiere auf, hat auch eine Acineta als Vortie. tuberosa bezeichnet. Coromso beschrieb 1787 dasselbe Gompho- 
nema truncatum als ein pflanzenartiges Thier. Gmerın nahm 1788 Mürrer’s gelenkiges Stabthierchen als eigene Gattung 1) Ba- 
eillaria paradova, im Thierreiche auf. Vanı in der Flora danica und die Herausgeber der English botany beschrieben dann 
mehrere Bacillarien als Pflanzen, aber Schrank mehrte 1796 die Zahl ihrer Formen im Thierreiche, indem er 2 Navieulas als 
Vibrio turrifer und Fusus, und ein Cocconema als Kolpoda Luna beschrieb. Auch Kammacner bildete 1798 (in Anım’s 
Micrographie) eine Navicula (gracilis) bei den Thieren ab. Seit dem Jahre 1797 kam eine einflussreich gewordene Neuerung durch 
Giıron Cuanrrans in diese Kenntnisse, welcher durch fleissige, aber critiklose, Beobachtungen unterstützt, behauptete, dass viele 
Algen bewegte Thiere hervorbrächten und diese Thiere wieder zu bewegungslosen Algen erstarrten, oder dass die Conferven Polypen- 
stöcke wären. Die Navieulae entständen aus Oseillatorien und bildeten durch ihre Eier den Zyssus Flos aquae u.5.w. Sehr aus- 
führlich wurde diess von ihm 1802 bekannt gemacht. Seitdem hat man nun, durch Ineenmousz ähnliche Nachrichten empfänglich ge- 
macht (siehe Astasiaecen), fast allgemein den bewegten oder thierischen Zustand dieser Körperchen dem bewegungslosen oder pflanz- 
lichen untergeordnet und mit mehr oder weniger bestimmten Ausdrücken in diesen Formen einen Indifferenzpunkt des Thier- und Pflan- 
zen- und sogar auch des Mineralreichs als feststehend betrachtet. Rorn, Decannoıre, Dirıwyne » Drarrarnaup, GRATELOUPR, 
Hornemann, THuoreE, AcarnH und Hooker bezeichneten dann Formen dieser Familie als Pflanzen. DecanvoLLE gab 1805 den 
Namen 2) Diatoma, welchen Lour£ıro_schon einer phanerogamischen Pflanze gegeben hatte, zwei generisch verschiedenen F ormen, 
einer S/riatella und einer Fragdlaria. Acuarıus gab 1803 den strahlenartig gehäuften länglichen Eiern eines kleinen Wasserthie- 
res 3) den Namen Zehinella radiosa, und hielt sie für eine Alge. Acarpn gab 1812 den neuen Gattungsnamen 4) Gloionema. 


Wichtig waren dann die Untersuchungen von Nrrzscn 1816—17, welcher die Diatomen und prismatischen Vibrionen sammt 
den verwandten Conferven der Botaniker in die schon bestehende ältere Gattung Baeillaria der Thiere wieder zusammenstellte. Er 
war dabei der Ansicht, dass einige dieser Arten einer und derselben Gattung ganz vegetativ, pflanzlich, andere ganz animalisch wären. 
Ruvorrnr sprach sich 1821 (Physiologie I. p. 231.) gegen diese Ansicht als Princip in systematischer Hinsicht aus (vergl. Navicula). 
Die Botaniker Jürsens, MousEor und NEstLer, Desvaux, LvsesyE und Acarpn, welche sich speciell mit dem Beobachten die- 
ser Formen beschäftigten, fuhren fort, dieselben unter den Algen aufzuzählen. Lvncsre bildete 1819 die Gattung 5) Bangia und 
6) Fragilaria, erstere zum Theil, letztere ganz aus Bacillarien, und erweiterte die neubegrenzte Gattung Echinella. Acaron er- 
klärte sich 1820 für die, durch Ingenmousz und Gıirop Cuantrans besonders lebhaft erfasste, Idee der Verwandlungen ganz ver- 
schiedenen Arten, Gattungen, Classen und Reichen angehöriger Organismen in einander, indem er Ners von Esengeok’s Idee über 
die Algen von 1814 weiter und kühner, aber nicht glücklich ausführte-e Link bildete 1820 zwei Algengattungen: 7) Aydrolinum 
und 8) Zysigonium, welche vielleicht den Gattungen Schizonema und Gallionella entsprechen, aber nicht hinreichend kenntlich cha- 
racterisirt waren. Bonnemarson bildete 1822 die beiden Pflanzengattungen 9) Y: aginaria und 10) Spermogonia, welche wohl 
ebenfalls Schizonemen entsprachen. Gleichzeitig errichtete Bory pE Sr. Vincent die Gattungen 11) Achnanthes, 12) Ne- 
matoplata (Fragilaria) und 13) Styllaria (Cocconema) in seiner Familie der Arthrodiees, die er abwechselnd zwischen Pflanzen 
und Thieren stehend meinte, auch die Gattung 13) Navicula in seiner Familie der Bacillariees ‚ die er zwar zu den Infusorien 
stellte, wobei er aber seine Psychodien meinte, da er sie in der Uebersicht der Infusorien nicht erwähnt. Im Jahre 1823 bildete 
Nees v. EsengecK aus den Bacillarien sammt den Oscillatorien u. and. eine Mittelklasse zwischen den Pilzen und Algen der Pflan- 
zen unter dem Namen Hydronemata. Schrank dagegen erklärte von Neuem die Bacillarien für wahre Thiere ;„ und theilte Mür- 
LER’s Gattung Vibrio in Bacillaria, Oscillaria und Vibrio. GaıtLon in Dieppe, wahrscheinlich durch Gıiron- CHANTRANs ver- 
leitet, theilte 1823 ein von ihm angeblich beobachtetes Zerfallen von Conferven des Meeres in Navieulas, und von Vereinigen der 
Naviculae (Vibrio bipunctatus) durch blosses Aneinanderreihen (Juxtaposition) in Algen (Görodella |Conferva] comoides) mit, 
und bildete eine Familie der Nemazoaires, als Conferven, die sich aus Monaden oder Naviculis zusammenreihten. Borr DE Sr. 
Vincent bildete 1823 die Gattungen 15) Heterocarpella (s. Euastrum) und 16) Helierella (s. Micrasterias) in seiner Algenfa- 
milie der Cahodindes (Chaos), und in seiner Familie der Confervees die Gattung 16) Gaillonella. 


Acaron errichtete 1824 aus den Bacillarien, die er Diatomeae nannte , eine Ordnung der Algen und gründete die Gattun- 
gen 17) Frustulia, 18) Meridion, 19) Meloseira (Gallionella), 20) Schizonema (Girodella), 21) Desmidium und 22) Gom- 
phonema in derselben. Auch stellte er in die Ordnung der Noszochinae die beiden hierher gehörigen Gattungen Eehinella (Bua- 
sirum) und Gloionema. Link billigste 1824 diese Anordnung, stellte nur auch letztere 2 Gattungen zu den Diatomeen und Pflanzen 
und fügte, auf Dr. Lxo’s (Bestätigung von Gıron Cuawrrans) Beobachtungen bauend, die Oscillatorien als Mutterform der Navieu- . 
Zae hinzu. TRrEVIRANUS, STEUDEL, Fries und Spreneer erwähnen dann die Bacillarienformen als pflanzliche Körper. Fries hob 
das erystallinische Ansehen auch als mineralischen Indifferenzpunkt des Organischen hervor. Brarmvirte nahm 1825 GaızLon’s Untersu- 
chungen, die bis dahin wenig bekannt waren, im Detail im Diet. d’hist. nat, Art. Nemazoaires, auf. Bory ve Sr. Vincent 
gründete 1825 aus den Arthrodieen ein neues Naturreich der Doppelseelen, Psychodies, (müsste Dipsychica heissen,) dessen 
Körper abwechselnd Thier und Pflanze wären. Lrxczrr widerlegte (nach Bory, Diet. class. XT. ?. 505.) GAaıLron’s Ansichten 
1826. Acarpm unterschied 1827 die Gattungen 23) Micromega, 24) Licmophora (Echinella), 25) Homoeocladia (?) und 
26) Oncodyrsa (?) in der Familie der Diatomeen, und 27) Micrasterias in der Pflanzenfamilie der Ulvaceen. Leise billigt 
1827 ebenfalls diese Stellung der Bacillarien bei den Algen, und fügte den Diatomeen die Gattung Closterium zu. GRrEVIiLLE bildete 
1827 die Gattungen 28) Erdlaria (Echinella), 29) Monema (Naunema) und 30) Berkeleya (Naunema). Tvrrın untersuchte 
darauf in Dieppe und Havre selbst Garzrow’s Beobachtungen, ohne sie zu bestätigen. Er erklärte vielmehr Görodella comoides für 


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eine einfache Pflanze, und die im Innern eingeschlossenen Thiere für eine besondere Form des Pflanzenstoffes (Gloduline), den er Na- 
viculine nennt. 
Sprenser hielt 1827 Achnanthes, Frustulia, Meridion und Gloeonema für Eier oder Brut von Thieren. Schon die 
Gattung Diatoma, welche er mit Fragilaria und Schizonema bei den Pflanzen aufführt, sey zu zweideutig. Borv sprach 1827 
gegen GAııLon im Article Nemazoaires des Diet. class. d’ hist. nat. Aber Mrvyen behauptete wieder, wie Leo und Gıron 
Cuantrans, dass die Bacillarien aus den Oseillatorien entständen (Zirnea II. 401. 1827... Acarnn billigte 1828 die Stellung 
des Closterium von LeısLeın und war auch nicht abgeneigt, die Spongilla lacustris zu den Diatomeen (Bacillarien) zu stellen 
(Species Algarum II. p. XXV. XXV1I1I). Im Jahre 1828 bildete auch Meven die Gattungen 31) Pediastrum (Micraste- 
rias), 32) Scenedesmus (Arthrodesmus), 33) Staurastrum und 34) Sphaerastrum, welche er als Spiele der bildenden Natur 
ansah und als Pflanzen beschrieb. Reıcnengach stellte die Bacillarien in die Familie der Confervaceen. Turrın errichtete die Gat- 
tung Surirella (Navicula) als eine zwischen Pflanzen und Thieren schwebende Form, und nannte die Gattungen 35) Stomatella 
(Micrasterias), 36) Tessarthonia (Tessararthra), 37) Ursinella (Euastrum) und 38) Geminella (Euastrum). Losana bil- 
dete 1829 eine Thier-Gattung 39) Oplarium aus denselben und ähnlichen Micrasterienformen. Acarpn schrieb 1830 seine fleissige 
erste akademische Gelegenheitsschrift über die Familie der Diatomeen, worin er den Namen Frustulia in 40) Cymbella umänderte. 


Auch Brammvitee erklärte 1830 die Bacillarien für Pflanzen. In gleichem Jahre wurde von mir die Familie der Bacillarien zu den 


polygastrischen Thieren gezogen, ein harter glasiger zweischaaliger Panzer bezeichnet, und die Familie mit den Gattungen 41) Syne- 
dra und 42) Cocconema vermehrt. Die Bedeutung der Gattung Echinella wurde physiologisch zu befestigen gesucht. Lrısreın 
stellte die Spongilla lacustris zu den Diatomeen. Morren bildete die Gattung 43) Orucigenia (Bacillaria?). Acaron gab 
1831 die Fortsetzung seines Conspectus Diatomacearum. Grax bildete die Gattung 44) Biddulphia aus der Conferva biddul- 
phiana und obliquata (Isthmia). [Arrangement of brit. pl.] 

Im Jahre 1831 gelang mir durch neue Beobachtungen die Stellung der Bacillarien im Thierreiche zu befestigen und ich bildete 
die Gattung 45) Euastrum. Ascaron fügte 1832 die Gattungen 46) Isthmia, 47) Odontella, 48) Striatella und 49) Grammo- 
nema (Fragilaria) hinzu. Im gleichen Jahre setzte ich die detaillirteren Mittheilungen fort und vermehrte die Kenntniss dieser Familie 
um die Gattung 50) Aanthidium. Im Jahre 1833 bearbeitete Kürzına eine Synopsis Diatomacearum und verzeichnete die neuen 
Gattungen 51) Sögmatella (Navicula), 52) Encyonema (Monema), 53) Psygmatella (Exilaria), 54) Trochiscia (Tessararthra) 
und 55) Aristella (Epipyzis). Derselbe fand auf chemischem Wege, dass die glasartige Härte des Panzers vieler dieser Formen durch 
Kieselerde bedingt sey und behandelte sie sämmtlich als Pflanzen. Ich untersuchte mit Prof. H. Rose und bestätigte diese chemische 
Eigenthümlichkeit. Warroru versuchte die weniger glücklichen lateinischen Namen Frustulia und Fragilaria durch die griechi- 
schen Ahabdium und Temachium zu ersetzen, hielt aber diese Formen in einem Anhange zu den Pflanzen als Hygrophytozoa zu- 
sammen. Gaızzon gab 1834 eine neue Uebersicht der Nemazoaires mit vielen durchgehend neuen und sehr sprachwidrigen generi- 
schen Namen für alle schon benannten Formen, welche der Vergessenheit zu übergeben sind. Auch Corpa gab 1835 viele neue Gat- 
tungsnamen, welche auf obwohl fleissiger, doch nicht hinreichend critischer, Beobachtung und Mangel an Vergleichung des schon Be- 
kannten berulhten, als: 56) Pharyngoglossa (Navieula), 57) Cosmarium (Euastrum), 58) Colpopelta (Euastrum), 59) Stau- 
ridium (Micrasterias), 60) Sphaerozosma (Odontella), 61) Syrinx (Fragilaria), 62) Paradesmus (Fragilaria), 63) 
Pleurosieyos (Closterium) und 64) Scalptrum (Navicula). Derselbe Beobachter spricht von Mundöffnungen, Geschlechtsöffnungen, 
einem fadenartigen Darmkanal und sogar von einer Zunge mehrerer Formen, ohne jedoch diese Verhältnisse wissenschaftlich festzustel- 
len. Auch ein Oeffnen und Schliessen der beiden Schaalen wird als beobachtet angezeigt, was ebenfalls nicht statt finden kann. Im 
Allgemeinen hält er diese Formen nicht für Pflanzen, sondern für Thiere, und schliesst ihnen die Oscillatorien an. In gleichem Jahre 
machte ich auf die characteristischen Merkmale vieler Arten aus ihrer Streifung und deren Zahl aufmerksam. Hexe glaubte wunder- 
barerweise dergleichen Formen in den innern Fortpflanzungsorganen grösserer Thiere beobachtet zu haben. Jürscens zählte 1835 diese 
Formen wieder in der Flora von Norderney auf. Meven erklärte wiederholt die Closterien und Pediastra für Pflanzenzellen. 
In weiterer Entwickelung der früheren Ansichten über Infusorien, deren wachsendes Interesse gerade an diese Familie fesselte, habe ich 
1835 die Gattungen 65) Pentasterias, 66) Cocconeis, 67) Pyzidieula, 68) Podosphenia, 69) Tessella und 70) Syaeyclia 
hinzugefügt, und in gleichem Jahre wurden die 10 Tafeln dieses Werkes gestochen, welche den Bacillarien gewidmet sind. 

Seit 1836 sind die Formen dieser. Familie besonders durch ihr. gleichzeitiges, geographisch sehr getrenntes, Vorkommen glei- 
cher Arten im Mineralwasser zu Carlsbad, in Salinen und im Meerwasser merkwürdig geworden, zu deren vergleichender Untersuchung 
die Combinationen mich hinleiteten. Zur weiteren intensivesten Beobachtung und Mittheilung der Garlsbader Umgebungen dieser Art 
durch mich veranlasst, entdeckte Herr Fıscner die Bacillarien im Franzensbader Kieselguhr. Weitere Combinationen liessen mich 


die Formen dieser Familie im Polirschiefer suchen und finden. Ja die Halbopale und Feuersteine haben sich demnächst zu organischen 


überreichen Denksteinen der Bacillarien umgestaltet, und ausgedehnte Felsmassen, deren jeder Cubikzoll 40 Tausende Millionen Thier- 
chen umschliesst, sind die unleugbaren Zeugen des grossen Einflusses der mikroskopischen auf die grössere Formenwelt geworden. Es 
ist ein vergebliches Bemühen, wenn man durch Mangel an Uebung in mikroskopischer Beobachtung, oder durch unvollkommene Mi- 
kroskope, oder durch Lust am Widerspruch verleitet, jetzt noch, nachdem von allen Seiten das Material herbeidrängt und schon ver- 
arbeitet vorgelegt ist, die fossilen vollgebildeten mikroskopischen 'Thierformen für zerriebene Theile, für bloss verkleinerte organische 
Ueberreste, für gewöhnlichen Schutt halten will. Turrın hat 1837 das, von mir durch Herrn v. Humsoıor's Vermittelung dem 
französischen Institute übersandte, Material zu einem um so beklagenswertheren Widerspruch verwendet, da aus seinen grossen, aber 
nicht correcten Abbildungen auch nur eben hervorgeht, dass er alles ungefähr eben so geschen, nur unrichtig gedeutet ‚„ Aanthidium 
und Peridinium verwechselt und letzteres verkehrt gezeichnet hat. (Vergl. Xanthidium und Peridinium.) 

Neuerlich sind von mir in den Berichten der Berliner Akademie der Wissenschaften 1837 die Gattungen Actinoeyclus und 
Eunotia hinzugefügt worden, und auf gegenwärtigen Tafeln wurden schon im Jahre 1835 die Namen Scenedesmus und Monema 
sprachrichtiger Arthrodesmus und Naunema geschrieben; die 11te Tafel ist 1837 gestochen. 

Der Organisationsgehalt der Familie ist, der Lichtbrechung und Härte des Panzers halber, schwierig zu erkennen, doch ha- 
ben sich folgende Kenntnisse allmälig entwickeln und zu grosser Wahrscheinlichkeit bringen lassen: Der characteristische Panzer aller 
Formen ist von verschiedener Natur. Der Masse nach. theilen sie sich in harte Formen mit: starkem Kieselgehalt und in häutige, kie- 
sellose , und es ist sehr bemerkenswerth, dass noch keine kalkhaltigen vorgekommen sind. Bei einigen ist der Panzer, wie .es scheint, 
a. KEisensilicat. Manche haben um den harten kieseligen Panzer noch eine weiche, gallertige, verschiedengeformte Hülle (Frustu- 
la, Schizonema 5 Micromega u. W.). Der Gestalt nach sind sie büchsenartig (urceoli) mit einfacher Oeffnung, oder zwei- und 


139 


mehrschaalig (ohne Schloss verwachsen) mit mehreren Oeffnungen. Vorherrschend ist eine runde und eine prismatische 4seitige Gestalt 
bei den kieselhaltigen, und eine flache 3seitige und Sseitige bei den kiesellosen. Bewegungsorgane sind als Fühlorgane bei Acineta 
sehr deutlich, doch weichen sie vom Character der grossen Gruppe so sehr ab, dass sie wohl als T ypus einer eigenen Gruppe gelten 
können, daher diese Gattung vorläufig als Anhang betrachtet worden ist. Uebrigens ist nur bei Navicula-Arten ein schneckenfussarti- 
ges unzertheiltes Bewegungsorgan beobachtet worden, und es scheint am öftersten aus der Schaale wenig hervorzuragen. Ob die be- 
wegten Körnchen bei einigen Naviculis (wie bei Olosterium) hierher gehören, ist zweifelhaft. — Der Krnährungsorganismus ist noch 
bei keiner Art durch farbige Nahrung in seiner Function anschaulich geworden, hat sich aber bei vielen Arten, wie es scheint, direet 
erkennen lassen. Es finden sich bei vielen Formen verhältnissmässig grosse, wasserhelle, veränderliche, farblose Blasen in der farbigen 
Eiermasse, welche ganz den Magenblasen der andern polygastrischen Thierchen gleichen, und welche Gırop Cuanrrans bei Navieu- 
lis für Eier gehalten. — Als annehmbare Fortpflanzungsorgane sind bei fast allen Gattungen farbige, bei einigen Formen farblose ei- 
artige Körnchen anschaulich geworden. Oft ist die sehr feinkörnige gelb, braun oder grün gefärbte innere Masse deutlich in 2 bis 4 
Platten oder Schläuche vertheilt, welche in der Körpermitte vereinigt sind, so bei Navieula, Cocconema, Naunema u. s. w. ss 
ist sie in viele kleine unter einander zart verbundene, rundliche Haufen oder Beutelchen vertheilt, die sich späterhin, wie bei Achnan- 
Zhes, zuweilen als ein Kreuz (4theilig), oder, wie bei Desmidium, 3—6theilig vereinen, zuweilen einfach zusammenballen und entleeren, 
so bei Gallionella, Pyzidieula, Isthmia u.s.w. Bei einigen scheint ein einfacher, den ganzen Körper erfüllender, Eierschlauch 
vorhanden zu seyn, welcher die Magenzellen und übrigen Organe umhüllt. So bei Xanthidium, Euastrum, Micrasterias. Manche 
dieser Formen scheinen nach dem einmaligen Eierlegen zu sterben, viele entwickeln die Eier erst, wie es scheint, dann zu völliger 
Reife, nachdem sie sich sammt dem Eierstocke vielfach unvollkommen getheilt, zu Monadenstöcken umgestaltet und wieder völlig ge- 
trennt haben, ein Umstand, welcher die Ursache von all den vielen Verwandlungsbeobachtungen der Thiere in Pflanzen u. s. w. gewor- 
den ist. Selbst ein männlicher Sexualorganismus scheint sich vorgefunden zu haben. Kugelförmige einfache oder doppelte, Samendrü- 
sen vergleichbare, Organe zeigen die Gattungen Micrasterias, Arthrodesmus, Tessararthra, Xantlidium und die verwandte Ae:- 
neta. Gontractile Samenblasen sind nirgends sicher erkannt. Zu den Fortpflanzungsverhältnissen gesellt sich besonders die Selbstthei- 
lung, welche immer Längstheilung zu seyn scheint, so dass die confervenartigen Formen nicht fadenartig lang und schmal sind, wie 
Pflanzen, sondern fadenartig breit und kurz. Die unvollständige Theilung geschieht aber zuweilen vom Rücken zum Bauche hin, wo- 
durch Bänder entstehen, indem die Seiten an einander bleiben (Mavieula, Frag:ilaria), zuweilen von Seite zu Seite, wodurch andere 
(halbimondartige) Formen entstehen, wie bei Bunotia, Cocconema. Bei den doppelt umhüllten theilt sich meist nur der innere eigentliche Pan- 
zer, die äussere Hülle wächst und entwickelt sich, wie die Hülle der Kugelthiere, nach andern Gesetzen. Oft bilden diese For- 
men Monadenstöcke, Bacillarienstöcke, als Conferven- und Fucus-ähnliche Bäumechen, welche die Botaniker daher, nicht ohne allen Schein 
des Rechtes, zu den Pflanzen zogen. — Von Empfindungs- und Circulationsorganen ist bisher noch keine Spur in der Familie erkannt. 

Die geographische Verbreitung der Familie ist weit über Europa hinaus ermittelt. Island und Isle de France, die Philippinen, der Altai 
und Teneriffa geben die Grenzen der Beobachtung. In geologischer Hinsicht ist ihre Verbreitung nicht auf die Jetztwelt beschränkt, sondern er- 
streckt sich durch die geognostische Tertiärbildung der Erde deutlich und sicher bis in die Kreidegebilde der Secundärformation, und durch ihr 
Vorkommen in Halbopalen älterer vulkanischer Massen wohl in noch tiefere und ältere Perioden der Erdbildung. Ihr Kiesel- und Eisengehalt 
macht sie geeignet, die tiefen Geheimnisse der Erdbildung und Entwickelung mehr enthüllen zu helfen, als der leichter auflösliche Kalkgehalt 
der kalkhaltigen Organismen es vermag. (Vergl. Xanthidium, Pyzidicula, Gallionella, Actinocyclus, Navicula, Eunotia.) 

Die Familie theilt sich in 4 Sectionen: 1) Desmidiaceen, 2) Naviculaceen, 3) Echinelleen, 4) Lacernaten. 


Uebersicht der 35 bis 36 Gattungen der Familie der Bacillarien: 

dreschige u, 3 aa a a a u en Baden 
VIETSEIÜIGE < 2 - che A Da er una no - ana 
Fe nn ee nn a ne a mann: aa, 


prismati- 
sche . . 


Monadenstöcke perlschnurartig. . . . . . Tessararthra 
einschaali- |runde . . var ee ang: beerenätlig „eo... . Sphaerastrum 
ge: Des- Mehl. nn anna anne als 
midiacea i gedrängt an einander liegende ..... Arthrodesmus 

bandaröge us Fe Zapfen verbundene . 2... .... Odontella 
flache . . > : viele in jeder Scheibe ......... Micrasterias 
scheibenartige pie pi | zwei in jeder Scheibe... ....... Euastrum 
freie tenirage rare einzeln plattenartig ©...» ....... Miecrotheca 
einfach kugelartige....... 0.00.0000. nnnnne ee. Pyxidieula 
runde . . Eine er 3 gliederfadenartige un Gallionella 
che concentrisch vielzellige “oe. r.0.. Actinocyclus 
2 oder [ = mit 6 Panzeröffnungen ......... Naviecula 
panzerte mehrschaa- vollkommen seihalikeilige, ja 4 Panzeröffnungen ......... Eunotia 
lige: Na- a . "mit 1 Panzeröflnung ... 2... .. 0. Cocconeis 
rn. sche. . |\unvollkommen selbstthei- | gelenkbildende . . ne + Bacillaria 
m se plattenartige .:.. Tessella 
ge, onadenstoc : BER 
a ndarlies selenklose » brü- er Bänder «+ . Fragilaria 
? er chige..... . [spirale Bänder .. . Meridion 
einzeln’ breiter als lang mean aaa an ern a Baere ee .sebinn 
stiellos an- ee ee 
ange- sitzend . Jkeilförmig ........o000seesesneeeenenenen es Podosphenia 
heftete: einzeln keilförm; durch Längstheilung dichotomisch . . . - Gomphonema 
 Echi- \länger als een Längstheilung gewirtelt. . - - - » Echinella 
nellea jbreit ... . \gestielt. . ! lanzenförmig, gerade aufsitzend - 2 oc cz 2 oe eeeenen en Coceonema 


« Achnanthes 
- Striatella 


fahnenartig, schief auf- | mit mittlerer Oeffnung ... +... 
eilzeid. 2.28.54 ohne mittlere Oefnuung ....... 


EB 2 2a 


zeistrente a3: ...e u in. a ar wen ia 
von formloser Gallerte umgeben . ? _. : bs Frustulia 
doppelt ge- > ringartig verbundene .... vr 0.0. ee ae eo Byeyelia 
anzerte: i 2 ; erade Stäbel chin 
Deere a : 2 einfach verästete Röhren ...... Fi “ = - Naunema 
Lacer- \ von häutigen oder gallertigen Röh- krumme Stäbchen... . +» -» Gloeonema 
nata ren umhallt -....20,..5 büschelartig zerschlitzt . . . - Schizonema 


verbundene bündelartige Röhren . . ; a 
O baumartig verästet .... +.» Micromega 


Anhang: einfach gepanzert, einzeln gestielt, weichschaalig, mit vielen zurückziehbaren nicht wirbelnden Fühlfäden . Acineta 


ERSTE SECTION: DESMIDIACEA. 


VIERUNDVIERZIGSTE 6ATTTDXN 6: KETTENSTÄBCHEN. 
Desmidium. Desmide. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simplici, univalvi, triquetra inclusum, saepe 
cateniforme. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, ayant une carapace simple urceolee, 
irilaterale, souwvent multiplie en forme d’ une chaine. 


Die Gattung der Kettenstäbehen umfasst alle die Formen der Familie der Stabthierchen, welche 
frei sind und einen einfachen und einschaaligen dreiseitigen Panzer führen, oft auch lange schnurenartige 
Ketten bilden. 

Die Gattung Desmidium, welche hier 5 Arten enthält, bildete Acarnn 1824 aus der Conferva 
dissiliens der English hotany wit 2 Arten. GrevıLLe bezeichnete 1827 eine dritte nicht haltbare Art. 
1834 wurden in den Abhandl. d. Berlin. Akad. 3 neue Arten beschrieben, wozu hier eine 4te kommt. Der 
Organisationsgehalt ist schwierig zu ermitteln geblieben. Die Analogie mit den Gallionellen und Navı- 
culis muss jetzt noch das Fehlende oder Zweifelhafte übertragen. Der eng anschliessende Panzer bildet die 
Oberhaut und ist pergamentartig. In der Mitte jedes Gliedes befindet sich eine weite Oeffnung. Ob deren 
auch an den Spitzen sind, ist nicht erkannt. Noch ist auch nicht ganz sicher, ob nicht 2 Glieder erst ein 
Einzelthier bilden. Bewegungsorgane sind nicht erkannt, aber sehr langsame Ortsveränderung beobachtet. 
— Als polygastrische Ernährungsorgane lassen sich Bläschen bei D. Swartzü, orbiculare und aculeatum 
betrachten, welche farblos in grüner Eiermasse liegen. — Als Fortpflanzungsorgan ist die grüne körnige 
Färbung zu betrachten, welche den Körper erfüllt und im jungen und alten Zustande sich 3—6strahlig um 


‚die Mitte lagert. Männliche Drüsen sind nicht erkamnt. 


Die geographische Verbreitung der Gattung ist nur im Süsswasser Europa’s, in England, Schweden, 
Preussen, Frankreich und vielleicht im Seewasser der Nordsee beobachtet (D.? tenax). 


155. Desmidium Swartzü, Swartzen’s Kettenstäbchen. Tafel X. Fig. VII. 


D. corpusculis laevibus, a dorso ventreque quadrangularibus, obtuse emarginatis, a latere triangularibus, lateribus re- 
etiuseulis, apieibus obtusis, ovarüs viridibus. 


Desmide de Swartz, a corpuscules lisses, quadrangulaires au dos et au ventre, legerement echan- 
eres et arrondis aux bouts, triangulaires aux cöles, ayant les flanes droits, les bouts obtus 
et F ovaire vert. 


Diatoma Swartzü, AGArDH, Swensk bot. 491. F. 1. 2. 3. 
—_ — Lynegye, Hydroph. dan. t. 61. p. 177. 1819. 
—_ — Turrın, Dict. des sc. nat. 18%.? Plantes acotyledonees. Tab. 10. (Copie.) 


Desmidium Swartzü, AGARDH, Synopsis Algarum, 184. p. 9. 
— _ GREVILLE, Scot. erypt. Flor. t. 292. V. 1827. 
_ — AsıroHn, Conspectus criticus Diat. p. 56. 1832. 
— _ Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1832. p. 291. 
_ — Kürzıng, Synops. Diatom. 1833. p. 613. 


Aufenthalt: In England, in Schweden, in Dänemark, Holstein?, Stuttgart ?, Berlin beobachtet. 


Diese niedliche Form ist bei Berlin häufig zwischen Conferven der Torflachen, doch nie sehr zahlreich, beisammen, oft als 
einzelne Glieder, zuweilen als einzelne lange grüne Schnüre, die einer Conferve gleichen. Die dreiseitige Eigenthümlichkeit der Form 
entdeckte LYncßyE zuerst, und er erhielt Exemplare aus England als Conferva dissiliens Dıuıw. Er fand sie in Dänemark und 
hielt die Bandform für Hauptsache; dasselbe thaten dann Acarom und GrEviLLE später. Kürzıng, der sie nicht selbst beobachtete, 
gab ihr, nach der Abbildung der Conferva dissiliens von Smith in der English botany, die einen ganz andern Körper darstellt, 
noch einen gallertigen Schlauch als Hülle, welchen ich nie sah, und erwähnt ihr Vorkommen in Holstein und Stuttgart. Erst seit 
1832 habe ich gewagt, diese mir früher bekannt gewesene Form zu den Bacillarien zu stellen, nachdem ich freiwillige Längstheilung 
beobachtet hatte. Die einzelnen Glieder der Fäden sind die Grundform. Es sind kurze 3seitige Prismen, die von den Kanten aus 
einer Selbsttheilung fähig sind, und daher von da aus oft mehr oder weniger tief eingeschnitten (getheilt) erscheinen. Die Selbsttheilung 


- 141 


ohne vollkommene Absonderung bringt mehr oder weniger kammartig gezahnte Bänder hervor, die eine secundäre, keine primäre Form, 
auch nicht nothwendig sind. Ob es eine beständig einzahnige (nie eingeschnittene) Form giebt, die sich also nicht von der Spitze aus 
theilt, sondern von der Mitte aus ihre Ecken allmälig verlängert (eine besondere Art), bin ich im Zweifel, und habe für ein solches 
Wachsthum allerdings sprechende Beobachtungen gemacht. Ich vermuthe Oeffnungen an den Ecken, konnte sie aber nicht sehen. Bei 
leeren Schaalen sieht man eine grosse runde Oeffnung in der Mitte der dreieckigen Seite, welche die Glieder verbindet. Ortsverän- 
derung, welche ich nach einiger Zeit: wahrnahm, bleibt doch unsicher. Im Innern befindet sich eine grüne, zähe, oft deutlich feinkör- 
nige Masse, welche sich oft in mehr oder weniger regelmässige, zuweilen 3- bis 6strahlige, Häufchen gegen die Mitte sammelt. Ue- 
berdiess sieht man zuweilen helle farblose Bläschen (Magenzellen?). Die einzelnen Glieder von der Seite (Anheftungsfläche) gesehen, 
‚sind dreiseitig mit oft etwas concaven, zuweilen geraden, gleichen Seiten und immer mit stumpfen Spitzen. Von oben, dem Rücken, 
gesehen sind sie länglich, stumpf 4seitig, kurz nach der Theilung dreimal so lang als breit, kurz vor derselben 1'/;mal so lang als 
breit. Ich sah Ketten von mehr als 40 Gliedern. Zahlreich fand ich sie am 20. Juni 1832, am 15. Juni 1835 und am 2. März 
1837. — Breite der Kette oder Länge des Kettengliedes (Thieres) Yo —!/os Linie, selten Y/s Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf.X. Fig. VII. 


Es sind 18 Thierchen in verschiedenen Stellungen und Formen 300mal vergrössert dargestellt. 

Fig. a. ist in etwas gewendeter Aufsicht eine Kette von 13 Thierchen, welche in der schwachen Ausbuchtung einen Anfang zur Selbstheilung zeigen, 
die sich nie sehr bedeutend stärker äusserlich ausspricht, obwohl die geschehene innere Trennung durch grössere Breite des Gliedes erkennbar wird. 
Zwei etwas kürzere Glieder mögen, von der Mitte aus, halb knospenartig, entwickelt seyn. 

Fig. 6. ist die gewöhnliche, normale Seitenansicht. Fig. e. sind 3 Glieder in halber Wendung. Fig. d. ist eine Form mit fast scharfen Ecken, die 
mir nur einmal vorgekommen, vielleicht einer andern Art gehörig, vielleicht nur abnorm. F ig. e. sind 2 Glieder in der geraden Aufsicht. 


156. Desmidium orbiculare, scheibenartiges Kettenstäbehen. Tafel X. Fig. IX. 


D. corpusculis laevibus obtuse triquetris, lateribus turgidis, hinc geminis a dorso suborbicularibus, nec late socialibus. 


Desmide orbiculaire, a corpuscules lisses triangulaires arrondıis, gonfles aus cötes et par cela 
deux a deux, vus du dos, orbiculaires ; jamais tres- sociauz. 


Desmidium orbiculare, Abhandl. der Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1832, p. 292. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese am 11. Mai 1832 bei Berlin zwischen Conferven zuerst beobachtete Form gleicht von manchen Seiten sehr einem Eua- 
strum, ist aber dreiseitig. Ich sah nie mehr als 2 Glieder zusammenhängen und diese nie gezahnt. Wahrscheinlich fallen sie ausein- 
ander und bilden dann erst durch Selbsttheilung wieder die Duplieität. Die innere grüne Färbung war deutlich körnig, kann mithin 
Kiermasse seyn. Ich sah bei einigen Exemplaren viele schwärzliche bewegte Körperchen im Innern, ob Brut? — Grösse !/;; Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. IX. 


Es sind 4 Formen in verschiedenen Stellungen dargestellt, alle 300mal vergrössert. 
Fig. a. Rückenansicht oder Aufsicht, vergleichbar der Fig. VI. e. Fig. 6. Seitenansicht, etwas gewendet. F ig. e. Rückenansicht, etwas gewen- 
det, fast als auf einer der Kanten ruhend. Fig. d. halbe Seitenansicht. 


157. Desmidium hesaceros, sechshörniges Kettenstäbchen. Tafel X. Fig. X. 


D. corpusculis scabris, geminatis, argute triquetris, tri-radiatis, radiis apice truncatis. 


Desmide hewaceros, ü corpuscules binaires scabres, trilateraux, ayant les pointes amincies en Trois 
cornes et tronguees au bout. 


Desmidium hexaceros, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1832. p- 292. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Art bildet nie lange Fäden, sondern nur selten sind 2 bis 4 Glieder zusammenhängend. Der Körper ist klein, aber 
die 3 Ecken bilden 3 Strahlen oder Hörner, und wo 2 zusammenhängen, wie es gewöhnlicher ist, 6 Hörner. Sie fand sich in Torf- 
lachen zwischen Oscillatorien im August 1832, im August 1834, am 2. Februar und am 16. März 1837. Die ganze Oberfläche ist 
chagrinirt, die Spitzen sind abgestutzt, oft farblos, und nur der mittlere Theil innen grün. Die leere Schaale ist farblos mit deutli- 
cher mittlerer Oeffnung. — Grösse bis "/,s Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. X. 


Es sind 6 Gruppen bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. S 
Fig. a. sind 2 Paar Körperchen im Zusammenhange, vom Rücken gesehen. Fig. 5. ist ein einzelnes Paar (ein durch Selbsttheilung verdoppeltes Ein- 
zelthier?). Fig. e. ist ein ähnliches, von der Seite gesehen. Fig. d. ist ein dergleichen, halb gewendet. Fig. e. ist vom Rücken gesehen, mit 
farblosen Spitzen. Fig. f. ist ein etwas schief gegen einander stehendes Paar von der Seite, mit sternartig sechsstrahligem grünen Inhalte. 


158. Desmidium bifidum, doppelzahniges Kettenstäbchen. Tafel X. Fig. XI. 


D. corpusculis Iuevibus, a dorso linearibus integris, a latere tri-radiatis, apieibus fissis acutis. 


Desmide fendu, a corpuscules lisses, vus du dos lincaires, ayant les pointes amincies en trois cornes, 
fendues au bout aigu. 


Desmidium bifidum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1832. p- 392. 
Desmidium didymum, Corva, Almanac de Carlsbad, 1835. Tafel IV. Fig. 43. 44. 


Aufenthalt: Bei Berlin und Carlsbad. 


Ich beobachtete nur ein einfaches Exemplar am 29. Juni 1832 zwischen Conferven. Es war eine farblose Schaale mit klei- 
nem grünen Kerne und grosser runder mittlerer Oeffnung, welche Corna, der eine lange Kette sah, Darm nennt. — Grösse !/;s Linie. 


36 


AERO EURER. FRE 


Er 
4 
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Erklärung der Abbildung Taf. X. Fiese. XI. 


Es ist das einzige beobachtete Exemplar, 300mal vergrössert, von der Seite gesehen. Der Name D. bidens ist als bifidum zu lesen, 


159. Desmidium aculeatum, stachliges Kettenstäbchen. Tafel X. Fig. XI. 
D. corpusenlis aculeatis a latere tri-radiatis, apieibus saepe tri-acnleatis, truncatis. 


“ > . \ [4 . ® + . A 5 . 
Desmide epineux, & corpuscules Epineux trilaterauz, ayant les pointes amincies en trois cornes tron- 
quees, souvent surmontees de trois &pines. 


Aufenthalt: Bei Bin. 


Diese sehr ausgezeichnete neue Art wurde von mir erst am 30. Mai 1835 bei Berlin in Torfwasser entdeckt. Sie ist schön 
grün erfüllt und hatte helle Bläschen dazwischen (Magenzellen?). Die grüne Farbe war körnig. Ich sah später einige, die nur we- 
nig solche conische Stacheln hatten, aber alle Exemplare hatten 3 dergleichen an den Spitzen der Hörner. Man hat sich zu hüten, 
nicht eylindrische Hygrocroeis- Antlüge für solche Stacheln oder Borsten zu halten. — Grösse "/,s Linie. 


Erklärung der Abbildung Taf. X. Fig. XI. 
Es ist ein Doppelthierchen in halber Wendung abgebildet, 300mal vergrössert. 


4160. Desmidium apiculosum, rauhes Kettenstäbchen. 


D. corpusculis undique apiculatis, a dorso elliptieis, laterum apieibus ternis valde rotundatis. 


Desmide üpre, a corpuscules üpres, tres-arrondis aux trois pointes, vus du dos elliptigques. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese ebenfalls neue Art fand sich erst ganz neuerlich in ähnlichen Verhältnissen am 2. März 1837. Sie lebt nur als ein- 
zelne, nicht als Doppel-Form, und hat viel Achnlichkeit mit D. ordieulare, ist aber überall, wie es scheint in regelmässigen Reihen, 
mit kleinen Spitzen besetzt, die kein Anflug von Hygrocroeis sind. Die mittlere Oeffnung war sehr deutlich. — Grösse !/ Linie. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr gegeben werden, da die Tafel längst gestochen war. 


j 


Nachtrag zur Gattung Desmidium. 


Es sind noch 2 hier übergangene Arten dieser Gattung angegeben worden. Das Desmidium tenax der Ostsee von AcarpnH 
wurde gleich anfangs 1824 vom Entdecker als zweifelhaft erklärt, und 1832 hat er denselben Zweifel wiederholt ausgesprochen. Er 
hielt es für ein Gloeonema. Ausserdem hat Grevirır 1827 ein D. eylindricum verzeichnet, welches, da es nicht 3seitig, son- 
dern länger als dick ist, zur Gattung Arzhrodesmus als besondere Art gehören mag. Was die Conferva dissiliens von DiLzwyne 
anlangt, so ist sowohl diese, als die andere der English botany von Smitn, dieser Gattung offenbar fremd. Jene ist wohl eine 
Gallionella, diese wohl eine unklare Conferve gewesen, mit der man das Desmid. Swartzü verwechselt. — Wahre Bacillarien 


bilden zuweilen dreistäbige Figuren, die ein Ungeübter für ein Desmidium halten könnte. Künstliche Bewegung des Objects im Was- 
ser lässt die wahre Natur solcher Körper erkennen. 


FÜNFUNDVIERZIGSTE GATTUNG: KREUZSTERN. 
Staurastrum. Staurastre. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei univalvi, quadrangulari (interdum 
forsan in catenam filiformem multiplicatum). 


CARACTERE: Animal de Ia Jamille des Bacillaries, libre, ayant une carapace simple univalve, 
quadrangulaire (poussant peutetre quelquefois en chaine filiforme). 


Die Gattung der Kreuzsternchen gehört zur Familie der Stabthierchen und unterscheidet sich 
durch freie Selbstständigkeit, einfachen und einschaaligen Panzer und dessen prismatische Aseitige Form. 
Sie mag auch bandartig oder kettenartig erscheinen können. 

Diese Gattung wurde 1829 von Meven mit Einer Art gebildet, die er für ein Naturspiel von einer 
einfachen Pflanzenzelle hielt. Die jetzige Stelle wurde dieser Form 1832 angewiesen. KÜTZINeG zog sie 
1853 zur Gattung Mierasterias und gab bessere Abbildungen unter noch 3 andern neuen Namen. Eine 
4te und 5te ähnliche Form, welche er gleichzeitig beschrieb, waren offenbar nur Zwillings-Crystalle des 
verdunsteten Wassers. Es werden nun hier 2 Arten als sicher anerkannt. An Organisation ist jedoch noch 
wenig entwickelt. Das Srünkörnige Innere könnte ein Eierstock seyn. Bei 87. dilatatum ist eine mittlere 
Oeffnung. beobachtet. Selbsttheilung ist bis jetzt hier der Hauptcharacter für die thierische Natur. Es 
könnte auch Arten geben, die sich, wie Desmidium, zu langen Ketten entwickelten. Ortsveränderung ist 


143 


nicht beobachtet. Der Panzer ist eine zähe häutige Hülle, die man oft farblos (nach dem Eierlegen? oder 
leer nach dem Tode?) sieht und die sich verbrennen lässt. 
Die geographische Verbreitung ist bei Potsdam, Berlin, Weissenfels, Carlsbad und Turin? beobachtet. 


161. Staurasirum dilatatum, breites Kreuzsternchen. Tafel X. Fig. XIH. : 


St. corpuseulis membranaceis quadratis, granulatis, singulis binisve. 
Staurastre aplati, a corpuscules membraneux, quarres, granuleux, solitaires ou binaires. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Art wird hier zuerst verzeichnet. Ich fand sie im Sommer 1835 und wieder am 2. März 1837 zwischen Conferven, 
bewegungslos. Bei einer von den grünen Eikörnchen entleerten oder todten Schaale sah ich in der Mitte eine cirkelrunde Oefinung. 
Ein zweigliedriges Exemplar war noch ganz mit feinkörniger grüner Masse erfüllt. Die Höckerchen der Oberfläche sind in regelmäs- 
sige Reihen geordnet. — Grösse Y,, Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XII. 
Fig. a. ist ein einfaches, entleertes Gehäuse mit mittlerer Oeffnung. Fig. d. ist eine zweigliedrige Form mit ihrem Inhalte, halb gewendet. Beide 
sind 300mal vergrössert. 


162. Staurasirum paradoxum, schlankes Kreuzsternchen. Tafel X. Fig. XIV. 


St. corpusculis asperis solitariis binisve, cornibus 4 festucaceis crucis formam aemulantibus. 


Staurastre grele, a corpuscules äpres solitaires ou binaires, ayant 4 cornes setacdes en Jorme de 
CrORL. 
Staurastrum paradoxum? MEyEn, Nova Acta Nat. Cur. XIV. p. 777. Tab. 43. Fig. 37, 38. 18%. 


Staurastrum paradoxum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 314. 
Micrasterias Staurastrum , 


—— __telracera, Kürzıne, Synopsis Diatom. in v. ScHLEcHtennar’s Linnea, VIII. p. 599, 602. Tafel XX. Fig. 83, 84, 
——— — ß didicera, 8. 1833. 
_—— tricera, 


Aufenthalt: Bei Berlin!, Potsdam?, Weissenfels?. 


Die von Meyen bei Potsdam beobachtete und als Alge beschriebene Form wurde nicht hinreichend vergrössert beobachtet und 
abgebildet, um den Special-Character der körnigen rauhen Oberfläche erkennen zu lassen, doch sind @ueerstriche (radü articulati) 
angegeben, welche darauf hindeuten. Kürzıng’s bei Weissenfels beobachtete 3 Formen sind ganz glatt gezeichnet, was ebenfalls F olge 
zu geringer Vergrösserung seyn mag. Ich sah grüne und goldgelbe Formen, auch ganz farblose Schaalen, die lebendig nach dem Eier- 
legen oder todt seyn konnten. Die Grössen wechselten von !/ıoo bis */ıs Linie im Durchmesser. Ich beobachtete diese, mir schon frü- 
her bekannten, Formen mit Mierasterien wieder am 20. Juni und 16. Aug. 1832 besonders zahlreich, dann am 3. Aug. 1834 und 
am 2. März 1837. Ungeübte können vierstäbige, in ein Kreuz gebogene, wahre Bacillarien leicht mit solchen Formen verwechseln. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XW. 


Es sind 5 einfache Formen mit 300maliger Vergrösserung dargestellt. 
Fig. a. und 6. sind gelblich erfüllt. Fig. e. und d. grün. Letztere hat etwas schief stehende Hörner und mag wohl von Kürzıne als Mier. tri- 
cera beschrieben seyn. Fig. e. ist ein kleines Exemplar. 


Nachtrag zur Gattung Staurastrum. 


Ich hielt 1833 a. a. O. Kürzıne’s Micrasterias eruciata und paradoxa für wahre Organismen, daher vermuthete ich 
in ihnen 2 neue Arten dieser Gattung und nannte letztere, der Collision des Namens halber, St. Kützingü. Neuerlich habe ich mich 
aber überzeugt, dass jene farblosen kreuzartigen Bildungen nur Zwillingserystalle irgend eines Salzes sind, die bei verdunstendem Was- 
ser oft zahlreich anschiessen und sich wieder auflösen, wenn neues Wasser hinzukommt. 

Meven hat 1835 in Wıremanw’s Archive f. Naturgesch. I. p. 248. noch ein S7. cireulare angezeigt und behauptet, dass 
dergleichen Formen mit 3, 4, 5 bis 8 Strahlen vorkämen. Eigne Beobachtungen zeigten mir von den früheren Beobachtern nicht er- 
kannte Oeffnungen und innere nicht starre Bläschen, die keineswegs Pflanzenzellen seyn können, Man darf das offenbar hier wichtige 
und nicht veränderliche, nicht zufällige, Zahlenverhältniss bei diesen Formen nicht gering achten. Körper mit 5 Strahlen sind Penta- 
sterien; mit 6 bis 8 Strahlen würden sie besondere Gattungen, etwa Hexasterias, Heptasterias, Octasterias, Polyasterias (St. 
eirculare) bilden. Die mir bis jetzt bekannt gewordenen ähnlichen Formen haben, wie es hier vorliegt, ausser den Zahldifferenzen 
auch noch andere Charactere, welche jene Ansicht scharf begründen. 

Losasa’s Oplarium eruciforme, das ich für unsicher halte » könnte die Anwesenheit der Gattung bei Turin, Corna’s 
Micrasterias falcata sie bei Carlsbad anzeigen. (S. Micrasterias.) et 


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— 144 


SECHSUNDVIERZIGSTE GATTUNG: FÜNFSTRAHL. 
\ Pentasterias. Pentasterie. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei, univalvi, quinquangulari (inter- 
dum forsan in catenam filiformem abiens). 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, ayant une carapace simple, univalve, 
pentagone (poussant peutetre quelquefois en chaine filiforme). 


Die Gattung Fünfstrahl unterscheidet sich von allen übrigen der Familie der Stabthierchen durch 
freie Selbstständigkeit, einfachen und einschaaligen Panzer und dessen prismatische fünfeckige Form. Zu- 
weilen mag sie Ketten bilden. 

Diese Gattung wurde 1835 entdeckt und in den Abhandlungen der Berl. Akad. zuerst angezeigt, 
gleichzeitig aber auf Tafel X. dieses Werkes gestochen. An Organisation ist nichts weiter ermittelt, als 
dass in dem 5strahligen, aus einer zähen Pergamenthaut gebildeten, Panzer eine runde Oeffnung in der 
Mitte ist, wodurch sich diese Form an Desmidium anschliesst. 

Die geographische Verbreitung ist ausser Berlin nicht beobachtet. 2 


163. Pentasterias margaritacea, geperlter Fünfstrahl. Tafel X. Fig. XV. 
P. superficie granulosa, radiis erassis, obtusis. 


Pentasterie margaritifere, a surface granulee et a rayons 6pais et obtus. 


Pentasterias Nov. Gen., Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1835, D..123, 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Form wurde am 14. Juni 1835 zwischen Conferven beobachtet, und hat sich ebenfalls aufbewahren lassen. Es waren 
mehrere farblose Exemplare. Vielleicht waren es lebende Thiere nach dem Eierlegen, vielleicht auch nur leere Schaalen. Eine an- 
sehnliche mittlere runde Oeffnung war deutlich zu erkennen. — Grösse 4; Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XV. 


Es ist ein Individuum in seiner Seitenlage abgebildet, 300mal vergrössert. 


= nn up ee 


SIEBENUNDVIERZIG6GSTE GATTUNG: KUGELKETTE. 
Tessararthra. Tessararthre. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei, univalvi, globulari, laevi, (e di- 
visione spontanea) quaternatim aut catenatim filiforme. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, libre, ayant une carapace simple, univalve, 


globulaire, lisse, poussant (par la division spontanee) en ligne de quatre ou en chaine 
de plusieurs individus füiforme. 


Die Gattung der Kugelkette umfasst die Formen der Familie der Stabthierchen, welche freie Selbst- 
ständigkeit haben und einen einfachen einschaaligen und kugelförmigen glatten Panzer besitzen, auch durch 
unvollkommne Selbsttheilung reihenweise 4gliederig oder kettenartig vielgliederig werden. 

Diese Gattung stellte Turrın 1828 unter dem Namen Tessarthonia, welcher bezeichnend, aber ganz 
sprachwidrig gebildet ist, bei den Pflanzen auf. Schon vor ihm hatte BorY DE Sr. Vixckxt 1825 dieselbe 
Form als Heterocarpella geminata bezeichnet, und Turrın führte auch diese Form besonders auf. Kürziwe 
verzeichnete 1833 beides als besondere Formen in den 2 Gattungen Scenedesmus und Trochiscia eben- 
falls bei den Algen, wohin es auch Meven 1828 ohne Namen gestellt hatte. Unter dem sprachrichtigeren 
Namen Tessararthra wurde die Gattung 1835 in den Abhandl. d. Berlin. Akad. aus dem Grunde zu den 
Infusorien gezogen, weil Selbsttheilung als entschieden thierischer Character angesehen wurde, auch wenn 
keine Ortsveränderung u. s. w. beobachtet sey. An thierischer Organisation ist bisher wenig erkannt. Die 
Kleinheit und der Panzer sammt den dichten innern grünen Körnchen könnten vor Augen liegende Hinder- 
nisse dabei seyn. Das Gesetz der Analogie verweist diese Formen, nach entschiedenem Austritt der Na- 
viculaceen und Echinelleen aus dem Pflanzenreiche, in das Thierreich, und so könnte die grüne kör- 
nige innere Färbung Eier, die helle mittlere Stelle eine kugelförmige Samendrüse seyn. Doch verlangen 
diese Verhältnisse noch weitere Untersuchung. | 


Die Seographische Verbreitung ist von Paris bis Berlin beobachtet. 


= 7 


145 


164. Tessararthra moniliformis, perlschnurartige Kugelkette. Tafel X. Fig. XX. 


“ T. corpuseulis viridibus, binis aut in linea recta quaternis. 


Tessararthre moniliforme, a corpuscules verts, deux ou quatre reunis en ligne droite. 


Heterocarpella geminata, Bory DE St. VincENT, Diction. celassigq. d’hist. nat. 18%. 

Tessarthonia moniliformis, Turrın, M&moires du Museum d’hist. nat. T. XVI. p. 310. Tab. 13. Fig. 18, 18%. Dict. des sc. nat. 
Vege&taux acotyled. Tab. 7. Fig. 1. 

Heterocarpella bijuga, Turrın, M&moires du Mus. T. XVI. p. 314. Tab. 13. Fig. 13. 1828. 

Ayers MEYEN, en Act. Nat. Cur. XIV. Tab. 43. Fig. 25.? 1829. (1828.) 


& n 


= Kformis , | Kürzne, Linnea v. ScHLECHTENDAL, VII. p. 593, 607. 1833. 
Trochiscia bijuga, 


Tessararthra, Abhandl. der Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1835. p. 173. 


Aufenthalt: Bei Paris!, Potsdam? und Berlin!. 


Turrın beobachtete diese Form bei Paris zwischen Conferven; ich habe sie bei Berlin mit Arthrodesmen und Micra- 
sterien oft gesehen. Es sind runde glatte kleine Kugeln zu 2 bis 4 in Einer Reihe zusammenhängend, innen mit grüner körniger 
Masse erfüllt und in der Mitte mit einer helleren (drüsigen) kleinen Kugel versehen. Manchmal bilden je 2 zwischen sich 2 er 
Kugeln aus. Gehörten je 2 Kugeln zu Einem Organismus, so wäre die letztere Bildung reine Selbsttheilung. Ist aber vielleicht Bo- 


nv's Heterocarpella monadina (ebenda) die einfache Grundform? — Grösse der einzelnen Kugeln !/ı,. Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XX. 


Es sind 2 viergliederige Ketten bei 300maliger Vergrösserung abgebildet. Fig. @. ist die einfache regelmässige Form. Fig. 6. ist wohl 
durch Trennung und Auseinandertreten von 2 Gliedern entstanden, welche zwischen sich Junge bilden und die Vierzahl wieder herstellen. 


Nachtrag zur Gattung der Kugelkette (Tessararthra). 


Es ist hier eine nahe Verwandtschaft dieser Gattung mit manchen von den Wassergebilden zu bemerken, welche die Algo- 
logen Protococcus genannt haben. Gewisse Formen des Prötsehera könnten sich leicht zu Tessararthra gerade so verhalten, wie 
Navicula zu Fragilaria oder Pyxidieula zu Gallionella. Ganz direct zeigt Borr’s Heterocarpella monadina, die wohl einer- 
lei mit Trochiscia solitaris von Kürzıne ist, auf diess Verhältniss hin, doch fehlt es an scharfen Beobachtungen und Sehmitteln, 
jetzt mehr hierüber mit Gründlichkeit festzustellen. Die Gattung Oyphidium der Arcellinen könnte leicht den entschieden thierischen 
Typus für alle diese Formen abgeben. Endlich müssen weniger geübte Beobachter nicht blosse ähnliche Pflanzenfragmente, als: geglie- 
derte Fäden von zerfallenen Linkien und Noszoe dergl., für selbstständige Körper dieser Abtheilung halten. — Die Tessararthra fi- 
liformis der Tafel X. ist als Odontella verzeichnet. 


ACHTUNDVIERZIGSTE GATTUNG: KUGELSTERN. 


Sphaerastrum. Spherastre. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei, univalvi, turgida, laevi; (divisione 
spontanea imperfecta) in acervos Consociatum. 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Bacillaries, libre, ayant une carapace simple, uni:- 
valve, gonflee, lisse se groupant (par division spontande imparfaite) en differentes 
Fformes sociales). 


Die Gattung der Kugelsterne gehört zur Familie der Stabthierchen und umfasst solche Formen, 
die bei freier Selbstständigkeit einen einfachen, einschaaligen, rundlichen, glatten Panzer besitzen und (durch 
unvollkommene Selbsttheilung) verschiedene Gruppen bilden. 

Diese Gattung bildete Meven 1829 als Algengattung. Schon ScurAank könnte 1776 unter seinem 
Vowox Glohator (s. V. stellatus) eine ähnliche Form beobachtet haben. Bory nannte einen physiologisch 
gleichwerthigen Körper 1825 Zeterocarpella tetracarpa, und denselben nannte wohl Turrın 1828 Ze- 
terocarpella quadrijuga. Auch bei Losana kommen 1829 ähnliche Formen als Oplarium und Vovox 
vor. Ich habe sie erst seit 1835 kennen gelernt. Der Organisationsgehalt ist noch nicht weit ermittelt. 
Ihre geringe, aber doch beobachtete, Ortsveränderung lässt, wenn überhaupt an thierischen Organismus 
zu denken ist, auf einen den Wechselthieren oder Stabthieren ähnlichen Bau schliessen. Die grüne Fär- 


. bung könnten Eier seyn. Einen, den männlichen Samendrüsen der Infusorien ähnlichen, mittleren Körper 


in jedem Gliede sah schon Bory, und hat auch Turrın bei Zet. guadrijuga grell gezeichnet. 


Die geographische Verbreitung der Gattung ist in Paris, Potsdam und Berlin beobachtet. 
37 


VEREINE ODE RNGERTRNDERT Lt 100 RSS ENT 


136 — 


165. Sphaerastirum pictum, runder Kugelstern. 
Sph. corpusculis ovatis viridibus, in acervos moriformes globosos abeuntibus. 


Spherastre globuleux, ü corpuscules ovales verts, passant en grappes spheriques de la forme 
d’ une müre. 


Sphaerastrum pictum, Meyen, Nov. Act. Nat, Curios. XIV. p. 776. T. XLII. Fig. 23. 4. 18%. Isis 1830. p- 163. 
Aufenthalt: Bei Potsdam und Berlin. 


Meven beobachtete diese Art 1829 mit Micrasterien und Arthrodesmen bei Potsdam; in ganz ähnlicher Gesellschaft 
fand ich sie‘1835 am 1. Sept. bei Berlin, und in demselben überwinterten Glase bis 1836 in grosser Menge wieder. Bewegung ist 
von MEven selbst 1830 beobachtet. — Grösse der Einzelglieder !/ıso Linie, deren Beeren Yo Linie. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden, weil die Tafel schon gestochen war. 


166. Sphaerastirum quadrijugum, vierstrahliger Kugelstern. 


Sph. corpusculis oblongis, viridibus, quaternis, in cubum saepe medio perforatum coneretis. 


Spherastre quadrijugue, a corpuscules oblongs, verts, quatre reumis en cube souvent perce au milieu.. 


Heterocarpella tetracarpa, BoRY DE Sr. VincENT, Dict. classique, 18%. 


Heterocarpella quadrijuge, \ Turrın, M&m. du Mus, XVI. p. 314. Taf. 13, Fig. 14, 188, 
_— amara, 


Trochiscia quadrijuge, Kürzıng, Linnea VII. p. 593. Taf. XVII. Fig, 76. 1833. 
Aufenthalt: In Paris und Berlin. 


Dass Bory’s und Turrın’s Pariser Form von der Berliner verschieden sey, wäre wohl möglich, aber bis jetzt nicht zu be- 
gründen. Die sehr grosse Abbildung bei Turrın lässt jene Form detaillirt erkennen. Bory könnte ein Huastrum damit verwech- 
selt haben. Die in Berlin vorkommende Form hat 4 länglich eiförmige, als eine Röhre so verbundene Körper, dass ein Canal in der 
Mitte offen bleibt, wie bei Her. amara Turrın auch angegeben ist. Der helle runde Körper in der Mitte jedes Gliedes, welchen 
sowohl Borv sah, als Turrın abbildete, und welcher eine thierische Samendrüse seyn kann, war auch in der Berliner Form deutlich. 
Bewegung ist von Turrın bei der jungen Heiz. amara beobachtet, aber diese vielleicht mit Monaden verwechselt. Der innere grüne 
Inhalt ist feinkörnig. Beobachtet mit voriger Art am 5. Nov. 1836. — Grösse '/;; Linie, der einzelnen eiförmigen Glieder */ıoo Linie. 

Eine Abbildung hat nicht mehr aufgenommen werden können. 


Nachtrag zur Gattung Sphaerastrum. 


Die, einem Sphaerastrum ähnliche, Conferva echinulata Smirn der English bot. t. 1378., welche Acaırnn Zchi- 
nella articulata und Kürzına Micrasterias artic. nennen, gehört nicht in diese Gattung, scheint eine gegliederte Oscillatorien- 
Form (Trichodesmium?) zu seyn. — Losana’s Arten (vergl. Yolwox) sind nicht zu entziffern. (Memorie di Torino XXXIIL. 
1829. Isis 1832. ». 765.) : 


[| 


NEUNUNDVIERZIGSTE GATTUNG: DOPPELKLETTE. 
 Xanthidium. Xanthide. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei, univalvi, globulari, aculeata aut 
setosa, solitarium; geminatum aut quaternarium (an cateniforme?). 


CARACTERE: Animal de la ‚Famille des Bacillaries, lihre, & carapace simple, univalve, glo- 
bulaire, herissce d’ epines ou de soies; solitaire, hinaire ou quaternaire (peutetre 
aussi en forme de chaine). 


Die Gattung der Doppelkletten unterscheidet sich in der Familie der Stabthierchen durch ein- 
fachen, einschaaligen, kugelförmigen und stachligen oder borstigen Panzer, und besteht aus einzelnen oder 
doppelten (vielleicht auch aus kettenartig vereinten) Gliedern. 

Diese Gattung wurde 1832 in den Abhandl. d. Berl. Akad. mit 3 Arten gegründet. Jetzt zählt sie 
6 Arten. Die Organisationsverhältnisse sind noch nicht hinreichend ermittelt. Selbsttheilung ist bisher der 
entscheidendste, aber ein wichtiger, Character für die thierische Natur geblieben. Grüne Körnchen, welche 
den innern Raum erfüllen, lassen sich als Eier deuten. Eine drüsige hellere mittlere Kugel im Innern, de- 
ron bei X. aewleatum sogar in jedem Gliede 4 sind, lassen sich als Samendrüsen betrachten. Der Panzer 
ist ein glasartiges oder pergamentartiges, mit einfachen oder ästigen Borsten ringsum besetztes, Büchs- 
chen (?). Oeffnungen und Bewegungsorgane sind noch nicht erkannt. — Platte Xanthidien sind Euastra, 


und runde stachlige Zuastra sind Xanthidien. 


147 


Die geographische Verbreitung der lebenden Arten der Gattung ist ausser Berlin noch nicht beob- 
achtet, allein sie wird zu einer der merkwürdigsten Erscheinungen durch das Vorkommen ihr völlig ver- 
sleichbarer Körper in den Feuersteinen der Kreide, welche auf den Feldern bei der Kreisstadt Delitzsch 
zwischen Leipzig und Dessau liegen, und vielleicht gleichartig auf der grossen norddeutschen Ebene Ge- 
schiebe bilden. Herrn Turrın’s Ansicht von 1837 ‚ als wären die Xanthidien des Feuersteines sammt den 
Peridinien desselben einerlei mit Cristatellen-Eiern, ist als ein nicht wohl zu entschuldigender, aus 
Unkenntniss all dieser lebenden Formen entsprungener, Missgriff unter Xazth. ramosum erörtert. 


167. Xanthidium hirsutum, haarige Doppelklette. Tafel X. Fig. XXI. 
X. corpusenlis globosis, viridibus, singulis binisve, simplieiter pilosis. 
Xanthide poilu, a corpuscules globuleux, verts, solitaires ou binaires, simplement poilus. 


Xunthidium hirsutum, Abhandl., der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833, p- 318. 
Xanthidium (pilosum), Bericht der Berl. Akad. d. Wissensch. 1836. p. 114. Amtlicher Bericht über die Versammlung d. deut- 
schen Naturforscher in Jena 1836. 21. September. p- 76. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Art lebt mit Micrasterien und Desmidien im Torfwasser bei Berlin, und wurde im Sommer 1832 zuerst „ und 
nur einmal, beobachtet. Es waren zwei vereinte haarige grüne Kugeln ohne sichtliche Bewegung. Eine der sichtbaren Halbflächen ei- 
ner Kugel konnte leicht 100 Haare besitzen. Die innere grüne Färbung war feinkörnig, sonst wurde vom Organismus nichts ermittelt. 
Das Gesetz der Analogie scheint diesem Körper hier die Stelle anzuweisen. — Grösse '/;; Linie. 

Sehr merkwürdig ist das Vorkommen ganz ähnlicher Körper von Ys bis !/as Linie Grösse in der Masse der Feuersteine von 
Delitzsch. Sie sind nie in solcher Menge, wie die dem X. ramosum ähnlichen ‚ aber kommen nicht eben selten einzeln mit diesen 
vor. Sie unterscheiden sich nur durch einfach, nicht doppelt, kugelartige Gestalt, ein Character, der auch bei den lebenden Formen 
dieser Gattung vorkommt. Sie finden sich gleichzeitig mit einer ganz entschieden deutlichen Art der Gattung Peridinium und könn- 
ten selbst dieser Gattung angehören, wenn sich deren sehr bestimmter Character nachweisen liesse. Es ist aber nur eine Verwechselung 
ähnlicher, heterogener Formen, wenn man diese infusorischen, ganz wohl erhaltenen, Gestalten für Fragmente anderer erklärt. Frei- 
lich kommen sie auch zuweilen zerbrochen vor, wie alle Fossilien. 


Erklärung der Abbildung Taf. X. Fig. XXH. 


Das abgebildete Individuum ist das bisher einzig beobachtete, 300mal vergrössert. 


168. Xanthidium aculeatum, stachlige Doppelklette. Tafel X. Fig. XXIH. 


X. corpuseulis globosis, viridibus, singulis binisve aut quaternariis, aculeatis, aculeis brevibus sparsis acutis. 


Aanthide epineux, & corpuscules globuleux, verts, solitaires, binaires ou quaternaires, Epineux, ü 
Epines courtes, Eparses et aigues. 
Xanthidium aculeatum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin ‚ 1833. p. 318. 


Xanthidium aculeatum, Bericht der Berlin. Akad. d. Wiss. 1836. p- 114. Amtlicher Bericht über die Versammlung d. deut- 
schen Naturforscher in Jena 1836. U. September. p. 76. : 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich entdeckte diese Form im Sommer 1832 mit der vorigen und der folgenden Art. Es sind kleine stachlige, zuweilen ein- 
fache, meist doppelte, Kugeln, deren kurze conische Stacheln etwa !/, bis "a des Kugeldurchmessers haben. Die Duplieität liess sich 
nach nebeneinander liegenden allmäligen Uebergängen als Folge von Selbsttheilung erkennen. Einigemale sah ich auch 4. kettenartig 
zusammenhängende Kugeln. Die Stacheln waren bei einigen über die ganze Kugel verstreut, so dass ich auf der sichtbaren Kugel- 
hälfte 10 bis 12 zählte, bei andern sah ich nur 6—8 Stacheln am Rande in fast gleichen Abständen. In der Mitte der Einzelkugeln 
war ein grosser hellerer runder Fleck, bei einigen deutlicher als bei andern, vielleicht eine Samendrüse. Bei andern waren 4 solcher 
Stellen. Aehnliche kleinere Flecke bilden die verkürzten Stacheln bei der Aufsicht. Die grüne Farbe bestand aus innern Körnchen, 
welche wohl den übrigen Organismus verdeckten. — Grösse der Einzelkugeln %/;; —;, Linie. 

Auch dieser Art ganz ähnliche Körper wurden von mir zu Anfang September 1836 in Feuersteinen in Delitzsch entdeckt, 
doch waren sie seltener als X. ramosum. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XXIH. 
Es sind 2 Doppelkugeln und eine Kette von 4 Kugeln dieser Art abgebildet, alle 300mal im Durchmesser vergrössert. 

Fig. a. ist eine Kette von 4, nur am Rande mit Stächeln besetzter, Kugeln, deren Endglieder 6, deren Mittelglieder 4 Stacheln führen. Alle haben 
4 helle innere Flecke (Samendrüsen?). Fig. 6. ist eine Doppelkugel, die überall Stacheln hat und 7 bis 8 am Rande zeigt, mit weniger scharf um- 
schriebenem grossen Mittelfleck. Fig. ec. ist eine Doppelkugel mit nur je 6 Randstacheln und einem einzelnen drüsigen Mittelfleck. 

169. Xanthidium fasciculatum, gebüschelte Doppelklette. Tafel X. Fig. XXIV. 
X. corpusculis globosis, viridibus, singulis binisve, aculeatis, aculeis fasciculatis acutis. 
Xanthide fascicule, a corpuscules globuleux, verts, solitaires ou binaires, epineux, ayant les Epines 
aizues en faisceaux. 


Xanthidium aculeatum, Abhandl. d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 318. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich fand diese häufigere Art mit der vorigen im Sommer 1832. Alle Verhältnisse sind ähnlich, nur sitzen die Stacheln zu 
2 oder mehr bündelweise, so dass sich 4 bis 6 Bündel im Umkreise zeigen. Einige dieser Formen hatten stumpfe Polyedergestalten. 


| 


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148 


Wie weit die Variationen der Arten hier gehen, habe ich noch nicht fest ermitteln können, aber das häufige und beständige Vorkom- 
men der gleichen Formen bestimmte mich neuerlich zu schärferer Unterscheidung, die vielleicht sogar noch verstärkt werden muss. Fos- 
sil ist diese Form noch nicht vorgekommen. — Grösse '/ıs bis *, Linie. Stacheln etwa '/; der Kugeldicke lang. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XXIV. 


Es ist eine runde und eine polyödrische Doppelkugel dieser Art abgebildet; beide sind 300mal im Durchmesser vergrössert. 
Fig. a. ist die polyädrische Form (# polygonum), welche sehr an Arthrodesmus quadricornis erinnert. Fig. d. ist die runde Normalform, welche 
bei # die grosse helle Drüse -zeigt. ’ 


170. Xanthidium furcatum, gablige Doppelkletie. Tafel X. Fig. XXV. 


X. corpusculis globosis, viridibus, singulis binisve, aculeatis, aculeis sparsis apice furcatis. 


Xanthide fourchu, a corpuscules globuleux, verts, soltaires ou binaires, epineux, ayant les &pines 
@parses, en fourche simple au bout. 


Xanthidium furcatum,, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 318, 
Xanthidium furcatum, Bericht d. Berl. Akad. d. Wissensch. 1836. p. 114. Amtlicher Bericht d. Versamml. d. deutschen Na- 
turforscher in Jena 1836. 21. September. p. 76. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Auch diese Art wurde mit vorigen 1832, aber seltener, beobachtet. Die Einzelkugeln sind rund. Bei eintretender Längs- 
theilung werden die beiden Hälften jede für sich länger als breit, aber die ganze Doppelkugel wird breiter als lang. Die Duplicität 
scheint hier Fortpflanzungs-Zustand zu seyn. Bei Ewastrum ist sie Character. Ich fand Exemplare, die überall mit gabelförmigen 
Stacheln besetzt waren, andere, die deren nur am Rande 6—7 einzeln oder jederseits hatten. Manche hatten nur einige Stacheln ga- 
belförmig, doch waren dann die meisten andern wenigstens oben breit und abgestutzt, nur hie und da eine zugespitzt. Im Allgemeinen 
schliesst sich diese Form zunächst an X. acwleatum, hat aber verhältnissmässig längere Stachel. Eine grosse Kugeldrüse in der 
Mitte war vorhanden. — Grösse "Js — '/. Linie. Länge der Stacheln '/ der Körperlänge. 

Diese so auffallend gebildete Form ist noch besonders durch das fossile Vorkommen einer ganz ähnlichen Gestalt sehr merk- 
würdig geworden, welche ich im Anfange Septembers 1836 in Delitzsch in den dortigen schwarzen und grauen Feuersteinen entdeckte. 
Grösse und Gestalt der Körperchen im Feuersteine passen höchst auffallend auf diese noch lebende organische Form, nur sind die fos- 
silen Körper selten doppelte, meist einfache, überall mit gabligen Strahlen besetzte Kugeln. Da es noch andere organische Körper 
giebt, welche eine etwas ähnliche, obwohl nicht so gleiche, Korm haben, so liegt ein Zweifel über die hier angenommene Natur der- 
selben nahe. Ich würde auch die Aehnlichkeit der Form nicht hoch anschlagen, wenn nicht gleichzeitig Peridinien in diesen Kie- 
selmassen eingeschlossen wären, über deren völlig sichere Infusorien-Natur kein verständiger Zweifel mehr obwalten kann. Uebrigens 
hat auch Xarthidium (ramosum) delitiense zuweilen gablige Stacheln, doch unterscheide ich diese durch ihre immer dazwischen vor- 
kommenden wenigstens 3strahligen Stacheln. Nur der Zweifel könnte Berücksichtigung verdienen, ob nicht einige der stachligen fos- 
silen Formen zur Gattung Peridinium gehören. 


Erklärung der Abbildungen Tafel X. Fig. XXV. 


Es sind 2 Doppelkugeln bei 300maliger Vergrösserung des Durchmessers dargestellt. Fig. @«. ist kleiner und auch auf der Seite mit Gabel- 
stacheln besetzt; Fig. 6. grösser, nur am Rande mit dergleichen versehen. 


171. Xanthidium? ramosum, ästige Doppelklette. 


X. corpusculis globosis, singulis binisve, aculeatis, aculeis undique sparsis, apice trifidis aut ramosis. 


Xanthide rameuzx, a corpuscules globuleux, solitaires ou binaires, Epineux, ayant les Epines eparses 
en tout sens, trifides au bout ou rameuses. 


Xanthidium ramosum, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 114. Xanthid. (delitiense), Bericht, Jena, p. 76. 
Polypeneier, Tureın, Comptes rendus de l’Acad. d. sc. de Paris, 1837. 9. Feyr, p. 313. Fig. B. C.D. 


Aufenthalt: In den Feuersteinen der Kreide. 


Diese Art ist bisher nur fossil sehr häufig im Innern der Kieselmasse der Feuersteine von Delitzsch, und neuerlich auch ein- 
mal einzeln in einem Feuersteine der Mark von mir beobachtet worden. Sie ist häufig auf das allerschönste ganz erhalten und zuwei- 
len in Gruppen zu 8 bis 10 beisammen, öfter aber einzeln verstreut. Viele sind nur als Fragmente noch übrig. In manchen faust- 
grossen Feuersteinknollen liegen sie sammt 2 Arten von Peridinium so dicht gedrängt, dass sie mit diesen als die Feuerstein - Masse 
bildend anzusehen sind. Die Zahl der Stacheln im Umkreise ist verschieden von 6—20, und die Grösse der ganzen Körperchen 
sammt den Stacheln schwankt zwischen */o6 bis "/2« Linie, die des Körpers zwischen "/io2 bis "/4s Linie. Nicht selten sind die Sta- 
cheln dem Durchmesser des Körpers gleich, zuweilen kürzer, längere sah ich nie. Neuerlich habe ich bei einigen Exemplaren Spuren 
einer Queerrinne beobachtet. Sollte sich dieses Organisations-Verhältniss durch deutliche (vielleicht zufällig von ihren, die Betrachtung 
störenden, Stacheln entblösste) Exemplare fest begründen lassen, so würden wohl die fossilen Formen dieser Art zur Gattung: Peridi- 
nium zu stellen seyn. Auch Peridinien werden durch Längstheilung doppelt. Von Xanthid. ramosum sah ich viele Hunderte 
schön erhaltener Exemplare, und auch neuerlich mehrere doppelt. 

Herr Turrın in Paris hat 1837 mein obiges Urtheil über diese fossilen Formen der Xanthidien und Peridinien ganz auf 
die Seite geschoben und sie für Polypeneier der Oristatella vagans erklärt. Derselbe mikroskopische Beobachter hat auch früher die 
Eier eines Räderthierchens, wohl der Salpina mucronata, welche an Conferven angeheftet sind, unter dem Namen Bursella oli- 
vacea als eigene Pflanzengattung beschrieben und im Diet. d’hist. nat. Tab. XI. Fig. 18. abgebildet. Auch die Eier eines andern 
Räderthierchens ‚ wohl der Triarthra, hat er als Pflanzengattung Erythrinella annularis ebenda beschrieben und Fig. 17. abge- 
bildet. Das erstere wurde nebenbei schon im Jahre 1831 bei. Gyges (Abhandl. der Berl. Akad. 1831. p. 61.) angezeigt. Man sieht 
daraus, dass auch eine vielfache Uebung im mikroskopischen Beobachten ohne gute Critik zu starken Fehlgriffen leitet. Im Uebrigen 
ist es erfreulich, dass Herr Turrın die Formen keineswegs als Fragmente, sondern als wohl erhaltene geschlossene Organismen mit- 


VE nat 


149 


erkannt und gezeichnet hat. Die Täfelchen des Fenersteins, wonach Herr Tvrrın seine Zeichnungen gemacht hat, hatte ich auf den 
Wunsch des Herrn v. Humsoıpr Herrn Araco und der Pariser Akademie ‚ wie es auch Herr Turrın meldet, überreicht, aber ich 
hatte auch vorher, was dieser nicht meldet, sowohl Berichte, als noch weit detaillirtere Zeichnungen sowohl im September 1836 der 
Versammlung der deutschen Naturforscher in Jena, als im December der Berliner Akademie vorgelegt. Die Besorgniss des Herrn Tur- 
rın, dass die damals von mir gegebenen Namen das Schicksal rascher Vergänglichkeit mit andern theilen und der Wissenschaft lästig 
werden möchten, weswegen ihm nöthig dünkt, noch andere (unvergängliche) Namen zu geben (!), scheint nicht nahe zu liegen. Die 
Vergleichung mit Cristatellen-Eiern, deren Form nicht, wie man daraus schliessen könnte, Herr Turrın 1837 entdeckt hat, sondern 
welche der englische Gelehrte Gramam Darzerı im Jahre 1834 (Jameson’s New Edinb. Philos. Journal XVII. ?. 411.) zuerst 
beobachtete, ist desshalb unstatthaft, weil die fossilen Körperchen des Feuersteins eine viel geringere und sehr variable Grösse haben, 
wie sie bei Eiern nur als seltene Missbildung vorkommt, auch nicht linsenförmig und nicht bloss am Rande, sondern überall stachlig 
sind (wie überhaupt die Genauigkeit von Herrn Turrıw’s Abbildungen der fossilen keinesweges genügend ist), und weil sie zuweilen 
doppelt vorkommen. Durch eine Missdeutung der kleinen Federzeichnungen, welche ich auf die Couverte der Täfelchen zur Orien- 
tirung entworfen hatte, hat Herr Turrın vermuthet, dass ich die mit seiner Fig. C. bezeichneten Körper eben so Peridinium ge- 
nannt habe, als die mit seiner Fig. Z. bezeichneten. Das wird ihm aber niemand glauben, da nur Fig. Z. das glatte Peridimium 
(Kranzthierchen), und Fig. ©. das stachlige Aanthidium (Klettenthierchen) seyn kann. Das Peridinium hat Herr 
Turrın verkehrt abgebildet, wodurch es allerdings einer Bischofsmütze (!) ähnlich geworden. Ein ihm wichtiges äusseres Organ bei 
Fig. C., das er mit @ bezeichnet hat und wohl unter dem, mit dem Penis des vegetauz (! ) ?. 307. zu vergleichenden, Organe mit 
versteht, scheint mir nur einer der Stacheln zu seyn, dessen Wiederhaken abgebrochen sind. Ich erwartete von einem Referenten einer 
Akademie gerechtere Anerkennung, und sehe in Zurücksetzung meiner Mittheilungen und in diesen neuen, von Herrn Turrın den von 
ihm nicht entdeckten und nicht verbesserten Dingen gegebenen, Namen keinen Vortheil für die Naturwissenschaften. 
Eine Abbildung hat nicht mehr auf die schon 1835 fertige Tafel X. aufgenommen werden können. 


172. Xanthidium? difforme, unregelmässige Doppelklette. Tafel X. Fig. XXVI. 
X. corpusculis turgidis, ovatis, viridibus, singulis binisve, lacerato-aculeatis, aculeis curvis obtusis. 


Xanthide difforme, “a corpuscules gonfles, ovales, verts, solitaires ow binaires, irregulierement epi- 
neux, ayant les epines courbees et obtuses. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese kleine Form gleicht einem Packet von jungen Closterien, scheint mir aber hierher zu gehören, da die kleinen krum- 
men Hörner in der Mitte mit einem rundlichen, nicht platt gedrückten, Körper zusammenhängen. Wären sie flach, so würden sie zu 
Euastrum gehören können. Ich fand sie mit Micrasterien nicht selten bei Berlin. Mevyen könnte diese Form unter seinem ‚Scao- 
naedesmus pectinatus (Fig. 35.) begriffen haben, und Kürzıne könnte sie Micrasterias lacerata genannt haben (s. Arthrode- 
smus pect.), doch passen diese Beobachtungen nur zum Theil. Ich sah wiederholt 2 solcher Körper zusammenhängen, als wären sie 
durch Selbsttheilung so eben getrennt. — Grösse '/;s Linie. 


Erklärung der Abbildung Taf. X. Fig. XXVI. 


Es sind 2 noch zusammenhängende, aber ganz selbstständige, Exemplare abgebildet, welche 300mal vergrössert wurden. 


Nachtrag zur Gattung Xanthidium. 


Einige vielleicht mit dieser Gattung in näherer Beziehung stehende Formen habe ich, weil sie zusammengedrückt, nicht rund 
angeschwollen sind, zur Gattung Euastrum gestellt. Spätere tiefere Forschung muss erst noch mehr Details über die Organisation 
und Entwickelung geben, ehe diese ähnlichen Bildungen ihre sichere systematische Stelle erlangen. 


FUNFZIGSTE GATTUNG: VIERLING 
Arthrodesmus. Arthrodesme. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei univalvi, compressa aut divisione 
spontanea in tabellae aut taeniae compressae articulatae formam abiens, articulis arete con- 
tiguis. 

CARACTERE: Animal de la Jamille des Bacillaries, lihre, ayant une carapace simple, univalve, 


comprimee, ou se multipliant par la division spontande en forme de tabletie ou de 


ruban comprime et articule, ayant les articulations entierement contigues les unes 
aux autres. 


Die Gattung der Vierlinge zeichnet sich in der Familie der Stabthierchen durch freie Selbststän- 
digkeit und einen einfachen einschaaligen Panzer aus, welcher entweder selbst schon flach zusammengedrückt 
ist, oder durch Selbsttheilung zu einem flachen gegliederten Täfelchen oder Bande wird, dessen Glieder eng 
aneinander anliegen. | 


38 


2. es. 


en u 


-— gun — 


Die Gattung der Vierlinge wurde 1828 von Turrın in Paris zuerst verzeichnet, und es wurden 
von ihm unter dem Namen Achnanthes 9 Arten als Pflanzen beschrieben und in grossen Abbildungen dar- 
gestellt. Im Jahre 1829 bezeichnete MeyEn 5 gleiche Arten unter dem neuen Gattungsnamen Scenedesmus, 
den er auch Scaenaedesmus schrieb, ebenfalls als Pflanzen, und gab kleinere wenig detaillirte Abbildungen. 
Herr Meyern war im Herbste 1828 durch mich vom Vorhandenseyn der Turpiw’schen Namen unterrichtet, 
hat aber nicht für nöthig gehalten, die seinigen danach abzuändern. GumLenm rügte 1830 (Bulletin des 
sc. nat. XXI. p. 451.) die Vermehrung der Namen. MEyEN antwortete in der Zsis 1830. ». 162. und nannte 
diese Gattung Scaenedesmus. Im Jahre 1832 nahm ich diese Formen, ihrer Selbsttheilung halber, bei den 
polygastrischen Infusorien auf und zog vor, den Namen der Gattung sprachgemäss Scenodesmus zu schreiben. Im 
Jahre 1833 beschrieb Kürzıns 16 Arten der Gattung Scenedesmus in der Zinnea wieder als Pflanzen, de- 
ren er aber nur 8 selbst beobachtet hatte. Eine Critik dieser Arten lieferte ich noch in einer Note zu der 
1833 gedruckten Abhandlung von 1832. Zuletzt hat Meyen in Wiesmann Archiv 1835. I. p. 250. einiges 
über seine Pflanzengattung Scenedesmus nachgetragen. Ich habe im Jahre 1855 den Namen Scenedesmus, 
welcher vom Verfasser selbst eine dreifache Orthographie erhalten hatte und in der Meinung gebildet zu 
seyn scheint, dass 0z7vn ein Körper und Scenedesmus ein Körperbund (congeries corporum) heisse, in 
Arthrodesmus umgewandelt, denn anders als domus oder fugurium animae, Hütte der Seele, mag wohl 
on, scena, nirgends einen Körper bezeichnen, und Scenedesmus lässt sich nur als Zeltbund oder Hütten- 
bund übersetzen, was hart wäre. Im gegenwärtigen Werke habe ich die Zahl der Arten auf 6 redueirt. 
— An thierischer Organisation hat die Gattung bedingungsweise wohl mehrere Details erkennen lassen. Zur 
Begründung ihrer Stellung bei den Thieren würden diese aber an sich nicht ausreichen. Ortsveränderung 
und Panzeröffnungen sind noch nieht beobachtet, aber ersteres ist auch bei Polypen und Austern kein 
thierischer Character, und die gepanzerten Infusorien haben sämmtlich Schwierigkeit im Erkennen des or- 
ganischen Details. Der thierische Hauptcharaeter ist die Selbsttheilung und die Analogie ihrer Bildung und 
ganzen Erscheinung durch die Zellensternchen (Mierasterias) und die Sternscheiben (Zuasirum) 
mit den Naviculis. Ihre Verwandtschaft zu diesen Thieren ist grösser, als zu irgend einer Pflanze. Ne- 
ben der Analogie mit den Naviculis u. s. w. in Hinsicht auf die äussere Erscheinung zeigen sie aber auch 
einige nicht zu übergehende übereinstimmende Details im Innern. Die grüne innere Färbung der pergament- 
artigen Zellen besteht aus sehr feinen gleichartigen grünen Körnchen, die grosse Aehnlichkeit mit Eiern ha- 
ben, und in jeder Zelle befinden sich 1 bis 3 hellere drüsige Körperchen, welche sich mit Samendrüsen 
allerdings vergleichen lassen, oft auch finden sich daneben mehrere erystallhelle Bläschen, welche den po- 
lygastrischen Magen der Infusorien gleichen. Diese Verhältnisse finden sich bei allen hier verzeichneten Arten. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist von Paris bis Berlin beobachtet. 


123. Arthrodesmus quadricaudatus, geschwänzter Vierling. Tafel X. Fig. XVI. 


A. viridis, corpuseulis oblongis, divisione spontanea sensim quaternis aut octonis, aequaliter eoniunetis. mediis apice 
B P 815, D | ’ 
rotundatis, extremis saepius cornutis, hine polypariis saepe quadricaudatis raro multicornibus. 


Arthrodesme qguadricaude, a corpuscules oblongs, souvent par division spontande imparfaite 4 ou 
8 en chaine droite ou en polypier, a quatre cornes (ceus du milieu arrondis au bout, les chefs 
de file sowvent seuls, quelquefois avec d’autres, cornus des deux cötes). 


Achnanthes bijuga , 
—_ quadrijuga , | Turrın, M&moires du Museum d’hist. nat. XVI. p. 309. seq. Pl. 13. Fig. 4, 5, 6. 1828. 
— quadricauda , 
Scenedesmus maynus , 
— longus , | Meyen, Nov. Act. Nat. Cur. XIV. p. 774. Taf. 43. Fig. %6, 97, %, 29, 33. 18%9. (1828.) 
== pectinatus? 
Scenodesmus quadricaudatus, 
— «© cornulus, | Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 309, 311. 
—_ P# ecornis, 
Scenedesmus magnus, 
= lonyus , 
— Leibleini, 
== minor , 
— trijugatus , 
— bijugatus , 
Scenedesmus ellipticus , 
== ‚caudatus, 
Arthrodesmus quadricaudatus in WıEsmAnN’s Archiv f. Naturg. 1836. II. p. 185. 


Aufenthalt: Bei Paris, Carlsbad, Weissenfels, Potsdam und Berlin beobachtet. 


Kürzıne, Synops. Diatom. Linnea, 1833. p. 607. Tab. XIX. Fig. 97, 98, 9. 


\ Corpva, Almanac de Carlsbad, 1835. Taf. IV. Fig. 48, 50. 


Diese Form ist mit 10 verschiedenen Specialnamen belegt worden, weil ihre Entwickelung eine grosse Mannichfaltigkeit der 
Gestalten bedingt. Turrın hielt die Zahl der Stäbchen und die Hörner für unveränderlich und machte danach verschiedene Arten. 
Mexen und Corpa nahmen keine Rücksicht auf die Vorgänger. Kürzıne zertheilte die einzelne Art nach ihren Formverschiedenhei- 
ten in 6 Arten. Sehr zahlreiche Beobachtungen zahlloser Mengen dieser Formen haben mich überzeugt, dass weder die Zahl der Glie- 
der, noch die Anwesenheit von Hörnchen unveränderliche Charactere sind. Neuerlich hat Mexen (Wırcmann’s Archiv f. Naturg. 


151 - 


1835. 1. p. 250.) wieder, wie anfangs, auf die Grössen besonderes Gewicht gelegt. Zuweilen aber sind einfache Stäbchen, auch dop- 
pelte und dreifache, mit und ohne Hörnchen, gleich gross erwachsen, zuweilen giebt es von allen Formen, auch $theilige, von etwas 
kleinerer Statur. Die Selbsttheilung, welche die Vorgänger nicht beachteten und die ich nun vielfach gesehen, kann im jüngeren und 
im älteren Zustande eintreten. Die Grundform ist ein einfaches eiförmiges oder cylindrisches Stäbchen und dieses wird durch Selbst- 
theilung oft doppelt, dreifach bis 4fach, zuweilen Sfach, bandartig, mit den Zwischenstufen, daher alle diese Formen. Die 3fachen 
hielt Meyen für eine Monstruosität, Kürzıng für besondere Art. Wer flüchtig beobachtet, sieht 3, wo noch ein 4tes leeres vorhan- 
den ist. Gewöhnlich bildet es, wenn es die Selbsttheilung abschliesst, .an den Endgliedern je 2 (4) Hörnchen oder fadenartige Fort- 
sätze, doch 'theilen sich zuweilen die mittleren noch fort. Mrvex will zwar seine anderen Art-Namen 1835 damit vertheidigen, dass 
quadricaudatus, vierhörnig, nicht allen Individuen zukomme, allein (@ potiori fit denominatio) Turrın's Name war recht gut. 
Manchmal bekommen, doch sehr selten, auch die mittleren Stäbchen Hörner, zuweilen, aber noch seltener, haben die Endglieder noch 
ein Horn in der Mitte, also je drei (6) Hörnchen. Die Länge der Hörnchen ist sehr verschieden, oft fehlen einzelne, oft sind es nur 
Warzen. Zuweilen sind sie doppelt so lang als die Stäbchen. Jedes Stäbchen besitzt eine (oder 2?) besondere Oeffnungen an den 
Enden, wodurch es einzeln den grünkörnigen Inhalt entleeren kann. Im Innern jedes Stäbchens ist ein drüsiger, heller, rundlicher Kör- 
per. Turrın zeichnete 3, und MErven nennt sie noch 1835: p. 251. drei grosse Sporidien (Samen) jeder (Pflanzen-) Zelle. Es 
findet sich in jedem Stäbchen ein einzelner gelblicher Körper, aber daneben sind noch oft 1 bis 2 grössere vergängliche erystallhelle 
Bläschen, deren ich auch 6 bis 8 kleinere zählte. Ersterer könnte eine Samendrüse seyn, letztere lassen sich mit Magenzellen verglei- 
chen. Die grüne Farbe wird durch sehr feine Körnchen gebildet, die Eier seyn könnten und welche eben periodisch entleert werden. 
Die leeren Schaalen oder durchsichtigen eilosen Körperchen habe ich öfter den ganzen Winter hindurch sich erhalten gesehen. Cor- 
oa’s Zeichnung des Sc. caudatus ist besser als die von Meven und Turrın. Ortsveränderung ist deutlich nach einiger Zeit zu 
beobachten, doch höchst langsam und der der Glosterien ähnlich. Ich sah sie besonders deutlich am 5. Aug. 1834 zuerst. Ich 
habe diese Formen mehrere Jahre lang ununterbrochen in demselben Gefässe auf der Stube fortdauern und sich fortentwickeln gesehen. 
Im ersten Frühling sind sie häufig zwischen Oscillatorien.‘ Turrın fand sie bei Paris mit Conferven, MerEx mit Halcyonella sta- 
gnorum in Potsdam, ich in Torflachen mit schleimigen zerstörten Pflanzentheilen bei Berlin. Kürzınsa fand sie mit Conferven und 
Diatomeen bei Weissenfels, Corpa bei Carlsbad. — Grösse der einzelnen Stäbchen "/is2 bis "/os Linie, der Ketten — '/;s Linie 
beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XVL. 


Es sind 17 Gruppen dieser Art in verschiedenen Entwickelungsgestalten und in 2 Vergrösserungen vorgestellt. Fig. a. ist 820mal, alle übri- 

gen sind 450mal vergrössert. E 

Fig. a. ist eine 8gliederige Kette (mit ihren Eiern, Samendrüsen und Magenblasen?) 820mal vergrössert, von der Fläche gesehen. 

Fig. 6., 450mal vergrössert, eine ähnliche Gruppe; Fig. e. dieselbe von der Kante gesehen; Fig. d.. eine ungeschwänzte ähnliche Form; Fig. e. eine 
viergliederige sehr langhörnige Gruppe; Fig. f. weniger langhörnig; Fig. g. ein sehr junges viergliederiges Exemplar, !/,s, Linie gross; Fig. A. mit 
warzenartigen sehr kurzen Hörnchen; Fig. ©. ohne alle Hörnchen; Fig. 4. ein jüngeres Exemplar; Fig. /. ein viergliederiges mit einem leeren Stäb- 
chen; Fig. . ein anderes mit 2 dergleichen; Fig. z. ein ganz leeres mit convergirenden Spitzen; Fig. 0, ein 2gliederiges mit abwechselnd fehlenden 
Spitzen; Fig. p. ein 2gliederiges mit 4 Spitzen; Fig. g. ein 3gliederiges mit 3 Spitzen; Fig. r. ein 4gliederiges mit 6 Spitzen. 


174. Arthrodesmus pectinatus, kammartiger Vierling. Tafel X. Fig. XVII. 


A. corpuseulis viridibus, fusiformibus aut ohlongis, in linea recta saepe quaternis et octonis, exterioribus utrinque 
lunatis. 2 

Arthrodesme peigne, a corpuscules vertis, fuseles, sowent 4 vu 8 ussocies en ligne droite, les ex- 
/erieurs semilunaires. 


Achnanthes dimorpha , 
_ bilunulata, 
Scenedesmus pectinalus, MEyEn, Nov. Act. Nat. Cur. XIV. p. 775. Tab. 43. Fig. 34. 18%. 
Scenedesmus bilunulatus, 
—_ dimorphus, | Kürzıne, Synops. Diat. Linnea, 1833. 608. Taf. XIX. Fig. 93. 
— pectinatus, 
Scenodesmus quadricaudatus 8 ecornis? Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 34. 


N Turrın, Memoires du Mus. XVI. p. 309. Pl. 13. Fig. 11—12. 1838. 


Aufenthalt: Bei Paris, Weissenfels , Potsdam und Berlin beobachtet. 


Die frühere beste Abbildung dieser Art ist die erste von Turrın, die späteren waren zu gering vergrössert. Die 3 hellen 
Flecke in der ersteren sind aber ja nicht etwa für Samen zu halten. Einer davon ist gelblich, die andern beiden sind weiss, und es 
giebt solche weisse, periodisch verschwindende, Stellen noch mehr. Vielleicht sind diese 2 grösseren doch contractilen Samenblasen 
vergleichbar. Ich habe sie bisher richtiger für Magenzellen halten zu dürfen geglaubt. Die Selbsttheilung tritt bei den krummen und 
geraden Stäbchen ein, und ich sah deren zu 6 und 7. Ich beobachtete diese Form erst selbst am 3. und 5. Aug. 1834 und wieder 
am 2. April 1835 zahlreich mit Micrasterien bei Berlin. Turrın’s Name dimorphus hätte die Priorität, allein er hat deren 2 
gegeben. Meven hat unter Se. peetinatus wohl 3 verschiedene Körper vereinigt. Fig. 33. ist wohl Arthr. quadricaudatus oder 
vielleicht Tessararthra, Fig. 35. könnte Xanthidium difforme seyn. Die Abbildungen erlauben keine sichere Deutung. — Grösse 
Ye — 2 Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XVI. 


Es sind 4 Gruppen bei 450maliger Vergrösserung dargestellt. 
Fig. a. und d. sind vierstäbige Normalformen. Fig. 6. hat auf beiden Enden Selbsttheilung. Fig. ce. hat 3 Stäbchen in der Selbsttheilung. 


175. Arihrodesmus acutus, wechselnder Vierling. Tafel X. Fig. XIX. 


A. corpusculis viridibus, fusiformibus aut oblongis, spontanea divisione in linea recta alternis. 


Arthrodesme alternant, a corpuscules verts, oblongs ou fuseles, alternants en ligne droile par dı- 
vision spontanee. 


152 “ 


Achnanthes quadralterna , 
_ octalterna , | Turrın, M&m. du Museum XVI. p. 310. Pl. 13. Fig. 7,8, 9. 1828. 
—_ obligua,, 
Scenedesmus acutus , 
— obtusus , 
Scenodesmus acutus, 
— obtusus, 
Scenedesmus quadralternus , | 


| Meven, Nov. Act. Nat. Cur. XIV. p. 775. Taf. 43. Fig, 30, 31, 3%. 18%. 


N Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833, (1832.) p. 310, 311. 


— octalternus, 
aculus, 
obliquus , 
duplex? 


Aufenthalt: Bei Paris, Weissenfels, Halle, Potsdam, Berlin. 


ah 


| Kürzıng, Synops. Diat. Linnea, 1833. p. 608, 609. Tab. XIX. Fig. 94, 95, 96, 100.2? 


Turrıy’s erste Namen für diese Form wurden von Mrven übergangen und sie sind zu hart gebildet, als dass sie, nachdem 
noch andere unnöthig gegeben worden, wieder herzustellen wären. Auch bin ich, zahlloser Beobachtungen ungeachtet, noch nicht im 
Stande, die Formen überzeugend zu begrenzen. Ich habe die Sonderung der Art nicht herbeigeführt, nur angenommen, weil das Ge- 
gentheil unerweislich blieb. Die Formen, welche 2 geschiedene Reihen neben einander bilden (Achn. obligua Turr., Fig. 30. Meren 
und Scened. duplex Kürz.), könnten durch gerade Queertheilung eine eigene Art oder Gattung seyn. Giebt es schiefe Queerthei- 
lung und Längstheilung in der Gattung gleichzeitig? Es giebt 2—4stäbige und 8stäbige, spitzere stumpfere, dickere dünnere, gera- 
dere krummere Stäbchen. Die Organisation ist wie bei den vorigen. Häufig im Juli mit Oscillatorien. Vielleicht sind auch die For- 
men dieser Art unter die früheren zu vertheilen, wie es 1835 wohl auch Meyen p. 251. nun scheint. (Vergl. d. Nachtrag). — Grösse 


bis u; Linie. 
Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XIX. 


Es sind 5 Bacillarienstöcke zu 4 und 8 Stäbchen abgebildet, alle 450mal vergrössert. 
Fig. a. eine 8stäbige Gruppe mit einem gekrümmten Endgliede. Fig. 6. ebenfalls 7- bis 8stäbig mit 2 gekrümmten Endstäbchen. Fig. e. eine 5stä- 
bige Gruppe. Fig. d. eine 7stäbige. Fig. e. eine 4stäbige. — Es ist schiefe Queertheilung deutlich zu erkennen. 


176. Arthrodesmus convergens, umarmender Vierling. Tafel X. Fig. XVIN. 


A. corpuseulis viridibus, ovatis, leviter compressis, geminis aut quaternis, singulis bicornibus, geminorum cornibus 
curvis convergentibus. 


Arthrodesme embrassant, a corpuscules verts, ovales, legerement comprimes, binaires ou qualer- 
naires, ayanıt chacun deux cornes courbees, qui s’ embrassent. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese ausgezeichnete Form habe ich 1834 und wieder am 10. Juni 1835, auch im Sommer 1836 mit Oscillatorien einzeln 
bei Berlin, aber öfter, beobachtet. Sie gehört vielleicht einer besondern Gattung an, deren Character sich an Zuastrum anschliesst, 
und ist mit den beiden folgenden Arten sehr eng verbunden. Ob zu einem Organismus 1 oder 2 Glieder gehören, ist unklar geblie- 
ben, letzteres ist bei Zuwastrum der Fall. Körnige grüne Masse und eine mittlere Drüse waren deutlich. — Grösse bis Yas Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. XVII. 
Fig. a. zweigliederig, gleichartig. Fig. 5. 4gliederig mit kleineren Mittelgliedern durch knospenartige Entwickelung bei Selbsttheilung. Oefter sah 


ich auch ungleiche 2gliederige Formen, aber keine grösseren Bänder. 


177. Arthrodesmus ociocornis, achthörniger Vierling. 


A. corpusculis viridibus, leviter compressis, quadrangulis, binis, singulis quadricornibus. 


Arthrodesme octocorne, 4 corpuscules verts, legerement comprimes, quadrangulaires, binaires, cha- 
cun ayant 4 cornes. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich fand diese Form mit Navieulis und Conferven in diesem Frühjahre am 2. März 1837. Sie erinnert an ein Aanthi- 
dium aculeatum und gleicht in der Form fast ganz dem X. Jaseieulatum Fig. a., ist aber 4- (—5-)eckig, nicht rund , sondern 
flach, und hat einfache Hörner, zeigt auch nicht die bewegten Körper der Euastren. Ich sah im Innern eine Längsreihe von 5 hel- 


len Bläschen und das Grün feinkörnig. Die divergirenden äusseren Hörnchen gleichen kaum dem Queerdurchmesser des Einzelgliedes, 
die inneren 2 convergiren. — Grösse !/os — "oo Linie. 
Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


178. Arthrodesmus Truncatus, gestutzter Vierling. 
A. corpusculis viridibus, leviter compressis, campanulatis, geminis, extus truncatis, spinulosis. 


Arthrodesme trongue, ü corpuscules verts, legerement comprimes, campanules, binaires „ tronques 
au bout exterieur et epineux. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich entdeckte diese Art am 26. Juni 1835 mit Euglena sanguinea, sah sie wieder am 17. Juli mit Conferven und Eu- 
slenen, und fand sie am 2. März 1837 mit Xanthidien und Desmidien wieder. Sie hat grüne Körnchen und eine runde helle 


Bi in der Mitte. Die Stacheln gehen vom abgestutzten Rande senkrecht aus, 2 bis 4. — Grösse ohne die Stacheln Ys, mit die- 
sen '/4u Linie. 


Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


—— 8 


Nachtrag zur Gattung Arthrodesmus. 


Alle diese Formen verlangen noch ein genaueres Studium mit starken Vergrösserungen. Den auffallenden Character schiefer 
und queerer Selbsttheilung, welchen viele Gestalten zeigen, die ich in die einzige Species Arthr. acutus vereinigt habe, während die 
Haupt-Arten gerade Längstheilung besitzen, habe ich wegen Mangels an eigener Klarheit der Uebersicht dieses Verhältnisses nicht 
stark hervorgehoben, obschon er besondere Aufmerksamkeit verdient. Ebenso verdient dergleichen die mittlere Knospenbildung bei Arthr. 
convergens und eine Spur mittlerer Zapfenbildung bei den beiden zuletzt verzeichneten Arten, die nahe an Odontella antreten. ‚Sce- 
nedesmus moniliformis Kürzına ist Tessararthra, und Sc. stomatomorphus Kürzıns gehört wohl zu Micrasterias oder ist 
die einfachste Form von Odontella. Scenedesmus Pyrus von Corpa (Almanac de Carlsbad 1835.) gehört wohl zu Arthr. acu- 

tus, sein Sphaerozosma aber zu Odontella. Zur Gattung Arthrodesmus könnte Grevirıe’s Desmidium eylindricum gehören. 
Eine von mir im Juli 1829 in Catharinenburg im Ural gemachte Zeichnung scheint zu Arthr. quadricaudatus ecornis zu gehören. 


EINUNDFUNFZIGSTE 6ATTUNG: ZAPFENKETTE. 
Odontella. Odontelle. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei univalvi, complanata, divisione 
spontanea imperfecta in taenias planas articulatas lacunosas abiens, articulis singulis pro- 
cessibus pluribus aut singulo conjunctis. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, ayant une carapace simple, univalve, 
comprümee, se multipliant par la division spontanee imparfaite en forme de rubans 
aplatis arlicules, sowvent perce ü jour, les articulations s’attachant par de petits 
tenons. 


Die Gattung der Zapfenketten gehört zur Familie der Bacillarien und unterscheidet sich durch 
freie Selbstständigkeit, durch einfachen, einschaaligen, flachen Panzer und durch eine gegliederte bandartige 
Stockbildung, deren einzelne Glieder nicht anliegend, sondern durch Zapfen verbunden sind, daher durch- 
brochene oder buchtige Bänder bilden, von allen übrigen Formen der Familie. 

Die Gattung Odontella bildete Acarnn 1832 aus Lyxerve’is Diatoma auritum und Fragilaria 
Fasciata unter den Pflanzen. Vielleicht gehören auch hierher die Gattungen G@eminella von Turrın 1828 
und Sphaerozosma von CorvA 1835, wenn letztere beide nicht Fragmente von Algen sind. Kürzıne hat 
1833 die Gattung wieder mit Diatoma verschmolzen. Ich habe erst nach dem Stich der 10ten Tafel die 
deutliche Anschauung einer solchen Form gehabt, die ich daher auf Tafel XVI. noch aufgenommen und als 
besondere Gattung Odontella in den Abhandl. d. Berlin. Akad. 1835 angezeigt habe, während ich vorher 
eine andere, weniger deutliche, auf Tafel X. als Tessararthra filiformis abbildete. Jetzt sind 3 bis 4 Ar- 
ten bekannt. Die Arten, welche 2 Zapfen haben, stellen durchlöcherte Bänder vor. — An Organisations- 
verhältnissen ist Folgendes ermittelt. Die innere fürbende körnige Masse könnten Eier seyn. Bei 0. fili- 
Jormis sind 3 Bläschen erkannt, deren mittlere vielleicht eine Drüse, die seitlichen vielleicht Magenzellen 
sind. Bei ©. unidentata ist neuerlich eine solche Drüse noch deutlicher von solchen (Magen-) Bläschen 
unterschieden worden. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist in der Nordsee bei Dünemark und im Süsswasser bei 
Berlin und Carlsbad beobachtet. 


179. Odontella Desmidium, bandartige Zapfenkette. Tafel XVI. Fig. IV. 


O. corpusculis geminis arcte connexis, oblongis, a proximo pari processu dupliei, lato, foramen ovale includente, dis- 
junctis, angulosis. 


Odontelle Desmide, a corpuscules oblongs, binaires, contigus, unguleux, separes des autres paires 
par deux tenons larges bordant un trou ovale. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese sehr liebliche Form fand sich zwischen Conferven am 26. Juni 1835. Es war ein durchlöchertes Band von 13 in der 
Mitte eingeschnürten (doppelten) Gliedern mit grünem feinkörnigen und blasigen Inhalt. Zwischen je 2 Doppelgliedern war ein ovales 
Loch. Ich sah dann noch mehrere kleinere und einzelne freie Glieder. — Grösse der Glieder Yos— Yıs Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVl. Fig. TV. 


Fig. 1. ist ein durchlöchertes 12gliederiges Band von der flachen Rückenseite; Fig. 2. ein 43gliederiges von der Kante gesehen, beide mit hervor- 
tretendem Inhalte des letzten Gliedes; Fig.3. ist ein Einzelglied von der Verbindungsseite gesehen; Fig. 4. ein anderes von der flachen Seite (dem 
Rücken) gesehen. Alle sind 300mal vergrössert. 


39 


180. Odontella? filiformis, fadenartige Zapfenkette. Tafel X. Fig. XXI. 
O. corpusculis geminis arcte connexis, ovatis, a proximo pari processu dupliei, gracili, foramen quadratum ineludente 
disjunctis. 
Odontelle? filiforme, a corpuscules ovales binaires contigus, scpares des autres paires par deux 
tenons greles bordant un trou quarre. 


Tessararthra filiformis, Tafel X. Fig. XXI. dieses Werkes. 1835. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich beobachtete diese Form zuerst am 20. Juni 1835, blieb aber lange zweifelhaft, ob es nicht ein Fragment einer zerfalle- 
nen Nostochinen-Alge sey, dergleichen Gorpa 1835 im Almanac de Carlsbad als Sphaerodesmus abgebildet hat. Diese haben 
aber runde Glieder und mehr gallertige Substanz und Ansehen. Jene hatten flache festere Glieder. — Grösse eines Gliedes "/ıss Linie. 


Erklärung der Abbildung Taf. X. Fig. XXI. 


Es ist ein Faden von 18 Doppelgliedern, 300mal vergrössert. 


181. Odontella? unidentata, einzahnige Zapfenkette. 
O. corpusculis geminis saepe inaequalibus ovatis, processu medio unico diseretis. 


Odontelle? unidentee, a corpuscules ovales binaires souwvent inegaux, ayant un seul tenon au 
milieu. 
Sphaerozosma elegans, Corpa? Almanac de Carlsbad, 1835. Taf. IV. Fig. 37. 
Aufenthalt: Bei Berlin, vielleicht auch bei Carlsbad. 


Am 30. Mai 1835 beobachtet. Diese Art ist auffallend durch ihre Entwickelung. Es sind immer 2 grosse und 2 kleine 
Glieder einander abwechselnd zugekehrt, und die Zapfen finden sich abwechselnd zwischen den kleinen und grossen. Diese Entwicke- 
lung erinnert an Arthrodesmus convergens und die Euastra. Corpa’s Form mag wegen anderer Gliederform eine andere Art die- 
ser Gattung seyn. Man muss sich aber sehr vorsehen, nicht die einzelnen Gliederfäden aufgelöster Nostochinen- Algen hierher zu zie- 
hen. Die Gleichheit der Glieder ist kein sicherer Character einer besondern Art. — Grösse der Glieder Yı20 Linie. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung Odontella. 


Die Arten dieser Gattung bedürfen sämmtlich noch schärferer Beobachtung. Die Hauptform, welche Acarnm meint, Odont. 
aurita, ist mir unbekannt geblieben, aber sehr ausgezeichnet. Sie ist bei Lruesye (Hydrophyt. dan. t. 62. 1819.) abgebildet und 
in dem Diet. des sc. nat. von Turrın, auch in der Flora danica t. 1957. (?) copirt. Sie scheint keinen Kieselpanzer zu haben, 
was zu den Desmidiaceen, nicht zu /sthmia passt. Sie fand sich (auf?) zwischen Ceramium elongatum im Winter bei Däne- 
mark in der Nordsee und wurde nur von LynegyE, und nur flüchtig, gesehen. Die Fragiaria fasciata Lyxc». könnte eine Ba- 
eillaria seyn. Das Diatoma biddulphianum Asıron (Biddulphia Grax), siehe Isthmia, ist ebenfalls weiter zu prüfen. Die 
beiden zuletzt verzeichneten Arten von Arthrodesmus sind sammt Corna’s Sphaerozosma elegans vielleicht Formen dieser Gattung. 


Letzteres soll aber rund seyn. (Man vergleiche auch die Gattung Microtheca.) 


ZWEIUNDFUNFZIGSTE GATTUNG: ZELLENSTERNCHEN. 
Micrasterias. Micrasterie. | 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simplici, univalvi, complanata, (divisione 
spontanea imperfecta praecoce, Gonii more?) ad certum corpusculorum numerum stellatim 


in orbem planum consociatum. 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Bacillaries, libre, ayant une carapace simple, univalve, 
comprimee, se groupant (par la division spontane imparfaite en jeunesse, comme 
Gone?) par nombres definis en forme d etoile aplatie. 


‚ Die Gattung der Zellensternchen in der Familie der Stabthierchen wird durch ihre freie Selbst- 
ständigkeit, ihren einfachen einschaaligen platten Panzer, und durch ihre Gruppirung (mit Hülfe unvollkom- 
mener Selbsttheilung in früher Jugend, wie Gonium?) in eine regelmässige Zahl von sternartig im flachen 
Kreise gestellter Körper characterisirt. 

Die Gattung Mierasterias, deren Formen, auch unter eigenen Gattungsnamen, schon früher bekannt 
waren, bildete Acarpn 1827 als ein Glied der Ulven-Familie bei den Algen mit 3 Arten: M. Jfurcata, ra- 
diosa und ricciaeformis, in der Regensburger . bot. Zeitung Flora. LYNeBYE hatte dergleichen Formen 
unter dem Namen Zehinella radiosa 1819 sammt unterliegender Gallerte als Pflanze beschrieben. Diese 


155 - 


nannte Acarpn 1824 Zchinella ricciaeformis, allein seine Micr. ricciaef. bezieht er auf eine Rivularia 
ricciaef. der English botany (?). Schon im Jahre 1825 hatte jedoch Bory DE ST. Vincent diese ähnli- 
chen Formen als Zelierella und ZHeterocarpella in 2 besondern Gattungen im Diet. classig. d’ hist. nat. 
beschrieben, von denen die erstere nur ein Zuastrum, die letztere aber andere Zuastra und Micraste- 
rien und noch andere unklare Formen enthielt. Im Jahre 1828 beschrieb Turrın 3 Micrasterien unter dem 
Namen Zelierella und 2 Euastra unter dem Namen Zeterocarpella, und gab sehr grosse und deutliche 
Abbildungen. Im Jahre 1829 erschienen neue Namen mit weniger detaillirten, aber zahlreicheren, Abbil- 
dungen für dieselben Körper von Meyen. Er beschrieb 3 Arten von Micrasterias unter dem Namen Pe- 
diastrum als Algen. Gleichzeitig benannte LosanA dieselben Formen sammt Euastren und vielen andern 
ganz heterogenen Körpern mit wieder ganz neuen Namen in seiner Gattung Oplarium der Infusorien. Es 
sind dabei etwa 10 Artnamen für Micrasterien-Formen. Im Jahre 1830 machte ich auf eine weit grös- 
sere Organisation der Bacillarien-Formen aufmerksam, als die Vorgänger annahmen, und bildete 1831 aus 
einigen deutlicher organisirt beobachteten grünen Sternchen die den Naviculis analog organisirte Gattung 
Euastrum. Ich wählte nicht den ältesten Namen Zehinella, weil LyneByE, GREVILLE und ich selbst 1830 
diesen schon für andere, ihm auch zugehörige, Körper verbraucht hatten, und nahm den zweiten Namen 
Helierella nicht auf, weil er sehr sprachwidrig gebildet und völlig unstatthaft ist. Der dritte Name ZZete- 
rocarpella umfasste noch andere sehr verschiedene Formen, deren anderen, sich auszeichnenden, Theil ich 
nach Acarpn bestimmter als Micrasterias bezeichnen zu dürfen mich berechtigt meinte, da noch andere 
Gattungsnamen späteren Ursprungs waren. Im Jahre 1832 wurden meine physiologischen Beobachtungen 
über Micrasterias, welche deren bisherige Ansicht sehr veränderten, in der Berliner Akademie vorgetra- 
gen, aber erst 1833 gedruckt, nachdem Kürzıne über die Anwendung des Namens Micrasterias ein ähn- 
liches Urtheil eben abgegeben hatte. Eine andere Darstellung MeyEn’s in WIEeMAnNNS Archive 1835. p. 247. ist 
bemüht, den nicht vortheilhaften Namen Pediastrum (Fussangelstern?) einzuführen. Kürzme beschrieb 1833 
19 Arten der Gattung Micrasterias als Algen. Corpa namte 1835 im Almanaec de Carlsbad mit nicht 
nachzuahmender Willkühr die Zuastra: Cosmarium, ein Staurastrum: Micrasterias, die wahren Micraste- 
rien: Zuastrum, Stauridium und Pediastrum als 3 besondere Gattungen, erklärte sie aber auch für 
Thiere. : 

Was die Organisation anlangt, so lassen sich mancherlei Complicationen derselben nachweisen, welche 
die frühere, auch anderweitig schwierig zu vertheidigende, Idee von einfachen Pflanzenzellen nicht begün- 
stigen, wohl aber mit der Organisation der Infusorien ungezwungen in Einklang zu bringen sind. Die stern- 
artigen Körperchen bestehen aus einer Mehrzahl abgeschlossener Zellen, die eine feste, farblose, verbrenn- 
liche Haut haben, und in deren jeder ein sehr weicher, mit grünen Körnchen erfüllter, Körper wohnt. 
Schon Turrın beobachtete ein Austreten grüner Körnchen aus den Spitzen, und MEyEn sah es auch (Isis 
1830.), beide erklärten es aber für Samenausstreuung. Jedenfalls sind Oeffnungen an den Spitzen. Aber 
auch die mittleren Körper entleeren einzeln ihre grünen Körnchen, es ist mithin kein nothwendiger Zusam- 
menhang der einzelnen Theile des ganzen Sternes. — Hervorstehende Bewegungsorgane sind nicht erkannt, 
aber sehr langsame Ortsveränderung vorhanden. — Als Ernährungsorgane lassen sich die den polygastrischen 
Magen ähnlichen, schon Turrın bekannten, hellen Bläschen mehrerer Arten betrachten. Sichtliche Stoffauf- 
nahme ist nicht beobachtet. — Als Fortpflanzungsorgan spricht die eiartige grüne Körnermasse an. Ja es 
hat sich mir sogar bei den meisten Arten in jeder Zelle eine einzelne drüsige Kugel nachweisen lassen 
(Abhandl. d. Berlin. Akad. d. Wissensch. 1835.), welche ich früher für Samen und Oeltröpfehen gehalten, die 
aber mit der männlichen Samendrüse vieler Infusorien ganz wohl vergleichbar ist und die periodisch sich 
vergrössert. Selbsttheilung der einzelnen Zellen scheint nur in der frühesten Zeit statt zu finden, sie er- 
scheint zuweilen gehemmt, vielleicht nie wuchernd, das Regelmässige ist aber vorherrschend. 


Die geographische Verbreitung dieser Gattung ist von Dänemark, Frankreich, England?, Böhmen, 
Sachsen?, Preussen und Russland bis zum Ural bekannt. 


E37 


a. Ohne Mittelzelle strahlenartig im Kreise gestellte Körper: Anazwis. 


182. Mlicrasterias Tetras, vierstrahliges Zellensternchen. Tafel XI. Fig, 1. 


M. corpusculis quaternis in media stella contiguis, margine levius emarginatis. 


Micrasterie Tetras, a corpuscules quaternaires contigus au milieu de Ü’etoile, ayant le bord lege- 
rement echancre. 


Heterocarpella tetracarpa, BoRY DE St. Vincent? Dict. classique d’hist. nat. 18%. 
Heterocarpella polymorpha, Kürzıne, ex parte, Linnea, 1833. Tafel XIX. Fig. 82. 
Micrasterias Tetras, Tafel XI. dieses Werkes. 1835. 


Stauridium bieuspilutum , \ CorpAı, Almanac de Carlsbad, 1835. Tafel II. Fig. 33. 34. 
— Cru melitensis , 


- 156 


Aufenthalt: Bei Berlin, Carlsbad und vielleicht bei Weissenfels beobachtet. 


Diese niedliche kleine Form scheint Bory zuerst bei Paris und Kürzıne dann bei Weissenfels beobachtet zu haben. Letz- 
terer stellte sie mit Euastris und sehr verschiedenen andern Dingen in der Idee einer formwechselnden Heterocarpella polymorpha 
zusammen. Ich vermuthe, dass sich auch noch eine Micrasterias Trias aus seinen Figuren später wird 'herausstellen lassen, wenn 
es nicht Desmidium bifidum war. Ich unterschied diese Form zuerst am 5. und 14. August 1834 bei Berlin, und liess sie 1835 
stechen. CorpA, welcher sie vielleicht gleichzeitig bei Carlsbad beobachtete, gab ihr 2 Artnamen, die ich erst nach dem Stiche der 
Tafel kennen lernte, in einer besondern Gattung, die er aber nicht begründete. Sie ist sehr klein, und die kleinen Zähnchen im Um- 
kreis sind bei allen Sternchen etwas anders, daher nicht characteristisch. — Grösse der grössten ganzen Sterne */os Linie, der klein- 


sten beobachteten */ıo»s Linie. Grösse der Einzelkörper Yıoa — !/ssı Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. I. 


Es sind, bei gleicher Vergrösserung von 300mal im Durchmesser, 3 verschiedene Formen dieser Art abgebildet. In Fig. a. sind die drüsi- 
gen Körper, welche auch Bory und Corpa sahen, deutlich. Die mehrfachen Bläschen bei Corna (Fig. 34.) halte ich für Magenzellen. 


6. Concentrisch um einen oder zwei Mittelkörper versammelte Zellen: 


@ Mit einfachem Kreise von Körperchen: Monoeyeliae: 


183. Micrasterias Coronula, fünffaches Zellensternchen. Tafel XT. Fig. II. 


M. monoeyclia, corpusculis quaternis cum quinto medio consociatis, margine vario modo exeisis. 
yalıy ’ 5 ! 


Micrasterie Couronne, a corpuscules quaternaires autour d’un cinqguieme, ayant les bords diverse- 
ment echancres. 
Pediastrum simpler, MEyEN, ex parte?, Nov. Acta Nat. Cur. XIV. p. 772. Taf. 43. Fig. 1—2. 18%. 
Micrasterias Napoleonis der Tafel XI. dieses Werkes. 1835. 
Aufenthalt: Bei Potsdam und Berlin. 


Diese Art ist wohl für einfach strahlig angesehen worden, daher nannte sie vielleicht Meven Ped. simplex. Es sind aber 
hier 4 zweihörnige, nicht 8 einfach conische Körper am Rande. Da es doch einfach conische Körper geben könnte, die dem obigen 
Pediastrum entsprechen, so habe ich diesen Specialnamen nicht verwenden können. Die unpaarige Zahl der Strahlen, wie bei MErENn 
Fig. 3., ist mir nie, auch keinem andern Beobachter, vorgekommen. War sie Fehler der Auffassung, oder Monstruosität? Der Name 
M. Napoleonis gehört der folgenden Art, welche Zelierella Nap. von Turrın ist. Ich fand sie im Sommer 1835 bei Berlin mit 
andern Micrasterien und mit Oscillatorien. Sie gehört hier zu den seltenen Formen. — Grösse der Sternchen 175 bis Yas Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. II. 


Die beiden Figuren wurden später auf der Tafel eingeschaltet; sie sind 300mal im Durchmesser vergrössert. Fig. @. mit doppelter Mittel- 
zelle; Fig. 6. mit fehlender Mittelzelle (als Hemmungsbildung?). Für Meerast. Napoleonis ist zu lesen Mierast. Coronula. 


184. Micrasterias Napoleonis (hexactis), Napoleons Zellensternchen. Tafel XT. Fig. IH. 
M. monocyelia, corpusculis senis ordine simplici par medium corpusculorum eingentibus, margine vario modo excisis 
aut cornutis. 
Micrasterie de Napoleon, a six corpuscules entourant deux du milieu en simple serie, ayant les 
bords diversement echancres, ou cornus. = 


Helierella Napoleonis, Turrın, M&m. du Museum, Vol. XVI. p. 319. Taf. 13. Fig. 4. 1838. 
Pediastrum duplex, Meyen, Nov. Act. Nat. Cur. XIV. p. 772. Tab. 43. Fig. 11—12. 18%. 


Micrustoride Zn } Kürzıne, Synops. Diatom. Linnea, 1833. p. 602. Tah. XIX. Fig. 92. a. 
—_ elenaea, 
Pediastrum irregulare, Corpda, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 209. Tab. I. Fig. 36. 


Micrasterias hewactis, in WıEgGmAnN’s Archiv für Naturg. 1836. p. 185. 
Aufenthalt: Bei Paris, Potsdam, Halle, Carlsbad und Berlin beobachtet. 


Diese Form ist bei Berlin häufig. Den Namen erhielt sie von Turrın wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem Sterne der fran- 
zösischen Ehrenlegion. Zuweilen hat sie sehr lange stachelartige Hörnchen am Rande, zuweilen zeigen die halbmondförmigen. Körper- 
chen kaum eine Spur derselben. Die Mittelkörper fehlen zuweilen, aber an ihrer Stelle ist dann ein Loch. So sah es Turrın zuerst. 
Das, was er als Perlenkranz gezeichnet hat, sind in jedem Körper eine mittlere Drüse und wohl zwei daneben liegende Magenzellen. 
Die Unterschiede der Körper hat er übersehen. Beide mittlere Körper füllen zuweilen einen 6eckigen Raum, zuweilen sind sie eiför- 
mig, vielleicht giebt es auch einzelne. Im Jahre 1834 beobachtete ich diese Art am 5. und 14. August; 1835 überwinterte ich sie 
und sah sie in jedem Monat des Jahres. — Grösse !oo bis %Yas Linie. : 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. IM. 


Es sind 3 Hauptformen der Art bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. | Fig. a. und 6. die älteren, zeigen entwickelte Drüsen, welche 
mit 7 bezeichnet sind. Für M. hexactis ist zu lesen M. Napoleonis. > 


4185. Micrasterias heptactis, siebenstrahliger Zellenstern. Tafel XI. Fig. IV. 
M. monocyclia, corpusenlis septenis par medium aut singulum corpus ordine simpliei eingentibus, margine vario modo 
excisis. 
Micrasterie heptactis, ü sept corpuscules entourant deux ou un seul du milieu, ayant les bords di- 
versement echancres. 


157 


Micrasterias furcata, AGARDH? ex parte, Flora, Regensburg. bot. Zeitung, 1827. II. p. 642. 
Helierella renicarpa, Turrın, Memoires du Mens, Vol. XVI. p. 318. Tab. 13. Fig. 20. 1828. 


Pediastrum duplex, | Mexax, Nov. Act. Nat. Cur. XIV. p. 773. Tab. 43. Fig. 6, 15, 31. 1829. 
— biradiatum, 


Oplarium vasculosum , 
— hyacinthinum, | Losana, Memorie di Torino, 1829. Vol. XXXIIL. Isis, 1832. p. 768. Tab. XIV. Fig. 11, 13, 16. 
—_ numismaticum , 
Micrasterias heptactis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 300. 
Micrasterias renicarpa 
— furcata, 
Euastrum hexagonum, Corpa, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 206. Tafel II. Fig. 31. 


Aufenthalt: Bei Carlsbad, Paris, Turin, Potsdam, Berlin und Catharinenburg im Ural. 


2 \ Kürzıne, Synopsis Diat. Linnea, 1833. p. 603. 


Ich bin der Meinung, dass Asaron eine, der Fig. IV. a. oder der Fig. VII. dieses Werkes, oder der Fig. 21. von MevEn 
ähnliche, Form unter seiner ersten Mierasterias furcata vor sich gehabt habe. Denn dass er die Zwietheilung eines Zuastrum über- 
sehen haben solle, ist weniger glauhlich, obschon er offenbar die Euastra, aber nach Abbildungen, mit zur Gattung Micrasterias 
zog. Eben so urtheilte Kürzına ohne meinen Einfluss. Auch diese Art ist sehr wechselnd in der Form der Randzähne. Manche 
Formen (Fig. a.) erinnern auch lebhaft an Lrnosre’s Echinella radiosa b., wo jedoch wohl eine ungleiche Halbtheilung des Zua- 
strum angedeutet ist. Im Juli 1829 beobachtete ich diese Form bei Catharinenburg auf der Reise mit Herrn v. Humsoıpr nach Si- 
birien, wie aus der. gefertigten Zeichnung deutlich hervorgeht. Ich unterliess 1830, sie unter den russischen Infusorien (Abhandl. der 
Berl. Akad. 1830.) aufzuführen, weil ich über ihre Stellung bei diesen Körpern mich noch nicht entscheiden wollte. 1831 sah ich sie 
im Sommer häufig wieder in Berlin. Sehr zahlreich am 18. Juni 1832, am 23. und 25. Juli 1834 mit zerstörten Conferven und 
Oscillatorien in klarem Wasser. Die meisten der von mir beobachteten Exemplare waren sehr klein. Bei vielen schien der Mittelkör- 
per einfach rund, 6eckig oder 7eckig. Zuweilen war er, bei grösseren, deutlich doppelt. — Die Grösse ist von !/ye — "as Linie 
von mir beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. IV. 


Es sind 4 Exemplare in verschiedener Form und Grösse bei 300maliger Vergrösserung abgebildet. 


ö. Mit doppeltem Kreise von Körperchen: Deeyelcae: 
186. Micrasterias Boryana, Bory’s Zellensternchen. Tafel XI. Fig. V. 


M. dieyclia, corpuseulorum denorum circulo externo, quinorum eirculo interno singulum medium corpus ambeunte, 
marginis dentibus variis subacutis. 


Micrasterie de Bory, a diw corpuscules au rang exterieur, cing au rang interieur, un au milieu, 
ayant les dentelures du bord toujours aigues. 


Helierella Boryana, Turrın, M&em. du Mus. Vol. XVI. p. 319. Pl. 13. Fig. 22. 1828. 


Pediastrum | Mryen, Nova Acta Nat. Cur. XIV. 1829. p. 772, 773. Tab. 43. Fig. 4, 7, 13, 14—16, 17, 18. Isis, 1830. 
ie f ; 
_ biradiatum, eg 
Oplarium speciosum , 
0 formosissimum , | Losana, Mem. di Torino, XXXIMI. 1829. Isis, 1832. p. 768. Tab. XIV. Fig. 17, 18, 4. 
= vertieillatum , 
Micrasterias Boryana, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 300. 
Micrasterias simplex , 
— Boryi, \ Kürzıse, Linnea, 1833. p. 601, 603, 604. Tafel XIX. Fig. 9%. b. 
= duplex , 
— selenaea, 


Euastrum en Corpa, Almanac de Cärlshad, 1835. p. 206, 207. Taf. III. Fig. 32, 35. 
Pediastrum quadrangulum , 


Micrasterius Boryana, Abhandl, d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1835. Tafel J. Fig. VII. 
Aufenthalt: Bei Paris, Turin, Potsdam, Berlin, Halle und Catharinenburg im Ural beobachtet. 


Diese und M. trieycha sind hei Berlin die gewöhnlichsten Arten. Sie geben bei 300maliger Vergrösserung überraschend 
angenehme Objecte für das Mikroskop. Nicht selten sind sie so häufig, dass man 4 bis 8 oder noch mehr Sternchen gleichzeitig im 
Sehfelde zählt. Sie leben mit andern Bacillarien im Schleime zwischen Conferven und Oscillatorien. Im Jahre 1829 fand ich diese 
Form auch bei Catharinenburg im Ural (vergl. die vorige Art). Am 17. Juni und 21. Nov. 1832 beobachtete ich sie besonders zahl- 
reich bei Berlin, ebenso am 23. und 25. Juli 1834. Ich habe sie 2 Jahre lang überwintert und in allen Monaten untersucht. Sie 
bildet ein sehr dünnes, nicht linsenartiges, Blättchen. Die 10 Randkörperchen sind meist in hörnchenartige Spitzen verlängert, die zu- 
weilen vorn ein Knöpfchen führen, nie abgestutzt sind. Turrın sah nicht selten aus den Knöpfchen staubartige Körnchen hervortre- 
ten, wenn er sie an einem warmen Orte beobachtete. Meven nennt es 1830 Ausströmen der Sporenmasse mit Platzen der Zellen. 
Beide hielten die Körper für Pflanzen. Im Innern jedes Körpers sind viele Bläschen (Magen vergleichbar), welche schon Turrın 
zeichnete. Auf die (Samen-) Drüse in jedem einzelnen Körper habe ich 1835 aufmerksam gemacht. Corp erklärte sie in Fig. 35. 
für Oeltröpfehen, Meven für Sporen, andere Beobachter haben sie übersehen. Sehr oft sieht man diese Art mit einzelnen entleerten 
Zellen (nach dem Eierlegen der Einzelkörper?), welche ein Loch vorstellen, aber bei scharfer Beobachtung die farblose Haut noch 
deutlich erkennen lassen. Hierdurch entstehen viele nur scheinbar verschiedene Formen. Nur selten fehlen einzelne Zellen wirklich, 
oder sind auch aus ihrer Reihe verschoben. Da, wo 8 oder 9 Randzellen waren, schien immer etwas zu fehlen, was durch Unregel- 
mässigkeit der Form angezeigt war. Die 11zelligen habe ich ihrer Regelmässigkeit und Constanz halber als besondere ‘Art betrachtet. 
Nicht selten sah ich ganz farblose (nach dem Eierlegen? oder todte?) wohl erhalten. Einige zeigten rauhe Pünktchen auf der Panzer- 
haut, die bei andern schwer sichtbar oder unsichtbar waren. Grösse der Sternchen */o6 bis */ıs, der Körperchen Yiso bis Yıoo Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. V. 


Es sind 11 verschiedene Zellensternchen in vielen Grössen und Formen dargesiellt, alle 300mal vergrössert. 
Fiea,ch fs 9, 6: > /k. und /. sind die häufigere, also wohl die Normalform der Art, von ähnlicher Bildung der Randzellen, und unterscheiden sich 
durch mehr oder weniger genaues Anschliessen der Einzelzellen an einander, und durch Grösse. Bei f., 8 und 4. haben einzelne Zellen ihren grü- 


40 


158 


nen Inhalt entleert (Eier gelegt?); erstere hat einen rauhen Panzer. Fig. ). mit nur 9 Randkörpern zeigt durch ihre Unregelmässigkeit den Defect 
der 10ten Randzelle an. Bei Fig. e, bezeichnet 7 die Drüse, v+ die polygastrischen Magenbläschen. 
Fig. 6. und z. ist eine andere Form mit quadratischen Körpern, an welche sich Fig. d. als schmächtigere Entwickelung anschliesst. Alle bilden dürch- 


löcherte Scheiben. 
Fig. e. ist eine dritte geschlossene Grundform mit halbmondartigen Körpern. 


187. Micrasterias angulosa, gestutztes Zellensternchen. TafelXI. Fig. VI. 


M. dicyclia, corpusculis 15—16 in serie duplici singulum medium corpus cingentibus, margine truncatis. 


Micrasterie tronquee, a 15—16 corpuscules en double serie autour d’un seul du milieu, ayant les 
bords tronques. 


Micrasterias angulosa, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 301. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich habe diese sich auszeichnende Form im Jahre 1832 und 1834 unter den andern so zahlreich beobachtet, dass ich sie lie- 
ber als Typus einer besondern Art, als als Abänderung einer andern ansehen mochte. Dessenungeachtet habe ich durch fortgesetzte Beob- 
achtungen neuerlich das Vertrauen auf die Beständigkeit dieser Art wieder verloren. Sollte sich die Form nicht weiter geltend machen, 
so liessen sich Fig. a. zu M. Boryana, Fig. 6. und c. zu Rotula ziehen. Bei 6. ist oflenbar ein Defect in der Unregelmässigkeit 
ausgesprochen. Es fellt die Mittelzelle, oder sie ist verschoben. — Grösse !/s6 bis /, Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. VI. 


Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 
Fig. @. enthält 10. 5. 1 Körperchen; Fig. 6. 11. 5. 0. Diese Form könnte M. Zlotula mit fehlender Mittelzelle, aber auch M. Boryana mit nach 
aussen gedrängter Ster Zelle der zweiten Reihe seyn. Fig. e. 11. 5. 1. 


4188. Mlicrasterias Rotula, radartiges Zeilensternchen. Tafel XT. Fig. VO. . 


M. dieyclia, corpuseulis externis undecim, internis quinque, medio unico, illis saepe longius radiatis, vario modo excisis. 


Micrasterie Rouelle, ü once corpuscules exterieurs, 5 internes, un au milieu, les exterieurs et les 
internes souvent allonges et rayonnants, ayant les bords diversement echancres. 


Micrasterias furcata, AGARDH, ex parte, Flora, Regensb. bot. Zeit. 1827. 

in } Meran, ex parte, Nov. Act. Nat. Cur. XIV. p- 773, 773. Tab. 43. Fig. 82, 18, 192, 22. 1820. (18%) 
._ iradiatum , 

Micrasterias emaryinata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 301. ex parte. 

ee et Kürzıne, Linnea, 1833. p. 603, 604. 
— Turcata , 

Euastrum lare, Corda? Almanac de Carlsbad, 1835. Tab. IH. Fig. 30. 


7 


Aufenthalt: Bei Berlin!, Potsdam! und Carlsbad ? 


Diese radartige Gestalt ist unter den lieblichen Erscheinungen im Mikroskope eine besonders ausgezeichnete, wozu die äus- 
serst zarte, gelblich grüne, schöne Färbung nicht wenig beiträgt. Die Form,ist bei jedem Individuum anders. Ich habe die Zahlen- 
verhältnisse zur Characteristik benutzt, weil sie am festesten erschienen. Je 4 Zähnchen des Randes und je 2 Speichen des inneren 
Raumes bilden einen abgeschlossenen Körper, dessen Grenzen sich erkennen lassen. Diese Formen passen recht wohl auf Acarnn’s 
erste Definition der Mierasterias furcata, die jedoch auch zu M. heptactis citirt ist und auch wohl zu einigen Formen der andern 
Arten gezogen werden kann. Ich habe bei dieser Art die (Samen-) Drüsen noch nicht beobachtet. Meren hat sie in seiner Fig. 8. 
angegeben. Ich nannte die Form sonst M. emarginata im Gegensatz von angulosa, halte aber jetzt das Zahlenverhältniss für wich- 
tiger und beständiger, als das Formverhältniss, und rechne nicht mehr bloss die langhörnigen, abgestutzten und ausgerandeten Formen 
zu einer besondern Art (vergl. d. Nachtrag). Diese Form ist oft unregelmässig, lässt sich aber meist leicht erklären. Diese Zeich- 
nungen sind nach Exemplaren, welche ich im Juli und August 1834 beobachtete. — Grösse der Sternchen Ya — !/so Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. VII. 


D 


Fig. a. und d. sind als Normalformen angesehen. Fig. 6. ist eine Form der ehemaligen Mier. emarginata von 1832 mit 10 Randkörpern und ei- 
ner leeren Stelle für den ‘fehlenden A1ten. In der Mitte sind 3 undeutlich geschiedene Körper mit Raum für 2 fehlende des 2ten Ranges und den der 
Mitte (Hemmungsbildung). Fig. e. ist durch Mangel des mittleren Körpers defect, daher auch nicht regelmässig. Seine Zahlen sind defect, aber 
doch richtig. An Neronanm’s zufällige Naturspiele ist dabei nicht zu denken. 


y. Mit dreifachem Kreise von Körperchen: Trieyeleae: 


4189. Micrasterias tricyclia, dreireihiges Zellensternchen. Tafel XI. Fig. VII. 


M. trieyelia, corpusculis in ordine externo 15, in ordine interno 8—10, in tertio 4—5, margine vario modo exeisis. 


Micrasterie triceycle, a trois rangs. de corpuscules, dont 15 au premier, 8 & 10 au second, k ü 5 
autour du milieu, ayant les bords diversement echancres. 


Pediastrum simplex , 


= duplex, Mexen, Nov. Act. Nat. Cur. XIV. p. 772, 773. Tab 43. Fig. 19?, 20. 18%. 
— biradiatum , 


Micrasterias trieycia, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 301. 
Micrasterias selenaea, Kürzıng, ex parte, Linnea, 1833. p. 604. Tab. XIX. Fig. 9%. c. 


Aufenthalt: Bei Potsdam, Berlin und Halle. 


Diese Art ist mit M. Boryana die gewöhnlichere bei Berlin. Meven sammelte sie wohl auf Halcyonella stagnorum bei 
Potsdam. ‚Ich fand sie sehr häufig zwischen zarten ‚ etwas flockig gewordenen, Conferven aller Art im Torfwasser, zuerst am 20. Juni 
und 5. Juli 1832, dann im Juli 1834 und 1835, überwintert in allen Monaten. Die früheste beste Abbildung dieser Art ist von Nirzsch 


IF 


159 


in Halle, welche Kürzıns mittheilt. Es giebt Formen dieser niedlichen Gestalt, welche die inneren Körper viertheilig geordnet ha- 
ben, es sind aber wohl Missbildungen. Die Zahlen 15. 10. 5. 1. scheinen die Grundzahlen zu seyn. In Fig. d., a. und g. habe 
ich abnorme Formen sorgfältig abgebildet, welche die obigen Zahlen nur fester stellen. Die von früheren Beobachtern abgebildeten grü- 
nen Ringe verschiedener Arten mögen wohl immer der Fig. e. gleich gewesen, nur unvollständig beobachtet seyn. Polygastrische Zel- 
len und einzelne Drüsen sind für den Suchenden leicht zu finden. Die Erscheinung dieses Zellensternchens ist eine der schönsten. — 
Grösse der Sternchen Yo — Yıs Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. VI. 


Es sind 10 Sternchen in verschiedenen Lagen und Grössen bei gleicher, 300maliger Vergrösserung abgebildet. 

Fig. @. regelmässige Form mit wohl ausgebrochenen 2 Feldern der zweiten, und 1 der dritten Reihe. Fig. 6. mit fehlendem 15ten Randkörper und 
mit innerer Viertheilung. Fig. ec. regelmässige Form, deren einige Körper die grünen Körnchen entleert haben. Fig. d. regelmässige Form mit 
entleertem Mittelfleck. Fig. e. regelmässige Form mit entleerter innerer ganzer Scheibe. Fig. f. volle Normalform, jung. Fig. g. verbildete Form, 
deren 45ter Randkörper unregelmässig, wie es scheint doppelt, gebildet ist und auf die regelmässige Zahl der übrigen Körper einen verschiebenden 
Einfluss ausgeübt hat. Fig. 4. ist die defecte Fig. a., von der Seite gesehen, eine etwas nach oben ausgebogene flache Scheibe. Fig. ©. ist eine 
der Fig. e. ähnliche Form, halb gewendet. Fig. 4. dieselbe ganz von der schmalen Seite, flach (nicht linsenförmig), mit auslaufenden Spitzen. 


d. Mit mehrfachen concentrischen Körperreihen: Polyeyelcae: 


190. Micrasterias elliptica, längliches Zellensternchen. Tafel XI. Fig. K. 


M. polyeyclia, elliptico-oblonga, corpusculis in quatuor ordines dispositis, primo saepe (an semper?) 23 includente, 
mediis corpusculis binis. 


Micrasterie elliptigue, elliptigue a corpuscules en quatre rangs, au premier sowvent (toujours?) 
23, deux au mileu. 


Micrasterias elliptica, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 302. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Man findet diese meist etwas längliche, doch auch runde Art bei Berlin nicht gar selten unter den andern. Sie ist ihrer 
mehrfachen Zellenkreise halber nicht grösser als die übrigen. Es giebt auch von ihr kleine und grössere Sternchen, und die grössten 
sind ebenfalls nur so gross, als bei andern Arten. Die Körperchen selbst sind also verhältnissmässig kleiner, als bei den andern Ar- 
ten. Manchmal ist es schwer, bei dieser Form die Grenzen der kleinen Einzelkörper zu erkennen, und sie bildet zuweilen eine durch- 
löcherte, am Rande gezahnte, zusammenhängende Platte. Bei grösseren farblosen Schaalen sieht man die Oberfläche chagrinirt. (Sa- 
men-) Drüsen und Eikörnchen vergleichbare Theile liessen sich auch erkennen. Die Zahlenverhältnisse der Kreise fand ich (23. 18. 
13. 7. 2.) bei sehr verschiedenen Grössen gleich, also 63 Körperchen in jedem Sterne. Die Randzähnchen dieser Art habe ich nie 
lang gesehen. — Grösse der Sternchen !/, bis !/ıs Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XL. Fig. IX. 


Fig. a. ein jugendlich kräftiges Exemplar mit seinen Drüsen und sehr feinen grünen Körnchen. Fig. d. ein farbloses grösseres, vielleicht eine leere 
todte Schaale. Fig. e. ein undeutlich begrenztes unregelmässiges. 


Nachtrag zur Gattung der Zellensternchen. 


Es sind für Formen dieser Gattung etwa 52 Specialnamen gegeben worden, welche man in den 7 Gattungen Helierella, 
Heterocarpella, Micrasterias, Euastrum, Stauridium, Pediastrum und Oplarium vertheilt hatte. Unter dem Namen Heli- 
erella sind 3 Arten Micrasterias von Turrın genannt, unter Heterocarpella 2 von Borr und Kürzıns, unter Euastrum. 3 
von CorpA, unter Stauridium 2 von demselben, unter Pediastrum 5 von Meven und CorpAa, unter Oplarium 15 von Losana 
(s. Mem. di Torino 1829. Isis 1832. Nr. 8—22.), unter Micrasterias sind 29 von AcarnH, mir und Kürzıne verzeichnet, 
wozu vielleicht noch das Meridion ovatum von Acarpn 1824, und die Stomatella porosa Turrın’s 1828 (Odontella?) kommen. 

Als wirkliche Arten der Gattung Micrasterias lassen sich nur die 9 anerkennen, welche hier abgehandelt sind. Ausser den 
schon unter diesen Arten angegebenen Synonymen sind folgende als ausgetreten zu bemerken: 1) Micrasterias articulata Kürzıne 
ist — einer dem Trichodesmium Flos aguae ähnlichen Oseillatoria?; 2) M. Boryi Kürzıns — M. Boryana; 3) M. cru- 
eiata Kürz. — Salzerystalle; 4) M. Orucigenia Kürz. — Crueigenia? (eine vox hybrida von Morren), Bacillaria?; 5) M. 
emarginata Enr. — Micr. Rotula; 6) M. falcata Corva — Staurastrum paradoxum?; T) M. furcata Acarnın — Mier. 
heptactis?, Rotula?, aliae?; 8) M. Heliactis Kürz. — Alga Nostochina; 9) M. hexactis Eur. = Mier. Napoleonis; 10) 
M. lacerata Kürz. = Euastrum?, Salzerystalle?; 11) M. paradoxa Kürz. — Salzerystalle; 12) M. radiosa Acaronn — Ena- 
strum; 13) M. renicarpa Kürz. — M. heptactis; 14) M. ricciaeformis Acarnun — Euastrum?; 15) M. Rosula Kürz. — 
Sphaerastrum?; 16) M. selenaea Kürz. — Micr. Napoleonis, Boryana et trieyclia; 117) M. simplex Kürz. — Micr. Co- 
ronula, Napoleonis, trieyclia; 18) M. Sphaerastrum Kürz. — Sphaerastrum pictum; 19) M. Staurastrum Kürz. — Staur- 
astrum paradoxum; 20) M. tetracera Kürz. — Staurastrum paradozum; 21) M. tetrac. ß didicera — Staurastrum pa- 
radozum; 22) M. tricera Kürz. — Staurastrum idem?. 

Es ist ferner zu bemerken, dass die Schwierigkeit, welche in der Bestimmung einiger beobachteten Formen nach den Zahlen- 
verhältnissen der Theile vorhanden ist, entweder darin begründet seyn mag, dass sie, wie offenbar mehrere der von Losana (vergl. 
Volvox), nicht richtig aufgefasst seyn mögen, oder dass es noch unbefestigte Zwischenarten giebt. So scheinen mir die abweichenden 
Figuren bei Meyen und Corva nicht sicher in der Auffassung. Euastrum sexangulare-Fig. 30. von Cora würde, wäre es ganz 
richtig aufgefasst, eine besondere Art der Gattung Mierasterias (dieychia) seyn, welche die Zahlen (12. 6. 1.) characterisiren. Mrvew’s 
Fig. 8. hat 12. 5. O., dessen Fig. 4. hat 9 im Umkreis, seine Fig. 3. hat 5'/, was (bei regelmässiger Form) den übrigen bekann- 


160 


ten Erscheinungen widerstrebt. Losana’s Bemühung ist so flüchtig und uncritisch gewesen, dass seine Benennungen (da mithin die 
Gegenstände unsicher sind und nur zuällig hie und da ‚passen mögen) aufzunelimen nur zu unsicherer haltloser Synonymie und wissen- 
schaftlichem Nachtheil gereicht. Dass einige Formen (wahrscheinlich) bei Turin vorkommen, ist der alleinige Nutzen, welcher hier da- 
von gezogen werden konnte. — Viele Beobachtung gab mir folgende, weiterer Prüfung und Anwendung zu empfehlende, Regeln: 

Die Zahlenverhältnisse der niedlichen Zellensternchen 'scheinen, wie bei Gonium pectorale, ein fester Character der Arten 


zu seyn. : 
Die Grössenverhältnisse nehmen nicht mit den Zahlverhältnissen ab und zu. Es giebt kleine mit grossen, und grosse mit klei- 


neren Zahlen der Theile. 

Formen, welche gleiche Zahlen und Grössenverhältnisse haben, unterscheiden sich überdiess nur in unwesentlichen Theilen, in 
schlankerer dickerer Zellenform, Länge oder Kürze der Hörnchen dergl., die fast an allen Individuen verschieden sind. 3 

Alle mir vorgekommenen zahllosen Formen hatten 2spitzige, keine einzige hatte einspitzige Körperchen (kein Pediastrum 
simplex). 

Es mag wohl noch ausser den hier aufgezählten andere Zwischenzahlen als Artcharactere geben, von denen mir zufällig nur 
defecte Exemplare vorgekommen, welche sich ebensogut andern Arten einreihen liessen, wie ich es gethan. 

Regelmässigkeit der Form ist Character der Integrität, aus unregelmässigen darf man keine besonderen Arten bilden. Nach 
GurLzemin’s Vorschlage 1830 im Bulletin des sc. natur. T. XXI. p. 450. würde man wohl zu viel Arten bilden. 

Ueber das Thierische dieser Formen sind die hier befolgten Grundsätze vorn mitgetheilt. Das Urtheil beruht auf der unge- 
zwungenen physiologischen Analogie vieler anderer, in grosser Reihe immer deutlicher thierisch organisirter, Körper. Möge man fort- 
fahren, wie es hier geschehen, die Gründe umsichtig und sorgfältig abzuwägen. Blosse Behauptungen können weder für, noch gegen 
entscheiden, und in ihren tiefen Gesetzen ist die Natur viel grösser und herrlicher, als im oberflächlichen Zufall und Formenspiel. 


DREIUNDFUNFZIGSTE GATTUNG: STERNSCHEIBE. 


x 


Euastrum. Euastre. 


CHARACTER: Animal e familia Baecillariorum, liberum, lorieca simpliei, univalvi, complanata munitum, 
geminatum, in orbem tabulamve bipartitam, saepe denticulatam dispositum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillarics, libre, ayant une carapace simple, univalve, 
comprimee, elant binaire et dispose en forme de disque ou de Tablette hilohee, sou- 
vent dentelee. 


Die Gattung der Sternscheiben zeichnet sich in der Familie der Bacillarien durch freie Selbst- 
ständigkeit, einfachen, einschaaligen, zusammengedrückten Panzer und Duplieität des Körpers aus, welche 
sternartig gezahnte zweitheilige Scheiben oder verschieden geformte solche Täfelchen bedingt. 

Benannt und physiologisch begründet wurde die Gattung Zuastrum 1831 in den Abhandl. d. Berl. 
Akad. d. Wissensch. mit 4 Arten, jetzt enthält sie deren 9. Einzelne ihrer Formen waren früher bekannt. 
LysegyE nannte 1819 zuerst 2 Arten davon (Z. angulosum? und E. Crux melitensis?) Echinella ra- 
diosa, Acarnu 1824 Ech. ricciaeformis. Bory nannte eine derselben 1825 Zelierella Lyngbyi, die 
andere (Z. angulosum?) Heterocarpella botrytis und eine dritte (Z. margaritiferum 2) Heter. pulchra. 
Asarpn nannte Lyxepye’s Formen 1827 Micrasterias radiosa. Turrın beschrieb 1828 3 Arten unter 
den Namen Zeterocarpella didelta, hinalis und Ursinella margaritifera. Losana führte 1829 einige 
unsichere Arten in seiner Gattung Oplarium auf. Acarpn beschrieb 1830 das Zuastrum margaritife- 
rum als Oymbella reniformis nach LeisLei. Die angezeigten 4 Arten der Gattung Zuastrum von 1831 
stimmten mit keiner jener ersten Formen sicher überein, und die schon vorhandenen, anwendbaren Gattungs- 
namen Zelierella, Heterocarpella und Ursinella waren theils sprachwidrig gebildet, theils für andere, zwei- 
felhafte Dinge mit verwendet, denen sie noch vorläufig verbleiben. Im Jahre 1832 wurden ebenda 3 andere 
Arten, worunter das Z. margaritiferum, aufgeführt. Im Jahre 1833 beschrieb Kürzıns 4 Arten, von denen 
aber wohl 2 zusammenfallen, unter dem Namen Zeterocarpella. Im Jahre 1835 bemühte sich Mevex, seinen 
Namen Pediastrum für Micrasterias wieder einzuführen und erklärte Zuastrum für synonym mit Micra- 
sterias. CGorpa verzeichnete 1835 9 bekannte Arten unter den 2 neuen Gattungsnamen Oosmarüum und 
Colpopelta, sämmtlich auch mit neuen Artnamen, gab den Namen Micrasterias einem Staurastrum und 
die Namen Zuastrum und Stauridium einigen Arten der Gattung Micrasterias: Bei dem vorhandenen 
lialtlosen Schwanken der Begriffe scheint in der Palren Namengebung 1831 kein Unrecht geschehen, auf 
welche desshalb hier weiter fortgebaut wird. Alle Vorgänger, ausser Losana und neuerlich CorvA, haben 
diese Formen für Pflanzen erklärt und als solche unter den Algen verzeichnet. 

Die thierischen Organisationsverhältnisse müssen noch durch analoge Dora nehhen der Bacillarien 
unterstützt und getragen werden, sind aber mannigfach ansprechend. Ob jede Hälfte des 2theiligen Kör- 
pers einen abgeschlossenen Organismus bildet, ist noch nicht festgestellt. Sicher ist, dass sie in der Mitte 


{) 


nn nn UL 0 u ini n, 


161 


offen zusammenhängen und dass bei Verletzungen der einen Hälfte die andere sich mit entleert. Es scheint 
eine nicht geringe Analogie der inneren Bildung mit Navicula stattzufinden. Oeffnungen sind äusserlich 
noch nicht nachgewiesen (über CorpA’s Bezeichnungen des Mundes und Darmes vergl. Zuastr. Pecten und 
integerrimum), scheinen jedoch nicht, wie bei Mierasterias, an den Spitzen, sondern in dem mittleren Ver- 
bindungstheile zu liegen. Der Panzer ist eine häutige, feste, verbrennliche, farblose Schaale. Der Körper ist ein 
erystallheller innerer contractiler Schleim, worin grüne Körnchen liegen. — Ernährungsorgane könnten die 
vielen kleinen wasserhellen Bläschen seyn, welche in der innern grünen Masse liegen. — Fortpflanzungs- 
organe könnten die sehr feinen grünen Körnchen seyn, welche die innere grüne Farbe bilden. Dazwischen 
sind noch grössere gelbliche runde Körper, welche eine Mehrzahl von Drüsen seyn könnten (wie bei Olo- 
sterium). Selbsttheilung findet so statt, dass zu jeder Hälfte sich von der Mitte aus erst eine neue Hälfte 
bildet, ehe diese auseinanderfallen. So hängen zuweilen 2 ungleiche oder auch 4 Halbscheiben zusammen, 
deren mittlere kleiner sind. Langsame Ortsveränderung und ein Zittern kleiner Körper im Innern, wie bei 
Closterium und Fragilarien, sind beobachtete Erscheinungen einer grösseren Organisation. 

Die geographische Verbreitung dieser Formen ist von Paris und Laval in Frankreich, von Hofmanns- 
gave in Dänemark, von Carlsbad oder Prag in Böhmen, von Würzburg und Berlin in Deutschland, von Ca- 
tharinenburg im Ural, von Tobolsk in Sibirien und von Koliwan am Altai bekamnt. 


191. Euastrum Rota, radförmige Sternscheibe, das grüne Rad. Tafel XI. Fig. 1. 


E. corpore gemino, lentieulato-orbiculari, glabro, margine dentato-spinuloso. 


Euastre Roue, a corps binaire, lenticulaire, discoide, lisse, ayant les bords denteles ou epineux. 


Euastrum Rota, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 82. 1833. (1832.) p. 245. 


ee ! Corva, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 06. Taf. II. Fig. 72. 3. 
— truncatum , 


Aufenthalt: Bei Berlin und Carlsbad. 


Der Rand ist flach dichotomisch eingeschnitten auf jedem Halbkreis mit 28 bis 54 abgerundeten, stumpfen oder zuweilen dop- 
pelt stachelspitzigen Zähnen. Ein mittlerer Theil der Scheibe, welcher senkrecht auf der Queertheilung steht, bildet den eigentlichen _ 
Körper. In der Mitte, wo die Theilung endet, scheint jederseits eine Oeffnung zu seyn. Im Innern dicht dabei sind bewegliche kleine 
Pünktchen, wie bei C/osterium. Der kleine Raum zwischen diesen beiden Punkten ist also die Länge, und die viel grösseren Halh- 
scheiben sind 2 seitliche, um das 4- und 5fache diese überragende, Flügel. In diesem mittleren kleinen Haupttheile des Körpers fin- 
det auch die Längstheilung statt. Die ganze innere grüne Färbung scheint ein Stheiliger, jederseits 4theiliger, Eierstock zu seyn. Da- 
zwischen sind helle Bläschen (Magen?), gelbliche Kugeln (Drüsen?) und periodisch bewegliche dunkle Pünktchen (lebendig zu gebä- 
rende Brut?). Selten sind beide Halbscheiben gleich gross, oft sind sie sehr ungleich, zuweilen hangen 2 ganze Scheiben an einander, 
wie Arthrodesmus, und dann sind allemal die 2 mittleren Hälften kleiner, als die 2 äusseren, in Folge der Entwickelung aus der 
Mitte. Die Beobachtung der Ortsveränderung in Gläsern, an denen die Scheiben in die Höhe steigen, habe ich, wie auch die Kettenform 
der Scheiben, schon 1832 angezeigt. Eine langsame oscillirende Bewegung habe ich später wieder direet beobachtet. Sie lebt im 
Mai und Juni jährlich bei Berlin häufig zwischen Conjugaten. — Grösse einer Scheibe "a — Yıo Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XH. Fig. I. 


Es sind 10 Sternscheiben in verschiedener Entwickelung, Form und Stellung 300mal vergrössert dargestellt. 

Fig. a. eine sehr stumpfzahnige Sternscheibe in queerer Stellung; Fig. d. eine andere, von der schmalen Seite gesehen; Fig. e. eine mehr spitz- 
zahnige; Fig. d. ein Sternscheiben-Paar, das obere in der Mitte durchschnitten und beide zwischen Glasplatten so gedrückt, dass das untere am 
Rande platzte und der Inhalt aus beiden hervortrat. Bei dem untern tritt auch der grüne Inhalt aus der obern Hälfte durch den Verbindungstheil in 
die untere. Fig. e. ein unverletztes Doppelpaar; Fig. f. eine jüngere Sternscheibe in gerader Stellung; Fig. g. und %. noch jüngere Exem- 
plare (= Cosm. truncatum Corva), vergl. E. Crux melit. 


192. Euasirum apiculatum, stachlige Sternscheibe. Tafel XL. Fig. II. 


E. corpore gemino, lenticulato, orbiculari, ubique spinuloso, margine dentato-spinuloso. 


Euastre epineux, ü corps binaire, lenticulaire, discoide, &pineux, ayant les bords denteles ou Epineux. 


Euastrum apieulatum, Abhandl. der Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 245. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 
Am 20. Juni 1832 und am 24. Juli 1834 mit voriger einzeln beobachtet. — Grösse — 4, Linie. 


Erklärung der Abbildung Tafel XN. Fig. I. 


Das abgebildete Exemplar ist 300mal vergrössert. Für acwleatum ist zu lesen apeculatum. 


193. Euastrum Crux melitensis, das MWalteserkreuz. Tafel XH. Fig. II. 


E. corpore gemino, lenticulato, suborbieulari, glabro, profunde laciniato, hinc sex-radiato, margine dentato aut spi- 
nuloso. 


Euastre Croix de Malte, a corps binaire, lenticulaire, discoide, lisse, ayant les bords profondement 
Jendus en 6 rayons denteles et &pineuz. 


41 


162 - 


Echinella vadiosa, Lynegeye? Tentamen Hydrophyt. dan. p. 208. Tab. 69, Fig. E. 3. 1819. 
Echinella ricciaeformis, Asarnu? Syst. Alg. 1824. p. 15. ex parte. 

Helierella Lyngbyi, Bory DE Sr. Vincent, Dietion. classig. d’hist. nat. 18%. 1 
Micrasterias radiosa, AsaArvu? Flora, bot. Zeitung, 1877. 

Euastrum Orux melitensis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 82. 
Micrasterias ricciaeformis, Kürzın&? Linnea v. SCHLECHTENDAL, 1833. p. 603. 


Aufenthalt: Bei Hofmannsgave auf Fühnen?, bei Berlin!. 


Einer der niedlichsten mikroskopischen Körper, aber mit schwer bemerkbarer, nur periodischer Bewegung. Die 6 dichoto- 
mischen Strahlen zeichnen ihn aus, zuweilen bildet tiefere Theilung 1 oder 2 Strahlen mehr; so könnte die 7strahlige Form bei Lrsc- 
»ve hierher gehören. Vielleicht ist sie eine besondere Art. Der Jugendzustand hat weniger Einschnitte, wie bei E. Rota. Alte ha- 
ben oft 40 Randzähne, Junge nur 12, mit oder ohne Stachelspitzen. Grüne unbewegte und dunkle bewegte Körnchen, Bläschen und 
Kugeln sind wichtige innere Theile. In der Mitte sind 2 Stellen mit bewegten Pünktchen, wie bei O/oszerium. Im Mai und Juni 
zwischen Conferven mit vorigen besonders häufig. Ich habe vom Juni 1834 bis zum Mai und Juni 1835 diese Form zahlreich über- 
wintert. Sie giebt auch getrocknet aufbewahrt ein hübsches Object. — Grösse !/;;—"ıs Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XH. Fig. IIL. 


Fig. a. ist in fast gerader Längsrichtung nach oben; Fig. 6. in queerer; beide enthalten viele zitternde dunkle Körperchen (Brut?). Fig. e. .ein 
jüngeres Exemplar mit weniger Randzähnen und kürzeren Flügeln. — Diese Form schien mir in jeder Hälfte einen 7lappigen Eierstock zu besitzen. 


194. Euastrum Pecten, kammartige Sternscheibe, Kamm. Tafel XI. Fig. IV. 


E. corpore gemino, lineari-oblongo, glabro, utringue obtuse quinqueloho, lobis emarginatis. 


Euastre Peigne, a corps binaire, lincaire-oblong, lisse, ayant au bord de chaque plaque cing lobes 
obtus, legerement echancres. 


Oplarium pterophorum, Losana? Memorie di Torino XXXIM. 1829. Isis, 183%. p- 768. Tab. XIV. Fig. 2. 
Euastrum Pecten, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 8. 
Cosmarium sinuosum, Corpda, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 206. Tab. II. Fig. 4. 


Aufenthalt: Bei Berlin und Carlsbad, vielleicht bei Turin. 


Losana’s Abbildung ist unkenntlich und unrichtig, daher die Localität unsicher. CorpA hat unnöthig einen 2ten Namen ge- 
geben. Was Corna Mund nennt, war wohl ein inneres Bläschen. Die beiden Seitenöffnungen, welche er Füsse nennt, hat er zu 
scharf gezeichnet. Es sind die Stellen, wo die schon 1832 p. 245. seq. von mir angezeigten bewegten Punkte liegen und welche wohl 
die Enden der Längsaxe des Körpers bilden. Die grösste Länge ist die Breite des Körpers. Der Körper ist also 3mal so breit als 
lang. Im Innern sind oft viel bewegte dunkle Körperchen zwischen den grünen Körnchen. Im Juni 1831 und am 30. Mai 1835 beob- 
achtet. — Grösse bis "/ıs Linie. 


Erklärung der Abbildung Taf, XI. Fig. IV. 


Es ist ein Exemplar in schiefer Lage, 300mal vergrössert. 


195. Euastirum verrucosum, warzige Sternscheibe. Tafel XI. Fig. V. 
E. corpore gemino, ovato-oblongo, scabro, verrueis tubereulato, utrinque leviter trilobo. 
Euastre verrugueuz, a corps binaire, ovale-oblong, scabreux, tuberculeux par des verrues et ayant 
le bord de chaque moitie legerement trilobe. 


Euastrum verrucosum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832) p- 247. 
Cosmarium Pelta, Corpda? Almanac de Carlsbad, 1835. p. 206. Taf. II. Fig. 3., 


Aufenthalt: Bei Berlin, vielleicht auch bei Carlsbad. 


1 


Ich habe nur grüne Körper dieser Art gesehen. Sie sind bei Berlin häufig mit Mierasterien und andern Sternscheiben. 
Corn bezeichnet den Inhalt als braun. Sah er vielleicht Oyphidium doppelt? Ich sah 1829 einmal Z. margaritiferum braun. 
Ausser am 11. Mai 1832 beobachtete ich diese Form häufig am 30. Mai und 1. Juni 1835. — Grösse bis !aa Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fis. V. 


Es sind 3 Körper, 2 von der breiten, 1 von der schmalen Seite in queerer Stellung, 300mal vergrössert. 


196. Euastrum ansatum, zapfenartige Sternscheibe, Doppelgriff. Tafel XI. Fig. VI. 


E. corpore gemino, ovato-Ianceolato, subfusiformi , glabro, utrinque levissime trilobo, lobis raro leviter emarginatis. 


Euastre Tenon, a corps binaire, ovale-lanceole, presque fusele, lisse, legerement trilobe ou tröfle 
des deux cötes, ayant les lobes rarement echancres. 


Heterocarpella didelta, Turrın? M&moires du Museum d’hist. nat. VI. p. 315. Tab. 13. Fig. 16. 
Euastrum ansatum, Abhandl. d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 82. 
Heterocarpella polymorpha, Kürzıng, ex parte, Lin nea, 1833. p. 598. Tab. XIX. Fig. 87. 
Cosmarium lagenarium, Corpa, Almanac de Carlsbad » 1835. p. 206. Tab. II. Fig. %. 


Aufenthalt: Bei Berlin und Carlsbad. 


_ Die F orm dieser Art ist etwas gedehnter oder kürzer, zuweilen, aber selten, wie eine doppelte Eichel oder Kleeblatt (tre- 
m; : ie scheint einen 4theiligen Eierstock zu haben, in dem oft dunkle Körperchen zittern. Nach 1831 wieder am 5. April und 
. Jun 1832 und dann öfter mit Conferyen beobachtet. — Grösse !/;; Linie. 


163 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. VI. 


Fig. 1. hat leicht ausgerandete Flügelspuren; Fig. 2. runde; Fig. 3. gar keine; Fig. 4. eckige. Es besteht gleichsam nur aus dem mittleren 
Theile des Z. ARota u. s. w., alle 300mal vergrössert. 


4197. Kuastrum margaritiferum, geperlte Sternscheibe. Tafel XII. Fig. VI. 


E. corpore gemino, oblongo-elliptico , granulato, utriusque partis semierbicularis margine integro. 


Euastre margaritifere, @ corps binaire ‚ oblong-elliptique, gramule, ayant les deux plaques semi- 
orbiculaires a bord entier. 
Heterocarpella pulchra, Bory DE St. Vıncent? Dict. class. 182. 
Ursinella margaritifera, Tureın, M&moires du Mus. XVI, p. 316. Pl. 13. Fig. 19. 1838. 
Cymbella reniformis, Ascarna, Consp. crit. Diatom. 1830. p. 10. nach LeisLeın Flora, bot. Zeit. 1830. p. 315. Tab. I. Fig. 2. 
Euastrum margaritiferum , Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 246, 3%0. 
Heterocarpella tetrophthalma, 
= polymorpha, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 597. seqg. Taf. XIX. Fig. 82. zum Theil und Fig. 87. 


_ ursinella , 
Cosmarium deltoides, Corps, Almanac de Carlsbad, 1835. Tab. II. Fig. 18. nicht 19. 


Aufenthalt: Bei Berlin, Paris?, Weissenfels?, Würzburg, Carlsbad und bei Catharinenburg im: Ural beobachtet. 


Die Differenz der früheren Beobachter scheint mir mehr in der Auffassung als im Object zu liegen, dessenungeachtet habe ich 
den ersten Namen als unsicher ebenfalls übergangen. Auch Turrın’s Figur passt nicht ganz. Der niedliche Körper ist zwischen Con- 
ferven bei Berlin sehr gemein, und Zeichnungen, die ich auf der Reise mit Herrn v. Humsoror 1829 im Juli in Sibirien machte, 
damals aber auf Thiere anzuwenden Bedenken trug, passen genau. Ein innen braunes Körperchen von daher zeichne ich nicht weiter 
aus. Notirte Beobachtungstage sind 5. April, 4. Mai, 11. Mai 1832; 3. Aug., 5. Aug. 1834; 26. Mai, 30. Mai, 1. Juni 1835; 
19. April 1837. Spontane Ortsveränderung beobachtete ich am 5. Aug. 1834 und 26. Mai 1835. Innere Molecularbewegungen am 
19. April 1837 wieder. Die Wiederergänzung bei der Selbsttheilung, welche von der Mitte aus geschieht, bedingt 2 aneinanderhän- 
gende Körper, deren 2 mittlere Hälften kleiner sind. Diese 1833 p. 320. mitgetheilte Beobachtung wurde 1835 von CornA bestätigt. 
Der Eierstock jeder Hälfte scheint 2theilig zu seyn. Zuweilen sind beide Hälften nierenföormig. — Grösse */ı2o bis Ya, Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XH. Fig. VI. 


Es sind einzelne Doppelscheiben und eine paarige, 300mal vergrössert. 

Fig. 1. und 2. sind Normalformen von der breiten Seite in queerer Stellung, mit zitternden dunkeln zerstreuten Körperchen erfüllt. Jederseits 2 grüne 
Eierstöcke sind in der Mitte verbunden. Fig. 3. ist eine solche von der schmalen Seite gesehen. Fig. 4. zeigt die reihenförmig körnige, geperlte 
Oberfläche deutlich. Zuweilen sind noch zwischen den Reihen andere zu erkennen. Fig. 5. ist ein Doppelpaar. Die hellen Flecke in jedes Theiles 
Mitte gehören wohl dem farblosen Körper an. Fig. 6. hat 4 helle Flecke in den 2 Ovarien, Samendrüsen® Der farblose Körper bildet den hellen 
Mittelstreif. — 'Turrın’s oben eingeschnittene Figur könnte aus Bory’s ähnlicher Darstellung entstanden und Auffassungsfehler, auch eine andere 
Art seyn. 


198. Euasirum Boirytis, beerenartige Sternscheibe. Tafel XII. Fig. VIH. 


. E. corpore gemino, ovato-lanceolato, subfusiformi, truncato, granulato. 


Euastre Grappe, a corps binaire, ovale-lanceole, presque fusele, grenu a la surface. 


Echinella radiosa, LyN6BYE, ex parte, Tent. Hydrophyt. dan. p. 08. Tab. 69. Fig. E. 2. 
Echinella riceiaeformis, AGARDH, Syst. Alg. 184. p. 15. ex parte. 

Heterocarpella botrylis, BorRY DE St. Vincent, Dict. classique, 18%. 

Micrasterias radiosa, AcarDH, Flora, bot. Zeit. 1897. ex parte. 

Micrasterias riceiaeformis, Kürzıne, Linnea 1833. p. 603. ex parte. 

Euastrum anyulosum, Tafel XII. dieses Werkes, 1835. 


age ee ex parte, \ Corva, Almanac de Carlsbad, 1835. p. %5. Taf. II. Fig. 19, %. 
—_ ipes, & ; 


Aufenthalt: Bei Hoffimannsgave auf Fühnen, Berlin, Carlsbad und bei Koliwan im Altaigebirge. 

Diese Art verbindet die Gestalt des Z. ansatum mit der gekörnten Oberfläche des EZ. margaritiferum. Es giebt etwas 
eckige Formen des letzteren, die aber hier nicht gemeint sind. Ich glaubte das sibirische, mit Herrn v. Humsoror 1829 erbeutete, 
E. angulosum unterscheiden zu müssen, habe aber neuerlich Uebergänge der Formen bei Berlin gefunden. Corna’s Form ist offen- 
bar auch Lynesye’s Echinella. Corpa spricht von einem 4eckigen Mund, Füssen und’ äusseren Strömungen, die aber bei dieser et- 


was seltueren Art auch nicht leichter direct zu sehen waren. (Vergl. E. Rota und Pecten.) — Grösse des Koliwaner Körpers !/so 
Linie, des Berliner "/s Linie. 


Erklärung der Abbildung des Z. angulosum: Taf. XU. Fig. VII. 
Die Zeichnung ist von mir in Koliwan gefertigt, die Längsaxe nach oben gerichtet. Vergrösserung 450mal. Die 4 hellen Flecke sind wohl 
2 Paar Drüsen. 
199. Euastrum iniegerrimum, glatte Sternscheibe. Tafel XI. Fig. X. 
E. corpore gemino, oblongo-elliptico, integerrimo, glahro. 
Euastre lisse, a corps binaire, oblong-elliptiqgue, ayant les bords et la surface entierement lisses. 


Euastrum integerrimum, Tafel XII. dieses Werkes, 1835. 


Cosmarium MEER N Corpa, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 206. Taf. II. Fig. 27, 38. 
Colpopelta viridis? 


Aufenthalt: Bei Tobolsk in Sibirien, Catharinenburg am Ural und bei Carlsbad in Böhmen beobachtet. 


Auf der Reise mit Herrn ALexanner v. Humsoror durch Sibirien 1829 beobachtete ich diese Form im Juli in Tobolsk 
und Catharinenburg zwischen Conferven, zweifelte aber bis 1831 an ihrer thierischen Organisation. Corpa hat eine ganz ähnliche bei 


ne ET re 


isn. in, 


164 


Carlsbad beobachtet. Sie schliesst sich offenbar hier natürlich an. Was Corva bei Colpopelta Mund und Darm nennt, kann beides 
nicht wohl seyn. Letzterer war wohl eine grüne Längsfalte des Eierstocks. Vielleicht giebt die chagrinirte Oberfläche dieser Form 


einen besondern Artcharaeter. — Grösse der sibirischen Yo —"/so Linie. 


Erklärung der Abbildung Taf. XH. Fig. IX. 


Es ist die Abbildung aus Tobolsk nach 450maliger Vergrösserung. Die beiden mittleren hellen Stellen sind wohl der farblose Körper, das 
Grüne der Eierstock, die je 2 Paar kleineren hellen Flecke vielleicht Drüsen. 


.s 


Nachtrag zur Gattung Zuwastrum. 


Es sind bisher 14 Namen für Arten dieser Gattung direct gegeben worden, von denen 9 aufgenommen, 5 ausgeschieden sind. 
Letztere sind folgende: 1) E. aculeatum E. (1835) — E. apiculatum; 2) E. angulosum E. (1835) — E. Botrytis; 3) E. 
hexagomum Corva — Micrasterias heptactis; 4) E. pentangulare Corva — Micrasterias Boryana; 5) E. sexangulare 
Corva = Micrasterias Boryana. Die übrige Vertheilung in verschiedenen Gattungsnamen ist bei den Arten angegeben. Als viel- 
leicht eigene Arten sind noch folgende Formen einer weiteren Untersuchung zu empfehlen: 1) Heterocarpella pulchra Borv; 2) Ur- 
sinella margaritifera Turrın; 3) Heterocarpella binalis Turrın; 4) H. didelta Turrın; 5) Colpopelta viridis Gorva; 
6) Micrasterias ricciaeformis Acarpn; 7) Echinella radiosa Fig. 3. Lysssve, die vielleicht mit Oplarium Zinnia von Lo- 
sawa vergleichbar ist. Man kann aber in grossen Irrthum verfallen, wollte man all diese Formen critiklos den Zeichnungen zufolge 


für Arten ansehen. 


VIERUNDFUNFZIGSTE GATTUNG: STACHELSCHEIBE. 
Microtheca. Microtheque. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei, univalvi, complanata, tabellare, 
solitarium. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, libre, ayant une carapace simple, uni- 
valve, comprimee, en forme de tablette solitaire. 


Die Gattung der Stachelscheiben ist in der Familie der Stabthierchen durch freie Selbstständig- 
keit, einfachen, einschaaligen, zusammengedrückten Panzer und einfache tafelartige Form ausgezeichnet. 

Diese Gattung wird hier zuerst characterisirt. Sie besteht aus einer einzelnen Art, welche ich im 
Jahre 1833 (1832) zweifelhaft für die gepanzerte Form eines Räderthierchens der Gattung Anuraea 
hielt und als Anwraea? octoceros bezeichnete. In der Abhandlung über das Leuchten des Meeres (1834) 
führte ich in der Tabelle der Leuchtthiere und p. 540. die Form unter dem Namen Microtheca als po- 
lygastrische Thierform auf. 

An Organisation ist eine den Gallionellen und Achnanthes ähnliche Structur ermittelt, die viel- 
leicht dadurch noch ein besonderes Interesse hat, dass sie Lichtentwickelung hervorzubringen im Stande ist. 

Sie ist nur im Ostseewasser des Hafens von Kiel beobachtet. 


200. Microtheca octoceros, achthörnige Stachelscheibe. Tafel XI. Fig. X. 


M. lorica quadrata, aculeis utringue 4 oppositis armata, hyalina, corpore interno colore aureo variegato. 


Microthegue octoceros, ü carapace quarree, hyaline, munie des deux cöles de 4 dpines opposces, 
ayant le corps interne varie de couleur jaune d’or. 


Anuraea? octoceros, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 199. 
Microtheca ocloceros, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1834. p. 538, 540. 


Aufenthalt: Im ÖOstseewasser bei Kiel. 


Ich erhielt im September 1832 leuchtendes Meerwasser aus dem Hafen von Kiel durch die Güte des Herrn Dr. MicnaArrıs 
daselbst. Darin fand sich am 23. October unter mehreren ganz ähnlich gefärbten, wirklich leuchtenden Peridinien auch dieses gelbe 
Körperchen, welches einer eben darin lebenden Anuraea ziemlich vergleichbar erschien. Ich sah es aber nie wirbeln und habe auch 
sein Lichtentwickeln nicht direet beobachtet, weshalb ich es später überging. Die Vorstellung, als sey die Form ein in seine Schaale 
zurückgezogenes Räderthierchen, ist mir, der damals entworfenen Zeichnung zufolge, später unwahrscheinlich geworden, und ich 
finde allerdings immer mehr Aehnlichkeit mit einem Desmidiaceum. Ortsveränderung habe ich nicht beobachtet. Die gelben Kügel- 
chen scheinen ein vielgelappter Eierstock zu seyn, dessen 4theilige Form gegen die Mitte sichtbar wird. Oeffnungen sind nicht erkannt. 
— Grösse ohne die Stacheln Y,., mit denselben !/ıs Linie. 


Erklärung der Abbildungen. Taf. XII. Fig. X. 


Es sind 4 Körperchen bei 300maliger Vergrösserung abgebildet. Fig. @. und 6. sind die Normalformen; Fig. e. eine beobachtete leere 
oder farblose Schaale von anderer Gestalt; Fig. d. ist Fig. a., von der schmalen Seite gesehen. 


Bu 


Nachtrag zur Section der Desmidiaceen. 


Eine, dem Arthrodesmus truncatus der Gestalt nach nahe kommende, Form hat sich neuerlich in Polirschiefer von Oran in 
Afrika in 2 Arten vorgefunden, welche ich als Diezyocha Speculum und Fibula in dem Berichte der Berliner Akademie d. Wiss. 
1837. 13. April p. 61. bezeichnet habe. Erstere sind netzartig verbundene Kieselfäden, welche ein durchbrochenes Körbchen mit Rand- 
stacheln bilden. Sie kommen gleichzeitig mit Gallionellen und Aectinoeyelus vor, haben aber freilich noch keinen sichtbaren syste- 
matischen Platz. Aehnliche netzartige und schnallenartige Bildungen kenne ich in der Haut der Holothurien und einiger weichen 
Corallen, Anthozoen, allein diese alle bestehen aus kohlensaurem Kalk, nicht aus Kieselerde. Eine dritte Art dieser fossilen Gat- 
tung fand ich in Polirschiefer von Zante und nannte sie vorläufig Diet. Navicula. 


ZWEITE SECTION: NAVICUVLACEHA. 


FÜNFUNDFUNFZIGSTE GATTUNG: KUÜGELDOSE. 
Pyxidicula. Pyxidicule. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei, bivalvi (silicea); solitarium, glo- 
bosum (= Gallionella divisione spontanea perfecta aut nulla). 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, libre, ayant une carapace simple, bivalve 
(siliceuse); etant solitaire et de forme glohuleuse (= Gaillonelle ü division spon- 
tanee parfaite ou nulle). 


Die Gattung Pyxidicula gehört zur Familie der Stabthierchen und unterscheidet sich durch freie 
Selbstständigkeit, einen einfachen, aber zweischaaligen (Kiesel-) Panzer und durch einfache Kugelgestalt. 
(Sie gleicht einer durch Selbsttheilung stets vollkommnen oder gar nicht theilungsfähigen Gallionelle.) 

Die Gattung zählt bis jetzt nur eine lebende Art, scheint aber noch eine oder mehrere fossile Ar- 
ten zu besitzen. Sie wurde in den Abhandlungen d. Berl. Akademie 1833 (1832) p. 295. bemerklich ge- 
macht und 1835 p. 173. bestimmter hervorgehoben. An Organisation ist nur soviel ermittelt, dass sie den 
Gallionellen sehr ähnlich gebildet erscheint, eine grüne oder gelbfarbige vielgelappte Körner-Traube (Eier- 
stock) besitzt, und dass ihr kugelrunder Panzer sich leicht in 2 Hälften trennt, die durch eine (durch- 
löcherte?) Furche aneinandergrenzen. 

Die geographische Verbreitung der lebenden Art ist nur in Böhmen, Sachsen und Preussen sicher 
beobachtet. 

Sehr merkwürdig ist das fossile höchst verbreitete Vorkommen einer ähnlichen Form in Feuerstei- 
nen und Halbopalen. 


201. Pyxidicula operculata, büchsenförmige Kugeldose. Tafel X. Fig. I. 


P. corpore globoso in linea media fissili, lorica hyalina, interaneis flavo - viridibus. 


Pyzidicule:operculee, a corps spherique se fendant dans une ligne mediane, ayant la carapace 
hyaline et les organes internes verts jaunätres. 
Frustulia operculata, AsarDH, Flora, bot. Zeit. 18%. II. p. 627. 
Cymbella operculata, AGARDH, Conspectus crit. Diatom. 1830. 
Gallionella? (Pyzidicula) operculata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 295. 


Frustulia (Cyelotella) operculata, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 535. Tab. XIII. Fig. 1. 
Pywidicula, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1835. p. 173. 


Aufenthalt: Bei Carlsbad, Tennstädt in Thüringen, Berlin, vielleicht auch bei Turin beobachtet. 


AcaronH fand diese Form an feuchten Felsen bei Carlsbad mit Frustulia ventricosa (Cocconema), Kürzıne bei Tennstädt mit 
Frustulia cymbiformis (Cocconema) und Gomphonema dichotomum, ich bei Berlin selten mit Oscillatorien und Gallionel- 
len. Losana nennt 1829 mit vielen andern flüchtigen Namen einen VoWwoz zonatus von Turin, der vielleicht hierher gehört (Me- 
morie di Torino XXAXII]. und Isis 1832. p. 766. Tab. XIV. Fig. 14.). Meine Exemplare waren nicht jugendlich, viele ganz 
farblos, einige hatten einen vielgelappten gelbgrünen Eierstock, wie @allionella. In einigen farblosen Kugeln sah ich einen mittleren 
Ring oder drüsigen runden Körper, den auch Kürzıng erwähnt. War es eine Samendrüse? Die Körperchen gleichen einer kugel- 
förmigen Seifenbüchse, die aus 2 Halbkugeln gebildet ist, welche sich trennen lassen. Geglüht behalten sie ihre Form. Bewegung ist 
nicht beobachtet. Würden sie durch unvollkommne Selbsttheilung zu Ketten, so wären sie wahre Gallionellen. Sie scheinen gar 
keine Selbsttheilung zu haben. — Grösse Yı2o bis *4s Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. I. 


Es sind 9 ganze und eine halbe Kugel dargestellt, alle 300mal vergrössert. Fig. a., 6., d., f. sind von der Seite, in d, die Drüse; 
Fig. e. vom Rücken gesehen, mit der Mittellinie; Fig. e. eine getrennte Halbkugel. 


42 


ET ee ne 


166 


Nachtrag zur Gattung Pyzidieula. 


Im August 1836 entdeckte ich in den Feuersteinen der Berliner Umgegend sehr viele kugelförmige Körper von ziemlich glei- 
cher Grösse, deren Differenz des Durchmessers nur zwischen !ao bis /oo Linie schwankte. Dieselben fanden sich sehr häufig in den 
Halbopalen von Champigny, von Steinheim in Hessen und von Kosemitz in Schlesien (Bericht der Berl. Akad. d. Wissensch. 18. Au- 


gust 1836). Ich habe dann dieselben runden Körper, welche den runden stalactitischen Concretionen nicht vergleichbar sind, bald dar- 


auf in dem Schwimmstein der Mark des Herrn Kröpen und in der kieselerdigen Rinde der Feuersteine der Mark beobachtet (Poc- 
GENDoRFF’s Annalen 1836. p- 464.). Es ist höchst wahrscheinlich, dass diese Körper zu den Kiesel-Infusorien gehören, da sich Kie- 
selnadeln von Spongillen, zuweilen auch Xanthidien und Peridinien mit ihnen gleichzeitig finden. Ob diese Formen der Gat- 
tung Pyzxidieula wirklich angehören, ist insofern noch zweifelhaft, als die Queerfurche der 2 Schaalenhälften nicht erkannt ist; doch 
lässt sich nicht selten eine äussere Schaale von einem inneren Steinkerne gesondert sehen, und da die Queerfurche nur in einer bestimm- 
ten Lage sichtbar ist, so könnte der Mangel durch die Schwierigkeit der Beobachtung bedingt seyn. Ich bin daher geneigt, diese For- 
men mit dem Namen Pyzidicula prisca vorläufig hier anzuschliessen und sie fernerer Aufmerksamkeit in dieser Beziehung noch mehr 
zu empfehlen. — Pyzidicula verhält sich zu Gallionella wie Navieula zu Fragiaria u. dergl. (Vergl. Tessararthra | Hete- 


rocarpella monadina].) 


SECHSUNDFUNFZIGSTE GATTUNG: DOSENKETTE. 
Gallionella. Gaillonelle. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei, bivalvi, (silicea); eylindricum, 
slobosum aut disciforme, spontanea imperfecta divisione cateniforme. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, & carapace simple, bivalve, (siliceuse), 
ayant une forme cylindrique, glohwleuse ou discoide et se multipliant par la division 
spontane imparfaite en forme de chaine. 


Die Formen der Familie der Stabthierchen, welche freie Selbstständigkeit haben, einen einfachen 
2schaaligen Kieselpanzer, eine länger oder kürzer eylindrische Gestalt und eine kettenartige Familienform 
durch unvollkommne Selbsttheilung besitzen, sind Dosenketten. 

Bis jetzt besteht die Gattung aus 7 lebenden und 3 fossilen Arten. Gebildet wurde sie 1823 von 
Bory DE St. Vincent als Glied seiner Algenfamilie der Confervees, im Dict. classique d’ hist. nat. ohne 
Angabe der Arten. Der Name @allionella (Gaillonelle) ist nach Herrn GAırLLon, Zolleinnehmer in Dieppe, 
gebildet, welcher mit vielem Fleisse, aber ohne scharfe Critik, die Entwickelung der Naunemata ver- 
folgt hat. Eigentlich ist aber der Name Zysigonium von Link vorzuziehen, welcher 1820 der schon län- 
ger bekannten Conferva moniliformis und lineata als Algengattung gegeben wurde, der wohlgebildet und 
sehr bezeichnend ist. AcArpH nannte diese Formen 1824 Meloseira und beschrieb 5 Arten bei den Algen. 
Bory verzeichnete 1825 im Diet. classig. 2 Arten seiner Gattung Gaillonella, welche auch AcAarpu auf- 
geführt hatte, und rechnete 1827 (ebenda Art. Nemazoaires) GaıLLons Girodella comoides dahin, welche 
ein Naunema ist. Asarpu rügte diess 1830 im ersten Theile seines Oonspeetus crit. Diat. p. 12. und 
hatte 1827 in der Flora eine neue Art beschrieben. Im Jahre 1833 (1832) wurde die Gattung unter Bo- 
ry’s Namen in den Abhandl. d. Berl. Akad. p. 294. aufgenommen und zuerst unter den Infusorien verzeich- 
net. Link’s bezeichnender, von ihm selbst 1824 verlassener, Name wurde nicht aufgenommen, weil mir 
die Conf. moniliformis unbekannt war und physiologisch verschieden erschien. AcarpH fügte 1832 eine 
neue Art zu seiner Gattung Meloseira, und Kürtzıne verzeichnete 1833 7 Arten als Pflanzen in der Zin- 
nea unter demselben Namen, worunter 3 neue waren, die er in seinen Decaden getrockneter Algen vertheilt 
hat. Seitdem sind die fossilen Verhältnisse in den Berichten der Berliner Akad. d. Wissenschaften 1836 
gemeldet worden, und eine neue Art ist ebenda 1837 angezeigt. 

An Structurverhältnissen ist ermittelt, dass die kettenartigen Fäden aus einzelnen kieselhäutigen, 
kürzer oder länger eylindrischen, zuweilen scheibenartigen, Einzelthieren bestehen, welche in einer oder 2 
umlaufenden Queerfurchen (richtiger Längsfurchen) mehrere Oeffnungen besitzen. Der Panzer ist oft wie 
eine runde Münze gestaltet, brüchig und unverbremlich. Bei @. ferruginea erscheint er als ein Eisensili- 
cat. Die Einzelthiere sind mit den Seiten aneinandergeheftet, und ihre unvollkommene Längstheilung be- 
wirkt eine cylindrische Kettenform. Im Innern ist ein 4- bis vieltheiliges gefärbtes, wie aus soviel Körner- 
häufchen oder Zellen traubenartig gebildetes, Organ, ‘welches einem Eierstocke von feinkörniger Masse ver- 
sleichbar ist. Der eigentliche Körper ist farblos, und neuerlich haben sich besondere, ebenfalls farblose, 
Bläschen erkennen lassen, die wohl Magenzellen sind. Ortsveränderung ist nicht beobachtet. (Man ver- 
gleiche ‚Aetinocychıs.) Die Selbsttheilung geschieht unter einer kieseligen Oberhaut, welche eine vergäng- 
liche Hülle und Röhre für die Kettenform bildet. 


167 
Die geographische Verbreitung der lebenden Arten ist von Paris und Venedig? bis England und Schwe- 
den durch ganz Europa beobachtet. Im fossilen Zustande sind einige derselben in Italien, Böhmen und Finn- 


land vorgekommen, die @. ferruginea vielleicht in Sibirien und Amerika. Letztere Form ist wegen ihres 
Eisengehaltes einer der merkwürdigsten Naturkörper. : 


202. Gallionella lineata, gestreifte Dosenkette. Tafel X. Fig. I. 


G. corpusculis utringue compressis, subeylindrieis, longitudinaliter Iineatis, oyario flavo-viridi aut Inteo. 


Gaillonelle rayce, a corpuscules comprimes des deux cötes, presque cylindriques, rayes longitudi- 
nalement, ayant TV ovaire jaunätre ou verdätre. 
Conferva lineata, DıLLwyne£? Brit. Confervae, 1809. 
—  nummuloides, Smit#? Engl. botany. Tab. 2287. 1811. 
Fragilaria lineata, Lynessye, Tent. Hydrophyt. dan. p. 184. Tab. 63. C. 1819, 
Lysigonium lineatum, Lin, Horae physicae berol. NeEs AB EsEnBEcK, p. 4. 18%. 
Meloseira moniliformis , 
—_ Jürgensü? AGARDH, Syst. Alg. 1824. p, 8—9. 


= lineata, 
Gaillonella lineata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 294, 319. 


Aufenthalt: Bei Hoffmannsgave auf Fühnen, in England ? und bei Wismar in Mecklenburg beobachtet. 


“ Diese Art ist mit @. moniliformis verwechselt worden, welche letztere Mürrer’s Form bleiben muss. Asarpn’s, aus den 
Dimensionen der Glieder genommene, Charactere verschiedener Arten sind unbeständig, wie die Farbe. Diese Art habe ich nur im 
Ostseewasser beobachtet und Lywesre’s Figur der Fr. Zineata passt darauf; auch könnte Dırıwyne’s Form in brakischem Wasser 
(des Lea-Flusses bei London) vorgekommen seyn. Mir schien der Name Zneata auch desshalb noch nützlich, weil er den von mir 
gefundenen Character anzeigt, obschon die Linien, welche DirLwyne und Lynxesve sahen, nur die Mittelfurchen und 'Theilungslinien 
waren, welche die andern Arten auch besitzen. Mürzer beobachtete bei Copenhagen, Dırıwrne in England, Lysegye auf Fühnen 
im Wasser der Nordsee, Acarpn in der Ostsee, ich bei Wismar in der Ostsee im August. — Grösse oder Dicke der Kugeln 1/90 
bis 6 Linie. Diese Dicke ist die Länge des Thieres, die Axe des Gliederfadens liegt in seiner Breite. Ketten sind bis 3 Zoll 
lang beobachtet. Jede dergleichen enthält also 1266 bis 3720 Thierchen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. HM. 


Es sind 3 Ketten verschiedener Länge und Dicke, 300mal vergrössert. 
Fig. a. 20 Linie dick, mit gelblichen Eiertrauben ; Fig. 6. "ss Linie dick; Fig. e. !/;, Linie dick, mit grünlichen Eiertrauben. 


203. Gallionella nummuloides, kuglige Dosenkette. Tafel x Fig. IH. und Tafel XXI. Fig. 1. 


G. corpuseulis ateingne convexis, subglobosis, glahris, ovario flavo-viridi aut luteo. 


Gaillonelle spherique, a corpuscules convexes des deux cötes, presque spheriques, lisses, ayant 
V ovaire jaune ou verdätre, 


Conferva nummuloides, DiuLwyne£e? British Confervae, 1809. 
AERNaen Fee, H AGARDH, Systema Alg. 184. p. 8. 
= discigera , : 
Gaillonella nummuloides, BorY DE ST. Vincent, 18%. Dict. class. 
Melosira nummuloides, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 588. Tab. XVII. Fig. 27. 


Aufenthalt: In England, Norderney?, Fühnen, bei Artern in Thüringen!. 


Es ist unmöglich, mit voller Sicherheit über die Syuonyme zu entscheiden, da die Autoren die Formen selbst verwechselten 
und meist mehrere Arten beisammenleben, auch die bisherigen Charactere der Arten nur verschiedene Zustände einer und derselben Art 
bezeichnen. Die münzenförmig gesehenen Glieder sind rund gezeichnet und müssen also kugelförmig gewesen seyn, daher habe ich die- 
sen Namen einer Form ee welche kugelförmige glatte Glieder besitzt und im Sure lebt. Dirrwvne’s Name zummuloides 
ist sprachwidrig und ich würde ihn mit Warırorn in zummulina verwandeln, wenn er nicht dann einen, der Art nicht gehörenden, 
Character noch mehr bezeichnete. Ich sah sie lebend in dem Soolrinnen-Schleime von Artern in Berlin am 8. Juli 1836, wo sie auch 
Kürzıns sammelte. Ob Dırıwrne’s Form sich im brakischen Wasser fand und nicht vielmehr @. moniliformis war, ist ungewiss. 
Ich sah sie fusslange Büschel bilden, welche einer dicken fluthenden Conferve glichen und von gelbgrüner Farbe waren. Die jugend- 
lichen Ovarien bestehen aus 4 grünlichen Körnerhaufen in jeder Kugelhälfte, welche sich zuweilen und später immer mehrfach zerthei- 
len. Der farblose gallertige Körper liegt zwischen den 8 Körnerhaufen in der Mitte jeder Kugel. In der @Queerfurche der Kette, 
welche die Längsfurche des Einzelthieres ist, ist am Rande jederseits in jeder Lage eine Oeffnung zu sehen. Bei eintretender Selbst- 
theilung entstehen 2 Queerfurchen dicht nebeneinander, zwischen denen sich, während sie immer weiter auseinanderrücken, 2 neue Schaa- 
lenhälften entwickeln. So entsteht aus der Kugel erst ein so grosser Cylinder, dass er sich in 2 Kugeln abschliessen kann. Daher 
sind die Grössen-Verhältnisse der Glieder nicht constant und können keinen Artcharacter abgeben. Die Entwickelung der neuen Theile. 
geschieht unter der glasigen Oberhaut, welche zwischen den Gliedern, wie eine Röhre, lange stehen bleibt, dann aber allmälig abbricht 
und sich verliert. — Grösse der Einzelkugel !ıs+ bis "2 Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. IH. und Taf. XXI. Fig. 1. 


Es sind auf Taf. X. 4 Gallionellen-Ketten in verschiedener Dicke im reiferen Alter bei gleicher Vergrösserung von 300mal im Durchmesser 
abgebildet. Die neueren, noch glücklicheren, Untersuchungen über die allmälige Selbsttheilung sind an jugendlichen Formen auf Taf. XXI. Fig.l. «.— e. 
dargestellt. 


204. Gallionella varians, veränderliche Dosenkette. Tafel X. Fig. IV. und Tafel XXI. Fig. Il. 


G. corpuseulis utrinque planis, eylindrieis aut nummiformibus, a  dorso glabris, a latere radiatim striolatis, ovariis fla- 
vis aut flavo- viridibus. 


168 


Gaillonelle variable, ü corpuscules plats des deux eötes, eylindriques ou discoides en forme de mon- 
naie, lisses au dos, a raies fines rayonnantes aux cötes, ayant les ovaires jaunes ou verdätres. 


Conferva fasciata, Di.uwyne? Synopsis of brit. Conferv. 1809. p. 44. 
Meloseira varians, Asaron, Flora, bot. Zeitung, 1827. II. p. 628. 


Meloeirn vorkonm, \ Kürzıne, Linnea, 1833. p. 70, 71, 588. Tafel XVII. Fig. 69, 70. 
—  subflewilis , 
Gaillonela variımns, Bericht der Berlin. Akad. d. Wiss. 1836. p. 83, 84. Posernnorrr's Annalen d. Physik und Chem. 1836. 


p« 457, 460. 
Aufenthalt: Lebend in England?, bei Carlsbad, bei Tennstädt, bei Berlin!, bei Dessau; fossil bei Cassel und Bilin beobachtet. 


Acarom entdeckte diese Form im Tepelflusse bei Carlsbad und zog gewiss mit Unrecht die Conf. lineata von DıLLwyYNeE 
und die ©. Ayemalis von Rorn mit ihr in Eine Art. Eher möchte Dirıwrne’s ©. fasciata hierher gehören. Kürzıns fand sie 
im Darrwasser bei Tennstädt in Thüringen, ich im Spreewasser des Schaafgrabens bei Berlin im Thiergarten. Sehr grosse und beson- 
ders instructive Exemplare sammelte Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin von Dessau bei Dessau im Juli 1836 mit Eetosper- 
men. Ich sah sie mit gelbem und grünem Inhalte. Ich verdanke Herrn Kürzıne Exemplare seiner beiden Arten, welche durch seine 
Decaden getrockneter Algen vertheilt sind, und bin der Meinung, dass ihm die Farbe als zu wichtiger Character erschienen. Der Cha- 
racter, dass einzelne Glieder zuweilen dieker waren, scheint eine Bildungsabweichung oder Monstruosität zu seyn. Die innere körnige 
Färbung ist bis auf 50 Häufchen oder Beutelchen und darüber zertheilt. Jedes Glied hat meist nur 1 Q@ucerfurche (Längsfurche) mit 
jederseits einem hellen Punkte (Oeffnung) am Rande. Zuweilen sind 2 solcher Furchen und 4 Punkte. Die Breite (Länge) der Glie- 
der ist sehr verschieden vor oder nach der Theilung. — Grösse der Einzelglieder (Dicke der Ketten) Yıo2 bis !/ao Linie, oft 1/,, Linie. 

Besonders merkwürdig ist das Vorkommen dieser Form im Casseler Polirschiefer. Aehnliche Gliederketten und einzelne Glie- 


der finden sich in den Halbopalen von Bilin, allein weniger gut erhalten. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. IV. und Tat. XXI. Fig. H. 


Auf Tafel X. sind 5 Ketten in verschiedener Dicke bei 300maliger gleicher Vergrösserung abgebildet, deren einige ihre Färbung (Eier) noch 


enthalten, andere entleert haben. 
Auf Tafel XXI. ist eine stärkere Kette von Dessau dargestellt, bei welcher die Details noch deutlicher geworden. a. vom Rücken, & Glie- 


der zusammenhängend; 6. von der Seite. 


205. Gallionella moniliformis, perlschnurähnliche Dosenkette. Tafel X. Fig. V. 


G. corpusculis breviter eylindrieis, utrinque conicis truncatis, hine a dorso 8-angularibus, a latere eireularibus, gla- 
bris, ovarüs flavo -viridibus. 


Gaillonelle moniliforme, @ corpuscules eylindriques courts, coniques aux cöles et tronques, vus 
du dos 8-angulaires, du cöte eirculaires, lisses, ayant les ovaires verdätres. 
Conferua moniliformis, MüLter, Nov. Act. Holmens. 1783. p. 80. Tab. 3. Fig. 1—5. 
—  inflewa, Roru? Catalecta bot. I. p. 203. teste Lynsgvo. (ramosa?) 1797, 
— _ nummuloides, DıLLwyn£, Brit. Conferv. Synops. 1809. 
— moniliformis, Flora danica, Horuemann, Tab. 1548. Fig. 1. 1818. 
— _ nummuloides, Lynegye, Tent. Hydrophyt. dan. t. 63. p. 184. 1819. 
Lysigonium moniliforme, Link, Horae physicae berol., ed. Ners AB EsENBECK, 1820. p. 4. 
Gaillonella moniliformis, Bory DE St. Vincent, Diet. classique d’hist. nat. 18%. 
Melosira moniliformis, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 69, 587. Tab. XVII. Fig. 71. 
Aufenthalt: Bei Copenhagen, London, Hoffmannsgave auf Fühnen, im adriatischen Meere bei Venedig? und bei Wismar in der 
Ostsee beobachtet. 


Da ich mit der @. Zineata gewöhnlich diese Art in grosser Menge in der Ostsee sah und dieselbe nirgends weiter gefunden 
habe, so bin ich der Meinung, dass die Copenhagener Form von Mürter, welche runde Kugeln enthält, nicht die hier abgebildete 
G. nummuloides, sondern die 8eckige moniliformis gewesen, deren Character übersehen wurde. So habe ich denn auch die balti- 
schen Formen von Horsemann, Liwsegye und die (der Nordsee?) von Dırıwyne und Roru hierher bezogen. Der Lea-Fluss 
mag wohl zur Fluthzeit an jener Stelle brakisch Wasser führen und @. Zineata und moniliformis ebenso beherbergen, wie sie im 
Süsswasser des Hafens von Wismar vorkommen. Die venetianische von Martens stelle ich nach Kürzıns desshalb hierher, weil 
Kürzıng’s Abbildung dahin zu gehören scheint. Die achteckige Gestalt der Glieder ist nur in der Rückenlage, also bei der Ketten- 
form, immer vorhanden. Einzelne Glieder, von der Seite gesehen, sind cirkelrund. Es sind also kurze Cylinder mit doppelter coni- 
scher abgestutzter Zuspitzung nach den Seiten. Jedes Glied hat eine Queerfurche (in seiner Längsaxe) und darin 2 sichtbare Oeffnun- 
gen, wahrscheinlich aber deren 6—8. Der farbige bald gelbe, bald grüne Inhalt bildet 15 bis 20 Häufchen in jeder Halbkugel. — 
Dicke der Glieder bis */2 Linie. 5 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. V. 


Es ist eine gelbe und eine grüne Kette 300mal vergrössert dargestellt. 


206. Gallionella aurichalcea, goldene Dosenkette. Tafel X. Fig. VI. 


G. corpusculis longius cylindrieis, utrinque truncatis planisque, arcte contiguis, glabris, sulco medio perforato, sim- 
plici aut duplici contiguo, ovariis virescentibus, siccatis aureis. 


Gaillonelle dorde, a corpuscules allonges cylindriques, tronques, aplanıs et contigus aux cötes, lisses 
partout, ayant une raie percee simple ou deux contigues au milieu; les ovaires verdätres et en 
elat de secheresse jaunes dor. 

Fragilaria hyemalis, Lynesye (zum Theil), Tent. Hydrophyt. dan. 1819. p. 185. Tafel 63. E. Fig. 5—6. 
Conferva orichaleea, (MErTENS bei JüRGENS), AsArDH, Syst. Alg. 1824. p. 86. 
Melosira orichalcen, Kürzıng, Decad. sicc. Alg. und Linnea, 1833. p. 72, 588. Tab. XVII. Fig. 68. 
. th alt: “ Bei Norderney und Wangeroge, an Felsen auf den Faeroer-Inseln, in Thüringen, Franken, bei Halle, Weissenfels, 
eipzig, Stuttgart und Würzburg angegeben. 


- 169 


Es scheint, dass diese schr ausgezeichnete Form, welche ich 1835 nur aus Exemplaren von Kürzıne kannte, jetzt aber auch 
bei Berlin gefunden habe, noch Berichtigung ihrer Synonymie bedarf. Die Nordseeform mag wohl eine andere Art seyn, und dann 
würde Kürzıne’s Art wohl @. Ahyemalis zu nennen seyn. Sie ist auch mit @. varians im Acusseren verwandt. Nach Kürzıns 
findet man zuweilen einzelne Glieder der Ketten stark verdickt; seine Fig. 6. und ce. mögen zu @. varians gehören, welche dazwi- 
‚schen liegt. Ihre Farbe ist erst grünlich und wird beim Trocknen goldgelb. Der Hauptcharacter scheint mir in zwei mittleren Fur- 
chen mit Oeflnungen anstatt der gewöhnlichen einfachen zu bestehen, wie bei @. distans, deren Glieder kürzer sind. — Dicke der 
Glieder io — Yızz Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. VI. 


Es ist ein Haufe von Gliederketten verschiedener Stärke, bei 300maliger Vergrösserung, im trocknen, angefeuchteten Zustande abgebildet. 


207. Gallionella ferruginea, rostfarbene Dosenkette. Tafel X. Fig. VI. 


G. corpusculis tenuissimis, utringue convexis, ovatis, glabris, ferrugineis, filis artieulatis, saepe conglutinatis, sub- 
ramosis. 


Gaillonelle ferrugineuse, a corpuscules tres-minces, convexes des deux cötes, ovales, lisses, fer- 

rugineux, poussant en forme de fils articules souvent colles et semblant rameux. 

Conferva ochracen, Roru? Catal. bot. I. p. 165. Tab. 5. Fig. 2. 1797. 
= —,  ScHhumacHer? Enumeratio plant. Zeelandiae, 1803. IT. p. 105. 
— :..—, Dissnwwne? Synops. of brit. Conferv. 1809. Pl. 62. 

Oscillatoria ochracea, LysesyE? Tent. Hydrophyt. dan. T. %. C. (nur die Unterlage.) 

= — —? Asırnpn? Syst. Alg. 1824. p. 69. incerta species. 
Lyngbya ochracen, Leıgıeın! Flora, bot. Zeit. 1827. p. 260, 280. 
Gaillonella ferruginea, Tafel X. dieses Werkes. 1835. 


Gallionella ferruginea, Bericht der Berl. Akad. d. Wissensch. 1836. 27. Jun. p. 52, 84. Possennorrr's Annalen d. Physik u. Che- 
mie, 1836. p. 217, 227. Taf. II. Fig. VI. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, bei Halle!, im Oldenburgischen?, in England?, auf dänisch Seeland?, Jütland, Fühnen?, in Norwegen ?, 
“auf den Faeroer-Inseln?, bei Würzburg?, bei Carlsbad?, in allen Eisenwässern?, fossil in allem Raseneisen?, Gelberde?, im 
gelben Halbopal von Bilin?. 


In vielen, vielleicht allen Kisenwässern und auch in Torfwässern, denen man Eisengehalt weniger bestimmt beilegt, findet 
sich dieser sehr merkwürdige Körper, welcher dem Kisenroste gleicht und in Mineralquellen gewöhnlich für abgesetztes Eisenoxyd ge- 
halten wird. Er überzieht alles, was unter Wasser ist, und bildet ein so zartes, flockiges Wesen, dass es bei jeder Berührung zer- 
geht. Die Botaniker haben diesen Körper, weil er zuweilen Fäden enthält oder bildet, unter die Pflanzen gestellt, aber nur Dr. Leıs- 
vEın scheint die hier gemeinte färbende Substanz isolirt erkannt zu haben, oder es giebt vielleicht der ähnlichen verschiedene Körper. 
In jener flockigen gelben Masse sieht man nämlich häufig verschiedene Conferven, die aber nur von ihr überzogen sind, neben den ver- 
schiedensten Infusorien. Die ersten Beobachter können unter Conferva ochracea leicht eine Hygrocrocis gemeint haben, LyxczrE 
sah eine Oscillatorie darin und hielt sie für dazu gehörige Hauptsache. Daher hielt Acarpn die ganze Art für unsicher. Später hat 
Leisıeıw die Form als einfache geringelte Fäden beschrieben. Er sah sie wohl also nur im Sommer in schon sehr entwickeltem Zu- 
stand. Acırpnm meint 1831 sie wohl als Zygroerocis ochracea von Carlsbad (Consp. erit. Diatom. p. 45.). 

Im Frühling hesteht diese Masse aus äusserst zarten blassgelben Kügelchen, welche sich leicht von einander trennen. Diese 
sind reihenweis in sehr kurzen Kettchen zusammenhängend und bilden einen unregelmässigen gallertigen Filz oder flockiges Wesen. So 
habe ich die Substanz wieder jetzt am 10. Mai 1837 vor mir. Gegen den Sommer und im Herbst entwickelt sie sich zu deutlicheren 
gegliederten starren Fäden von etwas stärkerem Durchmesser, welche ebenfalls ein Gewirr bilden und die durch Aneinanderkleben oder 
Ankleben an feine Conferven ästig erscheinen. Im jüngeren Zustande erscheint sie bei schwacher Vergrösserung wie eine homogene zu- 
sammenhanglose Gallerte. Nur erst bei 300maliger klarer Vergrösserung erkennt man das körnige Gefüge, und nur mühsam überzeugt 
man sich vom filzartigen Gewebe der kleinen Gliederketten. Weit deutlicher erscheint diess im Sommer. Im ersten Frühjahr ist die 
Farbe der schleimigen Flocken ein blasses Ockergelb, allein es röthet sich dann bis zum intensivesten Rostroth. Die stärksten Ver- 
grösserungen zeigen in den deutlich gegliederten Fäden eine Structur, welche, so weit sie erreichbar ist, sich ganz an die Gallionellen- 
Bildung anschliesst. Sie zeigen kugelförmige oder eiförmige Glieder, welche röhrenartig verbunden sind. 

Durch Anwendung von Salzsäure fand sich, dass die Farbe sich auflöst, ohne dass die gegliederten Fäden verändert wurden. 
Ich glühte dann dergleichen auf Platinblech, sah, dass die gelbe Farbe sich. in ein dunkles Rostroth veränderte, und erkannte auch 
nach dem Glühen noch die kleinen Glieder und Ketten. Dasselbe geschah beim blossen starken Erhitzen auf durchsichtigem Glimmer. 
Es lässt sich daraus auf einen Kieselgehalt der Glieder schliessen, wie er bei Gallionella der Grösse halber deutlicher ist, und über- 
diess auf einen Gehalt von Eisen. Digerirt man die Substanz mit Salzsäure, so giebt die filtrirte Flüssigkeit mit Ammoniak einen star- 
ken Niederschlag von Eisenoxyd, der sich durch Hinzufügung von Schwefelwasserstoff- Ammoniak in schwarzes Schwefeleisen umwandelt. 
Verdünnt man aber die filtrirte obige digerirte Flüssigkeit mit Wasser und setzt man Blutlaugensalz hinzu, so giebt sie schr viel Ber- 
linerblau. Da nun dieser deutliche Eisengehalt der kleinen Gallionellen -artigen Gliederfäden im Mikroskop nicht als blosser Nieder- 
schlag äusserlich an denselben klebt, sondern als Farbe die Glieder durchdringt, so scheint man annehmen zu müssen, dass das Eisen 
und die Kieselerde als ein Eisensilicat verbunden sind, oder dass das Eisen in der harten Panzersubstanz dieser Thierchen so vorhan- 


den ist, wie der phosphorsaure Kalk in den Knochen der grösseren Thiere, d.h. abgelagert in besondern Zellen. Es liegt nahe, hier- 


bei an den Kieselerdegehalt des Raseneisens zu denken, und die Untersuchung von Gelberde gab mir ebenfalls einen sehr ansehnlichen 
Rückstand von aus lauter kleinen sphärischen Körpern bestehender Kieselerde. Im Eisenocker des Rasenerzes war dieser ebenfalls sehr 
deutlich, zuweilen in Gliederketten aneinanderhängend. Man könnte wohl hieraus schliessen, dass die G@allionella ferruginea durch 
ihre erstaunenswerthe Vermehrung das in ilir enthaltene Eisen in den Sümpfen lokal anhäufe, und dass vielleicht alles Raseneisen sammt 
der Gelberde sumpfiger, oder ehemals sumpfiger, Gegenden nicht sowohl aus verwitterndem Eisenerze, sondern aus zusammengebacke- 
nen Gallionellen-Schaalen bestehe, deren Zusammensintern das Eisenerz bilde. Der Kieselerdegehalt des Raseneisens wäre hierdurch 
erklärt, der Phosphorsäuregehalt desselben könnte durch andere kleine Organismen, welche phosphorsauren Kulk enthalten und zahlreich 
immer gleichzeitig lebten, dazu gekommen seyn. So enthalten die Zähne und Kiefer der Räderthiere dergleichen (siehe Abhandl. 
d. Berl. Akad. d. Wiss. 1833. p. 319.). Ob aber die Gallionellen das Eisen in sich organisch bereiten, oder nur aufnehmen und ab- 


43 


P2 


— BEE 


lagern, ist eine Frage, welche jetzt unbeantwortet bleiben muss, und noch erlauben die bisherigen Grundsätze der Chemie nicht, an die 
erstere, obwohl hervordrängende, Ansicht zu denken. Jedenfalls scheint jedoch das Sumpfeisen sich aus dem Ocker, nicht umgekehrt, 
so zu bilden, wie sich der Halbopal aus dem Polirschiefer,, und die Feuersteine aus dem Steinmark der Kreide bilden. Weitere Fol- 
gerungen aus diesen Beobachtungen bleiben hier ausgeschlossen und es ist nur zu warnen, dass nicht leichtfertig Schlösser auf diesem 
allerdings interessanten Boden erbaut werden, den erst zu ebnen, zu reinigen und zu befestigen die Aufgabe der nächsten Zeit ist. 

- Die Eisen-Gallionellen erscheinen fast in allen Mineralquellen, auch in den Salzquellen, sehr zahlreich, und in Colberg in 
Preussen streicht man, nach der mir erbetenen officiellen Mittheilung der dortigen Beamteten am Salzwerke, mit ihnen, gleich einer 
Eisenfarbe, die Häuser an. Die besonders reichen Eisenquellen, welche sämmtlich auf diese Form zu untersuchen sind, nämlich 13 in 
Deutschland, 12 in der Schweiz, 9 in Frankreich, 9 in Italien und 8 in England, sind in „Osann’s Darstellung der bekannten Heil- 
quellen, Berlin 1829. verzeichnet. Die Betrachtung des Verhältnisses dieser Form zu den Eisenquellen führte zur Untersuchung der 
Carlsbader und Eger Quellwasser, und leitete 1836 zur Auffindung der fossilen Navieulae und Gallionellen als Kieselguhr, Bergmehl 
und Polirschiefer u. s. w. (Vergl. Amtlicher Bericht über die Versamml. d. deutsch. Naturf. in Jena, 1836. p. 71. 21. Septemb.) — 
Grösse der kleinsten beobachteten Glieder weniger als /s00o Linie, der stärksten */ıooo bis ./soo Linie. Oft sind die meist eiförmigen 
Glieder der Ketten ungleich lang (wegen Selbsttheilung?), oft sind einzelne Glieder dicker, was auch bei andern Gallionellen bekannt 
ist. Auch das Angeheftetseyn der Ketten an andere Pflanzen und an einander ist bei mehreren Arten der Gattung beobachtet, scheint 
jedoch nicht ein selbstthätiges, wie bei Echinelleen, zu seyn. Zu einer dieht erfüllten Cubiklinie Gelberde gehören, wenn jedes 
Körperchen !/ıooo Linie gleicht, die Cubikzahl von 1000, das ist: 1000 Millionen Körperchen, welche als zur Jetztwelt und auch 
schon zur geologischen Tertiärbildung der Urwelt gehörig, obschon durch Kleinheit dem scharfen Urtheil über Identität schwer zu- 
gänglich, doch mit grosser Wahrscheinlichkeit gleichartig beobachtet sind. (Vergl. d. Nachtrag.) 


Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. VO. und Taf. XXI. Fig. IH. 


Es sind auf Taf. X. in 4 Gruppen die verschiedenen Erscheinungen dieses Körpers bei verschiedenen Vergrösserungen dargestellt. 
Fig. a. und 5. sind verschiedene Farbenzustände der locker flockigen Substanz, ockergelb und blass fleischroth mit blossem Auge gesehen, wobei die 
rundliche Anhäufung nur willkührliche Zeichnungsgrenze ist. Man denke sich den Boden ganzer Lachen, Gräben und Bäche so erfüllt. 
Fig. e. ist der, bei 300maliger Vergrösserung gezeichnete, entwickeltere Zustand im Sommer. Fig. d. ist ein Theil einer Kette bei 2000maliger Ver- 
grösserung des Durchmessers, wobei die characteristische Theilungsfurche der Gattung noch unerkannt blieb. 
Auf Taf. XXI. Fig. IN. sind bei a. frühere, bei 2. ältere Zustände mit 800maliger Vergrösserung abgebildet. 


208. Gallionella distans, getrennte Dosenkette. Tafel XXI. Fig. IV. 
G. corpusculis breviter eylindrieis, utrinque truncatis planisque, arcte contiguis, glabris, sulco medio perforato dupliei 


semper distante. 


Gaillonelle distante, ü corpuscules cylindriques courts, tronques et aplanis aux deux cötes, lisses, 
ayant deux raies percces, loujours separces au milieu. 


Gaillonella distans, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. 30. Juni. p.56. Possesporrr’s Annalen d. Physik u. 
Chem. 1836. p. 222. Tafel III. Fig. 5. 


Aufenthalt: Lebend bei Berlin!, bildet fossil den Polirschiefer von Bilin in Böhmen, ist einzeln im Polirschiefer von Cassel, im 
Bergmehl von Santafiora in Toscana und von Kymmene Gärd in Finnland. 


Diese fossile, ganze Felsmassen fast allein bildende, Infusorienform ist völlig sicher zur Gattung Gallionella zu zählen, und 
vor wenig Tagen, am 11. Mai 1837, hat sich eine, ihr sehr entsprechende, Form sogar auch bei Berlin im Thiergarten an der Loui- 
seninsel in zahlloser Menge noch lebend vorgefunden. Sie hat ein für allemal den wesentlichen Einfluss der mikroskopischen Welt auf 
die dem blossen Auge sichtbare festgestellt. Sie bildet fast ausschliesslich den Polirschiefer und auch den festeren Saugschiefer von 
Bilin, welcher, bis zu 14 Fuss Mächtigkeit, unterhalb horizontal geschichtet, die oberste Lage des Tripelberges bildet. Sie 
kann nur mit 300maliger Vergrösserung des Durchmessers characteristisch unterschieden werden. Sie erscheint als kleine, meist etwas 
breitere als lange, zuweilen noch kettenartig lang zusammenhängende, Tönnchen, deren Breitendurchmesser in der Längsaxe der Glie- 
derketten liegt, mit doppelter mittlerer Cirkelfurche, in deren jeder am Rande jederseits ein heller Fleck, eine Oeffnung ist. Man 
sieht in jedem Gliede auf einmal immer 4, aber es sind im Umkreise jeder einzelnen Cirkelfurche 4 bis 8 solcher Oeffnungen. Oft 
sind sie so lang als dick, zuweilen auch etwas dicker als lang. Die lebende Form ist öfter länger als dick. Im Mittel besitzt jedes 
Glied eine Grösse von !/ss Linie, oder es hat '/; der Dicke eines menschlichen Kopfhaares, oder fast die Grösse eines menschlichen 
Blutkügelchens; mithin gehören zur Erfüllung des Raumes einer Cubiklinie, wenn alle Individuen gleich wären, die Cubikzahl von 288, 
d. i. 23 Millionen (23,887,872) Thiere. In jedem Cubikzoll aber sind 1728 Cubiklinien, mithin ist jeder Zoll des Biliner Polirschie- 
fers etwa aus 41000 Millionen Thieren gebildet. Ferner fand ich beim Wägen eines Cubikzolls des Polirschiefers dessen Gewicht 
32/; @uentchen oder 220 Gran. Mithin gehen von den 41000 Millionen Thierchen etwa 187 Millionen auf einen Gran, oder der Kie- 
selpanzer eines einzelnen solchen Thierchens wiegt etwa "/ısz Milliontheil eines Grans. — Noch grössere Zahlen ergeben sich bei Be- 
rechnung der Eisenthierchen. In einer Cubiklinie haben deren 1000 Millionen Raum, mithin gehören zu 1 Cubikzoll dichten Ra- 
seneisenockers oder Gelberde 1 Billion Thierchen, und 1 Cubus von 9 Fuss Durchmesser wird deren 1 Drillion enthalten. — Grösse 
der Einzelglieder !/s76 bis Ya, oft %ass Linie. (Vergl. d. Nachtrag.) 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. IV. 


s Es sind 8 Darstellungen von fossilen Einzelthierchen des Biliner Polirschiefers, und Ketten desselben sammt dem jetztlebenden bei 300maliger 

Vergrösserung dargestellt. 1 

Fig. a. und b. sind kurz eylindrische Einzelthiere der fossilen, vom Rücken gesehen, mit den 2 Cirkelfurchen und 4 sichtbaren Oeffnungen. Fig. e. 
und d. dieselben von der Seite, einen Ring darstellend. Fig. e. halb gewendet. Fig. f. und g. kettenartig noch vereint. Fig. A. die lebende 
Form als Kette. Fig. ©. von der Seite. 


209. Gallionella sulcata, queerstreifige Dosenkette. Tafel XXI. Fig. V. 


G. corpusculis breviter eylindrieis, utringque truncatis planisque, extus transverse sulcatis, tanqguam cellulosis. 


Gaillonelle sillonnde, a corpuscules eylindriques courls, trongues aux deux bouts et aplanis, exte- 
rieurement sillonnes en travers et en forme de cellules. 


171 


Gallionella sulcala, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 13. April 1837. p. 61. 


Aufenthalt: Im Polirschiefer von Oran in der Barbarei. 


Diese sehr ausgezeichnete Art findet sich mit Aetinocyelus nur in dem afrikanischen Polirschiefer, welcher wahrscheinlich 
den Namen Tripel veranlasst hat, indem er über Tripolis in den Handel kam. Die Ketten sind fast doppelt so diek als die Breite 


ihrer Glieder. Jedes Glied hat jederseits neben der Mittelfurche 2 Reihen zellenartig verbundener Queerfurchen. — Grösse "os bis 
weR Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. V. 


Fig. a. ist eine Rückenansicht einer &gliederigen Kette. Fig. d. ein halbes Glied in der Halbansicht. Fig. e. ein Einzelthier von der Seite, alle 
300mal vergrössert. 


Nachtrag zur Gattung @allionella. 


Es sind ausser den 8 hier verzeichneten Arten noch 2 bis 3 fossile, vermuthlich neue, Arten zu erwähnen. Eine derselben, 
aus dem Bergmehl von Santafıora, nannte ich im Bericht der Berl. Akad. d. Wiss. 1836. 27. Jul. p. 53. @. ialica. Sie unter- 
scheidet sich durch einen gekerbten Cirkelrand von @. distans, könnte aber, da ich nur wenige, nicht völlig deutliche, Exemplare sah, 
zum Jugendzustand der @. varians gehören. — ‚Grösse Y/ss, Linie. — Eine andere Art scheint häufig, aber nicht gut erhalten, im 
Polirschiefer von Riom in der Auvergne zu liegen. Sie schien 3 Cirkelfurchen mit Oeffnungen zu besitzen und ähnelt oft Spongillen- 
Nadeln, die darin aber auch vorkommen (vergl. Bericht der Versamml. d. deutsch. Naturf. zu Jena, 1836. 21. Sept. p. 76.). Eine 
dritte Art könnte die neuerlich im Polirschiefer von Zante und durch Acassız von Oran entdeckte Arcella? Patina seyn, welche die 
Hauptmasse desselben bildet (Bericht d. Berl. Akad. d. Wiss. 1837. 13. April). [Vergl. Actinocyclus.] Borr's G. comoides 
(Diet. class. Navicula p. 473. 1827.) gehört zu Maunema. Zur Structur vergleiche man Actinoeyclus. 

Die als besondere Arten in der Gattung Meloseira beschriebenen Formen erhalten folgende Synonymie: 1) Meloseira ae- 
qualis Acarnn (1831. Consp. crit. p. 64.) = @. aurichalcea?; 2) M. discigera Acarpn (Syst. Alg. 1824. p. 8.) = @. 
moniliformis; 3) M. fragilis Kürzınc (Linnea 1833.) = Fragilaria?, Meridion?; 4) M. Jürgensii Acarnn (1824) @. 
lineata?; 5) M. subflexilis Kürzıne (Linnea 1833.) = @. varians. Unter dem Gattungsnamen Oorferva sind, ausser den schon 
genannten Artnamen, dieser Gattung noch angehörig: 7) Conferva inflexa Rorn — @. moniliformis?; 8) C. fasciata DiuLwyne 
— @. lineata?; 9) C. hyemalis Rorn — @. varians?; 10) ©. ochracea Rorun — @. ferruginea?. Als Lyngöya und Os- 
cillatoria ist @. ferruginea verzeichnet worden. Mehrere als Fragilaria beschriebene Arten sind unter den genannten Specialnamen. 
Als 11) YVolvox zonatus war wohl G. nummuloides von Losana beschrieben. 

Aus einer schärferen Auffassung und Vergleichung der fossilen Verhältnisse dieser Gattung haben sich noch folgende Betrach- 
tungen als sehr nahe liegend aufgedrungen, welche, ohne auf wissenschaftliche streng erwiesene Festigkeit ihres Endresultates Anspruch 
zu machen, hier eine Erwähnung verdienen, um eine fernere Aufmerksamkeit herbeizuführen. Erstens scheint es, als ob @. distans; 
welche ganz offenbar und völlig deutlich im Biliner Polirschiefer unverändert vorliegt, im dortigen Saugschiefer einer Auflösung theil- 
weise ausgesetzt gewesen ist. Ferner giebt es Halbopale von Bilin, deren Hauptmasse noch deutlich dicht aneinandergedrängte, etwas 
aufgelöste, ähnliche Gallionellen erkennen lässt, die die grösseren Formen der @. varians weniger verändert einschliessen. Der @. 
distans sehr ähnliche Körperchen lassen ‚sich auch in dem Steinmarke erkennen, welches den Edelopal bei Kaschau umgiebt, und im 
gemeinen Opale von Kosemitz und Kaschau haben sich den Gallionellen oder Pyzxidieulis ähnliche Körperchen in der Substanz auch 
erkennen lassen. Eine solche auffallende Beziehung von Organismen zu eigenthümlichen edlen Steinarten schärfer abzugrenzen, ist ge- 
wiss einer weiteren intensiven Forschung für die Zukunft zu empfehlen. Sehr auffallend und bemerkenswerth ist es auch, dass die Dia- 
manten mit Steinmark in eisenocker- (Gallionellen ?-) haltigem Geröll vorkommen. Ich begnüge mich und scheue mich nicht, auf die 
übrigen Resultate gestützt, die Aufmerksamkeit auf diese organischen Verhältnisse zu lenken, wo die intensivesten anderweitigen For- 


schungen aus dem Gesichtspunkte des rein Unorganischen an Grenzen geriethen, welche jede Aussicht auf Lösung der interessanten 
Kragen über die Bildung dieser Körper zu verschliessen scheinen. 


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SIEBENUNDFUNFZIGSTE GATTUNG: STRAHLENDOSE. 
Actinocyclus Actinocycle. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei, bivalvi, (silicea), subeylindricum 
(disciforme), septis internis radiantibus pluribus, divisione spontanea imperfeeta eateniforme. 


CARA CTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, ayant une carapace simple, hivalve, 
(siliceuse), de forme cylindrique (discoide), divise & Üinterieur par plusieurs parois 
rayonnants, se multipliant par division spontanee imparfaite en forme de chaine. 


Die Gattung der Strahlendosen zeichnet sich in der Familie der Stabthierchen durch freie 
Selbstständigkeit, einen einfachen 2schaaligen (Kiesel-) Panzer, scheibenartige (kurz eylindrische) Gestalt 


und dadurch besonders aus, dass strahlenartige Scheidewände den innern Raum in mehrere concentrische 
Zellen theilen. Durch Selbsttheilung wird sie kettenförmig. 


- 172 


Die Gattung Actinocyclus wurde am 13. April 1837 in dem Berichte der Berl. Akad. d. Wissensch. 
bezeichnet, wird aber hier zuerst characterisirt. Sie besteht aus 2 Arten, welche beide nur fossil als Po- 
lirschiefer vorkommen. In physiologischer Hinsicht sind diese Formen durch ihre Erläuterung der Structur 
der Gallionellen-Körper merkwürdig, in geognostischer Hinsicht dadurch, dass sie bisher von allen zahlrei- 
chen fossilen Infusorien die einzigen sind, welche eine besondere, in der Jetztwelt gar nicht beobachtete, 
Gattung (Genus) ausmachen. In ersterer Rücksicht erkennt man, dass die mit mehreren Oeffnungen durch- 
brochene mittlere Cirkelfurche der Gallionellen zu einem strahlenförmig organisirten Innern führt, welches 
hier deutliche Scheidewände für die einzelnen Oeffnungen zeigt. Der Bau der einzelnen flach schüsselarti- 
gen Körperplatten ist feinzellig und weicht auch dadurch von Gallionella ab, welche Gattung sich aber 
durch @. sulcata und (@.?) Arcella? Patina in letzterer Beziehung doch eng anschliesst. 

Die geographische Verbreitung ist nur im tertiären Polirschiefer von Oran in Afrika beobachtet, wel- 


cher den älteren eigentlichen, aus Tripolis bezogenen, Tripel auszumachen scheint. 


210. Actinocyclus senarius, sechszellige Strahlendose. Tafel XXI. Fig. v1 
A. lorica cellulosa, disciformi, radiis internis cellulisque senis. 


Actinocycle sizain, a carapace celluleuse, discoide, ayant six cloisons et autant de cellules inte- 
rieures. 


Actinocyclus senarius, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 13. April 1837. p. 61. 


Aufenthalt: Im Polirschiefer von Oran. 


Der Polirschiefer von Oran enthält in grösster Masse scheibenförmige, zellige, sehr dünne Plättchen ‘von Kieselerde. Genan 
besehen sind es keine Scheiben, sondern flache Schüsselchen. Die grösseren und grosszelligen lassen noch im Zweifel, ob sie einzeln 
abgeschlossenen Organismen angehören. In diesem Falle könnte man sie zu den Arcellis stellen (Arcella? Patina). Gehören aber 
2 so zusammen, dass sie vereint eine flache scheibenartige hohle Büchse bilden, so würden sie wohl zu Gallionellad gehören, indem 
auch @. sulcata deutlicher diese Bildung zeigt. Mit diesen scheibenförmigen Plättchen findet man eben so zahlreich noch andere nur 
wenig kleinere gleichzeitig, deren maschige Textur weniger regelmässige Spiralen bildet und die bei scharfer Betrachtung unter Wasser 
6 strahlenförmig vom Centrum ausgehende Speichen erkennen lassen, wodurch der innere Raum in 6 gleichgrosse concentrische Kam- 
mern zerfällt. Diese sind Aczinoeych. Von diesen gehören offenbar immer 2 Plättchen zusammen und bilden einen flachen Gallionel- 
len-artigen, wie eine Münze gestalteten, Körper. Ich habe bei angestrengtem Nachforschen dergleichen noch zusammenhängende auch 
direct beobachtet, die meisten sind zerfallen. So mag es auch Ketten geben, wie sie bei @. sulcata beobachtet sind. Häufig sah ich 
von den 6 Feldern zwischen den 6 Speichen 3 dunkler, 3 abwechselnd heller, und vermuthete, dass an den dunkeln Feldern beide 
Schaalen noch vorhanden wären, an den hellen aber nur eine. Vermuthung blieb auch, dass auf der schmalen Seite in der Verbin- 
dungslinie beider Platten (der Cirkelfurche der Gallionellen) ebensoviel Oeffnungen vorhanden seyn möchten, als Kammern sind. Sehr 
viele dieser Scheiben haben im äussersten Umkreis einen lösbaren, eng anschliessenden Ring, und häufig sieht man diese Ringe als 
feine krumme halbeirkelförmige Stäbchen einzeln daneben liegen. Diese Ringe oder Einfassungen entsprechen ganz der Verbindungshaut 
der Gallionellen-Glieder, und da ich neuerlich eine Arcella? Patina auch mit solchen Ringe gesehen zu haben meine, so schliesse 
ich mit grösserer Wahrscheinlichkeit jetzt auf ihre nähere Verwandtschaft zu Gallionella. — Grösse "/oo bis '/so Linie. 


‘ Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. Vl. 
Fig. a. ist eine Scheibe von der Seite gesehen. Fig. 6. eine andere vom Rücken. Fig. e. eine halbe von der Seite. Fig. d. Fragmente des äus- 
seren Ringes, alles 300mal vergrössert. 
211. Actinocyclus octonarius, achtzellige Strahlendose. Tafel XXI. Fig. VI. 

A. lorica cellulosa, disciformi, radiis internis cellulisque octonis. 

Actinocycle huitain, a carapace celluleuse, discoide, ayant 8 cloisons et 8 cellules interieures. 

| Actinocyelus oelonarius, Bericht d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1837. 13. April. p. 61. 
Aufenthalt: Im Polirschiefer von Oran. 


Diese ebenfalls nur fossile Art ist etwas grösser und weniger häufig mit der vorigen. Abwechselnd dunklere und hellere Fel- 
der sah ich nicht. Die 8-Theilung war auch sehr regelmässig. — Grösse !ıs Linie. Arcella? (Gall.?) Patina ist meist doppelt so 


gross (!. Linie), zuweilen noch grösser. 


Erklärung der Abbildung Taf. XXL. Fig. VI. 


Es ist ein Exemplar von der flachen Seite, 300mal vergrössert, mit seinem Ringe. 


173 


ACHTUNDFUNFZIGSTE GATTUNG: SCHIFFCHEN. 
Navicula. Navicule. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, solitarium aut geminatum, lorica simpliei, bi- 
valvi aut multivalvi, (silicea), prismatica, divisione spontanea nunquam cateniforme, aperturis 
loricae singulae senis. ; 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, isolE ou hinaire, ayant une carapace 
simple, hivalve ou multivalve, (siliceuse), prismatique, pourvue de six owertures; ja- 
mais reuni en forme de chaine par division spontane parfaite. 


Die Gattung der Schiffchen unterscheidet sich in der Familie der Stabthierchen durch freie Selbst- 
ständigkeit der einzelnen oder doppelten Körper, und durch einfachen zwei- oder mehrschaaligen prismati- 
schen (Kiesel-) Panzer, welcher, ohne je mehr als 2. oder 4sliederige Ketten zu bilden, 6 Oeffnungen 
besitzt. 


Geschichtliche Erläuterung zur Gattung der Schiffchen. 


Die Gattung Navicula bildete Borv ve Sr. Vincent 1822 im Diet. classique d’ hist. nat. Art. Bacillaries als Thier- 
gattung, allein 1824 (richtiger wohl 1825) stellte er sie in der Encyclopedie method. d’ hist. nat. mit 13 Arten in sein Reich der 
Psychodien, die abwechselnd Thiere und Pflanzen wären, was er 1827 im Diet. classique wiederholte. Jetzt umfasst die Gattung 
etwa 40 Arten. Lerruwennoer’s und JosLor’s Stabthierchen mögen Synedrae oder Vibrio Bacillus gewesen seyn. Die ersten 
sicheren Formen scheinen Arneron und Baker 1754 als Haberthier (Nav. fülva?) beobachtet zu haben. ScHrAank beschrieb 
wohl dasselbe 1776 als Chaos infusorium. Herrmann 1784 und O. F. Mürzer 1786 beobachteten Nav. gracilis, vielleicht 
auch N. phoenicenteron und Läbrile als Infusorien der Gattungen Enchelys und Vibrio, mithin als Thiere. Cozom»o verwech- 
selte wohl 1787 in Conegliano eine Navieula mit Synedris, kann aber die von ihm angegebenen Oeffnungen nicht gesehen, nur ver- 
muthet haben (Coromso, mikrosk. Beob. übers. 1793. p. 91. Taf. I. Fig. 9.). Scnrank beschrieb 1796 2 Arten als Yibrio tur- 
rifer und V. Fusus (s. Cocconema und Nav. fulva). Eine blosse Abbildung der Nav. gracilis gab Kammacner in Anam’s 
Essay on microse. 1798. Taf. XXVI. Fig. F. Viele fleissige, aber meist unrichtige, Beobachtungen über diese Körper machte 
Gıron Guantrans zuerst 1797 und umständlicher 1802 bekannt. Weil er sie immer mit Oscillatorien fand, so hielt er sie für Ent- 
wickelungszustände derselben, beschrieb und zeichnete in unklaren Figuren den Uebergang der Form und auch das Eierlegen. Er hielt 
die Oseillatorien für die Larven der Navieulae, und letztere für den allein fortpflanzungsfähigen Zustand jener (Zecherch. sur les 
Conferves p. 41.). [Vergl. Nav. fulva und graeilis.] Seine Figuren Tafel VI. Fig. VO. erläutern aber das Baxer’sche Ha- 
berthier, welches ähnlich und eben so unkenntlich aufgefasst war. Uebrigens hielt er sie für entschiedene Thiere (p. 38.). Durch 
die kettenartige und fadenartige Bildung der Fragilarien, Achnanthes und Gallionellen, welche grosse Aehnlichkeit mit Con- 
ferven haben, glaubten die Botaniker sich seit 50 Jahren berechtigt, ähnliche Formen als Pflanzen aufzuführen, und O. F. MüLrer 
fing 1783 damit an, dass er Achnanthes longipes? und Gallionella moniliformis als Conferven beschrieb. So verzeichneten denn 
die Botaniker die kettenartig zusammenhängenden Naviculas immerfort als Algen, und die Zoologen die einzeln lebenden, bewegteren 
Schiffchen als Thiere. Kein Wunder, dass man auf die Idee gerieth, die Thier- und Pflanzennatur wäre in diesen Formen unent- ; 
schieden oder wechselnd (s. die Einleit. zur Familie p. 137.). 

Die prismatische Gestalt der Mavieulae erkannte schon O. F. Mürrer bei N. gracilis; sie war auch die Ursache des 
Irrthums über ihre Formveränderungen bei GırRop CHuanTrans, allein durch Nırzsch wurde sie 1816 zu einem wichtigen Character 
erhoben. Der auffallende Umstand, dass diese Thierchen mit dem Tode ihre Gestalt gar nicht verlieren, sondern den lebenden bis auf 
den Mangel an Bewegungsfähigkeit völlig gleich bleiben, was durch eine glasartige harte Schaale (den Panzer) bedingt wird, veran- 
lasste, dass der letztere sie p. 66. mit belebten Crystallen verglich und die bewegungslosen Formen für pflanzliche, die bewegten aber 
für thierisch-belebte besondere Arten in einer und derselben Gattung Baeillaria verzeichnete, in welche er auch die wahren Bacil- 
larien und Fragilarien vereinigt aufnahm. Er hielt damals sehr richtig die bandartigen Formen für Vervielfältigung eines ursprüng- 
lich einfachen Stäbchens (p. 72.). [S. Nav. phoenicenteron.] Gaston beschrieb 1820 in den Schriften der Akad. zu Rouen Na- 
vie. gracilis? als Vibrio ostrearius. Nirzsch bearbeitete 1821 den Artikel Bacillaria in ErscHh und Gruser’s Encyclopädie. 
Er hielt die bandartigen Fragilarien aber nun für Jugendzustände der Einzelstäbchen. Bei der ersten Sonderung der isolirten schiff- 
artigen Körperchen 1822 gab Bory der Gattung 3 Arten, deren eine aber aus Spongillen-Nadeln bestand (Echinella acuta). Im 
Jahre 1824 beschrieb Borr 13 Arten, während gleichzeitig AcarpH im Syszema Algarım mehrere dieser Formen mit wahren Fru- 
stulien, Synedris und Podosphenien zur Gattung Frustulia stellte. Letzterer hielt eine schleimige Umhüllung für beständigen 
Gattungscharaeter, indem er wahrscheinlich Maunemata des Salzwassers und wahre Frustulien häufiger beobachtet hatte, während 
Bory diese nicht, aber wahre freie Maviculas häufiger gesehen. Borx scheint um dieselbe Zeit eine Navieula mit Vibrio Bacil- 
Zus verwechselt zu haben (s. Ybrio). — Leo in Berlin behauptete 1824 (nach Liv, Abhandl. d. Berl. Akad. 1824. p. 45.) wie- 
der ein Zerfallen der Oscillatorien in Maviculas, und Gaıron in Dieppe hielt schon 1823, durch Untersuchung des Maunema 
Dillwyniü (Conferva comoides Dırıw.) verleitet, letztere für eine willkührliche Zusammenhäufung von Navieulis in Form einer Con- 
ferve, die später wieder in Einzelthiere zerfalle. Aehnliches geschehe von Monaden. Er nannte diese Bildungen Nemazoones oder 
Nemazoaires, und theilte erst 1825 im Diet. d’hist. nat. Art. Nemaz. die Details ausführlicher mit. Die Conferva comoides 
nannte er als besondere Gattung Girodella com. (s. Naunema). Frırs in Lund, der verdienstvolle Mycolog, sah 1825 noch be- 
stimmter als NrrzscH die prismatische Form der Mavieula als Grenze des Organischen und Unorganischen an (Syst. Orbis veget. 
p. 355.). Borr meldete 1825, er habe dieselben Navicula-Arten im Niemen und in Isle de France beobachtet. Man unterschied 
sie aber damals nicht hinreichend genau (Diez. class. VII. p. 254.). 


44 


- 174 


Turrın untersuchte 1826 in Dieppe selbst GarLLon’s Beobachtungen und erklärte sie 18237 sammt den dadurch erweckten 
Ideen für irrig. Vielmehr sey jede Navieula eine einfache starre Pflanzenzelle, eine eingliederige Conferve, die an der Grenze des 
Thier- und Pflanzenlebens stehe und. welehe man nothwendig als Pflanzenthier zu betrachten habe. So seyen die runden Kügel- 
chen im Innern der Pflanzenzellen ein eben solcher selbstständiger, nur in geringem Grade belebter, Pflanzenstoff, den er G@loduline 
nennt, während er nun vorschlägt, die schiffchenartigen ähnlichen inneren Körperchen der Görodella als besonderen Pflanzenstoff Na- 
viculine zu nennen. Das selbstständige Leben der Pflanzenzellen hatte derselbe Beobachter kurz vorher zu erweisen und zu befestigen 
gesucht. — Die inneren Bläschen der Navieulae selbst hält Turrın, wie Gırop Cuantrans, für Keimkörner, die er an den En- 
den hervorschleudern und nach einigen Tagen sich bewegen und heranwachsen sah, was er auch abgebildet hat. Dabei nennt er N. 
scalprum von GaıLLon als neue Art und theilt 6 Namen (p. 19.) mit, welche Bory einer, wie ihm, aber mit Unrecht, scheint, ein- 
zelnen Art gegeben hat (Mem. dw Mus. d’ hist. nat. XV. 1827. Pl. 10.). [Vergl. Nav. gracilis| Acaron beschrieb 1827 in 
der Flora wieder noch 3—4 Arten in seiner Gattung Frustulia als Pflanzen. LeisLeın verzeichnete ebenda 1827 4 Arten, nach 
Nırzscn als Bacillariae von Würzburg, und nannte die Spongillen-Nadeln Frustulia asbestina. Gleichzeitig sprach Curr 
SPRENGEL (Syst. Vegetab.) seinen Zweifel darüber ‘aus, ob die Frustulien nicht Eier wären, und Mryen erklärte wieder die Ba- 
cillarien für Junge der Oscillatorien (Zeinnea 2. 401... Turrın beschrieb 1828 2 Maviculas, deren eine ein Cocconema ist, und 
eine dritte Navieula als Bacillaria conjugata. Bacillarien und Mavieulas unterschied er nur dadurch, dass jene prismatisch 
abgestutzt, diese lanzetförmig zugespitzt wären, Ferner theilte er sehr stark vergrösserte Abbildungen der Navicula striatula mit, 
die er als Phytozoengattung unter dem Namen Swrirella beschrieb (Mem. dw Mus. d’ hist. nat. XVI.). Gleichzeitig bildete der- 
selbe 8 Arten Navicula unter 10 Namen im Diet. des sc. natur. ab. Acarnn theilte 1828 umständlichere Nachrichten über einige 
seiner Frustulien in den Jcosudus Algar. europ. mit, und 1830 und 1831 vergrösserte er in seinem Conspectus crit. Diatomac. 
die frühere Gattung Frustulia, die er in krumme (Cymbellas) und gerade (Frustulias) theilte, auf 23 Arten, worunter auch eine 
brasilianische nach v. Marrıus (s. Nav. gracilis). Ein Versuch, seine Gattungen von Mavicula zu unterscheiden (p. 6.), ist nicht 
glücklich. Beides war ursprünglich offenbar dasselbe. Ueber GarzLon’s, Turrın’s und Borv’s Entwickelungs-Ideen spricht er sich 
dabei vergleichend aus. 

Im Jahre 1829 verzeichnete ich 2, 1823 auf der Reise mit Dr. Hemrrıca im sinaitischen Arabien beobachtete, Naviculas 
als Thiere (Abhandl. d. Berl. Akad. 1829.), und im Jahre 1830 wurde die Gattung NMavieula unter den, mit hartem 2schaaligen 
Panzer versehenen, Bacillarien aufgeführt (Symbolae phys. Evertebr. I. Hemrrıcu u. Enrengere). Im Jahre 1830 wurden auch 
7, in Russland und Sibirien auf der Reise mit Herrn v. Humsorpr beobachtete, Arten der Gattung angezeigt, von denen nur 3 bei 
Berlin vorgekommen (Abhandl. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1830.). Im Jahre 1831 wurde ebenda der Character der Queerstreifung eini- 
ger Arten zur Unterabtheilung benutzt und es wurden 12 selbstbeobachtete Arten mit der Bemerkung characterisirt, dass mehrere russische 
und sibirische Arten sich nachher noch bei Berlin vorgefunden. An gleichem Orte wurden 1833 (1832) noch 7 Arten, worunter 5 
neue, mit vielem Detail über die Structur und mannigfacher Kritik hinzugefügt. Kürzına beschrieb 1833 in der Zinnea 55 Arten 
der Gattung Frustulia, worunter jedoch nur 14 Navieulae waren, die übrigen sind theils Synonyme derselben Arten, theils Arten 
der Gattungen Pyzidieula, Cocconema, Gomphonema, Closterium, Frustulia und Synedra. Derselbe entdeckte den Kieselge- 
halt des Panzers, was in den Abhandl. d. Berl. Akad. 1833. p. 319. noch angezeigt und bestätigt wurde. Waurrorm nannte 1833 
die Gattung Frustulia Rhabdium (Flora eryptog. Germaniae II. 116.). Im Jahre 1835 beschrieb Corna einige Arten Navi- 
eula unter den verschiedenen Gattungsnamen Suwrirella, Navicula, Frustulia und Pharyngoglossa im Almanae de Carlsbad, 
Er bezeichnete einen einfachen Darm, Füsse, eine Zunge und das Oeffnen und Schliessen der Schaalen, wie Baker 1754, ohne recht 
genaue Unterscheidung des Gesehenen. Eine Beurtheilung der neuen Namen findet sich in Wırcmann’s Archiv für Naturgesch. 1836. 
I. p.185. In gleichem Jahre wurden die verwandten Gattungen Cocconeis, Syneyelia und Frustulia theils gebildet, theils schär- 
fer characterisirt (Abhandl. d. Berl. Akad.), und die Queerstreifung der Surirellen numerisch als scharfer Special-Character ange- 
zeigt (Naturforsch. Gesellsch. zu Berlin, April 1835. Spenxer’sche Zeitung, 25. April 1835, Nr. 96.). In derselben Zeit wurden 
die 13te und 14te Tafel dieses Werkes gestochen. 

Die geologisch interessanten und fossilen deutlicheren Verhältnisse der Infusorien begannen, nach @allionella ferruginea, mit 
dem Erkennen von Navieula striatula und andern bekannten Seethieren dieser Gattung im Mineral-Wasser zu Carlsbad, und bald 
darauf anderer Arten im Kieselguhr zu Franzensbad (Bericht der Berl. Akad. der Wiss. April 1836. p. 32. — Wırsmannw’s Archiv 
f. Naturgesch. 1836. I. p. 240.). Von den jetzt lebenden Arten sind 14 NMaviculae bisher im fossilen Zustande aufgefunden worden: 
N. viridis, gibba, fulva, striatula, capitata, Zebra, gracilis, phoenicenteron, viridula, Librile, inaequalis, bifrons, lan- 
ceolata und Scalprum. Nicht lebend bekannte, neue Arten fanden sich im fossilen Zustande bisher 10: N. granulata, Follis, 
Crux, Cari, Trochus, macilenta, suecica, trinodis, dicephala, Glans (Bericht der Berl. Akad. d. Wiss. Juni 1836. 
p- 53, 56 und 83. 1837.). In Possenporrr’s Annalen der Physik und Chem. 1836 wurden auf Tafel II. einige fossile abgebildet. 
Im Februar 1837 wurden die beiden lebenden Arten N. Zurgida und Zebra in eine besondere Gattung, Eunotia, abgesondert, wozu 
sich noch 7 neue fossile Arten aus schwedischem Bergmehl gefunden hatten, und diese wurden im April durch noch andere Arten des 
Kieselguhrs von Kymmene Gärd in Finnland und des Polirschiefers von Oran in Afrika vermehrt (Bericht d. Berl. Akad. d. Wissensch. 
Febr. 1837. p. 45, 61. Mittheil. d. Berl. naturforsch. Freunde, April 1837.). 

An Structurverhältnissen ist vielerlei ermittelt, doch fehlt es noch an scharfen Beweisen für die Function und richtige Deu- 
tung mancher Hauptorgane, wodurch Unsicherheit in Urtheil und Ausdruck kommt. Direete Erkenntniss und das Gesetz der Analogie 
leiten dennoch vereint ziemlich befriedigend auf folgende Verhältnisse. Ein geschlossenes, meist deutlich 4seitig prismatisches, hartes 
und glasartiges, aus Kieselerde bestehendes, Kästchen (teszula bivalvis), welches beim Trocknen oft von selbst in 2 Hälften klafft 
und durch leichten Druck meist in gleiche Längs-Hälften zerbrochen wird, bildet den Panzer. Zuweilen spaltet es sich in 4 Längs- 
theile, und beim @ueerschnitt zerfällt es in 4 oder 8 Theile. Diese Theilbarkeit ist durch sichtbare feine Längslinien an den Thei- 
lungsstellen vorbereitet, die aber in keinem scharf beobachteten Falle ein bewegliches Schloss bilden, obwohl BAkEr und CornA diess 
behaupten. Die Zahl der Theile (Valven) bestimmt sich zuweilen nach ebensoviel Reihen innerer erhabener Queerleisten oder Rippen, 
welche besonders in den Ecken des Prisma’s liegen und die Mitte der Valven einnehmen. Zuweilen sind alle 4 Ecken innerhalb mit 
kurzen Rippen versehen, scheinbar gefurcht, dann zerfällt die Schaale in 4 gleiche Theile; zuweilen sind je 2 Rippenreihen verschmol- 
Far und 2 Hälften der Schaale zusammenhängend queergefurcht, dann zerfällt sie in 2 Theile. Jedoch haben viele Arten auch gar 
keine innern Rippen; die aber, welche deren haben , zeigen ein sehr constantes Zahlenverhältniss derselben zur Länge, so dass Junge 
einer und derselben Art sich von Alten durch so viel weniger Rippen characterisiren, als sie an Grösse nachstehen, halb so grosse 


175 = 


durch gerade halb so viel. — Die Längslinien, in denen die Theilung geschieht, scheinen bei einigen Arten stellenweise durchbrochen 
zu seyn. Bei allen wahren Arten hat der Panzer 6 deutliche Oeffnungen. Sie liegen auf 2, Rücken und Bauch oder Seitenflächen, je 2 
einander gegenüber, so dass jederseits 3 vorhanden sind, deren eine grössere in der Mitte liegt und deren je eine kleinere seitlich an 
den Enden befindlich. Durch Glühen auf Platinblech kann man die inneren thierischen Theile verbrennen und die kleinen Kieselpanzer 
ganz rein erhalten. In natürlichem böhmischen Kieselguhr und italischem Bergmehl sieht man sie unter Wasser sehr rein. 

Der gallertige farblose Körper ist bei allen Navicwlis durch die ganze Schaale verbreitet, bildet aber in der Mifte einen 
dem Hagel im Ei ähnlichen, schärfer umschriebenen, farblosen, daher hellen, Fleck. — Als Bewegungsorgan ist von mir bei Nav. 
Fulva ein ungetheilter, fleischiger, aus der mittleren Oeffnung sich weit verbreitender, aber eng an der ,Schaale anliegender, sohlen- 
artiger Fuss beobachtet worden, der einem Schneckenfusse der Baum- oder Wegschnecke gleicht. Seine Seite nenne ich die 
Bauchseite. Dieser Fuss dient zum Kriechen, aber auch zum Anziehen und Fortschieben benachbarter Substanzen während des Ruhens. 
Bei derselben mittleren Oeffnung vereinigen sich die 4 Theile des Eierstocks, und so ‚mag wohl die gegenüberliegende zweite mittlere 
Oeffnung die auf dem Rücken liegende Geschlechtsöffnung seyn. Ob von den 4 andern Oefinungen an den Spitzen die 2 der Bauch- 
seite Ernährungsöffnungen (Münde), die 2 der Rückenseite Respirationsöffnungen sind, ist unentschieden. Ja bei Nav. fulva, turgida 
und splendida sind in der Nähe dieser Endöffnungen innere bewegte dunkle Körperchen, welche den Papillen der Closterien ähn- 
lich sind. Wären diess innere Tastorgane im Schlunde oder im Respirations-Canale? — Ernährungsorganismus. Eine direete Ent- 
scheidung über die fungirenden Ernährungsorgane liess sich durch farbige Nahrung bis jetzt nicht erlangen, allein viele zerstreute innere 
veränderliche farblose Bläschen sind bei vielen Arten der Gattung deutlich sichtbar und diese lassen sich ungezwungen für polygastrische 
Magenzellen ansehen. An Oeffnungen zur Stoffaufnahme fehlt.es nicht, nur sind die fungirenden noch im Zweifel, wie sie es bei an- 
dern deutlichen Thieren auch noch sind. Was Corpa bei Pharyngoglossa für Darm hielt, war nur die mittlere dunkle Längsfurche 


des Panzers (s. Nav. Sigma); was er für Zunge hielt, mag ein anhängendes fremdes Körperchen gewesen seyn. — Als Fortpflan- 


zungsorganismus erscheint ein sehr zusammengesetzter Apparat in jeder Navieula. Es beziehen sich darauf die gelben, braunen oder 
grünen Färbungen im Innern. Diese farbigen Organe bestehen aus 2 bis 4 (8?) breiten Binden, welche in der Mitte sich vereinigend, 
festgcheftet an den Enden frei sind und nach 2 Richtungen symmetrisch entgegengesetzt die Navicula oft ganz erfüllen. Sie sind zwi- 
schen die inneren Rippen des Panzers so eingesenkt, wie die Lungen in die Zwischenräume der Rippen der Säugethiere oder die Nie- 
ren der Vögel zwischen die Wirbelfortsätze. Meist sind es 2 längere dunkler braune und 2 kürzere blassgelbe Bänder, welche bei N. 
Librile, striatula, bifrons und andern am Rande gezahnt, öfter glatt sind. Diese farbigen Organe sind erfüllt oder gebildet von 
gleichgrossen feinen Körnchen, daher Eierstöcken leicht vergleichbar. Bei jungen kräftig bewegten Thierchen sind sie "gespannt und er- 
füllen fast den ganzen inneren Raum, bei älteren nehmen sie sehr verschiedene contrahirte Formen an, werden dabei röthlich und vio- 
let (phoenicenteron) und verschwinden, bei noch beweglichen Schiffchen, (durch Entleeren der Eierchen ? ) fast ganz. Gırop Cnan- 
TRANS und Turrıy wollen das Entleeren der Eierchen an den Enden der Schiffchen gesehen haben, allein diese Beobachtung bedarf 
der Bestätigung. Ueberdiess erkennt man in vieler Arten 2 bis 4 augenartige runde Bläschen, welche periodisch da sind und fehlen, 
aber nicht veränderlich, nicht contractil sind. Diese lassen sich vielleicht sogar mit männlichen Samendrüsen richtig vergleichen. So 
fehlt es denn keineswegs an Zusammensetzung der Organisation, sondern nur noch an befestigter Sicherheit in der Beurtheilung der 
Function. Zum Fortpilanzungs-Verhältniss gehört noch die Selbsttheilung. Viele Mavieulae haben spontane Längstheilung, nie eine 
Queertheilung beobachten lassen, und die, welche immer eine vollkommne, sogleich abschliessende, keinen Polypenstock bildende, Thei- 
lung erkennen lassen, sind eben als besondere Gattung NMavicula hier vereinigt worden. Die Theilung geschieht unter der harten 
Epidermis, wie bei Gallionella und Achnanthes, welche dann abfällt. Selten nur theilen sich beide Hälften vor der Trennung wie- 
der, aber wo mehr als 4 beisammen gesehen werden, habe ich die Form zu Fragiülaria gezogen, welche Gattung auch noch in an- 
dern wichtigen Characteren abweicht. Die Längstheilung ist dorsal oder auch lateral, zuweilen wohl beides zu verschiedenen Zeiten. 

Die geographische Verbreitung der lebenden Arten der Gattung ist über ganz Europa, in Sibirien und im sinaitischen Ara- 
bien Asiens, in Isle de France und vielleicht in Brasilien beobachtet. Die fossilen Arten sind bisher nur in den neuesten Erdschichten 
und in der Tertiärbildung, noch keine in der Kreide vorgekommen. Den Kieselguhr von Franzensbad bilden sie fast ausschliesslich, 
auch die Bergmehle von Kymmene Gärd und Degernfors. Häufig finden sie sich im Bergmehl von Santafiora und im Polirschiefer von 
Cassel, seltener in dem von Bilin und Oran. - 


a. Innen glatte, rippenlose Schiffchen: NMavicula: 


212. Navicula phoenicenteron, röthliches Schiffchen. Tafel XII. Fig. I. 


N. laevis, testula lanceolata elongata, striis longitudinalibus raris, apertura media transversa oblonga. 


Navicule rougissante, lisse, a carapace lanceolee allongee, ayant des raies longitudinales rares et 
F ouverture du milieu oblongue en travers. 


Enchelys, Fig. 45., Herrmann? Naturforscher, Nr. %. p. 161. 1784. 

Bacillaria phoenicenteron, Nırzsch, Beiträge zur Infusorienkunde, Tafel III. Fig. 12. u. 14. 1816, 1817. mit Ausschluss aller übrigen 
Figuren, » 

Cymbella phoenicenteron, AGARDH, Conspectus crit. Diatom. 1830. p. 10. nach Nırzsch. 

Navicula phoenicenteron, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 53. 


Aufenthalt: Lebend bei Berlin!, vielleicht bei Strassburg, Halle, Paris und Buchtarma im Altaigebirge beobachtet; fossil bei Santa- . 


fiora in Toscana und Degernfors in Schweden. 


Diese niedliche Art ist schlanker als Mav. fulva und breiter und spitzer als N. gracilis, wird auch grösser als beide. Sie 
hat einen gelben, braunen, auch im Alter röthlichen, Kierstock, und ist sehr beweglich. Der Specialname ist willkührlich auf diese 
grössere Form übertragen worden, weil er vielen verschiedenen bewegungslosen, daher wohl todten, Panzern gegeben worden war. — 
Länge ss —"ı2 Linie. Dicke 4"), bis 7mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XII. Figz. 1. 


Es sind 3 lebende Individuen in doppelter Ansicht und ein leerer Panzer bei 300maliger Vergrösserung, 1 bei 450maliger, dargestellt. 
Fig. 1. ist ein in der lateralen Längstheilung begriffenes Schiffchen, von der schmalen und der breiten Seite, dessen Eierstock schon etwas entleert, 
verfärbt und contrahirt ist. Fig. 2. ein frischeres einfaches Schiffchen, dessen 4theiliger Eierstock bei £ auf der breiten Seite (Bauchfläche) sichtbar 
ist. Fig. 3. ist ein in dorsaler Längstheilung begriffenes Schiffchen, scharf abgestutzt mit contrahirtem Eierstock, vielleicht eine andere Art, viel- 


“ 


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leicht V. gracilis erwachsen (man vergleiche Cocconema). Fig. 4. ist eine, bei Buchtarma in Sibirien beobachtete, kleine, 450mal vergrösserte, 
Form, die ich früher als Nav. gracilis bezeichnete, die aber auf der schmalen Seite nicht abgestutzt und vielleicht der wahre Vebr.o tripunetatus 
von MüLer ist. Fig. 5. ein leerer Panzer eines Berliner Thierchens mit seinen Oeffnungen. 


213. Navicula gracilis, schlankes Schiffchen. Tafel XIM. Fig. II. 


N.. laevis, testula lineari-laneeolata, lateris utroque fine truncato, apertura media rotunda. 


Navicule grele, lisse, a carapace lineaire-lanceolee, tronquee aux deux bouts lateraux, ayant V ou- 
verture du milieu ronde. 


Enchelys, Fig. 44., Herrmann? Naturforscher, Nr. %. p. 161. 1784. 

Vibrio tripunctatus, MürLLer? Animalc. infus. p. 52. Tab. VI. Fig. 2. 1786. 

Infusorium novum, KAMMACHER in Apıam’s Essay on microscope, Tafel XXVI. Fig. F. 1798. 

Polypes des Conferves, GIROD CHANTRANS, Recherches sur les Conferves, 1802. Pl. VI. Fig. 11’ zum Theil. Pl. VII. add. ad Fig. 3. 
PI. IX. Fig. %”. 


BUEERUE FIRE, 0 DIESE, | Nırzsch, Beiträge zur Infusorienkunde, Taf. III. Fig. 1—3. Fig. 19. zum Theil. Taf. IV. Fig, 1—9. 


—  fulva, und Fig. 13. 1817. 


= phoenicenteron , 
Vibrio ostrearius, GAILLON? Act. de l’Acad. d. sc. de Rouen, 18%. 
Nawieula a? 


—  . bipunctata! r E 5 Bi F er 
Bory, Encycl. method. 1824. Turrın, Dict. d’hist. nat. Planch. I. Fig. 2, a. 2, d. Pl. XV. Fig. 2—2, a. 
—— transversa! 
; 1828. 
— Tripunctata? 
— lineata? 


Frustulia conspurcans?, (nach Marrıus Flora brasil. ined.) Asarpn, Conspect. crit. Diatom. 1831. p. 46. 
Navicula gracilis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 64. 1831. p. 79. 1833. (1832.) p. 364, 265. 
Frustulia multifasciata , 


— . oblonga, Kürzıns, Linnea, 1833. Synops. Diatom. Tab. XIII. Fig. 16. Tab. XIV. Fig. 21. 
— Palea, 


Navicula gracilis, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 83. 1837. p. 44. 


Aufenthalt: Lebend in England?, Dänemark, Frankreich bei Besangon ?, Dieppe? und Paris, in Preussen bei Halle, Tennstädt, 
Berlin!, in Böhmen zu Teplitz, in en bei Weissenfels, in Faunland bei Catharinenburg am Ural und bei Barnaul, Schlan- 
genberg, Syrjanowskoi und Buchtarma in Sibirien, vielleicht in Brasilien. Fossil bei Cassel, Degernfors und Kymmene Gärd. 


Diese sehr allgemein verbreitete Art lebt sehr zahlreich zwischen Oscillatorien. Man verwechselt sie leicht mit zerfallenen 
Synedris oder Fragilarien, die keine mittlere Oeffnung haben; auch die junge Brut anderer Arten verwechselt man leicht damit. 
Die Synonymie der früheren Beobachter ist gross und unauflöslich. Man hat aus verschiedener Vertheilung des Eierstockes verschiedene 
unhaltbare Arten gebildet und die gestreiften Formen nicht unterschieden. Die mittlere runde Oeffnung mehr, als die Grösse, unter- 
scheidet sie von di vorigen Art, welche ich selbst früher für die erwachsene Form dieser Art hielt. Im Russland beobachtete ich sie 
1829. Das Thierchen, welches die Austern grün färbt und wohlschmeckend macht, gehört vielleicht zu dieser Art oder zu N. Acus. 
Von Teplitz sandte mir Herr ALexanper v. Humeoınr die Form 1836 im Wasser des Schlangenhades. — Länge !/ı2s bis Yu Li- 
nie. Grösste Breite 5—7mal in der Länge. (Vergl. N. viridula.) 


Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. Il. 


Es sind 6 Exemplare in 10 Ansichten, 5 von Berlin, 4 von Barnaul. 
Fig. 1. ist ein Exemplar von 2 Seiten dargestellt. Fig. 2. ist die Seitenansicht von Fig. 3. Fig. 4. ist ein anderes von der Bauchseite. Fig. 5. 


ist die Seitenansicht von Fig. 6. Fig. 7. sind beide Seiten eines, nur 1, nn grossen, Thierchens, alle 300mal vergrössert. Fig. 8. ist von 
Barnaul, 450mal vergrössert, schärfen rhomboidal. 


214. Navicula? pellucida, gefurchtes Schiffchen. Tafel XIH. Fig. IH. 
N. laevis, testula lineari-lanceolata, acieulari, utrinque subacuta, longitudinaliter suleata, sulco singulo in quovis la- 
tere inter costas binas. 
N avicule sillonnee, lisse, a carapace lineaire-lanceolee en forme d’aiguille, presque aigue aux deux 
bouts, sillonnee longitudinalement, ayant de chaque cöte un sillon borde de deux cötes. 


Frustulia pellueida, Kürzıne, Alg. aquat. Dec. IX. 1833. und Linnea, 1833. p. 543. Tab. XIII. Fig. 11. 
Aufenthalt: Bei Weissenfels in Sachsen. 


Ich kenne diese Form nur aus Exemplaren, die ich von Herrn Kürzına trocken erhielt. Er hat sie in den verkäuflichen 
Decaden seiner Algen verbreitet. Sie liess sich scharf beobachten, doch bin ich über die mittleren Oeffnungen in Zweifel geblieben. 
Sie hat einen Kieselpanzer, kann daher kein Closterium seyn. ' Vielleicht eigene Gattung. Sie fand sich zahlreich er Oscilla- 
torien und war beweglich. — Grösse !/, bis Yı, Linie. Breite 9- bis 12% mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIM. Fig. II. 


Fig. 1. und 3. sind 2 Seiten eines Individuums. Fig. 2., 4, 5. sind andere von verschiedener Grösse, alle 300mal vergrössert. Fig. 


6. ist ein 
durchschnittenes Exemplar. Fig. 7. ist eine ideale queere Durchschnitsläche 


215. Navicula Acus, nadelförmiges Schiffehen. Tafel XIM. Fig. IV. 


N. Iaevis, testula angustissima, lineari-lanceolata, acieulari, utrinque valde acuta. 


Navicule Aiguille, lisse, a carapace tres-etroite, lineaire-lanceolee, en forme d’ aizuille, tres-aigue 
aux deux bouts. 


. Navicula Am, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 264. 


Aufenthalt: Bü Berlin s vielleicht auch bei Catharinenburg am Ural (N. velox, 1830). 


177 


Diese Art hat auch grosse Achnlichkeit mit einer zerfallenen Fragilaria oder Synedra. Frühere Beobachter mögen sie 
sammt Nav. gracilis als Vibrio tripunctatus, Bacillaria Palea, Navicula Grammitis beschrieben haben, die wohl zum Theil 
Fragilarien waren. Ich fand sie am 11. Juli 1834 als häutigen Ueberzug der Gräben im Thiergarten, dann wieder am 21. März 
1835 mit Meridion und Fragilarien, auch sehr häufig am 8. April 1836. Sie ist sehr lebendig in ihrer Steifheit. Die schmale 
Seite ist nicht viel schmäler als die breite. Krstere ist nicht ganz scharf, aber sehr gespitzt, letztere abgestutzt. Den Eierstock sah 
ich immer nur in der Mitte von gelbbrauner Farbe, die laugen Spitzen farblos. Die Form erinnert an Olosterium setaceum. We- 
gen der Beobachtung am Ural vergl. Euglena Acus. Die grösste Breite ist etwa 20mal in der Länge. — Länge !/;; bis 1, Linie, 
. Dicke Y720 —'/aso Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIH. Fig. IV. 


Fig. 1. ist ein Einzelthier in 2 Ansichten. Fig. 2., 3., 4. sind andere Exemplare von der Bauchseite, alle 300mal vergrössert. 


216. PNavicula umbonata, knopfiragendes Schiffchen. Tafel XIH. Fig. V. 
N. laevis, ‚testula angusta lineari, unius lateris utroque fine constrieto, umbonato. 
Navicule pommetee, lisse, etroite, lineaire, d’un cöte Etranglee aux deux bouts en forme de pom-. 
mette ou de tenon. 
Navicula umbonata, (Bericht d. Berl. Akad. d. Wissensch. 1836. p. 32.) Wıeremann’s Archiv f. Naturgesch. 1836. I. p. 244. 
Aufenthalt: Im Ostseewasser bei Wismar und im Mineralwasser zu Carlsbad. 
| Diese zuerst im Ostseewasser bei Wismar im Sept. 1834 von mir beobachtete Form fand sich im April 1836 im Carlsbader 
Mineralwasser wieder und half mit Nav. striatula und Hippocampus das Resultat der fossilen Infusorien herbeiführen. Nicht ein 
weisser Fleck an jedem Ende ist der Character, sondern das Zapfen- oder Knopfartige der Bildung der Panzer-Enden. Im Meer- 


wasser fanden sich Exemplare, die durch leichte Verengung in der Mitte an N. Zidrile exinnerten. — Länge !!;;— "Jo Linie, grösste 
Breite 7—9mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIM. Fig. V. 


Es sind 3 Thierchen des Ostseewassers 300mal vergrössert abgebildet. Fig. 1. sind 2 Ansichten Eines Exemplares. Fig. 2. und 3. sind 
Seitenansichten, erstere in der Mitte verengt. = 


2138. Navicula Julva, gelbliches Schiffchen. Tafel XII. Fig. VI. 


N. laevis, testula late Janceolata, utroque fine attenuato producto, subrostrata, ovario fulvo aut virescente, apertura 
media rotunda. 


Navicule fauve, lisse, a carapace largement lanceolee, amincie et allongee aux deux bouts en forme 
de bec, ayant Vovaire fauve ou verdätre et Vowverture du milieu ronde. 


Das Haberihier (Oat-animal) , [ArDERoN und] Baker, 1754, Beiträge z. nützlichen Gebr. d. Mikroskops, p. 315. Tafel X. Fig. VII. 
Chaos infusorium, SCHRANK, Beiträge zur Naturgesch. 1776. p. 110. Taf. IV. Fig. 28—31. 

Vibrio Fusus, ScHRANK, Sammlung naturh. und physik. Aufsätze, 1796. p. 315. Taf. V. Fig. 5. Fauna boica, 1803. III. 2. p. 45. 
Polypes des Conferves, GIROD CHANTRANS, Recherch. sur les Conferves, 1802. p. 41. Tab. VI. Fig. 11”, 11”, 11”. Tab. IX. Fig. 20.2 


Bacillaria fulva, Nırzsca, Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. p. 87. Tafel III. Fig. 8., 9., 13., 14, 15, 16. Tafel IV. 
— _ phoenicenteron , N e Fig. 17. 

Navieula obtusa, \ Borr, Encycl. möth. 18%. 
— unipunctata, . 


Frustulia minor, AGARDH, Syst. Alg. 1824. 

Bacillaria fuva, N. LeısLein, Flora, bot. Zeit. 1827. I. p. 258. 

Nawvicula obtusa, : 
— wnipunctata , | Turrın, Diet. des sc. nat. 1828. Pl. Vegeto-animaux, I. Fig. ?, c; 2, b. Il. Fig. 3. zum Theil u. Fig. 7. 
— _ Scalprum var., 5 . 

Cymbella minor , 
—_— fulva , : 

Navicula fulva, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 64, 67, 69. 1851. p. 79. 1833. (1832.) p. 254, 263, 

265, 266. 


\ AGARDH, Consp. crit. Diatom. 1830. p. 8. 


Navicula depressa! 
— _ amceps (jw.), 
—  parvula? 
—  maor? j 

Navicula fulva, Bericht der Berl. Akad. d. Wissensch. 1836, p. 53, 83. Possrnporrr’s Annalen d. Physik u. Chemie, 1836. p. 220. 


Kürzıne, Linnea, 1833. Taf. XII. und XIV. 


Aufenthalt: Lebend bei Norwich in England, bei Besangon und Paris in Frankreich, bei Ingolstadt und Würzburg in Baiern, bei 
Carlsbad in Böhmen, bei Weissenfels in Sachsen, bei Berlin!, Halle, Tennstädt in Preussen und bei Catharinenburg! und Buch- 
tarma! im asiatischen Russland beobachtet. Fossil bei Franzensbad in Böhmen und im Habichtswalde bei Cassel. 


Sie findet sich oft in zahlloser Menge zu allen Jahreszeiten zwischen Oscillatorien und im Schlamme der Gewässer, wird aber 
leicht mit N. Amphisbaena verwechselt. An Form gleicht sie der N. Zanceolata, ist aber rippenlos. Die runde mittlere Oeffnung 
ist characteristisch, und man erkennt sie beim Trockenwerden, noch besser beim Glühen der Panzer. Gewiss auf diese Form beziehen 
sich Gırop Cuantrans misslungene Verwandlungsbeobachtungen in Byssus Flos aguae. Da die früheren Beobachter die gestreiften 
Formen nicht unterschieden und die wechselnde Form und Farbe des Eierstocks, auch die Grösse als Specialcharactere ansahen, -so ist 
die Synonymie nie vollständig und sicher zusammenzustellen. Kiniges ist hier versucht, das weniger sichere ist im Nachtrage zur Gat- 
tung zu finden. Ueber die Structur habe ich 1832 p. 254., 255. und 263. mancherlei mitgetheilt. Es sind 6 runde Oeffnungen im 
Panzer vorhanden. Der Eierstock besteht aus 2 dunklen und 2 hellen, in der Mitte zusammenhängenden, goldgelben, braunen, oder 
auch lebhaft grünen, Platten. Dazwischen ist ein contractiler schleimiger erystallheller Körper. Viele helle Bläschen sind zerstreut 
und wechselnd, zuweilen nur 4, oft aber ein Kranz oder mehrere Häufchen derselben in der Mitte um die Oeffnung. Häufig sind 2 
augenartige grössere ausser der Mitte symmetrisch gestellt. Diese könnten Samendrüsen seyn. In den Spitzen sind bewegte Pünktchen, 
wie bei Closterium. Beim Kriechen mit der schmalen Seite nach oben bemerkt man an der ganzen lanzetförmigen breiten, dann seit- 


45 


— 178 


lichen, Körperfläche einen farblosen sehr durchsichtigen abstehenden Rand, eine vorgeschobene Sohle, welche fremde Körper kräftig 
fortschiebt oder sich an sie stützend das Schiffchen selbst fortbewegt. Da sie wenig vorragt, so sah ich sie nie, wenn die. breite Seite 
nach oben lag. Sie reicht oft bis zu den Spitzen, wo ich sie an der Wirkung zuerst bemerkte, gehört aber, wie mir jetzt scheint, 
der mittleren Oeffnung an, ist ganz einziehbar und vielleicht beiderseits vorhanden. Indigotrübung im Wasser erleichtert diese schwie- 
rige Beobachtung des Organs bei 300- bis 500maliger Vergrösserung, dessen Wirkung leicht zu sehen ist. Die Form ist sehr be- 
weglich. Junge dieser Art mögen oft für andere Arten gehalten werden. Die Durchsichtigkeit des glasartigen Panzers hat offenbar bei 
Baker veranlasst, dass er bei der Rückenlage das Ende des farbigen Kierstocks jederseits für das Ende einer Schaale hielt und sie 
daher klaffend zu sehen glaubte. Den Mitteltheil vorn und hinten hielt er für eine besondere Röhre, das Umwenden auf die schmale 
Seite für Zuklappen. Gırop Cnantrans hat sich wohl bei seinen Verwandlungen ebenso getäuscht. Ueber Corna’s Täuschung 
siehe Nav. striatula. Die fossilen Exemplare aus dem Polirschiefer von Cassel und Kieselguhr von Böhmen sind nur jüngere For- 
men, die zwar sehr wahrscheinlich, doch nieht völlig sicher, zu dieser Art gehören. — Länge */oe bis *Jıs Linie. Grösste Breite mehr 
als "/, und weniger als !/; der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIHM. Fig. VI. 


Es sind 9 Exemplare von Berlin in verschiedenen Stellungen und Grössen, 300mal vergrössert. 

Fig. 1. ist von 2 Seiten dargestellt. Fig. 2., 4., 6., 8, 9. sind gelbe und braune Farben- und verschiedene Formzustände des Eierstocks von der 
breiten Bauchseite, sämmtlich nach lebenden beweglichen Thieren. Fig. 7. ist ein unbewegliches, todtes Schiffchen. Fig. 3. Seitenansicht mit Dar- 
stellung der abstehenden bewegenden Sohle, der durch sie erregten langsamen Strömung und der Bewegungsrichtung des Schiffchens. Die Richtung 
der Pfeile zeigt die Entgegensetzung der erregten Strömung und Bewegung, wie beim Fisch. Fig. 5. ist ein Exemplar mit grünem Eierstocke von 
2 Seiten, / 


218. MNavicula Amphisbaena, zweischnäbliges Schiffehen. Tafel XIH. Fig. VII. 


N. laevis, testula ovato-lanceolata, utroque fine ohtuse rostrata, rostris cubicis aut prismaticis, apertura media orbi- 
eulari. 


Navicule Amphisbene, lisse, a carapace ovale-lanceolee, etranglee aux deux bouts en forme de 
bouton terminal cubique ou prismatique, ayant V ouverture du milieu ronde. 
Navicula Amphisbaena, Bory, Encyel. m&th. 1824. 
Navicula Amphisbaena, 
— bitrwmcata, Turrın, Dietion. des sc. nat. 1838. Pl. I. 2. Fig. 2, 9. Pl. II. Fig. 3. links. 
— Scalprum var., 
Navicula ventricosa, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 67. 


Navicula Amphisbaena, Abhandl. der Äkademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 254. zum Theil. 
Frustulia euspidata, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 549. Tab. XIV. Fig. %. 


Aufenthalt: Bei Paris, Weissenfels, Berlin, Carlsbad und Teplitz in Europa, und bei Buchtarma am Altai in Asien beobachtet. 


Vielleicht kannte schon Nırzscn 1817 diese Form als. Bacillarıa fulva Fig. 18. und als Bac. phoenicenteron, auch 
Fig. 18. Baxer’s Haberthier hielt Bory für dieser Art verwandt, ich habe es zur vorigen Art gestellt. Auf der Reise mit Herrn 
v. Humsoıpr 1829 beobachtete und zeichnete ich es als Nav. (fulva var.?) ventricosa. Durch ein Versehen wurde die Form im 
allgemeinen Verzeichniss übergangen. Auch ist vielleicht N. falva von Catharinenburg, welche der Fr. cuspidata Kürzıne’s ähn- 
lich ist, hierher zu stellen. Erst seit dem 19. Mai 1832 halte ich diese Art, zahlloser beobachteter Mengen halber, für sicher ver- 
schieden von der vorigen. Ich verwechselte aber bis 1833 noch die seltner darunter lebende gestreifte N. capitata mit dieser, und 
daher hielt ich sie für einerlei mit Turrın’s vermeinten Jungen der Surirella striatula. Borv’s Beschreibung von 1824 und Tur- 
pın’s Abbildung von 1828 passen auf gegenwärtige Form. Das zitternde Organ, welches Bory in der Mitte gesehen haben will, kann 
nur der schiebende Fuss gewesen seyn. Der Kierstock ist meist goldgelb, und die mittleren Lappen sind durch eine kreuzförmige Spal- 
tung oft 4theilig, so dass 6 Platten vorhanden sind. Helle zerstreute Bläschen als polygastrische Zellen und 2 grössere constante au- 
genartige helle Flecke (vielleicht Samendrüsen) vervollständigen den Organismus. Bewegliche Körperchen in den Zapfen fehlen. Die 
Ortsveränderung geschieht am raschesten hier, wie bei allen Arten, auf der breiten Seite, weil der Fuss dann sich unten am Boden 
anhält. Die direeten Wirkungen des Fusses habe ich zahllose Male gesehen, aber der Fuss selbst scheint sehr wenig vorzuragen und 
wurde nie an sich deutlich. Die mittlere Oeffnung ist rund. Durch Herrn v. Humsoror’s Güte erhielt ich im Juli 1836 Wasser 
vom Schlangenbade und der Gartenquelle zu Teplitz, worin ich in Berlin diess Thierchen lebend fand. Auch im Carlsbader Mineral- 
. wasser sah ich es lebend in Berlin. — Länge !/ı., bis "ao Linie beobachtet. Breite mehr als Y; bis *, der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf.,XIM. Fig. VO. 


Es sind 4 grössere und mehrere kleinere Exemplare bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. 

Fig. 1. war !/,, Linie gross. Es zeigt die Längsspaltung der Eierplatten. Der grosse helle Fleck in der Mitte ist wohl eine Magenzelle. Fig. 2. 
ist ein und dasselbe sehr bewegliche Thierchen von 2 Seiten mit deutlicherer Queerspaltung der Eierplatten und 2 augenartigen Drüsen (?). "Fig. 3. 
ebenso mit eingeschrumpftem Eierstocke, unbeweglich, vielleicht todt. Fig. 4. eine andere lebende Form. Fig. 5—6. sind sehr kleine, bis zu 
Y44 Linie lange, Junge. 


- 219. Navicula plaiystoma, breitmündiges Schiffehen. Tafel XII. Fig. VI. 


N. laevis, testula late lineari oblonga, utroque fine obtuse rostrato,. apertura media transversa lineari. 


Navicule platystome, lisse, a carapace lineaire elargie, oblongue, Etranglee aux deux bouts en 
Jforme de bee obtus, ayant Fowerture du milieu transversale lineaire. 


Anfeuchalt: Bei Berlin. 


2 Diese ausgezeichnete Art fand sich mit N. nodosa und amphisbaena zuerst im März 1835, dann wieder am 8. April 1836 
zwischen Öscillatorien. Alle Flächen sind gerade und parallel. Seit dem April 1837 fand ich sie im ganzen Mai im Thiergarten häu- 


fig wieder. Die breite mittlere Queerspalte zeichnet sie, getrocknet, leicht aus. — Länge oo bis "ao Linie beobachtet. Breite weni- 
ger als !/;, mehr als '/ der Länge. 


179 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIM. Fig. VII. 


Es sind 4 Exemplare verschiedener Grösse, alle auf der breiten Fläche liegend, 300mal vergrössert. | 


220. MNavicula nodosa, ausgeschweiftes Schiffechen. Tafel XII. Fig. IX. 


. N. laevis, testula lineari, lateribus mediis tri-undulatis, nodosis, utroque fine obtuse rostrato, apertura media rotunda. 


Navicule noueuse, lisse, a carapace lineaire, ayant trois courbures ou noeuds lateraux au milieu, 
Etranglee aux bouts en forme de bec obtus, Fouverture du milieu ronde. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Auch diese Art fand sich, aber nie häufig, mit N. amphisbaena und platystoma im März 1835 bei Berlin. Sie war 
deutlich bewegt. — Länge */;; Linie. Grösste Breite mehr als Y/;, weniger als /; der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIM. Fig. IX. 


Es sind 3 Exemplare von der breiten Seite bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. 


221. Navicula Trochus, schnellrädartiges Schiffchen. Tafel XXI. Fig. VII. 


N. laevis, testula brevi, media parte valde turgida, utroque fine valde constrieto obtuse et valide rostrata, lineis lon- 


gitudinalibus paucis exarata, apertura media rotunda. 
Navicule Toupie, lisse, a carapace tros-gonflce au miliew et tres-ötranglee aux deux bouts en forme 
de bee large obtus, ayant quelgues raies longitudinales et V owverture dw milieu ronde. i 
Navicula (incerta), Bericht d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, %. Febr. 1837. p. 45. 


Aufenthalt: Fossil im Bergmehl bei Degernfors in Schweden. 


Diese ausgezeichnete Form ist am botnischen Meerbusen mit N. vöridis, den Eunotien und andern Formen als Bergmehl 
fossil und im Jahre 1832 zu Brod verbacken worden. Herr Berzeuıus analysirte dieses Bergmehl 1833 und fand organische Sub- 
stanz, Quellsäure und viele Kieselerde (PossEnnorrr’s Annalen d. Phys. Band 29. p. 261.). Prof. Rerzıus erkannte nach Ent- 
deckung der fossilen Infusorien die Gegenwart von Infusorien auch hier, was von mir im Febr. 1837 bestätigt wurde. — Länge !r 
Linie. Grösste Breite mehr als die Längenhälfte. 


Erklärung der Abbildung Taf. XXI. Fig. VII. 


Es ist ein 300mal vergrössertes Exemplar von der Bauchfläche « und der Lateralfläche 8 dargestellt. 


222. Navicula Follis, schlauchartiges Schiffchen. 


1; 


N. laevis, testula brevi depressa, media parte valde turgida, utroque fine valde constrieto rostrata, nec lineata. 
Navicule Outre, lisse, a carapace courte, deprimee, lateralement tres-gonflee au milieu et ires-Etran- 
9 $) 3 9 8 r 
glee aux deux bouts en forme de bec £troit, sans raies longitudinales. 
Navicula Follis, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 27. Juni 1836. p. 53. 1837. p. 4. 


Aufenthalt: Im Bergmehl von Santafiora in Toscana fossil. 

Auch diese, der vorigen sehr ähnliche, Art ist noch nicht lebend beobachtet. Sie ist sehr klein. Man muss sich hüten, 
Halbtheile der jungen Nav. Librile mit ihr zu verwechseln, die nur ein dünnes Ende haben. Die 6 runden Oeffnungen sind beob- 
achtet. — Länge */ıo» Linie. Breite etwas mehr als die Längenhälfte. 


Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. Die N. Follis des CGasseler Polirschiefers habe ich doch als be- 
sondere Art, N. Crux, und die von Degernfors als N. Trochus verzeichnet. 


223. Navicula? trinodis, dreibäuchiges Schiffchen. 


N. laevis, testula lineari elongata, media brevi unius lateris parte turgida, utroque fine constrieto longe rostrata, api- 
eibus tumidis. 


Navicule trinode, lisse, a carapace lineaire allongee, ayant d’un cöte un gonflement court au mi- 
hieu et les deux bouts etrangles longs a boutons terminauz. 


Navicula? trinodis, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, April 1837. p. 45. 


Aufenthalt: Im Bergmehl von Degernfors in Schweden, von Kymmene Gärd in Finnland und von Santafiora in Toscana fossil. 


Diese Form, deren andere Seite, wie die der vorigen, ganz lineär und parallel ist, könnte zu den Fragilarien oder Ba- 
cillarien gehören, indem sie der Seitenansicht der B. tabellaris nahe kommt. Die Oeffnungen des Panzers werden diess ent- 
scheiden. Ich konnte sie bisher nicht deutlich erkennen. — Länge 7, bis Y/yo Linie, grösste Breite 9- bis 13mal in der Länge. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


224. Navicula Cari, Tarus-Schiffchen. 


N. laevis, testula lanceolata gracili, a quovis latere acuta, apertura media rotunda. 


Navicule de Carus, lisse, a carapace lanceolee grele, aigue des quatre cötes, ayant lowverture du 
milieu ronde. 


Navicula Cari, Bericht d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 83. 


Aufenthalt: Im Polirschiefer von Cassel. 


a 


180 


Diese Art giebt die Hanptmasse des silbergrauen Polirschiefers vom Habichtswalde. Sie ist der NM. graeilis ähnlich, aber 
nicht abgestutzt, und ist durchgehend kleiner. Ich fand sie zuerst in einem Pröbchen des Gesteins, welches mir Herr Hofrath Carvs 
in Dresden freundlich zusandte, dann aber viel besser erhalten durch Herrn Dr. Prirıerr in Cassel. — Länge "os Linie. Breite 
etwa !/; der Länge. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr gegeben werden. 


225. Navicula? quadricostata, vierriefiges Schiffchen. Tafel XXI. Fig. X. 


N. laevis, testula ovato-oblonga, tenui, utrinque truncata, costis longitudinalibus quaternis, apertura media dupliei in 
latere uno. 


Navieule quadricostee, lisse, a carapace ovale-oblongue, mince, tronquce aux deux bouts, ayant 
4 cötes longitudinales et deux owvertures du milieu au meme plan. 
Frustulia appendieulata AG., Corpda, Almanac de Carlsbad, 1835. Taf. I. Fig. 13, nicht Fig. 12. 


Navicula quadricostata, Bericht der Berlin. Akad. d. Wiss. 1836. p. 33. Ausführlicher in Wıesmann’s Archiv 1836. I. p. 244 
! I. p. 185. 


Aufenthalt: Im Mineralwasser zu Carlsbad, im Soolwasser zu Schönebeck, vielleicht auch am Sinai. 


Diese Form hat viel Aehnlichkeit mit dem freigewordenen Schiffchen eines Cocconema, und obwohl dieselbe keineswegs in 
jene Gattung gehört, so zeigt sie doch auch nicht unwichtige Abweichungen von Navieula in der Stellung der Oeffnungen, deren 2 
mittlere nicht entgegengesetzt, sondern auf derselben Seite nebeneinander sind. Die Endöffnungen sind unklar geblieben. Das Cocco- 
nema Cistula vom Sinai ist in der Zeichnung dieser Mavieula nicht wnähnlich.. Ich fand sie lebend in Berlin in Garlsbader Mine- 
ralwasser und bald darauf in Soolwasser von Schönebeck. Acarnr kann leicht diese Form mit zu seiner Frustulia coffeaeformis 
gerechnet haben, wofür seine Abbildungen, Jcones Alg. ewrop. IT. c. und e. sprechen. Acırnn’s Frustulia appendiculata ist 
eine wahre Frustulia. — Länge "ır bis "2 Linie. Breite meist mehr als '; der Länge, zuweilen auch weniger. (Vergl. N, lineolata.) 


Erklärung der Abbildungen Tafel XXI. Fig. IX. 


Es sind 6 Darstellungen, 300mal vergrössert. 


226. Navicula baltica, baltisches Schiffchen. Tafel XII. Fig. X. 


N. laevis, testula siomatoidea, media lineari receta, utroque extimo fine parumper attenuato, obtuso ineurvo, interaneis 
2 9 -J 9 B4 
aureis. 


- Navicule baltigque, lisse, a carapace sirmoide, droite et lineaire au milieu, un peu amincie, cour- 
9 9 5 a E) ’ 
” . . . 
bee et obtuse aux bouts, ayant les intestins jaunes dor. 


Navicula baltica, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 258. 
Aufenthalt: Bei Kiel. 


Entdeckt wurde diese Art am 23. Oct. 1832 in Berlin in leuchtendem Ostseewasser von Kiel, welches Herr Dr. Micnax- 
zıs zu senden die Güte hatte. Die Oeffnungen und Bewegung sind nicht beobachtet. Die Stäbchen sind 15- bis 16mal so lang als 
breit, in der Mitte gerade lineär, an den letzten Enden entgegengesetzt gekrümmt, /förmig, stumpf. Eine Längsfurche bezeichnet die 
Mitte, und ebenda klaffen die beiden goldgelben Platten (des Eierstocks?). Die mittlere Oeffoung scheint rundlich und klein gewesen 
zu seyn. In einem Exemplare war die goldgelbe (Eier-) Masse auf einer Seite in 6, auf der andern in 7 Flecke vertheilt (ein Theil 
entleert ?). — Länge "/; Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XII. Kies, X. 
Es sind 2 1832 gezeichnete Formen, 300mal vergrössert. 


227. MNavicula Hippocampus, Seepferdchen. Tafel XIH. Fig. XI. 


N. laevis, testula lanceolato-sigmatoidea, longitudinaliter lineolata, ab angusto latere recta, lineari. 


Navicule Hippocampe, lisse, a carapace lanceolee-sigmoide, rayce longitudinalement, lineaire et 
droite du cöte grele. 
Navicula Sigma und flexuose, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 259. 267. Nota, 
Navicula attenuata, Kürzıne, Linnea 1833. Tab. XIV. Fig. 35. 
Navicula Hippocampus « laevis, ß siriata, Tafel XIII. dieses Werkes, 1835. 


Scalprum siriatum, Corpda, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 193. Taf. V. Fig. 70. 
Navicula Hippocampus ß striata, in WıEGMANN’s Archiv f. Naturg. 1836. p. 185. 


Aufenthalt: Bei Wismar in der Ostsee!, bei Artern! und Garlsbad! im Salzwasser, auch bei Weissenfels?. 


Diese Art hat Kürzıns zuerst besonders genannt, allein weil der Name nicht characteristisch war, und die Abbildung keine 
Längsstreifen, aber Qucerstreifen, zeigte, so zog ich die Form früher zu N. flexuwosa. Aus Exemplaren des Herım Kürzıne ersah 
ich aber neuerlich, dass er diese Art gemeint hat, und die @Queerstreifen sind nur Schattirungs-Mittel. Da ich selbst im Carlsbader 
Wasser diese Art beobachtete, so scheint auch Corpa’s Form hierher richtig bezogen. Bei Wismar beobachtete ich sie in brakischem 
Wasser des Hafens zahlreich. Das auffallende gleiche Vorkommen bei Carlsbad und in der Ostsee veranlasste die fruchtbare Gombi- 
nation, deren Entwickelung die Entdeckung der fossilen Infusorien war. Es giebt Formen ohne alle sichtliche Längsstreifung; andere, 
welche sie beim Trocknen erst erkennen lassen. Ich zählte 16 bis 18 Streifen. Kürzına behauptet, sie bei Weissenfels auch im 
süssen Wasser gefunden zu haben, allein Achnanthes brevipes war gleichzeitig da und ist eine Salzform. Corpa nennt die End- 
Öffnungen Fussblasen und zeichnet das Auswerfen des (Eierstocks?) durch die mittlere Oeffnung, was für richtig beobachtet anzuerken- 


nen bedenklich erscheint, zumal da es Turrın durch die Endöffnung sah (s. N. Scalprum). — Grösse !/s bis ?/s Linie. Breite 
5—8mal in der Länge. 


21 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIH. Fig. XI. 


Es sind 3 Exemplare, davon 2 in Doppelansicht, dargestellt, 300mal vergrössert. 


Fig. 1. ist die gestreifte Form von der breiten und schmalen Seite mit den Oeffnungen. Fig. 2. und 3. sind glatte Formen, alle aus der Ostsee. 
Fig. 2. hat im Grunde der Hörner jederseits 2 helle Bläschen (Drüsen). 


228. Navicula Sigma, Es-Schiffchen. Tafel XII. Fig. XI. 


N. laevis, testula lanceolato-sigmatoidea, nec lineata, ab angusto latere lanceolato-lineari. 


Navicule Sigma, lisse, a carapace lanceolee-sigmoide, sans raies, ayant du cöte etroit la forme h- 
neaire-lanceolee. 
Bacillaria fusiformis, Symbolae physicae, Hrmrrich u. EuRENBERG. Evertehrata I. 1828. 


Navicula fusiformis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 17, 20. 1830. p. 56. 
Navicula sigmoiden, Symbolae physicae, HrmPrrıcH u. EHuRENBERG. Evertebrata I. Text Polygastrica, Fol. e. «. 1. 1830. 


en \ Abhandl, der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 80. 
—_ flexuosa, 
Navicula Sigma, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833, (1832.) p. 259, 261. 
Frustulio acuminata, Kürzıneg, Linnea, 1833. Alg. Dec. IX. und Linnea, p. 27. Tafel XIV. Fig. 36. 
Pharyngogloss& sigmoiden, Corpda, Almanac de Carlsbad, Taf. I. Fig. 16. 
Aufenthalt: Im Wadi Essöle des Sinaigebirges in Arabien, bei Berlin!, bei Uralsk im Ural und bei Buchtarma und Barnaul in Si- 


birien, bei Carlsbad (im Süsswasser) und bei Tennstädt in Thüringen beobachtet. 


Diese Art wurde in Arabien 1823 von Hrmrrıcn und mir entdeckt und später erst auch bei Berlin im Januar, Februar 
und Mai gefunden. Die Mangelhaftigkeit der früheren Beobachtungen liess sie mit M. sögmoidea verwechseln; später wurden N. fle- 
zuosa aus Sibirien und N. Hippocampus der Ostsee von ihr getrennt, deren erstere aber in ihrem Chäracter der Streifung, den ich 
aus meinen damals entworfenen Zeichnungen schloss, nicht ganz sicher ist, daher hier unterdrückt wird. Neuerlich ist auch N. Scal- 
prum abgesondert worden. Corva beschreibt und zeichnet ‘einen einfachen Darmkanal und eine hervorhängende Zunge. Die Mittel- 
leiste des Panzers hat ihn deutlich beim ersteren getäuscht, und wohl also auch irgend ein fremdes anhängendes Körperchen beim zwei- 
ten. Was er ohne Begründung After, Analfuss und Geschlechtswarzen nennt, widerstrebt der Analogie und Kenntniss der vielen an- 
dern Formen. Die 4lappigen goldgelben Platten und farblosen Magenblasen im Innern waren deutlich, auch sah ich zuweilen im Innern 
frei bewegte Körperchen. — Grösse !/ıs bis Yı» Linie. Grösste Breite 5—8mal in der Länge. 


‘ Erklärung der Abbildungen Taf. XIH. Fig. XI. 


Es sind 5 Exemplare bei 300maliger Vergrösserung gezeichnet. 
Fig. 1. ist halb gewendet; Fig. 2. zeigt neben den gelben (Eier-) Platten viele zerstreute Magenzellen; Fig. 3. nur in der Mitte; Fig. 4. ist 
erfüllt mit bewegten Körperchen; Fig. 5. ist eine Form von ihrer schmalen Lateral- und breiten Bauchfläche. 


229. Navicula Scalprum, Messer-Schiffechen. Tafel XIH. Fig. XIH. 


N. laevis, testula sigmatoidea lanceolata, nec lineata, ab angusto latere lineari, parva. 


Navicule Tranchet, lisse, a carapace sigmoide lanceolece, sans raies longitudinales, ayant du cöte 
etroit la forme lineaire. 


Navicula Scalprum, GAıLLoN, nach Turrın, M&m. du Mus. T. XV. Pl. 10. 1827. 

COymbella Scalprum, Asarpa, Consp. crit. Diatom. p. 11. 1830. 

Frustulia Scalptrum, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 556. 

Navicula Scalprum?, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. 30. Juni. p. 56. 


Aufenthalt: Lebend bei Havre und Dieppe und bei Wismar im Seewasser; fossil im Polirschiefer von Bilin?. 

Gaızron entdeckte diese Art wohl bei Dieppe, Turrın theilte aus dem Manuseript und nach eigener Anschauung mehrere 
Details mit, hielt sie aber für eine einfache Pflanzenzelle. Er verwechselte auch 3 bis 4 Arten: N. Amphisbaena, N. fulva? u. s. w. 
Turrın will das Auswerfen von Saamen (Eierlegen) aus der Spitze beobachtet haben. Vielleicht hat er sich aber hier durch Miera- 
sterias getäuscht, er hat es jedoch abgebildet (vergl. N. Hippocampus). Seine Figuren sind etwas schlanker, was ich als Differenz 
der Auffassung ansehe. Auch die fossilen sind etwas schlanker. Acarpn und Kürzına beschrieben sie wieder als Pflanze, ohne sie 
aber selbst geschen zu haben. Ich fand sie 1834 bei Wismar sehr häufig im Wasser der Ostsee mit Conferven. Sie ist viel kleiner 
und gedrängter, als Nav. Hippocampus, deren längere Hörner hier nie vorkamen. Das Doppelbläschen (Doppeldrüse?) war aber 
auch vorhanden. 4 braungelbe Eierplatten. Grösste Breite nur 4—5mal in der Länge. — Länge 4,6 — Yı Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIM. Fig. XIM. 


Es sind 5 verschiedene Formen in 300maliger Vergrösserung dargestellt. 
Fig. 1. und 5. sind von beiden Seiten gezeichnet. Fig. 2. und 4. sind andere kräftig kriechende Formen Fig. 3. ist todt. 


230. Navicula curvula, krummes Schiffchen. Tafel XII. Fig. XIV. 


N. laevis, testula anguste lineari sublanceolata, sigmatoidea, nec lineata. 


Navicule courbee, lisse, a carapace sigmoide etroite lindaire legerement lanceolte, sans raies longi- 
Zudinales. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese Form gleicht einer Synedra Ulma oder Fragilaria, ist auf allen 4 Seiten gleich breit, aber s-förmig. Ich fand sie 
1835, auch im Mai 1837 öfter, beweglich, immer einzeln, mit Oscillatorien und den andern Formen bei Berlin. Länge ss Linie. 
Grösste Breite 14- bis 15mal in der Länge. 
Erklärung der Abbildungen Taf. XI. Fig. XIV. 


Es sind 3 verschiedene Exemplare, 300mal vergrössert. Fig. 2. ist von 2 Seiten dargestellt. 


46 


1823 


231. MNavicula Arcus, Bogen-Schiffchen. Tafel XXI. Fig. X. 
N. laevis, testula anguste lineari arcnata , media inflexa, ubique umbonata. 
Navicule Arc, lisse, a carapace etroite lineaire arquee, flechie et ombiligquee au milieu. 
Navicula Arcus, in WIEGMANN’s Archiv für Naturg. 1836. I. p. 243, 244. 
Aufenthalt: Im Mineralwasser zu Carlsbad. 


Diese sehr ausgezeichnete Art erinnert durch ihre Gestalt an Achnanthes, wo das Geknickte der Form öfter vorkommt. Ich 
fand sie in zahlloser Menge im Wasser der Carlsbader Mineralquellen, welches mir Herr Fıscner auf meine Bitte nach Berlin brachte. 
Ich sah sie in Selbsttheilung, aber nie bewegt. Von der Seite gesehen haben die Enden eine Einschnürung und ein Köpfchen. Länge 
%soo bis *4s Linie. Grösste Breite der kleinen 2'/;mal in der Länge, der grossen 9—10mal. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. X. 


Es sind 19 Formen in den verschiedensten Zuständen abgebildet, 300mal vergrössert. 


6. Queer gestreifte, innerlich gerippte Schiffehen: Szrirella: 


232. Navicula sigmoidea, Es-ähnliches Schiffchen. Tafel XII. Fig.XV. TafelXX1. Fig. XI. 


N. striata, testula anguste lineari siomatoidea, apice enneiformi truncäto. 
9 = 54 


. . . \ . . . . . mu 
Navicule sigmoide, rayee, a curapace lineaire &troite sigmoide, tronguee aux bouts cuneiformes. 


Bacillaria sigmoidea, Nırzsch, Beiträge z. Infusorienkunde, 1817. (1816.) p. 104. Leisreın, Flora, bot. Zeitung, 1827. I. p. 2358. 
Cymbella sigmoidea, AsARDH, Consp. crit. Diatom. 1830. p. 11. E 

Nawicula sigmoidea, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 260. 

Sigmatella Nitzschü, Kürzıng, Algarum sicc. Dec. I. 1833. 

Frustulia Niützschü, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 554. Tafel XIV. Fig. 33, 


Aufenthalt: Bei Halle!, Würzburg!, Sachsen, Hildburghausen in Franken und bei Berlin! beobachtet. 


Diese Form ist eine der grössten und dadurch besonders ausgezeichnet, dass sie die einzige durch kurze Rippen innerlich zel- 
lige, krumme Art ist, aber sie beweist auch, dass die Krümmung der Schiffchen kein Character ist, nach welchem man physiologische 
Abtheilungen oder gar besondere Genera machen dürfte. Die von mir 1831 NV. sögmoidea genannte arabische Art ist als N. Sigma 
abgesondert. NrrzschH hielt diese Art für pflanzlich und sah nur röthlichgelbe, ich sah auch schöngrüne und bewegte in beiden Farben. 
Leiısteın fand sie bei Würzburg in Baiern. Ich sah sie bei Berlin im Januar, März, April, Mai und Juni häufig und oft mit einer 
parasitischen kleinen Cocconeis besetzt, welche auch bei N, Ziörile die Rolle einer Infusorienlaus übernimmt. Die Queerstreifen oder 
inneren Zellwände haben folgende feste Verhältnisse zur Grösse: '/so Linie Grösse hat 10, "is 14, "ho 15, "ho 20, ha 27, "ır 54, 
!Jıo 60, '/s 108, ' 162, '/5; 216 Streifen. — Länge '/ bis "/; Linie beobachtet, Breite etwa 20mal in der Länge des Einzelnen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIM. Fig. XV. Taf. XXI. Fig. X1. 


Es sind auf Taf. XIU. 3 Einzelthiere, auf Taf. XXI. 1 in 300maliger Vergrösserung dargestellt. - 
Taf. XI. Fig. 1. ist einfach von 2 Seiten, /, Linie gross, mit 70 Streifen. Fig. 2. ist durch Selbththeilung doppelt, auch von 2 Seiten. Fig. 3. 
ist ein sehr junges, !/,, Linie gross, mit 15 Streifen. Taf. XXI. ist ein mit Cocconeis Pedieulus und Hygrocrocis besetıtes Exemplar. 


233. Mavicula viridis, gsrünfarbiges Schiffchen. Tafel XIH. Fig. XVI. Tafel XXT. Fig. XII. 


N. striata, testula recta, lineari, utroque fine a latere truncato, a ventre rotundato, striis (cellulis) 15 internis in 
_ eentesima lineae parte. 


Navicule verte, rayce, a carapace droite, lineaire, tronqguee aux deux bouts du cöte lateral, arron- 
die du cöte ventral, ayant 15 raies (cellules) internes dans chaque centieme d’ une ligne de sa 
longueur. 

Bacillaria viridis, 
—_ fulva , | Nırzsch, Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. p. 97. Tafel VI. Fig. 1—3. 
— phoenicenteron, 

Bacillaria viridis , . 

Navicula scalprum, | Turrıs, Dict. des sc. natur. Planch. Veg&to-animaux, I. Fig. 1. e. Fig. 2. d. zum Theil. I, Fig. 6. 1838. 
— bipunctata, . 

Ad Closteria repellenda forma, AGARDH, Conspectus crit. Diatom. 1830. p- 2. 

Navicula, Surirella, viridis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 81. 1833. (1832.) p- 255, 265. Note. 

Frustulia viridis, Kürzıns, Linnea, 1833. p. 551. 

Frustulia agrestis, Corpa? Almanac de Carlsbad, 1835. Tab. I. Fig. 14- 15. p- 195. 

Navicula, Surirella, viridis, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 53, 83. 1837. p. 44. PosseEnporrrs Annal. 

d. Phys. und Chem. 1836. p. 213. Tafel IN. Fig. 1. 


Aufenthalt: Lebend bei Halle, Paris, Berlin!, Carlsbad!. Fossil als Erde bei Franzensbad in Böhmen, Santafiora in Italien, De- 
gernfors in Schweden, Kymmene Gärd in Finnland, als Polirschiefer bei Cassel. 


Der Entdecker dieser Art, Herr Prof. Nrrzsch, rechnete sie unter seine vegetabilischen Bacillarien und hielt die grüne Farbe 
für wichtigen Character, daher mag er unter den ähnlichen Gestalten der B. Julva und phoenicenteron p. 97. diese gemeint haben, 
wenn sie einen gelben oder röthlichen Eierstock hatte. Ich habe sie zahllose Male deutlich bewegt gesehen, obschon sie langsamer ist, 
als N. fuva. Tureın und Borr mögen sie den Abbildungen nach als Nav. bipunctata und odtusa?, ersterer auch als Scalprum 
mit verzeichnet haben. Acarnm und Kürzıne referiren nur die Beobachtungen von NrrzscHh, und ersterer ist der Meinung, dass es 
keine grünen Gymbellen und Frustulien geben könne, während jedoch gelb, braun und grün sehr oft bei gleichen Arten wechseln. 
Dass Cornna’s F. agrestis als Junges hierher gehöre, glaube ich desshalb, weil ich im Carlsbader Sumpfwasser die N. viridis selbst 


183 


beobachtete. Seit 1836 ist diese Form besonders dadurch höchst merkwürdig geworden, dass sich bei ihr ausser der Form auch durch 
das Zahlenverhältniss der Theile die Identität der fossilen Maviculae mit den lebenden feststellen liess. Das Hinwenden der Aufmerk- 
samkeit auf die Kieselinfusorien der Quellen von Carlsbad bewirkte die Entdeckung der Navieulae im Kieselguhr zu Franzensbad. Die 
vorhergegangene Beobachtung des festen Zahlenverhältnisses der Zellen bei den gestreiften Naviculis bewirkte die sichere sofortige 
Feststellung der Identität der lebenden Navicula viridis mit der fossilen, und gerade diese grössere Navicula ist eine sehr verbrei- 
tete Hauptform der fossilen Infusorien geworden. — Die wie feine Queerstreifen erscheinenden inneren Zellwände des Panzers sind in 
4, den Ecken des Panzers entsprechende, Längsreihen geordnet, welche auf der schmäleren (Bauch- und Rückseite) breiter, auf der 
breiten Seite schmäler sind. Eingesenkt in diese Zellen sind innerlich nur 2 gelbgrüne, am Rande etwas gezahnte, Blätter des Eier- 
stockes, welche der ganzen Länge gleichen. Die zwei andern, mittleren, welche andere Arten besitzen, scheinen hier zu fehlen, oder 
befinden sich in dem mittleren dunkleren Theile. Auf der Bauch- und Rückenseite klaffen beide Platten in einem Längsspalt, und von 
denselben beiden Seiten aus wird die Bewegung vermittelt. Viele veränderliche Bläschen (Magen) sind im Innern verstreut und durch 
eine irritable erystallhelle Gallerte (den Körper) vereinigt, daher oft zitternd. Zuweilen sah ich an den Enden einige besondere beweg- 
liche dunkle Punkte, wie bei Closterium und Nav. fulva, aber nicht immer, also wohl anderer Art. Längstheilung sieht man oft 
vom Rücken aus unter der kieseligen Oberhaut, daher hängen denn zuweilen 2 zusammen. Corpa hat diess für Begattung der N. 
agrestis gehalten und 2 Verbindungstheile mit 2 mittleren Oeffnungen abgebildet, welche Beobachtung in allen Einzelheiten meiner Er- 
fahrung widerstrebt und in zu rascher Auffassung ihren Grund haben mag. Die 6 Oeffnungen des Panzers sind zu 3 auf der Rücken- 
und Bauchfläche leicht sichtbar, die mittlere hegt in einer tiefen Grube und scheint excentrisch, neben der Mittellinie. Schiffchen von 
!/; Linie Grösse haben 300 Streifen, Y; 256, '/; 192, *ıo 150, *Yız 128, !ıs 96, Yıs 84, Yo 75, !ha 64—66, Yo 42—44, 
Ups 32; Yos 2, Yun 21:—22} Ye 16—18, 1] oa 155; Yıaa 10—11, 1 8, ah 5—6, Ysrs 2—3, 1] 1152 1 2. Die gelbgrü- 
nen Körnchen des Eierstocks haben etwa */z000-Linie Durchmesser, die auskriechenden Jungen würden also 1 bis 2 innere Zellen haben, 
sind aber nicht beobachtet. — Länge von !/os bis '/; Linie beobachtet; grösste Breite bei Jungen 2',, bei alten 6—7mal in der 
Länge. (Vergl. Nav. gibba.) 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIH. Fig. XVI. und Taf. XXI. Fig. XL. 


Fig. 1. ist ein Einzelthier mit 125 Streifen, '/;;— 'Jıs Linie gross, in 3 verschiedenen Lagen: «. von der breiten Lateralfläche, #. von der schmalen 
Bauch- oder Rückenfläche mit den 3 Oeffnungen, y. ist halb gewendet. Fig. 2. und 3. ist ein todtes Thierchen von 2 Seiten. Fig. 4. ist mit dem 
Messer queer durchschnitten und dadurch in 4 Panzertheile zerfallen, welche bei + zusammenhängen. Die beiden Platten des Eierstocks sind frei her- 
vorstehend und haben sich umgebogen; ein abgeschnittener Theil liegt bei + daneben. Fig. 5. ist ein leerer Panzer eines todten Thierchens, von 
selbst in 2 Theile klaffend. Fig. 6. ist in der Selbsttheilung, erscheint von der breiten Seite doppelt, von der schmalen Seite her einfach. Fig. 7. 
ist ganz jung, !/o6 Linie gross. Fig. 8. ist eine Ansicht von vorn. Alle sind 300mal vergrössert und ein Jahr vor Auffindung der fossilen gestochen. 

Fig. XI. Taf. XXI. ist nach Auffindung der fossilen gestochen: 1. nach lebenden, durch Glühen gereinigten, Panzern; 2. ist mit vielen Magenzellen 
erfüllt und hat bei + vielleicht 2 männliche Drüsen; 3. ist nahe vor seiner Längstheilung, daher sehr breit, und hat 2 grosse Blasen (Drüsen ?). 
In beiden ist der mittlere dichtere Körper sichtbar. 


234. MNavicula macilenta, schmächtiges Schiffehen. Tafel XXI. Fig. XIH. 


N. striata, testula recta, lineari, angusta, altero latere truncato, altero rotundato, in centesima lineae parte striis cel- 
lulisve 23 notata. 


Navicule maigre, rayee, a carapace droite, lineaire, grele, tronyuee au bout du cöte plat, arrondie 
de Fautre, ayant dans chayue centieme d’une ligne de sa longueur 23 raies transversules ow 
cellules internes. 


Navicula macilenta, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 45. 


Aufenthalt: Im Bergmehl von Degernfors in Schweden und von’ Kymmene Gärd in Finnland, nur fossil beobachtet. 


Diese Form ist der Mao. veridis sehr verwandt, aber schmäler und dichter gestreift. Die Streifungstafel ist: Yı2 Linie hat 


190 Streifen, !ıs 126, "zo 115, Yrr 96, "ho 76, "ss 63, Yas 48, Yo 38, Ur 32, oo 24, "oo 23. — Länge bis !/ı, Linie. 
Breite 8- bis 9mal in der Länge beobachtet. 


Erklärung der Abbildung Taf. XXI. Fig. XIM. 


Es ist ein Einzelthier von 2 Seiten, 300mal vergrössert. 


235. Navicula viridula, grünliches Schiffchen. Tafel XIH. Fig. XVII. und Tafel XXI. Fig. XIV. 


N. striata, testula recta lanceolato-lineari valde angusta, altero latere truncato, altero attenuato obtuso, in centesima 
lineae parte striis cellulisve 13 —15 notata. 


Navicule verdätre, a carapace droite lanceolee lineaire, tres-grele, tronquee aux bouts du cöte 
plat, amincie et obtuse de l’autre, ayant dans chaque centieme d’une ligne de sa Iongueur 
13—15 raies. 


Frustulia viridula, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 23. Tab. XII. Fig. 12. 
Navicula viridis var., Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p.266. Note. 


Navicula viridula, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 53. Possennorrr’s Annalen d. Phys. und Chemie, 
1836. p. 220, 221. 


Aufenthalt: Lebend bei Weissenfels in Sachsen, bei Wismar in Mecklenburg und bei Berlin. Fossil im Kieselguhr bei Franzens- 
bad in Böhmen und im Bergmehl von Santafiora. 


Das grünliche Schiffehen wurde von mir früher für eine Abart der N. virödis gehalten, und Kürzıne’s Gründe und Zeich- 
nungen reichten nicht aus, eine besondere Art zu begründen. Ich unterschied sie als Art zuerst 1834 im brakischen Ostseewasser von 
Wismar, wo ich sie mit N. Scalprum fand. Seitdem habe ich sie bei Berlin unter Oseillatorien auch zahlreich gesehen, und jetzt 
eben, am 1. Juni 1837, habe ich Tausende davon aus dem Thiergarten lebend vor mir. So ziehe ich denn Kürzıng’s Form ohne 
vieles Bedenken hierher. Die Form gleicht sehr der Nav. gracilis, ist mehr schiffähnlich als N. viridis, und hat 2 augenähnliche 


184 


me (Drüsen), in der Mitte genähert, ist auch viel lebhafter. Die Streifung ist jener sehr ähnlich: "1 Linie hat 110. Streifen, 
Yıs 88, Yo 66, Has 55, so 44, Yso 36, Yas 27, so 22, Yr2 18, Yoo 14, Yıoo 13—15. — Länge *zso bis ";s Linie. Breite 
4- bis 6mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIM. Fig. XV. und Taf. XXI. Fig. XIV. 


Auf Taf. XII. sind 3 Exemplare verschiedener Grösse aus Wismar abgebildet, auf Taf. XXI. ein Exemplar aus Berlin, beide 300mal ver- 
grössert. 


236. Navicula inaequalis, ungleiches Schiffchen. Tafel XII. Fig. XVII. 


N. striata, testula ovato-lanceolata, lateribus inaequaliter convexis, utroque fine constricto obtuso, in centesima lineae 
parte strüs 10—11 insignis. 


Navicule inegale, rayde, a carapace ovale-lanceolee, ayant les flancs inegalement convexwes, les 
bouts Etrangles et obtus et dans chaque centieme' d’une ligne de sa longueur 1—11 raies. 


Navicula inaequalis, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p- 53. Posseenporrr's Annalen der Phys. u. Chem. 
1836. p. 221. Taf. III. Fig. 3. 2. 


Aufenthalt: Lebend bei Berlin; fossil als Bergmehl bei Santafıora in Toscana. 


Die Form war schon im Jahre 1835 auf Tafel XII. gestochen und konnte durch die 1836 gefundene fossile Form noch 
schärfer beobachtet und berichtigt werden. Ich entdeckte die lebende im Januar, Februar und März 1835 und sah sie am 8. April 
1836 sehr lebendig bewegt und zahlreich wieder in einem überwinterten Glase, zuletzt am 2. Juni 1837. Die Endöffnungen habe ich 
erst bei den fossilen sehr klaren Panzern erkannt. Da ich die lebende Form, wie alle übrigen, getrocknet aufbewahre, so liess sich 
die direete Vergleichung machen. Diese Form bildet den Uebergang zur Gattung Zwnotia. Der gelbliche Eierstock zeigt 2 Platten; 
zerstreute Bläschen erscheinen als Magenzellen, und am verengten Ende ist jederseits ein augenartiger heller Fleck (Drüse?). Strei- 
fen sind bei !/ıs Linie Länge 70, 'ıs 64, Ya 48, "so 35, Yo 32, e% 26, "as 24, "so 21, Yso 19. — Länge !/ss bis Yıs Linie 
beobachtet. Breite 2— 3'/smal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIUI. Fig. XVII. 


Fig. 1. ein grösseres lebendes Exemplar mit 70 Streifen. Fig. 2. und 3. ist ein kleines todtes Exemplar, 2. von der Bauchfläche, 3. halb gewendet 
von der convexeren Seitenfläche. Fig. 4. und 5. ist ein anderes lebendes Schiffchen. Von der kleineren Seitenfläche aus sieht man bei Fig. 5. die 
beiden mittleren Oeffnungen gleichzeitig. Unter den fossilen sind zuweilen etwas mehr gestreckte. 


237. MNavicula gibba, Höcker-Schiffchen. Tafel XIH. Fig. X. 


N. striata, testula recta, lineari, angusta, media parte inflata, gibba, in centesima lineae parte striis cellulisve 9 
notata. 


Navicule bossue, rayce, ü carapace droite, lineaire, grele, gonflee au milieu, bossue, ayant dans 
chaque centieme d’une ligne de sa longueur 9 raies. 


age gibba, N Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 64, 65, 68. 1831. p. 80. 
— uncinata, 


Frustulia incrassata, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 545. Taf. XII. Fig. 17. 
Navicula gibba, Bericht a Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p.53. Possenporrr's Annalen d. Physik und Chem. 
1836. p. 219, 221. 


Aufenthalt: Lebend bei Tobolsk in Asien (Sibirien), bei Orenburg und Catharinenburg in Russland, bei Berlin, bei Wismar, bei 
Carlsbad und bei Weissenfels. Fossil im Kieselguhr von Franzensbad und Isle de France und im Bergmehl von Santafiora. 


Ich entdeckte sie 1829 auf der Reise mit Herrn v. Humsorpr im Juli in Sibirien in Tobolsk, fand sie aber dann auch bei 
Berlin im Mai 1832, bei Wismar in brakischem Ostseewasser im August 1833, bei Berlin wieder am 10. Febr. 1835 und am 8. April 
1836, auch am 20. April 1836 im Wasser von Carlsbad. Kleine Exemplare sind dem Cocconema gibbum sehr ähnlich. Schon 
Nav. viridis hat eine kleine Erweiterung ihrer Mitte, doch fehlt sie zuweilen ganz. Kürzıne fand sie bei Weissenfels, hat aber die 
Streifung nicht beobachtet. Die Nav. uneinata von Orenburg ist, der Zeichnung nach, vielleicht doch nur eine halbe Schaale die- 
ser Art gewesen. Die Streifung ist nach folgendem Längenverhältniss: /ıo Linie hat 90, !ı2 75, Yıs 50, Yu 45, !ha 37, "au 30, 
BI 1 a Be Yan 9, oo 9. Geringe Differenzen liegen oft in der Ungenauigkeit des Messens und 


‚Zählens, welche zuweilen schwierig sind. Grosse Zahl- und Maass-Differenzen geben besondere Artcharactere. — Länge Yzs bis "ıo 


Linie. Grösste Breite 2- bis 5mal in der Länge. 
Erklärung der Abbildungen Taf. X. Fig. xIx. 


Fig. 1. ein ganzes Exemplar von Berlin. Fig. 2. ein halbes. Fig. 3. und 4. zwei Exemplare des Ostseewassers im Hafen von Wismar. 


238. MNavicula? Crux, kreuzartiges Schiffchen. 


N. striata, testula brevi, gibbere medio laterali in erucis formam redacta, utroque fine constrieto obtuso, in centesima 
lineae parte 17 striis notata. 


Navicule? Croix, rayce, a carapace courte, lateralement tres-gonflcee au milieu, etranglee et obtuse 
aux bouts, en forme d’une croix, ayant dans un centicme d’une ligne 17 raies transversales. 
Navicula COrux, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 83. 
Aufenthalt: Nur fossil im Polirschiefer bei Cassel ‚ selten. 
Es ist die noch mehr verkürzte und in der Mitte noch mehr erweiterte Form der Nav. gübba. Streifungsverhältniss : !los 


Linie hat 18, '/,, also 36, "Jiwo 17, "iz 9 Streifen. — Länge bis Yo Linie. Grösste Breite 1'/;mal in der Länge. 
Eise Abbildung konnte nicht mehr gegeben werden. 


185 


239. Navicula? Glans, eichelartiges Schiffchen. 


N. striata, testula brevi, gibbere medio in glandis quercinae cum calyce formam fere redacta, utroque fine constricto 
obtuso, in centesima lineae parte 2—3 striis notata. 


Navicule? Gland, rayee, ü carapace courte, tres-gonflce au milieu en forme d’un gland de chene, 
ou d’une croiw, ayant dans un centieme d’ une ligne 2—3 raies. 


Navicula Glans, Mittheilungen der Berl. naturf. Gesellsch. 31. März 1837. Berlin. Staatszeit. 30. März 1837. 


Aufenthalt: Nur fossil im Bergmehl von Kymmene Gärd in Finnland bei Helsingfors beobachtet. 


Es fanden sich auch Exemplare ohne Streifen, die ich für defeet halte. Ist vielleicht Nav. Follis das Junge dieser Art 
(defect?). Länge Yo —"/ıs Linie, grösste Breite 1"/,mal in der Länge. Die Oeffnungen sind bei beiden letzten Arten unbekannt. 
Eine Abbildung konnte nicht mehr gegeben werden. 


240. Navicula capilata, knauftragendes Schiffehen. Tafel XIH. Fig. XX. 


N. striata, testula brevi ovato-lanceolata, utroque fine constrieta obtusa, in centesima lineae parte 10 strias offerens. 


Navicule a bouton, rayce, a carapace courte, ovale-lanceolee, eiranglee et obtuse aux deux bouts, 
ayant dans chaque centieme d’une ligne de sa longueur 10 raies transversales. 


siegten se Fries; Turrın, Mem. du Mus. XV. 18977. Dict. des sc. nat. Planches 3. Fig. 8. 1828. 
Navicula Amphisbaena, 


Navicula Amphisbaena, ex parte, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 254. 
Aufenthalt: Bei Berlin! und vielleicht bei Havre oder Dieppe beobachtet. 


Die Form ist bei Berlin häufig, aber nie grösser als ';s Linie, meist lebhaft bewegt, mit gelbem Eierstock. Streifungsver- 
hältniss: Yı2 Linie hat 84, Yz 42, Yas 21, Yr2 14, Yos 10. — Länge Y/oo—"ıs Linie beobachtet. Grösste Breite 3/zmal in der Länge. 
Ich sah sie 1835 im März, 1836 am 8. April, 1837 am 1. Juni. Von der Seite gesehen ist sie, der IV. verödis gleich, lang viereckig. 

Erklärung der Abbildungen Taf. XII. Fig. XX. 


Es sind 5 Exemplare, sämmtlich von der Rücken- oder Bauchseite, 300mal vergrössert, 


241. Navicula dicephala, doppelköpfiges Schiffchen. 


N. striata, testula lineari-elongata, utroque fine constrieta obtusa, in centesima lineae parte striis 19 notata. 


Navwicule dicephale, rayee, a carapace lineaire allongee, elranglee et obtuse aux deux bouts, ayant 
dans chaque centieme d’une ligne de sa longueur 19 raies transversales. 
Navicula dicephala, Bericht der Akademie d. Wissensch, zu Berlin, 1837. p. 45. 
Aufenthalt: Nur fossil im Bergmehl von Degernfors in Schweden und von Kymmöne Gärd in Finnland beobachtet. 
Diese Form gleicht sehr der glatten Mavicula platystoma, ist aber schmaler und hat eine mittlere runde Oeffnung, keine 
breite. Die Streifung ist nach folgendem Verhältniss: */. Linie hat 80, Yo 53, Yaıo 45, !ıs 40, Yr2 26, "os 20, Yıoo 19. — 


Länge !/ —!/o Linie, Breite 4—5mal kürzer. (Vergl. Eunotia.) 
Eine Abbildung ist nicht mehr aufgenommen worden. 


242. Navicula lanceolata, lanzetförmiges Schiffehen. Tafel XII. Fig. XX1. 
N. striata, testula lanceolato-elongata, utroque fine sensim valde attenuata, subacuta, in centesima lineae parte 13 
striis insignis. 
Navicule lanceolee, rayce, a carapace lanceolee allongee, amincie peu a peu aux deux bouts en 
pointes presque aigues, ayant dans chaque centieme d’une ligne 13 raies transversales. 
 Frustulia lanceolata, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 14. Tab. XIII. Fig. 13. zum Theil. 


Aufenthalt: Bei Berlin! und Halle?. 


Man kann diese Art eine gestreifte Nav. fülva nennen, welcher Form sie sehr gleicht. Die Streifung hat folgendes Ver- 
hältniss zur Länge: *ı Linie Länge hat 108 Streifen, Yıs 72, Yar 54, Yo 36, Yas 27, "2 18, "os 13, Yıoo 13. Sie ist leh- 
haft bewegt und die Streifung oft schwer zu sehen. — Beobachtet sind die Längen von "/o6 bis a, Linie, grösste Breite 3—4mal 


in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIH. Fig. XXI. 


Es sind 7 Exemplare in verschiedenen Grössen, bei 300maliger Vergrösserung im Durchmesser, abgebildet. 


243. Navicula? Librile, Wägeschiffichen, Wagebalken-Schiffchen. Tafel XID. Fig. XXD. 


N. striata, testula elongata latere undulato, medio leviter constrieta apieibus subacutis, dorsi linearis apieibus trun- 
catis, in centesima lineae parte strias 8 gerens. , 


Navicule Fleau, rayee, & carapace allongee, legerement Etranglee au milieu, aigue au bout et ondu- 
leuse du cöte lateral, lineaire et tronguce au bout du cöte dorsal, ayant dans chague centieme 
d’une ligne 8 raies transversales. 

Navicula Librile, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 81. 1833. p. 267. Note. 


Frustulia quinquepwetata, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 554. Tab. XIV. Fig. 28. 
Navicula Librile, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 53. 


47 


BEE SIE N. CAT 


Aufenthalt: Lebend bei Berlin!, Tennstädt, Halle, Weissenfels. Fossil bei Franzensbad als Kieselguhr, bei Santafıora als Bergmehl. 


Ich entdeckte diese Form 1826 bei Berlin, sah sie 1830 wieder und beschrieb sie zuerst 1831. Ich sah sie dann zahllose 
Male wieder, am 19. Mai 1832, im Febr. 1835, im Januar, Februar, März, April 1836, und habe sie besonders wieder jetzt am 
31. Mai 1837 in lebhafter Bewegung zahlreich beobachtet. Sie ist nicht selten mit Härchen (Hygrocrocis ?), Cocconeis Pediculus 
und ihren eigenen Jungen besetzt. Die beiden Hauptplatten des Kierstocks sind am Rande gezahnt und von der Bauchseite meist wel- 
lenartig gebogen, goldgelb. Helle Bläschen sind als Magenzellen betrachtet. Die 6 Wellenlinien des Panzers und des Eierstocks bil- 
den zuweilen auf der Seitenfläche 5—6 dunkle @Queerbinden, daher Kürzıne’s Name. Sie ist bei Santafıora sehr schön erhalten fossil. 
Streifen sind bei '/ Linie Länge 96, bei "Jo 84, !l 72, ao 42, 'ha 36, "hu 28, so 24, Yıs 18, "oo 14, "he 125 "oo % 
'Jioo 8. — Länge '/» bis '/o Linie beobachtet. Grösste Breite 3- bis 10mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIM. Fig. XXN. 


Fig. 1. und 2. sind 2 kräftig bewegte grosse Exemplare von der Seiten- und Bauchfläche, von !/, und !/,, Linie Grösse. Fig. 3. war unbeweglich, 
todt. Fig. 4. und 5. sind 2 Seiten eines jüngeren lebenden Thieres von !/,, Linie Grösse. Fig. 6. ist ein jüngeres todtes Thierchen. Fig. 7. 
sind ganz junge, den Alten oft anhängende, Thierchen von !/,, Linie Länge, alle 300mal vergrössert. i 


244. Navicula? splendida, Goldschiffchen. Tafel XIV. Fig. I. 


N. striata, testula ovato-oblonga, a latere ovata, a ventre oblonga truncata, media leviter constrieta, in centesima 
lineae parte striis 2 insignis. 


Navicule splendide, rayce, a carapace ovale-oblongue, ovale du cöte lateral, du cöle ventral ob- 
longue tronquce legerement Eiranglee au milieu, ayant dans chaque centieme d’une ligne de 
sa longueur 2 raies transversales. 


Nawicula splendida, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 81. efr. 1833. (1832.) p. 255. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Diese schon früher beobachtete Form wurde von mir 1831 beschrieben und dann oft wieder, immer einzeln, beobachtet. Aın 
8. April und 19. Mai 1832 sah ich sie wieder, und fand 1835 den ganzen Winter hindurch Exemplare in einem überwinterten Glase 
mit andern Naviculis. Am 1. Juni 1837 habe ich sie zuletzt beobachtet. Sie hat grosse Aehnlichkeit mit Turrın's Swrirella 
striatula des Meeres bei Havre, unterscheidet sich aber durch Form und Streifung. Ich sah sie oft bewegt. Zwei dunkle äussere 
und 2 helle innere gezahnte Platten des goldgelben EKierstocks lagen dicht aneinander, den mittleren Raum erfüllte ein gallertiger irri- 
tabler farbloser Körper mit hellen Bläschen (Magen). Am spitzen Ende der Laterallläche waren 6—7 bewegte dunkle Pünktchen in 
einer umgrenzten Blase, wie bei C/osterium. Neuerlich sah ich auch Selbsttheilung auf der Bauchfläche eines daselbst viel breiteren 
Exemplares. Wahrscheinlich ist auch bei N. Ziörile die Selbsttheilung nicht seitlich, wie bei N. vrödis und fulva, sondern eben- 
falls von der Rücken- oder Bauchfläche. Die Streifen oder Rippen und Längen verhalten sich wie folgt: /; Linie hat 30 Rippen, 
Yıo 28, I 22, Yıs 15, Yo 14, m 4: 39, Yso 7, Yao T; Urs 4—)5, Hs 4, Uns Er !os 2—3, 00 2. — Länge is bis 
!/p Linie, grösste Breite 2/;- bis 3mal in der Länge beobachtet. i 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. 1. 


Es sind 4 Exemplare in 8 Ansichten dargestellt. 

Fig. 1. ist ein und dasselbe lebende Individuum in 3 Ansichten, t/ı, Linie gross, « von der Bauchfläche, 8 halb gewendet, y von der Lateralfläche. 
Fig. 2. ist ein, !/,, Linie grosses, todtes Exemplar mit 28 Rippen. Fig. 3. ist dasselbe vom stumpferen Ende gesehen, mit 2 hellen Flecken bei 
x, welche Oeffnungen gleichen. Fig. 4. ein kleineres Exemplar, !/;; Linie gross, mit 15 Rippen, alle 200mal vergrössert. Fig. 5. ein !/,, Li- 
nie grosses Exemplar, 500mal vergrössert, bei X jederseits 2 helle Flecke. 


245. Navicula? bifrons, zweischnäbliges Schiffechen. Tafel XIV. Fig. I. 


N. striata, testula lanceolata, a latere utrinque acuta, a ventre lineari, truncata, nec constricta, in centesima lineae 
parte striis 3'/, notata. 


Navicule a double nez, rayte, a carapace lanceolee, aigue aux deux bouts du cöte lateral, N- 
neaire et tronqute du cötE ventral, point Etrangle, ayant dans le centitme de chague ligne de 
sa longueur 3‘) raies. 


Navicula bifrons, Abhandl. der Akademie #, Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 259. - 
Navicula bifrons, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 53. : 


Aufenthalt: Lebend bei Berlin! Fossil im Kieselguhr von Isle de France und im Bergmehl von Kymmene Gärd in Finnland?. 


Diese am 19. Mai 1832 entdeckte Art ist seitdem oft wieder, aber einzeln s beobachtet worden. Sie fand sich mit Oseilla- 
torien, Micrasterien und Arthrodesmen häufiger, selten zwischen Conferven des Thiergartens. Sie hat engere und mehr Strei- 
fen, als die vorige Art, ist auch meist kleiner. Bei ’/ Linie Länge sind 42 Streifen, "io 36, !hı2 30, "ıs 24, *ıs 20, "ao 18, 
Fr 155 Yo 12, Ye 10, a 05 ar 7, U I 5 Im 35 Ya Dh, I Bewegung langsam, aber deutlich. Eierplatten 
am Rande gezahnt. — Länge '/ıs bis '/s, öfter klein als gross, Breite 2'/;- bis 5mal in der Länge. Kine hierher gezogene Form 
hat die Ränder in der Mitte der Lateralflächen gerade und parallel, während die Hauptform sie gebogen hat. Auch sind die fossilen 
Formen im Zahlenverhältniss der Streifen nicht völlig übereinstimmend. Die Insular-Form hat 16 auf '/ıs Linie Länge, die nordische 
16 auf ')ıs Linie Länge, die Gestalten passen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. H. 


Fig. 1. ist ur Linie gross, von 2 Seiten dargestellt, « Lateralfläche, 8 Bauchfläche.. Fig. 2. und 3. sind 2 todte Exemplare, letztere Form durch 
parallele Seitenflächen in der Mitte ausgezeichnet. 


187 


246. Navicula? striatula, gestreiftes Schiffchen. Tafel XXI. Fig. XV. 


N. striata, testula ovata, a latere variabilis, a ventre elliptica aut cuneata, in centesima lineae parte 13 strias offerens. 


Navicule stride, rayce, a carapace ovale, variable du cöte lateral, elliptique ou cuneiforme du cöte 
ventral, ayant dans le centieme d’une ligne de sa longueur 13 raies transversales. 
Surirella striatula, Turrın, M&m. du Mus. d’hist. nat. XVI. 18%. Diction. des sc. nat. T. 51. p. 508. Planches, Botanique VE- 
getaux acotyledons, Vegeto-animaux II. 
Navicula, Surirella, striatıla, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p- 81. 
Surirella Venus, CoRDA, RE de Carlsbad, 1835. 


Navicula striatula, in WıEGMAnN’s Archiv f. Naturessch, 1836. I. p. 241. II. p. 185. Vergl. den Bericht d, Akad. d. Wissensch. zu 
Berlin, 1836. p. 32, 53. 


Aufenthalt: Lebend bei Havre und Carlsbad. Fossil bei Franzensbad in Böhmen ?. 


Dieses niedliche Schiffehen entdeckte Dr. Surıray im August 1896 bei Havre und erhielt es 18 Monate lebend. Turrın 
sah und beschrieb es als Pflanze und Zoophyten 1827 und gab sehr grosse Abbildungen davon in den Mem. du Museum 1828, die 
er im Dietion. des sc. nat. 1828 copirte. Ich beobachtete eine ähnliche Form im Süsswasser bei Berlin, Nav. splendida, und 
stellte sie 1831 sammt dieser zu den Maviculis. Eine ähnliche Art aus Carlsbad beschrieb dann CorpA unter neuem Namen und mit 
abweichenden Detail. Im April 1836 erhielt ich letztere Form durch Herrn Fischer auf meine Bitte im Quellschleime von Carlsbad 
lebend nach Berlin in zahlloser Menge, und erkannte in ihr der Form nach ganz offenbar das kieselschalige Seethierchen der französi- 
schen Küste mit noch andern Seethierchen der Ostsee. Dieses auffallende nme regte mich an, das Verhältniss der Infusorien 
zu den Quellen, welches mir längst ein höchst wichtiges geschienen, mit erneutem Eifer - zu verfolgen, und es war die Veranlassung 
weiterer Beobachtungen über grossen Einfluss der Infusorien auf das Feste der Erde, wobei Herr Een die Wissenschaft auf das 
glücklichste unterstützte. Turpın hat zwar die Grösse seines Thierchens zu '/ıo Millimeter, d.i. ungefähr '/; Linie, angegeben, und 
hat in den Mem. du Museum in allen Figuren 15, in einer nur (Fig. 1.) links aus Versehen 16 Streifen oder Rippen gezeichnet; 
allein das ist offenbar alles nur eine freie wiederholte Copie einer einzelnen Beobachtung, da es gegen das Entwickelungsgesetz der 
ganzen Abtheilung streitet, dass grosse und kleine Individuen gleiche Zahlen in den Streifen hätten, und seine Grössenangabe mag sich 
auf die grössten beobachteten, aber nicht die gezeichneten, Formen beziehen. Dass Herr Turrın auf die Details der Zeichnung we- 
nig Genauigkeit übertragen hat, ergiebt sich bei Vergleichung seiner Copieen offenbar derselben Figuren im Diet. d’ histoire nat., wo 
Fig. 2., welche offenbar Fig. 1. der Memoires ist, nicht 15, sondern 18 Streifen hat. Auch hat er überall die Streifen als äussere 
in Leisten gezeichnet, während es innere Rippen sind. Eben so ist es mit der Angabe der Vergrösserung. Aus der Grösse der 
abgebildeten Eier (aber reproducteurs, wie er sie nennt), sieht man mit Tobi dass er zum Theil eine sehr starke Ver- 
grösserung von mehr als 800 im Durchmesser angewendet hat, bei welcher ein Körper von !/; Linie Länge wenigstens 13 Zoll lang 
hätte erscheinen müssen. Er selbst nennt Me&m. p. 363. die Vergrösserung 300mal, hat aber doch noch viel zu klein gezeichnet, En 
'/; Linie 300mal giebt 60 Linien oder 5 Zoll Länge. Seine Türen der Memoires haben 1 Zoll 10 Linien, die des Diet. 2 Zoll 
4 Linien Länge. Pine s Figuren des Diet. d’hist. nat. sind richtiger, wenn man sie auf Körperchen von '/7a Linie ("is Millim.) 
Grösse und etwa 2000malige Vergrösserung im Durchmesser bezieht, nur was er für Junge hält (Fig. 6. bis 8.), sind ganz andere 
Arten (N. viridula?, Amplhisbaena? und capitata?), aber Fig. 9. mag ein Junges mit unrichtiger Streifung seyn. Exemplare von 
'/, Linie Länge würden 264 Rippen haben müssen, anstatt der 18. — Corpa’s Zeichnung ist auch nicht scharf genug aufgefasst. 
Bei der kleinen Fig. 1. zähle ich jederseits 29 Streifen, bei der stärker vergrösserten Fig. 2. 23, und bei der grössten Fig. 4. 18. 
Ferner ist bei Fig. 1. und 2. die Mittelleiste ganz übersehen. Das heimliche Aufklappen der Schaalen des Nachts, welches er gesehen 
haben will und gezeichnet hat, ist unmöglich, er mag ein todtes, offenes, durch etwas Fremdes bewegtes, Gehäuse gesehen haben, wie 
ich deren viele auch sah und auch bei N. viridis abgebildet habe. Uebrigens hat sowohl er, als Turrın, nur (todte) Formen mit . 
zusammengeballtem Eierstocke gezeichnet. Ich habe viele Tausende dieser Art gesehen. Die Form zeigt mannigfache Verschiedenheiten 
in allen Uebergängen. Ihre Massen bilden einen ockerartig-gelblichen Schleim in den Einfassungen der Mineral- Wässer zu Carlsbad. 
Der Eierstock ist gelb und am Rande gelappt; viele grünliche und grüne veränderliche Kugeln dazwischen schienen mir dem Ernäh- 
rungsorganismus anzugehören. Der Körper ist ein sehr durchsichtiger farbloser mittlerer Theil. Oeffnungen schienen an beiden Enden 
je 2 zu seyn, eine mittlere blieb unerkannt. Langsame Bewegung sah ich nur bei solchen mit ausgedehntem Eierstocke. Die spon- 
tane Theilung ist dorsal. Die Streifung zeigte folgendes Vorhäliuise: Yo Linie hat 132 Streifen, *ı 112, Yu 66, "a 56, "so 44, 
yo 33, Yas 285 "oo 225 "Inn 185 "los 145 "ıoo 13. — Länge "/ass— '/s (?) Linie beobachtet. Die Carlsbader Formen sind mei- 
stentheils "/ss— "/ao Linie gross. Breite 1'/;- bis 2"/;mal in der Länge. Die fossile Form hatte auf '/;, Linie Länge 14 Streifen, 
kann also eine andere Art seyn; ich sah nur ein Exemplar. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XV. 


Es sind 24 Darstellungen vieler Individuen und Zustände. 

Fig. 1. (Ya )5 2 ('/ag”) und 3. (t/””) sind Doppelansichten der Hauptformen in lebendem bewegten Zustande. Fig. 4. ("/o5) eine elliptische 
Form, todt. Fig. 5. ('/4s””) lebende Normalform von der Lateralfläche. Fig. 6., 7., 8., 9., 10. ('/,ss”) ähnliche andere, in verschiedener Grösse, 
alle ER Fig. 11. (?/,0”),, 12. ('/72””) lanzetförmige seltene Varietäten, ob I Art? Fig. 13., 14. ausgerandete, monstruöse? Formen. 
Fig. 15. spontane Lateraltheilung. Fig. 16. leere aufgeklappte Schaale. Alle diese sind 300mal BEE — Fig. 17. ist Fig. 3. von der Bauch- 
fläche, 1200mal vergrössert. Fig. 18. eine ähnliche, !/;, Linie grosse, Form von der Lateralfläche, 1000mal vergrössert. Fig. 19. ist Fig. 2., 
1200mal vergrössert. Fig. 17. ist Corpa’s und Turrın’s Form. 


247. Navicula? undulata, Wellenschiffchen. Tafel XXI. Fig. XV. 


N. striata, testula a latere elliptica, a ventre lineari truncata, flexuris utringue 4, in centesima lineae parte 4 strias 
gerens. 


 Navicule ondulede, rayce, a carapace elliptique du cöte lateral, lineaire et tronguece du cöle ven- 
tral, ayant de chaque cöle 4 plis et dans chaque centieme d’ une ligne 4 raies transver- 
sales. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


188 


Diese sehr eigenthümliche Art fand ich erst kürzlich am 1. Juni 1837 zwischen Osecillatorien und vielen andern Navieulis 
bei Berlin in etwa 10 Exemplaren. Sie hat mir erst die Bildung der N. Zidrile recht erkennen gelehrt. Die Schaalen haben bei 
beiden gerade Ränder, aber die Flächen sind tief gefaltet, daher von der schmalen Seite auch im geglühten Zustande Wellenlinien 
sichtbar sind. Hier sind 4 abwechselnde, bei Zidrile 6 entgegengesetzte Wellen, deren 2 mittlere flacher sind. Sie bewegt sich lang- 
sam. Der braungelbe Eierstock ist ganz in rundliche Lappen zertheilt. Rippen sehr fein: !/;s” hat 6, 'ha” 18, se” 12, "Is" 9, 
6” #5 "/ı00” 4 — Grösste beobachtete Länge '/ıs Linie, Breite 1'/smal in der Länge. Oeffnungen sind undeutlich auf der schma- 
len Seite etwa im Focus der Ellipse, vor dem Ende, jederseits 2. Ebenso scheint es bei N. Läörsle. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XVL. 
Fig. 1. von der Lateralfläche; Fig. 2. von der Bauchfläche; Fig. 3. halb gewendet. 


248. Navicula? constricta, geschnürtes Schiffchen. Tafel XXI. Fig. XVII. 


N. striata, testula oblonga, bacillaris, parum latior quam alta, a ventre media leviter constricta, apieibus rotundato- 
truncatis, striis in centesima lineae parte 3—4. 


Navicule etranglee, rayce, a ee oblongue, bacillaire, a peine plus large que haute, legere- 
ment etranglee au milieu du cöte ventral, obtusement tronquee aux bouts, ayant dans chaque 
centieme de ligne 3—4 raies. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Sie lebt mit N. splendida, und nicht viel seltener, im Thiergarten, einzeln, und ich hielt sie 1836 für eine jüngere Ent- 
wickelungsform oder Abart dieser, allein ich sah sie neuerlich wieder am 30. Mai und 1. Juni zahlreich und halte sie nun für eigene 
Art, da ich besonders die Streifung constant finde. Rippen sind bei */ıs Linie Länge jederseits 22, bei !ha 16, "so 11, "ıs 6—8, 
"fr 5, "oo #5 "lıoo 3—4. Beobachtete Grösse nur '/ıs Linie. Grösste Breite etwa 4mal in der Länge. 

Diese letzten 6 Arten (N. Lidrile, splendida, bifrons, striatula, undulata und constricta sammt der N. sigmoidea) 
haben keine mittleren Oeffnungen erkennen lassen, und auch die Endöffnungen sind undeutlich. Ich sah bei todten geglühten Panzern 
der N. Liödrile Lufthblasen unter Wasser aus 2 Oeffnungen im Viertheil der Länge jederseits auf der schmalen Seite austreten. Fer- 
ner ist bei all diesen Formen die schmale Seite der Bauchfläche, die breite der Rückenfläche der übrigen vergleichbar, und sie haben 
keine dorsale, sondern laterale Längstheilung. Man muss daher wohl diese Formen mit Hülfe dieser vielen wichtigen Charactere als 
Genus Swrirella absondern und die übrigen gestreiften NMaviculas von ihnen noch trennen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XVI. 
Fig. 1. von der Bauchfläche; Fig. 2. von der Lateralfläche; Fig. 3. halb gewendet. 


249. Navicula? Amphora, Tonnen-Schiffchen. Tafel XIV. Fig. IM. 


N. striata, testula ovata, inaequalis, altero latere turgida, altero complanata apice truncata, striis in quavis centesima 
parte 9 transversis subhtilissimis. 


Navicule Amphore, rayce, a carapace ovale, inegale, gonflee d’un cöte, aplanie de lautre cöte, 
ayant dans chaque centieme d’une ligne de sa longueur 9 raies transversales tres- fines. 


Bacillaria phoenicenteron var., Fig. 20. Nırzsch? Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. 
Navicula Amphora, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 80. 1833. p. 266. 


PIE U UNE, \ Kürzıne, Linnea, 1833. p. 539, 541. Tab. XII. Fig. 5, 6. 
—_ copulata? 


Aufenthalt: Bei Berlin!, vielleicht auch bei Halle und Weissenfels beobachtet. e: 


Man verwechselt diese Art leicht mit Cocconema Cistula, wenn es stiellos ist. Letzteres ist deutlich queer gerieft, diese 
aber so fein gestreift, dass ich sie lange für ganz glatt gehalten. Sie hat meist 2 helle augenähnliche Punkte (Drüsen?) in einem 
hellen mittleren Längsstreifen. Der gelbbraune 2plättige Eierstock und farblose polygastrische Bläschen waren deutlich. Der Panzer 
hat einige Längsstreifen. In der Mitte leerer Panzer sieht man 2 Oeffnungen nebeneinander. Ich verglich es sonst mit N. inaequahs. 
Streifen zählte ich bei '/ı, Linie Länge 96, dann wären bei '/ı» 80, "ıs 52, "ho 48, "ha 40, "ss 26, "his 205 "oo 16, 2 13, 
5 18, oh — Länge "/so bis "/ıo Linie beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. IH. 


Die sämmtlichen 14 Abbildungen sind 300mal vergrössert. 


Fig. 1. und 2. sind die häufigeren lebenden Normalformen; Fig. 3. und 4. liegen auf der Seite; Fig. 5., 6., 7. sind ebenfalls lebende Formen; 
Fig. 8. und 12. sind todt; Fig. 9—11. sind Junge. 


250. Navicula? lineolata, linirtes Schiffehen. Tafel XIV. Fig. IV. 


N. testula ovata, longitudinaliter subtilissime lineata, inaequali, a ventre complanata, a dorso convexa, utroque fine 
truncata. 


Navicule lineolee, a carapace ovale, lineolee longitudinalement en lignes tr&s- Jines, inegale, com- 
. [4 A 2 z 
primee du cöte du ventre, comvexe au dos „ tronquee aux deux bouts. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Seit dem 11. Juli 1834 habe ich diese Form öfter bei Berlin, aber nur todt, beobachtet. Es mögen sogar von mir 2 Ar- 
ten usammengelasst seyn, deren eine glatt mit spaltartiger queerer mittler Oeffnung, die andere bei runder Oeflnung längsgestreift ist. 
Die Feinheit der Streifung liess mir auch bei der rundmündigen sie schwer erkennen, vielleicht fehlt sie also auch der andern nicht, 
aber die Oefinungen unterscheiden sie doch wohl. Man könnte die letztere N. rimosa nennen. Ich zählte hei der gestreiften 13 Streifen 


BE 


zwischen den mittleren Oeffnungen. @ueerstreifen sah ich bei keiner, hielt sie aber auch lieber für zu fein, als für fehlend, da die 
andere Form sie ebenfalls schwierig erkennen liess. Diese 2 oder 3 Arten mögen wohl wieder einer besondern Gattung anheimfallen, 
indem die 4 Endöffnungen der Navieulae unerkannt blieben, vielleicht fehlen, und die 2 mittleren auf derselben Seite sind. Man 
könnte sie Amphora ocellata, lineolata und rimosa nennen. Sie lassen sich mit freien, stiellosen Coeconematen vergleichen. 
Diese sehr schwierigen und zeitraubenden, aber interessanten, Untersuchungen müssen später fortgesetzt werden. — Grösse !/aa bis "/ı2 
Linie. 

Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. IV. 


Fig. 1. ist ein leerer Panzer der N. lineolata von der Bauchseite; Fig. 2. N. römosa ebenso mit zusammengeballtem Eierstocke, 


Nachtrag zur Gattung Navicula. 


Ausser den 38 bis 39 hier verzeichneten Arten sind noch 31 andere Specialnamen direct gegeben worden, welche Synonyme 
der genannten sind, oder andern Gattungen angehören. Nach eritischer Untersuchung erhalten die letzteren folgende Synonymie: 1) NVa- 
vicula acuta Bory (1822. Diet. class.) — Spongillen-Naden; 2) N. diconifera Morken ist unklar und unstatthaft, da keine 
Navicula conisch seyn kann (Annales des sc. nat. 1835. p. 174. seg.) =?; 3) N. biceps Bory (1824. Eneyeloped. method.) 
—= N. viridis?; 4) N. bipunctata Bory (1824) = N. gracilis; 5) N. bütruncata Turvın (Diet. des sc. nat. 1828.) = N, 
Amplisbaena?, capitata?; 6) N. ciliata Corva (Almanac de Carlsbad 1835.) = Cocconema Cistula?, Frustulia coffeae- 
Jormis Acaron? mit Hygrocrocis besetzt; 7) N. costata Corva (1835) — idem; 8) N. conjugata Turrın (1828. Mem. 
AVI) = N. fulva? Seitenansicht; 9) N. flexuosa N. (1830) = N. Sigma; 10) N. festinans? Bory (1824. p. 565.) =?; 
11) N. füsiformis H. u. E. (1830) = N. Sigma; 12) N. Fusus Borv (1824) =?; 13) N. Gaillonü Borr (1824) = Syn- 
edra Gallioniü; 14) N. geminata Turrın (Mem. du Mus. 1823.) — Cocconema Cistula?; 15) N. grammitis Borv (1824) 
—= N. gracilis?, Synedra Ulna?; 16) N. granulata N. (1836. Bericht d. Berl. Akad.) = Eunotia gran.; 17) N. interrupta 
H. u. E. (1830) — Fragilaria rhabdosoma; 18) N. lineata Bory (1824) = N. graeilis Ventralansicht?; 19) N. zwoikana 
Bory (1824) = N. fülva?; 20) N. obligua Turrın (Diet. 1828.) = Cocconema Cistula?; 21) N. obtusa Borr (1824) — 
N. fulva; 22) N. ostrearia Borv (1824) = N. gracilis?; 23) N. pieta N. (1833) = Eunotia turgida; 24) N. transversa 
Borr (1824) = N. gracilis; 25) N. tripunetata Borxr (1822) = N. gracilis; 26) N. turgida N. (1830) — Eunotia tur- 
gida; 21) N. uneinata N. (1830) = N. gibba; 28) N. unipunctata Borx (1824) —= N. fulva; 29) N. veloo N. (1830) 
— N. Acus?, Euglena Acus?!; 30) N. ventricosa N. (1830) = N. Amphisbaena; 31) N. Westermanni N. (1833) — Eu- 
notia Westerm.; 32) N. Zebra N. (1833) — Eunotia Zebra. Die Synonyme aus den Gattungen Yibrio, Bacillaria, Frustu- 
lia u. s. w. sind bei diesen Gattungen zu vergleichen, Cymbella bei Frustulia. 

Die Zahl der Arten der Gattung Navieula ist wahrscheinlich noch bei weitem nicht erschöpft. Das Studium dieser liebli- 
chen Formen ist äusserst wichtig, da sie tief in die Bildung des Erdfesten eingreifen, allein es ist auch äusserst schwierig und sehr 
anstrengend, wenn es wissenschaftlich betrieben wird. Nur höchste Genauigkeit und scharfe Unterscheidung werden wichtige Nachträge 
liefern. Ich that, was ich konnte, vielleicht mehr, als ich durfte für diesen einzelnen Gegenstand, ich hielt ihn aber, der geologischen 
Beziehung dieser Formen halber, schon seit längerer Zeit für so wichtig, dass ich die viele ihm geopferte Zeit doch nützlich verwen- 
det und der künftigen Forschung vieles vorbereitet zu haben meine. Ueber die nun beobachtete Stoffaufnahme s. d. Nachtrag z. Familie. 

Die fossile Mavieula suecica des Bergmehls von Degernfors (Bericht d. Berl. Akad. 1837. p. 45.) ist eine wahre gestreilte 
Navicula, die in den verzeichneten nicht begriffen ist, die 40ste Art der Gattung. Sie ist auf Tafel XXI. Fig. XVII. nachträg- 
lich abgebildet. 


a 


NEUNUNDFUNFZIGSTE GATTUNG: PRACHTSCHIFFCHEN. 
Eunotia. Eunotie. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, solitarium aut geminatum, lorica simplici, bivalvi 
aut multivalvi (silicea), prismatica, a ventre plana, a dorso convexa, saepe dentata, divi- 
sione spontanea nunquam cateniforme, aperturis loricae singulae in utroque apice unius la- 

teris binis. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, isole ou binaire, ayant une cara- 
pace simple, bivalve ou multivalve (siliceuse), prismatique, pourvue de 4 ouvertures 
sur le möme cöte, deux ü chaque hout; plat au ventre, convexe et souvent dentele 
au dos, jamais reuni en forme de chaine par division spontane parfaite. 


Die Prachtschiffehen unterscheiden sich als Stabthierchen durch freie Selbstständigkeit der ein- 
zelnen oder doppelten Körper, durch einfachen, zweischaaligen oder mehrschaaligen prismatischen (Kiesel-) 
Panzer, welcher, ohne je mehr als 2- oder Agliederige Ketten zu bilden, 4 Oeffnungen, je zwei an den 
Enden einer und derselben Seite, besitzt, auf der Bauchseite platt und auf der Rückenseite convex und oft 
hübsch gezahnt (eivwros) ist. / 


48 


190 


Die Gattung Zunotia wurde 1837 in dem Berichte der Berlin. Akad. d. Wissensch. p. 45. zuerst 
erwähnt. Sie gab den ersten Fall einer fossilen neuen Gattung und auffallenden Form von Infusorien im 
essbaren Bergmehl von Degernfors, allein es fanden sich doch, als zu gleicher Bildung gehörig, auch einige 
lebende schon beschriebene Arten von NVavieula. Neuerlich haben die Gattungen Actinocyclus und Di- 
ctyocha aus Oran sich als rein fossile Gattungen gezeigt. Die Gattung Zunotia wurde sogleich mit 2 le- 
benden und 7 fossilen Arten gegründet. Jetzt sind 3 lebende und 10 fossile, also 13 Arten vorhanden. 
An Form und Organisation sind die lebenden Formen den NVaviculis sehr ähnlich. Sie haben aber keine 
mittleren Panzeröffnungen. Mit den Surirellen, wie ich sie hier bezeichnet habe, sind sie zunächst ver- 
wandt, sind aber unsymmetrisch gestaltet und haben ihre 4 Oeffnungen alle auf der flachen Bauchseite. 
Durch ihre flache Bauch- und dieser entgegenstehende convexe Rückenseite sind sie zu einer ganz eigen- 
thümlichen Lebensweise geschickt, indem sie, wie Schildläuse (Coceus), an Algen umherkriechen und de- 
ren Parasiten bilden. Die ersten lebenden Formen wurden von mir 1829 in Sibirien entdeckt, andere bei 
Berlin, eine 1833 in Copenhagen, und als Mavieula turgida, te und Westermanni beschrieben. 
Kürzıne beschrieb 2% dieser dann als Frustulien. 

Die geographische Verbreitung der lebenden ist vom mittleren Europa durch das östliche bis zum 
sibirischen Asien beobachtet. Fossile fanden sich im Bergmehl zu Santafiora in Italien, zu Franzensbad in 
Böhmen, zu Degernä in Schweden und zu Kymmene Gärd in Finnland. 


251. Eunotia turgida, schwellendes Prachtschiffchen. Tafel XIV. Fig. V. 


E. striata, testula semi-lanceolata, elongata, utrinque truncata, striis in quavis centesima lineae parte 8, sulco late- 
rum longitudinali medio. 


Eunotie gonflee, rayce, & carapace semi-lanceolee, allongee, tronqguce aux deux bouts, ayant dans 
chayue centieme d’une ligne 8 raies et un sillon longitudinal au milieu des cötes rayes. 
Echinella obtusa, JürsEns? Dec. Alg. sicc. XVII. exclus. synon. nach AGarpn. 
Nawvicula turgida, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 64, 68, 69, 70. 1831. p. 80. 1833. (1832.) p..261, 266. 
Frustulia Jürgensü, AcarpHn? Consp. crit. Diatom. 1831. p. 44. 
Frustulia pieta, Kürzıns, Linnea, 1833. p. 544. Taf. XIII. Fig. 18. 


Nawvicula turgida, Tafel XIV. Fig. V. dieses Werkes. 1835. 
Eunotia turgida, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 45. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, Copenhagen!, Halle, Jever und bei Orenburg am Ural! und im Samara-Flusse beobachtet. 


Entdeckt wurde diese Form auf der Reise mit Herrn Arrx. v. Humsoıor 1829 am Ural und bei Saratof, wo sie in Ue- 
bergängen zu N. gibba vorzukommen schien, was mir jetzt nicht mehr wahrscheinlich ist. Die Orenburger Form ist von den russi- 
schen die am sichersten hierher gehörige. Sie lebt auf Vaucherien und andern Conferven, an denen sie der Länge nach anliegt. Da- 
her ist wohl Acarnm’s Form dieselbe, und dass Kürzıne auch diese gemeint habe, ersehe ich aus den mir gesandten trocknen Ex- 
emplaren. Weil ich keine Mittelöffnung fand und über deren Mangel unsicher blieb, stellte ich sie an’s Ende der Naviculae auf Ta- 
fel XIV. dieses Werkes. Seit Entdeckung der Eunotien im schwedischen Bergmehl 1837 finde ich den Mangel der mittleren Oeff- 
nung characteristisch. Vier Platten eines bei Jungen gelben, bei Alten grünen, Eipestocks und veränderliche , oft sehr grosse, polyga- 
strische Blasen sind in die Augen fallende bunte Organisationstheile. Ser ist späterer Forschung offen. Die Panzerrippen ha- 
ben folgendes Verhältniss der Zahl zur Länge ergeben: '/;, Linie hat 42, 'ı 35, "so 23, "so 215 "as 17, "so 145 "2 11, "os 
8, '/ioo 8. An Conferven im botanischen Garten zu Copenhagen fand ich sie 1833, und nach den von dort nach Berlin lebend trans- 
portirten Exemplaren sind die Zeichnungen gemacht. , Ich fand sie dann bei Berlin häufig wieder. — Länge '/o6 bis *;o Linie beob- 
achtet. Grösste Breite der Einzelthiere 3- bis 6mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. V. (Navicula turgida.) 


Fig. 1. ist ein Stück der Conferva rivularis, besetzt mit Eunotien, die meisten sind Z. turgida, bei + und ++ ist &. Westermanni. Uebri- 
gens ist die Conferve noch mit gr ochenst- Fasern besetzt. Fig. 2. ist ein in der dorsalen Längstheilung begriffenes Schiffchen, dessen ein 
Theil eine grüne Farbe des Eierstocks angenommen hat, wie sie bei grösseren Individuen vorkommt, während der andere noch gelb ist. Fig. 3. ist 
ein todtes von der Seitenfläche, etwas gewendet. Fig. 4. ist eine sehr junge Schaale. Fig. 5. ist eine leere Schaale. eines '/,, Linie grossen Thier- 
chens mit 65 Rippen, « von der Seiten-, # von der Bauchfläche. Bei xx sind Oeffnungen, aber bei X die Mitte geschlossen. Fig. 6. ist eine 
Rückenansicht eines Doppelthieres von !/,, Linie Grösse, 800mal vergrössert. Fig. 7. ist ein Verticaldurchschnitt des Panzers. Fig. 8. ist ein der 
Fig. 6. ähnliches, '/,s Linie grosses, Thierchen, 1200mal vergrössert. : 


252. Eunotia Westermanni, Westermann’s Prachtschiffchen. Tafel XIV. Fig. VI. 
E. striata, testula semilanceolato- ovata, utrinque truncata, striis in quavis centesima lineae parte 10, sulco laterali. 
Eunotie de Westermann, rayee, a carapace semilanceolee-ovale, tronquee aux deux bouts, ayant 

10 raies transversales dans chague centieme d’une ligne avec um sillon longitudinal. 


Navicula Westermanni, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 261, 266. 
Frustulia adnata, Kürzıng, Alg. sicc. Dec. V. und Linnea 1833. p. 544. Tab. XIII. Fig. 15. 
Aufenthalt: Bei Copenhagen!, bei Berlin!, in Thüringen und an Conferven des russischen Samaraflusses nahe der Wolga beobachtet. 
Vielleicht fossil in Santafiora. 


Ich betrachtete diese Form früher als Jugendzustand der N. zurgida, allein ich erkannte dann gleichgrosse Junge der letz- 
teren in ihrer ganz andern Form. In Copenhagen fand ich sie im botanischen Garten an Conferva rivularis in grosser Menge und 
nannte sie nach dem dort für Entomologie sehr thätigen WESTERMAnN, dessen reiche Sammlung den Naturforschern zuvorkommend 


191 : 


geöffnet ist. Bei Berlin ist sie häufig auf Vaucherien, Conferva glomerata und rivularis, wenn sie alt werden, meist mit voriger 
zusammen, zuweilen ganz bedeckend. Sie ist der vorigen sehr ähnlich im innern Bau. Gelbe Eierplatten und grünliche grosse (Ma- 
gen-) Blasen sind sehr deutlich und machen sie sehr bunt. Ich sah zuweilen 4, aber nie mehr, zusammenhängend durch dorsale Längs- 
theilune. Vorn und hinten schienen 2 Oeflnungen zu seyn. Was ich 1833 Rücken- und Bauchseite nannte, das nenne ich jetzt La- 
teralflächen und umgekehrt. “Eine nackhrgce Untersuchung der 1829 gesammelten russischen Conferven ergab diese Form neben #. 


Zurgida auch. Streifung 1,024, Yas 20, Yso 16, Yo 12, "oc 10, Yıoo 10. — Länge Yes bis Yo Linie. Breite 3- bis 4mal in 
der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. VI. (Navicula Westermanni.) 


Fig. 1. ist ein Stück von Conferva rivularis mit Eunotien, bei. x und xx ist auch Z. turgida. Fig. 2. ist vom Rücken gesehen in Selbst- 
theilung. Fig. 3. von der Seite. Fi ig. 4. Rückenansicht. Fig. 5: „, ‚iertheilung und Rückenansicht. 


253. Eunotia Zebra, Zebra-Prachtschiffchen. Tafel XIV. %, VII. Tafel XXI. Fig. XIX. 


E. striata, testula semi-lanceolata oblonga, ‚utri due truncata, stris in centesima lineae parte 5. 


Eunotie Zebre, rayce, a carapace semi-lanceolce oblongue, tronguce aux deux bouts, ayant dans 
chague centieme d’une ligne 5 raies transversales. 


Navieula Zebra, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p. 262. 
— — Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 53. 


Aufenthalt: Lebend bei Berlin mit vorigen. Fossil im Bergmehl von Santafiora. 


Diese Art unterscheidet sich durch die weiteren Zwischenräume der Streifen, so dass Panzer von "/ıs Linie Grösse nur 11 


Streifen haben, während gleichgrosse der vorigen Art deren 20 zeigen. Lebende sind schwer zu unterscheiden, aber getrocknete und. 


leere Panzer sind es leicht, weil dann die Streifen leichter zählbar sind. Streifung 4 22, Yo 16, ao 14, Yo 1a ls 10—11, 
Yo 10, oo 85 Ya 75 "oo 3> Yıoo 5. — Länge !ısa bis "ss und 1/0 Linie beobachtet. Breite 3— 4"/;mal in der Länge. 
Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. VI. Taf. XXI. Fig. XIX. (Mavicula Zebra.) 


Fig. 1. ist !/,, Linie gross mit 15— 16 Streifen, von der Seite, 300mal vergrössert. Fig. 2. ein anderes von der Bauchfläche, 200mal vergrössert, 
mit 17 Streifen. Fig. 3. ist 4/,, Linie gross mit 11 Streifen, 300mal vergrössert. Fig. 4. war fast '/;, Linie gross und hat 16 Streifen, 200mal 
vergrössert. Die leeren Panzer findet man oft zwischen Micrasterien und Oscillatorien am Boden. Bei einigen fossilen Formen im Bergmehl von 
Santafıora zählte ich bei !/,, Linie Länge 18 Streifen, das war wohl Z. Westermanni. 


254. Eunotia granulata, gekörntes Prachtschiffchen. Tafel XXI. Fig. XX. 


E. striata, testula semi-lanceolata elongata, utrinqgue truncata, striis in quavis centesima lineae parte 5 validioribus, 
superficie granulata. 


Eunotie grenue, rayce, a carapace semi-lanceolee, allongee, tronguee aux deux bouts, ayant dans 
chaque centieme d’une ligne 5 raies plus distinctes et toute la surface grenue. 


Navicula granulata, Bericht der Berl. Akad. d. Wissensch. 1836. p. 53. Possenporrr's Annalen d. Physik u. Chemie, 1836. 
p- 220, 221. Taf. II. Fig. 2. 


Aufenthalt: Im Torfmoor zu Franzensbad, vielleicht lebend; fossil im Kieselguhr daselbst und im Bergmehl von Santafıora. 
Die Streifung hat folgendes Gesetz: %ss Linie hat 11—12 Streifen, mithin Yı> 44, Yo 24, Yas 22, Yo 17, so 14, Yo 
12, oo 85 Yr2 75 Yos 35 Yıoo 5. — Länge Y,, bis Yı» Linie. Breite 5—7mal in der Länge. 
Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XX. 


Fig. 1. ist eine grössere, Fig. 2. eine kleinere Form, 300mal vergrössert. «. Seitenansicht, #. Bauchansicht. 


255. Eunoltia? Faba, bohnenartiges Prachtschiffchen. Tafel XXI. Fig. XX1. 


E. striata, testula semi-ovata, fabacea, striis 9 in centesima lineae parte. 


Eunotie Feve, rayee, a carapace semi-ovale en forme de feve, ayant 9 raies dans chaque centieme 
d’une ligne de sa longueur. 


Ewnotia Faba, Bericht der Berlin. Akad. d. Wiss. 1837. p. 45. 


Aufenthalt: Fossil im essbaren Bergmehl bei Degernfors in Schweden und bei Kymmene Gärd in Finnland. 


Diese Form könnte man auch berechtigt scheinen zu Cocconema zu stellen, allein ihre Gesellschaft und der Mangel der mitt- 
leren Oeffnung sprechen dagegen. Kossile Cocconemata sind stiellos. Die sehr zarte Streifung der fossilen ist sehr schwer zu sehen. 
— Länge "/s—"/ıs Linie. Breite 3- bis 7mal in der Länge. Auf */; Linie gehen 10 Streifen, Yıs 20, Y2 15. 

Erklärung der Abbildungen Tafel XXI. Fig. XXL 


Es ist ein kleineres und ein grösseres Exemplar in beiden Ansichten 300mal vergrössert dargestellt. 


256. Eunolia Arcus, bogenartiges Prachtschiffchen. Tafel XXI. Fig. XXL. 


E. striata, testula elongata semi-lanceolata, latiore quam alta, a latere prope finem utringue constrieta, arciformis, 
strüs in centesima lineae parte 11. 


Eunotie Arc, rayee, a carapace allongee semi-lanceolee, plus large que haule, etranglee au cöte 
lateral proche aux deux bouts (ou a deux boutons terminauzx), en forme d’arc, ayant 11 raies 
dans chague centieme d’une ligne de sa longueur. 


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Eunotia Arcus, Bericht d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 45. 
Aufenthalt: Fossil im Bergmehl bei Degernfors in Schweden und bei Kymmöne Gärd. 


Sehr verwandt dieser Art ist Navieula turgida, welche aber höher und stärker gestreift ist. Die sehr zarte Streifung kann 


hier leicht übersehen werden, indem sich auch das geübte Auge oft erst an das Sehen gewöhnen muss. — Länge 1/40 bis Yo, Linie. 
Breite 3—6mal in der Länge. Streifung: Us Linie hat 12 Streifen, mithin %, Linie 48, Yz, 32, Yıo 285 "is 245 "lo 19, 
!; 16, "ıoo 11. z 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XXH. 


Fig. 1. eine grössere, Fig. 2. eine kleinere Form, «&. Seitenansicht, $. Bauchfläche, 300mal vergrössert. 


25%. Eunotia Diodon, zweizackiges Prachtschiffehen. Tafel XX1. Fig. XXM. 


E. striata, testula elongata, ventre plana, medio dorso emarginata obtuse bidentata. 
’ (o) 2 2 le) 


Euno tie Dio d on, rayce a carapace allongce late au ventre echancrce et obtusement bidentee an 
b] ’ ’ 3 
milieu du dos. 


Eunotia Dioden, Bericht d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 45. 


Aufenthalt: Fossil im Bergmehl von Degernfors in Schweden und von Kymmene Gärd in Finnland. 
Die Streifung zeigte folgendes Verhältniss: Yss Linie Länge hat 40—48 Streifen, 'z 30—32, "os 20—24, Yo 19. 
— Länge von !, zu */as Linie beobachtet. Breite 4—-5mal in. der Länge. 
Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XXI. 
Fig. 1. Seitenansicht; Fig. 2. Bauchfläche, 300mal vergrössert. 


258. BEunotia Triodon, dreizackiges Prachtschiffchen, Tafel XXI. Fig. XXIV. 


E. striata, testula brevi aut elongata, semilunari, ventre plano aut concavo, dorsi convexi dentibus 3 obtusis. 


Eunotie Triodon, rayee, ü carapace courte ou allongee, semi-lunaire, a ventre plat ou.concave et 
a 3 dents obtuses au dos comvexe. 


Eunotia Triodon, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837. Febr. p. 45. 
Aufenthalt: Fossil im Bergmehl von Degernä in Schweden und von Kymmöne Gärd in Finnland. 


Diese durch Rerzıus entdeckte, von mir bestätigte, Form ist die häufigste Art der Gattung im schwedischen Bergmehle, auch 
zahlreich im finnischen. Sie ist bei gleichen Zahlen der Ausschnitte bald schmäler und länger, bald breiter und kürzer. Ich sah auch 
- Längstheilung von der Dorsalseite, aber keine längeren Ketten. Die 4 Oeffnungen waren deutlich. Streifung und Länge verhielten 
sich, wie folgt: "ss Länie hatte 48, 1, 32, os 24, Yıoo 23 Streifen. — Länge '/o— "ss Linie. Breite 2'/;- bis 5mal in der 


Länge. 
1 Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XXIV. 
Fig. 1. ist eine breitere Form in 2 Ansichten, «. Lateralfläche, 8. Bauchfläche. Fig. 2. eine schmälere Form von der Seite, 300mal vergrössert. 

259. Eunotia Tetraodon, vierzackiges Prachtschiffchen. Tafel XXI. Fig. XXV. 
E. striata, testula semi-lunari brevi, ventre plano aut concavo, dorsi convexi dentibus obtusis quatuor. 
Eunotie Tetraodon, rayee, a carapace semi-lunaire courle, aplanie ou concave au ventre, ayant 
| 4.dents arrondies au dos convexe. 
Ewnotia Tetraodon, Mittheilungen der Berl. naturforsch. Freunde. (Berl. Staatszeitung April 1837.) 

Aufenthalt: Fossil im Bergmehl von Kymmöne Gärd in Kinnland. 
Ich habe diese Form nicht im Bergmehl von Degernfors gefunden, doch mag sie da auch vorkommen. Streifung: "ıs Linie 
| 48, 2 32, Yoo 24, Yıoo 23. — Länge !/oo—Yıs Linie. Breite 2'/;mal in der Länge. 
Erklärung der Abbildung Taf. XXI. Fig. XXV. 
| Ein Exemplar in 2 Ansichten, 300mal vergrössert. 
' | | 260. FEunotia Pentodon, fünfzackiges Prachtschiffchen. Tafel XX1l. Fig. XXVL. 

 _E. striata, testula semi-lunari brevi, dorsi convexi dentibus 5. 
Eunotie Pentodon, rayee, a carapace semi-lunaire courte, ayant 5 dents au dos convexe. 

| Eunotia Pentodon, Bericht der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 25. 

Aufenthalt: Fossil im Bergmehl von Degernfors (Degernä) am botnischen Meerbusen. 
1 i Die Streifungen dieser Form sind, wie bei allen Arten, sehr zart, und "/o; Linie Länge hat deren 24, also %,, 48, U 38, 

no Zu... m. — Länge Yoo— "Js Linie. Breite 3—5mal in der Länge. 
| 
Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XXVI. 
4 


Fig. 1. Seitenansicht; Fig. 2, Bauchansicht, 300mal vergrössert. 


193 


261. Eunotia Diadema, diademartiges Prachtschiffchen. Tafel XXI Fig. XXVL. 
E. striata, testula semi-lunari brevi, dorsi convexi dentibus 6, obtusis. 
Eunotie Diademe, rayce, a carapace courie semi-lumaire, ayant 6 dents obtuses au dos convexe. 
Eunotia Diadema, Bericht d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 4. 
Aufenthalt: Fossil im Bergmehl von Degernfors und von Kymmene Gärd am botnischen und finnischen Meerbusen. 


Prof. Rerzıus entdeckte diese Form in schwedischem Bergmehle; ich fand sie ebenda und in finnländischem. Sie ist sehr 
ausgezeichnet und nicht allzuhäufig. Die Streifung hat folgendes Verhältniss: in */os Linie sind 20 Streifen, in !. 80, Yzo 64, Yss 
52, Yıs 40, oo 32, Yr2 25, "oo 20, *Yıoo 19. — Länge Yoo—!/ı Linie. Breite 2!),- bis 4mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXL Fig. XXVIO. 
Fig. 1. %/o6 Linie gross, «. Seitenansicht, #. Bauchansicht; Fig. 2. !/,, Linie gross, 300mal vergrössert. 


362. KEunotia Serra, sägenartiges Prachtschiffchen. Tafel XXI. Fig. XXVIH. 
E. striata, testula lineari elongata leviter curvata, serrata, dorsi leviter convexi dentibus 12—13, obtusis. 
Eunotie Scie, rayce, a carapace lineaire allongee, legerement courbee, ayant 12 a 13 dents arron- 
dies au dos convexe et par cela la forme d’une scie. 
Eunotia Serra, Bericht d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837, p. 45. 


Aufenthalt: Im Bergmehl von Degernfors an den Lappmarken von Schweden. 

Diese ausgezeichnete Art der Gattung ist mit der vorigen die grösste derselben. Ich habe sie nur in schwedischem Bergmehl 
beobachtet, wo sie sehr selten ist. Ich zählte 12, und einmal 13 Zähne, indem die Enden (aller Arten) zuweilen einfach abgerundet, 
zuweilen selbst wieder ausgeschweift sind, und diese Einschnitte leicht auch für Zähne gelten. Ich halte 12 für richtiger. Die Strei- 


fung ist viel feiner als bei Z. Diadema: *),, hat 80, Yso 64, !so 52, Yıs 40, oo 32, Yr2 26, "oo 20, oo 19 Streifen. Ich 
zählte in os Linie 20 Streifen. — Länge Y/ss—"ı Linie. Breite 8— 9mal in der Länge. 


Erklärung der, Abbildungen Taf. XXI. Fig. XXVIH. 


Fig. 1. und 2. Seitenansichten; a. Bauchfläche der letzteren, 300mal vergrössert. 


'SECHSZIGSTE 6ATTUNG6: SCHILDSCHIFFCHEN. 
Cocconeis. Cocconeide. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, solitarium, lorica simpliei bivalvi (silicea), pris- 
matica aut hemisphaerica, divisione spontanea nunquam cateniforme (nec geminatum), aper- 
tura loricae singulae media utrinque singula (?). 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, solitaire, ayant une carapace simple 
bivalve (siliceuse), prismatique ou hemispherique, pourvue d’une seule owerture au 
milieu des deux cöles de chaque carapace(?), jamais ni reunis en forme de chaine, 
ni double par la division spontanee. 


Die Gattung der Schildschiffehen umfasst alle freien einzelnen Stabthierchen, welche einen ein- 
fachen, zweischaaligen, prismatischen oder Kugelsegment -artigen (Kiesel-) Panzer besitzen, der, ohne Glie- 
derketten zu bilden, vielleicht ohne alle Selbsttheilung, sich durch jederseits eine einzelne (?) mittlere Oeft- 
nung auszeichnet. 

Die erste Erwähnung dieser Gattung geschah in den Abhandl. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1835. p- 173. 
Sie gründete sich damals auf 2, 1834 bei Wismar im Ostseewasser entdeckte, Arten. Im Jahre 1836 
fand sich eine derselben fossil im Bergmehl von Santafiora. Seitdem sind noch 2 fossile neue Arten im 
Polirschiefer von Cassel und im Kieselguhr von Franzensbad vorgekommen, und eine 5te und 6te Art sind 
parasitisch auf Conferven und Navieulis lebend beobachtet worden. — Die Form des Panzers gleicht einem 
wenig erhabenen Schildchen, an Form den Schildläusen (Coccus) sehr ähnlich, deren Lebensart sie nur als 
Wasserthiere, auch sehr nachahmen. Alle bekannte Arten haben Queer- oder Längsstreifen, deren erstere 
innere Rippen zu seyn scheinen. Der Panzer ist kieselhaltig und besteht aus 2 kahnartigen, in einer Mit- 
telfurche zusammenhängenden, seitlichen Platten, deren untere (Bauch-) Seite flach, deren obere (Rücken) 
etwas gewölbt ist. Bei einigen hat jede Platte einen scharfen Rand, wie eine planconvexe Linse, zuweilen 
ist der Rand schroff und die Form flach wie eine Scheibe. Halbe Cocconeiden gleichen einem Cocconema 
oder einer Zunotia. Auf der flachen Unterseite scheint ein kriechender Fuss aus der Mittelöffnung, die 
zugleich Mundöffnung seyn würde, zu treten, der nicht beobachtet ist. Die obere Rückenöffnung mag Ge- 

49 


a2: er a 2 on, [2 N ne 


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schlechtsöffnung seyn. Die übrige Organisation der lebenden Arten gleicht ganz den Maviculis. Der Eier- 
stock ist grün oder gelb und erscheint oft in 2 Platten. Auch wahrscheinliche polygastrische Bläschen sind 
beobachtet. Ortsveränderung ist nie zu bemerken, aber nach einiger Zeit sichtlich eingetreten. 

_ Die geographische Verbreitung der lebenden Arten der Gattung ist von Franzensbad in Böhmen, bei 
Berlin, bis zur Ostsee bei Wismar beobachtet. Fossil ist eine lebende Art der Ostsee in Italien erkannt, 


und 2 neue fossile Arten sind bei Franzensbad und Cassel vorgekommen. 


263. Cocconeis Scutellum, Längen-Schildchen. Tafel XIV. Fig. VID. 


C. testula elliptica, dorso leviter convexa, extus granulosa, intus transverse striata. 


Cocconeide Bouclier, a carapace elliptique, legerement convexe au dos, exierieurement granuleuse, 
rayce transversalement a lÜinterieur. 
Cocconeis Scutellum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1835. p- 173. 
Aufenthalt: Lebend bei Wismar in Mecklenburg und in den Schären bei Gothenburg. Fossil im Polirschiefer des Habichtswaldes bei Cassel. 


In dichter Menge überzieht diese Form die Glieder des Ceramium diaphanum der Ostsee bei Wismar und auch der Nord- 
see im Cattegat bei Gothenburg. Es ist meist in sehr verschiedenen Grössen beisammen. Auf *ıoo Linie Länge kommen 10 —11 
Streifen, auf Yo zählte ich 28 bis 30, auf !, 48. Daher folgende Verhältnisse statt finden: !ho 60, Una 48, !lo 36, Yo 30, 
Yys 24, Yoo 20, Yr2 185 Yoo 12, "oo 11. Den innern Lamellen scheinen äussere Körnerreihen zu entsprechen. Ich sah nur Eine 
mittlere Oeffnung. Der Rand ist fast scharf. — Länge !/oo— "ro Linie beobachtet; Breite meist nicht völlig ?/s der Länge; Höhe 


!/, der Länge. 
Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. VIM. 


Fig. 1. ist ein Glied des Ceramium diaphanum, 300mal vergrössert, überall mit der Cocconeis besetzt; Fig. 2. und 4. sind bei gleicher Vergrös- 
serung; Fig. 3. 500mal vergrössert gezeichnet. 


264. Cocconeis undulata, Wellen-Schildehen. Tafel XIV. Fig. XI. (IX.) 
C. testula elliptica, dorso leviter convexa, extus lineis concentrieis undulatis exarata, nec transverse striata. 


Cocconeide onduleuse, a carapace elliptique, lögerement convexe au dos, ayant des lignes onduleu- 
ses tres-fines concentriques au dehors, point de raies. ; 


Cocconeis undulata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1835. p- 173. 
Aufenthalt: Im Ostseewasser bei Wismar in Mecklenburg. 
Diese lebt mit der vorigen gemeinsam, aber seltener, auf Oeramium diaphanum. Ich zählte ausser dem doppelten Con- 
tour des Randes 9 bis 10 Linien in jeder Hälfte. — Länge '/ss Linie; Breite nicht ganz ?/; der Länge; Höhe etwa '/; der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIV. Fig. XI. (IX.) 
Es sind 2 Exemplare bei 300maliger Vergrösserung. 


265. Cocconeis Placentula, Kuchen-Schildchen. 


C. testula elliptica plana, margine abrupto, extus et intus laevis. 


Cocconeide Gäteau, a carapace elliptique plate, escarpee au bord, exterieurement et interieurement 
lisse. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Auf Vaucherien und Lemna- Wurzeln findet sica diese Form zuweilen sehr zahlreich bei Berlin. Ich sah sie auch am Bys- 
sus des Mytilus polymorphus. — Länge *ızo Linie; Breite mehr als /; der Länge; Höhe !/, bis 1/; der Länge. 
Eine Abbildung konnte nicht mehr gegeben werden. (Vergl. Conferva pennatula, Vanı, Flora danica, T. 945. 1792.) 


266. Cocconeis Pediculus, Schmarotzer-Schilächen. Tafel XXI. Fig. Xl. 


C. testula ovata, dorso valde convexo, semi-globosa, extus et intus laevis. 
Cocconeide Pou, a carapace ovale, bien comvexe au dos, hemispherique, lisse en dedans et au dehors. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich habe diese besondere Art nur auf andern Maviculis beobachtet. N. Librile und sigmoidea sind zuweilen davon ganz 
bedeckt und kriechen damit herum. Die Eierstöcke sind von Farbe bräunlich. Die mittlere Oeffnung, auch die Längsfurche des Pan- 
zers, sind bei dieser und der vorigen Art deutlich. — Länge "Jıo2 Linie; Breite mehr als die Hälfte der Länge; Höhe */; der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Tafel XXI. Fig. X1. 
Auf Nav. sigmoidea sind viele Exemplare bei 300maliger Vergrösserung abgebildet. 


2673. Cocconeis? finnica, finnisches Schildschiffchen. 


C. testula ovato-oblonga, parumper convexa, extus laevis, intus striata. 


Cocconeide de Finlande, & carapace ovale-oblongue, un peu comvewe, exterieurement hisse, in- 
terieurement rayee. 


195 


Aufenthalt: Im finnischen Bergmehl von Kymmene Gärd. 


Die im genannten Bergmehl selten vorkommenden flachen Schaalen könnten halbe Navieulae seyn, indem ich jederseits auch 
kleine Endöffnungen in der Mittellinie, aber doch nie ganz deutlich, unterschied. Die Streifung zeigte auf !; Linie Länge 22 Striche, 
also auf Y,; 44, auf !/oo 35, auf Ya 29, auf !ıoo 21. — Länge *s Linie; Breite nicht völlig die Hälfte der Länge; Höhe kaum 
!/; der Länge. | 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


268. Cocconeis? Clypeus, Rund-Schildchen. 


C. testula orbiculari, ampla, plana, leviter involuta, extus laevi, intus interrupte radiata. 


Cocconeide? Clypee, a carapace orbiculaire, grande, plate, lögerement courbee, exierieurement 
lisse, interieurement rayee. 


“Aufenthalt: Fossil im Kieselguhr von Franzensbad in Böhmen, 


Zwischen der Mavicula viridis von Franzensbad findet es sich selten als runde strahlige Scheiben von ansehnlichem Durch- 
messer. Man könnte in dieser grössten Art der Gattung eine Verwandschaft zu Actinocyelus finden. Sie besteht aus 2 eng aneinander lie- 
genden, sehr dünnen, flachen, runden Platten, welche so gebogen sind, als ob sie sich an einen cylindrischen Pflanzentheil eng ange- 
schlossen hätten. In der Mitte ist eine ungestreifte längliche Stelle und in deren Mitte wieder eine längliche klaffende Oeffuung; ich 
salı sie aber nur auf Einer Seite. Nach dem Rande hin sind 2 Reihen durch einen glatten, unregelmässigen, bandartigen Zwischen- 
raum getrennte Streifen oder ‘innere Leisten, welche unterbrochenen Strahlen gleichen. Diese sehr besondere Form mag wohl bei noch 
schärferer Auffassung der Charactere eine besondere Gattung verlangen. Die Streifen sind weniger regelmässig, als bei den Naweuhs. 
Ich sah kleinere mit 5—6 Streifen auf '/os Linie, und grössere mit 3. — Durchmesser der Scheibe "Jss—!/o Linie. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


N 


EINUNDSECHZIGSTE GATTUNG: ZICKZACKTHIERCHEN. 
Bacillaria. Bacillaire. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, (saepe implexum, nee affıxum), lorica simpliei 
bivalvi aut multivalvi (silicea), prismatica Navieulam aequans, sed spontanea loricae perfe- 
eta, corporis imperfeeta divisione in catenas dehiscentes perticae plicatulis similes, seu in 
polyparia angulose cateniformia, articulis mobilibus bacillaribus instructa abiens. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, libre, (sowvent entortille, jamais attache), 
ayant une carapace simple bivalve ou multivalve (siliceuse), prismatique, a Tinstar 
d'une Navicule, mais se developpant par division spontanee imparfaiüe de la cara- 
pace et par division parfaite du corps en forme de chaines haillantes, ou de toises 
a charniere, c'est a dire de pölypiers cateniformes en zigzag, ayant les chainons 
mobiles hacilliformes. 


Die Gattung der Ziekzackthierchen hat mit den NMaviculis in der Familie der Stabthierchen 
freie Selbstständigkeit und einen einfachen, zwei- oder mehrschaaligen, prismatischen (Kiesel-) Panzer ge- 
mein, zeichnet sich aber durch vollkommne Selbsttheilung des harten Panzers bei unvollkommner Selbstthei- 
lung des weichen Körpers aus, wodurch Klaffende Ketten in Form eines gelenkigen Maassstabes, oder zick- 
zackförmig gebogene Monadenstöcke entstehen, deren Glieder an einander festgeheftet, aber beweglich und 
stabförmig sind. 


Geschichtliche Erläuterung zur Gattung Bacillaria. 


Orro Frıeprıcn Mürrer entdeckte diese Thierformen 1782 im Ostseewasser bei Copenhagen, und nannte sie das son- 
derbare Stabthierchen oder Stäbgenthier, ohne Zusatz eines systematischen Namens. Es schien ihm unklar, ob das Ganze 
Ein Thier oder ein Verein von vielen Thieren sey. Er bewunderte die Evolutionen des Körpers und hielt ihn für physiologisch höchst 
interessant. In MÜrrer’s Opus posthumum: Animalcula infusoria 1786. ist die Form als Pibrio pazxillifer aufgenommen, allein 
Gmeıın, welcher in der XIIlIten Ausgabe von Lınn&’s Syszema Naturae, die 1788 erschien, deren 6ter Band aber wohl 1786 
schon gedruckt war, dieses Werk nicht mehr benutzen konnte, verzeichnete dieselbe Form als besondere Infusorien-Gattung unter dem 
Namen Bacillaria paradoxa, welches nur eine Uebersetzung von MÜLLer’s erstem Namen war. Rorm beschrieb 1797 vielleicht 
B. tabellaris als Conferva flocculosa (und Borxy ve Sr. Vıncent wohl als Conf. rhomboidalis®). Gıron CHantrans gab 1802 
die erste Abbildung der B. vulgaris als Polype a charnieres. Scurank beschrieb dann 1803 ähnliche Thierchen (Stäbegevier) 
aus dem Süsswasser bei Landshut in Baiern, und hielt diese irrig für MüLrer’s Vidrio pazxillifer, aber auch für Thiere. Decan- 
DoLLE verzeichnete 1805 Bac. vulgaris als Diatoma marinum in der Flore frangaise. Dırrwvse, Smiru, WeBER 
und Monr, Wanrengere und Hornemann beschrieben dann dergleichen Formen als Pflanzen unter dem Namen Con- 


Re. 


+ 


Jerva flocculosa u. s. W. Der Name Bacillaria ist erst 1816 (1817) durch Nirzschn von Nenem in Aufnahme gekommen und in 
seinem Begriff erweitert worden. Nırzsch vereinigte die Fragilarien und Bacillarien bei Halle in seine Bacillaria pectinalis 
und hielt seine Bac. Palea für einerlei mit Mürter’s Stäbcehenthier. Ueberdiess begriff er in derselben Gattung Stäbling die 
Naviculas, Synedras, Cocconemata und Gomphonemata, deren Formenkenntniss von ihm vorbereitet wurde. Scurank’s Vibrio 
pazxillifer hielt er für Bacill. pectinalis (p. 87.), weshalb ich die von beiden beobachtete Form mit diesem Namen auch verzeichnet 
habe, Nırzscn stellte seine Bac. Palea (als Vibrio paxillifer) zu den thierischen, die Bac. pectinalis zu den vegetabilischen 
Arten seiner Gattung. Im Jahre 1817 führt Acarnn 2 Arten in seiner Pflanzengattung Diatoma auf. 


Reich an Beobachtung war wieder Lynsgvye 1819, welcher jedoch ebenfalls diese Formen als Pflanzen in der Gattung Dia- 
Zoma mit mehreren heterogenen Körpern zusammenfasste und sie an Conferven angeheftet abbildete. Nirzsch verzeichnete seine frü- 
heren Arten wieder in der Eneyelopädie von Erscn und Gruger 1821, hielt aber nunmehr die Ketten für-Jugendzustand der Ein- 
zelthiere. Bory pe Sr. Vincent errichtete 1832 seine Familie der Bacillarices bei den Infusorien, die er aber von 1824 an in 
sein Reich der Psychodien stellte. Er stellte die Synedra Ulma als zweite Art, Bacillaria communis, zur Bac. paradoza. 
ScHrank beschrieb 1823 12 Arten der Gattung Bacillaria, Schleichthierchen, als Thiere, worunter er jedoch keine wahren 
Zäckzackthierchen, sondern Mavieulas, Closteria, Euglenen und noch andere sehr verschiedene Formen ‘verstand. MüÜLLER’'s Ba- 
cillaria namte er Oscillaria paxillifera. Im folgenden Jahre verzeichnete Borr in der Encyclopedie method. 8 Arten der Gat- 
tung Bacillaria mit neuen Namen, verstand aber darunter auch die prismatischen abgestutzten Maviculas sammt den Synedris. Die 
wahren Bacillarien nennt er zum Theil Diatoma und verzeichnet im Diet. class. 2 Arten, giebt aber 6—8 als ihm bekannt an. Die 
Fragilarien nennt er Nematoplata und rechnet sie alle nicht zu den Infusorien. Acarpn hat seit 1824 die Bacillarien als Dia- 
/oma zu den Pflanzen gestellt und unter dem Namen Diatomeae eine grössere Gruppe gebildet. Die späteren Algologen sind ihm ge- 
folgt. Leisreın führte 1827 den Namen Baecillaria anstatt des Namens Diatoma in der Botanik ein und nahm ihn ganz im Sinne 
von Nırzsch. Turrın folgte 1827 und 1828 Borv’s Vorgange und nannte die abgestutzten Naviceulas Bacillaria, die Bacilla- 
rien aber Diatoma. Im Jahre 1828 zog ich die Bacillarien zuerst zu den Panzer-Infusorien, indem ich 9 von mir und Hemrrıch 
1820 gesammelte Arten des Mittelmeeres von der ägyptischen Küste in den Tafeln der Symbolae physicae, Evertebrata I. abbil- 
dete. Sie waren damals im Sinne Bory’s benannt, wurden daher ‚später (1831) auf 2 Arten reducirt. Im Jahre 1830 und 1831 
wurde diese Stellung der Gattung in gleichnamiger Familie in den Abhandl. d. Berl. Akad. mit 6 Arten fester begründet. Im Jahre 


1831 und 1832 gab Acaron der Gattung Diatoma, wie früher, 16 Arten, von denen aber nur 3 bis 4 hierher gehörige feste Spe- 


cies sind. Er hielt sie für gestielt, ansitzend. Im Jahre 1833 (1832) wurden von mir 2 neue Arten der Gattung als Infusorien be- 
schrieben, und 1833 verzeichnete Kürzına 12 Arten der Gattung Diatoma nach Acarpm und LyxnscerYE wieder bei den Algen. 
Mehrere derselben gehören andern Gattungen an. Zuletzt hat Morren in Gent eine Bacillaria glauca in den Annales des sc. 
nat. 1835. p. 26. genannt, aber nicht näher bezeichnet. Mehrfache Spuren fossiler Bacillarien sind seit 1836 in den Berichten der 
Berl. Akad. und PossEnnorrr’s Annalen angezeigt worden. Ueberhaupt sind hier 10 Arten der Gattung verzeichnet. 


An Organisation ist zunächst ein Kieselpanzer jedes Einzelthieres beobachtet, dessen prismatische 4seitige Form schon NrrzschH 
1817 erkannte, aber das Zweischaalige des harten Panzers wurde 1830 und 1831 zuerst, und der Kieselgehalt 1833 p. 319. in den 
Abhandl. d. Berl. Akad. angezeigt. — Als die Bewegung vermittelnd sind zapfenartige weiche Fortsätze, welche, aus einer Längsspalte 
ragend, die Glieder verbinden, sehr deutlich erkannt; wahrscheinlich giebt es noch andere an einigen der Endöffnungen. — Als Er- 
nährungsorgane sind innere, den polygastrischen Magen vergleichbare, farblose Bläschen bei Bac. tabellaris 1833. p. 232. zuerst mit 
Sicherheit angegeben worden. Schon 1817 beobachtete Nırzscn dergleichen nach p. 67. seiner Schrift, sie gehörten aber wohl NVa- 
viculis an. Bis dahin glaubte man allgemein, dass kein Mund existire und die Hautabsorption die Ernährung vermitteln müsse. Allein 
die von mir nachgewiesenen je 2 Panzeröffnungen an den Enden jedes Stäbchens zeigen die Möglichkeit einer Stoflaufnahme durch ei- 
nen Mund, welche direct weiter zu verfolgen noch nicht gelang. Diese Oeffnungen sah schon Borr bei Bacillaria crassa 1824, 
es war aber wohl Fragilaria grandis. — Als Sexualorgane sind die gelben oder grünen, im Alter gelappten Kierplatten, wie bei 
Navicula, in allen Arten sichtbar. Vielleicht sind auch bei 2. zabellaris da, wo nur 2 unveränderliche Bläschen in jedem Stäbchen 
den Eierstock einfassen, diese nicht Magen, sondern (freilich erst weiter zu begründende) Samendrüsen. Bory beschreibt sie 1824 bei 
Diatoma vulgaris im Diet. class. Ausserdem glaubte schon Nırzscn 1817 an Entstehen der Kettenform durch Selbsttheilung, und 
er hatte sie bei Bac. Palea, die aber wohl Fragüaria rhabdosoma war, beobachtet. Später, 1821, ist er davon abgewichen. 
Diese Selbsttheilung ist allemal Längstheilung, welche jedoch als Queertheilung der so entstehenden Ketten erscheint. Dass allemal 
alle Glieder Einer und derselben Kette genan gleich lang waren, erschien schon MüÜrLLer und Nırzscn als ein wichtiger Grund gegen 
die Ansicht, dass die Ketten durch Aneinanderreihen der Einzelthiere entständen. Alle spontane Längstheilung der Bacillarien ist, wie 
es scheint, dorsal, so dass die aneinanderhängenden Flächen die Seitenflächen sind. Bei den wahren Mavieulis ist sie meist lateral. 
Schwache Biegung und Ortsveränderung der Ketten findet auch bei den Süsswasserformen statt, und schon Scnrank beobachtete sie 
1803. Sehr auffallend ist sie bei Bacillaria paradoxa des Meeres. Ganz richtig erklärt Nırzscn 1817 p. 75. diese Bewegung 
als Trennungsversuche, die aber doch wohl bald zur Gewohnheit werden. Abgerissene Einzelstäbehen laufen schnell, wie Navieulae. 


Die geographische Verbreitung der lebenden wahren Bacillarien ist von den canarischen Inseln und der afrikanischen Küste 
des Mittelmeeres an über ganz Europa bis nach Sibirien, auch im sinaitischen Arabien Asiens im Meer- und Süsswasser beobachtet. 
Fossile Spuren sind in Isle de France und Franzensbad vorgekommen. 


269. Bacillaria paradoxa, Wunder-Zickzackthierchen. Tafel XV. Fig. 1. 


B. striata, testula anguste lineari, saepe 15ies fere longiore quam lata, flava, in quavis centesima lineae parte 9 striis 
notata, bacillis singulis alacriter mobilibus. 


Bacillaire paradoxale (porte pieu), rayde, a carapace lineaire tres-grele, souvent pres de 15 


Jois, plus longue que large, jaune, ayant dans chaque centieme d’ume ligne 9 raies et les ba- 
guettes vivement mobiles. 


Sonderbares Stäbgenthier, MüLLER, MüLLer’s Kleine Schriften v. Göze, p. 1. Taf. I. Fig, 1—8. 1782. 
Pinddyr, Nye Samling af Dansk. Vidensk. Saelsk. Skrift. II. p. 277. 

Vibrio paxillifer, Mürver, Animalc. infus. p. 54. Tab. VI. Fig. 3—7. 1786. 

Bacillaria paradoxa, GmELIN, Linne&i Syst. Nat, ed. XIll. Vol. VI. 1788. 

Vibrio pawillifer, LAmARcK, Systeme des anim. sans vert. 1815. 


197 


Bacillaria Palen, Nirzsch, zum Theil, Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. Encyclopädie v. Ersch u. GRUBER, 1821. 
Bacillaria paradoxa, Bory DE St. Vincent, Diet. classique, 182. 
—  Mülleri, Borv, Encycl. meth. 18%. 
Oscillaria paszillifera, SCHRANK, Nov. Act. Nat. Cur. XI. 2. p: 534, 539. 
Bacillaria Mülleri, Turpın, Dict. des sc. natur. Ve&getaux acotyl&dons, 1828. Planch. V&geto-animaux, I. 1. 
Bacillaria paradoxa, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 83. 1833. p. 319. (nicht Symb. phys. Evertebrata I.) 


Aufenthalt: Bei Copenhagen, Kiel, niederländisch Seeland und Insel Süd-Beweland?, bei Wismar in Mecklenburg und Gothenburg 
in Schweden im Meerwasser. 


MüÜLrer fand sie auf Ulva latissima bei Copenhagen, ich zwischen Ceramien und Callithamnien. Schrank glaubte diese 
sehr characteristische Form auch als Yibrio pazxillifer bei Landshut, Nırzscn als Bacill. Palea bei Halle, und ich in den Sym- 
bolis physicis 1831. als Bacill. paradoxa bei Berlin gefunden zu haben, allein das war Baecill. pectinalis und elongata. Ich 
erhielt im Jahre 1831 die wahre Form zuerst durch Herrn Dr. Mic#axuıs aus Kiel mit Leuchtthieren lebend nach Berlin, und sah 
sogleich den grossen Unterschied. Kürzıne hat sie auch irrig als Diatoma tenue paradoxum hei Mannsfeld angegeben. Ich er- 
hielt sie dann wieder lebend von Copenhagen und Gothenburg nach Berlin und beobachtete sie selbst sehr zahlreich bei Wismar in der 
Östsee. Borr giebt an, sie bei holländisch Seeland und Süd-Beweland beobachtet zu haben, hat aber die versprochene Abbildung zu- 
rückgehalten. Turrın’s Abbildungen scheinen nur freie Copieen der Mürzer’schen Figuren aus den beiden Schriften zu seyn. Die 
Lebendigkeit der Form ist höchst auffallend, ganz wie beim Prozeus, nur steifer, bald bandartig, bald stabartig, bald plattenartig, bald 
zickzack - und blitzartig. ‘Sie können sich nicht selbstthätig trennen, aber getrennt leben sie einzeln fort und bilden neue Ketten. Sie 
lebt tausendweis beisammen, ist aber sehr fein. Die Streifen verhalten sich wie folgt: "0 Linie hat 51, Ys 38, Yo 36, Yo 22, Yıo 
25, Yıs 19, Yo 17, Yr2 11, Yoo 9, Yıoo 9 Streifen. Die Seitenflächen sind schmal kahnförmig, die Rücken- und Bauchfläche h- 
nienförmig abgestutzt. Der mittlere helle Fleck jedes Stäbchens ist der farblose Thierleib, das gelbe sind 4 Eierplatten, die nicht ganz 
bis an’s Ende reichen, im Alter zusammenschrumpfen und wie farbige Punkte erscheinen. Länge Yss bis Yo Linie; Breite 11- bis 
22mal in der Länge; Breite der Höhe ziemlich gleich. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. I. 


Es sind von mir selbst beobachtete Formen der Ostsee, 300mal vergrössert. 
Fig. 1. sind 9 bewegliche Stäbchen als Polypenstock; Fig. 2. sind 17 Stäbchen in 2 verschiedenen Stellungen; Fig. 3. sind 5 Stäbchen in 2 ver- 


schiedenen Stellungen; Fig. 4. und 5. sind 2 Einzelstäbchen, jedes in 2 Ansichten, «. Dorsalfläche, #. Lateralfläche. 


: 270. Bacillaria vulgaris, gewöhnliches Zickzackthierchen. Tafel XV. Fig. II. 


B. striata, testula late lineari, vix ter quaterve longiore quam lata, fuscescente, olivacea, striis in quavis centesima 
lineae parte 13. 


Bacillaire vulgaire, rayce, a carapace oblongue lincaire, a peine 3 ou 4 fois plus longue que 
large, brunätre, olivätre ou verte, ayant dans chaque centieme d’une ligne de sa longueur 13 
raies transversales. 

Polype & charnieres, GIROD CHANTRANS, Recherches sur les Conferves, 1802. p. 23. Pl. III. Fig. 5. 
Conferva flocculosa, DILLwyYNE, British Confervae, 1809. Tab. 28. Fig. A. (nur die untere Figur.) 
Diatoma floceulosum, DEcAnDoLLE? Flore frangaise, 1815. II. p. 49. 

Conferva flocculosa, Flora danica, HornEMmANN, 1818. Tab. 1487. Fig. 1. 

Diatoma tenue $ marinum, Lynesye, Tentamen Hydrophyt. dan. p. 179. Tab. 61. 1819. 


Diatoma vulgaris , \ Bory, Dict. classig. 1824. Tab. LI. Arthrodiees. Fig. 1. a, b, c. Besser im Dict. d’hist. nat. 18%. Botanique 
— daenica, Planch. %0. Fig. 1. 


Distomg, Porculsenm. gu Theil, | AGARDH, Syst. Alg. 1824. p. 4. Consp. crit. Diatom. 1831. 1832. 
—  Lyngbyi, 

Bacillaria flocculosa, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 84. 

Diatoma tenue, GREVILLE? Scottish cryptog. Flora, Vol. VI. t. 354. 

Diatoma fenestratum, Kürzıne, Algae sicc. Dec. 1. 1833. 


AH NE ; \ Kürzıxe, Linnea, 1833. p. 580, 582. Taf. XVII. Fig. 60, 61, 66. 
—  temece, ß, 


Bacillaria vulgaris?, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 53, 56. 
Aufenthalt: Lebend in Frankreich bei Besangoen, Avignon in der Rhone, der Küste von Caen?, Paris, in England, Dänemark, 
Schweden, im Süsswasser Deutschlands, im brakischen Hafenwasser bei Wismar!, bei Berlin!. Fossil in Isle de France und Bilin. 


Ich besitze Exemplare dieser Art von Avignon durch Prof. Kunze in Leipzig, welche den Berliner Stäbchen ganz gleichen, 
und sah auch andere lebend in der Ostsee. In der Rhone überzieht sie die Conferva glomerata als dichter schleimiger Filz. Ebenso 
fand sie Kürzıng in Thüringen, bei Halle, bei Magdeburg, bei Leipzig und bei Hildburghausen in Franken. Bei Berlin ist sie in 
einzelnen Ketten unter Oscillatorien; auch Lynsgve fand sie auf Osc. chthonoplastes. Decannpoııe fand sie wohl bei Caen im Meere. 
Es ist oft schwer zu unterscheiden, ob die kleinen Ketten frei durcheinander gewirrt, oder an Einem Ende angeheftet sind. Letzteres 
ist öfter abgebildet, scheint mir aber unrichtig. Es ist völlig unmöglich zu entscheiden, was fast alle die früheren Botaniker unter 
Conferva fiocculosa, Diatoma vulgaris u.s. w. gemeint haben. Alle haben sie als verschiedene Arten verwechselt. Da ich Rorm’s 
abgebildete Form flocewlosa nenne, so habe ich diese mit Bory vulgaris genannt. Das Diat. danicum des letzteren ist nur durch Man- 
gel des, in seiner Zeichnung gar nicht angegebenen, Characters der 2 mittleren Bläschen (Drüsen? Magen?) verschieden, die periodisch 
auch jener Art fehlen, wo Kürzıne und ich sie nicht sahen. Getrocknet wird sie meergrün. In "so Linie Länge zählte ich jeder- 
seits 20 Streifen, in '/o6 13. Also ist folgendes Verhältniss vorhanden: !/;; 30, !ıs 28, as 27, Yo 20, Yr2 155 "oo 14, oo 13, 
!ıoo 13 Streifen. — Länge der Einzelstäbchen ss bis Y/ss Linie beobachtet; Breite 2—4mal in der Länge; Höhe etwas schmäler als. 
die Breite. Der weiche Verbindungstheil der Stäbchen ist sehr deutlich. Die fossile Form lässt sich auch mit Fragilaria pectinalis 
vergleichen, die überhaupt nah verwandt ist. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. I. 


Fig. 1. Dorsalfläche und Zickzack eines Monadenstocks. Fig. 2. Lateralfläche einer ganz ausgezogenen Kette. Fig. 3. regelmässige zufällige Figur. 
Fig. 4. Lateralfläche eines stumpferen Einzelstäbchens. Fig. 5. «. Rücken- und #. Lateralfläche eines spitzeren Stäbchens. 


50 


||. 


271. Bacillaria pectinalis, kammartiges Zickzackthierchen. Tafel XV. Fig. IV. 


B. striata, testula graciliore lineari, saepius ter aut sexies longiore quam lata, intus flavo-fusca, in centesima- lineae 
parte 9 strüs insignis. 


Bacillaire Peigne, rayce, a carapace plus grele lincaire, tres-souvent 3 a 6 fois plus longue que 
large, jaune d’or en dedans, ayant 9 raies dans chaque centieme d’une ligne de sa longueur. 
Vibrio pawillifer, ScHhrAnK, Fauna boica, II. 2. 1803. 
Diatoma tenue, AcArDH, Decad. Nr. 10. et Svensk. bot. 491. Fig. 4. et5. Synopsis Algar. 1817. 


Bacillaria pectinalis, Nırzsch, Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. Kammbazillarie, zum Theil. 
Diatoma tenue «, Lynesvye, Tent. Hydrophyt. dan. 1819. 


re es \ Asaron, Syst. Alg. 1824. p. 4. Conspectus crit. Diatom. 1832. 
—  sulphurascens , 


Bacillaria pectinalis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 83. 


Diatoma tenue «, ß, 0, &, \ Kürzıne, Alg. aquat. sicc. 1833. Dec. IM. %. Linnea, 1833. p. 580, 583. Tafel XVII. Fig. 60, 61, 63, 64. 
— sulphurascens, 


Aufenthalt: Bei Landshut in Baiern, im Süsswasser Schwedens, in Dänemark, bei Halle, bei Berlin! und in andern süssen Wäs- 
sern Deutschlands, auch im salzigen See bei Rollsdorf, in der Ostsee bei Wismar und der Nordsee bei Gothenburg. 


ScHRANK scheint diese etwas schlankere Art als B. vulgaris zuerst beobachtet und mit B. paradoxa verwechselt zu ha- 
ben. Nırzsch hielt sie für einerlei mit Conferva pectinalis von MüLter, welche jedoch deutlich eine Fragdlaria gewesen. AcıAarpH 
nannte sie wohl Diatoma tenue. Lvxcsve verband sie mit B. vulgaris und elongata als Diatoma tenue. Ex fand sie auf Con- 
ferva glomerata. Acaron unterschied 1832 ein D. sulphurascens von Stockholm, das wohl hierher gehört, da der Character der 
@Queertheilung doch gewiss ein Irrthum ist. Kürzıne hat früher die besten Abbildungen gegeben, allein seine var. y. cumeatum ist 
eine besondere Art, und seine var. &. paradoxum aus dem Rollsdorfer Salzsee bei Mannsfeld ist keineswegs, wie er glaubt, Yibrio 
pasillifer, welcher viel feiner und immer sehr beweglich ist. Er fand sie an Conf. flavescens. Ich habe sie bei Wismar in der 
Ostsee beobachtet und erhielt sie in Wasser aus den Schären von Gothenburg lebend nach Berlin, wo sie auch zu allen Zeiten im 
Süsswasser nicht selten ist. Der bräunlichgelbe Eierstock bildet jung 2 Reihen punktartiger Lobuli, alt wird er dunkler gefärbt, röth- 
licher und bildet einen einzelnen Haufen oder Strich in der Mitte. Der weiche Verbindungstheil der Stäbchen ist deutlich zu sehen. 
(Vergl. Fragilaria pectinalis.) Die Streifung hat in '/s; Linie Länge 25, "as 20, Yıs 18, "oo 15, 72 12, "0.10; "as 9, Yıoo % 
Yo 7—8, Yıss 6—7, Yaro 3—4, "so 2, Yoco 1 Streifen. — Länge der Einzelstäbchen beobachtet ?/;ro—"/ss Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. IV. 


Fig. 1., %, 6., 7., 8. sind durch Selbsttheilung von Einzelstäbchen entstandene Polypenstöcke von der Dorsalseite. Fig. 9. von der Lateralfläche. 
Fig. 3. ein Einzelstäbchen von 2 Seiten. Fig. 4. und 5. sehr junge Stäbchen, letzteres 4/,,. Linie lang, alle 300mal vergrössert. 


272. Bacillaria elongata, langes Zickzackthierchen. Tafel XV. Fig. V. 


B. striata, testula lineari gracili, media parte angustiore, apieibus parumper dilatatis, intus dilute flavo-fusca, Sies 
— 24ter longior quam lata, striis in quavis centesima lineae parte 12. 


Bacillaire allongee, rayce, a carapace lineaire grele, legerement amincie au milieu, gonflee un 
peu aux bouts, brune jaunätre en dedans, 8 a 24 fois plus longue que large, ayant 12 raies 
transversales dans chaque centieme d’ une ligne de sa longueur. 

Diatoma tenue y elongatum, LyNeByEe, Tent. Hydrophyt. dan. 1819. p. 179. Tab. 61. 
Diatoma elongatum, Ascaron, Syst. Alg. 1824. p. 4. 


Bacillaria elongata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62. 1831. p. 83. 
Diatoma elongatum, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 583. Tafel XVII. Fig. 65. 


Aufenthalt: Auf Fühnen in Dänemark, bei Tennstädt, Weissenfels, Halle, Berlin! und bei Tobolsk im sibirischen Asien beobachtet. 


Man findet diese Art auf Fühnen in grossen Massen, und ich besitze sie von dort als Diaz. tenue Lyncsve durch Herrn 
Horrmann Banc von Hoffmannsgave. Sie bildet zuweilen lange geschlossene Bänder, die einer Fragilaria gleichen, genau besehen 
zeigt sie aber schon den Character. Bei Berlin ist sie mit Gomphonema truncatum, wie in Thüringen und Sachsen, einzelner. 
Eben so einzeln fand ich sie 1829 mit Herrn von Humsorvr in Tobolsk in Sibirien im Tobolflusse. Asarpn hat sie 1832 im 
Conspectus erit. Diat. übergangen. Kürzına hat sie deutlich abgebildet. Wo nur 3 oder 4 Stäbchen zusammenhängen, könnte man 
die kleineren Exemplare wohl zuweilen für Desmidien-Glieder oder Staurastra, Pentasterien dergl. halten, was sich aber bei 
Bewegung des Objects im Wasser leicht entscheiden lässt. — Streifung zur Länge Yo 54, "ra 50, Yo 40, !so 30, Yıo 27, Yıs 25, 


Yo 20, .%2 15, "oo 12—13, Yıoo 12. Im trocknen Zustande ist die Streifung deutlicher. Länge der Einzelstäbchen Yo — Yo 
Linie beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. V. 


Fig. 1. ein unvollkommen getheilter Polypenstock in zufälligem Zickzack. Fig. 2. ein geschlossenes Band von 4 Stäbchen. Fig. 3. ein dreifaches, 
wie ein Desmidien-Glied gefaltetes, Stäbchen. 


273. Bacillaria cuneata, keilförmiges Ziekzackthierchen. Tafel XV. Fig. VI. 
B. striata, testula pyramidali-cuneata, truncata, subquadrata, alternis apieibus dilatatis, intus laete flavo- viridis. 
Bacillaire cuneiforme, rayce, ü carapace pyramidale-cuneiforme, tronguee, Ppresque quarrce, dlar- 
gie aux bouts alternes, verte jaumätre en dedans. 


Diatoma tenue y euneatum, Kürzıne, Linnea, 1833, p. 580. 
Aufenthalt: In Deutschland (Thüringen) in süssen Gewässern, auch bei Berlin beobachtet. 


et Imre sehr characteristische kleine Form ist leicht zu übersehen ‚ kommt aber nicht selten mit B. pectinalis vor. Kürzıne 
ielt die kleinen kurzen Kettenstäbehen der letzteren für Uebergänge zu dieser Form, allein das scheint nicht der Fall zu seyn. Sie 


199 


hat schiefe Längstheilung in abwechselnder rechter oder linker Abweichung von der Axe. Ich zählte bei os Linie Länge 5 Streifen, 
bei !/ıoo 4, was eine wesentliche Abweichung dieser Zahlenverhältnisse von B. pectinalis giebt, wie folgt: "so 13; "as 10, "/so 8; 
!Joo 7, "ra 6—7, "foo 5, "oo 4+ — Länge 'as — "ıoo Linie beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. VI. 
Fig. 1. eine geschlossene, Fig. 2. eine klaffende Kette; Fig. 3., 4. Einzelthiere in der Selbsttheilung, alle 300mal vergrössert. 


274. Bacillaria Cleopairae, Zickzackthierchen der Cleopatra. Tafel XV. Fig. II. 
B. laevis, testula oblongo-lineari, bis quaterve longiore quam lata, intus aurea. 
Bacillaire de Cleopaire, lisse, a carapace oblongue, lineaire a peine 2 ou 4 fois plus longue que 
large, en dedans jaume d’ or. 


Bacillaria Cleopatrae, HrmPrıch u. EHRENBERG, Symbolae physicae. Evertebrata I. Phytozoa, Tab, III. Fig. V. 2. 1828. Text 1831. 
2 Fol. b. Polygastrica. 
Bacillaria Cleopatrae, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. 1831. p. 84. 


Aufenthalt: Bei Alexandrien im libyschen Mittelmeere. 


Ich fand sie in der Nähe der sogenannten Ruinen der Bäder der Cleopatra, und auch im neuen Hafen bei Alexandrien in 
Aegypten auf der Reise mit Hemrrıch 1820 im Mittelmeere. Ich habe in Spiritus aufbewahrte Exemplare zur Revision im Jahre 


1831 vor mir gehabt, und gebe hier diese neueren Zeichnungen. Der Mangel der Streifung ist ein wichtiger Character, ohne den sie 


der vorigen gleicht. Die lebenden Exemplare waren immer goldgelb, die todten farblos. — Grösse '/,s bis "/ao Linie beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. Il. 


Fig. 1—3. sind verschiedene Grössen bei gleicher ee een von 300mal im Durchmesser, nach 1820 gesammelten, in Spiritus aufbewahrten, Ex- 
emplaren in. Berlin 1831. gezeichnet. 


275. Bacillaria? tabellaris, tafelförmiges Zickzackthierchen. Tafel XV. Fig. VI. 


B. laevis, testula lineari, angusta, media parte inflata, in tabellas quadratas variae longitudinis dehiscens, ovario lo- 
bato flavicante. 


Bacillaire Tablette, lisse, a carapace lineaire, etroite, gonflee au milieu, se fendant en tablettes 
quarrees de longueur variable, ayant V’ovaire divise jaunätre. 


Conferva flocculosa, Roru? Catalecta bot. I. p. 192. Tab. IV. Fig. 4. und Tab. V. Fig. 6. 1797. Flora german. II. p. 523. 1800. 
Conferva rhomboidalis, Bory, M&moire. Nach AsArDH. 
ie a ee, ! Smira, Engl. bot. 1807. T. 1761. gut. 1762. zum Theil. 
—  biddulphiana? 
Conferva flocculosa , DiLLwYNE, Brit. Conferv. 1809. Tab. 28. Fig. A. nur die oberste Figur. 
Bacillaria pectinalis, Nırzsch, 1817. Beiträge z. Infusorienkunde, zum Theil. 
Diatoma floceulosum, Asarpn, Dispositio Algar. suec. p.35. 1812. Synopsis Algarum Scandinaviae, 1817. p. 119. 
Diatoma flocculosum, Lynegye, Tentamen hydroph. dan. 1819. p. 179. Tab. 61. 
- Diatoma flocculosum, AGARDH, Syst. Algarum, 1824. Consp. erit. Diatom. 1832. (s. B. vulgaris.) 
Bacillaria tabellaris, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 232. 
Diatoma flocculosum, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 584. Taf. XVII. Fig. 67. 
Diatoma fenestratum, Corpa, Almanac de Car!sbad, 1835. Tab. IV. Fig. 38. 


Aufenthalt: Bei Bremen, in Norfolk in England, in Dänemark, bei Naes in Norwegen, in Frankreich ?, bei Berlin!, bei Carlsbad. 
Diese Art zeichnet sich vor den übrigen so sehr aus, dass sie vielleicht als Tadellaria eine besondere Gattung bilden kann. 


Ich habe diese Form früher, wie Andere, mit B. flocculosa verbunden, allein es giebt eine ihr sehr ähnliche Form bei Berlin, welche 
keine erhabene Stelle in der Mitte hat. Dieser letztere Character ist bei Rorm so wenig, als bei andern früheren Beobachtern, ange- 


geben, die die viereckigen Täfelchen fälschlich für Einzelthiere hielten, daher bildete ich 1832 diese besondere Art. Durch die mittlere 


Anschwellung geht eine Röhre, welche mit dem äusseren Wasser in Verbindung ist. Drirwyne, Smirn und Lyxoeve haben diese 
Form gemeint, auch CorpA hatte deutlich dieselbe in Carlsbad vor sich. Ich besitze durch Horrmann Bane Exemplare aus Nor- 
wegen, welche ganz passen. Rorm’s zweite Zeichnung hat Merrens gemacht. Er fand sie auf Oonferva glomerata bei Bremen. 
Dırrwrne und Woons fanden sie bei Hamstead-heath und Turner in Norfolk. Den mittleren Canal erhält man völlig klar zur An- 
sicht, wenn man trockne Ketten mit Wasser befeuchtet. Dann bleibt eine cylindrische Luftblase im hohlen Canale. Um die mittlere 
Röhre liegen oft viele Bläschen (Magen), zuweilen jederseits ein ausgezeichneteres (Drüse?). Der Eierstock bildet oft mehrere Punkte, 
zieht sich aber zuletzt um die mittlere Röhre zusammen. Diese Röhre ist keineswegs ein Darm, wie CorpAa glaubt. Der gekerbte 
Rand enthält an jedem Ende 2 Oeffnungen. Die Einzelstäbchen haben Achnlichkeit mit Mavicala? trinodis und diesen ähnlichen For- 
men. Bei Berlin sah ich sie im Februar, März, April, Mai und Juli mit Desmidien und Micrasterien. — Länge der Einzel- 
stäbchen (Breite der Bänder) !oo— '/so Linie. Breite 5- bis 8mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. VI. 
Fig. 1. und 2. sind 300mal vergrössert; Fig. 3. 500mal; Fig. 4. Lateralfläche eines Einzelstäbchens. 


276. Bacillaria flocculosa, flockenartiges Zickzackthierchen. Tafel XV. Fig. RX. 
B. laevis, testula lata subquadrata nec media inflata, latitudine variabili, ovario flavicante. 
Bacillaire a flocons, lisse, a carapace large, presque quarree, point gonflee au milieu, variable 
en largeur, a ovaire jaunätre. 


Conferva flocculosa, Roru? Catalecta bot. I. p.192. Tab. IV. Fig. 4. und Tab. V. Fig. 6. 1797. (s. B. tabellaris.) 
Diatoma floceulosum, DEecanDoLLE? Flore francaise, 1815. II. (s. B. vulgaris.) 
Bacillaria flocculosa, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 84. zum Theil. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, Bremen?, Würzburg?, Caen?. 


200 —- 


Diese Form ist von der vorigen sehr verschieden, allein ich habe sie neuerlich nicht wieder beobachtet, daher auch nur eine 
frühere Zeichnung mittheilen können. Sie ist der 2. Cleopatrae am nächsten verwandt, aber noch quadratischer, sogar breiter als 
lang. Ich fand sie sonst bei Berlin nicht selten und unterschied sie schon immer von der vorigen. Junge Formen der B. pectinalis 
und vulgaris haben innere Streifen. — Länge der Einzelstäbchen !i2o Linie. Leisıein’s Bac. flocculosa von Würzburg und Zell 
in Baiern gehörten zu dieser oder der vorigen Art (Flora 1827. I. 288.). 


Erklärung der Abbildung Taf. XV. Fig. IX. 
Es ist eine 1826 entworfene Zeichnung, nach 100maliger Vergrösserung. 


273. Bacillaria seriata, geflecktes Zickzackthierchen. Tafel XV. Fig. VHL 
B. laevis, testula lineari gracili aequali, octies ad novies longiore quam lata, interaneis in 4—5 macularum seriem 
dispositis fulvis. 
Bacillaire a serie, lisse, a carapace lineaire grele egale, 8 a 9 fois plus longue que large, ayant 
Fovaire en 4 a 5 tüches et en simple serie. 


Bacillaria seriata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p- 232. 
Frustulia punetata, Kürzıne? Linnea, 1833. Tab. XIV. Fig. 29. 


Aufenthalt: Bei Berlin. 


Zunächst steht diese Art der B. elongata. Sie hat aber keine Queerstreifen. Wäre sie nicht im Zickzack klaffend, so 
könnte man sie für eine Synedra halten. Letzteres hindert diess bestimmt. Die Vertheilung der Eimasse ist nicht so wichtig. — 
Länge "/s, Linie. Ich fand sie am 20. Juni 1832 zwischen Conferven des Thiergartens. 


Erklärung der Abbildung Taf. XV. Fig. VII. 


Es sind 6 in eine Kette verbundene Stäbchen bei 300maliger Vergrösserung. 


278. Bacillaria Ptolemaei, ptolemäisches Ziekzackthierchen. Tafel XV. Fig. X. 


B. laevis?, testula minima, lineari oblonga, vix bis terve longiore quam lata, pallida. 


Bacillaire de Ptolemee, lsse?, ü carapace Ires-petite, lineaire oblongue, a peine deux ou trois 
Jfois plus longue que large, päle. 


Bacillaria Ptolemaei, HrmrRıcH u. EHRENBERG, Symbolae physicae. Evertebrata I. Tab. III. Fig. V. 1. 1898. Abhandl. der Aka- 
demie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 15. 1831. p.83. Symbolae phys. Text. 1831. 


Aufenthalt: Im Mittelmeer der libyschen Küste bei Alexandrien. 
Diese sehr kleine Form hatte nur !/soo Linie Länge der Stäbchen und konnte nicht hinlänglich vergrössert werden, um die 
Structur sicher zu ermitteln. Vielleicht ist sie der Jugendzustand einer andern Art, vielleicht selbst der B. Cleopatrae. 
Erklärung der Abbildung Taf. XV. Fig. X. 


Es ist eine Kette von 16 Thierchen, von denen 6 in der Längstheilung begriffen, oder doppelt, nicht klaffend sind, in Alexandrien 1820 
gezeichnet, 100mal vergrössert. 


Nachtrag zur Gattung der Zickzackthierchen. 


Es sind bisher 45 verschiedene Specialnamen für Körper der Gattung Baeillaria direct gegeben worden, welche hier auf die 
obigen 10 redueirt sind. Die übrigen 35 haben nach meinem Urtheil folgende Synonymie: 1) Bacillaria Acus Scurank (1823) 
—= Euglena Acus; 2) B. acerosa Senr. (1823) — Closterüum ; 3) B. bipunctata Scene. (1823) = Synedra Ulma; Borx 
(1824) — Bacterium?; Turrın (1828) = Navieula fulva, viridis; Hemrrıch und Enrene. (1828) —= Fragilaria; 4) B. 


_Cistula (Symb. phys. 1828.) — Cocconema; 5) B. communis Borv (1822) = Synedra Ulna; 6) B. conjugata Turrın 


(1828) — Navieula viridis?; 7) B. erassa Bory (1824) — Fragilaria grandis?; 8) B. diophthalma (Symb. phys. 1828.) 
— Fragilaria; 9) B. Eruca Sonrank (1823) — Enchelys?; 10) B. fulva Nirzscn (1817) = Navieula; 11) B. Fusus 
Scurank (1823) — Navieula fulva; 12) B. fusiformis (Symb. phys. 1828.) = Navieula Sigma; 13) B. glauca Morren 
(Annal. des sc. nat. 1836.) —?; 14) B. Hystrix Borx (1824) — Synedra fasciculata; 15) B. interrupta (Symb. phys. 
1828.) — Fragilaria; 16) B. intestinum Scurank (1823) = Enchelys?; 17) B. Lagena Scurank (1823) — Enchelys?; 
18) B. Lumula Scnrank (1823) — COlosterium; 19) B. Lyngbyi Borxy (1824) — Synedra?, Fragiariat; 20) B. major 
(Bericht d. Berl. Akad. 1836. 53.) — Nov. sp.; 21) B. Mülleri Borxy (1824) = B. paradoxa; 22) B. multistriata (Symb. 
phys. 1828.) — Olosterium; 23) B. multipunetata (Symb. phys. 1828.) = Fragiaria; 24) B. Palea Nirzsch (1817) — 
Navicula graeilis und Fragilariat; 25) B. Pazxillum Borx (1824) — Synedra Ulma; 26) B. phoenicenteron Nirzsch 
(1817) = Navieula; 27) B. sigmoidea Nirzscn (1817) = Navicula; 28) B. taeniaeformis Nırzsch (1817. p. 117.) = Tes- 
sella? ; 29) B. thurifera Scurank (1823) — Cocconema; 30) B. tripunctata Scurank (1823) — Navieula; 31) B. Ulma 
Nırzsch (1817) = Synedra; 32) B. Vermiculus Scurank (1823) — Bursaria Ranarum?; 33) B. vermina ScHRANK 
(1823) = Trachelius?; 34) B. viridis Nirzscn (1817) — Navicula; 35) B. vitrea Borv (1824) — Synedra Ulna. 

Da die Gattung Diatoma neuerlich ganz im Sinne von Bacillaria gebraucht worden ist und dieser, der phanerogamischen 
Botanik verfallene, Name keine Anwendung weiter finden konnte, wenn man nicht den Namen Bacillaria bloss für die, durch ihre 
lebhaften Bewegungen sehr ausgezeichnete, B. paradoza, und Diatoma für die übrigen Arten verwenden wollte (welche alle sehr we- 
nig Spur von Ortsveränderung zeigen, daher vielleicht auch eine etwas, aber nicht nachweislich, verschiedene Organisation besitzen), 


mr 201 


so schliesse ich hier die noch vorhandene Synonymie der Gattung Diatoma mit ebenfalls 35 Specialnamen an: 1) Dialoma arcua- 
Zum (Flora dan. 1812.) = Striatella?, Tessella?; 2) D. auritum Lxxosre (1819) = Odontella; 3) D. biddulphianum 
Acıron (1824) — Tessella?, Odontella?; 4) D. erystallinum Acırnn (1824) — Synedra; 5) D. danica Borr (1824) = 
Bacillaria vulgaris; 6) D. elongatum Acıron (1824) — Bacillaria; 7) D. faseiatum Acıron (1824) — Tessella?; 8) 
D. fasciculata Acaron (1817) — Synedra; 9) D. fenestratum Lwncere (1819) — Bacillaria fenestr.?; Corva (1835) 
= Bacill. tabellaris; Kürzıns (Algae sicc. 1833.) = Baeill. vulgaris; 10) D. flabellatum Jürcens (Algae sicc. VII.) 
—= Gomphonema paradozum; 11) D. ‚flocculosum DECcANDoLLE (1815) = Bacill. vulgaris?, tabellaris?, ‚flocculosa? ; 12) 
D. flocculosa Acaron (1817) — Bacillaria tabellarist, Focculosa?; 13) D. interstitiale Acaron (1832) — Bacillaria?, 
Tessella? ; 14) D. latruncularium AcaruH (1824) — Tessella?; 15) D. Liber v. Sunr (1831) — Isthmia; 16) D. Lyng- 
Öyi Acaron (1824) = Bacill. vulgaris; 17) D. marinum Lyscsre (1819) —= Tessella?, Bacillaria? ; 18) D. moniliforme 
Kürzıne (1831) = Bacill. vulgaris; 19) D.? obliguatum Lxscye (1819) — Isthmia; 20) D. parasiticum Acırpn (1832) 
= Synedra fasciculata?; 21) D. pectinalis Acaron (1817) = Fragilaria pect.; 2%) D. ramosum Acaron (1832) — Gom- 
phonema?, Echinella?; 23) D. rigidum Drcanvorır (1815) — Achnanthes arcuata?; 24) D. scalaris GrarzeLovr (1806) 
= Fragilaria; 25) D. striatulum Acaron (1824) — Tessella?, Striatella arcuata?; 26) D. sulphurascens Acarpn (1832) 
= Bacill. pectinalis? ; 27) D. Swartzii Acarnnm (1817) = Desmidium ; 28) D. tabulatum Acaron (1832) — Synedra?, 
Echinella? ; 29) D. taeniaeforme Acaron (1832) — Tessella? ; 30) D. tenuis Acaron (1812) — Baeill. pectinalis?, vul- 
garis?, elongata?; 31) D. unipunctatum Acarou (1824) — Tessella?; 32) D. variegatum Acaron (1832) — Echinella 
JFulgens?; 33) D.? vesiculosum Acıron (1824) — Isthmia?; 34) D. Vexillum Jürcens (Alg. sice. VI.) = Achnanthes 
longipes; 35) D. vulgaris Borr (1824) —= Bacillaria. Die Namen Diatoma dissiliens Acaron und stipitatum Ac. in STEU- 
per’s Nomenclator botan. sind Schreibfehler. 

Aus diesen Reihen der Namen sind vielleicht noch 3 Arten für die Gattung Bacillaria in der Zukunft festzustellen: 1) Dia- 
toma fenestratum Lvxcsve's wäre durch Rauhigkeit der Panzer in der Mitte, 2) D. marinum durch Rauhigkeit der ganzen Ober- 
fläche allerdings gut characterisirt. Beide möchten zu den ungestreiften Arten gehören. 3) Bacillaria? major ist eine fossile Form 
aus dem Kieselguhr von Isle de France, gestreift 5- bis 6mal länger als breit, mit 9 @Queerstreifen auf */ıoo Linie der Länge. — 
Länge bis "/« Linie. Es kann freilich auch eine Prag:ilaria seyn. 


ZWEIUNDSECHZIGSTE GATTUNG: ‚PLATTENKETTE. 


Tesseilla. Tesselle. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum (saepe implexum nee affıxum), lorica simplici, 
bivalvi aut multivalvi (silicea), prismatica, compressa in tabellam dilatata, spontanea loricae 
perfecta, corporis imperfecta divisione in catenas seu polyparia alternatim dehiscentia, arti- 
culis mobilibus tabellaribus instructa abiens. 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Bacillaries, libre (sowent entortille, Jamais attache), 
ayant une carapace simple, hivalve ou multivalve (siliceuse), prismaligue, comprümee 
et Elargie en forme de tablette, se developpant par division spontanee imparfaile du 
corps, mais parfaile de la carapace en forme de chaines haillantes ou de polypiers 
caleniformes en zigzag, ayant les chainons mobiles tabellaires. 


Die Gattung der Plattenketten gehört zu den freien Stabthierchen, hat einen einfachen, 2- oder 
mehrschaaligen, prismatischen (Kiesel-) Panzer, zeichnet sich aber durch plattenartig breite flache Form 
desselben und durch Entwickelung in ziekzackartige Ketten aus, deren Glieder, der unvollkommnen Selbst- 


theilung des Körpers bei vollkommner des Panzers halber, an einander beweglich sind und keine Stäbchen, 
sondern Platten bilden. 


Diese Gattung wurde 1835 in den Abhandlungen der Berl. Akademie p. 173. zuerst genannt; hier 
wird sie zuerst schärfer bezeichnet. Es sind mir seitdem 3 Arten bekannt geworden, und vielleicht noch 
3 scheinen in früher beschriebenen Formen verborgen zu liegen. — Die Organisation steht zwischen der 
von Achnanthes und von Bacillaria. Die Oeffnungen des Panzers sind noch nicht deutlich beobachtet. 
Es scheinen Längsspalten, keine Löcher zu seyn, und dieser Character ist dann der wichtigere. In der 
Form gleichen sie der Bacillaria tahellaris sehr, aber bei dieser ist jedes Täfelchen ein Bündel von Ein- 
zelthieren. Hier ist es ein einzelnes Individuum. Es siebt Formen mit glattem und mit innerlich gerieftem 
Panzer. — Der Eierstock ist vieltheilig gelappt und erscheint wie eine Vielzahl rundlicher gelbgrüner Flek- 
ken, die aber nicht Eier sind, sondern sie erst enthalten. Das Uebrige ist der Bacillaria u. s. w. analog. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist auf Fühnen in Dänemark, bei Gothenburg in Goth- 
land, auf den Faeroer Inseln und bei Norwegen, vielleicht auch bei den canarischen Inseln, nur im Meere 
beobachtet. i 


>1 


ET Te 1 


239. Tessella Catena, gestreifte Plattenkette. Tafel XX. Fig. VD. 


T. testula laminari, saepe latiore quam longa, striarum transversarum seriebus longitudinalibus numero 4 ad 24. 


Tesselle Chaine, a carapace laminaire, sowvent plus large que longue, ayant 4 a 24 series longitu- 
dinales de raies transversales. 


Tessella Catena, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1835. p. 173. 


Aufenthalt: Im Wasser der Schären bei Gothenburg, zwischen Ceramien lebend zu Berlin beobachtet. 


Vielleicht ist diese Form doch die Fragilaria unipumetata Lysesze’s. Neben den grünen Zerspaltungen des Eierstocks, 
die sich später in grosse Kugeln vereinen, sah ich farblose Bläschen (Magen). Neuerlich sah ich die wellenartigen Längsreihen der 
Striche etwas spiralförmig gestellt. Die 2 Reihen krummer Linien, welche abwechselnd stehen, könnten Stigmate (Oeffnaungen) seyn. 
Bei Y/;6 Linie Länge der Platte zählte ich 28 @Queerstreifen, bei "/o 48. Mithin hat a, 232, oe 28, u dl, 
'/so 16, "ra 145 "os 10, "ı0o 10 Streifen. Länge der Tafeln, d. i. Breite der Bänder , 1, — ro Linie beobachtet. Zwischen 
von Herın Dr. Lov£w gesendeten Algen, hat sie sich vom September bis zum December 1835 in Berlin lebend erhalten. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. VI. 


Fig. 1. eine Kette von 6, !/,, Linie langen, Einzelthieren, 300mal vergrössert, Fig. 2. eine andere von 2 dergl., 500mal vergrössert, bei «. Seiten- 
fläche. Fig. 3. eine Kette von 5, "/4s Linie grossen, Platten, 300mal vergrössert. Die Selbsttheilung geschieht unter der glasigen Oberhaut mit 
Erweiterung der nächsten Theile. 


280. Tessella arcuata, glatte Plattenketite. 


T. testula subquadrata, longitudinaliter continuo lineolata nec transverse striata. 


Tesselle arguee, a carapace presque quarree, longitudinalement lincolee iv lignes continues sans raies 
transversales. 


Diatoma arcuatum, HorsemanN, Flora danica, T. 1598. Fig. 2. 1812. 

Diatoma arcuatum, Lysesye, Tentam. Hydroph. dan. p. 180. Tab. 62. 1819. 
Diatoma striatulum, Asardu, Syst. Alg. 184. p. 6. i 
Striatella arcuata, AGARDH, Conspectus crit. Diatom. 1832. p. 61. zum Theil. 
Achnanthes arcuata, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 574. zum Theil. 


Aufenthalt: Bei Hoffmannsgave auf Fühnen. 


Ich erhielt durch Herrn Horrmann Bane eine grosse Menge davon, offenbar Lynerve’s Pflanze, die auch Hornemann’s 
war. Sie überzieht Ceramium rubrum und elongatum. Asarpn und Kürzıns haben sie mit der Szriatella verwechselt, welche 
gestielt ist und von der ich ein Originalexemplar von Kürzıne besitze. — Länge der Täfelchen !/36 Linie. 


Eine Abbildung konnte nicht mehr gegeben werden. 


281. Tessella interrupta, unterbrochene Plattenkette. 
T. testula subquadrata, longitudinaliter interrupte Iineolata, nec transverse striata. 
Tesselle interrompue, ü carapace presque quarree, longitudinalement lineolee, a lıgnes interrom- 
pues au milieu, alternes, sans raies transversales. 
Aufenthalt: Bei Hoffmannsgave auf Fühnen. 


Diese Art ist mit voriger gemischt, aber sehr verschieden. Sie ist immer kleiner. Ist diese Form vielleicht als Dratoma 
marinum von JürcEns (getrocknete Algen, Heft 19. 9.) gegeben, welche mit der breiteren Conferva taeniaeformis gemischt seyn 
soll? (S. v. Martens, Flora, 1830. ». 411.) — Länge der Täfelchen s Linie. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung Tessella. 


Diatoma fasciatum, D. biddulphianum?, D. interstitiale, D. latruncularium, D. marinum, D. taeniaeforme und 
D. unipunctatum sind vielleicht noch andere Arten dieser Gattung und sämmtlich Seethiere, welche ich nicht sah. 


DREIUNDSECHZIGSTE GATTUNG: BRUCHSTÄBCHEN. 
Fragilaria. Fragilaire. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, liberum, lorica simpliei bivalvi aut multivalvi (silicea), 
prismatica, Naviculam aequans, sed spontanea corporis et loricae imperfecta divisione in ca- 
tenas taeniaeformes integras, fragiles abiens. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, lihre, ayant une carapace simple hivalve ou 
multivalve (siliceuse), prismatique, semblable & une Navicule, mais se developpant par 
la division spontanee imparfaite de la carapace et du corps en forme de chaines 
serrees, semblables ü des rubans fragiles. 


—- 203 - 


Die Gattung der Bruchstäbehen umfasst solche Formen der Familie der Stabthierchen, welche 
durch freie Selbstständigkeit und einen einfachen, prismatischen, zwei- oder vielschaaligen (Kiesel-) Panzer 


den Schiffehen gleichen, aber durch unvollkommene Selbsttheilung des Panzers und Körpers geschlossene 
bandartige, brüchige Ketten bilden. 


Die ersten deutlichen Formen der Gattung beobachtete ©. F. Mürzer 1779 und er beschrieb sie 1785 
als Conferva pectinalis in den Schriften der Petersburger Akademie unter mikroskopischen Pflanzen. Un- 
ter demselben Namen beschrieben spätere Botaniker verschiedene Körper, und diese stellte Asarnn 1812 
zur Gattung Driatoma. Erst 1817 wurden diese Formen von Nırzsch mit der thierischen BZacillaria pa- 
radoxa in ein und dasselbe Reich und in Eine Gattung gestellt. Mit dem Namen Zragdlaria sonderte sie 
LynsgyE 1819 zuerst von den Diatomeen ab, und er zog sie wieder zu den Pflanzen, indem er 8 Arten der 
gleichen Gattung feststellte, die aber, ausser jener einzigen Art, theils Gallionellen, theils Tessellen 
waren. Seit 1822 nannte dann Bory DE ST. Vincent die wahren Fragilarien Mematoplata und bildete 
mit ihr eine Tribus der Zragillaires in der Familie der Arthrodiees, die er seit 1824 nicht mehr zu den 
Infusorien und Thieren, sondern zu den Psychodien, seinem neuen Naturreiche, rechnete. Er führte 1824 
2 Arten der Gattung Nematoplata auf, von denen aber die N. bronchialis eine Gallionella gewesen. 
Asarpn nahm 1824 Lynenve's Gattung Fragdlaria mit 3 Arten bei den Algen auf, und Bory gab seiner 
Gattung NVematoplata 1827 noch eine dritte Art: N. subguadrata (Conf. hyemalis Rortu), und eine 
vierte Art: MV. caudata (Fr. striatula Lyseßye), deren erstere wieder eine Gallionella, deren letztere 
aber unklar ist; jedenfalls wurden zu wissenschaftlichem Nachtheil beiden neue Namen gegeben. Seit 1829 
wurden die Formen dieser Gattung in den Abhandl. der Berl. Akad. d. Wiss. zu den Infusorien gestellt, und 
1831 daselbst 9 Arten verzeichnet. Im Jahre 1832 stellte Acarpu im Conspectus crit. Diatom. Fra- 
güaria striatula in seine neue Gattung Grammonema, und fügte an deren frühere Stelle eine an- 
dere dritte Art der Gattung Fragdlaria hinzu. Kürzıng nahm die Gattung G@rammonema 1833 nicht auf, 
und verzeichnete sammt ihren Formen 5 Arten von Zragüaria. In den Abhandl. d. Berl. Akad. würde 
1833 Fr. rhahdosoma beschrieben. Corpa nannte 1835 eine der Fragdlaria turgidula oder pectinalıis 
ähnliche Art Frag. undulata. Hier werden 9 Arten aufgeführt. 


An Organisationsverhältnissen ist bei allen Arten ein innen glatter oder geriefter Kieselpanzer er- 
mittelt, welcher, bei den grösseren deutlich, nur an jedem Ende 2 Oeffnungen in derselben Ebene besitzt, so 
dass die Berührungsflächen der Kettenglieder Lateralflächen sind und die Theilung dorsal ist. Ganze Ketten 
richten sich zuweilen langsam auf und wenden sich um; einzelne freigewordene Glieder haben fortschrei- 
tende Bewegung. — Polygastrische Magenzellen sind bei Zr. grandis, pectinalis, turgidula und neuerlich 
bei rAabdosoma beobachtet. — Die Fortpflanzungsorgane bestehen in 1 bis 2 bandartigen, grünlichen oder 
gelblichen Eierplatten, welche auch oft unterbrochene Massen bilden und im Alter röthlichbraun erscheinen. 
Nicht selten sind darin dunkle bewegte Körperchen, vermuthlich lebendig zu gebärende Brut. Bei Zr. gran- 
dis, turgidula, scalaris, diophthalma und pectinalis sind 2 bis 4 augenartige unveränderliche farblose 
Flecke beobachtet, welche männliche Sexualdrüsen seyn könnten. Die sichtlichste Vermehrung der Indivi- 
duen geschieht durch dorsale Längstheilung. Bei den meisten Arten wächst die Form in und nach der Thei- 
lung, bei Zr. striatula scheint nach der Theilung das Wachsthum aufzuhören, daher wohl die geringere 
Breite des Basaltheils, im Fall sie nicht optische Ursachen hatte. 


Die geographische Verbreitung ist über ganz Europa bis zum Altai der Tartarei, am Sinai Asiens 
und im rothen Meere beobachtet. Fossile Formen fanden sich seit 1836 im Bergmehl von Isle de France 
und im Polirschiefer von Cassel, mithin in der Tertiärformation der Erdrinde. 


282. Fragilaria grandis, grosses Bruchstäbchen. Tafel XV. Fig. XI. 


F. striata, ampla, longitudine 10mam lineae partem attingens, a latere lanceolata, apieibus obtusis, striis in lineae 
100ma parte 11. 


Fragilaire grunde, rayee, grande, egalant en longueur jusqgu’ & ")s millimetre, lanceolee et obtuse 
aux bouts du cöte lateral, ayant 11 raies dans chaque ‘me d’une ligne. 


Bacillaria crassa, Boryv? Encyclope&d. method. 1824. (Navicula viridis? ) 
Fragilaria grandis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 84. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, vielleicht auch bei Paris. 


Im März fand ich die Form zuerst im Tiergarten und wieder am 18. Mai 1832, bei Pichelsberg ohnweit Spandau mit 
Spongillen im Juli. Die Streifung hat folgendes Verhältniss: '/ıo Linie hat 114, 'ı» 96, "is 64, "zo 57, "ha 48, "so 32, "as 
24, Yo 22, Yo 19, "ra 165 os 12%, Yıoo 11 Streifen. — Beobachtete Längen der Einzelstäbchen Y,;— "io Linie; Breite 3—14- 
mal in der Länge. Länge der Bänder aus 2 bis 33 Stäbchen beobachtet. (Vergl. F. peetinalis.) 


204 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. XI. 


Fig. 1. bandartiger Polypenstock von 33 schmalen Stäbchen, bei x abgeschnitten, mit vorhängenden Eierplatten. Fig. 2. ein ähnlicher von 5 breiten 
Stäbchen, beide mit vielen Magenzellen durchwirkt. Fig. 3. ein etwas grösseres Einzelstäbchen von der Lateralfläche. Fig. 4 ein jüngeres Band 
von 4 Stäbchen. Fig. 5. ein Einzelstäbchen in der Selbsttheilung. Fig. 6. ein einfaches, «. von der Seitenfläche mit 4 mittleren männlichen Se- 
xualdrüsen® Magenzellen?, #. von der Dorsalfläche. Alle sind 300mal vergrössert. Bei Fig. 2. 0.0. sind die 4 Oeffnungen deutlich erkannt 'und 


bezeichnet. 


283. Fragilaria rhabdosoma, gemeines Bruchstäbchen, Tafel XV. Fig. XII. 


F. laevis, gracilis, bacillis singulis Ya —!/ıs lineae longis, 5—20ies longioribus quam latis, a latere utrinque acutis 
acicularibus. 


Fragilaire rhabdosome, lsse, grele, chaque corpuscule ayant !ha—'kme de ligne en longueur, 5 
a 20 fois plus de longueur que de largeur, aigu aux deux bouts du cöte lateral en forme 
d aiguille. > 


Vibrio tripunctatus, MüLLER, Animalc. infus. 1786. zum Theil. 
Bacillaria Palea, 

— Ta, Nirzsch, Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. zum Theil. 

—  pectinalis, 
Bacillaria Lyngbyi, Borv, Encyclope&die me&th. 18%. Turrın, Dict. d’hist. nat. Taf. 1. Fig. b. 1. 1828. 
Frustulia viridis, AGARDH, Systema Algarum, 1824. 
Frustulia Ulna, z N Kürzıne, Linnea, 1833. p. 552. Tab. XIV. Fig. 1, 2. 

= tenuissima , 
Fragilaria rhabdosoma, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. 

— — Mittheilungen der Berl. Gesellsch. naturf. Freunde, 1836. p. 51. 


Aufenthalt: Bei Copenhagen, Berlin!, Halle, Tennstädt und in Schweden. Fossil im tertiären Polirschiefer von Cassel. 


N 


Diese sehr verbreitete Art ist früher mit Bacillarien, Symedris und Naviculis verwechselt worden. Zuweilen bildet sie 
sehr feste Bänder, zuweilen findet man sie in lauter einzelne Stäbchen zerfallen, die lebendig umherkriechen. Für Ungeübte ist die 
Form schwer von Synedra und den ähnlichen Naviewlis zu unterscheiden. Oft bleiben auch dem Geübten Zweifel; doch giebt es eine 
Möglichkeit scharfer Unterscheidung, wenn man Zeit und Mühe daran wenden will, durch die Zahl und Stellung der Oefinungen. Nicht 
selten löst sich der Eierstock in braune bewegte Kügelchen auf, welche den Panzer erfüllen. Die Stäbchen sind breiter und schmäler, 
sehr verschieden. Hier, wie bei den Navsewlis, ist der Eierstock zuweilen lebhaft grün, oft gelb oder bräunlich. — Länge der Ein- 
zelstäbchen '/4s bis "Jıs Linie beobachtet; Breite 5—20mal in der Länge. Bänder oft '/, bis mehrere Linien lang. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. XI. 


Fig. 1. bandartiger Polypenstock mit grünem, im Alter braunem, Eierstock. Fig. 2. grössere Form mit deutlicheren Oeffnungen an den Enden. Fig. 3. 
a. Bauchfläche eines Einzelstäbchens, $. Lateralfläche. Fig. 4. in der Selbsttheilung begriffenes Band mit abwechselnd stärkeren Queerlinien. Fig. 5. 
Eierstock, durch grosse einzelne Magenzellen (?) eigenthümlich zertheilt, mit ungleich breiten Stäbchen. Fig. 6. ‚enthält in einigen Stäbchen bei X 
bewegte Pünktchen (Brut?) anstatt des Eierstocks. Fig. 7. andere Form des grünen Eierstocks mit deutlichen 2—4 Platten. Fig. 8. gelber Eier- 
stock in 2 Platten. Fig. 9. Form mit je 2 farblosen Blasen (Drüsen?) in jedem Stäbchen. Zuweilen: sind noch einzelne zerstreute ähnliche, wohl 
Magenzellen, sichtbar. Fig. 10. sind grössere ganz zerfallene Stäbchen, welche schwer von Synedra Ulna zu unterscheiden sind. Fig. 11. ist 
eine lange Bandkette, in der Mitte gewendet. Die optische Verkürzung durch Wenden der Bandform hat wohl auch bei MüLrer’s Conferva pecti- 
nalis und Lynesye’s Fr. siriatula die abnehmende Form bedingt. — Alles 300mal vergrössert. 


284. Fragilaria turgidula, breites Bruchstäbchen. Tafel XV. Fig. XII. 
F. striata, bacillis latioribus, bis terque longioribus quam latis, strüs in quavis centesima lineae parte 9. 
Fragilaire elargie, rayce, a corpuscules elargis, 2 a 3 fois plus longs que larges, ayant 9 raies 
dans chaque centieme d’une ligne de sa longueur. 


Fragilaria turgidula, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 86. 
Fragilaria undulata, Corda? Almanac de Carlsbad, 1835. Taf. IV. Fig. 39, 40. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, vielleicht auch bei Carlsbad. 


Im September 1831 bei Berlin entdeckt, im Febr. 1835 und dann öfter wieder beobachtet. Eierstock grünlich. Streifung: 
!ıs Linie 20, Yo 16, Yr2 13, Yo 10, Yıoo 9, Yızo 85 Yaao 4 — Länge der Einzelstäbchen beobachtet Ya — "io —!/ıs Linie. 
Breite 2- bis 3mal in der Länge. i - 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. XII. 


Fig. 1. Kette von %/,,, Linie Breite; Fig. 2. von !/iao Linie Breite; Fig. 3. von !/,; Linie Breite. Die 4 Bläschen in jedem sind wohl Samen- 
drüsen?. Vergrösserung 300mal. 


285. Fragilaria multipunctata, punktirtes Bruchstäbchen. Tafel XV. Fig. XIV. 
F. laevis?, bacillis angustis, 8—16ies longioribus quam latis, ovario aureo multipartito. 
Fragilaire pointillee, lisset, a corpuscules greles, 8 & 16 fois plus longs que larges, ayant Vovaire 
jaune d’or decoupe en plusieures parties. 


Bacilleria multipunctata, Symbolae physicae, HEmPRıcH u. EurEnBers. 1828. Tab. Evertebrat. I. Phytozoa. 
Fragilaria multipunctata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch, zu Berlin, 1829. p. 16, 20. 1831. p. 85. Symb. physic. Text. 1831. 
Fol. d. Polygastrica. 


A ufenthalt: Wadi Essöle des Sinaigebirges in Arabien. 


2 Vielleicht ist diese, 1823 zwischen Conferven entdeckte, Form doch mit Fr. rhabdosoma zu vereinen. — Länge "as — ' .. 
Linie beobachtet. Die kleineren kettenartig, die grösseren mehr einzeln. 


, BB -- —_—._ 


= Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. XIV. 


Fig. ee is Linie breites Band; Fig. 2. t/,, Linie breites Band. Beide 200mal vergrössert. Die Zeichnungen sind von mir in Tor am Sinai 
gefertigt. 


2S6. Fragilaria bipunctiata, Doppelpunkt-Bruchstäbchen. Tafel XV. Fig. XV. 
F. laevis?, bacillis crassioribus brevibus, 4 ad 5ies longioribus quam latis, ovario aureo in maculas duas punctiformes 
contracto. 
Fragilaire a deux points, lisse, a corpuscules Epais courts 4 a 5 fois plus longs que larges, ayant 
Fovaire jaune d’or, serre en forme de deux taches arrondies. 


Bacillaria bipunctata, Symbolae physicae, Hrmrrıcah u. EHRENBERG. 1828. Tab. Evertebrata I. Tab. II. Fig. IV. 11. 
Fragilaria bipunctata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 16, 20. 1830. p. 63, 69. 1831. p. 85. Symbolae 
physic. Text. 1831. Evertebrata Fol. d. Polygastrica. & ; 


Aufenthalt: Im Wadi Essele des Sinaigebirges und bei Catharinenburg im Ural beobachtet. 


Auch diese Form ist vielleicht von Fr. rhabdosoma nicht zu trennen. Die früheren Beobachtungen derselben erlauben aber 
keine sichere Entscheidung. — Beobachtete Länge der Einzelstäbchen ?/s« Linie am Sinai, *ıoo Linie am Ural. Breite 4—5mal in 
der Länge. 


Erklärung der Abbildung Taf. XV. Fig. XV. 


Es ist die am Sinai beobachtete, 200mal vergrösserte, Form. 


287. Fragilaria angusta, schmales Bruchstäbchen. Tafel XV. Fig. XVI. 
F. laevis?, bacillis gracilibus, 5 ad 6ies longioribus quam latis, ovario fulvo aut viridi. 
Fragilaire etroite, lisse?, ü corpuscules greles, 5 a 6 fois plus longs que larges, ayant Vovaire 
Jawe ou vert. 
Fragilaria angusta, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62, 68, 70. 1831. p. 85. 
Aufenthalt: Im Tobol bei Tobolsk in Sibirien und im Samara-Flusse hinter Saratof in Russland. 


‚Auch diese Form ist nicht sicher als besondere Art. Sie kann zu Fr. rhabdosoma gehören, im Fall sie wirklich ungestreift 
war. — Länge bei Tobolsk "0, bei Saratof */,s Linie, 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. XVI. 
Fig. 1. Zeichnung, die ich in Tobolsk entworfen; Fig. 2. von Saratof, beide 250mal vergrössert. 


288. Fragilaria scalaris, leiterförmiges Bruchstäbchen. Tafel XV. Fig. XVIL. 


F. laevis?, bacillis gracilibus, 7 ad 8ies longioribus quam latis, ovario fulvo. 


Fragilaire Echelle, lisse?, a corpuscules greles, 17 & 8 fois plus longs que larges, ayant TV ovaire fauwe. 


Fragilaria scalaris, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 63, 68, 69. 1831. p. 8. 
Aufenthalt: Bei Saratof an der Wolga und bei Catharinenburg im Ural Asiens. 


Sie wurde mit den übrigen russischen Formen auf der Reise mit Herrn Arrx. v. Humsoıor 1829 beobachtet, ist aber 
wohl auch nur eine Form der Berliner Fr. rhabdosoma gewesen. Bei Catharinenburg waren die Bänder '/s Linie, bei Saratof /,, 
Linie breit. Die beiden Bläschen in jedem Körperchen sind wohl Drüsen?. 


Erklärung der Abbildung Tafel XV. Fig. XVH. 


Es ist die in Saratof von mir beobachtete und gezeichnete Form, 250mal vergrössert. 


289. Fragilaria diophihalma, zweiäugiges Bruchstäbchen. Tafel XV. Fig. XVII. 
F. laevis?, bacillis latioribus, ter quaterve longioribus quam latis, ovario aureo in maculas duas discretas punctifor- 
mes disposito. 


Fragilaire diophthalme, lisse?, a corpuscules elargis, trois ou quatre Jois plus longs que larges, 
ayant Tovaire jaume d’or, dispose en deux taches en forme de points separes. 
Bacillaria diophthalma, HEmrricH u. EHRENBERG, Symbolae physicae. Evertebrata I. Tabulae 1828. Tab. III. Fig. VI. 4. 
s Fragilaria diophthalma, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. 
Diatoma Navicula, Corda, Almanac de Carlsbad, 1835. Taf. IV. Fig. 41, 4%. 


Fragilaria diophthalma, \) Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p.8&. Mittheilungen der Berl, Gesellsch, 
—  fissa, N naturforsch. Freunde, 1836. p. 51. 


Aufenthalt: Lebend im rothen Meere bei Tor am Sinai Arabiens?, bei Berlin! und Carlsbad. Fossil im Polirschiefer von Cassel. 


Diese Art wurde 1823 von mir auf der Reise mit Dr. Hrmrrıcn in Arabien beobachtet. Die Charactere, welche ich da- 
mals bis 1831 für wichtig zur Unterscheidung der Arten hielt, sind es jetzt nicht mehr, und obwohl ich die Form jetzt lieber als 
blosse Abänderung der Fr. rhabdosoma ansehen möchte, so ziehe ich doch vor, die Entscheidung aufzuschieben, bis eine neue, wenn 
auch späte, Beobachtung an jenem Orte eingetreten seyn wird. Die Frag. ‚fissa von Berlin steht der arabischen an Gestalt nahe, und 
die Form des Eierstocks kommt bei ihr zuweilen eben so vor. Letztere ist ohne Streifen und könnte, sammt der fossilen Form, frag- 
lich auch der Jugendzustand der Fr. rhabdosoma gewesen seyn (vergl. den Nachtrag). — Länge der Einzelstäbchen bei Tor !/s, Li- 
nie, bei Berlin %5 Linie. Vielleicht gehörte auch Fr. diophthalma des vothen Meeres zur Bacillaria Cleopatrae. 


. >2 


206 


Erklärung der Abbildung Taf. XV. Fig. XVIH. 


Es ist ein Exemplar der F\. fiss« von 1831 aus dem Thiergarten bei Berlin, 300mal vergrössert. - Den Namen erhielt sie wegen des in 2 
Längshälften gespaltenen Eierstocks. Jedes Stäbchen hat 4 augenartige Drüsen, wie F. turgidula. Die arabische Form ist in den Symbolis physi- 
cis abgebildet. - 


290. Fragilaria pectinalis, kammartiges Bruchstäbchen. Tafel XVI. Fig. I. 


F. striata, bacillis latis, bis quaterve longioribus quam latis, a latere turgido-lanceolatis, ovario fulvo, stris in qua- 
vis centesima longitudinis parte 8. 


Fragilaire Peigne, rayce, a corpuscules larges, 2 a 4 fois plus longs que larges, gonflee et lan- 
ceolee du cöte lateral, ayant TV ovaire fawe et 8 raies dans chaque centieme d’une ligne de sa 
longueur. 

Conferva pectinalis, MüLzer (1779), Acta nov. Acad. Petropolit. III. p. 91. Tab. I. Fig. 4—7. 1785. zum Theil. 
Diatoma pectinalis, AGARDH, Disposit. Algar. Sueciae, 1811. 
Bacillaria pectinalis, Nırzsch, Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. zum Theil. 


Fragilaria pectinalis, Lynesve, Tent. Hydrophyt. dan. p. 185. Tab. 63. Fig. D. 1819. 
Fragilaria pectinalis, AsarDa, Syst. Algarum, p. 7. 1824. zum Theil. 


Nematoplata pectinalis , \ Borv, Dict. classique, 1822. Arthrodiees; 1877. Nematoplata. 
—_ bronchialis , 
Fragilaria pectinalis, Abhandl. der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 53, 63, 68. 1831. p. 85. (1833. p. 319.) 
Fragilaria pectinalis, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 73, 586. 
Fragilaria pectinalis, Br£sısson? Comptes rendus de !’ Acad. d. sc. de Paris, 1836. Nr. 20. p. 577. Turrın ibid. p. 579. 
Fragilaria pectinalis, Bericht d. Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 45. 
Aufenthalt: Lebend in den Bächen Dänemarks und der Faeroer Inseln, bei Halle, Berlin!, in Deutschland sehr verbreitet, bei Pa- 
ris, bei Saratof an der Wolga in Russland und im Altai auf dem Gipfel der Prochotnoi-Alpe in Asien beobachtet. Fossil viel- 


leicht in Isle de France im neueren Bergmehl, deutlicher im Bergmehl von Degernfors in Schweden. 


Bei Berlin ist diese Form nicht so häufig, als Fr. rhabdosoma, und viele Synonyme der Conferva pectinalis dergl. sind 
unsicher. Ich habe Lynesve’s Abbildung als Typus angenommen, da MürLrer’s Zeichnung nicht fein und bestimmt genug ist, und 
ich besitze Exemplare von den Faeroer Inseln, wo sie LyncgyeE angiebt, durch Hormann Bane’s Güte, unter dem wohl zufälligen 
Namen Fr. hyemalis. Das Abnehmen der Breite der Bänder gegen die Basis, welches auch bei Fr. szriatula angegeben wird, halte 
ich (auch bei MÜLLER) für optische Täuschung durch Wenden der Bänder, obschon geringere Differenzen in der Breite vorkommen. 
Die Form des Altai war lebhaft grün, und in Berlin wiederholt geprüfte trockne Exemplare von da zeigen keinen Unterschied von der 
Berliner Form. Im fossilen Zustande sind Bacillarien und Fragilarien bis jetzt nicht zu unterscheiden. Die Seitenflächen sind 
bei den fossilen Formen verschieden, mehr der Bac. vulgaris ähnlich. Streifung: "/;; Linie hat 24, /ıs also 18, */so 16, "so 14, 
!a2 12, "os 9, "oo 8, "oa 4—5 Streifen. Länge der Einzelstäbchen von '/ıo2 bis "/s6 Linie beobachtet. Br£sısson nennt 
den innern weichen Körper Sarcode und Chromule, und theilt sehr spät (1836) mit, dass er vor Kürzına (1833) den Kieselgehalt der 
Panzer gekannt habe. Aus diesem Kieselgehalte bestimmt er 2 Abtheilungen der Diatomaceen, negativ Desmidieces, positiv Diato- 
mees. Ich habe diesen chemischen Unterschied absichtlich ausgeschlossen, obschon er oft leitend ist für die richtige Stellung, und 
schon 1833 von Kürzınsg und mir (p. 319.) auf ihn aufmerksam gemacht worden war. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVI. Fig. I. 


Es sind am Altai 1829 in Riddersk gezeichnete Abbildungen bei 310maliger Vergrösserung des Durchmessers. 

Fig. 1. ist ganz ausgeführt mit seiner Streifung, wie man sie im trocknen Zustande sieht. Fig. 2. ist lebend, wobei die Streifung nur schwer erkannt 
wird, mit vielen inneren Bläschen, deren Mehrzahl Magen zu seyn scheinen. Die 4 mittleren sind vielleicht Drüsen. Bei x Ansicht der Lateral- 
fläche. Fig. 3. eine ältere Form. Fig. 4. und 5. verschiedene Bildung und Grösse desselben. Fig. 6. in der Selbsttheilung begriffen, mit schein- 
bar quadratischen Stäbchen, deren jedes aber schon 8 Oefinungen hat. Das mittlere ist bereits abgetheilt. + Lateralfläche. Bei den Lateralflächen 
sehe ich jetzt die Queerstreifung ohne Unterbrechung durchgehen. 


Nachtrag zur Gattung Fragilaria. 


1 


Die hier aufgezählten 9 Arten sind noch nicht hinlänglich begründet, und es fehlt am Material dazu. Als sicher sehe ich 
die 4 Arten: F. grandis, rhabdosoma, turgidula und pectinalis an. Die übrigen 5 ausländischen sind vielleicht mit der inländi- 
schen F. rhabdosoma zu vereinen. Die früheren Unterscheidungsmerkmale haben jetzt ihre Gültigkeit verloren. Im Ganzen hat man 
bisher der Gattung 22 Artnamen direet gegeben. Ausser den hier aufgezählten 9 Arten sind es folgende 13 Namen: 1) Fragilaria 
affinis Horrmann Bans (1824) — Oscillatoria Flos aquae Acaron (Syst. Alg. 1824.); 2) F. fasciata Lyncsye (1819) 
— Tessella?; 3) F. fissa E. (1831) — Frag. diophthalma; 4) F. hyemalis Lyscere (1819) = Frag. pectinalis, F. rhab- 
dosoma?, Gallionella aurichalcea (Fig. 5—6.); 5) F. Jürgensü Kürzıne (1833. p. 587.) = Tessella?; 6) F. latruncula- 
ria Lyncsre (1819) — Tessella?; 7) F. lineata Lyxcere (1819) — Gallionella lineata; 8) F. nummuloides Lyxcsve 
(1819) —= Gallionella moniliformis; 9) F. salina Kürzıns (1833. p. 72.) = Achnanthes brevipes; 10) F. striatula Lxxc- 
srE (1819) = Fragilaria?; 11) F. tenuis Acaron (1832) = Frag. rhabdosoma?; 12) F. undulata Corva (1835) = Frag. 
turgidula? ; 13) F. unipunctata Lysosye (1819) —= Tessella? (s. Achnanthes). 

Corna’s Gattungen Syrinx annulatum (?) und Paradesmus Foliolum (1835. Almanac de Carlsbad, Taf. IV.) sind 


wohl undeutliche Arten von Fragiaria. Grammonema Acırou (1832) s. Tessella arcuata. Conferva bronchialis Roru scheint 
mir keine Fragilaria, sondern eine Gallionella gewesen zu seyn. 


207 


VIERUNDSECHZIGSTE GATTUNG: FÄCHERSTÄBCHEN. 
Meridion. Meride. 


CHARACTER: Animal e familia Baeillariorum, liberum, lorica simplici, bivalvi aut multivalvi (silicea), 


prismatica, cuneata, divisione spontanea imperfecta in catenas spiriformes, subeirculares, 
fragiles abiens. 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Bacillaries, lihre, ayant une carapace simple, hivalve 
ou multivalve (siliceuse), prismatique, cuneiforme, se developpant par la division spon- 
tande imparfaite en forme de chaines spirales presque circulaires, fragiles. 


Die Gattung der Fächerstäbchen enthält freie Formen der Stabthierchen, welche bei einfachem, 
zwei- oder mehrschaaligem (Kiesel-) Panzer eine ‚keilförmig prismatische oder verkehrt pyramidale Form 
haben und daher bei eintretender unvollkommner Selbsttheilung spiralförmige, fast ringartige, brüchige Ket- 
ten oder Bänder bilden. 

Die Gattung Meridion errichtete Acarnn 1824 als Algengattung, besonders aus Lyxegye’s Zehi- 
nella olivacea, mit 3 Arten; die ausgezeichnetste 4te Art entdeckte schon früher 1820 GreviLLE in Schott- 
land bei Edinburg, und nannte sie 1822 Zchinella circularis als Pflanze. Diese Art ist von jenen frühe- 
ren allein geblieben. Borv hielt die Gattung 1827 für Urschleim (Chaos) mit Echinellen (Diet. classig.). 
Dosy hatte sie 1828 Prustulia circularis genannt. LEIBLEIN nannte sie 1830 Meridion vernale. AcARrDH 
gab ihr 1831 den Namen Meridion circulare. Im Jahre 1830 wurden in den Abhandl. d. Berl. Akad. 


2 russisch-asiatische Formen dieser Gattung zuerst unter den Infusorien als Zwilaria Flabellum und pan-. 


duriformis angezeigt, 1833 (1832) aber ebenda p. 297. zu Meridion gezogen. Kürzıne nahm 1833 das 
M. circulare und ovatum, nur ersteres sicher, wieder bei den Pflanzen auf, und CorpA beschrieb 1835 
ein Meridion cordatum als Thier. Nur Eine Art der Gattung ist scharf beobachtet. Die Organisation ist 
der der Fragilarien sehr ähnlich, doch habe ich nur immer vorn am breiten Ende jedes Stäbchens, nicht 
am schmalen, 2 Oeffnungen gesehen, was ein wichtiger Character seyn würde. Ein 4blätteriger Eierstock 
und viele Magenzellen sind beobachtete Organisationstheile. Die Cirkelform ist nicht, wie Kürzıne angiebt, 
die natürliche, sondern eine erworbene, und ist sogar nur optische Täuschung, indem das spiralförmige Band, 
in der Schraubenaxe gesehen, nur so ringartig erscheint, wie es in den Abhandl. d. Berl. Akad. 1835. p. 173. 
angezeigt wurde. 


Die geographische Verbreitung der wahren Formen dieser Gattung ist über ganz Europa bis nach 
dem sibirischen Asien beobachtet. Einzelne Stäbchen sind schwer von @omphonema-Stäbchen zu unter- 
scheiden, doch haben letztere noch eine mittlere Oeffnung ausser den 2 vorderen. 


291. Meridion vernale, Frühlings-Fächerstäbchen. Tafel XVI. Fig. II. 


M. corpusculis cuneatis striatis, apice truncatis crenatis, polyparii spiris saepe in eirculos perfectos convolutis. 


Meride du printemps, a corpuscules cuneiformes rayes, trongues et denteles au bout anterieur, pre- 
sentant les tours de spirale de son polypier souvent parfaitement circulaires. 
Echinella circularis, GREVILLE in Wernerian Society, IV. p. 213. Taf. VI. Fig. 2. 1822. Scott. cryptog. Flora, I. Taf. 35. 183, 
Frustulia circularis, Dusy, Botanicon Gallicum, p. 991. 1828. 
Echinella ventilatoria, DESMAZIERES (1828.2), nach AcArDn. 
Eiilaria Flabellum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62, 68. 1831. p. 86. 
Meridion vernale?, LeısLeın, Flora, bot. Zeitung, 1830. I. p. 308. Tab. I. Fig. 1. a—g. 
Meridion circulare, AGARDH, Consp. crit. Diatoı. p. 40. 1831. 
Meridion Flabellum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 297. 
Meridion eirculare, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 558. Taf. XV. Fig. 37. 
Meridion cordatum, Corpda? Almanac de Carlsbad, 1835. Taf. IV. Fig. 51, 52. 
Meridion vernale, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1835. p. 173. Podosphenia. 


Aufenthalt: In Schottland, Frankreich, Belgien, auf Fühnen in Dänemark, bei Christiania in Norwegen, bei Würzburg, bei Erfurt, 
Weissenfels und im Thüringer Walde, bei Carlsbad ?, bei Berlin! und hinter Saratof in der Samara im östlichen Russland! beobachtet. 


Der Entdecker dieser sehr auffallenden organischen Bildung hielt die Ringform für geschlossen und für besonders interessant. 
Dieselbe Ansicht hatten Acarpm, Leisreın und vorzüglich neuerlich Kürzıne. Die nicht geschlossenen Ringe hielt man für Frag- 
mente. Diese Ansicht muss man aber umkehren. Es giebt gar keine geschlossenen Ringe und kann keine geben, und die scheinbaren 
Cirkelfragmente sind meistens die Anfänge von Spiralbändern, entstanden durch Längstheilung keilförmiger Stäbchen. Bei zu schwacher 
Vergrösserung bleibt die Spiralform oft unklar, bei starker lässt sie sich immer erkennen. Die russischen Formen hielt ich sonst 
(1829) für eine eigene Art, M. Flabellum. Seit ich das wahre Mer. vernale hei Berlin, wo es Herr Dr. FockE entdeckte, in 
zahlloser Menge fand, halte ich die russische Art für dieselbe. DesmAzıEres hat es nach Acaron in Belgien, Horrmann Bang 
(dessen Güte auch ich Original-Exemplare verdanke), in Fühnen, Bryrr bei Christiania, Leigreın hat es bei Würzburg im Main, und 
Kürzıne bei Erfurt, Weissenfels und im Thüringer Walde beobachtet. Corpa’s Mer. cordatum hätte bei stärkerer Vergrösserung 
oder schärferer Beobachtung sich wohl als dasselbe gezeigt. Da er doch wohl die Qucerstreifung übersehen hat, mag es auch mit den 


208 - 


3 vorderen Zähnen derselbe Fall seyn. Die bemerkten Organisationsverhältnisse der Gattung beziehen sich auf diese Form. Streifung: 
1,0, Linie Länge hat 35, Ys 32, "so 24, "so 21, ao 18, Yas 16, "so 14, "oo 12, Y 10, Yo 8-9, *ıoo 7 Queerstreilen. — 
Beobachtete Länge der Stäbchen Yos—"zo Linie. Massenbildend sah ich sie bei Berlin nur im Februar und März 1835, einzelne 
Stäbchen und Ringsegmente sah ich zu allen Zeiten. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVI. Fige. IM. 


Fig. 1., 2., 5., 7., 8., 10. sind bandartige krumme Monadenstöcke von verschiedener Länge und verschiedener Grösse der Stäbchen. Fig. 8. !/os, 
Fig. 10. !/,, Linie gross, dieses mit Magenzellen. Fig. 3., 4, 9. sind ringartige Spiralbänder, durch fortschreitende Entwickelung jener entstanden. 
Alle diese von 1—10. sind von der Bauch- oder Rückenfläche gesehen. Fig. 6. eine zerfallende Form, worin 2 Stäbchen von der Seitenfläche sicht- 
bar sind. Fig. 11. ein kleines Einzelthierchen in einfacher Selbsttheilung von der Bauchfläche, x von der Seitenfläche. Fig. 12. dasselbe von oben 
und vorn, zeigt einen 4theiligen Eierstock in den 4 Ecken. Fig. 13. ein Einzelthierchen von oben und vorn. Alle diese sind von Berlin, 300mal 
vergrössert. Fig. 14—17. sind in Saratof 1829 von mir gemachte Zeichnungen. 


292. Meridion? panduriforme, geigenartiges Fächerstäbchen. Tafel XVI. Fig. IM. 
M. corpusculis panduriformi -cuneatis capitatis, capitulo turgido subacnto. 
Meride Violon, a corpuscules cumeiformes sinueux, de la forme d’un violon, termine en bouton (tete) 
gonfle legerement aigu. 


Exilaria panduriformis, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 62. 1831. p. 86. 
Meridion panduriforme, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 297. 


Aufenthalt: In der Iset bei Catharinenburg im Ural Asiens. 
Die Form fand sich 1829 auf der Reise mit Herrn von Humsoıpr. Aus früheren Zeichnungen von Berlin sehe ich, dass 


‚ ich schon 1827 eine ähnliche Form bei Berlin beobachtete. Beide bin ich aber jetzt geneigter für Echinellen zu halten, die unvoll- 
ständig beobachtet wurden. Die Form der Stäbchen erinnert an Gomphonema acuminatum. — Länge der Einzelstäbchen ss Linie. 


Nachtrag zur Gattung Meridion. 


Es sind 7 verzeichneten Arten dieser Gattung 8 Specialnamen gegeben worden, wovon nur 2 hier angewendet sind und nur 
einer sicher ist. Für die sichere Art wurde zuerst der Name eörcwlaris, ringartig, gegeben; da derselbe aber einen falschen Begriff 
einschliesst und: verbreitet hat, so habe ich den ebenfalls vacanten Namen vernale vorgezogen, weil er der erste und Hauptname von 
Acırou’s Gattung Meridion war. Die übrigen Namen deute ich, wie folgt: 1) Meridion circulare Acarnn (1831) = Meridion 
vernale;, 2) M. cordatum CorvAa (1835) — Merid. vernale?; 3) M. Flabellum E. (1830) = Merid, vernale;, 4) M. ovatum 
AcarnH (1824) = Arthrodesmus?, Micrasterias?; 5) M. radians Acanon (1824) — Echinellae variae species; 6) M.ver- 
nale Acaron (1824) — Gomphonema olivaceum; T) Echinella ventilatoria Desmazıeres (1828?) = Meridion vernale. — 
Melosira fragilis Kürzıne (1833) könnte auch wohl ein Achnanthes gewesen seyn, kaum ein Meridion. 


DRITTE SECTION: ECHINELLEA. 


Fest angeheftete, unfreie Stäbchen. 


FÜNFUNDSECHZIGSTE 6ATTUNG: ISTHMENTHIERCHEN, ISTHMIE 
Isthmia. Isthmie. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, altero fine loco affıxum, divisione spontanea longitudinali 
imperfeeta concatenatum, lorica (silicea) simpliei, singula latiore quam longa, catenae arti- 
culis hiantibus, isthmo connexis (= Baeillaria loco affıxa). 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, attache par un de ses bouts, se develop- 
pant par la division spontanee imparfaite longitudinale en forme d’une chaine, ayant 
la carapace (siliceuse) simple, plus large que longue, les chainons des polypiers bail- 
lants et reunis par un Isthme. 


Die Gattung der Isthmenthierchen unterscheidet sich in der Familie der Stabthierchen durch An- 
geheftetseyn mit einem ihrer Körperenden, durch Kettenbildung aus unvollkommner spontaner Längsthei- 
lung, durch einen einfachen Kieselpanzer der Einzelthierchen von mehr Breite als Länge, und durch Klaffen 
und Aneinanderhängen der breiten Kettenglieder vermittelst eines verengerten Theils (ZsZhmus). 

Die Gattung Zsihmia sollte eigentlich Ziddulphia heissen. Denn AsArpn bildete jene erst im Jahre 
1832 aus der Conferva obliguata der English botany, und gesellte dazu sein Diatoma vesiculosum als 
2te Art, welche beide Gray schon 1831 in seiner Gattung Ziddulphia abgesondert hatte, und unterdrückte 


diesen Namen durch den neuen, indem er Gray’s 3te Art, Ziddulphia pulchella, „ls Diatoma biddul- 
phianum verzeichnete. Kürzıne hat 1833 in der Zinnea die Gattung Biddulphia wieder hergestellt, in- 
dem er das Diat. biddulphianum sammt dem Diat. vesiculosum darin verzeichnete, die Conferva ohli- 
qguata aber allein in der Gattung Zsthmia beibehielt. Hier wird dieselbe Ansicht noch mehr befestigt, aber 
die Gattung Ziddulphia, als auf bestimmten, aber noch nicht hinlänglich beobachteten, Formen und Cha- 
racteren beruhend, noch übergangen, da die Arten eine weiche Haut, keinen Kieselpanzer haben sollen. 
Eine 2te Art dieser Gattung wurde 1836 in den Mittheilungen der Berliner naturf. Gesellschaft. beschrieben. 
— Vom Organisationsgehalt ist Folgendes beobachtet: Der Panzer ist eine geschlossene zellige einschaalige 
flache Büchse, welche nur da eine seitliche Oeffnung zu haben scheint, wo der Fuss oder Zsihmus ist. 
Die Glühhitze und Säuren zerstören den Panzer nicht. Im Innern ist ein in viele kleine Flocken zertheil- 
ter, dem Eierstock ähnlicher, Theil, welcher sich periodisch in eine grosse mittlere Kugel zusammenzieht. 
Besondere Magenzellen sind nicht erkannt, aber Selbsttheilung in der kürzeren Körperaxe, welche als Queer- 
axe erscheint, aber eigentlich Längsaxe ist, oft beobachtet. 


Die geographische Verbreitung ist sehr weit ermittelt. Isthmia obliguata soll im Südmeere vor- 
kommen, ist wahrscheinlich bei den Canarischen Inseln, ist bei England, den Faeroer Inseln, bei Gothen- 
burg und Island beobachtet. Bei Gothenburg ist auch die te Art gefunden. 


293. Isthmia obliquaita, geripptes äisithmenthierchen. Tafel XVI. Fig. V. 


J. corpuseulorum forma fere quadrata, trapezoide, compressa, media cellulosa utroque fine late transversim striata. 


Isthmie oblique, a corpuscules presque quarres, trapezoides, comprimes, celluleuxz au milieu, a lar- 
9 ’ 9 
ges bordures transversalement rayees. . 


Conferva obliquata, Smit#, English botany, Tab. 1869. 1808. 

Diatoma obliquatum, Lvsesye, Tentamen hydroph. dan. 1819. Tab. 62. 
Diatoma? obliquatum, AGARDH, Systema Algarum, 1824. p. 6. 

Diatoma Liber, v. Suur?, Regensb. bot. Zeitung, Flora, 1830. 
Biddulphia obliqua, Gray, Arrandgment of brit. plants, 1831. 

Isthmia obliquata, AGARDH, Conspectus crit. Diat. p. 55. 1832. 

Isthmia obliquata, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 579. Tab. 59. 


Aufenthalt: Im Südmeere, vielleicht bei den canarischen Inseln im atlantischen Meere, häufig bei den Faeroer Inseln, bei England, 
bei Gothenburg in der Nordsee und bei Island. 


Dieser sehr ausgezeichnete, grosse Körper sitzt häufig auf Seealgen. Auf Prlota flaccida des Südmeeres fand ihn Graf 
Caspar STERNBERG nach Acarpn, auf Sphaerococcus corneus von den canarischen Inseln von Sunr, auf Prlota plumosa, 
Plocamium coccineum und Delesseria alata und sinuosa der Kaeroer Inseln Lyxegye. Ich selbst fand ihn auf Calluhamnium 
Fruticulosum von Gothenburg, und habe beide Arten der Gattung über 4 Monate lang in Berlin lebend erhalten. Er bildet zickzack- 
artige Ketten, welche oft in grosser Menge beisammen angeheftet sind, zuweilen auch durch wiederholte Selbsttheilung eines und des- 
selben Thierchens verzweigt werden. Der anheftende Fuss ist ohne Kieselpanzer, weich, und neben ihm scheint in der Schaale die 
Hauptöffnung des Thieres zu seyn, die ich aber nie völlig scharf sah. Die Selbsttheilung geschieht in der Mitte unter der glasigen 
Oberhaut, welche dann abspringt, wie bei Achnanthes, Gallionella u. s.w. Der erst grüne Eierstock wird später violet und schwärz- 
lich. Ich zählte auf jeder Hälfte seitlich 12 bis 13, zuweilen anastomosirende, Sehnen (innere Rippen?). Ich vergleiche die Bildung 
mit einer kürzern als breiten Navieula (Surirella) splendida. Suur’s Diatoma Liber der canarischen Inseln passt der Beschrei- 
bung nach nicht übel, allein Acarpm scheint dasselbe später als Diaz. interstitiale beschrieben zu haben, welches denn verschieden 
wäre. Mein Freund, Dr. Turenemann in Dresden, hat sie bei Island gesammelt und mir gesendet. 
bis Y/ Linie. Breite bis doppelt grösser als die Länge. 


Grösse der Einzelthierchen 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVl. Eis. V. 


Es sind 3 kettenartig verbundene und verzweigte Thierchen von der breiten Seite, Lateralfläche?, und 4 bei x von der schmalen (Rücken -) 
Fläche?, 150mal vergrössert. 


294. Isthmia enervis, glattes Isthmenthierchen. Tafel XVI. Fig. VI. 


I. corpusculorum forma elongata, multo latiore quam longa, trapezoide, turgida, media cellulosa, utroque latere late 
reticulata nee striata. : 


Isthmie lisse, a corpuscules allonges, beaucoup plus larges que longs, trapezoides, gonfles, cellu- 
leux au milieu, largement reticules sans raies aux deux bouts. 
Isthmia enervis, Mittheilungen der Berl. Gesellsch. naturf. Freunde, 1836. p. 4. 
Aufenthalt: Bei Gothenburg im Kattegat. 
Ich hatte beide Formen lebend beisammen, die letztere aber viel häufiger. Bei dieser Art habe ich besonders die Selbstthei- 


Iungsverhältnisse sehr scharf beobachtet. Grösse bis !/; Linie. Länge zur Breite oft wie 1 zu 3 und 6. Die ganz schmalen (var. 
ß gracilis) hielte ich gern für eine besondere Art, allein ich sehe alle Uebergänge vor mir und keinen andern wichtigen Character. 


33 


& 


10 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVL. Fig. VI. 


Auf der Spitze eines Callöthamneum - Zweiges sind Fig. 1. ein Einzelthier, Fig. 2. eine Kette abgebildet. 4 der Fuss (Zsthmus 
Acarpn), X innere Selbsttheilung.. 


Nachtrag zur Gattung Isthmia. 


Durch die Güte des Herrn Gutshesitzers Hormann Ban auf Hoffmannsgave in Fühnen habe ich so eben noch trockne Ex- 
emplare des schönen Diatoma auritum Lvxesve's erhalten, und sche, dass dieses keineswegs der Abtheilung der Desmidiaceen 
angehört, sondern als besondere Art zur Gattung Iszhmia gezogen, oder in besonderer Gattung bei den Echinelleen aufgeführt wer- 
den muss. Da nun der Name Odontella zwar nicht dem Gegenstande, aber doch dem Sinne des Gründers gemäss hier schon ander- 
weit verwendet worden, so bezeichne ich das Diatoma auritum als Denticella aurita nun durch seine nahe Verwandtschaft mit 
Isthmia und gezahntem Kieselpanzer mit stachliger Oeffnung in der Mitte der Berührungsflächen der Kettenglieder (Zorica silicea, 
singula latiore quam longa, dentata, apertura lateris contigui media spinosa). Biddulphia pulchella, Diatoma Liber, 
vesiculosum, fasciatum, Fragilaria (Tessella?) unipunctata, latruncularia, striatula sind mir unbekannte Formen, welche, 
wenn sie festsitzend waren, auch wohl der Gattung Iszhmia angehören könnten. Auch Microtheca ist für Denticella zu vergleichen. 


SECHSUNDSECHZIGSTE GATTUNG: ELLENTHIERCHEN. 
Synedra. Synedre. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, lorica simplieci (silicea) prismatica, primum altero fine loco 
affıxum, dein. saepe liberum, longius quam latum, pedicello parvo hemisphaerico aut nullo. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, a carapace simple (siliceuse), attache en jeu- 
nesse par un de ses bouts, plus tard souvent lihre, plus long que large, sans pied ap- 
parent ou ü pied peu marque hemispherique, ayant la forme de baguette prismatique. 


Die Charactere der Gattung der Ellenthierchen aus der Familie der Stabthierchen bestehen in 
einfachem (Kiesel-) Panzer, in anfänglichem Festsitzen, wie Austern, mit einem ihrer Körperenden, obwohl 
sie später oft frei sind, in grösserer Länge als Breite des Körpers, im Mangel eines deutlichen, mehr als 
warzenartigen, Fusses, und in prismatischer Stabform. 

Die Formen der Gattung Synedra können leicht zu den am frühesten beobachteten Infusorien ge- 
hören. Die von LEEUWENHOEK 1702 und von JorLotr 1716 dem Vibrio Bacillus ähnlichen gezeichneten 
Körper könnten leicht Synedra Ulna gewesen seyn; auch könnte dieselbe MüLzer’s VFihrio bipunctatus 
gewesen seyn. Die erste deutlichere Form wurde unter dem Namen Conferva pennatula in der Flora 
Danica, t. 945. 1792. abgebildet. GRATELoUP beschrieb eine Form dieser Gattung wohl 1806 als Dia- 

toma scalaris. Im Jahre 1817 beschrieb Niırzscn dieselbe Art als Bacillaria Ulna, und Ascarpa die $. 
Fasciculata als Diatoma fasciculatum; Lysegye 1819 wohl dieselben Arten unter den Namen Zehinella 
obtusa und fasciculata. BoRrY DE ST. Vincent beschrieb 1822 Synedra Ulma als Bacillaria communis 
zuerst bei den Infusorien, nahm diess aber 1824 zurück, und brachte diese Formen zu den Psychodien. 
Als Bacillaria Lynghyi, communis, vilrea, Hystrix und Paxillum verzeichnete er Synedra Ulna und 
Gallionü. Gleichzeitig beschrieb er $. G@allionii als Navicula, was Turrın 18238 wiederholte; Acarpn gab 
einige Arten 1824 als Zrustulia obtusa und parasitica, Diatoma fasciculatum und D. erystallinum. 
GREVILLE zog 1827 diese Formen sammt den Echinellen in seine Gattung Zrdlaria. Im Jahre 1830 
wurden sie in den Abhandlungen d. Berl. Akad. p. 40. zuerst fest zu den Infusorien gestellt und in der be- 
sondern Gattung Synedra abgesondert. Im Jahre 1831 wurden ebenda 5 Arten dieser Gattung characteri- 
‚sirt, und 1833 (1832) noch 2 Arten hinzugefügt. Asarpn stellte 1831 mehrere Arten als Zrustulia, und 
1832 5 Arten der Gattung in seiner Gattung Diatoma in besonderer Abtheilung auf, welcher Kürzıne 
1833 den, generischen Namen Zxilaria wieder mit 6 Arten zutheilte. WALLROTH nannte wohl S. Una 
1833 Rhahdium obtusum. Im Jahre 1855 wurde die Gattung Podosphenia von Synedra getrennt, und 
1836 wurden fossile Arten der Gattung Synedra erkannt. Hier werden 7 Arten der Gattung aufgenom- 
men. — An Organisation sind Oeffnungen an den Enden der theils glatten, theils innen gerippten Kiesel- 
‚panzer beobachtet, keine mittleren Oeffnungen erkannt. Der Eierstock ist zuweilen in 2—4 Blätter, zu- 


weilen in viele kleine Beutel (Lappen) zertheilt, vorhanden. Auch Magenzellen als Bläschen sind mehrfach 
erkannt. | 


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Die geographische Verbreitung ist in Isle de France und über ganz Europa im Süsswasser und Meer- 
wasser bis in das sibirische Asien beobachtet. 


295. Synedra Ulna, gewöhnliches Elienthierchen. Tafel XVI. Fig. I. 


S. striata, corpusculis linearibus, a latere truncatis, a dorso ventreque rectis, adultorum lateribus apice parum- 
per dilatatis. 


Synedre Aune, rayce, a corpuscules lineaires, droits, trongues du cöte lateral, obtuses du cöte ven- 
tral et dorsal, se dilatant un peu aux bouts lateraux avec Väge. 


LEEUWENHOEK, Philosophical Transactions, 1703. (1702.) Fig. 8. L. K. 
JogLor, Observations faites avec le microscope, (1714— 1716.) 1754. p. 67. Tab. 8. Fig. 14. 
Vibrio bipunctatus, MüLLer? Animalc. infus. 1786. p. 5%. Tab. VII. Fig. 1. Bacterium? 
Diatoma scalaris, GRATELOUP, Hist. de la soc. Medic. Montpellier, 1806.° 
Bacillaria Ulna, Nırzsch, Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. p.99. Taf. V. 
Echinella obtusa, Lynegye, Tent. Hydrophyt. dan. p. 208. Tab. 69. ae 
Bacillaria commwmis, Bory, Diet, class. 1822. 
Bacillaria communis, 

= Lumgbyi, Borv, Encycel. me&th. 1824. 

= vilrea, 

—  Pasillum, 


Frustulia obtusa, \ Aansn, Syst. Alg. 189. p. 1— 
—_ parasitica, 


Echinella fasciculata ß truncata, GREVILLE, 1833. Scottish erypt. Flor. I. Taf. XVI, 
Exilaria fasciculata , ern, 1827. Scottish erypt. Flor. V. Fol. 291. b. 
Bacillaria Una, LeısLein, Flora, 1827. I. p. 258. 


DR TIR  Abhandı. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 64. 1831. p. 87. 1833. p. %5, 267, 273, 319, 
Synedra Ulna, 


Frustulia obtusa, 
— _ Jürgensü; 5 
— quadrangula?, ? AcaroH, Conspectus crit. Diatom. 1831. p. 44. 
— Jasciata?, 
_ Ulha, 

- Diatoma parasiticum, AGARDH, Consp. crit. Diatom. p. 50. 1832. 
Rhabdium obtusum, WALLRoTH, Flora cryptog. Germaniae, 116. 1833. 
Exilaria truncata, 


— _ cerystallina, zum Theil, Ba R . . s 
Frostolle Diin) in Picil, Kürzine, Linnea, 1833. p. 560. Tafel XIV. Fig. 21, 22. XV. Fig. 38, 39, 41, zum Theil. 


— _ splendens, 
: Synedra Ulna, Bericht d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 53. 

Aufenthalt: Sicher bei Halle, in den Gräben auf Fühnen, in Dänemark, in Schottland, bei Weissenfels, bei Wismar in der Ost- 
see, bei Berlin, bei Catharinenburg am Ural beobachtet. Wahrscheinlich auch in Isle de France und den Mascarenen-Inseln, in 
Belgien, bei Paris, bei Dax in Frankreich, bei Delft in Holland, bei Würzburg in Baiern, bei Jever, Carlsbad, Triest, in 
Schweden. Fossil im Bergmehl von Santafiora. 


Das sehr verbreitete gewöhnliche Ellenthierchen ist leicht mit einer Navecula, noch leichter mit Fragilarien-Gliedern zu 
verwechseln, daher das Schwanken der Namen bei den früheren Beobachtern. Am sichersten ist die noch an Conferven ansitzende Form 
zu beurtheilen, während die frei umherliegenden und bewegten eine viel schärfere, oft nicht befriedigende, Untersuchung verlangen. Die 
Vertheilung des Eierstocks haben Borr und Acarpr zu Artcharacteren benutzt, welche nicht brauchbar sind, auch ist die Streifung 
meist übersehen, und bei den grösseren Individuen von Kürzıne als besonderer Character der Fr. splendens betrachtet worden, deren 
Originalexemplare ich besitze. Durch Selbsttheilung der Dorsaltlächen bildet diese Art Fächer und Büschel, zuweilen Kugeln, welche 
Bildung keinen Unterschied macht. Deshalb sind auch Bae. Hystrix, Pazxillum und dergl. keine besonderen Arten. Der Panzer 
ist 2- oder 4schaalig, innen ‚sehr fein queergestreift. Die Streifung verhält sich wie folgt: */; Linie Länge hat 268, Yıo 246, Yız 
192 — 208, Yıs 134, Yo 133, Ya 96— 104, Yo 82, Yo 67, Yas 54 Yıs 48—52, "oo 41, Yr2 33, Yo 24— 26, Yıoo 23—24 
Streifen. Auf der breiten Seite der Stäbchen sind an den etwas erweiterten Enden 3 stumpfe Zähne und dazwischen 2 Oeffnungen. 
Hervorstehende Bewegungsorgane sind nicht beobachtet, auch keine Aufnahme von Farbe in den Darm. Die schmale Seite ist an den 
Enden abgerundet. Bei Berlin ist die Form sehr häufig auf Lemna-Wurzeln, Vaucherien und andern Conferven, bei Wismar war 
sie eben so häufig im brakischen Hafenwasser auf Ceramium diaphanum, Zostera und selbst auf den Stielen des lebenden Carche- 
sium polypinum, ja zuweilen sassen Büschel von kleinen auf den grossen derselben Art (s. $. faseieulata). — Länge +, — ! Li- 
nie beobachtet; Breite 10- bis 24mal in der Länge. 


Erklärung der Ahbildungen Taf. XVI. Fig. 1. 


Fig. 1. ist eine Zemna-Wurzel von Berlin, mit Syn. Ulma besetzt. «. Dorsalfläche; $. Lateralfläche desselben Thierchens mit seinem Fusse; y, d. 
he: etwas dünnere Form, mit Magenzellen und getheiltem Eierstocke; &. in der Selbstheilung begriffenes, !/,; Linie grosses, Stäbchen; £. Late- 
ralfläche mit Magenzellen und 2-blätterigem Eierstock; 7. von der Lateralfläche mit in der Mitte einfach getheilten Eierstockplatten; 9, eine andere 
Form. 

Fig. 2. eine lebende Vorticelle (Carchesium polypinum) von Wismar, mit Indigo gefüttert und mit 38 Synedrüs besetzt, welche beim Zusammen- 
schnellen der ersteren eine stachlige Kugel bilden. «a. ein älteres Exemplar, trägt einen Fächer von jüngeren; f. ein anderes, auf welchem Podo- 
sphenia gracilis sich entwickelt hat. Läuse auf Läusen von Infusorien. In einem der grössten Exemplare waren bewegte braune Körperchen an- 
statt des ee, Alles ist 300mal vergrössert, die Meerlinsenwurzel ist etwas schmäler gezeichnet, als sie wirklich ist. 


296. Synedra capitata, breitköpfiges Ellenthierchen. Tafe XXI. Fig. XXVIU. 


S. striata, corpusculis linearibus, apieibus dilatatis, capitatis, subacutis, rectis. 


x 


Synedre a töte large, rayce, a corpuscules lindaires, droits, elargis aux deux bouts en forme de 
tete obtüsement pointue. 


m. capitata, Bericht der Berl. Akad. d. Wissensch. 1836. p. 53. PossEnDorrr’s Annalen d. Physik u. a 1836. 
p- 221. Taf. II. Fig. 3. Mittheilungen der Berl, Gesellsch. naturf. Freunde, 1836. p. 50 


ee 


212 Zu 


Aufenthalt: Lebend bei Berlin, fossil im Bergmelil von Santafıora in Toscana. 


Diese zuerst fossil als Hauptmasse des italienischen Bergmehls beobachtete Form fand sich am 18. December 1836 unter dem 
Eise bei Berlin lebend an Vaucherien, und hat sich seitdem bis zum Juni 1837 als eine sehr häufig im Thiergarten vorkommende Form 
gezeigt. Ihre Lateralfläche ist breiter als die Rückenfläche und hat eine Mittelfurche in der Länge, wodurch der Panzer 4-theilig 
wird. Bauchfläche gleichbreit, an den Enden abgestutzt. Seitenfläche an den Enden etwas erweitert, stumpf zugespitzt. Die Streifung 
zeigt 21 Queerstreifen auf /ıoo Linie der Länge: Yıo 231, "iz 176, *Yıs 154, Yıs 132, Yo 115, Yar 88, Yo 66, Yıs 44, Yo 42, 
so 38, os 22, Yıoo 21. Der Eierstock scheint aus 4 Platten zu bestehen, ist gelbgrünlich, und hat zwischen sich helle Bläschen 
(Magenzellen ?). Die Dorsal- und Bauchfläche ist an den Enden schwach 3-zahnig und hat 2 Oeffnungen jederseits. Ich vermuthe 
noch eine offene Längsspalte. Grösste beobachtete Länge */;. Linie. Grösste Breite des Kopfes 14 —17mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XXI. Fig. XXVIH. 


Fig. 1. lebende Form von Berlin, !/,, Linie gross; «. Bauchseite, #. Lateralfläche, x Oeffnungen. Fig. 2. jüngere Exemplare; «. in Selbsttheilung 
auf einer Vaucherie. 


297. Synedra Gallionü, Gallion’s Ellenthierchen. Tafel XVH. Fie. I. 


S. laevis, corpusculis bacillaribus, magnis gracilibus, a dorso linearibus truncatis, a latere utrinque attenuatis obtu- 
3 P) > 2 
sis, rectis. 


Synedre de Gaillon, lisse, a corpuscules bacillaires longs greles, droits, lincaires et Ironqucs au 
cöte du dos, amincis et obtus aux deux bouts du cöte lateral. 


Conferva pennatula (flavescens?), Vauı, Flora danica, Tab. 945. 1792. Nur die Behaarung. (S. Podosphenia yracilis.) 

Diatoma fascieulata, AGARDH, Disposit. Alg. Scand. p. 35. 1817. Decad. Alg. sicc. Nr. 9. Synopsis Algar. p. 1%. Svensk, bot. 
T. 491. Fig. 6—7. 

Echinella fasciculata, Lynesye, Tent. Hydrophyt. dan. 1819. p. 210. T. 70. 

Echinella fasciculata, GREVILLE? Scott. crypt. Flora, 183. Vol. I. T. 16. (vergl. S. Ulna.) 

Diatoma fasciculatum, 

—  tabulatum (18322), . 

Navicula Gaillonü, Borv, Encyclop&die methodique, 1824. Turrın, M&m. du Mus. XVI. 1838. Dict. d’hist. nat. Botanique 
acot. Pl. 24. Fig. 4. 1838. 

Bacillaria Hystrix, Borv, Encyclopedie m&ethodique, 1824. von Isle de France. 

Synedra baltica, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 87. 

Synedra Gallionü, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 273. 


\ AGARDH, Syst. Alg. 1824. Consp. crit. Diatom, 1832. p. 50. 


Aufenthalt: Im Meerwasser des atlantischen Meeres bei Havre, der Nordsee bei Gothenburg und Schottland, der Ostsee bei Wis- 
mar, vielleicht auch des Südmeeres bei Isle de France, und des Mittelmeeres bei Venedig? nach Acaron. 


Die glatte schlanke Panzerform zeichnet diese Art aus, welche vielleicht oft mit Zehinella erystallina (fulgens) verwech- 
selt worden ist. Ich habe bei den stärksten Vergrösserungen auch heute keine Queerstreifen bemerkt. Acarnn hat in seiner Diat. 
Jasciculata die zugespitzten Formen vereinigt, deren es noch eine andere kleinere und spitzere im Süsswasser giebt. Für die See- 
form habe ich Borv’s Namen gewählt, für die Süsswasserform, welcher Kürzına 2 Namen gegeben, habe ich Acarnm’s Namen fest- 


gehalten. Der Eierstock bildet meist eine einfache Reihe runder gelber Flecken. Breite bis 28mal in der Länge. Länge bis '/, Li- 
nie beobachtet. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVI. Fig. Il. 
Fig. 1. sind 4 Stäbchen von der Lateralfläche; Fig. 2. eins von der Dorsalfläche. 


298. Sıymedra Jasciculata, büschelartiges Ellenthierchen. Tafel XVII. Fig. IH. 


S. laevis, corpuseulis navieularibus, utrinqgue ab utroque latere attenuatis subacutis, rectis. 


Synedre a faisceaux, lisse, a corpuscules naviculaires, droüs, amincis vers ses deux exiremites ei 
legerement aigus a toutes cötes. ; 
Synedra fascieulata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 86. 


Exilaria Vaucheriae, heit, 4 RUTZING, Linnea, 1833. p. 560, 561. Tab. XY. Fig. 38, 40. 
—  fasciculata @&, zum Theil, 


Aufenthalt: Bei Berlin und Weissenfels beobachtet. 


Das ursprüngliche Diatoma fascieulatum Acarom’s hat sich neuerlich als in mehrere Arten zertheilbar gezeigt. Die Haupt- 
form war die des Seewassers, allen Acarpn’s Diagnose passt auch auf die Süsswasserform, wohin sie mit mir auch _Kürzınc gezogen 
hat, und die Salzform hatte Borx schon anders benannt. Ich habe daher jetzt Borr’s Namen G@allionii für erstere festgehalten, 
und die Süsswasserform seit 1831 fascieulata genannt. Aus Kürzına’s Exemplaren ersehe ich, dass er dieselbe Form gemeint hat. 
Das Büschelförmige ist ein nur zufälliger Character. Ich habe diese Art nie gross gesehen. Kürzıns sah sie parasitisch auf Van- 


cherien, auch auf Gallionella varians und aurichalcea und auf Echinella erystallina? als Infusorienläuse. — Länge bis , Li- 
nie; Breite 5— 10mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVIH. Fig. II. 


Es sind 2 Confervenfäden mit Gruppen der $. faseieulata nach einer früheren Zeichnung. 


299. Symedra lunaris, sichelförmiges Ellenthierchen. Tafel XVII. Fig. IV. 


S. laevis, corpuseulis linearibus, falcato-Iunatis, obtusis, fascieulatis, apieibus convergentibus. 


Syaedre lunaire, lisse, & corpuscules lineaires, courbes en forme semilunaire, oblus et associes en 
Jaisceaux a bouts comvergens. 


213 


Lamulina Mougeotü, Bory? Encyclop&die m&thod,. 18%4. — Cocconema? 
Sımedra Tunaris, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 87. 


Aufenthalt: Bei Berlin, vielleicht auch-in den Vogesen. 


Diese bei Berlin zuweilen häulig Conferva rivularis und Vaucherien bedeckende Art erinnert sehr an Hunotia Faba und 
Arcus, verhält sich aber sonst im Innern wie S, Ulma. — Länge bis Y/ss Linie; Breite 8—10mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. IV. 


Fig. 1. Conferva rivularis mit 11 Stäbchen der S. Zunaris. Fig. 2. ein dichter Büschel von 11 Stäbchen, einzeln. Fig. 3. sind 4 Stäbchen mit 
Magenblasen und mehr entwickeltem Eierstock. Alles 300mal vergrössert. 


300. Synedra bilunaris, doppeltkrummes Ellenthierchen. Tafel XVII. Fig. V. 


S. laevis, corpuseulis elongatis, duplici eurvatura flexuosis. 


Synedre bilunaire „lisse, a corpuscules allonges, a double courbure en demicercle. 


Synedra Dilwmaris, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 87. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Es lebt mit der vorigen Art, aber seltener, auf Conferva rivularis, und erinnert in seiner Form zunächst an Zunotia 
Diodon, welche fossil in Schweden und Finnland, aber nicht lebend beobachtet ist. — Länge bis */;s Linie; Breite Y/;—!/ der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVH. Fig. V. 
Es sind 2 einfache und 3 doppelte Exemplare bei 300maliger Vergrösserung dargestellt. 


Nachtrag zur Gattung Synedra. 


Ausser den hier verzeichneten Arten sind noch Syzedra baltica 1831 und S. cuneatas 1832 beschrieben worden. Erstere 
ist Synonym von Synedra Gallionii, und letztere ist in die folgende besondere Gattung Podosphenia gestellt. Die Einzelthiere der 
FKragilarien und Echinellen sind oft schwer zu unterscheiden. Kürzıne’s Frustulia Ulma ist Fragiaria rhabdosoma. Die 
jungen Echinellen haben kurze Stiele und werden immer schwer zu bestimmen bleiben. 


SIEBENUNDSECHZIGSTE GATTUNG: KEILSCHÜPPCHEN. 
Podosphenia. Podosphenie. 


. CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, lorica simpliei (silicea), altero fine prima aetate affıxum, 
dein saepe liberum, longius quam latum, pedicello hemisphaerico parvo aut nullo, forma euneata. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, a carapace simple (siliceuse), attache dans 
la jeunesse par un de ses houts, plus tard souwvent lihre, plus long que large, ayant 
un petit pedicule hemispherique ou point de pedicule et la carapace cuneiforme. 


Die Gattung der Keilschüppchen ist in der Familie der Stabthierchen durch einfachen (Kiesel-) 
Panzer, anfängliches Festsitzen mit einem Körperende, grössere Länge als Breite, Mangel an deutlichem, 
mehr als warzenartigen Fuss und durch keilförmige Gestalt characterisirt. 

Die erste Form dieser Art hat Vanı als Fiedern der Conferva pennatula 1792 abgebildet, die 
vielleicht nur ©. fluviatilis mit Bacillarien (Cocconeis und Podosphenia oder Synedra) war. LyNeBYE 
beschrieb 1819 die erste gesonderte Form als Zchinella cuneata, und der Apotheker BonnEnmAison 
schlug dann vor, aus einer ähnlichen Art eine besondere Gattung zu errichten (Bory). Bory DE Sr. 
Vincent nannte 2 andere Formen 1824 Echinella stricta und ventilatoria. AcarpH nannte 1824 
die erstere Prusitulia cuneata und eine andere wohl Meridion radians. Turrın bildete Bory’s Art 1828 
als Zchinella striata (wohl Schreibfehler) ab. Asarpn stellte diese Formen 1831 theils zu Diatoma, 
theils mit den Echinellen vereint in seine Gattung Zicmophora, namentlich Z. Jürgensüi, theils auch in 
die Gattung Siyllaria mit 3 Arten. Alle diese Beobachter waren Botaniker und hielten sie für Pflanzen. 
Im Jahre 1832 nahm ich Lysegye’s Art als Synedra cuneata bei den Infusorien auf. KüÜTzıne verzeich- 
nete 1833 AsAarpm’s Formen in der Unterabtheilung Sphenella seiner Algengattung Zrustulia mit Gom- 
phonema olivaceum auch als G@omphonemaia und Exilaria truncata. Unter dem Namen Podosphenia 
wurde zuerst 1835 in den Abhandl. d. Berl. Akad. d. Wiss. die jetzige schärfer umschriebene Gruppe ab- 


gesondert, wird aber hier erst genauer characterisirt und mit 3 lebenden Arten und einer fossilen versehen. 
54 


= = 


— Der Organisationsgehalt ist mannigfach ermittelt. Der zweischaalige Kieselpanzer hat nur vorn am 
breiten Ende, welches Acarpnu 1824 für das hintere hielt, 2 Oeffnungen, und unterscheidet sich durch den 
Mangel anderer Oeffnungen wesentlich von Synedra, Meridion und Gomphonema. Der gelbgrüne Eier- 
stock ist in der Jugend in viele Häufchen oder Lappen zertheilt, im Alter (oft sternartig) in 1 oder 2 grös- 
sere Massen vereint. Zwei grössere Kugeldrüsen scheinen männliche Sexualorgane zu seyn. Magenblasen 
habe ich selten recht, doch einigemale deutlich, erkannt. Spontane Längstheilung ist eine häufige Fortpflan- 
zungsart. — Fragmente von Meridion und Echinellen kann man leicht für Podosphenien halten. 

Die geographische Verbreitung ist im atlantischen Meere, in der Nord- und Ostsee und im mittel- 
ländischen Meere beobachtet. Süsswasserformen sind nicht bekannt. Eine fossile Art hilft den Biliner Po- 
lirschiefer bilden. 


301. Podosphenia gracilis, schlankes Keilschüppchen. Tafel XVII. Fie. VI. 


P. laevis, corpusculis lineari-cuneatis, longitudinaliter lineolatis, a latere apice rotundatis, clavatis. 


Podosphenie grele, lisse, a corpuscules lineaires-cuneiformes, rayes longitudinalement, arrondis au 
bout du cöte lateral en forme de massue. 


Conferva pennatula, Vanı? Flora danica, T. 945. 1792. (S. Synedra Gallionü.) 


Echinella nn N Bory ? Encyclop&d. m&thod. 1824. Diet. classique, 1824. Tab. LIV. Bacillari6s, Fig. 11. 
—  stricta, 


Echinella striata, Turrın, Dict. d’hist. natur. Botanique acotyl. T.I. Fig. 4. 1828. 


Aufenthalt: Bei Wismar in der Ostsee, bei Dänemark?, an der französischen Küste?. 


Diese Art überzieht zarte Algen und selbst Vorticellen und Sertularien. Da, wo sie Calothrix-Arten dicht be- 
setzt, ist sie zuweilen schwer von wirklichen gestielten Echinellen zu unterscheiden, und Acarnm’s Licmophora radians mag 
eine solche Form zum Theil wohl seyn. Vanr’s Form kann leicht eine falsche Zeichnung einer Synedra seyn. Borv’s und Tur- 
rın’s Formen passen eben so gut auf abgefallene Echinellen-Glieder. — Länge der Stäbchen oft *,, Linie, "os bis Yı2 Linie 
beobachtet; Breite zur Länge selten wie 4, oft wie 5 oder 8 zu 1. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVIL. Fig. VI. 


Fig. 1. ist ein Carchesium polypinum lebend mit 13 lebenden Podosphenien besetzt. Es sitzt auf Ceramium diaphanum mit Calothrix-Fä- 
den, die auch dicht bedeckt sind. Fig. 2. ist ein solcher Faden, den man leicht für den Stiel einer Zehenella hält. Oberhalb hat sich durch Selbst- 
theilung eine Rose oder Kugel gebildet. Beides 300mal vergrössert. Fig. 3. ist ein Einzelthierchen von der Rücken- oder Bauchseite, welches in 
der Mitte die Selbsttheilung vorbereitet, mit 4-theiligem Eierstock, und darin 2 Drüsen. Fig. 4. dasselbe von der Lateralfläche. Beide 800mal 
vergrössert. 


302. Podosphenia abbreviata, rhombisches Keilschüppchen. Tafel XVI. Fig. VO. 
P. laevis?, corpusculis cordato-cuneatis, a latere ovato-rhomboidibus, subacutis. 
Podosphenie rhomboidale, lisset, & corpuscules cundiformes courts, rhomboidaux et legerement ai- 
gus du cöte lateral. 


Licmophora abbrevwiata, AGARDH, Conspect. crit. Diatom. 1832. p. #2. 
Gomphonema abbreviatun, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 572, 


Aufenthalt: Im mittelländischen Meere bei Venedig und Palermo, in der Ostsee bei Wismar und auf Fühnen beobachtet. 


Ich erhielt die ersten Exemplare dieser Art durch Herrn Kürzıneg’s Güte aus der Sammlung des Herrn v. Marrens in 
Stuttgart, von Palermo. Asarpm entdeckte sie bei Venedig und hielt die Stiele für dazu gehörig. Ich habe sie am 1. Sept. 1834 
in Wismar in grosser Menge selbst lebend an Ceramium diaphanum gefunden. Auf Ectocarpus littoralis erhielt ich sie von Füh- 


nen. Hätte ich diese Art früher in der Ostsee gefunden, als die folgende, so würde ich sie für Echinella cuneata Tı. gehalten ha- 


ben, allein die folgende ist häufiger. Ich habe neuerlich äusserst zarte Queerstreifen unsicher, aber wiederholt, bemerkt. Der goldgelbe 
Eierstock ist in viele rundliche Häufchen zertheilt und wird zuletzt sternartig mit 6—10 Strahlen. Der Panzer hat vorn 2 Oeffnun- 
gen. Schwerlich ist Zchinella paradoxa Lyncsre’s dieselbe Form. Länge bis to Linie; Breite 1Y/,—1?/;mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XV. Fig. VH. 


Fig. 1. ein Stück des Ceramsum mit parasitischen Z/ygroeroeis?, auf welchen die Podosphenien sitzen. Fig. 2. Bauchseite eines älteren Einzel- 
thieres. Fig. 3. Lateralfläche desselben. Fig. 4—5. andere Formen der Lateralfläche. Fig. 6. strahliger Eierstock, Bauchfläche. Fig. 7. Late- 
ralfläche. Fig. 8. Lateralfläche eines jüngeren Thierchens. 


303. Podosphenia cuneata, breites Keilschüppchen. Tafel XVH. Fig. VII. 
P. striata, corpuseulis latius cuneatis elongatis, a latere clavato-rhomboidibus subacutis. 


Podosphenie cuneiforme, rayde, a corpuscules cuneiformes larges et allonges, ayant du.cöte late- 
ral la forme d’une massue legerement aiguö rhomboidale. 


Echinella cuneata, Lynesye? Tentamen Hydrophyt. dan. 1819. 
Echinella cuneata, 
Styllaria cuneata , 
Frustulia cuneata, Acarpdn? Syst. Alg. 1824. 

Frustulia cuneata, Naccarı? Algologia adriat. 1828. ® 
Licmophora Jürg 
Styllaria cuneata, 
Symedra cwmeata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 272. 
Frustulia Lyngbyei, Kürzıns? Linnea, 1833. p. 557. Taf. XIV. Fig. 32. 


\ Bory oe St. Vincent? Dict. class. 1892. Bacillariees. 


2 \ Ascırdn? Conspectus crit. Diatom. 1831. p. 38, 42. 


an... 21 > 


Aufenthalt: In der Nordsee, Ostsee und im mittelländischen Meere bei Venedig, in Cadix und Teneriffa beobachtet. 


Lrscere fand diese Form im Canal von Odense auf Fühnen an Ceramium rubrum; Borx nr Sr. Vincent sagt, sie 
bei Cadix und Teneriffa gefunden zu haben, Naccarı und v. Martens sahen sie bei Venedig, JÜürsEns und v.Suur an Delesseria 
Plocamium der Ostsee nach Kürzıne.. Ich selbst sammelte sie lebend bei Copenhagen und Wismar auf Ceramium diaphanum 
und Sertularia geniculata, und erhielt sie von Gothenburg durch Dr. Lovxn lebend nach Berlin. Weil sie die verbreitetste Form 
der Nord- und Ostsee ist, hielt ich sie für die wahre Z. euneata. — Länge bis !Jı Linie; Breite 2- bis 4mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVO. Fig. VIH. 


Fig. 1. ist ein znsammengezogenes Thier der Sertularia geniculata mit Podosphenien bedeckt, 200mal vergrössert. Fig. 2. Lateralfläche eines 
Einzelthieres, 300mal vergrössert. Fig. 3. Rückenfläche eines in der Selbsttheilung begriffenen Einzelthieres mit 4 vorderen Oeffnungen. Eierstock 
queer- und längsgetheilt mit 2 rundlichen Drüsen. Fig. 4. und 5. ein und dasselbe Thier von 2 Seiten mit vieltheiligem Eierstock, in der Längs. 
theilung begriffen; 5. ist nicht ausgeführt, Queerstreifung deutlich, Y/os Linie der Länge zeigt 21 Streifen. 


304. Podosphenia? nana, kleines Keilschüppchen. 


P. laevis, corpusculis lineari-cuneatis angustis minoribus, a latere clavatis nee lineolatis. 
Podosphenie? naine, lisse, a corpuscules lindaires-cumeiformes, etroits, pelils, sans raies longitudi- 
“  nales, ayant du cöte lateral la forme d’une massue. 
Podosphenia nana, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 56. 
Aufenthalt: Nur fossil im Biliner Polirschiefer. ' 


Diese Form bildet mit Gallionella distans, abwechselnd überwiegend, die Hauptmasse des Polirschiefers von Bilin, worin 
auch Leueiscus papyraceus, eine ausgestorbene Fischart, vorkommt. — Länge "oa — "u, Linie; Breite 6—8mal in der Länge. 
‘Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung Podosphenia. 


Die Arten dieser Gattung sind vielleicht schon jetzt (vergl. die Synonyme) zahlreicher bekannt, als sie hier verzeichnet sind, 
allein den Beschreibungen fehlt bisher das Beachten des Characteristischen. — Für freie fusslose Keilschüppchen ist die Gattung Mer:- 
dion, auch wenn sie keine spiralen Bänder bilden, vorläufig genügend, doch sind noch keine sicher beobachtet. Langgestielte Keil- 
schüppchen : sind unentwickelte Echinellen. @omphonemata haben mehr den Bau der Navieulae, aber Meridia, Podosphemiae 


und Zchinellae den der Fragilarien. 


ACHTUNDSECHZIGSTE GATTUNG: KEILBÄUMCHEN. 
Gomphonema. Gomphoneme. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, lorica simpliei (silicea), pedicello filiformi distineto affi- 
xum, rectum, cuneatum, spontanea divisione dichotomum, fruticulosum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, & carapace simple (siliceuse), droit, cunei- 
forme, attache sur un pedicule distinct, füiforme, se developpant par la division 
spontanee en forme d’un arbrisseau dichotome. 


Die Keilbäumcehen der Familie der Stabthierchen sind mit einfachem Kiesel-Panzer versehene, an 
einen deutlichen fadenartigen Stiel oder Fuss festgeheftete, gerade, keilföürmige Stäbchen, und bilden durch 
Selbsttheilung dichotomisch verästete Bäumchen. 

AGARDH errichtete 1824 die Gattung G@omphonema aus 2 Echinellen LyxesyeE’s, die Formen der 
Gattung waren aber schon seit früher Zeit bekannt. Schon 1773 beschrieb ©. F. MüLLer das @ompho- 
nema truncatum als Vorticella pyraria, verwechselte es aber mit wahren Vorticellen. Coromso be- 
schrieb dann 1787 wohl dasselbe als röthlichgelbes, sehr träges, strauchartiges Glockenthierchen. So 
wurden die Formen als Thiere (Vorticella pyraria) fort aufgezählt bis zum Jahre 1817, wo Nırzscn sie 
als vegetabilische Zacillaria phoenicenteron (Fig. 16.) halb, und 1819, wo LyxeryE sie als Zehinella 
geminata ganz zu den Pflanzen zog. Drararnaun hatte für diese und andere Bacillarien-Formen den Na- 
men Siyllaria gebildet, welchen Bory DE ST. Vincent 1822 auf die 2 gestielten Echinellen allein an- 
wendete, die er anfangs als Infusorien betrachtete, aber schon 1824 zu den Halbpflanzen, Psychodien, 
zog. Bory trennte zugleich die S/. iruncata ab und stellte sie unter 3 verschiedenen Artnamen mit wah- 
ren Vorticellen (Zpistylis) in Eine Gattung Dendrella. Acarpn nahm 1824 dieselben 2 Formen in der 
Pflanzengattung Gomphonema seines Systema Algarum auf, und beschrieb 1827 eine Art als Zicmo- 
phora minuta von München. GreviLır bildete gleichzeitig das @. minutissimum. LEIBLEIN verzeichnete 


216 — 


1827 das G@omphonema truncatum in der Flora von Würzburg, und 1830 noch mehrere ähnliche For- 
men in skizzirten Abbildungen ohne Specialnamen. Dusy beschrieb 1828 eine Art als Styllaria Lenor- 
mandi(?). In den Abhandl. d. Berl. Akad. wurden 1830 4 neue Arten als Infusorien beschrieben. Somner- 
FELD nannte (nach Acarnpn 1831) @. iruncatum: COrystallia pulvinata. Acarpn ertheilte 1831 der Gat- 
tung G@omphonema 11 Arten, zählte aber dazu die Cocconemata. Mit Ausschluss dieser verzeichnete ich 
1831 6 Arten jener beiden Infusorien. Kürzıne hat 1833 21 Arten als Pflanzen angegeben, die er in drei 
Subgenera vertheilt: a) Oymbophora, b) Paltonophora = COocconema, und €) Sphenophora — Gom- 
phonema. Letztere Abtheilung enthält 17 Arten. Zu meiner Anschauung sind bis jetzt 8—9 Arten ge- 
kommen. — Die Organisation ist, obwohl nicht vollständig, doch mannigfach ermittelt. Der Panzer ist eine 
keilförmige Kieselschaale, welche aus 2 bis 4 Längstheilen besteht. Dieser Körper hat an der breiteren 
Vorderseite 2, und in der Mitte der Rücken- und Bauchfläche jederseits eine Oeffnung, ist mithin eine nach 
hinten verkümmerte Vavicula, die auf einem Stiele sitzt. Der Stiel ist ein excernirter unbeweglicher Horn- 
stoff, und ihm entspricht keine Oeffnung im Panzer. Das Thier kann sich von ihm losmachen (wie Vorti- 
cellen) und frei umherkriechen, wahrscheinlich auch einen neuen bilden. Bei einigen Arten ist der Pan- 
zer innen queer gestreift, bei andern ist diess nicht erkennbar. Ein 2— 4-theiliger Eierstock und polyga- 
strische Magenzellen lassen sich aus den inneren Theilen abnehmen. Spontane Längstheilung bildet dicho- 
tomische Bäumchen. | 

Die geographische Verbreitung ist im adriatischen Meere und in der Nordsee, in den Bächen Ita- 
liens, Schottlands, Schwedens, Deutschlands und Norwegens, Russlands und des asiatischen Sibiriens beob- 
achtet. Fossil sind @. /runcatum, paradoxum und elavatum im Kieselguhr von Franzensbad und im 
Bergmehl von Santafiora, @. acuminatum im letzteren und im Bergmehl von Degernfors und Kymmene 
Gärd, aber keine neuen Arten vorgekommen. | 


305. 6omphonema truncaltum, abgestutztes Keilbäumchen. Tafel XVII. Fig. 1. 


G. striatum, corpusculis ovato-cuneatis, a latere sub apice truncato leviter constrictis. 


Gomphoneme trongue, ray6, a corpuscules ovales-cumeiformes, trongques et legerement etrangles au 
cöte lateral pres du bout large. 


Vorticella pyraria, MÜLLER, Vermium hist. 1773. p. 1%6. zum Theil, ohne die Synonyme. Animalc. infus. 1786. p. 324. Tab. XLVI. 
Fig. 1—4. : 
Röthlichgelbes träges Glockenthierchen, CoLompo, Osservaz. microsc. in Giornale per servy. alla stor. raggion. della medecina, 
T. IV. Venez. 1787. p. 1. besonders übersetzt Leipz. 1793. p. 62. T. I. Fig. 4. : 
Echinella geminata, Lyssgye, Tentam. Hydroph. dan. 1819. 
= Styllaria geminata, Bory, Dict. class. 1822. Bacillarides. .Encyclop. m&th. 1824. Stylaria. 
Dendrella Lyngbyi, ! 
— . geminata, 
—  styllarioides, ) 
Gomphonema yeminatum, AGARDH, Syst. Algarum, p. 12. 1824. Leisten, Flora, bot. Zeitung, 1827. I. p. 259. GrEvVmLE, Scottish 
eryptog. Flora, V. T. 244. b. 18%. 
Orystallia pulvinata, SOMMERFELD, nach AcArpH 1831. ; 
Gomphonema? constrictum, Abhiandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 63. 
Gomphonema geminatum, Acarpu, Conspectus criticus Diatom. p.35. 1831. 


Gomphonema truncatum, | Ahhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 88. 1833. p. 319. 
— paradoxum , | 


Boryr, Encyclop&d. method. 1824. 


Gamph a Bnaraun, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 569, 570. Taf. XVI. Fig. 50. 
: D D P 
= pohliaeforme , 


Gomphonema paradoxum, Bericht der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p. 53. Fossil. 
Aufenthalt: In Bächen Dänemarks, der Faeroer Inseln, Schwedens, Schottlands, Norwegens, in Italien, bei Würzburg in Baiern, 
bei Berlin, Tennstädt und in der Iset bei Catharinenburg am Ural, auch im brakischen Wasser der Ostsee bei Wismar beobach- 
tet. Fossil bei Franzensbad und Santafıora als Bergmehl und Kieselgahr. 


Nur neuerlich erst ist es gelungen, festere Charactere für die Arten der Gattung zu finden, daher das frühere Schwanken im 
Urtheil und Namen. Die Art sollte wohl @omph. pyrarium heissen, allein die vielen Verwechselungen erlauben gar keine sichere 
Synonymie festzustellen, selbst nicht, wenn man Originalexemplare vor sich hat, da die Beobachter zu verschiedenen Zeiten andere Kör- 
per sammelten und oft mehrere Arten dicht beisammen leben. Die Charactere, womit ich früher @. constrictum von Catharinenburg 
und paradozıum von Berlin unterschied, halte ich jetzt für unzulänglich. Coromso fand die Form bei Conegliano an Zemna-Wur- 
zeln. Bei Berlin lebt sie an Vaucherien, Lemna, an Glechoma hederacea, Myriophyllum, Ceratophyllum und andern unter 
Wasser befindlichen Bachpflanzen, welche sie zuweilen wie ein brauner Schleim dicht überzieht. Bei Wismar fand ich sie im Hafen an 
‚ Conferven. Abgefallene Einzelthiere leben ohne Stiel fort und bewegen sich deutlich. Die Streifung liess 24— 26 Striche auf '/; Li- 
nie zählen. — Länge Ya. —Yıs, selten Y,, Linie beobachtet. Breite 1'/;- bis 3mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVII. Fig. 1. 


Fig. 1. ist ein mit diesen Thierchen besetzter Pflanzentheil von Berlin, woran sie in verschiedenen Grössen, Stellungen und Entwickelungsformen haf- 
ten. a. die Mürzer’sche Form mit langen Stielen; #. ein kürzeres Bäumchen; y. ein junges, erst einfach getheiltes, Thier mit bevorstehender 2ter 
Theilung; 6. hat einige Thiere verloren; &. einfache Form; Z. Echinellen-artige Form; ». einfache Theilung; 9., ı., A. kurzfüssige Junge 
oder einen neuen Fuss bildende Thiere; x. Bauchfläche derselben. Fig. 2. Lateralfläche mit den beiden vordern Oeffnungen und sichtbarem Canale 
im Stiele. Fig. 3. leerer Stiel. Diess alles 300mal im Durchmesser vergrössert. Fig. 4—6. 500mal vergrössert, 0’0’ die Oeffnungen der Late- 
ralfläche. ‚Fig. 5. und 6. Bauchflächen mit Mangel der damals noch nicht erkannten mittleren Oeffnungen, wie in Fig. IV. 6. In diesen letzteren 
Figuren sind zwischen dem gelbbraunen Eierstocke farblose Magenbläschen sichtbar. 


217 


306. Gomphonema capitatum, rundköpfiges Keilbäumcehen. Tafel XVIH. Fig. II. 


G. striatum, corpusculis cuneatis elongatis, a latere sub apice rotundato constrictis. 


. Gomphontme a lete, rayd, ü corpuscules allonges cuneiformes, ayant au cöte lateral un etrangle- 
ment pres du bout arrondi. - 


Aufenthalt: Bei Berlin im Frühjahre. 


Diese schlankere Art zeichnet sich auch durch ihre doldenartigen, bis !/; Linie hohen, Bäumchen aus, deren Thiere sehr 
gleichmässig fortwachsen. In "6 Linie Länge waren ebenfalls 26 ‚Queerstreifen. Die längere Einschnürung sondert den vordern Kopf- 
theil deutlicher, als bei voriger Art. Oft findet man beide Formen durch einander wachsend, was ihre Bestimmung erschwert. — Länge 
"is bis Yo, selten Ya, Linie. Grösste Breite 4—5mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVIH. Fig. I. 


Fig. 1. ein Bäumchen von Y/, Linie Höhe, 300mal vergrössert, Fig. 2. ein Einzelthierchen in der Selbsttheilung. Fig. 3. Lateralfläche mit er 4 
Oeffnungen. Fig. 4. Bauchfläche, in deren Mitte eine runde Oeffnung befindlich ist, beide 500mal vergrössert. 


307. Gomphonema gracile, schlankes Keilbäumchen. Tafel XVII. Fig. IH. 


G. laeve?, corpusculis elongatis, cuneatis, a latere lanceolatis, obtusis. . 


Gomphoneme grele, lisse?, a corpuscules allonges, cundiformes, lanceoles et obtus au cöte lateral. 
Gomphonema dichotomum, Kürzıne? Linnea, 1833. p. 569. Tab. XV. Fig. 48. 
Aufenthalt: Bei Berlin, vielleicht auch bei Tennstädt in Thüringen. 


Diese Art bildet mit der vorigen einen braungelben Schleim auf lebenden Wasserpflanzen sehr verschiedener Art, besonders 
im ersten Frühjahre, ist aber einzeln zu allen Zeiten vorhanden. Da ich die Queerbinden, welche Kürzıne bei der Thüringer Form 
angiebt, nie sah, so habe ich Anstand genommen, seinen Namen zu verwenden. Die dichotomische Verästelung ist auch gar kein Cha- 
racter, sondern bei allen Arten periodisch stark entwickelt. Neuerlich sah ich doch wiederholt auch hier sehr feine Queerstreifung. — 
Länge der Stäbchen %/oc bis 2; selten */,, Linie beobachtet. Breite 4—5mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVIH. Fig. II. 


Fig. 1. ist ein Bäumchen von 1/, Linie Höhe, 300mal vergrössert. Fig. 2. ein Thierchen in der Selbsttheilung. Fig. 3. ein einfaches von der La- 
teralfläche. Fig. 4. Rücken- oder Bauchfläche, auf welchen sich neuerlich ebenfalls in der Mitte eine runde Oeffnung hat erkennen lassen. 


308. Gomphonema acuminatum, spitzköpfiges Keilbäumchen. Tafel XVIH. Fig. IV. 


G. striatum, corpusculis elongatis cuneatis, a latere sub apice turgido acuminato constrictis. 


Gomphoneme pointu, raye, a corpuscules allonges cuneiformes, ayant au cöte Interal un Etrangle- 
ment pres du bout gonfle et pointu. 


Gomphonema acuminatum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 86. Bericht der Akademie d. Wissensch. 
zu Berlin, 1836. p. 53. 1837. p. 44. 


Aufenthalt: Lebend bei Berlin; fossil häufig im Bergmehl von Santafiora in Toscana, von Degernfors in Schweden und Kymmöne 
Gärd in Finnland. 


Mit der vorigen findet sich auch diese so scharf characterisirte Form im Frühjahre bei Berlin in zahlloser Menge als filzar- 
tiger gelbbrauner Schleim auf den Wasserpflanzen, und ist eine der Formen, welche keinen Zweifel übrig lassen, dass die fossilen und 
jetzt lebenden Infusorien identisch sind. Der kopfartige Vordertheil des Panzers geht in einen scharfen Kamm oder Spitze aus; 2 vor- 
dere Oeffnungen der Lateralseite, 2 mittlere Oeffuungen der Rücken- und Bauchseite, ein zweiblätteriger Eierstock, viele Magenzellen 
sind beobachtete Organisationstheile. In 6 Linie der Länge zählte ich bei lebenden und fossilen 24 innere Queerstreifen, mithin hat 
!);s Linie 48, Yo 38, Yr2 32, Yıoo 22. Die fossile Form ist etwas grösser und scheint gestreckter, als die lebende, allein ich habe 
auch lebende von sehr ähnlicher Form und Grösse unter den andern gesehen. — Länge meist %2 Linie, zuweilen von !ısa bis Ye 
Linie. Breite 4—5mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVIM. Fig. IV. 


Fig. 1. ein älteres Bäumchen. Fig. 2—3. jüngere Bäumchen, sämmtlich 300mal vergrössert. Fig. 4. und 6. Rücken- oder Bauchfläche. Fig. 5. 
halb gewendete Lateralfläche eines vom Stiel abgefallenen jüngeren Einzelthierchens, 500mal vergrössert. 


309. Gomphonema minultissimum, krummes Keilbäumchen. Tafel XVIH. Fig. V. 


G. laeve?, corpusculis cuneatis curvatis, a latere clavatis. 


Gomphoneme courbe, lisse?, a corpuscules cuneiformes courbes, ayant au cöte lateral la forme 
d’une massue. 


Gomphonema minutissimum, GREVILLE?, Scott. crypt. Flora, V. 1827. T. 244. 1. 
Gomphonema geminatum var,, LEIBLEIN, Flora, bot. Zeit. 1830. p. 312. Tafel I. Fig. 5, 6, 9. 
Gomphonema abbreviatum,, 
= subramosum, 
= seplatum, 
Gomphonema septatum, 3 
== minutissimum , | Kürzıne, Linnea 1833. p. 570. Tab. XV. Fig. 43, 47. XVI. Fig. 51. 


= curvalım, 


Aufenthalt: Bei Berlin 5 Würzburg, im salzigen See hei Rollsdorf (Mannsfeld), Tennstädt, Weissenfels, bei Wismar in braki- 
schem Östseewasser und in Schottland. 


AGARDH, Conspectus crit. Diatom. 1831. p. 33, 34. 


>5 


218 


Ich fand diese sehr bestimmt unterschiedene Form zuerst im Aug. und Sept. 1834 bei Wismar, und im Januar 1835 bei 
Berlin an Conferven und Vaucherien, welche auf und um den Mytilus polymorphus sassen, mit Bacillaria vulgaris und Cocco- 
neis Placentula. Leıeıein fand sie als gelblichen Schleim auf Steinen im seichten Main-Flusse im Frühjahre bei Würzburg. An 
Conferva flavescens, fracta und glomerata fand sie Kürzına bei Mannsfeld u. s. w., 'Greviırıe in Schottland an Conferven. Die 
verschiedenen Entwickelungszustände hat man für Arten gehalten. Ich sah stiellos ansitzende, und neuerlich eben so gross baumartig 
verzweigte, wie Fig. IV. 1. Der schillernde breite Rand der Körperchen verräth eine sehr feine Queerstreifung, die sich aber nicht 
beobachten liess. Ich besitze Exemplare des @. minuwtissimum und elavatum von Kürzıne, welche übereinstimmen. GRrEVvILLE 
scheint @. celavatum mit diesem für einerlei gehalten zu haben. — Länge der Einzelthierchen ohne den veränderlichen Stiel meist !/ 

. Linie, oft %ıs4, selten */s6 Linie gross. Bäumchen bis '/; Linie hoch. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVII. Fig. V. 


Es sind 12 Thierchen in verschiedener Entwickelung auf einer Conferve der Ostsee dargestellt. Die Zeichnung wurde 1834 in Wismar ge- 


macht. Neuerlich habe ich grössere beobachtet, «. stiellos; #, y. mit kleinerem und grösserem Stiele; d. in der Selbsttheilung; z. verästet. Ver- 
grösserung 300mal im Durchmesser. 


310. Gomphonema clavatum, keulenförmiges Keilbäumchen. Tafel XVun Fig. VI. 


G. laeve?, corpusculis cuneatis brevibus, a latere clavatis, oblongis. 


- 


Gomphoneme Massue, lisse?, ü corpuscules cuneiformes courts, ayant au cöte lateral la forme de 
massue oblongue. 


Gomphonema clavatum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu B erlin, 1830. p. 63. 1831. p. 88. 
Gomphonema geminatum var., LEIBLEIN, 1830. Flora, bot. Zeit. Tab. I. Fig. 4. 
Gomphonema Leibleini, AsARDH, Conspect. crit. Diatom. 1831. p. 33. 


Gomphonema Leibleini, \ Kürzıne, Linnea, 1833. p. 568, 570. Tab. XV. Fig. 44, 46. = 
— subramosum , x 


Gomphonema clavatum, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1837. p. 53. 


Aufenthalt: Lebend bei Orenburg am Ural, bei Berlin, bei Würzburg, Tennstädt, Weissenfels und Schleusingen beobachtet; fossil 
im Bergmehl von Santafıora und bei Franzensbad im Kieselguhr. 


Diese Art ist nur im Süsswasser beobachtet. Sie ist auch als Bäumchen kleiner als @. gracile. — Länge der Körperchen 
nicht über */so Linie gross; Breite etwa 3mal in der Länge. Bäumchen bis Yo Linie hoch. Die fossile Form unterscheidet sich durch 
sehr feine @Queerstreifen, allein Spuren davon habe ich neuerlich auch bei der lebenden geschen. Vom @. Leibleini hatte Kürzınc 
Originalexemplare von LeıgLeın, ich besitze deren von Kürzınc. 

Erklärung der Abbildungen Taf. XVII. Fig. VI. 

Die Abbildungen sind 1831 in Berlin gefertigt. Fig. 1. eine laxere, mehr einzelne, Form; Fig. 2. ein gedrängteres Bäumchen, 300mal 
vergrössert. 

311. Gomphonema rotundatum, abgerundetes Keilbäumchen. Tafel XVIN. Fig. VII. 


G. laeve?, corpusculis cuneatis brevibus, a latere obovatis. 


Gomphoneme arrondi, lisse?, a corpuscules cuneiformes. courts, ayant au cöte lateral la forme 
d’une massue ovale. 


Gomphonema rotundatum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p. 63. 1831. p. 88. 
Gomphonema oculatum, Kürzıne? Linnea, 1833. p. 568. Tafel XV. Fig. 45. 


Aufenthalt: Bei Saratof in der Samara, und vielleicht in Uechteritz bei Weissenfels beobachtet. 


Sie fand sich auf der Reise mit Herrn von Humsorpr 1829 im südöstlichen Russland zuerst an Zemna- Wurzeln. Neuer- 


lich fand Kürzıng eine sehr ähnliche Form in Sachsen im April 1832. — Länge des Köpfehens bis 1/0 Linie; Breite Q—3mal in 
der Länge; Stiel verschieden. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVIM. Fig. VII. 


Es sind die von mir in Saratof gezeichneten Exemplare, 250mal vergrössert; bei X ein todtes Einzelthierchen ohne Stiel. 


312. Gomphonema discolor, farbloses Keilbäumchen. Tafel XVII. Fig. VII. 


G. laeve?, corpusculis cuneatis, pumilis, apice leviter excisis, hyalinis. 


Gomphoneme discolore, lisse?, a corpuscules cuneiformes tres-petits, legerement echaneres au bout 
trongue et hyalins. 


Gomphonema? discolor, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1830. p- 63. 1831. p. 88. 
Aufenthalt: Bei Troizk in Sibirien. 


Diese farblose Form wurde auf der Reise mit Herm v. Humsoıpr 1829 beobachtet, könnte aber leicht zum @. Zrunca- 
tum gehören. — Grösse der Körperchen */;o Linie; Breite 2, —3mal i in der Länge. 


Erklärung der Abbildung Taf. XVIIE Fig. VII. 


Die Zeichnung ist von mir in Troizk gemacht, 250mal vergrössert. 


313. Gomphonema? olivaceum, olivenbraunes Keilbäumchen. Tafel XVII. Fig. IX. 
G. laeve?, corpuseulis cuneatis brevibus, a latere ovatis, pedicellis erystallinis densis, stratum gelatinosum referentibus. 


Gomphoneme olivätre, lsset, ü corpuscules cuneiformes courts, au cöle lateral ovales, ayant des 
pedieules erystallins serres, semblant d’une couche gelatineuse. 


a — 219 


Ulva olivacea, HoRNEMANN, Flora danica, Tab. 1429. 1810. mag wohl hierher gehören. 

Echinella olivaceo, LyN6GByE, Tentamen hydroph. dan. 1819. p. 209. Tab. 70. Fig. 1—3, nicht 4. 
Meridion vernale, AGARDH, Systema Alg. 18%. p.2. Conspect. crit. Diat. 1831. p. 39. 

Dendrella (olivacen) , 
Styllaria (olivacea) , 
Frustulia olivacea, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 556. Taf. XIV. Fig. 31. 


\ Bory, Encyclop&die m&th. Dendrella Mougeoti. 18%4. Dict. classique, Art. Meridion, 18%. 


Aufenthalt: In Hoffmannsgave auf Fühnen, Schleswig, Seeland (Dänemark), Schweden, England, 


Diese Art bildet einen gallertigen, mehrere Zoll breiten, bräunlichen, grünen Schleim an Steinen und Pflanzen (Potamoge- 
ton) der Flüsse, besonders in Dänemark. Ich sah sie nie lebend, erhielt aber Exemplare aus Schleswig durch Herrn Kürzıns und 
aus Fühnen durch Herrn Horrmann Banc. Beim Aufweichen mit Wasser erkannte ich öfter stielartige Anhänge der Körperchen, und 
auch bei den übrigen Formen bilden die Stiele zuweilen eine anscheinende Gallerte, die der Durchsichtigkeit halber schwer zu zerlegen 
ist. Zwischen dem Gomphonema stehen auch zuweilen Cocconema Cistula und Synedra Ulna sammt verschiedenen Maviculis. 
Das Cocconema ist. Fig. 4. bei Lyncrye; nur dieses hat auch Bory Lunulina olivacea genannt. — Länge der Körperchen !/o» 
—1/,, Linie; Breite 2—3"/;mal in der Länge. Schon Kürzına bemerkt richtig gegen Acarpm, dass die Stäbchen keine Halbeirkel 
(wie Meridion) bilden, sondern nur höchstens zu 4 beisammen sind. Wären mehr, so träte der Character von Zehinella ein (vergl. 
Cocconema Cistula). Fucus (Sarcophylla olivacea) Sracknouse (1801) wird von SrEUDEL wohl irrig citirt. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XVII. Fig. IX. 


: Die Zeichnung ist 1834 nach sehr jungen Exemplaren aus Schleswig gemacht. Ich erhielt vor Kurzem grösser entwickelte aus Fühnen. 
Fig. 1. ein aufgeweichtes Stück der Gallerte, 300mal vergrössert. Fig. 2. ein getheiltes Exemplar mit einem Stiele. Fig. 3—4. ein stielloses von 
2 Seiten,. beide 500mal vergrössert. In Fig. 3. und 2. sind die 2 Oeffnungen angegeben. 


Nachtrag zur Gattung G@omphonema. 


Der Name Siyllaria (1822) war früher, als der Name G@omphonema (1824), allein es gab schon eine Gattung Szylaria 
(LamArck 1816) bei den Naidinen, und jener Name ist noch dazu sprachwidrig gebildet. Die Zahl der directen Specialnamen 
für diese Gattung beträgt 32, wozu noch manche indirecte kommen. Man würde sehr-unrecht thun, wollte man critiklos alle. diese Na- 
men für so viele Arten halten. Nach Läuterung und Befestigung der Principien für die Artbildung hat sich, ausser den 9 oben ver- 
zeichneten Arten, folgende Synonymie der übrigen 23 Namen als wahrscheinlich richtig ergeben: 1) Gomphonema abbreviatum 
AcarpH (1824) = G. minutissimum; 2) @. abbreviatum Kürzinc (1833) — Synedra?, Echinella; 3) @. angustum Acıron 
(1831) = @. gracile?; 4) @. argentescens Kürzınc (1833) — Echinella flabellata; 5) @. brevipes Kürzıne (1833) — 
Echinella abbreviata; 6) G. curvatum Kürzıne (1833) = @. minutissimum; 1) @. dichotomum Kürzıne (1833) — @. 
gracilet; 8) @. flabellatum Kürzıne (1833) — Echinella flabellata; 9) @. fulgens Kürzıne (1833) —= Echinella fulgens; 
10) @. fulvum LeisLeın (in Üitteris 1831 nach Kürzıne) = Cocconema Cistula; 11) @. geminatum Acıron (1824) — 
@. truncatum und capitatum; 12) @. lanceolatum Acaron (1831) — Cocconema lanceolatum; 13) @. Leibleini Acaron 
(1831) = @. elavatum; 14) G. minutum Acıron —= @. capitatum, juvenie?; 15) @. oculatum Kürzıns (1833) — @. 
rotundatum; 16) @. paradozum Acaron (1824) = Echinella paradoxa; 17) G. pohliaeforme Kürzıns (1833) = @. ca- 
pitatum; 18) G. ramosum Kürzıns (1833) — Synedra; 19) @. semielliptiecum Acarpn (1831) — Cocconema Cistula; 
20) @. septatum Asırou (1831) — G. minutissimum, clavatum?; 21) G. simplexo Kürzıns (1833) = Cocconema cymbi- 
forme?; 22) @. subramosum Acırou (1831) —= G. minutissimum ; 23) @. tinetum AcıroH (1831) = Gomphonema? nov. 
spec., Echinella?. — Die Synonymie der Gattung ‚S7yllaria gehört ebenfalls hierher, obschon Acarpm den Character dieser Gat- 
tung, seines G@omphonema halber, ganz in Synedra umgewandelt hatte: 1) StyUaria bidentata Acıron (1831) = Synedra eu- 
neata?; 2) St. cuneata Borx (1822) — Synedra cuneata; 3) St. geminata Borr (1822) = Gomphonema truncatum ; 4) 
St. Lenormandi Dusx (1828) — Echinella?; 5) St. (olivacea) Borx (1826. Diet. class. Meridion.) = Gomphonema oli- 
vaceum; 6) St. paludosa Acaron (1831) — Synedra n. sp.?; 7) St. paradoxa Borr (1822) = Echinella paradoxa. — 
Die Synonymie von Dendrella s. bei Epistylis. . 


NEUNUND-SECHZIGSTE GATTUNG: PALMENTHIERCHEN. 
Echinella. Echinelle. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, lorica simpliei (silicea), altero fine loco affıxum, pedicel- 
latum, longius quam latum, cuneatum, divisione spontanea flabelliforme aut verticillatum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, & carapace simple (siliceuse), attache par 
un de ses houts a un pedicule, ayant le corps plus long que large, cuneiforme, se 
developpant par la division spontanee en forme d eventail ou de verticilles. 


Die Gattung der Palmenthierchen begreift in der Familie der Stabthierchen die einfach gepanzer- 
ten, mit einem Körperende festsitzenden gestielten Formen, welche länger als breit sind, eine keilartige 
Körpergestalt haben, und durch unvollkommene Selbsttheilung fächerartige oder gewirtelte Monadenstöcke bilden. 


— u 


Der Character dieser lieblichen Gattung besteht darin, dass nicht die Selbsttheilung regelmässig mit 
auf die Spaltung des Stieles Einfluss hat, sondern sich oft der Körper wiederholt theilt, ohne dass der Stiel 
Theil nimmt. Es ruht während der Theilung des Körpers die Ausscheidung des Stieles periodisch oder für 
immer. Junge Echinellen sind daher von Gomphonematen schwer zu unterscheiden, und stiellose Formen 
beider leicht mit Synedris za verwechseln, wie alle junge Thiere oft sehr abweichen von den alten. 


Geschichtliche Erläuterung zur Gattung Echinella. 


Den Namen Echinella gab Acuarıus 1803 (in Weser’s Beiträgen z. Naturk. 2. B. p. 340. Taf. 4. Fig. 9—15.) den 
strahlenartig gehäuften, in einer Gallerte liegenden, cylindrischen grauen Eiern eines kleinen Wasserthieres ‚ die er für eine Pflanze 
hielt. Meven behauptet in Wıremann’s Archiv 1835. I. p. 249., er habe daraus Naiden zu Hunderten hervorkommen gesehen, 
allein die Naiden (Mais, Stylaria, proboscidea) heften, nach meiner Erfahrung, beutelartige häutige Eiersäcke an Pflanzen, welche 
mit jener gallertigen Form nichts gemein haben. Diese Hchinella radiosa nahm Acarnn 1811 in seine Dispositio Algarum aul, 
vermuthete aber 1817, dass es wohl ein Infusionsthier sey (Synops. Alg. Scand. p. XL.). Nees von EsengEck beobachtete die 
Echinella bei Würzburg 1814 grün, hatte aber wohl OpArydium versatile (Algen des süssen Wassers). Lrxesre beschrieb 1819 
unter gleichem Namen ganz andere Körper als Pflanzen, und gab der Gattung Echinella in einem andern Sinne 9 Arten. Borv DE 
Sr. Vincent (Diet. class. Bacillarices) verwendete 1832 den Namen Echinella nur für E. cumeata, die übrigen Arten stellte 
er in 4 andere Gattungen: Siyllaria, Navicula, Lumulina, Achnanthes. Dexselbe trennte 1823 noch andere Formen in seine 
Gattungen Helierella und Heterocarpella der Cahodineen ab. Im Jahre 1824 gab er der Gattung Zchinella 3 Arten, sämmtlich 
Synedrae. Acaron nahm 1824 Acnarıus Form sammt 1 Buastrum, 1 Oseillatoria und fraglich noch 2 verschiedenen Infusorien 
in die Gattung Echinella als 5 Arten bei den Pflanzen auf, bildete aus der Zehinella paradoxa die Gattung G@omphonema, und 
verzeichnete 1 Art als Diatoma erystallinum. Grevıre beschrieb 1822 das Meridion vernale als Echinella circularis, und 
bildete aus 2 neuen Arten von Echinella und 1 Synedra wit dieser 1827 die Gattung Exilaria, während Acarom für ähnliche 
Formen in der Flora die Gattung Licmophora bildete. Auf den Tafeln der Symbolae physicae von Hemrrıcn und EnrenBers 
wurde 1828 eine Echinella splendida des rothen Meeres dargestellt und 1830 im Texte beschrieben. Gleichzeitig wurde in den 
Ahhandl. d. Berl. Akad. 1830. p. 40. der Begriff von Eehinella auf die hier angewendete Weise bei den Infusorien festgestellt, so 
dass von Lynorye’s Arten nur EZ. paradova als Stamm angesehen wurde. Im Jahre 1831 wurde nur EZ. splendida ebenda p. 89. 
als sichere Art angeführt. Acarnm beschrieb 1831 einige Arten dieser Gattung als Gomphonema, andere als Licmophora wieder 
als Pflanzen. Im Jahre 1833 (1832) wurde in den Abhandl. d. Berl. Akad. Zen. capitata beschrieben. Kürzıns nannte 1833 in 
der Zinnea wieder die (Insecten-) Eier des Acnarıus Echinella Acharü, und beschrieb die Echinellen als Gomphonemata genuina 
bei den Algen. Warrroru führt Echinella Acharü 1835 (Flora erypt. Germaniae, >. 121.) ebenfalls als thüringische Algen- 
form auf. Coroa beschrieb 1835 eine Zch. erenulata, und Acaron bildete 2 als Licmophora argentescens und paradoxa in 
den Jconibus Alg. europ. ab. Die Organisationsverhältnisse sind ganz denen von Syzedra gleich und eben so weit ermittelt bis 
auf die vermeintlichen Samendrüsen, welche hier nicht erkannt sind. Corna hat noch jederseits 3 Seitenöffnungen abgebildet, welche 
hei keiner andern Art existiren, auch bei der von ihm beobachteten Art nicht wohl vorhanden seyn können. 

Die geographische Verbreitung der Palmenthierchen ist aus dem rothen Meere bei Tor in Arabien, aus dem Mittelmeere bei 
Venedig, Genua und Malaga, aus der Nordsee bei Fühnen und Helgoland, aus dem atlantischen Meere bei Schottland und Frankreich, 
aus der Ostsee und aus dem Süsswasser von Berlin, Weissenfels, Halle und Carlsbad bekannt. 


314. Kchinella Jlabellata, Fächer-Palmenthierchen. Tafel XIX. Fig. 1. 


E. laevis, frutescens, corpusculis lineari-cnneatis truncatis, obtuse tridentatis lineolatis, in ramulorum apieibus tumidis 
coacervatis flabelliformibus. 


Echinelle en Eventail, lisse, fruticuleuse, a corpuscules lineaires cuneiformes tronques, obtusement 
zridentes, longitudinalement rayes, disposes en eventail au bout gonfle des ramaux. 


Meridion radians, Acarpn, Systema Algar. 189. p. 3. zum Theil. 

Eichinella flabellata, CarmicuArr 1897, nach GREVILLE. 

Ewxilaria jlabellata, Grevinıe, Scottish erypt. Flora, V. Tab. 289. 1877. 

Licmophora aryenlescens, Acırou, Flora, bot. Zeit. 18%. II. p. 638. 

Gomphonema Flabellum, Cuauvın 1838? nach Acarpn 1831. 

Licmophora flabellata , 
ee argentescens , 

f2 a 


Gr ema ar tescens 


Jg 
= flabellatum , 
Licmophora argent $, AGARDA, Icones Algarum europaearum, 1835. Tab. 31. 


\ AGARDA, Conspect. crit. Diatom. 1831. p. 41. 


2 N Kürzıne, Linnea, 1833. p. 571. 


Aufenthalt: Im adriatischen Meere bei Venedig, im atlantischen Meere bei Quimper in Frankreich, an der Westküste von Schott- 
land und bei Malaga angegeben, von mir bei Helgoland in der Nordsee beobachtet. 


Die auffallend liebliche Form dieses, wie ein goldfarbener Duft verschiedene Meeresalgen überziehenden, Körpers macht ihn 
zu einem besonders interessanten Gegenstande des Mikroskops, wozu eben die grünliche Goldfarbe seines Eierstockes noch vermehrend 
beiträgt. Der sehr dicke, aber äusserst zarte, gallertige, baumartig verästete Fuss verhält sich ganz wie ein Vo rticellen-Stiel, hat 
offenbar kein eigenes organisches Leben, wie ein Pflanzenstamm, sondern ist nur ein Absonderungs- Product der keilartigen Körperchen. 
Trennen sich diese natürlich von ihm ‚ oder werden sie gewaltsam getrennt, so treibt er nicht neue Körperchen aus sich knospenartig 
hervor, sondern er stirbt ab und vergeht. Die Verästelung des Stieles ist oft dichotomisch, zuweilen aber wirtelförmig, was unter dem 
Mikroskope gegenständig erscheint. AsAarpH trennt nach dem Character der Verästelung seine gegenständige Liem. argentescens von 
der dichotomischen Zeh. flabellata, allein dieser Character ist nicht haltbar; beide sind daher nur Eine Art. Jedes Keil-Stäbchen 
hat vorn 3 stumpfe Zähne und dazwischen 2 Oefinungen. Bei eintretender Selbsttheilung entstehen vor der Theilung 6 Zähne und 4 


21 


Oefinungen. Der Eierstock ist meist in 2, zuweilen auch in 4 Theile vertheilt, welche 2 oder 4 gelbe Flecke bilden. Ursprünglich 
besteht er aus 2 Längsplatten, wie bei Fragilaria. Die keilförmigen Körperchen sind sehr dünn und haben feine Längsstreifen, keine 
Queerstreifen; getrocknet haben sie einen Seidenglanz. Der Stiel enthält keine Kieselerde und verbrennt. — Länge der Körperchen 
ohne den Stiel */,. Linie; Breite */s bis Y, der Länge; Höhe !/,—!/; der Breite. Höhe der Bäumchen 1—1'/; Linien. 


/ Erklärung der Abbildungen Taf. XIX. Fig. I. 


Es sind die Thierchen aus Helgoland dargestellt. Fig. 1. in natürlicher Grösse, auf einer Alge sitzend; Fig. 2. bei schwacher Vergrösserung einer 
Spitze der Alge; Fig. 3. ein einzelnes Bäumchen mit wirtelförmigen und dichotomischen Aesten, mit einzelnen und fächerförmigen ansitzenden und 
gestielten Stäbchen, 300mal vergrössert; Fig. 4. ist ein Einzelthierchen, 500mal vergrössert; @. Bauch- oder Rückenseite, 5. Lateralfläche desselben. 


315. ZEchinella splendida, Pracht-Palmenthierchen. Tafel XIX. Fig. L. 


E. laevis, frutescens, corpusculis lineari-clavatis, apice rotundatis, sparsis aut in ramulorum apieibus tumidis acerva- 
tis et flabelliformibus. 


Echinelle splendide, lisse, rameuse, a corpuscules lineaires en forme de massue, arrondis au bout, 
Eparses, ou en eventail au bout gonflE des rameauw. 


Echinella splendida, Hemrrıch u. EHRENBERG, Symbolae physicae. . Evertebrata I. Phytozoa. Tab. III. Fig. VI. 5. 1838. 
Echinella splendida, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 89. 


Aufenthalt: Bei Tor im rothen Meere. 


Diese ebenfalls goldgelbe, etwas kleinere, Form verhält sich in ihren Einzelheiten ganz wie die vorige, wurde aber nur bei 
schwacher Vergrösserung 1823 von mir beobachtet. Die abgerundeten Stäbchen scheinen ein hinreichend wichtiger Character zu seyn, 
um die spätere Z, flabellata von ihr zu unterscheiden. — Länge der Stäbchen "/;s Linie, der Bäumchen bis Yı. Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIX. Fis. IM. 


Es sind die Zeichnungen, welche ich 1823 in Tor am Sinai fertigte. Fig. 1. ein ganzes Bäumchen, 100mal vergrössert; Fig. 2. ein Einzelstäbchen, 
150mal vergrössert. 


316. Echinella®? paradoxa, Herz-Palmenthierchen. 


E. laevis, frutescens, corpusculis cordato-cuneatis, apice tridentatis, truncato-rotundatis, in ramulorum gracilium apice 
 ‚singulis aut flabelliformibus. 


Echinelie paradoxale, lisse, rameuse, a corpuscules cuneiformes en coeur, ayant 3 dents au bout 
trongue et legerement arrondi, solitaires ou en Eventail, au bout des rameaux greles. 


Echinella paradoxa, LYn6ByE, Tent. Hydrophyt. dan. 1819. p. 211. Tab. 70. 

Diatoma flabellatum, JürsENs, Alg. siccat. Dec. VII 6.° 

Styllaria paradoxa, BorY DE ST. Vincent, Dict. classique, 1822. Bacillarides. Encycloped. m&th. 1824. 
Echinella paradoxa, GREVILLE, Scott. cryptog. Flora, I. Taf. 25. 1823. 


Gomph paradı ‚ AsArDpa, Syst. Algarum, 18%. 
Gomph a paradı ‚ AsarnaH, Consp. crit. Diatoım. 1831. p. 34. 
Gomphonema puradoxum, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 569. 
Licmophora paradoza, Asarpu, Icones Algar. europ. T. 32. 1835. 


Anfenthalt: Bei Fühnen, bei Schottland, bei Jever, in der Ostsee, bei Venedig und Genua beobachtet. 


Erst vor Kurzem fand ich Exemplare dieser ausgezeichneten Form unter der Echinella erystallina, die ich aus Fühnen 
von Herrn Horrmanv Bang erhalten. Acarpm vermuthete 1824, es sey eine Vorticelle, allein sie gehört deutlich zur Gattung 
Echinella und ist eine sehr wohl characterisirte Art mit Kieselpanzer, die allerdings öfter den Character eines @omphonema hat. 
Schon Bory bemerkte 1824 (Eneyel. meth.) richtig, dass sie mit E. cuneata (Podosphenia cunmeata) grosse Aehnlichkeit habe, 
und er urtheilte nach trocknen Exemplaren von Lynsgye. LvnxseyYE sammelte sie auf Autchinsia violacea, auf Ceramien fanden 
sie Acaron bei Venedig und Jürcens bei Jever, in der Ostsee fand sie, nach Kürzıne, von Suar, und bei Genua von Mar- 
rEns. — Länge der Stäbchen Y/,s Linie, Breite 1'/;mal in der Länge. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr gegeben werden. 


317. Echinella capitata, Schirm-Palmenthierchen. Tafel XIX. Fig. IH. 


E. laevis, stipitata nec ramosa, corpusculis linearibus, utrinque rotundatis nec euneatis, in capitulum flabelliforme con- 
sociatis. 


Echinelle en chapiteau, lisse, pediculee jamais rameuse, a corpuscules lineaires, arrondis aux deux 
bouts, point cuneiformes, se developpant en forme de chapiteau ou d’ eventail. 


Echinella capitata, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 244. 
Aufenthalt: Bei Berlin. 


Ich entdeckte diess Thierchen am 11. Juni 1832 auf einem Fiederblättchen der Hottonia palustris. Es befanden sich 4 
bis 6 gelbliche Stäbchen auf einem gemeinschaftlichen, unterhalb farblosen, oberhalb gelblichen, Stiele. Sie hatten einige Aehnlichkeit 
mit der stiellosen Synedra fasciculata. Die Form der Stäbchen glich aber mehr der Mavicula gracilis. Sollten sich später die 
Arten der Gattung sehr mehren, so würde diese Form wohl als ein fächerbildendes Cocconema eine besondere Berücksichtigung ver- 
dienen. . Cocconemata haben aber mittlere Oeffnungen. Ich erkannte auch die vorderen hier nicht, doch waren 2, den 2 Platten des 
Rierstocks vergleichbare, Organe sichtbar. Länge der Stäbchen ohne den Stiel Ys—*/ıs Linie, Breite 4—5mal in der Länge. Höhe 
des Ganzen — "s, Linie. 


36 


222 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIX. Fis. II. (E. abbreviata.) 


Die kleinere Figur könnte man auch @omphonema oder Cocconema nennen, die längere aber ist eine Echinella, daher auch jene nur 
ein Entwickelungszustand dieser. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. Der Name ist auf der Tafel verwechselt, 


318. Echinella? abbreviata, kurzfüssiges Palmenthierchen. Tafel XIX. Fig. IV. 


E. laevis, brevissime stipitata nec ramosa, corpusculis euneatis, obtuse tridentatis, in capitulum flabelliforme coacerva- 
tis, singulisve. 


Echinelle a pied court, lisse, a pedicule. court point rameux, a corpuscules cuneiformes, obtusement 
tridentes, se developpant en forme d’ eventail. 
Gomphonema abbreviatum, AGArDH, Conspectus crit. Diat. p. 34. 1831. 
Licmophora minula, Kürzıne, Algar. sicc. Dec. Ill. Nr. 33. 1833. 


Gomphonema brevipes, Kürzıns, Linnea, 1833. p. 568. Tab. XV. Fig. 47. 
Echinella crenulata, Corpa, Almanac de Carlsbad, 1835. p. 208. Taf. IV. Fig. 54, 55. 


Aufenthalt: In einem Brunnen bei Weissenfels, auch bei Halle, und vielleicht bei Würzburg und Carlsbad beobachtet. 


Ich kenne diese Form aus trocknen Exemplaren, die ich von Herrn Kürzıng erhielt. Sie wächst auf Conferva fontana K. 
und scheint mir ganz verschieden von dem Gomphonema, welches Leigreıw abgebildet hat, das ich für das junge G. minutissimum 
halte, da es offenbar gekrümmte Stäbchen hatte. Vielleicht verwechselte Leigreın diese beiden Formen ‚„ wenn Kürzına dergleichen 
Exemplare etwa bei ihm sah. — Länge der Stäbchen !/s—"/;z Linie; Breite 3mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIX. Fig. IV. (E. capitata.) 


Nach trocknen Exemplaren von Kürzıng, 300mal vergrössert, gezeichnet. 


319. KEchinella fulgens, blinkendes Palmenthierchen. 


E. striata, brevissime stipitata, nec ramosa, corpusculis linearibus utrinque truncatis, nec cuneatis, in capitula flabelli- 
formia consociatis. 


Echinelle brillante, rayde, a pedieule court sans rameaux, ü corpuscules lindaires, trongues aux 
deux bouts, point cuneiformes, se developpant en eventail. 


Echinella fulgens, CARMICHAEL nach GreviLLE, 1827. 

Esilaria fulgens, GREVILLE, Scott. erypt. Flora, V. 18%. T. 2391. 

Diatoma erystallinum , 
—  variegatum, 

Gomphonema fulgens, Kürzıns, Linnea, 1833. p. 572. 


Aufenthalt: An der Küste Schottlands, auf Fühnen und bei Venedig beobachtet. 


\ AsARDH, Consp. crit. Diatom. 1832. p. 51, 52. nec Syst. Ale. 18. 


Manche Seealgen sind ganz überzogen mit nadelartigen, sehr feinen, senkrecht abstehenden, starren Körperchen. Dieser Ue- 
berzug ist häufig von Synedra Gallionii und von Echinella fulgens. Werden sie trocken, so glänzen sie, wegen der Millionen 
sie umstrahlender Kieselpanzer, wie Silber oder Seide. Es scheint noch mehrere Arten zu geben, welche bisher verwechselt wurden. 
AsarnH nannte wohl die Syzedra Gallionii zuerst 181% Diatoma Jasciculata, allein dieser Specialname ist neuerlich einer Süss- 
wesserform gegeben worden als Syzedra fasc. Später (1824) trennte Acarnu Lynorre’s Echinella Jasciculata von der seinen 
und nannte diese Diatoma erystallinum. Neuerlich (1832) scheint Acarnr unter Diat. Jascieulatum die Synedra Ulma ver- 
standen zu haben, und unter D. erystallinum hat er die Synedra Gallionii sammt der Echinella Julgens vereinigt. Ich erhielt 
nämlich durch Herrn Horrmann Bang Exemplare von Lyxesre's E. Jasciculata und Acarvn’s Diat. erystallinum, welche 2 
sehr bestimmt verschiedene Formen sind, erstere Syz.. Gallionii, letztere die oben beschriebene Form, beide von Fühnen bei Hoff- 
mannsgave. Auch von Venedig erhielt ich durch Herrn Dr. Focke die Ech. Jwlgens, welche daher auch als E. fasciculatas von 
v. Martens (Reise nach Venedig II. p. 646.) und von Naccarı (Alg. adriat. p. 8.) verzeichnet seyn mag. Kürzıne’s Exdla- 
ria erystallina aus der Soole von Artern mag wohl die grössere Synedra Ulna seyn. Die viel dickeren, halb so hohen als brei- 
ten, Stäbchen der E. fulgens sind ganz verschieden von allen mir bekannten Formen. Sie sind bis %/; einer Linie lang und bis !Yıza 
Linie breit, also bis 24mal so lang als breit. An den Seiten sind sie (bei 500- bis 800maliger Vergrösserung) sehr fein gestreift. 
In */y6 Linie Länge liegen 28 Queerstreifen. Zwei vordere Oeffnungen und jederseits 1 seitliche und 2 vertikale Längsfurchen, welche 
den Panzer in 6 Längstheile theilen, sind erkennbare Verhältnisse. Die schmalen Lateralflächen sind an den Spitzen sehr stumpf ab- 
gerundet. 


Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung Zchinella. 


Der Gattung Echinella hat man bisher 24 Artnamen zugetheilt, von denen nur 6 hier aufgenommen werden konnten. Die 
übrigen 18 haben folgende Synonymie: 1) Zchinella Achari Acanon (1824) — Insecteneier; 2) E. acuta Lyxesre (1819) — 
Spongilla lacustris, zerfallen; 3) E. annulata Corva (1831?) = Achnanthes unipunctata?; 4) E. articulata AcarnH 
(1824) = Oscillatoriat;, 5) E. eircularis GrEviLLE (1822) = Meridion vernale;, 6) E. crenulata Corva (1835) — Echi- 
nella abbreviata? 7) E. cuneata Lyxcere (1819) = Podosphenia cunenta; 8) E. fasciculata Lxxesve (1819) — Syne- 
dra Gallionii und wohl S. Ulna > 9) E. geminata Lrxerve (1819) = Gomphonema truncatum; 10) E. Gruithuiseni 
Acaron (1824) — Uvella Uvat; 11) E. obtusa Lynesre (1819) — Nuviewla?, Fragilaria?; 12) E. olivacea LyxcBvE 
(1819) = Gomphonema olivaceum und Cocconema Cistula ; 13) E. radiosa Acnarıus (1803) — TInsecteneier; radiosa Lync- 
Bye (1819) — Euastrum Botrytis und Orux melitensis; 14) E. ricciaeformis Acaron (1824) = Euastrum Botrytis und 


- a — 


E. Crux melitensis?; 15) E. stipitata LuxneBre (1819) = Achnanthes brevipes; 16) £. siriata Turrın (1828) — Eeh. 
strieta Borv; 17) E. stricta Borr (1824) — Podosphenia gracilis; 17) E. ventilatoria Borx (1824) = Podosphemia cu- 
neata? ; ventilatoria Desmazırres (1828) — Meridion vernale ; 18) E.? versatilis Acarnn (1824) — Ophrydium versatile. 

Die hierher gehörige Gattung Ziemophora (Acarpn 1827), welcher Name, wenn man nicht den eben so guten, älteren 
Namen Echinella Preis geben will, keine Stelle findet, hat folgende Synonymie: 1) Zicmophora abbreviata Acaron (1831) = 
Podosphenia abbreviata?; 2) L. argentescens Acanon (1827) = Echinella Fabellata; 3) L. flabellata Acırpn (1831) — 
Echinella flabellata; 4) L. Jürgensii Acarnon (1831) — Synedra?, Echinella? ; 5) L. minuta Acaron (1827) = Gompho- 
nema capitatum?; minuta Kürzins (Algae sicc. Dec. III. Nr. 23.) — Echinella abbreviata. 

Die Gattung Exilaria (Grevirıe 1827) erlischt ebenfalls, auch ist der Name nicht sprachrichtig gebildet. Ihre Synony- 
mie ist folgende: 1) Exlaria circularis GreviıLe — Meridion vernale; 2) E. erystallina Kürzıns (1833) — Synedra Ulna 
und Echinella fulgens; 3) E. fasciculata Greve — Synedra Ulma; E. fascieulata Kürzıne (1833) —= Synedra Ulma 

und S. Gallionü?z 4) E. flabellata Greve (1827) — Echinella fl.; 5) E. Flabelhrm (Abhandl. d. Berl. Akad. 1830.) = 
Meridion vernale; 6) E. fulgens GrevıL.e (1827) = Echinella fulg.; 7) E. panduriformis (Abhandl. d. Berl. Akad. 1830.) 
—= Meridion panduriforme; 8) E. tabulata Kürzıne (1833) — Synedra?, Echinella?; 9) E. truncata Greve (1828) 
= Synedra Ulna; 10) E. variegata Kürzıns (1833) — Echinella fulgens?; 11) E. Vaucheriae Kürze (1833) = Syn- 
edra fasciculata. : 

Die organische, wenn auch nur periodische, Fähigkeit zur Ausscheidung einer stielartigen Masse ist der physiologische Cha- 
racter der Echinellen im Gegensatze der Synedrae, die wohl einen Fuss, aber nie einen Stiel (keine fortdauernde Ausscheidung) 
haben. Unentwickelte Exemplare wird man oft verwechseln, bis noch tiefere Forschung noch speciellere Charactere dieser Organismen 
festgestellt haben wird. 5 


SIEBZIGSTE ‚GATTUNG: STELZKORN. 
Cocconema. Cocconeme. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, lorica simpliei, bivalvi aut multivalvi (silicea), altero 
fine affıxum, pedicellatum, longius quam latum, pedicello corporis axin fulciente. (Navieu- 
lae pedicellatae.) 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Bacillaries, ayant une carapace simple, bivalve ou 
multivalve (siliceuse), altache par un de ses houts et pedicule, & corps plus long que 
large, ayant le pedicule dans la direction de Taxe du corps. (Navieules pedieulees.) 


‘Die Gattung Stelzkorn enthält solche Formen der Bacillarienfamilie, die einen einfachen 2- oder 
vielschaaligen (Kiesel-) Panzer besitzen, mit einem Ende festgeheftet und gestielt sind, eine grössere Länge 
als Breite ihres Körpers haben, und lanzenartig den Stiel in der Verlängerung der Körperaxe führen. (Ge- 
stielte Schiffehen.) 


Der Name Cocconema wurde 1829 und 1830 in den Schriften der Berliner Akademie zuerst an- 
gewendet. Ascarpn beschrieb 1830 eine neue Art als Oymbella ceymbiformis, und 1831 wurden an obi- 
gem Orte 2 Arten der Gattung Cocconema bezeichnet. Eine vierte Art beschrieb Acarpu 1831 als Gom- 
phonema lanceolatum, und das Oocconema Cistula als Gomph. semiellipticum. Wine fünfte ist wieder 
an ersterem Orte 1833 (1832) beschrieben worden. Die erste Kenntniss dieser Formen hatten wohl 
Scurank 1796, welcher sie Vibrio turrifer und Kolpoda Luna nannte, und Nırzsch 1817, welcher ein 
Exemplar als Varietät von Bacillaria phoenicenteron abbildete. LyneryE zeichnete 1819 dieselbe als 
eine Abart seiner Zchinella olivacea, welche Bory als Zunulina olivacea 1822, Turpın als Navieuln 
obligua 1828 beschrieb. Neuerlich hat wohl Kürze (1833) 4 Arten als Prustulias und Gomphonemata 
verzeichnet. . Vielleicht sind auch Corpa’s Navieula eiliata und costata 1835 nur abgefallene Körper des 
Cocconema Cistula oder gibbum. Seit 1836 sind fossile Formen beobachtet worden. — Die Organisa- 
tion ist vielfach ermittelt. Der 2- bis Aschaalige, aussen glatte, innen queer gefurchte, Kieselpanzer hat 2 
mittlere und 4 Endöffnungen, sehr ähnlich wie NMavicula, aber ohne die Symmetrie der Körperhälften, wie 
sie jedoch bei Vav. inaegualis ebenfalls vorhanden ist. — Als Ernährungsorgane sind polygastrische Bläs- 
chen erkannt. — Als Fortpflanzungsorgane ist ein 4theiliger bräunlicher oder grünlicher Eierstock sehr auf- 
‚fallend. Als Samendrüse ist vielleicht bei einigen eine helle Stelle in der Mitte des Rückens anzusehen, 
bei andern sind 2 rundliche helle Drüsen im Drittheil der Länge. Selbsttheilung als ventrale Längstheilung 
ist sehr deutlich. Die Hälften trennen sich vor der Wiederherstellung der ursprünglichen Form. Einige In- 
dividuen bilden diese nie wieder aus und bleiben als Hälften bogenartig oder halbmondförmig. Nach der 
Theilung klaffen die beiden Hälften und nehmen eine scheinbar schiefe Richtung gegen den Stiel, allein diese 
bezieht sich auf die sich dann vorbereitende Verzweigung des Stieles wieder eben so gerad. Von ihren Stie- 
len isolirte Körperchen haben freie Bewegung. 


Die geographische Verbreitung der lebenden Arten ist vom sinaitischen Arabien bis Norwegen, und 
von Paris bis nach Sibirien beobachtet. Durch fossiles Vorkommen zeichnen sich von den lebenden Arten 
©. cymbiforme und Cistula aus, welche bis zum tertiären Polirschiefer von Cassel und Jastraba reichen, 
deren erstere aber auch im neueren Bergmehl von Santafiora häufig ist. Beide bilden mit Spongillen und 
Fragilarien den ganzen Polirschiefer von Jastraba. Im Bergmehl von Degernfors und Kymmene Gärd ist 
eine lebend nicht bekannte, besondere Art gefunden. 


320. Cocconema Boeckü, Boeck’s Stelzkorn. Tafel XIX. Fig. V. 


C. striatum, frutescens, strietum, corpusculis majoribus, lanceolatis, rectis, acutis. 


Cocconeme de Boeck, rayc, rameux, raide, a corpuscules lanceoles, grands, droits, aigus. 
Cocconema Boecküi, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 241. 


Aufenthalt: In der Ostsee bei Wismar und Copenhagen, und in der Nordsee bei Norwegen beobachtet. 


Ich beobachtete diese durch ihre Grösse sich auszeichnende Form im August 1833 auf Sertularia, Monopyzis, geniculata 
und Ceramium diaphanum im Seewasser bei Wismar, und sah sie einige Tage später bei Copenhagen wieder. In Christiania sah 
ich sie bald darauf in den Handzeichnungen des Herrn Dr. Borck ohne weitere Bezeichnung, welcher mithin der Entdecker ist. Das 
Thier bildet durch Längentheilung und Stielentwickelung sparrige steife Bäumchen von "/; Linie Höhe, deren Aeste an jeder Spitze 
eine Navicula tragen, die der N. phoenicenteron ähnlich ist. Die Gestalt der Körperchen ist lanzetförmig rhomboidal mit zwei 
schmäleren lanzetförmigen Flächen, welche in der Mitte einen breiten glatten Raum haben, und 2 breiteren rhomboidalen, welche nur 
eine schmale glatte Längslinie haben; aller übrige Raum ist queergestreift. Eine mittlere Oeffnung habe ich nie sehen können, aber 
auf der breiteren (Bauch-) Seite war an jedem Ende eine. Demnach wäre die schmale Seite die Lateralfläche. Die Streifung zeigt 
in !/ıoo Linie Länge 26 Queerstreifen, in Yıs 136, Yo 132, Yas 112, "so 68, Yıs 56, "so 44, "os 28. — Länge der Einzelstäb- 


chen !/ss bis Yıs Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIX. Fig. V. 


Es sind 4 Bäumchen in verschiedener Entwickelung. Fig. 1. Jugendzustand mit einfachem Stiele in der Selbsttheilung; Fig. 2. nach der ersten Selbst- 
theilung; Fig. 3—4. nach doppelter Selbsttheilung; Fig. 5. Bauchfläche eines todten Einzelthierchens; Fig. 6. ein Körperchen von 2 Seiten: 


a. Lateralfläche, d. Bauchfläche. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 
321. Cocconema lanceolatum, lanzenartiges Stelzkorn. Tafel XIX. Fig. VI. 


©. striatum, frutescens, strietum, eorpusculis magnis, semi-lanceolatis, reetis, obtusis. 


Cocconeme lanceole, rayc, rameux, raide, a corpuscules grands, semi-lanceoles, droits, obtus. 


Vibrio turrifer, Schrank? Sammlung naturh. u. physik. Aufsätze, p. 315. Taf. V. Fig. 1—2. 1796. 
. Gomphonema lanceolatum, AGARDH, Conspectus crit. Diatom. 1831. p. 34. 
Gompl (Paltonophora) lanceolatum, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 38. 


Aufenthalt: Bei Friedrichshald in Norwegen im brakischen Süsswasser, bei Berlin im Thiergarten!, bei Ingolstadt in Baiern?, 


Diese Art ist im Süsswasser bei Berlin mit Gomphonema truncatum zuweilen häufig, noch häufiger findet man stiellose 
frei umherkriechende Einzelthiere, welche in der Form der Navicula phoenicenteron gleichen, aber queergestreift sind. Früher sah 
ich nur die mittleren 2 ovalen Oeffnungen, allein neuerlich auch 2 runde an jedem Ende, ganz wie bei Maviewla önaequalis. Die 
die Oeffnungen verbindende Längenlinie scheint ein offener Spalt zu seyn. Eierstock, Magenblasen, vielleicht auch 2 Samendrüsen sind 
beobachtet. Die Streifung zeigt 24 Queerlinien in Yo Linie der Länge, in Yıo 248, Yıs 152, Yıs 128, Yrr 96, Yis 64, Yıs 48, 
oo 38, os 24. KEunotia turgida ist dieser Form sehr ähnlich, hat aber keine mittlere Oeffaung und ist nie gestiell. — Länge 
!/ıs bis "io Linie; Breite 4—7mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Tafel XIX. Fig. VI. 


Fig. 1. ist ein Bäumchen mit 12 Thierchen und 2 leeren Stielen durch Abfallen oder Freiwerden ihrer Thierchen. Fig. 2. ist ein grösseres freies 
Exemplar von der Bauchfläche mit vielen Magenblasen in der Mitte. Der mittlere helle Fleck ist wohl der Haupttheil des farblosen Körpers, die bei- 
den entfernteren Kugeln könnten Samendrüsen seyn. Der Eierstock ist gelblich. Fig. 3. ist eine ähnliche Form von der Lateralfläche. Fig. 5. 
Bauchfläche eines freigewordenen Theiles der in der Selbsttheilung befindlichen Fig. 6. 


322. Cocconema Cistula, kästchenartiges Stelzkorn. Tafel XIX. Fig. VII. 


C. striatum, frutescens, laxe ramosum, corpusculis parvis, semi-ovatis. 


Cocconeme Cassette, raye, rameux, a rameaux relüches et a corpuscules petis, semi-ovales. 


Kolpoda Luna, Scurank? Sammlung naturh. u. phys. Aufsätze, 1796. p. 315., Taf. V. Fig. 3, 4. 

Bacillaria phoenicenteron, Nırzsch, Beiträge zur Infusorienkunde, 1817. Taf. IV. Fig. 19, 20. 

Echinella olivacea 8 dilutior, Lynssye, Tent. Hydrophyt. dan. 1819. ; 

Lunulina olivaceı, BorY DE Sr. VıncENT, Dict. class. Bacillarides, 18%. Encyclop. meth. 1824. Dict. class. 1826. Zunulina. 
Navicula obligua, Turrın, Dict. des sc. nat. 1828. Tab. I. Fig. 3, b. zum Theil. 

Bacillaria Cistula, HrmprıcH u. EHRENBERG, Symbolae physicae. Evertebrata I. Phytozoa. Tab. II. Fig. IV. 10. 1828. 
Cocconema Cistula, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1829. p. 15. 1830. p. 53, 62. 

Cymbella cymbiformis?, Acarpa, Consp. crit. Diatom. p. 10. 1830. 

Gomphonema, LeisLeın, Flora, bot. Zeit. 1830. I. p. 327. Tab. I. Fig. 8. 


Gomph a semiellipticum, AGARDH, Conspectus crit. Diat. 1831. p. 33. E 
Cocconema Cistula, Symbolae physic. Text. 1831. Abhandl. der Akademie d, Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 89. 1833. p. 263, 
266, 319. - 


Gomphonena semielliplicun , 
Frustulia maculata?, 
— cymbifornis, zum Theil, 


Kürzıne, Linnea, 1833. p. 539, 540, 541, 565. Taf. XII. Fig. 4, 8, 10. 
’ ’ pP 
—. Tfula?, i 


225 


Navicula costata, CorpaA? Almanac de Carlsbad, 1835. Taf. I. Fie. 9-11. 
Cocconema Cistula, Bericht der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1836. p.53. Mittheilungen der Berl. Gesellsch. natur- 


forsch. Freunde, 1836. p. 51. 
Aufenthalt: Lebend bei Berlin!, Halle!, Ingolstadt?, auf Seeland und Fühnen, in Schoonen, bei Würzburg (Zell), in Thüringen, 
bei Paris, bei Catharinenburg im Ural und in Wadi Essele des Sinaigebirges in Arabien beobachtet. Fossil im Bergmehl von 


Santafiora in Italien, Degernfors in Schweden und Kymmene Gärd in Finnland, so wie im Polirschiefer von Cassel in Hessen und 
von Jastraba in Ungarn. 


Diese sehr verbreitete Art ist bei Berlin die gemeinste und zu allen Jahreszeiten vorhanden. Sie überzieht mit G@omphonema 
alle Arten von Wasserpflanzen, Conferven, Vaucherien „ Lemna, Potamogeton, Gräser u. s. w. als ein gelbbräunlicher Schleim. Ich 
beobachtete die einzelnen stiellosen » Ya—!hı Linie langen, Körper wohl zuerst im Sinaigebirge 1823, ohne jedoch die Streifung zu 
erkennen. Eben so sah und zeichnete ich im Juli 1829 in Catharinenburg am Ural Yı2s und /o Linie lange. Die mittleren Panzeröffnun- 
gen waren sehr deutlich, aber die Endöffnungen habe ich noch nie erkannt. Besonders deutlich war bei der Berliner Form die Thei- 
lung des Eierstocks in 4 Platten, deren jede 2 Enden hat, deren äussere mehr bräunlich queergetheilt mit 2 hufeisenartig rückgebo- 
genen Enden in entgegengesetzter Richtung verlaufen, während die inneren längsgetheilt und blassgrün sind. In */ıoo Linie Länge sind 
15 Queerstreifen, in Yz; 42, Yo 37, Yas 31, Yo 35, Yhz 21, "/os 15. : Auch bei den fossilen zählte ich auf 1/os Linie 15 Strei- 


fen. — Länge der Körperchen Y;:— ss Linie beobachtet; Breite Q—4mal in der Länge. Junge sind halbscheibenförmig. Die freien 
Thierchen gleichen an Gestalt der Zunotia Faba. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIX. Fig. VI. 


- Fig. 1. ein junges Einzelthierchen mit einfachem Stiele; Fig. 2. in der Selbsttheilung; Fig. 3. kurz nach der Selbsttheilung; Fig. 4. ein grösse- 


res Bäumchen mit 6 Thierchen; Fig. 5—6. kleinere mit einigen entleerten Aesten; Fig. 7. Ventralansicht; Fig. 8. von der convexen Lateral- 
fläche; Fig. 9. von der abgeflachten; Fig. 10. mit zusammengeballtem Eierstock. Alle diese Figuren sind 300mal im Durchmesser vergrössert, 
Fig. 11. und 12. 500mal vergrössert, erstere von der. convexen, letztere ein leerer Panzer von der concaven Lateralfläche; x Oeffnungen. 


323. Cocconema cymbiforme, kahnartiges Stelzkorn. Tafel XIX. Fig. VII. 


C. striatum, saepius simplex, corpusculis anguste lanceolatis, utringue attenuatis, subacutis. 


Cocconeme Nacelle, raye, plus sowent simple, & corpuscules lanceoles Etroits, aminecis et Ppresque 
aigus aux deux bouts. 


Frustulia cymbiformis, 
— __ gastroides , Kürzıne, Linnea, 1833. p. 540, 543, 565. Taf. XV. Fig. 9,10. XV. 52. 


G 7 
lt F 7 


Cocconema cymbiforme, Bericht der Berl. Akad. d. Wissensch. 1836. p- 53. Mittheilungen der Berl. Gesellsch. naturf. 
Freunde, 1836. p. 51. 


Aufenthalt: Lebend hei Tennstädt, Halle, Merseburg, Eilenburg und Berlin; fossil bei Santafiora im Bergmehl, und bei Cassel und 
Jastraba im Polirschiefer. 


Ich erhielt diese Form zuerst von Herrn Kürzıne als Frustulia eymbiformis aus Thüringen, sah jedoch unter den Ex- 
emplaren auch schon kurz gestielte. Seitdem habe ich bei Berlin einzelne Stäbchen vorgefunden. Sehr zahlreich sah ich sie seit 1836 
(stiellos) im fossilen Zustande. Der gelbe Eierstock ist verschieden zertheilt, dem der vorigen Arten aber ähnlich. In Yıoo Linie der 
Länge zählte ich 14 Queerstreifen, in Yıs 80, !/ 60, Yas 40, Yo 36, "as 30, oo 24, Yr2 20, "os 15. Eine mittlere und 2 
runde Endöffnungen des Panzers sind beobachtet. — Länge *,o—"/ıs Linie beobachtet; Breite 5—6mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIX. Fig. VIH. 
Fig. 1—6. verschiedene Zustände und Grössen, Bauchfläche; Fig. 7. Seitenfläche der Fig. 6. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 


324. Cocconema? gibbum, bauchiges Stelzkorn. Tafel XIX. Fig. IX. 


C. striatum, frutescens, patulum, corpusculis parvis semi-ovatis, ad utrumque finem parumper constrictis. 


Cocconeme bossu, raye, rameux, dtale, a corpuscules petits semi-ovales, legerement etrangles aux 

deux bouts. 

Frustulia ventricosa, Acarna? Flora, bot. Zeitung, 1897. I. p« 626. 

Cymbella ventricosa, Acarpu? Consp. crit. Diatom. 1830. p- 9. 

ns) \ Konzıs6? Linnea, 1833, p. 539, 545. Tafel XII. Fig. 7, 14. 
— . aflata,» 

Navicula ciliata, Corpda? Almanac de Carlsbad, 1835. Tab. I. Fig. 5—8. 

Cocconema gibbum, Mittheilungen der Berl. Gesellsch. naturf. Freunde, 1836. p. 51. 


Aufenthalt: Lebend bei Wismar!, Carlsbad!, Berlin!, Halle. Fossil im Bergmehl von Santafıora in Italien, und im Polirschiefer 
von Cassel in Hessen und Jastraba in Ungarn. 


Diese Körperchen sind nicht selten einzeln stiellos und frei bewegt unter den Naviculis, haben aber ursprünglich einen Stiel 
und bilden Bäumchen. So sah ich sie zuerst im brakischen Wasser bei Wismar an Conferven. Die früheren Beobachter mögen Na- 
vicula Amphisbaena, Frustulien und Eunotien mit diesen zusammengefasst haben. Von Carlsbad erhielt ich sie auch lebend 
nach Berlin, und ich beobachtete sie bei Berlin selbst. Bei Halle fand sie Kürzıne. Streifen sind in !/ıoo Linie Länge 12, in Yo 
30, Yas 255 "oo 20, Yoo 12, Yıo» 6. — Länge beobachtet von !/i» —!/ao Linie; Breite 2—3mal in der Länge. Doppelte sind oft 
fast scheibentörmig ‚ erinnern an Cocconeis. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XIX. Fig. IX. 


Fig. 1. ein Bäumchen (Polypenstock) von Wismar; Fig. 2—4. Einzelthiere; Fig. 5—6. in der Selbsttheilung. Vergrösserung 300mal im Durch- 


messer, 


57 


za — — 


325. Cocconema? Fusidium, spindelartiges Stelzkorn. 
C. laeve?, corpusenlis anguste lanceolatis, utrinque attenuatis, subacutis. 
Cocconeme Fuseau, lisse?, a corpuscules lanceoles etroits, amincis et presque aigus aux deux bouts. 
Cocconema Fusidium, Bericht d. Akad. d. Wissensch, zu Berlin, 1837. p. 85. 


Aufenthalt: Nur fossil im Bergmehl von Degernfors in Schweden und Kymmäne Gärd in Finnland. 


Die Form gleicht sehr dem Cocconema eymbiforme, doch sah ich nie Qucerstreifen, welche bei jenem sehr stark sind. 
Jedenfalls müssen sie, im Fall sie doch da wären, viel feiner seyn. — Länge "oo—"/s» Linie; Breite 4—5mal in der Länge. 
Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung Cocconema. 


Ausser den genannten Arten ist 1831 in den Abhandl. d. Berl. Akad. p. 89. ein Cocconema? Utriculus fraglich verzeich- 
net worden. Dieses ist hier als Zpipyzis Utriculus in besonderer Gattung der Wirbelmoosthierchen auf Tafel VIIL abgebil- 
det. Ob Fucus Sarcophylla olivacea der Nereis britannica von Srackuovse (1795), ein Cocconema oder Gomphonema, 
eine Echinella oder Frustulia gewesen, liess sich nicht entscheiden. 


EINUNDSIEBZIGSTE GATTUNG: FAHNENTHIERCHEN. 
Achnanthes. Achnanthe. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, lorica simpliei, bivalvi aut multivalvi (silicea), prismatica, 
longius quam latum, pedicello obliquo ventrali simplici loco affıxum, apertura in corpore me- 
dia, divisione spontanea imperfeeta longitudinali in catenas (tabellas taeniasve) simpliciter 
stipitatas, vexilli formam referentes abiens. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, ayant une carapace simple, bivalve ou mul- 
livalve (siliceuse), prismatique, plus long que large, attache par un de ses houts et 
pedicule, a pedicule ohlique ventral toujours simple et a owerture au milieu du 
corps, se developpant par la division spontanee imparfaite longitudinale en forme 
de chaines (tablettes ou rubans) simplement pediculees & Tinstar de petits drapeauzx. 


Die Gattung der Fahnenthierchen zeichnet sich in der Familie der Stabthierchen durch einfachen 
2- oder vielschaaligen prismatischen (Kiesel-) Panzer, grössere Länge als Breite des Körpers, Festsitzen 
mit einem der Körper-Enden auf einem schief angehefteten einfachen Stiele der Bauchseite, und durch mitt- 
lere Körperöffnung aus, und bildet durch unvollkommene spontane Längstheilung des Körpers einfach ge- 
stielte Ketten (Täfelchen oder Bänder) in Form von Fahnen. 

Die Gattung Achnanthes bildete Borv DE St. Vincent 1822 im Diet. classique d’ hist. nat. mit 
3 Arten, die er, wie Acarpn 1832 richtig bemerkt, aus Lynerye’s Figuren der Zchinella stipilata gebil- 
det hat. Erst 1824 lernte sie Bory an Ulven von Dieppe durch GamLon kennen (Zneyel. meth.). Die 
ersten Formen der Gattung (4A. brevipes) beschrieb vielleicht DiLLenıus in seiner Historia Muscorum 
1741. als Conferva upon Conferva s. ©. marina hrevissima glauca (Tab. 85. Fig. 21.), deutlicher 


aber O. F. Mürzer 1779 als Conferva hirta von Pyrmont und 1783 als Conferva armillaris der Ost- 


see (A. longipes). GMELIN, WEBER und Monr, und Smıtn führten sie mit gleichem Namen oder als Con- 
Ferva stipitata ferner in der Botanik fort. Roru beschrieb wohl 1797 eine Art als Conferva Mucor, 
und 1806 A. brevipes als Kapseln des Ceramium verrucosum von Göttingen. JÜRsENS vertheilte A. /on- 
gipes in seinen Algis sice. VI. 6. als Diatoma Vezxillum. Wxst 1819 sonderte Lyxe®yE sie mit vielen 
heterogenen Körperchen von den Conferven ab in die Gattung Zehinella, indem er A. brevipes als E. sti- 
pitata beschrieb. Den noch specielleren Namen Achnanthes, welchen man Schaumblümchen oder Wol- 
lenblümehen (Zanugo flosculosa) übersetzen kann, gab Bory 1822 und dachte an Pflänzchen, die nur 
aus Staubfäden (Antheren) beständen, und eine zarte Behaarung der Conferven bildeten. NeEs v. ESEN- 
BECK zog 1823 (Nova Act. Nat. Cur. XI. II. p. 512.) Achnanthes zu Diatoma seiner Hydronemateen. 
Asarpn fing 1824 mit dieser Gattung sein Systema Algarum an und verzeichnete 2 bekannte Arten mit 
neuen Namen. Derselbe beschrieb 1827 in der Flora eine dritte neue Art (Striatella?), welche verzweigt 
seyn sollte, und Grevirır bildete die Siriatella arcuata als Achmanthes unipunctata in seiner Scottish 


> 227 


Flora ab. Turpın verzeichnete 1828 in den Memoires du Mus. d’hist. nat. XVI. 9 Arten dieser Gat- 
tung, deren aber keine dahin gehört. Es sind Arzhrodesmus quadricaudatus, pectinatus und acutus 
mit einer unklaren Micrasterias oder Odontella. Vom Namen Achnanthes sagt er p. 308.: nom du au 
hazard. Leise verzeichnete 1830 eine neue Art in der Flora-Zeitung. Acarpn beschrieb 1832 im 
Consp. crüt. Diat. 5 Arten der Gattung. Erst seit 1832 entschied ich mich über die thierische Natur die- 
ser bis dahin für Pflanzen erklärten Körper in den Abhandl. der Berl. Akad. 1833. (1832.) p. 282. Zu- 
letzt hat Kürze in der Zinnea 1833. 10 Arten wieder als Pflanzen verzeichnet, worunter mehrere neue 
sind, die aber zum Theil andern Gattungen angehören. Hier: sind 5 Arten aufgenommen. — An Organisa- 
tion ist ermittelt, dass der Panzer kieselhaltig ist und in der Mitte auf der Einbiegungsstelle bei allen grös- 
seren Arten eine grosse Oeffnung hat. Im Innern ist ein in viele rundliche Theile zertheilter Eierstock er- 
kannt. Neuerlich sind auch blasige Zellen, farblose Magen, bei A. brevipes beobachtet. Die Selbsttheilung 
geschieht als Längstheilung unter der glasigen Oberhaut, welche dann abfällt. Verzweigung, wie bei Zsth- 
mia, kann nicht statt finden. 

Die geographische Verbreitung ist im atlantischen Meere bei Frankreich und England, in der Nord- 
see bei Fühnen, Wangeroge und Norwegen, in der Ostsee bei Wismar, Copenhagen und Flensburg, und im 
mittelländischen Meere bei Triest und Venedig, so wie in verschiedenen Mineral- und Soolquellen Deutsch- 
lands beobachtet. 4A. exilis und zminutissima finden sich im süssen Sumpfwasser Deutschlands. Auch 
scheint es eine fossile Art in dem Bergmehl von Degernfors und Finnland zu geben. 


326. Achnmanthes longipes, langfüssiges Fahnenthierchen. Tafel XX. Fig. 1. 


A. bacillis striatis, singulis mediüs inflexis, a dorso ventreque apice rotundatis, pedicello erasso, bacillis saepe duplo 
et quintuplo longiore. 


Achnanthe ü pied long, a corpuscules rayes, flechis au milieu, arrondis aux bouts du cöte dorsal 
et ventral, ayant un pedicule epais 2 a 5 fois plus long que le corps. 
Conferva upon Conferva, Dırnen.? Historia Muscorum, Taf. 85. Fig. 41. 1741. Synedra? 
Conferva armillaris, MÜLLER, Nov. Acta Holm. 1783. Tab. 3. Fig. 67. Linne, Syst. Nat. ed. GmeLın XII. 1788. Weser und Mour, 
Archiv f. d. Naturgesch. 1804. I. p. 139. : 
Conferva stipitata, SMITH, Engl. bot. T. 2488. 1813. 
Diatoma riyidum, DecandoLze? Flore franc. U. p. 48. 1805. (s. Striatella.) 
Diatoma verillum, JüRGENs, Alg. siec. Decad. VI. 6. 1817. ° 
Achnanthes longipes, AGARDH, Syst. Algar. 1824. p.1. Conspectus cerit. Diatom. p.58. 1832. Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. 
zu Berlin, 1833. (1832.) p. 283. Kürzıne, Linnea, 1833. p. 576. 
Aufenthalt: In der Ostsee bei Copenhagen! und Wismar!, in der Nordsee bei England und Wangeroge, im Kattegat! und bei Droe- 


bak in Norwegen!, im atlantischen Meere bei Dieppe?, im Mittelmeere bei Triest!. 


Diese sehr niedliche Form überzieht bei Wismar im August das Ceramium diaphanum oft ganz. Ich habe sie an allen 
mit ! bezeichneten Punkten selbst beobachtet. Miss Bıppvrrn und Miss Hırr sammelten sie nach Smitau 1812 im Juli an verschie- 
denen Conferven bei Southampton zuerst. Der gelbliche Eierstock ist jung (nicht alt, wie ich 1832 glaubte) vielen zerstreuten Kugeln 
gleich, dann sammelt sich die Masse sternartig in der Mitte, wo die Oeffnung deutlich ist, aber sich nie ein hervorstehendes Organ, 
auch nicht in Farbe, bemerkbar machte. Ich sah nicht bloss 2-gliederige Fähnchen (wie Acarpn), sondern 6- und neuerlich auch 
8-gliederige. Kurz vor der Selbsttheilung sind die Stäbchen doppelt so breit als sonst, dann tritt innerhalb der äusseren Glashaut die 
abschliessende Thätigkeit ein. Eine Zeitlang bleibt die glasige Verbindungshaut der getrennten Glieder nach der Theilung, dann fällt 
sie ab. Bauch- und Rückenfläche sind an den Enden abgerundet. Die Bauchseite scheint einen offenen Längsspalt zu haben. Der 
Mund bildet einen breiten Q@ueerspalt. Der Stiel ist steif, aber nicht kieselhaltig, sondern verbrennlich. Die Streifung zeigt in jedem 
!/ıoo Linie. der Länge 9 Queerlinien, in Yso 90, Yız 75, Yıs 52, Ya 37, ss 255; Yas 18, Yo 15, Yr2 12, Yo 9 
Stäbchen ohne den Stiel Y,; —"/ıo Linie; Breite 3—8mal in der Länge. 


Länge der 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. 1. 


Es sind 10 mehr und weniger polypenstockartig zu Ketten entwickelte Fähnchen mit langen und kurzen Stielen auf Ceramsum diaphanum 
von Wismar. Fig. 1. «. jugendliches Einzelthierchen; £. leerer Stiel; y. jugendliche Form nach einfacher Längstheilung; d. nach doppelter Längsthei- 
lung; & langstielige Form kurz vor der Selbsttheilung; Z. fünfgliederige Fahne kurz vor und während der Selbstheilung; 7. grosses Einzelthierchen; 9. 
sehr kleines, junges Einzelthierchen. Fig. 2. Rückenfläche. Fig. 3. Seitenfläche. Fig. 4. Bauchfläche eines und desselben Einzelthieres, 0° Mund. 
Bei einigen ist die Eimasse in viele gelbliche Flecke vertheilt, bei andern in die Mitte zusammengezogen. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 


327. Achmanihes brevipes, kurzfüssiges Fahnenthierchen. Tafel XX. Fig. II. 


A. bacillis striatis singulis mediis inflexis, a dorso ventreque apice subacutis, pedicello erasso, bacillis semper longe 
minore. 


Achnanthe ü pied court, a corpuscules rayes, flechis au milieu, arrondis aux bouts du cöte dorsal 
et ventral, ayant um pedicule epais toujours beaucoup plus court que le corps. 


Conferva hirta, Münuer’s Beschäftigungen der Berl. naturf. Gesellsch. B. IV. 1779. c. Fig. 
Conferva Mucor, Rora? Catalecta bot. I. 1797. p. 191. 
Ceramium verrucosum, Roru! Catalecta bot. II. 1806. nach AcArDH, Consp. crit. Diatom. 1832. p. 59. 
Echinella stipitata, Lysesye, Tent. Hydrophyt. dan. 1819. p. 210. T. 70. 
Achnanthes adnata, 
— bacillarivides, % BorY DE St. Vincent, Diet. classique, 1822. 
— dubia,, 


228 


Achnanthes brevipes, AGARDH, Syst. Algarum, 1824. p.1. GREVILLE, Scottish eryptog. Flora, T. 295. 1827. HornEMANN, Flora 
danica, Tab. 1840. 1828. 


Achmanthes brevipes , \ AGARDH, Consp. crit. Diatom, 1832. p.59. Kürzıne, Linnea, 1833. p. 573, 574. Taf. XVI. Fig. 57, 58. 


== multiarticulata , 
Fragilaria salina, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 72. 
Aufenthalt: Im atlantischen Meere, in der Nordsee und Ostsee, im adriatischen Meere bei Venedig und in den Soolquellen hei Göt- 
tingen, Kötschau!, Artern! und Dürrenberg!, und in den Mineralquellen von Pyrmont. 


Es war diese Art ohne Zweifel, welche Mürrer in Pyrmont entdeckte, und die Conferva Mucor mag wohl auch hierher 
gehören. Ganz deutlich sah Rorn später diese Thierchen für die Samenkapseln des Ceramium verrucosum an; schön AGARDH er- 
kannte es 1832 durch von ihm erhaltene Exemplare. Lvncsve verwechselte 1819 diese Art mit der vorigen und ‚gab ihr Smırws 
Namen derselben. Borv beschrieb dann die Form, ohne sie zu kennen, nach Lrxcsve, und gab dessen Abbildungen 3 Artnamen. 
Acaron ordnete die Synonymie, und ihm folgten die Andern. Allein 1832 bildete er aus einem unwesentlichen Character die neue 
Art: A. multiarticulata von Venedig, und Kürzıne, wohl aus derselben Form, seine Fragilaria salina. Kürzınc hat 1833 
später seine Art selbst eingezogen, aber Acarnn’s Art beibehalten. CorpA hat sie auch in Srurm’s „Flora Deutschlands“ abge- 
bildet. — Ich besitze Exemplare von Kürzıns und beobachtete diese Art selbst millionenweise lebend in den Soolwässern von Artern, 
Dürrenberg, Kötzschau, wie in der Ostsee. Der gelbe Eierstock bildet anfangs 4 Kugeln, dann spaltet er sich oft mehr, zuletzt zer- 
fällt er zuweilen in viele bewegte Körperchen. Die Ketten sind zuweilen mehrere Zoll lang, confervenartig und bilden fluthende 
dieke Büschel. Die Streifung hat in "/ıoo Linie der Länge 10 Queerlinien, in !/ıs 68, "is 66, 'ha 44, "ho 335 "as 22, Yo 17, 
1 14, "Jos 11. — Länge der Stäbchen "— '/ıs Linie beobachtet. Stiel nie halb so lang als der Körper. Breite 2—4mal in 
der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. Il. 


Fig. 1. Ketten verschiedener Länge auf einer alten Vaucheria. «. jung, mit 4gliederiger Kettenfahne und 2theiligem Eierstocke; . etwas grösser, 
2 und 2 noch verbunden; y. 30gliederige Fahne mit 4theiligem Eierstocke. Fig. 2. grössere Individuen, bei 0° der Mund, Seitenfläche. Fig. 3. 
Bauchseite, 0” Mund. Fig. 4. kleineres Exemplar, Rückenseite. Vergrösserung 300mal. 


328. Achmanthes subsessilis, schmales Fahnenthierchen. Tafel XX. Fig. II. 


A. bacillis striatis, minoribus, angustioribus, singulis medio levius inflexis, a dorso ventreque apice rotundatis, pedi- 
cello brevissimo, crasso. 


Achnanthe etroite, a corpuscules rayes, tres-greles et tres-petits, flechis au milieu, arrondis aux 
bouts du cötE ventral et dorsal, ayant un pedicule tres-court, Epais. 


Achnanthes brevipes aquae duleis Scandinaviae, A6ARDH? Conspect. crit. Diatom. 1832. p. 59. 
Achnanthes subsessilis, Kürzıng, Algar. sicc. Decas V. Nr. 42. 1833. und Linnea, 1833. p. 576. Taf. XVI. Fig. 55. 


Aufenthalt: Am salzigen See bei Rollsdorf auf Süsswasser-Conferven! und in Schweden?. 


Ich kenne diese Art nur aus trocknen Exemplaren des Herrn Kürzıns. Acarpm scheint diese, oder eine sehr ähnliche, 
Art auf Conferven des Süsswassers in Schweden gesehen zu haben. Kürzıns sammelte sie auf Zygnema littoreum Luwxse. und 
giebt 2 innere braune Flecke, also einen 2theiligen Kierstock an. Streifen fand ich auf jedem !/ioo Linie der Länge 15, auf "/s; 42, 
1/0 375 "as 315 so 30, "oo 55 "2 21, "oo 15. Die mittlere Oeffnung war, wie bei den vorigen, deutlich. — Länge re Tas 
Linie beobachtet; Breite 3—5mal in der Länge; Fuss kaum */; der Länge der Stäbchen. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. II. 


Fig. 1. ein Stück Conferve mit 6 Fähnchen, jedes zu 1 oder 2 Stäbchen. Auch Kürzıns sah nicht mehr als 3, doch mag es auch mehr geben. 
Fig. 2. Bauchseite. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 


329. Achnanthes exilis, zartes Fahnenthierchen. Tafel XX. Fig. IV. 


A. bacillis laevibus?, teneris medio levius inflexis, a dorso ventreque acutis, pedicello elongato gracili bacillum longi- 
tudine saepe superante. 


Achnanthe menue, a corpuscules lisses?, tres-menus, legerement flechis au milieu, arrondis aux 
bouts du cöte ventral et dorsal, ayant un pedicule allonge grele sowvent plus long que le corps. 


Achmanthes—?, LEıBLeın?, Flora, bot. Zeit. 1830. I. p. 338. Taf. I. Fig. 10. 
Achnanthes Leibleini, AGARDH? Conspectus crit. Diatom. 1832. p. 59. 
Achnanthes ewilis, Kürzıne, Algar. sicc. Decas I. Nr. 12. 1833. Linnea, 1833. p. 577. Taf. XVI. Fig. 53. 


Aufenthalt: Bei Würzburg und Tennstädt bei Halle. 

LeisLeın entdeckte diese Art auf Conferva rivularis, und seiner Form gab Acarnm den Namen Leibleini. Es bleibt 
zweifelhaft, ob Kürzıne’s spätere Art dieselbe war, doch ist es wahrscheinlich. Kürzına fand seine Art auf Conferva floccosa 
und globulina im Bruchteiche. Er scheint einen 2theiligen gelblichen Eierstock beobachtet zu haben, den er als 2 Bänder beschreibt. 


Streifung ist nicht zu erkennen. — Länge der Stäbehen !/o —!s Linie; die Breite 4—6mal in der Länge. Die mittlere Oeffnung 
war deutlich. Kürzıne beobachtete meist 4—-6gliederige Fähnchen, ich 1—11gliederige nach seinen Exemplaren. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. IV. 
Es ist ein Confervenfragment mit 7 Fähnchen abgebildet. In a. ist bei 0° der Mund bezeichnet; £. ist Bauchfläche. Vergrösserung 300mal i.D. 


330. Achnanthes minutissima, Zwerg-Fahnenthierchen. Tafel XX. Fig. V. 


A. bacillis laevibus?, minimis, medio levius inflexis, a dorso ventreque obtusis, pedicello bacillum vix aequante. 


Achnanthe naine, a corpuscules lisses?, nains, lögerement flechis au milieu, arrondis aux bouts du 
cöte ventral et dorsal, ayant um pedicule grele « peine de la longueur du corps. 


x Achnanthes minutissina, Kürzıng, Algar. sicc. Decas VII. 1833. Linnea, 1833. p. 578. Tafel XVI. Fig. 54. 
Aufenthalt: Bei Aschersleben in Thüringen und bei Berlin. 

Kürzıne fand diese Art im Juni an Zygnema mit Synedra Ulma, ich fand sie sehr ‚zahlreich an einem Zygnema bei 
Berlin am 20. und 23. Februar 1835. Zugleich fand ich grosse Mengen abgefallener einzelner Stäbchen, von denen zuweilen noch 5 


zusammenhingen. Einige waren gelblich, andere grünlich. Die Oeffnung war nicht deutlich. — Länge der Stäbchen !/joo— "> Linie. 
Breite */, bis '/; der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. V. 
Fig. 1. ist ein Fragment eines Zygnema mit 4 Fähnchen. Fig. 2—5. sind verschiedene Zustände und Ansichten frei umherliegender Stäbchen mit 


gelblichem Eierstock, sämmtlich 300mal vergrössert. Fig. 6. ist ein Stäbchen von Fig.1., 800mal vergrössert, mit grünlichem Eierstock, von 2 Seiten. 


331. Achnanthes? inaequalis, ungleiches Fahnenthierchen. 
A. corpusculis laevibus, extra medium inflexis, inaequaliter curvatis, a latere utrinque attenuatis et subacutis. 
Achnanthe? inegale, a corpuscules lisses, hors du milieu flechis et inegalement courbes, amincis et 
presque aigus aux deux extremites du cöte lateral. 
Achnanthes inaequalis, Bericht der Akad. d. Wissensch. zu Berlin, 1837. 
Aufenthalt: Nur fossil im Bergmehl von Degernfors und Kymmöne Gärd beobachtet. 
Die Form hat Achnlichkeit mit Euntia Faba, ist aber ausser der Mitte eingeknickt. Sie bedarf noch schärferer Beobach- 


tung vielleicht besser erhaltener Exemplare. 
Eine Abbildung konnte. nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung Achnanthes. 


Es sind überhaupt 24 Artnamen in dieser Gattung, meist von Botanikern, bisher gegeben worden, von denen nur 6 annehmbar 
geschienen und von mir beobachtet worden. Die übrigen 18 haben folgende Synonymie: 1) Achnanthes adnata Borx (1822) — A. 
drevipes; 2) A. arcuata Kürzınc (1833) — Striatella arcuata; 3) A. bacillarioides Bory (1822) = Achn. brevipes; 4) 
A. bijuga Turrın (1828) — Arthrodesmus quadricaudatus; 5) A. bilunulata Turrın (1828) — Arthrodesmus pectina- 
zus; 6) A. dimorpha Turrın (1828) = Arthrod. pectinatus; 1) A. dubia Borv (1822) = Achnanthes brevipes; 8) A. in- 
termedia Kürzıne (1833. Alg. sice. Dec. III. und Linnea) = Achnanthes subsessilis?; 9) A. Leibleini Acarnn (1832) — 
A. exilis?; 10) A. multiarticulata Acaron (1832) = A. drevipes; 11) A. obliygua Turrın (1828) = Arthrodesmus acu- 
Zus; 12) A. octalterna Turrın (1828) — Arthrodesmus acutus; 13) A. quadralterna Turrın (1828) — Arthr. acutus; 
14) A. quadricauda Turrın (1828) — Arthrodesmus quadricaudatus; 15) A. guadrijuga Turrın (1828) — Arthrod. 
quadricaudatus; 16) A. seriata Acarnn (1827. Flora, bot. Zeit. IT. p-. 626.) = Striatella?, Isthmia?; 17) A. stomato- 
morpha Turrın (1828) — Micrasterias?, Odontella?; 18) A. unipunctata Greviız (1827) — Striatella arcuata?. 

Achnanthes intermedia wurde Herrn Kürzıne auf Ulwa (Scytosiphon) intestinalis von einem Berliner Botaniker zuge- 
sendet, ist aber schwerlich von Berlin, wo auch die Ulve fehlt. Diese Form und A. Leibleini könnten noch besondere Arten seyn. 
Kürzıne’s Melosira fragilis (Linnea 1833. p. 72.) verdient ihrer gekrümmten Glieder (?) halber hier bemerkt zu werden. Ueber- 
diess hat Navieula Arcus einige Aehnlichkeit mit Achnanthes - Stäbchen. 


ZWEIUNDSIEBZIGSTE 6ATTUNG: ZICKZACKFÄHNCHEN. 
Striatella. Striatelle. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, lorica simpliei (silicea), altero fine loco affıxum, longius 
quam latum aut subquadratum, pedicello obliquo suffultum, vexilli formam referens, corpus- 
culis saepe longe concatenatis, articulis interdum (Bacillariae more) hiantibus, apertura me- 
dia destitutis. (== Bacillaria pedicellata.) | 


CARACTERE: Animal de la Jamille des Bacillaries, ayant une carapace simple (siliceuse), at- 
tache par un de ses houts, plus long que large ou presque quarre, obliguement pedi:- 
cule en forme d’un petit drapeau, se developpant en chaines souvent baillantes, sans 
ouverture au milieu des corpuscules. (= Bacillaire pediculee.) 


Die Gattung der Ziekzackfähnchen ist in der Familie der Stabthierchen durch einfachen (Kie- 
sel-) Panzer, durch Angeheftetseyn mit einem Körperende, durch grössere Länge als Breite des fast qua- 
dratischen Körpers, und durch schief ansitzenden Stiel bezeichnet, unterscheidet sich aber durch fahnenar- 
tige Entwickelung von Ketten mit oft klaffenden Gliedern ohne mittlere Körperöffnung. (Es sind gestielte 
Zickzackthierchen.) 


>8 


- 230 


Die erste Form dieser Gattung entdeckte vielleicht DecannoLLe 1815 bei Dieppe und nannte sie 
Diatoma rigidum, doch konnte es auch ein Achnanthes und noch anderes gewesen seyn. LyneßyE be- 
schrieb 1819 wohl ein Fragment der Striatula arcuata als Fragilaria unipunctata. AcAarpH beschrieb 
1824 dasselbe als Diatoma unipunctatum. GREVILLE bildete 1827 zuerst diese Art vollständig als Ach- 
nanthes unipunctata von ÜCARMICHAEL ab, und AGArDH stellte sie 1832 mit der Conferva striatula der 
Engl. bot. als 2te Art in die neue Gattung S/riatella, in welche er das stiellose Diatoma arcualtum 
(Tessella) mit der gestielten Achnanthes unipunctata als 2 Arten zusammenfasste. Kürzıne nannte 1833 
auch das Diatoma arcuatum von LysogyE Achnanthes arcuata, und die Fragilaria unipunclata wit 
GreEVILLE Achnanthes unipunctata, verwechselte aber ebenfalls, wie AcarpnH, die Charactere beider For- 
men, so dass er den Stiel der letzteren, die er selbst sah, durch Asarpu’s Verwechselung verleitet, auch 
der ersteren zutheilt, die er nicht sah. Ich erhielt von Herrn Kürzıns Exemplare seiner Achnanthes ar- 
cuata der Ostsee und sah sie später lebend in der Nordsee. Erst neuerlich habe ich mich überzeugt, dass 
Lyserye’s Diatoma arcuatum, welches ich von Horrmann Bang erhielt, eine Acarnn's Striatella arcuata 
und Kürzine’s Achnanthes arcuata zwar sehr ähnliche, aber von ihr ganz verschiedene, Form, eine Tes- 
sella ist, die ich als Tessella arcuata verzeichnet habe. Smiru’s Conferva striatula der English hot. 
1808. Tab. 1928. ist entweder dieselbe, oder, was ich jetzt vorziehe, Tessella Catena gewesen. Ich bin 
daher nun der Meinung, dass Achnanthes arcuata Kürzine derselbe Körper ist, welchen LyseryE Fragi- 
laria unipunctata nannte, sicher aber wohl derselbe, welchen GrEVILLE Achnanthes unipunclata nannte, 
und dass die Gattung nur die eine bekannte Art besitzt, welche Str. unipunctata heissen sollte. Dennoch 
müssen erst Original-Exemplare von Lynenve’s Fragilaria und GrEVviLLe’s Achnanthes zu Rathe gezogen 
werden. — An Organisation ist ein mit innern Queerriefen versehener, platter, tafelartiger Kieselpanzer er- 
mittelt, dessen Oeffnungen, wie bei 7essella, unklar blieben. Der wahrscheinliche Eierstock ist anfangs in 
viele rundliche Häufchen zertheilt, und ballt sich später in eine grosse Kugel zusammen. 

Die geographische Verbreitung ist wegen vorhandener Verwechselung von 2 ähnlichen Formen un- 
sicher beobachtet. Die hier beschriebene Form lebt, meinen directen Anschauungen zufolge, bei Flensburg 
in der Ostsee und bei Gothenburg in der Nordsee. 


332. Siriatella arcuata, gekrümmites Zicekzackfähnchen. Tafel XX. Fig. VI. 


St. loricae singulae tabellaris subquadratae lineis Iongitudinalibus internis transverse suleatis 3—7, polypariis (vexil- 
lis) taeniaeformibus saepe curvatis. 


Striatelle arguce, a carapace tabellaire presque quarrce, ayant 3—T lignes longitudinales internes 
transversalement rayces et les polypiers (drapeaux) en forme de rubans souvent courbes. 
Diatoma rigidum, DecanpdoLıe? Flore francaise, 1815. II. p. 49. s. Achmanthes longipes, Tessella, Bacillaria. 
Fragilaria wnipunctata, Lysesye, Tentam. Hydrop h. dan. 1819. p. 183. Tab. 62. 


Diatoma wunipunctatum, Acarou? Systema Algarum, 1824. p. 6. 
Achmanthes unipunctata, CarmiıcHAkn nach GREVILLE, Scottish erypt. Flora 1877. Tab. 287. 


Striatella arcuata exclus. synon., \ Acarpn, Consp. crit. Diatom. 1832. 
— unipunctata , 2 


Ama resalsl, \ Kürzıne, Linnea, 1833. p. 573, 574. 
— unipunctata , 


Striatella, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1835. p. 173. 
Aufenthalt: Sicher im Flensburger Meerbusen und in den Gothenburger Schären, vielleicht auch im Mittelmeere und bei England 
und Norwegen beobachtet. 


Ich habe diese Form gleichzeitig mit Tessella Catena 1835 lange in Berlin lebend erhalten. Sie sass auf Callithamnium 
fruticulosum von Gothenburg. Bewegung zeigte sie natürlich gar nicht. Die Form von Flensburg auf Ahodomela subfusca, von 
Frönuıch gesammelt, erhielt ich trocken durch Kürzıng, der sie auf Ceramium und Hutchinsia sah. Nach ihm sammelte v. SuHR 
sie auf Fühnen, Naccarı bei Venedig, v. Martens bei La Spezzia. CarmıcHazr fand sie bei Schottland, und Lynegve bei 
Norwegen auf Eectocarpus siliculosus. Die Krümmung ist ein nur zufälliger Character, entstehend durch das Streben zur klaffenden 
Zickzackbildung der Bänder. Der Eierstock ist grünlichgelb, und wenn er sich zusammenballt, wird er röthlich und violet. Die Thei- 
lung geschieht nicht immer in gleichen Abständen. Bei flüchtiger Betrachtung ist man geneigt, jede Längslinie für eine Grenze eines 
Stäbchens zu halten, allein die wahren Grenzen sind breiter und auch bei getrockneten durch Anfeuchten zu erkennen. Auf !ı00 Li- 
nie der Länge zählte ich 9 @Queerstriche, auf !ıs 52, "ho 48, "hr 40, "Iso 265 "as 20, "oo 16, "2 13, "oo 10. — Länge der 
Stäbchen 's— "is Linie; Breite oft der Länge gleich, kurz nach der Theilung schmäler, kurz vor derselben scheinbar breiter. — 
Vielleicht hat man sich diese Formen als zusammengedrückte Gallionellen zu denken. — Die zur Gattung Tessella angezogenen, 
von mir nicht beobachteten, Formen sind sämmtlich auch hier zu vergleichen. Die Synonyme der Sir. arcuata AcarpH gehören zur 
Tessella arcuata. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX, Fig. VI. 


: Auf einer Spitze des Callöthamnium sind 4 Fähnchen abgebildet: «. ein jüngeres, kleineres, aus 6 Täfelchen (Einzelthieren) bestehendes ; 
ß. ein älteres, zur Zickzackbildung geneigtes; y. ein grösseres, aus 2'/, Täfelchen gebildetes; d. ein grösseres Einzelthierchen. Die allzuschmalen Tä- 
felchen, welche an den Enden vorkommen, mögen abgebrochene Fragmente seyn. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 


231 


VIERTE SECTION: LACERNATA. 


DREIUNDSIEBZIG6STE GATTUNG: GALLERTSCHIFFCHEN. 
Frustulia. Frustulie 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, involucro duplici indutum, lorica propria silicea, lacerna 
gelatinosa, difformi; corpusculis sparsis aut acervatis. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, ayant une enveloppe double, la carapace 
siliceuse et un manteau gelatineux diffjorme; & corpuscules epars ou grouppes. 


Die Gattung der Gallertschiffehen unterscheidet sich in der Familie der Stabthierchen durch dop- 
pelte Hülle, einen eigentlichen Kieselpanzer und einen gallertigen unförmlichen Mantel, in welchem die Kör- 
perchen zerstreut oder haufenweise eingehüllt sind. 

AsARDH gab den sprachlich nicht ansprechenden Namen Zrustulia 1824 einer Gruppe von Körpern, 
die er für Algen hielt, die aber Bory pe Sr. Vincent schon 1822 unter dem Namen Navieula zum Theil 
abgesondert hatte. Beide Beobachter sahen die Formen zuweilen in Gallerte gehüllt. AsarpH, welcher 
meist Seekörper beobachtete, hielt den Schleim für dazu gehörig, Bory für zufällig. Acarpn hielt daher 
seine Körperchen für ganz andere Dinge, und diese Umstände haben zu einiger Leidenschaftlichkeit auf bei- 
den Seiten geführt. Wie gewöhnlich hatten beide Beobachter recht und unrecht. Nur erst im Jahre 1835 
habe ich wirkliche Frustulien im Sinne Acarpu’s kennen gelernt, während ich sonst oft die ällerverschie- 
densten NMaviculas im Schleime von Froschlaich und andern ähnlichen Dingen, zuweilen in dichter Menge, 
fand, wie auch Asarpn verschiedene Arten als beisammenlebend bezeichnet hat; diese waren Navieulae. 
Uebrigens sollten die Zrustuliae. 1824 in fadenartigen Schleim gehüllt seyn, es waren also wohl Naune- 
znata hauptsächlich beobachtet worden. Asarpn änderte 1830 bis 1832 seine Ansicht dahin, dass er ei- 
nen gestaltlosen Schleim als Basis derselben ansah, und er unterschied die gekrümmten Arten als Oymnbella 
von den geraden Frustulien. Die Maviculas verwies er in das Reich der Psychodien. Bory scheint wahre 
Frustulien nie gesehen zu haben, auch Kürtzıne hat keine beobachtet, daher hat letzterer den Unterschied 
der Naviculae, Oymbellae und Frustuliae ganz fallen lassen und allesammt (55 Arten) Frustulia ge- 
nannt, was aber dann hätte Mavicula heissen müssen. In den Abhandlungen der Berliner Akademie 1833. 
(1832.) wurde p. 293. die Gattung Frustulia zweifelhaft angenommen und zuerst bei den Infusorien ver- 
zeichnet. Seitdem ist sie von mir, aber nur in zwei. Arten, vielfach beobachtet worden. WArLroTH’s Vor- 
schlag 1835, den nicht glücklichen Namen Frustulia in Temachium abzuändern, ist zu verwerfen, weil 
der erstere Name doch nicht geradehin sprachwidrig ist. — An Organisationsverhältnissen ist bei den wah- 
ren Frustulien ausser der Gallerthülle ein Kieselpanzer beobachtet, welcher, ganz dem von Mavieula gleich, 
6 zu 2 sich gegenüberstehende Oeffnungen besitzt, deren zwei die Mitte, vier die Enden einnehmen. Ein 
2- bis 4blätteriger farbiger Eierstock und Magenbläschen sammt 2 hellen drüsigen Stellen, vielleicht männ- 
lichen Samendrüsen, sind andere Theile des Organismus. i 

Die geographische Verbreitung der Gallertschiffehen ist bis jetzt nur in der Nordsee bei Gothenburs, 
bei Carlsbad im Mineralwasser und bei Königsborn im Soolwasser sicher beobachtet worden. Für fossile 
Formen giebt es noch kein Unterscheidungszeichen von Navieculis, da die Gallerthülle zerstörbar ist. 


333. Frustulia appendiculata, bräunliches Gallertschiffchen. 


F. corpusculis laevibus?, lineari-lanceolatis, obtusis, in gelatina difformi sparsis. 


Frustulie brunätre, a corpuscules lisses?, lineaires-lanceoles, obtus, epars dans une gelatine amorphe. 


Frustulia appendiculata, AcarpHu, Flora, bot. Zeitung, 1827. II. p. 6%. Icones Algarum europaear. Tab. I. 1828. 
Cymbella appendiculata, AsaArDH, Conspect. crit. Diatom. 1830. p. 9. 

Frustulia appendiculata, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 542. 

Frustulia appendiculata, in WIEGMANN’S Archiv für Naturg. 1836. I. p. 244. II. p. 185. 


Aufenthalt: An feuchten Wänden des Mineralwassers in Carlsbad ausserhalb des Wassers. 


Acarpn hat von dieser Form eine ziemlich gute Abbildung gegeben, ohne jedoch ihr Verhältniss zur Gallerte darzustellen. 
Warum er sie später zu Cymbella zog und sie halbmondförmig nennt, ist nicht einzusehen. Ich vermuthe eine Verwechselung im 
Schreiben. Die Form gleicht der Navieula gracilis sehr, ist aber auf der Bauch- und Rückenseite mehr abgerundet, auf den La- 
teralflächen paralleler und kleiner. In der Gallerte liegt sie zerstreut, ohne besondere Zellen. Ich erhielt sie auf meine Bitte durch 
Herrn Fıscner lebend nach Berlin. Ihre Eingeweide lassen sie sehr lebhaft bunt erscheinen und sind ein bräunlichgrüner Eierstock 
mit 2 augenartigen grossen männlichen Drüsen und einigen hellen Magenblasen. Ihre mittlere Oeffnung ist ein breiter @Queerspalt, die 
andern sind rund. Streifung liess sich nicht bemerken. Längstheilung war oft sichtbar. — Länge "soo bis !/oe Linie; Breite 4— 5mal 
in der Länge. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


334. Frusiulia maritima, See-Galiertschiffchen. 


F. corpusculis laevibus?, linearibus, utrinque rotundatis, in cellulis gelatinosis contiguis acervatim nidulantibus. 


Frustulie maritime, ü corpuscules lisses?, lindaires, arrondis aux deux extremiles et se maultı- 
pliant par grouppes en cellules gelatineuses separees contigues. 


Conferva multicapsularis var., DiLLwyne&? Brit. Confery. 1809. p. 59. Sup. Pl. D. 


Aufenthalt: Im Nordseewasser von Gothenburg und vielleicht bei Swansea in England. 


Diese Form ist schr ausgezeichnet und hat die grösste Achnlichkeit mit Syneychia Salpa. Sie hat mich erst völlig über- 
zeugt, dass die Gallertschiffehen wirklich existiren. Vielleicht beobachtete sie Acarnm 1824, verwechselte sie aber schon damals mit 
Naviculis. Diese Art bildete mehrere Zoll grosse Gallerthaufen von bräunlicher Farbe an Gläsern voll lebender Seepflanzen und See- 
wasser aus Gothenburg, die ich durch Herrn Dr. Lovkx’s Güte erhalten, 8 Monate nach ihrer Ankunft in Berlin. In den einzelnen 
unregelmässigen Gallertzellen waren 1—20 Navieulae oft in deutlicher Längstheilung. Der blassgelbliche Kierstock hatte 2 äussere 
etwas dunklere, 2 innere hellere Platten, und darin je 2 helle Kugeldrüsen. Grösse der Navieulae "Jio— "os Linie; Breite "a 
— !/; der Länge. Streifung war nicht zu erkennen. Die Form ist fast gar nicht lanzetförmig. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden, 


335. Frustulia salina, Salz-Gallertschiffehen. 


F. corpusculis angustissime linearibus, ab uno. latere utrinque subito acutis, ab altero rotundatis, in gelatina continua 
dense sparsis, transverse striatis. 


Frustulie saumätre, a corpuscules lineaires tres-etroits, brusguement aigus aus deux bouts d’un 
cöte, obtus de Tautre cöte, ayant des raies transversales et se developpant bien serres dans 
une gelatine continue. 


Aufenthalt: Im Soolwasser von Königsborn. 


Ich erhielt diese Form in grosser Menge millionenweise aus der preussischen Saline Königsborn im Soolwasser lebend nach 
Berlin. Hier ist offenbar auch die farblose Gallerte nur mit Einer Art von Navieula erfüllt und gehört dieser als Mantel an. Es 
sind sehr feine Stäbchen wie Navicula Acus, aber weniger spitz. Die Farbe des Eierstocks ist sehr blassgelb. Ich zählte 23 Strei- 
fen in "/oo Linie der Länge. — Länge der Stäbchen "Jo — '/r» Linie; Breite 5—10mal in der Länge. 

Fine Ahbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung Frustulia. 


Nachdem Acarnn 1824 im Systema Algarum mit Gründung der Gattung 7 Arten (eine im Anhange) verzeichnet hatte, 
beschrieb er noch 8 in der Flora oder botanischen Zeitung 1827, trennte diese 15 Arten aber 1830 im Conspeetus eriticus Dia- 
tomacearum in Cymbella und Frustulia. Der Gattung Cymbella gab er 1830 allein 17 Arten, und der Gattung Frustulia 1831 
ebenda 6 Arten, zusammen 23 Arten. Er hatte alle Mavieulas, die Einzelthierchen einiger Oocconema, Synedra, Podosphenias 
die Pyzxidicula und noch andere Formen in jene Gruppen vereinigt. Leisrern beschrieb wohl 1827 I. p. 259. in der Flora die 
Spongillennadeln als Pr. asbestina, und Dur nannte 1828 im Botanicon gallicum das Meridion vernale: Frustulia circula- 
ris. Kürzıne beschrieb dann 1833 in der Linnea VIII. diess fast alles in der einzigen Gattung Frustulia als 55 Arten derselben. 
Corna hat 1835 im Almanac de Carlsbad auch 2 neue Namen gegeben, die aber Mavieulis angehören. Hier konnte von mir von 
allen früheren Namen nur 1 angewendet werden, und es sind 2 neue Artnamen dazu gekommen; im Ganzen sind der Gattung 66 Art- 
namen ertheilt worden, von denen 3 haltbar sind. Folgendes ist ein Versuch zur Deutung der übrigen 63 Namen: 1) Frustulia acu- 


minata Kürzıns — Navicula Sigma; 2) F. acuta Acaron (1824) = Spongillarum acieulae; 3) F. adnata Kürzıne — 
Eunotia Westermanni; 4) F. aequalis Kürzına — Fragilaria rhabdosoma?, Synedra Ulna?; 5) F. agrestis CorpA — 


Navicula viridis?; 6) F. anceps Kürzıne = Nav. fulva; 7) F. appendieulata Corva — Nav. quadricostata; 8) F. 
asbestina Leisıeın — Spongilla lacustris?; 9) F. attenuata Kürzıne = Nav. Hippocampus; 10) F. bidentata Kürzıns 
— Podosphenia gracilis?; 11) F. eircularis Duex — Meridion vernale; 12) F. coffeaeformis Asırou (1827) = Nav. qua- 
dricostata?, Frustuliat, Cocconema?; Kürzıns — Cocconema cymbiforme; 13) F. conjugata Kürzıns — Nav. fulva? ; 
14) F. conspurcans Marrıus [Asaron] (1831) = Nav. gracilis; 15) F. copulata Kürzıne = Cocconema Cistula ; 16) F. 
cuneata Acaron (1824) — Podosphenia cuneata; AT) F. cuspidata Kürzıns — Nav. Amphisbaena; 18) F. erinita v. Mar- 
vens (Kürzıne) — Epipyxis Utriculus; 19) F. cymbiformis Kürzına = Cocconema cymb.; 20) F. depressa Kürzine = 
Nav. fuva; 21) F. elliplica Acırou (1824) [Addenda| = Frustuliat, Cocconema?;, 22) F. fasciata Acarnn (1827) = 


Synedra Ulma?; 23) F. fulwa Kürzıns — Cocconema Cistula; 24) F. gastroides Kürzıns —= (occonema ceymbiforme ; 
25) F. geminalta Kürzıne = Cocconema Cistula? ; 26) F. hyalina Kürzıne — Nav. gracilis?; 27) F. incrassata Kürzıne 


— Nav. gibba; 28) F. inflata Kürzıne = Cocconema gibbum?; 29) F. Jürgensi AcARrDH (1831) = Eunotia turgida?, 
Synedra Ulna?; 30) F. lanceoluta Acarpn (1827) = Nav. lanceolata; 31) F. latefasciata Kürzıns = Nav. fulva; 32) 
F. Lyngbyei Kürzıne — Podosphenia cuneata?, Echinella?; 33) F. maculata Kürzıne — Üocconema Cistula?; 34) F. 
major Kürzıne —= Nav. fuwa; 35) F. minor Acarnn (1824) = Nav. fulva; 36) F. multifasciata Kürzınse = Nav. gra- 
cilis; 37) F. Niützschü Kürzıns = Nav. sigmoidea; 38) F. novilunaris Acarpn (1827) = Frustulia?, Cocconema?t; 39) 
F. oblonga Kürzıns — Nav. gracilis?; 40) F. obtusa Acaron (1824) = Synedra Ulma; 41) F. olivacea Kürziıne — 
Echinella olivacea; 42) F. operculata Acaron (1827) = Pyzidieula operec.; 43) F. ovalis Kürzıns = Coccon. Cistula?, 
Nav. striatula?; 44) F. Palea Kürzıns — Nav. gracilis; 45) F. paludosa Kürzıne = Podosphenia?, Synedra?; 46) F. 
parasitica Acıron (1824) — Synedra Ulma; 41) F. parvula Kürzıns = Nav. fulva; 48) F. pellucida Kürzıne = Nav. 


Be 


en 233  . 


pellueida; 49) F. pieta Kürzıns = Eumotia turgida; 50) F. punetata Kürzınse = Nav. viridis?; 51) F. quadrangula 
Acaron (18277) = Synedra Ulna?; 52) F. yuinquepunctata Kürzıns = Nav. Librile; 53) F. Scalptrum Kürzine = 
Nav. Scalprum; 54) F. splendens Kürzıns —= Synedra Ulma; 55) F. subtilis Kürzıne —= Olosterium rostratum?; 56) F. 
subulata Kürzıns — Olosterium rostratum jw.; 57) F. tenuissima Kürzıne = Fragilaria rhabdosoma; 58) F. Ulma 
AcıropH (1831) = Synedra Ulma; 59) F. ventricosa Acıroa (1827) = Cocconema gibbum?, Nav. Amphisbaena? ; 60) 
F. vermicularis Kürzıne = Nav. curvula?; 61) F. viridescens Corva —= Nav. gracilis; 62) F. viridis Acarpn (1824) 
= Na. viridula?; Kürznse = Nav. viridis; 63) F. viridula Kürzıns = Nav. viridula. — Die Synonyme der Gattung 
Cymbella sind hinter Cocconema nachzusehen. Frustulia coffeaeformis, elliptica und novelumaris sind weiter zu vergleichende, 
vielleicht hierher gehörige, Arten. Zwischen wahre Frustulien fressen sich andere Stabthierchen (Vavzeulae) nur selten ein. 


VIERUNDSIEBZIGSTE GATTUNG: RINGSCHIFFCHEN. 
Syncyclia. Syneyclie. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, involucro dupliei, lacerna externa gelatinosa difformi et 
lorica (silicea) naviculari indutum, corporis divisione spontanea decussata intra gelatinam in 
annulos Salpae prolem referentes consociatum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, &ü double enveloppe, ayant un manteau ge- 
latineux exterieur difforme et une carapace naviculaire (siliceuse), se developpant 
par la division spontanee croisee (?) du corps, en forme de petils cercles plonges 
dans la gelatine, semblables aux petits des Biphores. 


Die Gattung der Ringschiffchen enthält Stabthierchen mit einer doppelten Hülle, einem Schiff- 


“ artigen (Kiesel-) Panzer und einem äusseren formlosen gallertigen Mantel, die durch kreuzweise (?) Selbst- 


theilung des Körpers kleine geschlossene, in der Gallerte liegende, Cirkel bilden, welche den Jungen der 
Salpen-Mollusken gleichen. 

Die Gattung Syneychla wurde 1835 in den Abhandlungen der Berliner Akademie zuerst bezeich- 
net, und sie enthält bis jetzt nur eine einzige Art. — Von Organisation ist ausser dem Kieselpanzer und 
seiner Hülle nur der grüne Eierstock in derselben Form erkannt worden, wie er bei den Naviculis zu seyn 
pflegt. Doch sind nie mehr als 2 Theile desselben beobachtet. Zwei Oeffnungen schienen, wie bei Nav. 
quadricostata und Amphora, auf derselben Seite in der Mitte zu liegen, waren aber nie deutlich. 

Die Kenntniss der geographischen Verbreitung ist bis jetzt auf den Hafen von Wismar beschränkt. 


336. Syncycelia Salpa, salpenartiges Ringschiffehen. Tafel XX. Fig. XI. 


S. corpusculis semi-ovatis, laevibus, saepius senis, in tubulos breves s. annulos conjunetis, ovario laete viridi. 


Syneyclie Biphore, a corpuscules secmi-ovales, lisses, souwvent six a six joints en Tuyaux courts 
semblables ü des anneaux, ayant Vovaire vivement vert. 


Syncyclia Salpa, Abhandl. der Akademie d. Wissensch: zu Berlin, 1835. p. 174. 
Aufenthalt: Bei Wismar in der Ostsee. 


£ 


Ich entdeckte diese Form im August 1834 als grünlichen Schleim an Fueis, und habe sie recht wohl aufbewahrt vor mir. 
Die kleinen Panzer sind unverbrennlich, die Gallerte verbrennt. Erstere sind biegsam, haben daher beim Trocknen Längsfalten, die 
den lebenden fehlen. Auch treten beim Trocknen die Enden zapfenartig hervor. @ueerstreifung fehlt. Oft sind 2, oft 3, meist 6, 
zuweilen 8 verbunden. ‘Die Gallerthülle ist etwas grünlich. — Länge der Stäbchen 1/9 — "/4s Linie beobachtet; Breite der halb-eiför- 
migen Einzelthiere 3—4mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. XI. 


Eine Gruppe der lebenden Thierchen mit ihrer Gallerte. «. ein junges Doppelthierchen; #. ein halb-eiförmiges Einzelthierchen; y. ein grösseres Doppel- 
thierchen; 6. ein Ring von 6 Thierchen mit 2theiligem Eierstocke, von der Seite ‚gesehen; &. ein Ring von 8 Thierchen; £. ein Ring von 6 Thier- 
chen, von vorn gesehen. Vergrösserung 300mal im Durchmesser. 


FÜNFUNDSIEBZIGSTE GATTUNG: RÖHRENSCHIFFCHEN. 
Naunema. Nauneme. \ 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, involucro duplici, lacerna externa tubulosa mucosa et lo- 
rica (silicea) navieulari indutum, spontanea divisione corporis et loricae perfecta, lacernae 
imperfecta in tubulos filiformes discretos, saepe ramosos, Confervas aemulantes abiens. 

>39 


a En 


za —— — 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, & double enveloppe, ayant une carapace 
naviculaire (siliceuse) et un manteau gelatineux exterieur tubuleux, se developpant 
par la division spontanee parfaite du corps et de la carapace, mais imparfaite du 
manteau, en tuyauzx füiformes separeds, souvent rameux et donnant T aspect des Con- 
‚Ferves. 

Die Gattung der Röhrenschiffchen enthält Stabthierchen mit doppelter’ Hülle, einem schiffarti- 
gen (Kiesel-) Panzer und einem äusseren röhrenförmigen Mantel, welche, durch vollkommene Selbsttheilung 
des Körpers und Panzers, aber unvollkommene des Mantels, sich zu fadenartigen, oft verzweigten, geson- 
derten Röhren entwickeln, die ganz das Ansehen von Conferven haben. 

Die Gattung Naunema wird hier zuerst characterisirt, es waren aber schon Formen derselben un- 
ter den Namen Conferva, Bangia, Schizonema, Monema u. s. w. beschrieben. Letzteren Namen hat GrE- 
vırLe 1827 für diese Körper gegeben, allein da er doch in Hononema umgeändert werden müsste und 
dann doch noch den falschen Begriff von einfachen Fäden hervorhebt, so habe ich das ähnliche Vaunema 
(Silum naviculis repletum) dafür gesetzt. Die ersten Arten der Gattung beschrieb TRENTEPOHL bei RotH 
(Catal. bot. III. 1806.) als Conferva rutilans, und Rortu selbst als Conf. rufa, vielleicht auch ©. sub- 
divisa. Ferner nannte Smıta in der Zngl. bot. 1806.? eine Art Conferva comoides, und gleichzeitig GRA- 
TELoUP in Dax (Observ. sur lete de 1806) eine andere Ceramium lucidum. Wieder andere beschrieb 
1809 DırLwyse als Oonferva comoides und vielleicht Conf. paradoxa. Diese nannte Acarpn 1817 
Scytonema comoides. LxNeBYE vereinigte diese Körper 1819 in seiner Gattung Bangia, die er von @loeo- 
nema Acarnus 1812 und von dessen Scyfonema comoides unterschied. Bonsemaıson in Quimper nannte, 
wie Asarpn glaubt, 1822 eine Art Spermogonia, eine andere Gloionema fucicola. BoRY DE St. Vin- 
CENT zog 1822 diese Formen zu den Arthrodien und Zoocarpen in sein Reich der Psychodien (Diet. 
class. I. p. 597.). Lamovrotux stellt sie ebenda (Vol. II. p. 184.) zu den Hydrophyten. GairLon. be- 
schrieb 1823 eine wohl hierher gehörige Form, die er für Conferva comoides von DiLLwyne hielt, als 
Girodella comoides (s. Schizonema), die aber erst 1825 durch das Diet. des se. nat. Nemazoaires be- 
kannt wurde. Asarpu sonderte 1824 Lyxepve’s Gattung Bangia in Bangia und Schizonema, und ver- 
einigte viele der hierher gehörigen Formen in der letzteren mit 10 Arten. Scytonema comoides hielt er . 
gesondert. Turrın erklärte die Görodella 1827 für eine gewöhnliche Alge mit besonderer schiffähnlicher 
Körnermasse. Bory hielt 1827 die Conferva comoides fülschlich für eine Gallionelle (Die. class. Na- 
viecule p. 473.), und bald darauf (p. 474.) für ein Gloeonema, das er nur. für Urschleim (Chaos) ansah, 
worin sich zufällig Navieulae eingenistet hätten, die ihn auch durchfurchten und verästeten. Neue Arten 
von Naunema beschrieb Acarnn 1827 als Schizonema pumihım und tenue, wnd er trennte die Gattung 
Micromega ab. GREvILLE spaltete 1827 die Gattung Schizonema in Berkeleya, Monema und Schizo- 
nema, letztere 2 gerade in dem Sinne, welcher hier befolgt wird, und rechnete zu Naunema (Monema) 
4 Arten, Dillwynü, quadripunctatum, micans und apiculatum. Die Gattung Berkeleya (Micromega?) 
ist vielleicht auch nur ein Naunema mit diekeren Gallerthüllen, und 1829 hat er noch Monema comoi- 
des abgebildet, welches Acarpn Schiz. Grevillii nennt. Cmauvin vertheilte unter den Algen der Normandie 
1828 eine Art als Schizonema helminthosum. Diese führt Bory 1829 mit andern Röhrenschiffchen als 
Arten der Gattung Schizonema auf (Diet. class). Acarpn beschrieb dann 1830 unter 19 Arten seiner 
Gattung Schizonema eine überwiegende Zahl von Formen der Gattung Naunema. — An Organisation ist 
so viel ermittelt, dass der eigentliche Panzer der einzelnen Schiffehen aus Kieselerde besteht, die gallertige 
Hülle aber verbrennlich ist. Die Schiffchen sind den Naviculis in allen Dingen höchst ähnlich, haben aber 
von den 6 Oeffnungen nur die 2 mittleren erst direet erkennen lassen. Zuweilen schien von der Spitze 
jeder Navieula ein Canal nach dem Rande der Röhre zu gehen. Die gelblichgrünen ?—4 Platten der Eier- 
stöcke sind sammt der Längstheilung sehr deutlich. Bei NV. simplex sind auch Samendrüsen ähnliche Or- 
gane beobachtet. (Vergl. Schizonema.) 

Die geographische Verbreitung. scheint sehr gross zu seyn, die Formen sind aber zahlreich und nicht 
scharf genug von den verwandten Gattungen geschieden worden. Ich selbst kenne sie aus der Nordsee und 
Ostsee. An den westlichen Küsten von Schottland und Frankreich erscheinen sie wohl im atlantischen 
Meere. Auch im Mittelmeere bei Triest und Venedig sind sie beobachtet, und eine zweifelhafte Art lebt 
im @Gloeonema des Süsswassers bei Berlin (vergl. Y. Hoffmanni). 


337. MNaunema simplex, einfaches Röhrenschiffechen. Tafel XX. Fig. XII. 
N. navieulis oblongis apice rotundatis, nec lanceolatis, laevibus, in singula serie tubulos filiformes flexiles replentibus. 


Nauneme simple, a navicules oblongues, arrondies aus bouls, point lanccolees, lisses, disposces en 
simple serie dans les tuyau filiformes flexibles. 


235 


Schizonema tenue, AsarDH? Flora, bot. Zeit. 1827. II. p. 627. Icones Algar. europ. 1828. Tab. 3: 


Aufenthalt: Bei Wismar in der Ostsee! und vielleicht bei Triest im mittelländischen Meere. 


Ich fand diese Form am 1. Sept. 1834 an Ceramium hyalinum. Die inneren Thierchen sind denen von N. Arbuscula 
am meisten ähnlich, aber gar nicht lanzetförmig und auf allen 4 Seiten fast ganz gleich (?). Die Kierplatten waren bräunlich und 2 
sich schief gegenüberstehende helle Kugeln schienen Samendrüsen zu seyn. — Länge der Schiffchen */os—"4s Linie; Breite 4—-5mal 
in der Länge. Ich sah dieselbe Form nie anders. 


Erklärung der Abbildung Taf. XX. Fig. XII. 


Es ist eine kurze Röhre auf Ceramium angeheftet, mit 4 inneren Schiffchen, bei 300maliger Vergrösserung abgebildet. 


338. MNaunema Dillmyni, Dillwyne’s Röhrenschiffchen. Tafel XX. Fig. XII. 


N. naviculis oblongis minoribus, a dorso ventreque apice rotundatis, a latere truncatis, nec lanceolatis, laevibus, in 
tubulis ramosis acervatim dense consociatis. 


Nauneme de Dillwyne, ü navicules oblongues, petites, arrondies aux bouts du cöte dorsal et du cöte 
ventral, tronquces aux bouts lateraux, point lanceolees, lisses, serrees en plusieurs rangs 
dans les tuyaux simples rameux. 

Conferva rutilans, TRENTEProHL? in Rorn, Catalecta bot. III. p. 179. 1806. 


Conferva foetida, DiLLwyn&? British Conf. T. 104. 1809. — Jürsens, Alg. sicc. Dec. X. Nr. 8. 1817.* 
Conferva rutilans, JüRGENs? Alg. sicc. Dec. I. Nr. 3. 1816. 


Schizonema Dillwynäi , \ Ascarpn? Syst. Alg. p. 9, 10. 1824. 
— rutilans , E 


E Monema Dillwynü, GREVILLE! Scottish cerypt. Fluor. 1827. Tab. 297. ae 
Aufenthalt: Bei Helgoland!, wahrscheinlich auch bei Oldenburg, Norderney, ander Küste von Schottland, bei Fühnen und in der 
Ostsee bei Copenhagen! und Wismar! beobachtet. . 


Die gallertigen Schläuche dieser Art sind zuweilen ganz einfach fadenartig, oft aber stark verästet, und sie bilden auch con- 
fervenartige dicke Büschel. Sie sind immer ‚mit einem Ende festsitzend. Die.Synonymie ist auch durch Originalexemplare nicht zu 
entziffern. Es scheint mir, dass man dieser Form sehr viele Namen gegeben hat. Der Eierstock bildet 2 grünliche Platten. Ueber 
das Physiologische der Polypenstockbildung vergl. Schizonema. Die glatten fast weichen, aber doch kieselhaltigen kleineren Panzer 
‚characterisiren diese Art, welche auch schon LyxscgveE mit Bangia quadripunctata verwechselt zu haben scheint, da ich schöne 
Exemplare von Horrmann Banc unter dem Namen Bangia quadripunctata LynoBye erhielt. — Länge der Schiffchen Yıoa — Yos 
Linie; Breite 3—4mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. XI. 


Fig. 1. ist ein dichter Büschel auf einem schwärzlichen Algenfragment von Copenhagen in natürlicher Grösse; Fig. 2. ist ein Stück der verästeten 
Röhrenschiffehen bei 300maliger Vergrösserung. 


\ 


339. Naunema Hoffmanni, Hofimann’s Röhrenschiffichen. 


N. naviculis minoribus, laevibus, a dorso ventreque lanceolatis obtusis, a latere truncatis linearibus, in tubulis (saepe) 
-ramosis, dense confertis. 


Nauneme de Hoffmann, a navicules petites, lisses, lanceolees et obtuses au dos et au ventre, h- 
ncaires et tronquces aux cöles laterau, tres-nombreuses et serrees dans les luyaux rameuz. 
Bangia rutilans, Lynopv£, Tentamen hydroph. dan. 1819. p. 84. Tab. 24. 


Schizonema rutilans, AGARDH, Syst. Alg. 1824. 
— Hoffmanni, AsARDH, Conspect. crit. Diatom. 1830. p. 17. 


Aufenthalt: Auf Fühnen und den Faeroer Inseln. 


Diese Art ist im Aeusseren wegen dünnerer oder diekerer Röhren oft sehr abweichend, allein es scheint nur magerer oder 
fetterer, einfacherer oder ästigerer Wuchs zu seyn. Auch der Seidenglanz ändert darnach ab. Letzterer entsteht durch die kleinen 
Kieselpanzer der inneren Mavieulae. Rorw’s C. rutilans mag die vorige Art gewesen seyn, weil ich sie von Helgoland beobachtete. 
Diese sah ich nur von Fühnen durch die Güte von Horemann Banc, des Entdeckers, dessen Exemplare LyncsvEe und AcarpH 
beschrieben. Die Form der prismatischen, nicht eylindrischen Maxzeulae ist wie bei N. balticum, aber nicht so spitz und kleiner. 
— Länge der Schiffchen os Linie; Breite 4mal in der: Länge. Es lebt im Frühjahre im brakischen Wasser der Bäche und hat oft 
einen röthlichen Glanz, gewöhnlicher ist es grünlich oder gelblich. — Eine dieser Art sehr ähnliche Form lebt in den Röhren des 
Gloeonema als Parasit und ist vielleicht als NV. parasiticum abzusondern. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


340. Naunema Arbuscula, baumartiges Röhrenschiffchen. Tafel XX. Fig. XIV. 


N. naviculis validioribus striatis, a dorso ventreque lanceolatis, obtusis, a latere linearibus truncatis, in tubulis fruti- 
culosis erectis dense consociatis. . 


Nauneme Arbrisseau, a navicules robustes raydes, lanceolees et obtuses au dos et au ventre, Ü- 
neaires et tronquees au cöle lateral, tres-nombreuses et serrees dans les tuyaux dresses en 
Jorme d’arbrisseau. 


Aufenthalt: Bei Helgoland. 
Die kleinen gallertigen Bäumchen dieser Art sind ziemlich steif und machen den Uebergang zu Mieromega, ohne jedoch, 


wie diese, aus vielen dicht an einander gedrängten Röhren zu bestehen. Jeder Ast ist eine einzelne Röhre. — Länge der Schiffchen 
Y. Linie; Breite 4mal in der Länge. Queerstreifen etwa 18 in "/, Linie der Länge, also 13 in "oe. 


ne en —- 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. XIV. 


Fig. 1.° natürliche Form und Grösse. Fig. 2.” eine verästete Spitze, 300mal vergrössert. Bei + sind die Röhren angezeigt, welche zuweilen als 
Canäle jeder Maveeula nach aussen sichtbar wurden. Auch die mittlere Oeffnung der Ventralfläche war hier am deutlichsten, sammt den 2 Eierplatten. 


341. MNaunema balticum, baltisches Röhrenschiffchen. Tafel XX. Fig. XV. 


N. naviculis majoribus striatis, ab omni latere angustius lanceolatis, a dorso ventreque subacutis, a latere truncatis, 
in tubulis laxe intricatis ramosis flexilibus dense confertis. 


Nauneme baltigqgue, a navicules grandes rayces, etroitement lanccolees de tous cötes, presque ai- 
gues au cöte dorsal et au cöte ventral, tronquees au cöte lateral, tres-nombreuses et serrces 
dans les tuyauz rameuzx, flexibles, etales ou legerement touffus. 


Bangia micans, Lynepye? Tentamen hydroph. dan. 1819. p. 84. Tab. 25. nach Acıron. 


Sebleoneieni een Acarnn? Systema Algar. 1824. Addenda. Flora, botan. Zeit. 1827. II. p. 627. Conspect. crit. Diat. 1830. 
— pumilum , : pP. 17,19. 
— _ Grevillü, > 
Girodella comoides, GAıLLon? BrarnviLıe, Diction. des sc. nat. Art. Nemazoaires. 1825. Turrın, M&m. du Mus. d’hist. nat. 
T. XV. Pl. 10, et 11. 1827. 
Monema comoides, GREVILLE, Scott. crypt. Flora, VI. T. 368. 1829.? 
Schizonema balticum, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) .p- 311. 


Aufenthalt: Bei Wismar in der Ostsee, auf Fühnen, bei Kullaberg und vielleicht bei Dieppe. 


Ueber die Namen früherer Beobachter ist nicht genau zu entscheiden. Aus Horrmanw’s Exemplaren der Lynegve'schen 
B. micans fand Acarom deren grosse Abweichung von der Beschreibung, und aus Turrrn’s Abbildung erkenne ich die Aehnlichkeit 
der Girodella comoides mit dieser Form, auf welche auch Acarnım’s Beschreibung passt. GRrEVILLE'S Abbildung konnte ich nicht 
vergleichen, da dieser Band hier noch fehlt. Die Farbe der Eierplatten war immer bräunlich. Die Zahl der Queerstreifen war 18—20 
auf ?/o6 Linie der Länge. Länge Y/, Linie; Breite 5—6mal in der Länge. 


Erklärung der Abbildung Taf. XX. Fig. XV. 


Es ist die Spitze einer Röhre, wo ein Zweig abgeht, bei 300maliger Vergrösserung. 


Nachtrag zur Gattung Naunema. 


Bei weitem die meisten der 19 Arten der Gattung Schizonema von Acarpn scheinen der Gattung Maunema anzugehören, 
wie schon GrevirıeE sie vielfach richtig zu Monema zog. Viele Arten sind aber offenbar auf physiologisch nicht wichtige Charactere 
gegründet und vielleicht nur Abänderungen einiger andern. Ich habe bei der Unmöglichkeit, die bisher auf unwesentliche Charactere 
gegründete Synonymie zu berichtigen, und bei der Wahrscheinlichkeit, dass es doch eine nicht geringe Anzahl verschiedener Arten giebt, 
die nicht völlig klar zu ermittelnden in Frage gelassen und vorgezogen, den von mir beobachteten neue Namen zu geben, da die alten 
Namen doch wohl noch ihre Anwendung finden mögen. Als vielleicht noch aufzunehmende Arten erkenne ich bis jetzt nur etwa Mo- 
nema quadripunctatum Grev. und Berkeleya fragilis (Micromeg.a?) desselben. 


SECHSUNDSIEBZIGSTE GATTUNG: RÖHRENKORN. 
Gloeonema. Gloeoneme. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, involuero dupliei, lorica (silicea) et lacerna tubulosa ex- 
terna indutum, tubulis simplieibus, saepe ramosis, eorpusculis eurvis (— Cocconema tubulo 
inclusum). 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, & double enveloppe, ayant une carapace 
(siliceuse) et un manteau tuhuleux, & tuyaux sümples souvent rameux et & corpus- 
cules courbes (= Cocconeme en Tluyau). 


Die Gattung der Röhrenkörner gehört zu den Bacillarien und hat eine doppelte Hülle, einen ei- 
gentlichen Kieselpanzer und einen röhrenartigen einfachen oder verästeten Gallertmantel, mit gekrümmter 
Form der Körperchen, gleich in Röhren liegenden Körpern der Stelzkörner (Cocconema). 

Die Gattung Gloeonema ist seit 1812 von Asarpn mit 1 Art gebildet, und 1817 gab derselbe 3 
Arten an. LynesyEe nahm eine derselben 1819 zweifelnd auf und hielt auch diese, das @/. paradoxum, 
doch für eine Bangia. Ascırpu war 1824 im Systema Alg. noch zweifelhaft, ob es nicht Insecteneier 
wären, führte nur 1 Art auf und stellte sie zu den Nostochinen-Algen. Link zog sie dagegen zuerst rich- 
tiger zu den Diatomeen, die er auch für Pflanzen hielt. Bory nahm 1825 im Diet. classig. die Gattung 
nicht an, sondern hielt die 3 Formen für Zoocarpen und Chaodineen. GreviLLE beschrieb 1822 ein 
Micromega als Gloeon. apieulatum, und bildete es 1823 ab. RosererE soll 1827 in den Mem. de la 


237 


Soc. Linn. zu Paris p. XLVII. erwiesen haben, dass es Thiere wären. Bonsemaison sandte 1827? ein 
Schizonema als Gloionema fucicola an Ascarpn. Bory namnte 1827 Gürodella comoides und CARMIı- 
cHAEL die Berkeleya ein Gloionema. WLeiwreın beobachtete 1830 eine Form bei Würzburg, welche 
Asırpn 1830 als @l. Zeihleini beschrieb. Ueberhaupt ist AcArpH auch neuerlich noch im- Zweifel über 
die Natur dieser Körper und beschreibt 4 Arten, wobei aber von den 3 ersten nur eine ist. Kürzıne hat 
1833 in der Zinnea das @I. paradoxum in 2 verschiedenen Gattungen beschrieben, als Zneyonema pa- 
radoxum in der Familie der Diatomeen, und als @loeonema in der Familie der Desmidiaceen. Zur Gat- 
tung Gloeonema stellt er 3 Arten von Acarpn und zieht die vierte, Zeibleini, zu @l. paradozum. Sein 
Gloeonema sind aber Insecteneier. Hier wird nach eigener Beobachtung nur 1 Art aufgenommen. —: An 
Organisation habe ich sehr ähnliche Verhältnisse wie bei Cocconema ermittelt, doch sind Unterschiede. 
Ein Kieselpanzer, eine verbrennliche Röhre, zwei Eierplatten, zwei Kugeldrüsen und Selbsttheilung sind 
beobachtete Organisationsverhältnisse. 


. Die geographische Verbreitung ist im Süsswasser Schwedens, Dänemarks und Deutschlands beobach- 
tet, vielleicht auch bei Paris. 


342. Gloeonema paradoxum, wunderliches Röhrenkorn. 


G. navicnlis semi-ovatis curvisque, a latere quadrato-oblongis striatis, ovariis viridibus, dein fuscis, tubulis simplici- 
bus aut parce ramosis hyalinis. 


Gloeoneme paradozale, ü navicules semi-ovales et courbces, rayces, quadrangulaires-oblongues au cöted 
lateral, ayant V’ovaire d’abord vert puis faıwe, les tuyaus hyalins simples rarement rameux. 
Glojonema paradowxum, AcarpH, Dispositio Algar. Sueciae, 1812. p. 45. Synopsis Alg. Scandin. 1817. Lynssye, Tent. Hy- 


drophyt. dan. 1819. p. 212. 86. Tab. 70. AsarpH, Syst. Algarum, 1824. p. 16. 
Gloionema paradowum?, Leiısuein! Flora, bot. Zeit. 1830. I. p. 334. Tab. I. Fig. 11. 


Gloi 5 \ AGARDH, Conspectus crit. Diat. 1830. p. 31. 


par 
— Leibleini, 
Encyonema paradoxum, Kürzıne, Linnea, 1833. p. 589. Taf. XVII. Fig. 73. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, Würzburg!, Merseburg!, wahrscheinlich auch bei Ratzeburg, in Schweden, Dänemark und Paris. 


- Es ist höchst wahrscheinlich, dass schon Asarpm ähnliche Insecteneier und diese Form kannte und verwechselte. Dass 
Kürzıne dergleichen Eier als @/. paradoxcum beschrieben und abgebildet hat, ist völlig sicher, da ich von ihm Exemplare erhielt 
und er dergleichen in den Decaden getrockneter Algen vertheilt hat. Es giebt kleine Mückenarten, die solche Eier legen. LeısLEeın 
hat sehr deutlich bei Würzburg die wahre Bacillarienform beobachtet, auch ist Kürzıng’s Eneyonema die rechte Form. Ich fand 
sie sehr zahlreich zwischen Mytilus polymorphus auf Conferva rivularis bei Berlin, sah einfache und ästige Fäden, und nur sel- 
ten die Körperchen in 2 Reihen, meist in einer. Ein höchst auffallender Umstand ist, dass ich sehr oft in denselben Röhren zweier- 
lei Navieulas fand: eine sehr feine gerade Art, die offenbar ein Naunema war, und die grosse gekrümmte. Ich kann mir bis jetzt die Er- 
scheinung nicht erklären, denn beide Formen waren in grosser Menge und ganz rein von andern beisammen, so dass an zufälliges Schma- 
rotzen nicht wohl zu denken ist. Die feine Form ist sehr blass. Sollte es ein Geschlechtsunterschied seyn und die kleinen wären 
Männchen oder Zwitter? Auch diess ist sehr paradox. @ueerstreifen waren in !/, Linie der Länge 33, in !/oo 25. — Länge !ıo 
—!/,, Linie; Breite ziemlich die Hälfte der Länge. Der Panzer scheint in der etwas angeschwollenen Mitte 2 Oeffnungen auf einer 
Seite zu haben, doch blieb es unklar. Der Eierstock hat 2 Platten, erfüllt erst grünlich den ganzen Raum und zieht sich dann als 
eine bräunliche Kugel in die Mitte zusammen. In der Jugend erkennt man 2 helle Kugeldrüsen gleichsam im Focus der Körperellipse. 
Die kleinere Nebenform ist schmal, lanzetförmig, spitz, kaum Yıoo Linie lang und etwa ?/s so breit, ohne sichtliche Streifung und dem 
Naunema Hoffmanni etwas ähnlich. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung @loeonema. 


Die bisher gegebenen 10 Artnamen haben folgende Synonyme: 1) @. apieulata Greve (1822) = Micromega apie.; 
2) G. chthonoplastes Acaron (1817) —= Oscillatoria; 3) G. comoides Borr (1827) = Naunema balticum?; 4%) @. foeti- 
dum Acıron (1817) — Schizonema Smithüt; 5) @. fragilis CarmicHarı (1827) [Grevizıe] = Naunema?; 6) @. fuci- 
cola Bonnemaıson (1827?) — Schizonema?; T) @. globiferum Acaron (1830) — Gloeonema paradowum?; 8) @. Leib- 
leini Acaron (1830) — @. paradozum; 9) @. paradoxum Acarın (1830) — Ova Insecti et Gloeonema paradozum ; 
Kürzıns = Ova Insecti; 10) @. vermiculare Acarvn (1830) = Gloeonema paradoxum?. 


60 


238 


SIEBENUNDSIEBZIGSTE 6ATTUNG: STRÄHLENSCHIFFCHEN. 
Schizonema. Schizoneme. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, involuero duplici, lorica (silicea) et lacerna tubulosa ex- 


terna indutum, tubulis faseiculatim conglutinatis, hie illie fatiscendo ramosis, corpusculis na- 
vieularibus. | 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, & double enveloppe, ayant une carapace 
(siliceuse) et un manteau tuhuleux, a tuyauzx colles en faisceaux, c&u et la fendus et 
rameux par les fissures; a corpuscules naviculaires. 


Die Strählenschiffehen sind Formen der Bacillarienfamilie mit doppelter Hülle, einem Kiesel-- 
panzer und einem röhrenförmigen Gallertmantel, dessen Röhren bündelweise zusammenkleben und durch Klaf- 
fen ästig erscheinen; die eigentlichen inneren Körperchen sind schiffartig. 


Geschichtliche Erläuterung zur Gattung Schizonema. 


Acaron hat 1824 diese Gattung mit 10 Arten gegründet, die Formen selbst waren aber schon bekannt bis auf eine neue. 
Eine 11te Art nannte er Seylonema comoides, eine 12te Hydrurus Vaucherü. Die erste Art scheint Vaucher 1803 beobach- 
tet zu haben, der sie Ulva foetida nannte, aber Oonferva foetida Vırrars 1789 war eine Oscillatoria. Smiru (Engl. bot. 
2101.) nannte sie 1816 Ulva foetida. Man hat dann die Formen dieser Gattung und der Gattung Naunema viel mit der Conferva 
comoides verwechselt, welche Dirıwvxe 1806 (1809) und Smiru 1807 beschrieben. Unter diesem Namen erwähnen auch Fıcınus 
und ScHuugarr eine unklare Form aus der Weisseritz bei Dresden 1823 (Flora von Dresden, p. 205.). LyxsgrE verzeichnete diese 
Formen unter dem Namen Bangia und Seytonema 1819. Link gab 1820 der UWwa foetida sammt der Conferva rutilans und 
Hermanni den neuen Gattungsnamen Hydrolinum nahe bei Oscillatoria der Algen (Horae physicae, Nrrs as EsEnBEck). Unter 
Acarpım’s Schizonemen von 1824 sind nur Sch. Smithii und Zacustre Arten dieser Gattung, wie sie seit 1827 von GrEVILLE schär- 
fer begrenzt worden ist, welcher ausser diesen 2 Arten noch Hydrurus Vaucheriü Ac. (Ulwa foetida N avcn.) als dritte bezeichnet. 
Acarpn hat dann 1827 die. Gattung Schizonema in seinem früheren Sinne auf 3 Arten vermehrt und 1830 19 Arten derselben be- 
schrieben, worunter nur 3 Arten der hier so genannten Gattung befindlich sind, die vierte hat er, nach Grevırıe, wieder als Hydru- 
rus Vaucherii verzeichnet. Im Jahre 1833 wurden in den Abhandl. d. Berl. Akad. d. Wissensch. p. 311. 2 neue Arten zuerst als 
_ Infusorien beschrieben,- deren eine jedoch ‘jetzt zu Maunema gezogen worden ist. Die andere, Sch. Agardhi, ist die einzige mir 
selbst anschaulich gewordene Art dieser Gattung, die ich hier allein anführe. Die einzige gute Abbildung einer Art der Gattung ist 
ausserdem in Grevııre’s ‚Scott. erypt. Flora T. 298. als Sch. Smithii. — Die Organisation ist der von Naunema sehr ähnlich. 
Die 2 Eierplatten sind auch deutlich gesehen. Grössere Details sind noch nicht beobachtet. 

Obwohl die Formen der Gattung Schizonema schon früher bekannt waren, so entdeckten doch erst im Jahre 1823 AcaroH 
bei Stockholm (Conspeetus erit. Diatom. 1830. p. 12.) und GAıron in Dieppe gleichzeitig, dass es confervenähnliche Körper 
(Naunema, Schizonema) wären, die Frustulien oder NMavieulas in sich wie Fruchtkörner eingeschlossen enthielten. AcarpnH 
nannte sie Schizonema, GArLLoN nannte sie Gürodella. Jeder von beiden baute darauf eine eigene Idee von der Bildung der Algen 
im Allgemeinen, welche viel besprochen worden sind. Acarom hielt diese Körper für einen Beweis, dass gewisse und endlich alle 
Formen von Algen aus andern Algen, als ihren Organen, zusammengesetzt seyen, und hielt die einfacheren für Elementarformen, die 
zusammengesetzteren für Potenzirungen (nicht Juxtaposition, sondern Duplicaturen) derselben. Diese von ihm weit und mit dialectischer 
Gewandtheit verfolgte Idee sollten die Zcones Algarum europaearum 1828, von denen nur wenige Lieferungen erschienen, anschau- 
lich machen. Schon jetzt lässt sich aber erkennen, dass sie nicht glücklich war. — Gartron hielt die Girodellen für willkührlich 
vereinte Thiere, Navieulas, die sich fadenförmig in Schleim hüllten, eine Zeitlang ruhig blieben, so eine wahre Alge vorstellten und 
den Schleim dann wieder verliessen. Auch die runden Körnchen anderer Algen hielt er für erstarrte Monaden. Er war nicht abgeneigt, 
diese längst vor ihm ausgesprochene Idee, nach welcher eine Pflanze, oder ein Mensch, ein Haufe von Infusorien ist, für durch seine 
Beobachtung erwiesen zu erkennen. Dass seine Schlüsse und zum Theil seine Beobachtungen unrichtig waren, bewiesen später Tur- 
vın’s, in Dieppe selbst angestellte, Nachuntersuchungen (Mem. dw Mus. XV. 1827.), der jedoch in den andern Fehler verfiel, die 
inneren Naviculas für einen, dem Amylum (Globuline) ähnlichen, Pflanzenstoff zu erklären, den er Naviculine nennt und welchem 
er, wie allen einzelnen Pflanzenzellen, einen: gewissen Grad selbstständigen Lebens zuertheilte. Nach der hier vorgelegten Ansicht sind 
diese Körper Polypenstöcke von Maviewlis ähnlichen Thieren mit Kieselpanzer, welche oft die Form einer Pflanze täuschend nachah- 
men, aber keine nähere Verwandtschaft zu einer Pflanze besitzen, als ein Corallenstock, ein Vorticellen-Büschel oder eine zusam- 
mengesetzte Ascidien-Molluske. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist erst weiter festzustellen. Sie sind bisher nur in der Nordsee bei Norwegen 
und bei Schottland beobachtet. Die Süsswasserform von Dresden ist unsicher. 


343. Schizonema? Agardhi, Agardh’s Strählenschiffchen. Tafel XX. Fig. XVI. 
Sch. navieulis angustissimis utringue acutis, tubulo suo erassioribus in serie simplici dispositis, tubulis faseiculatim in 
filum simplex conjunctis. 
Schizoneme d’ Agardh, a navicules tres-Elroiles, aiguös aux deux bouts, en simple serie et plus 
grosses que le tuyau enveloppant, ayant les tuyaux reunis en faisceau fiiforme simple. 


Schizonema Agardhi, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 311. 
Aufenthalt: In der Nordsee bei Drocbak. 


239 


Diese Form fand ich im Meerbusen von Christiania an einem Fucus im August 1833. Es waren 5—6 in ein haarartiges 
Bündel vereinigte gallertige Fäden, die einzeln abwechselnd angeschwollen waren und an den verdickten Stellen eine lange nadelartige 
Navieula enthielten. Jede Navicula war etwa 6mal so lang als dick, leicht schiffförmig, an beiden Enden gespitzt, fast gleichför- 
mig dünn, gelb mit farblosem Mittelfleck. Die einzelnen Röhren schienen noch von einer besondern Gallerte umhüllt, oder hatten sehr 
dick gallertige Wände mit enger Höhle (s. Möcromega). — Länge einer Navicula "oo Linie; Dicke der fadenförmigen Bündel 
— !/as Linie. 


Erklärung der Abbildung Taf. XX. Fig. XVI 


Es ist ein Theil eines fadenartigen Bündels bei 300maliger Vergrösserung abgebildet. 


Nachtrag zur Gattung Schizonem.a. 


Von den 25 der Gattung zugeschriebenen Artnamen haben, ausser der hier aufgenommenen, die übrigen 24 folgende Synonymie: 
1) Schizonema adriaticum Acarnu — Naunema?; 2) Sch. apiculatum Acaron (1824) = Micromega apiculatum; api- 
culatum Cuauvın (Algae sicc. Norm. [Acarnn] 1828.) — Micromega ramosissimum Ac.; 3) Sch. comoides Acarnn (1830) 
— Schizonema Smithü; 4) Sch. corymbosum Boxnemaıson [Acarnn] (1824) — Schizonema Smithä?; 5) Sch.? cupreum 
AcırnoH (1830) = Naunema?, Schizonema?; 6) Sch. Dillwvyni Acırnn (1824) = Naunema; T) Sch.? fucicola AcarpH 
(1830) = Naunema?, Schizonema?; 8) Sch. Grateloupü Acıron (1824) — Naunema?, Schizonema?; 9) Sch. Grevillüi 
AcıroaH (1830) —= Naunema; 10) Sch. helminthosum Cuauvın (1828) = Naunema?; 11) Sch. Hofmanni Acarnn (1830) 
— Naunema; 12) Sch. lacustre Acaron (1824) — Schizonema; 13) Sch.? majusculum Acıron (1830) = Naunema?, 
Schizonema?, Oscillatoria?; 14) Sch. micans Acırnn (1824) [in addendis| = Schizonema?; 15) Sch. penicillata Guavvın 
(1828) [Asarnn] = Micromega penicill., Schizonema corymbos.?; 16) Sch. pumilum Acaron (1827) — Schizonema? ; 17) 
‚Sch. guadripunctatum Acıron (1824) = Naunema?; 18) Sch. radians Acarnu (1827) — Schizonema?; 19) Sch. ramo- 
sissimum AcırnoH (1824) = Micromega ram.; 20) Sch. reticulatum Acıron (1830) — Gloeodietyon Blyttü; (1830) = 
Schizonema?; 21) Sch. rutilans Acarnn (1824) — Naunema; 22) Sch.? subdivisum Acırnn (1830) —?; 23) Sch. Smithii 
Acıron (1824) — Schizonema Smithü; 24) Sch. tenue Acaron (1827) = Naunema simplex?. 
2 Ob die Gattung Gloeodietyon von AcarnH 1830 (Consp. erit. Diat. p. 25.), des Anastomosirens der Bündel halber, zu 
trennen sey, ist weiter zu ermitteln. Ebenso ist die Gattung Homoeocladia (H. Martiana 1827. Icones Alg. europ. Tab. 5. 
1828.) wohl nicht durch wesentliche Charactere von Schizonema oder Micromeg.a verschieden. 


ACHTUNDSIEBZIGSTE GATTUNG: RÖHRENBÄUMCHEN. 
Micromega. Micromege. 


CHARACTER: Animal e familia Bacillariorum, involucro duplici vel triplici, lorica nimirum (silicea) et 
lacerna tubulosa faseiculatim gelatina connexa indutum, fruticulosum, rigidulum. 


CARACTERE: Animal de la famille des Bacillaries, ayant une enveloppe double ou triple, & ca- 
rapace (siliceuse) et ü manteau lubuleux, serre en faisceaux reunis par une gela- 
tine et se developpant en forme d’un arbrisseau raide. 


Die Gattung der Röhrenbäumchen in der Familie der Stabthierchen unterscheidet sich durch dop- 
pelte oder dreifache Hülle, einen (Kiesel-) Panzer und einen röhrenförmigen, bündelweise durch eine Gal- 
lerte verbundenen, Mantel, welcher die Form von steifen Bäumchen bedingt. 

Asarpn bildete diese Gattung 1827 in der botanischen Zeitung Flora II. p. 628. mit 2 neuen Ar- 
ten. Die erste Art entdeckte aber wohl schon Grevire 1822, und er beschrieb sie als @loeonema api- 
culatum in Transact. of Wernerian Society IV. p.215. t.18. AcAarpnu nahm diese Form 1824 als 
Schizonema apic. in sein Systema Algarum auf und erwähnte da auch einer Calcotrixz ramulosa von 
Desvaux als Sehiz. ramosissimum. Cuauvin nannte eine neue Art 1828 Schizonema penicillata, und 
AcarpH hat die Gattung 1830 mit einer 6ten Art vermehrt. Es sind Formen, welche im Aeusseren ganz 
einer Species der Gattung Sphaerococcus unter den Fueis gleichen, aber aus reihenweise in Röhren lie- 
senden Navieulis bestehen. Sie bilden die grössten Polypenstöcke der Infusorien. AcarpHn wurde durch 
diese Bildung sehr überrascht und sah darin die höhere Entwickelung eines Schizonema zu einem Fucus, 
wie er in Sc/hizonema schon die höhere Entwickelung der isolirten Navicula in eine Conferve zu sehen 
meinte. So hielt er also Micromega für die dritte Potenz der Entwickelung einer Navieula oder Oym- 
bella. Da er nun alle diese Formen für Pflanzen hielt, so bestärkte diese Bildung ihn in der Meinung, die 
kleinen Pflanzen kehrten immer als Organe der grösseren wieder. Die Bildung ist aber nur die eines Co- 
rallenstocks, und man darf an solche Potenzirungen gar nicht denken, so nahe sie auch liegen. Es sind 


generische Eigenthümlichkeiten, wobei Navieula nicht niedriger steht, als Micromega, nur anders ist, wie 
etwa ein Haushuhn mit seinen 4 Zehen und seinen Flügeln nicht höher entwickelt ist, als ein 2zehiger 
und flügelloser Strauss, und umgekehrt ein grosser Strauss der Grösse halber nicht höher steht, als ein 
Sperling, nur anders ist in gleicher Sphäre. Noch näher liegen die Vergleichungen mit Fungia (Nawicula), 
Oculina (Schizonema), Astraea (Micromega), der vielstrahligen Corallenthiere, und mit Anthelia, Xe- 
nia und Zobularia der Sstrahligen. — An Exemplaren in Weingeist habe ich von Organisation folgendes 
selbst beobachtet. In einer gemeinsamen festen und brüchigen Gallerte liegen parallele, mit Navieulis in 
einfacher Reihe erfüllte, Röhren. Röhren und Gallerte sind verbremlich, die Mavieulae haben einen pris- 
matischen Kieselpanzer und gleichen zum Verwechseln der Mavieula gracilis. Oeffnungen liessen sich, der 
Kleinheit und Durchsichtigkeit halber, nicht erkennen, auch keine Queerstreifung. Allein die 2 Platten des 
gelblichen Eierstocks, ein mittlerer heller Fleck (der weiche Körper) und spontane Längstheilung der Schiff- 
chen waren deutlich zu beobachten. 

Die geographische Verbreitung ist nur im Meere, an den Küsten der Normandie, bei England, Nor- 
wegen und im adriatischen Meere bei Triest und Venedig beobachtet. 


344. Micromega corniculatum, zackiges Röhrenbäumchen. 


M. trunco communi cartilagineo ramosissimo, tereti, ultra lineam erasso, ramis divaricatis brevissimis, navieulis anguste 
lanceolatis. 


Micromege fourchu, a trone commun cartilagineux,: tres-rameux et cylindrique, ayant plus de 2 
millimetres en epaisseur, a rameaus ecartes tres-courts et a navicules lanceolees etroites. 


Micromega corniculatum, Asarpu, Flora, bot. Zeit. 1897. I. p. 628. Icones Algarum europaearum, 1828. Tab. 4 Conspect. 
crit. Diatom. 1830. p. 24. - 


Aufenthalt: Im adriatischen Meere bei Triest und Venedig. 


Ich erhielt Exemplare dieser Art von einem fleissigen Naturforscher, Herrn Dr. Fock, jetzt in Bremen, aus Venedig, welche 
mit Acannm’s Abbildung ganz übereinstimmen. Sie sind in Weingeist sehr- wohl erhalten angekommen. Die strauchartigen Bäumchen 
sind kugelförmig etwa 1 Zoll hoch und ringsum verästet. Stamm und Aeste sind gallertig und brüchig, und sie bestehen aus dicht an- 
einander in einer Gallerte liegenden Röhren, welche einfache Reihen theils einzelner, theils in der Längstheilung begriffener, Schiffchen 
enthalten. Die Schiffchen sind wenig über '/o6 Linie lang und 6— 7mal so lang als breit, ziemlich spitz an den Enden und von allen 
Seiten schmal lanzetförmig, aber von 2 Seiten stumpfer. Streifung liess sich bei den stärksten Vergrösserungen auch nicht erkennen, 
aber auch die Oeffnungen blieben unerkannt. Die Schaalen sind sehr dünn und etwas biegsam. Beim Verbrennen blieben die Schiff- 
chen unverändert, die Gallerte verschwand, liess aber viele kleine lose Partikelchen von Kieselerde (?) zurück. 

Eine Abbildung konnte nicht mehr aufgenommen werden. 


Nachtrag zur Gattung Micromega. 


Obwohl von mir nur eine Art dieser Gattung beobachtet wurde, so scheint es doch mit ziemlicher Gewissheit mehrere Arten 
zu geben. Ja es könnten leicht ausser den 6 von Acarpn aufgezählten sich noch einige unter seinen Arten der Gattung Schizonema 
befinden, wie Sch. radians. Ebenso ist Sch. Agardhi hier zu vergleichen. Die 5 übrigen Arten Acarpn’s sind: 1) M. apieu- 
Jatum von der schottischen Küste (s. GreviLLe, Scott. erypt. Flora, t. 30.); 2) M. Blyttii im Meerbusen bei Trondhjem; 3) M. 
pallidum bei Triest (1827); 4) M. pemicillatum an der Küste der Normandie; 5) M. ramosissimum ebenda. Auch die Gattung 
Berkeleya fragilis von Grevirır 1827 (Scott. Flora T. 294.) könnte leicht nur eine Art der Gattung Micromega umfassen, da 
das Hervorragen der Spitzen für Verästelung eines kurzen dicken Stammes angesehen werden kann. ($. Acarnn, Consp. crit. Diat.) 


ANHANG ZUR FAMILIE DER STABTHIERCHEN. 


NEUNUNDSIEBZIGSTE GATTUN 6: STRAHLENBÄUMCHEN. 
Acineta. Akinete. 


CHARACTER: Animal Bacillariorum familiae affıne, pedicellatum, lorica simpliei membranacea, tentacu- 
lis multis subinde retractis, nec vibrantibus radiatum. 


CARACTERE: Animal voisin de la famille des Bacillaries, pedicule, & carapace simple membr0- 
neuse, ayani de nombreux tentacules rayonnants retractiles et point vibrants. 


Die Gattung der Strahlenbäumchen ist der Familie der Stabthierchen verwandt, hat einen ein- 
fachen häutigen Panzer und viele strahlenartige, zurückziehbare, nicht wirbelnde Fühlfäden. 


- 241 


Die Gattung Acineta (&zıvyem, die Wirbellose) wurde 1833 (1832) in den Abhandlungen der Berl. 
Akad. d. Wissensch. mit den heutigen 3 Arten gegründet, aber fraglich zur Familie der Kranzthierchen 
(Peridinaea) gestellt. Eine ihrer Formen war aber schon MüLLer und vielleicht BAKEr bekannt, die sie 
jedoch beide mit Vorticellen verwechselten. Baker beschrieb 1752 unter seinen Trauben-Polypen 
(p. 441. Tafel XIM. Fig. .— XII.) eine Form, welche Parzas 1766 Brachionus tuberosus nannte und als 
ganz steif beschrieb, während sie nach Baker wirbelte und eine Zpistylis gewesen seyn kann. . MÜLLER 
nahm 1786 dieselbe Form als Vorticella tuberosa bei den Infusorien auf, hatte sie aber nicht büschelför- 
mig, sondern einzeln gesehen. GMELIN nannte sie gleichzeitig Vorticella tuberosa ohne eigene Beobach- 
tung. Scrrank beobachtete dieselbe oder eine ähnliche Form 1803 bei Ingolstadt. Bory pe ST. VincENT 
beschrieb 1824 in der Zncyclopedie method. eine Epistylis aus Preussen als VoWwerella astoma, und ci- 
tirte fälschlich dazu die Vorticella tuberosa von MüLLer. Eine besondere Art beschrieb ich 1831 als 
Cothurnia? mystacina von Berlin. — An Organisation ist ausser der häutigen Hülle, dem hohlen Stiele 
und einer Vielzahl von mit einem Knöpfehen am Ende versehenen, nicht wirbelnden, einziehbaren Fühlfä- 
den, bei allen 3 Arten ein (gelblicher) innerer gekörnter Eierstock beobachtet. Magenblasen sind bei A. 
Lyngbhyi und A. mystacina, und ein, einer Samendrüse ähnlicher, linsenförmiger Körper bei A. tuberosa, 
ein runder bei A. anystacina beobachtet. Selbsttheilung ist nicht erkannt. 

Die geographische Verbreitung der Gattung ist in England, Dänemark, Baiern, bei Wismar in der 
Ostsee und bei Berlin im Süsswasser beobachtet. 


345. Acineta Lyngbyi, Lyngbye’s Strahlenbäumchen. Tafel XX. Fig. VIM. 


A. corpusculo globoso, anteriore parte undique tentaculata, pedicello crasso. 


Akinete de Lyngbye, & corpuscule spherique, tentacule au front, ayant un gr0s pedicule. 


2 Acineta Lyngbyi, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 285. 
Aufenthalt: Bei Copenhagen in der Ostsee. 


Diese Form fand sich im Sept. 1833 auf Serzularia geniculata bei Gopenhagen; im September 1835 erhielt ich sie von 
ebendaher auf Ceramium diaphanum lebend nach Berlin. Die runden strahligen blassgelben Köpfchen mit ihren dicken erystallhellen 
Stielen gleichen einer eingezogenen grossen Vorticelle. Die Strahlen sind nur an der Vorderseite und einziehbar, wie ein Fernrohr. 
Die Dicke des Stieles war fast !/s der Körperdicke, seine Länge 3—5mal der Körperdicke gleich. Nach einer leichten Strietur am 
obern Ende erweitert sich der hohle Stiel schüsselförmig zur Basis des Köpfchens. Das Innere der Kugel war deutlich mit runden hel- 
len Blasen erfüllt, zwischen denen eine feinkörnige gelbliche (Eier-) Masse lag. Der Mund ist nicht beobachtet, aber das langsame 
Einziehen und Ausstülpen der einzelnen Fühlfäden liess sich oft erkennen. Die Form gleicht einem gestielten Sonnenthierchen 
(Actinophrys Sol). — Dicke der Köpfchen bis /s; Linie. Länge des Ganzen 'o—"/; Linie. Grösse der Eierchen unter 000 Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. VI. 


Es sind 3 Thierchen auf Ceramium sitzend, 300mal vergrössert. Fig. o. zeigt die obere Strietur des Stieles und bei + einen halb einge- 
zogenen Fühlfaden; Fig. y. ist von hinten gesehen. 


346. Acineta tuberosa, gehörntes Strahlenbäumchen. Tafel XX. Fig. IX. 


A. corpusculo triangulari compresso , antica parte dilatato truncato, obtuse bicorni aut tricorni, cornubus lateralibus 
tentaculatis, pedicello simpliei graciliore. 


Akinete bossue, a corpuscule triangulaire comprime, dilate et tronque au bout anterieur, ayant deux 
ou trois bosses obtuses au front, les bosses laterales tentaculees et un pedicule simple plus grele. 
Closterings Polypes, Nr. XI.—XU., Baser, Employment for the microscope, 1752. Uebersetzt Augsburg, 1754. p. 441. Taf. XIII. 

Fig. XI.— XI. 


Brachionus tuberosus, Pauzas, Elenchus Zoophytorum, 1766. p. 105. 

Vorticella tuberosa, MürLzer, Animalc. Infusor. p. 308. Tab. XLIV. Fig. 8—9. 1786. Gmeuin, Linnei Syst. Nat. ed. XIII. 1788. zum 
& Theil. 

Vorticella tuberosa, Schrank, Fauna boica, II. 2. p. 128. 1803. 

Volverella astoma, Bory, Encyclope&die m&th. 18%. und Diet. classique. (War eine Epistylis.) 

Acineta tuberosa, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. p- 285. 


Aufenthalt: Im brakischen Wasser Englands, Dänemarks?, in der Ostsee bei Copenhagen! und 'Wismar!, vielleicht auch in Baiern. 


Ich beobachtete diese Form im August 1833 auf Ceramium diaphanum ud Fucus, Scytosiphon, Filum bei Wismar 
häufig, und fand sie ebenda im Sept. 1834 wieder, erhielt sie auch im Sept. 1835 lebend von Copenhagen nach Berlin. Sie gleicht 
sehr einer bewimperten Vorticelle, aber die Wimpern wirbeln nie. Barer hat eine der Gestalt nach sehr ähnliche Form in Eng- 
land beobachtet, verwechselte aber offenbar 2 ganz verschiedene Körper, deren einer (Fig. X.) eine wirbelnde ästige steife Bpistylis, 
deren anderer (Fig. XI. und XII.) eine einfache 3höckerige nicht wirbelnde Acineta war, denn die Vorticellen werden zwar bei 
der Selbsttheilung 2höckerig, aber nie 3höckerig. ParzAs nahm nur Baker’s Beobachtung in sein System auf. Mürrer beobach- 
tete aber bei Copenhagen selbst ein ähnliches Thierchen im (vielleicht brakischen) Sumpfwasser. Die Form des letzteren passt ganz 
auf diess Thierchen der Ostsee, und vom Wirbeln sagt Mürzer nichts. Aus ScHRank’s Beschreibung ging hervor, dass er eine 
ästige, nicht wirbelnde, Form des Süsswassers beobachtete. Vielleicht war es Aec. mystacina. Bory citirt zwar Mürzer’s Namen, 
hat aber eine Zpistylis dafür gehalten. Die Fühlfäden, 15—20 an Zahl auf jeder Seite, kann das Thierchen als 2 Büschel diver- 
girender Strahlen ausbreiten und als 2 Bündel paralleler Fäden ganz einziehen. Diese Bewegung ist sehr langsam. Der Körper ist 


61 


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mit gelblichen Eierchen erfüllt. Ich fand auch ganz farblose Exemplare, wohl nach dem Eierlegen. Der Mund scheint in dem mitt- 
leren Höcker zu liegen. Die helle mittlere runde Stelle halte ich für Samendrüse. Der Stiel ist unbiegsam, der Körper kann sich 
etwas verkürzen und die Höcker ganz einziehen. — Grösse des Körpers ohne den Stiel Y%,— !/;; Linie, mit dem Stiele /ı— "/o Linie. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. RX. 


Es sind 6 Thierchen in verschiedenen Zuständen auf Ceramium diaphanum zwischen Calothrix-Fäden abgebildet. «. und & sind aus- 
gedehnt; y. von der Seite; 6. will sich ausdehnen oder fängt an sich einzuziehen; /. ist ganz eingezogen; L. ist nach, dem Eierlegen. 


347. Acimeta mystacina, langbärtiges Strahlenbäumchen. Tafel XX. Fig. X. 


A. corpuseulo ovato, subgloboso, obsolete cornuto, tentaculorum fasciculis duobus elongatis, pedicello simplice, gra- 
ciliore. 


Akinete a moustache, ü corpuscule ovale-spherigue, ayant les bosses du front peu prononcees, deux 
Jaisceaux de tentacules allonges et un pedicule plus grele. 


Vorticella tuberosa, Scuran«? Fauna boica, III. 2. p. 128. 1803. 
Cothurnia? mystacina, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1831. p. 9. 
Acineta mystacina, Abhandl. der Akademie d. Wissensch. zu Berlin, 1833. (1832.) p. 284. 


Aufenthalt: Bei Berlin!, vielleicht auch bei Ingolstadt. 


Sie fand sich zuerst im Juni und Juli 1831 auf Oedogonium, und wieder im Sept. 1832 auf Wurzeln der Meerlinsen 
(Lemna minor) bei Berlin. Am 15. Januar 1836 fand ich sie im Thiergarten unter dem Eise an Vaucherien. Ich habe nach letz- 
teren sehr grossen Exemplaren neue vollständigere Zeichnungen entworfen, die nicht mehr aufgenommen werden konnten. Nie sah ich 
ein verästetes Thierchen. Sie fanden sich gleichzeitig mit Yaginicola erystallina, Synedris und Vorticellen. Die feinkörnige 
Kiermasse ist gelblich, dazwischen sah ich neuerlich viele grössere Bläschen, die ich für Magenblasen halte, und in der Mitte war eine 
hellere drüsige Kugel. Der umhüllende häutige Panzer ist bei dieser und der vorigen Art sehr deutlich, undeutlicher bei der ersten 
Art. Ich zählte in jedem Bündel von Fühlfäden bis 8, zuweilen nur 6. Länge der früheren ganzen Körper 1, — Yr2,° der zuletzt 
beobachteten bis zu "io Linie. Die Fühlfäden sind länger als der Körper, zuweilen selbst länger als dieser sammt dem Stiele. 


Erklärung der Abbildungen Taf. XX. Fig. X. 


Es sind 3 Thierchen auf Oedogondum nach Zeichnungen von 1832, von Y/),;—!Y, Linie Länge, 300mal vergrössert. 


Nachtrag zur Gattung Acineta. 


Die grosse Aehnlichkeit dieser Körper mit Actinophrys und andern Formen der Familie der Enchelien könnte wahrschein- 
lich machen, dass dieselben gepanzerte Enchelien wären, allein die Bildung des Ernährungssystems spricht dagegen. Die Form der 
vielen festen, nicht veränderlichen Fühlfäden schliesst diese Körper auch aus der Familie der Stabthierchen aus, und der Mangel des 
Wirbelvermögens erlaubt nicht, sie zu den Kranzthierchen zu stellen. Es mag also, was ich schon 1833 aussprach, die kleine 


Gruppe wohl richtiger eine besondere Familie der Strahlenbäumchen bilden, welche zwischen den Stabthierchen und Kranzthier- 
chen in der Mitte steht. 


Nachtrag zur Familie der Stabthierchen. 


Es ist von einigem Interesse, dass es mir während des Druckes dieser Bogen noch gelungen ist, bei mehreren Gattungen die- 
ser Familie die Aufnahme farbiger Stoffe in den Ernährungscanal direet zu beobachten, wodurch aller Zweifel über den, obwohl sonst 
schon hinreichend deutlichen, thierischen Character dieser Organismen beseitigt ist. MorrEn in Gent und Meven in Berlin haben in 
den Annales des sc. naturelles 1835. und in WırcmAnn’s Archiv für Naturg. 1837. die alte Meinung festgehalten, dass es Pflan- 
zen wären, allein das Urtheil war nur Folge noch nicht hinreichend genauer Untersuchungen (vergl. Closterium). Mischt man Indigo 
in Wasser, worin viel Naviewlae u. s. w. sind, und lässt dasselbe einige Tage stehen, so sieht man gewöhnlich keine Stoflaufnahme, 
giesst man aber dann diess Wasser von den Thierchen ab und thut neues Wasser und neuen Indigo an dessen Stelle, so nehmen sie 
die farbige Nahrung auf. Auf diesen geringfügig scheinenden Umstand bin ich erst nach 6jähriger fruchtloser Bemühung aufmerksam 
geworden, und ich verdanke ihm die Lösung der Aufgabe. Ich sah die aufgenommene Nahrung bei 7 Arten der Gattung Navicula, 
nämlich: 1) Nav. gracilis, 2) N. Amphisbaena, 3) N. viridula, 4) N. Julva, 5) N. Nitzschü, 6) N. lanceolata, 7) N. ca- 
pitata. Ferner sah ich sie bei Gomphonema paradowum und bei Arthrodesmus yuadricaudatus ß ecornis. Auch bei Oloste- 
rium acerosum gelang es auf ähnliche Weise, innere blaue Zellen zu beobachten. Es ist hierdurch zugleich festgestellt, dass bei den 
Navieulis und @omphonemen eine der beiden mittleren Oeffnungen die Mundöffnung ist, und somit wird also die entgegengesetzte 
Rückenöffnung der Mitte die Sexualöffnung seyn. Die je 2 Endöffnungen aber werden den Bewegungsfunctionen besonders angehören. 
Bei Arthrodesmus und Closterium giebt es keine mittleren Oeffnungen, daher fungiren die Endöffnungen auf verschiedene Weise. 
In dem mittleren hellen Flecke der Naviculae und Gomphonemata (so eben sehe ich es auch bei Cocconema Cistula) füllten sich 
4—20 Magenzellen an. Bei Arthrodesmus waren die Zellen zerstreut, bei CZosterium nur hinter einem der Enden. Bei todten 
Thieren färben sich zuweilen die inneren Theile ohne Unterschied ‚„ das kann und muss man unterscheiden. 

Rücksichtlich der fossilen Infusorien-Formen ist hier zu bemerken, dass deren aus der Familie der Stabthierehen bis heute 
76 Arten bekannt sind. Sie vertheilen sich in 15 Gattungen. Die Gattung 1) Navieula enthält 24 fossile Arten, wovon 13 noch 
lebend sind; in der Gattung 2) Eunotia sind 11 fossile, wovon 2 noch lebend; in der Gattung 3) Gallionella sind 7 fossile, von 


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ihnen 4 lebend. In der Gattung 4) Xanthidium sind 6 fossile, von denen 2 noch leben. In den 3 Gattungen 5) Cocconema, 6) 
Cocconeis und 7) Fragilaria sind je 4 Tossile Arten; hei Oocconema und Fragilaria sind 3, bei Cocconeis 2 noch lebend. Bei 
8) Gomphonema sind 3 fossile Arten sämmtlich noch lebend; bei 9) Synedra sind, von 3, zwei noch lebend; bei 10) Bacillaria, 
von 3, 1. Die Gattung 11) Dietyocha hat 3 nur fossil gekannte Arten. Die Gattung 12). Aetinoeyelus hat 2 nur fossile Arten; 
13) Podosphenia, 14) Achnanthes und 15) Pyzidieula haben jede eine nirgends lebend beobachtete fossile Art. Arcella? Patina 
wird hierbei zu G@allionella gerechnet. Von diesen fossilen Formen bilden 22 Arten das Bergmehl von Santafiora: 1) Navs- 
cula capitata; 2) N. Follis; 3) N. gibba; 4) N. inaequalis; 5) N. Librile; 6) N. phoenicenteron; T) N. trinodis; 8) N. 
viridis; 9) N. viridula; 10) Synedra capitata; 11) S. Ulma; 12) Eunotia granulata; 13) E. Zebra; 14) E. Wester- 
manni; 15) Cocconeis undulata ; 16) Gallionella italica; 11) @. varians; 18) Gomphonema acuminatum; 19) G. clava- 
tum; 20) @. truncatum; 21) Cocconema cymbiforme; 22) C. gibbum. Das Bergmehl von Degernfors in Schweden bil- 
den: 1) Navicula Follis; 2) N. phoenicenteron; 3) N. viridis; 4) N. gracilis; 5) N. trinodis; 6) N. dicephala; T) N. ma- 
eilenta; 8) N. suecica; 9) Synedra hemicyelus; 10) Eunotia Faba; 11) E. Arcus; 12) E. Diodon; 13) E. Triodon; 14) 
E. Tetraodon; 15) E. Pentodon; 16) E. Diadema; 17) E. Serra; 18) Gomphonema acuminatum; 19) @. truncatum ; 
20) Cocconema Fusidium; 21) Fragilaria pectinalis; 22) Achnanthes inaequalis. Den Kieselguhr von Isle de France 
bilden: 1) Navicula gibba; 2) N. fulwat; 3) N. bifrons; 4) Cocconeis undulala; >) Bacillaria vulgaris; 6) B. major. 
Den Kieselguhr von Franzensbad bilden: 1) Mavicula gibba; 2) N. Librile; 3) N. viridis; 4) N. viridula; 5) N. fulva ; 
6) N. striatula; 7) Eunotia granulata; 8) Coccomeis? Clypeus; 9) Gallionella distans; 10) Gomphonema clavatum; 11) 
@. truncatum. Den Kieselguhr von Kymmöne Gärd bilden: 1) Navieula Follis; 2) N. phoenicenteron; 3) N. viridis; 
4) N. bifrons; 5) N. trinodis; 6) N. dicephala; 7) N. macilenta; 8) N. Glans; 9) N.? — 10) Eunotia Faba; 11) E. 
Arcus; 12) E. Diodon; 13) E. Triodon; 14) E. Tetraodon; 15) E. Diadema; 16) Cocconeis finnica; 171) Gallionella 
distans; 18) Gomphonema acuminatum ; 19) Cocconema Fusidium; 20) Achnanthes inaequalis. Den Polirschiefer von 
Cassel bilden: 1) Navieula viridis; 2) N. Cari; 3) N. Orux; 4) N. fuwa; 5) N. gracilis; 6) N. lanceolata; 7) N. stria- 
zula? ; 8) Cocconeis Scutellum; 9) Gallionella varians ; 10) @. distans; 11) Cocconema cymbiforme; 12) C. Cistula; 13) 
©. gibbum; 14) Fraglaria rhabdosoma; 15) F. diophthalma. Den Polirschiefer und Halbopal von Bilin bilden: 1) 
Navicula gracilis; 2) N. Scalprum; 3) Synedra Ulna; 4) Gallionella varians; 5) @. distans; 6) @. ferruginea?; T) Ba. 
eillaria vulgaris; 8) Podosphenia nana. Den Polirschiefer von Riom der Auvergne hilft G@allionella gallica bilden. 
Den Polirschiefer von Jastraba in Ungarn bilden: 1) Mavieula graeilis; 2) N. fulva; 3) Eumotia Westermanni; 4) Gal- 
Zionella varians; 5) @. distans; 6) Cocconema cymbiforme; 71) ©. Cistula; 8) C. gibbum; 9) Baecillaria hungarica; 10) 
Fragilaria gibba. Den Polirschiefer von Zante helfen 1) Gallionella? Patina, 2) Dietyocha Navicula bilden. Den 
Polirschiefer von Oran bilden: 1) Navicula afrieana; 2) N. Bacillus; 3) Synedra Ulma; 4) Gallionella? Patina; 5) 
G. sulcata; 6) Dietyocha Fibula; 7) D. Speculum; 8) Aetinocyelus senarius; 9) A. octonarius. Im Saugschiefer vom 
Menilmontant findet sich Pyxidieula? prisca. Den Feuerstein und Schwimmstein der Kreide helfen 1) Pyzidicula? 
prisca, 2) Xanthidium hirsutum, 3) A. furcatum, 4) X. ramosum, 5) X. bulbosum, 6) X. tubiferum, 7) X.? (Chaeto- 
zyphla? pyrphora) bilden. Letztere sind neue, vorn noch nicht angezeigte, Arten (vergl. Peridinium). Im Opal und Stein- 
mark finden sich Gallionella distans? und Pyzidieula? prisca. Im Raseneisen und der Gelberde ist die überaus kleine 
Gallionella ferruginea herrschend. 

In die Familie der Bacillarien oder Stabthierchen, welche Acarpm Diatomeen nennt, hat man mehrere (noch 55!) Gattun- 
gen gestellt, die hier nicht aufgenommen worden sind. Ganz ausgeschlossen ist die Gattung Aydrurus Acarom 1824 (1830); diese 
ist mir bekannt und ich halte ihre Formen für der Ulven-Familie zugehörige Algen. Eben so schliesse ich die Gattung Oncodyrsa 
von Acarnn (Flora 1827.) als wahre Pflanze hier aus, obschon ich sie nicht selbst sah. Auch die Gattungen Oscillatoria, Melo- 
tomus, Ophiothrix und Sphaerodesmus, welche neue Namen CornA 1835 den längst anders benannten Körpern als Thieren gege- 
ben hat, sind hier als Pflanzen betrachtet, da eine Thierstructur bei ihnen nicht nachgewiesen ist (Almanac de Carisbad). [Vergl. 
Closterium.| Zwei von Turrın (1828) in die Nähe dieser Körperchen gestellte Formen, welche als besondere Pflanzengattungen bei 
ihm die Namen Bursella olivacea und Erythrinella annularis führen, sind Eier von Räderthieren (vergl. Aanthidium). Die 
Gattung Closterium (Lumulina, Pleurosieyos) enthält zwar thierische Formen, ist aber, als den Bacillarien fremd, in der besondern 
Familie Olosterina eingereiht. Ausserdem haben Acarpm 6, Borr 3, Turrın 5, GreviLLE 4, BonnemAıson 2, DECANDOLLE, 
Desvaux, Losana, Sommerreın, Meven und Morren jeder 1, Warrrorn 2, Link 2, Kürzına 4 und Corna 8 Gattungs- 
namen gegeben, welche, obwohl direct hierher gehörig, hier nicht aufgenommen werden konnten, und diese 44 Namen haben nun fol- 
gende Synonymie: 1) Berkeleya Grevirıe (1827) = Naunema?, Micromega?; 2) Biddulphia Grevirıe (1831) siehe Zszhmia 
und Tessella; 3) Calcotrie Dssvaux, nach Acarnn — Naunema; 4) Colpopelta Cornva (1835) = Euastrum; 5) Cosma- 
rium Corna (1835) — Euastrum; 6) Orueigenia Morren (1831) s. Micrasterias, Bacillariat; 7) Crystallia SoMMERFELD, 
nach Acarpn (1830) = Gomphonema; 8) Cymbella Acarpn (1830) 5. Frustulia und Cocconema; 9) Diatoma DecannoLLE 
(1805) s. Bacillaria; 10) Encyonema Kürzıne (1833) s. Gloeonema; 11) Exilaria Grevirze (1827) s. Echinella; 12) @e- 
minella Turrın (1828) s. Odontella?; 13) Girodella Ganıon (1823) s. Naumema; 14) Gloeodietyon Acırnn (1830) s. 
Schizonema; 15) Grammonema Acıron (1832) s. Fragilaria und Tessella; 16) Helierella Borv (1825) s. Euastrum und 
Micrasterias; 17) Heterocarpella Bory (1825) s. Euastrum und Micrasterias; 18) Homoeocladia Acaron (1830) s. Micro- 
mega; 19) Hydrolinum Link (1820) s. Schizonema; 20) Licmophora Acıron (1827) >. Echinella; 21) Lysigonium Link 
(1820) s. Gallionella; 22) Meloseira Acarnn (1824) s. Gallionella; 23) Monema GrEvILLE (1827) s. Naunema; 24) Ne- 
matoplata Borx (1822) s. Fragilaria; 25) Oplarium Losana (1829) s. Mierasterias und Euasirum; 26) Paradesmus 
Corva (1835) s. Fragilaria; 27) Pharyngoglossa Corva (1835) s. Navicula Sigma; 28) Psygmatella Kürzine (1833) s. 
Echinella; 29) Rhabdium Wırıroru (1835) s. Fragilaria; 30) Scalptrum Gorva (1835) s. Navicula Scalprum; 31) Scae- 
naedesmus Mrxen (1829) s. Arthrodesmus; 32) Sigmatella Kürzıne (1833) s. Navicula Sigma; 33) Spermogonia Bon- 
NEMAISON, nach Acarnm s. Naunema; 34) Sphaerozosma Corva (1835) s. Odontella; 35) Stauridium CGorna (1835) >. 
Micrasterias ; 36) Stomatella Turrın (1828) s. Odontella?, Micrasterias?; 37) Styllaria Bory (1822) s. Gomphonema; 
38) Surirella Turrın (1827) s. Navieula; 39) Syrine Corva (1835) s. Fragilaria; 40) Temachium Waıırorn (1835) 
s. Synedra; 41) Tessarthonia Turrın (1828) s. Tessararthra; 42) Trochiscia Kürzıns (1833) s. Buastrum; 43) Ursi- 
nella Turrın (1828) s. Euastrum; 44) Vaginaria Boxnemarson, nach AcarpH s. Schizonema. 


Rücksichtlich des höchst merkwürdigen Eisengehaltes der Gallionellen haben die fortgesetzten Untersuchungen neuerlich 
noch auffallende Resultate ergeben, obschon bei der Kleinheit der Körperchen der @. ferruginea noch immer Schwierigkeiten bleiben. 
Ein starker Eisengehalt zeigte sich auch in der grossen Gallionella aurichalcea, welche beim Glühen roth wird, aber auch hier blieb 
der Zustand des Eisens und sein Verhältniss zum Thiere noch unklar. Bei den Gliederfäden des Wiesen-Ockers (Gallion. ferrug.); 
den ich ganz neuerlich auch aus denFreiberger Grube Beschert-Glück von 1106 Fuss Teufe sehr schön erhielt, lösen sich zuweilen die 
Gliederfäden in Salzsäure unter dem Mikroskope scheinbar ganz auf, dennoch enthält die Masse mehr als 6—12 pC. Kieselerde. Auch 
ehe diese Körperchen die Kettenform annehmen, bleibt bei dem Auslaugen mit Säuren der Kieselpanzer nicht immer, wie bei den grös- 
seren Gallionellen, ganz zurück, sondern kleinere Theilchen bleiben sichtbar. Es scheinen diese Differenzen auf Entwickelungszu- 
ständen zu beruhen, welche weiterer Nachforschung bedürfen. So eben wird eine genaue chemische Analyse dieser, von mir gesammel- 
ten und ausgewählten, Substanzen im Laboratorium des Herrn Prof. H. Rose von Herrn Barker vollendet, deren Resultate in Kur- 
zem in Possenporrr’s Annalen der Physik und Chemie umständlich vorgelegt werden können. Die bei weitem grösste Masse der 
Körperchen besteht geradezu aus Eisen, welches sammt den 6—12 Procenten Kieselerde den Panzern oder Schaalen der ’Thierchen 
allein angehören mag. 

Wenn es endlich bisher höchst auffallend war, dass es 14 Fuss mächtige Lager fossiler Kiesel-Infusorien giebt (s. @allio- 
nella distans), während die lebenden in so überaus grossen Mengen nicht beobachtet werden, so haben meine fortgesetzten Untersu- 
chungen auch hier einiges Licht gewonnen. Allerdings sind auch jetzt noch die lebenden Kieselinfusorien durch ihr Massenverhältniss 
erstaunenswerth. Obwohl nämlich zu einem Cubikzolle ihrer Masse viele Tausend Millionen Individuen gehören und Hunderte Millionen 
erst einen Gran wiegen, so gelang es mir doch in diesem Sommer, sie in solcher Menge lebend zu beobachten, dass ich in etwa ı, 
Stande 1 Pfd. solcher unsichtbaren Schaalen lebender Thiere selbst sammeln konnte, und dass es gar nicht übertrieben ist, zu behaup- 
ten, man könne, im Fall es darauf ankäme, in wenig Stunden "/, bis Y, Centner dieser Kieselpanzerchen zusammenhäufen.* Die Kie- 
sel-Infusorien bilden nämlich den Moder der Oberfläche stehender Gewässer, Stadtgräben, Bassins und Teiche. Entweder werden sie 
durch Oscillatorien in handdicke, oft mehrere Fuss breite, schwarze, graue oder gelbe Rasen vereinigt, oder die Gallionellen tre- 
ten selbst rasenförmig auf. Beides war in diesem Vorsommer bei Berlin im Thiergarten ausgezeichnet der Fall. Sie verbreiten aber 
dann einen lästigen Sumpfgeruch. Man reinigt die Bassins von ihnen durch einige an einander gebundene, einfache oder rechenartig 
nach unten gezahnte und durchflochtene, schwimmende Latten, welche man durch Bindfäden an ihren Enden langsam fortbewegt. Am 
Ufer zieht man sie mit durchflochtenen Rechen an’s Land. Hat man die Oberfläche gereinigt, so erscheint am andern oder dritten 
Tage schon dieselbe Masse wieder, weil die Sonne den Boden der flachen Gewässer dann wieder freier erwärmt und Gasentwickelung 
am Grunde eintritt, welche die dort befindlichen ähnlichen Massen zur Oberfläche hebt. Eine Karre voll solchen, von der Ober- 
fläche genommenen, Schlammes giebt wohl 10—15 Pfd. reine Infusorienschaalen. Fortgesetztes Reinigen bezwingt doch diese Pro- 
duction, und der gewonnene Moder ist geradehin guter Tripel oder Kieselerde. Nur erst, wenn der Moder an der Luft völlig hart 
getrocknet ist, sind die Thierchen todt. Ich fand sie nach 6 Wochen ausser dem Wasser noch lebend in der kaum etwas feuchten 
Erde, welche sie selbst bildeten. ($. Bericht der Berl. Akad. d. Wissensch. 1837. Juli. Vergl. p. 122. dieses Werkes.) Alle Ar- 
ten dieser Familie lassen sich aufbewahren. 


EILFTE FAMILIE: SCHEIBENTHIERCHEN. 
Cyclidina. Cyclidines. 


CHARACTER: Animalia polygastrica, anentera (tubo intestinali destituta, apertura corporis unica), eiliis 
setisve appendiculata, nec loricata. 


CARACTERE: Animaux polygastriques, sans canal intestinal (ayant une seule owverture du 
corps), pourvus d’appendices en forme de cils ou de soies, depourvus de carapace. 


Zur Familie der Scheibenthierchen gehören alle deutlich oder wahrscheinlich polygastrischen 
Thiere ohne Darmkanal, welche wimper- oder haarförmige Anhänge des. Körpers haben und panzerlos sind. 
Die kleine Familie der Scheibenthierchen umfasst nur 9 bekannte Thierformen, welche in 3 Gat- 
tungen vertheilt sind. Die ersten Formen erkannte und beschrieb wohl JogLor 1716 in Paris, allein Hırı 
beobachtete sie in England und nannte sie 1752 zuerst Oycelidium. Die beiden andern Gattungen wurden 
1831 sammt der besondern Familie in den Abhandlungen der Berl. Akad. d. Wissenschaften gegründet, wo 
1830 Cyelidium zu den Kranzthierchen (Peridinaea) gestellt worden war. — Für den Organisations- 
gehalt ist auch nur die Gattung Oyelidium hinreichend ergiebig gewesen, da alle Formen der Familie klein 
sind und zu dieser Gattung die grösseren gehören. — Zum Bewegungssystem gehören die äusseren borsten- 
‚ artigen Wimpern, deren verschiedene Gruppirung Charactere der Gattungen giebt. Ein besonderer Rüssel 
ist nicht beobachtet. — Das Ernährungssystem ist bei 2 Arten der Gattung Oychdium ausführlich erkannt, 
polygastrisch, mit Auswerfen aus der Mundöffnung. — Das weibliche Sexualsystem ist weniger scharf er- 
mittelt, als das männliche. Nur bei Pantotrichum Enchelys sind gelbliche Eierchen (?) direet erkannt, 
allein die 1—2 runden männlichen Drüsen des Oychidium Glaucoma sammt einer contractilen Blase und 
die einfache des C.? Zentiforme, vielleicht auch des Pantotrichum Enchelys, waren ausser allem Zwei- 
fel. — Augen sind noch bei keiner Gattung beobachtet. 


» 


ER 
Br 
REN 
Ne