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Full text of "Jahresbericht Ueber Die Leistungen Und Fortschritte Auf Dem Gebiete Der Neurologie Und Psychiatrie 19.1915 ( 1916)"

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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



JAHRESBERICHT 

ÜBER DIE 

LEISTUNGEN UND FORTSCHRITTE 

AUF DEM GEBIETE DER 

NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE 


IN VERBINDUNG MIT 

San.-Rat Dr. B. ASCH ER-Berlin, Prof. BLEÜLER-Zürich, Dr. LUDWIG BORCHARDT-Berlin, San.-Rat Dr. E. 
BRATZ-Wittenau, Dr. L. E. BREGMAN-Warschau, Dr. BRUN-Zürich, Prof. Dr. L. BRUNS-Hannover, Prof. Dr. 
R. CASSIRER-Berlin, Dr. FRANZISKA CORDES-Dresden, Dr. ERL ANGER-Berlin, Prof. Dr. FINKELNBURG- 
Bonn, Dr. G. FLATAU-Berlin, Dr. E. FLÖRSHEIM-Berlin, Prof. Dr. FORSTER-Berlin, Dr. A. FÜR8TENBERG- 
Berlin, Dr. W. FÜRSTENHEIM-Friedrichsbrann, Priv.-Doz. Dr. HEINRICH DI GASPERO-Graz, Dr. H. G. HAENEL- 
Dresden, Dr. HEIMANO WITSCH-Kaaan, Prof. Dr. HENNEBERG-Berlin, Dr. A. HIRSCHFELD-Berlin, Priv.-Doz. 
Dr. K. HUDOYERNIG-Budapest, Prof. Dr. F. JAMIN-Erlangen, Priv.-Doz. Dr. JOLLY-Halle a. S., Dr. E. JOLO- 
WICZ-Dreaden-Hellerau, Prof. Dr. 0. KALISCHER-Berlin, San.-Rat Dr. S. KALISCHER-Berlin-Schlachtenaee, 
Dr. KAHLMETER-Stockholm, Dr. KLARFELD-München, Dr. KOSTERLITZ-Berlin, Dr. L. M. KÖTSCHER-Zscha- 
draß b. Colditz, Prof. Dr. F. KRAMER-Berlin, Dr. M. KROLL-Moskau, Dr. KRON-Moskau, Dr. H. KRUEGER- 
Berlin-Bucb, Dr. ARNOLD-KUTZINSKI-Berlin, Dr. LEWIN-Berlin, Dr. LOEWY-Ostende, Fr. Dr. LOEWY- 
HATTENDORF-Berlin, Prof. Dr. H. LORENZ-Graz, Dr. AUGUSTE LOTZ-Berlin, Dr. OTTO MAAS-Berlin-Bucb, 
Prof. Dr. L. MANN-Breslau, Gerichtsarzt Dr. HUGO MARX-Berlin, Dr. KURT MENDEL-Berlin, Prof.Dr. L. MINOR- 
Moakau, Dr. WALTER MISCH-Berlin, Prof. Dr. EDUARD MÜLLER-Marburg, Dr. OETTLI-Diisseldorf, Dr. G. 
PERITZ-Berlin, Prof. Dr. A. PICK-Prag, Dr. ROSENBERG-Berlin, Prof. Dr. M. ROSENFELD-Straßburg, Dr. J. 
SALINGER-Wilmersdorf, Prof. Dr. W. SEIFFER-Wiesbaden, Dr. MAX SEIGE-Partenkirchen-München, Prof. Dr. 
P. SILEX-Berlin, Dr. TEOFIL SIMCHOWICZ-Warschati, Dr. KURT SINGER-Berlin, Dr. OTTO SITTIG-Prag, Prof. 
Dr. W. SPIEL ME YER-Mänchen, Dr. W. STERLING- Warschau, Dr. E. STETTNER-Erlangen, Dr. STUCHLIK- 
Rot Costelec-Böhmen, Dr. G. YOSS-Düsseldorf, Prof. Dr. L. W. WEBER-Chemnitz, Prof. Dr. H. WTENER-Prag 

und unter Mitwirkung von 

Dr. ED. FLATAU in Warschau und Sanitätsrat Dr. S. BENDIX in Berlin 

redigiert von 

Prof. Dr. L. Jacobsohn in Berlin. 

XIX. JAHRGANG: 

Bericht Ober das Jahr 1915. 



BERLIN 1916 

VERLAG VON S. KARGER 

KARLSTRASSE 15. 


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Alle Rechte Vorbehalten. 


4 


Druck von A. Hopf er in Burg b. M. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





Oer Jahresbericht teilt in der Kriegszeit das Schicksal aller referieren* 
den Blätter, d. h. er ist in seinem Umfange ganz wesentlich vermindert. Das 
tritt in diesem Jahre noch stärker in die Erscheinung als im vorigen. Der 
Krieg rast weiter, nnd immer mehr verkümmert dabei die wissenschaftliche 
Arbeit. Nur ein kleiner Teil der Referate des vorliegenden Jahrganges bezieht 
sich daher auf rein wissenschaftliche Forschungen, die Mehrzahl betrifft 
Arbeiten, die auf den Krieg mehr oder weniger Bezug nehmen. 

Der wissenschaftliche Nutzen, den wir bisher für unser Fach aus den 
Kriegserfahrungen geschöpft haben, ist im großen und ganzen ein recht 
geringer. Den größten Gewinn wird wohl die Chirurgie ziehen, insofern ihr 
ein unerschöpfliches Material zu Gebote steht, und sie nun ausprobieren 
kann, was das Nervensystem im ganzen, und was es an seinen einzelnen 
Teilen ertragen kann, ohne daß das Leben oder wichtige Funktionen desselben 
gefährdet werden. Das wird wohl überhaupt der Hauptgewinn der gesamten 
Kriegserfahrungen sein, daß wir über die Tragfähigkeit des Nervensystems 
bessere Auskunft bekommen, als wir sie nach den Friedenserfahrungen batten. 

Auch in diesem Jahre bringt der Jahresbericht im wesentlichen die 
deutsche Literatur, da die fremdländische fast ganz gesperrt war. Nur ein 
kleiner Teil der amerikanischen, der skandinavischen, der ungarischen, der 
böhmisch-tschechischen, der polnischen und der englischen Literatur konnte 
von uns resp. von unseren ausländischen Referenten geliefert werden. Daß 
wir Referate aus dem British Medical Journal, dem Lancet, dem Journal 
of Comparative Neurology, dem Anatomical Record bringen konnten, ver¬ 
danken wir der liebenswürdigen Unterstützung von Prof. Bleuler und 
Dr. Brun in Zürich. 

In der Hoffnung, daß der Krieg bald seinem Ende entgegengehen würde, 
war für diesen Jahrgang eine Neuerung geplant. Der Jahresbericht sollte 
neben dem wesentlichen Referatenteil auch eine Anzahl Originalmitteilungen 
bringen. Und zwar hielten wir es für vorteilhaft, wenn die Leiter von wissen¬ 
schaftlichen Instituten, von Kliniken und Polikliniken einen kurz gefaßten 
Bericht erstatteten von all dem, was in den ihnen unterstellten Anstalten 
an Forschungen angeregt und was an Ergebnissen im laufenden Jahre erzielt 
worden war. Auch der wesentliche Inhalt einzelner wertvoller Arbeiten, die 
in ausführlicher Form in anderen Zeitschriften gerade erschienen waren oder 

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UMIVERSITY OF CALIFORNIA 



IV 


erst erscheinen würden, ebenso kurze sonstige Mitteilungen sollten im Jahres¬ 
bericht bereitwilligst Aufnahme finden. Eine große Zahl von Institutsleitern 
und Forschern hatte zu unserer großen Freude zu dem neuen Plane sich 
zustimmend erklärt und ihre Mitarbeit zugesagt. Leider aber konnte die 
Mehrzahl, da die Kriegsverhältnisse ihnen und ihren Assistenten keine Zeit 
zn wissenschaftlicher Forschung und Arbeit übrigließen, ihre Absicht nicht 
ausführen, und so können wir für diesen Band statt der großen Zahl von 
Arbeiten und Mitteilungen, die wir zu bringen hofften, nur ganz wenige bringen. 
Auch diese wenigen nehmen ganz oder teilweise Bezug auf die im Kriege 
gewonnenen Erfahrungen. Mag das, was wir in diesem Jahre nur in ganz 
bescheidenem Umfange verwirklichen können, im nächsten voll in Erfüllung 
gehen. 

Berlin, September 1916. 


Die Redaktion. 


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INHALTS-VERZEICHNIS. 


I. Original-Mitteilungen. 

S«lte 

An« der Psychiatrischen und Nervenklinik in Königsberg. Von 0eh.-Bat 

Prof. Dr. E. Meyer-Königsberg:. XI 

Die Ausfallserscheinungen bei SchuBverletzungen des Gehirnes und 

ihre Behandlung. Von Prof. Dr. E. Goldstern-Frankfurt s. M. ... XIV 
Ober Nervenschußverletzungen. Von Prof. Dr. W. Spielmeyer-München XX 
Zerebrale Symptome nach Minenexplosion. Von Oberarzt Dr. Qoldmann- 

Iglau ..XXVI 

Aus dem serologischen Laboratorium der Irrenanstalt Hamburg- 

Friedrichsberg. Von Dr. V. Kafka-Hamburg.X XIX 

Die Kriminalitlt der Jugendlichen. Von Prof. Dr. L. Jacobsolm-Berlin . XXXI 
Die Stabilisierungsmethode mit Messung des Körperwiderstandes bei 


II. Referate. 

A. Neurologie. 

L Untersuchungs-Methoden des Nervensystems. Bef.: Prof. Dr. L. Jacob-* 

sohn-Berlin. 1 

IL Anatomie des Nervensystems. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin. 6 

HL Physiologie des Nervensystems. 

a) Allgemeine Physiologie: 

1. des Nervensystems. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin und 

Prof. Dr. Hugo Wiener-Prag. 44 

2. des Stoffwechsels. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin .... 64 

b) Spezielle Physiologie: 

1. des Gehirns. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn und Prof. Dr. Otto 

Kalischer-Berlin. 102 

2. des Bückenmarks. Bef.: Prof. Dr. Hugo Wiener-Prag .... 111 

3. der peripherischen Nerven und Muskeln. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoob- 

sohn-Berlin. 116 

IV. Pathologische Anatomie des Nervensystems. 

a) Allgemeine pathologische Histologie. Bef. : Prof. Dr. Ii. Jaoob¬ 
sohn-Beriin . 145 

b) Spezielle pathologische Anatomie des Gehirns, Rückenmarks 

und der peripherischen Nerven. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn- 
Beriin . 151 

V. Das Knochensystem in seinen Beziehungen zu den Krankheiten 

des Nervensystems. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin. 176 

VL Pathologie des Nervensystems. 

1. Allgemeiner Teil (Ätiologie, Symptomatologie, Diagnostik). Ref.: 

Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin. 194 

Anhang, a) Aphasie. Ref.: Hofrat Prof. Dr. A. Pick-Prag .... 232 

b) Augenstörungen und Nervensystem. Bef.: Geh.-Rat Prof. 

Dr. P. Silex und Dr. Erlanger-Berlin. 240 

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VI 


Inh alte-Verzeichnis. 


Seite 

2. Erkrankungen des Zentralnervensystems. 

a) Multiple Sklerose. Amyotrophische Lateralsklerose. Ref.: Prof. 

Dr. W. Seiffer-Wiesbaden. 272 

b) Tabes. Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn - 

Berlin. 275 

c) Friedreichsche Ataxie. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin . . 279 

d) Syphilis. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn*Berlin und Prof. Dr. 

W. Seiffer-Wiesbaden. 279 

e) Meningitis cerebrospinalis. Ref.: Dr. Franziska Cordes und 

Prof. Dr. L. Jacobsohn Berlin. 288 

f) Intoxikations-und Infektionskrankheiten des Nervensystems. Ref.: 

San.-Rat Dr. S. Bendix-Berlin. 295 

g) Paralysis agitans (Wilsonsche Krankheit). Ref.: Prof. Dr. L. Jacob- 

sohn-Beriin. 312 

8. Erkrankungen des Großhirns. 

a) Diffuse: 

Meningitis serosa, Meningitis purulenta, Meningitis tuberculosa. 

Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. Dr. L. Jacob¬ 
sohn-Berlin . 316 

Enzephalitis, Polioenzephalitis, Hydrozephalus, Arteriosklerose. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 322 

b) Herderkrankungen: 

Geschwülste und Parasiten des Gehirns. Ref.: Dr. W. Misch- 

Berlin. 826 

Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. Ref.: Prof. Dr. 

L. Jacobsohn-Berlin und Dr. Loewy-Ostende. 343 

Augenmuskellähmungen. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn- 

Berlin . 352 

4. Erkrankungen des Kleinhirns. Ref.: Dr. W. Misch-Berlin . . . 354 

5. Erkrankungen der Brücke und der Medulla oblongata. Ref.: 

San.-Rat Dr. S. Kalisoher-Berlin-Schlachtensee. 359 

6. Erkrankungen des Rückenmarks. 

a) Diffuse Formen: 

Myelitis, Meningitis spinalis. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn- 

Berlin . '.. . . . . 363 

Traumatische Erkrankungen des Rückenmarkes, Erkrankungen 
des Epikonus, Konus und der Kauda. Malum Pottii. Ref.: 

Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 367 

Syringomyelie und Morvanscher Symptomenkomplex. Ref.: Prof. 

Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 380 

b) Herderkrankungen: 

Geschwülste der Wirbelsäule, des Rückenmarks und seiner Häute. 

Ref.: Dr. W. Misch-Berlin. 383 

c) Strang- und Systemerkrankungen. Ref.: Prof. Dr. Ii. Jacobsohn- 

Berlin . 387 

d) Poliomyelitis anterior acuta. Ref.: Priv.-Doz. Dr. Jolly-Halle a. S. 388 

e) Muskelatrophie. Spinale Muskelatrophie. Muskeldefekte. Ref.: Prof. 

Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 891 

7. Krankheiten der peripherischen Nerven. Ref.: Prof. Dr. L. Jacob- 

SOhn-Berlin. 394 

8. Funktionelle Erkrankungen des Nervensystems. 

Hysterie, Neurasthenie. Ref.: Dr. Hermann Krueger-Berlin-Buch 417 
Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. Ref.: Prof. Dr. L. Jacob- 

sohn- Berlin. 425 

Chorea, Tetanie. Ref.: Dr. Otto Sittig-Prag. 444 

Lokalisierte Muskelkrämpfe. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin • 450 

Angio-Trophoueurosen. Ref.: Dr. Walter Misch-Berlin. 454 

Morbus Basedowii, Myxödem, Infantilismus, Akromegalie. Ref.: Dr. 

Otto Maas-Berlin-Buch. 465 

Cephalea, Migräne, Neuralgie. Ref.: Dr. Franziska Cordes und 

Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 476 

9. Trauma und Nervenkrankheiten. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn- 

Berlin . 482 

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Inhalts- V erzeichnis. 


vn 


"VII. Therapie der Nervenkrankheiten. 

a) Allgemeine Therapie: 

1. Medikamentöse Therapie der Nervenkrankheiten. Ref.: San.-Rat 

Dr. 8. Kalisoher-Ber li n - Schlachtensee. 516 

2. Hydrotherapie und Balneotherapie. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn- 

Berlin. 537 

3. Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoob- 

sohn-Berlin. 545 

4. Massage und Heilgymnastik. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin 543 

5. Organtherapie. Ref.: Dr. Franziska Cordes u. Prof. Dr. L. Jaoob¬ 
sohn-Berlin . 548 

6. Chirurgische Behandlung. Ref.: Dr. Ludwig Borohardt und 

Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin. 564 

b) Spezielle Therapie der Krankheiten des Gehirns, Rückenmarks und 

der peripherischen Nerven. Psychotherapie. Ref.: San.-Rat Dr. S. 
Kalischer-Berlin-Schlachtensee. 608 


B. Psychiatrie. 

I. Psychologie. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin und Dr. GL Voß- 

Düsseldorf. 

IL Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und Diagnostik der Geistes¬ 
krankheiten. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin. 

HI. Spezieller Teils 

1. Idiotie, Imbezillität, Kretinismus. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn- 

Berlin . 

2. Funktionelle Psychosen. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin 

und Priv.-Doz. Dr. Jolly-Halle a. S. 

3. Psychosen und Neurosen. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin . 

4. Infektions- und Intoxikationspsychosen. Ref.: Prof. Dr. L. W. 

Weber-Chemnitz. 

5. Organische Psychosen. Ref.: Dr. Hermann Krueger-Berlin-Buch . . 
IV. Kriminelle Anthropologie. Ref.: Dr. L. M. Kötscher-Zschadraß b. 

Colditz. 

V. Gerichtliche Psychiatrie. Ref.: Dr. Hugo Marx-Berlin. 

VI. Therapie der Geisteskrankheiten. Ref.: San.-Rat Dr. B. Ascher-Berlin 
Referate aus der englischen Literatur. Von Prof. Bleuler und Dr. Brun 
in Zürich ... 


626 

678 


721 

736 

742 

743 
750 

758 

802 

814 

828 


Sach- und Namenregister. San.-Rat Dr. M. Karger-Berlin 


841 


Die Redaktion des Jahresberichts für Neurologie u. Psychiatrie 
richtet an die Herren Fachgenossen und Forscher, welche zu den 
Gebieten Gehöriges und Verwandtes publizieren, die dringende Bitte, sie 
durch rasche Übersendung von Separat-Abdrücken ihrer Veröffentlichungen 
unterstützen zu wollen. 

Zusendungen wolle man an die Verlagsbuchhandlung von 
S. Karger in Berlin, Karlstraße 15, mit der Bezeichnung „für den 
Jahresbericht für Neurologie und Psychiatrie 4 * richten. 


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Original-Mitteilungen. 



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Ans der psychiatrischen nnd Nervenklinik zn Königsberg i. Pr. 

Von Geh. Rat Prof. Dr. Meyer-Königsberg. 

Die wissenschaftliche Arbeit stand im abgelaufenen Jahre und steht 
noch jetzt überwiegend unter dem Einfluß des Krieges. Das sehr große 
stationäre und poliklinische Material wies von vornherein in diese Richtung. 
Wurden doch vom 1. August 1914 bis 31. Dezember 1915 1899 Soldaten 
klinisch und 1675 Soldaten poliklinisch behandelt, wozu noch eine größere 
Zahl von Untersuchungen in Lazaretten hinzukam. 

Wir wenden uns zuerst zu den psychotischen Erscheinungen. 

In der ersten Zeit beschäftigten uns, wie alle Forscher, besonders 
die allgemeinen Übersichten in klinischer und forensischer Beziehung und 
das Studium der überall sich durch ihre überwältigende Masse und Viel¬ 
fältigkeit aufdrängenden psychogenen (hysterischen) Störungen sowie der 
neurasthenischen Krankheitsbilder. 

Mehr und mehr traten dabei aber Einzelfragen hervor, die allerdings 
in erster Linie wieder die psychogenen und neurasthenischen Krankheits¬ 
formen betreffen, weil die eigentlichen Psychosen an Zahl und Bedeutung 
hinter ihnen offensichtlich sehr zurückstehen. 

Von einzelnen Symptomen beschäftigen uns besonders die psychogenen 
Krampfanfälle wegen der ganz enormen Häufigkeit ihres Auftretens. 

Es zeigt sich dabei u. a., daß sie auffallend oft solche Individuen be¬ 
treffen, die wohl allgemein nervöse Klagen sonst haben, aber keine deut¬ 
lichen anderweitigen psychogenen Erscheinungen. Sie sind an sich offenbar 
kein Beweis für das Vorliegen von eigentlicher Psychogenie, sondern die 
einfachste und darum wohl häufigste psychogeue Reaktionsform eines kranken 
oder wenigstens irgendwie geschwächten Nervensystems. 

Es ließ sich erhoffen, daß die schon soviel und besonders in dem 
letzten Jahrzehnt vor dem Kriege studierte Frage, ob funktionelle nervöse 
Störungen, deren Hauptvertreter die psychogenen und neurasthenischen 
Symptomenkomplexe sind, stets zu ihrer Entstehung einer angeborenen oder 
erworbenen Disposition bedürfen, durch den Krieg neu beleuchtet und 
einer Lösung nähergebracht würde. 

Daß Neurasthenie und Psychogenie Reaktionen der gleichen Grund¬ 
lage sind, ist dabei eine allgemein anerkannte Voraussetzung. Die erstere 
ist, so möchte ich es ausdrücken, die höherstehende, ohne grobe Aus¬ 
drucksformen, die letztere die primitivere und daher mit sinnfälligeren Ent¬ 
äußerungen. 

ln früheren Veröffentlichungen konnte ich darauf hinweisen, daß wir 
außerordentlich häufig eine gewisse konstitutionelle oder erworbene Schwäche 
des Organismus als Disposition für die pathologische Reaktion des Nerven¬ 
systems nachweisen konnten. Der Gedanke liegt ja nahe, daß bei ganz 


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XII Aua der psychiatrischen und Nervenklinik zu Königsberg i. Pr. 

besonderen Erlebnissen auch ohne, jedenfalls ohne erhebliche Disposition, 
eine pathologische Reaktion in Form psychogener Erscheinungen — um nns 
anf diese hier zu beschränken — eintreten könnte. Der Krieg an sich 
wird auch bei Kriegsteilnehmern, die sehr viel Strapazen und Gefahren za 
Überstehen gehabt haben, keine psychogenen Krankheitserscheinungen auf- 
treten lassen, während ganz besondere Erlebnisse — Granat- and-Minen¬ 
explosionen, Verschüttungen usw. — eher dazu imstande sind. Unsere 
gesamten Beobachtaogen sprechen aber doch dafür, daß eine gewisse Dis¬ 
position, eine gewisse seelische Labilität, sich auch dabei nicht umgehen 
läßt. Denn so banal es klingt, die Tatsache, daß Tausende und Aber¬ 
tausende unzweifelhaft von den gleichen und noch schwereren Schädigungen 
betroffen wurden, ohne daß sie irgendwie pathologisch darauf reagieren, bleibt 
bestehen. Der Ausweg einer besonders unglücklichen Konstellation bei dem 
betreffenden Individuum wäre zu gekünstelt, und wenn man etwa die besonders 
großen körperlichen Anstrengungen der Kriegsteilnehmer als Grundlage für 
die pathologische Reaktion annehmen will, so ist doch wieder ein besonderes 
Pins oder sonst ein X nötig, um die Ausnahme, d. h. die psychogene Störung 
zu erklären. 

Man hört oft sagen, der Krieg enthülle alles. Wenn überhaupt, so 
gilt das für die fast im Verborgenen fortwuchernden Vorsteilangen von der 
„Simulation“ psychischer Störungen. Liest man in den Lehrbüchern der 
Psychiatrie und selbst der gerichtlichen Psychiatrie nach, so sollte man 
glauben, daß nur vereinzelt der Simulationsverdacht noch ausgesprochen 
würde, während wir uns jetzt des Eindrucks nicht erwehren können, daß 
sehr viele Ärzte — von Laien gar nicht zu reden — überall Vortäuschung 
and Simulation wittern. Wir haben uns daher auf Grund unseres großen 
Materials mit dieser Frage wieder eingehend beschäftigt. 

Wir konnten dabei einmal zeigen, wie alles das, was als der Simu¬ 
lation verdächtig angesprochen wurde, als wohlbekanntes Symptom oder 
Symptomenkomplex auftreten kann, und daß durchweg da, wo Neigung zur 
Vortäuschung oder Übertreibnng besteht, eine krankhafte Grundlage nach¬ 
weisbar ist. Ganz besonders häufig wird der jetzt so oft beobachtete 
Gansersche Symptomenkomplex zur Annahme von Simulation Anlaß geben, 
weiter psychogene Anfälle und dergleichen. 

Die Fragestellung sollte nicht lauten: „Liegt Simulation vor oder nicht?“, 
sondern vielmehr: „Besteht geistige Gesundheit oder Krankeit?“ Ebenso 
ist die Frage, ob es sich um Simulation oder Unzurechnungsfähigkeit handelt, 
eine irreführende, da mit dem Ablehnen der Simulation noch keineswegs 
Unzurechnungsfähigkeit zur Zeit der Tat gegeben ist. Es steht zu hoffen, 
daß überhaupt der Ausdruck „Simulation“ mehr und mehr aus dem medi¬ 
zinischen Wortschätze schwindet. 

Sehr viel haben uns auch die psychotischen Erscheinungen nach 
Kopfverletzungen beschäftigt, so ihre Abgrenzung — vom eigentlichen 
Korsakowschen Syndrom, Delirien u. a. abgesehen — von den psycho¬ 
genen Störungen. 

Als Unterscheidungsmerkmale sind folgende besonders zu nennen: Bei 
den organischen Störungen sind bestimmte psychische Komponenten regel¬ 
mäßig, sämtlich oder einzeln, beeinträchtigt, vor allem Auffassung, Merk¬ 
fähigkeit und Kombination. Die Orientierung ist im wesentlichen erhalten. 
Das äußere Verhalten und die Reaktionsweise im gewöhnlichen Verkehr 
sind geordnet und natürlich. Die Kranken machen höchstens einen etwas 
müden Eindruck, zeigen Mangel an Spontaneität, besonders bei Stirnver- 
letzungen. Solche Kranken haben kein Krankheitsbewußtsein, keine oder 


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Aas der psychiatrischen uod Nervenklinik zu Königsberg i. Pr. 


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keine wesentlichen Klagen, im Gegenteil sind sie zumeist euphorisch trotz 
schwerer Kopfverletzungen. Es handelt sich allgemein — von Euphorie 
abgesehen — um einen ausschließlichen Defektzustand ohne wesentliche 
psychische Zutaten. 

Bei den psychogenen Störungen beobachten wir dagegen die Er¬ 
scheinungen des Gans ersehen Symptoraenkomplexes bald ausgesprochen, 
bald angedeutet, mit Yorbeireden und unsinnigen Antworten schon bei den 
einfachsten Dingen. Die Orientierung ist schwer gestört, die Ausdrucksweise, 
der Satzhau und der Tonfall kindlich. Es besteht Neigung zur Perseveration 
im kindlichen Sinne. Die Kranken haben starkes Krankheitsbewußtsein und 
wenn sie sich, was öfter vorkommt, doch als gesund bezeichnen, so klagen 
sie trotzdem gleichzeitig über Kopfschmerz, Schwindel, Angst, Vergeßlichkeit 
usw. und bringen alles das in Zusammenhang mit ihrer Kopfverletzung. 
Euphorie fehlt bei solchen Kranken. Ihr äußeres Verhalten ist wechselnd, 
von der Umgebung abhängig und beeinflußbar. Es ist eine allgemein 
psychotische Störung, nicht ein einfacher Defektzustand. Dazu kommen 
körperliche Störungen wie Zittern, Krämpfe und dergleichen. 

Freilich ist zu bemerken, daß trotz dieser differentialdiagnostischen 
Merkmale die Abgrenzung oft schwierig ist, vor allem, weil vielfach beide 
Krankheitszustände von Beginn an oder im Laufe der Zeit miteinander 
kombiniert sind. 

Im Anschluß hieran hebe ich hervor, daß in der von der Klinik ärzt¬ 
lich versorgten Station für Kopfschußverletzte besonders die Frage der Er¬ 
müdbarkeit und der Beeinflußbarkeit durch allgemeine Übungstherapie hei 
psychisch geschädigten Kopfschußverletzten untersucht werden (Fräulein 
Dr. Reichmann). 

Auch andere Untersuchungen, so über den Ausfall der Zeigereaktion 
(Barany), werden bei Kopfschußverletzungen durchgeprobt (Fräulein Dr. 
Reichmann). 

Die vor dem Kriegsausbruch begonnenen Untersuchungen mit der 
Abderhaldensohen Methode (Dr. Kastan) werden fortgesetzt. Gleich¬ 
zeitig soll zum weiteren Studium der Pathogenese und Pathophysiologie 
der Psychosen die Kalkausfuhr bei der Dementia praecox studiert werden, 
und es sollen zu dem gleichen Zwecke Extirpationen an endokrinen Drüsen 
mit nachfolgender Injektion von Substanz, die anderen Drüsen dieser Art 
entstammt, vorgenommen, und in demselben Sinne Veränderungen des Leber¬ 
kreislaufes bedingt werden (Dr. Kastan). 

Schließlich, um noch auf ein Arbeitsgebiet der Klinik einzugehen, 
berichte ich. über die weiteren Beobachtungen bei den Verletzungen peri¬ 
pherischer Nerven (Dr. Pelz), über die früher Fräulein Dr. Reichmann 
Mitteilung gemacht hatte. Es ergab sich da, daß bei rein konservativer 
Behandlung nur in etwa 6—8 Proz. Besserungen bzw. Heilungen gefunden 
wurden. Die leichten Fälle ohne oder nur mit quantitativen Veränderungen 
der elektrischen Erregbarkeit sind fast ausnahmslos günstig, aber schon die 
mittelschweren sind das vielfach keineswegs, über die Hälfte von ihnen bleibt, 
trotz mehrmonatiger Behandlung, ungeheilt. Die Prognose der schweren 
Fälle — totaler Funktionsausfall, Aufhebung der elektrischen Erregbarkeit 
oder vollständige Entartungsreaktion — ist ohne Operation durchweg schlecht, 
einerlei, in welcher Weise der Nerv betroffen ist. In den schweren Fällen 
ist daher sofort die Operation dringend anzuraten, in den mittelschweren, 
wenn nach 2—3monatiger Behandlung kein wesentlicher Erfolg zu sehen ist. 


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XIV 


Die Ausfallserscheinungen bei Schußverletzungen 


Die Ausfallserscheinungen hei Schussverletzungen des Gehirnes. 

und ihre Behandlung. 

Von Prof. K. Goldstein-Frankfurt a. M. 

Sowenig wir bei dem Fehlen einer ausgedehnten Statistik bestimmte 
Zahlen darüber anführen können, wieviel von den Kopfschußverletzten völlig 
wiederhergestellt werden, bei wievielen von ihnen und in welchem Umfange 
Ausfallsymptome Zurückbleiben, so scheint doch kein Zweifel, daß die Zahl 
derjenigen, die nach Abschluß der chirurgischen Behandlung Ausfallsymptome 
mehr oder weniger lange Zeit haben, eine beträchtlich große ist Es ist 
deshalb nur natürlich, daß sich sehr bald das Interesse der Neurologen 
diesen Verletzten besonders zugewandt hat. Anfänglich waren es besonders 
die umschriebenen Ausfallsymptome, wie Sprachstörungen, Lese- und Schreib¬ 
störungen, Lähmungen usw., deren Behandlung ins Auge gefaßt wurde. Das 
führte zu der Forderung nach besonderen Übungsschulen für Hirn¬ 
verletzte von seiten verschiedener Autoren: Poppelreuter (8), Hart¬ 
mann (6), Fröschels (2), Goldstein (3), Gutzmann (5), die auch auf der 
Tagung der deutschen Vereinigung für Krüppelfürsorge im Februar 1016 (10) 
ausführlich besprochen wurde. 

Die Folge dieser Propaganda war die Errichtung von Speziallazaretten 
für Hirnverletzte und Übungsschulen an verschiedenen Orten. Soweit mir 
bekannt ist, bestehen solche bisher in Cöln, Graz, Wien, Berlin, Frankfurt 
a. M., Königsberg. Bald erkannte man, daß neben den umschriebenen 
Störungen den gleichzeitig bestehenden körperlichen und psychischen 
Allgemeinstörungen gewöhnlich eine besondere Bedeutung zukommt. 
Ich (3, 2) habe von vornherein nicht nur die Allgemeinstörungen bei den 
Patienten mit umschriebenen Ausfällen, sondern auch die Fälle mit aus¬ 
schließlich Allgemeinstörungen in den Bereich der Behandlung einbezogen 
und habe über meine Untersuchungen dieser Allgemeinstörungen in einem 
Vortrag im Kaiserin-Friedrich-Haus in Berlin im Mai dieses Jahres be¬ 
richtet (3,5). Die Schwere der körperlichen Allgemeinstörungen scheint, 
abgesehen von der Schwere der Verletzung, der allgemeinen Erschütterung 
usw., noch von der Lokalisation der Verletzung insofern abzuhängen, als sie 
bei den hinten gelegenen in stärkerem Maße aufzutreten scheinen als bei den 
vorn gelegenen. Es finden sich zunächst bei einer großen Zahl von Kranken 
die Zeichen einer körperlichen und nervösen Erschöpfung sowie 
einer nervösen Übererregbarkeit, ferner Kopfschmerzen, Schwindel usw. und 
besonders häufig vasomotorische Störungen (lebhaftes vasomotorisches Nach¬ 
röten, starkes Rotwerdeu der gewöhnlich blaß aussehenden Kranken bei 
geringer Erregung, Anstrengung oder beim Bücken). Der Puls zeigt gewöhnlich 
eine gewisse Verlangsamung in der Ruhe, bei Lagewechsel, bei geringer geistiger 
und vor allem körperlicher Anstrengung eine beträchtliche Zunahme der Schlag¬ 
zahl und häufig eine Irregularität. Beim Bücken besteht gewöhnlich zunächst 
eine auffallende Verlangsamung des Pulses, die dann einer Beschleunigung 
Platz macht und eine beträchtliche Irregularität und ein Kleinerwerdeu des 
Pulses unter oft starkem Absinken des Blutdruckes um 30, ja bis 80 und 
90 Mm. Hg bei gleichzeitigem Schwanken, Rotwerden uud starken unan¬ 
genehmen Empfindungen im Kopf, ein Befund, der wohl durch einen Druck 
auf den überempfindlichen Vagus bedingt ist. Der Blutdruck ist entweder 
normal oder nicht selten abnorm hoch, gelegentlich auch abnorm gering. 
Charakteristisch scheint aber besonders ein beträchtliches Schwanken des¬ 
selben bei Lagewechsel, bei Erregung zu sein. Daneben finden sich sehr oft 
Veränderungen im Blutbilde der Patienten; eine beträchtliche Eosinophilie, in 


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des Gehirnes und ihre Behandlung. 


XV 


einzelnen Fällen sogar bis 10—13 % (ohne daß sich irgendwelche körperliche 
Ursachen, wie besonders Würmer usw., dafür nachweisen ließen), nnd eine 
Verschiebung des Blutbildes zugunsten der einkernigen weißen Blutkörper¬ 
chen, so daß gewöhnlich eine ausgesprochene Monozytose bis CO, eventuell 
noch mehr Prozent vorliegt. In nicht seltenen Fällen sinkt auch die Zahl 
der Eosinophilen unter die Norm. Diesen objektiven Veränderungen ent¬ 
sprechen die häufigen Klagen der Kranken über Herzklopfen, schlechten 
Schlaf, Überempfindlichkeit für Schwankungen der Temperatur, der Witterung, 
und besonders des Luftdrucks. Die vasomotorischen Störungen bewirken 
auch — wohl infolge einer mangelhaften Regulation des Blutdruckes und 
der Blutzirkulation im Gehirnkreislauf und dadurch bedingte sekundäre 
Störungen der Gehirnfunktion — ein auffallendes Schwanken der psychischen 
Gesamtfunktionen. 

Auf die psychischen Allgemeinstörungen ist von verschiedenen 
Autoren (Hartmann, Poppelreuter, Goldstein, Aschaffenburg) auf¬ 
merksam gemacht worden. Sie bestehen in abnormer Ermüdbarkeit, Erreg¬ 
barkeit und Reizbarkeit und oft in einer wesentlichen Veränderung der ganzen 
Persönlichkeit (Poppelreuter), Störung des Gedächtnisses, im besonderen der 
Merkfähigkeit, der Auffassung, der Aufmerksamkeit, der Begriffs- und Urteils¬ 
bildung, des Interesses und der allgemeinen geistigen Regsamkeit. Schon die 
einfache Beobachtung lehrt, daß sie besonders bei links gelegenen Rinden¬ 
verletzungen und hier wieder bei solchen, die die Gegend des Stirnhirns 
oder das sogenannte hintere Assoziationsfeld von Flechsig berühren, auf- 
treten (Goldstein 3, 5. Experimentell psychologische Untersuchungen (Reak¬ 
tionsversuche und tachistoskopische Versuche, die der Referent gemeinsam 
mit Dr. Gelb, Frankfurt a.M., vorgenommen hat) bestätigen diesen Befund in¬ 
sofern, als diese Leistungen bei Rechtsverletzten völlig oder fast normal waren 
(mit Ausnahme bei denen, bei denen das rechte Stirnhirn schwerer verletzt 
ist), während bei Linksverletzten die Reaktionszeiten verlängert sind, sehr 
schwanken — entsprechend der mangelhaften Konzentrationsfähigkeit und 
der mangelhaften Aufmerksamkeit — und das tachistoskopische Erkennen 
und Lesen sehr beeinträchtigt ist. Es soll demnächst über diese Versuche 
näher berichtet werden. 

Den Allgemeinstörungen stehen die epileptischen Anfälle nahe, 
die, wie alle Autoren übereinstimmen, die unangenehmste Komplikation der 
Hirnverletzungen sind und, teils als allgemeine Konvulsionen, teils etwa nach 
dem Typus der Jaksonsehen Epilepsie oder als Schwindelanfälle auftreten. 
Gewöhnlich wird der erste Anfall erst nach Heilung der Wunde beobachtet. 

Die umschriebenen Ausfallserscheinungen differieren natürlich 
nach der Lage der Defekte. Im großen ganzen können wir die Ausfall¬ 
symptome in folgende Gruppen einteilen: 

1. Störungen der Körpermotilität: wesentlich vom Typus der korti¬ 
kalen Lähmung entweder hemiplegischen oder monoplegischen oder nicht 
ganz selten auch paraplegischen Charakters. Selten bleibt die vollständige 
Lähmung bestehen, wenn auch solche Fälle Vorkommen. Gewöhnlich bessert 
sie sich teilweise von selbst. Wir haben dann partielle Lähmungen, Er¬ 
schwerungen der Bewegung, Ausfall bestimmter Einzelbewegungen, Un¬ 
geschicklichkeit; nicht selten wird die Funktion noch besonders durch 
Spasmen beeinträchtigt. Die Leistungsfähigkeit macht sich natürlich be¬ 
sonders in der Hand geltend, während die Gehfunktion des Beines sich 
relativ schnell und gut wieder einstellt. Neben den durch Schädigung 
der motorischen Zentren bedingten Bewegungsstörungen sind 
relativ häufig sekundäre Bewegungsstörungen als Folge von sensiblen 


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XYI 


Die Ausfallserscheinungen bei SchaBverleteungen 


Störungen. Weiterhin Bewegungsstörungen als Folge von Klein¬ 
hirnläsionen. Viel seltener sind eigentlich apraktische Störungen. 

2. Störungen der Sensibilität, die im Gegensatz zu den Er¬ 
fahrungen bei den Friedenserkrankungen des Gehirns sehr häufig auftreten, 
besonders in Form von Sensibilitätstörungen an der Hand und am Fuß, die 
besonders für die Funktion des letzteren von besonderer Bedeutung sind. 
Uber diese sensiblen Störungen haben wir eine Reihe genauerer Unter¬ 
suchungen (Marburg, Gerstmann, Sittig, Goldstein (3, 6)). Von senso¬ 
rischen Störungen auf dem Gebiete der höheren Sinne finden sich relativ häufig 
Gesichtsfelddefekte, die sich allerdings gewöhnlich teilweise restituieren und im 
allgemeinen keine so schweren Störungen der Leistungsfähigkeit des Indi¬ 
viduums bedingen. Dagegen können die auch durch Hinterhauptsverletzungen 
bedingten Störungen des optischen Erkennens (Seelenblindheit, Störungen 
der Tiefenwahrnehmung, der optischen Auffassung usw.) schon von größerer 
Bedeutung sein (vgL hierzu besonders Poppelreuter). 

3. Mit die häufigsten umschriebenen Störungen stellen die Sprach¬ 
störungen dar, besonders verschiedenartige Formen motorischer Sprach¬ 
störung. Sehr häufig finden sich Störungen der Wortfindung, des gramma¬ 
tischen Aufbaues der Sprache sowohl infolge motorischer Störung oder 
bedingt durch Beeinträchtigung der begrifflichen Vorarbeit des Sprechens. 
Relativ selten finden sich sensorische Sprachstörungen. Häufig sind Störungen 
des Lesens und Schreibens verschiedenster Art Zum Teil als Ausdruck 
einer allgemeinen psychischen Schädigung, zum Teil als Folge lokalisierter 
Defekte treten Störungen des Rechnens auf, die außerordentlich häufig sind 
und sich besonders auch bei Linksverletzten finden. Es lassen sich ver¬ 
schiedene Typen der Rechenstörungen unterscheiden (vgl. hierzu Poppel¬ 
reuter und Goldstein (3, 5)). 

Neben den Ausfallserscheinungen spielen durch die Verletzung be¬ 
dingte Hemmungsvorgänge bei den schweren Ausfällen oft eine sehr große 
Rolle. So kann der Ausfall einer Leistung andere mit ihm zu einem 
psycho-physischen Gesamtablauf zusammengehörige hemmend beeinflussen, 
ohne daß sie selbst durch die Verletzung geschädigt sind. Oft handelt es 
sich um mehr rein psychische Hemmungen, indem im Kranken, weil er 
einen Teil der Leistung wirklich verloren hat, die Vorstellung erweckt und 
fixiert wird, daß er die Gesamt- oder andere, mit der einen innig verbundenen 
Leistungen verloren hat. Gerade hier ist der frühzeitige Beginn der Ubungs- 
behandlung von Vorteil. * 

Schließlich komplizieren sich die organisch bedingten Störungen noch 
durch das Hinzutreten rein psychogener, die jedoch nach meinen Er¬ 
fahrungen nicht allzu häufig sind, wenn sie auch, wo vorhanden, weitgehende 
Beachtung verdienen. 

Was die Behandlung der Kopfverletzten betrifft, so bin ich, wie 
schon oben erwähnt, dafür eingetreten, die Verletzten mit umschriebenen 
Ansfallsymptomen mit denen, die nur Allgemeinstörungen haben, in einem 
gemeinsamen Lazarett zu behandeln, schon deshalb, weil nach meiner 
Meinung auch noch sehr lange Zeit nach der Verletzung bei den Verletzten 
mit umschriebenen Ausfallsymptomen immer noch sehr ausgesprochene 
Allgemeinstörungen vorliegen, die auf diese Weise am besten mitbehandelt 
werden können. Die Beachtung der Allgemeinstörungen ermöglicht nach 
meiner Meinung einen frühzeitigen Beginn der Ubungsbehandlung der Aus¬ 
fallsymptome, die besonders auch mit Rücksicht auf den psychischen Gesamt¬ 
zustand des Verletzten von großer Wichtigkeit sein dürfte. Andere Autoren, 
wie Gutzmann, Poppelreuter (vgl. Sitzungsbericht des Vereins für Krüppel- 


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des Gehirnes und ihre Behandlung. 


XVII 


fürsorge) haben sich gegen einen frühen Beginn der Behandlung ausgesprochen. 
Ich selbst habe bei strenger Beachtung der körperlichen Erscheinungen und 
der Allgemeinstörungen von dem frühen Beginn der Ubungsbehandlung nie 
eine Schädigung, wohl aber oft Vorteile gesehen. Mit Rücksicht auf die 
Allgemeinbehandlung bin ich auch dafür eingetreten, die Übungsschule im 
Rahmen eines Lazaretts zu errichten, wenn sie auch räumlich von den 
Krankensälen am besten getrennt wird. Selbstverständlich wird mit der 
Übungsbehandlung gewartet, bis die akuten Erscheinungen an der Wunde, 
die Eiterung, Fieber usw., vorüber sind. 

Was die Behandlung der Allgemeinstörungen betrifft, so besteht 
sie wesentlich im Fernhalten von Schädlichkeiten, von Geräuschen, Alkohol, 
Tabak, ferner in einer recht lange fortgesetzten Bettruhe, weiter in all den Ma߬ 
nahmen, die wir hei der Behandlung von Nervenkranken anwenden. Daneben 
Beruhigungslhittel, Brom, Baldrian usw., möglichste Vermeidung starker 
Narkotica. Wichtig ist, alle Abweichungen vom subjektiven und objektiven 
Befund (Puls, Temperatur, Stimmung usw.) zu beachten, weil sie oft die 
Vorboten von Anfällen sind und eventuell auch von Komplikationen des 
Wundverlaufes, wie Abstoßung von Knochenstücken, Bildung von Abszessen, 
die eine erneute chirurgische Behandlung notwendig machen, Kunde geben. 
Bei Auftreten von Fieber, Zeicheu von Hirndruck ist — unter Kontrolle des 
Röntgenbildes — ein operativer Eingriff möglichst bald in Erwägung zu ziehen. 
Gegen die Anfälle hat sich die Eisbeutelbehandlung (Spielmeyer) als nicht 
schädlich und vielleicht nützlich erwiesen. Man ist kürzlich für frühzeitige 
Operationen heim Bestehen von Anfällen eingetreten (Boettiger). Wieweit 
diese angebracht ist, bedarf sehr der sorgfältigsten Nachprüfung. Die An¬ 
nahme, daß Kranke mit Anfällen ganz besonders psychisch leiden, ist nach 
meinen Erfahrungen nicht richtig. 

Zur Besserung der körperlichen Allgemeinstörungen ist vor allem 
körperliche Arbeit zu empfehlen, mit der man natürlich vorsichtig be¬ 
ginnen muß. Eis handelt sich darum, das Gehirn an die veränderten Druck¬ 
verhältnisse zu gewöhnen und das labile und alterierte Vasomotorensystem 
den Anforderungen der Arbeit wieder anzupassen. Die Arbeit muß unter 
steter Kontrolle des Arztes vorgenommen werden. Wir bedürfen dazu 
geeignete Arbeitsstätten. Am ausführlichsten hat bisher über die Werk¬ 
stättenarbeit Poppelreuter (8, 1) berichtet. Nervenheilstätten auf dem 
Lande, deren Errichtung ja auch für die vielen anderen Nervenkranken sich 
als notwendig erweisen wird, werden als eine wichtige Aufgabe die Behand¬ 
lung der Kopfverletzten zu betrachten haben. 

Zur Besserung der umschriebenen Ausfälle ist die systema¬ 
tische Übungsbehandlung vorzunehmen. Übungsbehandlung der Läh¬ 
mungen haben wir ja schon immer gehabt, und auch für die Sprachstörungen 
hat man ja schon im Frieden, so besonders Gutzmann (5, 2), Übungs¬ 
behandlung angewandt. Ihr Wert wird jetzt wohl allgemein anerkannt (vgl. 
die vorher angeführten Arbeiten). Nach meinen Erfahrungen besteht kein 
Zweifel darüber, daß in zahlreichen Fällen die Besserung allein 
auf die Übungen zurückzuführen ist, und daß diese in anderen 
Fällen zum mindesten eine Beschleunigung der Besserung her¬ 
beigeführt haben (vgl. die Fälle in meiner Arbeit (3, 5). 

Die Behandlung der Lähmungen entspricht den schon im Frieden 
dabei geübten Maßnahmen. Besondere Sorgfalt ist natürlich auf die für die 
Arbeitsfähigkeit besonders wichtige Hand zu legen. Kleine Apparate zur 
Übung der Schnelligkeit, Geschicklichkeit und besonders Werkstättenbeschäf¬ 
tigung sind hier notwendig. Auch die sekundären Bewegungsstörungen 

Jahresbericht t. Neurologie o. Psychiatrie ms. b 


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XVIII 


Die Ausfallserscheinungen bei SchußyerletzuDgen 


(durch Sensibilitätsstörung, Kleinhirnstörungen bedingt) sind bis zu einem 
gewissen Grade besserungsfähig. Immer ist bei schwereren Defekten der 
rechten Hand die linke Hand besonders zu üben. Es ist aber zu 
warnen vor einer Vernachlässigung der gestörten rechten Hand — wozu die 
Kranken leicht neigen —, die neben der Ausbildung der linken Hand 
selbstverständlich auch geübt werden muß. 

Die Behandlung der ausschließlich psychischen Defekte hat 
eine eingehende psychologische Untersuchung vorherzugehen, die zweck¬ 
mäßig mit Unterstützung eines Psychologen und Pädagogen vorzunehmen ist. 
Der Unterricht muß in schweren Fällen zunächst individueller Einzelunter¬ 
richt sein. Erst bei einem gewissen Fortschritt kann man zu einem mehr 
klassenmäßigen Unterricht übergehen. Der Unterricht hat sich an die noch 
erhaltenen Fähigkeiten anzuschließen, es wird aber in schweren Fällen mit 
den primitivsten Leistungen begonnen werden müssen. Im Vordergründe 
stehen zunächst meist die Übungen im Sprechen (vgl. hierzu besonders 
die Ausführungen von Gutzmann, Fröschels), mir bat sich dabei eine 
Übertragung der Berthold Ottoschen Lautierlese- und Schreibunterrichts¬ 
methode für unseren Zweck als sehr wertvoll erwiesen. An den Dnterricht 
im Sprechen schließt sich der Unterricht im Schreiben, Lesen, Rechnen, 
der je nach der verschiedenen Art, in der diese Funktionen beeinträchtigt 
sind, in verschiedener Weise erteilt wird. 

Die sensorischen Störungen sind weit .weniger übungsfähig als die 
motorischen, aber auch hier ist eine gewisse Übung, z. B. bei Tastlähmung, 
bei partieller Seelenblindheit usw., möglich. 

Schon die Beschäftigung mit den Elementarfächern schafft eine gewisse 
Übung der allgemeinen psychischen Leistungen. Sie erweckt das 
Interesse der Kranken, die Auffassungsgabe, bessert das Gedächtnis, stärkt 
die Kombinationsgabe, die Begriffsbildung. Alle diese Leistungen werden 
dann noch in besonderer Weise geübt, wobei die verschiedenartigsten An¬ 
schauungsmaterialien, Bilderbücher, Baukästen usw. berangezogen werden (vgl. 
hierzu besonders auch Poppelreuter (8, 1)). Schon vor Wiederkehr der 
Sprache ist durch reiuen Anschauungsunterricht eine Hebung der 
höheren psychischen Leistungen in die Wege zu leiten. Verfügt der Kranke 
schon über geuügende Elementarkenntnisse, so wird mit der Auffrischung oder 
dem Neulernen der eigentlichen Kenntnisse begonnen, der Realien, der 
Heimatkunde, der Dinge des täglichen Lebens usw., wie er sie iu seinem 
Berufe, in seinem Leben braucht. (Benutzung von Anschauungsbildern und 
Bilderbüchern der verschiedenen Berufe.) Da es sich bei einem großen 
Teil unserer Verletzten um Leute handelt, deren Beruf zum mindesten auch 
körperliche Fertigkeit erfordert, so werden zweckmäßigerweise die geistigen 
und körperlichen Fähigkeiten zu gleicher Zeit durch Übung zu fördern 
gesucht. Dazu sind Werkstätten zur Ausbildung verschiedenartiger Berufe 
notwendig. Sowohl über den körperlichen Verlauf wie den Verlauf der 
Übungsbehandlung wird für jeden einzelnen Fall ein ausführliches Protokoll 
geführt, das zur Grundlage dient für die zwischen dem Arzte und Pädagogen 
zu vereinbarende Behandlungsmethode sowie für die spätere Entscheidung 
über den Erfolg der Behandlung und die Berufswahl des Verletzten. 

Die Prognose der Hirnverletzungen überhaupt sowie die Erfolge 
der Behandlung sind noch nicht zu übersehen. Gewiß wird ein guter 
Teil der Schädelverletzten ohne jede — abgesehen von der chirurgischen — 
besondere Behandlung bei nur genügender Schonung geheilt; wieviel und in 
welcher Zeit nach der Verletzung, wissen wir nicht. Zu dieser Beurteilung 
sind unbedingt ausgedehnte Statistiken notwendig, zu denen bis jetzt die 


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des Gehirnes and ihre Behandlung. 


XIX 


Zeit and die Arbeitskräfte anscheinend nicht zu finden waren. Auch ist 
unbedingt notwendig, daß die Nachuntersuchungen nicht vom Chirurgen 
allein, sondern vor allen Dingen auch vom Neurologen vorgenommen werden. 
Was die militärische Dienstfähigkeit betrifft, so ist sie hei den meisten 
Verletzten, die der Neurologe zur Behandlung bekommt, in beträchtlichem 
Maße eingeschränkt. 

Vor allen Dingen ist eine sehr lange Zeit zur Besserung der Zustände 
notwendig. Aber auch dann wird von diesen Kranken nur ein relativ geringer 
Teil wirklich berufsfähig und jedenfalls nur unter besonders günstigen 
äußeren Verhältnissen. Daß wir den Verletzten etwa zum Wiedergewinn 
aller verlorenen psychischen Leistungen wieder verhelfen könnten, davon kann 
keine Rede sein. Nicht selten werden wir uns damit begnügen müssen, daß 
der Kranke so viel sprechen lernt, daß er sich verständigen kann, daß die 
Defekte im Schreiben, Lesen, Rechnen sich so weit bessern, daß sie für den 
gewöhnlichen Bedarf genügen. Leute aus höheren Berufen werden dann 
meist dauernd oder jedenfalls auf Jahre hinaus kaum in ihrem oder einem 
nur einigermaßen ihrer sozialen Stellung, ihrer Bildung entsprechenden 
Beruf tätig sein können. Die Handarbeiter werden zweifellos weit mehr 
leisten lernen, namentlich, wenn wir ihnen Tätigkeit auf dem Lande zu ver¬ 
schaffen vermögen. Bei der Auswahl des neuen Berufes, den der Kranke 
ergreifen soll, wird man sich nach der Art des vorliegenden Defektes und 
seiner Ersetzbarkeit durch andere erhaltene Leistungen richten müssen und 
die Behandlung schon im Hinblick auf den künftigen Beruf einrichten. 
Immer wird aber leider eine Zahl von Verletzten übrig bleiben, die nicht 
mehr arbeitsfähig ^irgendeinem Berufe sein werden. Aber auch dann sind 
wir verpflichtet, die Übungsbehandlung durcbzuführen, weil wir den Verletzten 
dadurch z. B. den Wiedergewinn der Sprache und damit das Zusammen¬ 
leben mit ihrer Familie und vielleicht eine gewisse Leistungsfähigkeit im 
beschränkten Kreise der Familie, eventuell zeitweise Heimarbeit, ermöglichen 
und sie so erst wirklich wieder existenzfähig machen und vor der völligen 
Vereinsamung bewahren. 

Ich möchte meine Darlegungen nicht schließen, ohne dem Wunsche 
nach einer möglichst umfangreichen Zusammenarbeit der verschiedenen sich 
mit der Behandlung der Hirn verletzten beschäftigenden Stellen zum Aus¬ 
druck zu bringen. Die Arbeitsleistung jedes einzelnen ist eine sehr große, 
und es ist kaum möglich, neben der praktischen Behandlung die theoretische 
Bearbeitung des so ungemein wertvollen Materials in wissenschaftlich ein¬ 
wandfreier Weise vorzunehmen. So kann das Material nur bei einer richtigen 
Zusammenarbeit in zweckmäßiger Weise verwertet werden. Vor allen Diugen 
auch die ungemein wichtige Frage der Beurteilung unserer Erfolge und der 
Arbeitsfähigkeit der Hirnverletzten wird nur durch ganz systematische Er¬ 
hebungen möglich sein, die einen Wert nur haben können, wenn sie unter 
einheitlichen Gesichtspunkten in wissenschaftlicher Weise vorgenommen 
werden. Mit den zur Ausgestaltung einer derartigen Statistik notwendigen 
Maßnahmen ist von Aschaffenburg und mir begonnen worden. Ich möchte 
wünschen, daß mein Referat die Anregung gibt zu einer möglichst umfang¬ 
reichen gemeinsamen Arbeit auf diesem theoretisch und praktisch so un- 
gemein wichtigen Gebiete. 


1. Boettigor, Zur operativen Behandlung der Epilepsie. Münch, mod. Woch. 1916. 
S. 875. 

2. FröBohelB, 1. Über KriegBBprachstörungen. Wien. med. Woch. 2. Eine nprach- 
ärztliche Rriegsabteüung. Medizin. Klinik. No. 50. 3. Zur Behandlung der moto¬ 
rischen Aphaeie. Archiv f. Psychiat. u. Nerveuhlk. 1916. Bd. 56. Heft 1. 

b* 


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XX 


Über Nervenschußverletzungen. 


3. Goldetein, 1. Über Übungf-schulen für Hirnverletzte. Vortrag goh. im ärztl. Verein zu 

Frankfurt a. M. (Sitzungsbericht.) Münch, med. Woch. 1915. 2. Übungßßchulen für 
Himvorietzte. Zoitechrift für Kxüppelfürtforge. Bd. 9. Heft 1. 1916. u. Zbl. f. chirur. 
u. meehan. Orthopädie 1916. 3. Über die Behandlung der umschriebenen Ausfalls- 

symptome bei den Schuß Verletzungen des Gehirnes. Fortschritte d. Medizin 1915/16. 
No. 22. 4. Über die Behandlung der Gehimvorletzten. Vortrag geh. im ärztl. Vorein 
zu Frkf. a. M 17. April 1916. Münch, med. Woch. 1916. No. 23. 5. Die» Ausfalls- 

scheinungen bei den Schußverletzungen des Gehirns und ihre Behandlung. Fort¬ 
bildungsvortrag geh. in Berlin 23. Mai 1916. Zeitschr. f. ärztl Fortbildg. 1916. 
Über Cv rticale Sensibilitätsstörungen. Zeehr. f. d. gesamte Psychiatrie u. Neurolog. 1916. 

4. Gorst mann, Wien. med. Woch. No. 26. 

5. butzmann, 1. Stimm- und Sprachstörungen im Kriege und ihre Behandlung. 2. Zur 
Behandlung der Aphasie. Kongreß f. innere Medizin. Wiosbad. 1907. Bergmann. 

6. Hartmann, Übungs&ehulon für „Gehimkrüppel“. Münch, med. Woch. No. 23. 

7. Marburg, Beiträge z. Frage d. kortikalen Sensibilitätsstörungen. Mcnatsschr. f. 
Psych. u. Neurol. XXXVII. 

8. Poppel reu ter, 1. Erfahrungen und Anregungen zu einer Kopfschuß-Invalidenfür- 

sorge. Heusers Verl) g Neuwied u. Leipzig. 2. Uber die psychische Einzel- und Gesamt¬ 
schädigung durch Hirnverletzung. Wandervers. südwostd. Nour. u. Irrenärzte. Mai 1915. 
Baden-Baden. Arch. f. Psychiatrie. Bd. 56. Heft 1. 3. Über psychische Ausfalls¬ 

erscheinungen nach Hirnverletzungen. Münch, med. Woch. No. 14. S. 489. 

9. Sittig, Nourol. Zbl 1916. ‘ No. 10. 

10. Verhandlungen der außerordentlichen Tagung der Deutsch. Vereinig, f. Krüppel¬ 
fürsorge 7. Febr. 1916. Deutsche Krüppelfürsorge (Zeitschr. f. Krüppelfürsorge) 1916. 
Leopold Voß. 

11. As oh affen bürg, Lokalisierte und allgemeine Ausfallserscheinungen nach Hirn¬ 
verletzungen und ihre Bedeutung für aio soziale Brauchbarkeit der Geschädigten. 
Halle 1916. Carl Marhold. 

12. Allen;, Uber Schädelschüsso. Probleme der Klinik und der Fürsorge. Berlin 1916. 
Springer. 

(Die beiden letzten Arbeiten konnten im Referat nicht mehr benutzt werden.) 


Über Nervenschflssverletzongen. 

Von Prof. Dr. W. Spielmeyer-München. 

Die Fortsetzung der klinischen und anatomischen Beobachtungen über 
die Nervenschußverletzungen, über welche ich früher berichtet habe [„Zur 
Klinik und Anatomie der Nervenschußverletzungen“ (Zeitschrift für die 
gesamte Neurologie und Psychiatrie 29; als Sonderdruck im Buchhandel 
Jul. Springers Verlag. 1915)] hat zu einigen Ergebnissen geführt, über die 
ich hier — auf Wunsch des Herrn Herausgebers dieses „Jahresberichts“ — 
gern referiere. Natürlich beschränke ich mich darauf, lediglich in Kürze 
die wesentlichsten Punkte hervorzuheben; eine ausführliche Mitteilung und 
Sichtung des Materials kann aus verschiedenen Gründen erst später erfolgen. 

Bezüglich der Häufigkeit der Verletzung der verschiedenen Nerven, 
der Symptomatologie der Schußverletzungen und der klinischen Frage der 
partiellen oder totalen Leitungsunterbrechung haben die sich jetzt auf etwa 
800 periphere Nervenverletzuugen erstreckenden Beobachtungen an der 
Nervenabteilung des Reservelazaretts L. in München nur eine Bestätigung oder 
Ergänzung der früheren Feststellungen gebracht. Einiges daraus erscheint 
mir mitteilenswert. So die Erfahrung, daß es "gar nicht so selten bei einer 
nur unvollständigen Ausbildung der elektrischen Entartungsreaktion 
bleibt, obschon der Nerv total durchtrennt ist. Wie Oppenheim, hatte 
ich am Anfang der „Kriegsneurologie“ betont, daß das Promptbleiben 
der direkten galvanischen Erregbarkeit der Muskulatur wohl zumeist, 


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Über Nervenschufi Verletzungen. 


XXI 


aber keineswegs immer für das Erhaltensein wenigstens eines Teiles der 
Nervenleitung spricht. Ich habe jetzt eine ganze Anzahl von Fällen gesehen, 
in denen die galvanischen Zuckungen nicht nur in den ersten Wochen, 
sondern noch 6—10 Monate nach der Verletzung prompt blieben und wo 
dann doch bei der Operation der Nerv sich vollkommen durchtrennt erwies. 
Trotzdem also die Trägheit der direkten galvanischen Zuckung im Bilde 
der Entartungsreaktion vermißt wurde, war die Leitungsunterbrechung eine 
totale, und es vervollständigte sich auch das Syndrom der elektrischen Ent¬ 
artungsreaktion während solchen langen Zeitraums nach der Verletzung 
nicht Ich habe das auffallend häufig an den Muskeln des Peroneus fest¬ 
stellen können. Es kann sich da nach dem umfangreichen Material, über 
das ich jetzt verfüge, nicht um einen Zufall handeln, sondern ich habe den 
bestimmten Eindruck, daß hier besondere Eigentümlichkeiten bestimmter 
Nervmuskelgebiete eine Bolle spielen. Denn sehr viel seltener sah ich etwas 
Ähnliches im Radialisgebiet und an der Muskulatur anderer peripherer 
Nerven überhaupt nicht. Selbstverständlich berücksichtige ich da nur die 
bei unmittelbarer Reizung der Muskulatur selbst beobachteten Zuckungen; 
denn vom Übergangsteil des Muskels in die Sehne bekommt man ja bekannt¬ 
lich recht häufig auch dort ziemlich prompte Zuckungen, wo im übrigen 
das vollständige Bild der Entartungsreaktion besteht. 

Eine andere Eigentümlichkeit, die wieder bestimmten Muskelgruppen 
vornehmlich zuzukommen scheint, äußert sich, soviel ich sehe, in der ver¬ 
schiedenartigen Neigung, bei partieller Entartungsreaktion das Zeichen der 
direkten faradischen Zuckungsträgheit zu geben. Im allgemeinen ist 
es ja so, daß wir auch dort, wo die Kontinuitätstrennung keine ganz voll¬ 
ständige ist, meist ein völliges Fehlen der faradischen Erregbarkeit finden, 
oder aber in den leichten Fällen eine quantitative Herabsetzung. Dagegen 
scheint mir in den Fällen leichter unvollständiger Lähmung das Gebiet des 
Musculocutaneus eine Trägheit der faradischen Zuckung auffällig oft zu 
geben, während dieses Phänomen in allen anderen Muskelgebieten, abgesehen 
noch von den kleinen Handmuskeln, eine außerordentliche Seltenheit ist. 
Wenn sich nach ursprünglich vollständiger Entartungsreaktion im Bizeps 
(mit fehlender faradischer Erregbarkeit) die Schädigung allmählich zurück¬ 
bildet, sieht man ebenfalls dieses Zeichen der faradischen Zuckungsträgheit 
ziemlich häufig, während ja in den anderen Nerven muskelgebieten bei der 
Wiederkehr der faradischen Erregbarkeit diese zunächst lediglich stark 
quantitativ herabgesetzt erscheint. 

Es hat sich weiterhin gezeigt, daß der Herausbildung einer mehr oder 
weniger völligen Aufhebung der direkten galvanischen Erregbarkeit 
(im Anschluß an eine totale Entartungsreaktion) nicht die ihr oft zugeschriebene 
Bedeutung für die Prognose zukommt, daß sie nämlich die völlige Unter¬ 
brechung der Nervenleitung beweise. Ich habe auch in solchen Fällen nicht 
selten eine überraschende Wiederkehr der motorischen Funktionen gesehen, 
zunächst ohne jede Änderung des elektrischen Bildes. 

Mehr als früher beobachtete ich Kombinationen von organischen 
und hysterischen Lähmungen; insbesondere gesellten sich oft zu gering¬ 
fügigen peripheren Lähmungen infolge Schußverletzung eines Nerven schwerere 
psychogene Störungen. Und dann habe ich, wie schon früher, ein — wenn ich 
so sagen darf— „psychogenes Verharren in der Lähmung“ gesehen, nämlich 
ein Bestehenbleiben der motorischen Lähmungserscheinungen, obschon das 
elektrische Bild ein normales geworden war und sich bei komplizierter Prüfung 
zeigen ließ, daß die psychogen gelähmte Muskelgruppe tatsächlich wieder 
funktioniert. 


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XXII 


Über Nervenschußverletzungen. 


Fälle von sogenannter „Reflexlähmung“, über die Oppenheim 
berichtet bat, habe ich nicht gesehen, und der eine Fall, den ich in meiner 
vorhin zitierten Broschüre erwähnt habe nnd den ich für eine Reflexlähmung 
damals hielt, erwies sich bei weiterer Beobachtung als eine Hysterie mit 
ausgesprochen pyschogener Lähmung bei ursprünglich arthrogener Schädigung 
des Deltoideus. 

In der anfangs besonders viel erörterteu Frage des Termins der 
Nervenoperation stehe ich auf dem früher von mir eingenommenen Stand¬ 
punkt, und ich meine, daß die an unserer Nervenabteilung und im Labo¬ 
ratorium gemachten Erfahrungen die damals gegebene Begründung einer 
Spätoperation stützen. Es ist meines Erachtens allerdings keine grund¬ 
sätzliche Streitfrage, ob man früh oder erst nach mehrmonatlicher Beob¬ 
achtung operieren soll. Auch ich bin durchaus der Meinung, daß es das 
beste wäre, die Nervennaht so früh wie möglich zu machen, wenn der 
Nerv tatsächlich durchtrennt ist. Aber ob er das ist, wissen wir eben 
nur in den allerseltensten Fällen, und zwar aus dem chirurgischen, nicht 
eigentlich aus dem neurologischen Befunde. Unsere neurologisch diagnosti¬ 
schen Hilfsmittel lassen uns, wie ja immer wieder erwähnt, in der Entscheidung 
dieser Frage in Stich. Eine Frühoperation sollte man nur zu dem bestimmten 
Zwecke machen, den tatsächlich durchtrennten Nerv zu nähen oder eine 
Lösung vorzunehmen. Aber man sollte, wenn man frühzeitig operiert, davon 
Abstand nehmen, den durch den Schuß bloß veränderten, aber in der Kon¬ 
tinuität erhaltenen Nerven zu resezieren und dann zu nähen; denn man kann 
es ihm nicht ansehen, ob und inwieweit in ibm Leitungsbahnen er¬ 
halten sind. Diese Schwierigkeit wird sich freilich auch bei der Spät¬ 
operation ergeben. Aber hier hat eben die inzwischen gemachte klinische 
Beobachtung gelehrt, oder doch sehr wahrscheinlich gemacht, daß keine 
Neigung zur spontanen Wiederherstellung der Nervenleitung besteht. Man 
wird, wenn man, wie früher vorgeschlagen, etwa 4 Monate zugewartet hat, 
auf Grund der inzwischen gemachten klinischen Feststellung mehr Recht 
haben, narbig umgewandelte Nervenstücke aus dem Nerven zu exzidieren 
und dann zu nähen, als bei der Frühoperation. Denn in ungleich viel 

seltenem Fällen braucht man hier mit der Möglichkeit einer spontanen 

Wiederkehr der Fuuktion zu rechnen. 

Es sind nicht zum wenigsten die anatomischen Erfahrungen, die 

mich in einem Zuwarten von etwa vier Monaten nach der Nervenschu߬ 

verletzung bestärken. Denn in meinem Material von etwa 130 exzidierten 
Nerveustücken findet sich jetzt eine ganze Reihe von früh operierten Nerven¬ 
schußverletzungen, bei denen sich iu der Narbe eine Wiederherstellung 
der Nervenleitung von der zentralen Durchschußstelle in den peripheri¬ 
schen Abschnitt nachweisen läßt. Die histologischen Bilder, wie sie sich 
hier darstellen, habe ich bereits früher geschildert. Sie haben nicht nur mit 
Rücksicht auf die eben erörterte Frage, sondern auch im Hinblick auf zwei 
weitere Punkte Interesse und praktische Bedeutung. 

Erstens zeigen diese Bilder, daß sich die Bahnung des Nerven durch 
die Bindegewebsnarben hindurch keineswegs so vollzieht, wie das mancher 
nicht histologisch erfahrene, theoretisierende Autor annimmt. Nämlich nicht 
in geradliniger Weise von einem Nervenbündel in das korrespondierende, 
sondern die Nervenfaserbündel durchsetzen oft nach unglaublichen Verirrungen 
das Bindegewebe, bis sie ihren Anschluß an die Gleitbahnen der Schwann- 
schen Zellen im peripheren Stück erreichen. Daß auch solche in ganz 
andere Querschnittsgebiete des peripheren Nerven gelangende Faserbündel 
die Innervationen richtig leiten können und daß eine restlose Wiederher- 


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Über Nervenschußverletzungen. 


XXIII 


Stellung der ursprünglichen Funktion erfolgt, habe ich schon vor Jahren 
nachweisen können. Jetzt habe ich das gleiche an einem recht interessanten 
Präparat einer Medianusschußverletzung festgestellt Hier hatte ursprünglich 
das Bild einer vollständigen Medianuslähmung bestanden, durch mehrere 
Monate hindurch kehrten ganz allmählich die motorischen Funktionen wieder; 
die neuralgischen Schmerzen aber wurden immer schlimmer, und der Kranke, 
bei dem die verschiedensten Maßnahmen keine Linderung der Schmerzen 
gebracht hatten, verlangte operiert zu werden, obschon nach dem günstig 
gewordenen elektrischen Befund und nach der schließlich vollständigen 
Wiederkehr der motorischen Funktionen eine solche abgelehnt wurde. Als 
der Kranke dann vor Schmerzen die Amputation des Armes verlangte, 
entschloß sich der Operateur doch, die Resektion des Nerven an der Schu߬ 
stelle vorzunehmen. In dem mir überlassenen anatomischen Präparat ließ 
sich seigen, daß der Schuß schätzungsweise nur ein Füuftel der Nervenbahn 
nicht zerstört hatte, während alles andere neugebildete Nervenfasern waren, 
welche die narbig aufgetriebene Stelle in dichten, wirr durcheinander gelege¬ 
nen Bündeln durchsetzten und sich dann im peripheren Abschnitt in die 
Gleitbahnen der Schwannschen Zellen „ergossen“. 

Zweitens lehren diese Bilder, daß der auswachsende Nerv auch ziemlich 
breite und offenbar derbe Bindegewebsnarben zu durchsetzen vermag. Woran 
es liegt, daß er in dem einen Fall „die Kraft“ dazu bat, in dem andern 
nicht, ist meines Erachtens heute noch ganz unklar. Es ist höchst auf¬ 
fallend, wie in manchen ziemlich langen und dichtfasrigen Bindegewebs¬ 
narben die neugebildeten Nervenbündel doch den peripherischen Teil zu 
erreichen vermögen, während sie in manchen anderen Fällen, wo eine 
nahezu „lineare“ Narbe vorliegt, nicht durch diese hindurchzugelangen ver¬ 
mögen (vgl. Figur 6 und Figur 17 der oben zitierten Arbeit). Daß die 
Bindegewebsnarbe das Vorwachseu der Nervenfasern aus dem zentralen 
Stumpf hindert und unmöglich machen kann und daß man deshalb bei der 
Operation alles tun muß, das Narbengewebe an der Durchschußstelle oder 
an den durchtrennten Nervenenden zu beseitigen, sowie die spätere Neu¬ 
bildung derber narbiger Zwischenstücke zu verhindern, ist ja ganz gewiß. 
Aber es erscheint mir — wenigstens heute noch — durch klinisch-anato¬ 
mische und vor allem auch durch experimentelle Erfahrungen der Vorschlag 
nicht begründet, statt der direkten Naht zwischen den angefrischten Nerven¬ 
stücken, die Zwischenschaltung eines Edingerschen Röhrchens vorzunehmen, 
angeblich weil damit die Entstehung der gefürchteten Bindegewebsnarbe 
verhindert würde. Wo der Nerv in weiter Ausdehnung durchrissen und die 
Naht nur durch Zwischenschaltung möglich ist, ist das Edingersche Ver¬ 
fahren mindestens ebenso sehr zu empfehlen wie die anderen bisher geübten 
Methoden. Aber ich habe bisher an 16 Fällen, die nach Edinger operiert 
worden waren, nur ein einziges Mal in der Beobachtungszeit von 7 Monaten 
den ersten Beginn der Wiederkehr einer Funktion gesehen. Es erscheint 
mir deshalb nicht angängig, dieses Verfahren statt der sonst üblichen Naht 
aus theorischen Überlegungen zu üben, sondern man wird es ebeu nur im 
Notfälle zur Überbrückung eines Nervendefektes anwenden. 

ich habe in keinem der von mir histologisch untersuchten Fälle das 
von Edinger beschriebene Austropfen des zentralen Nerven gefunden. 
Wo ich tropfenartige Bildungen am zentralen Stumpfe sah, handelte es sich 
nm Reste von Markscheidensubstanz oder ihrer lipoiden Abbauprodukte. 
Ohne daß Tropfen vorgepreßt werden, sprossen die Fibrillen aus; gleich¬ 
zeitig damit oder wahrscheinlich noch vorher schieben sich Schwaunsche 
Zellen in das bindegewebige Gebiet vor, bis diese neugebildeten Fasern o ft 


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XXIV 


Über Nervenschußverletzungen. 


nach langen Irrfahrten in der Narbe ihren Anschluß an die breiten „Band* 
fasern“, welche die Schwannschen Zellen im degenerierten peripheren 
Nerven bilden, erreichen. Auch wo sie an dieses Ziel nicht gelangen und 
funktionsuntüchtig bleiben, können sich diese neugebildeten Fasern mit Mark 
umkleiden. 

Über die Prognose der Nervenschußverletzungen und insbesondere 
über die Erfolge der operativen Verfahren kann ich zahlenmäßig keine 
Angaben machen; dazu bedürfte es der genauen Sichtung des Gesamtmaterials 
und vor allem der Nachuntersuchungen, die aus äußeren Gründen heute 
nur in einem beschränkten Teile der Fälle möglich sind. Ich kann nur 
zusammenfassend einiges Allgemeine nach den hier gemachten Beobachtungen 
mitteilen. Zunächst wiederhole ich, was ich schon in meiner früheren aus¬ 
führlichen Arbeit gesagt habe, daß wir überraschend schnelle Heilungen 
nach der Naht bisher nicht gesehen haben, mit Ausnahme eines Falles von 
Plexusdurchtrennung, den Herr Privatdozent Dr. Ach operiert hatte und in 
dem etwa 6 Wochen nach der Naht fast alle Bewegungsfunktionen zurück¬ 
gekehrt waren. Im allgemeinen fanden wir, daß sich die ersten Anfänge 
einer Wiederkehr der Funktion nach 6 bis 8 Wochen zeigten; meist aber 
auch sehr viel später. Auch dabei erwies sich das elektro-diagnostische 
Verfahren von recht unterschiedlichem Wert in den einzelnen Fällen. Das 
heißt, in einer ganzen Reihe von Fällen änderte sich das elektrische Reaktions¬ 
bild zunächst nicht im günstigen Sinne, obschon die Funktion langsam wieder 
zurückkehrte, während in zahlreichen anderen die Wiederkehr der Funktion 
einer allmählichen, mehr oder weuiger weitgehenden Rückbildung der Entar¬ 
tungsreaktion erst längere Zeit nachfolgte. Bei der letzten Gruppe von Fällen 
zeigte das Promptwerden der galvanischen Reaktion die Änderung im 
günstigen Sinne an. Selbstverständlich hat dieses Promptwerden nur dann 
eine prognostisch gute Bedeutung, wenn eben eine ausgesprochene Trägheit 
.der direkten galvanischen Reaktion das Symptomenbild der Entartungsreaktion 
in der bekannten Weise vervollständigte, nicht aber, weun es sich um solche 
Fälle handelte, von denen eingangs die Rede war und in denen trotz Konti- 
nuitätstrenuung die galvanischen Reaktionen prompt geblieben waren. In 
der Gruppe von Fällen, in denen die Entartuugsreaktion zunächst nicht 
zurückging, sahen wir nicht selten zur ursprünglichen totalen Entartungs¬ 
reaktion noch eine enorme Herabsetzung oder Aufhebung der direkten 
galvanischen Erregbarkeit hinzutreten, nachdem sich die Bewegungen bereits 
wieder einstellten. Ich habe Fälle gesehen, wo sich das funktionelle Bild 
nach einer Naht allmählich immer günstiger gestaltete und wo sich doch 
diese Aufhebung der Erregbarkeit herausbildete, obschon eben der willkür¬ 
liche Gebrauch des Muskulatur die Restitution der Nervenleitung anzeigte. 

Überhaupt „sind die Beziehungen zwischen Wiederkehr der 
Funktion und Änderung des elektrischen Verhaltens ganz außer¬ 
ordentlich verschiedenartige. Während z. B. in einer recht beträcht¬ 
lichen Zahl der Fälle der Wiederkehr der indirekten galvanischen Erreg¬ 
barkeit auch die Funktion bald nachfolgt oder ihr vorausgeht, sieht man 
doch auch Fälle, in denen die Rückkehr der Funktion noch Wochen und 
Monate auf sich warten läßt, wennschon der Nerv selbst galvanisch und 
faradisch erregbar war. Sehr selten ist es, daß die Muskeln (mit starken 
Strömen) direkt faradisch leidlich erregbar sind, ohne daß sie willkürlich 
gebraucht werden können. Natürlich sind solche Reaktionen prognostisch 
von durchaus günstiger Bedeutung. Aber ich möchte auch hier betonen, daß- 
schon das Promptwerden direkter galvanischer Erregbarkeit nach ursprünglich 
träger Zuckung — wo es überhaupt vorhanden ist — sich fast immer als 


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Über Nervenschußverletzungen. 


XXV 


eia sehr günstiges Zeichen erwies. Nar in zwei Fällen schien dieses Symptom 
zu trügen. Aber ancb hier hat sich jetzt herausgestellt, daß dieses Prompt¬ 
werden der Reaktion ein erstes Zeichen der Wiederherstellung der Leitung 
w.-ir, dem jetzt nach Jahresfrist auch endlich eine allmähliche Wiederkehr 
der Funktion folgt. 

Es hat sich jetzt eine ganze Reihe von Fällen beobachten lassen, 
in denen zunächst die Naht keinen Erfolg zu haben schien und wo sich 
auch nach langen Monaten, selbst nach einem Jahr keine günstigen 
funktionellen oder elektrischen Symptome feststellen ließen, und in denen 
sich nun doch ein voller Erfolg der Naht allmählich herausbildet. So sah 
ich jüngst Fälle, die in den ersten beiden Monaten des Krieges genäht 
worden waren (z. B. Ischiadikusnähte), und die erst nach 14—18—20 Monaten 
erste Symptome der Leitungsherstellung boten. In einem dieser Fälle konnte 
nach Ablauf von 12 Monaten lediglich eine Wiederkehr der Tibialisleitung 
wahrgenommen werden; jetzt aber, nach Ablauf von 23 Monaten, stellt sich 
auch das Peroneusgebiet funktionell wieder her. Solche Fälle kennt man 
ja von der Friedenspraxis her; die auch jztzt wieder gemachten Beobach¬ 
tungen über eine ungewöhnlich lange Verzögerung des Erfolges der 
Naht sind praktisch wichtig mit Rücksicht auf die uns häufig vorgelegte 
Frage, ob man eine Nachoperation machen solle. Man wird diese dort 
machen können, wo der chirurgische Befund vermuten läßt, daß der Nerv 
etwa von neuem in narbige Bindegewebsmassen oder in den Knochen ein¬ 
bezogen ist oder wo vielleicht eine Sprengung der Naht erfolgt sein könnte. 
Aber man wird den in der Operation gut zusammengeheilt gefundenen Nerv 
nicht schon wieder resezieren und von neuem nähen dürfen, da sich eben 
der Erfolg der Naht noch nach längerer Zeit herausstellen könnte. 

In der Beurteilung des Erfolges der Naht und der verschiedenen 
operativen Verfahren ist immer zu berücksichtigen, daß in manchen Muskel¬ 
gebieten ein weitgehendes vikariierendes Eintreten benachbarter Nerven 
für einander Vorkommen kann. Das wird zweifellos sehr häufig übersehen, 
obsohon man ja doch seit langem, zum Beispiel vom Medianus und Ulnaris 
weiß, daß sie vielerlei hohe und tiefe Anastomosen zueinander besitzen. Und 
ich habe überraschend gute Besserungen oder Ausgleichungen von Ulnaris¬ 
lähmungen ^gesehen, welche von dem Medianus geleistet wurden. 

Ein Überblick über das bisher vorliegende Material zeigt, daß die 
Prognose der Nervennaht außer von der Größe des durch die Verletzung 
bedingten Defektes, dem Verhalten des Operationsterrains usw. ganz be¬ 
sonders auch davon abhängt, welcher Nerv getroffen ist; ich meine, es 
bestehen sehr große Unterschiede zwischen der Heilungs-, respektive 
Regenerationstendenz der einzelnen Nerven. Weitaus am günstigsten 
sind die Fälle von Radialisnaht; hier werden prozentualiter die häufigsten 
und vollkommensten Erfolge gesehen. Dann kommt im Gebiete des Ischia- 
dikus der Tibialis und danach der Peroneus, und weiter der Hauptstamm 
des Ischiadikus selbst. Viel ungünstiger ist die Prognose in den Fällen 
von Ulnaris- und Medianusdurchtrennuug. 

Schließlich noch ein Wort von den unvollständigen Plexus¬ 
verletzungen. An unserm Material sahen, wir gerade hier oft eine 
ganz ausgezeichnete, wenn auch meist nur langsame spontane Rückbildung 
der Lähmungserscheinungen. Aber es mehren sich jetzt mit der Länge der 
Beobachtung die Fälle, in denen die Restitution der Lähmung anfangs sehr 
gute Fortschritte machte, dann aber schließlich das Lähmungsbild stationär 
blieb. Am häufigsten sehen wir nach ursprünglich totaler Plexuslähmung 
und ihrer allmählichen Rückbildung ein Residuärwerden von Lähmungs- 


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XXVI 


Zerebrale Symptome nach Minenexplosion. 


erscheinungen, die die Art des Klumpkeschen Typus haben. Hier dürfte 
ja eine Naht nicht in Betracht kommen, da eine Ourchschneiduug an der 
Stelle der Stammverletzung zur Lähmung der kleinen Handnmskeln noch 
eine solche der langen Beuger führen würde; und es ist ja immer sehr 
fraglich, ob die hohe Naht am Plexusstamm Erfolg haben wird. Wir haben 
in den letzten Monaten mehrfach solche Fälle zum Zwecke der Neurolyse 
operieren lassen, da ja die Möglichkeit bestand, daß narbige Einschnürungen 
usw. die Wiederkehr der Funktion verhinderten. Wir haben aber nur in 
einem von acht Fällen einen Erfolg gesehen. 


Zerebrale Symptome nach Minenexplosion. 

Von Oberarzt Dr. Gold mann, Oto-Laryngologe in Iglau. 


An den meinen eigenen 1 ) und den Veröffentlichungen der anderen 
Autoren (Gaupp, Neumann u. a.) zugrunde liegenden Beobachtungen über 
die Folgen von Explosionen im Felde (Granate, Minen u. a.) haftete fast 
ausnahmslos der Nachteil, daß die Betroffenen erst längere Zeit nach dem 
Trauma genau untersucht werden konnten. Darum halte ich es nicht für 
unangebracht, den folgenden frischen Fall der Wirkung einer Minen¬ 
explosion genau zu beschreiben: 

Infanterist Johann F. wird etwa ß Stunden nach der Explosion einer Mino größeren 
Kalibers in seiner unmittelbaren Nähe auf meinen Hilf fl platz gebracht. Er gibt an, daß er 
nach dem Einschlagen dos Geschosses sofort das Bewußtsein verloren, beim Erwachen wie 
Feuer gesehon, aus Mund und Nase goblutet habe Sein Kopf sei weder verschüttet noch 
durch Stein- oder Geschoßsplitter verletzt worden- Gegenwärtig habe er Schwindel, Ohren¬ 
sausen und Schwerhörigkeit, besonders reohterseits, der Kopf sei besonders auf der rechten 
Seite wie tot. 

Die Untersuchung ergibt: An der Kopfhaut keinerlei Zoichen einer Gew r altoinwirkung. 
Otoskopisoh: Rechts oin geringer Blutaustritt am Trommelfell, benührend von einer 
Ruptur unterhalb des Umbo. Das Trommelfell selbst ist durchsichtig und von normaler 
Farbe. Links normaler Befund. 

Gehör: Rechts laute Konversationssprache am Ohr, links Flüstersprache am Ohr, 

Knochenleitung (c 25(>) hochgradig, rechts stärker vorkürzt, Rinne stark positiv. 

Die kalorische Erregbarkeit wurde aus äußeren Verhältnissen nicht geprüft. Die 
Reaktion auf Drehung um die eigene Achse erscheint normal. 

Nystagmus ro tato aus hoi Blick nach recht«, sagittalis bei Blick nach oben. Rhom- 
berg negativ. Außerdem weicht heim Zeige versuch der ausgos treckte Arm in Pro- und 
Supination etwa 15—20 Grad n ich außen, im Ellbogengelenk ebenso von sich im Handgelenk 
nur in Pronation um etwa 30 Grad nach außen. 1 >or linke Arm zeigt in allen Gelenken richtig. 

Die Untersuchung der übrigen Gehimnerven ergibt: 

Der Geruch ist beiderseits so gut wie erloschen (Jodoform, Lysol). 

Die Sehschärfe ist rechts bei grober Prüfung auf etwa % herabgesetzt, links normal. 
Subjektiv besteht Flimmern reehterseits. Die rechte Pupille ist bedeutend weiter als 
die linke, die Reaktion auf Lichteinfall deutlich verlangsamt. Die Bewegungen des 
Bulbus sind beiderseits normal. 

Die Sensibilität des Gesichtes, besonders die Schmerzempfindlichkeit ist rechter- 
seits nahe zu erloschen, linkerseits hochgradig vermindert. Der Kornealroflex ist 
rechts aufgehoben, links herabgesetzt. Ebenso ist dio Sensibilität der Nasenhöhle, dor 
Zunge, des Gaumens und Rachens reehterseits bis zur Reflexlosigkeit, linkerseits in etw'as 
geringerem Grade vermindert. 

Die Sensibilität des Halses, des Rumpfes und der Extremitäten ist ebenfalls rochter- 
seits deutlich herabgesetzt. 

Fazialis ohne Besonderheit. 

Geschmack rechts aufgehoben, links herabgesetzt. 

Vagus: Puls 72, Atmung ruhig. 

Akzessorius - -Q-. 

l ) Goldmann: Sitzungsbericht der öst. Otolog. (Jesell. 1914—15, ebenda Neumann. 
Gaupp, Münchener med. W. 1915. 


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Göugle 


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Zerebrale Symptome nach Minenexplosion. 


XXVII 


Die Zunge weicht beim Ausstrecken deutlich nach rechts ab. 

Der Hodenreflex ist rechte deutlich herabgesetzt, der Fußsohlenroflex gänzlich auf¬ 
gehoben, linkerseits beide lebhaft. 

Die Ref loxorregbarkeit der Muskeln ist. rechterseits derart erhöht, daß leichtes 
Beklopfen des Gesichtes eine deutliche Zuckung, des Pektoralis einen krampfhaften Klonus 
sämtlicher Brustmuskeln, Beklopfen der Ober- und Unterarmmuskulatur starke Bewegungen 
in den entsprechenden Gelenken, der Kniesehne klonische Zuckungen horvorruft; Fußklonus 
ist jedoch nur angedeutet, linkerseits gar nicht auslösbar. Die übrigen tiefen Reflexe 
normal. Im rechten Arm ist die Prompthoit und Kraft der Bewegungen stark 
herabgesetzt. 

Beim Ausstrecken der Arme sinkt der rechte unter Tremor kraftlos herab. 

Der Fall bietet von seiten des Gehörorgans die nach unseren Erfah¬ 
rungen über die Wirkung einer momentanen Luftdrucksteigerung, wie sie 
bei der Minenexplosion im höchsten Grade gegeben ist (dieselbe ist aus 
100—500 m Entfernung noch deutlich als Luftstoß zu verspüren, wahr¬ 
scheinlich infolge der Bildung von Gasen mit großer Expansionskraft (Ekrasit)) 
leicht verständlichen Folgen: Ruptur des Trommelfells und Schädigung des 
Labyrinths in seinem kochlearen und nach meinen früheren Erfahrungen 
höchstwahrscheinlich auch in diesem Falle in seinem vestibulären Anteil. 
Allerdings möchte ich als Beweis für die letztere Annahme weder den 
Nystagmus bei Blick nach rechts noch nach oben verwerten, da für dessen 
Verständnis nach meiner Ansicht eine andere als die labyrinthäre Lokali¬ 
sation in Betracht kommt. 

Die Herabsetzung der Sehschärfe ist sicherlich nicht eine Folge der 
Pupillenerweiterung, sondern diese ebenso wie ihre Verlangsamung und die 
subjektiven Erscheinungen (Feuersehen, Flimmern) die Folge einer Läsion 
im Gebiete des nervösen Anteils des Auges. Der ebenfalls durch äußere 
Gründe veranlaßte Mangel der Untersuchung des Augenhintergrundes wird 
nach meiner Ansicht, wenn auch nicht vollständig, durch das Vorhandensein 
der übrigen Symptome behoben. 

Die Funktion des Trigeminus ist beiderseits, wenn auch rechts in er¬ 
höhtem Maße herabgesetzt, ebenso die des rechten Glossopharyngeus und 
Hypoglossus. Die totale sensible Halbseitenlähmung der rechten Seite ist 
von einer naturgemäßen Herabsetzung der Hautreflexe begleitet. Dagegen 
sind die tiefen Reflexe rechterseits hochgradig gesteigert; gleichzeitig besteht 
eine Störung der Koordination sowie der motorischen Kraft der Bewegungen 
der oberen Extremität (die Prüfung der unteren Extremität unterblieb leider 
aus Zeitmangel). 

So einfach es ist, die Erscheinungen von seiten des Gehörorgans ins 
Labyrinth zu verlegen, so schwierig ist die Lokalisation der übrigen Sym¬ 
ptome: der Funktionsausfall von seiten der Gehirnnerven liegt offenbar in 
einer Läsion in ihrem Verlaufe zentral von ihrer spezifischen Ausbreitung. 
Das könnte einerseits die Schädelbasis mit den Durchtrittskanälen der Nerven 
sein oder die Zentren in den Stammganglien und in der Medulla. Für den 
Ausfall des Geruchs genügt im Hinblick auf das anamnestisch erhobene 
Nasenbluten ein Hämatom in der Gegend der Lamina cribrosa, das die 
Olfaktoriosfasern ebenso oder noch leichter aber den Bulbus olfactorius 
schädigen kann. Während diese Annahme auch für den Optikus angewendet 
werden kann, versagt sie beim Trigeminus: Für einen vollständigen Funk¬ 
tionsausfall auf der einen und Herabsetzung der Funktion auf der anderen 
Seite wäre ein extraduraler Bluterguß an der Schädelbasis wegen der not¬ 
wendigen Ausdehnung viel zu unwahrscheinlich. Auch fehlt hierfür dem 
Trauma der Angriffspunkt. Dasselbe gilt für die Lähmung des Glossopha¬ 
ryngeus und Hypoglossus. Wenn wir außerdem die halbseitige Störung der 


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XXVIH 


Zerebrale Symptome nach Minenexplorion. 


Sensibilität unter der tiefen Reflexerregbarkeit lokalisieren wollen, so läßt 
sich nur an eine Läsion der Medulla distal von der Pyramiden¬ 
kreuzung denken. 

Daß die Läsion die Gehirnbahnen und nicht irgendwelche Zentren, 
sei es im verlängerten Mark od§r im Kleinhirn, betrifft, dafür spricht sowohl 
die Steigerung der tiefen Reflexe wie die Verlangsamung und Schwäche der 
Willkürbewegungen, anderseits auch die Ausdehnung der Koordinations¬ 
störungen auf die ganze obere Extremität. Auch eine Schädigung der recht¬ 
seitigen Vestibulariskerne als vornehmliohe Ursache läßt sich nicht denken, 
da sonst das Vorbeizeigen nach außen mit einem Nystagmus zur anderen 
Seite verbunden sein müßte. Für den Nystagmus selbst können wir wegen 
seiner Richtung zur erkrankten Seite nicht die Labyrinthläsion verantwortlich 
machen, sondern eine Schädigung, die zentral von den Vestibulariskernen 
auf dem Wege zu oder in den Augenmuskelkernen selbst gelegen ist. 

Wenn auch die nach der Anamnese und dem äußeren Befunde allein 
in Betracht kommende positive Luftdruckschwankung der Explosion durch 
ihren Angriffspunkt zur Erklärung der Erscheinungen von seiten des Gehör¬ 
organs leichtverständlich ausreicht, ist sie als Ursache der übrigen Erschei¬ 
nungen anscheinend schlecht verwertbar. 

Nach meinen Beobachtungen, von denen ich vereinzelte schon berichtet 
habe 1 ), ist der geschilderte Symptomenkomplex dem Kopftrauma 
eigentümlich, wobei an eine Fraktur oder bloße Erschütterung der Schädel¬ 
basis mit Schädigung der Durchtrittsstellen der Gehirnnerven sowie des der 
Schädelbasis anliegenden Teils des Gehirns, vor allem des Kleinhirns und 
der Medulla oblongata*), zu denken ist. Es ist daher naheliegend, dem 
Luftdruckstoß bei einer Gasexplosion dieselbe Wirkung zuzuschreiben wie 
der Erschütterung des Kopfes durch einen festen Gegenstand, wobei es im 
wesentlichen dasselbe ist, ob der feste Gegenstand auf den ruhenden Schädel 
aufiritt oder umgekehrt. 

Eine andere Erklärnngsmöglichkeit, die ein Kollege in einer jüngsten 
Arbeit annimmt, ist die folgende: Der Luftstoß pflanzt sich durch den 
Aquaeductus cochleae, der mit dem subarachnoidealen Raume in der Gegend 
des Kleinhirnbrückenwinkels zusammenhängt, auf diesen und den Inhalt des 
IV. eventuell auch noch der übrigen Ventrikel fort und erzeugt von innen 
heraus eine Schädigung der Gehirnnervenzentren und der entsprechenden 
sensiblen und motorischen Gehirnbahnen (Pyramidenhaubenbahn) 8 ). Die 
Entscheidung über die Frage, ob ein heftiges Explosionstrauma ausschließlich 
auf dem Wege durch das Ohr oder durch Erschütterung des Knochens als 
Kopftrauma wirkt, kann trotz genauester klinischer Beobachtung unter Aus¬ 
schluß eines anderen Kopftraumas nur durch den Tierversuch beigebracht 
werden: auf der einen Seite müßten die Symptome und anatomischen 
Läsionen nach isolierter Zuführung einer genügend starken Explosionswelle 
ins Ohr geprüft werden, auf der anderen Seite dieselben nach diffuser Ein¬ 
wirkung auf den Kopf. 

1 ) Goldmann, Kopfverletzungon im Felde, Mod. Klinik, 1914, No. 47, und Gold¬ 
mann, Schädigung des inneren Ohres durch Kopfverletzungen. Pe r Militärarzt. 1915, 
No. 15. 

*) Das Hinterkopftrauma vom Standpunkt des Otologen. A-oh. f. Ohrenheilkunde, 
Bd. 98, Heft 4. 

*) Dar Unwahrscheinlichkeit, daß der Explosionsstoß durch die Enge des Aquaeductus 
cochleae noch genügend stark bis in den IV. Ventrikel fortgopflanzt werde, um anatomische 
Schädigung zu setzen, muß ontgegengehalten werden, daß seine Gewalt uno so große ist, 
daß ihre vielfache Abschwäohung ihre Wirkung noch immer nicht aufhobt. 


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Aus dem serologischen Laboratorium der Irrenanstalt Hamburg-Friedrichsberg. XYTY 


Ans dem serologischen Laboratorium der Irrenansalt Hamburg^ 
Friedrichsberg (Direktor Prof. Dr. Weygandt). 

Von V. Kafka-Hamburg. 

Bericht über das Jahr 1915. 

Das Kriegsjahr 1915 brachte naturgemäß eine fast vollständige Ein¬ 
stellung der wissenschaftlichen Tätigkeit, sofern sie nicht zu den Kriegs¬ 
erkrankungen aktuelle Beziehungen hatte. Aber gerade nach dieser Richtung 
hin erwuchsen dem mit sero- und liquordiagnostischen Methoden arbeitenden 
Psychiater manche Aufgaben. Handelte es sich doch darum, die Erkennung 
der geistigen Erkrankungen der Heeresangehörigen möglichst zu beschleu¬ 
nigen und bei der Wahl der Behandlungsart mitzuwirken; im Anschluß 
daran mußte natürlich die diagnostische Friedensarbeit an unseren Zivil- 
kranken ausgebaut und gefordert werden. 

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, lag es von vornherein nahe, 
daß das Problem der Abderhaldenschen Reaktion von seiner praktischen 
und theoretischen Seite auch im Kriege eingehende Bearbeitung finden mußte. 
Stellte doch das interessante, zum Teil ungewöhnliche Material der Kriegs¬ 
neurotiker und -psychotiker gerade diese neue Methode vor die Feuerprobe. 
Es war also nötig, in ruhiger Weiterarbeit zu untersuchen, wieweit sich 
bei dem militärischen und zivilen Krankenmaterial das Dialysierverfahren 
bewährte. Dabei wurden auch zwei technische Punkte in besondere Unter¬ 
suchung gezogen: 1. die Vordialyse der Sera gegen 0,9prozentige Koch¬ 
salzlösung, 2. die Verfeinerung der Ninhydrinreaktionen durch nochmaliges 
Kochen mit Ninhydrin. Das erstere Verfahren erscheint uns nur bei be¬ 
sonderen Fällen, z. B. bei Luikern, geeignet und be'darf genauer Kon¬ 
trollen und großer Serummengen; das letztere Verfahren brachte uns nur 
insofern Vorteile, als eine fragliche Reaktion nach Verfeinerung oft negativ 
wurde; das Positivwerden negativer Reaktionen wurde hierbei nicht dia¬ 
gnostisch verwertet. Die leider häufigen fraglichen Reaktionen des Dialysats 
mit der Ninhydrinreaktion wurden durch Einführung anderer Reaktionen, 
z. B. der Kolloidreaktion mit dem Dialysat auszuschalten gesucht. Auch 
wurden einige Apparate zur Bearbeitung der Substrate und zur Vordialyse 
des Urins konstruiert (4) und eine neue einfache Methode zur Hülseneichnung 
beschrieben. Bezüglich der diagnostischen Brauchbarkeit des Dialysier- 
verfahrens haben sich an neuem großen Material die von uns früher ge¬ 
machten Mitteilungen im großen ganzen weiter bestätigt (4). 

Ferner schien es uns ganz besonders wichtig, den Mechanismus der 
Abderhaldenschen Reaktion Untersuchungen zu unterziehen, dies einmal 
deshalb, weil wir uns daraus Fingerzeige für die Technik und praktische 
Bewertung der Reaktion versprachen, zum anderumal aber auch deswegen, weil 
die Meinungen der Autoren auch auf diesem Gebiete ungemein variierten. In 
unseren eingehenden Untersuchungen konnten wir feststellen, daß das Hülsen¬ 
serum am Ende des Versuches eine salzarme und dem Dialysat ungefähr 
gleich konzentrierte Lösung darstellt; die Folge davon und der lange 
dauernden Erwärmung bei 37° ist vor allem ein vollständiger Schwund des 
Eigenkomplements des Serums, und zwar in sämtlichen Versuchshülsen, 
gleichgültig, ob mit Organ besetzt oder nicht, gleichgültig auch, wie der 
Ausfall der Ninhydrinreaktion des Dialysats war. Diese Versuche sprechen 
gegen die Ambozeptornatur des die Abderhaldensche Reaktion hervor¬ 
rufenden Körpers, aber auch gegen gewisse physikalisch-chemische Theorien 
der Entstehung der mit Ninhydrin reagierenden Dialysatstoffe aus dem 


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Original frum 

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XXX Aus dem serologischen Laboratorium der Irrenanstalt Hamburg-Friedrichsberg. 


Serumeiweiß. Durch weitere Untersuchungen wurde nun die Annahme immer 
mehr gefestigt, daß in erster Linie organspezifische proteolytische Fermente 
auf die Substrate einwirken, in zweiter Linie wohl unspezifische proteo¬ 
lytische Fermente, daß aber die physikalisch-chemischen Adsorptionskräfte der 
Substrate — wenn überhaupt — eine praktisch unbedeutende Rolle spielen. 

Daneben wurden die übrigen Zweige der serologischen Diagnostik nicht 
vernachlässigt. Die früher begonnenen Untersuchungen über das Verhalten 
des Normalambozeptors und Komplements des Luikerblutes wurden in 
größerem Umfange und mit neuer Methodik wieder aufgenommen. Hierbei 
wurde nicht nur neuerlich das häufige Fehlen des Komplements im aktiven 
und die Nichtnachweisbarkeit des Normalambozeptors im inaktiven Serum bei 
schweren luischen Erkrankungen als praktisch wertvoll bestätigt, sondern es 
wurden auch über den Mechanismus dieser Phänomene Erkenntnisse gewonnen. 

Ferner wurde die Liquordiagnostik in umfassender Weise praktisch 
und literarisch bearbeitet (2, 6) und es wurden mehrere neue Reaktionen 
und Modifikationen der Liquoruntersuchung eingeführt. So wurde die 
Noheische Ninhydrinreaktion der Rückenmarksflüssigkeit, die besonders für 
die infektiöse Meningitis diagnostisch verwendbar sein sollte, von uns in der 
Weise verändert, daß wir den Liquor zuerst 16—24 Stunden dialysierten 
und erst dann mit dem Dialysat die Ninhydrinreaktion Vornahmen; ein Ver¬ 
fahren, das sich bei uns zur Diagnose der infektiösen Meningitis sehr be¬ 
währt hat (6). 

Dann haben wir im Verein mit Jacobsthal die von Emanuel ein¬ 
geführte Mastixreaktion der Rückenmarksflüssigkeit von Grund auf ver¬ 
ändert und so ausgebaut, daß sie der Goldsolreaktion in keiner Weise nach¬ 
steht, sondern diese in vielen Punkten übertrifft (7). 

. Es wurden in» übrigen die Farbenreaktionen der Rückenmarksflüssig¬ 
keit nach Kochen mit Ninhydrin studiert, insbesondere bei den verschiedenen 
Erkrankungen des Zentralnervensystems, und Ihre praktische Verwertung in 
Erwägung gezogen. 

Die Luetinreaktion nach Noguchi wurde weiter angewandt und 
dabei u. a. gefunden, daß bei Paralyse eine deutliche Reaktion seltener zu 
finden ist als bei Lues cerebri und Tabes, und daß sie bei dieser Er¬ 
krankung meist auch schwächer auftritt; ferner wurde nachgewiesen, daß 
bei der Paralyse durch irgendwelche therapeuthischen Eingriffe die Haut¬ 
reaktion sich nicht, wie bei der Lues cerebri, verstärken läßt, Beobachtungen, 
die für die Pathogenese und die Immunitätsverhältnisse der Paralyse nicht 
bedeutungslos sind (1). 

Schließlich wurde noch gewissen einfachen Untersuchungsmethoden der 
inneren Sekretion und des vegetativen Nervensystems (Adrenalinaugenprobe, 
Bestimmung der Blutgerinnungszeit, Blutbild usw.) ganz besonders bei nerven¬ 
kranken Kriegsteilnehmern Beachtung geschenkt, insbesondere nach der 
Richtung der praktischen Bedeutung hin. 

1. lieber Xoguchis Luotinreaktion mit besonderer Berücksichtigung der Spätlues des 
Zentralnervensystems. Berl. klin. Woch. No. 1. 

2. Uebor den heutigen Stand der Liquordiagnostik. Münch, med. Woch. No. 4. 

3. Praktisches und Theoretisches zum Dialvsierverfahron. Formentforschung. Bd. I. H. 3. 

4. Zur Frage der Bedeutung des Dialysiorverfalirons nach Abdorhaldon für die Psychiatrie. 
Münch, med Woch. No. 39. 

5. Untersuchung tuberculös-meningitischer Punktionsflüssigkoiten mit Hilfe der Nin¬ 
hydrinreaktion. Münch, med. Wooh No. 40. 

(». Die Luesdiagnostik in Blut- und Rückenmarksflüssigkeit. Dermatol. Woch. Bd. 61. 

7. (mit Jacobsthal) Uober Untersuchung dos Liquor cerebrospinalis mit Mastixlösungen. 
Hamburger Ärztekorrespondenz vom 9. Januar 191(5. No. 2. 


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Die Kriminalität der Jugendlichen. 


XXXI 


Die Kriminalität der Jugendlichen 

(mit Berücksichtigung der Kriegsverhältnisse). 

Von Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 


Die Kriminalität der Jugendlichen hat nach allgemeinen Feststellungen 
während des gegenwärtigen Krieges erheblich zugenommen. Wer sich mit 
den Ursachen der Kriminalität des jugendlichen Alters näher vertraut gemacht 
hat, kann sich darüber nicht wundern. Diese Ursachen sind meiner Über¬ 
zeugung nach ganz wesentlich äußere, und da der Krieg die äußeren Ursachen 
in vieler Hinsicht vermehrt hat, so muß das Resultat dementsprechend sein. 

Nach meiner Erfahrung, die sich auf ein Material von nahezu 1500 
Fällen stützt, sind die wesentlichen Ursachen der jugendlichen Kriminalität 
folgende: Schlechte äußere Lebensverhältnisse, schlechte oder mangelhafte 
Erziehung, der brutale Kampf ums Dasein nach der Schulentlassung, mangel¬ 
hafte geistige Reife (resp. Geistesschwäche) verbunden mit Willensschwäche, 
und das jugendlich gesteigerte Triebleben. Alles andere ist neben diesen 
Faktoren von untergeordneter Bedeutung. Zu dieser Behauptung komme 
ich auf Grund folgender Erfahrungen: 

1. Von den 1500 Jugendlichen gehören 1—2% Familien an, die sich 
in guten ökonomischen Verhältnissen befindeu und etwa 25% solchen, die 
in auskömmlichen Verhältnissen leben. Die übrigen befinden sich in nicht 
auskömmlicher oder in direkt ärmlicher Lebenslage. In den polizeilichen 
Ausweisen findet mau den typischen Vermerk: „Vermögen ist nicht vor¬ 
handen“. Die Mehrzahl der Väter dieser Jugendlichen sind kleine Beamte, 
kleine Handwerker oder Tagesarbeiter. Die Wohnungen bestehen meist 
aus einem Zimmer und einer Küche, in etwa einem Drittel der Fälle aus 
zwei Zimmern und einer Küche und in ganz vereinzelten Fällen aus noch 
mehr Räumen. Ziemlich die Hälfte der untersuchten Jugendlichen befand 
sich in einem mangelhaften Ernähnmgszustande. 

2. Die Erziehung der Kinder und Jugendlichen liegt wesentlich in 
den Händen von 4 Faktoren: a) des Vaters, b) der Mutter, c) der Schule 
und d) der Spiel- resp. Arbeitsgenossen. Für die Schule tritt später die 
Fortbildungsschule und der Lehrmeister resp. der Geschäftsinhaber ein. 

Da der Vater in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle den Tag über 
von Hause fort ist, so übt er auf die Erziehung der Kinder nur gelegentlich 
Einfluß aus. Er ist die Kraftpersou, welche die Exekutive ausübt, und er 
übt sie gewöhnlich mit solcher Kraft aus, daß die Kinder mehr Angst als 
Achtung vor ihm haben. Die Mutter ist die abgehetzte häusliche Arbeits¬ 
magd; ihre Kräfte werden vom Kindergebären, der materiellen Kinderpflege, 
den häuslichen Arbeiten, den Sorgen um das ganze Hauswesen so aufgesogen, 
daß sie sich dem geistigen Fortschritte der Kinder wenig widmen kann. 
Gegen die Mädchen ist sie gewöhnlich zu streng, indem sie sie schon in zu 
frühem Alter zu harter Arbeit anhält, gegen die Knaben umgekehrt ist sie 
zu nachsichtig und zu schwach; sie ist froh, wenn sie von ihnen keinen 
Ärger hat. Die Mehrzahl der Eltern hat von Kindererziehung kaum mehr als 
eine instinktartige Ahnung. Sie erziehen nach der Schablone und nach der 
eigenen Bequemlichkeit, sie urteilen zu schnell und zu oberflächlich über 
die seelischen Lebensäußerungen des Kindes, sie legen bei der Beurteilung 
der Handlungen ihres Kindes einen Maßstab an, der ihrer augenblicklichen 
Laune oder ihrem eigenen oft unreifen Urteile entspricht. Entweder sie 
fühlen sich ratlos den Kindern gegenüber und lassen alles geschehen, wie es 
geschieht, oder sie bekämpfen alle sogenanuten Unarten mit brutaler Gewalt. 


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XXXII 


Die Krimioalität der Jagendlicheo. 


Die Volksschule in der Großstadt ist eine Massenabfütterungsanstalt mit 
geistiger Nahrung. Wie bei allen Großbetrieben tritt eine Mechanisierung 
an die Stelle individueller Fortbildung. Die Lehrer urteilen und lehren nach 
einem ihnen vorgeschriebenen Durchschnittsschüler, der den staatlich fest¬ 
gesetzten Lehrstoff in einer bestimmten Zeit verdauen muß. Von Kinder¬ 
psychologie hat die Mehrzahl der Lehrer und Lehrerinnen nur eine nebel¬ 
hafte Vorstellung. Auf die Eigenart und Feinheit der kindlichen Psyche 
können sie keine Rücksicht nehmen; so tritt gewöhnlich an die Stelle liebe¬ 
voller Einfühlung ein öder gleichmachender Zwang, der auf das Kindergemüt 
niederdrückend, jedenfalls nicht befreiend wirkt. 

Von den außerhäuslichen Erziehungslehrkräften steht im späteren Leben 
der Lehrmeister wesentlich höher als der Arbeitgeber. Der erstere, wenn 
er ein gewissenhafter Mensch ist, gibt sich gewöhnlich redliche Mühe mit 
dem Lehij ungen, schon weil er später davon eigenen Vorteil hat. Das 
Verhältnis hingegen zwischen Arbeitgeber und seinem Arbeitsburschen ist 
zumeist ein ganz seelenloses; es wird gemeinhin nur beherrscht von dem 
gegenseitigen materiellen Nutzen. 

Einen ungemein großen erziehlichen Einfluß nach der guten und 
schlechten Seite üben die Kinder, Schüler, Arbeitsburschen gegenseitig auf¬ 
einander aus. Bei den kriminellen Handlungen der Jugendlichen spielt dieser 
schlechte Einfluß in mindestens zwei Drittel der Fälle eine überragende Rolle. 

3. Der Jugendliche wird zu früh in den Kampf ums Dasein gestoßen, 
er ist für ihn körperlich und geistig nicht genügend vorbereitet, nicht genug¬ 
sam gestählt. Infolgedessen wird er hin- und hergewirbelt und alle Augen¬ 
blicke aus dem Geleise gebracht. Ist dies der Fall, so sind ihm die Sub¬ 
sistenzmittel abgeschnitten; das führt ihn nur zu oft dahin, auf Mittel zu sinnen, 
wie er das Vakuum schnell ausfüllen kann; Angst, Not, Willensschwäche 
und Verleitung durch andere führen ihn dann auf den unredlichen Weg. 

4. Der Jugendliche besitzt eine physiologische geistige Unreife und 
eine physiologische psychopathische Konstitution. Aus beiden kommt er 
ganz allmählich heraus. In der Zeit zwischen dem 12. und 18. Lebensjahre 
befindet er sich noch mitten in dieser Verfassung resp. am Ende der Meta¬ 
morphose. Das Strafgesetz berücksichtigt zwar dieses Alter, aber noch zu wenig. 

Die Zahl der pathologischen Psychopathen, d. h. der seelisch wesentlich 
Abnormen, ist eine geringe im Verhältnis zur Gesamtzahl der Kriminellen. 
Die Zahl der Debilen ist aber eine verhältnismäßig große. Von meinem 
Material ist etwa nur die Hälfte der Kinder in der Volksschule weiter als 
bis in die dritte Klasse gekommen. 

Es gibt keinen geborenen Verbrecher. Es gibt nur vereinzelte Kinder 
mit abnormer Konstitution und abnormer Triebhaftigkeit. Diese müssen 
früh erkannt und in besonderen Anstalten erzogen werden. Alle Kinder 
aber sind bis zu einem gewissen Alter (bis ca. 18. J.) physiologische Psycho¬ 
pathen, d. h. ihr Seelenleben ist ein schwankendes und ihre Triebhaftigkeit 
gesteigert. Hinzu kommt die jugendliche Unerfahrenheit, Sorglosigkeit, die 
Unreife des Urteils und die Willensschwäche. Das sind keine sittlich schlechten 
Eigenschaften, sondern Mängel der Veranlagung resp. des Alters, für welche 
das Kind nicht verantwortlich ist. Diese Mängel können bei guter Lebens¬ 
haltung, bei vernunftgemäßer Erziehung allmählich gehoben werden. Nur die 
schlechten ökonomischen Verhältnisse, die mangelhafte Erziehung, der rohe 
Kampf ums Dasein sind zumeist Ursache, daß Kinder und Jugendliche kriminell 
werden, indem es ihnen zu schwer oder unmöglich gemacht wird, sich die 
erforderlichen Hemmungen zu erwerben, die sie für den Kampf ums Dasein 
brauchen. Man muß sich eigentlich wundern, daß trotz aller Mängel eine 


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Oie Kriminalität der Jugendlichen. 


XXXIII 


im Verhältnis zur Gesamtheit geringe Zahl von Jugendlichen kriminell wird *), 
und man muß es der vorzüglichen Selbststeuerung zuschreiben, welche die 
Mehrzahl besitzt resp. sich selbst erwirbt, um trotz aller Unzulänglichkeiten 
der Lebenshaltung und Erziehung unversehrt sich im Daseinskämpfe zu er¬ 
halten. Eine große Zahl aber besitzt diese Selbststeuerung nur in vermin¬ 
dertem Maße. Das ist, um es nochmals zu wiederholen, kein sittlicher, 
sondern ein physiologischer Defekt. Ein solcher Defekt ist nicht zu bestrafen, 
sondern rationell von innen heraus zu bessern. 

Der Krieg hat die Kriminalität der Jugendlichen erhöht. Das ist 
keiu Wunder. Der Zusammenhalt der Familie, der freilich auch in Friedens¬ 
zeiten nur zu oft ganz locker ist, hat noch mehr gelitten. Die Väter und 
Brüder vieler Jugendlichen sind im Felde. Bei ca. einem Drittel der von 
mir untersuchten Jugendlichen steht der Vermerk, daß der Vater im Felde ist. 

Die Erziehung in Haus und Schule leidet noch mehr. Der Kampf ums 
Dasein ist noch schwieriger geworden. Die Folge ist ein überall schwankender, 
unsicherer Boden für den Jugendlichen und das Straucheln aller derjenigen, 
die aus sich selbst heraus die Steuerung nicht erlangen können. 

Während die Zahl der Delikte während der Kriegszeit sich vermehrt 
hat, haben die Arteu der straffälligen Handlungen und die Motive sich kaum 
geändert. Nur im Beginn des Krieges war eine Steigerung des phantastischen 
Wander- und Tatentriebes bemerkbar, der das Motiv zur kriminellen Hand¬ 
lung abgab, resp. der Wunsch, weniger die Gefahren des Kriegslebens zu 
teilen, als kleine Abenteuer zu erleben und die Wohltaten und Ehren¬ 
bezeugungen mit zu genießen, die den Kriegern allerorts von der Bevölkerung 
erwiesen wurden. Sonst hat der Krieg nichts in die Erscheinung treten 
lassen, was mir der Erwähnung wert erschiene. Unter den Delikten der 
Kriegs- wie der Friedenszeit stehen die Eigentumsdelikte an erster Stelle. 
Es überragen au Zahl die Diebstähle, Unterschlagungen und Betrügereien 
so sehr alle anderen Vergehen, daß letztere gleichsam nur ein Anhängsel 
bilden. Daran hat der Krieg nichts geändert, und konnte er ja auch nichts 
ändern. Gelegenheit macht Diebe, sagt das Sprichwort. Man kann hinzu¬ 
setzen: „Besondere Gelegenheit macht besondere Diebe.“ So waren in der 
ersten Zeit bei der Fülle der ins Feld geschickten und häufig als unbestell¬ 
bar zurückgekehrten Liebesgabensendungen diese kleineu Pakete die An¬ 
lockung für viele bei der Post aushilfsweise angeslellten Jugendlichen; so 
sind mir andrerseits in letzter Zeit wiederholt Fälle begegnet, wo Jugendliche 
andereu Leuten Geld abschwindelten unter der Vorspiegelung, daß sie ihnen 
Butter oder Fett besorgen könnten und dgl. mehr. Das sind nur Nuancie¬ 
rungen des jeweiligen Arbeitsfeldes oder Arbeitswerkzeuges, wie ja z. B. 
seit Auftreten des Fahrrades auf dem Arbeitsmarkt dieses eins der belieb¬ 
testen Objekte bei den Diebstahlsdelikten der Jugendlichen ist. 

Der Krieg hat also im wesentlichen keine Änderung der strafbaren 
Handlungen herbeigeführt, sondern nur eine Vermehrung. Er ist ein weiteres 
Beweismittel dafür, daß die Ursachen der Kriminalität der Jugendlichen 
(und damit auch der Erwachsenen) ganz wesentlich äußere sind. Daraus 
ergibt sich die Folgerung, daß eine Einschränkung der Kriminalität nur zu 
erhoffen ist von der Besserung resp. von der Hinwegräumung dieser äußeren 
Ursachen. Jedenfalls schließt die Verringerung der äußeren Ursachen auch 
eine Verbesserung der eventuellen inneren mit sich ein. 


*) In Wirklichkeit werden wohl alle Jugendlichen kriminell (ebenso wie alle Er¬ 
wachsenen), nur daß glücklicherweise nicht alle kleinen Dummheiten, wodurch sic einen 
gewissen Schaden anrichten, zur Anzeige gelangen. 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1 » 16 . 

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XXXIV 


Die Kriminalität der Jugendlichen. 


Die bisherige Bekämpfung der Kriminalität der Jugendlichen ist eine 
symptomatische uud darum unzulängliche. Die Wirksamkeit der Jugend¬ 
gerichte und ihrer Hilfsorgane ist eine höchst anerkennenswerte, aber für 
das endemische Übel unzureichende. Eine rationelle Beseitigung der jugend¬ 
lichen Kriminalität kann nur Ton der Beseitigung der Ursachen erhofft 
werden. 

Folgende Maßregeln müßten getroffen werden: 

1. Staatliche Arbeitsämter zur Beschaffung von Arbeitsgelegenheit für 
Erwachsene und Jugendliche und damit ausreichender Verdienst und aus¬ 
reichende Ernährung. 

2. Verbesserung der WohnungsVerhältnisse: möglichste Dezentralisation 
(Kleinwohnhaus mit Garten- und Feldbenutzung). 

3. Verringerung der Arbeitszeit für die Väter und möglichste Ein¬ 
schränkung der Berufsarbeit der Mütter. 

4. Gelegenheit zu geistiger und gemütlicher Fortbildung für die Eltern, 
Belehrung über das Seelenleben des Kindes und seine rationelle Pflege. 

5. Individuelle Berücksichtigung der Schüler durch Lehrer, die mit 
der physischen und seelischen Entwicklung des Kindes vertraut sein müssen. 
Staatliche Einrichtungen zur körperlichen Kräftigung und Stählung der Jugend. 

6. Einrichtung von staatlichen Berufskursen nach der Schulentlassung 
(Arbeitsschule). 

7. Absolutes Alkohol- und Tabakverbot für Jugendliche und Ein¬ 
schränkung auf ein Mindestmaß für Erwachsene. 

ö. Aufklärung über die natürliche Fortpflanzung des Menschen in 
Anknüpfung an einen umfassenderen naturwissenschaftlichen Unterricht. 
Belehrung der älteren Jugendlichen über die Gefahren des außerehelichen 
Geschlechtsverkehrs; besondere Fürsorge für das uneheliche Kind und die 
alleinstehende Mutter. 

9. Die pathologischen Psychopathen sind möglichst bei Beginn der 
Schulzeit auszusondern und in von Nervenärzten geleiteten Instituten zu 
erziehen. 

10. Die schwachbefähigten und debilen Kinder bedürfen einer speziellen 
Leitung und Fürsorge, die bis zur Mündigkeit und Selbständigkeit aus¬ 
zudehnen ist 

11. Kinder, die zu verwahrlost drohen, sind in gut geleiteten Er¬ 
ziehungsanstalten zu erziehen. 

12. Minima non curat praetor. Diesen Grundsatz sollten auch die 
Jugendgerichte befolgen und Kinder nicht für kleine Dummheiten, die ihrem 
Lebensalter entsprechen, mit einem Makel behaften. Vor dem 16. Lebens¬ 
jahr sollte kein Jugendlicher vom Gericht zur Verantwortung gezogen werden. 

13. An jedem Jugendgericht müßte ein pädagogisch und psychologisch 
erfahrener Arzt als beratender Sachverständiger mit tätig sein. 

14. Gefängnisstrafen für Jugendliche sind das Verkehrteste, was es 
überhaupt geben kann. 


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Die Stabiliaierungsmethode mit Messung des Körperwiderstandes usw. XXXV 


Die Stabili8iernn08metbode mit Messung des Körperwiderstandes 
bei der galvanischen Behandlung. 

Von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. S o m m e r-Gießen. 

im Hinblick auf die früheren Arbeiten 1 ) über das Stabilisierungsver¬ 
fahren bei der Behandlnng mit dem galvanischen Strom möchte ich an dieser 
Stelle darüber berichten, welche endgültige Form die Methode angenommen 
hat. Vorher muß ich nochmals kurz die Voraussetzungen zur Erfindung des 
Verfahrens darlegen. Schaltet man bei einem der in der Elektromedizin 
üblichen Apparate den menschlichen Körper durch Anlegung von 2 Elek¬ 
troden in den Stromkreis ein und stellt den Rheostaten so ein, daß zunächst 
eiue Stromstärke von 0,5 Mill.-Amp. auf dem Mill.-Amp.-Meter abgelesen 
wird, so bemerkt man, daß der Strom alsdann noch weiter steigt und öfter 
den Wert von 1 Mill.-Amp. und mehr, d. h. das Doppelteres Anfangswertes 
erreicht. Der Strom ist also während dieser ganzen Periode nicht konstant, 
sondern wächst im Verhältnis zum Anfangswert nicht unbeträchtlich an. 
Der Grund dieser Erscheinung ist die nach Anlegen der feuchten Elektroden 
sich allmählich verstärkeude Durchfeuchtung der Haut, wobei der Haut¬ 
widerstand herabgesetzt wird, so daß die Stromstärke bei sonst unverändert 
liegenden Verhältnissen des Stromkreises wesentlich steigt. Trifft man nun 
durch Verwendung einer Metallklemme, die durch einen Metallstöpsel kurz 
geschlossen werden kann, eine Einrichtung, nm den Körper ohne Veränderung 
in der Auflage der Elektroden ein- und auszuschalten, und schaltet man nun 
bei obigen Stromverhältuissen durch Kurzschluß an dem Stöpsel den Körper 
aus, so schlägt die Nadel bis zu einem Wert von 2—300 Mill.-Amp. aus. 
Man muß daher, bevor man den Kurzschluß macht, am Mill.-Amp.-Meter die 
500-Skala, wobei der abgelesene Wert mit 100 zu multiplizieren ist, ein¬ 
stellen, damit die Nadel Spielraum hat. Umgekehrt sinkt dieser Strom von 
ungefähr 250 Mill.-Amp., wenn man den Körper durch Entfernung des 
Stöpsels aus der Metallklemme wieder einschaltet, auf den vorher genannten 
Wert von ca. 1 Mill.-Amp. Die Stromstärke ist also bei den üblichen Ver¬ 
hältnissen der bisher in der Elektromedizin angewendeten Apparate durch 
die Einschaltung des Körpers von ca. 250 auf 1 Mill.-Amp. zurückgegangen. 
Der Grund liegt in dem sehr erheblichen Widerstand, den der 
menschliche Körper selbst bietet. Andererseits wird aus diesem Ver¬ 
hältnis verständlich, daß bei wachsender Durchfeuchtung der Haut die 
Stromstärke relativ stark ansteigen kann, weil die bei Ausschaltung 
des Körpers vorhandene Stromstärke verhältnismäßig außerordentlich hoch 
ist und sich bei Verminderung des Widerstandes der Haut eine relativ starke 
Steigerung der Stromstärke ergibt. 

Es hat sich nun gezeigt, daß, wenn man bei im übrigen unveränderten 
Verhältnissen des ganzen Systems in den Stromkreis vor den Körper einen 
stärkeren Widerstand z. B. von 10000 Ohm schaltet, die ganzen Verhältnisse 
völlig geändert werden. Schließt man den Strom durch Stöpselung an der 
Klemme für den Körper kurz und stellt dann unter Einschaltung des Wider¬ 
standes von 10000 Ohm den Rheostaten so ein, daß man am Galvanometer 
einen Wert von nur 2 Mill.-Amp. ablesen kann, so stellt sich bei nunmehriger 
Einschaltung des Körpers durch Entfernung des Stöpsels heraus, daß der 


l ) Zur Verbesserung der elektro-medizinischen Diagnostik und Therapie mit Be¬ 
merkungen von A. Des sauer in Frankfurt, Dtsch. med. Woch. 1912. Nr. 17. Elek¬ 
trische Therapie mit der Stabilisierungsmethode, Wien. klin. Rundsch. 1913. Nr. 38. 
Elektrochemische Therapie, Klin. f. psych. u. nerv. Krankh. VIII. 1913. S. 351. 

c* 


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XXXVI Die Stabilisierungsinethode mit Messung des Körperwiderstandes usw. 


Strom von 2 nur auf ungefähr 1 Mill.-Amp. gesunken ist und daß dieser 
Wert von vornherein sich als fast völlig konstant zeigt. Während 
sich vorher bei der Einschaltung des Körpers ein Stromabfall von 250 auf 
ca. 1 Mill.-Amp. zeigte, beträgt der Verlust an Stromstärke nuumehr nur 
1 Mill.-Amp. Der Maximalwert, auf den die Stromstärke steigen könnte, 
wenn der Widerstand des Körpers gleich 0 würde, was praktisch unmöglich 
ist, würde nunmehr nur 2 Mill.-Amp. betragen. In Wirklichkeit ist der 
Anstieg unter diesen Verhältnissen auch bei stärkerer Durchfeuchtung der 
Haut verhältnismäßig ganz verschwindend, so daß hierbei fast völlig 
konstante Stromverhältnisse vorliegen. 

Mein Verfahren beruht also darauf, bei der Anwendung des galvanischen 
Stromes auf den menschlichen Körper einen verhältnismäßig großen Wider¬ 
stand vorzuschalten, um möglichst konstante Stromverhältnisse zu erhalten 
und den besonders z. B. bei Elektrisierung am Kopf öfter sehr peinlichen 
Anstieg des Stromes bei wachsender Durchfeuchtung im Falle der Anwendung 
der üblichen Apparate, durch diese Einrichtung zu verhindern. Zu gleicher 
Zeit ergibt sich hieraus die Forderung, den Widerstand des menschlichen 
Körpers beider Anwendung des elektrischen Stromes eingehend 
zu berücksichtigen. 

Diese Gründe haben mich auf der Grundlage der früheren Arbeiten zu 
folgender Einrichtung des Stabilisierungswiderstandes geführt, der nach Be¬ 
lieben an jedem sonst käuflichen Apparat angeschlossen werden kann 1 ). 

Der Apparat besteht zunächst aus einem Metalldrahtwiderstand, auf 
welchem eine metallische Spange gleitet, deren Stellung vom O-Punkt aus an 
einer über der Rolle angebrachten Skala abgelesen werden kann. Dieser 
Apparat wirkt also bei Einschaltung in den Strom als Widerstand von be¬ 
liebig einstellbarer Größe. Die Beziehung der Stellung der Spange zu der 
Größe des Widerstandes ist in folgender Tabelle dargestellt: 


Stellung 

Widerstand 
in — j 

Stellung 

Widerstand 

in ^ 

1 

3200 

14 

44800 

2 

6400 

15 

48000 

3 

96C0 

16 

51200 

4 

12800 

17 

54400 

5 

16000 

18 

570G0 

6 

19200 

19 

60800 

7 

22400 

20 

64000 

8 

25600 

21 

67200 

9 

28800 

22 

7040) 

10 

32000 

23 

73600 

11 

35200 

24 

76800 

12 

38400 

25 

80000 

13 

41600 j 




Im übrigen ist der Apparat in folgender Weise eingerichtet: Die Rolle 
mit dem Widerstand ist auf einer Holzplatte montiert, an der sich links 
und rechts je eine Polklemme für Anode und Kathode des Batteriestromes 
befindet. Es ist nun folgende Einrichtung getroffen, um eine beliebige 
Ein- oder Ausschaltung einerseits des Vorschaltwiderstandes, 
andererseits des Körpers zu ermöglichen. An der Vorderseite des 
Brettes befinden sich 2 metallische Klemmen, K (Körper) und W (Wider¬ 
stand), die so eingerichtet sind, daß bei Einschaltung eines metallischen 


1 ) Zu beziehen durch die Veifa-Worke in Frankfurt a. M. 


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Die Stabiliaierungsmethode mit Messung des Körperwiderstandes usw. XXXVII 


Stöpsels der Strom durch die Klemmen hindurchgeht (Kurzschluß). Ferner 
befinden sich auf den beiden Teilen jeder Klemme kleinere Polklemmen, an 
welchen die Leitungen zum Körper und zu dem Vorschaltwiderstand ange¬ 
schlossen sind. Der Batteriestrom ist an den Hauptklemmen angeschlossen. 
Stecken an den Metallklemmen K und W die Stöpsel drin, so geht der 
Strom durch die beiden Metallklemmen ohne weiteres hindurch, so daß in 
diesem Fall sowohl der Vorschaltwiderstand als auch der Körper ausgeschaltet 
ist Ist der Stöpsel bei der Klemme K herausgenommen, ist also der Kurz¬ 
schluß an dieser Stelle beseitigt, so geht der Strom, wenn vorher der Körper 
an die beiden Teile der Stöpselklemme K angeschlossen ist, durch diesen 
hindurch. In diesem Fall ist also der Vorschaltwiderstand ausgeschaltet, 
und wir haben die Verhältnisse wie sonst beim Galvanisieren mit den üblichen 
Apparaten. Löst man jedoch nunmehr auch den Stöpsel der Metallklemme 
W, an deren beiden Teilen der Vorschaltwiderstand angeschlossen ist, so ist 
nunmehr dieser mit dem Körper in den Strom eingeschaltet. Fügt man nun 
den Stöpsel an der Klemme K ein, so wird dadurch der Körper ausge¬ 
schaltet, und es ist nur der Vorschaltwiderstand in einer durch die Spange 
regulierbaren und auf der Skala ablesbaren Stärke eingeschaltet. 

Praktisch wird der Apparat so gehandhabt, daß zunächst ein Wider¬ 
stand von z. B. 16000 Ohm eingeschaltet und der Stöpsel bei W gelöst wird. 
Man arbeitet alsdann mit einem Vorschaltwiderstand von 16000 Ohm. Hier¬ 
bei bekommt man, wenn das System vorher bei Ausschaltung des Körpers 
und des Vorschaltwiderstandes eine Stromstärke von 260 Mill.-Amp. gezeigt 
hat, eine Stromstärke von ca. 2 Mill.-Amp. Schaltet man nun durch Ent¬ 
fernung des Stöpsels bei K den Körper ein, so sinkt die Stromstärke unge¬ 
fähr auf 1 Mill.-Amp. und bleibt dann fast völlig konstant. Will man diesen 
Strom von 1 Mill.-Amp. nicht plötzlich durch den Körper durchgehen, sondern 
allmählich bis zu 1 Mill.-Amp. oder mehr anwachsen lassen, so schaltet man 
zuerst den ganzen Widerstand von 80000 Ohm vor und schwächt dieseu 
allmählich durch Verschiebung der Spange bis zur Stellung 5, d. h. bis 
16000 Ohm ab. 

Man kann nun diesen Apparat außer zur Stabilisierung des Stromes 
auch in sehr einfacher Weise dazu verwenden, um den Körperwiderstand 
zu messen. Dies geschieht in folgender Weise: Man schaltet zunächst 
durch Stöpselung bei W den Vorschaltwiderstand aus und durch Entfernung 
des Stöpsels bei K den Körper ein, läßt sodann den Strom ansteigen, bis die 
Stromstärke 1 Mill.-Amp. beträgt; sodann schaltet man den Körper durch 
Stöpselung bei K aus, schaltet durch Entfernung des Stöpsels bei W den 
Widerstand ein und reguliert an diesem so lange, bis die Stromstärke 
wiederum wie vorher 1 Mill.-Amp. beträgt. Die Stellung an der Skala 
des Apparates zeigt dann ohne weiteres an, welcher Widerstand 
dem Körperwiderstand entspricht. Berücksichtigt man den Anstieg, 
den das Galvanometer bei Einschaltung des Körpers anzeigt, indem der 
Ausschlag z. B. von 0,5—1 Mill.-Amp. wächst, so kann man in entsprechender 
Weise feststellen, innerhalb von welchen Werten sich der Wider¬ 
stand des Körpers geändert hat. Der Stabilisierungsw r iderstand 
kann somit gleichzeitig zur Messung des Körperwiderstandes 
benutzt werden. 

Die praktische Anwendung des Verfahrens bei der galvanischen Be¬ 
handlung ermöglicht es, einen völlig konstanten Strom längere Zeit ohne 
die Gefahr eines weiteren Ansteigens einwirken zu lassen und führt dadurch 
in das Gebiet der elektrochemischen Therapie. 


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Referate. 


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Untersachongsmethoden des Nervensystems. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. • 


1. Alter, Zur mikroskopischen Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit. D. m. W. 
41 . (48.) 1430. 

2. Ask, Fritz, Eine kleine Bemerkung zur Schnittserienmethode von Suzuki. Zeitsohr. 
f. wissenschaftl. Mikroskopie. 1914. Bd. 31. H. 3. p. 367. 

3. Cajal, Ram6n v. Eine neue Methode zur Färbung der Neuroglia. Neurol. Centralbl. 
No. 3. p. 82. " 

4. Derselbe, Contribucion al conoscimiento de la neuroglia del cerebro humano. Trab, 
d. Lab. d. Invest. Biol. Madrid. T. 11. faso. 4. 

5. Giannelli, A., Modificazione del metodo Giacomini per la conservazione dell*enoefalo. 
Policlinico. March. Med. Sect. No. 3. 

6. Lerne hon, B., A New Way of Staining Cells in the Cerebrospinal Fluid. Medical 
Record. Vol. 88. H. 11. 8. 443. 

7. Po llak, E., Beitrag zur Färbetochnik der Neuroglia. Zsohr. f. wiss. Mikroskopie. 
32. (2.) 137. 

8. Röthig, Paul, Weitere Erfahrungen über Vital-Scharlach VIII. Neurol. Centralbl. 
No. 7/8. p. 265. (cf. Jahresbericht Bd. 18. p. 6.) 

9. Stuurman, F. J., Die Herstellung und Färbung von Serienpräparaten der Gehirne 
kleiner Tiere. Zschr. f. wiss. Mikroskopie. 32. (2.) 152. 

10. Tello, I. Francisco, Algunas experiencias de ingertos nerviosos con nervios conser- 
vados in vitro. Trabajos Labor, de investigac. biol. Univ. Madrid. 1914. T. 12. 
p. 273—284. 

11. Unna, P. G., Chemie der Zelle. Festsohr. d. Eppendorfer Krankenhauses z. Feier 
seines 25jährigen Bestehens. 1914. p. 233. Verlag: Leop. Voß. 

12. Derselbo, Eine gute Doppolfärbung für gewöhnliche und saure Kerne. Zeitschr. f. 
wLsFenschaftl. Mikroskopie. 1914. Bd. 31. H. 3. p. 289. 

13. Derselbe, Die Sauerstoff orte und Roduktionsorte. Eine historische Studie. Aroh. f. 
mikroskop. Anatomie. Bd. 87. p. 144. 

14. Van^sek, F., Über pharmakologische Untersuchungsmothoden dos Nervensystems. 
Lekarske Rozhledy. Abt. f. Pharmakol. 22. 238. (Böhmisch.) 


Von den folgenden Arbeiten sind besonders hervorhebenswert die¬ 
jenigen Unnas über die mikrochemischen Bestandteile der Zelle und die 
Neurogliamethode Ramou y Cajals. 

Stuurman (9) teilt seine Erfahrungen mit, die er bei der Herstellung von 
Schnittserien und der Färbung derselben nach Nissl, Unna-Pappenheim, 
Weigert-v. Gieson, Cajal, Bielschowsky und einer Markscheidenfärbung 
gemacht. Die Präparate wurden eingeschlossen in Kanadabalsam ohne Deck¬ 
glas, um Entfärbung zu vermeiden; später wurde der Kanadabalsam über¬ 
schichtet mit Gelatine zum Ölimmersionsgebrauch. 

Für die Markscheidenfärbung wurden Paraffinschnitte mittels einer 
eigenen Methode in einem Zelloidinfilm vereinigt. ( [Selbstbericht .) 

Ask (2) empfiehlt die Numerierungsmethode von Suzuki mittels japa¬ 
nischer Tusche; nur auf einer stürmischen Seereise, die er machte, war die 
Tasche dadurch, daß die Schnitte aneinander sich stark gerieben hatten, stark 
abgeschabt. 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1016. 

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2 


Unterauchungsmethoden des Nervensystems. 


Unna (11) gibt eine kurze Übersicht über die Bestandteile des Zell* 
kems und Zellprotoplasmas, wie wir sie allmählich durch die Forschungen 
von Schleiden und Schwann, Flemming, Altmanu und Benda, 
Arnold, Heidenhain und Ehrlich, durch Bütschli und andere ge¬ 
wonnen haben. Im Gegensatz zu den von diesen Autoren im Zellproto¬ 
plasma gefundenen Granula, Flasmosomen, Mitochondrien usw. teilt Unna 
das Zellprotoplasma ein in das Spongioplasma uud Granoplasma. ln 
diesen beiden Bestandteilen haben wir zwei ubiquitäre Protoplasmateile von 
ganz verschiedenem physikalischen und tinktorieUen Charakter, die in ihrer 
innigen Verbindung die formgebende Hauptmasse des Zellleibes darstellen. 
Von beiden ist das Spongioplasma der wichtigste, weil nie fehlende Teil, 
wie es denn auch in der Entwicklung der Tierreihe zuerst allein vorhanden 
war. Die niedersten Tierformen besitzeu noch kein Granoplasma. Das 
Granoplasma hat nichts zu tun mit den kugelrunden isolierten Granula von 
Ehrlich, Arnold und Altmann, obwohl beide in denselben Hohlräumen des 
Spongioplasmas liegen. Dagegen spielt die Granoplasmafüllung der Waben 
des Spongioplasmas eine bedeutsame Rolle in den meisten Drüsenepithelien 
und Nervenzellen. In diesen letzteren wurde es durch Nissl (1894) be¬ 
schrieben. In der leichten Trennung dieser beiden hauptsächlichen Proto¬ 
plasmateile, z. B. schon durch Wasser, ist auch zum ersten Male die Mög¬ 
lichkeit gegeben, einen Einblick in die Chemie des Gesamtprotoplasmas zu 
gewinnen, was nicht möglich war, solange man beide Teile, die sich in allen 
Richtungen so extrem verschieden verhalten, als eine einheitliche Substanz 
ansah. Die Chemie der Zelle erschließt sich mit Hilfe der spezifischen 
Färbung der Gewebselemente. 

Es kommen dabei nur solche Färbungen zur Anwendung, welche das 
betreffende Element in einer von seiner Umgebung abweichenden Farbe, 
d. h. spezifisch darstellen, so daß sein Vorhandensein im Schnitte oder sein 
Verschwinden sofort sicher erkannt werden kann. Ist eine solche spezifische 
Färbemethode bekannt oder eigens hierfür gefunden, so läßt man eine große 
Anzahl von Lösungsmitteln auf die betreffenden Gewebsschnitte einwirken 
und notiert, welche von ihuen die Lösung des betreffenden Elements be¬ 
wirken. Es ist erwünscht, aber durchaus nicht DÖtig, daß auch das Lösungs¬ 
mittel ein spezifisches sei. Der Autor illustriert das Gesagte nun an einzelnen 
Beispielen. Was die Methode bisher für die Zellchemie geleistet hat, läßt 
sich kurz in folgendem Satze aussprechen: Alle morphologischen Bestand¬ 
teile der Zelle bestehen aus Kombinationen von basischen und sauren 
Eiweißen, welche sich nicht nur durch ihre Reaktion und Tingibilität, 
sondern auch durch ihr Verhältnis zum Sauerstoff unterscheiden. Saure 
Eiweiße ohne basische Grundlage sind bisher in den Zellen nicht vor¬ 
gefunden, wohl aber findet sich umgekehrt diese Grundlage allein (so bei 
den Protisten). Diese basische Grundlage, welche selbst konzentrierter 
Salzsäure in der Kälte widersteht, zusammen mit den in dieser Säure leicht 
löslichen „oxyphilen (basischen) Substanzen“ bilden dasjenige Zellgerüst, 
welchem die reduzierenden Eigenschaften jeder Zelle zukommen; und da sie 
in keinem Zellolement nach den bisherigen Untersuchungen ganz fehlen, so 
reduzieren in geringem Grade wenigstens auch alle Zellelemente, d. b. sie 
nehmen in Kalipermangauat eine schwach gelbliche oder bräunliche Färbung 
an. Besonders schwach wird das Permanganat an den Sauerstofforten redu¬ 
ziert, d. h. an denjenigen Zellelementen, welche neben der basischen Grundlage 
viel saures Eiweiß enthalten und daher Sauerstoff speichern können, so die 
Kerne, die Keimschichten, die Mastzellen und Plasmazellen, die Ganglien, 
der Knorpel usw. Diese Orte hinwieder, in denen die reduzierende Kraft 


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UntersachaDgsmethoden des Nervensystems. 


3 


bis auf ein Minimum reduziert ist, sind es, welche Rongalitweiß bläuen. 
Es ist vielleicht das wichtigste bisherige Resultat der chromolytischen Analyse, 
daß sich ergeben hat, daß jedes Zellelement sich als ein Mosaik von sauren 
und basischen sauerstoffspeichernden und -verzehrenden Eiweißen darstellt, 
in welchen diese Eigenschaften nebeneinander bestehen können, ohne sich 
gegenseitig aufzuheben. 

Die Färbung von Nervenmaterial mit Rongalitweiß geschieht nach 
Angaben von Unna (13) folgendermaßen: Man untersucht die trocken auf 
Eis gelegten Gewebsstücke 24 Stunden nach dem Tode. Das Gewebsstück 
muß unter der Wasserleitung von Blut befreit werden. Muß die Unter¬ 
suchung aufgeschoben werden, so bringt man die Stücke in einer Petri¬ 
schale auf eine 5 mm hohe Salzschicht von gleichen Teilen Kochsalz und 
Kalichlorat, die man mit so wenig Wasser bedeckt, daß die Stücke feucht 
in konzentrierter Salzlösung liegen, und stellt die Petrischale auf Eis. Die 
frischen Gewebsstücke werden direkt mit dem Gefriermikrotom geschnitten 
(die auf Salz konservierten müssen vorher gut und möglichst rasch durch 
Auswaschen vom Salz befreit werden). Die Gefrierschnitte sollen nicht 
unter 25 p sein. Färbung: Man hält sich 100 g einer ^prozentigen 
Lösung von Methylenblau vorrätig, die man mit ca. 7 Tropfen einer 25pro- 
zentigen Salzsäurelösung eingesäuert hat. Von dieser werden 10 ccm in 
einem Reagierglas mit 0.3 Rongalit gelinde erwärmt, bis Entfärbung auftritt. 
Zu starkes Erhitzen muß wegen möglicher Zersetzung des Rongalits ver¬ 
mieden werden. Es resultiert eine nahezu wasserhelle Lösung; ist dieselbe 
nach dem Erkalten etwas trübe, so ist sie vor dem Gebrauch zu filtrieren. 
Diese Lösung von R. W. hält sich mehrere Tage, muß aber vor jedesmaligem 
Gebrauche zur Vermeidung von Niederschlägen wieder filtriert werden. 
Färbung in einem Glasschälchen in etwa 2 Minuten. Man überträgt die 
Schnitte einzeln mit stumpfer Glasnadel unter beständiger Bewegung in eine 
größere Schale mit abgekochtem Wasser. Die starke Bewegung hat den 
Zweck, die Schnitte möglichst rasch und vollständig vom Überschuß an 
R. W. zu befreien, evtl, wiederholt man die Wässerung. Die Bläuung des 
aufgenommenen Leukomethylenblaus geschieht erst nach einigen (bis zehn) 
Minuten. Um den Schnitt darf sich während des Auswaschens keine bläu¬ 
liche Wolke bilden, die ein'Zeichen ungenügender Bewegung des Schnittes 
und Bildung von Methylenblau im Waschwasser ist. Ist der Schnitt deut¬ 
lich gebläut, so fängt man ihn mit dem Objektträger auf, läßt ihn an der 
Luft trocknen und bedeckt ihn dann mit einem Deckglase, welches mit 
einem Tropfen neutralen Balsams (Grübler) versehen ist. 

Die von Unna (i2) angegebene Färbung der sog. sauren Kerne ist 
folgende: 1. Die Alkohol-Zelloidin-Schnitte kommen fünf Minuten in die 
Böhmer sehe Mischung von Hämateinlösung und Alaun und werden 2. so 
lange in Loitungswasser gespült (etwa 10 Minuten), bis sie reinblau erscheinen. 
Dann sind alle Kerne blau gefärbt. 3. In einer lprozentigen Safranin¬ 
lösung (Marke O. Grübler) werden sodann in etwa 20 Minuten alle Kerne 
rot umgefärbt 4. Abspülung in Leitungswasser. 5. Differenzierung in einer 
Mischung von Tannin (25%) und Pikrinsäure (l%o) zwei bis fünf Minuten 
je nach der geringeren und größeren Dicke des Schnittes. 6. Eine zehn 
Minuten lange Abspülung in Wasser, wobei Safranin, Tannin und Pikrin¬ 
säure nur in den Kernkörperchen und sauren Kernen haften bleiben, 
während sie aus dem übrigen Gewebe herausgespült werden, vollendet die 
Differenzierung. 

Röthig (8) macht ergänzende Angaben zu seinem Färbungsverfahren 
mit Vital-Scharlach VIII. (S. Jahresbericht Bd. XVIII p. 5.) Ist die 

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Untersuchungamethoden des Nervensystems. 


Färbung zu dunkel, so läßt man die Schnitte nach der Färbung 24 Stunden in 
TOprozentigen Alkohol, oder man verwendet von vornherein eine schwächere 
Farblösung, oder man macht beides; letzteres empfiehlt der Autor besonders 
zur Färbung der Hirnrinde. Die Methode gelingt auch gut an Paraffin- 
sohnitten. Osmiumvorhärtung ist zu vermeiden. 

Die von Cajal (3) angegebene Methode der Neurogliafärbung ist folgende: 
1. Stücke von x / 2 cm menschlichen Gehirns werden in einer Mischung von 

Formol 14 ccm 
Wasser 100 ccm 
Ammoniumbromat 2 g 

2—8 Tage gehärtet. An Stelle von Ammoniumbromat kann man auch 
Ammoniumnitrat verwenden. 2. Die Gefrierschnitte von 20 |x beläßt man 
in der Fixierungsflüssigkeit, bis man die Imprägnation vornehmen will. 

3. Schnelles Auswaschen der Schnitte (ein paar Sekunden) zweimal nach¬ 
einander in destilliertem Wasser, um den Überschuß von Formol auszuziehen. 

4. Darauf kommen die Schnitte für 4—8 Stunden in folgende Flüssigkeit, 
die vor Licht zu schützen ist: 

1 % Goldchloridlösung (Merck) 10 ccm, 

5 % Sublimatlösung 8 ccm, 
destilliertes Wasser 60—60 ccm. 

Diese Lösung muß stets frisch bereitet werden. Auf 25 ccm Goldbad soll 
man nicht mehr als 6—8 Schnitte nehmen, von denen jeder einzelne glatt 
auf dem Boden des Glasgefäßes ausgebreitet liegeu soll. (Spitze Glas¬ 
stäbchen resp. Holzspitzen beim Manipulieren.) Die Schnitte in der Gold¬ 
lösung müssen im Dunkeln gehalten werden. Die Schnitte nehmen allmählich 
eine violette Farbe an. 5. Neuerliches schnelles Auswaschen der Schnitte in 
reichlicher Menge von destilliertem Wasser. 6. Darauf Fixierung in folgender 
Flüssigkeit: 

Natriumhyposulfat 10 g, 

destilliertes Wasser 120 ccm, 

konzentrierte Lösung von Natrinmbisulfat 6 ccm. 

Man gießt am besteu zunächst die Lösung des Natriumhyposulfats in ein 
Porzellan- oder Glasschälchen, taucht die Schnitte hinein und säuert dann 
die Flüssigkeit mit 2—3 Tropfen von Natriumbisulfat an; denn durch ihre 
Alkaleszenz würde sonst die Struktur des Gewebes aufquellen und stark 
gedehnt worden. 7. Nachdem die Schnitte etwa 15 Minuten im Fixierbad 
verweilt haben, wäscht man sie zweimal in 4Üproz. Alkohol aus. Dann bringt 
man sie auf einen Objektträger, saugt die überschüssige Flüssigkeit mit 
reinem Fließpapier ab und entwässert mit einigen Tropfen absoluten Alkohols. 
8. Auf hellen der Schnitte durch Nelkenöl oder Origanumöl, Entfernung des 
Ols durch Xylol und endlich Einschluß in Kanadabalsam. 

Der Grundton der Färbung ist rotviolett oder purpur. Hellrosa- oder 
Helllilafärbung ist stets ein Zeichen ungenügender Färbung. Die Neuroglia- 
zellen präsentieren sich bei Oliramersion (Zeiß Apochromat 1,30) bis in 
ihre feinsten Ausläufer schön purpurrot gefärbt und heben sich deutlich 
vom ungefärbten Grunde ab. Die Nervenzellen und ihre Ausläufer färben 
sich schwach mit, sind sie stark gefärbt, so ist das ein Zeichen, daß die 
Schnitte zu lange im Sublimat-Gold-Bad geblieben sind. Je frischer das 
Nervengewebe war, um so besser fällt die Färbung aus. Will man eine 
ausschließlicbe Färbung der Weigertscben Fibrillen erhalten, so nimmt man 
statt der Formol-Bromammonium-Mischung Formol 14 ccm, Wasser 100 ccm, 
Karbamidnitrat 2 g (oder bis zur Sättigung). Diese Sublimat-Gold-Reaktion 


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(Jnterrachungsmethoden des Nervensystems. 


5 


gibt besonders bei der menschlichen Hirnrinde gute Resultate. Sie hat den 
Vorzug, daß weder mesodermale Zellen, noch Kollagenbttndel, noch die 
dendritischen Neuronenausläufer mitgefärbt werden. 

Pollak (7) hat eine Verbesserung der Malloryschen Gliamethode 
ausgearbeitet; sie besteht in folgenden Prozeduren: 1. Fixierung der Stücke 
in lprozentiger Pikrinsäure durch 5—6 Tage bei 37°, dann in ßprozentigem 
Ammonbichromat 5—6 Tage bei 37 °. 2. Übertragen der Stücke in stei¬ 

gendem Alkohol. 3. Einbetten in Zelloidin. 4. Schneiden (Schnitte nicht 
dicker als 10 p). 5. Vorbehandlung der Schnitte, a) in y 8 proz. Kalium¬ 

permanganat durch 5 Minuten, b) Auswaschen in dest. Wasser, c) Über¬ 
tragen in lproz. Oxalsäure für 5 Minuten, d) Auswaschen in dest. Wasser. 
6. Färbung in Mallorys Hämatoxylinlösung (Hämatoxylin 0,1; Phosphor¬ 
wolframsäure (lOproz.) 20,0; Aqua dest. 80,0, Wasserstoffsuperoxyd 0,2) durch 
etwa 20 Stunden. Bei der Farbstoffbereitung achte man auf folgendes: 
Auflösen des Hämatoxylius durch Kochen und Zusatz der in der Hitze 
gelösten Phosphorwolframsäure. Man verwende das Merksche Fabrikat. Die 
Farblösung soll 2 Tage dem Lichte ausgesetzt werden und ist nach 8 Tagen 
gebrauchsfähig. Die Farblösung kann nach der Färbung wieder verwendet 
werden. 7. Differenzierung in 30proz. alkoh. Eisenchloridlösung (frisch 
bereitete Lösung) durch 2—2y 2 Stunden evtl, unter Zuhilfenahme des 
Mikroskopes. 8. Übertragen in 95proz. Alkohol für 15 Minuten. 9. Ein¬ 
schließen. Vorhergehende Formolhärtung schadet nichts. Der Autor hat 
die Methode bisher nur am menschlichen Material versucht. 

Lemchen (6) benutzt zur Färbung der Zellen im Spinalpunktat fol¬ 
gende Flüssigkeiten: Erlöst 2 g Benzidin in 100 ccm Eisessig. Von dieser 
Lösung mischt er gleiche Teile mit gleichen Teilen von Wasserstoffsuper- 
oxydlösung. Von diesem Gemisch bringt er 5 ccm in eine Pipette und 
so viel Spinalflüssigkeit, daß in der Pipette 11 ccm sind. Nach guter Durch- 
schüttelung tut er die Flüssigkeit in die Zählkammer. Die roten Blut¬ 
körperchen werden blau und die polymorphen Zellen werden leicht gelb 
gefärbt, wobei der Kern durch den Gehalt an blauen Körnchen sichtbar 
wird. Die Peripherie der Lymphozyten färbt sich dunkelblau; auch bei den 
Plasmazellen wird die Peripherie dunkelblau, fast schwarz gefärbt, während 
die Mitte bell bleibt Aus solchem Zellbefund läßt sich in vielen Fällen 
recht schnell die Diagnose stellen. 

Alter (1) bat, um gute und schnelle Zellzählungen der Spinalflüssig¬ 
keit bewerkstelligen zu können, sich Glasrähmchen hersteilen lassen, welche 
einen Innenraum von genau 1 ccm besitzen. Diese Rähmchen, die an den 
schraffierten Flächen oben und unten angeätzt sind, werden zum Gebrauch 
auf Objektträger gestellt und an diesen durch Umstreichen mit überhärtetem 
Paraffin fest geklebt. Der Liquor, der mikroskopisch untersucht werden 
soll, wird in gleichen Teilen einer frisch hergestellten lOprozenigen Formalin¬ 
lösung aufgefangen, am besten in kleinen graduierten Reagenzgläschen. Man 
kann die Mischung, die in jedem Falle gründlich bewirkt werden muß, auch 
unmittelbar in der Spritze hersteilen. % ccm Liquor genügt zur Ünter- 
suchung; ein ganzer gestattet, zwei Rähmchen anzusetzen. Das Beschicken 
der Rähmchen geschieht wieder am besten mit der Spritze. Die beschickten 
Kästchen bleiben mindestens 4 Stunden bei Zimmertemperatur unter der 
Glasglocke stehen, dann wird die Flüssigkeit mit einem Baumwollfaden ab¬ 
gehebert, der ganze Apparat in den Thermostaten 37° gestellt, bis er voll¬ 
kommen trocken ist, und schließlich einen Aagenblick in den Thermostaten 55 °, 
wonach sich der Rahmen glatt abheben läßt. Nach kurzem Eintauchen in 
Xylol zur Entfernung der Paraffinreste wird das Präparat in der üblichen 


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Anatomie des Nervensystems. 


Weise gefärbt. Das Verfahren ergibt gute Zellbilder und gestattet eine 
genaue Auszählung der Zellen. Bei Vergrößerung Zeiß 386 ergeben sich 
iin normalen Liquor 0,5—0,7 Lymphozyten im Gesichtsfeld. 


Anatomie des Nervensystems. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Achücarro, N., Contribucion al estudio gliotectonico de la corteza cerebral. El asta 
de Ammon y la fascia dentata. Trabajos Labor, de investigac. biol. Univ. Madrid. 
1914. T. 12 p. 229—272. 

2. Agduhr, Erik, Anatomische, statistische und experimentelle Untersuchungen über 
N. medianus und N. ulnaris, besonders deren motorisches Innervationsgebiet im Vorder¬ 
arm von Equidä, Cervidä, Bovidä, Ovidä, Suidä, Canidä und Felidä, speziell von Haus¬ 
tieren, nebst einigen Bemerkungen über die Muskulatur desselben Gebietes und über 
N. musculo-cutaneus. Anatomische Hefte. 158. Heft. (52. Bd., H. 3.) p. 497. 

3. Autore, Pietro, Sopra un muscolo piccolo palmare biventre o flessore del dito mignolo 
nell’uomo. Monit. zool. ital. No. 11. p. 257. 

4 . Behr, Carl, Über die parenchymatöse Saftströmung im Sehnerven und in der Netz¬ 
haut. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. LXXXIX. No. 2. p. 265. 

6. Björkman, A., Bidrag tili hypofysens aldersanatomi hos kaninen. Upsala Läkare- 
förenings Förhandlingar. Ny Följd. Tjugoförsta Bandet. Häft. 1 och 2. p. 49. 

6. Black, Davidson, Brain in Primitive Man. The Cleveland Med. Joum. Vol. XIV. 
No. 3. p. 177. 

7. Boeke, J., Über den Bau und die Innervation des Musculus sphincter Pupillae und 
des Musculus ciliaris im Vogelaugo. Verslag Kon. Akad. v. Wet. (afd. Wis- en Natuurk.) 
24. April. 

8. Derselbe, Die Nervenversorgung der Iris und des Corpus ciliare bei Säugetieren (Menschen) 
und Vögeln. Ned Tijdsohr. v. Geneesk. 59 . (II.) 2449. 

9. Bo er, S. de, Der Bau und die Überdeckung der Rumpf dermatome der Katze. Verslag 
Kon. Acad. v. Wet. (afd. Wis- en Natuurk.) 24. 1033. 

10. Bogrowa, Valentine, Observations sur la structure fine de la cellule nerveuse des 
ganglions rachidiens. Journal de l’Anatomie. 1914. No. 3. p. 225. 

11. Bok, S. T., Stimulogenous Fibrillation as the Cause of the Structure of the Nervous 
System. Psych. en neurol. Bladen. Nr. 4/5. p. 393. 

12. Derselbe, Die Entwicklung der Himnerven und ihrer zentralen Bahnen. Die stimu- 
logene Fibrillation. Folia neuro-biologica. Bd. IX. H. 5. p. 475. 

13. Bo voro, Alfonso, Sülle fine struttura e sulle connessioni del ganglio vestibolare del 

nervo acustico. Mem. R. Acad. di Sc. Torino. Ser. 2. T. ß4. 1913/14. 

14. Bregmann, L. E., Neue Untersuchungen zur Kenntnis der Pyramidenbahn. 1. Der 
Anteil der Pyramide am Rückonmarksquerschnitt bei verschiedenen Tieren und seine 
Entwicklung beim Menschen. Anatom. Anzeiger. Bd. 48. H. 3. p. 75—80. 

15. Derselbe, 2. Die Obldngatapyramide des Elephanten. ebd. Bd. 48. H. 9. p. 235—240. 

16. Bretschneider, F., Neuere Untersuchungen über das Gehirn der Insekten. Natur¬ 
wissenschaft!. Wochenschr. No. 2. p. 17. 

17. Brill, Wilhelm, Untersuchungen über die Nerven des Ovariums. Arch. f. mikroskop. 
Anat. Bd. 86. H. 3—4. p. 338. 

18. Brouwer, B., Anatomische Untersuchung über das Kleinhirn des Menschen. Psychiatr. 
en neurol. Bladen. No. 1—2. p. 104. 

19. Brüel, L., Über das Nervensystem der Heteropoden. 1. Pterotrachea. Zoolog. 
Anzeiger. Bd. XLV. No. 12. p. 530. 

20. Br uni, Angelo Cesare, SuH’origine e sullo sviluppo del peduncolo faringo-ipofisario. 
Arch. ital. di Otologia. Ser. 3. Vol. 25. fase. 2. p. 124—130. 

21. Buscaino, V. M., La struttura della tiroide e le sue variazioni qualitative. Riv. di 
patol. nerv, e ment. Vol. 19. fase. 7. p. 385—421; fase. 8. p. 449—498. 

22. Cajal, R. S., Algunas variaciones fisiologicas y patologicas del aparato reticular de 
Golgi. Trabajos Labor, de invostig. biol. Univ. Madrid. 1914. T. 12. p. 127—228. 

23. Case, E. C., On the Structure of the Inner Ear in Two Primitive Reptiles. Biol. Bull. 
Marine Biol. Lab. Woods Hole. Mass. Vol. 27. No. 4. p. 213—216. 

24. Chiti, Dino, e Lanfranohi, Leo, Di un muscolo oranio-pleurale. Monitore zoolog. 
ital. No. 1—2. p. 23. 


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Anatomie des Nervensystems. 


7 


25. Conrad, Richard, Untersuchungen über den unteren Kehlkopf der Vögel. 1. Zur 
Kenntnis der Innervierung. Ztsohr. f. wissenschaftl. Zoologie. Bd. 114. H. 3. 
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26. Donaldson, Henry H., Hatai, S., and King, H. D., Postnatal Growth of the Brain 
under Several Experimental Conditions. Studies on the Albino Rat. The J. of Nerv, 
and Ment. Dis. 42. (12.) 797. 

27. Dubois, Eug., Die gesetzmäßige Beziehung von Gehimmasse zu Körpergröße bei 

den Wirbeltieren. Zschr. f. Morphol. 1914. 18. 323. 

28. Fahrenholz, Curt, Ueber die Verbreitung von Zahnbildungen und Sinnesorganen 
im Vorderarm der Selachier und ihre phylogenetische Beurteilung. Jenaisohe Ztschr. 
f. Naturwisse nach. Bd. 53. H. 3. p. 389. 

29. Fedeli, Fedele, Ricerche istologiche sulla dura madre. Giom. AooacL med. Torino. 
Anno 77. No. 5/6. p. 171—173. 

30. Fischei, Alfred, Über das Differenzierungsvermögen der Gehirnzellen. Arch. f. Ent- 
wioklungsmech. d. Organismen. 1914. Bd. XL. H. 4. p. 653. 

31. Förster, A., Beitrag zur Morphologie des ScalenussyBtems und des M. Storno-oostalis. 
Eine vergleichend-anatomische Untersuchung. Ztschr. f. Morphologie u. Anthrop. 
Bd. 19. H. 1—2. p. 27—148, 271—352. 

32. Geipel, Erich, Beiträge zur Anatomie der Leuchtorgane tropischer Käfer. Zsohr. 
f. wissenschaftL Zoologie. Bd. 112. H. 2. p. 239. 

33. Giacomini, Ercole, 11 nervo terminale dei Salmonidi. Boll. So. med. 1914. Anno 85. 
Ser. 9. Vol. 2. p. 438-440. 

34. Giannuli, F., La segment&zione del giro precentrale e la interruzione del soloo di 
Rolando. Riv. di Antropol. 1914. Vol. 19. Fase. 1/2. p. 181—204. 

35. Glockauer, Arno, Zur Anatomie und Histologie des Cephalopodenauges. Zsohr. 
f. wissenschaftl. Zoologie. Bd. 113. H. 3. p. 325. 

36. Greenman, J., Regeneration of Peripheral Nerves. The J. of Nerv. a. Ment. Dis. 

1916. 43. 62. (Sitzungsbericht.) 

37. Haberer, H. v., Eine sehr seltene Varietät des Nervus ulnaris. Anatom. Anzeiger. 
Bd. 47. No. 22/23. p. 596—602. 

38. Haller, Graf, Beiträge zur Morphologie des Rautonhims von Acanthias. Arch. f. 
Anat. u. Physiol. Anat. Abt. H. 1—3. p. 4L 

39. Harms, Wilh., Drüsenähnliche Sinnesorgane und Giftdrüsen in den Ohrwülsten der 
Kröte. Zoolog. Anzeiger. Bd. XLV. No. 10. p. 460. 

40. Hoeven Leonhard, J. von der, Durchschnitte des Warzenfortsatzes, um den Verlauf 
des Nervus facialis an beiden Seiten des äußeren Knies richtig für die Radikaloperation 
zu zeigen. Mschr. f. Ohrhlk. 49. 743. (Sitzungsbericht.) 

41. Holl, M., Vesals Anatomie des Gehirns. Arch. f. Anat. u. PhyBiol. Anat. Abt. H. 1—3. 

6 115. 

unt, J. Ramsay, The Cutaneous Zone of the Facial Nerve. The J. of Nerv. a. Mental 
Dis. 1916. 43. 156. (Sitzungsbericht.) 

43. Keim, Wilhelm, Das Nervensystem von Astacus fluviatilis (Potamobius astacus L.). 
Ein Beitrag zur Morphologie der Decapoden. Zschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. 113. 
H. 4. p. 485. 

44. Klarenbeck, A., Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen bei sub¬ 
kutaner und lumbaler Applikation von Alypin beim Hunde, gleichzeitig ein Beitrag 
zur Anatomie des Lendenmarkes. Arch. f. wissensch. u. prakt. Tierheilkunde. Bd. 41. 
H. 6. p. 426. 

45. Koeppen, M., Über das Gehirn eines Blindtieres Chrysochloris. Monatssohr. f. 
Psychiatrie. Bd. 38. H. 4. p. 201. 

46. König, E., Die Regeneration des Auges bei Arion empiricorum. Arch. f. mikroskop. 
Anat. Bd. 86. H. 3-4. p. 293. 

47. Kooy, F. H., Die Phylogenese der Oliva inferior. Ned. Tijdschr. u. Geneesk. 59. 
(II.) 2533. 

48. Kornfeld, Werner, Über die Augen von Spinther miniacus. Zoolog. Anzeiger. Bd.XLV, 
No. 11. p. 516. 

49. Kosaka, K., und Hiraiwa, K., Zur Anatomie der Sehnervenbahnen und ihrer Zentren. 

Folia neuro-biologica. Bd. 9. H. 4. p. 367. 

50. Kuiper, Taco, Die funktionellen und hiraanatomischen Befunde bei der japanischen 
Tanzmaus. Rotterdam. H. J. van Hengel. 

51. Kunze, Gustav, Die Zungenpapillen der Primaten. Gegenbauers Morpholog. Jahr¬ 
buch. Bd. 49. H. 4. p. 569. 

52. Kunze, Helene, Das Auftreten kristallähnlicher Gebilde in den Nukleolen der 
Ganglienzellen des Nervensystems der Weinbergschnecke. Sitz.-Ber. d. Ges. z. Be- 
förderg. d. ges. Naturw. in Marburg, p. 12. 


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8 


Anatomie des Nervensystems. 


52a. Landau, E., Zur Frage der Himrindensohichtung. Folia neuro-biologica. Bd. 9. 
H. 6/7 p. 757. 

53. Derselbe, Zur vergleichenden Anatomie des Hinterhauptlappens, ibidem, p. 727. 

54. Leder, Zur Histologie des Rückenmarks von Ammocetes. Arb. aus d. Zoolog. Inst, 
d. Univ. Wien u. Triest. 20. 273. 

56. Derselbe, Untersuchungen über den feineren Bau des Nervensystems der Cladoceren. 
ebd. 20. 297. 

56. Lubosch, W., Vergleichende Anatomie der Kaumuskeln der Wirbeltiere in fünf Teilen. 
Erster Teil. Die Kaumuskeln der Amphibien. Jenaische Ztschr. f. Naturw. 53. 52. 

57. Mann, Vergleichende Anatomie des Kleinhirns. Münch. Mediz. Wochenschr. p. 1192. 

(Sitzungsbericht.) 

58. Mijsberg, W. A., Über die Anwesenheit eines M. obliquus extemus profundus ab- 
dominis bei den Primaten und über den Bau der Rektusscheide bei den Primaten. 
Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (II.) 2536. 

59. Mills, Charles K., Concerning Cerebral Morphology in its Relation to Cerebral Loca- 
lization. The Journ. of Nerv, and Mental Diesease. Vol. 42. No. 6. p. 322. 

60. Mollison, Th., Zur Beurteilung des Gehimreichtums der Primaten nach dem Skelett. 
Arch. f. Anthropologie. N. F. Bd. 13. H. 4. p. 388. 

61. Monakow, C. v.. Zur Anatomie und Physiologie der Pyramidenbahn und der Arm¬ 
region, nebst Bemerkungen über die sekundäre Degeneration des Faeciculus oentro- 
parietalis. Neurol. Centralbl. No. 7/8. p. 217. 

62. Mongiardino, P., Sulla questione riguardante la presenza di fibre elastiche nella 
comea dei mammiferi. Rio. anat. M. Fig. Modemo Zooiatro. Anno 1914. 

63. Paton, Stewart, The Relation of Structure and Function in the Nervous System (with 
Demonstration of Specünens). The J. of Nerv, and Ment. Dis. Vol. 42. p. 630. 
(Sitzungsbericht.) 

64. Pfefferkorn, Alfred, Das Nervensystem der Octopoden. Zschr. f. wissensch. 
Zoologie. Bd. 114. H. 3. p. 425. 

65. R4dl, Em., Zur Morphologie der Sehzentren der Knochenfische. Gegenbauers Mor- 
pholog. Jahrbuch. Bd. 49. H. 4. p. 509. 

66. Retzius, Gustaf, Wächst noch die Größe des menschlichen Gehirns infolge der Ein¬ 
wirkung der „Kultur“? Zschr. f. Morphologie. 1914. Bd. 18. p. 49—64. Fest¬ 
sohr. f. Schwalbe. 

67. Rossi, Ottorino, Contributo alla conoscenza dei nuclei meso- e romboenoefalici. Riv. 
di Patol. nerv, e ment. 1913. Vol. 18. fase. 9. p. 537—577. 

68. Sanguineti, Luigi Romolo, Influenza dolle sostanze nervine su raccrescimento dei 
nervi in vitro. Riv. di patol. nerv, e ment. Vol. 19. fase. 5. p. 257—265. 

69. Sattler, C. H., Über die Markscheidenentwicklung im Tractus opticus, Chiasma und 
Nervus opticus. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. p. 271. Festsohr. f. H. Sattler. 

70. Schaffer, Karl, Der Kleinhimanteil der Pyramidenbahn (die cerobellare Pyramide). 
Zschr. f. die ges. Neur. 27. (5.) 435. 

71. Derselbe, Zur Kenntnis der normalen und pathologischen Neuroglia. ebd. 30. (1.) 1. 

72. Derselbe, Gibt es eine zerebellopontine Bahn? 30. (1.) 70. 

73. Derselbe, Erster Bericht über die Tätigkeit des Budapester interakademischen For¬ 
schungsinstituts. (1912—1913.) ebd. 30. (1.) 84. 

74. Derselbe, Anatomischer Beitrag zur Frage der zerebellaren Pyramide. Neurol. Cen¬ 
tralbl. No. 7/8. p. 248. 

75. Schenk, Fritz, Zur Frage der Nervenfasern im Milohzahn. Arb. aus d. neur. Inst, 
a. d. Wiener Univ. 21. (1/2.) 79. 

76. Schmidt, Walter, Die Muskulatur von Astacus fluviatilis (Potamobius astacus L.). 
Ein Beitrag zur Morphologie der Decapoden. Ztschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. 113. 
H. 2. p. 166. 

77. Shindo, Tokuichi, Über die Bedeutung des Sinus cavernosus der Säuger mit ver¬ 
gleichend-anatomischer Berücksichtigung anderer Kopfvenen. Anatom. Hefte. H. 157. 
(52. Bd., H. 2.) p. 321. 

78. Sjölander, A., och Strandberg, A., Om nervema tili thymus. (Über die zur mensch¬ 
lichen Thymusdrüse tretenden Nerven.) Upsala Läkareförenings Förhandlingar. 
Ny Följd. Tjugonde Bandet. Häft 3 och 4. p. 262. 

79. Stendel], Walter, Der Nervus electricus von Mormyrus. Zoolog. Anzeiger. Bd. XLV. 
No. 10. p. 438. 

80. Strauß, Otto, Die Organgenese der Thymusdrüse. Diss. Berlin. 

81. Streblow, Fritz, Beiträge zur Kenntnis der Muskelvarietäten des Rumpfes und der 
Extremitäten an einer Farbigen. Diss. Berlin. 

82. Swindle, Gaylord, On the Genetic Relation of Neurofibrills to Chromation. Zool. 
Jahrb. Abt. f. Anat. 30. (1.) 79. 


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Anatomie des Nervensystems. 


9 


83. Tandler, Julius, und Fleissig, Julius, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des 
Vertebratengehims. II. Die Entwicklungsgeschichte de3 Tarsiusgehims. Anatom. 
Hefte. 156. Heft. (52. Bd., H. 1.) p. 85. 

84. Terni, Tullio, I condriosomi nella cellula nervosa. (Riv. sintetica.) Riv. di Patol. 
nerv, e ment. Anno 19. fase. ö. p. 282—300. 

85. Th ulin, Ivan, Ist die Grundmembran eine regelmäßig vorkommende Bildung in 
den quergestreiften Muskelfasern? Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 86. H. 3—4. 
p. 318. 

86. Tretjakoff, D., Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. Zschr. f. wissensch. 
Zoologie. Bd. 113. H. 1. p. 1. 

87. Tumbelaka, Über das zentrale Nervensystem einer kongenital blinden Katze. Psych. 
en neurol. Bladen. 19. 293. 

88. Unger, L., Untersuchungen über die Morphologie und Faserung des Reptiliengehims. 
III. Das Vorderhirn der Hatteria punctata (Sphenodon punctatum). Sitzungsbor. 
d. Kaiserl. Akad. Wien. Math, naturw. Klasse. 1914. Bd. CXXIII. No. 8—10. 
p. 293. 

89. Vastarini-Cresi, Giovanni, Chiasma gustativo (periferico) nella lingua dell’uomo 
e di alcuni mammiferi. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol. Bd. 31. H. 7/9. 
p. 380. 

90. Vermeulen, H. A., The Vagus-Area in Camelopardalus Giraffa. Koninklijke Akad. 

van Wetenschappon te Amsterdam. Proceedings. Vol. 18. (4/5.) 

91. Derselbe, On the Conus modullaris of the Domestio Animais. ebd. 18. (4/5.) 

92. Derselbe, Note on the Size of the Dorsal Motor Nuoleus of the Xth Nerve in Regard 
to the Development of the Stomach. ebd. 1913. Oct. 24. 

93. Derselbe, The Vagus Area in Camelidae. ibidem. March 26. 

94. Derselbe, Conceming the Nervus Sympathicus of Domestic Animais. ebd. Proceedings. 
18. (7.) 

95. Derselbe, On the Vagus and Hypoglossus Area of Phooaena communis, ebd. Pro¬ 
ceedings. 18. (16.) 965. 

96. Virohow, Hans, Gesichtsmuskeln des Schimpanse. Sitzungsber. d. Königl. Preuss. 

• Akad. d. Wissensch. No. XVI. p. 283. 

97. Vogt, Cecile und Oskar, Über einen angeblichen Fasciculus corporis callosi cruciatus. 
Journal f. Psychol. u. Neurol. Bd. 21. H. 3—4. p. 154. 

98. Wallenberg, Adolf, Abnorme Bündel des Fomix und der Pyramidenbahn beim 
Meerschweinchen. Anatom. Anzeiger. Bd. 48. H. 5/6. p. 141—144. 

99. Weber, L. W., Neuere Ergebnisse über das Verhalten der Neuroglia im Zentralnerven¬ 
system. Zbl. f. d. ges. Ophthalmol. 1914. 2. (1.) 1. (Referat.) 

100. Winkler, Arthur, Untersuchungen über das Nervensystem und das Blutgefäßsystem 
von Rossia makrosoma d’Orb. Zschr. f. wissensch. Zoologie. 114. (4.) 657. 

101. Zabriskie, E. G., Some Remarks on the Facialis Nucleus. Neurographs. Vol. I. 
No. 1. p. 47. 

102. Zalla, M., Sui trapianti dei nervi periferici. Riv. di patol. nerv, e ment. Vol. 19. 
fase. 4. p. 193—207. 

Von den anatomischen Arbeiten über das Nervensystem, die mir 
ihres Gehaltes wegen wert erscheinen, besonders hervorgehoben zu werden, 
erwähne ich zunächst diejenige von Tandler und Fleissig, weil sie unsere 
Kenntnisse über die Formgestaltung des Gehirns in seinen ersten Entwick¬ 
lungsstadien fördert, ferner diejenige von Bok, der die Entwicklung der 
Zellsäulen und Fasersysteme im Hirnstamme von bebrüteten Hühnchen 
verfolgte und auf Grund seiner Beobachtungen das Gesetz von der stimulo- 
genen Fibrillation aufstellt, welches besagt, daß wiederholte Reizströme die 
Ursache sind, daß ihrem Wege entlang Fibrillen auswachsen. Nicht die 
Bahnen schreiben in erster Linie den Reizen ihren Weg vor, sondern um¬ 
gekehrt gerade die Reize sind es, welche die Konfiguration des Bahnsystems 
vorschreiben und es aktivieren. Mit der Übersetzung desjenigen Kapitels 
aus Vesals großem Werke ,,de humani corporis fabrica“, welches die Ana¬ 
tomie des Gehirns behandelt, hat sich Holl ein sehr großes Verdienst er¬ 
worben. Schaffer hat die neue Gliamethode Cajals zum gründlichen 
Studium des Gliagewebes benutzt. Nach den Befunden könne ein Zweifel 
an dem Nährcharakter der Neuroglia nicht mehr bestehen, v. Monakow 
gibt weitere Ausblicke über die Zusammensetzung der Pyramidenbahn und 


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Anatomie des Nervensystems. 


ihre Funktion sowie über Assoziationsbündel zwischen Gyrus centralis und 
parietalis, die er unter dem Namen fasciculus centroparietalis zusammen¬ 
faßt. Kasaka und Hiraiwa halten die zentrifugalen Optikusfasern, welche 
in der Retina frei endigen, für vasomotorische; sie bilden ein zusammen¬ 
gehöriges System und entspringen bei Vögeln vom Ganglion isthmi, bei den 
Säugetieren vom Ganglion cervicale supremum. Brouwer erweitert unsere 
Kenntnisse von den Verbindungsbahnen zwischen Olive, Nebenolive und 
Kleinhirn. Schaffer beschreibt aberrierende Pyramidenfasern im Pons 
und in der Medulla oblongata, von denen die ersteren mit den Kernen des 
Pons, die letzteren mit dem Kleinhirnwurm via Corpus restiforme in Ver¬ 
bindung treten sollen. Im Wurm treffe somit eine spino-zerebellare Bahn mit 
einer kortiko-bulbo-zerebellaren zusammen, erstere als eine tonussteigernde, 
letztere als eine tonusschwächende. Behr erbringt den Nachweis eines im 
Sehnerven selbst sich vollziehenden, zentral gerichteten Saftstromes. 

Die zahlreichen verdienstvollen Arbeiten über den Gehirnbau niederer 
Tiere, über Sinnesorgane und über Muskelsysteme wolle man in den be¬ 
treffenden Abschnitten nachsehen. 


Mass- und Gawtchtsverhältnisse. 

Retzius (66) legt dar, daß es bis jetzt keinen Beweis für die von 
Broca im Jahre 1862 aulgestellte Theorie gäbe, daß die Größe der Schädel¬ 
höhle resp. des Gehirns des Menschen durch die Einwirkung einer erhöhten 
„Kultur“ wächst. Es gäbe bis jetzt keinen wahren Beweis für die von 
demselben Forscher gemachte Behauptung, daß die Größe der Schädelhöhle 
des Menschen sich seit älterer Zeit und besonders seit dem XII. Jahr¬ 
hundert vermehrt hat, und daß diese Sache durch das Studium der ein¬ 
gesammelten Schädel aus den verschiedenen Zeitperioden dargelegt worden 
ist. In Schweden, wo nach allen Erfahrungen die Bevölkerung seit dem 
Steinzeitalter meistens aus denselben Rassenelementen zusammengesetzt 
gewesen ist, läßt sich aus dem sämtlichen zur Verfügung stehenden Schädel¬ 
material der verschiedenen Perioden nur schließen, daß keine wesentliche 
Veränderung in der Größe der Schädelhöhle von älterer Zeit bis auf die 
Neuzeit eingetreten ist, sondern nur die gewöhnlichen Varationen dieser 
Größe in ungefähr demselben Umfange nachzuweisen sind. Schon im Stein¬ 
zeitalter und im Eisenzeitalter scheint, dem vorliegenden Schädelmateriale 
nach zu urteilen, die Größe der Schädelhöhle resp. des Gehirns eine ebenso 
hohe Ausbildung gehabt zu haben, wie sie in der neuen Zeit vorhanden 
ist. Retzius betont aber, daß man aus der Schädelkapazität nicht ohne 
weiteres auf die exakte Größe des Gehirns schließen darf. Was das Ver¬ 
hältnis der Größe der Schädelhöhle zu dem Volumen des Gehirns betrifft, so ist 
ja natürlich im ganzen genommen eine Relation zwischen ihnen vorhanden. 
Diese ist, wie bekannt, nicht so exakt und genau, wie man zuweilen anzu¬ 
nehmen scheint. Vor allem wechselt ja die Quantität der den Raum mehr 
oder weniger ausfüllenden Zerebralflüssigkeit individuell sowohl mit dem 
Alter als infolge von Krankheitszuständen. R. glaubt deshalb, daß die zuerst 
von Broca stammende Lehre jedenfalls als nicht durch wahre Beweise be¬ 
gründet, sondern bis auf weiteres vielmehr als unwahrscheinlich anzusehen ist. 

Nicht das Gehirngewicht bestimmt nach Black’s (6) Ansicht den 
Unterschied in der Gehirnleistung der modernen Menschen und deijenigen 
der Menschen der ältesten Zeitperiode, sondern die Größe der Rindenterri¬ 
torien. Wenn man diese Rindenterritorien in aufsteigender Reihe vom 
Anthropoiden über den Neandertalmenschen (Schädelausgußmodell) zum 


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Anatomie des Nervensystems. 


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jetzt lebenden Menschen vergleicht, so ist es besonders die frontale nnd 
präfrontale Region, welche beim modernen Menschen am größten ist. 

Nach Wägungen, die hauptsächlich von Max Weher stammen, hat 
Dnbois gezeigt, daß bei verwandten Tierarten von ungefähr gleicher Intelligenz 
und Lebensweise sich die Gehirngewichte verhalten wie die 0,66 sten 
Potenzen der Körpergewichte, d. h. annähernd so wie die Quadratwurzeln 
der Körpergewichte. Es ist nun besonders wünschenswert, für die aus- 
gestorbenen Primatenformen eine solche Schätzung zu gewinnen, vor allem 
bei denjenigen Arten, die den Hominiden näherstehen. Bei den fossilen 
Funden läßt aber gerade die Formel von Dubois im Stich. Mollison ( 60 ) 
meint nun, daß auch zwischen der Kapazität des Schädels und dem Gesamt¬ 
volumen der Extremitätenknochen ein ähnlicher Zusammenhang besteht wie 
zwischen Gehirngewicht und Körpergewicht. Nach einem besonderen Ver¬ 
fahren der Volumbestimmung der Extremitätenknochen und einer sehr 
komplizierten Berechnung bringt er eine vergleichende Tabelle, auf der die 
Verhältniszahlen zwischen Schädelkapazität und Knochenvolumen bei ver¬ 
schiedenen Menschenrassen und Anthropoiden angegeben sind. 

Nach Berechnungen von Dubois (27) verhalten sich bei Vertebraten¬ 
arten gleicher Organisation und Körperform und gleicher Lebensweise die 
Hirngewichte wie die 6 / 9 - Potenz der Körpergewichte. Die beiden Geschlechter 
einer Art stehen in der Beziehung ihrer Gehirnmasse und Körpermasse 
zueinander wie zwei verschiedene Tierarten mit gleicher Organisation des 
Nervensystems. Bei Wirbeltierarten mit übereinstimmender Organisation 
ihres Nervensystems, Lebensweise und Körperform und auch bei den zwei 
Geschlechtern einer Art nimmt die Hirnmasse zu wie das Produkt der 
Längendimension und des Quadrates ihrer dritten Potenzwurzel. Bei ungleich 
großen Individuen einer Art und gleichen Geschlechtes nimmt die Hirn¬ 
masse zu wie das Quadrat der dritten Potenzwurzel aus der Längen¬ 
dimension des Körpers. 

Donaldson, Hatai und King (26) haben in früheren einzelnen Arbeiten 
Untersuchungen über das absolute und relative Hirngewicht der weißen Ratte 
gemacht, ferner über das Gewicht der einzelnen Hirnabschnitte, Uber den 
Fortgang der Markreifung und den Wassergehalt des Gehirnes. In weiteren 
Untersuchungen haben sie den Einfluß auf das Hirngewicht studiert, den 
Zähmung, Zeugung, Krankheit, Tätigkeit, veränderte Nahrung und Kastration 
ausüben. Die Ergebnisse werden in vorliegender Arbeit kurz rekapituliert 
In mancher Hinsicht kann man, wie die Autoren meinen, aus den Tatsachen, 
die sich bei der Ratte ergeben haben, auch Schlüsse auf das menschliche 
Gehirn ziehen, und zwar wird wahrscheinlich die Kastration auch beim 
Menschen das Gehirngewicht nicht verändern, während Krankheit und 
mangelhafte Nahrung es in ungünstiger Weise beeinflussen werden; Tätigkeit 
wiederum wird günstig auf das Gehirn wirken. - Am wenigsten beeinflußt 
von äußeren Faktoren dürften der Wassergehalt und die Markreifung werden. 


Entwicklung des Nervensystems. 

Die Arbeit von Tandler und Fleissig (83) über die Entwicklungs¬ 
geschichte des Tarsiusgehirns ist die Fortsetzung einer gleichen Arbeit über 
das Geckogehirn (Anat.. Hefte. Bd. 33, H. 101). Die Autoren erkennen nur 
Furchen resp. Vorwölbungen als Grenzen der einzelnen Hirnanteile an. 
Das Prosenzephalon besteht nach ihnen aus 4 Abschnitten, eine Unterteilung 
des Rhombenzephalon in zwei Stücke (nach His) konnten die Autoren nicht 
beobachten, ebensowenig betrachten sie den Isthmus rhombencephalicus 


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Anatomie des Nervensystems. 


als einen eigenen Hirnabschnitt. Im folgenden können nur Einzelheiten 
aus der vorzüglichen Arbeit erwähnt werden. Es kommt am Rhomben- 
cephalon frühzeitig zur Ausbildung eines mächtigen Plexus chorioideus, 
ebenso wie zur Entwicklung eines geräumigen Recessus lateralis. Auch in 
dem ältesten beobachteten Stadium, in welchem der Rezessus bereits weit 
basalwärts zieht, war es nicht möglich, eine sekundäre Dehiszenz daselbst 
und eine damit verbundene Eröffnung des Hohlraumes des Rhombenzephalon 
zu beobachten. Die Abgrenzbarkeit des Mesenzephalon ist hinten während 
der ganzen Zeit der Entwicklung eine sehr prägnante, vorne jedoch nach 
dem Vorderhirn zu ist sie schwierig. Das Prosenzephalon teilen die 
Autoren in das Infundibulum, das Optikushirn, das Telenzephalon und das 
Dienzephalon. Diese vier Teile treten fast gleichzeitig auf. Während das 
Infundibulumhirn rein basalwärts, das Optikushirn ventrolateralwärts zum 
Vorschein kommt, entwickelt sich rostralwärts das Telenzephalon und rein 
dorsalwärts das Dienzephalon. Die beiden letzten Abschnitte sind durch 
den Sulcus telendiencephalicus getrennt. Die Decke des Dienzephalon, 
welche ursprünglich gleichmäßig dick war, wird in den folgenden Stadien 
dünner, schließlich etabliert sich hier ein Plexus chorioideus. Das Dienze¬ 
phalon nimmt in seiner Höhendimension ständig zu, wobei gleichzeitig die 
Abgrenzung gegen das Infundibulum und das Optikushirn eine ungenaue 
wird. Der ursprünglich weite Hohlraum der dienzephalen Blase wird durch 
die Dickenzunahme der seitlichen Wand immer mehr eingeengt. Eine 
vollständige Verwachsung der seitlichen Wände konnte an dem vorhandenen 
Material nicht beobachtet werden. Der Sulcus Monroi tritt früh auf. Mit 
der stärkeren Entwicklung der lateralen Anteile des Telenzephalon vertieft 
sich der ursprünglich flache Sulcus telendieucephalicus immer mehr, und 
damit wird das Telenzephalon immer deutlicher von der Nachbarschaft 
abgegrenzt. Weitere Ausführungen der Autoren beziehen sich auf die 
Begrenzungen der Cavum Monroi (Hochstetter) resp. des Kavum des 
Telenzephalon impar. Die auf Tafeln gebrachten Ansichten der lateralen 
Fläche und des Medianschnittes aus verschiedenen sich folgenden Ent¬ 
wicklungsstadien erleichtern das Verständnis ungemein. 

Die bedeutsame Publikation von Bok (11 u. 12) besteht aus zwei größeren 
Abschnitten. Im ersten deskriptiven Teil wird die Entwicklung der ein¬ 
zelnen Bahnen und Bahnsysteme beschrieben, wie sie unter dem Mikroskop 
wahrzunehmen ist. Im zweiten sind die dabei gefundenen allgemeinen 
Prinzipien in dem Auswachsen von Neuriten und Dendriten Gegenstand 
einer Besprechung, welche zum Erkennen einer Ursache in der „stimulogenen 
Fibrillation“ führt. Im ersten Teil beschränkt sich der Autor auf die 
Beschreibung der Entwicklung der Hirnnerven III—Xn und ihrer sekun¬ 
dären und tertiären Neuronen, soweit sie sich im Hirnstamme vorfinden. 
Er studierte dazu Hühnerembryonen, welche nach dem Verfahren Cajals 
imprägniert worden sind. Die studierte Serie bestand aus Embryonen vom 
4.—16. Tage der Entwicklung. Die Resultate werden folgendermaßen 
zusammengefaßt: 

Nach 4 Bruttagen haben die Hirnnerven (III—XII) und ihre zentralen 
Bahnen das Ende ihres primitiven Wachstums erreicht, wodurch ein ab¬ 
geschlossenes Ganzes gebildet worden ist. Dabei sind schon einfache 
Reflexbahnen entwickelt, aber jede zerebellare, mesenzepbale und pros- 
enzephale sekundäre Projektion fehlt noch ganz. Die Neuroblasten der 
bulbären Ganglien — welche Ganglien miteinander mittels einer Ganglien¬ 
leiste Zusammenhängen, die von dem N. trigeminus bis ins Rückenmark 
hinein verfolgt werden kann, — haben einen peripheren und einen zentralen 


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Anatomie des Nervensystems. 


13 


Ausläufer. Von diesen letzten, die zweierlei Verlauf zeigen, dichotomisieren 
die Haut* und Vestibularisfasern; ihre Äste biegen, dem Gesetze der Neuro- 
biotaxis gemäß, sofort kaudal- und proximalwärts in dem Randschleier 
ab und bilden die sensiblen lateralen Stränge. Die viszeralen und die 
kochleären Fasern dringen aber nach demselben Gesetz in die Mantelscbicht 
ein und enden nahe dem Ependym in ihrem Eintrittsniveau. Die Neuro- 
blasten des Ependyms der Flügelplatte, welche in der Nähe der sensiblen 
Fasern gelegen sind, senden ihre Neuriten medialwärts aus. Diese durch¬ 
laufen die Mantelschicht, kreuzen die Medianebene und steigen dann nahe 
der Raphe ab, wobei sie die zwei Fasciculi longitudinales posteriores bilden. 
In der Nähe dieses Längsbündels bildet das Ependym die „mediale Neuro- 
blastensäule“, aus der alle motorischen Kerne herstammen. Die meisten 
ihrer Achsenzylinder gehen nämlich iu lateraler Richtung in die Mantel¬ 
schicht, um in der lateralen Wurzellinie als Fasern des viszeromotorischen 
Systems auszutreten. Einige viel jüngere Neuroblasten, die zwischen den 
vorigen zerstreut sind, senden ihre Neuriten ventralwärts; diese bilden die 
somatomotorischen Nerven, welche in der medialen Wurzellinie austreten, 
ln diesem Alter sind also die primären sensiblen und motorischen Neuronen 
angelegt, und es wird der Reizverband zwischen diesen von einem einzigen 
Systeme gleichförmiger Schaltzellen hergestellt. Die exogenen Reize verteilen 
sich viel mehr als die viszeralen über das ganze Neuralrohr. Von diesen 
Elementen treten die lateralen Neuroblasten am ersten auf. Nachdem ihre 
Neuriten die — gekreuzten — Fase. long. post, gebildet haben, „aktivieren“ 
diese die in ihrer Nähe gelegenen Neuroblasten, welche die viszeromotorischen 
Achsenfasern bilden (IV, V, VII, IX, X, XI, Nc. mot. superficialis im 
Rückenmark). Zugleich entwickeln sich die sensiblen Neuronen. Einen ganzen 
Bruttag später, iu dem Momente, wenn die ersten Optikusfasern das Tectum 
opticum und also die höohsten Bogenfasern des Fase. long. post, erreichen, 
bildet sich an diesem Fase, entlang das somatomotorische System (IU, 
VI, XII und der zweite motorische Kern Cajals in der Medulla spinalis). 
Dieser Entwicklungsgang findet in höheren Ebenen eher statt als in kau- 
daleren; es macht den Eindruck, als ob bei jedem neuen System eine Ent¬ 
wicklungswelle das ganze Neuralrohr von proximal nach kaudal durchläuft. 
Alle motorischen Kerne haben also ihren Ursprung in einer einzigen moto¬ 
rischen Zellsäule, iu welcher die verschiedenen Elemente durcheinander 
zerstreut sind. Während des 5. Bruttages verlagern sich die viszeromoto¬ 
rischen Kerne lateralwärts nach den sensiblen Strängen und ihren Endkernen. 
Sie folgen dabei dem Gesetz der Neurobiotaxis, da eben diese Zellen immer 
gleichzeitig in Erregung sind mit den in ihrem Niveau eintretenden sensiblen 
Fasern, da ihre Endorgane nahe aneinander gelegen sind. Bald (nach 
7 Bruttagen) vollenden sich dann die geringeren Verlagerungen der einzelnen 
Kerne. Nach 4 und 5 Bruttagen tritt die ungekreuzte und gekreuzte tecto- 
bulbäre Bahn auf. Die lateralen Neuroblasten, welche durch die Verlagerung 
der viszeromotorischen Kerne nach den sensiblen Strängen vieles von ihrer 
Funktion verloren haben, verlagern sich nach den absteigenden Bahnen und 
werden zu retikulären Zellen (Nc. motorius der Haube = „Edingers Gruppe 
der lateralen Neuroblasten“ mit ihren Bogenfasern). Nachher bilden sich 
neue sekundäre Elemente des sensiblen Systems, die, nachdem sie als Fibrae 
arcuatae gekreuzt haben, größtenteils in der Substantia reticularis enden, 
teilweise in den bulbo-mesenzephalen (5. Bruttage), in den bulbozerebellaren 
(6. Bruttage) und in den schwachen bulbothalamischen Bahnen (8. Bruttage) 
aufsteigen.' Die Topographie der auf- und absteigenden Bahnen liegt sehr 
schön in dem 9 Tage alten Embryo vor. Der N. octavus verhält sich bezüglich 


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Anatomie de* Nervensystems. 


seiner sekundären Elemente etwas anders. £. studierte von ihm namentlich 
den N. cochlearis. Die Fasern des Hörnerven dringen nach 4 und 5 Brut¬ 
tagen alle in die Mantelschicht ein. Die in ihrer Nähe gelegenen Neuro¬ 
blasten, die Zellen des künftigen Nc. magnocellularis, senden Achsenfasern 
aus, die nach ihrer Kreuzung nicht absteigen, sondern ihren Verlauf quer 
auf dem Stamm fortsetzen und vorläufig in der Nähe des heterolateralen 
N. cochlearis enden. Sie verlängern sich anderthalb Bruttage später kranial- 
wärts bis in die Nähe des Nc. lateralis cerebelli. Dorsal von ihrer proxi¬ 
malen Umbiegung bildet sich der Nc. laminaris, der also ventral vom 
Nc. magnocellularis gelegen ist Ihre Neuriten bilden nachher das Corpus 
trapezoides und enden teilweise in den Olivae superiores, teils steigen sie in 
dem hier entspringenden Lemniscus lateralis nach dem Corpus posticum auf. 
Die primären Cochlearisfasern haben indessen dorsokranielle Ausläufer 
gebildet, welche in den Nc. angulares enden. Der Nc. magnocellularis hat 
einen Ausläufer in der Richtung des Cochleariseintritts. Die am meisten 
ventral gelegenen Zellen senden ihre Neuriten nicht hinter, sondern vor dem 
Nc. laminaris entlang in die dorsale Cochleariskommissur. Einige ganz in 
der Eintrittsstelle des Cochlearis gelegene Zellen senden ihre Fasern, wie 
einige primäre Neunten, in das Corpus trapezoides. Dadurch ist die ventrale 
Kreuzung auch bei den Vögeln von primären, sekundären und (größtenteils) 
tertiären Elemeuten aufgebaut. Die zentralen Neuronen des N. cochlearis 
zeigen also die Tendenz, sich statt dorsal mehr ventral zu entwickeln. 
Statt des Nc. magnocellularis bildet sich ein dem Nc. ventralis der Säugetiere 
analoger Kern. Ebenso wie vom N. cochlearis gibt der Autor auch Einzel¬ 
heiten über die anderen Hirnnerven. 

Diese wiedergegebene Bahnenentwicklung lehrt, daß neue Bahnen sich 
immer dort bilden, wo eine Reizausstrahlung stattfindet. Die jungen Fibrillen 
legen sich dabei in der Richtung der ausstrahlenden Reize, m. a. W. in 
Protoplasmalinien, welche von wiederholten Reizen gebahnt worden sind. 
Sie stammen her von dem zuerst durchströmten und also am stärksten 
gebahnten Neuroblasten. Dies ist der Grund, auf dem die Hypothese der 
stimulogenen Fibrillation beruht, welche besagt: Wiederholte Reizströme 
sind Ursache, daß ihrem Wege entlang Fibrillen auswachsen. Die Fibrillen¬ 
bildung schließt sich nach dieser Hypothese ganz der allgemeinen Eigenschaft 
des Protoplasmas an, sich einer wiederholten Funktion anzupassen: die Neu¬ 
riten und Dendriten — möglicherweise die sie enthaltenden Neurofibrillen — 
sind die stärksten, mikroskopisch sichtbaren Engramme. Diese Annahme 
wird, von der Wahrnehmung gestützt, daß eine Bahn in dem Momente, wo 
eine andere Bahn an ihrem Ursprung ankommt, ihrer ganzen Länge entlang 
neue Neuroblasten aktiviert, von denen die Neuriten wieder in der Richtung 
der ausstrahlenden Reize auswachsen. Diese Betrachtung der Entwicklungs¬ 
geschichte des Bahnsystems lehrt, daß die Bahnen nicht in erster Linie 
den Reizen ihren Weg vorschreiben, sondern daß es gerade die Reize sind, 
welche die Konfiguration des Bahnsystems herbeiführen. 


Das ganze Zentralnervensystem oder grossere Abschnitte desselben. 

Holl (41) hat sich mit der Übersetzung desjenigen Kapitels aus Vesals 
großem Werke „de humani corporis fabrica“, welches die Anatomie des Ge¬ 
hirns behandelt, ein sehr großes Verdienst erworben. Nach Anführung des 
Inhaltes der einzelnen Kapitel und der Beschreibung der Figuren, von denen 
der Kosten wegen in der Ho 11 sehen Arbeit nur zwei in verkleinertem Maß- 


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Anatomie des Nervensystems. 


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stabe wiedergegeben werden konnten, faßt der Antor die textlichen Angaben 
Yesals über die Anatomie des Gehirnes folgendermaßen zusammen: 

Das ganze Gehirn ist einheitlich. Das Gehirn wird eingeteilt in ein 
Zerebrnm, Zerebellum und Principium medullae dorsalis (sc. Medulla oblon- 
gata). Die Medulla dorsalis entstammt nicht dem Zerebellum, sondern dem 
Zerebrum, da sie ufit dem Zerebrnm durch Gehirnsubstanz in kontinuier¬ 
licher Verbindung ist, nicht aber mit dem Zerebellum, mit welchem sie 
außer durch zwei rundliche Flachheiten (sc. Corpus restiforme, Brachia 
pontis) nur durch weiche Membranen (sc. Pia mater) verbunden wird. Vom 
Zerebellum gehen keine Gehirnnerven ab; alle entspringen vom Zerebrum 

g nd dem Principium medullae dorsalis). Die Geruchsorgane sind nicht als 
eruchsnerven zu bezeichnen, da sie die Schädelhöhle nicht verlassen. Das 
Zerebrum ist oben geteilt, basalwärts einheitlich. An der Oberfläche des 
Zerebrum und Zerebellum Anden sich zahlreiche Gyri, Revolutiones und 
Sinus (sc. Sulci) vor. Die Windungen des Zerebellum sind nicht so zahl¬ 
reich und auch oberflächlicher wie die des Zerebrum, weil sie eine kleinere 
Gehirnmasse zu ernähren haben. Die Gyri und Sinus des menschlichen 
Gehirns zeigen im Vergleiche mit denen des Tiergehirns nichts Eigentüm¬ 
liches. Wenn die Hirnwindungen nicht der Intelligenz vorstehen, so sind 
sie jedenfalls geschaffen für die Ernährung dos Gehirns. Die Sinus sind da, 
damit die weiche Hirnhaut sich einsenken und die Ernährung des Gehirns 
vornehmen könne. Wenn man die weiche Hirnhaut entfernt, wird man 
niemals Blutgefäße in der Gehirnsubstanz vorfinden. Die Substanz der Ge¬ 
hirnwindungen und der Furchenboden ist grünlich; alle andere Gehirn¬ 
substanz ist weiß. Die ganze Gehirusubstanz ist eine spezifische und zu 
den von dem Gehirne erzeugten Aktionen befähigt. Die Oberfläche des 
Gehirns ist mit einem Humor aqueus bedeckt. Das Zerebellum besteht aus 
einem rechten und einem linken Anteile, die durch den Wurm verbunden 
werden. Die Spitzen dieses sind umgebogen uud bilden die Processus vermi- 
formes cerebelü. 

Auf eine nähere Beschreibung der Oberfläche des Gehirns geht Vesal 
nicht ein. Erwähnt wird die Windung am Stirnpole als Tuberkulum oder 
Processus mammillaris cerebri. Ganz oberflächlich wird die Gehirnbasis ab¬ 
getan, ja ihrer in der speziellen Anatomie des Gehirns gar nicht gedacht. 
Erwähnt wird nur der Trichter mit der den Gehirnsohleim aufnehmenden 
Drüse (sc. Hypophysis) und das Principium medullae dorsalis (sc. Medulla 
oblongata); alles übrige ist Vesal unbekannt geblieben. 

Der Balken, Corpus callosum, besteht aus der inneren Substanz des 
Gehirns und verbindet den rechten mit dem linken Teile des Gehirns. Daß 
der Balken die beiden Hemisphären nicht der ganzen Länge nach verbindet, 
schildert Vesal, indem er sagt: Der hintere Teil des Corpus callosum ist 
dem vorderen Ende des Gehirns etwas näher als der vordere Teil dem 
hinteren Ende des Gehirns. Das Splenium, genu, rostrum corporis callosi 
sind Vesal unbekannt geblieben. Der Balken ist ähnlich gewölbt wie das 
Schädeldach. Die Sulci corporis callosi werden als Sinus beschrieben, die 
zum Abflüsse des Schleimes aus den oberen Teilen des Gehirns dienen; sie 
fangen ihn auf und lassen ihn mittels der gewölbten Fläche des Corpus 
callosum nach vorn fließen. Der Balken bildet mit seiner unteren Fläche 
die Decke der seitlichen Gehirnventrikel, und aus der Mittellinie seiner 
unteren Fläche geht das Septum ventriculorum hervor. 

Das Septum ventriculorum Vesals ist nicht gleichbedeutend dem 
Septum pellucidum. Dieses, von Vesal als „Corpus diaphonum s. Speculum“ 
bezeichnet, stellt nur den vorderen unteren, verdünnten Anteil des Septum 


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Anatomie des Nervensystems. 


ventriculorum Vesals dar. Nach Vesal bildet das Corpus callosum die 
Decke der unter ihm liegenden Ventrikel; es ist demnach der Fornix auch 
ein den Ventrikeln zugehöriges Gebilde (sc. Dach des mittleren Ventrikels). 
Entlang der ganzen unteren Fläche des Corpus callosum erzeugt dasselbe in 
der Mittellinie eine Leiste „dextri sinistrique ventriculorum cerebri septum“, 
welche sich nach abwärts vorn verdünnt; der verdünnte Anteil ist das 
Corpus diaphonum (== Septum pellucidum), somit ein Teil des ganzen 
Septum ventriculorum. Der leistenförmige Anteil des Septum ventriculorum 
liegt zwischen Corpus callosum und dem Fornix und ist sowohl mit dem 
ersteren als mit dem letzteren verwachsen, so daß, wenn das Corpus callosum 
abgehoben wird, der obere Teil des Septum am Corpus callosum, der untere 
Teil am Fornix liegen bleibt. Da die rechts und links von der Mittellinie 
der unteren Fläche des Corpus callosum gelegenen Flächen das Dach des 
rechten bzw. des linken Ventrikels bilden und die beiden Ventrikel dach- 
wärts gegen das Corpus callosum hin nach der Vorstellung Vesals getrennt 
sind, so muß sich das Septum ventriculorum Vesals über das Septum 
pellucidum nach hinten hinaus zwischen Corpus callosum und Fornix er¬ 
strecken, mit anderen "Worten: Vesals Septum ventriculorum stellt ein hinter 
dem Septum pellucidum zwischen Fornix und Corpus gelegenes uud mit 
diesem Gebilde verwachsenes, leistenförmiges Septum dar. Merkwürdiger¬ 
weise beschreibt und bildet Vesal dieses eben genannte, jedoch nicht 
existierende Septum ventriculorum ab (bei Ventrikelerweiterungen ist es oft 
deutlich zu sehen. Ref.), während er das wirklich vorhandene, eigentliche 
Septum ventriculorum nämlich das Septum pellucidum (Corpus diaphonum 
Vesal) nicht abbildet, sondern nur beschreibt. An den Gehirnabbildungen, 
welche die eröffneten Ventrikel zeigen, ist keine Spur von einem Septum 
pellucidum wahrzuuehmen. In der Erklärung der 5. Gehirnabbildung gibt 
Vesal an, daß man während des Sezierens eines Gehirns bei mäßiger Ab¬ 
hebung des Corpus callosum das „Spekulum“ (= Septum pellucidum) un¬ 
versehrt ‘sehen könne. Aber es gelang ihm nicht, eine entsprechende Ab¬ 
bildung herzustellen. 

Vesal zählt vier Ventrikel: Diebeiden Seitenventrikel nennt er den 
rechten und linken Ventrikel; der mittlere Ventrikel wird als dritter oder 
als gemeinsame Höhle des rechten und linken Ventrikels (Communis ventri¬ 
culorum dextri et sinistri concavitas) bezeichnet; der vierte Ventrikel ist 
dem Kleinhirn und der Medulla dorsalis gemein. 

Der rechte Ventrikel wird vom linken durch das „Septum ventri¬ 
culorum“ geschieden. Der vordere Teil jedes seitlichen Ventrikels ist stumpf 
und rund und endigt nicht, wie alle Anatomen angeben, mit einer Spitze 
gegen das Geruchsorgan oder gegen den Sehnerven. Der hintere Teil des 
Seitenventrikels steigt als Gang „Duktus“ (sc. Cornu inferius) in der Sub¬ 
stanz des Gehirns nach vorn und endet dort, wo in der Gehirnbasis das 
Geruchsorgan und die Sehnerven Ursprung nehmen, dort, wo die größten 
Zweige der A. soporalis (sc. Carotis interna) in das Gehirn gelangen. Dor 
Gang endigt nach Art eines Hornes spitz in einer Gehirnwindung (sc. Gyrus 
hippocampi); bei seinem Ende nimmt er einen Zweig der größten zum Ge¬ 
hirn strebenden Arterie mit einem Fortsatze der Pia mater auf. Der Gang 
endigt nicht in den Anfängen des Geruchsorgaues oder der Sehnerven. Ein 
Hinterhorn wird von Vesal nicht erwähnt. Die schematische Figur der 
Form der Höhle des Seitenventrikels zeigt nur das Seitenhorn und das Unter¬ 
horn. Von Einzelheiten im Seitenventrikel finden sich folgende Angaben 
vor. Die untere Fläche des Ventrikels ist uneben; dies wird zum Teil be¬ 
wirkt durch einen schiefen Gang, einen „Sinus“, der an der äußeren Seite 


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Anatomie des Nervensystems. 


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der hinteren Stelle des Ventrikels nach vorn schief zur gemeinschaftlichen 
Ventrikelhöhle vordringt und zum leichten Abfluß des Schleimes dient. Ge¬ 
meint ist mit dem „Sinus“ die Furche zwischen Thalamus opticus und 
Corpus caudatum, in welcher die Stria terminalis lagert, die Vesal jedoch 
nicht erwähnt. Der Sinus veranlaßt die Bildung von Höckern (sc. Corpus 
candatum und Thalamus opt); obwohl Vesal diese Gebilde abbildet, be¬ 
schreibt er sie nicht; nur der Thalamus opt. findet als Montikulus eine 
kurze Erwähnung, welcher Montikulus gegen den dritten Ventrikel zu ab¬ 
schüssig ist Die gesamte Oberfläche des Ventrikels ist glatt und härter 
und dicker und mit wässeriger Feuchtigkeit bedeckt, wie auch von derselben 
der ganze Ventrikel erfüllt ist. Unter dem Fornix liegt der mittlere Ven¬ 
trikel, welcher die gemeinsame Höhle dos rechten und linken Ventrikels 
darstellt; sie stellt einen oblongen Graben zwischon den beiden „Monticuli“ 
(sc. Sehhügeln) dar. Der mittlere Ventrikel entsendet zwei Gänge, der eine 
(sc. Aditus ad infundibulum) strebt abwärts zur Drüse (sc. Hypophysis), die 
den Gehimschleim aufnimmt, der andere (sc. Aquäduktus) zieht zum vierten 
Ventrikel. 


Der vierte Ventrikel wird von dem Kleinhirn und der Medulla dorsalis 
hergestellt. Der Sinus ist vorn und hinten offen, weil das Zerebellum mit 
der Medulla dorsalis dortselbst nicht verwachsen ist; aber die Öffnungen 
werden von der weichen Hirnhaut verschlossen. Beim Sezieren kann wahr¬ 
genommen werden, daß der vierte Ventrikel nichts als eine Flüssigkeit ent¬ 
hält, es kann aber nicht wahrgenommen werden, auf welche Weise der 
G-ang aus dem dritten Ventrikel in den vierten Ventrikel gelangt. 

Der rechte und linke Ventrikel enthalten einen venösen Plexus (so. 
Plexus chorioideus); der mittlere Ventrikel enthält die aus dem vierten Sinus 
der Dura mater abstammende Vene (sc. Veüa magna Galeni), welche die 
.Venen zum vorderen Teil des rechteu und linken Ventrikels entsendet (sc. 
Venae corporis caudati). Diese Venen verwachsen leicht mit der Gehirn¬ 
substanz der Ventrikel, weil diese härter und dicker ist als anderwo (sc. 
Ependyma). Der vierte Ventrikel enthält keinen Plexus. Der rechte und 
linke Ventrikel entbalteu hinten den Anfang des Fornix (sc. Crura fornicis). 

Die Ventrikel enthalten die durch die Inspiration eingesaugte Luft, wie 
auch den vom Herzen übermittelten vitalen Spiritus; durch die Kraft der Ge¬ 
hirnsubstanz wird er in animalen Spiritus umgewandelt, der dann durch die 
Nerven zu den Sinnes- und Bewegungsorganen gelangt, damit diese ihren 
Aufgaben nachkommen können. Die Ventrikel des menschlichen Gehirns 
sind denen des tierischen Gehirns an Zahl gleich, und sie sind auch unter¬ 
einander ähnlich. Die Ansicht, daß in den einzelnen Ventrikeln der Sitz 
der Cogitatio, Ratio und Memoria seien, ist unrichtig. 

Durch den Fornix wird der rechte Teil des Gehirns mit dem linken 
verbunden. Der Fornix hat eine dreieckige Gestalt und entsteht rechts 
und links aus der hinteren Stelle des rechten und linken Ventrikels, wo 
sich diese nach abwärts (sc. zum Unterhorn) umbiegen. Beide Ursprungs¬ 
teile treten dann zusammen und bilden einen Körper, welcher nach vom 
zieht, allmählich spitz endigend bei jener Stelle des Gehirns, wo der mittlere 
Ventrikel vorn aufhört. Unter dem Fornix liegt der mittlere Ventrikel. 
Oben ist der Fornix mit dem Septum ventriculorum (Vesalii) verwachsen. 
Der Fornix wurde gebildet, um dem Drucke der höheren Teile zu begegnen. 
Die vorderen Fornixschenkel, wie auch die Beziehung der hinteren Schenkel 
zur Fimbria sind Vesal unbekannt geblieben, ebenso das Verhalten der 
Fornix zum Septum pellucidum. 

Jahresbericht f. Nearologie o. Psychiatrie loifi. 2 


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Anatomie des Nervensystems. 


Beim Menschen hängt die Zirbeldrüse kaum am Gehirn; heim Lamm 
aber hängt sie nicht nur am Gehirn, sondern wird mit der Gehirnsubstanz 
in gewisser Weise zusammenhängend gefunden. Die menschliche Drüse ist 
kleiner als die des Lammes. Die Drüse kann den (sc.) Aquaeductus Sylvii 
nicht schließen, da sie niemals vor der Öffnung des Ganges liegt; sie ist 
ein Befestigungsmittel und eine Stütze für die (sc.) Vena magna Galeni, 
welche dem Anfänge des Aquaeductus Sylvii aufliegt; dadurch beugt sie 
einem Verschlüsse des Aquäduktus durch die Vena magna Galeni vor, da¬ 
mit der Abfluß des animalen Spiritus aus dem dritten Ventrikel in den 
vierten nicht behindert werde. 

Vesal nennt die vorderen Vierhügel Testes, die hinteren Nates; 
sie stellen zusammen ein einheitliches Gebilde dar, das deswegen geschaffen 
wurde, damit der Gang aus dem dritten in den vierten Ventrikel ohne einen 
Druck von höheren Hirnteilen seinen Weg nehmen könne. Die Abbildung, 
die Vesal liefert, betrifft keine menschlichen, sondern tierische Verhältnisse 
(Lamm). 

Am Kleinhirn ist nichts vorragender als der Vermis. Der Wurm 
kann nicht den Aquaeductus Sylvii verschließen. Die Ringe eines Wurms 
dienen zum Kriechen, die Windungen des Gehirnwurmes aber bestehen aus 
Gehirnsubstanz. Die Tendines und Vincula Galens sind nichts anderes als 
Teile der weichen Hirnhaut. 

Hirntrichter, Infundibulum und Hypophysis cerebri. Die 
Schädelnähte dienen zum Austritte der rauchförmigeu (rußigen) Exkremente 
des Gehirns; für die Abfuhr des Gehirnschleims dienen folgende Teile: 
Zwei in die Gehirnsubstanz eingegrabene Gänge, dann der Teil der weichen 
Hirnhaut, der nach Form eines Trichters gebildet ist, ferner eine Drüse, 
welche die Spitze des Trichters aufnimmt und die Gänge, die von dieser 
Drüse zu den Löchern des Gaumens und der Nasenhöhle den Schleim ab- 
führen. Aus dem mittleren Ventrikel steigt ein Gang gerade abwärts in 
der Richtung zur (sc.) Sella turcica. Zu diesem Gang tritt ein anderer 
Gang, der vom (sc.) Aquaeductus Sylvii abzweigt; diesen letzteren (nicht 
existierenden) Gang hat Vesal, wie er angibt, selten gesehen. An der Ge¬ 
hirnbasis, zu den Seiten der Öffnung des aus dem mittleren Gehirnventrikel 
kommenden Ganges, entwickelt die weiche Hirnhaut ein trichterförmiges 
Gebilde (sc. Infundibulum), dessen unteres Ende durch ein Loch der Dura 
mater tritt und in eine Drüse (sc. Hypophysis) eintritt, die den Gehirn¬ 
schleim abführt. Die Drüse, härter und kompakter als die übrigen Drüsen 
des Körpers, steht mit zwei größeren Zweigen der Arteriae soporalis (sc. 
Carotis interna) in Verbindung. Zu beiden Seiten der Drüse steigen zwei 
Kanäle ab; der eine endigt bei der (sc.) Fissura orbitalis inferior, der andere 
zieht durch das (sc.) Foramen lacerum anterius (?). Der nur aus der Pia 
gebildete Trichter nimmt nicht nur den Schleim aus dem Innern des Gehirns, 
sondern auch den von der äußeren Oberfläche des Gehirns durch die (sc.) 
Sulci corporis callosi auf. Die Drüse läßt den Schleim nach allen Seiten 
abfließen, und zwar durch alle Löcher der Basis der Calvaria, die für den 
Durchtritt von Gefäßen und Nerven bestimmt sind. 

Rete mirabile Galeni; Vesal führt an, daß dasselbe beim Menschen 
nicht existiert. 

Das Gehirn bereitet den weitaus klarsten und dünnsten animalen 
Spiritus, welcher für die Operationen der Seele gebraucht wird, und verteilt 
ihn mittels der Nerven an die Instrumente der Sinne und Bewegung. Der 
Materie wird außer dem animalen Spiritus der in den Gefäßen der Hirnhaut 


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Anatomie des Nervensystems. 


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befindliche vitale Spiritus und die Luft hinzugefügt, welche durch die 
Atmung durch die engsten, gewundenen und gekrümmten (sc. Labyrinth des 
Siebbeines) zwischen der harten und weichen Hirnhaut herangezogen wird; 
wegen ihres schwierigen Weges wird sie sehr verdünnt und als sehr tauglich 
dem Gehirn übergeben, und überall, wo sie einen Zugang findet, dringt sie 
in die beiden seitlichen und in den mittleren Ventrikel ein, in welchem der 
animale Spiritus bereitet wird, der aus dem dritten Ventrikel durch einen 
Gang (sc. Aquäduktus) in den vierten Ventrikel gelangt. Von hier aus 
gelangt ein Teil des Spiritus in die Medulla dorsalis und in die von dieser 
abgegebenen Nerven, während die seitlichen und der mittlere Ventrikel den 
animalen Spiritus in die anderen Gehirnnerven und in die Sinnes- und Be¬ 
wegungsorgane entsenden. 

In den Gehirnventrikeln findet sich der Humor aqueus vor. Die Ex¬ 
kremente des Gehirns, der Gehirnschleim fließt aus den Seitenventrikeln 
durch je einen Kanal (sc. Rinne, in der die Stria terminalis lagert), der sich 
zwischen den Höckern (Thalamus opt. und Corp. Striatum) befindet, in den 
mittleren Ventrikel. Aus diesem mittleren Ventrikel fließt der Gehirnschleim 
durch den Aditus ad infundibulum zum letzteren selbst und von da in die 
Hypophyse. Auch aus dem Anfänge des Aquäduktus entsteht ein Gang, 
der aber selten ist, der den Gehirnschleim zum Trichter führt. Ferner fließt 
auch aus den unteren Enden der Cornua inferiora der beiden seitlichen 
Gehimventrikel Gehirnschleim zur Basis des Gehirns und wird von dem 
Trichter aufgenomraen. Endlich sammelt auch der Sulcus corporis callosi einen 
ebenfalls erzeugten Gehirnschleim und führt ihn vermittels der weichen 
Hirnhaut zum Trichter. Der Trichter besteht nur aus der sehr gefäßreichen 
weichen Hirnhaut, welche nicht nur das obere weite Ende des Trichters, 
sondern den es umgebenden basalen Teil des Gehirns umfaßt, so daß der 
Gehirnschleim auch aus dem Unterhorn des Seiten Ventrikels und aus dem 
Sulcus corporis callosi auch vom Trichter aufgenommen werden könne. 
Aus diesem Infundibulum ergießt sich der Schleim in die Hypophysis cerebri. 
Das eigentliche Infundibulum scheint Vesal unbekannt geblieben zu sein. 
Zwei Kanäle’ zu beiden Seiten der Hypophysis dienen für die Abfuhr des 
Gehirnschleimes. Vesal bildet vier Gänge aus der Hypophysis ab, welche 
den Gehirnschleim zum Gaumen befördern sollen. Die rauchförmigen Ex¬ 
kremente des Gehirns verlassen die Schädelhöhle durch die Nähte des 
Schädeldaches. 

Sehr interessant sind auch Vesals Ausführungen, welche sich mit 
Galen beschäftigen, doch müssen wir uns auf das Vorstehende beschränken, 
um das schon sehr umfangreiche Referat nicht noch weiter auszudehnen. 

Mills (59) gibt ein ausführliches Referat über die Hauptarbeiten, die 
unsere Kenntnisse über die Morphologie des Gehirns vermehrt haben, wobei 
er, da das Referat auf der Jahresversammlung der Neurolog. Gesellschaft 
zu Philadelphia gehalten wurde, besonders derjenigen Arbeiten gedenkt, 
welche von Amerikanern auf diesem Gebiete geleistet worden sind. 

Koeppen (45) bringt Abbildungen der äußeren Form des Gehirns 
eines augenlosen Tieres, Chrysochloris, und hat auch Serienschnitte durch 
das Gehirn angefertigt, die er beschreibt. Es hat sich keine Spur eines 
Optikus bei dem Tiere finden lassen, auch nicht einmal ein Gliastrang an 
Stelle des Chiasma. Es fehlten auch Okulomotorius, Trochlearis und Ab- 
duzens. An der Stelle, wo die Okulomotorius liegen soll, fand sich, wenn 
auch verkümmert, ein Nervenfasernetz, welches sonst den Kern des Okulo¬ 
motorius durchsetzt, und darin Lücken und hier und da verkümmerte Ganglien¬ 
zellen. Das Corpus geniculatum externum war höchstens in einer ganz ver- 

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Anatomie des Nervensystems. 


kümmerten Anlage vorhanden and zeigte keine Ganglienzellen, ln dem 
vorderen Vierhügel war keine Randfaserung des # Optikus zu sehen, und auch 
die zweite Schicht war kaum entwickelt. Immerhin fehlte das ganze Stratum 
opticum nicht ganz. Ganglienzellen waren im vorderen Vierhügel nur im 
tiefen Grau in größerer Zahl nachzuweisen. Da die Gud den sehe und 
Meynertsche Kommissur wohl erhalten waren, so ist das wiederum ein Beweis, 
daß diese Kommissuren mit dem Sehakt nichts zu tun haben. Das hintere 
Längsbündel war wenig entwickelt, wahrscheinlich wegen des Behlen s sämt¬ 
licher Augenmuskelnerven. Der Autor konnte an der inneren Hemisphären- 
wand dicht bei dem hinteren Teil des Ammonshorns ein starkes Hervortreten 
des Baillargerschen Streifens konstatieren. 

Das Zentralnervensystem der Oktopoden setzt sich nach Forschungen von 
Pfefferkorn (64) aus folgenden Ganglien zusammen: Ganglion cerebrale, 
viscerale, pedale - brachiale, buccale sup. und inf. Diese Ganglien sind 
verbunden durch die Commissura lateralis post, und ant. Ferner durch die 
Com. ganglii hrachialis und Com. buccalis sup. und inf. Im peripheren 
Nervensystem liegen das Ggl. opticum, pedunculi, ophthalmicum sup., GgL 
stellatum, cardiacum, cardiobranchiale; Ggl. branchialia, Ggl. infundibuli- 
ophthalm. inf., subradulare, gastricum. Der Autor beschreibt dann die von 
diesen Ganglien entspringenden Nerven und ihre Ausbreitung. Der Autor 
schließt sich der Anschauung von Chun an, daß die Oktopoden infolge 
ihrer höheren Konzentration des Nervensystems eine höhere Form der 
Zephalopodenklasse darstellen. 

Brüel (19) fand entgegen der allgemeinen Annahme bei allen Spezies 
von Pterotrachea isoliert am Gehirn entspringende Pleuroviszeralkonnektive, 
die sich erst ein Stück weit hinter ihm an die Zerebropedalkonnektive an- 
legen, so daß äußerlich die Grenze verschwindet; doch ist sie innerlich 
nirgends verwischt Und vor den Pedalganglien trennen sich beide in alter 
Stärke wieder los, laufen außen über diese Ganglien weg, legen sich dann 
gleichfalls nur äußerlich an die „Pedoviszeralanastomosen“ für eine kurze 
Strecke an, darauf aneinander, um endlich nahe vor den Intestinalganglien 
sich zu kreuzen und so das rechte zum linken, das linke zum rechten 
zu gelangen. Das rechte ist von Anfang bis Ende um ein vielfaches dicker 
wie das linke. Das Gesagte wird vom Autor im einzelnen dargestellt und 
durch viele Zeichnungen illustriert. 

Das zentrale Nervensystem von Rossia macrosoma besteht nach Unter¬ 
suchungen von Winkler (100) aus dem Ganglion cerebrale, Ggl. viscerale, 
Ggl. pedale, Ggl. brachiale, Ggl. buccale sup. und inf. Diese einzelnen 
Ganglien sind durch Kommissuren verbunden, und zwar Ggl. cerebrale und 
buccale superius durch die Commissura cerebro-buccalis, Ggl. cerebrale uud 
brachiale durch die Com. cerebro-brachiale, Ggl. brachiale und buccale sup. 
durch die Com. brachio-buccalis, Ggl. buccale sup. und inf. durch die Com. 
buccalis inferior, Ggl. cerebrale und pedale durch die Com. lateralis. Im 
peripherischen Nervensystem finden sich das Ggl. opticum, branchiale, stellatum, 
Armnervengauglion, Bukkalpfeilerganglion und Ggl. gastricum. Folgende 
Kommissuren sind im peripherischen System vorhanden. Com. visceralis 
dorsalis ant. uud post., Com. visceralis ventralis, Com. interbrachialis. Im 
folgenden setzt dann der Autor auseinander, welche Nerven von den ein¬ 
zelnen Ganglien entspringen, und mit welchen peripheren Teilen sie in Ver¬ 
bindung stehen. In ebenso ausführlicher Weise gibt Winkler auch eine 
Darstellung des Gefäßsystems von Rossia macrosoma. Was das Nerven¬ 
system anbetrifft, so steht Rossia in vielem zwischen den Oegopsiden und 
Loligo, letzterer Form bedeutend näher als Sepia. 


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Anatomie des Nervensystems. 


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Keim (43) hat in außerordentlich eingehender Weise das Nervensystem 
von Astacus fluviatilis untersucht und veranschaulicht das Erforschte durch 
äußerst viele und vorzügliche Abbildungen. Nach diesen Untersuchungen 
besteht das Nervensystem aus folgenden Teilen: 

A. Zephalothorax. 

Ganglion supraoesophageum. N. opticus, N. oculomotorius, 
N. tegumentarius, N. antennalis primus et secundus, N. ventriculi 
impar superior et inferior, N. commissurae. 

Ganglion commissurae. N. oesophagei superior et inferior. 

Ganglion oesophagei. ' N. stomato-gastricus inferior. 

Ganglion frontale. N. stomato-gastricus superior, N. cardiacus 
N. rostralis. 

Gangliou ventriculi superius. N. ventriculi dorsalis, medius, 
anterior, posterior, lateralis, medianus dorsalis, inferior posterior, 
N. hepaticus, N. mandibularis exterior. 

Ganglion infraoesophageum. N. glandulae viridis, N. mandi¬ 
bularis interior, N. maxillaris anterior, posterior, N. pedis maxillaris 
primus-secundus-tertius, Nervus superior primus-secundus-tertius- 
quartus. 

Ganglion thoracale-primum—quintum. Nn. pedales, Nn. 
thoracales, N. genitalis. 

B. Abdomen. 

Ganglion abdominale primum—quintum. N. pedis spurii, 
N. dorsolateralis, Nn. ventrales. 

Ganglion postabdominale. N. intestinalis, N. anterior, N. uro- 
pedalis, N. telsonos ventralis, dorsalis, N. ani. 

Leder (55) untersuchte das Nervensystem, speziell das Gehirn eines 
niederen Krebses (Cladoceren) mit der Methylenblau- und Alizarinmethode. 
Das Bauchmark besteht aus zwei Konnektiven mit Ganglien uud Kommissuren 
in jedem Segment. Präoral folgt das Gehirn, von dem die Nerven an die 
Antennulen und an die Sinnesorgane des Kopfes abgehen. Die Architektonik 
des Gehirns ist bedingt durch die Neuropile. Diese sind entweder Spezial¬ 
oder Universalganglien. Der zentrale Apparat des Komplexauges besteht 
aus Spezialganglien. Der optische Apparat der Cladoceren ist gegenüber 
dem der Euphyllopoden reduziert, dem Neuropol IV ist der motorische 
Kern für die Augenmuskeln zugehörig. Scheitelsinnesorgan, Frontalorgan und 
Medianauge bilden einen zusammengehörigen Organkomplex des Vorderhirnes. 
Die Antennule (erste Antenne) zeigt zweierlei Sinnesapparate. Die Antenne 
(zweite Antenne) hat ihre Neuropile motorischer Natur an den Schlund- 
konnektiven N. VI. Alle bisherigen Neuropile haben eine klare Beziehung 
zu Sinnesorganen oder Anhängen des Kopfes. Untereinander sind sie durch 
verschiedene Assoziationsapparate verbunden. Die Nerven für die Extremitäten 
gehen von Bauchstrangganglien aus. Es finden sich neben den motorischen 
Innervationen in den Füßen noch ein System bipolarer Sinnesnervenzellen 
den zahlreichen Borsten zugeordnet und außerdem ein diffuser Hautplexus, 
in welchen Zellen eingeschaltet sind. In das letzte Ganglion münden die 
zentripetalen Fasern des sogenannten Schwanzjborstenganglions. Das Nerven¬ 
system des Darms gliedert sich in das des Ösophagus, des Enddarms und 
des Mitteldarms. Das landläufige Einteilungsschema für das Arthropoden¬ 
gehirn in Proto-, Deuto- und Tritozerebrum läßt sich auch auf das Gehirn der 
Cladoceren anwenden, uur ist das Protozerebrum in eineu primären und 
sekundären Anteil zu zerlegen. 


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Anatomie des Nervensystems. 


Nervenzellen. 


Fischei (30) stellte nach angebrachten Verletzungen am Gehirn und 
Rückenmark bei Larven von Salamandra maculosa fest, daß bei ihnen keine 
Regenerationsfähigkeit des Gehirns besteht. Es sind zwar noch Zellteilungen 
in nicht unbedeutendem Grade in ihm auslösbar, aber die neu entstehenden 
Zellen sind nicht mehr imstande, einen Defekt formativ zu regulieren. Das 
kaudale Ende des Rückenmarkes ist aber auch noch in späten Entwicklungs¬ 
stadien regenerationsfähig, das kraniale Ende des zentralen Nervensystems 
dagegen nicht. In den regenerativ neugebildeten Gehirnzellen treten Diffe¬ 
renzierungsweisen auf, welche bei der normalen Entwicklung ihrer Mutter¬ 
zellen nicht in die Erscheinung treten. 

Kunze (62) bespricht zunächst das Vorkommen von Kristallen in 
tierischen Zellen und besonders in deren Kernen, sodann das Auftreten 
kristallähnlicher Bildungen in den Nukleolen, zumal im Hinblick auf die 
Bedeutung der letzteren für den Zellkern und seinen Stoffwechsel. Die in 
den Nukleolen der Ganglienzellen von Helix auftretenden stark lichtbrechenden 
Gebilde finden sich bis zu 20 in einem Kern, besonders häufig in dem 
Viszeralganglion; neben Kernen von Zellen, welche die Kristalloide enthalten, 
liegen solche, in denen sie fehlen. Von einer Beeinflussung der Erscheinung 
durch das Ersticken der Schnecken im Wasser, woran Legendre dachte, 
könne nicht die Rede sein, weil die Ganglien von Tieren herauspräpariert 
wurden, die nicht auf diese Weise getötet wurden. Die Größe der Kristalloide 
ist in den einzelnen Nukleolen recht verschieden, und auch größere Nukleolen 
können ganz von ihnen erfüllt sein. Die stark lichtbrechenden, nur wenig 
färbbaren Gebilde lassen Flächen und Kanten erkennen, welche sie ent¬ 
schieden kristallähnlich erscheinen lassen. Ob es sich wirklich um Kristalle 
handelt, läßt K. unentschieden. 

Gaylord Swindle (82) nimmt nach Untersuchungen am Salamander¬ 
rückenmark an, daß die Neurofibrillen aus dem Zellkern entstehen. Denn 
die Substanz, aus denen sie bestehen, ist verschieden von deijenigen des 
Zytoplasmas, und man könne die Eutstehung der Chromofibrillen, aus denen 
sich die eigentlichen Fibrillen zusammensetzen, aus dem Kerne deutlich 
verfolgen. 

Bogrowa (10) untersuchte die Spinalganglienzellen der Katze, des 
Kaninchens und des erwachsenen Meuschen. Da die Ergebnisse nichts 
wesentlich Neues bringeu, so erübrigt sich ein ausführliches Referat. 

Nenroglla. 

Schaffer (71) hat mit der neuen Gliamethode R. y o ajals (s. S. 4) 
mehrere Gehirne, sowohl normale, wie pathologische (Idiotie, chron. Alko¬ 
holismus, chron. Halluzinose und senile Demenz), untersucht und teilt aus¬ 
führlich die Ergebnisse seiner Befunde mit. Was die normale Neuroglia 
anbetrifft, so läßt sie sich leicht in den mittleren und tiefen Rindenschichten 
sowie in der weißen Substanz darstellen. Sie erscheint in Form von Astro- 
zyten, welche durchwegs protoplasmatischer Natur sind und in den ober¬ 
flächlichen Schichten eine kürzere, in den tieferen eine bedeutend längere 
strahlenförmige Verästelung besitzen. Die Verästelung kommt durch zu¬ 
nehmende Dichotomie zustande, welche eine allmähliche Verdünnung der 
Aste bedingt. In guten Impräguationen ist es leicht festzustellen, daß die 
Stamrafortsätze tatsächlich Zelleibausläufer, also echte Fortsätze sind. Im 
Gegensatz zu diesen gibt es dann differenzierte, vom Zellkörper emanzipierte 
Fasern, welche am Zelleib zu liegen, diesen nur zu berühren scheinen; es 


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Anatomie des Nervensystems. 


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sind dies die Ranvier-Weigertschen Gliafasern, welche Weigert 1895 als 
die einzig legitimen Gliafasern ansprach. Mit Cajals Verfahren konnte 
Schaffer sie an ihrer hauptsächlichen Fundstätte (Eisath) in der zonalen 
Schicht nicht darstellen, fand sie aber im Hilus fasciae dentatae zahlreich, 
sowie in der weißen Substanz. Unter pathologischen Verhältnissen lassen 
sie sich an verschiedenen Orten finden, wo sie normalerweise nicht zu beob¬ 
achten sind. Die Bildung eines Gliaretikulums konnte Schaffer nicht 
wahrnehmen, sondern nur. das Vorhandensein eines Gliageflechtes. Doch 
sind nach Ansicht des Autors die von C aj a 1 als Endkeulen bezeichneten 
Anschwellungen keineswegs als Terminalbildungen zu betrachten, denn die 
Imprägnation kann leicht über die sogenannte Endkeule versagt haben, 
oder die Fortsetzung kann in einem Niveau sich befinden, welches schon 
auf einen anderen Schnitt fällt. Es gelang dem Autor nicht, an den 
Cajalsehen Imprägnationen Anastomosen zwischen Gliazellen zu sehen. 
Auf solche Plasmabrücken, welche dann Fibrillen enthalten, hätte Spielmeyer 
seine Aufmerksamkeit gerichtet, und, da in solchem Falle die Fibrillen für 
zwei oder mehrere Gliazellen gemeinsam sind, behauptet, daß die Genese 
der Gliafasern eine plurizelluläre sei. Über diese Frage gebe die Cajal sehe 
Methode keine Entscheidung, ebenso bezüglich der allgemeinen Frage, ob 
es ein Gliasynzitium gäbo. 

Dagegen demonstriert die Cajalsche Methode in sehr überzeugender 
Weise das Verhalten der Gliaelemente zu den Ganglienzellen und zu den 
Gefäßen. Nach den Bildern, die mau in den Präparaten wahrnimmt, sei 
der Nährcbarakter der Neuroglia nicht zu bezweifeln. In letzterer Hinsicht 
ist bereits die Anheftung der Gliafasern durch Vermittlung der Membrana 
limitans gliae perivascularis vielsagend, vollends überzeugend ist aber das 
euge Anliegen bzw. Umfassen der Gefäße durch die protoplasmatische 
Substanz des Gliakörpers. Dasselbe Verhalten der Gliaelemente um die 
Ganglienzellen herum bedeutet auch mehr als eine Stützfunktion. Namentlich 
dürfte die Neuroglia an Stellen, wo sie den Gefäßen und Ganglienzellen 
breit plasmatisch anliegt, als eine Diffusionseinrichtung fungieren, und zwar 
vom Gefäße her gegen die Ganglienzelle oder umgekehrt. Die wechselnde 
Menge an Gliakörnern ira Bereiche einer Gliazelle und deren Ausbreitung 
läßt sehr an Stoffwechselvorgäuge denken. Cajals Verfahren ist eine 
exquisite Gliazellmethode, Weigerte Färbung eine komplette Darstellung 
aller faserigen Glia. Beide ergänzen sich und sind allein einseitig. 

Was die pathologischen Veränderungen der Glia anbetrifft, so führt 
die Gliawucheruug vor allem zur Vergrößerung der einzelnen Gliaelemente; 
diese Hypertrophie zeigt sich am auffallendsten seitens jener Gliazellen, 
welche schon normalerweise zarter gebaut sind, also an den sternförmigen 
Gliazellen der obersten Rindenschicht. Die Vergrößerung betrifft alle Bestand¬ 
teile der Gliazelle, also Zelleib, Fortsätze und Gliafüße. Der Zellkörper 
wird deutlicher, die Fortsätze erscheinen stärker, verästelter und besonders 
länger, die Gliafüße erscheinen vergrößert und geschwollen. Es entstehen 
gigantische Gliazellen, aus deren Zellkörper voluminöse, durch welligen 
Verlauf auffallende Fortsätze ausstrahlen. Solche riesenhaft erscheinenden 
Fortsätze haben zugleich kolossal geschwellte Gliafüße, mit welchen sie sich 
vermittels der M. lim. gliae perivascularis der Gefaßoberfläche anheften; in 
solchen Fällen sieht man häufig sowohl Längs- wie Querschnitte von Gefäßen, 
welche mit einer tiefbraun gefärbten körnigen Masse umsäumt sind, daher 
förmlich wie verbrämt aussehen. Diese Hypertrophie der protoplasmatischen 
Gliazellen führt regelmäßig zur Entartung, somit zum Zerfall. Der geschwellte 
Zelleib und die luxuriöses Wachstum zeigenden Fortsätze erhalten eine 


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Anatomie des Nervensystems. 


Körnelung, welche zunehmend derber, plumper wird, gleichzeitig entstehen 
lokale höckerige Auftreibungen bzw. erscheinen stellenweise abnorme Ver¬ 
dünnungen, wodurch recht verzerrte Bilder zustande kommen. Endlich 
fragmentieren die teils hyper-, teils atrophischen Fortsätze, wodurch ein 
sogenannter Gliadetritus entsteht, welcher in seiner Gesamtheit manchmal noch 
die ehemalige Gliazelle bzw. deren Verästelung erkennen läßt. Eine weitere 
Äußerung der Gliawucherung besteht in der Entwicklung von Gliazellen mit 
Weigertfasern an solchen Stellen der Rinde, woselbst solche nicht Vorkommen. 
Endlich gibt sich die Gliawucherung in Bildung von überreichlich erschei¬ 
nenden Gliafasern kund; zumeist steht eine Gliakernkolonie im Mittelpunkt 
solcher Faserwucherung, in dem letztere in Rasenform aus dieser Kernkolonie 
ausstrahlt. Ein Lieblingsort der Gliafaserwucherung ist bei seniler Demenz 
der zirkumvaskuläre resp. perivaskuläre Raum. Die Cajalsche Methode 
läßt besonders die Gliafüße gut zur Darstellung bringen. Diese nehmen an 
der Hypertrophie resp. Degeneration der Gliaelemente gleichfalls teil. 

Yorderhirn. 

Die Untersuchungen von Landau (53) über den Hinterbauptlappen 
stützen sich auf 100 Menschenhirne (Esten-, Israeliten-, Schweizerhirne) und 
23 Affenhirne (5 von Siinia troglodytes, 4 von Macacus rhesus, 2 von Gorilla- 
gina und Cercopithecus subaeus, und je eius von verschiedenen anderen). 
Es ergab sich folgendes: 1. Die parietookzipitalen Ubergangswindungen sind 
an allen Primatengehirnen (Mensch inbegriffen) zu finden. Nur daß sie 
das eine Mal oberflächlich liegen, das andere Mal operkulisiert sind. 2. In 
der Entfaltung der Übergaugswinduugen einerseits und des sie überdeckenden 
Klappdeckels andererseits, existiert ein Antagonismus: je stärker der Klapp¬ 
deckel ausgebildet ist, um so vollständiger ist die Überdeckung der Über¬ 
gangswindung, je schwächer die Ausbildung des Klappdeckels ist, um so 
mehr ist die Lage der Ubergangswinduug eine oberflächliche. Um Meinungs¬ 
verschiedenheiten für die Zukunft unmöglich zu machen, schlägt L. für den 
Klappdeckel am Okzipitallappen sowie für die ihn frontalwärts abgrenzende 
Furche neutrale Bezeichnungen vor, und zwar: der Klappdeckel heiße Oper- 
culum occipitale, die ihn frontalwärts begrenzende Furche Sulcus operculi 
occipitalis. Sind alle Übergangswiudungen operkulisiert, so nenne man den 
Klappdeckel Operculum occipitale completum und die Furche Sulcus oper¬ 
culi occipitalis completi (früher Affenspalte); sind nicht alle Ubergangs¬ 
windungen operkulisiert, so sage man Operculum occipitale incompletum 
und Sulcus operculi occipitalis incompleti (früher S. lunatus). Liegt der 
Klappdeckel auf der unteren Hirnfläche, so bezeichne man ihn Operculum 
occipitale basale und die Furche als Sulcus operculi occipitalis basalis. Die 
Entstehung des Operculum occipitale wird bei Mensch und Affe durch den 
gleichen Grund verursacht, und zwar, durch Verlagerung des einen oder an¬ 
deren gabeligen Endstückes der Fissura calcarina, oder genauer gesprochen, 
häogen sämtliche Operkulumbildungeu am Okzipitallappen vom Sulcus extremus 
resp. Sulcus triradiatus ab. Der Sulcus triradiatus occipitalis ist auch am 
Affenhirn als ein abgespreugtes Stück der Calcarina zu betrachten. L. konnte 
selbst an einem ganz furchenfreien die möglichst größten Dimensionen 
zeigenden Operculum occipitale absolutum eiues Affenhirns immer noch 
Spuren des S. triradiatus nachweisen; er folgert daraus, daß einen — zuweilen 
— größeren 1*611 des ganzen Operculum occipitale auch bei den Affen der 
Gyrus cuneo-lingualis ausmacht. 

Landau (52a) faßt die Ammonsformation nicht wie Brodmann als 
einen abortiven oder rudimentären Teil des Palliums auf, sondern als einen 


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Anatomie des Nervensystems. 


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wichtigen Bestandteil des letzteren, auch bei den höher stehenden Wirbel¬ 
tieren. Er hat sich ans Serienschnitten an Ratten-, Maulwurf- und Katzen¬ 
hirnen überzeugt, daß die Großhirnrinde wie auch die Rinde des Lobus 
olfactorius im Querschnitte als zweistaffeliges Werk zu betrachten ist, und 
zwar so, daß die an das Mark grenzende Staffel nichts anderes als die Fort¬ 
setzung der Ammonszellenechicht in das Pallium darstellt. L. hält die 
Kappers sehe Dreiteilung der ganzen Rinde in „Arcbikortex“ (Ammons¬ 
formation) in „Paläokortex“ (Riechrinde) und in „Neokortex“ (Neopallium) 
für sehr zweckmäßig. Er definiert sie folgendermaßen: Der Archikortex ist 
eine einstaffelige Formation (dieser Begriff schließt die Möglicheit einer 
Schichtung dieser Formation nicht aus); der Paläo- und der Neokortex sind 
zweistaffelige Formationen. Dabei bildet die innere Zellstaffel eine direkte 
Fortsetzung des Archikortex, die äußere Zellstaffel präsentiert dagegen einen 
Nenerwerb, ein Plus, gegenüber der Ammonsformation. 

Nach Erfahrungen von v. Monakow (61) aus pathologisch-anatomischen 
Beobachtungen und speziell aus der Ungleichartigkeit des histologischen 
Bildes der sekundären Degeneration innerhalb der Pyramide, dann aus dem 
Umstande, daß bei kompletter sekundärer Pyramidendegeueratiou die Processus 
reticulares schwer mit degenerierten, muß geschlossen werden, daß die dem 
Großhirn entstammenden Pyramidenfasern weder nach Ursprung noch nach 
Endigung einheitlicher Art sind; es muß kortifugale, aber auch koTtiko- 
petale Pyramidenfasern geben. Ferner muß angenommen werden, daß 
Pyramidenbündel außer der Area gigantocellularis noch andere kortikalen 
Faserquellen besitzen, die, wenn auch in viel geringerer Dichte als im Lo- 
bulus paracentralis, weit über die beiden Zentralwindungen (Area frontalis) 
hinausgehen. Monakow nimmt ferner an, daß die Mehrzahl der aus dem 
mittleren und dem unteren Drittel der Zentralwindungen stammenden kortiko- 
fugalen Projektionsfasern nicht zur Pyramide bzw. Pedunculus, sondern 
(durch Vermittelung des Stabkranzes bzw. der inneren Kapsel) zur Haube 
(Regio subthalamica, Haubenregion des Mittelhirns, kortikale Haubenbahn) 
fließt, denn nur so ist es zu erklären, daß bei Zerstörung der genannten 
Rindenregion die Pyramide selbst nur geringe Degeneration aufweist. Aus 
Beobachtungen nach Exstirpation der Armregion .bei Tieren und nach 
Zerstörung dieser Region beim Menschen schließt Monakow, daß die 
Armregion nicht die eigentliche Geburtsstätte der willkürlichen Bewegungen 
sei. Auch sei die Annahme, daß es nur die gigantischen Nervenzellen der 
Regio centralis seien, welche der Pyramidenbabn Ursprung geben, nicht 
richtig. Der Pyramidenbahn komme nach Ansicht des Autors für die suk¬ 
zessive Entwicklung der üblichen Fertigkeitsbewegungen keine sehr wichtige 
bzw. ausschlaggebende Rolle zu. Diese Bahn vollbringe vielmehr Leistungen, 
die mehr in das Gebiet der Reflexe gehören, ferner auch feinere Sonder¬ 
bewegungen mit den Fingern usw. Die Bedeutung der Pyramidenbahn sei 
ferner in einer fortgesetzten, für die Präzision der Fertigkeitsbewegungen 
notwendigen Unterdrückung von dem kinetischen Erfolg hinderlichen sub¬ 
kortikal erzeugten Synergien zu suchen. Welche Bedeutung dem extra- 
rolandischen Anteil und dem Retikularisanteil der Pyramidenbahn zukommt, 
ist noch ganz dunkel. Der Autor teilt ferner mit, daß er beim anatomischen 
Studium einer großen Anzahl von Fällen mit Herd sowohl im Gyr. centralis 
ant. als im Gyr. angularis auf regelmäßig auftretende sekundäre Degene¬ 
rationen im Großhirnmark gestoßen ist, die sich auf Assoziationsbündel be¬ 
ziehen, welche bis jetzt noch nicht beschrieben sind. Er nennt diese Asso¬ 
ziationsbündel Fasciculus centroparietalis. Er glaubt, daß diese 
langen Assoziationsbündel bei kombinierter Inanspruchnahme der Augen 


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Anatomie des Nervensystems. 


einerseits und der oberen Extremitäten andrerseits eine wichtige Rolle spielen. 
Vielleicht darf in ihnen auch ein Teil der anatomischen Basis für die be¬ 
wußte Tiefensensibilität gesucht werden. Auch daran wäre zu denken, daß 
dem Fasciculus centroparietalis eine gewisse Bedeutung für das Zustande¬ 
kommen der halbseitigen motorischen Apraxie zukäme. Die Fertigkeitsbe- 
wegungen werden nach Ansicht des Autors in Szene gesetzt und weitergefiihrt 
unter Inanspruchnahme von zerstreuten noch nicht genauer bestimmten 
Kortexpunkten, die zum großen Teil extrarolandisch liegen, und sie werden 
vermittelt teils durch extrarolandisch abgehende Pyramidenbündel, teils 
(größerer Teil) durch Rindenhaubenbahnen (Mittelhirn-, Haubenfaszikel), 
wobei auch zerebro-zerebellare Bahnen (Nucl. ruber, Form, retic.) eine hervor¬ 
ragende Rolle spielen. Die Reizwirkungen dieser beiden Haubenbahnen ist 
eine teilweise antagonistische, teilweise eine sich gegenseitig unterstützende. 
Iu der synchronen Phase der Fertigkeitsbewegungen greift die Armregion 
mit ihren Foci höchstwahrscheinlich nur ergänzend und unter Lieferung 
besonders feiu ausgebauter Synergien der Handmuskulatur ein. Höchst¬ 
wahrscheinlich dienen die der Armregion entstammenden Pyramidenfasern 
weniger der direkten Erzeugung von kombinierten, im späteren Leben er¬ 
worbenen Muskelsynergien als der Unterdrückung dem Bewegungszwecke 
hinderlicher Synergien. 

C. und 0. Vogt (97) suchen nachzuweisen, daß der von Niessl 
v. Mayendorf scheinbar entdeckte Easciculus corporis cruciatus nicht 
existiert (s. Jahresbericht Bd. 18, S. 30). 

Wallenberg (98) konnte bei zwei Meerschweinchen, die er operiert 
und nach dem Tode mit der Marchimethode untersucht hatte, zwei 
abnorme Faserbündel verfolgen. Das eine zweigt sich vom Foraix los und 
geht abgetrennt von ihm basalwärts und endet schließlich auch im Corpus 
mamillare resp. dahinter, das andere Bündel zweigt sich von der Pyramide 
an deren Kreuzungsstelle ab, geht nicht mit diesen kaudal-, sondern viel¬ 
mehr frontalwärts und endigt in dem Grau zwischen Vagus- und Vesti- 
bulariswurzel. 

Unger (88) untersuchte sehr eingehend morphologisch und mikrotopo- 
graphisch das Gehirn von Hatteria punctata (Reptiliengehirn). In morpho¬ 
logischer Hiusicht ergab sich: 1. Der Hirnmantel der H. punctata enthält 
keine getrennten Rindenplatten; die Heraisphärenrinde ist eine direkte 
Fortsetzung der Bulbusrinde durch den Lobus olfactorius hindurch uud er¬ 
scheint in der Hemisphäre zunächst als ein zentrales Zellenlager aus großen 
runden Zellen bestehend, das sich alsbald in zwei Anteile sondert, in einen 
kleineren, medialen, locker gefügten und in einen größeren, lateralen, dichter 
gefügteu Anteil. Aus dem ersteren geht das geschichtete Zellband der 
Ammonsrinde hervor, welche demnach ein aus großen Zellen zusammen¬ 
gesetztes breites Band darstellt, im Gegensatz zu allen bisher untersuchten 
Reptilienarten, bei denen dieses Band als ein kleinzelliges erscheint, dem 
ein großzelliger Streifen als kleiner Anhang angefügt ist. 2. Der dorsale, 
unscharf begrenzte Pol dieses großzelligen Bandes der Ammonsrinde setzt 
sich lateraiwärts iu den dichter gefügten lateralen Anteil des zentralen 
Zellenlagers der Hemisphäre fort und geht weiter durch Vermittlung 
dieses Zellenlagers ohne Unterbrechung in die Streifenhügelrinde über, in 
der Art, daß Ammonsrinde und Streifenhügelrinde eine Kontinuität und 
einen in sich geschlossenen Kreis bilden. 3. Die Streifenhügelrinde er¬ 
scheint mit der beginnenden morphologischen Gliederung des Streifenhügels 
zunächst in Form von kleinen runden Zellhäufchen und Zellnestern, die 
mehr oder weniger voneinander abgegrenzt sind. In dem Maße, als der 


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Anatomie des Nervensystems. 


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Streifeuhügel seine volle morphologische Gliederung und Formation erreicht, 
rücken die runden Zellhäufchen mehr und mehr aneinander, und es bildet 
sich ein kontinuierlich zusammenhängendes, geschichtetes Zellband, welches 
unmittelbar unter dem Epithel gelegen ist und alle Buchten und Aus¬ 
stülpungen des Striatumkörpers begleitet. In den kaudalen Anteilen des 
Striatumkörpers, wo dessen morphologische Gliedorung sich nach und nach 
rückbildet, lockert sich auch die Schichtung des Zellbundes, die runden 
Zellhäufchen treten wieder auf, und am kaudalen Ende umgeben sie in Form 
eines basalwärts offeuen Kranzes den ungegliederten rund ovalen Streifen¬ 
hügelkörper. 4. Das Corpus Striatum zeigt eine reiche und bemerkens¬ 
werte morphologische Gliederung, in der Art, daß vom Rande her des in 
•den Ventrikel halbkugelig vorgewölbten Striatumkörpers tiefe buchtige Ein¬ 
senkungen auftreten, so daß lange zapfenförmige Ausstülpungen des Striatum¬ 
körpers in den Ventrikel hinein entstehen in ventraler, dorsaler und dorso¬ 
lateraler Richtung, die bis an die jeweilig gegenüberliegende Ventrikelwand 
reichen und dem ganzen Striatum eine eigenartige Konfiguration verleihen. 
5. Ein Nucleus septi als Bestandteil des Streifenhügels ist nicht nachweis¬ 
bar. Die kranzartige Umsäumung des kaudalen Abschnittes des Striatums 
durch die Zellhäufchen der Striatumrinde zeigt eine auffallende Ähnlichkeit 
mit dem Henickschen Nucleus occipito-basalis (Nucleus sphaericus) 
mancher Reptilienarten. 6. Das Septum ist schwach entwickelt. Es ent¬ 
steht aus zwei halbkugeligen, übereinander liegenden Vorwölbungen der 
medialen Hemisphären wand in den Ventrikel, die alsbald miteinander ver¬ 
schmelzen und ein längsovales Ganglion in jeder Hemisphäre bilden. Dieses 
längsovale Ganglion geht in den kaudalen Anteilen des Septums in die 
Form einer abgestutzten Pyramide mit breiterer Basis über. 

Was die Faserzüge anbetrifft, so umsäumt 1. die sekundäre Riech- 
bahu von allen Seiten den frontalen Hemisphärenpol und sondert sich als¬ 
bald in einen lateralen und einen medialen Anteil. Der laterale Anteil 
•endet allem Anschein nach frühzeitig in dem Zellenlager der Hemisphäre, 
der mediale hingegen bildet die Hauptmasse der sekundären Riechbahn und 
zieht als mächtiges Faserbüudel entlang der medialen Hemisphärenwand in 
•die Area parolfactoria und olfactoria, um hier sein Ende zu finden. 2. Das 
System der Fornixfaserung mit seinen drei Abschnitten (Columna fornicis, 
Psalterium uud Riechbündel) zeigt, soweit dies auf Frontalschnitten fest¬ 
gestellt werden konnte, keine wesentlichen Abweichungen von dem bisher 
bei Reptilienarten beobachteten Verhalten. 3. Das gleiche gilt vom Tr. septo- 
meseucephalicus und dessen Verlauf im Mittelhirn. 4. Im Fasersystem 
der Commissura anterior könneu drei distinkt nachweisbare Kommissuren¬ 
bündel unterschieden werden: zwei schmale markhaltige Faserbündel, das 
eine am meisten dorsal, das andere am meisten basal gelegen. Das erstere 
zieht bogenförmig mit tiefer, in der Medianlinie dorsalwärts gerichteter 
Konkavität und in dorsolateraler Richtung in die Hemisphäre; das zweite 
verläuft horizontal in die lateralen Anteile der Hemisphäre. Zwischen diesen 
zwei markhaltigen Kommissurenbündeln liegt das dritte, etwas breitere und 
größtenteils marklose, respektivo nur von spärlichen markhaltigen Zügen 
umsäumte und durchsetzte Faserbündel, das in dorsolateraler Richtung in 
die Hemisphäre einstrahlt und vielleicht der Pars epistriatica im Schema 
Edingers entspricht. Eine Pars olfactoria im Sinne des eben genannten 
Schemas ist im System der Commissura anterior bei Hatteria nicht nach¬ 
weisbar. 5. Das basale Vorderhirnbündel (Tr. strio-thalamicus) ent¬ 
springt mit zwei Köpfen aus der basalen resp. dorsolateralen Ausstülpung 
des Striatums in den Ventrikel. Es bildet den mächtigsten Faserzug im 


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Anatomie des Nervensystem*. 


Vorderhirn der Hatteria und kann auf der Frontalserie, wie bei allen bis¬ 
her untersuchten Reptilienarten bis tief in den Hypothalamus verfolgt werden. 
6. Markhaltige Tangentialfasern konuten fast im ganzen Bereich des 
Hirnmantels nicht nachgewieseu werden. 


Mlttsltairn. 


Kosaka und Hiraiwa (49) beschreiben die sekundären Degenerationen 
der Optikusfasern, die sie nach Enucleatio eines Bulbus bei verschiedenen 
Vögeln und Säugetieren fanden. Der Fasciculus accessorius optici anterior 
(Bochenek) ist nach ihren Befuuden ein kleines aberrierendes Bündel der 
Öptikusfasern, das sich später wieder mit der Hauptmasse der Traktusfasern 
vereinigt. Mit Marburg sind die Autoren der Ansicht, daß man den 
Tractus peduncularis transversus mit der basalen Optikuswurzel der Vögel, 
Reptilien und Amphibien und seinen Endkern mit dem Ganglion ecto- 
mammillare dieser Tiere zu vergleichen hat. Dieser Kern wird nun in seiner 
Lage, Ausdehnung und in seiner Zellformation eingehender beschrieben. 
Während die Autoren der Ansicht zuneigen, daß das Ganglion isthmi bei 
den Vögeln als Ursprungsgebiet der zentrifugalen Optikusfasern anzusehen 
ist, meinen sie, daß diese Fasern bei den Säugetieren außerhalb des Gehirns 
ihre Ursprungszellen haben. Bei der Katze hatte die Enucleatio bulbi eine 
auffallende Veränderung im oberen Drittel des Ganglion cervicale supremum 
zur Folge, in dem hier fast alle Nervenzellen der Chromatolyse verfielen; 
beim Huhn trat eine solche Veränderung nach Enucleatio bulbi nicht ein. Die 
zentrifugalen Optikusfasern, welche in der Retina frei endigen, gehören des¬ 
halb nach Ansicht der Autoren zu den vasomotorischen Nerven des Auges, 
deren Fasern ihrerseits den dem Dilatator pupillae vorstehenden gleich¬ 
zustellen sind. Alle diese Fasern, welche ein und dasselbe System bilden, 
entspringen bei Vögeln vom Ganglion isthmi, bei Säugern, denen dieses 
Ganglion fehlt, vom Ganglion cervicale supremum. 

R&dl (65) beschreibt die Sehzentren des Knochenfisches Leuciscus, und 
zwar die Form des Mittelhirndaches, seine Asymmetrie, die Asymmetrie des 
Geuikulatum, des Torus semicircularis, des Torus longitudinalis. Im zweiten 
Abschnitt folgt eine Darstellung der Verteilung der Nervenbahnen innerhalb 
der Sehzentren, in einem dritten die Kaskadenfasern, d. h. die Schlängelung 
der optischen Bahnen innerhalb und zwischen den Ganglien. Die Seh¬ 
zentren stellen nach Ansicht des Verfassers so charakteristische, so gesetz¬ 
mäßige und in ihren Grundzügen so konstant aufgebaute Gebilde dar, dafi 
die gangbare Idee, sie stellten nur Massen von Nervenzellen und Nerven¬ 
fasern dar, nur Übergangsstationen, wo die Nervenreize gesammelt, verzweigt 
resp. weiter befördert werden, unhaltbar erscheint. Das optische Ganglion 
des marinen Wurmes Vanadis sieht dem dritten Sehganglion eines Insekts 
und dem Torus semicircularis der Knochenfische so auffallend ähnlich, daß 
man in Anbetracht der ungeheuren Verschiedenheit des Bauplanes eines 
Wurmes, eines Arthropoden und eines Wirbeltieres unbedingt annehmen 
muß, jene Analogie komme daher, daß die Sehzentren aller Tiere spezifische 
Leistungen vollführen. Diese Tatsache hat man bisher unberücksichtigt 
gelassen (?). Man glaubt alles Wesentliche über das zentrale Nervensystem 
bereits zu kennen, und man sucht das Nervensystem nur im einzelnen zu 
durchforschen. Man erhofft alles von der Erkenntnis jeder einzelnen Leitungs¬ 
bahn, der Nervenfaser, der Nervenfibrille, jeder einzelnen Ganglienzelle, und 
man ist geneigt, durch einfache Summation dieser Einzelerkenntnisse das 
Ganze erkennen zu können. Man vergißt aber, was in dem gesetzmäßig 


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Anatomie des Nervensystems. 


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angeordneten Ganzen mehr verborgen ist als in den Teilen, nämlich das 
Gesetz der Anordnung. Und wahrscheinlich ist es eben dieses Gesetz, das 
auch für die Ermittlung der Funktion der Nerveuzentren die entscheidende 
Bolle spielt. (Der Herr Verfasser scheint mir hier gegen etwas zu kämpfen, 
was weniger in den Tatsachen begründet ist, als in seiner Einbildungskraft 
liegt. Die Forschung hat niemals neben der Eruierung der minutiösen 
Einzeldinge die Anordnung dieser Einzeldinge zu Gebilden und die spezielle 
Gestaltung dieser Gebilde in ihrem gesamten Aufbau vernachlässigt. Be¬ 
sonders haben die Physiologen immer auch auf letzteres gebührend Rück¬ 
sicht genommen. Wenn der Verfasser mit seinen Ausführungen darlegen 
möchte, daß man noch mehr Nachdruck darauf legen müßte, als man es 
bisher getan hat, so könnte man ihm beistimmen, aber so wie er es aus¬ 
drückt, verdient es einfach scharfe Zurückweisung. Bef.) 


Hinterblrn. 

Aus der Untersuchung zweier Fälle von partieller Bindenkleinhirn¬ 
atrophie folgert Bronwer (16) 1. daß auch beim Menschen die Purkinje- 
schen Zellen ihre Acbsenzyliuder nur nach den Kleinhirnkernen schicken; 
2. daß die Bodenstriae (Striae von Piccolomini) als ganz kaudal gelegene 
Brücken fasern zu betrachten sind, welche in den Nuclei arciformes ent¬ 
springen; 3. daß der Nucleus dentatus zum Teil neo-, zum Teil paläozerebellär 
ist; 4. daß die Hauptolive mit ihrem frontalen Pol und mit dem medialen 
Teil ihrer oralen Abschnitte in Verbindung mit dem phylogenetisch alten 
Teil des Kleinhirnes steht, der übrige Teil mit dem phylogenetisch jungen 
Teil des Zerebellum; 5. daß die Nebenoliven nur in Verbindung mit den 
phylogenetisch alten Teilen des Kleinhirnes stehen; 6. daß es eine Ver¬ 
bindung zwischen den Nebenoliven und dem gekreuzten Corpus restiforme 
gibt. Diese Verbindung liegt im medialen Abschnitt des Tractus olivo- 
cerebellaris. Sie ist erhalten bei neozerebellarer Atrophie, während die 
übrigen Teile dieses Tractus olivo-cerebellaris zugrunde gehen. Sie ist beim 
menschlichen Fötus von 42 cm myelinisiert, während die übrigen Fibrae 
olivo-cerebellares noch nicht markreif sind. Brouwer nennt diesen Faser¬ 
zug Tractus parolivo-cerebellaris. 

Schaffer (70) fand hauptsächlich am paralytischen, aber auch am 
nichtparalytischen Zentralorgan im basalen Bereich der Brücke und des 
verlängerten Markes gewisse Bündel, welche er als Fasciculus pontis 
medialis und lateralis, ferner als Fasciculus bulbi lateralis und 
ventrolateralis bezeichnet Diese Bündel stammen von der ponto-bulbären 
Pyramide ab; namentlich von der medialen Abteilung der Py. der Fase, 
pontis medialis, von dem lateralen Abschnitt der Fase, pontis lateralis und 
bulbi lateralis, von dem ventralen Teil der fase, bulbi ventrolateralis. Somit 
sind sämtliche Bündel abgelöste Py.-Stränge. Der Fase, pontis lateralis kann 
isoliert Vorkommen; er kann ferner mit einem F. bulbi lateralis vergesell¬ 
schaftet sein, wo dann letzterer die Fortsetzung des F. pontis lateralis dar¬ 
stellt; endlich kann der F. bulbi lateralis gleichfalls allein entwickelt sein. 
Bildet der F. pontis et bulbi lateralis einen einzigen Körper, so kann man 
von einem Fase, ponto-bulbi lateralis sprechen. Diese Bündel bedeuteu 
Verbindungen der Py. einesteils mit den motorischen Bulbärkernen, andern- 
teils mit dem Kleinhirn, indem 'die Fase, pontis überwiegend eine nukleo- 
bulbäre, die Fasciculi bulbi eine bulbo - zerebellare Py. darstellen. Als 
essentielle Benennung schlägt der Autor für erstere Tractus pyramidalis 
nucleo-bulbaris, für letztere Tractus pyramidalis homolateralis 


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Anatomie des Nervensystems. 


bulbo-cerebellaris vor. Ebenso stellt eine bulbo-zerebellare Py.-Babu in 
gewissen Fällen das Picksche aberrierende Py.-Bündel dar. Die bulbo- 
zerebellare Py. gelangt mit dem Strickkörper in die homolaterale Kleinhirn¬ 
hälfte, die innige Vermengung derselben mit der Strickkörperfasernng läßt 
mit Berechtigung annehmen, daß die Fasern der bulbo-zerebellaren Py. 
ebendort endigen wie die Strickkörperfasem, d. h. im Wurm. Im Wurm 
trifft somit eine spino-zerebellare Bahn mit einer kortiko-bulbo-zerebellaren 
zusammen; erstere als eine touussteigernde, letztere als eine tonnsschwächende. 
Da die Endigung dieser Bahnen um die Purkinjesche Zelle herum geschieht,, 
ist die Annahme, die Pnrkinjesche Zelle wäre eine tonusregulierende 
Zentrale, nicht ungerechtfertigt. Die geschilderten ponto-bulbären Bündel 
sind bald außergewöhnlich stark entwickelt und stellen dann abnorm er¬ 
scheinende Bündel dar, bald sind sie mikroskopisch schwach und fehlen 
dann makroskopisch. Sie haben einen doppelten Verlauf, einen oberfläch¬ 
lichen und einen tiefen, von welchen der erstere die oben genannten, makro¬ 
skopisch sichtbaren Bündel entstehen läßt. Die erwähnten Bündel stellen 
Verlaufs- und Eutwicklungsvarietäten der Py.-Bahn dar, welche im para¬ 
lytischen Zentralorgan eine außergewöhnlich starke Entwicklung erfahren 
können, und sind alsdann als Zeichen einer gewissen Anlagelabilität zu be¬ 
trachten; sie sind bei der Paralyse im Sinne der Endogenese zu deuten. 
Als wichtigstes Ergebnis der vorliegenden Arbeit ist das Vorhandensein 
eines homolateralen zerebellaren Py.-Abschnittes zu betrachten. Somit hat 
nach Ansicht des Autors die Py.-Bahn drei Hauptabschnitte: 1. einen 
spinalen, welcher zu den motorischen Extremitätenkernen (Vorderhörnern) 
führt; 2. einen bulbären, bestimmt für die motorischen Hirnnervenkerne, 
und 3. einen zerebellaren, welcher aus a) einer bulbo-zerebellaren und 
b) einer ponto-zerebellaren Abteilung bestehen dürfte. Erstere sei für den 
Menscheil durch vorliegende Arbeit erwiesen (Es dürfte vielleicht doch nötig 
seiu, erst ihre Degeneration nach Kapselherden, dargestellt mittels der 
Marchischen Methode, herbeizuführen, bevor man diese Bahnen als ge¬ 
sichert annehmen kann. Ref.) und leite via Strickkörper zur gleichseitigen 
Kleinhirnhälfte, namentlich zum Wurm; letztere konnten Econoino und 
Karplus experimentell-anatomisch bei den höheren Säugern entdecken, 
welche via Brückenarm überwiegend ungekreuzt zu den Kleinhirnhemisphären, 
zum kleineren Teil zu dem spinalen Teil des Wurms leitet. Somit bedeute 
die bulbo-zerebellare Py. einen homolateralen direkteu Zug zum Wurm, die 
ponto-zerebellare Py. einen überwiegend homolateralen, direkten Zug zur 
Kleinhimhemispbäre; die motorische Großhirnrinde sei so mit der Hemisphäre 
wie mit dem Wurm des Kleinhirns in unmittelbarer Verbindung. 

Schaffer (74) hat auch normale Hirnstämme auf das Vorkommen der 
bei Paralytikern gefundenen zerebellaren Pyramidenbahn untersucht. Von 
100 daraufhin angesehenen Gehirnen boten 76 pontobulbäre Basalbündel 
dar, und zwar fand er den Fasciculus bulbi lateralis 43 mal, den Fase, bulbi 
ventrolateralis 39 mal, den Fase, bulbi ventralis 12 mal, den Fase, pontis 
medialis 1 mal, den Faso, pontis lateralis 2 mal. Auf Grund der makro¬ 
mikroskopischen Ergebnisse betrachtet der Autor die zerebellare für eine nie 
fehlende Bildung des menschlichen Rhombenzephalon. Der Fase, bulbi 
lateralis und ventrolateralis stellt eine via Strickkörper verlaufende homo¬ 
laterale Kleinhirnpyramidenbahn dar, worauf nicht allein die Verfolgung an 
Normalserieo, sondern speziell bei Erkrankung der Pyramidenbahn an Weigert- 
und Marchi-Präparaten die Entartung des Fase, ventrolateralis hinweist. 

Schaffer (72) konnte am Menschen die sekundären Degenerationen 
verfolgen, die sich nach einer Blutung in einer Kleinhirnhemisphäre ent- 


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Anatomie des Nervensystems. 


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wickelt hatten. Die Blutung hatte die Markfaserung einer Hemisphäre und 
den größten Teil des Nucleus dentatus zerstört. Die sekundären Verände¬ 
rungen machen es sehr wahrscheinlich, daß es eine zerebello-olivare Bahn 
(Koellicker) gibt. Diese Bahn entspringt aus dem Kleinhirn, doch ist es 
unentschieden, ob in kortiko- oder nukleo-zerebellarer Weise; sie durchläuft 
den Strickkörper, dann die Bahn der prätrigeminalen und periolivaren 
Fasern, geht mit letzteren durch die Olive in die Zwischenolivenschicht, 
gelangt zur Raphe bzw. znr gekreuzten bulbären Olive und deren Neben¬ 
oliven, in welchen sie endet. Ist diese Bahn entartet, so erfolgt auf der 
Seite der Kleinhirnläsion a) die Volumsverkleiuerung des Strickkörpers, b) der 
Ausfall der prätrigeminalen und periolivaren Bogenfaseru; auf der der 
Läsion entgegengesetzten Seite c) der Ausfall bzw. die hochgradige Lichtung 
der Markfasern im Olivenmantel, d) des Markfilzes im Olivengrau, e) des 
Markgebaltes des Hilus olivae. Die zerebello-olivare Bahn verläuft mit der 
gekreuzten olivo-zerebellaren Bahn gemeinsam; beide stellen einen Bahn¬ 
körper mit zwei Leitungen von entgegengesetzter Richtung dar. Die olivo- 
zerebellare Bahn entspringt in den Ganglienzellen der Hauptolive, die zerebello- 
olivare Bahn endet mit Endpinseln um dieselben Ganglienzellen. Bei Ver¬ 
letzung beider Bahnen müssen die Ganglienzellen der Olive eine doppelte 
Tigrolyse erfahren, und zwar a) eine retrograde vermöge der Läsion der 
olivo-zerebellaren Bahn, b) eine transneurale auf Grund der Verletzung der 
zerebello-olivaren Bahn. Diese Tigrolyse aus doppeltem Grunde dürfte den 
rapiden und vollkommenen Schwund der Olivenganglienzellen bei Klein¬ 
hirnverletzungen verständlich machen. 

Haller’s (38) Untersuchungen über das Rautenhirn von Acanthias 
bilden eine Ergänzung zu denjenigen von Kupffer. Der Autor gibt zunächst 
die Kupfferschen Befunde wieder. Darauf folgt eine sehr eingehende 
Beschreibung des Rauteuhirns, welches er durch zahlreiche Abbildungen 
veranschaulicht. Das Rautenhirn, ist, wie der Autor zusammenfassend sagt, 
in seinem Anfangsstadium undeutlich in zwei, sehr bald aber deutlich in 
drei Teile geteilt, zu denen etwas später ein vierter, offenbar fremde Elemente 
enthaltender Teil hinzukommt. Dieser Teil, der offenbar mit der Entwicklung 
des Lateralissystems zusammenfällt, würde also bei Tieren, denen kein 
Lateralsystem zukommt, wegfallen, und mau hätte dann eine Dreiteilung des 
Rautenhirns vor sich, wie sie von B. Haller systematisch für eine Anzahl 
verschiedenartiger Formen durchgeführt worden ist. Den Schluß der 
Arbeit bildet eine Darstellung der Entwicklung des Daches des 4. Ventrikels. 


Nacbblrn. 

Nach Untersuchungen von Venneulen (95) reicht der dorsale Vagus¬ 
kern bei Phocaena communis nur ein wenig abwärts vom Kalamus spinalwärts. 
Er ist hier spärlich eutwickelt. In dieser Region ist er mit dem Akzessorius- 
kern verbunden. Vom Nucleus ambiguus ist spinalwärts vom Kalamus noch 
keine Spur zu sehen, das frontale Ende des Kerns ist sehr stark und geht 
direkt in den Fazialiskern über. Der Autor meint, daß der Nucleus am¬ 
biguus eine Absplitterung des dorsalen Vaguskerns darstellt. Der Nucleus 
hypoglossus liegt mit einer Hälfte in der grauen Substanz des Zervikalmarks, 
er lagert demnach in diesem Teil mehr nach ventral zu. In der Nähe des 
Kalamus sieht man zahlreiche Wurzeln des Akzessorius, der XI. Kern ist 
sehr klein. Die untere Olive tritt in der Höhe des Kalamus auf, sie reicht 
bis zum Niveau des VII. Kerns und ist von immensem Umfange. 


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Anatomie des Nervensystems. 


Bei der Giraffe tritt, wie Vermeiden (90) festgestellt hat, der Nucl. 
accessorius in der Höhe des ersten und zweiten Zervikalsegments auf. 
Spinalwärts vom Nucl. hypoglossus erscheint der dorsale Vaguskern, er steht 
vielfach in direkter Verbindung mit dem XI. Kern. In dieser Region ist 
auch ein Kommissurenkern des dorsalen motorischen Vagus vorhanden. 
Der Vagus- und Hypoglossuskern sind vollkommen verbunden. Nucleus 
motorius dorsalis vagi, Nucleus accessorius und Nucleus ambiguus sind oft 
in gleichem Höheuabschnitt gleichzeitig anzutreffen. Der Nucleus hypoglossus 
ist stark, aber nur von kurzer Ausdehnung. Der Autor beschreibt besonders 
ausführlich die Gestaltsverhältnisse des Nucl. accessorius. Die untere Olive 
ist groß, der Nucleus reticularis zeigt eine schwache Entwicklung. 

Das Innervationszentrum des Magens (Omasus) der Ruminantier muß 
nach Untersuchungen von Vermeiden (93) im kaudalsten Abschnitt der 
Fossa rhomboidea oder direkt unterhalb des Kalamus gelegen angenommen 
werden. Bei den Cameliden begegnet man dem Bereiche des dorsalen 
Vaguskerns in der Gegend der sensiblen Commissura infima visceralis, 
so daß hier die beiden motorischen dorsalen Vaguskerne eine Kommissur 
bilden (Nucleus motorius commissuralis vagi). Nur beim Schaf und bei der 
Ziege findet man leichte Andeutungen einer solchen Kommissur. Der N. 
recurrens geht bei den Cameliden zusammen mit dem Ramus pharyngeus n. 
vagi und dem N. laryugeus superior ab; demgemäß ist der Nucleus am¬ 
biguus besonders iu seinem spinalen Drittel weniger entwickelt als bei anderen 
Tieren. Die frontale Ausdehnung des Nucleus ambiguus ist bei diesen 
Tieren besonders stark und besitzt Zellen von größerem Umfange, als mau 
sie sonst an dieser Stelle antrifft. Ein N. accessorius spinalis ist bei den 
Cameliden nicht vorhanden. Da ein Nucleus accessorius aber besteht, so 
müssen die Akzessoriusfasem mit den Zervikalnerven verlaufen. Ein weiterer 
Akzessoriuskern ist deutlich in der Gegend des dorsalen motorischen Vagus¬ 
kerns zu sehen; da mau die Gegend des Vaguskerns zum Bulbus zugehörig 
betrachtet, so muß man einen bulbären Abschnitt des Akzessoriuskerns 
akzeptieren, obwohl Cajal und Kosaka diese Annahme verwerfen. In 
denjenigen Schnitten, wo bei Lama und beim Kamel der Nucleus ambiguus und 
Nucl. accessorius liegen, sind sie beide deutlich getrennt, der eine Kern geht 
nicht kontinuierlich in den anderen über. Bei Lama kann eine direkte 
Verbindung des Akzessoriuskerns mit dem motorischen Vaguskern beobachtet 
werden, wie es auch bei Föten von Kappers gesehen wurde. Der 
Akzessoriuskern vergrößert damit den Vaguskern mit größeren Zellen an 
dessen lateraler Seite. Der Nucleus hypoglossus ist bei Cameliden sehr 
einfach gestaltet und steht in Verbindung mit der grauen Substanz des 
Vorderhorns. Beim Kamel sind die untere Olive und der Nucleus reticularis 
nur gering, beim Lama dagegen recht kräftig entwickelt, ln einer früheren 
Mitteilung (The size of the dorsal motor vagus-nucleus and its relation to 
the development of the stomach, ibidem 1913) erläuterte der Autor die 
Beziehungen zwischen der Entwicklung des dorsalen Vaguskerns einiger 
Säugetiere und der Größe und Struktur des Magens und der Entwicklung 
der Magenmuskulatur. 


Rückenmark. 

fermeulen (91) beschreibt den Conus terminalis verschiedener Säuge¬ 
tiere und den Ventriculus terminalis. Letzterer ist beim Pferd ungemein 
gefaltet, aber auch bei den anderen Tieren. Beim Pferd öffnet sich der 
Ventrikulus nach außen, was schon Stilling beobachtet bat, aber von den 


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Anatomie dea Nervensystems. 


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früheren Autoren als Kunstprodukt angesehen wurde. Bei fast allen Säuge¬ 
tieren liegen im untersten Teil des Rückenmarks die Spinalganglien innerhalb 
des Duralsacks. 

Die zellulären Bestandteile im Rückenmark von Ammocoetes gliedern 
sich, wie Leder (54) feststellte, in drei Gruppen: a) Der Seitenkern: er 
enthält 1. die motorischen Zellen des Seitenkerns, ihre Neuriten treten als 
motorische Wurzeln aus; 2. die Strangzellen, deren Neurite, ähnlich be¬ 
ginnend wie die motorischen, sich in zwei Hauptäste teilen, die entweder 
auf derselben Seite bleiben, oder von denen ein oder beide Aste auf die 
andere Seite gehen; 3. kleine Assoziationszellen, b) Der Randkern enthält 
die Randzellen, die wahrscheinlich motorischer Natur sind, c) Das Hinterhorn 
besteht 1. aus den Freudschen Hinterzellen, es handelt sich wahrscheinlich 
bei ihnen um einen Summationsapparat; 2. kleineren querliegenden Zellen, die 
Assoziationselemente darstellen. Die faserigen Elemente des Rückenmarks 
ordnen sich folgendermaßen: a) Vorderstrang, ln seinem ventromedialen 
Teil aus motorischen und Strangfasern, im dorsolateralen nur aus letzeren 
bestehend, b) Hinterstrang: Er enthält 1. die Längsfortsätze der Freudschen 
Zellen; 2. eine Gruppe von Fasern mit dem provisorischen Namen „dorsale 
T-Fasern“ c) Die großen Müllerschen Fasern, aus Zellen des Nachhirns 
entspringend. Alle Zellen senden Dendriten in den Oberflächenplexus, in 
den auch die Endverzweigungen der Neuriten aus den Strangzellen eintreten. 

Bregmann (14) hat sich bemüht, das Pyramidenareal bei den Säugern 
zu bestimmen, welches aus dem untersten Teil der Med. oblongata in das 
Rückenmark Übertritt. Zu diesem Zwecke stellte er am kaudalen Ende 
der Oblongata die Umrisse der Py. möglichst genau fest und übertrug 
das Areal mit Hilfe des Zeichenprismas auf Papier. Die Zeichnungen 
wurden dann auf Bleiplatten von 1 mm Dicke übertragen. Dann wurden 
sie ausgeschnitten und gewogen. Ebenso wurde mit den Zeichnungen des 
Rückenmarksquerschnittes verfahren. Dieser wurde an der Stelle gewählt, 
wo die Py.-Kreuzung vollendet war. Nach Mensch folgen in der Größe des 
Py.-Areals die Affen, dann erst in weitem Abstand folgen andere Säuger. 
Bei den Raubtieren, Gräbern und dem großen Känguruh beträgt die Py. noch 
9% des Querschnitts; auffallend groß ist die Py. bei der Robbe, fast so 
groß wie beim Affen. Bei den Nagern ist der Py.-Anteil gering, die aller¬ 
kleinsten Werte hat er bei einigen Huftieren (Gazelle). Während beim 
achtmonatlichen menschlichen Embryo das Py.-Areal nur 12,2% des Rücken¬ 
marksquerschnittes betrug, war es beim Neugeborenen schon 14,6%, bei 
einem ein- bis zweijährigen Kinde 18% und beim Erwachsenen 29,6°/ 0 . 

In einer zweiten Untersuchung hat Bregmann (15) den Fazialis- und 
Rückenmarksanteil der Py. beim Elefauten ermittelt. Das Py.-Areal liegt 
bei diesen Tieren als geschlossenes Areal dorsal von den queren Brücken¬ 
fasern. Proximal vom mächtigen Fazialiskern tritt die Kreuzung der zum 
Kern ziehenden Fasern ein. Kaudal vom VII. Kern ist das Py.-Areal 
wesentlich kleiner, und nur y 3 des ursprünglichen Stranges geht noch ins 
Rückenmark über. 

Die transversale Ausdehnung des Lendenmarks, die Intumescentia 
lumbalis, fängt bei Hunden, wie aus Klarenbecks (44) Untersuchungen her¬ 
vorgeht,- schon beim zweiten Lendenwirbel an; sie ist am stärksten etwas über 
der Mitte des vierten Lendenwirbels und nimmt dann kaudalwärts schnell 
an Breite ab. Die Breite des Lendenmarks in der Höhe des fünften 
Lendenwirbels ist ungefähr dieselbe wie in der des zweiten. Der Endfanden, 
Filum terminale, läuft stets bis zum Kreuzbeinkanal, ln der Mehrzahl der 
Fälle erstreckt er sich bis auf die Mitte des Kreuzbeines und verliert sicli 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 3 


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Anatomie des Nervensystems. 


dann in einen sehr feinen Faden, welcher zwischen den ansstrahlenden 
Nerven der Cauda equina liegt. Aus dem anatomischen Befunde ist zu 
erseheu, daß die gefahrloseste und zweckentsprechendste Stelle für die 
Lumbalinjektion mit Anästheticis zwischen letztem Lendenwirbel und Kreuz¬ 
bein liegt. Der Autor hat nun intralumbale und subkutane Injektionen 
mit Alypin gemacht. Die minimale therapeutische Dosis von Alypin bei 
lumbaler Applikation ist 6,5 mg, die maximale 15 mg pro Kilogramm. Fs 
tritt Lähmung und Hypästhesie des Hintertieres ein, bei höheren Dosen 
treten Streckkrämpfe und Atemnot auf, die zum Tode führen können. Bei 
der lumbalen Injektion von Alypin schwankt die letale minimale Dosis 
zwischen 10 und 25 mg, bei der subkutanen liegt sie ungefähr bei 75 mg 
pro Kilogramm Körpergewicht. Der Autor ratet daher, die iutralumbale 
zu vermeiden und besser die subkutane zu verwenden. 

Peripherische zerebrosplnale Nerven. 

Die ausgedehnten Untersuchungen über die parenchymatöse Saft¬ 
strömung im Sehnerven und in der Netzhaut führten Behr 0) zu folgenden 
Ergebnissen: Wenn man von den nicht zu unterschätzenden osmotischen 
Vorgängen bzw. den zwar noch unbekannten, aber doch wohl sicher vor¬ 
handenen vitalen Funktionen der gliösen Grenzmembrauen in bezug auf den 
Flüssigkeitsaustausch zwischen dem ektodermal nervös-gliösen Gewebe einerseits 
und dem mesodermal-septalen anderseits absieht, so bestehen im Sehnerven 
und in der Retina zwei Saftlückensysteme, welche eine ziemlich weitgehende 
Unabhängigkeit voneinander aufweisen: das eigentliche parenchymatöse nervös- 
gliöse und das zirkumvaskuläre System. Der parenchymatösen Saftströmung 
dienen im Sehnerven die Gliafasern. Bei Injektionen in den Sehnerven füllen 
sich daher vor allem diejenigen Partien, in denen diese Fasern in größeren Mengen 
beisammen liegen (subpial und subseptal). In diesen Gliafilzen breitet sich 
die Flüssigkeit mit großer Leichtigkeit aus, so daß man von einem subpialen 
und einem subseptalen Saftlückensystem sprechen kann. Außerdem läßt 
sich das Innere der Nervenfaserbündel selbst injizieren, und zwar folgt auch 
hier die Flüssigkeit den einzelnen Gliafasern, so daß die Nervenfaserbündel 
von einem engmaschigen Hohlraumsystem durchzogen sind. Die Flüssigkeits¬ 
bewegung erfolgt entlang und nicht in den Gliafasern. Diese parenchyma¬ 
tösen Spalträume setzen sich in die Nerveufaserschicht der Retina fort und 
haben hier eine mehr radiäre Verlaufsrichtung, wobei sie sich vielfach durch- 
flecbteu. In dor Netzhaut findet man außerdem noch zwei weitere Lücken¬ 
systeme, die mit den parenchymatösen Saftspalten des Nervenstammes 
kommunizieren, nämlich einen Raum zwischen Pigmentepithel einerseits und 
den Endgliedern der Stäbchen und Zapfen anderseits und einen zweiten 
Raum zwischen der Membrana limitans interna und der Nerfenfaserschicht. 
Eine Verbindung mit der Chorioidea oder mit dem Glaskörper besteht nicht. 
Die kleinzellige Infiltration, die sich in manchen Fällen von Glaskörper¬ 
abszeß bzw. entzündlichen Veränderungen am vorderen Bulbusabscbuitt um 
die Zentralgefäße der Retina und der Papille vorfindet, ist auf osmotische 
Vorgänge zurückzuführen, die sich infolge der Störung im Gleichgewicht der 
Eiweißkonzentration zu beiden Seiten der Membrama limitans interna ein¬ 
stellen müssen. Dieser unter pathologischen Verhältnissen erfolgende Übertritt 
von toxischen Eiweißstoffen in die Netzhaut und ihre perivaskulären Räume 
hat demnach für den physiologischen Ablauf der Saftströmung in den ein¬ 
zelnen Bezirken keine Bedeutung. Die Saftlückensysteme des intraorbitalen 
Sehnervenstammes sind durch den pialen Überzug vollständig von dem 


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Anatomie des Nervensystems. 


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Zwischenscheidonraum abgeschlossen. Die im Gewebe der Retina frei 
zirkulierende Flüssigkeit gelangt durch die Papille in den Sehnervenstamm, 
vermischt sich hier mit der in ihm selbst abgesonderten Gewebsflüssigkeit und 
zieht innerhalb der Nerven intrapial zentralwärts. Die von dem parenchy¬ 
matösen Spaltsystem des Nerven im allgemeinen streng abgesonderten 
zirkumvaskulären Lymphräume der Zentralgefäße besitzen in ihrer schrägen 
Verlaufsstrecke kurz vor ihrem Austritt aus dem Nerven eine breite Kom¬ 
munikation zentralwärts mit den üohlraumsystemen des Nerven. Ein Teil 
der in ihnen zirkulierenden Flüssigkeit tritt aber auch mit ihnen in den 
Zwischenscheidenraum hinein. Hier breitet sie sich aber ausschließlich in 
dem subarachnoidealen Raum, und zwar allein peripherwärts in dem blinden 
Ende desselben (zwischen Gefäßaustrittsstelle und Bulbus) aus. Niemals 
dringt sie zentralwärts. Im Zwischenscheidenraum läßt sich sowohl der 
Subdural- wie der Subarachnoidealraum isoliert injizieren. Beide haben 
keine ableitenden Verbindungen mit den angrenzenden Hohlräumen, dem 
epidnralen Raum einerseits und dem subpialen üohlraumsystem anderseits. 
Die Flüssigkoitsbewegung vollzieht sich im intraorbitalen Nervenstamm 
gesondert in den einzelnen Nervenfaserbündeln. Erst innerhalb der Schädel¬ 
höhle tritt sie aus dem Nerven durch die Pialscheide heraus und ergießt 
sich frei in dem Subarachnoidealraum des Gehirns und im hinteren Chiasma- 
winkel direkt in den Rezessus des III. Ventrikels, der demnach nichts 
anderes ist als der Verbindungskanal zwischen den Saftlückensystemen des 
Sehnerven bzw. des Chiasraa und dem III. Ventrikel. Durch Einfügung sehr 
kleiner Mengen einer Tuscheemulsion in den Sehnerven lebender Hunde 
nahe am Bulbus gelingt der Nachweis, daß die einzelnen Tuschekörncben 
über weite Strecken zentralwärts innerhalb der Nervenfaserbündel allein 
durch den vitalen Saftstrom fortbewegt werden. Sie treten dabei weder 
durch die Pialscheide hindurch in den Zwischenscheidenraum, noch innerhalb 
des Nerven in das Innere des septalen Gerüstwerkes. Hierdurch ist also 
am lebenden Tier der Beweis für das Vorhandensein eines im Nerven selbst 
sich vollziehenden, zentral gerichteten Saftstromes erbracht. 

Bei der Untersuchung Sattler’s (69) der Markscheidenentwicklung im 
Sehnerven, im Chiasma und im Tractus opticus an 12 menschlichen Föten 
und Neugeborenen ergibt sich in bezog auf Ort, Zeit und Entwicklungs¬ 
richtung der Markscheiden, daß bei Föten von 37 bis 45 cm Länge sich im 
Tractus opticus reichlich, im intrakraniellen Teil des Sehnerven spärlich und 
im intraorbitalen Teil des Sehnerven keine markhaltigen Nervenfasern Anden. 

Zur Zeit der Geburt sind die markhaltigen Nervenfasern in vereinzelten 
Fällen bis nahe an die Lamina cribrosa vorgedrungen. Der Grad der Mark¬ 
scheidenentwicklung unterliegt bedeutenden individuellen Schwankungen. 

Es wird also die neuerdings in Frage gestellte Angabe Bernheimers 
bestätigt, daß von dem dem Chiasma benachbarten Teil des Tractus opticus 
bis zum Augapfel die Markscheidenentwicklung vom Zentralorgan nach der 
Peripherie, d. h. also in zellulipetaler Richtung zu erfolgt; diese in Mark¬ 
entwicklung stehenden Fasern sind so zahlreich, daß ich nicht glaube, es 
könne sich um andere als die eigentlichen in den Ganglienzellen der Retina 
entspringenden Sehnervenfasern handeln. 

In don untersuchten Reifestadien sind einzelne Optikusfasern (zentri¬ 
fugale Fasern, Pupillarfasern) von den übrigen Nervenfasern nicht durch 
vorzeitige Reifung oder anderes Kaliber mit völliger Sicherheit zu diffe¬ 
renzieren. 

Die Markfasern im achten Fötalmonat haben eine durchschnittliche 
Dicke von weniger als 1 p, ihre Stärke nimmt mit dem Alter der Frucht zu. 

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Anatomie dea Nervensystems. 


Beim Neugeborenen gibt es im Nervus opticus noch zartere Fasern als im 
Traktus. 

Zur Zeit der beginnenden Markscheidenentwicklung scbeiut das Glia- 
gewebe einen besonderen Reichtum an Lezithiukörnchen zu besitzen. Die 
jungen Markscheiden lassen sich bei ihrem ersten Auftreten mit den an* 
gewandten Fixierungs- und Färbungsmitteln noch nicht in Form einer ge¬ 
schlossenen Röhre, sondern in Form feiner um den Achseuzylinder ge¬ 
lagerter Lezithinkörnchen nachweisen (beim Menschen, beim Kaninchen, beim 
Meerschweinchen und bei der Maus in gleicher Weise). ( Selbstbericht .) 

Schenk (75) hat die Nervenversorgung an Milchzähnen bei jungen 
Hunden untersucht. Es zeigte sich, daß das Bindegewebe des Milchzahns 
lockerer gefügt und die Vaskularisation wesentlich geringer ist. Es finden 
sich im Milchzahn nur äußerst spärliche Bündelchen feiner, markloser Nerven¬ 
fasern. Viel reicher als die Pulpa erscheint der den Milchzahn umgebende 
Knochen von Nerven durchsetzt. Es macht den Eindruck, als ob der 
Milchzahn in einer Hiille von Nerven, die netzartig miteinander verbunden 
sind, stecken würde. Diese äußeren Stämmchen sind zum Teil wenigstens 
markhaltig. Die Milchzahnnerven verschwinden ohne nachweisbare Residuen. 

Die Untersuchungen von Conrad (25) über die Innervierung der 
Syrinx von Vögeln zeigen, daß auch bei sehr weit voneinander stehenden 
Vogelgruppen in dieser Hinsicht eine weitgehende Übereinstimmung herrscht. 
An der Syrinxinnervation sind allgemein der N. cervicalis descendens superior 
und der R. recurrens N. vagi beteiligt. Der letztere tritt bei den Passeres 
gegen den um vieles stärkeren R. cervicalis sehr zurück. Der anscheinend 
bedeutendste Unterschied zwischen den verschiedenen Vogelgrnppen ist das 
Vorhandensein oder Fehlen des R. cervicalis descendens inferior. Letzterer 
kann aber von keiuer großen Bedeutuug sein, weil er sich bei Vogelarton 
mit ganz verschiedener Syrinxmuskulatur findet. Es konnte für die Corviden 
festgestellt werden, daß bei Überkreuzung des N. hypoglosso-cervicalis mit 
dem N. vagus ein mehrfacher Faseraustausch besteht. Aus diesen Gründen 
und mit Rücksicht auf die fast regelmäßig stattfindende Anastomosierung 
zwischen den in die Syrinxmuskeln eintretenden Nerven ist es nicht möglich, 
über die Versorgung einzelner Syrinxmuskeln durch bestimmte Nerven- 
elemente etwas Genaueres auszusagen. Bei einigen niederen Formen tritt 
der R. cervicalis descendens superior mit dem dorsalen oder ventralen, 
ösophagealen Aste des Glossopharyngeus in mehrfache, zum Teil augen¬ 
scheinlich metamer augeordnete Verbindung. Zwischen der linken und 
rechten Seite zeigen sich oft Verschiedenheiten. Der Rekurrenz und ein 
Ast des Glossopharyngeus treffen sehr häufig zusammen, manchmal (Fulica 
atra) laufen beide Nerven in einer gemeinsamen Scheide. Jedenfalls ent¬ 
steht auf diese Weise bei einigen Formen außer der durch R. cervicalis 
descendens sup. und inf. gebildeten Ansa sowie der durch den N. vagus 
recurrens und N. hypoglosso-cervicalis gebildeten Schleife noch eine dritte, 
nämlich zwischen Vagus- und Glossopharyugeussystem. 

Die Hauptresultate der ungemein fleißigen Arbeit Agdtllir’s (2) über 
die Innervierung der Muskulatur des Vorderarms der Haustiere sind folgende: 

N. medianus wird von Nervenfädeu gebildet von der 
7. 8. C. W. 1. (und 2.) Th. W. bei Equidae, 

7. 8. C. W. und 1. Th. W. bei Cervidae, Bovidae, Ovidae, Canidae 
und Felidae, 

(6.) 7. 8. C. W. und 1. Th. W. bei Suidae. 

Diese Segmeutalursprünge gruppieren sich zu zwei Stämmen, von denen 
der eine lateral und der andere medial von der A. axillaris geht. Die 


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Anatomie des Nervensystems. 


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beiden Stämme vereinigen sich direkt unter der A. axillaris miteinander und 
bilden den einheitlichen N. medianus. 

-N. musculo-cutaneus kommt von der (6.) 7. (u, 8.) C. W. bei Equi- 
dae, von der 6. 7. (u. 8.) C. W. bei Cervidae, Bovidae, Ovidae, von der 
(5.) 6. und 7. C. W. bei Suidae, von der (6.) und 7. C. W. bei Canidae und 
von der 6. und 7. C. W. bei Felidae. 

N. ulnaris wird gebildet von Teilen der 
(8. C. W.) 1. und 2. Th. W. bei Equidae, 

8. C. W. 1. und 2. Th. W. bei Bovidae, 

8. C. W. 1. (und 2.) Th. W. bei Cervidae und Ovidae, 

8. C. W. und 1. Th. W. bei Suidae, 

8. C. W. (und 2.) Th. W. bei Canidae, 

8. C. W. und 1. Th. W. bei Felidae. 

Der Nerv ist auf längere oder kürzere Ausdehnung mit dem Ursprung 
des Medianus von der entsprechenden Segmentalwurzel verbunden. 

N. cutaneus antibrachii medialis wird gebildet von der 8. C. W. 
und 1. Th. W. bei Suidae, von der 1. Th. W. bei Cervidae, Bovidae, Ovidae, 
Felidae und Canidae, von der 1. und 2. Th. W. bei Equidae. 

Im folgenden werden nun vom Autor die Innervierungsverhältnisse der 
einzelnen Muskeln beschrieben. Die meisten Muskeln auf dem Unterarm 
sind plurisegmentale. Durch Medianus und Ulnaris doppelt innerviert ist 
bei sämtlichen Tiergruppen die laterale Portion des Caput humerale von 
M. flexor digitorum profundus; bei Cervidae, Bovidae und Ovidae gewöhn¬ 
lich auch M. flexor digitorum sublimis; bei Canidae gewöhnlich noch M. pal- 
maris longus. In den doppelt innervierten Muskeln hat der N. ulnaris regel¬ 
mäßig den proximalen und der N. medianus den distalen Teil. Intra¬ 
muskuläre Anastomosen hat der Autor in einer Mehrzahl von Fällen in den 
vom Medianus und Ulnaris doppelt innervierten Muskeln mit Sicherheit 
nachweisen können bei Equidae, Cervidae, Bovidae, Canidae und Felidae. 

V. Haberer (37) konnte bei dem operativen Eingriff einer Schußver¬ 
letzung des Oberarms durch anatomische Präparation und durch funktionelle 
Prüfung in einwandfreier Weise eine Anomalie des N. uluaris feststellen, 
die in auffallender Dicke der Nerven, vor allem aber darin bestand, daß 
dieser Nerv am Übergang vom oberen in das mittlere Drittel des Ober¬ 
armes drei starke Äste zur Versorgung des medialen Trizepskopfes abgab. 

Nach Untersuchungen von Stendell (79) entspringt der elektrische Nerv 
von Mormyrus aus einer großen Zelle des frontalsten Rückenmarks und 
zieht mit den Achsenzylindern der ventralen Wurzeln des ersten und zweiten 
Spinalnerven dahin. Der Nervus electricus ist nichts anderes als die besonders 
hypertrophierte Kolossalfaser des ersten und zweiten Spinalnerven, die ihren 
eigenen Weg zieht, während die dünneren Fasern derselben Ventralwurzeln 
regelmäßig zu Muskeln ziehen, ebenso wie alle anderen Spinalventralwurzeln. 
Die ursprünglich von Bilharz gemachten Angaben bestehen also zu Recht, 
während diejenigen von Fritsch, der den Nerven als einen Ramus lateralis 
vagi bezeichnete, nicht richtig sind. 


Sympathisches Nervensystem. 

Vermeulen (94) untersuchte den Truncus nervi sympathici und ver¬ 
schiedene Aste auf eingelagerte Ganglienzellen. Er fand solche regelmäßig 
bei Pferd, Hund, Kuh, Ziege usw. und kommt auf Grund seiner Befunde 
zur Überzeugung, daß eine segmentale Anordnung der sympathischen Zellen 
im Grenzstrang besteht. 


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Anatomie das Nervensystems. 


Brill (17) ist es gelangen, mit Hilfe der Cajalsehen Silbermethode 
beim Kaninchen und bei der Maus ein großes, wohl in sich abgeschlossenes 
Ganglion im Orarium nachzuweisen und im Zusammenhang damit auch die 
periphere viszerale Nervenversorgung mit ihren Endformationen für die 
einzelnen Bestandteile des Ovariums. Die Nerven gehen nicht nur zu den 
Gefäßen, sondern auch besonders reichlich zu den Drüsenschläuchen und 
-strängen des stark aasgebildeten, innersekretorischen Gewebes. Außer den 
Ganglienzellen enthält die große, in sich abgeschlossene ganglionäre Bildung 
besonders in den Randpartien eng aneinandergereihte ebromaffine Zellen. 


Sinnesorgane. 

Die Neubildung des Auges bei der Nachtschnecke, Arion empiricorum. 
vollzieht sich, wie experimentelle Untersuchungen von König (46) ergaben, 
unabhängig von dem neben ihm liegenden Fühlerganglion, dem Zerebral¬ 
ganglion und desseu Nerven. Das Auge wird aus Epithelzellen regeneriert, 
wie dies zuerst von Carriöre beobachtet wurde. Das Epithel erzeugt die 
Kornea, die Linse und die verschiedenen Zellarten der Retina und des 
Optikus. Das Auge entwickelt sich unabhängig vom Nervensystem. Der 
N. opticus wird aus Retinazellen gebildet, die sich in der Längsachse des 
Auges zum Sehnerven vereinigen. Das entfernte Auge wurde meistens nicht 
nur einmal, sondern wiederholt völlig neugebildet und öfters auch noch ein 
zweites oder gar drittes dazu, die aber nicht die Größe eines normalen Auges 
zeigten. 

Tretjakoff (86) hat die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis einer 
sehr eingehenden anatomischen Untersuchung unterzogen. Nach seiner An¬ 
sicht ist es sehr wahrscheinlich, daß beide Parietalorgane lichtempfindliche 
Organe sind, aber er betont nachdrücklich, daß sie uicht aus der Liste der 
drüsigen Parietalorgane zu streichen sind. T. meint, daß sie von Haus aus 
Organe einer inneren Sekretion wie die übrigen Parietalorgane der Wirbel¬ 
tiere sind, und da die sekretorische Tätigkeit derselben die allgemeinere 
Funktion ist, so hält er diese auch als die Hauptfunktion bei Petromyzon. 
Die Lichtempfindlichkeit wäre nur eine sekundäre und vielleicht d6r sekre¬ 
torischen Funktion dienstliche Eigenschaft dieser Organe. 

In der Struktur des Pinealorgans und des Parapinealorgans fand T. 
solche Abweichungen, daß er keine Veranlassung hat, sie einem Paare zu- 
züzählen* Nach den anatomischen Verhältnissen kann er nur eine ursprüngliche 
Paarigkeit des Parapinealorgans zulassen, da es auch jetzt nicht immer die 
mediane Stellung bewahrt. Auch eiue ursprüngliche Paarigkeit des Pineal¬ 
organs hält der Autor für nicht wahrscheinlich. 

Die Augen von Spinther miniaceus, welche Kornfeld (48) untersuchte, 
liegen in Vierzahl an der Basis eines unpaaren Fühlers, der dorsal in der 
Medianlinie über dem Gehirn aufsteigt. Sie zeigen einen etwa halb¬ 
kugeligen oder verschieden stark in die Länge gezogenen Umriß. Um einen 
Pigmentbecher findet man Kerne der Retinazellen angeordnet. Proximal 
kann man von diesen Zellen Fibrillen zur Fasermasse des Gehirns ziehen 
sehen. Ebenso treten in der distalen Seite Fibrillen, die mit jenen proxi¬ 
malen vielleicht Zusammenhängen, durch Kanäle in den den Pigmetbecher 
bildenden, je eiuer Retinazelle zugehörigen Pigmentklumpeu in das lunere 
des Augenbechers. Dieses Innere zeigt einen wabigen Aufbau, und zwar 
stehen die Waben wände parallel zur Sehachse. Die aus den Retinazellen 
eintretenden Fribillen durchziehen je eiue Wabe der Länge nach. Der 
proximal vom Pigmentbecher umschlossene Raum ist distal von einem 


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Anatomie dea Nervensystems. 


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Häutchen begrenzt, an das sich an der gegenüberliegenden Seite wieder 
ein deutliches Epithel anschließt. Ein deu Enden der perzipierenden 
Elemente vorgeschalteter lichtbrechender Körper, Glaskörper oder Linse, 
existiert hier nicht, und darin liegt der wesentlichste Unterschied gegen 
die Rapacienaugen. 

Glockauer (35) fand bei der vergleichend-anatomischen Darstellung 
der äußeren Augenmuskeln eine nahezu vollkommene Übereinstimmung bei 
Oegopsiden und Myopsiden. Die Oktopoden bilden eine in sich abgeschlossene 
Gruppe. ArgODauto argo stellt in bezug auf die Augenmuskulatur die 
niedrigste Organisationsstufe dar. Auf Grund des anatomischen Verhaltens 
der Augenmuskeln ist eine allseitige Bewegung des Bulbus möglich. Die 
äußerst schwache Ausbildung des Ziliarmuskels der relativ großen Augen von 
Chiroteuthis imperator schließt eine Akkomodationsmöglichkeit aus, was auf 
den Lichtmangel in der Tiefsee zurückgeführt werden kann. Die muskulöse 
Verbindung des Äquatorialknorpels mit der hinteren Knorpelhaut dürfte im 
Dienste der Akkomodation stehen. Die ventral gelegene, durch auffallend 
lange Stäbchen ausgezeichnete Stelle der Retina von Chiroteuthis entspricht 
offenbar der von Chun bei Benthoteuthis beschriebenen Fovea. Eine Pigment¬ 
wanderung in der Retina der Tiefseezephalopoden (Chiroteuthis) kann unter 
bestimmten Umständen stattfinden. Bei einem Exemplar wurde eine dichte, 
innere Pigmentzone gefunden. In der Stäbchenschicht der Retina wurden 
bei einigen Exemplaren von Chiroteuthis zahlreiche körnige, mit Heidenhain 
tiefschwarz gefärbte Gebilde festgestellt, die aller Wahrscheinlichkeit nach 
den Inhalt der vielen, in der Retina gelegenen Kapillaren repräsentieren. 

Geipel (32) beschreibt die Leuchtorgane tropischer Lampyriden und 
von Pyrophorus noctiluca. Von letzterem gibt er auch eine kurze Darstellung 
des Zentralnervensystems. Die Blutmuskeltheorie von Dubois zum Ver¬ 
ständnis des Leuchtphänomens hält G. anatomisch nicht genügend begründet 
Nach Ansicht des Autors sind die Leuchtorgane der Elateriden wie auch 
der Lampyriden als drüsige Gebilde aufzufassen. Die einzelnen Leuchtzellen 
repräsentieren einzellige Drüsen ohne Ausführungsgang, und das von ihnen 
produzierte Sekret wird unter Zutritt von Sauerstoff intrazellulär verbrannt. 
Für diese Auffassung spricht einerseits der histologische Charakter der Lencbt- 
zellen, das Vorhandensein zahlreicher Körnchen im Plasma, anderseits die 
Tracheenverteilung, die es ermöglicht, den Sauerstoff in hinreichender Menge 
und in möglichst feiner Verteilung den Zellen zuzuführen. Die Oxydation 
des Leuchtstoffes und somit das Leuchten wird dadurch herbeigeführt, daß 
der Sauerstoff durch feine protoplasmatische, unverdickte Membranen, näm¬ 
lich durch Fortsätze (Lampyriden) und Kapillaren (Elateriden) auf diffusio- 
nellem Wege an die Zelle abgegeben wird. Welcher Natur die Granula sind, 
ob sie, wie von Chemikern behauptet wird, Aldehyde, primäre Alkohole oder 
organische Fettsäuren sind, darüber sind die Akten noch uicht geschlossen. 
Auch ist die Frage noch ungeklärt, ob die Körnchen den Leuchtstoff selbst 
repräsentieren, oder ob sie Endprodukte des Leuchtprozesses darstellen. 
Soviel ist aber sicher, daß der Leuchtprozeß mit einer Oxydation am besten 
erklärt werden kann, um so mehr, als das Tracheensystem durch äußerst 
reiche Versorgung und durch Ausbildung besonderer, die Diffusion befördern¬ 
der Endorgane auch anatomisch auf diese Erklärung hinweist. 

Harms (39) untersuchte die großen Drüsen von Bufo vulgaris (Schild¬ 
kröte). Die Drüsen sind von eigenartigen Stäbchendrüsen umgeben. Letztere 
stellen nach Ansicht von Harms besondere zu Sinnesorganen sekundär um¬ 
gewandelte Gebilde dar, die in äußerst vollkommener Weise den Giftapparat 


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Anatomie des Nervensystem». 


nur dann wirksam werden lassen, wenn es für das Tier von wichtigem Vor¬ 
teil ist, d. h. wenn es angegriffen wird. 

Die höhlenständigen Papillae vallatae können bei Platyrrhinen primitive 
Papillentypen darstellen, die als Vorläufer der üblichen Papillae vallatae 
gelten können. Aber nach Anschauung von Kunze (51) sei das nicht be¬ 
wiesen. Nach Untersuchungen dieses Forschers kommen dio höhlenständigen 
Papillae vallatae bei Platyrrhinen vor, bei denen sich schon iu der gegen¬ 
seitigen Stellung der Papillae fungiformes und vallatae Beziehungen zwischen 
beiden Papillenarten offenbaren. Daß beide Erscheinungen Zusammenhängen, 
ist möglich, aber nicht bewiesen. Die in der gegenseitigen Stellung zum 
Ausdruck kommenden Beziehungen zwischen den Papillae vallatae und den 
Papillae fungiformes sind auch bei Catarrbinen häufig zu konstatieren. Es 
gibt scheinbare Übergangsformen zwischen den Papillae fungiformes und den 
Papillae vallatae. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß ausgebildete seröse 
Drüsen, aber kein Graben vorhanden ist, und daß Geschmacksknospen 
höchstens auf der Oberseite zu fiuden sind. Sie köunen zu den Leitljnien 
der Wallpapillenfigur bestimmte Beziehungen haben. Es gibt echte Über¬ 
gangsformen zwischen den Papillae fungiformes und den Papillae vallatae. 
Sie sind gekennzeichnet durch das Vorhandensein von frühesten Entwick¬ 
lungsstadien oder allergeringsten Mengen von serösen Drüsen und weiterhin 
dadurch, daß sie in Papillenreihen angeordnet sind, an deren einem Ende 
Papillae vallatae, an deren anderem Ende Papillae fuugiformes stehen. Die 
einseitig entwickelten Papillae vallatae (bei denen ein Graben nur auf einer 
Seite vorhanden ist) sind Zwitterbildungen zwischen Papillae vallatae und 
Papillae fungiformes oder zwischen Papillae vallatae und den vorher erwähnten, 
bei denen kein Graben vorhanden ist, und bei denen Geschmacksknospen 
höchstens auf der Oberseite zu finden sind. 


Muskeln. 

Im ersten Teil der vergleichenden Anatomie der Kaumuskeln der 
Wirbeltiere bringt Lubosch (56) die Beschreibung und Nervenversorgung 
der Kaumuskeln der Amphibien. An den beschreibenden Teil schließt sich 
ein synthetischer Teil an, der die Aufgabe zu lösen sucht, die Muskulatur 
der Urodelen und Anuren aufeinander zu beziehen, und festzustellen, was als 
gemeinsamer Besitz, was als Sonderbesitz zu gelten hat, und zu verfolgen, 
wie Rückbildungen und Neubildungen an der Ausgestaltung der Muskulatur 
beider Gruppen tätig gewesen sind. Den Schluß der Abhandlung bilden 
Vergleiche zwischen Amphibien und Fische, Amphibien und Amnioten, und 
zwar einmal Amphibien und Reptilien und zweitens Amphibien und Säuge¬ 
tiere. Folgendes Grundschema stellt der Autor für die Homologien zwischen 
Emammalia und Mammalia auf: 

1. Der M. mandibularis externus liefert den M. detrahens mandibulae 
der Monotremen. Bei höheren Säugetieren sind Reste des Muskels 
bis jetzt nicht nachgewiesen. 

2. Der M. cranio-mandibularis liefert 

a) mit seinen oberen Schichten den Masseter und obere Portionen 
des Temporalis; 

b) mit tiefen Schichten das Caput anterius des Temporalis und den 
M. pterygoideus externus. 

3. Der M. pterygoideus auterior liefert den M. pterygoideus internus 
(fehlt bei den Monotremen). 


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Anatomie des Nervensystems. 


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4. Der M. pterygoideus posterior liefert keine als Kaumuskeln wirk¬ 
samen Elemente, wahrscheinlich den M. tensor tympani und M. ptery- 
gospinosus. 

Fahrenholz (28) konnte bei Plagiostomen die Anwesenheit von Sinnes¬ 
organen im ganzen Ösophagus bis zur Kardia feststellen. Da ausnahmslos 
bei den vom Autor untersuchten Plagiostomen das Pflasterepithel überall, 
wo es im Vorderdarm vorkommt, Sinnesorgane aufwies, hält er sich zu dem 
Schlüsse berechtigt, daß das Ektoderm bei ihnen mindestens bis zur hinteren 
Grenze dieses Epithels reicht. 

Virchow (96) hat die Gesichtsmuskeln eines weiblichen Schimpansen¬ 
kindes uutersucbt, welches das Gebiß halb gewechselt und die zweiten Mo¬ 
laren bereits heraus hatte. Die Muskeln sind aufs genaueste mit Hilfe der 
Doppellupe durchpräpariert und in allen Einzelheiten bildlich genau wieder¬ 
gegeben. Letzteres ist dadurch erreicht, daß jede Phase der Präparation 
photographiert und auf die Kopien die Muskeln aufgezeichnet wurden. Von 
diesen Vorlagen wurden die Textfiguren in vereinfachter Technik gepaust, 
die Tafelfiguren wurden nach den bemalten Photos und nach dem Präparat 
durch einen Zeichner ausgefiihrt. Die drei letzten Textfiguren geben den 
Schädel mit den Ursprungsfeldern der Muskeln in drei verschiedenen An¬ 
sichten wieder. 

Es liegt schon von früher her eine genaue Beschreibung des gleichen 
Objektes von Georg Rüge vor. Von dieser ergaben sich zahlreiche Ab¬ 
weichungen, die z. T. auf individuelle Variation zurückzuführen sind; anderer¬ 
seits erstreckte sich aber die Übereinstimmung auf weitgehende Einzelheiten. 

Das Ergebnis der neuen Bearbeitung ist, daß die Differenzierung der 
Gesichtsmuskeln des Schimpansen eine weitgehende ist, weiter als es die des 
Menschen nach den üblichen Darstellungen der anatomischen Lehrbücher 
ist, und daß die Übereinstimmungen mit dem Menschen größer sind, als 
man nach der Gestalt des Schädels erwarten sollte. Sie erstrecken sich 
z. T. auf Feinheiten, welche jenseits dessen liegen, was für gewöhnlich noch 
präpariert wird. Ebenso wie beim Menschen fand sich ein Auricularis 
anterior, Depressor capitis supercilii, Depressor glabellae, Corrugator supercilii; 
der Frontalis entspringt nicht am Knochen, der Epicranius temporo-parietalis 
ist ähnlich wie beim Meuschen. Hierdurch erhielten manche Beschreibungen 
und Bezeichnungen eine Bestätigung, in welchen V. hinsichtlich der mensch¬ 
lichen Muskeln von anderen Autoren abgewichen ist. Von Unterschieden 
gegenüber dem Menschen sind vor allem die Zwisehenbündel zwischen Orbi- 
cularis oculi und Zygomatikus sowie das einfache Verhalten des Nasalis zu 
nennen. Der letztere ist noch besonders dadurch interessant, daß er, ent¬ 
sprechend der durch die großen Inzisivi bedingten Breite des Zwischen¬ 
kiefers, breit ist und dadurch die schmale Nase nach der Seite überragt, 
wodurch V. darauf geführt wurde, das neben der Nase gelegene Feld als 
„Nasenflügelfeld“ aufzufassen. Der Triangularis ist zwar breit, aber schwach, 
und befestigt sich unten nicht am Knochen. Er ist am Mundwinkel durch 
eine Portion des Platysma überlagert, was auch beim Menschen als Aus¬ 
nahme vorkommt. Schwierig gestaltet sich die Analyse und Beschreibung 
des Bukkinatorius, da dieser infolge der verschiedenen Richtung seiner Por¬ 
tionen eiue teilweise Schichtung erfährt, die aber stets nur eine lokale Be¬ 
deutung hat und nicht bis zur Sonderung in selbständige Partien oder 
Schichten führt; am meisten vom Menschen abweichend ist eine untere 
vordore aufsteigende Portion, die teilweise am Unterkiefer entspringt. In 
den Lippen stellt sich eine verwickelte gegenseitige Durchdringung ein, 


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Anatomie des Nervensystems. 


wobei die einzelnen Muskeln durch Teilungen in der Fläche (Bündelteilung) 
und in der Dicke (Schichtenteilung) eine weitgehende Zerspaltung erfahren. 
Dabei durchdringt sich z. B. der Zygomaticus in mehrfachen Lagen mit 
dem Caninus, das Platysma mit dem Orbicularis oris; tiefe Bündel des 
Zygomatikus gehen an die Schleimhaut, tiefe Bündel des Platysma an den 
Knochen (au das Mentalisfeld). Manche Muskeln sind von anderen nur 
unvollkommen getrennt, was sowohl morphologisch wie funktionell von Be¬ 
deutung ist; beim Menschen ganz ebenso wie beim Schimpansen. Anatomische 
und funktionelle Sonderung fallen aber nicht unbedingt zusammen; es können 
auch in anatomisch einheitlichen Muskeln einzelne Abschnitte gesondert in 
Aktion treten, wie z. B. im Orbicularis oculi. ( Selbttbericht .) 

Das Skalenussystem, welches in der Serie der Mammalien von den 
Monotremen bis zum Menschen herauf eine gewaltige Ungleichheit in der 
Stärke der Entwicklung zeigt, stellt sich nach Studien von Förster (31) als eine 
Muskelmasse dar, welche mit einer wechselnden Zackenzahl primitiv von 
den vorderen Höckern bzw. von dem vorderen Rand einer wechselnden 
Zahl von Halswirbelquerfortsätzeu entspringt. Es lassen sich an dem 
Skalenussystem, welches gegenüber der übrigen Halsmuskulatur durchgehend 
selbständig differenziert ist, primitiv zwei Portionen unterscheiden, eine mehr 
hintere Portion, welche dem Scalenus medius beim Menschen entspricht, 
und eine mehr vordere Portion, welche dem Scalenus anticus der mensch¬ 
lichen Anatomie gleichzustellen ist. Beide sind einander dicht am Ursprünge > 
angeiagert, teilweise auch während ihres Verlaufes, ebenso wie teilweise am 
Ansätze, so daß eine gewisse Berechtigung besteht, von einem Skalenus bzw. 
von einem einzigen Scalenussystem zu sprechen, an dem sich einzelne 
Partien, gleichsam je nach Bedarf, infolge besonderer Anpassung besonders 
ausgebildet haben. Die Beziehungen der Vasa subclavia und der Wurzeln 
des Plexus cervicalis und besonders des Plexus brachialis sind in der 
Säugetierreihe nicht stets dieselben zu den Teilen des Skalenussystems und 
haben bei der Einteilung der Skalenusmasse nur eine relative Bedeutung. 
Die verschiedenartige Thoraxkonformation ist in den einzelnen Spezies 
für die Beziehungen dieser Gebilde zueinander maßgebend, ebenso wie für 
die Entwicklung der einzelnen Teile des Skalenussystems selbst. Es läßt sich 
nämlich nachweisen, wenn man von sekundären Bildungen bei einzelnen • 
Formen absieht, daß 1. je schmäler der Thorax ist, d. h. je mehr er im 
Querdurchmesser zusammengedrückt ist, die Skalenusmasse in Gestalt der 
hinteren Portion desto tiefer kaudalwärts auf ihn herabzieht; daß 2. je 
breiter der Brustkorb ist, d. h. je mehr er im transversalen Durchmesser 
erweitert ist, und je tiefer die erste Rippe mit ihrem vorderen Ende zu der 
Körperlängsachse sich senkt — zwei Vorgänge, welche eng miteinander 
verknüpft sind —, die vordere Portion Skalenus um so deutlicher ausgebildet 
sich vorfindet; daß 3. die Portion, welche dem Scalenus posticus des 
Menschen entspricht, eine dorsalwärts verschobene Partie der vorderen 
Portion ist, welche sich, bei besonders starker Verbreitung des Thorax im 
Querdurchmesser und bei dorsaler Ausbuchtung der oberen Thoraxapertur, 
seitlich von der Wirbelsäule vorfindet. Wo also die Brustatmung durch 
die seitliche Kompression des Thorax erschwert ist, findet sich die vordere 
Skalenusportion auf der Seite des Thorax eventuell weithin herabreichend; 
wo infolge der Aufrichtung der Wirbelsäule bei breitem Thorax die obere 
Apertur eine stärkere Senkung erkennen läßt, ist stärkere Ausbildung des 
Skalenus im dorso-ventraleu Durchmesser vorhanden. Zugehörig ist das 
Muskelsystem des Skalenus zu der Interkostalmuskulatur. Mit den Levatores 
costarum hat es soweit keine direkten Beziehungen. In Anbetracht der 


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Anatomie des Nervensystems. 


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■durch mechanische Momente modifizierten Lage der Plexuswurzeln ist jedoch 
«ine bestimmtere Gleichstellung auf diesem Wege nicht vorzunehmen. 

Der äterno-costalis ist ein Abkömmling des Obliquus abdominis externus. 
Mit dem Skalenussystem hat er keine morphologisch verwandtschaftliche 
Beziehungen und findet sich in stärkster Ausbildung bei den Säugern vor, 
die einen möglichst schmalen, von den Seiten her zusammengepreßten 
Thorax haben. Hat der Querdurchmesser des Brustkorbes einen gewissen 
Wert erreicht, so fehlt der Muskel. 

Schmidt (76) beschreibt sehr eingehend die Stammes- und Extremitäten¬ 
muskulatur des Flußkrebses und gibt sehr zahlreiche gute Abbildungen 
seiner Präparate. Bezüglich der vielen Einzelheiten muß auf die Original¬ 
arbeit verwiesen werden. 

Die Flügelmuskelfasern der Koleopteren, der Vögel, der fliegenden 
Säugetiere besitzen, wie Thulin (85) fand, keine Grundmembran. Wo diese 
Membran vorhanden ist, dient sie zum Transport von Stoffen für die Muskel¬ 
faser. Die grundmembranlosen Muskelfasern zeigen noch gegenüber den 
anderen Muskelfasern besondere Eigenschaften der Säulchen und des Sarko- 
plasmas, die der Autor näher beschreibt. 


Drüsen. 

Strauss (80) referiert kurz dio Hauptarbeiten über die Entwicklung 
der Thymusdrüse. Die wesentlichste Bedeutung der erhobenen Befunde 
liegt seiner Ansicht nach in der Erkenntnis, daß die in der Phylogenie 
sicherlich primär entodermale Thymusdrüse ersetzt werden kann durch eine 
ektodermale. Man könne alle Übergänge sehen von dem rein entodermalen 
Thymus, von dem Aufgehen des Sinusbläschens im Thymuskopfe, von dem 
Zurückbleiben der entodermalen Komponente bis zur völligen Alleinherrschaft 
des Ektoderms. Nicht weniger als drei verschiedene Mutterböden können 
der Thymusdrüse ihren Ursprung geben: die dorsalen Kiemeutaschen, die 
ventralen Kiemeutaschen und der Sinus praecervicalis. 

SjÖlander und Strandberg (78) haben eine Untersuchung über 
die Nerven, die zum Thymus treten, von sechs fast reifen menschlichen 
Föten unternommen. Die Resultate, zu denen Verfasser bei ihren Dissektionen 
gekommen sind, könuen folgendermaßen zusammengefaßt werden. Die 
Thymusdrüse zeigt in der Regel eine doppelte Innervation. Sie erhält 
immer längs der Gefäße verlaufende sympathische Nervenfäden, sowie auch 
in den meisten Fällen lange, etwa in der Höhe der oberen Spitzen der 
Seiteulappen der Thyreoidea abgehende Zweige des N. vagus. Ferner können 
bisweilen Fäden vom N. phrenicus und von der Ansa hypoglossi an der 
Innervation des Thymus beteiligt sein, was natürlich mehr bedeutet, daß 
diese Zweige wirkliche Hypoglossus- oder Phrenikusfasern enthalten. Es ist 
sehr wohl möglich, daß sie von Sympathikus- oder Vagusfasern, die in die 
genannten Nerven verlaufen, gebildet werden. ( Kahlmeter .) 


Gef&sse. 


Aus der umfassenden Studie über den Sinus cavernosus kommt 
Shindo (77) zum Schluß, daß er genetisch ein nasales Reststück des V. 
capitis medialis ist, welches an der ventro-medialen bzw. medialen Seite des 
Ganglion N. trigemini liegt. Topographisch wird er sekundär mit dem 
Cavum epiptericum (von Gau pp) in die Schädelhöhle eingeschlossen. Dem¬ 
nach ist seine direkte Beziehung zur Hypophyse sekundär. Seine primäre 


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Allgemeine Physiologie. 


Beziehung zum Trigeminus bleibt beständig aufrechterhalten. Funktionell 
ist er zum Dienst der primären Ableitung des Orbitalblutes bestimmt. 
Dieser primäre Zustand ist bei Reptilien (mit Ausnahme von Krokodilen 
und Schlangen) fast vollkommen erhalten geblieben. Bei Säugern kann man 
trotz der vielen Veränderungen seines Zustandes mehr oder weniger die 
gleiche primäre Erscheinung beobachten. 


Allgemeine Physiologie. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin und Prof. Dr. H. Wiener-Prag. 

1. Baego, M. H., Die Monschenaffenstatfon auf Teneriffa. Naturwiss. Woch. No. 20. 
p. 315. 

2. Benedict, Francis Q.. and Talbot, Fritz C., The Physiology of the New-Bom Infant. 
Proc. of the Nat. Acad. of Sc. 1. (12.) 600. 

3. Bernstein, I., Experimentelles und Kritisches zur Theorie der Muskelkontraktion. 
Arch. f. die gos. Physiol. Bd. 162. H. 1—-2. p. 1. 

4. Bethe, A., Analogien zwischen Erregungsvorgängen und capillarelektrischen Er¬ 
scheinungen. Zentralbl. f. Physiol. 1914. 28. 765. (Sitzungsbericht.) 

5. Boruttau, H., Das Lokalisationsgesetz der fortgeleiteten Erregung, ebd. 1914. 

28. 777. ( Sitzungsbericht.) 

6. Brezina, Emst, und Schmidt, Wilhelm. Über Beziehungen zwischen der Witterung 
und dem Befinden des Menschen, auf Grund statistischer Erhebungen dargestellt. 
Sitzungsber. d. Kais. Akad. Wien. Math.-natmw. Klasse. 1914. Bd. CXXIII. 
No. 8—10. p. 209. 

7. Brun, Rudolf, Das Orientierungsproblem im allgemeinen und auf Grund experimenteller 
Forschungen bei den Ameisen. Biolog. Centralblatt. Bd. 35. No. 4. p. 189. 

8. Butt el-Reepen, H. v., Haben die Bienen einen Farben- und Formensinn? Die 
Naturwissenschaften. No. 7. p. 80. 

9. Costantino, A., Contribution ä la chimio musculaire. Note IV. Soufro et phosphore 
dans la musculature d’animaux marin«. Arch. ital. de Biologie. T. LXII. fase. II. 

p. 222. 

10. Derselbe, Contribution k la chimio des tissus. Note V. Acides gras superieurs ot sub- 
stancos insaponifiables contenus dans lo tissu musculaire lisse, cardiaque et strie de 
mammiferes. ebd. T. LXII. fase. II. p. 226. 

11. Derselbe, Contribution k la chimio musculaire. Nota VI. Recherches sur le phosphore 
organiquo continue dans le tissu musculaire lisse des mammiferes. ebd. T. LXII. 
No. 3. p. 345. 

12. Derselbe, Nota VII. Los changements, qui so produisent dans los diverses phosphor£ee 
du tissu musculaire lisse de mammiferes durant lo procossus d'autolyse. ibid. p. 395. 

13. Derselbe, Nota VIII. Recherches ulterieure« sur le phosphore organique et sur les 
substances minerales du tissu musculaire lisse de mammiferes. ibid. p. 399. 

14. Crozior, W. I., The Sensory Reactions of Holothuria surinamensis Ludwig. Zoolog. 
Jahrbücher. Allg. Zoologio u. Physiol. d. Tiere. Bd. 35. H. 3. p. 233. 

15. Eichholz, Fritz, Über das Refraktärstadium im Roflexbogen. Ztschr. f. allg. Phy¬ 
siol. Bd. 16. p. 535. 

16. Fick, R., Muskelmechanische Bemerkungen. Wien. klin. Woch. No. 19. p. 502. 
(Nichts Neues. Rof.) 

17. Franz, V., Die Vererbung erworbener Eigenschaften im Lichte neuerer Forschungen. 
Med. Klinik. No. 10. p. 277. 

18. Frey, M. v.. Die Vergleichung von Gewachten mit Hilfe des Kraftsinns. Ztschr. f. 
Biologie. Bd. 65. H. 6. p. 203. 

19. Derselbe, Physiologische Versuche über das Vibrationsgefühl. ebd. Bd. 65. H. 10. 
p. 417. 

20. Derselbe, Die physiologischen und psychologischen Grundlagen der Gewichtsschätzung. 
Archiv f. Anthropologie. N. F. Bd. 13. H. 4. p. 342. 

21. Derselbe, Das Vibrationsgofühl — eine Leistung des Drucksinns der Haut. Sitzungsber. 
d. Physik.-med. Ges. zu Würzburg. 6. Mai. 

22. Derselbe, Die Feinheit des Kraftsinns, geprüft durch Gowichtsvergleichung. ibidem. 

No. 1. p. 1. 17. Dez. 1914. 


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Allgemeine Physiologie. 


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23. Derselbe und Goldmann, Agnes, Der zeitliche Verlauf der Einstellung bei den Druok- 
empfindungen. Ztsohr. f. Biologie. Bd. 66. H. 5. p 183. 

24. Gildemeister, Martin, Der sogenannte psychogalvanische Reflex und seine physi¬ 
kalisch-chemische Deutung. Arch. f. d. ges. Phys. 162. (11/12.) 489. - 

25. Derselbe, Über Polarisation, Kapazität und Leitung,swidorstand tierischer Gewebe. 

Zentralbl. f. Pbysiol. 1914. 28. 775. (Sitzungsbericht.) 

26. Hess, C., Untersuchungen über den Lichtsinn bei Echinodermen. Arch. f. die ges. 
Physiol. 1914 . Bd. 160. 

27. Kämmerer, Paul, Allgemeine Biologie. Stuttgart-Berlin. Dtsch. Verlags-Anstalt. 

28. Löhner, Leopold, Untersuchungen über den sogenannten Totstellreflex der Arthro¬ 
poden. Ztschr. f. allg. Physiol. Bd. 16. p. 371. 

29. Marina, A., Die Relationen des Palaencephalons (Edinger) sind nicht fix. Neurol. 
Central bl. No. 10. p. 338. 

30. Mast, S. O., Changes in Shade, Color and Pattem in Fishee and Their Bearing on 
Certain Problems of Behavior and Adaption. Proc. of the National Acad. of Sciences. 
Vol. I. No. 4. p. 214. 

31. Müller, L. R., Uber die Hungerempfindung. D. m. W. No. 44. p. 1297. 

32. öhrwall, Det pä Kollade Muskelsinnat. Uppsala Läkaref. forhandl. Bd. 19. 1914. 

33. Petrik, Josef, Über die reflektorische Einwirkung des Sauerstoffgehaltes im Wasser 
(insbesondere) auf die Atembewegungen der Fische. Arch. f. die ges. Physiol. Bd. 161. 
H. 11—12. p. 555. 

34. Pfungen, v., Übersicht über die Resultate galvanometrischer Messung bei Messung 

von Hand zu Hand. W. m. W. 65. (48.) 1766. 

35. Derselbe, Über die Methode der absoluten Messung des Widerstandes von Hand zu 
Hand und ihre Bedeutung für die Pflanzenbiologie. Wien. klin. Rundsch. 1914. No. 26. 

36. Schanz, Fritz, Die Wirkungen des Lichtes auf die lebende Substanz. Arch. f. die 
ges. Physiol. Bd. 161. H 5—7. p. 384. 

37. Derselbe, Lichtfilter. M.. m. W. No. 48. 

38. Derselbe, Sonnenstich und Hitzschlag. ebd. No. 29. 

39. Derselbe, Die Wirkungen des Lichtes auf die lebende Zelle, ebd. No. 19. p. 643—645. 

40. Derselbe, Über die Beziehungen dos Lebens zum Licht, ebd. No. 39. p. 1315. 

41. Schleip, W., Über die Frage nach der Beteiligung des Nervensystems beim Farben- 
wechrel von Dixippus. Zoolog. Jahrbücher. Allg. Zoologie u. Physiol. der Tiere. 
Bd. 35. H. 3. p. 225. 

42. Sch war tz, Alfred, Über die Abhängigkeit der elektrischen Eigenschaften der Frosch- 
haut von der Beschaffenheit der daran angrenzenden Medien und vom Nervensystem. 
Aroh. f. d. ges. Phys. 162. (11/12.) 547. 

43. Schwerz. Franz, Die Rechtshändigkeit des Menschen. Arch. f. Rassen- und Gesell- 
Schaftsbiologie. Bd. 11. H. 3. p. 299. 

44 Sternberg, Wilhelm, Sinneseindruck und Appetit. Int. Beitr. z. Path. u. Ther. 
d. Emährungsstrgn. 5. 421. 

45. Thoma, Eugen, Eine Studie über Hungerempfindung. Diss. Würzburg. 

46. Tschermak, A. v.. Das S<hen der Fkche. Die Naturwissenschaft. H. 14. p. 177. 

47. Verworn, Physiologische Erregbarkeitstypen. Vereinsbeü. d. D. m. W. 1916. 42. 306. 

48. Wacker, Leonhard, Zur Kenntnis der Totenstarre und der physiologischen Vorgänge 

im Muskel. Münch, med. Woch. H. 26—27. p. 874. 913. 

49. Wangerin, W., Abstammungs- und Vererbungslehre im Lichte der neueren For¬ 
schung. Medizin. Klinik. No. 28. p. 780. 

50. Weizsäcker, Victor, Neue Versuche zur Theorie der Muskelmaschine. M. m. W. 
No. 7—8. p. 217. 257. 

Die Arbeiten aus der allgemeinen Physiologie betreffen so verschiedene 
Gebiete, daß fast jede für sich einzeln betrachtet werden muß. Als hervor¬ 
hebenswert scheinen mir folgende zu sein: Zunächst ist der Bericht Baeges 
über die von Bothmann begründete und von Teuber geleitete Anthopoiden- 
station auf Teneriffa von Interesse, wodurch man eine genauere Kenntnis 
von den Lebensäußerungen dieser hochstehenden Tiere erhält. Ferner 
scheint mir die Arbeit Bruns über die Baumorientierung im allgemeinen 
und speziell über die Fernorientierung der Ameisen bedeutungsvoll. Die 
Fernorientierung bei den Ameisen sieht Brun als einen komplizierten 
psychophysiologischen Vorgang an, bei dem Erfahrungen der verschiedensten 
Sinnesgebiete bald für sich allein, häufiger aber kombiniert zur individuellen 
Engrapbie und Ekphorie gelangen. Von Interesse sind die Untersuchungen 


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Allgemeine Physiologie. 


von Hess über den Lichtsinn der Echinodermen, von Tschermak ist wie 
Hess der Ansicht, daß die Fische total farbenblind sind. Sehr anregend 
sind die Arbeiten von Schanz über die Wirkungen dos Lichtes auf die 
lebende Zelle, die ihn zur Ansicht führen, daß das Licht die Struktur der 
Eiweißkörper in dem Sinne verändert, daß aus leicht löslichen schwerer 
lösliche Eiweißkörper werden. Die Folgerungen, welche aus dieser Hypothese 
für Tier und Pflanze zu ziehen sind, werden vom Autor in mehreren Ar¬ 
beiten besprochen. Der „Totstellreflex“ der Arthropoden, der darin besteht, 
daß auf bestimmte äußere Reize hin plötzlich eine reflektorische Einstellung 
jeder Bewegung eintritt, wird von Löhner als Schutzreflex angesehen, der 
einen Gegensatz zum „Fluchtreflex“ darstellt. Sehr merkwürdig sind di© 
experimentellen Ergebnisse, die Marina nach Transplantationen und Subr 
stitutionen verschiedener Augenmuskeln beim Affen erhielt, insofern alle 
Augenbewegung (Konvergenz und Assoziationsbewegungen) sich ebenso aus¬ 
führbar erwiesen wie beim nicht operierten Tier. Sehr weitgehend sind aller¬ 
dings die Schlußfolgerungen, die der Autor daraus zieht. Beachtung verdienen 
v. Freys Ausführungen über den Kraftsinn und seine Messung, ebenso 
über das Vibrationsgefühl, welches er als eine durch die Art des Reizes 
bedingte besondere Betätigungsform des Drucksinnes der Haut auffaßt. 
Beim Muskelsinn handelt es sich nach Öhrwall nicht um unmittelbar© 
einfache Empfindungen, sondern um Vorstellungen, die sich auf Empfindungen 
verschiedener Art gründen. Wacker führt die Toteustarre auf die Bildung 
der Milchsäure aus dem Glykogen innerhalb der Muskelfaser zurück. Auf 
Grund dieser Untersuchungen stellt der Autor weitere bemerkenswerte Be¬ 
trachtungen über die physiologischen Vorgänge im Muskel an. Sehr beachtens¬ 
wert erscheint auch die Arbeit Weizsäckers und seine Ansicht, nach welcher 
der tätige Muskel als eine Verkoppelung zweier Maschinen angesehen werden 
kann. Die erste Maschiue wird als die arbeitlieferude bezeichnet und be¬ 
wirkt die Umwandlung einer unbekannten potentiellen Energie auf nicht 
oxydativem Wege in Arbeit und Wärme. Die zweite Maschine wird als 
die restitutive bezeichnet und bewirkt durch Ausnutzung der freien Energie 
von Oxydationen eine Wiederergänzung jener nicht näher bezeichneten 
potentiellen Energie der ersten Maschine. Das Hungergefühl wird nach 
Thoma nicht vom Magen ausgelöst, sondern vom zentralen Nervensystem, 
wahrscheinlich vom Zwischenhirn. Das hier gelegene Zentrum wird wahr¬ 
scheinlich durch ein Defizit des Blutes an rasch abbaufähigen Substanzen 
gereizt, ähnlich wie das Atemzentrum durch den Sauerstoffmangel des Blutes 
gereizt wird. Das Großhirn ist die Stelle, wo die körperlichen Begleit¬ 
erscheinungen des Hungergefühls zum Bewußtsein kommen. Eine ähnliche 
Anschauung entwickelt Müller. ( Jacobsohn .) 

Baege (1) schildert die von M. Roth mann begründete von G. Teuber 
geleitete Beobachtungsstation von Anthropoiden. Bis jetzt siud dort eine 
kleinere Zahl von - Schimpansen untergebracht, die in umzäuntem Revier 
vollkommen frei leben. Sie bewegen sich gewöhnlich herdweise, gehen 
aufrecht, sind, von einzelnen Prügelszenen abgesehen, im ganzen friedlich, 
sind tagsüber im Freien, suchen bei Sonnenuntergang von selbst ihre Lager¬ 
stätten auf. Sie neigen zu Nesterbau, ihre Licbesbetätigung hat immer 
sexuellen Charakter. Interessant sind die Beobachtungen über Lautgebung 
und Ausdrucksbewegung. Sie benutzen die Vokale a, o, u, e und i zur 
Äußerung ihrer Gefühlszustände. Die beiden ersten Vokale wurden am 
meisten gebraucht. Die Freude wurde z. B. ansgedrückt durch ein mehr¬ 
maliges kurzes „och“. Das gewöhnliche Weinen vollzog sich in tiefen 
u-Lauten, bei sehr heftiger Betrübnis in hohen i-Lauten. Das Mienenspiel 


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Allgemeine Physiologie. 


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und die Ausdrucksbewegungen mit den Armen zeigen eine erstaunliche 
Mannigfaltigkeit. Trauer, Freude, Angst, Begehren, Hoffnung usw. finden 
darin ihren beredten Ausdruck, und es ist zweifellos, daß sich die Affen 
besonders aus diesen Ausdrucksbewegungen über die Gefühlszustände ihrer 
Herdgonossen informieren. Für die Mannigfaltigkeit der Ausdrucksbe¬ 
wegungen mit Armen und Händen führt B. folgende Beispiele an. Die 
Geste des wiederholten Greifens mit ausgestrecktem Arm bedeutet: Heran¬ 
winken. Die richtige Winkbewegung hingegen ist ein Zeichen hoher Un¬ 
geduld. Verlegenheit äußert sich — wie beim Menschen — durch Kratz¬ 
bewegung am Kopfe oder an anderen Körperteilen. Das Zeichen größten 
Zugetanseins ist das sogenannte Flohsuchen. Ergebenheit wird ausgedrückt 
durch Niederducken unter gleichzeitiger Zukehrung des Hinterteils. Staunen 
kommt — wie beim Menschen — durch Offenstehen des Mundes zum 
Ausdruck. Bei starken Unlustzuständen kreischen die Affen laut auf und 
werfen sich wie ungezogene Kinder auf den Erdboden. Das Küssen kommt 
auch bei ihnen vor. Es ist aber nicht das Zeichen der Liebe, sondern dient 
lediglich zur Weitergabe von gekauter Nahrung an den Nachbar. Das 
Lacheu geschieht lautlos, das Weinen ohne Tränen. Die Affen besitzen 
außerdem noch eine besondere Mundmimik, ihre Mundmuskulatur ist feiner 
als die menschliche (s. Virchow, p. 41). Die Bedeutung der einzelnen 
Mundbewegungen als Ausdrucksform für Gemütszustände ist erst zum Teil 
bekannt. So bedeutet z. B. eine vorgeschobene Unterlippe Ängstlichkeit, 
eine fast rüsselförmig verlängerte Mundform Widerwillen usw. 

Das Verhalten der Tiere spricht für ein vorsichtiges und überlegtes 
Handeln, natürlich gibt es da auch allerlei individuelle Unterschiede. 
Manches Tier zeigt ausgeprägte Nervosität. 

Was die Intelligenz der Tiere anbetrifft, so wurde festgestellt, daß sie 
wohl fast alles durch Nachahmung erlernen. Das gewöhnliche Auf- und 
Zumachen der Türen war ihnen schnell geläufig. Das Verschließen hin¬ 
gegen lernten sie nicht (mindestens nicht von allein). Sie wußten zwar 
den Schlüssel in das Schloß zu stecken, aber weiter kamen sie nicht. Durch 
Nachahmung hatten sie auch das Scheuern und (durch Beobachtung von 
spielenden Knaben wohl) das Bockspringen gelernt. Benutzung von Werk¬ 
zeugen war ihnen unbekannt. Nur ein einziges Mal konnte beobachtet 
werden, daß ein besonders intelligenter Affe mit Hilfe eines Stockes sieb 
eine Banane heranholte. War es draußen kalt, so nahmen einige der Tiere 
ihre Decke mit hinaus, breiteten sie auf dem Boden aus und setzten sich 
darauf. Den Menschen lernen die Affen nicht nur schnell kennen, sondern 
erkennen ihn auch nach langer Zeit sofort wieder. Auf menschliche Zu¬ 
rufe, z. B. „geh hinein“, „komm herunter“ lernen sie schnell, in ent¬ 
sprechender Weise zu handeln. Die Beobachtungen sollen später auch auf 
Orangs und Gibbons ausgedehnt werden. Aufgabe des Studiums soll es 
wie bisher auch weiterhin sein, die Eigenleistungen der Tiere, ohne jede 
Beeinflussung durch Dressur, hinsichtlich ihres Gemeinschaftslebens, ihrer 
Individualität in bezug auf die Anfänge einer Verständigung der Tiere 
untereinander festzustellen. ( Jacobsohn .) 

Nachdem Bernstein (3) im ersten Abschnitte dieser Arbeit gezeigt 
hatte, daß Darmsaiten sich wie Stricke beim Quellen in Wasser nur infolge 
der spiraligen Windungen ihrer Fasern verkürzen, daß die Fasern, aus 
denen sie bestehen, ebenso wie die Sehnenfasern, sich überhaupt hierbei 
nicht verkürzen, sondern nur verdicken, nachdem er ferner im zweiten Ab¬ 
schnitte bewiesen hatte, daß die Muskelkontraktion nicht auf eine thermische 
Verkürzung zurückgefiihrt werden kann, und in einem weiteren Abschnitte 


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Allgemeine Physiologie. 


die osmotische Theorie widerlegt und gefunden hatte, daß die Fibrinflocken 
beim Erwärmen Wasser abgeben, bleibt nur noch die chemische Verkürzung 
wie man sie von den Sehnen beobachtet, als Analogon der Muskelkontraktion 
übrig. Aber auch die Quellungstheorie erweist sich für die Muskelverkürzung 
bei der Kontraktion als nicht stichhaltig. Hingegen zeigt sich, wie der 
Autor ausführt, die Theorie der Energie des Muskels als Oberflächenenergie 
vom mechanischen Prinzip aus ohne innere Widersprüche gegeben. 

( Wiener.) 

Im ersten Teile der Arbeit beschäftigt sich Brun (7) mit der Raum¬ 
orientierung im allgemeinen. Er definiert die Orientierung im Raume als die 
Fähigkeit der Organismen, ihren Körper oder Teile desselben in bestimmter 
Weise auf die einwirkenden Reize einzustellen, bzw. ihre räumliche Fortbe¬ 
wegung in irgendeiner gesetzmäßigen Weise auf die betreffenden Reizquellen 
zu beziehen. Dabei unterscheidet er zwei Hauptkategorien der Orientierung, 
eine propriozeptive (absolute) und eine exterozeptive (relative). Die erstere 
emplängt ihre Angaben ausschließlich von inneren, d. h. bei passiven oder 
aktiven Bewegungen in den bewegten Teilen selbst entstehenden Reizen; 
sie bat deshalb keinerlei nähere Beziehungen zur Außenwelt, sondern 
orientiert den Organismus lediglich über seine absolute Lage im umgebenden 
Raume bzw. über die gegenseitige Stellung seiner Glieder. Sie ist eine 
statische oder dynamische, je nachdem, ob ihr Zweck sich in der einfachen 
Beantwortung der primären „Positiousreize“ erschöpft, oder ob das Resultat 
dieser primären Antwortsbewegungen seinerseits wieder in einem höheren 
Zusammenhänge registriert und zum Aufbau neuer, sekundärer Orientierungen 
verwertet wird. Bei der statischen Orientierung handelt es sich um einfache 
Einstellungsbewegungen des Körpers oder seiner Teile in einem bestimmten 
Verhältnis zur Lotrichtung der Schwerkraft. Hierher gehören die Azotro- 
pismen (Geotropismus, Heliotoprismus) der Pflanzen, die auf polar ungleicher 
Wachstumsinteusität in den von dem Reize getroffenen Zellen beruhen 
und als plasmostatische Orientierung bezeichnet und der neurostatischen 
Orientierung der Tiere gegenübergestellt werden können, wo die be¬ 
treffenden Einstellungsbewegungen durch Vermittlung komplizierter stato- 
tonischer Sinnes- und Reflexapparate erfolgen. Die dynamisch - pro¬ 
priozeptive Orientierung baut sich auf aus einer Sukzession derjenigen 
sekundären propriozeptiven Registrierungen, welche man als Kinästhesien 
bezeichnet. Dabei kann man wieder eine passive Kinästhesie, die die 
Funktion der statischen Apparate zusammen mit dem myostatischen Sinne 
darstellt, vou der aktiven Kinästhesie oder dem Bewegungssinn unterscheiden, 
welcher durch den myodynamischen Sinn, den Schwer- oder Kraftsinn 
(Barä9thesie) und den Ermüdungssinn (Strecken- oder Pedometersinn) 
repräsentiert wird. 

Während die propriozeptive Orientierung sich nur auf die Lage und 
Bewegung des Körpers in einem absoluten Raume bezieht, orientieren die 
exterozeptiven Sinne den Organismus rationell, d. h. sie setzen ihn in Be¬ 
ziehung zu ganz bestimmten Punkten in der Außenwelt. Die notwendige 
Voraussetzung hierzu ist eine sinnliche Lokalisation der betreffenden Reize; 
Sich im Raum exterozeptiv orientieren heißt also: Exterozeptive Reize auf 
den rezipierenden Sinnesflächen scharf lokalisieren. Die exterozeptive 
Orientierung fängt nicht erst bei der Lokomotion an, sondern sie erstreckt 
sich zunächst auch auf den eigenen Körper und dessen nächste Umgebung 
und kann hier eine reflektorische oder eine spontane sein. Mit dem Auf¬ 
treten der spontanen Lokomotion nimmt die Orientierung im Raume wesentlich 
andere Formen an. Sie wird zur lokomotorischen Femorientierung. Hier 


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Allgemeine Physiologie. 


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sind es dann nur ganz bestimmte, nach Quantität und Qualität spezifische 
Reize, auf welche der Organismus mit einer nach Vorzeichen und Richtung 
meist ebenfalls spezifischen Orientierung antwortet. Ein solcher Prozeß hat 
mit einer primären Reizbeantwortung nichts mehr zu tun, er setzt vielmehr 
das Dazwischentreten eines mnemischen Faktors voraus. Nach der Natur 
dieses letzteren kann man bei der lokomotorischen Fernorientierung wieder 
zwei Hauptformen unterscheiden: Erstens eine unmittelbare oder direkte 
Orientierung, die entweder auf Grund hereditär-mnemischer Automatismen 
erfolgt und sich entweder als Tropismus oder als Reflexautomatismus oder 
schließlich als Instinktautomatismus äußert; zweitens eine mittelbare oder 
indirekte Orientierung, die entweder mittels einphasiger oder mittels mehr¬ 
phasiger Iutermediärkomplexe zustandekommt, welch letztere das echte Orts¬ 
gedächtnis repräsentieren. 

Im zweiten Teile der Arbeit bringt der Autor die experimentellen 
Ergebnisse über die Fernorientierung der Ameisen und beschäftigt sich 
zunächst mit den Sinnen, die bei der Orientierung der Ameisen in Betracht 
kommen können, d. i. mit dem Geruchssinn, Tastsinn, Gesichtssinn und den 
kinästhetischen Registrierungen. Über die Funktion derselben kann schon 
die anatomische Struktur der betreffenden Organe Auskunft geben. Der 
Geruchssinn der Ameisen gehört infolge der oberflächlichen Lage seiner 
Endapparate zu den rationellen Sinnen, d. h. er ist in erster Linie ein 
Kontaktgeruchssinn. Im Vergleiche zum Kontaktgeruchssinn ist das Fern¬ 
geruchsvermögen der Ameisen sehr gering entwickelt. Auch der Gesichts¬ 
sinn kann bei der Fernorientierung keine Rolle spielen, wie-die Betrachtung 
der anatomischen Struktur der Augen lehrt. Daraus folgt, daß jede Fern¬ 
orientierung der Ameisen über einen Meter hinaus eine indirekte sein muß. 
Letztere setzt aber die Fähigkeit zu Erwerbung und Assoziation individueller 
Engrammkomplexe voraus. Tatsächlich haben die Ameisen in den Corpora 
pedunculata einen funktionell hochwertigen Assoziationsapparat. Nun kann 
man bei den Ameisen zwei Grundphänomene unterscheiden, eine Massen¬ 
orientierung zahlreicher Individuen auf kollektiv begangenen Wegen und 
eine Orientierung einzeln vom Nest ausgehender Individuen. Was die erstere 
betrifft, so handelt es sich, wie zahlreiche verschiedenartige Versuche, auch 
des Verfassers ergaben, um eino Orientierung auf Geruchssinn, wobei der 
Geruchskomplex der Ameisenspur im Verlaufe seiner Kontinuität ein suk¬ 
zessives lntensitätsgefälle gewisser Komponenten aufweist. Bei der Orien¬ 
tierung auf Einzelwanderungen handelt es sich hauptsächlich um eine Orien¬ 
tierung nach der Sonne und ferner um differenzierte visuelle Komplexe, um 
verschwommene Wahrnehmungen gewisser entfernter Objekte, mit deren 
Standort die räumliche Lage des Nestes assoziiert wird. Es ist somit den 
Ameisen ein individuelles, auf sukzessiv assoziierten Richtungsengrammen 
aufgebautes echtes Ortsgedächtnis zuzusprechen. Die Ameisen vermögen 
aber außerdem auf rein kinästhetischem Wege schon mäßige Terrain¬ 
steigungen wahrzunehmen. 

Es ist demnach die Fernorientierung der Ameisen ein komplizierter 
psychophysiologischer Vorgang, bei dem Erfahrungen der verschiedensten 
Sinnesgebiete: lopochemische, topographische, visuelle, kinästhetische Ein¬ 
drücke bald für sich allein, häufiger aber kombiniert zur individuellen 
Engraphie und Ekphorie gelangen. ( Wiener.) 

V. Buttel-Reepen (8) weist besonders auf eine 1914 erschienene 
Arbeit von v. Frisch (Zool. Jahrb. Bd. 35) hin, aus der hervorgeht, daß die 
Bienen unzweifelhaft einen Farben- und Formensinn haben. Mit Sicherheit 
sollen die Bienen blau, gelb, schwarz und weiß unterscheiden; sie sollen 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie ms. 4 


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Allgemeine Physiologie. 


aber rot mit schwarz und blaugriin mit grau, orangerot mit gelb und mit 
grün, blau mit violett und purpurrot verwechseln. Die Bienen sollen sich 
danach ungefähr wie rotgrünblinde Menschen verhalten. (Jacobsohn.) 

Bei seinen Versuchen an Fröschen über das Refraktärstadium im 
Reflexbogen kam Eichholz (16) zu folgenden Ergebnissen. Die kürzesten 
Zeitintervalle, in denen die Zentralorgane eine zweite Erregung in Gestalt 
einer summierten Kontraktion beantworten, ist gegeben durch das Refraktär¬ 
stadium der afferenten Nerven. Diese kürzeste Summationszeit wird durch 
Ermüdung nicht verändert. Anschließend an eine faradische Reizung läßt 
sich in späteren Stadien der Ermüdung ein Refraktärstadiun nachweisen. 
Diesem Refraktärstadium geht ein Stadium erhöhter Erregbarkeit voraus. 
Diese Tatsache wird in Zusammenhang gebracht mit einer bestimmten Form 
des faradischen Tetanus. Ebenso läßt sich am unermüdeten Reflexbogen 
auf Einzelreiz ein Stadium herabgesetzter Summationsfähigkeit nachweisen, 
dem ein Stadium erhöhter Summationsfähigkeit vorausgeht. Hierin liegt 
eine vollkommene Analogie ’zu den Versuchen von Broca und Ri che fc. 

( Jacobsohn .) 

Auf die Frage: Gibt es eine Vererbung des Erworbenen? antwortet 
Franz (17): Ganz allgemein gewiß nicht, wohl aber haben zahlreiche Or¬ 
ganismen, die einen in höherem, die andern in geringerem Grad, unter ihren 
vielen zweckmäßigen Eigenschaften auch die, daß sie sich an veränderte 
Lebensbedingungen durch morphologische oder physiologische Veränderung 
ihrer Organisation anpassen können, und daß diese Veränderungen über das 
Individuum hinaus durch mehrere Generationen bestehen. Es gibt also eine 
Vererbung des Erworbenen im Rahmen einer gewissen angestammten Varia¬ 
tionsbreite, von deren Vorhandensein man früher keine Ahnung hatte. 

(Jacobsohn.) 

Die vergleichende Beurteilung von Gewichten geschieht, wie v. Frey (18 
und 20) angibt, nach zwei Verfahrungsweisen: Langsames Emporstemmen oder 
rasches Schleudern. Das erstere Verfahren kommt hauptsächlich bei großen 
Gewichten in Anwendung. Definiert man die Unterschiedsempfindlichkeit 
(U. E.) als den reziproken Wert des wahrnehmbaren relativen Reizunter¬ 
schiedes, so erhält man für dieselbe verschiedene Werte, je nachdem man 
die unterscheidbaren Gewichte oder die entsprechenden Muskelspannungen 
der Berechnung zugrunde legt. Im ersten Falle erhält man die für den 
praktischen Gesichtspunkt maßgebende nutzbare U. E., im zweiten Falle die 
physiologisch und pshychologisch wichtige wahre U. E. Die wahre U. E. ist 
stets größer als die nutzbare, weil für die Muskelspannungen neben den 
Drehungs- und Trägheitsmomenten der Gewichte auch die der mitgehobenen 
Glieder, die sog. Leermomente, in Betracht kommen. Die für eine bestimmte 
Muskelgruppe bestimmte wahre U. E. hat die Bedeutung einer physiolo¬ 
gischen Konstanten, die nur noch jenen Einflüssen unterliegt, denen alle ner¬ 
vösen Prozesse ausgesetzt sind. Die nutzbare U. E. ist dagegen in hohem 
Maße von den mechanischen Versuchsbedingungen abhängig: Von der Größe 
der Gewichte, von dem Ort ihres Angriffes, von dem Wert der Leermomente. 
In den vom Autor mitgeteilten Versuchen verhält sich die nutzbare U. E. 
zur wahren wie 1 : 2 bis 1 : 8. In bezug auf Leistungsfähigkeit ist das 
Schleuderverfahren dem Stemmverfahren überlegen, obwohl in beiden Fällen 
derselbe rezeptorische Apparat in Tätigkeit tritt. Der Hauptgruud für die 
Überlegenheit liegt in der sehr kurzdauernden Beanspruchung der Muskeln, 
die der Ermüdung vorbeugt, zahlreiche rhythmisch einander folgende Wieder¬ 
holungen gestattet und die zu vergleichenden Empfindungen in große zeit¬ 
liche Nähe bringt. Die in den angestellten Versuchen beobachteten höchsten 


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Werte der nutzbaren UE. sind bei dem Stemmverfahren 40, bei dem 
Schleuderverfahren 200. Für die wahre UE. fanden sich Werte 100 bzw. 
400. Der Kraftsinn übertrifft demnach in bezug auf die Feinheit der Unter¬ 
scheidung alle anderen Sinne. ( Jacobsohn .) 

V. Frey (19 u. 21) ist der Ansicht, daß das Vibrationsgefühl eine durch die 
Art des Reizes bedingte besondere Betätigungsform des Drucksiuns der Haut 
darstellt, und daß nur die nervösen Strukturen dieses Sinnes daran beteiligt 
sind. Geschieht die Erregung durch Stimmgabeln, so wird beim Aufsetzen 
derselben auf Knochen die Empfindung verstärkt, weil der Knochen als ein 
den Schall wenig dämpfendes Gewebe die Ausbreitung der Erschütterung 
über weite Hautflächen ermöglicht. Die Prüfung des Vibrationsgefühles ist 
demnach eine Prüfung des Drucksinns, die indessen entsprechend der Be¬ 
sonderheit des Reizes eine selbständige Bedeutung beanspruchen darf. Im 
Gegensatz zu den sonst zu diesem Zwecke benutzten Prüfungsmitteln (Reiz¬ 
haare, Pinsel, Stecknadelkopf, Finger) ist ihre Wirkung nicht auf den Ort 
beschränkt, an dem der Reiz unmittelbar angreift; durch Schallleitung kann 
er sich über weite Flächen ausdehnen, also auch über anästhetische Gebiete 
hinaus. Infolge dieser Ausbreitung spielt bei der Wahrnehmung der Vibra¬ 
tionen die nervöse Verstärkung (simultane Induktion), ein zentraler Vor¬ 
gang, eine wesentliche Rolle, so daß die Prüfung sich auch auf diese Funktion 
erstreckt. Eine Besonderheit der Prüfung besteht ferner darin, daß sie bei 
völlig normaler Druckempfindlichkeit auf schlaffer Haut, z. B. über atro¬ 
phischen Muskeln, weniger ergibt, als über gespannten. Inwieweit sich aus 
diesen Eigentümlichkeiten des Vibrationsgefühls die vielfachen Widersprüche 
erklären lassen, die in der Bewertung des Prüfungsverfahrens in der Literatur 
zutage treten, überläßt der Autor dem Urteile der neurologischen Sach¬ 
verständigen. ( Jacobsohn .) 

v. Frey und Goldmann (23) untersuchten das Verblassen der Druck¬ 
empfindung, indem ein Dauerreiz von konstanter Größe mit einem Moment¬ 
reiz von unveränderlicher Stärke verglichen wurde. Der Dauerreiz hält 
4 Sekunden an und wiederholt sich alle 20 Sekunden; der Momentreiz setzt ] /g 
bis 3 Sekunden uach Beginn des Dauerreizes an einer anderen Hautstelle 
ein und wird so lange in seiner Stärke verändert, bis er der Versuchsperson 
ebenso stark erscheint, wie der Dauerreiz in dem fraglichen Augenblick. 
Die Urteile der Versuchspersonen zeigen gute Übereinstimmung. Der Abfall 
der Empfindungsstärke ist ein stetiger. Die Steilheit des Absinkens ist so¬ 
wohl von der Reizstärke wie von der Reizfläche abhängig in dem Sinne, 
daß starke und großflächige Reize langsamer abblassen. Der Einfluß der 
Reizfläche erklärt sich hauptsächlich aus dem langsameren Einsinken gro߬ 
flächiger Reize in die Haut, wodurch fortschreitend neue Druckpunkte 
erregt werden. Die Lage des Empfindungsmaximums ist nicht bestimmt 
worden. Eine darauf gerichtete Untersuchung würde sehr hohe Anforderungen 
an die Methodik stellen. Immerhin kann gesagt werden, daß das Maximum 
in weniger als ’/g Sekunde nach Beginn des Reizes erreicht wird. Der 
Drucksinn besitzt also, verglichen mit anderen Sinnen, eine geringe Trägheit, 
was ja auch aus anderen Erfahrungen gefolgert werden muß. Die als Be¬ 
rührungsempfindungen bezeichneten flüchtigen Erregungen des Tastsinns und 
die verhältnismäßig andauernden Druckempfindungen gehen stetig ineinander 
über. Die psychologisch berechtigte Unterscheidung ist nicht so zu ver¬ 
stehen, daß verschiedene periphere Apparate dabei in Tätigkeit treten. 

( Jacobsollt ).) 

Gildemeister (24) untersuchte mittels einer besonderen Versuchs¬ 
anordnung, ob der sog. psycho-galvanische Reflex durch eine Verminderung 

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des LeitungswiderstaDdes oder durch Vermehrung der elektromotorischen 
Kraft zustande kommt. Aus den Versuchen geht nun hervor: Wenn der 
ps. g. R. unter Benutzung unpolisierbarer Elektroden und mit guter Ruhig¬ 
stellung der abgeleiteten Hautstellen ausgelöst wird, so verändert sich der 
mit frequentem Wechselstrom gemessene Widerstand nicht merklich (d. h. 
sicher nicht um 3%), sondern es tritt eine E. M. K. von beträchtlicher 
Größe (0,2 bis 0,7 Volt) auf, die immer so gerichtet ist, daß sie den pola¬ 
risierenden Strom verstärkt, gleichgültig wie dieser in bezug auf die Ab¬ 
leitungsstellen gerichtet ist (diese waren immer die eine Handfiäche und der 
andere Vorderarm). Damit ist die erste Frage: Widerstand oder E. M. K.? 
im zweiten Sinne entschieden. Ferner konnte erwiesen werden, daß die 
Änderung der E. M. K. durch Verminderung der Polarisation zustande 
kommt, während das Auftreten von gleich gerichteten Tätigkeitsströmen der 
Hautdrüsen nicht in Frage kommt. ( Jacobsohn .) 

Über den Lichtsinn bei Stachelhäutern war früher so gut wie nichts 
bekannt. Hess (26) fand bei systematischen Untersuchungen eine Reihe 
neuer, höchst merkwürdiger Reaktionen dieser Tiere auf Licht und konnte 
mit Hilfe neuer Methoden diese Reaktionen genauer messender Untersuchung 
unterziehen. Von den Ergebnissen seien hier nur die folgenden aufgeführt: 

Unter den Seesternen fand Hess bei den Astropectinidien die 
Füßchen hochgradig lichtempfindlich; dieselben werden bei Belichtung nach 
kurzer Lateuzzeit eingezogeu, und die Ambulakralrinne schließt sich über 
ihnen. Rote Reizlichter haben hier, wie bei alleu Wirbellosen, verhältnis¬ 
mäßig geringe, grüne und blaue Lichter viel größere Wirkung; bei Dunkel- 
aufeuthalt zeigen die Füßchen adaptative Empfindlichkeitssteigerung von 
beträchtlichem Umfange. Für manche Holothurienarten kounte Hess 
eine bisher nicht bekannte ausgesprochene Lichtempfindlichkeit der Mund¬ 
tentakel nachweisen, die bei Belichtung eingezogeu werden. 

Großes Interesse zeigen die Befunde bei Echiniden. Hier konnte 
Hess bei Centrostephanus longispinus zeigen, daß die um den aboralen Pol 
angeordneten violetten Kölbchen schon bei sehr geringer Liclitstärkenver- 
miuderung nach einer Latenzzeit von V 2 —1 Sekunde anfangen, lebhaft zu 
rotieren. Diese Lichtreaktionen verfolgt Hess mit neuen, von ihm ent¬ 
wickelten Methoden und erbringt den überraschenden Nachweis, daß fast 
die kleinsten, von einem uormalen Mousohenauge noch eben als Helligkeits¬ 
verschiedenheiten wahrgenommenen Lichtstärkenunterschiede genügen, um 
bei Centrostephanus Bewegungen der violetten Kölbchen hervorzurufen. 
In weiteren Untersuchungen sieht Hess von einer direkten Bezugnahme 
auf die Helligkeitsempfinduugen des Menschen ab und erbringt durch ver¬ 
gleichende Messungen den Nachweis, daß die durch Reizung mit far¬ 
bigen Lichtern hervorgerufenen Reaktionen bei Centrostephanus 
und bei anderen Wirbellosen eine ähnliche oder die gleiche Art 
der Abhängigkeit von der Wellenlänge zeigen, wie die Pupillen¬ 
reaktionen des total farbenblinden Menschen bei Untersuchung 
mit den gleichen farbigen Lichtern. Damit ist auf einem neuen 
Wege dargetan, daß auch bei Centrostephanus die Sehqualitäten weitgehende 
Übereinstimmung mit jenen bei anderen Wirbellosen und beim total farben¬ 
blinden Menschen zeigen und von jenen des normalen, farbentüchtigen und 
des partiell farbenblinden Menschen in ganz charakteristischer Weise ver¬ 
schieden sind. ( Selbstbericht .) 

Kammerer’s (27) Buch ist eine vortreffliche Einführung in die gesamte 
Biologie. Besonders allen denen, die sich zunächst einmal über alle Grund- 


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fragen des pflanzlichen und tierischen Lebens unterrichten wollen, wird es 
eine Quelle der Belehrung sein. Ein wissenshungriger Jünger der Natur¬ 
wissenschaft wird von den Problemen, die hier besprochen werden, wohl so 
gepackt, daß er, wenn er das Buch zu lesen angefangen hat, es wohl kaum 
mehr aus der Hand legen wird, bis er die letzte Seite beendet hat. Der 
Verfasser hat sich in seinen Darlegungen einer anerkennenswerten Kürze 
befleißigt, indem er nur das Wesentliche, zum Verständnis Notwendige 
darbietet Zahlreiche Abbildungen erläutern das Gesagte aufs beste. 

( Jacobsohn .) 

Die Anschauungen über den sog. Totstellreflex der Arthropoden 
faßt Löhner (28) folgendermaßen zusammen: Das Charakteristikum des 
sog. Totstellreflexes der Arthropoden darf darin gesehen werden, daß auf 
bestimmte äußere Reize hin plötzlich eine reflektorische Einstellung jeder 
Art von sichtbarer Bewegung eintritt. Der Reflex darf in dem Sinne als 
Schutzreflex aufgefaßt werden, als der Zustand der Bewegungslosigkeit unter 
bestimmten Voraussetzungen einen Schutzfaktor darstellt. Beim Sichtotstellen 
kann nach dem übereinstimmenden Urteile aller neueren Forscher von einem 
Willensakte oder auch nur von einem Bewußtsein der Tiere nicht die Rede 
sein. Die Bezeichnung „Totstellreflex“ ist darum nicht gut gewählt. Aus 
allen bisherigen Untersuchungen geht hervor, daß der Totstellreflex der 
Arthropoden seinem Wesen nach den tonischen Reflexen der höheren Tiere 
entspricht. Der als Totstellreflex aufzufassende Spiralreflex der Diplopoden 
gelangt zur Beobachtung, sobald eines dieser tagsüber versteckt lebenden 
Tiere durch Abheben der Schutzdecke plötzlich freigelegt wird. Während 
des Reflexes bieten die Tiere folgenden Anblick: Der ganze Körper hat 
sich, um den Kopf als Mittelpunkt, zu einer Spirale von D /2 Umdrehungen 
zusammengerollt und gleichzeitig Seitenlage angenommen. Die engen Spiral¬ 
windungen kommen dadurch zustande, daß sich die die Beine tragende 
Bauchfläche genau der Konvexität des Rückens anpaßt Bewegungserschei¬ 
nungen fehlen völlig. Das Wesen des Reflexes liegt einerseits in dem plötz¬ 
lichen Einsetzen einer erhöhten tonischen Erregung der Körpermuskulatur, 
andererseits in dem Unterbleiben motorischer Impulse (Impulse für Bein¬ 
bewegung, Lagekorrektion usw.), das heißt also in Hemmungserscheinungen. 
Das spontane Aufhören des Reflexes wird durch die Rückkehr der Bein¬ 
bewegung eingeleitet. Die Dauer des Reflexes unterliegt Schwankungen 
und kann von verschiedenen Faktoren abhängen (z. B. Temperatur), er kann 
künstlich unterbrochen werden; der Reflex kann auch unvollständig zur Er- 
scbeiuung kommen, auch an einzelnen Teilstücken des Tieres nach Abstück¬ 
langen. Alle Operationen, die eine Verletzung oder Zerstörung des Ober- 
schlundgauglions mit sich bringen, sind hinsichtlich des Totstellreflexes von 
annähernd demselben Erfolge begleitet wie das einfache Dekapitiereu. Der 
Reflex ist unter diesen Umständen noch auszulösen, verlangt aber für sein 
Zustandekommen im Vergleiche zum intakten Tiere wesentlich stärkere oder 
öfters wiederholte Reize. Er tritt nicht so prompt als sonst auf und zeigt 
die Kennzeichen eines unvollständigen Reflexes. Die geschilderten Erschei¬ 
nungen sprechen für eine Herabsetzung des Tonus der Körpermuskulatur 
infolge der Ausschaltung des Tonuszentrums (Supraösophagealganglion). 
Wird bei einem dekapitierten Tiere der Bauchstrang im Bereiche der ersten 
3—4 Segmente ausgebohrt, so läßt sich der Reflex nicht mehr hervorrufen. 
Das Anfangsstück des Bauchstranges ist daher als das Zentrum dieses 
Reflexes anzusehen. Der Spiralreflex der Diplopoden darf dem Totstell¬ 
reflex anderer Arthropoden gleichgestellt werden. Es scheint nach den bis¬ 
herigen Untersuchungen an Diplopoden Regel zu sein, daß eine gewisse 


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Allgemeine Physiologie. 


Gegeusetzlichkeit zwischen dem Vermögen za rascher Flacht (Fluchtreflex) 
und dem Sichtotstellen besteht. ( Jacobsohn .) 

Marina (29) hat am Augenmuskel des Affen verschiedene und viel¬ 
fache Muskelsubstitutionen vorgenommen, und es stellten sich trotzdem 
jedesmal, sobald die posttraumatischen Symptome verschwunden waren, die 
willkürlichen assoziierten Seitwärts- und Konvergenzbewegungen vollständig 
wieder her. Bei einer zweiten Versuchsreihe konnte er auch die voll¬ 
ständige Wiederherstellung der automatische^ Bewegungen nachweisen, und 
normaler horizontaler Drehnystagmus war auszulösen. Aus der Tatsache, 
daß die Konvergenz auch nach Substitution eines nicht vom Okulomotorius 
innervierten Muskels stattfiudet, nämlich nach Transplantation des Obliquus 
superior und sogar des Rectus externus geht hervor, daß beim Affen weder 
ein supranukleäres, noch ein nukleäres Zentrum für die Konvergenz besteht. 
Aus der Tatsache, daß die Seitenbewegungen, sei es mit zwei Interni, sei 
es mit einem Internus und einem Ramus superior, sei es mit zwei Externi 
zustande kommt, geht hervor, daß es beim Affen weder ein supranukleäres 
noch ein nukleäres Zentrum für die Seitenbewegnngen der Bulbi gibt. 
Diese Ergebnisse lehren allgemein, daß die Leitungsbahnen oder die Schalt¬ 
zellen, oder was man da immer für einen Mechanismus annehmen will, keine 
fixe Funktion haben; sie können keine fixe Fuuktion haben, wenn urplötzlich 
mit einer neuen Funktion ein Muskel betraut werden kann, der durch das 
ganze Leben des Tieres und das Leben seiner Voreltern in den früheren 
Generationen durch Tausende von Jahrhunderten immer eine andere Funktion 
hatte. Wenn die funktionellen Bahnen für die Augenbewegungen bei den 
Affen nicht fix sind, so können es auch die anatomischen Bahnen nicht sein. Bei 
der Ähnlichkeit der Verhältnisse zwischen Affen und Menschen muß man 
zu dem Schluß kommen, daß wahrscheinlich auch für den Menschen das 
gleiche gilt. Mau müsse sich, so führt der Autor aus, mit der Annahme 
zurechtfinden, daß anatomische Wege, die als fix gelten, aufgelassen werden 
gegen neue, schon bestehende und nicht erst allmählich sich ausbildende 
Wege, und zwar automatisch, ohne Mitwirkung des Bewußtseins und des 
Willens, auf Grundlage eines Mechanismus, der sein Endziel nicht kennt, 
und der von den an der Peripherie aufgetretenen Veränderungen nichts 
erfährt. Es drängt sich daher auch die Frage auf, ob es denn anatomische 
Bahnen für die Relationen in dem Sinne, wie man sie gewöhnlich annimmt, 
wirklich gibt. Wenn nun die Relationen des Palälenzephalons nicht fix sind, 
so köunen es nach Ansicht von Marina die Assoziationen des Neenzepbaloc 
erst recht nicht sein, denn diese haben als die zuletzt ausgebildeten noch 
weniger Anrecht auf einen fixon Sitz. Damit wird der ganzen Hirnphysiologie 
der Boden entzogen, und sie muß vollständig umgearbeitet werden. Marina 
betont, daß er immer nur die Assoziationen und die Relationen im Auge 
hat, nicht die Projektionen; an dem fixen anatomischen und funktionellen 
Bestehen der letzteren wird durch seine Arbeiten und Versuche in keiner Weise 
gerüttelt. (Bevor man zu diesen neuen Anregungen Stellung nehmen kann, 
wird es nötig sein, die Versuche Marinas einer Nachprüfung zu unter¬ 
ziehen. Ref.) (Jacobsohn.) 

Nach den Darlegungen von Müller (31) ist das Hungergefühl keine 
einheitliche Empfindung. Es setzt sich aus mehreren Organempfindungen 
zusammen. Die Vorgäuge, die diesen Organempfindungen zugrunde liegen, 
wie der Speichelfluß, die Hungerkontraktioneu des Magens scheinen vom 
Paläenzephalon ausgelöst zu werden. Die Verarmung des Blutes an abbau- 
fähigen Stoffen ist es wohl, die diese Innervationen verursacht. Aber auch 
im Neenzephalom im Großhirn bedingt der Mangel des Blotes an Nähr- 


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stoffen gewiße Organempfindungen, die sich in Beeinträchtig der geistigen 
Leistungsfähigkeit, im Schwindel oder im Flimmern vor den Augen und in 
Schächezuständen äußern können. ( Jacobsohn .) 

öhrwall (32) sucht nachzuweisen, daß die Eindrücke an der gegen¬ 
seitigen Lage und den Bewegungen unserer Körperteile sowie an der Schwere 
und dem Widerstand, die mit dem Namen Muskelsinn bezeichnet werden, 
die uns aber keineswegs durch ein besonderes einheitliches Organ, sondern 
auf verschiedenen Wegen zugeführt werden, nicht als unmittelbare Emp¬ 
findungen, sondern als Vorstellungen betrachtet werden müssen, die sich 
auf Empfindungen verschiedener Art gründen. Was nun besonders die 
Bewegungseindrücke angeht, so ist die allgemeine Auffassung, diese würden 
uns durch Nerven zugeführt, die in den Gelenkflächen enden, absolut falsch; 
denn die Gelenkflächen sind wie Lennnader nachgewiesen hat, sowohl für 
Druck als für andere Reizmittel völlig unempfindlich. Die von Stümpell 
zuerst nachgewiesene sog. tiefe Sensibilität in den Weich teilen dürfte dagegen 
hierbei eine große, keineswegs aber eine alleinige Rolle spielen, denn auch 
viele andere Empfindungen von der Haut, von den Muskeln u. dgl. können 
von Bedeutung sein. Ferner findet man bei einer Analyse desselben, daß es 
sich nie um eine einzige, einfache Empfindung handelt, sondern um ganze 
Serien und Komplexe von Empfindungen, wie es auch bei dem visuellen 
Bewegungseindruck der Fall ist. Alles dies gilt schon für die passiven 
Bewegungen. Bei den aktiven kommen außerdem die Innervationsimpulse 
hinzu. Ein Bewegungseindruck ist tatsächlich ein recht komplizierter 
psychischer Verlauf. Dasselbe gilt für die Eindrücke von Schwere und 
Widerstand. Der unbewußte und zwingende Charakter dieser Eindrücke 
ist kein Beweis dafür, daß sie direkte Empfindungen sind; denn denselben un¬ 
mittelbaren Charakter tragen auch manche andere Eindrücke, von denen 
man nicht behaupten kann, daß sie direkte Empfindungen sind, z. B. das 
Erkennen eines bekannten Gesichts, der Stimme einer Person usw. 

Die vielen Illusionen, die auf diesem Gebiete Vorkommen, werden von 
O. als ebenso viele Beweise dafür angeführt, daß die fraglichen Eindrücke 
als Vorstellungen, nicht als unmittelbare Empfindungen betrachtet werden 
müssen; denn Empfindungen können niemals verfälscht werden, wohl aber 
unter gewissen Verhältnissen sozusagen falsch gedeutet werden können 
Anlaß zu falschen Vorstellungen, d. h. zu Illusionen geben. 

Schließlich weist Ö. auf einige Übelstände hin, die Folgen der allge¬ 
meinen Vorstellungsweise sind, die aber dadurch beseitigt werden könnten, 
daß mau sieb klar machte, daß der Muskelsinn in der gewöhnlichen Bedeutung 
ganz einfach verworfen werden muß; daß es sich hier nicht um unmittelbare, 
einfache Empfindungen handelt, sondern um Vorstellungen, die sich auf 
Empfindungen verschiedener Art gründen. ( Kahlmeter .) 

Bei Amiurus nebulosus läßt sich nach Versuchen von Petfik (33) durch 
sauerstoffarm gemachtes Wasser unmittelbar eine reflektorische Dyspnoe, durch 
naebheriges Überführen in normales Atemwasser reflektorische Eupnöe hervor- 
rufen, zum Unterschiede von diesen beiderlei Änderungen des Atemrhythmus, 
welche durch zentrale (Blut-)Bedingungen der Atemzentrumstätigkeit zu¬ 
stande kommen, und zwar erst nach längerer Einwirkung der Sauerstoff¬ 
armut oder, des Sauerstoffreichtums im äußeren Medium. Misgurnus fossilis 
wird nach Überführung in ein gegenüber der Norm sauerstoffreicheres Wasser 
durch den in größerer Menge vorhandenen Sauerstoff zu öfteren Darm¬ 
ventilationen und allgemeiner Unruhe vorübergehend reflektorisch gereizt. 
Es besteht also bei diesen Fischen neben der zentralen, durch das innere 
Medium vermittelten Beeinflussung der Kiemenatembewegung (resp. der 


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Allgemeine Physiologie. 


Darmventilationen uud überhaupt der Körperbewegungen) noch eine reflek¬ 
torische, durch periphere Rezeptoren nervös vermittelte Einwirkung des 
Sauerstoffgehaltes des äußeren Mediums. {Jacobsohn) 

v. Pfungen (34, 35) gibt eine Übersicht über die Resultate galvano¬ 
metrischer Messung bei Messung von Hand zu Hand. Wenn man bei völlig 
ruhiger, vertrauensvoller Stimmung den Widerstand von Hand zu Hand mit 
etwa 60000—70000 Ohm annebmen kann, so steigt der Widerstand bei 
Kotstauung im Dickdarm oder ebenso bei jedermann bei Prüfung vor dem 
Morgenstuhl auf 180000 Ohm an. Ebenso wie er durch Kotstauung mächtig 
ansteigt, kann er unter freudigen wie peinlichen Erregungen mächtig ab¬ 
sinken. («/ acobsohn) 

Schanz (36): Das Licht wirkt auf die lebende Zelle, von der es 
absorbiert wird, als chemischer Reiz, je kurzwelliger die Strahlen, desto 
intensiver ihr Reiz. Wenn man in der Tiefebene mit einem Quarzspcktro- 
graphen ein Spektrum des blauen Himmelslicbtes aufnimmt, so wird etwa 
die Hälfte dieses Spektrums von Strahlen erzeugt, die das Auge nicht 
wahrzunebmen vermag. Diese Strahlen sind chemisch besonders wirksam. 
Sollte dieses Licht auf das Auge wirkungslos sein? Keinesfalls! Um den 
Ort, wo dieses Licht absorbiert wird, festzustellen, prüfte Schanz die 
Lichtabsorption der Augenmedien; diese Strahlen werden in der Augenlinse 
mit zunehmendem Alter immer intensiver absorbiert. Wenn solches Licht 
in hoher Intensität, beispielsweise in einem Sonnenbad, auf eine Hautstelle 
einwirkt, die sonst nicht der Belichtung ausgesetzt ist, so erhalten wir auch 
in der Tiefebene eine Rötung der Haut, die sich bis zur Entzündung mit 
Blasenbildung steigern kann. Der Lichtreiz wird zweierlei Reaktionen 
auslösen. Die vitalen Vorgänge in den Zellen selbst werden beeinflußt; in 
der Nachbarschaft der gereizten Zellen werden auf den Wegen der Nerven 
und Blutbabneu Reaktionen ausgelöst, die die Rötung und Entzündung des 
belichteten Bezirkes veranlassen. In der Linse liegen die Verhältnisse 
anders. Diese ist zellenarm und besitzt weder Nerven noch Blutgefäße. 
Deshalb fehlt dort jede Reaktion auf den Lichtreiz. Dort summiert sich 
der Lichtreiz durch das ganze Leben. Worin besteht dieser Lichtreiz? 

Die Eiweißkörper der Linse werden, wie Chalupecky nachgewiesen, 
durch das Licht verändert, aus leichtlöslichen werden schwerer lösliche. 
Durch die für die Trennung der Albumine von den Globulinen gebräuchlichen 
Reaktionen läßt sich diese Veränderung leicht feststellen. Auch mittels 
der Zysteinreaktion läßt sich dieser Prozeß an der Augeulinse selbst des 
lebenden Tieres feststellen. Damit ist es im höchsten Grade wahrscheinlich 
geworden, daß das Licht auf die Eiweißstoffe in der Linse des Menschen 
ebenso wirkt, daß es die Ursache des Verhärtungsprozesses bildet, den wir 
als Linsensklerose bezeichnen, und der als Altersweitsichtigkeit bei jedem 
Menschen zwischen dem 40. und 50. Jahr in Erscheinung tritt. Wenn wir 
am Ende des Lebens Trübungeu in der Linse (grauen Star) beobachten, so 
ist dies das Ende dieses Prozesses. 

Chalupecky hält die Schädlichkeit des Lichtes für die Linse nur 
praktisch wichtig für Leute, die bei kurzwelligem Lichte arbeiten. Die in 
der Atmosphäre enthaltenen ultravioletten Strahlen hält er nicht für so 
wichtig, wie die der künstlichen intensiven Lichtquellen. Er verkennt hier 
den Gehalt des Tageslichtes an unsichtbaren Strahlen, die bis zur Linse 
dringen. Die Hälfte des mit einem Quarzspektrographen in der Tiefebene 
aufgenommenen Spektrums wird von Strahlen erzeugt, die bei Menschen im 
mittleren Lebensalter von der Linse absorbiert werden. 


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Schanz geht aber in seiner Anschauung über die Bedeutung der 
Lichtwirkung auf die Eiweißstoffe noch viel weiter. Er hat sich daher daran 
gemacht, zu prüfen, ob diese Veränderungen auch für die Eiweißstoffe des 
Blutes nachzuweisen sind. Er hat das Blutserum 20 fach mit 0,5 °/ 0 
Kochsalzlösung verdünnt. Daran war derselbe Prozeß wie bei dem Linsen¬ 
eiweiß leicht festzustellen. Bei achtstündiger Belichtung mit der Quarzlampe 
ist das Serum noch vollständig klar, aber bei der chemischen Untersuchung 
zeigt sich deutlich, daß auch darin derselbe Umwaudlungsprozeß des Albumins 
in Globulin stattfindet. 

Schanz glaubt, daß das, was für Eiereiweiß, Linseneiweiß und Serum¬ 
eiweiß zutrifft, für alle Eiweißkörper Geltung hat. Das Licht verändert 
die Struktur der Eiweißkörper in dem Sinne, daß aus leicht¬ 
löslichen schwerer lösliche Eiweißkörper werden. 

Schanz will es scheinen, als ob dies das biologische Grundgesetz über 
die Wirkung der strahlenden Energie auf die lebende Substanz darstellt. 
Wie das Licht die Eiweißstoffe der Linse verhärtet und zur Sklerose des 
Linsenkernes führt, so wirkt es auch auf die Zellen der Haut. Wir sehen, 
daß die Haut an den Stellen, die beständig der Lichteinwirkung ausgesetzt 
sind, im Laufe des Lebens durch Licht erzeugte Veränderungen zeigt gegen¬ 
über der Haut, die vor Lichteinwirkung mehr geschützt ist. Wir sehen, 
daß in den Zellen, wie dies am besten die Hess sehe Untersuchung am 
Kapselepithel der Linse gezeigt hat, zuerst die Keruteilungsvorgäuge, wahr¬ 
scheinlich also die am leichtesten löslichen Eiweißstoffe, Veränderungen 
erleiden. Beim Sonnenstich kann das Licht im Blut Veränderungen erzeugen, 
die nicht sichtbar sind, und es können vielleicht durch derartige Veränderungen 
der gelösten Eiweißstoffe Bedingungen geschaffen werden, die das Leben 
gefährden. (S. folgendes Referat.) ( Selbslbencht .) 

Das Licht verändert, wie Schanz (38) gezeigt hat, die Struktur der 
Eiweißkörper in bestimmter Weise. Durch Beimischung von Eosin zu 
Eiweißkörpern läßt sich die Lichtreaktion steigern. Schanz vermutet, daß 
wir auch Mittel finden werden, sie zu hemmen; die Hautpigmente wirken 
sicher in diesem Sinn. 

Intensive Lichteinwirkung vermag unsere Gesuudheit zu schädigen. 
Bei starker Besonnung kann sogar plötzlicher Tod eiutreten (Sonnenstich, 
auch von Hitzschlag). Schanz ist der Ansicht, daß durch das durch die 
Bestrahlung veränderte Blut an den empfindlichen Apparaten des Organismus, 
die vor der direkten Lichteinwirkung geschützt sind, Veränderungen erzeugt 
werden, die das Leben gefährden und Sonnenstich — Hitzschlag erzeugen. 
Schanz hält es für wahrscheinlich, daß sich in unseren Nahrungsmitteln 
Stoffe finden, die wie das Eosin die Lichtwirkung auf die Eiweißstoffe 
steigern, und vermutet, daß sich auch im Körper selbst bei stärkeren An¬ 
strengungen solche Stoffe bilden. Die Gallenfarbstoffe enthalten stark 
fluoreszierende Substanzeu, im Urin findet sich ein Zerfallsprodukt des 
Hämoglobins, das Hämatoporphyrin, von dem bekannt ist, daß ihm photo¬ 
dynamische Eigenschaften im hohen Grade zukommen. Schanz ist deshalb 
daran gegangen, nach Mitteln zu suchen, die ähnlich wie das Eosin die 
Lichtwirkung auf die Eiweißkörper steigern. Er hatte bei seinen Unter¬ 
suchungen über die Entstehung des Zuckerstars den Lösungen von Linsen¬ 
eiweiß Traubenzucker und Azeton zugesetzt. Beide Mittel steigerten die 
Lichtwirkung, vor allem Azeton. Gerade Azeton ist ein mächtiger Photo¬ 
katalysator. Es zerfallt unter Lichteinwirkung in Methan und Essigsäure. 
Essigsäure verwenden wir, um die Globuline auszufällen. Die allmählich 
unter Lichteinwirkung frei werdende Essigsäure scheint zu den Eiweißkörpern 


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Allgemeine Physiologie. 


in Beziehung zu treten und zu bewirken, daß die leicht löslicheren schwerer 
löslich werden. Schanz hat ferner geprüft, wie Alkohol die Lichteinwirkung 
auf die Eiweißkörper beeinflußt, auch da war es ihm möglich festzustellen, 
daß dieser ein mächtiger Photokatalysator ist. Wir wissen jetzt, wie 
Alkoholgenuß Sonnenstich — Hitzschlag beschleunigt. (Jacobsohn.) 

Schanz (39) legte sich die Frage vor, wie die unsichtbaren Strahlen 
auf das Auge wirken. Da die Wirkungen derselben dort zu erwarten sind, 
wo diese Strahlen absorbiert werden, prüfte er zunächst die Absorption der 
Augenmedien. Es zeigte sich, daß das Ultraviolett des Tageslichts fast un¬ 
verändert die Hornhaut passiert, daß es vor allem in der Linse absorbiert 
wird und diese Absorption mit dem Lebensalter zunimmt. Die Wirkung 
dieser Strahlen auf die Linse besteht darin, daß die leichtlöslichen Linsen¬ 
eiweißkörper in schwerlösliche umgewandelt werden, so daß eine Sklerose der 
Linse eintritt. Dieselbe Wirkung der ultravioletten Strahlen konnte der 
Verfasser auch bei den Eiweißstoffen des Blute feststellen, und er glaubt, 
daß dies auch für alle Eiweißkörper Geltung hat. ( Wiener.) 

Die Eiweißkörper sind, wie Schanz (40) ausführt, photosensibel; das 
Licht verändert die leichter löslichen Eiweißkörper in schwerer lösliche. In 
der Natur gibt es zahlreiche Substanzen, welche nach Art der Katalysatoren 
diesen Umwandlungsprozeß der Eiweißkörper beschleunigen und verlang¬ 
samen, positive und negative Photokatalysatoren. Der verbreitetste Photo¬ 
katalysator ist das Chlorophyll. Ebenso wirkt das Derivat des Chloro¬ 
phylls, das Phylloporphyrin und das diesem sehr nahe stehende Hämato- 
porphyrin. Letzteres tötet im Licht in hohen Verdünnungen Kulturen von 
Paramäzien, löst rote Blutkörperchen auf. Im Dunkeln ist es wirkungslos. 
Mithin kann man Warmblütler sehr lichtempfindlich machen. Man kann 
durch Injektion von Hämatoporphyrin Mäuse im Lichte schwer schädigen. 

Es gibt aber außerdem noch eine große Reihe von Photokatalysatoren, 
endogene (Chlorophyll, Hämatoporphyrin, Phylloporphyrin, Milchsäure, 
Traubenzucker, Harnstoff und die Farbstoffe, die das Integument der Tiere 
färben) und exogene (Mineralstoffe). Bei niederen Tieren ist das ganze 
Integument für Lichtwirkuug empfänglich, bei anderen Tieren ist der Licht¬ 
sinnesapparat lokalisiert (im Rückenstrang des Regenwurms), bei höheren 
Tieren kommt es zu einer weiter fortgeschrittenen Lokalisation, es kommt 
zur Entwicklung des Auges. Wir können annehmen, daß die Eiweißstoffe 
der Sinnesepithelzellen durch Licht Veränderungen erleiden, wobei die Seh¬ 
stoffe und das Pigment der Netzhaut als positive oder negative Photokata¬ 
lysatoren wirken. ( Wiener.) 

Schleip (41) stellte fest, daß in der Haut von Dixippus weder ein 
subepithelialer Nervenplexus noch freie Nervenendigungen Vorkommen, sondern 
nur Sinnesnervenzellen, und daß alle unter der Hypodermis verlaufenden 
Norvon nur die zentralen Fortsätze dieser Sinneszellen enthalten. Daraus 
zieht er den Schluß, daß die Pigmentwanderung und damit der Farben¬ 
wechsel, der bei Dixippus durch Einwirkung des Lichtes eintritt, nicht 
unter dem Einfluß des Nervensystems stehen kann. (Jacobsohn.) 

Wird durch die ausgeschnittene Rückenhaut des Frosches ein ein- 
oder aussteigend gerichteter konstanter Strom hiudurchgeleitet, so erfährt 
dieser jedesmal im Anschluß an eine Erregung der Hautnerven eine rasche 
Zunahme, die allmählich wieder verschwindet. Die Stärke dieser Zunahme 
hängt (unter der Voraussetzung stets maximaler Erregung der Nerven), wie 
Untersuchungen von Schwartz (42) ergeben haben, einerseits von der 
Stärke und Richtung des Stromes, andererseits von der Zusammensetzung 
und Konzentration der den Strom zuführenden Flüssigkeiten ab, d. h.: Mit 


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Allgemeine Physiologie. 


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zunehmender Stromstärke wächst sie bei Anwendung aller hier geprüften 
Lösungen zunächst rasch, dann immer langsamer, um von einem gewissen 
Maximum ab wieder abzunehmen. Bei gegebener Stromstärke erfolgt stets 
{auf den Reiz hin) die stärkste Zunahme bei Anwendung von Vio bis Viooo 
Normallösungen von Ca Cl 2 , Mg Cl 2 , Ba Cl 2 und K CI, und bei einsteigender 
Richtung des Stromes; ferner ist der für den Reizerfolg günstigste hier der 
aussteigende Stromverlauf. Geschieht die Stromzuführung durch wesentlich 
höher konzentrierte, zum Beispiel x / s — 1 / 8 Normallösungen, so bleibt der 
Erfolg der Reizung in allen Fällen aus. Die beobachteten Unterschiede 
sind endlich stets nur von den Eigenschaften der an die Oberfläche der 
Haut angrenzenden Lösungen abhängig. Leitet man die Bestand- und 
Antwortströme der Froschhaut mittels verschiedenartiger Elektrolytlösungen 
ab, so tritt bei Anwendung von Vio—Viooo Normallösungen von NaCl und 
Li CI ein starker einsteigender Bestandstrom und nach Nervenreizung ein 
aussteigender Antwortstrom auf; bei Anwendung von Vio—Viooo Normal¬ 
lösungen von Ca Cl 2 , ßa Cl 2 , Mg Cl 2 und KCl beobachtet man dagegen 
einen schwachen einsteigenden Bestandstrom und einen ebenfalls ein¬ 
steigenden Antwortstrom, dem bei Benutzung von K CI meist noch ein 
aussteigender Vorschlag vorangeht. Ableitung durch wesentlich konzentriertere, 
zum Beispiel 1 / 6 —Vs Normallösungen, bewirkt dagegen in allen Fällen einen 
schwachen einsteigenden Bestandstrom uud einen schwachen einsteigenden 
Antwortstrom. Endlich ist auch hier wiederum ausschließlich die Beschaffen¬ 
heit der an die Oberfläche der Haut angrenzenden Lösungen für das Re¬ 
sultat maßgebend. (Jacobsohn.) 

Aus Gesetzen der Juden und aus der Art ihrer Schriftweise, ebenso 
aus vielen anderen Überlieferungen ausgestorbener Völker gehe, wie Schwerz 
{43) ausführt, hervor, daß sich vielleicht früher die Menschen mehr der 
linken Hand bedient hätten, und daß allmählich die rechte Band die Vor¬ 
herrschaft gewonnen hätte. Der Prozentsatz der Linkshänder schwanke. 
Nach Stier scheint die Linkshändigkeit von Osten und Norden Deutsch¬ 
lands nach Süden und Westen zuzunehmen. Für 1072 Schulkinder vom 
6. bis 17. Jahre aus dem Kanton Schaffhausen hat Schwerz 7,9°/o Links¬ 
händer berechnet. Während andere 'Autoren die Linkshändigkeit beim 
männlichen Geschlecht größer als beim weiblichen fanden, ergab die Unter¬ 
suchung des Autors das umgekehrte Verhältnis, freilich ist die Zahl seiner 
diesbezüglichen Untersuchung doch recht gering zur Entscheidung einer 
solchen Frage. Wenn man die Stärke und Länge der drei Armknochen 
berechnet und statistisch verwertet, so ergibt sich ein Überwiegen der linken 
Seite in ungefähr gleichem Verhältnis wie die Linkshändigkeit. Dies wäre 
ein weiteres Mittel, um auch bei alten Völkern ein annähernd richtiges Bild 
über ihre Linkshändigkeit zu bekommen. Und diesbezügliche Untersuchungen 
weisen auch darauf hin, daß die Linkshändigkeit bei ihnen stärker ver¬ 
breitet war. Die übrigen Ausführungen des Autors beschränken sich auf 
«ine referierende Wiedergabe der Arbeiten Stiers über die Linkshändigkeit. 

(Jacobsohn.) 

Brennwert der Diät und Nährwert der ungekochten Nahrungsstoffe 
oder der rohen Nahrungsmittel reichen nach Ansicht von Sternberg (44) 
nicht aus zur Bewertung der Nahrung. Der Qualitätswert der fertigen 
Speisen der Garküche, der Genußwert darf fernerhiu nicht vergessen werden. 
Der Genuß ist ein sinnlicher und ein ästhetischer. Dabei kommen der Seh¬ 
sinn und die drei niederen Sinne: Geschmack, Geruch und Gefühl in Frage 
für Genuß und auch für Genußsucht. Das ist der Appetit. Der Appetit 
ist nicht eine Funktion des Magens und nicht eine Funktion der Drüsen, 


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Allgemeine Physiologie. 


wie Pawlow mit Laboratoriumsversucheu am Tier glauben machen will. 
Das sei eine Irrlehre. Der Appetit ist vielmehr, nach Meinung des Autors, 
’ Beweguug, und zwar in den ersten Eingangswegen. Appetit ist,Eröffnung 
und Erschließung des Mundes, des Racheneinganges und des Ösophagus- 
mundes. Der höchste Grad der Appetitlosigkeit, der Ekel oder Abscheu, 
ist Verschließung dieser natürlichen Eingangspforten. Der Schlüssel zum 
Schloß, zur Erschließung und zur Verschließung ist der Sinnesreiz. (Ver¬ 
blüffend einfach! Ref.) ( Jacobsohn .) 

Thoma (45) hat, um das Wesen des Hungergefühls zu erforschen, an 
sich hauptsächlich vielfache Versuche angestellt. Er kommt zu folgendem 
Ergebnis: 1. Das Gefühl, welches man Huuger nennt, ist kein einheitliches, 
sondern es setzt sich aus mehreren verschiedenartigen Empfindungen zusammen. 
2. Ein Teil dieser Empfindungen, wie der leichte Schwindel, die geistige 
Abspannung, kommt im Großhirn selbst zustande Augenscheinlich ist eine 
Unterernährung seiner Ganglienzellen für diese Empfindungen verantwortlich 
zu machen. 3. Einen anderen Teil der beim Hunger auftretenden Empfin¬ 
dungen, wie das Gefühl der Leere, des Druckes und der Spannung verlegt 
der Autor in die Magengegend. 4. Ferner geht der Hunger mit Speichelfluß, 
mit Schluckreiz, mit Gähnen, mit Hyperämie der Gesichtshaut und mit 
leichtem Schweißausbruch einher. 5. Als Ursache für die Hungerempfindung 
kann die Leere des Magens als solche nicht angesehen werden, denn der 
neugeborne Säugling äußert trotz leeren Magens zunächst keine Zeichen von 
Hungerempfindung, bis nach 24—48 Stunden die von der Mutter über¬ 
nommenen abbaufähigen Stoffe im Blute verbraucht siud; ferner ist iy 2 bis 
2 Stunden nach Einnahme des Frühstücks der Magen leer, gleichwohl stellt 
sich der Hunger erst wesentlich später, etwa nach 3—4 Stunden ein; das 
Hungergefühl läßt sich auch unter Umgehung des Magens, wobei der Magen 
leer bleibt, durch ein Nährklysma oder durch subkutane Infusion von Nähr¬ 
material bis zu einem gewissen Grade stillen. Beim Fieber schließlich und 
bei Übermüdung besteht trotz leeren Magens kein Hunger. 6. Füllung des 
Magens allein genügt nicht zur Stillung des Hungers, denn durch Einnahme 
von nicht resorbierbarem Material (Bariumbrei) wird der Hunger nicht gestillt, 
und Kranke mit Pylorusstenose können trotz Retention von Speisebrei leb¬ 
haften Hunger haben. 7. Die Hungerempfindung kann nicht im Magen zu¬ 
stande kommen, da nach Lostrenuung des Magens vom Zentralnervensystem 
und nach Resektion des Magens der Hunger unvermindert weiter auftreten 
kann. 8. Da somit keine Anhaltspunkte bestehen, daß die lokale Hunger¬ 
empfindung im Magen entsteht, so muß mit der Möglichkeit einer zentralen 
Auslösung gerechnet werden. 9. Als Ort für eine zentrale Auslösung des 
Hungers kann wohl nur ein Teil des Paläenzephalon in Betracht kommen. 
Da dem Kleinhirn und der Medulla oblongata wohl kein Anteil an der Ent¬ 
stehung des Hungers zukommt, so muß man zur Annahme einer Auslösung 
des Hungers im Zwischenhirn kommen. 10. Vom Zwischenhirn weiß man, 
daß es einer Reihe von vegetativen Funktionen, wie z. B. der Regulierung 
der Körperwärme durch Innervierung der Gefäße und der Schweißdrüsen 
vorsteht. Bei organischen Erkrankungen des Zwischenhirns, wie solche durch 
Wucherung der Hypophyse und durch Läsion des Infundibulum und der 
Umgebung des 3. Ventrikels entstehen, sind Störungen im Aufnahmebedürfnia 
für Flüssigkeit schon häufig beobachtet worden (Diabetes insipidus). Der 
Erfolg des ins Zwischenhirn zu richtenden Wärmestichs äußert sich beim 
Tier nicht nur durch Temperatursteigerung, sondern regelmäßig auch durch 
eine Abnahme der Freßlust. Auch die mit fieberhaften Erkrankungen regel¬ 
mäßig einhergehende Abnahme der Eßlust weist auf eine nahe Nachbarschaft 


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Allgemeine Physiologie. 


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zwischen den Zentren, welche die Körpertemperatur und die Nahrungsauf¬ 
nahme regulieren kann. 11. Ähnlich wie das in der Medulla oblongata 
gelegene Atemzentrum durch Mangel au Sauerstoff gereizt wird, so wird nach 
Vermutung des Autors das im Zwischenhirn zu lokalisierende Zentrum, 
welches der Nahrungsaufnahme vorsteht, durch das Detizit des Blutes an 
rasch abbaufähigen Substanzen erregt. 12. Die Reizung dieses Zentrums im 
Zwischeuhirn äußert sich durch eine Anregung zum Gähnen, zum Schlucken 
durch Speichelfluß und durch einen Impuls, der den Magen sich heftig zu¬ 
sammenziehen läßt. Dieser Impuls wird wohl durch den Vagus nach dem 
Magen geleitet, da Reizung des Vagus Kontraktionen des Magens verursacht. 
13. So wenig man die Entstehung des Lufthungers in die Lunge verlegen 
darf, so wenig darf man die Entstehung des Bedürfnisses zur Nahrungsauf¬ 
nahme in den Magen lokalisieren. 14. Die Kontraktionen des Magens beim 
Hunger äußern sich nach außen durch gurrende und kollernde Geräusche. 
Diese treten fast immer zugleich mit einem Gefühl des Druckes und der 
Spannung in der Mageugegend auf, welches häufig als Gefühl der Leere im 
Magen bezeichnet wird. 15. Da die Leerkontraktionen des Magens durch 
Zufuhr von Speisen nachlassen, kommt es mit der Füllung des Magens in 
jedem Falle zu einer Minderung der Hungerempfindungen in der Magengegend. 
Eine wirkliche Sättigkeit tritt erst dann ein, wenn das Defizit des Blutes an 
rasch abbaufähigen Stoffen ausgeglichen ist. 16. Wenn man auch annehmen 
muß, daß der Hunger ausschließlich im Zwischenhirn ausgelöst wird, so sind 
doch schließlich die Großhirnhemisphären die Stelle, wo seine körperlichen 
Begleiterscheinungen zum Bewußtsein kommen. Der Speichelfluß, der Schluck¬ 
reiz, das Gähnen, vorzüglich aber die Empfindungen in der Magengegend, 
die Abspannung und Hinfälligkeit lassen es zum Bewußtsein kommen, daß 
man hungrig ist. 17. Deshalb können Stimmungen, die im Großhirn zustande 
kommen, eine Wirkung auf den Hunger ausüben. 18. Wenn erschöpfende 
körperliche Anstrengungen und Übermüdung, und wenn das Fieber die Hunger¬ 
empfindung nicht aufkommen lassen, so liegt dies wohl daran, daß in solchen 
Fällen das Stoffdefizit des Blutes durch Einschmelzung des Körpereiweißes 
ausgeglichen wird. 19. Von Arzneimitteln und Drogen üben die als Exzi- 
tantien wirkenden einen beschwichtigenden Einfluß auf das den Hunger be¬ 
gleitende Erschöpfungsgefühl aus. Auch das Morphin vermag das Hinfällig¬ 
keitsgefühl beim Hunger zu mindern. Auf das örtliche, in den Magen ver¬ 
legte Hungergefühl üben die Stoffe im Tee, Kaffee und Tabak insofern eine 
Wirkung aus, als nach ihrem Genuß das Spanuungsgefühl im Magen und 
besonders das mit diesem gleichzeitig hörbare Gurren weniger deutlich wird. 
Das Kokain scheint die örtliche Hungerempfindung zu verschleiern. Da es 
in gleicher Weise durch subkutane, als durch Zufuhr per os wirkt, so muß 
man annebmen, daß seine Einwirkung eine zentrale und nicht etwa örtliche ist 

{Jacobsohn.') 

v. Tschermak (46) bespricht zunächst die Bedingungen des Sehens 
im Wasser. Er betont, daß für die Bilderzeugung im Wasser die Hornhaut 
ihre entscheidende Rolle verliert und der Linse die Hauptleistung zukommt, 
daß eine weitgehende Akkommodation nicht erforderlich ist, hingegen ein 
möglichst weiter Gesichtsrauin, leidliche Sehschärfe für nahe Objekte, Emp¬ 
fänglichkeit für geringe Belichtungsverschiedenheiten und Bewegungen der 
Dinge notwendig ist 

Er kommt daun auf die Färbung des Wassers zu sprechen und führt 
aus, daß die Fische infolge der Eigenfärbung des Wassers wie durch ein 
grünblaues Glas sehen, daß bei einer Schichtdecke von etwa 10 m nur mehr 
grüne und blaue Strahlungen in Betracht kommen. Was den Lichtsinn der 


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Allgemeine Physiologie. 


Fische betrifft, so führt er aus, daß die meisten Fischarten photophil oder 
positiv phototaktisch sind, es aber auch photophobe Arten gibt. Bei Fischen 
gibt es auch eine Dunkeladaptation, die Adaptationsbreite ist eine recht 
erhebliche, durchaus der des Menschen vergleichbar. Ähnliches gilt für die 
Unterschiedsempfindlichkeit gegenüber verschiedenen Lichtstärken. 

Hierauf beschäftigt sich der Verf. mit dem Farbensinn der Fische und 
stellt sich streng auf den Standpunkt von Hess, nach dem die Fische total 
farbendblind sind. Die Fische zeigen auch eine weitgehende Anpassung an 
den Wassergrund nach Helligkeit, während das Vorkommen einer farbigen 
Anpassung durchaus fraglich ist 

Nach einer kurzen Würdigung des Einflusses der Trübheit und Schlierig- 
keit des Wassers auf das Sehen, beschäftigt sich der Verf. dann mit der 
Periskopie des Fischauges und führt aus, daß im Sinne einer Vergrößerung 
der physiologischen Apertur das relative Heranrücken des bilderzeugenden 
Apparates an die Netzhaut, nämlich das Maßgebendwerden der Linse für die 
Lichtbrechung an Stelle der Hornhaut, wirkt. 

Die Akkommodation wird durch Verschiebung der Linse gegen die 
Netzhaut und in der Schwanzrichtung erreicht. 

Ein weiterer Abschnitt ist der Besprechung des einäugigen und zwei¬ 
äugigen Gesichtsraums gewidmet. Die Fische besitzen einen zweiäugigen 
Gesichtsraum, und innerhalb desselben gibt cs ein zweiäugiges Einfachsehen, 
und ein plastisches oder stereoskopisches Sehen. 

Was die Haltung und Beweglichkeit der Augen betrifft, so haben die 
Augen bei den meisten Fischarten eine starre Haltung. Den Augenmuskeln 
kommt in erster Linie die Bedeutung eines Balancierapparates zu. 

Schließlich bespricht der Verf. die kompensatorische Stellungsänderung 
der Augen, welche bei zwangsweiser Seitenlagerung des Fischkörpers eintritt, 
sowie das Fehlen von Divergenzänderung bei den Fischaugen, wodurch die 
Fische Objekte nur in jenem Abstande dauernd einfach sehen, auf welchen 
ihre Augen eingestellt sind. Diesseits und jenseits dieser Entfernung kommt 
stereoskopisches Sehen in Betracht. ( Wiener.) 

Ausgehend von dem Gesichtspunkte, daß die Totenstarre und die post¬ 
mortale Säurebildung als die Fortsetzung vitaler Vorgänge angesehen sind, 
führt Wacker (48) am Kaninchen den Nachweis, daß die Milchsäurebilduug 
im Muskel vom Momente des Todes auf Kosten des vorhandenen Glykogens 
erfolgt, und zeigt an einigen Kurven, wie der Glykogenabbau quantitativ etwa 
in derselben Weise erfolgt wie die Alkaleszenzabnahme bzw. die Säurezunahme. 
Der Starrezustand tritt ein, wenn ein großer Teil (78°/o) des Glykogens 
abgebaut ist, und hält an, solange noch Glykogen in Milchsäure übergeführt 
wird. Hört die Milchsäurebildung auf, so beginut sich die Starre zu lösen. 

Verf. führt daher die Totenstarre auf die Bildung der Milchsäure aus 
dem Glykogen innerhalb der Muskelfaser zurück. Das Kolloid „Glykogen“ 
ist in die Muskelfaser eingelagert und vermag als solches keinen osmotischen 
Druck auszuüben, zerfällt es aber in eine große Anzahl kleinerer Molekül© 
einer Kristalloidsubstanz (Milchsäure), so muß innerhalb der Muskelfaser 
ein Überdruck entstehen, der gegenüber der Umgebung Erscheinungen der 
Osmose hervorruft. Es wird also behufs Druckausgleich Wasser in die 
Muskelfaser eindringen und Milchsäure heraus zu diffundieren streben. Solange 
der Überdruck nicht ausgeglichen ist, wird ein der Muskelkontraktion ähn¬ 
licher Zustand — die Totenstarre — bestehen bleiben. Mit erfolgtem Druck¬ 
ausgleich löst sich der Zustand der Starre. 

Auf Grund dieser Untersuchungen stellt der Verfasser eingehende 
Betrachtungen an über die physiologischen Vorgänge im Muskel. Die 


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Allgemeine Physiologie. 


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Arbeitsleistung des Muskels ist (physikalisch und chemisch) eng verknüpft mit 
der Wärmeproduktion des Organismus. Der anaerobe Abbau des Glykogens 
zu Milchsäure und die Neutralisation derselben entspricht der Arbeitsleistung 
und ist als die Quelle der Muskelkraft anzusehen, da durch die Druck- 
steigerung in der Faser direkt Arbeit geleistet werden kann. Die Verbrennung 
der Milchsäure (wahrscheinlich im Blute selbst) führt zu der bekannten 
Wärmebildung bei der Arbeit. Ein Teil der beim Glykogenabbau anfallenden 
Milchsäure wird nach den Prinzipien des Massenwirkungsgesetzes in der 
Leber in Zucker zurückverwandelt, um in Form von Glykogeu wieder im 
Muskel zu erscheinen. Daraus erklärt sich ein Wirkungsgrad des Muskels 
bis zu einem Dritteil der aufgewandten potentiellen Energie. 

Die zur Erhaltung der Körpertemperatur des homoiothermen Organis¬ 
mus nötige Wärme erfolgt durch Verbrennung der bei der Spaltung des 
Glykogens bei der Herztätigkeit freiwerdenden Milchsäure. ( Autoreferat .) 

Wangerin’s (49) Aufsatz ist eine Besprechung der Mendelschen Ver¬ 
erbungsgesetze auch in ihrer Gültigkeit auf den Menschen. ( Jacobsohn .) 

Die Versuche Weizsäcker ’s (50) ergaben zunächst, daß die initiale 
Wärmebildung einer Kontraktion genau dieselbe bleibt, ob man eine Oxy¬ 
dation zuläßt oder verhindert. Daraus darf man schließen, daß auch bei 
reichlicher Sauerstoffzufuhr vor und während der Kontraktion Oxydationen 
nicht stattfinden, daß vielmehr unter allen Umständen ein nichtoxydativer 
Vorgang die Kontraktion hervorbringt und Oxydationen ausschließlich im 
Anschluß an die Kontraktion stattfinden. Weitere Versuche ergaben, daß 
der Muskel bei einer einzelnen Zuckung um so weniger Wärme bildet, je 
wärmer er ist. Der wärmere Muskel arbeitet daher ökonomischer. Bei der 
tetanischen Kontraktion wird der hemmende Einfluß der Temperatur auf 
die Zuckungswärme bald mehr, bald weniger dadurch ausgeglichen, daß bei 
höherer Temperatur mehr Einzelerregungen pro Zeiteinheit stattfinden. Aus 
allem geht hervor, daß Oxydationen einerseits, Produktion von Arbeit und 
initialer Wärme andererseits vollständig trennbare Funktionen sind. Es 
handelt sich nur noch darum, zu entscheiden, ob auch Wärmebildung und 
Arbeitsleistung trennbar sind. Mit Hilfe von Äthylalkohol gelang es, zu 
zeigen, daß auf einen elektrischen Reiz hin beträchtliche Wärmemengen 
im Muskel frei werden, ohne daß auch nur eine Andeutung von Zuckung 
stattfand. Die Errregung bewirkt hier nur Wärmebildung, keine Arbeits¬ 
leistung. Iuitiale Wärmebildung und Arbeitsleistung sind somit trennbare 
Funktionen. 

Es steht somit fest, daß ein nicht oxydativer Vorgang dio Energie für 
Arbeit und initiale Wärme liefert; und wir gelangen zu der Ansicht, daß 
lüindestens ein Teil der Spannkräfte oxydativer Reaktionen nicht als Wärme, 
auch nicht als Arbeit erscheint, sondern in einer unbekannten Form auf¬ 
gespeichert wird. Der Zerfall der Muskelmaschine in einen nichtoxydativen 
arbeitliefernden und einen oxydativen, restitutiven Teil schließt aber nicht 
aus, daß beide Hälften der Maschine gleichzeitig arbeiten, doch bat man 
Gründe anzunehmen, daß bei einer einfachen Zuckung zuerst die arbeit¬ 
liefernde und dann die restitutive Maschine in Funktion tritt. Wenn wir 
aber die beiden Teilmaschinen im Muskel thermodynamisch getrennt be¬ 
trachten, müssen wir untersuchen, mit welchem Nutzeffekt jede arbeitet. 
Untersucht man die initiale Wärmebildung und Arbeit, so untersucht man 
den Nutzeffekt der ersten, der ärbeitliefernden Maschine. Würde man den 
0 4 -Verbrauch und die „verzögerte“ Wärmebildung kennen, so ließe sich 
berechnen, wieviel Verbrennungsenergie als Wärme erscheint und wieviel als 
potentielle Energie verbleibt. Dies ergäbe den Nutzeffekt der zweiten Maschine. 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


Die Zweimaschinentheorie gestattet auch, eine Thermodynamik pharma¬ 
kologischer 'Wirkungen auszuarbeiten. Allgemein kann man zwei Gruppen 
von Wirkungen erwarten; eine, welche auf die arbeitliefernde und eine, 
welche auf die restitutive Maschine wirkt. Innerhalb jeder dieser Gruppen 
kann eine Wirkung auf die Gesamtgröße des Energieumsatzes und eine auf 
die Umwandlung, somit auf die Größe des Nutzeffektes der Maschine er¬ 
wartet werden. Mäßige Quellung in hypotonischer Lösung setzt in gleichem 
Maße initiale Wärmebildung und isometrische Zuckung herab, setzt somit 
eine einfache Hemmung der Maschine I. Äthylalkohol bewirkt Herabsetzung 
des Nutzeffektes der Maschine I. Gesamthemmung der Maschine II ist ge¬ 
geben in der Wirkung der Blausäure, die die Maschine I intakt läßt 
Schließlich faßt der Autor den Inhalt seiner Betrachtungen dahin zusammen, 
daß seine myothermischen Versuche, nach einer neuen Methode in Salz¬ 
lösungen angestellt, zu einer Theorie geführt haben, nach der der tätige 
Muskel als eine Verkoppelung zweier Maschinen angesehen werden kann. 
Die erste Maschine wird als die arbeitliefernde bezeichnet und bewirkt die 
Umwandlung einer unbekannten potentiellen Energie auf nicht oxydativem 
Wege in Arbeit und Wärme. Die zweite Maschine wird als die restitutive 
bezeichnet und bewirkt durch Ausnutzung der freien Energie von Oxy¬ 
dationen eine Wiederergänzung jener Dicht näher bezoichneten potentiellen 
Energie der ersten Maschine. Das Tempo, in welchem Maschine I arbeitet, 
bestimmt wahrscheinlich die Oxydationsgeschwindigkeit in Maschine II. Die 
Oxydationen folgen auch zeitlich der arbeitliefernden Funktion nach. 

( Wiener.) 


Physiologie des Stoffwechsels. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Armbrust or. Vom Einfluß dos Nervensystems auf das Fieber. (Eine teilweise Wider¬ 
legung der Lehren Liebermcistors.) DUch. Med. Presse. No. 19. p. 131. 

2. As her, L., Neue Eifahrungen über physiologische Wirkungen innerer »Sekrete. Corr.-Bl. 
f. Schweizer Aerzte. p. 1178. (Sitzungsbericht.) 

3. Babes, A., et Bai)es, A. A., Recherchos rc fi actomcriques sur le liquide cephalo- 
rachidion. Coefficiont refractometriquo du liquido cephalo-rachidien. Troisieme note. 
Bull. »Soet. scientif. de l'Acad. Roumaino. 1913/14. No. 4. p. 116. 

4. Dieselben, Nouvelles contributions a 1’etudo do la refractometrie du liquide cephalo- 
rachidien. quatricme note. ibid. p. 118. 

5. Dieselben, La refractometrie du liquido cephalo-rachidien dans los maladies infectieuses. 
5. note. ibid. No. 5. p. 154. 

6. Dieselben, La refractometrie du liquide cephalo-rachidien dans les affections chroniques 
du cour et du rein. 6. note. ibidem, p. 156. 

7. Dieselben, Coefficiont refractometriquo du liquido cephalo-rachidien dans l’epilopsie. 
7. note. ebd. 1913/14. No. 6. p. 180. 

8. Diosolbon, La relation entre 1’indico de refraction du liquide cephalo-raohidien et sa 
composition chimique. 8. note. ibid. p. 181. 

9. Dieselben, Indico de refraction du liquido cephalo-rachidion chez les enfants. 9. note. 
ebd. 1913/14. No. 10. p. 320. 

10. Dieselben, Sur la techniquo de la refractometrie du liquide cephalo-rachidien. 10. note. 
ibid. p. 321. 

11. Bacialli, Luigi, La tiroido noiravvellonamouto sporimentalo da preparati tiroidei 
(Tiroidismo—Contributo alle studio doll’ipertiroidismo). II Morgagni. No. 1. p. 1. 

12. Baindridge, W. S., Internal »Secretions. Maine Med. Assoc. Journ.. Aug. VI. No. 1. 

13. Barbour, H. G., Morphin and Scopolainin Action on Intact Uterus. J. of Pharmacol. 
7. (4.) 

14. Derselbe u. Copenhavor, N. H., Response of Surviving Uterus to Morphin and Sco- 
polamin. ebd. 7. (4.) 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


65 


15. Derselbe u. Kleiner, S. B., Action of Caffein and Epinephrin on Vagus Nerve, ebd. 
7 - (*•) 

16. Beckmann, K., Alveolargasanalysen. II. Über Änderungen in der Atmungsregulation 
durch psychische und pharmakologische Einflüsse. Dtsch. Arch. f. klin. Medizin. 
Bd. 117. Heft 4—5. p. 419. u. Inaug.-Dissert. München. 

17. Bennett, C. L., Purin Metabolism Disturbances as Related to Insomnia. Southwest 
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18. Bensley, R. R., The Thyroid Irland of the Opossum. Anat. Record. Vol. 8. No. 9. 
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19. Berg, G., Über die Beziehungen der inneren Sekretion zur Urogenitalsphäre und ihre 
therapeutische Verwertung. (Müller-Soifert, Würzburger Abhandlungen aus dom Ge- 
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20. Biberfeld, Johannes. Über die Mengenverhältnisse der Himlipoide morphingewöhnter 
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21. Blum, Paula, Beiträge zur Physiologie der Schilddrüse. IV. Mitteilung, über Gly- 
kogenmobilisierung an schilddrüsenlo^en Tieren. Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 161. 
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22. Boehneke, K. E., und Koch, R., Untersuchungen über die Einwirkung verschiedener 
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23. Bor borg. N. C., Zur Biochemie der Lipoiden. Nebennieremmtersuchungon. III. 
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Arch. ital. de Biologie. T. LXI1. fase. II. p. 212. 

30. Dieselben, III. Nouvellos recherchos sur la composition chimique des cordons medul- 
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31. Citelli, S. e Basile, G., Conferma sporimentalo dei rapjx>rti fisio-patologici tra faringe 
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33. Cloetta, M., und Waser, E.. Über das Adrenalinficber. (Zur Kenntnis des Fieber¬ 
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34. Dieselben, Beiträge zur Kenntnis des Fieberanstieges. 2. Mitteilung, ebd. Bd. 75. 

35. Dieselben, Über den Einfluß der lokalen Erwärmung des Temperaturregulierungs- 
zentrums auf die Körpertemperatur. Zur Kenntnis des Fieberanstiegs. 3. Mitteilung, 
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36. Cohn, Franz. Die Beziehungen der inneren Sekretion zu den Genitalfunktionen der 
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37. Cohn, Martha, Über Milchsäure- und Phosphorsäurebildung im Karpfenmuskel. 
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38. Dieselbe und Meyer, R., Über das Verhalten der Milchsäure und Phosphorsäuro im 
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Jahresbericht für Neurologie u. Psychiatrie i»iß. 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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Physiologe des Stoffwechsels. 


67 


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No. 2. p. 148. 

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Physiologie des Stoffwechsels. 


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Wien. klin. Woch. 28. 514. (Sitzungsbericht.) 

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zum Problem der Erregung und Hemmung. Zschr. f. Biol. 66. (4/5.) 167. 

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70 


Physiologie des Stoffwechsels. 


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172. Zulick, H. S., Effect of Homatropin on Vagus. Journ. of Pharmacology. March» 

Das vorliegende Kapitel ist eines derjenigen Gebiete, auf welchem die 
wissenschaftliche Forschung zurzeit am eifrigsten sich betätigt Soviel Auf¬ 
klärung auf dem Gebiete der inneren Sekretion auch die bisherige Forschung 
gebracht hat, so muß mau doch gestehen, daß es erst die ersten Ansätze 
sind, die man in der Erkenntnis dieses Gebietes gewonnen hat. Es herrschen 
noch zu viele Widersprüche bezüglich der Funktion der einzelnen Drüsen, ihrer 
einzelnen chemischen Bestandteile, der Wechselwirkung der einzelnen Glieder 
des pluriglandulären Systems auf das Nervensystem, auf den Gesamtstoff¬ 
wechsel usw. Diese vielen Lücken suchen nun die Forscher in vielen zum 
Teil sehr minutiösen Spezialuntersuchungen auszufullen, wobei immer wieder 
neue Probleme aufsteigen, die der Lösung harren. In der folgenden kurzen 
Zusammenfassung sind nur diejenigen Arbeiten angeführt, die für den Neuro¬ 
logen besonderes Interesse haben und die besondere Bedeutung zu haben 
scheinen. 

Cushing und Goetsch schließen aus ihren Untersuchungen, daß der 
Winterschlaf der Säugetiere eine Erscheinung sei, die durch eine physio¬ 
logische Periode pluriglandulärer Untätigkeit erzeugt wird, wobei die Hypo¬ 
physis die Hauptrolle spielt 

Dandy konnte nach Exstirpation des Gl. pinealis bei jungen Hunden 
keine Veränderungen in der Entwicklung gegenüber nicht operierten Hunden 
erkennen, so daß er der Ansicht zuneigt, daß die Gl. pinealis keine wesent¬ 
liche Bedeutung für den Lebensprozeß hat. 

Mit Jod allein läßt sich nach Ansicht von Oswald kein Basedow er¬ 
zeugen, ebenso sei es unrichtig, einen sog. Dysthyreoidismus als Basedow¬ 
ursache im Chemismus der Drüse anzunehmen. Die Mehrauslaugung des 
vorhandenen Sekretes des Jodthyreoglobulins genügt zur Hervorrufung des 
Syndroms bei Personen mit leicht ansprechbarem Nervensystem. 

Kendal gelang es, die Proteiue der Thyreoidea in einfachere Bestand¬ 
teile zu zerlegen und einen kristallinischen Körper zu eliminieren, der 6 % 
Jod enthält. Daß die Schilddrüse außerordentlich jodaufnahmefähig ist, 
geht aus Beobachtungen von Hunter und Simpson und .von Marine 
hervor. Gesteigerte Tätigkeit der Thyreoidea scheint sich nach Staemmlers 
Befunden mit Hypofunktiou von Hypophyse und Pankreas und umgekehrt 
Unterfunktion der Thyreoidea mit gesteigerter Tätigkeit der genannten Organe 
zu verbinden. Von Interesse ist die Anschauung Hunziker-Schilds, daß 
der Kropf keine Krankheit, sondern eine physiologische Anpassung darstellt, 


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and zwar kann bei chronisch zu geriugem Jodgehalt des Blutes die Thyreoidea, 
die aus dem Blut das Jod bezieht, dennoch die Lieferung genügender Mengen 
Thyrjods sicherstellen, indem sie ihre Zellen vermehrt 

Sehr zahlreich sind die Arbeiten über Adrenalinwirkung, sei es einfache, 
sei es kombinierte oder Kontrastwirkung. Da diese Arbeiten aber teilweise 
zn spezieller Natur sind, so läßt sich das Hervorstechende schwer heraus¬ 
heben. Bemerkenswert erscheinen mir die chemischen Untersuchungen von 
Borberg über die Nebennieren. 

Herrmann ist es gelungen, aus Corpus luteum und Plazenta eine 
Substanz (Cholestearinderivat) zu extrahieren, welche einen mächtigen 
Wachstums- und entwicklungsfördernden Einfluß auf das gesamte Genitale hat. 

In vieler Hinsicht von Interesse sind die Arbeiten über Beeinflussung der 
Wärmezentren und der Wärmeregulation. Aus der Arbeit Hashimotos 
scheint hervorzugehen, daß das Wärmezentrum bzw. die dasselbe darstellenden 
Ganglienzellen durch Vorbehandlung mit artfremdem Eiweiß streng spezifisch 
sensibilisiert werden. Der Autor ist ferner der Ansicht, daß die Wärme¬ 
zentren auf beiden Seiten des Corpus Striatum liegen, und daß das linke Wärme- 
zentrum das Übergewicht über das rechte gewinnen kann, d. h. stärker ent¬ 
wickelt ist Er gibt schließlich seine Erfahrungen über die Wechselwirkung 
zwischen Wärme- und Kälteapplikation auf das Wärmezentrum einerseits und 
Temperaturveränderungen, die durch Bakterienwirkungen, Antipyretika usw. 
im Körper erzeugt werden. Zu dem gleichen Thema äußern sich Cloetta, 
Waser und Armbruster. 

Von Wert dürften wohl die Messungen Mettenleiters über die Höhe 
der Kohlensäurespannung und den Grad der Säurebildung im tätigen mensch¬ 
lichen Mnskel sein. 

Sehr viel Interessantes, aber sehr ins Spezielle Gehendes findet sich 
auch in den Arbeiten, die in den Kapiteln Stoffwechsel, Spinalflüssigkeit und 
Pharmakologisches untergebracht sind. 

. Innere Sekretion. 

Brugsch (28) gibt ein kurzes klares Ubersichtsbild über die Drüsen 
mit innerer Sekretion. Er bespricht die Anatomie, die physiologischen 
Wirkungen und die Chemie der Schilddrüse, der Nebenschilddrüsen, der 
Thymusdrüse, der Nebennieren, der Hypophyse, der Zirbeldrüse, der Keim¬ 
drüsen, des Pankreas. Der Darstellung des vegetativen Nervensystems ist 
eine schöne, sehr übersichtliche Figurentafel beigefdgt. Den Schluß der 
Abhandlung bildet eine kurze Darstellung des Einflusses endokriner Drüsen 
auf den Stoffwechsel. 

Es wird von Streuli (155) zunächst ermittelt, daß die überlebende 
Säugetierblase in Tyrode und unter Beobachtung gewisser Maßregeln spon¬ 
tanen Tonus nnd sehr schöne, kräftige Automatic zeigt. Diese beiden Er¬ 
scheinungen können in erhöhtem Maße künstlich hervorgerufen werden durch 
geringe Dosen von Pilokarpin, das sich als Regularisierungsmittel xat’iSo^v 
für die lebende Blase erweist. Die Blase eignet sich, sobald ihre spontanen 
Zustands- und Reaktionsänderungen genau bekannt sind und berücksichtigt 
werden, infolge ihrer hohen Empfindlichkeit in hervorragender Weise für 
präzise Untersuchungen vorliegender Art. 

Untersuchung der Einzelwirkungen innerer Sekrete ergab folgendes: 

A. In Tyrode: Adrenalin wirkt energisch hemmend. Indessen wirkt 
es andrerseits kräftig kontrahierend a) bei Anwendung subminimaler Dosen 
(nur bei gutem Tonus und guter Automatic 1); b) bei Anwendung stärkster 


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Dosen im Znstand extremster Erschlaffung der Blase. Hypophysen und 
Thyreoideaextrakt wirken beide unter allen Umständen kontrahierend, ersteres 
kräftiger als das letztere. Hiermit wäre zum erstenmal eine gesicherte direkte 
Wirkung von Schilddrüsensekret auf animale Funktion nachgewiesen. 

B. In Kochsalz. (Hierbei erschlafft die Blase völlig und zeigt 
niemals Automatie; Pilokarpin bleibt fast wirkungslos.) Adrenalin, Hypo¬ 
physen- und Thyreoideaextrakt bleiben völlig ohne Wirkung. Es wird dabei 
die Möglichkeit betont, daß der Grund hierfür beim Adrenalin ein anderer 
sein könne als bei Hypophysin und Thyreoglandol, in dem er einzig in der 
maximalen Erschlaffung liege. 

Untersuchung der Wechselwirkungen der drei Sekrete 
in bezug auf die Blase. 

a) Hypophysin-Adrenalin (hemmende Dosis): Enthemmung. 

b) Hypophysin-Adrenalin (kontrahierende Dosis): gegenseitige Förderung. 

Es läßt sich in der Nähe der „Umkehrdosis -4 direkt konstatieren, wie 

eine sonst noch hemmende Adrenalindosis durch Hypophysin zu einem 
kontrahierenden Effekt veranlaßt wird. Es ist dadurch bewiesen, daß die 
Umkehr einer inneren Sekretwirkung durch ein anderes inneres Sekret 
wirklich möglich ist. 

c) Thyreoglandol-Adrenalin (hemmende Dosis): keine veränderte Wirkung. 

d) Thyreoglandol-Adrenalin (erregende Dosis): keine veränderte Wirkung. 

e) Thyreoglandol-Hypophysin: sehr starke gegenseitige Förderung. 

Ausdrücklich wird betont, daß alle diese Beziehungen nur für die Blase, 

vielleicht sogar nur für die Kaninchenblase gelten. Es wird ganz besonders 
hervorgehoben, daß von Gewebe zu Gewebe, von Organ zu Organ diese 
Beziehungen sich ändern können, daß zwei Sekrete durchaus nicht in allen 
Fällen eine stereotype Wechselwirkung aufzuwoisen brauchen. Serum wirkt 
schon in kleinen Dosen energisch kontrahierend auf die Blase. Als wirk¬ 
sames Agens wird eine subminimale Adrenalindosis vermutet. 

U ntersuchung zur Feststellung des Angriffspunktes der 
zu prüfeuden Sekrete. 

a) Mit Bariumchlorid. Dieses Muskelgift bewirkt im Kochsalz starke 
Kontraktion. Die betreffenden Sekrete, die im Kochsalz völlig wirkungslos 
bleiben, können also ihren Angriffspunkt nicht am Muskel selbst haben. 

b) Mit Atropin. Dieses denerviert das Präparat. Dennoch wirken 
die drei Sekrete nahezu unverändert weiter. Sie können daher ihren 
Angriffspunkt auch nicht an der Nervenfaser haben. Diese beiden Ergeb¬ 
nisse erhärten die Anschauung, daß die drei beschriebenen inueren Sekrete 
ihren Effekt durch Vermittlung der neuro-plasmatiscben Zwiscbensubstanz 
ausüben. 

Versuche mit Ergotoxin, ausgehend von der Da loschen Be¬ 
hauptung, daß dieses Alkaloid sympathisch fördernde Endapparate lähme, 
nicht aber sympathisch hemmende. 

Befund: Adrenalinerregung aufgehoben; Adrenalinhemmung unver¬ 
ändert. Ferner aber: Pilokarpin Wirkung (Nervengift für die autonome Faser!) 
bedeutend herabgesetzt. Unter Beziehung Pearcescher Befunde Aufstellung 
eines erweiterten Dal eschen Satzes: Ergotoxin hemmt den der Erregung 
zugrunde liegenden Mechanismus ganz allgemein, nicht bloß den sympathischen 
„Endapparat“ fördernder Natur. Anschließend wird genau dasselbe aus¬ 
gesagt für den Mangel an Ca-Ionen. 

Theoretische Diskussion dieser Ergebnisse und derjenigen anderer 
Forscher von einem einheitlichen Standpunkt aus; nämlich von derAsher- 
schen Hypothese, daß es sich um zwei verschiedene Mechanismen oder 


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Substanzen handelt, denen Erregung und Hemmung zuzuschreiben ist. 
Lokalisation dieser beiden Mechanismen in die neuro-plasmatiscbe Zwischen¬ 
substanz. Berücksichtigung der Tatsache, daß bei sinkendem Tonus eine 
hemmende Dosis relativ immer schwächer wirkt. Es werden verschiedene 
Vermutungen aufgestellt, die sich aus den angeführten Ergebnissen herleiten. 
So z. B., daß auch für andere innere Sekrete sich ähnliche Phänomene 
nachweisen lassen wie für das Adrenalin. Hinweis darauf, daß die Wirkungs¬ 
weise innerer Sekrete, namentlich ihrer Kombinationen, eine ganz außer¬ 
ordentlich viel kompliziertere ist, als meist angenommen wird, und daß diese 
Erkenntnis sich um so mehr vertiefen wird, je- mehr man durch Variation 
der Zustände an dem peripheren Angriffspunkt die natürlichen Bedingungen, 
unter denen diesfe Sekrete ihren gewaltigen Eiufluß auf deu Gesamtorganismus 
ausühen, erkennt. 

Scaglione (146) untersuchte die Drüsen mit innerer Sekretion bei 
Meerschweinchen, welche ein bis mehrere Stunden mit Chloroform narkotisiert 
waren. Nach dem Ergebnis erfahren alle genannten Drüsen während der 
Chloroformnarkose mehr oder weniger bedeutende Veränderungen. In der 
Marksubstanz der Nebenniere wird die chromaffine Reaktion in den ersten 
Stunden der Narkose immer schwächer und hört schließlich bei lang¬ 
dauernder Narkose fast ganz auf. Bei den anderen Drüsen tritt in deu 
ersten Stunden der Narkose entweder eine Vermehrung der lipoiden Stoffe 
allein auf (Nebenschilddrüsen) oder gleichzeitig eine Vermehrung der lipoiden 
Stoffe und der Sekretionskörnchen. Bei den länger dauernden Narkosen 
tritt entweder eine Verminderung der lipoiden Stoffe allein auf (Nebenschild¬ 
drüsen) oder Verminderung der lipoiden Stoffe und der Sekretionskörnchen 
("Hypophyse, Schilddrüse) oder aber endlich Verminderung der lipoiden 
Stoffe und der Sekretionskörnchen mit Vermehrung der gewöhnlichen Fett¬ 
stoffe (Rindensubstanz der Nebenniere). Die weiteren Ausführungen des 
Verfassers beziehen sich auf diesbezügliche Theorien, die von Del bet 
(Revue de Chirurg. 1912), Wiesel (Wien. klin.Woch. 1908) und Ciaccio 
(Anatom. Anzeiger Bd. 23 und 28) aufgestellt sind. 

Dutoit (47) bespricht im allgemeinen Rahmen eines Vortrages die 
thyreoidale hypophysäre, epiphysäre und epirenale Fettsucht. 

Bei der Impotenz spielt nach Ansicht von Berg (19) in vielen Fällen 
der Ausfall von Genital-Hormonen oder Entartung derselben eine große 
Rolle. Da nun diese Entartung in den Genitaldrüsen andere Drüsen mit 
innerer Sekretion, die alle in Wechselbeziehung zueinander stehen, beeinflußt, 
so entsteht klinisch jenes bunte Bild, welches die sexuelle Neurasthenie 
charakterisiert. Ihre Bekämpfung erscheint nur durch gleichzeitigen Angriff 
derselben mit verschiedenen Hormonen aussichtsreich, deren pathologische 
Veränderung die Krankheitserscheinungen ausgelöst hat, wobei das richtige 
Mischungsverhältnis empirisch zu eruieren ist. Mit einem derartig zusammen- 
gesetzen Mittel hat Verfasser die Phosphaturie, das ganze Gebiet der sexuellen 
Neurasthenie, die funktionelle Impotenz zu beeinflussen versucht und berichtet 
über die Erfolge, welche er damit erzielt hat. 

Das Hypophysin stellt wie das Adrenalin eine sympathikotonische 
Substanz dar. Sie erhöhen den Blutdruck durch Kontraktion der Gefäße. 
Die Wirkung des Hypophysins ist aber nach Erfahrung von Oswald (133) 
schwächer als die des Adrenalin, hält aber dafür um so länger an. Gleich 
dem Adrenalin erregt das Hypophysin auch die herzhemmenden Vagusfasern. 
Dadurch treten verlangsamte uod vergrößerte Pulse auf. Bemerkenswert 
ist, daß Hypophysin nur bei erstmaliger Injektion wirkt. Es lähmt somit 
das Hypophysin die Apparate, auf die es wirkt. Das Hypophysin verstärkt 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


aber die Adrenaliowirkang ganz bedeutend. Eine weitere Eigenschaft des 
Hypophysins ist, die durch Ergotozin bewirkte Lähmung der Gefaßkonstrik- 
toreu aufzuheben. Wie aus Versuchen von 0. hervorgeht, wird durch 
Schilddrüsensekret der Nervenapparat des Zirkulationssystems gegen äußere 
(elektrische, pharmakodynamische) Reize empfindlicher gemacht, so daß seine 
•Ansprechbarkeit steigt. Es stellt also das Jodthyreoglobulin eine den Tonus 
des Nervensystems in exquisiterWeise erhöhende Substanz dar (s. Oswald, 
p. 77). Wässeriger Thymusextrakt, intravenös beigebracht, setzt den Blut¬ 
druck rapid und stark herab. Dies geschieht durch Vasodilatation. Die 
depressorisch wirkende Substanz ist wahrscheinlich das Cholin. 


Hypophyse. 

Der hintere Lappen der Glandula pituitaria ist nach Untersuchungen 
von Fenger (52), im Verhältnis zum Gewicht der ganzen Drüse, beim 
Schwein zweimal so stark wie beim Rind. Die physiologische Wirksamkeit 
des hinteren Lappens ist praktisch dieselbe für Rind und Schwein. Eine 
jahreszeitliche verschiedenene Wirksamkeit und chemische Zusammensetzung 
des hinteren Lappens der Hypophysis existiert beim Rind nicht. Ungefähr 
10 Prozent der Rinderdrüsen enthält Kolloidmassen zwischen vorderem und 
hinterem Lappen. Dies Material ist unlöslich in angesäuertem Wasser und 
übt keine merkliche Kontraktionswirkung auf den Uterus aus. 

Die Beobachtungen von Gschwind (66) über die Graviditätsverände- 
ruugen der Hypophysis decken sich fast vollkommen mit denen Erd heims 
und Stumme8 (Beitr. z. allg. Path. u. pathol. Anat, Bd. 46, 1906). Eine 
geringe Differenz fand sich bei Hypophysen nichtschwangerer Individuen 
hinsichtlich der basophilen Zellen. Diese Zellelemente nahmen in etwa */s 
der untersuchten Fälle den zweiten Platz ein, in den übrigen Fällen standeu 
sie an dritter Stelle. 

Nach Untersuchungen von Robertson und Barnett (141) nimmt bei 
Anwendung von Emulsionen aus dem vorderen Lappen der Glandula pituitaria 
vom Ochsen das Wachstum des Tumors bei mit Karzinom inokulierten 
Ratten erheblich zu. Das Wachstum kleinerer Tumoren vollzieht sich relativ 
schneller als das größerer. Diese Schnelligkeit im Wachstum kann man 
indes nur bis zu einem gewissen Stadium beobachten, etwa bis zum 20. Tage 
nach der Inokulation. Der Gebrauch der Emulsionen vermehrt nicht die Ten¬ 
denz zur Metastase. Leberemulsionon haben bei Ratten diese Wirkung nicht. 

Sowohl eine Reihe von Symptomen, verbunden mit einer Verzögerung 
des Stoffumsatzes wie mit einer Untätigkeit der Drüsen begleitet diejenigen 
Zustände, die aus der experimentell entfernten Hypophysis resultieren; 
es sind auch diese Zustände charakteristisch für die klinischen Phänomene 
des Hypopituitarismus. Das Bemerkenswerte der sich geltend machenden 
Symptome besteht in chronischen Fällen in einer Tendenz zn ungewöhnlicher 
Fettablagerung, zur Herabsetzung der Körpertemperatur, zur Verlangsamung 
des Pulses und der Atmung, der Herabsetzung des Blutdruckes und oft 
auch zur Erscheiuung einer stark ausgeprägten Somnolenz. Diese Symptome 
haben, wie Cushing und Goetsch (43) folgern, eine merkliche Ähnlichkeit mit 
denjenigen Erscheinungen, welche den natürlichen Winterschlaf begleiten. 
Daß diese Erscheinungen bei den Tieren nur durch Nahrungsmangel oder 
niedrige Temperatur erzeugt sein sollen, wäre eine nicht befriedigende Er¬ 
klärung. An einer Reihe von winterschlafenden Tieren fanden die Autoren 
während der Schlafperiode histologische Veränderungen in den Drüsen ohne 
Ausführungsgang. Die größten dieser Veränderungen treten in der Glandula 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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pituitaria auf, wie es schon Gemelli beobachtet hat. Die Drüse wird nicht 
nur kleiner, sondern die Zellen der Pars anterior verlieren auch ihre charak¬ 
teristische Farbreaktion gegenüber sauren und basischen Farbstoffen. Am 
Ende der Schlafperiode schwellen die Drüsen, und wenn die Zellen größer 
werden, dann erlangen sie wieder ihre Färbbarkeit; zu gleicher Zeit treten 
auch karyokinetische Figuren auf. Die Autoren fassen den Winterschlaf 
als eine Erscheinung auf, die durch eine physiologische Periode pluriglan¬ 
dulärer Untätigkeit erzeugt wird. Hierbei scheint die Hypophysis die Haupt¬ 
rolle zu spielen. 

Die von Kepinow entdeckte merkwürdige Eigenschaft der Hypophysen¬ 
extrakte, die Wirkung des Adrenalins erheblich zu steigern, wurde von ihm 
so gedeutet, daß die Angriffspunkte des Adrenalins durch die Hypophysensub¬ 
stanzen sensibilisiert werden. Infolge einer Zunahme der Erregbarkeit der 
sympathisch innervierten Organe durch die in der Hypophyse enthaltenen 
Substanzen sollen die von Kepinow beschriebenen Phänomene zustande 
kommen. Börner (24) kommt auf Grund ihrer Versuche zu folgendem Er¬ 
gebnis: Die Erklärung der von Kepinow beschriebenen Steigerung der 
Adrenalinwirksamkeit am Kaninchenblutdruck durch Hypophysenextrakt 
ist ohne die Annahme einer Sensibilisierung der Adrenalinangriffspunkte 
am Gefäßsystem durch Hypophysenextrakt möglich. Die Hypophysen¬ 
extrakte sind, wie sich aus mehrseitigen und auch aus Versuchen von 
Börner ergibt., für Kaninchen ein intensives Herzgift; schon geringe 
Mengen verringern nach der intravenösen Injektion das Schlagvolumen des 
Herzens infolge Abnahme der systolischen Zusammenziehungen stark. Da 
gleichzeitig in der Regel die Schlagfrequenz vermindert wird, sinkt das 
Minutenschlagvolumen bis auf die Hälfte oder ein Drittel ab. Diese Störung 
des Kreislaufes bewirkt, daß das in einer bestimmten Zeit in den Blutkreis¬ 
lauf injizierte Adrenalin von einem (bis zwei- bis dreimal) kleineren Blut¬ 
quantum aufgenommen wird als bei normalen Kreislaufverhältnissen. Die 
Adrenalinkonzentration im Blut ist vergrößert, so daß der blutdruckstei¬ 
gernde Effekt entsprechend erhöht sein muß, einmal der Druckhöhe nach, 
dann aber auch hinsichtlich der Dauer der Steigerung, da das konzentrierte 
Adrenalin mit verminderter Geschwindigkeit durch die Blutgefäße getrieben 
wird. Die Zunahme der Adrenalinkonzentration konnte bei Messungen der 
im Karotisblut nach Injektionen von Adrenalin auftretenden Adrenälinmengen 
unmittelbar uachgewiesen werden. Für diese mechanische Deutung des 
Kepinowschen Phänomens sprechen folgende Tatsachen. Die Sensibili¬ 
sierung erreicht die gleichen Maximalwerte, wie sie in umgekehrter Propor¬ 
tion für die Blutumlaufzeit gelten. Sowohl die Steigerung der Adrenalin¬ 
wirkung, wie die Herzstörung geht spontan nach x / 4 — 1 / 2 Stunde vorüber, 
und sie ist bei einer Reinjektion viel schwächer. Schließlich wird die Wirk¬ 
samkeitssteigerung für Adrenalin auch bei einigen anderen Kreislaufgiften 
beobachtet, und sie fehlt am Katzenblutdruck, da das Katzenherz durch 
Hypophysensubdtanzen nicht gelähmt wird. So wie es sich für das Zu¬ 
sammenwirken von Hypophysensubstanzen und Adrenalin auf den Kanin¬ 
chenblutdruck zeigen ließ, daß der vermeintliche potenzierte Synergismus 
der Substanzen tatsächlich nicht durch (physikalisch-) chemische Prozesse am 
Zellelement verursacht wird, sondern durch einen mechanischen, das Heran¬ 
treten der Substanz an die reagierenden Zellelemente berührenden Faktor, 
dürfte sich noch künftig ein kausaler Zusammenhang zwischen potenziertem 
Synergismus und Änderung der Giftverteilung experimentell begründen lassen. 

Aus den Untersuchungen von Boehncke und Koch (22) ergibt sich, 
daß es bisher nicht möglich gewesen ist, mit anderen Giften (Tetanus- und 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


Dysenterietoxin, Meningokokkenextrakt, Rizin und Abrin) an der Hypophysis 
cerebri des Meerschweinchens Veränderungen hervorzurufen, die den nach 
Vergiftung mit Diphtherietoxin entstandenen entsprechen. Die Pars inter- 
media der Meerschweinchenhypophyse scheint sich durch eine besondere 
Empfindlichkeit für Diphtherietoxin auszuzeichnen. Schädigungen der Hypo¬ 
physe treteu auch nach Verabreichung von anderen Giften auf. Die indi¬ 
viduelle Verschiedenheit im Verhältnis zu einem bestimmten Gift ist sehr 
groß. Die Pars intermedia ist nicht allgemein der giftempfindlichste Teil 
des Organs. Es kamen Vorderlappenschädigungen zur Beobachtung, die 
anders und stärker waren, als die bei Diphtherietieren beobachteten. Die 
Tetanushypophysen weisen konstant Hyperämie des ganzen Organs auf. In 
ausgeprägten Fällen gelingt es, am Material aus der Art der Schädigung 
zu erkennen, ob die Hypophyse normal ist, ob sie von einem diphtherie¬ 
vergifteten, von einem tetanusvergifteten oder einem rizinvergifteten Tier 
stammt. 

Clark (32) fütterte Hennen mit Hypophysenextrakt (vorderem Lappen) 
und konnte dadurch bei ihnen, wenn die Eiproduktion im Abnehmen be¬ 
griffen war, eine Steigerung der Produktion erzielen. Die Substanz trat am 
vierten Tage nach der ersten Aufnahme in Wirkung und dauerte mehrere 
Tage nach der letzten Einnahme an. Die Brutfähigkeit der so behandelten 
Hennen war erhöht. 


Zirbeldrüse. 

In der ersten Abhandlung gibt McCord (114) eine Übersicht über 
die Arbeiten, welche sich mit der Wirkungsweise der Glandula pinealis auf 
Wachstum, Sexualentwicklung, auf geistige Entwicklung, auf das Blutgefä߬ 
system beschäftigen. Er selbst hat solche Versuche mit Fütteruugeu von 
Pinealsubstauz bei Meerschweinchen und Hunden ausgeführt und veröffent¬ 
licht (Journ. of the Americ. Med. Assoc. Vol. LXI1I, p. 232). 

In der zweiten Arbeit berichtet McCord (112, 113) über Fütterungs¬ 
versuche resp. Injektionsversuche vou Piuealsubstanz bei jungen Tieren. 
Diese Fütterungen bewirkten ein rascheres Wachstum des Tieres und eine 
frühere Reifung der Sexualorgane. Wenn aber die Maximalgröße bei den 
Tieren erreicht war, hatte die Pinealfütterung keinen Effekt mehr. 

Dandy (44) hat mit Hilfe einer neuen Operationsmethode, die er be¬ 
schreibt, jungen (10 Tage bis 3 Wochen alten) Hunden die Glandula pinealis 
exstirpiert. Ein Hund überlebte die Operation 15 Monate, einer ein Jahr, 
und viele andere 3—8 Monate. Der Autor konnte an den operierten Tieren 
im Vergleich mit nichtoperierten Kontrolltieren keine sexuelle Frühreife 
oder sexuellen Stillstand, keine Fettsucht oder Magerkeit, keine körperliche 
oder geistige Frühreife oder das Gegenteil davon beobachten. Die Experi¬ 
mente bieten keine Stütze für die Annahme, daß die Glandula pinealis eine 
wichtige aktive endokrine Funktiou besitzt weder bei jungen noch bei er¬ 
wachsenen Hunden. Die Zirbeldrüse hat wahrscheinlich keine wesentliche 
Bedeutung für den Lebensprozeß und für das Wohlbefinden. Auch eine 
Veränderung in den anderen Drüsen mit innerer Sekretion wurde bei den 
der Glandula pinealis beraubten Tieren nicht wahrgenommen. 


Schilddrüse and Nebenschilddrüse. 

Mansfeld (104) konnte nachweisen, daß die Erstickung auch am 
schilddrüsenlosen Hund, im Gegensatz zum normalen, keine Spur einer 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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gesteigerten Eiweißzersetzung zur Folge hat. Auch bei schilddrüsenlosen 
Hunden erfolgte genau wie bei Kaninchen nach Blausäureeingabe eine ver¬ 
minderte N-Ausscbeidung. Schließlich konnte M. nachweisen, daß auch am 
Hund bei entsprechendem Versuche der Hungertod eintritt, ohne daß der 
Eiweißbestand vorher in erhöhtem Maße angegriffen wurde, falls das Tier 
seiner Schilddrüse beraubt ist, während bei normalen Tieren in den letzten 
zwei Tagen die mächtige prämortale Eiweißzersetzung erfolgt. 

Die jodhaltige Substanz der Schilddrüse, führt Oswald (130) aus, ist 
■das Jodthyreoglobulin, das Schilddrüsenkolloid des Anatomen. Das Fehlen 
von Jodthyreoglobulin ist die Ursache von Myxödem und Kretinismus. 
Nicht ein irgendwie gebundenes Jod ist bei diesen Krankheiten Träger der 
Heilung, sondern die Verbindung des Jod mit einem spezifischen Eiwei߬ 
körper. Jod allein oder Jod an einen organischen oder Eiweißkörper ge¬ 
bunden, ist nach dieser Richtung ganz unwirksam. Ebenso läßt sich mit 
.Jod allein beim Gesunden kein Basedow erzeugen. Damit er entsteht, 
muß die Schilddrüse resorptionsfähiges Sekret im Überschuß enthalten und 
auf die resorbierende Wirkung des Jods hin an die Körpersäfte abgeben, 
uud ferner muß der Organismus für das Sekret besonders empfindlich sein. 
Diese Abgabe des resorptionslähigen Sekrets kann auch ohne Jod geschehen, 
z. B. bei Verkleinerung der Drüse. Indessen nur Individuen mit einem 
leicht ansprechenden Nervensystem reagieren auf Überflutung durch Schild¬ 
drüsensekret mit den klinischen Symptomen des Hyperthyreoidismus uud 
Basedow, ganz gleich, auf welche Weise die Überflutung zustande kommt. 
Das Jodthyreoglobulin ist eine exquisit Nerventonus erhöhende Substanz, 
es erhöht die Ausprechbarkeit des vegetativen wie des animalen Nerven¬ 
systems. Es erhöht ebenso die Erregbarkeit im Bereiche des Zentralnerven¬ 
systems, uud es steigert den Eiweiß- und Fettzerfall. Durch diese Er¬ 
scheinungen, welche das Jodthyreoglobulin hervorruft, werden die klinischen 
Symptome erklärt, sowohl wenn es im Überschüsse vorhanden ist (Basedow) 
als auch wenn es in zu geringer Menge an die Blutbabn abgegeben wird 
(Myxödem). Es sei also unrichtig, einen sog. „Dysthyreoidismus“ als 
Basedowursache im Chemismus der Drüse anzunehmen. Die Mehrauslaugung 
des vorhandenen Sekretes genügt zur Hervorrufuug des Syndroms. Wenn 
die einen darauf reagieren, die andern nicht, so liegt das nicht in einer be¬ 
sonderen Beschaffenheit der Drüse, sondern in extrathyreoidaleu Momenten. 

Nach Versuchen von Oswald (131) an Kaninchen, Hunden uud Katzen 
übt das eigentliche genuine Sekret der Schilddrüse, das Jodthyreoglobulin, 
beim nicht mit anderen den Blutdruck beeinflussenden Substanzen vor- 
behandelteu Tiere keine Blutdruckverrainderuug und auch keine Blutdruck¬ 
steigerung aus. Dagegen übt es eine ausgesprochene Wirkung auf die das 
Herz und die Gefaßbahnen versorgenden Nerven aus. Der N. vagus und 
sein Ast, der Depressor, werden durch dasselbe ansprechbarer gemacht, 
ebenso die Endigungen parasympathischer und sympathischer Fasern für 
äußere Reize. Das Jodthyreoglobulin stellt eine den Nerventonus erhöhende 
Substauz dar. 

Durch eine alkalisch alkoholische Hydrolyse gelang es Kendall (91), 
die Proteine der Thyreoidea in einfachere Bestandteile zu zerlegen. Er 
teilt sie in zwei Gruppen. Gruppe A umfaßt die sauren unlöslichen Be¬ 
standteile, Gruppe B die sauren löslichen. Aus der Gruppe A wurde ein 
reiner kristallinischer Körper, der 60% Jod enthält, isoliert. Es scheint 
Di-jodo-di-hydroxyl-indol zu sein. Die Gruppe B enthält Jod in ziemlich 
unbekannter Zusammensetzung. Es ist eine Mischung von niedrigerem 
Molekulargewicht, welche Aminosäureverbinduugen enthält. Durch Anwen- 


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Physiologie des Stoffwechsels, 


düng von Gruppe A bei Hund und Mensch entsteht eine rapide Puls¬ 
beschleunigung und Kräftigung des Pulses, außerdem eine Erhöhung des 
Stoffwechsels und .der Reizbarkeit des Nervensystems. Wenn man aus der 
Gruppe A im Übermaß einverleibt, so zeigen sich Intoxikationserschei¬ 
nungen; es geschieht das schon auf verhältnismäßig kleine Dosen bin. Die 
Jodkomponente spielt beim Morbus Basedowii eine bedeutsame Rolle. Die 
Bestandteile der Gruppe B erzeugen keine toxischen Symptome, üben aber 
eine physiologische Wirkung bei Kretinismus, Myxödem und manchen flaut- 
kraukbeiteu aus. 

Hunter und Simpson (82) untersuchten die Schilddrüsentrockensubstanz, 
von Schafen, welche auf den Orkneyinseln wild leben und dort viel von 
Algen sich nähren. Der Jodgehalt dieser Schilddrüsen war im Mittel 0,7 %, 
während derjenige von Schafen, die gewöhnliche Pflanzenkost haben, erheb¬ 
lich niedriger ist. Daraus ergibt sich, daß die jodhaltigere Nahrung von 
großem Einfluß auf den Jodgehalt der Schilddrüse ist. 

Blum (21) schließt aus ihren Versuchen, daß die Entfernung der 
Schilddrüse keinerlei Einfluß auf die Angreifbarkeit des Leberglykogens aus¬ 
übt. Sowohl durch Strychninkrämpfe, als auch durch Vergiftung mit Phos¬ 
phor schwindet das Glykogen aus der Leber ebenso prompt am schild¬ 
drüsenlosen Tier als am normalen. Auch diese Versuche bieten also kein» 
Stütze für die Annahme, daß jene Unwirksamkeit des O s -Mangels, des 
Hungers, der chlorierten Narkotika und endlich der Infektion auf den Ei¬ 
weißstoffwechsel, welche Mansfeld und seine Mitarbeiter an schilddrüsen¬ 
losen Tieren nachgewiesen haben, die Folge einer schützenden Wirkung der 
Kohlehydrate wäre. 

Lewis und Kraufi (97) konnten bei infizierten Kaninchen im tuber¬ 
kulösen Gewebe Jod mit einer exakten Methode nachweisen. Woher das 
Jod stammt, können die Autoren nicht sagen. Die Tiere haben Jod nicht 
erhalten. Ob aus der Thyreoidea das Jod stammt, ist sehr zweifelhaft, da 
man bei vielen Kaninchen in der Thyreoidea kein Jod findet. 

Mori (120) erzeugte bei Hunden durch Injektion von Paraffin und 
1% Chlorkalziumlösung in die Schilddrüse eine parenchymatöse und inter¬ 
stitielle Thyreoiditis. Die folgende Erwärmung der Drüse und Jodkali- 
verabreichuug veränderten die Thyreoiditis nicht. Die experimentell er¬ 
zeugte Thyreoiditis kann ebenso wie die infektiöse Thyreoiditis bejm 
Menschen thyreotoxische Symptome hervorrufen. Die thyreotoxischen Sym¬ 
ptome sind eine Folge der Hyperresorption eines qualitativ und quantitativ 
veränderten Bläscheninhaltes. Der einfache Druck der Bläschen — ohne 
entzündliche Erscheinungen — kann thyreotoxische Symptome nicht erzeugen. 

Aus den Fütterungsversuchen mit Jod, die Marine (106) an Hunden 
anstellte, geht hervor, daß das Thyreoideagewebe ganz außerordentlich jod¬ 
aufnahmefähig ist. Wenn man berücksichtigt, daß die Drüse von deu per os 
gegebenen Dosen ziemlich 18,6 °/ 0 behält, wicw'ohl das Verhältnis der Drüse 
zum ganzen Körpergewicht nur 1:687 beträgt, so steht sie in ihrer An¬ 
ziehungsfähigkeit in bezug auf anorganische Substanzen unter den Körper¬ 
organen einzig da. Aus den Versuchen geht weiter hervor, daß durch die 
geringsten Jodsteigerungen die höchsten Schilddrüsenwirkungen verursacht 
werden. Die Höhe der absorbierten Dosis hängt ab von der Größe und 
dem bestehenden Hyperplasiegrade und dem Sättigungsgrade mit Jod zur 
Zeit der Darreichung. 

Staemmler (152) konnte drei Fälle von sog. Struma vasculosa, einen 
von Struma parenchymatosa und einen von Struma colloides untersuchen. 
In zwei anderen fand sich in der anscheinend normal großen Schilddrüse 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


79 


eine sehr starke Hyperämie, in einem letzten ausgesprochene Kolloidbildung 
ohne Vergrößerung. Die Fälle betrafen alles neugeborene Kinder. Zunächst 
beschreibt der Autor den Zustand der Drüsen mit innerer Sekretion bei 
normalen Neugeborenen, um dann die Veränderungen zu schildern, die bei 
den angeführten Fällen die Schilddrüse und die anderen Drüsen zeigten. 
Neben den Veränderungen der Schilddrüse fand sich eine unvollständige 
Entwicklung von Hypophysis und Pankreas, und zwar waren diese Organe in 
zwei Fällen beide betroffen, während in einem nur Hemmung der Hypophysis, 
in einem anderen nur Hemmung des Pankreas bestand. Bei dem regel¬ 
mäßigen Zusammentreffen dieser Veränderungen muß ein kausaler Zusammen¬ 
hang angenommen werden. Da nun die Schilddrüsenerkrankung als eine 
in utero erworbene Veränderung aufgefaßt werden muß, so ist es wohl am 
wahrscheinlichsten, daß sie durch die Störung der anderen Organe bedingt 
ist. Damit denkt sich der Autor den ganzen Prozeß etwa folgendermaßen: 
Das Pankreas und die Hypophyse werden in ihrer normalen Umbildung am 
Ende der fötalen Entwicklung gehemmt. Ihre Funktion ist infolgedessen 
quantitativ oder qualitativ unzureichend. Diese Hypofunktiou führt nun zu 
einer erhöhten Tätigkeit der Schilddrüse und dadurch zu einer Hyperämie 
derselben. Im Falle VI der vom Autor untersuchten Föten boten die 
endokrinen Organe völlig normale Befunde, speziell sind keine Zeichen ge¬ 
steigerter Tätigkeit nachweisbar. Er nimmt für diesen Fall deshalb an, daß 
die Schädigung der Schilddrüse völlig durch die gleichzeitige Hyperplasie 
des Drüsengewebes ausgeglichen wurde und somit normale Funktionsverhält¬ 
nisse bestanden. Bei der Struma congenita treten demnach Veränderungen 
in den anderen Organen mit innerer Sekretion auf, die verschieden sind, je 
nachdem es sich um eine Überfunktion oder eine Ünterfunktion der Schild¬ 
drüse handelt. Gesteigerte Tätigkeit der Thyreoidea findet man kombiniert 
mit Hypofunktion von Hypophyse und Pankreas und umgekehrt, Unter¬ 
funktion der Schilddrüse mit gesteigerter Tätigkeit derselben Organe, außer¬ 
dem mit Unterfunktion des Thymus. Die Experimente wie die Erfahrungen 
beim Menschen deuten auf einen Antagonismus zwischen Thyreoidea und 
Pankreas hin. 

Klinger und Montigel (92) untersuchten die Gemeinden Andermatt, 
Bealp und Hospental auf die Ausbreitung des Kropfes unter der Einwohner¬ 
schaft. Hauptsächlich wurden Schulkinder untersucht und danach Rück¬ 
schlüsse auf die übrigen Bewohner gemacht In Andermatt wurden unter 
den Kindern 20 % deutlich positive Fälle gefunden, in Realp unter den 
Einwohnern 28 %, in Hospental 20.3 %. Die Kropffälle fanden sich zum 
größten Teil im Mittelpunkte des Dorfes in einigen wenigen der sehr alten, 
noch aus Holz hergestellten Häuser. Diese älteren Häuser sind hygienisch 
sehr ungünstig gestaltet. In einem Hause waren zehn Kropffälle in drei 
verschiedenen unter sich nicht verwandten Familien. Die wenigen begüterten 
Familien waren im ganzen kropffrei. Die Tatsache, daß Kropf in gewissen 
Familien gehäuft vorkommt, hat sich auch in Hospental bestätigt. Die Er¬ 
krankung ist aber nach Ansicht der Autoren nicht rein hereditär bedingt. 
Ein ursächlicher Zusammenhang von Wasserbeschaffenheit und Gebirgs- 
charakter mit dem Kropf war nicht feststellbar. 

Der Kropf ist keine Krankheit, sondern er stellt nach Ansicht von 
Hunziker-Schild (83) eine physiologische Anpassung dar. Der Körper 
braucht für seine Funktionen eine konstante Zufuhr von Jodthyreoglobulin 
(Thyrjod). Die Thyreoidea ist die Werkstätte dieses chemischen Körpers. 
Die Thyreoidea braucht als Baustein für ihr Sekret das Jod; sie bezieht 
es aus dem Blut. Das Blut seinerseits kann das Jod nur aus der Außen- 


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Physiologie des Stoffwechsels.. 


weit dort aufuehmen, wo es mit ihr iu Beziehungen tritt, also in Darm und 
Lunge. Das Gebirge ist in jeder Hinsicht, Atmosphäre, Wasser, Nahrung 
usw., jodärmer als die Ebene. Wenn nun soviel Jod ira Blut kreist, daß 
die Thyreoidea daraus fortwährend eine optimale Menge Thyrjod herstellen 
kann, die sie dem Körper abgibt, so besteht Jodgleichgewicht. Ist das Jod¬ 
defizit nur gering oder vorübergehend, so kann durch Erhöhung des Blut¬ 
drucks oder durch Dilatation der Gefäße oder durch Verminderung der Vis¬ 
kosität des Blutes, oder durch Zusammenwirken aller drei Faktoren den jod¬ 
absorbierenden Drüsenzellen in der Zeiteinheit mehr Jod zugeführt werden. 
Das gleiche wird bei Jodgleichgewicht eiutreten, sobald der Tierkörper 
aus irgendeinem Grunde momentan größeren Bedarf an Thyrjod hat. Bei 
chronisch zu geringem Jodgehalt des Blutes kanu nun eine Thyreoidea 
dennoch die Lieferung genügender Mengen Thyrjods sicherstellen, indem sie 
ihre Zellen vermehrt. Die Drüse wird demgemäß wachsen. Hand in Hand 
mit der Vermehruug der zeitigen Elemente geht eine zweckdienliche Ver¬ 
mehrung der Blutgefäße und eine mechanisch unvermeidliche Vermehrung 
vou Bindegewebe. Die Drüse wird so lauge wachsen, bis das Jodgleich¬ 
gewicht hergestellt ist. Die Größe der Thyreoidea ist beim Wirbeltier 
gleichsam der Index des Jodgohaltes seines Blutes. Auch die Tiere haben 
in jodarmen Gegenden eine voluminösere Schilddrüse, indes nicht in dem 
Maße wie der Mensch, da das Tier durch fortdauernden Aufenthalt in der 
Luft, durch Trinken aller möglichen Wasserarten, durch Verzehren der un- 
ausgelaugten Pflanzen dem Jodmangel nicht so verfällt wie der Mensch. 
Wenn man Individuen mit pareuchymatüser Struma mit Jod behandelt, so 
geht der Kropf an Volumen wesentlich zurück. In der Therapie kann es 
sich da nur um ganze kleiue Dosen handeln. Dem Verf. hat sich in jahre¬ 
langem empirischen Gebrauch als unschädlich und wirksam erwiesen die 
Verabfolgung von täglich , / 10 Milligramm Jodkalium in wässeriger Lösung. 
Eine ideale Restitutio ad integrum ist unmöglich wegen der biudegewebigen 
Wucherung in der Drüse. Man müsse daher einer kropfigen Bevölkerung 
gleichsam ab ovo Jod künstlich zuführen, um Kropfbildung zu verhüten. 
Die beste und einfachste Art ist die Mischung kleinster Dosen in das Koch¬ 
salz. Verf. fordert am Schluß zu entsprechenden Tierversuchen auf. 

Aus den zahlreichen experimentellen Untersuchungen, dieRomeis (142) 
über den Einfluß von Thyreoidea- und Thymusfütterung auf das Wachstum, 
die Entwicklung und die Regeneration von Anurenlarven angestellt hat, 
ergab sich folgendes: Die au den mit Thyreoidea gefütterten Tieren vor- 
geuoramenen Gewichtsuntersuchungeu ergaben übereinstimmend eine starke 
Abuahme des Körpergewichts. Anfangs kommt es hauptsächlich zu starkem 
Wasserverlust, später nimmt dagegen der Rückgang an organischer Substanz 
zu. Der während dor Metamorphose der Thyreoideakaulquappen zu beob¬ 
achtende Gewichtsverlust übertrifft den im Verlaufe einer normalen Meta¬ 
morphose stattfiudenden bedeutend. Viel weniger als die Thyreoidenkaul- 
quappen unterscheiden sich die Thymustiere in ihren Gewichtsverhältnissen 
von den mit Muskel gefütterten Kontrollieren. Werden die Tiere 
von sehr früh auf mit Thymus ernährt, so übertrifft ihr Körper¬ 
gewicht bald das der Muskelkontrolltiere. Kaulquappen, die man in 
dichtbepflanzten Aquarien bei Pflanzenkost hält, bleibeu in ihrem Körper¬ 
gewicht bedeutend hiuter muskelgefüttcrten Tieren zurück. Durch starke 
Thyreoideafütterung wird die Regeneration nach Resektion eines größeren 
Schwanzstückes sehr ungünstig beeinflußt. In keinem Falle wird die Größe 
des resezierten Stückes erreicht. Bei Thymusfütterung gelten die für 
Normaltiere aufgestellten Regeln, wie Einfluß der Art, des Alters, der Ent- 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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wicklung usw. In hohem Maße ist die Regeneration von dem Kräftezustand 
des Gesamtorganismus abhängig. Auffallend ist die antagonistische Wirkung, 
welche die Thymusfütterung auf Tbyreoideakaulquappen auszuüben vermag. 

Nach Versuchen von Neuschloß (127) bewirkt das Eisen am nicht 
anämischen (normalen) Tier eine mäßige Neubildung roter Blutkörperchen; 
diese Wirkuug des Eisens tritt aber nicht in Erscheinung, ja sie äußert sich 
sogar in einer hemmenden Wirkung, falls die Tätigkeit der Schilddrüse 
ausgeschaltet ist. Bei anämischen Tieren entfaltet aber das Eisen seine 
volle Wirkuug. Die Regeneration des Blutes nach Entfernung der Schild¬ 
drüse geht genau in dem Maße vonstatten wie am normalen Tier. Man 
muß daraus schließen, daß die Wirkung des Eisens auf die Blutbildung 
am anämischen Tier ganz und gar ohne Beteiligung der Schilddrüse zustande 
kommt. Das Eisen scheint am nichtanämischen Tier zu den Organen der 
Blutbildung in keine direkte Beziehung zu treten, sondern durch seine 
Wirkuug auf die Schilddrüse eine geriuge Zunahme der Blutkörperchen zu 
bewirken. Durch die Anämie aber scheinen die Stätten der Blutbildung 
erst für Eisen sensibilisiert zu werden. Was das Arsen betrifft, so zeigte 
das normale Tier auf subkutane Injektion von Arsen eine mäßige Steigerung 
der Blutbildung, am schilddrüsenlosen Tier war von dieser Wirkung nichts 
zu sehen. Beim auämischen Tier wird die Blutregeneration durch Arsen 
wesentlich beschleunigt, an scbilddrüsenlosen Tiereu bleibt aber das Arsen 
(im Gegensatz zum Eisen) ohne jede Wirkuug. Die Wirkung des Arsens 
auf die Blutbildung ist demnach vollkommen identisch mit jener des Höhen¬ 
klimas (s. Mansfeld S. 76). 

Nach Untersuchungen von Mackenzie (102) enthalten weder frischer 
Schilddrüsenextrakt noch Adrenalin, noch Phlorhizin irgendwelche Sub¬ 
stanzen, welche eine konstante Wirkung auf das Verhältnis der Blutglykolyse 
außeihalb des Körpers ausüben. Spuren eines Antiferments wurden nicht 
gefunden. 

Edberg (48) hatte Gelegenheit, zwei Familien von demselben Exo¬ 
stosengeschlecht zu untersuchen. Er richtete seine Aufmerksamkeit bei seiner 
Untersuchung in ebenso hohem Maße auf die exostosenfreien Mitglieder wie 
auf die Exostosen träger. Es stellte sich heraus, daß iu beiden Familien 
eine Anhäufung von thyreoidalen Veränderungen zu linden waren. 

Nach Exstirpation der Glandulae parathyrcoideae, welche Wilson, 
Stearns und Thurlow (168) ausführten, kann sich ein Zustand vou Alkalose 
des Blutes entwickeln, welcher durch Säureprodukte neutralisiert wird, die 
sich durch Muskeltätigkeit steigend bis zur Tetanie bilden. Es kann somit 
nach Perioden akuter Tetanie ein Zustand von Azidose des Blutes entstehen. 
Periodische Veränderungen in dem Säure- und Basegleichgewicht schienen 
die periodischen Tetanieattacken zu begleiten. Der Azidosezustand oder die 
Injektion von Säure scheint mit einer Besserung der Tetanie verknüpft zu 
sein. Kalziumsalze wirken in der gleichen Richtung wie die Injektion von 
Säuren. 

Wilson, Stearns und Janney (167) stellten nach Parathyreoidektomie 
bei Hunden eine plötzlich eintretende Verminderung in der Absonderung 
von Säuren und Stickstoffen und eine Abnahme in dem Stickstoffverhältnis 
und in der Massenstoffionenkonzentration des Urins fest. Mit der Ent¬ 
wicklung der Tetanie nimmt die Absonderung der Säuren und Stickstoffe 
zu. Diese Verhältnisse deuten darauf hin, daß ein Zustand von „Alkalosis“ 
nach Parathyreoidektomie entsteht, welcher aber durch die sich entwickelnde 
Tetanie neutralisiert wird. Nach akuter oder chronischer Tetanie kann ein 
Zustand von „Acidosis“ auftreten. 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 . 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


Thymus. 

v. Hippel (79) hat eine großfe Anzahl von Patienten mit Augeu- 
erkrankangen (Glaukom, Sehnervenleiden nsw.) serologisch nach der Abder- 
haldenschen Methode untersucht. Unter 65 untersuchten Fällen ergab sich 
positive Reaktion mit Schilddrüse oder Thymus zugleich mit entsprechendem 
positiven klinischen Befunde 33mal, positiver serolologischer Befund ohne 
entsprechenden klinischen Befund 9 mal und 23 mal negativer serologischer 
Befund. Von letzteren stimmten mit negativem Allgemeinbefund überein 13 Fälle, 
nicht überein 19 Fälle. Der Autor schließt daraus: Ein pathologischer 
klinischer Befund kann Vorkommen, ohne daß eine positive Reaktion mit 
dem betreffenden Organ vorhanden zu sein braucht. Ebenso kanu bei 
negativem klinischen Befund eine positive Serumreaktion beobachtet werden. 
Bedeutungsvoll ist aber, daß durch die Anwendung des Abderhalden sehen 
Dialysierverfahrens in gewissen Gruppen von Augenkrankheiten ein hierbei 
bisher völlig unbekannter krankhafter Allgemeinbefund erst entdeckt und in 
einer geradezu erstaunlichen Häufigkeit festgestellt wurde, und daß ferner 
in diesen Gruppen von Fällen eine überraschende Übereinstimmung des 
serologischen und klinischen Befundes nachgewiesen werden konnte. 

Flesch (56) exstirpierte bei jungen Ratten die Thymusdrüse und unter¬ 
suchte nach einigen "Wochen die Veränderungen in dem Thymus und in 
der Milz. Es ergab sich folgendes: 1. Thymektomierte junge Ratten gehen 
innerhalb von ca. 5—7 Wochen an thymopriven Ausfallserscheinungen zu- 
gruude. 2. Kloses zeitliche Einteilung des thymopriven körperlichen 
Verfalles (Latenzstadium, Stadium adipositatis, Stadium cachecticum) paßt 
auch auf die Ratte. 3. Der Thymus kann bei der Ratte nicht vollständige 
exstirpiert werden, trotzdem treten meist, falls die zurückgebliebenen Rest© 
nicht kompensatorisch eintreten, nach Thymektomie Ausfallserscheinungen 
auf. 4. Der zurückgebliebene Thymusrest degeneriert bisweilen, häufig 
regeneriert er sich: die Regenerationserscheinungen entsprechen den von 
Fulci beschriebenen (D. m. W. 1913 H. 37), scheinen aber nicht so 
hochgradig zu sein, wie bei höheren Tieren. In der Milz fanden 
sich: 1. Keine charakteristischen Gewichtsveränderungen, dagegen meist 
Veränderungen im histologischen Bilde. 2. Hypertrophie der Follikel. 
3. Vermehrung der Megakaryozyten. 4. Wucherung des myeloischen Gewebes. 
5. Bindegewebswucherung häufig mit terminaler sklerotischer Atrophie der 
Follikel. Die Milz kann den Tbymusausfall nicht ersetzen, ihre histologischen 
Veränderungen nach Thymusausschaltung erscheinen lediglich als Ausdruck 
der Teilnahme an der allgemeinen Reaktion des Körpers nach Thymektomie. 

Nebenniere. 

Tietze (158) stellt fest, daß in den Nebennieren bisher Katalasen 
und Peroxydasen, eine stark wirkende, Stärke und Glykogen spaltende 
Diastase, ferner Enzyme vom Typus des Pepsins und Trypsins nachgewiesen 
sind. Dagegen sollen glykolytisches Enzym, Lezithase, Lipase, Invertase 
und Urease fehlen. Es sei demnach bisher gelungen, die allgemeinen Zell¬ 
enzyme mit Sicherheit festzustellen, während kein Anhaltspunkt gewonnen 
wurde, daß spezielle Organenzyme, die mit den Funktionen der Nebennieren 
Zusammenhängen und auf den Zuckerabbau, auf Fett- und Harnstoffspaltung 
Einfluß besitzen, in dem Organ selbst lokalisiert sind. 

Die von Morita (121) angestellten Versuche beschäftigen sich 1. mit 
der zuckertreibenden Wirkung von adrenalinartigen, sympathomimetischen und 
auch anderen Körpern, wie ß-Tetrahydronaphthylamin auf die isolierte von 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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der Abdominalvene aus durchspiilte Froschlober und 2. mit der Wirkung 
der gleichen Substanzen auf das Verhalten der Blutzuckerkonzentration und 
die Ausscheidung von Zucker im Harne bei Kaninchen nach subkutaner 
Darreichung. Im Hinblick auf die Publikation von Miculicich (Arch. f. 
exper. Pathol. u. Pharmokol., Bd. 69), der fand, daß voraasgeschickte sub¬ 
kutane oder intravenöse Injektion von Ergotoxin das Zustandekommen der 
Adrenalinglykosurie bei Kaninchen zu verhindern vermag, wurde in beiden 
Kategorien von Versuchen auch die Wirksamkeit der geprüften Substanzen 
bei Kombination mit Ergotoxin untersucht. Die Resultate sind in einer 
Tabelle zusammengestellt. Als wirksamste Substanz ergab sich Äthylamio- 
azetobrenzkatechin, als am wenigsten wirksamste P-Oxyphenylamin. Wir¬ 
kungslos war Piperidoazetobrenzkatechin. Der Autor bestätigt, daß die von 
Miculicich beschriebene Hemmung der Adrenalinbyperglykämie und Glyko- 
surie anch für die sympathomimetischen, adrenalinähnlichen Amine zu Recht 
besteht. 

Wenn man gesunden, nicht anästhesierten Hunden physiologische Dosen 
von Adrenalin intravenös injiziert, so verursacht diese Injektion, falls der 
Vagustonus vorher gut war, konstant eine Abnahme des Herzschlages. Die 
Wirkung des Adrenalins ist nach Ansicht von Meek und Eyster (117) 
zweifellos eine zwiefache, einmal beschleunigt es die Herzaktion durch direkten 
Reiz und zweitens hemmt es die Aktion reflektorisch durch den Vagus. In den 
Experimenten, welche die Autoren ausführten, war das Resultat dieses ba- 
lanzierenden Mechanismus immer eine Abnahme des Pulses. Deshalb meinen 
die Autoren, könne eine Adrenalinsekretion kaum eine Rolle spielen bei der 
Herzbeschleunigung, welche unmittelbar auf mäßige Arbeitstätigkeit eintritt. 
Bei hochgradiger körperlicher Anstrengung indessen kann die herzbeschleu¬ 
nigende Wirkung des Adrenalins eine große Rolle spielen, denn hierbei besteht 
eine große Abnahme des Vagnstonus. Das Adrenalin übt also auch hier 
seine große Wirkung aus, wie regelmäßig, wenn der Organismus sich in 
großer Not befindet. 

Die glykosurische Wirkung des Adrenalins erwies sich nach Versuchen 
von Mansfeld undPurjesz (105) nicht nur an verschiedenen Tieren, sondern 
auch an ein und demselben Tier als völlig inkonstant, so daß aus der Größe 
der Zuckerausscbeidung auf eine Hemmung oder Förderung der Adrenalin¬ 
wirkung zu schließen unzuläßlich erscheint. In fast allen Versuchen war 
der Adrenalindiabetes ein und desselben Tieres an jenem Tage schwächer, 
an welchem das Tier mit einem Antipyretikum vorbehandelt wurde; es konnte 
also die Angabe Starkensteins (Ztschr. f. experim. Pathol., Bd. 10, p. 78) 
über die Abschwächuug des Adrenalindiabetes durch Antipyretika bestätigt 
werden. Daß aber die Antipyretika doch nicht dem Adrenalin antagonistisch 
wirken, wie es von Starkenstoin angenommen wurde, zeigten Versuche, in 
welchen die Adrenalinhyperglykämie an normalen und mit Antipyrin vor¬ 
behandelten Tieren fast identische Werte erreichte. Die Annahme einer 
peripheren Lähmung des Sympathikus durch Antipyretika entbehrt demnach 
der experimentellen Stütze. 

Nach dem Vorbilde der v. Pirquet sehen Hautprobe stellte Josef» 
SOU (89) eine ähnliche mit Adrenalin und Pituitrin an. Die Ränder 
der kleinen Hautwunde zeigten zunächst eine bedeutende Blässe (Folgo 
der Vasokonstriktion). Darauf ging die Blässe bald in eine lebhafte 
Rötung über, wobei die Haut, welche während der ersten Phase der Reaktion 
eingesunken und gerunzelt war, sich erhöhte, so daß zuletzt die Impfstelle 
angeschwollen und gerötet hervortrat. Die Reaktion trat bei Anwendung 
selbst schwacher Lösungen V200000—V300000 au ^ ^ as Cholin kann das 

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Physiologie des Stoffwechsels. 


gemeinsame vasokonstringierende Substrat der beiden Mittel Dicht seiu, da 
die Reaktion bei Anwendung von Cholin ausblieb. Bei bloßer Bestreichung 
der Haut mit Adrenalin oder Pituitrin trat die Reaktion nicht ein, ebenso 
blieb die Reaktion mit Serum aus, dagegen trat sie ein, wenn dem Serum 
Adrenalin zugeraischt war. Bei verschiedenen Kranken variierte die Empfind¬ 
lichkeit der Haut sehr. 

Nach Versuchen von Fischei (54) vermag Kokain bereits in außer¬ 
ordentlich kleinen Dosen (millionstel Grammen) intravenös beim Säugetier 
(Kauinchen) injiziert, die Erregbarkeit für Adrenalin während kontinuierlicher 
Durchströmung des Gefäßsystems mit letzterem zu erhöhen. Am Laeven- 
Trendelenburgschen Präparate läßt sich die kontraktionssteigernde Wir¬ 
kung des Kokains für Adrenalin ebenfalls nachweisen. Ein Kokain-Adrena- 
lin-Gemisch, also die gleichzeitige Applikation beider Substanzen, entfaltet 
die stärksten Wirkungen, während Kokain vor Adrenalin appliziert einen viel 
geringeren gefäßverengernden Einfluß ausübt, Kokain in der abklingenden 
Phase keine Wirkung mehr erkennen läßt. Der Steigerung der Adrenalin¬ 
wirkung durch Kokain folgt häufig eine Erregbarkeitsabnahme für Adrenalin. 
Wie weit diese Resultate für die menschliche Therapie (Anästhesie und Kreis¬ 
laufstörungen) nutzbar gemacht werden können, müssen klinische Studien 
lehren. Hypophysenpräparate (Pituglandol, Pituitrin) üben in kleinen Dosen 
bei Riugereinwirkung eine vasokonstriktorisch reversible Wirkung auf die 
tonuslosen Eroschgefäße aus. 

Donath (45) fand in Übereinstimmung mit- Gradinescu bei ihrer 
Nebeuuiere beraubten Katzen in allen Fällen eine sehr beträchliche Ver¬ 
mehrung des Trockenrückstandes des Blutes, entsprechend einer Eindickung 
desselben. Bei dem umgekehrten Versuche, d. h. einer Überladung des 
Blutes mit d-Suprareuin zeigte sich in manchen Fällen eiue zunehmende 
Verdünnung, in anderen Fällen wieder eine Eindickung des Blutes. 
Wurde in den ersteren Fällen der Ductus thoracicus au seiner Ein¬ 
mündungsstelle in die Vena jugularis unterbunden, so zeigte sich zwei¬ 
mal unter drei Versuchen eine mäßige Eindickung des Blutes. In einer 
zweiten Versuchsreihe wurden uuter soust gleichen Versuchsbedingungeu im 
Anschluß an die Unterbindung des Ductus thoracicus große Dosen von d- 
Suprareniu injiziert. Bei diesen Versuchsbedingungen blieb die Verminde¬ 
rung der Blutkonzenlration aus. Es ist nach Ansicht des Autors wahr¬ 
scheinlich, daß die nach Abbindung des Ductus thoracicus beobachtete Blut- 
eiudickung dadurch zustande kommt, daß zwar wie gewöhnlich Plasmaflüssig¬ 
keit aus den Blutkapillaren unter dem Einfluß des normalen arteriellen 
Druckes in die umgebenden Lymphräume austritt, dieser Flüssigkeitsverlust 
des Blutes aber nun keine Deckuug mehr aus dem Zufluß des Ductus thora¬ 
cicus findet, dagegou kann bei Überladung mit Suprareuin und gleichzeitig 
abgebenden Ductus thoracicus ein Plasmaaustritt infolge der Abdichtung 
der Gefäßwäude nicht stattfindeD, und aus diesem Grunde ändert sich die 
Blutkonzentration nicht. Tatsächlich gelingt es auch, unter Umstäuden im 
Experiment einen Austritt von künstlich in die Blutbahn eingebrachter Flüssig¬ 
keit durch gleichzeitige Überladung mit d-Suprarenin zu verhindern. Als 
Ursache der erwähnten Eindickung des Blutes nach Injektion von großen 
Dosen von d-Suprarenin, die sich in einzelnen Fällen zeigte, nimmt der 
Autor eine gesteigerte Aupressung von Plasma in die Gewebe infolge 
des hohen Blutdruckes Doch vor oder trotz der Abdichtung der Gefäße 
an. Somit, meint der Autor, würden für die Änderung der Blutkon¬ 
zentration nach Nebennierenexstirpation bzw. nach abnormer Anreiche¬ 
rung des Blutes mit wirksamer Nebenuierensubstanz zwei Faktoren maß- 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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gebend sein; einerseits die Änderungen des Blutdruckes und andererseits 
die wahrscheinlich durch den Tonuszustand ihrer kontraktilen Substanz be¬ 
dingte Permeabilität der Blutgefäße und Kapillaren. Ausfall der Neben¬ 
nieren erhöht letztere, ein dauernder Überschuß an wirksamer Nebennieren¬ 
substanz setzt sie herab. Im ersten Fall kann daher auch bei normalem 
oder erniedrigtem Blutdruck Flüssigkeit aus dem Blut in die Gewebe über¬ 
treten (Bluteindickung), im letzteren Falle wird der Übertritt von Flüssigkeit 
aus dem Blut in die Gewebe., erschwert (Blutverdüunung); akute Blutdruck- 
8teigerung bewirkt sofortigen Übertritt von Blutflüssigkeit in die Gewebe (Ein¬ 
dickung), sofern nicht schon die vorerwähnte Abdichtung eingetreten ist. 

Durch thermoelektrische Messungen fanden Cloetta und W&ser (33), 
daß eine intravenöse Injektion von 0,2 mg Suprarenin bei Kaninchen schon 
nach etwa 10 Sekunden ein Ansteigen der Temperatur im Vorderhirn und 
einige Sekunden später ein ebensolches Ansteigen im Bereich der Tem¬ 
peraturzentren verursacht. Das Maximum der Steigerung beträgt etwa 0,6°, 
es wird schon in 4 Minuten erreicht. Darauf beginnt die Kurve wieder zu 
fallen, so daß sie eine Bogenform erhält. Durch eine Wiederholung der 
Injektion kana dieselbe Erscheinung wieder hervorgerufen werden. Während 
des Anstieges sinkt jeweils die Hauttemperatur. Durch andauerndes Ein- 
fließenlassen der Lösuug kann die Temperaturerhöhung auf dem Maximum 
erhalten werden. Die intrazerebrale Injektion Vis macht ebenfalls 
Steigerung, aber ohne nachherigen Abfall. Die Eutfernung des Vorderhirns 
hat einen abschwächenden Einfluß auf die Steigerung im Bereich der Tem¬ 
peraturzentren durch das Suprarenin. Die vorausgehende Injektion von 
Ergotoxin hebt die temperatursteigernde Wirkung des Supraronins im Gehirn 
nicht auf. Merkwürdigerweise verstärkt Ergotoxin auch bedeutend die fieber¬ 
erzeugende Wirkung des ß-Tetrahydronaphtylamins. 

Brown und Pearce (27) konstatierten, daß toxische Dosen irgend 
beliebiger Arsenpräparate bestimmte pathologische Veränderungen an den 
Nebennieren von Meerschweinchen erzeugen. Diese Veränderungen bestehen 
in Kongestion, Hämorrhagie, Störungen im Lipoidgehalt, in Zelldegene¬ 
rationen und Zellnekrosen und in Verringerung des Chromaffingehaltes. 
Die Art und Stärke der pathologischen Veränderungen, welche durch das 
Arsen erzeugt wird, ist abhängig von der chemischen Konstitution des 
Präparates. Nebennierenschädigungen bilden daher einen wichtigen Bestand¬ 
teil der Arsenintoxikation, wohingegen therapeutische As-Dosen eine Reizung 
der Nebennieren erzeugen können. 

Die chemischen Üntersuchungen von Borberg (23) über Nebennieren 
führten zu folgenden Resultaten : 1. Die Nebennierenrinde enthält Cholesterin¬ 
fettsäureester Phosphatideu und freie Fettsäuren, dahingegen keine Fett¬ 
säuretriglyzeriden. Die Fettsäuren gehören zum Teil zu den höheren un¬ 
gesättigten. 2. Die Zona glomerulosa enthält Phosphatiden, Zona fasciculata, 
die die Hauptzone der Nebennieren bilden, das Cholesterinfett, Zona reti¬ 
cularis die Fettsäuren und das daraus ableitbare Pigment. 3. Bei patho¬ 
logischen Veränderungen der Nebennieren ist die zonulare Läsion das 
Typische, die äußere Zone, speziell die cholesterinfettreiche Fasciculata ist 
zuerst angegriffen. Später verschieben die Veränderungen (der Lipoiden, 
des Kernes und des Protoplasmas) sich nach innen. 4. Es gibt zwei Typen 
von pathologischen Veränderungen, a) Die Vermehrung der Menge des 
Cholesterinfetts bei der Gravidität und bei chronischen Nierenleiden, b) Ab¬ 
nahme des Cholesterinfetts in der Fasciculata und Zunahme der Fettsäure¬ 
menge bei gleichzeitiger Infiltration des Organs mit den Phosphatiden des 
Blutes bei den meisten Intoxikationen und Infektionen. In der kranken 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


Nebenniere finden sich also dieselben Arten von Lipoiden wie in der 
„physiologisch fett degenerierten“ gesunden; die Veränderungen beziehen 
sich auf Quantität und Lokalisation. 5. Das von der Nebenniere entfernte 
Cholesterinfett wird, wie man annehmen kanu, der Leber zugeführt, die bei 
dem genannten Leiden fettinfiltriert befunden wurde, und eventuell den 
anderen Organen. 6. Die vorliegenden chemischen und histologischen Befunde 
in Verbindung mit theoretischen Erwägungen machen es wahrscheinlich, daß 
es sich bei der Fettdegeneration um einen antitoxiscben Prozeß handelt, 
daß der Organismus neben seinen anderen Verteidigungsmitteln auch über 
eine Lipoiden wehr verfügt. Die Fähigkeit des Fettes, von gelöster in 
granuläre Form überzugehen, ist das entscheidende Moment. Die leicht 
mobilisierbaren Lipoiden der stark vaskularisierten parenchymatösen Organe 
stehen hier in erster .Reihe. Das eigentliche Fett (der Subkutis usw.) ist 
wegen seines chemischen .Indifferentismus bei der pathologischen Fett¬ 
infiltration als ein Surrogat der echten Lipoiden aufzufassen. 

Corbett (39) glaubt, daß der Zustand, den man als Schock bezeichnet, 
vornehmlich seine Ursache in einer Erschöpfung des Blutes an Nebennieren¬ 
extrakt hat und durch Oligämie verursacht wird. Anästhesie, Schmerz, 
Angst, Trauma sind auslösende Faktoren dabei. 


ßenltalorgane. 

Nach Exstirpation der Schilddrüsenepithelkörperchen, die Meyer (119) 
an Hündinnen ausführte, gingen diese Tiere alle an Tetanie zugrunde, gleich¬ 
gültig, ob sie vorher oder nachher kastriert worden waren. Die Versuche beweisen 
in Übereinstimmung mit denjenigen von Purpura, Massaglia, Cleret 
und Gley, daß ein Antagonismus zwischen Epithelkörperchen und Ovarien, 
wie ihn Silvestri annimmt, nicht besteht. 

Hermann (77) gelang es, eine wirksame Substanz aus Corpus luteum 
und Plazenta herzpstellen. Der Träger der Wirksamkeit ist ein gelbes, 
leicht schillerndes Ol, daß durch Kühlung fest wird, sonst aber dickflüssig 
bleibt. Es gibt ausgesprochene Cholesterinreaktion. Es bräunt sich an 
der Luft offenbar durch Aufnahme von Sauerstoff. Es ist aus den drei 
Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff zusammengesetzt. Der 
Körper ist ein Cholestearinderivat, ist in Alkohol, Äther, Petroläther, 
Azeton uud Benzol löslich, in Wasser unlöslich. Es ergab sich ferner, 
daß die Plazenta dieselbe wirksame Substanz wie das Corpus luteum mit 
allen ihren physiologischen Eigenschaften enthält. Nur enthält eine Plazenta 
quantitativ mehr wirksamen Reizstoff als ein Corpus luteum. Diese aus 
Corpus luteum und Plazenta exstrahierte Substanz hat einen mächtigen 
Wachstums- und entwicklungsfördernden Einfluß auf das gesamte Genitale. 
Siebeeiuflußtdie AusgestaltungspezifischerGeschlecht8cbaraktere in förderndem 
Sinne, sie sorgt für die anatomische Integrität des Genitalapparates und 
der Brustdrüsen, sie bewirkt die für die Brunst resp. für die Anfangsstadien 
der Gravidität charakteristischen Genitalveränderungen. 

Shinkishi Hatai (73) hat weißen Ratten die Genitalorgane einseitig 
und doppelseitig entfernt und danach das Wachstum und das Gewicht des 
Körpers der Tiere einer genauen Kontrolle unterworfen. Der speziellen 
Kontrolle unterlagen die Körperlänge und das Körpergewicht, die Schwanzlänge, 
die Geschlechtsdrüsen, die Thyreoidea, die Nebendrüsen, Thymus, Hypophysis, 
verschiedene Knochen und das Zentralnervensystem. Die Resultate werden 
in Tabellen anfgeführt. Speziell ist anzufiihren, daß das Körpergewicht 
eine Zunahme zeigte, ebenso waren die .Knochen vergrößert. Auffällig 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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war die Vergrößerung des Thymus, ebenso war auch die Hypophysis 
bes. bei den männlichen Kastrierten vergrößert. Die Nebenniere war bei 
den kastrierten vergrößert, bei den weiblichen Batten im Gegensatz verkleinert. 
Männliche und weibliche Tiere zeigten bezüglich der sekundären Geschlechts- 
Charaktere nur geringe Unterschiede. 


Wärmeregulation. 

Mittels einer besonderen Methode gelang es Hashimoto (71), mit 
Umgehung der Blutbahn intrazerebral beliebig kleine Serummengen in der 
Gegend des Wärmestichzentrums bei Kaninchen und Meerschweinchen ein¬ 
wirken zu lassen. Während bei normalen Tieren die intrazerebrale Ein¬ 
spritzung geringer Mengen (0,2 ccm) Pferdeserums oder 0,9°/ o iger Kochsalz¬ 
lösung ohne Einfluß auf die Körpertemperatur ist, bewirkt bei durch 
0,2 ccm Pferdeserum sensibilisierten Kaninchen 0,2 ccm Pferdeserum einen 
Temperatursturz (bis zu 3 u C), der im Anschluß an die intrazerebrale 
Injektion eintritt. Zwischen der Stärke und Dauer des Temperaturabfalles 
und der Menge des Serums besteht ein Parallelismus, ebenso zwischen der 
Sensibilierungsperiode und der Intensität der Reaktion. Eine intrazerebral gut 
wirksame Pferdeserummenge (0,02—0,2 ccm) bleibt, intravenös injiziert, ohne 
Einfluß auf die Körpertemperatur; erst größere Gaben 2—3 ccm führen 
dieselbe Wirkung herbei, wie die durch intrazerebale Injektion bewirkte. 
Die Temperaturänderungen, welche sowohl nach intrazerebraler als auch 
nach intravenöser Applikation des Pferdeserums bei sensibilisierten Tieren 
«rzeugt werden, können durch den sog. Zwischenhirnstich von Citron und 
Leschke völlig unterdrückt werden. Die intrazerebral erzeugten Temperatur- 
Yeränderungen treten nur dann auf, wenn das zugehörige Antigeu bei den 
sensibilisierten Tieren injiziert wird. Bei immunisierten Tieren bleibt die 
Temperaturveränderung nach direkter Zufuhr des betreffenden Antigens in 
die Wärmestichgegend völlig aus. Ebenso werden sensibilisierte Tiere, die 
wiederholt Pferdeserum intrazerebral erhalten haben, völlig refraktär in bezug 
auf die Temperaturreaktion. Aus allen diesen Tatsachen schließt der Autor, 
daß das Wärmezentrum bezw. die dasselbe darstellenden Ganglienzellen, 
durch die Vorbehandlung mit artfremdem Eiweiß streng spezifisch sensibilisiert 
worden sind; die nach intrazerebraler Zufuhr des zugehörigen Antigens 
erzeugten Temperaturänderungen sind auf die spezifische Uberempfindlichkeit 
des Temperatursystems zurückzuführen und wesensgleich dem anaphylaktischen 
Temperatursturz und anaphylaktischen Eieber, die durch intravenöse Antigen¬ 
injektion hervorgerufen werden. Diese beiden anaphylaktischen Temperatur¬ 
reaktionen sind in der Hauptsache auf Erregbarkeitssteigerung mit erhöhter 
Erschöpfbarkeit der Wärmezentra zurückzuführen; dagegen scheint bei intra¬ 
venös erzeugtem Temperatursturz in geringem Maße auch die Herabsetzung 
der Wärmeproduktion mitbeteiligt. 

In Übereinstimmung mit den Barbourschen Angaben wurde von 
Hashimoto (72) festgestellt, daß Wärme, appliziert auf das subthalamische 
Temperatur Zentrum, ein zentral wirkendes Antipyretikum ist, während Kälte 
ein „Kältefieber“ erzeugt. Die Temperaturwirkung der Kälte und Wärme 
bleibt bei denjenigen Kaninchen gänzlich aus, bei denen die Wärmezentren 
zerstört sind; bei diesen Tieren vermag auch das Tetrahydro-ß-Naphthylamin 
kein Fieber mehr zu erzeugen, und auch die Wärmeregulation ist völlig aus¬ 
geschaltet. Im Hungerzustand tritt das sog. Kältefieber ähnlich wie die 
Gehirnstichbyperthermie gar nicht oder nur spurweise ein, während die 
Wärme bei demselben Kaninchen einen gleichen Effekt wie am normal 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


genährten Tier erzeugt. Die Kältewirkung nimmt immer mehr ab, je hoher 
die Körpertemperatur eingestellt ist; die Kälte kann das Fieber in den 
meisten Fällen nicht über 42° C treiben und, wenn die Abkühlung der 
Wärmezentren darüber hinaus fortgesetzt wird, neigt sogar die schon hohe 
Körpertemperatur zur allmählichen Senkung. Die Temperaturwirkung durch 
die Wärme verhält sich gerade umgekehrt, so daß sie um so intensiver ist, 
je höher die Körpertemperatur steht. Wenn aber die Körpertemperatur 
unter der Norm liegt, ist die Wirkung der Kälte und Wärme weniger 
deutlich als bei normaler oder Fiebertemperatur. Beim Meerschweinchen 
sind die Verhältnisse die gleichen. Die Temperaturänderung wird durch 
einen zweiten, auf der anderen Seite gemachten Einstich in das Wärme- 
zentrum verstärkt. Es ist außerdem bemerkenswert, daß, wenn auf eine 
Seite Kälte, auf die andere Wärme einwirkt, die Körpertemperatur immer 
im Sinne der thermischen Reizung des linkeu Wärmezentrums verändert 
wird. Dabei zeigen beide Ohren ein ganz umgekehrtes Verhalten, indem 
ein Ohr sehr heiß und das audere Ohr kalt bis eiskalt ist, während bei 
einseitiger Durchleitung des Wassers stets beide Ohren die gleiche Reaktion 
aufweisen. Der Autor ist der Ansicht, daß die Wärmezeutren auf beiden 
Seiten des Corpus striatum existieren, und daß das linke Wärmezentrum das 
Übergewicht über das rechte gewinnen kann, also vermutlich stärker ent¬ 
wickelt ist, ebenso wie das Sprachzentrum beim Menschen. Auf das Fieber, 
welches durch die Sympathikusgifte, Tetrahydro-ß-Naphthylamin, Adrenalin, 
Ephedrin verursacht wird, hat die Abkühlung und Erwärmung der Wärme¬ 
zentren keinen Einfluß; dasselbe gilt für Kokain in größeren Dosen. Bei 
den genannten „Fiebern“ handelt es sich mithin um eine direkte chemische 
Reizung der Wärmezentren unter sekundärer automatischer Hemmung der 
Kühlzentren. Beeinflußt werden dagegen durch Kälte- wie Wärmeapplikation 
auf das Wärmezentrum Fieber, die durch Typhusbazillen, Kochsalzlösung, 
Anaphylaxie bedingt sind; letztere sind daher der Ausdruck einer gesteigerten 
Erregbarkeit der Wärmezentreu. Die Antipyrinwirkuug und die des Natr. 
salicylicum wird durch Wärmeapplikation auf das Wärmezentrum bedeutend 
verstärkt und durch Kälteeinwirkung in einer halben Stunde total wieder 
ausgeglichen. Diese beiden Antipyretika schwächen danach primär die Erreg¬ 
barkeit der Wärmezentren unter sekundärer Tonuserhöhung in den Kühl¬ 
zentren. Bei Chininwirkung erweist sich die Wärmeapplikation als wirksam, 
die Kälteanwendung aber als völlig unwirksam, woraus zu folgern ist, dafii 
die fieberwidrige Chininwirkung nicht so sehr durch Beeinflussung der Wärme¬ 
zentreu als durch andere Momente — unmittelbare antifermentative StofF- 
wechselhemmung — zustande kommt. Durch Morphium in kleinen Dosen 
wird die Tomperaturwirkung der Kälte und Wärme auf das Wärmezentrum 
stark abgeschwächt, in großeu Dosen völlig aufgehoben. Die durch ver¬ 
schiedene Krampf- und Bulbärgifte (Pikrotoxin, santoninsaures Natrium, 
Veratrin und Digitalin) herabgesetzte Körpertemperatur zeigt nach Erwärmen 
der Gehirnzentren einen weiteren deutlich erkennbaren Abfall, bei der Ab¬ 
kühlung aber kein Ansteigen. Daraus ist zu schließen, daß die genannten 
Gifte nicht direkt die Wärmezentren betäuben, sondern indirekt hemmen, 
indem sie die antagonistischen-parasympathischeu Kühlzentren primär und 
unmittelbar erregen. Kampferwirkung verhält sich wie Antipyrinwirkung. 

Durch die intrazerebrale Injektion des Monomethylderivats des ali- 
zyklichen Tetrabydro-ß-Naphthyamins in das Gebiet der Seitenventrikel 
läßt sich nach Versuchen von Cloetta und Waser (34) fast der gleiche 
Fieberanstieg erzeugen, wie bei der intravenösen Injektion derselben Sub¬ 
stanzen. Die dazu nötige Menge ist aber bei der intrazerebralen Injektion 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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um ein Mehrfaches kleiner als bei der intravenösen Injektion. Die Temperatur- 
messungen erfolgten mittels feiner Thermoelemente, welche noch Differenzen 
von Vioo 0 zu erkennen gestatten. Nach der intrazerebraleu Injektion 
beginnt die Temperatursteigerung zuerst im Ventrikel, dann folgt das 
Vorderhirn und zuletzt der Darm. Es besteht kein Unterschied, ob die 
intrazerebrale Injektion rechts oder links gemacht wird. Wird nur auf 
einer Seite eingespritzt, so steigt die Temperatur in beiden Ventrikeln zu 
gleicher Zeit und gleich stark; desgleichen auch bei der intravenösen 
Injektion. Im Gegensatz zu den Resultaten bei Injektion spezifischer Fieber¬ 
gifte ruft die Ausführung des Temperaturstiches weder momentan noch in 
den folgenden Minuten eine Temperatursteigerung weder im Ventrikel, noch 
im Darm hervor. Auch wenn Stichkanal und Thermoelement sich am 
selben Puukt im Ventrikel troffeu, so verursacht trotzdem der Stich gar 
keine Änderung der Temperatur des Ventrikels. In Anbetracht der Feinheit 
der Apparatur wäre es sicher gelungen, selbst eine Änderung von der Dauer 
einer Sekunde schon zu registrieren. Erst 15—46 Minuten nach dem Stich 
beginnt die Temperatur im Gehirn zu steigen, während der Darm erst einige 
Minuten später langsamer nachfolgt. Wird der Stich auf einer Seite ausgeführt, 
während die Thermoelemente in beiden Ventrikeln andauernd kontrolliert 
werden, so ergibt sich, daß rechter und linker Ventrikel zeitlich, qualitativ 
und quantitativ ganz gleich reagieren. Es setzt dies voraus, daß im Moment, 
wo die Temperatur nach dem einseitigen Stich zu steigen beginnt, auch eine 
die beiden Ventrikel gleichzeitig und gleichartig beeinflussende Veränderung 
entstanden sein muß. 

In ihreD weiteren Untersuchungen kommen Cloetta und Waser (35) 
zu dem Ergebnis, daß durch Ansetzen kleiner Elektroden an den ent¬ 
sprechenden Stellen des Schädels sich mit Diathermie die Temperatur in 
den Seiten Ventrikeln beliebig erhöhen läßt. Die Steigerung ist proportional 
der angewandten Strommenge. Am normalen wie am fiebernden Tier bleibt 
eine Erhöhung der Eigentemperatur des Zwischenhirns um etwa 1 0 während 
10—14 Minuten ohne Einfluß auf die Darmtemperatur; stärkere Ströme 
mit raschem Steigen der Ventrikeltemperatur auf zwei und mehr Grad ver¬ 
ursachen schon nach 2—3 Minuten ein langsames oder rascheres Steigen 
der Darmtemperatur, und zwar sowohl bei normalen, wie bei fiebernden 
Tieren. Wird durch Diathermie das Temperaturregulierungszentrum um 
etwa 1° konstant erwärmt, so bewirkt der Wärmestich ein fast sofortiges 
Steigen der Ventrikeltemperatur, während beim normalen Tier diese Steigerung 
sich erst nach 15—45 Minuten eiustellt. Alle diese Beobachtungen sprechen 
nach Ansicht der Autoren dafür, daß die Erwärmung der Temperatur¬ 
regulierungszentren mittels Diathermie keinen Beruhigungs-, sondern eher 
einen Erregungszustand schafft. Es ist deshalb zweifelhaft, ob eine passive 
Einstellung des Temperaturregulierungszentrums, abhängig von der Blut¬ 
wärme, als eine regelmäßig funktionierende Sicherheitsvorrichtung existiert. 

Verletzungen am medialen Teile des Corpus striatum verursachen, wie 
Armbrnster (1) ausführt, mit Erhöhung des Stoffumsatzes Fieber. Man 
hat sich diese Erscheinung vielleicht so zu erklären, daß hier gleichzeitig 
ein Regulationsapparat für die Herzbewegungen sich findet. Die näheren 
Beziehungen zwischen Fieber und Herzbewegungen sind leicht verständlich, 
da mit Ausnahme von hyperpyretischen Lähmungen auf ein Grad Temperatur¬ 
erhöhung acht Pulsschlägc mehr iu der Minute gerechnet werden. Bei 
Fieber kommt die Nerventätigkeit nur in selteneren Fällen teilweise, oder 
besser gesagt, ausschließlich ätiologisch in Frage. Hoher Wärmeausgleich 
z. B. zwischen Körper und umgebenden Medium, der mit Schweiß einber- 


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geht, braucht kein Nervensystem. Die Nerven brauchen bei der Schwei߬ 
sekretion nicht überall tätig zu sein, sondern nur in manchen Fällen wie 
beim Angstschweiß. Daß beim Blaßwerden durch Schrecken oder beim 
Rotwerden durch Zorn die Vasomotoren ihre volle Tätigkeit einsetzen, ist 
klar, aber ebenso dürfte unschwer zu erkennen sein, daß die Natur auch bei 
unwillkürlicher Schweißsekretion und bei dem unwillkürlichen Kontraktions¬ 
vermögen der Gefäße nur für manche Fälle eine direkte Nerventätigkeit 
verlangt. Gewisse physiologische Versuche zeigen, daß, wie es sekundäre 
Lebensknoten für die Atmung (im Rückenmark) gibt, auch beim Rücken¬ 
mark Erscheinungen Vorkommen, die darauf hinweisen, daß von hier aus 
schon die menschliche Temperatur etwas selbständig reguliert werden kann. 
Diese sekundären, wenn auch untergeordneten Zentren im Rückenmark, 
welche der Regulierung der Atmung und der Temperatnr dienen, sind 
Produkte der erhöhten Selbständigkeit als Bedürfnis für den Kampf ums 
Dasein. 


Stoffwechsel. 

Boruttau (25) gibt ein Referat über Arbeiten vieler Forscher, welche 
das Wesen bestimmter Stoffwechselkrankheiten, Beri-Beri, Skorbut, Pellagra- 
Skorbut, Barlowsche Krankheit, Rachitis usw. zu ergründen suchten. Er 
verweist besonders auf Veröffentlichungen von Eijkman, Vordermann, 
Fraser und Stanton über Beri-Beri. Diese Forscher erkannten, daß die 
erwähnte Krankheit auf dem Mangel gewisser Nahrungsstoffe beruhe, da sie sie 
durch einseitige Fütterung experimentell bei Tieren erzielen und wiederum 
durch entsprechende Nahrungszufuhr heilen konnten. Suzuki, Shimamura 
undOdake erhielten aus Reiskleieextrakten durch Fällung mit Phosphorwolfram¬ 
säure einen Stoff, den sie Oryzaniu nannten, der bereits in Zentrigrammen 
die experimentelle Polyneuritis der Hühner und Tauben heilt, und Casimir 
Funk erhielt im Verlaufe ausgedehnter Isolierungsversuche aus Reiskleie 
und aus Hefe mikrokristallinische Präparate, welche die gleiche Eigenschaft 
besaßen. Er glaubte, daß es sich um stickstoffhaltige Körper vom Charakter 
der Pyrimidinbasen handle, denen er wegen ihrer Lebenswichtigkeit den 
Namen „Vitamine“ gab. Er bezeichnet Beri-Beri und andere hierher 
gehörige Krankheiten als „Avitaminosen“, weil sie auf dem Fehlen eines 
in geringster Menge lebenswichtigen Stoffes beruhen sollen. Boruttau läßt 
es unentschieden, ob es sich bei den in Rede stehenden Krankheiten um 
eine Insuffizienz von Nährstoffen oder um einen Vergiftungsvorgang durch 
schädliche in den Nahrungsmitteln enthaltene Stoffe handelt. Die bisherige 
Geschichte der Funktionen der Organe mit innerer Sekretion lehre, daß es 
sich sehr wohl um eine Kombination von Vorgängen beiderlei Art handeln 
kann. Von diesen Vorgängen leitet nun Boruttau die weitere Besprechung 
über auf das Gebiet der Ernährungsphysiologie. 

Der Inhalt der beiden Aufsätze von Roth (143—146) deckt sich mit 
demjenigen von Boruttau (s. vorher). 

Oswald (132) weist auf die Wichtigkeit des Nervensystems bei allen 
Stoffwechselkrankheiten evtl, auch bei allen Konstitutionskrankheiten hin. 

Myers und Fine (125) fanden das Kreatinin im Muskelgewebe in höherer 
Konzentration als in irgendeinem anderen Gewebe. Daraus ist zu folgern, 
daß das Muskelgewebe den Sitz der Kreatininbildung darstellt. Im Muskelgewebe 
findet sich die Hauptmasse des Kreatinins vom ganzen Körper. Das 
Kreatinin des Muskelgewobes hat für jede Tiergattung eine bestimmte Kon¬ 
zentration; man muß eine solche konstante Konzentration deshalb für jedes 


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einzelne Tier annehmen. In analytischen Experimenten zeigen die Verf., 
daß Kreatin sich in bestimmtem Verhältnis in Kreatinin umsetzt. Dieses 
Verhältnis würde auch in Rechnung zu stellen sein für die Konstanz des 
Kreatinins im Exkret. Da das Muskelkreatin und das Kreatinin im Urin 
konstant sind, so müsse ein bestimmtes Verhältnis zwischen beiden bestehen. 
Die Umwandlung von Kreatin in Kreatinin müßte danach täglich 2 % be¬ 
tragen. Ein bestimmtes Verhältnis zeigt sich nach Einnehmen von Kreatinin 
beim Fieber usw. 

Janney und Blatherwick (87) geben neue Methoden zur Bestimmung 
des Kreatin in Muskeln und anderen Körperorgauen und führen in Tabellen 
die gefundenen Zahlen an. 

Auf Grund von Alveolargasanalysen wird von Mettenleiter (118) der 
Versuch gemacht, Zahlenangaben über die Höhe der Kohlensäurespannung 
und den Grad der Säurebildung im tätigen menscblichen Muskel zu ge¬ 
winnen. Unmittelbar nach einmaliger kurz dauernder Arbeit großer Muskel¬ 
gruppen steigt die Kohlensäurespannung im arteriellen und venösen Blute 
mächtig an. Die Steigerung ist im venösen Blute größer als im arteriellen. 
Der höchste beobachtete Wert der Kohlenaäurespannuug im Venenblute 
betrug nahezu 80 mm. Im arteriellen Blute sinkt einige Minuten nach 
Beendigung der Muskelarbeit die Kohlensäurespannung unter die Norm. 
Die maximale Senkung wird ca. 10—20 Minuten nach Schluß der Arbeit 
erreicht. Dieses Verhalten weist auf ein nach Aufhören der Muskelarbeit 
zunächst noch längere Zeit zunehmendes Übertreten von Säure (Fleisch¬ 
milchsäure) aus dem Muskel in das Blut hin. Die tiefste beobachtete 
Senkung der Kohlensäurespannung im arteriellen Blute entspricht der Wir¬ 
kung von 0,07% Milchsäure im Blut. Trotz der Beschleunigung des Blut¬ 
stromes bleibt die Differenz der Kohlensäurespannung des arteriellen und 
venösen Blutes noch längere Zeit nach Beendigung der Muskelarbeit abnorm 
groß, die Kohlensäurespaunung im Venenblut zunächst noch über die Norm 
erhöht. Dies spricht dafür, daß die Kohlensäurespannung im Muskel nach 
Arbeit uoch längere Zeit erhöht, die Kohlensäureausscheidung noch längere 
Zeit vermehrt ist. Bei kohlehydratfreier Ernährung ist die nach Muskel¬ 
arbeit eintretende Senkung der Kohlensäurespannung des arteriellen Blutes 
stärker und länger anhaltend als bei gemischter Kost. Die Kohlensäure¬ 
spannung des venöson Blutes bleibt länger über dem Ruhewert erhöht. 
Dieses Verhalten weist auf vermehrte Säurebildung und verlangsamte Aus¬ 
scheidung dieser und der Kohlensäure bei Kohlehydratkarenz hin. Nach 
langanhaltender schwerer Muskelarbeit (sportliche Leistungen) bleibt die 
Kohlensäurespannung im arteriellen Blute mehrere Tage abnorm niedrig. 
Es tritt also eine lange bestehende leichte Azidose ein. Durch reichliche 
Zucker/ufuhr läßt sich die nach einmaliger mehrere Stunden fortgesetzter 
mäßiger Arbeit gewöhnlich beobachtete leichte Azidose hintanhalten. 

Laquer (96) möchte die Phosphorsäurebildung bei der Wärme- 
starre des Muskels für eine gesicherte Tatsache halten. Sie ist offenbar 
stärker, wenn die Wärmestarre auf vorher zerhackte Muskeln einwirkt, 
als wenn man die morphologisch intakten Muskeln wärmestarr werden läßt. 
Hingegen kann bei direkter faradischer Reizung der Muskulatur bis zur 
Erschöpfung keinerlei Phosphorsäurebildung erzielt werden. Die Phosphor¬ 
säurebildung im wärmestarren Muskel ist ein sehr rasch verlaufender Vor¬ 
gang, der meist schon nach einer Stunde abgelaufen ist. Am isolierten 
tätigen Froschschenkel kommt es trotz starker Milchsäurebildung vielleicht 
deswegen nicht zur Phosphorsäurebildung, weil am hier relativ intakten Muskel 
die synthetische Funktion der Kohlehydratphosphorsäurebildung noch sehr 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


vollkommen erhalten ist. Es scheint, als ob die Phosphorsäurebildung durch 
Wärmestarre um so stärker wird, je schwerer der Muskel geschädigt und je 
mehr deswegen der Verlauf der assimilatorischen Funktionen verlangsamt 
ist. Zusatz von Natriumbikarbonatlösung zum Muskelbrei steigert den 
Umfang der Milchsäurebildung beim Erwärmen auf 45° immer sehr deut¬ 
lich. Das Milchsäurebildungsmaximum kommt offenbar dadurch zustande, 
daß bei einer gewissen Säuberung eine Selbsthemmung der Milchsäure¬ 
produktion eintritt. Der die Milchsäure steigernde Einfluß von Alkali ist 
am ausgesprochensten im Herbst, wo der Glykogen Vorrat der Froschmusku¬ 
latur am größten ist. Im ganzen seien die Versuche der vorliegenden Arbeit 
mit der Vorstellung vereinbar, daß auch im quergestreiften Muskel dea 
Frosches der Abbau der Kohlehydrate unter intermediärer Bindung an 
Phosphorsäure erfolgt. Streng beweisend seien aber die Versuche nach 
dieser Richtung hin nicht. 

Shinkishi Hatai (75) fütterte weiße Mäuse mit lipoidfreier Kost. Er 
fand, daß bei dieser Kost das normale Wachstum des Tieres sich verringert. 
Das Gewicht des Zentralnervensystems zeigt eine Reduktion von 2 %. ln 
den Knochen der operjerteu Tiere war ein 5 % höherer Wassergehalt. Die 
Hoden zeigten eine Abnahme vou 44 %, die Ovarien 17 %. 

Das im Muskelpreßsaft anscheinend unabhängig von seinem Glykogen- 
und Traubenzuckergehalt erfolgende Auftreten von Milchsäure bei kurzem 
Stehen schien am besten erklärbar durch die Annahme einer besonders ge¬ 
arteten Milchsäurevorstufe, des Laktazidogens. Aufgabe der Arbeit von 
Embden, Griesbach und Schmitz (50) ist es, die Berechtigung der An¬ 
nahme eines von den gewöhnlichen Kohlehydraten verschiedenen Lakta¬ 
zidogens zu erweisen und Aufklärung über seine chemische Natur zu gewönnen. 
Es ergab sich, daß das Laktäzidogen der quergesteiften Sängetieremuskulatur 
eine in seiner Struktur der flexosephosphorsäure ähnliche Substanz ist. 

Nach Untersuchungen von Cohn (37) bildet Preßsaft aus den Skelett¬ 
muskeln des Karpfens im Gegensatz zu Hundemuskelpreßsaft bei kurzem 
Stehen höchstens ganz geringe Milchsäure- und Phosphorsäuremengen. 
Hexosephosphorsäure wird durch Karpfenmuskelpreßsaft während kurzem 
Stehen bei 40° ebenso wie durch den Preßsaft aus quergestreiften Hunde¬ 
muskeln und aus der glatten Uterusmuskulatur von Kühen in Milchsäure 
und Phosphorsäure gespalten. Zerkleinerte Karpfeumuskulatur bildet ebenso 
wie die Muskulatur des Frosches reichlich Milchsäure und Phosphorsäure. 

Buglia und Maestrini (29) stellten fest, daß bei verschiedenen Tieren, 
deren Nervensystem ihnen zur Verfügung stand, die Gesamtphosphormenge 
in den Hiutersträngen größer war als diejenige der Vorderstränge. 

Es werden von Straub (154) einige Beobachtungen an gesanden Ver¬ 
suchspersonen über Schwankungen der Empfindlichkeit des Atemzentrums 
gegenüber dem physiologischen Reiz mitgeteilt. Die Angaben Lindhards 
über Schwankungen der Empfindliclikeit des Atemzentrums mit den Jahres¬ 
zeiten werden bestätigt. Die Jahresschwankungen sind bei verschiedenen 
Versuchspersonen graduell verschieden stark ausgesprochen, bei einer Ver¬ 
suchsperson nicht deutlich erkennbar. Letztere Beobachtung entspricht 
demnach den Angaben von Haldane und seinen Mitarbeitern, welche Jahres- 
schwankuugen bei der Mehrzahl ihrer Versuchspersonen vermißten. Bei zwei 
Versuchspersonen wurde unter dem Einfluß der Übersiedelung in subalpines 
Klima eine sprungweise Änderung der Kohlensäurespannung der Alveolar¬ 
luft beobachtet, die nicht durch die Änderung des Barometerstandes er¬ 
klärt werden kann. Bei großer Müdigkeit am Abend und im Halbschlaf 
bei nächtlichem Erwachen ist die Kohlensäurespannung im arteriellen Blute 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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sehr erheblich, im venösen Blute ebenfalls etwas erhöht. Dies weist auf 
«ine Erhöhung der Kohlensäurespannung auch in den Geweben hin. Die 
aus dieser Beobachtung mit großer Wahrscheinlichkeit zu folgernde Erhöhung 
der Wasserstoffionenkonzentration während des Schlafes kann eine Reihe 
der körperlichen Begleitsymptome des Schlafes bedingen. Ob andere soma¬ 
tische und speziell die psychischen Symptome des Schlafes mit dieser Reak¬ 
tionsänderung im Zusammenhang stehen, muß Gegenstand weiterer For¬ 
schung sein. 


SpinalflQssigkeit. 

Weed und Cushing (165) injizierten Hunden und Katzen intravenös 
Hypophysenextrakt, punktierten dann den dritten Ventrikel und bestimmten 
die Menge der in einem Zeitraum abfließenden Zerebrospinalflüssigkeit. 
Unter Berücksichtigung der Ergebnisse an diesen Tieren und an Kontroll- 
tiereu kommen sie zu dem Schluß, daß durch den einverleibten Hypophysen¬ 
extrakt (hinterer Lappen) eine Vermehrung der Zerebrospinalflüssigkeits¬ 
produktion bewirkt wird, und daß diese Wirkung durch Anregung der sekre¬ 
torischen Tätigkeit der Plexus chorioidei geschieht. 

Nach intramuskulärer Injektion von Sodiumkakodylat und Sodium- 
arsenat fand Hall (67) niemals freies Arsen in der Spinalflüssigkeit. Auch 
bei intravenöser Injektion von Neosalvarsan war das Resultat das gleiche, 
bei intravenöser Injektion von Salvarsan konnte er einige Male Arsen in 
der Spinalflüssigkeit nacliweisen; dasselbe positive Resultat erhielt er in 
einigen Fällen, in denen er Neosalvarsan oder Salvarsan intraspinal einge¬ 
spritzt hatte, aber auch bei intraspinaler Injektion gab es Fälle, wo das 
Resultat ein negatives war. 

Nach weiteren Versuchen von Frazier und Peet (58) übt die intra¬ 
venöse Injektion von Dijodothyrosine einen hemmenden Einfluß auf die Sekre¬ 
tion von seiten des Plexus chorioideus aus. Die Sekretionsabnahme tritt 
gewöhnlich in der ersten halben Stunde nach der Injektion auf, ist aber 
nicht so hervortretend wie diejenige, welche man nach Injektion von salz¬ 
haltigen Lösungen der frischen Gl. thyreoidea erhält. Intravenös injizierte 
Lösungen von Jodothyriue hat nur wenig Einfluß auf die Sekretion, wenn 
man geringe Dosen verabfolgt (0,05 mg). Bei Dosen von 0,3 mg oder 
0,5 mg tritt ein gewisser hemmender Einfluß auf die Sekretion ein, der 
aber nicht so stark ist wie nach Injektion von Dijodothyrosine oder nach 
Salzlösungen von frischer Thyreoidea. 

Nach Injektionsversuchen mit Drüsenextrakten bei Hunden sind Frazier 
und Peet (59) der Ansicht, 1. daß Salzlösungen vom Pankreas, Milz, Niere, 
Leber, Ovarien und Hoden die Sekretion vom Plexus chorioideus (Zerebro¬ 
spinalflüssigkeit) nicht beeinflußen, 2. daß die scheinbare Zunahme der Zere¬ 
brospinalflüssigkeit nach solcher Injektion auf mechanischen Einflüssen beruht, 
3. letzterer Einfluß wird durch das Sinken des arteriellen Blutdruckes be¬ 
werkstelligt, wodurch der Druck in den Sinus des Schädels zunimmt und 
dadurch die präforinierte Hirnflüssigkeit in die Ventrikel und in die große 
Zisterne gepreßt wird, 4. Gehirnextrakt verursacht eine Sekretionszunahme, 
die unabhängig vom Blutdruck ist, 5. Schilddrüsenextrakt ist die einzige 
Drüsensubstanz, welche einen spezifisch hemmenden Einfluß auf die Sekretions¬ 
wirkung des Plexus chorioideus ausübt, ohne daß dabei eine Mitwirkung des 
Blutdruckes geschieht. 

Cullen und Ellis (42) untersuchten bei Tabikern Blut und Spinal¬ 
flüssigkeit auf Urinbestandteile. In 63% war der Unterschied dieser Bestand- 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


teile im Blut und in der Spinalflüssigkeit weniger als 2 mg auf 100 ccm. 
Der größte Unterschied 10 mg auf 100 ccm. Die Unterschiede liegen in 
den Grenzen der normalen Verhältnisse. 

A. Babes und A. A. Babes (7) stellen Untersuchungen über den 
refraktometrischen Koeffizienten der Spinalfiüssigkeit an. Sie fanden, daß 
dieser Koeffizient bei Gesunden nur zwischen sehr nahen Grenzen schwankt, 
daß er bei beiden Geschlechtern gleich ist, und daß er auch bei demselben 
Individuum zu verschiedenen Zeiten sich verändert. Er hält sich immer 
zwischen 1,33493 und 1,33513. Bei der Meningitis ist der Index wesentlich 
höher, bei anderen Infektionskrankheiten (Typhus, Pneumonie usw.) ist er 
niedriger, bei Kindern ist er niedriger als beim Erwachsenen; bei der Epi¬ 
lepsie schwankte der Index zwischen 1,33493 und 1,33509. Je größer der 
Index ist, um so größer ist die Menge der Extraktivstoffe der Zerebrospinal¬ 
flüssigkeit. 


Pharmakologisches. 

In Vorversuchen hat zunächst Wieland (166) die Angaben Bieletz- 
kys bestätigt gefunden und gesehen, daß man Tauben durch Durchströmen 
mit Luft (nach Eröffnung der Knochenatmung) sozusagen beliebig lang 
apnoisch halten kann; wurden der Durchströmungsluft geringe Mengen Kohlen¬ 
säure beigemischt, so traten fast sofort Atembewegungen auf. Anstatt nun 
den Kohlensäuregebalt der Durchströmung zu verändern, hat der Autor bei 
seinen weiteren Versuchen reine Luft durchgeblasen und ihre Geschwindigkeit, 
d. h. die in der Zeiteinheit die Lungen passierende Menge verändert; dann 
wurde, wenn eben Apnoe bestand, der Kohleusäuregehalt der Ausatmungs¬ 
luft gemessen, die dem, was man bei Säugetier Alveolenluft nennt, entspricht. 
Die angewandte Methode gestattet nach Ausicht des Autors eine sichere 
und scharfe Bestimmung der Kohlensäuremenge der Alveolenluft und damit 
der entsprechenden Kohlensäurespannung dos Blutes, bei welcher einerseits 
eben Apnoe zustande kommt, und andererseits nach dieser wieder die ersten 
Atembewegungeu auftreteu. Dieser Schwellenwert der Kohlensäure liegt 
bei der unvergifteten Taube unter 2%. Durch Urethan und Chloralhydrat 
läßt sich die Erregbarkeit des Atemzentrums vermindern. Durch Campherol 
(Kampfer), Coriamyrtin und Lobelin wird es anscheinend direkt erregt, wie 
durch Kohlensäure. 

Winterstein (170) stellte Versuche mit Infusion von Säuren (Salz¬ 
säure, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Essigsäure, Milchsäure, Kohlensäure) 
und von Natronlauge in das Blut bei Kaninchen an und hat die gleich¬ 
zeitigen Änderungen der Lungenventilation, der Wasserstoffionenkonzentra- 
tion [H'l und der C0 2 -Tension des Blutes gemessen. Es ergab sich, daß 
die bei Säureinfusion zu beobachtende Steigerung und die bei Laugeuinfusion 
auftretende Verminderung der Lungenventilation stets mit einer gleichsinnigen 
Änderung der [ET] des Blutes einhergeht, während die C0 2 -Tension sich 
ungleichmäßig verhält und bei Säureinfusion meist eine Änderung in ent¬ 
gegengesetzter Richtung erfährt. Dies ist nach Ansicht des Autors ein 
neuer Beweis für die Richtigkeit der Reaktionstheorie, nach der die Kohlen¬ 
säure keine „spezifisch“ erregende Wirkung auf die Atmung ausübt, sondern 
die [ET] des Blutes den chemischen Regulator der Atmuug darstellt, welch 
letztere mithin auch umgekehrt die Aufgabe hat, die Reaktion des Blutes 
konstant zu erhalten. 

Aus Versuchen von Winterstein (169) am Froschrückenmark ergibt 
sich als übereinstimmendes Resultat der Untersuchung des Sauerstoffverbrauchs, 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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der Säurebildung und der Erregbarkeit der Nervenzentren unter dem Einfluß 
der Narkose folgendes: Eine etwa nachweisbare Herabsetzung der Oxydations¬ 
prozesse ist eine sekundäre Erscheinung, die nicht zur Erklärung des 
Mechanismus der Narkose dienen kann. Die Narkose verhindert weder die 
bei O-Mangel eintretende Ansammlung noch die bei O-Zufuhr erfolgende Be¬ 
seitigung saurer Erstickungsstoffe. Die Narkose ist weder eine Erstickung 
noch führt sie bei längerem Bestehen zu einer solchen. Die Narkose ver¬ 
hindert nicht das Eintreten einer Erstickung infolge von O-Mangel, wohl 
aber die Wiederholung von einer solchen bei O-Zufuhr. 

Die erste Vorbedingung für die Wirkung eines Narkotikums ist nach 
Ansicht von Traube (160) sein geringer Haftdruck am Wasser. Für die 
weniger flüchtigen Narkotika ist die Oberflächenaktivität gegen Luft ein 
annäherndes Maß dieses Haftdruckes. Die treibende Kraft der Osmose ist 
der reziproke Haftdruck am Wasser, die Widerstände sind die .Reibungen, 
welche sich den diosmierendeu Stoffen in Gestalt von Gelwänden und zähen 
kolloidalen Flüssigkeiten entgegenstellen. Der Quotient 1 /Haftdruckx Reibung 
bestimmt die osmotische Geschwindigkeit. Je geringer der Haftdruck am 
Wasser ist und je narkotischer demnach der betreffende Stoff wirkt, um so 
größer ist seine Fähigkeit, Gele (Gelatine, Natriumcholat, Eiweiß) zu lösen 
oder zu quelleu, sowie die Reibung des Protoplasmas zu verringern. Die 
Narkotika haben daher die Fähigkeit, die Reibungswiderstände, welche sich 
ihrem Vordringen entgegenstellen, zu beseitigen oder zu verringern. Die 
Narkotika wirken als Katalysoren, beschleunigend namentlich auf Flockungen 
(Lezithin, Nukleoproteide usw.), verzögernd auf Oxydationen und andere 
fermentative Vorgänge (Hefe-Zymase- und Invertasewirkung). Sie erniedrigen 
den Binnendruck und die Reibung des Zellinhaltes, verdrängen wirksame 
Stoffe von den Phasen- und Zellgrenzflächen und schaffen „tote Räume“ 
im Sinne Liebreiohs. Durch ihre Anreicherung an den Zellwänden 
schwächen die Narkotika die elektrischen Vorgänge in den Nerven ent¬ 
sprechend ihrer narkotischen Wirkung. Die Erkenntnis, daß die narkotische 
Wirkung der Narkotika den katalytischen Wirkungen in bezug auf chemische, 
physikalische und insbesondere auf elektrische Vorgänge parallel geht, hat 
unser Wissen über das Wesen der Narkose erheblich gefördert; wie diese 
einzelnen Vorgänge verlaufen, und welche Vorgänge besonders mit der 
Narkose in Beziehung stehen, wissen wir nicht. Vorzugsweise dürfte es 
sich um Fermentlähmuugen — durch reversible Kolloidflockung — handeln. 

Die Erregbarkeit des Atemzentrums verhält sich unter dem Einfluß 
von Sauerstoffzugabe und Sauerstoffentziehung in ähnlicher Weise wie die 
Erregbarkeit der Phagozyten. Daraus geht nach Ansicht von Hamburger (69) 
hervor, daß die zweckmäßige Eigenschaft des Atmungszentrums nach dem 
Bedürfnis zu arbeiten, nicht etwas diesen Nervenzellen zukommendes 
Spezifisches ist, sondern auch bei anderen Zellarten vorkommt. Auch 
Zyankalium, das in geringen Dosen die Erregbarkeit des Atmungszentrums 
in gewaltigem Grade steigert, regt auch die Phagozytose in sehr bedeutendem 
Maße an. In geringen Dosen wirkt Zyankalium wie eine durch Stickstoff¬ 
oder Wasserstoffbehandlung herbeigeführte partielle Sauerstoffentziehung. 
Aus weiteren Versuchen Hamburgers geht hervor, daß durch geringe 
Quantitäten Kohlensäure die Phagozytose gesteigert wird, durch größere 
Doseu eine Lähmung eintritt. Genau dasselbe beobachtet man wiederum 
beim Atemzentrum. Auch gegenüber Chloroform verhalten sich die be¬ 
treffenden Zellarten in analoger Weise, und im Anfang der Narkose erfährt 
auch das Atemzentrum eine Steigerung der Erregbarkeit (Knoll und 
Arloing). Auf Grund dieser Untersuchungen darf man annehmen, daß 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


die gesteigerte Erregbarkeit des Atemzentrums im Anfänge der Chloroform¬ 
narkose auf einer unvollständigen Beschlagnahme des Sauerstoffs, auf einer 
beginnenden Sauerstoffnot beruht. Es liegt nun nach Ansicht von Hamburger 
nichts Gewagtes darin, dieselbe Erklärung für das Exzitationsstadium bei 
der Narkose anzuwenden. 

Gestützt auf die Untersuchungen von Joel glaubt Höber (80), daß 
Narkose reversible Permoabilitätsverminderung ist. Aus vielen physiologischen 
Gründen muß für die Zellen postuliert werden, daß das Protoplasma ober¬ 
flächlich zu einer Plasmahaut verdichtet ist, deren Material kolloider Natur 
ist; am wahrscheinlichsten ist es, daß in der Kolloidmembran beide Haupt¬ 
sorten der Zellkolloide, die Proteide und die Lipoide, vertreten sind. 
Höber nimmt an, daß der der Narkose zugrunde liegende Vorgang eine 
Grenzflächenerscheinung an den Kolloiden, die Folge der Übernarkotisierung 
eine Lösungserscheinung an den Lipoiden der Plasmabaut ist. 

Traube (161) setzt sich bezüglich der Theorie der Narkose mit 
neueren Ansichten von Höher und Joel (s. vorher) auseinander. Er meint, 
daß, so wertvoll an und für sich Höbors und Joels Versuche auch sind, 
dieselben doch auf das Narkoseproblem nicht augewandt werden sollten. 

Waser (164) untersuchte, welche chemischen Wirkungen die Schlaf¬ 
mittel Chloralhydrat, Paraldehyd und Veronal-Natrium auf die Zusammen¬ 
setzung von Hirn und Blut bei Hunden ausüben. Es ergab sich, daß von 
den drei Mitteln das Chloralhydrat bei fortgesetzter Applikation die un¬ 
günstigsten Wirkungen hervorrief. Sieht man von den schlechten Neben¬ 
wirkungen auf das Allgemeinbefinden ab, die ihrerseits sicher durch Magen¬ 
störungen bedingt sind, so kann man sagen, daß der Paraldehyd von allen 
drei Mitteln in bezug auf seine Wirkung auf das Hirn am besten dasteht. 
Er scheint eine Verfettung des Gehirns zu verhindern und dafür den Gehalt 
an funktionell wichtigen Phosphatiden um ein beträchtliches zu erhöhen. 
Obschon schließlich das Veronal Schwankungen im Gehalt des Hirns und 
des Blutes an Cholesterin und Cholesterinestern bedingt, scheint es doch 
als günstigstes Schlafmittel für chronischen Gebrauch unter den 3 Präparaten 
dazustehen, da es gar keine Störungen des Allgemeinbefindens hervorruft 
und den Hirnchemismus auf die Dauer jedenfalls viel weniger schädigt als 
das Chloralhydrat. Ein Schlafmittel, das für fortgesetzte Therapie verwendet 
werden soll, muß nach den Ergebnissen vorliegender Arbeit die folgenden 
Bedingungen erfüllen : Es soll sich leicht und vollständig im Organismus 
abbauen lassen, damit nicht zu lange Nachwirkungen entstehen und damit 
die allfällig gebildeten Abbauprodukte nicht ihrerseits in unkontrollierbarer 
Weise das Gehirn schädigen. Dieser Anforderung entspricht offenbar am 
weitgehendsten der Paraldehyd, wie sich schon von vornherein aus seiner 
Zusammensetzung ergibt, und wie Analysenzahlen des Gehirns und des 
Blutes beweisen. Zweitens muß verlangt werden, daß das betreffende Prä¬ 
parat auf die Magenschleimhaut keine Beizwirkungen auslöst und so zur 
Beeinträchtigung der Ernährung führt. Diese letztere Bedingung scheint das 
Veronal am besten unter den dreieu zu erfüllen. Von diesem Standpunkt 
aus erscheint es aber immer wieder als wünschenswert, ein subkutan an¬ 
wendbares reines Hypnotikum zu besitzen. 

Nach Versuchen von Beckmann (16) wird unter dem Einfluß seelischer 
Erregung durch Ereignisse des täglichen Lebens, z. B. durch klinische 
Vorstellung bei Patienten, durch eine bevorstehende Prüfung bei Examens¬ 
kandidaten, die normalerweise konstante Kohlensäurespannung der Alveolar¬ 
luft regelmäßig herabgesetzt. Diese Senkung der Kohlensäurespannung während 
seelischer Erregung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu beziehen 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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auf eine Erhöhung der Erregbarkeit des Atemzentrums gegenüber dem 
physiologischen Reiz. In einem Falle von hysterischer Tachypnoe wurde 
keine Änderung der Kohlensäurespannung gefunden. Die Änderung der 
Kohlensäurespaunung der Alveolarluft muß zu einem Sinken der Wasser- 
stoffiouenkonzentrationen des ganzen Körpers führen. Die Funktion zahl¬ 
reicher Orgaue wird dadurch beeinflußt. Durch pharmakologische Agenden 
läßt sich auch beim Menschen die Empfindlichkeit des Atemzentrums gegen¬ 
über dem physiologischen Reiz beeinflussen. Nach Genuß von Kolapastillen 
findet sich eine Senkung der Kohlensäurespannung. Im Ermüdungsstadium 
der Alkoholwirkung steigt die Kohlensäurespannung. Veronal bedingt eine 
Erhöhung der Kohlensäurespannung, deren Maximum nach ca. einer Stunde 
erreicht wird. Im späteren Stadium der Veronalwirkung weist starkes 
Schwanken der C0 2 *Spannung darauf hin, daß die Sicherheit der Atmungs¬ 
regulation beeinträchtigt ist. Morphin erhöht die Kohlensäurespannung 
langanhalteud um sehr beträchtliche Werte. In Fällen von Veronal- und 
Morphiumvergiftung wurden ebenfalls erhöhte Kohlensäurewerte gefunden. 

Das früher (Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 151) von Schaefer be¬ 
schriebene Verfahren zur künstlichen Durchströmung der Hinterbeine des 
Frosches ist eine Methode zur Bestimmung des Widerstandes der durch¬ 
strömten Bahn, da die auf Druck- und Zeiteinheit bezogene Ausflußmenge 
dem Widerstand umgekehrt proportional ist. Die Änderungen des Wider¬ 
standes mit dem Wechsel im Tonus der Gefäße lassen sich damit quanti¬ 
tativ bestimmen. Bei normalen Gefäßen und normaler Durchströmungs¬ 
flüssigkeit ist die Größe des so bestimmten Widerstandes unabhängig von 
der Ärt der Durchströmung: Gleiche Mitteldrucke vorausgesetzt, liefert die 
Durchströmung unter konstantem wie unter rhythmischem Druck in gleichen 
Zeiten die gleichen Ausflußmengen; der Widerstand der Blutbahn verhält 
sich in dieser Beziehung gleich den Glaskapillaren. Dieses Verhalten erfährt 
nach neuen Versuchen von Schaefer (147) eine Änderung beim Zusatz 
gewisser gefäßerregender Mittel zur Durchströmungsflüssigkeit in dem Sinne, 
daß die Ausflußmengen bei rhythmischem Druck ceteris paribus deutlich 
größer werden als beim konstanten. Der Widerstand ist also nicht mehr 
unabhängig von der Art der Durchströmung, sondern erscheint beim rhyth¬ 
mischen Druck geringer als beim konstanten. Die Wirkung geht im all¬ 
gemeinen der vasokonstriktorischen der angewandten Mittel parallel, jedoch 
nicht ausnahmslos; vielmehr lassen sich zwei Gruppen von vasokonstrik¬ 
torischen Mitteln unterscheiden, von denen die eine das soeben erwähnte 
abweichende Verhalten zeigt, die andere aber nicht. Bei den letzteren ist 
die Ausflußmenge bei konstantem und rhythmischem Druck cet. par. gleich 
wie bei normalen Gefäßen. In diese Gruppe gehören von den bisher unter¬ 
suchten Substanzen: Bariumchlorid, Nikotin und Strychnin, während eine 
fördernde Wirkung des Pulses bei Adrenalin, Pituitrin und Digitalis beob¬ 
achtet wurde. Eine Erklärung der fördernden Wirkung des Pulses bei An¬ 
wendung der zuletzt genannten Gruppe von Mitteln kann zurzeit nicht 
gegeben werden. Die Hypothese von der aktiven Tätigkeit der Arterien 
hat zwischen den beiden Möglichkeiten zu entscheiden, ob unter der Wir¬ 
kung des Pulses eine Abnahme des Widerstandes in der durchströmten 
Bahn erfolgt, oder ob in den Arterien eine Kraft ausgelöst wird, welche die 
vom Herzen aufgebrachte unterstützt. 

In einer früheren Arbeit (Ztschr. f. d. ges. exp. Med. 1914) haben 
Ricker und Foelsche über Versuche mit Mesothoriumbestrahlung der 
Niere des Kaninchens berichtet. Auf Grund der Resultate setzten die 
Autoren auseinander, daß der durch die Mesothoriumwirkung entstandene 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 7 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


rote Infarkt, ferner die Zone der Leukozythenthrombose und die Zone der 
Parenohymverminderung und Bindegewebsvermehrung auf eine mit der Ent¬ 
fernung von der Berührungsstelle des Mesothoriumsröhrcheus stufenförmig 
abnehmende Stärke der Einwirkung der Strahlen auf das Gefäßnerveu- 
system der Niere zurückzuführen sind. Um nun diese Versuche an einem 
makroskopisch gut zu beurteilenden Objekte zu kontrollieren, wählte Rieker 
(140) hei seinen neuen Versuchen mit Mesothorium das Kaninchenohr. In 
der ersten Hälfte der Versuche am Ohr konnte nachgewiesen werden, daß das 
Mesothorium am Gefäßnervensystem angreift und vermittels dadurch hervor¬ 
gebrachter Änderungen der Blutströmungen Änderungen am Gewebe hervor¬ 
bringt. In einer zweiten Beihe von Versuchen, in denen der Autor neben dem 
Mesothorium andere Einflüsse auf das Ohr einwirken ließ (Sympathikusdurch- 
schneidung, Verbrühung, Jod) und dabei eine Beschleunigung des Eintrittes 
der Gewebsveränderungen und des Ablaufes der ihnen vorangehenden Kreis¬ 
laufstörungen feststellte, ergab sich, da beide Reize gleichsinnige Gefäßnerveu- 
reize gewesen sind, eine Summation der Wirkung. Die Beobachtungen am 
Kaninchenohr haben zu demselben Hauptergebnis geführt wie die früheren 
Untersuchungen an der Niere. Wirkt nun das Mesothorium in genügender 
Stärke auf ein Karzinom ein, so wird es nach den angeführten Tierversuchen 
überall da, wo noch erregbare Gefäßnerven vorhanden sind als Reiz an¬ 
greifen und Änderungen der Weite der Strombahn und der Geschwindig¬ 
keit der Strömung hervorrufen. Nun besteht nach Annahme ein patho¬ 
logischer Erregungszustand in dem mit Gefäßnerven versehen zu denkenden 
(peripherischen) Teil des Karzinoms und im ganzen noch kleinen Karzinoms: 
ein (seiner Natur nach unbekannter) Reiz ruft die Wachtumshyperämie her¬ 
vor und unterhält dieselbe. Diesem Reiz addiert sich der Mesothoriumreiz; 
die Wirkung dieser Summation ist Verlangsamung und Stase mit ihren 
Folgezuständen: Extravasation, Gewebsveränderungen bis zum Zerfall. Wo 
aber die' Gefäßnerven in Degeneration begriffen sind und infolgedessen 
bereits Neigung zu Stase besteht, d. h. in einer mehr zentralwärts gelegenen 
Zone des Karzinoms, wird die Stase beschleunigt eintreten und damit auch 
der erlöschenden Zirkulation im etwa bereits gefäßnervenlosen Teil der Neu¬ 
bildung ein beschleunigtes Ziel setzen. 

Nach Untersuchungen von Morita (122) sind die Portalgefäßkapillaren 
der Froschleber nur rudimentär, wenn überhaupt, innerviert. Die meisten 
Substanzen lassen ihre Weite unbeeinflußt. Kontrahierend wirken Koffein, 
CaCl 2 , Natr. oxalicum, Nikotin. Dilatierend wirken ß-Imidazolyläthylamin 
Witte-Pepton, Cblorbarium, Jodkalium, Natriumnitrit, Amylnitrit. 

Joel (88) hat Rinderblutkörperchen mit Rohrzuckerlösung teils ohne, 
teils mit Zusatz von Narkotikum in verschiedener Konzentration gewaschen 
und ihre Leitfähigkeit nach der Kohlrauschschen Methode bei konstanter 
Temperatur verschiedene Zeiten nach dem Narkotikumzusatz gemessen. Es 
ergab sich folgendes: 1. Die indifferenten Narkotika bewirken an roten 
Blutkörperchen in genügend kleinen Konzentrationen eine Hemmung der 
durch andere Substanzen hervorgerufenen künstlichen Permeabilitätssteige¬ 
rung, wirken also hämolysehemmend. 2. In höheren Konzentrationen wirken 
die indifferenten Narkotika selbst hämolysierend. 3. Die Wirkungen kleiner 
Mengen von Narkotizis auf die Permeabilität erweisen sich als reversibel. 

Die Jodderivate aus Fett und Fettsäure (Lebermischungen) werden 
nach Mitteilungen von McLean (116) in lipoidlöslicher Form nach interner 
oder subkutaner Anwendung durch die Lipoide der Körperzellen auf¬ 
genommen und teilweise festgehalten. Jodalbin verliert im Absorptions- 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


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prozeß seine Eigenheit, und sein Jod erscheint in den Geweben als eine in 
Wasser oder in Alkohol lösliche Kombination. 

Aus Versuchen von Loew (99), die er mit Ninhydrin an Bakterien, 
Algen, Phauerogamen, Protozoen und niederen Wassertieren und schließlich 
auch an Säugetieren (Maus, Meerschweinchen) angestellt hat, ergibt sich, daß 
das Ninhydrin ein Gift ist, welches bei Säugetieren auf die Nervenzellen 
einwirkt und bei gewisser Konzentration den Tod herbeiführt. 

Whisky kann zwar für einige Augenblicke, wie aus Untersuchungen 
von Lieb (98) hervorgeht, den systolischen Blutdruck. heben, indessen ist 
er doch kein wirklich den Blutkreislauf steigerndes Mittel, da er die Herz¬ 
kraft herabsetzt, da er unverhältnismäßig den diastolischen Blutdruck steigert, 
und den Pulsdruck erniedrigt. 

Bei einmaliger Magnesiumnarkose fand Gensler (63) weder bei 
Kaninchen noch bei Hunden eine Vermehrung des normalen Magnesium¬ 
gehaltes im Gehirn. Bei der kombinierten Magnesium-Neuronal-Hypnose enthält 
das Gehirn fast genau denselben Prozentsatz an Neuronal wie bei einfachem 
Neuronalschlaf. Die Durchlässigkeit der Zellmembranen für Neuronal wird 
somit durch eine vorangehende Magnesiuminjektion nicht verändert. In bezug 
auf die funktionellen Ergebnisse wurde weder ein schnellerer Eintritt noch 
wesentliche Vertiefung des eigentlichen Schlafes nach vorhergehender Magne¬ 
siuminjektion gegenüber dem reinen Normalschlaf beobachtet. Dagegen ist die 
Muskellähmung deutlicher, die Tiere fühlen sich weniger gut (Erbrechen) 
die narkotischen Wirkungen sind deutlicher (Schwinden des Kornealreflexes, 
Sinken der Temperatur), die Erholung ist langsamer nach der Kombinations¬ 
narkose. Es scheint somit analytisch wie funktionell eine reine Additions¬ 
wirkung vorzuliegen. Der Gehalt des Magendarmkanals an Neuronal erscheint 
bei der kombinierten Methode verstärkt. Es fanden sich durchschnittlich 
22,3% des dargereichten Neuronais im Magendarm gegenüber »6,6 % bei 
alleiniger Verabreichung von Neuronal. 

Von Fröhlich und Morita (61) wird eine Methode mitgeteilt, welche 
gestattet, die Wirkung von Gefäßmitteln mit zentralem Angriffspunkte auf 
den Kreislauf des Splanchnikusgebietes beim Frosche zu prüfen. Als zentral- 
vasokonstriktorisch wirksam erwiesen sich: Strychnin, Kokain, B-Tetrahydro- 
naphthylamin, Strophantin, Digitalin, Ammoniakdampf, Atberdampf, Kampfer¬ 
dampf. Schwach vasokonstriktorisch wirkte Koffein. Vasodilatatorisch 
wirkten aktiv Amylnitritdampf, Wärme; durch Lähmung der Vasokonstrik¬ 
toren Kokain in hohen Dosen. Indifferent waren Antipyrin, Kohlensäure¬ 
gas, p-Oxyphenyläthylamin. 

Bei Hunden gelingt es nach Versuchen, die van Dongen (46) anstellte, 
das Atemzentrum an Morphin zu gewöhnen. Es trat eine vollständige Ge¬ 
wöhnung, selbst an das 1800fache der anfangs wirksamen Minimaldosis ein. 
Auch der Zentralapparat der Pupille läßt sich beim Hunde an große 
Morphindosen vollständig gewöhnen. Die Reihenfolge, in welcher bei der 
Morphingewöhnung beim Hunde die verschiedenen Zentra auf Morphin 
nicht mehr ansprechen, ist Pupille, Brechen, Kotentleerung, Narkose, Atem¬ 
zentrum. Die Schließmuskeln des Magens gewöhnen sich nur langsam und 
unvollständig, das Vaguszentrum überhaupt nicht. Zur Erklärung, der 
Morphingewöhnung muß außer einer gesteigerten 5 Zerstörung .noch,.«ine 
„Gewebsimmunität“ angenommen werden, welche. (fi,e*.V3rschiederieti Zentren 
und Organe mit verschiedener Leichtigkeit erWeUben,* und*.d^e. beim Vagus¬ 
zentrum ausbleibt. Die Leichtigkeit, mjt der-.die verschiedenen Zentren und 
Organe sich an Morphin gewöhnen lassen, gejiteni’cjit ihrer Anspruchsfahig- 
keit auf Morphin bei normalen Tieren parallel. Kaninchen lassen sich, wie 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


Versuche über Narkose und Atem Wirkung ergaben, nicht an Morphin ge¬ 
wöhnen. 

Brigl (26) versuchte die Zerehronsäure möglichst ohne Änderung der 
Koblenstoffkette in ein Derivat überzuführen, dessen Konstitution auf anderem 
"Wege einwandfrei festgelegt war bezüglich der Kohlenstoffkette. Als solches 
schien am geeignetsten der zugrundeliegende Kohlenwasserstoff.,. Es wurde 
zunächst das Norraalpentakosan darzustellen versucht, was nach Überwindung 
einiger Schwierigkeiten gelang. Da die daran sich anschließende völlige 
Reduktion der Zerehronsäure, aus Mangel an einem geeigneten Reduktions¬ 
mittel, nicht zu einwandfreien Resultaten führen wollte, wurde versucht, die 
vermutete Konstitution der Zerehronsäure durch Synthese der a-Oxypenta- 
kosylsäure sicherzustellen. Der zweite, kleinere Teil der Arbeit bringt den 
Vergleich der erhaltenen synthetischen Produkte mit der Zerehronsäure. 
Diese Versuche mußten vor ihrem Abschlüsse wegen der Kriegsereignisse 
abgebrochen werden. 

Biberfeld (20) suchte den Lipoidgehalt des Gehirns von an Morphin 
gewöhnten Hunden zu bestimmen. Es ergab sich im Prozentgehalt kein 
Unterschied gegenüber normalen. Selbst ein Hundegehirn, das 2,5 g Morphin 
— die lOfache der tödlichen Dosis — erhalten hatte, wies keine quantitative 
Änderung seiner Lipoide auf. Das darf nach Ansicht des Autors einerseits 
als ein Hinweis aufgeführt werden, daß diese Bestandteile keine wesentliche 
Rolle bei der Alkaloid Wirkung spielen, andererseits lehrt es, wie hartnäckig 
auch in durchaus pathologischen Zuständen das Gehirn seine chemische 
Zusammensetzung bewahrt. 

Hürthle (84) sucht die Frage, ob die bei den normalen Pulsen beob¬ 
achtete „systolische Schwellung des Stromes“ physikalischer oder physio¬ 
logischer Natur ist, zu entscheiden. Er tat dies durch Anwendung erregender 
Gefäßmittel, wobei er annimmt, daß eine daraufhin eintretende Verstärkung 
der systolischen Schwellung auf eine physiologische Ursache schließen läßt. 
Unter der Wirkung des Adrenalins entsteht tatsächlich eine ausgesprochene 
Steigerung der systolischen Schwellung derart, daß der diastolische Strom 
auf Null sinkt oder gar rückläufig wird und der ganze Strom auf den 
systolischen Teil des Pulses beschränkt bleibt. Eine Erklärung dieser Er¬ 
scheinung auf physikalischer Grundlage, insbesondere mit Hilfe der eigen¬ 
tümlichen Viskosität des Blutes, wurde nicht gefunden und deshalb eine 
physiologische Ursache als möglich angenommen; sie besteht vielleicht in 
einem aktiven Eingreifen der Arterienwand in Form einer peristaltischen 
Welle, die entweder durch systolische Energieentwicklung oder systolische 
Herabsetzung des Widerstandes wirken kann. Weitere Stützen für diese 
Hypothesen konnten nicht fceigebracht werden. Die Frage, ob Erhöhung 
des Tonus und Steigerung der systolischen Schwellung, d. h. ob die Abnahme 
der mittleren Stromstärke mit der Erhöhung des Stromquotienteu durch¬ 
weg Hand in Hand gehen, wie bei der Adrenalinwirkung, wurde durch die 
Anwendung weiterer gefäßerregender Mittel zu beantworten versucht. Dabei 
ergab sig.h, daß die Mehrzahl der untersuchten Stoffe, wie Pituitrin und 
Digitalis//n gleichem Sinne wirken wie Adrenalin, daß aber Kalzium und 
Bariumch'lQEfcL'Ielfl.e abweichende Stellung einnehmen, sofern die Abnahme 
dm;-* Jnjttlerefi * ßtrpmstärke mit keiner wesentlichen Erhöhung des Strom- 
quotfeütejr.iipd. der äy'sttflischen Schwellung verbunden ist. 

Zur ‘Schädigung der Lebenseigenschaften der Gefäße benutzte Hürthle 
(85) vier VerTäVfen: .Anämie,. .Tötung des Tieres, Vergiftung und Nerven¬ 
durchschneidung. Eingriffe .Mitten nicht in den einzelnen Fällen über¬ 

einstimmende Wirkung.' \Ä}s.'gelungene Fälle werden diejenigen bezeichnet, 


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Physiologie des Stoffwechsels. 


101 


iu welchen die Lähmung der Gefäße in einer Zunahme der mittleren Strom¬ 
stärke zum Ausdruck kommt. Iu diesen Fällen zeigt sich an der Strom¬ 
kurve regelmäßig eine Abnahme oder Beseitigung der systolischen Schwellung 
des Stromes sowie ein Sinken des Stromquotienten. Damit ist eine Ab¬ 
nahme der e-Werte (der Dehnbarkeit der Bahn) verbunden. Eine solche 
besteht aber nicht in Wirklichkeit, sondern wird durch die Analyse vor¬ 
getäuscht, da diese bei den normalen Pulsen falsche, nämlich zu hohe 
e-Werte liefert. Die durch die Lähmung hervorgerufene Abnahme des 
Tonus der Gefäße (Zunahme der vp-Werte) und die Abschwächung der 
systolischen Schwellung gehen in der Kegel Hand in Hand. Daß aber 
diese Verbindung keine unzertrennliche ist, wurde in der Abhandlung an 
der Chlorkalziumwirkung nachgewiesen und in dieser durch die Yohimbin¬ 
wirkung bestätigt. 

In dieser dritten Abhandlung faßt Hurthle (86) noch einmal die Er¬ 
gebnisse der beiden vorigen kritisch zusammen. 

V. Körösy (93) fand, daß die Gewichtsänderungen des Frosch- 
gastrocnemius nach einstündigem Verweilen der Muskeln in Reihen ver¬ 
schieden konzentrierter Lösungen vou fünf Stoffen — Glukose, Sacharose, 
Na CI, KCl, Ca CI 2 — einen nahezu identischen Verlauf zeigen. Das 
Avogadrosche Gesetz gilt also nicht nur für den Isotoniepunkt, sondern 
für alle Konzentrationen. Die bedeutendste scheinbare Abweichung von der 
Gültigkeit des Avogadroschen Gesetzes bildet der Umstand, daß die 
Volumänderung des Muskels in verdünnteren Lösungen verhältnismäßig 
stärker ist als in konzentrierten. Diese Abweichung ist bei viertelstündiger 
Versuchsdauer geringer als bei einstündiger. Die Gewichtsänderungen des 
Muskels sind ferner bei kurzer Versuchsdauer nicht von dem osmotischen 
Druckunterschiede, sondern von der Geschwindigkeit des osmotischen Wasser¬ 
übertrittes abhängig; diese ist nach den vorhandenen physikalischen Unter¬ 
suchungen dem osmotischen Druckunterschiede nicht proportional, sondern 
nimmt langsamer zu als derselbe. Es zeigt sich ein gewisser Grad von 
Übereinstimmung zwischen der Volumänderung des Muskels bei kurzer 
Versuchszeit und der Geschwindigkeit des osmotischen Wasserübertrittes 
im osmometrischen Versuche. Nach 17stündigem Verweilen der Muskeln 
in den verschiedenen Lösungen zeigt sich gar eine Übereinstimmung mehr mit 
dem Avogadroschen Gesetze. Die Gewichtsveränderungen von.Leimplatten 
zeigen aber in denselben Lösungen nach derselben Zeit mehrfache Ähnlichkeiten 
mit dem Muskel. Es handelt sich also hier teilweise um kolloidale Schwellung. 
Herausgeschnittene Muskelstücke zeigen bei viertelstündiger Versuchsdauer 
ein dem Avogadroschen Gesetze entsprechendes Verhalten; dieses Ver¬ 
halten verändert sich aber viel schneller als bei dem intakten Muskel. Die 
äußere Muskelumhüllung beschützt also das Muskelgewebe vor der Beein¬ 
trächtigung durch die umgebende Lösung. 

Das Colchicin bewirkt am isolierten Darm von Katzen und Kaninchen 
Tonusabfall und Verkleinerung der Pendelbewegung. Irgendwelche erregende 
oder erregbarkeitssteigernde Wirkung kounten Fühner und Rehbein (62) 
am isolierten Darm nicht feststellen. Am Darm in situ konnte bei graphischer 
Registrierung keine konstant auftretende Veränderung der Darmtätigkeit 
unter Colchicin Wirkung gesehen werden. Lähmung des Darmvagus bewirkt 
Colchicin nicht. Im Unterhautzellgewebe und in der Bindehaut des Auges ver¬ 
ursacht Colchicin lokale Hyperämie, ebenso schon in kleinen Dosen an 
der Schleimhaut von Magen und Düundarm. Durch Colchicin hervorgerufene 
Steigerung der Darmperistaltik erklärt sich aus der lokalen Wirkung des 
Giftes. Hierbei handelt es sich nach Ansicht der Autoren wohl weniger 


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Physiologie des Gehirns. 


um eine primär-entzündangserregende Wirkung des Colchicins nach Art der 
drastischen Abführmittel als um eine Vergiftung der Blutkapillaren, wie sie 
für die Klasse der „Kapillargifte“ charakteristisch ist. 


Physiologie des Gehirns. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn und Prof. Dr. O. Kalischer-Berlin. 


1. Babäk, E., Über die automatifche Tätigkeit des Atemzentrums bei den Säugetieren 
und den Menschen. Biologick£ Listy. 1914. III. p. 524. 

2. Bechterew, M. V., Ueber die Grundlagen der funktionellen Tätigkeit der Hirnrinde 
im Sinne der Psychoreflexologie. — Vorgetr. auf d. V. Kongr. böhm. Aerzte zu Prag 
1914; Ga. v opis cesk^ch lekaruv, 53, 1336, 1914. (Böhmisch.) 

3. Beck. O., Zur fronte-pontinen-cerebellaren Bahn Monatsschr. f. Ohrenheilk. p. 208. 

(Sitzungsbericht.) 

4. Bikel es, G., Beobachtungen über physiologische Erscheinungen vom Gepräge 
optischer Agnosien. Zbl. f. Physiologie. Bd. 30. H. 6. p. 241—242. 

5. Boenheim, Felix, Zur Lokalisation des Tastsinns. Berl. klm. Wschr. Xo. 9. p. 216. 
(Niehts Wesent 1 iches.) 

6. Bonola, F., Syndrome from a Lesion in the Thalamus. Policlinico. Jan. Med. 
Section. No. 1. 

7. Dusser de Barenne, J. G., Proefondervindelijke onderzoekingen over de localisatio 
der sensibiliteit in de schors der groote hersenen. Xed. Tijdschr. foor Geneesk. II. 
So. 18. p. 2014. 

8. Franz, Sh. J., Variations in Distribution of the Motor Centres. Psvchol. Monographs. 
19. (1.) 

9. Fröschels, Emil, Über den zentralen Mechanismus der Sprache. Dtsch. Ztschr. f. 
Xorvenheilk. Bd. 54. H. 1. p. 19. (vgl. Kapitel: Aphasie.) 

10. Funkhouser, Edgar Bright, The Visual Cortex, its Localization, Histological Structure 
and Physiological Function. The Journ. of Experim. Medicine. Vol. XXL Xo. 6. 
p. 617. 

11. Galante, E., L’excitabilitä du cervelet chez les chiens nouveau-n£s. Arch. ital. de 
Biologie. T. LXII. fase. II. p. 203. 

12. Gerstmann, Josef, Über Sensibilitätsstörungen von spino-segmentalem Typus bei 
Himrindenläsionen nach Schädelschußverletzungen. Wien. med. Woch. Xo. 26. 
p. 992. 

13. Derselbe, Reine taktile Agnosie als isolierte Krankheitserscheinung nach Schu߬ 

verletzung des rechten Scheitelbeines an einer der mittleren Region der post- 
zentralen Hirnrindenwindungen entsprechenden Stelle. Wien. klin. Woch. 28. 1450. 

(Sitzungsbericht.) 

14. Derselbe, Ein Fall von hochgradigen Störungen in der Erhaltung des Körpergleich¬ 
gewichtes nach Schußverletzung des Stimhims. ebd. 1916. 29.178. (Sitzungsbericht.) 

15. Holmes, E. 1L, Space Sense and Labyrinth. Maine M. Ass. J. Dec. 

16. Hulshoff, Pol D. J., Cerebellaire functios in verband met hun localisatic. Psych. 
en neurol. Bladen. Xo. 3. p. 181. 

17. Jaeger, Fall von Tastlähmung der rechten Hand nach Verletzung des Wemickeschen 
Tastzentrums. Münch, med. Woch. p. 985. (Sitzungsbericht.) 

18. Jelgersma, G., De funetie der kleine hersen. Psych. en neurol. Bladen. No. 3. 
p. 214. 

19. Klestadt, Bertold, Experimentelle Untersuchungen über die resorptive Funktion de« 
Epithels des Plexus chorioideus und dos Ependyms der Sei ton Ventrikel. Zentral bl. 
f. allg. Pathol. Bd. 26. H. 6. p. 161. 

20. Landauer, Fritz, Ein experimenteller Beitrag zur Lehre von der Abhängigkeit der 
Nierenfunktion vom Nervensystem. Inaug.-Dissert. Straßburg. 

21. Lenz, Schuß Verletzungen des Sehzentrums mit Erörterungen der Anatomie und 

Physiologie derselben. Münch, med. Woch. p. 375. ( Sitzungsbericht.) 

22. Lloyd, James Hendrie, The Morphology and Function of the Corpus Striatum. The 
Journ, of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. No. 6. p. 370. 

23. Magnus, R. und Kleijn, A. de. Weitere Beobachtungen über Hals- und Labyrinth¬ 
reflexe auf die Gliedermuskeln des Menschen. Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 160. 
H. 9—10. p. 429. 

24. M&reä, F., Über die Regulierung des Blutstromes im Gehirn, ßasopis ceskfch lek. 
54. 641. (Böhmisch.) 


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Physiologie des Gehirns. 


103 


25 Meyers, J. Leon, Galvanometric Studies of the Cerebellar Function. The J. of the 
Amer. Med. Absoo. Vol. LXV. No. 16. S. 1348. 

26. Morita, Suketata, Untersuchungen an großhirnlosen Kaninchen. 1. Mitteilung: 

Das Verhalten der Blutzuckerkonzentration. Arch. f. experim. Pathol. Bd. 78. 
BL 3—4. p. 188. * 

27. Derselbe, II. Mitteilung: Die Wirkung verschiedener Krampfgifte, ibid. p. 208. 

28. Derselbe, III. Mitteilung: Die Einwirkung zentraler Erregungsmittel auf den Chloral- 
schlaf. ibid. p. 218. 

29. Derselbe, IV. Mitteilung: Quantitative Untersuchungen über die schlaf machende 
Wirkung von Chloralhydrat und Urethan. ibid. p. 223. 

30. Niessl v. Mayendorf, Beiträge zur Kenntnis vom zentralen Mechanismus der 
Sprache. Dtsch. Ztschr. f. Nervenheilk. Bd. 53. H. 3—4. p. 263. (cf. Kapitel: 
Aphasie.) 

31. Derselbe, „Von den Organen des Willens.“ Annalen der Naturphilosophie. 

32. No eh te, Uber Nystagmus bei Verletzungen des Fußes der II. Stirnhirnwindung. Dtsch. 
med. Woch. No. 45. S. 1217. 

33. Paton, Stewart, Observations on Embryo Guineapigs. Bull, of the Johns Hopkins 
Hospital. Vol. 26. p. 173. 

34. Pick, A., Zur Lokalisation in den Sehbahnen, mit einem Beitrage zur Lehre von den 
Sehstörungen der Orientierung im Raum. Prager med. Woch. No. 8. p. 81. 

35. Polimanti, Osv. Ricerche sulla fisiologia oomparata del cerveletto. Internat. 
Monatsschr. f. Anat. u. Physiol. Bd. 31. H 7/9. p. 305. 

36. Rebizzi, Renate, Sulla funzione dei lobi frontali. Nota anatomo-clinica. Vol. 
pubbl. in omaggio al Prof. C. Agostini. 1914. Perugia. 28 S. 

37. Reisinger, Ludwig, Die zentrale Lokalisation des Gleichgewichtssinnes der Fische. 
Biol. Zbl. 36. (10.) 472. 

38. Rothmann, M., Die Hirnphysiologie im Dienste des Krieges. Berl. kirn. Woch. 
No. 14. p. 338. 

39. Scheer, W. M. von der, und Stuurman, F. J., Beitrag zur Kenntnis der Pathologie 
des Corpus Striatum nebst Bemerkungen über die extrgfpyramidalen Bewegungs¬ 
störungen. Ztschr. f. d. ges. Neur. 30. (2/3). 91. 

40. Tal bot, F. B., Energy Metabolism of Infant with Congenital Absenco of Cerebral 
Hemispheres. Arch. of Pediatrics. June. XXXII. No. 6. S. 452. 

41. Timme, Walter, Tho Autonomie ReciprocaJ Activities of Brain and Viscera. The 
Joum. of. the Amer. Med. Assoc. Vol. LXIV. No. 4. p. 321. 

42. Verineulen, H. A. Das Innervationszentrum des Psalters (Omasus) der Wiederkäuer. 
Berl. tiorärztl. Woch. No. 9. p. 97. u. Tijdschr. v. Veeartsenijk. 42. 383. 

43. Wenderowic, E. f Der Verlauf der sensiblen, akustischen und mancher anderer 
Systeme auf Grund eines Falles von Bluterguß in die basalen Hemisphärenabschnitte. 
Arch. f. Psyohiatrie. Bd. 55. H. 2. p. 486. 

Das Kapitel der Hirnphysiologie gehört dieses Jahr zu den am wenigsten 
umfangreichen. Das erscheint zunächst auf den ersten Blick befremdend, 
da man annehmen müßte, daß die vielen Verletzungen des Gehirns, welche 
in der bisher abgelaufenen Kriegszeit durch Geschoßwirkung eingetreteu 
sind, hier eine übergroße Ausbeute an neuen wissenschaftlichen Funden hätte 
zeitigen müssen. Das ist nun nicht geschehen; man muß sogar bekennen, 
daß die Ausbeute, welche der Krieg nach dieser Richtung gebracht hat, 
bisher eine recht dürftige gewesen ist. Aber wer etwas tiefer blickt, kann 
sich darüber wohl nicht wundern, denn das Experiment, welches die Kugel 
ausführt, ist vollständig planlos und zu grob; sie reißt blind dreinfahrend 
Lücken durch die Hirnmasse oder zerquetscht sie ohne Auswahl, ohne jede 
Überlegung, während eben ein wirkliches Experiment planvoll das noch un¬ 
bekannte Terrain mit Vorsicht in Angriff nimmt. Trotzdem mag vielleicht 
selbst bei dem rohen Kriegsexperiment bei der ungeheuren Fülle und der 
Mannigfaltigkeit der Verletzungen manches in die Erscheinung getreten sein, 
was für den einen oder anderen Hirnabschnitt funktionell charakteristisch ist, 
aber die Fülle des Materials und die Schnelligkeit, mit der gearbeitet werden 
mußte, ließ ein ruhiges Beobachten nicht zu. Hat also nach dieser Richtung 
der Krieg bisher nichts erbracht, so ist er für die Hirnphysiologie doch 
von ungeheurem Werte gewesen, indem er das, was die Forschung in jahr- 


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Physiologie des Gehirns. 


zehntelanger mühseliger Friedensarbeit zutage gefördert hat, in der ungeheuren 
Fülle des Materials vollauf bestätigen konnte. Welchen Nutzen das für 
die Hirnchirurgie gehabt hat, bedarf keiner Erwähnung. 

Da die Zahl der Arbeiten aus der Hirnphysiologie, die im vorigen 
Jahre erschienen sind, so gering ist, so erübrigt sich eine Auslese der be¬ 
deutungsvolleren; sie haben alle mehr oder weniger Interesse. 


Allgemeines. 

Rothmann (38) sucht die Frage zu beantworten, 1. was kann die 
Hirnphysiologie in diesem Kriege leisten und 2. welchen wissenschaftlichen 
Gewinn kann die Hirnphysiologie aus den Verletzungen dieses Krieges 
ziehen. Es handele sich hier der Mehrzahl nach um gesunde und jugend¬ 
liche Gehirne, an denen die Geschoßwirkungen geprüft werden können. 
Die in diesem Kriege gesammelten Erfahrungen müßten daher auch ent¬ 
scheiden, ob die Diaschisislehre v. Mo n a k o w s ihre Berechtigung habe oder 
nicht. Spielt sie eine bedeutsame Rolle, so muß sie weitgehend die Er¬ 
scheinungen der umschriebenen Hirnlokalisation überlagern und unkenntlich 
machen; kommt ihr dagegen bei gesunden jugendlichen Gehirnen keine 
wesentliche Bedeutung zu, so wird sich dies an der Beobachtung streng 
umschriebener Hirnlokalisationen und an der weitgehenden Restitution er¬ 
kennen lassen. Die Erfahrungen an diesem Menschenmaterial bestätigen 
im großen und ganzen die bisher erzielten lokalisatorischen Errungenschaften 
der Hirnphysiologie, wofür Rothmann zahlreiche Beispiele anführt. Von 
besonderem Interesse wären die Affektionen der Gebiete hinter der Zentral¬ 
furche (Gyrus centralis post, und Gyrus supramarginalis). Hier hat R. 
festgestellt (Monatsschr. f. Psych. Bd. 36), daß beide Windungen zusammen 
beim Affen in weitgehendem Maße die Richtung des Greifens innervieren. 
Ist diese Rindengegend beiderseits exstirpiert, dann kann der Affe mit den 
Armen überhaupt nicht mehr die Nahrung fassen trotz normalen Lebens 
und trotz Fehlens jeder Lähmung der Arme. Auf diesen Erfahrungen 
fußend, hat R. für den Menschen den Greifversuch zur Prüfung herangezogen. 
Es hat sich nun bei den Schußverletzungen gezeigt, daß eine einseitige 
Schußverletzung im Gebiete der postzentralen Windungen neben den be¬ 
kannten Störungen des Lagegefühls und des stereognostischen Sinnes tat¬ 
sächlich eine beträchtliche Greifstörung herbeiführt, indem der gekreuzte 
Arm einen vorher fixierten Gegenstand bei geschlossenen Augen nicht treffen 
kann, sondern an demselben in den verschiedenen Raumebenen vorbeifährt. 
R. führt ferner drei Fälle seiner Beobachtung an, bei denen das Geschoß 
lediglich den Hinterhauptknochen gestreift hatte und danach 2, 10 und 
14 Tage lang völlige Erblindung eingetreten war, ein Beweis, wie empfindlich 
das Sehzentrum des Hinterhauptlappens sei. Der Autor führt dann weiter 
Verletzungen des Stirnhirns und der Sprachzentren an und betont die mit¬ 
unter schnelle Restitution der Sprachstörung, noch mehr der sensorischen 
als der motorischen, besonders bei methodisch angestellten therapeutischen 
Versuchen. Für Stirnhirnverletzung sei die Störung des Greifversuchs ohne 
Schädigung des Lagegefühls und des stereognostischen Sinnes am gekreuzten 
Arm in Verbindung mit der Gleichgewichtsstörung des Körpers ein wichtiges 
Symptom zur Aufdeckung von Herden im Gebiet der zweiten Stirnwindung, 
vor allem in Kombination mit Agraphie und Störung des Rechenvermögens. 
(Was die Lokalisationsmöglichkeit bei den Schußverletzungen in vielen 
Fällen so wesentlich erleichtert, ist vor allem die Eintrittstelle des Geschosses 
in den Schädel und die Röntgenaufnahme. Die hirnphysiologischen Er- 


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gebnisse allein würden in der Mehrzahl der Fälle vielleicht nicht ausreichen 
und wohl oft genug zu Fehldiagnosen und Fehloperationen führen. Und 
so zieht die Hirnphysiologie aus der ungeheuren Zahl der Kriegsverletzten 
einen größeren Gewinn als letztere durch die Hirnphysiologie. Ref.) 

(Jacobsohn.) 

Bechterew (2) setzt seine Lehre über die Reflexgebiete mit zu- und 
abführenden Organen im Gehirn an die Stelle der Lehre von verschiedenen 
Zentren. Die Hirnrinde teilt er in Partien, die jede ihre funktionelle Selb¬ 
ständigkeit hat und in funktionellen Beziehungen zu den peripheren Organen 
steht Der Begriff des Psychoreflexes und der Koordination der Reflexe 
ist schon von anderen Arbeiten des Verfassers bekannt. In der vorliegenden 
Arbeit bringt er nur eine Zusammenfassung seiner Ansichten. 

(Jar. StuchlÜc.) 

Bikeles (4) berichtet über manche falsche Perspektiveschätzungen, die 
ihm begegneten, wenn er nachts in seiner Stube aufwachte, die durch ein 
mattes Licht, sei es von innen oder von der Straße aus, beleuchtet wurde. 
Es handelt sich bei dieser rasch vorübergehenden Disorientiertheit bei 
unterbrochenem Schlafe seiner Meinung nach um markante durch falsche 
Beurteilung von Tiefendimensionen verursachte Verkennungen. Eine länger 
anhaltende mangelhafte Erfassung von Tiefendimensionen — Tastblindheit 
von Anton oder Störung des Tiefensehens von A. Pick — gehört zur 
wesentlichen Charakteristik der durch zerebrale Herde bedingten optischen 
Agnosien. Man dürfe daher die obigen Beobachtungen von rasch vorüber¬ 
gehenden Störungen der Perspektive mit den optischen Agnosien in Parallele 
setzen und von physiologischen analogen Erscheinungen sprechen. 

(Jacobsohn.) 

Timme’s (41) Aufsatz ist eine Darstellung der anatomischen Verhält¬ 
nisse des autonomen Systems und dessen Wirksamkeit, soweit sie bis jetzt 
erschlossen worden sind. (Jacobsohn.) 

Grosshlrn. 

Wenderowic (43) hatte Gelegenheit, das Gehirn eines 65jährigen 
Patienten mittels der Marchischen Methode zu untersuchen, der ca. einen 
Monat nach einem apoplektischen Insult gestorben war. Bei dem Patienten 
war als Folge der Apoplexie eine halbseitige Hemiplegie und Hemianästhesie 
eingetreten. W. beschreibt die vom Herde im Thalamus ausgebenden sekun¬ 
dären Degenerationen, wobei er sein besonderes Augenmerk auf den Ver¬ 
lauf der sensiblen Bahn richtet. Er stimmt auf Grund seiner Präparate 
den Ansichten von Dejerine und Long, von Marie und Guillain zu, 
die ein umschriebenes Bündel in der Capsula interna verwerfen und letzteres 
als über ein großes Gebiet der Kapsel verstreut und teilweise mit dem 
Pyraraidenbündel vermengt darstellen. Tatsächlich nehmen die sensiblen 
Leitungsfasern schon in dem ventralsten Abschnitte der inneren Kapsel die 
ganze hintere Hälfte des Crus posterius ein, erstrecken sich gegenüber dem 
dorsalen Ende des Globus pallidus über den ganzen Hinterschenkel und 
treten auf der Höhe des oberen Putamenendes sogar frontal vom Genu in 
das Gebiet des Crus anterius über. Die Durchsicht der Präparate zeigt 
ferner mit voller Bestimmtheit, daß die sensiblen Fasern in beiden Zentral¬ 
windungen mit Ausnahme der ventralsten Abschnitte des Operkulum enden, 
indem sie in die Rinde der beiden Lippen (der frontalen und okzipitalen) 
und des Bodens der Rolandosehen Furche eindriugen und auf höher dorsal 
gelegenen Partien sich auch in der Rinde der freien lateralen Hemisphären¬ 
fläche der Regio centralis verbreiten. In der vorderen Zentralwindung ist 


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Physiologie des Gehirns. 


die sensible Projektionsbahn durchaus nicht schwächer vertreten als in der 
hinteren, im operkulären Abschnitt eher noch stärker. Der Autor bezweifelt 
aber, daß sich die sensible Bahn auch in die cztrarolandische Zone aus¬ 
breitet. Eine volle Kongruenz der motorischen und sensiblen Rindenzone 
fände nicht statt, sondern die motorische Zone liege im vorderen Bereich 
der sensiblen. Die Degenerationen nach dem Schläfenlappen zu nahmen in 
dem untersuchten Falle die beiden Querwindungen Heschls und den hin¬ 
teren Abschnitt der oberen Schläfenwindung ein. Es ist das genau die von 
Flechsig festgestellte akustiche Bahn in ihrem Verlaufe vom Corpus geni- 
culatum internum zum Schläfenlappen. Sie liegt in der retrolentikulären 
Partie der inneren Kapsel dicht dem Okzipitalpole des Pntamen an. Die 
optische, nach dem Hinterhauptlappen zu ziehende Bahn konnte er bis zu 
den Rindenregionen der Fissura calcarina verfolgen. ( Jacobsohn .) 

Noethe (32) berichtet über mehrere Fälle, in denen nach TaDgential- 
schuß mit Verletzung der zweiten Stirnwindung Augenzittern mitunter als 
einziges Symptom auftrat. Da eine Verletzung der Medulla oblongata aus¬ 
geschlossen war, so kommt für dies Phänomen eino Schädigung des im Fuß 
der zweiten Stimwindung gelegenen Blickzentrums in Betracht. In manchen 
Fällen trat das Augenzittern nach derselben, in anderen Fällen nach der 
Gegenseite auf, in noch anderen nach beiden Seiten. Diese Erscheinung, 
daß von jedem der beiden Blickzentren alle Formen des Nystagmus erzeugt 
werden, legt, wie der Autor meint, den Gedanken nahe, daß jedes Zentrum 
sich aus Teilen zusammensetzt, welche den linken, den rechten usw. Nystag¬ 
mus erzeugen, und daß eine Affektion aller einzelnen Teile zusammen den 
nach allen Seiten gerichteten Nystagmus hervorruft. Eine Schädigung des 
gesamten Zentrums erzeugte einen allseitigen, partielle Affektionen riefen ein¬ 
seitigen Nystagmus hervor. ( Jacobsohn .) 

Gerstmann (12) hält es auf Grund mehrerer von ihm beobachteter 
Fälle für zweifellos, daß die bei umschriebenen Läsionen der Hirn¬ 
rinde auftretenden Sensibilitätsstörungen neben gliedweiser auch eine 
scharf begrenzte segmentweise Verteilung von echt spinalem Typus 
aufweisen können. Gemeinsam ist diesen Fällen der Sitz der Verletzuug 
in einer Partie der vorderen Scheitelbeingegend. Verf. beschreibt 
einen derartigen Fall, in dem die Rückbildung der zuerst sehr starken Sen¬ 
sibilitätsstörungen körpersegmentweise, das ist in oinem zur Extremitäten¬ 
achse parallelen Sinne, vor sich ging, und nicht nach Extremitätenabschnitten 
(das ist in einer im Verhältnis zur Extremitätenachse vertikalen Richtung), 
wie für gewöhnlich die kortikalen Sensibilitätsstörungen sich zurückzubilden 
pflegen. In einem zweiten Falle waren — wieder im Gegensätze zu der 
sonst für kortikale Sensibilitätsstörungen als typisch bezeichneten gliedweisen 
Ausbreitung derselben — nur die Innervationsgebiete des 6 lumbal —, der 
1., 2. und teilweise auch des 3. Sakralsegments von den Gefühlsstörungen 
betroffen. In diesem Falle war ferner — im Gegensatz zu der bei zere¬ 
bralen Gefühlsstörungen als typisch angesehenen Abnahme der Intensität 
gegen die proximalen Abschnitte hin — die Ausbreitung und Intensität der 
Oberflächen Sensibilität nicht am Fuß, sondern am Unter- und Oberschenkel 
am stärksten. ( 0 . Kaliseher.) 

Pick (34): Bestätigung der Lehre Henschens durch Schilderung 
eines Falles von unterer Quadrantenhemianopsie. (0 . Kalischer.) 

Die Mitteilung von Fnnkhouser (10) ist eine Besprechung der Arbeiten 
von Brodmann, Bolton, Campbell, Henschen, v. Monakow und 
Minkowski über die Struktur und Ausdehnung des Sehrindenzentrums bei 
Mensch und Säugetieren. ( Jacobsohn .) 


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Physiologie des Gehirns. 


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Stammgangllen. 

van der Scheer und stuurman (39) berichten über folgenden Krank¬ 
heitsfall: Ein 64jähriger Mann, der früher stets vollkommen gesund war, 
zeigte in den letzten Monaten des Jahres 1914 Erscheinungen einer Hirn¬ 
erkrankung. Er bekam Kopfschmerz, war weniger interessiert, oft schläfrig, 
hin und wieder verwirrt und machte einen stupiden Eindruck. Obwohl nicht 
bewußtlos, ließ er wiederholt seinen Harn unter sich. Er fühlte nicht immer 
den Harndrang und hatte sich eingenäßt, bevor er es wußte. Auch ließ er 
einige Male seinen Stuhl unter sich. Sein Bewußtseinszustand war wechselnd, 
oft war er desorientiert und zeigte Gedächtnisstörungen. Er hatte Schwierig¬ 
keiten beim Gehen. Es bestanden zunächst leichte Störungen im linken 
Beiu und Steifigkeit beim Umdrehen im Bett. Wassermannsche Reaktion 
war negativ, ln der letzten Zeit seiner Krankheit war Patient meistens 
somnolent. Außer der Somnolenz der Incontinentia urinae et alvi, der Steifig¬ 
keit zeigte er ausgesprochene Spannungszustände bei passiven Bewegungen, 
und zwar ausschließlich der linken Seite. Bauch- und Kremasterreflexe 
waren links nicht auszulösen. Kein Babinski. . Hin und wieder zeigte er 
leichte Zuckungen rechts wie links, ln den letzten Tagen traten viele lang¬ 
same pseudospontane Bewegungen auf, wobei auffiel, daß die rechte Körper¬ 
hälfte ruhig blieb und diese Bewegungen hauptsächlich links stattfandeo. 
Die Pupillen waren eng, reagierten aber prompt. Papillitis duplex. 36 Stunden 
nach der Lumbalpunktion starb Patient. Bei der Obduktion wurde ein 
Tumor des rechten Corpus Striatum gefunden, der an der Stelle des Kopfes 
des Nuoleus caudatus, des vorderen Schenkels der Capsula interna und des 
vorderen Teiles des Linsenkerns gelegen war. Auch wurde eine deutlich 
weiche Stelle mitten im Kopf des linken Nucleus caudatus gefunden. 

Verf. besprechen eingehend zwei Symptome der Krankengeschichte: 
1. die Incontinentia urinae, die sie als ein zerebrales Symptom auffassen, 
trotz der einseitigen Läsiou des Corpus Striatum, und 2. dpn eigentümlichen 
Muskelspannungszustand teilweise des Rumpfes, aber namentlich der linken 
Extremitäten. Sowohl die passive Beugung, wie die Streckung der Extre¬ 
mitäten stieß auf große Schwierigkeiten, die verglichen werden mit denen 
beim Offnen und Schließen eines Zirkels mit fest angedrehter Schraube. 
Es bestand ein Widerstand wie man ihn bei Paralysis agitans viel eher 
antrifft, als bei den spastischen Kontrakturen bei Läsionen der Pyramiden¬ 
bahn. Das zweite auffällige bei den passiven Bewegungen war die Aus¬ 
spannung sowohl der Beuger wie der Strecker; diese Ausspannung hatte 
einen tonischen Charakter, sie dauerte längere Zeit nach. Bei der geringsten 
passiven Bewegung sprangen die Sehnen als harte Stränge hervor; auch bei 
anderen Reizen, z. B. Nadelstichen, trat diese Reaktion ein. Hatte Patient 
die Hand des Untersuchers bei dessen Berührung umschlossen, so konnte 
er sie längere Zeit nicht öffnen wegen des anhaltenden Tonus. Eine pyra¬ 
midale Bewegungstörung liegt nicht vor. Vielmehr weisen diese Störungen 
nach Ansicht der Autoren auf die Beschreibungen hin, die Foerster in 
seinen Studien über die arteriosklerotische Muskelstarre gegeben hat. Auch 
dort eine eigentümliche Steifigkeit, die an die der Paralysis agitans erinnert, 
auch dort eine Neigung zur nachdauernden Muskelkontraktion, die Neigung 
des Muskels, sich zu verkürzen, wenn seine Insertionspunkte sich nähern, 
sowohl bei passiver wie bei aktiver Bewegung, die Schwierigkeit, die einmal 
geschlossene Hand zu öffnen; eine Gruppe von Erscheinungen, der er einen 
bestimmten lokalisatorischen Wert zuerkennt, und zwar als eine Störung in 
den Bahnen von der Brücke ins Kleinhirn. Im vorliegenden Falle ist diese 


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Physiologie des Gehirns. 


Bahn im vorderen Schenkel der inneren Kapsel durch den pathologischen 
Prozeß im Corpus striatum betroffen worden. (Jacobso/m.) 

Morita (26—29) ging experimentell der Frage nach, wie weit psychische 
Faktoren bei der Entstehung der Hyperglykämie beteiligt sind, die be¬ 
stimmten Eingriffen, z. B. dem Aderlaß oder der Einwirkung von pharma¬ 
kologischen Agenden bei Tieren zu folgen pflegt. Er exstirpierte Kaninchen 
zunächst die Großhirnhemisphären, da nach diesem Eingriff eine 
„psychische“ Hyperglykämie nicht mehr in Betracht kommen könne, und 
prüfte alsdann die Einwirkung der Mittel, durch die bei normalen Tieren 
die Hyperglykämie zustande kommt. Die operierten Kaninchen konnten 
bis zu 8 Tagen am Leben erhalten werden. Er kommt zu folgenden 
Schlußfolgerungen: Zur Hyperglykämie führende Reize, wie Aderlaß, Fesse¬ 
lung, Äthernarkose, Diuretin, schmerzhafte Reizung sensibler Nerven- 
elemente versagen auch bei ihrer Großhirnhemisphären beraubten 
Kaninchen nicht. Die bei solchen Tieren erzeugten Steigerungen der 
Blutzuckerkonzentration bewegen sich annähernd in denselben Grenzen wie 
bei normalen Tieren. Da die Hyperglykämie bei diesen operierten Tieren 
nicht von psychischen Momenten hervorgerufen werden kann, so muß ge¬ 
folgert werden, daß die Affekte, wie Schreck, Angst, Schmerzempfindung, 
beim Kaninchen nur eine untergeordnete Rolle bei der Zuckermobilisierung 
spielen. Sie dürften weder andersartig noch auch intensiver wirken als andere 
reflektorisch wirksame Reize. Wahrscheinlich sind sie sogar minder wirksam. 

Die Angriffspunkte zentraler zur Hyperglykämie führender Reize wie 
Diuretin, sowie der Verlauf der entsprechenden Reflexbogen sind daher nicht 
in den Hemisphären, sondern in den Stammganglien des Großhirns oder im 
Mittelhiru anzunehmen. 

In der zweiten Mitteilung beschreibt er Versuche, die er an groß- 
hirnlosen Kaninchen vornahm zur Entscheidung der Frage, ob bestimmte 
Krampfgifte ihren Angriffspunkt in den Großhirnhemisphären haben oder 
nicht. Er untersuchte die Einwirkung von Kokain, Pikrotoxin,. Kampfer, 
Phenol, Zyankalium und Apomorphinum hydrochloricum. Das Auftreten der 
klonischen Muskelzuckungen bei der Kampfervergiftung zeigte sich an 
das Vorhandensein der Großhirnhemisphären gebunden. Ähnlich war das 
Verhalten bei der Kokainvergiftung; bei den operierten Kaninchen fehlten 
klonische Muskelzuckuugen sowie völliger Stillstand der Atembewegungen. 
Die Phenolwirkung am Kaninchen ohne Großhirnhemisphären unterscheidet 
sich in nichts von der an normalen Tieren. Die krampferregende Wirkung 
der Zyankalivergiftung wird durch die Exstirpation der Großhirnhemisphären 
nicht beseitigt. Der nach Apomorphininjektion bei 'normalen Kaninchen 
stets auftretende Nagetrieb fehlt völlig bei den operierten Tieren. Erbat 
demnach einen kortikalen Angriffspunkt. 

In der dritten Mitteilung faßt Verfasser seiue Ergebnisse folgender¬ 
maßen zusammen: 

Von den untersuchten 4 Substanzen: ß-Tetrahydronaphthylamin. Ephe¬ 
drin, Coffeinum natrio-benzoicum und Kokain erwiesen sich nur die zwei 
erstgenannten als imstande, einen nicht zu tiefen Chloralschlaf (0,5 g pro 
Kilogr. Tier) bei großhirnhemisphärenlosen Tieren zu durchbrechen und die 
Tiere zu erwecken. Der Angriffspunkt dieser beiden Körper muß demnach 
subkortikal gelegen sein. Dagegen versagte Kokain, welches normale Tiere 
aus Chloralschlaf zu erwecken vermag (Airila), völlig bei den ihrer Gro߬ 
hirnhemisphären beraubten Tieren. Daraus muß geschlossen werden, daß 
die erregende Wirkung des Kokains rein kortikalen Sitz hat. Ähnlich wie 
Kokain verhielt sich Koffein. 


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Physiologie des Gehirns. 


109 


Vierte Mitteilung: Am Kaninchen ohne Großhirnhemisphären ist 
die Wirkung der Schlafmittel: Chloralhydrat und Urethan eine viel inten¬ 
sivere als an normalen Tieren. Einerseits verfallen die ihrer Großhirn¬ 
hemisphären beraubten Tiere schon auf Dosen der genannten Mittel hin in 
Schlaf, welche bei normalen Tieren übeihaupt ohne merkliche Wirkung sind; 
andererseits ist bei Anwendung von Dosen, welche normale Kaninchen in 
Schlaf versetzen, dieser bei den Kaninchen ohne Großhirnhemisphären sehr 
viel tiefer und von sehr viel längerer Dauer als bei normalen. (0. Kalischer.) 

Lloyd’s (22) Aufsatz ist ein Referat über das Corpus Striatum in ver¬ 
gleichend anatomischer Hinsicht, ferner über dessen Funktion, soweit sie 
bisher aus der Pathologie erschlossen werden konnte. {Jacobsohn.) 

Mittelhirn. 

Reisinger (37) nahm an Fischen (Barschen) Exstirpationen von Groß-, 
Mittel- und Kleinhirn vor, um über die zentrale Lokalisation des Gleich¬ 
gewichtssinnes Aufschluß zu erhalten. Die Entfernung des Vorderhirns 
zeitigte überhaupt keine Ausfallserscheinungen. Die Exstirpation des Mittel¬ 
hirns hat die schwersten Gleichgewichtsstörungen zur Folge. Die Fische 
schwimmen dauernd auf der Seite und mit nach aufwärts gekehrtem Bauch. 
Nach Kleinhirnentfernung zeigen die Fische dauernde Unsicherheit der Be¬ 
wegung, Schwanken und Rollen während derselben, ohne jedoch des Gefühls 
für die normale Stellung zu entbehren. Das Zentrum der groben Gleich¬ 
gewichtseinstellung liegt demnach nach Ansicht des Autors bei Fischen im 
Mesenzephalon, während dem Kleinhirn die feine Regulierung der Bewegungen 
obliegt. Letzteres ist das Organ des Statotonus. (, Jacobsohn .) 


Medulla oblongata. 

Wie aus Beobachtungen von Magnus und de Kleijn (23) hervorgeht, 
lassen sich beim Menschen in Fällen, bei denen durch Erkrankungen des 
Hirns und seiner Häute die Großhirnfunktion mehr oder weniger vollständig 
ausgeschaltet ist (Hydrozephalus, Apoplexie, amaurotische Idiotie usw.), so¬ 
wohl Hals- als auch Labyrinthreflexe auf die Gliedermuskulatur nachweisen. 
Die Halsreflexe werden durch Drehen (manchmal auch durch Wenden) des 
Kopfes ausgelöst und bestehen in tonischer Streckung der Glieder auf der 
„Kieferseite“ und in Hemmung des Strecktonus und in tonischer Beugung 
der Glieder auf der „Schädelseite“. In geeigneten Fällen dauert die Reaktion 
so lange, als der Kopf in seiner gedrehten Lage gehalten wird. Die 
Labyrinthreflexe werden durch Veränderung der Stellung des Kopfes im 
Raume ausgelöst. Sie sind Reflexe der Lage. Es gibt nur eine Stellung 
des Kopfes im Raume (wenn bei Rückenlage der Kopf um ca. 46° unter 
die Horizontale gesenkt wird), bei der der Strecktonus der vier Extremi¬ 
täten maximal ist, und nur eine um 180° davon verschiedene Stellung, bei 
der er minimal ist. Die Reaktion der Glieder ist tonisch, nimmt aber nach 
einiger Zeit an Intensität ab. Bei normalen Säuglingen läßt sich bis zum 
Alter von etwa 3 Va Monaten derselbe Labyrinthreflex auf die Gliedmaßen 
nachweisen. Die Reaktion ist aber weniger tonisch und von kürzerer Dauer. 

(Jacobsohn.) 

Nach einem Stich in die Medulla oblongata beim Kaninchen erfolgte, 
wie sich aus Versuchen von Landauer (20) ergab, gleichgültig, ob der 
Stich lateral oder medial geführt wurde, stets eine Vermehrung der NaCl- 
Ausscheidung. Die NaCl-Ausscheidung ging der Polyurie weder quantitativ 


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110 


Physiologie des Gehirns. 


noch zeitlich parallel. Nach gelungenem Salzstich ist auch der Zuckerstich 
noch wirksam und umgekehrt. Der Zuckerstich ist stets begleitet von 
einer Steigerung der NaCl-Ausfuhr; der Salzstich dagegen kann mit einer 
Glykosurie verbunden sein, braucht es jedoch nicht. Aus dieser Tatsache 
zieht der Autor folgenden Schluß: Die Bahnen, durch deren Verletzung 
vermehrte Chlorausscheidung hervorgerufen wird, und die Bahn, auf der der 
Zuckerstich wirksam ist, verlaufen an der Stelle des Salzstiches getrennt 
voneinander, sie nähern sich, berühren sich vielleicht, an der Stelle, wo die 
Zucker-Piqüre wirksam ist. (Jacobsohn.) 


Kleinhirn. 

V 

Nach Ansicht und nach experimentellen Studien von Meyers (25) hat 
das Kleinhirn keine sensiblen Funktionen, sondern wirkt nur motorisch. Zu 
den typischen Ausfallssymptomen des Kleinhirns gehören Ataxie und Tremor. 
Alle anderen Symptome, welche von anderen Forschern beobachtet und 
beschrieben wurden, sind durch Verletzungen anderer Hirnteile bedingt. 
Der Autor tritt bezüglich der Erklärungsversuche der Ausfallssymptome bei 
Kleinhirnläsionen resp. der Kleinhirnwirkuog der Annahme Gowers bei, 
welcher annimmt, daß das Kleinhirn selbst überhaupt nicht auf die Körper¬ 
peripherie wirkt (d. h. auf die Muskulatur), sondern daß das Kleinhirn aus¬ 
schließlich seine Wirkung auf das Großhirn entfaltet. Es übt auf das Gro߬ 
hirn, d. h. auf die Rolandosche Zone, einen hemmenden koordinatorischen 
Einfluß aus. Diesen Einfluß übt es auf die kontralaterale zerebrale Zone 
durch efferente Bahnen aus, welche im vorderen Kleinhirnschenkel verlaufen. 
Während also nach vielen anderen Forschern die nach Kleinhirnläsionen 
eintreteuden Bewegungsstörungen durch verringerte oder verlorene Aktivität 
hervorgerufen werden, sind diese Störungen nach Gowers und Meyers der 
Ausdruck einer Hyperaktivität des Großhirns, da der normale hemmende 
regulatorische Einfluß des Kleinhirns weggefallen ist. Dieses Problem sucht 
nun Meyers durch das Galvanometer zu lösen, indem, wenn man einen 
elektrischen Strom durch das Nervensystem laufen läßt, die Nadel des 
Galvanometers nach einer bestimmten Richtung ausschlägt, je nachdem der 
Strom vom aktiven zum inaktiven Gewebe geht oder umgekehrt. Meyers 
hat nun eine Anzahl von Katzen in der Weise operiert, daß er ihnen eine 
Kloinhirnhemisphäre exstirpierte und einzelnen dann große Abschnitte der 
kontralateralen Hemisphäre abtrug, die Rolandosche Zone aber stehen 
ließ, bei anderen wiederum die Rolandosche Zone abtrug und die anderen 
Teile stehen ließ. Nach dem Ausschlage des Galvanometers zeigt sich ein¬ 
deutig die Aktivität der Rolandoschen Zone nach Abtragung der kontra¬ 
lateralen Kleinhirnhemisphäre. Hierin meint der Autor eine wichtige Stütze 
für die Gowerssche Hypothese gefunden zu haben. (Jacobsohn.) 

Während die Großhirnrinde neugeborner Hunde auf Kurareeinwirkung 
erst am fünften Tage nach der Geburt reagierte, konnte Galante (11) eine 
Reaktion am Kleinhirn nach tiefen Injektionen schon gleich nach der Geburt 
der Hunde feststellen. (Jacobsohn.) 


PlexQs chorioldeus. 

Klestadt (19) hat zehn Tage alte Ziegenlämmer trepaniert und je zwei 
Tieren eine öprozentige Lithiumkarminlösung, eine lprozentige Tuschelösung, 
eine in einer lprozentigen Kochsalzlösang gesättigte ölsaure Natronlösung 
und eine lprozentige Traubenzuckerlösung in den Seitenventrikel injiziert. 


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Physiologie des Rückenmarks. 


111 


Eine Verschleppung auf hämatogenem Wege in die Körperorgane zeigte 
sich dauach nicht. Eiu vollkommen negatives Resultat bezüglich der 
fiesorptionsfahigkeit der Epithelien ergaben die Versuche mit chinesischer 
Tasche. Die übrigen Versuchsanordnungen waren für den Plexus voll¬ 
kommen, für das Ependym bis auf den Glykogenversuch positiv. Die 
Befunde werden näher beschrieben. Diese Versuche bestätigen den von 
Askanazy (auf dem letzten Pathologenkongreß) mitgeteilten Befund. Sie 
zeigen aber auch r daß außer dem Plexus auch dem Ventrikelependymepithel 
resorptive Funktion zukommt. (Jacobsohn.) 


Physiologie des Rückenmarks. 

Ref.: Prof. Dr. H. Wien er-Prag. 

1. Brouwer, B., Über Querlänion des Rückenmarkes beim Menschen und das Bastiansche 
Gesetz. Psych. en neurol. Bladen. Bd. 19. No. 4/5. S. 377. 

2. Derselbe. Die biologische Bedeutung der Dermatomerie. Beitrag zur Kenntnis dor 
Segmentalanatomie und der Sensibilitätsleitung im Rückenmark und in der Medulla 
oblongata. Folia neuro-biologica. Bd. 9. H. 3. p. 225. 

3. Gierlich, Über den Eigenapparat des Conus medullaris. Arch. f. Psychiatrie. 
Bd. 55. H. 2. p. 572. 

4. Kedroff, Mich., Über die Hemmungserscheinungen bei verschiedenen Reflexen 
(Schlucken, Niesen usw.) und Vorgängen, die mit Muskeltätigkeit verbunden sind. 
Arch. f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abt. H. 1. p. 9. 

5. Porter, E. L., Variations in Irritability of the Reflex Are. II. Variations Undor 
Strychnine. The Amer. Joum. of Physiology. Vol. 36. No. 2. p. 171. (Nicht, 
erschienen ) 

6. Richtor, Hugo, Beiträge zur Anatomie und Physilogie der Försterschen Radikotomie. 
Orvosi Hetilap. 1914. No. 3. Ungarisch. 

7. Spi Iler, William G., Remarks on the Central Representation of Sensation. The Journ. 
of Nerv. and. Mental Ditease. Vol. 42. No. 6. p. 399. 

8. Tigerstedt, Carl, Ein Rückenmarkspräparat vom Kaninchen. Skandinav. Arch. f. 
Physiologie. Bd. 33. H. 1—3. p. 54. 

Brouwer (1) beschreibt zwei Fälle von Querläsiou des Rückenmarks. 
Der erste folgte dem Bastianschen Gesetze, lebte aber nur drei Tage 
nach dem Insult, Bei dem zweiten waren die Knie* und Achillessehnen - 
redexe in den ersten Monaten nach dem Trauma aufgehoben, kehrten aber 
6 Monate nach der Verletzung am rechten Beine und wieder 2 Monate 
später am linken Beine zurück und waren sogar erhöht. Für die Erklärung 
der Tatsache, daß die Reflexe zuerst verschwinden, kommt vor allem nach 
der Ansicht des Verf. der Schock in Betracht, der beim Menschen viel größer 
und länger dauernd ist, als bei niederen Tieren und zweitens der Umstand, 
daß die Art der traumatischen Einwirkung beim Menschen eine viel gröbere 
ist, als im Tierexperimeut. 

Auf Grund seiner Beobachtungen schließt sich der Autor den Gegnern 
der Bastianschen Lehre an. (Wiener.) 

Im ersten Teile der Arbeit bespricht Brouwer (2), welche Auffassung 
über die sensible Leitung im menschlichen Rückenmark am meisten be¬ 
friedigt und kommt zu dem Schlüsse, daß es die Lehre PetrSns ist, nach 
welcher der Schmerz- und Temperatursinn und ein Teil des Tastsinnes in 
die Hinterhörner verlegt wird, um dann im gekreuzten VorderseitenstraDg 
weiterzugeheu, der andere Teil des Tastsinnes im gleichseitigen Hinter¬ 
strang weitergefühlt wird. Er schließt sich weiter der Auffassung Heads 
und Fabritius’ an, daß diese beiden Bahnen für den Berührungssinn 
einander nicht völlig gleichwertig sind, sondern im Hinterstrang die Bahn 


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112 


Physiologie des Küokenmarks. 


verläuft, welche denjenigen Teil des Berührungssinnes führt, welcher die 
höhere Funktion bildet und nicht von einem Gefühlston begleitet, sonderu 
mit dem Muskelgelenksinn innig verbunden ist. Dieser Teil des Tastsinnes 
umfaßt neben dem einfachen Berührungssinn auch den Baumsinn. Der Autor 
beschreibt weiter, wie beim Absteigen in die Tierreihe dieser Teil des 
Bückenmarks, in welchem dieser höhere Teil der sensiblen Funktiou lokalisiert 
ist, allmählich seine Bedeutung verliert. 

Im zweiten Teile der Arbeit betont der Verfasser, daß die Petrin sehe 
Lehre bei der Analyse der sensiblen Ausfallserscheinungen bei Erkrankungen 
der Medulla oblongata konsequent durchgeführt werden kann. Sie gibt 
eine bessere Einsicht in die funktionelle Bedeutung der Fibrac arcuatae 
internae und der medialen Schleife und erklärt, warum Zerstörungen der¬ 
selben den Berührungssinn nicht nennenswert zu schädigen brauchen. Der 
Teil des Tastsinnes, welcher in der Formatio reticularis weitergeführt wird, 
ersetzt denjenigen Teil, welcher in der Schleife oralwärts zieht. Die Ver¬ 
hältnisse, wie sie bei der Körpersensibilität festgestellt wurden, gelten auch 
für die Sensibilität des Kopfes. Die sog. vitalen Beize fließen in die spinale 
Trigeminuswurzel ab, und derjenige Teil der Beize, welcher nicht unmittelbar 
in Keflexsystemen weiter verarbeitet wird, steigt in den kreuzenden sekun¬ 
dären Trigeminusbahnen Wallenbergs wieder oralwärts. Die Fische haben 
nur diese Systeme. Sobald aber das Laudieben eintritt, kommt das zweite 
System, der frontale Trigeminuskern mit seinen sekundären Strahlungen, hinzu. 
Dieses gewinnt bei höheren Tieren an Bedeutung und ist zusammengesetzt 
aus dem anderen Teile des Tastsinnes und dem Muskel-Gelenksinn. 

Im dritten Teile werden einige Fragen über die Segmentation im 
Kückenmark des Menschen an der Hand der Syringomyelie besprochen. 
Dio Sensibilitätsstörungen bei dieser Krankheit werden analysiert, und es 
wird betont, daß die Fälle von raetamerem Typus im Sinne Brissauds 
sicher Vorkommen und also eine anatomische Erklärung brauchen. Zur Er¬ 
klärung wird die Hypothese aufgestellt, daß die Fasern, welche die lateralen 
Teile der Dermatome versorgen, im Bückenmark unmittelbar in der Nähe des 
Zentralkanals verlaufen und da ihr zweites Neuron anfangen. 

Im vierten Teile werden die Begrenzungslinien im Trigeminusgebiete, 
wie sie bei der Syringobulbie Vorkommen, näher betrachtet. Es wird betont, 
daß die Gesetze, die für die Segmentation des Körpers zutreffen, nicht ohne 
weiteres auf den Trigeminus übertragen werden dürfen. Denn während im 
Hinterhorn eines Bückenmarksegments viele Male hintereinander das ganze 
Dermatom repräsentiert liegt und die Zerstörung eines Teiles eines der¬ 
artigen Segments ohne Schaden für die Sensibilität des hinzugehörenden 
Dermatoms ertragen werden kann, ist dieses in der spinalen Trigeminus- 
wurzej nicht der Fall. Hier ist eine topographische Lokalisation möglich 
in dem Sinne, daß im kaudalen Teile der Wurzel die hinteren Teile des 
Hautgebietes des Nervus trigeminus repräsentiert sind und allmählich mehr 
nach vorne die mehr oral gelegenen Teile. Eine Erklärung für diesen 
Widerspruch findet sich in der Betrachtung der niederen Tiere, wobei es 
sich zeigt, daß der Trigeminus nicht als Analogon eines Segmentalnerven 
betrachtet werden darf, sondern daß er aus zwei Nerven entstanden ist, dem 
Nervus ophthalmicus und Nervus maxillo-mandibularis, welcher jeder für sich 
ein Ursprungsganglion hat, die beide später zum Ganglion Gasseri zusammen¬ 
fließen. Von dieser ursprünglichen Trennung bleiben auch bei höheren 
Tieren und beim Menschen Spuren erhalten; denu immer bleibt in der 
spinalen Trigeminuswurzel der erste Trigeminusast ventral, der zweite und 


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Physiologie des Rückenmarks. 


113 


dritte dorsal. Die spinale Trigeminuswurzel ist somit das Analogon von 
zwei Segmenten, welche dorsal und ventral übereinander liegen. 

Im fünften Teile studierte der Verfasser, welche Differenzen bestehen 
zwischen den Dermatomen, die mit der anatomischen Methode festgestellt 
wurden und denjenigen, welche mit der experimentellen Methode bei den 
höheren Säugetieren gefunden wurden. Aus seinen Wahrnehmungen und 
Überlegungen zieht er den Schluß, daß sich die Dermatome des Menschen 
sicher überlagern, aber daß diese Überlagerung uicht so groß sein kann, 
wie dies bei den Tieren der Fall ist. 

Im sechsten Teile wird betont, daß diese Verschiedenheit in der äußeren 
Körperform bedingt ist. ( Wiener .) 

Gierlich (3) faßt die Ergebnisse seiner Arbeit in folgenden Sätzen 
zusammen: 1. Von den kleinen Fußmuskeln erhalten die M. interossei plant, 
und dors., sowie die M. lumbricales ihre Innervationen nur aus dem II. Sakral¬ 
segment, während die Muskeln des Groß- und Kleinzehenballens — M. abductor, 
adductor und flexor brevis hallucis, sowie abductor digiti minimi und opponens 
digit. min. — auch aus höher gelegenen Segmenten Bezüge empfangen. 
Das II. Sakralsegment entsendet ferner motorische Impulse zu den Waden¬ 
muskeln — M. gastrocnemii, solei und tib. post, sowie zu den Kniebengem 
— M. biceps femoris, semitendinosus, semimerabranosus — und Hüft¬ 
streckern — M. glutaeus max. — ti. Die im Conus terminalis eintretenden 
zarten hinteren Wurzelfasern sind zum größten Teile Reflexkollateralen, nur 
relativ wenig Fasern ziehen im Hinterstrang aufwärts. 3. Die im Conus 
terminalis im Hinterstrang absteigenden Faserbündel, das dorsomediale 
Sakralbündel und das dreieckige Feld biegen sukzessive im Bogen nach 
vorne ab, legen sich medialwärts den in die Basis des Hinterhorns ein¬ 
strahlenden hinteren Wurzelfädeu an uud gelangen mit diesen zu den multi¬ 
polaren Ganglienzellen der Intermediärzone. 4. Das lumbosakrale ventrale 
Hinterstrangsfeld ändert in den unteren Bückenmarkssegmenten seine Lage, 
indem es im I. Sakralsegmeut dem Septum posterius entlang sich verschiebt, 
so daß im II. Sakralsegment die vorgeschobeue Spitze dieses Feldes den 
hinteren Rand des Rückenmarkes erreicht und im IH. Sakralsegment in 
umgekehrter Lage bereits die breitere Seite dem hinteren Rande des Rüekeu- 
marks anliegt, während die Spitze des Feldes an die hintere Kommissur 
stößt. Im IV. Sakralsegment erreicht die Spitze nicht mehr die Kommissur, 
während die Ausdehnung des Feldes am hinteren Rande des Rückenmarks 
immer mehr zunimmt, bis schließlich im V. Sakralsegment das Feld ein an 
der hinteren medialen Kuppe des Hinterstranges gelegenes gleichseitiges 
Dreieck darstellt, dessen beide gleichen Seiten dem Septum post, und dem 
hinteren Rande des Rückenmarkes entlang sich erstrecken, während die 
breitere Seite den einstrahlenden hinteren Wurzelbündeln anliegt. Das Feld 
enthält hauptsächlich endogene kurze, wohl zumeist aufsteigende Fasern, 
in seinen mittleren Partien auch Wurzelfasern von längerem Verlaufe. 
5. Die in der Lissauerschen Randzone des Conus terminalis verlaufenden 
Fasern gehören uicht allein den hinteren Wurzeln an, sondern sind zumeist 
endogenen Ursprunges. 6. Vorderstranggrundbündel und Seitenstrangreste 
fuhren auch im Konus im wesentlichen endogene Fasern von kurzem Ver¬ 
laufe. 7. Im Conus terminalis treten aus den multipolaren Zellen der 
Intermediärgruppe in der grauen Substanz zentrifugale Fasern in den hinteren 
Partien der Seitenstränge aus, welche mit den hinteren Wurzeln peripher- 
wärts ziehen. Sie führen willkürliche motorische Fasern zum N. pudendus 
und stellen im wesentlichen präganglionäre zentrifugale Fasern zu den auto¬ 
nomen Ganglien des Beckens dar. 8. Es besitzt der Conus terminalis einen 

Jahr ««bericht f. Neurologie n. Psychiatrie 1815. 8 


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114 


Physiologie des Rückenmarks. 


ziemlich umschlossenen Eigenapparat, welcher zur Innervatiou von Blase, 
Mastdarm und der Fortpflanzungsorgane dient. 9. Das Zentrum für den 
Analreflex liegt im Conus terminalis. 10. Der Conus terminalis enthält beim 
erwachsenen Menschen Zentren für Blase, Mastdarm und Geschlechtsorgane. 
Bei Ausschaltung des Kouus treten die viszeralen sympathischen Zentren 
vikarierend ein, und es kommt dann zum Automatismus von Blase und 
Mastdarm, sowie zur Erhaltung von Libido und Erektion bei Fehlen von 
Ejakulation und Orgasmus. ( Wiener.) 

Auf Grund eigener Beobachtungen und von anderer Seite veröffent¬ 
lichter Fälle behandelt Spiller (7) eine Reihe von Fragen bezüglich des 
zentralen Verlaufes der Schmerz- und Temperaturfasern. Was die Lokalisation 
dieser Fasern im Rückenmark betrifft, so ist es wahrscheinlich, daß sie den 
Tractus spinothalamicus und spinotectalis einnehmen, der nach innen vom 
Gowersschen Bündel gelegen ist. Auch im Pons und Pedunculus haben die 
Schmerz- und Temperaturfaseru einen von den Tastfasern getrennten Verlauf. 
Auch in der spinalen Trigeminuswurzel sind Schmerz- und Temperaturfaseru 
enthalten, es zeigen aber die Schmerzfasern einen getrennten Verlauf von 
den Temperaturfasern, und bei letzteren läßt sich sogar ein getrennter Ver¬ 
lauf der Fasern für die Wärmeempfindung von den für die Kälteempfindung 
feststellen. Dabei handelt es sich nicht um lange Bahnen, soudern dieselben 
sind durch die Kerne der Formatio reticularis vielfach unterbrochen. 
Was die Bedeutung des Tractus spinothalamicus und spinotectalis für die 
Sensibilität betrifft, so beschreibt der Autor einen Fall vom Verschluß der 
linken Arteria cerebollaris superior, bei dem bei Erbaltensein der Sensibilität 
auf der linken Körperseite die Schmerz- und Temperaturempfindung auf der 
rechten Körperseite erloschen war und bei dem in der Höhe des Trigemiuus- 
ursprunges Degeneration der lateralen Schleife, und des oberen Kleinhirn¬ 
stieles mit Ausnahme einer kleinen Partie in der Nähe der medialen Schleife 
und einer kleinen Partie des Tegmentum des medialen Anteils des Pons 
vorhanden war. In den regenerierten Teilen, die dem Tractus spinothala¬ 
micus und spinotectalis entsprechen, haben wir daher die Schmerz- und 
Temperaturfasern zu suchen. 

Der Autor bringt ferner den Nachweis, daß die drei Äste des Trige¬ 
minus in dessen spinaler Wurzel gesondert repräsentiert sind, und daß in 
jedem dieser Abschnitte die Temperaturfasern von den Schmerzfasern ge¬ 
sondert verlaufen. 

Weiter wird gezeigt, daß der Trigeminus die wesentlichste Bahn für 
zum Bewußtsein gelangende Druckempfindungen darstellt, daß der Fazialis 
keine Fasern für die Druckempfindungen enthält und die sympathischen 
Fasern nur eine allgemeine rohe Druckempfindlichkeit leiten. 

Schließlich wird ausgeführt, daß der Parietallappen die kortikale senso¬ 
rische Oberfläche darstellt. Es ist möglich, daß die verschiedenen Empfin¬ 
dungsqualitäten in verschiedenen Teilen dieses Lappens repräsentiert sind 
und auch die verschiedenen Körperabschnitte im Parietallappen gesondert 
vertreten sind, so daß ihre Gefühlssphären in der Nähe ihrer motorischen 
Area liegen. ( Wiener.) 

Nach Versuchen von Kedroff (4) sind die beim Schluckakt von 
Kroneker und Meitzer beobachteten Hemmungserscheinungen der Atmungs¬ 
und Herzzentreu mit einer gewissen Stellung der Mundhöhle verbunden, 
die beim Schluckakte vorübergehend eingenommen wird, und welche 
isoliert vom letzteren eingenommen werden kann (sog. „palato-pharangeale 
Spannungstelluug“). Ähnliche Hemmungserscheinungen treten auch in den 


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Physiologie des -Rückenmarks. 


115 


ersten Stadien der Muskeltätigkeit auf, z. B. beim Muskelspannungaversuch, 
welcher während einiger Zeit das Atembedürfnis aufhebt und eine beträcht¬ 
liche Pulsbeschleunigung zur Folge hat (Hemmung des vagus). Dieselben 
Erscheinungen sind mit dem Gehen, Laufen, Bergaufsteigeu, Heben und über¬ 
haupt mit jeder Arbeit verknüpft. Sie kommen im Anfang der Arbeit und 
nach Aufhören derselben am besten zum Vorschein. ( Jacobsohn .) 

Porter (5) fand, daß bei der Rückenmarkskatze häufig Schwellenwerte 
des Beugereflexes vorhanden sind, welche durch Strychnin nicht geringer 
werden, selbst wenn man es in Dosen anwendet, die Krämpfe erzeugen. 
Die Schwellenwerte werden aber durch Strychnin häufiger herabgesetzt, wobei 
er 8 bis 56 % der Originalschwellenhöhe fallt. Der Schwellenwert des ge¬ 
kreuzten Extensiousreflexes, welche normal 2 —lOOmal so hoch ist wie der 
Beugeschwellenwert, wird durch Strychnin fast oder ganz auf den Beuge¬ 
schnellenwert erniedrigt. Der Schwellenwert für den Extensionsreflex des 
Vorderbeins, ein Reflex, welcher in dem strychuinlosen Tier nicht auslösbar 
ist, ist gleichfalls erniedrigt. Der Beugeschwellenwert, welcher nach Gebrauch 
von Äther oder bei Asphyxie abnorm hoch ist, wird durch Strychnin fast 
zur normalen Höhe herabgesetzt. Die Herabsetzung kann sukzessive nach 
steigender Dosis der Droge erfolgen. ( Jacobsohn .) 

Tigerstedt (8) gibt das Modell einer Kneifzange an, um die Hals- 
gefaße am Kaninchen abzuklemmen, wenn man unter Dekapitation ein 
lebendes Rückenmarkspräparat vom Tiere erhalten will. (Jocobso/m.) 

In seiner Arbeit über Anatomie und Physiologie der Försterschen 
Radikotomie gelangt Richter (5) zu folgenden Schlüssen: Das Fehlen der 
Sensibilitätsstörungen nach der Radikotomie beweist dio Richtigkeit der 
Sherringtonschen Regel. Die Erfolglosigkeit des Eingriffes spricht ent¬ 
weder für die Ungenügendheit der Durchschneidung, oder dafür, daß bei 
älteren Personen die Hemmuugswirkung der Pyramiden bereits stark aus¬ 
geprägt ist. Nucleus ruber und Thalamus können anatomisch intakt sein, 
somit ist nicht immer in diesen die Ursache der Reizerscheinungen zu suchen. 
Anatomisch bemerkt Verf., daß der Nervenstumpf, welcher mit dem Ganglion 
in Zusammenhang steht, nicht degeneriert. Im Niveau der Durchschneiduug 
fand Verf. Faserausfall in der Li s sauer sehen Zone, weniger in der Sub- 
stantia gelatinosa und im Hinterhorn. In den Reflexkollateralen findet sich 
ein starker, aber nicht totaler Fa9erausfall; auch die Kollateralen der in¬ 
takten Nachbarsegmente weisen geringe Veränderungen auf, also haben die 
Kollateralen keinen streng segmentären Verlauf. Verf. glaubt, daß die 
Reflexkollateralen einen gewissen trophischen Einfluß ausüben auf einzelne 
Teile des Vorderhornes, und fand dementsprechend auch in diesen stellen¬ 
weise eine Verkleinerung und Faserausfall. Die mit den Reflexkollateralen 
zusammenhängenden Nervenzellen fand er im seitlichen und seitlich-rück¬ 
wärtigen Teile des Vorderhornes. Die zentripetal degenerierenden Fasern 
gehören bloß im Verlaufe einiger Segmente zu einer "Wurzel, dann vermischen 
sia sich sukzessive mit anderen Wurzeln; die obersten Zervikalwurzeln treten 
ohne Vermengung in die Burdachschen Stränge ein. Die zentrifugal dege¬ 
nerierenden Fasern verlaufen im Schultzeschen Komma vermengt mit 
endogenen Fasern, doch haben die letzteren einen längeren Verlauf. 

(//Woe«rm<7-Budapest.) 


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8 * 

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1 ] 6 


Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn. 

1. Al varez »Walter C. f The Motor Functions of the Intestine from a New Point of View. 
The Joum. of the Amer. Mod. Assoc. Vol. LXV. No. 5. p. 388. 

2. As her, Leon. Die Innervation der Niere. Dtsch. med. Woch. No. 34. p. 1000. 

3. Auer, John, The Action of the Depressor Nerve on the Pupil. Proc. of. the Soc. for 
Exper. Biol. 13. (3.) 52. 

4. Babak, E., Uber die Frage der qualitativen Verschiedenheiten in der Tätigkeit 
der Nervenfasern. Biologicke Listy 22. I. Teil. p. 169. 2. T. p. 258. (Böhmisch.) 

5. Bachrach, D., Über die Hörschärfe zu verschiedenen Tageszeiten. Ztschr. f. Sinnes- 
physiöl. Bd. 49. H. 2. p. 99. 

6. Baley, Stephan, Mitteilungen über das Sehen der Farben bei haibgeschlossenen Augen, 
ebd. Bd. 49. H. 2. p. 79. (Vgl. Kapitel: Psychologie.) 

7. Basler, Über das Sehen von Bewegungen. Münch. Med Woch. p. 1256. (Sltiung»- 
bericht.) 

8. Benedict, Francis G., und Murschhauser, Haas, Energy Transformations Düring 
Horizontal Walking. Proc. of the Nat. Acad. of Sc. 1. (12.) 597. 

9. Beritoff, J. S. und do Boor, S., Zur Berichtigung und Ergänzung gewisser Punkte 

meiner Arbeit ,,Die tonische Innervation der Skelettmuskulatur und der Sympathikus/ 6 
welche Hm. de Boer zu feiner Erwiderung veranlaßt haben. (Folia neuro-biol. 
Bd. VIII. No. 4. 1914.) — Über die autonome tonischo Innervation dor Skelett¬ 

muskulatur: Erwiderung zur Berichtigung und Ergänzung der Kritik Beritoffs von 
S. de Boer. Folia neuro-biologica. Bd. 9. H. 2. p. 113, 119. 

10. Bernstein, J., Erwiderung, betreffend die Versuche von A. Herlitzka über die Wärme¬ 
bildung bei der Horzkontraktion. Arch. f. die ges. Physiol. Bd. 161. H. 11—12. 
p. 595. 

11. Boer, S. de, Beitrag zur Kenntnis der allgemeinen Physiologie de3 Herzmuskels. 
Geneeskund. Bladen. 18. 197. 

12. Derselbe, Die Bedeutung dor tonischen Innervation für die Funktion der quergestreiften 
Muskeln. Ztschr. f. Biologie. Bd 65. H. 7-—8. p. 239. 

13. Bottazzi, Nuovo ricerche sui muscoli rtriati e lkci di animali omeotermi. Nota III. 
(Part. 2a): La fatica studiata nel preparato frenico-diaframmatico. Atti della Reale 
Accad. dei Lincei. Abt. 24. No. 1. p. 27. 

14. Derselbe. Nuovo ricerche sui muscoli striati e lisci di animali omeotermi. Nota V: 
Le contrazioni del preparato diaframmatioo provoeato da stimoli unici. ebd. Vol. 24. 
No. 3. p. 172. 

15. Derselbe, Nuove ricerche sui muscoli striati e lisci di animali omeotermi. Nota 6: 
11 fenomcno delfaddizione di due contrazioni successive indagato nel preparato diafram- 
matico. ebd. S. 5. Class-e di Scienze fisiche, mat. e nat. Vol. 24. No. 5—6. 
p. 404. 559. 

16. Brunemoier, E. H.,andCarlson, A. J., Contributioasto thePhysiologyof theStomach. 
XIX. Reflexes, from the Intestinal Mucosa to the Stomach. The Amer. Journ. of 
Physiology. Vol. 36. No. 2. p. 191. 

17. Bürker, K., Übor den Verlauf der elektrotoni. chen Ströme dos Norven und seine 

Beeinflussung durch Narkotika. Zentral bl. f. Physiol. 1914. 28. 777. (Sitzungs- 

bericht.) 

18. Burnett, Theo C., The Quo. tion of Tonus in Skelotal Muscle. Proc. Soc. for Exper. 
Biol. New York. Vol. 12. No. 7. p. 108 (1040). 

19. Burton-Opitz, R., The Vivo-Motor Nerves of the Duodenum. The Amer. Journ. of. 
Physiology. Vol. 36. No. 2. p. 203. 

20. Busacea, Archimede, Sülle modificazioni delFapparato plastosomialo nelle cellule 
del/ epitelio pigmentato della retina sotto l'azione della luce e dell'oscuritä. Monit. 
zool. ilat. Anno 25. No. 11. p. 255—257. 

21. Carlson, J., and Braafladt, L. H., Contributions to the Physiology of the Stomach. 
XVIII. On the Sensibility of the Gas tri c Mucosa. The Amer. Joum. of Physiology. 
Vol. 36. No. 2. p. 153. 

22. Cary, Lewis II., The lnflucnco of the Marginal Sense Organs on Functional Activity 

in Cassiopea Xamachana. Proc. of the Nat. Acad. of Sc. 1. (12.) 611. 

23. Cohnheim, 0., Blutuntersuchungen bei Muskelarbeit. Zbl x f. Physiol. 1914. 28. 747. 

(Sitzungsbericht.) 

24. Deel man, H. T., Der Lrsprung des Voratriumyogramms in Zusammenhang mit 
den Tonustheorien. Nod. Tijdschr. v. Genoesk. 59. (II) 1719. 

25. Die den, Hermann, Klinische und experimentale Studien über die Innervation der 
Schweißdrüsen. Dtsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 117. N. 3. p. 180. 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


117 


26. Don, R. Joseph, The Inhibitory Effect of Adrenalin upon the sphincter of the pupil. 
Proc, Soc. for Exper. Biol. of New York. Vol. XII. No. 8. p. 127 (1059). 

27. du Bois-Reymond, R., Ueber den thermischen Ausdehnungskoeffizienten des 

Muskelgewebes. Berl. klin. Woch. p. 879. ( Sitzungsbericht.) 

28. Derselbe, Mythothermische Untersuchungen am Herzmuskel. Zbl. f. Physiol. 1914. 
28. 774. (Sitzungsbericht.) 

29. Duel, Arthur E., Orientation and Equilibrium; A Study on the Sense of Position and 

Movement; Dependence on the Vestibulär Appartus and Importance in the Whole 
Field of Medicine. Med. Rec. 1916. 89. 212. (Sitzungsbericht.) 

30. Edmunds, C. W., Some Vasomotor Reactions of Liver, with Special Reference to 
Presence of Vasomotor Nerves to Portal Vein. Joum. of Pharmacology. No. 5. 

31. Eiger, M., Das Elektrokardiogramm als Ausdruck dor algebraischen Summe (bzw. 
Resultate) der Aktionsströme des einkammerigen und zweikammerigen Herzens. 
Die physiologischen Grundlagen der Elektrokardiographie. II. Arch. f. d. ges. 
Phys. 162. 433. 

32. Derselbe, Der Einfluß des Nervus Vagus auf die Glykogenbildung in der Leber und 
eine neue Methode zur Untersuchung de3 Leberstoffwechsels in seiner Abhängigkeit 
vom Nervensystem. Zbl. f. Physiol. Bd. 30. H. 11. S. 445. 

33. Derselbe, Beiträge zur Physiologie der Drüsen von Leon As her. 23. Mitteilung. 
Der sekretorische Einfluß des Nervus vagus auf die Gallenabsonderung. Zschr. f. 
Biologie. 66. (6/7.) 229. 

34. Derselbe, Der Einfluß des Nervus vagus auf die Glykogenbildung in der Leber etc. 
• Zbl. f. Physiol. Bd. XXX. p. 445. 

35. Enge loch, Franz, Studien über antagonistische Nerven. No. 10. Vergleich der 
Empfindlichkeit entnervter und nicht entnervter Organe. Zschr. f. Biol. Bd. 66. 
H. 3. p. 99. 

36. Ernst, Z., Untersuchungen über den chemischen Muskeltonus. III. Mitteilung. 
Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 161. No. 8—10. p. 483. 

37. Fiori, P., Negative Results of Experimental Lesions of Vagus to Induce Gastric Ulcera- 
tion. Riforma medica. July 31. XXXI. No. 31. 

38. Fischer, Charles Sumner, The Sympathetic Nervous System and the Gastro-Enterio 
Functions. Med. Record. Vol. 87. No. 4. p. 127. ' 

39. Derselbe, The Autonomous Nervous System and the Gastroenterio Functions, ebd. 
Vol. 88. No. 3. p. 92. 

40. Fraser, Francis R., Changes in the Electrocardiograms Accompanying Experimental 
Changes in Rabbits Hearts. The Journal of Experim. Med. Vol. 22. No. 3. p. 292. 

41. Fredericq, Henri, Disparition brusque dela conduotibilit6 ä la suite d’une compreäsion 
prolong^e ou progressive s’exercant sur les troncs nerveux. (La loi du „Tout ou Rien“ 
est eile applicable aux fibres nerveuses?) Ztfchr. f. allg. Physiologie. Bd. 16. H. 1—2. 
p. 213. 

42. Frey, M. v., und Hacker, F., Die Schichtung der Nervenenden in der Haut. Sitzungs- 
ber. d. Physikal.-med. Ges. z. Würzburg. 1914. 17. Dez. 1915. No. 1—2. p. 13. 17. 

43. Fuji, K., Researches on Electric Discharge of Isolated Electric Organ of Astrape 
(Japanese Electric Ray) by Means of Oxillograph. Sei-I-Kwai Med. Joum. March. 

44. Galante, E., Nouvelles recherches sur les nerfs sensitifs des vaiseeaux sanguins. Arch. 
ital. de Biologie. T. LXII. fase. II. p. 259. 

45. Gasser, H. S., und Meek, Walter J., A Study of the Mechanism by which Muscular 

Exercico Produces Acceleration of the Heart. The Am. J. of. Phys. 34. (1.) 48. 1914. 

46. Gel 1 hörn, Emst, und Lewin, Hans, Das Verhalten des Blutdrucks bei Muskelarbeit 
in normalem und ermüdetem Zustande. Arch. f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abt. 
H. 1. p. 28. 

47. Gildemeister, M., Sinnesphysiologische Mitteilungen. Zbl. f. Physiol. 1914. 28. 

757. (Sitzungsbericht.) 

48. Ginsburg, H., Tumpowsky, J., and Carlson. A. J., The Onset of Hunger in Infants 
After Feeding. A Contribution to the Physiology of the Stomach. The Joum. of 
the Amer. Med. Assoc. Vol. LXIV. p. 22. p. 1822. 

49. Go 1 o w i n s k i, J. W. Vor wort von Prf. Dr. C. J a c o b j. Beiträge zur Frage der Wirkung 
der Xanthinderivate. 1. Mitteilung. Zur Frage der elastischen Eigenschaften des lebenden 
Gewebes, unter besonderer Berücksichtigung der ruhenden quergestreiften Muskeln 
(Gastrocnemius dos Frosches). Arch. f. die ges. Physiol. Bd. 160. H. 4—6. p. 207. 

50. Derselbe, II. Mitteilung. Über die Veränderungen mechanischer Eigenschaften des 
ruhenden quergestreiften Muskels (Froschgastroenemius) unter dem Einflüsse der 
verschieden alkylierten Xanthine. ibid. p. 223. 

51. Derselbe, III. Mitteilung. Über den Einfluß der Purinderivate auf die mechanischen 
Eigenschaften des tätigen Skelettmuskels. ibid. p. 231. 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


52. Derselbe, IV. Mitteilung. Zur Frage über den Einfluß der Xanthinderivate auf die 
mechanische Arbeitsleistung des Skelettmuskels, ibid. p. 248. 

53. Derselbe, V. Mitteilung. Zur Kenntnis der Wirkung der Purinderivate auf den 
Zirkulationsapparat und das zentrale Nervensystem, ibid. p. 283. 

54. Gottschalk, Alfred, Erstickung und Erholung der markhaltigen Kaltblütemerven. 
Ztsch. f. allg. Physiol. Bd. 16. p. 513. 

55. Grünbaum, A., Zur Frage des binokularen räumlichen Sehens. Folia neuro-biologica. 
Bd. IX. H. 5. p. 567. 

56. Derselbe, Ueber stereoskopische Scheinbewegungen. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. 

Eerste Helft. Nr. 20. 59. (I.) 1737. 

57. Derselbe, Ein Reaktionstaster für zwei einander ablösende Ströme, ibid. 59. (II.) 
1760. 

58. Günther, Gustav, Zur Kenntnis der Spontanbewegungen überlebender Arterien. 
Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 9. p. 401. 

59. Haberlandt, Ludwig, Für Physiologie der Atrioventrikularfasem de3 Kaltblüter¬ 
herzens. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 6. p. 225. 

60. Hecht, Adolf F., Saitengalvanometrische Untersuchungen des Herzmechanismus bei 
Alpenmurmeltieren während des Winterschlafes. Ztschr. f. die ges. experim. Med. 
Bd. 4. H. 4/5. p. 259. 

61. Derselbe, Klinische und tierexperimontelle Untersuchungen über die Beziehungen des 
wirksamen Prinzips von Apocynum zum Herzmechanismus, ibid. p. 264. 

62. Hering, H. E., Nachweis, daß Kalium den Herzvagustonus steigert. Arch. f. die 

ges. Physiol. Bd. 161. H. 11—12. p. 537. • 

63. Derselbe, Über erregende Wirkungen des Kalium auf das Saugetierherz. (Extra- 
systolische Tachykardie, Flimmern.) ibidem, p. 544. 

64. Derselbe, über die fördernde Wirkung des Morphiums auf die heterotrope Reizbildung 
im Herzon. Dtsch. ined. Woch. No. 39. S. 1145. 

65. Heß, C., Messende Untersuchungen zur vergleichenden Physiologie des Pupillen¬ 
spieles. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. p. 382. Festschrift f. H. Sattler. 

66. Hirschberg, Julius, Zur Geschichte des Augenleuchtens. Centralbl. f. prakt. Augen- 
heilk. April, p. 81. 

67. Höber, R., Einfluß seltener Erden auf die Muskelkontraktion. Zentralbl. f. Physiol. 

1914. 28. 765. (Sitzungsbericht.) 

68. Hoffmann, Paul, Demonstration der Durchschneidung der hemmenden und fördernden 
Fasern, die zum Öffnermuskel der Krebsschere ziehen, ebd. 28. 772. (Sitzungs* 
bericht.) 

69. Derselbe und Magnus-Alslebon, E., über die Maximalfroquenz, in der die Teile eines 
Warmblüterherzens zu schlagen vermögen. Zugleich Versuche über die Entstehung 
der Arythmia perpetua. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 3—4. p. 139. 

70. Hopkins, Ralph, and Mann, Gustav, Heat Coagulation of Muscles of Northern and 
Southern Frogs. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol. Bd. 31. H. 10—12. 
S. 552. 

71. Hoskins, R. G., Rowley, Walter N., and Rösser, Curtice. The Effect of Hemorrh&ge 
and of Occlussion of the Carotid Arteries on Vasomotor Irritability. The Archives 
of Internal Medicin. Vol. 16. No. 3. S. 456. 

72. Inouye, T., Ueber das Einschleichen des Reizes beim Kaltfroschnerven. Mitt. a. 
d. med. Fakultät der K. Univ. Tokyo. XIII. No. 3. p. 411. 

73. Jansma, J. R., Untersuchungen über den Tonus und über die Leichenstarre der quer¬ 
gestreiften Muskulatur. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 9. p. 365. 

74. Jensen, Paul, Weitere Untersuchungen über die thermische Muskelreizung. Arch. 
f. die ges. Physiologie. Bd. 160. H. 6—8. p. 333. 

75. Julius, S., Über den unvollkommenen Tetanus der Skelettmuskeln. Arch. f. d. 
ges. Phys. 162. (11/12.) 521. 

76. Kaiser, K. F. L., Ein neues Verfahren zur Registrierung der menschlichen Herztätigkeit. 
Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 160. H. 11—12. p. 525. 

77. Kerppola,. William, und Walle, D. F., Über die Genauigkeit eines nachgosungenen 
Tones. Skandinav. Arch. f. Physiol. Bd. 33. H. 1—3. p. 1. (Vgl. Kapitel: 
Psychologie.) 

78. Kleijn, A. de, und So ein, Anatomische Bemerkungen von Burlet, H. M. de, Zur 
näheren Kenntnis des Verlaufs der postganglionären Sympathicusbahnen für Pupillen- 
erweiterung, Lidspaltenöffnung und Nickhautretraktion bei der Katze. Arch. f. die 
ges. Physiologie. Bd. 160. H. 6—8. p. 406. 416. 

79. Kohlrausch. A., Die Aktionsströme der Wirbeltiemetzhaut bei Reizung mit Lichtem 
verschiedener Wellenlänge. Zentralbl. f. Physiol. 1914. 28.759. (Sitzungsbericht.) 

80. Kronecker, Hugo, Kompensationen der Geschmacksempfindungen. Ztschr. f. 
Morphol. 1914. 18. 351. 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


81. Kuile, Th. E. ter, Sinneswerkzeuge und Raumvorstellung. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 
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82. Laqueur, E., Zur Überlebensdauer von Säugetierorganen mit Automatic. Zentralbl. 

f. Physiol. 1914. 28. 728. (Sitzungsbericht.) 

83. Lieb, C. C., and Mc. Whorter, J. E., The Innervation of the Gall-Blador. Proc. of. 
the Soc. for Exper. Biol. and Med. Vol. 12. No. 5. p. 61. (903.) 

84. Lindhard, J., Uber das Minutenvolum des Herzens bei Ruhe und bei Muskelarbeit. 
Arch. f. die ges. Phyßiol. Bd. 161. H. 5—7. p. 233. 

85. Loewenthal, N„ Des eosinophilies cons^cutives & la r^action experimentale du 
nerf sciatique. Revue m4d. de la Suisse Romande. No. 2. p. 77. 

86. Loh mann, W., Über die ,, binokulare Reizsummierung“ bei Untersuchung der Licht¬ 
wellen. Arch. f. Augenheilk. Bd. 79. H. 3—4. p. 110. 

87. Manley, O. T., and Marine, David, Data Relative to the Problem of Secretory Nerves 
of the Thyroid. Proc. Soc. for Exper. Biol. of New York. Vol. XII. No. 8. p. 122. 
( 1054 .) 

88. Mansfeld, G., Untersuchungen über den chemischen Muskeltonus. II. Mitteilung. 
Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 161. H. 8—10. p. 478. 

89. Derselbe und Luk des, Alexius, Untersuchungen über den chemischen Muskeltonus. 
I. Mitteilung, ibidem, p. 467. 

90. Mayer, Alfred Goldsborough, The Nature of Nerve Conduction in Cassiopea. Proceed. 
of the National Acad. of. Sciences. Vol. 1. No. 5. p. 270. 

91. Meek, W. J., and Eyster, J. A E., Effect of Epinephrin on Heart Rate. Amer. 
Joum. of Physiol. Vol. 38. No. 1. p. 62. 

92. Dieselben, Experiments on the Origin and Propagation of the Impulse in the Heart. 

Heart. 5 . (3.) 227. 1914 . 

93. Dieselben, Experiments on the Origin and Propagation of the Impulse in the Heart. IV. 
The Effect of Vagal Stimulation and of Cooling on the Location of the Pacemaker within 
the Sino-auricular Node. The Amer. Journ. of Phvs. 1914. 34 . (4.) 368. 

94. Dieselben, The Origin of the Cardiac Impulse in Turtles Heart. Proc. of the Soc. 

for Exp. Biol. 1914. 11. S. 100—101. 

95. Meitzer, S. J., The Relation of the Purgative Action of Magnesium Sulphate to 
Perii talsiß, and the General Law of Crossed Innervation. The Archives of Internal 
Medicine. Vol. 15. No. 6. p. 955. 

96. Moore, W. H., On the Mechanism of the Anaphylactic Reaction in Smooth Muscle. 
Proc. Soc. for Exper. Biol. and Med. New York.- Vol. 12. No. 7. p. 105. (1037.) 

97. Derselbe, Comparative Physiology of Immune and Anaphylactic Smooth Muscle. 
ibidem, p. 106. (1038.) 

98. Münnich, Ferdinand, Über die Loitungsgeschwindigkeit im motorischen Nerven bei 
Warmblütern Ztschr. f. Biologie. Bd. 66. H. 1—2. S. 1. 

99. Nobel, Edmund, Über den Einfluß der Gallensäuren auf die Herztätigkeit. Ztschr. 
f. die ges. exper. Medizin Bd. 4. H. 4/5. p. 285. 

100. Noll, A., Experimentelle Untersuchungen über die zentrale Innervation der Vogeliris. 

Zbl. f. Physiol. 1914. 28. 761. (Sitzungsbericht.) 

101. öhrwall, Hjalmar, Der sogenannte Muskelsinn. Skandinav. Arch. f. Physiol. 
Bd. 32. H. 4—6. p. 217. 

102. Oshima, T., Die Beziehungen des Nervensystems zur Hamsekretion. Intern. Beitr. 
z. Path. u. Ther. d. Ernährungsstör. 5. (4.) 421. (Siehe Kapitel: StoffwechseL) 

103. Ozorio, Miguel, Sur le röle des pneumogastriques dans la production de l’apn6e. Folia 
neuro-biologica. Vol. 9. No. 6/7. 

104. Parnas, Jacob, Über das Wesen der Muskelerholung. Zbl. f. Physiol. Bd. 30. 
H. 1. p. 1. 

105. Pechstein, Heinrich, Die Reaktionen des ruhenden und arbeitenden Froschmuskels. 
Biochem. Ztschr. Bd. 68. H. 1—2. p. 140. 

106. Ponirovrky, N. G., Innervation of the Isolated Heart of Dog and Rabbit. Russky 
Vrach. Jan 3. XIV. No. 1. 

107. Popp, Heinrich, Die Wirkung von Wärme und Kälte auf die einzelnen Ampullen des 
Ohrlabyrinths der Taube. Festgestellt mit Hilfe neuer Methoden. Inaug.-Diss. 
Straßburg. 

108. Quagliariello, Proprietä ehimiche e chimico-fisicho dei muscoli e dei succhi muscolari. 
Nota VI. Sul contenuto dei muscoli striati bianchi e rossi. Atti della Reale Accad. 
dei Lincei. Vol. 24. No. 4. p. 348. 

109. Quix, F. H., Die Funktion der Mittelohrmuskeln bei den Walfischen mit Demonstration 
mikro-photographischer Lichtbilder. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59 . (I.) 1833. 

110. Rehorn, Ernst, Das Dekrement der Erregungswolle in den erstickenden Nerven. 
Ztschr. f. allg. Physiologie. Bd. 17. H. 1. p. 49. 


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120 


Physiologie der peripherischen Nerven and jfaskeln. 

# 

111. Keys, J. H. O., Über die absolute Kraft der Muskeln im menschlichen Körper. Arcb. 
f. die ges. Physiol. Bd. 160. H. 4—6. p. 183. 

112. Rijnberk, G. van, Onderzoekingen over spiertonuß en spiertonusinnervatie. Nederl. 
Tijdschr. voor Geneesk. Tweed© Helft. Nr. 8. p. 1184. 

113. Robinson, G. Canby, The Action of the Vagi on the Heart in Paroxysmal Tachycardia. 
The Arch. of Int. Med. 16. (6.) 967. 

114. Roels, F., Über akustische Nachbilder. Verslag Kon. Acad. v. Wet. (afd. Wis-en 
Natuurk.) 24. 721. 

115. Rogers, Fred T., Contributions to the Physiology of the Stomach. XX. The 
Contractions of the Rabbits Stomach Düring Hunger. The Amer. Joum. of Physiology. 
Vol. 36. No. 2. p. 183. 

116. Rutenburg, David, über die Netzhautreizung durch kurzdauernde Lichtblitze und 
Liohtlücken. Inaug.-Diss. Straßburg. 

117. Sanders, Hans-Theodor, Untersuchungen über die Wärmelähmung des Kaltblüter¬ 
nerven. Ztschr. f. allg. Physiol. Bd. 16. p. 474. 

118. Schafir, M. Studien über antagonistische Nerven. No. 11. Über den angeblichen 
Einfluß des Kalziummangels auf das autonome Nervensystem. Ztschr. f. Biol. 66. 
(4/5.) 141. 

119. Schlomovitz, B. H., Eyster, J. A. E., and Meek, W. J., Experiments on Origin and 
Conduction of Cardiac Impulse. Relation of Nodal Tissue to Chronotropic Influence 
of Inhibitory Cardiac Nerves. Arne-. Joum. of Physiol. Vol. 37. No. 2. S. 177. 

120. Secher, Knud J. A., Die Wirkung des Chinins auf die quergestreifte Muskulatur des 
Frosches. Arch. f. experm. Pathol. Bd. 78. H. 5—6. p. 445. 

121. S eff rin, Lorenz, Über die kleinsten noch wahrnehmbaren Geruchsmengen einiger 
Riechstoffe beim Hund. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 11—12. p. 493. 

122. Siegmund, P. K., Die mechanische und die neurogene Herzstoßtheorie. Zbl. f. 
Herz- u. Gefäßkrankh. 7. (23.) 357. 

123. Sternberg, Wilhelm, Sinneseindruck und Appetit. Intern. Beitr. z. Path. u. Ther. 
d. Emährungsstör. 5. (4) 421. (Vgl. Kapitel: Allg. Physiol.) 

124. Straub, M-, Eine biologische Untersuchung des Tonus der Muskeln, eine Ausdehnung 
der Theorie der Brechungszustände des Auges herbeiführend. Geneesk. Bladen. 
18. 105. 

125. Tashiro, Shiro, On the Nature of the Nerve Impulse. Proc. of the National Academy 
of Sciences Vol. I. No. 2. p. 110. 

126. Uexküll, J. v., Über die Innervation der Krebsmuskeln. Zbl. f. Physiol. 1914. 
28. 764. (Sitzungsbericht.) 

127. Veen, H., Die Zusammenziehung der Horzmuskelfasem. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 
59. II. 624. 

128. Wassenaar, Th., Optische Täschung. ebd. 59. (II.) 2078. 

129. Wies er, Fritz, über die Verlängerung der Latenzzeit des Nervenendorgans durch 
Ermüdung. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 10. p. 449. 

130. W r ilson, Frank N., A Case in Which the Vagus Influenced the Form of the Ventricular 
Complex of the Electrocardiogramra. The Arch. of Int. Med. 16. (6.) 1008. 

131. Zuntz, Zur Physiologie der Schweißsekretion. Berl. klin. Woch. 52. 1292. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

Aus dem Kapitel der Physiologie der peripherischen Nerven und 
Muskeln verdienen folgende Arbeiten besonderes Interesse. De Boer 
kommt auf Grund seiner experimentellen Untersuchungen zu der An¬ 
schauung, daß die Tonusreize von dem zentralen Nervensystem aus nicht auf 
den spinalen Bahnen, sondern auf den efferenten thorakalen autonomen 
Nervenbahnen die Muskeln erreichen, ferner meint er, daß vom Zere- 
bellum dieser tonische Impuls an den vom Großhirn kommenden Impuls 
abgegeben resp. ihm hinzugefügt wird. Die Leichenstarre ist nach Ansicht 
des Autors die letzte tonische Muskelkontraktion, die auch durch Impulse 
auf den thorakalen autonomen Bahnen zustande kommt. Frey und Hacker 
folgern aus ihren Untersuchungen, daß die Schmerznerven am nächsten der 
Oberfläche der Haut endigen (intraepithelialen freien Nervenenden). Die Or¬ 
gane für Kälteempfindungen liegen nicht viel tiefer, unmittelbar unter der 
Epidermis (Nervenknäuel); als Organe der Druckempfindung werdeu die 
kranz- und korbähnlichen Nervengeflechte angesprochen. Die Organe der 
Wärmeempfindung, die etwa in gleicher Höhe liegen, sind noch unbekannt. 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


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Sehr überzeugend wirkt, das Experiment von Eiger über den Einfluß des 
Vagus auf die Glykogenbildung in der Leber, das an der Schildkröte, deren 
Leber in zwei getrennte Abschnitte zerfällt, ausgeführt wurde; ebenso wert¬ 
voll erscheint die von Asher ermittelte Tatsache, daß der Vagus ein sekre¬ 
torischer Nerv der Niere ist, der an den gewundenen Harnknäuelchen seinen 
Einfluß ausübt; ferner stellte der Autor fest, daß bauchsympathische Nerven¬ 
fasern hemmend auf die .Wasserausscheidung, dagegen fördernd auf die NaCl- 
Ausscheidung wirken. Öhrmann hält den sog. Muskelsinn nicht für eine 
unmittelbare Sinnesempfindung, sondern es spielen dabei psychische Vorgänge 
höherer Ordnung eine Rolle. Beim Kaninchen macht es nach Rogers den 
Eindruck, daß die Hungerkontraktionen des Magens intensive Verdauungs¬ 
peristaltik darstellen. Die sympathischen Bahnen für das Auge sollen 
nach Feststellungen von de Kleiju und Sociu bis auf eine kurze Strecke 
ganz außerhalb der Schädelböhle verlaufen, der Weg ihres Verlaufes wird 
von den Autoren genau angegeben. 


Nerven. 

Bei Vergleich eines normalen mit einem teilweise oder ganz entnervten 
Kaninchenohr, welches Engelloch (35) durch Durchschneidung des Hals¬ 
sympathikus und des N. auricularis herstellte, ergeben sich keine Anhalts¬ 
punkte dafür, daß die Gefäße des operierten Ohres auf Adrenalininjektionen 
für Verengerung leichter ansprechen. 2. Hingegen zeigte sich in der Mehr¬ 
zahl der Fälle, daß bei schwächsten Adrenalininjektionen auf der entnervten 
Seite eine Erweiterung der Gefäße eintrat, während auf der normalen Seite 
entweder nichts geschah oder die Gefäße sich verengerten. 3. Für die 
eben angeführten Tatsachen blieb es gleichgültig, ob die Eutuervung eine 
vollständige oder nur eine teilweise war, und ob das Ganglion cervicale 
superius fehlte oder erhalten war. 4. Die unter ’c angeführte Tatsache er-^ 
klärt sich entweder durch das Hervortreten vasodilatatorischer Wirkung bei 
Verminderung der Erregbarkeit des Vasomotorenapparates oder aber durch 
echte Umkehr. 5. In keinem Falle zeigte die Instillation von Adrenalin 
ins Auge eine Erweiterung der Pupille, auch wenn der Sympathikus 
durchtrennt und das Ganglion cervicale entfernt war, ein neuer Beweis 
dafür, daß die Wegnahme des Ggl. cervicale sup. die Adreualinemp- 
findlichkeit der Pupille nicht erhöht. Hingegen gelingt es durch vorherige 
Kokainisierung auf beiden Augen durch Adrenalineinträufeln Pupillen¬ 
erweiterung zu erzielen. 6. Entuervung der Pupille macht diese für Atropin 
vielleicht empfindlicher, aber die Reaktion der entnervten Pupille läßt sich 
auch auf andere Weise erklären. 7. In bezug auf Amylum nitrosum ergab- 
sich in einer gewissen Anzahl der Fälle eine vermehrte Empfindlichkeit des 
denervierten Ohres. 

Aus den Versuchen von Gottsch&lk (54) über die Erstickung und 
Erholung der markhaltigen Nerven geht folgendes hervor: Bei gleichen 
Erholungszeiten uehmen die nachfolgenden Erstickungszeiten um so mehr ab, 
je zahlreicher sie der ersten Erstickung folgen. Zwischen Erstickungszeit 
und vorhergehender Erholungszeit besteht ein Abhängigkeitsverhältnis, und 
zwar ist die Erstickungszeit der vorhergehenden Erholungszeit proportional, 
wenn letztere unterhalb der Optimalzeit liegt. Ist die Dauer der Erholung 
gleich der Optimalzeit oder länger, so nehmen die Erstickungszeiten in 
Form einer Exponentialkurve ab. Durch einen höheren Partialdruck wird 
die Aufnahmefähigkeit der Nerven für Sauerstoff nicht vergrößert, nur die 
Geschwindigkeit der Aufnahme wird gesteigert. Die Abnahme der Er- 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


stickungszeiten in Form der Exponentialkurve nach optimalen Erholungs¬ 
zeiten ist in erster Linie auf die Anhäufung dor lähmend wirkenden Stoff- 
wechselprodukte zurückzuführen; das allmähliche Absterhen des Nerven 
kommt fast nicht in Betracht. Da während einer Erholung des Nerven in 
Sauerstoff nach 2—4 Miuuten keine weitere Steigerung der Erregbarkeit 
stattfindet, da man aber dem Nerven nach längerer Zeit Sauerstoff Zufuhren 
muß, um das Maximum der folgeuden Erstickungszeit zu erhalten, so muß 
im Nerven eine gewisse Menge von Reservesauerstoff aufgespeichert werden. 
Der größte Teil des Reservesauerstoffes ist im Nerven wahrscheinlich in 
lockerer chemischer Bindung vorhanden, eine geringere Menge physikalisch in 
seinen Flüssigkeiten gelöst 

Eine Erregungswelle, die eine erstickende Nervenstrecke durchläuft, 
erfährt nach Versuchen von Rehorn (1.10) eioe Abnahme ihrer Intensität 
die der Länge der durchlaufenen Strecke proportional ist. Die Kurve, 
die das Dekrement der Erregung bei ihrer Fortleitung durch eine erstickende 
Nervenstrecke zum Ausdruck bringt, wird durch eine gerade Linie dar¬ 
gestellt. Das Verhältnis, in dem die Erregungsgrößen stehen, die an ver¬ 
schiedenen Punkten der erstickenden Nervenstrecke vorhanden sein müssen, 
damit die von den betreffenden Punkten ausgehende Erreguugswelle das 
Ende der erstickenden Strecke erreicht, ist während der ganzen Erstickungs¬ 
zeit ein konstantes. Der Zeitpunkt, an dem die dekremeDtlose Leitung des 
Erregungsvorganges in eine Leitung mit Dekrement der Intensität übergeht, 
liegt bedeutend früher als der Zeitpunkt, an dem die Reizschwelle des er¬ 
stickenden Nerven, gemessen an der Muskelzuckung eines Nervenmuskel- 
präparates, ihren Wert ändert. 

Da die bisherigen Werte der Geschwindigkeit der Erregungsleitung 
im motorischen Nerven des Menschen große Unterschiede zeigten, wurden 
von Münnich (98) zunächst Messungen der Leitungsgeschwindigkeit hei 
anderen Warmblütern vorgenommen, wo durch Freilegung der Nervenstämme 
eine genauere Bestimmung der Reizpunkte als beim Menschen möglich ist 
und sich auch leichter kongruente Kurven erzielen ließen. Die Methode 
bestand immer darin, daß Aktionsstromkurven des Muskels bei Reizung des 
Nerven an zwei verschiedenen Punkten nacheinander registriert wurden. 
Wie bei Reizung am Menschen leicht Irrtümer über die Länge der Zwischen¬ 
strecke entstehen können, wird durch besondere Versuche gezeigt. Als un¬ 
gefährer Mittelwert aus allen Versuchen ergibt sich: für Kaninchen 61 m, 
Katze 78 m, Hund 78 m. Dabei ist aber zu erwähnen, daß bei zwei 
Hunden die Mittelwerte wesentlich höher lagen (88 und 85 m), bei einem 
•dritten beträchtlich tiefer (61 m). Für den Menschen ergab sich der 
Mittelwert von 66 bzw. 69,3 m. 

Bei'langsam ansteigender Temperatur ist, wie Sanders ( 117 ) ausfuhrt, 
der Eintritt der Wärmelähmung des Kaltblüternerven abhängig von der ihm 
zur Verfügung stehenden Sauerstoffmenge. Reichlich vorhandener Sauerstoff 
vermag den Eintritt der Wärmelähmung hinauszuschieben. Bei langsam 
ansteigender Temperatur tritt die Wärmelähmung, wenn man als Indikatur 
•das Erlöschen der Leitfähigkeit betrachtet, ein 

a) für den in Stickstoff ruhenden Nerv bei 28,9® C, 

b) für den in Luft ruhenden Nerv bei 30,8° C, 

c) für den in Sauerstoff ruhenden Nerv bei 32,1° C. 

Auch bei konstant bleibender Temperatur zeigt sich der Eintritt der 
Wärmelähmung in weitgehendem Maße abhängig von der Sauerstoffmenge, 
die ihm zur Verfügung steht. Unter dem Einflüsse lokaler Erwärmung 
zeigen Erregbarkeit und Leitfähigkeit die gleichen Veränderungen wie bei 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


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•der Erstickung. Das Verhalten der Leitfähigkeit gegen Reize von ver¬ 
schiedener Intensität liefert einen erneuten Beweis für die Gültigkeit des 
„Alles- oder Nichtsgesetzes“ bei der Ungeschädigten Nervenfaser. 

Nach Versuchen von Fredericq (41) bleibt die Leitfähigkeit eines 
komprimierten Nerven in der komprimierten Strecke bis zu einem ge¬ 
gebenen Moment bestehen. Dann schwindet aber die Leitfähigkeit momentan, 
wie groß auch immer der Reiz, den man anwendet, sein mag. Dasselbe 
tritt eiu, wenn der komprimierende Druck allmählich erhöht wird. Die 
Leitfähigkeit schwindet nicht allmählich, sondern plötzlich. 

B&b&k (4) tritt entschieden für die Ansicht über die qualitative Ver¬ 
schiedenheiten der Vorgänge in Nervenfasern auf Heizung ein. Natürlich 
die Vorstellungen über die Quantität dieser Differenzierungen können sehr 
verschieden sein; uud wir haben vorläufig nur sehr wenige experimentelle 
oder überhaupt empirische Möglichkeiten, die Vorgänge im Nerven zu diffe¬ 
renzieren. Deshalb verfügen wir nur über Theorien. Eines ist Bicher, 
daß die Annahme von der Einheit aller Vorgänge durchaus widersinnig ist, 
denn schon die quantitativen Verschiedenheiten müssen eine Veränderung 
der Qualität zur Folge haben. Wir können uns die Nerveureizuug als einen 
komplexen chemischen Vorgang vorstellen, den man in seine Komponenten 
zerlegen kann. Schon in diesem Falle müßten die quantitativen Eigen¬ 
schaften der Komponenten zur qualitativen Differenzierung der ganzen Tätigkeit 
führen. Der Autor ist bestrebt, seine Ansichten möglichst eingehend durch 
konkrete Beispiele der Nervenphysiologie zu demonstrieren. (Jar. Stuchlüc.) 

Der Tonus spielt, wie aus den bedeutsamen Untersuchungen von deBoer 
(12) ersichtlich wird, für die quergestreiften Muskeln eine schützende Rolle; er 
sorgt dafür, daß die Muskeln von wiederholten Dehnungen keinen dauernden 
nachteiligen Einfluß erleiden, die unvermeidlich bald für die eine, bald für 
die andere Muskelgruppe auftreten würden. Aus de Boers Experimenten 
geht hervor, daß diese Tonusreize von dem zentralen Nervensystem aus 
nicht auf den spinalen Bahnen, sondern auf den efferenten thorakalen 
autonomen Nerveubahnen die Muskeln erreichen. Dies gilt sowohl für Kalt¬ 
blüter (Frösche) als Warmblüter (Katzen). Zugleich hat sich ergeben, daß 
auch der Tonus der Schwanzmuskulatur der Katzen von dem thorakalen 
autonomen Nervensystem aus unterhalten wird. Für die Amphibien und für 
andere niedere Tiere hat das Rückenmark als zentrales Organ des Reflex- 
tonus große Bedeutung, bei den Säugetieren nimmt diese Stelle das Zere- 
bellum ein. Werden diese Reflexbahnen irgendwo unterbrochen, dann ent¬ 
stehen Störungen von seiten des Muskeltonus. 

Wenn man einen Muskel so schonend wie möglich freipräpariert und 
eine einfache Muskelkontraktion auf einen Induktionsschlag auslöst, dann 
erhält man nicht einen einfachen Gipfel, sondern eine zweigipfelige Kurve, 
wobei die zweite Verkürzung von dem ersten Gipfel ausgehen kann, so daß 
dann eine Kurve mit einem ansteigenden Plateau entsteht. Der zweite Teil 
dieser Kurve ist abhängig von Erregungen, die auf autonomen Bahnen den 
Muskel erreichen: denn wenn man zentral von der Durchschnittsstelle der 
Rami communicantes reizt, daun verschwindet die zweite Verkürzung. Der 
erste Gipfel der Kurve entsteht durch Erregungen, die auf den spinalen 
Bahnen verlaufen, der zweite Gipfel durch Erregungen, die auf autonomen 
Bahnen den Muskel erreichen. Die Form der zwei Gipfel ist auch ver¬ 
schieden : Die Dauer der zweiten Verkürzung ist am größten. Auch gegen¬ 
über verschiedenen Temperaturen ist ihr Verhalten nicht gleich: Von 
Zimmertemperatur ausgehend, vergrößert sich der erste Gipfel und bei Er¬ 
wärmung verschwindet dann der zweite, nach Abkühlung wird der erste 


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Physiologie der peripherischen Nerven nnd Muskeln. 


Gipfel niedriger und vergrößert sich der zweite, so daß die größte Höhe 
dann mit dem zweiten Gipfel erreicht wird. Ermiiduug und übermaximale 
Reize vergrößern den zweiten Gipfel. Als Argumente dafür, daß der zweite 
Gipfel der Kurve der tonische Gipfel ist, führt de Bo er folgende an. 
1. Die Innervation von zwei verschiedenen Nervenbahnen aus. 2. Das ver¬ 
schiedene Verhalten der zwei Gipfel gegenüber Abkühlung und Erwärmung 
und Abkühlung. 3. Die verschiedene Beeinflussung der zwei Gipfel durch 
Ermüdung und starke Reize. 4. Die Empfindlichkeit des zweiten Gipfels 
für Reize vom Nerven aus oder für reflektorische Reize, während der erste 
Gipfel dadurch nicht beeinflußt wird. Die tonische Verkürzung ist die Ur¬ 
sache, daß die einfache Muskelkontraktion eine längere Dauer erhält, so 
daß Summation zu einer tetanischen Verkürzung leichter stattfindet Hiermit 
übereinstimmend sieht man, daß Greise, die hypotonische Skelettmuskeln 
haben, oft Tremores aufweisen bei intendierten Bewegungen usw. Die Be¬ 
deutung des Tonus für die Muskelkontraktionen besteht darin, daß die 
Kraft derselben bedeuteud zuuimmt. Auch für die Präzision, das richtige 
Abmessen der Muskelkontraktionen, ist der Tonus von großem Gewicht. 

de Boer sucht dann weiter die Frage zu beantworten, wie man die 
Funktion des Zerebellums auffassen kaun, wenn man von der vorher ge¬ 
gebenen Darlegung über die Bedeutung der tonischen Innervation für die 
Funktion der Muskeln ausgeht. Man könne dies nach Ansicht des Autors 
durch die Annahme tuu, daß während der von der motorischen Großhirn¬ 
rinde aus angeregten Bewegungen bei jedem längs der Pyramidenbahn ab¬ 
fließenden Impuls das Zerebellum einen tonischen Zusatz an die neuro- 
motorischen Apparate verabfolgt. Die Möglichkeit, daß das Zerebellum 
selbst hierzu jedesmal im rechten Augenblick angeregt wird, fiudet man in 
den ponto-zerebellaren Bahnen, welche die Pyramidenbahn mit der Klein¬ 
hirnrinde verbinden. Mit jedem Impuls, der längs der Pyramidenbahn ab¬ 
fließt, kann auch das Zerebellum zu stärkerer Funktion angeregt werden 
und den neuromuskulären Apparaten, die durch die längs der Pyramiden- 
bahn abfließenden Reize in Wirkung kommen, einen Impuls zufügen, der 
längs den Rami communicantes die Muskeln erreichen kann. In den Muskeln 
würde sich dies als die langsame tonische Verkürzung äußern, die als Kurve 
unter der Bezeichnung der „Funk eschen Nase“ bekannt ist. Wird nun 
das Zerebellum, das durch eine Seitenbahn in die efferenten motorischen 
Nervenbahnen eingeschaltet ist, exstirpiert, dann werden die Skelettmuskel 
zwar Impulse vom Großhirn aus erhalten, aber nicht mehr solche, die über 
das Zerebellum gehen. Dies hätte dann für die elementären Muskelkon¬ 
traktionen, aus welchen der natürliche Tetanus aufgebaut ist, dieselben 
Folgen, wie Durchschneidung der Rami communicantes. Aus weiteren Ex¬ 
perimenten de Boers hat sich gezeigt, daß.die Impulse, die den be¬ 
schleunigenden Einfluß auf das Eintreten der Leichenstarre ausüben, auf 
den thorakalen autonomen Nervenbahnen verlaufen, wenigstens soweit es die 
Muskeln des Rumpfes, der vorderen und hinteren Extremitäten betrifft. 
Denn stets war Verzögerung der Leichenstarre (bei Fröschen) an derjenigen 
Stelle eingetreten, wo der Autor die Rr. communicantes durchschnitten hatte. 
Die Erstarrung der Muskeln erfolgt nach eiuer bestimmten Reihenfolge 
(Nystensches Gesetz). Von den hinteren Extremitäten erstarrten in allen 
Fällen die Flexoren eher als die Extensoren, de Boer glaubt das frühere 
Erstarren der Beuger in Verbindung bringen zu müssen mit dem höheren 
Tonus der Flexoren, der den Tonus der Extensoren überwiegt. Diese» 
Überwiegen des Tonus der Beuger hätte seinen Grund in der Tatsache, daß- 
die Beuger reizbarer sind als die Strecker, de Boer stimmt der Ansicht 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


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zu, daß -mau die Leichenstarre als eine letzte Muskelkontraktion auffassen 
müsse, und zwar als eine letzte tonische Muskelkontraktion. Neben dem 
nervösen Faktor ist bei dem Prozeß der Leichenstarre auch noch ein 
chemischer im Spieie. Sauerstoffmangel, Erstickung sei nötig für die Er¬ 
starrung. Dieser Sauerstoffmangel tritt bei höheren Temperaturen noch 
schneller ein, da die Oxydationen dann schneller verlaufen; als Folge hiervon 
tritt bei höherer Temperatur die Leichenstarre auch eher auf. Es sei also 
wohl deutlich, daß es intermediäre Stoffwechselprodukte wären, welche die 
Leichenstarre durch autochthone Reizung bewirken. 

Nach Beobachtungen deBoers, so führt Beritoff (9) aus, zeigt bei 
Hängelage des Tieres die Hinterextremität an der Seite mit durchschnittenen 
Rr. communicantes eine geringere Beugung, als die andere, de Bo er 
meint, daß man es hier mit dem Ausfall der tonischen Innervation zu tun 
hätte — die operierte Extremität sei eben atonisch. Beritoff hält es 
aber für sehr wahrscheinlich, daß an der operierten Seite der flexorische 
Tonus durch den extensorischen ersetzt werde und demnach es sich hier 
nicht um Ausfall des Tonus, sondern um seine Ablösung durch einen anderen 
handelt. Diese gegenteilige Ansicht wird dann vom Verfasser näher begründet. 

de Boer (11) geht die einzelnen Punkte der Beritoffschen Er¬ 
widerung durch und sucht sie zu entkräften. 

Manche Arzneimittel erregen selektiv einzelne bestimmte Abschnitte 
des Vasomotorenapparates. Man kann, wenn man sie anwendet, gewisse 
Veränderungen in der Erregbarkeit dieser Abschnitte sich offenbaren sehen. 
Die Hämorrhagie bewirkt eine deutliche Erhöhung der Nikotiureaktion, aber 
nur eine leichte oder gar keine Erhöhung der Epinephrinreaktion. Karo¬ 
tidenverschluß führt nach Versuchen von Hoskins, Rowley undRosser (71) zu 
demselben Resultat. Die Reaktionserhöhung hat wahrscheinlich seine Ursache 
in der erhöhten Erregbarkeit des vasokonstriktorischen Zentrums. Das 
Phänomen ist eine Adaptionserscheinung, welches dazu da ist, um die nor¬ 
malen Zirkulationsverbältnisse aufrechtzuerhalten. 

Schaflr (118) beschreibt eine neue Methode, um ohne Vergiftung durch 
Oxalate einen relativen Kalziummaugel des Blutes herbeizuführen. Ersetzt 
man nach einem Blutentzug das verlorene Blut durch reine Kochsalzlösung 
— dies ist das Prinzip der neuen Methode —, so ist keine wesentliche Ver¬ 
änderung der Erregbarkeit des sympathischen und parasympathischen Systems 
zu beobachten, wenn man die Gesamtheit der Fälle in Betracht zieht. Der 
Blutentzug als solcher hat, wenn man für Ersatz der verloren gegangenen 
Flüssigkeit sorgt, keinen nachteiligen Einfluß auf die genannten Erregbar¬ 
keitsverhältnisse. Ersatz des Blutes durch Ringer- oder Tyrodelößung oder 
künstliches Pohlsches Serum, Lösungen, die alle eineo für die physiologischen 
Bedürfnisse zureichenden Gehalt an Kalziumionen haben, wirken nicht derart 
auf die Erregbarkeitsverhältnisse ein, daß irgendwie von einem erregbar¬ 
keitsmindernden Einfluß der Kalziumionen geredet worden könnte. Die 
kritische Untersuchung der bisher vorliegenden Tatsachen läßt die Frage des 
Einflusses der Kalziumionen auf die Erregbarkeit des sympathischen und 
parasympathischen Systems als eine noch offene erscheinen. Es gibt ge¬ 
sicherte Tatsachen, welche gerade die Herabsetzung der Erregbarkeit durch 
Kalziummangel beweisen. 

Galante (44) hat hei Kaninchen die sensiblen Gefäßnerven durch 
Chloralose paralysiert und nun bei diesem Versuch Reizversuche an den 
Gefäßen mit Nicotine ferrum citricum usw. gemacht. Es zeigte sich, im 
Gegensatz zu normalen Kontrolltieren, daß die Reizversuche bei den behan¬ 
delten Tieren erfolglos waren. 


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Physiologie der peripherischen Nerven uod Muskeln. 


Durch eine Abänderung der von v. Frey-Meyerschen Gefäßstreif- 
methode (Würzburger Sitzungsber. 1906) kann man an Arterienstreifen mit 
großer Sicherheit automatische Kontraktionen erhalten, die viele Stunden 
mit gleichbleibender Regelmäßigkeit andauern. Für das Zustandekommen, 
dieser Bewegungen ist, wie Günther (58) angibt, ein dem Adrenaliu- 
gehalte des Blutes entsprechender Adrenalinzusatz notwendig, wenn man 
an Stelle von Blut oder Serum Ringerlösung als Untersuchungsflüssigkeit 
verwendet. 

Wird die Sauerstoffzufuhr unterbrochen, so treten Erstickungssymptome 
auf, die sich mit den von 0. B. Meyer und H. Full (Ztschr. f. Biol., 
Bd. 6l) eingehend beschriebenen Erscheinungen decken. Die Lebenstätig¬ 
keit peripherer Ganglien ist weit größer, als man bisher anzunehmen geneigt 
war. Au deu rhythmischen Spontanbewegungen der Gefäße siud aller Wahr¬ 
scheinlichkeit nach die Ganglienzellen der Gefäßwand mitbeteiligt. 

Die von manchen Forschern (Bechterew, Winkler u. a.) aufgestellte 
Behauptung, daß der Schweißsekretion ein kortikales Zentrum vorstehe, er¬ 
scheint Dieden (25) nicht bewiesen. Dagegen scheint die von Karplus 
und Kreidl als Zentrum für vegetative Funktionen beschriebene Gegend 
Zwischenhirn, die dem zentralen Höhlengrau des III. Ventrikels und des 
Infundibulums nahe gelegen ist, auch für dio Schweißsekretion von Bedeu¬ 
tung zu sein. Durch Reizung dieser Gegend konnten Karplus und Kreidl 
an Katzen Schweiß an allen vier Pfoten auslösen. Stimmungen wie Angst, 
Spannung, Verlegenheit scheinen durch Einwirkung auf diese Stelle zur 
Schweißabsonderung zu führen. Ob im Zwischenhirn ein „umschriebenes“ 
Zentrum für die Schweißabsonderung liegt, läßt sich zurzeit noch nicht ent¬ 
scheiden. Für ein übergeordnetes Schweißzentrum in der Medulla oblongata 
liegen keine Anhaltspunkte vor. Wohl aber ist nicht zu bezweifeln, daff 
es im Rückenmark umschriebene Partien gibt, von deneu Schweißsekretion 
ausgelöst wird. Sehr wahrscheinlich werden diese durch Zellgruppen reprä¬ 
sentiert, dio im Seitenhorn liegen. Für lange Schweißbahnen im Rücken¬ 
mark fehlt nicht nur der Beweis, sondern es fehlen auch klinische Tatsachen, 
dio deren Vorhandensein wahrscheinlich machen würden. Bei Halbseiten¬ 
läsionen des Rückenmarks kommt es augenscheinlich ebensowenig wie bei 
zerebralen Hemiplegien zu halbseitigen Störungen der Schweißsekretion. Die 
schweißerregenden Fasern verlassen das Rückenmark durch die vorderen 
Wurzeln. Allo schweißerregenden Fasern nehmen ihren Weg über die Rami 
communicantes albi, den sympathischen Grenzstrang und die Rami communi- 
cantes grisei zurück zum Spinalnerven. In der Peripherie verlaufen die 
schweißsekretorischen Fasern gemeinschaftlich mit den sensiblen Nerven zur 
Haut und damit zu den Schweißdrüsen. Nach Durchtrennuug des periphe¬ 
rischen Nerven hört die Schweißsekretion auf. Diese Tatsache ist für die 
klinische Diagnose, ob eine Kontinuitätstrennung des Nerven vorliegt, von 
wesentlicher Bedeutung. Durch experimentelle Untersuchungen läßt sieb 
der Nachweis von schweißhemmenden Fasern bringen. Erst durch die Fest¬ 
stellung dieser Tatsache ist bewiesen, daß die Innervation der Schweißdrüsen 
denselben Gesetzen unterliegt, wie die antagonistische Innorvation der Gefäße 
des Herzens, der Pupillen, der Speicheldrüsen, des Magendarmkauais und der 
Genitalien. Die Schweißsekretion kann einesteils durch sensible Reize von 
der Haut (Wärme), außerdem durch direkte Erregung der spinalen Schwei߬ 
zentren erfolgen. Eine solche kann durch Wärme des Blutes, durch Ein¬ 
flüsse von seiten des Gehirns (Stimmungen), durch Gifte (Tetanusgift), durch 
pharmakologische Stoffe (Ammonium aceticum, Stoffe im Fliedertee) bervor- 
gerufen werden. Aber auch durch Beeinflussung der sympathischen Ganglien 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


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(Nikotin) und durch direkte Wirkung auf die Nervenendigungen an den 
Schweißdrüseu (Pilocarpin) kann die Sekretion beeinflußt werden. 

Aus vielfachen, näher aufgezählten experimentellen Untersuchungen von 
Frey und Hacker (42) resultiert, daß die verschiedensten chemischen Stoffe 
und ebenso starke Abkühlung bei ihrer von außen nach innen fortschrei¬ 
tenden Wirkung auf die Haut zuerst die Schmerzempfindlichkeit lähmen, 
weuig später die Kaltempfindung und nur bei besonders tief greifender 
Wirkung auch Wärme und Druck. Bei den reversiblen Lähmungen erfolgt 
die Rückkehr der Empfindlichkeit in umgekehrter Reihenfolge. Der Gedanke 
einer besonderen chemischen Verwandtschaft aller dieser Stoffe zu den 
Schmerznerven kann nicht in Betracht kommen, und man wird die Annahme 
gelten lassen müssen, daß die Schmerzuerven am nächsten der Oberfläche 
endigen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die intraepithelialen 
Nervenenden auch freie, d. h. ungeschützte, sind und daher chemischen 
Einflüssen besonders leicht unterliegen. Auch die intrakutanen und sub- 
papillären Injektionen die Dr. Hacker in großer Zahl ausgeführt hat, bzw. 
an sich hat ausfühl en lassen, zeigen ein auswählendes Verhalten gegenüber 
den 4 Nervenarten. Gleichgültig ob die Lähmung durch narkotische Eigen¬ 
schaften der eingeführten Stoffe oder durch osmotische Druckdifferenzen 
zustaude kommt, ob die Wirkung reversibel ist oder nicht, immer leiden die 
Empfindungen von Schmerz und Kälte eher und stärker als die von Druck 
und Wärme. Alle das Gewebe schädigende Injektionen, aber auch ätzende 
Stoffe, die von außen auf die Hand gebracht werden, hinterlassen für kürzere 
oder längere Zeit neben Hyperämie und Ödem eine leicht erregbare Schmerz¬ 
haftigkeit (Hyperalgesie), die sieb von dem oberflächlichen stechenden oder 
brennenden Schmerz durch die dumpfe, weit ausstrahlende Qualität und die 
lange Nachdauer unterscheidet. Die Autoien vermuten, daß es sich dabei 
um eine Hyperalgesie der geschädigten und entzündeten Gefäße bandelt. 
Nach den Versuchen von Hacker wird man die Beziehung der intraepi¬ 
thelialen freien Nervenenden zur oberflächlichen Schraerzempfindung als 
äußerst wahrscheinlich bezeichnen müssen. Die Organe für die Kallempfin¬ 
dung können nicht viel tiefer liegen als die für Schmerz, und zwar wird 
man sie unmittelbar unter der Epidermis zu suchen haben. Am meisten 
scheinen hier die von Ruffini beschriebenen Nervenknäuel und -büschel 
in Frage zu kommen. Als Organe der Druckempfindung kommen an allen 
behaarten Hautflächen ausschließlich die kranz- oder korbähnlichen Nerven¬ 
geflechte in Frage, die die Wurzelscheiden der Haare dicht unter der 
Mündung der Talgdrüsen umspinnen. Völlig ungeklärt ist vorläufig die Frage 
nach den Organen der Warmempfindung, die ungefähr in gleicher Höhe 
oder noch etwas tiefer als die Organe des Drucksinns liegen müsseu. 

Wenn Ozorio (103) bei einem Hunde, der tracheotomiert war, und 
dem der Brustkorb geöffnet war, künstlich Lufteinblasungen machte, so trat 
nur vorübergehend Apnoe ein. Die Atmung begann dann von neuem. Anders 
aber verhielt sich die Sache, wenn er nun noch beiderseits die Vagotomie 
ausführte, dann trat vollkommene Apnoe ein. Die Durchschneidung des 
Vagus hat keinen Einfluß auf die Herbeiführung und Unterhaltung der Apnoe. 
Es gibt demnach nur eine Art von Apnoe, das ist diejenige, welche durch 
Veränderung des Blutes infolge intensiver pulmonärer Ventilation herbei¬ 
geführt wird. 

Eiger (33) erzeugte durch intrathorakale Reizung der Nervi vagi unter 
Ausschluß der Herzwirkung nach Ashers Methode eine vermehrte Gallen¬ 
absonderung. Intrathorakale Reizung der Nervi vagi ohne Herzwirkung ver¬ 
mehrte nicht nur die Flüssigkeitsmenge in der Galle, sondern auch die 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


Trockensubstanz. Der Autor glaubt den Beweis für einen direkten sekreto¬ 
rischen Einfluß der Vagi auf die Leberzellen bewiesen zu haben, ln bezug 
auf die Gallenproduktion wäre der Vagus ein sekretionsfördernder Nerv. 
Der Vagus enthalte motorische Fasern für die Muskulatur der Gallengänge. 
In einzelnen Fällen kann man durch Reizung dieser Fasern eine Schließung 
des Choledochus erzielen. Die sekretorische Funktion des Vagus bleibt 
aber dabei aufrecht. l,5proz. Ereptonlösuug (in physiol. Kochsalzlösung) 
bewirkt, ganz im Einklang mit Barbaras Theorie und der Arbeit von 
Loeb, eine vermehrte Gallenabsonderung. Die intravenöse Ereptoninjektion 
hemmt die Blutgerinnung, wie das alle Eingriffe tun, welche die Leber¬ 
tätigkeit vermehren. 

Das von Eiger (34) angegebene Verfahren zum Studium des Einflußes 
des N. vagus auf die Glykogenbildung ist folgendes: Nachdem das 
Brustschild der auf dem Rücken liegenden Schildkröte entfernt worden ist, 
werden in die beiden Venae umbilicales, die getrennt zum linken und zum 
rechten Leberlappen führen, Glaskanülen eingelegt. Da die Leber bei der 
Schildkröte eigentlich anatomisch aus zwei Lebern sozusagen besteht, die 
nur durch ein paar Millimeter dicke Parenchymbrücken verbunden sind, so 
wurden diese beiden Brücken zwischen den Ligaturen mit einem rotglühenden 
Messer durch trennt; die sich dabei bildenden Krusten waren vollständig 
genügend, um zusammen mit den Ligaturen eine vollständige Undurchlässigkeit 
der Durchschneidungsfläche zu gewähren. Darauf wurde eine große Vene, 
die vom Duodenum bis zur Leber ging, mit einer festen Ligatur abgebunden; 
nach Eröffnung des mittleren der drei Gefäße, die vom Bulbus arteriosus 
gehen, wurde eine ziemlich breite Glaskanüle in dasselbe eingeführt. Die 
Vorbereitung der Nervi vagi geschah in der Weise, daß der eine auspräpariert 
und auf eine Elektrode gelegt wurde, während der andere nach mögliehst 
vollständiger Auspräparierung bis zur Leber und nach Zerstörung aller 
sichtbaren Seitenverbindungen abgetrennt wurde. Außerdem wurde, um 
mögliche, nicht sichtbare Verbindungen mit dem anderen Vagus vollständig 
auszuschalten, die ganze Umgebung des zugehörigen vorsichtig mit kon¬ 
zentriertem Phenol bepinselt. Dank dieser Vorbereitung waren sozusagen 
zwei Lebern geschaffen, von welchen die eine z. B. die rechte, gereizt 
werden konnte und die zweite, linke, außerhalb der Rcizwirkung lag. Darauf 
wurden die Glaskanülen, welche in die Venae umbilicales führten, durch 
einen Gummischlauch mit je einer Mariotteschen Flasche in Verbindung 
gebracht. Die Mariotteschen Flaschen waren von 1 Liter Inhalt und 
auf je 60 cm 3 graduiert, hatten einen Anslauf am Boden und befanden 
sich in einem verstellbaren Stativ. Als Durchströmungsflüssigkeit gebrauchte 
Eiger l,5°/ 0o Dextrose enthaltende Ringer sehe Lösung. Zwei Klemmen, 
die an den Gummischläuchen angebracht waren, gestatteten die Durch¬ 
strömungsgeschwindigkeit so zu regulieren, daß in je einer Zeiteinheit eine 
gleich große Quantität der Durchströmungsflüssigkeit durch die beiden Leber¬ 
teile durchfloß. Die Reizung der Nerven wurde nach dem Ashersehen 
Verfahren so ausgeführt, daß je einer Minute Reizung eine Minute Pause 
folgte, um eine Ermüdung des Nerven zu verhüten. Nachdem eine ent¬ 
sprechende Menge der Durchströmungsflüssigkeit durch die beiden Leber¬ 
lappen durchgeflossen war, wurden sofort beide Lappen in kleine Stückchen 
zerschnitten, gewogen und in Kölbchen mit einer bereis vorher kochenden 
66proz. Kalilaugenlösung geworfen. Nachdem der Inhalt der Kölbchen 
3 Stunden gekocht hatte, wurde die Glykogenmenge nach dem Pflüger- 
Bertrandschen Verfahren bestimmt. Die Versuche wurden so variiert, daß 
das eine Mal der rechte, das andere Mal der linke Leberteil gereizt wurde, 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


129 


außerdem wurden Kontrollversuche angestellt. Es ergab sich immer eine 
Zunahme des Glykogengehaltes auf der gereizten Seite. Sogar die während 
des ganzen Winters hungernde Schildkröte zeigte eine Zunahme des Glykogen¬ 
inhaltes im gereizten Lappen im Vergleich mit dem nicht gereizten Leberlappen. 

Carlson und BraaflEdt (21) stellten an sich selbst und an einem 
Patienten recht interessante Versuche an, um über die Sensibilität des 
Magens Auskunft zu erhalten. Es ergab sich, daß die Mageumukosa 
weder auf Berührung noch auf Schmerz empfindlich ist. Dagegen soll der 
Magen mit Nervenendigungen für Wärme und Kälte versehen sein. Diese 
Nervenfasern sind protopathischer Natur (nach He ad). Sie sind zahlreicher 
in der Kehle und in Ösophagus vorhanden oder werden dort besser erregt 
als im Magen. Chemische (und evtl, auch mechanische) Reizungen der 
Nervenendigungen an der normalen Magenschleimhaut erweckt Empfindungen, 
die ähnlich sind denjenigen wie man sie beim Appetit hat. Man kann 
sagen, daß die Magenschleimhaut eine protopathische Appetitempfindung 
besitzt. Die Reizung der Magenschleimhaut erzeugt nicht die Empfindungen 
von Hunger und Sättigung. Dagegen wird durch solche Reizung die Reflex¬ 
erregbarkeit des Rückenmarks gesteigert und Veränderungen im vaso¬ 
motorischen Tonus herbeigeführt. Das letztere scheint von bewußten flirn- 
prozessen abhängig zu sein, welche bei Magenreizungen auf treten. 

Burton-Opitz (19) schließt aus seinen Experimenten, daß die Blut¬ 
gefäße des Duodenum von Nerven versorgt werden, welche vom Ganglion 
coeliacum auf dem Wege des Plexus gastroduodenalis und des Plexus 
pancreaticoduodenalis verlaufen. 

Durch besondere Versuchsanordnung, die näher beschrieben wird, 
konnte Asher (2) feststellen, daß die Niere in denjenigen Perioden, wo sie 
unter dem alleinigen Einflüsse der Erregung des N. vagus stand, wesentlich 
mehr Harn absonderte als die Kontrolliere, gleichgültig, ob es sich um eine, 
abgesehen von den Versuchseingriffen, unbeeinflußte Harnabsonderung oder 
um eine durch einen konstanten intravenösen Dauereinlauf von Salzlösung 
gesteigerte Diurese handelt. Nicht allein war die Harnmenge vermehrt, 
sondern auch im gelungenen Versuch die Zusammensetzung des Harnes, 
indem auch eine Vermehrung der festen Bestandteile des Harnes eintrat. 
Aus diesen Tatsachen schließt der Autor, daß der Vagus ein sekretorischer 
Nerv der Niere ist. Damit will der Autor aber nicht behaupten, daß diese 
Innervation unbedingt für das Leben notwendig ist. Den Ort, an dem der 
Vagusangriff zu denken ist, verlegt der Autor in die gewundenen Harn¬ 
kanälchen. Vom Autor und einigen seiner Schüler konnte ferner festgestellt 
werden, daß der N. splanchnicus spezifisch hemmende Fasern lür die Niere 
enthält; aber außerdem konnte (durch Jost) festgestellt werden, daß vom 
Bauchsympathikus, und zwar unterhalb der Abgangsstelle der Nierenarterie, 
zwei bis drei Nervenfasern aufwärts zur Nierenarterie steigen und mit dieser 
zur Niere gelangen. Diese neu entdeckten bauehsympathischen Nierennerven 
wirken hemmend auf die Wasserausscheidung, dagegen fördernd auf die 
NaCl-Ausscheidung. Auf ihrem Erhaltensein beruht der Unterschied in der 
Diurese einer am Hilus total entnervten Niere und einer Niere mit durch¬ 
schnittenem Vagus und Splanchnikus. Die Niere besitzt somit spezifisch 
fordernde und spezifisch hemmende Nervenfasern, wobei bemerkenswert ist, 
daß unstreitig die hemmenden Wirkungen überwiegen. Die Niere bedarf zu 
ihrer Tätigkeit eigentlich der Nerven nicht. Der Stoffwechsel liefert ihr 
hinreichende Anregungen zu ihrer Absonderungstätigkeit. Für den Fall aber, 
daß die Tätigkeit der Niere eine übermäßige, nicht im Interesse des Ge¬ 
samtorganismus liegende ist, greift das Nervensystem regulierend ein. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 9 


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130 


Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


Muskeln. 

Bei dem sog. Muskelsinn handelt es sich nach Ansicht von Öhrwall 
(101) nicht um unmittelbare Sinnesempfindungen, sondern um psychische 
Vorgänge höherer Ordnung. Auch die Bewegungs-, Widerstands- und 
Schwereempfindungen, aus welchen sich nach Goldscheider der Muskel¬ 
sinn zusammensetzt, müssen aus dem Kreise der Sinnesempfindungen aus- 
rangiereu. Die zuerst von Lewiusky aufgestellte Ansicht, daß die Be¬ 
wegungsempfindungen von den Gelenkfiächen her ausgelöst werden, ist un¬ 
richtig, da die Gelenkfiächen vollständig unempfindlich sind. Auch der 
Knochen ist nach Lenanders Versuchen unempfindlich, nur das Periost 
ist empfindlich, aber ausschließlich für Schmerzempfindungen; um solche 
handelt es sich hier aber nicht. Das gleiche gelte für die Gelenkkapseln, 
auch sie sind nur für Schmerz empfindlich. Dagegen scheint das zuerst von 
Strümpell nachgewiesene tiefere Druckgefühl in den Weichteilen, be¬ 
sonders in der Nähe der Gelenke, von großer Bedeutung für die Be¬ 
wegungsempfindungen, ganz besonders der passiven, zu sein. Indessen sind 
sie nicht die einzigen Faktoren für die Bewegungsvorstellungen, sondern eine 
Art unter recht vielen anderen. Daraus, daß Lage-, Widerstands-, Schwere- 
und Bewegungsempfindungen von mehreren Arten von Sinnesorganen her¬ 
stammen, ergibt sich, daß sie nicht gut nur direkte Empfindungen sein 
können, sondern daß es sich um, sozusagen, bearbeitete Empfindungen, resp. 
um Vorstellungen handelt. Was man als Bewegungsempfindungen 
(kinästhetiscbe) zu betrachten pflegt, sind in Wirklichkeit ziemlich kom¬ 
plizierte psychische Vorgänge, recht verschiedenartig in vielen Fällen. Der 
Regel nach dürften in ihnen wenigstens folgende Elemente enthalten sein: 
1. Eine gewisse Auffassuug der Situation (Lage, Erinnerung an frühere Be¬ 
wegungen usw.). 2. Ein Gefühl davon, daß die zur Erreichung des Zweckes 
unter gewöhnlichen Verhältnissen erforderliche Innervation zustande ge¬ 
kommen ist; 3. längere oder kürzere Serien von Empfindungen oder Emp¬ 
findungskomplexen verschiedener Art von den Weichteilen, Muskeln evtl, 
der Haut her, die die Muskeltätigkeit (bzw. die Bewegung) begleiten, ver¬ 
schieden in verschiedenen Fällen; 4. eine Auffassung von den Resultaten 
der Muskeltätigkeit (bzw. der Bewegung); 6. frühere Erfahrungen ähnlicher 
Art. In vielen Fällen (z. B. bei passiven Bewegungen) fehlen natürlich 
einige von diesen Elementen. Auch die Eindrücke von Schwere und Wider¬ 
stand sind keine spezifischen Empfindungen, sondern Vorstellungen, die wir 
auf Grund gewisser Serien von Empfindungen verschiedener Art (Druck, 
Spannung, Anstrengung und Erfahrung) bilden. Die sog. Lageempfindung 
existiert nicht. Wir haben keine direkten Empfindungen von der gegen¬ 
seitigen Lage unserer Körperteile, soweit wir eine Vorstellung davon haben, 
gründet sich diese auf Gesichtseindrücke, Tastempfindungen verschiedener 
Art usw. Zum Muskelsinu, wenn mau einen solchen aufstellen will, sollte 
nichts anderes als die eigentümlichen Empfindungen gerechnet werden, die 
wir von unseren Muskelu her bei ihren verschiedenen Graden von Zusammen¬ 
ziehung und Spannung erfahren. 

Parn&S (104) suchte experimentell den Sauerstoffverbrauch während 
der Muskelerholung, den Milchsäureschwund und die Wärmebildung während 
dieser Periode zu ermitteln. Wenn Muskeln durch indirekte Reizung in 
Stickstoff so weit ermüdet worden sind, daß sie nur noch schwach reagierten, 
dann zeigten sie in der Erholungsperiode, d. h. in der Zeit von dem Be¬ 
ginn der Erholung ab bis zu dem Zeitpunkt, in dem ihr Sauerstoffverbrauch 
in der Zeiteinheit auf den des ermüdeten Muskels herabgesunken ist — 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Mnskelu. 


131 


einen Sauerstoffverbrauch, welcher um 0,1 bis 0,14% des Muskelgewichtes 
höher war als der Verbrauch des unermüdeten Muskels in der gleichen Zeit. 
Die ermittelte Höhe des Sauerstoffverbrauches während der Erholung steht 
derjenigen nahe, welche einer vollständigen Verbrennung der während der 
Arbeit angebäuften Milchsäure zu Kohlensäure und Wasser entspricht. 
Während der Erholung eines ermüdeten Muskels, bei welcher 0,16% Milch¬ 
säure verschwinden, vollzieht sich ein chemischer Vorgang, welchem das 
Freiwerden von über 6 g Kal. für das Gramm Muskelgewebe entspricht. 
Die Wärraebildung ist bei dem ruhenden ungereizten Muskel konstant, bei 
dem vorher ermüdeten Muskel ist sie anfangs sehr gesteigert und geht all¬ 
mählich auf den Ruhewert zurück. Die absolute Größe der Wärmebildung 
ist bei dem unermüdeten Muskel so groß wie das thermische Äquivalent der 
Sauerstoffzehrung, dagegen bei dem ermüdeten, sich erholenden Muskel nur 
etwa halb so groß als die Wärmetönung seiner Milchsäureverbrennung. Die 
Vorgänge der Erholung sind die Quelle der Muskelenergie; von der in den 
Oxydationsreaktionen des tätigen Muskels umgesetzten Energiemenge wird 
etwa die Hälfte als Wärme frei, die andere Hälfte wird zur Wiederher¬ 
stellung des ursprünglichen Zustandes des Gewebes, in welchem es auf Reiz 
Energie frei werden läßt, verwendet. Die aufgespeicherte Energiemenge ist 
— nach den Bestimmungen von Hill — in ihrem vollen Betrage in poten¬ 
tielle mechanische Energie urawandelbar. 

Der Einfluß der Blutzirkulation auf die Erholung des Froschmuskels 
ist nur ein ganz geringer, und parallel mit der Erholung nimmt die [H 1 ] 
des Muskels wieder ab. Ob eine Nachsäuerung im ersten Teil der Ruhe 
nach völliger Erschöpfung tatsächlich stattfindet, will Pechstein (105) nach 
dem Ausfälle seiner Versuche nicht mit Sicherheit behaupten, da die Diffe¬ 
renzen zu klein sind und nur durch Zufall bedingt sein können. Was ihn 
dennoch veranlaßte, aus deu geringen Differenzen auf eine Nachsäuerung zu 
schließen, war der Ausfall der früheren Versuche, bei denen identische 
Muskeln desselben Tieres bei gleicher Reizung auch fast gleiche, jedenfalls 
bedeutend übereinstimmendere Reaktionswerte gezeigt batten, und ferner die 
nach kurzer Erholung sehr niedrigen p H -Werte, die er sonst nicht beob¬ 
achtet hatte, wenn er auch gleich nach der Erschöpfung untersuchte. Den 
Schluß der Arbeit bilden Untersuchungen über den Einfluß nur weniger 
Kontraktionen auf die Reaktion der Muskulatur und über die Reaktion bei 
Strychnintetanus. 

Reys (111) beschäftigt sich mit dem Problem: Welche ist die größte 
Kraft, die der Körper ausüben kann, wenn er aus dem Stand in den Zehen¬ 
stand kommt? Der lange Streit über den mechanischen Teil des Problems 
des Zeheostandes ist dadurch entstanden, daß Weber bei der Berechnung 
den Begriff „Hebel“ einftihrte. Weber hat die richtige Auffassung vom 
Fuß als Hebel. Der Fuß wickelt sich nicht ab, wenn er in den Zehen¬ 
stand kommt, sondern dreht sich um die Achse der Metatarsophalangeal- 
gelenke. Fischer ist der erste gewesen, der die Kräfte richtig berechnete. 
Die Spannung eines Muskels in Kontraktion wird ganz getragen durch die 
Kontraktion innerhalb der normalen Grenzen. Die Ferse kann den Boden 
verlassen, wenn auch die .Schwerlinie hinter die Metatarsophalangealachse 
fällt. Es ist aber dann kein Zehenstand, sondern ein mehr oder weniger 
schnelles Hintenüberfallen. Hermanns Probe mit belastetem Knie ist un¬ 
richtig. Der Triceps surae an einer Seite eines gesunden kräftigen Mannes 
ist imstande, eine Kraft von 666 kg zu entwickeln. Die natürliche absolute 
Kraft von Muskeln im menschlichen Körper unter Einfluß des Willens ist 
die größte Kraft, die im Verlauf der Kontraktion in der Längsrichtung der 

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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


Endsehnc ausgeübt werden kann. Der physiologische Querschnitt eines ge¬ 
fiederten Muskels ist gleich der Oberfläche X siu des Winkels, den die 
Fasern mit der Richtung der Eudsehne bilden. Die natürliche absolute 
Kraft pro Quadratzentimeter physiologischen Querschnitt der Wadenmuskeln 
bei rechtwiukelig gebogenem Fuß ist 5,25 kg. 

Die Untersuchung von Julius (75) über den unvollkommenen Tetanus 
der Taube, des Kaninchens, des frischen unermüdeten Sommerfrosches und 
des Meerschweinchens ergaben folgendes: Die Gipfelpunkte der einzelnen 
Teilzuckungen entfernen sich nicht kontinuierlich ansteigend, immer mehr 
von der Abszissenlinie, sondern es bildet sich eine „initiale“ Spitze aus, die 
dadurch hervorgerufen ist, daß je nach den Versuchsbedingungen die zweite 
oder dritte Zuckung die höchste ist. Dieses Phänomen ist so zu erklären, 
daß von den ersten Teilzuckungen die erste am langsamsten verläuft, sodann 
eine Beschleunigung bis etwa zur vierten Zuckung eiutritt, worauf sich dann 
erst ein stationärer Zuckungsverlauf ausbildet oder wieder eine kleine Dehnung 
auftritt. Wenn das Reizintervall so gewählt ist, daß kein unvollkommener 
Tetanus entsteht, sondern daß die Zuckungen getrennt verlaufen, läßt sich 
auch durch Messung feststollen, daß die erste Zuckung die langsamste ist, 
die nächstfolgenden zwei oder drei Zuckungen schneller werden und dann 
erst eine Dehnung auftritt. Durch diese Beschleunigung der ersten Zuckungeu 
und die darauf folgende Dehnung entsteht die eigentümliche Ausbiegung 
der Gipfellinie, wodurch sich die Kurve des unvollkommenen Tetanus bei 
der Taube erheblich von den bisher bekannten Tetanuskurveu unterscheidet. 
Im ganzen genommen zeigen die Untersuchungen des Autors, daß der 
Sklelettmuskel sich im wesentlichen ebenso verhält wie der glatte: daß bei 
wiederholter Reizung zuerst eine Abnahme der Zuckungsdauer, d. h. ein 
Schncllcrwerden der Einzelzuckungen und dann eine Zunahme der Koutrak- 
tionsdauer, eine Dehnung, stattfindet. 

Es werden von Jensen (74) der Verlauf der „thermischen“ Kontraktion 
(d. h. die durch relativ kurz dauernde Erwärmung eines Muskels bewirkte 
Verkürzung mit einer auch bei geringer Belastung rasch nachfolgenden 
Wiederverlängerung), ihre Abhängigkeit von der Belastung und ihre Kraft¬ 
kurven näher untersucht und mit den Verkürzungen sowie den unter Um¬ 
ständen vorkommenden Wiederverlängerungen des Muskels bei der Wärme- 
starre im einzelnen verglichen. Hierbei zeigt sich, daß die Erscheinungsweise 
der thermischen Kontraktion und der Wärmestarre und die Bedingungen, 
unter denen bei beiden Verkürzungen und Wiederverlängerungen auftreten, 
scharf voneinander zu unterscheiden sind. Ferner wird festgestellt, daß ohne 
Verkürzung abgestorbene (starr gewordene) Muskeln zwar noch die wesent¬ 
lichen Erscheinungen der Wärmestarre, nicht aber die der thermischen Kon¬ 
traktion zeigen, daß jedoch reversibel elektrisch unerregbare Muskeln, ja selbst 
gewisse irreversibel elektrisch unerregbare, sich die Fähigkeit der thermischen 
Kontraktion bewahren können. Das Durchsprechen aller Erklärungsmöglich¬ 
keiten der thermischen Kontraktion führt zu dem Ergebnis, daß diese auf 
einer reversiblen chemisch-physikalischen Änderung der von dou Temperatur¬ 
änderungon betroffenen Muskelfasern beruht, und daß dieso unmittelbar 
durch die Wärme hervorgerufen wird (und nicht etwa durch Vermittlung 
„autoelektrischer Reize“ nsw.). Im besonderen wird auf Grund der quanti¬ 
tativen Bestimmung der Kraftleistungen des Muskels bei der thermischen 
Kontraktion und bei der Wärmestarre nachgewiesen, daß bei der typischen 
Kontraktion eine partielle Wärmestarre nur in geringem Maße mitwirkt. 
Die Alternative, ob es sich bei der thermischen Kontraktion um den Erfolg 
einer echten „thermischen Reizung“ oder um eine unmittelbare thermische 


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Physiologie der peripherischen Nerren und Muskeln. 


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Einwirkung auf die Muskelfibrillen handle, wird zugunsten der ersteren 
Ansicht entschieden. Aus den Eigentümlichkeiten der thermischen Beizung, 
zusammen mit solchen der chemischen Reizung, werden Schlüsso gezogen 
auf den Mechanismus der Muskelerregung im allgemeinen und der thermischen 
Erregung im besonderen. Somit ergibt sich, daß der anfangs betonte 
Hinweis auf die Bedeutung der Wärme als „Reiz“ berechtigt ist. 

Nach Ansicht von Jansma (73) gibt es noch keinen einzigen Befund, 
welcher die Aufstellung einer qualitativen Differenz zwischen Tonus und 
schneller Kontraktion rechtfertigt; Jansma ist überzeugt, daß eine solche 
Differenz nicht besteht. Wie bei der schnellen Kontraktion rhythmische 
Impulse den quergestreiften Muskel erreichen mittels der spinalen motorischon 
Nervenfasern, so gehen auch die tonischen Impulse, welche die tonische 
Kontraktion verursachen, läugs diesen Fasern von denselben Rückenmarks¬ 
zentreu aus. Welche höheren Zeutreu mit dem Tonus insbesondere ver¬ 
knüpft sind, ist noch nicht ganz klar. Der Sympathikus hat wahrscheinlich 
einen trophischen Einfluß auf die quergestreifte Muskulatur, oder er ist 
afferenter Natur. De Bo er hat gezeigt, daß Durchtrennung der Rami 
commuuicantes oder der sensiblen Hinterwurzeln eine Verspätung der 
Leichenstarre bei Froschmuskeln herbeiführt. Dies kann Jansma be¬ 
stätigen. Außerdem fand er, daß bei Durchtrennung des Plexus ischiadicus 
eine größere Verspätung eintritt, als bei Durchtrennung der-Rami communi- 
cantes, daß bei Durchtrennung des N. ischiadicus die Verspätung größer 
ist, als bei Durchtrennung der Hinterwurzeln und daß Durchtrennuug der 
Rami communicantes entweder die gleiche oder eine geringere Verspätung 
bewirkt als eine Durchtrennung der Hinterwurzeln. Durchtrennung des 
Halsrückenmarks gibt dieselbe Verspätung, wie die Durchtrennung des 
Plexus ischiadicus. In der Leichenstarre sieht Jansma nur einen physisch- 
chemischen Prozeß, der mit den normalen vitalen Vorgängen in den Muskeln 
nicht gleichwertig ist. Wo aber die Grenze zwischen Leben und Tod 
gelegen ist, läßt sich schwer bestimmen. 

Mansfeld und Lukdcs (89) bringen mit der Zuntz- Geppertsehen 
Methode den Nachweis, daß der respiratorische Stoffwechsel kurarisierter 
Hunde eine Abnahme erfährt, wenn man die Muskeln der unteren Extremität 
entnervt. Aus diesem Ergebnis ziehen sie den Schluß, daß ein chemischer 
Tonus quergestreifter Muskeln vorhanden ist und dieser von solchen Nerven 
vermittelt wird, die mittels Kurare nicht gelähmt werden. Wenn man 
dieselben Nerven während des Stoffwechselversuchs durchschneidet — vorher 
aber schon den Bauchstrang des Sympathikus exstirpiert —, so findet keine 
Spur einer Abnahme der Oxydationen statt. Die Autoren folgern aus diesen 
Versuchen, daß der chemische Muskeltonus durch das sympathische Nerven¬ 
system vermittelt wird, ebenso w r ie es für deu mechanischen Muskeltonus 
der Frösche von de Boer nachgewiesen wurde. 

Mansfeld (88) sucht, die vorige Arbeit ergänzend, nachzuweisen, daß 
auch die dauernde Verkürzung, der mechanische Tonus der Muskeln, durch 
Kurare nicht aufgehoben werden, sondern erst schwinden, wenn die Nerven 
der kurarisierten Muskeln durchtrennt sind. 

Aus den Untersuchungen von Ernst (36) geht hervor, daß infolge der 
sympathischen (tonischen) Innervation im Muskel keine Kohlehydrate ver¬ 
brannt werden, daß also in der Tat Tonus und rasche Kontraktion ihren 
Sitz in verschiedenen Stoffen haben und der Ausdruck verschiedener 
chemischer Prozesse sind. 

Nachdem Golowinski (49) in der ersten Mitteilung die Verhältnisse 
der elastischen Eigenschaften des ruhenden quergestreiften Muskels erläutert 


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Physiologie der peripherischen Nerven and Maskein. 


bat, wendet er sich der Frage zu, ob und in welcher Weise pharmakologische 
Ageutien imstande sind, diese elastischen Eigenschaften des ruhenden Muskels 
zu verändern. Der Autor benutzt dazu verschieden alkylierte Xanthine. 
Der Unterschied der einzelnen vom Autor geprüften Xanthinkörper ist 
lediglich ein quantitativer. Außer der Dehnungskurve verändert sich auch 
die der Rückdehnung, welche unter der Einwirkung der Xanthine noch 
unvollkommener wird. Diese Erscheinungen sind in hohem Grade abhängig 
von dem Einfluß der Substanzen dieser Gruppe auf die kontraktile Muskel¬ 
substanz, die sieb in folgenden Veränderungen ausdrückt. Das allererste 
Stadium der Wirkung äußert sich in einer Kondensierung der Eiwei߬ 
moleküle; erst nach dieser wird eine feinere Granulierung in der Struktur 
bemerkbar, die sich durch Trübung charakterisiert und eine Folge beginnender 
Gerinnung des Myosins darstelltendlich tritt dann eine vollständige Ver¬ 
nichtung und Zerstörung des Muskelbaues ein. Für kleine und mittlere 
Dosen kommen nur die ersten beiden Stadien der Wirkung in Betracht, 
die als reversible Prozesse aufzufassen sind, d. h. nach dem Aufbören der 
Wirkung kehrt die Struktur zur Norm zurück. Die bei der Wirkung der 
Xanthinkörper beobachtete Verminderung der Dehnbarkeit des Muskels zeigt 
in ihrer Entstehungsweise eine weitgehende Analogie zu der Wirkung, wie 
man sie bei der Tetanisierung des Muskels beobachtet. Ein Unterschied 
besteht lediglich in der Wirkung auf die Rückdehnungskurve. Unter der 
Einwirkung der 'Xanthinderivate beobachtet mau ein stärkeres Hervortreten 
der sog. elastischen Nachwirkung. 

Auf Grund aller seiner Experimente mit dem unter dem Einfluß der 
Purinderivate stehenden quergestreiften Muskel gelangt der Autor zu folgen¬ 
den Schlüssen: Alle alkylierten Xanthine wirken erregend auf den Skelett¬ 
muskel, und diese Vermehrung der Erregbarkeit steht in direkt proportionalem 
Verhältnis zur Dealkylierung des Xanthinkerns. Wenn der Muskel unter 
dem Einfluß von mittleren Dosen sich befindet und dabei eine Arbeit leisten 
muß, wie sie das Heben kleiner und allmählich, ungefähr bis zur optimalen 
Belastung sich vergrößernder Gewichte bei schwacher Anregung zum Energie¬ 
verbrauch darstellt, dann bekommt man einen positiven Nutzeffekt für die in 
einer bestimmten Zeitperiode geleistete Gesamtarbeit, und zwar um so mehr, 
je stärker die entsprechende Substanz wirkt. Wenn der Skelettmuskel eine 
Arbeit verübt unter dem Eiufluß derselben Stoffe und bei etwa derselben 
Dosierung, aber über die Grenzen der Optimalität hinausgehender Belastung 
und bei maximaler Reizung mit Unterbrechungsstrom, dann wird der oben¬ 
erwähnte Nutzeffekt negativ, und diese Verkleinerung der Gesamtleistung wird 
um so größer sein, je weniger der Xanthiukern alkyliert ist. Auch der Er¬ 
müdungsgrad des unter dem Einfluß von Xanthinderivaten stehenden Skelett¬ 
muskels infolge einer bei optimaler Belastung und häufiger submaximaler 
Reizung geleisteten Arbeit steht in bestimmter Abhängigkeit von der höheren 
oder geringeren Alkylierung des Xanthins. Bei der Wirkung mehr alkylierter 
Xanthine hat die Gesamtarbeit, welche während einer gewissen Zeitperiode 
bis zu dem vollen Verbrauch aller Vorratskräfte des Muskels geleistet ist, 
noch immer einen in Prozenten ausdrückbaren positiven Wert gegenüber der 
unter gleichen Bedingungen vom normalen Muskel geleisteten Arbeit. Wenn 
auch bei der Wirkung dieser Stoffe die Periode der Ermüdung etwas kürzer 
ist, so ist dafür die Intensität der Arbeit, welche in der Zeiteinheit der An¬ 
fangsperiode geleistet wird, im allgemeinen größer als normal, was den oben 
erwähnten Uberschuß an Gesamtarbeit ergibt. Bei der Wirkung wenig 
alkylierter Xanthine bekommt man ein entgegengesetztes Resultat; obwohl 
auch hier die Intensität der Arbeit eine größere ist, so kann sie doch den 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


135 


infolge eines noch schnelleren Verlaufes der Ermüdungsperiode entstandenen 
Arbeitsrerlust nicht in seinem ganzen Umfange kompensieren, so daß sich 
ein negativer Gesamteffekt ergjbt. Der Ersatz der Methylgruppe beim N. 
des Xanthinkerns durch die Atbylgruppe bewirkt in quantitativer Hinsicht 
keinen bemerkbaren Unterschied in der Wirkung; eine etwas deutlichere 
Differenz (und zwar im Sinne einer Verminderung) beobachtet man bei 
Methoxy- resp. Äthoxylierung des Trimethylxanthius. Was die Bedeutung 
der isomeren Stellung der Metbylgruppen in den Dimethylxanthinen für die 
Wirkung betrifft, so hat das Paraxanthin die stärkste, das Theophyllin die 
schwächste Wirkung, während das Theobromin eine mittlere Stellung zwischen 
beiden einnimmt. Die Besultate weiterer vom Autor angestellten Experimente 
sprechen dafür, daß alle untersuchten trialkylierten Xanthiue auf das zentrale 
Nervensystem wirken, und daß die von ihnen hervorgerufene Verengerung 
der Gefäße zum größten Teil abhängig ist von ihrer erregenden Wirkung auf 
das Vasomotorenzentrum in der Medulla oblongata resp. auf die sukzessorischen 
Vasomotoren, die sich im Rückenmark befinden; denn nach der Zerstörung 
dieser Zentren veränderte sich die Schnelligkeit des Ausfließens einer be¬ 
bestimmten Blutmenge nicht. Es besteht einerseits ein gewisser Parallelis¬ 
mus zwischen der Alkylierung der Xanthine und der Stärke ihrer erregenden 
Wirkung auf das zentrale Nervensystem; andrerseits wächst nach der Zer¬ 
störung desselben parallel mit der Abnahme der Metbylgruppen im Xanthin¬ 
kern der Widerstand der Blutzirkulation an der Peripherie. 

Bei Fröschen tritt die Hitzestarre in willkürlichen Muskeln vom Typ 
des Sartorius und Gastrocnemius, wie Hopkins und Mann (70) berichten, 
bei niedrigerer Temperatur ein als in den langsamer sich kontrahierenden 
Zungenmuskeln, in diesen wieder bei niedrigerer Temperatur als in der un¬ 
willkürlichen Herzmuskulatur, und im Herzmuskel bei niedrigerer Temperatur 
als in der glatten Blasen- und Magenmuskulatur. Eine höhere Temperatur 
ist für die Muskelkoagulation bei Fröschen der nördlichen als der südlichen 
Gegenden notwendig. Wenn man Magen- und Blasenmuskulatur allmählich 
erhitzt, so tritt zuerst eine Erschlaffung ein. Die nötige Temperatur, um Hitze- 
starre hervorzubringen, ist ungefähr 18 Grad höher als diejenige, welche man 
benötigt, um den Anfang der Koagulation im Sartorius herbeizuführen. Niko- 
tine und Atropine übeu bei glatter Muskulatur uud Kurare bei quergestreifter 
Muskulatur keinen Einfiuß auf die Koagulationstemperatur aus. Ermüdung, 
durch Bildung von Säuren, verändert Muskeln wie Sartorius und Gastro¬ 
cnemius derart, daß ihre Koagulation bei niedrigerer Temperatur eintritt. 
Die Autoren wollen die Versuche im weiteren so ausgestalten, daß sie Frösche 
aus den nördlichen Gegenden zu Experimenten im Sommer und Frösche 
aus den südlichen Gegenden zu Experimenten im Winter benutzen, um zu 
erforschen, welchen Einfluß die Überwinterung auf Koagulationsfähigkeit 
ausübt. 

Secber (120) ermittelte, daß Chininsalze in starken Lösungen (bis 
1 :250) die quergestreiften Muskeln der Frosches destruieron. Schwächere 
Lösungen bewirken keine histologischen Veränderungen. Die zwischen dem 
Chinin und der Muskelsubstanz gebildete Verbindung ist reversibel. Das 
Chinin beschleunigt das Eintreten der Ermüdung der quorgestreiften Muskeln. 
Die Wirkung ist noch bei 1 :45000 zu verspüren. Das Chinin setzt die 
Arbeitsleistung der quergestreiften Muskeln herab. Die schwächste wirksame 
Konzentration ist 1 : 10000. Das Chinin verändert nicht deutlich Form 
noch Länge der Einzelzuckung, noch die Latenzzeit. Die Wirkungen des 
Chinins und des Koffeins auf die quergestreifte Muskulatur bieten allerdings 
in einigen Beziehungen Übereinstimmungen dar, in anderen Beziehungen aber 


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136 


Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


große Verschiedenheiten, und es ist somit anzunehmen, daß die Wirkung der 
beiden Stoffe auf die quergestreifte Muskulatur ganz verschiedener Natur ist. 


Herz, Elektrokardiogramm, Magen. 

Wäre der Herzstoß, so führt Siegmnnd (122) aus, nur immer eine 
direkte Folge der mechanischen Einwirkung der Herzbewegung auf die 
passive, anliegende Brustwand, so müßte mau erwarten, daß der Herzstoß 
bei normaler Tätigkeit eines kräftigen Herzmuskels sich stets deutlicher 
ausprägte, als bei funktioneller oder organischer Herzmuskelschwäche. Aber 
gerade das Gegenteil wird sehr häufig beobachtet: bei geschwächter Herzkraft 
ein oft auffallend lebhafter, scharf gezeichneter Herzstoß, der nicht selten 
in breiter Ausdehnung und meist nur ira Bereich eines einzigen Zwischeu- 
rippenmuskels und dabei ohne jede Miterschütterung der Rippen fühlbar ist. 
Dieses Verhalten, meint Siegmuud, wird verständlich bei der Annahme 
eines neurogenen Herzstoßes. Dann wäre die Stärke und Ausdehnung dieser 
Bewegungserscheinung ganz unabhängig von der Kraft der Herzbewegung. 
Eine krankhafte Übererregbarkeit der Zwischenrippeumuskeln ist dann vor¬ 
handen bei gleichzeitiger nervöser oder organischer Herzschwäche. Einen 
sehr verbreiterten neurogenen Herzspitzenstoß bei gleichzeitiger nervöser 
Schwäche müßte in die Gruppe der neurasthenischen Symptome eingereiht 
werden. 

Die Resultate der Arbeit von Lindhard (84) sind folgende: 1. Das 
Minutenvolum deB Herzens ist bei Muskelarbeit wie bei Ruhe im großen 
gauzen eine Funktion des respiratorischen Stoffwechsels. 2. Das Minuteu- 
volumen nimmt also bei Muskelarbeit zu. Bei der strengsten in Verfassers 
Versuchen vertretenen Arbeit wurde es, einer Stoffwechselsteigeruug von 
etwa zehnmal dem Ruhestoffwechsel entsprechend, bis auf sechsmal des Ruhe- 
wertes vergrößert. Die Vergrößerung hat annehmbar dieselbe Ursache wie 
bei Ruhe. 3. Die Ausnutzung dos Sauerstoffes des Blutes, die bei Ruhe 
konstant ist, ist bei Muskelarbeit gesteigert, und zwar in großen Zügen mit 
der Arbeit zunehmend. Die größte Sauerstoffaufnahme bei einem normalen 
Versuchsindividuum beträgt 148,5 ccm pro Liter, einem Ausuutzungskoeffi- 
zienten von 0,795 entsprechend. Welches besondere Verhältnis eine so 
große Sauerstoffabgabe ermöglicht, läßt sich nicht entscheiden. 4. Bei Muskel¬ 
arbeit nimmt gleichfalls der Rhythmus des Herzens zu, und die Veränderung 
ist der Arbeit proportional, quantitativ aber bedeutend geringer als die 
Vergrößerung des Minutenvolums. 6. Das Schlagvolum des Herzens ist 
somit, bei Muskelarbeit vergrößert. Da indessen das gegenseitige Verhältnis 
zwischen Miuutenvolum und Pulsfrequenz individuell schwankt, und auf vielen 
Wegen beeinflußt werden kanu, lassen sich keine allgemeinen Gesetze für 
die Schwankungen des Schlagvolums nachweisen. 6. Außer der Größe der 
Arbeit hat auch das Arbeitstempo in verschiedener Weise einen Einfluß 
sowohl auf die Respiration als auf den Kreislauf. 7. Auch individuelle 
Verhältnisse, wie Indisposition, scheinen einen Einfluß auf den Kreislauf 
erhalten zu können. 8. Dagegen besteht kein prinzipieller Unterschied 
zwischen dem Verhalten der Respiration und des Kreislaufes bei Muskel¬ 
arbeit bei Frauen uud Männern. 9. Übung oder Training bewirkt bei Ruhe 
eine Steigerung des Stoffwechsels, eine im Verhältnis dazu noch größere 
Vermehrung des Minutenvolums und also eine geringere Ausnutzung des 
Sauerstoffs im Blute; ferner eine Herabsetzung des Pulsfrequenz und also 
eine sehr bedeutende Vergrößerung des Schlagvolums. Bei Muskelarbeit 
wird der Trainierte eine gegebene Arbeit mit geringerer Stoffwechselsteigerung, 


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Physiologie der peripherisohen Nerven und Muskeln. 


137 


kleinerem Minutenvolum, besserer Ausnutzung, niedrigerer Pulsfrequenz und 
kleinerem Sclilagvolum ausführen als der Untrainierte. 10. Der Begriff 
Nutzwirkung ist zu defiuiereu als der Teil der anläßlich der Arbeit aktivierten 
chemischen Energie, der sich in potentielle Muskelenergie umsetzen läßt, 
ohne Rücksicht darauf, ob letztere unter den vorhandenen Bedingungen in 
Arbeit umgeset/.t werden kann oder umgesetzt wird. Der Begriff der Nutz¬ 
wirkung soll sich auf den Organismus, nicht auf zufällige Apparate beziehen. 
11. Als Gruudlinie der Berechnung der Nutzwirkung ist die Arbeitsstellung 
anzuwendeu. 12. In Respirationsversuchen, bei denen die Versuchsperson 
nicht psychisch indifferent war, kann der Respirationsquotient nicht zur 
Berechnung der Art der Abbauprozesse angewandt werden, da in diesen 
Fälleu nur die Sauerstoffaufnahme, nicht aber die Kohlensäureabgabe als 
ein Ausdruck des Stoffwechsels betrachtet werden kann. 

Mit Hilfe eines faradischen Apparats mii variierbarer Uuterbrechungs- 
frequenz und selbst bei einer solchen von 2 ) pro Sekunde vollkommen sicher 
wirkender Ablenkung der Schließungsschläge bestimmten Ho ffmann und 
Magnus-Alsleben (b9) die Maximalirequenz, in der Vorhof und Ventrikel 
zu schlagen und das Übcrleitungsbündel zu leiten vermag. (Anspruchsfähig¬ 
keit.) Es ergab sich, daß die Anspruchsfähigkeit des Vorhofs größer ist als 
die des Ventrikels. Diese ist wiederum größer als die des Uberleitungs- 
bündels, wenn es in normaler Richtung leitet. Ganz außerordentlich gering 
ist die Frequenz der Erregungen, welche bei direkter Reizung des Ventrikels 
zum Vorhof „rückläufig“ passieren können. Beim Hunde, der nach Durch¬ 
schneidung beider Vagi an und für sich Tachykardie zeigt, ist es par nicht 
möglich, durch Ventrikolreizuug die Schlagfolge der Vorhöfe zu ändern, ob¬ 
gleich kein „Block“ besteht. Bei direkter Reizung der Herzteile tritt bei 
Frequenzen, denen die Muskulatur nicht mehr zu folgen vermag, entweder 
Flimmern oder bei schwächeren Reizen Rhythmushalbierung ein, aber keine 
Arhythmie. Die Arhythmie bei Vorhofssystole kann nicht dadurch bedingt 
sein, daß die Anspruchsfähigkeit der Ventrikelrauskulatur überschritten wird, 
denn diese ist jeder Frequeuz, die das Bündel zu leiten vermag, gewachsen. 
Die Ursache dafür, daß bei abnorm frequenten Vorhofserreguugen (mögen 
sie auch rhythmisch sein) der Ventrikel langsam und arhythmisch schlägt, 
ist nach diesen Versuchen in den physiologischen Eigentümlichkeiten des 
Atrioventrikularbüudels zu suchen. 

Hering (64) macht auf dio Möglichkeit eines plötzlichen Herztodes durch 
Herzkammerfliramern infolge Morphiummedikatiou aufmerksam. Wenigstens 
könne aus Experimenten an Tieren, die ein Schüler Ken Kure angestellt 
hat, mancher plötzliche Tod bei Steuokardie, bei welchem Morphium vorher 
verabreicht worden ist, gedeutet werden. Bei einem gesunden Herzen wird 
auf Morphiumdoseu, wie sie üblich sind, eine derartige Herzwirkung nicht 
eintreten, aber bei einem kranken Herzen sei es wohl möglich. 

Während langsamer kontinuierlicher Infusion kleiner Dosen KCl tritt 
beim Hunde, wie aus Versuchen Hering’s (62) hervorgeht, eine negativ 
chronotrope und negativ inotrope Wirkung auf das Herz auf, die nach Durch¬ 
schneidung der Nervi vagi einer positiv chrouotropen uud positiv inotropen 
Herztätigkeit Platz macht. Dio gleichlang andauernde oder selbst in etwas 
kürzerer Zeit erfolgende Infusion der gleichen Menge KCl ruft nach der 
Vagotomie bei demselben Tiere jene negativ chronotrope und inotrope Wirkung 
nicht hervor. Durch diese Versuche sei der Nachweis geliefert, daß KCl 
den Herzvagustonus steigert. Da KCl den Herzvagustonus beim Hunde in 
höherem Maße steigert als beim Kauiuchen, bei dem auch leichter die frequenz- 
xnindernde Wirkung in eine frequenzsteigernde umschlägt, ist der Nachweis 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


bei ersterem leichter za erbringen als bei letzterem. Der Umstand, daß nach 
Traube die meisten Autoren sich der Kaninchen als Versuchstiere bedienten, 
erklärt ihre abweichenden Ergebnisse, wozu noch Mängel der Methodik kamen. 

Die Ergebnisse der Arbeit Hering’s (63) über die erregenden Wirkungen 
des Kalium auf das Säugetierherz sind folgende: Infusion von KCl vermag 
bei Hunden, leichter noch bei Kaninchen, Tachykardien auszulösen. Diese 
Tachykardien sind extrasystolische (lieterotope); sie treten sekundär auf, 
während die primäre Wirkung des KCl eine Bradykardie ist. Bei etwas 
größeren Dosen KCl tritt Kammei flimmern auf, an welches sich Vorhof¬ 
flimmern anschließen kann. Begünstigt wird das Auftreten des Kammer- 
flimmerns durch die schon vor dem Flimmern bemerkbare kontraktions¬ 
schwächende Kaliwirkung. Aus diesen angefühiten Tatsachen geht hervor: 
1. daß KCl auf gewisse heterotope Reizbildungsstellen erregende Wirkungen 
auszuübeu vermag; 2. daß diese heterotopen Reizbildungsstellen auf ent¬ 
sprechende Dosen von KCl anders reagieren als die homotope Reizbildungs¬ 
stelle; 3. daß Dosen von KCl, welche auf Reizbildungsstellen erregend ein¬ 
zuwirken vermögen, die Kontraktilität schwächen. 

Hecht (60) konnte ermitteln, daß die Alpenmurmeltiere im Winter¬ 
schlaf einen Pulsfrequenzabfall unter deu vierten Teil der Pulsfrequenz im 
wachen Zustande haben können, ohne daß es dabei zu Reizleitungsstöruugen 
zu kommen braucht; das Reizleitungsvermögen verändert sich aber konform 
mit der Verminderung der Reizproduktion, so daß einer beiläufig fünfmal 
so langen Pulsperiode auch eine etwa fünfmal längere Überleitungszeit ent¬ 
spricht. Individuelle Unterschiede scheinen selbst in diesem Zustand ceteris 
paribus noch zum Ausdruck zu kommen. 

Im ganzen kann Hecht (61) auf Grund der klinischen und experimen- 
telleu Befunde im Extract. Apocyni fluid, (einem bei den Indianern als 
harntreibendes Mittel geschätzten Extrakt) und im Cymarin (dem von 
Impens auskristallisierten Körper aus Extract. Apocyni) ein dem Strophan¬ 
thin ähnliches, wenn auch schwächer wirkendes Mittel erblicken, demzufolge 
seiner geringen Giftigkeit und dem Mangel ausgesprochener Kumulativ¬ 
wirkung ein Platz in der Reihe der Herzmittel gebührt. 

Aus den Untersuchungen von Gellhorn und Lewin (46) geht hervor, 
daß Muskelarbeit sowohl im normalen wie im Ermüduugszustande stets eine 
Erhöhung des Blutdrucks zur Folge hat. Da die Volumenkurve nach der 
Ermüdung genau das entgegengesetzte Verhalten wie vor der Ermüdung 
zeigt, d. h. da sich normaliter die kleineren Gefäße der Extremitäten wäh¬ 
rend einer körperlichen Arbeit erweitern, nach der Ermüdung dagegen kon¬ 
trahieren, da aber gleichzeitig der Blutdruck stets eine Steigerung aufweist, 
so kann man mit Sicherheit annehraen, daß für diese Blutdrucksteigerung 
ein anderer Faktor als die Wirkung der Vasomotoren verantwortlich zu 
machen ist. Dieser Faktor, der im wesentlichen die Höhe des Blutdruckes 
bestimmt, kann nur in der Arbeitsleistung des Herzens zu suchen sein, dessen 
vergrößertes resp. verkleinertes Schlagvolumen das Steigen resp. Sinken des 
Blutdruckes zur Folge hat. 

Die hauptsächlichen Ergebnisse der von Haberlandt (69) angestellten 
Froschherzversuche sind folgende: Bei Vorhofwühlen können die normalen 
Sinuserreguugen nicht bis zur Kammer Vordringen. Entweder schlägt diese 
ganz unabhängig in eigener Automatic, oder es besteht Kammerstillstand. 
Nach Wiederaufnahme der ursprünglichen Vorhoftätigkeit stellt sich auch 
wieder die Koordination zwischen Vorhof und Kammer her. Diese Erschei¬ 
nungen wurden nach kombinierten Trichter- uud Vagusreizungen beobachtet, 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


139 


traten aber in der zweitgenannten Form schon anf alleinige, vorhofwärts 
ausgeführte Faradisationen der Atrio-Ventrikular-Trichtergegend auf. Solche 
Herzreizungen können auch auf längere Zeit am Yorhof einen Pulsus bige- 
minus hervorrufen, der durch Zwischenschaltung spontaner Extrasystolen be¬ 
dingt erscheint. Diese erweisen sich als Ausgangs- bzw. Grundform für das 
überdauernde Wühlen, insofern es sich einerseits aus Extrasystolen zu ent¬ 
wickeln vermag, andererseits oft in Form von solchen abklingt. Das über¬ 
dauernde Kammerwühlen kann auch in einen selbständigen, automatischen 
Eigeurhythmus übergehen, dessen Frequenz sich stets größer gestaltet als 
die des normal schlagenden Yorhofes. Es besteht dabei vollkommene Disso¬ 
ziation zwischen beiden Herzabschnitten. Diese Kammerautomatie kann 
sich auch ohne anfängliches Wühlen primär auf alleinige oder mit Vagus- 
faradisationen kombinierte Trichterreizungen hin ausbilden. Dagegen haben 
diese Reizungen nur ganz ausnahmsweise gleichzeitiges oder fast gleich¬ 
zeitiges Schlagen von Vorhof und Kammer (atrioventrikulärer Rhythmus) 
zur Folge. Der beim Frosche nachgewiesene automatieerhöhende Einfluß 
von Vagusfaradisationen, die kombinierten Vagus-Akzeleransreizungen am 
Warmblüter entsprechen, bleibt auch nach Atropinisierung des Nerven- 
stammes bestehen. Die betreffenden Fasern gehören demnach zum mindesten 
teilweise den Akzeleratoren an. Die am Schildkrötenherzen ausgeführten 
Versuche ergaben ähnliche Befunde wie die am Froschherzen ermittelten. 

Aus Versuchen von Nobel (99) geht hervor, daß nach Injektion von 
Galle und von großen Mengen gallensaurer Salze beim Hunde trotz hoch¬ 
gradiger Schädigung der Kontraktilität und der Reizbildung die Reizleitung 
des Herzens bis zum Tode des Tieres fast normal bleiben kann. 

Kaiser (76) beschreibt ausführlich einen neuen Apparat zur Registrie¬ 
rung der menschlichen Herztätigkeit. Aus seinen Registrierungen geht hervor: 
1. daß mit dem beschriebenen Apparate die Bewegungen der Unterfläche 
des Herzens (der linken Ventrikel und des rechten Atriums) vom Rektum 
oder von der Vagina aus registriert werden können, 2. daß die so erhaltenen 
Kurven, Plethysmokardiogramme, in ihrer Mitte durch von der Pulswelle in 
der Aorta abdominalis hervorgerufene Bewegungen verhüllt werden, weshalb 
der mittlere Teil der Kurven von einem Sphygmogramm der Bauchaorta 
gebildet wird; 3. daß das Verhältnis dieser beiden Teile einer Kurve einiger¬ 
maßen zeigt, wie die vom Herzen geleistete Arbeit sich zu dem nützlichen 
Effekt dieser Arbeit verhält; 4. daß die Kurven es ermöglichen, durch 
Messung die Dauer jeder der verschiedenen Phasen einer Herzrevolution 
genau zu bestimmen; 5. daß nicht nur der As-Vs-Intervall bei jüngeren kürzer 
und bei älteren und schwächereu Personen länger ist, sondern daß auch bei ein 
und derselben Person beträchtliche Unterschiede in dieser Hinsicht Vor¬ 
kommen können. Durch Erschöpfung wird die As-Vs-Periode viel länger, 
durch Aufregung kürzer; 6. daß die Kurven besonders deutlich angeben, 
wie bei einer Vermehrung der Pulszahl fast nur ausschließlich der diasto¬ 
lische Teil derselben abgekürzt wird, und daß erst in zweiter Reihe auch 
der systolische Teil einer Kurve an dieser Abkürzung sich beteiligt; 7. daß 
während einer längeren Beobachtung die Ausströmungszeit nicht immer gleich 
lang bleibt, und daß mit gewissem Vorbehalt die Ausströmungsdauer als 
Maß gelten kann für die Größe des Schlagvolumens, die ebenfalls oft be¬ 
trächtliche Abänderungen zeigt; 8. daß eine Vergrößerung des Herzvolumens, 
außer durch eine Verlängerung der Systolendauer (hauptsächlich von einer 
Verlängerung der Ausströmungszeit herrührend) auch durch die stärkeren 
Krümmungen und deu Detailreichtum der Kurven sich erkennbar macht; 
9. daß in gewissen Fällen, wenn die Gestalt der Kurve auf eine Dilatation 


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140 


Physiologie der peripherisohen Nerven und Muskeln. 


des Herzens binweist, die Ausströmungszeit sehr kurz sein kann, und daß 
in dergleichen Fällen an eine unvollständige Entleerung des Herzens gedacht 
werden muß; 10. daß man das Verhältnis zwischen der präsphygmischen 
Periode und der ganzen Systolendauer gewissermaßen als ein Index der 
Leistungsfähigkeit des Herzens betrachten kann; bei jüngeren Personen be¬ 
trägt dieses 1 : 7, bei älteren und schwachen nimmt es ab bis zu 1 :2,5; 
11. daß, wenn durch Ermüdung, z. ß. bei einer Reihe hintereinander ge¬ 
machten Aufnahmen, die Pulsfrequenz erheblich zunimmt, anfaglich auch 
die Ausströmungszeit sich dementsprechend abkürzt, daß aber von einer 
gewissen Frequenz an die Ausströmungsdauer wieder größer zu werden 
begiunt, und daß aus diesem Ergebnis abgeleitet werden kann, daß von 
diesem Optimum an das Herz zu diktieren aufängt. 

Robinson (113) berichtet über zwei Fälle von paroxysmaler Tachy¬ 
kardie, in denen die Reizung der Vagi durch Druck, um eine Aufhebung 
der Tachykardie zu bewirken, versagte. Der Autor versucht uuu eine Er¬ 
klärung, warum der Vagusdruck in einzelnen Fällen die Tachykardie beseitigt, 
und warum es in anderen Fällen nicht geschieht. Er glaubt, daß es an der 
Verästelung des Vagus liegt, die in allen Fällen nicht gleichartig sei. 

Das Elektokardiogramm des Froschventrikels faßt Eiger (31) auf als 
die algebraische Summe (bzw. Resultaute) sämtlicher Potentialunterschiede, 
welche im gegebenen Momente im Herzen entstehen und im Galvanometer 
zum Ausdruck kommen, in Abhängigkeit von deu Ableitungsbcdingungen 
(Einthoven). Die zwei entgegengerichteten Erregungen im Frosch Ventrikel 
entstehen dadurch, daß die Erregung gleichzeitig an deu zwei entgegengesetzten 
Enden der Basisperipherie von den Vorhöfeu aus — von ihren vorderen 
und hinteren Wänden aus — einsetzt. Es werden die in der Kammer ent¬ 
stehenden- analogen Erscheinungen auch in dem gewöhnlichen quergestreiften 
Muskel (Sartorius) erhalten, wenn man mit zwei Induktorien zu gleicher 
Zeit an zwei entgegengesetzten Enden (also oben und unten) reizt. Die 
ersten Ablenkungen (Zacke R und Phase S) sind der zweiphasische Ausdruck 
der ersten Erregung, und die zweiphasische Zacke T stellt den analogen Aus¬ 
druck der zweiten entgegengerichteten Erregung dar. Die gewöhnliche Ab¬ 
lenkung T, welche mit der Zacke R gleichgerichtet ist, stellt also nur die 
zweite Phase des zweiten Erregungszustandes dar, die ganz analog mit 
der Phase S der ersten Erregung, sowie ebenso analog mit dem Strom der 
zweiten Phase im gewöhnlichen Elektromyogramm des quergestreiften Muskels 
ist. Die Zacke R und die Zacke T haben in der Kammer des spontan¬ 
schlagenden Froschherzens zwei topographisch verschiedene Entstellungs¬ 
quellen. Die elektrokardiographische Kurve ist der Ausdruck der Summe 
der Aktionsströme im Herzen, welche an zwei entgegengesetzten Enden der 
Peripherie der Kammerbasis gleichzeitig einsetzenden Erregungen hervor¬ 
gerufen werden; diese Erregungen gehen von den vorderen und den hinteren 
ÄVänden der Vorhöfe in zwei entgegengesetzte Richtungen über. Die durch 
Samojloff angegebene Erklärung über die Art der Summierung der elek¬ 
trischen Erscheinungen ist unzutreffend. Der Bau des Herzmuskels, der 
darin besteht, daß die Muskelzellen sich miteinander mittels Przewoski- 
schen Muskelbrücken in querer Richtung verbinden, bildet eine genügende 
anatomische und physiologische Grundlage dazu, daß auch bei künstlicher 
Reizung einzelner spontan nicht schlagender Herzabschnitte der Reiz nicht 
nur die Phänomene R und S auf der gereizten Oberfläche hervorruft, sondern 
auch indem der Erregungszustand sich durch die Muskelbrücken auf die 
entgegengesetzte bzw. hintere Oberfläche fortpflanzt, die Erscheinung der 
Zacke T zwischen den ableitenden Elektroden hervorrufen kann. 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 141 

Ginsbarg, Tampowsky und Carlson (48) schließen aus ihren Unter¬ 
suchungen, daß der Magen des Kindes schwache Tonuskontraktioneu am 
Fundus eine Stunde nach dem Essen zeigt. Weun der Magen sich des 
Inhaltes entledigt, nehmen diese Tonusbewegungen allmählich zu an Häufig¬ 
keit und Intensität, bis sie sich am Ende einer Zeit, die zwischen 2|4 bis 
3 Stunden schwankt, zu heftigen Hungerkontraktionen umgestalten. 

Nach dem Vorgänge von Carlson legte Rogers (115) erwachsenen 
Kaninchen eine Magenfistel an, legte in den Magen einen Ballon, welcher 
die Magenkontraktionen während des Hungerzustandes des Tieres anzeigte. 
Während des Hungerznstandes ist beim Kaniuchcn der Magen niemals leer, 
wenn man nicht Vorkehrungen dagegen trifft, daß das Tier seine eigenen Fäzes 
frißt. In letzterem Falle leert sich der Magen in ca. 24 Stunden. Während des 
Hungerstadiums beim Kaninchen ist die Magentätigkeit verstärkt, und die 
Reflexaktiouen unterscheiden sich von der normalen Verdauungsperistaltik. 
Aber grundsätzliche Unterschiede finden sich nicht zwischen beiden. Es 
macht den Eindruck, wenigstens beim Kaninchen, daß die Hungerkontraktionen 
eine intensive Verdauungsperistaltik sind. Der leere Magen des Kaninchens 
zeigt sehr starke und schnell sich wiederholende Kontraktionen und deut¬ 
liche Tonusveränderungen. Das hungernde Kaninchen zeigt einen erhöhten 
Tonus in der Magenmuskulatur, und die Schwankungen im Tonus sind im 
Huugerzustande markanter als während der gewöhnlichen Verdauung. Die 
Magenkontraktionen während des Hungers werden durch sinnliche Eindrücke 
nicht aufgehoben; dagegeu werden sio verhindert oder abgeschwächt durch 
Einführung von geringen Mengen von Wasser, schwachen Säuren, Alkohol 
oder Zuckerlösungen in den Magen. Die normale Peristaltik wird durch 
dieselben Mengen von Flüssigkeiten nicht aufgehoben. Erregung (zentraler 
Nerveneinfluß) hebt die Magenkoutraktion auf und erzeugt eine Mäßigung 
des Tonus der Magenmuskulatur. Die Versuche sollen auch auf Hund und 
Menschen ausgedehnt werden. 

Nach Versuchen von Brunemeier und Carlson (16) heben Magensaft, 
Chymns, Säuren, Alkalien, Wasser, Milch und 01, die man in den Dünn¬ 
darm einführt, die Magenhungerkontraktionen und den Magentonus für gewisse 
Zeit auf. Diese Wirkung beruht zum Teil auf der mechanischen, zum Teil 
auf der chemischen Reizung der Darmschleimhaut. Die chemische Reizung 
hat größere Wirkung. Die Aufhebung der Hungerkontraktion findet wahr¬ 
scheinlich auf dem Wege der langen oder zentralen Reflexbahnen statt, in¬ 
dessen werden die kurzen oder lokalen Reilexbahnen im Auerbachschen 
Plexus auch dabei beteiligt sein. 

Wenn zwei Mittel antagonistisch auf den Darm wirken, so kann dies 
nach Versuchen von Meitzer (95) mit Magnesiumsulfat in dreifacher Weise 
geschehen: 1. Die antagonistische Wirkung der Agenden kann an derselben 
Stelle des Darmes und zu gleicher Zeit eintreten. Dann resultiert daraus 
der Tonus. 2. Die Wirkung kann sich au derselben Stelle aber in wech¬ 
selnden Zeitabschnitten manifestieren. Dann resultiert daraus der Rhythmus. 
3. Die Wirkung offenbart sich zur selben Zeit, aber sie äußert sich selb¬ 
ständig an verschiedenen Stellen. Dann resultiert daraus die Peristaltik. 

Fischer (38, 39) gibt eine Darstellung des autonomen Systems und be¬ 
leuchtet seine funktionelle Bedeutung. Er weist besonders auf seine Bedeutung 
für alle Störungen des gastrointestinalen Systems, die früher einfach unter 
unklaren Krankheitsbildern zusammengefaßt worden sind, deren Wesen und 
Mechanismen man aber jetzt unter der besseren Einsicht von der Funktion 
des vegetativen Nervensystems näher kennen gelernt hat. 


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142 


Physiologie der peripherischen Nerven and Muskeln. 


Sinnesorgane. 

Der Mensch ist, nach Untersuchungen von Sefflin (121), bei Prüfung 
der Mehrzahl der reinen Riechstoffe dem Hunde überlegen, er hat selbst 
noch in Verdünnungen eine deutliche Wahrnehmung, wo der Hund nicht 
mehr reagiert. Doch ist der Unterschied nicht immer sehr wesentlich. 
Dagegen ist der Hund bei den vom Autor untersuchten nicht genau defi¬ 
nierten Riechstoffgemischen tierischen Ursprungs dem Menschen um sehr 
viel voraus. Seine Reaktion auf kleine Mengen ist oft sehr stark, während 
der Mensch überhaupt nichts riecht. 

Das Minimum perceptibile liegt beim Hund für 

Reine Riechstoffe: 


Äther. 

• • • 0,001 

—0,0009 

Salizylsäuremethylester • • • 

• • • 0,u033 
. • • 0,001 

—0,0028 

Benzylsäureamylester • • • • 

—0,0008 

Formaldehyd. 

Safrol . 

• • • 0,002 
• • • 0,0033 

—0,001 

Anisaldehyd. 

• • • 0,0006 

—0,0005 

Jasmin •. 

• • • 0,0062 

—0,0052 

Narzisse. 

• • • 0,004 

—0,003 

Neoviolon. 

• • • 0,005 

—0,004 

Rosenöl. 

• • • 0,025 

—0,01 

Vanillin. 

• • • 0,0062 

—0.005 

Toluol. 

. • . 0,001 

—0,0008 

Xylol. 

• • • 0,0005E 

1—0,0005 


Gemischte Riechstoffe: 

Hundeblut: Nur in Substanz gerochen; eiu Tropfen in der Riechflasche 
wurde noch deutlich wahrgenommen. 

Urin einer Hüudin. 0,025 —0,05 g 

Preßsaft aus Kaninchenfleisch • • 0,012 —0,002 „ 

„ „ Rehfleisch. 0,005 —0,003 „ 

„ „ Rindfleisch.0,0025—0,0020 „ 

(Es wäre sehr interessant gewesen, wenn sich der Antor bei seiuer 
Untersuchung auch der Methode von O. Kalischer bedient hätte. Bei 
den gewöhnlichen Methoden sind die Antworten, die Tier und Mensch auf 
Reize geben, zu uugleich. Ref.) 

Neuerdings hat, wie Grünbaum (65) ausführt, F. W. Edrid ge-Green 
(ßinocular vision. Proc. of the physiol. Soc. June 6 1914) auf Grund 
seiner Beobachtungen über das binokulare räumliche Sehen ohne Vorlage 
der querdisparaton Bilder die Bedeutung dieser objektiven Bedingung für 
das Zustandekommen des räumlichen Eindrucks weit hinter die rein phycho- 
logischen Momente zu stellen versucht. Grünbaum hat Nachprüfungen 
hierüber angestellt und kann sich nach dem Ausfall seiner Untersuchungen 
der Ansicht von Edridge-Green nicht anschließen. 

Rutenburg (116) untersuchte, ob bei gegebener Lichtintensität, wenn 
es sich um Schwellenreize handelt, ein Lichtblitz oder eine Dunkelpause der 
wirksamere Reiz ist. Die dargebotenen Felder waren klein, so daß nur 
die Fovea gereizt wurde; sie waren leicht gelblich gefärbt und wurden ein¬ 
äugig fixiert. Dabei hat sich ergeben, daß bei großer Intensität die Pause 
beträchtlich länger sein muß als der Blitz, daß die Längen beider optischen 
Reize aber bei geringer Intensität etwa gleich werden. Lichtblitze, die wegen 
zu geringer Intensität und Dauer noch unter der Schwelle liegen, werden 
überschwellig, wenn sie mit einem zeitlichen Intervall von 1,5 Sekunden 


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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


143 


oder weniger wiederholt werden. Es gibt also auch auf optischem Gebiete 
eine „Addition latente“. Auch die Versuche des Autors zeigten, daß bei 
sehr kurzen Minimalblitzen die eben wahrnehmbare Lichtmenge konstant 
ist. Bei Minimalpausen dagegen ist die Lichtmenge, die herausgeschnitten 
werden muß, damit die Lücke eben wahrgenommen wird, nicht konstant, 
sie wächst vielmehr, wie es schon Gildemeister angegeben hat, mit der 
Lichtstärke des Dauerlichts. (Misch.) 

Hirschberg (66) weist nach, daß Purkinje schou im Jahre 1823 im 
künstlichen Auge den Hintergrund beobachtete und die Ärzte nachdrücklichst 
auf die Anwendung des Verfahrens zu diagnostischen Zwecken hinwies. 

Hess (65) hat einen neuen Apparat konstruiert, der in erster Linie 
der bisher nicht möglich gewesenen messenden Untersuchung der pupillo- 
motorischen Unterschiedsempfindlichkeit dient, also die kleinsten Lichtstärke* 
unterschiede ermitteln läßt, die bei Gesunden und Kranken eben merkliches 
Pupillenspiel auslösen. Neben der angeführten Hauptaufgabe lassen sich 
mit dem Apparat zahlreiche andere -Fragen in Angriff nehmen. Iu dem 
vorliegenden Aufsatz werden zum erstenmal die pupillomotorischen Reiz- 
werte zweifarbiger Glaslichter bei einer Reihe von Säugern unter überein¬ 
stimmenden Bedingungen bestimmt. Es konnten damit Messungen mit einer 
bis dahiu wohl nicht für möglich gehaltenen Genauigkeit vorgenoinmeu werden. 
Durch diese Befunde werden die früher von Hess bei Vögeln erhaltenen 
bestätigt und wesentlich erweitert, und eine Reihe neuer, unerwaiteter Auf¬ 
schlüsse über die Sehqualitäten verschiedener Säuger, wie Affen, Hunde, 
Katzen uud Kaninchen, erhalten. Für die Kopffüßer ergibt sich auch aus 
den neuen Messungen, daß diese (wie Hess früher auf ganz anderem 
Wege nachwies) total farbenblind sind. (i>elb*tl>eiicht.) 

de Kleijn und Socin (78) untersuchten, auf welchen Wegen die 
postganglionären Sympathikusbahnen für das Auge vom Halse bis zum 
Mittelohr und von hier bis zum Auge gelangen. Die Bahn verläuft vom 
Ganglion cervicale supremum ein kurzes Stück mit der Carotis interna, 
▼erläßt diese dann und tritt lateralwärts in das Mittelohr, verläuft dort 
an der Basis des Promontoriums medial vom Foramen rotundnm nach vorne, 
verläßt das Mittelohr lateralwärts von der Tuba Eustachii und verläuft von 
da nach vorne innerhalb der knöchernen Schädelbasis etwas lateralwärts 
vom N. Vidianus. Sie tritt dann zwischen dem Foramen rotundum nervi 
trigemini II und der Eintrittsstelle des N. Vidianus in die Fissura orbitalis 
superior und teilt sich daun. Die pupillenerweiternden Fasern treten als 
mehrere feine Fäden in den Stamm des Ramus trigeminus I und gelangen 
von da durch die Nn. ciliares longi zum Bulbus. Die Fasern für die Lid¬ 
spaltenöffnung und, Retraktion der Nickhaut treten nicht in den Ramus I 
n. trigemini, sie verlaufen auch nicht mit den Augenuiuskelnerven und den 
Ziliarnerven, sondern schlagen eine besondere Bahn zur Nickhaut und zum 
Augenlide ein. Die sympathischen Bahnen für das Auge verlaufen also 
entgegen der bisher herrschenden Ansicht ein nur ganz kurzes Stück mit 
der Carotis interna, treten erst an der Fissura orbitalis superior in das 
Schädelinnere und verlaufen deshalb bis auf diese letzte Strecke außerhalb 
der Schädelhöhle. Sie gehen weder durch die Radix N. trigemini, noch 
durch das Ganglion Gasseri, noch durch den zweiten und dritten Ast des 
Trigeminus. Sie passieren weder das Ganglion opticum, noch das Ggl. 
spbeuopalatinum, noch das Ggl. ciliare. Auch durch den N. opticus, 
oculomotorius und abducens verlaufen sie nicht. 

Bachrach (5) stellte durch Versuche fest, daß die menschliche Hör¬ 
schärfe am späten Nachmittag ein Maximum hat, wenigstens für den Ton d 8 . 


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144 


Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 


In der Nacht läge die Schwelle nicht tiefer als am Tage. Die Beobach¬ 
tungen des täglichen Lebens, die für das Gegenteil zu sprechen scheinen, 
müßten anders gedeutet werden. 

Kronecker (80) machte sehr interessante Untersuchungen über die 
Geschmacksempfindungen und ihre Kompensationen, wenn er z. B. die 
Mischung von zwei Agentien (Zitroncn-Zucker-Lösung) auf den vorderen oder 
hinteren Teil der Zunge brachte, oder wenn er beide Agentien getrennt 
auf symmetrische Zungenhälften einwirken ließ. Es trat überall eine sehr 
erstaunliche Geschmackskompensation ein. Die Geschmacksfeinheit schwankt 
in weiten Grenzen. Bestgeübter Geschmackssinn analysiert die Mischungen 
am gleichen Zungenorte besser als die lokal getrennten Reize. Der Geschmack 
ist nach des Autors Ansicht vergleichbar dem analysierenden Gehöre, aber 
überlegen dom Farbensinn, der Gemische nicht zu scheiden vermag. 

Es gelingt, wie aus den Versuchen von Popp (10/) hervorgeht, so 
kleine Gummiballons herzustellen, daß man sie gesondert an eine Ampulle 
eines Bogenganges bei der Taube derart anlegen kann, daß nur diese eine 
Ampulle vom Gummiballon berührt wird. Man kann dann mittels einer 
Doppelkanüle warmes oder kaltes Wasser durch den Gummiballou hindurch¬ 
leiten. Die Erwärmung einer einzelnen Ampulle gelingt auch mit Hilfe 
eines kleinen Galvanokauters, der nur einer einzelnen Ampulle anliegt und auf 
das Schädeldach der Taube aufgegipst ist. Die Erwärmung der Ampulla exteina 
hat die gleiche Kopfdrehung und den gleichen Kopfnystagmus zur Folge, 
die mau beobachtet, wenn das Tier derart gedreht wird, daß die Endolymphe 
durch Remauenzbewegung vom glatten Ende des Bogenganges zur Ampulle 
strömt (Reizung der Ampulle). Die Abkühlung derselben Ampulle hat den 
umgekehrten Erfolg (Hemmung der Ampulle). Die Erwärmung der Ampulla 
posterior wirkt in gleicher Weise, wie wenn das Tier so gedreht würde, 
daß dadurch die Endolymphe durch Remanenzbewegung von der Ampulle 
fort zum glatten Ende fließt (Reizung der Ampulle). Die Abkühlung der¬ 
selben Ampulle hat den umgekehrten Erfolg (Hemmung der Ampulle). 

(Misr/i,) 

Wieser (129) sucht zu zeigen, daß im Xervenendorgan nach Ermüdung 
eine beeiuträchtliche Verzögerung der Fortleitung des Erregungsvorganges 
auftrat, die bis zu 5 a betragen konnte. Diese Werte waren streng beweisend, 
wenn bei Registrierung der Muskelkontraktionen nach Ermüdung die Empfind¬ 
lichkeit des Saitengalvanometers durch Beseitigung einer Nebenschließung 
soweit gesteigert wrar, daß der Aktionsstrom, wie es in mehreren Versuchen 
gelang, gleich steil ansticg wie bei dein Probereiz. Um die Abhängigkeit 
der Latenzzunahme des Nerveneudorgans von verschiedenen Variabein fest¬ 
zustellen, wurde verschieden lange ermüdet. Bei einer Ermüdungsdauer 
von 30 " wurden schon ganz beträchtliche Latenzzunahmen erzielt, die bei 
noch längerer Tetanisierung nur noch wenig gesteigert wurden. Für die 
Größe der Latenzzunahme ist aber namentlich die Zwischenzeit vom Ende 
des Tetanus bis zum Beginn des Aktionsstromes maßgebend. Bei Zwischen¬ 
zeiten von 30 a w r urden sehr starke Vergrößerungen der Latenzzeit erhalten, 
doch ist auch bis zu einer Verlängerung der Zwischenzeit auf 15 " die 
Zunahme der Latenz noch merklich, aber natürlich viel kleiner. Daß die 
Latenzzunahme nicht durch Verlangsamung der Erregungsleitung im Nerven 
oder durch eine Verzögerung des Erregungsprozesses im Muskel allein be¬ 
dingt sein konnte, sondern auch eine Verlangsamung der Erregungsleitung 
im Endorgan bestehen muß, wurde durch Kontrollversuche sichergestellt. 


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Pathologische Histologie. 


145 


Pathologfsehe Histologie. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Balli, Ruggero, Röntgenstrahlen und Rete neurofibrillare endocellulare bei erwachesnon 
Säugetieren. Strahlentherapie. Bd. VI. p. 443. 

2. Basile, Giov., Modificazioni istologiche e funzionali della ipofisi centrale deU’uomo in 
un caeo di linfo-sarcoma del faringe nasale. Riv. ital. di Neuropatol. Vol. 8. No. 2. 
p. 71. 

3. Berblinger, W., Anatomische Veränderungen der Extremitätennerven nach Ver¬ 
letzungen durch Nahschüsse. Zbl. f. allg. Pathol. u. path. Anat. Bd. 26. No. 16. 
p. 409. 

4. Biondi. Giosuä, Über einige eigentümliche systematische postmortale Veränderungen 
der Nervenfasern des Rückenmarks. Neurol. Centralbl. No. 6. p. 178. 

5. Derselbe, Über die Fettphaneroais in der Nervenzelle. Virchows Arch. f. pathol. 
Anatomie. Bd. 220. H. 2. p. 222. 

6. Cowe, Archibald, Der gliöse Anteil der senilen Plaques. Ztschr. f. die ges. Neurol. 
Bd 29. H. 1. p. 92. 

7. Dur ante, L., Istopatologia del reinneeto cerebrale parziale. Poliolinico. March, 
ßurg. Sect. No. 3. 

8. Ganfini, Carlo, Un caso di mancanza della Tela ohoroidea Ventriculi tertii. - Monitors 
zoolog. ital. No. 1—2. p. 7. 

9. Goldstein, Anatomische Veränderungen bei sohußverletzton Nerven. Münch, med. 
Wschr. 62. 1762. (Sitzungsbericht.) 

10. Guzmann, E., Zur Histologie der Gliosis retinae. Arch. f. Ophthalmol. Bd LXXXIX. 
No. 2. p. 323. 

11. lngebringtsen, Ragnvald, A Contribution to the Biology of Peripheral Nerves in 
Transplantation. The Joum. of. Experim. Med Vol. 22. No. 4. p. 418. 

12. Lafora, Gonzalo R.. Neoformations dendritiques dans les neurones et altärations de 
Ja neuroglie chez le chien senile. Joum. f. PBychol. u. Neurol. Bd. 21. H. 3/4. p. 112. 

13. Derselbe, Neoformationes dendriticas en las neuronas y alteraciones de la neuroglia 
en el peiro senil. Trabajos Labor, de investigac. biol. Univ. Madrid 1914. T. 12. 
p. 39—54. 

14. La Torre, P., Alterazioni del reticolo neurofibrillare endocellulare deila intossicazione 

satumina. Pathologien. 1914. 6. 186. 

15. Reisinger, Ludwig, Postmortale Strackturveränderungen der Ganglienzellen. Zoolog. 
Anzeiger. Bd. XLV. No. 13. p. 605. 

16. Sanfelioe, Francesco, Die Negrischen Körperchen bei einigen Winterschlaf haltenden 
Tieren und ihre Beziehungen zu den Negrischen Körperchen bei Tieren ohne Winterschlaf. 
Ztschr. f. Hygiene. Bd. 79. No. 3. p. 452. 

17. Schaffer, Karl, Zur genaueren histologischen Charakteristik der Ganglienschwellung. 
Neurol. Zbl. No. 14. p. 518. 

18. Stuurman, F. J., Zur Kenntnis der tigrolvtischen Ganglienzellschwellung. Neurol. 
Zbl. 34. (22.) 856. 

19. Zagorovsky, P. G., Changes in Central Nervous Svstein in Chlorosis. Russky Vrach. 
XIV. No. 21. 


Die Zahl der Arbeiten au9 dem Kapitel der pathologischen Histologie 
der Elemente des Nervensystems ist dieses Jahr eine 9ehr geringe, und nur 
wenige unter ihnen sind von besonderem Werte. Zu den letzteren gehören 
die Arbeit von Biondi über die Entstehung der Lipoide in den Nerven¬ 
zellen und die Arbeiten vou Schaffer und Stuurman über ver¬ 
schiedene Degenerationstypen der Nervenzellen, je nachdem die Zelle von 
einer endogenen oder exogenen Schädigung getroffen ist. Hierbei stehen 
sich die Anschauungen von Schaffer und Stuurman allerdings schroff 
gegenüber. Auf dem Gebiete der pathologischen Histologie der Nerven¬ 
fasern ist die Arbeit von Ingebritsen von Interesse, der die JEtegenerations- 
prozesse bei autoplastischer, homoplastischer und heteroplastischer Trans¬ 
plantation beschreibt. Schließlich verdient die Arbeit von Sanfelice über 
das Entstehen der Negrischen Köperchen rühmend hervorgehoben zu 
werden, da sie auf ausgedehnten experimentellen Untersuchungen beruht und 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie ms. 

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Pathologische Histologie. 


zu dem Ergebnis kommt, daß die N eg rischen Körperchen als eine Reaktions¬ 
erscheinung der Nervenzellenelemente auf diese Einwirkung des Wutgiftes auf¬ 
zufassen sind. 


Nervenzellen. 

Balli (1) beschreibt die Veränderungen, welche die achromatische 
Substanz der Nervenzellen des Rückenmarks bei erwachsenen Säugetieren 
unter dem Strahleneinfluß erleidet. Die Röntgenstrahlenwirkung auf das 
Rückenmark von Hunden und Kaninchen ist vom klinischen Standpunkte nnr 
eine geringe und besteht wesentlich in Paresen, die bei den wenig bestrahlten 
Tieren leicht, bei den stärker bestrahlten schwerer und von Abmagerung 
und von Anämie begleitet sind. Während das Rete fibrilläre in manchen 
Rückenmarkszellen wohl erhalten ist, sind in anderen Zellen verdickte 
Filamente, dichte enge Maschen und vakuolenartige Gebilde vorhanden. Je 
stärker die Bestrahlung war, um so mehr zeigt sich diese Erscheinung. 
Um den Kern ist das besonders deutlich. 

Biondi (5) unterzog Rückenmarkstücke vom Kaninchen und Hunde 
der aseptischen Autolyse. Die Stücke wurden verschieden lange Zeit im 
Brutofen bei 37° C in isotonischer NaCl-Lösung oder in einfach feuchtem 
Medium gehalten. Danach wurden sie zum Teil nach der Ciaccioschen 
Methode für die Lipoide behandelt (Chromierung während 7—8 Tage, Paraffin¬ 
einbettung, Sudanfärbung der Schnitte), zum Teil in Formollösung fixiert. 
Die Formolgefrierschnitte werden nach den gebräuchlichsten Methoden für 
den Nachweis von Fett- oder Lipoidsubstanzen gefärbt. Alle diese Methoden 
gaben bei den Rückenmarksstücken vom Kaninchen stets negative Resultate; 
auch bei dem durch Abklemmung der Bauchaorta erweichten Lendenmark 
war die bezügliche Reaktion negativ. Ganz abweichend hiervon war das 
Verhalten beim Hundrückeumark. Hier konnte mit den erwähnten Methoden 
nachgewiesen werden, daß im Protoplasma der Nervenzellen des Hundes 
durch die Autolyse sudanfärbbare Substanzen, sei es in Granulaform oder 
unter der Form von Imbibitionslipoiden freigemacht werden. Der Autor 
hat dann die dem Kaninchennervensystem entnommenen Stücke einer be¬ 
sonderen Behandlung unterworfen, z. B. daß er sie der künstlichen Ver¬ 
dauung (nach dem Verfahren von Noll) unterwarf. Nach solcher Behand¬ 
lung werden im Protoplasma der Nervenzellenlipoide sudanfärbbare Tröpfchen 
frei, und die Menge der sudanfärbbaren Imbibitionslipoide ist vermehrt. Die 
besten Bilder gab die Kleinhirnrinde. Diese Versuche beweisen, daß die 
Nervenzellen, wenn sie auch in den gewöhnlichen, mit Sudan gefärbten 
Präparaten eine spärliche Menge von sudanfärbbaren lipoiden Stoffen auf¬ 
weisen, in Wirklichkeit in „maskiertem Zustande“ erhebliche Mengen solcher 
Stoffe enthalten. Diese sind nur im Protoplasma vorhanden, im Kern fehlen 
sie oder wenigstens sind sie dort nicht nachweisbar. Es ist anzunehmen, 
daß gewöhnlich die bei den Lebensvorgängen im Protoplasma der Nerven¬ 
zellen auftretenden Lipoide wie bei der Autolyse aus den „maskierten“ 
lipoiden Bestandteilen des Protoplasmas entstehen. Damit wird nicht voll¬ 
ständig ausgeschlossen, daß unter besonderen Umständen im Protoplasma 
eine Speicherung von lipoiden Stoffen exogenen Ursprungs statthaben kann. 
Das Ausbleiben der Fettpigmentbildung bei der Autolyse ist vielleicht da¬ 
durch zu erklären, daß wahrscheinlich, bevor die lipoiden Körnchen die Eigen¬ 
schaft des Fettpigments annehmen, ein gewisser Zeitraum notwendig ist. 
Das eigentümliche Verhalten der Protoplasmalipoide der Nervenzellen beim 
Kaninchen ist sehr gut mit der Annahme zu erklären, daß bei dieser 


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Pathologische Histologie. 


147 


Tierart die maskierten Protoplasmalipoide der Nervenzellen viel fester als 
beim Hunde mit dem Eiweiß verbunden sind. 

Um über die Frage klar zu werden, welche Veränderungen post mortem 
mit der Ganglienzelle statthaben, entnahm Reisinger ( 15 ) einer erwachsenen 
weißen Ratte das Gehirn und setzte eine Hälfte desselben bei Zimmer¬ 
temperatur ( 16 — 18° R) den Atmosphärilien aus. Das andere Stück wurde 
sofort der Behandlung unterworfen und zur Darstellung der Nißlkörper ge¬ 
färbt. Während an dem frischen Material die Nißlkörper an sämtlichen 
Zellen des Gehirns deutlich hervortraten, und auch die Körnerzellen des 
Kleinhirns durch scharfe Abgrenzung sich abzeichneten, waren die Zoll¬ 
grenzen an dem erst 48 Stunden post mortem untersuchten Material un¬ 
deutlich, war die Zelle diffus blau gefärbt und die Nißlschollen verschwunden. 
Infolge der Undeutlichkeit der Zollgrenzen erscheint die Körnerschicht des 
Kleinhirns als einheitlicher blauer Streifen, ohne die einzelnen Zellen deut¬ 
lich erkennen zu lassen. 

Schaffer (17) vergleicht die Ganglienzellveränderungen, welche nach 
exogen traumatischen Affektionen auftreten mit solchen, welche durch endo¬ 
gene Prozesse bewirkt werden. Als Beispiel für letzteren wählt er die Tay- 
Sachssche familiäre Idiotie. Aus den Bildern ergibt sich, daß als das 
ultimum moriens bei exogen traumatischer Neuronenverletzung die periphere 
chromatische Substanz der Nervenzelle erscheint, während es bei endogener 
Neuronenerkrankung die zentralen perinuklären Nißlteile seien. Im ersteren 
Falle gehe die Affektion in nukleofugaler, im zweiten Falle in nukleopetaler 
Ausbreitung fort. Der Autor meint, daß es späterer Forschung Vorbehalten 
bleiben müsse, vielleicht den Nachweis zu führen, daß diese Verschieden¬ 
artigkeit im Aussehen der Zellen nicht nur eine morphologische, sondern 
auch biologische Bedeutung habe. 

Stuurman (18) hält den Unterschied, den Schaffer zwischen der 
Ganglienzellschwellung durch exogen traumatischen Einfluß und derjenigen, 
welche durch endogene Ursachen bedingt ist, für nicht prinzipiell bestehend, 
sondern für zufällig zufolge einer bestimmten Konstellation der Zell¬ 
erkrankung. Er hätte darüber schon in seiner Dissertation Mitteilungen 
gemacht. Er hatte bei verschiedenen jungen Kaninchen den Nervus vagus 
an verschiedenen Stellen reseziert, wie auch seine wichtigsten Äste. Die 
Nißlpräparate des verlängerten Markes dieser Tiere zeigten tigrolytische 
Degeneration in den ventralen und dorsalen Vaguskernen. Bei den Tieren 
mit Vagusdurchschneidung, bei welchen sowohl der ventrale, wie auch der 
dorsale Kern degeneriert war, ergab sich immer, daß der ventrale Kern 
viel weniger schwer affiziert war, als der dorsale Kern. Im letzteren waren 
oft zahlreiche Zellen ganz und gar verschwunden, während die übrigen sehr 
stark verändert waren, mit fast vollständiger Tigrolyse und randständigem, 
geschrumpftem Kerne oder ohne sichtbaren Kern. Im ventralen Kerne hin¬ 
gegen waren gar keine Zellen verschwunden, einzelne zeigten die schwere 
Veränderung wie die Zellen des dorsalen Kerns, die meisten aber nur eine 
geringe Tigrolyse mit Anhäufung des Tigroids rings um den noch zentral 
liegenden, etwas geschwollenen Kern. Daß wirklich dieser Zustand als 
eine leichtere Erkrankung als diejenige des dorsalen Kerns zu betrachten 
war, ergab sich aus der Vergleichung mit anderen Serien, bei welchen die 
Intensität der Erkrankung verschieden war. War z. B. der dorsale Kern 
fast ganz verschwunden, so waren die Zellen des ventralen Kerns im Stadium 
starker Tigrolyse mit randständigem Kerne; waren hingegen nur wenige 
Zellen des dorsalen Kerns verschwuuden, so wurden im ventralen Kerne 
ausschließlich Zellen gefunden mit geringer Tigrolyse und Anhäufung des 

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Pathologische Histologie. 


Tigroids um die zentral gelegenen Kerne. Der Autor zog daraus den 
Schluß, daß die tigrolytische Degeneration mit Zell* und Kernschwellung 
und Anhäufung des Tigroids rings um den Kern anfängt. Die tigrolytische 
Zelldegeneration fängt also nicht zentral an, sondern im Anfangsstadium 
kommt es zur zentralen Anhäufung des Tigroids rings um den geschwollenen 
Kern, indem an der Peripherie das Tigroid sich auflöst, und erst später 
geht der dann schrumpfende Kern peripherwärts mit den Resten des Tigroids. 
Der Autor warnt deshalb vor einer Gegenüberstellung verschiedener Degene¬ 
rationstypen auf Grund von Unterschieden, welche man nur in einem be¬ 
stimmten Stadium antrifft. Stuurman bestreitet nicht die Wahrscheinlich¬ 
keit, daß verschiedene Degenerationensformen bestehen, z. B. eine hereditär- 
degenerative, eine toxische (endogen oder exogen) und eine traumatische u. dgl. 


Nervenfasern. 

Nach Untersuchungen von Berblinger (3) folgen den Nahschußver¬ 
letzungen (600 m) der Extremitätennerven ziemlich konstante Verände¬ 
rungen, die im wesentlichen auf eiuer starken Bindegewebsneubildung be¬ 
ruhen, z. T. auch mit der Einlagerung weiterer Gewebsarteu — Muskel oder 
Knochengewebe — einhergehen. Die Folge dieser Vorgänge ist, daß durch sie 
die regelmäßige und gleichmäßige Entdifferenzierung im Bereich der Narbe 
verhindert wird, daß keine Bandfaserzüge die narbig getrennten Enden ver¬ 
binden. Die Exzision der Narbe ist daher indiziert. 

Ingebrigtsen (11) exstirpierte Kaninchen 2—3 cm lange Stücke aus 
dem Ischiadious und transplantierte ein solches Stück wieder auf dasselbe 
Tier (autoplastisch), oder auf ein anderes Kaninchen (homoplastisch), oder 
auf ein Meerschweinchen (heteroplastisch). Nach verschieden langen Zeiten 
untersuchte er die Veränderungen, welche an dem überpfropften Nerven¬ 
stück eingetreten waren. Es ergab sich folgendes: Bei den autoplastischen 
Nervenstiickchen fand er eine Degeneration nach Art der Wallerschen, 
welche sich aber hier etwas langsamer vollzog. Die Sch wann sehen Zellen 
bleiben überlebend und können sich nach der Transplantation vermehren. 
Bei der homoplastischen Transplantation tritt auch eine etwas verspätete 
Wallersche Degeneration ein. Die Schwannschen Zellen sind wenigstens 
für gewisse Zeit überlebend und vermehren sich. Nach 12—14 Tagen wurde 
eine starke und zunehmende Einwanderung von Lymphozyten beobachtet, 
und vom 18. Tage an zeigen die Schwannschen Zellen ein nekrobiotisches 
Aussehen. Bei der heteroplastischen Transplantation wurden in den ersten 
4—8 Tagen zahlreiche Myelinkügelchen gebildet, aber es wurde keine 
Wallersche Degeneration beobachtet und keine Proliferation der Schwann- 
schen Zellen. Die Pfropfe wurden innerhalb von 2 Wochen nekrotisch. 
Der Autor empfiehlt zur Transplantation die autoplastische oder die homo¬ 
plastische; die heteroplastische wäre ungeeignet. 

• Biondi (4) hat Rückenmarksstücke vom normalen und mit Bromkali 
vergifteten Hunde 24 Stunden oder längere Zeit nach dem Tode entnommen 
und diese Stücke nach einer von Ponaggio angegebenen Methode behandelt. 
Die Stücke müssen nach dieser Methode einige Monate lang gut in Müller- 
scher Flüssigkeit gehärtet werden, sonst gelingt die Färbung nicht. Die 
Stücke kommen dann sofort vorübergehend in Alkohol und werden in 
Zelloidin eingebettet. Die 20—30 ja dicken Schnitte werden mit folgender 
Flüssigkeit gefärbt: In eine vorgeschriebene Menge wässerige ammoniakalisclie 
30prozentige Chlorzinklösung (Kahlbaum) gießt man langsam und unter 
Bewegung eine gleiche Menge wässerige Lösung von 1 prozentiger, erwärmter 


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Pathologische Histologie. 


149 

uud wieder vollständig erkalteter Hämatoxylinlösung. Diese Hämatoxylinlösung 
hält sich lange Zeit. In der Hämatoxylinlösung bleiben die Schnitte 10 bis 
20 Minuten und werden dann nach kurzer Waschung in destilliertem Wasser 
in der bekannten Palschen Differenzierungsflüssigkeit differenziert. Nach 
der Differenzierung erfolgt die übliche Einlegung auf Objektträger. Bei den 
nach dieser Methode behandelten Präparaten sind die normalen Rücken¬ 
marksfasern und Querschnitte vollkommen farblos oder erscheinen wie ein¬ 
fache Ringe, der Markscheide entsprechend gefärbt. Die lädierten Fasern 
im Querschnitt erscheinen in toto gefärbt, d. h. sie zeigen sich wie abgerundete 
Häufchen, in deneu Zylinder und Markscheide zusammen gefärbt sind. An 
den den oben erwähnten Hunden entnommenen Rückenmarksstücken zeigten 
sich nun, wenn die Stücke 24 Stunden nach dem Tode oder noch längere 
Zeit nachher entnommen, und wie angegeben gefärbt waren, auf den Quer¬ 
schnitten sowohl in allen Strängen diffus zerstreut, punktförmige Faser¬ 
färbungen, als auch in den Seiten- uud Hintersträngen symmetrische Herde 
solcher Färbungen, welche dem unbefangenen Beobachter den Eindruck von 
Strangdegenerationen machen. Biondi hält sie aber für postmortale Er¬ 
scheinungen, da sie an Rückenmarksstücken, die sofort nach dem Tode in 
Behandlung genommen wurden, nicht zur Erscheinung gebracht werden 
konuten, und weil sie bei den normalen Hunden in gleicher Weise auftreten, 
wie an den mit Brom vergifteten. 


Neuroglia. 

Um den Anteil des Gliagewebes an den sog. senilen Plaques zu 
studieren, wandte Cowe (6) bei seinem Material die Leva di tische Methode 
(Darstellung der Plaques) und die Merzbachersche Methode (Darstellung 
der Neuroglia) gemeinsam an. Aus den erhaltenen Bildern folgert er 
erstens, daß an dem Aufbau der senilen Plaques Gliaelemente nicht beteiligt 
sind, zweitens, daß die Ringe von Gliafasern in der Umgebung von senilen 
Plaques entweder echte Gliawucherungen darstellen können, oder durch rein 
mechanisches Auseinanderdrängen bestehender Gliafasern zustande kommen. 

Guzmann (10) teilt den histologischen Befund von zwei Fällen sog. 
Hippel scher Krankheit mit. Die Erkrankung der Netzhaut ist über den 
ganzen Augenhintergrund allerdings in verschiedenem Grade ausgebreitet, 
ist also eine diffuse und besteht in einer zur Verdickung der Membran 
führenden ausgesprochenen gliösen Wucherung und Untergang der nervösen 
Elemeute. Die mächtig erweiterten Gefäße lassen sich zwar von der Papille 
in die erkrankte Netzhaut verfolgen, ohne aber irgendwo zu solchen Aus¬ 
breitungen, Knäuelbildungen, Anastomosen und Wucherungen zu führen, 
welche das Bild eines Angioms vorzutäuschen imstande wären. Deun überall 
überwiegt die gliöse Wucherung weitaus. Die Wucherung durchbricht an 
einzelnen Stellen die Lamina vitrea und Choriokapillaris und verwandelt das 
Cborioidealgewebe in eine gliöse Masse, so daß von der Chorioidea nur die 
äußersten Schichten in Form von pigmentierten Lamellen übrig bleiben. 
Die nachweisbaren Produkte bindegewebiger Natur: Bindegewebsmembranen 
zwischen Netzhaut und Aderhaut, teilweise mit Verknöcherung, Bindegewebs- 
stränge in der erkrankten Netzhaut selbst, sind nicht entzündlicher Ab¬ 
stammung, sondern sind sekundäre Veränderungen, die hauptsächlich aus 
Blutungen hervorgegangen sein dürften. Der Autor bezeichnet den Prozeß 
als Gliosis retinae diffusa. 

Lafora (12) beschreibt eigentümliche Neubildungen der Dendriten von 
Ganglienzellen im Ammonshorn eines 16 1 / 2 Jahre alten Hundes. Er hält 


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Pathologische Histologie. 


diese Wucherungen der Fortsätze für Reaktionserscheinungen der umgebenden 
veränderten Substanz. Die Veränderung der Neuroglia, welche er bei dem 
alten Hunde fand, decken sich mit denjenigen, die von anderen Forschern 
in Gehirnen von älteren Tieren gefunden wurden. 


Negrische Körperchen. 

Sanfelice (16) hat viele experimentelle und histologische Unter¬ 
suchungen an Igeln und Muskardini angestellt, um die Natur der sog. 
Negrischen Körperchen festzustellen. Von 100 in niedriger Temperatur 
gehaltenen und mit Hundewutvirus ins Gehirn inokulierten Igeln sind 32 an 
Wut verendet, bei denen die Gegenwart der Negrischen Körperchen sicher 
gegeben war. Die Gehirnaufschwemmung einiger der anderen, deren Gehirn¬ 
schnitte keine Einschlußkörperchen wahrnehmen ließen, hat nach Verimpfung 
in andere Igel zu deren Tod geführt, und in den Nervensystemschnitten 
dieser letzteren konnte das Vorhandensein von Einschlüssen festgestellt 
werden. Es zeigte sich ferner, daß die Temperatur auf den Verlauf der 
Wut der Igel und auf die Häufigkeit der Negrischen Körperchen von 
großem Einfluß ist. Aus den Versuchen geht hervor, daß das Virus im 
Nervensystem im latenten Zustande verbleiben kann, ohne klinische Er¬ 
scheinungen zu bedingen und die charakteristischen Einschlüsse zu erzeügen. 
Außer der Tatsache, daß Igelgehirne, die keine Einschlußkörperchen ent¬ 
halten, bei der Passage in andere Igel viele Einschlüsse erzeugen können, 
kann auch das entgegengesetzte Faktum wahrgenommen werden, daß Ein¬ 
schlüsse aufweisende Gehirne bei den weiteren Durchgängen keine Einschlu߬ 
körperchen zu erzeugen vermögen. Die Verhältnisse bei den Muskardini 
waren die gleichen. Aus den histologischen Untersuchungen, die der Autor 
über die Negrischen Körperchen bei Igeln und Muskardini und anderen 
Tieren ohne Winterschlaf angestellt hat, ergab sich erstens, daß die Zahl 
der Einschlußkörperchen, die bei einigen der subduralen Wutvirusinokulation 
erlegenen Igeln und Muskardini festgestellt werden kann, bei weitem größer 
ist, als diejenige, die sich bei Hunden, Katzen, Ratten, Ziegen, Schafeu, 
Kaninchen, Gänsen und Enten wahrnehmen läßt, zweitens, daß die Struktur der 
Einschlußkörperchen bei den Igeln und den Muskardini insofern komplizierter 
ist, als man viel häufiger Einschlußkörperchen begegnet, die reich sind an baso¬ 
philen Innengebilden, und bei denen die plastinische Substanz in einer Weise 
angeordnet ist, wie sie sich nicht oft bei den keinen Winterschlaf haltenden 
Tieren beobachten läßt, drittens, daß im Gehirn der vom Autor studierten 
Winterschlaftiere Rückbildungsformen der Negrischen Körperchen beob¬ 
achtet wurden, die bei den anderen keinen Winterschlaf haltenden Tieren 
nicht aufgefunden werden konnten, viertens, daß in den Zytoplasmen der 
Nervenzellen der der subduralen Wutinokulation erlegenen Igeln Einschlüsse 
zytoplasmatischen Ursprungs mit unregelmäßigen Rändern wahrgenommen 
werden, die bei den Hunden, Katzen, Ziegen, Schafen, Ratten und Kaninchen 
nicht zu beobachten waren und nur ganz ausnahmsweise bei den Gänsen 
Vorkommen. Aus der Beobachtung der Zellen des Ammonshorns normaler 
Tiere ergibt sich, daß der in den von der Einwirkung des Wutvirus be¬ 
troffenen Zellen beobachtete pathologische Prozeß weiter nichts ist, als eine 
außergewöhnliche Stärkezunahme einer Erscheinung, die sich auch unter 
normalen Verhältnissen einstellen kann. Das Vorkommnis der Einschlu߬ 
körperchen bei der Wut muß also, darin stimmt der Autor mit anderen 
Forschern überein, als eine Reaktion der Nervenzellenelemente auf die Ein¬ 
wirkung der Virus betrachtet werden. Der Unterschied zwischen der Aus- 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


151 


Wanderung der Kernkörperchen und der der eosinophilen Granulationen, die 
sowohl bei den normalen Tieren, wie auch zuweilen im Gehirn der normalen 
Igel beobachtet wird, und derjenigen Auswanderung, die in den wutinfizierten 
Tieren zur Beobachtung gelangt, besteht darin, daß sie bei den ersteren 
immer begrenzt ist und auf die erste Phase beschränkt bleibt, bei den 
letzteren dagegen weiter um sich greift und ^ortschreitet, wobei die aus¬ 
getretenen Kernkörperchen, wenn sie erst in die Zytoplasmen gelangt sind, 
sich verändern, größer werden und so zu den verschiedenen Formen von 
Einschlußkörperchen führen. 


Spezielle pathologische Anatomie. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn. 

1. Abt, Andreas, Ein Fall von Anenzephalus mit Eventration und bemerkenswerten 
Mißbildungen des Gefäßsystems. Inaug.-Dissert. München. 

2. Alexander, G., Nachtrag zu: „Das Gehörorgan der Kretinen.“ Arch. f. Ohren-, Nasen - 
und Kehlkopf hei lk. Bd. 98. H. 2—3. p. 122. Ergänzungsbemerkungen zu einer 
1908 erschienenen Arbeit. 

3. Ayer, J. B., Neuroma of Ulnar Nerve; Analysis of Case. Boston M. and S. J. Okt. 14. 
CLXXIII. No. 16. 

4. Ba&ile, Giov., Histologische und funktionelle Veränderungen der zentralen Hypophyse 
des Menschen in einem Falle von Lymphosarkom des Nasenrachens. Ztschr. f. Laryngol. 
Bd. 7. H. 6. S. 659. 

5. Bassoe, Peter, und Nuzum, Frank, Report of a Case of Central and Peripheral 
Neurofibromatosis. The J. of Nerv, and Ment. Dis. 42. (12.) 785. 

6. Benda, C., Mikroskopisch-pathologische Befunde im Gehirn eines Fleckfieberfalles. 
Ztschr. f. ärztl. Fortbildung. No. 15. p. 464. 

7. Beneke, Gehimpräparate: Himabszeß; Sinusthrombose mit Himerweiohung; 
Sinusthrombose mit hämorrhagisch-eitriger Meningitis; Akute Hirnschwellung bei 
Karotisunterbindung; Erweichung im linken Parazentrallappen (Gehimschuß). Münch. 
Med. Woch. p. 786. (Sitzungsbericht.) 

8. B e r b 1 i n g e r, W., Ein Beitrag zur epithelialen Genese des Melanins. Multiple Melanome 
der Haut mit Neurofibromatose der Hautnerven, melanotischer Tumor im Großhirn, 
Gliom der Brücke, Sarkomatose der Meningen und hochgradiger angeborener Hydro- 
zefphalus bei einem V^jährigen Kinde. Virchows Archiv f. pathol. u. Anat. Bd. 219. 
H. 3. p. 328. 

9. Bielschowsky, Max, Zur Kenntnis der Beziehungen zwischen tuberöser Sklerose und 
Gliomatore. Joum. f. Psychcl. u. Neurol. Bd. 21. H. 3/4. p. 101. 

10. Derselbe, Über Mikrogyrie. ebd. Bd. 22. H. 1/2. S. 1. 

11. Derselbe, Epilepsie und Gliomatose. ebd. 21. (Ergzh. 2.) 353. 

12. Bignami, A., e Nazari, A., Sulla degenerazione delle commissure encefaliche e degli 
emisferi neiralcoolismo cronico. Riv. sperim. di Freniatria. Vol. XIII. No. 1. 

p. 81. 

13. Bol lack, Neurofibromatose (v. Recklinghausen). Vereinsbeil. d. Dtsoh. med. Wsohr. 
p. 844. 

14. Böttcher, Ueber tuberöse Hirnsklerose. Münch, med. Woch. 1916. 63. 64. 

(Sitzungsbericht.) 

15. Brouwer, B. und Blauwkuip, H. J., Über das Zentralnervensystem bei perniziöser 
Anämie. Monatsschr. f. Psyoh. Bd. 38. H. 5. S. 286. 

16. Brun, G., Eitrige Peripachymeningitis und Myelitis. Beitr. z. Klin. d. Infektkrkh. 
Bd. 4. H. 2. S. 197. (cf. Kapitol: Myelitis.) 

17. Bungart^ J., Zur Physiologie und Pathologie des Subarachnoidalraumes und des 
Liquor cerebrospinalis. Festschrift z. Feier d. 10jährigen Bestehens der Akad. in Cöln. 
Bonn. A. Marcus u. E. Weber, p. 698. 

18. Burr, C. W., Brain Showing a Tumor of the Cerebellum. The J. of Nerv. and. Ment. 
Dis. Vol. 42. S. 638. (Sitzungsbericht.) 

19. Burrows, M. T., Anatomical Studies Explaining Lesions Fcllowing Thrombosis of 
the Posterior Inferior Artery, with Latem Südes. The J. of Nerv. a. Ment. Dis. 
42. 832. (Sitzungsbericht.) 


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152 


Spezielle pathologische Anatomie. 


20. Castex, Mariano R., und Bolo, Pedro O., Sarkom der linken motorischen Region. 
Aroh. f. Psychiatrie. Bd. 55. H. 2. p. 479. (siehe Kapitel: Hirntumoren.) 

21. Chiari, Rückenmark von Meningitis suppurativa cerebrospinalis meningocoocica. 
Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 935. 

22. Consoli, Giuseppe. Un caso di eterotopia della eostanza grigia del midollo spinale. 
11 Morgagni. No. 2. p. 73. 

23. Deutsch, Ein Fall symmetrischer Erweichung im Nucleus lentiformis und Nucleus 

caudatus. Wien. klin. Woch. 1916. 29. 306. ( Sitzungsbericht.) 

24 Doncos, Themistocle, De 1’eosinophilie cons^cutive ä la resection experimentale du 
nerf sciatique. These de Lausanne, u. Revue med. de la Suisse Romande. 

25. Du Bois, Ch., Cas de maladie de Recklinghausen. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 1916. 
46. 564. (Sitzungsbericht.) 

26. Dünn, J. S., Neuroblastoma and Ganglioneuroma of Suprarenal Body. Journal of 
Pathology. April. 

27. Ernst, Anatomische Betrachtungen über Kriegsverletzungen des Gehirns. Vereins¬ 
beilage d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 60. 

28. Fahr, 1. Melanosarcom der Meningen. 2. Diffuse Gliose einer ganzen Himhemisphäre 
bei 2 Monate altem Kinde. Münch, med. Woch. p. 375. (Sitzungsbericht.) 

29. Fischer, Typisches Psammom der Dura. Münch, med. Woch. 62. 1690. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

30. Frank, Paul, Ein Fall von mehrfacher Meningozele. Dtsch. med. Woch. No. 32. 
p. 949. 

31. Freifeld, Helene, Zur Kenntnis der benignen unausgereiften Neurome und multiplen 
Neurofibrome. Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 60. H. 2. p. 347. 

32. Froehlich, E., Ein Fall von multiplen Gliomen. Dtsch. med. Woch. No. 32. p. 951. 

33. Fulci, F., und Giannuzzi, A., Über die Regenerationsfähigkeit der Parathyreoideae. 
Zbl. f. allg. Pathol. Bd. 26. No. 4. p. 97—99. 

34. Gerstmann, J., Beiträge zur Pathologie des Rückenmarks. Zur Frage der Meningitis 
serosa und serofibrosa circumscripta spinalis. Zsohr. f. die ges. Neurol. Bd. 29. 
H. 2. p. 97. 

35. Glomset, Daniel J., Malignant Sympathicus Tumor of the Right Suprarenal. The 
Arch. of Internal Medicine. Vol. 15. No. 3. p. 341. 

36. Gottfried, Ge za, Entwicktungsstörung der unteren Olive des Menschen. Zsohr. f. 
die ges. Neurol. Bd. 30. H. 1. S. 63. 

37. Guizzetti, Pietro, und Tomasinelli, Giovanni, Di un caso di degenerazione primitiva 
sistematizzata delle vie oommissurali del cervello da alooolismo cronico (morbo di 
Marchiafava). La Rif. med. 31. (17.) 449. 

38. Haga, J., Einseitiger Mangel des Tractus olfaotorius. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 
59. (II.) 2450. 

39. Hänel, Hans, und Bielschowsky, Max, Olivo-zerebellare Atrophie unter dem Bilde 
des familiären Paramyoklonus. Nebst Beiträgen zur Kenntnis der normalen und 
pathologischen Anatomie des Kleinhirns. Journ. f. Psyohol. u. Neurol. 21. (Ergh. 2.) 
385. 

40. Harbitz, Francis, Tumors of the Sympathetic Nervous System and the Medulla of 
the Adrenal Glands, Especially Malignant Neuroblastoma. The Aroh. of Internal 
Medicine. Vol. 16. No. 2. p. 312. 

41. Derselbe, Om svulster i det sympatiske nervesystem og i linyrernes medullaris og 
saerlig om de „maligne neuro bl astomer* 1 . Norsk Magazin for Laegevidenskaben. 
No. 1. p. 1. 

42. Derselbe, On Tumors of the Parathyroid Glands. The Joum. of Med. Research. 32. 
(3.) 361. 

43. Haupt mann, A., Hirnödem. Neue Dtsch. Chirurgie. 12. (2.) (Kurze allgemeine 
Abhandlung.) 

44. Henschen, Folke, Zur Histologie und Pathogenese der Kleinhirnbrückenwinkel- 
tumoren. Arch. f. Psych. 56. (1.) 20. 

45. Herzog, Fritz, Über die hämorrhagische Leptomeningitis und Lymphadenitis bei 
Milzbrand. Beitr. z. pathol. Anatomie. Bd. 60. H. 3. p. 513. 

46. Hof mann, Hermann, Ein Fall von diffuser Sar komatose der Rückenmarkshäute mit 
multiplen Geschwülsten im Gehirn. Inaug.-Dissert. Tübingen. 

47. Kolisko, A., Symmetrische Enzephalomalazie in den Linsenkemen nach Kohlen* 
oxydVergiftung. Beitr. z. gerichtl. Med. II. 1914. 

48. Kräuter, Johanna, Über ein glioblastisches Sarkom des Kleinhirns mit Metastasen¬ 
bildung im Hirn und Rückenmark. Inaug.-Dissert. München. März. 

49. Krecke, Fall von Ganglioneurom. Berl. klin. Wooh. p. 777. ( Sitzungsbericht«) 

50. Krüer, Rudolf, Über Melanommetastasen in der Wirbelsäule. Inaug.-Diss. Berlin. 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


153 


51. Kruska, Benno v., Über Geburtsläsionen der Gehimsubstanz, speziell die ischämischen 
Nekrosen und ihre Folgezustände. Inaug.-Dissert. Halle a. S. Juli. 

52. Lehmacher, Albert, lieber Karzinom der Dura mater oerebri. Diss. Bonn. 

53. Maclachlan, W. W. G., Extensive Pigmentation of Brain Associated with Novi 
pigmentosi of the Skin. Joum. of Medical Research. XXIX. No. 3. 

54. March and, Hydrenzephalozele. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. S. 1175. 

55. Derselbe, Präparate von Gehimgliom und Neurofibrom das Halssympathikus, ebd. 

1916. 42. 493. 

56. Mc Keown, W„ and London, J., Case of Extramedullary Angioma of Spinal Cord. 
Canadian Med. Assoc. Joum. March. 

57. Merkel, Rupturiertes Aneurysma A. oorp. callosi, Durchbruch in den rechten Seiten¬ 
ventrikel. Vereinsbl. d. Dtsch. med. Woch. S. 1381. 

58. Merz, Max, Über eine seltene, retropharyngeal gelegene Bindegewebsgeschwulst mit 
Einschlüssen von Ganglienzellen. Zschr. f. Ohrenheük. Bd. 72. H. 4. p. 219. 

59. Mix, Charles L., Amputation Neuroma with Ascending Neuritis; Division of Right 

Half of Cauda. The Clinios of John B. Murphy. 1914. 3. (2.) 355. 

60. Derselbe, Neuroma of the Ulnar Nerve, Result of Cicatricial Compresaion Following 
Unrecognized Fracture. ebd. 369. 

61. Derselbe, Neuroma of Ulnar Nerve the Result of Trauma Incident to Fracture at Elbow. 
ebd. S. 375. 

62. Morse, Mary Elizabeth, A Study of the Spinal Cord in a Case of Isolated Atrophy of 
the Small Muscles of the Hands. The Joum. of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. 
No. 5. p. 257. 

63. Newmark, L., An Angioma of the Cerebellum. The Joum. of Nerv, and Mental 
Disease. Vol. 42. No. 5. p. 286. 

64. Nonne, Bemerkungen zum Aufsatz von Erich Langer in der Deutschen Zeitschrift f. 
Nervenheilk. Bd. 53. H 1—2: Kasuistischer Beitrag zur pathologischen Anatomie der 
akut aszendierenden Spinalparalyse (Landrysche Paralyse). Dtsch. Ztschr. f. Nerven¬ 
heilk. Bd. 53. H. 6. p. 476. (vergl. Jahrg. 18. S. 304.) 

65. Peiffer, J. A. F., The Neuropathological Findmgs in a Case of Pemicious Anemia with 
Psychical Implication. The Journ. of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. No. 1. 
p. 75. 

66. Reichardt, Martin, Intravitale und postmortale Himsohwellung. Eine Berichtigung 
der letzten Ausführungen Rosentals. Neuro 1. 3^1. No. 2. p. 55. 

67. Reis, Kann die Abstammung des Netzhautglioms vom Pigmentepithel der Netzhaut 
als erwiesen gelten? Zschr. f. Augenheilk. Bd. 33. BL 3—4. p. 175. 

68. Reisinger, Ludwig, Konfiguration der Rückenmarke einer Doppelmißbildung des 
Kalbes. Münch, tierärztl. Wschr. No. 15. p. 277. 

69. Rhein, John H. W., Extra-Pyramidal Motor Disturbances. A Report of a Case with 
Autopsy. Lenticulo-rubro-cerebello-olivary Degeneration. The J. of Nerv, and Ment. 
Dis. 42. (12.) 802. 

70. Deraelbe, Multiple Sarcoma of Brain. ebd. 1916. 43. 61. (Sitzungsbericht.) 

71. Ribbel t, Hugo, Die Rhabdomyome de3 Herzens bei tuberöser Himkleroso. Zbl. f. 
ailg. Pathol. Bd. 26. H. 9. p. 241. 

71a. Derselbe, Die Basedowstruma. Virchow Arch. 219. 246. 

72. Robertson, H. E., Ein Fall von Ganglioglioneurom am Boden des dritten Ventrikels 
mit Einbeziehung des Chiasma opticum. Virchows Arch. f. patholog. Anat. Bd. 220. 
No. 1—2. p. 80. 

73. Derselbe. Das Ganglioneuroblastom, ein besonderer Typus im System der Neurome. 
Virch. Arch. Bd. 220. p. 147. 

74. Rueck, G. A.. A Case of Round Cell Sarcoma of the Meningen of the Brain. Medical 
Record. Vol. 87. No. 18. p. 730. 

75. Schlifka, Fall von Neurofibromatosis (Recklinghausen). Wien. klin. Woch. 1916. 
29. 25. (Sitzungsbericht.) 

76. Schminke, A., Ein glioblastisches Sarkom des Kleinhirns mit Metastasenbildung in 
Hirn und Rückenmark. Frankfurter Zschr. f. Pathologie. Bd. 16. H. 3. S. 357. 

77. Schmitt, Multip'e Neurofibromatosis. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. W r och. 1916. 
42. 371. 

78. Schneider, Richard, Über einen Fall von erworbener Balkenerwoichung. Inaug- 
Dissert. Würzburg. März. 

79. Schröder, P., Algemeine Zystizorko.se. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 
42. 305. 

80. Southard, E. E., and Canavan, M. M., Study of Normal-Looking Brains in Psycho¬ 
pathie Subjects. Boston Med. and Surg. Journ. No. 4. (Ist nicht erschienen.) 

81. Stevenson, H. N., and Rei d, MontR., The Relation ofSensory Nerves to Inflammation. 
Bull, of the Johns Hopkins Hospital. Jan. p. 21. 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


82. Taddei, Domonioo, Contributo allo studio del considetto neuroma plessiforme. Arch. 
intern, de Chir. fl. (4.) 405 

83. Tilney. Fredeiik, Tuberculoua Meningo-Ependymitm with Dilatation of Cavum Septi 

Pellucidi (Fifth Ventriole). The J. of Nerv. a. Ment. Dis. 42. 828. ( Sitzungsbericht.) 

84. Trzebinski, Stanislaus, Über pathologische Veränderungen des CentralnervensyBtema 
bei Vergiftung mit Phosphor und Oleum Pulegii. Experimenteller Beitrag. Folia 
neuro-biologica. Bd. 9. H. 2. p. 123. 

85. Tumbelaka, R., Das Gehirn eines Affen, worin die interhemisphäriale Balkenver¬ 
bindung fehlt, ebd. Bd. 9. No. 1. p. 1—64. 

86. Verse, Neurofibroms mollusoum. Münch. Med. Woch. p. 519. (Sitzungsbericht.) 

87. Vl ies, Emst de, Beschreibung eines Anencephalen. Psych. en neurol. Bladen. Bd. 19. 
No. 4/5. S. 326. 

88. Weichselbaum, A., Pathologisch-anatomische Demonstrationen von Schußver- 
letzimgen. Wien. klin. Woch. p. 133. (Sitzungsbericht.) 

89. Weidenreich, Franz, Über partiellen Riechlappondofekt und Eunuchoidismus beim 

Menschen. Ztschr. f. Morphol. 1914. 18. 157—190. (cf. Jahrg. 18. S. 284) 

90. Westerhoff, Felix, Die Plattenepithelgesohwülste des Hypophysenganges. Inaug.- 
Dissert. Gießen. 

91. Zeller, Neuro-Fibromatosis universalis. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 41. 1503. 

Unter den Arbeiten dieses Kapitels zeichnen sich diejenigen von 
Bielschowsky über Mikrogyrie und über tuberöse Sklerose und Gliomatose, 
von Robertson über Ganglioneuroblastome, von Henschen über die 
Kleinhirnbrückenwinkeltumoren, von Hänel und Bielschowsky über olivo- 
zerebellare Atrophie unter dem Bilde des familären Paramyoklonus, von 
Bungert über das physiologische und pathologische Verhalten der Zerebro¬ 
spinalflüssigkeit und von Ribbert über Basedowstrumen durch besonders 
gründliche und ergebnisreiche Untersuchung aus. 


Meoinoitis. 

Bei der Untersuchung von drei Fällen von hämorrhagischer Lepto- 
meningitis bei Milzbrand wurden von Herzog (45) schwere Veränderungen 
an vielen mittleren und kleinen Arterien der weichen Häute festgestellt. An 
Serienschnitten ließ sich über größere Strecken eine vollständige Zerstörung 
des Aufbaus der Arterienwand verfolgen, die darin bestand, daß die Media 
infolge Degeneration der glatten Muskelzellen auf große Strecken zugrunde 
geht und hier ähnlich wie beim Aneurysma dissecans Blut in diese Teile 
eindringt und zur ausgedehnten Lostrennung der Wandschichten führt. Die 
Intima und Elastica interna sind an solchen Stellen fast im ganzen Gefä߬ 
umfang losgelöst und zeigen vielfache Einrisse. Die Adventitia ist stark er¬ 
weitert und bildet die eigentliche Gefäßwand, auch sie ist vielfach von Blut 
durchsetzt. Anhäufungen von Rundzellen in mäßiger Zahl finden sich besonders 
an der Innenseite der Adventitia und der kleinsten Arterien. Diese Ver¬ 
änderungen werden als Diärese der Arterien aufgefaßt. 

Außerhalb der Arterien und Venen finden sich in den weichen Häuten 
bei allen drei Fällen Unmassen von Milzbrandstäbchen. Das zeitige Exsudat 
bestand, abgesehen von den roten Blutkörperchen, in der Hauptsache aua 
Zellen, die ihrer Größe nach mittelgroßen, lymphoiden Elementen (mono¬ 
nukleären) ähneln. Dazu kommen größere Zellen, die von abgelösten Endo- 
thelien abstammen, und spärliche gelapptkernige Leukozyten. In den 
obersten Gehirnscbichten werden mehrfach wandernde Zellformen festgestellt. 

Die mikroskopische Untersuchung der Lymphdriisen (Fall 1 und 2) 
ergab bei den stark geschwollenen dunkelroten Drüsen eine Zerstörung des 
Parenchyms durch Blutungen, die wohl vom Hilus ihren Ausgang nahmen, 
und massenhaft Milzbrandstäbchen. In den weniger stark geschwollenen 
Drüsen war herdweise Nekrose und Zerfall der kleinen Lymphozyten zu 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


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beobachten; andererseits trat eine energische Zellenbildung ein. Die Lympho- 
gonien sin^ stark vermehrt und weisen zahlreiche Teilungsfiguren auf, die 
Lymphendothelien schwellen an und lösen sich ah, es werden riesige Zyto- 
phagen gebildet, und zahlreiche Wanderzellen mit buchtigen Kernen treten 
auf. Gelapptkernige Leukozyten sind nur spärlich vorhanden, häufiger finden 
sich Mastzellen und eosinophile. Im Fettgewebe des Halses konnte bei 
Fall 1 das Auftreten von anscheinend neu entstandenen Lymphknoten be¬ 
obachtet werden. ( Selbstbericht .) 

Gerstmann (34) berichtet über 6 Fälle von chronischer spinaler Menin¬ 
gitis serosa circumscripta. In dem ersten Falle saß der Prozeß am untersten 
Dorsalmark, im zweiten ist die Liquorsackung, die mit lokal begrenzten, 
zwischen der Durainnenseite und der Rückenmarksoberfläche ausgespannten 
narbigen Yerwachsungssträngen einherging, im Bereiche der mittleren Brust¬ 
marksegmente gefunden worden, im dritten handelte es sich um mehrere 
kleinere, mit einem serösen Exsudat gefüllte, geschlossene Zysten der Cauda 
equina, mit den Nervenwurzeln einerseits, mit der Durafläche andererseits 
vielfach verwachsen, im vierten um eine lokalisierte Liquoransammlung nebst 
einer umschriebenen Pachymeningitis tuberculosa interna an der Cauda 
equina, im fünften um eine Meningitis serosa circumscripta adhaesiva im 
mittleren Dorsalmark im Anschluß an einen anatomisch festgestellten neo¬ 
plastischen Herd an einer mit jener genau korrespondierenden Stelle der 
Brustwirbelsäule, und schließlich im sechsten Fall um eine mit starker 
Trübung und Verdickung der Meningen einhergehende, mit klarer Flüssigkeit 
gefüllte, stark gespannte Arachnoidealzyste nebst beträchtlicher Liquor¬ 
anhäufung unterhalb derselben im Bereiche des 4. bis 6. Brustmarksegmentes. 
Die einzelnen Fälle werden ausführlich beschrieben. Da die Symptomen- 
komplexe denjenigen von Tumor medullae spinalis glichen, wurde zunächst 
diese Diagnose gestellt und die Patienten daraulhin operiert. Diese Operation 
deckte die wahre Natur des Leidens auf. In dem ersten Falle wurde die 
Patientin geheilt, im zweiten Falle trat keine Besserung ein, der dritte Fall 
kam zur Sektion, beim vierten Fall trat zuerst nach der Operation eine 
Verschlechterung, dann allmähliche Besserung ein, im fünften Falle war es 
umgekehrt, und der Fall kam zur Sektion, im sechsten Falle besserte sich 
Patient auch nach der Operation, doch konnte die Beobachtung infolge 
des inzwischen hereingebrochenen Krieges nicht fortgesetzt werden. 

Entwlcklungsstörungen. 

de Vries (87) beschreibt im einzelnen die körperlichen Veränderungen, 
die ein Anenzephalus dargeboten hatte. Er stammte von einer Zwillings¬ 
geburt. In der Familie keine hereditäre Belastung, nur war von 5 Kindern 
eins mit einer Meningozele am Hiuterkopf geboren. Diese Meningozele 
enthielt keine Hirnsubstanz; sie war operiert worden, und das Kind hatte 
sich dann normal entwickelt. Der Anenzephalus hatte noch ’/ 2 Stunde nach 
der Geburt gelebt, hatte Bewegungen gemacht, aber nicht geatmet. Aus 
dem Befunde des peripheren und zentralen Nervensystems glaubt Verf. 
genau den Zeitpunkt angehen zu können, in welchem das schädliche Agens 
eingewirkt hat. Das Vorder-, Zwischen- und Mittelhirn und teilweise ebenso 
das Nachhirn sind auf dem Stadium der Medullarplatte stehen geblieben. 
Die äußere Körperbedeckung der Schädelbasis wird daher nicht durch die 
Haut, sondern von Zellen gebildet, die sonst sich zum Zentralnervensystem 
differenzieren. Das schädliche Agens hat bei vorliegendem Anenzephalus 
also eingewirkt, als der Embryo noch kaum 3 mm groß war. Die Ganglien- 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


leiste war za dieser Zeit schon abgeschnürt, die sensibleu und autonomen 
Nerven konnten sich unbehindert weiter entwickeln. Oie Me^ullarplatte 
war nicht so stark geschädigt, daß ihre Zellen abgestorben waren; die meisten 
konnten sich zwar nur zu indifferenten, wenig verhornten Epithelzellen 
differenzieren, an einigen Stellen dagegen schritt die Differenzierung weiter 
fort, und es entstanden heterotopische Massen nervöser Substanz und die 
vom Ependym bekleideten Einstülpungen. Auch an dem Frontalpol des 
Embryo schritt die Differenzierung der basalen Teile sehr weit vor, so 
daß sich Augenblasen und ßulbi olfactorii bildeten. Der Autor ist mit 
Alezandrini der Ansicht, daß in früheren Stadien mehr nervöse Substanz 
vorhanden ist, die sich später regressiv verändert. An keiner Stelle des 
Nervensystems ließen sich Entzündungserscheinungen nachweisen. Der Autor 
ist der Ansicht, daß Toxinwirkung oder Entzündung an sich eine Anenze- 
phalie oder Hemizephalie nicht zu erzeugen vermögen, sondern daß, wenn diese 
Mißbildungen zustande kommen, ein endogener Faktor die Hauptrolle spielt. 

Bei einem Unteroffizier, der sich wegen eines Typhus im Lazarett 
befand, entdeckte Frank (30) zwei Meniugozelen am Kopf. Es fand sich 
bei dem Patienten 2 cm oberhalb des linken Ohres eiu kleinfingergroßer 
Defekt des Knochens, dem eine Vorwölbung der Haut von etwa Kirsch¬ 
große entspricht. Diese Vorwölbung tritt deutlicher hervor, wenn Patient 
sich zur Seite neigt und preßt. Die zweite Öffnung findet sich am Okziput 
nahe dem Winkel der Lambdanaht, sie entspricht der Größe einer Daumen¬ 
kuppe. Bückt Patient sich nach hinten, so tritt eine taubeneigroße Schwellung 
an der der Schädelöffnung entsprechenden Stelle ein, welche deutlich pulsiert. 
Das Einlegen des Fingers in beide Öffnungen ist dem Patienten unangenehm 
und ruft bei längerer Ausdehnung Kopfschmerzeu hervor. Audere gröbere 
Störungen waren an dem Patienten nicht festzustellen. Er hat trotz dieser 
Anomalien am Kopf schweren Dienst versehen. 

Bielschowsky (10) schildert den histologischen Befund in drei ver¬ 
schiedenen Fällen von Mikrogyrie. Der erste Fall bietet die reinste Form 
der Erkrankung dar. Der größte Teil einer ganz atypisch gefurchten 
Hemisphärenoberfläche ist von eiuer Unzahl kleiner Höckerchen bedeckt, 
welche ihr ein blumenkohlartiges Aussehen verleihen. Diesem makro¬ 
skopischen Bilde entspricht ein ganz einheitliches, sich überall mit der 
gleichen Klarheit wiederholendes zytoarchitektonisches Grundschema. Unter 
einem zellfreien Stratum zonale ist stets ein welliges resp. girlanden¬ 
förmiges Band von Ganglienzellen anzutreffen, dessen Erhebungen mit der 
Kuppe der Höcker und dessen Senkungen mit den seichten Einkerbungen 
zwischen diesen korrespondieren. Als dritte folgt eine zellarme, vorwiegend 
von Markfasern erfüllte Schicht und als vierte ein breiter Zellstreifen, 
welcher den Erhebungen der äußeren Höcker nicht folgt, sondern in gerader 
Linie oder mit nur sanften und langgestreckten Ausbuchtungen verläuft. 
Abgesehen von der Gleichartigkeit der Rindenstruktur in dem mikrogyren 
Rindengebiete ist es auch das Fehlen von Heterotopien grauer Substanz 
im Mark und an den Ventrikeln, welches dem Falle das Gepräge der 
Reinheit gibt. 

Im zweiten Falle bildet die Mikrogyrie nur eine Teilerscheinung im 
Rahmen sehr mannigfaltiger Veränderungen eines pachygyren und mikro¬ 
zephalen Gehirns. Die bezeichuete Vierschichtigkeit der Rinde tritt nur 
an einzelnen Stellen prägnant hervor; die Hauptmasse des Kortex hat eine 
andere Struktur; sie ist teils durch ein Festhalten der spätfötaleu Sechs- 
schichtung, teils dadurch charakterisiert, daß inselförmige Zellkomplexe von 
sehr verschiedener Form und Größe nach Art von Heterotopien jeden 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


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Grundriß verwischen. Die Heterotopien bilden in diesem zweiten Falle auch 
sonst einen wesentlichen Bestandteil des teratologischen Prozesses. Sie 
sind in ganz ungewöhnlichem Maße in der Umgebung der Seitenventrikel 
und im Hemisphärenmark entwickelt. Zu betonen ist dabei, daß die höcke¬ 
rige Beschaffenheit der Hemisphärenoberfläche keineswegs auf diejenigen' 
Bezirke beschränkt ist, welche den histologischen und zytoarchitek ionischen 
Bau der Mikrogyrie zeigen, sondern in ganz gleicher Art auch über deu 
anders gearteten Gebieten hervortritt. 

Ira dritten Falle handelt es sich nur um eine partielle Mißbildung im 
frontalen Abschnitt einer Hemisphäre. Innerhalb der mißbildeten Partie 
bildet eine mikrogyre Zone den Kulminationspunkt von Veränderungen, 
welche nach der normalen Binde hin allmählich abklingen. Die Zwischen¬ 
stufen werden von niedrigen Gyri mit breiter Rinde und schmalen Mark¬ 
kegeln gebildet, in denen der zytoarchitektonische Grundplan der betreffenden 
Region stellenweise noch kenntlich, an anderen Orten aber durch mannig¬ 
faltige Abweichungen getrübt ist. Diese Übergangswindungen zeigen auch 
im Gegensatz zu normalgeformten Gyri die Tendenz, mit der Basis ihrer. 
Markkegel zu verschmelzen und sich auf diese Weise den mikrogyren 
Komplexen zu nähern. In dem durch die Stärke der oberflächlichen Höcker¬ 
bildung schon makroskopisch besonders gekennzeichneten mikrogyren Abschnitt 
im engeren Sinne ist diese Tendenz gewissermaßen auf die Spitze getrieben, 
indem hier mit der Verkleinerung der einzelnen Windungen das Volumen 
der gemeinsamen Markkegel an Masse erheblich zunimmt, während für die 
einzelnen Rindenerhebungen nur dünne Seitenausläufer übrig bleiben. Auf 
diese Weise kommen die an Eisblnmen und Vogelpfoten erinnernden Ver¬ 
ästelungen der Markkegel zustande. Das räumliche Verhältnis wird dadurch 
immer mehr zuungunsten der letzteren verschoben. 

Das Gesamtergebnis seiner Untersuchungen fast Bielschowsky fol¬ 
gendermaßen zusammen: Die kongenitale Mikrogyrie der Großhirn- und 
Kleinhirnrinde kann nur als Produkt pathologischer Wacbstumsvorgänge in 
der Riude selbst aufgefaßt werden, bei welchem sich die Abweichung vom 
normalen Entwicklungsgang in gesetzmäßiger Weise vollzieht. Die gleichen 
Faktoren, welche die normale Gestaltung der Gyri und Sulci bewirken, sind 
auch für die Mikrogyrie von formbestimmender Bedeutung, nämlich die 
Vaskularisation der Rindensubstanz und die ProliferationspoteDz der in die 
Keimzone des Mantels gelangten Neuroblasten. Die Mikrogyrie ist im 
wesentlichen eine Kompensationserscheinung gegenüber quantitativen nnd 
qualitativen Herabsetzungen dieser den normalen Entwicklungsgang be¬ 
herrschenden Faktoren. Da die Kompensation unter allen Umständen hinter 
der normalen Produktion zurückbleibt, gehören alle Fälle von kongenitaler 
Mikrogyrie zu den Monstra per defectum. Die zytoarchitektonische Struktur 
der mikrogyren Großhirnrinde ist eine vielgestaltige. Die Einzelbefunde lassen 
sich ira Sinne einer aufsteigenden Reihe ordnen. Am unteren Ende der¬ 
selben stehen diejenigen Fälle, welche durch deutliche Zweischichtung des 
Zellmateriales gekennzeichnet sind, am oberen Ende diejenigen, welche bei 
sonst normalen Schichtungsverhältnissen isolierte, pilz- oder warzenförmige 
Auswüchse der oberflächlichen Zellelemente über das Niveau des Stratum 
zonale aufweisen. Nur diese letzteren gestatten eine direkte Ableitung aus 
dem Status verrucosus Simplex seu Retzii und führen den von Ranke 
vorgeschlagenen Namen „Status verrucosus deformis“ mit Recht. Bei der 
überwiegenden Zahl der Fälle trifft die alte Bezeichnung Mikrogyrie oder 
das von Oekonomakis vorgeschlagene Wort „Polygyrie“ den Sachverhalt 
besser; denn in der Nomenklatur muß die Vorstellung zum Ausdruck 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


gelangen, daß jede einzelne der kleinen Erhebungen, welche der Gehirnober¬ 
fläche das charakteristische Aussehen verleihen, die Abortivform einer 
Sekundärverbindung darstellt Auch an das Wort „Mikropolygyrie“ könnte 
man denken, weil es auf die wesentlichen Eigenschaften der Mißbildung, 
die Kleinheit der Abortivwinduugen und ihre große Zahl hindeutet und eine 
Verwechslung mit der erworbenen sekundären Mikrogyrie ausschließt. 

Weidenreich (89) beschreibt ein Gehirn, dem beiderseits Bulbus und 
Tractus olfactorius lehlten. An der Stelle, wo sonst der Traktus vom 
Trigonum sich abhebt, ist beiderseits ein Höckerchen vorhanden, das offenbar 
das Rudiment des Bulbusteiles darstellt. Nervenfaden, die von diesem 
Höcker abgingen, existieren nicht. Striae olfactoriae lassen sich nicht nach- 
weiseu. Das ganze Gebiet des Gyrus fornicatus bzw. Lobus piriformis zeigt 
beiderseits keinen spezifischen oder wesentlich von der Norm abweichenden 
Befund. Der Schädel ließ weder in seinen Größenverhältnissen noch in 
seiner Form irgendwelche Besonderheiten oder Abweichungen von der 
Norm erkennen. Riechnerven waren in der Regio olfactoria der Riech¬ 
schleimhaut vorhanden, es bestand demgemäß eine durchlöcherte Lamina 
cribrosa (Patient soll auch deutlich Geruchsvermögen besessen haben). Es 
bestand, wie an der Leiche feststellbar war, eine Hypoplasie der Genitalien, 
des Kehlkopfes, eine Disproportion des Skeletts und schwache Behaarung, 
also im ganzen ein Zustand von Eunuchoidismus. Der Autor nimmt an, 
daß die Riechnerven in diesem Falle entweder mittels des Trigeminus das 
Gehirn erreichten oder in die Substantia perforata von der Schädelbasis 
aus eingetreten sind. Trotzdem eine Veränderung der Hypophyse im vor¬ 
liegenden Falle nicht feststellbar war, nimmt der Autor an, daß in den¬ 
jenigen Fällen, wo der Defekt des Bulbusteiles mit einer Störung in der 
Genitalentwicklung vergesellschaftet vlar, daneben irgendeine Schädigung der 
Hypophyse bestand, die auf die gleiche Ursache wie jene Defektbildung 
zurückgeführt werden muß. Das Zustandekommen des Gehirndefektes 
erklärt der Autor in der Weise, daß die normale Vereinigung zwischen den 
Elementen des Ganglion olfactorium und dem vordersten Lobusteil aus 
irgendwelchen Gründen ausblieb, und daß infolgedessen dieser Teil eine 
Rückbildung erfuhr. 

Tumbelaka (85) beschreibt das Gehirn eines Zebus, hypoleukus, der 
an Tuberculosis pulmonum gelitten, psychisch nicht ganz intakt war und 
unter Erscheinungen gestorben war, die an einen Status epilepticus erinnertem 
Die auffälligste anatomische Veränderung des Gehirns war das Fehlen des 
Balkens. Vom Psalterium war nur ein kleines Faserbündel zwischen den 
Columnae fornicis übrig geblieben, die übrigen Kommissuren waren intakt. 
Die Zyto- und Myeloarchitektonik der Rinde ist im ganzen normal mit 
Ausnahme des Okkipitallappens, in welchem Entzündungsprozesse frischeren 
Datums sich abgespielt haben. Infolge einer Entzündung des Ependyms ist 
es auch zur Vermehrung der Ventrikelflüssigkeit gekommen. Abweichungen, 
die auf einen fötalen Prozeß im dritten Monate des intrauterinen Lebens 
hinweisen, und denen das Nichtzustandekommen der Balkcnverbindung zu¬ 
geschrieben werden könnte, sind nicht koustatiert worden, so daß der 
ätiologische Faktor des kongenitalen Balkendefekts nicht festzustellen ist. 
Der Effekt des Flüssigkeitsergusses in das Hinterhorn ist der, daß der 
Umfang des Hinterlappens bedeutend, und zwar zum Nachteil des für die 
angrenzenden Gehirnteile bestimmten Raumes zugenommen hat. Das Balken¬ 
system besteht im vorliegenden Falle, hat aber einen pathologischen Verlauf. 
Die entsprechenden von der Rinde kommenden Fasern vereinigen sich zum 
Längsbündel, das dorso-medial vom Ventrikel in sagittaler Richtung verläuft. 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


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ln dieses Bündel setzt sich das Tapetum fort. Das Nichtkreuzen der 
Balkenfasern hat ein defektives Wachsen des Faserteiles zur Folge, welches 
in der andereu Hemisphäre hätte verlaufen sollen. Es zeigt sich das in 
der Abnahme der weißen .Marksubstanz. Das tritt beim Zebus deutlicher 
hervor als in analogen Fällen beim Menschen. Der Autor macht dann noch 
einzelne Angaben über das Sichtbarwerden der aus den ventro-lateralen 
Bindenteilen herrührenden Balkenfasern, über Fasern des luduseum griseum 
und Uber das ganze Fornixsystem, soweit es durch die Balkenanomalie 
kleinere Veränderungen erlitten hat. 

Gottfried (36) berichtet über eine einseitige Entwicklungsstörung der 
uuteren Olive. Die rechte Olive war in der Längsausdehnung um 2 mm 
kürzer als die linke. Um den kaudalen Pol der Olive war die Substanz 
der Oblongata buchtenförmig vertieft. Dieser Verkürzung der Olive ent¬ 
sprechend sieht man an Querschnitten eine Asymmetrie in dem Sinne, daß 
links bereits die Hauptolive erscheint, während rechts von derselben keine 
Spur sichtbar ist. In spinozerebraler Richtung tritt rechts die Hauptolive 
zunächst in zwei voneinander getrennten Abteilungen (einer lateralen und 
medialen) auf, welche etwas höher zu einer einheitlichen Hauptolive ver¬ 
schmelzen. In der Höhe des Hypoglossuskernmaximums zeigt die nun 
einheitliche Hauptolive in ihrem dorsalen Blatt an der Stelle der äußeren 
Nebenolive eine Verdoppelung, welche als solche bald aufhört. Von den 
spinalsten Vagus wurzeln angefangen aufwärts hört die Mißbildung der 
rechten Hauptolive auf. Diese geschilderte Anomalie hat gewisse Ver¬ 
schiebungen in der rechten Oblongatahälfte im Verhältnis zur linken ver¬ 
ursacht, wie den höheren Stand des Hypoglossuskerns, des Tractus solitarius, 
die seitliche Lagerung des Nucleus arciformis, die nach links gerichtete 
Ausbiegung der Raphe. Spuren eines pathologischen Prozesses waren nicht 
auffindbar. Autor hält diese Anomalie für die Folge einer sehr früh ein¬ 
getretenen Entwicklungsstörung, deren innere Natur unbekannt ist. 

Bei der Sektion eines Kalbes fand Reisinger (68) sämtliche Organe 
doppelt ausgebildet, auch die Wirbelsäule samt Rückenmark, obwohl Brust 
und Bauchhöhlen beider Tiere kommunizierten. Diese Doppelmißbildung 
wies nur 4 Extremitäten auf, indem dieselben jener Seite, mit welcher ein 
Kalb mit dem anderen verwachsen war, fehlten, so daß das linke Individuum 
die beiden linken, das rechte die beiden rechten Extremitäten besaß. 

Die histologische Untersuchung der Rückenmarke nach der Weigert- 
schen Methode ergab folgenden Befund. Die linke Hälfte der grauen und 
weißen Substanz des Halsmarkes jenes Kalbes, das die linken Extremitäten 
aufwies, war gut entwickelt, während rechts eine hochgradige Atrophie dieser 
Teile festzusteilen war. Das Halsmark des rechten Kalbes zeigte (ent¬ 
sprechend dem Mangel der linken Extremitäten) Atrophie beider Substanzen 
der linken Hälfte. Die Veränderung ist so hochgradig, daß das linke Dorsal¬ 
horn nur durch eine Brücke mit der übrigen grauen Substanz in Zusammen¬ 
hang steht. Während aber die Konfiguration des linken Halsmarkes in 
seinem Verlauf gleich blieb, erwies sich das mikroskopische Bild des rechten 
als wechselnd, indem besagte Brücke grauer Substanz allmählich stärker 
wurde und das linke Dorsalhorn so eine annähernd normale Form annahm. 

Am linken Brustmark fiel die Atrophie der grauen Substanz der rechten 
Hälfte, insbesondere des Dorsalhornes auf, während die weiße Substanz 
nahezu symmetrisch war. Die Nervenwurzeln waren links besser entwickelt, 
die Zahl der Ganglienzellen des linken Ventralhornes nur wenig größer 
als die des rechten. Graue und weiße Substanz des rechten Brustmarkes 
zeigten eine kaum merkliche Atrophie der linken Hälfte; in Zahl und Stärke 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


der Nervenwurzelu konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Nennens¬ 
wert ist nur der Reichtum des rechten Ventralhorns an Ganglienzellen. 
Die Differenzen der beiden Hälften ein- und desselben Brustmarkes sowie 
der beiden Brustmarke miteinander verglichen sind nicht so prägnaut, wie sie 
am Halsmark festgestellt wurden, und wie das Lendenmark noch zeigen wird. 

Die bedeutende Atrophie der rechten grauen und weißen Substanz des 
linken Lumbalmarkes war schon makroskopisch erkennbar. Die atrophische 
Veränderung ist so hochgradig, daß Ventral- und Dorsalhorn der rechten 
Hälfte ihre charakteristische Form verloren haben und als einheitlicher 
Strang in Erscheinung treten. 

Rechts fällt weiter der nahezu gänzliche Mangel an Ganglienzellen auf, 
ebenso die geringe Zahl und Stärke der austretenden Nerven wurzeln. Obwohl 
das Rückenmark des rechten Kalbes nicht so auffallende Abweichungen von 
der Norm aufwies wie das dos linken Tieres, so war der Grad der Ver¬ 
änderung in den Teilen des Lendenmarkes beider gleich, so daß das histo¬ 
logische Bild des Lendenmarkes des einen Individuums, das Spiegelbild des¬ 
jenigen des anderen darstellt. Die graue und weiße Substanz des rechten 
Lumbalmarkes war (der extremitätenlosen Seite entsprechend) links wenig 
entwickelt, das Dorsalhorn nur stummelartig vorhanden, in Anzahl und Be¬ 
schaffenheit der Nervenwurzeln konnte jedoch kein Unterschied verzeichnet 
werden. Ganglienzellen fanden sich nur im rechten Ventralhorn, links fehlten 
sie nahezu. 

Da die Doppelmißbildung direkt dem Uterus entnommen wurde, so lehrt 
die Untersuchung der Röckenmarke derselben, daß die Extremitäten und 
die ihnen entsprechenden Abschnitte des Rückenmarkes sich parallel und 
korrelativ entwickeln, daher das Fehlen der eisteren schon fötal atrophische 
Erscheinungen der letzteren zur Folge hat. 

Tuberöse Sklerose, Gliomatose, Neurofibromatose. Neurome und Blastome. 

Bielschowsky (11) untersuchte das Gehirn eines 16jährigen Epilep¬ 
tikers. Deutliche Tumorerscheinungen hat der-Kranke während der sich über 
mehr als 6 Monate erstreckenden Beobachtung in der Anstalt nicht geboten. 
Wenn auch einzelne Symptome wie Babinskisches Phänomen und das 
kurz vor dem Tode auftretende Erbrechen und der Speichelfluß darauf hin¬ 
deuten konnten, so fehlten doch vor allem die Allgemeinerscheinungen des 
Tumors. Der anfänglich schwachsinnige Patient verfiel im Laufe der Krankheit 
vollkommener Verblödung. Bei der Autopsie war neben der Größe und 
Schwere des ganzen Gehirns der markanteste Befund die Vergrößerung der 
Brücke und des verlängerten Markes. In zweiter Reihe fiel Hie derbe 
Beschaffenheit der an ihrer Oberfläche fein gerunzelten und ihrem Volumen 
nach hypertrophischen Großhirnwindungen auf; die Zähigkeit des Gewebes 
war in der Rinde im allgemeinen noch größer als im Mark. Im Marklager 
des distalen Gebietes der oberen und mittleren Stirnwindung wurden Anfänge 
eines malazischen Prozesses gefunden. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung wurde als Grundlage der ponto- 
bulbären Veränderungen eine starke Hyperplasie der Gliazellen resp. der 
Gliakerne festgestellt, die einen blastomatösen Charakter zeigten. Die Kerne 
lagen am dichtesten in der subendymären Zone des vierten Ventrikels und 
batten hier in einem zirkumskripten Gebiet eine beträchtliche Vorwölbung 
der dorsalen Randpartie der Medulla oblongata herbeigeführt. Graue und 
weiße Substanz sind in der fraglichen Zone ganz gleichmäßig von Kernen 
durchsetzt. Ganglienzellen und Nervenfasern haben nur qualitativ gelitten. 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


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Die Veränderungen des Kortex im vorliegenden Palle kennzeichnet der 
Autor als eine Verbindung von Schichtungsatypie mit enormer Hyperplasie 
der gliösen Elemente. Der gesamte Komplex dieser Atypie kann nur als 
Produkt einer Mißbildung, eines fötalen Entwicklungsfehlers gedeutet werden. 
Die gefundenen Veränderungen der Glia können aber nicht auf eine Formel 
zurückgeführt werden, zum Teil sind sie auch alt und stehen unzweifelhaft 
mit der fehlerhaften Organbildung in engstem Zusammenhang, zum Teil sind 
sie aber jüngeren Datums und recht problematischer Natur. Als ältere 
Bildung gilt zunächst die zum Warzensaum verdickte Limitans superficialis 
des Stratum zonale. Besonders bemerkenswert ist, daß hier eine Verlagerung 
großer Randgliamasseu in artfremdes Bindegewebe stattgefunden hat. An 
zahlreichen Stellen ist gliöse Substanz in den Arachnoidealraum eingebrochen, 
und es haben sich an dieser Stelle Bindegewebsfasern und gliöse Elemente, 
mesodermale und ektodermale Bestandteile ohne Bildung von Grenzmem¬ 
branen eng miteinander vermischt. Dem gleichen Befunde begegnet man 
auch au der Grenze von Limitans und Gefäßadventitia. Diese Heterotopien 
der gliösen Substanz können nur auf mangelhafte Entwicklung der Gewebs- 
fasern zurückgeführt werden. Die übrigen Proliferationserscheinungen der 
Glia sind nicht so einfach zu deuten. Die Massenentfaltung geht über den 
Umfang gewöhnlicher Reaktionserscheinungen entschieden weit hinaus. Die 
faserige Substanz erreicht in einzelnen Windungsabschnitten eine solche 
Dichtigkeit, daß man an narbige Sklerosierungsvorgänge denken könnte, 
wenn ihr Querschnittsareal nicht eher eine Vergrößerung als eine Abnahme 
erfahren hätte. Den sich dem epileptischen Rindentypus nähernden 
Befunden stehen dann wieder andere gegenüber, welche aus seinem Rahmen 
vollkommen herausfallen. Hierhin gehören die Veränderungen der Satelliten, 
die zahlreichen „runden“ Zellformen und die Kerninseln mit ausgesprochen 
blastomatösem Charakter. Die Satelliten bilden überall um ihre Ganglien¬ 
zellen geschlossene Kapseln, sie sind zu epithelialen Verbänden aneinander 
gereiht und setzen sich häufig weit auf die Dendriten fort. Bielschowsky 
stellt seinen Fall in nosologischer Hinsicht zwischen die genuine Epilepsie 
und diejenigen Krankheiten des Großhirns, welche auf einer Vereinigung 
kongenitaler Defektbildungen des Parenchyms mit blastomatösen Anlage¬ 
störungen der Glia beruhen. Sie sind in ihrem histologischen Substrat 
durch gemeinschaftliche Züge mit jedem Typus dieser Gruppe verbunden, 
mit der tuberösen Sklerose, der Pseudosklerose, der Recklinghausenschen 
Krankheit und wahrscheinlich auch noch mit gewissen hypertrophischen 
Formen der Idiotie. 

Bielschowsky (9) teilt eine Beobachtung mit, in welcher sich Übergänge 
von tuberösen zu gliomatösen Veränderungen erkennen ließen. Es handelte 
sich um eine 30jährige epileptische Kranke. Nach lOjährigem Bestehen des 
Leidens bemerkten die Angehörigen, daß nach den Insulten mehr oder weniger 
lange anhaltende Lähmungserscheinungen der rechten Körperhälfte, ins¬ 
besondere des rechten Armes auftraten. In der Anstalt wurde beobachtet, 
daß auch bei den Anfällen selbst die Muskeln der rechten Körperhälfte 
in stärkeren Tonus als diejenigen der linken gerieten. Wenige Tage ante 
finem wurde Patellarklonus auf der rechten Seite auslösbar. Die Sprache 
der Patientin war verwaschen, die Artikulation undeutlich. Keine aphasischen 
Störungen. Die Kranke ging im Status epilepticus zugrunde. Bei der 
Sektion des normal großen und normal schweren Gehirns wurde dorsalwärts und 
etwas frontalwärts vom vorderen Balkenknie ein kleinapfelgroßer Tumor von 
weicher Konsistenz, welcher in die Substanz der linken Hemisphäre einge¬ 
bettet ist, gefunden. Die Geschwulst erweist sich als Gliom von allerdings 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 . 11 


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Spezielle patholodische Anatomie. 


örtlich verschiedener Zusammensetzung. Daneben findet sich ein Rindenprozeß, 
welcher nach seiner strukturellen Zusammensetzung lange Zeit bestanden 
haben muß. Gewisse Momente, wie besonders die an Status verrucosus 
erinnernden Warzenbildungen weisen auf seine Entstehung im fötalen Leben 
hin. Die angrenzenden hypertrophischen Windungen zeigen in vieler Hinsicht 
übereinstimmende Züge mit den Herden der tuberösen Sklerose. Die Annahme 
wäre deshalb gerechtfertigt, daß im vorliegenden Falle gewisse Partien des 
erkrankten Riudengewebes histologisch und grob morphologisch den HerdeD 
der tuberösen Sklerose nahestehen. Diese tuberiformen Gebiete finden sich in 
unmittelbarer Nachbarschaft eines kleinzelligen Gehirns von typischem Bau, 
In dieser Tatsache liege ein Moment von prinzipieller Bedeutung. Die 
Theorie von der blastomatösen Entstehung der tuberösen Plaques wird 
durch sie stark gestützt. Auf der anderen Seite gewinnt die von Rind¬ 
fleisch und anderen Autoren ausgesprochene Hypothese, nach welcher die 
Gliome auf fötale Anlagefehler zurückzuführen sind, viel an Wahrscheinlich¬ 
keit. Ob zwischen der gliomatösen Neubildung und den Windungshyper¬ 
trophien des vorliegenden Falles nur ätiologische Beziehungen oder auch 
noch nähere anatomische Beziehungen bestehen, d. h. ob sich der rasch 
wachsende Tumor auf dem Boden eines ursprünglich tuberösen Prozesses ent¬ 
wickelt hat, läßt der Autor unentschieden, wenn auch hohe Wahrscheinlich¬ 
keit dafür besteht. 

Bei einem 1jährigen an Diphtherie verstorbenen Kinde fand Ribbert 
(71) neben zahlreichen und umfangreichen Sklerosen an den Außenflächen 
des Gehirns und auf der Innenfläche des Seitenventrikels noch etwa zwölf 
mit bloßem Auge sichtbare, nicht über kirschkerngroße Knoten im Herzen. 
Bemerkenswert war nun im vorliegenden Falle die außerordentlich große 
Zahl der neben den Rhabdomyomen mikroskopisch nachweisbaren Keime 
aus embryonaler Muskulatur. Verf. beschreibt die Keime eingehend und 
kommt auf Grund seiner Befunde zu dem Schluß, daß es sich nicht um liegen¬ 
gebliebene Bezirke embryonaler Muskelbündelabschnitte handeln kann, sondern 
um selbständige Sprossen, die gleichsam seitlich aus ihnen herauswachsen, 
dann aber, als aus dem Zusammenhänge ausgeschlaltete Elemente, ihre 
normale Weiterentwicklung einstellten. So erkläre sich die his auf den Rest 
des ursprünglichen Stiels völlige Selbständigkeit der Keime, ihre Umhüllung 
durch Bindegewebe, ihr Hineinragen in das Endokard, ihre Prominenz unter 
dem Epikard und die vielfache Windung der Fasern, die wegen Raum¬ 
mangels nicht geradlinig wachsen konnten. 

Freifeld (31) beschreibt den histologischen Bau von fünf Tumoren. 
In den ersten beiden Fällen handelte es sich um eine benigne Form von 
unreifen Neuromen; als Prototype dieser Tumoren sind bestimmte Neuro¬ 
blastome anzusehen, welche zebrafellähnliche Partien (durch parallele Kern- 
reihen erzeugt) und radiäre Anordnung um die Gefäße darbieten. Sie 
unterscheiden sich von den bis jetzt beschriebenen Neuroblastomen erstens 
durch das Fehlen von zellreichen Partien mit den in den meisten Neuro¬ 
blastomen auftretenden Rosetten, zweitens durch das benigne Wachstum, 
drittens durch das Auftreten in einem späteren Alter. Die drei anderen 
Fälle gehören zu den Neurofibromen. Außer den charakteristischen parallelen 
Kernreihen mit quer dazwischen verlaufenden Fasern macht die Autorin 
auf die isoliert auftretenden Schlingen aufmerksam, welche in manchen 
Fällen dominieren; in diesen Schlingen sieht sie eine Struktureinheit (analog 
den Rosetten bei den Neuroblastomen), welche ihr als hypertrophische Wieder¬ 
gabe der embryonalen Neurosblastenrosette auf ihrer etwas späteren Ent¬ 
wicklungsstufe erscheint In den spinalen Ganglien und in den Hirnnerven 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


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hat sie ähnliche Rosetten wie im sympathischen Nervensystem gefunden. 
Das erklärt die Tatsache, daß in den zerebrospinalen Nerven Geschwülste 
neurogenen Ursprunges von der gleichen Struktur entstehen wie im Sym¬ 
pathikusgebiete. 

Bassoe und Nuznm (5) berichten über einen Fall von Neurofibroma- 
tosis bei einem 15jährigen Knaben; die Krankheit begann vor 10 Jahren 
mit Schmerzen am Schulterblatt; im Verlaufe der Krankheit traten mannig¬ 
faltige Störungen vonseiten des Nervensystems auf, und Patient ging all¬ 
mählich an Erschöpfung zugrunde. Es bestand außer der hochgradigen 
Abmagerung und mannigfachen an der Haut fühlbaren Knoten eine dorso- 
Inmbale Skoliose. Patient kann den Kopf von der Unterlage nicht heben, 
und das linke Bein ist sehr schwach; passive Bewegungen der unteren 
Extremitäten sind schmerzhaft. Es bestand ferner Schwäche des rechten 
Externus und Doppelsehen, Nichtauslösbarkeit des Kornealreflexes und Parese 
des linken Fazialis, Herabsetzung des Gehörs auf dem linken Ohre; linker 
Patellarreflex fehlt, der rechte ist schwach, Achillesreflex ebenso Abdominal¬ 
und Kremasterreflex fehlen, Babinski rechts positiv, links negativ. Temperatur- 
und Schmerzempfindung sind auf der vorderen Seite des linken Beines und 
an einzelnen Stellen des Leibes herabgesetzt. Bei der Sektion wurden außer 
den Knötchen an der Haut noch solche im achten Interkostalraum unter 
der Pleura neben der Wirbelsäule und eine Knötchenmasse in der Aus¬ 
höhlung des Sacrum hinter dem Mastdarm gefunden. Es fand sich außerdem 
ein ca. taubeneigroßer fibröser Tumor in der mittleren Schädelhöhle, welcher 
mit dem Ganglion Gasseri verwachsen war, und je ein walnußgroßer Tumor 
in jeder Kleinhirnbrückengrube. Ein weiterer Tumor war mit dem linken 
dritten Hirnnerven verwachsen, und zahlreiche Knötchen lagen an den 
Rückenmarkswnrzeln. Die größeren Tumoren an der Himbasis hatten die 
Hirn- und Kleinhirnbasis eingedrückt. Der größte Tumor von 8 cm 
Länge lag an der Kauda und hatte die Nervenwurzeln hier deutlich kom¬ 
primiert. Auch der Vagus war von Knötchen besetzt. Die Knötchen zeigten 
alle das gleiche mikroskopische Aussehen eines fibrösen Gewebes; an einzelnen 
Stellen der Wurzeln waren sie noch etwas in das Rückenmark eingedrungen. 
Die Gefäße der Hirnrinde zeigten an einzelnen Stellen fibröse Wandver¬ 
dickungen und Verkalkungen, und auch graue wie weiße Substanz enthielten 
zahlreiche Haufen von polymorphen vesikulären Gliazellen. 

Robertson (73) beschreibt den histologischen Bau von zwei Ganglio¬ 
neuroblastomen, die er zu untersuchen Gelegenheit hatte. Das erste saß 
am Kreuzbein einer 16jährigen Gebärenden und wurde in einer zweiten 
Operation, nachdem das Kind durch Sectio caesarea geboren war, entfernt. 
Das zweite stammte von einem 6jährigen Mädchen und lag retroperitoneal 
in der Nierengegend. Die Tumoren waren faust- bzw. apfelgroß. Beide 
Patientinnen waren bald nach der Operation an Rezidiven gestorben. Die 
Ergebnisse seiner Untersuchungen faßt der Austor unter Berücksichtigung 
der Literatur folgendermaßen zusammen. 

Die Neubildungen, die aus Anlagezellen des Nervensystems hervorgehen, 
können zweckmäßig in vier große Gruppen getrennt werden. Die erste 
Gruppe zeigt in der Geschwulst die ganz oder beinahe ganz undifferenzierten 
nervösen bzw. sympathischen Bildungszellen (Sympathogonien und Sympatho- 
blasten) mit einer feinen Zwischensubstanz neurofibrillärer Natur. Die fast 
stets das sympathische System angehenden Geschwülste sind als Sympatho- 
blastome zu bezeichnen. Die zweite Gruppe umfaßt diejenigen Neubildungen, 
die aus chromaffinen Zellen bestehen: chromaffine Tumoren, Paragangliome 
oder Phaeochromozytome. In der dritten Gruppe werden Tumoren gefunden, 

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Spezielle pathologische Anatomie. 


die ganz oder doch wesentlich aus vollständig ausdifferenzierten Ganglien¬ 
zellen und Nervenfaseru bestehen. Der Autor bezeichnet die Geschwülste 
dieser Gruppe als Ganglioneuroma simplex. Die vierte Gruppe der Neu¬ 
bildungen vereinigt Elemente der Gruppen I und III. Die Tumoren sind 
am besten als Ganglioneuroblastome zu benennen. Das Ganglioneuroblastom 
nimmt im System der Neurome (L. Pick und Bielschowsky) eine Zwischen¬ 
stellung zwischen den ausreifenden und den unausgereiften Formen derNeqrome 
ein. Der ausreifende Abschnitt kann sehr stark zurücktreten. Er kann mit 
dem unausgereiften sich entweder in getrennten Geschwulstknoteu kombi¬ 
nieren oder sich mit ihm diffus vermischen. Durch die Beteiligung von 
Entwicklungs- und Ausbildungsstadien chromaffiner Elemente oder der Glia 
erscheinen Ganglioglio-Neuroblastome oder Ganglioparaganglio-Neuroblastome 
möglich. Das Kriterium für die Klassifikation der Neubildungen gibt allein 
der mikroskopische Befund, nicht die anatomische Maliguität oder Benignität. 
Von besonderer Bedeutung ist für die Trennung der einzelnen Formen eine 
sorgfältige, in allen Richtungen anzuwendende Färbetechnik. 

Harbitz (40, 41) beschreibt das mikroskopische Aussehen eines Neu- 
roblastoma, welches au der vorderen Fläche des Os sacrum gesessen hatte 
und bei einem 3 Jahre alten Kinde operiert war, eines zweiten ähnlichen 
Tumors bei einem ü l / 2 Jahre alten Kinde, welcher das Mark der Neben¬ 
niere zystisch erweicht und die Leber in Mitleidenschaft gezogen hatte, und 
eines dritten Tumors derselben Art in der Sakralregion eines etwa 4 Monate 
alten Fötus. Im viertcu Falle waren multiple Tumoren bei einem 47jährigen 
Patienten gefunden, und zwar Hypernephroma der Niere, Zystadenonm des 
Pankreas, chromaffiner Tumor in der Gegend der Nebennierenkapsel und 
ein gleicher Tumor in der Nierengegend. 

Harbitz’ (42) Fälle betreffen eine 26 jährige an Osteomalazie leidende 
Frau, bei welcher bei der Sektion ein Adenom der Glandula parathyreoidea 
gefunden wurde, und einen 75 Jahre alten an Paralysis agitans leidenden 
Mann, bei dem sich multiple symmetrische Adenome der Nebenschilddrüse 
fanden. Während er einen Zusammenhang der Tumoren mit der Paralysis 
agitans im zweiten Falle ausschließt, möchte er einen solchen zwischen 
Nebenschilddrüsentumor und Osteomalazie nicht ganz in Abrede stellen. 

Unter Anführung der Literatur und zweier Fälle geht Krüer (50) die 
klinischen Erscheinungen und pathologischen Befunde bei Melanommeta¬ 
stasen durch, wobei besonders die Beteiligung der Wirbelsäule berücksichtigt 
wird. In dem ersten vom Autor beschriebenen Falle waren die Halswirbel 
betroffen und das Halsmark erweicht, im zweiten Falle war die Wirbelsäule 
in großer Ausdehnung befallen, ebenso der Schädel. Außerdem fanden sich 
im ganzen Körper Metastasen. 

Bei einem 3 / 4 Jahre alten zur Sektion gekommenen Kinde fand Berl^ 
linger (8) multiple Melanome der Haut mit Neurofibromatose der Hautnerven, 
einen melanotischen Tumor im Großhirn, multiple Pigmentflecken in den ver¬ 
schiedensten Hirnteilen, herrührend von zahlreichen melaninhaltigen Zellen, 
ein kleines Gliom der Brücke mit teilweisem Melaningehalt seiner Zellen, 
eine Sarkomatose der Leptomeninx spinalis und cerebralis mit sekundärer 
Pigmenteinlagerung in diese Tumorzellen, endlich noch einen kongenitalen 
Hydrocephalus internus, eine eitrig fibrinöse Leptomeningitis (erst im Anschluß 
an eine Punktion entstanden) und eine echte akzessorische Nebenniere. 
Nach genauer histologischer Beschreibung der einzelnen pathologischen Ver¬ 
änderungen schließt sich der Autor bezüglich der Auffassung der gesamten 
Veränderungen des Falles der Anschauung von Oberndorfer an, daß kontem- 
poräre und adäquate Veränderungen vorliegen, deren Ursprung in den 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


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frühesten Perioden des Embryonallebens gesucht werden muß. Es handelt sich 
um Entwicklungsstörungen des Ektoderms, auf deren Boden einerseits echte 
Geschwülste entstanden sind, während andererseits in den verschiedensten 
Teilen des Gehirns mangelhaft differenzierte Zellen, pathologisch veränderte 
Neuroepithelien, sich erhalten haben. Alle diese Elemente besitzen die 
Fähigkeit zur Melaninbildung, welche unter normalen Verhältnissen nur 
gewissen, weiter differenzierten Abkömmlingen des äußeren Keimblatts 
zukommt. Bei dem diffusen Tumor in den Leptomeningen und den Haut¬ 
neurofibromen handelt es sich um Wucherung des Bindegewebes und der 
Schwannschen Zellen. Diese Neubildungen beschränken sich jedoch im 
wesentlichen auf die subektodermale ßindegewebslage, welche beim Schluß 
des Medullarrohres, der Trennung des Ektoderms vom Medullarrohr, bei 
der Bildung des Augenbechers jedesmal mitgezogen wird. Man ist deshalb 
berechtigt zur Annahme, daß auch diese Neubildungon auf dem Boden von 
Entwicklungsstörungen des Ektoderms und der ihm anliegenden Bindegewebs- 
zone entstanden sind. 


Tumoren. 

in der Mitteilung von Rueck (74) handelt es sich um ein 24 jähriges 
Mädchen, welches über allgemeine Hirnsymptome klagte und schon 24 Stunden 
nach Aufnahme ins Krankenhaus starb. Bei der Sektion wurde ein etwa 
hühnereigroßer Tumor gefunden, welcher zwischen linker Kleinhirnhemisphäre 
uud linkem Lobus occipitalis saß und beide Flächen etwas abgeplattet hatte. 
Nach basal zu reichte er bis zum Pons, ohne dort irgendwelche Verände¬ 
rungen gemacht zu haben. Bei der mikroskopischen Untersuchung erwies 
sich der Tumor als ein Sarkom. 

Robertson (72) beobachtete ein Ganglioglioneurom am Boden des 
dritten Hirnventrikels. Der Autor rechnet die Geschwulst zu den Ganglio- 
glioneuroblastomen. Die Geschwulst enthielt reife Ganglienzellen verschiedener 
Typen. Fasern gliöser und nervöser Natur, dazu als Nebenbestandteile Bindege¬ 
webe und Blutgefäße. Die Ganglienzellen sind alle stets völlig ausgereift. 
Überaus verbreitete Degenerationsformen von Ganglienzellen, das Fehlen von 
diffussen Gewebsnekrosen, von Proliferationsprozessen an den Ganglienzellen, 
der Faserreichtum des Tumors und das topographische Verhalten der Ge¬ 
schwulst zur Sella turcica und zu den Optici beweisen ein langsames Wachs¬ 
tum des Tumors, das zugleich der histologischen Stellung der Neubildung 
als ausgereiftes Neurom entspricht. Der beschriebene Tumor bildet den 
vierten sicheren Fall von Geschwulstbildungen dieser Form im Zentral¬ 
nervensystem. 

Bei einem russischen Gefangenen, der unter allgemeinen unbestimmten 
Kranklieitserscheinungen ins Lazarett eingeliefert wurde, bildeten sich ziemlich 
schnell allgemeine zerebrale Erscheinungen mit Fazialislähmung und Spasmen 
in «len Extremitäten heraus. Nach einer dekompressiven Operation ging 
Patient zugrunde. Es fand sich bei der Sektion eine Geschwulst der linken 
Großhirnhemisphäre, Hauptknoten im Marklager des Scheitellappens, zwei 
Nehcnknoten im Sehhügel und in der zweiteu Stirnwindung. Froehlich (32) 
sprhdit die Tumoren für Gliome an, obwohl eine mikroskopische Untersuchung 
nicht vorliegt 

[u dem von Schminke (76) mitgeteilten Falle handelt es sich um 
ein 7 Jahre altes Kind, welches 5 Wochen vor seinem Tode unter starken 
Kopfschmerzen erkrankte; 3 Tage vor dem Tode setzte starkes Erbrechen 
und konvulsives Zittern des ganzen Körpers ein, welches bis zum Tode an- 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


hielt. Bei der Sektion zeigten sich in verschiedenen Gegenden des Gehirns 
und auch im Rückenmark kleinere und größere Geschwülste von folgen¬ 
dem Bau: Die multiplen geschwulstmäßigen Bildungen im Ependym der 
Seitenventrikel waren aufgebaut aus einem Gewebe vom Charakter teilweise 
zellreicher, faserarmer Gliome, teilweise glioblastischer Sarkome. Auch inner¬ 
halb derjenigen Geschwülstchen, in welchen der histologische Typus des 
Glioms der vorherrschende war, fand sich jugendliches Geschwulstbildungs¬ 
material in Form von kernreichen Proliferationszentren. Der Tumor des 
Kleinhirns zeigte teilweise den Charakter des zellreichen, faserarmen Glioms; 
es fanden sich hier neben den höher entwickelten und weiter ausdifferen¬ 
zierten Teilen in der Geschwulst Partien, innerhalb derer das Gewebe weniger 
weitgehendende Differenzierung aufwies; vorherrschend war jedoch der 
Charakter des glioblastischen Sarkoms. Auch die Geschwulst im Subarach- 
noidealraum an der Basis der rechten Hälfte des Pons erwies sich mikro¬ 
skopisch als glioblastisches Sarkom. Im Rückenmark handelte es sich um 
einen blastomatösen Prozeß, welcher an verschiedenen Stellen in verschieden 
hohem Grade die weichen Häute des Marks infiltiert hatte und auch in die 
Markmasse hineingewuchert war. Die histologische Formation der Geschwulst 
war die eines indifferenten Rundzellensarkoms, teilweise die eines glioblasti¬ 
schen Sarkoms. Auffallend in den Schnitten von Hals- und Brustmark 
war das Vorhandensein größerer und kleinerer zystischer Hohlräume inner¬ 
halb der Geschwulst sowie an der Grenze zwischen Geschwulst und Rücken¬ 
marksubstanz. Es war hier der interessante Befund einer Auskleidung durch 
Geschwulstzellen nach Art eines Epithels zu erheben. Erwähnenswert ist 
das Vorhandensein des aus Rundzellen sowie Kernen mit fibrillärer Zwischen¬ 
substanz bestehenden Gewebes im Lumen des Zentralkanals des Halsmarkes 
und in der Umgebung desselben. Der Autor ist der Meinung, daß es sich 
hier um eine im Innern des Kanals zustande gekommene Lokalisierung von 
Geschwulstmaterial handelt. Zum Schluß erörtert Verf. die Frage, ob es 
sich bei diesen Geschwülsten um primäre Multiplizität oder um Metastasen¬ 
bildung handelt. Der Autor neigt der letzteren Annahme zu. Der große 
im Kleinhirn sitzende Tumor sei in den vierten Ventrikel und in den Sub- 
arachnoidealraum der Hirnbasis eingebrochen, und Geschwulstelemente seien 
von hier aus apikalwärts in die Hirnventrikel und spinalwärts in den Pons 
und in die weichen Rückenmarkshäute sowie in den Rückenmarkskanal 
gelangt. 

Newmark’s (63) Fall betrifft eine Patientin, welche an heftigem 
Hinterkopfschmerz, Schwindel und Erbrechen litt und sich so schwach 
fühlte, daß sie zu Bett lag. Deutliche Veränderungen des Augenhinter¬ 
grundes waren nicht nachweisbar, auch keine Ataxie, keine Adiodochokinese. 
Die Kniereflexe und diejenigen an den oberen Extremitäten waren dauernd 
nicht auslösbar. Der Tod trat ziemlich plötzlich ein. Bei der Sektion wurde 
ein ungefähr erbsengroßes A n g i o m in der linken Kleinhirnhemisphäre ge¬ 
funden, welches nahe der hinteren Kleinhirnzirkumferenz saß; außen an der 
Zirkumferenz war eine zystische Auftreibung der Arachnoidea. Der Tumor 
stand mit der Pia im Zusammenhang und setzte sich aus Blutgefäßen und 
dazwischengelagertem Bindegewebe zusammen. 

Henschen (44) bespricht an der Hand der Literatur und einer Reihe 
von ihm selbst beobachteter Fälle die pathologische Anatomie der sog. 
Kleinhirnbrückeuwinkeltumoren. Er unterscheidet folgende Gruppen: Die 
erste Gruppe umfaßt diejenigen Geschwülste, die sich aus den verschiedenen 
Teilen der Felsenbeinpyramide entwickelt haben und daun durch die Dura 
in den Winkel eingedrungen sind. Die genauere Feststellung ihrer Genese 


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Spezielle pathologische Anatemie. 


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muß fast immer offen gelassen werden, da es sich meistens um voluminöse 
Geschwülste handelt. Die zweite Gruppe umfaßt diejenigen Tumoren, die 
von der Dura ausgegangen sind. Eine Verwechslung mit Tumoren anderen 
Ursprungs ist leicht. Besonders oft werden jene oft großen Akustikus- 
tumoren, die im Bereich des Porus mit der Felsenbeinpyramide fest ver¬ 
wachsen sind, zu dieser Gruppe gerechnet. Eine dritte Gruppe stellen die 
von den weichen Häuten ausgegangenen Geschwülste dar. Auch hier ist 
die Trennung den echten Akustikustumoren gegenüber manchmal recht 
schwer. Nur eine exakte histologische Untersuchung ermöglicht die Trennung 
zwischen rein fibroiden und Nerventumoren. Eine vierte Gruppe bilden 
diejenigen Tumoren, die von den verschiedenen Hirnteilen ihren Ursprung 
nehmen. Die fünfte Gruppe bilden diejenigen Tumoren, welche von den 
Nerven des Winkels ausgegangen sind. Die Mehrzahl dieser Tumoren 
bilden die echten Akustikustumoren. Verfasser verfügt über 20 Sektions¬ 
fälle derartiger Tumoren. Auch die Literatur weist darauf hin, daß die 
überwiegende Mehrzahl der Winkeltumoren ihren Ursprung vom Gehörnerv 
nehmen, ln denjenigen Fällen, in denen der Akustikustumor noch ganz 
klein ist, befällt er ohne Ausnahme den distalen Teil des Gehörnerven. 
Auch in vielen fortgeschrittenen Fällen war der zentrale Abschnitt des 
Nerven noch erhalten, während der distale verloren gegangen war. In 
zahlreichen Fällen ergab die mikroskopische Untersuchung übereinstimmend, 
daß der distale Teil des VIII. mit der Geschwulst in sehr inniger Ver¬ 
bindung steht, und endlich spricht die Erweiterung des Meatus durch aus¬ 
füllende Geschwulstmasse, die eine fast konstante Erscheinung ist, stark 
dafür, daß der Ausgangspunkt in die distalen intratemporalen Teile des 
Nerven zu verlegen ist. Eine scheinbare Ausnahme bilden jene wenigen 
Fälle, wo der Tumor ganz extratemporal liegt, wo also der Meatus leer und 
uormal weit ist. Mit der Hauptmasse der Akustikusglia im zentralen Nerven¬ 
abschnitt hat der Tumor nichts zu schaffen, noch weniger geht er aus der 
Wand des Lateralrezessus oder aus anderen Hirnteilen hervor. Vielmehr 
dürfte er aus einer Wucherung im Bereich der neurilemmatisch-binde¬ 
gewebigen Teile des Nerven entstehen. Der Akustikustumor hat einen 
einzigen sehr charakteristischen Grundtypus. Das makro- und mikroskopische 
Aussehen der Geschwulst kann allerdings innerhalb weiter Grenzen wechseln 
und hat in einer Reihe von Fällen die Diagnose stark beeinflußt. Der junge 
resp. kleine Akustikustumor ist meistens von mehr oder minder elastischer 
Konsistenz und von grauweißlicher, nicht selten glänzender Farbe. Oft tritt 
schon in diesem Stadium der lappige Bau hervor, der die bekannte höckerige 
Oberfläche der reiferen Tumoren bedingt. Der junge Tumor erinnert nicht 
selten an das Fibromyom des Uterus. Dagegen bietet er im Gegensatz zu 
manchem großen Akustikustumor gar keine Ähnlichkeit mit dem Gliom dar. 
Dementsprechend findet man mikroskopisch ein dichtes, faseriges gefaßarmes 
Gewebe, und die Diagnose lautet in den meisten Fällen auf Fibrom, Fibro- 
sarkom, Neurofibrom. Dieser Grundtypus des Akustikustumors ist nach 
Erfahrung des Verfassers in jedem derartigen Tumor nachweisbar, wenn man 
nur Stückchen aus verschiedenen Teilen des Tumors durchmustert, und müßte 
auch für die mikroskopische Diagnose ausschlaggebend sein. In der späteren 
Entwicklung des Akustikustumors treten Veränderungen ein, die bald die 
ganze Geschwulstmasse, bald nur gewisse Teile derselben betreffen, und 
zwar meistens die zentralen. Im Innern tritt Auflockerung und hydropische 
Durchtränkung des Gewebes ein. Es entstehen dann Bilder, die makro¬ 
skopisch mit dem Myxom und dem ödematösen Gliom große Ähnlichkeit 
darbieten. Eine andere regressive Metamorphose des Tumors ist die Fett- 


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entartung; oft treten wiederum Gefäßveränderuugeu in den Vordergrund, 
so daß der Tumor in extremen Fällen das Aussehen eines Kavernoms an¬ 
nehmen kann. Der Grundtypus des Akustikustumors ist aus zwei verschiedenen 
fibrillären Zellformen aufgebaut. Die eine kommt dem Bindegewebe nahe, 
während die andere charakteristisch überhaupt für Nervengeschwülste ist. 
Sie entspricht offenbar deijenigen Zellform, welche mit den Zellen der 
Schwann sehen Scheide nahe verwandt ist. In manchen Tumoren sind 
sichere Ganglienzellen nachgewiesen, was nicht wunder nimmt, da ja der 
Yestibularis solche Zellen enthält Nach einer Zusammenstellung des Verf. 
sind etwa 27 Fälle bekannt, in denen der Akustikustumor mit Geschwulst¬ 
bildung der Hirnnerven, der spinalen Wurzeln, der peripheren Nerven, der 
Haut oder der Häute des Zentralnervensystems kombiniert ist Ihre Ent¬ 
stehung scheint auch auf eine während der Embryonalzeit stattgefundene 
Störung der Anlage des distalen Akustikusabschnitts zurückzuftihren zu sein. 

Die Akustikustumoren gehören dem Formenkreis der Recklinghausen- 
schen Neurofibromatose an. In histologischer und genetischer Hinsicht 
stehen sie den Tumoren der peripheren Nerven prinzipiell recht nahe, mit 
den gliomatösen Neubildungen dagegen haben sie weuig zu schaffen. 

In einem Falle von Lymphosarkom des Nasenrachens untersuchte 
Basile (4) auch die Hypophysis, weil psychische^ Erscheinungen, die Patient 
dargeboten hatte, Veränderungen der genannten Drüse vermuten ließen. 
Das Organ erwies sich schon makroskopisch vergrößert und zeigte eine 
bedeutende Vermehrung der eosinophileu Zellen und der Zelllipoide. Der 
Autor sieht darin den Ausdruck einer Hyperfunktion der Drüse. Diese 
Veränderungen sind nicht auf die Natur der Geschwulst im Nasenrachen¬ 
raum zurückzuführen, sondern auf den Sitz der Geschwulst. 

Glomset (35) untersuchte einen intraabdominalen Tumor eines 2 jährigen 
Kindes, der durch seinen iufiltrativen und metastatischen Charakter die 
Zeichen des bösartigen Tumors darbot und uach seinem histologischen Bau 
als Tumor der Nebenniere angesehen werden muß. 

Bei einem 17jährigen schwachsinnigen Patienten exstirpierte Merz (58) 
eine ungefähr apfelgroße Geschwulst, welche im hinteren Rachenraum mehr 
auf dessen rechter Seite ihren Sitz hatte. Nach der Operation zeigte Patient 
die Symptome der einseitigen (rechtsseitigen) Halssympathikusläsion (Ver¬ 
kleinerung der Pupillen, der Lidspalte, Enophthalmus, Anomalien der Schwei߬ 
sekretion). Die Geschwulst erwies sich bei der mikroskopischen Untersuchung 
als bestehend aus fibrösem Gewebe mit Einschluß vereinzelter Ganglienzellen. 
Letztere waren an der Peripherie zahlreicher als im Innern der Geschwulst. 
Der Autor nimmt an, daß der Tumor seinen Ursprung von dem das 
Ganglion cervicale supremum durchziehenden und umschießenden Binde¬ 
gewebe genommen hat, daß also die auf der Oberfläche des Tumors 
zahlreicher, im Zentrum spärlicher verteilten Ganglienzellen die Reste des 
genannten Ganglions darstellen. Durch die Zunahme des Bindegewebes 
wären die Ganglienzellen auseinander getrieben, das Ganglion sozusagen 
aufgesplittert worden. 


System degeneratlonen. 

Die 43jährige Patientin, deren Krankengeschichte Rhein (69) beschreibt, 
bekam ira Alter von 8 Jahren unter Krampferscheinungen eine Lähmung des 
linken Armes und Beines. Diese Lähmung blieb bis zum Tode bestehen. In 
der letzten Zeit der Krankheit bestand außer dieser Lähmung eine Kontraktur 
der linken Achillessehne und Steifigkeit des Kniegelenks, Kontraktur des 


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chaltergelenks, Beugekontraktur des linken Ellenbogen- und Handgelenks, 
Einziehung des Unterkiefers, verwaschene dysarthrische Sprache, etwas fein¬ 
schlägiger rhythmischer Tremor im linken Arm und Bein und Kiefer, erhöhter 
Kniereflex auf der linken Seite bei Abwesenheit von Klonus und Babinski- 
schen Zeichen. Die rechte Seite war ohne Störung. Anatomisch wurde eine 
Läsion im rechten Putamen in dessen unterem und hinterem Abschnitte ge¬ 
funden; ferner war eine Degeneration der rechten Ansa lenticularis, des 
rechten Nucleus ruber, des linken vorderen Kleinhirnscbenkels und des 
linken Nucleus dentatus cerebelli vorhanden. Die linke untere Olive war 
total degeneriert, die rechte nur in leichtem Grade, und das rechte Corpus 
restiforme war schmäler als das linke. Der Fall ist dadurch bemerkenswert, 
daß die anatomisch festgestellten Degenerationen einen Weg markieren, der 
den Nucleus lenticularis mittels der Ansa lenticularis mit dem roten Kern 
und den koutralateralen Nucleus dentatus verbindet; ferner einen Weg, der 
deu Nucleus dentatus mittels des Vliesses mit der kontralateraleu und zum Teil 
auch mit der gleichseitigen Olive verbindet. Diese Wege bilden nach Ansicht 
des Autors die Basis für die extrapyramidalen motorischen Störungen. Der 
Fall hat seine Bedeutung in den einseitigen Ausfallserscheinungen, die durch 
den Funktionsausfall bestimmter Bahnen verursacht sind. 

Der sehr interessante von Hänel und Bielschowsky (39) beschriebene 
Fall betrifft einen 26jährigen jüdischen Patienten, der hereditär ungemein 
schwer belastet ist. Die Hauptzüge des Krankheitsbildes sind: Verspätete 
Entwicklung der ersten Jahre, daun nach guten Fortschritten Stillstand und 
Verbleiben auf einer halbkindlichen Stufe der Debilität. Körperlieb zeigte 
Patient eine Verlangsamung und Unbeholfenheit aller Bewegungen, besonders 
des Sprechens und der Schrift, Zittern ohne ausgesprochene Ataxie; die 
hervorstechendste Krankheitserscheinung waren klonische krampfhafte Muskel¬ 
zuckungen, vorwiegend in der Nacken- und Schultermuskulatur, die mit 
völliger Regelmäßigkeit sich vor jedem Einschlafen einstellten, von Zeit zu 
Zeit sich aber zu tage- und wochenlangen Anfällen verstärkten und sich dann 
auf den übrigen Körper mit Ausnahme von Gesicht, Händen und Füßen 
ausbreiteten. Langsame Verschlechterung des über Jahre sich hinziehenden 
Krankheitszustandes. Tod durch Suizid im Alter von 26 Jahren. Aus der 
Familiengeschichte ist besonders erwähnenswert, daß eine Schwester ein ähn¬ 
liches Krankheitsbild darbot, welches aber keinen progressiven Charakter 
zeigte. Die anatomische (von Bielschowsky ausgeführte) Untersuchung 
ergab zwei Reihen von Veränderungen. Erstens Veränderungen allgemeiner 
Art, welche das ganze Zentralorgan betreffen und sich im Rahmen dessen 
halten, was man als Ausdruck einer beginnenden senilen Involution zu be¬ 
trachten gewohnt ist. Hierher gehören chronische Zellveränderungen im 
Cortex cerebri, ferner Proliferation der faserigen Glia im Stratum zonale 
und in der äußeren Rindenschicht und eine, wenn auch spärlich vorhandene 
Kapillarfibrose. Diese Befunde weisen darauf hin, daß man es mit einem 
vor der Zeit verbrauchten, etwas invaliden Menschen zu tun hatte. 

Die zweite Reihe der Veränderungen betrifft das Kleinhirn und seine 
Fasersysteme. Schon makroskopisch dokumentierte sich die schwere Er¬ 
krankung des Zerebellums durch eine hochgradige Schrumpfung des Wurmes 
und der Hemisphären. Mikroskopisch zeigte das Organ eine weitgehende 
Sklerose. In allen Teilen der Rinde sind nervöse Parenchymbestandteile 
untergegangen, deren Ausfall durch eine Ersatzwucherung zelliger und faseriger 
Glia gedeckt worden ist. Am schwersten betroffen ist das Stratum molecu- 
lare und die Schicht der Purkinje sehen Zellen. Die endogenen Neurone der 
molekularen Schicht, die Korbzellen und deren Axone, sind fast vollkommen 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


geschwunden. Von den Purkinjeschen Zellen und ihren Fortsätzen sind nur 
dürftige Reste ühriggeblieben. In dem paläozerebellaren Wurm und dem 
Flocculus wurden eine größere Zahl erhalten gebliebener Exemplare ange¬ 
troffen als in den neozerebellaren Hemisphären. Dem starken Ausfall dieser 
cerebellofugalen Neurone steht die relative Intaktheit der zentripetalen 
Faserung gegenüber, die sich in der guten Konservierung der Moos- und 
Kletterfasern manifestiert. Dieser Gegensatz gibt den Veränderungen das 
Gepräge einer Systemerkrankung. Von Faserbündeln der Kleinhirnschenkel 
war nur der beiderseitige Tractus olivocerebellaris degeneriert. Während der 
Nucleus dentatus cerebelli und die von ihr ausgehende Bahn, der vordere 
Kleinhirnschenkel nur eine leichte Atrophie aufwiesen, war die Olive der 
Medulla oblongata vollständig verödet. Die Ganglienzellen und die von ihnen 
ausgehenden Fasern waren untergegangen, während die olivopetalen Fasern 
im Kernbereich nur in geringem Grade in Mitleidenschaft gezogen waren. 
Die ganze Erkrankung war eine primäre parenchymatöse; entzündliche oder 
vaskuläre Prozesse waren nicht nachweisbar. Mit diesem Befunde ist die 
Zugehörigkeit des Falles zur Gruppe der zerebellaren Heredoataxien (Marie) 
sichergestellt. Erwähnenswert ist, daß Bielschowsky auf Grund des Be¬ 
fundes denjenigen beistimmt, welche eine zerebello-olivare Bahn nicht aner¬ 
kennen, wie sie zuerst Kolliker angenommen hat, und wie sie nach neueren 
Befunden (vergl. p. 31) doch mehr und mehr wahrscheinlich wird. (Auch 
dieser Fall scheint mir eher dafür als dagegen zu sprechen. Ref.) 

Zum Schluß seien noch die Bemerkungen angeführt, mit welchen Hänel 
die bei dem Patienten aufgetretenen Zuckungen zu erklären versucht. Zum 
Vergleich zieht er die Zuckungen herbei, die bei vielen Personen oft vor dem 
Einschlafen eintreten und hoi Neurasthenikern zuweilen langdauernd und 
uuangenehm wären. Diese Zuckungen sollen nach Friedreich und Bloch 
auf einer dynamischen Erregbarkeit der Vorderhornzellen beruhen. Das 
Zentralnervensystem soll stufenweise absteigend einschlafen; dabei trete ein 
Zeitpunkt ein, wo die höheren Neurone des Gehirns, auch des Kleinhirns 
und der basalen Kerne, ihre Tätigkeit schon eingestellt haben, während in 
den Kernen des Mittel- und Nachhirns und des Rückenmarkes noch auto¬ 
matische Funktion herrscht, solange bis auch sie den Zustand des relativen 
Funktionsstillstandes erreicht haben, den wir Schlaf nennen. Die myokloni- 
schen Erscheinungen in dem hier geschilderten Krankheitszustaude decken 
sich in vielen Punkten mit diesen gewöhnlichen hypnagogischen Zuckungen, 
nicht nur in ihrer Form, sondern auch in der bevorzugten Art ihres Auf¬ 
tretens. Die Krankheit der Schwester des Patienten bildet einen ausgeprägten 
Übergangszustand; bei letzterer besteht die Störung in einem abnorm starken 
und konstanten Auftreten der hypnagogischen Zuckungen. Bei dem Patienten 
selbst haben sie sich vom Einschlafen unabhängig gemacht und sich zu tage- 
laog, auch bei vollem Wachbewußtsein fortgesetzten Krämpfen entwickelt. 
Das olivozerebellare System stellt vielleicht einen Hemmungsmechanismus für 
die motorischen Zellen des Rückenmarks dar. Ist diese Bahn, wie hier, 
schwer geschädigt, so tritt die dynamische Automatic dieser Zellen mehr 
hervor und führt zu den Erscheinungen, wie sie dieser Fall dargeboten hat. 

Morse (62) fand bei einem 68 jährigen chronischen Alkoholiker, der 
unter dem Bilde des depressiven Stadiums von manisch-depressivem Irre¬ 
sein zur Beobachtung kam und an Bronchopneumonie starb, eine starke 
Atrophie der Thenar- und Hypothenarmuskulatur uud der Interossei der 
rechten Hand, die mit einer Narbenbildung am ulnaren Handgelenk und dem 
Verluste der vierten und fünften Endphalangen im Zusammenhang stand. 
Auch an der linken Hand waren Daumen- und Kleinfingerballen atrophisch, 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


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die Interossei aber kaum verändert. Die Untersuchung des Rückenmarks 
ergab atrophische und degenerative Veränderungen in ausgedehntem Maße, 
aber besonders in den posterolateralen und post-posterolateralen Strängen mit 
deutlichen Zeitverlusten in ihnen. Ferner zeigten sich fast ausschließlich in 
den Gefäßen der Sulci und deren zu den Vorderhörnern ziehenden Zweigen 
Gefäßveränderungen mit Verdickungen und perivaskulärer lymphatischer In¬ 
filtration. Die gesamten Läsionen beschränkten sich auf die Strecke des 
siebenten Cervikal- und ersten Dorsalsegments. {Bendir.) 


Perniziöse Anämie, Infektion und Intoxikation. 

Brouwer und Bl&awkuip (15) beschreiben klinisch uud anatomisch 
aufs genaueste einen Fall von perniziöser Anämie. Sie fanden die üblichen 
Veränderungen im Rückenmark, aber auch noch in der Medulla oblongata. 
Sie halten die Veränderungen in den Fasersträugen für eine parenchymatöse 
Degeneration der Markfasern (Entzündungserscheinungen wurden nirgends 
gefunden). Die Markfasern lösen sich auf, nachdem zuerst die Achsenzylinder 
und die Markscheiden aufgeschwollen sind. Sokundär tritt reaktiv die Glia¬ 
wucherung ein. Die Herdchen von frisch gequollenen Nervenfasern liegen 
in Gebieten, welche von kleinen Randarterien versorgt werden. Es läßt sich 
nach den gewonnenen Bildern ein Zusammenhang zwischen dem Blutgefä߬ 
system und den Herdcheq nicht bestreiten. Aber die Herde siud nicht eine 
Folge der Toxinwirkuug, weil eine solche die graue Substanz wegen des 
Gefaßreichtums viel stärker in Mitleidenschaft ziehen müßte, sondern sie sind 
die Folge der Unterernährung des Gewebes durch die schlechte Beschaffenheit 
d~s Blutes. Durch eine solche Unterernährung leiden besonders diejenigen 
Abschnitte, welche dürftiger mit Blut versorgt werden, und das sind die 
Stränge. Von diesen Strängen wiederum leiden diejenigen Abschnitte am 
stärksten, welche der Mensch am meisten gebraucht, an welche in funktioneller 
Hinsicht die größten Ansprüche gestellt werden. Diese Systeme benutzen 
am intensivesten die Blutzufuhr. Hierzu gehört an erster Stelle die Pyraniiden- 
bahn, dann die Flechsigsche Bahn und die Hiuterstränge, bes. deren innerer 
Abschnitt, in welchem die sensiblen Bahnen der unteren Extremitäten ver¬ 
laufen. 

Pfeiffer (65) hatte Gelegenheit, einen Fall von perniziöser Anämie 
zu untersuchen, der klinisch durch psychische Störungen bemerkenswert war. 
Patient hatte Perioden in seinem Krankheitsverlaufe, in welchem neben 
Ruhelosigkeit, Halluziuationen und Gedächtnisstörungen auftraten und eine 
gewisse Zeit anhielten. Diese Störungen waren auch in der letzteu Zeit 
seines Lebens aufgetreten. Die Untersuchung des Nervensystems ergab 
außer den bekannten kombinierten Strangdegenerationen des Rückenmarks 
noch Veränderungen der Hirnrinde und des subkortikalen Markes, welches 
besonders in der Zentral- und Präzeutralregion stark ausgesprochen waren. 
Hier waren die Ganglienzellen geschwollen uud überpigmentiert. Die Neuro- 
glia war zwar nicht vermehrt, aber ihre Elemente zeigten auch deutliche 
Veränderungen bezüglich des Kernes und des Retikulums. Die subkortikale 
Faserung zeigte vielfache Degenerationen. Die Blutgefäße zeigten keine 
nennenswerten Veränderungen. Die geschilderten Veränderungen in diesem 
Falle von perniziöser Anämie entsprechen ungefähr denjenigen, welche man 
sonst bei Psychosen auf toxischer Grundlage findet. 

Die Phosphor- und Pulegonölvergiftung ruft nach Untersuchungen von 
Trzebinski (84) bei Kaninchen in erster Linie eine starke venöse Hyperämie 
der grauen, und erst nachträglich in einem geringeren Grade auch der 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


weißen Substanz hervor, welche sich besonders in beiden Rückenmarksau¬ 
schwellungen, sowie der Oblongata und der Brücke geltend macht. Parallel 
dazu kommt es zu weitgehenden Veränderungen und zum Zerfall der Ganglien¬ 
zellen, sowie zur Neubilduug und amöboiden Umwandlung der Gliazellen. 
Später werden in geringerem Grade die nervösen Elemente der weißen 
Substanz affiziert, wobei die Gliazellen sich ebenfalls vermehren und sich 
in amöboide umwandelu können. Verfasser hebt hervor, daß seine Befunde 
mit denjenigen von Danillo übereinstimmen, die letzterer vor 30 Jahren 
erhoben hat. 

Benda (6) konnte im Gehirn eines an Flecktyphus Gestorbenen kleine 
Entzündungsherde nachweisen, wie sie als erster im Jahre 1875 Popoff bei 
dieser Krankheit beschrieben hat. Die Herdchen lagen in der Nähe der 
Hirnhäute oder der kleinen Arterien, aber abweichend von Tuberkeln niemals 
in dem Bindegewebe dieser Gebilde, sondern wirklich inmitten von Hirn¬ 
substanz. Die anstoßenden weichen Häute und Arterienscheiden zeigten 
eine geringe Plasmazelleuinfiltration. Die Ganglienzellen, welche an die 
Herdchen anstoßen und manchmal in ihre Peripherie cinbezogen sind, lassen 
gar keine Veränderungen erkennen. An den Gliazellen sieht man Teilungen 
und Mitosen. Endlich enthielten die Herdchen noch Leukozyten und Lympho¬ 
zyten, aber spärlich. B. hält den Befund für spezifisch, aber man findet 
ihn nur in einigen Fällen. 


Liquor cerebrospinalis. 

Bangart (17) stimmt bezüglich der Abstammung des Liquor cerebro¬ 
spinalis der Ansicht Quinkes zu: „Die Bilduug des Liquor cerebrospinalis 
ist ähnlich, wie die Lymphbildung nach Heidenhaiu, als ein eigentlicher 
Sekretiousvorgang anzusehrn, der sich entsprechend seiner räumlich weiten 
Ausdehnung zu gleicher Zeit an verschiedenen Stellen vermutlich verschieden¬ 
artig abspielt. Er hängt wahrscheinlich ebensosehr ab von dem Zustande 
der meningealen Blutgefäße wie von dem der Wandendothelieu, wie von 
Nerveneinflüssen, welche diese beiden beherrschen.“ Diese Ansicht erweitert 
B. dahin, daß auch der Zustand der vom Liquor umspülten Organe, also 
letzten Endes der Zellen des Gehirns und Rückenmarks, wesentlich und mit 
bestimmend an der Liquorbildung und Liquorzusammensetzung beteiligt 
ist. Der Abfluß des Liquor geschieht durch die venöseD und durch die 
Lymphbahnen. Druckschwankungen im Liquor gleichen sich schnell aus. 
Die Gesamtliquormenge ist nicht exakt bestimmbar, sie unterliegt großen 
Schwankungen. Der Liquor enthält im gesunden Zustand nur ganz mini¬ 
male Eiweißmengen, die beim Kochen und Säurezusatz als leichte Opaleszenz 
in die Erscheinung treten. Alles, was darüber hinausgeht, ist in das Gebiet 
des Pathologischen zu verweisen. Weitere Experimente ergaben, daß die 
Spinngewebebaut dem Subarachnoidealraum einen sicheren Abschluß uach 
außen gibt, und daß bei intakter Membran der Übertritt von Flüssigkeit aus 
dem subduralen in den subarachuoidealen Spalt ohne weiteres unmöglich ist. 
Beide Räume sind gegeneinander streng geschieden. Der Autor bespricht 
nun eingehend die pathologischen Beimischungen des Liquor bei Verletzungen 
des Schädels usw. und bei Erkrankungen. B. schließt aus weiteren Ver¬ 
suchen, daß der Subarachnoidealraum sich im Verlauf der Nerven und ihrer 
Endorgane weiter ausbreitet, und daß eventuell vorhandene schädigende 
Substanzen sowohl von dem Liquorbebälter aus, der Nervenscheide nach der 
Peripherie folgend, zu den Endorgauen hin, wie auch umgekehrt, fortgeleitet 
werden können. Zum Schluß geht der Autor auf die statischen und 


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dynamischen Verhältnisse, unter denen der Liquor in seinem Behälter steht, 
ein. Er nimmt an, daß das Gehirnwasser unter normalen Verhältnissen in 
seinem Behälter frei beweglich strömt. Mit dem Gehirn und Rückenmark 
zusammen füllt es den ganzen Meningealsack voll aus, wobei die elastische 
Dura angespannt ist. Der Druck, unter dem die Flüssigkeit steht, ist am 
kaudalen Ende am stärksten nimmt nach oben zu ab, und scheint im 
Gehirn selbst gleich 0 zu sein. Er ist uicht konstant, wechselt vielmehr 
nach der Körperlänge permanent und folgt dabei im wesentlichen dem 
Gesetz der Schwere. Dementsprechend hat man bei gleichmäßiger Horizontal¬ 
lagerung einen Zustand, der der Gleichgewichtslage, wie er etwa bei einer 
Wasserwage vorhanden ist, am nächsten kommt. Diese Verhältnisse er¬ 
fahren aber sofort eine durchgreifende Veränderung bei jedem Lagewechsel. 
Wir bekommen ein positives Druckmaximum am kaudalen Ende und ein 
negatives Minimum am oberen Pol bei aufrechter Haltung und genau die 
umgekehrten Verhältnisse bei Kopfstellung. Zwischen diesen beiden Extremen 
lassen sich weiter alle denkbaren Abstufungen konstruieren. Die positive 
Pulsschwankung kommt durch die Druckerhöhung im arteriellen System 
während der Herzsystole, die sich über den ganzen Körper, also auf Gehirn 
und Rückenmark fortpflanzt, zustande. Die der Atmung synchronen Aus¬ 
schläge muß man als Ausdruck der Spannungs- und Füllungsdifferenzeu im 
System der oberen Hohlvene während der Ein- und Ausatmungsbewegungen 
ansehen. Bei der ersten Phase besteht eiue enorme Saugwirkung, bei der 
zweiten dagegen eher das Gegenteil in dem völlig klappenlosen und daher 
ventilfreien Apparat. Sähe man doch schon bei leichter Kompression der 
beiden Jugulares deutliche Steigerung des Liquordruckes um mehrere 
Millimeter. Bei diesem Verhalten dürfe man sich nicht wundern, daß die 
erheblichen Schwankungen im oberen Venensystem auch in der Liquorbewegung 
zum Ausdruck kommen; und wenn sie noch markanter als die arteriellen in 
die Erscheinung treten, so muß das eben darauf beruhen, daß diese nur 
eine positive, jene aber neben der positiven eine negative Phase haben. 
Die Kombination von beiden kommt natürlich mächtiger zur Geltung. Der 
Autor geht dann noch auf Druckveränderungen des Liquor bei einzelnen 
Krankheiten (besonders Epilepsie) und bei Dekompressionsoperationen ein. 

Peripherische Nerven. 

Stevenson und Reid (81) durchschnitten bei Kaninchen den Ramus 
ophthalmicus des N. trigeminus auf einer Seite und brachten nach einer 
gewissen Zeit (1—4 Wochen), nachdem der Nerv degeneriert und das Auge 
anästhetisch war, Senföl auf das Auge der operierten und nichtoperierten 
Seite. Sie beobachteten nun den Ablauf der sich einstellenden Entzündung 
auf beiden Augen. Die Entzündung selbst war die gleiche auf beiden Augen, 
aber die Entzündung hielt auf dem gesunden Auge längere Zeit an, als auf 
dem anästhetischen. In anderen Experimenten bei normalen Kaninchen 
machten die Autoren das eine Auge durch Alypineinträufelungen anästhetisch 
und träufelten dann in beide Augen wieder Senföl ein. Hierbei entstand 
in beiden Augen die gleiche Entzündung. Bei einem Tier, dem sie subkutan 
Morphin gegeben hatten, war die Augenentzündung geringer als bei einem 
anderen Tiere, dem sie Chloralhydrat in den Magen gebracht hatten. In 
einer dritten Versuchsreihe legten sie auf die Haut von Patienten Kanthariden¬ 
pflaster. Zu Versuchen wählten sie einmal solche Patienten, bei denen Läsionen 
peripherischer Nerven Vorlagen und dadurch anästhetische Hautzonen ent¬ 
standen waren, das zweite Mal bei Patienten, bei denen durch Prozesse des 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


Zentralnervensystems anästhetische Hautzonen entstanden waren, und drittens 
bei Hysterischen, die solche Zonen aufwiesen. Die Versuche wurden so 
angestellt, daß ein Kantharidenpflaster von bestimmtem Umfange auf die 
anästhetische Zone und eins von gleichem Umfange auf eine entsprechende 
Stelle gesunder Haut gelegt wurde. Es entstand in beiden Zonen Ent¬ 
zündung, wenn auch die Stärke der Entzündung bald einmal auf der 
anästhetischen, bald wiederum auf der gesunden Seite größer war. 

Doncos (24) erhielt nach Resektion der N. ischiadicus bei Kaninchen 
Hautulzerationen am entsprechenden Fuß. Diese Ulzerationen zeigten starke 
Infiltrationen mit eosinophilen Zellen. Auch das lymphatische Kniegangliou 
zeigte eine beträchtliche Infiltration mit diesen Zellen. Das Blut der Tiere 
zeigte eine mäßige Eosinophilie. 

Verschiedenes. 

Reichardt’s (66) Ausführungen über intravitale und postmortale Hirn- 
schwelluug beziehen sich auf die von Rosental im Neurol. Cbl. 1914 
(s. Jahresbericht Bd. 18 p. 279) gemachte Mitteilung und weisen die angeb¬ 
lichen Irrtümer und Unrichtigkeiten des letztgenannten Autors zurück. 

Fulci und Giannuzzi (33) berichten über Regenerationserscheinungen 
an den Glandulae parathyreoideae kurze Zeit nach Läsion dieser Drüsen. 
Es bilden sich von dem rückständigen Drüsengewebe epitheliale Stränge 
aus charakteristischen Elementen bestehend, die gewöhnlich nur einen etwas 
großen, gut abgerundeten Kern besitzen; seltener ist er oval, enthält kleine 
zahlreiche und regelmäßig verteilte Chromatinkörnelungen und ein einziges, 
leicht basophiles, zentral gelegenes Kernkörperchen. Diese Elemente sind 
untereinander in doppelten oder auch in mehreren Schichten angeordnet 
und bilden epitheliale Zapfen, die gewöhnlich ein sehr solides Aussehen 
haben. Dazu kommen Gefäß- und Bindegewebsbildungen hinzu. 

Der Fall von Langer (s. Jahresbericht 1914 p. 304) ist nach Ansicht 
von Nonne (64) klinisch ein solcher, wie er einer Landryschen Paralyse 
nicht entspricht, auch wenn man weitgehend atypische Fälle zuläßt. Der 
Fall würde dagegen klinisch als ein Fall einer alkohologeuen Erkrankung 
des Nervensystems sich bereits anderweitig vorliegenden Erfahrungen an- 
schließeu. Das anatomische Bild ist ein solches, wie es bisher als Grund¬ 
lage einer Landryschen Paralyse nicht bekannt geworden ist, andererseits 
läßt es an das Bild des Myelitis funicularis, wie es bei chronischem Alko¬ 
holismus festgestellt worden ist, denken. 

An der Hand eines Falles von Netzhautgliom bei einem 9jährigen 
Knaben, dessen erkrankten und enukleierten Bulbus Reis (67) einer genauen 
mikroskopischen Untersuchung unterzog, kommt der Autor zu dem Schluß, 
daß den von Deutschmann als Beweis für die Abstammung des Glioms 
aus dem retinalen Pigmentepithel angeführten Momenten keinerlei Beweiskraft 
zukommt. Bei der heute herrschenden Auschauung über die Entstehung 
der Gliome der Retina hätte die Frage, aus welcher Schicht der Netzhaut 
das Gliom hervorgehe, überhaupt keinen rechten Sinn. Das Gliom ist, wie 
Ribbert ausführt, eine Geschwulst, die im Bereiche der Netzhaut entsteht 
und aus der Entwicklungszeit der Retina stammt. Sie geht aus Zellen 
hervor — versprengte Neuroblasten —, die innerhalb der Retina selbst in 
abnorme Schichten geraten und so aus dem Verbände der Netzhaut aus¬ 
geschaltet worden sind. Und zwar ist dieser Vorgang der Ausschaltung 
nach Ribbert wahrscheinlich in die erste Anlage, der Retina zu verlegen. 
Eine derartige Keimversprengung kann natürlich in die verschiedensten 


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Spezielle pathologische Anatomie. 


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Schichten der Netzhaut erfolgen. Die Beziehungen der sich dann ent¬ 
wickelnden Geschwulst zu der betreffenden Schicht werden aber stets nur 
räumliche, keine genetischen sein. Wenn daher auch einmal eine Ver¬ 
sprengung von Elementen der Retinaanlage in das spätere Pigmentepithel 
erfolgt sein sollte, was aber am entwickelten Tumor gar nicht mehr nach- 
zuweisen seiu wird, so würde selbst in einem solchen Falle ein daraus sich 
etwa entwickelndes Gliom doch keineswegs vom Pigmentepithel der Netzhaut 
abgeleitet werden können. 

Die histologischen Untersuchungen von Basedowstrumen, die Ribbert 
( 71 a) vorgenommen hat, zwingen in ihren Ergebnissen zu dem Schluß, daß 
man es dabei nicht mit progressiven Vorgängen, nicht mit einer Vermehrung 
und Wucherung des Epithels, sondern mit regressiven Veränderungen zu tun 
hat. Regressiv freilich nicht in dem Sinne, daß man von ausgesprochener 
Degeneration reden kann. Man müsse sich vorstellen, daß es sich um eine 
geringe, über lange Zeit sich erstreckende Störung handelt, die nur selten 
zu einem ausgedehnteren Untergang von Zellen mit Nekrose führt. Es 
bleibt für gewöhnlich nur bei einer Schwellung von Protoplasma und Kern, 
bei schlechter Konturierung und körniger Auflösung des Zellleibes mit teil- 
weiser Schrumpfung der Kerne, bei einer weitverbreiteten Ablösung der 
Epithelieu vom Bindegewebe und ihrer Anhäufung im Lumen, die eine viel¬ 
schichtige Proliferation vortäuscht. Damit verbindet sich ein ausgedehnter 
Schwund der bindegewebigen Septa, so daß die Alveolen zusammenfließen 
und weitere meist spaltförmige Räume bilden. Uber die Veranlassung zu 
allen diesen regressiven Umwandlungen läßt sich aus den histologischen 
Befunden nichts entnehmen. Es sieht so aus, als käme eine leichte chronisch 
wirkende Intoxikation in Betracht. An eine einfache Ernährungsstörung 
darf man angesichts des oft betonten Gefäßreichtums der Basedowstrum a 
nicht wohl denken. Mit dem regressiven Zustande ist eine Funktions- 
Verminderung, aber sicherlich auch eine Änderung in der Zusammensetzung des 
Sekrets verbunden. Als deren Ausdruck ist die Verflüssigung des Kolloides 
anzusehen, das in diesem Zustande schnell resorbiert wird und sich nicht 
wieder ansammelt. Von der Änderung des Sekrets sind dann jedenfalls 
auch die Folgen für den übrigen Körper in einem allerdings nicht genauer 
zu bestimmenden Zusammenhänge abhängig. Möglich ist auch, daß im 
Anfang die Aufsaugung des vorher reichlich angesammelten bis dahin nor¬ 
malen, dann aber schnell verflüssigten Sekretes eine Rolle spielt, so daß in 
diesem Umfange ein Hyperthyreoidismus in Betracht käme. Das sei aber 
angesichts des regressiven Charakters der Struma später bestimmt aus¬ 
geschlossen. Es wird eben weniger sezerniert, und dieses verminderte Produkt 
ist von anderer Beschaffenheit. Aber gerade in diesem Zustande wird es 
toxisch wirken und den Basedow als die Folge einer Allgemeinvergiftung 
mit sich bringen. Durch die operative Entfernung des größeren Teils der 
Struma wird die Zufuhr des toxischen Sekretes zum Organismus erheblich 
herabgesetzt und so die Erkrankung gebessert oder geheilt. Das veränderte 
Organ und der nach der Operation noch verbleibende Rest muß aber trotz 
der Schädigung des Gewebes noch imstande sein, die Stoffe zu liefern, die 
bei der normalen Funktion entstehen und für die Tätigkeit anderer Organe 
im Sinne der Korrelation unentbehrlich sind. Denn es stellen sich ja in 
keinem Falle die Störungen ein, die man nach vollständiger Exstirpation des 
Organs beobachtet. Die Funktion der Schilddrüse ist also bei dem Basedow 
einseitig gestört, und in dieser Abnormität ist sie für die Entstehung der 
Allgemeinintoxikation verantwortlich. 


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1 TG 


Das Knochensystem in seinen Beziehungen 


Das Knoch8n8ystem in seinen Beziehungen zu Erkrankungen 

des Nervensystems. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn. 

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einem Soldaten. Münch, med. Woch. 62. (47.) 1605. 

2. Bar de loben. Karl von, Mt^ssungen an Kopf und Gliedmaßen bei Schulkindern. Mit 

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3. Bauer, L., Beiträge zur Kraniologie der Baining (Neu-Pommem). Arch. f. Anthrop. 
N. F. Bd. 14. H. 3. S. 145. 

4. Beneke, Ein seltener Fall von Kraniorachischisis. Münch, med. Woch. p. 1291. 
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antagoniste; Acondro plasia e geroderma genito-distrofico di Rummo e A. Ferranuini. 
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der Primaten. (Zehnter Beitrag zur Affenanatomie.) Ztschr. f. Morphoi. u. Anthropol. 
Bd. 17. H. 3. p. 611--692. 

8. Derselbe, Über Kreuzschädel, Genoesk. Bladen. 18. 389. 

9. Derselbe, Über die verschiedenen Arten der Schädelmißbildungen beim Menschen. 
Nod. Tijdschr. v. Gemxvk. 59. (II.) 1221. 

10. Bolognesi, (I., Mixo-encondro-sarcoma della volta cranica a svilippo contemporaneo 
endocranico od esocranico. Tumori. May- June. IV. No. 6. 

11. Breggon, F. A. van der. Een fainiliaire oogafwijking en een aangeboren symmetrische 
misvörraing van handen en voeten. Noderl. Tijdschr. vor (Jonoesk. No. 22. p. 1874. 

12. Bull, P.. og Harbitz, Francis, Et tilfaeldo av ostoomalaci (med. svulst av glandula 
parathyroidea). Norsk Magazin for Laogovidenskaben. No. 4. p. 417. 

13. Burkhardt, Heinrich, Geber die Mitbetoiligung dos (resichtsschädels bei Lues heredi- 
taria tarda mit besonderer Berücksichtigung der Kiefer. Arch. f. Laryngol. Bd. 29. 
H. 2. p. 205. 

14. C ’arnett, J. B., Typhoid Spine. Report cf Four Cases. Annals of Surgery. April. 

15. Chiari, H., Über senile Einsenkung der »Schädelknochen in der Sutura ooronalis. 

Ztschr. f. Morphoi. 1914. 18. 85. 

16. Clark, G. Hardy, Craniometrv in Diseases of Children. The Joum. of the Amor. Med. 
Assoc. Vol. LXV. No. 5. p. 405. 

17. Cohn, Ludwig, Die orbitale Frontomaxillarsutur beim Menschen. Anat. Anzeiger. 
Bd. 84. H. 15. S. 365. 

18. Cohn, Ludwig, Der procossus Lontalis des Schläfenbeins. Ztschr. f. Morphoi. Bd 19. 
H. 2. S. 391. 

19. Davis, B. F., Acrocophalosyndactylism. Amer. Journ. of Diseases of Children. May. 

20. Dorland, W. A. N., Somo Rare Fetal Teratisms — Sympodia, Craniopagus and 
Acophalus. Surgery, Gynecol. and Obstetrics. March. 

21. Eheler, F., imd Dunkor, F., Der angeborene Prolapsus utori bei einem mit Spina 
bifida behafteten Nougolxnonon. Ztschr. f. Goburtshülfo. Bd. 77. H. 1. p. 1. 

22. Falk, Edmund. Zur Entwicklung der Halwipjxm. Borl. klin. Woch. No. 27. p. 715. 

23. Fischer, Gerhard, Beitrag zur Chondrodystrophia foetalis mit besonderer Berück¬ 
sichtigung der durch diese Mißbildung geschaffenen Goburtshindemisse. Inaug.- 
Diss. Berlin. 

24. Fliednor, Friedrich, Über Halsrippen. Diss. München. 

25. Frizzi, Ernst, Über die Wirbelsäule der Baining (Neu-Pommem). Ztsohr. f. Morphoi. 
u. Antropol. Bd. 17. H. 3. p. 459—492. 

26. Fürst, Carl M., Diagraph und Kraniophor. ebd. Bd. 19. H. 2. S. 493. 

27. Gau pp, E., Das Schläfenbein und seine Darstellung im anatomischen, besonders im 
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28. Goodman, A. L., Congenital Dopressions of Skull. Aich, of Pediatrios. Aug. XXXII. 
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29. Grönroos, H., Postglenoidal Process on Skull not a Constant Sign of Degeneracy. 
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za Erkrankungen des Nervensystems. 


177 


31. Hartwioh, Adolf, Ueber die verschiedenen Arten des Zwergwuchses. Inaug.-Diseert. 
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32. Herbert, Hugo, Ueber die Ursachen der Nahtverknöcherungen am Schädel. Inaug.- 
Diseert. Würzburg. März. 

33. Hi gier, H., Hyperostosie multiplex cranu s. Leontiasis ossea (Virohow). Verhandl. 
d. Warschauer aerztl. Gesellsch. 101. 63. u. Pam. Tow. Lek. p. 63. 

34. Derselbe, Ein Fall von maladie ankylosante progressive et chronique Raymond, ebd. 
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35. Hi Iber, V., Irrige Beziehungen zwischen Eoanthropus, Pithecanthropus, Heidelberger 
und Neanderthaler Mensch. Ztschr. f. Morphologie u. Anthrop. Bd. 17. H. 3. 
p. 503—504. (Richtigstellung zum vorliegenden Thema.) 

36. Hoyer, H., Die Untersuchungsergebnisse am Kopfe des in Starunia in Galizien aus¬ 
gegrabenen Kadavers von Rhinocoros antiquitatis Blum. ebd. Bd. 19. H. 2. S. 419. 

37. Jancke, Über eine Bettnässerfamilie, zugleich ein Beitrag zur Erblichkeit der Spina 
bifida. Dtsch. Ztschr. f. No, venheilk. 54. (4.) 256. 

38. Krämer, Augustin, Zwei sehr kleine Pygmäenschädel von Neuguinea und meine 
Messungen an Buschmännern in Südafrika 1906. Arch. f. Anthropologie. N. F. Bd. 13. 
H. 4. p. 365. 

39. Kunicke, Hiqjjo, Venezolanische Schädel. Ztschr. f. Ethnol. 47. (2/3.) 181. 

40. Lehmann-Nitsche, Robert, Der sulcus medialis apicis nasi. Ztschr. f. Morphol. u. 
Anthrop. Bd. 17. H. 3. p. 603—604. 

41. Lydston, G. Frank, A Unique Case of Syphilis of the Cranium and Spine; with Remarks 
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42. Metheny, D. G., So me Points on Applied Anatomy of Temporal Bone. Pennsylv. 
M. J. Dec. 

43. Muratori, L., Costa oervicale pseudo-sopranumeraria bilaterale. Ipoplasia unilaterale, 
a tipo radicolare, di alcuni gruppi muscolari del ointo scapolare deetro. Poliolinioo. 
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44. Niklas, Friedrich, Osteogenesis imperfecta. Beitr. z. pathol. Anatomie. Bd. 61. 
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45. Nyström, Gunnar, Über den angeborenen Hochstand der Skapula. Nord. Med. 
Arkiv. Kirurgi. Bd. 48. Afd. 1. häft 2. Nr. 4. 

46. Onodi, Ladislaus, Über die zerebrale Wand, die Stirnhöhle und ihre praktische Be¬ 
deutung. Arch. f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfkrankh. Bd. 98 H. 1. p. 33. 

47. Pol, N. N. C. van der. Über das Os bregmaticum. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 69. 
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48. Pöy, R., Studien an Eingeborenen von Neu-Südwales und an australischen Schädein. 
Mittlgn. d. anthropol. Ges. in Wien. Bd. 45. H. 1—2. S. 12. 

49. Radlauer, Curt, Anthropometrische Studien an Somali. (Häschia.) Arch. f. Anthro¬ 
pologie. N. F. Bd. XIII. H. 5. p. 451. 

50. Raubitschek, Hugo, Zur Kenntnis der Dysostosis cleidocranialis Beitr. z. pathol. 
Anatomie. Bd. 61. H. 1. p. 131. 

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52. Rossie, Josef, Ein Beitrag zur Genese der Spondylolisthesis lumbo-sacralis. Inaug.- 
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53. Schanz, A., Objektive Symptome der Insuffiziontia vertebrxe. Arch. f. klin. Chir. 
107, (2.) 286. 

54. Schiff, Fritz, Anthropologische Untersuchungen an jüdischen Kindern in Jerusalem. 
Arch. f. Anthropologie. N. F. Bd. 13. H. 4. p. 348. 

55. Schüller, Artur, Über eigenartige Schädeldefekte im Jugendalter. Fortschr. auf 
cL Gebiete d. Röntgenstrahlen. Bd. 23. H. 1. p. 12. 

56. Schultz, Adolf, Einfluß der Sutura okzipitalis transversa auf Größe und Form des 
Okzipitale und des ganzen Gehimschädels. Arch. suisses d*Anthrop. g£n. 1. (3.) 184. 

57. Derselbe, Form, Größe und Lage der Squama tomporalis des Menschen. Ztschr. f. 
Morphol. Bd. 19. H. 2. S. 353. 

68. Schwerz, Franz, Zwei Schädel von Buggisen aus Celebes. Arch. f. Anthropol. N. F. 
Bd. 14. H. 2. p. 89. 

59. Selter, Über Knochenatrophie nach zentral von den atrophischen Knochen gelegenen 
Verletzungen (Sudecksohe Atrophie). Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 964. 

60. Sergi, S., Dio Etrusker und die alten Schädel des etruskischen Gebietes. Arch. f. 
Anthropologie. N. F. Bd. XIII. H. 4. p. 309. 

61. Derselbe, Die mimischen Gesiohtsmuskeln eines Mikrocephalen. ebd. N. F. Bd. 13. 
H. 4. p. 358. 

62. Sharpo, N., Spina bifida. Ann. of Surgery. Febr. 

63. Sieglbauer, Felix, Eine an primitive Verhältnisse anklingonde Variation dor mensch¬ 
lichen Wirbelsäule. Morphol. J&hrb. Bd. 49. p. 537. 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1916 . 


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Dm Knochensystem in seinen Beziehungen 


64. Sinding-Larsen, Malum deformans ooxae infantile. Norsk Magazin for Laegeviden- 
skaben. No. 4. p. 475. 

65. Storling, W., Über das Wesen des aehondroplaetischen Zwergwuohaee and seine 
klinische Bedeutung. Pamieta. Waroh. Tow. Lek. 1014. p. 308. 

66. Sterling, Ein Fall von Aohondroplasie. Modyoyna. 1914. No. 12. 

67. Strebei, J., Ueber die Selbettropanation der Natur beim Turmsohädel und über das 
Weeen des Turricephalus. Gorr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. No. 17. p. 513. 

68. Swanberg, Harold, The Intervertebral Foramina in Man. Medical Record. Vol. 87. 
No. 6. p. 176. 

69. Taylor, J. D., Bifida, Cranioal and Spinal Joumal-Lanoet. Febr. 

70. Thoma, R., Untersuchungen über das Schädelwaohstum und seine Störungen. 3. Das 
postfötale Wachstum. Virchows Archiv f. pathol. Anat. Bd. 219. H. 1—2. p. 80. 129. 

71. Trömner, Mißbildungen zum Teil mit Enureeis. Neurol. Central bl. p. 622. 
(Sitzungsbericht.) 

72. Vaglio, R., Caso diacondroplasia a tipo iperplaetioo. Pediatria. July. XXIIL No. 7. 

73. Vignolo-Lutati, C., Contributo allo Studio delle ipertrioosi oongenite circoscritte 
della colonna vertebrale senza spina bifida. Qiora. ital. delle mal. ven. VoL 61. 
No. 2. p. 172. 

74. Wegner, Richard N., Zur Kenntnis des Gaumenbeins der Anthropoiden. Ztsohr. f. 
Morphol. u. Anthropol. Bd. 19. H. 1. p. 1. 

75. Weibel, W., Ein Dizephalus. Wien. klin. Woch. 28. 1454. (Sitzungsbericht.) 

76. Wiloox, H. W., Case of Typhoid Spine. Colorado Medioine. July. XU. No. 7. 

77. Yajima, R., Some Spontaneous Fracturee. Sei-J-Kwai Med. Joum. Aug. XXXIV. 
No. 8. 

78. Ziegler, H. E., Das Kopfproblem. Anat. Anz. 48. (18/19.) 449. 

79. Zuck, Edgar O. E., Orbitalbefund bei Hydrozephalus kongenitus internus. (Ein Beitrag 
zur Mißbildung der Orbitahöhle mit 5 Abbildungen.) Dies. Greifswald. 


Das vorliegende Kapitel enthält interessante Abhandlungen über 
Achondroplasie von Sterling und über Osteogenesis imperfecta von Niclas, 
ferner dürften die kraniologischen Arbeiten über Schädel verschiedener 
fremder Völkerschaften von Bauer, Radlauer, Schiff, Sergi, Schweiz 
u. a. lebhaftes Interesse erwecken. Bedeutsam erscheinen mir die Arbeiten 
von Thoma über das postfötale Schädelwachstum und von Strebei über 
den Turmschädel. Sehr wertvoll in phylogenetischer Hinsicht dürfte die 
Arbeit Sergis über die Gesichtsmuskeln einer Mikrokephalin sein, und eine 
wesentliche Bereicherung unserer Kenntnisse über Linkshändigkeit scheinen 
die Messungen zu offenbaren, die Bardeleben in umfangreicher Weise an 
Hilfsschulkindern angestellt hat. 

Das ganze Skelett. 

Das Bild der Osteogenesis imperfecta, wie es sich aus der Literatur 
in Übereinstimmung mit einem von Niklas (44) untersuchten Falle ergibt, 
ist etwa folgendes: Von normalen Eltern wird neben gesunden Geschwistern 
ein Kind geboren, das entweder schon tot zur Welt kommt (sehr häufig 
Frühgeburt in Steißlage) oder aber bald nach der Geburt zugrunde geht. 
Der älteste und anatomisch sichergestellte Fall (v. Recklinghausen) er¬ 
reichte ein Alter von 1 Jahr 10 Monaten. Die Kinder sind meist klein, 
die Extremitäten auffallend verkrümmt und kurz, der Körper plump, doch 
wohl entwickelt, der Kopf von entsprechender Größe, das Schädeldach auf¬ 
fallend weich. Die Gesichtsbildung bietet nichts Besonderes, erinnert in keiner 
Weise an Kretin; Nase, Augenlider und Zunge sind normal. Wo nicht 
schon bei der Besichtigung Deformierungen auf Frakturen schließen lassen, 
belehren abnorme Beweglichkeit und Knirschen an allen Knochen des Körpers 
besonders an den Extremitäten und Rippen, daß offenbar eine auffallende 
Knochenbrüchigkeit vorliegen muß. Andererseits weisen zahlreiche Auf¬ 
treibungen and Verdickungen darauf hin, daß schon intrauterin Frakturen 
vorgekommen sein müssen. Niemals sind die Epiphysenenden verdickt» ein 


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za Erkrankungen des Nervensystems. 


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Roseukranz zu fühlen. Am Schädeldach fühlt man statt größerer Knochen- 
platten eine derbe häutige Membran, in die kleine durch die Haut durch¬ 
zutastende Knochenscherbchen eingelagert sind. Ja in besonders ausge¬ 
sprochenen Fällen können diese ganz fehlen; dann merkt man auch an den 
.Röhrenknochen nichts von einem Knochenmantel („Periostschlauch“). Ana¬ 
tomisch charakterisieren sich diese Fälle durch Mangel an Apposition sowohl 
am endostalen wie periostalen Knochen, so daß schließlich eine hochgradige 
konzentrische Atrophie resultiert, welche die Brüchigkeit ohne weiteres er¬ 
klärt. Die Ausheilung der fast ausnahmslos queren Brüche erfolgt schnell 
durch kräftige knöcherne Kallusbildung mit mehr weniger hochgradiger 
Dislokation der Bruchenden; durch letztere wird sekundär die Unförmlich¬ 
keit der an sich proportionierten Extremitätenknochen bedingt. Überleben 
die Kinder die Geburt auch nur noch um mehrere Monate, so läßt sich eine 
Besserung des Zustandes konstatieren insofern, als eine weitergehende Konso¬ 
lidierung der Knochen eingeleitet wird, was freilich nicht verhindert, daß die 
geringfügigsten Traumen zu neuen Brüchen Veranlassung geben. Erfah¬ 
rungen darüber, ob eine völlige Heilung dieses pathologischen Zustandes 
möglich ist, existieren noch nicht. Nach Ansicht des Autors läge es nahe, 
bei einer solchen Systemerkrankung, wie sie die Osteogenesis imperfecta dar¬ 
bietet, eine schwere Stoffwechselstörung anzunehmen, und er hält sich für 
berechtigt, in seinem Falle auf die Schilddrüse als das primum movens zu¬ 
rückzugreifen, da sie auch histologisch eine derartig ausgesprochene Hyper¬ 
trophie zeigte, wie sie bisher nicht beschrieben ist 

Fischer (23) bringt die Beschreibung eines hierhergehörigen Falles. 

Sterling (66) beschreibt einen Fall von Achondroplasie. Der 32jährige 
Patient war immer kleinen Wuchses — er hat sich normal entwickelt. 
Objektiv sieht man eine geringe Vergrößerung der Gl. thyreoidea, Graeffesches 
Symptom. Allgemeine Körperhöhe 137 cm, der sagittale Durchmesser des 
Schädels 39 cm, der Querdurchmesser 37 (Bronchyzephalie), der Umfang 
des Brustkorbes 80 cm, Länge des Oberarmes 25, des Unterarmes 27, des 
Oberschenkels 35, des Unterschenkels 36. Die Untersuchung mit den Rönt- 
genstrahlen erwies eine abnorme Kürze des 4. Metakarpal- und Metatarsal¬ 
knochens. (Sterling.) 

Sterling (65) befaßt sich in seiner Arbeit mit dem Wesen des achondro- 
plastischen Zwergwuchses und seiner klinischen Bedeutung. Er bespricht 
zuerst die klinische Stellung des Zwergwuchses im Verhältnis zu den anderen 
Formen von physischer Unterentwicklung. Er unterscheidet nämlich: 1. den 
Infantilismus als Überdauern bei einem erwachsenen Individuum von 
somastischen und psychischen Merkmalen, welche einem früheren Alter eigen 
sind. 2. die Mikrosomie als eine allgemeine harmonische Verminderung 
sämtlicher Körperdimensionen mit erhaltener Intelligenz und gut entwickelten 
sexuellen Organen und 3. den Zwergwuchs als eine Verminderung der 
Körpergröße, welche auf Deformation verschiedener Körperteile beruht, und 
von mannigfaltigen Ursachen abhängig sein kann (Achondroplasie, Rachitis, 
tuberkulöse Veränderungen der Wirbelsäule, Myxödem, Herz- und Gefäß- 
anomalien u. a.). Das wichtigste klinische Merkmal des achondroplastischen 
Zwergwuchses ist eine abnorme Kürze der Extremitäten („Mikromelie“) bei 
verhältnismäßig gut entwickeltem Rumpfe. Von den einzelnen Symptomen 
bespricht Verf. eingehend das sog. Marie sehe Symptom (abnorme Länge 
der Fibula), das Symptom der sog. „Isodaktylie“, d. h. gleicher Länge des 
2., 3., 4. Fingers („main en trident“ französischer Autoren), das Symptom 
von E. Levi (abnorme Kürze des 4. Metatarsal- und Metakarpalknochens), 
Verbiegungen der Diaphysen der langen Knochen, Verkürzung des Brust- 

12 * 


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180 


Das Knochenaystem in seinen Beziehungen 


korbes, Verengerung des Beckens und Lordose des Lumbalteiles der Wirbel¬ 
säule (sog. „ensellure lombaire“). Er widmet eine besondere Beachtung den 
Schädelanomalien der Achondroplasten, welche sich in folgenden Punkten 
rekapitulieren lassen: 1. ausgesprochene Brachyzephalie mit der sog. „basi- 
laren Kyphose“ (Virchow), 2. abnorme hydrozephalische Wölbung, 3. Pro- 
gnatismus, 4. Abplattung der Nasenwurzel, 5. Verengerung der Mundhöhle, 
6. Verengerung der Choanen und 7. Verengerung des Foramen occipitale 
magnum. Von den anderen Symptomen bespricht Verf. eine gute, manch¬ 
mal übermäßige Entwicklung der Muskulatur (griechische, römische und ägyp¬ 
tische Statuetten der „kämpfenden Pygmäen“), beträchtliche Fettsucht, 
normale Behaarung und Entwicklung der sexuellen Organe, Steigerung des 
Geschlechtstriebes und psychische Anomalien (hypomanisches Wesen u. a.). 
Im weiteren werden die Komplikationen der Achondroplasie und die patho¬ 
logische Anatomie nach den grundlegenden Untersuchungen von Porak und 
Durante (primäre Dystrophie des Primordialknorpels) besprochen. Nach 
der Erörterung der Differentialdiagnose der Achondroplasie mit der sog. 
„fötalen Rachitis“, mit angeborenem Myxödem, mit Mikromelie, Phokomelie, 
der sog. „Osteogenesis imperfecta“, mit der „periostalen Dysplasie“ 
(Durante) und anderen Formen des Zwergwuchses, erörtert Verf. die Ätiologie 
uud Pathogenese der Erkrankung. Er teilt die bisherigen Theorien in zwei 
Gruppen: 1. toxische — im weitesten Sinne des Wortes — und 2. mechanische 
und kommt zu dem Schlüsse, daß die sämtlichen toxischen Theorien der 
festen klinischen Tatsachen entbehren; ebenfalls für unbewiesen hält er das 
Vorhandensein einer achondroplastischen Rasse bei Menschen und Tieren. 
Er neigt dagegen zur mechanischen Auffassung der Entstehungsweise der 
Achondroplasie und hält für besonders plausibel die Hypothese von Jansen, 
welcher die Achondroplasie von einer angeborenen Enge des Amnion und 
von dem mechanischen Drücken des Amnion auf die Körperteile des Embryo 
abhängig macht. (Sterling.) 

Schädel. 

Bauer (3) gibt eine ausführliche und sehr gründliche Schilderung der 
kraniologischen Verhältnisse von Bainingschädeln, einer kleinkörperlichen 
Rasse, welche die romantischen Berge des bisher gänzlich unerforschten 
Gebietes der Gazellehalbiusel bewohnen. Indem wir auf die Wiedergabe 
der einzelnen Messungsresultate verzichten, geben wir hier nur das Schluß- 
ergebnis der Arbeit wieder: Der Vergleich der Schädelkapazität ergibt, daß 
die Baining zu den kleinsten Typen der Südsee sowie aller bisher bekannten 
Völker gehören. Sie befinden sich daher aller Wahrscheinlichkeit nach in 
einem regressiven Stadium der Entwicklung, weil alle jene Völker, aus 
welchen sie hervorgegangen sein könnten, einen beträchtlich größeren Hirn¬ 
raum aufweisen. Gleiches bezeugen die Schädelumfänge und die absoluten 
Maße. Der Längenbreitenindex, Längenhöhenindex und Breitenhöhenindex 
verdeutlichen die gesonderte Stellung der Baining in der Südsee. Es ergeben 
sich drei abgegrenzte Orte der Brachyhypsiakrokephalie: 1. Die Sandwich¬ 
inseln, 2. die westlichen Ausläufer der Karolinen, Palau und Jap, die Kaniet- 
gruppe und die nordwestliche Gazellehalbinsel, der Wohnsitz der Baining 
und 3. die Tongainseln. Für die beiden ersteren Orte ließe sich asiatisch¬ 
mongolischer Einschlag annehmen, während das für die Tongainseln kaum 
möglich ist. Somit erscheint es überaus wahrscheinlich, daß der kurze und 
hohe Bainingschädel ein Ergebnis mongolischer Völkerwanderung ist. Der 
Obergesichtsindex, Nasalindex, Orbitalindex und Gaumenindex besagt, daß 


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zu Erkrankungen des Nervensystems. 


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direkte Verwandtschaft mit den Mongolen einerseits und Australiern andrer¬ 
seits besteht. Der Vergleich der sagittalen Schädelbeinwölbung ergab, daß 
das Stirnbein und Hinterhauptsbein der Baining zu den sehr schwach ge¬ 
wölbten gehört, während ihr Scheitelbein die stärkste Wölbung aufweist. 
Der Okzipitalknickungswinkel der Baining überholt sämtliche mongoloide und 
australoide Völker, während ihr Neigungswinkel des Foramen magnum: Frank¬ 
furter Horizontale, sämtliche unterholt. Die Baining sind überaus prognath, 
der Ast ihres Unterkiefers steigt außergewöhnlich steil an. Die prozentuale 
Häufigkeit der Schallknochen im Pterion nähert sich den allerhöchsten An¬ 
gaben, die enorme Höhe der prozentualen Häufigkeit des Stirnfortsatzes war 
überhaupt bisher noch nicht bekannt. Aus all dem geht hervor, daß der 
Bainingschädel eine Sammelstelle von primitivsten Merkmalen ist und zu 
den einfachsten Gestaltungen menschlicher Formen gehört. 

Krämer (38) berichtet über zwei Pygmäenschädel von Neuguinea, die 
in ihren Längen-Breitenmaßen zu den kleinsten bekannten gehören, obwohl 
die Körpergröße der afrikanischen Pygmäen eine viel geringere ist, soweit 
bis jetzt bekannt Ferner gibt K. Messungen von 12 Buschmann- und 
Hottentottenmännern vom Jahre 1906, bei denen eine geringere Becken¬ 
neigung als sonst bekannt vorhanden ist. 

Kunicke (39) gibt die Resultate seiner Messungen von 32 venezola¬ 
nischen Schädeln. Die Fundorte der Schädel sind El Zamuro und Camburito; 
sie sind wahrscheinlich präkolumbisch, gehören jedenfalls einer autochthonen 
Bevölkerung an. Der mesozephale Typus ist in der Mehrzahl vertreten, 
manche Schädel zeigen starke Deformitäten. Bei den deformierten Schädeln 
ist eine fliehende und ziemlich flache Stirn zu beobachten, bei einigen derselben 
eine der Koronalnaht parallelgehende, dicht hinter derselben über die 
Scheitelbeine laufende Schnürfurche zu bemerken. Mit der Deformation 
irgendwie zusammenhängend, aber auch bei nicht deformierten Schädeln 
anftreteud, ist das Os Incae (oberer Teil des durch eine horizontale Naht 
zweigeteilten Hinterhauptgebeins). Das Okziput ist meist kräftig entwickelt. 
Das Volumen der Schädel ist durchweg klein, geringer als das sonst er¬ 
mittelte durchschnittliche Volumen von amerikanischen Schädeln, deren Inhalt 
vielfach bereits gering ist. Der am schlechtesten gefüllte Schädel enthielt 
1000 ccm, der am besten gefüllte erreichte keine 1400 ccm. Die Gesichter 
machen meist einen breiten Eindruck. Zum Schluß bringt der Autor einige 
Vergleiche mit den im Werke von Marcano, Ethnographie pröcolombienne 
de Venezuela veröffentlichten Ergebnissen, denen er eine Einzelbeschreibung 
der Schädel folgen läßt. 

Radlaner (49) hat 35 Individuen aus einer Somaligruppe anthropologisch 
untersuchen können. Die hauptächlichsten Resultate der anthropometrischen 
Aufnahme waren folgende: Die Somali weisen eine braune Hautfarbe auf, 
die Irisfarbe ihrer Augen ist dunkelbraun. Das Kopfhaar ist braunschwarz 
und meist weitwellig. Bart- und Körperbohaarung ist außerordentlich gering. 
Die Statur ist groß, das Verhältnis von Körpergröße und Spannweite ist 
ein normales. Im allgemeinen sind die Somali langbeinig, auch ist die 
Konfiguration des Rumpfes eine dem Europäer ebenbürtige. Was die Kopf¬ 
form anbetrifft, so ist ein einheitlicher dolichochamäkephaler Kopftypus zu 
erkennen, mit leptoprosopem Gesicht für die männlichen Erwachsenen, meso- 
prosopem Gesiebt dagegen für Frau und Kinder. Die Nasenform verweist 
die Somali in die leptorrliine Gruppe. Ein Vergleich zwischen den drei 
untersuchten Gruppen der ’£ysa, Häbar Auwal und Gädabürsi zeigt, daß der 
Stamm der Häbar Auwal durch Schönheit, proportionierte Figur und ein 
besonders schmales Gesicht auffällt. Der Typus der Somali nähert sich in 


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182 


Das Knochensystem in seinen Beziehungen 


der Hauptsache archimorphen Körperformen, und namentlich das Gesicht 
weist bei der Mehrzahl der untersuchten Individuen durchaus feine Züge auf. 

In den vorliegenden anthropologischen Untersuchungen, die Schiff (54) 
an 600 jüdischen Kindern, die in Jerusalem die Schule besuchten, vornahm, 
finden zwei bereits bekannte Tatsachen eine Bestätigung. Einmal, daß in 
verschiedenen Ländern anthropologisch gut differenzierbare Gruppen von 
Juden leben, sodann, daß erhebliche Unterschiede auch zwischen den beiden 
großen europäischen Gruppen bestehen, wenigstens in Jerusalem. Die Unter¬ 
schiede sind schon bei den Kindern ausgebildet und bereits im 4. Lebens¬ 
jahr in demselben Sinne vorhanden wie später. Die charakteristischen 
Unterschiede sind gänzlich oder jedenfalls in weiten Grenzen unabhängig 
von den äußeren Lebensbedinguugen, insbesondere auch von klimatischen 
Verhältnissen. Denn fast alle untersuchten Kinder sind an demselben Orte 
geboren und aufgewachsen. Nach v. Luschan lassen sich zwei Haupttypen 
herausheben. Beide stammen aus dem Orient. Der eine Typus von ihnen 
ist. identisch mit demjenigen, der den Grundstock der vorderasiatischen Be¬ 
völkerung bildet. Der zweite stimmt überein mit einem Typus, der heute 
noch rein vertreten wird durch die reinsten „Semiten“, etwa manche Be¬ 
duinenstämme Arabiens. Da diese beiden Typen schon seit langer Zeit 
auch in Palästina ansässig sind, so ist es naheliegend, daß die Herkunft 
dieser Typen bei den heutigen Juden in der Hauptsache auf Palästina 
zurückzuführen ist Nach der Anschauung v. Luschans stehen diese 
beiden Elemente in nächsten genetischen Beziehungen zu wesentlichen 
Elementen der mittel- und südeuropäischen Bevölkerung, so daß damit auch 
die Stellung der Juden innerhalb der Bevölkerung Europas festgelegt ist. 
Auch die blonden Juden können aus dem Orient stammen: blonde sind seit 
langer Zeit ein Bestandteil orientalischer Bevölkerung („Amuriter“, Kurden, 
Ägypter, [„Tamahu“], Kreter). Daß ein Teil der blonden Aschkenasim auf 
spätere Mischungen zurückgeführt werden muß, ändert an der prinzipiellen 
Bedeutung dieser Feststellung nichts. Die Untersuchungen v. Luschans 
bezogen sich auf die europäischen Juden. Später wurden dann von ver¬ 
schiedenen Seiten außereuropäische Juden untersucht (Weißenberg). Dabei 
ergaben sich große Unterschiede in den verschiedenen Ländern. Eine Er¬ 
klärung für die Unterschiede wurde gefunden, als man nicht nur Juden mit 
Juden verglich, sondern in jedem der untersuchten Gebiete auch die Juden 
mit den Nichtjuden. Es stellte sich heraus (Fischberg), daß überall eine 
Annäherung an den physischen Typus der nichtjüdischen Bevölkerung statt¬ 
gefunden hat. ln einigen Gegenden, wo es sich um verhältnismäßig kleine 
Gruppen von Juden handelt, die schon seit langer Zeit mit der nicht¬ 
jüdischen Bevölkerung in enger Berührung leben, stimmt der Typus der 
jüdischen und der nichtjüdischen Bevölkerung, wie es scheint, bis in alle 
Einzelheiten überein (Kaukasus, Jemen), Dort aber, wo es sich um große 
Massen handelt, die der Assimilation eine im Verhältnis zu ihrer Gesamt¬ 
zahl nur geringe Oberfläche boten, also in Europa bei den sephardischen 
und den aschkenasischen Juden liegen die Verhältnisse anders. Auch hier 
ist der Zufluß fremden Blutes so stark gewesen, daß er anthropologisch 
nachweisbar ist, aber der orientalische Kern ist erhalten geblieben und für 
ihn kann die Theorie v. Luschans gelten. Sie darf sowohl auf die Asch¬ 
kenasim wie auf die Sephardim angewendet werden, obwohl zwischen beiden 
Gruppen Unterschiede bestehen. Denn die Unterschiede, um die es sich 
hier handelt, sind nicht so weitgehend, wie die Unterschiede zwischen 
jemenitischen und grusinischen Juden, die anthropologisch nicht das mindeste 
miteinander gemeinsam haben. Die Unterschiede zwischen Aschkenasim und 


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za Erkrankungen des Nervensystems. 


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Sephardim können vielmehr zwanglos als sekundäre durch Assimilation be¬ 
dingte erklärt werden. Diese sekundäre Assimilation so in den Vorder¬ 
grund zu stellen, wie es Fischberg getan hat, erscheint übertrieben, aber 
wohl verständlich als Reaktion auf die nicht minder übertriebene Betonung 
der „Rassenreinheit“ der Juden bei einer Reibe diletantischer Tendenzsohrift- 
steller. 

Sergi (60) beschreibt eine Anzahl von Schädeln aus dem etruskischen 
Gebiete. Die dolichomorphen gehören seiner Meinung nach dem etrus¬ 
kischen Stamme an, während die anders gestalteten wahrscheinlich der Ur¬ 
bevölkerung angehören. 

Schwerz (68) beschreibt zwei Buggisenschädel. Die besaßen ein Inka¬ 
bein und zeigten eine hohe Kapazität des Schädelraumes. 

ziegler’s (78) Ansicht über die ursprüngliche Gliederung des Kopfes 
der Kranioten ist folgende: Das erste Segment ist das Prämaudibularsegment, 
das zweite Segment ist das Kiefersegment, das dritte Segment ist das Hyoid- 
segment, das vierte Segment ist das Glossopharyngeussegment und zuletzt 
folgen die Vagussegmente. 

Aus seinen Untersuchungen über die orbitale Frontomaxillarsutur 
folgert Cohn (17), daß Regnault mit seiner Ansicht recht hat, wenn er 
dieser Sutur des Menschen phylogenetische Bedeutung zuspricht. Andrerseits 
fuhrt Cohn ihre Entstehung nicht auf das Frontale, sondern auf den orbi¬ 
talen Maxillarfortsatz zurück. Wenn sie auch beim Menschen und den 
Menschenaffen durch das gleiche Agens hervorgerufen wird, so ist sie doch 
beim Menschen und dem Gorilla in dieser Hinsicht vou verschiedener 
Wertigkeit, insofern die Frontomaxillarsutur bei dem Gorilla in fortschrei¬ 
tender Entwicklung begriffen ist, während sie beim Menschen hingegen 
nahe vor der völligen Ausmerzung steht. 

Nach Untersuchungen von Cohn (18) über den Processus frontalis des 
Schläfenbeins läßt sich die Entstehungsweise des Stirnfortsatzes nicht mit der 
von R. Virchow vertreteuen Ansicht vereinbaren, daß diesjer Fortsatz ein 
theromorphes Merkmal darstellt. C. sucht nachzuweisen, daß man gar keinen 
Anlaß zu der Annahme hätte, daß für die Vorfahren der Primaten ein 
Schläfenverschluß mittels des Processus frontalis typisch war; er hebt hervor, 
daß man für diese Vorfahren eher die Herrschaft der Ala-Parietale-Sutur an¬ 
zunehmen hätte. Wo man daher unter den Affen, wie z. B. beim Schimpansen 
und dem Gorilla, das Dominieren oder gar das alleinige Vorkommen von 
Stirnfortsätzen findet, dort ist das nicht als die Erhaltung eines primitiven 
Zustandes aufzufassen, sondern im Gegenteil als eine Neuerwerbung, als das 
Resultat einer eigenen, abseits führenden Entwicklungsreihe. Der Processus 
frontalis, der sich bei dem Menschen infolge noch nicht vollständig zum 
Abschluß gekommener Neuregulierung des Gleichgewichts in geringem Prozent¬ 
satz vorfindet, hat genetisch mit dem Stirnfortsatz der Affen nichts zu tun. 
Der Einfluß der Abgeschlossenheit kleinerer Bevölkerungsmengen scheint 
nach Ansicht des Autors wohl imstande zu sein, in der Richtung zu wirken, 
daß die dem Menschen eigene Tendenz zur Ausmerzung des Stirnfortsatzes 
einigermaßen hintangehalten wird. Alle Menschenrassen streben demjenigen 
neuen Gleichgewichtszustände der Schläfenkonfiguration zu, der in einem 
Alleinherrschen des Schläfenverschlusses mittels der Ala-Parietale-Sutur be¬ 
steht, nur daß die Rassen heute nicht alle den gleichen Grad des Gleich¬ 
gewichts erreicht haben. 

Gaupp's (27) Arbeit ist eine nähere Erläuterung, wie die Beschreibung 
und Einteilung des Schläfenbeins im anatomischen Unterricht zu vereinfachen 
und zu verbessesn ist, um überflüssige Namen zu tilgen und das Verständnis 


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Da« Knochensystem in seinen Beziehungen 


und die Einsichtnahme in diesen schwierigen Teil des Schädels bei dem 
Studierenden za fördern. 

Bolk's (7) Untersuchungen bestätigen die Resultate früherer Forscher, 
daß in bezug auf die Neigung der Ebene des Hinterhauptloches ein typischer 
Gegensatz zwischen Menschen- und Affenschädel besteht. Und auch in diesem 
Punkte gleichwie in der Lagerung des Foramen magnum besteht eine nicht 
überbrückte Lücke zwischen Menschen und Affen. Der menschliche Zustand 
geht nicht stufenweise aus jenen niedrigen oder höheren Affenformen hervor, 
es werden vermittelnde Stufen zwischen Mensch und Affen vermißt. Solche 
Zwischenstufen sind auch am Kinderschädel des rezenten Menschen nicht zu 
finden, sondern gerade das Gegenteil trifft zu, das Foramen schaut hier 
noch stärker nach vorn als am erwachsenen Schädel. Nicht der menschliche 
Zustand ist als ein sekundärer von jenem der Affen abzuleiten, sondern 
der Menschenschädel ist infolge des aufrechten Ganges behindert worden, 
affenähnlich zu werden. Während B. im ersten Teil seiner Arbeit die Tat¬ 
sache feststellt, daß während des postfötalen Wachstums das Basion und 
mithin das Foramen magnum bei den Affen bisweilen in bedeutendem Maße 
okzipitalwärts verschoben wird, weist er im zweiten Teil nach, daß dieser 
Vorgang nur ein Symptom einer ausgiebigen Umänderung der Struktur¬ 
verhältnisse am Schädelgrunde ist. 

Schnitz (57) hat über die Squama temporalis an Schädeln der Papua, 
Australier, Grönländer, Loangoneger, Altägypter, Syrjanen, Birmanen und 
Schweizer aus Danis Untersuchungen angestellt. Obwohl diese Messungen 
an der Squama temporalis fast durchwegs die große Variationsmöglichkeit 
dieses Gebildes zeigten, so besonders für die Höhe, den Längenhöhen¬ 
index und die Winkelstellung der Squama, ließen sich dennoch eine ganze 
Reihe typischer Größen-, Form- und Lageunterschiede feststellen. In den 
drei Gruppen der Daniser, Loangoneger und Grönländer, bei denen Schultz 
eine ziemlich sichere Geschlechtsbestimmung vornehmen konnte, weisen die 
Mittelwerte aller Maße Geschlechtsunterschiede auf. Ausgenommen den 
Squama- und Ohrlageindex sind die Mittelwerte der Männer stets größer 
als die der Weiber. So finden sich die größere absolute Länge und abso¬ 
lute Höhe der Squama im männlichen Geschlecht, ebenso die entsprechenden 
relativen Maße, so daß die Männer die absolut und relativ größere Squama 
besitzen. In allen drei Gruppen finden sich ferner bei den Weibern die 
kleineren Längenhöhenindizes. Die relaliv kleinere und niedriger gebaute 
Squama der Weiber stellt gewissermaßen ein Zwischenstadium von Mann 
und Kind dar, da* bei letzterem die Relativmaße und der Längenhöhenindex 
noch kleinere Werte zeigen. Ein Geschlechtsunterschied in der Ohrlage 
ist von einem noch größeren in der Squamalage gefolgt; das Ohr und noch 
mehr die Squama sind beim Mann aboraler am Schädel gelegen als beim 
Weib. Die stets vor dem Ohrpunkt gelegene Squamamitte nähert sich 
ersterem mehr im männlichen Geschlecht. Bei den Rassen kombiniert sich 
die größte absolute Länge mit der größten absoluten Höhe bei den Grön¬ 
ländern; dieselbe Gruppe findet man auch bei den relativen Maßen für die 
Höhe an der Spitze, für die Länge unter den ersten, so daß sie die absolut und 
relativ größte Squama besitzen. Die Grönländer zeichnen sich ferner durch 
die am weitesten zurückliegende Squama aus. In bezug auf die relative 
Größe kommen nach den Grönländern die Daniser und Birmanen. Die 
relativ und absolut kleinsten Squamen haben die Australier, Loangoneger 
und Usa. In ihrem Verhalten der Länge zur Höhe kopiert die Squama 
ungefähr den Mediansagittalschnitt des Hirnschädels. Weitaus die am 
niedersten gebaute Squama haben die Australier, die primitivste Rasse des 


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zu Erkrankungen des Nervensystems. 


185 


recenten Menschen; je höher die folgenden Rassen in ihrer Entwicklung 
stehen, einen um so höheren Längenhöhenindex finden wir fiir die Squama. 
Die relativ konstante, geringe Wölbung der Squama ist horizontal stärker 
ausgeprägt und wird hauptsächlich in vertikaler Richtung vom Längen¬ 
breitenindex beeinflußt. Obwohl die Squama zum Poms acusticus eine 
ziemlich variable Stellung einnimmt, stehen beide auf den Schädel bezogen 
iu gegenseitiger Abhängigkeit, so daß sich die oralsten Squamen bei den 
Rassen mit langer postaurikularer Schädelpartie finden, wie z. B. bei den 
Altägyptem. Morphologisch geringwertig wird die Stellung der Squamen 
gegeneinander wegen der großen Schwankungsbreite der sie charakterisierenden 
Winkel. Von vorn nach hinten divergieren die Squamen meist mehr als 
von unten nach oben. Die Ausblicke auf die Verhältnisse beim fossilen 
Menschen und den Affen haben vor allem gezeigt, daß die relative Größe 
der Squama im allgemeinen sowohl bei den Affen, wie beim Menschen von 
primitiven zu den höheren Formen steigt. Ferner kann man durch die 
ganze Primatenreihe eine allmähliche Verlagerung der Squama nach vorne 
konstatieren. Zum Schlüsse wiederholt Schultz noch das ihm am wichtigsten 
erscheinende Resultat seiner Arbeit, nämlich das stete Zunehmen der 
Squamahöhe in bezug auf die Länge von den Neuweltaffen an über die 
Catarrhinen zum neugebornen, fossilen und rezenten Menschen, bei letzterem 
wieder vom Australier bis zum Europäer, vom Kind zum Weib und vom 
Weib zum Mann. 

Die Persistenz der fötalen Quernaht am Okzipitale hat, wie Schnitz 
(56) durch Untersuchungen feststellte, eine bedeutende Vergrößerung des¬ 
selben in sagittaler Richtung zur Folge, wodurch das Hinterhauptbein ver¬ 
glichen mit Parietale und Frontale meistens den größten Anteil am Median- 
sagittalumfang gewinnt. Ferner ließ sich eine stärkere Krümmung des Okzipital¬ 
bogens als Folge der Sntura occipitalis transversa konstatieren. Eine 
meistens auftretende, teilweise sogar sehr wesentliche Herabsetzung des 
Längenbreitenindex läßt es ratsam erscheinen, Schädel mit Inkabeinen bei 
der Berechnung des Mittelwertes und der Variationsbreite eben dieses Index 
auszuschalten. Zwischen der Sutura transversa des Okzipitale und der abso¬ 
luten Schädelgröße, speziell der Kapazität scheint vielfach ein Zusammen¬ 
hang zu bestehen; was dabei das Primäre, was das Sekundäre vermochte 
Verfasser nicht zu entscheiden. 

In der Ausbildung des Gaumenbeins weisen die Anthropoiden besondere 
Merkmale auf, welche sie aus der Gruppe aller anderen Primaten heraus¬ 
heben und dem Menschen nahestellen. Die von Wegener (74) gefundenen 
Unterschiede der einzelnen Anthropoidengattungen sind für gewöhnlich, wie 
der Autor meint, so typisch, daß man selbst an einem isolierten Gaumen¬ 
bein erkennen kann, zu welchem Anthropoiden es gehören muß, und daß 
man diese Unterschiede direkt zur Gattungsbestimmung verwerten könnte. 
Interessant ist, daß die asiatische Gruppe, Orang und Gibbon, besondere, 
wenn auch nicht hoch zu bewertende, Eigentümlichkeiten aufweisen, in denen 
sie der afrikanischen Gruppe, Gorilla und Schimpanse, gegenübergestellt 
werden können, so in Bildung einer gedoppelten Spina nasalis post., im 
Vorkommen eines Processus resp. Crista praemarginalis, die dem Gorilla 
völlig fehlen. Dies ist um so auffälliger, als Verf. in der Einleitung auf 
den unzweifelhaft nordafrikanischen Ursprung der Gibbons im frühen Oligo- 
zän hinweisen mußte. Der Schimpanse bietet allerdings auch in der Ge¬ 
staltung des Gaumenbeins wie auch sonst in seinen anatomischen Merkmalen 
bis zu einem gewissen Grade einen Ubergangstypus zwischen den beiden 
Gruppen dar. Es sei dies bemerkenswert im Hinblick auf die Theorie von 


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186 


Das Knochensystem in seinen Beziehungen 


Klaatsch über die Trennung des Anthropoidenstammes in zwei Gruppen, 
einen Westzweig, die Prägorilloiden, und einen Ostzweig, die Präorangoiden. 

Das Septum interfrontale, welches die beiden Stirnhöhlen trennt, kann 
eine vollkommene mediane Lage haben, es kann schief und selbst horizontal 
gelagert sein. Infolge der Verbiegung uud schiefen Lage können die 
Asymmetrien der Stirnhöhlen entstehen. Gewöhnlich ist das Septum inter¬ 
frontale sehr dünn, in vereinzelten Fällen kann es aber auch sehr dick sein. 
Von den in Stirnhöhlen vorkommenden Rezessus unterscheidet Onodi (46) 
besonders einen oft in der Mittellinie gelegenen, den er Recessus frontalis 
medianus benennt. In solchem Falle sieht man auf dem Durchschnitt ein 
doppeltes Septum interfrontale, das eine davon ist ein Septum imperfectum. 
Die seitliche Ausdehnung der Stirnhöhle kann sehr wechselnd sein. Der 
Autor beschreibt nun die Formenverbäliuisse, welche neben dem Septum 
interfrontale an der zerebralen Stirnhöhlenwand Vorkommen können und in 
innigem Zusammenhänge mit der vorderen Schädelhöhle, der Lamina cribrosa 
und der. Crista galli stehen. Besonders macht der Autor auf die nicht 
seltene Einbeziehung des vorderen Teils der Riechgrube in die Stirnhöhle 
und auf die Ausbuchtung der Stirnhöhle im Gebiete der Crista galli auf¬ 
merksam, und weist auf die pathologische und chirurgisch-therapeutische 
Bedeutung solcher Anomalien hin. 

Seinen früheren Untersuchungen über das Schädelwachstum fügt Thoma 
(70) eine weitere hinzu, die sich mit dem postfötalen Wachstum beschäftigt. 
Die Schädelknochen des zweijährigen Schädels besitzen bereits die wich¬ 
tigsten Charakterzüge des erwachsenen Knochens. An Dünnschliffen kann 
man die drei Formationen von Knocheusubstanz unterscheiden, welche als 
primäres, sekundäres und tertiäres bezeichnet werden. Die einzelnen Forma¬ 
tionen werden dann geschildert. Von der Geburt bis gegen Schluß des 
Wachstums werden Resorptionsvorgänge an der äußeren und inneren Ober¬ 
fläche des Schädeldachknochens nur selten beobachtet. Die erhebliche 
Zunahme der Krümmungsradien des Schädeldaches kann nicht durch Tren¬ 
nungen der Kontinuität der Lamellen des sekundären Knochengewebes, sondern 
nur durch ein interstitielles Wachstum des Knochengewebes erklärt werden. 
Die fächerförmig angeordneten Blutgefäße sind eher vorhanden als die 
Knochenlamellen gebildet werden. Die durch ihre spitzzackige Begrenzung 
ausgezeichneten Knochenkanäle und die in ihnen verlaufenden Blutgefäße 
dürfen daher in Zukunft nicht mehr als perforierende Kanäle und Blut¬ 
gefäße bezeichnet werden. Aus dem Verlaufe und der Gestaltung der Knochen¬ 
zellkanälchen geht hervor, daß Wachstums Verschiebungen an den Grenzflächen 
der einzelnen Knochenlamellen durchaus fehlen, und daß auch in der Substanz 
der Knochenlamellen keine Verschiebungen Vorkommen, welche imstande 
wären, die fächerförmige Anordnung der Blutgefäße und der Sharpeyschen 
Fasern zu erklären. Aus Messungen der Dicke der Knochenlamellen geht 
hervor, daß letzteren ein nicht unerhebliches, interstitielles Dickenwachstum 
zukommt. Es geht aus den Messungen weiter hervor, daß in den Druck- 
polregionen das interstitielle Dickenwachstum in den tiefeu Schichten des 
sekundären Gewebes der Eburnea externa erheblich überwiegt, während in 
den intermediären und peripherischen Zonen ein etwas stärkeres interstitielles 
Flächenwachstum der tiefen, sekundären Knochenlamellen stattfindet. Das 
interstitielle Dickenwachstum und das interstitielle Flächenwachstum sind 
wahrscheinlich innerhalb bestimmter Grenzen voneinander abhängig, indem 
sie stellvertretend für einander eintreten können. Der Kalkgehalt, die starre 
Beschaffenheit und Härte sowie die scheinbare Widerstandsfähigkeit gegen¬ 
über den Angriffen der Fäulnis hat dazu beigetragen, daß mau das Knochen- 


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zu Erkrankungen des Nervensystems. 


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gewebe als eine ziemlich unveränderliche Substanz betrachtete. Dagegen 
hebt der Autor hervor, daß man gelegentlich Befunde erheben kann, welche 
als eine unter Zellvermehrung sich vollziehende Längsteilung von Knochen¬ 
lamellen gedeutet werden können. Eine Durchsicht der Messungen an 
Schädeln der späteren Perioden zeigt, daß die mittlere Lamellendicke in 
den tieferen Schichten des sekundären Knochengewebes ansteigt, um in den 
tiefsten Schichten zwar nicht immer, jedoch in der Regel wieder etwas ab¬ 
zunehmen. Charakteristisch für die älteren Schädel ist sodann die Tatsache, 
daß mit zunehmendem Alter das sekundäre Knochengewebe der Eburnea 
externa und interna mehr und mehr durch tertiäres Knochengewebe ersetzt 
wird. Aus ^ellmessungen im Knochengewebe läßt sich die Vermutung auf¬ 
stellen, daß der Zellreichtum des Knochengewebes nicht nur durch das 
Lebensalter und durch das interstitiellle Wachstum, sondern durch die 
Geschwindigkeit der Apposition bestimmt wird. Was die Reliefs der Hirn¬ 
windungen anbetrifft, die sich am Schädel ausbilden, so gibt die Histo- 
mechanik eine kausale Erklärung für sie. Der lokale Druck der wachsenden 
Hirnwindungen ruft in der Schädelwand Nebendruckpole hervor, in deren Meri¬ 
dianen ein ähnlicher Spannungszuwachs auftritt, wie in den Meridianen der 
fünf Hauptdruckpole der Schädelkapsel. Dieser Spannungszuwachs beeinflußt 
das Wachstum des Knochengerüstes in der Weise, daß an jedem Neben- 
druckpol eine lokale Ausbauchung der Schädelkapsel zustande kommt. In 
den dünnen, spongiosafreien Teilen der Schädelkapsel betrifft der Spannuugs- 
zuwachs und demgemäß auch die Ausbauchung alle Schichten der Schädel¬ 
wand, so daß die Gestaltung der Hirnwindungen auch an der Außenfläche 
der letzteren erkennbar wird. In den spongiosareicben Teilen der Schädel¬ 
kapsel wird dagegen der meridionale Spannungszuwachs an den Nebendruck¬ 
polen nahezu ausschließlich von der Eburnea interna getragen und geht, 
weil das Knochengewebe etwas elastisch ist, nur zum geringsten Teile durch 
die relativ zarten Balken der Spongiosa auf die Eburnea externa über. 
Die durch das Wachstum herbeigeführte Ausbauchung betrifft daher nahezu 
ausschließlich die Eburnea interna. Nachdem der Autor noch allgemeine 
Vorstellungen über das appositioneile und interstitielle Knochen Wachstum 
gebracht hat, wobei er sich das Knochengewebe als kleine Volumeinheiten 
zerlegt denkt, die er als Moleküle bezeichnet, geht er zum Schluß auf die 
Besonderheiten der Nahtregionen ein. 

Strebei (67) faßt seine Ausführungen über Turmscbädel folgender¬ 
maßen zusammen. 1. Bei Befunden von scheinbar primärer Sehnerven¬ 
atrophie (sog. idiopathischer, genuiner oder kryptogenetischer) soll der 
Schädelvarietät bzw. Konfiguration erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und 
die Untersuchung durch eine Röntgenaufnahme des Schädels ergänzt werden. 
2. Die Röntgenbilder nicht nur von total, sondern auch von partiell aus¬ 
gebildeten Turrizephalen können durch die bienenwabenartige Reliefzeichnung 
der Gehirnwindungen an der Tabula interna der Schädelkapsel mit der oft 
enormen Verbreiterung des Kanalsystems der Sinus differentialdiagnostisch 
von ausschlaggebendem Wert sein speziell in Fällen, die äußerlich nicht 
sicher als Turmschädel anzusprechen sind. 8. In neun Fällen von totalen 
Oxyzepbalen -war siebenmal eine sekundäre Sehnervenatrophie als Folge einer 
früheren Stauungspapille nachzuweisen. In zwei anderen Fällen (Insassen 
von Blindenheimen) mußte die Frage offen gelassen werden, ob die Atrophia 
nerv. opt. sekundärer oder primärer Natur war. 4. In zwei Fällen von Turm¬ 
schädeln konnten als Zeichen chronischen Hirndruckes Anfälle von klonischen 
Krämpfen mit Erbrechen und Bewußtseinsstörung beobachtet werden. 5. Das 
Zustandekommen dieses chronischen Hirndrucks hat man sich nach neueren 


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Das Koochensystem in seinen Beziehungen 


Untersuchungen von Uhthoff und Schumacher beim Turmschädel folgender¬ 
maßen zu erklären: Das wachsende und in seinem Wachstum gehemmte 
Gehirn selbst ist der Grund des gesteigerten intrakraniellen Druckes. Das 
Mißverhältnis zwischen Schädelkapazität uud Größe des herausgenommenen 
Gehirns war im Sektionsfalle, den Schumacher und Herzog beschrieben, 
ein augenfälliges. 6. Dieses Mißverhältnis zwischen dem Inhalt des starren 
Kapselwiderstaudes des frühzeitig synostosierten Schädels und dem Kontentum 
des wachsenden Gehirns, das sich auszudehnen bestrebt, modelliert die 
Impressiones digitatae, erzeugt die Verbreiterung des Sinus, stanzt die 
Foramina emissaria als Loci minoris resistentiae zu eigentlichen Trepanations¬ 
ventilen aus und vermag an den druckbelastetsten Stellen der Schädel¬ 
kalotte Usuren und multiple Dekompressionsventile zu erzeugen, deren 
Studium einen Wink für das therapeutische Vorgehen zu enthalten scheint. 

7. Wie man vom anatomisch-röntgenologischen Gesichtspunkte aus zwei 
Varietäten von Turrizephalen unterscheiden kann, totale und partielle, so 
müsse mau vom chirurgisch-therapeutischen Standpunkt aus ebenfalls zwei 
Arten strikte auseinanderhalten, weil die Behandlung verschieden ausfallt, 
und zwar a) Turmschädel im amaurotischen Stadium ohne Zeichen chronischen 
Hirndrucks. Solche Patienten einer Operation zu unterwerfen, z. B. der 
noueren Kanaloperation, der vom pathogenetischen Standpunkte aus eine 
nur problematische Dignität zugesprochen werden kann, und von einer der¬ 
artigen Operation ein Zurückgehen einer totalen Sehnervenatrophie zu erwarten, 
ist rein anatomisch unverständlich. In diesem Stadium besteht nulla indicatio 
operationis. Man überweise die Patienten möglichst bald einem Blinden¬ 
heim, um sie frühzeitig einem Blindenhandwerk zuzuführen. Gerade weil 
fast alle Turmschädelpatienten in diese Kategorie a fallen, d. h. im Zustande 
einer totalen Sehnervenatrophie den Ophthalmologen und Chirurgen zugesandt 
werden, sollte mehr als es früher geschah, die Aufmerksamkeit speziell der 
Haus- und Kinderärzte auf die pathologischen Schädelvarietäten gelenkt und in 
zweifelhaften Fällen stets das Röntgenbild befragt werden. Die Stauungs¬ 
papillen, bedingt durch Turmschädel, treten oft in den ersten Lebensmonaten 
auf. b) Turmschädel im Stadium der Stauungspapille oder solche im Stadium 
der Sehnervenatrophie mit Zeichen bestehenden chronischen Hirndrucks. 
Daß hauptsächlich die ersteren möglichst bald einem chirurgischen Eingriff 
zugeführt werden sollen, beweisen am schlagendsten die Blindenheime mit 
ihren Spitzkopfinsassen, welche die bestausgeprägtesten Röntgenbilder liefern. 

8. Während bis in die letzte Zeit die Art des chirurgischen Eingriffs viel 
umstritten und nicht abgeklärt war, scheint der Weg, welchen die Natur 
selbst durch ihre Selbsttrepanation und die Bildung von Dekompressions¬ 
ventilen demonstriert hat, der naheliegendste und gangbarste zu sein. Die 
multiple Dekompessionstrepanation an Stelle der stärksten Druckbelastung 
dürfte auch das Programm für den Chirurgen werden. Aus praktischen 
Gründen wäre in jedem einzelnen Falle an der Hand des Röntgenbildes 
die geeignetste, druokbelastetste Stelle ausfindig zu machen. 9. Die inter¬ 
essantesten Fälle von partiellen Turmscbädeln ohne Abnahme des Sehver¬ 
mögens zeigen, an welchen Stellen die stärkste Druckbelastung ihren Angriffs¬ 
punkt hat. Sie beweisen ferner, daß es der Natur selbst gelingen kaun, 
eiuen Turmschädel auszuheilen bzw. dessen Fortschreiten zum Stillstand zu 
bringen. 10. Die anatomischen Korrelationen des Turmschädels mit einem 
oft reichen Netz von entwicklungsgeschichtlichen Anomalien weisen mit 
Gewißheit darauf hin, daß der Turmschädel ebenfalls eine solche darstellt. 

Chiari (15) beschreibt an 7 Schädeln eine auffällige stellenweise Ein¬ 
senkung der Stirnbeinschuppe oder der Scheitelbeine in der Sutura coronalis, 


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zu Erkrankungen des Nervensystems. 


189 


verbanden mit einem hochgradigen Schwunde der Nahtzacken, an diesen 
Stellen. Alle Kalvarien stammten von alten Leuten. Die Nähte zwischen 
den Knochen der Calvariae waren im Gegensätze zum gewöhnlichen Verhalten 
im höheren Alter entweder gänzlich oder fast gänzlich offen und die Naht¬ 
zacken auch außerhalb der Einsenkungen größtenteils atrophisch, so daß in 
den meisten Fällen die Knochen sioh leicht auseinander nehmen ließen, ja 
vielfach auseinander fielen. Über die Ursache dieser Erscheinung hält der 
Autor sein Urteil noch zurück. 

Bei einem von Borkh&rdt (13) mitgeteilten Falle handelt es sich um 
einen 15jährigen Knaben, der als einziges Kind von Eltern stammt, von 
denen der Vater sehr wahrscheinlich, die Mutter nachweisbar an Lues 
erkrankt war, und der bald nach der Geburt an einem hartnäckigen Schnupfen 
und an einem Exanthem gelitten hatte. Bei diesem Knaben hatte sich vom 
8. Jahre an eine langsam zunehmende schmerzlose Auftreibung einzelner 
Knochen, der Tibiae und besonders des Gesichtsschädels entwickelt, welche 
infolge konzentrischer Verengerung der Nase als einziges Symptom zur 
beträchtlichen Behinderung der Nasenatmung führte. Die Untersuchung auf 
weitere Symptome von hereditärer Lues ergab eine charakteristische Mi߬ 
bildung der oberen Schneidezähne, eine leichte luische Veränderung des 
Aagenhintergrundes und positiven Wassermann. 

An der Hand eines ausführlich mitgeteilten Falles von Schädel- und 
Rückgratssyphilis kommt Lydston (41) zu folgenden Schlußsätzen: Schwere 
Zerstörungen der Schädel- und Rückgratsknochen können im Verlaufe alter 
Syphilis entstehen, ohne daß Lokalsymptome auftreten, die auf die Knochen¬ 
erkrankung Bezug haben, und ohne Störungen von seiten des Gehirns resp. 
Rückenmarks. Diese Läsionen sind die Folge von Ernährungsanomalien, 
Knochendystrophien und werden herbeigeführt durch trophoneurotische 
Störungen infolge von syphilitischer Blutvergiftung, die besonders auf das 
sympathische System ihre Wirkung entfaltet Diese Knochenvarietät erfaßt 
besonders die Gesichtsknochen, aber auch, wie der von Lydston mitgeteilte 
Fall zeigt, Schädel und Rückgrat. Der Prozeß spielt sich mit Vorliebe 
in den Regionen des fünften Hirnnerven ab. Der Prozeß kann sich ver¬ 
gesellschaften mit gummösen Infiltrationen in anderen Gebieten. Eine syphi¬ 
litische Behandlung ohne chirurgische Intervention führt nicht zum Ziele. 
Exophthalmus ist ein Sicherheitsventil bei intrakraniellem Drucke, der im 
vorliegenden Falle sicher bestand, obwohl er in keinem Zusammenhang mit 
den Knochenzerstörungen steht. 

Schüller (55) teilt drei eigenartige Fälle von Schädeldefekten im 
jugendlichen Alter mit. Ein den drei Fällen gemeinsames Moment ist darin 
gelegen, daß es sich um sehr ausgedehnte Schädeldefekte handelt, die ohne 
Schmerz, ohne Symptome von seiten des Gehirnes, daher nahezu unbemerkt 
sich ausbildeten. Gemeinsam ist den Fällen auch der Umstand, daß keine 
der bisher bekannten Ursachen von Defekten des Schädels mit voller Sicher¬ 
heit ausfindig gemacht werden konnte. Von Interesse ist das Vorhandensein 
hypophysärer Symptomenkomplexe bei zwei Fällen, nämlich einer Dystrophia 
adiposo-genitalis im ersten, eines Diabetes insipidus im zweiten Falle. Auch 
ist der relativ rasche Rückgang der Defekte, der rhöntgenologisch in deutlicher 
Weise verfolgt werden konnte, ein beachtenswertes Phänomen in zwei der 
beobachteten Fälle. Mit Rücksicht auf das eigenartige Aussehen der be¬ 
schriebenen Schädeldefekte am Röntgenbilde bezeichnet der Autor derartige 
Schädel als „Landkartenschädel“. 

Raubitschek (50) beschreibt einen Fall von Dysostosis cleidocranjalis. 
Der Fall stimmt im großen und ganzen mit dem Bilde überein, welches 


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190 


Das Knochensystem in seinen Beziehungen 


Hultkrantz (Zeitschr. f. Morph, u. Antbropol Bd. XI H. 3) von dieser 
Skelettanomalie entworfen hat. Der Fall zeichnet sich dadurch aus, daß er 
bei normalen Schlüsselbeinen und einer nur fissurartigen Spalte im Stirnbein 
den niedrigsten bisher bekannten Grad jener interessanten Mißbildung darstellt. 

Higier (33): 40 Jahre alt, keine Lues und Potus. Vor einigen 
Jahren entwickelten sich im Anschluß an Abdominaltyphus drei zirkum¬ 
skripte Schädelosteome. Im letzten Halbjahr steigt ihre Zahl auf einige 
zwanzig. Das Gesicht ist verschont, so daß es zum typischen Löwenantlitz 
noch nicht kam. Das Leiden ist ziemlich selten, so daß Bockenheimer■ 
aus der Berliner chirurgischen Klinik Bergmanns im Laufe von 22 Jahren 
unter einem Ambulanzbestand von über 80 000 nur drei einschlägige Fälle 
finden konnte. Die Leontiasis soll mit Gigantismus und Megalozephalie oder 
diffuser Hyperostose, mit denen sie oft verwechselt werden, gleichzeitig Vor¬ 
kommen. Ihr pathologisch-anatomisches Substrat ist identisch mit dem der 
Pagetschen Disease, die meist die Extremitäten affiziert und eine Art 
Osteitis deformans oder Osteomalacia chron. hypertroph, deformans darstellt 

Die anatomischen Museen Europas besitzen vereinzelte Exemplare 
solcher mit Kraniosklerose, d. h. Knochenrarefikation behafteter Schädel, deren 
erste Beschreibung wir Malpighi vor 250 Jahren verdanken. Exazerbationen 
wie in diesem Falle sind Regel. Kopfschmerzen, Taubheit, Blindheit usw. 
entstehen bei basaler Lokalisation. Der betroffene Kranke leidet in der 
letzten Zeit an schweren Kopfschmerzen, die er bis dahin nicht kannte. Das 
Radiogramm ergibt nichts Beachtenswertes. Der vereinzelten Gruppe heil¬ 
barer multipler Osteome begegnen wir in den Perlmutterdrechslereien 
(Conchiolinostitis, Gussenbauer), wo die Osteome unter dem Einfluß des 
spezifischen Staubes subakut sich entwickeln und meist am Unterkiefer, 
ausnahmsweise am Schädel, sitzen. ( Selbstbericht .) 

Sergi (61) untersuchte die Gesichtsmuskulatur einer 15jährigen Mikro¬ 
kephalin. Sie war vollständig aphasich und schwer idiotisch; es fehlten das 
Weinen und das Lachen; die Saugtätigkeit war iu bedeutendem Maße er¬ 
halten und übertrieben, die Fähigkeit zum Spucken, Blasen, Trinken sowie 
die Reaktionen des Widerwillens einigen Gerüchen und Geschmäcken gegen¬ 
über. Die Mimik scheint wesentlich auf die bloßen Reaktionen einfacher 
und unmittelbarer Sinnesreize (Reflexbewegungen) beschränkt gewesen zu 
sein. Das ganze System der mimischen Muskeln besaß einen Komplex 
von den heterogensten Eigenschaften, die von der einfachsten oder primi¬ 
tivsten zu den entwickelsten und fortschreitendsten gingen und von denen 
man bei den Halbaffen, platyrrhinen Affen,„ Zerkopitheziden, Anthropoiden, 
Neugeborenen, Negern und dem Europäer Ähnlichkeit findet, wozu noch die 
durch Asymmetrie in toto oder durch die besondere Form irgendeines 
Muskels gebildete Atypien hinzuzufügen sind. Die ganze Erscheinung er¬ 
klärt Sergi für eine teratologische. 

Rompfskelett 

An zwölf Skeletten von Bainingleuten untersuchte Frizzi (25) die 
einzelnen Wirbel einschließlich der Kreuzbeine und gibt neben einer ein¬ 
gehenden Beschreibung auch zahlreiche Messungen. 

Die von Sieglbauer (63) beschriebene Wirbelsäule eines Neugeborenen 
zeigt links eine deutliche Halsrippe, sie hat 26 präsakrale Wirbel und 
besitzt im 27. Segment einen lumbosakralen Ubergangswirbel oder Zwischen- 
wirbel derart, daß auf der linken Seite das Hüftbein um ein Segment weiter 
kaudal die Hauptverbindung mit der Wirbelsäule gefunden hat als rechts. 


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zo Erkrankungen des Nervensystems. 


191 


Beim Vergleich mit sogenannten normalen Wirbelsäulen desselben Altere 
machte der Autor die Erfahrung, wie sehr die Wirbelsäule variiert; unter 
. 6 weiteren, die an Größe der abnormen entsprachen, war nur eine sogenannte 
normale. Es folgt die genaue Beschreibung der einzelnen Abschnitte der 
abnormen Wirbelsäule. 

Während Schanz (53) bisher nur subjektive Störungen für das von 
ihm benannte Symptomenbild der „Insufficientia vertebrae“ ausfindig machen 
konnte, nämlich Schmerzstellen an der Wirbelsäule und von diesem aus¬ 
gehende Reizungen des Nervensystems, ist es ihm nun auf Grund eines 
großen Materiales möglich, auch objektive Symptome für das typische 
Krankheitsbild beizubringen. Diese objektiven Symptome fänden sich, sowie 
die Erkrankung einigermaßen höhere Grade erreicht. Es sind Erscheinungen, 
welche verraten, daß eine schmerzhafte Reizstelle in der Wirbelsäule vor¬ 
handen ist, es sind weiter Erscheinungen, welche zeigen, daß die Tragkraft 
der Wirbelsäule gelitten hat. Es treten zuerst krankhalte Spannungen der 
langen Rückenmuskeln auf, und es folgen rasch dieselben Kontrakturen auch 
an anderen Muskeln der Wirbelsäule. Es werden Störungen der Beweg¬ 
lichkeit sichtbar, und es ist ein Stützbedürfnis der Wirbelsäule zu erkennen. 
Es kommen endlich Deformhaltungen zur Entwicklung. Das Übergreifen 
der Reizzustände auf das Rückenmark hat Reflexsteigerung, Paresen, 
Lähmungen zur Folge. Der Autor führt eine Anzahl von Krankheitsfällen 
an, um das Gesagte zu veranschaulichen. 

Sw&nberg (68) hat sehr eingehende Untersuchungen Uber die Konfi¬ 
guration der Foramina intervertebralia angestellt. Ein solches Zwischen¬ 
wirbelloch enthält Nervengewebe, Blutgefäße, Fettgewebe, Bindegewebe und 
Lymphgefäße. Das Nervengewebe ist vor Knochendruck vollständig geschützt, 
einmal dadurch, daß es nur 1 / ]0 —Vs des Raumes einnimmt und im halbflüssigen 
Fett eingebettet ruht. Selbst in Zuständen von Ankylosis oder starken 
Krümmungen kann es keinen Druckschaden erleiden. Das reichlichste Ge¬ 
webe, welches man im Intervertebralloch antrifft, ist Fettgewebe. 

Higier (34): Beim 16jährigen Mädchen entwickelte sich seit dem 
8. Lebensjahre progressiv unter geringen Schmerzen und Gelenkschwellung 
Steifigkeit beider Ellenbogen- und Handgelenke. Unabhängig davon sind die 
Fingergelenke angeschwollen, aufgeblasen, schmerzlos, in viel geringerem Grad 
die Faßgelenke. In den übrigen Gelenken sind keine Veränderungen vor¬ 
handen, ebensowenig im Nervensystem. Der langsame, gehinderte Gang weist 
auf beginnende Läsion der Hüft- und Kniegelenke hin. Amenorrhoia. 
Patientin ist nicht höheren Wuchses als ein äjäbriges Kind. Das Leiden er¬ 
innert am meisten au die Strümpell-Mariesche Spondylose rhizomölique und 
ihre kongenitale Abart (Spondylose olomelique congenitale et infantile Apert), 
bei der die anatomsich-pathologischen, für die Spondylarthritis ankylopoetica 
charakteristische Veränderungen sich in sehr fiiihem Kindesalter einstellen 
und progressiv von unten nach oben zunehmen. Am geeignetsten ist die 
von Raymond vorgeschlagene, im Titel genannte Bezeichnung. £)ie Ver¬ 
wandtschaft zwischen der Maladie ankylosante und der gewöhnlichen Arthritis 
deformans nodosa ist groß. Möglicherweise spielt hier eine Läsion der 
endokrinen Drüsen eine bestimmte Rolle in der Pathogenese dieses seltenen 
endogenen Leidens. Bekanntlich sind analoge Veränderungen der Knochen, 
Gelenke und Bänder bei Erkrankungen verschiedener innersekretorischen 
Drüsen notiert worden (Ovarien Osteomelazie, Hoden Eunuchoidismus, Hypo¬ 
physe Akromegalie, Parathyreoidea Rhachitis congenita). In diesem Falle 
spricht für den Dysglandulismus auch der somatische Infantilismus und die 
Amenorrhöa. ( Selbstbericht .) 


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192 


Dos Knocheosyatem io seinen BesiehuDgen 


Jancke (37) berichtet über eine Familie, bei der Blasenschwäche in 
fortlaufender Reihe vom Großvater bis zu den Urenkeln vorliegt. In drei 
Fällen offenbarte der Röntgenbefund das Vorhandensein einer Spina bifida« 

Falk (22) zeigt am Skelett mehrerer Föten, welche Halsrippen auf¬ 
wiesen, daß in einer gewissen Anzahl von Fällen die Halsrippen dadurch 
entstanden sind, daß durch Änderung der Wachstumsrichtung bei Entstehung 
der Bogenanlage der Bogen des 1. Brustwirbels kranialwärts verschoben and 
mit der Wirbelanlage des 7. Halswirbels in Verbindung tritt. Die ange¬ 
führte Erklärung gilt jedoch sicher nur für eine beschränkte Anzahl von 
Fällen; die Mehrzahl der Halsrippen nehmen ihren Ursprung an dem 
Kostalfortsatz eines 7. Halswirbels und sind entwicklungsgeschichtlich im 
Rosenbergschen Sinne als Stillstand auf einer frühzeitigen Entwicklungs¬ 
stufe aufzufassen. 

Ny ström (45) beschreibt ausführlich einen Fall von angeborenem 
Hochstand des Schulterblattes. Wie in verschiedenen anderen Fällen fanden 
sich auch hier Anomalien des benachbarten Knochensystems (Klavikula, 
Wirbel) und Muskelsystems. Besonders bemerkenswert ist der Fall dadurch, 
daß sich ganz neue Muskulatur zwischen Mm. trapezius und rhomboideus 
gebildet hatte. Dieser Umstand spricht besonders dafür, daß die ganze 
Anomalie auf einer fötalen Entwicklungsstörung beruht. Die operative Be¬ 
handlung ergab ein gutes Resultat 


Extremitäten. 

von Bardeleben (2) gibt in vorliegender Arbeit die Resultate seiner 
Körpermessungen, die er zur weiteren Erforschung der Linkshändigkeit an 
Schulkindern vieler Schulen vorgenommen hat Der Autor bezeichnet als 
Linkshänder diejenigen Kinder, 1. deren linker Arm länger (oder doch ebenso 
lang) ist, als der rechte, bei denen 2. das Sprachzentrum deutlich rechts 
stärker (oder ebenso stark) erscheint als links — nach Bardeleben soll 
man dies in der Mehrzahl der Fälle am Schädel fühlen können —, die 3. 
in ihrer Familie, d. h. Blutsverwandtschaft, Linkshänder haben (nur ganz 
ausnahmsweise war das nicht nachweisbar, besonders bei unehelichen Kindern) 
und die 4. den linken Arm (linke Hand) allgemein oder für einige Be¬ 
wegungen bevorzugen oder dies früher getan haben. Meist zeigte sich ferner 
bei Linkshändern ein auffallend starkes Überwiegen der rechten Kopfhälfte, 
während sich eine schwache Differenz zugunsten von rechts als normal 
oder in der Mehrzahl vorhanden herausgestellt hat Sehr häufig steht die 
Nase bei Linkshändern nach links, aber auch bei Rechtshändern. Die 
Messungen an den unteren Gliedmaßen haben ein gesetzmäßiges Überwiegen 
der einen bei Linkshändern nicht ergeben. Nur ausnahmsweise blieben die 
Kinder, nachdem ihnen die Feststellung mitgeteilt war, dabei, daß sie keine 
Linkshänder seien. Stammeln und Stottern ist nach des Antors Erfahrungen 
kein Beweis für Linkshändigkeit, eventuell für eine frühere; Sprachstörungen 
finden sich ebenso bei geborenen Rechthändem. Daß Linkshänder im all¬ 
gemeinen und als solche körperlich oder geistig minderwertig seien, daß sie 
öfter „Defekte“ hätten als Rechtshänder, hat B. nicht finden können, wie 
die genaue Untersuchung einer Hilfsschule und eines Erziehungsheims ergab. 
K. will im Gegenteil die Erfahrung gemacht haben, daß in den genau und 
vollständig durchuntersuchten Klassen sich gerade unter den Linkshändern 
auffallend viele besonders intelligente Kinder und unter den „besten“ in 
der Klasse auffallend viele Linkshänder befanden. Eine gekreuzte Asymmetrie 
fand sich nicht. Im Anhang bespricht der Autor die bemerkenswerte 


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zu Erkrankungen des Nervensystems. 


193 


Tatsache, daß der Fuß bei zuuebmeuder Belastung sich nicht, wie allgemein 
angenommen wird, verlängert und verbreitert, sondern umgekehrt, ver¬ 
schmälert und verkürzt. 

Am Femur erkennt man nach Darlegungen von Grunewald (30) 
folgende Muskeleinwirkungen: 1. Die Ausbiegung des Schaftes konvex nach 
vorn als Wirkung der Beugemuskeln des Knies; 2. die Ausbiegung des 
Schaftes Lateral-konkav-Wirkuug des Vastus extemus; 3. am oberen Femur¬ 
ende : a) Die Anteversio der oberen Diaphysenhälfte, in der Regel Anteversio 
colli genannt; b) die Ausbiegung der Femurwand konvex uach hinten in 
der Gegend des Torsionsfeldes durch den Gluteus maximus; c) die Retro- 
flexio medialis colli durch die Außenrotatoren; a) und b) zusammen erzeugen 
im Gebiete des Torsionsfeldes die ausgesprochene S-Form des Oberschenkels. 
Grunewald fand, daß die gesamten am Oberschenkel wirksamen Muskeln 
eine longitudinale Zugkraft von 2800 kg, eine transversale von 1220 kg 
uud eine rotatorische von 390 kg ausüben können, die allerdings nur zum 
Teil auf den Oberschenkel wirkt und sich auch auf das Becken und den 
Unterschenkel erstreckt. Immerhin fällt auf den Oberschenkel der relativ 
größte Teil der Beanspruchung. Die möglichen Zugkräfte sind teilweise 
größer als die Kräfte, die zum Zerbrechen der Knochen notwendig sind. 
Und wenn sie regelmäßig in vollem Umfange wirksam wären, so würden 
die Brüche des Oberschenkels durch Muskelkraft zu den Alltäglichkeiten 
gehören. 

Ballowitz (1) teilt einen Fall von symmetrischer Heptadaktylie beider 
Füße bei einem Soldaten mit. Die große Zehe des rechten Fußes ist ver¬ 
doppelt, beido Zehen sind aber in ganzer Ausdehnung miteinander verbunden, 
nur ganz vorne sind sie durch eine flache Einkerbung voneinander getrennt. 
Jede Großzehe besitzt einen eigenen, gut ausgebildeten Nagel, die beiden 
Nägel stoßen aber mit den einander zugewandten Rändern dicht aneinander. 
Die beiden folgenden Zehen sind ziemlich gleich lang und dadurch aus¬ 
gezeichnet, daß sie bis zur Mitte der Mittelphalanx miteinander vereinigt 
sind; eine Furche grenzt sie im Bereich der Syndaktylie voneinander ab. 
Die äußeren drei Zehen sind völlig voneinander geschieden, mit je einem 
Nagel versehen und gleichen den drei lateralen Zehen eines normalen Fußes. 
Hiervon unterscheidet sich der linke Fuß uur dadurch, daß die beiden 
Großzehen distalwärts durch eine tiefere Kerbe voneinander geschieden 
werden. Infolgedessen sind ihre beiden Nägel mit ihren Nagelbetten auch 
weit voneinander abgerückt, insbesondere, da die distalen Enden der beiden 
Zehen etwas voneinander divergieren, während sie rechts mehr parallel 
nebeneinander verlaufen. An den Röntgenaufnahmen des Skeletts zeigte es 
sich, daß es sich an jedem Fuße um eine Spaltung der beiden Randzehen 
handelt, und zwar geht die Spaltung der 5. Zehe weiter proximalwärts bis 
in den Metatarsus hinein, während sie sich an den großen Zehen auf die 
Phalangen beschränkt. Mit der Ausdehnung der Spaltung der Skeletteile 
stimmte auch die Spaltung der zu den Zehen hingehenden Strecksehnen 
überein. Außer der geschilderten Mißbildung der Füße wies der Untersuchte 
noch am ulnaren Raud jeder Hand Narben auf, die davon herrührten, daß 
ihm in früher Jugend das Rudiment eines sechsten Fingers durch Operation 
entfernt wurde. Es bestand Erblichkeit der Hyperdaktylie, indem der 
Vater und zwei Brüder solche gehabt haben sollen. 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie miß. 


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194 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


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Allgemeine Symptomatologie nnd Diagnostik. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Adolph, F., Zur Beurteilung der Kriegs Verwendungsfähigkeit unserer Herzkranken. 
Münch, med. Woch. No. 43. S. 1479. F. B. 

2. Al brecht, W., Über Schädigung dee Ohres im Kriege. Münch, med. Woch. p. 304. 

(Sitzungsbericht.) 

3. Albu, Kriogsneurose des Herzens. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 238. 

4. Anton. Illustration der Entwicklungsstörungen durch Röntgenbilder. Münch, med. 
Woch. p. 1018. (Sitzungsbericht.) 

5. Antoni, Om s. k. „faradisk Babinski“. Allmänna Svenska Läkartidningen. No. 38. 

6. Dorsolbo, Don ogendomliga offekten av Baränys kaloriska reaktion vid s. k. blick- 
förlamning. obd. No. 35. 

7. Ariens Kappers, C. U., En Comm£moration de A. van Gehuchten. Folia neuro- 
biologica. Bd. 9. No. 4. p. 337. 

8. Derselbe, Ludwig Edinger (1855—13. April 1915). (Vgl. No. 114.) 

9. Armbrust er, Enuresis nocturna. Studion aus der Kinderheilkunde. Der praktische 
Arzt. No. 1—2. p. 1. 25. 

10. Arno Id i, Paul, Beitrag zur Aphonia (Dysphonia) Bpastica. Inaug.-Dissert. Würz¬ 
burg. August. 

11. A t woo d, C. E., A Caso of Periodic Paralysis. The Journal of Nerv, and Mental Disease. 
Vol. 42. p. 292. (Sitzungsbericht.) 

12. Auer. E. Murray, Anosognosia and Anosodiaphoria. Medical Record. 87. 521. 

13. Derselbe, Cerebral Heiniplegia; Sequel of Diphthoria. New York med. Journ. 8. May. 

14. A u erb ach, Siegmund, Die Auf brauchst heorio und das Gesetz der Lähmungstypen. 
L. Edinger gewidmet zu seinem 60. Geburtstage. Dtsch. Ztschr. f. Norvenheilk. Bd. 53. 
No. 0. p. 449. 

14a. Barab&s, Zoltan. SensibilitatsstÖlungen nach Diptherielähmungen. Orvosi Hetila]). 
No. 31. (Ungarisch.) 

15. Bass, H. M-, Differentiation Between Functional and Organic Cardiac Disease in 
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18. Beach, W. M., Consideration of Rectal and Colonic Reflexes and Nouroses. We. t 
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


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diesbezüglichen Instruments). 

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(Sitzungsbericht.) 

243. Derselbe, Eine Reihe von psychogenen und kortikalen Sonsibilitätsstörungen. ebd. 
p. 618. (Sitzungsbericht.) 

244. Derselbe, Instrumente für Sensibilitätsuntersuchungen. ebd. p. 621. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

245. Derselbe, Blutdruck- und Pulsanomalien bei organischen Nervenleiden, ebd. 1916. 
35. 93. (Sitzungsbericht.) 

246. Turner, J. S., Apoplexy. Texas State Journ. of Medicine. March. 

247. Derselbe, Recognition of Early Symptoms of Nervous Diseases in Life Insurance Work, 
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248. Unna, P. G., Ursachen und Verhütung der kalten Füße. Hygienische Rundschau. 
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249. Urbantschitsch, Ernst, Kopfnystagmus. Monatsschr. f. Ohrenheilk. p. 373. 

(Sitzungsbericht.) 

250. Derselbe, Seltene Mißbildung des rechten Ohres, ibidem, p. 372. 

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252. Vavrouch, J., Klinische Beobachtungen über Herpes zoster. Revue v. neuropsy- 
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253. Vervloet, C. G., Über Schmerzlokalisation beim chronischen Pankreasleiden. Ned. 
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262. Wes ton, P. G., Cholesterol Contont of Cerebrospinal Fluid. J. of Med. Research. 
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263. Westphal, Über Fehlen aller Sohnenreflexe ohne nachweisbare Erkrankung des 
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265. Wilson, J. Gordon, and Pike, F. H., The Mechanism of Labyrinthino Nystagmus and 
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Medicine. Vol. 15. No. 1. p. 31. 

26b. Dieselben, Vertigo. The Journ. of the Amor. med. Assoc. Vol. LXIV. No. 7. 
p. 561. 


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202 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


267. Dieselben, The Differential Diagnosis of Leedens of the Labyrinth and of the Cerebellum. 
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268. Wintermute, G. P., Report of Unusual Cane of Labvrinthine Deafness. California 
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269. Wo er ko m, W., Über einige Störungen in der Ausführung einfacher Willkürbewegungen. 
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270. Wolff. Die L T ntereuchung des Vestibularapparates. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 
S. 1356. 

271. Wyßmann, Zur klinischen Bedeutung der Cholesteatome des Pferdes. Schweizer 
Arch. f. Tierheilk. 57. 371. 

Aus dem Kapitel der allgemeinen Symptomatologie und Diagnostik 
scheinen mir hervorhebenswert die Arbeiten von Auerbach, welcher die 
Edingersche Aufbrauchtheorie erweitert, von Stiefler über die Prüfung 
der Baranyschen und Fischerschen Methoden an 50 Kriegsverletzten, von 
Strauß über eine einfache Bestimmung des Reststickstoffgehaltes des 
Blutserums bei Urämie und arteriosklerotischer Zerebralaffektion, von 
Billström über den Nachweis von Alkohol im Urin, von Bikeles und 
Gerstmann über den Einfluß der psychomotorischen Region auf die 
Schweißabsonderung, von Kohnstamm über den Katatonusversuch und 
von Cziky über das Wesen des Phänomens, von Oppenheim über falsche 
Innervation, von Stewart über Beteiligung sympathischer Bahnen bei 
Brachialneuritis, von Wilson und Pike über den Einfluß des Temporal¬ 
lappens auf den durch Labyrinthreizung hervorgerufenen Nystagmus, von 
Rhese, der umfassende Studien über die Entstehung und Bedeutung der 
vestibulären Fallbewegungen angestellt hat, und das Zusammenwirken be¬ 
stimmter Bahnen anuimmt, durch deren Versagen sie Zustandekommen, von 
Sharpe über Herpes zoster bei Affektion der Kopfganglieu, von Catton 
über die Reflexe nach dem Tode, von Sittig über die Lokalisation des 
Kniebeugereflexes, von Biach über das Verhalten des Babinskisehen 
Zehenphänomens bei inneren Krankheiten und von Fröscliels über das 
Entstehen des Stotterns. 


Allgemeines. Untersuchungsmetboden. 

Obersteiner (162) führt zahlreiche Beispiele aus dem großen Gebiete 
der Nervenkrankheiten an, um erneut darauf hiuzuweisen, daß bei einer 
großen Anzahl von Erkrankungen des Nervensystems (es gibt kaum eine 
Gruppe, bei der nicht entsprechende anatomische Beobachtungen gemacht 
sind) gewisse angeborene Abweichungen von der Norm als endogener Faktor 
ästiologisch nicht bloß erschlossen werden, sondern klar demonstrierbar be¬ 
stehen, und daß der Kreis dieser Krankheiten mit Keimschädigung bzw. 
Entwickluugsstörungen im Nervensystem sich immer mehr erweitert; es 
wird durch eine solche Abweichung eine Anlage für die Erkrankung geschaffen, 
die entweder mehr allgemeiner Art oder aber für die betreffende Krankheit 
spezifisch ist. 

Auerbach (14) knüpft an die Lehre von Edinger an, daß einzelne 
Nervensysteme besonders oft oder regelmäßig bei Kraukheitsschädignngen 
erkranken, während andere verschont bleiben, weil erstere entweder nicht 
in voller Stärke angelegt sind, oder daß kein genügender Ersatz der ver¬ 
brauchten Substanz eintritt. (Aufbrauchtheorie.) Auerbach hat diese 
Theorie erweitert, indem er das Gesetz folgendermaßen formulierte: Die¬ 
jenigen Muskeln bzw. Muskelgruppen erlahmen am raschesten und voll¬ 
kommensten bzw. erholen sich am langsamsten und am wenigsten, die die 
geringste Kraft (ausgedrückt durch das Muskelgewicht) besitzen und ihre 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


203 


Arbeitsleistung unter den ungünstigsten physikalischen, physiologischen und 
anatomischen Bedingungen zu vollbringen haben, während die in dieser Be¬ 
ziehung besser gestellten Muskeln von der Lähmung größtenteils verschont 
bleiben. Unter den Momenten, die einen mehr oder weniger großen Einfluß 
auf die Arbeitsleistung der Muskeln und damit auf ihre Anstrengung aus¬ 
üben müsseu, haben sich dem Autor folgende physikalische, physiologische 
und anatomische ergeben: 1. Die Überwindung der Schwerkraft, 2. die Be- 
wegungsricbtung der Muskeln, 3. die funktionelle Zugehörigkeit zu einer 
anderen, leistungsfähigeren Muskelgruppe, 4. die häufigere oder seltenere 
Ausübung einer Funktion im gewöhnlichen Leben ohne Rücksicht auf die 
berufliche Beschäftigung, 5. der phylogenetisch verschiedene Gebrauch be¬ 
stimmter Muskelgruppen bzw. ihrer lunervationszentren (ob ein ununter¬ 
brochener bzw. sehr häufiger Gebrauch vor sich geht oder ein weniger 
häufiger), 6. das bilateral symmetrische Zusammenwirken einiger Muskel¬ 
gruppen bzw. die Vertretung der entsprechenden Zentren in beiden Hirn- 
hemisphäreu, 7. die Gefäß Versorgung und die Zahl der innervierenden 
Nervenfasern resp. Achsenzylinder, 8. die anatomisch ungünstige Lage einiger 
Nerven (hat nur für die traumatischen Lähmungen eine Bedeutung). Der 
Autor erläutert sein Gesetz an einzelnen Beispielen typischer peripherischer 
Lähmungen, er ist aber der Ansicht, daß es für die spinalen und zerebralen 
Lähmungen dieselbe Gültigkeit habe. 

In den von Szt&nojevits (234) mitgeteilten Fällen handelte es sich 
1. um eine Meningitis serosa (wahrscheinlich als Folgeerscheinung von Mor¬ 
billi), 2. um eine reine Wortblindheit und Farbenagnosie auf Grund einer 
subkortikalen, luetischen und arteriosklerotischen Gefäßveränderung, 3. um 
kortikale Mono-Hemiparesen und Lagegefühlsstörungen, 4. um 30 schwere 
Rückenmarksverletzungen durch Schuß. Bezüglich der peripheren Nerven¬ 
verletzungen betont der Autor, daß die Paresen sowohl motorisch wie auch 
sensibel nicht nur durch die sichtbaren Verletzungen der Nervenstämme 
direkt, sondern durch vom Luftdruck hervorgerufene subkutane und intra¬ 
muskuläre Blutungen entstehen können. 

Rohde (188) führt eine Anzahl von Soldaten an, um die Rolle der 
konstitutionellen Veranlagung auf die Leistungsfähigkeit des Körpers zu 
veranschaulichen, wenn dem Körper größere seelische und körperliche An¬ 
strengungen aufgebürdet werden. Bei der verschiedenen Art, wie das Ver¬ 
sagen des Körpers in der Art der nervösen und psychischen Erscheinungen 
zum Ausdruck kam, ist ein Eingehen auf die einzelnen vom Autor angeführten 
Beispiele unmöglich. R. ist nach diesen Erfahrungen der Ansicht, daß noch 
viel zu wenig auf die Konstitution der Militärpflichtigen in Friedenszeit 
geachtet wird. Besonders wären nervöse Erscheinungen und hereditäre Be¬ 
lastung zu berücksichtigen. Man sollte hochgradig nervös veranlagte und 
debile Menschen weit öfter als dienstunbrauebbar erklären, als es bisher 
geschehen ist. 

Redlich (183) gibt seine Erfahrungen über die Leistungsfähigkeit des 
Nervensystems unserer Soldaten wieder. Den breitesten Raum seiner Aus¬ 
führungen nimmt die Erörterung des Kraukheitsbildes der sog. traumatischen 
Neurose ein. Er hält es auch für eine Mischung von neurasthenisch-hyste- 
rischen Symptomen, und ihre Pathogenese stimmt mit der der Fälle, die 
man in Friedeuszeiten beobachtet, überein. Auch hier wird die Krankheit durch 
Wunschvorstellungen allerdings etwas anderer, aber ebenso wirksamer Art 
aufrechterhalten, wie bei den Kranken in der Unfallpraxis (vgl. das Kapitel: 
Trauma und Nervenkrankheiten). 


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204 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


Oppenheim (167) gibt ein summarisches Übersicbtsbild über seine 
Beobachtungen an Kriegsverletzten. Da diese Beobachtungen in anderen 
Arbeiten des Autors ausführlicher besprochen werden, so kann hier von 
einem ausführlichen Referat füglich abgesehen werden. 

Margulies (137) gibt ein kurzes Übersichtsbild seiner Erfahrungen an 
Kriegsverletzungen von seiten des Nervensystems. Und zwar werden be¬ 
sonders die sekundäre Meningitis, der Hirnabszeß, die Verletzungen der 
peripherischen Nerven und die Neurosen besprochen. 

Was bei den Kriegsteilnehmern, die ungeheure Strapazen durchgemacht 
haben, gewöhnlich als Erschöpfung bezeichnet wird, ist nach Ansicht von 
Jakobj (107) keine Erschöpfung, sondern hochgradigste Ermüdung. Der 
Vortragende sucht nun durch Erörterung der hierbei im Körper sich ab¬ 
spielenden physiologischen Vorgänge den bezeichneten Zustand aufzuklären. 
Im wesentlichen spielt hierbei eine Gefäßzirkulationsstörung die Hauptrolle. 
Gelingt es, die primär auftretende übermäßige Erweiterung der in Betracht 
kommenden Stromgebiete durch ein an sich unschädliches Mittel so zu beein¬ 
flussen, daß durch Erhöhung des Gefäßtonus und Verengerung des Gefä߬ 
lumens zumal im Kapillargebiet die nachteilige Zirkulationsstörung ver¬ 
hindert wird oder, wenn sie bereits eingetreten ist, dieselbe wieder rück¬ 
gängig zu machen, so hat man damit die Möglichkeit, dem Ermüdeten 
ohne Nachteil für seine Gesundheit seine Leistungsfähigkeit in kurzer Zeit 
wiederzugeben. 

Übersichtsarbeit V&nVsek’s (251), die sich hauptsächlich mit den An¬ 
sichten von Eppinger und Heß über zwei Typen viszeraler Neuroseu und 
mit der pharmakologischen Wirkung einzelner Gifte bei verschiedenen Psy¬ 
chosen und allgemeinen Körpererkrankungen beschäftigt. ( Jar . Stuehllk.) 

Mare§ (136) benutzt seine Mitteilung zur Darlegung, daß bei der 
Regulierung der Blutzufuhr und -ausfuhr im Gehirn die Zerebrospinalflüssig¬ 
keit von großer Bedeutung ist: sie wirkt hämodynamisch, die Organe (telae 
chorioidea) saugen direkt das Wasser aus dem Blute, so daß der Druck in 
den Arterien sinkt und dadurch stärkere Blutzufuhr verursacht wird. 

{Jar. Stuchlik.) 

Martin und Lovett (138) geben eine besondere Methode an, um die 
Muskelkraft einer Muskelgruppe bei Ausführung einer bestimmten Bewegungs¬ 
art zu messen. Die Muskelkontraktion überträgt ihre Stärke durch Ver¬ 
mittlung einer um das Körperglied gelegten Schlinge auf eine balanzierende 
Feder, deren Ausschlag den Grad der Kontraktion angibt. Die Kraft- 
abschwächuug von Muskeln, z. B. bei Kinderlähmungen, kaun man aus einer 
Tabelle von normaler Muskelkraft ersehen, die im Mittel bei gleichaltrigen 
Kindern besteht, und aus einer Reihe von Vorversuchen gewonnen wurde. 
Mittels dieser Methode kann man im Verlaufe der Krankheit konstatieren, 
ob die Kraft der Muskeln im Laufe der Kraukheit zu- oder abgenommen hat. 

Stiefler (227) hat über 50 Fälle von Schußverletzungeu des Gehirns 
nach der Bäränyschen Prüfungsmethode und nach den Fischerschen Re¬ 
aktionen untersucht. Die letztere Prüfung besteht darin, daß man zunächst 
bei aufrechtem Kopfe, bei geschlossenen Augen den Zeigeversuch prüft und 
dann, stets bei geschlossenen Augenlidern, erstens die Augeu nach den 
Seiten wenden läßt, zweitens den Kopf seitwärts dreht und drittens den¬ 
selben seitwärts neigt. Bei Normalen tritt 'bei 1 und 2 Vorbeizeigen in 
entgegengesetzter Richtung der Drehuug auf, bei 3 in derselben Richtung. 
Die Reaktionen sind bei Normalen uicht immer vorhanden; wo aber deut¬ 
licher Unterschied zwischen rechts nach links auftritt, ist derselbe sicher 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


205 


verwertbar. Die von Stiefler untersuchten Fälle betrafen a) Verletzungen 
des Kleinhirns, des Gehörorganes und Kombination beider, b) Hirnschüsse 
und Durchbruch in den Ventrikel, c) Verletzungen des Gehirns. Die Er¬ 
gebnisse faßt der Autor in folgenden Schlußsätzen zusammen. 

1. Bei teilweiser Abtragung der mittleren Partie des Lobi semilunares 
inferior und superior der linken Kleinhirnhemisphäre, welche der Gegend 
des Zentrums für das Vorbeizeigen des linken Armes nach außen entspricht, 
ist Vorbeizeigen des linken Armes, nach innen und Herabsetzung der Reak¬ 
tion nach außen aufgetreten in Übereinstimmung mit den bereits in der 
Literatur niedergelegten Befunden Bäränys. 

2. Bei Verletzung der Weichteile und des Knochens in ungefährer 
Mitte der Verbindungslinie zwischem oberen Ohrmuschelansatze und Protu- 
berantia occipitalis externa, welcher Schädelanteil mit der mittleren Partie 
des Lobi semilunares korrespondiert, ist Vorbeizeigen nach innen und 
Herabsetzung bzw. Aufhebung der Reaktion nach außen aufgetreten, offen¬ 
bar entsprechend einer Blutung in diese Region des Kleinhirns. 

3. Bei Schüssen, welche die Ohrmuschel, den Warzenfortsatz trafen, ist 
stets totale Taubheit, wiederholt auch Nystagmus nach der gesunden Seite 
mit und ohne komplette Vernichtung der kalorischen Reaktion aufgetreten, 
und zwar auch ohne Fraktur des Labyrinths (Blutung ins Labyrinth). 

4. Bei Schüssen, die den Warzenfortsatz trafen, sind wiederholt, ab¬ 
gesehen von den labyrinthären Erscheinungen, Symptome von seiten des 
Kleinhirns, bestehend in Nystagmus nach der kranken Seite, Vorbeizeigen 
der Extremitäten, des Kopfes, Rhombergschem Phänomen aufgetreten, die 
offenbar auf Blutungen ins Kleinhirn durch Kontusion beruhen. 

5. Bei einem Falle nach Schußverletzung des Warzenfortsatzes zeigte 
sich eine Symptomengruppe von Kopfschmerz am Hinterhaupte, Schwer¬ 
hörigkeit vom Charakter der Läsion des inneren Ohres, Nystagmusanfällen, 
Vorbeizeigen der Arme bzw. Handgelenke nach außen, mit wechselnden Be¬ 
funden, die von Bäräny auf eine Drucksteigerung in der Cysterna lateralis 
pontis beiderseits zurückgeführt wird. 

6. Unter den Erscheinungen des Ventrikeldurchbruches ist insbesondere 
das zuerst von Ruttin beschriebene plötzliche Auftreten eines starken Ny¬ 
stagmus, sei er vertikal nach abwärts, sei er rotatorisch nach rechts und 
links, wiederholt beobachtet worden. 

7. Bei den Hemiparesen (infolge Schußverletzungen des Scheitellappens) 
mit Störung der Tiefensensibilität besteht spontanes Vorbeizeigen in Mittel¬ 
stellung des Armes ohne bestimmte Richtung, bald nach rechts, bald nach 
links, ferner Verstärkung des Vofbeizeigens bei der kalorischen Reaktion. 

8. Bei den Hemiparesen mit Spasmen findet sich Vorbeizeigen bei 
Ab- und Adduktion des Armes mit Richtung zur Mittellinie; in Mittel¬ 
stellung des Armes gewöhnlich richtiges Zeigen. Durch die Spasmen wird 
auch die kalorische Reaktion beeinflußt, so daß z. B. bei rechts kalt und 
Abduktion des rechten Armes ein scheinbares Fehlen der Reaktion beob¬ 
achtet werden kann. 

9. Bei den motorischen bzw. auch sensiblen Paresen ohne Störung der 
Tiefensensibilität und ohne nachweisbare Spasmen wurde kein Vorbeizeigen 
beobachtet. 

10. Bei Verletzungen des Stirnhirns wurde niemals spontanes Vorbei¬ 
zeigen, niemals Rhombergsches Phänomen gefunden. 

11. Die Prüfung der Fischerschen Reaktionen bei Normalen stimmt 
mit den Befunden des Autors überein; die Beugung des Kopfes hat in der 
Regel ein verläßlicheres Resultat ergeben als die Drehung, die Drehung ein 


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besseres als die Wendung ..der Augen. Auch bei pathologischen Fällen 
findet sich eine sehr gute Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen der 
kalorischen Prüfung und den der Fischerschen Reaktionen, die jedenfalls 
in Fällen, wo eine vestibuläre Prüfung nicht möglich ist, ein ausgezeichnetes 
Hilfsmittel darstellen, um die Funktion des Kleinhirns ohne jede Belästigung 
des Kranken zu prüfen. Wo es aber auf einen exakten, wissenschaftlichen 
Befund ankommt, wird mau die vestibuläre Prüfung nicht umgehen können. 

Strauß (231) gibt an, daß ihm die relativ einfache Bestimmung des 
Reststickstoffgehaltes des Blutserums in einer großen Reihe von Fällen, in 
welchen die Differentialdiagnose zwischen Urämie und arteriosklerotischer 
Zerebralaffektion wichtig erschien, wertvolle Dienste geleistet hat. Die 
Bestimmung erfolgt nach Angabe des Autors auf folgende Weise: Mau 
füllt in ein 50 ccm eingestelltes Kölbchen 20 ccm azetonfreien Methylalkohol 
und läßt tropfenweise 5 ccm Blutserum zufließen. Alsdann füllt man bis 
zur Marke 50 mit Methylalkohol auf, läßt zwei Stunden stehen, filtriere 
durch ein trockenes Filter, setzt dem Filtrat 3 — 4 Tropfen lOprozentige 
alkoholische Chlorzinklösung zu, läßt stehen, bis sich ein flockiger Nieder¬ 
schlag abgesetzt hat und filtriert wieder durch ein trockenes Filter. Von 
dem Filtrat nimmt man 30 ccm, läßt den Methylalkohol auf dem Wasser¬ 
bade abdampfen, nimmt den Rest in wenig Wasser auf und macht eine 
Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl. Bei urämischen Zuständen kann man 
100—150, ja sogar gelegentlich 200—300 mg Reststickstoff in 100 ccm Blut¬ 
serum vorfinden. Werte von 80—90 mg sprecheu in dubio daher mehr für 
arteriosklerotischen als für urämischen Ursprung der Zerebralstörung. 

Hopkins (100) untersuchte mit der Methode von Bang den Zucker¬ 
gehalt der Spinalflüssigkeit bei verschiedenen Krankheitszuständeu, Meuingitis. 
Diabetes, Urämie, nervösen Erkrankungen usw. 

Das Ergebnis der Untersuchungen war, daß der Zuckergehalt im 
gesundeu Zustand meist in der Spinalflüssigkeit uiedriger ist, als der im 
Blute. Die größte Verschiebung findet sich bei der Meningitis, wo eine 
ausgesprochene Hyperglykämie besteht. 

Im Diabetes ist der Zuckergehalt im Blut und in der Spinalflüssigkeit 
nahezu gleich. Bei Pneumonie zeigte sich kein wesentlicher Wechsel der 
normalen Verhältnisse. Vereinzelt zeigte sich eine Erhöhung des Zucker¬ 
gehalts bei Epilepsie, doch waren gerade bei dieser Erkrankung die Ver¬ 
hältnisse wechselnd. 

Syphilis zeigte im großen ganzen niedrigere Ziffern als irgendeine 
andere Erkrankung mit Ausnahme der Meningitis. 

Als praktisch zur Untersuchung zeigte sich die mikroskopische Methode, 
nicht ganz zuverlässig war Fehling. Ob der Feststellung des Zuckergehalts 
bei nervösen Erkrankungen oder bei Syphilis irgendwelcher Wert beizu¬ 
messen ist, müssen weitere Untersuchungen ergeben. (Cordts-Berlin.) 

Billström (31) berichtet über seine Erfahrungen über die praktische 
Verwendbarkeit der Widmark-Niclouxschen Probe zum Nachweis von 
Alkohol im Urin (s. Upsala Läkareförenings Förhandlingar, Bd. XIX. H. 4). 
Der Apparat zum Nachweis besteht aus einem Jenakolben (etwa 50 cm 3 ), 
einem Glasrohr und einem graduierten Reagenzglas. Ins Kölbchen gießt 
man 5 cm 3 von dem zu untersuchenden Harne und einige Tropfen gesättige 
Pikrinsäure, um das lästige Stoßen beim Kochen zu verhindern. Ins 
Reagenzglas bringt man die Indikatorflüssigkeit. Diese besteht aus einer 
Lösung von Kal. diehrom. in konzentrierter Schwefelsäure. Die Stärke der 
Lösung wechselt nach Belieben, je nachdem mau die positive Grenze der 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


207 


Probe verschieden verlegen will. Man erhitzt mit einer Spirituslampe vor¬ 
sichtig das Kölbchen und sofort fangen Gasblasen an, im Reagenzglase aus 
der Flüssigkeit emporzusteigeu, die nur von erwärmter Luft herrühren. 
Nach einer kleinen Weile hört man vom Reagenzglase ein starkes Schmettern, 
and jetzt fängt die Destillation an; keine Gasblasen kommen an die Fläche, 
sondern werden sofort resorbiert, und wenn Alkohol dabei ist, nimmt die 
Lösung eine schöne grüne Farbe an; also die alte Niclouxsche Reaktion. 
Daß der Alkohol nicht entweicht, zeigt die vollkommene Reduktion der 
Dichromatlösung bei Destillation von Alkohollösungen von bekannter Stärke. 
Die Probe soll, um positiv genannt werden zu können, keine Spur von 
Gelb enthalten. Widmark schlägt eine Standardlösung von Kal. .dichrom. 
19 /iooo vor; 1 cm 3 dieser Lösung wird von 5 cm 8 einer Alkohollösung von 
der Stärke l°/ 0 o reduziert. Wenn man also z. B. den positiven Ausfall 
der Probe bei l,5°/oo haben will, nimmt man 1,5 cm 8 der Lösung und 
5 cm 8 konzentrierte Schwefelsäure. Es empfiehlt sich, zuerst die Probe mit 
einigen bekannten Alkohollösungen auszuführen. Man kann für diesen Zweck 
folgende drei Proben im Reagenzglas machen: 


1. Acid. sulph. conc.5,0 cm 3 

Kal. dichrom. (1,9 °/ 0 ).1,5 „ 

Alkohollösuug (0,75 °/ 0 ).1,0 „ 

2. Acid. sulph. conc.5,0 cm 3 

Kal. dichrom. (1,9%).1,5 „ 

Alkohollösung (0,0 %).1,0 „ 

3. Acid. sulph. conc. .... 5,0 cm 3 

Kal. dichrom. (1,9%).1,5 „ 

Alkohollösung (0,85%).1,0 „ 


1 gibt die richtige Reaktion, 2 nicht, 3 fordert mehr Chromatlösung, um 
die richtige Farbe zu zeigen. Billström gebraucht folgende Standard- 
lösuug: Kal. dichrom. 3,8 g, Aq. dest. 200; Acid. sulph. conc. 800. Von 
dieser Lösung gießt er auf einmal 5 ccm ins Reagenzglas. Wenn diese 
Menge vollkommen reduziert wird, enthält der Harn eine Alkoholkonzentration 
von wenigstens 0,1 %„ und das nennt der Autor Widmark-Nicloux 
positiv, sonst fraglich oder negativ. Später kann man titrieren, um die 
exakte Konzentration festzustellen, was sehr einfach dadurch geschieht, daß 
man entweder von der Standardlösung oder von einer stärkeren vorsichtig 
Kal. dichrom. zusetzt, solange die reine schöne grüne Farbe noch ausbleibt, 
ohne einen Stich ins Gelbe zu zeigen. Wenn der gelbe Ton zu kommen anfängt, 
kann man direkt an dem graduierten Reagenzglase das vorher zugesetzte 
Quantum ablesen und wiederholt die Reaktion mit einer neuen Harnprobe 
im Reagenzrohr und die nach dem vorigen Versuche gefundene Dichromat- 
ineuge. In fraglichen Fällen ist mit einer Standardlösung 0,05 % 0 ent¬ 
sprechend zu versuchen. In jedem für den praktischen Zweck zu unter¬ 
suchenden Fall soll man die Reaktion so früh wie möglich ausführen. Die 
Probe kann auf Unfallstationen und bei Leuten in Polizeihaft außerordent¬ 
liche Dienste leisten; man kann bei Unfällen aus forensischen und ent¬ 
schädigungsfraglichen Gründen die Probe ausführen. Während der Sprech¬ 
stunde kann die Probe von Wert sein, um einen Alkoholisten zu entlarven; 
besonders wertvoll ist die Probe in Alkoholheilstätten. Da auch Azeton 
Kaliumdicbromatlösnng reduziert, muß der Urin bei jeder Alkoholprobe erst 
einer Azetonprüfung nach Legal unterworfen werden. Billström fand, daß 
auch der Gebrauch von Paraldehyd zu Fehlerquellen der Probe Ver¬ 
anlassung gibt. 


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208 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


Zerebralsymptome. 

Unter den zahlreichen Fällen von Schußverletzungen des Gehirns beob¬ 
achtete Redlich (182) fünf mit zerebraler Hemianästhesie. Über die Loka¬ 
lisation im Gehirn bei diesen Fällen läßt sich nichts sagen, da kein Fall 
zur Sektion kam. In halbwegs frischen Fällen war die Gienze der an- 
bezw. hypästhctischen Zone gegenüber der gesunden Körperhälfte eine recht 
scharfe; sie entsprach nahezu vollsändig der Mittellinie. Aber sie war in 
einem der Mittellinie benachbarten schmalen Gebiet des Rumpfes relativ 
geringer und verlor sich im weiteren Verlauf der Besserung hier wieder 
ganz. Auch in der lateralen Partie des Rumpfes ließen sich meist noch 
weitere nach der Intensität der sensiblen Störung abgestufte Zonen abgrenzen, 
Die SeusibiUtätsstörung am Rumpfe ist bei zerebraler Hemianästhesie über¬ 
haupt schwächer als die an den Extremitäten; das entspricht der Tatsache, 
daß die Sensibilität am Rumpfe auch normal schon weniger gut ausgebildet 
ist als an den Extremitäten, speziell den oberen. Die Sensibilität des 
Rumpfes hat im wesentlichen nur primitive Funktionen zu erfüllen und bat 
deshalb im Kortex wohl eine erheblich geringere Vertretung. Hier herrscht 
zwischen Motilität und Sensibilität ein weitgehender Parallelismus. Der 
Umstand, daß die medialen Partien des Rumpfes weniger betroffen sind 
als die lateralen, deutet darauf hin, daß diese Distrikte eine Vertretung in 
beiden Hemisphären besitzen. 

In den drei von Marburg (133) mitgeteilten Fällen handelt es sich 
um Schußverletzungen des Gehirns. Alle drei wurden operiert und hatten 
den gleichen Befund einer ziemlich umschriebenen Läsion des Kortex mit 
gleichzeitiger leichter Abszedierung der oberflächlichen Partien. Die Sym¬ 
ptome waren Sprachstörung, leichte Parese und Störung der Sensibilität. 
Von diesen Symptomeu blieb die Sensibilitätsstörung stationär. Sie stellt 
sich im wesentlichen als eine Art partieller Tastlähmung dar. Der Umstand, 
daß alle drei Fälle die linke Hemisphäre betreffen und Marburg trotz 
ähnlichen Sitzes bei Läsionen der rechten Hemisphäre nichts Ähnliches 
Anden konnte, spricht sehr dafür, daß es sich um gnostische Störungen handelt. 
Die Läsion muß zwischen vorderer Zentralwindung und Gyri profundi der 
ersten Temporalwindung sitzen. Die Schädigung, durch welche die stationäre 
Sensibilitätsstörung bedingt ist, muß in der hinteren Zentralwindung und 
im Gyrus supramarginalis sitzen. Da es sich um Sensibilitätsstörungen der 
Daumen- oder Kleinfingerhälfte der Hand handelt, so läßt sich vermuten, 
daß ein vorgebildeter Mechanismus besteht, der Daumen, Zeigefinger und 
wohl auch Älittelfinger in sich begreift. Die genannten Finger sind die¬ 
jenigen, welche für feinere Tastvorgänge wesentlich in Frage kommen. Aus 
allem schließt der Autor, daß wir in der hinteren Zentralwindung und dem 
benachbarten Gyrus supramarginalis ein Zentrum für kombinierte Empfin¬ 
dungsqualitäten besitzen, dessen Ausfall besonders linksseitig zu einer Tast¬ 
lähmung des Daumens, Zeigefingers und Mittelfingers führt, mit gleichzeitiger 
Schädigung der protopathischen Sensibilität und des Lokalisierungsvermögens. 

Higier (95): 70jähriger gesunder Herr. Keine Exzesse in Baccho et. 
Venere. Vor 4 Monaten entwickelte sich im Laufe von wenigen Tagen 
Desorientiertheit, wobei das Gedächtnis und die Intelligenz im allgemeinen 
nicht viel zu leiden schienen. Sehvermögen, Anästhesie und Sprachstörungen 
waren nicht vorhanden. Bei der objektiven Untersuchung läßt sich normale 
Sehkraft und keine Anomalie am Fundus feststellen. Linksseitige Hemi¬ 
anopsie. Patient klagt über Störungen in dem Gebiete des Gesichts¬ 
sinnes: er findet nicht den Weg zu seiner Wohnuug, irrt gelegentlich und 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


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geht in das Zimmer seines Nachbars, findet schwer die Ausgangstür, kennt 
nicht die Reihenfolge der Straßen, geht statt zur Tür des Nachbarzimmers 
in die Tür des offenen Schrankes; im Tramway merkt er nicht, ob die Tür 
geöffnet oder geschlossen ist, und geht oft vorbei, erkennt nicht das Kabinett 
seines Arztes, den er täglich besucht; beim Mittagessen besetzt er oft einen 
falschen Platz, geht schlafen meist nicht in sein eigenes Bett, die "Wände 
betastet er wie ein Blinder, die Schuhe beider Füße verwechselt er regel¬ 
mäßig, kleidet sich sehr mangelhaft an, verwechselt die Reihenfolge der 
Auzugteile, versteht nicht, den Kragen oder die Krawatte anzulegen; ge¬ 
druckte Worte und Silben verkennt er, vermag nicht seinen eigenen Namen 
zu schreiben, zehn auf dem Papier aufgezeichuete Kreuze versteht er 
nicht zu^ammenzuzählen, da er sie angeblich nicht gut auseinanderhält 
und erkennt. Über den Krankheitszustand ist er gut orientiert. Links¬ 
händigkeit, Aphasie, Farbenblindheit bestehen nicht. Im Laufe einiger Wochen 
bessert sich der Zustand sichtlich. Lese- und Schreibstörungen schwinden 
allmählich. Desorientiertheit und Blindheit nehmen mit jedem Tage ab, die 
Möglichkeit der räumlichen Vorstellung und Erinneruug kehrt zurück. Die 
eingehende Analyse ergibt somit neben der linksseitigen kortikalen Bemi- 
anopsie und Seelenblindheit beiderseitige motorische Apraxie, Alexie und 
Agraphie, wobei letztere von der cecite psychique abhängigzu sein scheinen; - 
zu vermerken ist eiue tlirombotische Erweichung im Gebiete der Art. cerebri 
post., wobei am meisten gestört sind die Fissura calcarina und die angrenzenden 
Cuneus und Gyrus angularis. Nicht ausgeschlossen ist funktionelle Schädigung 
des Splenium corporis callosi. ( Selbstbericht.) 

Auch bei ausschließlich kortikalen Läsionen der psychomotorischen Zone 
zeigt sich nach Beobachtungen von Bikeles und Gerstm&nn (30) die schon 
zuror vorhandene Tendenz zur stärkeren Schweißabsonderung auf der hemi- 
plegischeu Seite nach Pilokarpininjektionen (0,01—0,015) viel ausgesprochener 
als auf der gesunden Seite. Es verhalten sich also die' rein kortikalen 
Veränderungen in dieser Hinsicht nicht anders als solche, die tief in das 
Marklager (kapsuläre Hemiplegien) hineingreifen. Bemerkenswert ist, daß 
in beiden Gruppen die Differenz in der beiderseitigen Schweißabsonderung 
nach Injektion von Pilokarpin besonders die oberen Extremitäten, am aller¬ 
wenigsten die unteren Extremitäten betrifft. Diese Erscheinungen weisen 
nach Ausicht der Autoren darauf hin, daß die psychomotorische Region und 
wahrscheinlich speziell deren Gebiet für die obere Extremität und für das 
Fazialisgebiet mit dem Schweißzentrum in enger Verbindung steht. 

Babinski versteht unter Anosognosia einen Zustand, in welchem 
Patienten mit einer Hemiplegie sich ihres Lähmungszustandes gar nicht be¬ 
wußt sind, und unter Anosodiaphoria einen Zustand, in welchem sie zwar 
von ihrer Lähmung wissen, ihr aber keine besondere Beachtung schenken. 
Auer (12) hat von der letzteren Kategorie unter 70 Hemiplegikern sechs 
Fälle beobachtet, die alle weibliche Patienten betrafen. Merkwürdig war, 
daß zwei linksseitige Hemiplegiker mit deutlichen sensiblen Störungen das 
Symptom nicht darboteu, während andere geistige Abschwächungen zeigten und 
noch andere sich an ihren Zustand wie au eine chronische Krankheit gewöhnt 
hatten. Auer meint, daß der Zustand von Anosognosia wohl identisch' sei 
mit dem, was Jan et als Spaltung der Persönlichkeit bezeichnet* hat. 


Motorische Symptome. 

Kohnst&mm (120) beschreibt folgendes Phänomen, auf das ihn ein 
Patient aufmerksam gemacht hat. Wenn man nahe an der Wand stehend, 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»i". 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


den Handrücken bei gesenktem gestrecktem Arm gegen die Wand unter 
starker Spannung andrückt, 5—60 Sekunden lang, und dann durch eine 
Wendung des Körpers dem Arm freien Spielraum gibt, sich seitlich zu 
bewegen, so bemerkt man, daß der Arm sich automatisch erhebt: 2, 45, 90, 
120° hoch, verschieden nach der Versuchsperson und der Dauer der An¬ 
spannung. Man beobachtet an sich selbst, daß dies ganz automatisch vor 
sich geht Man hat das Gefühl, als ob der Arm von einer geheimnisvollen 
Macht gehoben würde. Dieselbe Beobachtung kann man auch an anderen 
Muskelgruppen machen, z. B. an denen der unteren Extremität Dies Phä¬ 
nomen deutet darauf hin, daß der Tetanus der angespannten Muskulatur 
die Willensinnervation überdauert, und daß, um eine derartige Willkür¬ 
bewegung zu beendigen, eine besondere willensmäßige Hemmung nötig ist 
In einzelnen pathologischen Fällen fehlte das Phänomen. K. schlägt vor, das 
Experiment den „Katatonusversuch“ zu nennen. 

Nach Versuchen von Rothm&nn (193) mittels des Barany sehen 
Zeigeversuchs an Patienten, die das Kohnstammsche Katatonusphänomen 
besonders gut zeigten, beruht dieses Phänomen anf einer Nachdauer der 
subkortikalen Innervation nach Fortfall der WillkiirbeweguDg, die wahr¬ 
scheinlich durch fortdauernde Erregungen bestimmter Tonuszentren des 
Kleinhirns bedingt ist. 

Csiky (54) hat sich eingehend mit dem Katatonusversuch von Kohn- 
stamm beschäftigt. Es handele sich bei diesem Experiment nicht, wie 
Kohnstamm meint, um eine Fortdauer der Muskelkontraktion; denn man 
bemerkt, daß wenn die Willenskontraktion aufhört, zunächst eine ganz 
auffallende Pause von einigen Sekunden auftritt und erst dann die nicht 
intendierte Bewegung erfolgt. Auch Rothmanns Ansicht, daß diese vom 
Willon losgelöste Nachbewegung unterhalb der Großhirnrinde in den sub¬ 
kortikalen Zentren ihre Innervation findet, sei nicht richtig. Der Name 
„Katatonusversuch“ sei fallen zu lassen, da das Phänomen mit Katatonus 
nichts zu tun hätte. Man bezeichne es besser und einfacher mit „Nach¬ 
bewegungsphänomen“. Der Autor vergleicht das Phänomen mit dem optischen 
Nachbilde, beide seien Ermüdungserscheinungen. Ebenso wie die Umstände 
beim optischen Nachbild auf dessen peripherische Abstammung hinweisen, 
so sei auch das Nachbewegungsphänomen ein Muskelphänomen. Es gelingt 
daher auch, bei vielen Personen die Nachkontraktion durch den faradischen 
Strom zu bewirken. Hierzu wähle man einen Muskel, der bloß einen moto¬ 
rischen Reizpunkt hat und, während man mit recht kräftigem Strom ungefähr 
eine Minute lang einen starken Tetanus hervorruft, trete man der betreffenden 
Bewegung energisch entgegen, indem man das bewegte Glied fixiert. Das 
Nachbewegungsphänomen läßt sich auch mehrmals durch Nachreizungen 
nach kurzer Unterbrechung wiederholen. Demnach wäre das Phänomen eine 
idiomuskuläro Kontraktion, die im ermüdeten Muskel auf die ganze 
Muskelmasse ausgedehnt entsteht. 

Ist schou die Lokalisation der Athetose mit organischer Veränderung 
eine schwierige, so ist diese noch größer, wenn keine anatomische Ver¬ 
änderung nachweisbar ist. Luk&CS (129a) schildert zwei solche Fälle, bei 
welchen die Pyramidenbahn intakt war. Bei einem 19jährigen, erblich be¬ 
lasteten Manne beschränkte sich die Athetose bloß auf das Gesicht, die 
Bewegungen der Arme waren bloß etwas uugeschickt; beschränkte Beweg¬ 
lichkeit der Zunge, er vermochte bloß jene Laute fehlerlos hervorzu¬ 
bringen, zu deren Bildung die Mitwirkung von Lippen und Zunge nicht 
erforderlich ist; Schrift etwas erschwert, sonst keine neurologische Ver¬ 
änderung. Bei der 28jährigen nicht belasteten Frau war die Sprache seit 


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Allgemeine Symptomatologie and Diagnostik. 


211 


6 Jahren erschwert, seit 4 Jahren unwillkürliche Bewegungen namentlich der 
linken Körperhälfte; bei den Bewegungen ebenda krampfhafte Kontrak¬ 
tionen mit Kontraktion der Platysma, gleichzeitige Extension der Einger in 
der rechten Hand, keine spastischen Reflexe, kein Babiuski. Sprache erschwert. 
— In beiden Fällen fehlen spastische Erscheinungen oder andere, welche auf eine 
Läsion der Pyramidenbahn hinweisen würden; der langsame Verlauf spricht 
auch gegen eine akute Erkrankung. Keine Zeichen von Hysterie, übrigens 
war eine solche Behandlung erfolglos. Das ganze Bild weist auf eine 
hereditäre Erkrankung hin. Bei gewisser Lokalisation kann also die Heredo- 
degeneration zu athetoiden Bewegungsstörungen führen, und läßt sich dieses 
Krankheitsbild der hereditären Chorea anreihen. ( Uudovernig .) 

Oppenheim (164) demonstriert einen 26 jährigen Soldaten, der einen 
Schuß durch die Mitte des linken Oberarms erhielt. Die Wunden heilten 
in 4 Wochen, die Knochenheilung (Schrägfraktur des Humerus) nahm lange 
Zeit in Anspruch. Anfangs war der linke Arm steif und bewegungslos, 
nach 5 Wochen war die Beweglichkeit wieder vorhanden. Die ursprünglich 
eingetretenen Schmerzen schwanden zugleich mit der Wiederkehr der Beweg¬ 
lichkeit. Erst im weiteren Verlaufe (von 6—7 Wochen) stellte sich eine 
allmählich zunehmende Bewegungslosigkeit ein, die den ganzen linken Arm, 
besonders aber die Oberarmmuskeln (Bild der Erbschen Lähmung) ergriffen 
hat. Es zeigte sich eine totale atrophische Lähmung des linken Deltoideus, 
Bizeps, Brachialis internus, Supinator longus. Dabei war aber die elektrische 
Erregbarkeit eine vollkommen normale geblieben. Das Leiden gehört nach 
Ansicht des Autors in die Kategorie der arthrogenen Atrophie. Es liegt aber 
hier keine einfache Atrophie vor, sondern eine vollständige Paralyse mit 
Atrophie. Erkennt man, so führt der Autor aus, einmal an, daß von der 
Peripherie ein Reiz ausgehen kann, der die vordere graue Substanz in ihrer 
trophischen Funktion beeinflußt, so hätte es kaum noch etwas Gewagtes, 
die Hypothese aufzustellen, daß dieser Reiz sich unter uns unbekannten Be¬ 
dingungen in der Weise geltend machen kann, daß die vordere graue Substanz 
für die ihr vom Gehirn zufließenden Impulse gesperrt wird. Man komme 
damit zu der alten Lehre von der Reflexlähmung. Für den Kern des 
Leidens, für die atrophische, atonische Lähmung lehnt 0. die psychogenetisehe 
Entstehung ab; er nimmt einen reflektorischen Vorgang an, der nur in seinem 
neuro-spinalen Anteil ein dynamischer, in seinem muskulären ein organischer, 
materieller ist. 0. läßt die Möglichkeit offen, daß eine psychische Disposition, 
welche die Seelenenergie herabsetzt, an der Nichtüberwindung der Hemmung 
beteiligt sein könnte. 

In vielen Fällen, die durch das sog. Symptom der Akinesia amnestica 
ausgezeichnet sind, beobachtet man, wie Oppenheim (166) austührt, die Er¬ 
scheinung, daß der Verletzte bei dem Versuch, eine Muskelgruppe in Aktion 
zu setzen, die Bewegungsenergie auf andere Muskeln ablenkt, z. B. bei dem 
Versuch, die Hand zu drücken oder die Faust zu schließen, die Adduktoren 
des Oberarms, den Trizeps, das Platysma und andere Muskeln mehr oder 
weniger beträchtlich kontrahiert. Andere Male beschränkt sich diese Inner¬ 
vation sentgleisung auf die Antagonisten, die ein solches Plus von Inner¬ 
vationsenergie erhalten, daß der Bewegungseffekt ein dem gewollten entgegen¬ 
gesetzter ist. Dieser Innervationsstörung sei von den Ärzten Mißtrauen ent¬ 
gegengebracht, und sie sei gemeinhin als eine hysterische bzw. simulatorische 
Störung betrachtet worden. Oppenheim bringt nun einzelne Fälle von 
Kriegsverletzungen — in Restitution, Radialis, Akzessoriuslähmungen usw. —, 
bei denen sich diese Erscheinung in ausgeprägter Form zeigte. Der Inner¬ 
vationsstrom ergießt sich nicht in den paretischen Muskel, sondern gewöhn- 

14* 


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212 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


lieh in die Antagonisten oder in solche Muskeln, die bei der Bewegung 
nicht die Hauptrolle, sondern eine Nebenrolle spielen. Dadurch wird die 
eigentliche Bewegung, welche ausgeführt werden soll, abgescbwächt oder 
unmöglich gemacht. 

Hasebroek (92) beschreibt eine besondere Stellungsanomalie des 
Fußes bei Kriegsteilnehmern, welche über heftige Fußbeschwerden klagen. 
Das Typische und Charakteristische ist, daß die Muskulatur den Fuß mit 
einer gewissen Hartnäckigkeit iu der Konfiguration, die an Hohlklauenfuß 
und den Pes equino-varus anklingt, festhält, und daß man bei einer Prüfung 
auf passive Beweglichkeit eine deutliche Überspannung der betreffenden 
Muskeln konstatiert. Evident ist in dieser Beziehung das Anspannen der 
Hacksehne, die sich einer Fußhebung über einen rechten Winkel energisch 
widersetzt. Es handelt sich also um einen Fuß, der in Knochen und 
Gelenken normal, nur durch eine angeborene dispositioneile Hypertonie 
bestimmter Muskeln zur Einnahme einer gewissen Stellung tendiert. Diese Füße 
sind auf angeborene Innervationsbedingungen zurückzuführen, die atavistisch 
mit den funktionellen Beziehungen zum Kletterstützgang unserer Stammes¬ 
vorfahren Zusammenhängen. Diese Spanuungsfüße erleiden eine Einbuße an 
Anpassungsvermögen für den Aufrechtstand und -gang. Es spricht alles 
dafür, daß man es bei den Beschwerden selbst mit einer Neurose zu tun 
hat; denn Stellung und Form des Fußes bedingen nach dem häufigen Vor¬ 
kommen an sich noch nicht die Beschwerden. H. empfiehlt zur Beseitigung 
der Beschwerden Massage und Stützsohle. 

Um die Anteilnahme der Mm. intercostales bei zerebralen Lähmungen 
festzustellen, untersuchte Bikeles (29) Fälle von Schädel- und Schußver¬ 
letzungen mit hemiplegischeu Kraukheitserscheinungen kortikalen oder kapsu- 
lären Ursprungs. Bei 7 unter 1-i untersuchten Fällen bestand auch bei 
tiefer Atmung kein Unterschied in den beiderseitigen Thoraxbewegungen: 
bei 6 Fällen hingegen waren die Thoraxbewegungen auf der hemiplegischen 
Seite ausgesprochen schwächer als auf der gesunden. In allen diesen letzt¬ 
erwähnten Fällen waren ausgesprochene spastische Erscheinungen an den 
Extremitäten vorhanden, während die Spasmen in der anderen Serie fehlten 
oder sehr gering waren, wiewohl die Lähmungserscheinungeu selbst bei 
einzelnen Patienten noch ganz erheblich waren. 

Sensible Symptome. 

Langstroth (124) untersuchte 460 Fälle auf die Headschen hyper¬ 
algetischen Zonen. Bei Lungenkranken fand er diese Zonen in 3 %, bei 
Herzkranken in 7 %, bei Magenkranken in 24 %, bei Leber- und Gallen¬ 
kranken in 25 %, bei Darmkranken in 10 %, bei Nierenkranken (auch 
Ureter) in 45 % der Fälle. Vollständige dorsale Areale, wie sie Head ge¬ 
funden hat, konnte der Autor nur selten erkennen, aber sie waren zumeist 
doch sehr groß. Da man bei jeder innerlichen Erkrankung viele solche 
hyperalgetischen Zonen antrifft und von jedem Segment viele Viszera 
innerviert werden, so ist dieses Symptom im allgemeinen von keiner nennes- 
werten Bedeutung, ausgenommen bei Nierenkranken, wo das Zeichen ziemlich 
charakteristische Form zeigt. 

Bei 16 Kindern mit postdiphtherischen Lähmungen hat B&r&b&S (14a) 
die Sensibilität untersucht. Motorische Lähmung in allen Fällen vorhanden, 
Ausfälle der Sensibilität bloß bei der Hälfte: totale Analgesie in 2, partielle 
Analgesie in 1, Hypalgesie in 6, Hypalgesie in 1 Falle. Stets handelte es 
sich um dissoziierte Seusibilitätsstörung, denn bei Störungen der Schmerz- 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


213 


empfindung war sie für Berührung, Kälte und Wärme ungestört. Im Gegen¬ 
sätze zur Tabes und Syringomyelie haudelt es sich in diesen Fällen stets nur 
um eine vorübergehende Störung, da dieselbe nach einigen Wochen verschwand. 
Die dissoziierte Seusibilitätsstörung weist darauf hin, daß es sich bei den 
postdiphtherischen Störungen um eine Erkrankung der grauen Substanz der 
Vorderhörner handelt. Mit der allemeinen Besserung bessert sich auch die 
Sensibilitätstörung, welcher keinerlei prognostische Bedeutung zukommt. 

(Hudovemig.) 

Kopczynski (120 a) berichtet über einige eigenen Beobachtungen von 
Irradiation der Schmerzen. So rief z. B. die Reizung eines Punktes des 
äußeren Randes der Augenbrauen einen Schmerz in einem bestimmten Punkte 
der äußeren Fläche des Unterarmes (NV—C # ) hervor. Die Reizung in der 
Gegend des Stirnhöckers erzeugt Schmerz in. dem oberen mittleren Teile 
des Oberarmes (NV—CJ 4 ). Die Reizung in der Temporalgegend erzeugt 
einen Schmerz in dem mittleren Teile der Klavikula (NV—C 4 ). Die Reizung 
in dem mittleren Teile des Sternum erzeugt einen Schmerz iu der Mitte 
der 11. Rippe in der Axillarlinie (D 4 —D,„). Die Reizung in der Gegend 
des Mundwinkels erzeugt einen Schmerz in der Okzipitalgegend (NV—C 3 ). 

(Sterling.') 

Sympathikus und Vagussymptoms. 

Fein (71) stellte eingehende Untersuchung bei anscheinend Gesunden 
an bezüglich des Vorkommens von nervösen Stigmata und speziell auf das 
Vorkommen von vagotonischen und sympathikotonischen Symptomen. Es 
wurden Studenten. Soldaten, Sprechstuudenpatienten mit leichteren nicht 
nervösen Leiden der Untersuchung unterzogen. Es werden dann vom Autor 
die einzelnen Ergebnisse bezüglich Reflexanomalien, Sensibilitätsstörungen, 
vasomotorischen Erscheinungen, Pulsabnormitäten, Gesichtsfeld, Lidflattern, 
Tremor, vagotonischer Symptomeukomplex mitgeteilt. Es ergab sich, daß 
allgemein nervöse Stigmata bei der untersnchten Bevölkerung recht häufig 
waren, so häufig, daß bei Begutachtung große Vorsicht geboten ist. Nur 
das Vorkommen sehr zahlreicher nervöser Einzelbefunde und starke Aus¬ 
prägung derselben dürfe nach Ansicht des Autors Anspruch auf besondere 
Beachtung erheben. Vagotonische Erscheinungen dagegen waren bei Männern 
recht selten, bei Frauen doch immerhin ziemlich häufig. 

Bei Erkrankungen des Darmtraktus beobachtete Thies (235) häufig 
eine abnorme Erweiterung oder Verengerung, meist auch eine Differenz der 
Weite der Pupillen oder der Lidspalten. Je weiter oralwärts eine Erkrankung 
am Darm sich fand, desto weniger häufig, und je weiter rektalwärts der 
Darm erkrankt war, desto öfter war eine Differenz der Pupillen- resp. Lid¬ 
spaltenweite festzustellen. Besonders häufig findet man, wie der Autor angibt, 
die erwähnten Augensymptome bei den Erkrankungen an den Erfolgsorganen 
der sakral-autonomen Nerven, also des Dickdarms, ferner des Genitale und 
der Harnblase. Häufiger als die Lidspaltendifferenz findet man eine Differenz 
der Pupillen besonders bei Erkrankung der oberen Teile des Darmtraktus. 
Bei Erkrankung der Nieren wird eine Pupillen- oder Lidspaltendiffereuz 
nur selten beobachtet; ebenso fehlt sie meist bei Erkrankung der Gallen¬ 
blase ohne Beteiligung des Dickdarmes. Sowohl die Pupillen- wie Lid¬ 
spaltendifferenz verschwindet in der Regel nach Beseitigung des lokalen 
abdominellen Erkrankungsherdes, oder sie wird doch geringer. Gelegentlich 
findet man später die Differenz im umgekehrten Sinne. Th. glaubt, daß die 
Differenz der Lidspalten sowohl wie der Pupillen ihre Ursache oft in einer 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


mechanischen Reizung vegetativer Nerven findet, daß aber Störungen der 
inneren Sekretion in den meisten Fällen bei dem Zustandekommen dieser 
Symptome keine große Rolle spielen. Für diese Auffassung spricht der 
Umstand, daß nach Beseitigung mechanischer Störungen (z. B. Verwachsungen 
von Eingeweiden) die Differenz der Pupillen oder Lidspalten verschwindet. 

Bei einseitiger Brachialneuritis war nach Untersuchungen von Stewart 
(225) die Blutfulle in der betroffenen Hand größer als in der gesunden. 
Die Ursache dieser Erscheinung liegt in einer teilweisen Läbmuug der Yaso- 
konstriktores, welche bei dem Prozeß in Mitleidenschaft gezogen sind. Bei 
lange dauernder Neuritis mit ausgesprochenen Atrophien ist die Blutfulle 
an der affizierten Seite geringer als in der normalen. Die Ursache soll hier 
in Veränderungen der Arterienwand liegen, wodurch eine Verengerung des 
Gefäßlumens bewirkt wird. §ind die Muskelnerven hauptsächlich von der 
Neuritis betroffen, so sind die Veränderungen der Blutfülle in den Händen 
und Füßen nicht so ausgesprochen, wie wenn die Hautnerven betroffen sind, 
da ein großer Teil des Blutes in die Hand geht. Bei der Hemiplegie zeigt 
die gelähmte Extremität eine deutliche Verminderung des Blutzufiusses, doch 
bestehen hier mannigfaltige ungleiche Zustände in den einzelnen Fällen; ob 
hier eiue Abhängigheit vom Sitz der Läsion besteht oder von der Dauer 
und Größe der Lähmung, läßt sich noch nicht bestimmt sagen. Es kann 
hier leichter zu einer Reflexkontraktion in den gelähmten Gliedern kommen 
als zu einer Reflexdilatatiou. Bei der Tabes wurde in Händen und Füßen, 
besonders in letzteren, eine subnormale Blutfülle gefunden, ebenso waren die 
vasomotorischen Reflexe schwach ausgeprägt. Bei der Bleivergiftung (ohne 
Lähmung) war eine deutliche Reflexgefäßkonstriktion wahrnehmbar, ebenso 
bei Alkoholneuriti8. Bei der Alkoholintoxikation und in einem Falle, der 
einen exzessiven Zigarettenraucher betraf, wurde das Umgekehrte beobachtet. 
Diese Blutmessungen können uach Ansicht des Autors vielleicht in manchen 
Fällen, wo es sich um die Entscheidung handelt, ob man es mit einer or¬ 
ganischen oder funktionellen Affektion zu tun hat. von Wert sein. 


Sinnesorgane. 

Heveroch (94) betont, daß es nicht immer möglich ist, die Stauungs¬ 
papille von der Neuritis zu unterscheiden, und dazu kennen wir noch zwei 
Typen von Pseudopapillitis: Nottbecksche Pseudoneuritis und Pseudo- 
papillitis hysterica. Deshalb können wir nicht genug vorsichtig sein und 
uns nicht auf den Befund absolut stützen. ( Jar. StuchliJc.) 

Wilson und Pike (265) versuchten, experimentell bei Katzen, Bunden 
und Affen eine Region an der Großhirnhemisphäre zu finden, deren Läsion 
eine Abänderung oder Aufhebung des Nystagmus bewirkt, der nach Reizung 
oder Zerstörung des Labyrinths eintritt. Sie haben alle möglichen Regionen 
des Großhirns und auch die subkortikalen Ganglien daraufhin untersucht 
Nach Zerstörung der einzelnen Regionen wurde ein oder beide Labyrinthe 
mit dem elektrischen Strome, durch heißes oder kaltes Wasser, durch Dreh¬ 
bewegung erregt. Auch wurde in vielen Fällen ein Labyrinth gleichzeitig 
mit der Rindenläsion oder darauf folgend, auf der Seite der Rindenläsion 
oder der entgegengesetzten zerstört. Es ergab sich, daß nur die Gegend 
des Temporallappens resp. deren Nachbarschaft einen Einfluß auf die Laby¬ 
rinthreizung erkennen ließ. Und zwar ergab Reizung des Labyrinthes auf 
der der Rindenläsion gegenüberliegenden Seite mit kaltem Wasser oder mit 
der Anode verursachte typischen Labyrinthnystagmus vou seitlichem Charakter, 
während Reizung mit heißem Wasser oder mit der Kathode nur Deviation, 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


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aber keinen seitlichen Nystagmus ergab. Zerstörung des Labyrinths auf der 
Seite der Hirnläsion ergab keinen Nystagmus. 

Im Zerebellum wurde ein ähnliches Zentrum nicht gefunden. 

Wilson und Pike (267) besprechen drei Symptome, welche sowohl 
bei Labyrinth- als auch bei Kleinbirnerkrankungen yorkommen, nämlich: 
Nystagmus, Vertigo und Ataxie. Wie sich diese Symptome bei beiden 
Affektionen verhalten, wird einerseits an reinen Labyrintherkrankungen, 
andererseits an reinen Xieinhirnaffektionen veranschaulicht. 

Wilson und Pike (266) geben zunächst eine ausführliche Erklärung, 
was man unter Vertigo zu verstehen hat, und wodurch er hervorgerufen 
wird. Dann führen sie drei Krankengeschichten an, in welchen der Schwindel 
das einzige oder dominierende Symptom war. Im ersten Falle handelte es 
sich nach ihrer Ansicht um Beizung des Labyrinths, im zweiten um Druck auf 
den N. vestibularis und im dritten um eine basale syphilitische Meningitis, 
bei welcher neben anderen Hirnnerven auch der N. vestibularis beteiligt war. 

Shambaugh (207) führt drei Fälle an, in welchen eine Labyrinth¬ 
erkrankung durch voraufgehende und sich wiederholende eitrige Tousillitis 
erzeugt war, und macht auf diese Ätiologie besonders aufmerksam. 

Rhese (186) faßt die Resultate seiner Arbeit über die Entstehung 
und klinische Bedeutung der vestibulären Fallbewegungen folgendermaßen 
zusammen: 1. Entsprechend den beiden Faserarten des Vestibularis, von 
denen eine (rechts a, links a) Nystagmus zur gleichen Seite, die andere 
(rechts b, links ß) Nystagmus zur Gegenseite bewirkt, setzt sich die Fall¬ 
bewegungsbahn aus zwei in sich abgeschlossenen Systemen zusammen. 

2. Die Fasern a und o stehen mit beiden Seiten des Kleinhirnwurmes in 
Verbindung, und zwar mit einer größeren Faserzahl (Hauptbahn) mit der 
gleichseitigen Kleinhirnseite, mit einer geringeren (Nebenbahn) mit dem 
Kleinhirn der Gegenseite. Vom Kleinhirnwurm führt die Bahn über das 
gleichseitige Deiterssche Kerngebiet und zwar wahrscheinlich über den 
kleinzelligen, ventrokaudalen Deitersschen Kern, in das gekreuzte hintere 
Längsbündel des Rückenmarks. Bei Reizung der rechtseitigen Fasern a 
verfolgt demnach der Reiz normalerweise den Weg über das Kleinhirn 
der rechten Seite und den ventrokaudalen Deitersschen Kern der rechten 
Seite zur linken spinalen Bahn. 

3. Die Fasern b und ß stehen gleichfalls mit beiden Seiten des Klein¬ 
hirnwurmes in Verbindung, aber mit einer größeren Faserzahl (Hauptbahn) 
mit dem Kleinhirn der Gegenseite, mit einer geringeren Faserzahl (Neben¬ 
bahn) mit dem gleichseitigen Kleinhirn. Vom Kleinhirn führt die Bahn in 
zwei Strängen über den großzelligen und über den kleinzelligen ventrokau¬ 
dalen Deitersschen Kern zur gleichseitigen spinalen Bahn. Hiernach verfolgt 
bei Reizung der rechtsseitigen Fasern b normalerweise der Reiz den Weg 
über den linken Kleinhirnwurm und den rechten Deitersschen Kern zur 
rechten spinalen Bahn. 

4. Da der Kaltwasserreiz und die Einwirkung der Anodo bei Strom¬ 
dauer zu Nystagmus zur Gegenseite führen, so verläuft bei beiden Reizarten 
der Reiz auf der Bahn der Fasern b, ß. Es muß demnach gemäß Nr. 3 
normalerweise eine etwaige Fallbewegung zur gleichen Seite gerichtet sein 
im Sinne der langsamen Phase des etwaigen Nystagmus. Nur wenn eine 
Störung der normalen Verhältnisse vorliegt, beschreitet der Reiz die mit 
einer geringeren Faserzahl ausgestattete Nebenbahn, so daß eine etwaige 
Fallbewegung zur Gegenseite gerichtet sein muß (paradoxe Fallreaktio). 

5. Da der Heißwasserreiz und die Einwirkung der Kathode bei Strom¬ 
dauer Nystagmus zur gleichen Seite auslösen, so läuft bei beiden Reizarten 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


der Reiz auf der Bahn der Faseru a, a. Es muß demnach gemäß Nr. 2 
normalerweise eine etwaige Fallbewegung zur Gegenseite hin erfolgen im 
Sinne der langsamen Phase des etwaigeu Nystagmus. Nur wenn eine Störung 
der normalen Verhältnisse besteht, verfolgt der Reiz die mit einer geringeren 
Faserzahl ausgestattete Nebenbahn, so daß eine etwaige Fallbewegung ihre 
Richtung zur gleichen Seite hin haben muß (paradoxe Fallreaktion). 

6. Da der Gesunde nach Drehungen entgegengesetzt der Drehlichtung 
zu fallen pflegt, und Übereinstimmung zwischen Fallrichtung und Richtung 
des Endolymphstoßes unter normalen Verhältnissen ein allgemein gültiger 
Grundsatz ist, so ist im Gegensatz zu der jetzigen Lehre die Entstehung 
der Fallbewegung nach Drehungen auf die Endolymphbewegung während 
der Drehungen zurückzuführen. Die Frage der Nystagmusentstehung wird 
durch diese Feststellung in keiner Weise berührt. Hieraus folgt, daß be¬ 
züglich der Fallreaktionsauslösung die Fasern ß und a bei der Rechtsdrehung, 
die Fasern b und a bei der Linksdrehung eine Rolle spielen. Da weiterhin 
für die Entstehung der gesamten Reaktion nach Drehungeu unter normalen 
Verhältnissen der exzentrische Bogengang ausschlaggebend ist, so ergibt sich, 
daß bei Rechtsdrehungen die Fasern ß, bei Linksdrehungen die Fasern b 
maßgebend sind, während a bzw. ot nur unterstützend wirken. Nur wenn 
eine Störung der normalen Verhältnisse vorliegt, findet nach Drehungen die 
Fallbewegung in der Drehrichtung statt (paradoxe Fallreaktion). 

7. Das Ausbleiben der Fallreaktion nach Drehungen zur gesunden bzw. 
stärker erregbaren Seite bei normaler Fallbewegung nach Drehungen zur 
kranken bzw. stärker erkraukten oder untererregbaren Seite spricht an sich 
für das Bestehen einer Störung im Labyrinth, Nerven- oder Deitersschen 
Kerngebiet. Umgekehrt weist das Ausbleiben der Fallreaktion nach Drehungen 
zur kranken bzw. stärker erkraukten oder untererregbaren Seite bei normaler 
Fallbewegung nach Drehungen zur gesunden bzw. stärker erregbaren Seite 
auf den Sitz der • vorliegenden Störungen im Kleinhirn der erstgenannten 
Seite hin. Auch eine einseitige Erkrankung kann zum Ausbleiben der Fall¬ 
reaktion sowohl nach Rechts- wie nach Linksdrehungen führen, wenn auf 
derselben Seite gleichzeitig einerseits das Kleinhirn, andererseits entweder 
das Labyrinth oder der Nerv oder das Deiterssche Kerngebiet Sitz einer 
Störung sind. 

8. Das Fehlen der Offnungsfallreaktion, ganz besonders dasjenige der 
Kathodenöffnungsfallreaktion spricht inr allgemeinen für das Vorliegen einer 
gröberen Störung, und zwar wird man diejenige Seite, auf welcher die Elek¬ 
trode ergebnislos angelegt wurde, für die erkrankte oder stärker erkrankte 
halten dürfen. Dabei spricht unter an sich gleichen Umständen das einseitige 
Ausbleiben der Kathodenöfl'nungsfallreaktion eher für einen Sitz der Störung 
im Nerven oder Deitersschen Kerngebiet, das einseitige Ausbleiben der 
Anodenöfihungsfallreaktion eher für einen Sitz der Störung im Kleinhirn. 
Das Fehlen sowohl der Anoden- wie der Kathodenöffnuugsfallreaktion der 
gleichen Seite ist verwertbar für die Annahme einer Störung im Nerven- 
oder Deitersschen Kerngebiet dieser Seite, falls die genannten Reak¬ 
tionen seitens der Gegenseite in normaler Weise auslösbar sind, während 
das Fehlen der beiderseitigen Kathodenöffnungsfallreaktiou beim gleichzeitigen 
Fehlen der Anodenöffnungsfallreaktion auf einer Seite für eine Kombination 
einer Kleinhirnaffektion mit einer solchen des Vestibularis oder des Deiters¬ 
schen Kerngebietes dieser letzteren Seite spricht, wenn seitens der Gegen¬ 
seite eine normale Anodenöffnungsfallreaktion hervorzurufen war. 

9. Die einseitige paradoxe Fallreaktion nach Kaltwasserspülung, Hei߬ 
wasserspülung, bei Kathodendauer und Anodendauer, bei Kathodenöffnung 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


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und Anodenöffnung, sowie nach Drehungen ist nach Rheses bisherigen Be¬ 
obachtungen nahezu ausnahmslos zur kranken bzw. stärker erkrankten oder 
untererregbaren Seite hin gerichtet, so daß aus der Fallrichtung mit großer 
Sicherheit die Krankheit»- oder Herdseite erschlossen werden kann. Uuge- 
mein selten vorkommende Ausnahmen von diesem Gesetz kamen bisher nur 
bei Kathodenöffnung und Kathodendauer zur Beobachtung. Die hauptsäch¬ 
liche Ursache der einseitigen paradoxen Fallreaktion ist eine Erkrankung 
derjenigen Kleinhirnseite, nach welcher hin die Fallbewegung stattfindet. 
Dabei genügen zur Auslösung des paradoxen Fallens nach Drehungen sehr 
geringe, sonst kaum zur Geltung kommende Kleiuhirnschädigungen, wenn 
sie, wie sehr häufig, mit einer Schädigung des Vestibularis kombiniert sind. 
Beim Zusammentreffen dieser Voraussetzungen kann der Endolymphstoß 
beim Anhalten das Übergewicht über den während der Drehungen gesetzten 
Reiz enthalten, so daß sich mit der Änderung der maßgebenden Nerven¬ 
fasern auch die Fallrichtung ändern muß. 

Findet das Fallen nach Anwendung der Kaltwasserspülung, Heißwasser¬ 
spülung, bei Kathodendauer, Anodeudauer oder nach Drehungen, sowohl bei 
linksseitiger wie bei rechtsseitiger Reizung bzw. sowohl nach Rechtsdrehungen 
wie nach Linksdrehungen stets zur gleichen Seite hin statt, so zeigt die Fall¬ 
richtung ausnahmslos die erkrankte oder bzw. stärker erkrankte weniger erreg¬ 
bare Seite an. Niemals findet dieses stets der gleichen Richtung zugewandte 
Fallen nach der gesunden bzw. weniger erkrankten oder stärker erregbaren 
Seite hin statt. Die Ursache ergibt sich aus Nr. 10, da dieses diagnostisch 
wichtige Symptom dadurch entsteht, daß die Reizung der einen Seite eine 
normal gerichtete, die der zweiten Seite ein paradox gerichtetes Fallen zur 
Folge hat. 

10. Die beiderseitige paradoxe Fallreaktion wurde bisher nach Kalt¬ 
wasserspülung, Heißwasserspülung, bei Anodendauer und nach Drehungen 
beobachtet. Sie ist von größter Seltenheit im Bereich des Fasersystems a, a, 
häufiger im Bereich des Fasersystems b, ß, und hier wiederum selten beim 
kalorischen und galvanischen Reiz, aber auffallend häufig nach Drehungen. 
Die Entstehung der Reaktion hat zur Voraussetzung eine Schädigung der 
in Frage kommenden rechten und linken Hauptbahn und eine hierdurch 
vermittelte Überleitung des Reizes auf die betreffenden Nebenbahnen; beim 
Drehreiz ist außerdem mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die vorliegende 
Störung der Hauptbahnen ein Uberwiegen des Endolvmphstoßes beim An¬ 
halten über den während der Drehungen gesetzten Reiz zur Folge hat. 
Während da, wo es siel» um das System der Fasern a, a handelt (Hei߬ 
wasserspülung), nur eine beiderseitig lokalisierte Krankheit oder Verletzung 
zu einer gleichzeitigen Schädigung beider Hauptbahnen führen kann, ist im 
Bereich des Systems der Fasern b, ß (Kathodenspülung, Anodendauer, 
Drehungen) unter Umständen auch eine einseitige Affektion hierzu in der 
Lage. Bei verschiedener Intensität der rechtsseitigen und linksseitigen Fall¬ 
reaktion pflegt durchweg die heftigere Fallbewegung zur kranken bzw. stärker 
erkrankten oder weniger erregbaren Seite gerichtet zu sein. 

11. Findet die Fallreaktion, sowohl bei Stromöffnung wie bei Strom¬ 
dauer stets zur gleichen Seite hin statt, so zeigt die Fallrichtung ausnahmslos 
die erkrankte bzw. stärker erkrankte oder weniger erregbare Seite an. Dieser 
Reaktionstypus beruht darauf, daß eine der beiden Reaktionen — entweder 
diejenige bei Stromöffnung oder diejenige bei Stromdauer — paradox aus¬ 
fällt, und es ergibt sich hieraus ohne weiteres die Ursache. Im allgemeinen 
ist dieser Fallreaktionstypus der Ausdruck erheblicherer Störungen im Be¬ 
reich der zentralen Fallbewegungsbahn. 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


12. Spontanes Fallen wird bei Erkrankungen der Vestibularisbahn durch 
auf der Bahn a oder o verlaufende Heize vermittelt. Hierbei ist, falls 
Untererregbarkeit der kranken Seite besteht, das Fallen zur kranken, etwaiger 
spontaner Nystagmus zur gesunden Seite gerichtet. Ist indessen die kranke 
Seite übererregbar, so ist das spontane Fallen zur gesunden, der etwaige 
spontane Nystagmus zur kranken Seite gerichtet 

13. Bei dem durch Kleinhirnerkrankungen bedingten spontanen Fallen 
spielen die Fasern des Systems b, ß die maßgebende Rolle. Das Fallen 
Kleinhirnkranker ist am häufigsten nach hinten oder zur kranken bzw. stärker 
erkrankten Seite gerichtet, der etwaige spontane Nystagmus zur kranken Seite. 
Fallrichtung Kleinhirnkranker zur gesunden Seite ist seltener. Die Fäll¬ 
richtung allein ist hiernach für die Diagnose der Herdseite nicht entscheidend, 
es bedarf hierzu der Begleitsymptome. 

14. Auch bei Mittelhirnerkrankungen (Tumoren) hat das spontane Fallen 
im allgemeinen die Richtung nach hinten oder zur kranken Seite. Dabei 
pflegt sich etwaiger spontaner Nystagmus wie bei Vestibulariserkrankungen 
zu verhalten oder vertikal gerichtet zu sein. 

15. Während bei spontanen Reizen eine Fallrichtung nach hinten ohne 
jede seitliche Komponente häufiger vorkommt, ist sie nach artifiziellen Reizen 
ungemein selten und zurückzuführen auf eine isolierte oder vorzugsweise 
Schädigung des Zentrums für das Fallen nach vorn. Bei galvanischen 
Reizen kommt außerdem die Wirksamkeit von Stromschleifen in Betracht. 
Ist bei artifiziellen Reizen die Fallbewegung nach vorn gerichtet, so ist in 
analoger Weise eine isolierte oder vorzugsweise Schädigung des Zentrums 
für das Fallen nach hinten vorauszusetzen. 

16. Die Reizung der gleichen Fasern durch verschiedene Reizarten 
braucht nicht die gleiche Art von Fallreaktion auszulösen. Die Ursachen 
dieses differenten Verhaltens, die sich einzeln oder kombiniert geltend machen 
können, sind folgende: a) die Intensität der einzelnen Reizarten. Der stärkste 
Reiz für die Fallbewegungsbahn ist die Öffnung des galvanischen Stromes, 
demnächst der Kaltwasserreiz, der schwächste der Heißwasserreiz, b) Die 
Spezifizität der einzelnen Reizarten. Beim Bestehen pathologischer Ver¬ 
änderungen sprechen die Fasern verschieden an, je nachdem der Reiz am 
Endorgan oder am Nerven selbst angreift. Dabei prüft unter an sich gleichen 
Umständen der kalorische Reiz vorzugsweise die Bewegungsfähigkeit der 
Endolymphe, der Drehreiz die Reizempfindlickeit des Endorgans, der galva¬ 
nische Reiz die Leitfähigkeit der Nervenfasern und Zentren, c) Die isolierte 
Schädigung eines einzelnen Bogenganges oder der von ihm stammenden 
Nervenfasern bei Intaktheit oder geringer Läsion der übrigen, d) Der 
Fortfall der normalen zentralen Hemmungen und Widerstände. Er ermöglicht 
irgendeiner Reizart, wenu sie sich überhaupt noch durchzusetzen vermag, 
trotz des Bestehens erheblicher Störungen und trotz völligen Versagens der 
anderen Reizarten, die Herbeiführung einer normalen, sogar einer heftigen 
Fallreaktion. 

Panse (169) kann die Empfehlung von Offenrode zur Erforschung 
der Labyrintentzündung, einen mit Äther getränkten Wattetupfer zur Er¬ 
regung vou Nystagmus auf den freigelegten äußeren Bogengang aufzulegen, 
nicht bestätigen. Er hält die Probe für unsicher. Er befürwortet sehr, 
kalte Spülungen bei der Untersuchung von kleinen Kindern auf Taubstummheit 
anzuwenden. Erzielt man dadurch kein Augenzucken, so könne man mit 
größter W ahrscheinlichkeit annehmen, daß die Schnecke tot ist. Der umge¬ 
kehrte Schluß ist allerdings nicht berechtigt. Schließlich tritt der Autor 


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Allgemeine Symptomatologie nnd Diagnostik. 


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dafür eia, mit Retzius von einem vorderen, hinteren und äußeren Bogen¬ 
gang zu sprechen und die anderen synonymen Ausdrücke lieber nicht zu 
gebrauchen. 

Da, wie Lang (123) ausfuhrt, der Vestibularnery und seine End¬ 
verzweigung im vestibulären Labyrinth und die Sinneszellen des Vestibular- 
labyrinthes viel widerstandsfähiger gegen Schädlichkeiten sind als der Coch- 
learisapparat, so ist es sicher, daß der erstere seltener und später erkrankt 
als der letztere. Wenn bei bestehender Erkrankung des Cochlearisapparates 
Schwindel labyrinthären Ursprungs auftritt, so müsse man annehmen, daß 
der Yestibularisapparat derselben Seite betroffen ist Es ist unwahrschein¬ 
lich, daß bei einseitiger Erkrankung des Cochlearisapparates der Vestibulär- 
apparat der anderen Seite betroffen sein sollte. Denn auf der anderen 
Seite müßte der Vestibularapparat ohne Erkrankung des Cochlearisapparates 
betroffen sein, und das ist sehr unwahrscheinlich, obzwar einige Ausnahmen 
bekannt wären. Abgesehen von diesen seltenen Ausnahmen gilt also in den 
Fällen von Schwindel mit einseitiger Störung in dem schallempfindlichen Appa¬ 
rate die Regel: Bei konstatierter Differenz in der Erregbarkeit beider Vesti- 
bularlabyrinthe hat die Erkrankung des Vestibularlabyrinthes ihren Sitz auf 
der Seite der Cochlearisläsion. 

Antoni (5) fand unter zirka 100 Fällen organischer und funktioneller 
Nervenkrankheiten, die auf das Vorkommen spastischer Fußsohlenreflexe 
untersucht wurden, 15 Fälle, bei denen die Babinskische Reaktion, auf 
gewöhnliche Weise ausgeführt, negativ oder zweifelhaft, mittels faradischer 
Reizung ausgeführt dagegen positiv ausfiel. In allen Fällen ist nach Ansicht 
des Verf. der Verdacht einer organischen Verletzung berechtigt. 

( Kahlmeter .) 

Antoni (6) beschreibt einen Fall von linksseitiger Hemiplegie und 
linksseitiger Fazialisparese, Blicklähmung nach links und dGviation conjugöe 
nach rechts, welcher Fall die von Bäräny als typisch für Blicklähmungen 
aus positiven Ursachen beschriebenen Erscheinungen aufwies. Bei kalo¬ 
rischer Reizung des rechten Labyrinths wurde die zuvor bestehende deviation 
conjugee nach rechts verstärkt, aber kein Nystagmus trat auf. Bei kalo¬ 
rischer Reizung des linken Labyrinths trat normale Nystagmusreaktion auf. 
Außerdem konnte jedoch Patient, solange die Vestibularisreizung anhielt, 
den Blick auch voluntär nach links hinüberwenden, obwohl nur im Tempo 
der langsamen Nystagmusphase und nur in der Horizontalebene der Aug¬ 
äpfel. Dieser Charakter der voluntären Blickwendung nach links spricht 
nach Verf. dafür, daß sie nur durch ein Nachgehen des ständigen Zuges 
der ungestörten Bahn nach rechts bewirkt wird, wodnrch die reflektorische 
Deviation nach links (= die langsame Nystagmusphase) besser sich voll¬ 
ziehen kann. Verf. glaubt, daß sein Fall der erste ist, bei dem die Bäräny- 
schen Blicklähmungserscheinungen bei Hemisphärenherden beobachtet worden 
sind (der Fall jedoch ist nicht obduziert). Der Fall spricht dafür, daß es 
eine Verletzung derselben Bahn ist, die kortikale und positive Blicklähmung 
hervorruft. ( Kahlmeter .) 

Berggieen (23) beschreibt einen Fall von „Syndroma Bäräny“, einen 
50jährigen Mann, der seit 7 Jahren an zunehmender Herabsetzung des 
Gehörs, Ohrensauseu und Schmerzen hinter dem linken Ohr leidet. Die 
Untersuchung ergab, daß kombinierte Herabsetzung des Gehörs auf dem 
linken Ohr, Druckempfindlichkeit über dem Proc. mast., positiver Romborg 
nnd dieselbe Fallrichtung bei verschiedenen Kopfstellungen, Schwindel, leb¬ 
hafter Spontannystagmus und spontanes Fehlzeigen nach innen zu im linken 
Handgelenk Vorlagen. Verf. führte Kraniotomie dicht oberhalb des Sinus 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


ohne Durainzision aus. Die Wirkung war ein Verschwinden des Fehlzeigens, 
normaler Ausfall der kalorischen Reaktion, Zunahme des Hörvermögens 
sowie einige Verminderung der subjektiven Beschwerden, Sausen, Schwindel 
und Kopfschmerzen. ( Kahlmeter .) 

Edgar (60) hat an 52 Diabetikern klinische Untersuchungen über das 
Gehörorgan angestellt und kommt unter Berücksichiigung der Literatur 
zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Häufigkeit von Erkrankungen des inneren 
Ohres bei Diabetikern und die in mehreren Fällen festzustellende Tatsache 
einer Besserung der Hörstörungen in der Zeit fehlender oder geringerer 
Zuckerausscheidung (und umgekehrt) gestatten zweifellos ätiologische Be¬ 
ziehungen des Diabetes zu Erkrankungen des inneren Ohres anzunehmen. 
2. Die ungeteilten Befunde sprechen dafür, daß in einem Teil der Fälle 
der Diabetes selbst eine Erkrankung des inneren Ohres bzw. des Hörnerven 
hervorruft. Das Zustandekommen dieser Erkrankung ist aus einer direkten 
Giftwirkung auf den Hörnerven uud das Labyrinth (toxische Neurolaby- 
rinthitis) zu erklären. In anderen Fällen ist anzunehmen, daß die patho¬ 
logischen Veränderungen im Gehörorgane durch die arteriosklerotischen 
Veränderungen der Blutgefäße, die sich bei Diabetes so häufig finden, herbei¬ 
geführt werden. Für eine Reihe von Fällen endlich kommt für die Ent¬ 
stehung von Inuenohraffektionen die Summierung der genannten ätiologischen 
Momente in Betracht. 


Haut. 

GÖtz (84) teilt einen Fall von Adipositas dolorosa mit, der dadurch 
eine besondere Färbung hatte, daß die Patientin an reizbarer Verstimmung 
litt, einen Suizidversuch gemacht hatte und deshalb in die Irrenabteilung 
verlegt wurde. 

Der Herpes zoster kann auch nach Beobachtungen von Sharpe (209) 
bei Schädigungen anderer Kopfganglien als des Gassersehen eintreten; so 
z. B. bei Befallensein des Gaugliou geniculatum (N. facialis), des Ganglion 
petrosum und des Ehrenrittersehen Ganglion (N. glossopharyngeus) uud 
des Ganglion jugulare uud plexiforme (N. vagus). Auch bei Befallensein 
des Cortischen und Scarpaschen Ganglions (N. acusticus) können wohl 
ähnliche Erscheinungen auftreteu. 

Der Symptomenkomplex bei Befallensein des Ganglion geniculatum 
besteht in Herpes zoster oticus mit oder ohne Fazialis- und Akustikus¬ 
erscheinungen. Entzündungen der Ganglieu des N. IX und X rufen Herpes 
zoster oticus, pharyngis et laryngis hervor; außerdem treten Pharynx- uud 
Larynxschwäche, zeitweilig auch kommt Übelkeit, Erbrechen, Verlang¬ 
samung des Herzschlages, Schlucken hinzu. Entzündungen der Ganglien des 
N. acusticus rufen Erscheinungen hervor, die auf Beteiligung des N. cochlearis 
und vestibularis schließen lassen: Taubheit, Ohrensausen. Nystagmus, Übelkeit, 
Erbrechen, Störungen des Gleichgewichtes, Meniörescher Symptomenkomplex. 
Diese Erscheinungen können leicht und vorübergehend, aber auch dauernd 
schwerer Natur sein. 


Innere Organe. 

Stone (229) teilt die Patienten, welche er auf Zirkulationsstörungen 
untersuchte, in vier Klassen ein: 1. solche mit Hyperteusion (Zerebral¬ 
gruppe), 2. solche mit Hypertension (Herzgruppe), 3. solche mit Myokard- 
und Klappenläsionen bei Überfüllung des Herzens, 4. solche mit Myokard- 
uud Klappenläsioneu bei verminderter Herzfüllung. In den vier Gruppen 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


221 


kennzeichnet er die Symptomatologie des systolischen, diastolischen und des 
Pulsdruckes. Bei der zerebralen Gruppe war der mittlere systolische Druck 
202, der diastolische 134, der Pulsdruck 68. Die Herzfüllung war 51%. 
Der vorstechende Zug dieser Gruppe wnr der hohe diastolische Druck mit 
einer Herzfüllung, die sich in normalen Grenzen hielt (40—60 °/ 0 ). Der 
Endausgang dieser Fälle ist gewöhnlich die zerebrale Blutung oder Throm¬ 
bose und Odem. 

Aus den Ausführungen Selig’s (206) ist für den Neurologen nur be¬ 
merkenswert, daß der Autor unter den Soldaten, die starken körperlichen 
Anstrengungen und seelischen Aufregungen ausgesetzt waren, relativ häufig 
den Symptomenkomplex der Base dow scheu Krankheit hat auftreteu sehen. 

Nach Beobachtungen von Heller (93) können die Anstrengungen des 
Kriegsdienstes eine eigene Form von Herzerkrankungen erzeugen, welche 
der Autor als „Übermüdungsherz“ bezeichnet. Die subjektiven Symptome 
bestehen in Schmerzen in der Herzgegend, Pulsbeschleunigung auch in 
Ruhelosigkeit und Atemlosigkeit. Oft gesellen sich Schlaflosigkeit, Appetit¬ 
mangel, allgemeine Mattigkeit und Depressionszustände dazu. Objektiv 
fiudet man entweder die Form des Tropfenherzens oder des normalen Herzens 
oder leichte Verbreiterung nach links, systolische Geräusche an der Herz¬ 
spitze, Akzentuierung des zweiten Tones oder dumpfe verwischte Herztöne. 
Der Blutdruck ist in jüngerem Lebensalter mäßig, im vorgeschrittenen mit¬ 
unter erheblich gesteigert. Das Pulsbild zeigt ausnahmslos einen regelmäßigen, 
entweder dikroten oder Zeichen der Dikrotie zeigenden Puls mit hoher 
Welle. Die Erscheinungen des Übermüdungsherzeus können Wochen, ja 
Monate andauern, führen aber meist zur Besserung oder vollständigen Heilung, 
ohne irgendwelche Zeichen der Schädigung des Klappenapparats zurück¬ 
zulassen. 

France (72) gibt eine nähere Schilderung vieler nervöser und psychischer 
Störungen, welche sich bei Herzkranken einfiuden, entweder zur Zeit, wo das 
Herzleiden konstatiert ist, oder noch bevor es manifest geworden ist. Besonders 
weist er auf Neuralgien hin, die sich im Laufe von Herzleiden vielfach 
einstellen. 

Nach Ehret’s (62) Beobachtungen kommen bei Kriegsteilnehmern 
folgende Herzschädigungen vor: 1. Herzmuskelschwäche, 2. Nervöses Herz¬ 
klopfen (a) rein psychogene Erkrankungen, b) Schädigung durch Gifte — 
Tabak, Alkohol, Thyreotöxikosen), 3. Herzmuskelerkrankungen, 4. Herz¬ 
klappenerkrankungen, 5. Jugendliche Arteriosklerose. Eine gewisse Beson¬ 
derheit stellen nur die als Kriegssklerosen zusammengefaßten Fälle, und zwar 
insofern dar, als Sklerosen bei den jungendlichen Kriegsteilnehmern ent¬ 
schieden häufiger Vorkommen als im Frieden, und es den Anschein hat, 
daß in zahlreichen Fällen die Kriegsstrapazen tatsächlich den einzigen 
auslösenden Faktor darstellen. Aus seinem Material konnte E. keinen 
einzigen Fall beobachten, bei dem es sich um Schädigungen eines an und für 
sich gesunden Herzens durch die Kriegsstrapazen gebandelt hätte. 

Die bei Kriegsteilnehmern so häufigen Herzgeräusche sind nach Beob¬ 
achtungen von Ehret (63) in der größten Mehrzahl der Fälle keine auf das 
Klappenspiel zu beziehenden Phänomene, sondern sogenannte akzidentelle 
Geräusche, die mit der Herztätigkeit selbst nur indirekt Zusammenhängen. 
Alle Menschen mit akzidentellen Herzgeräuschen hatten eine aufgeregte, 
ausgiebige Herzaktion; sie sind hei Herzgesunden häufiger anzutreffen als 
bei Herzkranken. 

Ehrmann (64) beobachtete an zwei neurasthenischen Wehrleuten, über 
welche schwere Geschosse weggefiogen waren resp. in der Nähe eingeschlagen 


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222 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


hatten, ein Heraufgehen der Pulszahl von 70 Schlägen auf 120—150, bei 
einem Soldaten sogar bis auf 180 Schläge in der Minute. Bei beiden waren 
außerdem Extrasystolen zu beobachten. 

Brugsch (41) skizziert in sehr anschaulicher Weise, das in diesem Kriege 
bei Soldaten infolge von Entbehrungen, Überanstrengungen, fehlender Nacht¬ 
ruhe, starken akustischeu Reizen und psychischen Eindrücken sich ein¬ 
stellende Krankheitsbild der „Erschöpfung“. Körperlich war das wichtigste 
aller Erschöpfungsbilder das Verhalten von Herz- und Blutdruck. Der 
niedrige Blutdruck und die Dilatation des Herzens zeigen sich ständig in 
dem Bilde. Die Leistungsschwäche ging parallel dem erniedrigten Blut¬ 
drucke. Es zeigten sich Werte von 90 —80 mm Hg (normal 110—125 mm). 
Die vasomotorische Erregbarkeit war groß; Anfälle von Bradykardie waren 
nicht selten. Es ist nicht der Herzmuskel, der sich als insuffizient im 
Erschöpfungsbilde zeigt, sondern eine Schwäche des Yasomotorius, sei es, 
daß das Adrenalin in seiner Produktion gehemmt ist, sei es, daß eine Vaso¬ 
motorenzentrumsschwäche rein nervösen Charakters vorliegt. Von sonstigen 
nervösen Erscheinungen führt der Autor folgende an: Tremor und Koordi¬ 
nationsstörungen, Schwäche der Motilität mit Parästhesien, Bettnässen, leichte 
Protrusio bulbi mit Gräfeschem Symptom. Solche Patienten sind für 
Infektionen besonders empfänglich, resp. flackern früher durchgemachte 
Infektionskrankheiten (Tuberkulose, Syphilis) wieder auf. Der Autor faßt 
das Bild nicht als eine Krankheit, sondern als eine momentane individuelle 
Beschaffenheit des Körpers auf, dessen Reflextonus in letzter Linie Not 
gelitten hat. 

Eine gründliche Beobachtung der Herzkranken während der vor¬ 
bereitenden Ausbildung der Mannschaften bei den Ersatzbataillonen lehrt 
uns iu diesem Kriege, so führt Adolph (1) aus, daß viel mehr von diesen 
Leuten kriegsverwendungsfähig sind, als bei einer einmaligen ersten Unter¬ 
suchung scheinen könnte. Die Prüfung gehört nicht ins Lazarett, sondern 
auf den Kaserneuhof, wo man die betreffenden Soldaten mit Gesunden 
vergleichen kann. Die Hauptentscheidung über die Kriegsverwendungs¬ 
fähigkeit wird sich stets auf der-Grenzlinie bewegen, wo die Erscheinungen 
von seiten des Nervensystems (Neurosen) oder wirkliche organische Schädi¬ 
gung des Herzmuskels nahezu gleiche klinische Bilder ergeben. Trotz 
sorgfältigster Registrierung aller Einzelheiten kann hier oft nur der Gesamt¬ 
eindruck des Untersuchten den Ausschlag geben. Liegt zweifellos eine 
Herzneurose vor, so soll man trotz wiederholten Klagen der Leute diese 
nicht gleich von dem Ausbildungsdienst zurücknehmen, sondern sie energisch 
suggestiv beeinflussen und ihnen vor allem die Angst, sie seien herzleidend 
und könnten sich schaden, benehmen. Auf Grund der Erfahrungen dieses 
Krieges wird mau später auch im Frieden bei der Untersuchung der neu 
eingestellten Rekruten, welche Klagen von seiten des Herzens äußern, wohl 
wesentlich skeptischer verfahren. 

Unter 120 Fällen von Apoplexie mit Sektionsbefund fand Knapp (119) 
nur drei, bei welchen nur eine Lunge bei der sich einstellenden Pneumonie 
befallen war, und nur in einem unter diesen drei Fällen entsprach die affi- 
zierte Seite der paralytischen. Der Autor hält daher die Pneumonie, die 
sich so oft nach apoplektischen Insulten einstellt, für eine sekundäre Er¬ 
scheinung, die sich oft durch sorgfältige Maßnahmen verhüten läßt. 

Lipschütz (128) hatte unter seinem Lazarettmaterial ca. 60 Soldaten, 
die an Blasenschwäche litten. Es lag bei ihnen ein vom normalen Mecha¬ 
nismus der Harnentleerung abweichendes Krankheitsbild vor, das im wesent¬ 
lichen in vermehrtem, starkem Harndrang, häufiger Harnentleerung und in 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


223 


manchen Fällen in kontinuierlichem Harntränfeln bestand, wobei die Harn* 
menge in normalen Werten blieb und auch die Untersuchung des Urogenital¬ 
apparates zu vollkommen negativen Ergebnissen führte. Es ergaben sich 
drei Gruppen: a) solche Fälle, bei denen das Leiden zum allerersten Male 
während der Dienstzeit im Herbst 1914 aufgetreten war, b) Fälle, die in 
ihrer Kindheit oft bis zum 12. oder 14. Lebensjahr an typischen Bettnässen 
gelitten hatten, später aber über keinerlei Blasenbeschwerden zu klagen 
hatten, c) solche Kranke, die in ihrer Jugend an Bettnässen gelitten hatten, 
und bei denen das in der jetzigen Form bestehende Leiden bereits zwei- 
und dreimal in ganz analoger Form, stets zur Winterzeit, aufgetreten war. 
Sonst zeigten diese Soldaten keine Spur von nervöser Veranlagung. Während 
dieser Zustand sich bei der Mehrzahl der Kranken im Verlaufe von mehreren 
Wochen besserte, stellte sich in einzelnen Fällen eine vollständige Insuffizienz 
des Sphincter vesicae ein. Gerade bei diesen schweren Fällen war der 
Verdacht der Simulation nicht von der Hand zu weisen. Therapeutisch 
wirkte besonders lindernd die Wärmeapplikation in Form von heißen Sitz¬ 
bädern und von Thermophoren auf die Blasengegend. 

Böhne (36) berichtet über eine Anzahl von jüngeren (18—22 Jahre 
alten) Soldaten, bei denen sich im Laufe der Strapazen des Feldzuges das 
Symptom der „Enuresis“ einstellte. Eine Organerkranknng war in keinem 
Falle festzustellen. Die Fälle betreffen meist Individuen, die in der Kindheit 
an Enuresis nocturna gelitten haben. Sie haben das Gemeinsame, daß ein 
unmittelbarer Zusammenhang mit intensiver Kälteeinwirkung festgestellt 
werden konnte, so daß man annehmen muß, daß intensive äußere Reize, 
insbesondere Kältereize unter bestimmten Verhältnissen eine im Kindesalter 
vorhanden gewesene Enuresis wieder auslösen können. 

Stiefler und Volk (228) berichten über Blasenstörungen bei Feld¬ 
soldaten, die durch lange Zeit dauernde Erkältung herbeigeführt war; diese 
Erkrankung reihen die Autoren ausnahmslos unter die nervösen. Im einzelnen 
konnten sie 26 Fälle von Pollakisurie, 16 Fälle von Enuresis und 7 Fälle 
von Dysurie beobachten. Aus der ersten Gruppe wurde ein Drittel nicht 
geheilt (es waren das solche, die schon einmal oder mehrmals Pollakisurie 
gehabt haben), aus der zweiten Gruppe geben die Fälle, welche auf dem 
Boden der originären Enuresis entstanden sind, fast durchwegs eine un¬ 
günstige, die anderen eine gute Prognose. Sämtliche Fälle von Dysurie 
(Schwierigkeit bei der Eutleerung der Blase) heilten vollkommen ab. 

Kenefick (115) berichtet über mehrere Fälle von andauerndem Öso¬ 
phagus- und Magenkrampf, die durch eine chronische Appendizitis ausgelöst 
wurden. Der körperliche Befund mit Ausnahme der Abmagerung infolge 
von vielem Erbrechen war negativ bis auf den typischen Druckschmerz in 
der Blinddarmregion. Kenefick hält das Symptom für einen Refiexspasmus 
und setzt die Wege auseinander, auf welchen der Reiz im sympathischen 
System übertragen wird. 

Reflexe. 

Catton (51) hat Untersuchungen angestellt, wie sich die Reflexe nach 
dem Tode verhalten. Zu diesem Zwecke prüfte er einmal unmittelbar nach 
eingetreteuem Tode und dann fortfahreud bis zu 60 Minuten nach dem Tode. 
Es zeigte sich, wenn er mit der nötigen Sicherheit vorging, d. h. wenn er 
zur Erzeugung der Sehnenreflexe z. B. nicht auf Muskelstücke klopfte, oder 
wenn er zur Erzeugung des Fußsohlenreflexes den Perkussionshammer nicht 
mit großer Kraft in die Fußsohle eindriickte, daß die Haut- und Sehnen- 


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224 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


reflexe nach dem Tode nicht auslösbar waren. Die Muskeln dagegen zeigten 
unmittelbar nach dem Tode eine erhöhte Erregbarkeit, welche sich weiter 
bis zu einem gewissen Maximum steigerte, um dann langsam wieder herab- 
zugehen und schließlich zu verschwinden. Der Muskel reagierte auch bei 
Beklopfen durch Auftreten eines Muskelwulstes, welcher eine Zeitlaug be¬ 
stehen blieb. 

Swift (233), welcher eine Methode, mittels des elektrischen Stromes 
die Sehneureflexe hervorzurufen, angegebeu hat, besonders in solchen Fällen, 
in denen sie auf die gewöhnliche Weise nicht zu erzielen sind, macht in 
vorliegender Arbeit Angaben über die Art, wie die Elektroden am besten 
anzulegen sind, um die Knie- und Achillessehnenreflexe auszulösen. 

Das von Moore (151) beschriebene Zeichen ist folgendes: Wenn der 
Untersucher seine Hand flach in die Hand des Patienten legt und nuu 
letztere stark und schnell nach aufwärts (d. h. nach der Streckseite des 
Unterarms) beugt, so krümmen sich die Finger des Patienten um die Hand 
des Untersuchers, und man fühlt die Spannung der Flexoren des Unterarms, 
wenn man die eigeno Hand wechselnd gegen die sich krümmenden Finger 
drängt. Diese Spannung ist nun bei Poliomyelitis oder Neuritis sehr gering, 
bei Pyramidenläsionen dagegen stark, und man kann das Stärkerwerden der 
Spannung nach eingetretener Pyramidenläsion schon recht frühzeitig wahr¬ 
nehmen. 

Bernhardt (24) stellt eiue Literaturangabe Loewys (Dtsche. Ztsclir. 
f. Nervenkh. Bd. 63 p. 137) über den Kremasterreflex richtig, indem er 
anführt, daß dieser Reflex schon Romberg bekannt war. Er führt folgende 
Stelle aus Rombergs Lehrbuch (Berlin 1853, 3. Aufl., p. 343) an: Wenn 
man bei Kinderu, deren Skrotum erschlafft ist, an der inneren Fläche 
des Oberschenkels mit dem Finger andrückt, so zieht sich der Testikel 
derselben Seite in die Höhe, infolge einer Reflexaktion von den Hautnerveu- 
fasern des Kruralis auf die motorischen Nervenfasern des Kremasters. 
Drückt man den Finger etwas stärker an, so tritt die Bewegung rascher 
und heftiger ein, und die Kontraktion des Kremaster hält gleiche Zeit mit 
dem Druck. Stellt man den Versuch abwechselnd auf beiden Seiten an, so 
läßt sich die Bewegung öfter erregen, als wenn man durch häufige Wieder¬ 
holung auf einer Seite die Erregbarkeit erschöpft. 

In dem ersten von Sittig (213) mitgeteilten Falle handelt es sich um 
eine Schußverletzung des Rückenmarks im 7. Dorsalsegment. Klinisch 
waren die Zeichen einer Querläsion vorhanden, denn es bestand vollständige 
schlaffe motorische Lähmung. Aufhebung der Sensibilität und sämtlicher 
Sehnen- und Hautreflexe unterhalb der Verletzungsstelle. Dieser Befund 
wurde 20 Tage nach eingetretener Verwundung erhoben. Aus der schlaffen 
Lähmung bildete sich alsdann eine spastische aus, wenigstens stoßen passive 
Bewegungen bei Streckung der Beine aus der gebeugt festgehaltenen auf 
ziemlich bedeutenden Widerstand. Bei Beklopfen der Patellarselme kommt 
es nach einer deutlichen Latenzzeit zu einer langsamen trägen Zuckung in 
den Sehnen der Musculi semitendinosus uud semimembranosus. Oft tritt 
diese Zuckung erst nach mehreren Schlägen auf und erschöpft sich später 
wieder. Diese Erscheinung tritt bei Prüfung in Seitenlage ein, bei Prüfung 
in Rückenlage kommt es zu einer sichtbaren Beugung des Beins im Knie. 
Die anderen Reflexe sind nicht auszulösen. Dasselbe Verhalten ergibt sich 
nach Extraktion der Kugel, welche intradural in Höhe des 7. Dorsalsegmentes 
dem Rückenmark anlag. Das Rückenmark in dieser Höhe war erweicht. 
Patient ging bald darauf zugrunde. Das Rückeumark wurde zunächst durch 
intraspinale Formalinjektion (nach Bergl) konserviert, um jede artifizielle 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


225 


Läsion auszuschalten. Ino Niveau des 7. Dorsalsegmentes war an einer Stelle 
keine Rückenmarkssubstanz vorhanden, in dieser Gegend bestand eine starke 
Pachy- und Leptomeningitis. Die mikroskopische Untersuchung ergab den 
gleichen Befund, daneben die üblichen auf- und absteigenden Degenerationen 
in den Rückenmarkssträngen. Im zweiten von Sittig mitgeteilten Fall 
handelt es sich um einen Schrapuellschuß in der Höhe des 2. Lendenwirbels, 
der zu einer schlaffen Parese beider Beine mit stärkerer Beteiligung der 
linken Extremität und einer segmentären Sensibilitätsstörung im Gebiete des 
1., 2. und zum Teil noch des 3. Lumbalsegmentes links führte. Es war 
also eine Kaudaverletzung vorhanden mit besonderer Beteiligung der 1., 2. 
und 3. Lumbalwurzel, namentlich links. Die Reflexe verhielten sich links 
folgendermaßen: Bei Prüfung des Patellarreflexes kommt es zu einer Beugung 
im Knie, manchmal auch zu einer Kontraktion des Quadrizeps. Achilles¬ 
reflex ist auf dieser Seite vorhanden, Kremasterreflex fehlt. Später war bei 
Prüfung des Patellarreflexes nur ein Beugestoß auslösbar. Aus diesem 
Befunde schließt der Autor auf folgende Lokalisation des Beugereflexes. 
Der Bauchreflex, der zwischen D 8 —D 12 lokalisiert wird, war vorhanden; 
der Kremasterreflex L x —L 2 fehlte, ebenso der Patellarreflex L 2 —L 4 ; der 
Achillesreflex war dagegen vorhanden L 6 —S 2 . Es waren also die Wurzel¬ 
fasern für den Patellarreflex besonders geschädigt, während die tieferen 
Wurzeln weniger betroffen waren. Berücksichtigt man, daß die Segment¬ 
innervation der in Betracht kommenden Muskeln, der Beuger im Knie nach 
L 2 —Sj verlegt wird, so wird man auf Grund aller Erwägungen die Lokalisation 
dieses Beugereflexes nach L 4 —S x verlegen. Das paradoxe Kniephänomen 
hat demnach, wie aus diesen und anderen Fällen hervorgeht, auch lokalisa- 
torische Bedeutung. 

Pfister (177) beschreibt einen Glutäalklonus, den er besonders in 
Fällen von multipler Sklerose beobachtet hat. Der Klonus wird folgender¬ 
maßen nachgewiesen: Der Kranke liegt mit ausgestreckten Beinen flach auf 
dem Bauche. Man umfaßt dann mit der Hand, dicht an der Rückseite des 
Oberschenkels von unten her die Hinterbacke und drängt sie mit kurzem 
kräftigen Rucke nach oben und außen. Wenn das Zeichen vorhanden ist, 
treten dem Patellar- und Fußklonus nach Rhythmus analoge Zuckungen im 
Glutaeus maximus auf, die solange andauern, als die Hand mit dem Drucke 
auf den Mnskel nicht nachläßt. Dieser Glutäusklonus ist, wenn ausgeprägt 
vorhanden, nach Ansicht des Autors als Pyramidenzeichen aufzufassen. 

Lorenz (129) meint, daß man für den paradoxen Reflex zwei Forderungen 
aufstellen muß. Es darf der in Frage kommende Reflex erstens durch Be¬ 
klopfen nur einer Sehne ausgelöst werden, und zweitens darf nur der 
Antagonist des Muskels, dem die beklopfte Sehne angehört, in Kontraktion 
geraten. Zucken noch andere Muskeln mit, so handele es sich nicht um 
einen paradoxen Reflex, sondern um einen Abwehrreflex. Ebenso liege kein 
paradoxer Reflex vor, wenn er durch Kneifen und Druck hervorgerufen ist 
Unter diesem Gesichtspunkte hat der Autor in der Literatur nur siebenmal 
einen Reflex gefunden, der nach seiner Ansicht wirklich paradox war. 
Diesen Fällen fügt er noch drei eigene Beobachtungen bei. In zwei Fällen 
fand sich bei Beklopfen der Patellarsehne nicht Streckung, sondern Beugung 
des Unterschenkels und in einem Falle bei Beklopfen der Achillessehne 
nicht Kontraktion der Wadenmuskulatur, sondern der Tibialis anticus- 
Gruppe. Diesen paradoxen Reflexen komme eine pathognomonische Be¬ 
deutung nicht zu. Bei dem paradoxen Reflex handelt es sich um eine 
Störung der Innervation der Hauptagonisten, so daß der sensible Reiz auf 
eine andere Bahn übertragen wird. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»ik. 15 


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226 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


Biach (26) hat umfassende Untersuchungen über das Vorkommen des 
Babinskischen Zehenphänomens uud das Verhalten der Sehnenreflexe bei 
inneren Erkrankungen angestellt. Seine Ergebnisse waren folgende: 

Das Babinskische Phänomen ist bei zwei Dritteln der akuten 
Nierenerkrankungen im Dekompensationsstadium nachweisbar. Es 
zeigt eine gewisse Abhängigkeit von der Insuffizienz der Niere; es tritt oft 
mit ihr auf und verschwindet manchmal rasch. Zur Urämie bat das Symptom 
in den akuten Fällen kaum eine Beziehung, dagegen ist das Babinskische 
Zeichen bei chronischen Nierenaffektionen meist das Zeichen drohender oder 
bestehender urämischer Symptome, kann aber auch ohne solche auftreten. 
Der dauernde Nachweis des Zeichens bei Nierenkranken deutet auf eine 
Kombination mit einem nervösen organischen Prozeß hin. Die Prüfung 
der Sehnenrefloxe hat bei akuten Nierenerkrankungen weder klinischen, noch 
diagnostischen, noch prognostischen Wert. Bei chronischen Fällen findet 
die Urämie bzw. die renale Dekompensation manchmal in dem Verhalten 
der Reflexe ihren Ausdruck, sei es in Abschwächung, sei es in Steigerung. 

Bei lobären (kroupösen) als auch anderen Pneumonien findet sich 
das Babinskische Zeichen in etwas weniger als einem Drittel der Fälle. 
Seine prognostische Bedeutung kann in der Ankündigung von Komplikationen 
(Abszeß, Empyem) hervortreten. Differentialdiagnostisch kann es vielleicht 
hinsichtlich der Tuberkulose in Frage kommen. Die partielle oder totale 
Areflexie ist ein häufiger Befund bei der kroupösen Pneumonie und kommt 
von entzündlichen Prozessen der Lunge nur dieser zu. Das Schwinden von 
Sehnenreflexen im Verlauf von Pneumonie ist am ehesten auf drucksteigernde 
Prozesse in der hinteren Schädelgrube zu beziehen. 

Für den Typhus abdominalis ist das Fehlen des Babinskischen 
Zeichens, das Erhaltensein bzw. die geringe Intensitätsänderung der Sehnen¬ 
reflexe während der Fieberperiode charakteristisch. Im Rekonvaleszenz¬ 
stadium sind die Sehnenreflexe meist gesteigert. Babinski im febrilen 
Stadium entspricht konstitutionellen Anomalien oder einer Komplikation 
nichttyphöser Natur. Für den eventuellen Verlust von Sehnenreflexen 
kommen auch Veränderungen in den peripheren Nervenstämmen in Betracht. 

Im Verlaufe des akuten und chronischen Gelenkrheumatismus 
kommt es in der Regel zur Steigerung der Sehnenreflexe. Das Babinski¬ 
sche Phänomen tritt selten auf und ist klinisch kaum verwertbar. 

Bei der Perikarditis tritt der Babinski-Reflex ungemein häufig 
auf, wenn ihm auch eine diagnostische und prognostische Bedeutung nicht 
zukommt. 

Bei den übrigen febrilen Erkrankungen war das Verhalten der 
Reflexe ein ganz regelloses. Aus diesem inkonstanten Verhalten läßt sich 
schließen, daß der Einfluß des Fiebers an sich auf die Reflexe keine oder 
nur eine ganz geringe Rolle spielt. 

Die für gewöhnlich als Tetanie geführten Fälle sind nicht ein¬ 
heitlicher Natur, sie umfassen wahrscheinlich drei verschiedene Gruppen 
verschiedener Pathogenese. Sicher nicht identisch sind die typischen Formen 
mit dem Auftreten tetanischer Anfälle, und jenen Fällen, die als rudimentäre 
Formen, als tetanoide Zustände als Spasmophilien angeführt erscheinen. 
Diese Differenz findet auch klinisch in dem Verhalten der Reflexe ihren 
Ausdruck. In Fällen letzterer Art ist die Reflexsteigerung der gewöhnliche 
Befund, während der eigentlichen Tetanie, im Stadium der Anfalle wenigstens, 
die Abschwächung der Sehnenreflexe eigentümlich ist. Im tetanischen 
Anfalle selbst kann Areflexie bestehen und in einem geringen Bruchteil der 
Fälle Babinskisches Zehenphänomen. 


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Allgemeine Symptomatologie nnd Diagnostik. 


227 


Bei verschiedenen Affektionen der Leber lassen sich Änderungen in 
dem Verhalten der Reflexe nachweisen. Für diese kommen neben der durch 
die Funktionsstörung der Leber selbst bedingten Einwirkung auf das Zentral¬ 
nervensystem uud die peripheren Nerven noch anderweitige Momente in 
Betracht. Es sind dies vor allem die Beschaffenheit des Nervensystems, 
die sehr oft mit bestimmt wird durch denselben ätiologischen Faktor, der 
auch der Erkrankung der Leber zugrunde liegt, und dann konstitutionell 
begründete Einflüsse. 

In 13 Fällen von diabetischem Koma wurde das Babinskische 
Zeichen vermißt. 

In seinen Schlußbetrachtungen hebt der Autor besonders die kon¬ 
stitutionellen Einflüsse hervor, deren wichtige Rolle für die Veränderungen 
von Reflexen und für das Auftreten pathologischer Reflexe daran erinnert, 
daß für das Verhalten der Reflexe nicht allein der auslösende Faktor, 
sondern auch die Konstitution des betroffenen Individuums maßgebend ist. 


SpinalflOsslgkelt. 

Kafka (110) spricht kritisch die einzelnen Methoden zur Untersuchung 
des Liquor cerebrospinalis (Zählung der Liquorzellen, Globulinbestimmungs- 
methoden, Gesamteiweißbestimmung, Wassermann sehe Reaktion, Hämolysin¬ 
reaktion) durch und macht auf verschiedenes aufmerksam, was bei Anstellung 
der Proben zu beachten ist. Man könne mit 7,5 ccm Liquor im Minimum 
alle Verfahren anstellen, und zwar brauche man für Zellzählung 0,2 ccm, für 
Globulinbestimmung 1,5 ccm Hämolysinreaktion, WaR. 6,0 ccm, Gesamt¬ 
eiweiß (Braudberg) 0,5 ccm, Pandy 0,04 ccm. 

Rohdenbarg und Veer (189) fanden iu einer verhältnismäßig sehr 
hohen Prozentzahl von Pneumonie Pneumokokken in dem Lumbalpunktat, 
ohne daß meningitische Symptome aufgetreten waren. Die Prognose wird 
dadurch sehr verschlechtert. 

Miller, Brnsh, Hammers und Felton (147) publizieren ihre Er¬ 
gebnisse über die Resultate der kolloidalen Goldreaktion bei syphilitischen 
Affektionen des Nervensystems. Die Methode, welche sie vereinfacht und 
verbessert haben, gehört nach ihrer Ansicht zu den exaktesten, besonders 
zum Nachweis der progressiven Paralyse. Die Autoren behaupten sogar, 
daß wenn die Zerebrospinalflüssigkeit eines Patienten, der noch keine dies¬ 
bezüglichen Symptome aufweist, die Reaktion darbietet, dies quasi ein Vor¬ 
zeichen ist für das kommende Leiden. 

Für die von Emannel (66) angegebene neue Reaktion zur Untersuchung 
des Liquor cerebrospinalis sind Lösungen notwendig: 1. Mastixstammlösung. 
10 g Mastix werden in 100 ccm Alkoh. absol. gelöst, die Lösung filtriert. 
Für den Gebrauch werden zunächst 1 ccm dieser Stammlösung mit 9 ccm 
Alkohol absolut, vermischt und rasch in 40 ccm Aqua destillata eingeblasen. 
Für diesen Zweck genügt vollkommen das käufliche destillierte Wasser, so 
daß die umständliche Reinigung fortfällt. Die Stammlösung ist scheinbar 
unbegrenzt haltbar. Dagegen müssen die Verdünnungen in Wasser stets 
frisch hergestellt werden. 2. l,25prozentige Kochsalzlösung. 1 ccm dieser 
Lösung flockt 1 ccm Mastixlösung sofort aus. 3. Anstellung der Reaktion. 
Für die Reaktion sind 5 Reagenzröhrchen erforderlich. Röhrchen 1 wird 
mit 1,5 ccm, die übrigen mit 1 ccm Kochsalzlösung beschickt. In das erste 
Röhrchen wird nun 0,5 ccm der zu untersuchenden Spinalflüssigkeit ein¬ 
gefüllt, nach guter Vermischung wird 1 ccm in das zweite Röhrchen über- 

16* 


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228 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


tragen, hieraus nach Vermischung 1 ccm in das dritte Röhrchen und so fort. 
Das fünfte Röhrchen bleibt frei. Es finden sich demnach 


in 

Röhrchen 

l . . . 

. . . 0,25 ccm Spinalflüssigkeit 

w 

n 

2 . . . 

. . . 0,125 „ 

V 

n 

3 . . . 

. . . 0,062 „ 

n 

V 

4 . . . 

. • . 0,031 „ 

w 

n 

0 • • 

• . . 0 n ?? 


Nun kommt iu jedes Röhrchen 1 ccm Mastixlösung. Nach kurzem Um¬ 
schütteln kann der Eintritt der Reaktion sogleich beobachtet werden. Das 
endgültige Resultat wird nach 12 Stunden verzeichnet. Bei normalen Spinal¬ 
flüssigkeiten bleiben Röhrchen 1 — 4 in Übereinstimmung mit der Laugeschen 
Reaktion unverändert. Während aber dort auch die Kontrolle infolge des 
geringon Elektrolytgehaltes stabil bleibt, tritt hier in Röhrchen 5 sofortige Aus¬ 
flockung ein. Bei Spinalflüssigkeiten von Paralytikern tritt im Gegensatz iu 
allen 5 Röhrchen sofortige Fälluug ein. Zwischen diesen beiden Extremen 
gibt es nun Übergänge. Aus den bisher vom Autor angestellten Versuchen 
mit Spinalflüssigkeiten verschiedener Herkunft geht hervor, daß die meta- 
luetischen Erkrankungen und möglicherweise auch die Lues cerebrospinalis 
sich von andersartigen Affektioneu des Nervensystems mit dieser Reaktion 
scharf unterscheiden lassen. 

Bei einem 14 Jahre alten Patienten CampbeH’s (48) mit lordotischer 
Wirbelsäule, der an heftigen Schmerzen in den unteren Extremitäten klagte, 
und bei dem sich Eieber uud Schwäche eines Beines einstellte, ergab die 
Spinalpunktion der Lumbalgegend ein gelb aussehendes leicht koagulierbares 
Punktat. Nach der Punktion wurde das Fieber höher, es stellte sich Dekubitus 
in der Kreuzbeingegend ein, und Patient kam so herunter, daß sein Zustand 
ganz desolat wurde. Nach vielen Monaten erst trat allmähliche Besserung 
ein. Da sich keine Veränderung der Wirbelsäule uach verschiedenen Röntgen¬ 
aufnahmen ergab, da die Tuberkulinreaktiou und die Wassermannsche 
Reaktion negativ waren, so weiß der Autor nicht, welche Affektion hier 
vorlag, nur daß er allgemein eine Pachyineningomyelitis annimmt. 


Funktionelle Neurosen. 

Cimbal (53) bekämpft gewisse in der neurologischen Praxis noch 
vielfach gebräuchliche Ausdrücke, die den Anforderungen der Kranken- 
geschichts- und Gutachtertätigkeit nicht entsprechen. Gemeint sind die 
Begriffe: traumatische Neurose, Hysterie, Neurasthenie, psychogen usw. Man 
soll lieber Bezeichnungen wie „akute nervöse Überreizung; nervöse Schwäche; 
akute nervöse Erschöpfung; angeborene nervöse, moralische, seelische Minder¬ 
wertigkeit“ usw. gebrauchen. Die Anwendung dieser Ausdrücke zwingt deu 
Gutachter zu der bei der Untersuchung von Nervösen so notwendigen 
äußersten Sorgfalt, denn der Naohgutachter oder Richter verlangt oder 
erwartet natürlich den Beweis der akuten Entstehung bzw. umgekehrt der 
langsamen Entwicklung des Leidens auf angeborener Grundlage. Es liegt 
nicht das geringste Bedürfnis vor, die oben angeführten verallgemeinernden 
Begriffe im Sprachschätze zu bewahren, da mau in den Angstneurosen, den 
Hemmungs-, Verdräugungs-, Verschrobenheitszuständen, den mehr oder 
weniger seelisch beeinflußbaren Krampfleiden, der Haltlosigkeit, den chrouisch 
entwickelten, periodischen und konstitutionellen Verstimmungen heiterer, 
mißtrauischer und schwermütiger Form, und der angeborenen nervösen 
Reizbarkeit ja völlig gangbare und viel schärfere Sprachbegriffe besitzt, mit 
denen man umschriebene Vorstellungen verbinden kann. C. ist der festen 


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Allgemein» Symptomatologie and Diagnostik. 


22& 


Überzeugung, daß dio zahllosen Rentenpsychosen des vorvergangenen Jahrzehnts 
zum Teil auf die Aufstellung eines besonderen wissenschaftlich und renten¬ 
berechtigt anerkannten Krankheitsbildes zurückzuführen waren. Ebenso wie 
die Lehre von der unaufhaltsamen Verblödung der Dementia praecox und 
die mechanische Bettbehandlung der Riesenirrenanstalten zweifellos wesent¬ 
lichen Anteil an dem artifiziellen Anstaltsstumpfsinn haben, den man heute 
zum Beweis der klinischen Einheit der endogenen halluzinatorischen Erregungs¬ 
zustände als Dementia praecox verwertet siebt, während einige Jahrzehnte 
früher aus den gleichen klinischen Formen durch die Zellenbehandlung 
Katatonien wurden. Besonders für die Kriegsfolgen muß die Erfahrung 
verwertet werden, daß schon einmal durch die Vorstellung von der Un¬ 
heilbarkeit und der Rentenberecbtigung der „traumatischen Neurose“ zahl¬ 
lose Arbeitskräfte der Volkskraft entzogen worden sind, welche erfahrungs¬ 
gemäß in einer höheren Stufe der Leistungsfähigkeit erhalten wurden, sobald 
die Gutachterpraxis sich zu schärferen Begriffen und Wertungen durch- 
gerungen hatte. 

Brasch (40) berichtet über eine Anzahl von Soldaten, die von Hause 
aus schon etwas nervös (z. T. auch Alkoholiker) durch Schreckwirkung eine 
Heizneurose bekamen, und bei denen eine hyperästhetische Zone nur auf der 
linken Brustseite über der Herzgegend nachweisbar war. Die überempfind¬ 
lichen Hautparlien waren fünfmarkstück- bis handtellergroß und fielen zum 
Teil mit der Herzdämpfung zusammen. 

Bittorf (34) sah bei Soldaten nach jedem schwereren Hitzschlag auch 
schwere hysterische Symptome auftreten (Stummheit, Astasie-Abasie, Stottern, 
Aufhebung der Schmerz- und Temperaturempfindung, tetanieähnliche Sym¬ 
ptome, Tachykardie und Tachypnoe). Die Prognose war in allen Fällen 
relativ ungünstig. 


Sprachstörungen. 

Fröschels (75) konnte an 700 Stotterern in allen willkürlichen Muskel¬ 
gruppen tonische und klonische Bewegungsstörungen finden, bei dem eiuen 
diese, bei dem anderen jene, niemals aber das Auftreten von Nystagmus, 
hing- gen oft tonisches Verdrehen der Augen nach einer Seite. Auch dieses 
Moment bestärkt Fröschels in der Annahme, daß bei der Sprachstörung 
des Stotterns keine Krämpfe vorliegen, sondern abnorme Bewegungen, welche 
aus willkürlichen Bewegungen hervorgegangen sind und auch immer in 
einem gewissen Zusammenhang mit dem Willen stehen. Seine Erklärung 
des Zustandekommens des Stotterns ist folgende: Eine in normalen moto¬ 
rischen Bahnen ablaufende Sprechaktion wird plötzlich durch das Ausbleiben 
eines Begriffes oder eines Wortes oder aber durch psychische Hemmung, 
wie Verlegenheit, Schreck, große Freude, unterbrochen. Statt nun zu 
schweigen, bis wieder alles für den psychologischen Sprechakt bereit ist, 
bewegen sich die Sprachwerkzeuge weiter, und zwar indem sie die letzte 
Silbe oder das letzte Wort solange wiederholen, bis die Hemmung ver¬ 
schwunden, beziehungsweise der fehlende Begriff, das fehlende Wort auf- 
gctnii'-ht ist. Das Stottern durch fehlende Begriffe und Worte ist bei 
Kindern so häufig, daß dieses Stottern fast physiologisch bezeichnet werden 
kann. Darin liegt der Grund, daß der Sprachfehler „Stottern“ fast nur bei 
Kindern auftritt. Dieses physiologische Stottern nennt Fröschels das 
initiale. Wird ein Kind in der Periode des initialen Stotterns nicht durch 
seine Umgebung darauf aufmerksam gemacht oder liegt nicht etwa eine, sei 
es augeborene, sei es durch falsche Erziehung entstandene zu ängstliche 


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230 


Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


Beobachtung der eigenen Person bei ihm vor, oder bat es endlich nicht 
Freude darau, so daß es sich selbst imitiert, so verschwindet das initiale Stottern, 
sobald der Gedankenablauf geregelter, der Wortschatz genügend groß geworden 
ist. Wird jedoch durch die eben angeführten Momente die eigene Auf* 
merksamkeit darauf gelenkt, so muß das kleiue Kind die Sprachstörung als 
rein motorisch empfinden, denn es ist nicht zu verlangen, daß es in diesem 
Alter genug Beobachtungsgabe habe, um zu wissen, daß ihm nur ein Begriff 
oder ein Wort gefehlt habe. Durch die Art, wie die Umgebung das Kind 
in der Regel auf seine Sprachstörung aufmerksam macht, nämlich mit ent¬ 
setzten Mienen und scheltenden Worten, oder durch pathologisch-ängstliche 
Selbstbeobachtung, endlich durch die Freude an der auffallenden Sprache 
kommt es in den beiden ersten Fällen zur Angst vor gewissen Lauten und 
Worten, im letzten zu einer Gewöhnung, die daun später durch dieselben 
Vorgänge wie bei den beiden ersten Fällen auch zur Sprechangst führt 
Auf die gleiche Art kann inan sich das Entstehen von bleibendem Stottern 
aus dem initialen, wenn es infolge von Verlegenheit oder Schreck aufgetreten 
ist, erklären. Die Sprachstörung wird als rein motorisch empfunden und 
infolge der Angst, welche daraufhin vor bestimmten Lauten und Worten 
auftritt, fixiert. Erwachsene hingegen werden, von einigen Ausnahmen ab¬ 
gesehen, auch nach Anfällen von Verlegenheits- oder Schreckstotteru nicht 
zu bleibenden Stotterern, wohl weil sie genug Einsicht in die psycbischeu 
Vorgänge haben. 

BÖttger (38) hat bei funktioneller Stimmbandlähmung durch künst¬ 
liche Atmung und dabei angeregter Stimmgebung in mehreren Fällen Heilung 
erzielt. 

Pape (171) beobachtete eine recht große Anzahl von Soldaten mit funk¬ 
tioneller Stimmbandlähmung. Trotz starker Heiserkeit waren au den Stimm¬ 
bändern nicht die geringsten Veränderungen wahrzunehmen. 

Verschiedenes. 

Kahlmeter (112) teilt einen Fall von Diabetes insipidus mit. 33jähriger 
Mann, der 7—8 Jahre uach einer luetischen Infektion ziemlich plötzlich 
eine anhaltende Polyurie (4—5 Liter pro Tag) bekommt. Angestellte Ver¬ 
suche zeigen, daß diese die von Tallquist, Meyer u. a. aufgestellten 
diagnostischen Forderung betreffs Diabetes insipidus erfüllt, indem dem 
Patienten das Vermögen abgeht, unter irgendwelchen Verhältnissen einen 
konzentrierten Harn auszuscheiden; auf Zufuhr von Kochsalz, Eiweiß oder 
Harnstoff antwortet er mit Zunahme der Harnmenge, ohne daß sich die 
Konzentration des Harns ändert. Bei Injektion von Pituitrin (Pork, Davis 
& Co.) kommt es während der ersten drei Stunden zu einer Verminderung 
der Harnmenge unter Zunahme des Gehalts au Harnstoff und Stickstoff, 
nicht aber Chlornatrium, worauf eine mehr als 24 Stunden anhaltende 
Steigerung der Harnmenge eintritt, während welcher de* Chlornatriumgehalt 
etwas höher, der Gehalt an Harnstoff und Stickstoff etwas geringer als normal 
ist. Bei Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr bekommt Patient Abstinenz¬ 
beschwerden. 

Kahlmeter erörtert die Differentialdiagnose gegenüber einfacher 
Polyurie uud Nephritis, uud zeigt, daß in diesem Falle ein wirklicher Diabetes 
insipidus vorliegt. Für dessen hypophysären Ursprung spricht nach Ansicht 
des Verf., daß Patient, der während des letzten Jahres 20 kg an Gewicht 
zugenommen hat, einen Fettansatz mit deutlicher Andeutung der Lokalisation 
aufweist, die typisch für Dystrophia adiposito-genitalis ist, welche Krankheit 


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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik. 


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nunmehr allgemein als auf Störungen der inneren Sekretion der Hypophyse 
bejahend angesehen wird. Von den gewöhnlichen Symptomen dieser Krank¬ 
heit weist Patient außerdem die blasse, trockene Haut, erhöhte Zucker¬ 
toleranz und verminderte Empfindlichkeit für Adrenalin auf. Noch in einem 
weiteren Symptom des Patienten, der gleichzeitig mit der Polyurie ein¬ 
tretenden snbfebrilen Temperatur, für die keine andere offensichtliche Ursache 
vorhanden war, könnte ein Hinweis auf die Hypophyse oder ihre nächste 
Umgebung erblickt werden, da man eine solche sowohl bei Hypophysen¬ 
geschwülsten, als auch bei experimentellen Verletzungen der Hypophyse be¬ 
schrieben hat. 

Aus all diesem zieht Verf. den Schluß, daß in diesem Falle ein krank¬ 
hafter Prozeß in der Hypophyse oder ihrer nächsten Umgebung vorliegt, und 
zwar mit größter Wahrscheinlichkeit eine zirkumskripte luetische Meningitis. 

(Autoreferat.) 

Kahlmeter (113) beschreibt einen Patienten mit starkem Haarausfall 
über dem ganzen Körper sowie Dunkelfärbung der Haut und der Mund¬ 
schleimhaut, entstanden im Laufe einiger Monate und begleitet von eiuem 
allgemeinen Kräfte verf all. Eine Nebenniereninsuffizienz wurde außer durch die 
Pigmentierungen, die die für den Morbus Addisonii gewöhnliche Lokalisation 
zeigten, und für die eine andere Ätiologie mit großer Wahrscheinlichkeit 
ausgeschlossen werden konnte, durch erhöhte Zuckertoleranz, Hypoglykämie, 
herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Adrenalin, erhöhte gegen Pilokarpin und 
Atropin wahrscheinlich gemacht. Verf. läßt die Frage offen, ob der Haar¬ 
ausfall nur auf die Nebeuniereninsuffienz oder auch auf eine gleichzeitige 
Thyreoideahypofunktion zurückzuführen ist, welch letztere zu vermuten die 
nicht palpable Drüse und der gute Effekt der Tbyreoideamedikation Anlaß 
geben könnte. Der Patient hatte sich eines langjährigen, sehr starken 
Mißbrauchs sowohl von Alkohol wie auch besonders von Tabak schuldig 
gemacht, was vom ätiologischen Gesichtspunkt aus ein gewisses Interesse 
haben muß. ( Autorreferat .) 

Hamburger (91) teilt drei Fälle von kindlicher Schlafstörung mit. 
Der eine 4 (4jährige Knabe machte in der Nacht im Schlafe mitunter stunden¬ 
lang Reitbewegungen, die Koitusbewegungen sehr ähnlich sahen. Bei ihm 
wurde besonders durch wiederholten Spitalaufenthalt Besserung erzielt. Der 
zweite Fall betrifft ein 12jähriges Mädchen, welches sich nachts auf den 
Bauch legte, die Hände vor’s Gesicht kreuzte und mit der Stirn auf die 
Hände schlug; das konnte mitunter die ganze Nacht durchgehen. Der 
Spitalaufenthalt besserte den Zustand. Der dritte Fall ist dem zweiten 
sehr ähnlich. Hier hatte ein einmaliger Spitalauienthalt nicht den gewünschten 
Erfolg. Hamburger schließt sich der Anschauung an, daß alle Schlaf¬ 
störungen irgendwelcher Art, wenn sie gewohnheitsmäßig auftreten, psycho¬ 
gener Natur seien. 

Nach Erfahrungen von Benjamins (22) ist das Zähneknirschen ein 
Symptom der adenoiden Vegetationen. Möge es auch aus anderer Ursache 
bei neuropathisch veranlagten Personen Vorkommen können, so muß es doch 
stets Verdacht auf das Bestehen einer vergrößerten Rachentonsille erregen. 

An einem schon von Taylor 1898 beschriebenen Fall von familiärer 
periodischer Extremitätenlähmung machten Edsall und Means (61) Stoff¬ 
wechseluntersuchungen, deren Resultate aber so wenig ergiebig sind, daß sie 
zur Aufklärung des Leidens kaum beitragen. 


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232 


Aphasie. 


Aphasie. 

Ref.: Prof. A. Pick-Prag. 

1. Binswanger, Fall von Dysarthrie nach Schuß Verletzung am Schädel. Münch, med. 
Wooh. 62. 1651. (Sitzungsbericht.) 

2. Bonhoeffor, K , Doppelseitige symmetrische Schläfen- und Parietallappenherde als 
Ursacho vollständiger dauomdor Worttaubhoit bei erhaltener Tonskala, verbunden 
mit taktiler und optischer Agnosie. Monatsschr. f. Psychiatrie. Bd 37. H. 1. p. 17. 

3. Brodmann, K., Zur Lohre Von der motorischen Aphasie. Münch, med. Woch. p. 376. 

(Sitzungsbericht.) 

4. Cal ho un, F. P., Report of Oase of Minor-Writing. Ophthalmie Record. Sept. 
XXIV. No. 9. 

5. Churchman, John W., Motor Aphasia, with Fracture of tho Base of the Skull. The 
Journ. of the Amer. med. Assoo. Vol. LXIV. No. 15. p. 1233. 

6. Ciarla, E., Motor Apraxia from a Lesion in the Corpus Callosum. Policlinico. Jan. 
Med. Section. No. 1. 

7. Fr ö sch eis. Emil, Über Kriegssprachstörungen. Der Militärarzt. Nö. 5. p. 73. 

8. Derselbe, Über den zentralen Mechanismus der Sprache. Dtsch. Ztschr. f. Nervenhlk. 
54. (1.) 19. 

9. Goldstein, Kurt, Die transkortikalen Aphasion. Ergebnisse der Neurologie u. Psvch. 
Bd. II. H. 3. p. 349. 

10. Goodhart, S. P., and Climenko, H., Alexia. New York med. Journ. CI. No. 25. 

11. Gordon, Alfred, A Caso of Aphasia. The J. of Nerv, and Ment. Dis. Vol. 42. S. 637. 

(Sitzungsbericht.) 

12. Herzog, Ein Fall von partieller Seelenblindhoit, optischer Aphasie und Alexio. Dt soll, 
med. Woch. No. 19. p. 550. % (Nichts Besonderes ) 

13. Hevoroch, A., Über Alexie. Oasopis öeskyeh. lek. 54. 8. (Böhmisch.) 

14. Higier, H., Komplette motorische Aphasie und Alexie traumatischen Ursprung* bei 
konservativer Behandlung geheilt. Vorhandl. d. Warschauer ärztl. Gosellsch. CXI. 
177. 

15. Kakels, M. S., Hemorrhage from Middlo Meningeal Artery Duo to Traumatism; Homi- 
plegia, Motor Aphasia; Osteoplastic Flap for Ligation of Vessel; Recovery. Am. J. 
of Surg. Vol. 29. No. 1. S. 16. 

16. Liepmann, Gehimbefunde bei Apbasischen und Agnostischen. Neurol. Zbl. p. 666. 

(Sitzungsbericht.) 

17. Mingazzini, G., Über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnis der Aphasiolehre. 
Monatsschr. f. Psychiatrie. Bd. 37. H. 3. p. 150. 

18. Müller, Emil, Fall von »Streifschuß des Kopfes mit schwerer motorisch-anmestischer 

Aphasie. Münch, med. Woch. 1916. 63. 131. (Sitzungsbericht.) 

19. Nioßl v. Mayendorf, Beiträge zur Kenntnis vom zentralen Mechanismus der Sprache. 
Dtsch. Ztschr. f. Nervonheilkd. 53. (3 4.) 263. 

20. Pelnaf. J., Über die Hevoroch,sehe Amerisia. Casopis ceskyeh. lek. 54. 581. 
(böhmisch.) 

21. Pick, A., Kleine Beiträge zur Pathologie der Sprachzentren. Ztschr. f. d. ges. Neur. 
30. (2/3.) 254. 

22. Pietro, Ercolani, Apra^sia cd afasia. Gaz. med. lombarda. Anno LXXIV. No. 9. 
p. 97. 

23. Pötzel, O., Ein Fall von Aphasie mit Spontanbowegungen in der gelähmten Hand beim 

Wortfinden. Jahrb. f. Psvch. 35. 397. (Sitzungsbericht.) 

24. Ruttin, Fall von plötzlicher beiderseitiger Sprach tau bheit und Unerregbarkeit mit 
unbekannter Ätiologie. Mschr. f. Ohrenhlk. 49. 728. (Sitzungsbericht.) 

26. Schröck, R., Über kongenitale Wortblindhoit. Klin. Monatsblätter f. Augenheilk. 
Fe br.-März. p. 167. 

26. Swift, W. B., Studies in Speech Disorders. Bosten M. a. S. J. 173. (19/20.) 

27. Wolff, G., Erhebliche Sprachstörung nach Schuß Verletzung am Kopf. Vereinsbeil, 

d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 92. 

28. Derselbe, Kongenitale Wortblindheit. S. B. d. D. m. W. 1916. 496. 

Der im Titel von Bonhoeffer’s (2) Mitteilung wiedergegebenen Sym¬ 
ptomatologie entsprach der diagnostizierte Befund beiderseitiger fast symme¬ 
trischer Erweichung des Parietalhirns und des Schläfelappens, neben der 
sich noch ein für diese Symptome belangloser später eingetretener Herd im 
rechten Stirnhirn und ein kleiner Herd im Sehhügel finden. Zerstört ist 


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Aphasie. 


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links die hintere Hälfte der 1. Tempor. nnd das hintere Drittel der 2. Tempor. 
der Gyr. augul. und margin. betroffen. Nach oben reicht der Herd bis an 
die Fiss. interpariet., stellenweise über sie hinaus. Nach vorn reicht er bis 
gegen die Central, post, hin und ein Stück hinter ihr freilassend. Nach 
hinten reicht der Herd bis an die Okzipitales. 

Rechts ähnlicher Befund, doch ist etwas mehr von der 1. Tempor. 
erhalten, der Herd scheint dort weniger in die Tiefe zu reichen. Das obere 
Scheitelläppchen ist nur in den hinteren Partien- betroffen. Eingehendere 
Darstellung an Schnittserien. 

Aus der Diskussion der Einzelsymptome ist hervorzuheben: Das 
dauernde Stationärbleiben der Worttaubheit, das von Anfang an zur Diagnose 
beiderseitiger Schläfelappenherde Anlaß gab, und insbesondere die fast völlige 
Zerstörung der rechten Wortklangsphäre widerlegt die Annahme von der 
Bedeutung dieser letzteren für Paraphasie. Bedeutsam ist die akustische 
und räumliche Perzeption der kontinuierlichen Tonskala trotz beiderseitiger 
Zerstörung des hinteren Abschnittes der 1. Temporalwindung. Bezüglich der 
beiderseits (rechts etwas weniger gut) vorhandenen Hörfahigkeit ist in Rück¬ 
sicht des Befundes der beiderseitigen Zerstörung der Heschlschen Windung 
bervorzuheben, daß dafür ein erhaltener Rest der rechtsseitigen Windung 
die Erklärung gibt. 

Unter Berücksichtigung der durch die Sprachstörung äußerst erschwerten 
Differenzierung zwischen agnostischen und apraktischen Erscheinungen spricht 
sich Bonhoeffer für das Vorhandensein agnostischer Störungen auf optisch¬ 
akustischem und taktilem Gebiete aus, neben denen auch idoatorisch-aprak- 
tische Störungen nachweisbar waren, bei Fehlen motorischer Apraxie; das 
letztere, bei dem Vorhandensein bis tief ins Mark bis zum Ventrikel reichender 
Herde im Parietalhirn sehr auffällig, könnte vielleicht auf das beiderseitige 
Erhaltenbleiben des vordem Teils der Marginalwindung erklärt werden. 

Anschließend erörtert Bonhoeffer noch Fragen der Lokalisation in 
der Sehstrahlung und im Balken sowie die Frage von der Mitwirkung sub- 
kortikaler Hirnteile an Resten von Funktionsleistungen nach Zerstörung der 
im Hirnmantel gelegenen Projektionszentren. 

Ein 9 jähriger Knabe — Beobachtung von Churchm&n (5) — wurde 
durch ein Automobil schwer am Kopfe verletzt. Verletzungen waren sichtbar 
am rechten Scheitelbein und an der oberen Partie der linken Hinterhaupts¬ 
gegend. In der Klinik war Patient bewußtlos, hatte blutigen Ausfluß aus 
dem linken Ohr und blutiges Erbrechen. Da die Bewußtlosigkeit zunahm 
uud sich Krämpfe besonders in den rechtsseitigen Extremitäten einstellten, 
wurde an der linken unteren Temporalregion eine Dekompressionsoperation 
vorgenommen. Unter der Dura fand man eine Masse Blut, und die Gehirn¬ 
substanz im Bereich der Präzentralwindung war verletzt. Nach der Operation 
war Patient noch tagelang entweder benommen oder ruhelos, ohne geistig 
zu reagieren. Dann stellten sich wieder rhythmisch erfolgende rechtsseitige 
Krämpfe ein und eine linksseitige Blicklähmung. In den nächsten Tagen 
besserte sich der Zustand, Patient verlor den starren, interesselosen Blick, 
achtete wieder auf die Dinge, die in seiner Umgebung sich ereigneten und 
lächelte zuweilen, er sprach aber kein Wort. Es bestand nun das typische 
Bild der motorischen Aphasie; er verstand, was man zu ihm sprach, was 
man ihm vorlas, aber er selbst konnte nicht lesen und schreiben, dagegen 
langsam kopieren. Es bestanden keine apraktischen Störungen. Nach 
einiger Zeit fing er an, Wörter, wenn auch mit großer Mühe, nachzu¬ 
sprechen, dabei ahmt er alles, was vorgesprochen wurde, nach, also er 
wiederholt einfach die ganze an ihn gestellte Frage. Bei Benennung von 


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Aphasie. 


Gegenständen braucht er zuerst oft falsche Bezeichnungen, obwohl er den 
Gegenstand richtig anwendet, später wird das besser. Er singt Lieder, aber 
alles mit dem gleichen Ton. Der Zustand besserte sich nach und nach, und 
nach Verlauf von einem halben Jahre war Patient bis auf leichte geistige 
Trägheit vollständig wieder hergestellt; sein Sprachvermögen war wieder 
normal. Der Autor läßt es zweifelhaft, ob die bei der Operation gefundene 
Verletzung der Präzentralrinde allein die Ursache der Aphasie gewesen ist. 

{Jacobsohn) 

Fröschels (7) bespricht zwölf Fälle von Aphasie, zwei Fälle einseitiger 
Stimmbandlähmung, einen Fall von partieller Zungenlähmung und sechs 
Fälle von Stottern und deren Behandlung. 

Fröschels (8) bespricht zunächst die von ihm geübte Methode der 
Behandlung der Aphasien, die sich mit geringen Modifikationen als die bisher 
allgemein übliche (optisch-taktile) darstellt, und deren Erfolg er durch einige 
Krankengeschichten belegt, unter denen sich auch Fälle mit Kopfschüssen 
finden. Daran schließt eine kurze Erörterung der Einwände, die gegen 
diese Methode von Froment und Monod erhoben worden, die sich vor 
allem auf die Tatsache gründet, daß die Sprache bei schweren Fällen vom 
Ohr aus nicht mehr zu erzeugen ist. An der Hand der so gewonnenen 
Beobachtungen bespricht Fröschels die Frage nach dem Wesen der Sprach- 
neubildung. Zuerst diskutiert er die bisher darüber geläufigen Ansichten 
und kommt für seinen Fall zur Ansicht, daß die Annahme von der Be¬ 
teiligung der rechten Hirnhälfte am Wiederaufbau der Sprache nur dann 
haltbar ist, wenn auch schon primär diese Hemisphäre am Sprechalct 
beteiligt ist. Für die Fälle, die von Anfang an akustisch zu fördern sind, 
wäre es möglich anzunehmen, daß die primär nicht beteiligte rechte 
Hemisphäre unabhängig von der linken ein Lautklangbildzentrum erwirbt 
und dieses eine rechtsseitige motorische Sprachregion in Bewegung setzt. 

Goldstein’s (9) Arbeit, von monographischem Umfange, gibt eine aus¬ 
führliche Darlegung seiner Ansicht vom tatsächlichen Bestände der ver¬ 
schiedenen Typen transkortikaler Aphasien, die er als psychologische Ein¬ 
heiten auffaßt, bedingt durch eine vorzugsweise Schädigung bestimmter 
psychischer Funktionen. 

Ihre Bedeutung reicht aber über das so begrenzte Thema dadurch 
hinaus, daß in den Bahmen derselben eine Menge von Detailstudien auf¬ 
genommen erscheinen, die auch ganz losgelöst vom Hauptthema selbständige 
Arbeiten darstellen. Das geht schon daraus hervor, daß die theoretischen, 
die Aphasie im allgemeinen betreffenden Vorbemerkungen nahe an 1Ü0 Seiten 
umfassen. Die Arbeit ist aber weiter dadurch von Bedeutung, als Gold- 
stein in erwünschter Breite auch Ansichten darlegt, die in früheren Arbeiten 
uicht zu so ausführlicher Darstellung gekommen sind. Daß eine solche Arbeit 
kaum mit genügender Breite hier referiert werden kann, ergibt sich von 
selbst, erscheint aber auch insofern überflüssig, als jeder Forscher auf dem 
Gebiete der Aphasie auf das Original zu greifen sich bemüßigt sehen wird. 

Heveroch (13) versteht unter Alexie den Verlust der erlernten Fähig¬ 
keit, zu lesen. Also alle anderen Störungen, die sich auch als Unfähigkeit 
zum Lesen äußern, können nicht als Alexie bezeichnet werden, wie z. B. 
nicht lesen kann deijenige, der es nie gelernt hat, oder der, der mit 
Hemianopsie behaftet ist u. dgl. Die klassische Lehre über Alexie, wie 
über Aphasien überhaupt, reicht mit ihror Klassifikation nicht aus, um den 
Reichtum der Erscheinungen, die hierher gehören, zu umschließen. Die. ein¬ 
gehende, lesenswerte Diskussion des Autors läßt sich nur in einer Über¬ 
setzung wiedergeben. Autor erwägt etwa folgendermaßen: Das Geschriebene 


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Aphasie. 


235 


uud Gelesene versteht erstens deijenige nicht, der es nie gelernt hat, zweitens 
der, der z. B. die Worte kennt, aber deren Sinu nicht, der Ministrant, der 
die lateinischen Gebote bei der Messe memoriert, und endlich der kleine 
Schüler, der es erst lernt, die Worte aus den Buchstaben zusammen¬ 
zusetzen, versteht nicht den Sinn des Wortes auf den ersten Blick, aber das 
Wort versteht er sofort, sobald es ihm jemand vorsagt, so daß im ganzen 
die Fähigkeit, das Gelesene zu verstehen, durch folgende Momente bedingt 
ist: 1- mau muß sehen, 2. wissen, welchen Buchstaben der Lautvokal oder 
Konsonant repräsentiert, 3. die Worte in Sätze und die Buchstaben in 
Worte zusammeusetzen können, 4. den Sinn der Worte und Sätze verstehen. 

Bezeichnen wir jetzt die Fähigkeit, zu sehen, mit J'l, die Kenntnis der 
Buchstabeu mit fl 1, die Fähigkeit, die Buchstaben in Worte zusammen- 
zusetzeu, mit f\ v, die Kenntnis des Sinnes des Wortes mit J'l, so bekommen 
wir folgendes schöne Schema, deren der Autor eine gauze Reihe publiziert, 
von denen aber nur eitle Auswahl reproduziert werden mag. Dazu ist noch 
notwendig zu merken, daß die Funktionen, die beim Lesen sich entwickeln 
und ganz analog den obigen sind, ebenfalls analog bezeichnet werden, nur 
statt 0 wird das Zeichen ; gebracht; für Schreiben wird ebenfalls analog das 
Zeichen 1 angewendet; für die Tätigkeit, das Gehörte zu verstehen, analog 
das Zeichen \ 

Schema der Funktionen beim lauten Lesen: 

T w? jv<— /i < 

f\ — > i\ ▼ —> fi * —► /i —> 

So liest, wer versteht, was er liest. In Worte übersetzt (als Beispiel, das bei 
folgenden Schematen nicht mehr wiederholt wird) heißt es: der Mensch, der 
normal sieht (fl), die Buchstabeu kennt (fl v) und sie in Worte zusammen- 
zusetzen versteht (J'l 1), den Sinn der Worte gut auffaßt (J'l), kann das 
wahrgeuommene Gelesene reproduzieren (die umgekehrte Reihenfolge der 
Funktionen). Die jüdische Jugend, die meistens das Hebräische nicht versteht, 
betet in der Synagoge aus den hebräischen Gebetbüchern nach folgendem, 
jetzt wohl allgemein verständlichem Schema: 

i/s* <— /;> ■*- r, <- 

Ganz analog lassen sich Schemata konstruieren für das Abschreiben 
einer. Sache, die dem Abschreiber verständlich ist, oder das mechanische 
Abschreiben, z. B. in einer Sprache, die dem Betreffenden nicht verständlich 
ist u. dgl. m. 

Als Beispiel der Anwendung der Schemata: Das Abschreiben des Un¬ 
verständlichen: /-o l "0 I . /*0 . 

\ J 2 v "* J 2 1 Ja * " 

Y /!'—»• /ä 1 

Das Abschreiben, wenn dem Betreffenden nur die Buchstaben bekannt sind: 

I f\ 1 < /s ** 

VU— ►/!-* 

Das Abschreiben beim Menschen, der auch die Buchstaben nicht kennt und 
sie nur abzeichnet: 



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Aphasie. 


Das universale Schema für alle Sprachfahigkeiten ist dann: 

fi i — ß * 

J'l i «—/: <— 

^ y> — ► /s 1 — ► y*a —> 

-* /* • * 

Jetzt kann natürlich eine jede beliebige Teilfunktion gestört sein. Die 
reine Alexie ist (auf andere kann im Referate nicht eingegangen werden) durch 
die Störung der Funktion J‘l charakterisiert; und da es zwei f "-Funktionen 
gibt, existieren auch zweierlei Anomalien: entweder ist die f\ 1-Funktion gestört, 
d. h. der Kranke kann die Buchstaben nicht leseu, oder die f° a v- Funktion, 
d. h. er liest die Buchstaben, aber die Worte nicht. Die erste ist die Alexia 
pura litteralis, die zweite die Alexia pura ameristica verbalis. Andere, als 
Alexie zu bezeichnende Störungen lassen sich aus dem Schema leicht 
verstehen. 

Und noch eine Komplikation kommt in Betracht, nämlich die Fähigkeit 
zu lesen, wenn der Patient die Buchstaben abtastet. Diese Funktion be¬ 
zeichnet der Autor mit das vollständige Schema läßt, sich schon leicht 
konstruieren. (Bei den Blinden, die lesen können, fehlt die Funktion / °, 
dagegen ist die Funktion f 2 vorhanden.) Wollen wir am einfachsten das 
Schema darstellen, so können wir sämtliche Funktionen nebeneinander schreiben, 
uud die oben angewandte Bezeichnung p — perzeptive und e = expressive 
verbinden, da sie in der durchaus überwiegenden Mehrheit der Fälle gleich¬ 
zeitig vorhanden sind. Das Schema sieht dann aus: 

/•» o t _ /• & o t _ 

T •<- t'(\t e) •' 2 J 9 

> * / ' -wv -> fv > 

Durch dieses einfache Schema ist der Autor imstande, sehr genau sämt¬ 
liche, auch die feinsten Störungen zu erkläreu und, was auch sehr wichtig 
ist, diejenigen voneinander zu trennen, die nicht zusammen gehören und 
vielleicht in der klassischen Lehre nicht scharf genug differiert werden 
konnten. Die Kasuistik, die der Verfasser publiziert, zeigt deutlich die 
Anwendungsfähigkeit der in jeder Hinsicht sehr tief ersonnenen Theorie 
der Beschaffenheit der Alexie. ( Jar . StuchWc.) 

Higier (14): 24 Jahr alt. Nach einem schweren Stockhieb entwickelt 
sich im Laufe einer halben Stunde Schwäche der rechten Körperhälfte nebst 
Stummheit. Am nächsten Tag Somnolenz, Kopfschmerz, Schwindel, Er¬ 
brechen, PulsverlangsamuDg bis 50 Schläge in der Minute, leichte Hemi- 
pare rechts ohne Spasmen und Zehenphänomen. Eine Ausnahme machen der 
Opponens pollicis, die mimischen Muskeln in allen 3 Zweigen und die Zunge, 
die sämtlich stark affiziert sind. Leichte Schluckstöruugen. Totale moto¬ 
rische Aphasie. Schwellung, Suggilationen und Druckschmerzhaftigkeit des 
linken Stirnbeins, Impression des hinteren Drittels des Stirnbeins in der 
Nähe des Schläfenbeins. Fehlende Erscheinungen einer Basisfraktur. Fundus 
normal. Keine Hemianopsie. Lumbalpunktion negativ. Im weiteren Ver- 

*) p *= perzeptive, e = expressive Funktion. 

**) Oder noch einfacher: 

T W* JX < f\ < 

fl ► ft > J '1 


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Aphasie. 


237 


laufe wurde festgestellt: Abwesenheit agnostisch-apraktischer Erscheinungen 
und bei Rückkehr der Sprache — nach 3 Wochen — starke Störung der 
Sprachintonation, abhängig von den Stimmbändern. Wahrscheinlich Zer¬ 
reißung eines Astes der Art cerebr. med. mit einem epiduralen Erguß in der 
Nähe des Gyrus Broca. Das allmähliche Entwickeln, die progrediente Besse¬ 
rung, das Fehleu von Blut im Liquor und Abwesenheit Jacksouscher motor. 
oder sensibler Erscheinungen ließen eine konservative Behandlung des 
sich resorbierenden Ergusses rechtfertigen, (Selbstbericht.) 

Kakels (15) berichtet über einen Fall, in welchem sich bald nach 
einem Trauma des rechten Schläfenbeins und dadurch bedingter Ruptur 
der A. meningea eine durch Blutextravasat bedingte Hirnkompression mit 
rechtseitiger Hemiplegie und motorischer Aphasie ausbildete. Durch schnelle 
Operation w r urde Patient wieder hergestellt. (Jacobsohn.) 

Mingazzini’s (17) zusammeufassende Studie behandelt die Frage fast 
ausschließlich vom klinisch-anatomischen Standpunkte. Sie ist nicht bloß 
durch die umfassende kritische Darstellung, sondern auch durch die Mit¬ 
teilung bisher nicht veröffentlichten anatomischen Materiales von kurz mit¬ 
geteilten Fällen der Beachtung seitens der Interessenten sicher. 

Nießl v. Mayendorf (19) teilt zwei Fälle von motorischer Aphasie 
(Amnesia verbalis kiuaesthetica) mit, von denen der erste trotz einer umfang¬ 
reichen, beinahe die ganze linke dritte Stirnwindung sowie das untere 
Drittel der beiden Rolandoscben Windungen zerstörenden Erweichuugszyste 
mit einer baldigen, weitgehenden Restitution der Sprache einhergiug, während 
der zweite, ein akutes Krankheitsbild infolge einer embolischen Erweichung 
des hintersten Abschnittes der linken ersten Temporalwinduug und des 
unteren Scheitellappens, bei gleichzeitiger Destruktion der hinteren tempo¬ 
ralen Querwindung, der hinteren Inselrinde samt der Capsula externa, sowie 
der Rinde und des Markes der hinteren Zentralwindung, endlich der Klapp¬ 
deckelrinde der vorderen Zentralwindung mit einer typischen, bis zum Tode 
währenden Wortstummheit hervorgerufen hatte, während von sensorisch-apha- 
sischen Symptomen, von Worttaubheit keine Spur nachweisbar war. Beide 
Fälle sind nur durch die von dem Verfasser in seinen „Aphasischen Sym¬ 
ptomen“ aufgestellte und durch ein umfangreiches Beweismaterial gestützte 
Theorie von den Funktionen der rechten Hemisphäre erklärbar. Der Fall 
erfahrt eine naheliegende und befriedigende Deutung, wenn man die den 
ausgefallenen linken Großhirnpartien entsprechenden rechtsseitigen unter 
normalen Verhältnissen als funktionell minderwertig, jedoch, sobald das 
Gehirn nur auf sie angewiesen ist, als funktionell gleichwertig auffaßt. Im 
zweiten Fall war die ganze linke Hörsphäre selbst im weiteren Sinne des 
Wortes sicher außer Funktion gesetzt, da, wenn auch die vordere temporale 
Querwindung selbst zum größten Teil erhalten geblieben war, der Herd in 
der Capsula externa die Projektionsstrahlung für dieselbe unterbrochen hatte. 
Das Fehlen von Worttaubheit konnte daher nur von dem Funktionieren der 
rechten Hörsphäre bedingt sein. Daß die dritte Temporalwindung nichts mit 
dem Hören zu tun hat, wurde von dem Verfasser in seiner Monographie 
„Die aphasischen Symptome“ durch die Zusammenstellung aller einschlägigen 
Beobachtungen bewiesen. Überdies waren beide Patienten Rechtshänder. Will 
man die Erklärungsweise des Verf. nicht gelten lassen, so müßte man die 
Aunahme machen, daß Hirnteile, welche schon wegen ihrer anatomischen 
Verbindungen niemals etwas mit den ausgefallenen Funktionen zu tun haben 
konnten, nun auf einmal in der schwererkraukten Hemisphäre neue spezielle 
Fähigkeiten erwürben. Selbst v. Monakow, welcher im Gegensatz zu den 
Anschauungen des Verfassers nach seiner Diascliisistheorie den funktionellen 


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238 


Aphasie. 


Ausfall nicht allein aus dem materiellen Untergang des Großhirngewebes 
erklärt wissen will, stellt eine solche Erklärungsmöglichkeit entschieden in 
Abrede. Eine Erklärung beider Fälle durch die Diaschisistheorie ist un¬ 
möglich, da dieselbe nur auf solche Fälle anwendbar ist, bei denen die 
funktionellen Störungen auf alterierte Hirnpartien hinweisen, welche anato¬ 
misch gesund, nicht aber dort, wo, wie in den beiden geschilderten Beob¬ 
achtungen, das Umgekehrte der Fall ist. (Autorreferat.) 

Peln&f (20) teilt zuerst einen Fall mit, bei welchem es überhaupt nicht 
zum Erlernen des Lesens und Schreibens gekommen ist. Die Patientin 
kann nur Buchstaben lesen, sie abzeichnen (aber nicht schreiben), spricht 
schwer auch Worte aus. Es handelt sich um eine Störung der perzeptiver 
und expressiven meristischen Funktion, die von Geburt an dauert, also ein 
Beweis dafür, daß die meristische Funktion auch ihre Selbständigkeit, was 
die Entwicklung betrifft, besitzt. — Ferner einen Fall von allgemeiner Aroe- 
risia, die sich plötzlich eingestellt hat bei vollständig ungestörten anderen 
Funktionen (keine Lähmungen). Die Störung sitzt nach dem Heveroch- 
schen Schema in / a . — Zuletzt analysiert Verf. die psychologische Klassi¬ 
fikation des Lesens und Schreibens und betont die Bedeutung von Auto¬ 
matismen dabei. Den Übergang zum Automatismus betrachtet er als Über¬ 
winden der meristischen Funktion. (Jar. StuchlÜc.) 

Im ersten von Pick (21) mitgeteilten Fall bandelte es sich um eine 
Patientin, die vor 8 Jahren infolge eines Insultes paraphasisch wurde. Die 
Sprachstörung hatte sich aber bis auf geringe Reste gebessert. Nach einem 
zweiten Anfall wurde nun Patientin vollkommen taub (obwohl sie zuweilen 
etwas zu hören glaubt), konnte aber so gut wie vorher sprechen und sich 
auch schriftlich verständigen. Der Fall bestätige somit, daß es zu beider¬ 
seitiger zentraler Taubheit mindestens je eines Herdes in jeder Hemisphäre 
bedarf, und ferner beweise der Fall endgültig, daß das Sichselbsthören in 
der Pathogenese der Paraphasie ohne jede Bedeutung ist. Denn andernfalls 
hätte sich im vorliegenden Falle, wenn auch nur für kurze Zeit eine neuer¬ 
liche entsprechende Einwirkung der plötzlichen Ertaubung auf die Sprache 
der doch schon früher paraphasisch gewesenen Kranken bemerkbar machen 
müssen. In einer zweiten geistreichen Studie sucht der Autor auseinander 
zu setzen, daß die Wortwahl etwas Selbständigeres und Schwierigeres, die 
Formgebung des Satzes etwas Leichteres, weil Automatisiertes ist. Daraus 
erklärt sich die größere Vulnerabilität der Wortfindung bei Sprachstörungen, 
also die Häufigkeit der amnestischen Aphasie. Der Agrammatismus ist 
demgemäß eine wesentlich seltenere und vor allem in den typischen Fällen 
der progressiven Erkrankungen später eintretendo Erscheinung, ln einem 
dritten Beitrag sucht Pick eine Erklärung für die Tatsache, daß die Er¬ 
scheinungen der sensorischen Aphasie, vor allem die Worttaubheit, sich 
rascher zurückbilden als die der motorischen Aphasie. Anknüpfend an das 
Vorhergesagte wird ausgeführt, daß das Sprachverständnis nach erfolgter 
Ausbildung eine rein automatisch, ohne irgendwelche Beimischung von 
Willkür sich vollziehende Funktion darstellt, wogegen ebensowohl im Beginn 
wie im Verlaufe des Sprechens Teilvorgänge der Willkür wenigstens niemals 
ganz entbehren können. Trifft die Annahme zu, so führt der Autor aus, 
daß in Fällen, wo die Ausbreitung der Herde in der linken Hemisphäre 
die Deutung der Ersatzfunktion durch Teile dieser selbst ausschließt, viel¬ 
mehr diese von der rechten Hemisphäre geleistet wird, dann dürfte gerade 
das aufgestellte Prinzip die Erklärung für die Differenz der beiden Sprach¬ 
gebiete abgeben. Das bis fast in die letzten Stadien automatisch sich voll¬ 
ziehende Sprachverständnis wird sich aut dem Wege des rechten Schläfen- 


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Aphasie. 


2:w 

Jappens wesentlich leichter und deshalb auch rascher entwickeln, als die 
Rückbildung der Funktiou der rechtsseitigen Brocastelle, bei der jedem 
Stadium der wenigstens teilweisen Mechanisierung ein gewiß wesentlich 
schwierigeres Stadium der Willkürbewegung vorangehen muß. Außerdem 
nimmt der rechte Schläfenlappen gewiß nicht bloß der Annahme nach, 
sondern ganz sicher von Beginn des Sprachverständnisses ab an dieser 
Funktion entsprechend der Partialkreuzung des Akustikus in hohem Maße 
teil und erscheint demnach dadurch zur Ersatzfunktion wesentlich besser 
vorbereitet als die rechtseitige Brocastelle. Auch vom phylogenetischen 
Standpunkte läßt sieh sagen, daß die ältere und deshalb fester gefügte 
Funktion des Sprachverständnisses sich als widerstandsfähiger erweist als 
die später erworbene, jüngere Funktion des Sprechens. Was von den recht¬ 
seitigen Sprachfeldern gesagt ist, gilt natürlich auch in gleichem Maße von 
den linksseitigen. 

Der vierte Beitrag ist ein solcher zur Pathologie der Schläfenlappen¬ 
atrophie. Patient schien ein Sprachverständnis zu haben, und sein ganzer 
Sprachschatz bestand in ein paar kurzen Sätzen, resp. Satzfragmenten, die 
er ständig sinnvoll oder nicht gebrauchte. Paraphasie, Wortamnesie und 
Agrammatismen bestanden nicht. 

Im fünften Beitrag endlich berichtet Pick über eine zuerst erkennbare 
sensorische Sprachstörung, zu der am folgenden Tage eine motorische binzu- 
trat Die dadurch bewirkte vollständige Aphemie verdeckte die Erscheinungen 
der sensorischen Sprachstörung, die sich bei ihrem alleinigen Bestehen 
offenbart hatten. Bemerkenswert unter den Symptomen der Schläfen lappen - 
affektion war die markante Echolalie. Ein Fehlen von Worttaubheit beweise 
noch nicht ein Fehlen der sensorischen Aphasie, da die sonst als Begleit¬ 
erscheinung der Worttaubheit nachweisbaren Erscheinungen durch die moto¬ 
rische Aphasie so verdeckt sein können, daß sie nicht zum Ausdruck gelangen. 
Anhangsweise teilt Verf. dann noch einen Fall von Schläfen- und Gyrus 
angularis-Affektion mit. Der Fall ist bemerkenswert einmal durch das Ver¬ 
schwinden einer durch anfängliche Schläfenlappenläsion gesetzten hochgradigen 
Echolalie im späteren Verlaufe und durch die diagnostische Bedeutung dieses 
Symptomes, das nach Ansicht des Autors nicht hinter der der übrigen apha- 
sischen Störungen zurücksteht. (Jacobsohn.) 

Schröck (25) berichtet über fünf Beobachtungen von sogenannter 
kongenitaler Wortblindheit. Es handelt sich um Kinder oder auch schon 
etwas Erwachsene, die nicht recht lesen und schreiben lernen, obwohl sie 
sonst geistig vollständig normal sind. Sie können nur die einzelnen Buch¬ 
staben lesen und schreiben, aber sie lernen nicht oder schwer die Zusammen¬ 
setzung der Buchstaben zu Worten. Sie macheu daher beim Diktatschreiben 
die unglaublichsten Fehler, ebenso beim Lesen und bleiben häufig wegen 
dieses Mangels in der Schule zurück. Mehrstellige Zahlen dagegen können 
sie lesen und schreiben, ebenso können sie auch tadellos abschreiben. Diese 
Affektion, welche zuerst von Morgan beschrieben worden ist, soll auf einer 
kongenitalen Entwicklungsanomalie des Gyrus angularis zurückzuführen sein. 
Der Fehler soll auch familiär auftreten. Er ist auch in unreiner Form als 
Teilerscheinung des Schwachsinns beobachtet. ( Jacobsohn .) 


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240 


Augenstörungeii und Nervensystem. 


Augenstörongen and Nervensystem. 

Ref.: Geh.-Rat Prof. Silex und Dr. Erlanger-Berlin. 


1. Adam, C., Augen Verletzungen im Krieg und ihre Behandlung. Medizin. Klinik. 
No. 2—3. p. 32. 67. 

2. Asch affen bürg. Über das Zusammenvorkoinmen organischer und nichtorganischor 
Xorvenstörimgeu. Areh. f P.ych 56. 345. (Sitzungsbericht.) 

3. Axenfeld, Th., Homiauopbcho (iesichtsfeldstönmgen nach SohädoLschüssen. Klm. 
Monatsbl. f. Augenhoilk. Bd. LV. Juli-Aug. p. 126. 

4. Derselbe, Küpferlo, L., und Wiedersheim, ()., Olioma retinae und intraokulare 
Strahlentherapie. Zweite Mitteilung, obd. Jan. p. 61. 

5. Barck. (\, Present Knowledge of Focal Localisation Along Visual Paths. AnnaP of 
Ophthal rnology. Jan. 

6. Beck, O., Vestibuläre Zwangsstellung dor Augen. Monatsschr. f. Ohrenheilk. p. 376. 

(Sitzungsbericht.) 

7. Derselbe, Auftreten eines zentralen Nystagmus nach schwerer Asphyxie, ebd. 49. 
709. (Sitzungsbericht.) 

8. Becker, Beiderseitige alte Retinitis proliferans und frischo rechtsseitige homonyme 
inklompletto Hemianopsie. Münch, med. Woch. p. 1222. (Sitzungsbericht.) 

9. Behr, Carl, Das Verhalten und <}ie diagnostische Bedeutung dor Dunkeladapt-ation bei 
den verschiedenen Erkrankungen des SeluierveiLstammes. I. Teil. Die Dunkeladap- 
tation bei der Neuritis optici und der Stauungspapille. Kl. Monatsbl. f. Augenhoilk. 
55. 193. 

10. Derselbe, Das Vorhalten und die diagnostische Bedeutung der Dunkeladaptation bei 
den verschiedenen Erkrankungen des Sehnervenstammes. II. Teil. Die atrophischen 
Zustände des Sehnerven, ebd. 55. 449. 

11. Bcrling, Elisabeth, Über die Ergebnissedor (rosiehtsfolduntorsuchung nach Bjorruin Ihü 
verschiedenen Erkrankungen des Sohneiven. Aich. f. Augenhoilk. Bd. LXXV1I1. 
No. 3. p. 152. 

12. Best, F., Über Nachtblindheit im Felde. Münch, med. Woch. No. 33. p. 1121. F. B. 

13. Beuttonmüller, Bemerkungen zu dor Arbeit von Prf. Dr. F. Best in No. 33 dor Feld- 
ärztlichen Beilage. Über Nachtblindheit im Felde, ebd. No. 35. p. 1207. F. B. 

14. Biolscho wsky, Sohstörungon infolge intrakranieller Schußverletzungen. Münch, med. 
Woch. p. 551. (Sitzungsbericht.) 

15. Bikeles, (».. und Ruttin, Erich, Über die reflektorischen kompensatorischen Augen¬ 
bewegungen bei beiderseitiger Ausschaltung des X. vestibularis. Xeurol. Zbl. No. 21. 
S. 807. 

16. Birch-Hirschfeld, Methvlalkoholamauroso. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 

1916. 42.273. 

17. Derselbe, Über Kriogsschädigungon des Auges und augenärztliche Versorgung der 
Truppen. Zschr. f. Augenhoilk. Bd. 33. H. 5—6. p. 266. 

18. Derselbe, Einige bemerkenswerte Fälle von Augen Verletzungen, ebd. Bd. 34. H. 
1—2. S. 70. 

19. Derselbe und Stimmei, Beitrag zur Schädigung dos Auges durch Blendung. Arch. 
f. Ophthalmologie. Bd. 90. S. 138. Festschrift f. H. Sattler. 

20. Bircl, U. S., Pupillary Phonomcnon. Ophthalmology. April. 

21. Bock, Emil, Augenärztliches aus dem Kriego. Wien. med. Woch. 65. (50.) 1841. 

22. Bradburne, A. A., Etiologv and Psychology of Ocular Imbalance. Ophthalmologe'. 
July. XI. No. 4. 

23. Brav, A., Visual Perception, Retention and Reproduction. New York med. Joum. 
CI. No. 22. 

24. Brophy, J. A., Three Cases of Monocular Biindness Duo to Sinus Obstruction with 
Recovery of Vision. Ophthalmie Record. July. XXIV. No. 7. 

25. Brouwer, B., Doppelseitige Hemianopsie. Psych. on neurol. Bladen. 19 . 295. 

26. Brückner, A., Kriegsschädigungen dos Auges. Jahreskurse f. ärztl. Fortbldg. Nov. 
S. 3. 

27. Bulson, A. E., Nourorotinitis; Roport of Casus. Michigan State Med. Soc. Journ. 
Juno. XIV. No. 6. 

28. Carsten, P., Ein ungewöhnlicher Fall von Selbstbeschädigung des Auges. Wochensclir. 
f. Therapie u. Hygiene d. Augos. 1914. XVII. No. 39. 

29. Chance, B., Horpes Zoster Ophthalinicus. Aim. of Ophthalmol. Oct. 

30. Clairborno, J. H.. Case of Persistent Ring Scotoma Following Repoated and Prolonged 
Gazing at Furnace Fire. obd. Jan. 

31. Clouting, E. S., Optic Neuritis Coneurrent with Wliooping Cough. New York mod. 
Joum. CI. No. 21. 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


241 


32. Colombo, G. L., Ricerche sperimentali sulla sifilide oculare. Annali di Ottalmologia. 
Vol. XLI1I. fase. 9—12. p. 657. 

33. Co» de, Richard, Di© Sehfunktionen bei Bluterguß in das Auge und bei Lidsobluß. 
Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. S. 98. Festschrift f. H. Sattler. 

34. Cosmettatos, G. F., Verletzungen der Augen durch Gewehrkugelschüsse während des 
Krieges. Arch. f. Augenheilk. Bd. LXXVIII. H. 3. p. 129. 

35. Derselbe. Verletzungen der Augen während des Krieges durch „indirekte Geschosse“, 
ebd. Bd. LXXIX. H 1. p. 29. 

36. Derselbe, Augenverletzungen durch Artilleriegeschosse. ebd. Bd. 79. H. 2—3. p. 39. 

37. Cramer, Ehrenfried, Ueber die völlige Ausreißung (avulsio) des Augapfels mit allen 
Muskeln durch Gewehrschuß. Münch, med. Woch. No. 13. p. 456. Feldärztliohe 
Beilage. 

38. Deutschmann, R., Über Sklerektomie und über Trepanation nach Elliot, nebst 
Bemerkungen zur Genese der Stauungspapille. Beitr. z. Augenheilk. Heft 89. 

39. Dimmer, F,. Zwei Fälle von Schuß Verletzungen der zentralen Sehbahnen. Wien. klin. 
Woch. No. 20. p. 519. 

40. Doesschate, G. ten, en Kleijn, A. de, Bilateral Atrophy of the Optio Nerve after 
Fracture of the-Base of the Skull. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. March. No. 12. 

41. Dünner, L., Vorübergehende Pupillenstarre bei Diabetes. Die Therapie der Gegenwart. 
N. 4 p. 135. 

42. Dutoit, A., Zum Kapitel der Sonnenblendung. Aerztl. Rundschau. No. 26. p. 203. 

43. Dutrow, H. V., Case of Reflex Ocular Disturbances Due to Impacted Third Molars. 
Ophthalmie Record. May. 

44. El sehnig, Kriegsverletzungen des Auges. Medizin. Klinik. No. 20. p. 553. 

45. Emanuel. Carl. Anatomischer Befund bei einem Fall von Angiomatose der Retina 
(v. Hippelsche Krankheit). Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. p. 344. Festeohr. f. 
H. Sattler. 

46. Engelhardt, C. F., Eine Familie mit hereditärem Nystagmus. Ztschr. f. die ges. 
Neurol. Bd. 28. H. 4/5. p. 319. 

47. Faber jun., L. A., Ein Fall von Maul- und Klauenseuche mit Augensymptomen. Ned. 
Tijdschr. v. Geneesk. 69. (II.) 1592. 

48. Fenton, Ralph, A. Oxycephalic Exophthalmos, with Traumatic Ruptur© of Both Eyes. 
The Journ. of the Amer. med. Assoc. 66. (18.) 1538. 

49. Fleischer, Bruno, Über die bisher beobachteten Kriegsverletzungen der Augen. 
Corr.-Bl. d. W r ürttemb. Ärztl. Landesver. Bd. LXXXV. No. 5. p. 47. 

50. Förster. E., und Schlesinger, Erich, Ueber die physiologische Pupillenunruhe und 
die Psychoreflexe der Pupille. Monatsschr. f. Psychiatrie. Bd. 37. H. 3. p. 197. 

51. Franke, Fall zentraler Störung des Sehvermögens nach Tangentialschuß. Münch, 
med. Woch. p. 198. (Sitzungsbericht.) 

52. Gassner, Walter, Ein Fall von Pseudogliom der Retina. Inaug.-Dissert. Heidelberg. 
Juni. 

53. Gerstmann, Hemianopsie durch Kontrekoup nach rechtsseitiger Hinterhauptver¬ 
letzung. Wien. klin. Woch. 28. 1332. (Sitzungsbericht.) 

54. Derselbe, Ein Fall von Schuß Verletzung des rechten Os occipitale mit homonymer 
Hemianopsie der gleichen Seite. Mitt. d. Ges. f. inn. M. in Wien. 14. (8.) 81. 

55. Gilbert, Über Kriegsverletzungen des Sehorgans und augenärztliche Tätigkeit im 
Feldlazarett. Aroh. f. Augenheilk. 80. (1.) 41. 

56. Ginestous, E., et Bernard, P., Inferior Hemianopsia from Projeotile in Left Lower 
Side of the Occiput. Paris m6d. Sept. 23. 

57. Go Iden bürg, M., Anomalous Nerve Heads with Good Vision. Arch. of Ophthal - 
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58. Irr adle, H. S., Absence on Optic Nerve. Annals of Ophthalmology. July. XXIV. 
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59. Grosz, Emil v., Augen Verletzungen, Augenkrankheiton und Erblindungen im Kriege. 
Wien. klin. Woch. No. 45. S. 1217. 


60. Haas, Julius, Zur Frage der Dauerschädigungen nach Sonnenfinsteraisbeobachtung. 
Inaug.-Dissert. Würz bürg. 

61. Hagemann, J. A., Some Ocular Manifestation» of Aural Disturbances and Their 
Interpretation. Medical Record. Vol. 87. No. 3. p. 100. 

62. Hansell. Howard C., Two Cases of Monocular Optic Neuritis, ebd. Vol. 87. No. 15. 
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63. Derselbe, Case of Bilateral Glioma of Retina. Amer. Journal of Diseases of Children. 
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64. Hegner, C. A., Über angeborene einseitige Störungen des Farbensinns. Klin. Monatsbl. 
f. Augenheilk. Bd. L1V. p. 81. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1 » 16 . 16 


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242 Augenstörungen und Nervensystem. 

65. Derselbe, Fall mit intermittierendem Exophthalmus. Münch, med. Woch. p. 887. 

(Sitzungsbericht.) 

66. Derselbo, Über seltene Formen von hemianopisohen Geeichtsfeldstörungen nach Schuß- 
verletzungon. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 55. 642. 

67. Derselbe, Totale Farbenblindheit. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Wooh. p. 1023. 

68. Derselbe, Über angeborene einseitige Störungen des Farbensinns. Klin. Monatsbl. 
f. Augenheilk. Jan. p. 81. 

69. Heilborn, Franz, und Röchling, Gottfriod, Aus dem Kgl. Festungs* (Garnison-) 
Lazarett zu Breslau. Vorläufiger Bericht der Augenabteilung über das vierte Kriegs - 
Vierteljahr (1. Mai bis 1. August 1915.) Wochenschr. f. Therapie u. Hygiene d. Auges. 
No. 45. p. 257. 

70. Helmbold, Rudolf, Vergleichende Untersuchungen über den Pupillenabstand zu 
einigen Maßen des übrigen Körpers. II. Zsohr. f. ophthalm. Optik. 3. (4.) 97. 

71. Hennoberg, Absence total d’un oeil. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. S. 1269. 

(Sitzungsbericht.) 

72. Hering, E., Das Purkinjesche Phänomen im zentralen Bezirke des Sehfeldes. Arch. 
f. Ophthalmologie. Bd. 90. S. 1. Festschrift f. H. Sattler. 

73. Hertel, E., Über den Charakter und die Bedeutung der Kriegsverletzungen des Auges. 
Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 1055. 

74. Derselbe, Klinische Untersuchungen über die Abhängigkeit des Augendrucks von der 
Blut beschaff enheit. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. S. 309. Festschr. f. H. Sattler. 

75. Hess, C. v., Heine, L., Birch-Hirschfeld, Bielschowsky, A., Hertel, Umfrage 
über die sympathische Ophthalmie im Zusammenhänge mit den Kriegsverletzungen des 
Auges. Medizin. Klinik. No. 13. p. 360. 

76. Hippel, E. v., Das Abderhaldensche Dialysierverfahren bei Glaukom sowie bei einigen 
Sehnervenerkrankungen. Aroh. f. Ophthalmologie. Bd. 90. S. 198. Festsehr. f. 
H. Sattler. 

77. Derselbe, Weitere Untersuchungen über Keratokonus mit dem Abderhalden c chen 
Dial ysier verfahren, ibidem. S. 173. 

78. Hoeve, J. van der, Nervenfaserdefekte bei Retinochorioiditis juxtapapillaris (Edmund 
Jensen). Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1914. Bd. LIII. p. 487. 

79. Hoover, E. P., Motor Norves and Their Importance in Affections of Eye. Florida 
M. Ass. J. 2. (5.) 

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81. Jeß, A., Die sympathische Ophthalmie. Samml. zwangl. Abh. aus d. Geb. d. Augen¬ 
heilkunde. 1914. 9. (8.) 

82. Joachimoglu, Über die Wirksamkeit des Atropins und Scopolamins am Katzenauge. 
Beil. klin. Woch. No. 35. p. 911. 

83. Josefson, A., Gesichtsfeldstörungon bei den Hypophysistumoren, mit besonderer 
Rücksicht auf die bi temporale Hemianopsie. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 55. 636. 

84. Keutoi. J., Gibt es eine sympathische Amblyopie? Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 
Febr./März. p. 250. 

85. Kleijn. A. de. Tonische Reflexe vom inneren Ohre auf die Augenmuskeln. Ned. 
Tijdschr. v. Geneesk. 59. (I.) 1835. 

86. Koe ged, Hans, Pupillenabstand und Refraktion. Zsclir. f. ophthalm. Optik. 3. 

(5.) 129. 

87. Kölliier, H., Über Übergänge zwischen normalen Farbensinn und angeborener Rot- 
grünblindheit und über die Möglichkeit ihrer quantitativen Bestimmung. Arch. f. 
Augenheilk. 78. (4.) 302. 

88. Koppen. 1. Verletzung der rechten Schläfe und Orbita. 2. Verletzung des linken 
inneren Augenwinkels. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 238. 

89. Kraupa, Ernst, Dio Anastomosen an Pupillen- und Netzhautvenen. Arch, f. Augen¬ 
heilk. Bd. LXXVIII. No. 3. p. 182. 

90. Krückmann, E., Über Kriegsverletzungen des Auges. Zsohr. f. ärztl. Fortbildung. 
No. 18. p. 545. 

91. Derselbe, Ueber Kriegs biindoiifürsorgo. Dtsch. med. Woch. No. 25—27. p. 725. 
763. 788. 

92. Kunz, L., und Ohm, J., Über photographische Messung des Augenabstandes und der 
Pupillen bei Bewegung der Augen von unten nach oben in der mittleren Blickrichtung. 
Arch. f. Ophthalmol. Bd. 89. H. 3. p. 469. 

93. Kutzinski, Stauungspapille bei Hirnschüssen. Neurol Zbl. p. 324. (Sitzungsbericht.) 

94. Lamb, R. S., Is Migraine a Fororunner of Glaucoma? Ann. of Ophthalm. Oct. 

95. Langdon, H. M., Heriditary Dcficioncy of Light Sense in Otherwise He^lthy Eyes. 
Report of Case. ebd. Julv. XXIV. No. 3. 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


243 


96. Leber, Th., Die Krankheiten der Netzhaut. Graefe-Saemisch-Hess Handbuch d. 
ges. Augeuheilk. II. Teil. Bd. VII. Kapitel Xa. Leipzig. Wilh. Engelmann. 

97. Le Feber, K. W., Ocular Symptome of Parasyphilitic Affections, paresis and Tabes. 
Penns. M. J. Sept. 

98. Lewis, E. P. Conscious Vision in Development of Amblyopio Eye. Ann. of Ophthalmol. 
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99. Lobsien, Marx, Über das Sehen mit einem Auge. Zschr. f. Schulgespfl. 28. (10/12.) 
433. 531. 

100. Loeb. H. W , The Influence of the Nose on Eye Affections as Evidenced by a Case of 
Bilateral Blindness and One of Unilateral Scintillating Scotoma Cured by Operations on 
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100a. Matusewicz, Y., Über Sehstörungen nach Vergiftung mit Methylalkohol. Pam. 
Tow. Lek. S. 65. , 

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102. Meller, J., Über Rückbildung von Netzhautgliom. Zbl. f. prakt. Augenheilk. Mai. 

p. 101. 

103. Meyer-Pantin, Edmund, Die Bedeutung der Syphilis für die Augenkrankheiten 
auf Grund von 306 Beobachtungen. Dies. Kiel. 

104. Moore, A. E, Temporary Blindness from Ponetrating Bullet Wound of Occipital Lobe. 
Lancet. Aug. 21. II. No. 4799. 

105. Nagel, €. S. G., Case of Sympathetic Ophthalmia. California State Joum. of Medicine. 
Vol. 13. No. 6. p. 227. 

106. Nonne, M., Ein weiterer Fall von alkohologener reflektorischer Pupillenstarre. 
Xeurol. Zbl. No. 7/8. p. 254. 

107. Oehmig, Fall von rechtsseitiger homonymer Hemianopsie nach Granatsplitterver¬ 
letzung am Hinterkopfe. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Wooh. p. 239. 

108. Derselbe, Schwere Augenverletzungen, ebd. p. 390. 

109. Ohm, John, Beiträge zur Kenntnis des Augenzitterns der Bergleute. I. Veranlagung. 
Aich. f. Ophthalmol. Bd. 89. H. 3. p. 505. 

110. Derselbe, Beiträge zur Kenntnis des Augenzitterns der Bergleute. II. Das Krankheits- 
biid. ebd. 91. (1.) 101. 

111. Ol off. Bemerkenswerte Fälle von Verwundung des Sehorgans. Dtsch. med. Woch. 
No. 39—40. S. 1159. 1190. 

112. Derselbe, Über primäre Tumoren und tumorähnliche Bildungen der Papilla nervi 
optici. Kl. Monatsbl. f. Augenheilk. 55. 313. 

113. Pagenstecher, Adolf H., Zur Kugeleinheilung naoh Enukleation nebst Bemerkungen 
über Sehnervenreaktion. Arch. f. Augenheilk. Bd. 79. H. 2—3. p. 99. 

114. Derselbe, Zur Kenntnis der Netzhautschädigung durch erhöhten Blutdruck. Feldärztl. 
Big. z. Münch, med. Woch. No. 46. S. 1586. 

115. P ä 1 i c h - S z ä n t ö, Olga, Beiträge zur Entstehung der traumatischen Makulaerkrankun¬ 
gen. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Jan. p. 56. 

116. Derselbe, Zwei seltene Befunde am Sohnervenkopfe, ebd. Bd. LV. Juli-Aug. p. 149. 

117. Pasetti, G., Di alcune rare localizzazioni sifilitiohe del! occhio. Annali di Ottal- 
mologia. Vol. NLIII. No. 9—12. p. 936. 

118 Paul, Beobachtungen über Nachtblindheit im Felde. Feldärztl. Beil. z. Münch, med. 
Woch. No. 45. S. 1548. 

119. Peters, R., Angeborener Lagophthalmus in vier Generationen. Kl. Monatsbl. f. 
Augenheilk. 55. 308. 

120. Pichler, K., Plötzliche Pupillenlähmung als erstes Zeichen einer metastatischen 
Ophthalmie, ebd. Juni. p. 682. 

121. Pick, A, Kleinore Beiträge zur Neurologie dos Auges. Arch. f. Augenheilk. 80. (1.) 31. 

122. Pick, H. Friedei, Dreiquadrantenanopsie. Münch, med. Wooh. 62. 1728. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

123. Derselbe, Streifschuß am Hinterkopf mit Dreiquadrantenanopsie. Wien. klin. Woch. 

28. 1401. (Sitzungsbericht.) 

124. Poetzl. Drei Fälle von Schußverletzungen der beiden Sehsphären, ebd. 1916. 

29. 148. (Sitzungsbericht.) 

125. Posev, William Campbell, Some Unusual Changes in the Visual Fields, the Reeult ot 
Vascular Lesions in the Brain and Optic Nerves. The Journ. of the Amer. Med. Assoc. 
Vol. LX1V. No. 19. p. 1549. 

126. Possek, R., Ueber Kriegsverletzungen des Auges. Wien. klin. Woch. No. 15. p. 387. 

127. Ra dos, Andreas, Histologische Veränderungen bei der experimentellen Stauungs¬ 
papille. Arch. f. Augenheilk. Bd. LXXIX. H. 4. p. 199. 

128. Rauch, Rudolf, Indirekte Kriegsschädigungen des Sehorgans. Ein Beitrag^zum 
Studium der Kriegserblindungen. Der Militärarzt. No. 18. p. 295. 

16* 


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244 Augenstörungen und Nervensystem. 

129. Roinhardt, Verletzungen de« Auges. Vereinsbell. cL Dtsch. med. Woch. S. 1175. 

130. Reis, Kann die Abstammung des Netzhautglioms vom Pigmentepithel der Netzhaut als 
erwiesen gelten? Zschr. f. Augenheilk. 33. (3/4.) 175. 

131. Reit sch. Über zweckmäßige Gesichtsfeldvemertung bei der kompletten homonymen 
Rechtshemianopsie. Münch, mod. Woch. No. 32. p. 1079. 

132. Rentz, Beiträge zur Stauungspapille und ihrer Bedeutung für die Hirnchirurgie. 
Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. No. 33. p 1045. 

132a. Rogalla, Bruno, Über oine Sehnervenerkrankung mit merkwürdigem Gesichtsfeld- 
defekt. Inaug.-Diss. Berlin. 

133. Rönne. Henning. Uober die Inkongruenz und Asymmetrie im homonym hemianopischen 
Gesichtsfeld. Klin. Monats bl. f. Augenheilk. April/Mai. p. 399. 

134. Derselbe, Zur Theorie und Technik der Bjerrumschen Gesichtsfelduntersuchung. 
Arch. f. Augenheilk. Bd. LXXV1II. H. 4. p. 284. 

135. Derselbe, Ineongruence Between Hemianopic Defeots in Visual Field and Asymmetry 
of tho Hemianopic Border-Lin© as Local Sign of Brain Lesions; Eight Caees. Hospitals* 
tidende. July. 7. LVIII. No. 27. 

136. Derselbe, Über akute Retrobulbämeuritis, im Chiasma lokalisiert. (Klinische und 
pathologisch-anatomische Untersuchungen.) Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. LV. 
Juli/Aug. S. 68. 

137. Rosenfeld. Susanne. Elf Fälle von Hemiopie. Lnaug.-Dissert. Heidelberg. Juni. 

138. Ruttin, E., Schrapnellsteckschuß im hinteren Gaumenbogen, akute Otitis, Stauungs¬ 
papille. Mschr. f. Ohrenheilk. 1916. 50. 63. (Sitzungsbericht.) 

139. Säger, Walter, Zwei seltene Schrotschußverletzungen dos Auges. Zugleich ein Beitrag 
zur Kenntnis der Konturschüsse des Auges und der Sehnerven Verletzungen. Zschr. 
f. Augenheilk. Bd. 33. H. 1—2. p. 36. 

140. Salzer, Ueber Schuß Verletzungen der Augengegend. Münch, med. Woch. No. 8. 
p. 277. Feldärztl. Beilage. 

141. Sattler, R., Double Papillo-Edema. Optic Neuritis. Lancet-Clinic. April. 

142. Schieck, Verwundungen des Sehorgans. Münch, med. Woch. S. 1435. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

143. Schlabs, Messungen mit dem Hertelschen Exophthalmometer. Diss. Breslau. 

144. Schmidt, P., Ueber einseitigen Nystagmus. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. April/ 
Mai. p. 497. 

145. Schmidt mann, Martha, Zur Kasuistik der direkten und indirekten Sehnervenver¬ 
letzungen. Zschr. f. Augenheilk. Bd. 34. H. 1—2. S. 77. 

146. Schreiber, L., Beurteilung der Kriegsverletzungen des Sehorgans. Feldärztl. Big. 
z. Münch, med. Woch. 62. (47.) (764.) 

147. Schwarz, Otto, Ein Fall von mangelhafter Bildung (Hypoplasie) beider Sehnerven. 
Arch. f. Ophthalmol. Bd. 90. S. 326. Festschr. f. H. Sattler. 

148. Seefelder, R., Ein pathologisch-anatomischer Beitrag zur Frage der Kolobome und 
umschriebenen Grubenbildüngen am Selmerveneintritt, ebd. 90. 129. 

149. Shapiro, L., Gase of Deformity of the Skull with Optic Atrophy. The Journ. of 
Nerv, and Mental. Disease. Vol. 42. p. 501. (Sitzungsbericht.) 

150. Snead, C. M., Congenital Division of Optic Nervo at Base of Skull. Arch. of Ophthal - 
mology. July. XL1V. No. 4. 

151. Star gar dt, Die Dunkeladaptation dos Auges bei Sympathicusläh m ung. Zschr. 
f. Augenheilk. Bd. 33. H. 3—4. p. 149. 

152. Stark, H. H., Sudden Blindncss Duo to Suppuration of the Accessory Nasal Sinuses with 
Report of Threo Gases. Tho Journ. of the Amer. med. Assoc. 65. (18.) 1513. 

153. Steinbugler, W. F. 0., Eye in Diagnosis. New York med. Journ. CII. No. 18. 

153a. Sterling. W., 4 Fälle akuter Amaurose nach Vergiftung mit Methylalkohol. Pam. 

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154. Stirling, A. W., Tobacco Amblyop : a. Georgia med. Assoc. Journ. Jan. 

155. Stock, Kriegsverletzungen der Augen. Münch, med. Woch. p. 550. (Sitzungsbericht.) 

156. Strümpell, Adolf, Über heilbare schwere Neuritis optica, verbunden mit cerebellarer 
Ataxie beim Keuchhusten (Keuchhusten-Encephalitis). Dtsch. Zschr. f. Nervenheilk. 
Bd. 53. H. 3—4. p. 321. 

157. Szily, A. v., Zur Kenntnis der Augonhinttigrundtf-Veränderungen nach Schädel¬ 
verwundungen. Dtsch. med. Woch. No. 34. p. 1008. 

158. Terrv, R. J., and Wiener, M., Mydriatic Action of Dextrohyoscyamin. Ann. of 
Ophthalmol. Oct. 

159. Th omas, H. G., Optic Neuritis and dolor Fields in Diagnosis of Syphilis, Neurasthenie, 
Hyperthyroidism, Dementia Praecox, Manie-Depressive Insanity and Third CMelioration 
Sypliilis. Amer. Journ. of Insanity. Vol. 72. No. 1. 

160. Tresling. Kasuistische Mitteilung über Verletzungen der Sehnerven. Klin. Monatsbl. 
f. Augenheilk. 

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Augenstörangen und Nervensystem. 245 

101. Uhthoff, W., Doppelseitige traumatische Hemianopsie. Vereinsbell. d. Dtsoh. 
med. Woch. p. 1143. 

102. Derselbe, Beitrag zu den Sehstörungen durch Methylalkoholvergiftung. Klin. 
Monat sbl. f. Augenheilk. Jan. p. 48. 

103. Derselbe, Ein Fall von doppelseitiger zentraler, punktförmiger, subepithelialer Keratitis 
».knötchenförmiger Keratitis“ Groenouw mit anatomischem Befund, ebd. Bd. LTV. 
p. 377. 

104. Derselbe, Doppelseitige symmetrische Degeneration der Kornea mit Ablagerungen 
von Harnsäure und saurem hamsaurem Natron bei sonst normaler Beschaffenheit 
der Augen und gutem Allgemeinbefinden, ibid. p. 383. 

105. Derselbe, Über die Augenveränderungen bei den Erkrankungen des Gehirns. Graefe- 
Saemisch-Hess Handbuch d. gee. Augenheilk. Bd. XI. Abt. 2 B. 

100. Derselbe, Beiträge zu den hemianopischen Gesichtsfeldstörungen naoh Schädelsohüssen, 
besonders solchen im Bereich des Hinterhauptes. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 
Bd. LV. Juli/Aug. S. 105. 

107. Derselbe, Weitere klinische und anatomische Beiträge zu den degenerativen Erkrankun¬ 
gen der Hornhaut, ebd. Bd. 55. Sept./Oct. 

168. Waar den bürg, P. J., Zwei Fälle mit Arteria hyaloidea persistens und eigentümlicher 
Gesichtsfeldeinschränkung Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (II.) 2396. 

169. Walker, C. B., Topical Diagnosis and Psychiatric Value of Wilbrand Test with New 
Clinical Instrument. Arch. of Ophthalmol. March, p. 109. 

170. Derselbe, Study of Bitemporal Hemianopsia with New Instruments and Methods for 
Detecting Slight Changes. ebd. July. XLIV. No. 4. 

171. Wessely, K., Augenärztliche Erfahrungen im Felde. Würzburger Abhdlg. 15. 
(9.) 167.* 

172. Wietfeldt, Avitaminose als Ursache der Nachtblindheit im Felde. Bemerkungen 
zu „Beobachtungen über Nachtblindheit im Felde“ von Stabsarzt d. R. Dr. Paul in 
No. 45. d. Wschr. Feldärztl. Beil. z. Münoh. med. Woch. 62. (50.) 1743. 

173. Wilbrand, H., und Saenger, A., Die Neurologie des Auges. Die Erkrankungen 
des Optikusstammes. Bd. 5. Wiesbaden. J. F. Bergmann. 

174. Dieselben, Die Neurologie des Auges. Ein Handbuch für Nerven- und Augenärzte. 
Bd. VI. Die Erkrankungen des Chiasmas. Wiesbaden. J. F. Bergmann. 

175. Williams, C., Oase of Acute Retrobulbär Neuritis. Ophthalmie Record. Aug. 
XXIV. No. 8. 

176. Wohlgemuth, E., Schuß durch das linke Auge. Vereinsbell. d. Dtsch. med. Wooh. 
p. 238. 

177. Wolffberg, Zur diagnostischen Verwertung der quantitativen Farbensinnprüfung. 
Wochenschr. f. Therapie u. Hygiene d. Auges. 19. (1/11.) 2. 13. 17. 21. 29. 49. 53. 

178. Wood. C. A., Shrapnel Wound of Occipital Region with Involvement of Visual Centers. 
Ophthalmie Record. Aug. XXIV. No. 8. 

179. Woodruff, F. E., Complete Left Lateral Hemianopsia with Glycosuria as Result of 
Slight Trauma. Ophthalmology. 12. (1.) 

180. Würdemann, H. V., Eye Symptoms of Hypophyseal Diseases, ebd. April. 

181. Yakovleva, A. A., Gases of Löss of Vision from Eau de Cologne, Denaturated Alcohol 
and Similar Substitutes for Whisky. Russky Vrach. XIV. No. 25. 

182. Zabriskie, Edwrin G., Anourysm or Other Lesion Causing Third Nerve Paralysis, 
Titubation and Hemianopsia. The J. of N. a. M. Dis. 42. 701. (Sitzungsbericht.) 

183. Zade, über Blendungserpcheinungen im Felde. Münch, med. Woch. No. 44. S. 1514. 
1515. 

184. Zentmayer, W., Contraction of Frontalis in Abduction of Eyeball. Annals of 
Ophthalmology. Jan. 

Unter den Arbeiten dieses Jahrgangs überwiegen natürlich diejenigen, 
die sich mit Kriegsverletzungen beschäftigen. Eine Anleitung zur Unter¬ 
suchung von Augenverletzten gibt Schreiber. Eine Übersicht über die Art 
und die Menge der Kriegsverletzten finden wir in den Arbeiten von Bock, 
Krückmann, Cosmettatos, v. Grösz, Salzer, v. Szily, Elschnig. 
Über Nachblindheit im Kriege berichten Best und auch andere der an¬ 
geführten Autoren. Zur Kenntnis der Verletzungen des Sehzentmms trägt 
die Arbeit von Dimmer bei. Dasselbe Gebiet bearbeiten Rönne und 
Rosenfeld, die über 11 Fälle von Hemiopie berichtet. Von rein neuro¬ 
logischen Arbeiten erwähnen wir hier zuerst einige, die sich mit dem Vor¬ 
kommen von Pupillenstarre bei Diabetes (Dünner) und bei alkoholischer 


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246 


Augenstöruugeu und Nervensystem. 


Neuritis (Mayer und Nonne) beschäftigen. Engelhardt bringt den 
Stammbaum einer Familie mit hereditärem Nystagmus. Pick verbreitet 
sich über die Lokalisation des Blickreflexes und bespricht einen Fall von 
Nystagmus des Oberlids bei Nystagmus der Bulbi. Ein neues Symptom 
der metastatischen Ophthalmie konnte Pichler beobachten, nämlich plötzliche 
Pupillenlähmung. Mittels eines neuen Apparates weisen Förster und 
Schlesinger nach, daß das Fehlen der physiologischen Pupillenunruhe 
hei Dementia praecox sich durch die geringe psychische Regsamkeit der 
Kranken erklärt. Einen Fall von Pseudogliom der Retina beschreibt Gaßner, 
über Rückbildung von Netzhautgliom berichtet Meller. Eine weitere 
pathologisch-anatomische Arbeit ist die von Seefelder über die Frage der 
Kolobome und umschriebenen Grubenbildungen am Sehuerveneintritt, in 
dasselbe Gebiet fällt die Arbeit von Schwarz über Hypoplasie beider 
Sehnerven. Experimentell stellte Hertel fest, daß es gelingt, durch Zufuhr 
von Kochsalz sowohl intern als auch intravenös den Augeudruck berab- 
zusetzen, eine Tatsache, die vielleicht später in der Therapie des Glaukoms 
Verwendung finden wird. Den Zusammenhang von Augenerkrankungen, wie 
Keratokonus, Glaukom und anderen Erkrankungen mit der inneren Se¬ 
kretion weist von Hippel mittels der Methode von Abderhalden nach. 
Einige größere Monographien liegen vor, so die von Uhthoff über die 
Augensymptome bei Geisteskrankheiten und die beiden Bände von Wilbrand- 
Sänger über die Erkrankung des Optikusstammes und über die Erkrankungen 
des Chiasmas. Jedenfalls ist aus dieser Übersicht zu ersehen', daß trotz des 
Krieges die medizinische Wissenschaft nicht ruht und fleißig der Ban des 
medizinischen Gebäudes erweitert wird. 

Axenfeld (3) teilt acht Fälle von Hemianopsien durch Schuß Verletzungen 
des Hinterhauptes mit: vier Fälle sind darunter doppelseitige Hemianopsien; 
diese letzteren stellen isolierte Verletzungen der Sehzentren dar und ver¬ 
danken ihre Entstehung Tangential- oder Querschüssen der Hinterhaupt¬ 
gegend. Nach der Art des Gesichtsfelddefektes müssen die oberen Teile an 
der Fissura calcarina stärker beschädigt sein als die unteren, denn es fand 
sich nur ein Fall mit ausschließlicher Sebstörung in der oberen Gesichts¬ 
feldhälfte. Die anfänglich oft vollständige Erblindung ist immer wieder 
geschwunden; ein Fall von dauernder Amaurose durch Hinterhauptscbuß 
kam nicht vor, wenn auch freilich Kriegsblinde im Sinne optischer Erwerbs¬ 
unfähigkeit darunter sind. Das Trauma an sich, die Wirkung der zerfallenen 
Hirnmasse und der Hämorrhagie scheint zur Erzeugung einer Neuritis 
optica auszureichen. In einem Falle wurden Halluzinationen, nicht besonders 
schreckhafter Art, in der defekten Gesichtsfeldhälfte angegeben. Das Vor¬ 
kommen solcher Halluzinationen spreche dafür, daß man selbst bei Verletzungen, 
welche sich in unmittelbarer Nähe der Rinde abspielen, die Ausfalls¬ 
erscheinungen nicht ohne weiteres als rein kortikal ausehen oder doch aus 
ihnen nicht auf völlige Zerstörung gerade der betreffenden Rindenteile 
schließen dürfe. ( JacobsoJm .) 

Bei einem 8 Monate alten Kinde — Beobachtung von Axenfeld, 
Küpferle und Wiedersheim (4) — war wegen Glioma retinae ein Auge 
enukleiert worden. Bei der gründlichen ophthalmoskopischen Untersuchung 
in der Narkose wurde auch im zweiten Auge des Kindes ein beginnendes 
Gliom entdeckt. Um die Enukleation dieses zweiten Auges, wenn irgend 
möglich zu vermeiden, wurde von den Autoren ein Versuch mit der Strahlen¬ 
therapie gemacht, nachdem man sich vorher von der Unschädlichkeit dieser 
Therapie zunächst am Kaninchen überzeugt hatte. Es ergab sich, daß das 
kindliche Auge große Dosen gefilterter Strahlen ohne klinisch erkennbaren 


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Augenstörungen nnd Nervensystem. 


247 


Schaden für seine normalen Gewebe verträgt, während in der gleichen Zeit 
die multiplen Gliome in der Retina in erstaunlicher Weise zur Rückbildung 
gebracht wurden. Die Wirkung der Strahlentherapie ist demnach eine 
elektive gewesen. (Jacobsohn.) 

Alle mehr mechanisch auf den Optikus und auf die basale Sehbahn 
einwirkenden Prozesse (Tumoren, Blutungen, Hydrocephalus internus, Trauma, 
Stauungspapille u. dgl.) beeinträchtigen, wie sich aus umfassenden Unter- 
Buchungen von Behr (9) ergibt, Sehschärfe, Gesichtsfeld und den Farbensinn 
viel hochgradiger als die Dunkeladaptation. Demgegenüber pflegen entzünd¬ 
liche und besonders die chronisch degenerativen Prozesse die Dunkeladaptation 
stark herabzusetzeu, während die übrigen visuellen Funktionen zunächst 
entweder überhaupt nicht oder in bedeutend geringerem Maße geschädigt sind. 

( Jacobsohn .) 

Aus dem zweiten Teil der Behr’schen (10) Arbeit, in welcher er 
über das Verhalten und die diagnostische Bedeutung der Dunkeladaptation 
bei atrophischen Zuständen des Sehnerven spricht, ist für den Neurologen 
die Tatsache von Wichtigkeit, daß die Dunkeladaptionsstörung sogar der 
Optikusatrophie bei Tabes längere Zeit vorausgehen kann, so daß dies 
Phänomen auf die kommende Atrophie früher hinweisen kann, als sie 
ophthalmoskopisch wahrnehmbar ist. (Jacobsohn.) 

Berling (11) bestätigt als zusammenfassendes Resultat ihrer Unter¬ 
suchungen mit der Bjerrumschen Methode an verschiedenen Optikus¬ 
affektionen in bezug auf das Glaukom das, was Bjerrum und spätere 
Autoren feststellten, nämlich einen fast konstanten, primär vom blinden Fleck 
ausgehenden Gesichtsfelddefekt. Desgleichen wurden bei multipler Sklerose 
mit dem blinden Fleck zusammenhängende Skotome gefunden, die in ähn¬ 
licher hemianopischer Form bisher nur von Rönne beschrieben worden sind, 
aber bei Verwendung der Bjerrumschen Methode gewiß häufiger zur Beob¬ 
achtung kommen dürften. Bei Nebenhöhlenaffektionen stimmen die von 
Berling beobachteten Gesichtsfelddefekte zum Teil mit den van der 
Hoevescheu Untersuchungsresultaten überein, außerdem konnte B. in einem 
Falle einen bisher noch nicht beschriebenen, anfangs sektorenförmigen, später 
hemianopischen Defekt mit vollständig zerstörtem zentralen Leben nach- 
w-eisen. Die Gesichtsfelder der Patienten mit einer Stauungsblutung durch 
Rumpfkompressionen brachten eine progrediente Sehnervenaffektion zum 
Ausdruck, die mit einem kleinen zentralen Skotom begann und allmählich 
nicht nur zu einem vollkommenen Funktionsausfall des papillo-makularen 
Bündels führte, sondern auch deutlich eine vom blinden Fleck ausstrahlende 
allseitige Gesichtsfeldeinschränkung zur Folge batte. Den „nasalen Sprung“, 
den Rönne als Kriterium für eine elektive Nervenfasererkrankung auffaßt, 
konnte B. nicht nur bei einem großen Teil der Glaukomgesichtsfelder fest¬ 
stellen, sondern auch bei einem Fall von multipler Sklerose und einem Fall 
von Nasennebenhöhleuentzündung. (Jacobsohn.) 

Um die Nachtblindheit im Felde nachzuweisen, bediente sich Best (12) 
der radioaktiven Leuchtfarben in Form der Leuchtuhr. Sie genügt voll¬ 
kommen zur Aufstellung von Kurveu, die den Verlauf der Dunkeladaptation 
angeben. Nach Best existiert übrigens eine „Kriegshemeralopie“ nicht 
Es gibt beim Stellungskrieg eine Reihe von Bedingungen, die das Entstehen 
der Hemeralopie begünstigen, so nächtliche Tätigkeit, Entbehrungen, unregel¬ 
mäßige Ernährung, körperliche und seelische Überanstrengung. Die Mehrzahl 
der Kranken hat ihre Hemeralopie als alte Begleiterscheinung einer 
Refraktionsanomalie oder als ererbte Eigentümlichkeit, die ihnen im Verkehr 
mit ihren scharfsichtigen Kameraden erst zum Bewußtsein kommt. Bemerkens- 


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Augemtörungen und Nervensystem. 


wert ist das häufige Zusammentreffen der Hemeralopie mit Kopfschmerzen, 
Schlaflosigkeit und anderen nervösen Symptomen nebst Abmagerung. Fast 
könnte man eiue spezifische Form daniederliegender Ernährung im Sinne einer 
Störung bestimmter, noch unbekannter vitaler chemischer Prozesse vermuten. 

Beuttenmüller (13) beruft sich auf einen Artikel in einer österreichischen 
militärischen Zeitschrift 1914, in welchem der Autor zu dem Schluß kam, daß 
die Hemeralopie im Heere ein sklerotisches Symptom ist, daß ihre Häufigkeit 
direkt abhängig ist von der Menge der bei der Truppe genossenen frischen 
Gemüse usw. ( Jacobsohn .) 

Bikeles und Buttin (15) berichten über einen Patienten mit epidemischer 
Meningitis cerebrospinalis, der im Laufe der Erkrankung ertaubte. Die 
otiatrische Untersuchung ergab: Trommelfelle beiderseits normal, totale 
Taubheit für Sprache und Stimmgabeln, kalorische Reaktion beiderseits 
negativ, Drehreaktion beiderseits bei aufrechtem, vorgeneigtem and seitwärts 
geneigtem Kopf negativ, Zeigerersuch normal. Es handelt sich also um 
eine beiderseitige totale Labyrinthausschaltung. Trotz des Fehlens jeder 
Reaktion auf kalorische und Drehreize verhielten sich die kompensatorischen 
Augenbewegungen bei passiven oder aktiven Kopfdrehungen ganz so wie 
beim Gesunden. Weitere Versuche erwiesen, daß die kompensatorischen 
Augenbewegungen bei dem Patienten einzig von der faktischen, keineswegs 
von der subjektiv empfundenen Kopfdrehung abhingen, daß es sich also bei 
den Augenbewegungen um keine willkürlichen, sondern um reflektorische 
Vorgänge handelt, und ferner muß man diese Bewegungen im vorliegenden 
Falle als nicht vestibulären Ursprungs, sondern als durch sensible Reize 
infolge Lageveränderungen in den entsprechenden Gelenkon ausgelöst ansehen. 

( Jacobsohn .) 

Birch-Hirschfeld (17) gibt eine kurze Übersicht der bisher von ihm 
beobachteten Augenverletzungen durch Geschosse. Er tritt für besondere 
augenärztliche Untersuchungsstationen im Felde ein, um durch vorbeugende 
Korrektionen des Sehvermögens viele Soldaten noch tüchtiger für den 
Kriegsdienst zu machen. ( Jacobsohn .) 

Birch-Hirschfeld (18) teilt einige Fälle schwerer Augenverletzungea 
unter der der feindlichen Stellung benachbarten Zivilbevölkerung mit, die 
durch unvorsichtiges Behandeln liegen gelassener und noch nicht krepierter 
Geschosse eingetreten waren. ( Jacobsohn .) 

Birch-Hirschfeld und stimmel (19) teilen 13 Fälle von elektrischer 
Ophthalmie mit. Ein relatives peri- oder parazentrales Skotom für Farben 
stellt ein nahezu konstantes Symptom dieser Erkrankung dar. Die Form 
und Ausdehnung des akuten Blendungsskotoms bot in den beobachteten 
Fällen erhebliche Unterschiede. Zweimal war nur ein Auge betroffen, in 
den andern Fällen beide, aber häufig in ungleichem Grade. Eine Beziehung 
zwischen der Form der blendenden Lichtquelle und der Form des Skotoms 
ließ sich nicht feststellcn oder nur insofern, als die inneren Netzhauthälften 
beider Augen wesentlich häufiger betroffen wurden als die äußeren. Ein 
positives zentrales Skotom, wie es nach Sonnenblendung (Beobachtung von 
Sonnenfinsternissen) die Regel bildet, war in. keinem Falle nacbzuweisen. 
Trotzdem besteht zweifellos eine auffallende Übereinstimmung der Erschei¬ 
nungen hinsichtlich des vorübergehenden relativen Farbenskotoms. Diese 
Übereinstimmung der Symptome bei beiden Blendungsarten deutet auf eine 
gemeinsame Ursache hin, als welche wesentlich die leuchtenden Strahlen in 
Betracht kommen können. Es können aber auch, wofür die Autoren zwei 
Beispiele bringen, ernste und dauernde Schädigungen des Auges durch 
Blendung im Betriebe Vorkommen. (, Jacobsohn .) 


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Augeustöruogeü und Nervensystem. 


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Bock (21) beschreibt seine augenärztlichen Erfahrungen aus dem 
Kriege. Wir erwähnen hieraus einzelne besondere Fälle, da alle übrigen 
beschriebenen Verletzungen mit den hier ausführlicher referierten Arbeiten 
überein8timmen. Siehe Krückmann, Salzer, Pageustecher, Zade usw. 
Der Nervus opticus wird ziemlich häufig nicht durchschossen gefunden, 
obwohl man nach der Art der Verwundung eine Durchtrennung erwarten 
sollte. Er scheint mit anderen großen Nerven gemeinsam zu haben, daß 
seine in der Spannung des lebendigen Gewebes vorhandene Kraft groß genug 
ist, um ein Geschoß geradezu abzulenken. Von feineren Befunden erwähnt 
Bock zarte, senkrechte Faltenbildung in der Hornhaut, die wieder ver¬ 
schwindet, Durchblutungen der Hornhaut infolge Zerreißung der Raud- 
schlingengefaße, punktförmige Blutungen an der Vorderfläche der Iris, Lähmung 
der Pupille, vorübergehende Linsentrübungen, Steinsplitter auf der Iris. 
Nach großen Erschütterungen des Korpus treten häufig Augenstörungen 
ohne Spiegelbefund auf. Die Fälle von Amblyopia hysterica und ueur- 
asthenica sind nicht allzuselten, was bei der heutigen Kriegführung ja 
weiter nicht wundernimmt. Die Prognose bei diesen Fällen ist günstig. 
Fälle von Hemeralopie hat Verfasser ebenfalls beobachtet. Zum Schluß wird 
erwähnt, daß Sehnervenatrophien auch nach schweren Blutverlusten öfter 
beobachtet wurden. 

Cords (33) untersuchte die Bedingungen, unter welchen das Auge 
noch imstande ist, die Lichtempfindlichkeit wahrzunehmen, wenn Blut in der 
Vorderkammer oder im Augeninnern sich befindet. Die Frage ist deshalb 
von praktischer Bedeutung, weil manchmal bei Blutungen im Auge die 
Projektion entweder falsch oder aufgehoben ist. Es würde in einem solchen 
Fall verkehrt sein, auf eine schwere Schädigung oder Abhebung der Netzhaut 
su schließen. Der Autor kommt zu folgenden Schlüssen: Ist Kammerwasser 
und Glaskörper durch Blut ersetzt, so kann höchstens bei Blick in die 
Sonne noch eine kaum merkliche Lichtempfindung wahrgenommen werden. 
Ist die Hälfte durch Blut ersetzt, so könuen nur stärkere Lichtquellen (über 
25 Kerzen) nahe vor dem Auge erkannt werden. Das Licht einer Stearin¬ 
kerze wird auch bei einem Blutgehalt von 25 % noch nicht gesehen. Auch 
für stärkere Lichtquellen ist dabei die Projektion noch aufgehoben. Bei 
einer Vorderkammerblutung wird Kerzenlicht in mindestens 1 m erkannt; 
die Projektion ist dabei genau. Bei völliger Verwachsung der Lider wird 
das Licht einer Stearinkerze in V 2 —1 m gut erkannt; die Projektion ist 
aber auch für stärkere Lichtquellen ungenau. 

In drei Arbeiten beschäftigt sich Cosmett&tos (34—36) mit den Ver- 
letzuugen der Augen durch Gewehrkugelschüsse, indirekte Geschosse und 
durch Artilleriegeschosse. Er gibt kurze Augaben über das Zustandekommen 
der Verletzungen. Es sind keine neuen Tatsachen. Interessant sind nur 
seine Zahlenangaben über die Sehverluste. Bei Gewehrkugelschüssen be¬ 
trugen die partiellen Sehverluste unter 43 Fällen 7 Fälle, die totalen Seh¬ 
verluste 9. Bei indirekten Geschosssen sind die betreffenden Zahlen auf 
35 Augen Verletzungen 8 partielle und 4 totale Sehverluste, bei den Ver¬ 
letzungen durch Artilleriegeschosse auf 29 Fälle 10 partielle und 4 totale 
Sehverluste. 

Zwei interessante Fälle von Schußverletzungen der zentralen Sehbahuen 
geben Dimmer (39) zur Revision der Anschauung über das Wesen der 
Makulaversorgung Gelegenheit. Bei dem ersten dieser Fälle bestand eine 
Quadrantenhemianopsie, die nach der Lokalität des Durchschusses und nach 
den übrigen Erscheinungen durch eine Verletzung der Sehstrahlung bedingt 
sein muß. Nach Henschen müßte man an eine Schädigung der unteren 


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Augeustörungen und Nervensystem. 


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Lippe der Fissura calcarina deuken. Eine kleine Makulaaussparung würde 
mit den von Lenz vertretenen Ansichten über den Abgang der der Doppel- 
versorgung dienenden Fasern etwa in der Mitte des Parietallapens entsprechen. 
Beim zweiten Fall finden sich folgende Veränderungen im Gesichtsfeld: 
1. ein kleines zentrales absolutes Skotom, 2. ein Skotom, welches der rechten, 
unteren Hälfte der rechtsseitigen, sogenannten Makulaausparung entspricht^ 
3. ein Skotom, welches den zentralen Teil einer nach rechts und unten ge¬ 
legenen Quadrantenhemianopsie einnimmt. 

Das zentrale Skotom weist jedenfalls auf eine doppelseitige Erkrankung 
hin, da es ja sichere Fälle gibt, bei denen die zentrale Sehschärfe normal 
war, trotz vollkommener Zerstörung der von dem Sehzentium der einen 
Seite kommenden zentralen Bahnen. Die zweiten homonymen Skotome 
möchte Dimmer so erklärt wissen, daß eine doppelseitige Erkrankung des 
Sehzentrums, die links stärker aufgetreten ist, vorhanden war. Das dritte 
Skotom würde einer einseitigen Läsion der Rinde des Sehzentrums ent¬ 
sprechen in der oberen Calcarinalippe. Das Zentrum für die Makula¬ 
gegend muß in die hintere Partie der Fissura calcarina verlegt werden. Da 
es einer großen Übung im Perimetrieren bedarf, um diese feinsten Skotome 
herauszufinden, ist es sehr wünschenswert, alle Fälle von Schußverletzungen 
des Schädels, bei denen nach der Sachlage die Möglichkeit von solchen 
Gesichtsfelddefekten besteht, dem Augenarzt zuzuführen. 

Dünner (41) sah bei einer 67jährigen, seit neun Jahren an Diabetes 
leidenden Patientin, bei der alle vier Luesreaktiooen (Wassermann im Blut 
und Liquor cerebrospinalis, Reaktion nach Hauptmann und Nonne) negatiT 
waren, vorübergehende Pupillenstarre. Ungefähr acht Tage waren die 
Pupillarreflexe nicht auslösbar, ebenso die Patellarreflexe. Es bestand auch 
Ataxie geringen Grades. Der Autor möchte als ätiologisches Moment auf 
Grund der stattgehabten Untersuchungen Lues ausschließen und in Analogie 
mit Nonnes Fall von Pupillenstarre bei Alkoholintoxikation den Diabetes 
als Ursache der transitorischen Starre in Anspruch nehmen. 

Unter dem militärischen Augenmaterial fallt Elschnig (44) zuerst 
auf die große Zahl präexistenter Augenerkraukungen, die eutweder erst im 
Felde bemerkbar wurden oder überhaupt nur als Zufallsbefunde bei Verletzten 
oder im Felde Erkrankten erhoben wurden: Hochgradige Myopie, Chorioiditis, 
Retinitis pigmentosa, Hornhautnarben, zwei mal Stauungspapille usw. Die 
beiden Soldaten mit Stauungspapille hatten wochenlang an der Front 
gekämpft. Unsere gegenwärtige Kampfweise scheint im allgemeinen an 
die Sehtüchtigkeit und das organische Nervensystem des Soldaten geringe 
Anforderungen zu stellen. Recht groß war die Zahl der indirekt durch 
Kriegsverletzungen erzeugten Augenerkrankungen. In erster Linie sind za 
erwähnen, die relativ häufigen Fälle von Parese der okulo-pupillaren Fasern 
des Sympathikus durch SchußverletzuDgen im Bereich des Grenzstranges 
bzw. des Ganglion suprenmm des Halssympathikus (vier Fälle). Es über¬ 
raschte der negative Ausfall der Adrenalinreaktion, während die Erweiterung 
der Lidspalte uud Pupille durch Kokain fehlte, die Kokainreaktion also 
positiv ausfiel. Besonders interessant ist eine Reihe von Fällen, in denen 
im Anschluß an Granatexplosionen in unmittelbarer Nähe, ohne Verwun¬ 
dung, schwere Allgemeinstörungen aufgetreten waren. Die Störungen waren 
vorzüglich auf die Psyche und die vasomotorische Sphäre beschränkt. 
Andauernd auffallend weite Pupillen bei normaler Reaktion sowie insbesondere 
Ungleichheit der Pupillen, mitunter alterierend an beiden Augen, gleichfalls 
hei normaler Reaktion, waren neben Erscheinungen von Commotio labyrinthi 
das einzige organische Korrelat einer Reihe von funktionellen Störungen. 


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Augeustörungeo uud Nervensystem. 


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Dabei fehlten aber regelmäßig die bei „traumatischer Neurose“ der zivilen 
Unfallpraxis wohl zu beachtenden Ermüdungserscheinungen im Gesichtsfelde. 

Bei einem Fall von langsam zunehmender Neuritis optici (Stauungs¬ 
papille) nach Durchschuß entlang der Schädelbasis, mit Aneurysma im Bereich 
der Carotis interna erzielte mau durch Unterbindung der Carotis interna 
Rückgang und Ablauf der Neuritis. Je ein Fall von Exophthalmus war 
durch chronische Periostitis der Orbita sowie durch Aneurysma arterio- 
venosura der Carotis interna im Sinus cavernosus bedingt. Zu den indirekten 
Augenläsionen gehören die Fälle von hysterischen Anomalien des Sehorgaus, 
die häufig und fast immer im Anschluß an kleine organische Traumen sich 
anschlossen bzw. durch sie ausgelöst waren. Bei simulierten Sehstörungen 
imponierte der prompte Einfluß der sofortigen Behandlung mit starken 
faradischen Strömen. Schwere Zertrümmerungen des Augapfels waren ver¬ 
hältnismäßig selten. Es wurden nur 36 Fälle von einseitiger Zerstörung 
des Augapfels beobachtet. Sehr häufig fanden sich bei den schwereu Ver¬ 
letzungen Nasennebenhöhlenaffektionen. Angenehm enttäuscht hat die geringe 
Zahl von Trachomen, meist alte Fälle. Groß war die Zahl der kleinen 
Verletzungen des Auges. In vier Fällen von Chorioidalruptur hatte das 
Geschoß den Bindehautsack nicht berührt. Im Glaskörper waren meist 
ausgedehnte Blutungen. Der Verfasser empfiehlt bei derartigen Blutungen 
sein Verfahren, den Glaskörper durch physiologische Kochsalzlösung zu 
ersetzen. Er glaubt, daß durch frühzeitigen Glaskörperersatz viele Augen 
sehfähig oder wenigstens in ihrer Form erhalten werden könnten. 

Den Stammbaum einer Familie mit hereditärem Nystagmus stellt 
Engelhardt (46) auf. Von 212 Personen waren 20, und zwar 19 Männer 
und l Frau damit behaftet. Die Stammeltern sind frei davon gewesen. 
Die Abweichung war angeboren und wurde immer gleich bei der Geburt 
bemerkt; außerdem war sie sehr auffallend. Von den 20 Nystagmuskranken 
leben noch 12, 9 davon wurden vom Autor selbst untersucht. Der Typ 
des Nystagmus war in allen Fällen derselbe, Nystagmus oszillatorius horizon- 
talis, er bestand auch in Ruhe, die Ausschläge wurden bei Seitwärtssehen 
größer. Neben dem Augennystagmus wurde siebenmal eine nystagmoide 
Bewegung des Kopfes beobachtet. Die Vererbung findet nur selten von 
einer Generation auf die andere statt. Gewöhnlich liegen ein oder sogar 
zwei „gesunde“ Generationen dazwischen. Männliche Nystagmuskranke ver¬ 
erben die Anomalie nur selten direkt auf ihre Kinder. Ob weibliche Nystag¬ 
muskranke die Anomalie vererben können, läßt sich nicht feststellen, da die 
einzige Frau mit Nystagmus kinderlos war. Ein „kranker“ Mann vererbt meist 
über eine „gesunde“ Tochter die Anomalie Der Vererbungstyp ist aber 
derselbe, wie bei Hämophilie, Farbenblindheit usw. Außer dem Nystagmus 
fand sich in vielen Fällen Pigmentarmut des Augenhintergrundes und 
schlechter Visus, doch können diese Augenabweichungen auch ohne Nystagmus 
Vorkommen, so daß dieses nicht als ihre Folge angesehen werden kann. 

Während von Weiler und Bumke die physiologische Pupillenunruhe 
als ein bei normalen Menschen vorhandenes Symptom angesehen wurde und 
Bumke sogar den Ausfall dieses Symptoms als pathognomisch bei Dementia 
praecox betrachtet, kommen Förster und Schlesinger (50) auf Grund ihrer 
Untersuchungen am Schlesingerschen Peripupillometer nach Ausschaltung 
der Akkommodation zu anderen Ergebnissen: „Die physiologische Unruhe, 
sowie die auf sensible, sensorische und psychische Reize erfolgte Pupillen¬ 
erweiterung ist eine Folge ständiger kleiner Schwankungen der Akkommo¬ 
dation eventuell der Lichtintensität. Sie kommen dadurch zustande, daß 
der Patient infolge beabsichtigter oder unkontrollierbarer. Reize veranlaßt 


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Augenatörungen und Nervensystem. 


wird, momentan seine Akkommodationsanstellung zu ändern. Ihr Fehlen bei 
der Dementia praecox erklärt sich leicht durch die geringe psychische Regsam¬ 
keit des Kranken, die sich durch unbedeutende äußere Reize wenig oder 
gar nicht ab lenken lassen.“ 

Gaßner (52) gibt in seiner Arbeit die ausführliche pathologisch¬ 
anatomische Beschreibung eines Falles von Pseudogliom bei einem 9jährigen 
Kinde. Die stark veränderte Netzhaut bildete den Sitz des Entzünduugs- 
prozesses. An einer nasal gelegenen Stelle findet man erhebliche Verdickung 
und breite Auseinanderziehung sämtlicher Schichten, Einlagerung von fein¬ 
körnigen Massen und Leukozyten. Das subretinale Exsudat ist an der Netz- 
hauthinterfläche in Organisation begriffen. Dort finden sich auch nekrotische 
Knoten. Es ist also ein Entzündungsprozeß gewesen, der ein Pseudogliom 
vorgetäuscht hat Als Ursache der Entzündung kommt höchstwahrscheinlich 
irgendeine Erkrankung in Frage, die eine Metastase im Auge gesetzt hat 
Bemerkenswert war in diesem Fall die starke Druckerhöhung, während sonst 
bei Pseudogliomen der intraokulare Druck herabgesetzt ist. 

Unter 43 Fällen von Schädelschüssen beobachtete Gilbert (55) sieben¬ 
mal Stauungspapille. Zwei von diesen zeigten Schwellungen von mehr als 
6 Dioptrien. Beidemale handelte es sich um Granatsplittersteckschüsse am 
Hinterhaupt. Neben den ophthalmoskopischen Veränderungen an der Pupille 
sah Gilbert als häufigste Augeukomplikation bei Schädelschüssen vorüber¬ 
gehende Abduzenslähmung. ( Jacobsohn .) 

Nach einer statistischen Übersicht über die häufigsten Augenverletzungen 
im Kriege gibt von Grösz (59) eine Mitteilung über die Anzahl der in der 
ersten Universitätsklinik zu Budapest behandelten Verletzten, ln der Klinik 
wurden 406 Augenverletzungen gepflegt, wovon in 145 Fällen das eine Auge, 
in 40 Fällen beide Augen erblindet waren. 156 Enukleationen. Kein Fall 
von sympathischer Ophthalmie wurde gesehen. Der Grund: zweckmäßige 
Wundbehandlung. Unter 166 Schrapnell Verletzungen waren 121 einseitige, 
15 beidseitige Erblindungen, 59 Enukleationeu. in 118 Fällen Explosions¬ 
verletzungen. In 69 Fällen davon ein Auge, in 7 beide Augen erblindet, 
31 Enukleationen. 6 Stichwunden, Erblindung fünfmal, 4 Enukleationen. 
Von 200 Augenkranken wiesen vier Gonorrhöe des Auges und Trachom 
auf. Eine eigene Trachomkompagnie wurde gebildet. Die idiopathische 
Hemeralopie hat sich als Kriegskrankheit erwiesen. Akzidentell sind die 
verschiedensten Erkrankungen vorgekommen. 

Den seltenen Fall einer angeborenen einseitigen Störung des Farben¬ 
sinns kounte Hegner (64) beobachten. Ein Student, der mit Konkav¬ 
gläsern beiderseits normale Sehschärfe hatte, wurde eingehend auf seinen 
Farbensinn geprüft. Dabei ergab sich, daß das rechte Auge einwand¬ 
frei war, während das Unke am Anomaloskop und an der Nagel sehen und 
Stillingscheu Tafel sich als rotanomal erwies. Der Patient merkte zum 
erstenmal die Farbenunterschiede, als er ein rotes Plakat fixierte. Es 
erschien ihm die rote Farbe mit dem rechten Auge viel heller als mit dem 
linken. Der Autor nimmt aus anderen Beobachtungen noch an, daß auch 
das rechte Auge des Patienten früher nicht ganz farbentüchtig war. Es 
mußte also eiue kongenitale beiderseits gleichstarke Farbenschwäche be¬ 
standen haben, welche sich auf dem einen Auge allmählich ausgeglichen 
hat. Die Frage wird aufgeworfen, ob eine therapeutische Beeinflussung 
der Farbenschwäche nicht möglich sei. 

Zwei weitere Fälle von einseitiger Farbensinnstöruug zeigen, daß Ver¬ 
schiedenheiten im Farbenempfinden beider Augen offenbar öfter aufzufinden 
sind, wenn die Augen getrennt auf Farbensinn untersucht werden. 


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Augenstöi ungeo und Nervensystem. 


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Praktisch spielt dieses Vorkommnis keine Rolle, da doch immer das 
farbentüchtigere Auge die Führung übernehmen dürfte. 

In den ron Hegner (66) mitgeteilten Fällen handelt es sich um Druck 
kleiner Knochensplitter auf den Hinterhauptslappen und dadurch bewirkte 
Sehstörungen. Es bestand in allen drei Fällen zwar nur kleiner insei' 
förmiger Defekt, aber da er gerade im Bereich des makularen Gesichts¬ 
feldes sich bemerkbar machte, so war die Sehsehädigung doch eine erhebliche. 

(Jacobsolm.) 

Hering (72) teilt eine zweckmäßige Methode zur Erzeugung des 
Purkinjeschen Phänomens im fovealeu Sehbezirke mit Besonders liegt dem 
Autor daran, die Tatsache festzustellen, daß das Phänomen auch hier in 
überraschend deutlicher Weise auftritt, wenn man die Umstände auszu¬ 
schließen weiß, welche sein Zustandekommen verhindern müssen. Dies wird 
dann vom Autor experimentell näher erläutert. (Jacobsolm.) 

Hertel (74) hat festgestellt, daß Zuführung von 20—30 g Kochsalz, in 
ca. 100—120 ccm heißem Wasser gelöst, den Augendruck für einige Zeit be¬ 
trächtlich zum Sinken bringt. Schneller und exakter tritt die Herabsetzung ein, 
wenn man intravenös 5—10 % NaCl-Lösungen verabreicht. Die meisten 
Personen vertrugen die Injektionen ohne subjektive Beschwerden, abgesehen 
von einem Durstgefühl. Auch Personen in hohem Alter haben keinen Nachteil 
davon. Patienten mit akutem Glaukomanfall, ebenso solche mit Glaukoma 
Simplex reagierten auf Kochsalzinfusion mit Herabgehen des Augendrucks. 
Beim Menschen wie beim Tier ist der normale, aber auch der, pathologisch 
gesteigerte und pathologisch verminderte Augendruck durch Änderung der 
Blutbeschaffenheit stark beeinflußbar. Zur schnellen Herabsetzung des Augen¬ 
drucks, z. B. vor Operationen, oder auch bei Operationsverweigerung käme 
dieses Verfahren in Frage. Bei Glaukoma simplex dürfte vielleicht die interne 
Verabreichung von Salzen eine Rolle spielen. 

Daß das Glaukom außer einer lokalen Disposition am Auge auch einer 
allgemein somatischen Grundlage sein Entstehen verdankt, ist wohl heutzutage 
jedem Ophthalmologen geläufig, v. Hippel (76) unterzog sich daher der Auf¬ 
gabe, das Verhalten der Organe, die bei den Störungen der inneren Sekretion 
eine Hauptrolle spielen, einer eingehenden Prüfung zu unterwerfen. Das 
wurde zunächst mit der Abderhalden-Reaktion und unter der genauen Kon¬ 
trolle von seiten des Internisten erreicht. Dabei hat sich herausgestellt, daß 
es mit Hilfe dieser Methodik geliugt, vollkommen latente klinische Befunde, 
für die in den meisten Fällen nicht einmal ein Verdachtsmoment vorlag, auf¬ 
zufinden. Dann sind die Ergebnisse von Wert für die Pathologie der Thymus¬ 
drüse bzw. für die Diagnose von Thymuserkrankungen. Eine Persistenz mit 
Dysfunktion der Thymusdrüse ist offenbar ein sehr häufiger Befund. Gleich¬ 
falls kommt dabei ungemein oft eine bei genauer Untersuchung nachweis¬ 
bare Hyperplasie der Schilddrüse vor. Als sichergestellt ist jedenfalls zu 
verzeichnen, daß beim Glaukom, beim Keratokonus, bei Fällen von Sehnerven¬ 
erkrankungen eine abnorme Beschaffenheit von Thyreoidea, Thymus oder 
beiden mit serologisch erkennbarer Dysfunktion vorhanden ist. 

V. Hippel (77) berichtet über 34 serologisch nach dem Abderhalden- 
schen Dialysierverfahren untersuchte Fälle von Keratokonus. Der Gedanke, 
daß der Keratokonus mit Störungen der inneren Sekretion in Zusammenhang 
zu- bringen sei, stammt von Siegrist. Durch die Untersuchung mit der 
Abderhalden-Methode wird diese Ansicht wesentlich gestützt. Nach den 
torliegenden Resultaten scheint es sich aber nicht um eine Hypothyreose 
zu handeln. Auf den multiplen Abbau und die überaus häufige Beteiligung 
der Thymus ist besonderer Wert zu legen. 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


2 54 


Joachmioglu (82) zeigt an der Hand von Versuchen an Katzenaugen, 
daß noch ein Tropfen einer Lösung von Atropin in einer Verdünnung 
von 1 : 160000 regelmäßig eine Mydriasis hervorruft, während die gleiche 
Menge einer Lösung von 1 : 160000 unwirksam ist. In Gewichtsmengen 
ausgedrückt, bedeutet das eine Dosis von 0,000245 mg, die zur Mydriasis 
genügt. Das Katzenauge ist ebenso empfindlich wie das Menschenauge. 
Eine vier Wochen alte Lösung ist ebenso wirksam wie eine Lösung des 
frischen Alkoloids. Für das Skopolamin ergibt sich als Minimaldosis ein 
Tropfen einer Lösung von 1:2000000, gleich 0,00001856 mg; das Skopo¬ 
lamin ist also zehnmal wirksamer als das Atropin. 

Josefson (83) erinnert an eine von ihm 1903 publizierte Arbeit, in 
welcher er über die eigentümliche Art der Sehstörung bei Hypophysen¬ 
tumoren durch Druck auf die Sehbahn hingewiesen hat. Die Erfahrungen, 
welche er damals mitgeteilt hat, wären jetzt von Cushing und Walker, 
welche 101 Fälle von hypo- resp. parahypophysären Läsionen beobachteten, 
im Brain bestätigt. Als wichtigstes und neues Zeichen der Hypophysis¬ 
vergrößerung hätte J. die Quadrantenanopsie resp. Quadrantenachromatopsie 
nach oben und außen festgestellt. (, Jacobsohn .) 

Nach kritischer Durchsicht der in der Literatur niedergelegten Fälle 
von sog. sympathischer Amblyopie kommt Keatel (84) zu dem Resultat, 
daß diese Feststellung eine irrtümliche sei. Es sei deshalb an der Zeit, 
das selbständige Krankheitsbild einer sympathischen Amblyopie aus der 
augenärztlichea Literatur zu streichen. (Jacobsohn.) 

Die Ergebnisse seiner Untersuchungen und zugleich unsere heutigen 
Kenntnisse über das Bestehen von Übergängen vom normalen Farbsinn zur 
angeborenen Rotgrünblindheit, sowie die Möglichkeit ihrer quantitativen 
Bestimmung faßt Köllner (87) folgendermaßen zusammen: 

Bei den angeborenen Farbsinnstörungen hat — im Gegensatz zu den 
erworbenen — die Bestimmung von Schwellenwerten hinsichtlich der Er¬ 
kennung farbiger Objekte nur einen orientierenden Wert. Sie kann nicht 
die Grundlage für eine zahlenmäßige Bestimmung der Herabsetzung des 
Farbsinnes abgeben, da bei ihr nur das Urteil über eine Farbe geprüft wird. 

Die Anwendung von Gleichungen zwischen farblosen Lichtern und 
farbigen mit meßbar abgestufter Sättigung zur quantitativen Bestimmung 
des Farbunterscheidungsvermögens scheitert ebenfalls, da Beobachter mit 
nachweisbarer starker Herabsetzung des Farbsinnes doch keine Gleichung 
bekommen können infolge ausgesprochener Rot-Grün-Kontrastempfindung 
(sog. gesteigerter Farbeukontrast der Anomalen). 

Es gibt infolge der eigentümlichen komplizierten Sehweise der „Farben¬ 
schwachen“ überhaupt bis jetzt keine brauchbare Methode zur zahlenmäßigen 
Bestimmung einer angeborenen Herabsetzung des Farbenunterscheidungs¬ 
vermögens. 

Dagegen gelingt es mit Hilfe der sog. Rayleigh-Gleichung, z. B. 
am Anomaloskop, zwischen der Einstellung des Normalen und den Rot¬ 
grünblinden, welche sowohl die Rotgelb- wie die Grüngelb-Gleichung an- 
nehmeu, in der Tat zahlreiche Zwischenformen aufzufinden, welche eine 
nahezu kontinuierliche Überleitung bilden. Notwendig ist dabei, daß alle 
Rotgrünmischungsverhältnisse aufgesucht werden, bei welchen unter Aus¬ 
gleichen etwaiger Helligkeisdifferenz der Felder Gleichungen erhalten werden* 

Freilich ergeben sich hierbei ziemlich verwickelte Verhältnisse. Sicher 
kontinuierliche Übergange bestehen zwischen der „scharfen“ Gleichung 
Protanomaler und dem Verhalten der Protanopen, sowie zwischen der 
„scharfen“ Gleichung Deuteranomaler und den Deuteranopen. Sie zeigen 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


255 


sich in zunehmender „Verbreiterung’ 1 des zur Gleichung noch angenommenen 
Rotgrünmischungsverhältnisses. Dagegen konnte ich bisher kontinuierliche 
Übergänge zwischen der „scharfen“ Gleichung dieser Anomalen und des 
Normalen, wie sie bisher meist als bestehend angenommen wurden, nicht 
nachweisen. Ihr Bestehen soll damit nicht geleugnet werden. Soweit ihr 
Vorkommen jedoch bisher beschrieben wurde, war es anscheinend stets 
nur yorgetäuscht worden, indem es sich um Anomale mit verbreiterter Ein¬ 
stellung handelte, die bei verschiedener Intensität des Gelb untersucht, 
wurden. 

An ihrer Stelle schieben sich noch eigentümliche Formen ein, bei denen 
neben dem Rot-Grün-Mischungsverhältnis, wie es der Normale zur Gleichung 
zn verlangen pflegt, auch noch bei vermehrter Rot- und Grün-Zumischuug 
Gleichungen erhalten werden. („Verbreiterung“ der Normalen-Gleichung.) 
Diese „Verbreiterung“ braucht nicht sofort aufzutreten, sondern erst nach 
mehr oder weniger langer Fixation („relative Verbreiterung“). Hierbei kann 
sie erstaunliche Grade annebmen, bis zur reinen Rot-Gelb- und Grün-Gelb- 
Gleichung, während bei gewöhnlicher kurzer Fixation lediglich die Normalen- 
Gleichung angenommen wird. Da sich diese „relative Verbreiterung“ der 
Gleichung lediglich für Rot-, oder lediglich für Grün-Zumischung zeigen 
kann, ist als Grund eine einfache Ermüdung der Beobachter auszuschliessen. 
Diese Formen mit „verbreiterter“ Einstellung des Rotgrüngemisches sind 
es, welche für die praktische Prüfung eine scharfe Abgrenzung der sog. 
„anomalen Trichromaten“ vom normalen unmöglich machen. 

Gelingt es auf diese Weise, zahlenmäßig Übergänge vom Normalen 
bis zum Verhältnis der Rotgrünblinden (beider Typen) nachzuweisen, so 
ist doch im Grade dieser Abweichungen vou der normalen Rayleigh- 
Gleichung noch keineswegs auch ein entsprechend hoher Grad einer Herab¬ 
setzung des Farbenunterscheidungsvermögens zu erblicken. 

Vielmehr zeigt sich hier ein ziemlich weitgehendes Mißverhältnis in 
dem Sinne, daß bei scheinbar geringfügigen anomalen Formen (mit „scharfer“ 
Gleichung) schwerere Symptome von Herabsetzung des Farbensinnes nach¬ 
weisbar sind, als bei mittelschweren Formen. Die Ursache hierfür dürfte 
in der eigentümlichen Kontrastempfindung der meisten Personen mit Farbeu- 
schwäche zu suchen sein. Nur bei den hochgradigen, der Rotgrünblindheit 
nahestehenden Formen ist durchgängig auch das Farbenunterscheidungs¬ 
vermögen hochgradig herabgesetzt. 

Die Häufigkeit sämtlicher Abweichungen von der normalen Rayleigh- 
Gleichung dürfte 10°/ 0 der Männer weit übersteigen. Genauere statistische 
Untersuchungen hierüber fehlen noch. 

Nur ein Teil aller dieser Formen ist als „farbenuntüchtig“ zu beurteilen. 
In welchem Umfange, muß noch an größerem Material durch vergleichende 
Untersuchungen festgestellt werden (schätzungsweise 9 —10 °/ ft ). 

Vorläufig empfiehlt es sich, zur sicheren Ausscheidung aller Farben- 
uotüchtiger dahor so vorzugehen, daß mit Hilfe der Rayleigh-Gleichung 
(z. B. am Anomaloskop) festgestellt wird, ob und welcher Grad vou Ab¬ 
weichung vorliegt. Sodann wird bei den leichteren Formen mit Hilfe mög¬ 
lichst vieler qualitativer gebräuchlicher Untersuchungsmethoden festgestellt, 
wer von diesen auch Zeichen von herabgestztem Farbensinn zeigt. 

Bei Beobachtern mit völlig normaler Rayleigh-Gleichung im obigen 
strengen Sinne konnten bisher noch keine sicheren Zeichen von Herab¬ 
setzung des Farbenunterscheidungsvermögens nachgewiesen werden. 

Demuach bildet die Rayleigh-Gleichung in der Tat — bei geeigneter 
Handlung — eine sehr zuverlässige und sichere Methode zur Erkennung 


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Augeastörungen und Nervensystem. 


25 t) 

von Abweichungen vom normalen Farbensinn. Nnr muß berücksichtigt werden, 
daß man mit ihr viel mehr Abweichungen feststellen kann, als praktisch 
„farbenuutücbtig“ bezeichnet werden können, und daß eine Herabsetzung 
des Farbenunterscheidungsvermögens damit nicht direkt, sondern gewisser¬ 
maßen nur anf einem Umwege gefunden wird. 

Schließlich empfehle ich als sehr übersichtliehe Aufzeichnung, besonders 
behufs einheitlicher Verwertung der Untersuchungsbefunde meine mehrfach 
erwähnte graphische Darstellung. ( Jacobsohn .) 

In seiuem Vortrag über Kriegsverletzungen des Auges berechnet 
Krückmann (90) das Verhältnis der Augenverletzungen zu denjenigen des 
Kopfes auf 20 °/ 0 , zu denen des Körpers auf 2 %• Er nimmt au, daß das 
Prozentverhältnis der Augenverletzungen zu denen des Kopfes sich im Laufe 
des Krieges noch steigern wird. Am häufigsten kommen durch Verletzungen 
Gewehrschüsse zustande, in zweiter Linie handelt es sich um Schrapnelle und 
zu dritt um Granaten. Nahkampfverletzungen werden kaum beobachtet. 
Die meist sagittal eindringenden Schüsse führen vorwiegend zu Gehirnver¬ 
letzungen. Mit wenigen Ausnahmen bleiben derartig Verwundete auf dem 
Schlachtfelde. Bei seitlichen Augentreffern bleibt zwar das Gehirn vielfach 
verschont, aber die Sehkraft geht auch verloren, wenn die Bulbuskapsel 
und speziell die Hornhaut in mäßigem Grade gestreift wird. Die gefähr¬ 
lichsten von allen sind die sog. Orbitalschüsse, d. h. Schüsse, bei denen 
beide Augenhöhlen durchquert werden. Auch ohne direkte Geschoßwirkung 
kann bei diesen Orbitalschüssen allein schon die Größe und die Gewalt des 
Projektils den Bulbus so schädigen, daß eine Sprengung seiner Hüllen und 
ein Austritt seiner inneren Häute, des Glaskörpers und der Linse, statt¬ 
findet. Die bei größeren Entfernungen auftretenden Verwundungen äußern 
sich am Bulbus als Lochbildungen. Manchmal kommt es zu Doppelperfo¬ 
rationen. Der Bulbus schrumpft schließlich. Bei Schüssen, die den Orbital¬ 
boden zertrümmern, kann man den intakten Bulbus in der Tiefe der Orbita 
finden. Sehnervenreißungen sieht man öfters. Kontusionen der Gesichte- 
und Schädelknochen wirken komprimierend auf das Auge und führen zu 
Sklerarissen, Aderhautrupturen, Blutungen usw. im Augeninnern. Unange¬ 
nehm köunen Fissuren im Knochen, vor allem in den Nasennebenhöhlen, 
dadurch werden, daß eine Infektion von der Nase aus aufsteigt und das 
Gehirn in Mitleidenschaft zieht. Zur Vermeidung der sympathischen 
Ophthalmie ist es nötig, auch die geringsten Reste von Uvealgewebe zu 
entfernen, was am besten durch die Enukleation geschieht. 

Bei Blutungen ins Gehirn tritt nicht zu selten Stauungspapille auf. 
Wenn die Stauung derartig wird, daß eine Gefahr für das Sehvermögen 
zu befürchten ist, soll eine Trepanation gemacht werden. Bei Hirnabszeß, 
von der Augenhöhle ausgehend, operiert man am besten von der Augen¬ 
höhle aus. 

In derselben ausführlichen Arbeit beschäftigt sich Krückmann (91) 
mit der sozialen Frage der Kriegsblindenfürsorge. Er unterzieht die Berufe 
einer Untersuchung im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Verwertbarkeit 
für die Kriegsblinden. Und nach dem Leseu dieser Schrift kommt man 
zu dem Ergebnis, daß die Lage der Kriegsblinden eine keineswegs so 
traurige ist. Es bestehen viele Aussichten, die Blinden zu beschäftigen, 
sie als vollwertige Glieder der wirtschaftlichen Maschine zu verwenden. 

Die Untersuchung von Kunz und Ohm (92) ist aufzufassen als ein 
Ausfluß der Ohmschen Versuche, die Kinematographie in den Dienst der 
Erforschung des Augenzitterus, besonders desjenigen der Bergleute zu 
stellen. 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


257 


Es wird zunächst ein photographischer Apparat beschrieben, der es 
ermöglicht, • die Augengegend des gut fixierenden Patienten aus der Blick¬ 
richtung aufznnehmen. Die Kamera ist zu dem Zwecke drehbar aDgeordnet, 
und zwar geht die Drehachse durch die Augendrehuogspunkte. Auf den 
Negativen erscheinen die Pupillen bei jeder Blickhebung als Kreise, deren 
Mittelpunkt mit Hilfe eines Systems konzentrischer Kreise im Okular eines 
Mikroskops gefunden wird. Die Messungen werden unter dem Mikroskop 
ausgefiihrt, indem die Negative mit Hilfö eines Kreuzschlittens nach Abbe 
auf dem Tisch des Mikroskops verschoben werden. Eine Vorstellung von 
dem Apparat und den Aufnahmen geben verschiedene Abbildungen. 

Untersucht wurden Nichtbergleute und Bergleute mit Augenzittern; 
letztere in Pausen, während das Zittern ruhte. 

Ergebnisse: Zur Frage, ob die Lage der Augendrehpunkte in -der 
Augenhöhle bei den Augenbewegungen konstant bleibt, ergibt sich, daß zu¬ 
weilen die Führung der Augen trotz der beträchtlichen Verschiebung der 
Weichteile der Augenhöhle, wie sie die Bewegung der Augen von unten 
nach oben mit sich bringt, so ideal ist, als oh sie in einem stabilen Lager 
um einen fixierten Punkt erfolge. Wenigstens zeigt zieh dabei keine Ver¬ 
lagerung der Drehpunkte in wagerechter Richtung. Diese mathematisch 
genaue Übereinstimmung der Augenabstände ist die Folge der binokularen 
Verschmelzung der Netzhautbilder und kann auch dann noch bestehen, wenn 
letztere für kurze Zeit durch Abblenden ausgeschaltet wird. In diesen Fällen 
ist also durch die photographische Messung der binokulare Sehakt nach¬ 
gewiesen. In anderen Fällen mit binokularem Sehakt ist die Führung der 
Augen weniger genau. Der Augenabstand ist bei gesenktem Blick immer 
am kleinsten, wird bei Aufwärtsbewegung bis zur Horizontalen größer, um 
bei weiterer Hebung entweder noch zu wachsen oder wieder etwas abzunehmen. 
— Die Pupillenunterschiede sind gering, wenn auch oft deutlich wahrnehmbar. 
Zwischen Blicklage und Pupillengröße scheint eine feste Beziehung zu 
bestehen. ( Selbstbericht .) 

Lobsien (99) stellte an Schülern darüber Untersuchungen an, inwiefern 
das einäugige Sehen von dem gewöhnlichen zweiäugigen sich unterscheidet, und 
zwar gegenüber den Vorgängen beim Zeichnen und Schreiben. Er prüfte 
das Augenmaß, das Winkelschätzen, das perspektivische Sehen, das Tiefen¬ 
schätzen und die geometrisch-optischen Täuschungen. Die Untersuchungen 
über das Schreiben beobachteten die Lage der Schreibzeile, die Buchstaben¬ 
lage, die Buchstabengröße, den Buchstabenabstand, die Lage von Punkt und 
Haken, den Schreibdruck, die Schriftbeurteilung und die Anzahl der Fehler. 
Das Gesamtresultat ist, daß alle Schätzungen bei zweiäugigem Sehen immer 
genauer waren, als bei einäugigem und die linksäugige Schätzung besser 
war als die rechtsäugige. ( Jacobsohn .) 

Matusewicz (100a) berichtet über 23 Fälle von Sehstörungen nach Ver¬ 
giftung mit Methylalkohol. Das Krankheitsbild imponiert als eine retrobulbäre 
Neuritis. Das charakteristische Symptom, welches bei anderen Formen der 
retrobulbären Neuritis nicht aufzufinden ist, ist eine abermalige Verschlimmerung 
der Sehkraft, welche in schwereren Fällen zu einer irreparablen Blindheit 
führt Die Prognose ist eine sehr ernste: von 23 Fällen waren 8 absolut 
blind geworden, und bloß in 3 Fällen war ein günstiger Ausgang zu ver¬ 
zeichnen. Die Behandlung besteht in verschiedenen Formen von Schwitzkur, 
in Strychnininjektionen und Darreichung von Jodpräparaten. {Sterling.) 

Mayer (101) sah einen starken Alkoholiker mit Polyneuritis, links¬ 
seitiger reflektorischer und rechtsseitiger unvollständiger Pupillenstarre. Die 
Neuritis ging zurück. Am Pupillenbefund änderte sich während einer fünf- 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie iei6. 


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258 


Augenstörungen und Nervenaystem. 


wöchigen Beobachtung nichts. Der Patient befand sich nicht in einem 
akut toxischen Rauschzustand. Die Pupillen waren normal. Diese Störung 
läßt sich bei genauer Prüfung auf einen Defekt im peripheren zentripetalen 
optischen Apparat zurückführen. Es besteht ein nicht genau zu umgrenzender 
Defekt des zentralen Farbensehens, also wahrscheinlich Schädigung des 
retrobulbären Teils des Sehnerven. Echte alkohologene Pupillenstarre besteht 
also nur dann, wenn 1. jede durchgemachte Lues und 2. jegliche Schädigung 
des peripheren optischen Apparats'ausgeschlossen werden kann. Nur der von 
Nonne mitgeteilte Fall erfüllt alle diese Forderungen. 

Meller (102) bringt einen interessanten Fall der Rückbildung eines 
echten Glioms. Schon bei der Geburt bemerkten die Eltern das Schielen 
des rechten Auges; ein sicheres Zeichen, daß bei jener anatomischen Unter¬ 
suchung des im 4. Lebensjahre ennkleierten Auges keine sehr weitgehenden 
neoplastischen Veränderungen Vorlagen. Die Netzhaut ist davon ergriffen, und 
in den subretinalen Raum ragt der Tumor hinein. Die übrigen Gewebe des 
Auges sind noch intakt, und durch Dissemination entstandene Tochterknoten 
finden sich in den ersten Anfängen auf der Chorioidea. 

Das linke Auge enthielt im Jahre 1910 Geschwulstknoten, die deutlich 
wahrnehmbar waren. 5 Jahre später zeigt das linke Auge normale Seh¬ 
schärfe, die Papille ist in Ordnung, die Netzhautherde sind in Form und 
Größe wie früher vorhanden, aber sie sind flach geworden und enthalten 
aus Krümeln zusammengesetzte, weiße, kalkartige Massen. 

Derartige Rückbildungen von Gliomen sind bisher nur einmal beob¬ 
achtet worden. Im übrigen sind aber Rückbildungen von bösartigen Tumoren 
wenn auch sehr selten, so doch immerhin schon öfters beschrieben worden. 

Im Jahre 1911 veröffentlichte Nonne (106) seinen Fall von alkohologener 
reflektorischer Pupillenstarre. Es handelte sich damals um chronischen 
Alkoholismus außerhalb einer akuten Exazerbation. Jetzt teilt Nonne einen 
Fall mit, bei dem auch mit Sicherheit eine doppelseitige Reflextaubheit der 
Netzhaut ausgeschlossen ist. ‘Der Fall wurde 6 Monate beobachtet und oft 
und eingehend untersucht. Es handelt sich um eine 43jährige Potatrix. Mit 
einem Alkoholdelirium wurde sie ins Krankenhaus Eppendorf eingeliefert. 
Die rechte Pupille war mittelweit, die linke abnorm eng, beide nach unten 
leicht entrundet und reagierten auf helles Tageslicht und Licht in der Dunkel¬ 
kammer nicht, während die Konvergenzreaktion stark war. Ophthalmoskopisch 
normal. Das Delirium war nach 6 Tagen erst beendet. Eine dreimalige 
Wassermann-Untersuchung fiel negativ aus, ebenso die Wassermann- 
Untersuchung des Liquors, nur einmal fand sich eine geringe Lymphozytose. 
4 Monate bestand dieser Zustand, dann begann sich eine schwache Licht¬ 
reaktion einzustellen, und nach 6 Monaten reagierte die rechte Pupille rechts 
wenig ausgiebig auf Licht, während die linke die ersten Anfänge einer 
Lichtreaktion zeigte. Es kann also bei schwerem, chronischem Alkoholismus 
lange Zeit hindurch reflektorische Pupillenstarre das einzige somatische 
Symptom einer organischen Erkrankung des Nervensystems sein, und zwar 
nicht bedingt durch eine Erkrankung der peripheren zentripetalen optischen 
Bahnen und nicht als Zeichen einer in der Entwicklung begriffenen syphi- 
logenen Erkrankung von Hirn- und Rückenmark. Auch bei syphilogener 
Pupillenstarre kann sich eine Rückbildung bemerkbar machen. 

Ohm (109, 110) hat das Augenzittern der Bergleute einer gründlichen 
Untersuchung unterzogen. Im ersten Teil seiner Arbeit bringt er die Er¬ 
gebnisse seiner Nachforschung über die Veranlagung. Er hat 747 Bergleute 
mit Augenzittern daraufhin untersucht. Unter den Bergleuten befanden sich 
342 Deutsche, 400 Slawen (hauptsächlich Polen), 3 Holländer und 2 Italiener. 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


259 


Unter den älteren Augenzitterern sind manche Trinker, es finden sich aber 
unter den Augenzitterern manche Abstinenten und viele im AlkolgenuB 
mäßige Leute. Innere und äußere Krankheiten der Augen kommen nur hei 
einem so kleinen Bruchteil der Fälle vor, daß ihnen unter den Ursachen 
des Augenzitterns keine erhebliche Bedeutung beizumessen ist. Die Seh¬ 
schärfe der Augenzitterer ist eine durchaus gute. Der Lichtsinn der Augen¬ 
zitterer ist im allgemeinen als schlecht zu bezeichnen. Die Annahme, daß 
eine Herabsetzung des Lichtsinns unter den Ursachen des Augenzitterns eine 
wichtige Rolle spielt, ist durch vorhergehende Statistiken wohl begründet. 
Es ist aber zu betonen, daß sie keineswegs proportional ist der Schwere, 
Schwingungsrichtung und Zahl des Augenzitterns. Sie ist vielmehr nur ein 
Glied in der Kette der Ursachen. Der Vergleich der Kranken mit den 
Gesunden ergibt.zwar bemerkenswerte Unterschiede, aber sie sind nicht derart, 
daß man einem bestimmten körperlichen Fehler ausschließlich die Entstehung 
des Augenzitterns zur Last legen könnte. 

Das Augenzittern der Bergleute kann als Pendelnystagmus bezeichnet 
werden. Die mathematisch genaue Aneinanderreihung der Zuckungen ist 
ein zweites wichtiges Moment des Augenzitterns. Die meisten Formen von 
angeborenem und alle Arten des labyrinthären Augenzitterns scheiden für 
den Vergleich mit dem Augenzittern der Bergleute aus. Im Gesamtgebiet 
des Nystagmus ist das Augenzittern der Bergleute, von Ausnahmen abgesehen, 
durch einen kleinen Zuckungsausschlag gekennzeichnet. Der Lidkrampf ist 
unwillkürlich und seitens des Kranken nicht zu unterdrücken. Das Zittern 
ist eine Störung im mittleren Bezirk des Blickfeldes. Dabei ist es meistens 
nach oben von der Mitte, seltener nach unten, manchmal nach rechts, 
manchmal nach links am schlimmsten. Die äußerste Peripherie des Blick¬ 
feldes ist ganz oder fast ganz frei davon. Die Dunkelheit übt auf das 
Augenzittern einen erregenden, das Licht einen beruhigenden Einfluß aus. 

( Jacobsohu .) 

Unter den von Oloff (111) mitgeteilten Fällen sind von Interesse für 
den Neurologen ein Fall von Hinterhauptschuß (Steckschuß) mit Hemianopsie 
und hemianopischer Pupillenstarre. Als Sitz der Läsion nahm der Autor 
den Tractus opticus an, was auch das Röntgenbild bestätigte. In einem 
zweiten Falle war das Geschoß am nasalen Ende der linken Augenbraue 
eingedrungen, dann ins Auge hiuein, dann durch den Unterkiefer, hatte den 
Kopf unterhalb des Ohrläppchens verlassen, hatte dann wiederum die 
Klavikula durchbohrt und den Plexus brachinlis beschädigt. ( Jacobsohn .) 

Oloff (112) beobachtete bei einem Marinesoldaten einen Tumor der 
Papilla nervi optici. Es bestanden keinerlei Reizerscheinungen an dem er¬ 
krankten Auge, und Patient kam zur Augenuntersuchung nur aus dem Grunde, 
weil sein Sehvermögen auf dem einen Auge ahzunehmen begann. Ophthal¬ 
moskopisch zeigte sich an der Stelle des Sehnervenkopfes eine umschriebene 
grauweiße, gefäßhaltige Geschwulst von keulenartiger Gestalt mit dem breiten 
Ende in den Glaskörper hineinragend. Da der Tumor ständig wuchs, wurde 
das Auge enukleiert. Nach der mikroskopischen Untersuchung, die wegen 
des Krieges nicht abgeschlossen werden konnte, handelte es sich um ein 
Sarkom. Patient zeigte während der folgenden einjährigen Beobachtung 
keine weiteren Krankheitserscheinungen. ( Jacobsohn .) 

Auf Grund seiner Erfahrungen kann Pagenstecher (113) die Ein¬ 
pflanzung einer ausgeglühten Knochenkugel nach Enukleation empfehlen. 
Sie bietet gute Aussicht für Einheilung, eineu kosmetischen Vorteil bietet 
sie nicht. Was die Kugeleinheilung nach Exenteration betrifft, so fehlen 
ihm die Erfahrungen darüber vollkommen. Die Verantwortung ist zu groß, 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


um eine Exenteration zur Prophylaxe der sympathischen Entzündung zu 
machen. Als Ersatzoperation der Enukleation empfiehlt er die Resektion 
bzw. die Durchschneidung des Sehnerven. Besonders empfehlenswert ist diese 
einfache Methode bei absolutem Glaukom und bei Fällen von totalem 
Staphylom. 

Daß durch den starken Luftdruck bei Granatexplosionen Schädigungen 
des Auges und besonders der Netzhaut zustande kommen können, belegen 
zwei Fälle, die P&genstecher (114) beobachtete. Die Makulagegend zeigte 
Veränderungen in der Art, daß eine feine Exsudation in Form einer Trübung 
mit dem Augenspiegel deutlich zu erkennen war. ln einem Fall bestand 
auch Trübung der Netzhaut und Verwaschenheit der Sehnervengrenzen. 
Zeitweise wurden die Farben schlecht erkannt, und das Gesichtsfeld für 
Farben war sehr stark eingeengt Interessant war die günstige Wirkung 
der Therapie, die in Anwendung von Blutentziehung an der Schläfe mit 
dem Heurteloupschen Apparat bestand. Diese Blutentziehung war alle 
6 Tage gemacht. Wichtig ist noch, daß ein Patient von einem Arzt der 
Simulation verdächtig erklärt worden war. Erst die gründliche ophthal- 
mologische Untersuchung ergab den objektiven Befund der Netzhautschädigung. 

P&lich-Sz&ntö (115) sah bei einem Soldaten nach Gewehrschuß- 
Verletzung am rechten Arcus superciliaris in der Makulagegend einen bogen¬ 
förmigen, graugrünlichen Strang auftreten, der zuletzt als papillengroßer, nicht 
ganz scharf umschriebener gelber Fleck imponierte. Zusammenfassend kommt 
die Verfasserin zu dem Schluß, daß kleine zwischen Ader- und Netzhaut 
infolge von Contusio bulbi an der Stelle der Macula lutea entstehende 
Blutungeu eine Ablatio retinae verursachen können, die zuweilen wie ein 
vorliegender Fall in der Bildung einiger Falten sich zeigt. Vorbedingung 
ist, daß die Blutung so klein sei, daß ihre Wirkung sich nur auf einen 
Punkt der Netzhaut erstreckt. Durch bindegewebige Organisation kann 
sich dann schließlich nach längerer Zeit eine Retinitis proliferans entwickeln. 

In dem ersten von P&lich-Sz&ntö (116) beschriebenen Falle handelt 
es sich um Wucherung von markhaltigen Fasern auf die Papillenoberfläche, 
wodurch die Papille im ophthalmoskopischen Bilde leuchtend gelb erschien, 
im zweiten Falle handelt es sich um den Befund von pigmentierter Papille. 
Verf. bespricht im Anschluß au die Beschreibung ihrer Fälle die Theorien 
über die Entstehung dieser seltenen Anomalien. (Jacobsohn.) 

Paul (118) war 6 Monate lang als Augenarzt einem Feldlazarett im 
Westen zugeteilt und hatte dort für den Bereich eines Armeekorps alle 
Untersuchungen, Verletzungen und Krankheiten der Augen zu versorgen. 
Im Januar und Februar fielen ihm eine größere Anzahl Frontsoldaten auf, 
die dem Lazarett wegen Nachtblindheit zugesandt waren. Es handelte sich 
um verschiedene Arten nächtlicher Sehstörung. Eine Anzahl Kranker konnte 
wegen Trübungen und Brechuugsfehler schon von jeher bei Tag und Nacht 
nicht gut sehen und versagte bei den erhöhten Anforderungen des Nacht¬ 
dienstes. Meist wurde durch schärfere Einstellung der Netzhautbilder mittels 
Brille Abhilfe geschafft. 16 Kranke klagten über Anfälle von Nachtblind¬ 
heit verschiedenen Grades, von einfacher Sehstörung bis zu völliger Blind¬ 
heit mit Kopfschmerz und Schwindel. Die Beschwerden traten nur bei 
Erregungen und Anstrengungen des nächtlichen Dienstes auf, im Ruhe¬ 
quartier fehlten sie. 

Augenbefund stets negativ, Ernährungs- und Kräftezustand durchweg 
gut. Vielfach Anzeichen von Neurasthenie wie Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, 
Reizbarkeit und leichter Erregbarkeit des Herzens. Häufig schwere Gemüts¬ 
depression. Es handelt sich bei diesen Leuten nicht um ein Augenleiden 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


261 


oder eine Störung im Ersatz des verbrauchten Sehpurpurs durch körperliche 
Erschöpfung, sondern um eine rein nervöse Störung. Wahrscheinlich ist 
als Folge nervöser Erschöpfung und psychischer Depression eine zeitweilige 
Taubheit der zerebralen Lichtempfindung aufgetreten, vergleichbar den Sinnes- 
und Gefühlsstörungen der Neuratheniker. Vielleicht ist es als ein eigen¬ 
artiges Flimmerskotom aufzufassen. Ursache sind die dauernden Gemüts¬ 
erschütterungen des Schützengrabenkrieges in den nassen und trüben Monaten 
des verflossenen Winters. Mit aufsteigender Sonne ist das Krankheitsbild 
seltener geworden. Die Voraussage wie bei Neurasthenikern ist ungewiß. 
Einzelne kehren zur Truppe zurück, andere müssen hinter der Front ver¬ 
wendet oder als Nervenschwache der Etappe zugeführt werden. 

Wegen der Neigung solcher Neurastheniker zu ubertreibungen ist große 
Zurückhaltung in der Kritik erforderlich. 

ln dem von Peters (119) mitgeteilten Falle handelt es sich um ein 
l 3 /« Jahre altes Kind mit Keratitis e lagophthalmo. Sehr auffallend war, 
daß die begleitende Mutter, ebenso wie das Kind selbst, eine abnorme Weite 
der Lidspalten zeigte. Da bei der Mutter besonders die oberen Lider retra- 
biert waren und ein Teil der Sklera oberhalb des Hornhautrandes sichtbar 
wurde, so wurde der Eindruck hervorgerufen, als ob es sich neben dem 
Lagophthalmus um einen Exophthalmus handelte. Es fand sich bei Mutter 
und Kind eine leichte Evertierung der unteren Lider in der Gegend des 
unteren Tränenpunktes. Der Lidschluß ist beiderseits unvollkommen möglich, 
Beweglichkeitsstörungen des Augapfels lagen nicht vor. Nach Bericht der 
Mutter sollen Großmutter und Urgroßmutter an genau demselben Fehler 
gelitten haben. ( Jacobsolm .) 

Pichler (120) konnte bei 3 Fällen von metastatischer Ophthalmie (zwei¬ 
mal bei Lungenentzündung, einmal bei Septikopyämie) -als erstes Zeichen 
der Lungenentzündung eine plötzlich auftretende Pupillenlähmung feststellen, 
dabei wurde die Pupille sehr weit. Dieses Zeichen ist in . einer größeren 
Anzahl von Fällen zu finden, jedoch ist es auch möglich, daß es mitunter fehlt. 

Pick (121) beschäftigt sich in seiner Arbeit mit der Pathologie und 
Lokalisation des optischen Einstellungsreflexes (Blickreflexes). Er teilt einen 
Fall mit, bei dem der Blickreflex fehlte (bei nachweislich erhaltener Seh¬ 
funktion der betreffenden Retinahälfte), bei erhaltener, wenn auch etwas 
verlangsamter Blickbeweguug der Augen auf der gleichen Seite. Dieser 
Fall steht im Gegensatz zu der Darlegung Wernickes, wonach als Folge 
von ParietallappenJäsion das Ausbleiben willkürlicher Augenbewegung bei 
Erhaltensein des entsprechenden Blickreflexes die Regel ist. In unserem 
Fall bestand im hintern Teil des Stirnlappens, etwa an der Grenze zwischen 
dem Gyrus front, inf. und der vorderen Zentralwindung ein metastatischer 
Karzinomknoten. Die hier vorhandene Erweichung im oberen Parietal¬ 
läppchen würde auch nicht ausschließen, daß der Sitz der Erkrankung im 
Mittelhirn zu suchen ist. Der zweite Fall betrifft das Auftreten von beglei¬ 
tenden gleichartigen Bewegungen des oberen Augenlids bei Nystagmus der 
Bulbi (Nystagmus des Oberlids). Bei einer 28 jährigen Bauerstochter trat 
nach einem Trauma außer anderen nervösen Störungen, wie spastische Parese 
der Beine, Zwangslachen, Abnahme der Arbeitsfähigkeit usw. Nystagmus 
auf, der bei seitlicher Blickbewegung horizontal, boi Blick nach oben vertikal 
ist, bei Blick nach unten fast vollständig fehlt. Der Sehnerv zeigte eine 
deutliche temporale Abblassung. Das obere Augenlid zeigte ruckartige 
Zuckungen, die auch deshalb, weil die eine Komponente rascher, die ent¬ 
gegengesetzte langsamer sich vollzog, wohl als nystaktisch zu bezeichnen 
sind. Dieser Nystagmus war besonders stark bei Aufwärtsbewegung der 


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Augenitörangen und Nervensystem. 


Bulbi und stellte sich als eine 2—3 malige ruckartig erfolgende Bewegung 
des Oberlids dar, der jedesmal eine merkbar langsamere Bewegung nach 
abwärts folgt Ist das Oberlid an der Grenze seiner Bewegung nach oben 
angelangt, dann bleibt es in dieser Stellung fixiert, obwohl der vertikale 
Nystagmus der Bulbi noch andauert. Die Frage, ob die Bewegungen der 
Oberlider etwa mechanisch aus den Beziehungen zwischen Bulbus und Lid 
zu erkläreu sind, kann wohl von vornherein verneint werden. Man gelangt 
also zur Annahme, daß es sich bei diesem Vorgänge um eine Diffusion der 
beim Nystagmus der Bulbi wirksamen Störung auf den Kern des Levator 
palpebrae superioris bandelt. Der stärkste Lidnystagmus fällt nämlich mit 
der Hebung der Bulbi zusammen, auch bei starker Konvergenz und bei 
Ermüdung wird der Lidnystagmus stärker. Für den Bergarbeiternystagmus 
ist ja bekannt, daß der Blick nach oben am meisten ermüdet In der 
Literatur ist auf diese Dinge bis jetzt wenig geachtet worden. Nur Stransky 
berichtet von einem starken Zittern des Oberlids bei einem Fall von Berg¬ 
arbeiternystagmus und Raudnitz von 2 Fällen von Spasmus nutans bei 
Kindern, bei denen der Lidnystagmus ausschließlich bei vertikaler Richtung 
des Augennystagmus vorkam. 

Posey (125) berichtet zunächst über Fälle von Quadranten- und hemi- 
opiscben Gesichtsfeldstörungen im Verlaufe der Migräne, ferner über einen 
Fall, in welchem das linke Auge durch Thrombose der Retinalarterie, die 
temporale Hälfte des rechten Auges infolge einer zerebralen Apoplexie er¬ 
blindete, so daß bei diesem Patienten nur die nasale Hälfte des rechten 
Auges funktionsfähig blieb; schließlich erwähnt er einen Fall, in welchem 
sich die Hemianopsie auf die Makularegion beschränkte infolge der Ver¬ 
stopfung einer Endarterie im Rindensebzentrum. (. Jacobsohn .) 

Um das Wesen der Stauungspapille und ihre Mechanik festzustellen, hat 
Rados (127) das Zustandekommen bei Ratten und Mäusen dadurch bewirkt, 
daß er diesen Tieren intrakraniell Karzinom einimpfte. Er suchte damit 
möglichst annähernd den Vorgang der allmählichen intrakraniellen Druck- 
Steigerung hervorzurufen, wie er sich beim Menschen in Fällen von Hirn¬ 
tumoren abspielt. Die implantierten Hirntumoren wuchsen ziemlich langsam; 
es dauerte im Durchschnitt 4 — 6 Wochen nach der intrakraniellen Impfung, 
bis Anzeichen einer Drucksteigerung wahrnehmbar waren. Die Tumoren 
wuchsen abgegrenzt und zeigten histologisch denselben spindelförmigen 
Bau, als das an gewendete Ausgangsmaterial. Die Tiere wurden gespiegelt 
und die enukleierten und in Müller-Formol fixierten Augen mikroskopisch 
untersucht. Iu einer großen Anzahl der positiven Impfungen war eine 
Stauungspapille vorhanden. Die histologisch wahrnehmbaren Veränderungen 
zeigen eine auffallende Ähnlichkeit mit denjenigen, die bei der menschlichen 
Stauungspapille nachweisbar sind. Ganz frühe Stadien konnte der Autor 
zur mikroskopischen Untersuchung nicht erhalten. In späteren Stadien 
findet man aber schon neben den primären Stauungserscheinungen auch 
ausgeprägte sekundäre entzündliche Erscheinungen. Die charakteristischen 
Veränderungen, wie die pilzförmige Vorbuckelung und Vergrößerung der 
Pupille, die ampullenartige Erweiterung des Zwischenscheideraumes, Proli¬ 
feration und Gequollenheit der Arachnoidealzellen, die ödematöse Durch¬ 
tränkung waren sehr oft sichtbar. Die seröse bzw. serös-zeilige Infiltration 
war besonders stark in dem Stützgewebe der Papille vorhanden, wodurch die 
relativ und absolut starke Einhebung der Papille bedingt war. Stets waren 
auch ganz kleine Hämorrhngien nachweisbar. Die stärkere rund- bzw. 
spindelförmige Infiltration zeigt schon ein späteres Stadium des Bestehens 
an. Die Versuche zeigten auch, daß die Stauungspapille auf der Impfseite 


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Augen Störungen und Nervensystem 


263 


schneller vor sich geht. Über den feineren Mechanismus des Zustande¬ 
kommens der Stauungspapille geben diese Befunde nach Ansicht des Autors 
vorläufig keinen Anhaltspunkt. ( Jacobsohn .) 

Reis (130) bemüht sich, auf Grund pathologisch-anatomischer Unter¬ 
suchungen die von Deutschmann vertretene Ansicht, daß das Netzhaut¬ 
gliom vom Pigmentepithel seinen Ausgang nimmt, zu widerlegen. Er stimmt 
der Ansicht von Ribbert zu, daß das Netzhautgliom im Bereiche der Netz¬ 
haut entsteht und aus Zellen hervorgeht, die während der Entwicklungs¬ 
periode der Retina in abnorme Schichten geraten und aus dem Verbände 
der Netzhaut ausgeschaltet worden sind. * ( Jacobsohn .) 

Die Rechtshemianopiker sind deshalb beim Lesen unserer Schrift übel 
daraD, weil beim Lesen von links nach rechts ein relatives Gesichtsfeld 
rechts vom Fixierpunkt vorhanden sein muß. Reitsch (131) empfiehlt daher 
für derartige Patienten, die Schriftstücke auf den Kopf zu stellen und von 
unten nach oben und von rechts nach links zu lesen. Das Umlernen besteht 
darin, daß der Rechtshemianopiker sich das umgekehrte Bild des Buchstaben 
einprägen muß, bis es ihm geläufig ist wie das aufrechte. Eine unüber¬ 
windliche Mühe ist das auf keinen Fall. Geschriebenes zu lesen, erfordert 
große Gewandtheit. Zur Orientierung, also zum Finden der nächstfolgenden 
Zeile übernimmt der Finger die Führung. Der Arzt soll die Kontrolle der 
ersten Übungen übernehmen und das schon während der Behandlung in den 
Lazaretten. 

Einen eigentümlichen Gesichtsfelddefekt, und zwar Ausfall der unteren 
Hälfte bei Erhaltensein der oberen, welchen Rogalla (132 a) beobachtete, 
hält der Autor entweder durch Druckatrophie verursacht oder als Folge 
einer Neuritis interstitialis mit deszendierender Atrophie. ( Jacobsohn .) 

Rönne (133) kommt nach Mitteilung von 8 Fällen mit homonymem, 
hemianopischem Gesichtsfeld zu dem Schluß, daß die sich dabei ergebenden 
Inkongruenzen wohl auf individuelle Unregelmäßigkeiten in der Faszikel¬ 
feldmischung zurückzufuhren sind. Die gefundenen Unregelmäßigkeiten 
scheinen an Ausdehnung ganz klein zu sein und alle der Grenzlinie zwischen 
den beiden Gesichtshälften anzugehören. Es läßt sich allerdings nicht aus¬ 
schließen, daß sich auch größere Unregelmäßigkeiten in der Gesichtsfeld¬ 
peripherie finden können, die aber sehr selten sind und eine geringe 
Bedeutung haben. Die Faszikelmischüng ist in der großen Mehrzahl der 
Fälle äußerst regelmäßig. 

Nach klinischen und pathologisch-anatomischen Beobachtungen von 
Rönne (136) ist das Sehnervenleiden, welches oft die Myelitis und akute 
multiple Sklerose begleitet, eine retrobulbäre Neuritis, ohne Rücksicht auf 
die häufig begleitende Neuritis optica oder Stauungspapille. Das ophthal¬ 
moskopisch sichtbare Papillenödem ist sekundär nach dem Leiden in den 
mehr proximalen Teilen der Seilbahn. Das Leiden ist in den Sehnerven¬ 
stämmen und besonders im Chiasma lokalisiert; die letzte Lokalisation prägt 
oft das Gesichtsfeld und den Verlauf stark. Entsprechende retrobulbäre 
Neuritiden mit überwiegender Lokalisation im Chiasma finden sich auch 
ohne begleitende Spinalaffektion. ( Jacobsohn .) 

In ihrer Arbeit über Hemiopie bringt Rosenfeld (137) nach der 
Schilderung der Theorien vom Zustandekommen der Hemopien 11 kasuistische 
Beiträge. In den ersten drei Fällen handelt es sich um Tumoren der Hypo¬ 
physe. Die Patienten bemerkten im Verlauf der letzten 1—2 Jahre eine 
deutliche Abnahme des Sehvermögens. Sie alle litten an häufigen Kopf¬ 
schmerzen. Das Gesichtsfeld zeigte den Typ der bitemporalen Hemiopie. 
Interessant ist der letzte Fall. Es handelt sich um ein löjähriges Mädchen 


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264 


Augenstörungen nnd Nervensystem. 


mit dem Befunde der Amennorrhöe und Adipositas, die auf das wohl¬ 
umschriebene Krankheitsbild der Dystrophia adiposogeuitalis hindeuten. In 
allen drei Fällen hat der Tumor zu einer mehr oder weniger Tollständigen 
Erblindung des einen Auges, in zwei von diesen Fällen zur beträchtlichen 
Herabsetzung der Sehschärfe des zweiten Auges geführt. Im vierten Fall 
läßt sich klinisch die Differenzialdiagnose Tumor oder apoplektischer Insult 
nicht mit absoluter Sicherheit feststellen. Es können Blutungen resp. Er¬ 
weichungen dieselben Symptome hervorrufen wie Tumor. Hier scheint es 
sich eher um einen apoplektischen Insult gehandelt zu haben. Denn die 
Symptome waren: Rechtsseitige’ homonyme Hemiopie, Aphasie, eine rechts¬ 
seitige Parese und Hemianästhesie. Im fünften Falle entstand eine 
rechtsseitige homonyme Hemianopsie, wahrscheinlich infolge einer Blutung 
in den linken Traktus. Fall sechs weist eine homonyme rechtsseitige 
Hemiopie auf, die sich in parazentralen Skotomen kundgibt. Ursache: 
Atherosklerose. Im Fall sieben besteht wahrscheinlich eine doppelseitige 
homonyme Hemiopie mit stärkerer Einschränkung der rechten Gesichts¬ 
feldhälften. Fall neun und zehn zeigen ebenfalls homonyme Hemianopsien, 
von denen eine vielleicht auf eine neuritische Erkrankung des Traktus, die 
andere auf eine Meningitis gumosa zurückzuführen ist. Im elften Fall handelt 
es sich um ein Trauma des Schädels. Der Patient wies einen fast voll¬ 
ständigen temporalen Gesichtsfelddefekt rechts auf und eine deutliche hemi- 
anopische Pupillenstarre auf. Das linke Auge war ganz erblindet. Hier 
könnte es sich um eine Chiasmaschädigung durch Zerreißung der Dura, die 
die Sella turcica überspannt, gehandelt haben. Jedenfalls ist der Wert dieses 
beschriebenen Symptoms für die Diagnose der intrakraniellen Schädigungen 
nicht zu unterschätzen. 

Unter Zugrundelegung von zwei interessanten Fällen von Schrotschu߬ 
verletzungen des Auges kommt Säger (139) unter Berücksichtigung der dies¬ 
bezüglichen Literatur zu folgenden allgemeinen Schlußfolgerungen: Sichere 
Kontur- oder Ringelschüsse des Augapfels sind bei einem Auftreffen der 
Kugel direkt von vorne bisher nicht beobachtet worden. Sie sind unter 
Berücksichtigung der Dynamik dieser Schüsse und der anatomischen Ver¬ 
hältnisse auch kaum möglich. Viele als Konturschüsse des Auges impo¬ 
nierende Verletzungen lassen sich unerzwungen durch eine extreme Blick¬ 
richtung des Bulbus im Moment der Verletzung durch einen Prellschuß oder 
dadurch erklären, daß der Augapfel der schräg aufschlagenden Kugel aus¬ 
weicht. Als Konturschüsse der Orbita könnte man solche Verletzungen auf¬ 
fassen, bei denen das Projektil den Augenhöhleneingang ohne den Bulbus zu 
perforieren passiert und auf der Orbitalwand uach hinten gleitet, wobei dann 
häufig der Sehnerv in seinem gefaßlosen Teil vor dem Foramen opticum 
lädiert wird. Im strengen Sinne wäre aber auch hier die Bezeichnung „Kontur- 
schuß“ nicht zutreffend. Eine Schrotkugel oder ein ähnlicher Körper, der 
von vorne in die Orbita eindringt, ohne den Bulbus zu perforieren, wird 
kaum jemals den gefaßhaltigen Teil des Sehnerven verletzen. Bei allen Kon¬ 
tusionen des Bulbus ist, auch wenn keine äußeren Verletzungen festzustellen 
sind, auf die Spätfolgen in Form der sog. Haab sehen Makulaerkrankung zu 
achten. Bei allen Schußverletzungen der Orbita mit Zurückbleiben des 
Projektils kommt bei einer Schädigung des Optikus ein operatives Vorgehen 
in Frage. Aussicht auf Erfolg wird dieses aber nur dann haben, wenn der 
Fremdkörper sich genau lokalisieren läßt, und wenn anzunehmen ist, daß 
ein Teil der Funktionsstörungen auf einen Druck seitens des Projektils oder 
auf eine von ihm verursachte Entzündung zurückzuführen ist. 


» 


( Jacobsohn .) 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


265 


Salzer (140) sah unter 150 Schußverletzungen der Augengegend 90 
perforierende, darunter 12 mit einem intraokularen Fremdkörper. In 4 Fällen 
lagen oberflächliche Fremdkörperverletzungen der Hornhaut vor. Contusio 
bulbi in 25 Fällen. In über 20 Fällen bestand das Bild der traumatischen 
Neurose. Von den 90 endigten 62 Fälle mit dem Verlust des Auges. Die 
Enukleation wird im Gegensatz zu Eviszeration befürwortet. Das Infanterie¬ 
geschoß kann mit großer Leichtigkeit durch große Teile des Gesichtschädels 
geheu, ohne Schaden anzurichten. Interessant ist ein Fall, bei dem eine 
durch das rechte Auge gehende Kugel im linken Hinterhauptslappen steckt. 
Anfangs hochgradige Aphasie, dann rechtsseitige Hemianopsie, Alexie neben 
motorischen Sprachstörungen. Der Zustand besserte sich allmählich! Daß 
auch Gehirnabzesse gut heilen können, zeigt ein anderer Fall. Verletzungen 
des Augenlides und der Orbita erfordern oft plastische Operationen. Die 
Eöntgendiagnose leistet vorzügliche Dienste zur Feststellung von intraoku¬ 
laren Fremdkörpern. Viele Fremdkörper bestehen nicht aus Eisen, sondern 
aus anderen Metallen. Die Kontusionsverletzungen am Auge zeigen das 
bekannte Bild. Luftdruckschwankungen können Netzhautablösung bewirken. 
Als Folge schwerer Kontusion trifft man Glaukom an. Die traumatische 
Neurose äußert sich durch Herabsetzung der Sehschärfe, röhrenförmiges 
Gesichtsfeld, ziehende Schmerzen in Schläfe und Hinterkopf, Schwindel, 
Zittern, Doppelsehen und Nystagmus und häufig spastische Erscheinungen im 
Fazialisgebiet 

Angeregt durch Beobachtung von zwei Fällen von einseitigem Nystagmus 
geht Schmidt (144) die darüber handelnde Literatur referierend durch. 

( Jacobsohn .) 

In dem von Schmidtmann (145) mitgeteilten Falle handelt es sich 
um die Verletzung eines Auges durch Kuhhornstoß. Am Tage nach dem 
Unfall war das Sehvermögen nach Angabe des Patienten bis auf Unter¬ 
scheidung von hell und dunkel herabgesetzt. Dann kehrte ein Teil des 
peripheren Sehens wieder. Die Funktion der Mitte und der ganzen unteren 
Netzhauthälfte war und blieb während der achtmonatigen Beobachtungszeit 
vernichtet. Wenn Patient mit dem rechten Auge fixieren soll, so stellt er 
eine dicht oberhalb der Makula gelegene Partie ein. Da bei der ersten 
Untersuchung wenige Tage nach dem Trauma äußerlich nur höchst unbe¬ 
deutende Veränderungen, auch keine Protusion, Schieistellung oder Beweglich- 
keitsbescbränkung zu konstatieren waren, lag es nahe, den hochgradigen 
Funktionsausfall einzig und allein auf eine Quetschung bzw. partielle Zer¬ 
reißung des Optikus im Kanal zurückzuführen, verursacht durch eine Fissur 
der medialen resp. oberen Orbitalwand. Ophthalmoskopisch überraschte das 
charakteristische Bild einer partiellen Abreibung des Sehnerven vom Bulbus 
neben relativ geringfügigen Netzhaut- und Glaskörperhämorrhagien. ln der 
Folgezeit bildete- sich eine nicht sehr hochgradige Netzhauttrübung ohne 
deutliche Prominenz im mittleren Abschnitte aus; die Glaskörpertrübungen 
verteilten sich und nahmen noch etwas an Menge zu. Später wurde die 
Netzhaut wieder klarer und ließ in der Makulagegend eine sehr feine Pigmen¬ 
tierung sowie eine wohl auf Alteration des Pigmentepithels zurückzu führende, 
kleinfleckig gesprenkelte Zeichnung erkennen. Die Höhle im Bereich der 
Sehnervenscheibe war mit neugebildetem (Glia-) Gewebe ausgefüllt und zum 
Teil von einem ebenfalls neugebildeten breiten Pigmentsaum am Bande 
umfaßt Für den sehr eigenartigen Gesichtsfelddefekt, der die ganze obere 
Hälfte einschließlich des Zentrums einnahm und sich mit scharfer, genau 
horizontal verlaufender Grenzlinie von dem erhaltenen Gesicbtsfeldreste 
absetzte, bietet die Lage der Rißstelle am Sehnervenkopfe keine befriedi- 


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Aagenstörungen and Nervensystem. 


gende Erklärung. Der Symtomenkomplex nötigt deshalb zu der Annahme, 
daß der Optikus durch den Kuhhornstoß eine doppelte Läsion erlitten bat, 
und zwar erstens eine partielle Abreißung vom Bulbus und zweitens eine 
partielle Durchtrennung im Canalis opt infolge einer Fissur des Orbitaldachs. 

(Jacoblohn.) 

Schreiber (146) betont nach einigen statistischen Angaben über die 
Häufigkeit der Augenrerletzungen in diesem Kriege die Wichtigkeit der 
Anfangsdiagnose, ob eine perforierende Verletzung vorliegt oder nicht. Die 
Diagnose sollte mit allen uns zu Gebote stehenden Hilfsmitteln der Neuzeit 
gesichert werden. Kleinste Eisen- und Stahlsplitter können mehrere Tage 
reizlos vom Auge vertragen werden. Erst nach längerem Aufenthalt im 
Augeninnern werden diese Splitter gefährlich, da dann die Gefahr der Ver¬ 
rostung droht. Die wichtigste Frage ist wohl die, ob bei einem Auge eine 
sympathische Erkrankung zu befürchten ist. Eine sympathische Ophthalmie 
tritt nur dann auf, 1. wenn die Verletzung eine perforierende war, 2. wenn 
an die perforierende Verletzung sich eine chronische Iridozyklitis angeschlossen 
hat. Da auch von den kleinsten Resten eines zertrümmerten Augapfels noch 
eine sympathische Erkrankung ausgehen kann, sind alle solche Reste sorg¬ 
fältig zu entfernen. Zerreißungen der Lider und der Bindehaut sind bald 
zu nähen. Lidplastiken sind dem Augenarzt zu überlassen. Eine Glas¬ 
prothese ist nach ungefähr 3 — 4 Wochen zu tragen. Bei Lagophthalmos 
infolge von Fazialislähmung muß auf sorgfältigen Schutz des Auges vor 
Vertrocknung geachtet, werden. Nicht zu vergessen ist die Infektion des 
Tränensacks, da ein Übersehen eines Tränensackleidens eine harmlose Ver¬ 
letzung oft sehr folgenschwer gestalten kann. Während Blutungen in die 
Vorderkammer harmlos sind, ist die Prognose bei Blutung in den Glas¬ 
körper weniger gut. Daß Luftstreifschüsse für das Auge gefährlich werden 
können, ist nicht von der Hand zu weisen. 

Bei Beteiligung des Auges an Schädelschüssen gilt folgendes: 1. Ein¬ 
seitige Erblindung spricht für Optikusläsion peripher, also unterhalb vom 
Chiasma. 2. Alle Verletzungen des Chiasma selbst oder zentral von ihm 
bis zum kortikalen Sehzentrum im Kuneus führen zur Hemianopsie. 3. Doppel¬ 
seitige Erblindung spricht in der Regel für eine Läsion beider Sehnerven 
oder für eine doppelseitige Okzipitalläsion. Stauungspapille ist ein sehr 
häufiges Vorkommnis bei Schädelverletzungen. Solange das Sehvermögen 
normal bleibt, ist sie an und für sich keine Indikation zur Trepanation. 

Bei einem 18jährigon Mädchen fand Schwarz (147) an Stelle der 
Papille beiderseits nur eine Andeutung derselben. Links war ein kleiner 
runder weißer Fleck zu sehen, der von einem glasig-feinfaserigen Gewebe 
bedeckt war. Die Papillengefäße umzogen ihn. Rechts war eine annähernd 
senkrechte, ovale, gelb-weiß-rötliche Stelle. Die Sehschärfe betrug beider¬ 
seits ca. x / s der normalen. Das Gesichtsfeld zeigte einen ovalen Ausfall 
und eine ziemliche Einengung. Guter Farbensiun und gutes stereoskopisches 
Sehen. Es handelt sich also um eine unvollständige Entwicklung der Seh¬ 
nerven, deren uugekreuzte Bündel fehlen, deren gekreuzte Bündel nur 
unvollständig entwickelt sind. Vermutlich liegt dem Bildungsfehler eine 
nicht weiter erklärbare mangelhafte Entwicklung des Retinalblattes zugrunde, 
aus dem dann auch entsprechend weniger Sehnervenfasern hervorgingen. 
Der Fall dürfte wohl unter das Kapitel Aplasie des Sehnerven zu rechnen sein. 

Seefelder (148) beschreibt den pathologisch-anatomischen Befund einer 
sogenannten taschenförmigen Einstülpung der Netzhaut in den Sehnerven 
von erheblicher Ausdehnung, die sich in einem Auge eines Neugeborenen 
fand, das makroskopisch normal erschienen war, während das andere Auge 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


267 


eia totales, von der Iris bis zum Sehnerven reichendes Kolobom aufwies. 
Jedenfalls ist diese taschenförmige Einstülpung ebenfalls als eine kolobo- 
matöse Veränderung aufzufassen. Die Netzhaut und das Pigmentepithel 
endigen am Rand der Tasche zusammen mit der Aderhaut in normaler 
Weise und können vom Taschengewebe scharf geschieden werden. An der 
dem Glaskörper zugewandten Seite weist das Taschengewebe eine trichter¬ 
förmige Einsenkung auf, die man als grübchenförmige Vertiefung neben der 
physiologischen Einsenkung bezeichnen muß. Auch diese Veränderung ist 
unter die kolobomatösen zu rechnen. Ebenso muß man die Erscheinung der 
abgeirrten Nervenfasern im Bereich des Sehnervenstammes auffassen. 

Stark (152) berichtet über drei Fälle von plötzlicher Erblindung als 
Folge einer Sinusvereiterung. Eine ausführliche Schilderung der Augen¬ 
läsionen durch pathologische Prozesse der der Orbita benachbarten Schädel¬ 
höhle bringt die Arbeit von Onodi (s. p. 177 No. 46). ( Jacobsohn .) 

Sterling (153 a) berichtet über 4 Fälle akuter Amaurose nach Methyl¬ 
alkoholvergiftung. Es handelte sich um eine retrobulbäre Neuritis, welche in 
schwereren Fällen zu absoluter Blindheit führt. Die Prognose ist eine sehr 
ernste. Schwache Fälle zeichnen sich durch einen apoplektischen Beginn 
aus. Charakteristisch ist nach einer gewissen Besserung die abermalige Ver¬ 
schlimmerung der Sehkraft. Von den akzidentellen Symptomen sind heftige 
Kopfschmerzen zu erwähnen, gegen welche manchmal die stärksten Analgetika 
machtlos sind. ( Sterling .) 

Strümpell (156) beschreibt den Fall eines 4jährigen Jungen, der an 
Keuchhusten litt und ziemlich plötzlich erblindete und eine zerebellare 
Rumpfataxie aufwies. Die Pupillen waren weit und reaktionslos. Es bestand 
eine richtige Stauungspapille. Da aber sonstige Hirndrucksymptome fehlten, 
glaubt Strümpell den Ausdruck Stauungspapille besser durch Neuritis optica 
ersetzen zu müssen. Anfänglich fehlten auch beide Patellarreflexe. Nach 
3—4 Wochen trat sowohl Heilung der Ataxie wie der Blindheit ein, aller¬ 
dings wurde die Papille atrophisch, blieb aber mit ausgezeichneter Sehschärfe. 
Der Sitz der Erkrankung wäre in die Vierhügelgegend zu verlegen. Die 
Prognose dieser Keuchhustenenzephalitis ist eine günstige. Von praktischer 
Wichtigkeit ist das deshalb, weil bei Stauungspapille eine druckentlastende 
Operation, die Trepanation des Schädels, in Frage käme. Zum Schluß wird 
noch auf die mögliche Verwandtschaft der Influenza- und Keuchhustenbazillen 
hingewiesen, die beide die Neigung bzw. die Fähigkeit haben, sich an einer 
Stelle des Gehirn- oder des Rückenmarks anzusiedeln und noch Krankheits¬ 
herde hervorzurufen. 

Bei Schädelverwundungen, fallt die häufig vorhandene Neuritis nervi 
optici auf. Szily (157) glaubt, daß diese Neuritis immer als ein ernstes 
Symptom aufzufassen ist, welches den Augenarzt dazu berechtigt, dem 
Chirurgen eine radikale Revision der Wunde anzuraten. Besonders inter¬ 
essant sind die Neuritisfälle bei Knochendepressionen mit Aufsplitterung der 
Lamina interna. Diese gehen, ebenso wie die Allgemeinsymptomc, nach 
Trepanation und Entfernung der Knochensplitter zurück. Bei Tangential¬ 
schüssen findet sich häufiger eine Neuritis als bei penetrierenden Gewehrschüssen 
resp. Steckschüssen. Man hat den Eindruck, als ob schon der Gewebszerfall 
als solcher imstande sei, Neuritis zu erzeugen. Eine Stauungspapille nach 
Sturz vom Pferde ergab sich als Folge einer Blutung in den Sehnerven¬ 
scheidenraum, wo die Scheide durch den Bluterguß ampullenartig erweitert 
erscheint Die Blutungen im Orbitalgewebe, in den Scheiden, im Zwischen¬ 
scheidenraum, ebenso die präretinalen Hämorrhagien verdanken ihr Entstehen 
wahrscheinlich multiplen Gefäßläsionen. 


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Augenatorangen und Nervensystem. 


Tresling (160) teilt seine Erfahrungen bei zwei kontralateralen Seh¬ 
nervenverletzungen mit. Das linke Auge eines Arbeiters wurde durch einen 
Messerstich derartig verletzt, daß Uvealgewebe vorfiel und das Unterlid 
senkrecht gespalten wurde. Sehschärfe = 0. Auf dem rechten Auge ist nicht 
nur der Sehnerv, sondern auch die anderen Augennerven sind hochgradig 
lädiert, und es treten gleich nach dem Unfall Amaurose und totale Ophthal¬ 
moplegie auf, während das Trigeminusgebiet anästhetisch ist. Die Stauung 
in den Netzhautgefäßen und die unschaif begrenzte Papille lassen auf er¬ 
höhten Druck hinter dem Auge schließen, wahrscheinlich infolge einer 
Blutung im Cavum cranii oder in den Sehnervenscheiden. Der zweite Fall 
ist noch merkwürdiger. Der Patient wurde mit einem Messer unter dem 
linken Auge gestochen. Das linke Auge war normal, das rechte zeigte 
Ptosis, Exophthalmos, unbeweglichen Bulbus, ziemlich weite, reaktionslose 
Pupille. Der Sehnervenkopf war hyperämiscb, starke venöse Stauung und 
Schlängelung der Gefäße. Die Hornhaut war wenig empfindlich. Sehschärfe 
gleich Null. Das Röntgenbild ergab, daß eine große Messerklinge sich im 
Schädel befand. Die Klinge wurde entfernt, nachdem sie 20 Tage im 
Kopfe reaktionslos verblieben war. Das Messer hatte seinen "Weg ge¬ 
nommen durch das linke Jochbein, durch die linke Concha media, das 
Septum narium, die Lamina papyracea rechts bis zum Foramen opticum 
und Fissura orbitalis superior und hat dabei alle hier austretenden Nerven 
verletzt. 

TJhthoff (162) berichtet über die Augenerscheinungen bei Leuten, die 
aus Versehen Methylalkohol tranken. Unter 200 Leuten starben 12 bald 
nach dem Geuuß des Getränkes; von 50 Erkrankten klagten die meisten 
über Augenbeschwerden, die zum Teil vorübergehender Natur waren und 
in Flimmern, Nebel- und Verschwommensehen bestanden, in einzelnen Fällen 
aber zu schweren Beeinträchtigungen des Sehvermögens Veranlassung gaben. 
Zwei Fälle sind ausführlich beschrieben. Bei dem ersten bestand absolute 
Amaurose auf beiden Augen. Die Papillen waren deutlich getrübt, auch 
die nächst anliegenden Retinalpartien erschienen grauweißlich getrübt, keine 
Prominenz, die Venen waren etwas erweitert. Die Papillen zeigten schon 
einen leichten Grad von Abblassung. Macula lutea normal. Nach 11 Tagen 
erschien zum erstenmal eine Spur von Lichtreaktion der Pupille auf dem 
linken Auge und eine Lichtwahrnehmung nach unten. Das Sehvermögen 
besserte sich auf Sehen von Fingern in */ 4 m. Beim zweiten Fall betrug 
die Sehschärfe anf Erkennen von Fingern ca. */ 4 m. Das Gesichtsfeld war nur 
in einem exzentrisch nach außen gelegenen Teil erhalten. Pupillen mittel¬ 
weit, Lichtreaktion sehr träge. Ophthalmoskopisch fand sich eine leichte 
Neuritis optica. Die sich stetig bessernde Sehschärfe hatte auch eine 
Besserung des Gesichtsfeldes im Gefolge. Die Papillen blieben scharf 
konturiert, aber deutlich abgeblaßt auf der temporalen Seite. Bei den 
anderen Patienten war der ophthalmologische Befund meistens normal. Bei 
6 dieser Patienten ließen sich noch kleine relative Farbenskotome mit 
mäßiger Herabsetzung der Sehschärfe uachweisen. Vergiftungserscheinungen 
welche mit schnell sich entwickelnder Amaurose einhergehen, erwecken in 
erster Linie den Verdacht auf Methylalkoholvergiftung. Zuletzt werden noch 
kurz pathologisch-anatomische Befunde erwähnt. 

In dem neubearbeiteten Handbuch der gesamten Augenheilkunde liegt 
uns ein Teil des Kapitels Augensymptome bei Erkrankung des Gehirns vor. 
TJhthoff (165) verbreitot sich über die Augensymptome bei Idiotie und 
Imbezillität höheren Grades, hei Dementia praecox, hei der Dementia senilis, 
bei Epilepsie, bei Hysterie, bei den funktionellen Psychosen. Zum Schluß 


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Augenstörnngen und Nervensystem. 


269 


werden die Gesichtstäuschungen einer kritischen Durchsicht unterzogen. 
Um das wesentlichste herauszugreifen: Bei Idiotie und hochgradiger Im¬ 
bezillität wurde Nystagmus viel häufiger als eigentliche Augenmuskellähmungen 
gefunden (28 %). In 38 % der Fälle findet sich Strabismus verzeichnet. 
Gewisse kongenitale Veränderungen wie Cataracta congenita resp. zonularis, 
Mikrophthalmus, Iris- und Chorioidalkolobom, Anophthalraus congenitus, Conus 
nach unten, Ektopia lentis usw. werden häufiger als bei normalen Menschen 
angetroffen. Pupillenstörungen sind relativ selten. Bei der Dementia praecox 
wird noch auf das Bumkesche Symptom Gewicht gelegt, Fehlen der 
physiologischen Pupillenunruhe. Nach neuesten exakten Untersuchungen von 
Förster und Schesinger (siehe diesen Abschnitt des Jahresberichts) 
fehlt bei Akkommodationslosen immer Pupillenunruhe. 

Bei Dementia senilis findet map in 10% reflektorische Pupillenstarre. 
Differentialdiagnostisch wichtig ist die Enge der Pupillen und die Doppel- 
seitigkeit des Phänomens, während die absolut starren Pupillen der Para¬ 
lytiker weit sind und das Symptom oft nur einseitig ist. Bei der Epilepsie 
verzeichnet man in 3% der Fälle leichte diffuse Trübung der Pupillen und 
der angrenzenden Retina, außerdem in 2% ausgesprochene Hyperämie der 
Papillen, in 5% ausgesprochenen Puls der Retinalvenen. ' Während des 
Anfalls ist der Befund zum Teil negativ, zum Teil sind die Retinalgefäße 
venös gestaut mit starker Zyanose des Gesichts. Das Gesichtsfeld zeigt 
besonders im Anschluß an Anfälle konzentrische funktionelle Einschränkung, 
teils vorübergehender, teils stationärer Natur. Die Pupillen sind zu Beginn 
des Anfalls eng, dann in der Regel absolut starr. Die Sehstörungen bei 
Hysterie teilt Uhthoff in Amaurose, Amblyopie mit konzentrischer Gesichts¬ 
feldeinengung, solche ohne Gesichtsfeldeinengung, mit anderen Gesichtsfeld¬ 
anomalien, Dys- und Achromatopsie (inklusive Farbensehen), Gesichtsfeld¬ 
ermüdung und Verschiebungstypus, Sehstörungen infolge von Hyperästhesie 
des Auges. Die Frage, ob die konzentrische Gesichtsfeldbeschränkung ge¬ 
rade nur für die Hysterie charakteristisch ist, wird verneint. Eine Hemi¬ 
anopsie bei Hysterie, besonders die homonyme dürfte nicht zu den hysterischen 
Augensymptomen gehören. Häufig finden sich komplizierte Augenmuskel¬ 
störungen, deren Deutung nicht so einfach ist. Spasmen der Lider und 
der Muskeln sind häufige Symptome. Das gelegentliche Vorkommen der 
absoluten Pupillenstarre bei hysterischen Fällen ist erwiesen. Bei den 
funktionellen Psychosen fallen besonders auch angeborene Anomalien des 
Augapfels und des Augenhintergrundes auf, so Pseudoneuritis, hochgradige 
Refraktionsanomalien, Conus uach unten usw. Die Arbeit verwertet zahl¬ 
reiche eigene Erfahrungen und Beobachtungen. Die Literatur ist ungemein 
reichlich. Der Ophthalmologe und der Neurologe werde das Werk mit 
Befriedigung einer Einsicht unterziehen. 

Uhthoff (166) berichtet über 8 Fälle vou hemianopischen Gesichts¬ 
feldstörungen nach Schädelschüssen. In der Hälfte dieser Fälle handelt es 
sich um doppelseitige hemianopische Störungen. Es waren durchweg Quer- 
schiisse durch das Hinterhaupt, welche diese doppelseitigen Störungen be¬ 
dingten. Unter ihnen waren zwei, welche als Hemianopsia inferior bezeichnet 
werden konnten. Es erklärt sich diese Erscheinung aus der Richtung des 
Querschusses unmittelbar oberhalb des Sehzentrums oder durch den oberen 
Teil der Sehstrahlung, wodurch die unteren Gesichtsfeldteile in erster Linie 
betroffen wurden. Auch die beobachteten Fälle sprechen dafür, daß die 
obere Lippe der Fissura calcarina den oberen Netzhautteilen und somit 
den unteren Gesichtsfeldpartien entspricht. Auf dem Gebiete der throm¬ 
botischen Hirnerweichung und Hirnhämorrhagie fehlt die doppelseitige 


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Aageostörungen und Nervensystem. 


Hemianopsia inferior fast ganz. Zwei von den acht beobachteten Fällen zeigten 
regierende kleine Gesichtsfeldreste in den blinden Hälften an der vertikalen 
Trennuugslinie. In einem Falle konnte eine gewisse Asymmetrie in der 
Intensität der Funktionsstörung im Bereich der hemianopisch erkrankten 
Gesichtsfeldpartien konstatiert werden, während die Ausdehnung der er¬ 
krankten Partien immer symmetrisch war. Das beruht nach Ansicht des 
Verf. wahrscheinlich auf Ermüdungserscheinungen. Nicht selten fand sich 
bei den doppelseitigen partiellen Hemianopsien auch eine leichte periphere 
konzentrische Einengung der erhaltenen Gesichtsfeldpartien, die wohl zum 
Teil nur als funktionell bedingt anzusehen war, zumal sie gelegentlich im 
Verlaufe der weiteren Beobachtung verschwand. Die zentrale Sehschärfe 
war bis auf zwei Fälle bei den doppelseitigen Hemianopsien zum Teil gut 
erhalten. Eine {lauerende völlige Erblindung infolge eines Hinterhaupt¬ 
schusses hat U. in seinen Fällen nicht beobachtet. Die Restitutionsfähigkeit 
der Seh- und Gesichtsfeldstörungen war durchweg eine erhebliche, zuweilen 
eine vollständige. Der ophthalmoskopische Befund, war in der Hälfte der 
Fälle negativ, wurde aber zum Teil später pathologisch (Neuritis opt. resp. 
Stauungspapille) und deutete auf intrakranielle Komplikationen (gewöhnlich 
Abszeß). Eiue totale Achromasie sah U. mit stark beeinträchtigter Seh¬ 
schärfe bei einem Querschuß durch das Hinterhaupt. Es scheint die un¬ 
verhältnismäßig große Beeinträchtigung des Farbensinns gegenüber dem 
Raumsinn doch nur ein seltenes Vorkommen bei den Hinterhauptschüssen 
zu bilden. Augenmuskellähmungen wurden in den acht Fällen nicht beob¬ 
achtet. Die optischen Erinnerungsbilder sowie der Orientierungssinn waren 
bis auf einen Fall gut erhalten. In diesem letzteren Falle zeigte sich 
besonders auffällig ein völliger Erinnerungsdefekt für die Vorgänge bei der 
Verwundung und für die Zeit kurz vor derselben, während die Erinnerung 
für weiter zurückgelegene Vorgänge gut erhalten war. ( Jacobsohn .) 

In seiner Arbeit über die degenerativen Erkrankungen der Hornhant 
gibt Uhthoff (167) die anatomischen Befunde aus exzidierten Hornhaut¬ 
stückchen, a) eines Falles von knötchenförmiger Hornhautdegeneration und 
b) eines Falles von grauer fleckförmiger („zapfenförmiger“) Degeneration 
beider Hornhäute. (Jacobsohn.) 

Wietfeldt (172) begründet gegenüber Paul (Münch, med. Woch. Nr. 45) 
seinen Standpunkt, daß der Mangel an Vitaminen (frisches Gemüse) die 
Ursache der Nachtblindheit im Felde ist. (Jacobsohn.) 

' In Ergänzung ihres Monumentalwerkes fahren Wilbrand und Sänger 
(173) unentwegt fort. Die glückliche Idee der beiden Gelehrten scheint 
sich zu bewähren und gute Früchte zu tragen. Die Erkrankungen des 
Optikusstammes werden in der bekannten, ausgezeichneten Manier behandelt. 
Es herrscht eine Gründlichkeit und Übersichtlichkeit, die einen ständig 
fesselt. Nicht nur der Neurologe und der Ophthalmologe, sondern auch 
der Pathologe werden in jeder Hinsicht befriedigt. Die Erkrankungen des 
Sehnervenstammes werden in seinem orbitalen Verlauf, abgesehen von den 
Tumoren, in drei große Gruppen geschieden, und zwar in die entzündlichen 
Zustände (Neuritiden, Herde bei der multiplen Sklerose und metastatische 
Herde) mit ihren Folgezuständen (neuritische Atrophie), in die rein atro¬ 
phischen Zustände (primäre Atrophie, Druckatrophie, deszendierende Atro¬ 
phie) und in die Kontinuitätstrennungen (Trauma). Die Neuritiden werden 
in mehrere Grundformen eingeteilt. Als Einteilungsprinzip stellen die 
Autoren das wechselseitige Verhältnis der Gesichtsfelddefekte zum patho- 
logisch-anatomisohen Befunde bei diesen Erkrankungen auf, weil die Tat¬ 
sache nicht bestritten wird, daß die Erkrankung bestimmter Fasergruppen 


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Augenstörungen und Nervensystem. 


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im Sehnerven auch stets sich gleichbleibende Gesichtsfelddefekte hervorzu¬ 
rufen pflegt. Die erste Grundform ist die Neuritis axialis mit den Unter¬ 
gruppen acuta, subacuta und chronica, sowie einer familiären, hereditären 
Form. Als zweite Grundform tritt sodann auf die Neuritis interstitialis 
peripherica. Die dritte Grundform betrifft die diffus den ganzen Sehnerven¬ 
querschnitt befallende Entzündung des Optikusstammes, wie sie z. B. bei 
der Myelitis acuta angetroffen wird. Der Ausdruck „Neuritis retrobulbaris“ 
sollte aus unserer Nomenklatur verschwinden. Nun folgt die ungemein 
klare Beschreibung der verschiedenen Krankheitsbilder, wobei die Kritik 
ausgiebig zu ihrem Recht kommt. Die atrophischen Zustände werden nach 
dem Aussehen der Papille unterschieden: Die Atrophie nach Glaukom, 
die neuritische Atrophie der Papille, die gelbe oder retinale Atrophie und 
die einfache Atrophie. Die progressive Sehnervenatrophie erfährt eine 
gesonderte Behandlung. Die Kontinuitätstrennungen sind ausführlich im 
dritten Band behandelt, und es wird darauf verwiesen. Ein Literaturver¬ 
zeichnis von 1628 Nummern endigt diesen reichhaltigen Band. 

Der sechste Band des Handbuches von Wilbr&nd und Sänger (174) 
behandelt die Erkrankungen des Chiasmas. Auf Grund ihrer eigenen Mit¬ 
teilungen und unter Zusammenstellung der in der Literatur vorhandenen 
Beobachtungen geben die Verfasser ein vollständiges Bild von der derzeitigen 
Kenntnis der bei den Erkrankungen des Chiasmas auftretenden Sehstörungen, 
Von diesem Band gilt das in der vorhergehenden Besprechung Gesagte im 
gleichen Maße. Bei den Erkrankungen des Chiasmas werden die Seh¬ 
störungen in solche geschieden, die plötzlich auftreten, und in solche, die 
sich langsam entwickeln und einen chronischen Verlauf darbieten. Bei den 
akut einsetzenden Sehstörungen tritt meist eine plötzliche Erblindung auf 
oder wenigstens eine in kurzer Zeit zu den höchsten Graden aufsteigende 
Amblyopie. Nach der Besprechung der doppelseitigen Erblindungen durch 
Platzen eines Aneurysmas, durch Blutungen in Tumoren, durch traumatische 
Einwirkung auf das Chiasma, nach der Kritik von Fällen von plötzlich 
entstandener bitemporaler Heminanopsie, wird auf die Feindiagnostik der 
Gesichtsfeldstörungen aus dem Faserverlauf des Chiasmas eingegangen. 
Die Notwendigkeit eines komplizierten Faserverlaufs im Chiasma wird be¬ 
wiesen. Nun folgen die Kapitel über die typische bitemporale Hemianopsie, 
die Doppelversorgung der Makula, die nasale Hemianopsie, die binokulare 
Hemianopsia superior und inferior. Die diagnostische Valenz der hemiano- 
pischen Pupillenreaktion wird nicht in Abrede gestellt. Zu ihrer Auffindung 
eignet sich der von Behr angegebene Apparat am besten. Die Begleit¬ 
erscheinungen der Sehstörungen äußern sich in Kopfschmerzen, Augen¬ 
muskelstörungen, Störungen des Geruchssinns, auffallender Schweißsekretion, 
Schlafsucht, Abfluß von Zerebrospinalflüssigkeit, subnormalen Temperaturen 
bei Hypophysisaffektion, Exophthalmus, epileptoide Anfälle und Konvulsionen 
usw. Ätiologisch kommen in Betracht Tumoren in der Nähe des Chiasmas, 
der Hypophysis selbst. Die Begleiterscheinungen der Hypophysistumoren 
sind die AJcromegalie, Sehstörungen, wie bitemporale Hemianopsie, einseitige 
Hemianopsie, homonyme Hemianopsie, konzentrische Gesichtsfeldeinschrän- 
kung, einseitige Erblindung usw. Glykosurie, Diabetes mellitus, Diabetes 
iusipidus, Albuminurie gehören manchmal ebenfalls zum Bild des Hypophysen¬ 
tumors. Der Zusammenhang zwischen Zwergwuchs und Hypophysenentartung 
wird erläutert. Die große Rolle der Lues und der Tuberkulose findet ihre 
ausführliche Erörterung. Die Erkrankungen des Chiasmas bei den Menin¬ 
gitiden, bei Hydrocephalus internus, durch ein Aneurysma, bei der multiplen 
Skerose,' bei Zystenbildnng werden hinsichtlich ihrer Beteiligung an den 


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Multiple Sklerose. Amyotrophiscke Lateralsklerose. 


Sehstörungen einer kritischen Durchsicht unterzogen. Zum Schluß der 
glänzend geschriebenen Monographie wird auf die operative Behandlung 
des Hypophysentumoren hingewiesen. Es gibt zwei prinzipiell verschiedene 
Wege, um zur Hypophyse vorzudringen: l. Den intrakraniellen Weg, 2. den 
endonasalen Weg durch den Sinus sphenoidalis (Hirsch). Die Indikation zur 
Operation läßt sich ziemlich genau angeben. Selbst eine Amaurose ist keine 
Kontraindikation gegen die Vornahme einer Operation. Die Amaurose ist 
oft nur bedingt durch den Druck und stellt eine Leitungshemmung dar, 
ohne daß es zu einer völligen Desorganisation der leitenden Elemente ge¬ 
kommen ist. Jedenfalls ist die Therapie der Hypophysengeschwülste nicht 
mehr in dem Maße wie früher eine aussichtslose. Die reichhaltige Literatur¬ 
angabe weist 742 Nummern auf. 

Zade (183) unterscheidet zweierlei Arten von Blendung, eine zentrale 
und eine periphere. Hauptsächlich handelt es sich bei den Fliegern, die 
er zu beobachten Gelegenheit hatte, um periphere Blendung der Netzhaut. 
Es "treten periphere Skotome auf, objektiv nachweisbare Veränderungen an 
den Augen fehlen vollständig. Diese Skotome sind entweder sehr weit vom 
Fixierpunkt entfernt und schmal oder ringförmig, oder sie haben Sichel¬ 
form. Die Skotome sind meistens relativ. In einigen Fällen konnten die 
Skotome bis zu drei Monaten beobachtet werden. Zur Verhütung der 
Skotome empfiehlt sich das Tragen von Schutzbrillen, von denen wiederum 
die gelbgrünen den rauchgrauen vorzuziehen sind. 


Multiple Sklerose. Amyotrophlsche Lateralsklerose. 

Ref.: Prof. Seiffer-Wiesbaden. 

1. Abrahamson, J., A Multiple Sclerosis in Mother and Son. The Journ. of Nerv, and 
Mental Disease. Vol. 42. p. 295. (Sitzungsbericht.) 

2. Beck, O., Multiple Sklorose und akute Mittelohreiterung. Mschr. f. Ohrenheilk. 49. 

708. (Sitzungsbericht.) 

3. Bing, Robert, Seerose laterale amyotrophique se devoloppant ä la suite d’une n^vrite 
traumatique du median; mort par envahissemont du bulbe. Schweiz. Rundschau. 
Bd. 15. No. 18. 

4. Brehm, Ludwig, Beiträgo zur Lehre von den zentralen Lähmungen des Kehlkopfes 
unter besonderer Berücksichtigung der amyotrophisehen Lateralskleroso. Inaug. - 
Dissert. Würzburg. 

5. Curschmann. H., Ueber atypische multiplo Sklerose und luetische Spinalleiden bei 
Hoeresangohörigen. Münch, med. Woch. No. 31. p. 1061. Feldärztl. Beilage. 

6. Grossing, Harald, Do vigtigsto Dionsymptomor ved den multiplo cerebrospinal- 
sklerose. Norsk Magazin for Laegevidenskaben. No. 2. p. 145. 

7. Goodhart, 8. P., Unusual Oase of Multiplo Sclerosis. The J. Nerv. a. Ment. Dis. 42. 
830. (Sitzungsbericht.) 

8. Hi oh co o k, C. W., Gase of Multiple Sclerosis. Michigan State Med. Assoc. Joum. Jan. 

9. Kafka, Psychoneurose oder multiple Sklerose. Neurol. Centralbl. p. 623. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

10. Kennedy, Fostor, Acute Insular Sclerosis and its Concomitant Visual Disturbanoes. 
Tho Journ. of tho Amer. med. Assoc. 1914. Vol. 63. p. 2001. 

11. Keyser, T. S., Amyotrophic Lateral Sclerosis with Bulbar and Spinal Amyotrophy. 
New York Neurol. Inst. Meeting. Febr. 11. 

12. Krumholz, Sigmund, A Gaso of Atypicial Multiple Sclerosis with Bulbar Palsy. Tho 
Journ. of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. p. 571. (Sitzungsbericht.) 

13. Müller, J., Fall von multipler Sklerose. Berl. klin. Woch. p. 777. (Sitzungsbericht.) 

14. Nagel, Adolf, Über psychisohe Störungen bei multipler Sklerose. Inaug.-Dissert. 
Erlangen. 

15. Proohäzka, F., Zwei Fälle von spinaler Amyotrophio, die auf Unfall bezogen wurden. 
Gasopis fiesk^ch lek. 54 . 861. 


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Multiple Sklerose. Amyotrophische Lateralsklerose. 


273 


16. Pulay, Erwin, Zur Pathologie der multiplen Sklerose. Dtsch. Ztsohr. f. Nervenheilk. 
Bd. 54. H. 1. p. 46. 

17. Rad, v., Fall von multipler Sklerose. Münch, med. Wooh. 1916. 63. 168. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

18. Sohürrhoff, Erich, Zur Differentialdiagnose zwischen Hysterie und multipler Sklerose. 
Dies. Kiel. 

19. Shumwray, E. A, Acute Axial Optic Neuritis, as Early Symptom im Disseminated 
Sclerosis. Ophthalmie Record. Aug. XXIV. No. 8. 

20. Sittig, Otto, Die Bedeutung der Sensibilitätsstörungen für die Diagnose der multiplen 
Sklerose. Prager med. Woch. No. 12. p. 126. 

21. Stephenson. Junius W. f Syphilitic Disease of the Central Nervous System or Disse¬ 
minated Sclerosis. New York Neurol. Inst. Meeting. March 11. 

22. Tarle, J., Beitrag zur Beziehung zwischen Neuritis retrobulbaris acuta (Neuritis 
axialis acuta Wilbrand und Sänger) und der multiplen Sklerose. Kün. Monats bl. f. 
Augenheilk. April/Mai. p. 412. 

23. Williams, T. A, Syphilitic Multiple Sclerosis — Diagnosed Clinioallv in Spite of 
Negative Laboratory Tests. South Carolina Med. Assoo. Joum. April. 

24. Zabriskie, Edwin G., A Case of Multiple Sclerosis or Cerebro-Spinal Syphilis. New 
York Neurol. Inst. Meeting. April 1. 

Von den hier mitgeteilten Fällen ist einer von Curschmann be¬ 
merkenswert, bei dem durch Fibrolysin ein an Heilung grenzender Erfolg 
erzielt wurde, ferner macht Kennedy auf die flüchtigen Sehstörungen und 
Tarle auf die Neuritis retrobulbaris als bedeutsame Zeichen für die initiale 
multiple Sklerose aufmerksam. Sehr interessant sind die Beobachtungen 
von Pulay über die Verschiebung der sekundären Geschlechtscharaktere in 
vielen Fällen von multipler Sklerose. 


Multiple Sklerose. 

Curschmann (5) berichtet zunächst über einen Soldaten, bei dem es 
sich differential-diagnostisch um luetische Spinalerkrankung oder multiple 
Sklerose handelte. Der Fall betrifft einen vor 12 Jahren luetisch infizierten 
Manu, der infolge der Strapazen des Feldzuges an spastischer Ataxie, ins¬ 
besondere einem Intentionstremor der Füße beim Bergabgehen, leichter 
Blasen-, Mastdarm- und Potenzschwäche erkrankte; objektiv finden sich 
pathologische Hyperreflexe der Beine, Klonns und Babinski, Fehlen der 
Bauch- und Kremasterreflexe, Tremor des Kopfes, leichter Nystagmus, bei 
normaler Pupillenreaktion, bitemporale Gesichtsfeldeinschränkung, Andeutung 
von Neuritis optica und leichte, oberflächliche, sensible Störungen an den 
Beinen; alle vier Luesreaktionen fallen negativ aus. Es handelte sich dem¬ 
gemäß mit größerer Wahrscheinlichkeit um multiple Sklerose bei einem 
Syphilitiker. Es ist, wie der Autor meint, kein Zufall und im Sinne der 
Edingerschen Aufbrauchtheorie zu erklären, daß hei diesem Patienten das 
pathognomonische Intentionszittern sich an den Beinen einstellte. C. be¬ 
richtet dann weiter über einen Fall von multipler Sklerose, bei dem durch 
Fibrolysin ein ganz überraschender, nahezu an Heilung grenzender Erfolg 
erzielt wurde. In einem dritten Falle war eine schon 8 Jahre bestehende 
multiple Sklerose, die sich im Remissionsstadium befand, wieder im Laufe 
des Feldzuges exazerbiert. Patient hatte sein Leiden bei der Einstellung 
verschwiegen. Der Fall ist noch insofern von praktischer Bedeutung, als 
es zweifelhaft sein kann, ob hier eine Kriegsdienstentschädigungsvergütung 
rechtlich anerkannt werden muß. (Jacobsohn.) 

Foster Kennedy (10) illustriert in seinem Aufsatz durch 3 Fälle die 
initialen und flüchtigen Sehstörungen, welche für die Diagnose der 
m. Sk. von Wichtigkeit sind. Er spricht sich für eine toxische Pathogenese 
ans und betont das Schwanken in der Intensität der Symptome. Obwohl 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 18 


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Multiple Sklerose. Amyotrophiache Lateralsklerose. 


seine Fälle der Lehrbuchdiagaostik nicht entsprächen, lasse doch die 
Gruppierung der Symptome und der schwankende Verlauf im einzelnen 
Falle keine Zweifel an der Richtigkeit der Diagnose zu. 

Nagel’s (14) Fall ist publiziert wegen stark hervortretender psychi¬ 
scher Störungen bei m. Sk. Patient bot im Beginn der Beobachtung 
nach einem stuporösen Zustand das Bild der Korsakowschen Psychose: 
Desorientierung in Ort und Zeit, mangelhafte Erinnerung an die jüngste 
Vergangenheit und schwer herabgesetzte Merkfähigkeit. Im übrigen die 
gewöhnliche Abnahme der intellektuellen Fähigkeiten, Euphorie, Witzelsucht, 
Labilität der Stimmung, Zwangs aff ekte. 

Pulay (16) konnte sehr viele Fälle von multipler Sklerose beobachten, 
bei denen eine Verschiebung der sekundären Geschlechtscharaktere sich 
vorfand. Er konnte iu allen Fällen das Bestehen heterosexueller, sekundärer 
Charaktere fe9tstellen. Es fand sich bei Männern: besonders spärlicher 
Bartwuchs, geringe Behaarung der Axilla, geringes, oft vollkommenes Un¬ 
behaartsein von Brust, Armen und Beinen, ein feminines Abschneiden der 
Genitalbehaarung, schmale Schultern und breites Becken, Knochenbau im 
allgemeinen grazil, die Haut glatt, zart und weich. Bei Frauen fanden sich 
hingegen: männlich gezeichnete Gesichtszüge, kräftig entwickelte Nase, derb 
entwickeltes Kiun, stärkeres Betontsein der Protuberantiae supraorbitales 
und Hervortreten der Jochbogen, breite Schultern, enges Becken; die Haut 
war derb und zeigte reichliche Behaarung von der leichtesten Andeutung 
bis zum voll entwickelten Schnurrbart, reichliche Behaarung der Brust, Axilla, 
Arme, Beine und Füße, maskuline bis gegen den Nabel sich erstreckende 
Genitalbehaarung, Störungen verschiedensten Grades der Menses, mindere 
Entwicklung der Mammae, stärkere Entwicklung der Klitoris. Die Anomalien 
waren quantitativ verschieden bei den einzelnen Individuen. Diese Beob¬ 
achtungen deuten darauf hin, daß es sich bei der multiplen Sklerose um 
eine Hypoplasie des gesamten spezifischen Gewebes im Zentralnervensystem 
handeln kaun, und daß das geringste Trauma, sei es nun mechanischer, 
infektiöser oder toxischer Natur, mit einem skierotisierenden Prozeß beant¬ 
wortet werden kann. Es lassen diese Befunde auch an einen Zusammen¬ 
hang mit dem glandulären System denken, wobei die Qualitätsänderung der 
sekundären Geschlechtscharaktere als Ausdruck für einen pluriglandulären 
Prozeß anzusehen wäre. Diese Befunde scheinen dem Autor aber auch in 
differential-diagnostischer Hinsicht von Bedeutung zu sein. (Jacobsohn.) 

Die Eigenart der Sensibilitätsstörungen im Frühstadium der 
Krankheit kann von ausschlaggebender Bedeutung für die Diagnose sein 
und eventuell zur Verwechlung mit Hysterie Anlaß geben. Sittig (20) zeigt 
dies au 3 Fällen. Er betont das Flüchtige und Wechselnde der Lokalisation, 
die oft nur geringe, oft nur subjektive Störung der Sensibilität und ihre 
häufige Lokalisation an den Extremitäten. 

Tarle (22) weist an der Hand einer reichen Kasuistik auf die große 
Bedeutung der Neuritis retrobulbaris acuta als wichtigstes Symptom, ins¬ 
besondere als Frühsymptom der multiplen Sklerose hin. Nicht bloß die 
Beobachtung des weiteren Verlaufes der an Neuritis retrobulbaris Erkrankten, 
sondern die genaue Untersuchung dieser Fälle schon bei der einsetzenden 
Erkrankung des Sehorgans ergibt, daß in mehr als einem Drittel der Fälle 
sichere, und wenn man die Fälle mit Wahrscheinlichkeitsdiagnose einschließt, 
mehr als die Hälfte der Fälle der Erkrankten schon bei dem Auftreten der 
Augenerkrankung auch andere neurologische Symptome zeigten, welche zu¬ 
sammen mit der Augenerkrankung die Diagnose der multiplen Sklerose 
sicherten. ( Jacobsohn .) 


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Tabes dorsalis. 


275 


Amyotrophlsche Lateralsklerose. 

Bing’s Pall (3) ist ein Beitrag zur Frage des Zusammenhangs zwischen 
amyotrophischer Lateralsklerose und Trauma: 29jähriger Arbeiter 
bekam bei der Arbeit infolge eines plötzlichen und heftigen Zugs des rechten 
Arms sofort stechenden Schmerz und Parästhesien im Arm bis zu den 
Fingerspitzen, dazu kam Schwäche der Hand und Arbeitsunfähigkeit: Bild 
einer typischen Neuritis des Medianus mit Druckschmerzhaftigkeit, Lähmung, 
Atrophie und partieller Entartungsreaktion besonders im Daumengebiet, auoh 
Hypästhesie der betreffenden Fingerbezirke. Zunächst Besserung, dann 
plötzliche Verschlimmerung durch Atrophie der ganzen rechten, aber auch 
der linken Hand, rapid fortschreitende spastische Parese der Beine mit 
dysarthrischen Störungen, so daß die Diagnose, amyotrophische Lateral¬ 
sklerose, ein halbes Jahr nach dem Unfall feststand. Weiterhin sehr rasch 
progressiver Verlauf unter dem gewöhnlichen Bilde bis zu den Erscheinungen 
der Bulbärparalyse mit Schlucklähmung und Exitus. 

B. setzt diesen Fall neben 5 aus der Literatur zusammengestellte 
analoge traumatische Fälle (Seiffer, Giese, Ladame, Gelma-Ströhlin, 
Ottendorf), die er referiert. Er nimmt eine individuelle Prädisposition 
an. Daraufhin gewährte das Gericht der Witwe nur eine Entschädigung 
vou 20% durch den Arbeitgeber. 


Tabes dorsalis. 

Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn -Berlin. 


1. Barnes, F. M., Psychoses Associated with Tabes dorsalis. Missouri State Med. Assoc. 
Joum. Febr. 

2. Barnoy. J. D., and Ayer, J. B., Unusual Case of Obstructing Prostate Diagnosticated 
with Difficulty from Tabes. Boston Med. and Surg. J. Oct. 21. 

3. Bik eles, G., Ein Fall von Tabes dorsalis mit akut einsetzenden ungewöhnlichen 
Koordinationsstörungen am Rumpf. Neurol. Zentralbl. No. 19. S. 707. 

4. Byrne, J., Thcory of Mechanism of Gastric and Pain Crise« in Tabes. New York med. 
Journ. May. 

5. Castro, Jose Gonzalez, Un caso de pseudo tabes cantaridiana. El Siglo Medico. 
No. 3196. p. 167. 

6. Fielitz, Fall hochgradiger Arthritis tabica. Münch, med. Woch. 1916. 63. 53. 

< Sitzungsbericht.) 

7. Flat au, Georg, Tabes und Heeresdienst. Mjedizin. Klinik. No. 17. p. 496. 

8. Gennerich, W., Die Ursachen von Tabes und Paralyse. Mschr. f. Psych. 38. (6.) 341. 
u. Dermal. Zschr. 22. (12.) 706. 

9. Geuken, H. C.. Radiographisch onderzoek van een tabeslijder in het prae-ataktisoh 
tijdperk. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. No. 1. p. 422. 

10. Orossmann, M., Ataxia of Tabes. New York med. Journ. Vol. 101. No. 15. 

11. Hassin, G. B., Histo-Pathological Studios in Tabes-Dorsalis. The J. of N. a. M. Dis. 
42. 699. (Sitzungsbericht.) 

12. Hevoroch, A., Über akute Lähmungen boi Tabikern. Casopis öeek^ch 16k. 54. 100. 

(Böhmisch.) 

13. Holland, E. D., Etiology and Treatment of Tabes Dorsalis and Specific Paresis. 
Southern med. Journ. June. VIII. No. 6. 

14. Holmes, B., Epinephrin Reaction in Gastric Crisis of Tabes and Significanco of Beta- 
iminazolyl-Ethylamin in Feces. Lancet-Clinic. 114. (18.) 

15. Hutcheson, J. M., Tabes Dorsalis Simulating Acute Abdominal Disease. Old Domini¬ 
on Journ. of Med. and Surgory. March. 

16. Kendall, C. H., Tabes Dorsalis and Paresis. Kentucky med. Joum. July. XIII. 
No. 8. 

17. Kling mann, T., Case of Tabes Dorsalis with Unusual Thorapeutio Rosult. Miohigan 
State med. Assoc. Joum. Jan. 


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Tabes dorsalis. 


18. Koch, R., Enteroptosen bei Tabes dorsalis. Dtsoh. Zschr. f. Nervenhoilk. Bd. 54. 
H. 2/3. p. 150. 

19. Krueger, Hermann, Über lokalisierte Muskelatrophien bei Tabes dorsalis. Monatsschr. 
f. Psychiatrie. Bd. 38. H. 2. p. 129. 

20. Linow, Über Spontanfrakturen bei Tabes. Monatsschr. f. Unfallheilk. No. 6. p. 161. 

21. Luk&cs, Alexius, Ainvotrophisohe Tabes mit histologischem Befund, Orvosi Hetilap. 
1914 No. 38. (Ungarisch.) 

22. Maas. O., Über die Ursachen der Arthropathien bei Tabes dorsalis. Neurol. Gentralbl. 
p. 537. (Sitzungsbericht.) 

23. Martin, J. R., Osteo-Arthritis in Tabes Dorsalis. New York med. Joum. CI. No. 2. 

24. Michaud, Un cas de tabee dorsal. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 46 . 537. (Sitzung** 
bericht.) 

25. Neu, K. F., Why Delay in Reoognizing Locomotor Ataxia? Illinois M J. Oct. 

26. Peter, L. C., Intra-Ooular Musoles in Tabes Dorsalis. New York med. Joum. CIL 

No. 11. 

27. Pinner, Emilie, Über einen Fall von Tabes dorsalis mit Beteiligung einiger selten 
befallener Himnerven. Diss. Berlin. 

28. Salis, 2 Fälle von Tabee dorsalis bei Frauen. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 45 . 1498. 
(Sitzungsbericht.) 

29. Schmitt, Tabes dorsalis kombiniert mit hysterischen Symptomen. Vereinsbeil. d. 
Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 371. 

30. Spiller, William G., The Pathology of Tabetio Ocular Palsy with Remarks on the 
Relation of Syphilis to the So-Called Parasyphilitio Diseases. The Joum. of Nerv, and 
Mental Disease. Vol. 42. No. 1. p. 15. 

31. Swift, W. B., Voice in Tabes—Voice Sign. Am. J. of Insan. 72. (2.) 

32. Tietze, Karl, Tabes dorsalis und Rückenmarkstumor. Inaug.-Dissert. Kiel. 

33. Weisenburg, T. H., and Work, Philip, The Distribution of Tabetio Crisis with the 
Exhibition of an Unusual Case. The J. of Nerv, and Ment. Dis. Vol. 42. S. 639 
(Sitzungsbericht.) 

Von den Arbeiten dieses Kapitels verdient diejenge Genuerichs 
besondere Hervorhebung, indem der Autor sich bemüht, die Entstehung der 
Tabes nach der luetischen Infektion aufzuklären. 

In einem ziemlich akut einsetzenden Falle des tabischen Symptomen- 
komplexes — Beobachtung von Bikeles (3) — war die bemerkenswerteste 
Erscheinung, daß der Rumpf des Patienten beim Gehen hochgradig seitlich 
schwankte, und zwar abwechselnd nach rechts und links, immer nach der 
Richtung des jeweiligen Stützbeines. Dieses Schwanken des Rumpfes war 
so exzessiv, daß Patient schon nach ein paar Schritten in seitlicher Richtung 
umzustürzen drohte. Eine antiluetische Kur brachte Besserung des Geh¬ 
vermögens wie des Gesamtzustandes. ( Jacobsohru) 

Fla tau (7) führt bezüglich des Problems Tabes und Heeresdienst 
folgendes aus: Wenn wir unsere Friedenserfahrungen mustern, so sehen wir: 
eine Anzahl Tabischer leistet Jahre hindurch anstrengende Arbeit, setzt 
sich dabei auch Witterungseinflüssen aus, ohne daß eine merkliche Pro¬ 
gression der Beschwerden eintritt, so im Maurergewerbe, im Eisenbahndienste; 
das läßt uns schließen, daß unsere Anschauungen betreffs der Vorhersage 
der Tabes bisher zu pessimistisch gefärbt waren; indessen steht dem wiederum 
eine Reihe sicherer Erfahrungen gegenüber, wonach der Tabische auf 
die erwähnten Schädlichkeiten mit schweren Verschlimmerungen reagiert. 
Wenn wir ferner bedenken, daß auch erhebliche Arbeitsleistungen und Sport- 
leistungen im Frieden nicht entfernt heranreichen an die Anforderungen, 
welche der heutige Krieg au den Menschen stellt, daß hier bisher ungeahnte 
Marschleistungen, Aufenthalt in kalten und nassen Schützengräben, mangel¬ 
hafter Schlaf, ungeheure psychische Beanspruchung einwirkeu, die Verpflegung 
oft und für lange Zeit mangelhaft ist, so werden wir zu folgendem Ergeb¬ 
nisse kommen: Zwar hat es sich gezeigt, daß in einer Anzahl von Fällen 
Tabes leicht verläuft und auch unter ungünstigen äußeren Umständen nicht 
so schwer verläuft, wie man lange Zeit angenommen hatte, daß ferner durch 


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Tabes dorsalis. 


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geeignete Maßnahmen wir das Leiden günstig beeinflussen könneu nnd dem 
Kranken eine lange Zeit guten Befindens and Betätigangsmöglichkeit 
verschaffen können, doch kann das für die Allgemeinheit der Fälle die 
Ansicht nicht erschüttern, daß der Tabiker auch in frühen Stadien nnd bei 
scheinbarer Neigung zu günstigem Verlaufe der Schonung bedarf, und daß 
gegenteilige Verhältnisse schnell deletär wirken können. Das gilt um so 
mehr für die Anforderungen des Heeresdienstes im Kriege. Es ist also zu 
sagen: Tabische, auch solche im Anfangsstadium und mit scheinbar nicht 
progedientem Verlaufe des Leidens, sind nicht als felddienstfähig zu erachten. 

{Jacobsohn.) 

Gennerich (8) kommt bezüglich der Ursachen von Tabes und Paralyse 
zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Metalues ist ein Spätrezediv des syphi¬ 
litischen Krankheitsprozesses, bedingt durch den Rückgang der Allgemein¬ 
infektion unter dem Einfluß von einschränkenden Abwehrvorgängen des 
Organismus und durch die konsekutiv zunehmende Expansionstendenz rest¬ 
licher Spirochätenherde. 2. Die Haftung uud Fortentwicklung der ursprüng¬ 
lich in allen Syphilisfallen vorhandenen Liquorinfektion steht in innigstem 
Zusammenhang mit den Ausbreitungsverhältnissen (Spannung) des syphi¬ 
litischen Virus im Gesamtorganismus, insofern vorzeitiger Schwund der 
Allgemeininfektion ohne gleichzeitigen Rückgang der meningealen Infektion 
diese in den Vordergrund des weiteren Krankheitsverlaufs drängt. 3. Bei 
dem Rückgänge der Allgemeininfektion wie der Liquorinfektion spielen 
Immunvorgänge, deren Grad von individueller Empfänglichkeit, wie von der 
verschiedenen Virulenz des Virus abhängig ist, eine ausschlaggebende Rolle* 
4. Die erste Lokalisation des Virus bei Metasyphilis ist den hydrodynamischen 
Verhältnissen im Lumbalsack entsprechend. 5. Beim milden Verlauf 
der Lues, der einer schwächlichen Abwehrreaktion des Organismus ent¬ 
spricht, liegen die Aussichten für die sekundärsyphilitishe Fortentwicklung 
des meningealen Virus und einen schleichenden Zerstörungsprozeß der Pia 
mater besonders günstig. 6. Der funktionelle Zustand der Pia ist ent¬ 
scheidend dafür, ob es zu gummösen Prozessen am Zentralnervensystem 
oder zur Metalues kommt. Ist sie ihrer Aufgabe, das Nervengewebe vor der 
Diffusion mit dem Liquor zu schützen, noch gewachsen, so etablieren sich 
die lokalen Abwehrvorgänge entsprechend dem Eintritt der Umstimmung 
des Gewebes im Sinne einer gummösen Zerebrospinallues. Ist die Pia 
funktionell, wenn auch nur stellenweise erschöpft, so diffundieren die 
Reaktionserscheinungen des Nervengewebes in den Liquor — man erhält 
dann das charakteristische Nebeneinander von entzündlichen Veränderungen 
nnd primärer Nekrose entsprechend dem Zustande der deckenden Hülle:' 
7. Die Systemerkrankung der Metalues erklärt sich daraus, daß die Spiro¬ 
chäten der Bahn des Liquors, der durch seine Auslaugung die Widerstands¬ 
fähigkeit des Nervengewebes bricht, natürlich an denjenigen Stellen folgen, 
wo sich die Liquorinfektion uuter dem Einfluß der angegebenen hydro¬ 
dynamischen Verhältnisse zuerst festsetzte und in jahrelang schleichendem 
Verlauf auch die stärkste Piaveränderung erzeugte. 8. Wio nach Durch¬ 
bruch der Pia die Selbstheilungsvorgänge des Nervengewebes versagen, so 
ist es auch mit der gewöhnlichen chemotherapeutischen Allgemeinbehandlung. 
Sie diffundieren durch die Pia ebenso in den Liquor wie auch die gesamten 
Stoffwechselvorgänge zwischen Blutkreislauf und Nervenzellen (Hammelblut- 
Normalhämolysine, Reagine, Komplement und andere E-Produkte). 9. Die 
Zerstörung der Pia dokumentiert sich auch in der Verwendbarkeit der noch 
erhaltenen spinalen Leitungsbahnen für endolumbale Behandlung, die bei 
Metalues zwölffach stärker ist, als bei gummöser Zerebrospinallues. {Jacobsohn.) 


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Tabes dorsalis. 


Heveroch (12) diskutiert eingehend die sehr selten vorkommende, 
plötzlich auftretende Lähmung bei tabischen Patienten. Mit einigen eigenen 
Fällen und einigen der Literatur zeigt er, daß diese äußerst seltene Er¬ 
scheinung bei Tahes tatsächlich Vorkommen kann, daß es sich um andersartige 
Erkrankung nicht handelt, die eingehend besprochene Differentialdiagnose 
gegen Hysterie, Polioenzephalis und Poliomyelitis, Landrysche Paralyse, 
Myasthenie, Polyneuritis, Myositis und Myopathie und daß namentlich die An¬ 
sicht, es handele sich um eine hämorrhagische Affektion bestimmter Zentren 
im Gehirn nicht aufrecht zu halten ist. Das praktische Postulat seiner 
Mitteilung ist, daß man in allen Fällen, wo man mit perakut aufgetretenen 
Lähmungen etwas zu tun hat, immer an die Tabes denken muß, auch wenn 
nicht ausgesprochene Tabessymptome vorhanden sind. ( Jar . Sttichlik.) 

Koch (18) hat bei Tabikern, besonders auch bei jüngeren Leuten, 
teils auf dem Seziertische, teils im Röntgenbilde nachgewiesen, häufig 
Enteroptose gefunden. Er diskutiert nun die Frage, ob diese Enteroptose 
durch Störungen der Innervation ähnlich der allgemeinen Hypotonie zustande 
kommt oder durch andere Ursachen bedingt ist. Er kommt zum Schluß, 
daß in manchen Fällen wohl die erstere Annahme zutreffen dürfte. 

(Jacobsohrt) 

Krueger (1Ü) berichtet über die Beobachtung, daß häufig bei Tabes 
lokale Muskelatrophien festgestellt werden, und stellt sich die Frage, ob es 
sich in diesen Fällen um zentrale oder periphere Prozesse handelt. Es gibt 
Fallgeschichten, auf Grund deren er die gestellte Frage nicht mit Sicher¬ 
heit entscheidet, wohl aber mehr zur Annahme neigt, daß es sich um 
zentrale, nicht um periphere Störungen handelt. 

In einem Falle vou schwerer amyotropbischer Tabes, wo die Sektion 
von seiten des x Nervensystems bloß die tabische Erkrankung ergab, fand 
Luk&CS (21) bei der histologischen Untersuchung folgendes: An Weigert- 
präparaten Degeneration der Hinterstränge, mit wenigen degenerierten Fasern 
in der Vorderwurzel. Bei van Gieson verdickte Gefäßwände mit perivasku¬ 
lärer Rundzelleniufiltration, Gliavermehrung in den Hintersträngen, keine 
entzündlichen Erscheinungen. Im Nisslpräparate zeigten sich die Zellen 
der Clarkeschen Säule gequollen mit aufgelösten Nisslschen Schollen; 
Zellendegeneration im Vorderhorne, worin Verf. die Ursache der Lähmungen 
erblickt. Als Ursache der Nervenzellendegeneration der Vorderhörner be¬ 
trachtet Verf. das luetische Virus. (Hudovernig.) 

Linow (20) gibt zwei Unfallkrankengeschichten, in denen es sich um 
Spontanfrakturen ohne besondere äußere Gewalteinwirkung handelt, wo aber 
auch das Reichsversicherungsamt in dem einen Fall doch auf eine Rente 
erkannte, da in der Tätigkeit des Kranken auf unebenem Boden leichter 
die Möglichkeit des Umknickens des Fußes gegeben war als bei Tätigkeit 
in der Ebene. 

Pinner (27) berichtet über einen Fall von Tabes, der dadurch aus¬ 
gezeichnet war, daß viele Hirnnerven einer Seite mitbetroffen waren. Und 
zwar waren beteiligt: Motorischer und sensibler Ast des Trigeminus, der 
Fazialis, Vagus, Glossopharyngeus und Akzessorius. Ob es sich für Nerven¬ 
erkrankung um eine peripherische oder nukleäre handelt, läßt die Autorin 
unentschieden, doch neigt sie mehr zu der Annahme einer peripherischen 
Affektion. ( Jacobsohn .) 

Spiller (30) berichtet über einen Fall kompletter doppelseitiger tabischer 
Ophthalmoplegie und zieht daraus die Folgerung, daß Unterschiede in der 
Pathologie der an Tabes und zerebrale Syphilis sich anschließenden Augen- 


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Lues cerebrospinalis. 


279 


lähmungen, wie sie von einigen Autoren im Hinblick darauf, ob es um 
vom Nuklens oder vom Nerv ausgehende Erscheinungen handelt, nicht ge¬ 
macht werden können. 


Friedreichsche Ataxie. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn. 

1. Griffith, Crozer, Acute Cerebellar Ataxia in Children. Medical Record. Vol. 88. 
S. 540. (Sitzungsbericht.) 

2. Kramer, Friedreichsche Tabes bei Geschwistern. Corr. Bl. f. Schweizer Ärzte. 1916. 
46. 182. (Sitzungsbericht.) 

3. Marks, Henry, K., Congenital Cerebellar Ataxia. The J. of N. a. M. Dis. 42. 703. 
(Sitzungsbericht.) 

4. Rothmann, Max, Ueber familiäres Vorkommen von Friedreiohscher Ataxie, Myxödem 
und Zwergwuohs. Berl. klin. Wschr. No. 2. p. 31. 

In dem ersten von Rothmann (4) mitgeteilten Falle handelt es sich 
um ein löjähriges Mädchen mit doppelseitigem Hohlfuß, "Wirbelsäulenver- 
krümmung und ataktischem Gange. Die Diagnose wurde auf Friedreichsche 
Ataxie gestellt. Die Mutter der Patientin zeigt ein nicht ganz ausge¬ 
sprochenes Bild von Myxödem und ein älterer Bruder der Patientin bildet 
in seinem Symptomenkomplex: Zwergwuchs, Myxödem, doppelseitige Hohl- 
und Klumpfußbildung das Verbindungsglied zwischen Mutter und Schwester. 
Mit der Mutter teilt er die Hypofunktion der Schilddrüse; vom Symptomen- 
koraplex der Schwester zeigt er den doppelseitigen Hohlfuß mit Klumpfu߬ 
bildung kombiniert. Rothmann weist auf Arbeiten einzelner Autoren hin, 
dio über Fälle berichteten, welche das Ineinanderübergehen familiär heredi¬ 
tärer Affektionen illustrieren. 


Lnes cerebrospinalis. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin und Prof. W. Seiffer-Wiesbaden. 

1. Auer, E. Murray, Bram Syphilis. The Amer. Joum. of the med. Sciences. Vol. CL. 
No. 3. p. 359. 

2. Ball, J. D., Syphilis as Etiological Factor in So-Called Funotional Neuroses and Psyoho- 
»ee. Amer. Joum. of Insanity. Vol. 72. No. 1. 

3. Barbach, H. J., Some of the Newer Aspects of Nerve Syphilis. The Urological and 
Cutan. Review. Jan. p. 18. 

4. Bazeloy, J. H., and Anderson, H. M., Mental Features of Congenital Syphilitios. 
Boston M. a. S. Joum. 173. (26.) 

5. Bendig. Über den diagnostischen Wert der Wassermannschen Reaktion. Dermat. 
Wochenschr. 61. (50.) 1139. 

6. Bo um an, K. H., Ophthalmoplegie und Bulbärparalyse bei Paralues. Psych. en 
neurol. Bladen. 19. 272. 

7. Brandt, Max, Weitere Erfahrungen mit der Gerinnungsreaktion bei Lues. Dtsoh. 
med. Woch. No. 31. 

8. Brugsch, Theodor, und Schneider, Erich, Syphilis und Magensymptome. Berl. 
klin. Woch. No. 23. p. 601. 

9. Bunee, A. H., Diagnosis of Syphilis and Parasyphilis from Standpoint of Laboratory. 
Georgia med. Assoc. Joum. Sept. V. No. 5. 

10. Camp, C. I)., Some Aspects of Congenital Syphilis Affecting Nervous System. Michigan 
State med. Spc. Journ. March. 

11. Colli ns, Joseph, Syphilis of the Brain. Its Occurrence, Symptoms and Prevontion. 
The Joum. of the Amer. med. Assoc. Vol. LXV. No. 2. p. 139. 


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280 


Lues cerebrospiuaiis. 


12. Conzelmann, F. J., Syphilis of Nervous System. New York med. Joum. CI. No. 22, 

13. Cummer, Clyde L., The Diagnosis of Cerebrospinal Syphilis by Laboratory Means. 
The Cleveland M. J. 14. (12.) 793. 

14. Darling, S. T., and Clark, H. C., Arteritis Syphilitica Obliterans. Journal of Medical 
Research. March. 

lö. Ellis, A. W. M., Involvement of Central Nervous System in Syphilis. Canadian Med. 
Assoc. Joum. March. 

16. Derselbe and Swift, Homer F., Involvement of the Eigth Nerve in Syphilis of the 
Central Nervous System. The Joum. of the Amer. med. Assoc. Vol. LXIV. No. 18. 
p. 1471. 

17. Gaines, L. M, Syphilitio Disease of Nervous System. Georgia med. Assoc. Joum. 
Sept. V. No. 6. 

18. Garretson, W. V. P., Syphilis of Nervous System. New York med. Joum. July. 
17. CII. No. 3. 

{19. Gordon, A., New Test of Blood Serum and Cerebrospinal Fluid in Syphilitic Involvement 
of Nervous System, ebd. Vol. CV. No. 8. 

20. Guthrie, L., and Fearnsides, E. G., Case of Syphilis Meningovasoularis, Congenital 
Syphilis, Choroiditis, Optio Atrophy, Herpes Zoster, Multiple Root Lesions. Brit. 
Joum. of Childrens Diseases. July. XII. N. 139. 

21. Habermann, J. Victor, Hereditary Syphilis in Connection with Clinical Psychology 
and Psychopathology. The Joum. of the Amer. med. Assoc. Vol. LXIV. No. 14. 
p. 1141. 

22. Hagels tarn, Kliniska erfarenheter beträffonde syfilis i det centrala nervsystemet. 
Finska Läkaresällskapets Hand Ungar. Bd. 57. 

23. Halbey, Kurt, Die Bedeutung der Wassermannschen Reaktion im Blutserum und im 
Liquor zerebrospinalis für die Diagnose und die Therapie der syphiütischen Erkrankun¬ 
gen des Zentralnervensystems. Ubersichtsreferat. Med. Klin. 11. (50.) 1380. 

24 Hammes, E. M, Present Status of Nervous Syphilis. Wisconsin med. Joum. June. 
XIV. No. 1. 

25. Harris, A. W., Diagnosis of Syphilis of Nervous System. Tennessee State med. 
Assoo. Joum. Äug. VIII. No. 4. 

26. Heil borg, Knut, Die Bedeutung der Wassermann-Reaktion im Blutserum und Liquor 
zerebrospinalis für die Diagnose und die Behandlung der syphilogenen Erkrankungen 
des Zentralnervensystems. Obersichtsreferat. Med. Kl. 11. (50.) 1380. 

27. Hill, Hastings, Syphilis of the Interaal Ear (Hereditary). The Joum. of the Amer. 
med. Assoo. Vol. LXV. No. 7. p. 607. 

28. Hnatek, J., Der syphilitische Kopfschmerz. Dtsch. med. Woch. No. 3. p. 71. 

29. Inman, T. G., Routine Examination of the Cerebrospinal Fluid in Suspeeted Syphilis 
of the Nervous System. California State Joum. of Medioine. Vol. 13. No. 7. p. 275. 

30. Jones, W. A., Syphilis of Nervous System. Journal-Lanoet. Nov. 

31. Kafka, V., Über Noguchis Luetinreaktion mit besonderer Berücksichtigung der 
Spätlues des Centrainer vensystoms. Berl. klin. Woch. No. 1. p. 15. 

32. Derselbe, Die Luesdiagnostik in Blut und Rückenmarksflüssigkeit (mit Einschluß der 
Luetinreaktion). Dermat. Woch. 61. (48.) 1091. 

33. Krause, Karl, Beitrag zur pathologischen Anatomie der Himsyphilis und zur Klinik 
der Geistesstörungen bei syphilitischen Himerkrankungen. Jena. G. Fischer. 

34. Le Count, E. R., and Dewey, K., Syphilitio Leptomeningitis. Journal of Infectious 
Diseases. March. 

35. Marks, Henry, K., A Case of Korsakows Syndrome with Cerebral Syphilis. New York 
Neurol. Inst. Meeting. Febr. 25. 

36. Meyer, F. S., Der klinlscho Wert der Wassermannsohen Reaktion in der Neurologie 
und Psychiatrie. Nod. Tijschr. v. Geneesk. 59. (II.) 1819. 

37. Miller, S. R., Spinal Fluid in Syphilis. New York State J. of M. 16. (10.) 

38. Derselbe, Importance of Cerebrospinal Fluid Examinations in Syphilis of Central Nervous 
System. Southern med. Journ. 8. (11.) 

39. Mills, H. P., Syphilis of Nervous System. Arizona med. Joum. Okt. 

40. Montgomery, D. W., Alopecia Syphilitica. Boston med. a. # S. Joum. 173. (25.) 

41. Mundt, G. H., Syphilis of Internal Ear. Illinois med. Joum. Sept 

42. Neisser, A., Wann soll bei Syphilitikern die Spinalflüssigkeit untersucht werden? 
Berl. klin. Woch. No. 19. p. 486. 

43. Nonne, M., Syphilis und Nervensystem. Neunzehn Vorlesungen für praktische Arzte» 
Neurologen und Syphilidologen. 3. Aufl. Berlin. S. Karger. 

44. Passtoors, Th., De klinische waarde der reactie van Wassermann in de neurologie en 
de psychiatrie. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 2. H. No. 20. S. 2212. 

45. Post, A., Medical and Social Aspects of Syphilis of Nervous System. Boston med. a. Sb 
Joum. 178. (24.) 


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Lues cerebrospinalis. 


281 


46. Quarta, Giacinto, L’arterite cerebrale luetica. Gaz. med. lombarda. No. 2. p. 17. 

47. Quix, F. H., Ein Fall von Hirnsyphilis, gefolgt von Entartung des Gehörnerven und 
des inneren Ohres mit Demonstration der mikrophotographischen Lichtbilder. Ned. 
Tijdßchr. v. Geneesk. 69. (I.) 1832. 

48. Ruttin, Fistelsymptome bei kongenitaler Lues beim Ausspreohen von M und N. 
Monatsschr. f. Ohrenheilk. p. 267. (Sitzungsbericht.) 

49. Sanz, E. Femandez, Sifilis nerviosa conyugai. El Siglo Medico. No. 3204. p. 290. 

50. Schröder, P., Lues cerebrospinalis sowie ihre Beziehungen zur progressiven Paralyse 
und Tabes. Klinisch-anatomische Beiträge. Dtsch. Zschr. f. Nervenheilk. Bd. 54. 
H. 2/3. p. 83. 

51. Scinicariello, Umberto, Un caso di meningo-mielite spinale sifilitica. La Rif. med. 
31. (17/18.) 457. 485. 

52. Selling, ii. Cerebrospinal Fluid as an Aid to Diagnosis of Obscure Cases of Syphilis 
of Central Nervous System. Northwest Medicine. Jan. 

53. S mi t h, L. L., Syphilis as Cause of Mental Disease in Military Service. Military Surgeon. 
Dec. 

54. Smith, Bern. S. de, Demoderne behandeling der zoogenaamde metasyphilitische ziekten 
van het centrale zenuwstelsel. Ned. Tijdschr. voor Geneesk. No. 8. p. 669. 

55. Solomon, H. C., and Koefod, H. 0., Significance of Changes in Cellular Content of 
Cerebrospinal Fluid in Neurosyphilis. Boston med. and S. Journ. Dec. 30. 

56. Steiner, Experimentelle Liquoruntersuchungen bei Syphilis. Aroh. f. Psych. 56. 
370. (Sitzungsbericht.) 

57. Sturdivant Read, J., Syphilitic Involvement of the Central Nervous System two 
Weeks after Appearence of Chancre. The Urologie and Cutan. Review. Febr. p. 75. 

58. Terril, J. J., Syphilis and Spinal Fluid. Texas State J. of med. Sept. XI. No. 5. 

59. Tucker, B. R., Atypical Neurologie Syphilis. Southern med. Joum. June. VIIL 
No. 6. 

60. Whi tney, James L., A Statistical Study of Syphilis. As Seen in the Outpatient Depar¬ 
tement of the University of California Hospital. The Joum. of the Amer. med. Assoc. 
66. (23.) 1986. 

61. Derselbe und Baldwin, Walter J., Syphilis of the Spine; its Frequency and the Value 
of its Characteristic Lesions as a Diagnostic Sign of Syphilis, ebd. 66. (23.) 1989. 

62. Wile, Udo J., Caso of Syphilis in Primary Stage with Involvement of Central Nervous 
System. Michigan State med. Assoc. Joum. Jan. March. 

63. Derselbe and Stokes, John Hinchman, Involvement of the Nervous System Düring the 
Primary Stage of Syphilis. The Joum. of the Amer. med. Assoc. Vol. LXIV. No. 12. 
p. 979. 

64. Diaselben, Further Studiee on the Spinal Fluid with Reference to the Involvement of 
the Nervous System in Early Syphilis, ebd. Vol. LXIV. No. 18. p. 1465. 

65. Willcutt, George H., Disturbances of the Acoustic Nerve in the Early Stages of 
Syphilis, ebd. Vol. LXV. No. 7. p. 602. 

66. With, K., Undersogelse over Symphocytose, Hyperalbuminose og Wassermanns 
Reaction i Cerebrospinalvaedsken ved Syphilis. Hospitalstidende. 58. (51.) Dec. 1. 
15. 22. 

67. Wolf stein, D. J., Neuroses and Psychoses Related to Syphilis. Lanoet-Clinic. CXIII. 
No. 17. 

68. Zabriskie, Edwin G., Syphilitic Meningomyelitis. New York Neurol. Inst. Meeting. 
Febr. 4. 

69. Zadek, J., Unter welchen Bedingungen hat die Herman-Perutzsche Luesreaktion 
Anspruch auf Gleichberechtigung und praktische Anwendung wie die Wassermannsche 
Reaktion? Berl. klin. Woch. No. 34. p. 893. 

70. Zondek, H., Irrtümliche Diagnose der Himlues bei einem Säugling. Dtsch. med. 
Woch. No. 19. p. 558. 

Von den Arbeiten dieses Kapitels ist zunächst das Lehrbuch Nonnes 
zu erwähnen, das in dritter Auflage erschienen ist. Bendig hält die 
Wassermannsche Reaktion, Hagelstam die Nonneschen Reaktionen für 
nicht so entscheidend für die Erkennung der Syphilis, da diese Reaktionen 
oftmals in unzweifelhaften Fällen von Syphilis negativ ausfielen. Kafka 
weist der Luetinreaktiou Noguchis eine bedeutende Rolle für die progressive 
Paralyse zu. Von Interesse sind die Arbeiten Schröders über die Lues 
cerebrospinalis und ihre Beziehungen zur Paralyse und Tabes, ferner die 
Arbeit von Baldwin und Whitney über die Beziehungen zwischen Wirbel¬ 
säule und Lues resp. Tabes und die Arbeit Zondeks über die Bedeutung 


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Lues cerebrospinalis. 


der Hermau Perutzschen Reaktion gegenüber der Wassermanuschen 
Reaktion. 

Murray Auer (I) gibt einen kurzen Bericht über den pathologisch- 
anatomischen und serologischen Befund von 63 Fällen von Syphilis des 
Nervensystems, und zwar von Tabes, Tabes-Paralyse, progressiver Paralyse, 
zerebraler Syphilis, und syphilitischer Meningitis. Da diese Befunde iD ihrer 
Gleichartigkeit und charakteristischen Prägung bekannt sind, ist ein besonderes 
Eingehen darauf überflüssig. 

Barbach (3) glaubt, daß die verschiedenen Syphilismanifestatiooen 
nicht von einem einzigen Treponemastamm erzeugt werden, daß es vielmehr 
verschiedene Stämme geben müsse. Wenn die Treponema im Blute kreist, 
so ist dieser Zustand vergleichbar mit einer Septikämie irgendeiner anderen 
Infektion. Bei dieser Septikämie wählen gleichsam die einzelnen Stämme 
je nach ihrer Art und Affinität sich das Körpersystem aus, in welchem sie 
sich dann ansiedeln. 

Bendig (6) kommt auf Grund umfassender Untersuchungen über die 
Wasser mann sehe Reaktion zu folgenden Ergebnissen: Die Wassermann- 
sehe Serumreaktion ist kein spezifisches Diagnostikum für Lues. Die positive 
Wa.R. kommt zwar oft bei der syphilitischen Erkrankung in allen Stadien, 
besonders häufig im Sekundärstadium, vor und kann daher bisweilen als 
Symptom mit verwertet werden. Der negative Ausfall ist jedoch niemals 
ein Beweis dafür, daß die Lues erloschen ist. Desgleichen ist die positive 
Reaktion allein, ohne daß sonstige Anhaltspunkte für Lues bestehen, niemals 
als Syphilis aufzustellen, da sie auch hei allen möglichen anderen Krank¬ 
heiten Vorkommen kann, wie Lepra, Bleivergiftung, Ulcus molle, Bubo, Gonor¬ 
rhöe mit Komplikationen, Skabies, Eklampsie, Malaria, Scharlach, in Narkose, 
bei perniziöser Anämie, Nephritis, Pemphigus, malignen Neubildungen usw. 

(Jacobsohn.) 

Max Brandt (7) berichtet über 500 Serumuntersuchungen nach der 
Gerinuungsmethode von Hirschfeld und Klinger, wodurch die voijährigen 
Mitteilungen dieser Autoren ergänzt und bestätigt werden sollen. Es ergibt 
sich daraus eine sehr weitgehende Übereinstimmung der Gerinnungsreaktion 
nach Hirschfeld und Klinger mit der Komplementbindungsreaktion nach 
Wassermann. 

Bei den Fällen, wo beide Reaktionen nicht dasselbe Resultat ergaben, 
spricht die Anamnese oder der klinische Befund in der Mehrzahl der Fälle 
für die Gerinnungsreaktion. Das relativ häufige Vorkommen eigenfallender 
Sera hat mit der Reaktion an sich nichts zu tun und beruht auf mangel¬ 
hafter Entnahme oder Zusendung der Blutprobe. 

Aus den mitgeteilten Untersuchungen folgt, daß die Gerinnungsreaktion 
für die luetischen Veränderungen ebenso charakteristisch und für deren 
Feststellung ebensogut, in vielen Fällen anscheinend besser verwertbar ist 
als die Wa.R. 

BrugSCh und Schneider (8) besprechen die Magensymptomatologie bei 
Lues. Von nervösen Symptomen erscheinen ihnen charakteristisch 1. sen¬ 
sible Reizerscheinungen, a) wurzelneuritische im Gebiete der mittleren Dorsal¬ 
segmente, die sicher nichts mit dem Magen zu tun haben, aber vom Patienten 
als Magenerkrankung gedeutet werden (Symptome zerebrospinaler Lues, in 
seltenen Fällen vielleicht Wirbelperiostitis); b) sensible Reizerscheinungen, 
die wahrscheinlich vom Vagus ausgelöst sind — abortive Krisen. 2. Motorische 
Reizerscheinungen außerhalb typischer Krisen. ( Jacobsohn .) 

Der Artikel von Collins (11) ist ein allgemeiner Vortrag über die 
Ätiologie, Symptomatologie und Therapie der Hirnsyphilis. ( Jacobsohn .) 


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Lues cerebrospinalis. 


283 


Unter Anführung von 7 Krankengeschichten machen Ellis und Swift 
(16) auf das wichtige Symptom eintretender Taubheit bei der Syphilis auf¬ 
merksam. Nach ihrer Erfahrung bedeutet dies Symptom nicht, daß nur 
allein der 8. Hirnnerv betroffen ist, sondern, wie sich aus den Symptomen- 
komplesen ergibt, daß eine allgemeine Infektion des Nervensystems erfolgt 
ist und demgemäß eine planvolle energische antisyphilitische Kur (Salvarsan) 
notwendig ist. (Jacobsohn.) 

Der Vortrag von Habermann (21) zählt die Beziehungen der heredi¬ 
tären Syphilis zur Psychopathologie (und Neuropathologie) auf, betont die 
Wichtigkeit der antisyphilitischen Behandlung neuropathischer bzw. psycho¬ 
pathischer Kinder, deren Eltern oder Vorfahren irgendwelche Anzeichen von 
Lues hatten, auch ohne es selbst zu wissen. Deshalb muß bei den Vor¬ 
fahren, Eltern und Geschwistern solcher Kinder immer auf Lues geforscht 
werden. Berichtet über einige eigene Fälle in diesem Sinne. 

Hagelstam (22) macht eine Übersicht sämtlicher Fälle von syphilo- 
genen Nervenkrankheiten, welche während der siebenjährigen Periode 1907 
bis 1913 im Marienkrankenhause in Helsingfors aufgenommen gewesen sind. 
Die einzelnen Fälle werden vorwiegend mit Rücksicht auf die Diagnose und 
Therapie erörtet, wobei u. a. den Nonneschen Reaktionen besondere Auf¬ 
merksamkeit gewidmet wird. Ohne den großen diagnostischen Wert dieser 
Reaktionen zu leugnen, hebt H. eine Anzahl Fälle hervor, in denen die 
Diagnose, trotz negativer Reaktionen, positiv gestellt werden mußte. — Die 
bemerkenswertesten unter diesen Fällen waren folgende: 

1. Ein 25 jähriger Mann war mit schweren Zerebralsymptomen erkraukt, 
Lues wird iu Abrede gestellt, und sämtliche Reaktionen fallen negativ aus; 
bei indifferenter Behandlung Verschlimmerung, unter Hg. Behandlung rasche 
Genesung. 

2. Ein 27 jähriges Weib war unter Erscheinungen einer basalen Euze- 
phalomeningitis heftig erkrankt. Klare Lumbalflüssigkeit, sämtliche Reak¬ 
tionen, außer der Pleozytose, welche 20 Zellen im cmm 8 zeigt, negativ. Lues 
wird geleugnet Unter Einfluß der Schmierkur rasche Genesung. 

Was die Therapie anlangt, hat H. überhaupt mit einer energischen 
und prolongierten Schmierkur im Verein mit Jodkali die besten Resultate 
erzielt; in einigen Fällen aber hat er auch z. B. Lähmungen, die von der 
Schmierkur nicht beeinflußt worden waren, unter Salvarsanbehandlung sich 
rasch bessern sehen. — In bezug auf das Salvarsan mahnt H. zur größten 
Vorsicht und erwähnt einige unangenehme Erfahrungen, u. a. einen Todes¬ 
fall, verursacht durch blutigen Zerfall eines nicht diagnostizierten Tumors 
(Gumma?) des Frontallappens. ( Kahlnuter .) 

In Hastings Hill (27) Fall handelt es sich um ein 20jähriges Mädchen, 
welches von syphilitischen Elteru stammt. Vor 4 Jahren begann eine Her¬ 
absetzung des Gehörs auf beiden Ohren, welche allmählich zunahm, und iu 
letzter Zeit trat fast völlige Taubheit ein verbunden mit Ohrgeräuschen. Da 
noch andere Zeichen (Keratitis, Hutchinson sehe Zähne usw.) für hereditäre 
Lues sprachen, so wurde eine antisyphilitische Kur eingeleitet, welche in 
einem Zeitraum von ca. 5 Monaten erhebliche Besserung bewirkte. 

Die Beziehung der Syphilis zur Kephalalgie besteht nach Erfahrungen 
Ton Hn&tek (28) darin, daß im Sekundärstadium der Kopfschmerz bald 
als einziges Symptom auftritt, das sich als ein permanenter, dumpfer, zeit¬ 
weise an Intensität zunehmender, mehr weniger den ganzen Kopf ein¬ 
nehmender Schmerz äußert, bald als ein Symptom, das eine Gesichts¬ 
neuralgie vortäuscht; manchmal ruft ein Geschwür durch Reizung der 
Peripherie des N. trigeminus z. B. von der Zunge aus eine typische Neuralgie 


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Lues cerebrospinalis. 


hervor; ein andermal komprimiert eine syphilitische Osteoperiostitis den 
N. occipitalis major; ferner kann sich hinter den Symptomen eines Gehirn¬ 
tumors ein intrakranielles Gummi verstecken, oder es erzeugt eine zirkum¬ 
skripte gummöse Meningitis eine ophthalmoplegische Migräne: in einer 
anderen Reihe von Fällen kann man das Gummi direkt tasten, das eine 
lokale Schmerzhaftigkeit bedingt, obwohl es keinen Nervenstamm drückt 
Auch die syphilitischen Veränderungen der Hirngefäße verursachen Sym¬ 
ptome, die den sklerotischen Veränderungen nicht unähnlich sind. Erwähnens¬ 
wert sind hier die kammartigen, in Form eines Bogens von einem Ohr zum 
anderen verlaufenden Schmerzen. Ferner muß erwähnt werden, daß unter 
der spezifischen Behandlung, speziell bei Anwendung der grauen Salbe, ein 
Kopfschmerz entstehen kann, der bald als neurasthenisch auf toxischer Basis, 
bald als rein toxisch aufzufassen ist. Dor Autor empfiehlt für letztere Fälle 
die tonische Behandlung (mit Jodlezithin, Arsojodin u. dgl.), besonders aus 
dem Grunde, weil die Neurasthenie sich leicht einer abgelaufenen Lues 
hinzugesellt. ( Jacobsohn .) 

Inman (29) gibt eine kurze Beschreibung der Untersuchungsmethoden 
der Zerebrospinalflüssigkeit nach den Methoden von Noune-Apelt, 
Roberts-Stolniko w-Brandberg (quantitative Eiweißbestimmuug mit der 
Modifikation von Pfaundler), Wassermann, Lange und der Bestimmung 
des Zellgehaltes, wie sie im Virchowkrankenhause zu Berlin in der syphi¬ 
litischen Station geübt wird. 

Kafka (31) untersucht die Bedeutung der Noguchischen Luetin- 
reaktion besonders für Lues cerebri und Paralyse. Er konstatiert: Wir 
sehen also einen deutlichen Unterschied in der Reaktionsweise der 
Paralyse einerseits und der Lues cerebri und Tabes andererseits: 
während die Paralyse in allen Stadien und bei starken serologischen Reak¬ 
tionen eine seltene und schwache Hautreaktion gibt, geht bei der Lues 
cerebri und der Tabes diese dem Stadium der Krankheit und der Reaktion 
der Meningen sowie den serologischen Reaktionen im großen und ganzen 
parallel, aber selbst nach Abklingen aller meningitischen und serologischen 
Erscheinungen ist die Reaktion oft noch stärker, als in manchen frischen 
Paralysefällen. 

Und nooh eiu zweites kommt hinzu: während es uus in sämtlichen 
Stadien der Lues gelingt, durch die Behandlung die Luetinreaktion hervor¬ 
zubringen oder stärker zu machen, ein E'aktum, das schon Noguchi be¬ 
schrieben hat, ist dies bei der Paralyse nicht der Fall. 

Wir sehen also, wie auch nach solchen Richtungen hin die progressive 
Paralyse eine Sonderstellung einnimmt; wir sehen auch, wie nötig es ist, 
die Paralyse vor ihrem Ausbruch kennen zu lernen: die Luetinreaktion wird 
uns hier große Dienste leisten, denn wenn wir sie in den verschiedenen 
Stadien der Lues parallel mit der Wassermannschen Reaktion anwenden, 
wird sie uns zeigen können, wann bei noch bestehenden serologischen 
Reaktionen die durch die Luetinreaktion charakterisierte zelluläre Immunität 
des Körpers zu schwinden beginnt; hier wird besonders eine provokatorische 
Behandlung von Nutzen sein. 

Es ist demnach klar, daß die Luetinreaktion uns nicht nur diagnostische 
Anhaltspunkte bieten, sondern daß sie auch geeignet sein kann, in die viel 
verschlungenen Pfade der menschlichen Lues wegweisend einzugreifen. 

Kafka (32) gibt eine Darstellung der praktisch brauchbaren Blut- und 
Liquorreaktion. Er bespricht vom Blut 1. die Was sermanusche Reaktion, 
2. die Untersuchung auf Normalambozeptor gegen Hammelblutkörperchen 
und Eigenkomplement. Von der Rückenmarksflüssigkeit bespricht er 1. Zell- 


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Lues cerebrospinalis. 


285 


Zahlung and Differenzierung, 2. Bestimmung des Gesamtei weißes, 3. Be¬ 
stimmung der Globuline, 4. die Wassermann sehe Reaktion, 5. die Hämo¬ 
lysinreaktion, 6. die Kolloidreaktion. Zum Schluß erwähnt er die Haut¬ 
reaktion mit Noguchis Luetin. Die Darstellung ist ein kurzer, auf viel¬ 
facher Erfahrung beruhender Wegweiser zur vollständigen Untersuchung der 
Blut- und Zerebrospinalflüssigkeit. ( Jacobsohn .) 

Neisser (42) will nicht bei jedem Syphilitiker ohne jede Ein¬ 
schränkung, wie manche Autoren verlangen, die Liquoruntersuchung vor¬ 
nehmen, d. h. die Lumbalpunktion mit ihren gelegentlichen subjektiven 
Folgebeschwerden riskieren. Sein Standpunkt ist: 1. Solange die Behandlung 
sowieso noch im Gange, ist die Liquoruntersuchung unnötig; erst nach 
abgeschlossener Behandlung soll sie erfolgen. 2. Wenn bei alten Syphi¬ 
litikern trotz aller Behandlung die Serumreaktion positiv bleibt und die 
Frage besteht, ob immer wieder eine Behandlung eintreten solle, so ist zu 
punktieren und nur bei positivem Liquorbefund die Behandlung wieder auf¬ 
zunehmen. 

Der Syphilitiker soll also nicht beliebig oft, sondern nur zur Entscheidung 
bestimmter Fragen punktiert und auf seinen Liquor untersucht werden. 
Bei syphilisverdächtigen Symptomen eines uns als Syphilitiker bekannten 
Patienteu mit negativem Blut- und Liquorbefund muß die antisyphilitische 
Behandlung, und zwar kombiniert Salvarsan-|-Hg-f-Jod eingeleitet werden. 

Das Buch von Nonne (43) ist im Jahresbericht schon zweimal im 
Band V, als die erste Auflage, und im Band XII, als die zweite Auflage 
erschien, besprochen worden. Jetzt ist nun die dritte Auflage des vortreff¬ 
lichen Werkes herausgekommen. Die Einteilung des Stoffes ist die gleiche 
geblieben, aber die neuen Erkenntnisse auf diesem Gebiete mußten besonders 
in den ersten Kapiteln zu bedeutenden Ergänzungeu führen. Daß der Autor 
hierin allen Anforderungen in glänzender Weise gerecht wird, ist bei der 
Bedeutung des Forschers an sich und bei den bedeutsamen Arbeiten, die 
er selbst gerade auf diesem Spezialgebiet publiziert hat, nicht wunderbar. 

(Jacobsohn.) 

Schröder (50) bringt klinische und anatomische Beiträge zur Lues 
cerebrospinalis, Paralyse und Tabes mit sehr reichhaltigen Details und vielen 
Illustrationen. Sie befassen sich vorwiegend mit wichtigen umstrittenen oder 
noch wenig erforschten Grenzgebieten der genannten Krankheitsbilder. Die 
Einzelheiten der Schröderscheu Ergebnisse entziehen sich trotz ihrer Be¬ 
deutung größtenteils dem Referat an dieser Stelle und zwingen zum Hinweis 
auf das Original. 

Zunächst behandelt er die gelegentlich recht schwierige und erst durch 
mikroskopische Untersuchung des Rückenmarks mögliche Unterscheidung 
zwischen zweifelhafter Tabes und Lues spinalis. Als Lues klären sich 
dann auch manche Fälle der sogenannten rudimentären und stationären 
Tabes auf. Verfasser teilt zwei bemerkenswerte Fälle ähnlicher Art mit, 
in deren einem luetische und metaluetische Prozesse im Nervensystem neben¬ 
einander bestanden. Es gibt anscheinend Hinterstrangsdegenerationen system¬ 
artigen Charakters, welche weder durch Herde noch durch Wurzelumschnürung 
erklärt werden können, sondern vorläufig als selbständig aufgefaßt werden 
müssen. 

Zum Kapitel der „Tabespsychosen“ bringt er zwei Beiträge, welche 
die Unsicherheit der Diagnose Tabes illustrieren. Er folgert wie Plaut, 
daß ein Teil der sogenannten Tabespsychosen mit Tabes nichts zu tun hat, 
sondern Psychosen bei Kranken mit Lues spinalis darstellt. 


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280 


Lues cerebrospinalis. 


Ausführlich bespricht Sch. seiue Erfahrungen, daß auch bei unseren 
jetzigen Kenntnissen unter Umständen die Unterscheidung von Paralyse 
und Lues cerebri nicht nur in klinischer, sondern auch in anatomischer 
Hinsicht große Schwierigkeiten machen kann, dabei auch die Frage der 
Paralysen mit geringem histologischen Befund, der atypischen Paralysen 
(Alzheimers stationäre Paralysen), die Inkongruenz zwischen der Schwere 
klinischer Erscheinungen und histologischer Veränderungen; speziell bespricht 
er einige wichtige Fälle von Lues cerebri mit nur ganz geringem anatomischen 
Befund und zweifelhaft bleibender Diagnose. 

Es folgt ein Abschnitt über die fleckweisen Lichtungen in der 
Hirnrinde bei Lues cerebri, ihre Histologie und (nicht spezifische) Be¬ 
deutung, sowie zum Schluß ein Abschnitt über Endarteriitis lue tica und 
Arteriosklerose der Hirngefäße. 

Der von Read (57) mitgeteilte Fall ist dadurch bemerkenswert, daß 
Störungen des Zentralnervensystems (Sehnerv, Blase, Mastdarm, untere 
Extremitäten) sich bereits 45 Tage nach der syphilitischen Infektion ein- 
stellteu und auf energische antisyphilitische Kur wieder verschwanden. 

Whitney und Baldwin (61) untersuchten wahllos 100 Fälle von 
Syphilis auf Wirbelaffektionen. Nur 26 von diesen zeigten einen nor¬ 
malen Befund an der Wirbelsäule, sechs Fälle waren unsicher in dieser 
Hinsicht. 68 Fälle boten Veränderungen dar, und unter diesen zeigten alle 
mit Ausnahme von vier solche Veränderungen, die mehr oder weniger 
charakteristisch für Syphilis waren. Zu diesen charakteristischen Zeichen 
zählen die Autoren folgende: 1. Eine lokalisierte Steifheit der Wirbelsäule. 
Sie war in der Hälfte der Fälle vorhanden, uud sie fand sich selten in 
nicht syphilitischen Fällen. 2. Eine lokalisierte Steifheit in Verbindung mit 
Hypotonie des übrigen Wirbelabschuittes und der Becken und Hüftgelenke 
ist fast pathognomonisch für Syphilis. Man findet dies Zeichen sowohl in 
alten wie frischen Fällen, und es läßt sich leicht nachweiseu. ( Jacobsohn .) 

Das Nervensystem ist nach Erfahrungen von Wile und Stöcker (63) 
oft bei Syphilis früher affiziert, bevor die Ausbreitung der Spirochäten 
mittels des Blutkreislaufes sich klinisch äußert. Auch die Spinalflüssigkeit 
braucht noch kein Anzeichen für die stattgehabte Infektion erkennen zu lassen. 
Die klinischen Erscheinungen im Präroseolastadium sind von seiten des 
Nervensystems: Kopfschmerz, Schädigung des Optikus und Akustikus und 
erhöhte Reflexe. Kopfschmerz ist oft von deutlichen Veränderungen der 
Spinalflüssigkeit begleitet. {Jacobsohn). 

Die Statistik, welche Whitney (60) an einem Material von über 7000 Fällen 
gibt, wurde auf Grund des Ausfalls der Wassermannschen Reaktion ge¬ 
wonnen und aufgestellt. Die Zahl der syphilitischen Erkrankungen der 
einzelnen Organsysteme werden zahlenmäßig registriert. {Jacobsohn.) 

Wile und Stockes (64) studierten die nervösen Symptome in den frühen 
Stadien der Lues. Sie fanden besonders Neuroretinitis, Affektionen des 
Fazialis und Akustikus, den Symptomenkomplex des Meningismus usw. In 
derartigen Fällen ist eine ganz besonders sorgfältige antiluetische Kur indiziert, 
um den Ausbruch von Tabes und Paralyse hintanzuhalten. {Jacobsohn.) 

Willcutt (65) untersuchte an der Wiener Ohreuklinik eine größere 
Zahl von Frühsyphilitikern und fand fast konstant verkürzte Knocheuleitung 
vor dem Auftreten einer anderen Allgemeinerscheinung der Syphilis. Er 
führt dies zurück auf eine Einwirkung eines supponierten Luestoxins auf 
die Nervenscheiden und peripheren Endorgane der Hörnerven, welche am 
empfindlichsten gegen das Toxin sind, jedenfalls empfindlicher als alle 
anderen Hirnnerven. Der Cochlearteil sei empfindlicher als der Vestibnlarteih 


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Lues cerebrospinalis. 


287 


Zadek (69) behandelt den Wert der Hermann-Perutzschen Lues¬ 
reaktion gegenüber der Wa-R. Zwei Tatsachen sind konstant: Einmal die 
Erscheinung, daß die Ausflockung im Serum von primär Syphi¬ 
litischen (Initialskleroseu) viel früher und häufiger positiv aus¬ 
fällt als die Wassermannsche Reaktion, fernerhin daß die Präzi¬ 
pitation durch spezifische therapeutische Maßnahmen (Hg und 
Salvarsan) weit weniger (später) beeinflußt wird. Auf der anderen 
Seite hat sich die Reaktion noch weniger „spezifisch“ erwiesen als die 
Wassermannsche Reaktion, indem besonders bei kachektischen Krankheiten 
(vornehmlich Tuberkulose schweren Grades, Karzinom) unspezifische Aus¬ 
flockungen aufgetreten sind. 

Bei Einhaltung bestimmter Vorschriften ergab sich an einem Material 
vou 1000 Fällen folgendes: Bei luischen Affektionen aller Stadien 
stehen 51,2% positiven Wassermau nschen Reaktionen 72,7%. Her man ii- 
Perutzschen Reaktionen gegenüber, d. h. die Herman-Perutzsche 
Reaktion zeigt bei Syphilis um etwa 20% günstigere Resultate. 
Zum allergrößten Teil beruht dieser Vorsprung der Hermann-Perutzschen 
Reaktion auf den durchweg zutage getretenen Eigenschaften der häufigen 
positiven Reaktion bei Primäraffekteu einerseits, nach oder trotz voraus¬ 
gegangener therapeutischer Beeinflussung andererseits. Darüber hinaus war 
die Hermann-Perutzsche Reaktion bei keiuer syphilitischen Manifestation 
irgendeines Stadiums der Komplementbindungsmethode uuterlegen; bei Lues 
congenita, Aneurysma und Tabes wurden erheblich höhere Prozentzahlen 
erzielt, ebenso bei Lues latens und Lues cerebrospinalis. 

Auf der anderen Seite sind bei den sehr zahlreichen Kontrollunter- 
suchungen, die im einzelnen hier nicht aufgeführt werden können, 94,4% 
negative Wassermannsche Reaktionen und 89% negative Hermann- 
Perutzsche Reaktioneu, d. h. also 5—6% mehr Versager bei der Aus¬ 
flockungsreaktion zu verzeichnen. Unspezifische Präzipitationen ergaben sich 
dabei am häufigsten bei der schweren Lungentuberkulose, beim Karzinom, bei 
Typhus und Sepsis und vereinzelten Fällen, darunter vor allem bei der 
Urämie und Eklampsie. 

Nach Zadek verdient die Ausfiockungsreaktion heutzutage dieselbe 
Verbreitung und praktische Anwendung wie die Komplementablenkungs¬ 
methode, weil sie, wie diese keine streng spezifische Reaktion darstellend, 
ihre „klinische Spezifität“ hinreichend bewiesen hat, in den Ausführungs¬ 
bedingungen sich erheblich einfacher gestaltet und vor allem in der sero¬ 
logischen Luesdiagnostik insofern Vorteile in sich birgt, als sie die Syphilis 
im frühesten (Primäraffekt) wie im spätesten (Latenz) Stadium aufdeckt und 
sich therapeutischen Maßnahmen gegenüber ungleich resistenter erweist als die 
Komplementbindungsmethode. Die Hermann-Perutzsche Reaktion stellt 
keinen „Ersatz“, souderu eine vollwertige, in bestimmter Hinsicht überlegene, 
in anderer mehr zurücktretende Methode der serologischen Luesdiaguostik 
dar und sollte daher auch als solche verwertet und im großen angewendet 
werden. Daß sie fernerhin in hohem Maße berechtigt erscheint, bei der 
endgültigen Klarstellung beider artverwandter Reaktioneu ebenso wie bei 
der weiteren ätiologisch-pathogenetischen Erforschung der Syphilis mitzu¬ 
sprechen, kann nach den gemachten Erfahrungen nicht mehr zweifelhaft sein. 

ln dem von Zondek (70) mitgeteilten Fall handelt es sich um eine 
Erweichung des ganzen rechten Stirnhirns, ausgedehnte Thrombosierung des 
Sinus longitudinalis und des Sinus transversus, Thrombose der beiden Aa. 
fossae Sylvii bei einem ein Jahr alten Bande. Es bestanden keinerlei 
Wandveränderungen der Gefäße, speziell keine endarteriitischen. Es war 


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288 


Meningitis cerebrospinalis. 


ein schon vor Auftreten der Hirnerscheinungen bestehender Hydrozephalus 
externus vorhanden, der vielleicht ätiologisch für das Entstehen der Throm¬ 
bosen verantwortlich gemacht werden konnte (Zirkulationsstörung durch Kom¬ 
pression). Es bestand keine Lues trotz positiver WaR., Lymphozytose im 
Lumbalpunktat, beiderseitige Neuroretinitis und einseitige Stauungspapille. 
Die positive Wa R. ist nach Ansicht des Autors zu erklären durch Über¬ 
schwemmung des Blutes mit Lipoiden aus der zerfallenen Gehirnmasse, die 
Lymphozytose durch meningeale Reizung, Stauungspapille durch erhöhten 
intrakraniellen Druck. Die Deutung der Neuroretinitis ist unklar. Keine 
Besserung des Zustandes unter spezifischer Behandlung. Ausgang: Exitus letalis. 

(Jacobsohn.) 


Meningitis cerebrospinalis. 

Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Alford, H. J., Oase of Cerebrospinal Meningitis. Lancet. May 8. 

2. Aronson, Hans, Bakteriologische Erfahrungen über Kriegsseuchen. Epidemische 
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4. Beck, 0., Einseitige Panlabyrinthitis nach Meningitis zerebrospinalis. Mschr. f. Ohren* 
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4 a. Bray, H. A., Chronic Meningccoccus Septicaemia associated with Pulmonary 
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5. Broers, C. W., en Smith, Jeanne, De bacteriologische Diagnose der epidemische oere- 
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8. Chiari, Meningitis meningococcica längerer Dauer. Vereinsbeil, d Dtsch. med Woch. 
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10. Constantini, P., Epidemio Meningitis. Gazz. degli Ospedali. June 13. XXXVI. 
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11. Feser. Meningitis cerebrospinalis epidemica. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 
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12. Flexner, Simon, Varieties of Meningococci. Medical Record. Vol. 87. p. 624. 

(Sitzungsbericht.) 

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Dtsch. med. Woch. Xo. 36. p. 1060. 

14. Ghon. A. f Über die Einsendung von Untersuohungsmaterial zur Diagnose der Meningitis 
Weichselbaum. Prager med. Woch. Xo. 17. p. 187. 

15. Goebol, Fritz, und Heß, Otto, Beiträge zur Klinik und Therapie der epidemischen 
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16. Gorter, E., und Kasteele, R. P. van de. Über Meningitis zerebrospinalis epidemika. 
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18. Gr über, G. B., Über das Exanthem im Verlaufe der Meningokokkenmeningitis 
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19. Derselbe, Zur Lehre vom Wesen, Verbreitung und Bekämpfung der Meningokokken* 
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20. Derselbe, Über Herzmuskelentzündung bei der Meningokokkenmeningitis. Beitr. z. 
path. Anat. 61. (2.) 236. 

21. Hagen, F. J., Meningitis cerebrospinalis epidemica te Amersfoort. Xoderl. Tijdschr. 
voor Geneesk. Xo. 1. p. 409. 


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Meningitis cerebrospinalis. 289 

22. Her xheimer, Fall von Meningitis cerebrospinalis epidemica. Münch, med. Woch. 
p. 358. (Sitzungsbericht.) 

23. Herzog, Georg, Zur Diagnose der epidemischen Genickstarre, ebd. p. 1087. 
(Sitzungsbericht.) 

24. H och haus, H., Über die abortiven Formen der Meningitis zerebrospinalis. Dtsoh. 
med Woch. No. 40. S. 1185. 

25. Hoog, P. H. van der, Bijdrago tot de kennis der meningitis cerebrospinalis epidemica. 
Genoesk. Tijdschr. voqt Nederlandsch-Indie. Deel 54. Afl. 6. p. 597. 

26. Hoskins, W. D., Modern Mothods in Diagnosis and Treatment of Cerebrospinal 
Meningitis. Indiana State med. A.soc. Joum. March. 

27. Kling er, R., und Fourman. F., Zur Bakteriologie und Prophylaxe der Meningitis 
epidemica. Münch, med. Woch. No. 31. p. 1037. 

28. Köhlisch, Bakteriologische Befunde bei einem Fall von Meningokokkensepsis; gibt 
es eine Mutation bei Meningokokken? Ztschr. f. Hygiene. Bd. 80. H. 3. S. 404. 

29. Krüger, W., Ein Fall von Meningitis cerebrospinalis mit flecktyphusartigem Exanthen. 
Der prakt. Arzt. No. 4. p. 73. 

30. Kühl mann, A., Cerobrospinal Meningitis. Journal-Lancet. 35. (20.) 

31. Kutschera, Adolf R. von, Genickstarre im Pustortal. Wien klin. Woch. No. 18. 
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32. Looney, R. N. f Epidemie Cerebrospinal Meningitis. Arizona Med. Joum. April. 

33. Mackie, F. P., Small Outbreak of Cerebrospinal Fever. Indian med. Gazette. July. 
15. L. No. 7. 

34. Mager, Eigentümlichkeiten im Umlaufe der epidemischen Zerebrospinalmeningitis. 
Wien. klin. Woch. p. 775. (Sitzungsbericht.) 

35. Mangelsdorf, E., Beitrag zur Frage der übertragbaren Geniokstarre. Dtsoh. Militär- 
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36. Mazzetti, L., II moningococco nel muco nasale dei cavalli durante un’epidemia di 
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37. Morgan, E. A., Extensive Eruptions in Epidemie Meningitis. Amer. Joum. of Dis. of 
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38. Morgenstern, H., Exanthem und Rezidiv bei Meningitis epidemica. Dtsoh. med. 
Woch. No. 46. S. 1363. 

39. Mo ses, A., Bacteriologic Diagnosis of Epidemie Cerebrospinal Meningitis. Brazil- 
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40. Müller, Otfried, 9 bakteriologisch sichergestellte Fälle von epidemischer Zerebrospinal¬ 
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41. Nabarro.D., Bakteriology of Cerebrospinal Fluid. Brit. Joum. of Childr. Dis. July. 
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45. Petruschky, Zur Vorbeugung der epidemischen Genickstarre. Münoh. med. Woch. 
No. 38 u. 44. p. 1306 u. 1521. F. B. 

46. Pignot, J., und Terrasse, J., Fonctionnement d’un Service de m^ningitee o£r6bro- 
spinales dans un höpital de Tavant. Paris med. Nov. 27. 

47. Priesack, Über Genickstarre. Vereinsbeil. d. Dtsoh. med. Woch. 1916. 42. 372. 

48. Reiche, F., Bisherige Kriegslehren auf dem Gebiete der Infektionskrankheiten. Genick¬ 
starre. Jahreskurse f. ärztl. Fortbildung. Okt. S. 23. 

49. Robson, B. S., and Gould, A. L. P., Epidemie Cerebrospinal Meningitis; Report of 
Thirty-One Cases. Journal of Royal Naval med. Service. July 1. No. 3. 

50. Rochat, R. R., Over eenige gevallon van meningitis cerebrospinalis epidemioa. 
Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. No. 1. p. 413. 

51. Rolleston, H. D., Report of Cerebrospinal Fever in Royal Navy. J. of Royal Naval 
M. Service. 1. (4.) 373. 

52. Rosenbaum, Nathan, Ein unter eigentümlichen Symptomen auftretender Fall von 
Meningitis zerebrospinalis epidemika fulminans. Med Klin. 11. (52.) 1424 

53. Sc h erber, G., Über die Hauterscheinungen bei Meningitis cerebrospinalis mit besonderer 
Berücksichtigung des Herpes. Dermatolog. Zschr. Bd. 22. H. 9. p. 511. 

54 Schlesinger, H., Meningitis levissima (epidemika). Wien. klin. Woch. 28. 1332. 
(Sitzungsbericht.) 

55. Silbergleit, Erfahrungen bei Typhus und Paratyphus sowie bei epidemischer Geniok¬ 
starre. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 454. 

56. Sormani, B. P., De diagnose van meningitis corebro-spinalis epidemica. Nederl. 
Tijdschr. voor Geneesk. No. 2. p. 501. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie loift. 

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290 


Meningitis cerebrospinalis. 


57. Spaet, Die übertragbare Genickstarre. Dtsch. Viertel jahrsechr. f. öffentl. Ge«uiid- 
heitepfl. 27. (4.) 372. 

58. Staehelin, Ueber epidemische Genickstarre. Berl. klin. Woch. p. 621. Sitzungs¬ 
bericht.) 

69. Stoerk, O., Flecktyphus und opidemische Genickstarre. Wien. klin. Woch. p. 602. 

(Sitzungsbericht.) 

60. Svestka, Vladislav, Meningokokkensepsis. Wien. klin. Woch. 28. (48.) 1319. 

61. Tabora, v., Bericht über den Stand der jetzigen Meningitis cerebrospinaüs-Epidemie. 
Vereinsbeil. d. Dtsoh. med. Woch. p. 995. 

62. Travers, Jr., Epidemie Cerebrospinal Meningitis. Brazil Medioo. Oct. 16. 

63. Umber, Fall von foudroyanter Cerebrospinalmeningitis. Med. Klinik, p. 177. 
(Sitzungsbericht.) 

64. Weill, E., Early Diagnosis of Cerebrospinal Meningitis. Lyon chir. 124. (4.) 109. 

65. Wheeler, B. B., Epidemie Cerebrospinal Meningitis. West Virginia med. Jouro. Jan. 

66. Whiteside, H. C., Baoteriologio Examination of Contacts with Cerebrospinal Fever 
and Their Treatment. Jouro. of Royal Navy med. Service. July 1. No. 3. 


ln den folgenden Arbeiten wird man wertvolle Angaben über Verbesse¬ 
rungen von Verfahren zur Darstellung des Meningokokkus finden, ferner 
interessieren die Ansichten über prophylaktische Maßnahmen, die nach den 
gemachten Kriegserfahrungen nicht mit solcher Strenge ausgeführt zu werden 
brauchen, und schließlich interessieren einzelne unter einem anderen Krank¬ 
heitsbilde auf getretene und erst durch den Nachweis des Meningokokkus 
richtig erkannte Fälle. 

Aronsohn (2) berichtet über Infektionsmaterial im Heere, das er zu 
untersuchen hatte, darunter auch solches von epidemischer Genickstarre. 
Es handelt sich um 44 meist sporadische Fälle. Für die Färbung des durch 
Zentrifugieren der Lumbalfiüssigkeit gewonnenen Sediments bewährte sich 
außerordentlich das von Pappen heim für die Darstellung der Gonokokken 
angegebene Gemisch von Pyronin und Methylgrün. Der Gebalt des frischen 
Lumbalpunktats an Kokken ist für die Prognose nicht maßgebend. Für die 
Kultivierung benutzte A. ausschließlich eine Mischung von einem Teil Aszites 
oder Pleuraexsudat und 4 Teilen Agar. Die besten Resultate ergab die 
Anwendung von neutralem Agar, dem 1 % Maltose zugesetzt war. Der 
Autor erwähnt zum Schluß atypische Fälle, die zunächst zu falscher Dia¬ 
gnosenstellung führten, so Fälle mit Gelenkschwellungen, andere mit flek- 
typhusartigen Exanthemen, einen sehr chronisch verlaufenden Fall mit inter¬ 
mittierend auftretender Hodenschwellung. Im Anschluß an Ohrafiektionen 
wurden Streptokokken in der Lumbalfiüssigkeit gefunden, ebenso Pneumo¬ 
kokken in einem Falle, der wegen Blinddarmerscheinungen ins Krankenhaus 
aufgenommen wurde. In einem anderen typhösen Falle wurden Staphylo¬ 
kokken im Lumbalpunktat gefunden, und bei der Sektion wurden verschie¬ 
dene Abszesse gefunden. Daraus geht hervor, wie wichtig die Untersuchung 
der Lumbalfiüssigkeit besonders in unklaren Fällen ist. ( Jacobsohn .) 

Im Falle von Bray (4 a) handelt es sich um einen tuberkulösen 
Menschen, der aber keine akuten Erscheinungen von seiten der Lungen 
mehr darbot. Bei diesem trat eine fieberhafte septikämische Periode auf, 
welche über drei Monate dauerte. In 15 Blutkulturen wurde der Meningo¬ 
kokkus gefunden, während die Lumbalfiüssigkeit steril war. Die Krankheit 
hatte einen septischen Verlauf, mehrfache Exanthemeruptionen und Herz¬ 
störungen traten auf und verschwanden wieder. Die Anwendung von Serum 
hatte keinen Einfluß auf die Krankheit. (, Jacobsohn .) 

Auch Fränkel (13) gibt wie Obe ein Verfahren zur Anreicherung 
spärlich auftretender Meningokokken und damit leichterer Konstatierung 
derselben an. Er mischt einige Kubikzentimeter Aszitesagarbouillon mit 
einigen Kubikzentimetern Lumbalfiüssigkeit und trachtet insbesondere danach. 


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Meningitis cerebrospinalis. 


291 


reichliche Mengen des Sediments durch bloßes Stehenlassen und Absetzen 
oder durch Zentrifugieren des Lumbalpunktats hineinzubekommen. Er ging 
dabei von der Vorstellung aus, daß die in den Zellen liegenden oder in 
ihrer Nähe befindlichen Meningokokken, soweit sie noch am Leben waren, 
auf diese Weise zur Vermehrung und zum Wachstum gelangen würden und 
daher leichter nachweisbar wären. Auch könnte dies durch die während 
der Züchtung noch andauernde Phagozytose geschehen. Nach etwa 12 bis 
24 Stunden Aufenthalt im Brutschrank bei 37 0 entnimmt er von dem Grunde 
des Röhrchens mit einer Pipette einige Tropfen von dem Bodensatz, ohne 
ihn vorher aufzurühren und färbt ihn mit Methylenblau und nach Gram. 
Dann sind die Zellformen noch sehr gut erhalten, und man findet innerhalb 
und außerhalb der Zellen massenhaft Meningokokken in Fällen, wo man sie 
mit anderen Methoden nur außerordentlich spärlich nachweisen kann. 

( Jacobsohn .) 

Ghon (14), betont daß zur Sicherung der Diagnose bei akuten Menin¬ 
gitisfällen meist schon der Ausstrich des Liquors genügt. Dieser ist für die 
Diaguose die wichtigste Unterlage, da er neben dem Ausstrich Kultur 
des Erregers ermöglicht. 

Ist dessen Erlangung nicht möglich, muß Blut, aber in reichlicher 
Menge eingesandt werden. 

Nasenrachenschleim, bei dessen Absonderung besonders auf die Feucht¬ 
erhaltung geachtet werden muß, ist zur Sicherung der Krankheitsdiagnose 
wertlos, nur zur Feststellung der Kokkenlänge. 

Bei größerer Anzahl zu machender Untersuchungen wird diese besser 
ein Fachmann an Ort und Stelle machen. Zur Sicherung der Diagnose 
bei der Leiche ist Ventrikelinhalt einzusenden oder das ganze Gehirn, aber 
ohne Einlegung in irgendeine Desinfektions- oder Fixierungsflüssigkeit. 

(Corde*.) 

Goebel und Heß (15) berichten über 21 Fälle beobachteter Meningitis 
epidemica und die Erfolge der angewandten Serumtherapie. 

Einige der Fälle zeigten Abweichungen vom gewöhnlichen Krankheits¬ 
bild, ein Fall das Bild einer schweren Darmblutung, ein weiterer ohne 
Anhaltspunkte für Meningitis anfallsweise auftretende klonische Zuckungen, 
einer rote Flecken am Kopf. Die Diagnose machte häufig große Schwierig¬ 
keiten. Neben der Serumtherapie zeigte sich in einzelnen Fällen das 
Optochin von Nutzen. In allen Fällen wurde streng Freiluftbehandlung 
durchgefuhrt. (Cordes.) 

Gräber (18) berichtet mit Fallgeschichten über beobachtete Haut¬ 
erscheinungen bei Meningokokkenmeningitis und kommt zum Schluß, daß 
die für die Krankheit kennzeichnenden Erscheinungen bis teilweise zur 
nekrotischen Zerstörung der Haut führende Hautblutungen sind, die einen 
toxischen Eindruck machen und sicher auf der Heftigkeit des Erregers 
beruhen. Zur Sicherstellung, daß es sich um wirklich der Meningokokken¬ 
meningitis eigene Erscheinungen handelt, verlangt der Verf. die Feststellung 
des Erregers am Ort der Erscheinung. (Cordes.) 

Grober (19) bespricht zusammenfassend die Erfahrungen über die 
Meningokokkenmeningitis. Auch er hält, wie andere Autoren, die Isolierung 
aller Kokkenträger für unmöglich und überflüssig. Für dichtbelegte Räume 
fordert er, daß die Leute sich nicht anhusten können, schlägt eine Belegung 
Kopf- zu Fußende der Betten vor, insbesondere verlangt er aber gute Lüftung, 
Reinlichkeit der Räume und Personen als besonders wichtig. Am Schlüsse 
seiner Aasführungen wendet er sich gegen die bei dem Laienpublikum so 
vielfach schreckenerzeugende Bezeichnung der Krankheit als übertragbare 

19* 


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Meningitis cerebrospinalis. 


Genickstarre. „Übertragbar“ in dem Sinne, daß jeder Kranke eine Gefalir 
für die Umgebung sei, sei die Krankheit nicht, auch „Genickstarre“ gebe 
nur ein Symptom der Krankheit. Wissenschaftlich schlägt er die Bezeich¬ 
nung Meningitis meuingococcica in Analogie mit Pneumokokkenmeningitis vor. 

(Cordes.) 

Gräber (20) untersucht bei 14 zur Autopsie gelangten Meningitis¬ 
kranken den Herzmuskel und findet bei mindestens 8 Kranken das ausge¬ 
prägte Bild einer ausgeprägten Herzmuskelentzündung, während in den übrigen 
Fällen nur geringe Zeichen einer Entzündung am Außen- und Innenrande 
des Herzmuskels auffindbar waren, frei war nur ein einziger Fall. 

Verfasser nimmt an, daß die Meningitis meningococcica überhaupt nur 
eine sekundäre Phase einer allgemeinen Menmgokokkenerkrankung darstellt 
Daß die Kokken nur selten an anderen Metastasenorten als an den Hirn¬ 
häuten gefunden werden, ist ihrer Hinfälligkeit, ihren Ansprüchen an das 
Nährsubstrat, das wohl am besten die serösen Flüssigkeiten bilden, zuzu¬ 
schreiben. Der Hinfälligkeit der Meningokokken ist es wohl auch zuzu¬ 
schreiben, daß trotz zahlreicher Meningokokkenträger Epidemien in des 
Wortes strenger Bedeutung nicht Vorkommen. 

Hochhaus (24) macht auf die abortiven Formen der Meningitis cere¬ 
brospinalis aufmerksam, von denen er eine ganze Reihe beobachten konnte. 
Es handelte sich durchweg um Kranke, die auf demselben Saale mit einem 
sicher anMeningitis cerebrospinalis Erkrankten gelegen hatten. Die Anfangs¬ 
erscheinungen waren bei allen recht gleichförmig und typisch: Ohne Prodrome 
plötzliches Auftreten von Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Nackenschmerz und 
Erbrechen, bei manchen wurde auch über Nackensteifigkeit und Spannung 
in den Rücken- und Beinmuskeln geklagt; daneben klagten mehrere noch 
über Halsschmerzen und Husten. Die meisten kamen am ersten nnd zweiten 
Tage nach Beginn dieser Symptome ins Krankenhaus; in der Regel hatte 
dann die anfängliche Heftigkeit der Beschwerden schon merklich nachge¬ 
lassen, so daß einige sich fast völlig wieder .wohl fühlten und nur noch über 
leichte Kopf- und Nackenschmerzen und Übelbefinden klagten, was auch 
kurz hinterher schwand. Bei anderen bestand meist noch einige Tage Kopf¬ 
schmerzen, Übelkeit, geringe Nackensteifigkeit und Kernig neben mäßigem 
Fieber und Schmerzen in allen Muskeln. Von Veränderungen an anderen 
Organen war fast stets eine leichte Angina, Röte und Schwellung der Gaumen¬ 
bögen, Tonsillen und hinteren Rachenwand vorhanden, danu auch häufiger 
eine diffuse meist trockene Bronchitis. Im Nasenrachenschleim dieser Patienten 
wurde fünfmal, im Lumbalpunktat zweimal der Meningokokkus gefunden. 

( Jacobsohn .) 

Klinger, und Fourman (27) prüfen die von Mayer und seinen 
Mitarbeitern gewonnenen Ergebnisse über den Wert der weitgehenden Iso¬ 
lierungen von Kranken und Kokkenträgern an einer in der Schweiz auf¬ 
tretenden Epidemie von Meningitis epidemica nach. 

Sie kommen zum gleichen Schluß wie Mayer, nämlich, daß die Iso¬ 
lierung aller Kokkenträger bei Auftreten von Meningitis epidemica selbst 
innerhalb von Kasernen und anderen geschlossenen Anstalten praktisch un¬ 
durchführbar und unnötig ist. 

Ihre praktische Schlußfolgerung gründen sie auf die Beobachtung, daß 
die entstandenen Epidemien meist ganz plötzlich und unerwartet abzubrechen 
pflegen, ferner dadurch, daß die zweimalige bakteriologische Untersuchung an 
den Soldaten Resultate ergab, die eine praktische Durchführung der Iso¬ 
lierung aller Kokkenträger unmöglich machte, wie gerade auch ein Menin¬ 
gitisfall einen Soldaten betraf, bei dem der Abstrich zweimal negativ war, 


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wie auch der wenige Tage später nach Hause erfolgten Entlassung der 
Soldaten keine weiteren Erkrankungen unter der Zivilbevölkerung folgten. 

Die bakteriologischen Untersuchungen ergaben einwandfrei, daß es 
Stämme des Meningococcus intracellularis Weichselbaum gibt, denen die für 
diese Art bis jetzt als charakteristisch angesehenen Eigenschaften teilweise 
fehlen. 

Verfasser empfehlen nur bei plötzlich gehäuft auftretenden schweren 
Fällen, die auf eine momentane Virulenzsteigerung des Erregers hinweisen 
strenge Isolierungsmaßregeln, sonst nur Entlastung der Soldaten hinsichtlich 
der geforderten hohen Arbeitsleistungen, da es immerhin auffällig ist, daß 
die Prozentzahl der jungen Soldaten an der Meningitis epidemica höher ist 
als die der Zivilbevölkerung. (Cordts-Berlin.) 

Bei einem Fall von epidemischer Genickstarre mit flecktyphusähnlichem 
Exanthem (Meningokokkensepsis) und Knieschwellung wurden von Köhlisch 
(28) in der Spinalflüssigkeit Meningokokken, in dem Knie gram-positive 
Streptokokken von anderem kulturellen Verhalten gefunden. 

Nach Impfung der Meningokokken im Meerschweinchenperitoneum 
ließen sich Kolonien gewinnen, die durch Knopf- und Ringbildung solche 
Streptokokken abspalteten. 

Auch die in verschiedene Typen zerlegbare Fieberkurve spricht für 
Variation des Infektionserregers im Meuschen. ( Selöstbmcht, ,) 

V. Kutschera (31) berichtet über eine Genickstarreepidemie, die sich 
unter den im Pustertale stationierten Truppenteilen ausbreitete, und bei 
welcher jeder einzelne Fall durch methodische Untersuchung und Heraus- 
finden der Keimträger bezüglich der Übertragung des Infektionsstoffes fest¬ 
gestellt werden konnte. ( Jacobsohn .) 

Mangelsdorf (35) beschreibt die Maßnahme, die in der Festung Graudenz 
nach Auftreten vereinzelter Fälle von epidemischer Genickstarre getroffen 
wurden. Zunächst wurden durch systematische bakteriologische Unter¬ 
suchungen die gesunden Keimträger ermittelt und isoliert. Ferner wurde 
folgendes angeordnet: 1. Verlängerung der Quarantäne über das Kasernement 
bis zum Abschluß der bakteriologischen Untersuchung. 2. Desinfektion der 
Stube des Erkrankten, mechanisch mit 6 % Kresolseifenlösuug, alsdann mit 
Formalindampf; Desinfektion sämtlicher Kleidungs- und Ausrüstungsstücke 
des Erkrankten. 2. Scheuern sämtlicher Stuben, Flure .und Treppen mit 
heißem Seifenwasser. 4. Tägliche Gesuudheitsbesichtigung aller Leute durch 
den Truppenarzt. 5. Dreimal täglich Gurgeln aller Unteroffiziere und Mann¬ 
schaften mit 2proz. Wasserstoffsuperoxydlösung, und zwar korporalschafts¬ 
weise unter Aufsicht. 6. Aufstellung von Schalen mit 5proz. Kresolseifen- 
lösung in jeder Mannschaftsstube zu mindestens zweistündiger Aufnahme 
der gebrauchten Taschentücher. Verbot des Waschens derselben in oder 
außerhalb der Kaserne, dagegen deren dienstliche Waschung in der Garnison¬ 
waschanstalt. 7. Eingehende ärztliche Belehrungen der Truppenteile über 
Behandlung des Auswurfs und Nasenschleims. ( Jacobsohn .) 

In dem von Morgenstern (38) beschriebenen Falle von Meningitis 
epidemica ist charakteristisch, daß die Krankheit zweimal rezidivierte. Die 
erste Attacke wurde außerhalb des Krankenhauses durchgemacht. Es folgte 
dann nach 2’/ 2 Wochen die typische, mittelschwere Meningitis und fünf 
Wochen nach völliger Wiederherstellung das zweite Rezidiv. Jedesmal war 
anfangs Schüttelfrost, Fieber und Ausschlag ohne beträchtliche Allgemein- 
störuDg vorhanden. Nach einem anfänglichen Fieberrückgang setzte dann 
die eigentliche meningitische Erkrankung mit erneutem Fieber, Exanthem¬ 
nachschub und zentralnervösen Erscheinungen ein. Das ExaDthem bestand 


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Meningitis cerebrospinalis. 


in hämorrhagischen Flecken von Linsen- bis Pfennigstückgröße, die fast 
symmetrisch über den ganzen Körper ausgebreitet waren. Daneben bestand 
ein roseolöser-makulopapulöser Hautausschlag. Die Diagnose Meningitis 
epidemica wurde durch den Nachweis des Meningokokkus gesichert. 

( Jacobsohn.) 

Zum leichteren Nachweis des Meningokokkus im Feldlazarett bei 
Soldaten, die verdächtig auf Meningitis cerebrospinalis sind, setzt Ob6 (44) 
6 ccm der unter aseptischen Kautelen entnommenen Punktionsflüssigkeit 
1 / 2 —1 ccm einer sterilen lOproz. Traubenzuckerlösung zu und hält das 
Röhrchen während 10—12 Stunden auf einer Temperatur von durchschnitt¬ 
lich 37°. Nach dieser Zeit finden sich da, wo im frischen Präparate nur 
vereinzelte oder gar keine Meningokokken nachgewiesen werden konnten, 
in jedem Gesichtsfelde Leukozyten, in denen Gram-negative Diplokokken 
eingeschlossen sind. Manche Zellen sind damit geradezu überladen. 

( Jacobsohn.) 

Petraschky (45) wendet sich gegen die Ausführungen von Klinger 
und Fourman, die die Isolierungsmaßnahmen bei Meningokokkeumenin- 
gitis als praktisch nicht in vollem Umfang durchführbar und wertlos herabgesetzt 
wissen wollen. Er betont, daß die Maßregeln aufs strikteste durchgeführt, 
insbesondere auf die Beschränkung der Infektionsgefahr durch Taschen¬ 
tücher größter Wert gelegt werden müsse. ( Cordes.) 

Rosenbanm (52) berichtet über einen Fall von Meningitis epidemica 
fulminans, der im Verlaufe von zwei Tagen zum Tode führte, der indessen 
fast bis zum Ende keinerlei meningitische Erscheinungen, vor allem kein 
Fieber aufwies und deshalb anfänglich wegen des Vorhandenseins der 
Trommerschen und Gerhard sehen Probe im Urin zu einer Verwechslung 
mit einem Coma diabeticum Anlaß gab. (Jacobsolm.) 

Nach kurzer Besprechung der bei M. c. auftretenden initialen roseo- 
lären und der flecktyphusartigeu Exantheme, erörtert Scherber (53) im allge¬ 
meinen die häufigste Hauterscheinuug, den Herpes, bespricht ausführlich 
einen Fall, der in der Area gluteocruralis beiderseits einen Ausbruch auf¬ 
fallend großer und tiefgehender gangränöser Effloreszenzen aufwies, die sich 
unter urtikarieller Schwellung und blasiger Abhebung des Epithels entwickelt 
hatten. Der bakteriologisch sichergestellte Fall wurde durch subdurale 
Seruminjektionen .zur Ausheilung gebracht. Ein ausgebreiteter Herpesaus¬ 
bruch im Mund, eine rechtsseitige periphere Okulomotoriuslähmung, die gleich¬ 
seitig bestanden, werden mit dem gangränösen Herpes in der Area gluteo¬ 
cruralis auf interstitielle und parenchymatöse neuritische Veränderungen der 
betreffenden Nerven an der Durchtrittsstelle durch das in der Pia sich 
findende Exsudat, bezogen. Die Differentialdiagnose gegenüber der multiplen 
neurotischen Hautgangrän ergibt, daß im Gegensatz zum Herpes die Haut- 
effloreszenzen regellos angeordnet sind, oft lange rezidivieren, um die schon 
gesetzten Herde, ja an derselben Stelle wieder entstehen. Bei der multiplen, 
neurotischen Hautgaugrän scheint der Sitz der Affektion das Rückenmark 
zu sein, doch ist der Charakter dieses Prozesses ein anderer und damit be¬ 
kommt der Hautprozeß ein anderes Wesen. (Selbstbericht.) 

Spaet (57) gibt einen historischen Überblick über den Werdegang der 
Erforschung der epidemischen Genickstarre, er kennzeichnet den gegen¬ 
wärtigen Stand der Forschung und liefert reichliches statistisches Material. 

(Jacobsohn.) 

Der von Svestka (60) publizierte Fall von Meningitis epidemica zeich¬ 
nete sich durch den protrahierten Verlauf (61 Tage) aus. (Jacobsohn.) 


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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


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298 


Intoxikations- and Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


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Von den Arbeiten über Intoxikations- und Infektionskrankheiten des 
Nervensystems unseres Jahrgangs sind besonders hervorzuheben die Unter¬ 
suchungen von Sceleth und Beifeld über Hirnödem bei chronischem Alko¬ 
holismus im Endstadium des klassischen Delirium tremens. Ferner hat 
Otto in einer fleißigen Dissertation sehr gründliche statistische und klinische 
Mitteilungen über chronischen Alkoholismus aus der Kieler Klinik geliefert. 
Die Schädigungen der Drüsen mit innerer Sekretion durch Alkoholmißbrauch 
erörtert Anton. Booth weist auf die deletären Wirkungen des Nikotins 


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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


299 


besonders bei Jugendlichen hin. Stanley empfiehlt Hyoszin als Antidot und 
Heilmittel bei Morphinismus. Schabelitz hat sehr wichtige Beobachtungen 
an sich selbst gemacht über die psychische Wirkung von Chlor und Brom, 
um die gröberen klinischen Erscheinungen des Bromismus experimentell zu 
erforschen, über gewerbliche Vergiftungen berichten Koelsch hinsicht¬ 
lich des in den Flngzeugfabriken benutzten „Aviatol“, das der Bleivergiftung 
ähnliche Störungen hervorruft, ferner Lewin über kohlenoxydhaltige Ex¬ 
plosivgase aus Geschossen und Dorn er über akute Benzinvergiftung. 

He ff ler macht forensisch wichtige .Angaben über die Bedeutung der 
Ablagerung von Arsen in den Haaren. Uber die nervösen Störungen neuri- 
tischer und neurasthenischer Natur berichten Robinson und Halbey. End¬ 
lich ist noch von den Intoxikationsstöruugen die Arbeit von Schroeder 
uud Hinsberg anzuführen, welche experimentell die Frage der toxischen 
Veränderungen am Ganglion spirale zu entscheiden suchen. 

Fälle von Lan dry scher Lähmung sind von Fischer und von Higier 
mitgeteilt worden; Fischer hat eingehend die klinischen und pathologisch¬ 
anatomischen Befunde seines Falles besprochen. Einen in Form der auf¬ 
steigenden Paralyse verlaufenden Fall von Lyssa hat Stärker beobachtet. 
Besam hat erfolgreich versucht, durch eiufache Methoden aus dem Straßen¬ 
virus ein Virus fixe zu gewinnen. Burmeister teilt Versuche mit, Rabies- 
Antikörper bei immunisierten Kaninchen nachzuweisen. Wohls Versuche 
scheinen die Brauchbarkeit der Abderhald enscben Reaktion für die Früh¬ 
diagnose der Lyssa zu bestätigen. Amato wies schwere Veränderungen in 
den Speicheldrüsen an experimentell lyssakranken Kaninchen nach. 

Groß hat in dem Ungvarer Epidemiespital besonders schwere Kom¬ 
plikationen des Abdominaltyphus seitens des Nervensystems beobachtet 
und Zadek eine rechtsseitige Hemiplegie bei einem von Abdominaltyphus 
genesenen neunjährigen Knaben. Barabas macht auf die dissoziierten 
sensorischen postdiphtherischen Lähmungen aufmerksam. Die von ihm bei 
einer Keuchhustenepidemie beobachteten Lähmungen ist Sörensen geneigt, 
einer Toxinwirkung zuzuschreiben. Die pellagröseu Störungen bei Alko¬ 
holikern in der Schweiz sucht Jadassohn mit dem Genuß von Maisschnaps 
in Verbindung zu bringen. Die kindliche Pellagra mit neuritischen Störungen 
konnte Knowles beobachteu. Page glaubt den Bazillus der Pellagra ent¬ 
deckt zu haben. Nitescu sieht in der Zei'ue des Mais den Grund für die 
Intoxikation. Endlich seien noch die Arbeiten von Machwitz und Rosen¬ 
berg sowie von Strauß über Urämie erwähnt, welche bestrebt sind, eine 
zweckmäßige Sonderung der verschiedenen Urämieformen vorzunebmen. 


I. Intoxikationskrankheiten. 

1. Alkohol. 


Lambert (73) stellt Betrachtungen an über die eigentlichen, tiefer liegenden 
Ursachen des Alkoholismus und Morphinismus auf Grund seiner längeren 
Erfahrungen während der Hospitalbehandlung dieser und an ähnlichen Intoxi¬ 
kationen leidenden Kranken. Lambert fand, bei daß vielen periodischen 
Trinkern gleichzeitig chronischer Nikotinismus bestand, und zwar infolge 
des sog. Lungenrauchens resp. der Inhalation des Rauches, besonders bei 
Zigarrettenrauohern. 

Sceleth und Beifeld (106) machen auf einen zuerst von Dana be¬ 
schriebenen Symptomenkomplex beim chronischen Alkoholismus resp. beim 


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300 Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 

Delirium tremeDS aufmerksam, der als Hiruödem oder wet brain bezeicbuet 
werden kann. Es ist dies das Endstadium des klassischen Delirium tremens 
und kennzeichnet sich durch einen komatösen Zustand, hervorgerufen durch 
meningitische Erscheinungen mit allgemeiner Hyperästhesie und Muskel¬ 
rigidität (Keruigsches Zeichen und Nackeusteifigkeit). Die Zerebrospinal¬ 
flüssigkeit pflegt dabei nicht verändert zu sein. Die Mortalität beträgt 75%. 
Die Xekropsie ergibt mehr oder weniger starke Vermehrung der Piaarach- 
noideaflüssigkeit, erweiterte Sulzi und verschmälerte Hirnwindungen. Hiermit 
verbunden ist meist eine zum Tode führende Bronchopneunomie. 

Die Dissertation Otto’s (89) über den chronischen Alkoholismus ist 
eine sehr beachtenswerte und gründliche Arbeit, die sich das reiche Material 
der Kieler Nerveuklinik aus den Jahren 1901 —1904 in klinischer, statistischer 
und soziologischer Hinsicht mit Erfolg zunutze gemacht hat. Otto hebt mit 
Recht die Regelmäßigkeit des Genusses selbst geringerer Alkoholmeugen als 
das Wesentliche für den Ausbruch des chronischen Alkoholismus hervor, 
wobei in Kiel uud Schleswig-Holstein vor allem der Schnaps als gemeiner 
Kümmel der Hauptfaktor ist. Die Zahl der von 1901 —1904 behandelten 
Alkoholiker betrug 47 9 Männer und 24 Frauen; fast alle Berufe stellen ihr 
Kontingent, hauptsächlich aber Arbeiter. Daß erbliche Belastung seitens 
alkoholistischer und degenerierter Eltern ätiologisch nicht von der Hand zu 
weisen ist, konnte Otto bei einem erheblichen Teil seiner Kranken fest¬ 
stellen. Weniger scheint aber nach seinen Nachforschungen dafür zu sprechen, 
daß das Trauma, wenn es noch nicht selten bei diesen Kranken stattgefunden 
hat, für die Auslösung des chronischen Alkoholismus verantwortlich zu machen 
ist. Dogenerationszeichen waren nur selten zu beobachten. Recht zahlreich 
waren Erkrankungen peripherer Nerven, besonders die typische Alkohol¬ 
polyneuritis, die Otto in einem klassischen Falle eines Korsakow beschreibt. 
Hinsichtlich der Störungen am Sehorgan konnte Otto in seinen 150 Fällen 
die Beobachtung machen, daß in 43 Fällen die Lichtreaktion der Pupille 
träge, in 2 Fällen fast erloschen war. 48 mal waren die Pupillen ungleich, 
in 33 Fällen verzogen. Nystagmus fand sich 6 mal, auch Optikusatrophie 
und Abblassung der Papillen fanden sich. Seine pathologisch-anatomischen 
Befunde konnte er an nur 3 unter seinen 150 Fällen gewinnen, die sich als 
pachymeningitische und leptomeningitische Veränderungen erwiesen. Wie 
schwere Störungen des Familienlebens aus der Trunksucht erwachsen, schildert 
Otto in lebhaften und eindringlichen Worten; denn gerade das Eheleben 
wird unter der Trunksucht an erster Stelle leiden müssen, zumal noch kein 
Gesetz besteht, den chronischen Alkoholisten im allgemeinen für geisteskrank 
und anstaltsbedürftig zu erklären. 

Viel wäre schon zu erreichen, wenn außer einem ein- bis zweijährigen 
Aufenthalt in einem Trinkerasyl auf vollständige, dauernde Abstinenz und 
auf den Beitritt zu einem Abstinentenvereine hingearbeitet werden würde. 

In einer kurzeu Abhandlung über die Verschlechterung der Erblich¬ 
keit bei Trinkern zeigt Anton (6), wie innig die Störungen der bei Alkoho¬ 
likern am häufigsten geschädigten Drüsen mit solchen der übrigen Drüsen 
mit innerer Sekretion, die eine enge Beziehung zum Nervensystem haben, 
Zusammenhängen. Aber auch die Keimdrüsen unterliegen dem Einfluß der 
anderen Drüsen; und so wird durch den Alkohol auch Konstitution und 
Schicksal der kommenden Generation vielfach gefährdet. „Gerade dieses 
traurige Kapitel der Erblichkeit läßt erkennen“, wie Anton zum Schluß aus¬ 
führt, „wie gesetzmäßig die Zusammengehörigkeit von Geist und Körper 
sich gestaltet, wie gesetzmäßig die Störung der Körperentwicklung und der 
Geistesentwicklung vor sich geht“. 

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Intoxikation»- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


301 


Billström (13): Ein Gebrauch von verschiedenen Ersatzmitteln für 
die gewöhnlichen spirituösen Getränke kommt gemäß einer Untersuchung 
der sämtlichen Eintrittsakten der Alkoholistenheilstätte Eolshäll für Patienten 
aus den sog. höheren Klassen auch in diesen Schichten vor, wie Tab. I zeigt. 
Die Zahlen sind aus verschiedenen Gründen sehr klein und Minimizahlen. 
Das Ersatzmittel, das am häufigsten gebraucht wird, ist der gewöhnliche 
Brennspiritus, welcher wie Fall 3 zeigt, mit Pilsener Bier gemischt, gerade als 
spezielles Genußmittel gebraucht werden kann. Als effektives Denaturier- 
mittel kann also nur ein Emetikum dienen. Der Gebrauch von Brenn¬ 
spiritus ist nämlich gemäß der Erfahrung am „Skyddsvärnet“ in bedeutender 
Zunahme begriffen. Bei Alkoholisten der gebildeten Klasse trifft der Mi߬ 
brauch hauptsächlich während der Abstinenzperioden ein, bei Alkoholisten 
aus den niedrigsten Schichten dagegen kommt dieser Mißbrauch am Gipfel 
oder am Ende einer Periode von Alkoholmißbrauch vor. 

Tab. II zeigt die Bedeutung des Geschmackes für den Mißbrauch 
geistiger Getränke, indem die meisten Alkoholisten sich auf ein besonderes 
Getränk spezialisieren und nur nebensächlich andero Getränke genießen. 

( Selbstbericht .) 

2. Nikotin. 

Booth (20) verurteilt das Zigarettenrauchen besonders bei jungen 
Lenten wegen der schädlichen Folgen für das Nerven- und Blutgefäßsystem. 
Er hat bei starken Rauchern bei plötzlichem Aufhören bedrohliche, den 
Morphiumabstinenzerscheinungen ähnliche Störungen beobachten können. 
Besonders Schädlich sind auch die dem Tabak- und Zigarettenpapier oft 
beigemengten Stoffe, wie Opium, Morphium und Strychnin, die die deletäre 
Wirkung des Nikotins noch verstärken. 


3. Morphium. 

Stanley (115) gibt eine historische Übersicht über Ursache, Symptoma¬ 
tologie und Verbreitung des Morphinismus. Als spezifisches Antidot und 
Heilmittel gegen Morphiumsucht empfiehlt er das Hyoszin, und zwar gibt er 
es, nach einer Vorbereitungskur durch Diuretika, Diaphoretika und Laxantia, 
ohne anfängliche Beschränkung des bisher gebrauchten Narkotikums, in der 
zweiten Woche in einer Dosis von y 200 8 wiederholt, bis ein deutlicher 
physiologischer Effekt, am besten bis tiefe Benommenheit eintritt. Diese 
Behandlung wird unter bestimmten Kautelen fortgesetzt und durch rein 
symptomatische Maßnahmen ergänzt. 

Besonders günstig war diese Behandlung bei Gefängnisinsassen, bei 
denen sich diese Kur durch die Abgeschlossenheit von der Außenwelt ohne 
Störung durchführen ließ. So wurden im Kalifornischen Staatsgefängnis 
San Quentin innerhalb der letzten U/g Jahre über 40 Insassen vollständig 
geheilt 

4. Veronal. 

Hasemann (60) teilt im Anschluß an zwölf bisher beschriebene 
Fälle von Veronal Vergiftungen einen eigenen Fall mit, der einen 29 jährigen 
Diakon betraf. Dieser hatte wegen Magenbeschwerden und Kopfschmerzen, 
die sich bei der Sektion als chronische Entzündung des Warzenfortsatzes 
und chronische Leptomeningitis erwies, eine tödliche Dosis Veronal, nach 
längerem Morphium- und Veronalgebrauch genommen. Am Nervensystem 
fanden sich neben chronischen Veränderungen deutliche Alterationen der 


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lntoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


Ganglienzellen des Gehirns und Rückenmarks. Neben dem auffälligen Ver¬ 
halten der Tigroidsubstanz, die in feinstaubiger Anordnung im Protoplasma 
zerstreut lag und den Eindruck eines feinschaumigen Aufbaues des Zell¬ 
leibes machte, fanden sich in Gefrierschnitten, die mit alkoholischer Scharlach¬ 
lösung und Hämatoxylin gefärbt waren, die Ganglienzellen fast durchweg mit 
feinsten Fettröpfchen vollgepfropft — Hinsichtlich der Therapie der Yeronal- 
vergiftung kommt H. auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Schluß, daß 
bei der schnellen Resorption dieses Medikaments Magenspülungen nur 
innerhalb der ersten 3—4 Stunden wirksam sind. 

Tepper (120) teilt zwei Fälle von Intoxikationen mit; der erste betraf 
einen 7 jährigen Knaben, der 40 g Veronal genommen hatte, der zweite 
einen 19jährigen jungen Mann, der innerhalb 24 Stunden gegen 100 Gran 
Camphora monobromata zu sich nahm. Im ersten Falle trat langdauerndes 
Koma auf. Der zweite Fall wies plötzlich auftreteude, vorübergehende 
krampfartige Zustände auf mit einige Tage anhaltender Unruhe, Kopfschmerz 
und Benommensein. 


5. Brom. 


Schabelitz (107) hat die von Frl. Dr. Margarete Meier begonnenen 
Experimente über die psychische Wirkung von Brom und Chlor (Epilepsia. 3) 
wieder aufgenommen und an sich selbst ausgeführt. Er stellte sich be¬ 
sonders die Aufgabe, die gröberen klinischen Erscheinungen des sogenannten 
Bromismus experimentell zu erforschen und dabei Brom- und Chlorstoff¬ 
wechseluntersuchungen auszuführen. 

Das Versuchsergebuis war in vieler Hinsicht ein sehr wertvolles und 
bemerkenswertes. Nach 14 Tage langer chlorarmer Ernährung, unter aus¬ 
gezeichnetem körperlichen und seelischen Befinden, nahm er zum erstenmal 
morgens 6 g Na Br und bemerkte bald darauf deutliche Zeichen von 
Bromismus, die er folgendermaßen beschreibt: Zu Beginn des Bromismus 
traten Stimmungsschwankungen auf, Euphorie wechselte mit schlechter Laune 
ab. Vom 7. Bromtage ab, blieb die Stimmung konstant euphorisch bis zum 
Aussetzen des Broms; zum erstenmal in seinem Leben befand er sich 
während Wochen beständig in einem submanischen Zustand mit motorischer 
Unruhe (Rededrang usw.). 

Ganz allmählich fühlte er sich in seine Jugendzeit zurückversetzt, alte 
Reminiszenzen wurden neu belebt, während die wenigsten frischen Eindrücke 
haften blieben. 

Mit Aussetzen der Bromzufuhr und Zusatz von Kochsalz wechselte 
die Stimmung wie mit einem Schlage: der Euphorie folgte eine Depression. 

Auf die vegetativen Funktionen äußerte sich bei ihm die Bromwirkung 
durch Beeinflussung des Schlafes, der Zirkulation, der Diurese und Verdauung, 
aber ohne Bromefflorenzen trotz des schweren zerebrospinalen Bromismus. 
Das Körpergewicht nahm bis zum 20. Bromtag langsam zu, von da an ab. 

Bezüglich des Schlafes beobachtete er, daß der Schlaf tiefer und tags¬ 
über anfallweise große Müdigkeit auftrat. Das Aussetzen des Broms rief 
länger (lauernde Schlafstörung hervor, und nach dem Erwachen traten 
Koordinatiousstörungen auf, derart, daß er nicht verständlich sprechen konnte, 
Doppelbilder hatte, Schreibkrampf und Störungen beim Gehen bekam. 

Die Zirkulationsstörungen äußerten sich mit fortschreitender Bromi- 
sierung durch Pulssteigerung von 66 bis auf 110 Schläge, sogar bis auf 130. 
durch Herzangst, Arhythmien, fahles Aussehen und temporäre Kongestionen 
des Kopfes. Die Verdauung verschlechterte sich unter Sodbrennen bis zum 
18. Bromtage. 


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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


303 


Ferner bemerkte er unter dem Bromgebrauch sehr rasch Sinnesreizungen 
mit Gehörshalluzinationen, später mit Licbterscheinungen tags bei geschlossenen, 
nachts bei offenen Augen. Dann noch Täuschungen im Gebiet der Be¬ 
wegungsempfindung. Die Lichterscheinungen wurden inhaltlich durch die 
ASektlage beeinflußt Nach der ersten Bromeinnahme traten Gleichgewichts¬ 
störungen, zuerst beim Gehen, dann auch in der Ruhe auf. 

Recht auffällig war auch die Beeinflussung der Sprache bemerkbar; 
zu Beginn der Bromisierung stellte sich eiue Erleichterung im Ablauf des 
motorischen Sprachaktes ein, der aber bald, besonders nach dem Erwachen, 
eine Herebsetzung der motorischen Sprachfunktion folgte. Dazu kam dann 
eine zentral bedingte Störung der Wortbereitschaft mit Wortneubildungen, 
Einschieben nicht zum Satze gehörender Wörter. Diese Erscheinungen 
verloren sich nach Aussetzen der Brommedikation innerhalb 14 Tagen. 
Was die Merkfähigkeit und Auffassung anbetrifft, so konnte er feststelleD, 
daß die Merkfähigkeit für Bilder unter dem Bromgebrauch nicht litt weder 
für neue noch für frühere Eindrücke. Doch verschlechterte sich die Auf¬ 
fassung insofern, daß unter Bromgebrauch die Zahl der Fehler zunahm. 
Diese Störungen schwanden aber vollständig bei Kochsalzgebrauch. 

Die Lernfähigkeit vierstelliger Zahlen litt unter der Bromwirkung nicht 
qualitativ, doch änderte sich die Lernart (andere mnemotechnische Hilfsmittel). 

Die Bromabstinenzerscheinungen kamen als plötzlicher Stimmungs¬ 
umschlag zum Vorschein, der sich, nach größeren Kochsalzgaben, auf die durch 
den fortgesetzten Bromgebrauch hervorgerufene submanische Verstimmung 
einstellte. Nach Aussetzen der Bromzufuhr traten abwechselnd manische 
und depressive Phasen auf unter schließlichem Vorherrschen der rein de¬ 
pressiven Stimmung. Am zweiten Abstinenztage traten plötzliche Wahnideen 
im Sinne des Beziehungswahns auf der Basis eines starken Minderwertigkeits¬ 
gefühls auf, doch kupierte eine einzige größere Bromgabe vorübergehend 
alle Abstinenzerscheinungen; es dauerte monatelang bis sämtliche produzierten 
Wahnideen vollständig korrigiert waren. 

Zum Schluß faßt Sch. seine klinischen und experimentellen Erfahrungen 
bezüglich des therapeutischen Wertes des Broms dahin zusammen, daß er 
es für nicht zulässig hält — wie er es in seinem Verfahren an sich selbst 
ausführte —, die Kochsalzentziehung so weitgeheud zu gestalten, daß Brom 
wie Chlorsalz in annähernd gleichen Mengen dem Körper zugeführt werden, 
wegen der Gefahr eines deletären Bromismus. Akuter Bromismus kann 
vermieden werden, wenn man mit kleinen Dosen Brom beginnt und ein¬ 
schleichend vorgeht. Tritt Bromismus mit manischen Zügen auf, so ist der 
Patient wie ein Manischer zu überwachen. Kochsalz ist das souveräne Heil¬ 
mittel des Bromismus. Brüske Schwankungen in der Salzzufuhr sind in der 
Therapie zu vermeiden. Das Abbrechen der Bromkur soll nicht plötzlich 
geschehen sondern langsam, Bromabstinenzerscheinungen können durch Zufuhr 
neuer Bromdosen leicht kupiert werden. 


6. Belladonna, Solanin. 

Adler (2) beobachtete einen Fall außergewöhnlicher Toleranz gegen¬ 
über Belladonua bei einer an heftigen Nierenkoliken leidenden 31jährigen 
Frau, die seit drei Jahren große Dosen von Heroin subkutan gebraucht hatte. 

Trotz längerer Anwendung von Atropindosen, die als Antidot gegeben 
werden und bis über 1 g einer löproz. Belladonnatinktur gesteigert wurden, 
traten weder Erscheinungen von Atropinwirkung an den Augen, den Schleim¬ 
häuten oder der Haut auf. 


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304 


Intoxikasions- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


Hilbert (54) beobachtete einen Fall von Solaninvergiftung bei einem 
öVajäbrigen Mädchen nach dem Genuß von Beeren des Solanum dulcamara. 
Außer Kopf- und Magenschmerzen, Schwindel, Herzklopfen und Angstgefühl 
bestand Rotsehen. 

Die Pupillen waren ad maximum erweitert, Akkommodationslähmung. 

Nach fünf Tagen waren die Pupillen wieder eng und keine toxiscbeu 
Zeichen mehr voriianden. 

6. Tetrachloräther, Kohlenoxyd, Benzin. 

Koelsch (68) beobachtete bei einer Anzahl von Arbeitern, die in den 
beiden bayerischen Flugzeugfabriken mit einer Streichmasse „Aviatol“, das 
hauptsächlich Tetrachloräthan enthält, der Bleikolik und Bleivergiftung ähn¬ 
liche gastrische und nervöse Storungen und empfiehlt deshalb gewerbehygie¬ 
nische Gegenmaßnahmen. 

Lewin (75) weist auf die Gefährlichkeit der kohlenoxydhaltigen Ex¬ 
plosionsgase aus Geschossen auf das Zentralnervensystem hin. 

Schießversuche in Frankreich ergaben die interessante Tatsache, daß bei 
Hunden, die auf dem Wrack eines kriegsmäßig beschossenen Panzers gelassen 
wurden, einen Ausfall von Erinnerungsbildern, eine retrograde Amnesie, 
auftrat; das Tier erkannte seinen Herrn nicht mehr. Ferner kam es noch 
zu anderen Ausfallserscheinungen, wie auffälliger Apathie, Orientierungs¬ 
defekten, Seh- und Gehörstörungen. Bei einem Menschen, der Kohlenoxyd 
in den Gasen eiugeatmet hatte, die bei einer Pulverexplosion sich entwickelt 
hatten, hielt der Verlust des Gedächtnisses über 2 Jahre an. 

Einen außerordentlich seltenen Fall akuter Benzinvergiftung publiziert 
Dorner (25). Der 35jährige, vorher immer gesunde Mann war in einem 
ßenzinbebälter bewußtlos geworden, in dem er etwa 20 Minuten lag. Er 
konnte nach 3 Wochen wieder leichten Dienst tun, klagte aber über Schwäche 
und Schmerzen in den Beinen, Schwindel, Taubsein der rechten Hand und 
Kreuzschmerzen. 

Bei seiner Aufnahme fand sich bläuliche Verfärbung der kühlen Hände, 
besonders der rechten Hand, leichtes Zittern der Augenlider bei Lidschluß 
und leichter Inteutionstremor. 

Die linke Pupille war enger als rechts, leichter Nystagmus beim Blick 
nach rechts. Die Sensibilität für warm und kalt au beiden Unterschenkeln, 
Fußrücken und Sohlen herabgesetzt, auch für Berührung und Schmerz. 
Ataxie des rechten Beins und Arms. Rechts Adiadochokinesis. Romberg 
stark ausgesprochen; auch bei offenen Augen starkes Schwanken. Gang 
breitbeinig, stampfend, leicht paretisch mit starkem Schlottern der Glieder. 
Gang ohne Stock unmöglich. Keine Störungen der elektrischen Erregbarkeit 
Radialisreflex rechts, Bauch- und Kremasterreflexe beiderseits und Patellar- 
reflex rechts fehlten. Patellarreflex links gesteigert, ebenso der Acbillissehnen- 
reflex. Beiderseits Babinskireflex. Wassermann-, Nonne- und Pandy- 
reaktion negativ. Keine Blutveränderuugen. 

Das Krankheitsbild ähnelt am meisten der multiplen Sklerose oder 
kombinierten Strangerkrankung mit Beteiligung der Pyramidenseitenstrang¬ 
bahnen (Babinski), der Kleinbirnseitenstrangbahnen (rechts Adiadochokinesis 
mit Muskelschwäche an Armen und Beinen ohne Atrophie und ohne elek¬ 
trische Störungen) und der Hinterstränge (Ataxie beider Beine und des 
rechten Armes). 

Das einseitige Fehlen des Patellarreflexes spricht für eine stärkere 
einseitige Beteiligung im Hinterstrang des 4. Lumbalsegments. Auch die 
feineren Sensibilitätsstörungen bezieht D. auf die Hinterstrangerkrankung. 


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Intoxik&tions- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


305 


8. Arsen. 

Heflter (50) hat sich mit der forensisch oft sehr wichtigen Frage über 
die Ablagerang von Arsen in den Haaren beschäftigt und gelangte durch 
experimentcllo Versuche an Hunden und Kaninchen zu dem Ergebnis, daß 
sich Arsen bei akuten Vergiftungen nicht in den Haaren, wohl aber in 
inneren Organen (Leber, Nieren) findet und durch diesen Nachweis, gewohn¬ 
heitsmäßiger Arsenmißbrauch nusznschließen ist. Dagegen läßt sich bei 
länger zurückliegendem Arsengebrauch in den Haaren Arsen noch nachweisen, 
weun die inneren Organe davon frei gefunden werden; es kann also bei 
der langsamen Resorption des Arsens in den Haaren und dem noch nach 
Monaten in den Haaren aufgespeicherten Arsen der Nachweis am Lebenden 
bezüglich eiuer chronischen Arsenvergiftung erbracht werden. 

Heffter (51) hatte bei einem plötzlich verstorbenen 70 jährigen Altsitzer, 
bei dem Arsenik im Digestionstraktus nachgewiesen werden konnte, zu ent¬ 
scheiden, ob eine Vergiftung oder Arsenikopbagismus vorlag. 

Letzteres konnte H. ausschließen, da keinerlei Störungen der Empfin¬ 
dung und Bewegung vorher bemerkt worden waren und gerade die Schädel- 
und Skelettknochen, die Kopfhaut, die Haare und die Haut von Arsen 
frei waren. 

9. Blei. 

Robinson (101) teilt zwei Fälle von Bleivergiftung durch Kosmetika 
mit. Beide Frauen hatten schwere neuritischo Lähmungen mit Muskel¬ 
atrophien der oberen, die zweite auch der unteren Extremitäten. Der Ur¬ 
sprung dieser Bleineuritiden konnte in einem bleihaltigen Gesichtspuder 
„Flake White“ entdeckt werden. 

Halbey (47) berichtet über die Ergebnisse der Untersuchungen der 
Zinkhüttenarbeiter sämtlicher Zinkhütten des Landkreises Kattowitz in den 
Jahren 1909—1914. 

Schwere nervöse Erkrankungen des Nervensystems konnte H. zwar 
nicht selbst bei den untersuchten Arbeitern feststellen, da Kranke sofort 
ins Lazarett kamen, doch war auffallend die überaus große Zahl von Arbeitern, 
auch solchen, die nichts mit Blei zu tun hatten, die Zeichen reizbarer Nerven¬ 
schwäche mit Steigerung der Sehnenreflexe, Nachröten der Haut (Demo¬ 
graphie), erhöhter mechanischer Erregbarkeit der Muskulatur zeigten, also 
Symptome, die bei „traumatischer Neurose“ meist gefunden werden und, 
wie H. meint, nur zu oft gutachtlich zu sehr betont werden. 


10. Chinin, Salizylsäure. 

Wittmaak batte im Jahre 1903 in seinen Veröffentlichungen über 
die Wirkung des Chinins auf das Gehörorgau auf die Veränderungen des 
Ganglion spirale hingewiesen, namentlich betreffs der Nisslschen Granula 
und betODt, daß diese Veränderungen auf eine primäre spezifische Giftwirkung 
auf die Zelle selbst zurückzuführen seien. Auch an anderen Ganglienzellen 
(Ganglion spirale, Trigeminusganglion, Großhirnrinde) fanden sich analoge, 
aber bei weitem nicht so ausgesprochene Veränderungen. Wittmaak kam 
zu der Überzeugung, daß es sich hier um Schädigungen der Ganglienzellen 
infolge einer spezifischen Giftwirkung auf die besonders empfindlichen Sinnes¬ 
zellen handle. Er glaubte auch vor allem bei den zurückbleibenden Hör¬ 
störungen eine Ischämie nicht ausschließen zu können. 

Im Gegensatz zu Wittmaak vertrat Lindt die Ansicht, daß die bei 
Dekapitation der Versuchstiere resp. bei mangelhafter Fixation gefundenen 
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 191'. 20 


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Intoxikation*- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


Zellveränderungen am Ganglion spirale mit der Intoxikation nichts zu tun 
haben. Schroeder und Hinsberg (111) suchen nun experimentell in der 
von Witttmaak angegebenen "Weise die Frage der toxischen Verände¬ 
rungen am Gehörorgan zu entscheiden, und zwar wollen sie feststellen, 
ob die von Wittmaak beschriebenen Zell Veränderungen bei Chinin- und 
Salizyltieren am Ganglion spirale regelmäßig nachweisbar sind, und zwar 
in erheblich stärkerem Grade als am Ganglion vestibuläre und den Ganglien¬ 
zellen im Gehirn, Rückenmark und Trigeminus. 

Ferner suchen sie festzustellen, ob diese und andere Veränderungen 
nur bei Intoxikation mit „Ohrgiften“ auftreten oder auch nach Einwirkung 
beliebiger anderer Gifte, die für das Gehörorgan des Menschen gleichgültig 
sind. Die sehr sorgfältigen Tierversuche ließen sie zu folgenden Schlüssen 
gelangen. 

Auch bei anscheinend ganz gesunden Tieren kommen leichte Zellver¬ 
änderungen vor, besonders solche vom Charakter der Nisslschen „akuten“ 
Zellerkrankung; z. B. im Ganglion spirale und im Trigemiuus (bei Tier 40). 

Unter 8 Chinintieren, die sofort nach der Dekapitation fixiert wurden, 
zeigten 6 normales oder fast normales Verhalten der Zellen des Ganglion 
spirale. Nur eins davon zeigte die akute Zellveränderung im Ganglion 
vestibuläre, mehrere andere leichte Veränderungen der Vorderhoru/.elleu. 

Eine elektive Wirkung des Chinins in dem Sinne, daß sich die Zellen 
des Ganglion spirale regelmäßig und außerdem stärker als andere Zellen 
verändert zeigten, konnten sie nicht feststellen. Das Gleiche gilt vom Natrium 
salizyl. Auch hier fanden sich wesentliche Veränderungen des Ganglion 
spirale unter 6 Tieren nur einmal. 

Bei 5 von den 11 Nikotintieren fanden sich Zellveränderungen des 
Ganglion spirale. Niemals waren diese Veränderungen nur im Ganglion 
spirale zu finden, sondern auch .ähnlich in anderen Organen, vor allem im 
Gehirn. Bei 9 von 12 Tieren, die mit anderen Giften behandelt wurden, 
zeigte das Ganglion spirale mehr oder weniger hochgradige Zellverände¬ 
rungen. 

Ein Unterschied in der histologisch nachweisbaren Wirkung auf die 
Ganglienzellen von Salizyl und Chinin einerseits und Strychnin, Zyankali, 
Kokain, Plumbum azetikum anderseits war nicht vorhanden. 

Gehör und Nystagmus war, soweit es sich nachweisen ließ, bei einigen 
Tieren nicht gestört. Ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen diesen 
Störungen und den Veränderungen an den Akustikusganglien ließ sich aber 
nicht nachweisen. 

II. Infektionskrankheiten. 

1. Landrysche Paralyse. 

Der von Fisher (31) klinisch und pathologisch-anatomjsch sehr ein¬ 
gehend untersuchte Fall von Landryscher Paralyse ist dadurch bemerkens¬ 
wert, daß er schwere Degenerationen am peripherischen und zentralen Nerven¬ 
system in ausgedehnter Weise darbot. Auch die Krankheitsdauer war eine 
ungewöhnlich lange und erstreckte sich von den ersten Anzeichen bis zum 
letaten Verlauf durch Atemlähmung auf sechs Wochen. 

Der 16jährige Knabe erkrankte fieberlos unter Schmerzen und Schwäche 
zuerst der linken Wade und dann der Beine mit schnell sich entwickelnder 
Parese der unteren Extremitäten. Es fand sich schlaffe Lähmung der Beine 
mit Fehlen der Reflexe und Druckempfindlichkeit der Nervenstämme ohne 


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Intoxikationa- und Infektionskrankheiten dos Nervensystems. 


307 


Gefühlsstörungen. üieraD schloß sich Doppeltsehen mit Parese des linken 
Hektns externus and Parese der Arme, zunehmende Augenmuskellähmung 
Schluckbeschwerden und Atemlähmung. 

Ara RUckenmark zeigten sich ausgedehnte Zerstörungen in den Ganglien¬ 
zellen der Clarkeschen Säulen, besonders mit zentraler Chromatolyse und 
körnigem Zerfall in ihrer ganzen Ausdehnung. In den Vorderköruern waren 
durchwegs die großen multipolaren Ganglienzellen inTygrolyseund Schrumpfung 
begriffen. Sehr bemerkenswert war ferner die Ependymitis in der Umgebung 
des Zentralkauals, besonders in der Gegend der Hals- und Lendenanschwellung. 

Ferner waren die Kapillaren der grauen Substanz der Vorderhörner 
verstopft, zum Teil aneurysmatisch verändert und geborsten. In den Hinter¬ 
strängen fanden sich nur vereinzelte Blutungen. Pons und Medulla ließen 
an den Zellen der Nuclei graciles und cuneati Veränderungen erkennen, die 
denen in den Clarkeschen Säulen entsprechen, während die Zellen der 
motorischen Kerne und der Formatio reticularis den Typus der an den 
Vorderhörnern gefundenen tygrolytischen Degenerationen zeigten. 

Die Zellen der Kerne des dritten und sechsten Hirnnerven ließen zentrale 
Chromatolyse um den Kern erkennen mit bröckeligem maschigem Zerfall 
des übrigen Zellkörpers; auch der sensible Kern des fünften und der sensible 
und der spinale Kern des Vagus befanden sich in demselben Zustande. 
Die Zellen der auf- und absteigenden Bahnen des Trigeminus zeigten 
Chromatolyse und Zerstörung der Fortsätze. Die Zellen der Kerne des 
Fazialis und Hypoglossus waren ähnlich denen der motorischen Bulbuskerne 
degeneriert. 

Die spinalen Nervenbahnen ließen teils diffuse, teils herdförmige Zellinfil¬ 
trationen der Lymphräume des Epi-, Peri- und Endoneuriums erkennen. Von 
peripherischen Nerven wurde der Ischiadikus untersucht. Mit Polychromblau 
lioß sich eine intensive Zellinfiltration nachweisen, besonders im Peri- und 
Endoneurium, bestehend aus polymorphkernigen, polyblastischen und Gitter¬ 
zellen, namentlich nahe den Blutgefäßen. Aber auch Bindegewebswucherungen 
zwischen den Nervenfasern waren recht deutlich in Verbindung mit Ver¬ 
dickungen der Peri-, Endoneuriums sichtbar. Hinsichtlich der Frage, ob 
ein toxischer oder bakterieller Prozeß oder beides in dem Falle anzunehmen 
ist, glaubt F., schon mit Rücksicht auf die lange Krankheitsdauer und das 
Nebeneinandervorkommen von parenchymatösen und infiltrativen interstitiellen 
Veränderungen, daß beides, das Virus und Toxin gleichmäßig an dem Prozeß 
beteiligt waren und zuerst die peripherischen Nerven, später aber nach und 
nach das spinale und zerebrale Nervensystem infiziert haben. 

Higier(53a): 24 jähriger Kaufmann erkrankt nach starker geistiger Auf¬ 
regung und Strapazen an flasquer Lähmung der oberen Extremitäten, darauf 
mit Parese der Beine und sämtlicher Bulbärnerven. Am Schluß der zweiten 
Krankheitswoche ist der Zustand beinahe hoffnungslos, und die schwere 
Atemnot, Zyanose, Pulslosigkeit machen künstliche Sauerstoffatmung, Strychnin¬ 
applikation und fortwährende Äther- und Kampferiujektionen notwendig. Im 
Anfang der achten Woche ist Patient imstande, zwei Treppen hoch zu steigen 
ohne Hilfe, schlingt und kaut gut und spricht verständlich. Es ist nur Fehlen 
der Sehnenreflexe zurückgeblieben. Möglicherweise haben zum günstigen 
Ausgange manches die hohen Dosen Strychnin bis 1 cg täglich beigetragen. 

Auffallend ist, daß erst in der sechsten Woche eine Verdickung der 
peripheren Nerven sich feststellen ließ mit leichter Empfindlichkeit der 
Muskeln und Abnahme der galvanofaradischen Erregbarkeit der kleinen 
Handmuskulatur. Es lag offenbar trotz Abwesenheit jeglicher klinischer 
Erscheinungen vom ersten Tage dennoch eine Neuritis acutissima vor, die 

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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


als Landrysche Paralyse, meist letal endend, verlief. Während der schweren 
Herz- und Atemerscheinungen bulbärer Herkunft waren vereinzelte pneu¬ 
monische Herde — wahrscheinlich Infarkte — festzustelleü. 

( Sellstberieht.) 

2. Lyssa. 

St&rka (116) beschreibt folgenden Fall: Vom tollen Hunde gebissene 
Patientin wurde vom Pasteurinstitut in Wien als geheilt entlassen. Einige 
Tage nach der Entlassung stellten sich Schmerzen in der Narbe, dann in 
anderen Körpergegonden ein, Schlaflosigkeit, Trockenheit im Munde (Schluck¬ 
beschwerden), Wasserscheu und andere für Lyssa bezeichnende Merkmale. 
Unter andauernder Verschlimmerung trat zuerst eine Parese, dann Paralyse 
der unteren Extremitäten mit gleichzeitigen Schmerzen im Kreuze und 
Kücken, am folgenden Tage nacheinander Parese und Paralyse der obereu 
Extremitäten ein, und die Patientin starb im Kollaps ohne jedwelche An¬ 
deutung von Krämpfen oder Erstickung am dritten Tage seit dem Auftreten 
der Paresen. (Jar. Stuc/i/tk.) 

Beham (12) teilt seine erfolgreichen Versuche an der Jerusalemer 
Wutschutzabteilung mit, durch einfache Methoden, aus dem Straßenvirus ein 
Virus fixe zu gewinnen. Impfte er junge Kaninchen mit einer Hirnemulsion 
eines tollwutkrankeu Hundes aus einer Kolonie Obergaliläas, so erhielt er ein 
auffallendes Zurückgehen der Inkubationsdauer bis zur neunten Passage. 
Von der neunten Passage an betrug die Inkubationsdauer nur sechs Tage, 
und er erhielt ein unverändertes Virus fixe von 6 tägiger Inkubationsdaner. 

Es muß noch geprüft werden, ob die verkürzte Inkubationszeit von den 
individuellen Eigenschaften der dortigen Kaninchen, oder, was ihm wahr¬ 
scheinlicher scheint, von den besonderen Eigenschaften des dortigen Straßen¬ 
virus herrührt. 

Burmeister (22) versuchte eine neue Methode K&biesantikörper bei 
immunisierten Tieren nachzuweisen. Während bisher derartige Mengen 
Gehirnsubstanz injiziert wurden, daß durch die Überproduktion von Antihirn- 
substanzkörper gewisse Antirabiesviruskörper verdeckt werden konnten, be¬ 
diente er sich einer einmaligen letalen Dosis von fixem Virus. Hierbei ist 
die Menge der injizierten Hirnsubstauz minimal, wohingegen das Virus sehr 
früh sein Maximum erreicht. 

Es wurden Kaninchen subdural injiziert und auch Kontrollversuche 
gemacht; dabei zeigte sich, daß das Serum rabischer Tiere und ebenso der 
Kontrolltiere normale Gehirnsubstanz abspalteten, ersteres im stärkerem Grade; 
doch fehlte die Reaktion des Rabiesserums fast vollständig kurz vor dem 
Eintritt der Lähmungen, etwa am fünften Krankheitstage der Kaninchen. 

Um Aufschluß über eine Antikörperreaktion bei durch fixes Virus ver¬ 
ursachte Rabies zu erhalten, wurde die Meiostagminreaktion angewandt. 
Von den Kontrollieren reagierte keins positiv. Von den 20 Rabiesseren 
reagierten nur drei positiv mit Rabieshirnantigen. Dagegen gelang es nicht 
einmal, irgendeine Präzipitinbildung zu erhalten. B. kommt zu dem Schluß, 
daß proteolytische Schutzfermente gelegentlich in verschiedenen Perioden 
der durch fixes Virus erzeugten Rabies gefunden werden, sie sind aber nicht 
spezifisch für das Virus allein. 

Anscheinend kann keine spezifische, ein Proteinvirus abspaltende 
Substanz in Substraten der Schilddrüse bei Rabies, die von fixem Virus 
herrührt, gebildet werden. Auch spezifische gliolytische Fermente scheinen 
in diesen Seren von durch fixes Virus erzeugter Rabies nicht enthalten zu 
sein. Auch durch die Meiostagminreaktion läßt sich keine Antikörper- 


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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


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eutwicklang naohweisen, und endlich kommt er auch zu keiner spezifischen 
Präzipitinbildung bei der akuten, durch fixes Virus entstandenen Rabies der 
Kaninchen. 

Wohl (135) hat die Abderhalden sehe Reaktion sich für die Früh¬ 
diagnose der Lyssa zunutze gemacht. Seine experimentellen, noch nicht 
ganz abgeschlossenen Versuche an Kaninchen scheinen aber die Verwend¬ 
barkeit der Abderhaldenschen Reaktion zu bestätigen; so fiel die Reaktion 
bei subdural mit fixem Virus inokulierten Kaninchen schon am dritten Tage 
positiv aus. Dagegen bewirkten Sera gesunder Kaninchen nur in äußerst 
geringem Grade eine Spaltung von Gehirn- und Plazentagewebe. 

Amato’s (5) Untersuchungen sind am Kaninchen angestellt worden, die 
subdnral mit fixem Virus geimpft wurden, und an deren Karotis und Sub- 
maxillaris deutliche Veränderungen festgestellt werden konnten. Die Altera¬ 
tionen bestanden in Hyperämie verbunden mit einigen kleinen Hämorrhagien, 
besonders in dem die Drüse umgebenden Bindegewebe, ödematöser Infiltration 
des Bindegewebes, destruktiven Läsionen der elastischen Fasern, Ablösen 
und Fallen des Deckpitbels der Ausführungsgänge in das Lumen des Tu¬ 
bulus und degenerativen Vorgängen der eigentlichen Elemente des Drüsen¬ 
parenchyms. 


3. Typhus. 

Groß (46) hat als Leiter der großen Typhusabteilung des OngvarerEpidemie- 
spitales zum Teil besonders schwere Komplikationen des Typhus abdominalis 
auch von seiten des Nervensystems gesehen, deren schwerste die Parese des 
Phrenikus beziehungsweise des Diaphragmas war. In den späteren Krankheits¬ 
wochen, nach Ablauf der eigentlich typhösen Erscheinungen kamen ge¬ 
legentlich eigentümliche Psychosen zur Beobachtung, die vor allem durch 
apathische Euphorie und halluzinatorisch-konfabulierende Wahnbildung bei 
relativ erhaltener Kohärenz und Besonnenheit sich kennzeichneten und meist 
letal verliefen. Der eingehend mitgeteilte besondere Fall betrifft einen 
Offiziersdiencr, der zwei Monate an Typhus schwer krank lag, acht Tage 
ohne Besinnung mit Kopf- und Nackenschmerzen und Nackensteifigkeit. 
Mit der Genesung stellte sich bei ihm, nachdem er noch drei Wochen 
wegen Schwäche und Zittern der Beine bettlägerig war, ein dauernder rhyth¬ 
mischer, grobschlägiger üauertremor des ganzen Körpers, besonders der Beine 
und Bauchmuskeln in allen Körperlagen ein. Der Tremor teilt sich auch 
den Atembewegungen mit. Erhöhte Sehnenreflexe, Fußklonus beiderseits, 
kein Babinski, Gefühl intakt. G. hält Paralysis agitans und multiple 
Sklerose für ausgeschlossen und ist auch gegen die Annahme eines funk¬ 
tioneilen Tremors; dagegen glaubt G., daß es sich um eine durch Typhus¬ 
toxin hervorgerufene, im Sinne einer Systembevorzugung lokalisierte Schä¬ 
digung der zentralen motorischen Neurone, bzw. um eine Systemaffektion 
der Pyramidenseitenstraugbahnen handelt. 

Zadek (138) beobachtete bei einem von Abdominaltyphus genesenen 
9 jährigen Knaben eine rechtsseitige Hemiplegie mit aufgehobenen Reflexen. 
Rechts Babinski +, links —. Keine Aphasie, Faziales beiderseits normal. 
Rechter Arm und Bein anfangs ganz bewegungslos, keine Muskelatrophie. 
Auffallend rasche Besserung innerhalb 2—3 Wochen, doch blieb der Gang 
gestört mit Nachschleppen des rechten Beins. 

Z. glaubt, daß es sich hier möglicherweise doch nur um eiue funktionelle 
Schädigung gehandelt hat, da die Hirnnerven unbeteiligt waren. Gefühls- 
und Blasenstörungen fehlten. 


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310 


Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


4. Diphtherie. 

Barab&S (9) hatte Gelegenheit, bei 16 schweren Fällen postdiphtherischer 
Lähmungen die verschiedenen sensiblen Qualitäten genau zu prüfen, und 
macht darüber sehr bemerkenswerte Mitteilungen. Sein Material bestand 
aus Kindern von 2—8 Jahren, die mehr oder weniger starke motorische 
Lähmungen aufwiesen und in ungefähr der Hälfte der Fälle auch sensible 
Lähmungen nachweisen lassen. 

Auffallend war, daß die Fälle mit Analgesie nur eine Störung des 
Schmerzgefühls bei normalem Verhalten des Wärme-, Kälte-, Tast- usw. 
Gefühls erlitten hatten, also eine dissoziierte sensorische Lähmung 
besaßen. 

Es handelte sich in den Fällen aber um einen nur transitorischen 
Zustand. 


5. Keuchhusten. 

Sörensen (114) hat während einer Keuchhustenepidemie in den Jahren 
1912 und 1913 26 Kinder mit Komplikationen seitens des Nervensystems 
behandelt. Alle zeigten Krämpfe, davon 2 mit Lähmungen, wovon eines noch 
meningitische Erscheinungen darbot. Nur 6 Fälle genasen, unter ihnen die 
beiden Fälle von Lähmungen. 

Sörensen konnte im ganzen 4 Kinder mit Lähmungen bei Keuch¬ 
husten beobachten, deren Krankengeschichten er eingehend mitteilt. Die 
Lähmungen, welche sich im Anschluß an die Konvulsionen unter Fieber¬ 
erscheinungen einstellten, hatten hemiplegischen Charakter und nahmen einen 
gutartigen Verlauf. Sörensen ist geneigt, die nervösen Störungen bei 
Keuchhusten einer Toxinwirkuug zuzuschreiben und eine neuropathische Ver¬ 
anlagung der mit Konvulsionen und unter Lähmungen erkrankenden Kinder 
anzunehmen. 


6. Pellagra. 

Jadassohn (61) beobachtete in der Schweiz eine Reihe von eigentüm¬ 
lichen, mit Hauterkrankungen einhergehenden Krankheitsfällen, die den 
Eindruck von Pellagra machten und auf alkoholischer Basis eutstanden zu 
sein schienen. Von den 4 eingehend beobachteten Fällen zeichnete sich der 
erste durch schwere psychische Störungen aus, daneben traten auch in den 
anderen Fällen die typischen Hautaffektionen am Handrücken und Gesicht 
zugleich mit Diarrhöe und Stomatitis hervor. Bezüglich der Ätiologie der 
Pellagra und namentlich der sporadischen Fälle hat Jadassohn den Ver¬ 
dacht, daß hier der Maisschnaps sehr wohl in Frage kommen könne, da 
Maisschnaps in allen Ländern verbreitet sei. In der ersten Gruppe der 
Pellagraerkrankungen bei großen Epidemien in Italien und Rumänien sei 
die Bedeutung des Mais nicht zu leugnen; bisher sei aber bei den spora¬ 
dischen Fällen, die oft bei im Elend Lebenden, speziell Alkoholikern, ver¬ 
kommen und bei den endemischen Formen der Irrenhäuser, der Beweis noch 
nicht erbracht worden, daß Mais ursächlich in Frage kommt. Wahrschein¬ 
lich sei es aber doch, daß auch in den sporadischen Pellagrafällen der Mais 
eine Rolle spielt, da bei den 4 von ihm in der Schweiz beobachteten 
und dort entstandenen, klinisch als Pellagra gedeuteten Fällen, in denen 
Maisnahrung nicht nachweisbar stattgefunden hat, die Möglichkeit vorliegt, 
daß die Patienten Maisschnaps getrunken haben. 

Über die Pathologie, Entstehungsweise und Ursache der Pellagra hat 
Raubitschek (99) in den Ergebnissen der allgemeinen Pathologie eine 


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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems. 


311 


erschöpfende Zusammenstellung aller bemerkenswerten und wissenschaftlichen 
Publikationen gebracht. Die sehr reichhaltige, die neuesten Forschungen 
berücksichtigende Arbeit und das sehr umfangreiche Literaturverzeichnis 
ermöglichen eine leichte Orientierung über alle auf das Wesen der Pellagra 
bezüglichen Fragen, besonders was die einzelnen Theorien, die pathologische 
Anatomie und die nervösen und psychischen Störungen anbetrifft. 

Knowles (66) stellt fest, daß die Pellagra im kindlichen Alter durchaus 
nicht selten auftritt und selbst Säuglinge von ihr heimgesucht werden. Wahr¬ 
scheinlich findet eine Übertragung durch die Mutter beim Stillen statt. 
Mädchen scheinen öfter als Knaben zu erkranken. Am häufigsten treten 
bei Kindern die Hauterkrankungen am Dorsum der Hände und Füße auf; 
dagegen pflegt das Nervensystem seltener angegriffen zu werden. Auch in 
dem mitgeteilten Falle eines 5 jährigen Knaben beschränkten sich die 
Nervenstörungen auf schwache Patellarreflexe, spastisch-ataktischen Gang, 
träge Pupillenreaktion, undeutliche Sprache und geistige Stumpfheit. Es 
scheint sich um eine multiple Neuritis gehandelt zu haben. 

Page (90) hat bei Pellagrösen im Intestinaltraktus regelmäßig einen 
Bazillus gefunden, den er für den Erreger der Pellagra ansprechen möchte. 

Der Bazillus ist länger und an den Enden spitzer als die Kolon¬ 
bazillen, beweglich, aerob, sporenbildend, gut färbbar und gut kultivierbar. 
Tierversuche mit ihm ergaben kein deutliches Resultat. 

Page (91) hat in über 600 Präparaten von Fäzes von 158 Pellagra- 
kranken einen sehr aktiven und beweglichen zellähniichen Organismus ge¬ 
funden, der in Agar kokkenähnlich wächst, mit Anilin sich färbt und auf 
den verschiedensten Nährböden kultivierbar ist. 

Nitescu (88) hat seine Untersuchungen über die Folgen einseitiger 
Maisernährung an Hühnern, Hähnen und weißen Ratten von möglichst gleichem 
Gewicht ausgeführt. 

Es wurde Mais der letzten Ernte verfüttert. Er fand, daß frischer 
Mais schwerer resorbiert und assimiliert wird, als alter. Ausschließliche 
Maisnahrung führte nach kurzer Zeit zur Abmagerung und zum Tod der 
Versuchstiere; bei frischem Mais noch schneller. Als Grund wird der 
ungenügende Nährwert des Mais angegeben, dessen Eiweiß des Tryptophans 
ermangelt und sehr wenig Glykosol und Lysin hat. 

Abwehrfermente gegen das Eiweiß des Mais (Zeine), die zeinolytischen 
Fermente lassen sich im Blut der mit Mais allein ernährten Tiere nach- 
weisen; ein Beweis für die Intoxikation mit der Zeine. Es finden sich die 
zeinolytischen Fermente auch im Blute der Pellagrösen und haben bei ihnen 
dieselbe Bedeutung. 

Der mangelhafte Nährwert des Mais und die Intoxikation mit der 
Zeine müssen mit zu den Hanptursachen des Zustandekommens der Pellagra 
gerechnet werden. 


7. Beriberi. 

Schanmann (108) hat die wichtigeren neueren Forschungsergebnisse, 
welche das Problem des Beriberi betreffen, in übersichtlicher Weise zusammen¬ 
gestellt und durch Erläuterungen und kritische Bemerkungen ergänzt. Eine 
möglichst vollständige Literaturübersicht der im Laufe des letzten Jahres 
erschienenen Veröffentlichungen mit Hinweis anf frühere ausführliche Ver¬ 
zeichnisse beschließt diese wichtige Arbeit. 


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312 Paralysis agitaos (Wilsonsche Krankheit). 

8. Urämie. 

Machwitz und Rosenberg (79) haben unter 160 Fällen von Nieren¬ 
kranken einige 50 Fälle beobachtet, die urämische Erscheinungen darboten. 
Sie unterscheiden die echte Urämie, die mit einer Erhöhung des Reststick¬ 
stoffgehaltes des Serums und in chronischen Fällen mit einer Indikanurie 
einhergeht, die eklamptische Urämie Wolhards, bei der die Reststickstoff¬ 
erhöhung im Blute fehlt, aber eine Erhöhung des Lumbaldrucks vorhanden 
ist — sie findet sich vorzugsweise bei jugendlichen Individuen und akuten 
Formen der Nephritis — und die arteriosklerotische Pseudourämie, die rein 
atherosklerotiscke Erkrankung der Nieren. Diese beruht auf atherosklero- 
tischen Hirnveränderungen und unterscheidet sich von der echten Urämie 
durch Fehlen der Stickstoffretention im Blut und der Indikanurie. 

Strauß (118) hält es mit Rücksicht auf die Differenzen, welche sich 
für die Prognose der verschiedenen Formen der Urämie ergeben, für zweck¬ 
mäßig, zwei große Gruppen, eine Urämie und eine Pseudourämie, zu unter¬ 
scheiden. Zur Urämie im engeren Sinne rechnet er die Fälle mit hohen 
Werten für den Rest-N. (150 mg und mehr, aber auch manchmal zwischen 
130 und 150 mg), zur Pseudourämie die Fälle mit normalen oder nur mäßig 
erhöhten Werten für den Rest-N. (unter 70—80 mg). Klinisch herrscht 
in der ersten Gruppe der asthenisch-dyspep tische oder kachektisch-dyspep- 
tische Symptomenkomplex vor. Die Pseudourämie lasse sich in zwei 
Untergruppen einteilen, in den eklamptischen Symptomenkomplex oder die 
Eklampsie der Nephritiker (Nephrosen) und in den soporös-deliriösen Sym¬ 
ptomenkomplex der Hypertoniker mit und ohne lokalisierte Reiz- und Aus¬ 
fallserscheinungen. 


Paralysis agitans (Wilsonsche Krankheit). 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn. 

1. Amon, Thaddous Hoyt, A Case of Atypical Paralvsis Agitans with Limited Ocular 
Movemonts. New York Nenrol. Inst. Meeting. April 29. 

2. Cadwalador, William B., A Report of Three Casus Rosembling Pseudosclerosis and 
Progressive Lenticular Degeneration. The Amor. Journ. of the med. Sciences. Vol. CL. 
No. 4. S. 556. 

3. Kramer, F., Paralvsis-agitans-ähnliche Erkrankung. Monatsschr. f. Psychiatrie. 
Bd. 38. No. 2. p. "179. 

4. Marburg, Zur Pathologie dev Paralysis agitans. Jahrb. f. Psyoh. 35. 396. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

5. Mingazzini, G., Über einen parkinsonähnlichen Symptomenkomplex. Klinisches 
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50. (Sitzungsbericht.) 


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Paralysis agitans (Wilsonsche Krankheit). 


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In diesem Kapitel sei auf die bedeutsame Arbeit von Strümpell hin¬ 
gewiesen, der den amyostatischen Symptomenkomplex bei Wilsonscher 
Krankheit, Paralysis agitans usw. dem gewöhnlichen Pyramidensyndrom 
gegen überstellt. 

Paralysis agitans. 

Kramer (3) beschreibt einen Fall von atypischer Paralysis agitans 
bei einem 58 jährigen Patienten. Im Vordergründe des Krankheitsbildes steht 
die Bewegungsstörung. Sie äußert sich in steifer Körperhaltung, starrem 
Gesichtsausdruck, Mangel an Ausdrucksbewegungen, Verarmung an Spontan¬ 
bewegungen, Verlangsamung und Erschwerung aller Willkürbewegungen, 
besonders solcher, die eine schnelle Bewegungsfolge verlangen, und in 
Pulsionserscheinungen. Auch der Ausfall von Mitbewegungen, die Selten¬ 
heit des Lidschlages, die A'diadochokinesis, die Neigung zum Verharren in 
passiv gegebenen Stellungen, die Störung der Sprache und der Schrift, wie 
der Kranke sie zeigt, werden als Teilerscheinnngen der Bewegungsstörung 
bei der Paralysis agitans aufgefaßt. Ungewöhnlich ist an dem Bilde das 
Fehlen des Tremor und der Steifigkeit der Muskulatur, trotzdem die Krank¬ 
heit schon 6 Jahre besteht. Bemerkenswert ist auch die schlechte Reaktion 
der Pupillen und die positive Wassermannsche Reaktion. Wie sich der 
Fall auch diagnostisch verhalten mag, so ist er in einer Beziehung besonders 
lehrreich, indem er die völlige Unabhängigkeit der Bewegungsstörungen von 
der Steifigkeit beweist. Beide Erscheinungen sind zwar oft in einem Krank¬ 
heitsbilde vereinigt, sind aber doch, wie der Krankheitsfall zeigt, in ihrer 
Pathogenese und wahrscheinlich auch in ihrer anatomischen Lokalisation 
voneinander unabhängig. 

In dem von Mingazzini (5) mitgeteilten Falle handelt es sich um eine 
55 jährige Patientin, welche seit 4 Jahren außer episodischem Iktus ein 
parkinsonähnliches Zittern, vorwiegend in den rechten Gliedern, besonders 
im Arme, Hypertonie, ausgeprägter in den Armen als in den Beinen, Dys¬ 
arthrien und Parese des unteren Fazialis rechts, und in den letzten Monaten 
der Krankheit partielle sensorische Aphasie und Geistesschwäche zeigte. 
Die pathologisch anatomische Untersuchung hat einen Substanzverlust mit 
ziemlich scharfer Umgebung nachgewiesen, der rechts den Nucleus caudatus 
and partiell das vordere Segment der inneren Kapsel und des Lentikularis 
zerstört hatte, während links zum Teil die Gyri temporales I, II sowie das 
dorsale Drittel der Strata sagittalia ext. atque int. verletzt waren. Distal- 
wärts waren rechts zum Teil die Ansa lenticularis, das Corpus Luysii, die Com- 
missura hypothalamica post, die Nervenzellen der Substantia nigra, die Mark¬ 
fasern des medialen Viertels des Pes, die medialen Bündel der Pyramiden- 
bahneu der Brücke, einige Gruppen von Nervenzellen der Area paramediana 
(Pontis) degeneriert, ein Teil der Fibrae transversae pontis und bestimmte 
Gebiete des Nucleus anterior, medialis und lateralis thalami verschwunden, 
einige Fasern der Pyramide rarefiziert. Es bestand außerdem fast voll¬ 
ständiger Mangel der Kreuzung der rechten Pyramide. Links nahm man 
ebenfalls einen Degenerationsprozeß des dorsalen Teiles der Strata sagittalia 
(occipt.), des Pulvinars und der vorderen Emiuentia bigemina wahr. Die 
sensorische Aphasie ist durch die Schädigung der linken Temporalwindungen, 
die Dysarthrie durch die Verletzung des. vorderen Fünftels des rechten 
Linsenkerns erklärt. Der Autor bespricht dann das Zittern, welches die 
Patientin darbot, und welches apoplektisch eingetreten war. Aus seinem und 
anderen Fällen gehe hervor, daß die direkte Ursache des Parkinson- 
schen Symptomenkomplexes in einer Veränderung der extrapyramidalen 


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Paralyais agitans (Wilsonsche Krankheit). 


Bahnen längs ihres Verlaufes im Hirnstamme von den großen Basalganglien 
bis zur Oblongata bestehe. Die Verschiedenheit der Lokalisierung des 
Krankheitsprozesses längs des Tegmentgebietes erklärt vollkommen die 
Mannigfaltigkeit der Symptome dieser Krankheit. Auf diese Weise begreift 
man, warum im allgemeinen in der Parkinsonschen Krankheit bald eine 
Muskelhypertrophie, sowie Steigerung der Sehnenreflexe, mit anderen Worten, 
warum bald die Reizerscheinungen (Steigerung des Tonus, Tremor) bald 
Herabsetzung der Muskelkraft das klinische Bild beherrschen. Auf diese 
Weise wird es klar, wie man da, wo die Verletzung das Tegmentgebiet dos 
Mittelhirns*betrifft, Reizerscheinnngen (Nystagmus) oder paretische Symptome 
des Okulomotorius antreffen kann. Lokalisieren sich die Verletzungen 
vorwiegend in dem suprapyramidalen Gebiete der Brücke (Tegmentum pontis), 
so dehnt sich der Tremor mit Leichtigkeit nach und nach auf alle 4 Ex¬ 
tremitäten aus mit Einschluß des VIL; ebenso findet man die Phänomene der 
Latero- oder der Retropulsion, falls Ausfall oder Reizung der Kleinhim- 
brückenbahnen stattfindet. Ist endlich das Tegmentgebiet der Oblongata 
verletzt, so treten die bei Parkinsonianern nicht seltenen bulbären Störungen 
auf wie Tränenfluß, Dysphagie, Speichelfluß und die der Maske der Par¬ 
kinsonianern so ähnliche Facie pseudobulbaris. Im vorliegenden Falle, 
meint der Autor, wäre der parkinsonälmliche Symptomenkomplex (Hyper¬ 
tonie, Zittern und Parese) nicht nur auf die Läsion des vorderen Fünftels 
des rechten Putamens, sondern auch auf die Zerstörung (und darauffolgende 
Degeneration) der frontozorebellaren Bahnen zurückzuführen, welche durch 
die vordere, innere Kapsel verlaufen. Außerdem hätte im vorliegenden 
Falle der hintere Pol der apoplektischen Zyste dauernd einen Reiz auf die 
im hinteren Segmente der inneren Kapsel verlaufenden Pyraraidenbahnen 
ausgeübt und dadurch die bei der Patientin aufgetretenen Zuckungen bewirkt. 
Der Rest der Abhandlung ist der Analyse der anatomischen Verbindungen 
gewidmet, die zwischen Nucleus caudatus, Linsenkern und den anderen Ab¬ 
schnitten des Hirnstammes bestehen. 


Pseudosklerose (Wilsonsche Krankheit). 

Strümpell (10) beschreibt zunächst einen klassischen Fall der sog. 
Wilson sehen Krankheit und dann einen wohl auch in die gleiche Gruppe 
gehörenden, aber etwas atypischen Fall. Darauf folgt die Beschreibung der 
Krankheitserscheinungen eines Geschwisterpaares, die wohl auch in dieselbe 
Gruppe gehört, aber manche Besonderheiten aufweist. Die hauptsächlichste 
Störung der Muskelinnervation bei diesem Geschwisterpaare bestand darin, 
daß sich fast die gesamte Muskulatur (mit Ausnahme der Augen, Sprecb-, 
Schluck- und Atemmuskeln) in einem Zustande vermehrter Rigidität und 
Kontraktionen befand. Diese Kontraktionen waren nicht reflektorisch bedingt 
und betrafen daher nicht einzelne Muskelgruppen, sondern die gesamte an 
den Bewegungen der Gelenke beteiligte Muskulatur. Dabei überwogen 
aber häufig die Kontraktionszustände in einzelnen Muskelgruppen, so daß 
es namentlich zu abnormen Beugestellungen der Beine (Beugung von Hüfte 
und Knie, Plantarflektion des Fußes) kam. Dies waren aber keine dauernd 
fixierten Kontrakturen. Sie konnten aktiv und passiv jederzeit überwunden 
werden. Es waren gewissermaßen nur Neigungs- und Vorzugsstellungen 
der Muskeln. Immerhin waren es aber Dauerstellungen, die zwar nioht 
ständig, aber doch eine Zeitlang eingehalten wurden. Dasselbe zeigte sich auch 
in den Dauerstellungen des Kopfes, der Hände und Finger usw. Durch 
diese Neigung zu Dauerstellungen wurde die gewöhnliche, normale, halb 


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Paralysis agitans (Wilsonsche Krankheit). 


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willkürliche, halb uubewußte, häufige Stellungsveräuderung der Gliedmaßen 
gehemmt Es entstand die allgemeine Bewegungsarmut und anscheinende 
Muskel- bzw. Gliederstarre. Diese Bewegungsarmut zeigt sich auch darin, 
daß allen passiven Stellungsänderungen keine aktiven Innervationen entgegen¬ 
gesetzt wurdeu. Die Glieder verharrten in der neuen Stellung, indem sich 
die Muskeln in ihrem allseitigen Kontraktionszustand offenbar sofort wiederum 
der neuen Stellung anpaßten (Fixationskontraktur, Fixationsrigidität). Da¬ 
neben bestand eine ausgesprochene Abnahme der Muskelkraft. Das Zittern 
hingegen war bei beiden Geschwistern so gering, daß es ohne genügende 
Aufmerksamkeit leicht hätte übersehen werden können; es war auch nicht 
immer vorhanden; es war ein feinschlägiger Tremor des ganzen Gliedes. 
Noch auffallender war die Erscheinung der Athetoso; es fehlte dagegen die 
für Pseudosklerose charakteristische Sprachstörung. Alle Symptome bei 
diesen Kranken weisen nach Ansicht des Autors auf eine Störung des der 
Statik des Körpers dienenden neuromuskulären Apparates hin. Ein über¬ 
mäßiger, aber auf alle Muskeln gleichzeitig einwirkender Reizzustand in 
den Muskeln des statischen Systems führt zu den in besonderer Form auf¬ 
tretenden Symptomen der Hypertonie, dor Kontrakturen und Stellungs¬ 
anomalien, der Stellungsfixation, der mimischen Starre und der Bewegungs¬ 
armut. Tritt aber die Störung im statischen System in der Weise ein, daß 
die abnormen Reizzustände in regelmäßiger, zeitlicher Abwechselung je eine 
agonistische und antagonistische Muskelgruppe betreffen, so tritt das Symptom 
des Zitterns ein, sei es als feiner, kleinschlägiger Tremor, sei es als grobes 
oszillatorisches Zittern und Schlagen. Erfolgen aber die abnormen Reiz¬ 
zustände ganz unregelmäßig und abwechselnd bald in diesem, bald in jenem 
Muskel, wobei aber alle betreffenden Muskeln -doch zusammen zu einer 
statischen Gruppe gehören, so entsteht das Symptom der Athetose. Bei 
dieser ganzen Symtomengruppe hätte man es mit einer Störung der Myo- 
sratik zu tun. Daher scheint dem Autor die Bezeichnung „amyostatischer 
Symptomenkomplex“ oder auch „Myastasie“ für diesen gesamten zu¬ 
sammengehörigen motorischen Symptomenkomplex die passendste zu sein. 
Diesem amyostatischeu Symptomenkomplex begegnet man bei verschiedenen 
Krankheitszuständen, die offenbar in bezug auf die anatomisch-physiologische 
Entstehung ihrer Symptome aufs nächste miteinander verwandt sind, während 
sie vielleicht in ätiologischer Beziehung große Verschiedenheiten darbieten. 
Zunächst sondern sich die infantilen bzw. juvenilen, häufig hereditären 
bzw. familiären Formen von den im höheren Alter mehr vereinzelt auf¬ 
tretenden Krankheitsfällen ab. Wir haben hier einerseits die bisher als 
Pseudosklerose, Wilson sehe Krankheit u. a. bezeichneten Kraukheitszustände, 
andrerseits ein mit der Paralysis agitans in Beziehung zu bringendes 
Krankheitsbild. Manche der bisher unter dem Namen der juvenilen oder 
hereditären Paralysis agitans beschriebenen Fälle gehören aller Wahrschein¬ 
lichkeit nach zur ersteren Gruppe. Im einzelnen sondern sich die Krank¬ 
heitsbilder in den beiden eben erwähnten Gruppen nach dem Vorherrschen 
und der Gruppierung der eineinen Symptome. Hierbei sind folgende 
Symptome besonders beachtenswert: 1. die Zitterbewegungen und die athe- 
toiden Bewegungen, 2. die Muskelrigidität (statische Muskelstaare) mit ihren 
Begleiterscheinungen (Kontrakturen, Stellungsfixation, Bewegungsarmut usw.), 
3. die Sprachstörung evtl, in Verbindung mit Schluckstörung und 4. die 
psychischen Störungen, vor allem die langsame zunehmende Demenz, 5. die 
begleitende Lebererkrankung und die Pigmentierung der Hornhaut. Man 
beobachtet also familiäre infantile Formen mit Zittern, Muskelrigidität, 
Sprachstörung, Demenz, Lebererkrankung und Hornhautpigment und andrer- 


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316 Meningitis serosa, Meningitis purulent*, Meningitis tuberculosa. 

seits infantile familiäre Formen mit vorherrschender Muskelstarre, aber fast 
ohne Zittern, ohne jede Demenz und ohne Pigmentring an der Hornhaut. 
Bei den im höheren Alter mehr vereinzelt auftreteDden Krankheitszuständen 
haben wir die typische Paralysis agitans mit Zittern und statischer Muskelstarre 
aber ohne wesentliche Sprachstörung und ohne Demenz, daneben aber die 
bisher als Paralysis agitans sine agitatione, als arteriosklerotische Muskel- 
starre usw. bezeichneten Fälle mit vorherrschender Muskelrigidität und 
häufig eintretender Demenz, aber ohne wesentliches Zittern. Diese Fälle 
bezeichnet Strümpell einstweilen kurz als „Myastasie“. Jedenfalls müsse 
man künftig die bei einem Kranken beobachteten Störungen der Motilität 
auch von dem Gesichtspunkte aus einzuteilen und zu beurteilen suchen, ob 
sie dem „Pyramidenbahn-Syndrom“ oder dem „amyostatischeu Sym- 
ptomenkomplex“ angehören. 

Die drei Patienten, deren Kraukheitserscheinungen C&dwalader (2) 
beschreibt, waren Geschwister, die aus gesunder Familie stammten und bis 
zum Beginn der Krankheit keine besonderen ätiologisch zu verwertenden 
Affektionen gehabt hatten. Bei allen dreien begann die Erkrankung so im 
Alter von 32—36 Jahren und entwickelte sich progressiv. Die Symptome 
bei allen dreien waren im großen und ganzen dieselben: Tremor der Extre¬ 
mitäten und des ganzen übrigen Körpers und hypertonischer Muskelzustand, 
welcher die Bewegungen verlangsamte und erschwerte. Die Reflexe waren 
gesteigert, Babinski war uicht vorhanden. Es fehlten Sprach- und In¬ 
telligenzstörungen und alle besonderen Zeichen, welche für die multiple 
Sklerose hätten sprechen können. Ob man diese Fälle nun zur Pseudo¬ 
sklerose oder progressiven Linsenkerndegeneration - rechnen soll, läßt sich 
auf Grund nur klinischer Beobachtung nicht entscheiden. 


Meningitis serosa, Meningitis pnrnlenta, Meningitis tobercolosa. 

Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

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Meningitis serosa, Meningitis purulenta, Meningitis tuberculosa. 


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76. Trnka, P., Ein bemerkenswerter Fall der eitrigen Meningitis. Casopis cesk^ch le- 
karüv. 54. 1016. (böhmisch.) 

77. Veasey, C. A., Purulent Meningitis Following Penetration of Eyeball by Fish-Hook. 
Arch. of Ophthalmology. Jan. 

78. Wegelin, C., Über aktinomykotischo, eitrige Meningitis. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 
No. 18. p. 545. 

79. Williams, T. A., Circumscribed Sorous Meningitis. New York med. Joum. CI. No. 17. 


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Meningitis serosa, Meningitis purulenta, Meningitis tuberculosa. 3l!> 

Meningitis serosa. 

Salus (66) untersuchte 150 MeniDgitisfälle mit der Hämolysinreaktion, 
die oft als erstes, da sie frühzeitig auftritt, die Meningitis erkennen ließ, 
auch ein Indikator für die Besserung war, da sie in diesem Falle rasch 
yerechwand. Verfasser berichtet über die Technik der Reaktion und ver¬ 
spricht sich vou der Hämolysinreaktion meist noch gute Erfolge für Prognose 
uod Diagnose der Meningitis. 

Löw (45) gibt einen Fall von Meningitis im Anschluß an Typhus, bei 
dem intra vitam durch Lumbalpunktion in dem Liquor der Typhuserreger 
festgestellt wurde. (Cordes.) 

Lindbom (43) gibt die Krankheitsgescbicbte eines 27jährigen Patienten, 
hei dem im Anschluß an Malaria eine Meningitis serosa auftrat. Da wohl 
meningitische Fälle im Anschluß an Infektionskrankheiten, nicht aber an 
Malaria bekannt sind, entbehrt der Fall des Interesses nicht. (Cordes.) 

Lichtwitz (42) gibt die Krankheitsgeschichte eines zuckerkranken 
Soldaten, bei dem im Anschluß an Typhus eine Meningitis serosa auftrat, 
die sich von großem Einfluß auf den Stoffwechsel des Kranken zeigte. 

Der Kranke befand sich auf dem besten Wege, als am zweiten Fiebertag 
plötzlich eine starko Beeinflussung des Stoffwechsels sich geltend machte. 
Es trat eine außerordentlich hohe Stickstoffausfuhr auf, die sicher nicht 
durch eine mit der starken Diurese verbundene Aufschwemmung von reti- 
niertem Harnstoff bedingt war. Die Beobachtung zeigte, daß eine so tief¬ 
greifende Änderung in dem Charakter eines Diabetes von einem Tag zum 
andern auftreten kann. (Cordts) 


Meningitis purulenta. 

Ghon und Roman (23) berichten über im Auschluß an Kriegsver¬ 
letzungen entstandene Meningitiden. 

Sie kommen auf Grund ihrer Beobachtungen zum Schluß, daß es sich 
um ein Vorherrschen vou Mischinfektiouen mit zwei und mehreren Bakterien¬ 
arten, um das Zurücktreten von Infektioneu mit nur einer Art handelt, und 
daß dadurch häufig das typische Krankheitsbild verändert wird. (Cordes.) 

Chiari (12) beobachtete unter 41 Schußverletzungeu des Gehirns, daß 
hei 33 der Tod infolge von Meningitis suppurativa auftrat. 

In 80 Prozent der Fälle setzte die Meningitis suppurativa als basilare 
Meningitis ein bei ganz verschieden lokalisierter Schußverletzung des Gehirns. 
Für die Pathogenese dieser Meningitis basjlaris war festzustellen, daß in 
allen beobachteten Fällen diese auf einen Übergang der Hirneiterung auf 
den einen oder anderen Seitenventrikel zurückzuführen war. (Cordes.) 

Leighton und Pringle (40) berichten über 2 Fälle von durch 
Streptokokken veranlaßte Meningitis, in denen nach Vornahme der Lamin- 
ektomie und Drainage Heilung eintrat, wenngleich in beiden Fällen der 
Streptokokkus als Erreger nachgewiesen war. 

Auf Grund von zwei beobachteten Fällen schließt Wegelin (78), daß 
auf der Basis von manifesten oder latenten aktinomykotischen Herden sich 
eine hämatogene autostatische Meningitis entwickeln kann, auch kann die¬ 
selbe durch direkte Fortleitung von derartigen Prozessen im Blute entstehen. 
Das Exsudat ist fibrinöseitrig durch dio Aktinomyzes- oder durch Misch¬ 
infektion verursacht. Die Lokalisation ist hauptsächlich an der Hirnbasis 
oder an den Häuten des Rückenmarks. (Cordes.) 

Trnka (76) beschreibt einen Fall von eitriger Meningitis (nach Gewehr- 
kugeldnrchschuß), der, anderer Therapie trotzend, durch zweimalige Ab- 


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320 Meningitis serosa, Meningitis purulenta, Meningitis tuberculosa. 

lassuug von ca. 2 ccm Liquor zur Heilung gebracht wurde. Subjektive 
Besserung unmittelbar nach dem Eingriffe, objektive in wenigen darauffolgen¬ 
den Tagen. ( Jar. SluchUk.) 

In der Mitteilung von Hryntsch&k (33) bandelt es sich um einen 14jähr. 
Knaben, der noch tags vor Beginn seiner Erkrankung die Schule besucht 
hatte, ohne irgendwelche Störungen zu zeigen. Nach Hause gekommen, be¬ 
gann er über Kopfschmerzeu zu klagen. In der Nacht steigerten sich die 
Kopfschmerzen unter Erbrechen, und es trat Bewußtlosigkeit ein. Patient 
liegt auf dem Rücken, die Knie halbgebeugt mit furchtbar schmerzlichem 
Gesichtsausdruck, jammert, wimmert, schreit auf. Pupillen mäßig weit und 
starr. Patient reagiert auf nichts, wirft sich in großer Unruhe umher. 
Nackensteifigkeit, Trousseauxflecke auf der Haut. Temperatur 36,9, Puls 
60, regelmäßig. Dieser Zustand, auch Puls und Temperatur, blieben unver¬ 
ändert bis zum Tode. Krankheitsdauer etwas über 24 Stunden. Erwähnens¬ 
wert ist noch, daß Patient drei Wochen vor dieser Erkrankung beim Turnen 
so stark auf den Kopf gestürzt ist, daß er mit Kopfschmerzen nach Hause 
kam. Die Sektion ergab: Hirn geschwollen, weiche Hirnhaut au der Basis 
um das Chiasma herum und nach rückwärts über Pons und Medulla oblon- 
gata von wässeriger eitriger Flüssigkeit durchtränkt, welche an der hinteren 
Partie des Kleinhirns auffallend weißlich gefärbt ist. Auch über der Kou 
vexität des Großhirns längs der Furchen sind Spuren einer wässerigen eitrigen 
Flüssigkeit. Die Ventrikel sind erweitert, enthalten in ihrem Hinter- und 
Unterhorn geringe Mengen eitriger Flüssigkeit. Die weichen Häute des 
Rückenmarks sind an der Hinterfläche von eitriger, wässeriger Flüssigkeit 
durchsetzt, und im Sack der harten Hirnhaut ist gegen unten massenhaft 
wässerig eitrige Flüssigkeit angesammelt. Der Eiter enthielt Mikrokokken. 
die in Zellen eingeschlossen waren. Es handelte sich also nach Ansicht 
des Autors um eiuen Fall von perakuter Meningitis cerebrospinalis. 

(Jacobsohn.) 

Gölkel (24) berichtet über einen Meningitisfall bei einem 8jährigen 
Kinde, das unter dem Bilde einer schweren hysterischen Störung im Anschluß 
an ein Trauma einsetzte. (Corde*.) 

In einem von Fachs-Reich (20) beobachteten Falle — 39jähriger 
Patient — wurde zuerst Flecktyphus diagnostiziert. Die plötzliche, aus 
voller Gesundheit mit Schüttelfrost oinsetzende hohe Temperatur, Pulsbe¬ 
schleunigung, Bronchitis, Milzschwcllung, Benommenheit, Roseolen und 
Petechien, wenn auch atypisch, schienen dazu zu berechtigen. Nach 36 Stunden 
war aber Patient entfiebert, wurde benommen, das Exanthem blaßt ab, die 
Pupillen wurden ungleich, es trat leichte Fazialisparese ein, der Bauch war 
eingezogeu, und Nackenstarre angedeutet. Dies führte zu der Diagnose 
Meningitis, wobei die Natur der Meningitis nicht klar war. Die Sektion 
ergab: Meningitis purulenta baseos et convexitatis. Die Autorin nimmt in 
diesem Falle au, daß es sich um ein Eindringen der Infektionserreger auf 
dem Wege des Lymphstromes von der Oberfläche des Respirationstraktus 
bei einer Influenza gehandelt bat, also um eine Influenza- oder Pneumo¬ 
kokkenmeningitis. ( Jacobsohn .) 

Eichhorst (16) schildert mehrere Fälle von durch Pneumokokken 
veranlaßter Meningitis, die sich an Appendizitiden anschlossen, die in vivo 
nicht mit Sicherheit diagnostiziert werden konnten. (Cordes.) 

Bittor! (4) gibt die Krankheitsgeschichte mehrerer Fälle von Menin¬ 
gitis, die in ihrem Verlauf ein septisches Bild boten. Die Annahme einer 
Mischinfektion mußte fallen gelassen werden, und es wurde eine hämatogene 
Meningokokkenerkrankung angenommen. (Cordes.) 

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Meningitis serosa, Meningitis pnrulenta, Meningitis tuberculosa. 


321 


Mygind (54) gibt gestützt auf eine reiche Erfahrung ein Referat über 
die otogene Meningitis. Seine Erfahrung geht darauf hinaus, daß eine tödlich 
verlaufende diffuse eitrige Leptomeningitis, deren Diagnose durch die Sektion 
bestätigt wird, in nicht wenigen Fällen verläuft, ohne daß die allgemein an¬ 
gewandten (Jntersuchungsmethoden imstande sind, Bakterien in der durch 
Lumbalpunktion gewonnenen Zerebrospinalflüssigkeit nachzuweiseu. Bei 
der otogenen Meningitis finden sich allerdings in der Mehrzahl von Fällen 
im Puuktat sowohl polynukleäre Zellen als auch Bakterien, aber trotzdem 
ist man nicht berechtigt, einen Fall, bei dem die klinischen Symptome auf 
das Vorhandensein einer akuten diffusen Meningitis deuten, von dieser Gruppe 
auszuschließen, wenn die sterile Zerebrospinalflüssigkeit nur getrübt ist und 
eine vorzugsweise reichliche Menge einkerniger Zellen enthält. M. gibt nun 
eine kurze Übersicht über 68 Fälle von otogener Meningitis. 61 Patienten 
wurden operiert, 40 Patienten waren männlichen, 28 weiblichen Geschlechts. 
Der jüngste Patient war 4 Monate, der älteste 70 Jahre alt. Die Menin¬ 
gitis war bei 23 Patienten unkompliziert, bei 45 Patienten war die 
Meningitis mit intrakraniellen Komplikationen vergesellschaftet, bei mehreren 
Fällen war die Komplikation eher als die Haupterkrankung zu erkennen 
(Abszeß, Thrombophlebitis). Die primäre Mittelohreiterung war 27 mal 
akuter, 41 mal chronischer Natur. Bei den letzteren Fällen war der Prozeß 
19 mal cholesteatomatöser Art. Die otogene Meningitis hat die ungünstigste 
Prognose bei Kindern im ersten Lebensjahr und bei Patienten im Alter 
von mehr als 30 Jahren, am günstigsten ist die Prognose bei Patienten im 
Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Die Meningitis, welche auf einer chro- 
nischeu Mittelohreiterung beruht, hat eine ungünstigere Prognose als die, 
welche durch eine akute Mittelohreiterung hervorgerufen wird; besonders 
ungünstig ist die Prognose, wenn neben Mittelohreiterung eine Labyrin¬ 
thitis besteht, wenn das Lumbalpunktat stark getrübt ist und diese Trübung 
immer weiter fortschreitet, die Zellen des Punktats durchweg polynukleär 
sind, und wenn sich Streptokokken finden. Auch die Art der intrakraniellen 
Komplikation ist für die Prognose natürlich von großer Bedeutung. Den 
Schluß der Abhandlung bilden die Ausführungen über die Therapie, unter 
denen diejenigen über die operative den größten Raum einuehmen. Die 
Indikationen für die Eröffnung des Subduralrauines und die darauffolgende 
Untersuchung auf das Vorhandensein eines Abszesses des Zerebrum oder 
Zerebellum sind nach Ansicht des Autors folgende: 1. Fälle, wo die Dura 
fistulös durchsetzt ist, 2.. Fälle mit Gangrän des Dura, 3. Fälle mit tiefer 
gehender Pachymeningitis externa, 4. Fälle, bei denen man vor der Opera¬ 
tion klinische Zeichen eines Abszesses des Zerebrum oder des Zerebellum 
gefunden hat. ( Jacobsohn .) 

Berens (1) teilt zwei Fälle von Meningitis nach Otitis mit, die dadurch 
bemerkenswert siud, daß nach tagelangem Wohlbefinden die Meningitis sich 
rapide entwickelte und zum Tode führte. ( Jacobsohn .) 

Kutvirt (37) beschreibt einen sehr interessanten Fall, bei welchem 
aich nach rechtsseitiger Otitis purulenta allmählich eine tödlich verlaufende 
linksseitige Meningitis eingestellt hat. Die Diagnose war auch intra vitam 
klar. Aber eine Erklärung des Überganges der Affektion vermag auch die 
Sektion nicht zu geben, da die rechte Seite vollkommen frei von menin- 
gitischen Veränderungen war. Der Übergang durch die Sinus ist nicht an¬ 
zunehmen, denn die Sinus waren rein und nicht thrombosiert; wahrscheinlich 
hatte die Eiterung den äußerst seltenen Weg durch den Knochen geschlagen. 
Warum aber dabei auf diesem Wege die Hirnhäute der rechten Seite intakt 
Blieben, vermag Autor nicht zu erklären. {Jnr. Stuchlik.) 

Jahresbericht f. Neurologie n. Psychiatrie 1S15. 21 


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322 


Hydrozephalus, Arteriosklerose, Polioenzephalitis. 


Meningitis tnberculosa. 

Bei der Differentialdiagnose der Meningitis tuberculosa bat sich, wie Nobel 
(66) fand, die Probe mit Ninhydrin wertvoll erwiesen. Sie ist außerordentlich 
empfindlich und beruht auf einer leicht nachweisbaren Farbenreaktion. Die 
Probe wird derart aDgestellt, daß zu */,—1 ccm Liquor cerebrospinalis 
0,1 ccm Ninhydrin in lproz. Lösung gegeben und ca. J /* Minute gekocht 
wird. Bei positivem Ausfall entsteht eine schöne blaue bis blauviolette 
Färbung. Der positive Ausfall der Reaktion häDgt nur zum Teile mit dem 
Eiweißgebalte der Flüssigkeit zusammen. ( Jacobsohn .) 

Die von Nobel angewendete Ninhydrinprobe mit der Spinalflüssigkeit 
ist nach Erfahrungen von Kafka (36) zur Differentialdiagnose der tuberku¬ 
lösen von anderen akuten Meningitiden nicht, von anderen mit Vermehrung 
des Liquoreiweißes einhergehenden Erkrankungen des Zentralnervensystems 
nur mit größter Vorsicht zu verwerten. Die Differentialdiagnose gegen die 
zuletzt erwähnten Erkrankungen läßt sich durchführen, wenn man den Liquor 
gegen destilliertes Wasser dialysiert und mit dem Dialysat die Ninhydrin- 
reaktion ansetzt. ( Jacobsohn .) 

Im Verlaufe der Tuberkulose anderer Organe als des Zentralnerven¬ 
systems gibt es Zustände, welche klinisch eine Meningitis tuberculosa Vor¬ 
täuschen können. Brockmann (8) führt dafür zwei Fälle an. Klinisch 
bestand, ausgesprochen oder im Anfangsstadium sich befindend, das Bild 
einer Meningitis. Im ersten Falle war, wie die Sektion ergab, keine Menin¬ 
gitis vorhanden; die Erscheinungen waren durch einen in der Nähe des 
Hirnventrikels liegenden Riesentuberkel bedingt, der ganz lokalisierte Ent¬ 
zündung der Ventrikelwand hervorgerufen hat. Auch im zweiten Falle 
bestand keine Meningitis, und die vorhandenen meningitischen Symptome 
erklärt der Autor als durch tuberkulotoxische Produkte bedingt. 

( jacobsohn.) 

Jahnel (34) untersuchte eine Reihe als sicher erwiesoner Meningitis¬ 
fälle (Meningitis tuberculosa) auf den Ausfall der Wassermannreaktion. 
Er erhielt eine Gruppe, in der der Wassermann in Blut und Liquor positiv 
war, und eine zweite, in der bei Anwendung größerer Mengen der Liquor 
positiv, das Blut negativ befuuden wurde. 

Er zieht aus diesen Beispielen den Schluß, daß die positive Wasser¬ 
mannreaktion im Liquor nicht ausnahmslos für eine syphilogene Erkrankung 
des Zentralnervensystems charakteristisch ist, da ja, wie er meint, Luetiker 
durch Erkrankung an Meniugitis eine positive Reaktion aufweisen, ander¬ 
seits durch Verwendung größerer Liquormengen (das Auswertungsverfahren) 
eine unspezifische Wassermaunreaktion erzeugt werden kann. {Cordes.) 


Hydrozephalos, Arteriosklerose, Polioenzephalitis. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Ager, L. C\, Fatal Afebrile Nonparalytic Polioencephalitis. Treatment by Autoinocu- 
lation with Spinal Fluid. Arch. of. Podiatr. Oct. 

2. Armstrong, A. W., Gase of Hydrocephalus. New York State Journ. of med. 15. (10.) 

3. Beck, J. G\, and Pollock, H. L., Gase of Probable Aneurysm in the Region of the 
Petrous Portion of the Temporal Bone. The Journ. of Nerv, and Mental Disease. 
Vol. 42. p. 564. (Sitzungsbericht.) 

4. Bishop, L. F., Relation of Arteriosclerosia to Ophthalmologv, Neurology and Surgery*. 
New York med. Journ. May 15. 


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Hydrozephalus, Arteriosklerose, Polioenzephalitis. 


323 


5. Bökay, Joh. v., Beiträge zur Pathologie und Therapie des chronischen Hydrooephalus 
internus. Jahrbuch f. Kinderheilk. Bd. 81. H. 1. p. 17. 

6. Brennecke, Fall von Enzephalitis. Münch, med. Woch. 62. 1762. (Sitzungsbericht.) 

7. Comby, J., Acute Encephalitis in Children. Bull. Soc. de Pädiatrie. Paris. June 1914. 
XVI. No. 6. 

8. Droz, Deux cas d’oncephalite aigue. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte, p. 1199. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

9. Eich, Hans, Die Enzephalitis als Komplikation und Nachkrankheit der Masern. 
Diss. Kiel. 

10. Forshei m, Den spontana subarachnoidal blödningen patologie och Diagnostik. Hygiea. 
1914. H. 20. 

11. Gourliau, A., Notes sur les suites operatoires de 33 trepanations pour plaies du crane 
par £clat d’obus. Lyon chir. 

12. Halbev, Kurt, Über die frühzeitige Verhärtung des arteriellen Blutgefäßsystems 
(Arteriosclerosis praecox). Med. Klinik. No. 41. 

13. Joest, E., Die enzootische Enzephalomyelitis (Boinasche Krankheit) des Pferdes. 
Pathologische Anatomie, Pathogenese und Ätiologie, unter besonderer Berücksichtigung 
der vergleichenden Pathologie. Ergebnisse der allg. Pathol. u. pathol. Anat. d. Menschen 
u. d. Tiere. 18. Jahrg. Abt. I. S. 359. Wiesbaden. J. F. Bergmann. (Darstellung 
auf Grund der neuesten Literatur.) 

14. Lowy, Julius, Zur Symptomatologie des Aneurysmas der Himarterien. Zbl. f. innere 
Medizin. No. 30. p. 469. 

15. Mc CI anah an, H. M., Hydrocephalus. Jowa State M. S. Journ. 5. (10.) 

16. Oden, Rudolph J. E., Hydrocephalus. The Possiblo Relation of a Contractod Pelvis to 
Hydrocephalus Developping After Birth. The Journ. of the Amer. med. Assoc. Vol. 
LXIV. No. 10. p. 816. 

17. Paulus, E. Arnold, Polioencephalomyelitis bei Botulismus. Kasuistischer Beitrag. 
Journ. f. Psychol. u. Neurol. Bd. 21. H. 5/6. p. 201. 

18. Pehu et Gard&re, Acute Encephalitis with Spirochetes in Lesions in Young Child with 
Inherited Syphilis. Arch. de med. des enfants. June. XVIII. No. 6. 

19. Pollock, Lewis J., Hypopituitarism in Chronic Hydrocephalus. Tho Journ. of the 
Amer. med. Assoc. Vol. LXIV. No. 5. p. 395. 

20. Potts, Charles S., A Case of Probable Encephalitis Due to the Inhalation of the Fumes 
of Gasoline. The Journ. of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. No. 1. p. 24. 

21. Sachs, Emest, Intracranial Telangiectasis: Symptomatology and Treatment, with 
Report of Two Cases. The Amer. Journ. of the mod. Sciences. Vol. CL. No. 4. S. 565. 

22. Saenger, Fall von Hydrozephalus. Münch, med. Woch. 62. 1762. (Sitzungsbericht.) 

23. Simons, Enzephalomyelitis nach Typhus. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 
42. 119. 

24. Stefano, S. de, Etiologic Factor Between Chronic Hydrocephalus and Inherited 
Syphilis. Pediatria. Aug. XXIII. No. 8. 

25. Wester, Lothar, Über Encephalitis purulenta. Inaug.-Dissert. München. 

26. Wilms, Hydrozephalus. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. W r och. 1916. 42. 371. 


Enzephalitis ond Polioenzephalomyelitis. 

Nach wochenlangem Genaß von schlecht geräuchertem und offenbar 
verdorbenem Schweinefleisch erkrankten 4 Personen in einer Familie ungefähr 
za gleicher Zeit an gastro-intestinalen und nervösen Erscheinungen, die bei 
2 Kranken progressiv waren und innerhalb weniger Wochen bzw. Monaten 
zum Tode führten. Den einen dieser beiden, einen 36jährigen Bauer, konnte 
Paulas (17) klinisch beobachten und nach dem Tode des Patienten dessen 
Zentralnervensystem einer genaueren Untersuchung unterziehen. Die Sym¬ 
ptome auf seiten des Verdauungstraktus waren nur in der ersten Zeit 
stärker ausgesprochen und bestanden in Übelkeit, Brechreiz, Appetitlosigkeit, 
Versagen der Speicheldrüsen mit Trockenheit des Mundes, starkem Durst¬ 
gefühl und hartnäckiger Obstipation (Darmläbmung). Die Nervensymptome 
waren Sehstörungen (Amblyopie, Akkommodationslähmung, Doppelseheu), 
Nystagmus, im späteren Stadium fast völlige Lähmung aller äußeren und 
inneren Augenmuskeln mit Blicklähmung, Ptosis, Mydriasis, absolute Pupillen¬ 
starre; Dysphagie, Dysarthrie, doppelseitige Parese des Fazialis, Hypo- 
glossus und Glossopharyngens, zerebellare Ataxie, schließlich allgemeiue 

21 * 


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324 


Hydrozephalus, Arteriosklerose, Polioenzephalitis. 


Lähmungserscheinungen und Schwäche des Gesamtkörpers ohne deutliche 
Halbseitensymptome. Die histopathologische Untersuchung der Zentralorgane, 
in diesem Fallo von Botulismus, ließ zwei Arten von Veränderungen unter¬ 
scheiden, wie sie nach Ansicht des Autors bisher in dieser Vereinigung 
weder bei der alkoholischen Form der Polioenzephalitis noch beim Botulismus 
beschrieben worden sind, nämlich: 1. miliare kapillare Blutungen in das 
zentrale Höhlengrau und die graue Substanz des Rückenmarks; 2. von diesen 
unabhängige, diffuse Degenerationsvorgänge am Nervenparenchym, nament¬ 
lich in den Ganglienzellen des Zentralnervensystems ohne eigentlich entzünd¬ 
liche Prozesse. Die Blutungen sind wie bei der alkoholischen Polioence¬ 
phalitis superior im wesentlichen in der Gegend der Augeumuskelkerne 
und anderer motorischer Hirnnervenkerne lokalisiert, erstrecken sich aber 
weit darüber hinaus einerseits in distale Abschnitte des Hirnstammes, auf 
die gesamte Kernregion der Medulla ablongata, andererseits proximalwärts 
auf die periventrikuläreu Teile des Zwischenhirns. Was den Fall auszeichnet, 
ist der Umstand, daß der gleiche hämorrhagische Prozeß in sehr ausgedehnter 
Weise auch die graue Substanz des Rückenmarks betrifft, und zwar am 
stärksten die Vorderhörncr der Halsanschwellung, in geringerem Grade aber 
auch einzelne Höhenabschnitte des Dorsal- und Lendenmarks. Es liegt also, 
den ganzen Prozeß zusammeugenommen, eine Polioencepbalomyelitis liaemor- 
rhagica vor. Neben den vaskulären Störungen bestehen ausgebreitete primäre 
Parencbymdegenerationen, vorwiegend an den Ganglienzellen, die verschiedene 
Stadien der Zellentartung, besonders ausgeprägt körnigpigmeutöse Degene¬ 
rationen in einigen Kerngruppen des Hirnstammes wie Okulomotorius, 
Abduzens aufweisen. Auch in diesem Falle, darin stimmt er mit anderen 
überein, waren entzündliche Erscheinungen, weder infiltrative noch prolife¬ 
rative Vorgänge, am Gefäßbindeapparat nicht nachweisbar. 

Eich (9) beschreibt einen Fall, wie ihn der Titel der Arbeit kenn¬ 
zeichnet. 

Potts (20) teilt einen nicht gewöhnlichen Fall akuter Gasoliuvergiftuug 
mit. Während gewöhnlich nur vorübergehende Störungen, wie Kopfschmerz, 
Übelkeit, Delirieu und Bewußtlosigkeit aufzutreten pflegen, beobachtete Potts 
bei einem 45jährigen Manne, der beim Abfüllen von Gasoliue bewußtlos 
geworden war und fast 14 Tage stuporös blieb, eine Ptosis des rechten 
Augenlids und Abweichen des Auges nach rechts unten als Zeichen einer 
vollständigen rechtsseitigen Okulomotoriuslähmung bis auf eine ganz schwache 
Lichtreaktion des Auges. Die Pupillen waren ungleich, links enger als 
rechts. Es bestaud eine Schwäche des linken Muudfazialis, Armes und 
Beines. Die Kniereflexe waren lebhaft, links stärker als rechts mit Fuß- 
klonus. Adiadokokinesie des linken Armes. Der Gang war unsicher, zere¬ 
bellarer Art mit Neigung, nach links zu gehen. Die Störungen besserten 
sich sehr langsam und veranlaßten Potts, eine enzephalitische Erkrankung 
infolge Gasolinvergiftung in der Gegend des Aquaeductus Sylvii anzunehmen. 

(Bendix.) 

Hydrozephalus. 

V. Bökay (5) berichtet über 2 Fälle von chronischem Hydrozephalus 
internus. In dem einen Falle handelt es sich um ein 2 l / s jähriges Kind 
mit einem Kopfumfang von 66,5 cm. Da der Fall trotz l*/ 9 Jahre langer 
systematisch durchgeführter Lumbalpunktionen zum Exitus kam, so war es 
möglich, die Ergebnisse der Strasburgerschen Transparenzprüfung des 
Schädels mit dem Sektionsbefunde zu vergleichen und festzustellen, daß 


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Hydrozephalus, Arteriosklerose, Polioenzephalitis. 


325 


diese Prüfung, welche noch eine Transparenz bei 1,0 cm Hirnrindendicke 
ergibt, eine zuverlässige ist. In einem zweiten Falle konnte die systematische 
Lumbalpunktion vom ersten Lebensjahr bis zum siebenten durchgeführt 
werden und hatte einen recht befriedigenden Erfolg, indem das Kind in seiner 
Bewegungsfähigkeit unbeschränkt wurde und in geistiger Hinsicht sich ent¬ 
wickelte. 

Bei einer Frau mit engem Becken, welche 3 Kinder gebar, waren 
2 Hydrozephalen, während das dritte einen normalen Kopf hatte. Das dritte 
Kind war von Oden (16) mittels Sectio caesarea geboren worden, bei den 
anderen hatte die Geburt sehr lange gedauert. Der Autor denkt nun an 
einen Zusammenhang zwischen dem engen Becken der Mutter und dem 
Hydrozephalus der Kinder. 

Pollock (19) beschreibt 4 Fälle von chronischem Hydrozephalus. Es 
handelt sich um einen Mann und drei Frauen. Den vieren gemeinsam und 
auffällig war die ungemeine Fettentwicklung am Körper. Bei dem Manne 
bestand außerdem spärliche Haarentwicklung, Genitalatrophie und Imbezillität. 
Dieser Fall kam zur Sektion. Neben dem Hydrozephalus, wodurch auch 
der dritte Ventrikel an der Basis vorgewölbt war, fand sich eine abgeplattete 
Hypophysis im verbreiterten Türkensattel liegend. Auch die Glandula pinealis 
war abgeplattet. In den beiden Drüsen fanden sich auch mikroskopisch 
schwere Veränderungen vor. 


Gefässerkranknngen. 

Sachs (21) berichtet über 2 Fälle von intrakranieller Teleangiektasie, 
welche zwei Knaben im Alter von 10 Jahren betrafen. In dem ersten 
Falle bandelte es sich um ein Gefäßkonvolut der oberflächlichen Rinden¬ 
gefäße der motorischen Zone, im anderen Falle um ein solches der Dura, 
welches mit den Pialgefäßen in Verbindung stand. Das Symptomenbild war 
die Jacksonsche Epilepsie. Im zweiten Falle gelang die operative Ent¬ 
fernung des Gefäßkonvoluts, im ersten Falle trat bald nach der Operation 
der Exitus ein. 

Löwy (14) beschreibt den Krankheitsverlauf eines Falles von per¬ 
foriertem Aneurysma der linken Arteria cerebri anterior, der unter dem 
Kraukheitshilde einer Meningitis verlief. 

Hervorgehoben wird, daß die erste Lumbalpunktion einen stark blutigen 
Liquor cerebrospinalis ergab, während die zweito, 6 Tage später vorgenommene 
Lumbalpunktion einen normalen Liquor ergab, was einiges Licht auf die 
Resorptiousverhältnisse im Duralsack werfen kann. Bemerkenswert war 
ferner eine Leukozytose von 19 200 Leukozyten und ein Fieberverlauf, der 
4 Tage vor dem Exitus einer normalen Temperatur wich. Das Fieber dürfte 
demnach nur zum Teil zentral ausgelöst sein, zum Teil ist es ein Resorptions- 
fieber. (Autorreferat.) 

Nach den wissenschaftlichen Erfahrungen, denen H&lbey (12) zustimmt, 
kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Entstehung der Sklerose der 
arteriellen Gefäße an das Alter des Menschen in keiner Weise gebunden ist, 
und daß sie im jugendlichen Alter, also vor dem 30. Lebensjahre, häufig 
beobachtet wird, häufiger jedenfalls, als das allgemein angenommen und 
geglaubt wurde. Skeptisch kann man sich den Beobachtungen von Arterio¬ 
sklerose in den ersten 10 Lebeusjahren gegenüber verhalten. Dasselbe gilt 
auch durchweg von den Fällen, die in der sogenannten Wachstums- und 
Pubertätsperiode beobachtet werden. Anders liegt es dagegen bei den Beob¬ 
achtungen. die sich auf Individuen nach der Pubertätszeit bis zum 3<>. Lebens- 


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326 


Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


jahr erstrecken. Hier bandelt es sich bei der Arbeiterbevölkerung um junge 
Leute, die in harter Arbeit bereits den Kampf ums Dasein auch mit seinen 
vielen Schädigungen aufnehmen, bei der wohlhabenden Stadtbevölkerung um 
junge Männer, die bereits anfangen, sich der Genußsucht in die Arme zu 
werfen, und bereits von dem Jagen und Hasten nach Gewinn ergriffen sind. 
Hier findet man recht häufig schon beginnende Arteriosklerose, die der Autor 
mit Atherosklerosis praecox bezeichnet. Und wenn man viele Fälle binzu- 
reohnet, die unter der Flagge der Neurasthenie segeln, so dürfte die Zahl 
noch bei weitem anwachsen. Das ist ein bedauerlicher Zustand, da derartige 
Personen in ihrem Berufe, besonders in solchen, die größere Anforderungen 
an das Gefäßsystem stellen, sehr bald versagen. Das frühzeitige Erkennen 
der beginnenden Arteriosklerose ist deshalb von großer Bedeutung; freilich 
lassen da die klinischen Methoden noch sehr im Stich. 


Tnmoren und Parasiten des Gehirns. 

Ref.: Dr. Walter Misch-Berlin. 


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Tumoren und P&raaiten des Gehirns. 


327 


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328 


Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


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eines operierten Falles. Neurol. Zbl. No. 3. p. 87. 

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Hypophysentumor. Med. Corr.-Bl. d. Würtemb. ärztl. Landesver. p. 226. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

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Vol. LX1V. No. 23. p. 1903. 

59. Quix, Absteigende Entartung im Labyrinth bei Tumoren des Akustikus. Monateechr. 
f. Ohrenheilk. 49. 545. (Sitzungsbericht.) 

60. Reuß, Heinrich, Über einen Fall von einseitiger multipler Hirnnervenlähmung infolge 
von Endotheliom der Schädelbasis, Diss. Rostock. 

61. Russell, G. Mac Robert, A Caseof Acoustio Tumor; Operation. New York Neurol. Inst. 
Meeting. April 1. 

62. Ruttin, Zur Diagnose der Tumoren der mittleren Sohädelgrube. Monatsschr. f. 
Ohrenheilk. p. 383. (Sitzungsbericht.) 

63. Derselbe, Tumor cerebi im Anfangsstadium? ebd. p. 443. (Sitzungsbericht.) 

64. Scheer, W. von der, und Stuurmann, F. J., Tumor des Corpus Striatum. Psych. en 
neur. Bladen. 19. 571. 

65. Schepelmann, Emil, Hypophysentumoren. Dtsch. Zschr. f. Chirurgie. Bd. 133. 
H. 4. p. 390. 

66. Seibold, Coenurus cerebraiis. Münch, tierärztl. Wach. 66. (49.) 950. 

67. Stephenson, Junius W., A Case of Suspected Frontal Neoplasm. New York Neurol. 
Inst. Meeting. Jan. 21. 

68. Stroemer, Karl, Zur Symptomatologie und Diagnose der extrazerebralen Tumoren. 
Diss. Kiel. 

69. Thierauch, H., Großhimtumor unter dem Bilde der progressiven Paralyse. Zschr. 
f. die ges. Neurol. Bd. 28. H. 2/3. p. 315. 

70. Todde, C., Echinococcus Cyst in the Brain of Young Man Causing Cerebellar Syndrome 
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71. Valkenburg, C. T. van, Trigeminusstoornis door grootehorseng&zwel als bijkomstig 
basisverschlijnsel. Nederlandsch. Tijdschr. voor Geneeskunde. No. 17. p. 1456. 

72. Weinrich, Hermann, Über diagnostische Ergebnisse boi Anwondimg der Himpunktion, 
besonders bei Hirntumoren. Inaug.-Dissert. Halle a. S. Juli. 

73. Weise, Willy, Zur »Symptomatologie dor Tumoren des Scheitellappens. Diss. Kiel. 

74. Weisen bürg, T. H., and Work, Philip, Tho Diagnosis of Tumors in the Posterior 
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75. W hooley, P. G., Gumma of Pituitary, Associated with Lesions in Spinal Cord which May 
Represent Early Lettens cf ringomylia. Journ. of Labor, and. Clin. Med. I)ec. 


Allgemeines. 

Archambault (4) gibt in einem Vortrage eine Übersicht über die 
Diagnose der Hirntumoreu, bei der besonders die Lokalisation in den ver¬ 
schiedenen Gehirnpartien berücksichtigt werden. Im ganzen bietet die Arbeit 
keine wesentlich neuen Gesichtspunkte. 

Von Ayer (7) wird die Pathologie der Hirntumoren unter Zugrunde¬ 
legung von sehr schönen Abbildungen besprochen. Das Material des Verf. 
bestand aus 12 Gliomen, von denen 3 im Parietallappen, 2 im Frontallappen, 

2 im Kleinhirn und 5 in den Basalganglien lokalisiert waren, und deren 
durchschnittliches Todesalter 51 Jahre war, aus 4 Hirnsarkomen, vou denen 

3 primär und eines sekundär waren, einem Endotheliom der Duia über dem 
Parietallappen, das zu Lebzeiten keine Symptome gemacht hatte und nicht 
Todesursache war, ferner einem Fall von drei Solitärtuberkeln in Okzipital-, 
Parietal- und Temporallappeu. Weiter bespricht Verf. kurz die Pathologie 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


329 


dos Hirngummas, das bei nicht genügend erfolgreicher Beeinflussung durch 
interne Maßnahmen zuweilen Indikation für chirurgischen Eingriff geben 
kann, des Gehirnkarzinoma, das stets metastatisch ist, des Cholesteatoms und 
Psammoms. 

Von Frazier (21) werden die Beziehungen zwischen Liquordruck und 
Hirntumoren besprochen. Es gibt eine ganze Anzahl von Hirntumorfallen, 
die ganz ohne Drucksteigerung verlaufeu können; es sind dies besonders 
Tumoren von mehr infiltrativem Wachstum oft von beträchtlichen Dimen¬ 
sionen, aber ohne sekundären Hydrocephalus internus. Es läßt sich über¬ 
haupt sagen, daß Drucksteigerung vielmehr das Ergebnis von sekundärem 
Hydrozephalus als der Anwesenheit des Tumors selbst ist. Auch die Tumoren 
der hinteren Schädelgrube machen in der Hegel nur deshalb so gewaltige 
Hirndruckerscheinungon, weil sie zu einem besonders starken Hydrozephalus 
führen. Immerhin gibt es auch sogar Tumoren der hinteren Schädelgrube 
ohne Drucksteigeruugssymptome, nämlich solche, die den Liquorabfluß nicht 
verlegen und infolgedessen nicht von Hydrozephalus begleitet sind; so wird 
hier ein Fall ohne Drucksteigerungssymptome beschrieben, der klinisch nur 
okzipitale Kopfschmerzen, unsicheren Gang und Schwanken nach einer Seite, 
aber keine Stauungspapille aufwies, und bei dem sich ein außergewöhnlich 
großes Endotheliom der rechten hinteren Scbädelgrube aber ohne Hydro¬ 
cephalus internus fand. Das Vorhandensein von Hirndruckerscheinungen 
hängt also im allgemeinen weder von der Größe noch von der Lokalisation 
noch von der Art des Tumors ab, sondern lediglich davon, ob er den Zufluß 
uud Abfluß des Liquors irgendwie behindert und so das Gleichgewicht zwischen 
Liquorsekretion und -absorption stört. Es können also die Hirndruck¬ 
erscheinungen durch Zunahme der Liquorsekretion oder durch Störung der 
Liquorresorption entstehen; über die erstere ist nicht viel bekannt, bei der 
letzteren handelt es sich offenbar in vielen Fällen um eine Verhinderung des 
Liquorabflusses in die Venen, wie auch insbesondere die Häufigkeit des 
Hydrozephalus bei Tumoren der hinteren Schädelgrube mit den Venae 
Galeni in Verbindung gebracht wird. Für eine aktive LiquoranhäufuDg spricht 
das rasche Ansammeln von Liquor in gedehnten Ventrikeln nach Punktion 
derselben. Sehr häufig liegen periodische Schwankungen im Liquordruck 
vor; solche wurden besonders beobachtet bei einem Fall von inoperablem 
Tumor der Temporo-okzipitalregion, bei dem nach Druckentlastung durch 
Trepanation der Hydrozephalus an dieser Stelle eine Hernie vorgetrieben 
batte, in der sich periodische Schwankungen von extremer Druckerhöhung 
und -entlastung nachweisen ließen. 

Es geht aus diesen Beobachtungen hervor, daß bei genauer Kontrolle 
des Druckverlaufs des begleitenden Hydrozephalus die Prognose der Hirn¬ 
tumoren weniger ernst wäre und die Lebensdauer sich verlängern ließe. 
Dies läßt sich einmal durch Dekompression oder aber durch die Payr sehe 
Ventrikeldrainage erreichen. Dem Balkenstich gibt Verf. allerdings den 
Vorzug vor der Dekompressionsoperation, weil er weniger eingreifend ist 
und ohne allgemeine Narkose ausgeführt werden kann. 

Von Thieraach (69) wird ein Fall beschrieben, der das typische 
Kraukheitsbild der progressiven Paralyse aufwies, auch einen positiven 
Wassermann im Blut hatte. Lues (vor zwanzig Jahren) war festgestellt. 
Für einen Hirntumor fehlte jeder Befund. Die Obduktion ergab ein intra- 
ventrikuläres Gliosarkom, das eine tödliche Blutung in den rechten Ventrikel 
und die zentralen Ganglien gemacht hatte. Der Wassermann im der Leiche 
entnommenen Liquor war negativ. Paralytische Veränderungen waren nicht 
nachweisbar. Es können also intraventrikuläre Geschwülste eine Zeitlang 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


unter dem Bilde der progressiven Paralyse verlaufen, ohne daß die serologische 
Untersuchung des Blutes die Differentialdiagnose sichert; erst die Lumbal¬ 
punktion kann die Entscheidung bringen. 

Von Alin (3) wird der Fall einer graviden Patientin mitgeteilt, die 
seit 8 Jahren an epileptischen Anfällen litt und kurz vor der Entbindung 
plötzlich Krämpfe vom eklamptischen Typus mit schwerer Nephritis bekam. 
Post partum dauerten die Anfälle mit enormer Heftigkeit an, so daß in 
4 Tagen 83 Anfälle auftraten. Unter ständiger Bewußtlosigkeit trat bei 
40,8° Temperatur der Exitus ein. Bei der Obduktion fand sich ein klein¬ 
hühnereigroßes Gliom im rechten Gyrus frontalis superior und medius, das 
vom Gyrus centralis ant. bis zum frontalen Teil des Stirnhirns und unten 
bis zum G. cingnli reichte. 


Extrazerebrale Tumoren. 

Von Stroemer (68) wird ein Fall von Tumor cerebri mitgeteilt, bei 
dem die Diagnose Dementia paranoides gestellt und wegen einer bestehenden 
sensorischen Aphasie an einen auf arteriosklerotischer Basis entstandenen 
Erweichungsherd im linken Schläfenlappen gedacht wurde. Von Allgemein¬ 
symptomen hatten sich nur Kopfschmerzen und schwere, ganz in den Vorder¬ 
grund tretende psychische Störungen gefunden, insbesondere war keine 
Stauungspapille vorhanden, sonst hätte das typische Herdsympton einer 
sensorischen Aphasie die Lokalisation eines Tumors im linken Schläfenlappen 
veranlaßt. Pat. hatte seit 15—18 Jahren an dauernden Kopfschmerzen 
gelitten, war seit 12 Jahren auf dem linken Ohr taub, seit 9 Monaten fehlte 
ihr die Fähigkeit, Gegenstände zu bezeichnen, und seit 6 Monaten entwickelte 
sich die Geisteskrankheit, die zur Diagnose Dementia paranoides führte, 
aber mit größer Wahrscheinlichkeit auf den Tumor zurückzuführen ist. Bei 
der Sektion fand sich an der Grenze der mittleren und hinteren Scbädel- 
grube ein hühnereigroßer, mit Dura und Knochen verwachsener Tumor, der 
wahrscheinlich als Alveolarsarkom mit zystischen Erweichungen aufzufassen 
war; er reichte bis in die Sella turcica hinein, die er scheinbar ausfüllte, 
und war mit dem linken Kleinhirn verwachsen. 

Von Reuss (60) wird ein Fall von Endotheliom der Schädelbasis mit¬ 
geteilt, bei dem sich eine langsam fortschreitende multiple Hirnnervenlähmung 
rechts eingestellt und der fast alle Hirnnerven einseitig geschädigt hatte. 
Nur Olfaktorius und Akustikus waren nicht gestört; über den Optikus ließ 
sich wegen einer starken Hornhauttrübung nichts Bestimmtes aussagen. 
Okulomotorius und Trochlearis wurden bei der zweiten Untersuchung rechts 
völlig gelähmt gefunden; der rechte Trigeminus wurde in allen drei Ästen 
gelähmt gefunden: die Sensibilität war im Versorgungsgebiet herabgesetzt, 
Temporalis und Masseter wareu atrophisch, und die sekretorischen Fasern 
der rechteu Tränendrüse waren gelähmt; Abduzens und Fazialis waren ge¬ 
lähmt, Glossopharyngeus in seinen motorischen, sensiblen, sensorischen und 
sekretorischen Fasern stark geschädigt; ebenso waren Hypoglossus und Vago- 
Glossopharyngeus schwer geschädigt: rechte Kehlkopfmuskulatur und -Sensi¬ 
bilität waren gelähmt, und die rechten Mm. sternocleidomastoideus und 
trapezius waren atrophisch. Nach langer Beobachtung in der Klinik mußte 
der Mann entlassen werden und starb dann in der Heimat an „Schlaganfall“, 
ohne daß eine Sektion gemacht wurde. 

Von Burr (13) wird der Fall einer 66jährigen Frau mitgeteilt, die 
mehrere Monate nach Exstirpation eines Mammakarzinoms mit leichten 
Muskelzuckungen im linken Arm erkrankte, die 10—20 mal täglich auftraten, 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


331 


wenige Minuten bis eine halbe Stunde anhielten und von einer Schwäche 
des Armes ohne Schmerzen gefolgt waren. Eine Woche später stellte sich 
dann ein echter Jacksonanfall ein, dem 5 ähnliche folgten; nach dem Anfall 
trat ein beiderseitiger Nystagmus mit Lähmung beider Muse, recti interni 
vorübergehend auf. Gegen Ende der Erkrankung waren die Zuckungen so 
heftig, daß sie sogar während des Schlafes anhielten. Sensibilität war normal, 
spastische Reflexe nicht vorhanden, auch fehlten alle Hirndrucksymptome, 
12 Wochen nach dem Auftreten der ersten Zuckungen trat der Exitus ein. 
Klinisch war die Diagnose eines metastatischeu Gehirnkarzinoms gestellt 
worden, und es fandeu sich bei der Obduktion je ein Karzinomknötchen an 
der Oberfläche der rechten aufsteigenden Stirnwindung und auf der unteren 
Fläche des linken Kleinhirnlappens. 


ßrosslilrntuinoren. 


Von Herter (30) wird ein Fall mitgeteilt, bei dem die Differeutial- 
diagnose zwischen Kleinhirn- und Stirnhirntumor Schwierigkeiten machte, 
weil die Entscheidung, was als Hirndruck- und was als Herdsymptome zu 
deuten sei, schwer zu treffen war. Vom Verf. wurden als Hirndrucksymptome 
aufgefaßt: Kopfschmerz, Schwindel, Brechneigung, auffallend häufiges Gähnen, 
das allerdings auch als Kleinhirnsymptom aufgefaßt werden konnte; die 
deutlichen psychischen Hemmungen mit Schlafsucht und völligem Stupor 
ließen sich allerdings auch als Allgemeinsymptom deuten, wurden aber mit 
Rücksicht auf ihr frühzeitiges Auftreten und ihre Intensität zur Lokalisation 
in Anspruch genommen; als Nachbarschaftssymptome imponierten die Hyper¬ 
tonie der oberen und unteren Extremität der einen Seite, ebenso eine an¬ 
gedeutete Fazialisparese; die starke Bradyphasie wies auf eine Reizung der 
dritten linken Stirnwindung hin, doch war weder optische Aphasie noch 
Alexie noch gekreuzte homonyme Hemianopsie nachzuweisen; als Herd¬ 
symptome wurden neben einer statischen Ataxie, die sowohl für Kleinhirn wie 
für Stirnhirnaffektion sprechen konnte, vor allem die psychischen Symptome 
aufgefaßt, die starke Demenz, die retrograde Amnesie, Konfabulation, Merk¬ 
fähigkeitsstörung, leicht angedeutete Desorientiertheit und früher vorhanden 
gewesene Witzelsucht; gegen Kleinhirntumor sprach vor allem das Fehlen 
aller Sensibilitätsstörungen. Es wurde also die Diagnose gestellt auf Tumor 
des Stiruhirns wahrscheinlich links, mit starkem Ergriffensein des Balkens und 
Druck auf die linke Zentralwindung. Da Wassermann im Blut und nament¬ 
lich im Liquor stark positiv war, so wurde ein Gumma angenommen. Da 
der Erfolg einer spezifischen Behandlung wegen bedrohlicher Symptome nicht 
abgewartet werden konnte, so wurde eine Entlastungstrepanation ausgeführt, 
die nichts Sicheres über den Tumorsitz ergab und nach zwei Tagen den 
Exitus im Gefolge hatte. Die Obduktion ergab ein 17,6 ccm großes Sarkom, 
das seinen Ausgang von den Hirnhäuten über dem rechten Stirnhirn nahm, 
im weiteren Wachstumsverlauf Balken, Corpus nuclei caudati, Pars anterior 
der Capsula interna und den Seitenventrikel der rechten Hemisphäre kom¬ 
primierte, verdrängte bzw. zerstörte, zugleich aber sehr weit ins linke Stirn - 
hira eingedrungen war. 

Im Anschluß an diesen Fall weist Verf. auf folgendes hin: Bei be¬ 
stehender Lues braucht ein vorhandener Tumor nicht unbedingt ein Gumma 
zu sein, Hirntumor und Lues können unabhängig voneinander bestehen. 
Stirnhirntumoren können eine erstaunliche Größe erreichen, ohne wesentliche 
Symptome hervorzurufen; Nachbarschafts- bzw. Fernsymptome treten eventuell 
sehr spät auf. Als Frühsymptome fielen hier auf: psychische Veränderungen, 


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Tumoren und Parasiten des üehirus. 


Witzelzucht, auffallende moralische Veränderungen. Tumor und gleichzeitige 
Hydrozeplialus-internus-Symptome machen eine Lokaldiagnose in manchen 
Fällen unmöglich. Statische Ataxie, die mit Rumpfmuskelschwäche, Witzel¬ 
sucht, sehr früh auftretenden Störungen und ohne zunächst sehr ausgesprochene 
Allgemeinsymptome wie Kopfschmerz, Schwindel, Erbrechen, Pulsveilang- 
samung, Nackenstarre zu verursachen, einhergeht, ist eine frontale Ataxie. 
Perkussionsunempfindlichkeit braucht nicht für Tumor anderer Lokalisation 
zu sprechen. Die Röntgenaufnahme läßt selbst bei großen Hirntumoren im 
Stich. Auch in diesem Falle zeigte sich die von Oppenheim angegebene 
Eigentümlichkeit, daß Patienten mit Stirnhirntumoren nach der Seite des 
Tumorsitzes schwanken, fallen oder gehen. 

Von Colmant (17) wird ein Fall von Gliom des linken Stirnhirus 
beschrieben, der unter den Erscheinungen einer Apoplexie ad exitum kam. 
Infolge der Kürze der Beobachtungszcit von 7 Tagen wurde die Diagnose 
Hirntumor intra vitam nicht gestellt; der Augenhintergrund konnte nicht 
mehr untersucht werden, dagegen waren die übrigen Allgemeinerscheinungen 
der Hirntumoren wie Kopfschmerzen, Erbrechen, Schwindel, Konvulsionen, 
Pulsverlangsamung, Benommenheit sowie Denk- und Assoziationshemnmug, 
mehr oder weniger stark ausgeprägt vorhanden. Von Lokalsymptomen war 
nur eine motorische Aphasie augedeutet vorhanden. Im Vordergründe des 
Krankheitsbildes stand vielmehr die Halbseitenlähmung mit leichter Fazialis¬ 
parese, Andeutung von motorischer Aphasie, Erscheinungen, die in das 
Krankheitsbild einer Hirnblutung hineinpassen. In dem vorliegenden Fall 
sind ja auch durch ekte Hirnblutung, nämlich eine Blutung in die wahr¬ 
scheinlich seit längerer Zeit latent verlaufende Geschwulst, die schweren 
Hirnerscheinuugcn apoplektifprm im Anschluß an ein Kopftrauma eingetreten. 

Der von C&stex und Bolo (15) mitgeteilte Fall ist ein Schuifall für eine 
Affektion der motorischen Region einer Hemisphäre durch einen Tumor. 
Es handelto sich um ein 7 cm großes Sarkom über der linken motorischen 
Region mit rechtsseitiger Lähmung, Stauungspapille und Jacksonschen 
Erscheinungen. ( Jacobsohn.) 

Von Weise (73) wird ein Fall von Scheitellappentumor mit geteilt. 
Es handelte sich um einen 31jährigen Patienten, der vor 6 Jahren mit 
heftigen epileptischen Anfällen erkrankte. Neben den Krampfanfällen sprach 
noch der langsame Eintritt einer linksseitigen Lähmung, psychische Störungen, 
Kopfschmerzen und Schwindel für das Voiliegen eines Hirntumors; allerdings 
fehlten Stauungspapille, Pulsverlangsamung und Erbrechen. Dio Sektion 
ergab ein sehr großes Gliom des linken Scheitellappens. 

Von Goodhart und Climenko (26) werden sieben Fälle von Hirntumor 
mitgeteilt. Es wird darauf hingewiesen, daß nur zwei Arten von Hirntumor 
keine sicheren Lokalisationssymptome machen, nämlich die Tumoren der 
rechten Temporal- und der rechten Frontalregion; hier entstehen oft 
Symptome, die teils übersehen, teils mißdeutet werden. Unter den hier mit- 
geteilteu Fällen waren zwei von Stirnhirnturaor mit ausgesprochen funktionellen 
Erregungssymptomen, die für hysterische gehalten wurden, und es ist nicht 
ausgeschlossen, daß diese Symptome tatsächlich durch die Geschwulst bedingt 
waren; jedenfalls wurde infolge der offenbar funktionellen Symptome gar 
nicht auf eine organische Läsion gefahndet. Weitere Irrtümer in der Diagnose 
entstehen durch das Vorherrschen von indirekten oder Fernsymptomen, die 
durch sekundäre Veränderungen des Gehirns bedingt sein können; in dem 
einen Fall wurde ein Frontaltumor übersehen iufolge des Vorherrschens von 
Thalamussymptomen zu der Zeit als er operabel gewesen wäre; erst eine genaue 
Durchsicht der Krankengeschichte ergab, daß die Anfangssymptome auf die 


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Tumoren und Parasiten das Gehirns. 


333 


exakte Lokalisation des Tumors hingewiesen hatten. In einem anderen Fall 
war der diagnostische Irrtum dadurch entstanden, daß durch einen Froutal- 
hirntumor das Kleinhirn in das Foramen magnum gezwängt worden war, so 
daß Symptome entstanden, die auf eine Läsion in der hinteren Schädelgrube 
hinwiesen. Auch die Anschauung, daß lokalisierte (Jacksonsche) Krämpfe 
auf eine Affektion des motorischen Kortex hindeuten, ist oft nicht bestätigt, 
denn auch hier kann Fortloitung im Spiele sein. 

Von den ausführlich mit Sektionsbefund beschriebenen Fällen'war der 
erste der eines Endothelioms vor der aufsteigenden rechten Stirnwindung, 
der mit Parästhesien der Finger der linken Hand und frühzeitiger Dyspraxie 
begann, um dann vorherrschend psychische Symptome von emotionellem 
Charakter Platz zu machen; daneben fanden sich linksseitige Lähmungs¬ 
erscheinungen und Krampfanfälle im linken Arm; das Syndrom einer links¬ 
seitigen homonymen Hemianopsie mit diesen Symptomen ließ auf einen 
Thalamusherd schließen, offenbar handelte es sich hier aber um Druck¬ 
erscheinungen. Der zweite Fall war ein Endotheliom mit malignen Ver¬ 
änderungen im ganzen rechten Parietallappen; hier ließ ein positiver Wasser¬ 
mann ein Gumma vermuten; von Herdsymptomen waren fortschreitende 
Lähmungserscheinungen der linken unteren Extremität besonders hervor¬ 
getreten ; auffallend war das Fehlen von Papillenveränderungen. Der dritte 
Fall war der eines Gliosarkoms der linken zweiten Stirnwinduug, das auf 
die erste Temporalwinduug drückte; hier waren zuerst epileptische Anfälle 
aufgetreten, dann zeigten sich sensible Störungen, insbesondere Parästhesien 
und vasomotorische Erscheinungen ira rechten Arm; besonders hervortretend 
waren zuletzt die psychischen Erscheinungen, die für funktionell gehalten 
wurden. Im vierten Fall handelte es sich um ein Endotheliom, das von 
der Gehirnbasis ausging und das die Tractus und Lobi olfactorii, die Nervi 
optici und das Chiasma opticum, die Hypophyse, die Stirnwindungen beider¬ 
seits und einen Teil der Fasern der Corona radiata sowie den vorderen Teil 
des Balkens zerstörte und die beiden Okulomotorii und die Crura cerebri 
komprimierte; wahrscheinlich ging hier der Tumor von der Scheide des 
Opticus aus; die Anfangssymptome wiesen hier sehr deutlich auf die Lokali¬ 
sation hin, besonders Anfälle von transitorischer Blindheit und Anosmie. 
Der fünfte Fall war ein Endotheliom, das von dem hinteren Teil des Optikus 
ausging und die rechte untere Stirnwindung, den rechten Bulbus olfactorius 
und das Chiasma befiel und eine gewaltige Dilatation des rechten Seiten¬ 
ventrikels verursachte; hier hatte die Erkrankung mit heftigen Anfällen rechts¬ 
seitiger Hemikranie, Amaurose, Stauungspapille und rechtsseitigem gewaltigem 
Exophthalmus, der Enukleation erforderlich machte, begonnen; sonst fanden 
sich nur allgemeine epileptische Anfälle, so daß eine Lokalisation nicht 
möglich war. Bei dem sechsten Fall fanden sich Solitärtuberkel in der 
rechten Kleinhirnbemisphäre und im rechten Seitenventrikel mit starker 
Erweiterung beider Ventrikel; klinisch waren hier nur Kopfschmerzen und 
Schwindel aufgetreten. Im siebenten Fall endlich lag ein tauben eigroßes 
Endotheliom des linken Frontallappens vor, das keine diagnostisch verwend¬ 
baren Symptome gemacht hatte, da eine Hemiplegie und der negative Befund 
an den Hirnnerven keinen Tumor vermuten ließ. 

Von Oeconomakis (56) wird ein atypischer Fall von Hirntumor mit¬ 
geteilt. Er begann plötzlich unter Status epilepticus, der sich nach einem 
völlig freien Intervall vou 6 Jahren in derselben schweren Form noch einmal 
wiederholte; seitdem Auftreten allgemeiner Krämpfe mit Bewußtlosigkeit 
und ziemlich großen freien Intervallen. Es zeigte sich also hier das typische 
Bild einer genuinen Epilepsie, das sich durch die günstige Wirkuug der 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


Brombehandlung noch typischer gestaltete. An einen Tumor konnte schon 
deswegen nicht gedacht werden, weil his zum Tage vor der Operation alle 
allgemeinen Hirndruckerscheinungen dauernd fehlten. Erst in den letzten 
Jahren wurde vom Pat. ein Überwiegen der Krämpfe auf der linken Körper¬ 
hälfte bemerkt, was sich in den letzten Monaten zu einer echten Rinden¬ 
epilepsie heraushildete; als das völlige Bild einer Herdläsion der rechten 
motorischen Zone vorlag, wurde eine Operation ausgeführt, die ein diffuses, 
zystisch entartetes Gliom zutage förderte, das allem Anschein nach von der 
weißen Substanz der rechten Hemisphäre stammte und beim weiteren Verlauf 
gegen die Rinde herangewachsen war. In ätiologischer Hinsicht kam neben 
Alkoholismus noch das Vorangehen einer Kopfverletzung in Betracht. Der 
ganze Verlauf der Erkrankung hatte sich bis zur Operation über 15 Jahre 
erstreckt. Besonders hervorgehoben wird das Fehlen aller Hirndruck¬ 
erscheinungen bei diesem Tumor. Bemerkenswert ist, daß die Lumbal¬ 
punktion eine auffällige Vermehrung der Eiweißmenge und eine Erhöhung 
des Kochsalzgehalts des Liquors auf über 9°/ 00 ergeben hatte; beide Er¬ 
scheinungen bildeten sich nach der Operation zurück. Dieser Befund in 
der Zerebrospinalflüssigkeit bildete den einzigen Anhaltspunkt für das Vor¬ 
liegen eines Tumors. Die Operation selbst, von der angesichts der diffusen 
Beschaffenheit der Neubildung ein radikale Heilung kaum zu erwarten war, 
führte zu einer weitgehenden Besserung: dem völligeu Zurückgehen der 
zuletzt aufgetreteuen Hirndruckerscheinuugen und der Hemiplegie, sowie zu 
einem Seltener- und Schwächerwerden der Anfälle. 

Kaspar (38) publiziert einen Fall von Tumor cerebri im rechten Tem¬ 
porallappen, bei welchem die Symptome durch Lumbalpunktion vollständig 
beseitigt wurden. Einige Tage nach der Punktion ausgeführte Operation (es 
zeigte sich ein diffuser, inoperabler Tumor) hatte glatten Verlauf, Heilung 
per prirnam. Pat. geheilt entlassen, übt seine Beschäftigung (Fiakrist) aus. 
Nach einem Monat wieder Verschlimmerung, die eine neue Lumbalpunktion 
wieder prompt und vollständig beseitigt. Das normale Befinden dauert 
aber nur ein paar Tage und unter andauernder Verschlimmerung Exitus. 
Der Fall ist dadurch bemerkenswert, daß prompte Besserung nach der 
Punktion nicht immer als ein Zeichen der Genesung betrachtet werden darf. 

(Jar. StucJilik.) 

Von Aron (5) wird die Krankengeschichte eines Falles von Gliom im 
linken Nucleus lentiformis und anschließendem Mark frontalwärts mitgeteilt, 
bei dem bis zuletzt keinerlei Herdsymptome und außer starken Kopfschmerzen 
auch keine Allgemeiuerscheinungen bestanden, so daß der Patient bis kurz vor 
seinem Tode seiuem Berufe nachgehen konnte. Die Krankheitserscheinungen 
waren akut unter dem Bilde eines apoplektiformen Insultes mit rasch ein¬ 
tretendem Koma aufgetreteu; der lange symptomlose Verlauf ließ einen 
Tumor in den großen Ganglien annehmen. Der Mitteilung des Falles geht 
eine ausführliche Besprechung der Symptomatologie und Pathologie der 
Tumoren des Gehirns im allgemeinen und der großen Ganglien im besonderen 
voraus. 

Von Lydston (48) wird der Fall eines 21jährigen Mannes mitgeteilt, der 
mit schweren periodisch auftretenden Kopfschmerzen und Sehstörungen seit 
5 Jahren erkrankt war. Bei einem der Kopfschmerzanfälle trat dann plötz¬ 
lich Koma und im Verlauf von einer Stunde der Exitus ein. Die Obduktion 
ergab eine bedeutende Vermehrung der Subarachnoidalflüssigkeit mit enormer 
Erweiterung der Ventrikel; uud am Boden des linken Seitenventrikels im 
Vorderhorn dicht neben dem Septum wurde eine große Zyste gefunden, die 
glücklicherweise nicht geplatzt war und klare, leicht gelbliche Flüssigkeit 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


335 


enthielt. Die Zyste wurde für eine vom Epeudym ausgehende Retentions¬ 
zyste gehalten. 

Von Pollock (58) wird ein Fall von Tumor des dritten Ventrikels 
mitgeteilt, der bei Lebzeiten nicht lokalisiert werden konnte. Die Erkrankung 
hatte s / 4 " Jahre vor dem Exitus begonnen mit Gedächtnisschwäche, Stupor, 
Apathie, Schwindel, Kopfschmerzen, Somnolenz; Pat. hatte 20 Pfund an 
Gewicht verloren. Es fanden sich Störungen des Geschmackssinnes, unsicherer 
Gang, Romberg, Fußklonus beiderseits, symmetrisch gesteigerte Sehnen¬ 
reflexe, Fehlen der Bauchdeckenreflexe. Die Obduktion ergab einen wohl 
vom Ependym ausgehenden Tumor des dritten Ventrikels, der die Foramiua 
Monroi beiderseits verschloß, aber nicht den Aquaeductus Sylvii verlegte, 
und besonders den Thalamus komprimierte; die Seitenventrikel waren beide 
diktiert. Histologisch erwies sich der Tumor als eine wahrscheinlich aus 
einem Gliom entstandene Kolloidzyste. 

Der Tumor, den Burmeister (12) beschreibt ist ein Teratom des Plexus 
chorioideus. Klinische Beobachtungen an dem 65jähr. Patienten konnten 
nicht gemacht werden, da er zwei Stunden nach Einlieferung ins Kranken¬ 
haus starb. Er scheiut aber schon 6 Jahre an Kopfbeschwerden gelitten 
zu haben. Der Tumor war etwa eigroß und saß im rechten Ventrikel au 
einem Stiel des Plexus chorioideus. An seiner Oberfläche war er warzig 
gestaltet, und der Plexus chorioideus ging direkt in den Tumor über. Er 
war gelappt, enthielt im Inneren Knorpelgewebe und drüsenähnliches Gewebe. 

(Jacobsohn.) 

Einen ungewöhulich großen Hirntumor sah Csiky (18a) bei einem 23- 
jährigen Schriftsetzer: Störung der Tiefensensibilität an Händen und Beinen, 
Hemiparese links, beiderseits Papillitis, Ataxie aller Extremitäten, "Wasser¬ 
mann negativ; später Lähmung der Beine, rechts Abduzeusparese, später 1 
Fazialisparese links. Verf. nimmt wegen der Symptome einen umschriebenen 
Tumor der Oberfläche an. Operation in Lokalanästhesie: der Tumor geht 
von der Dura aus, hat ein Gewicht von 143,5 Gramm, Größe 8 : 8 cm, 
erweist sich als zellenreiches Fibrom. Nach der Operation einen Monat 
hindurch Erscheinungen von Hirndruck; später langsame totale Restitution 
bis auf eine leichte Steifigkeit der Beine. Pat. ist auch nach einem Jahre 
gesund. ( Hudovernig .) 

Bregman (10a) berichtet über einen Fall von Sarkom des Temporal¬ 
lappens. Der 39jährige Patient litt seit 1 x / 2 Jahren au Kopfschmerzen, Ge¬ 
dächtnisschwäche, Apathie. Objektiv: Demenz, Bradyphasie, Rombergsches 
Symptom, Anfalle von Bewußtlosigkeit, schließlich Koma und Tod. Trotz 
negativem Befund der Wassermaunschen Reaktion wurde eine progressive 
Paralyse vermutet. Die Autopsie erwies ein Sarkom des linken Temporal¬ 
lappens. (Sterling.) 

Kleinhirn- und Winkeltumoren. 

Die Lokalisationssymptome zur Diagnose der verschiedenen Kleinhirn¬ 
tumoren werden von Weisenbarg und Work (74) eiugehend und prägnant 
auseinandergesetzt. Das Hauptsymptom der Kleinhirnerkrankung ist die 
Asynergie, alle anderen Symptome, wie Hypermetrie, Adiadnchokinese, 
Tremor, sind nur durch dieses Hauptsymptom bedingt. Von Bedeutung für 
die Kleinhirnlokalisation ist die Unterscheidung der zerebellaren Asynergie 
in den verschiedenen Körperpartien; auch die Bäränyschen Uutersuchungs- 
methoden wurden für die Lokalisation als außerordentlich brauchbar gefunden. 
Es werden nunmehr gesondert die Läsionen des Kleinhirns selbst, des oberen, 


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33 g Tumoren und Parasiten des Gehirns. 

mittleren und unteren Kleinhirnstieles, und die primäreu und sekundären 
Läsionen des Kleinhirnbrückenwinkels besprochen. 

Von den Affektionen des Kleinhirns selbst befallen die meisten den 
medialen Teil desselben, so daß fast in allen Fällen der Wurm ganz oder 
teilweise ergriffen ist. Da im oberen Wurm die Synergiezeutren des Schulter¬ 
gürtels, im unteren die des Beckengürtels lokalisiert sind, so finden sich 
bei allen derartigen Läsionen außer einzelnen Bewegungsstörungen Haltimgs- 
und Gangstörungen. Bei den Schultergürtelfäilen fällt der Rumpf beim 
Gehen oder Stehen nach vor-, rück- oder seitwärts; bei den Beckengürtel¬ 
fällen ist dagegen das Gehen außerordentlich erschwert, es findet sich der 
eigentliche zerebellare Gang bei kerzengerader Rumpflialtung; bei kombi¬ 
nierten Becken- und Schulterfällen ist das Gehen und Stehen ohne fremde 
Hilfe meist ganz unmöglich. Am besten lassen sich Becken- und Schulter¬ 
gürtelfälle unterscheiden, wenn man den Patienten auf den Boden auf Hände 
und Knie sich stützen läßt. Bei Affektionen des Wurmes besteht ein Schwanken 
mehr nach vor- und rückwärts, während bei Läsionen der Kleinhirnseiten¬ 
lappen mehr ein Schwanken nach der Seite der Läsion besteht; sind die 
Seitenlappen allein befallen, so finden sich die asynergischen Bewegungen 
nur in den Extremitäten der der Läsion entsprechenden Seite. Hinsichtlich 
des Nystagmus wurde aus den Beobachtungen der Schluß gezogen, daß ein 
unwillkürlicher Nystagmus fast stets für eine Läsion des Zerebellums spricht, 
während der bei willkürlichen Bewegungen der Augen auftretende Nystagmus 
mit größter Wahrscheinlichkeit für eine oxtrazerebellare Lokalisation spricht 
und die Folge einer Affektion der außerhalb des Kleinhirns mit dem Vesti- 
bularapparat in Verbindung stehenden Fasern ist. Von größter Bedeutung 
sind noch die Allgemeinsymptome, insbesondere weisen Affektionen der 
Hirnnerven auf eine extrazerebellare Lokalisation hin. 

Da wir die Läsionen der einzelnen Pcdunkuli uicht aus den Asynergie- 
symptomen unterscheiden können, so lassen sich Affektionen in den einzelnen 
Kleinhirnstielen nicht auf Grund der Kleiuhirnsymptome, sondern nur auf 
Grund der Begleitsymptome lokalisieren. Es läßt sich nur sagen, daß, in¬ 
folge der anatomischen Bedingungen, Läsionen der oberen Pedunculi beider¬ 
seitige Kleinhirnsymptome machen, während Läsionen der unteren und mitt¬ 
leren Stielo einseitige Symptome hervorrufen. Die Tumoren der Pedunculi 
superiores gehen meist von dem dritten Ventrikel aus; ihre Begleitsymptome 
sind allmähliche Lähmung der assoziierten Augenbewegungen und zentrale 
Hörstörungen; außerdem kann noch partielle Parese der Extremitäten mit 
spastischen Reflexen vorliegen. Die Läsionen der Pedunculi medii, die meist 
vom Pons ausgehen, machen meist Symptome von seiten des gleichseitigen 

5. oder 6. Hirnnerven mit motorischen und sensiblen Störungen der entgegen¬ 
gesetzten Seite. Die sehr seltenen Affektioneu der Pedunculi inferiores 
weisen als Nebenerscheinungen außer Vertibularstörungen Symptome von 
seiten des 9., 10. und 12. Hirunerven auf. 

Die Kleinhirnbrückenwinkeltumoren, die gewöhnlich fibromatöser, seltener 
fibrosarkomatöser Natur sind, gehen meist vom 8., seltener vom 7., 5, oder 

6. Hirnnerven aus; die ersten Symptome beziehen sich gewöhnlich auf den 
Nerven, von dem der Tumor ausging, später treten noch motorische Symptome 
auf der entgegengesetzten Seite und seltener sensorische Symptome auf infolge 
Drucks auf den Pons; bei Druck auf das Kleinhirn zeigt sich eine zerebellare 
Asynergio der gleichseitigen Extremitäten, in der Regel sind aber die eigent¬ 
lichen Kleinhirnsymptome sehr wenig ausgeprägt. Nur in Fällen von sekun¬ 
dären Kleinhirnbrückenwinkeltumor, bei denen der Tumor von Pons oder 
Kleinhirn ausgeht, sind die zerebellaren Symptome deutlicher vorhanden; 

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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


337 


die sekundären lassen sich von den primären durch eine genaue Beobachtung 
des Symptomenverlaufs unterscheiden, denn bei den sekundären treten die 
Kleinhirnsymptome vor den Hirnnervensymptomen auf. 

Von Fnmarola (23) wird versucht, die Symptomatologie der Kleinhirn¬ 
brückenwinkeltumoren auf Grund ihrer histologischen Befunde festzulegen 
und die Kriterien einer größeren Wahrscheinlichkeit, wenn nicht der absoluten 
Gewißheit bezüglich ihrer Differentialdiagnose festzustellen. Zunächst werden 
7 gut durchgearbeitete Fälle verschiedener Art, zum größten Teil mit ausführ¬ 
lichem, auch histologischem Sektionsbefund mitgeteilt. Bei dem eisten Fall 
handelte es sich um eine 35 jähr. Patientin, die mit 29 Jahren begann an 
Schwiudclanfällen zu leiden, die von Ohrensausen,. Erbrechen, bisweilen auch 
von Umfallen der Pat. begleitet waren; diese in den ersten zwei Jahren 
ziemlich häufig auftretenden Anfälle wurden in der Folge schwächer und 
seltener. Nach 5 Jahren trat zu dem Ohrensausen eine ausgeprägte Gehörs¬ 
verminderung links; kurz darauf heftige nächtliche Anfälle von Kopfschmerzen. 
Im folgenden Jahre trat eine schnelle und fortschreitende Abnahme des 
Sehvermögens auf beiden Seiten auf, zugleich mit einem stärkeren Hervor¬ 
treten der anderen Symptome, der Kopfschmerzen, des Schwindels, der 
Schwerhörigkeit, des Ohrensausens links und des allgemeinen Schwäche¬ 
zustandes; außerdem stellten sich als neue Symptome Parästhesie in der 
linken Gesichtshälfte, Diplopie und ausgeprägte Veränderung in der Stimmung 
(Reizbarkeit) ein. Objektiv fand sich links eine Verletzung des III., V. und VII. 
Hirnnerven, leichte dynamische Ataxie des Armes und des Beines, Patellar- 
refiex schneller auslösbar als rechts, Achillesrefiex weniger schnell; Pupille 
enger als die andere; Neigung des Körpers, sowohl in der Rombergschen 
Stellung wie beim Gehen, nach links zu fallen; Discbromatopsie, herab¬ 
gesetzte Geschmacksempfindung. Stauungspapille beiderseits, ausgeprägter 
links, Drucksteigerung des Liquors; Wassermann -|- -|- , Globulin -|- -f- . 
Die Symptomatologie sprach deutlich für einen Tumor cerebri; doch wurde 
wegen des Verdachtes auf eine Meningoneuritis basalis luetica eine Schmierkur 
versucht, in deren Folge sich die Symptome verschlimmerten. Eine darauf 
vorgenommene Operation kam nicht znm Abschluß, da Pat. ad exitum kam. 
Die Sektion ergab einen Tumor des eigentlichen linken Kleinhirnbrücken¬ 
winkels (Akustikustumor, und zwar Neurofibrom). — Bei dem zweiten Fall 
handelte es sich um eine 33 jähr. Patientin, die zuerst über Ohrensausen rechts, 
Kopfschmerz und Erbrechen klagte; dann trat vorübergehende Diplopie und 
fortschreitende bilaterale Amblyopie auf, rechts stärker; dann Parästhesien des 
Gesichts und der Zunge, besonders auf der rechten Seite, Schwierigkeit beim 
Kauen rechts, Speichelfluß aus dem rechten Mundwinkel, Unsicherheit beim 
Oehen. Nach einigen Monaten Nachlassen der Parakusien und ausgeprägte 
Verminderung des Gehörs auf der rechten Seite. Objektiv fand sich rechts 
Parese des V., VII. und VIIL Hirnnerven, Neuritis optica bilateralis, Druck¬ 
steigerung des Liquor, Romberg, leichte Gangstörungen. Es wurde ein Tumor 
des rechten Kleinhirubrückenwinkels diagnostiziert, der durch Operation zum 
großen Teil entfernt werden konnte und sich als fusozellulares Fibrosarkom 
erwies; die Pat. konnte in ziemlich befriedigendem Zustand entlassen werden. 
— Bei dem 3 . Falle handelte es sich um einen 12jähr. Jungen, dessen 
Beschwerden mit Kopfschmerzen und Gehstörungen vom zerebellaren Typ 
begannen; nach wenigen Tagen trat Erbrechen und Schwindel hinzu; weiter 
traten Diplopie, Strabismus convergens sinister und Lähmung des Fazialis 
links vom peripheren Typ auf, später auch linksseitige Asthenie der Extre¬ 
mitäten und ausgeprägtes Ohrensausen. Objektiv fand sich eine rechtsseitige 
leichte Parese des VI. und links Neigung des Kopfes zur seitlichen Beugung 

Jahresbericht (. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 22 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


Störungen des V., VI., VII. und VIII. Hirnnerven, Hypotonie, Asthenie, 
statische und dynamische Ataxie der Extremitäten, Adiadochokinese, Steige¬ 
rung der Sehnenreflexe, Areflexia corneae, beginnende Stauungspapille, schmerz¬ 
hafte Schädelperkussion, herabgesetzte Geschmacksempfindung; elektrische 
Erregbarkeit des VIII. und der von diesem innervierten Muskeln herabgesetzt. 
Klinisch fand sich also bei dem Pat. der klassische Symptomenkomplex der 
Kleinhirnbrückenwinkeltumoren: außer dem Zeichen der iutrakraniellen Hyper¬ 
tension (Kopfschmerz, Erbrechen, Schwindel) auch die charakteristischen 
Merkmale, nämlich links Lähmung des V., VI. und besonders des VII. und 
VIII. Hirnnerven, wie auch Kleinhirnstörungen (Asynergie, Adiadochokinesis, 
Hypotonie, Asthenie, Ataxie), so daß ein linker Kleinhirnbrückenwinkeltumor 
diagnostiziert wurde. Die Operation mußte unterbrochen werden, es erfolgte 
danach der Exitus. Die Obduktion ergab ein Sarkom des linken Pedunculus 
medius cerebelli. — Im 4. Falle handelte es sich um einen 26jähr. Pat., 
der zuerst mit bilateralen Parakusien erkrankte, die rechts ausgeprägter als 
links waren und von Erbrechen und Schwindel begleitet und nach wenigen 
Tagen von Kopfschmerzen, mit besonders nächtlichen Exazerbationen, und 
zwar bald in der Stirn, bald in der Hinterhauptgegend gefolgt waren; weiter 
traten dann Gehstörungen, Amblyopie und Diplopie hinzu. Objektiv fund sich 
rechts Parese des III., VII., VIII. und XII. Hirnnerven, Asthenie und leichte 
Ataxie des Armes, Fehlen des Patellar- und Achillesrefiexes; Hautreflexe 
weniger prompt als links; Schädelperkussion schmerzhaft in der Stirngegend 
und am Asterion, Hyposmie, Gesichtsfeld rechts enger als links, Stauungs¬ 
papille ausgeprägter rechts als links; links Schädelperkussion schmerzhaft 
in der Schläfengegend, leichte Funktionsstörungen des VIII., beginnende 
Stauungspapille, Steigerung des Liquordruckes. Es wurde ein Kleinhirn¬ 
brückenwinkeltumor rechts diagnostiziert; der Tod trat zwei Tage nach der 
Lumbalpunktion plötzlich ein. Die Sektion ergab ein zystisches Sarkom der 
linken Kleinhirnhemisphäre. — Bei dem 5. Falle handelte es sich um eine 
Echinokokkuszyste des rechten Stirnlappens, die den Symptomenkomplex eines 
Brückenwinkeltumors vortäuschte. Bei dem 15jähr. Pat. begann das Leiden 
mit Kopfschmerzen und Erbrechen; es traten weiter Diplopie, Amblyopie 
beiderseits und Unsicherheit im Gehen hinzu. Objektiv fanden sich rechts 
Parese des Abduzens, leichte spastische Parese der Extremitäten, Steigerung 
der unteren Sehnenreflexe; links Parese der VI. und VII., Hyporcflcxia corneae 
et conjunctivae, ausgeprägtere spastische Parese der Glieder rechts, Steigerung 
der oberen Sehnenreflexe, Pupille links enger als rechts, Schmerzhaftig¬ 
keit auf Perkussion am Zitzenfortsatz; Gang unsicher, Papilloretinitis bi- 
lateralis, Steigerung des Liquordruckes, ausgeprägte Benommenheit. Es 
bestand somit ein Symptomenkomplex von seiten der Hirnnerven links (V., 
VI., VII., X., XII.), vereinigt mit leichter spastischer Tetraparesis, vorwiegend 
links und mit Hirndruckerscheinungen. Es wurde also ein linker Kleinhirn¬ 
brückenwinkeltumor mit Neigung zur Kompression der Brücke diagnostiziert.. 
Die Operation konnte nicht zu Ende geführt werden, wenige Stunden darauf 
erfolgte Exitus. Anatomisch fand sich eine Echinokokkuszyste des rechten 
Frontallappens. — In den beiden letzten Fällen handelte es sich um eine 
Zyste der linken Kleinhirnhemisphäre bzw. eine Meningitis serosa, die beide 
einen linksseitigen Kleinhirnbrückenwinkeltumor vortäuschten. 

Es folgen in der Arbeit Ausführungen über Ätiologie, Symptomatologie,. 
Verlauf, Diagnose, pathologische Anatomie, Genese und Therapie der Klein- 
hirnbrückenwinkeltumoron. Hinsichtlich der Diagnose kommt Verf. zu dem. 
Schluß, daß sich Winkeltumoren von Kleinhirn-, Pons- und Oblongatatumoren 
durch keine pathognomonische Zeichen unterscheiden lassen; der Unterschied 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


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zwischen deu einzelnen Tumoren besteht gewöhnlich nicht in den Symptomen 
an und für sich, sondern in der Reihenfolge, in der sie auftreten, in ihrer 
Gruppierung, in ihrer relativen Häufigkeit; auf diesen leider nicht genauen 
Fundamenten beruht vor allem die Differentialdiagnose. Bei den histologischen 
Untersuchungen ist Verf. ganz besonders auf die Druckwirkung der Tumoren 
auf die Nervensubstanz eingegangen: Es ergibt sich daraus, daß die am 
meisteu verletzten Nervenstämme der Häufigkeit nach der VIII., VII., V. 
und VI. sind; die anderen Hirnnerven weisen geringe, vielmehr auf die 
allgenjpino Steigerung des inneren Schädeldruckes als auf den von seiten des 
Tumors auf sie ausgeübten Druck zuriickzuführende Veränderungen auf. 
Hinsichtlich der mikroskopischen von diesen Tumoren an den verschiedenen 
Teilen des Rautenhirns ausgelösten Wirkungen ergibt sich, daß die schweren 
Veränderungen auf Kosten der Kleinhirnrinde, der Kleinhirnkerne und der 
Akustikuskerne zu setzou sind; verhältnismäßig wenig verändert dagegen sind 
die Nuklei des V. uud VII. und noch weniger die des VI.; zu bemerken 
ist, daß der den motorischen Schenkel des V. angehörende Kern fast gänzlich 
verschont ist. Stark verletzt sind die Fasern des Brachium pontis, die dem 
Tumor am nächsten liegen. Die Pyramidenbahnen, wie ferner alle anderen 
Gebilde, die im Pons und Bulbus enthalten sind (Brachium conjunctivum, 
Fibrae transversae pontis, Corpus restiforme) weisen Deformitäten ver¬ 
schiedener Art und verschiedenen Grades auf, aber nur sehr geringe Degene¬ 
rationen. — Hinsichtlich der Diagnose wird die Wichtigkeit der akustisch¬ 
vestibulären Untersuchungen für die Frühdiagnose betont. Die Therapie kann 
nur in Operation bestehen, doch ist die Statistik, wie auch aus den vom 
Verf. mitgeteilten Fällen hervorgeht, eine äußerst schlechte. 

Von Link (46) wird ein Fall von Kleinhirnbrückenwiukeltumor mit¬ 
geteilt, bei dem es zu Lebzeiten zweifelhaft war, ob es sich um eine multiple 
Sklerose oder um einen nicht näher zu lokalisierenden Tumor cerebri handelte. 
Die zu Anfang auftretende Schwäche in den Beinen, der bei der Aufnahme 
bestehende spastisch-paretische Gang, das Fehlen der Bauchdeckenreflexe, die 
Harnverhaltung, die stellenweise leicht skandierende Sprache, der Nystagmus, 
der beiderseits vorhandene Fußklonus, das zwangsartige Lachen ließ sich im 
Sinne einer multiplen Sklerose deuten. Daneben fanden sich psychische 
Störungen, wie Unverträglichkeit, Suizidalneigungen, Insuffizienzgefühl, Witzel¬ 
sucht, Stimmungswechsel, die sich diagnostisch nicht deuten ließen. Anderseits 
waren eine von vornherein bestehende Taubheit der linken Seite, Gleich¬ 
gewichtsstörungen, insbesondere das konstante Fallen nach links, Druck¬ 
empfindlichkeit des linken Trigeminus, ein nach links ausgesprochener Nystag¬ 
mus, Unsicherheit und Ataxie bei Bewegungen des linken Armes, ein wesentlich 
erköhter Lumbaldruck Symptome, die für einen linksseitigen Tumor sprachen. 
Auffallend war das Fehlen einer Stauungspapille. Die Obduktion ergab ein 
hfihnereigroßes Fibrom, das eingebettet, aber abgesetzt von der Hirnsubstanz, 
im Winkel zwischen dem unteren Teile des Kleinhirns einerseits, Brücke 
und Medulla oblongata anderseits lag. 

Von Hambarger (29) wird ein Fall mitgeteilt, bei dem mit großer 
Wahrscheinlichkeit die Diagnose auf einen Tumor im rechten Kleinhirn- 
brückcnwinkel zu stellen war. Obwohl ein Teil der Erscheinungen als Fern¬ 
symptome gedeutet werden konnten, war nach der Symptomatologie der 
Erkrankung ein extrazerebellarer Sitz der Geschwulst anzunehmen, besonders 
im Hinblick auf das geringe Hervortreten des Erbrechens. Bei der Operation 
zeigte sich eine derbe, kleinwalnußgroße Geschwulst, von der nicht mit 
Bestimmtheit zu entscheiden war, ob sie eine am Pons sitzende Geschwulst 
oder ob sie der durch eine linksseitig sitzende Geschwulst nach rechts 

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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


verdrängte Pons war. Der Tumor wurde nicht entfernt. Die Obduktion 
ergab ein Gliom des rechten Kleinkirnbrückenwinkels. 

Von Gensichen (24) wird der Fall eines bühnereigroßen Kleinkirn¬ 
sarkoms mitgeteilt, der vom Wurm ausgiug und sich auf den linken Klein- 
hirnbrückeuwinkel und die Medulla oblougata ausdehnte. Der Fall zeigt, 
wie leicht Hirntumoren im Anfang übersehen werden könneu. Bei der 
Aufnahme in die Klinik war schon aus der Anamnese die Diagnose Hirn¬ 
tumor zu stellen und mit Wahrscheinlichkeit im Kleinhirn zu lokalisieren. 
Kopfschmerzeu, Schwindel, Erbrechen, Sehstörungen, Gangstörungen, Krämpfe 
und psychische Störungen wurden iu der Anamnese angegeben. Sicher 
gestellt wurde die Diagnose durch den Nachweis von Stauungspapille, Ataxie 
und hohem Lurabaldruck; aus dem nach links stärkeren Nystagmus, der 
Klopfempfindlichkeit der linken Hinterhauptschuppe, der stärkeren Unsicher¬ 
heit links war es möglich, den Hauptherd links anzunehmen. Die Diagnose 
hätte eine Operation ermöglicht, aber der Zustand der Patientin erlaubte 
es nicht mehr. 

Von Gierlich (25) wird der Fall eines 29jähr. Schmieds beschrieben, 
der neben allgemeinen Hirndruckerscheinungen wie fortwährendem Erbrechen, 
Kopfschmerz, Pulsverlangsamung eine Reihe von Symptomen aufwies, die 
auf einen Tumor der rechten hinteren Schädelgrube hiuwiesen: Schwindel 
mit Fallen nach der rechten Seite, zerebellare Hemiasthenie mit Hypotonie 
rechts, spinale Ataxie und Intentionstremor rechts, Adiadochokinesis und 
Areflexie der Cornea rechts, Abweichung beim Bäranyschen Zeigeversucb 
nach rechts. Es wurde die Diagnose gestellt auf Tumor des vierten Ven¬ 
trikels mit Druck auf die rechte Kleinhirnseite oder Tumor (Zyste) des Klein¬ 
hirns rechterseits oder Meningitis serosa ebenda. Bei der Operation, die 
wegen Zunahme des Erbrechens vorgenommen wurde, stieß man auf einen 
Tumor im vierten Ventrikel, dessen Entfernung nach Durchschneidung des 
Wurms und Freilegung des Ventrikels wegen Aussetzen des Pulses und der 
Atmung nicht erfolgen konnte; Pat. starb dann einige Stunden nach der 
Operation an Atemlähmung. Die Sektion ergab ein Papillom von Eigröße in 
der rechten Hälfte des 4. Ventrikels, das vom rechtsseitigen Plexus chorioi- 
deus ausging und durch Zerstörung des Unterwurms und des inneren Drittels 
des Marklagers der rechten Kleinhirnhemisphäre die charakteristischen 
Symptome hervorgerufen hatte. 

Hypophysentamoren. 

Von Kahlmeter (37) werden drei Fälle von unter dem Bilde der Tabes 
oder der Paralyse verlaufendem Hypophysentumor (Pseudotabes bzw. Pseudo¬ 
paralysis pituitaria Oppenheim) mitgeteilt. Bei dem ersten Patienten begann 
die Erkrankung mit einer rasch vorübergehenden Augenmuskellähmung, 
nach der sich im Laufe von ein paar Jahren eine einfache Optikusatrophie, 
anfallsweise auftretende Schmerzen in den Beinen vom Typus der lanzi- 
nierenden Schmerzen, zunehmende Schwierigkeit, beim Gehen das Gleich¬ 
gewicht zu bewahren, und Abnahme von Potenz und Libido einstellten. Bei 
der Untersuchung wurde außer der Optikusatrophie die Abwesenheit der 
Patellarreflexe konstatiert; die Diagnose wurde zunächst auf Tabes gestellt, 
und erst nach längerer Beobachtung wurde sie, eigentlich nur im Hinblick auf 
den Röntgenbefund, in die Diagnose Tumor hypophysis umgeändert. Für 
die letztere Diagnose und gegen Tabes sprachen außer dem Röntgenbefand 
noch der negative Ausfall der Wassermann sehen Reaktion, das Fehlen jeder 
Sensibilitätsstörung und wirklichen Ataxie, sowie Andeutungen von hypo¬ 
physärdystrophischem Habitus. — In dem zweiten Fall handelte es sich um 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


341 


einen 50jährigen Mann, der seit einigen Jahren an abnehmendem Sehvermögen 
litt, das sich während des letzten Halbjahres stark verschlechtert hatte; 
gleichzeitig hatte sich eine vollständige Charakterändernng bei dem Kranken 
eingestellt: während er bis dahin ein bescheidener ruhiger Mann gewesen 
war, wnrde er non geschwätzig und vorlaut, urteilslos und ethisch gefühlslos, 
mit sehr labiler Gefühlslage, die zwischen albernem Euphorismus und Weiner¬ 
lichkeit hin und her pendelte; die klinische Untersuchung zeigte u. a. eine 
einfache Optikusatrophie und äußerst schlechte Patellarreflexe, so daß natürlich 
zuuächst an progressive Paralyse gedacht wurde, besonders mit Rücksicht 
auf die Art des Pat., Überlegungen anzustellen, und sein allgemeines Auftreten. 
Ausschlaggebend war auch hier die Röntgenplatte, die unzweideutig das 
Vorhandensein einer Sellazerstörung zeigte. — In dem dritten Palle endlich 
handelte es sich am einen 45jährigen Mann, dessen Krankheit vor 10 Jahren 
mit Abnahme des Sehvermögens und psychischen Symptomen begann, indem 
er „nervös“ und „eigentümlich“ wurde, erhöhten Betätigungsdrang zeigte und 
unmotiviert sein Eigentum verschenkte; einige Jahre später trat eine zu¬ 
nehmende Gedächtnisschwäche hervor, und gleichzeitig bekam der Patient 
Anfälle von Bewußtlosigkeit und vorübergehende Lähmungen, die allmählich 
in eine bestehenbleibonde rechtsseitige Parese übergingen, während der 
Patient gleichzeitig psychisch mehr und mehr verfiel; er kam ins Kranken¬ 
haus mit der Diagnose progressive Paralyse, zeigte sich dort völlig desorientiert 
und stumpf mit einer gewissen Euphorie und wies somatisch außer einer 
rechtsseitigen Hemiparese einfache Optikusatrophie auf beiden Augen auf. 
Erst bei der Sektion fand sich ein großer Hypophysistumor. 

Alle diese Fälle haben, wenigstens während einer gewissen Periode 
ihres Krankheitsverlaufs, so vollständig Tabes bzw. Paralyse vorgetäuscht, 
daß eine irrtümliche Diagnose in dieser Richtung völlig entschuldbar gewesen 
wäre. In den zwei ersten Fällen war es ausschließlich die Röntgenplatte, die 
die Diagnose auf die rechte Spur brachte, in dem letzten Fall entschleierte 
erst der spätere Verlauf die wahre Natur der Krankheit. Allerdings müssen 
derartige Fälle mit Hilfe der Röntgenuntersuchung und der Wassermann- 
schen Reaktion klargestellt werden können. 

Die Chirurgie der Hypophysentumoren wird von Schepelmann (65) 
eingehend besprochen, im Anschluß an den Fall einer 55jähr. Frau, bei 
der nach der Operation das Sehvermögen wenigstens auf einem Auge trotz 
vorheriger totaler Amaurose in kurzer Zeit wieder gebessert wurde. Im 
ganzen wird darauf hingewiesen, daß dio intrakraniellen Operationsmethoden 
allesamt technisch schwierig und gefährlich sind; sie sind nur dann indiziert, 
wenn der Tumor nach oben dem Großhirn zu wächst, während für die häufigsten 
Fälle des intrasellaren Wachstums und namentlich der Zystenbildung die 
transsphenoidalen Methoden vorzuziehen sind, auch wenn sie vielleicht nicht 
immer ein radikales Entfernen des Tumors gestatten. Indiziert ist die Operation 
unbedingt bei Hirndruckerscheinungeu, Abnahme des Sehvermögens, den oft 
unerträglichen Kopfschmerzen, den Störungen des Wachstums und Stoff¬ 
wechsels. Die Diagnose wird sich fast stets durch die Erweiterung des 
Türkensattels im Röntgenbilde stellen lassen. Besonders hervorgehoben wird 
die von den verschiedensten Autoren gemachte Beobachtung, daß hochgradige 
Sehstörungen bald hach der Operation zurückgehen, was auch in dem von 
Verf. beschriebenen Falle eintrat. 

Parasiten. 

Von Aftom (6) werden zwei Fälle von Hirnechinokokkus mitgeteilt. 
In dem ersten Falle waren sieben Monate vor Beginn der klinischen Beob- 


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Tumoren und Parasiten des Gehirns. 


achtung Stirnkopfschmerzen, besonders nachts, aufgetreten, ferner Erbrechen, 
Diplopie, Verminderung des Sehvermögens und Parästhesien im rechten Arm. 
Objektiv fand sich eine Neuritis optica mit beginnender Atrophie, rechts¬ 
seitige Hemianopsie, beiderseitige Abduzensparese, rechts mehr als links, 
Parese des rechten Rectus sup. und Fazialis, Hemiparesis deztra, Gesichts¬ 
hyperästhesie. Der Symptomenkomplex war also von Störungen beherrscht, 
die durch bilaterale Verletzung einiger Schädelnerven hervorgerufen worden 
waren, was an eine Erkrankung der Hirnbasis denken ließ. Da Hydro¬ 
zephalus und Basistumor mit Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden 
konnten, so wurde, trotz negativen Liquorbefundes und negativer Wasser¬ 
mannscher Reaktion im Blute, eine Meningitis basilaris luetica diagnostiziert, 
mit Arteriitis syphilitica incipiens des zweiten und dritten Astes der Art cerebri, 
media sinistra. Nach dem plötzlich erfolgten Exitus ergab die Obduktion eine 
Echinokokkuszyste im linken Seitenventrikel (Hinterhorn) mit fast völliger 
Zerstörung des entsprechenden Hinterhauptlappeus. Es ist in diesem Falle 
hervorzuheben, daß trotz dieser fast völligen Zerstörung des Okzipitallapens, 
trotz des Druckes, dem die Schläfenlappen und der Scheitellappen ausgesetzt 
waren, die Symptomatologie vielmehr für eine Affektion der Hirnbasis sprach. 
Um festzustellen, ob eine Differentialdiagnose zwischen Echinokokkus und 
anderen Hinraffektionen überhaupt möglich ist, werden eine Anzahl dies¬ 
bezüglicher Fälle aus der Literatur herangezogen. Es geht daraus hervor, 
daß klinisch besonders das Vorhandensein einer leichten und im Verlauf 
schwankenden Hemiparese für Echinokokkus charakteristisch ist; in der 
Differentialdiagnose gegenüber der Meningitis basilaris luetica müssen neben 
deu aus den chemischen und serodiagnostischen Untersuchungen gezogenen 
Kriterien, die geeignet sind, die Lues auszuschließeu, die Frühzeitigkeit und 
das Imponieren der durch die intrazerebrale Hypertonsion gesetzten Symptome 
zugunsten des Echinokokkus sprechen; außerdem scheint in der Meningitis 
basilaris luetica die Hemiparese nicht so häufig zu sein wie beim Echinokokkus. 

In dem zweiten Fall eines löjähr. Knaben begann die Erkrankung 
mit Kopfschmerzen und Erbrechen, dann Diplopie, Amblyopie, unsicherer 
Gang, Benommenheit. Objektiv fand sich eine Parese des rechten Abduzens, 
leichte spastische Parese der Extremitäten mit Steigerung der unteren Sehnen¬ 
reflexe; links spastische Parese ausgeprägter als rechts; Steigerung der oberen 
Sehneureflexe, Pupille links enger als rechts; Schmerzhaftigkeit des Warzen¬ 
fortsatzes, zerebellarer Gang, beiderseitige Papillitis, erhöhter Liquordruck, 
geistiger Torpor. Es bestand somit ein Syndrom, bestehend aus Parese der 
linken Hirnnerven (V, VI, Vll, XII) verbunden mit leichter spastischer 
Tetraparese besonders links und mit Gehirukompressionserscheinuugen. Es 
wurde die Diagnose auf linken Kleiuhirnbrückenwinkeltumor mit Kompression 
der Brücke gestellt. Es wurde operiert, und kurze Zeit darauf erfolgte der 
Exitus. Die Sektion ergab eine Echinokokkuszyste des rechten Lobus prae- 
frontalis. 

Von Kufs (41) wird ein Fall von basaler Zytizerkenmeningitis mitgeteilt, 
der klinisch unter dem Bilde einer schweren Melancholie verlief und im 
Verlaufe von 2 Jahren nach Hinzutreten einer Hemiplegie zum Tode führte. 
Es ließen sich während des Verlaufes keine Anhaltspunkte für eine schwere 
orgauische Hirnerkrankung gewinneu, da ausgesprochene Innervationsstörungen 
fehlten und lediglich die psychischen Krankheitssymptome wie die schwere 
depressive Verstimmung und die adäquaten Wahnvorstellungen und Sinnes¬ 
täuschungen das Krankheitsbild beherrschten. Hirndrucksymptome, Pyramiden- 
und Rindensymptome fehlten gänzlich; eine Untersuchung des Augenhinter- 
gmndes unterblieb leider. 


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Hamorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. 


343 


Pathologisch anatomisch fand sich eine basale fibröse Meningitis, die 
makroskopisch für eine luetische gehalten wurde, aber mikroskopisch eine 
Unzahl von gofalteten Häutchen enthielt, in denen sich keine Zystizerken 
mehr uachweisen ließen; nur rechts neben der Art. basilaris fand sich noch 
unter der fibrösen Haut ein kollabiertes, blasenförmiges Gebilde, das sich 
als geschrumpfter, aber noch leidlich gut konservierter Cysticercus racemosus 
erwies. In der vertieften und verbreiterten Sella turcica fand sich ein kirsch¬ 
großer, derber Tumor, der, von einer dicken, fibrösen Kapsel umschlossen, 
aus vielen Lagen gefalteter, weißgelblicher Häutchen und einem kugeligen, 
erbsengroßen Gebilde bestand; von der Hypophyse selbst ließen sich nicht 
die geringsten Reste nachweisen. Außerdem fand sich ein beträchtlicher 
Hydrocephalus internus mit entsprechender Atrophie des Gehirns; das 
Ependym war überall mit dichten Granulationen bedeckt. Überall ließen 
sich abgestorbene Zystizerken in dem Granulationsgewebe nachweisen. Die 
Gehirngefässe zeigten entzündliche Veränderungen. In den linken Parietal- 
■windungen fand sich ein großer Erweichungsherd. 

Der kausale Zusammenhang der Psychose mit dem pathologisch-auato- 
mischen Hirnbefunde wird in diesem Falle so aufgefaßt, daß die Zystizerken- 
invasion eine Reihe von Jahren ohne wesentliche zerebrale Symptome ertragen 
wurde, daß später die chronische basale Meniugitis mit konsekutivem Hydro¬ 
zephalus internus und die chronischen entzündlichen Intimawucherungen in 
den Blutgefäßen erhebliche Zirkulations- und Ernährungsstörungen im Gehirn 
hervorriefen, die die regressiven und degenerativen Veränderungen in der 
Hirnrinde im Sinne einer vorzeitigen senilen Involution der Ganglienzellen 
bewirkten; durch diese Annahme würde auch der Charakter der depressiven 
Psychose, die viel Ähnlichkeit mit der präsenilen Melancholie zeigte, ohne 
Schwierigkeit sich erklären lassen. 

Weiter wird noch kurz über drei Fälle von Cysticercus in ventriculo 
quarto berichtet; bei dem ersten fand sich ein akuter Hydrocephalus internus 
mit Hirndruckerscheinungen; der zweite bot den typischen Bruns-Oppeu- 
heimschen Symptomenkomplex der intermittierenden schweren zerebralen 
Störungen; bei dem dritten Fall eines Epileptikers fanden sich in der Rauten¬ 
grube verkalkte Zystizerkenhaufen, die die Medulla oblongata komprimiert 
hatten und erst in den letzten Jahren schwere bulbäre Störungen hervorriefen, 
während ein schwerer durch die Zystizerken bewirkter Hydrocephalus internus 
für die epileptischen Symptome verantwortlich gemacht wurde. Weiter werden 
noch kurz eine Anzahl von Zystizerken erwähnt, die zum Teil, bei Aussaat 
über die Konvexität, Epilepsie hervorgerufen hatten, zum Teil aber nur 
zufällige Obduktionsbefunde waren. 


Hamorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszess. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin und Dr. L ö w y - Ostende. 

1. Alexander, Granatwandsteckschuß der mittleren Schädelgrube, rechtsseitiger Schläfe¬ 
lappenabszeß, beiderseits traumatische Erkrankungen des akustischen und dos statischen 
Labyrinths. Eitrige Meningitis, exitus letalis. Monatsschi', f. Ohrenheilk. S. 497. 

(Sitzungsbericht.) 

2. Andrews, A. H., Brain and Sinus Complications of Otitis Modia; with Spocial Reference 
to Symptomatology. Texas State «Tourn. of Med. 11. (6.) 

3. Ballaban, Theodor, Über den orbitogenen Himabscess. Prager med. Woch. No. 3. 

p. 21. 

4. Bannes, Gehimabsceß nach Zahnerkrankung. Mißerfolg der Leitungsanästhesio? 
Medizin. Klinik. No. 14. p. 392. 


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344 


Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. 


5. Beok, J. C., Diagnose of Intraoranial Complications in Diseases of Middle Ear and 
Accessory Sinnses of Nose. Illinois med. Joum. Jan. 

6. Beck, Oskar, Otitis media suppurativa, primäre Bulbusthrombose, Sinus-Bulbuso pera- 

tion, Heilung. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1916. 50. 68. (Sitzungsbericht.) 

7. Derselbe, Hämatotympanum und Blutung in die Kleinhimbrückenwinkelgegend. 
ebd. p. 440. (Sitzungsbericht.) 

8. Derselbe, Meningitic Suppurative Extradural Absceß of the Posterior Fossa of the Skull 
After Purulent Tonsilitis. Annals of Otology. Vol. 24. No. 1. p. 25. (Krankeits- 
fall dom Titel entsprechend.) 

9. Bledsoe, R. W., Acute Purulent Otitis Media Complicated by Mastoiditis and Temporo- 
Sphenoidal Abscess. Southern med. Journ. Sept. VIII. No. 9. 

10. Bondy, 1. Schläfenlappenabsceß. 2. Sinusblutung. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 
S. 503. (Sitzungsbericht.) 

11. Boot, George W., Cases of Lateral Sinus Thrombosis. Ann. of Otol. 24. (3.) 554. 

12. Bryan, J. H., Report of Two Cases of Mastoid Abscess, Infective Thrombosis of the 
Lateral Sinus and Jugular Vein; Resection of the Jugular; Recovery, ebd. 24. (3.) 543. 

13. Bürger, L., Die Bedeutung der Fettembolie für den Kriegschirurgen. Medizin. Klinik. 
No. 36. p. 996. 

14. Burke, Gordon, and Nuzum, John, Differential Diagnosis between Cerebral Hemor- 
rhage and Softening Due to Thrombosis. Mod. Rec. 88. (17.) 701. 

15. Calhoun, F. P., Abscess of Frontal Lobe Secondary to Purulent Ftontal Sinusitis; 
Report of Caso with Recovery. Southern med. Journ. No. 3. 

16. Forsheim, Den spontana subarachnoidal blödningens patologi ooh diagnostik. Hygiea. 
1914. Heft 20. 

17. Goerdt, Wilh., Ein Fall von Heilung eines Schläfenlappenabszesses mit Durchbruch in 
den Seitenventrikol. Arch. f. Ohren-, Nasen- und Kehlkopfheilk. Bd. 98. H. 2—3. 

p. 101. 

18. Gordon, Alfred, Ventricular Hemorrhage. The Journ. of Nerv, and Ment. Dis. Vol. 42. 
S. 632. (Sitzungsbericht.) 

19. Graham, H. B., Difficulties in the Diagnosis of Sinus Thrombosis. The Joum. of the 
Amer. med. Assoc. Vol. LXV. No. 10. p. 848. 

20. Hall, G. C., Septic Sinus Thrombosis; Report of Cases. Lancet-Clinic. June 19. 
CXIII. No. 25. 

21. Harms, Heino, Ein geheilter Fall von multipler Hirnabszeßbildung nach akuter 
Mittelohroitcrung. Zschr. f. Ohrenheilk. Bd. 72. H. 2. p. 118. 

22. H e i m a n, Henry, and B a 11 i n. Mil ton J., Unusual Case of Sinus Thrombosis. The Joum. 
of the Amer. med. Assoc. Vol. LX1V. No. 12. p. 983. 

23. Höbig, Georg, Über die Kombination von Sinusphlebitis und Himabszess. Wien. med. 
Blätter. No. 3—4. p. 27, 39. u. Wien. klin. Rundschau. No. 5/8. p. 31, 43. 

24. Hoeggström, Arvid, 6 Fälle von Sinusphlebitis bei geheilter Otitis media. Mschr. f. 
Ohrenheilk. 49. 560. (Sitzungsbericht.) 

25 . Honig, Hermann, Okulomotoriuslähmung als erstes Symptom eines Stimhimahszesses. 
Doppelseitiger Stirnhimabsceß. Kl. Monatsbl. f. Augenheilk. 55. 382. 

26. Hübotter, 7 Fälle von Hirnabszeß. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 237. 

27. Jankovich, Ladislaus, Hirnabszesse im Anschluß an Schädelverletzungen. Gyö- 
gyäszat. No. 34 (Ungarisch) 

28. Kan, P. Th., Schläfenlappenabszeß, durch Operation geheilt. Mschr. f. Ohrenheilk. 
49. 552. (Sitzungsbericht.) 

29. Kern, L. C., Case of Brain Abscess. Jowa State med. Soc. Joum. Jan. 

30. Kopetzky, S. J., A Case of Otitis Media and Mastoiditis Followed by Meningitis, 
Operation, Recovery. After Eight Yoars, Development of Cerebral Abscess, Operation, 
Death. Ann. of Otol. 24. (3.) 566. (Titel besagt den Inhalt.) 

31. Lassen, F., Brain Absceß of Otitic Origin. Colorado Medicine. Jan. 

32. Lent, Edwin J., Chronic Suppurative Mastoiditis, Accompanied by Intracranial Pressure: 
Case Report. The Journ. of the Amor. med. Assoc. 65. (18.) 1576. (Sitzungsbericht.) 

33. Li Hie, H. J., Fulminating Otitis Media, Mastoiditis, Extensive Sigmoid Sinus Throm- 
bosis, Ligation of Internal Jugular Vein, Recovery. Michigan State med. Soc. Joum. 
March. 

34. Liwschitz, Solmau, Die spontanen Gehirnblutungen nach dem Sektionsmaterial des 
Pathologischen Instituts zu Leipzig aus dem Jahren 1905—12. Inaug. -Dissert. 1914. 
Leipzig. 

35. Loughram, R. L., Case of Acute Exacerbation of Chronic Mastoiditis with Choleetea- 
toma. Extensive Epidural Abscess, Purulent Pachymeningitis, with Exploratory 
Incision of Dura and Lateral Sinus. Recovery. Ann. of Otol. p. 673. (Titel besagt 
den Inhalt.) 


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Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. 


345 


36. Mann, Fall traumatischer Schläfenlappenzyste. Münch, med. Woch. 1916. 63. 130. 

(Sitzungsbericht.) 

37. Mann, R. H. T., Bram Absceß. Arkansas med. Soc. Joum. March. 

38. Marburg, Otto, und Ranzi, Egon, Über Spätabscesse naoh Schußverletzungen des 
Gehirns. Neurol. Zbl. No. 75. p. 546. 

39. Mayer, A., Über die intrakraniellen Blutungen des Neugeborenen infolge der Geburt. 
Zbl. f. Gynäk. 39. (46.) 795. 

40. Meyers, F. S., Demonstration eines Falles von Thrombose gewisser Hirnvenen. Psych. 
en neur. Bladen. 19. 575. 

41. Mulder van de Graaf, Annie, De röntgenphoto als hulpmiddel bij het herkennen van 
het haematoma durae matris. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. II. No. 16. S. 1837. 

42. Müller, Rob., Fall von Himabsceß. Münch, med. Woch. p. 375. (Sitzungsbericht.) 

43. Pascale, C., Cerebral Embolism with Congenital Mitral Stenosis in Boy of 16; Recovery 
Under Quinin and Jodid. Gazz. degli Osped. 36. (77.) 

44. Payr, Thrombose des Sinus cavernosus. Münch, med. Woch. p. 987. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

45. Pel, P. K., Ein Fall von Thrombose der Arteria cerebelli posterior inferior. Ned. 
Tijdschr. v. Geneesk. 59. (II.) 1126. 

46. Pfingsten, C. F., Otitic Sinus Thrombosis. Missouri State med. Assoc. Joum. 
June. 

47. Podmaniczky, BaronTibor v., Einige Daten über die diagnostische und therapeutische 
Bedeutung der Lumbalpunktion bei submeningealen Blutungen traumatischer Ätiologie. 
Berl. klin. W T och. No. 35. p. 913. 

48. Praegar, John, Über Fettembolie nach Ovariotomie. Zschr. f. Geburtshülfe. Bd. 
LXXVII. No. 3. p. 641. 

49. Quix, F. H., Ein Fall von chronisch verlaufendem Extraduralabsceß des Kleinhirns 
nach äußerst geringen Symptomen von seiten des Ohres. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 

59. (I.) 1845. 

50. Remsen, C. M, Apoplexy. Surgery, Gynec. and Obstetr. Deo. 

51. Richards, George L., Report of a Oase of Brain Abscess with Unusual Findings. Ann. 
of Otol. 24. (3.) 561. 

52. Röper, Himabszeß. Münch, med. Woch. p. 231. (Sitzungsbericht.) 

53. R u 11 i n, Traumatischer Schläfenlappenabsoeß. Fraktur des Schläfebeines. Monatsschr. 
f. Ohrenhoilk. p. 447. (Sitzungsbericht.) 

54. Dersolbo, Sinusthrombose im Anschluß an eine unter dem Bilde der Mucosusotitis ver¬ 
laufende Streptokokkenotitis, ebd. p. 446. (Sitzungsbericht.) 

55. Derselbe, Extraduralabsceß nach akuter Otitis. Doppolter Durchbruch nach außen 
und Senkung in die Regio parotidis. ebd. p. 443. (Sitzungsbericht.) 

56. Dersolbo, Multilokularer Sohläfonlapponabsceß. ebd. 49. 730. (Sitzungsbericht.) 

57. Derselbe, Linksseitige chronische Mittelohreiterung, Sinusthrombose, Bulbusthrombose, 
peribulbäre Eiterung, die sich in den Wirbelkanal erstreckt, ebenda. 49.728. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

58. Derselbe, Otitis media chronica suppurativa sinistra. Sinusthrombose, Bulbusthromboso. 
ebd. 49. 724. (Sitzungsbericht.) 

59. Sauer, W. E., Otitic Brain Abscess. Missouri State med. Assoc. Journ. May. 

60. Schluttig, Werner, Beitrag zur Aetiologie und Symptomatologie der Hirnabszesse. 
Diss. Kiel. 

61. Sheppard, J. E., A Case of Brain Abscess; Localization; Operation; Recovery. 
Neurographs. Vol. I. No. 1. p. 1. 

62. Simpson, J. R., Thrombosis of Lateral Sinus. Pennsylvania med. Joum. March. 

63. Sloan, H. G., The Diagnosis of Intracranial Bleeding in New Born. The Cleveland 
med. Joum. 14. (12.) 808. 

64. Smetanka, F., Über intrakranielle Komplikationen der Pharynxkrankheiten, öasopis 
äeskych lekafuv. 55. 69. (Böhmisch.) 

65. Throckmorton, T. B., Cerebral Abscess; Probably Primarily Due to Suppurative 
Tonsilitis. Jowa State med. S. J. Okt. 

66. Trible, G. B., Suppurative Otitis Media and its Complications. Military Surgeon. 
June. 

67. Uchormann, V., Otogene Himabscesse im Frontallappen und im Pariotallappen. 
Monatsschr. f. Ohrenheilk. 49. 561. (Sitzungsbericht.) 

68. Verse, Verschiedene Verschlußarten der Hirnventrikol nebst Folgezuständen. Münch, 
med. Woch. p. 623. (Sitzungsbericht.) 

69. Weidman, Fred D., Ruptured Aneurysm of the Right Vertebral Artory. Tho Joum. 
of the Amer. med. Assoc. Vol. LXV. No. 73. S. 1105. 

70. Zaun. G. F., Unusual Caso of Latoral Sinus Thrombosis. Wisconsin med. Joum. Deo. 


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346 


Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. 


Blutung. 

Die Dissertation von Liwschitz (34) bietet nichts neues. Sie ist 
nur eine ganz interessante Bestätigung der bisherigen Statistiken über spontane 
Gehirnblutangen. So z. B. die Häufigkeitsskala der Zentralganglien : Nucleus 
lentiformis, Thalamus, Capsula interna, Nucleus caudatus, Capsula externa, 
Klaustrum, Insula Reilii. Von 293 Apoplexien waren nur 9 ohne Gefä߬ 
erkrankung. ( Löwy .) 

Mayer (39) weist auf die Häufigkeit intrakranieller Blutungen bei der 
Geburt hin. Er selbst hat 5 Fälle innerhalb von 3 Monaten beobachtet. Intra- 
zerebrale Blutungen sind dabei eine Ausnahme, solche in die Hirnventrikel 
sind schon häufiger. In der Regel aber handelt es sich um Blutungen in die 
Hirnhäute und von diesen wieder sind am häufigsten die subduralen Hämor- 
rhagien. Die Gegend des Scheitelbeins ist mehr befallen als die anderen 
Schädelregionen. Den infratentoriellen Blutungen liegt meistens eine Zer¬ 
reißung des Tentorium cerebelli mit Verletzung des Sinus transversus oder des 
V. Galeni zugrunde, während die Quelle der supratentoriellen Hämorrhagieu 
gewöhnlich in einer Zerreißung der in den Sinus longitudiualis superior eiu- 
mündenden Venen oder des Sinus selbst liegt. Ursachen sind mechanische 
Gewalteinwirkungen oder Geburtshinderuisse (Zange, Beckenendlage, enges 
Becken bei Spontangeburt usw.). Da aber auch bei schnellverlaufeuden 
Geburten intrakranielle Blutungen Vorkommen, so müssen in diesen Fällen 
auch im Kinde selbst liegende Ursachen wirksam sein. Diese intra partum 
eintretenden Blutungen haben besonders auch forensische Bedeutung. Eine 
solche Blutung darf keineswegs als zuverlässiger Zeuge eiuer vorausgegangenen 
unsachgemäßen Gewalteinwirkung angesehen werden. Die Folgen dieser 
Blutungen sind sehr schwer, in vielen Fällen sofortiger oder bald nach der 
Geburt eintretender Tod oder schwere Störungen durch Beeinträchtigung 
wichtiger Zentren des Gehirns, die im einzelnen besprochen werden. Uber den 
Ort der Blutung (supra- oder infratentorielle) gibt mitunter die Spinal¬ 
punktion Aufschluß. Den Schluß des Referates bilden Ausführungen über die 
Behandlung dieser Störung. (Jacobsohn.) 

Eine Gewehrkugelverletzung führte zu spastischer Paraparese der Beine; 
blutiger Liquor führte Podmaniczky (47) zur Diagnose einer submenigealen 
Blutung durch Erschütterung dos Spinaltrakts und Zerreißung kleinster 
meningealer Gefäße. Häufige Lumbalpunktionen führten zur fast vollständigen 
Heilung. Ein zweiter Kranker war durch eine in nächster Nähe explodierende 
Granate zu Boden geworfen worden, konnte wegen Rückenschmerzen seitdem 
nicht laufen. Er wurde mouatelang als Funktionalkranker behandelt, trotzdem 
er Kernigsches Phänomen aufwies und die Hyperästhesie der Lumbalgegend 
bestand sowie entlang der Wirbelsäule selbst das Betupfen der Haut mit 
einem Wattebausch schmerzhaft empfinden ließ. Eine orientierende Lumbal¬ 
punktion ergab eine submeningeale Blutung, eine weitere Punktion brachte 
völlige Heilung. (Lötet/.) 

Forsheim (16) beschreibt zwei Fälle von spontanen Subarachnoidal¬ 
blutungen, beide bei jnngen Personen (17 u. 20 Jahre), bei denen die Krankheit 
unter klinischen Symptomeu von akuter Menigitis auftrat. In beiden Fällen 
erkrankten die Patienten plötzlich bei voller Gesundheit, im ersten Falle 
rein apoplektiform, so daß Patient bei der Arbeit umfiel, jedoch ohne das 
Bewußtsein zu verlieren. Die Symptome waren bereits von Anfang an 
maximal entwickelt und nabmen dann allmählich ab. Die Zerebrospinal¬ 
flüssigkeit zeigte in beiden Fällen ein für primäre Blutung typisches Ver¬ 
halten. Der Druck der Zerebrospinalflüssigkeit war in beiden Fällen 


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Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. 


347 


erheblich gesteigert (bzw. 330 und 450 mm in liegender Stellung). F. ist der 
Ansicht, daß die subarachnoidale Blutung zu gesteigerter Absonderung von 
Zerebrospinalflüssigkeit führt, und daß der erhöhte Druck, wenigstens zum 
größten Teil, auf dieser vermehrten Absonderung beruht. — Beide Fälle 
führten zu voller Genesung. F. betont die große therapeutische Bedeutung 
der Lumbalpunktion bei dieser Krankheit, wo die oft bedeutende und lange 
anhaltende Drucksteigerung wiederholte Punktionen zu indizieren scheint. 

( Kahlmeter .) 

Ein 40jähriger sonst gesunder Mann — Beobachtung von Weidman 
(69) — erkrankte plötzlich mit Kopfschmerzen, Frostgefühl und wird innerhalb 
einer halben Stunde bewußtlos; diese Bewußtlosigkeit hellt sich auf kurze 
Zeit auf, um dann wieder sich einzustellen. Patient wird unruhig, kommt 
io Schweiß, es stellt sich Steifheit der Körpers und Opisthotonus ein. Der 
Zustand dauert so 3—4 Tage, worauf der Tod eintritt. Bei der Sektion 
ward« ein erbsengroßes Aneurysma an der rechteu A. vertebralis etwas 
unterhalb der A. basilaris gefunden. Die Basis cerebri war mit Blutklumpen 
überlagert. Die Spinalflüssigkeit war vollkommen bluthaltig gewesen. Es 
bestand Verdacht auf Syphilis. (< Jaccbsolm .) 

Bei einer 66 jährigen Patientin, welche Barke und Nuzum (14) beob¬ 
achteten, deuteten alle Symptome auf eine Gehirnblutung hiu. Dessen un¬ 
geachtet fand sich bei der Sektion eine Thrombose der A. cerebralis media 
mit einem Erweichungsherd in der Gegend der zentralen Ganglien. 

( Jacobsohn .) 


Embolie. 


Bei einer schwierigen Exstirpation einer Ovarialgeschwulst kam es, wie 
Praeger (48) berichtet, durch starke Quetschung der sehr fettreichen Bauch¬ 
decken zu einer Fettembolie. Nach einem Intervall von 3 1 /* Tagen mit 
Temperatursteigerungen bis 38,8°, bei ruhigem Puls und mehrfachem Er¬ 
brechen traten Ikterus und Gehirnsymptome auf (soporoser Zustand, Un- 
orientiertheit, ängstliche Verwirrtheit), die bis zum 7. Tage anhielten. 

(Löiry) 

Bürger (13) zeigt an mehreren Beispielen die praktisch noch nicht 
recht erkannte Wichtigkeit der Fettembolie für Erkrankungen und plötzliche 
Todesfälle nach Traumen. Er weist hin auf die ausgedehnten Blutungen 
auch im Gehirn (bei gesundem Gehirne vor allem im Mark, bei chronisch 
entzündlichen Veränderungen der Pia und der ihr benachbarten Rinde, aber 
auch in der mangelhaft mit Blut versorgten Rinde). Diese meist nicht 
stecknadelkopfgroße Blutungen können so zahlreich sein, daß sie die Hälfte 
der Hirnsubstanz einnehmen. Bei Fettembolie der Organe des großen 
Kreislaufes folgt nach dem (auch sehr kurzen) freieu Intervall ein Reiz¬ 
stadium mit Reflexsteigerung, Fußklonus, toxischer Starre, Opistotonus, Spasmen, 
epileptischen Anfällen, auch Brechreiz und Erbrechen. Dies Stadium dauert 
von wenigen Minuten bis zu mehreren Tagen, dann tritt Benommenheit ein, 
die auch vorangehen kann (Eindruck eines Angetrunkenen). Unter Paresen, 
Temperaturabfall, dann wieder Anstieg (zentralbedingt?) folgt meist der Tod. 

Im Liquor fand B. zahlreiche, mit Fettkörnchen vollgepfropfte Lympho- 
und Leukozyten, der Liquor ist vermehrt, aber klar. 

Prophylaktisch empfiehlt B. die Esmarchsche Binde nach schweren 
Traumen, besonders bei Alkoholikern und Leuten nach überstandener 
Krankheit, ev. rasche Operation, therapeutischer Aderlaß, auch Blutegel und 
Lumbalpunktion. (. Löwy.) 


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Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. 


Thrombose. 

Der Fall von Sinusthrombosis, über den Heinian und Ballin (22) 
berichten, war dadurch bemerkenswert, daß nur einige Wochen vor der 
Aufnahme ins Krankeukaus leichte Ohrstörungen bestanden hatten, daß 
während der Beobachtung in der Klinik direkte Krankheitserscheinungen an 
den Ohren und auch andere Symptome fehlten, welche auf eine Sinusthrombose 
hindeuteten. Nur der positive Blutbefund mit Streptokokkenkulturen er¬ 
weckte den Verdacht auf Sinustbrombose, indem hier ein septischer Herd 
angenommen wurde. Der Processus mastoideus wurde bei der Operation 
frei von jeder Entzünduug gefunden. Durch Aspiration des Sinns wurde 
der Eiter entdeckt. Die Autoren exzidierten die V. jugularis interna, bevor 
sie den Sinus kurettierten. ( Jacobsohn .) 

Smetänka (64) diskutiert und belegt kasuistisch die Entstehung und 
Formen folgender intrakraniellen Erkrankungen: Thrombosis sinus cavernosi 
(als Folge der phlegmonösen Angina), Meningitis cerebrospinalis (nach folli¬ 
kulärer, phlegmonöser Angina oder auch Tonsillitis pharyngea). Die 
Möglichkeit der intrakraniellen Infektion läßt sich mit größter Wahr¬ 
scheinlichkeit nur auf dem Blutwege konstatieren. Die drei iu Betracht 
kommenden Bahnen wären dann: Venenverbindungeu zwischen Plexus 
pharyngeus und Sinus cavernosus, dann Kommunikationen zwischen Plexus 
pterygoideus mit Veuen im weichen Gaumen und Venae ophthalmicae und 
mittels Vena jugularis. ( Jar . Stuchlik.) 

Boot’s (11) Fälle, über die er berichtet, sind kurz folgende: 1. Muschel¬ 
entfernung, akute eitrige Otitis media, Mastoiditis, Sinustbrombose, pyä¬ 
mischer Abszeß, Restitution. 2. Scharlach, akute eitrige Otitis media, Mastoi¬ 
ditis, Sinusthrombose, Hämorrhagie, Tod. 3. Pneumonie, akute Otitis media, 
Mastoiditis, Sinusthrombose, Restitution. 4. Chronisch eitrige Otitis media, 
Mastoiditis, FazialisUihmuug, Erysipelas, Genesung. ( Jacobsohn .) 

Graham (19) veröffentlicht zwei Fälle von Sinusthrombose, von denen 
der eine schleichend ohne irgendwelche bedrohlichen Symptome verlief und 
der audere sich nach Malaria entwickelte. (Jacobsohn.) 

Abszess. 


Schluttig (60) bespricht in seiner Dissertation sehr ausführlich einen 
Fall mit multiplen Gehirnabszessen, an dem die Ätiologie insofern interessant 
ist, als Patient kurz nach einer Gesichtsrose (an der er schon öfter gelitten 
hatte) erkrankte. (Löiry.) 

Wenn bei einem Schädelschuß mit Hirnverletzung, sei er noch so er¬ 
folgreich operiert, eine gewisse Zeit nach dem Eingriff unter Temperatur¬ 
steigerung raeningeale Symptome einsetzen und die Lokalsymptome eine 
leichte Verstärkung erfahren, so hat man nach Erfahrungen von Marburg 
und Ranzi (38) das Recht, einen Spätabs/.eß anzunehmen. Die Verbreitung 
des Eiters auf die Meningen, wodurch die Symptome zustande kommen, sei 
folgende: Der oft nur kleine Abszeß steht durch eine kaum merkbare Lücke 
mit den Ventrikeln in Verbindung. Es tritt ein Pyozephalus auf; der Eiter 
ergießt sich dann durch das Foramen Magendi zunächst in die Meningen 
des Hirnstammes und von da auf die Hemisphären. Am meisten findet sich 
der Eiter in der hinteren Arachnoidealzysterne, und so erklärt sich wohl 
auch durch die enge Mitbeteiligung des vierten Ventrikels der rasche Exitus. 
Es zeigt sich durch diesen Befund, daß, wenn der Spätabszeß Erscheinungen 
hervorrnft, es bereits für den therapeutischen Eingriff zu spät ist. Indessen 


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Hamorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. 


34* 


kann mau durch frühzeitige Eröffnung solcher Abszesse auch Heilung 
herbeiführeD. ( Jacobsohn .) 

Bei einer 8 Jahre alten Patientin — Beobachtung von Harms (21) — 
entwickelten sich im Anschluß an eine akute Mittelohreiterung links im Laufe 
von etwA 7 Wochen 4 Hirnabszesse. Schon im Beginn der Erkrankung 
hatte die Verschlimmerung der Mittelohreiterung mit zerebralen Symptomen, 
Krämpfen, Benommenheit, Delirien eingesetzt. Diese schweren Erscheinungen 
schwanden sofort nach der einfachen Aufmeißelung beiderseits. Erst 14 Tage 
darauf traten von neuem Hirnsymptome auf, und es folgte die Operation des 
ersteu Abszesses, die wieder eine schnelle Besserung herbeiführte. In 
Zwischenräumen von etwa 14 Tagen offenbarten sich auch der zweite und 
dritte Eiterherd mit schweren allgemeinen Hirnerscheinungeu, die ebenfalls 
nach der Operation jedesmal rasch zurückgingen. Der vierte Abszeß brach 
beim Verbandwechsel, vier Tage nach Spaltung des dritten, in den Dränage¬ 
kanal des zweiten durch und entleerte sich so spontan. Alle vier Herde 
lagen in der Tiefe der Marksubstauz. Drei saßen im Temporallappen, und 
zwar der erste in der dritten Windung direkt über der Schädelbasis, der 
zweite und vierte in der hinteren Partie der mittleren Schläfenwindung, einer, 
der dritte, fand sich im Parietallappen. Der Autor meint, daß die Abszesse 
unabhängig voneinander entstanden siud, weil die Entfernung der einzelnen 
Herde voneinander zu groß war. ( Jacobsolm .) 

Bei einer Patientin — Beobachtung von Goerdt (17) —, die schon 
jahrelang an Mittelohreiterung litt, und bei der eiue Radikaloperatiou auf 
einer Seite ausgeführt war, zeigten sich Erscheinungen, die auf Hirnabszeß der 
anderen Seite schließen ließen. Da aber Symptome ganz plötzlich auftraten, 
die einen Durchbruch des Eiters in den Ventrikel vermuten ließen (Puls 120, 
Pupillen weit und fast reaktionslos, starke Benommenheit und unaufhörliches 
Schreien), so wurde die Operation, die erst am nächsten Tage vorgenommen 
werden sollte, sofort ausgeführt. Nachdem nahezu aller Eiter des im Schläfe¬ 
lappen aufgefundenen Abszesses entleert war, strömte reichlich klarer 
Liquor hervor, der immer wieder zum Vorschein kam, sobald die Wandungen 
der Abszeßhöhle auseinander gespreizt wurden. Der Autor diskutiert nun 
die Frage, ob die Ruptur der Ventrikelwand schon vor der Operation be- 
standeu hat oder durch letztere herbeigeführt wurde. Die akut aufgetretenen 
Erscheinungen bei der Patientin scheinen ihm für die erste Annahme zu 
sprechen. Da die Eröffnung aber minimal gewesen, die Ventrikelwand auch 
nicht nekrotisch zerfallen war und durch den Druck des Abszesses gegen 
die mediale Ventrikelwand gepreßt wurde, sei wahrscheinlich kein Eiter in 
den Ventrikel eingedrungen, oder wenn auch Spuren bineingelangt seien, so 
wären sie vielleicht durch die vorquellende Zerebrospinalflüssigkeit heraus¬ 
befördert worden. Die Patientin wurde geheilt. ( Jacobsohn .) 

Bailaban (3) berichtet ausführlich über einen Fall von orbitogenem 
Hirnabszeß bei einem 12 jährigen tuberkulösen Kinde. Der Abszeß war 
durch Infektion von kariösen Partien des Stirnbeins im Bereiche des oberen 
Orbitalrandes entstanden. Nach Freilegung und Entleerung des Abszesses 
hatte sich ein starker Hirnprolaps gebildet, und es trat Stauungspapille auf. 
Beide Erscheinungen bestanden ziemlich lange Zeit, und der Befund der 
Spinalflüssigkeit ließ Meningitis vermuten, obwohl solche nicht bestauden hat. 

(Jacobsohn.) 

Bannes (4) beschreibt einen Hirnabszeß, der im Anschluß an eine 
Zahnerkrankung entstand, und zwar durch Fortleitung des Infektionsprozesses 
in der Nervenscheide des Ram. mandibularis trigem. Mikroskopisch zeigte 
sich an diesem Ram. in der Nähe des Ggl. Gasseri eine sehr starke Leuko- 


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350 


Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. 


zyteninfiltration des perineuralen Bindegewebes. Im Ggl. selbst liegen die 
Leukozyten so dicht, daß die normale Struktur des Knotens völlig ver¬ 
wischt wird. 

Patient war ein Jahr lang wegen vielfacher Periostitiden u. a. in 
zahnärztlicher Behandlung gewesen, 5 Extraktionen fanden unter Leitungs¬ 
anästhesie statt. 

Verfasser erinnert an einen Fall von A. Cohnstein (internat. zahn- 
ärztl. Kongreß Berlin 1909), wo nach demselben Eingriff eine Allgemein¬ 
infektion und Embolie des Lumbalmarks einsetzte, und folgert, daß die 
Leituugsanästhesie bei infektiösen Prozessen in der Nähe des For. mandibulare 
absolut kontraindiziert ist. ( Löxcy .) 

Ein 7 jähriger Knabe — Beobachtung von Beck (8) — erkrankt 
plötzlich unter hohem Fieber, großer Unruhe, Erbrechen, Kopfschmerzen 
und Benommenheit und unter Lähmungen des linken Fazialis und Abduzens. 
Die mehrfache Untersuchung ergab keine deutliche Ursache dieser Er¬ 
scheinungen. Bei der Autopsie fand man eine alte eitrige Tonsillitis auf 
der rechten und eine frische auf der linken Seite, ferner einen großen Retro- 
und Subpharyngealabszeß. Dieser letztere hatte die Schädelbasis ulzeriert 
und war in die hintere Schädelgrube eingedrungen. ( Jacobsohn .) 

Der Stirnhirnabszeß, welchen Honig (25) beschreibt, war, wie die Sektion 
ergab, von einer alten entzündlichen Affektion des linken Sinus frontalis 
ausgegangen. Eine gleichseitige Okulomotoriuslähmung, erst der äußeren, 
dann auch der inneren Fasern, war das einzige Herdsymptom der zerebralen 
Affektion. Es wurde eine Affektion (Tuberkel) im Hirnstamme in der 
Gegend der Okulomotoriuskerne angenommen. Diese Diagnose w r urde gestützt 
durch die klinische Diagnose eines obsoleten tuberkulöson Prozesses der 
linken Lungenspitze. Auch der Liquorbefund hatte nicht zugunsten eines 
Abszesses gesprochen. ( Jacobsohn .) 

Bei 7 Fällen von Kombination von Hirnabszeß und Sinusphlebitis 
unterscheidet HÖbig (23) drei Gruppen, 1. solche mit im Vordergrund 
stehender Sinuserkrankung, 2. solche, bei denen die Symptome der Hirn- 
erkrankuug vorherrschen und 3. bei denen außer Abszeß und Phlebitis eine 
Labyrinthitis die Diagnose erschwerte. Hier wurde nur auf Grund des 
Neumannschen Symptoms (Ausschlagen des Nystagmus auf der kranken 
Seite) die Diagnose eines Abszesses gesichert. 

In 2 Fällen ist die Diagnose eines Abszesses, die therapeutisch von 
größter Wichtigkeit ist, vor einer Operation unmöglich: Wenn die Sinus¬ 
phlebitis den Abszeß völlig verschleiert und der Abszeß an sich keine Er¬ 
scheinungen macht. 

Von seinen 7 Fällen wurden nur 2 geheilt, einer erlag der Sinus¬ 
erkrankung, 4 dem Abszeß. (Bei so winzigen Ziffern Prozentzahlen auf¬ 
zustellen [Prozent = zu 100!!] ist widersinnig, wie Referent schon öfter 
hervorhob.) ( Löxcy.') 

Jankovich (27) berichtet vom pathologischanatomischen Standpunkte 
über fünf letale Fälle von Hirnabszeß im Anschluß an Schädelverletzung. 
Im ersten Falle handelt es sich um einen 34jährige Infanteristen, welcher 
sich einige Wochen nach einer geringen Schrapnellkugelverletzung in der 
Gegend des rechten Stirnhöckers ganz wohl fühlte, dann plötzlich Er¬ 
scheinungen von Hirnabszeß zeigt, operiert wird, aber unmittelbar danach 
stirbt. Bei der Sektion fand sich neben Meningealverwachsungen eine 
epidurale und subdurale Eiteransammlung, und im rechten Stirnlappen ein 
nußgroßer Abszeß, welcher von einer 1 bis 2 Millimeter dicken Wandung 
umgeben ist. Auch im zweiten Falle Schrapnellverletzung der rechten 


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Zerebrale Kinderlähmung. 


351 


Stiruhälfte, unreine Wunde, welche erst sechs Tage nach der Verletzung 
chirurgisch versehen werden konnte, wobei mit Eiter vermengte Knochen¬ 
teile und Kleiderfetzen entfernt werden. Nach einem Monat Prolaps, Ab¬ 
stoßung eiternder Hirnpartien, Tod. Bei der Sektion fand sich eine diffuse 
eitrige Meningitis und im rechten Stirnlappen ein ausgedehnter Abszeß, 
welcher bloß von einer ca. 1 cm dicken Hirnwandung umgeben ist. In diesen, 
sowie drei ähnlichen Fällen fand nun Verl’., daß in allen seinen 5 Fällen 
eine diffuse eitrige Meningitis den Tod verursachte, und in 3 Fällen ein 
Durchbruch in den Ventrikel erfolgte. In den meisten Fällen waren Hirn¬ 
häute und Knochen entzündlich verwachsen, damit der entzündliche Prozeß 
lokalisiert, und der entstehende Hirnabszeß bricht in die Ventrikel durch. 
Oft gesellt sich zum Abszeß eine Encephalitis haemorrhagica. In ganz seltenen 
Fällen wird der Tod nicht durch Meningitis oder Ventrikeldurchbruch ver¬ 
ursacht, sondern durch Oblongatakompressiou. Trotz aller Anerkennung, 
welche Verf. der Chirurgie zollt, muß er konstatieren, daß die operative 
Behandlung der Hirnabszesse noch auf recht schwacher Basis steht. Die 
Ursache dieses Umstandes sieht er in einer verminderten Widerstaudsfähig¬ 
keit des Gehirns, welches infolge seines totalen Mangels an Bindegewebe 
nicht imstande ist, eine Resorption des Eitererregers zu bewerkstelligen, 
dagegen aber erleichtern die perivaskulären Räume die Verbreitung des 
Eiters. Dies sind die Gründe der „progressiven Teudenz“ der Hirnabszesse. 

( Hudovervig .) 

In einem von Richard’s (51) mitgeteilten Falle von Hirnabszeß wurde 
in der post mortem entnommenen Lumbalflüssigkeit die Wassermannsche 
Reaktion positiv gefunden und außerdem waren Pneumokokken in ihr 
enthalten. ( Jacobsohn .) 

Die Mitteilung Bryan’s (12) ist dadurch bemerkenswert, daß er aus 
den Streptokokken, welche zur Infektion geführt hatten, Serum herstellte 
und den Patienten injizierte. Bei dem einen der beiden mitgeteilten Fälle sank 
die Temperatur nach den Injektionen, bei dem anderen trat eine Änderung 
nicht ein. ( Jacobsoh «.) 


Zerebrale Kinderlähmung. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn. 

1. Bat ton, F. E., and Wvss, W. H. von, Atonio Form of Cerebral Diplogia. Brit. Journ. 
of Childrens Diseases. March. 

2. Dummire, R. F., Two Cases of Spastic Paralysis. Washington mod. Ann. 14. (6). 

3. Espine, d\ Cas de syndrome de Little k la suite d’une pachym£ningite h£morragiquo. 
Revue med. de la Suisse Romande. S. 526. (Sitzungsbericht.) 

4. Fearnsides, E. G., Case of Infantile Hemiplegia Affocting Left Half of Body, with 
Considorable Under-Development of Left Upper Extremity; Jacksonian Convulsionu. 
Affocting Paralyzed Upper Extremity; Petit Mal. Brit. Journ. of Childrens Disease.. 
May. 

5. Higier, H., Ein Fall von cerebraler angeborener Diplegio vom atonisch-astatischon 
Typus (Foorster). Verhandlungen d. Warschauer ärztl. Gesellschaft. CXI. p. 77. 

6. Keyser, T. J., Unurual Case of Infantiblo Cerobral Hemiplegia. The Journ. of N. and 
mod. Dis. 42. 748. (Sitzungsbericht.) 

7. Spill er, William G., Severe Jaundice in the Nowborn Child a Cause of Spas; ic 
Cerebral Diplegia. The Amer. Journ. of the med. Sciences. Vol. CXLIX. No. 3. 
p. 345. 

8. Wright, Harold W., Infantile Hemiplegia. A Case with Unusual Onset and Obscuro 
Etiology. The Journ. of the Amer. med. Assoc Vol. LXIV. Xo. 19. p. 1577. 


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352 


Augenmuskelläbmungcu. 


Wright (8) berichtet über ein 19 Monate altes Kind, dessen Mutter 
Alkoholikerin war. Das Kind bekam beim Durchbruch des ersten Zahns 
eine rechtsseitige Hemiplegie spastischen Charakters. Diese Hemiplegie ver¬ 
schwand und kehrte mehrmals wieder, bis sie schließlich stationär wurde. 
Zwischendurch hatte das Kind mehrmals klonische Krämpfe vorübergehender 
Natur. Der Augenhintergrund war nicht ganz normal. Der Autor nimmt 
an, daß hier Blutungen aus der A. lenticulo-striata wiederholt erfolgt sind, 
und daß daraus sich bildende und wieder resorbierte Blutklumpen deu intra¬ 
kraniellen Druck und den lokalen Druck auf die Fasern der inneren Kapsel 
abwechselnd steigerten uud wieder verminderten. 

Higier (5): 4jähriges, schwer, aber nicht frühzeitig und asphyktisch 
geborenes Kind ohne psychoneurotische Aszendenz, entwickelte sich scheinbar 
normal, kauu sich nicht spontan aufsetzen, ohne Stütze sitzen, stehen, gehen, 
den Kopf aufrecht halten, trotzdem in der Bewegungs-, Sensibilitäls- und 
Reflexsphäre alles normal zu sein scheint. Aphasie. Versteht gut das 
Gesprochene. Hyperexteusibilität aller Gelenke, Hypotonie und mangelhafte 
Koordination, die sich darin äußert, daß es an gleichzeitiger Zusammen¬ 
arbeit der Antagonisten mit den Agonisten fehlt Leichte Imbezillität. Verf. 
schließt die Friedreichsche Ataxie und Oppenheimsche Myatonie aus uud 
diagnostiziert die astatisch-asthenische Diplegie zerebraler Herkunft. Diese 
Form ist bedeutend seltener, nicht nur als die spastische und athetotiscbe, 
sondern auch als die choreatische und wenig bekannte zerebellare Form. In 
den 2 Fällen Foersters, die einzeln zur Sektion gelaugten, fand sich lobäre 
Sklerose der Frontallappen mit sekundärem Schwund der fronto-zerebellaren 
Koordinationsbahnen. (SelbstbericJu.) 

Spiller (7) publiziert vier Fälle, in welchen sich nach einem Icterus 
neonatorum eine spastische zerebrale Lähmung entwickelt batte. Der erste 
Fall betraf ein gesund geborenes Kind mit spastisch ataktischer Diplegie, 
der zweite Fall betraf eine Frühgeburt (7 Va-Monats-Kind) mit Hemiparese; 
im dritten Fall hatte sich Hypotonie der Nackenmuskeln und leichter Spas¬ 
mus der Glieder eingestellt. Der vierte Fall zeigte das typische Bild der 
Litt loschen Krankheit. Die Störungen wurden nach Ablauf des Ikterus 
bemerkt, letzterer hatte mehrere Tage bis Monate lang bestanden. 


Ref.: Prof. L. Jacobsohn. 

1. Book, 0., Schädel schuß mit Cochleariserscheinungen und Augenmuskellähmungen. 
Monatsschr. f. Ohrenheilk. p. 428. (Sitzungsbericht.) 

2. Biolschowsky, A., Beitrag zur Kenntnis des rezidivierenden und alternierenden 
Ophthalmoplegia externa. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. S. 433. Festschrift f. 
H. Sattler. 

3. Bros©, L. D., Ophthalmolpegia Interna, Result of Lead Poisoning. Arch. of Ophthal- 
mology. Jan. 

4. Dufour, Auguste, Paralysie des musoles des yeux par triohooephales et par oxyures. 
Revue m6d. de la Suisse Romande. No. 3. p. 167. 

5. Groethuysen, G., Gase of Cyclical Third-Nerve Paralysis. Arch. of Ophthalmol. 
44. (6.) 

6. Koppen, Linksseitige Oculomotoriusparese. Vereinsbeil. d. Dtsoh. med. Wooh. 
p. 238. 

7. Snowball, Thomas, Zur Kasuistik der angeborenen doppelseitigen Abducens- und 
Faoialislähmung. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. S. löö. Festschrift f. H. Sattler. 

8. Torrini, U. L., Infezione delle oellule squamose epitimpaniohe. Paralisi delPooulo- 
motore estemo. Boll. delle malattie delPOrecchio. No. 6. p. 100. 


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Augenmuskellähmungen. 


353 


Ein Student — Beobachtung von Bielschowsky (2) — bisher gesund, 
nicht syphilitisch, etwas neuropathisch belastet, bemerkt im Alter von 
19 Jahren (1909) zum ersten Male Doppelsehen, das ohne erkennbaren Anlaß 
and ohne sonstige Störungen des Allgemeinbefindens auftrat, nach wenigen 
Tagen verschwand und erst nach einem Intervall von mehr als einem Jahre 
rezidivierte, wiederum ohne irgendwelche sonstigen Krankheitserscbeinungen. 

Die Diplopie besserte sich im Laufe der nächsten 3—4 Monate, war nur 
gelegentlich noch bemerkbar. Dann aber (April 1911) verschlechterte sie sich 
erheblich. Zu dem früher lateralen kam ein Vertikalabstand der Doppel¬ 
bilder auf Grund einer Parese der beiden linken Senker und des linken 
Medialis. Während sich die ersteren etwas erholten, trat schon nach einer 
Woche eine Paralyse der rechten Medialis auf, zu der sich in den folgenden 
Tagen eine Parese des linken Rectus sup. gesellte. In der nächsten Woche 
waren sämtliche äußeren Äste des rechten Okulomotorius paretisch, ebenso 
links zugleich mit dem N. trochloaris. Während sich dann die Funktion 
einiger Muskeln bessert, werden andere — Lidheber, Medialis und Rectus 
inferior des rechten Auges total paralytisch. Mit diesem schweren Krank¬ 
heitsbild kontrastiert in auffälligster Weise der nach 2 Monaten erhobene 
Befund (September 1911): Keine Spur von Ptosis, binokulare Fixation bis 
zum normalen Nahepunkt der Konvergenz, nur im Bereich des rechten 
Medialis eine eben nachweisbare Beschränkung der Beweglichkeit. Aber 
schon im Laufe der beiden folgenden Monate stellt sich infolge Parese des 
haken Medialis wieder eine Disvergenz von fast 30° ein, dann werden beide 
Mediales, beide Senker des linken, beide Heber des rechten Auges und 
schließlich auch der linke Lateralis paralytisch. Während sich dann die 
Vertikalmoloreu wieder wesentlich bessern, besteht für einige Wochen ein 
vollkommener, gleichmäßiger Ausfall der zur Linkswendung assoziierten 
Muskeln, des linken Lateralis und rechten Medialis. Im Dezember 1911 
verschlechtert sich auch der Zustand der Vertikalmotoren wieder, und zwar 
wiederum hauptsächlich die beiden linken Heber und beiden rechten Senker. 

Im März 1912 ist das Bild der seitlichen Blicklähmung nicht mehr vor¬ 
handen, alle Seitenwender sind paretisch, aber in ungleichem Grade, rechts 
besteht totale Ptosis und mehr oder minder hochgradige Parese aller Muskeln 
außer den Hebern, während links außer den Seitenwendern nur noch die 
Heber leicht paretisch sind. Nach einigen Wochen erholen sich am rechten 
Auge die gejähmten Muskeln, statt ihrer werden die vorher normalen Heber 
paretisch. Ähnlicher Wechsel zwischen Verschlechterung und Verbesserung 
ist in den folgenden Monaten auch am linken Auge zu beobachten. Im ganzen * 
aber bessert sich während des Sommers der Zustand erheblich (dreimonatliche 
Kur in Levico). Anfang Dezember 1912 sind weder subjektive Beschwerden 
noch objektiv nachweisbare Augenmuskelparesen vorhanden. Aber schon nach 
einigen Wochen stellt sich zunächst links wieder die Lähmung der Senker, 
dann rechts die Lähmung der Lid- und Bulbusheber ein, während die Seiten¬ 
wender noch einige Monate normal bleiben. Im Mai 1913 sind, nachdem der 
Zustand während der Wintermonate bald besser, bald schlechter war, sämt¬ 
liche 4 Seitenwender mehr oder minder hochgradig paretisch, rechts auch alle 
Vertikalmotoren, die links normal sind. Seitdem ist anscheinend keine völlige 
Wiederherstellung der Beweglichkeit mehr eingetreten, es wechselt nur der 
Grad der Lähmung und deren Ausdehnung auf die verschiedenen Muskeln. 

Der Autor verlegt den Krankheitsprozeß in das Kemgebiet. Sollte die hier 
geschilderte rezidivierende Ophthalmoplegie keine reine Form (ohne andere 
Nervenstörungen ablaufende) sein, so käme, wenn sie Vorläufer eines aus¬ 
gedehnten Krankheitsprozesses sein sollte, nur die multiple Sklerose in Betracht. 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1916. 


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354 Erkrankungen des Kleinhirns. 

In der Mitteilung von Snowball (7) handelt es sich um die seltene 
Kombination einer Fazialis- und Abduzenslähmung nukleären Ursprungs, 
welche seit der Gebart besteht. In ätiologischer Hinsicht war nichts Sicheres 
herauszufinden. 


Erkrankungen des Kleinhirns. 

Ref.: Dr. W. M i s c h - Berlin. 

1. Ashby, H. T., Case of Cerebellar Absoess in Child, Not Aiising from Ear Trouble. 
Brit. Joum. of Childrena Diaeaaea. April. 

2. Beck, O., Operiertes Fibrosarkom links mit Kleinhimerscheinungen der rechten Seite. 
Monatsschr. f. Ohrenheilk. p. 430. (Sitzungsbericht.) 

3. Cadwalader, William B., Cerebeilar Diplegia. The Joum. of N. a. M. Dis. 1916. 43. 
57. (Sitzungsbericht.) 

4. Canfield, R. B., Some Points in Differential Diagnosis of Cerebellar Abeoees and Cere¬ 
bellar Lues. Michigan State med. Soc. Joum. Jan. 

6. Epplen, F., Cerebeilar Localization with Reference to Nystagmus and Vertigo as Locv 
iizing Signs. Northwest med. 7. (11.) 

6. Goldstein, Kurt, Über den zerebellaren Symptomenkomplex in seiner Bedeutung für 
die Beurteilung von Schädelverletzten. Münch, med. Woch. No. 42. p. 1439. F. B. 

7. Götz, Otto, Zur Kasuistik der Encephalitis cerebelli. Dtsch. Ztschr. f. Nervanheilk. 
Bd. 64. H. 2/3. p. 161. 

8. Grey, Emest G., Studies on the Localization of Cerebeilar Tumors. The Joum. of 
N. a. M. Dis. 42. (10.) 670. 

9. Derselbe, Studies on the Localization of Cerebeilar Tumors. III. Posterior New 
Growth Without Nystagmus. The Joum of the Amor. med. Assoc. 65. 1341. 

10. Löwenstein, Kurt, Zerebellare Symptomenkomplexe nach Kriegsverletzungen. 
Neurol. Zbl. No. 17. p. 626. 

11. Marks, Henry K., A Case of Chronic Progressive Cerebeilar Tremor with Argyll* 
Robertson Pupils. New York Neurol. Inst. Meeting. April 22. 

12. Derselbe, Cerebeilar Cyst. ebd. April 8. 

13. Milligan, W., Diagnosis and Treatment of Abscess of Cerebellum with Record of Cases 
Subjected to Operation. Joum. of Laryngology. Vol. 30. No. 1. 

14. Mitamura, T., Fall von doppelseitiger Blickparese supranuclearen Ursprungs mit 
ausgedehnter Muskelhypotonie bei einer Kleinhimerkrankung. Mitt. a d. med. Fakultät 
d. k. Univ. Tokyo. XIII. No. 2. 

15. Newmark, L., An angioma of the cerebellum, Joum. of the nerv, and ment. Disease. 
Vol. 42. No. 5. p. 286. (Vgl. Kapitel: Spez. path. Anat. p. 166.) 

16. Porter, L., Apparently Complete Recovery After Operation for Cerebeilar Tumor. 
Arch. of Podiatr. Oct. 

17. Reichmann, 1. Die Bedeutung der funktionellen Kleinhimdiagnostik zur Beurteilung 
von Kopfschußvorletzungen. 2. Zerebellare Schädigungen als Folgeerscheinungen 
einer alten Schädelbasisfraktur. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 91. 

18. Saenger, Kleinhimbi ückenwinkeltumor. ebd. 41. 1586. 

19. Sohaller, W. F., Cerebeilar Syndrom. The Journ. of Nervous and Mental Disease. 
Vol. 42. No. 6. p. 270. 

20. Sterling, W., Ein Fall von Dystrophia adiposo-gern talis auf dem Boden eines Hydro- 
cephalus des dritten Ventrikels kombiniert mit Tumor und Cyste des Kleinhirns. 
Medyeyna. 1914. No. 30. 

21. Urbantschitsch, Emst, Linksseitiger Kleinhimabsceß bei einem 8jährigen Kinde 
mit kompressorischem Verschluß des Foramen Magendi, Parese des linken Abduzens 
und rechten Internus. Mschr. f. Ohrenheilk. 49. 736. (Sitzungsbericht.) 

22. Villaverde, J. M. de, Congenital Cerebeilar Ataxia. Medical Reoord. Vol. 88. p. 256. 
(Sitzungsbericht.) 

23. Wehner, Klara v., Zwei histologisch bemerkenswerte Fälle von KJeinhimbrücken- 
winkeltumor. Inaug.-Dissert. München. 

24. Woodbury, Malcolm S., Cerebeilar Symptomatology. Medical Reoord. Vol. 86. 
No. 10. p. 396. 

25. Woods, C. L., Case of Aneurysm of Left Posterior Inferior Cerebeilar Artery. United 
States Naval med. Bull. July. 

26. Zylborlastöwna, Über Aplasie des Centralnervensystems mit besonderer Berück¬ 
sichtigung cerebellarer Symptome. Pam. Tow. Lek. p. 56. 

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Erkrankungen des Kleinhirns. 


356 


Von Schaller (19) werden die verschiedenen Symptome der Kleinhirn- 
erkranknngen besprochen, die das Kleinhirnsyndrom ergeben. Es wird darauf 
hingewiesen, daß keines derselben, einzeln betrachtet, unbedingt charakte¬ 
ristisch für Kleiuhirnerkrankung ist. Zu den vom Kleinhirn mehr ab¬ 
hängigen Symptomen gehören die zerebellare Ataxie, Asynergie, Adia- 
dochokinesis und die zerebellare Katalepsie, ferner das Fallsymptom und die 
Abweichungen vom Normalen bei der Labyrinthfunktiousprüfung und dem 
B&ränyschen Zeigeversuch. Weniger abhängige Symptome sind die durch 
den intrakraniellen Druck verursachten wie Übelkeit, Erbrechen Schwindel, 
Stauungspapille und Nystagmus. 

Von Woodbury (24) werden die für die Kleinhirnerkrankungen charak¬ 
teristischen Symptome besprochen, und zwar nach den vier Gesichtspunkten 
der Ataxie (Inkoordination), der Hypotonie (verminderter Muskeltonus), der 
Astasie und der Asthenie. Anschließend wird ein Fall besprochen, bei dem 
ein intrazerebellares Gliom auf der rechten Seite diagnostiziert wurde, welches 
die Operation bestätigte. Durch die Operation wurde eine weitgehende 
Besserung erzielt. 

Von Grey (8) werden 66 Fälle von Kleinhirntumor analysiert, um die 
Bedeutung des zerebellaren Ganges der Ataxie, des Rombergseben Phä¬ 
nomens und der Adiadochokinese für die Lokalisation der Neubildungen in 
der hinteren Schädelgrube genauer zu bestimmen. In allen in Betracht ge¬ 
zogenen Fällen wurde die Läsion entweder durch Operation oder durch 
Autopsie lokalisiert. Für die zerebellare Ataxie wurde festgestellt, daß bei 
einseitigen Läsionen etwa 40 % der Patienten keine ausgesprochene Ab¬ 
weichung nach der einen oder anderen Seite zeigten. Andererseits war bei 
zentralen Läsionen eine Abweichung nach einer bestimmten Richtung ebenso 
häufig wie ein Schwanken nach beiden Seiten. Hieraus geht hervor, daß, 
obwohl der schwankende zerebellare Gang wahrscheinlich das charakte¬ 
ristischste Zeichen einer Kleinhirnerkrankung ist, ein Abweichen nach der 
einen oder anderen Seite keine lokalisatorische Bedeutung hat. Hinsicht¬ 
lich des Rombergschen Phänomens ergab sich, daß in weit über 50 % der 
Fälle die Richtung des Schwankens oder Fallens keine direkte Beziehung zu 
der Lokalisation des Tumors hat. Es ist also daraus zu folgern, daß, obwohl 
das Rombergsche Zeichen zur Diagnose einer subtentoriellen Neubildung 
sehr notwendig ist, ein Schwanken nach der einen oder anderen Seite keine 
wirkliche Bedeutung für die Lokalisation des Tumors hat Ataxie der 
Extremitäten kann bei Fällen von zentralen wie lateralen Kleinhirnläsionen 
fehlen, ebenso auch bei extrazerebellaren Tumoren. Anderseits ergab sich, 
daß, obwohl die Ataxie bei gewissen Fällen von einseitigen Affektionen 
beiderseits gleichmäßig ausgeprägt sein kann, in einzelnen Fällen auch auf der 
der Affektion entgegengesetzten Seite überwiegt, in der Mehrzahl der Fälle die 
Ataxie der Extremitäten auf der der Kleinhirnaffektion gleichen Seite stärker 
vorhanden ist. Wenn also die Ataxie auf beiden Seiten verschieden stark 
ausgeprägt ist, so ist sie als lokalisatorisches Zeichen ziemlich wertvoll. Die 
Adiadochokinese fehlt häufig bei Kleinhirnerkrankung; ist sie aber an einer 
Extremität oder in ungleicher Weise an beiden Seiten vorhanden, so hat sie 
eine gewisse Bedeutung für die Lokalisation der Läsion. 

Von 34 nachgewiesenen Fällen von Kleinhirntumor und 17 nach¬ 
gewiesenen Fällen von extrazerebellarem Tumor fand Grey (9) bei 11 Fällen 
Tor der Operation keinen Nystagmus bei wiederholten Untersuchungen. Alle 
Fälle, in denen er fehlte, erwiesen sich als intrazerebellare Neubildungen, 
d. h. er fehlte in 32 % der intrazerebellaren Tumoren. Dies bedeutet, daß, 
wenn ein Patient einen Kleinhirntumorsymptomenkomplex ohne Nystagmus 


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356 Erkrankungen des Kleinhirns. 

darbietet, so weist dies Fehlen des Nystagmus auf 9eine intrazerebellare 
Lokalisation bin. In den Gruppen mit und ohne Nystagmus waren deut¬ 
liche Unterschiede im Grade des intrakrauiellen Druckes vorhanden; in 
beiden Gruppen waren Tumoren, die den Wurm befielen, und andere, die 
eine oder beide Hemisphären betrafen. Kalorische Prüfungen, die in 6 Fällen 
ohne Nystagmus ausgeführt wurden zeigten in 5 Fällen charakteristischen 
Nystagmus von beiden Labyrinthen aus. Von 40 Fällen, in denen der Tumor 
vor dem Kleinhirn lag, zeigten 8 vor der Operation Nystagmus; von 7 dieser 
Fälle, bei denen der kalorische Nystagmus geprüft wurde, ließ er sich in 
6 Fällen von beiden Seiten aus auslösen. Hieraus geht hervor, daß in 
manchen Fällen von intrakraniellem Tumor das Fehlen des Nystagmus nicht 
auf eine Verschlechterung des fundamentalen Mechanismus des Nystagmus 
zurückzuführen ist. 

Auf die Bedeutung des zerebellaren Symptomenkomplexes für die Be¬ 
urteilung von Schädelverletzten weist Goldstern (6) besonders deswegen 
hin, weil er leicht mit funktionellen nervösen, hysterisch-neurasthenischen 
Symptomenbildern, wie sie häufig nach Schädelverletzungen auftreten, ver¬ 
wechselt werden kann, da die subjektiven Beschwerden oft sehr ähnliche 
sind. Es wird vom Verfasser der Fall eines 33 jährigen Mannes mitgeteilt, 
der eine Verwundung durch Granatsplitter und Verschüttung erlitten hatte 
ohne gröbere Schädelverletzung; 10 Tage nach der Verletzung machte er 
einen etwas schläfrigen Eindruck, war leicht ermüdbar und erregbar, zeigte 
keine Motilitäts- oder Sensibilitätsstörungen, keinen Nystagmus, keinen 
Romberg, dagegen Dermographie, labilen Puls, abnorme psychische Erreg¬ 
barkeit und Ermüdbarkeit, Wechsel der subjektiven Beschwerden, deutliches 
Krankheitsgefühl. Der Patient machte den Eindruck eines funktionell 
Nervenkranken. Die genaue Kleinhirnfunktionsprüfung ergab jedoch Neigung, 
beim Stehen mit geschlossenen Augen nach rechts zu fallen, beim Gehen 
mit geschlossenen Augen nach rechts abzuweichen, Vorbeizeigen nach rechts, 
Adiadochokinesis rechts, Störung in der Schätzung von Gewichten auf der 
rechten Seite und geringe Ataxie rechts. Alles dies wies auf eine Schädigung 
des rechten Kleinhirns hin. Im Röntgenbilde zeigte sich eine deutliche 
Fissur am Schädelknochen, so daß als Folge derselben ■ eine Blutung in 
der rechten Kleinhirnhälfte mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden 
konnte. 

Es wird daraus die Lehre gezogen, daß bei jedem Schädelverletzten 
eine Funktionsprüfung des Kleinhirns vorgenommen werden sollte, damit 
Fehldiagnosen auf funktionelle Erkrankungen vermieden werden. Es werden 
die wichtigsten Punkte, die für die Kleinhirndiagnose in Betracht kommen, 
zusammengestellt. Als subjektive Störungen treten auf Kopfschmerzen, be¬ 
sonders am Hinterkopf, Störungen beim Bücken und beim Lagewechsel des 
Körpers, Unsicherheit beim Gehen, Gefühl einer gewissen Verlangsamung der 
Bewegungen, Neigung nach einer Seite zu fallen, Schwindel; dabei treten 
die einzelnen Störungen in verschiedenen Graden auf, je nachdem, ob die 
Hemisphären des Kleinhirns oder der Wurm oder tiefere Kleinhirnpartien 
betroffen sind. Die gleichfalls je nach der Lokalisation der Schädigung 
verschiedenen objektiven Symptome sind zerebellarer Gang mit Schwanken 
des ganzen Körpers (Wurmsymptom), abnorme Kopf- und Rumpfhaltung 
und allgemeines Schwanken beim Stehen (Wurm), Nystagmus (Schädigung 
tieferer Kerne oder dem Kleinhirn benachbarter Gebiete), Ataxie (Hemi¬ 
sphärensymptom), für die die Einseitigkeit, die Gleichseitigkeit mit dem Herd 
und das Betroffensein vorwiegend der Extremitäten charakteristisch ist, leichte 
Schwäche und Schlaffheit der Extremitäten, Vorbeizeigen beim Bäränyschen 

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Erkrankungen des Kleinhirns. 


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Zeigeversuch, Adiadochokinesis, Störung in der Schätzung von Gewichten 
(mangelhafte Unterscheidung schwererer und leichterer Gewichte, Unter¬ 
oder seltener Überschätzung der kranken Seite), Fehlen des Rückschlags 
bei der Widerstandsprüfung. Auf Grund einer eigenen Beobachtung, die 
gleichfalls zunächst Hysterie vortäuschte, dann aber als zerebellarer Sym- 
ptomenkomplex mit Hysterie erkannt wurde, will Verfasser auch noch die 
Augenhintergrundveränderung (Neuritis optica) als charakteristisch hinzu¬ 
fügen. Verf. weist auch darauf hin, daß auffallend häufig gerade dieser zere¬ 
bellare Symptomenkomplex mit hysterischen Erscheinungen kompliziert ist, 
wodurch die Diagnosenstellung sehr erschwert wird. 

LÖwenstein (10) teilt einige Fälle mit, bei denen nach Kriegs¬ 
verletzungen zerebellare Symptomenkomplexe aufgetreten waren, die auf¬ 
fallend viele organische und funktionelle Zeichen gemeinsam aufwiesen. Be¬ 
sonders wertvoll war zur Unterscheidung dieser Symptome die Bäräny- 
sche Methode. In dem ersten Falle handelt es sich um eine traumatische 
Affektion des rechten nervösen Hörapparates (Labyrinth oder Nervus octavus) 
und des Zerebellums. Die Labyrinth- bzw. Oktavusaffektion ergab sich aus 
dem Resultat der Ohrprüfung und aus der schweren Herabsetzung bzw. Auf¬ 
hebung der rechten kalorischen Reaktion; die Läsion des* Kleinhirns ließ 
sich aus dem Nystagmus, der Gleichgewichtsstörung und dem Verhalten 
der Bäränyschen Reaktionen ableiten; daß der Nystagmus kein labyrinthärer 
war, ergab sich aus der langen Dauer seines Bestehens (9 Monate), er war 
also als intrakraniell aufzufassen. Als funktionelle Komponenten waren bei 
dem Patienten seine Neigung, nach rechts zu fallen, sowie seine ganze Geh- 
störung und Sprachstörung, die typisch-psychogen waren, aufzufassen. — 
Auch in dem mitgeteilten zweiten Falle waren organische und funktionelle 
Symptome nebeneinander vorhanden : Organisch war hier der Nystagmus, die 
Herabsetzung der linken kalorischen Reaktion und das Fehlen bzw. die 
starke Herabsetzung der Vorbeizeigereaktion nach außen im linken Arm; 
auch die nacli der Verletzung bestehende Bewußtlosigkeit und des Erbrechen 
weisen auf eine organische Läsion hin. Es lag also hier ein Prozeß am 
linken Kleinhirn vor, der auf die Prellung durch ein Schrapnell zurückzu¬ 
führen war, und bei dem es sich wohl um eine Blutung gehandelt hat. Als 
funktionelle Symptome fanden sich daneben außer Angst, Schweißausbruch. 
Tachykardie und starker Erregtheit ganz unregelmäßige Fallneiguugen und 
vom zerebellaren abweichender unsicherer Gang. — Diesen beiden Fällen 
gegenübergestellt werden zwei Fälle von reiner Kleinhirnverletzung. In 
dem einen dieser Fälle handelte es sich um eine periphere Verletzung des 
N. facialis und des N. octavus links, des letzteren in seinem kochleären wie 
in seinem vestibulären Teil; anderseits besteht eine schwere Verletzung des 
linken Kleinhirns. Ihre Erscheinungen sind Nystagmus nach links, zerebellare 
Ataxie mit vorwiegendem Fallen nach links, Bewegungsataxie im linken 
Bein und Adiadochokinesis in der linken Hand. Die Bäranysche Unter¬ 
suchung ergab im linken Arm spontanes Vorbeizeigen nach außen und Fehlen 
der kalorischen Reaktion nach innen; im linken Arm spontanes Vorbeizeigen 
nach oben und Fehlen der kalorischen, Reaktion nach unten; damit läßt 
sich die Läsion im Lobus biventer am Übergang der vorderen in die seit¬ 
liche Fläche und am medialen Ende der Lobi semilunares sup. et inf. 
lokalisieren. — Bei dem letzten Fall endlich handelte es sich um eine 
Affektion des rechten N. octavus bzw. des rechten Labyrinths; außerdem 
mußte aber auch eine Kleinhirnaffektion vorliegen, denn weder die starke 
zerebellare Ataxie beim Augenschluß noch der starke Nystagmus, die beide 
schon ®/ 4 Jahre bestanden, ließen sich durch die Labyrinthaffektion erklären; 


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Erkrankungen des Eieinhirns. 


dies wurde bestätigt durch das Ergebnis der Bäräuyschen Untersuchung, 
die im linken Arm spontanes Vorbeizeigen nach innen und Fehlen der kalo¬ 
rischen Reaktion nach außen ergab, so daß also eine Läsion des linken Außen¬ 
zentrums (Lobus semilunaris sup. et inf., laterale Partie) vorliegen mußte. 
Da es sich hier um die entgegengesetzte Kleinhirnseite handelte, so mußte 
wohl eine Blutung in der hinteren Scbädelgrube oder eine indirekte Läsion 
durch Contrecoup vorliegen. 

Besonders hervorgehoben wird, daß es oft nur durch den Ausfall der 
Bäränyschen Rsaktionen möglich ist, organische Kleinhirn- und Labyrinth¬ 
läsionen innerhalb von funktionellen Störungen zu erkenneu. Anderseits 
darf aber ein Vorhandensein funktioneller Störungen neben den durch die 
organische Läsion bedingten nicht übersehen werden. 

Uber einen Fall von Kleinhirnerkrankung, der sich als Entzündung 
herausstellte, berichtet Götz (7). Der 33 jährige Patient erkrankte plötzlich 
mit Schüttelfrost, Erbrechen und heftigen Schmerzen im Hinterkopf; es traten 
dann Schwindelgefühl und schlechte undeutliche Sprache hinzu. Objektiv 
fand sich eine geringe Ataxie an den unteren und oberen Extremitäten, 
Adiadochokinese, Steifigkeit und Schmerzhaftigkeit der Halswirbelsäule, Un¬ 
sicherheit und starkes Schwanken beim Stehen, typischer zerebellarer Gang, 
sehr langsame und verwaschene Sprache; die Temperaturen waren inter¬ 
mittierend. Die Lumbalpunktion ergab einen Druck von 180 mm, leuko- 
zytäre Pleozytose; Wassermann war in Blut und Liquor negativ. Die gleich 
nach der Aufnahme gestellte Diagnose Kleinhirnerkrankung stützte sich auf 
die Symptome der zerebellaren Ataxie, der Asynergie cerebelleuse im Sinne 
von Babinski, die Hypotonie bei gesteigerten Reflexen, den vorhandenen 
Schwindel, die Adiadochokinesis, das Fehlen von jeglichen Störungen der 
Sensibilität. Der Patient konnte nach einigen Wochen ohne jede Beschwerden 
entlassen werden. Der Verlauf der Erkrankung zeigte eine Kleinhirnaffektion, 
die unter nicht charakteristischem Fieber entstand, in wenigen Wochen mit 
dem Abklingen der gesteigerten Körpertemperatur fast völlig verschwand 
und so gut wie ganz ausheilte. Da im Liquor Zeichen einer Entzündung 
nachzuweisen waren, so ist für die Erklärung des Falles die Annahme einer 
Encephalitis cerebelli sehr naheliegend. Als Ätiologie konnten in Betracht 
kommeu Trauma, Otitis, Kleinhirntumoren, Lues, Tuberkulose, multiple 
Sklerose. Alle diese Faktoren werden unter eingehender Diskussion der 
vorliegenden Literatur vom Verf. abgelehnt. Vielmehr nimmt er nach dem 
ganzen Verlauf an, daß sich in dem vorliegenden Fall ähnliche Eutzündungs- 
erscheinungen am Kleinhirn gefunden haben, wie sie bei Fällen von Enze¬ 
phalitis nach Infektionskrankheiten und auf rein toxischer Basis auftreten 
können. Eine bestimmte Ätiologie konnte nicht nachgewiesen werden, 
es konnte keine Infektionskrankheit als Ursache der Erkrankung ermittelt 
werden. 

Von Newmark (15) wird ein Fall mitgeteilt, der unter okzipitalen 
Kopfschmerzen und unter intermittierenden Anfällen von Bewußtlosigkeit 
und Erbrechen verlief. Es fand sich Nystagmus beim Blick nach rechts und 
nach links, mehr allerdings nach rechts; alle Sehnenreflexe mit Ausnahme 
der Achillesreflexe fehlten; sonst waren keine objektiven Symptome vor¬ 
handen. Die Obduktion ergab etwa in der Mitte des hinteren Randes der 
linken Kleinhirnhemisphäre einen dunkelroten, runden Tumor von etwa 5 mm 
Durchmesser. Der Tumor bestand aus kapillaren Blutgefäßen von ver¬ 
schiedener Größe, teils engen, zylindrischen, teils sinusartig erweiterten; der 
Tumor stand mit der Pia in enger Verbindung, war aber scharf abgegrenzt 
und dehnte sich nicht auf das eigentliche Hirngewebe aus, das er nur durch 


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Erkrankungen der Heda 11a oblongata. 359 

Kompression etwas zerstörte. Es wurde ein Angiom des Zeberellum dia¬ 
gnostiziert. 

Sterling (20) berichtet über einen 14jährigen Patienten, welcher seit 
2 Jahren au heftigen Kopfschmerzen mit Erbrechen leidet. Objektiv: großer, 
hydrozephalischer Schädel, gedunsenes Gesicht. Beiderseits Stauungspapille. 
Schwankender Gang. Adipositas universalis. Keine Behaarung in den 
Achselhöhlen und auf der Symphyse. Das Röntgenogramm erweist eine Er¬ 
weiterung der Sella turcioa. Es wurde eine Lumbalpunktion ausgeführt. 
2 Tage danach Exitus letalis. Die Autopsie erwies eine Blase auf der 
Gehirnbasis mit Zerebrospinalflüssigkeit gefüllt (erweiterter 3. Ventrikel). 
In der linken Kleinhirnhälfte eine Zyste und außerdem dicht an dem Ver- 
mis ein Tumor von der Größe einer Pflaume. Der Verf. erörtert den Zu¬ 
sammenhang zwischen dem Tumor und der Zyste des Kleinhirns und ist 
geneigt, das Syndrom von Fröhlich (Dystrophia adiposo-genitalis) von 
dem Druck des erweiterten 3. Ventrikels auf die Hypophyse abzuleiten. 

(Sterling.) 

Zylberlastdwna (26) befaßt sich in ihrer Arbeit mit einer besonderen 
Form von Aplasie des Zentralnervensystems bei Kindern, welche sich klinisch 
mit mangelhafter Statik und Kinetik und mit Sprachstörungen kundgibt. Die 
Kinder gehen entweder gar nicht, oder sie gehen schwankend und breit¬ 
beinig und bedienen sich mangelhaft ihrer Hände. Obwohl derartige Kinder 
manchmal psychisch gut entwickelt sind, machen sie jedoch auf ihre Um¬ 
gebung den Eindruck von Imbezillen infolge von mangelhafter Sprache und 
ärmlicher Mimik. Das zerebellare Symptom in solchen Fällen weist auf eine 
Erkrankung bezw. Aplasie des Kleinhirns. Die Ätiologie der Erkrankung 
ist vollständig dunkel: es kommen in Frage die Blutverwandtschaft zwischen 
den Eltern, Rachitis und überhaupt allgemeiner schlechter Ernährungszustand 
der Eltern. Das Leiden ist angeboren und manifestiert sich bereits in den 
ersten Lebensmonaten. Das praktisch wichtigste klinische Merkmal ist eine 
Besserung, welche fast in allen Fällen im weiteren Krankheitsverlauf zu 
verzeichnen ist. Sie ist wahrscheinlich von der Intervention des Gehirns 
abhängig, welches die Funktionen des Kleinhirns übernimmt. (Sterling.) 


Erkrankungen der Medolla oblongata. 

Ref.: San.-Rat Dr. S. K a 1 i s c h e r - Berlin-Schlachtensee. 

1. Erbsen, Fritz, Ein Fall von traumatisoh entstandener Bnlbärparalyse im 5. Lebens¬ 
jahre. Monatssohr. f. Kinderheilk. 1914. Bd. 13. p. 254. 

2. Hannemann, Emst, Ein Fall von Myasthenia pseudoparalytioa gravis. Diss. Greifs¬ 
wald. 

3. Hart, Carl, Thymusstudien. V. Thymusbefunde bei Myasthenia gravis pseudopara- 
lytica. Virchows Archiv f. path. Anat. Bd. 220. H. 2. p. 185. 

4. Joughin, S. L., Cavity Formation within the medulla oblongata: Syringobulbia, 

Joum. of the Amer. med. Assoc. 64. (12). 

5. Marburg, Apoplektiforme Bulb&rparalyse. Wiener med. Woch. S. 1633. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

6. Prioe, George E., Arteriosolerosis with Symptoms Resembling Pseudobulbär Palsy of 
Gradual Onset. The Joum. of N. a. M. Dis. 1916. 43. 58. (Sitzungsbericht.) 

7. Taylor, E. W., Progressive Vagus-Glossopharyngeal Paralysis with Ptosis. A Contri- 
bution to the Group of Family Diseases, ebd. Vol. 42. No. 3. p. 130. 

8. Tilney, F., A Case of Myasthenia Gravis Pseudoparalytioa with Adenoma of the 
Pituitary Body. Neurographs. Vol. I. No. 1. p. 20. 

9. Trömner, Ein Fall von bulbärer Aplasie. Neurol. Zbl. p. 622. (Sitzungsbericht.) 

10. Wallenberg, Adolf, Neue klinische Beiträge zur topischen Diagnostik akuter Herd¬ 
erkrankungen des verlängerten Markes und der Brücke. Neurol. Zbl. No. 7/8. p. 224. 


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Erkrankungen der Medulla oblongata. 


Von den mitgeteilten Krankengeschichten sind diejenigen, welche 
Taylor bringt, bemerkenswert. Wallenberg bemüht sich um die Dia¬ 
gnostik der Affektionen des Pons und der Medulla oblongata. Leider fehlt 
die Nachprüfung durch die Sektion. Hart bringt einen Beitrag zur Thymus¬ 
pathologie bei Myasttenie. ( Jacobsohn .) 

In dem Falle von Syringobulbie von Joughin (4) wird eine isolierte 
Syringobulbie fast ohne Springomyelie beschrieben. Schon früh zeigte sich 
eine ausgebreitete dissoziierte Trigeminussensibilitätsstörung, Analgesie und 
Thermoanesthesie im ganzen Trigeminusgebiet der einen Seite, während 
der motorische Trigeminus intakt war. Es fand sich ferner eine isolierte 
Atrophie des Armes mit Astereognosie. Ferner wurden verzeichnet Störungen 
des statischen Gleichgewichts und des Ganges, Nystagmus, Dysarthrie, 
Dysphagie. Man mußte eine Läsion des Bulbus und der anliegenden Teile 
(Pedunculi cerebelli infer.) annehmen. 

Bei einem 5jährigen Mädchen sah Erbsen (1) nach einem Trauma 
(Aufstoßen beim Schaukeln mit dem Bücken auf dem Boden) das Auftreten 
einer Bulbärparalyse mit apoplektiformem Verlauf; gleichzeitig zeigten sich 
spastische und spastisch - paretische Erscheinungen an den Extremitäten. 
Es bestanden Fazialis-, Abduzeus-, Blicklähmungen. Es wird ein Bluterguß 
in den Bulbus durch das Trauma als Ursache der Bulbärparalyse angenommen. 
— Ein Zusammenhang der Erkrankung mit der vor einigen Wochen voraus¬ 
gegangenen diphtheritischen Erkrankung scheint nicht sehr wahrscheinlich. 

Taylor (7) beobachtete bei einer Familie (Mutter, Sohn, Tochter) ein 
familiäres Leiden, das nach dem 50. Lebensjahre einsetzte, in Ptosis und 
Schlucklähmung bestand und zum Tode führte, ohne daß andere Teile des 
Nervensystems geschädigt waren. In 2 Generationen trat das Leiden auf, 
so daß es zu den familiären, hereditären zu rechnen ist. Nie trat es in 
früheren Lebensjahren auf und stets in der gleichen Form; es kann sich 
über Jahre hinziehen und einen chronischen Verlauf haben. Obwohl gewisse 
Ähnlichkeit mit der Myasthenia gravis vorliegt, spricht doch dagegen das 
Fehlen der Ermüdungsreaktion hier, die eigenartige Beschränkung der Lähmung 
auf Ptosis und Schlucklähmuug, ferner das hereditar-familiäre Auftreteu. Es 
scheint sich um eine eigenartige Kernaffektion zu handeln. 

Wallenberg (10) teilt drei Krankheitsfälle mit, deren Symptome auf 
das Bestehen einer Läsion des Pons resp. der Medulla oblongata hiuweisen. 

1. Dorsomediale Läsion der rechten Brückenhaube in der 
Höhe des Abduzens und Fazialis (bei Polioencephalitis haemorrhagica). 
44 jähriger Arbeiter, Potator strenuus. Alte Kornealnarbe mit Irisadhärenz 
links, Narbe am linken Jochbein. Basch eintretender Insult mit mäßiger 
Bewußtseinstrübung ohne Koma. In den ersten Tagen bot Patient, abgesehen 
von psychischen Veränderungen, die sich in der Folgezeit mehr und mehr als 
Gedächtnisschwäche, Desorientiertheit für Ort und Zeit, Konfabulation, mäßige 
Demenz bemerkbar machten, folgende Symptome dar: 1. Ptosis, doppelseitig, 
mit Schlafsucht verbunden. 2. Rechtsseitige totale Blicklähmung. 3. Nystagmus 
rotatorius, doppelseitig, nach links schneller als nach rechts ausschlagend. 
4. Abduzenslähmung rechts. 5. Geringe Parese des rechten Fazialis. 6. Parese 
des rechten Gaumensegels. 7. Drehung des Kopfes nach links. 8. Ataxie 
der linken Extremitäten (Arm > Bein). 9. Astereognosie der linken Hand. 
10. Abschwächung der Berührungsempfindnng (bei intakter Schmerz- und 
Temperaturempfindung) auf der linken Körperhälfte von der 3. Rippe 
abwärts inklusive der linken Oberextremität. 11. Andeutuug von positivem 
Babinski 1 r. 12. Fehlen der unteren Bauchreflexe und Kremasterreflexe. 
13. Starke Neigung nach links zu fallen. 14. Zeitweise Dysurie. Von diesen 


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Erkrankungen der Mednlla oblongata. 


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Symptomen bleiben bestehen: 1. Die psychische Anomalie. 2. Rascher 
Nystagmus heim Blick nach links, weniger nach rechts, dabei normale 
Baranysche kalorische Reaktion. 3. Rechtsseitige Fazialisparese. 4. Rechts¬ 
seitige Gaumenparese. 5. Ataxie der linken Extremitäten, besonders der 
oberen. 6. Ganz leichte Abschwächung der BerühruDgsempfindung an der 
linken Hand. 7. Wechselnder Babinski (bald positiv, bald negativ). 8. Fehlen 
der Unterbauch- und Kremasterreflexe. 9. Schwanken beim Gehen nach 
links, zeitweise auch nach rechts. 

Ventromediale Läsion der rechten Brückenhaube in Abdu- 
zenshöhe. 66jährige Frau (Arteriosklerose) erleidet plötzlich einen mit 
Übelkeit und Würgen verbundenen Insult, ohne Bewußtseinsverlust, mit 
Parästhesien, die vom linken Fuß aufwärts gehen und bald die ganze linke 
Körperhälfte ergreifen, gleichzeitig Schwindelgefühl und angeblich kurze 
Zeit hindurch Sprachstörung, dann Schwächegefühl und Schmerzen in der 
linken Körperhälfte, Ohrensausen. 10 Tage nach dem Insult findet sich: 
1. Rasch vorübergehende Dysarthrie. 2. Kurze Zeit andauernde Ab¬ 
schwächung des linken Kornealreflexes. 3. Rechtsseitige Abduzenslähmung 
mit schnellschlägigem Nystagmus nach links. 4. Ganz geringe Vergrößerung 
der rechten Lidspalte, Verlangsamung des Lidschlags rechts. 6. Herab¬ 
setzung der Hörschärfe beiderseits (1 > r.) Ohrensausen. 6. Motorische Reiz¬ 
erscheinungen (leichte Spasmen der linken Extremitäten) neben minimaler 
Parese der linken Bauchwand und Fehlen der Bauchreflexe auf beiden 
Seiten. 7. Starke Ataxie beider linker Extremitäten. 8. Astereognosie der 
linken Hand. 9. Herabsetzung der Berührungsempfindung auf der ganzen 
linken Seite vom Hals abwärts, besonders am linken Unterschenkel. 
10. Hyperästhesie der ganzen linken Körperhälfte mit spontanen Schmerzen. 
Dabei normale Temperaturempfindung. 8 Monate nach dem Insult bestanden 
von seiten des Nervensystems folgende Symptome: 1. Abduzensparese rechts 
nur noch angedeutet. 2. Nystagmus nur beim Blick nach links oben eben 
noch bemerkbar. 3. Gehörsverminderung wie vorhin erwähnt (ohne Ohren¬ 
sausen). 4. Ab und zu auftreteude Schluckbeschwerden und Schwere der 
Zunge, für die objektiv kein Anhaltspunkt zu finden ist. 5. Verminderung 
der Bauchreflexe. 6. Aufhebung der Berührungsempfindung im linken Hand¬ 
teller, am linken Fußrücken, der Fußsohle, Verminderung auf der linken 
Rückenhälfte. 7. Geringe Hyperästhesie für Schmerz links auf dem Rücken, 
der Hand und der Fußsohle. 8. Starke Ataxie der linken Extremitäten. 
9. Astereognosie der linken Hand. 10. Schwere Störung des Vibrations¬ 
gefühls am linken Radius und der liuken Ulna. 11. Geringe Störung des 
Kraftsinns, stärkere Störung des Drucksinns an der linken Hand und am 
linken Unterarm. 12. Geringe Vergrößerung der Tastkreise am linken Hand¬ 
rücken und Ellbogen. 

Verschluß der Arteria cerebelli inferior posterior sinistra, 
Ein öOjähriger Malermeister erkrankte plötzlich mit Unwohlsein, schwerer 
Gleichgewichtsstörung, Schwindel, bald darauf Schluckstörung. Zwei Tage 
nach dem Insult zeigten sich von seiten des Nervensystems folgende Er¬ 
scheinungen: 1. Verengerung der liuken Lidspalte mit JPtosis. 2. Äufhebuug 
des linken Kornealreflexes. 3. Nystagmus (nach links > als rechts). 4. Leichte 
Hypästhesie für Berührung des linken Nasenrückens und seitlicher Nach¬ 
barschaft, stärkere Störung für Schmerzeindrücke und Kälte am linken 
Nasenrücken und angrenzender Teile des Oberkiefers, der Jochbeingegend 
und Stirn. 5. Ganz geringe Abflachung der linken Nasolabialfalte. 6. Parese 
des Unken Gaumensegels. 7. Totale Schlinglähmung mit reichlichem Speichel¬ 
fluß. 8. Singultus, schwer und hartnäckig. 9. Totale linksseitige Rekurrenz- 


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Erkrankungen der Mednlla oblongata. 


lähmung. 10. Parese des linken M. bypoglossus. 11. Anfhebnng des linken 
Patellar- und Achillessehnenreflexes. 12. Starke Ataxie der linken Extremi¬ 
täten. 13. Hypotonie des linken Beines. 14. Abnahme des Lagesinns im 
linken Bein. 15. Hyposterognosie in der Unken Hand. 16. Aufhebung des 
Schmerz- und Kältegefühls auf der ganzen rechten Körperhälfte mit Aus¬ 
nahme der medialen Stirnhälfte, des Auges und seiner Umgebung, des Ober¬ 
kiefers, der Nase, des Mundes, der Zunge Dabei vollständig erhaltene Be¬ 
rührungsempfindlichkeit. 17. Taumeln nach links beim Gehen, stampfendes 
Aufsetzen des linken Beines dabei. In den nächsten Wochen verschwand 
allmählich der Singultus, der Nystagmus, die Fazialisparese, später auch die 
Hypoglossusparese; es kehrte Unker Patellar- und Achillessehnenreflex zurück, 
die Ataxie wurde geringer, die Hypostereognosie ließ sich nicht mehr nach- 
weiseu, die Neigung, nach links zu fallen, verminderte sich, ohne zu schwinden. 
Es veränderte sich auch die Sensibilitätsstörung in der Weise, daß die 
Ausdehnung der hypästhetischen Zonen für Berührung, Schmerz und Kälte 
sich links konzentrisch gegen den Nasenrücken zu verkleinerten, während 
rechts die oberen Grenze der Anästhesie für Kälte bis zur Scheitel-Ohr- 
Kinnlinie zurückging, dagegen die Schmerzsinnesstörnng 6 Wochen nach 
dem Insult nur noch bis zum Areal des 6.—7. Zervikalsegments reichte. 
Der Autor versucht bei den einzelnen Fällen den Distrikt im Pons resp. 
Med. obl. zu umkreisen, der von dem Insult betroffen worden ist. 

( Jacobsohn .) 

Hart (3) teilt zwei Fälle von Myastenia gravis pseudoparalytica mit 
Sektionsbefund mit. Der erste Fall betrifft ein 30 jähriges Mädchen, das an 
typischer Myasthenie gelitten hatte und bei völlig klarem Bewußtsein und 
kräftiger Herzaktion unter suffokationsartigen Erscheinungen gestorben war. 
Die Krankheit hatte mit Störungen der Augenmuskeln begonnen und etwa 
drei Jahre gedauert Bei der Sektion konnte außer doppelseitigen Broncho¬ 
pneumonien nur noch Aorta angusta und Thymus persistens als besonderer 
Befund notiert werden. Insbesondere war der Befund an Gehirn und 
Rückenmark ein durchaus normaler. Die Thymus zeigte die Größe eines 
vollentwickelten Organs ohne Zeichen pathologischer oder Altersinvolution, 
und das graurote Parenchym wies auch mikroskopisch eine Struktur auf, 
die der der kindlichen Thymus entspricht. Der zweite Fall betrifft einen 
Rekruten, der an einer schnell verlaufenden Myasthenie zugrunde ging. Als 
einziger Befund wurde im Sektionsprotokoll eine tumorartige Veränderung des 
Thymus angegeben. Hart hat nun das Präparat und auch Muskeln einer 
mikroskopischen Untersuchung unterzogen. Es ergab sich eine weitgehende, 
fast vollkommene Übereinstimmung des Befundes, wie er von Weigert in 
dem ersten diesbezüglich festgestellten Falle beschrieben wurde. Es handelt 
sich aber nach Ansicht des Autors sowohl in seinem, als auch im Weigert- 
sehen Falle nicht um ein echtes Neoplasma, ein Sarkom, sondern um eine 
besondere Form der Hyperplasie, die eine Tumorform vortäuscht und ihr 
histologisch nahesteht. H. hält die epitheloide, die große Thymuszelle für 
das spezifische Element des Thymusparenchyms, während die kleine Zelle 
ortsfremd und mit den Lymphozyten zu identifizieren sei. Infolge ihres 
Gehalts an Lymphozyten muß die Thymus auch als Produktionsstätte dieser 
Elemente angesehen werden, die ins Blut abgegeben werden können. Mit 
der Vermehrung und dem auffälligen Hervortreten der epithelialen Thymus- 
elemente ist eine lebhaftere Funktion verbunden, die zur Wucherung und 
Auswanderung der Thymuslymphozyten anregt. Die Zellanhäufungen in der 
willkürlichen Muskulatur (resp. an den Gefäßen), auf die Weigert zuerst 
die Aufmerksamkeit gelenkt hat, bestehen nach Auffassung des Autors aus- 


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Myelitis, Meningitis serosa. 


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schließlich aus lymphoiden Elementen. Sie liegen ausnahmslos perivaskulär. 
Nimmt man an, daß die Thymus von irgendwelcher ätiologischer Bedeutung 
für das Zustandekommen der Myasthenie ist, so könne unmöglich und selbst 
für die schwersten Fälle immer eine sarkomatöse Entartung des Organs in 
Frage kommen. Die keineswegs seltenen Beobachtungen einer Besserung 
der charakteristischen Krankheitserscheinungen uud einer Heilung des Leidens 
wären sonst unverständlich. Zum Belege dafür führt der Autor einen dritten 
Fall von Myasthenie an. Die Krankheit bei der betreffenden 39jährigen 
Patientin hatte sich bis zu einem Grade entwickelt, daß der Tod nahe 
bevorzustehen schien. Aber noch während des fast einjährigen Krankeu- 
hausaufenthaltes trat eine Besserung ein, die die Entlassung der Patientin 
ermöglichte, der später völlige Genesung folgte. Hart sieht in der ver¬ 
größerten Thymus den Ausdruck einer pathologischen minderwertigen Kon¬ 
stitution, auf deren Boden das Leiden sich entwickelt. Die funktionelle Bolle 
der Thymus besteht au f der hypotonisierenden, auf das Herz giftig wirkenden 
spezifischen inneren Sekretion, von der auch eine Beeinflussung der Lympho¬ 
zyten des Organismus ausgeht. Diese Funktion kommt sowohl bei Morbus 
Basedowii als auch bei der Myasthenie zur Wirkung. ( Jacobsohn .) 


Myelitis, Meningitis serosa. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn. 

1. Ashby, H. T., Oase of Myelitis in Child. Brit. Joum. of Childrens Di.oase,s. May. 

2. Bikeles, G., und Gerstmann, Josef, Versuche mit schweißtreibenden Mitteln bei 
einem Falle von kompletter spastischer Paraplegie infolge Karises des 9. Brustwirbel¬ 
körpers. Neurol. Zbl. No. 20. S. 773. 

3. Brun, Gustaf, Eitrige Peripachymeningitis und Myelitis, von außen fortgeleitet» 
ohne Beteiligung der Leptomeningen, und mit hohem Gehalt der Zerebrospinal¬ 
flüssigkeit an Eiweiß. Beiträge z. Klinik d. Infektionskrankh. Bd. 4. H. 2. p. 197. 

4. Burley, Benjamin T., Acute Ascending Hemorrhagio Myelitis. The Joum. of Amer. 
med. Assoc. 65. (17.) 1448. 

5. Clarke, J. Mitchell, The Bradshaw Lecture on Nervous Affections of the Sixth and 
Seventh Decades of Life. Part I. Diseases of the Spinal Cord. The Lancet. 189. 1016. 

6. Klüpfel, Otto Helmut, Kasuistischer Beitrag zur Lehre von der chronischen Myelitis. 
Joum. f. Psychol. u. Neurol. Bd. 22. H. 1/2. p. 48. 

7. Lloyd, J. H., Total Transverse Lesions of Spinal Cord. New York med. Journ. July 31. 
CII. No. 5. 

8. Mayer, Über traumatische Myelitis. Münch, med. Woch. S. 658. (S. Kapitel: 

Traumat. Erkrankungen des Rückenmarks.) 

9. Salis, 2 Fälle von Querläsion des Rückenmarks. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 45. 
1498. 

10. Schuster, Paul, Beitrag zur Kenntnis der Anatomie und Klinik der Meningitis 
serosa spinalis circumscripta. Mschr. f. Psych. 37. (6.) 

11. Sherric k, J. W., ParaplegiaDolorosa Terminated by Apiastic Anemia — Anemic Changes 
in Spinal Cord. Michigan State med. Soo. Joum. Jan. 

12. Smith, D. C. W., Acute Myelitis Foliowing Varicella; Report of Case. Amer. Journ. 
of Dis. of Children. Dec. 

13. Starr, M. Allen, Senile Paraplegia. Medical Record. Vol. 87. No. 5. p. 169. 

14. Throckmorton, T. B., Early Acquired Spastic Paraplegia, Associated with Hypo- 
thyroidism and Johthyosis; Report of Case. Jowa State med. Soo. Joum. Sept. 

Burley unterscheidet neben der Poliomyelitis, der Landryschen Paralyse 
noch als dritte Form akuter aufsteigender Paralyse die akute hämorrhagische 
Myelitis. Von Interesse sind die Beiträge von Klüpfel über chronische 
Myelitis, von Schuster über Meningitis serosa circumscripta und von Starr 
über senile Paraplegien. 


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Myelitis, Meningitis serosa. 


Bikeles und Gerstmann (2) machen auf das Verhalten der Schweißab¬ 
sonderung in einem Falle von kompletter spastischer Paraplegie der Beine 
spinalen Ursprungs aufmerksam. Es bestand röntgenologisch nachweisbare 
Konsumption des 9. Brustwirbelkörpers mit keilförmiger Deformierung des¬ 
selben. Bei Anwendung schweißtreibender Mittel in diesem Falle (Pilo¬ 
karpin usw.) versagten diese Mittel au den unteren Extremitäten gänzlich, 
während sie am übrigen Körper wirksam waren. Dies Verhalten, meinen 
die Autoren, bleibt unaufgeklärt, gleichviel ob man die spinalen Schwei߬ 
zentren für die unteren Extremitäten proximalwärts oder distalwärts von 
der Kompressionsstelle lokalisieren wollte. 

Nach Ansicht von Burley (4) gibt es drei sowohl klinisch wie pathologisch 
sich voneinander unterscheidende Formen von akuter aufsteigender Paralyse. 
Er beschreibt zunächst einen Fall von akuter hämorrhagischer Myelitis. 
Es handelt sich um ein 20jähriges Mädchen von zarter Körperkonstitution, 
bei der sich ohne besondere Vorboteu im Verlaufe von 5 Tagen eine mit 
leichtem Fieber einhergeheude vollkommene Lähmung sowohl sensibler wie 
motorischer Natur des gesamten Körpers mit Ausnahme des Kopfes ent¬ 
wickelte. Schmerzen hatte Patientin nicht. Es waren Blase und Mastdarm 
gelähmt, es stellte sich zuletzt Nackensteifigkeit ein, die Respiration wurde 
erschwert und Patientin ging ziemlich plötzlich an Respirations- und Herz¬ 
lähmung zugrunde. Die Lumbalpunktion hatte blutige Flüssigkeit mit Ver¬ 
mehrung der zelligen Elemente, besonders der polynukleären Elemente er¬ 
geben. Angestellte Kulturen mit dieser Flüssigkeit ergaben nichts Positives. 
Die mikroskopische Untersuchung des Rückenmarks und Gehirns ergab: 
Eine akute diffuse Entzündung des Rückenmarks charakterisiert durch aus¬ 
gedehnte Blutungen, durch perivaskuläre Infiltration von Lymphozyten, durch 
amöboide Glia und fettige Degeneration der Nervenfasern des Rückenmarks 
und der Wurzeln. Die Nervenzellen selbst zeigten keine Veränderungen. Im 
Gehirn fanden sich in Rinde und Marksubstanz leichtere Entzündungszustäude. 

Im zweiten Falle handelt es sich um einen 26jähr. Mann, der einige 
Wochen vor seiner schweren Erkrankung über Kopfschmerzen und Mattig¬ 
keit klagte. Dann setzte Taubheit und Schwäche der Beine ein. Diese 
Schwäche schritt zunächst bis zur Hüfte fort, dann wurden auch die Arme 
ergriffen, die linke Gesichtshälfte und zuletzt die Brust- und Bauchmuskeln. 
Es bestand kein Fieber. Anatomisch ergab sich ein ausgebreiteter degene- 
rativer Prozeß in den Nervenzellen des Gehirns, Kleiuhirns und Rücken¬ 
marks, ein pathologisches Bild im ganzen, wie es oft in Fällen von Landry- 
scher Paralyse beschrieben worden ist. Das anatomische Bild ist der Aus¬ 
druck einer reinen toxischen Infektion. 

Im dritten Falle handelt es sich um 14jähr. Knaben, bei dem sich 
im Verlaufe von 7 Tagen unter Fieber eiue Lähmung aufsteigend über den 
ganzen Körper entwickelte, wobei die Sensibilität etwas gestört, aber nicht 
ganz aufgehoben war. Nach dem Befunde der Spinalflüssigkeit reiht der 
Autor diesen Fall unter die Gruppe der akuten Poliomyelitis. 

Der akuten aufsteigenden, hämorrhagischen Myelitis, wie Fall 1 sie 
zeigt, scheint nach Ansicht des Autors ein besonderer Platz in der Patho¬ 
logie zu gebühren. Sie zeigt sowohl Verwandtschaft mit der Hämatomyelie 
wie mit der Myelitis, aber sie ist weder mit der einen noch der anderen 
Affektion identisch. Ihre klinische Verwandtschaft mit der akuten, auf¬ 
steigenden Paralyse (sei es dem L an dry sehen Typus oder der Poliomyelitis) 
ist unbestreitbar. Indessen macht es die genauere Analyse doch wahrschein¬ 
lich, daß es eben drei verschiedene Arten von akuter aufsteigender Paralyse 
gibt, wie die drei angeführten Fälle sie repräsentieren. 


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Myelitis, Meningitis serosa. 


365 


In dem sehr eingehend dargestellten Falle von Klüpfel (6) handelt 
es sich um eine 43jähr. Frau, bei der nach anfänglichen Reizerscheinungen 
zunächst im Form von Schmerzen im rechten Bein, zeitweise lanzinierendeu 
Charakters, eine spastische Parese folgte, die im weiteren Verlaufe zur 
Atrophie führte und schließlich in vollständige schlaffe Lähmung überging. 
Im linken Bein stellt sich später ohne neuralgisches Vorstadium, und ohne .daß 
spastische Erscheinungen sicher beobachtet werden, langsam progressiv eine 
schlaffe atrophische Lähmung ein. Der dann folgenden Lähmung der Rumpf¬ 
muskeln ging dagegen wieder ein neuralgisches Vorstadium (Kreuz- und 
Gürtelschmerzen) voraus. Ebenso war die weiter sich entwickelnde Parese 
und Atrophie der Arme eingeleitet durch ausgesprochene Schmerzen und 
Parästhesien in den Armen. Blasen- und Mastdarmfunktion waren nicht 
gestört. Bulbäre Lähmungserscheinungen führten nach jahrelangem Verlauf 
der Krankheit schließlich zum Tode. Das anatomische Bild auf den Rücken¬ 
marksquerschnitten ist das einer chronischen Myelitis. Wenn auch das 
Bild manche Ähnlichkeit mit dem der amyotrophischen Lateralsklerose auf¬ 
weist, so finden sich ihm gegenüber doch wieder erhebliche Unterschiede. 
Es waren Systeme beteiligt, die bei der Amyotrophie nicht betroffen sind, 
Dämlich die Ausbreitung der Degeneration in mehr oder weniger starkem 
Grade über die ganze weiße Substanz. Namentlich kommt die ausgesprochene 
Entartung der peripheren Rückenmarksabschnitte in den Vorderseitensträngen 
in Betracht; ferner sind die segmentweisen Markfaserverdichtungen in den 
Hintersträngen und die umschriebenen Nekrosen in diesen, das Fehlen des 
systematischen Charakters der Faserdegeneration, der diskontinuierliche von 
Segment zu Segment wechselnde Charakter des Markausfalls von Bedeutung. 
Als differentialdiagnostisch entscheidend muß nach Ansicht des Autors das 
starke Ergriffensein der hinteren Wurzeln bezeichnet werden, die in einzelnen 
Segmenten bündelweise schweren Markzerfall und fortgeschrittene Grade der 
Atrophie erkennen lassen. Nach der Natur des Krankheitsprozesses selbst 
unterliegt es keinem Zweifel, daß es sich um einen myelitischen Prozeß 
handelt, denn außer den degenerativ atrophischen und sklerosiereuden Ver¬ 
änderungen bestehen auch solche entzündlicher Art. Die Gefäße zeigten 
zwar spärliche, aber unverkennbare kleinzellige Infiltrationsherde teils in den 
weichen Häuten, teils in den Gefäßscheiden der Rückenmarkssubstanz: hin¬ 
zukommen ferner die Hyperämie und Blutaustritte, namentlich in den grauen 
Hörnern, die Erweichung im (mittleren) Dorsalmark, die hochgradige zur 
Zystenbildung führende Lymphstauung, die Quellung und Auseinander- 
drängung der Gliasepten und die Vermehrung der Gliazellen. Im vor¬ 
liegenden Falle finden sich neben den im Vordergrund stehenden schweren 
degenerativen Zerfallsvorgängen an den Markscheiden der weißen Substanz 
und dem Untergang fast aller Ganglienzellen in den Vorderhörnern stellen¬ 
weise auch in den Hinterhörnern echt entzündliche Erscheinungen, aller¬ 
dings geringgradig und von spärlichem Vorkommen, aber doch unzweideutig 
infiltrativer und exsudativer Natur. Das Nebeneinander von herdförmigen 
miliaren Nekrosen, von diffusen pseudosystematischen Strangdegenerationen 
und von kleinzelligen Infiltrationen weise auf die Verbindung einer dissemi- 
nierten herdförmigen Myelitis mit der funikulären Myelitis von Henne¬ 
berg hin. 

Schuster (10) teilt ausführlich die Krankengeschichte und den Sektions¬ 
befund eines Falles von Meningitis serosa spinalis circumscripta mit Der 
Verlauf erstreckte sich auf etwa 3 Jahre. Die Erkrankung begann mit 
einem Druckgefühl in der rechten Schultergegend, zu welchem sich später 
ein Gefühl von Eingeschlafensein, Kriebeln und Stechen im rechten Arm 


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Myelitis, Meningitis serös«. 


hinzugesellte. Nach einer Erkältung und starkem Schwitzen traten leb¬ 
hafte Schmerzen im rechten Arm auf. Langsam entwickelte sich dann 
eine Bewegungsschwäche und Atrophie der rechten Hand. In der letzten 
Zeit bemerkte der Kranke auch Parästhesien in der linken Schulter. Die 
Schmerzen in der Schulter und im Oberarm steigerten sich, wenn er den 
Kopf nach hinten beugte, z. B. beim Rasieren. Bei der Untersuchung wurde 
Verengerung der rechten Lidspalte und rechten Pupille konstatiert, geringe 
Atrophie des rechten Oberarms in toto und der Extensoren am Unterarm, 
der Interossei, des Daumen- und Kleinfingerballens. Die Sensibilität war 
beiderseits für alle Qualitäten intakt. Der Wassermann war im Blut negativ. 
Die Diagnose wurde auf einen extraduralen Tumor rechts in der Höhe des 
6.—8. Zervikalsegments und 1. Dorsalsegments gestellt. 

Bei der Operation wurde kein Tumor gefunden. Es fiel auf, daß der 
uneröffnete Duralsack breit und vorgewölbt war. Bei Spaltung der Dura 
entleerte sich im Strahl eine beträchtliche Liquormenge. Die Dura war in 
der Höhe des 1. Dorsalnerven mit den weichen Häuten leicht verwachsen, 
die Oberfläche des Rückenmarks rauh, uneben und faserig belegt. Nach 
der Operation trat unter Fieber völlige Lähmung der Beine, Gefühllosigkeit 
in ihnen und Blasen-Mastdarmstörungen auf. Nach einigen Tagen trat in 
diesem Zustand der Exitus ein. 

Bei der Sektion wurde am ganzen Gehirn eine leichte milchige Trübung 
der weichen Häute bemerkt. Frische Erweichung des unteren Zervikalmarks bis 
zum 3. Dorsalsegment reichend. Verwachsungen der weichen und harten 
Hirnhaut im Bereiche des Halsmarks an der hinteren Peripherie des Rücken¬ 
marks. Das Rückenmark war zwischen Ü e und D x abgeplattet, besonders 
in seiner rechten Hälfte. In den Hintersträngen waren Lichtungen vorhanden, 
u. z. besonders im 4., 6. und 6. Zervikalsegment, sekundäre Degeneration 
einer hinteren Wurzel, ln der Höhe des 6. Zervikalsegmentes fand sich 
eine bindegewebige Verdickung der Pia. 

Schuster weist nun nach, daß die klinischen Erscheinungen vor der 
Operation auf den chronischen Prozeß am und im Rückenmark, der als 
Meningitis circumscripta serosa angesprocheu werden muß, zu beziehen sind. 

Die Erscheinungen nach der Operation muß man als Folge der Er¬ 
weichung ansehen. 

Verfasser bespricht dann an der Hand der Literatur die Diagnose 
dieser wenig bekannten Krankheit und besonders die Differentialdiagnose 
gegenüber dem Rückenmarkstumor. 

Wichtig für die Diagnosestellung erscheinen dem Autor größere 
Schwankungen, Remissionen oder Rückbildungen, Fieber im Verlaufe der 
Krankheit, ferner Zeichen, die auf eine gleichzeitige Zerebralerkrankung 
hinweisen wie Nackenschmerz, Schmerzbeeinflußbarkeit durch Bewegungen 
der Wirbelsäule und schließlich die Untersuchung der Spinalflüssigkeit. 

Die Erscheinungen lassen sich zum größten Teil durch den mechanischen 
Druck des in der Zyste gestauten Liquors erklären. 

Bezüglich der Frage, ob die Meningitis serosa circumscripta immer 
eine sekundäre Erkrankung sei oder auch als primäre, selbständige Er¬ 
krankung auftreten könne, schließt sich Schuster der letzteren Auffassung 
an. Allerdings meint er, daß vielleicht in manchen Fällen die zirkumskripte 
spinale Meningitis nur Teilerscheinung einer zerebrospinalen Meningitis sein 
könnte, wie dies für seinen Fall wahrscheinlich ist. 

(Referent möchte darauf aufmerksam machen, daß es bereits gelungen 
ist, größere Zysteobild ungen in den Meningen gerade bei einer Krankheit, 
zu deren anatomischen Grundeigenschaften die chronische zerebrospinale 


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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 367 


Meningitis gehört, nämlich der progressiven Paralyse, histologisch genau zu 
untersuchen, u. z. von Fischer, Zeitschr. f. d. ges. Neun u. Psych. XXI 5.) 

(Sittig.) 

Starr (13) weist in einem Vortrage auf die senilen Paraplegien hin, 
die sich in zunehmender Schwäche der Beine äußern. Zunächst zeigt sich 
Ungeschicklichkeit beim Gehen, beim Stiegensteigen oder bei längerem 
Stehen. Die anfängliche Müdigkeit geht dann in Schwäche über. In manchen 
Fällen besteht neben der Schwäche Ataxie. Oft sind Schmerzen entweder 
bei Bewegung oder beim Stehen oder auch spontan. Außerdem kommen 
Parästhesien vor und immer Kälte der Beine. Die Muskeln der Beine sind 
atrophisch. Die vasomotorische Tätigkeit liegt danieder. Häufig sind 
Blasenstörungen, doch ist an die Möglichkeit der Prostatahypertrophie zu 
denken. 

Verfasser unterscheidet 3 Grupen dieser senilen Paraplegien: 1. Pri¬ 
märe Muskelerkrankung. 2. Degeuerative Neuritis, charakterisiert durch 
heftige spontane Schmerzen, Druckschmerzhaftigkeit der Nervenstämme und 
der Muskeln. Dabei finden sich Stellen von Hyperästhesie neben anästhe¬ 
tischen. 3. Rückenmarkserkrankungen, durch Ataxie, Sphinkterstörungen, 
rasch fortschreitende Atrophie und Dekubitus charakterisiert. Starr meint, 
daß meist Zirkulationsstörungen in den unteren Teilen des Rückenmarks, 
die zu Erweichungsherden führen, diesen Fällen zugrunde liegen. Er bringt 
dann kasuistische Beispiele für diese 3 Gruppen. ( Sittig .) 


Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. 
Erkrankungen des Conus. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Bauer, J., Fall von Kommotio meduUae spinalis. Jahrb. f. Psych. 36. 396. (Sitzungs- 
berieht.) 

2. Derselbe, Meningitis serosa spinalis nach Schußverletzung der Wirbelsäule. Der Militär¬ 
arzt. No. 2. p. 32. 

3. Benda, C., Ein Fall von Wirbelschuß der Cauda equina. Neurol. Zbl. No. 1. p. 15. 

4. Bergmann, v., Hatewirbelzerstörung. Münch, med. Woch. 62. 1762. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

5. Bittorf, Über Rückenmarkssohüsse. ebd. No. 27. p. 929. F. B. 

6. Borchardt, Zwei Fälle von Rüekemnarkssohußverletzung. Neurol. Zbl. p. 137. 
(Sitzungsbericht.) 

7. Derselbe, Zur Pathologie der Rüokenmarksschüsse. ebd. p. 324. (Sitzungsbericht.) 

8. Bradburn, W. P., Fraoture Dislocations of Cervical Vertebrae. New Orleans M. and. 
S. J. Dec. 

9. Brandt, Fall von Conus terminalis-Erkrardning. Münch, med. Woch. p. 785. (Sit¬ 
zungsbericht.) 

10. Brown, L, T., and Dodd, W. J., Case of Fracture of Transverse Processee of Fifth 
Lumbar Vertebra. Boston Med. a. S. Joum. 173. (25.) 

11. Butt, A. P., Destruction of Spinal Cord by Moleoular Vibration. Report of Case. 
Surgery, Gynecol. and Obstetrios. April. 

12. Chiari, Rückenmarksvorletzung durch einen Schrapnellschuß. Vereinsbeil. d. Dtsch. 
med. Woch. S. 1295. 

13. Cobb, S., Hemangioma of Spinal Cord. Annals of Surg. 62. (6.) 

14. Coenen, Ein typischer Steckschuß des Rückenmarks. Berl. kün. Woch. No. 30. 
p. 786. 

16. Derby, R., Gunshot Injuries of Spinal Cord. Annals of Surgery. LXI. No. 6. 

16. Dietrich, August, Ein Beitrag zur Kasuistik der Affektionen der Cauda equina. Inaug.- 
Dissert. Würzburg. Febr. 

17. Engel, Hermann, Zur Diagnose der Wirbelbiiiohe. Medizin. Klinik. No. 24. p. 675. 


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368 


Traumatische Erkrankungen des Kückenmarks. Erkrankungen des Conus. 


18. Finkelnburg, Fibrilläre Muskel Zuckungen nach Schußverletzung des Plexus lumbo- 
sakralis und Wirbolsäulonersehüttening. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 
42. 433. 

19. Fischer, Schuß Verletzungen des Rückenmarks. Münch, med. Woch. 1916. 63. 52. 

(Sitzungsbericht.) 

20. Fischer, Eduard, Über oinon den Symptomenkomplex dse Tumors vortäuschenden 
Fall von atherosklero tischer Erweichung des Conus medullaris. Inaug.-Dissert. München. 
Sept. 

21. Fraenkei, Ernst, Zwei bemerkenswerte Fälle von Rückenmarksverletzung durch 
Gewehrschüsse. Dtsch. med. Woch. No. 19. p. 551. 

22. Frangenheim, Paul, Schußverletzungen des Rückenmarks und der Wirbelsäule. 
Münch, med. Woch. No. 43. S. 1473. F. B. 

23. Frisch, O. v., Schuß Verletzung des Rückenmarks. Wien. klin. Wooh. S. 1239. 
(Sitzungsbericht.) 

23a. Gajkiewicz, Haematomvolie und Haematobulbie nach einem Schuß in die Nacken¬ 
gegend. Gaz. Lek. No. 23. 

24. Gamper, Eduard, Schußvorletzungen der Cauda equina. Wien. klin. Woch. No. 5. 
p. 119. 

25. Derselbe, Zur Kasuistik der Rückenmarksschädigungen durch Wirbelschuß, obd. 
No. 16—17. p. 411. 448. 

26. Gerstmann, Josef, Ein auf dem Wege der Heilung befindlicher Fall von Querschnitts¬ 
schädigung dos Rückenmarkes (langdauernde komplette schlaffe Paraplegie bei Sitz 
der Läsionsstelle oberhalb des Lumbalmarkes) nach Schuß Verletzung der Wirbelsäule. 
Mitt. d. Ges. f. innoro Medizin und Kinderheilk. in Wien. No. 6. p. 52. 

27. Derselbe, Drei Fälle von schwerer Rückenmarksschädigung nach Schußverletzungen der 
Wirbelsäule (Brown-Scquardreher Symptomenkomplex) mit günstigem Ausgang, 
ebd. No. 1. p. 9. 

28. Derselbe, Ein Beitrag zur Lehre von den Erkrankungen der Cauda equina. Wien, 
klin. Woch. No. 19. p. 496. 

29. Goldstein, Beobachtungen an Schuß Verletzungen des Gehirns und Rückenmarks. 
Dtsch. med. Woch. No. 8—9. p. 215, 250. 

30. Goldthwait, J. E., Caso of Potts Paraplogia with Complete Paralysis Lasting for Five 
Years, with Recovery after Troatment. Amor. Joum. of Orthopedic Surgery. April. 

31. Grisson, Fall von Schuß-Commotio medullae spinalis. Neurol. Zbl. p. 409. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

32. Henne borg, Erweichung des Sakralmarkcs nach Schuß in die Brustwirbelsäule, 
ebd. p. 541. (Sitzungsbericht.) 

33. Hör xhoimer, 1. Schußverlotzung des Rückenmarks durch englisches Infanteriegeschoß. 
2. Granatsplitterverletzung das Rückonmarkskanals. Münch, med. Woch. p. 358 

(Sitzungsbericht.) 

34. Herzog, Gg. Kreuzboinschuß. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. S. 1175. 

35. Hübotter, 8 leichte und 5 schwere Rückenmarks Verletzungen, ebd. p. 237. 

36. Jentzor, Albert, Dos lesions vertebrales dans la Chirurgie de guerre. Revue med. de 
la Suisso Rom. 35. (10.) 578. 

37. Jona, G.. Ematomielia spontanoa in amenorroia. Gazz. degli Osp. 36. 70. 

38. Käst an, Brown-Sequardsche Lähmung bei Halsmarklä&ion. Vereinsbell. d. Dtsch. 

med. Woch. 1916. 42. 273. 

39. Kutzinski, Eigenartige Halbseitenläsion nach Schuß Verletzung. Neurol. Zbl. p. 537. 
(Sitzungsbericht.) 

40. Derselbe, Eine eigenartige Halbseitenläsion nach Schuß Verletzung; Läsion in der Höhe 
des 8. Zervikalsegmontes nach oben bis in die obersten Partien des Halsmarkes. ebd 
p. 614. (Sitzungsbericht.) 

41. Kuznitzky, Martin, Bemerkenswerter Fall von Malum perforans pedis nach Prellschuß 
der Wirbolsäulo. Münch, med. Woch. No. 23. p. 798. 

42. Laspeyres, Rüntgonplatte von Halbseitenläsion des Rückenmarkes. Vereinsbeil 
d. Dtsch. med. Woch. p. 575. 

43. Leva, J., Über Vorletzungen dos Rückenmarks im Kriege. Münch, med. Woch. No. 27. 
p. 925. F. B. 

44. Liepmann, Rückenmarks Verletzungen mit späterer Krückenlähmung. Neurol. 
Zbl. p. 321. (Sitzungsbericht.) 

45. Marburg, Otto, Zwei nicht operierte Rückenmarkssohüsse. Wien. klin. Woch. S. 1240. 
(Sitzungsbericht.) 

46. Derselbe, Zur Frage der Rückenmarksschüsse. Neurol. Zbl. No. 6. p. 184. 

47. Derselbe und Ranzi, Egon. Übor Rückenmarkssohüsse. (Vorläufige Mitteilung.) 
Wien. klin. Woch. No. 5. p. 113. 


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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 369 


48. Mayer, C. f Vorführung von Rüokenmarksverletzungen. ebd. p. 691. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

49. Mayer, Wilhelm, Ueber traumatische Myelitis. Münoh. med. Woch. No. 19. p. 658. 
F. B. 

50. Meyer, E. t Rechtsseitiger Hämathothorax und spastische Parese beider Beine. 
Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 994. 

51. Michaelis, Rückenmarksverletzung, ebd. p. 841. 

52. Muskens, L. J. J., Operationsbefund bei anscheinend kompletter Rüokenmarksquer- 
läsion durch Schußwunden. Nourol. Zbl. No. 1. p. 7. 

53. Ne ton sek, M., Ein Fall der Brown S^quard’schon, durch traumatische Haomatomyelio 

entstandenen Lähmung. Casopis öesk^ch tekruv. 55, 8. 1916. (Böhmisch.) 

54. Neutra, Wilhelm, Neue Reflexe an den oberen Extremitäten (Halsschuß). Wien. klin. 
Woch. p. 133. (Sitzungsbericht.) 

55. Oehlecker, 1. Durch Laminektomie geheilte Fälle von Schußverletzungen der Cauda 
equina. 2. Commotio spinalis. Münch, med. Woch. p. 159. (Sitzungsbericht.) 

56. Derselbe, Eine einseitige und eine symmetrische Cauda equina-Verletzung. Neurol. 
Zbl. p. 411. (Sitzungsbericht.) 

57. Oppenheim, H., Krieg*Demonstration zur Kriegsnourologie. Über Hemiplegia 
spinalis mit homolateraler Hemianästhesio. Neurol. Zbl. No. 2. p. 49. 

58. Derselbe und Borchardt, M., Der Mensch ohne Cauda equina. ebd. p. 538. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

59. Ornstein, Beitrag zur Kenntnis der Epiconuserkrankungen. Zschr. f. d. ges. NeuroL 
30. (1.) 42. 

59a. Podmaniczkv, Baron Tibor, Beiträge zum diagnostischen und therapeutischen 
Wert der Lumbalpunktion bei traumatischen submeningoalen Blutungen. Orvosi 
Hetilap. No. 33. (Ungarisch.) 

60. Rad, v., 2 Fälle von Gehstörungen. 1. Rückenmarksschuß. 2. Funktionelle Störung. 
Barl. klin. Woch. p. 777. (Sitzungsbericht.) 

61. Raimann, Emil, Zwei Halsschüsse. Wien. klin. Woch. 28. 1331. (Sitzungsbericht.) 

62. Redlich, Emil, Kasuistische Mitteilungen zur Kriegsnourologie. Brown-S6quard’sche 
Lähmung mit Lähmung des Halssympathicus nach Schußverlotzung. Neurol. Zbl. 
No. 5. p. 147. 

63. Reinhardt, Durchschüsse und Steckschüsse des Rückenmarks. Vereinsbeil. d. Dtsch. 
med. Woch. S. 1175. 

64. Röper, Starkes Schwitzon der Hände nach Commotio medullae spinalis. Münch, med. 
Woch. p. 232. (Sitzungsbericht.) 

65. Derselbe, 2 Fälle von Wirbel Verletzungen mit eigenartigen Ausfallserscheinungen, 
ebd. p. 374. (Sitzungsbericht.) 

66» Rosenfeld, Symptomatologie der Schußverlotzungon des Rückenmarkes. Vereins¬ 
beil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 210. 

67. Roth mann, Max, Rückonmarksschuß. obd. p. 237. 

68. Derselbe, Ül er isolierte Thermanalgesie eines Beines nach Schußverletzung des obersten 
Brustmarks. Neurol. Zbl. No. 5. p. 153. 

69. Rumpel, Ueber Rückonmarksschüsso. Münch, med. Woch. No. 19. p. 657. F. B. 

70. Rumpf, Th., Röntgenbilder von Schußverlotzungon der Wirbelsäule und teilweise des 
Rückenmarks. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 575. 

71. Derselbe, Über einige Schußverletzungon des Rückenmarks und Gehirns. Medizin. 
Klinik. No. 4. p. 89. 

72. Schlesinger, Hermann, Caudaläsion nach Schußverletzung. Jahrb. f. Psych 35. 
398. (Sitzungsbericht.) 

73. Derselbe, Das „Zomingssymptom“ bei Erkrankungen der Cauda equina. Neurol. 
Zbl. No. 13. p. 450. 

74. Schmidt, A., Schuß Verletzungen des Rückenmarkes und der peripheren Nerven 
Münch, med. Woch. p. 785. (Sitzungsbericht.) 

75. Schmieden, Verletzungen der Wirbelsäule und des Rückenmarks. Vereinsbeil. d. 
Dtsch. med. Woch. p. 995. 

76. Schott, Eduard, Schwere Rückenmarksläsion nach loichtem Trauma. Medizin. Klinik. 
No. 2. p. 43. 

77. Schuster, Brustschuß mit Brown-S6quard’scher Lähmung. Neurol. Zbl. p. 136. 

(Sitzungsbericht.) 

78. Derselbe, Ein Fall von spinaler Hemiplegie, ebd. p. 615. (Sitzungsbericht.) 

79. Scott, O. F., Hyperflexion of Spine with Multiple Spinous Process Fraotures without 
Aecompanying Lesions. Illinois med. Joum. March. 

80. Sewall, R. J., Caisson Disease or Cuyuma Iron Range. Journal-Lancet. May 15. 

81. Spiel meyer, Schußverletzungen des Nervensystems. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. 
Woch. p. 238. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i9i&. 24 


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370 Traumatische Erkrankungen ries Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 


82. Storn. Artur, Über einige Beobachtungen boi Schußverletzungon im Umkreis der 

Wirbelsäule und des Rückenmarks. Neurcl. Zbl. No. 15. 550. 

83. Sternborg, Stockschuß der Wirbelsäule. Wien. klin. Woch. p. 357. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

84. Trömnor, Fall Brown-Sequard’tichor Halbseiton-Lähmung ohne Verletzung dorWirbel- 
säulrf. Münch. med. Woch. p. 448. (Sitzungsbericht.) 

85. Derselbe, Hämatomyolio durch Nackenschr&gschuß. Neurol. Zbl. p. 617. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

86. Unger, Ernst, Schußvorlotzungon der Wirbelsäulo. Vereinsbeil. d. Dtsch. mod. Woch. 
p. 389. 

87. Weber, Vorstellung von Rückonmarksschüssen. Münch, mod. Woch. p. 1222. 

(Sitzungsbericht.) 

88. Woiss, Epikritischor Boricht. über eine Scbußvorletzung des Rückenmarks, elxl. 
p. 303. (Sitzungsbericht.) 

89. Wiodomann. Londonwirbolbruch Ixii einom Fohlen. Münch, tiorärztl. Wschr. 66. 
(52.) 1010. 

90. Wiosingor, Rötgonogrammo bei Schußvorlotzungon der Wirbelsäulo. Miinch. rmxl. 
Wschr. p. 198. (Sitzungsbericht.) 

91. Williams, T. A., Misdiagnosod Cast's of Compression of Spinal Cord. Florida mod. 
Assoc. Jo um. May. 

92. Willion, W. T.. Regiert and Clinical Demonstration of Oase of Fiaoturo of Twelfth 
Dorsal and First I.umbar Vertebra, Lamiiu'ctomy and Results. Lanont-Olinie. Aug. 21. 
CX1V. No. 8. 

93. Wolff, A., Wirbolosteomvolitis nach Scbußvorletzung. Dtsch. mod. Woch. No. 17. 
p. 498. 


Die diesjährigen Mitteilungen aus vorliegendem Kapitel bringen zum 
vorliegenden Teile Berichte über Schußverletzungen des Rückenmarks und 
liefern wichtige Beiträge zur Rückenmarkserschütterung, zur Segmentdiagnose, 
zum Verhalten der Reflexe, zur Operationsindikation bei Wirbel- und Rücken¬ 
marksverletzungen und zur Symptomatologie der Kaudaaffektionen. 

Bauer (2) teilt zwei Fälle mit (Geschoßwirkung auf die Wirbelsäule 
und dadurch bedingte große Schmerzhaftigkeit der Beine bei Bewegungen 
mit Verlust der Patellar- und Achillessehnenreflexe). Der Autor ist der 
Ansicht, daß es sich um eine ohne gröbere Zertrümmerung einhergehende 
Verletzung der Wirbelsäule haudelt, die wahrscheinlich zu einer peri- 
pachymeningealen Blutung zwischen Dura und Wirbelkanal und im Anschluß 
daran zu einer über die untersten Meningealabschnitto ausgebreiteten Menin¬ 
gitis serosa geführt hat, wodurch die gleich nach dem Trauma vorhandenen 
radikulären Reizerscheinungen am ohesten erklärt werden. Mit Rücksicht 
auf die nach Wochen aufgetretenen Symptome einer leichten Kompressions- 
wirkuug auf die untersten Rückenmarksabschnitte ist die Möglichkeit einer 
im Bereiche des ersten Lumbalsegments lokalisierten, zirkumskripten Liquor¬ 
zyste (Arachnitis fibrosa circumscripta) in Betracht zu ziehen, die einen 
operativen Angriff vielleicht notwendig erscheinen lassen wird. 

Bei einem Soldaten, der an schwerer Lähmung infolge von Kauda- 
schußverletzung daniederlag, uud welcher an Zystitis zugrunde ging, ergab 
sich bei der Sektion, wie Bendft (3) berichtet, daß der Schuß ohne erheb¬ 
liche direkte Zerstörung durch Wirbel und Nervengewebe hindurchgegangen 
war, indem er unter ziemlich glücklicher Vermeidung des Knochens wesent¬ 
lich die beiden Intervertebrallöcher durchschlagen und die Hinterfläche des 
Wirbelkörpers nur gestreift hatte. Die Vorderfläche der Dura muß verletzt 
worden sein, die Nervenfasern der Kauda scheinen aber im wesentlichen 
ansgewicben zu sein, so daß nur dio vordersten entweder durch den Schuß 
selbst oder durch Knochensplitter verletzt und zum Teil durchtrennt, die 
meisten allerdings gequetscht und gezerrt wurden. Das Präparat zeigt einen 
fortgeschrittenen Vernarbungsvorgang der Verletzung. Ob ohne das Hinzu- 


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Traumatische Erkrankungen dea Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 371 


treten der Urosepsis eine größere Wiederherstellung der Funktion eingetreten 
wäre, läßt der Autor dahingestellt sein. 

Bittorf (5) berichtet über zwei Fälle von Schußverletzungen des Halses, 
der vom Geschoß schräg durchdrungen wird (mit Ausschuß neben den obersten 
Brustwirbeldornfortsätzen), ln beiden Fällen führte die Verletzung unmittelbar 
zur völligen Lähmung aller vier Extremitäten. Diese totale Lähmung bildet 
sichrin beiden Fällen schnell zurück, und es bleibt das Bild einer Brown- 
Sequardsehen Lähmung bestehen mit Beteiligung des Sympathikus. Auch 
diese geht im Verlaufe von einigen Monaten bis auf geringe Spuren zurück, 
selbst Atrophien der Hand bessern sich bis zum bestimmten Grade. Der 
Autor ist der Ansicht, daß hier keine bloße Rückenmarkserschütterung ein¬ 
getreten sei, sondern daß das Geschoß durch das Rückenmark durchgegangen 
wäre. (Nach dem Verlauf der Störungen ist das aber wohl recht zweifel¬ 
haft. Ref.) 

Coenen (14) berichtet über zwei Fälle, in welchen das Geschoß quer 
aufsohlagend zuerst einen großen Weg durch Weichtoile des Rumpfes nehmend, 
sich dann dreht und im Wirbelkanal stecken bleibt. Nach der Angabe 
der Patienten konnte erst Wirbelbruch angenommen werden, da sie angeblich 
verschüttet waren und vom Eindringen eines Geschosses nichts bemerkt 
hatten, bis die Röntgenaufnahme die Sachlage klärte. Entsprechend dem 
gleichförmigen Sitze der Markverletzung waren in beiden Fällen die Sym¬ 
ptome gleichartig. Abgesehen von der Blasen- und Mastdarmlähmung bestand 
Paraplegie der Beine mit erloschenen Knie- und Achillessehnenreflexen 
und erhaltenen Fußsohlen-, Kremaster und Bauchdeckenreflexen; von diesen 
fehlte im Falle II der untere, da hier das Geschoß ein Segment höher lag (im 
XI. Brustwirbel); daher reichte hier auch die Anästhesie weiter herauf als im 
Falle I, wo die Markläsion in der Höhe des XII. Brustwirbels stattgefunden 
hatte. Die Querschnittsläsion war in beiden Fällen im Effekte einer voll¬ 
ständigen Quertrenuung gleich, wenngleich anatomisch noch dünne Ver¬ 
bindungsbrücken an den Verletzungsstellen bestanden. Im ersten Falle 
war das Mark geprellt und durch akuten Druck zerstört, im zweiten vollständig 
durchbohrt. Trotz Operation, die verhältnismäßig leicht war und unter 
Lokalanästhesie ausgeführt war, gingen beide Patienten zugrunde, der eine 
an eitriger Zystitis, der andere an der Schwere der Verletzung an sich. 

Die Mitteilung von Engel (17) betrifft einen Unfallverletzten, über 
dessen Verletzung Meinungsverschiedenheiten zwischen Ärzten entstanden 
waren. Während ein bekannter Neurologe eine Kompressionsfraktur des 
fünften Lendenwirbels (auf Grund einer Röntgenaufnahme, einer angeblich be¬ 
stehenden Incontinentia urinae, einer Wirbelsäuleusteifigkeit) annahm, waren 
andere Ärzte und auch Autor nicht dieser Ansicht. Patient starb au einer 
interkurrenten Krankheit. Bej der Sektion wurden am fünften Lendehwinkel 
keine Veränderungen wahrgenommen. 

Den Ausführungen von Frangenheim (22) liegen 25 operierte Schu߬ 
verletzungen des Rückenmarkes und der Wirbelsäule zugrunde, und zwar 
1 Schußverletzungen der Halswirbelsäule, 13 der ßrustwirbelsäule, 6 der 
Lendenwirbelsäule und 2 des Kreuzbeins. Es waren 2 Durchschüsse und 
23 Steckschüsse. In 5 Fällen faud sich das Geschoß im Wirbelkanal selbst. 
Nur 2 mal fehlten bei den 25 Verwundeten die Erscheinungen der Mark¬ 
läsion bei grober Prüfung. Fast regelmäßig ist die Halswirbelsäule bei den 
öesichtshalsschüssen verletzt. Als Spätkomplikation sah F. einen basalen 
Himabszeß; der Autor meint, daß es ratsam sei, jene Rückenmarksschüsse, 
die mit einer Lungenverlotzung einhergehen, von der Operation auszuschließen, 
wenn eine Lumbalpunktion klaren Liquor ergibt, der Wirbelkörper als Sitz 

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372 Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 

der Läsion erkannt wird und sonst keine Wirbelverletzung nacbzuweisen ist. 
Wenn je Zweifel an der Möglichkeit der Rückenmarksverletzung durch 
Prellwirkung bestanden, so können sie durch genaue Beobachtung bei der 
Operation von Wirbel- und Rückenmarksschüssen für immer beseitigt werden. 
Nicht minder häufig sei die Markschädigung durch Kompression, herrührend 
von den in den Wirbelkanal eingedrungenen Geschossen oder den zer¬ 
schossenen Wirbeln. Größere oder kleinere Splitter verengen den Wirbel- 
kanal, sind ventralwärts vorgetriebeu oder nach Verletzung der Dura in das 
Innere des Lumbalsackes eingedrungen. Die Markzertrümmerung sah F. 
nicht so häufig wie die Kompression und die Kontusion des Rückenmarks. 
Pachymeningitische Veränderungen, Schwielen, Schwarten, Verwachsungen 
wurden in keinem Falle gefunden. 

Gajkiewicz (23a) beschreibt einen Fall von Hämatomyelie und Hämato- 
bulbie nach einem Schuß in die Nackengegend. Der Fall betrifft einen 
24jährigen Soldat, bei welchem sich nach einem Projektilschuß in die Nacken¬ 
gegend eine linksseitige Hemiplegie ohne Fazialis- und Hypoglossusbeteiligung 
(Hemiplegia spinalis), eine Hemianaesthesia alternans (der linken 
Gesichtshälfte und der rechten Extremitäten) und außerdem der CI. Bernard- 
Hornersche Symptomkomplex (Lähmung des Sympathikus links und Lähmung 
des rechten Stimmbandes) eingestellt hatte. Die Anästhesie des Gesichts war 
eine absolute und betraf sämtliche Sensibilitätsqualitäten; au den Extremi¬ 
täten konnte eine Dissoziation der Sensibilität festgestellt werden — und 
zwar auf den rechten Extremitäten von dem sog. „Hinterhorntypus“, auf den 
linken von dem sog. „Hinterstraugtypus“. (tltrtiug.) 

Gamper (24) berichtet über folgenden Fall von Schußverletzung der 
Cauda equina: Einschuß links 3,5 cm unter der Crista iliaca, 13 cm von der 
hinteren Medianlinie entfernt; Ausschuß 6 cm rechts von der Mittellinie, etwas 
nach außen von der Synchondrosis sacro-iliaca dextra, 2 cm unterhalb der 
Grenze zwischen 5. Lendenwirbel und Os sacrum. Sofort nach der Ver¬ 
letzung Zusammensturz und Bewußtlosigkeit von 20 Minuten Dauer. Danach 
totes Gefühl in beiden Beinen und Schmerzen in der Gesäß- und Blasen¬ 
gegend und an der Rückseite beider Beine. Diese Schmerzen schwanden 
nach einigen Tagen. Keino Motilitätsstörung, Blasenlähmung. Der Status. 
6 Tage nach der Verletzung aufgenommen, ergab einen Symptomeukomplex, 
der sich im wesentlichen zusammensetzt aus einer ano-vesikalen Lähmung 
und einer schweren Sensibilitätsstörung von reithosenförmiger Umgreuzung, 
also das wohlbekannte Bild eines Funktionsausfalles der letzten drei sakralen 
Wurzelpaare und der Kokzygealwurzeln bzw. der entsprechenden Kücken¬ 
markssegmente. Die streifenförmige Hypästhesie, die sich auch noch weiter 
distalwärts (wenn auch minder intensiv) auf die Rückseite der linken unteren 
Extremität und auf die Fußsohle sowie auf das vordere Drittel des Dorsum 
pedis fortsetzte, bedeutet eine Mitbeschädigung auch noch von Sj und S 2 
auf der linken Seite. Das Fehlen des linken Achillessehnenreflexes stimmt 
gut mit der Annahme einer Läsion von Sj und S 2 überein; daß er auch 
rechts nicht auslösbar war, weist vielleicht auf eine leichteste Schädigung 
dieser beiden Wurzeln der rechten Seite hin. G. stellt sich vor, daß das 
Geschoß etwa in der Höhe der Austrittsstelle des linken S x in den Wirbel¬ 
kanal eindrang, in schiefer Richtung nach rechts unten innen den Sakral¬ 
kanal nahe seiner hinteren Wand durchsetzte, ihn etwa unterhalb des Austritts 
der rechten S 2 verließ und auf diesem Wege die untersten drei Sakralwurzel¬ 
paare in ihrem intravertebralen, aber extraduralen Verlaufe durchriß, dagegen 
Sj und S 2 links in ihrer intravertebralen, aber extraduralen Verlaufsstrecke 
schädigte, erstere nur ganz leicht und wahrscheinlich nur indirekt, letztere 

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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 373 


erheblicher ohne aber sie total zu durchbrechen. Das schnelle Verschwinden 
der anfänglich aufgetretenen starken Schmerzen schloß eine Irritation durch 
zersplitterte Knochentrümmer aus. Kleinere wurden allerdings bei der 
Operation gefunden und entfernt. Bei der Operation, die besonders zur 
Beseitigung der Blasenlähmung 12 Tage nach der Verletzung vorgenommen 
wurde, fand sich der Befund im ganzen bestätigt. Durch die Naht wurden 
beiderseits die Stümpfe von S 8 vereinigt. Schon 18 Tage nach der Operation 
konnte Patient, allerdings mühsam und tropfenweise, gegen 1400 ccm Harn 
entleeren; im weiteren Verlaufe kann er, wenn auch unter starkem Pressen, 
den Urin in zwar matten, aber kontinuierlichem Strahl entleeren. Ob das 
allerdings schon die Wirkung der operativen Vereinigung der durchtrennten 
Nervenstümpfe ist, läßt der Autor dahingestellt sein. 

Bei dem ersten der drei von Gamper (25) mitgeteilten Fälle finden 
sich als Folgeerscheinungen eines Schusses gegen die linke Halswirbelsäule 
neben einer leichten Parese der linken oberen Extremität eine ausgedehnte 
gleichseitige Empfindungsstörung, welche diese Extremität sowie die gleich¬ 
seitige Rumpf-, Hals- und Nackenhälfte bis ins Trigeminusgebiet einnahm 
und distalwärts noch in das Gebiet der oberen Lumbalsegmente sich erstrekte. 
Die Sensibilitätsstörung war eine ausgesprochen dissoziierte; bei nur leichter 
Schädigung der taktilen Empfindung ist die thermische und algotische bis 
zu regionär vollkommener Aufhebung beeinträchtigt. Eine Störung der Lage¬ 
empfindung an den Fingern der linken oberen Extremität ist nur andeutungs¬ 
weise vorhanden. Es fehlten der linke Bauchreflex, und der linke Skrotal- 
reflex war abgeschwächt. Der Autor nimmt an, daß die Erscheinungen durch 
eine Läsion der grauen Rückenmarkssubstanz der linken Seite bedingt 
seien, wobei das linke Hinterhorn in großer Längenansdehnung und schwer 
(vielleicht durch eine Blutung zonenweise), das linke Vorderhorn nur ganz 
leicht betroffen worden sei (ähnliches Symptomenbild wie in einigen Fällen 
von Syringomyelie). 

Im zweiten Falle handelt es sich um eine Plexuslähmung von Klumpke- 
schen Typus, aber ohne Beteiligung des Ramus communicans der ersten 
Dorsalwurzel und leichter Rückenmarkskommotio. 

Der dritte Fall ist dem ersten ähnlich. Nach einem Schuß an die Wirbel¬ 
säule in Höhe des 2. Brustwirbels stellte sich eine gleichseitige ausgedehnte 
Sensibilitätsstörung ein, bei welcher die Lage- und Vibrationsempfindung 
besonders schwer geschädigt waren. Außerdem bestand leichteste Parese 
an der rechten oberen Extremität, vorübergehende Schwäche der Beine, keine 
Reflexstörungen. Was die oberflächliche Sensibilität betrifft, so dehnte sich 
ihr Ausfall proximal bis ins vierte Zervikal-, distal bis in das Gebiet des 
siebenten Dorsalsegments aus, nahm aber keineswegs die dazwischen liegenden 
Segmente in vollem Umfange ein. Die intensivsten Ausfälle wiesen das 
8. Zervikal- und das 1. Dorsalsegment auf. Während die Störungen der 
oberflächlichen Sensibilität sonach vom 8. Zervikal- und 1. Dorsalsegment 
oralwärts und kaudalwärts abklangen, erstreckte sich die Störung der Lage- 
und Vibrationsempfindung in ziemlich gleichmäßiger Intensität auch noch 
über die ganze rechte untere Extremität. Dem segmentalradikulären Aus¬ 
breitungstyp der Störung der Hautempfindung steht im vorliegenden Falle 
der funikuläre Charakter der Lageempfindungsschädigung gegenüber, die G. 
ebenso wie die bestehende Ataxie der rechten Gliedmaßen auf eine Läsion 
des gleichseitigen Hiuterstranges bezieht. 

Die drei von Gerstmann (26 und 27) mitgeteilten Fälle sind folgende: 

1. Fall: Hochgradige spastische Paraplegie der unteren Extremitäten, 
rechts stärker als links, mit segmentär ausgebreiteter partieller Empfindungs- 


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374 Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 


läbmuDg auf der linken Seite mit fehlenden Bauchdeckeureflexen nach einer 
Schußverletzung im Bereiche der mittleren Brustwirbelsäule. Der Röntgen¬ 
befund der Wirbelsäule war vollkommen normal. Der. ganze Symptomen- 
komplex wies auf einen lokal beschränkten Krankheitsprozeß in der Höhe 
des 6.—8. Brustmarksegments hin. Unter konservativer Behandlung erfolgte 
Heilung nach 4 Monaten. 

2. Fall: Steckschuß mit Einschußöffnung knapp unterhalb de9 rechten 
Angulus scapulae. Komplette schlaffe Paraplegie der unteren Extremitäten 
mit fehlenden Patellar- und Achillessehnenreflexen und Überwiegen der mo¬ 
torischen Ausfallserscheinungen auf der rechten Seite. Abwechseln von 
Retentio und Incontinentia urinae et alvi. Beträchtliche Sensibilitätsstörung 
vom Charakter der taktilen Hyperästhesie, Hypalgesie und Thermohypästhesie 
auf der linken und einer Hyperästhesie für alle Reizqualitäten auf der 
rechton Seite, nach aufwärts bis zum Innervationsgebiet des 1. Lumbal- 
segraentes. Über dieser Sensibilitätsgrenze konstante, gürtelförmige Schmerzen. 
Fehlen der unteren Bauchdeckeureflexe. Die Krankheitserscheinungen wiesen 
auf eine sehr schwere Querschnittsunterbrecbuug im Gebiete des 11. resp. 
12. Brustmark- und de9 1. Lendensegments bin. Im Röntgenbilde sah man 
eine wenig deformierte Schrapnellfiillkugel zwischen dem 10. und 11. Brust¬ 
wirbelkörper rechts, zur Hälfte im Vertebralkanal, zur Hälfte im Knochen 
liegend. Operative Entfernung der Kugel. Bei der Laminektomie deutliche 
Eindellung der Rückenmarksoberflächc und kleiner ausgeheilter Duraschlitz. 
Nach der Operation zunächst Stillstand, dann allmähliche Besserung. Lang¬ 
samer Übergang der schlaffen, degenerativen Lähmung in eine spastische 
mit sichtlicher Zunahme der Motilität, völliges Schwinden der Blasen-Mast¬ 
darmstörungen und Störungen der Sensibilität, in den letzten "Wochen all¬ 
mähliche Rückbildung dor spastischen Paraparese zu normalen Verhält¬ 
nissen. Zurzeit — 3 1 / 2 Monate nach der Operation — weitestgehende 
Besserung. 

3. Fall: Symptomenkomplex der Brown-Sequardschen Halbseiten- 
läsion nach Durchschuß der rechten Schultergegend, mit Einschußöffnung 
knapp über dem 7. Halswirbeldornfortsatz und Ausschuß rechts vorn in der 
Höhe der 2. Rippe. Röntgenologisch normale Beschaffenheit der Halswirbel¬ 
säule. Spinale Hemiparese der rechten Körperhälfte. Auf der linken Seite 
Sensibilitätsstörungen vom Charakter der Dissoziation, scharf abschneidend 
in der Höhe des Innervationsgobietes des 2. Dorsalsegments und in seg¬ 
mentärer Ausbreitung nach abwärts bis zu den Zehen reichend, auf der 
rechten hingegen eine Hyperästhesie für alle Empfindungsqualitäten in 
gleicher Ausdehnung wie der kontralaterale Sensibilitätsausfall. Tiefenemp¬ 
findungen im wesentlichen intakt. Weitestgehende Besserung. Wahrscheinlich 
meint der Autor, hat das Gewehrprojektil in der Höhe des 7. Halswirbel¬ 
dornfortsatzes die rechte Wirbelsäulenhfilfte in sagittaler Richtung durch¬ 
bohrt und auf diesem Wege die homolaterale Rückenmarksseite gestreift. 

Gerstmann (28) beobachtete eine Patientin, deren Krankheitserschei¬ 
nungen ihn die Diagnose auf einen lokalen, raumbeengenden Prozeß an der 
Cauda equina in der Höhe der obersten Partie des Os sacrum und der untersten 
Lendenwirbelkörper stellen ließen. Das Leiden begann mit intensiven aufalls¬ 
weise auftreteuden Schmerzen in der Kreuzbeingegend und im Gebiete der 
Sakral- und zum Teil auch der untersten Lumbalwurzel der linken Seite. 
Dann entwickelten sich allmählich Ausfallserscheinungen im Bereiche dieser 
Wurzeln, Atrophien und Paresen entsprechender Muskelgruppen, Areflexie 
der Achillessehne, Störungen der Blasen-, Mastdarm- und Geschlechts¬ 
funktionen. Die Affektion war durchaus einseitig. Bei der Operation wurde 


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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 375 


in der Wirbelsäule und an der Kauda nichts Krankhaftes gefunden, weder 
Tumor noch Entzündung usw. Trotzdem trat eine gewisse Zeit nach der 
Operation eine ganz erhebliche Besserung des Krankheitszustandes ein. 

Goldstern (29) berichtet über seine bisherigen Erfahrungen bei Schu߬ 
verletzungen des Gehirns und Rückenmarks. Bei Querschüssen des Schädels, 
bei denen beide motorischen Zentren getroffen wurden, hat er die Erfahrung 
gemacht, daß an der Körperregion, welche der Einschußöffnung gegenüber¬ 
liegt, gewöhnlich nur das Armzentrum, an derjenigen aber, welcher der 
Ausschußöffnung gegenüberliegt, Arm, Bein und Fazialis betroffen waren. 
Es erkläre sich das daraus, daß der Schußkanal nach der Ausschußöffnung 
an Umfang zunehme. Seine Erfahrungen führen ihn auch dahin, bei Schädel¬ 
schüssen früh zu operieren, um eingedrungene Knochensplitter zu entfernen 
und um besonders nachfolgende metastatische (mitunter weit von der Ver¬ 
letzungsstelle entfernt liegende) Eiterungen zu vermeiden. 

Was die Rückenmarksschußverletzungen unbetrifft, so sind klinisch die 
Fälle, in denen das Rückenmark durch das Geschoß zerstört ist, von solchen, 
in welchen das Rückenmark nur indirekt geschädigt ist, kaum zu unter¬ 
scheiden. G. berichtet über einige bemerkenswerte Fälle. In dem einen 
hatte das Geschoß das Rückenmark, ja selbst den Wirbel nicht grob verletzt, 
aber indirekt waren Entzündungen der weichen Häute an zirkumskripter 
Stelle eingetreten, die zu einer Abschnürung des Rückenmarks geführt hatten; 
iu einem anderen Falle war durch ein steckengebliebenes Geschoß die Kauda 
verletzt; in einem dritten Falle hat ein im Wirbelkanal liegendes Geschoß 
wie ein extramedullärer Tumor gewirkt. G. ist nach den gemachten Er¬ 
fahrungen der Ansicht, daß wenn bei dem Bilde einer Querschnittsläsion 
dieses Bild sich nicht innerhalb weniger Wochen bessert, man in jedem 
Falle zur Operation schreiten soll, selbst wenn röntgenologisch oder sonst 
lokal an der Verletzuugsstelle der Befund an der Wirbelsäule ein negativer 
ist Wo Zertrümmerung des Rückenmarks vorliegt, wird man durch die 
Operation nichts schaden, in anderen Fällen aber kann man durch sie den 
Zustand erheblich bessern. 

Jentzer (36) beschreibt zwei Fälle von Wirbelschußverletzung mit 
Beteiligung des Rückenmarks. Im ersten Falle war die Besserung der 
spinalen Symptome infolge Resorption des Blutes der Hämatomyolie ein¬ 
getreten, im zweiten Falle war eine Kompression des Rückenmarkes durch 
ein Hämatom eingetreten, nach dessen Resorption eine Besserung eintrat, 
die aber wieder einer Verschlechterung Platz machte, als die nach Resorption 
des Hämatoms locker gewordene Kugel sich verschob und Wurzelkom¬ 
pressionen bewirkte. 

Der von Kuznitzky (41) beobachtete Patient wurde durch ein Spreng- 
stück einer explodierenden Mine verletzt. Einschuß in der Axillarlinie 
zwischen der 8. und 9. Rippe, Ausschuß iu der Höhe des zweiten Lenden¬ 
wirbels, dicht neben dem linken Rande der Wirbelsäule. Außer einer Lähmung 
beider Beine hatte sich eine überaus große Empfindlichkeit im Bereich des 
Mons veneris, des Penis und Skrotums entwickelt. Neben diesen Symptomen 
hatte sich in der ersten Woche nach der Verletzung auf der linken Ferse 
eine Blutblase gebildet, die zur Goschwürsbildung führte. Während die 
Lähmungssymptome und die Störungen der Sensibilität zurückgingen, blieb 
die trophische Störung noch monatelang bestehen. Nach dem Betroffensein 
der Wirbelsäule nimmt K. an, daß die zugehörigen trophischen Nervenzentren 
in den vordersten lateralen Ganglienzellen des Vorderhorns in Höhe des 
2. Lendenwirbels sich befinden. 


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376 Traumatische Erkrankungeu des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 


Leva (43) gibt eiue allgemeine Darstellung der Rückenmarksverletzungen 
durch Geschoßwirkung. Auch er erwähnt die schuelle Rückbildung des 
zuerst sehr bedrohlich aussehenden Zustandes und greift zur Erklärung 
dieser Erscheinung auf die Diaschisistheorie von Monakow zurück. Bei 
den vom Verf. beobachteten Fällen von Rückenmarksverletzungen bestand 
bei 9 Fällen ein Vorwiegen von Querschnittsläsioussymptomen, bei 5 Fällen 
ein Vorwiegen von Halbseitenläsionssymptomen und bei 7 Fällen ein klinisches 
Bild, das auf ein mehr isoliertes inselförmiges Befallensein einzelner Zentren 
hin wies. Ein Patient, bei dem durch Schuß Wirkung 3 Lendenwirbelbögcn ge¬ 
brochen waren, zeigte auffallenderweise keine Läbraungssymptome. Dies auf¬ 
fallende Verhalten wird dadurch erklärt, daß das Projektil vor dem Eindringen 
in den Rückeu einen Saudsack durchdrungen hat und dadurch in seiner Kraft¬ 
wirkung wohl wesentlich vermindert war. Der Autor will ferner gefunden 
haben, daß Schüsse durch die Halswirbelsäule (? Ref.) viel weniger intensiv 
das Rückenmark schädigen als solche des übrigen Wirbelsäuleubereiches. 
Er sucht das physikalisch zu erklären. Die Halswirbelsäule wäre nicht wie 
die übrigen Wirbelabschnitte mit Knochen der Umgebung fest verbunden, 
wird sie erschüttert, dann wird sie wie ein langer, an seinem Ende fest¬ 
geklemmter Stab Ausschläge von zwar beträchtlicher Amplitude, aber von 
sehr geringer Frequenz in der Zeiteinheit machen. Bei dem anderen Wirbel¬ 
bereich wird es umgekehrt sein. Man könne nun annehmen, daß die kleinen 
und schnellen Schwingungen für die Rückenmarksubstanz weit schädlicher 
wären als die großen und langsamen so wie sie ira Halswirbelbereiche statt¬ 
fänden. Die Mortalität der Verletzten betrug 9,5%. 

Marburg und Ranzi (46 u. 47) geben einen Bericht über 35 Fälle von 
Rückenmarkschüssen. Von diesen wurden 12 operiert. Von den operierten 
Fällen besserten sich 9 Fälle, von den 23 nicht operierten Fällen nur einer. 
Nachdem die Autoren die Eigenheiten der einzelnen Fälle kursorisch be¬ 
sprochen haben, fasseu sie ihre Ansicht über die Indikation zur Operation 
folgendermaßen zusammen: 1. Im Gegensatz zu den Hirnschüssen sind wir 
bei den Rückenmarkschüssen zunächst für ein gewisses Zuwarten, bis der Zu¬ 
stand ein stationärer geworden ist. Wenn sich jedoch dann in solchen Fällen 
nach zirka vier- bis fünfwöchiger klinischer Beobachtung keine Änderung 
des Zustandes zeigt, halten wir die Laminektomie für indiziert. 2. Die 
Operation ist kontraindiziert bei pulmonalen und abdominalen Komplikationen, 
sowie schweren Eiterungsprozessen in der Nähe des Operationsfeldes (dahin 
gehört auch ein schwerer eitriger Dekubitus), ferner auch bei eitriger Zystitis 
und aufsteigender Pyelitis. 3. Nicht kontraiudiziert ist der Eingriff jedoch bei 
leichter Infektion der Harnwege und granulierendem Dekubitus. 4. Es ergibt 
sich aus der obigen statistischen Zusammenstellung, daß die Rückenmarks- 
durch- und Tangentialschüsse im Gegensatz zu den indirekten Rückenmarks¬ 
schüssen kaum anzugehen sind. 

Ein 25jähriger Reservist — Beobachtung von Mayer (49) — wnrde 
von einer ca. '/» Meter vor ihm auf den Boden sausenden Granate (Blindgänger) 
mitsamt einem Haufen Erde mit großer Gewalt auf den Unterleib in der 
Nabelgegend getroffen und nach rückwärts geschleudert. Keine äußere Ver¬ 
letzung, nur der Leib ist an der Stelle der auftreffenden Gewalt verfärbt. 
Es entwickelte sich das Krankheitsbild, wie man es bei Myelitis antrifft 
Keine Spasmen, keine pathologischen Reflexe. Der Zustand bleibt ziemlich 
stationär. 

Mnskens (62) beobachtete zwei Fälle mit dem Symptomeubilde der 
Querläsion des Rückenmarks durch Schußverletzung. Er riet beide Male zur 
Operation, und der Befund zeigte, daß in beiden Fällen das Rückenmark 


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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 377 


selbst nicht verletzt war. Daraus folgert er, daß die für die Diagnostik 
und Operation des Rückgratschusses gültigen Regeln einer Revision zu unter¬ 
ziehen wären. Hierbei erscheinen dem Autor folgende Punkte vou Bedeutung: 
1. Die Diagnostik der Rückenmarksquerverletzungen ist bis jetzt eine sehr 
unsichere. Es geht aus den neueren Erfahrungen hervor, daß wir über 
kein Diagnostikum bis jetzt verfugen, das uns zu der Diagnose vollständiger 
Querläsiou befähigt. Obwohl feststeht, daß bei kompletter Querläsion des 
Rückenmarks die tiefen Reflexe sowie auch die oberflächlichen (mit Aus¬ 
nahme des Plantarreflexes) abwesend sind, kann man nach den jetzt vor- 
üegenden Befunden diesen Satz nicht umkehren und beim Verlust der tiefen 
Reflexe nach Rückenmarksverletzung nicht auf komplette Querverletzung 
schließen. 2. Erst im russisch-japanischen, bulgarischen und jetzigen Kriege 
ist man imstaude, die Wirkung des modernen, große lebendige Kraft be¬ 
sitzenden Projektils zu studieren. Es ist keineswegs ausgeschlossen, daß 
wir den neuen Verhältnissen zufolge es mit noch wonig studierten Mecha¬ 
nismen der Rückenmarksläsion zu tun haben. (Hämorrhachis durch Saug¬ 
wirkung des Projektils?) 3. Die Verbesserungen der Technik des opera¬ 
tiven Eingriffs in den Wirbelkanalinhalt sind relativ jungen Datums, und 
schon deshalb erscheint eine Revision der bezüglichen Indikationen zeitgemäß. 
4. Die Exploration bei zwei hoffnungslos erscheinenden Querverletzungen 
des Rückenmarks mit Verlust ungefähr aller Reflexe hat ergeben, daß in 
beiden Fällen der Duralsack intakt und jedenfalls, wie das teilweise Zurück¬ 
gehen der Erscheinungen beweist, die Querläsion des Markes eine nicht 
vollständige war. 

NetouSek (53) beschreibt einen Kriegsfall, bei welchem durch spontane 
Blutung in das Rückenmark infolge plötzlichen Aufstiegs des atmosphärischen 
Druckes bei Granatexplosionen (ohne direkte Geschoßverletzung) die Brown- 
Sequardsche Lähmung sich entwickelt hat. (J. Stuchlik.) 

Der interessante Fall, den Oppenheim (57) mitteilt, betrifft einen 
Soldaten, der einen Bajonettstich in die rechte obere Halsgegend bekam, 
wonach Patient zusammenbrach und an allen 4 Extremitäten gelähmt war. 
Die Affektion besserte sich, aber es blieb das seltene Krankheitsbild der 
Hemiplegia spastica spinalis mit homolateraler Hemianästhesie zurück. 0. 
erklärt dieses Bild dadurch, daß nach seiner Ansicht die Läsion sich nicht 
auf die rechte Rückenmarkshälfte beschränkt hat, sondern daß die Spitze 
des Bajonetts auch durch die linke Hälfte hindurchgedrungen ist und hierbei 
auf der rechten Seite im wesentlichen den Pyramidenstrang und den Hinter¬ 
strang, auf der linken fast ausschließlich die gekreuzte sensible Leitungsbahn 
verletzt hat. Diese Annahme findet im Röntgenbilde eine gute Stütze. 

In dem von Omstein (59) genau untersuchten Falle handelt es sich 
um eine angiofibroneuromatöse Neubildung des Epikonus in diffus infil¬ 
trierender Form, wodurch dieser Rückenmarksabschuitt zur Atrophie gebracht 
wurde; Ausbreitung von S 6 bis L a . Im Anschluß entwickelte sich in der 
dorsalen Hälfte der erwähnten Segmente, speziell in der Höhe 8,, eine 
intensive Gliose, welche in den Hinterhörnern und Hinterstrang stellen¬ 
weise zur Höhlenbildung führte. Mit der Gliose ging eine Bindegewebs¬ 
wucherung in der Eorm von welligen Biudegewebsbündeln einher, welche in 
diesem Falle das Primäre zu sein scheint. Solches Bindegewebe umschließt 
wallartig ein gliöses Gebiet, welches zentral zerfallend, eine syringomyelie- 
artige Bildung entstehen läßt. Die klinischen Erscheinungen traten infolge 
eines Traumas der Kreuzgegond auf. Symptome waren: Störungen der Blase, 
des Mastdarms und der Genitalfunktionen; ferner hochgradiger Muskel¬ 
schwund der unteren Extremitäten mit fehlendem Sohlenreflex und erhaltenem 


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378 Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 


Patellarreflex; schließlich segmentäre Anästhesie und Analgesie von S 6 bis 
L 4 nebst Thermoperversion im Gebiete Sj. Die gegen das Ende der Krank¬ 
heit aufgetretene absolute Inkontinenz beweist, daß der untere Sympathikus 
die Funktionen des Epikonus nicht dauernd übernehmen kann. 

Podmaniczky (59 a) schildert zwei Fälle, in welchen die submeningeale 
Blutung durch Lumbalpunktion diagnostoziert und durch Wiederholung dieses 
Eingriffes behandelt wurde. Im ersten Falle bestand das Bild einer schweren 
Rückenmarksverletzung mit Inkontinenz, der zweite bot eher das Bild einer 
chronischen diffusen Meningitis. Bei beiden verwies das bei der ersten 
Lumbalpunktion nachgewieseue Blut auf den Ursprung, wodurch im ersten 
Falle eine Querschnittsläsion, im zweiten eine funktionelle Erkrankung aus¬ 
geschlossen werden konnte. Bei wiederholten Lumbalpunktionen schwand 
wohl der Blutgehalt des Liquors, jedoch ergab sich keine Besserung der 
klinischen Symptome. Verfasser empfiehlt deshalb die Lumbalpunktion bei 
allen Fällen einer möglichen traumatischen Wirbelsäulen- oder Rücken¬ 
marksverletzung; auch ist es möglich, daß wiederholte Lumbalpunktionen 
eine Besserung hervorrufen könneu. ( Hudoveniiy.') 

Redlich (62) beschreibt das Krankheitsbild eines Soldaten, dem eine 
Gewehrkugel den Hals von hinten nach vorn sagittal durchbohrte; Ein¬ 
schußöffnung etwas nach rechts und oben von der Vertrebra prominens, 
Ausschußöffnung nahezu in der Mittellinie, querfingerbreit oberhalb des 
Pomum Adami. Zuerst Lähmung aller 4 Extremitäten; später Lähmung der 
rechten oberen Extremität mit leichter Atrophie speziell der Handbeuger 
und Kleinfiugermuskulatur mit Sensibilitätsstörung an der rechten Hand 
und dazu Lähmung des rechten Halssympathikus. Außerdem fand sich 
bei dem Patienten ein Brown-Sequardscher Symptomeukomplex, Parese 
des rechten Beines mit deu Charakteren der Pyramidenläsion und Sensi¬ 
bilitätsstörung links am Rumpfe und der linken unteren Extremität. Da 
letztere bis etwa zu D 4 hinaufreichte, so ist eine leichte Läsion der rechten 
Rückenmarkshälfte iu der Höhe des 1. bis 2. Dorsalsegments vorauszusetzen. 
Zieht man die Lage der Einschußöffnung am 7. Halswirbel in Betracht, so 
sei anzunehmen, daß das Projektil hier den Wirbelkanal an der rechten 
Seite durchsetzt hat und die 8. Zervikal- und 1. Dorsalwurzel betroffen und 
dabei die rechte Rückenmarkshälfte in dieser Höhe gestreift hat. Auffällig 
war nur, daß der Röntgenbefund an der Halswirbelsäule keine deutliche 
Verletzung aufwies. Es wäre daher auch möglich, daß die Wurzeln erst 
unmittelbar an der Austrittsstello aus dem Wirbelkanal betroffen wurden 
und die Rückenmarksverletzung mehr indirekt durch das Aufschlagen des 
Projektils an den Wirbelkörper erfolgte. 

Bei dem von Rothmann (68) demonstrierten Patienten handelt es sich 
um eine Aufhebung des Temperatursinns und um die als „Dysästhesic“ be¬ 
schriebene Veränderung der Sehnierzempfindung im Gebiete des gesamten 
rechten Beines bis herauf zur Grenze zwischen 12. Dorsal- und 1. Lumbal¬ 
segment. Am linken Bein ist nur eine sehr geringe motorische Schwäche 
ohne Bewegungsbehinderung bei positivem Babiuski und Fuß- und Patellar- 
klonus vorhanden. Es besteht ferner eine Thermanästhesie des linken kleinen 
Fingers und eine Schwäche im Gebiet der obersten linksseitigen Interkostal¬ 
muskulatur. Dieses Gesamtbild ist ein Residuärzustand einer Rückenmarks¬ 
beschädigung durch Geschoßwirkung. Das Röntgenbild ergibt mit Sicherheit, 
daß die in der linken Supraklavikulargrube eingedrungenen Granatsplitter 
dicht neben dem 1. und 2. Brustwirbel liegen und deren linksseitige Quer¬ 
fortsätze beschädigt haben. Diese Ausfallserscheinungen weisen auf das 
1. bis 2. Dorsalsegment als Sitz der Läsion hin; vom Querschnittsfeld der 


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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 379 


sensiblen Bahn im Vorderseitenstrang wäre nur der laterale Abschnitt be¬ 
troffen. Rothmann meint, daß hier wohl nicht das Rückenmark vom Ge¬ 
schoß selbst getroffen wurde, sondern daß nur eine infolge von Erschütterung 
entstandene Hämorrhagie resp. Nekrosebildung in dem der Schußverletzung 
unmittelbar benachbarten Teile anzunehmen sei, welche den peripherischen 
Teil des Rückenmarks partiell zerstört habe. Der Fall stellt nach Ansicht 
von Rothmann ein gutes Beispiel dafür dar, daß man auch chirurgisch 
deu peripheren Teil des Rückenmarks ausschalten und einen Patienten, der 
an unerträglichen, zentral bedingten Schmerzen der Gliedmaßen leidet, von 
diesen Schmerzen dadurch befreien kann. 

Rumpel (69) bespricht nach den Erfahrungen an 48 Fällen die Er¬ 
scheinungen der Verletzungen durch Rückenmarksschüsse. In einem Falle 
konnte er durch Laminektomie und Entfernung von Knochenfragmenten die 
ganz unerträglichen gürtelförmigen Schmerzen des Verletzten mit einem 
Sclilage beseitigen. In einem anderen Falle trat profuse Hämaturie auf, an 
der der Verletzte zugrunde ging, ohne daß eine Ursache dieser Blutung bei 
der Sektion gefunden wurde. Von deu 48 Fällen wurden 10 operiert. Von 
den Nichtoperierten betrug die Mortalität 65 %. Von den 10 Operierten 
sind 6 gestorben, von den 4 Überlebenden ist einer erheblich gebessert. 

Rumpf (71) teilt mehrere Fälle von Querschnittsläsionen des Rücken¬ 
marks durch Schußverletzung mit, die aber neurologisch kein wesentliches 
luteresse haben; ebenso bestätigen die angeführten Fälle von flirnschuß- 
verletzungen, daß die Funktion der vorderen Zentralwindung wesentlich 
motorischer, die der hinteren wesentlich sensibler Natur ist. 

Schlesinger (73) macht auf ein Symptom bei Erkrankungen der Cauda 
equina aufmerksam, welches er als „Zerrungssymptom“ bezeichnet. Der 
Kranke klagt über heftige bohrende und quälende Sohmerzen im Sitzen, 
selbst wenn er beim Liegen, Stehen oder Herumgehen völlig schmerzfrei ist. 
Die schmerzhaften Parästhesien werden im Mittelfleische, in der Analgegend, 
auch in der Genitalgegend oder im Mastdarm empfunden. Die peinlichen 
Empfindungen können so heftig sein, daß die Kranken das Sitzen völlig zu 
vermeiden trachten. Das Symptom ist nach Ansicht von Schlesinger ein 
Analogon des Kernigschen Zeichens. Sowie das letztere seine Entstehung 
der Dehnung von Wurzeln verdankt, welche schon in den Frühstadien meningi- 
tischer Prozesse geschädigt sind, so dürfte auch hier eine Zerrung sakraler 
Wurzeln die Schmerzphänomene hervorrufen. Beim Sitzen fände ein An¬ 
spanneu der verwachsenen Nervenwurzeln statt, welches den in der Peripherie 
empfundenen Schmerz auslöst. 

Der von Schott (76) mitgeteilte Fall betrifft einen bis dahin völlig 
gesunden Mann. Dieser trägt in einer nach vorwärts übergebeugten Stellung 
einen 1 Zentner schweren Sack wenige Meter weit; er verspürt zunächst 
nur Schmerzen im Kreuz, kann noch gehen. 2y 2 Stunden später haben 
sich die Symptome einer schweren Läsion des Rückenmarks entwickelt: voll¬ 
ständige motorische und teilweise dissoziierte sensible Paraplegie der unteren 
Extremitäten; es tritt eine Blasenlähmung hinzu, Zystitis, Thrombosen in 
den Beinvenen, Lungenembolie. Exitus 16 Tage nach Beginn der Er¬ 
krankung. Die klinische Diagnose wurde mit einem hohen Grad von Wahr¬ 
scheinlichkeit auf Hämatomyelie infolge von Trauma gestellt. Die Autopsie 
ergab keinerlei Anzeichen einer Blutung, aber einen großen Erweichungsherd 
im Lendenmark. Der Autor erklärt den Fall folgendermaßen: Durch die 
ungewöhnliche und unzweckmäßige Körperhaltung hat Patient seine Wirbel¬ 
säule in einer Art belastet, daß es zu einer Distorsion im Bereiche der 
Lendenwirbelsäule gekommen ist. Durch die Distorsion ist eines der Arterien- 


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380 


Syringomyelie. 


ästchen gerissen, die als Rami dorsales von der A. lumbalis durch die Inter- 
vertebrallöcher treten; hierbei wird gleichzeitig eiu Intervertebralganglion ver¬ 
letzt und dessen zerstörte Elemente in die arterielle Bahn hineiugespült 
worden sein. Nur auf diese Weise ist die merkwürdige Embolie von nervösen 
Gewebselementen in die A. vertebralis anterior, die sich bei der mikrosko¬ 
pischen Untersuchung fand, vorstellbar. Die Ernährungsstörung in dem von 
der Arterie versorgten Gebiete hat zu einer Erweichung der Rückenmarks¬ 
substanz an zirkumskripter Stelle geführt. 

Stern (82) berichtet über einen Fall von Brown-Sequardscher 
Lähmung durch Schußverletzung. Der Fall ist dem von Redlich (s. p. 378) 
mitgeteilten sehr ähnlich, so daß eine Beschreibung sich erübrigt. Die 
Röntgenplatte zeigte zwischen dem 1. und 2. Brustwirbel von links her 
einen unregelmäßig gestalteten länglichen horizontal gestellten Granatsplitter, 
der fast haarscharf mit der Mittellinie abschneidet. Das Geschoß saß dorsal 
vom Wirbelkörper, ob aber im Wirbelkanal oder noch weiter dorsal, ließ 
sich nicht eruieren. Dann teilt der Autor zwei Fälle von Läsion des Hals- 
sympathikus mit. In dem einen war durch Schuß in die Halsgegend der 
Sympathikus allein verletzt worden; denn Patient zeigte außerdem Horner¬ 
scheu Symptomenkomplex keine weiteren Ausfallserscheinungen, im anderen 
Falle, in welchem das Geschoß an der Basis cranii eutlang gegangen war, 
war es zu einer Schädigung des rechten Halssympatikus, des rechten Vagus 
und des rechten Hypoglossus gekommen. Außerdem konnte Stern zweimal 
bei Schußvorletzungen mit röntgenologisch festgestellteu Granatsplittern nahe 
der Wirbelsäule einen akut auftretenden echten Herpes zoster beobachten. 

Auf Grund eiues Falles von Wirbelosteomyelitis nach Schußverletzung 
in die rechte Halsseite und nachträglicher Extraktion des Granatsplitters 
vom Schlunde aus kommt infolge des letalen Ausganges des Falles Wolff 
(03) zur Aufstellung folgender Leitsätze: 1. Schußverlctzungen in der Nähe 
der Wirbelsäule mit dem leisesten Verdacht auf Wirbelverletzuug sind mit 
Eingipsen oder Streckung zu behandeln. 2. Geschosse und Fremdkörper 
aus Schlundverletzungen sind am besten von außen mit Schaffung breiter 
Abflußmöglichkeiten zu entfernen. 3. Wirbelosteomyelitis kann noch Wochen 
nach der Verletzung auftreten. 4. Für das Frühstadium der Osteomyelitis 
gestattet das Röntgenbild keine Diagnose. 


Syringomyelie. 

Rcf.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

1 Oaudido, »I., Lopmsy in Komi of SyringoinyoHa. Brazil-Mudkxt. Sopt. 15. 

2 U;»oS,siii. (i. ]5 , Du, ko, («ortlon, and Nuzum, .lohn. I^oprosv or Nyringomylia? The 
dourn of tim Aiiut. mod .Woc Yol. LXV. No. 3. p. 235. 

3. Hui,snums, Syringuinyolio (lum hu-sakraler Typo). Münch, mod. VVocli. 1910. 63. 

54. (Sitzungsbericht.) 

4 Karplus, J. P., Soldat mit horeditüror Syringomyolio. Wien. klin. Wocli. }>. 657. 

(Sitzungsbericht.) 

5. Dorsel ho, Syringomyolio hoi Viktor und Sohn. Mod. Klin. 11. (49.) 1344. 
d. Miktsumoto. T., Jkutrag zur Lohn» von dor syringomyolitisohon Erkrankung clt»r 
Hirnnorvon mit Wondoror Horüoksiohtigung do,s Ohms, dor Xaso, das Kohlkopfos und 
dos Kohhmdos. Poitr. z. Anal. oto. d. Ohros oto. 8. (4.) 212. 

7. Xoumoif tor, Waltor, riiirurgsollt» K, krankungtm, insbosondoro das Mikl porfonmt 
und dio Kuoohon- und Eolonkaffoktioiion, als Friihsymptonu» dor Syringoinyolir. 
Di, sb. Tims lau. 1914. 

S. Konsson. W.. und Sissingh, (-. H., Ein nouropathisohos Ellonbogongolonk. Nid. 
Tijdsohr. v. (Jonoosk. 59. (11.) 098. 


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Syringomyelie. 


381 


9. Schenk, A. K., Syringomyolia with Acromogalio Changos, but without Aotnal Acro- 
mogaly. Runwky Vraoh. Sopt. 26. 

10. Simon», Halsmarkgliome bzw. Syringomyelie im unteren Halsmark. Vereinsbeil. d. 
Dtsch. mod. Woch. 1916. 42. 119. 

11. Stählo, Eugen, Über Remissionen im Symptomonbild dor Syringomyelie. Dtsch. 
Ztschr. f. Nervenheilk. Bd. 63. H. 6. p. 404. 

12. Williams, T. A., Case of Syringomyelia. Washington mod. Annals. March. 


Hassin, Burke und Nuzum bringen eine Mitteilung zur Differontial- 
diagnose zwischen Lepra und Syringomyelie, Karplus berichtet über das 
seltene Auftreten einer familären Erkrankung und Stähle über erstaunliche 
Remissionen in einem Falle, der als Syringomyelie gedeutet wird. 

Hassin, Burke und Nuzum (2) berichten über einen jener Krankheits¬ 
fälle, die der Diagnose große Schwierigkeiten bereiten, ob man sich für 
Syringomyelie oder Lepra entscheiden soll. Es handelt sich um eine 
62jährige Patientin, deren Krankheit bis zu ihrem achten Lebensjahre 
zuriickreicht Von dieser Zeit an traten während einer Dauer von Jahr¬ 
zehnten Blasen, Geschwüre und Vereiterungen an Händen und Füßen auf, 
die fortdauernd Amputationen von Zehen und Fingern notwendig machten, 
so daß sie schließlich nur noch zwei Handstümpfe ohne Finger und zwei 
Beinstümpfe ohne Füße hatte. Trotz der vielen Amputationen und Ulze- 
ration war niemals eine richtige Vernarbung der Stümpfe eingetreten. Zwei 
entfernte Verwandte der Patientin hatten an Lepra gelitten. Bei der Unter¬ 
suchung zeigte Patientin außer den erwähnten Stümpfen zahlreiche Ver- 
breunungsnarben an den Unterarmen, deren Entstehen sie gar nicht gefühlt 
hatte; außerdem waren die Unterarme im ganzen abgemagert. Beide Unterarme, 
Hände, Unterschenkel und Stirn zeigten kein Gefühl von Schmerztemperatur, 
Druck und Berührung. Spezielle Muskelatrophien fehlten. Die Bewegungen 
der Extremitäten waren frei. Die elektrische Untersuchung ergab normales 
Verhalten. Sehnen- und Hautreflexe fehlten. Am Auge bestand Ektropium 
und Konjunktivitis. An den Nervenstämmen waren keine Verdickungen, 
Leprabazillen wurden nicht gefunden, Nach eingehender Würdigung der 
Symptomatologie des Falles kommen die Autoren zu dem Schlüsse, daß es 
sich um Lepra handelt. Dafür spreche die lange Dauer der Krankheit, 
der Umstand, daß fast ausschließlich die Extremitäten befallen sind, die 
ständig ulzerierenden Stümpfe, an denen keine Narbenbildung stattßndet, 
das Fehlen der Sehneu- und Hautreflexe, die Augenerscheinungen. 

Den bisher bekannten 5 Fällen von familiärer Syringomyelie kann 
Karplns (5) eine sechste Beobachtung anfügen, die in mehreren Punkten 
bemerkenswert erscheint. Der 33 jährige Patient berichtet von einem ganz 
plötzlichen Beginn seines Leidens: Vor 6 Jahren konnte er auf einmal bei 
der Arbeit die Schaufel in der rechten Hand nicht mehr halten. Er mußte die 
Arbeit aufgoben, wurde Hausierer, erst nach 2 Jahren hatte sich die 
Schwäche wieder etwas gebessert, so daß er wieder in eine Ziegelei ging. 
Vom 20. September bis 5. November 1914 war Patient mit auf dem ser¬ 
bischen Kriegsschauplatz, nach einer stärkeren Anstrengung trat Anschwellung 
der rechten Hand bis zum Unterarm auf. Er gab noch an, daß in den 
letzten Monaten die Fingernägel rechts nicht mehr gewachsen seien und 
daß er seit langem auf der rechten Gesichtshälfte stärker schwitze als auf 
der linken Gesichtshaut; Mund-, Nasen-, Rachonschleimhaut bis in den 
untersten Pharynx sind rechts hochgradig hypästhetisch mit nachweisbarer 
Dissoziierung. Vollständige Anästhesie der rechten oberen Extremität und 
Rumpfhälfte bis zur Nabelhöhe, dissoziierte Anästhesie der Unterschenkel, 
rechts mehr als links. Starke Schwellung der Weichteile der rechten Hand 


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382 


Syringomyelie. 


bei ungestörter Beweglichkeit, aber herabgesetzter Kraft, EaR. am Thenar 
und Interosseis nachweisbar. Leichte Kyphoskoliose. Die Hyperhidrosis 
der rechten Gesichtshälfte konnte leicht experimentell durch Pilokarpin, aber 
auch schon durch heißeu Tee oder saure Speisen hervorgerufen werden. 

Bei dem 62 jährigen Vater begann vor 13 Jahren das Leiden ebenfalls 
plötzlich mit starker Schwellung und Schwäche der rechten Hand; als die 
Schwellung nach 1 Jahr sich verlor, zeigte sich, daß die Handmuskeln ein¬ 
gefallen waren. Dazu kam später eine leichtere Atrophie der linken Hand 
und der linken Peronealmuskulatur mit EaR. Die Sensibilität ist nur 
rechts gestört, aufgehoben an Hand, Unterschenkel, Gesicht, dissoziiert in 
den übrigen Gebieten und auf der Mundschleimhaut. — Die weitgehende 
symptomatische Übereinstimmung der beiden Fälle ist auffallend, sie wurde 
auch in den anderen Beobachtungen familiärer Syringomyelie hervorgehoben. 

( Haenel .) 

Matsumoto (6) veröffentlicht zunächst einen Fall von Syringomyelie 
mit Syringobulbie. Die Haupterscheinungen des Kraukheitsbildes waren 
folgende: 1. Degenerative Muskelatrophie und beiderseitige Parese im Gebiet 
des Nackens und Schultergürtels. 2. Teils Abschwächung, größtenteils aber 
Steigerung der Muskol- und Sehnenreflexe der Arme. 3. Geringe Herabsetzung 
des Wärme- und Tastsinnes und starke Herabsetzung des Schmerzgefühls im 
rechten Arm. 4. Geringe Hypalgesie der ganzen rechten Körperhälfte. 5. Hyp¬ 
osmie. 6. Beiderseits Nystagmus horizontalis. 7. Parese der rechten Gaumen¬ 
muskulatur. Gering ausgesprochene und wechselnde Hypästhesie der rechten 
Hälfte der Gaumen- und Rachenschleimhaut. 8. Teilweise Herabsetzung des 
Geschmacksinnes. 9. Rechtsseitige Kehlkopflähmung der Öffner und Schließer 
bei Intaktbleiben der Sensibilität der Kehlkopfschleimhaut. 10. Spontane 
Schmerzen ohne Anästhesie in den Ohren. Erhöhter Druckschmerz in der 
Gegend hinter dem rechten Ohr und im Gehörgang. 11. Bläscheneruption 
und Pigmentanomalien hinter und unter dem rechten Ohrläppchen, später 
(vorübergehende Anfälle von) Anästhesie daselbst. 12. Nervöse Schwer¬ 
hörigkeit (Akustikusatrophie) beiderseits, rechts mehr als links. In Anlehuung 
an diesen Fall bespricht der Autor die Erscheinungen der einzelnen Hirn¬ 
nervengebiete, welche bei Syringomyelie in der Literatur bisher beschrieben 
wurden. 

Neameister (7) beschreibt 16 Fälle aus der Breslauer Nervenklinik, 
bei denen chirurgische Erkrankungen im Vordergründe der Symptomenreihe 
einer Syringomyelie standen, so daß hauptsächlich deshalb der ärztliche Rat 
eines Chirurgen in Anspruch genommen wurde. Im Verhältnis zu den an¬ 
deren im gleicheu Zeitraum beobachteten Fällen von Syringomyelie beläuft 
sich die Häufigkeit der chirurgischen Frühsymptome auf 21—22%. Iu 
bezug auf die Häufigkeit der einzelnen Erkrankungsformen steht an erster 
Stelle das Mal perforant in 9 Fällen, sodann kommen die Spontanfrakturen 
und Arthropathien mit je 5 Fällen, sodann 1 Fall von Panaritium, Ver¬ 
brennung, Erfrierung und 1 Fall von Muskelruptur. Es ergibt sich außer¬ 
dem aus der Statistik der Breslauer Klinik, daß der Lumbosakraltyp und 
damit die trophischen Störungen an den Füßen relativ nicht allzu selten 
sind. Letztere Störungen können zunächst allein vorhanden sein und die 
Diagnose kaun sich zunächst nicht sicher stellen lassen. 

Stähle (11) berichtet über einen merkwürdigen Fall von Syringomyelie. 
Der 51jährige Patient erkrankte unter ziemlich rasch sich entwickelndem 
Bilde: Peroneusausfall an beiden Beinen, Steppergang. Ataxie und positiver 
Romberg, Verlust der Patellarrefloxe, Kraftlosigkeit beider Hände, Gürtel¬ 
gefühl und reißende Schmerzen in beiden unteren Extremitäten. Infolge 


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Tumoren des Rückenmarks. 


383 


dieses Symptomenbildes wurde die Krankheit, trotz des Fehlens der Pupillen¬ 
starre, als Tabes aufgefaßt. Knapp drei Monate, nachdem Patient absolut 
ungebessert aus klinischer Behandlung entlassen war, stellt er sich wieder 
vor mit ordentlichem sicherem Gang ohne jede Spur von Ataxie oder 
Romberg, mit neu gewonnenen Patellarreflexen. Diese Besserung hält nun 
7 Jahre an, während welcher Zeit Patient Arbeiten wie ein Gesunder ver¬ 
richtet. Nur gelegentliche mit der Zeit zunehmende reißende Schmerzen 
im Kopf und linken Arm sowie eine Schwäche im Kreuz mahnen daran, 
daß der Krankheitsprozeß nicht erloschen ist. Patient erwacht in einer 
Nacht mit einer Lähmung der linken Hand, Übelkeit; Schwindel und 
Erbrechen dauern mehrere Tage an, es tritt wieder Schwäche der Arme 
und Beine ein und eine Störung der Blasenfunktion, welch letztere aber 
nur wenige Tage anhält. Zum erstenmal wird jetzt bei dem Patienten bei 
der Untersuchung eine Sensibilitätsstörung in klassisch dissoziierter Form 
konstatiert. Bei fehlendem Ausfall der taktilen Empfindung wird eine kom¬ 
plette Thermanästhesie in den Segmenten C 5 _C 8 , D,_L i_ 6 , L i_ 4 beider¬ 

seits, eine starke Hypalgesie bzw. Analgesie in C 4 _ 8 , Dj_i a , L^, Si_ 4 
festgestellt, wobei Hals- und Lendenanschwellung vorwiegend geschädigt sind. 
Ebenso werden Atrophien der Interossei und kurzen Handmuskeln beider¬ 
seits, eine Parese der Strecker des linken Unterarms festgestellt. Ferner 
bestand Ataxie der Beine und stark positives Rombergsches Phänomen, 
und es fehlten Trizeps-, Patellar- und Achillessehnenreflexe. Nun wurde 
die Diagnose Syringomyelie gestellt, und es wurden die akuten Schübe auf 
HämoTrhagieu bezogen, die in den gliösen Prozeß hinein erfolgt seien. 
Patieut wird nach längerem Aufenthalt ungebessert aus der Klinik entlassen. 
Dann tritt aber wieder eine erstaunliche Besserung des Zustandes ein, die 
jahrelang anhält, so daß Patient seinem schweren Berufe nachgehen kann. 
Aber auch objektiv wird nach Verlauf von 10 Jahren die Besserung kon¬ 
statiert. Diese Besserung betrifft in hervorragender Weise die Gefühls¬ 
störungen, die nur noch in L 4 _ 6 , L, beiderseits, sowie in V 4 u. 8 , C 7 ._ 8 , 
D, links nachweisbar sind. Die Motilität ist bis auf eine gewisse Trunkus- 
parese und Schwäche des linken Armes vollkommen wiedergekehrt. Der Gang 
ist normal: die Trizepsreflexe, der linke Patellarreflex und der linke 
Kremasterreflex sind zurückgekehrt, die Atrophien der Interossei und 
kurzen Handmuskeln sind verschwunden. Neu hinzugetreten sind Parese 
des linken Mundfazialis, sensible Schädigung des linken Trigeminus und 
Nystagmus rotatorius. (Ob es sich hier ganz sicher um einen syringo- 
myelitischen Prozeß handelt, ist doch etwas zweifelhaft. Ref.) 


Tumoren des kückenmarke. 

Ref.: Dr. W. M i s c h - Berlin. 

1. Bassoo, Potor, Two Succossfully Oporated Casos of Extradural Fibroma Oompressing 
tho Cord. The Journ. of N. and M. Dis. 42. (11.) 508 730. 

2. Bonhooffor, K., Über moningoalo Schoinzyston am Rückenmark. Berl. kl in. Woeh. 
No. 39. p. 1015. 

3. Collins, tlosoph, and Marks, Henry E., Tho Early Diagnosis of Spinal Cord Tumors. 
Tho Amor. Journ of tho mecl Sciences. Vol. 149. No. 1. p. 103. 

4. Eis borg, Charles A., Extramedullary Spinal Tumor with Falso Localizing Signs; 
Comploto Relief After Romoval of Tumor. New York Nourol. Inst. Meeting. March 18. 

5. Dorsell)e, Extradural Spinal Tumor Prosonting Unusual Symptoms, obd. March 18. 
0. Fahr, Extradural gologonor Rückonmarkstumor. Münch, mod. Woeh. p. 375. 

(Sitzungsbericht.) 


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Tumoren des Rückenmarks. 


7. Fowlor, R. S., Glioma of Spinal Cord. New York State Journ. of Medicino. June. 

8. Kar gor, Paul, Uobor Würze lschmorzen bei intramodullären Neubildungen. Diss. 
Berlin. 

9. Kennedy,Foster, IntramedullarySareomaof the[Cor vicaljCord; ExploratoryOperation. 
New York Neurol. Inst. Meoting. March 18. 

10. Kerston, Hans, Über Zyatizerken im Rückenmark. Inaug.-Dissert. Groifewald. 
Juli. 

11. Mills, Charles, and Frank, Case of Glioma of the Cervioal Spinal Cord. The Journ. 
of Nervous and Mental Disease. Vol. 42. p. 499. (Sitzungsbericht.) 

12. Robertson, William Egboit, Case of Cholestoatoma of the Spinal Cord. The Journ. 
of the Amor. med. Assoc. 66 . 1484. (Sitzungsbericht.) 

13. Rosati, B., Teratoma in Lumbar Region of Child of 2. Pediatria. Juno. XXIII. 
No. 6. 

14. Saongor, Fall von Rückenmarksgeschwulst. Neurol. Zbl. 1916. 35. 135. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

15. Skoog, A. L., Spinal Cord Compiession from Loptomeningoal Cysts, with a Report 
of Two Cases. The Journ. of the Amor. med. Assoc. Vol. LXV. No. 5. p. 394. 

16. Vries, Emst de. Een geval van j uggeinei gsgezwel. Nederl. Tijdsohr. voor ( kmoeskunde. 
No. 18. p. 1525. 

17. Ziegenweidt, C. F. Th. van, Een geval van gezwel van hot ruggomerg. ebd. No. 3. 
]>. 238. 


Geschwülste der Wirbelsäule, des Rückenmarks und seiner Häute. 

Über meniugeale Scheinzysten im Bückenmark berichtet Bonboeffer (2) 
in zwei Fällen, bei denen sich im Operationsfelde zystische Absackungen 
der Pia und Arachnoidea gefuuden hatten, während der weitere Verlauf der 
Fälle zeigte, daß diesen Zysten eine wesentliche ätiologische Bedeutung nicht 
zukam, indem sie offenbar nur Begleiterscheinungen von intramedullären nicht 
tumoröseu Prozessen waren. In dem ersten Fall bandelte es sich um eiuen 
50jährigen Kutscher, der zuerst mit Schwächegefühl in den Beinen und 
Taubheitsgefühl in den Füßen erkrankte; später traten anfallsweise Schmerzen 
in der Magengegend auf. Neben einem spastisch paretischen und etwas 
ataktischen Gang fiel bei dem Pat. besonders eine starke Anämie auf. 
Objektiv fand sich eiue ausgesprochene Pyramidenbahnläsion an beiden 
unteren Extremitäten; die unteren Bauchdeckenrertexe fehlten, die oberen 
waren vorhanden. Die Sensibilitätsprüfuug ergab eiue Querschuittshypästhesie 
für Berührung Schmerz und Temperatur, die etwas oberhalb der Mammillar 
gegend begann und Rumpf uud untere Extremitäten umfaßte, abgesehen von 
einer Zone um die Genitalien, Hinter- und Innenfläche der Oberschenkel und 
die medialen Partien des Gesäßes; das Lagegefühl war in den Beiuen überall 
gestört, es bestand Ataxie uud starker Romberg. Subjektiv klagte Patient 
über ein gürtelförmiges Brennen im Bereich des 8.—10. Dorsalsegmeuts. Im 
Liquor fand sich eiue stark positive Globulinreaktion. Uifferentialdiaguostisch 
wurden anämische Rückeumarksveränderungen und eine Neubildung in Betracht 
gezogen. Wegen des Quorschnittscharakters des spinalen Prozesses wurde auf 
Tumor entschieden und Laminektomie vorgeschlageu. Bei der Operation wurde 
eiu sehr starker Liquordruck beobachtet; ein Tumor wurde nicht gefunden, 
dagegen zeigten sich an der Pia zahlreiche zystisch geblähte, arachnoidale 
Liquorabsackungen, die einzeln durch leichten Druck oder Anstich entleert 
wurden; am Rückenmark selbst keine Veränderungen. Nach der Operation 
verschlechterte sich das Befinden, und es erfolgte Exitus. Die Sektion ergab 
eiue geringe Schwellung des Zervikalmarks, die jedoch bei der Härtung ver¬ 
schwand; es fand sich das Bild einer funikulären Markscheidendegeneration 
uud herdförmige Ausfälle in Lumbal-, Dorsal- und Zervikalmark, vor allem 
im Gebiet der Hinterstränge, der Pyramiden- und Kleinhirnseitenstrangbahn. 
Der Befund entsprach also im wesentlichen dem Bilde, wie es bei anämischen 


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Tumoren des Rückenmarks. 


385 


Rückenmarksprozessen beobachtet wird. — Bei dem zweiten Fall handelte 
es sich um einen 49jährigeu Mann, der mit Schwäche in den Beinen und 
Blasenstörungen erkrankte; objektiv wurde schon damals ein links fehlender 
Bauchdeckenreflex, Babinski links und Patellar- und Fußklonus festgestellt. 
Weiter klagte Patient über Gürtelgefühl, ein Gefühl, als ob er auf Kugeln oder 
Stacheldraht liege, beim Gehen, als ob er auf Glasscherben gehe. Objektiv 
fand sich: Bauchdeckenreflex rechts lebhaft, links fehlend, ebenso Kremaster¬ 
reflex; am linken Bein deutliche Parese der Dorsalflexion des Fußes und der 
Kniebeuger mit geringem Spasmus, links Fuß- und Patellarklonus, Babinski, 
Oppenheim, Mendel-Bechterew; Babinski auch rechts; Herabsetzung für 
Wärme- und Kälteempfiudung und für Schmerz rechts etwa von oberhalb 
des unteren Rippenbogens nach abwärts; Störung der Wärme- und Kälte¬ 
empfindung an beiden Unterschenkeln; daneben fanden sieb noch verschiedene 
inkonstante hyperalgetische Zonen. Es wurde eine Probelaminektomie in 
Höhe des D s _ 8 ausgeführt, wobei erhöhter Liquordruck beobachtet wurde; 
nach Eröffnung der nicht pulsierenden Dura erschien die Pia etwas getrübt 
und verdickt und bildete mehrere pulsierende Säcke um das Rückenmark 
herum, die auf Anstich oder Druck ausflossen; am Rückenmark selbst keine 
Veränderungen. Nach der Operation blieben die Beschwerden unverändert. 
— Verf. neigt dazu, den Befund dieser dünnwandigen zystischen Aufblähungen 
im Operationsfelde als etwas im Augenblick des operativen Eingriffs Ent¬ 
wickeltes zu betrachten; die Voraussetzung der Bildung dieser Scheinzysten 
ist wohl immer eine Drucksteigerung im Subduralraum. Verf. weist auf 
diesen Entwicklungsmodus von wahrscheinlich klinisch bedeutungsloser 
Zystenbildung am Rückenmark besonders deshalb hin, um eine Diskre¬ 
ditierung der echten Meningealzysten zu verhindern. 

Von Skoog (15) werden zwei Fälle von Arachnoidalzysten, die das 
Rückenmark komprimierten, mitgeteilt. Der erste Fall betrifft eine 37 jährige 
Frau, die allmählich mit Gehstörungeu, heftigen Schmerzen in den Beinen 
und Blasen-Mastdarm-Störungeu erkrankte. Es fand sich eine schlaffe Para¬ 
plegie der Beine mit beginnenden Muskelatrophien, fehlenden Reflexen und 
negativem Babinski; auch die Bauchreflexe fehlten. Es fand sich ferner 
eine Herabsetzung der Sensibilität rechts vom 10. Dorsalsegment an abwärts, 
links in geringerem Grade vom ersten Lumbalsegment an. Es wurde die 
Diagnose gestellt auf Rückenmarkskompression mit entsprechender progressiver 
Myelitis und Faserdegeneration; es wurde ein extramedullärer Tumor in der 
Höhe des 8. Dorsalsegmentes mit wahrscheinlicher Kompression auch des 
7. vermutet und Laminektomie in Höhe des 5.—7. Brustwirbels empfohlen. 
Die Operation ergab eine mit klarer Flüssigkeit gefüllte Arachnoidalzyste, 
die das 8. und 9. Dorsalsegment des Rückenmarks stark komprimierte. Näch 
Entleerung derselben fand bedeutende Besserung statt, wenn auch die Geh¬ 
funktion nicht ganz wieder hergestellt wurde. — Der zweite Fall betraf eine 
42 jährige Frau, die ebenfalls mit zunehmenden Gehstörungen, aber ohne 
Schmerzanfälle erkrankte. Es fand sich eine leichte Paraparese beider Beine 
mit spastischen Reflexen und Sensibilitätsstörung vom Nabel an abwärts. 
Der Lumbaldruck war erhöht, doch zeigte das Pnnktat keine Besonderheiten. 
Es wurde ein extramedullärer Tumor diagnostiziert, dessen obere Grenze 
io Höhe des 11. Dorsalsegmentes lokalisiert wurde, während sich die untere 
Grenze nicht genau bestimmen ließ; e9 wurde in Höbe des 7. und 8. Brust¬ 
wirbels eine Laminektomie vorgesebagen, und es fand sich eine etwa 2 1 / 2 cm 
lange, die Rückseite des Rückenmarks bedeckende Zyste der Aracbnoidea 
in Höhe des 10. und 11. Dorsalsegmentes, die entleert wurde. Es folgte so 
gut wie völlige Restitution. 

Jahresbericht f. Neurologie n. PeychUtrie 1#16. 25 


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386 Tumoren des Rückenmarks. 

Nach Besprechung der vorliegenden Literatur betont Verf. noch be¬ 
sonders die Leichtigkeit der Segmentdiagnose und die günstigen Erfolge der 
operativen Behandlung. 

Von Bassoe (1) werden zwei Fälle von erfolgreich operiertem extra¬ 
duralem Fibrom mitgeteilt, in denen das Rückenmark komprimiert wurde. Bei 
dem ersten Fall einer 60jährigen Frau, bei der die Erkrankung mit zunehmen¬ 
der Schwäche in den Beinen und Schmerzen, Gürtelgefiihl, Gangbeschwerdeu 
und Muskelkontraktionen in den Beinen, aber ohne Sphinkterstörungen 
begann, fand sich eine komplette spastische Lähmung beider unteren Extre¬ 
mitäten mit spastischen Reflexen, fehlenden Bauchdeckenreflexen und Sensi¬ 
bilitätsdefekt bis zu Nabelhöhe; auf Lumbalpunktion wurde kein Liquor ent¬ 
leert. Es wurde ein intraspinaler Tumor in Höhe des 9. oder 10. Thorakal¬ 
segmentes diagnostiziert und nach Exstirpation des 8. Brustwirbelfortsatzes 
ein grauer, ziemlich fester, extraduraler, mit der linken Wirbelseite ver¬ 
bundener Tumor entfernt, der sich als einfaches Fibrom herausstellte. Im 
Verlaufe der nächsten Monate verschwanden die motorischen und die Sensi¬ 
bilitätsstörungen, Patient konute wieder laufen, und nur eine geringe Reflex- 
steigerung blieb zurück. 

Der andere Fall betraf eine 25 jährige Frau, die mit Schwäche, Steifig¬ 
keit und heftigen Schmerzen in beiden Beinen und wechselnden Sphinkter¬ 
störungen erkrankte. Es fand sich eine spastische Paraplegie der unteren 
Extremitäten mit spastischen Reflexen; die oberen Abdominalreflexe waren 
erhalten, die unteren teils schwach, teils nicht vorhanden; die Sensibilitäts¬ 
störungen reichten bis einige Zentimeter oberhalb der Pubes. Im Liquor 
war Nonne stark positiv; die Langesche Goldsolreaktion war deutlich positiv 
bei einer Verdünnung von 1 : 640, also in einer wesentlich höheren Ver¬ 
dünnung als bei luetischen Affektionen. Die Röntgenuntersuchung zeigte 
in der Höhe des 10. Brustwirbels eine ausgedehnte bestimmte Masse. Es 
wurde laminektomiert und nach Herausnahme der 5 untersten Brustwirbel¬ 
fortsätze ein mit dem Knochen fest verbundener Tumor gefunden, der 
wegen der offenbaren Malignität nicht entfernt wurde, sondern dem nur ein 
Weg zum Wachstum in die Lumbalmuskeln hinein geöffnet wurde, um den 
Duraldruck zu entlasten. Wider Erwarten ergab sich histologisch, daß ein 
Fibrom vorlag, und das Befinden der Patientin besserte sich nach der Ope¬ 
ration derart, daß schließlich nur eine geringe Gangunsicherbeit und Steifig¬ 
keit in den Beinen zurückblieb. 

Von Collins und Marks (3) werden zwei Fälle von Rückenmarks¬ 
tumor mit sogenannter atypischer Symptomatologie mitgeteilt. Bei dem 
ersten Fall, einem 18jährigen russischen Juden, begann die ErkrankuDg 
mit Unsicherheit des Gangs und Gleichgewichtsstörungen, die ständig Zu¬ 
nahmen, aber es traten niemals Schmerzen oder Parästhesien auf. Objektiv 
fanden sich zuerst leichte Paresen au verschiedenen Muskeln der unteren 
Extremitäten mit zum Teil spastischen Reflexen: auch die Bauchreflexe 
waren sehr lebhaft; es fanden sich verstreute hypalgetische und thermhypästhe- 
tische Zonen an beiden Beinen. Im Laufe der folgenden Monate bildete sich 
allmählich eine ausgesprochene spastische Paraplegie beider Beine heraus 
mit ausgedehnten Sensibilitätsstörungen an den unteren Extremitäten. Nun 
wurde die Diagnose eines Rückenmarkstumors gestellt und Laminektomie 
im Bereiche des 9.—11. Brustwirbels vorgeschlagen. Es fand sich in Höhe 
des 11. Segmentes ein etwa 4 cm langes, zum Teil kalkig degeneriertes 
Fibrom, das dorsolateral vom Rückenmark gelegen war und die eine Wurzel 
etwas überspannt hatte. Nach Entfernung des Tumors trat klinisch Besse¬ 
rung ein, indem sich die Spasmen besserten, ohne jedoch ganz zu ver- 

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Strang- nnd Systemerkrankungen. 


387 


schwinden, und die Seusibilitätsstörungen ganz verschwanden. — Bei dem 
zweiten Fall handelte es sich um eine 15jährige Russin, bei der sich eine 
Schwäche der unteren Extremitäten mit zeitweiliger Blaseniukoutiueuz ein¬ 
gestellt hatte. Es fand sich eine leichte Hypertonie der Beine mit spasti¬ 
schen Reflexen ohne Atrophien, spastisch-paretischer Gang, besonders rechts, 
und verstreute Zonen von Sensibilitätsstörungen für alle Qualitäten an 
beiden Beinen. Der weitere Verlauf war sehr wechselnd, doch bildete sich 
allmählich eine schwere spastische Paraplegie mit schweren Sensibilitäts¬ 
störungen bis etwa in Nabelhöhe aus. Schmerzen waren, außer Stichen in der 
Herzgegend, nicht aufgetreten. Es wurde die Laminektomie ausgoführt und 
unter dem 3.—6. Brustwirbel, rechts hinter dem Rückenmark liegend, eine 
extradurale Zyste gefunden, die das Rückenmark komprimiert hatte. Nach 
Entleerung derselben trat völlige Restitution ein. 

Aus diesen beiden Fällen geht hervor, daß das erste Stadium des 
Rückenmarkstumors, das Stadium der Wurzelschmerzen, ganz fehlen kann 
und seine Bedeutung für die frühe Diagnose des Leidens eine sehr be¬ 
dingte ist. In beiden Fällen waren die wesentlichen Symptome rein 
motorischer Art, und Schmerzen fehlten in dem einen Falle ganz, in dem 
anderen waren sie gering und ganz untypisch. Auch aus der sich mehrenden 
Literatur über „untypische Rückenmarkstumoren“ geht hervor, daß der 
Schmerz als Frühsymptom des extramedullären Tumors nicht als charak¬ 
teristisch anzusehen ist. Charakteristisch für einen Riickenmarkstumor ist 
das Bild einer allmählich fortschreitenden motorischen und sensorischen 
Spinalparalyse, deren obere Grenze sich so gut wie gar nicht im Verlaufe der 
Erkrankung verändert, und deren Fortschreiten nur durch eine wachsende 
Intensität der Erscheinungen markiert ist. In allen solchen Fällen von 
sogenannter Querschnittsmyelitis sollte die Möglichkeit eines Rückenmarks¬ 
tumors in Betracht gezogen und in allen zweifelhaften Fällen eine explorative 
Laminektomie ausgeführt werden. 


Strang- und Systemerkrankungen. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn. 

1. Hunt, J. Ramsay, A Case of Unilateral Ascending Spinal Paralysis; Remark,s on the 
Unilateral Types of System Disease. New York Neurol. Inst. Meeting. April 29. 

2. Derselbe, A Case of Unilateral Ascending Paralysis, ebd. May 13. 

3. Montanari, U., Oase of Familial Spastic Spinal Paralysis. Gazz. dogli Ospodali. 
No. 6. 

4. Reittor, Karl, Eine neue Familie mit spastischer Spinalparalyso. Dtsch. Zschr. f. 
Xervenhoilk Bd. 53. H. 6. p. 470. 

Reitter (4) beschreibt zunächst die Nervenstörungen eines 23 jährigen, 
an spastischer Spinalparalyse leidenden Patienten. Neben der hauptsächlichen 
Schädigung der Pyramidenbahnen bestand eine eben angedeutete Läsion in 
den Gollschen Strängen. An der gleichen Krankheit litten noch die Mutter 
und deren Schwester; es ergaben die weiteren Nachforschungen, daß auch uoch 
andere Mitglieder in der Aszendenz an Nervenstörungen und Entwicklungs¬ 
anomalien gelitten hatten, deren genaue Natur sich nicht feststellen ließ. 


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388 


Poliomyelitis. 


Poliomyelitis. 

Ref.: Privatdozent Dr. F. Jolly-Halle. 

1. Abramson, H. L., Spinal Fluid in Poliomyelitis and its Differentiation from Fluids of 
Other Infoctionß. Amer. Joum. of Dis. of Child. Nov. 

2. Amosso, J. W., Epidemiology of Poliomyelitis. Colorado Medioine. Jan. 

3. Bouman, L., Ein Fall von Poliomyelitis anterior chronica. Psych. en neuroL Bladen. 

19. 166. 

4. Doussen, Beitrag zur Epidemiologie der akuten epidemischen Kinderlähmung, mit 
besonderer Berücksichtigung der rheinisch-westfälischen Epidemie 1909. Beiträge 
z. Klinik der Infektionskrankh. Bd. II. H. 1. 

6. Feri, Fall von Poliomyelitis anterior. Wien. klin. Woch. 1916. 29. 148. (Sitzungs- 
berieht.) 

6. Floxner, Simon, Mode of Infection and Etiology of Epidemie Poliomyelitis. Amer. 
Joum. of Diseases of Children. No. 5. 

7. Dorsel fco, The Microbic Cause and Männer of Infection of Poliomyelitis. Bull, of the 
Johns Hopkins Hospital. Vol. 26. p. 180. 

8. Derselbe and Amoss, Harold L., Diffusion and Survival of the Poliomyelitic Virus. 
The Journ. of Exporim. Modicine. Vol. 21. No. 5. p. 509. 

9. Derselbe, Noguchi, Hideyo, and Amoss, Harold L., Conceming Survival and 
Virulence ofthe Microorganism Cultivated from Polomyelitic Tissues. ebd. Vol. 21. 
No. 1. p. 91. 

10. Frissoll, Lewis F., Report of a Case of Acute Poliomyelitis. The Joum. of the Amer. 
mod. Assoc. Vol. LXIV. No. 6. p. 509. 

11. Großinan, Jacob, Prevention and Treatment of the Deformitiee in Anterior Polio¬ 
myelitis. Medical Record. Vol. 88. No. 11. S. 439. (Allgemeine Ausführungen.) 

12. Halbey, Kurt, Über spinale Kinderlähmung (Poliomyolitis anterior acuta) im Stadt- 
und Landkreis Kattowitz. Nach den amtlichen Erhebungen aus den Jahren 1909/13 
(inkl.). (Veröffentlichungen aus dem Gebieto der Medizinal Verwaltung. Bd. IV. H. 7.) 
Berlin. Richard Schoetz. 

13. Derselbe, Zur Frage der Bauchmuskellähmungen boi Heine-Medinscher Krankheit 
(Poliomyolitis anterior acuta). Medizin. Klinik. No. 38. p. 1051. 

14. Hitchcock, C. W., Case of Poliomyelitis of Meningitic Type. Lancet-Clinic. No. 16. 
April 17. 

15. Howard, E. M., Anterior Poliomyelitis. Kentucky med. Joum. Jan. 

16. Kling, Carl A., Das Auftreten der Kinderlähmung unter der erwachsenen Bevölkerung 
*n Stockholm und Göteborg in don Jahren 1911 und 1912. Zschr. f. Immunität«- 
fonchung. Bd. 24. H. 2. p. 123. 

17. Langormann, Die Kinderlähmung im Großherzogtum Hessen während der Jahre 
1909—1914. Zschr. f. Hygiene. Bd. 80. H. 1. p. 65. 

18. Leegaard, Chr., Die akute Poliomyelitis in Norwegen. Dtsch. Ztchr. f. Nervenheilk. 
Bd. 53. H. 3—4. p. 145. 

19. Löwenstoin, Paul, Ein eigentümlicher Fall von Poliomyelitis anterior acuta mit 
abnormen motorischen Reizorscheinungen. Inaug.-Dissert. Würzburg. März. 

20. Marks, Henry K., Subacute Poliomyolitis. New York Neurol. Inst. Meeting. March 11. 

21. Mol een, G. A., Neurology of Epidemie or Acute Anterior Poliomyelitis. Colorado 
Modicine. Febr. 

22. Moren, J. J., Diagnosis of Paralysis in Childhood. Kentucky med. Joum. Febr. 

23. Noustaodter, M., The Relation of Landrys Paralysis to Poliomyelitis. Medical 
Record. Vol. 88. No. 11. S. 436. 

24. Roux, C., Unofillo attointodepied talus paralytique 4 la suite d’une paralysie infantile. 
Cörr.-Blatt f. Schweizer Ärzto. p. 825. (Sizungsbericht.) 

25. Salis, 3 Fälle von Poliomyelitis anterior akuta. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte. 45. 
1497. (Sitzungsbericht.) 

26. Sawyer, W. A., Epidomiologic Study of Poliomyelitis. Amor. Joum. of Trop. Dis. 
Sept. 

27. Schmidt, Wilhelm, Spontane Geburt bei Poliomyelitis anterior akuta mit engem 
Becken. Diss. Jena. 

28. Shy, D. E., Poliomyelitis; Report of Cases. Missouri State med. Assoc. Joum. May. 

29. Stief ler, Georg, Übor das Vorkommen der spinalen Kinderlähmung in Oberösterreich 
in den Jahren 1909 bis 1913. Wien. klin. Woch. No. 40. S. 1079. 

-30. Sylvestor, Caso of Anterior Poliomyelitis with Multiple Paralysee, Including Hitherto 
Unrecorded Involvement of Left Diaphragm. Boston med. and. Surg. Joum. Sept. 16. 
CLXXIII. No. 12. 


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Poliomyelitis. 309 

31. Washburne, C. L., Some Phase3 of Infantile ParalyBifl Problem. Michigan State med. 
Soc. Journ. March. 

32. Whitman, R. C., Pathology of Acute Anterior Poliomyelitis. Colorado Medicine. Jan. 


Der diesjährige Bericht bringt wertvolle statistische Angaben über die 
Ausbreitung der Poliomyelitis und ferner Beobachtungen über die Resistenz¬ 
fähigkeit des als Erreger des Poliomyelitis angenommenen Mikroorganismus. 

( Jacobsohn .) 

Die akute Poliomyelitis in Norwegen hat eine ausführliche Bearbeitung 
durch Leegaard (18) erfahren. Aus dem geschichtlichen Abschnitt ist zu 
ersehen, daß der erste Fall wahrscheinlicher Poliomyelitis, über den Mittei¬ 
lungen in der norwegischen Literatur vorliegen, aus dem Jahre 1820 stammt. 
Der zweite Fall wurde im Jahre 1853 demonstriert. Über eine kleine Epi¬ 
demie wird 1868 berichtet, von einer zweiten 1886. Weiterhin häuften sich 
dann die Beobachtungen, wie eingehend uuter Beifügung von Landkarten 
nüd Tabellen dargestellt wird; auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen 
werden. Das gesamte Material umfaßt 3290 Fälle, und zwar 65,67 % Männer 
und 44,43% Frauen. Reichlich 3% sind unter 1 Jahr, darauf steigt die 
Zahl rasch auf 10 bis 11% beim Alter von 1 bis 2 Jahren, fällt daun auf 
4 bis 5%, um mit Eintritt der Schulpflicht mit 7 Jahren wieder ein klein 
wenig zu steigen, der Prozentsatz fällt dann allmählich bis etwa 1% Ende 
der zwanziger Jahre. Sichere Poliomyelitis sah Verfasser bis in das Alter 
von 60 Jahren. Von sämtlichen Kranken wurden 26,2% geheilt, 56,7% 
wurden invalide und 17,1 % starben. Das Sterblichkeitsprozent war in den 
verschiedenen Jahren und in den einzelnen lokalen Epidemien sehr verschieden. 
Die Sterblichkeit scheint mit dem Alter etwas zuzunehmen. Abortive Fälle 
sind in die Zahlen nicht eingerechnet Zweimalige Poliomyelitis bei der¬ 
selben Person wurde nie beobachtet. Die Verbreitung im Lande beruht, wie 
sich bei näherer Untersuchung zeigte, darauf, daß die Poliomyelitis genau 
den Linien der Kommunikation folgt. Was die Jahreszeiten betrifft, so trat 
das Leiden wesentlich im Sommer und im Spätsommer auf. Poliomyelitis 
erscheint nicht sehr ansteckend; ihre Tendenz, sich zu verbreiten, scheint 
nicht besonders groß, wenn auch kein Zweifel herrschen kann, daß es sich 
um eine kontagiöse Krankheit handelt. Verf. erörtert schließlich, wodurch 
die Übertragung erfolgen kann, und betont die Wichtigkeit der allgemeinen 
hygienischen Verhältnisse. Er hält Isolierung der Kranken mit eigener 
Pflegerin auf 3 Wochen für notwendig, am besten sei Kraukenhausaufnahme. 
Bei größerer Verbreitung müßten Zusammenkünfte verboten, Schulen ge¬ 
schlossen werden usw. Sehr wichtig sei Reinigung der Hände und der 
Eßgeräte, sowie der Kleider und endlich der Verkehrsmittel. 

Von 1909 bis 1913 wurden nach der Mitteilung von H&lbey (12) im 
Stadt- und Landkreis Kattowitz 43 Fälle von spinaler Kinderlähmung ärztlich 
gemeldet und amtlich durch den Kreisarzt festgestellt. Die Fälle werden 
alle kurz skizziert, auch über katamnestische Erhebungen wird berichtet, 
und zwar letzteres bei 38 Fällen. Von diesen waren inzwischen 4 gestorben, 
teilweise au einem anderen Leiden. In 14 Fällen, bei denen es sich haupt¬ 
sächlich um völlige schlaffe Lähmung beider Beine handelte, war keine Spur 
von Besserung eingetreten: unter diesen befanden sich aber auch die 4 Fälle 
aus dem Jahre 1913. Für die geheilten Fälle berechnet Verfasser einen 
Prozentsatz von 13,2%, für die gebesserten einen solchen von 39%. 

Lftngermann (17) bringt eine Zusammenstellung über die Erkrankungen 
an Kinderlähmung im Großherzogtum Hessen während der Jahre 1909 bia 
1914. Von 208 Fällen konnte die spinale Form mit schlaffer Lähmung der 


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390 


Poliomyelitis. 


Extremitäten 166 mal festgestellt werden, während die zerebrale Form nur 
44 mal zu beobachten war. Die Inkubation betrug 4 bis 7 Tage. Yerf. 
berechnet bei seinen Fällen eine Mortalitätsziffer von 13,46%. Ton den 7 Er¬ 
wachsenen über 10 Jahre starb nur eine Person, womit die Wickmannsche 
Erfahrung, daß die Mortalität bei Leuten über 10 Jahren doppelt so groß 
sein soll, nicht bestätigt werden konnte. Eine völlige Genesuug wurde bei 
63 Fällen festgestellt, Besserung in 78 und Dauerlähmung in 49 Fällen. 
Ein Zusammenhang zwischen Kinderlähmung und ähnlichen Erkrankungen der 
Haustiere konnte nicht gefunden werden. Keineswegs war vorzugsweise die 
ärmste Bevölkerung befallen. In nahezu 1 / 3 der Erkrankungsfalle konnte 
die Übertragung des Leidens von Person zu Person nachgewiesen werden, 
aber weniger durch die erkrankten Kinder selbst, als durch gesunde Ge¬ 
schwister und durch erwachsene Zwischenglieder. Wenn der Infektionsstoff 
sich weiter verbreitete, schien seine Virulenz zuzunehmen. 


Die Anzahl der 1909 bis 1913 in Oberösterreich beobachteten Fälle 
von Poliomyelitis betrug nach Stiefler (29) unter Einrechnung der abortiven 
Formen 187. Hiervon waren 98 männlich, 89 weiblich. 3 / 4 der Fälle war 
unter 13 Jahre alt. Der spinale Typus zeigte sich bei 79,1% der Fälle. 
Heilung trat in 36%, Defektheilung in 62%, tödlicher Ausgang in 13% 
ein. Die Mortalität war besonders hoch im schulpflichtigen Alter. Die 
Inkubationsdauer wird auf 6 bis 10 Tage berechnet 

Halbey (13) bespricht die Literatur über Bauchmuskellähmung bei 
Poliomyelitis und führt kurz 2 eigene Beobachtungen an. In dem einen 
fand sich eine Lähmung der queren Bauchmuskeln, die sich durch ballon- 
artige Vorwölbuug des Bauches iu der rechten Unterbauchgegend dokumen¬ 
tierte. auch bestand Entartungsreaktion. In dem andern Fall zeigt sich 
eine hernienartige Vorwölbung der linken unteren Bauchgegend, der Abdo¬ 
minalreflex fehlte hier, die elektrische Erregbarkeit war iu den queren Bauch¬ 
muskeln und in einem Teile des Rectus abdominis im Sinne der kompletten 
Entartungsreaktion verändert. 

Neustaedter (23) faßt seine Ausführungen über Landrysche Para¬ 
lyse und Poliomyelitis folgendermaßen zusammen: Landrysche Paralyse 
ist eine klinische Einheit mit wechselnden pathologischen Veränderungen. 
Diese können zuerst iu den peripheren Nerven auftreten und auf diese 
beschränkt bleiben, oder sie können nur myelitisch seiu oder neurozellulär. 
Poliomyelitis ist eine pathologische Einheit mit wechselnden Symptomen- 
komplexen; es können schlaffe Lähmungen auftreten mit Muskelatrophie 
oder spastische Lähmung, oder es können die Gehirnnerven betroffen sein, 
es kann Ataxie und Tremor auftreten, oder es können gemischte Typen 
Vorkommen. 

Neuere Experimente von Flexner, Nogucbi und Amoß (9) brachten 
weitere Beweise dafür, daß der als Erreger der Poliomyelitis bezeichnete 
Mikroorganismus in ätiologischer Beziehung zu epidemischer Poliomyelitis 
des Menschen und experimenteller Poliomyelitis beim Affen stebt. Die Verf. 
konnten nachweisen, daß der Mikroorganismus seine Wirksamkeit in Kulturen 
mehr als ein Jahr behält. Wenn auch bei der ersten Injektion auf Affen 
das Auftreten von Poliomyelitis ausbleibt, so kann dasselbe nach späteren 
Injektionen der Kultur erfolgen. Wenn bei Impfungen von Kulturen auf Affen 
keine Lähmung auftritt, kann auch das Auftreten von Immunität ausbleiben. 
Die bei Affen im Rückenmark, der Medulla und den intervertebralen Ganglien 
auf Impfungen mit den Kulturen nachgewiesenen Veränderungen sind dieselben 
wie diejenigen nach Injektion von gewöhnlichem Virus. 


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Muskelatrophie. 


391 


Aus den Ausführungen Flexner’s (7) geht hervor, daß sich der 
Infektionsträger der Poliomyelitis, den er aufzüchtete und ein ganzes Jahr 
beiseite stellte, wieder wirksam war, wenn er ihn einem besonderen Kultur- 
verfahren unterwarf. Aus weiteren Versuchen von Flexner und Amoß (8) 
geht hervor, daß ein überaus zarter Mikroorganismus der Erreger der Polio¬ 
myelitis ist. (Jacobsohn.) 

Der von Frissel (10) mitgeteilte Fall ist dadurch ausgezeichnet, daß 
im Verlaufe einer fieberhaften Bronchitis eine Blasenlähmung auftrat. Irgend¬ 
welche andere Lähmuugen fehlten. Der zytologische Befund der Spinal¬ 
flüssigkeit konnte für Syphilis, Tuberkulose und Poliomyelitis sprechen. Für 
die beiden ersten Krankheiten fand sich kein Anhaltspunkt, so daß per 
exclusionem die Diagnose auf Poliomyelitis gestellt wurde. (Jacobsohn.) 

In den Jahren 1911 und 1912 erkrankten nach einer Zusammenstellung 
von Kling (16) an Kinderlähmung in den Städten Stockholm und Göteborg 
insgesamt 57 erwachsene Individuen. Von diesen standen 52 in dem Alter 
von 15 bis 30 Jahren, die übrigen 5 gehörten älteren Jahresklassen an. 
Von den Erkrankten waren 24 eingeborene Stadtbewohner und 33 auf dem 
Lande geboren und aufgewachsen, dann aber nach Stockholm bzw. Göteborg 
übergesiedelt. In Stockholm und Göteborg zusammen fanden sich zu Ende 
des Jahres 1910 95 700 Personen im Alter von 15 bis 30 Jahren, die in 
der Stadt geboren waren und 59200, die auf dem Lande geboren und 
später in die Stadt gezogen waren. Die Morbidität an Kinderlähmung betrug 
demnach bei den erwachsenen eingeborenen Stadtbewohnern 25 pro 100000 
und bei den vom Lande zugezogenen 55 pro 100000. Bei den eingeborenen 
Stadtbewohnern hat die Kinderlähmung in der Mehrzahl der Fälle einen 
gutartigen Verlauf gehabt, ja in einem großen Prozentsatz trat restitutio ad 
integrum ein. Bei den zugezogenen Landbewohnern dagegen hat die Krank¬ 
heit in der überwiegenden Anzahl von Fällen einen bösartigen Charakter 
gezeigt, und nur ausnahmsweise kam es zu vollständiger Heilung. Diese 
Tatsachen scheinen dafür zu sprechen, daß die erwachsenen eingeborenen 
Stadtbewohner relativ genommen, eine größere Resistenz gegen die Kinder¬ 
lähmung besitzen als die zugezogenen Landbewohner. Dieser refraktäre 
Zustand der eingeborenen Stadtbevölkerung ist aller Wahrscheinlichkeit nach 
als eine Immunität aufzufassen, erworben durch eine vorausgehende, meistens 
während der Kindheitsjahre durchgemachte, leichte, nicht diagnostizierte 
Infektion, die ihrerseits durch die reichen Möglichkeiten eines Kontaktes 
mit Infektionsträgern, wie sie in den größeren Städten vorliegen, begünstigt 
gewesen ist. (Jacobsohn.) 


Maskelatrophle. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn. 

1. Browning, W., A Family Form of Progressive Muscular Atrophy (Myelogenic Type) 
Beginning Late in Life. Neurographs. Vol. I. No. 1. p. 68. 

2. Br unk, Franz, Beitrag zur angeborenen einseitigen Dofoktbildung der Ripjxm und 
der Muskulatur. Diss. Kiel. 

3. Drever, Angeborener Defekt des linken Poktoralis major. Vereinsbell. d. Dtseh. med. 

Woch. 1916. 42. 92. 

4. Gardiner, John, Congenital Absence of Right Pectoralis Major and Minor Musclos. 
The Joum. of the Amer. med. Assoc. Vol. LXIV. No. 6. p. 508. 

5. Granholm, Ragnhild, Fall af infantil progressiv spinal muskolatrofi. Finska 
Lakaresällakapets Handlingar. Bd. 57. 


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392 


Muskel&trophie. 


6. Grinker, Julius, Demonstration of Several Types of Muscular Atrophy. The Journ. 
of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. p. 570. (Sitzungsbericht.) 

7. Gr über, Georg B., Zur Kasuistik und Kritik der umschriebenen Muskelverknöcherung 
(Myositis ossificans circumscripta). Münch, med. Wschr. No. 12. p. 398. 

8. Derselbe, Beobachtung von Muskelverknöcherung in der Umgebung eines sogen, trau¬ 
matischen Aneurysmas. Zbl. f. allg. Pathol. Bd. 26. No. 7. p. 193. 

9. Guilleheau, Ein Fall von Atrophia musculorum pseudohypertrophica beim Rind 
(Pßeudohyportrophia lipomatosa). österr. Wschr. f. Herheilk. 40. 139. 

10. Hatch, F. F., Progressive Neuromuscular Atrophy; Report of ThreeCases in Family. 
Without Heredity. Boston med. and Surg. Journ. March 18. 

11. Mc Connell, J. W., Unusual Distribution of Muscular Atrophy. The Journ. of Nerrous 
and Mental Disease. Vol. 42. p. 497. (Sitzungsbericht.) 

12. Michaud, Cas d’atrophie muscul&ire progressive d’Erb. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte. 
1916. 46. 536. (Sitzungsbericht.) 

13. Mockerjee, K. T., Progressive Muscular Dystrophy. Indian med. Gazette. Aug. L. 
No. 8. 

14. Muggia, A., Distrofia musculare ed albuminuria lordotica nei bambini. Gazz. degli 
Ospedali. June 6. XXXVI. No. 23. 

15. Murphy, Dennis J., A Contribution to the Study of Progressive Muscular Atrophy and 
A Report of Four Cases with Mental Discorders. The Alienist and Neurol. Vol. 63. 
No. 3. p. 215. 

16. Prochäzka, F., Zwei Fälle von spinaler Amytrophie, die auf Unfall bezogen wurden. — 
Uasopis Seekych tekarüv. 54. 861. 

17. Rad, Carl v„ Zur Kenntnis der Myatonia congenita. Festschr. 50 jähr. Bestehen des 
Knopf.sehen Kinderspitals. Nürnberg. 1914. 

18. Sala, Guido, Die pseudo-hy^pertrophische Paralyse. Klinische und histopathologische 
Bstrachtungen. Arch. f. P8j r eh. 55. p. 489. 

19. Stephenson. Junius W., Syphilitic Mubcular Atrophy. The Journ. of Nerv, and 
Mental Disease. Vol. 42. p. 503. (Sitzungsbericht.) 

20. Strauch, A., Pathology of Myatonia Congenita (Oppenheim). Necropsy Report. 
Amer. Journ. of Diseases of Children. X. No. 1. July. 

21. Taendler, J., Sechs Fälle von Myositis ossificans. Mschr. f. Unfallheilk. 22. 
(11.) 325. 

22. Vor mann, Zur Kasuistik der myopathischen Muskelatrophien. Uber einen Fall von 
DyBtrophia muscularis progressiva. (Erb.) Dtsch. militärärztl. Zschr. No. 3/4. 
p. 70—72. (Mitteilung eines diesbezüglichen Falles.) 

23. Yudelson, Albert B., Progressive Muscular Atrophy, Acute Form. The Journ. of 
N. and M. Dis. 42. 759. (Sitzungsbericht.) 

Granholm (5) berichtet über zwei bei Geschwistern — einem 4jährigen 
Mädchen und einem Knaben von J Jahr und 8 Monaten — beobachtete Fälle 
von progressiver spinaler Muskelatrophie des Werdnig-Hoffmhnnschen 
Typus. Bei dem Mädchen hat die Krankheit schon im ersten Lebensjahre 
begonnen, so daß sich die Patientiu niemals hat auf die Beine stützen können. 
Auch Kriechen hat sie nie gelernt. Während der ersten Lebensmonate hat 
sie die Beine besser bewegen können als jetzt. Die Bewegungsfahigkeit der 
Arme hat im Laufe des letzten Jahres merkbar abgenommen. — Der Knabe 
konnte im Alter von 6 Monaten sich auf die Beine stützen und 3 Monate 
später mit Stütze gehen, hörte aber bald damit auf und hat seit dem Alter 
von 1 Jahre lind 3 Monaten nicht einmal zu kriechen vermocht. 

Die Eltern sind gesund, der Vater zeitweise Alkoholiker gewesen. Lues 
wird verneint. Ein Cjähriger Bruder der Kinder ist gesund. Ein Bruder 
und zwei Vaterbrüder der Mutter sind geisteskrank gewesen, ein Mutter¬ 
bruder der Mutter ist Idiot. Lähmungen sind in der Familie nicht vor¬ 
gekommen. 

Die beiden Kinder befinden sich in gutem Ernährungszustände, die 
geistigen Fähigkeiten sind normal. Bei dem Knaben sind die Symptome 
weniger weit vorgeschritten als bei dem Mädchen. Die Atrophie macht sich 
an den Schultern und am Nacken am stärksten bemerkbar. Um das Becken 
und an den Beinen reichliches Fettgewebe, das die Muskelatrophie bis zu 


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Huakelatrophie. 


393 


einem gewissen Grade maskiert Oie Kinder können nicht ohne Hilfe sich 
im Bette umdrehen, auch sich nicht in sitzende Stellung erheben. Sie 
können nicht den Kopf aufrechthalten. Die Lähmungen sind in beiden 
Körperhälften ziemlich gleich. Von seiten der Gesichts-, Augen-, Zungen- 
und Schlundmuskeln ist nichts Abnormes zu bemerken. Die Sehnenreflexe 
lassen sich nicht auslösen. Sensibilität intakt. Die elektrische Reizbarkeit 
ist herabgesetzt, in den am stärksten gelähmten Muskeln erloschen; in einem 
Teil der Muskeln erfolgen die Zuckuugeu langsam. ( Kahlmeter .) 

Sala (18) beschreibt 13 Fälle der hypertrophischen Form der Dy¬ 
strophia muscularis progressiva. Auf Grund der von ihm studierten Fälle 
ist er der Ansicht, daß man dem hereditären Faktor bei dieser Erkrankung 
den Wert eines pathognomonischen Zeichens beimessen kann. Bei 9 der 
Fälle waren die genauesten und sorgfältigsten Forschungen auf Erblichkeit 
verneineud; die hereditäre Anlage der Krankheit fehlte vollständig. Auch 
die familiäre Anlage hat keinen großen Wert; fast immer, mit Ausnahme 
von zwei Fällen, waren es isolierte Fälle. Die elektrische Reaktion der dem 
dystrophischen Prozeß preisgegebeuen Muskeln wies beständig quantitative 
und qualitative Veränderungen verschiedenen Grades je nach der Zeitperiode 
der Krankheit auf. Die histologischen Veränderungen an den erkrankten 
Muskeln, die der Autor an seinem Material feststellen konnte, stimmen in 
ihrem Aussehen und Wesen mit denjenigen überein, die von anderen 
Autoren bisher beschrieben worden sind, nur hat Sala auch an den Muskel¬ 
spindeln Veränderungen gefunden. Mit Strychninkuren (2—6 mg pro die 
subkutan) will der Autor gewisse Erfolge bei der Krankheit erzielt haben. 

Prochizka (16) teilt einen Fall von chronischer Poliomyelitis und einen 
von spinaler Atrophie (amyotrophische Lateralsklerose kombiniert mit bulbärer 
Paralyse) mit. Eingehende Kritik der in der Literatur verzeichueten Fälle 
gleicher Erkrankungen mit Angaben über traumatische Ätiologie. Der Zu¬ 
sammenhang der Amyotrophie mit dem Unfall ist nur dann möglich, wenn 
direkt das Rückenmark geschädigt werden konnte. (Jar. Siuc/iUk.) 

An Stelle der einseitig fehlenden Mm. pectoralis raajor und minor in 
dem von Gardiner (4) beschriebenen Falle war nur ein fibröser Strang sicht- 
und fühlbar. Die Klavikularpartien des M. Deltoideus und des Subklarius 
waren hypertrophiert, wodurch die Kraft des Armes der betroffenen Seite 
nicht nur nicht geringer, sondern nach Angabe des Patienten sogar stärker 
sein soll als die der normal ausgebildeten Brustseite. 

Taendler (21) teilt 6 Fälle mit, in denen sich nach Frakturen und 
Verrenkungen Ossifikationen der umliegenden Muskulatur gebildet hatten, 
welche die Heilung und Gebrauchsfähigkeit der Gliedmaßen verhinderten. 

fn dem von Grabfir (8) mitgeteilten Falle handelt es sich um eine 
auf entzündlichem Boden (nach Schutzverletzung) entstandene Verkuöcherung 
im Bereiche der quergestreiften Muskulatur, speziell im Bereiche einer 
jugendlich bindegewebigen Matrix, die auf Kosten des myogeneu Anteils iD 
anmittelbarer Nachbarschaft einer sogenaunten Blutgeschwulst sich aus¬ 
gebildet hatte. Es handelt sich um eine Ummauerung der Blutgeschwulst 
in der Muskulatur, die jedoch dem Drucke des pulsierenden Blutes vielfach 
nicht gewachsen und vom Blutwirbel wiederum unterhöhlt und zerstört worden 
war. Die Muskelknochenbildung konnte schon 24 Tage nach einem genau 
abzugrenzenden Tianma histologisch festgestellt werden. Eine Gewehrkugel 
zerriß die Adduktoren und verletzte die großen Schenkelgefäße. Es entstand 
ein arterio-venöses Hämatom. In seiner Umgebung kam es, ohne daß eine 
Knochenverletzung im Spiele war, zur Knochenbildung. G. meint, daß das 
junge, so gut mit Gefäßen versorgte, zwischen degenerierender, absterbender 


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394 


Krankheiten der peripherischen Nerven. 


Muskulatur liegende Bindegewebe gewissermaßen die Eigenschaft des Kalk¬ 
fangens aus dem vorbeiströmenden Blute und Lymphsaft zu eigen hat, und 
daß hier Kalk nur so weit gebunden wird, als er zur Organisation des neu 
zu bauenden Gewebes sofort verwendet werden kann. 

Weitere Muskelverknöcherungen nach Schußverletzungen bei Soldaten 
teilt Gruber (7) mit. Die Knochenbildung ist das Resultat eines entzünd¬ 
lichen Prozesses üm den Muskel. 


Krankheiten der peripherischen Nerven. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 


1. Alexander, A., Einschuß an der rechten Wange; rechtzeitige leichtgradige Fazialis¬ 
parese, Anästhesie im Ciebieto des rechten 2. Trigeminusastes. Heilung. Mschr. f. 
Ohren heil k. 49. 693. (Sitzungsbericht.) 

2. Alt, Ferdinand, Neuritis des Hörnerven nach Intoxikation mit Kohlenoxydgas. Arch. 

f. Ohrenheilk. Bd. 96. N*>. 3—4. p. 183. 

3. Alzona, F., Deila paralisi periferica dellipoglosso. Policlinico. June. Med. Seetion. 
No. 6. 

4. Anderson, Mc Call, Neuritis, tho Modorn American Disoase. Medical Record. Vol. 88. 
No. 13. S. 518. 

5. Armbruster, Vom Nervus recurrens und seinen pathologischen Einflüssen. Arztl. 
Rundschau. No. 26. p. 201. (Allgemeine Ausführungen.) 

6. Ausch, Oskar, Über Schuß Verletzungen der Himnerven. Wien. klin. Woch. No. 42. 
S. 1139. 

7. Barth, E., Über organische und funktionello Kehlkopf Störungen bei Kriegs verletzten. 
Neurol. Zbl. 35. 59. (Sitzungsbericht.) 

8. Baschke, Otto, Ein ätiologisch seltener Fall von Kehlkopf pfeifen. Berl. tierärztl. 
Woch. 31. 136. 

9. Bass, Ein Fall von Sympathicuslähmung und Larynxstenoso nach Schußvorletzung 
des Halses. Mitt. d. Oos. f. innero Medizin in Wien. No. 1. p. 5. 

10. Beck, Joseph C., and Hass in, O. B., A Case of Combined Extracranial Par^lysis of 
Cerebral Nerves. Medical Record. Vol. 88. No. 8. p. 308. 

11. Bock, O., Über gekreuzte Cochlear-Vostibularausschaltung nach Streifschuß des 

Schädels. Mschr. f. Ohrenheilk. 1916. 50. 67. (Sitzungsbericht.) 

12. Derselbe, Totale Taubheit, traumatische Ruptur des Trommelfells, komplette Fazialis¬ 
lähmung durch Erschütterung des Warzonfortsatzes. ebd. p. 272. (Sitzungsbericht.) 

13. Derselbe, Doppelseitige Facialisparoso aus imbekannter Ursache, ebd. p. 441. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

14. Bocker, 1. Eigenartige Peroneuslähmung. 2. Schuß voxletz ungen peripherer Nerven. 
Arch. f. Psych. 56. 357. (Sitzungsbericht.) 

15. Bentelo, E., Peripheral Nerve Diseases and Their Treatment. Michigan State med. 
Soc. Aug. XIV 7 . No. 8. 

16. Bernhardt, M., Die Kriegsverletzungen dor peripherischen Nerven. Nach eigenen 
Beobachtungen und den Berichten anderer Autoren. Berl. klin. Woch. No. 13-—14. 
p. 309. 345. 

17. Bikoles, G., Polynouritis (toxica) bei Muttor und Tochter. Wien. klin. Woch. No. 36. 
p. 976. 

18. Derselbe, Ein Fall von symmetrischer Neuritis (rheumatica) des Plexus brachialis mit 
besonderem Ergriffonsein dor Nervi suprascapulares. ebd. No. 38. p. 1037. 

19. Bittorf, A., Uber Schuß Verletzungen der peripheren Nerven. Neurol. Zbl. No. 15. 
p. 556. 

20. Bloyl, Zur Kasuistik dor Schußvorlotzungon des Kehlkopfs. Zschr. f. Ohrenheilk. 
Bd. 73. H. 1. p. 22. 

21. Borchardt, L., Zwei Fällo von Ulnarislähmung. Neurol. Zbl. p. 448. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

22. Derselbe, Schuß Verletzung dos Medianus am Oberarm, ebd. p. 617. (Sitzungsbericht.) 

23. Borchardt, M. F., Schuß Verletzungen peripherer Nerven. Erfahrungen und Aus¬ 
blicke (Bericht über 56 operierte Fälle). Beitr. z. klin. Chirurgie. Bd. 97. H. 3. p. 233. 
7. Kriegschirurg. Heft. (S, Kapitel; Trauma und Nervenkrankheiten.) 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


393 


23a. Br eg man, Zwei Kapitel der Polyneuritis. Gaz. Lek. No. 12. 

24. Bruck, Alfrod, Aneurysma der Arteria anonyma mit dopj)olsoitiger Stimmbandlähmung. 
Berl. klin. Woch. p. 138. (Sitzungsbericht.) 

25. Brumby, Hans, Über Nervenverletzungen bei Exstirpation der Halsdrüsen. Inaug.- 
Dissort. Berlin. 

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des Vagus. Dtsch. Zschr. f. Chirurgie. Bd. 133. H. 2. p. 159. 

52. Grosso, Schußverletzungen peripherer Nervon. Beitr. z. klin. Chirurgie. Bd. 97. 
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53. Günther, Verletzungen der peripherischen Norven. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 
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54. Hahn, Florian, 9 Fälle von Nervonlähmungon nach Schuß vorlot zungen. Münch, med. 

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396 


Krankheiten der peripherischen Nerven. 


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62. Hochhaus, 1. Fall von Erbsoher Lähmung. Münch, med. Woch. S. 1508. (Sitzungs» 
bericht.) 2. Fall von doppelseitiger Akzessoriuslähmung. ebd. S. 1508. 

63. Hoepfl, Alfred, Zur Kenntnis der Schußverletzung des Nervus radialis. ebd. No. 6. 
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klin. Woch. 1916. 53. 97. (Sitzungsbericht.) 

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67. Derselbe, Über ein bei Rekurrensparalyse zuweilen zu beobachtendes Phänomen. 
Ztschr. f. Laryngol. Bd. 7. H. 5. p. 547. 

68. Horwitz, Hugo, Zur Peroneuslähmung. Münch, med. Woch. No. 36. p. 1237. F. B. 

69. Huismans, Halbseitige Zwerchfelllähmung, ebd. 62. 1615. (Sitzungsbericht) 

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and Surg. Journ. Jan. 

71. Inman, F. C., Nervo Injuries: Their Influence on the Period of Disability. California 
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72. J enckel, Zwei Soldaten mit Schuß Verletzungen des rechten Plexus brachialis. Münch, 
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73. Joughin, J. L., Polyneuritis or Poliomyelitis. The Journ. of N. a. M. Dis. 42. 706. 

(Sitzungsbericht.) 

74. Kaelin, Werner, Über Störungen von seiten des Halssympathikus bei einfacher Struma 
im Anschluß an deren operative Behandlung. Dtsch. Zschr. f. Chir. 134. (5/6.) 395. 

75. Kan, P. Th. L., Ein Fall von Zerstörung des Kanals des Nervus facialis durch Chole¬ 
steatom ohne Lähmung. Ned. Tijdschr. v. Goneesk. 59. (I.) 1844. 

76. Kash, M. C., Sciatic Neuritis, from Personal Experience. Kentucky med. Journ. No. 5. 

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78. Kiang, Fung Tschi, SchußVerletzungen der peripheren Nerven mit besonderer Berück¬ 
sichtigung von Diagnose und Befund. Diss. Berlin. 

79. Kirschner, Über Schußvorlotzungen der peripherischen Nerven. Dtsch. med. Woch. 
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80. Klinkert, D., Vorlamming van den rechten nervus phrenicus en van den rechten 
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81. Knack, Isolierte Schußverlotzung der rechten ersten Lendennerven. Vereinsbeil, 
d. Dtsch. med. Woch. p. 993. 

82. Königer,l. Funktionelle Gelenk- und Muskel kontrakturen im Gefolge von traumatischer 
Neuritis. 2. Geheilte traumatische Neuritiden. Münch, med. Woch. p. 446. 

(Sitzungsbericht.) 

83. Körner, O., Über Fazialislähmung infolge von Erkrankungen der Ohrmuschel (Herpes; 
Perichondritis und Othämatom). Zschr. f. Ohrenheilk. Bd. 72. H. 4. p. 181. 

84. Dersolbe, Über Fazialislähmung infolge von Operationen im Mittelohr und am Schläfen¬ 
bein. ibid. p. 186. 

85. Derselbe, Isolierte Lähmung der Mundästo des Nervus facialis infolge einer Schädigung 
des Nervenstammes innerhalb des Schläfenbeins, ibid. p. 189. 

86. Dorsolbo, Die Stellung der Augenbrauen boi dor poriphoren Fazialislähmung, ibid. 
p. 191. 

87. Derselbe, Weitere Erfahrungen über Kriegsverletzungen des Kehlkopfs und des Nervus 
vagus. ebd. Bd. 72. H. 3. p. 125. 

88. Derselbe, Beobachtungen über Schuß Verletzungen des Kohlkopfs, ebd. Bd. 73. H. 1. 
p. 27. 

89. Derselbe, Ein traumatisches Hämatom im Mediastinum mit starker Verdrängung der 
Speise- und der Luftröhre, aber ohne Rekurrenslähmung, ibidem, p. 33. 

90. Kraemor, I^ähmungsorscheinungen der Nachhand bei Remonten der Ersatz-Abteilung 
des 3. Badi,schon Foldartillorio-Regiments No. 50 infolge Verfüttorung von Gerste. 
Zschr. f. Votorinärkünde. H. 10. S. 296. 

91. Kramer, Franz, 6 Fälle von partieller Nervenläsion bei Schußverletzung. NeuroL 
Zbl. p. 446. (Sitzungsbericht.) 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


397 


92. Derselbe, Schußverletzung des N. suralis. ebd. p. 617. (Sitzungsbericht.) 

93. Derselbe, Lähmungen des Sohlenmuskulatur des Nervus tibialis. Monatsschr. f. Psych¬ 
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94. Kraupa, E., Pathology of Beils Phenomenon. Arch. of Ophthalmology. May. 

95. Kreibich, C., Neurodermitis verrucosa. Archiv f. Dermatologie. Bd. CXXI. H. 2. 
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98. L&an, H. A., Quadricepsverlamming. Nod. Tijdschr. voor Geneesk. 2. Helft. No. 25 
S. 2639. 

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bericht.) 

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lähmung. Dtsch. med. Woch. No. 44. S. 1308. 

104. Löwenstein, Läsion der Nn. poronei und Reflexlähmung nach Schrapnellverletzung. 
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105. Mann, L., 1. Partielle Lähmung des N. radialis. 2. Affektion des linken neunten bis 
zwölften Gehimnerven. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. S. 1235. 

106. Derselbe, Über Polyneuritis, als Begleiterscheinung nervöser Erschöpfungszustände im 
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107. Mann, Ludwig, Beobachtungen an Verletzungen peripherer Nerven. Münch, med. 
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108. Martin, William, Report of Case of Polyneuritis of Motor Type. Med. Rec. 88. 810. 

(Sitzungsbericht.) 

109. Mayer, C., 1. Ein Fall von aufsteigender Neuritis. 2. Zwei Fälle von Radialislähmung. 
Wien. klin. Woch. p. 720. (Sitzungsbericht.) 

110. Derselbe, Fälle von Neuritis und Drucklähmung nach Kriegsverletzungen, ebd. 1916. 
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113. Metzner, R., und Wölfflin, E., Klinische und experimentelle Untersuchungen über 
Halssympathicuslähmung. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. LXXXIX. No. 2. p. 308. 

114. Miockloy, Über Bomasohe Krankheit. Berl. tierärztl. Woch. No. 34. p. 403. 

115. Miller. H. Eduard. Bilatorale periphere Paralyse der Museuli crico-arythenoidei postici. 
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117. Müller-Deham, Albert v., Beobachtungen zur Klinik und Therapie der Dysenterie, 
insbesondere der postdysenterischen und postulzerösen Polyneuritis. Wien. med. Woch. 
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118. Neuhäuser, 1. Blasenlähmung. 2. Radialis- und Medianuslähmung. Vereinsbeil, 

d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 404. 

119. Nonne, M., 1. Doppelseitige kortikal bedingte Peroneuslähmung. (Nach 6 Wochen 
geheilt.) 2. Isolierte Neuritis des Tibialis anticus. EaR. in den kleinen Fußmuskeln. 
3. Trauma der Schulter. Akromialfraktur, isolierte Hypothenarmuskellähmung mit 
Paraesthesien im Medianusgebiet. 4. Isolierte Medianuslähmung. Münch, med. Woch. 
p. 159. (Sitzungsbericht.) 

120. Derselbe, 1. Fall cerebraler Peroneuslähmung. 2. Seltene Verteilung der Paresen nach 
Acromialfraktur. 3. Partielle Medianuslähmung. Berl. klin. Woch. p. 225. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

121. Derselbe, Über Polyneuritis gemischter Nerven bei neurasthenischen Kriegsteilnehmern. 
Dtsch. Zschr. f. Nervenheilk. Bd. 53. H. 6. p. 464. 

122. Oppenheim, H., Bemerkungen zur Kriegsneurologie. Neur. Zbl. 35. 62. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

123. Derselbe und Borchardt, M, Zur Medianuslähmung, ebd. p. 540. (Sitzungsbericht.) 

124. Perkins, Charles E., Facial Contractions Düring the Radical Mastoid Operation. 
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398 


Krankheiten der peripherischen Nerven. 


125. Pinczower, A., Zur Kenntnis der Polyneuritis syphilitica. Dermatolog. Z 1. Xo. 6. 

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127. Rad, v., Fall von Kukullarislähmung. Münch, med. Woch. 1916. 63.168. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

128. Re ich mann, Frieda, Klinische Erfahrungen an Schuß Verletzungen peripherer Nerven. 
Arch. f. Psych. 56. (1.) 290. 

129. Reznicek, Richard, 80 Schußverletzungen peripherer Nerven. Jahrb. f. Psych. 35. 

396. ( Sitzungsbericht. ) 

130. Derselbe. Über die Verletzungen der peripheren Nerven im Kriege und deren Behandlung. 
Wien. med. Woch. No. 8. p. 390. (Allgemeine Ausführungen.) 

131. Derselbe, Zwei Fälle von einseitigen multiplen Hirnner von Verletzungen. Neurol. Zbl. 
No. 11. p. 370. 

132. Derselbe, Über vasomotorische und trophisehe »Störungen bei den Kriegsverletzungen 
der peripheren Nerven. Wien. klin. Woch. No. 20. p. 545. Militärsanitätswescn. 

133. Rhein, J. H. W., Arthritic Neuritis-. Pennsylvania med. Journ. April. 

134. Robinson, <«■. C., Caso cf Heait Block Illustrating Mode > f Action of Vagus Nerveon 
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Woch. p. 232. (Sitzungsbericht.) 

137. Rumpf, Kombinierte Armlähmung (Erbscher Typus) mit Lähmung des linken N. 
phrenicus. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p 661. 

138. Russeff, Kosta, Zwei Fälle von Lähmung des Haissyinpathieus mit Augenerscheinungen 

boi Kriegs vorletzten. Ztschr. f. Augenhoilk. Bd. 33. H. 5—6. p. 291. (Nichts 

Be; onderes.) 

139. Butt in, Erich, Rasche Heilung einer operativen Facialislähmung. Monats,sehr. f. 
Ohrcnheilk. p. 214. (Sitzungsbericht.) 

140. Derselbe, Über Parese des Mundfazialis. Zschr. f. Ohrcnheilk. 73. (3.) 242. 

141. Sachs, Rechtsseitige periphere Fazialislähmung. Wien. kl. Woch. 28. 1397. 

(Sitzungsbericht.) 

142. Santo, L. R., Lead Neuritis from (osmetics, with Report of Two Cases. The Journ. of 
tho Amor. med. Assoc. Fol. LXIV. No. 19. p. 1573. 

143. Saut er, Richard, Ein Beitrag zur Verletzung i>oriphorer Nerven. Münch, med. Woch. 
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144. Schoppler, Ernst, Ein Fall von doppelseitiger Entbindungslähmung. Ein Beitragzu 
den Armlähmungen der Neugeborenen und deren Behandlung. Inaug.-Dissert. 
München. 

145. Schlesinger, Hermann, Ein Fall von spontaner Xagolabstoßung nach »SchußVerletzung 
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p. 383. 

147. Schmitt, 1. Einseitige Senatuslähmung vermutlich nach Trauma. 2. Polyneuritbs. 
3. Multiple Oohirnnervenvei lotzung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 
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148. »Schönborn, Fall von Polyneuritis. Münch, med. Woch. p. 422. (Sitzungsbericht.) 

149. Schräg, Post diphtherische l^ähmung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 996. 

150. »Schröder, 1. Fälle von Kriegsverletzungen des peripheren Nervensystems. Münch, 
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151. Derselbe, Fall von »Schwefelkohlenstoffpolyneuritis. obd. p. 623. (Sitzungsbericht.) 

152. Schuster, Paul, Isolierte Lähmung des N. g’utaeus superier durch Schuß Verletzung. 
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153. »SchwaIbach, Ischiadicuslahmung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 238. 

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156. Sc vor, J. W., Paralytic Conditions Rcsulting from Surgical and Obstetric Accidonts. 
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157. Sharpo, Norman, Her])es Zoster Oticus, with Facial Palsy and Acoustic Symptoms. 

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158. Simons, Pigmentierung nach Schußverletzung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 

1916. 42. 119. 

159. Simpson, J. K., Supraclavicular Brachial Plexus Block. Florida med. Assoc. Joum. 
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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


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162. Stein, O. J., Differential Diagnosis of Laryngeal Motor Poralysis. Ann. of Otol. Sept. 

163. Stein borg, Friedrich, Beiträge zur Kenntnis der trophischen Störungen bei Schu߬ 
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164. Stiefler, Georg, Klinischer Beitrag zur Schädigung der peripheren Nerven bei den 
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165. Stransky, Erwin, Zur Nouritis als Felderkrankung. Wion. med. Woch. No 42. 
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167. Tasawa, R., Experimentelle Polyneuritis, besonders bei Vögeln, im Vergleich zur 
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168. Thöle, Kriegsverletzungen peripherer Nerven. Beitr. z. klin. Chir. 98. (2.) 131. 

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170. Tresling, J. H., A. T., Verwonding van de Gezichtszenuw. Nederl. Tijdschr. v r oor 
Goneesk. Eerste Helft. No. 23. 

171. Trömner, 1. Schuß durch den Hals am Erbschen Punkt. 2. Brown-Sequard\sche 
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172. Derselbe, 1. Fall mittlerer Arm-Plexuslähmung. 2. Halsschüsse. ebd. 1916. 35. 

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173. Tschermak, A. von, Über Herpes zoster nach Schußverletzung eines Nerven. 
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f. Augenheilk. April/Mai. p. 391. 

176. Urbantschitsch, Ernst, Fazialisparalyseund Trigeminusanästhesie nach posttyphösem 

Drüsenabsceß. Mschr. f. Ohrenheilk. 1916. 50. 76. (Sitzungsbericht.) 

177. Derselbe, Disposition zu otogenen Fazialisparesen, ebd. 49. 703. (Sitzungsbericht.) 

178. Vermeulen, H. A., Die Hemiplegia laryngis des Pferdes. Berl. tieräiztl. Woch. 
No. 19. p. 219. 

179. Derselbe, Die linksseitige Kehlkopflähmung beim Pferde (Oornage). Tijdschr. v. 
Veeartsenijk. 42. 101. 

180. Vomela, S., Beri-beri Neuritis multiplex. Casopis cesk^ch lekaruv. 54. 1035. 
(Böhmisch.) 

181. Weber, W., 1. Isolierte Axillarislähmung. 2. Nervenverletzungen bei Zerschießung der 
A brachialis. 3. Fall von Radialislähmung. Münch, mod. Woch. p. 1086. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

182. Wintermute, George, P., Auditory Neuritis. Tho Journ. of tho Amer. med. Assoc. 
Vol. LXV. No. 7. p. 608. (Beschreibung des Symptomenbildes an der Hand eines 
Falles nach Influenza.) 

183. Wolff, Komplette Rekurrenslähmung links nach Schrapnellßchußverletzung. Vereins¬ 
beil. d. Dtsch. med. Woch. p. 1055. 

184. Zabriskie, Edwin G., Case of Ascending Neuritis of the Ulnar Nerve. New York 
Neurol. Inst. Meeting. April 29. 

185. Zange, Rekurrenslähmungen nach Schußverletzungon. Münch, med. Woch. 1916. 
63. 203. (Sitzungsbericht.) 

186. Zappert, J., Über ein gehäuftes Auftreten gutartiger Facialislähmungen beim Kinde. 
Zschr. f. Kinderheilk. Bd. 13. H. 3—4. S. 135. 

187. Zesas, Denis G., Klinik und Therapie der Vagus Verletzungen am Halse. Original¬ 
mitteilung und Übersichtsreforat. Zbl. f. die Grenzgeb. d. Medizin u. Chir. Bd. 18. 
No. 6. p. 587. (Sammelreferat.) 

188. Zuelzer, G., Reizung des Nervus pudendus. (Nourologie). Ein häufiges, Blasen¬ 
katarrh vortäuschendes Krankhoitsbild im Kriege. Berl. klin. Woch. 52. (49.) 1260. 

Das Hauptinteresse des diesjährigen Berichtes nehmen die Schuß- 
yerletzungen der peripherischen Nerven in Anspruch, welche die über¬ 
wiegende Mehrzahl aller Nervenverletzungen im Kriege bilden. Der Inhalt 
der Arbeiten bringt Angaben über die Häufigkeit des Befallenseins der ein¬ 
zelnen Nerven, über die Symptomatologie der totalen und partiellen Läsion, 
über die pathologisch-anatomischen Vorgänge bei der Narbenbildung, der 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


De- und Regeneration und über die Indikationen zur Operation resp. kon¬ 
servativen Behandlung. Von Interesse sind ferner die Arbeiten über Poly¬ 
neuritis nach der im Felde so vielfach aufgetretenen Dysenterie. Besondere 
Aufmerksamkeit erweckt die Arbeit von Tatsawa über experimentelle 
Polyneuritis im Vergleich zur Beriberikrankbeit 


Kriegsverletzungen. 

Bernhardt (16) gibt eine zusammenfassende Darstellung der Schädigung 
peripherischer Nerven durch Geschoßwirkung, wobei er die zurückliegende 
und die aus dem gegenwärtigen Kriege bereits erwachsene Literatur weit¬ 
gehend berücksichtigt und zur Illustration eigene Beobachtungen mitteilt 
Nach statistischen Angaben bespricht er die Ätiologie, Symptomatologie und 
Therapie. 

Spielmeyer (161) gibt eine Übersicht über 297 Fälle peripherer 
Lähmungen nach Schußverletzungen. Unter diesen waren 22 eine Lähmung 
des Plexus (brachialis), 3 eine isolierte Lähmung des Axillaris, 77 des Radialis, 
28 des Ulnaris, 32 des Medianus, 2 des Musculo-cutaneus, 3 des Plexus 
(sacralis), 42 des Ischiadikus, 36 des Peroneus, 6 des Tibialis, 7 des Femoralis. 
Dazu kommen noch vereinzelte Lähmungen anderer Nerven. In 29 Fällen 
waren Kombinationslähmungen vorhanden. Von den Lähmungen isolierter 
Nerven waren 115 totale und 111 partielle. Von den letzteren waren manche 
zunächst auch total gewesen. Die Radialislähmungen waren viel häufiger 
totale als die Medianuslähmungen. Unter 36 Peroneuslähmungen hatte 26mal 
die Läsion am Oberschenkel stattgefunden, bei den 6 Tibialislähmungen 3 mal. 
Unter den partiellen Nervenverletzungen sind eine ganze Reihe, bei denen die 
motorische Funktionsstörung wesentlich hinter der sensiblen zurücktritt, oder 
bei denen überhaupt nur sensible Ausfalls- und Reizerscheinungen beobachtet 
wurden. Über die stärksten Schmerzen klagten die Patienten gewöhnlich bei 
Verletzungen des Medianus und Tibialis, hierbei wurden auch am meisten 
vasomotorische und trophische Störungen beobachtet. Spielmeyer meint, 
daß es zu weit geht, wenn man nach Stoffels Untersuchungen annimmt, 
daß gewisse unverbrüchliche Gesetze bestünden, wonach eine säuberliche 
Sonderung der Nervenfaserbündel nach scharf umgrenzten Gruppen immer 
gegeben sei. Das trifft nur manchmal zu, andere Fälle sprechen direkt da¬ 
gegen. Der Autor setzt dann auseinander, wie schwierig in vielen Fällen es 
sei, zu bestimmen, ob man es mit einer totalen oder partiellen Nervenlähmung 
zu tun hat. Er hält es deshalb für notwendig, die Nervenschußverletzungen 
3—4 Monate hindurch auf ihr funktionelles und elektrisches Verhalten zu 
kontrollieren, da eben während einer solchen Beobachtung sich viele Fälle 
als spontan regenerationsfahige oder partielle entpuppen, die zunächst für 
totale Durchtrenuungen gehalten wurden. In differentialdiagnostischer Hin¬ 
sicht können einseitige Verletzungen der Cauda equina gegenüber rein 
peripheren zuweilen Schwierigkeiten bereiten, ebenso wenn die organischen 
Lähmungen durch psychogen bedingte überlagert sind. Die sog. Reflex¬ 
lähmung Oppenheims erkennt der Autor an. In 62 Fällen konnte der 
Autor au der Durchschußstelle exzidierte Nervenstücke untersuchen. 40 mal 
erwies sich der Nerv völlig durchtrennt, 22mal war die Kontinuität des 
Nerven nicht vollständig unterbrochen. Es folgt nun eine genaue Beschreibung 
der mikroskopischen Präparate vom Zwischenstück zwischen zentralem und 
peripherem Ende, speziell der zwischenliegenden Narbe mit den hinein- resp. 
auch durchwuchernden Nervenfasern. Die Bilder bestätigen im großen und 
ganzen die Anschauungen, welche früher über Degeneration und Regeneration 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


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verletzter peripherischer Nerven gewonnen worden sind. Die Frage, wann 
man operieren soll, beantwortet der Autor dahin, daß es zweckmäßig ist, 
3—4 Monate zunächst abzuwarten; länger wie 6 Monate soll man es aber 
nicht tun, da dann die Aussicht der Wiederherstellung der Funktion eine 
geringe ist. 

Cassirer (27) verfügt über ein Material von 300 Fällen peripherer 
Nervenverletzungen. Von diesen sind 90 operiert worden. Unter 37 Fällen 
von Radialisverletzungen war der Nerv 14 mal total zertrennt, und unter 
44 Fällen anderer Nervenverletzungen war dies 22mal der Fall. Auf Grund 
dieser Verhältnisse neigt er mehr zur frühzeitigen Operation. Man soll bei 
totaler Lähmung nach Ansicht des Autors operieren, wenn die Schußwunde 
definitiv geheilt ist. Wenn eine Narbe im Nerven sich gebildet hat, so soll 
man sie exzidieren. Man soll dies auch tun, wenn unerträgliche Schmerzen 
durch das Narbengewebe erzeugt werden. Bei partieller Lähmung kommt es 
auf die Art der Verletzung an. Hier ist eine besonders genaue Beobachtung 
und Erwägung notwendig. 

Fang Tschi Kiang (78) referiert in seiner Dissertation ausführlich 
über 50 Fälle von Verletzungen peripherer Nerven, die Oassirer in der 
chirurgischen Universitätsklinik untersucht hat. 

Reichmann (128) beobachtete 320 Fälle von Schußverletzungen 
peripherischer Nerven. Unter den 237 Armschüssen befinden sich 11 Ver¬ 
letzungen des Plexus cervicalis sup., 29 Verletzungen des Plexus brachialis. 
Unter den einzelnen Armnerven waren 57 mal der Medianus, 51 mal der 
N. ulnaris, 37mal der Radialis isoliert betroffen, 4mal der isolierte N. axillaris, 
41 mal waren mehrere Armnerven kombiniert getroffen. Unter den Bein¬ 
schüssen war 5 mal der Plexus lumbosacralis, lmal der N. femoralis, lmal 
der N. pudendus isoliert betroffen, lOmal war der N. ischiadicus, 21 mal 
der N. peroneus verletzt. In 8 Fällen bestand eine Lähmung des Peroneus 
und Tibialis, 1 mal eine isolierte Tibialisparese. Es wurden nun von der 
Verf. einzelne Fälle geuauer beschrieben. Die Sensibilitätsstörungen lassen 
sich in einer Reihe von Fälleu schwer abgrenzen, weil die organisch be¬ 
dingten Zonen oft von psychogenen durchkreuzt resp. überlagert werden. 
Auch Fälle von Akinesia amnestica (Oppenheim) wurden beobachtet. Auf 
alle Einzelheiten in der Symptomatologie der motorischen, sensiblen und 
trophischen Störungen, die zum Teil bemerkenswert sind, kann hier nicht 
eingegangen werden. Am Schluß gibt die Autorin die leitenden Gesichts¬ 
punkte, nach welchen die Schußverletzungen peripherischer Nerven in der 
Königsberger Klinik behandelt werden. 

1. Jede Schußlähmung wird zunächst konservativ behandelt. 

Bei der Indikationsstellung werden folgende Momente in Betracht 
gezogen: 

a) Die Dauer der Erkrankung. Wenn 6 Wochen nach der Verletzung 
keine Tendenz zur Besserung eingetreten, wird zur Operation geraten. 

b) Nervenoperation geschieht erst nach völliger Heilung der primären 
Schußwunde. 

• c) Je weiter peripheriewärts lokalisiert und je mehr auf isolierte Nerven- 
stämme die Verletzung beschränkt ist, desto besser ist die Prognose 
des operativen Eingriffes. 

d) Sehr in Betracht kommt die Schwere der Ausfallserscheinungen. 

Bei der operativen Freilegung von durch Schuß verletzten Nerven 
findet man nach Kirschner (79) folgende pathologisch-anatomischen Befunde: 
1. Der Nerv ist in Narbenmasse eingemauert; 2. in Berührung mit dem 
Nerven befindet sich ein reizender Fremdkörper; 3. der Nerv ist ganz oder 


JahresberichtA^Neurologi«. u. Psychiatrie ms. 

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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


teilweise zerrissen; 4. der Nerv zeigt eine gleichmäßige oder unregelmäßige 
Verdickung; 5. es findet sich trotz fuuktioneller Schädigung kein patholo¬ 
gischer Befund. Eine operative Therapie soll wegen vorhandener motorischer 
Lähmungen nicht vor Ablauf von sechs Wochen einsetzen. Besonders er¬ 
fordern die Fälle mit zunehnenden, sich bis zur Unerträglichkeit steigernden 
Schmerzen eine Operation. 

Giatzl (50) führt eine Anzahl von Fällen mit Schußverletzungen 
peripherischer Nerven an, bei denen eine mikroskopische Untersuchung der 
verletzten Nervenstümpfe stattfand. Im ganzen wurden 9 Nerveuuähte und 
6 Neurolysen ausgeführt. Der Gesamterfolg war 73%. 

Thöle (168) berichtet über 46 Nerven verletzte, die er operiert hat. 
Bei 34 dieser Verletzten war nur ein Nerv beschädigt, und zwar 13mal der 
Radialis, 7 mal der Medianus, 7 mal der Ischiadikus, 5 mal der Uluaris, 
1 mal der Peroneus und 1 mal der Fazialis. Die anderen hatten mehrfache 
Nervenverletzungen, einzelne sogar an verschiedenen Gliedmaßen durch die 
gleiche Geschoßwirkung. Die Ursache für die Häufigkeit des Betroffenseins 
des N. radialis sieht 1h. im spiraligen Verlaufe des Nerven. Bezüglich der 
Art und des Grades der Nervenveränderungen unterscheidet der Autor 

1. Abschuß, und zwar vollständigen, nahezu vollständigen uud teilweisen 
(durch Rinnen- oder Streifschuß); 2. Spindelförmige Verdickung durch 
Durchschuß oder Quetschung, auch durch Steckschuß (d. h. Steckenbleiben 
eines kleinen Fremdkörpers im Nerven); 3. Umklammerung und Kompression 
durch Narben, besonders durch Nervenscheidennarben; 4. Kommotion ohne 
makroskopischen Befund. Bei Verletzungen einzelner Nerven überwiegen 
die Abschüsse. Beim vollständigen Abschuß fand Th. den zentralen Stumpf 
meist kolbig verdickt, nur bei frischen, bis 4 Wochen alten Fällen noch 
nicht; der peripherische Stumpf dagegen war meist verdünnt. Die beiden 
Stümpfe lagen 1—3 cm entfernt, oft aus der Richtung verschoben, mit¬ 
unter verband sie ein dünner oder dicker Narbenstumpf. Der Autor setzt 
dann weiter das verschiedene Aussehen des Narbengewebes der Nerven¬ 
quetschung u8w. auseinander. Neuralgische Schmerzen sind nach Erfahrungen 
des Autors kein Boweis gegen Abschuß, gegen völlige Leitungsunterbrechung. 
Schwere, mindestens dem Grade der motorischen Störung entsprechende 
Sensibilitätsstörungen beobachtete Th. in 17 seiner Fälle, geringe Sensibili¬ 
tätsstörungen in 16 Fällen, gar keine in 6 Fällen. Auch das vollkommene 
Fehlen von Sensibilitätsstörungen sei kein strikter Beweis gegen vollständigen 
Abschuß. Th. geht des näheren auf die gesamte Symptomatologie der von 
ihm beobachteten peripherischeu Lähmungen ein und stellt zum Schluß 
folgende Behandlungsprinzipien auf: 

1. Bei vollständiger motorischer Lähmung: mit 1. partieller EaR. noch 
6—8 Wochen lang, nach Heilung der Wunden, spontanen Wieder¬ 
eintritt der Motilität abwarten, mit 2. kompletter EaR. möglichst 
früh operieren. 

2. Bei partieller Lähmung mit partieller oder kompletter EaR. der 
gelähmten Muskeln noch 6—8 Wochen nach Heilung der Wunden 
abwarten. 

3. Bei Parese (totaler oder partieller) wie unter 2. Paresen kommen 
nur zur Operation, wenn sie aus Paralysen hervorgingen und die 
eingetretene Besserung nicht mehr fortschritt. 

4. Von anhaltenden heftigen Schmerzen und quälenden Parästhesien 
soll Patient bald durch Operation befreit werden. 

Nach Erfahrungen Bittorf ’s (19) lassen sich die zahlreichen Schu߬ 
verletzungen der peripheren gemischten Nerven in zwei Gruppen trennen. 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


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Die erste größere Gruppe umfaßt die weitaus häufigsten Verletzungen des 
N. radialis, Plexus brachialis, besonders des oberen Teils und des N. ischia- 
dieus und seiner Äste. Hier herrscht die motorische Lähmung vor. Die 
Prognose der motorischen Lähmung ist ungünstig, zum mindesten ist die 
Heilungsdauer sehr laug. Die zweite, kleinere Gruppe umfaßt die Fälle 
mit vorwiegend sensiblen, häufig auch vasomotorischen, sekretorischen, trophi¬ 
schen Störungen; die motorischen Ausfallserscheinungen fehlen vielfach oder 
treten vielfach zurück. Hierher gehört vor alllem die auffallend häutige 
Verletzung der N. medianus. Sehr häufig sind hier subjektive Sensibilitäts- 
Störungen und sehr quälende Schmerzen. Prognostisch gestalten sich die 
Fälle der zweiten Gruppe günstiger. Zur Illustration dieser Gruppe führt 
der Autor einen Fall von Medianuslähmung an. Dieser und ähnliche Fälle 
beweisen die enge Zusammengehörigkeit der vasomotorischen und sensiblen 
Bahuen auch im peripheren Nerven und ferner deren engen Zusammenhang 
zwischen Temperatur-, Schmerz- und Vasomotorenlähmuugen und trophischen 
Störungen. Bei motorischen Lähmungen ist frühzeitige Operation angezeigt; 
besonders angezeigt ist in alleu derartigen Fällen fortgesetzte passive Be¬ 
wegung aller Gelenke. Bei sensiblen Störungen empfiehlt der Autor Hei߬ 
luftbehandlung, Dampfbäder, Fangopackungen usw. 

Mayer ( 111) geht bei seinem Kriegsmaterial hauptsächlich auf die 
Verletzungen der peripherischen Nerven ein. Es können auch bei sicherer 
Kontinuitätsunterbrechung des Radialis Sensibilitätsstörungen ganz fehlen, 
aber es kommt auch leichte Hypästhesie im Ramus superficialis und in 
seltenen Fällen eine schwere Herabsetzung der Sensibilität vor. Ausführlich 
teilt der Antor dann zwei Fälle von Neuritis ascendens nach Fingerver¬ 
letzungen mit. Tonischen Spasmus als Folge einer Verletzung des Nerven- 
stammes sah er zweimal im Ulnarisbereich. 

Mann (107) gibt einen kurzen Überblick über seine Beobachtungen 
au Verletzungen peripherischer Nerven von Kriegsteilnehmern und bespricht 
die Indikationen zur Operation. 

Reznicek (132) berichtet über vasomotorische und trophische Störungen 
in über 2u0 Fällen von Schußverletzungen peripherer Nerven. Von vaso¬ 
motorischen Störungen zeigten sich, am häufigsten an den distalen Enden 
der betroffenen Extremitäten, Zirkulationsstörungen, Ödeme. Sowohl diese, 
als auch die trophischen Störungen waren niemals schwerer Natur, und zwar 
Verdünnung der Haut, Hyperkeratose. Die von dem Prozeß der Hyper- 
keratose betroffenen Gebiete sind fast immer an- oder hypalgetisch, für 
gewöhnlich sind sie der Sitz neuralgischer Schmerzen und wahrscheinlich 
ist auch der hyperkeratotische Prozeß auf einen Reizzustand im betroffenen 
Nerven zurückzuführeu. Von sekretorischen Störungen ist die Hyperhidrosis 
im Bereiche der Palma manus und Planta pedis ein sehr häufiges Symptom. 
Das Symptom ist als eine Reizerschoinung des sympathischen Systems auf¬ 
zufassen. Anhidrosis ist ein sehr seltenes Symptom. Neben trophischen 
Störungen an den oberflächlichen Gebilden kommen solche auch an den 
tiefen Geweben, Sehnen, Gelenken und Knochen vor. Die akute Knochen¬ 
atrophie ist bei peripheren Nervenverletzungen keine Seltenheit, sie kann in 
allen schweren Fälle einige Monate nach der Verletzung röntgenologisch 
nachgewiesen werden. 

Steinberg (163) konnte unter 70 Fällen von Schußverletzungen peri¬ 
pherischer Nerven 52 mal Störungen trophischer, vasomotorischer und sekre¬ 
torischer Natur nachweisen. Die Störungen waren ähnlicher Art, wie sie 
von Reznicek (s. dort) beschrieben wurden. Auf Grund seiner Beob¬ 
achtungen nimmt der Autor die Existenz trophischer Nerven an. Ihre Ver- 

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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


teilung in den einzelnen peripheren Nerven, die Art ihrer Ausbreitung über 
die Haut, die Muskulatur und den Knochen war an dem untersuchten 
Material nicht zu ermitteln. Während jede der motorischen oder sensiblen 
Nervenfasern ein bestimmtes Gebiet zu versorgen hat, wirken nach Ansicht 
von St. die trophischen Fasern in ihrer Gesamtheit als abgeschlossenes 
System. Dieses System, welches durch sämtliche trophischen Nervenfasern 
einer Extremität, welchen Nerven auch immer sie als Bahn benutzen, re¬ 
präsentiert wird, reguliert die Trophik der betreffenden Extremität Ist ein 
Teil dieser Fasern, welche das System bilden helfen, durch Schuß Verletzung 
eines Extremitäteuuerven geschädigt, so muß die Schädigung in der Wirkungs¬ 
weise des ganzen Systems, d. i. des trophischen Regulierungsapparates dieser 
Extremität, zum Ausdruck kommen, wobei es im Prinzipe gleichgültig ist, 
ob die lädierten trophischen Fasern im Medianus, Ulnaris oder Radiais ver¬ 
laufen. Je nach der Bedeutung und Zahl der geschädigten Fasern wird 
man in dem einen Falle weniger, in dem anderen Falle mehr trophische 
Störungen zu gewärtigen haben. Erholen sich diese Fasern wieder, so 
bilden sich auch die trophischen Störungen allmählich zurück. Man könne 
sich ferner vorstellen, daß die Funktion geschädigter Fasern im System, 
sobald ihre Zahl oder ihre Bedeutung nicht zu beträchtlich ist, durch an¬ 
dere noch funktionierende Fasern übernommen wird, ln diesem Falle wird 
man überhaupt keine trophischen Störungen antreffen. Ein solches vika¬ 
riierendes Eingreifen gesunder Fasern für geschädigte scheint nur für eine 
gewisse Zeit möglich zu sein. Erfolgt innerhalb dieser bestimmten Zeit die 
Restitution der geschädigten Fasern nicht, so treten dann trophische Stö¬ 
rungen auf. 

In den von Stiefler (164) beobachteten Fällen aus dem Garnison- 
spitale zu Przemysl handelt es sich fast ausschließlich um Erfrierungen der 
Füße, als deren Ursache aber nicht Frost und strenge Kälte in Betracht 
kam, sondern länger andauernde Durchnässung und dadurch bedingte Ab¬ 
kühlung der Füße. Gemeinsam ist allen Fällen, auch den leichteu, die 
ungewöhnlich lange Dauer der Erkrankung. Zu Beginn der Erfrierung, 
bevor sich oft schon Erscheinungen von seiten der Haut zeigten, stellten sich 
Empfiuduugsstörungen in den befallenen Gebieten ein, Parästhesien von 
großer Intensität, lang fortschreitender, häufig neuralgiformer Art, die der 
Autor näher schildert. Ebenso waren konstant objektiv nachweisbare Aus¬ 
fallserscheinungen vorhanden, die gliedartige Ausbreitung (sandalenförmige 
halbschuhförmige Anästhesie usw.) zeigten und noch weit in die gesunde, 
von Zerstörungen freie Hautpartie reichten. Der Übergang vom gesunden 
ins krankemptiudende Gebiet war stets eine allmählich, distalwärts zu¬ 
nehmende Hypästhesie. Auch zerstreute anästhetische Inseln traten auf. 
In manchen Fällen fand sich die Empfindung für Wärme und Kälte stärker 
herabgesetzt als für Schmerz, auch eine Verlangsamung der Empfindungs¬ 
leitung fand sich in einer Anzahl von Fällen. Nach Ausheilung der Gewebs¬ 
schädigung und nach Verschwiuden der subjektiven sensiblen Erscheinungen 
blieben noch schwere Ausfälle des Empfindungsvermögens bestehen. Gegen¬ 
über den sensiblen Läsionen treten die motorischen Störungen zurück. 
Außer vorübergehenden Crampi waren örtliche, durch die Gewebsstörung 
bedingte und echte Lähmungen vorhanden. Nach den Erfahrungen des 
Autors läßt sich das Vorkommen echter refrigeratorischer Lähmungen nicht 
bestreiten. Von Reflexen fehlte in sämtlichen Fällen der Fußsohlenreflex 
und in einigen schweren Fällen auch der Achillessehnenreflex, als Folge 
der sensiblen Ausschaltung. Die durch Frost bedingten Schädigungen sind 
erheblich geringer, beschränken sich gewöhnlich nur auf die Zehen. 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


405 


Hirnnerven. 


Die von Uhthoff (175) mitgeteilten Fälle von Trigeminusläsion sind 
folgende: Fall I Verletzung an der rechten Schläfenseite durch Granat¬ 
splitter. Nach 4 Wochen nur uoch eine kleine Narbe an der rechten 
Schläfenseite zu sehen; es blieb aber eine Reizbarkeit des rechten Auges 
bei äußeren Schädlichkeiten zurück, die zuerst, da sie immer wiederkehrte, 
für artifiziell erzeugt angesehen wurde. Die genauere Untersuchung ergab 
ein Betroffensein des rechten 1. und 2. Trigeminusastes, zu dem später auch 
noch eine Beteiligung der sensibleu Fasern des 3. Astes hinzutrat. Die 
Röntgenuntersuchung zeigte das Vorhandensein eines Granatsplitters, der 
unmittelbar vor dem Ganglion Gasseri lag. Ein auffallendes Symptom 
bestand uoch bei dem Verletzten, daß das rechte Auge die Fähigkeit zum 
Weinen eingebüßt hatte. Uhthoff ist aber deshalb nicht der Ansicht, daß 
die sekretorischen Fasern für die Tränendrüse aus dem Trigeminus stammen, 
sondern daß sie aus dem Fazialis herrühren und wahrscheinlich auf dem 
Wege des N. petrosus superficialis major und des Ganglion sphenopalatinum 
in das Trigeminusgebiet übertreten. Fall IL. Es handelt sich um eine 
isolierte Lähmung des 2. Trigeminusastes durch ein schräg von oben außen 
nach innen durch die Orbita gehendes Geschoß. Dabei fehlte eine Sensi¬ 
bilitätsstörung der Kornea und eine Störuug der Tränensekretion. 

In dem ersten von Ausch (6) mitgeteilten Falle handelt es sich um 
eine isolierte periphere Lähmung des Trigeminus, Hypoglossus und des 
Sympathikus auf derselben Seite. Nach Lage der Ausschußöffnung dürfte 
es sich, wie der Autor meint, um eine Verletzung des Ganglion supremum 
des Halssympathikus handelu. Iu dem zweiten Falle handelt es sich um 
eine periphere Lähmung des Hypoglossus; dazu kommt noch neben der 
Sympathikuslähmung, welche uicht so rein zutage tritt, wie im ersten Falle, 
eine periphere Glossopharyugeuslähmung, auf welche man aus der vollkommenen 
Ageusie schließen muß. 

Thost (109) teilt 11 von ihm beobachtete Fälle von Halsschüssen 
mit. Von 2 Fällen sah er nur das Leichenpräparat. Die Zahl der mit¬ 
geteilten Fälle ist nicht groß, weil die Halsschüsse meist sofort tödlich sind. 
Entweder wird die Halswirbelsäule und das Halsmark verletzt, oder es tritt 
eine tödliche Blutung ein, auch kann Erstickung erfolgen durch Ödeme des 
Larynx. Eine sehr häufige Ursache bildet nach Beobachtungen direkt an 
der Front das Emphysem sowohl der Haut wie des Mediastinum. Sehr 
häufig sind Lähmungen der Rekurrens; es genügt, daß Schüsse nur in die 
Nähe dieser Nerven treffen und eine sogenannte Fernwirkung (Körner) 
eintritt. Zungen- oder Unterkieferschüsse haben dieselbe Gefahr wie Hals¬ 
schüsse; entsprechende Fälle werden angeführt. Von sonstigen Nerven¬ 
verletzungen werden Verletzungen des Vagus berichtet mit Beschleunigung 
des Pulses. Auch der Akzessorius war in manchen Fällen mitbetroffen; 
Lähmung des Armes, oft rasch vorübergehend, war die Folge. Ein Fall 
von Körner, der in derselben Zeitschrift beschrieben ist, zeigte Lähmungs- 
erscheinuugeu des Akustikus, Glossopharyngeus, Vagus und Hypoglossus. 
Die Kugel fand sich im Röntgenbild in der Kleinhiruhälfte. Im Kehlkopf 
fand sich Unbeweglichkeit des rechten Stimmbandes und Sensibilitätsstörung 
der rechten Kehlkopfseite. Auf der rechten Zungenhälfte Veränderung der 
Geschmacksempfindung. 

Thost empfiehlt dringend die prophylaktische Tracheotomie, die 
Langenheck schon 184b im Felde vorschlug, und die in seinen eigenen 
und den mitgeteilten Fällen fast immer das Lehen rettete. Tritt nach den 


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406 


Krankheiten der peripherischen Nerven. 


Schüssen eine Verengerung des Larynx und der Trachea ein, so gab die 
von Thost angegebene Dilatation mit soliden Zinnbolzen gute Resultate. 
Die große Bedeutung guter Röntgenbilder wird vom Verfasser hervorgeboben 
und an den Fällen ausführlich besprochen. Von einem seiner Fälle ist ein 
instruktives Röntgenbild auf einer Tafel der Arbeit beigegeben. 

( Autoreferat .) 

Brumby’s (25) Dissertation besteht in einer kurzen anatomischen Dar¬ 
stellung der verschiedenen in der Halsregion verlaufenden Nerven und der 
in ihrer Nachbarschaft liegenden Drüsen. Außerdem werden die Ausfalls¬ 
erscheinungen geschildert, die Verletzungen dieser Nerven bei Exstirpation 
der Drüsen bewirken. 

Reznicek (131) teilt zwei Fälle von einseitigen multiplen Hirnnerven¬ 
verletzungen durch Geschoßwirkung mit Im ersten Falle handelt es sich 
um Lähmung der vom oberen Ast des Fazialis versorgten Muskulatur, um eine 
weitere im Bereich der rechten Zungen-, Gaumen-, Pharynx und inneren 
Kehlkopfmuskulatur, sowie eine Lähmung der Geschmacksempfindung im 
hinteren Drittel der Zunge. Verletzt sind außer dem oberen Fazialisaste 
der N. hypoglossus, N. glossopbaryngeus und N. vagus. Als Ort der 
Verletzung ist eine Stelle im Verlauf der Nerven, wo sie in inniger Nach¬ 
barschaft verlaufen, anzunehmen. Nach der Verlaufsrichtung des Geschosses 
— vom äußeren Augenwinkel nach den oberen Partien des M. sterno- 
cleidomastoideus derselben Seite — ist die Läsionsstelle im extrakraniellen 
Verlaufe der Nerven in der Nähe der Schädelbasis zu suchen. Im zweiten 
Falle war eine Lähmung des linken N. hypoglossus, Vagus, Glossopharyngeus 
und Akzessorius (Sternokleidomastoideus und Kukullaris) vorhanden. Als 
Stelle der Verletzung ist nach dem Gang des Geschosses — transversal 
durch den Kopf etwas unterhalb der äußeren Gehörgänge — die Gegend 
außerhalb des linken Foramen jugulare und Foramen N. hypoglossi anzu¬ 
nehmen, an welcher Stelle die genannten Nerven innig benachbart liegen. 
Im ersten Falle ist mit der Zeit eine funktionelle Besserung durch Gewöhnung 
eingetreten, im zweiten Falle war dies nach mehrmonatlicher Beobachtung 
noch nicht geschehen. 

Der Patient von Groß (51) erhielt eine Verletzung in der Mitte des 
linken Halses. Er verlor sofort die Stimme. Nach einiger Zeit machten 
sich bei andauernder Heiserkeit Atembeschwerden geltend mit bis zum Luft¬ 
hunger gesteigertem Erstickungsgefühl. Nach 3—4 Tagen ließen die Atem¬ 
störungen nach, dafür stellte sich Hustenreiz mit Brechneigung besonders 
nach der Nahrungsaufnahme ein. Diese Erscheinungen klangen nach etwa 
2 "Wochen ab. Der objektive Befund um diese Zeit war: Stimme ganz 
heiser, monoton, Sprechen mühsam, oft unterbrochen durch Hustenstoß, der 
bisweilen etwas Auswurf befördert. Linkes Gaumensregel gelähmt, Uvula 
nach rechts stehend, noch stärker beim Intonieren; Anästhesie des linken 
Gaumens; Würgreflexe nicht auslösbar. Zuuge stark nach links verzogen. 
Taktile Sensibilität der linken Zunge merklich abgestumpft, ebenso ist links 
die Gesckmachsempfindung herabgesetzt. Linkes Stimmband gelähmt, Be¬ 
rührung der linken Epiglottishälfte, der Schleimhaut des linken Sinus pyr. 
und der Ary-epigl.-Falten unempfindlich. Das röntgenologisch an der Basis 
cranii sichtbare Sprengstück wurde bei der Operation nicht gefunden. 
Trotzdem wurde durch die Operation eine fast völlig normale Funktion des 
linken M. genio-glossus und eine bedeutende Besserung der Sprache erzielt. 
Bemerkenswert ist der Fall noch dadurch, daß eine Reizung der peripheren 
Vagusausbreitung lediglich durch Anfüllung des Magens ausreichte, einen 
typischen Reflexkrampf auszulösen. 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


407 


Bei dem von Hoffmann (66) beobachteten Soldaten hatte das Geschoß 
den rechten Jochbogen durchschlagen und war die Fossa pterygopalatina 
durcheilend, seitlich parapharyngeal an der Halswirbelsäule vorgedrungen 
und hatte den rechten N. recurrens zerrissen, wofür das plötzliche Auftreten 
der Heiserkeit spricht. Der Patient zeigte das vom Autor beschriebene 
Phänomen der Besserung der Rekurrenzparalysestimme durch gewisse Kopf¬ 
stellung. Wenn Patient den Kopf über die rechte Schulter drehte, wurde 
die Stimme schlechter, wenn er ihn über die linke drehte, besserte sie sich 
bedeutend. 

Körner (84) hat seine Ohraufmeißelungen auf Fazialisverletzungen 
durchgesehen und hat unter mehreren hundert Fällen nur drei Verletzungen 
gefunden, die während der Operation entstanden sind. Alle drei entstanden 
beim Ausschahen von Granulationen oder Cholesteatommassen an der inneren 
oberen Paukenhöhlenwand oder an der Antrumschwelle. Der Nerv war also 
bereits vor der Operation durch krankhafte Zerstörung der Wand seines 
Knochenkanals bloßgelegt und durch die Granulation oder durchs die Chole¬ 
steatommassen verdeckt gewesen. Ja, man darf annehmen, daß der Nerv 
selber in solchen Fällen oft schon vor der Operation krank ist; wenigstens 
hat man ihn hei den nicht operierten Fällen mehrfach post mortem stark 
erkrankt gefunden, obwohl er bis zum Tode funktionell intakt geblieben 
war. Die viel häufigeren Lähmungen hei der Nachbehandlung sind wohl 
auf zu feste Tamponade bzw. Sekretverhaltung hinter dem Tampon oder auf 
Atzungen mit Höllenstein oder Chromsäure zurückzuführen. 

Körner (83) beobachtete Fälle von peripherischer Fazialislähmung 
infolge von Erkrankungen der Ohrmuschel (Herpes, Perichondritis und 
Othämatom). Er erklärt die Affektion teils durch Übergreifen des Prozesses, 
teils durch die Toxine, die ein perichondritischer Prozeß liefert. 

Körner (87) teilt Fälle mit, in denen bei Hals- und Kopfschüssen 
Lähmungen des Vagus, Glossopharyngeus, Akzessorius, Akustikus usw. ein¬ 
traten, ohne daß die Nerven direkt vom Geschoß getroffen worden waren. 

Körner (85) beobachtete bei einem Patienten, bei dem wegen Mittel- 
ohreiteruug und Labyrinthreizung die Operation vorgenommen wurde, am 
Tage nach der Operation eine Lähmung nur des Mundfazialis die nach 
10 Tagen wieder verschwand. (Vergl. Ruttin p. 407.) 

Körner (86) beobachtete in 2 Fällen von Fazialislähmung ein Tiefer¬ 
stehen der Augenbraue auf der gelähmten Seite. 

Ruttin (140) teilt Fälle mit, in denen er vorwiegend Parese des Mund¬ 
astes des Fazialis beobachtete, von denen die einen durch Verletzung des 
Fazialis in seinem absteigenden Teil, die anderen spontan durch akute Otitis 
und Mastoiditis entstanden sind. In allen Fällen handelte es sich um hoch¬ 
gradige pneumatische Warzenfortsätze mit außergewöhnlich entwickelten 
retrofazialen Zellen. Die Fazialisparese war dadurch entstanden, daß durch 
Vereiterung dieser Zellen, bzw. durch Auskratzung bei der Operation der 
Fazialis im absteigenden Teil schon nahe dem Foramen stylomastoideum in 
seiner hinteren Zirkumferenz freigelegt wurde. Bei Verletzung des Fazialis 
durch Auskratzung des kranken Knochens an dieser Stelle werden zuerst die 
hinteren Querschnittsbündel getroffen. Dasselbe kann auch der Fall sein, 
wenn die Eiterung den Fazialis spontan erreicht. Die Tatsache, daß in 
diesen Fällen vorwiegend Parese des Mundastes entsteht, findet am besten 
darin ihre Erklärung, daß die im absteigenden Teil des Fazialis im hinteren 
Teil seines Querschnittes liegenden Bündel den Mundfazialis darstellen. 

Zäppert (186) berichtet über 4 Fälle von Fazialislähmungen, die er 
kurze Zeit hintereinander bei Kindern beobachtete. Die Lähmung war bei 


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408 


Krankheiten der peripheriiehen Nerven. 


allen plötzlich ohne sichtbare Vorboten eingetreten, umfaßte alle Äste des 
Fazialis, war gutartig nach dem elektrischen Befunde und war in 2 bis 
3 Wochen geheilt. Zur Erklärung der Ätiologie gibt Verf. an, daß es sich 
möglicherweise um ganz leichte Fälle von Poliomyelitis handele, wobei der 
Fazialiskern nur in leichtester Weise betroffen seiu könne. 

Bei genauer Untersuchung eines Falles von peripherer refrigeratorischer 
Fazialislähmung mit aufgehobener Träneusekrction an der gelähmten Seite 
bei Weinen, Schmerzen, traurigen Affekten, psychischen Aufregungen gelangt 
Higier (69) zur Ansicht, daß der Gesichtsnerv an seinem obersten Viertel ge¬ 
litten hat, oberhalb der Abgangsstelle des N. stapedius und der Chorda tympani, 
und zwar dort, wo sich das motorische Ganglion des Nerven (G.geniculi) findet, 
und wo der N. petrosus superf. major, der anatomische lakrimo-sekretorische 
Nerv, den Fazialis verläßt. Der N. petrosus stellt eben physiologisch den 
motorischen oder kommunizierenden Ast der Gangl. sphenopalntinum dar, 
wogegen der N. lacrymalis conjunctivae den rechten Reflexbogen repräsentiert. 
Das Symptom des einseitigen Weinens (Jendrassik. Köster) ist äußerst 
selten bei Fazialislähmungen. (Selbsti>ericM.) 

Nach Beobachtungen von Hoffmann (67) besteht bei manchen Fällen 
von Rekurrensparalyse eine Differenz der Höhenstellung der Stimmlippen, 
die besonders bei der Intonation deutlich wird. Sie beruht auf einer In¬ 
suffizienz des M. cricothyreoideus derselben Seite. Die durch isolierte 
Kontraktur des Ringschildknorpelmuskels der entsprechenden Kehlkopfseite 
hervorgerufene Höherstellung der gelähmten Stimmlippe bedarf einer be¬ 
sonderen Darstellung. Ihre Korrektur erfolgt in umgekehrter Richtung wie 
bei der Tieferstellung der paralytischen Stimmlippe. Sie läßt sich mechanisch 
durch Herunterdrücken des entsprechenden hinteren Ringknorpelteiles, sowie 
durch forciertes Drehen und Senken des Kopfes nach der der Lähmungsseite 
entsprechenden Schulter ausgleichen. In solchen Fällen wäre das Tragen 
einer geeigneten Pelotte zu empfehlen und eventuell eine operative An¬ 
näherung des vorderen Ringknorpelteiles an den Schildknorpel zu versuchen. 

Nach Untersuchungen von Kammer (97) verhält sich der Ramus 
descendens Hypoglossi beim Hunde wie beim Menschen. Seine Fasern scheinen 
ausschließlich für die Kehlkopfsenker bestimmt zu seiu. Der Nerv führt 
zentrifugale und zentripetale Äste, und scheint der obere Abschnitt aus¬ 
schließlich zentrifugale, der mittlere uud untere beide Faserarten zu ent¬ 
halten; letzterer kann allerdings zuweilen nur zentripetale Easern führen. 

Vermeulen (178) fügt seiner Arbeit „Das Kehlkopfpfeifen des Pferdes“ 
(s. Jahresb. 1914 p. 606) neue Beobachtungen hiuzu. 1. In einem dritten 
Fall von chronischer laryngealer Hemiplegie des Pferdes hat er an der ge¬ 
nannten Stelle den Nucleus ambiguus deutlich degeneriert gefunden. 2. Ein 
D/g jähriges Kaltblutfohlen wurde wegen einer Polyarthritis omphalica 
chronica getötet. Die Schilddrüse zeigte die beschriebenen Veränderungen, 
und die Verengerer der Stimmritze der linken Seite waren weniger ent¬ 
wickelt als rechts. 3. Ein l 1 / 2 jähriges Kaltblutfohlen wurde wegen einer 
unheilbaren chronischen, eitrigen Entzündung der Nasen- uud Kieferhöhlen¬ 
schleimhäute getötet. Die Schilddrüse zeigte mikroskopisch herdweise patho¬ 
logische Veränderungen, welche der Autor vorher niemals gesehen hat, und 
die seiner Meinung nach auch noch niemals beschrieben wurden. Der 
Musculus posticus der linken Seite war weniger entwickelt als der au der 
rechten, die Verengerer der linken Seite jedoch waren deutlich besser ent¬ 
wickelt als rechts. Der Autor ist danach der Ansicht, daß die betreffende 
Nervenkrankheit des Pferdes anfänglich auch zentraler Natur sein kann. 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


409 


In dem von Beck (10) mitgeteilten Falle handelt es sich um eine 
Afiektion des 9., 10., 11. und 12. Hirnnerven, welche durch Druck einer 
tuberkulösen Drüse hervorgerufeu war. Die Drüse saß in der Nähe des 
Foramen jugulare uud hatte hier die extrakranialen Nerven in Mitleiden¬ 
schaft gezogen. Nach Exstirpation der Drüse trat eine Besserung der Sym¬ 
ptome bis zu einem gewissen Grade ein. 

Bei der Nachuntersuchung von 250 Kropfoperierten fand Hoeßly (64) 
im ganzen 3 definitive Eekurrensschädigungen = 1,2 %. Daneben fanden 
sich noch 8 Paresen, welche sich aber im Stadium deutlicher Besserung be¬ 
fanden. Dieses günstige Resultat beruht anf der Methode von de Quervain 
der Unterbindung der A. thyreoidea inferior. 

In dem von Miller (115) mitgeteiJteu Falle handelt es sich um eiue 
doppelseitige Postikuslähmung, die im Laufe einer Laryngitis auftrat und 
sich zweimal in Zwischenräumen von 1—2 Jahren wiederholte. Der erste 
Anfall war der schwerste; nach den beiden anderen Anfällen blieb eine 
gewisse Verengerung der Stimmritze zurück. 


Obers Extremität. 

In dem von v. Tschermak (173) mitgeteilten Falle haudelt es sich 
um einen Herpes zoster gangraenosus der rechten Hand nach Schußver¬ 
letzung des Plexus brachialis. Die Erscheinungen waren: lokales dikta¬ 
torisches Erythem mit Empfindung von Brennen an nicht anästhetischen Haut¬ 
stellen, ferner gläuzende, prallgefüllte Blasen, Epithelnekrose mit Schorf¬ 
bildung und vernarbender Substanzverlust. Die Verteilung des Zoster war 
an die distale Hautzone des N. ulnaris geknüpft; die Schußverletzung hatte 
offenbar zu keiner vollständigen Purchtrennung des gesamten Ulnaris, w r ohl 
aber zu Neuritis geführt. Die entzündliche Alteration der Haut war erst 
im regenerativen Spätstadium während der Wiederkehr der normalen Sensi¬ 
bilität und Motilität aufgetreten. Es bestand keine Neuralgie, aber eiue sehr 
gesteigerte Schmerzhaftigkeit des Ulnarisstammes für elektrische und mecha¬ 
nische Reize. Der Autor erklärt den Fall irn Sinne Kreibichs als spät- 
reflektorische Angioneurose. 

In allen Fällen, in denen komplizierte Frakturen längere Zeit unter 
Fieber eitrige Sekretion unterhalten, erscheint nach Erfahrungen von S&uter 
(143) an zwei Fällleu von komplizierter Radialislähmung ein Hinausschieben 
der Nervennaht bzw. der Neurolysis evtl, bis zu 4 bis 5 Monaten not¬ 
wendig, weil selbst bei vollständiger Abheilung der äußeren Wunden der 
frühere Infektionsprozeß wieder zur Aufflackerung gelangen und dadurch 
von neuem Eiterungen auftreten können, die die Operationsaussichten sehr 
verringern. 

In 5 Fällen vou Radialislähmung, die Hoepfl (63) beobachtete, erwies 
sich bei der Operation die Verletzungsstelle des Nerven als annähernd gleich 
— sie war nämlich ungefähr in der Mitte einer vom äußeren Rande des 
Akromion zur Ellenbogenspitze gezogenen Linie, an dem oberen Ende des 
Sulcus nervi radialis, da, wo der Nerv sich um die Außenseite des Humerus 
herumschlingt, am obersten Ende des äußereu Trizepskopfes. 

Higier (60): Bei einem 14jährigen Fräulein entsteht plötzlich nach 
einem Uufall, bei dem die Hand stark hyperextendiert wurde, eine komplette 
Lähmung der Extensoren der Hand und der Finger. Die Hartnäckigkeit 
des Leidens, das schon mehrere Monate anhält, die traumatische Entstehung 
ohne irgendwelche anderen Momente veranlaßte deq Hausarzt, einen Gips¬ 
verband auf mehrere Wochen anzulegen. Der Zustand verschlimmerte sich. 

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410 


Krankheiten der peripherischen Nerven. 


Eine genaue Exploration nach 6 Monaten ergibt atypische Verteilung der 
Lähmung an den Extensoren, Abwesenheit von Atrophie und elektrischen 
Veränderungen, ausgedehnte und tiefe Sensibilitätsstörungen am Vorderarm 
in Manschettenform, paroxysmale und vorübergehende Kontrakturen am 
Ober- und Vorderarm. Die posttraumatische Lähmung ist psychogener Natur 
und simuliert ausgezeichnet eine Radialislähmung. Der Gipsverband ist bei 
hysterischen Lähmungen als Kunstfehler aufzufassen. Verfasser erinnert an 
eine ähnlich aussehende Stellung der Eand, die er hei hysterischer Kon¬ 
traktur beschrieben hat, und die sich bei zwei Schwestern nach einem Affekt 
unabhängig voneinander entwickelt hat. {Selbstbericht.) 

Chrysopathes (28) führt drei Fälle an, in welchen die Supinations¬ 
beschränkung des Unterarms nicht in einem Hindernis in den Knochen lag, 
sondern die Ursache lag in den Weichteilen des Vorderarms. Es handelt 
sich um eine Haltungsanomalie der oberen Extremitäten bei Kindern, deren 
Entwicklung in das intrauterine Leben fällt, und auf die Stellung, die 
der Embryo in utero einzunehmen pflegt. Der zweite Hauptfaktor, der 
hier eine Rolle spielt, ist die schwache Konstitution, mit der diese Kinder 
zur Welt kommen. Es ist wahrscheinlich, daß bei diesen von Geburt an 
so schwachen Geschöpfen durch die extreme Pronation und Flexion der 
Vorderarme bzw. der Hände und Ellenbogen in der Gebärmutter ihre au 
sich schwachen Extensoren und Supinatoren durch Uberdehnung weiter so 
geschwächt werden, daß die Antagonisten dieser Muskeln, d. h. die von 
Natur aus stärkeren Flexoren und Pronatoren das Übergewicht bekommen. 


Untere Extremität. 

Schuster (152) berichtet über eine isolierte Lähmung des N. glutaeus 
superior durch Schußverletzung. Wenn Patient steht, so fällt, von hinten 
gesehen, eine erhebliche Vertiefung der Gegend unmittelbar hinter dem rechten 
Trochanter auf. Der tastende Finger dringt rechts direkt oberhalb des Tro¬ 
chanters zwischen diesem und der Crista ossis ilei in eine tiefe Grube ein. Be¬ 
trachtet man den Patienten von vorne, so macht sich eine deutliche Abflachung 
der Gegend des rechten M. tensor fasciae latae bemerkbar. Während die 
Streckung, die Auswärtsdrehung und die Adduktion im rechten Hüftgelenk 
mit normaler Kraft geschehen, ist die Hüftbeugung, die Abduktion des Ober¬ 
schenkels und besonders auch die Einwärtsdrehung des im Knie gestreckten 
Beines erheblich geschwächt. Bei der forcierten Hüftbeugung und bei der 
Einwärtsrotation des rechten Beines wird der normalerweise bei diesen Be¬ 
wegungen stark vortretende M. tensor fasciae latae nicht sichtbar. Die be¬ 
merkenswerteste Störung tritt beim Gehen zutage. Sobald der Kranke sich 
in Bewegung setzt, sieht man eine auffällige Becken- und Rumpfbewegung. 
Während das Becken in normaler Weise feststeht, wenn der Kranke mit 
dem linken Fuß auftritt, hebt sich die rechte und senkt sich gleichzeitig die 
linke Beckenhälfte, sobald der Kranke mit dem rechten Fuß auftritt Den 
Beckenbewegungen parallel gehen entgegengesetzt gerichtete leichte seitliche 
Wirbelsäulenbewegungen. Die Analyse der abnormen Beckenbewegung ge¬ 
schieht im Stehen noch leichter als im Gehen. Läßt man den Kranken 
möglichst wenig gestützt auf dem linken Bein allein stehen und das rechte 
Bein in der Schwebe halten, so zeigt sich nichts Abnormes. Wechselt der 
Patient die Stellung, so daß er auf dem kranken Beine steht und das ge¬ 
sunde Bein in der Schwebe hält, so sinkt das Becken auf der gesunden 
Seite nach unten. Gleichzeitig macht die Lendenwirbelsäule eine kompen¬ 
satorische Skoliose, so daß der Oberkörper wieder zurück nach der Seite 


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Krankheiten der peripherischen NerveD. 


411 


des Standbeins gebracht wird. In dieser Stellung des Patienten, in welcher 
das Bein der kranken Seite das Standbein darstellt, macht sich der funk¬ 
tionelle Ausfall des M. glutaeus medius und minimus durch eine tiefe Delle 
der Gegend hinter und oberhalb des Trochanters deutlich bemerkbar. 
Außerdem tritt eine sehr starke Anspannuug des M. erector trunci der 
kranken Seite in Erscheinung. 

Durch eine Reihe ausgewählter Krankengeschichten demonstriert Fleisch- 
hauer (41) die verschiedenen Ausfallserscheinungen einer durch Schußver¬ 
letzung eingetretenen Peroneuslähmung. 

Kramer (93) beschreibt 4 Fälle einer Schußverletzung des N. tibialis 
unterhalb des Abgangs der Zweige für die Unterschenkelmuskulatur, wo der 
motorische und sensible Ausfall sich nur auf den Fuß erstrecken. Die erheb¬ 
lichen subjektiven Beschwerden des Patienten scheinen zunächst in Wider¬ 
spruch zu stehen gegenüber dem geringfügigen objektiven Befund. Der 
funktionelle Ausfall auf dem Gebiete der Motilität beschränkt sich im wesent¬ 
lichen auf eine Beeinträchtigung der Zehenbeugung. Die Sensibilitäts¬ 
störung betraf in drei Fällen das gesamte Ausbreitungsgebiet des N. tibialis 
an der Fußsohle (Plantaris ext. und int. N. calcaneus). ln einem Falle 
blieb es auf Plantaris ext. und int. beschränkt. Die Patienten klagten einmal 
über Parästhesien und Taubheitsgefühl in der Fußsohle und ferner über 
Schmerzen in der Fußsohle, die sich besonders beim Auftreten geltend 
machen. Der Autor vermutet, daß diese letzteren Beschwerden auf die 
Lähmung der kleinen Fußmuskeln und deren Rückwirkung auf die Statik 
und Mechanik des Fußes zu beziehen sind. 

Sympathikus. 

Unter 1196 von 1895—1915 operativ behandelten Patienten mit gut¬ 
artiger Struma fand Kaelin (74) 12 Fälle (also 1 %), die alle mehrfache 
Sympatikuserscheinungen zeigten. Aus der Durchsicht des Materials ergeben 
sich für den Autor folgende Schlußfolgerungen: 1. die einfache, benigne 
Struma kann durch Druck den Grenzstrang des Sympathikus beeinträchtigen. 
2. Nach Extirpation der betreffenden Kropfhälfte bilden sich in einem Teil 
der Fälle die Sympathikussymptome zurück, in anderen Fällen bleiben sie 
bestehen. Von den Augensymptomen schwindet zuerst die Ptosis und erst 
nachher die Miosis. 3. Der Sympathikus kann bei einfacher Kropfoperation 
verletzt werden. Derbe, peristrumitische Verwachsungen begünstigen das 
Zustandekommen der Verletzung. 4. ln der Regel handelt es sich dabei 
um Lähmungssymptome. Auch hier sind sie einer Rückbildung fähig. 
Zuerst schwindet die Ptosis und dann die Miosis. 5. Die operative Sym¬ 
pathikuslähmung bildet eine beachtenswerte Störung, die durch sorgfältiges 
Vorgehen im Gebiet der Arteria thyreoidea inferior nach Möglichkeit zu ver¬ 
meiden ist. 

Metzner u. WÖlfflin’s (113) Arbeit ist im wesentlichen ein Referat 
über die bekannten nach Sympathikuslähmung auftretenden Erscheinungen. 


Neuritis und Poiyneuritis. 

Nonne (121) bringt auch zwei Beobachtungen über die Mannsche 
Polyneuritis neurasthenica: Fall 1. Ein neuropatisch belasteter, seit Jahren 
an ausgesprochener Neurasthenie leidender Mann macht den Feldzug mit, 
er ist großen körperlichen und seelischen Strapazen ausgesetzt. Er erhält 
eine leichte Verwundung. Seine neurasthenischen Beschwerden nehmen zu. 


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412 


Krankheiten der peripherischen Nerven. 


Auf der Höhe derselben erkrankt er subakut an einer Neuritis multiplex 
aller 4 Extremitäten. Dieselbe stellt sich als eine solche der gemischten 
Nerven dar. Sie heilt gleichzeitig mit dem Abklingen der neurasthenischen 
Beschwerden in verhältnismäßig kurzer Zeit ab. Der zweite Fall ist ähnlich. 
In diesem ist die Verteilung der Lähmung eine andere als sie den am 
meisten in Anspruch genommenen Nerv-Muskel-Gebieten entsprechen würde. 

Mann (106) beobachtete 4 Fälle von schweren neurasthenischen Er¬ 
schöpfungszuständen, die kombiniert waren mit einer ausgedehnten Poly¬ 
neuritis sensibler Nerven. Es waren in früheren Jahren nervöse Erkran¬ 
kungen, offenbar von neurasthenischer Form voraufgegangen, die jedoch 
durch kurze Erholuugszeiten wieder ins Gleichgewicht gebracht wurden. In 
allen 4 Fällen trat nach sehr großen Strapazen uud psychischen Erregungen, 
zum Teil auch nach langdauernder Unterernährung ein Zustand schwerer 
Erschöpfung ein, welcher das typische neurasthenische Bild bot. Die sen¬ 
siblen Störungen der Polyneuritis bestanden in Reiz- und Ausfallserschei¬ 
nungen mit typischer Druckempfindlichkeit. Die sensiblen Reizerscheinungen 
gingen allmählich parallel mit dem Nachlassen der neurasthenischen Er¬ 
scheinungen zurück. Diese Polyneuritisfälle stellt Mann auf dieselbe Stufe 
wie die Fälle von Polyneuritis, die man bei dyskrasischcn Zuständen, bei 
Karzinomatose, Tuberkulose, Diabetes, im Greisenalter findet. Die allgemeine 
Erschöpfung, die Schädigung der gesamten Konstitution durch die Strapazen 
und Entbehrungen scheint hier in zwei Richtungen gewirkt zu haben, in 
der Auslösung einer Neurasthenie einerseits und einer Schädigung peripherer 
Nerven andrerseits. Der Autor gibt der Affektion die Bezeichnung „Poly¬ 
neuritis neurasthenica“. 

Die Polyneuritis dysenterica ist nach Schlesinger’s (146) Erfahrungen 
ein häufiger Folgezustand der bazillären Dysenterie; wahrscheinlich ist sie 
toxischen Ursprungs, da sie in der Regel zu einer Zeit auftritt, in welcher 
in den Fäzes Dysenteriebazillen nicht mehr nachweisbar sind. Die dominie¬ 
renden Symptome sind Schmerzen, Parasthesien und auch objektiv nach¬ 
weisbare Sensibilitätsstöruugen, Druckschmerzhaftigkeit der Nervenstämme. 
Die distalen Körperabschnitte sind besonders betroffen. Motorische Störungen 
treten zurück, ebenso trophische Störungen. Der Verlauf war ein gutartiger. 

Müller-Deham (117) bespricht die Symptomatologie und Therapie der 
Dysenterie auf Grund von Erfahrungen einer im Reservespital in Kagran 
durchgemachten Epidemie. Unter den Symptomen waren besonders auch 
neuritische auffallend oft. Der Autor gibt an, daß er alle Formeu der 
Neuritis dabei beobachtet hat. Neuritiden, die mit hochgradiger Muskel¬ 
atrophie und elektrischer Entartungsreaktion verliefen, typische Ischias mit 
allen Symptomen, Polyneuritis mit hochgradiger Druckempfindlichkeit und 
Verdickung der Nervenstämme, Hauthyperästhesien und Anästhesien, Fälle 
ohne anatomischen Befund, aber mit Parästhesien. Akroparästhesien, Gefä߬ 
krämpfe, trophische Störungen an den Nägeln und an der Haut. Es ist 
nach Ansicht des Autors nicht anzunehmeu, daß die Neuritis der Dysenterie 
spezifischer Natur sei, d. h. auf gewisso von den Dysenteriebazillen abhängige 
Giftstoffe zurückzuführen sei, sondern wahrscheinlicher, daß die Darmläsion 
als solche, die unspezifische Geschwürsbildung, der Wegfall der intakten 
Darmschleimhaut au einzelnen Stellen durch die Resorption von Darmgiften 
der ungeuiigeud abgebauten Nahrungsbestandteile zur Neuritis führt. Dafür 
spricht auch der Umstand, daß die Neuritiden mit der Heilung der Dann¬ 
prozesse abheilen. 

Stransky (165) berichtet über einen Fall von Neuritis beider Nn. 
femorales, beginnend mit Schmerzen an der Innenseite der Unterschenkel 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


413 


IN. sapheaus) und dann zum Oberschenkel aufsteigend. Als einzige Ursache kam 
Überanstrengung in Frage. 

Curschmann (34) macht darauf aufmerksam, daß er bereits 1905 
Fälle beschrieben hat, die dem von Oppenheim beschriebenen Bilde der 
Myohypertrophia kymoparalytica sehr nahe stehen. In diesen Fällen waren 
auch Muskelhypertrophie, Crampi und Lähmung an einer Extremität vor¬ 
handen. C. faßt aber die Muskelhypertrophie als Folge von exzessiv hefti¬ 
gen Crampis .auf und diese motorische Reizerscheinung wiederum als Folge 
einer toxischen Polyneuritis. Daß die letztere Annahme zutreffend ist, dafür 
sprachen in den von C. beobachteten Fällen außer den klassischen Zeichen 
der Neuritis auch die Anamnesen, nämlich diesbezüglich Alkoholismus und 
Tabaki ntoxi kation. 

Bregman (23a) berichtet über drei seltene Fälle von Polyneuritis. In 
dem ersten Falle handelte es sich um eine Diplegia facialis im Verlaufe 
von einer sensitiv-ataktischen Form der multiplen Nervenentzündung mit 
leichter Andeutung von Korsakowschem Symptome. In dem zweiten Falle 
bat sich zu einer Polyneuritis, welche schwer die beiden unteren Extremitäten 
und leicht die Gegend des rechten N. radialis betraf, eine schwere Lähmung 
des linken M. extensor hallucis longus hinzugesellt, infolgedessen der Hallux 
nicht gestreckt werden konnte. In dem dritten Falle wurden im Verlaufe 
einer rezidivierenden Polyneuritis unwillkürliche Bewegungen in den Muskeln 
der obereu Extremitäten beobachtet, welche an athetotische erinnerten, nach 
dem Verf. auf einer mangelhaften statischen Koordination der Muskeln be¬ 
ruhen und als pseudo-athetotische bezeichnet werden. (Sterling.) 

Bei einem Maler — Beobachtung von Curschmann (35), — der vor 
13 Jahren zuerst an Bleivergiftung (Koliken) erkrankte und vor ca. 8 Jahren 
eine typische rechtsseitige Radialislähmung erlitt, kommt es im Verlaufe 
heftiger, seit ca. 8 Jahren häufig rezidivierender, stundenlang dauernder 
Streckkrämpfe der Oberschenkel zu einer hochgradigen Hypertrophie beider 
llusculi quadricipites femoris. Außerdem finden sich ausgedehnte faszikuläre, 
fibrilläre, an Myokymie erinnernde Muskelkontraktionen. Es besteht also das 
Syndrom: Neuritische Lähmung (im rechten Radialis), Muskelkrämpfe der 
Quadrizepsmuskeln und sekundäre Hypertrophie der hyperkinetischeu Muskeln; 
außerdem fibrilläre Zuckungen und Myokymie. Die periphere Radialislähmung 
und die Crampi traten zu gleicher Zeit auf, was beweist, daß die Hyper- 
kinese ein Symptom der Bleineuritis ist. Daß die Muskelhypertrophie die 
ausschließliche Folge des Muskelkrampfes ist, unterliegt keinem Zweifel. 
Die Bewegungsstörung und Muskelbypertrophie hat viel Ähnlichkeit mit 
derjenigen der Myotoniker, indessen fehlen alle sonstigen charakteristischen 
Merkmale der Myotonie, ebenso fehlten die Erscheinungen, die etwa für 
Tetanie sprechen konnten. Es handelt sich in diesem wie in wenigen gleichen 
Fälleu um Muskelhypertrophien hyperkinetischen Ursprungs bei toxischer 
Polyneuritis. 

Aus seinen Versuchen mit einseitiger Fütterung mit entschältem und 
poliertem Reis bei Hühnern und Tauben schließt T&sawa (167), daß die 
durch diese Ernährung erzeugte Krankheit in klinischer und anatomischer 
Hinsicht ziemjich verschieden ist von der Beriberikrankheit des Menschen; 
eine sichere Ähnlichkeit zwischen beiden bestehe nur in den degenerativen 
Veränderungen der peripheren Nerven und Muskeln und den entsprechenden 
Lähmuugserscheinungen. 

Durch den Zusatz von geeigneten Nebenspeisen zu poliertem Reis 
kann man an Vögeln eine Polyneuritis hervorrufen, ohne daß gleichzeitig 
die anderen Krankheitssymptome, stärkere Abmagerung usw., auftreten. Aber 


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414 


Krankheiten der peripherischen Merven. 


auch hier zeigen sich nur die erwähnte Degeneration und Lähmung wohl 
als der einzige ähnliche Punkt, und das ganze Krankheitsbild entspricht 
keiner Form der Beriberi. Die Yogelkrankheit ist ferner nicht für die 
Reisfütteruug spezifisch; Zucker, Weizenbrot, eutschälte Gerste, der Rück¬ 
stand von ausgekochtem Fischfleisch sind auch imstande, dieselbe Krankheit 
hervorzurufen. Aus allen diesen Versuchen, speziell aus der prophylaktischen 
Wirkung des Reiskleiextraktes, erkennt man, daß die Krankheit im allge¬ 
meinen bei Mangel an gewissen Stoffen im Futter eintritt, und man hat 
diese als Vitamine bezeichnet. Als kausalen Faktor muß man eine Er¬ 
nährungsstörung, und zwar eine Störung im Stoffwechsel annehmen. Eine 
Vergiftung durch exogene bzw. enterogene Gifte, ist wohl sicher ausgeschlossen. 
Daß der Reis in Japan die Hauptnahrung bildet, ist ja allgemein bekanut, 
aber es kommen dazu noch verschiedene andere Nahrungsmittel. Wenn 
also Beriberi ätiologisch dieselbe Krankheit wäre, so müßte die in den 
Nebenspeisen enthaltene Vitaminmenge der Hauptfaktor sein, der den Aus¬ 
bruch der Beriberi bestimmt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes hat 
Tasawa viele Epidemien von Beriberi beobachtet, bei Fischern auf Para- 
muschir, einer unbewohnten Insel der Kurilen, und im Küstengebiet von 
Sibirien, sowie an Bord von Handelsschiffen. Nach diesen Beobachtungen 
schließt der Autor, daß der Mangel an Vitaminen nicht als die direkte Ur¬ 
sache der Beriberi anzunehmen ist. Die Beriberi tritt nämlich, obwohl die 
Bedingungen in bezug auf Nahruug, Arbeit, Lebensweise, Alter, Geschlecht, 
Klima, Dauer der Reise usw. anscheinend immer die gleichen sind, nie 
konstant auf, sondern nur in gewissen Fällen, dann aber häufig in ganzen 
Epidemien. In gewissen Jahren ist die Morbidität besonders hoch, in den 
anderen niedrig, und in demselben Jahre und an demselben Orte sind meist 
nur gewisse Gruppen von Fischern oder Schiffern von der Krankheit befallen, 
während die anderen ganz davon verschont bleiben. Dabei sind oft die 
Gerste und die Nebenspeisen, Fisch, Bohnen, Kartoffeln, Zwiebeln usw. gar 
uicht unbedingt mangelhafter, manchmal sogar reichlicher vorhanden gewesen 
als bei gesund gebliebenen Menschen. 

Die Disposition spielt also bei der Beriberi eine große Rolle. Im 
Gegensatz dazu gibt es bei Polyneuritis gallinarum keine individuelle Ver¬ 
schiedenheit in bezug auf Morbidität. 

Tasawa hat auch bei den Beriberiepidemien viele Fälle beobachtet, 
die unter derselben Nahrung und Lebensweise wie zur Zeit des Ausbruchs 
der Krankheit wieder ausgeheilt sind. Das kommt bei der Polyneuritis 
gallinarum nicht vor. 

Der alkoholische entfettete Reiskleieextrakt zeigt eine als Spezifikum 
auzuerkennende Wirkung, sowohl therapeutisch als auch prophylaktisch gegen 
die Vogelkrankheit. Wenn Polyneuritis gallinarum ätiologisch identisch mit 
der Beriberi des Menschen wäre, so müßte der Extrakt auch gegen Beriberi 
günstig wirken. Das ist aber nicht der Fall. 

Durch die einseitige Fütterung mit poliertem oder gekochtem Reis und 
Wasser ist es bei weitem schwerer bei Hunden und Kaninchen als bei Vögeln 
unzweideutige peripherische motorischer Lähmungen festzustellen; die Versuchs¬ 
tiere magern stark ab und gehen nach längerer Zeit wahrscheinlich an ein¬ 
facher Schwäche zugrunde. Bei Beriberi, wo die peripherische Lähmung 
eines der wichtigsten Symptome ist, ist die Sache ganz anders; die Ernährung 
der Kranken leidet anfangs wenig, die Abmagerung kommt erst später 
sekundär hinzu, wobei die Verdauungsstörung, der gesteigerte Eiweißzerfall 
und die degenerative Atrophie der Skelettmuskeln als Hauptursache auf- 
zufassen sind. Ebenso kam es bei den vom Autor gesehenen Beriberiepi- 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


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demien im Gegensatz zu den Verhältnissen bei den Tierexperimenten niemals, 
vor, daß neben Menschen, die an typischer Beriberi erkrankt waren, solche 
in größerer Menge sich fanden, die nur an starker Abmagerung und Schwäche 
litten, ein Krankheitsbild, das an Hunden und Kaniuchen immer beobachtet 
worden ist. Auch dieser Funkt spricht gegen die Identität beider Erkran¬ 
kungen. 

Daß der polierte Reis als Hauptnahrung eine gewisse Beziehung zum 
Ausbruch der Beriberi haben kann, will Tasawa nicht bestreiten. Der 
Vitaminmangel in der Nahrung kann eine gewisse Disposition für Beriberi 
schaffen. Aber der Vitaminmangel ist nicht die direkte Ursache der Beri¬ 
beri, und die durch einseitige Ernährung mit poliertem Reis bzw. durch 
Vitaminmangel allein hervorgerufene Krankheit ist nicht mit Beriberi identisch. 

Der Reisuährschaden der Säuglinge verhält sich klinisch ganz anders 
als die Säugliugsberiberi, dagegen hat er eine große Ähnlichkeit mit der 
beschriebenen Krankheit der Vögel und Säugetiere, welche durch Vitamin¬ 
mangel hervorgerufen wird. Reisuährschaden ist wahrscheinlich identisch 
mit Polyneuritis gallinarum. 

Der erste der von Alt (2) beschriebenen Fälle bot das Bild einer 
multiplen Neuritis mit Beteiligung des Höruerven. Der zweite Fall zeigte 
sowohl seitens des kochlearen als des vestibulären Labyrinthanteils weniger 
schwere Erscheinungen, die nach kurzer' Zeit zurückgiugen. 

Nach der zweiten Typhusschutzimpfung trat bei einem Stabsarzt 
ziemlich akut ein im Verlauf von etwa einer halben Stunde sich derartig 
steigernder Schwindel auf, daß jede Herrschaft über den Körper ausgeschaltet 
war. Heftiges Erbrechen bei jeder Kopfdrehuug, Pulsverlangsannmg. ver¬ 
langsamte Atmung, Krampgefühl im Kiefergelenk, kalter Schweiß, Ein¬ 
geschlafensein der Finger, Sausen im Kopf waren die weiteren Erscheinungen. 
Vier Wochen danach bestand noch Schwindelgefühl beim Drehen des Kopfes 
oder der Augen, besonders nach links, deutliche Ataxie bei raschen Be¬ 
wegungen. Auf Grund dieser Erscheinungen und des objektiv erhobenen 
Befundes schloß Hirsch (61) eine Erkrankung der hinteren Scbädelgrube, 
speziell des linken Kleinhirns aus; er führt vielmehr alle Erscheinungen auf 
eine Dekomposition des Gleichgewichtsapparates zurück, die durch Reizung 
beider Vorhofsnerven zustande gekommen ist. 

Im ersten der von S&nte (142) mitgeteilten Fälle handelt es sich um 
ein 21 jähriges Mädcheu, welches unter schmerzhaften kolikähulichen Magen- 
dannstörungen erkrankte. Diese Koliken wiederholten sich; es kamen 
Beinkrämpfe und Anfälle hinzu, die bei auftretender Gelbsucht den Verdacht 
auf Gallensteine erweckten, so daß es operiert werden sollte. Patientin 
wurde äußerst anämisch, es stellten sich Schwäche und Muskelatrophieu in 
Armen und Beinen ein und Druckschmerzhaftigkeit der Nerven. Diese 
peripherischen Störungen im Verein mit der Auämiö und deutlichem Bleisaum 
führten auf die richtige Spur. Es stellte sich heraus, daß Patientin Blei- 
karbouat sei 10 Jahren als Puder benutzt hatte. Nach Weglassen dieses 
Kosmetikums trat Heilung ein. Der zweite Fall, der eine 50 jährige Frau 
betraf, hatte die gleichen Symptome und dieselbe Ursache. 

In der Mitteilung von Bikeles (17) handelt es sich um eine Familien¬ 
vergiftung durch verdorbene Nahrung. Während zwei Mitglieder nach all¬ 
gemeinen intestinalen Erscheinungen wieder genasen, stellten sich bei Mutter 
und Tochter nachträglich Erscheinungen einer Polyneuritis der distalen Ab¬ 
schnitte der oberen und unteren Extremitäten ein. Bei der Mutter walten 
Akrodynien (Schmerz im Planta pedis und Parästhesien in Vola manus) vor, 
bei der Tochter kam es zu Akroparalysen mit bedeutendem Uberwiegen der 


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Krankheiten der peripherischen Nerven. 


Lähmungserscheinungen an den unteren Extremitäten. Der Autor vermutet, 
daß es sich um Arsenikvergiftung handeln kann. 

In dem von Bikeles (18) publizierten Falle hebt der Autor hervor, 
daß trotz der hochgradigen Atrophie des Muculus infraspinatus Patient ohne 
Behinderung lange schreiben konnte; auch das FadeDziehen gelang ihm gut. 

Der 32 jährige Patient — Beobachtung von Löffler (103) — war früher 
immer gesund. Im August 1913 rasch zunehmende Schwäche beider Berne 
und Unfähigkeit zu gehen. Gleichzeitig Ödeme der Füße, Lebervergrößerung 
und Aszites. Nach 2 Monaten völlige Wiederherstellung anf Bäder und 
Massage. Anfang September plötzliche Unfähigkeit zu gehen, keine Schmerzen 
in den Beinen. Beim Eintritt in das Spital konnte das linke Bein nicht 
bewegt werden, die Flexion in der rechten Hüfte und im rechten Knie er¬ 
folgten sehr mühsam, sonst waren keine Bewegungen möglich. Die Hand 
zeigt die typische Stellung der Radialislähmung. Die Streckung der End¬ 
phalangen war bei extendierten und fixierten Endphalangen nicht möglich: eben¬ 
sowenig konnten die Finger gespreizt werden. Das Medianusgebiet war im 
wesentlichen intakt. Die hochgradige Herabsetzung der rohen Kraft der 
Beugemuskulatur wies auf das Mitbefallensein des N. musculocutaneus hin. 
Im Schultergürtel war keine Innervationsstörung nachweisbar. Alle Sehnen¬ 
reflexe fohlten. Sensibilitätsstörungen bestanden keine. Es bestand ferner 
linksseitige Rekurrenslähmung. Die Stimme war dementsprechend rauh, die 
Sprache aber gleichzeitig eigentümlich abgerissen; fast nach jedem Wort 
erfolgte ein Atemzug, ohne daß Dyspnoe bestand. Bei der Atmung fiel 
die mächtige Ausdehnung der rechten Brustseite gegenüber der fast unbe¬ 
weglichen linken auf. Lungengrenzen: Rechts vorn oberer Rand der siebenten 
Rippe, gut verschieblich links fünfte Rippe, keine deutliche respiratorische 
Verschiebung. Hinten rechts proc. spin. XL, verschieblich; links proc. spin. 
IX., nicht verschieblich. Bei der Röntgendurchleuchtung war der Zwerchfell¬ 
hochstand links sehr augenfällig. Die ganze Herzspitze hob sich deutlich 
von der hochstehenden Magenblase ab. Links ließen sich deutlich paradoxe 
Zwerchfellsbewegungen erkennen. Während bei Inspiration der rechte 
Zwerchfellschatten sich auf dem Schirm um ca D/g cm senkte, stieg die 
linke Zwerchfellkuppel um ca. 1 cm empor. Gleichzeitig erfolgte eine 
deutliche Verschiebung des Herzens und des Mediastinums nach rechts. 
Es handelt sich also um eine linksseitige Phrenikuslähmung. 

Auffallend ist das Befallensein einer Anzahl von Nerven der linken 
Körperhälfte, die auf ihrem Verlauf am Halse auf kürzere oder längere 
Strecken nahe beisammen liegen. 

Es ließen sich weder an der Wirbelsäule noch an der Schilddrüse 
irgendwelche pathologischen Prozesse nachweisen, noch ließen sich Drüsen 
palpieren. Ein lokale Affektion wird auch durch das Befallensein beider 
unterer Extremitäten unwahrscheinlich. Nachdem die Anamnese noch einen 
beträchtlichen Alkoholabusus ergibt, wird die Diagnose einer toxischen Poly¬ 
neuritis gesichert sein. ( SelbslbericM.) 

Bei einem Patienten, der an Lues tubero-serpiginosa litt — Beobachtung 
von Pinczower (125) — stellte sich im Verlaufe der Krankheit 2 Tage 
nach einer Salvarsaninjektion eine Polyneuritis ein, die ungemein heftig und 
hartnäckig war. Ergriffen war Ischiadikus, Plexus brachialis und lumbalis. 
Der Autor nimmt an, daß Spirochäten von den Tubera an den Beinen und 
Armen in die kleinsten Nervenstämmchen und von da in das Perineurium 
und zwischen die Fasern der großen peripheren Nerven gelaugt sind. 

Claytor (30) beschreibt einen Fall von multipler Neuritis, welche im 
Verlaufe eines Typhus sich entwickelte. Betroffen waren vornehmlich die 


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Hysterie und Neurasthenie. 


417 


nuteren Extremitäten. Aus der Literatur hat der Autor noch 25 ähnliche 
Fälle gesammelt. 

Anderson (4) scheint bei jeder Neuritis eine schlechte Blutmischung 
durch Darmstörungen anzunehmen. Er bewirkt deshalb vornehmlich eine 
durchgreifende Reinigung des Darms, und die schmerzhaften Stellen behandelt 
er mit Elektrizität und Massage. 

Bei einem 60jährigen Mann — Beobachtung von Kreibich (95) —, 
der an starkem, die Lokalisation wechselndem Jucken leidet, finden sich 
neben breiter, z. B. die Fußrücken einnehmender Licheninfiltration Stellen 
mit follikulärer Licheninfiltration und Akanthose. Zugleich sind vitiligoartige 
Stellen vorhanden, in welchen aber um die Follikel vielfach die Figmentation 
erhalten bleibt, und deren Randbegrenzung sich von typischen Vitiligoflecken 
unterscheidet. Weiter finden sich da und dort umschriebene rundliche Herde ' 
mit Pigmentvermehrung und licheninfizierter Oberfläche. Endlich konstatiert 
man zu beiden Seiten beider Genitokruralfalten und in der Skrotalbaut 
opakweiße warzig elevierte Herde, die histologisch aus Akanthose über 
einer unspezifisch entzündlich infiltrierten Kutis bestehen, in der sich reichlich 
eosinophile Zellen finden. Kreibich diagnostiziert nach diesem Befunde 
eine Neurodermitis verrucosa. 


Hysterie und Neurasthenie. 

Ref.: Dr. Hermann Krüger-Buch. 


1. Alexander, H. C. B., Hysteria as Constitutional Disorder. New York M. J. CI. 
No. 25. 

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4. Anfimoff, V. Y., The Cause of Rhythmical Tremor in HyBteria. RusBky Vrach. 
Jan. 31. XIV. No. 5. 

5. Aschaffenburg, Die Wandlungen des Neurastheniebegriffs. Festsohr. z. Feier d. 
lOjähr. Bestehens d. Kölner Akad. Bonn. S. 44. 

6. Babinski, J., Histeria — pitiatismo. Semana Med. No. 6. 

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The J. of the Am. M. Ass. 65. 1847. (Sitzungsbericht.) 

8. Baker, Valentine C., Neurasthenia Among Garment Workers. Med. Rec. 87. (15 ) 
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9. Bauer, Hysterischer Pseudotetanus. Jb. f. Psyoh. 85. 396. (Sitzungsbericht.) 

10. Bieling, Örganische Erkrankungen mit hysterischer Pseudodemenz. Mschr. f. P&yoh. 
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203. (Sitzungsbericht.) 

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13. Blässig, Konrad, Beitrag zur funktionellon Stimmbandlähmung im Felde. M- m. 
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(Sitzungsbericht.) 

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63. (1.) 23. 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie ms. 

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Hysterie uad Neurasthenie. 


418 

20. Co Hins, Joseph, Astasia-Abasia. Report of Case Eventuating in Recovery After 
Many Years Duration. Med. Rec. 87. (17.) 673. 

21. Coriat, J. H., Stammering as Psychoneurosis. J. cf Abn. Psychol. IX. No. 6. 

22. Darkshevitch, My Coneeption of Hysteria. Rnssky Vrach. Oct. 

23. Dreuw, Phthirophobio. Ailg. M. Zztg. No. 40. S. 167. 

24. Ereolani, P., Listerismo degli adolescenti. Gazz. degli Osped. Dec. 10. 

25. Fürnrohr, Fall von Hysterie, V. B. d. D. m. W. S. 936. 

26. Derselbe, 1. Psychogener Tremor. 2. Psychogene Lähmung und Kontraktur des ganzen 

rechten Arms. ebd. 1916. 42. 31. 

27. Gaupp, R., Hysterie und Kriegsdienst. M. m. W. No. 11. p. 361. u. Corr.-Bl. f. 
Schweizer Ärzte. No. 31. p. 983. 

28. Derselbe, Ungewöhnliche Formen der Hysterie bei Soldaten. M- m. W. S. 1119. 

(Sitzungsbericht.) 

29. Gerhardt, Hysterische Paraplegie, ebd. 62. 1763. (Sitzungsbericht.) 

30. Graul, G., Über Neurasthenia cordis. D. m. W. No. 22. p. 645. 

31. Hahn, Florian, Fall von hysterischer Zwangsstellung des Daumens. M. m. W. 1916. 
63. 131. (Sitzungsbericht.) 

32. Hornandez, S., Algunas comidoraciones a proposito de la ordo-mudez histerica con 
motivo de un caso clinico. Rev. espan. de Laringol. II. No. 7. 

33. Hocho, Uober Hysterie. Arch. f. Psych. 56. (I.) 331. (Sitzungsbericht.) 

34. J ac kson, J. Allen. A Report oft he Clinical and Pathological Findings in aCasoof Hystero- 

Epilepsia and Hystero-Epileptoid. The Alien, and Neurol. 36. (3.) 231. 

35. Jen t sch. Die Schreckneurose Claude Lena ins. Psych. neur. Wschr. 17. (39 40.) 
(S. Kapitel: Allgemeine Symptomatologie der Geisteskrankheiten.) 

36. Kling mann, T., Relation of Hvsteria to Other Diseases. Michigan State M S. J. 
i4. (11.) 

37. Kobliiek, J., Uber die Agrypnio der Neurastheniker und ihre Behandlung mit Hilfe 
der Franklinisation. Revue v. neuropsych. 11. 440. (Böhmisch.) 

38. König er, Fälle von hysterischer Beugokontraktur und hysterischer Nackenstarre 

M. m. W. p. 446. (Sitzungsbericht.) 

39. Marx, Hans, Ein Simulationsfall von Gesichts-Ulkus bei einer Hysterischen. Demiat. 
Wschr. 61. (38.) 883. 

40. Meyer, 1. Psychogene Gangstörung. 2. Psychogene Lähmung des Beins. 3. Psychogener 
Krampf. V. B. d. D. m. W. S. 842. 

41. Neutra, Wilhelm. Zwei Fälle von hysterischer Astasie-Abasie. Heilung durch Hypnose. 
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42. Nonne. Über Kriegsneurofen. Neurol. Zbl. S. 408. (Sitzungsbericht.) 

43. Oborndorf, C. P., Analysis of Claiistrophobia. Med. Rec. 88. (9.) 349. 

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46. Prager, Beitrag zur Kasuistik der hysterischen Schlafzustände. Diss. Leipzig. 

47. Rand, C. W., Hvsterical Joint Nourosos. Surg., Gynec. and Obstetr. Okt. XXI. 

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48. Rasch, C., Ein Fall von sog. hysterischer Donnatose. Arch. f. Dermat. 121. (1.) 21. 

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50. R ioso. Walther, Zwei Fälle von hysterischem Oodom. Arch. f. Psych. 56. (1.) 228. 

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No. 9/10. p. 164—181. 

53. Russell, G. Mac Robert, Atypical (önvulsivo Seizures of Hysterical or OrganicOrigin. 
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55. Sanz, E. Femandez, El histerismo en la publacion rural del centro de Espafia (Estadio 
estadistico). El Siglo Mcdico. No. 3187. p. 18. 

56. Schilling, F., Hysterische Selbst Verletzungen. Ärztl. Sachverst.-Ztg. No. 16. p. 183. 

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58. Schumacher, Fall von großen hysterischen Anfällen. Corr.-Bl. f. Württemb. p. 219. 
(Sitzungsbericht.) 

59. Sokolowski, E., f, Die Willentätigkeit bei Hysterischen und die funktionellen 
Phänomene. Zschr. f. die ges. Neurol. 29. (3/4.) 252. 

60. Solomon, M., Clinical Delimination of Hysteria. New York M. J. 102. (19.) 

61. Tuckor, W. B., Hysterie Paralysis. Old Dominion J. of M. and Surg. Jan. 


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Hysterie und Neurasthenie, 


419 


62. Turner, E. D., Xeurasthenia Kentucky M. J. June. XIII. No. 7. 

63. Uffenheimer, Zur Hyr.texiefrage. V. B. d. D. m. W. 1916. 42. 372. 

64. Wehnor, Georg, Beitrag zur Lehre der sexuellen Neurasthenie. Dies. Kiel. 

65. Weil, Fall von Aphonia spastica, hysterischer Atmung und Schlingbeschwerden. 
Mßchr. f. Ohrenhlk. p. 107. (Sitzungsbericht.) 

66. Welzel, Richard, Einseitige Steigerung der Körpertemperatur. M. Klin. No. 47. 
S. 1288. 

67. Williams, T. A., Hypo-Adrenia Miscalled Neurasthenia; Diagnosis and Prognosis. 
Arch. of Diagnosis. 8. (4.) 

68. Witte, August, Zur Symptomatologie und Therapie der männlichen Hysterie. Diss. 
Kiel. 

69. Zango, Johannes, Über hysterische (psychogene) Funktionsstörungen des nervösen 
Ohrapparatos im Kriege. M. m. W. No. 28. S. 957. (Sitzungsbericht.) 


Hysterie. 

G&upp (27) konstatiert an der Spitze seiner Arbeit, daß sich das Nerven¬ 
system unseres Volkes in Waffen glücklicherweise im ganzen als kräftig und 
gut gezeigt habe. Er geht dann auf die psychogenen Krankheitszustände, 
die heftigen Schreck nach Granatexplosion als Hauptursache hatten, eiu. 
Nach seiuer Erfahrung sind die akuten Kraukheitszeichen, sowohl psychischer 
wie körperlicher Art, nicht in wenigen Wochen oder Monaten zu beseitigeu. 
Mit einem Schlage tritt aber ein Teil der Symptome wieder auf, sobald der 
Vorschlag gemacht wird, wieder Dienst zu tun, wobei die mehr weniger 
bewußte Angst vor der Rückkehr ins Feld ursächlicher Faktor der Ver¬ 
schlimmerung ist. Verfasser schlägt vor, derartige Leute anstatt wieder 
zum Militärdienst, lieber frühzeitig ihrem bürgerlichen Beruf zuzuführen, 
da dadurch die Gefahr der „Reutenhysterie“ verringert werde, weil die 
Kranken mit diesem Ausweg während des Krieges nicht sehr einverstanden 
sind. Den gleichen Vorschlag der Verwendung in „vaterländischer Arbeit„ 
macht Ga tipp für ältere, bisher ungediente Leute, bei denen bald nach 
der Einziehung hysterische Symptome, besonders Schütteltremor, auftreten. 
Ein praktischer Vorschlag beschließt die lesenswerte Arbeit. 

Binswanger (12) erörtert eine Reihe von Fällen von Kriegshysterie 
mit Hervortreten der somatischen Kraukheitserscheinungen, die vor den aus 
Friedenszeiten bekannten Fällen die besondere Bedeutung haben, daß einer¬ 
seits die Pathogenese eine viel klarere ist und sich die Rontenhysterie aus¬ 
schalten läßt, daß sie andererseits beweisen, daß der emotionelle Schok im 
Verein mit anderweitigen Schädigungen hystero-somatische Symptomen- 
komplexe bei früher nicht normwidrigen Individuen hervorrufen kann. 
Aus der Fülle des Gebotenen seien einige wenige Einzelheiten heraus¬ 
gehoben, so der Befund, daß die seelische Erschütterung als kortiko-fugale 
Erregungs- oder Hemmungsentladung vorwaltend in denjenigen Körper- 
absclmitten ihre Wirkung entfaltet, die durch ihre mechanische Einwirkung 
betroffen sind, sei es direkt durch Schädigung peripherer Nervenbahnen, sei 
es indirekt durch Schädigung spinaler oder zerebraler Inuervationszentren. 
Auch eine besondere Ausprägung des Krankheitsbild^s durch vor dem 
psychischen Schock vorhandene Schädigungen einzelner Organe oder Nerven¬ 
gebiete wird angenommen. Bei derartigen Kriegshysterien findet sich eine 
verschiedenartigste Vereinigung motorischer, sensorisch-sensibler, angio-neuro- 
tischer und sekretorischer Störungen vom Charakter der Reiz- oder Hem¬ 
mungssymptome. Die Sensibilitätsstörungen waren stets mit motorischen 
vergesellschaftet, unter denen wieder der Tremor die häufigste Erscheinung 
bildete. Dysbasie und Astasie sind häufig. Unter den therapeutischen 
Maßnahmen hebt Binswanger die Erziehung zu zweckvoller Arbeit hervor. 

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Hysterie und Neurasthenie. 


Nach Zange’s (69) Erfahrungen treten psychogene Störungen des Ge¬ 
hörs und der Yestibularisfunktionen bei Kriegsteilnehmern in der Regel 
doppelseitig, gemischt mit gleichzeitigen organischen Schädigungen des 
nervösen Ohrapparates auf. Besonders häufig war die psychogene Komponente 
bei Soldaten, die durch Granatexplosionen ohne äußere Verletzung Ohr¬ 
schäden erlitten hatten. Die „hysterische“ Schwerhörigkeit oder Taubheit 
kann in derartigen Fällen aus dem Gesamtbilde der traumatischen Hysterie 
sofort erschlossen werden; erleichtert wird sie durch ein spätes Eintreten 
der Hörstörung. Schwindel, Gleichgewichtsstörung und etwa vorhandener 
Nystagmus können als sicher psychogen nur diagnostiziert werden, wenn 
die Vestibularisreaktion normal ausfallt. Bei der Behandlung kommt es 
darauf an, neue Schädlichkeiten, besonders psychischer Art, zu vermeiden. 
Vor der Rücksendung zum Dienst ist längere Ruhe notwendig, eventuell 
ist eine militärische Beschäftigung im Sinne Gaupps angezeigt. 

Witte (68) beschreibt einen Fall von mänuiicher Hysterie, bei dem 
es nach körperlichem Trauma (Leistenbruch) zu einer funktionellen Ver¬ 
biegung des Rumpfes kam, die unter Ruhe, Hebung des körperlichen 
Allgemeinzustandes und Suggestivtherapie, die sich hauptsächlich auf ge¬ 
flissentliche Vernachlässigung des Zustandes bezog, geheilt wurde. Be¬ 
herzigenswert ist die Mahnung, derartige Fälle nicht allzulange in Kranken¬ 
häusern, besonders in Militärlazaretten zu behaudeln, sondern sie möglichst 
bald der dringend nötigen Ruhe in gesonderten Abteilungen bzw. in den 
Ruhigenstationen der Anstalten für Nervöse und psychisch Kranke zu- 
zuführen. 

Sokolowski (59) definiert die Hysterie als den „Willen zum Krank¬ 
sein“. Er referiert über eine Reihe von Krankheitsfällen, in denen das 
hysterische Herbeisebnen und begierige Aufgreifen organischer Erkrankungen 
bzw. die Erzwingung mehrmaliger eingreifender Operationen ohne irgend¬ 
welche organische Ursache bemerkenswert ist. Er betont die Häufigkeit 
der funktionellen Phänomene bei Hysterischen und die Intensität derselben, 
die durch die stetige Ausbildung, die ihnen zuteil wird, zuwege gebracht 
wird. Als Leitmotiv für die Behandlung der Hysterie stellt er den Satz 
hin, daß die eventuell aufgesuchte Anstalt den hysterischen Individuen 
als Vorbereitungsklasse für das bürgerliche, soziale und familiäre Leben 
dienen soll. 

Schilling (56) entfernte einer 40jährigen Frau aus der unteren linken 
Nasenflügelfläcbe einen viertelbohnengroßon Knoten, der sich bei näherer 
Untersuchung als ein Maiskorn ohne Fruchtschale entpuppte. Uber die Art 
seiner Implantation war nichts zu erfahren. Objektive Zeichen von Hysterie 
bestanden nicht. 

Riese (50) beschreibt zwei Fälle von „Oedöme bleu“. In dem ersten 
waren die Erscheinungen bei einem 19jährigen Mädchen, das hysterische 
Sensibilitätsstörungen, Krampfanfälle usw. bot, erst an der einen, dann auch 
an der anderen Hand aufgetreten, während sich au der erstbefallenen Hand 
eine starre Kontraktur ausbildete. Im zweiten Falle handelte es sich um einen 
Soldaten, bei dem im Anschluß an eine in unmittelbarer Nähe erfolgte 
Grauatexplosion eine linksseitige hysterische Lähmung, halbseitige Sensi¬ 
bilitätsstörungen und eine blaurote Verfärbung und Schwellung der gelähmten 
Hand mit Herabsetzung der Temperatur und starken Schweißen eintrat. 

Rasch (48) berichtet von einem 17jährigen Mädchen, das außer totaler 
Analgesie keine ueuropathologischen Erscheinungen bot, auf dessen Haut 
er aber ungefähr 130 streifenförmige Exkoriationen oder pigmentierte Narben 
zählen konnte. Patientin hatte, wie sie gestand, dieselben dadurch hervor- 


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Hysterie and Neurasthenie. 


421 


gebracht, daß sie mit dem Daumen an den betreffenden Stellen fest bin 
und her rieb. Er weist darauf hin, daß derartige Fälle niemals einen so¬ 
genannten „hysterischen“ Eindruck machen, sondern ruhig und zurückhaltend, 
zuweilen geradezu mürrisch oder verdrossen sind. Er warnt davor, der¬ 
artigen Fällen zu großes, offensichtliches Interesse entgegenzubringen. Die 
Entlassung aus dem Krankenhause muß plötzlich, ohne vorherige Ankündigung 
bestimmt werden. 


Bieling (10) beschreibt zwei Fälle, in denen sich ueben sicher orga¬ 
nischen Hiruaffektioneu (in dem einen Falle wies die Autopsie einen alten 
Erweichungsherd nach, in dem zweiten bestand eine beginnende progressive 
Paralyse) die Erscheinungen einer hysterischen Pseudodemenz fanden. Ob¬ 
gleich sich z. R. im ersten Falle diese Erscheinungen schon während des 
Rentenkampfes im Anschluß an den Unfall, der sicher die Ursache der 
Hirnerweichuug gewesen ist, entwickelten, wird doch jeder direkte Zusammen¬ 
hang zwischen beiden Krankheitssyndromen abgelehnt und eine entsprechende 
Reutenfestsetzung befürwortet. 

Ames und MacRobert (3) beschreiben einen interessanten Fall von 
halbseitigen psychogenen Krämpfen mit Erhaltung des Bewußtseins, die die 
unbewußte Wiederholung von Abwehrbewegungen gegen Angriffe einer 
Schwester, mit der die Patientin zeitweise mutuelle Masturbation getrieben 
hatte, waren. Die Krämpfe waren zuerst im Arger gegen diese Schwester 
aufgetreten. Eine Klarlegung des Sachverhaltes, den die Patientin selber 
einsah, brachte die Heilung. 

Jackson (34) teilt die Krankengeschichte eines 43jährigen Menschen 
mit, der an Krämpfen und halbseitiger Lähmung unklarer Ätiologie neben 
psychischeu Störungen litt und bei Lebzeiten meist als Hysteriker, bzw. als 
flysteroepileptiker angesprochen wurde. Die Autopsie ergab einen syphili¬ 
tischen Herd in der rechten äußeren Kapsel und dem Linsenkern mit De¬ 
generation der Pyramidenfasern. Daneben fand sich überall eine Lympho- 
zyteninfiltration um die Gefäße, besonders auch in der Hirnrinde. 

Collins (20) berichtet ausführlich über einen Fall von hysterischer 
Astasie-Abasie, in dem die an eine psychoanalytische Exploration an¬ 
schließende Suggestivtberapie nach etwa 7 Jahre langem Bestände der 
Erkrankung eine an Heilung grenzende Besserung brachte. 

Die Patientin, die Marx (39) beschreibt, hatte an der linken Wange 
ein nicht ganz fünfmarkstückgroßes, annäherend dreieckiges, scharfrandiges 
Geschwür, deren Natur zuerst nicht klar war, das allen Medikationen so 
lange trotzte, bis Okklusivverbäude es zur Heilung brachten, nachdem man 
den Verdacht geschöpft hatte, daß es artifizieller Natur sein könnte. Patientin 
war ohne Beruf; infolge ihrer geistigen und körperlichen Minderwertigkeit 
war sie außerstande, dauernd einem Berufe nachzugehen. Früher war sie 
Hausmädchen, dann wurde sie Prostituierte. Der Aufenthalt im Krauken- 
hause tat ihr wohl, sie war dort versorgt; sie hätte, entlassen, nicht gewußt, 
was sie beginnen sollte, nnd so ist ihr der Gedanke wohl gekommen, sich 
das Ulkus beizubringen und es künstlich nicht zur Heilung kommen zu lassen. 

(Jucobsohn.) 

Blässig (13) berichtet von einem Obermatrosen, der im Anschluß an 
starke psychische Erregungen (zweimal nach einer Seeschlacht) innerhalb 
weniger Monate dreimal aphonisch wurde. Die Störung ging jedesmal in 
wenigen Wochen zurück. Laryngoskopisch fand sich Erschlaffung der Stimm¬ 
bänder, mangelhafter Schluß derselben beim Phonieren, Anästhesie des 
Kehlkopfes. 


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Hysterie und Neurasthenie. 


Scholz (57) schildert zwei Fälle von durch Schreckwirkung im Felde 
entstandener Sprachlähmung. In beiden Fällen war die Ursache Granat- 
explosiou in unmittelbarer Nähe der Betroffenen. Bei beiden bestand voll¬ 
kommener Mutismus; beide sind geheilt worden, der eine vollständig, bei 
dem zweiten, der sich noch in Behandlung befindet, besteht noch ziemlich 
heftiges Stottern, sobald er sich aus irgendeinem Grunde erregt. Die 
laryngoskopische Untersuchung des ersten Patienten ergibt fast völlige 
Unbeweglichkeit beider Stimmbänder, die dauernd in Kadaverstellung stehen, 
wie bei Rekurrenslähmung. Bei dem Versuche, die Vokale e und i zu 
phonieren, erzittern die Stimmlippen ein wenig, bewegen sich aber nicht 
gegeneinander, so daß die Stimmritze stets geöffnet bleibt. Die Versuche, 
zu sprechen, strengen den Kranken außerordentlich an, so daß er sehr rasch 
einen hochroten Kopf bekommt. Der zweite neuropathisch veranlagte Patient 
zeigt stark befangenes Wesen, und einen scheu verängstigten Blick. Die 
Sprache ist aphonisch mit dem Stottern nahestehender Intentionshemmung. 
Kehlbefund vollkommeu normal, freie Beweglichkeit der Stimmbänder. 

( Jacobsohn .) 

Das Interessante an dem von Welzel (66) mitgeteilten Falle, der 
neben Mutismus, Fehlen des Würgereflexes, Hypästhesie der Konjuuktiven, 
Herabsetzung der Sensibilität der rechten Körperseite aufwies, war der auf¬ 
fallende Temperaturunterschied, der beim gleichseitigen Messen der beiden 
Körperseiten konstatiert werden konnte. Sehr eigentümlich war das rasche 
Auftreten des Fiebers, das bereits eine Stunde nach einem Unfälle (Patient 
wurde durch einen Wagen an eine Mauerwaud gequetscht und dabei um 
seine Achse gedreht) 39,5° betrug. Eine innere Verletzung oder eine ent¬ 
zündliche Erkrankuug lag nicht vor. Unterstützt durch das Vorhandensein 
anderer hysterischer Stigmata kam W. zur Annahme einer beträchtlichen 
Temperaturerhöhung auf hysterischer Basis. Ein Irrtum oder Meßfehler 
war ausgeschlossen. Der Druckschmerz der rechten Schädelhälfte und eine 
auffallend niedrige Pulsfrequenz legen den Gedanken nahe, daß Patient 
durch den Unfall auch eine Hirnläsion erlitten hat, und daß dies Moment 
in hezug auf die Deutung des Phänomens in Rücksicht zu ziehen ist. 

( Jacobsohn .) 


Neurasthenie. 

Unter der von Beard gegebenen Bezeichnung Neurasthenie verbergen 
sich, wie Aschaffenburg (5) auseinandersetzt, zwei ganz verschiedene Zustände, 
die scharf voneinander zu trennen sind. Der eine umfaßt die psychisch gesunden 
Menschen, die infolge von ganz besonderen Überanstrengungen oder körper¬ 
licher Erkrankungen zusammenbrechen. Durchweg besteht hier ein ganz 
durchsichtiges, wenn auch individuell wechselndes Verhältnis zwischen dem 
Grade der Schädigung und den Symptomen. Unter diesen sind die wich¬ 
tigsten : die verminderte Leistungsfähigkeit, Ermüdungsgefühl, großes Schlaf¬ 
bedürfnis, Denkerschwerung und Entschlußlosigkeit, Merkstörung und Reiz¬ 
barkeit. Die körperlichen Erscheinungen sind meist nicht sehr ausgeprägt 
Der Schlaf ist oft ganz ungestört und zumal dann, wenn der Kranke seine 
Tätigkeit eingestellt hat — zuweilen sogar länger und tiefer als in gesunden 
Zeiten. Besondere Anforderungen ermöglichen wohl vorübergehend noch 
große Leistungen, aber nicht auf lange Zeit. Psychische Beeinflussung hilft 
wenig; nur ein wirkliches Ausruhen beseitigt den ganzen Symptomenkomplex, 
und zwar recht schnell. Bei der zweiten Gruppe überwiegen die psychischen 
Symptome: Erregung, Reizbarkeit, Verstimmung und Angst, Mutlosigkeit 


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Hysterie und Neurasthenie. 


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und Zwangsvorstellungen. Für die massenhaften körperlichen Erscheinungen, 
die zuweilen das Bild zu beherrschen scheinen, findet sich auch bei sorg¬ 
samster Untersuchung nur selten eine entsprechend schwere objektive Ver¬ 
änderung der Körperorgane, meist nur ganz belanglose Kleinigkeiten. Der 
Schlaf ist sehr empfindlich gestört und nur ganz ausnahmsweise erträglich. 
Stellen ungewöhnliche Ereignisse, besonders solche, die kein Besinnen ge¬ 
statten, plötzlich solche Kranke vor große Aufgaben, so sieht man zur 
eigenen und noch mehr zur Überraschung des Patienten selbst, daß sie 
ganz Außerordentliches, auch für lange Zeit zu leisten imstande sind, und 
nicht selten, daß sie nach solchen Leistungen frischer und gesunder sind 
als vorher. Und im Gegensatz dazu schwindet, wenn die Kranken völlig 
ausspauneu, wochen- und monatelang sich aufs äußerste schonen und jede 
körperliche und geistige Tätigkeit vermeiden, sehr oft trotz sorgsamster Be¬ 
handlung, die Erschöpfung nicht; ja sie nimmt unter diesen doch für eine 
Beseitigung einer wirklichen Erschöpfung so günstigen Umständen nur noch 
zu. Wer etwas genauer das Seelenleben dieser Kranken erforscht, wird 
regelmäßig neben Überanstrengungen oder körperlichen Erkrankungen 
psychische Erregungen aller Art feststellen, meist solche mit trauriger Affekt¬ 
richtung: Kummer, Angst (besonders vor der Schwere und dem Ausgang 
der Krankheit), Sorgen, Ärger, Aufregungen usw. Für die ersten Zustände 
schlägt der Autor die Bezeichnung „akute nervöse Erschöpfung“, für den 
zweiten Zustand den von Ciamer gewählten Namen „endogene Nervosität“ 
vor. Bei der akuten nervösen Erschöpfung gilt es, durch Ernährung, Ruhe 
und Erholung dem Körper und Geist die verloren gegangenen Kräfte wieder- 
zugebeu, bei der t endogenen Nervosität die Folgen der erregenden Affekte zu 
beseitigen, die Uberempfindlichkeit des Gemütslebens zu dämpfen und das 
innere Gleichgewicht, das Vertrauen zu sich und der eigenen Leistungs¬ 
fähigkeit wiederherzustellen. ( Jacobsohn .) 

Die idiopathische Herzueurose steht, wie Graul (30) ausführt, nicht nur 
allen organisch bedingten Herzkrankheiten gegenüber, sondern sie ist auch 
zu scheiden von vorübergehenden, reflektorisch ausgelösten Anomalien der 
Herztätigkeit, die unter Umständen auch beim Herzgesunden durch eine 
Überschreitung der gegebenen Leistungsfähigkeit oder Immunität gegenüber 
Giften irgendwelcher Art (Tabak, Alkohol usw.) entstehen werden. Die 
nervöse Herzschwäche, als eigene Krankheitsspezies genommen, erwächst 
somit vor allen Dingen auf dem Boden der neurasthenischen Krankheits¬ 
anlage, so daß man mit Recht von einer Neurasthenia cordis spricht, die 
als eine funktionelle Minderwertigkeit des vegetativen Systems, d. h. des peri¬ 
pherischen (autonomen wie sympathischen) Herznervensystems in Erscheinung 
treten kann. ( Jacobsohn .) 

Baker (8) stellte im Schneidergewerbe Untersuchungen über Neur¬ 
asthenie au. Er untersuchte dazu die Arbeite- und Lebensbedingungen dieser 
Handwerker. Die Mehrzahl der Neurastheniker waren Juden und das Haupt¬ 
symptom war die Schmerzhaftigkeit der Wirbelsäule. ( [Jacobsohn .) 

Röper (52) weist in einem Vortrag auf den Unterschied in der Prognose 
zwischen Erschöpfungsneurasthenikern, die nicht als vollwertige Krieger 
wieder ins Feld rücken können und konstitutionellen Neurasthenikern, die 
durchweg für den Kriegsdienst unbrauchbar sind, hin. Bei Besprechung der 
Kriegshysterien geht er besonders auf die monosymptomatischen Fälle ein, 
die am häufigsten zu dem Verdachte der Simulation führen. In bezug auf 
die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit hält er im allgemeinen an dem 
Grundsätze fest, „daß alles, was auch im geringsten nach Bewußtseins- oder 
Seelenstörungen aussieht, felddienstunfähig ist“. 


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Hysterie und Neurasthenie. 


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Pope (45) beschreibt aasfiibrlich einen Fall, in dem eine seit 20 Jahren 
kinderlos verheiratete Frau, deren Hymen trotz aller Kohabitationen noch 
intakt war, von Erscheinungen einer „Neurasthenia vera“ mit Angstneurose 
befallen wurde. Es gelang, durch psychische Behandlung, allgemeine Kräf¬ 
tigung, Inzisionen des Hymens und Weitung der Vagina, so daß ein normaler 
Geschlechtsverkehr möglich wurde, die Frau wiederherzustellen. Verfasser 
bespricht im Anschluß an diesen Fall Freud sehe Ansichten und Mecha¬ 
nismen. 


Neurosen. 

Drenw (23) beschreibt als Phthirophobie die Zwangsvorstellung, Läuse 
zu haben. Hinsichtlich ihrer Behandlung und Beseitigung bieteu die Fälle 
ein ebenso unerfreuliches Bild wie die übrigen Phobien. Auch ein exakt 
durchgeführter Entlausungsprozeß pflegt nicht zu helfen. 

Oberndorf (43) untersuchte einen Fall von Klaustrophobie mittels der 
psychoanalytischen Methode. Er fand als infantiles sexuelles Trauma den 
zweimaligen Versuch des Patienten, im Knabenalter an gleichaltrigen Mädchen 
den Koitus auszuführen, wobei er durch die Einbildung, daß irgend jemand 
käme, beide Male im Beginue des Versuches gestört wurde. Oberndorf 
faßt die Klaustrophobie als „das Negativ eines unbewußten Wunsches“ 
(d. h. in diesem Falle: in einem geschlossenen Raume ungestört zu koitieren) 
auf. Der Patient wurde durch die Psychoanalyse angeblich geheilt. 

Riebeth (49) hebt die Häufigkeit neurasthenischer Krankheitsbilder bei 
Kriegsteilnehmern im Gegensätze zu der relativen Seltenheit der eigentlichen 
Psychosen hervor. Die Symptomatologie ist im wesentlichen dieselbe wie 
bei den Friedensneurasthenien, nur weist er auf das häufigere Vorkommen von 
Herzstörungen hin. Die Behandlung ist auch nicht zu lauge Zeit auszudehnen; 
auf frühzeitige Erziehung zur Arbeit ist Hauptwert zu legen. Hinsichtlich 
der Vorbeugung gegen den Rentenkampf weist auch Riebeth auf die Not¬ 
wendigkeit einer Zusammenarbeit von Behörden, Ärzten, Arbeitgebern und 
-nehmern hin, um derartige Kriegsneurastheniker geeigneten Arbeitsgebieten 
zuzuführen. 

PelnAr (44) bezeichnet die traditionelle Diagnostik und Prognostik 
der klimakterischen Neurose als falsch. Er konnte sich bei seiner Praxis 
darüber wundern, wie pauschal man die Sache nimmt, die doch nicht so 
einfach sein kann. Um die Frage zu entscheiden, sammelte er seine 90 Fälle 
und zieht aus seinen Beobachtungen ungefähr folgende Konsequenzen: Die 
Symptomatologie der genannten Störungen ist wohl genug beschrieben, die 
Prognostik aber schon stiefmütterlicher behandelt; im Gegensatz zur all¬ 
gemeinen Ansicht erwiesen sich die Fälle des Autors in der Mehrheit als 
ernst, in mehr als der Hälfte konnte er die klimakterischen Beschwerden als 
Begleiterscheinungen ernsterer Erkrankungen der Zirkulationsorgane, im 
Fünftel der Fälle mußte er die Prognose als unsicher und ungünstig stellen 
und nur zirka bei einem Viertel seiner Fälle fand er keine pathologischen 
Veränderungen, so daß er die Prognose gut stellen konnte. Was die Patho¬ 
genese betrifft, so handelt es sich meist um vasomotorische Störungen, wohl 
infolge der aufgehörten innersekretorischen Tätigkeit der Ovarien. Der Ersatz, 
den der Organismus durch andere Drüsen (Thymus, Thyreoidea, Hypophyse) 
leisten kann, genügt in den meisten Fällen nicht. (Jar. Stuchlik.) 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


425 


Epilepsie, Konvulsionen, Tetanns, Eklampsie. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn -Berlin. 

1. Arcis. d\ Cas de crises ^clamptiques. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte, p. 1234. (Sitzungs- 
berieht.) 

2. Aschoff, L., Tetanus. V. B. d D. m. W. S. 456. 

3. Derselbe und Robertsonn, H. E., Ueber die „Fibrillentheorio“ und andere Fragon 
der Toxin- und Antitoxinwanderung beim Tetanus. M. Klin. No. 26—27. p. 715, 744. 
(S. Kapitel: Organtherapie.) 

4. Balassa, Ladislaus, Epileptische Anfälle bei Bleivergiftung. Gyögyaszat. No. 12. 
(Ungarisch.) 

5. Bär, E., Die Entwicklung der Lehre von der Toxin Wirkung beim Tetanus. Obersichts¬ 
referat. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. No. 26—29. p. 819, 843, 880, 910. 

6. Bei fei d, A H., Case of Convulsions in New-Bom Baby. Michigan State M. Soc. J. 
Jan. 

7. Benedikt, Moriz, Die Epileptiker bei der Musterung. W. kl. W. No. 22. p. 592. 

8. Derselbe, Die Methoden der Kephaloskopio und Kephalometrie bei Epileptikern, ebd. 
No. 43. S 1162. 

9. Binswanger, Fall von organischer Epilepsie. M. m. W. p. 887. ( Sitzungsbericht.> 

10. Bol in, B. J., Case of Tetanus. Kentucky M. J. April. 

11. Bolten, G. C., Researches on the Pathogenesis of Genuine Epilepsy. Epilepsia. 5. 
(5.) 300. 

12. Bonhoeffer, R., Erfahrungen über Epilepsie und Verwandtes im Feldzuge. Mschr. 
f. Psych. 38. (1/2.) 61. 

13. Braam Houckgeest, A. Q. van, Opmorkingen naar aanleiding van een geval van trau¬ 
matische epilepsie. Psych. en neurol. Bladen. 1914. No. 6. p. 503. 

14. Brandt, Hannah, Ein Fall von Tetanusrezidiv. Zbl. f. inn. M. No. 36. p. 565. 

15. Bros ler, J., Neuere Arbeiten über Tetanus. Halle a. S. Carl Marhold. u. Psych. - 

neurol. Wschr. 16. (45/52.) 387, 397, 407, 423. 17. (1—10.) 3, 13, 27, 38, 51. \Zw- 

sammenfassondes Referat.) 

16. Derselbe, Neuoro Arbeiten über Tetanus. Nachtrag der Literatur bis Ende Mai 1915. 
ebd. 17. (11/12.) 65. 

17. Brown, A., und Flotscher, A., Etiology of Totanus—Metabolie and Clinical Studios. 
Am. J. of Dis. of Child. Nov. 

18. Buschmann, T. W., Unilateral Impairment of the Kidnoy in tho Toxemiaof Pregnancy. 
The Am. J. of Obstet. Oct. S. 624. 

19. Clark, L. Piorce, Nature and Pathogenesis of Epilepsy. New York M. J. Vol. CI. 
No. 9—13. 

20. Derselbe, A Study of Certain Aspects of Epilepsy Compared with the Emotional Life 
and Impulsive Movements of the Infant. Med. Rec. 88. 255. (Sitzungsbericht.) 

21. Cook, U. G., Puerperal Eclampsia. West Virginia M. J. June. IX. No. 12. 

22. Cornwall, E. E., Clinical Study of Case of Epilepsy Apparently of Intestinal Oiigin. 
Arch. of Diagnosis. Julv. VIII. No. 3. 

23. Co urteil emo nt, V., Partial Tetanus. Paris med. V. No. 1. 

24. Cuneo, Gerolamo, Ricerche biochemicho sulla funzione ureopoetica e sulle alterazioni 
della composizione del sangue neiropiiessia. Riv. sporim. di Fren. 40. (4.) 

25. Dahlmann, Albert-, Eklampsieähnliche Krankheitsbilder und Schwangerschaftsleben 
nach Pfortaderunterbindung im Tierversuch. Zschr. f. Geburtsh. 78. (1.) 86. 

26. Demole, Cas de douleurs sciatiques et crises d’6pilepsie jacksonnienne. Revue med. 
de la Suisse Rom. p. 409. (Sitzungsbericht.) 

27. Dick, G. F., and Dick, G. R., The Bacteriologic Examination of tho Urine in a Case of 
Eclampsia. The J. of the Am. M. Assoc. 64. (2.) 145. 

28. Eastman, F. E, Cephalic Tetanus in America. Neurographs. 1. (1.) 8. 

29. Eisenreich, O., und Schmincke, über einen Fall von Eklampsie im IV. Schwangor- 
schaftsmonat. Mrchr. f. Geburtsh. 41. (5.) 371. 

30. Ewald, Anaphylaxie nach Tetanusintoxikation. V. B. d. D. m. W. S. 237. 

31. Faber, A., Habitual Bradycardia and Epiloptic Attacke. Ugeskr. for Laeger. Oct. 28. 

32. Faust, Fall von chronischem Tetanus. M. m. W. 1916. 63. 92. (Sitzungsbericht.) 

33. Ferguson, Charles E., Toxemia« of Pregnancy. The J. of the Am. M. Ass. 65. 
1847. (Sitzungsbericht.) 

34. Fletsch, Julius, Unterscheidung genuiner von funktioneller und simulierter Epilepsie. 
W. kl. W. 28. 1422. (Sitzungsbericht.) 

35. Foutche, C. R., Eclampsia; Report of Cases. West Virginia M. J. May. 

36. Francaviglia, M. C., Reflox Epilepsy from Intestinal Helmint hiasis. Policlin. Aug. 1. 
XXH. No. 31. 


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426 


Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


37. Frev. Rudolf, Beitrag zur Kasuistik der traumatischen Epilepsie infolge Kephalo- 
hydrocole spuria traumatica. Diss. München. 

38. Fried mann, M., Zur Auffassung der gehäuften kleinen Anfälle! Mschr. f. Psvch. 38. 
(1/2.) 70. 

39. Fröhlich, A,, und Meyer, H. M., Untersuchungen über den Tetanus. Arch. f. exp. 
Pathol. 79. (1.) 55. 

40. Godofroy, J. C. L., Beitrag zur differentiellen Diagnostik zwischen Epilepsie und 
Hysterie. Psych. on neuro I. Bladen. 19. 285. 

41. Goldscheider. Klinischo Beobachtungen über Tetanus im Felde. B. kl. W. Xo. 10. 
p. 229. 

41a. Goniondsky, »Samuel, Lo röle du facteur meteorologique dans l’epilopsie. Th&se 
de Gonöse. 1914. 

42. Grob, Rud., und Ulrich, A., 29. Bericht der Schweizerischen Anstalt für Epileptische. 
Zürich. Groll Füssli. 

43. Gr und mann. Meine Beobachtungen über Tetanus im Frieden und im Felde. B. kJ. 
W. Xo. 8. p. 180. 

44. Häberlin, A., Jodtinktur und Tetanus. Oorr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. Xo. 32. p. 1010. 

45. Hammer, Ulrich, Ein auf den linken Plexus lumbalis lokalisierter Fall von Tetanus. 

M. m. W. Xo. 32. S. 1098. (F. B.) 

46. Happel, Zur Lehre vom Wundstarrkrampf. M. m. W. Xo. 30. S. 1030. F. B. 

47. Hart, A., Totanus lateralis. B. kl. W. Xo. 16. p. 412. 

48. Hebold, Otto, Der Tod infolgo epileptischen Anfalles. Arch. f. Psych. 55. (3.) 959. 

49. Helbor, Über den Tetanus. Korr.-Bl. f. Württ. 85. (9.) 85. 

50. Higier, Heinrich, Affektepilepsie in einem Fall von Xymphomanie, dio in drei Gene¬ 
rationen horedo-familiär auf tritt. Verhandlungen der Warschauer ärztl. Gesellschaft. 
CX. p. 176. 

51. Derselbe, Myelitis tetanica, gleichzeitig Beitrag zur Symptomatologie und Magnesium¬ 
therapie des Tetanus, obd. CXII. 1911. 

52. Hirsch, Albert, Ein Fall von Pseudotetanus. (Escherich.) Mschr. f. Kinderhlk 
13. (11.) 451. 

53. Hoevon, P. C. T. van der, Die Diagnoso der Eklampsie. Xed. Maandschr. v. Verlosk., 
Vrouwenz. en Kindergen. 4. 145. 

54. Hollenkamp, Hoinrich, Über Hyperemesis gravidarum. Dissert. Würzbuig. 

55. Holmes, B., Injury of Head with Oncoming Epilepsy, Negative Abderhalden Reactions, 
Operation, Drainage of Cyst. Lancet.-Olinic. March 6. 

56. Jollinek, Stefan, Zur militärärztlichen Konstatierung der Epilepsie. W. kl. W. 
Xo. 38. p. 1021. 

57. Joynov. W. H , Puerperal Eclampsia; Report of Four Cases Kentucky M. J. l)ec. 

58. Juarros, Cesar, El diägnostico y trattamiente de la epilepsia. II. III. Ei Siglo Med. 
Xo. 3199, 3212. p. 210, 421. * 

59. Kapsonberg, G., Tetanus facialis (Rose) und Therapie beim Tetanus. Tijdschr. v. 
Vorgelijkende Geneesk. 1. H. 2. 

60. Kathariner, L., Der Wundstarrkrampf. Naturw. Wschr. No. 5. p. 68. 

61. Kehoe, H. C., What is Epilepsy? The Alien, and Neurol. 36. (1.) 7. 

62. Kelley, T .H., Report of Oase of Tetanus. The J. of the Am. M. Ass. 64. (10 ) 815. 
(Nichts Besonderes ) 

63. Kirschnor, Traumatische Rindenepilepsie. V. B. d. D. m. W. 1916. 42. 91. 

64. Klionoborger, Otto, Klinische Erfahrungen über Tetanus auf dem westlichen Kriegs¬ 
schauplatz. B. kl. W. No. 32. p. 842. 

65. Klink, Spättotanus. V. B. d. D. m. W. 41. 1563. 

66. Knauer, Johann, Über Aotiologio, Prophylaxe und Therapie bei Tetanus und über 
Spätfälle nach Totanusinfektion. Dissert. Straßburg. 

67. Knippen, Maria, Erfahrungen über den Tetanus. Schmidts Jb. 321. (2.) 77. 

68. Koll, J. S., Study of Twenty-Five Tabetic Bladders. Surg. Gyn. and Obst. Febr. 

69. Kreuter, Über einige praktisch wichtige Gesichtspunkte in der Tetanusfrage. Corr.-Bl. 
f. Schweizer Arzte. Xo. 63. p. 1147. (Referat.) 

70. Kümmel 1, Wundinfektion, insbesondere Wundstarrkrampf und Gasbrand. Beitr. 
z. klin. Chir. 96. 421. (Sitzungsbericht.) 

71. Leriche, R., Gas de tetanos tardif ä Symptomatologie fruste. Lyon chir. 12. (4.) 

72. Levy, L., und Fach, H., Die militärärztliche Feststellung der Epilepsie. Gyögyäszat. 
Xo. 48. (Ungarisch.) 

73. Longlov, J. R., Tetanus; Site of Infection Unknown. Recovery. Wisconsin M. J 
Aug. XIV. Xo. 3. 

74. Löwy, Otto, Zur Tetanusimmunität des Menschon. W. kl. W. 28. (47.) 1288. 

75. Main, D. 0., Epileptic Child. Florida M. Ass. J. Jan. 

76. Marcus, Henry. Epilepsie und Geruchsaura. Zschr. f. dio ges. Xeur. 30. (2/3.) 118. 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


427 


77. Matti, Hermann, Ergebnisse der bisherigen kriegschimrgischen Erfahrungen. II. Teta¬ 
nus D. m. W. 41. (51.) 1516. (Allg. zusammenfassendes Referat.) 

78. Mayer, Paul, Die Eklampsiefälle der Heidelberger Frauenklinik in den Jahren 1902 bis 
1912. W. m. Bl. No. 5—7. S. 52, 65, 77. und W. kl. Rdsch. No. 9—14. S. 55, 
69, 81. (Bemerkungen zur Symptomatologie, Prognose und Therapie auf Grund 
einer Statistik.) 

79. Mc Coy, W. K., Intestinal Intoxication; Headaches and Epilepsy. Lancet-Clinic. 
CXIII. No. 17. 

80. Mc Kennan, T. M. T., Johns ton, G. C., and Henninger, C. H., Observation on 
Epilepsy Chiefly from Roentgenologic Standpoint. Pennsylvania M. J. March. 

81. Meyer, Carl, Epilepsie und Schwangerschaft. Arch. f. Psych. 55. (2.) 597. 

82. Meyer, E , Tetanus. V. B. d. D. m. W. S. 994. 

83. Murphy, Report of Oase of Tetanus wite Recovery. Med. Rec. 88. (12.) 483. (Mit¬ 
teilung eines entsprechenden Falles.) 

84. Noble, W., Experimental Study of Distribution and Habit of Tetanus Bacillus. J. of 
Infeet. Dis. March. 

85. Noeggerath, C. T., und Schottelius, Ernst, Serologische Untersuchungen bei 
Tetanuskranken. M. m. W. No. 38. S. 1293. F. B. 

86 Och. onius, Über Krämpfe im Kindesalter. M. m. W. S. 1471. (Sitzungsbericht.) 

87. Orbison, Thomas J., Angioma Racemosa of the Ph, with Epileptoid Convulsions of the 
Jacksonian Type. The J. of the Am. M. Ass. 64. (19.) 1575. 

88. Pick, A, Zur Frage der Häufung epileptischer Anfälle zu bestimmten Nachtzeiten 
Zschr. f. d. ges. Neur. 28. (1.) 128. 

89. Pollock, Lewis J., and HoImes, # William H., A Study of Respiration and Circulation 
in Picrotoxin Convulsions. The Possible Bearing of this Study on the Theories of 
Pathogenesis of Epileptic Convulsions. The Arch. of Int. M. 16. (2.) 213. 

90. Pont ano, T., Pseudotetanus from Diplcc* ccus Sepsis. Policlin. No. 17. 

91. Pribram, Bruno Oskar, Klinische und therapeutische Erfahrungen über den Tetanus. 
B. k . W. No. 33—35. p. 865, 896, 916. 

92. Pribram, Hugo, Über Kriegstetanus. Pragor m. W. No. 10. p. 101. 

93. Prico, George E., Convulsions. The J. of tho Am. m. Ass. 64. 1791. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

94. Pringsheim, Josef, Über den Wundstarrkrampf. Übersichtsreferat. M. Klin. No. 43 

bis 45. S. 1190. 1213, 1241. 

95. Ree vor», E. A., Toxemia cf Pregnancy; Repcrt of Two Cases. Kant as M. S. J. 15. (11.) 

96. Reuß, A. v., Beobachtungen übor das Schicksal der Kinder oklamptischcr Mütter. 
Ztschr. f. Kinderhlk. 13. (5.) 285. 

97. Ribble, R. D., What Dentistry Means to Epileptic. New r Jersey M. S. J. 12. (11.) 

98. Robinson, J. F., Palinphrasia in Epilepsy; Report of Cases. New Jersey M. S. J. 

12 . ( 11 .) 

99. R ussell, G. Mac Robert, The Epileptic Type of Nervo us Constitution. A Rational 
Promise for the Future Investigation of the Epiloptic. Med. Rec. 87. (10.) 394. 

100. Derselbe, The Matemal Instinet a Factor in tho Pronatal Development of the Epileptic 
Type of Nervous Constitution, ebd. 88. (16.) 655. (Nichts Bemerkenswertes.) 

101. Sachs. Ernest, The Report of Two Gases of Epilepsy wdth Unusual Vascular Fmdings. 
The J. of N. and Ment. Dis. 42. 634. (Sitzungsbericht.) 

102. Schlesinger, Ein Fall von Epilepsie mit regelmäßiger präepileptischer Temperatur¬ 
steigerung. Mltt. d. Ges. f. inn. M. in Wien. 14. (8.) 81. 

103. Schröder, Robert, Die Aetiologie der Eklampsie. B. kl. W. No. 25. p. 666. (Ref.) 

104. Shanahan, Wm. T., Epilepsy. Medical Staff of Craig Colony. Lecture. 

105. Sinigaglia, Giorgio, Sulla possibilita di cultivare il bacillo del tetano del sangue circo- 
lante degli individui tetanici. La Rif. med. 31. (17.) 454. 

106. Soukhanoff, S. A., Epilepsy and Piognancy. RusskyVrach. March. 7. XIV. No. 10. 

107. Spratling, W. P., Rare and Incompleto Form to Epilepsy. Florida M. Ass. J. 2. (5.) 

108. Derselbe, Spinal Epilepsy; Report of Case. obd. April. 

109. Steinach, William, A Ca so of Epilepsy, Complicated by a Traumatic Nourosis. 
The J. of Nerv, and Ment. Dis. 41. 291. (Sitzungsbericht.) 

110. Steins borg, Fall von lokalom Tetanus. W. m. W. S. 867. (Sitzungsbericht.) 

111. Stophenson, C. V., Traumatic Epilepsy, Case Report. Southern M. J. July. VIIL 
No. 7. 

112. Sterling, W., Ein Fall von Kopftetanus mit Ausgang in Heilung. Pam. Tow r . Lek. 
p. 338. 

113. Stransky, v., Ein interessanter Fall von Tetanus. Prag. m. W. No. 19. p. 221. 

114. Strother, W. H., Puerperal Eclampsia. Kentucky M. J. 13 (12.) 

115. Stuchlik, Jaroslav, Über die hereditären Beziehungen zwischen Alkoholismus und 
Epilepsie. Corr.-Bl. f. Schweizor Arzte. No. 3. p. 70. u. Diss. Zürich. 


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428 


Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


116. Derselbe, Beiträge zum Studium der Epilepsie. HaskovcocaRevue. 12.321. (Böhmisch.) 

117. Sustmann, Epileptiforme Anfälle bei einem Graupapagei. Münch, tierärztl. Wschr. 
No. 7. p. 121. 

118. Derselbe, Epileptiforme Anfälle infolge Ascarideninvasion bei Hunden, ebd. No. 30. 
p. 569. 

119. Thom, D. A., Relation between Genetic Factors and Age of Onset in One Hundred and 
Fifty-Seven Casos of Hereditary Epilepsy. Boston M. and S. J. Sept. 23., CLXXIII. 
No. 13. 

120. Thomas, C'. T., Eclampsia. Kentucky M. J. Sept. XIII. No. 10. 

121. Valkenburg, C. T. van, Zur Frage nach der Stellung der sogenannten genuinen Epilep¬ 
sie. Beitrag zur constitutionellon Pathogeno.se, Psych. en neurol. Bl. No. 4 5. S. 348. 

122. Vallette, P., Cas de tetanos retarde. Lyon chir. 12. (4.) 

123. Wasserfall, W., Meningismus im epileptischen Dämmerzustände. Mschr. f. Psych. 
38. (2.) 165. 

124. Watkins, Victor E., History of a Gase of Jacksonian Epilepsy. Med. Rec. 87. (26.) 
1068. 

125. Weintraut, Präparate von Tctanusbacillen. B. kl. W. 1916. 53. 231. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

126. Weiss, Schwerer Wundstarrkrampf. M- m. W. p. 304. (Sitzungsbericht.) 

127. Widen, John, Blutzucker und Eklampsio. Mschr. f. Geburtsh. 41. (2.) 113. 

128. Wigert, Epilepsi vid förvärvad syfilis. Allmänna Svenska Läkartidningen. No. 41. 

129. Wintz, H., Untersuchungen übor den Antitoxingehalt im Serum Tetanuskrankor. M. 
m. W. No. 46. S. 1564. 

130. Wittmann, P., Starrkrampf. Münch, tierärgtl. Wtchr. No. 31. p. 591. 

131. Witzol, 0., Die EnzophalolyrO bei traumatischer Epilepsie und Zephaialgie. M. m. 
W. No. 43. S. 1478. F. B. 

132. Wrzosek, Adam, und Maciesza. Adolf, Über die Entstehung, den Verlauf und die 
Vererbung der durch Itückenmarksverlotzung hervorgerufenen Meerschweinehen- 
Epilepsio. Arch. f. Rassen- und Ciesollschaftsbiol. 11. (3.) 290. 

133. Zimmer mann, Richard, Beitrag zur Kenntnis des epileptischen Blutbildes. Zf ehr. 
f. d. ges. Neur. 28. (4/5.) 339. 

So interessant auch die Resultate sind, die Benedikt bei seinen 
kephalometrischen Untersuchungen bei Epileptikern erhalten haben will, so 
werden sie doch noch recht starkem Zweifel begegnen. Von Wert sind 
die Untersuchungsergebnisse Levys und Pachs, welche bei Epileptikern 
im Anfalle stets das Babinskische Zeichen fanden, und die Angaben 
von Jaureggs bestätigt fanden, daß man durch Injektion von Kokain in 
vielen Fällen den epileptischen Anfall auslöseu kann. Welchen W'ert dies 
bei der militärischen Ausmusterung habeu kann, braucht nicht erwähnt zu 
werden. Die Kriegsepileptiker waren nach Bonhoeffers Feststellungen 
alle disponierte Individuen; aber bei vielen trat der Anfall als Reaktiv¬ 
erscheinung auf. Friedmaun bringt Beispiele von sog. kleiuen Anfällen, 
die nicht, wie manche Autoren wollen, als ein einheitlicher Krankheits¬ 
begriff aufzufassen sind, soudern verschiedene Grundlage haben können. 

Das größte Interesse im vorliegenden Abschnitt nehmen die Arbeiten 
über Tetanus ein, über den außerordentlich viele Beobachtungen gemacht 
werden konnten, da die Zahl der Erkrankungen im Anfang des Feldzuges 
sehr groß war. Dadurch haben unsere Kenntnisse über die Inkubationszeit* 
über Symptomatologie, den Angriffspunkt des Giftes, über die Mortalität und 
besonders über die Therapie wesentliche Bereicherung erfahren. Die pro¬ 
phylaktische Seruminjektion wird besonders bei schweren Verletzungen der 
Extremitäten als wichtigste Maßnahme zur Verhütung der schrecklichen 
Krankheit allseitig empfohlen. 


Epilepsie. 

Benedikt (7) ist auf Grund kephalometrischer Untersuchungen zu der 
Überzeugung gekommen, daß der Epileptiker sich durch besondere Merk¬ 
male auszeichnet, wodurch man ihn, auch ohne daß man epileptische Anfälle 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


429 


beobachtet bat, herausfinden kann. Letzteres ist besonders Air den Krieg 
von großer Bedeutung. Im normalen Zustande ist die rechte Stirne niederer 
und schmäler, das rechte Ohr rückt weiter nach rückwärts und der rechte 
retroaurikuläre Kopfteil des Scheitelbeines und des Hinterhauptes ist stärker 
entwickelt. Diese Asymmetrie ist zunächst durch die vorwaltende Entwicklung 
der Sprachzentren und auch der Zentren der komplizierten Bewegungen der 
rechten Hand bedingt Das Rückwärtsrücken des rechten Ohres deutet eine 
Kompensation für die mittlere Schädelgrube und die relative Hyperplasie 
der retroaurikulären Kopfteile eine solche für die hintere Schädelgrube an. 
Störungen dieses Verhältnisses sind das wichtigste Stigma der kongenitalen 
Epilepsie. Die einfachste Form ist der Ausfall der Kompensation und also 
durchgreifende Aplasie der rechten Seite. Besonders kompromittierend ist 
eine solche Aplasie, die, wenn beiderseitig, die fatale Form eines Keilkopfes 
aunehinen würde. Es kann auch Vorkommen, daß gerade die rechte Seite 
hyperplastisch ist — besonders deutlich an der hochgradigen Entwicklung 
der Tubera frontalia und parietalia. Die hydrozephalische Aufblähung des 
rechten Tuber frontale ist ebenfalls ein hochgradig verdächtigendes Stigma. 
Ein anders wichtiges Stigma ist die Verkürzung des medialen Scheitelbogens. 
In der Regel ist dieser gleich laug mit dem medialen Stirnbogen. Bei den 
Epileptikern ist ersterer gewöhnlich um 3—4 cm kürzer. Selten ist das 
Umgekehrte der Fall, daß der mediale Stirnbogen kürzer ist. Dies scheint 
besonders bei der psychoepileptiscben Form der Anfälle vorzukommen. In 
epileptischen Familien kommt ein Kompensationsversuch der Natur dieser 
lokalen Aplasie des Schcitelbogens vor. Es entsteht die sogenannte 
Scheitelsteilheit, gewöhnlich verbunden mit rückfliegender Stirn. Die meist 
kompromittierten Mitglieder haben oine scheinbar normale Konfiguration des 
medialen Längsumfanges, und die Verkürzung des Scheitelbogens erreicht 
einen hohen Grad. Bei anderen ist die Scheitelsteilheit hochgradig, und der 
Fall ist kompensiert, und das Leiden kommt nicht zum Ausbruche. Andere 
Mitglieder der Familie haben eine mittlere Form, und die Kompensation 
kann je nach den quantitativen Verhältnissen gelungen sein oder nicht. Bei 
der Deszendenz der Kompensierten pflegt die Kompensation auszubleiben, 
uud die Disposition für das Leiden führt zur vollen Entwicklung desselben. 
Exzessive Dolicbozephalie über das Maß der durchschnittlichen Kahnform 
bedingt wohl häufig Psychoepilepsie. Makrozephalie ist nicht eindeutig 
pathologisch, wenn sie nicht durch Hydrozephalie bedingt ist. 

In eiuer zweiten Abhandlung gibt Benedikt (S) noch nähere Finger¬ 
zeige für die Art der Untersuchung am Kopfe, um die in der ersten Ab¬ 
handlung beschriebenen Verhältnisse herauszufinden. 

Jellinek (56) bespricht die Schwierigkeit, die sich ergab, bei der 
Ausmusterung die wirklichen Epileptiker von den Pseudoepileptikern aus¬ 
zumustern. Die Beobachtung der Verdächtigen fand auf einer besonderen 
Station statt. Als bemerkenswerten Befund hebt der Autor hervor, daß 
sich in allen Fällen von wirklicher Epilepsie unmittelbar oder wenige Minuten 
nach dem Anfalle das Babinskische Zehenphänomen zeigte, welches bald 
darauf wieder verschwand. Im Gegensatz zu den Epileptischen konnte es 
bei den Hysterischen nur eiumal konstatiert werden. Es wurde auch auf den 
Rat Wagner v. Jaureggs versucht, durch Kokaininjektion (0,05 ccm) 
Anfälle zu erzeugen, doch gelang das nur in einer ganz beschränkten Zahl 
von Fällen. 

Da die Feststellung des epileptischen Anfalles, resp. der Epilepsie von 
imminenter militärärztlicher Wichtigkeit ist, benützen L6vy und Pach (72) 
dazu einerseits die Erfahrung Jellineks, daß im epil. Anfall stets das 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


Babiuskische PhäDomen nachweisbar ist, und die Erfahrung Wagner v. 
Jaureggs, daß eine subkutane Injektion von 0,05 Kokain in den meisten 
Fällen innerhalb 10—12 Stunden einen epileptischen Anfall auslöst. Die 
eigenen Erfahrungen der Verfasser siud bezüglich dieser Untersuchungen: Bei 
25 epilepsieverdächtigen Kranken des „ Marie-Valerie-Barackanspitales“ habeu 
sie in 13 Fällen nach Injektion von 0,03 Kokain innerhalb 2—60 Miuuten 
einen typischen epileptischeu Anfall beobachten könuen. In Vs der Fälle 
war das Babiukisehe Phänomen nachweisbar. Darunter waren bloß 
2 Fälle, in welchen die Epilepsie bereits früher ärztlich konstatiert wurde; 
ein Kranker bekam erst 36 Stunden nach der Injektion einen spontanen 
epileptischen Anfall; fast bei allen war eiue konjugierte Deviation der Bulbi 
vorhanden. Im Reservespital 5 bekamen 5 Kranke eiue Kokaininjektion, 
davon reagierten 4 innerhalb 15 Miuuten mit einem epileptischen Anfall. 
Bei 11 Kranken wurden Kontrollinjeklioneu mit Aqua dest. gemacht, ohne 
einen Anfall hervorgerufen zu haben, davon waren 3 nachgewiesene Epi¬ 
leptiker; ebenso wurde auch Injektion von anderen vasokonstriktorischen 
Mitteln ohne Erfolg gemacht. (Hudovemig.) 

Bonhoeffer’s (12) Ausführungen über Epilepsie im Feldzuge stützen 
sich auf ein Material von 33 Fällen. Unter diesen waren es 20, bei denen 
die Anfälle schon vor dem Feldzuge bestanden hatten. Bei 10 vou den 
letzteren waren die Anfälle erst nach der aktiven Dienstzeit eingetreten, bei 
10 anderen hatten sichere epileptische Anzeichen schon vor der aktiven 
Dienstzeit bestanden. Als auslösende Faktoren ließen sich in 5 Fällen 
starke anstrengende Märsche, siebenmal das Gefecht selbst feststelleu; zwei¬ 
mal wirkten Granatexplosionen aus nächster Nähe auslösend. 9 Soldaten 
hatten mehrere Gefechte, einer sogar 18 mitgemacht, ehe der erste Anfall 
auftrat. Häufig wurden psychische Begleitsymptome beobachtet. Bei deD 
13 scheinbar als „Feldzugsepilepsie“ sich darstellenden Erkrankungen waren 
auch pathologische Antezedentien nachweisber. Der Autor führt dafür 
einige Beispiele au und bespricht etwaige Beziehungen zwischen der Epilepsie 
und der Typhusimpfung, der Lues bei den zur Beobachtung gekommenen 
Soldaten. Im ganzen ergab sich aus dem Material folgendes: Schwere, von 
Jugend auf bestehende Epilepsie fand sich nur infolge von Verheimlichung 
der Anfälle oder von Versehen bei der Einstellung. Von diesen Fällen ist 
keiner bis ins Feld gelangt. Ein großer Anteil gehört der konstitutionellen 
Epilepsie mit seltenen Anfällen, besonders der Spätepilepsie an. Bei den im 
Feldzug zum erstenmal in Erscheinung getretenen epileptischen Aufällen ist 
bemerkenswert, daß sich ausnahmslos der Nachweis der endogeneu, oder 
vorher erworbenen Anlage, auf der die Epilepsie erwachsen ist, hat führen 
lassen. Es ist also dieselbe Erscheinung, die auch bei den im Kriege zur 
Beobachtung gelangten psychopathischen und ueuropathischen Reaktionen 
entgegentritt; es sind disponierte Individuen, die betroffen werden. Es hat 
sich kein sicherer Fall gefunden, bei dem ausschließlich die Kriegserlebnisse 
als Ursache der Epilepsie in Betracht gekommen wären (die Epilepsie nach 
Schädeltraumeu wurde bei dieser Untersuchung nicht in Betracht gezogen). 
Dagegen ist die Zabl der Fälle nicht gering, bei denen von Reaktiv¬ 
epilepsie insofern gesprochen werden kann, als ausschließlich anschließend 
an bestimmte Kriegsschädigungen Anfälle aufgetreten sind. Daraus ergibt 
sich nach Ansicht des Autors eiue im wesentlichen günstige prognostische 
Beurteilung dieser Fälle. Neben den epileptischen Anfällen finden sich 
Anfälle bei Individuen mit labilem Vasomotorium. Diese haben die Neigung, 
psychogen auslösbar zu werden und sich damit der Hysterie zu nähern, ohne 
daß sich sonst ein hysterischer Habitus entwickelt. 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


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Ebenso wie der periphere Nerv in seiner Scheide ungehindert gleiten 
muß (sonst löst die Summe der durch Narbenfixation bedingten Zerrung 
neuralgische Anfälle aus), so muß auch das Gehirn bei seinen pulsatorischen 
Ausdehnungen beweglich gegen die Dura sein. Die feste Aufhängung an 
einer Schädelduranarbe führt zum epileptischen resp. zephalalgischen Insult 
und bei dauernder Wiederholung zum Status epilepticus resp. cephnlalgicus. 
Um diese freie Beweglichkeit zu erzielen, schaltet Witzei (131) nach Lösung 
der narbigen Fixation zwischen Dura und Gehirn einen freien, dem Ober¬ 
schenkel des Verwundeten entnommenen Fettlappen ein. 

Zimmermann (133) hat methodische Blutuntersuchungen bei Epileptikern 
vorgenommen. Es ergab sich: 1. Bei der großen Mehrzahl der Epileptiker zeigt 
das Blutbild keine Abweichung von der Norm. 2. Vor dem Anfall treten sehr 
häufig Änderungen in dem Verhältnis der weißen Blutzellen zueinander auf und 
zugleich macht sich eine starke Vermehrung der weißen Blutzellen bemerkbar. 
Die Lymphozyten vermehren sich wohl in jedem Fall. In vielen Fällen 
zeigen auch die Mononukleären eine Vermehrung Die Eosinophilen zeigen 
dagegen die Neigung, aus dem Blutbild zu verschwinden. 3. Im Anfall 
selbst kommt es zu einem mäßigen Rückgang der neutrophilen Leukozyten; 
die Steigerung der Lymphozyten hält an. 4. Das Blutbild gleicht sich meist 
nach 1—2 Tagen wieder aus. 

Stachlik (115) untersuchte an dem Material der Züricher Anstalt die 
hereditären Beziehungen zwischen Alkoholismus und Epilepsie. Er kommt 
zu folgendem Ergebnis: 1. Unter hereditär belastenden Krankheiten spielt 
die Epilepsie selbst keine große Rolle, denn nur 15,3% sämtlich belasteter 
Patienten waren gleichartig belastet, direkt gleichartig nur 6,4 % und von 
den sämtlichen untersuchten Patienten wiesen Epilepsie nur 9,5 % unter 
den Verwandten der Epileptiker auf, unter direkten Vorfahren nur 4,1%. 
2. Die anderen belastenden Krankheiten — Hysterie, Dementia praecox, 
periodische Erkrankungen, Imbezillität, Idiotie, organische Geisteskrankheiten, 
allgemeine körperliche Leiden — stehen in ihrer Bedeutung der Epilepsie 
weit nach. 3. Bei starker Heredität scheinen die ersten Anfälle etwas früher 
aufzutreten. 4. Unter den hereditär belastenden Krankheiten bei Epilepsie 
ist quantitativ der Alkoholismus in erster Reihe zu nennen, denn ca. 40% 
aller belasteten Patienten hatten alkoholische Eltern und ca. 43% hatten 
unter ihren direkten Vorfahren mindestens einen Alkoholiker. Fast 30% 
sämtlicher hereditär belastenden Momente macht der Alkoholismus aus. In 
30% der Epilepsien, bei welchen man überhaupt etwas hereditär Belastendes 
findet, ist es allein der Alkoholismus, der hereditär in Betracht kommt. 
5. 50% aller Fälle, bei welchen die Eltern der Patienten alkoholisch waren, 
hatten ganz gesunde Vorfahren und Seitenverwandte; und in 58% solcher 
Fälle wurde in der Verwandtschaft keine andere Krankheit als der Alko¬ 
holismus gefunden. 6. ln den Familien der Epileptiker ohne alkoholische 
Erzeuger spielt der Alkoholismus nur eine unbeträchtliche Rolle. Umgekehrt 
ist der Alkoholismus der Erzeuger um ein Vielfaches häufiger als der 
der Seitenverwandten. Die gegebenen Zahlen machen es äußerst wahr¬ 
scheinlich, daß der Alkoholismus der Eltern von Epileptikern nicht eine 
bloße Ausdrucksform einer Familiendisposition ist, die sowohl Alkoholismus 
und Epilepsie erzeugt, sondern daß er eine wichtige Ursache der Epilepsie 
bildet. 

In Watkins’ (124) Fall handelt es sich um eine Zyste in der vorderen 
linken Zentralwindung, welche die Ursache der rechtsseitigen Krämpfe und 
Lähmung war. Diese Zyste war ein Residuum einer vor mehreren Jahren 
erlittenen Schädelverletzung. Bemerkenswert in dem Fall ist das plötzliche 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


Einsetzen der Krämpfe, die große Anzahl derselben and ihr Verschwinden 
einen Tag nach der Operation. 

In einem von Wasserfall (123) beschriebenen Falle kam es in einem Falle 
von Epilepsie ohne besondere Gelegenheitsursache und ohne irgendwelchen Zu¬ 
sammenhang mit einem epileptischen Krampfanfalle zu einem überaus lange dau¬ 
ernden Zustande tranmhaft veränderten Bewußtseins. Kurz vor dem Abklingen 
des Dämmerzustandes wird das Krankheitsbild durch einen ausgesprochenen 
Zustand von Meningismus, eine Art Pseudomeningitis kompliziert Hobes 
Fieber ohne nachweisbare Komplikationen seitens innerer Organe,. Kopf¬ 
schmerzen, starke Benommenheit, Flattern der Gesichtsmuskeln, Nacken¬ 
steifigkeit, Hyperästhesie von Haut und Muskeln, Kernigsches und Lasögue- 
sches Symptom, Retiexdifferenzen, Paresen der Beine, Inkontinenz von Blase 
und Mastdarm lassen zunächst den Verdacht auf eine echte Meningitis auf- 
kommen; erst die Lumbalpunktiou, insbesondere das Fehlen jeglichen 
Bakterienbefundes im Lumbalpunktat, nehmen dieser Vermutung die Basis, 
und der weitere günstige Verlauf bestätigt die Annahme, daß der meningitis- 
ähnliche Zustand lediglich eine Steigerung des epileptischen Dämmerzustandes 
bedeutet hat, ähnlich wie man dies gelegentlich in atypischen schweren 
Alkoholdelirien beobachtet hat. Der Autor glaubt, daß eventuell bestimmte 
Autotoxine den Zustand hervorgerufen hätten. 

Stuchlik (116) diskutiert im diagnostischen Beitrag den Wert der 
Assoziationsmethode für die Diagnose und demonstriert an einem Fall jugend¬ 
licher Epilepsie ihre gerechte Anwendbarkeit. Ira therapeutischen Beitrag 
beschäftigt er sich mit dem Vorschläge von Barakov, die Epilepsie mit der 
Borsäure zu behandeln. Auf Grund seiner Kasuistik kommt er zum Schlüsse, 
daß die Behandlungsart nicht zu empfehlen sei. Der als Demonstration 
veröffentlichte Fall zeigt die schädliche Wirkung so großer Dosen der Bor¬ 
säure auf den Organismus, und pharmakologisch läßt sich die hierher ge¬ 
hörende vermutliche Wirkung des Präparates ebenfalls nicht begründen. — Im 
dritten Beitrag diskutiert er auf Grund genauen Tagebuches eines Epileptikers 
die Periodizität der Anfälle. Er konnte ziemlich regelmäßige Wiederholung 
der wechselnden Anzahl der Anfälle konstatieren, so daß eine Vorhersage 
auf wenige Tage möglich war. Daneben stellte er auch eine Periodizität, die 
die Stunde der größten Anhäufung von Anfällen betrifft. Möglicherweise 
stehen diese Periodizitäten im kausalen Zusammenhang mit der Bildung der 
unbekannten schädigenden Noxe der Krankheit. ( Jar . Stuchlik.) 

Pick (88) macht zu der von R. Amman über das Thema veröffent¬ 
lichten Arbeit auf seine in der Wiener medizin. Wochenschrift 1899 Nr. 30 
erschienene Arbeit aufmerksam, in der er die vorliegende Frage weiter ge¬ 
fördert zu haben glaubt, als es durch Amman geschehen sei. 

Russell MacRobert (99) huldigt der Ansicht, die schon Gowers 
ausgesprochen hat, daß die epileptischen Erscheinungen keine Krankheits¬ 
erscheinungen sind, sondern der Ausfluß einer besonderen Entwicklungs¬ 
organisation des Gehirns. Die weiteren Epilepsieforschungen müßten sich 
daher in dieser Richtung bewegen. 

Die Beobachtung von MarCUS (76) ist folgende: Ein nicht hereditär 
belasteter, nicht syphilitischer und früher ganz gesunder Mann von 37 Jahren 
gebt nach einer Krankheitsdauer von kaum 2 Monaten unter schweren epi¬ 
leptischen Anfällen zugrunde. Vor dem Ausbruch der Krankheit waren 
nur kurze Zeit vorher Kopfschmerzen vorausgegangen. Die Kopfschmerzen 
wichen unter Jodkalibehandlung. Die Krankheit verschlimmerte sich aber 
wieder, und in dem zweiten epileptischen Anfall, der kaum zwei Monate 
nach dem ersten kam, starb Patient Den Anfällen gingen beide Male 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


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voraus oder es folgten ihnen unmittelbar nach sehr lästige Geruchshallu¬ 
zinationen von süßlich-üblem, intensiv-gräßlichem Charakter. Der Geruch¬ 
sinn war normal. Eine deutliche Neuritis optica war vorhanden, sonst keine 
krankhaften Symptome seitens der Gehirnnerveu. Danach wurde ein Tumor 
cerebri angenommen. Das prägnante Symptom der Geruchsaura ließ auf 
eine Affektion in der Gegend des Ammonshorns und des Gyrus hippo- 
campi schließen. Die besonders starke Stase mit Blutungen im rechten 
Auge und das Fehlen irgendeiner Hörstörung oder sensorischen Aphasie 
wiesen auf den Sitz des Tumors in der rechten Hemisphäre hin. Bei der 
Sektion fand man eine Neubildung (Sarkom), welche den rechten Uncus gyri 
hippocampi, die größten Teile des Gyrus hippocampus, lingualis und fusi- 
formis samt der gesamten Ammonsformation ergriffen hatte. Auch der 
rechte Nucleus amygdalae war mitbeteiligt. Der Tumor war von angio- 
kavernösem und angiosarkomatösem Charakter und enthielt zahlreiche kleinere 
und größere frischere und ältere Blutungen. 

Meyer (81) erläutert an fünf Fällen die Mannigfaltigkeit der Bezie¬ 
hungen zwischen Epilepsie und Schwangerschaft, und der Beeinflussung des 
Krampfzustandes in gutem und schlechtem Sinne durch die Gravidität. 

42jährige Patientin Higier’s (50) erkrankte intensiv seit dem frühesten 
Kindesalter. Ihr Vater war bis in das späteste Mannesalter Onanist, ihr 
Bruder unterlag demselben Laster schon im frühen Kindesalter. Ihre 12jähr. 
Tochter ist seit dem 2., ihr 2jähr. Söhnchen seit dem ersten Lebensjahr 
Masturbant. Die Pat. ist nicht Potator, raucht nicht und hat keine Lues 
geerbt oder akquiriert. Neben dem permanenten nymphomanischen Hyper¬ 
sexualismus, der sie wiederholt zu manchen agressiven Ausschweifungen 
veranlaßt«, hat Pat. seit vielen Jahren epileptiforme Anfälle, im Anschluß an 
Schreck entstanden, und die durchaus den Charakter der pseudasthenischen 
oder Affektkrämpfe (Oppenheim-Bratz) tragen. Auffallend ist die Tat¬ 
sache, daß Brom absolut unwirksam sich erweist, und daß die Anfälle, die 
über 30 Jahre dauern, während der 5 Jahre, als die Kranke verheiratet war, 
ganz fehlten, ungeachtet dessen, daß die Masturbation regelmäßig neben 
dem normalen Koitus geübt wurde. ( Selbstbericht .) 

In einem Falle von Jacksonscher Epilepsie, dessen Anfälle in der 
liuken Schulterregion begannen, fand Orbison (87) bei der Operation eine 
Gefäßschlinge im linken Armzentrum. Bei der Sektion (Patient war 2 Tage 
darauf gestorben) wurden noch alte meningeale Verwachsungen und ein 
hämorrhagischer Herd gefunden. 

Wigert (128) teilt die Fälle, in denen Syphilis als Ursache eines epi¬ 
leptischen Krankheitsbildes betrachtet werden kann, in folgende Gruppen eiu: 

I. Fälle mit tertiär-gummösen Veränderungen im Gehirn oder seinen 

Häuten (symptomatische Epilepsie). 

II. Fälle ohne tertiär gummöse Veränderungen (syphilitische Epilepsie 

im eigentlichen Sinne): 

a) Fälle mit syphilitischer Endarteritis der feinsten Gehirngefäße 
(Nissl-Alzheimer); 

b) Fälle, die in Paralyse und Tabes übergehen oder diesen nahe¬ 
stehen ; 

c) Fälle, wo Epilepsie im Sekundärstadium der Syphilis eintritt 
(parasyphilitische Epilepsie, Fournier); 

d) Fälle von parasyphilitischer Epilepsie bei hereditärepilepüseher 
Konstitution; 

e) Fälle von parasyphilitischer Epilepsie ohne hereditärepileptiwhe 
Konstitution. 



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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


Verf. hält das Vorkommen von „parasyphilitischer Epilepsie“ für un¬ 
sicher und nicht bewiesen, besonders was die speziell von Nonne verfochtene 
Gruppe Ile betrifft. ( Kahlmeter .) 

Balassa (4) beschreibt die Encephalopathia saturnina eines nicht be¬ 
lasteten 35jähr. Klempnergehilfen ohne Lues, ohne Alkoholmißbrauch, welcher 
seit früher Jugend viel mit Blei und in letzter Zeit mit Bleidämpfen in 
Berührung kommt, und bereits zweimal an Bleivergiftung erkrankte. Bei 
der dritten Erkrankung kam es auch zu epileptischen Anfällen; Pat. zeigt 
auch ansonsten die Zeichen einer Bleivergiftung. ( Uudovernig ..) 

Nach Erfahrungen von Hebold (48) wird der plötzliche Tod bei Epi¬ 
lepsie 1. durch den Anfall au sich herbeigeführt (durch Herzschwäche, Herz¬ 
riß, Hirnblutung). 2. Der Kranke stirbt infolge Sturzes . an der im Anfall 
enthaltenen Verletzung sofort (Genickbruch, Wirbelbruch, seltener bei Schädel¬ 
bruch). 3. Es tritt Erstickung durch die Lage ein, die vom Anfall selbst 
herbeigeführt wird (bei Bauchlage im Bett, Einklemmen zwischen Gegen¬ 
ständen, in Gesichtslage auf dem Boden). 4. Der Eiranke erstickt durch 
Einatmen fremder Stoffe (von Speiseresten während oder nach der Mahlzeit, 
von Wasser beim Baden oder Fall ins Wasser) oder verbrennt bei Fall 
ins Feuer. 5. Im Endzustand des Anfalles, dem Zustande der Bewußtseins¬ 
störung, kann er Selbstmord begehen (der tödliche Ausgang konnte in der 
von H. geleiteten Anstalt bisher stets verhindert werden). Der Tod nach 
dem Anfall wird 6. durch den Anfall selbst durch Gehirnblutung (bei Arterio¬ 
sklerose) oder durch Gehirngeschwulst herbeigeführt. 7. Durch Sturz auf 
den Kopf im Anfall, der mit oder ohne Schädelbruch Gehirn- und Hirn¬ 
hautblutungen verursacht. 8. Durch Fall ins Feuer und heiße Flüssigkeiten 
(Verbrennen, Verbrühen). 9. Durch Infektion der im Anfall erhaltenen 
Wunden (Tetanus traumaticus). H. bringt sehr viele Krankengeschichten 
zur Illustration des Gesagten. 

Zum Krankheitsbegriff der „gehäuften kleinen Anfalle“ waren von 
Heilbronn er und L. Mann u. a. verschiedenartige Anfallsformen, sofern 
sie nur in gehäufter und relativ leichter Art bei Kindern auftraten, gerechnet 
wordeu, wobei sich bestimmte Beziehungen, sei es zur Spasmophilie, sei es 
zur Hysterie, zu eröffnen schienen. Andere dagegen hatten an der An¬ 
schauung festgehalten, daß diese Petit-mal-Form doch noch regelmäßig zur 
Epilepsie gehöre. Friedmann (38) trat schon vordem dafür ein und tnt 
es nach neueren eigenen Erfahrungen um so mehr, daß mit der einfachen 
Feststellung eines in gehäuften kleinen Anfällen sich äußernden Leidens 
zunächst nur ein Symptomenkomplex oder ein Symptomenbild gekennzeichnet 
wird. Manchmal zeigt es sich, daß späterhin, bald früher, bald erst nach 
Jahren, doch noch echte epileptische Krämpfe und eine epileptische Degene¬ 
ration sich einstellen; andere Male sind lange Zeit Konvulsionen im Zeit¬ 
raum der ersten Kindheit vorausgegangen oder es findet sich noch eine für 
die Spasmophilie typische elektrische Übererregbarkeit: in beiden Fällen 
scheinen jedes Mal die Absenzen eine besondere Eigenart darzubieten; teils 
nämlich sind sie wechselnd und vielgestaltig in dem Anfallsbild, teils zeiebneu 
sie sich überhaupt durch das Vorhandensein ausgeprägter Reizerscheinungen 
aus. Als dritte Form kommt dazu die auf dem Boden der Hysterie sich 
ausbildendo Abart. Im Gegensatz dazu ist nach Ansicht des Autors das 
narkoleptische Petit mal ein ganz für sich bestehendes Leiden, das im all¬ 
gemeinen mit keiner anderweitigen nervösen Störung verbunden ist, oder 
zu dem eine solche nur vorübergehend hinzutritt, und das ganz einförmig 
stets nur den gleichen Anfallstypus darbietet, in welchem allein der Ausfall 
der höheren Denk- und Willensfunktion sich bekundet, gewöhnlich nur von 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


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einer Aufwärtsdrehung der Augen und leichtem Lidflattern begleitet, nicht 
selten auch von einer Schwäche der Arme und Beine. So dauert das Leiden, 
entweder kontinuierlich oder in mehreren Anfallsperioden verlaufend, eine 
Reihe von Jahreu hindurch, um schließlich ohne weitere Komplikation in 
völlige Heilung überzugehen. Für diese Form glaubt Friedmann die 
wahrscheinlichste Deutung darin zu finden, daß eine eigenartige Gestaltung 
der Gehirnmüdigkeit bestehe, welche zu plötzlichem vorübergehendem Ver¬ 
sagen der höheren geistigen Funktion führt. 

Eklampsie. 

In drei von acht Eklampsiefällen konnte Wid6n (127) Hyperglykämie 
in ausgesprochenem Grade, in vier anderen in weniger starkem Grade nach- 
weisen. Man könne deshalb die intermittierende Hyperglykämie bei Eklamp- 
tischen als ein recht charakteristisches Symptom aufstellen. Aus dem vor¬ 
liegenden Material ist ferner ersichtlich, daß die schweren Formen der 
Eklampsie keine Hyperglykämie bedingen. Sollte sich dies weiter bestätigen, 
dann hätte man in der Blutzuckerbestimmung;, bei Eklamptischen ein pro¬ 
gnostisches Kriterium von gewissem Werte. Über die Ursache der Hyper¬ 
glykämie bei Eklamptischen läßt sich nichts Sicheres sagen. Aus weiteren 
Versuchen des Autors geht hervor, daß bei bestehender Hyperglykämie der 
Mutter das fötale Blut einen normalen Blutzuckergehalt aufweist. Die 
Plazenta sei also kein einfacher Filterapparat. 

v. Reuß (96) hat darüber Untersuchungen angestellt, ob die intra¬ 
uterine Schädigung durch das toxische Blut eklamptischer Mütter oder durch 
die hypothetische extrauterine durch die Muttermilch auf das weitere Ge¬ 
deihen des Kindes von Einfluß ist. Auf Grund von 60 daraufhin beob¬ 
achteten Fällen kommt der Autor zum Schluß, daß wenn das Kind einer 
eklamptischen Mutter die ersten Tage überlebt, eine Beeinträchtigung seines 
weiteren Gedeihens durch die mütterliche Erkrankung in der Regel nicht 
zu befürchten ist, und daß ferner eine toxische Schädigung des Kindes durch 
die Muttermilch höchst unwahrscheinlich ist. 

Das Interesse des von Eisenreich und Schmincke (29) mitgeteilten 
Falles liegt einerseits in dem Auftreten eines raschen Todes im eklampti¬ 
schen Anfall durch Ruptur einer infolge der chronischen Nephritis vorzeitig 
arteriosklerotisch veränderten Hirnarterie bei einer 27jährigen Frau, anderer¬ 
seits dariu, daß die Eklampsie im vierten Schwangerschaftsmonate auftrat. 

Dahlmann (25) erhielt bei Kaninchen bei Leber- und Gallengangs¬ 
unterbindung klinische Krampfbilder, die kein einheitliches Bild ergaben. 

F. Dick und R. Dick (27) stellten Kulturen an aus dem Urin einer 
Eklamptischen. Sie hatten den Urin unmittelbar nach dem Tode der 
Kranken mittels Katheders unter aseptischen Kautelen entleert. Sie fanden 
gramnegative Bazillon, welche ungefähr die Größe der Influenzabazillen 
hatten. Intravenöse Injektionen dieser Kulturen bei Hunden bewirkten keine 
Krankheitserscheinungen. 


Konvulsionen. 

Poilok und Holmes (89) fanden, daß Hunde nach Injektionen von 
Pikrotoxin die gleichen Krämpfe zeigten, sowohl wenn ihr Gehirn vor der 
Injektion intakt gelassen war, als auch wenn man Hemisphären und Thala¬ 
mus exstirpiert hatte. Sie sind deshalb überzeugt, daß die Krämpfe me¬ 
dullärer Art sind, und daß Pikrotoxin ein medulläres Krampfmittel ist. Dies 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


suchen die Autoren noch durch die dabei auftretenden Störungen im auto¬ 
nomen System und in der Blutzirkulation zu erhärten. Da man derartige 
Symptome auch bei der genuinen Epilepsie findet, so sind die Autoren der 
Überzeugung, daß auch bei ihr Medulla und Pons teil an den Krämpfen 
nehmen, ganz gleich, ob der Ausgangspunkt der Krämpfe in dieser oder 
einer anderen Region liegt. 


Tetanus. 

Über die Arbeit Helber’s (49) orientiert folgende Tabelle: 


Fälle 

Inkubation 

Dauer 

V erlauf 

I 

| Komplikation 

Behandlung 

Schwere des 
„ Falles 

1 

4—5 

Tage 

1 \i Tage 

Exitus 

i ,1 

; Amputation j 

! 1 

i Antitoxin 

! Morph. Chloral j 

| sehr schwer 

2 

7 

n 

S 3 » 

I 

r> 

i 

Magn. sulf. 

r r 

3 

5 

r 

1 3 r 

| 

n 


| Morphium 

r> r> 

4 

8 

n 

1 2 ” 

n 

— 

Chloral 

n w 

5 

8 

n 

2 - 

n 

— 

1 

r r 

6 

9 

1 

" 1 

! über 

1 4 Wochen 

1 geheilt 

1 Abszesse 
Gangrän 

i|komb. Behandl. ( 

schwer 

7 

10 

79 

i 17 Tage 


1 

n 

V 

8 

12 


16 „ 

1 „ 

1 j Broncho* 

( 



yy 

1 7) 

| 

j 

)' pneumonie 

| * r 

71 

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• i 

über 

4 Wochen 

l 

,1 * 

r 

1 

n n i 

n 






( 

Antitoxin 1 

) 

10 

18 

n 

13 Tage 

n 

- 

Morph. Scop. ! 

> leicht 






1 

Abszeß 

Anaphylaxis 

Chloral 1 

J 

11 

15 

n 

25 „ 

1 

1 V 

i i 

> komb. Behandl. | 

schwer 

12 

21 

n 

u n 

i 

i 

Abszesse 

Gangrän 

j| W n 

leicht 


Der Autor spricht sich gegen die Behandlung mit Magn. sulf. aus, 
weil sie ungemein schmerzhaft sei, weil sie Abszesse verursacht und Zwerch¬ 
felllähmungen herbeiführt. 

Grundmann (43) beobachtete 25 Fälle von Tetanus. Nach seiner 
Erfahrung ist die Inkubationszeit um so kürzer, je näher die Infektions¬ 
quelle dem Zentralnervensystem liegt. Sie schwankte zwischen 3—14 Tagen. 
Als Initialsymptome beobachtete er: Schluckbeschwerden (Krämpfe der 
Schluckmuskulatur), starke Schweiße, leichtes Erschrecken bei Geräuschen, 
Lichtreizen und Luftzug, Schwindel, Zucken und Steifigkeit und Übererreg¬ 
barkeit der Muskeln (beim Beklopfen). Die Temperatur stieg bei schweren 
Fällen auf 38—39° C, bei leichteren Fällen war sie normal. Der Autor 
tritt warm für prophylaktische Serumbehandlung ein; Verwundete sollen 
nicht auf bloßes Stroh oder unreine Unterlagen gelegt werden. Die Wundeu 
sind sorgfältig mit Wasserstoffsuperoxyd zu reinigen. Antitoxininjektioneo 
machte der Autor in dreifacher Weise, erstens subkutan resp. intramuskulär, 
zweitens intravenös gegen das im Blute kreisende Toxiu und drittens intra- 
lumbal. Besonders empfiehlt auch der Autor die Injektion mit Magnesium 
8ulfuricum 3—4mal täglich 20 ccm (mit 5 ccm beginnend) einer lOpro- 
zentigen Lösung. Wegen der Gefahr der Atemlähmung hält man 5pro- 
zentige Chlorkalziumlösung oder Physostigmin (1 mg) bereit. Die Mortalität 
aller Fälle betrug 65 %. 

Fröhlich und Meyer (39) besprechen kritisch die Arbeiten, welche 
über die Fortpflanzungsweise des Tetanusgiftes von der Injektionsstelle 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


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handeln, und suchen experimentell nachzuweisen, daß das Gift von den 
Nervenendigungen aufgenommen und im Nerven selbst zu den Ganglien¬ 
zellen geleitet wird. Daun besprechen sie die für die Tetanusvergiftung 
charakteristischen Erscheinungen. Diese sind: 1. die Muskelstarre (Muskel- 
verkiirzung) mit Lähmung, 2. die taktile Reflexübererregbarkeit und 3. bei 
besonderer Art der Vergiftung der Tetanus dolorosus. Der letztere stellt 
ein typisches und konstantes Phänomen dar, das durch Einwirkung des 
Tetanusgiftes auf bestimmte Neurone im Rückenmark borvorgerufen wird, 
die ausschließlich Schmerzempfindungen vermitteln; diese Neurone werden 
hochgradig übererregbar, so daß der allergeringste Reiz einen äußerst heftigen 
Schmerzanfall auslöst. Selbst wenn alle von der Peripherie kommenden 
Reize durch Zerstörung und Degeneration der hinteren Wurzeln des Rücken¬ 
marks unterdrückt sind, treten doch die Anfälle periodisch auf, indem 
allem Auscheino nach die inneren physiologischen Reize durch Summation 
zu jeweilig zureichenden Reizen werden und die heftigen, nach außen proji¬ 
zierten Schmerzen auslösen. Bei Injektion von indifferenten Flüssigkeiten 
in die hinteren Wurzeln oder ins Rückenmark tritt die Erscheinung nicht 
ein. dagegeu bei direkter Applikation von Strychnin auf das Rückenmark. 
Die taktile Reflexübererregbarkeit ähnelt bis auf die fehlende Erregung der 
Vasokonstriktorenzentren ganz der Wirkung des Strychnins. In ihrer Ent¬ 
wicklung und Ausbreitung jedoch zeigt sie einen wesentlichen Unterschied: 
»ach lokalperipherer Vergiftung erstreckt sich die Ubererregbarkoit zunächst 
oder auch dauernd nur auf einen dem vergifteten Gliede entsprechenden 
Rückenmarksteil. Die in Betracht kommenden Teile des Reflexbogens 
können nicht Teilstücke sein der von der Peripherie oder vom Gehirn bzw. 
Kopf- und Halsmark kommenden, zu den motorischen Vorderhornzellen 
tretenden Axenzylinderfortsätze; denn auch nach völliger Degeneration von 
diesen beiden, d. h. wochenlang nach gleichzeitiger Durchtrennung des 
Rückenmarks und der in den aboralen Teil desselben tretenden sensiblen 
Wurzeln, erzeugt sowohl Strychnin wie auch Tetanusgift im Hintertier 
heftige, periodisch auftretende Krämpfe. Es müssen also selbständige, der 
experimentellen Degeneration nicht zugängliche Schaltneurone sein, die den 
wesentlichen Angriffspunkt des Giftes bilden. Sowohl an Warm- wie an 
erwärmten Kaltblütern besteht das erste Symptom des lokalen Tetanus in 
einer Parese. Die Katze setzt das vergiftete Bein ungeschickt auf, die 
Strecker der Pfote versagen, und das Tier gleitet mit dem Fuß aus; fast 
immer ist auch bei anderen Tieren die Parese vorhanden und sichtbar, 
wird aber bei zunehmender Verkürzung der Muskeln durch die eintretende 
Starre der GFeder leicht verdeckt. Die Entstehung der Muskelverkürzung 
aufzuklären, ist den Autoren, wie sie sagen, nicht vollständig geglückt. 
Die Muskelverkürzung ist aber nicht das Resultat anhaltender aktiver 
Muskelkontraktionen, es kann sich vielmehr nur um eine Störung des 
Zentralnervensystems handeln, durch welche die nach jeder Kontraktion 
normalerweise einsetzende Rückkehr zur vorherigen Länge schrittweise ver¬ 
hindert, gesperrt wird, oder aber durch welche der Tonus, d. h. die 
inaktive Spannung des .Muskels, allmählich zunimmt, so daß der Muskel 
kürzer und kürzer wird. 

In seinen Untersuchungen über den Antitoxingehalt im Serum Tetanus- 
kranker kommt Wintz (129) zu folgenden Ergebnissen: 1. Das Serum 
Tetanuskranker enthält Antitoxin, das in vitro Tetauusgift zu paralysieren 
vermag. 2. Der antitoxische Titer ist verschieden je nach dem Stadium 
der Erkrankung, gewöhnlich am höchsten in oder kurz nach beginnender 
Rekonvaleszenz. 3. Ein Schutzwert für Mäuse kann festgestellt werden, 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


dagegen kein Heilwert. 4. Selbst die höchsten Antitoxinwerte sind so 
gering, daß jegliche therapeutische Verwertung aussichtslos ist. 

V. Stransky (113) hat bei Tetanus gute Erfolge mit Chloralhydrat 
und mit der Desinfektion der Wunde durch Chlorwasser gesehen. Er 
beschreibt einen zugehörigen Fall. 

Seine Erfahrungen und therapeutischen Erfoge bei Tetanus von Kriegs¬ 
verletzten faßt Pribram (91) folgendermaßen zusammen: 

1. Schlüsse aus einer Mortalitätsstatistik auf den Wert einer Therapie 
können beim Tetanus wegen der außerordentlichen Verschiedenheit des zur 
Beobachtung gelangenden Materials nur bei genauer klinischer Präzisierung 
des Einzelfalles gezogen werden. 

2. Die Lokalisation der Krämpfe ist prognostisch von großer Be¬ 
deutung. Fälle mit Trismus, Opisthotonus und Krämpfen peripherer Muskel¬ 
gruppen liefern relativ günstige Prognosen, vorausgesetzt, daß pulmonale und 
kardiale Komplikationen fehlen, ungünstig ist die Prognose, wenu Zwerchfell¬ 
und Glottiskrämpfe bestehen, auch wenn die übrige Muskulatur vollständig 
unbeteiligt ist. Die düstere Prognose resultiert aus dem Umstande, daß bei 
Bekämpfung dieser Krämpfe die üblichen Behandlungsmethoden versagen. 

3. Ein sicheres Frühsymptom kommender Zwerchfellkrämpfe ist der epi¬ 
gastrische Schmerz, der auf einen schon sehr früh sich äußernden erhöhten 
Muskeltonus des Diaphragmas zurückzuführen ist. 

4. Die alte Regel, daß die Stärke der Infektion immer in der Kürze 
der Inkubation ihren Ausdruck findet, hat namentlich für etwas längere 
Zwischenzeiten keine ausnahmslose Gültigkeit. Eine Erklärung ist dadurch 
gegeben, daß die wahre Inkubation erst vom Momente der Toxinproduktion 
der infizierenden Bazillen zu rechnen ist. Diese fällt aber nicht notgedrungen 
mit dem Momente der Infektion zusammen. 

5. Die Lokalisation der Krämpfe ist unabhängig vom Orte der Ver¬ 
letzung, unabhängig • von der Intensität der Infektion. 

6. Beim Tetanus fehlt regelmäßig das Fazialisphänomen, mag die 
Fazies tctanica noch so ausgeprägt sein; niemals nimmt die Hand eine 
Zwangsstellung ein, niemals gibt es isolierte Adduktoreukrämpfe. Diese drei 
Tatsachen dienen differential-diagnostisch zur Unterscheidung von Krämpfen 
der Frühjahrstetanie, als welche sich zwei als Tetanus eingelieferte Fälle 
entpuppten. 

7. Die häufigste Komplikation beim Tetanus ist die konfluierende 
Lobulärpneumonie, die abgesehen von der Erstickung bei den Zwerchfell¬ 
glottiskrämpfen die meisten Todesopfer fordert. Angesichts dieser Tatsache 
wird die Möglichkeit einer spezifischen Pneumonie diskutiert. 

8. Bei den unter Zwercbfellkrämpfen gestorbenen Patienten findet 
man ziemlich regelmäßig subpleurale Blutungen, oft auch subendo- und 
subepikardiale Leber-, manchmal auch aubkapsuläre Nieren- und Zwerchfell¬ 
blutungen. Man findet ferner Stauungsleber und Stauungsnieren. Alle 
übrigen, die nicht unter Erscheinungen von Zwerchfellkrämpfen zugrunde 
gegangen sind, haben normal gefüllte oder blutarme Abdominalorgane. 
Erklärung findet diese Tatsache im Mechanismus der Zwerchfellkontraktion. 

9. Bei auffallend vielen Tetanuskranken und fast allen Tetauusgestor- 
benen wurden starkausgeprägte Stigmata eines Status lymphaticus gefuuden, 
so daß der Disposition für den Krankheitsverlauf und vielleicht auch für 
die Infektion überhaupt eine gewisse Rolle zukommt. 

10. In einem Falle wurde ein Tetanusrezidiv im Anschlüsse an eine 
septische. Embolie beobachtet. 


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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


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11. Die beste Art der Wundbehandlung besteht im radikalen Weg¬ 
schneiden sämtlicher nekrotischer Gewebspartien, bis in das frisch blutende 
Gewebe hinein, das den schlechtesten Nährboden liefert. Schorfbildende 
Antiseptika, auch der Paquelin erscheinen nicht so zweckmäßig. 

12. Für eine eventuelle Amputation soll man sich im allgemeinen nur 
von chirurgischen Prinzipien leiten und sich von der Infektion allein keine 
Indikation stellen lassen. Man sieht Tetanus mit schwersten Phlegmonen 
ausheilen, solche mit leichter Verletzung perniziös verlaufen, ebenso wie man 
nach stattgehabter Amputation erst das Auftreten von letal verlaufendem 
Tetanus beobachten kann. 

13. Die Ansicht, daß nur schwerste Verletzung mit Gewebszertriimmerung 
zu dieser Infektion Anlaß gebe, läßt sich nicht aufrecht erhalten. In einem 
Falle waren Schweißrhagaden zwischen den Zehen die einzige nachweisbare 
Verletzung. Eine prophylaktische Immunisierung, die sich ausschließlich auf 
.Granatverletzungen beschränkt, dürfte daher kaum zum Ziel führen. 

14. Bei der Narkose empfiehlt, es sich, einerseits wegen der eminenten 
Gefahr der Pneumonie, andererseits wegen der nach Äther sehr oft ein- 
setzendeu Glottiskrämpfe jeden Äther zu vermeiden, und nur reines Chloro¬ 
form zu verwenden, dem außerdem noch ein symptomatischer Wert zu¬ 
kommt. 

15. Von der Serumtherapie sieht man, vorausgesetzt, daß hohe Dosen 
zur Verwendung kommen, manchmal entschiedenen Nutzen; bevorzugt wird 
die täglich zu wiederholende perkutane intravenöse Injektion von 200 bis 
300 A. E. Am ersten Tage empfiehlt sich außerdem noch eine intradurale 
von 400 bis 500 A. E. bei Oberkörpertieflagerung. 

16. Die Krämpfe der peripheren Muskulatur kann man durch Chloral- 
hydrat — bis zu 10 g täglich — durch die subkutane Magnesiumsulfat¬ 
injektion — 5- bis 6 mal täglich 20 ccm einer 25 proz. Lösung — und durch 
Injektionen von Luminalnatrium — 20 proz. Lösung — erfolgreich be¬ 
kämpfen. Am vorteilhaftesten ist die Kombination der genannten Mittel, 
mit denen man sicher zum Ziele kommt. 

17. Bei den Zwerchfellglottiskrämpfen versagen die genannten Mittel 
vollständig. 

18. Nur solche Methoden haben bei Behandlung der Zwerchfellglottis¬ 
krämpfe Erfolg, die direkt den Atmungsmechanismus beeinflussen. Man 
hat eine zweifache Aufgabe zu leisten: a) eine Einschränkung der normalen 
Atmung hervorzurufen und b) dieselbe im Bedarfsfälle durch die künstliche 
Respiration zu ersetzen und zu unterstützen. 

19. Dies Ziel kann erreicht werden: a) durch doppelseitige Phrenikotomie, 
kombiniert mit der Tracheotomie, b) durch die iutradurale Magnesiumsulfat¬ 
injektion bei Oberkörpertieflageruug, c) durch die graduelle Einschränkung 
der normalen Atmung durch hohe Morphiumdosen. 

20. Morphium wurde in steigenden Dosen bis zu 0,3 g pro Tag angewandt. 
Normale Morphiumdosen ohne deutliche Wirkung auf die Atmung haben 
ebensowenig Effekt wie Chloralbydrat, Luminal und subkutane Magnesium¬ 
sulfatinjektionen. 

21. Durch die graduelle Einschränkung der normalen Atmung mittels 
hoher Dosen gelingt es mit Sicherheit, den Patienten absolut krampffrei zu 
erhalten. Die absolute Krampflosigkeit muß als Effekt der symptomatischen 
Therapie bei den Zwerchfellglottiskrämpfen unbedingt postuliert werden, da 
jeder Krampf den sofortigen Tod nach sich ziehen kann. 

22. Wenn man zur künstlichen Respiration gerüstet ist, braucht mau 
die hohen Morphiumdosen in keiner Weise zu fürchten. 


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440 Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 

23. Die künstliche Sauerstoffatmung leistet auch in Fällen, wo sie nicht 
unbedingt erforderlich ist, ausgezeichnete Dienste. 

Goldscheider (41) sah bei zahlreichen Tetanusfällen nahezu regel¬ 
mäßig, daß der Tetanus die der Eintrittspforte zunächst gelegenen Muskel- 
gruppen zuerst befällt, daß auch bei entwickelten Allgemeitierscheinungen 
eine örtliche Bevorzugung derselben erkennbar ist und daß bei den zur 
Heilung gelangenden Fällen die örtlichen Tetanussymptome sich zuletzt zu¬ 
rückbilden. Den Babinskisehen Zehenreflex traf 6. in der Hälfte der 
Fälle an teils als lokales Symptom an der verletzten Extremität, teils als 
allgemeines Symptom doppelseitig. Die Armreflexe sind weniger häufig 
gesteigert als die Sehnenreflexe der unteren Extremitäten. In vielen Fällen 
fand sich mechanische Erregbarkeit im Ulnaris und Fazialis wie bei der 
Tetanie. Unter den verschiedenen Fällen von Tetanus kann man einen 
Gesichtstypus, einen Rumpftypus und einen Extremitätentypus herausheben. 
Das Gesagte belegt der Autor durch Anführung vieler Krankengeschichten. 
Aus manchen Beobachtungen geht hervor, daß anstrengende Transporte bei 
Verwundeten die Entwicklung des Tetanus ungünstig beeinflussen und der 
Erkrankung einen stürmischeren und schwereren Verlauf geben können. 

Elin deutlicher auf Antitoxiu zu beziehender Heilerfolg trat in keinem Fall 
hervor. Die ganz ohne Antitoxin behandelten Fälle verliefen nicht schlechter 
als die mit Antitoxin behandelten. Die narkotisierende Behandlung soll 
nicht schematisch sein, sondern sich der Individualität des Falles und den 
einzelnen Phasen des Verlaufes anpassen. Die Narkotika werden vom 
Tetanuskranken in erstaunlicher Weise ertragen. Der Kranke darf zur 
Nahrungszufuhr nicht aufgerichtet werden, sondern muß, ohne die Lage zu 
ändern, mittels eines dünnen Schlauches die Nährflüssigkeiten einsaugeu. 
Die Krankheitsdauer, d. h. das Andauern von Krämpfen und anderen te- 
tanischen Symptomen bei den geheilten Fällen, schwankte zwischen 23 und 
40 Tagen. Der Schwerpunkt. der Therapie liegt nach Ansicht des Autors 
in der prophylaktischen Behandlung. Sie sollte bei allen Schrapnell- und 
Granatschußwunden, sowie bei Gewehrschußwunden mit zerfetzten Wund¬ 
rändern möglichst früh ausgeführt werden; außerdem muß, mehr als bisher 
auf die Anfangssymptome geachtet werden, da die Antitoxinbehandlung zur 
Zeit der prodromalen Symptome noch wirksam zu sein scheint. 

Pribram (92) hatte unter einem Krankenbestand von etwa 8200 Sol¬ 
daten 28, die an Tetanus litten, also 0,34%. Sehr viele und gerade die 
stürmisch verlaufenden Fälle stammten aus den Schlachten in der Gegend 
von Krakau und Lemberg; außer zweien waren es alle Fußtruppen. Niemals 
war ein bloß lokaler oder aufsteigender Tetanns zu beobachten. Bei einer 
größeren Zahl von Tetanusleichen fanden sich nicht die Zeichen von 
Tetanus, sondern von Sepsis. Die Hyperämie des Gehirns war gering, die 
Milz war akut geschwollen, im Herzblute waren verschiedene Bakterien. 
Dio pathologisch-anatomische Diagnose lautete bei mehreren Fällen nicht 
Tetanus, sondern Sepsis. Es geht daraus hervor, daß in solchen Fällen, 
die gegen den Tetanus gerichtete Therapie versagen muß. Die Gesamt¬ 
mortalität war 66%; sie war größer bei den Verletzungen der unteren 
Extremität als bei denjenigen der oberen. Der Antitoxinwirkung bei Teta¬ 
nus steht der Autor vorläufig skeptisch gegenüber. Die Hauptrolle in der 
Therapie spielen die Narkotika. Als bestes Mittel gegen die Krämpfe 
bewährte sich das Magnesiumsulfat, doch sind hohe Dosen wegen der Atem¬ 
krämpfe zu vermeiden. 

Zu ähnlichen Resultaten wie Wintz kamen auch Noegger&th und 
Schottelias (86). In 26 Serien von Tetanuskranken und Rekonvaleszenten 

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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


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konnten sie Tetanusantitoxin nachweiseh. Der gefundene antitoxiscbe Titer 
war sehr niedrig und entsprach in den besteu Fällen etwa einem 1 / 10 fachen 
Serum. Eine gesetzmäßige Abhängigkeit des Schutzwertes von vorher 
therapeutisch injizierten Antitoxinmengen war nicht nachweisbar; vielmehr 
scheint die Annahme begründet, daß es sich in den untersuchten Fällen im 
wesentlichen um aktiv gebildetes Antitoxin gehandelt hat. Die Versuche 
sprechen gegen eine spezifische therapeutische Verwendbarkeit des Rekou- 
valeszentenserums bei Tetanus. 

LÖwy (74) untersuchte 19 Patienten mit Tetanus auf Immunkörper. 
Er fand, daß manche Tetanuskranke spezifische Immunkörper bilden. Die 
Antikörperproduktion ist unabhängig von Schwere, Verlauf, Sitz der Ver¬ 
letzung und Dauer der Erkrankung. Manchmal scheint die Immunkörper¬ 
produktion auszubleiben, oder es werden die gebildeten Antikörper (speziell 
Antitoxine) wieder rasch ausgesohieden. Es besteht keine Parallelität 
zwischen den Mengen einzelner Immunkörper. 

Klieneberger (64) berichtet über 31 Fälle von Tetanus, die aus ver¬ 
schiedenen Lazaretten stammen. In einem neuerbauten Lazarett kamen 
keine Fälle vor, dagegen in allen in SchuleD, Fabriken, Kirchen usw. ein¬ 
gerichteten. Am häufigsten schloß sich der Tetanus den Granatverletzuugen 
an (18 Fälle). Auf die Erscheinungen und den Verlauf der Krankheit hat 
die Art des Geschosses keinen Einfluß, ebensowenig die Art der Ver¬ 
letzungen, die sämtlich schwerer Natur waren. An den Extremitäten nahm 
der Krampf gewöhnlich von der verletzten Stelle seinen Ausgang. Der Autor 
schildert im einzelnen die Krankheitserscheinungen der von ihm beobachteten 
Fälle. Die Zeit zwischen Verletzung und erstem Auftreten titanischer Er¬ 
scheinungen schwankt zwischen 6 und 18 Tagen. Die Zahlen sind aber 
nach Ansicht des Autors zu hoch gegriffen, da die ganz ersten Erscheinungen 
wohl übersehen werden. Inkubationszeit und Dauer bzw. Verlauf des 
Tetanus stehen in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis. Je länger die 
Inkubationszeit, um so besser ist die Prognose. Von den 31 Fällen sind 
26 gestorben. Es wurden in einigen Fällen vor Ausbruch des Tetanus 
Amputationen vorgenommen, sie haben aber den Ausbruch der Krankheit 
nicht verhindert. Von den 31 Kranken waren 3 prophylaktisch mit Serum 
gespritzt worden. Davon sind 2 gestorben. Die Behandlung bestand in intra¬ 
venöser und intralumbaler Injektion von Tetanusserum und in intravenösen 
Gaben von Magnesiumsulfatlösung (25%). Auch Blntserum von Kranken, 
die Tetanus durchgemacht hatten, wurde verabfolgt. 

Knippen (67) berichtet über Erfahrungen bei 75 Tetanuskranken. 
Die Verwunduugen waren 35mal durch Gewehrschuß (22 letal), 27mal 
durch Granatsplitter (21 letal), llmal durch Schrapnellkugel (9 letal), 
2mal durch mehrere Geschoßarten verursacht. Die Mortalität betrug im 
ganzen 70 %. Die Mortalität war bei Betroffensein der oberen Extre¬ 
mität etwas geringer (ca. 61 %) als bei der unteren (ca. 76 %). Die 
Wunden waren zumeist stark infiziert. Die Inkubation schwankte zwischen 
2 und 20 Tagen; bei den Geheilten betrug die Inkubation 6—20 Tage, 
bei den Gestorbenen 2—18 Tage. Als Initialerscheinung wurden in 
der Mehrzahl der Fälle Trismus und Schluckbeschworden angegeben. In 
15 Fällen waren die Prodomalorscheinungen au der vorletzten Extremität, 
und zwar kurze Spontauzuckungen. Bei den allgemeinen Krämpfen waren 
Zungenbisse häufig. Manche Kranken hatten Angst- und Depressionszustäude, 
andere wieder waren auffallend euphorisch. Einmal wurde eine Psychose 
im Verlaufe des Tetanus beobachtet. Die Antitoxinbehandlung erwies sich 
als unzureichend. Das Magnesiumsulfat nützt in leichten und mittelschweren 


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442 Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 

Fällen. Das Morphium-Skopolamin orwies sich als souveränes Beruhigungs¬ 
mittel. Die Obduktion ergab in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle als 
Todesursache ausgedehnte Bronchopneumonien. 

In Happel’s (46) Mitteilung handelt es sich um einen Mann, der eine 
schwere Schrapnellschußverletzung des linken Oberschenkels erlitt, im An¬ 
schluß daran einen schweren Tetanus bekam und davon genas, nach mehreren 
Wochen an einer vou einer kleinen noch offenen Stelle ausgehenden Wund¬ 
rose und im Anschluß daran an einem schweren Tetanus erkrankte, der zum 
Tode führte. Bei der Verwundung waren eine vollständige Schrapnellkugel 
und etwa 50 kleine Splitter, jedenfalls Trümmer einer oder mehrerer 
Schrapnellkugeln, in den verletzten Oberschenkel eingedrungen und eiu- 
goheilt. Der Autor zieht aus der Beobachtung dieses Falles folgende Schlu߬ 
folgerungen: 1. Lebens- und entwicklungsfähige Tetanusbazillen können in den 
Körper einheilen und nach Monaten wieder zum,.Ausbruch des Wundstarr¬ 
krampfes Veranlassung geben. 2. Weder das Uberstehen des Wundstarr¬ 
krampfes noch auch die Behandlung mit großen intradural verabfolgten 
Gaben von Serum schützen den Körper vor der Wiedererkrankung, wenigstens 
nicht für längere Zeit. 3. Zum Wiederausbruch des Wundstarrkrampfes 
bedarf es wahrscheinlich eines Anstoßes, wie ihn im vorliegenden Falle die 
Erkrankung an Wundrose gab. 

Sterling (112) berichtet über einen Fall von Kopftetanus bei einem 
19jährigen jungen Mann, welcher ein Trauma in der Gegend der Nasenwurzel 
erlitten hatte. Nach einigen Tageu Trismus und rechtsseitige Fazialis- 
lähmuug, dann absolute Aphagie und linksseitiger Fazialiskrampf. Die 
objektive Untersuchung erwies das Fohlen von Nackenstarre und Opistho¬ 
tonus, ausgesprochene rechtsseitige Fazialislähmung mit Entartungs¬ 
reaktion in dem M. orbicularis oris, ausgesprochenen Hemispasmns 
facialis sinister mit sog. „paradoxaler Synergie“ und vollständigem Trismus. 
Rhinologisch: Fractura septi nasi cum deviationo dextrorsum. Der 
Patient wurde mit subkutanen Injektionen von Magnesium sulpburicum, 
von physiologischer Kochsalzlösung und mit Chloral behandelt. Der Krank¬ 
heitsverlauf war anfänglich ein sehr schwerer, der Patieut war unruhig, reizbar, 
einmal hat er sogar einen Anfall von epileptischen Krämpfen gehabt. 
Nach einem Monat trat eine Besserung auf, welche stets progrediorte bis zur 
kompletten Heilung. Verf. hebt die Seltenheit der Heilungen im Verlaufe 
von Tetanus hervor und die ungewöhnlichen Symptome des Falles (Fazialis¬ 
lähmung mit Entartungsreaktion, Hemispasmus facialis, Erregungszustände 
und epileptische Krämpfe). (Sterling.) 

In dem von Harf (47) mitgeteilten Falle handelte es sich um einen 
Musketier, dpr einen Schuß durch den linken Arm erhielt 14 Tage nach 
der Verwundung trat ein Tetanus ein, der aber halbseitig blieb. Die Muskel- 
starre, die zunächst beim Verbandwechsel bemerkt wurde, ergreift allmählich 
den ganzen Arm. Erst danach entwickeln sich halbseitige Spasmen des 
linken Fazialis- und des linken motorischen Trigeminusgebietes, an denen 
alsdann absteigend sich die linke Hälfte des Halses, des Stammes und in 
minderem Grade die linke untere Extremität beteiligen. In umgekehrter 
Reihenfolge gehen die Erscheinungen des Krampfes zurück, wobei sie am 
längsten und intensivsten an der linken Armmuskulatur, am Ausgangspunkt 
der Infektion, anzutreffen sind. Die Krankheitsdauer vom Beginn bis zur 
völligen Lösung der Starre betrug 40 Tage. Der Autor nimmt eine ein¬ 
seitige Beteiligung der motorischen Zentren des Rückenmarks resp. Medulla 
ohlongata an. Dafür scheinen ihm auch der Patellar- und Achillessehnen- 

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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. 


443 


klonus auf der linken Seite in diesem Falle zu sprechen, während das 
Babinskische Zehenzeicben fehlte. 

Hammer (45) beschreibt einen Fall von Tetanus, bei welchem die 
Krämpfe sich auf die Muskulatur des verletzten Oberschenkels beschränkten. 
In dem der Wunde entnommenen Sekret ließen sich Tetanusbazillen in 
Masse nachweise'n. 

Brandt (14) berichtet über ein Tetanusrezidiv. Zwischen dem ersten 
Tetanus und dom Rezidiv bestand ein Zeitraum von 7 Wochen. Eiue 
Gelegenheit zur Neuinfektion war nicht gegeben, da der Patient die ganze 
Zeit zu Bett lag. Beim Rezidiv traten die Krämpfe von vornherein allgemein 
auf ohne Bevorzugung des verletzten Beines wie beim ersten Anfall. Beim 
Rezidiv waren auch Atemkrämpfe vorhanden, aber der Allgemeinzustand 
war trotzdem besser als im Verlaufe des ersten Anfalles. Beim ersten 
Male wurde durch Serum, Magnesiumsulfat, Narkotika Aufhören der Krämpfe 
erzielt. Beim zweiten Male trat Heilung unter Choralhydrat- und Salizyl- 
medikatiou ein. 

An einem größeren Krankenmaterial von der Ostfront werden von 
Higier (51) einzelne symptomatologische Typen der im letzten Jahresviertel 
1914 beobachteten Tetauusfällo geschildert: Tetanus hydrophobicus, cepha- 
licus, b ulbaris, meningitiformis, myelitiformis, diaphragmaticus, psychoticus, 
localis. Meist schwer zerfetzte Wunden durch Artillerie-, selten durch 
Spitzgeschosse. Der Tod tritt durch Herzkollaps bzw. durch krampfartigen 
Atemstillstand ein, ausnahmsweise — spezioll hei mit Magnesium Behandelten 
— wird er durch Lähmung des Atemzentrums bedingt. Die systematisch 
durchgcführte intralumbale Magnesiumtherapie hat entgegen den günstigen 
Angaben von Kocher in schweren Fällen nicht mehr als 26 % Heilfälle 
ergeben, was auch bei indifferenter Behandlung nach der neuesten Sammel¬ 
statistik Stadlers erzielt werden kann. Eingehend geschildert wird 
vom Verf. das von ihm wiederholt beobachtete schwere Iutoxikations- 
bild, das bei Injektion der wirksamen Magnesiumdosis einzutreten pflegt 
(stundenlang anhaltende flasque Paraplegie der Beine mit vorübergehendem 
Schwund sämtlicher Reflexe, Inkontinenz der Blase und des Mastdarms. 
Gelegentlich tritt bei der Magnesiumbehandlung Lähmung des Atmungs- 
zentrums mit Zyanose und Pulslosigkeit ein, die hier und da Tracheotomie 
mit intratrachealer Sauerstofliusufflation notwendig machten. 

Am Schluß wird ein schwerer Tetanusfall beschrieben, der bei wochen- 
langcr intralumbaler Magnesiumbehandlung genas und etwa 2 bis 3 Wochen 
nach der Genesung eine sich subakut entwickelnde Myelitis dorsalis aufwies 
mit spastischer Paraplegie, schweren Sensibilitätsstörungen, pathologischer 
Steigerung der Patellar- und Achillessehuenreflexe, Retentio urinae et alvi. 
Verf. erörtert die Frage, ob es sich um eine infektiöse metatetanische Myelitis 
handelt oder um eine toxische infolge Magnesiumvergiftung, und meint dieselbe 
offen lassen zu müssen, trotzdem sehr vieles dafür zu sprechen scheint, daß 
die Myelitis mechano-toxischer Herkunft ist, verursacht durch wiederholte 
Aussetzung des Lumbalsackes, der Rückenmarkshäute und des Markes einer 
konzentrierten, nicht indifferenten Salzlösung unter hohem Druck. Autopsien 
solcher seltenen Fälle dürften ohne weiteres die Rolle des komprcssiven 
und toxischen Momentes definitiv klarlogen bei der Entstehung der äußerst 
seltenen und nicht weniger theoretisch interessanten spinalen Komplikation. 

( Selbslberichi .) 

Es handelt sich in dem von Hirsch (52) mitgeteilten Fall um einen 
l 3 / 4 Jahre alten Knaben, der zunächst an Kieforstarre erkrankt war, auf 
welche dann in der nächsten Zeit auch tetanusartige Krampfanfälle in den 


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Chorea, Tetanie, Spasmophilie. 


Gliedern mit Ausnahme der Unterarme folgten. Zunächst mit der Diagnose 
des Tetanus in die Klinik aufgenommen, erwies es sich jedoch bald, daß 
es sich um einen sog. Pseudotetanus handelte. Es bestand kein Fieber, 
die Krämpfe traten nie spontan auf, sondern immer nur bei emotionellen An¬ 
regungen, und man konnte sehr bald das Artifizielle in der Hervorrufung 
des ganzen Symptomenkomplexes erkennen. Der Autor ist der Ansicht, 
daß zunächst vielleicht die Erscheiuuugeu durch ein leicht wirkendes infek¬ 
tiöses Gift ausgelöst waren, und daß der dadurch erzeugte Erscheinungs¬ 
komplex dann von dem Kinde hysterisch längere Zeit festgehalten wurde. 


Chorea, Tetanie, Spasmophilie. 

Ref.: Dr. Otto Sittig-Prag. 

1. Al brecht, Ham, Zur Aotiologio der Chorea gravidarum. Zschr. f. Geb urteil. 76. (.*>.) 
077. 

2. Ayros, (>., Chorea gravidica. Brazil-Med. March. 22. 

3. Bär, Arthur, Beiträge zur Aotiologio und »Symptomatologie der Chorea minor. Piss. 
Kiol. 

4. Blau, Paolo, Uobor oinon Fall von Tetanie bei einem Landsturm manne kombiniert mit 
anfallsweiso auf tretenden Krämpfen in willkürlich bewegten Mur. kein. (Myotonia 
congenita? Thomsonsche Krankheit.) W. kl. W. H. 11. S. 299. (Überschrift lesagt 
den Inhalt.) 

5. Bonola, F., La coroa di Sydonham malattia organica. Policlin. M. Sect. June. 
No. 6. 

6. Browning, William, Rev. Charles Oscar Wators M. D. I. Biographie Sketch. 2. Luca 
lisation of His Cases. Neurographs. 1. (2.) 137. 

7. Derselbe, Rev. Charles Rollin Gorman. 1. Porsonal Skotoh. 2. His Relation to the 
Chorea Quostion. ibidem, p. 144. 

8. Derselbe, Irving Whitall Lyon. M. D. 1. Person;! Sketch. 2. Location of His Cast*, 
ibidem, p. 147. 

9. Dorsolbo, Bibliography of Huntingtons Choroa. obd. 1. (2.) 153. 

10. Derselbe, Note on the Temporal, Geographie and Racial Distribution of Huntington 
Chorea, ibidem, p. 150. 

11. Brüh n, Wolfgang, Kasuistischer Boi trag zur Lehre von dor Chorea Huntington. Diss. 
Kiel. 

12. Comby, J., Spastic Rigidity in Infants. Arch. de M£d. des onf. Aug. XVIII. No. 8. 

13. Dorsolbo, Origins of Sydenhams Chorea ebd. 18. (10.) 

14. Da venpor t, C. B., Huntingtons Choroa in Rolation to Heredity and Eugenics. Procoed. 
of the Nat. Aoad. of Sc. 1. (5.) 283. 

15. Diofendorf, A. R., Mental Svmptoms of Huntingtons Chorea. Neurographs. 1. (2.) 
128. 

10. Dost, M., Beitrag zur pathologischen Anatomio dor Huntingtonschen Chorea. Zsclir. 
f. d. gos. Neur. 29. (3/4.) 272. 

17. Ems heim er, H. W.. Tetany in Adult Following Poironing from Ergot. New York 
M. J. 102. (25.) 

18. Falta, Ein Fall von Tetanie bei vermutetem Ulcus ad pyiorum, Atrophie dor Interessei 
und des Daumenballens. Mitteil. d. (k*s. f. iimore M. u. Kinderhlk. in Wien. No. (». 
p. 5(3. 

19. Flot-eher, Almon, Somo Considerations in tho Study of Infant Tetany, with Ro]x>rt of 
A Caso. Tho Arch. of Int M. 16. (3.) 382. 

20. Fritze. Erich, Beitrag zur Symptomatologie der Choroa chronica progressiva (Hunting- 
tonscho Chorea). Diss. Kiel. 

21. Fuchs, Alfred, Ergot ismus und Tetanie. W. kl. W. No. 19. S. 494. 

22. Dorsolbo und Wasicky, Richard, Weiteres Material zur Sekaleätiologio der Tetanie, 
ebd. No. 25. p. 073, 

23. Gebhardt, H., Der elektrische Nachweis dor Spasmophilie bei den Fällen von sog. 
lnitialkrämpfon älterer Kinder. Diss. Güttingen. 

24. Graul, G., Tetanie im Verlauf einer Gallensteinkolik. D. m. W. No. 9. p. 249 (Titel 
besagt den Inhalt.) 


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Chorea, Tetanie, Spasmophilie. 


445 


25. Grul 00 , 0. <*., Spasmophilie Convulsiona in Infancy; Their Differentiation and Troat- 
. ment. Michigan State M. S. J. 14. (11.) 

26. Guleke, N., Tetanie und Knochontrauina. Nobst Bemerkungen über die Schild- 
driif entransplantation in das Knochenmark. Arch. f. kl. C’hir. 106. (2.) 340. 

27. Hanes, E. L., Parathyroids and Tetany. New York M. J. CI. No. 26. 

28. Hippol, E. v.. Ein Fall von ungewöhnlicher Horahautorkrankung bei Chorea minor 

untersucht mit dem Abderhalderuchen Dialysierverfahren. Arch. f. Ophth. 90. 246. • 

29. Huismans, Fall von Tetanie. M. m. W. 1916. 63. 54. (Sitzungsbericht.) 

30. Huntingtons, Original Description of this Form of Chorea, (from tho 1872 print.) 
Neurographs. 1. (2.) 95. 

31. Jelliff o, Smith Ely, A (Amtribution to tho History of Huntingtons Chorea. A Proliini- 
nary Rojx>rt. obd. 1. (2.) 116. 

32. Johns ton. G. B., and Budd, S. W., Tetany Following Parathyroidectomv: Report of 
Oase Following Partial Thyroidectomy. Southern M. J. Fob. 

33. Kafka. Fall von Totanie. Neurol. Zbl. S. 415. (Sitzungsbericht.) 

34. Kieffer. Otto. Über das klinische Bild der Hypertonie. Dissort. München. 

35. Klion. Fritz, Beitrag zur Klinik und Symptomatologie dor Choroa chronica progressiva 
Huntingtoni. Diss. Jena. 

36. Klose. Erich, Alto und neue Probleme der Tetanie des Säuglingsaltors. D. m. W. 
No. 43. S. 1278. 

37. Derselbe, Die Hypertonien im Säuglingsalter. Jb. f. Kindorhlk. 82. (5.) 347 

38. Koplik, Henry, The Etiological Relationship of Syphilis to Chorea of Sydonham. 
Arch. of Ped. 32. 561. 

39. Lannois, M., et Paviot, J., La nature de la lesion histologique do la Chorco de Hun¬ 
tington. Neurographs. 1. (2.) 105. 

40. Lepage, (I., De la mort chez los chorciques pondant la gro>t**so. Ann. de Gyn. XL. 

41. Michels, Gustav, Beitrag zur Leime von der Chorea hystorica. Diss. Kiel. 

42. Mitchell, E. W., Chronic Progressive Chorea. Lancet-Clinic. May 29. 

43. Munroe, J. P. Clironic Tetany. Report of a Case. The J. of tho Am. M. Ass. 65. (7.) 
599. 

44. Osler, William, Historical Note on Hereditary Chorea. Neurographs. 1. (2.) 113. 

45. Pfeiffer, J. A. F., Case of Clironic Progressive Chorea. Amor. J. of Insan. 71. (3.) 

46. Preston, R. S., Spatmodic Diathesis. Old Dominion J. of M. and S. May. 

47. Pf ihr am, Hugo, Totanio als Frühsymptom einer Infektion. W. m. W. No. 23. 

48. Sandolin, E., Om tetani i anslutning tili strumaoporationer. Finska Läkarosällsk. 
Handl. 67. (1.) 

49. Schilling, JV., Totanio und Magengeschwür. Arch. f. Verdauung*krkh. 21. (1.) 72. 

50. Schönborn, Fall von Tetanie. M. m. W. p. 422. (Sitzungsbericht.) 

51. Sedgwick, J. P., Spasmophilia. Med. Rec. 88. 894. (Sitzungsbericht.) 

52. Sheffield, H. B., Totanism. Arch. of Diagn. Jan. 

53. Stheeman, H. A., Totanio des vegetativen Nervensystems und der höheren psychischen 
Zentren. Ned. Maandschr. v. Vorlosk., Vrouwenz. en Kindorgoneesk. 4. 36. 

54. Strauss, Israel, The Prosent Conception of Chorea. Mod. Rec. 88. 255. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

55. Strümpell, Adolf, Zur Casuistik der chronischen Huntingtonschon Chorea. Neuro¬ 
graphs. 1. (2.) 98. 

56. Swift, W. B., The Voice Sign of Chorea. Am. J. of Dis. of Child. 1914. 7. 422. 12. 
279. 

57. Derselbe, The Forms of the Reflexes in Chorea. Albany M. Ann. 36. (9.) 425. 

58. Derselbe, The Forms of tho Reflexes in Chorea — Technique of Elicitation — Studios 
in Neurological Technique No. 4. ebd. 36. (10.) 488. 

59. Ti Inoy. Fred er ick, A Family in which the Choroie Strain May bo Traced Back to 
Colonial Connecticut. Neurographs. 1. (2.) 124. 

60. Timme, Walter, Unilateral Chorea. New York Neurol. Inst. Meeting. Fobr. 4. 

61. Wallfiold, J. M., Chorea Mollis with Muscular Atrophy. Report of Case. New York 
M. J Vol. CI. No. 7. 

62. Wasicky und Fuchs, Über die Beziehungen von Totanio und Sekalo. Jb. f. Psyoh. 
35. 398. (Sitzungsbericht.) 

63. Winfield, James M., A Biological Sketch of George untington. Neurographs. 

1. (2.) 89. 


Chorea infectiosa and hysterica. 

Swift (57) gibt an, daß bei Chorea die Form der Reflexe verändert ist, 
und zwar im Sinne einer Steigerung, einer Herabsetzung, oder die Reflex¬ 
bewegung ist gleichzeitig verbunden mit einer anderen Bewegung. Verfasser 


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446 Chorea, Tetanie, Spasmophilie. 

erklärt selbst die.se Erscheinung in folgender Weise: Wenn die Streckung 
des Beins beim Kniephänomen von choreatischer Streckkontraktion des Beins 
begleitet ist, kommt es zur Steigerung, wenn sie von einer choreatischen 
Beugekontraktion begleitet ist, kommt es zu einer Hemmung des Reflexes, 
oder es kann sich eine andere beliebige Kontraktion hinzugesellen, z. B. 
Rotation, Fußstreckung usw. 

Vier Bedingungen stellt Swift (58) für die Auslösung der (nach seiner 
Ansicht) für die Chorea charakteristischen Reflexe auf: man müsse die 
Prüfung oft wiederholen, da die choreatischen Bewegungen unregelmäßig 
auftreten, zweitens sei ihre Auslösbarkeit abhängig von der Intensität der 
Erkrankung und je leichter der Fall, desto öfter müsse man den Versuch 
anstellen, drittens empfehle es sich, Reflexe mit langem Bogen zu wählen 
(Knie- und Trizepsreflexe), viertens solle man die Aufmerksamkeit des 
Kranken auf die zu prüfende Extremität durch eine entsprechende Auf¬ 
forderung wie: Stillgehalteu! lenken, weil dadurch die choreatischen Bewe¬ 
gungen gesteigert werden. 

Swift (56) will bei Kindern, die an Chorea leiden, eine Veränderung 
in der Stimme gefunden haben, die er als „Voice Sign in Chorea“ bezeichnet. 
Wenn man solchen Kindern den Vokal a vorintoniert und diese Intonation 
nachahmen läßt, so wird in vielen Fällen durch die choreatischen Kontrak¬ 
tionen am Stimmapparat oder in dessen Nachbarschaft die Stimme in ihrer 
Höhenlage und in der Intensität beeinflußt. ( Jacobsohn .) 

V. Hippel (28) schildert einen Fall von Chorea miuor, bei dem eine 
Hornhauterkrankung gleichzeitig bestand, die er als Keratitis punctata super¬ 
ficialis anspricht. Das Serum des Kranken reagierte nach dem Abder¬ 
halden sehen Verfahren zu der Zeit, wo die Augenerkrankung und die 
Chorea auf der Höhe standen, anders als beim Abklingen der krankhaften 
Erscheinungen. Mehr vermag Verf. selbst aus den zwei unvollständigen 
Untersuchungen nicht zu sagen. 

Albrecht (1) gelang es, bei einer rezidivierenden Schwangerschafts¬ 
chorea durch die von A. Mayer (Tübingen) für Graviditätstoxikosen inau¬ 
gurierte serotherapeutische Behandlung eine sofortige prompte Heilung der 
choreatischen Erscheinungen zu erzielen. Und zwar trat dieser Erfolg durch 
Injektion von 20 ccm normalen Schwangerenserums innerhalb 24 Stunden 
ein. Er glaubt darin eine Bestätigung der Auffassung zu sehen,' daß die 
Chorea gravidarum eine Graviditätstoxikose ist. 

Im Anschlüsse daran berichtet Verf. über einen Fall von Chorea minor, 
die bei einem 16jähr. Mädchen, das noch nicht menstruiert war, auftrat 
Am 5. Tage nach dem Krankenhauseintritt trat die erste Menstruation auf. 
Damit erreichten die choreatischen Bewegungen ihren Höhepunkt. Dieser 
Zustand dauerte iu gleicher Intensität bis zum Aufhören der Periode. Mit 
diesem Zeitpunkt trat eine rasche Besserung ein. Nach etwa 2 Monaten 
wurde die Kranke geheilt entlassen. 

Verf. glaubt, daß hier die auslösende Ursache fiir die Chorea in die 
vor der Menarche einsetzende gewaltige Umwälzung des innersekretorischen 
Chemismus zu verlegen sei. 

Michels (41) bespricht zunächst an der Hand der Literatur die 
Differentialdiagnose zwischen hysterischer und echter Chorea, die in manchen 
Fällen große Schwierigkeiten machen kann, besonders wenn man in Betracht 
zieht, daß Fälle von Kombination von Hysterie mit echter Chorea Vorkommen. 
Verf. berichtet dann über einen Fall mit choreatischen Bewegungen, den er 
als hysterisch auffaßt. 

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Chorea, Tetanie, Spasmophilie. 


447 


Chorea chronica progressiva (Huntington). 

ln einem von Dost (16) beobachteten und zur Sektion gekommenen 
Falle von Huntingtonscher Chorea fand sich eine ausgesprochene Hypo¬ 
plasie des Gehirns und eine Pachymeningitis haemorrhagica, die sich nach 
Ansicht des Autors spontan entwickelt hat. Der mikroskopische Befund 
ergibt eine mäßige Lichtung der Tangential- und Supraradiärfasern, ferner 
eine Ganglienzellveränderung, welche die gesamte Hirnrinde, den Thalamus, 
Streifenhügel, Nucleus ruber, Nucleus dentatus, weniger die Kleinhirnrinde 
and das Rückenmark betrifft. Es handelt sich vorwiegend um eine Schwellung 
der Zellleiber mit Zerfall der Nisslgranula und reichlicher Ansammlung von 
Pigment, das in einem Retikulum gelegen ist. In viel geringerem Maße 
findet sich Schrumpfung der Zellen. Weiter findet man außer einer mäßigen 
Wucherung der Gliafasern an der Oberfläche der Hirnrinde und besonders 
des Thalamus eine Vermehrung der Gliakerne. Öfters finden sich auch 
Gliakeme längs der Gefäßwände aufgereiht. ( Jacobsohn .) 

Davenport (14) bespricht kritisch die Ergebnisse der Familienforschung 
und die Hereditätsverhältnisse bei der Huntingtonschen Chorea. Er weist 
besonders auf die verschiedene Vererbbarkeit der einzelnen Symptome hin 
and stellt mehrere Typen auf, je nach dem Vorhandensein oder Fehlen der 
Symptome: Krämpfe, psychische Störung, Progression, Einsetzen im späteren 
Alter. 

Fritze (20) bespricht einen Fall, bei dem Heredität sich nicht nach- 
weisen ließ; trotzdem sei der Fall zur Huntingtonschen Chorea zu rechnen, 
da die übrigen Symptome charakteristisch für diese Erkrankung gewesen 
seien: zuerst ganz geringe Muskelzuckungen, die sich allmählich steigerten. 
Der Verlauf war schleichend. VerhältnismäJßig spät traten auch die psychi¬ 
schen Störungen auf. 

Der zweite Fall betrifft den Ausgang eines bereits veröffentlichten 
Falles (E. Fiedler); es war zu keiner Steigerung der Zuckungen und zu 
progressiver Demenz gekommen. Der Fall-endete mit Exitus letalis. 

Bruhn (11) berichtet über einen Fall von Huntingtonscher Chorea, 
bei dem keine Heredität vorlag. Unter den somatischen Erscheinungen ist 
bemerkenswert, daß kurz vor dem Tode eine starke Ungleichheit der Pu¬ 
pillen aufgetreten war. 

Auf psychischem Gebiete war ein fortschreitender Verfall zu erkennen, 
dabei fiel aber ein Auf- und Abschwanken der geistigen Fähigkeiten auf. 
Bei zunehmender Benommenheit wurden die choreatischen Zuckungen geringer. 


Tetanie. 

Aus Versuchen von Serman, Tompson, Leighton und Swarts, 
ferner von Morel schien hervorzugehen, daß ein Zusammenhang zwischen 
Knochentraumen und der Unterdrückung tetanischer Erscheinungen bei para- 
thyreoidektomierten Tieren bestehe. Guleke (26) hat nun diese Versuche 
einer Nachprüfung unterzogen. Bei 11 Hunden hat er vor der Thyreopara- 
tbyroidektomie (3, 7 und 10 Tage vorher) und gleichzeitig mit derselben das 
Femur oder die Tibia im Bereiche der Metaphysen aufgemeißelt und das Mark 
in Bohnengröße ausgelöffelt, bei einem Hunde hat er die Knochenoperation erst 
nach ausgebrochener Tetanie ausgefübrt. Das Resultat dieser Versuche war 
folgendes: Trotz der gleichzeitig mit der Epithelkörperexstirpation gesetzten 
oder derselben 3—10 Tage vorangegangenen Knochenverletzungen trat bei 
allen Tieren schwerste Tetanie auf, die in genau derselben Weise tödlich 


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448 


Chorea^Tetanie, Spasmophilie. 


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verlief, wie bei parathyreoidektomierten TiereD ohne Knochentrauma. Bei 
6 Tieren traten wiederholt schwere tetanische Anfälle auf. Der Exitus er¬ 
folgte bei der Mehrzahl der Tiere etwa 3 Tage nach der Thyreoparathyroid* 
ektomie; 7 Tiere verendeten im Anfall. Aus diesen Versuchen geht hervor, 
daß ein vorhergehendes oder gleichzeitig mit der Epithelkörperexstirpation 
gesetztes Knochentrauma das Auftreten der folgenden Tetanie weder ver¬ 
hindern noch auch mildern kann. Das Knochentrauma hat demnach keinen 
Einfluß auf das Auftreten oder den Verlauf der parathyreopriven Tetanie. 

(Jacobsohn.) 

Fletscher (19) konnte den Stoffwechsel eines an Tetanie leidenden 
Kindes kontrollieren. Die Beobachtungen dabei rechtfertigen nicht die An¬ 
nahme, daß Kalziumveränderungen allein für die Nervenerregbarkeit der 
Tetanie verantwortlich zu machen sind, sondern unterstützen vielmehr die 
Hypothese, daß die Tetanie durch eine Störung des Salzgleichgewichts im 
Körper veranlaßt wird. Solche Veränderungen sind wahrscheinlich mit 
Störungen des gastro-intestinalen Systems und herabgesetzter Leistungs¬ 
fähigkeit der Niere verbunden, und wenn der Zustand dieser beiden Systeme 
sich bessert, dann tritt eine Wiederherstellung des Salzgleichgewicbts ein. 
Danach besteht für die Therapie die Indikation, normale Verdauung und 
eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Nieren herbeizuführen. 

Schilling (49) beobachtete eine ulkuskranke Frau, deren Aussehen 
seit Jahren evident anämisch war, und die wahrscheinlich an periodischen 
Magenblutuugen litt. Am dritten und am fünften Krankheitstage erneuerte sich 
die Blutung und nun traten charakteristische tetanische Krämpfe an den 
Händen, weniger deutlich an den Füßen ein: Magenektasie und Stauung bestand 
nicht, ebenso war von Resorption etwaiger Toxine keine Rede. 

Pfibram (47) berichtet über eine 22jährige Patientin, die unmittelbar 
uach der Periode, die stets unregelmäßig und mit Beschwerden verbunden 
gewesen sein soll, einen Tetanieanfall hatte. Gleichzeitig bestanden bei der 
Kranken Symptome einer Appendizitis; am Tage nach dem Anfall trat unter 
Fieber eine Rhinitis, 2 Tage darauf Angina und Otitis mit eitrigem Ausfluß 
auf. Verf. möchte den Tetanieanfall als Frühsymptom der nachfolgenden 
Infektion, nicht der Appendizitis ansehen. Der Anfall hinterließ keine 
Symptome latenter Tetanie. 

Klose (36) bespricht zunächst die elektrische Übererregbarkeit bei der 
latenten Tetanie und insbesondere das Verhältnis der kathodischen zur ano¬ 
dischen Übererregbarkeit. Dieses Verhältnis dürfte bloß als ein quantita¬ 
tiver Unterschied aufzufassen sein, so daß also die anodische Übererregbar¬ 
keit eine Unterstufe, eine leichtere Form der galvanischen Übererregbarkeit 
darstellt. Durch diese Auffassung wird die Grenze der latenten Tetanie 
erweitert. Der Zusammenhang der Krampferscheinungen mit der elektrischen 
Übererregbarkeit ist dadurch aber nicht geklärt, weil das Auftreten und 
die Stärke der manifesten Tetaniesymptome durchaus nicht dem Grade der 
elektrischen Übererregbarkeit parallel zu gehen pflegt. Weniger Bedeutung 
kommt der mechanischen Übererregbarkeit für die Diagnose der latenten 
Tetanie zu. Das Fazialisphänomen ist bei der Säuglingstetanie verhältnis¬ 
mäßig inkonstant und im späteren Alter kann es überhaupt nicht ohne 
weiteres für die Diagnose Tetanie verwendet werden. Dasselbe gilt auch 
für das Peroneusphänomen. 

Die von Kassowitz behauptete Beziehung der Tetanie zur Rachitis 
bekämpft Klose. 

Schließlich weist er noch auf die tetanischen Krämpfe glatter Muskeln 
hin: Blase, Rektum, Ziliarkörper. Herz, Bronchien. 

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Chorea, Tetanie, Spasmophilie. 


449 


In dieser vorläufigen Mitteilung bringen Fuchs und Wasicky (22) 
weitere Beiträge zur Frage: Ergotismus und Tetanie. Es gelang wieder, in 
zwei Fällen von Tetanie Sekale im Stuhl nachzuweisen und durch vollkommen 
mehlfreie Ernährung die Krämpfe zum Verschwinden zu bringen. Der eine 
Fall ist dadurch bemerkenswert, daß sich hier dio Tetanie auf eine Struma¬ 
operation im jugendlichen Alter zurückftthren ließ. Offenbar sei darin ein 
zur Tetanie disponierendes Moment zu sehen. 

Weiterhin haben die beiden Autoren zur Klärung des Problems der 
Sänglingstetanie Muttermilch auf Sekalewirkung untersucht, da ja Sekale- 
piäparate von den Gynäkologen häufig gegeben werden. Das Resultat dieser 
Untersuchungen war positiv. 

Fuchs (21) berichtet über einen Soldaten, der aus dem Felde mit aus¬ 
gesprochener Tetanie kam. Im Stuhle konnte mikroskopisch Sekale nach¬ 
gewiesen werden und durch vollkommen mehlfreie Diät konnte die Tetanie 
geheilt werden. Der Fall beweist zumindest die vollkommene Identität der 
klinischen Symptome der Tetanie und des Ergotismus. Yerf. spricht noch 
den dringenden Verdacht aus, daß beide Erkrankungen wesensgleich sind. 

Munroe (43) teilt die Krankengeschichte einer 26jährigen, an Magen¬ 
dilatation und Magenkatarrh leidenden Frau mit, die von schweren Tetanie- 
anfälleu betroffen wurde. Die Symptome waren überwiegend vagotonische, 
was auch die Versuche mit Pilokarpin, Epinephrin, Atropin bestätigten. 
Unter kalkreicher Diät, Nebenschilddriisentabletton besserte sich der Zustand 
allmählich. Gegen die Intestinalspasmen half Atropin, gegen die Kon¬ 
vulsionen Chlorepinephrin. Patientin hatte als ein besonderes Phänomen 
sehr starke Blutungen aus Pharynx und After als vikariierende Menstruations- 
blutungen. 


Spasmophilie. 


Klose (37) gibt zunächst folgende begriffliche Begrenzung der von ihm 
bearbeiteten Zustände: 

Es handelt sich um Muskelspannungen bei Säuglingen im ersten Lebens- 

jahre, 

1. die wochen- und monatelang in fast unveränderter Stärke oder nur 
mit geringen Schwankungen der Intensität fortbesteben; 

2. die stets bei Säuglingen einsetzen, die in ihrem Stoffwechsel ent¬ 
weder alimentär oder konstitutionell eine chronische Schädigung er¬ 
litten haben; 

3. für die sich eine anatomisch erkennbar^ Erkrankung des Zentral¬ 
nervensystems weder uaohweisen oder aus dem weiteren Verlauf 
der Erkrankung und der Entwicklung der Kinder wahrscheinlich 
machen läßt. 

Der Autor macht dann einige physiologische Vorbemerkungen über 
die Auffassung der Entstehung des Tonus und gibt eine Übersicht über die 
bisherige literarische Bearbeitung dieser Zustände. Dann wendet er sich 
der Beschreibung des klinischen Bildes, der Abgrenzung, der Pathogenese 
und Behandlung dieser Erscheinung zu. 

Die Hypertonien kommen ausschließlich im frühen Säuglingsalter vor, 
nach der Statistik des Verfassers hauptsächlich in den ersten vier Lebens¬ 
monaten. Es überwiegt auffallend das männliche Geschlecht. Ein Einfluß 
der Jahreszeit auf das Auftreten der Erscheinung läßt sich nicht feststellen, 
ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegenüber den spasmophilen Zuständen. 

Das klinische Bild ist je nach Stärke und Ausdehnung der Muskel- 
flpannungen ein mannigfaltiges. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»i5. 29 


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450 


Myotonie, lokalisierte Muakelkrämpfe. 


In der Mehrzahl der Fälle sind die Beugemnskeln befallen und da 
wieder besonders die der unteren Extremitäten; viel seltener sind die Streck- 
hjpertonien der unteren Extremitäten. Bei beiden Formen der Hypertonie 
sind Adduktionshypertonien an den unteren Extremitäten, was leicht zur 
Verwechslung mit Littlescher Krankheit führen kann. Seltener als an den 
unteren sind Beugespannungen an den oberen Extremitäten. Die Hyper¬ 
tonie kann auch die Nacken- und Rumpfmuskulatur ergreifen und zu 
Opisthotonus und Zwangshaltuugen fuhren. Sehr anschaulich wird die 
Hypertonie, wenn man das Kind an den Füßen, resp. an den Händen in 
die Höhe hebt Durch sehr instruktive Abbildungen wird dieses Verfahren 
erläutert 

Der Tonus der Bauchmuskeln braucht nicht mit dem Extremitäten¬ 
tonus übereinzustimmen. 

Ein Übergreifen auf die mimische Muskulatur kommt nach den Be¬ 
obachtungen des Autors nicht vor, was differentialdiagnostisch wichtig ist 
Die aktive Beweglichkeit ist in schweren Fällen erschwert in den leichten 
Fällen ist sie nicht beeinflußt eher fällt noch eine gesteigerte Agilität auf. 
Es besteht keine direkte Abhängigkeit zwischen Stärke der Hypertonie und 
Lebhaftigkeit der Sehnenreflexe. Mechanische Übererregbarkeit der Mus¬ 
kulatur ist ein häufiges, wenn auch nicht konstantes Symptom dieser Zu¬ 
stände. Das Fehlen der Nervenerregbarkeit ist ein differentialdiagnostisch 
wichtiges Moment gegenüber den spasmophilen Zuständen. 

Verfasser bespricht dann das Verhältnis der Spasmopbilie zur Hypertonie 
und beweist an der Hand der Kasuistik und theoretischer Überlegungen, daß- 
man die Hypertonien nicht subsumieren dürfe, also die Hypertonien nicht 
als Äußerungen der spasmophilen Diathese ansehen dürfe. 

"Was die Ätiologie und Pathogenese anbelangt, so kann man ver¬ 
schiedene Gruppen unterscheiden, solche Fälle, die offenbar durch Mehl¬ 
nährschaden bedingt sind oder durch frühzeitige zu hohe Zuckerzugaben, 
ferner aber eine Gruppe, bei der ein Einfluß der Ernährung nicht fest¬ 
gestellt werden kann, und bei der man eine besondere Konstitution, hyper¬ 
tonische Konstitution, annehmen muß. 

Die Therapie läßt meist in Stich, und zwar sowohl die Ernährungs- 
therapie als die pharmakologische Beeinflussung. Wichtig ist, daß in der 
Chloralhydratnarkose die Hypertonien zurückgehen, resp. völlig schwinden; 
wieder ein Unterschied gegenüber der Tetanie. 

Zum Schlüsse gibt Klose seiner Arbeit eine reichhaltige Kasuistik bei. 


Myotonie, lokalisierte Mnskelkrämpfe. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn. 

1. Aronade, Myotonia congenita. V. B. d. D. m. W. 1916. 42. 467. 

2. Barrach, Fr., Ein Fall von symmetrischer Kontraktur der Gelenke der oberen und 
unteren Extremitäten. W. m. W. No. 2. p. 86. 

3. Ciuffini, P., Functional Hemispasms. Rif. med. 31. (12.) 

4. Clark, L. Pieroe, Further Observation» on the Tic Neurosis (Fmrth Paper). Med. 
Reo. 87. (5.) 171. 

5. Co Hins, Joseph, Dystonia musculorum deformans or Athetosiß. New York Neurol. 
Inst. Reg. Meeting. Jan. 14. 

6. Courtney, J. W., Some Nervous Affections in whioh Massage Deserves More Frequent 
Use (Wryneck and Writers Cramp). Boston M. and 8. J. April. No. 13. 

7. Emmert, Josef, Ein Fall von professioneller Kontraktur unter dem Bilde einer myo- 
pathischen Erkrankung. Dissort. Leipzig. 


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Myotonie, lokalisierte Muskelkrämpfe. 


451 


8. Erben, Siegmund, Fälle von Myotonie. W. kl. W. S. 278. (Sitzungsbericht.) 

9. Fitz Simmons, Henry J., Torticolliß. The J. of the Am. M. Ass. 64. (8.) 646. 

10. Fries, Egon, Über einen eigentümlichen Fall von Wadenkrampf. Jb. f. Pöych. 36. 
(2/3.) 200. 

11. Grande, E., Epileptic Myoelonus and Paramyoclonus. Rif. Med. Febr. 6. 

12. Grossman, M., Tic or Habit Spasm. New York M. J. Aug. 14. CII. No. 7. 

13. Hatzold, Nervöse Muskelkontraktion bei einem Ochsen. Münch, tierärztl. Wschr 
No. 32. S. 436. 

14. Heß, O., Durch peripheren Reiz hervorgerufene isolierte Krampfzustände im Gebiet 
des Ramus descendens nervi hypoglossi. Deutsches Arch. f. kün. Med. 114. 1.«—2. H. 
S. 200. 

15. Higier, H., Klonische Krämpfe der tiefen Halsmuskulatur im Anschluß an eine Schu߬ 
verletzung der letzteren. Abhandlungen d. Warschauer ärztl. Gesellsoh. CXI. p. 63. 

16. Hunt, J. Ramsay, Dystonia Musculorum Deformans or Athetosis. New York Neur. 
Inst. Reg. Meeting. Jan. 14. 

17. Johnson, W., and Marshall, G., Congenital Myotonia; Thomsens Disease. Quart. 
J. of M. Jan. 

18. Jones, W. A., Myotonia Congenita. The J. of the Am. M Ass. 66. (7.) 615. (Beschrei¬ 
bung eines Falles bei einer 41 jährigen Frau.) 

19. Krisch, Allgemeine vorwiegend tonische suggestiv beeinflußbare Krämpfe. V. B. 
d. D. m. W. 1916. 42. 274. 

20. Lehndorff, Arno, Demonstration eines Falles von Myotonia congenita. Fortschr. 
d. M. No. 40/41. p. 999. (Nichts Wesentliches.) 

21. Lewandowsky, Familiäre Kältelähmung. Neurol. Zbl. 1916. 36. 58. (Sitzungs¬ 

bericht.) 

22. Michaud, Cas de maladie de Thomsen. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte, p. 919. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

23. Nonne, Isolierter Platysmakrampf. M m. W. S. 159. (Sitzungsbericht.) 

24. Oppenheim, H., Über Myotonoklonia trepidans. M. Klin. No. 47. S. 1279. 

25. Rhein, John H. W., Familial Myoelonus. The J. of N. a. M Dis. 1916. 43 . 59. 

(Sitzungsbericht.) 

26. Silber mann, Elias, Ueber die ischämische Muskelkontraktur und ihre Behandlung. 
Inaugural-Dissertation. Berlin. 1914. 

27. Simerka, C., Torticollis neuroticus. Rev. v. neurospyoh. 12. 82. (Böhmisoh.) 

28. Simons, Fall von Myotonie. V. B. d. D. m. W. 1916. 42. 119. 

29. Solomon, M, Genesis and Meaning of Tics. J. of Abnorm. Psychol. 10. (5.) 

30. Stiefler, Georg, Über einen seltenen Fall von Myotonia congenita mit myatrophischen 
und myasthenischen Erscheinungen. Jb. f. Psyoh. 36. (2/3.) 173. 

31. Stöcker, Acquirierte Myotonia atrophica. V. B. d. D. m. W. S. 1143. 

32. Variot, G., et Caillieu, F., Lesions or Deformities Accompanying Hemispasm of 
the Lower Lip. Bull. Soc. de P6d. Paris. June. 1914. XVI. No. 6. 

33. Vas, J., Erklärung der Entstehungsweise des Spasmus nutans beim Kinde mit Hilfe des 
Bedingungsreflexes. Jb. f. Kinderhlk. 82. (2.) 123. 

Myotonie. 

Stiefler (30) beschreibt einen klassischen Fall von Myotonia congenita 
bei einem 22 jährigen Soldaten, dessen Leiden znnächst nicht erkannt und 
der für einen Simulanten gehalten wurde. Die ersten Erscheinungen wurden 
rom Patienten schon im 6. Lebensjahr wahrgenommen. Die Myotonie war 
über die gesamte Muskulatur verbreitet. Die myotonische Reaktion ließ 
auch bei wiederholten Muskelaktionen nicht nach, sondern verstärkte sich 
weiter dabei. Außerdem bestand bei dem Patienten eine Muskelatrophie, 
die sich aber ausschließlich auf die kleinen Handmuskeln erstreckte und 
keine fortschreitende Tendenz zeigte. Schließlich war der Fall noch kom¬ 
pliziert durch myasthenische Erscheinungen, die sich auch im Erlahmen 
der Sprache, in Erschwerung des Schlingaktes usw. ausprägten. 


Lokalisierte Maskelkrümpfe. 

Opp enheim ( 24 ) beschreibt eine Störung bei Kriegsverletzten, die er 
nach ihren Haupterscheinungen als Myotonoclonia trepidans bezeichnet. 

29* 


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452 


Myotonie, lokaliaierte Muskelkrämpfe. 


Die motorische Störung besteht aus einer Neigung zu tonischer Muskel- 
auspannung oder Krampus, zu klonischen Zuckungen und zu Zittern. Diese 
Erscheinungen werden gewöhnlich durch aktive Bewegung resp. schon 
durch die Bewegungsintention ausgelöst. In der Ruhe sind sio nicht oder 
nur in ganz geringem Maße vorhanden. Der tonische Krampf ist das kon¬ 
stantere Symptom, er zeigt sich vornehmlich im Quadrizeps und Triceps 
surae. Der tonische Krampf geht dann leicht in den klonischen über, and 
mit diesem verbindet sich der Tremor. Die Sehnenphänomene sind bis 
zum Klonus gesteigert, auch die mechanische Muskelerregbarkeit ist erhöht. 
Wo das Leiden stark ausgebildet ist, wird der Gang sehr gestört. Diese 
motorische Störung ist oft mit hysterischen und neurasthenischen Be¬ 
schwerden resp. Erscheinungen vergesellschaftet. 0. meint, daß es sich 
hierbei nicht um eine psychische durch Autosuggestion verursachte Krankheit 
handelt, sondern um eine zentrale Innervationsstörung zerebralen Ursprungs. 
Es kann sich seiner Ansicht nach nur um eine feine Schädiguug des zen¬ 
tralen Innervationsmechanismus handeln, durch welche die einfache Muskel¬ 
aktion zum tonischen und klonischen Krampf wird. Es handelt sich im 
wesentlichen um den von Fürstner und Nonne beschriebenen Symptomen- 
komplex der pseudospastischen Parese mit Tremor, die Oppenheim hier 
genauer analysiert. 

Bei einem 68jährigen Patienten, der an arteriosklerotischen und 
brouchitischen Beschwerden litt, konnte von Heß (14) ein eigenartiges 
Zucken des Kehlkopfes beobachtet werden. Kehlkopf und Zungenbein 
bewegten sich fast rhythmisch nach abwärts. Während 60—70 Pulsen 
traten die Zuckungen 25— 30 mal anf. Die Muskelkontraktionen waren 
doppelseitig, verstärkten sich hei gemütlichen Erregungen und körperlicher 
Anstrengung. Auch im Schlafe hören die zwar verminderten Zuckungen 
nicht ganz auf. Im Rachen und Kehlkopf bestehen keine Zuckungen oder 
Lähmungszustände. Bei der Untersuchung der Halsgegend des Kranken 
fand man etwa an der Teilungsstelle der rechten Carotis communis eine 
kleine Resistenz. Bei der Operation fand man den rechten Ramus desc. n. 
hypoglossi in leichte Verwachsungen eingebettet; der Nerv ließ sich daraus 
leicht lösen. Die Teilungsstelle der Carotis war etwas aneurysmatisch 
erweitert und die Gefässe sehr derb und hart. Der Nerv wurde mobilisiert 
Gute Heilung der Operationswunde. Bald nach der Operation hörten die 
Zuckungen vollkommen auf. Man wird annehmen müssen, so schließt Ver¬ 
fasser seine interessante Mitteilung, daß von der peripheren Reizstelle aus 
eine funktionelle Änderung bis an eine zentrale (spinale oder gar zerebrale) 
Kernstelle gelangt ist, durch welche von dort aus bilaterale periodische 
Innervationseinflüsse in dio in Frage stehende Muskulatur ausgelöst wurden. 

( Bernhardt .) 

Bei der ischämischen Muskelkontraktur muß man nach Silbermann (26) 
zwei Hauptformen unterscheiden: die ältere bzw. chronische und die be¬ 
ginnende. Bei der ersteren führt die langwierige konservative Behandlung 
mit Massage, Heißluft und Elektrizität zu keinem Erfolge. Es ist daher 
empfehlenswert, diese Art der ischämischen Muskelkontraktur nur operativ 
anzugreifen. Die andere Art, - nämlich die beginnende kann mit gutem 
Erfolge durch starke Extension behandelt werden. ( Hirschfeld.) 

Barrach (2) beschreibt ein 8 Monate altes Kind, welches bei der 
Geburt schwächlich war, etwas über 2 Kilo wog und mit Klumpfüßen und 
Klumphänden geboren wurde. Infolge der Bewegungsstörungen in den Ellen¬ 
bogen-, Hand und Schultergelenken kann das Kind die Hand nicht zum 
Munde führen, auch kann es schwer Gegenstände fassen. Das Röntgenbild 


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Myotonie, lokalisierte Muskelkrämpfe. 


453 


zeigte normale Verhältnisse. Im vorliegenden Falle fand sich eine Kombi¬ 
nation von Klumpfüßen und Klumphänden mit Kontrakturen in den Ellen¬ 
bogen- nnd Schaltergelenken. 

Clark (4) teilt einige Fälle mit, bei denen er den Tortikollis auf 
Verweichlichung von seiten der Mütter zurückführt, die ihre Kinder un¬ 
rationell erzogen hatten. 

Fries (10) berichtet über einen Soldaten, der an schweren Waden- 
krämpfen litt, die spontan ohne jede Veranlassung bis 30mal am Tage 
eintraten, ca. eine Minute dauerten. Die Krämpfe ließen sich auch durch 
Kälteeinwirkung (Auflegen eines nassen Tuches) oder durch den elektrischen 
Strom hervorrufen. Myotonische Reaktionen waren nicht vorhanden. Die 
Wadenmuskulatur war stark entwickelt. Patient gab an, daß diese Krämpfe 
im Verlaufe von Rheumatismus eingetreten seien und daß an dem gleichen 
Übel verschiedene Familienmitglieder leiden resp. gelitten haben. 

Higier (15): Ein Soldat, der quer durch den Hals auf der Höhe der 
letzten 3 Wirbel durch einen Spitzschuß verletzt wurde, hatte Erscheinungen 
einer Hämatomyelie der linken Rückenmarkshälfte mit motorisch-sensibler 
Lähmung der linken oberen Extremität und Gefühlsstörungen an der gleich¬ 
seitigen Gesichtshälfte (radix ascendens n. trigemin.). Nach 6 Wochen, als 
Patient mit dem Nachlassen der Wirbelschmerzen etwas freier den Hals 
bewegen konnte, stellten sich intensive klonische Krämpfe ein, sobald der 
Kopf nach links gedreht wurde.- Die Krämpfe von ziemlich breiter Am¬ 
plitude und querer Verlaufsrichtung sind recht schmerzhaft und dem Kranken 
höchst lästig. Sie erinnern teilweise an den tic rotatoire de la tete, die 
Salaamkrämpfe und Spasmus nutans, besitzen dennoch eine spezifische Form 
und sind nichtpsychogener Natur, wie der Torticollis mental Am meisten 
scheinen affiziert zu sein die tiefen Halsmuskeln (Mm. recti capitis ant., 
post, et lateral., longus colli, splenius capitis et colli), viel weniger die ober¬ 
flächlichen (Obliquus inf. und Sternokleidomastoideus) in Abhängigkeit von 
einer tiefen Narbe, die wahrscheinlich von den oberen Halsmuskeln gedrückt 
wird. Chirurgisches Eingreifen ist bei der Hartnäckigkeit des Leidens 
indiziert (Ausschneiden der vermutlichen Narbe evtl. Durchschneiden der 
Muskelsehnen oder der Nerven wurzeln). ( Selbstbericht.) 

Simerka (27) gibt zuerst eine Einteilung der bisher beschriebenen 
Fälle des Tortikollis. Dann beschreibt er einen Fall, bei welchem sich die 
Schiefstellung des Kopfes plötzlich eingestellt hat. Der Muskel war auf Druck 
nicht schmerzhaft, keine Anhaltspunkte für sonstige Möglichkeiten des Torti¬ 
kollis, nur beim Druck auf die Unterseite des Sternokleidomastoideus leb¬ 
hafter Schmerz. Auf Aspirin und antineuralgisches Liniment Besserung, 
nach wenigen Tagen Verschwinden der Symptome. — Es war da kein 
Krampf, keine Affektion der Wirbelsäule u. dgl., sondern es handelte sich 
um eine bestimmte Muskelsynergie, also um eine bestimmte Haltung der 
Muskeln, die infolge eines bestimmten Zweckes zustande kam. Aus der Tat¬ 
sache, daß durch den Druck auf den Nervus occipitalis minor und Nervus 
snbcutaneus colli (also vom Plexus cervicalis) Schmerz hervorgerufen wurde, 
schließt Verf., es handle sich um Neuritis, und nennt also diese Haltung 
Torticollis neuriticus. Als Ursache der Neuritis ist die Angina, die die 
Pat. vor 14 Tagen durchgemacht hat, anzuseben. Die schiefe Lage ist gut 
zu begreifen, da dadurch der erkrankte Nerv weniger gedehnt wird, was 
wohl zur Erleichterung dient. (Jar. Stuchlik.) 

Fitz Simmons (9) gibt eine Analyse von 100 Fällen erworbenen und 
angeborenen Tortikollis. Er zählt tabellarisch die Krankheiten auf, die vor 

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Qrigiralfrcm 

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454 


Angio- und Trophoneurosen. 


Beginn des Tortikollis bei den Patienten bestanden haben. In einer zweiten 
Tabelle registriert er die Affektionen, welche die Patienten speziell in der 
Hals- und Nackenregion gehabt haben, ferner berücksichtigt er die erd. 
Gebartsschädigungen und schließlich zählt er auch noch andere Anomalien 
auf, die eine Anzahl der Patienten aufwiesen. 

Vas (33) erklärt den Spasmus nutans bei Kindern mit dem Phänomen des 
Bedingungsreflexes (Pawlow). Der Hauptgrund beim Entstehen des Spasmus 
nutans ist, daß das Kind aus bestimmten Gründen gezwungen ist, seine kopf¬ 
bewegenden Muskeln forciert zu innervieren. In dieser Hinsicht ist die 
meiste Gelegenheit in der von Baudnitz als Ursache angegebenen finsteren 
Wohnung gegeben, wo die Kinder in einer Richtung lagen, daß sie, wenn 
sie sich nach einer Lichtquelle wenden wollten, gezwungen waren, immer mit 
den Halsmuskeln eine forcierte Bewegung zu entfalten. Dieselbe Situation 
kann sich aber auch in einer tadellos beleuchteten Wohnung einstellen, und 
zwar in dem Palle, wenn das Kind seinen Blick beständig gegen einen 
glitzernden Gegenstand, z. B. gegen einen 8piegel wendet, oder auch, wenn 
es z. B. den Kopf beständig nach der Richtung des Tickens der Wanduhr 
dreht. In diesen — auf diese Art ständig überanstrengten — Muskeln 
treten abnorme Innervationen ein, und bei häufiger Wiederholung (Licht, 
Ton) entwickelt sich dann — als pathologischer Bedingungsreflex — die 
ständige spastische Bewegung. 


AngiO' and Trophoneorosen. 

Ref.: Dr. Walter M i s c h - Berlin. 

1. Alessandri, R., und Mingazzini, G., Acute Raynands Disoase Accompanying 
Paralysis. Policlin. Okt. 3. 

2. Bur, Berthold, Fall von diffuser Sklerodermie. W. kl. W. S. 459. (Sitzungsbericht.) 

3. Bialokur, F. P., Exophthalmus Goiter and Tuberculosis. Russky Vraoh. XIV. No. 27. 

4. Bikeles, G., und RadoniÖifc, Karl, Ein Fall von Erythromelalgie mit spontaner 
Gangrän. W. kl. W. No. 30. p. 816. 

5. Bo wen, John T., Precancerous Dermatoses: A Sixth Oase of a Type Recently Described. 
The J. of Cut. Dis. Deo. 

6. Derselbe, Epidemie Alopecia in Small Areas, in Schools, Regiments etc. ebd. Mav. 
p. 343. 

7. Buerger, Leo, Concerning Vasomotor and Trophic Disturbances of the Upper Extre* 
mities; with Partioular Reference to Thrombo-Angiitis obliterans. The Am. J. of the 
Med. Sc. 149. (2.) 210. 

8. Claude, H., et Porak, R., Decalcification of Bones in Paralyzed Mexnbers, Both 
Organic and Neuropathie. Paris m6d. Sept. 18. 

9. Dziembowski, C. von, sen.. Die Vagptonie, eine Kriegskrankheit. Ther. d. Gogenw. 
Nov. S. 406. 

10. Epstein, Fall von Sklerodermie. B. kl. W. S. 777. (Sitzungsbericht.) 

11. Fauser, Raynaudsche Krankheit. Korr.-Bl. f. Württ. p. 218. (Sitzungsbericht.) 

12. Flatau und Sterling, Ein Fall von Keratodermie dor Hände und Füße. Medycvna. 
1914. No. 12. 

13. Gewin, W. C., Raynauds Disease: With a Report of a Case. Am. J. of Surg. 19. (5.) 
188. 

14. Giunter, G. de G., Malattia di Raynaud. Gazz. degli Osped. Nov. 21. 

15. Hammer, Fall von Sklerodermie. V. B. d. D. m. W. S. 1382. 

16. Hartert, Fall von Sklerodermie. M. m. W. S. 1020. (Sitzungsbericht.) 

17. Hoyne, Archibald L., Raynauds Disease. Report of a Case of Symraetrical Gangrane 
of Unusual Severity. The J. of the Am. M. Ass. 66. (20.) 1725. 

18. Jolowicz, Emst, Lipodystrophia progressiva. Neurol. Zbl. 34. (24.) 930. 

19. Kassel, Karl, Fall von Rhinitis vasomotoria, verursacht durch Spulwurm. Zschr. f. 
Larvng. 1. (5.) 559. 


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Angio- und Tröphoneärosen. 


455 


20. Klausner, E., Über kontralaterale Alopezie nach Kopfschüssen. Dermat. Wöohr. 

61. (43.) 996. 

21. Knack, A. V., Kontralaterale Alopezie naoh Kopfschüssen, ebd. 61. (34.) 811. 

22. Derselbe, Über kontralaterale Alopezie naoh Kopfschüssen. Nachtrag, ebd. 61. 
(46.) 1060. 

23. Derselbe, Beginnende Alopezia in der Umgebung der Narbe eines Soheitelsohusses. — 
Traumatische Alopezie. — Alopecia areata-ähnliche Haardefekte am Hinterhaupt. 

V. B. d. D. m. W. 13. IV. 

24. Koppong, Nils B., El tilfaelde av sklerodermi. Norsk Mag. for Laegevid. No. 6, 
p. 748. 

25. Kottmaier, Jean., Dekubitus im Anschluß an den Partus. Zbl. f. Gyn. No. 39. 

p. 686. 

26. Kraeger, Friedrich, Ein Fall von Erythromelalgie bei Polyzythämie. Dias. Freiburg 
i. Br. 

27. Kreibich, C., Dermatitis angioneurotica. Arch. f. Dermat. Ref. 122. (3.) 267. 

28. Lisser, Hans, Syphilis and Raynauds Disease. The Arch. of Int. M. 16. (4.) 509. 

29. Lublinski, W., Beitrag zur Vagotonie. B. kl. W. No. 20. p. 617. 

30. Mayer, C., Trophische Störungen. W. kl. W. S. 720. (Sitzungsbericht.) 

31. Derselbe, Vollkommener Haarverlust am ganzen Körper nach Schreck infolge Blitzschlag, 
ebd. 28. 1365. (Sitzungsbericht.) 

32. Monlevade, J. de, Vagotony. Brazil. Med. No. 14. 

33. Montgomery, Douglaes W., The Alopecia of Hypothyreosis. The J. öf Cut. Dis. 
April, p. 260. 

34. Derselbe and Culver, G D., Instance of Asymmetrie Raynauds Disease, ebd. Febr. 

35. Muns, W. E, Peripheral Vasomotor Changes in Shock. Missouri State M. Ass. J. Nov. 

36. Neuda, Paul, Zur Pathogenese des Quinckeschen Oedems. W. kl. W. 28. (51.) 1407. 

37. Newburgh, L. H., The Vasomotor Mechanism in Pneumonia. The Am. J. of the 
Med. So. Jan. p. 204. 

38. Niessi v. Mayendorf, Fall von Kombination von Hysterie mit Raynaudscher Er¬ 
krankung. W. kl. W. S. 660. (Sitzungsbericht.) 

39. Osborne, Oliver T., Raynauds Syndrome: Raynauds Disease. The Am. J. of the 
Med. So. 150. (2.) 167. 

40. Pershing, Howell T., Unilateral Hypertrophy or Trophoedema of Limbs. Report of 
a Case. The J. of Nerv. a. Ment. Dis. 42. (2.) 65. 

41. Pöhlmann, A., Über Alopezia areata neurotica nach Schußverletzung. M. m. W. 

62. 1623. F. B. 

42. Reines, Siegfried, und Fuohs, Traumatischer neurotrophischer Pemphigus. W. kl. 

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43. Sambergor, F., Die entzündliche und urtikarielle Hautreaktion. I. u. II. Teil. Eine 
klinisoho Studie. Dermat. Wschr. 61. (31/33.) 739. 791. 61. (41/43.) 947. 976. 999. 

44. Schott, Angina pectoris und Raynaudsöhe Krankheit. D. m. W. No. 29. p. 854. 

45. Sluder, C., Sympathetio Syndrome (Undesoribed) of Sphenopalatino or Nasal Ganglion 
Neurosis, Together with Consideration of Previously Described Symptoms and Treat¬ 
ment. Lancet-Clinio. CXIII. No. 17. 

46. Spitzig, B. L., The Vagotonie Neurosis. The Cleveland M. J. 14. (4.) 280. 

47. Stein, Conrad, und Pollak, Rudolf, Über den Einfluß vasomotorischer Störungen im 
Kindesalter auf das Gehörorgan. Arch. f. Ohrenhlk. 96. (4/5.) 216. 

48. Stromeyer, Kurt, Über die Entstehung des harten traumatischen Oedeins des Hand¬ 
rückens. M. m. W. No. 35 p. 1180. 

49. S us t mann, Vorübergehender Haarausfall nach dem Überstehen von Krankheiten 
im Bereiche des Atmungsapparates. Münch, tierärztl. Wschr. 66. 217. 

50. Timme, Walter, Pluriglandulär Insuffioienoy of Sclerodermio Type. Neurolog. Inst. 
New York. Meeting. Jan. 21. 

51. Veith, Fall von Riesenwuchs (Röntgenbilder). V. B. d. D. m. W. S. 329. 

52. Vora, K T., Case of Raynauds Symmetrical Gangrene. Indian M. Gaz. Aug. 50. (8.) 

53. Welcher, A., Über symmetrische Gangrän. Ned. Tijdschr. v. Goneesk. 59. (II.) 
2163. 

54. Wise, F., Differential Diagnosis Between Aorodermitis Chronica Atrophicans and 
Diffuse Idiopathie Atrophy of Skin. Arch. of Diagn. Jan. 


Vagotonie. 

Als klinische Erscheinungen der Vagusreizung faßt Lublinski (29) 
zusammen die enge Papille und Lidspalte, Speichelfluß, Schweiße, Akro- 
zyanose, ausgesprochene Dermographie, Bradykardie und respiratorische 


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Angio- and Trophoaearosea. 


Arhythmie, Krämpfe in den oberen Wegen und in den Bauchorganen, wahr* 
scheinlich auch in den Sphinkteren der Blase. Künstlich lassen sich diese 
Erscheinungen bei einzelnen gegen Pilokarpin besonders empfindlichen 
Menschen ganz oder teilweise hervorrufen, indem dieses Mittel den Vagus 
an seiner myoneuralen Verbindung reizt. Klinisch sind Vagotonien oft sehr 
schwer zu erkennen. Doch ist das Atropin ein Mittel, das nachweist, ob 
eine vorhandene Störung durch abnorme Vaguswirkung verursacht wird oder 
dem Vagus wenigstens ein beträchtlicher Einfluß auf die Auslösung der 
Störung zukommt. Durch Atropin läßt sich die Vogotonie auch günstig 
beeinflußen, indem es die Erregbarkeit der Vagusendigungen herabsetzt, 
doch muß zur Erzielung einer Dauerwirkung die Atropinbehandlung eine 
anhaltende sein. 

Spitzig (46) gibt eine Zusammenfassung der Erscheinungen der vago- 
tonischen Neurose und geht auf die einzelnen Symptome der Vasomotoren¬ 
unruhe, der neurotischen Herzbeschwerden und Magenbeschwerden, der 
Kolonspasmen, der Blasenreizbarkeit und der Neigung zu Depressionen ein. 

Auch von Dziembowski (9) bespricht die Symptomatologie der Vago- 
tonie ausführlich und weist besonders auf die Wichtigkeit ihrer Erkennung 
als Kriegskrankheit hin, da eine ganze Anzahl von Soldaten, die nicht dia¬ 
gnostizierte Vagotoniker sind, durch geeignete Behandlung von ihren ner¬ 
vösen Beschwerden wieder ganz geheilt werden können. 


Angioneurosen. 

Von Hoyne (17) wird der Fall eines 5jährigen Knaben mitgeteilt, bei 
dem sich eine symmetrische Gangrän von außergewöhnlicher Schwere einstellte. 
Dies Kind hatte vorher nach einander Scharlach mit Otilis media, Masern, 
Varizellen und Keuchhusten durchgemacht, und zwar trat der Raynaud auf 
46 Tage nach dem Beginn des Scharlachs, 30 Tage nach Beginn der Masern, 
9 Tage nach Beginn der Varizellen und 7 Tage nach Beginn des Keuch¬ 
hustens. Zuerst erschienen große dunkelblaue Flecken an beiden Fußrücken 
nahe den Zehen, die im Laufe der nächsten Tage sich auf das gauze rechte 
Bein und zum Teil auch auf das linke Bein ausdebnten; ähnliche Flecken 
traten an beiden Backen auf. Die verfärbten Stellen waren sehr schmerz¬ 
haft, geschwollen und hart. Am nächsten Tag waren beide Ohren schwarz; 
die Beine sahen nun gangränös aus, ohne daß sich der Prozeß noch weiter 
ausdehnte; an den Händen war eine schwarze Verfärbung und abnorme Kälte 
von links zwei und von rechts drei Fingern aufgetreten. Es trat eine Broncho¬ 
pneumonie hinzu. Am nächsten Tag stieß sich die dritte rechte Finger¬ 
spitze ab, die wie altes Leder anzufühlen war; von den Demarkationslinien 
ging ein übler Geruch aus. Allmählich stießen sich alle gangränösen Partien 
ab, und es erfolgte der Exitus an Bronchopneumonie und Toxämie. Die 
Obduktion ergab, außer einer Thrombose der rechten Vena femoralis, die für 
sekundär gehalten wurde, und einer konfluieronden, doppelseitigen Oberlappen¬ 
pneumonie, nichts als eine allgemeine lymphadenoide Hyperplasie (Drüsen, 
Milz, Peyersche Plaques); im Thrombus wurden grüne und hämolytische 
Streptokokken gefunden. 

Von Gewin (13) wird ein Fall von schwerer Raynaud scher Krankheit 
bei einen 43jährigen Farbigen mitgeteilt. Die Krankheit begann 1906 mit 
Schmerzen im Ende der rechten großen Zehe, einen Monat später trat hier 
ein schwarzer Fleck auf, der größer wurde; nach 4 Monaten mußte die 
Zehe amputiert werden. 1907 traten die gleichen Erscheinungen an der 
linken großen Zehe auf, die gleichfalls amputiert werden mußte, im Dezember 


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Angic- und Trophoneurosen. 


457 


1908 an der rechten kleinen Zehe, so daß sie ebenfalls amputiert wurde; 1910 
derselbe Vorgang an der linken 2. Zehe, 1911. an der linken 3. Zehe, die 
beide ebenfalls nacheinander abgesetzt wurden. Januar 1912 Tarsalampu- 
tatiou des rechten Fußes, Juni 1912 Absetzung des rechten Beines. Im 
Dezember 1912 wurde der 2. Finger rechts befallen, eiterte und heilte wieder 
aus. Im November 1914 trat Nekrose der rechten 1. und 3. Finger auf, 
die im Dezember 1914 amputiert werden mußten. Zur Zeit der Abschließung 
der Mitteilung begann eine Gangrän des rechten 4. Fingers. 

Von Montgomery und Calver (34) wird ein Fall von asymmetrischer 
Raynaudscher Krankheit mitgeteilt, der recht interessante Blutdruck* 
differenzen ergab. Die Erkrankung war eine typische Raynaudscbe an 
der einen Hand: zunächst Anfälle von Schwellung und Schmerzhaftigkeit 
mit lokaler Synkope, dann Rötung; tiefe Blaufärbung der Nägel und grau¬ 
gelbe Flecken auf der Volarseite einzelner Finger, die an zwei Fingern in 
trockene Gangrän der Fingerspitzen ausgingen, sowie der anfallsweise, schub¬ 
weise Verlauf sicherten die Diagnose eines einseitigen Raynaud. Der Blut¬ 
druck betrug anfangs an der befallenen Extremität 170 mm gegen 180 mm 
auf der gesunden Seite; erst allmählich wurde er auf beiden Seiten wieder 
gleichmäßig, und zwar in dem Maße wie Schmerzen und Beschwerden ab- 
nahmen und eine völlige Demarkation der gangränösen Fingerspitzen ein¬ 
setzte. 

Therapeutisch haben Verff. mit innerer Darreichung von Calcium 
lacticum 50/300 (dreimal täglich einen Teelöffel) gute Erfolge erzielt. 

Von Lisser (28) wird ein Fall von symmetrischer Gangrän der Füße 
mitgeteilt, bei dem vier sichere Anfälle von lokaler Asphyxie der Finger 
ohne Kälteanlaß beobachtet wurden; Diabetes konnte ausgeschlossen werden, 
wenn auch vorübergehende Glykosurie beobachtet wurde. Da Pat. eine Lues 
congenita hatte, so ist als Ursache ein spezifische Endarteriitis obliterans in 
Erwägung zu ziehen, doch sind die Anfalle an den Fingern so typisch, daß 
als Ursache Raynaudscbe Krankheit anzunehmen ist. Die Patientin litt an 
drei Erkrankungen: Vaginitis gonorrhoica mit Arthritis, Lues congenita und 
Raynaudscher Krankheit. Es wird nun, nachdem eine gonorrhoische Septi- 
kämie als unwahrscheinlich abgelehnt wird, erwogen, wie die Lues mit dem 
Raynaud zusammenhängt; ob die Spirochäte oder das Luestoxin die Raynaud- 
sche Krankheit ausgelöst haben kann oder die Lues vielleicht durch Schwächung 
des Gewebes eine Prädisposition geschaffen hat. Die Frage wird offen¬ 
gelassen. 

Uber die Kombination von Angina pectoris mit Raynaudscher Krank¬ 
heit berichtet Schott (44) an der Hand eines Falles, bei dem es sich um 
eine kombinierte Form der uervös-trophischen und der vasomotorischen 
Raynaudschen Erkrankung bandelte, kombiniert mit einer ganz außer¬ 
gewöhnlichen Labilität des Kreislaufapparates, des Herzens, der Aorta und 
der Gefäße der Ober- und Unterextremitäten, verursacht höchstwahrscheinlich 
durch eine chronische Intoxikation chemischer Natur, nämlich durch das 
fortgesetzte Einatmen des Staubes von nitrithaltigem Sprengpulver. 

Osboroe (39) rechnet zu den leichten Formen Raynaudscher Krank¬ 
heit alle mit vasomotorischen Erscheinungen, nicht nur der Extremitäten, 
einhergehenden uervösen Störungen und bringt eine Reihe derartiger von 
ihm als Raynaudsche Formen benannter Fälle. Er führt den Raynaud¬ 
schen Symptomenkomplex auf Störungen einer oder mehrerer Drüsen mit 
innerer Sekretion, besonders der Schilddrüse, zurück und hält die Schild¬ 
drüsenmedikation für sehr aussichtsreich. Gegenüber der Annahme einer 
primären vasomotorischen Störung der Blutgefäße, nimmt er eine sekundäre 


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Angio- und Trophonenroaen. 


Alteration im Blutgefäßsystem an, als deren Folgen sich zentrale oder peri¬ 
pherische Veränderungen offenbaren. (Bendix.) 

Bnerger (7) bespricht an der Hand einer reichhaltigen Kasuistik die 
yasomotorischen und trophischen Störungen der oberen Extremitäten, und 
insbesondere die Thromboangiitis obliterans. Bei diesen Erkrankungen sind 
zwei Gruppen streng zu trennen: auf der einen Seite die Fälle, in deneD 
die Durchgängigkeit der Gefäße völlig normal bleibt, dazu gehören die neuro¬ 
genen Formen, wie die Raynaudsche Krankheit; auf der anderen Seite die 
Formen, die unter dem Namen Thromboangiitis obliterans zusammengefaßt 
werden. Beide Gruppen weisen ähnliche Symptome auf. Die Raynaud¬ 
sche Krankheit beginnt mit heftigen Schmerzen in irgendwelchen periphe¬ 
rischen Körperpartien gewöhnlich symmetrisch und anfallsweise; die Symptome 
bestehen in Synkope, Asphyxie oder lokaler Röte und schweren trophischen 
Störungen gewöhnlich in Form von Gangrän der zuerst befallenen Partien; 
der Verlauf ist intermittierend mit zuweilen völlig freien Intervallen; im 
allgemeinen fehlen objektive Sensibilitätsstörungen und Lähmungen, während 
andere vasomotorische Störungen, Hämoglobinurie, Arthropathie, Vorkommen 
können; gewöhnlich werden neuropathische Individuen davon befallen. Die 
Thromboangiitis obliterans dagegen befallt hauptsächlich männliche polnische, 
galizische oder russische Juden (zu mehr als 99%), und zwar besonders im 
Alter zwischen 20 nnd 30 Jahren und beginnt meist in den unteren Extre¬ 
mitäten unter dem Symptom des intermittierenden Hinkens. Charakteristisch 
sind folgende Symptome: das Verschwinden des Pulses, besonders der Art. 
dorsalis pedis, tibialis post, und poplitea, seltener der Art. femoralis, radialis 
und ulnaris; es entwickeln sich typische Erscheinungen einer schlechten 
Zirkulation: Blaßwerden der unteren Extremitäten, wenn sie über die Hori¬ 
zontale erhoben werden, Hyperämie beim Herabhängen (Erythromelie) und 
trophische Störungen, wie Zurückbleiben des Nagelwachstums der Zehen¬ 
nägel, leichte atrophische Zustände der Haut, Ulzerationen und Gangrän. 
Ferner treten echte vasomotorische Erscheinungen vorübergehend auf, wie 
wechselnde Synkope, Rötung und Kälte der Glieder und Schmerzen, ent¬ 
weder unter der Form des intermittierenden Hinkens oder der mit der An¬ 
wesenheit von trophischen Störungen, besonders von Ulzerationen und gangrä¬ 
nösen Flecken verbundenen, heftigen Schmerzen. Charakteristisch ist der 
langsame Verlauf der Erkrankung, die mit diesen Schmerzen beginnt, bevor 
nach Monaten oder Jahren sich trophische Störungen einstellen, die dann 
schließlich in der Mehrzahl der Fälle zur Amputation wenigstens einer Ex¬ 
tremität führen, häufig von beiden unteren Extremitäten und zuweilen auch 
von einer oberen. Bisweilen wird eine Phlebitis migrans im Gebiet der 
Vena saphena externa oder interna beobachtet, weniger häufig im Gebiet 
der Venen der oberen Extremitäten. Es werden zehn Fälle eingehend be¬ 
schrieben. 

Von Bikeles und Radonicic (4) wird ein Fall von Erythromelalgie 
mit spontaner Gangrän mitgeteilt. Es handelte sich um einen 22jährigen 
aus neuropathischer Familie stammenden Mann, der maßloser Raucher war 
und als Schiffsheizer raschen exzessiven Temperaturunterschieden ausgesetzt 
war. Er bemerkte zuerst im Anschluß an eine Angina, daß er kälte¬ 
empfindlich geworden sei; später traten rasche Ermüdungserscheinungen mit 
krampfartigen Schmerzen in Beinen nnd Händen bei Bewegungen, dann nächt¬ 
liche Schmerzen in den Füßen, verbunden mit Rötung, starkem Hitzegefühl 
und Hyperhidrosis auf; Wärme, besonders Bettwärme wurden sehr schlecht 
vertragen. Nach Sohwinden aller Beschwerden unter Faradisation und 
Veroualgebrauch trat durch Kriegsstrapazen eine rapide Verschlimmerung 


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Angio- and Trophonearoaen. 


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des Leidens mit 'Blasenbildung an den druckempfindlichen geröteten Zehen 
ein. Bei der Befundaufnahme fand sich eine diffus hellrote, warme Schwellung 
des ganzen vorderen Fußes, dessen Rötung bei Heben des Fußes abblaßte, 
bei Senken zunahm. Die Haut war hier hyperästhetisch. Adrenalin brachte 
keine Besserung, Ergotin sogar Verschlimmerung. Allmählich trat zyano¬ 
tische Verfärbung, dann feuchte Gangrän der Zehen auf, die durch Behand¬ 
lung in trockene umgewandelt werden konnte; schließlich spontane Abstoßung 
der Endphalangen dreier Zehen am linken Fuße. An den Fingerkuppen 
fand sich Rötung von wechselnder Intensität; nach Ballen der Hand trat 
Blässe an den proximalen Fingerphalanuen auffallend und sehr lange an¬ 
dauernd auf, während eine Rötung an den Endphalaugen, auffallend saturiert, 
ebenfalls länger anhielt. Am Rumpf fand sich Dermatographie zunächst in 
Form von sehr roten Streifen, deren Stelle später häufig von schmalen, 
ausgesprochen bläulich verfärbten Streifen eingenommen wurde. Nach warmem 
Handbad trat Blässe der Hand, nach kaltem Handbad einmal eine Rötung 
der eingetauchten Hand auf. Erst im Verlauf der klinischen Beobachtung 
entwickelte sich eine Differenz im Kaliber der Art. dorsalis pedis zuungunsten 
der linken Seite. Psychischerseits war Pat. von höchst labiler Stimmung, 
enorm reizbar, öfters zu Suizid neigend. Es wird dann besonders die Diffe¬ 
rentialdiagnose gegenüber Raynaud und Arteriosklerose erörtert 

Der Einfluß vasomotorischer Störungen im Kindesalter auf das Gehör¬ 
organ wird von Stein und Pollack (47) an der Hand klinischer Beobach¬ 
tungen besprochen. Die Verf. kommen dabei zu folgenden Schlüssen: Die 
vasomotorische Übererregbarkeit im Kindesalter ruft neben Störungen in 
verschiedenen Organen überaus häufig auch solche im Gehörorgan hervor. 
Die Krankheitserscheinungen von seiten des Ohres resultieren zweifellos aus 
der Beeinträchtigung der Zirkulation im Gehörorgane und äußern sich, als 
Folge einer Anämisierung des betreffenden Gebiets, in der überwiegenden 
Mehrzahl der Fälle im Bereich des Hörnervenapparats. Sie finden ihren 
Ausdruck in subjektiven Beschwerden und in objektiven Erscheinungen von 
seiten des Ohres. Zu den subjektiven Beschwerden zählen subjektive Ohr¬ 
geräusche und schmerzhafte Sensationen, zu den objektiven Symptomen 
Ermüdungserscheinungen von seiten des Akustikus, Beeinträchtigung der 
Funktion des Kochlearpparats, in vereinzelten Fällen des Vestibularapparates. 
Der direkte Zusammenhang der vasomotorischen mit den Gehörstörungen 
geht hervor aus dem Umstand, daß die Krankheitsorscheinungen von seiten 
des Ohres fast immer im Rahmen des charakteristischen Krankheitsbildes 
zerebraler vasomotorischer Störungen auftreten, und aus der Tatsache, daß 
die Beeinträchtigung der funktionellen Leistungen des inneren Ohres in 
überzeugender Weise der Intensität der vasomotorischen Störungen parallel 
•geht. Die Frage, ob vasomotorische Störungen auch organische Verände¬ 
rungen im Hörnervengebiete veranlassen könnten, ist unbedingt zu bejahen, 
und zwar besonders für Fälle, in denen das Gehörorgan auf der Grundlage 
einer allgemeinen degenerativen Veranlagung von Haus aus minderwertig ist. 
Die Hauptaufgaben der Behandlung sind Ausschaltung aller die Vasomotoren 
schädigenden Faktoren, Verordnung entsprechend gewählter roborierender 
Diät, richtiges Ausmaß der Anforderungen an die körperliche und geistige 
Leistungsfähigkeit des Kindes und ganz besonders auch sorgfältige Kontrolle 
aller Schuleinflüsse auf sein Nervensystem. Besonderer Nachdruck wird 
auf die Tatsache gelegt, daß durch sorgfältige Beobachtungen von krank¬ 
haften Störungen im Gehörorgan als Folgeerscheinungen vasomotorischer 
Übererregbarkeit im Kindesalter schon frühzeitig ein Leiden konstatiert 
werden kann, dessen weitere Entwicklung im fortschreitenden Alter unter 


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Aagio- nnd Trophoneurosen. 


allen Umständen befürchtet werden muß. Einem zielbewußten Eingreifen zu 
richtiger Zeit wird es vielleicht doch gelingen, der Entwicklung der krank¬ 
haften Vorgänge vorzubengen oder wenigstens ihrer raschen Progredienz 
Einhalt zu tun. 

Von Newburgh (37) wird untersucht, ob als Ursache des Pneumonie¬ 
todes, wie von vielen Seiten behauptet wird, eine Lähmung des vasomoto¬ 
rischen Nervenmechanismus anzusehen ist. Für die Hypothese, daß bei der 
Pneumonie die periphere Zirkulation gelähmt ist, wurden stets zwei Argu¬ 
mente angeführt: die Annahme, daß bei letaler Pneumonie der Blutdruck 
abnorm uiedrig sei uud daß bei letaler Pneumokokkenseptikämie die Vaso¬ 
motorenreflexe fehlten. Aus den vom Verf. gemachten Beobachtungen geht 
nun einwandfrei hervor, daß beide Argumente durchaus nicht den Tatsachen 
entsprechen, so daß zu schließen ist, daß der Vasomotorenapparat bei Pneu¬ 
monie keineswegs verschlechtert ist. 

Kassel (19) berichtet kurz über einen Fall von Rhinitis vasomotoria, 
die sich durch einen jahrelang anhaltenden, anfallsweise auftretenden 
Schnupfen äußert. Die Schuupfenanfälle traten besonders im Anschluß an 
Aufregungen auf. Zuletzt traten während eines Schnupfenanfalles Allgemein¬ 
erscheinungen auf, die in Mattigkeit, Herzpalpitationen, Appetitmangel be¬ 
standen. Schließlich entleerte sich unter Würgen aus dem Rachen ein 
Spulwurm. In wenigen Tagen verschwanden die Beschwerden, und der 
Schnupfen ist seit diesem Tage nicht wieder aufgetreten. 

Samberger (43) versucht die sogenannten Angioneurosen der Haut 
auf eine ganz neue Basis zu stellen, indem er den bisher herrschenden 
genetischen Standpunkt durch den pathologisch-anatomischen ersetzt Ins¬ 
besondere wird die entzündliche und die urtikarielle Hautreaktion nach 
diesem Gesichtspunkt zu erklären versucht: Die entzündliche Reaktion 
gipfelt bezüglich der Gefäßsymptome in einer qualitativen und quantitativen 
Veränderung der Sekretion des Gewebssaftes; sie wird durch das Zellproto¬ 
plasma des lädierten Gewebes hervorgerufen und reguliert und geht außer¬ 
dem mit einer ganzen Reihe vorbereitender Veränderungen einher. Die 
lymphatische Reaktion ist der Ausdruck einer quantitativ gesteigerten Sekre¬ 
tion des Gewebssaftes und ist bedingt durch eine direkte oder eine Nerven- 
reizuug der sekretorischen Kapillarzellen. Daraus geht vor allem die.uahe 
Verwandtschaft zwischen dem entzündlichen und dem lymphatischen Odem 
hervor und erklärt sich ihre auffallende klinische Ähnlichkeit.. Es geht 
daraus ferner hervor, daß die entzündliche und lymphatische Reaktion absolut 
selbständige Reaktionen sind, von denen jede für sich allein auf der Haut 
entstehen und auf derselben besondere klinische Morphcn hervorrufen kann. 
Außerdem aber könuen Fälle Vorkommen, bei denen beide Reaktionen an 
der Bildung der krankhaften Erscheinungen auf der Haut mitwirkeu können, 
die dann die Symptome der entzündlichen und der lymphatischen Reaktion 
an sich tragen, ln einem zweiten Teil werden verschiedene andere Haut¬ 
erscheinungen auf durch Vasomotorenströmung bedingte Lymphhyper- oder 
Hyposekretion zurückgeführt. 

In einer Reihe von Fällen von Quinckeschem Odem fand Neada (36) 
als konstante Kardinalsymptome: akute Milzschwellung, Urinveräuderungen, 
insbesondere Urobilinurie und Blutveränderungen mit erhöhtem Sahli und 
Färbeindex uud Schwankungen in der Zahl der Erythrozyten, ferner Steige¬ 
rung der Resistenz der roten Elemente im Anfalle. Es wird das akut« 
zirkumskripte Ödem von Quincke aufgefaßt als Symptom und äußere Er¬ 
scheinung eines tiefer liegenden Vorgangs. Gewährleistet ist es durch eine 
Art Hydrämie. die durch Wassersperrung entsteht, wie sie sioh klinisch in 


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Angio- and Trophoneuroaen. 


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einigen Symptomen äußert, weiter aber durch Änderung des osmotischen 
Drucks in Gewebe und Gefäßen, veranlaßt wahrscheinlich durch Blutfarb¬ 
stoff oder eines seiner Derivate. Exogene Faktoren spielen dabei im Sinne 
der Schaffung eines Locus minoris resistentiae eine ziemliche Rolle. Zu¬ 
grunde liegt jedoch ein hämolytischer Vorgang, der an der Milz beginnt, 
sich in der Leber fortsetzt und klinisch in der beobachteten akuten Milz¬ 
schwellung, in der Urobilinurie, dem hohen Färbewert im Anfall, in Schwan¬ 
kungen in der Zahl der Erythrozyten und Steigerung ihrer Resistenz zum 
Ausdruck kommt. 

Über die Entstehung des harten traumatischen Ödems des Handrückens 
berichtet Stromeyer (48) im Anschluß an einen Fall, bei dem sich eine 
Patientin eine Nadel in die Hand gestoßen hatte, die leicht entfernt werden 
konnte. 14 Tage nach dieser Operation war der ganze Handrücken hart 
geschwollen und druckempfindlich; die Schwellung setzte an der Handwurzel 
ziemlich scharf ab und ging distal in bescheidenem Maße auf das Dorsum 
der Finger über; die Funktion des Handgelenkes war unbehindert, während 
der Zeigefinger leicht gebeugt gehalten wurde und nicht aktiv bewegt werden 
konnte; passive Bewegungsversuche waren sehr schmerzhaft. Erst nach 
operativer Entfernung der ganzen Narbe wurde eine vollständig normale 
Hand erzielt. Die histologische Untersuchung des exzidierten Narbengewebes 
ergab eine chronische Entzündung im Bereiche des Koiiums und des Unter¬ 
hautzellgewebes von elefantiastischem Charakter. Demnach war anzunehmen, 
daß aus der Narbe ein giftiges Produkt abgegeben wurde, das eine chronische 
Entzündung der Lymphbahnen bervorrief, und daß es sich hier also um ein 
toxisches Odem gehandelt hat. 

Zum Schluß schlägt Verf. vor, die harten Ödeme des Handrückens, 
ein Krankheitsbild, das, wie er annimmt, wahrscheinlich viel häufiger vor- 
kommt, als allgemein angenommen wird, ihrer Ätiologie nach in zwei Gruppen 
zu teilen, in solche mit und ohne Verletzung der deckenden Weichteile, 
und für die ersteren eine Intoxikation als Ursache anzunehmen, für die 
letzteren, vor allem, soweit sie mit Knochenatrophie verbunden sind, bei 
der bisherigen Auffassung des trophoneurotischen Ursprungs zu bleiben. 

Von Kreibich (27) werden zwei Fälle von Dermatitis angioneurotica 
bei zwei dreizehnjährigen Mädchen mitgeteilt, bei denen an beiden Backen 
konfluierende borkige Effloreszenzeu symmetrisch aufgetreten waren. Obwohl 
die Mädchen noch nicht menstruiert waren, werden diese Fälle zur Gruppe 
der Dermatitis symmetrica dysmenorrhoica gerechnet. Besonders charakte¬ 
ristisch war der zweite Fall, bei dem die Herde in 3- bis 4wöchentlichen Inter¬ 
vallen auftraten und bereits seit dem 12. Lebensjahr bemerkt wurden. Wird 
also ihre Beziehung zur Ovarialtunktion angenommen, so ergibt sich, daß 
schon im 12. Lebensjahr, lange bevor die Menses auftreten, periodenweise 
innere sekretorische Vorgänge vorhanden sind; der innere Vorgang ist also 
nicht an die Ausstoßung des Eies gebunden. 


Allgemeine and lokale trophlscbe Erkrankungen. 

Von Pershing (40) wird der Fall eines 19jährigen Mädchens be¬ 
schrieben, bei dem die Extremitäten der rechten Seite dicker als die der 
linken waren. Hereditär war nur zu erwähnen, daß die Mutter der Pat. an 
Raynaud scher Krankheit gelitten hatte. Auch bei der Pat. selbst war 
einmal eine vorübergehende heftige Erblassung des rechten Zeigefingers 
aufgetreten, die den Beginn einer Raynaud sehen Krankheit vermuten 
ließ, sich aber wieder'ganz zuriiokbildete. Sie hatte seit ihrer Kindheit 


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462 


Angio- and Trophooeurosea. 


an typischen Migräneanfällen gelitten. Die Differenz der Extremitäten¬ 
verhältnisse auf beiden Seiten bildete sich allmählich vom 3. Jahre an 
aus und steigerte sich besonders im 14. Lebensjahre zu Beginn der Men¬ 
struation; damals erst war deutlich zu sehen, daß die rechten Extremitäten 
abnorm dick waren. Das Haar der Pat. war rauh und trocken und auf der 
linken Seite anscheinend länger. Der rechte Arm blutete nicht so rasch 
wie der liuke. Die Maße waren für die Umfänge: 



Rechts 

Links 

Oberschenkel . 

54 

cm 

48 cm 

Unterschenkel . 

39 

n 

32 „ 

Oberarm . . . 

25 

n 

22,5 „ 

Unterarm . . 

25 

n 

23 „ 

Hand .... 

18,8 

n 

18,3 „ 


Die Länge der Extremitäten war annähernd gleich. Am Rumpf fanden 
sich im allgemeinen keine Asymmetrien. Als einzige Ursache für die 
Asymmetrie der Extremitäten •ließ sich nachweiseu, daß das subkutane Ge¬ 
webe auf der rechten Seite dicker entwickelt ist als auf der linken; das 
Gewebe ist von fester Konsistenz, aber auf längeren Druck entsteht eine 
kleine Delle, die beträchtliche Zeit bestehen bleibt. "Wegen der Neben¬ 
befunde dachte Verf. zuerst an Myxödem, doch ließ sich an der Thyreoidea 
nichts Abnormes nachweisen. Es handelte sich vielmehr um ein Trophödem 
(Meige) oder Hemihypertrophie des Bindegewebes (Rapin und Mabille). 
Die Therapie bestand im Anlegen von elastischen Binden. 

Ein Fall von Lipodystrophia progressiva wird von Jolowicz ( 18 ) mit¬ 
geteilt. Die 21jährigo Patientin hatte seit dem 8. Lebensjahre begonnen, 
im Gesicht, an Brust und Armen allmählich abzumagern, während sich 
gleichzeitig in der Beckengegend und an den Oberschenkeln eine starke 
Fettansammlung entwickelte. Mit 16 Jahren litt sie an vasomotorischen 
Störungen der Fingerspitzen, ein Zustand, der 2 Jahre anhielt. Zur Zeit 
der Untersuchung fand sich folgendes: Im Gesiebt fehlte alles Fettgewebe, 
die Waugen waren tief eingefallen, in die Orbita konnte man tief ein- 
dringen. Der Nacken war relativ fettreich, über dem Trapezius deutlich 
Fettgewebe zu fühlen; an den Armen waren auch zwischen den Muskeln 
Fetteile nicht zu fühlen; die Hände waren knochig, der Fettschwund hier 
jedoch nicht so deutlich, wie an den proximalen Teilen. Die Brustdrüsen 
waren unmittelbar unter der Haut als derbes Gewebe zu fühlen, während 
das Fettgewebe auch hier fehlte. An der Vorderseite unterhalb der Inguinal¬ 
falte, an der Hinterseite etwa an den Cristae iliacae begann eine im Ver¬ 
hältnis zu dem Fettmangel des Oberkörpers enorme Fettansammlung, die 
am Gesäß und unmittelbar unterhalb der Trochanteren am stärksten war. 
Es lag also hier ein isolierte trophische Erkrankung des subkutanen Fett¬ 
gewebes vor, deren merkwürdige Lokalisation es im höchsten Grade wahr¬ 
scheinlich macht, daß der Sitz der Erkrankung nicht im Fettgewebe, sondern 
an einer zentralen Stelle, wahrscheinlich in einer der Drüsen mit innerer 
Sekretion zu suchen sei. 

Uber kontralaterale Alopezien nach Kopfschüssen berichtet Knack (21) 
an der Hand von 3 Fällen. In dem ersten Fall handelte es sich um eine 
Ge wehrschuß Verletzung der rechten unteren Stirngegend ohne Verletzung 
des knöchernen Schädels; der Mann war fünf Minuten bewußtlos, hatte auch 
nach Entfernung des Geschosses dauernd Kopfbeschwerdeo. 6 Wochen 
nach der Verletzung trat auf der entgegengesetzten Seite des Kopfes eme 
ziemlich ausgedehnte Alopezie ein, die in der linken Scheitelbeingegend begann 


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Aiigio- und Trophoneuroscn. 


463 


und im Verlaufe der nächsten Wochen langsam nach vorn, aufwärts, hinten 
und abwärts fortschritt, ohne daß auf der rechten Kopiseite auch nur 
die geringsten Spuren von Haarausfall zu entdecken waren; neurologisch 
fand sich eine geringe Hyperästhesie der erkrankten Kopfhaut. Bei dem. 
zweiten Fall lag eine Gewehrschußverletzung des oberen rechten Schädel¬ 
daches, etwa entsprechend dem oberen Drittel der hinteren Zentralwindung, 
vor, und zwar ein Knochendefekt mit Splitterimpression; ein Tag Bewußt¬ 
losigkeit; es fand sich eine leichte spastische Schwäche im linken Arm, 
Astereognosis und Ataxie der linken Hand, leichte spastische Erscheinungen 
mit pathologischen Reflexphänomeneu im linken Bein; 13 Wochen nach 
der Verletzung trat eine mäßig starke fleckförmige Alopezie auf der linken 
Temporal- und Parietalgegend mit leichter Hypästhesie der beteiligten Kopf¬ 
haut auf. Der dritte Fall war eine Gewehrschußverletzung der linken, 
unteren Parietalgegend mit Knochendefekt, Knochensplittern und Fissur¬ 
bildung sowie Einsprengung von Geschoßresten in die linke Okzipitalgegend; 
4 Tage Bewußtlosigkeit; Aphasie, Alexie, Agraphie, Agnosie, anfangs total,. 
daun langsam zurückgehend; leichte spastische Erscheinungen im rechten 
Bein mit pathologischen Reflexphänomenen; dauernde Kopfschmerzen; rechte 
Pupille weiter und träge reagierend, rechtsseitige Farbenhemianopsie; etwa 
6 Monate nach der Verletzung diffuse Alopezie auf der rechten Parietal¬ 
gegend mit leichter Hypästhesie im Bereich der affizierten Kopfhautpartie. 
— Bei diesen 3 Fällen ist hervorzuheben die kontralaterale Lokalisation 
des Haarausfalles, die Latenzzeit zwischen Trauma und Auftreten der Alopezie 
(6 Wochen, */ 4 Jahr, */s Jahr) und die bei Ausschluß anderer Ursachen 
sichere traumatisch-neurologische Grundlage des Leidens. Unter den dis¬ 
kutierten Ursachen für die kontralaterale Lokalisation der Alopezie schien 
es am wahrscheinlichsten, anzunehmen, daß es sich um eine Schädigung von 
Rindenzentren trophischer oder sympathischer Bahnen durch das Trauma 
handelte, die dann den Haarausfall der gegenüberliegenden Seite bedingte; 
dafür spricht das gleichzeitige Bestehen spastischer Symptome der gegen¬ 
überliegenden Extremitäten in zwei der Fälle, und die leichte Sensibilitäts- 
Störung in allen 3 Fällen an der affizierten Kopfhautpartie. Gänzlich unklar 
dagegen blieb die Frage der zeitlichen Beziehung des Auftretens der Alopezie 
zum Trauma. 

In einem Nachtrage hält Knack (22) es für möglich, daß es sich in 
diesen Fällen um eine Röntgenalopezie handelt: Da bei Schädelaufnahmen 
die erkrankte Seite auf der Platte liegt, wird die gesunde Seite von der 
direkten Strahlenwirkung der durchleuchtenden Röhre getroffen, und hier 
auf der kontralateralen Seite, kann ein Haarausfall durch Röntgeneinwirkung 
entstehen. Dem entgegen steht die Beobachtung des zweiten Falles, bei dem 
eine Röntgenaufnahme erst nach dem Auftreten der Alopezie gemacht wurde. 
Es müßten also erst noch weitere Beobachtungen an nicht geröntgten Fällen 
abgewartet werden. 

Auch Klausner (20) kommt zu einer gleichen Auffassung dieser Fälle 
als Röutgenalopezien, deren er eine ganze Anzahl gestehen hat. Besonders 
beweisend scheint ein von ihm zitierter Fall von Waelsch, in dem ohne 
vorausgegangenes Trauma nach einer Röntgenaufnahme nach Verlauf mehrerer 
Wochen ein halbseitiger Haarausfall eintrat, der nach einiger Zeit mit 
völligem Ersatz der Haare abheilte; dieser Fall beweist, daß eine Schädigung 
der Haarpapille durch die Röntgenstrahlen nach Schnellaufnahmen möglich 
ist. Es wird demnach darauf hiugewiesen, daß für die angeführten Fälle als 
Ursache des kontralateralen Haarausfalles nach Schädelschußverletzungen die 
Röntgenstrahlen verantwortlich zu machen sind. 


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464 


Angio- and l'rophoaearoien. 


Über Alopecia areata neurotica nach Schußverletzung berichtet 
Pöhlmann (41) im Anschluß an 2 Fälle. Bei dem einen derselben hatte 
sich aus Toller Gesundheit heraus nach einer schweren Schußverletzung des 
Armes und hochgradiger psychischer Aufregung ein Krankheitsbild entwickelt, 
das Ton der Alopecie areata nicht unterschieden werden konnte. Bei dem 
zweiten Fall war nach völliger Erschöpfung und beinahe eingetretenem Er¬ 
frieren das typische Bild der Peliosis circumscripta, und zwar streng halb¬ 
seitig. aufgetreten. Es werden diese Vorgänge auf durch den Schreck 
hervorgerufene vasomotorische Störungen zurückgeführt, und zwar wird 
angenommen, daß der psychische Schock eine spastische Kontraktur der die 
Haarpapille versorgenden Kapillaren hevorruft und daß eine derartige Unter¬ 
brechung der Zirkulation genügt, um die Ernährung des Haares derart zu 
schädigen, daß es ausfällt. 

Zur Nomenklatur der Alopezien werden folgende Vorschläge gemacht: 
Als traumatische Alopezien sind nur die Fälle zu bezeichnen, bei denen als Folge 
eines Traumas (Schlag, Stoß, Fall, operative Verletzung usw.) des Gehirns oder 
peripherer Nerven Haarausfall auftritt. Die Diagnose der Alopecia neurotica 
soll dagegen für die Fälle reserviert bleiben, bei denen Haarausfall im 
Gefolge lokaler oder allgemeiner Nervenleiden oder bei besonders disponierten 
Personen nach einem psychischen Shock sich einstellt. . Diese beiden Formen 
sind sich klinisch ziemlich ähnlich, unterscheiden sich aber erheblich von dem 
Krankheitsbild der Alopecia areata: sie zeigen unregelmäßig begrenzte 
kahle Stellen von rundlicher, strichförmiger, -dreieckiger oder landkarten¬ 
artiger Form. In ganz seltenen Fällen allerdings sind auch traumatische 
und neurotische Alopezien beobachtet worden, die ganz dieselbe Evolution 
und dasselbe Symptomenbild wie eine typische Alopecia areata darbieten. 

Von Kottmaier (25) werden 4 Fälle mitgeteilt, in denen Dekubitus 
in den ersten Tagen des Wochenbetts ausgesprochen oder in seinen Vor¬ 
stadien auftrat Gemeinsam war in allen Fällen eine gesteigerte Reflexerreg- 
barkeit. Erklärt wird das Auftreten des akuten Dekubitus in der Weise, 
daß Hand in Hand mit einer intensiveren Weheutätigkeit eine stärkere Ein¬ 
wirkung auf die Vasomotoren der Hautgefäße stattfäude, die, eventuell be¬ 
günstigt durch den Druck der Lage, zu Ernährungsstörungen gerade über 
den bevorzugten Stellen des Kreuzbeins führen würde. Die Entstehung von 
Decubitus acutus und auch sonstiger angion eurotisch er Hautveräuderungen 
bei Graviden und Wöchnerinnen als Ausdruck von „Schwangerschafts¬ 
toxikosen“ wäre somit dem Verständnis näher gerückt, wenn mehr als bisher 
die ursächliche Rolle der veränderten inneren Sekretionsverhältnisse bei 
deren Auftreten gewürdigt würde. 

Flatau und Sterling (12) beschreiben einen Fall von Keratodermie 
der Hände und Füße. Der 17jährige Patient bemerkte, daß sich bei ihm 
seit 10 Jahren krustenförmige Verdickungen der Haut der Hände und Füße 
einzustellen begannen. Objektiv sieht man Hautveränderungen in der Form 
von kolossalen Hautverdickungen der palmaren Flächen der Hände, der 
Fersen und der äußeren Flächen der großen Zehen. Die Krusten zeigen 
eine perlmutterartige Verfärbung, ihr Bau weist konzentrische Schichtungen, 
im mittleren Teile mehr dunkel, in den gerippteren Teilen mehr glänzend 
auf. Die Verf. betrachten die Keratodermie im vorliegenden Falle als eine 
idiopathische, von dem sympathischen System abhängige Erkrankung. 

(Sterling.) 


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Uorbus Basedow, Hyper- u. Hypothyreoidismus, Infantilismus, Myxödem usw. 465 


Morbus Basedow, Hyper* und Hypothyreoidismus, Infantilismus, 
Myxödem, Akromegalie, Hypophyseeerkrankong. 

Ref.: Dr. Otto M a a s - Berlin-Buch. 


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Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1016. 


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466 Morbus Basedow, Hyper- und Hypothyreoidismus, Iofautilismus, 

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39. Kahlmeter, G., Pseudotabes of Hypophysis Origin. Hygiea. LXXVII. No. 9. 

40. Kästner, A. L., Juvenile Hyperthyroidism. Wisoonsin M. J. Dec. 

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42. Keyser, T. S., A Ca.se of Pluriglandulär Disturbance of the Internal Secretions. New 
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43. Knudson, A., Physiology and Pathologie Chemistry of Exophthalmio Goiter. Albany 
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45. Korczynski, S. R. v., Beiträge zur Klinik infantiler Hypothyreose. M. Klin. No. 31 
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46. Kraus, Walter Max, Pilous Cerebral Adiposity. A New Syndrome. The Am. J. of 
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52. TVleyer, Hugo, Ein Fall von Akromegalie mit Hypophysencyste. Mschr. f. Psvch. 
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58. Moret, P. S., et Saison, Exophthalmio Goiter in Girl under 9. Bull. Soc. de Ped. 
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59. Mori, T., Experimental Study of Thyrotoxic Symptoms. Sei- I- Kwai Med. Joura. 
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62. Olivier, P. H., Over en polyglandulair syndroom bij van der Scheers koorts. Geneesk. 
Tijdschr. voor Nederlancbch-lndie. Deel 55. Aflev. 4. S. 385. 

63. O’Neill, A. A., Hy]>orthyroidosis. Illinois M. J. Jan. 

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mique. Rov. mcd. do Suisse. Rom. No. 9. S. 469. 

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Helft. No. 8. p. 1189. 

68. Petorson, Hjalmar, Kongenitale familiäre Alopezie auf der Basis eines Hypothyreoidis¬ 
mus. Dcrmat. Zschr. 22. (4.) 202. 

69. Polen, A., Gases of Ba odows Disease, Troated by X-Rays. The J. of Nerv. a. Ment. 

Dis. 42. 504. (Sitzungsbericht.) * 

70. Popoff, N. M., Early Signs of Exophthalmic Goitei. Russky Vrach. XIV. No. 33. 

71. Porter, Langloy, Renal Infant-ilism. Arch. of Pod. 23. 85. 

72. Quadri, Klinüchor Beitrag zur Kenntnis d»'s Infantilismus. D. Arch. f. kl. M. 117« 
(3.) 332. 

73. Rautmann, Hermann, Pathologisch-anatomische Untersuchungen über die Basedow¬ 
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74. Reid, W. D., Myxedoma Simulatmg Nephritis. Boston M. and S. J. May. 

75. Ribbort, Hugo, Die Basedowstruma. Virchows Arch. 219. (2/3.) 246, 257. 
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76. Rosenthal, Fall von Struma metastatica mit Basedowsymptomen. M. m. W. S. 1055. 

(Sitzungsbericht.) 

77. Satherwaite,T. E., Sorae of Modem Problems in Exophthalmic Goiter. New' Orleans 
M. and S. J. April. 

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Myxödem, Akromegalie, Hypophysenerkraokung. 


467 


78. Scheltoma, M. W., Di© Abwoichungon des Blutbildes bei den Krankheiten mit innerer 
Sekretion. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (I.) 1767. 

79. Schüller, Josef, Ein Hypophysisadenom mit Dystrophia adiposogenitaliß. Disrert. 
Bonn. 

80. Studley, F. C., and Conroy, J. M., Case of Hypophysaire Adiporogenitalis with 
Polyglandular Manifestationß. Wisconsin M. J. Febr. 

81. Swan, John M., Gases of Dyethyroidism. New York State J. of M. Aug. XV. No. 8. 

82. Derselbe, Observations on the Blood Pressure in Cases of Dysthyroidism. Med. Rec. 
88. 584. (Sitzungsbericht.) 

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84. Derselbe, Pituitary Disease. New York M. J. Okt. 16. CII. No. 16. 

85. Trooll, Uppkomston av ögonsymtomen vid Morbus Basedowi. Hygiea. 1914. Heft 8. 

86. Vers6, Akromegalie und Hypophyscntumor. V. B. d. D. m. W. p. 1083. 

87. Vries Reilingh, D. de, Een zeldzame stoomiß in de hartwerkzaamhoid bij morbus 
Basedow. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 11. Heft. No. 11. p. 1425. 

88. Werner, Paul, Über einen seltenen Fall von Zwergwuchs. Arch. f. Gynäk. 104. (2.) 278. 

89. Weyer, Hugo, Ein Fall von Akromegalie und Hypophysencyste. Mschr. f. Psjxh. 
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90. Willard, L. M., Two Gases of Exophthalmic Goiter with Ocular Muscle Complications. 
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91. Williams, T. A., Case of Pituitary Disease Showing Both Acromegaly and Adipositas. 
Washington M. Ann. March. 

92. Worobieff und Perimoff, Ein Fall von angeborenem familiärem Myxödem. Versuch 
einer Schilddrüsenimplantation. Pediatria. V. H. 11—12. (Russisch.) 

93. Wright, H. W., Functional Defects of the Thyroid in Relation to Neurotic Gonditions. 
Calif. State J. of M. 13. (5.) 184. 

94. Zabriskie, Edwin G., Dyspituitarißm. New York Neurol. Soc. 1914. Dec. 24. 

95. Zienkiewicz, Morbus Basodowii und die Brustdrüsen. Medycyna. 1914. No. 16. 


I. Morbus Basedow!! und Hypertbyreoldismus. 


Dannehl (15) bespricht das häufige Vorkommeo von Scbilddrüsen- 
erkrankuDgen bei Soldaten. Namentlich im Anschluß an anstrengende 
Marschübungen und Infektionskrankheiten tritt nicht selten Basedowsche 
Krankheit bei vorher gesunden, kräftigen Individuen auf, gelegentlich auch 
im Anschluß an heftige psychische Erregungen. 

ln bezug auf die Behandlung tritt Verfasser für operative Verkleinerung 
der Schilddrüse ein. 

Bei Thyreotoxie schweren Grades ist Militärdienst kontraindiziert, bei 
leichten ist versuchsweise Einstellung gestattet, aber regelmäßige Über¬ 
wachung notwendig, damit etwaige Verschlimmerung möglichst frühzeitig 
erkannt wird; am besten werden diese Individuen nicht der Infanterie, sondern 
andereu Truppenteilen zugewiesen. 

Fahnenflucht und Selbstmord beruhen wahrscheinlich nicht so selten 
auf thyreotoxischer Psychopathie. 

Caro (13) weist auf die vielfach noch nicht genügend beachtete Häufigkeit 
von Schilddrüsenerkrankungen hin; er selbst beobachtete auf der inneren Ab¬ 
teilung eines Lazaretts unter 600 Kranken 66, bei denen Thyreose den 
Hauptbefund bildete, bei 420 wurden leichte Schilddrüseusymptome als 
Nebenbefund festgestellt. 

# Verfasser weist darauf hin, daß bei Leuten mittleren Lebensalters, bei 
denen Tachykardie besteht, statt Thyreose zuweilen Präsklerose diagnostiziert 
und Jod verordnet wird, was zu schwerer Schädigung führen kann. 

Kahane (38) glaubt, daß häufig Fälle von Hyperthyreoidismus Vor¬ 
kommen, bei denen die typischen Symptome der Basedowschen Krankheit, 
Struma, Exophthalmus, Tachykardie fehlen. Nicht selten sind Abmagerung, 
Hitzegefühl, Tremor, Neigung zu Diarrhöen, Reizbarkeit auf Hyperthyreoi¬ 
dismus zurückzufiihren. 


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4(58 Morbus Basedow, Hyper- und Hypothyreoidismus, Infantilismus, 

Ob Kriegsanstrengungen bei hereditär nicht belasteten Individuen 
zum Hyperthyreoidismus führen könneu, hält Verfasser für unentschieden, 
glaubt aber, daß sie bei bestehender Disposition Hyperthyreoidismus aus- 
lösen können. 

Mittels einer von ihm beschriebenen Methode, der sogenannten Galvano¬ 
palpation, glaubt Verfasser auch geringe Grade von Hyperthyreoidismus 
uachweisen zu können, er glaubt sogar, auf diese "Weise den Grad des 
Hyperthyreoidismus feststellen zu können. 

Falls das vom Verfasser angegebene Verfahren tatsächlich den Nachweis 
you Hyperthyreoidismus gestatten sollte, so wäre das von hervorragender 
Bedeutung. 

Ortner (64) schildert in seiner klinischen Vorlesung die Symptome der 
Basedowschen Krankheit und bespricht hauptsächlich die atypischen Formen; 
er weist auf das gelegeutliche Fehlen von Schilddrüseuvergrößerung hin, tritt 
für das Vorkommen eines Thymusbasedow ein und meint, daß auch Ovarium 
und Nebenniere bei der Entstehung des Leidens ursächliche Bedeutuqg 
haben können. Im Anfang der Krankheit handle es sich nicht immer, wie 
viele meiuen, um Tachykardie, sondern um Labilität und Irritabilität der 
Herzaktion. Gelegentlich werden auch Tremor und Abmagerung vermißt, 
Die zuweilen auftretenden subfebrilen Temperaturen, Abmagerung, Schwäche. 
Neigung zu Schweißen und dyspeptischen Störungen geben gelegentlich 
Veranlassung zu der irrigen Diaguose beginnender Lungentuberkulose. Bei 
akut gewordener B.scher Krankheit kommt auch hohes kontinuierliches 
Fieber vor, im Eudstadium zuweilen kardiale Insuffizienz. Zum Schluß 
bespricht Verfasser die Beziehungen des Leidens zur Lungentuberkulose. 

Kellert (41) glaubt, daß bei der Basedowschen Krankheit die wesent¬ 
lichste Veränderung der Schilddrüse Hyperplasie der Drüseuzellen mit 
Schwund des Kolloids sei, im Gegensatz zum einfachen Kropf, bei dem 
übermäßige Mengen von Kolloid in der Schilddrüse angehäuft seien. Stets 
würde bei der Sektion von Basedowfällen Dilatation und Hypertrophie des 
Herzens und fettige Degeneration von Leber und Nieren gefuuden. Tiitt 
der Tod im unmittelbaren Anschluß an Schilddrüsenoperation ein, so läge 
stets Thymu8bypertrophie vor. 

Knudson (43) bespricht kurz die Funktion der Schilddrüse und die 
Pathogenese der B.schen Krankheit. 

Hawn (31) gibt eine kurze Beschreibung der wichtigsten Symptome 
der Basedowschen Krankheit. 

Btunsted (12) tritt dafür ein, Basedowsche Krankheit zunächst nicht 
operativ zu behandeln, und nur dann zu operieren, wenn die Störungen 
lebensgefährlich zu werden drohen, oder wenn der Patient nicht in der Lage 
ist, sich genügend zu schonen. Sind außer cler Schilddrüse noch andere 
Drüsen mit innerer Sekretion erkrankt, so sollen diese zunächst operiert 
werden, und erst, wenn die von ihnen bewirkten Störungen beseitigt sind, 
soll die Schilddrüse chirurgisch behandelt werden. 

Zienkiewicz (95) berichtet über eine 37jährige Frau mit Basedowscher 
Krankheit, bei welcher zwei Jahre nach einer Geburt spontane Milchaus¬ 
scheidung aus den Brustwarzen eingesetzt und zwei Wochen hindurch an¬ 
gedauert hat. (Sterling.) 

Jones (37) berichtet über einen Fall von Basedowscher Krankheit, 
bei dem Pulsus irregularis perpetuens bestand, der nach der Strumektomie 
dauernd verschwand: die vor der Operation 160—200 Schläge betragende 
Pulsfrequenz ging zurück und die subjektiven Herzbeschwerden hörten auf. 

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Myxödem, Akromegalie, llypophysenerkraokung. 


4C9 


Oswald (65) will zwischen Basedowscher Krankheit und konstitutio¬ 
nellem Jodismus unterscheiden, obwohl er meiut, daß zwischen beiden Zu- 
stäuden Übergänge bestehen und im einzelnen Fall die Unterscheidung schwer 
sein könne. Die bei disponierten Individuen durch Jodzufuhr eintretende 
Schädigung beruht darauf, daß durch das Jod eine größere Menge von . 
Schilddrüsensubstanz resorbiert wird, und daß dadurch die Symptome des 
Hyperthyreoidismus hervorgerufen werden. Bringt man durch Röntgen¬ 
bestrahlung der Schilddrüse diese zur teilweiseu Einschmelzung, so sieht 
man das gleiche Symptomenbild wie nach Jodzufuhr. Verfasser möchte 
daher statt von konstitutionellem Jodismus lieber von Hyperthyreoidismus 
infolge von Jodgebrauch sprechen. 

Bei zahlreichen Individuen rufen weder Jod noch Schilddrüsentabletten 
Störungen hervor; meist sind es von Haus aus nervöse Individuen, oft auch 
aus Verwandtenehen stammende, die auf Jod- und Schilddrüsenzufuhr mit 
Krankheitserscheinungen reagieren. 

Durch Tierversuche wie auch durch Beobachtungen am Menschen ist 
festgestellt worden, daß Vagus sowohl wie Sympathikus nach Jod- und 
Schilddrüsenzufuhr stärker als vorher erregbar sind. 

Basedowkranke ebenso wie Individuen, bei denen Jodzufuhr Hyper¬ 
thyreoidismus hervorruft, sind von Haus aus nervöse Individuen; bei Basedow¬ 
kranken wird die übermäßige Resorption von SchilddrÜ9eusubstanz durch 
Erregung der Schilddrüsenuerven bewirkt, und die übermäßige Resorption 
von Schilddrüsensubstanz wirkt wieder erregend auf das Nervensystem. 

Verfasser glaubt, daß weder histologische noch chemische Unterschiede 
zwischen der einfachen und der Basedowstruma existieren. Im Gegensatz 
zu den Autoren, welche die Basedowsche Krankheit als Dysthyreoidismus 
ansehen, faßt er sie als Hyperthyreoidismus auf. -- Ob noch andere Drüsen 
mit innerer Sekretion bei der B.schen Krankheit beteiligt sind, hält Verfasser 
für unentschieden; auf jeden Fall würden sie nur eine sekundäre Rolle 
spielen. 

Hart (29) unterscheidet drei große Formengruppen des Morbus Basedowii: 

1. Der reine thyreogene Morbus Basedowii beruht nicht auf einer 
pathologischen, hypoplastischeu Konstitution, eine pathologische Thymus 
läßt sich bei ihm nicht nachweisen und seine Ätiologie dürfte, soweit die 
Störung in Bau und Funktion der Schilddrüse zu erklären ist, eine mannig¬ 
faltige sein. 

2. Der reine thymogene Morbus Basedowii, der auf dem Boden einer 
pathologischen Konstitution entsteht, ist selten, kommt aber zweifellos vor 
und zeigt dann einen besonders bösartigen Charakter. Daß hier die Thymus 
allein das Krankheitsbild beherrscht, lehren die Erfahrungen des Chirurgen, 
die Schilddrüsenoperationen ohne jeden Erfolg Vornahmen, dann aber mit 
der Resektion der Thymus alle Krankheitserscheinungen wie mit einem 
Schlage zum Schwinden brachten. Hier handelt es sich um den reinen 
Dystliymismus, und es bestehen die allerengsten Beziehungen zwischen dem 
Basedowtod und dem plötzlichen Thymustode. Bei letzterem verfallenden 
Individuen treten zu Lebzeiten charakteristische Symptome nicht hervor; 
könnte man aber ihr Schicksal vorhersehen und würde man sie eingehend 
untersucheu, so käme man vielleicht zu dem Schlüsse, daß sie nach der 
geläufigen Auffassung als Basedowkranke zu bezeichnen wären, oder es 
kämen die Erscheinungen der Basedowkrankheit zum vollen Ausbruche, 
wenn sie nicht einem plötzlichen Herztode verfielen. Offenbar ist bei ihnen 
das Herz besonders widerstandslos, so daß es bei an sich schon gering¬ 
fügigem Anlasse versagen kann. 


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470 Morbus Basedow, Hyper- und Hypothyreoidismus, Infautilismus, 

3. Der thymo-thyrogene Morbus Basedowii ist die häufigste Form, bei 
der Thymus und Schilddrüse in gleicher Weise toxisch auf den Organismus 
wirken und entsprechend an der Erzeugung der klinischen Erscheinungen 
beteiligt sind. Die Thymus ist das primär veränderte Organ und Stigma 
der abnormen Konstitution. In der Intensität der krankhaften Organfunktion 
kann jeder nur mögliche Grad gegeben sein, und so könnte man die rein 
thyrogene und rein thymogene Form der Basedowschen Krankheit als die 
Endglieder einer unendlich langen Reihe ansehen, in der alle nur denkbaren 
Kombinationen Vorkommen. Je mehr aber die Thymuswirkung prävaliert, 
um so schwerer ist wahrscheinlich das Leiden, um so größer die Gefahr für 
den Kranken. Aber auch überwiegend thyrogene Formen können schwer 
verlaufen. Will man der Schilddrüse wie der Thymus gleiche Bedeutung 
zugesteben, so wird es gut sein, die besondere Gefährdung der Thymusträger 
in der Gesamtkonstitution des Organismus zu erblicken und etwa anzu- 
nehmen, daß die Thymuswirkung eine um so intensivere ist, je mehr der 
hypoplastische Charakter der Körperbeschaffenheit ausgesprochen ist. Je 
früher das Krankheitsbild deutlich wird, um so höher dürfte das konsti¬ 
tutionelle Moment im allgemeinen in seiner Pathogenese zu bewerten sein. 
Deshalb kann man auch die rein thymogene Form, besonders bei Jugend¬ 
lichen erwarten, während die thymo-thyreogene Form in jedem Lebensalter 
jenseits der Pubertät eine Bedeutung besitzt. 

Vom rein praktischen Gesichtspunkt ist der Gewinn, der sich aus der 
Berücksichtigung des Verhaltens der Thymus ergibt, ein ganz außerordent¬ 
licher. Seitdem man die deletäre Bedeutung der Thymus erkannt hat, sind 
die Chirurgen mit vollem Erfolge daran gegangen, bei Basedowkranken auch 
dieses Organ operativ anzugreifen. Dieses Verfahren scheint berufen zu 
sein, den gefürchteten Thymustol bei der Basedowschen Krankheit aus 
der Welt zu schaffen. Indem jetzt der erste chirurgische Eingriff der Thymus 
gilt, kann man auch den schwerleidenden Basedowkranken Hilfe bringen, 
die man noch vor wenigen Jahren wegen abnorm großer Thymus von jeder 
Operation ausgeschlossen wissen wollte, und damit sozusagen ihrem Schicksale 
überließ. ( Jacobsohn .) 

Rautmann (73) hat in drei Fällen von Morbus Basedowii die Schild¬ 
drüse und sämtliche anderen Drüsen mit innerer Sekretion sowie auch das 
Nervensystem einer genauen Untersuchung unterzogen. Auf Grund seiner 
Befunde und der in der Literatur beschriebenen kommt er zu folgenden 
Ergebnissen: Bei reinen (unkomplizierten) Basedowfällen pflegen typisch 
entzündliche Erscheinungen, insbesondere sofern sie durch das Auftreten 
von eigentlichen Phagozyten charakterisiert sind, in allen Organen so gut 
wie völlig zu fehlen. Die anatomischen Veränderungen sind entweder 
hypertrophisch-hyperplastischer oder atrophisch - hypoplastisch-degenerativer 
Natur. In der Hauptsache hypertrophisch-hyperplastische Prozesse werden 
angetroffen: in der Schilddrüse, dem Thymus, wahrscheinlich auch in den 
Epithelkörperchen und der Hypophyse, ferner im lymphatischen und mye¬ 
loischen Gewebe, sowie im Herzmuskel. Hauptsächlich atrophisch-hypo¬ 
plastisch degenerative Veränderungen finden sich: in den Nebenuieren, den 
Geschlechtsorganen, in den Verdauungsorganen (Leber, Pankreas), den Nieren, 
den Bewegungsorganen (Knochensystem und Muskulatur), in dem autonomen 
und vogetativeu Nervensystem, den Sinnesorganen (Auge). Konstant werden 
wesentliphe pathologisch-anatomische Befunde nur im innersekretorischen 
Drüsensystem erhoben, während sie in allen anderen Organen zuweilen fast 
ganz fehlen können. Die Beteiligung der einzelnen innersekretorischen Drüsen 
ist eine sehr verschiedene. Konstant scheint die Schilddrüse zu erkranken, 

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Myxödem, Akromegalie, Hypophysenerkrankung. 


471 


sehr häufig jedoch nicht immer, die Thymusdrüse, zuweilen scheinen auch 
die Epithelkörperchen und die Hypophyse an der Erkrankung teilzunehmen; 
recht häufig werden auch die Nebennieren erkrankt gefunden, öfters auch 
die Ovarien nnd manchmal vielleicht auch die Langerhansschen Inseln. 
Nach allen bisherigen Beobachtungen ist es für Morbus Basedow» charak¬ 
teristisch, daß diese Veränderungen in der Schilddrüse, dem Thymus, wahr¬ 
scheinlich auch in den Epithelkörperchen und der Hypophyse vorwiegend 
hypertrophisch-hyperplastischer Natur sind, während in den Nebennieren, 
den Ovarien, vielleicht auch den Langerhansschen Inseln atrophisch-hypo¬ 
plastische Prozesse vorherrschen. Hält man einige pathologisch-anatomische 
Veränderungen in den verschiedenen Organsystemen — und zwar gerade 
die wichtigsten — zusammen, nämlich diejenigen des innersekretorischen 
Drüsensystems, der blutbildenden Organe, des Geschlechtsapparates, so 
kommt man zu dem Ergebnis, daß sie alle mehr oder weniger einen infan¬ 
tilen Typ besitzen, d. h. ihren Status infantilis nachahmen. Allgemein könnte 
man also sagen, daß in der anatomischen Grundlage des Morbus Basedow» 
eine charakteristische infantile Struktur enthalten ist. Der Morbus Basedow» 
ist sehr wahrscheinlich als eine Intoxikation aufzufassen, deren Quelle in 
einer Funktionsstörung des innersekretorischen Drüsensystems zu suchen ist. 
Nach den bisherigen pathologisch-anatomischen (Jntersuchungsergebnissen 
scheint es sich bei dieser innersekretorischen Störuug konstant um eine 
Hyperfunktion der Schilddrüse zu handeln, sehr häufig, jedoch nicht immer, 
um eine Hyperfunktion des Thymus, zuweilen auch der Epithelkörperchen 
und der Hypophyse. Ferner kommt jedenfalls recht häufig eine Hypo- 
funktion der Nebennieren vor, öfters auch eine solche der Ovarien, und viel¬ 
leicht manchmal auch der Langerhansschen Inseln. Wahrscheinlich gibt 
es überhaupt keine Basedowsymptome, welche mit Sicherheit nur auf die 
Funktionsstörung eines einzigen innersekretorischen Organes, z. B. der Schild¬ 
drüse, zurückzuführen sind, vielmehr gehört zu ihrem Zustandekommen jeden¬ 
falls sehr oft, vielleicht immer, eine bestimmte Funktionsänderung mehrerer 
Drüsen mit innerer Sekretion. Der Autor zählt zum Schluß auf, welche 
Erscheinungen auf die Erkrankung der einzelnen Drüsen zurückzuführen sind. 

(Jacobsohn.) 

Um die Pathogenese des Morbus Basedowii zu erklären, geht Oswald (66) 
vom Hyperthyreoidismus aus. Er umfaßt eine Reihe von Symptomen, deren 
Gesamtheit mit dem Basedowsyndrom zweifellos Ähnlichkeit hat, zum min¬ 
desten als Störung nach der gleichen Richtung aufzufassen ist. Die Symptome 
des Hyperthyreoidismus bestehen in Nervosität, Insomnie, Aufgeregtheit, 
motorischer Unruhe, Kopfschmerzen, Zittern, Tachykardie, Herzklopfen, 
Appetitlosigkeit, Abmagerung, allgemeiner Schwäche, gesteigerter alimentärer 
Glykosurie, in seltenen Fällen auch in Exophthalmus und in den deu Basedow 
charakterisierenden Lidsymptomen. Die Erscheinungen bleiben dieselben, 
ob der Zustand durch Zufuhr von Schilddrüsensubstanz per os, oder infolge 
von Einnahme von Jod, oder infolge Verkleinerung der Schilddrüse durch 
Röntgenbestrahlung bervorgerufen wird. Nun ist aber von großer Bedeutung, 
daß diese Erscheinungen nur bei Personen auftreten, die ein geschädigtes 
Nervensystem haben, bei Personen, die man im weitesten Sinne als Neuro- 
pathen bezeichnet. Beim Nervengesunden treten sie nicht auf. Berück¬ 
sichtigt man uuu, daß zwischen dem alimentär erzeugten Hyperthyreoidismus 
and dem voll ausgebildeten Basedow ein fließender Übergang besteht, so 
liegt es nahe, auch für den typischen Basedow einen extrathyreoidal ge¬ 
legenen Faktor anzunehmen. Es ergibt sich auch in vielen Fällen von 
Morbus Basedow, daß die betreffenden Individuen Jahre vor Ausbruch des 


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Horbus Basedow, Hyper- und Hypothyreoidismus, Intaotilismus, 


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Leidens nervös gewesen sind. Nachdem schon Überempfindlichkeit des 
Nervensystems bestanden hat, stellt sich dann die Struma ein. Diese ist 
also nach Ostwalds Ansicht ein sekundäres Symptom; die Schilddrüse 
kann unter dem Einflüsse nervöser Momente ihr Volumen vermehren. Über 
ihre Entstehung gibt der Autor folgendes an: Das Jodthyreoglobulin, der 
aktive Bestandteil des Schilddrüsenkolloids, hat die exquisite Eigenschaft, 
den Nerventonus zu erhöhen. Wird nuu ein stärkerer Reiz die Schilddrüse 
treffen, oder, wie das bei Nerveugeschädigteu der Fall ist, wird das Nerven¬ 
system auf die gewöhnlichen äußeren uud iunereu Reize intensiver an¬ 
sprechen und dann in der Drüse einen stärkeren Effekt auslösen, so wird 
infolge vermehrter Dilatation der Blutgefäße, also gesteigerter Durchblutung 
des Organs, mehr Sekret angescliwemmt werden. Das Nervensystem wird 
unter dessen Wirkung seinerseits stärker ausprechen, sein Tonus ist erhöht, 
und intensivere Reize treffen wiederum die Schilddrüse. So entsteht ein 
Circulus vitiosus. Die entwickelte Auffassung von der sekundären Rolle 
stehe auch damit im Einklang, daß es tatsächlich keine einheitlichen ana¬ 
tomischen Basedowveränderungen in der Schilddrüse gibt. Keines der 
histologischen Merkmale hat sich als konstant erwiesen. Was beim primären 
Basedow eine sonstige, extrathyreoidal gelegene Schädigung des Nerven¬ 
systems macht, leistet beim sekundären Basedow die Schilddrüse selbst. 

(Jacobsohn.) 

In der Beobachtung von Petersen (68) handelt es sich um eine Fa¬ 
milie, in der sich durch drei Generationen hindurch sowohl bei den männ¬ 
lichen wie bei den weiblichen Mitgliedern eine Haarerkrankung zeigte, die 
überall gleichartig anfing und sich ebenso entwickelte. Dieselbe greift nur 
das Haupthaar an, nicht aber die Augenbrauen, Bart usw. Andere krank¬ 
hafte Zustände sind in der Familie uicht entwickelt. Die Familienmitglieder 
werden mit normalem Haarwuchs geboren, auch ist derselbe in den ersten 
Lebensjahren regelrecht. Die Veränderung tritt gewöhnlich im Alter von 
4 bis 6 Jahren ein; das Haar fällt aus, und der Nachwuchs wird stets heller, 
dünner und kürzer, zuletzt ganz farblos. Die Erkrankung endet im Pubcr- 
tätsalter oder etwas später mit vollständiger Kahlköpfigkeit. Aus der 
schlechten Entwicklung der Glandula thyreoidea bei einigen untersuchten 
Familienmitgliedern und aus der erheblichen Besserung des Zustandes nach 
Schilddrüsentherapie folgert der Autor, daß Hypothyreoidismus die Ursache 
dieser Affektion ist. ( Jacob-ohn .) 

Troell (85) zieht anläßlich zweier beobachteten Basedowfälle mit 
einseitigen Augensymptomen die Landströmsche Basedowhypothese in Er¬ 
wägung. Zunächst fand T. bei einer Durchmusterung des ganzen Basedow¬ 
materials des Seraphiener Lazarettes — 165 Fälle —, daß mindestens 
16 dieser Patienten (= 10 %) einseitige Augensymptome darboten. Mit 
dieser Tatsache konnte er nun die Landströmsche Theorie nicht in Ein¬ 
klang bringen. Und zwar nicht, weil der Landströmsche Muskel nicht 
existieren sollte, sondern wegen klinisch und experimentell festgestellter Fakta. 
Denn einerseits war es nicht zu erklären, warum — nach der Möbiusschen 
Schilddrüsentheorie — eine durch die Zirkulation vermittelte Giftwirkung 
von der kranken Schilddrüse her zuweilen auf den Halssympathikus nur der 
einen Seite beschränkt sein sollte. Und andrerseits ließ sich auch nicht die 
zunächststehende Erklärungsraöglichkeit erhalten, daß nämlich die Halssym¬ 
pathikusreizung (durch welche die Kontraktion des Landströmscheu Muskels 
und somit die Augensymptome ausgelöst werden sollten) von einem direkten 
mechanischen Druck einer auf der einen Seite des Halses gegen die Tiefe hin 
am stärksten ausgesprochenen Vergrößerung der Schilddrüse verursacht 

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Myxödem, Akromegalie, Hypopbysenerkrankung. 


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würde. Daun, von anderen Umständen abgesehen, wäre es ja unbegreiflich, 
warum Pupillenerscheinungen fast wie bei Morb. Basedowii Vorkommen, 
während dagegen bei experimentellen, elektrischen Reizungen eines Halssym¬ 
pathikus stets sowohl Pupillenveränderung als Lidspaltenverminderung auf- 
treten. ( Kahlmeter .) 

Die ausgedehnten Untersuchungen über Komplementfixation bei Er¬ 
krankungen der Schilddrüse, welche Miller und Fairbank (56) ausführten, 
hatten alle ein negatives Resultat. 


II. Hypothyreoidismus. Infantillsmus und Myxödem. 

Nach Untersuchungen von Geyelin (27) findet sich eino Hyperglykämie 
als häufige Begleiterscheinung des Hyperthyreoidismus. In den mittel- 
schweren und schweren Fällen findet man sie iu 90% der Fälle. Ebeuso 
ist Glykosurie (spontaue oder alimentärej ein ziemlich konstantes Symptom 
bei dieseu Zuständen. Wenn Kranke mit Myxödem mit Schilddrüsenextrakt 
gefüttert werden, so zeigen sie oft Hyperglykämie ähnlich den Fällen von 
Hyperthyreoidismus, während sie vor dem Schilddrüsengebrauch normale 
Blutzuckerwerte darboten. Die diagnostische Bedeutung der verminderten 
Kohlehydrattoleranz in Zuständen von Hyperthyreoidismus ist von großer Be¬ 
deutung, besonders wenn Fieber, Alkoholismus, Asphyxie, Neurasthenie und 
Störungen der endokrinen Tätigkeit, bei denen sich das Phänomen auch 
zeigt, ausgeschlossen werden können. (Jacobsohn.) 

Levy (18) berichtet über den klinischen Befund bei einer 44 Jahre 
alten, 103 cm großen Zwergiu, bei der das Ausbleiben der Menses, Fehlen 
sekundärer Geschlechtsmerkmale und palpatorisch nachweisbare Ovarien für 
gänzliches Fehlen dieses Symptoms sprechen; eine Reihe weiterer Symptome 
machen auch das Fehlen der Schilddrüse wahrscheinlich. Verf. glaubt den 
Zwergwuchs mit Störungen der inneren Sekretion in Zusammenhang bringen 
zu sollen. 

Werner f88) gibt eine eingehende Beschreibung einer 125 cm langen 
Zwergin mit zahlreichen Mißbildungen; beide Hände haben sechs Finger, 
von denen keiner die charakteristische Daumenstolluug hat; die Daumen¬ 
muskulatur fehlt auf der einen Seite, auf der anderen ist sie andeutungs¬ 
weise vorhanden. Sehr stark verkürzt sind die Unterschenkel, Tibia noch 
kürzer als Fibula, diese ist verdickt und gekrümmt, die Patella nach oben 
disloziert. Der linke Fuß hat 8, der rechte 7 Zehen. Yerf. bespricht aus¬ 
führlich die verschiedenen Theorien, die zur Erklärung dieser Mißbildungen 
aufgestellt wurden. 

Koch (44) bespricht die verschiedenen Formen des Infantilismus und 
schildert einige von ihm beobachtete Fälle. 

Korcynski (45) beschreibt ein 15 Jahre altes Mädchen, das körperlich 
und geistig sehr zurückgeblieben war; das Befinden des Kindes, das von 
einem syphilitisch infizierten Vater abstammte und positive Wassermannsche 
Reaktion im Blutserum bot, besserte sich erheblich unter längere Zeit fort¬ 
gesetzter Behandlung mit Schilddrüsentabletten und zeitweiliger antisyphili¬ 
tischer Therapie. 

Ein junger Mensch von 19 Jahren — Beobachtung von Quadri (72) —, 
Kind einer tuberkulösen Mutter, zeigt derartige anthropometrische und psy¬ 
chische Charaktere, die ihn ohne Bedenken dem Typus des genuinen Infan¬ 
tilismus mit einem dem Alter von 12 Jahren entsprechenden Entwicklungsgrad 
des Körpers zurechnen lassen. Außerdem fand sich bei ihm eine reine 
leichtgradige, funktionell ausgeglichene Mitralstenose, eino hämorrhagische 


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Morbus Basedow, Hyper^ und Hypothyreoidismus, Iofantilismus, 


Diathese (skorbutartige Stomatitis und Zahnfleischentzündung, Anfälle von 
Hämaturie), eiu großer chronischer Milztumor ohne Aszites, aber mit 
Schmerzanfällen im linken Hypochondrium, eine bedeutende Vergrößerung 
der ganzen Leber ohne Ikterus und Cholurie, eine pigmentöse Papilloreti- 
nitis. Zwischen dem Infantilismus und den übrigen Erscheinungen bestehen 
nicht die Beziehungen von Wirkung und Ursache, sondern sie sind beide auf 
eine schwere Schädiguug zurückzuführen, die der Gesamtorganismus in einer 
sehr frühen Zeit seiner Entwicklung erlitten hat. ( Jacobsohn .) 

Odin (61) konnte in einem Fall von Myxödem, der sich durch eine 
ausgesprochene Trägheit in Bewegungen und Sprache auszeichnete, mit 
welcher Trägheit die klare Intelligenz kontrastierte, folgende Kleinhirn¬ 
symptome nachweisen: Katalepsia, Adiadochokinesis, Asynergie, zerebellar- 
ataktischer Gang und „mouvements dömesures“ (Babinski). Alle diese 
Symptome verschwandeu unter Thyreoideabehandlung gleichzeitig damit, daß 
die Myxödemsymptome selbst zurückgingen. In Übereinstimmung mit Söder- 
bergh glaubt Verf., daß man in diesen Kleinhirnsyraptomen die Erklärung 
für die eigentümliche Art von Myxödempatienten, zu sprechen und sich zu 
bewegen, zu suchen hat. Es würde sich dann wahrscheinlich um eine 
myxödematöse Intoxikation des Kleinhirns handeln, also um einen rein 
somatischen Prozeß und nicht um psychische Veränderungen, wie man sich 
die Sache früher vorgestellt hat. ( Kahlmeter .) 

Barton (4) berichtet über eine 44jährige Frau, deren Krankheit vor 
ca. 4 Wochen mit intermittierend auftretenden Schwellungen an Händen 
und Füßen begann; daran schloß sich ein Dickerwerden und steifes Gefühl 
an der Zunge, die ihr im Munde vergrößert erschien. Die Haut wurde 
trocken, sie hatte eingeschlafenes Gefühl an den Händen. Ihre Sprache 
wurde schwer und ihr Gang unsicher, ihr Gedächtnis wurde schlechter und 
ihr Vermögen, sich sprachlich auszudrücken, ließ zu wünschen übrig. Die 
Untersuchung ergab: Obesitas generalis, dicker Nacken, dicke Lippen, breite 
und steife Zunge, Verdickung der Supraklavikularregion, Verdickung der 
Hände und Füße und trockene glatte Haut, dickes, breites, ausdrucksloses 
Gesicht, etwas verwaschene Sprache; verringertes Gedächtnis für Namen, 
sonst keine geistigen Anomalien. Schilddrüsentherapie bewirkte auffallende 
Besserung. (Jacobsohn.) 


III. Akromegalie und Hypophysenerkrankung. 


Meyer (52) bringt eine übersichtliche Beschreibung der bei Akrome¬ 
galie an der Hypophyse gefundenen makroskopischen und mikroskopischen 
Veränderungen und berichtet über einen klinisch und anatomisch unter¬ 
suchten Fall von Akromegalie; es wurde große Kolloidzyste der Hypophyse 
und mikroskopisch außerordentlich starke Vermehrung der eosinophilen 
Zellen und Hypophysenvorderlappeu gefunden. Erwähnung verdient auch 
die bindegewebige Umwandlung des Hodenparenchyms und das Fehlen jeg¬ 
licher Spermatogenese. (Patient stand im 37. Lebensjahre.) 

Bendell (6) berichtet über einen klinisch beobachteten Fall von Akro¬ 
megalie; Vergrößerung der Hypophyse ging aus der im Röntgenogramm nach¬ 
weisbaren Vergrößerung der Sella turcica hervor, der rechte Schilddrüsen¬ 
lappen war vergrößert; Verdacht auf Beteiligung auch der Nebennieren 
wurde durch die übermäßige Hautpigmentierung und die Angabe allgemeiner 
Körperschwäche erweckt. 

Boyd (10) weist auf das häufige Vorkommen gestörter sexueller Potenz 
bei Akromegalie hin. 


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Myxödem, Akromegalie, üypophysenerkrankung. 


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Leva (47) berichtet über Akromegalieerkrankung bei zwei Vettern, die 
er beobachtet hat, berichtet über einige weitere von anderen Autoren be¬ 
schriebene Fälle von familiärer Akromegalie und bespricht kurz die Patho¬ 
genese des Leidens; er meint, daß die Ursache nicht in einem bestimmten 
Organ (Hypophyse) zu suchen sei, sondern auf neuropathischer, konstitutio¬ 
neller Anlage beruhe. 

Fürth (26) berichtet über das Ergebnis mehrfach ausgeführter Gesichts¬ 
feldprüfung bei einem Fall von Akromegalie; Verf. fand sehr starken 
Wechsel in der Ausdehnung der Gesichtsfeldeinschränkung und meint, daß 
große Joddosen, die er einer Patientin gab, das Leiden günstig beeinflußt 
hätten. 

Adrian (1) beschreibt einen typischen Fall von Akromegalie bei 
einem 29 Jahre alten Landwebrmanu, bei welchem sich gleichzeitig mit 
dem ersten Auftreteu der landläuflgeu akromegalischen Symptome eigen¬ 
tümliche Veränderungen der Kopfschwarte in Form von Wulst- und Furchen¬ 
bildung der Scheitelgegend einstellten. Diese Veränderungen traten bei dem 
Kranken ganz spontan auf, ohne daß irgendwelche Ausschläge, schmerzhafte 
Eruptionen oder dergleichen auf der Kopfhaut voraugegangen waren, oder 
Patient irgendwelche abnorme Sensationen in der Kopfhaut verspürt hätte. 
Diese Veränderungen der Kopfhaut glaubt der Autor, trotz ihrer Seltenheit 
in seiuem Falle auf Rechnung der Akromegalie stellen zu müssen, weil 
beide Affektionen zeitlich genau zusammentrafen, und weil auch beide 
Affektionen gleichzeitige Fortschritte machten. ( Jacobso/m .) 

Higier (32): 25 Jahre alt, stets gesund, seit einigen Jahren Klagen 
über intensive Kopfschmerzen, paroxysmale Amblyopie, Kältegefühl und 
allgemeine somatische Hypoplasie. Graziös femininer Körperbau, Gesicht 
blaß, pseudoödematös, puerile Höhe und Aussehen entsprechen dem eines 
15jährigen Knaben. Keine nennenswerte Abweichung im Bau des Skeletts 
und in der Zahnentwicklung. Kein Übergewicht der unteren Körperhälfte 
gegenüber der oberen. Breites feminingebautes Becken. 

Fettsucht, besonders ausgesprochen am Bauch und den Brustdrüsen 
(Gynäkomastia), weniger am Halse. Behaarung am Kopf normal, in den 
Achselhöhlen, in der Inguinalgegend und am Mons Veneris minimal. Starke 
Aplasie der Genitalien. Facultas coeundi und Libido aufgehoben. Erektion 
selten, ohne Ejakulation. Keine bitemporale Hemianopsie, kein Fundus¬ 
befund, keine Polyphagie und Polydipsie. Harn eiweiß- und zuckerfrei. 
Deformation und starke Erweiterung — etwa um das Vierfache — des 
Türkensattels. Intelligenz intakt. 

Die dystrophischen Erscheinungen, Fettsucht, Behaarungsanomalie, 
Genitalaplasie und mangelhaftes Ausgesprocheusein der sekundären Ge¬ 
schlechtscharaktere lenken die Aufmerksamkeit in der Richtung des Enuchoi- 
dismus. Allein das Fehlen der charakteristischen Skelettabweichungen, der 
Prädilektionstypus der Fettsucht und der Intelligenzstörungen einerseits, die 
genaue Angabe des Auftretens der ersten Krankheitserscbeinuugen und die 
intensiven Kopfschmerzen andererseits zwingen zur Diagnose eines Primär¬ 
leidens nicht iu den Genitalien, wie es beim Enuchoidismus der Fall ist, sondern 
in einer anderen Drüse des großen innersekretorischen Systems. Die enorme 
Erweiterung des Türkensattels spricht trotz der Abwesenheit hemianopischer 
und Fundussymptome mit großer Wahrscheinlichkeit für eine Affektion der 
Hypophyse. Das Fehlen in der Anamnese und im Radiogramm eines Hinweises 
auf durchgemachte Meningitis serosa (keine Rarefikation und Erweiterung 
der Venensulzi am Schädel), die hier und da zirkumskripte Hydrozephalie des 
Bodens des dritten Ventrikels mit Ausbuchtung der Infundibulargegend 


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Cephalea, Migräne, Neuralgien. 


hinterläßt, macbt ziemlich wahrscheinlich die Annahme einer benignen Neu¬ 
bildung in dieser Gegend (Strumahypophysis), die funktionell zu Hypo¬ 
pituitarismus führt und klinisch die klassische dystrophische Triade ver¬ 
ursacht, welche von Bartels als Adipositas hypophysaris, von Fröhlich als 
Dystrophia adiposogenitalis beschrieben wurde. Trotz der inuigen anta¬ 
gonistischen Korrelation der endokrinen Drüsen sind hier keine Zeichen einer 
pluriglandulären Insuffizienz nachzuweiseu. Bei Abwesenheit schwerer Druck¬ 
erscheinungen liegt hier vorderhand zum chirurgischen Eingreifen keine 
strenge Indikation vor. Patient soll sich in diesen Tagen zum Militärdienst 
melden. ( Selbstfwicld .) 

In einem von Feer (22) beschriebenen Falle von Lipodysirophia 
progressiva haudelt es sich um ein junges Mädchen, welches seit dem 9. 
Lebensjahr mehrere Jahre beobachtet werden konnte. Bei diesem Mädchen 
fehlte das Fettpolster gänzlich im Gesicht, am Halse, an der Brust, fast 
völlig an den Armen, war aber gut entwickelt am Bauch am unteren Teil 
des Rückens, auffallend stark in der Glutäalgegend und an den Ober¬ 
schenkeln in den proximalen lateralen Teilen, auch die Waden waren mit 
gutem Fettpolster versehen. Der Übergang der fettlosen Haut des Ober¬ 
körpers in die fettreiche des Unterkörpers vollzieht sich in einer schmalen 
Zone. Vorn reicht die fettarme Haut noch einige Zentimeter über das 
Lig. inguinale hinunter, seitlich beginnt die Fettansammluug an den Cristae 
ilei, hinten einige Zentimeter über den Cristae ilei. Die Atrophie des Pauni- 
kulus ebenso wie die Hypertrophie verhielt sich streng symmetrisch. Die 
mikroskopische Untersuchung eines exzidierten Hautstückchens ergab außer 
Schwund des subkutauen Fettgewebes nichts Anormales. Auch sonst ergab 
die genaueste körperliche Untersuchung keine pathologischen Erscheinungen, 
keine Stoffwechselauomalien, keine Veränderungen des Blutes, keine Tuber¬ 
kulose usw. Der Beschreibung dieses Falles fügt der Autor einen zweiten 
von Boissonas beobachteten hinzu. Im ganzen wären bis jetzt 15 Fälle 
mit diesem Krankheitsbilde beobachtet •worden, wobei hervorgehoben werden 
muß, daß alle 15 Fälle weibliche Individuen betrafen. Der Autor meint, 
daß eine Berechtigung bestehe, für die Lipodystrophie eine Erkrankung resp. 
eine Beteiligung der Schilddrüse zu vermuten. ( Jacobsohn .) 


Cephalea, Migräne, Neuralgien. 

Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 


1. Bauer, Julius, Neuralgie des Nervus phrenikus. Schuß Verletzung der Milzgegend. 

W. kl. W. 28. 1300. (Sitzungsbericht.) 

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No. 32. (Ungarisch.) 

6. Curschmann, Hans, Über einige seltene Formen der Migräne. D. Zschr. f. Nevvenhlk. 
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7. Deutsch, Adolf, Zirkumskripte Narbenschmerzen bei Durchschüssen von Hand und 
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W. kl. W. No. 35. p. 950. 

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Ceph&lea, Migräne, Neuralgien. 


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17. Kopczynski, S., Zur Frage der Irradiation der Schmerzen. Gaz. Lek. 1914. No. 29. 
(S. Kapitel: Allgemeine Symptomatologie.) 

18. Kronfold, Robort, Übei Gamaschenschmerzen. W. m. W. No. 42. S. 1557. 

19. Kyger, Fred B., Corvical Rib as a Cause of Brachial Pain. The J. of the Am. M. Ass. 
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20. Lapinsky, M. N., The Mechanism of Root-Sciatica. Russky Vrach. March. 14. 
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21. Li vingstone, P. J., Rolation of Localized Headaches and Some Organic Eye Losions to 
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22. Neustaedter, M., Backache from Standpoint of Neurologist. New York M. J. Sept. 18. 
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23. Podmaniozky, T. v., Über traumatische Interkostalneuralgien und deren Behandlung. 
W. m. W. No. 35. p. 1309. 

24. Prucik, L., Einiges über Nouralgien Trigemini. Casopis öesk^ch tekaruv. 55. 37. 
(Böhmisch.) 

25. Randolph, B. M., Sciatica a Symptom of Appendicitis. The J. of the Am. M. Ass. 
64. (7.) 579. 

26. Rohrer, F., Anaphylaktische Erscheinungen im Symptomenbilde der Hemicranio. 
Ein Fall von Hcmicrania ophthalmica. M. Klin. No. 31. p. 862. 

27. Säenz de Santa Mar fa y Marrön, La cefalalgia muscular. El Siglo Med. No. 3189. 
p. 52. 

28. Schloessmann, Über neuralgische Zustände nach Schußverletzungen der peripheren 
Norvon. M. m. W. p. 1291. (Sitzungsbericht.) 

29. Schmitt, Chronische Ischias mit Skoliose. V. R d. D. m. W. 1916. 42. 371. 

30. Schul hoff, K., Ophthalmoplegische Migräne. Casopis öesk^ch tekarüv. 58. 998. 
(Böhmisch.) 

31. Schüller, Artur, Über Gamaschensohmerzen. W. m. W. No. 35. p. 1307. 

32. Sex ton, L., Hedaches. New Orleans M. and S. J. April. 

33. Sick, Ischias traumatica. M. m. W. p. 422. (Sitzungsbericht.) 

34. Singor, Schrappnellfüllkugelsteckschuß des rechten Unterkiofergeienks, regionäre 
neuralgische Schmerzen. Traumatische Kurzsiohtigteit. Mschr. f. Ohrhlk. S. 367. 
(Sitzungsbericht.) 

35. Strasser, Alois, Über „rheumatische“ Affektionen im Felde und über Toraisterdruck¬ 
neuralglon. Zschr. f. physik. u. diätet. Ther. 19. (10.) 310. 

36. Zuelzer, G., Reizung des Nervus pudendus (Neuralgie). Ein häufiges, Blasenkatarrh 
vortauschendes Krankheitsbild im Kriege. B. kl. W. 52. (49.) 1260. 

Cheney (4) gibt Fälle von auf Magenstörungen beruhenden Kopf¬ 
schmerzen, die sich durch häufig plötzliches Auftreten charakterisieren und 
durch Magentherapie genügend beeinflußt waren. Häufig sind sie durch Stuhl¬ 
trägheit veranlaßt, meist genügt es nicht, nur Abführmittel anzuwenden, 
sondern eine eingehende Magenuntersuchung, Regelung der Diät und Lebens¬ 
weise muß Platz greifen. 

Curschmann (6) bringt unter Mitteilung einiger symptomatologischen 
Seltenheiten hauptsächlich Belege für die These, daß eine Migräne bisweilen 
und wohl selten nur die Teilerscheinung einer allgemeinen vasomotorisch¬ 
sekretorischen Neurose ist, und daß in manchen Fällen die peripheren 
Symptome der letzteren Genese recht stark, den Zerebralsymptomen völlig 
koordiniert auftreten können. 


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Cephalea, Migräne, Neuralgien. 


Hunt (12) veröffentlicht eine Anzahl von Migränefällen, in deren 
Verlauf Ophthalmoplegien, Hemianopsie, Hemiplegie and Erkrankungen des 
Optikus auf traten. (Jacobsohn.) 

Rohrer (26) faßt unter Zugrundelegen einer ausführlichen Fall¬ 
geschichte die Hemikranie als Krankheit auf, die aus dem Zusammenwirken 
einer Disposition des Organismus und einer toxischen Noxe entsteht und 
unter anaphylaktischen Erscheinungen verläuft. 

Prtisik’s (24) Kasuistik zeigt, daß es bei starken Neuralgien des N. 
trigeminus nicht nur zu depressiven psychotischen Zuständen kommen kann, 
sondern daß sich daneben auch Zustäude der gesteigerten Reizbarkeit, ja 
langdauerude Psychosen melancholischen Charakters mit Suizidgedankeu 
einstellen können. Es läßt sich denken, daß diese psychotischen Erscheinungen 
im engen Zusammenhang mit dem die Neuralgie verursachten Prozesse stehen, 
d. h. sie sind entweder gleichen Ursprungs oder ein nebenstehendes Symptom 
eines gemeinsamen Grundleideus des Zentralnervensystems. (Jar. Stuchlüc.) 

Zur Illustration, daß Inflammationen des paranasalen Sinus heftige 
Schmerzen iu der Nasenwurzel, Backe, Oberkieferzähnen, am Processus 
mastoideus, Hinterkopf bis in die Schulter verursachen können, wobei sich 
auch leichte sensible und Geschmacksstörungen einstellen können, führt Bliss 
(3) drei diesbezügliche Fälle au. (Jacobsohn.) 

Kaiser (15) berichtet über 6 Fälle von Neuralgie nach Schußver¬ 
letzungen, und zwar 4 Fälle von Medianus- und 2 Fälle von Ischiadikus- 
Verletzung. Die Neuralgien treten peripherwärts vom Schußkaual in den 
Nerven auf, der vom Geschoß gestreift ist oder doch im Bereich des Schu߬ 
kanals freiliegt. Da in keinem Falle eine motorische Lähmung in irgendeinem 
Muskelgebiet oder eine anästhetische Zone in der Haut bestand, konnten 
die leitenden Nervenfasern bei der Verletzung keinen Schaden genommen 
haben. Der Nerv war nicht nur peripherwärts vom Schußkaual in seinem 
ganzen Verlaufe, sondern auch noch zentralwärts eine kurze Strecke, bis 
zu 5 cm, ausgesprochen druckempfindlich. Außerdem war im Anfänge der Nerv 
eine Strecke zentral- und peripherwärts von der Wunde als verdickter Strang 
durchzufühlen. Wurde die Stelle, wo der Schußkanal den Nerven kreuzt, 
gedrückt, leicht massiert, so entstand ein blitzartig zuckeuder Schmerz in 
dem Ausbreitungsbezirk der in dem Netvenstamm geleiteteu sensiblen Fasern. 
Die subjektiven Beschwerden, denen gegenüber die Erscheinungen von seiten 
der Schußwunde völlig in den Hintergrund traten, bestanden in sensiblen 
Reizerscheinungen in den betreffenden Hautbezirken: Parästhesien in Form 
von Ameisenlaufen, Gefühl von Pelzigsein, Kribbelu, Taubseiu; stechende, 
reißende, bohrende Schmerzen; Hyperästhesie, Wärme und Kältegefühl. 
Die Haut zeigte trophische, sekretorische und vasomotorische Störungen: 
Rißigwerden, Epidermisschilferung, hydropische Schwellung, Hyperhidrosis 
Anidrosis, zyanotische Verfärbung. Diese trophischen Störungen neben der 
erwähnten Verdickung des Nerven nahe dem Schußkanal machen es wahr¬ 
scheinlich, daß neben der einfachen Verwachsung des Nerven mit der Narbe 
des Schußkanales, also neben der traumatischen Neuralgie, noch eine vom 
Schußkanal aus fortgeleitete leichte Entzündung des Nerven resp. dessen 
Scheiden bestand. Dafür spricht auch der Umstand, daß sich die auf die 
Neuritis bzw. Porineuritis zurückzuführenden Erscheinungen konstant uud 
rascher zurückbildeten als die auf die Nervenverwachsung zu beziehenden. 
Der Autor erwähnt noch, daß in allen Fällen die von Kranken spontan 
angenommene Entspannungshaltung der Gliedmaßen mit der von Stoffel 
für den betreffenden Nerven angegebenen übereinstimmte: bei Affektion 
des Medianus Adduktion im Schultergelenk, Beugestellung im Ellbogen- 


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Gephalea, Migräne, Neuralgien. 


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gelenk, Pronation des Vorderarms; bei Beteiligung des Iscbiadikus Streckung 
im Hüft-, Beugung im Kniegelenk. (.7 acobsohn.) 

Deutsch (7) gibt Schutzvorrichtungen für Leute an, die nach Durch¬ 
schuß der Hand oder des Fußes über außerordentlich starke Narbenschmerzen 
klagen, die bei jeder Handberührung (oder Faustmachen) und beim Sieben 
aultreten. Die Vorkehrung für die Hand bestand in einer Manschette, in 
die ein Aluminiumplättchen eingelegt war, welche die schmerzhafte Höhlung 
iiberbrückte; ähnliches wurde an der Höhlung des Fußes durch eine Kork¬ 
platte erzielt. (Jacobso/m.) 

Schüller (31) bezeichnet mit Gamaschenschmerzen häufig bei Offizieren 
auftretende rheumatische Schmerzen entlang dem Schienbein, die er auf 
Hemmung der Zirkulation im Unterschenkel und Fuß, sowie auf den durch 
die Gamasche auf das Schienbein ausgeübten Druck begründet sieht. Die 
steife zum Teil noch durch Eisen verstärkte, häufig infolge von Durch- 
nässung gefrorene Gamasche dürfte somit eine unzweckmäßige, sogar schäd¬ 
liche Unterscheukelbekleidung darstellen. 

Kronfeld (18) schließt sich in der Deutung der argen Schmerzen, 
über welche Soldaten nach langen Märschen und VVitterungseinfiüssen au 
den Unterschenkeln zu klagen hatten, ohne daß objektiv etwas Krankhaftes 
zu beobachten war, au. Auch er hält diese Schmerzeu für bedingt durch 
die unzweckmäßige Bekleidung (Gamaschen). Er schlägt daher eine Fuß- 
und Unterschenkelbekleidung vor, wie sie sich für Gebirgstouristen bewährt 
hat (Schnürstiefel, wollene Wadenstutzer und Schneebinden). ( Jacobsohn .) 

Strasser (35) berichtet über eine Toruisterneuralgie, die im ersten 
Drittel des Feldzuges ungemein häufig vorgekommen ist, während sie jetzt 
kaum beobachtet wird. Es handelt sich um Leute, die mit „Rheumatismus“ 
des Rückens eingeliefert wurden. Sio klagten über Schmerzen im Rücken 
und in der Lendengegend, und zwar mit folgender Lokalisation: 1. Am 7. 
bis 8. oder 9. Dornfortsatz und rechts und links in der langen Rücken¬ 
muskulatur. 2. Ungefähr 2 cm nach außen von der Synchondrosis sacro- 
iliaca rechts und links und 3. läugs des Darmbeiukammes beinahe bis zur 
Spina anterior superior. Objektiv sah man am 7., 8 . oder 9. Dornfortsatz 
meist eine dunkle, etwa kronengroße Verfärbung der Haut, rechts uud links 
davon große Druckschmerzhaftigkeit, die noch von der Längsmuskulatur des 
Rückens nach vorn mehr minder weit zu finden war; große Druckschmerz¬ 
haftigkeit an den unter 2 bezeichueten Stellen rechts und links von der 
Synchondrosis und weiter herunter über die ganze Glutealgegeud, dabei in 
einigen Fällen ausgesprochene Atrophie des M. gluteus superior und medius, 
leichte Herabsetzung der Sensibilität an der Haut daselbst und endlich 
Druckschmerz längs des Darmbeiukammes nach vorn. Die Ursache der 
gesamten Affektion lag im Druck, den der Tornister mit seinen Knöpfen, 
Spangen usw. ausgeübt hatte. Es handelt sich um Druckmyositiden, Druck¬ 
neuralgien und wohl auch um Druckneuritiden. Der Umstand, daß der Be¬ 
wegungskrieg der ersten Zeit in den Stellungskrieg übergegangen ist, erklärt 
das nahezu völlige Verschwinden der Affektion. ( Jacobfohn .) 

Während nach den Erfahrungen von Freund (10) der akute Gelenk¬ 
rheumatismus bei Kriegsteilnehmern sich selten zeigte, sind typische Neur¬ 
algien und echte Neuritiden bei ihnen sehr zahleich vertreten. Am häufigsten 
sind die unteren Extremitäten betroffen. Die Prognose ist im allgemeinen 
günstig, wenn auch die Dauer der Erkrankung verschieden lang ist. Die 
große Mehrzahl gehört zur Gruppe des Muskelrheumatismus. Das auf¬ 
fälligste Symptom ist die Druckempfindlichkeit der Muskeln und des Peri¬ 
ostes. Schwellungen oder Infiltrate, Verdickungen sind nirgends zu sehen 


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Cephalea, Migräne, Neuralgien. 


oder zn palpieren, zur Entwicklung von Schwielen kommt es nicht Sehr 
hochgradig sind in vielen Fällen die Bewegungsstörungen. Die Gelenke sind 
meistens frei. In ganz schweren Fällen sind die Kranken ans Bett gefesselt. 
Auch im Stadium der Rekonvaleszenz klagen die Patienten über hoch¬ 
gradige Schwäche und Ermüdbarkeit. Muskelatrophie ist selten; Schmerz¬ 
attacken fehlen, der Zustand ist ein mehr stabiler, ein Wechseln und Wandern 
der Schmerzen tritt wenig zutage, auch fehlt die Abhängigkeit vom Wetter. 
Das Allgemeinbefinden ist gewöhnlich nicht gestört. Alle Patienten waren 
der Einwirkung von Nässe und Kälte ausgesetzt gewesen. Der Verlauf war 
iu allen Fällen ein sehr schleppender. Die wichtigste Komplikation resp. 
Kombination war die mit direkten Erfrierungen verschiedenen Grades. Der 
Autor glaubt, daß bei diesen Fällen der rheumatischen Erkrankungen eine 
Schädigung der sensiblen und motorischen Endapparate stattfindet. Der 
Autor bespricht dann noch die therapeutischen Maßnahmen, die bei diesen 
Fällen in Anwendung kamen. ( Jacobsohn .) 

Bei einer Studentin — Beobachtung von Kyger (19) —, welche an 
immer heftiger sich gestaltenden Armschmerzen litt, fand sich eine Halsrippe 
als Ursache. Die Operation führte Heilung herbei. (Jacobsohn.) 

Podmancizky (23) berichtet Uber im Anschluß an Thoraxschüsse oder 
Brustkorbtraumen auftretende Interkostalneuralgien. In der Therapie wurde 
neben dem gebräuchlichen mit gutem Erfolg das Emplastrum Belladonnae 
verwertet, ebenso die Immobilisation durch gewöhnliche Heftpflasterstreifen. 

Jagaet (13) konnte unter 300 Patienten seines schweizerischen Militär¬ 
lazaretts 35 Fälle sammeln, in welchen die Patienten über eigenartige Ab¬ 
dominalschmerzen klagten. Die Hauptklage dieser Patienten bilden Schmerzen 
im Epigastrium oder in der Nabelgegend. Die Schmerzen treten meist in 
wechselnden Anfällen auf. Sie werden als Druck, seltener als Brennen oder 
Reißen geschildert. Bei großer Intensität geben die Patienten ein Aus¬ 
strahlen nach dem Rücken und nach den Seitenflächen des Abdomens aD. 
In den Zwischenperioden sind die Patienten nicht vollständig frei, sondern 
klagen über ein beständiges, unbehagliches Druckgefühl im Epigastrium. 
Ein regelmäßiger Zusammenhang der Schmerzen mit der Nahrungsaufnahme 
ließ sich nicht feststellen, ln einer ganzen Reihe von Fällen wurden als 
schmerzbegünstigeude resp. -veranlassende Faktoren angegeben: Das Reiten 
bei Kavalleristen und Trainsoldaten, das Fahren auf der Protze bei Kano¬ 
nieren, lange ermüdende Märsche mit voller Packung und der Druck des 
Leibgurtes bei Infanteristen. Die objektive Untersuchung ergab in sämt¬ 
lichen Fällen das Bestehen einer Reihe von fixen Punkten mit lebhafter 
Schmerzempfindlichkeit auf Druck. Am konstantesten empfindlich war der 
Druck im Epigastrium, ferner ein Punkt in der Linea alba, etwa zwei Finger 
breit oberhalb des Nabels, sowie tiefer Druck unterhalb des Nabels gegen 
das Promontorium. Ebenso wurde der Druck am äußeren Rande der Mus- 
culi recti abdominis im Mesogastrium gegen die Wirbelsäule schmerzhaft 
empfunden. In allen Fällen wurden auch mehr oder weniger ausgedehnte 
Zonen mit Hyperästhesie der Haut und des Abdomens Hyperalgesie 
der Bauchmuskeln gefunden. Die Hauthyperalgesien befanden sich meistens 
im Mesogastrium seitlich der Mittellinie, ein- oder doppelseitig und bildeten 
Zonen bis zur Handgröße. Außerdem fanden sich Druckspannungen der 
Bauch- und Rückenmuskeln. Affektionen des Magendarmkanals lagen in 
keinem Falle vor. Der Autor, sich an die Darstellung von Buch haltend, 
neigt dahin, diese Zustände als eine Neuralgie des Sympathikus zu halten. 
Jaquet stellt sich den Vorgang der Schmerzauslösung folgendermaßen dar: 
Der Druck des Gurtes auf die Abdomenmuskulatur ruft reflektorisch einen 


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Cephalea, Migräne, Neuralgien. 


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Gegendruck in Form einer vermehrten Spannung der Muskulatur zur Ver¬ 
hinderung einer Einschnürung uud einer Kompression der Eingeweide 
hervor. Ebenfalls erfordert die stramme Haltung eine Fixierung der Wirbel¬ 
säule durch Anspannung der Rücken- und Lendenmuskulatur. Bei diesen 
Retiexen sind sowohl das sensible wie das motorische Neuron tätig. Der 
sensible Impuls muß in dem Maße zunehmen, als infolge der Neigung zur 
Ermüduug der Muskeltonus nachzulassen droht. Auf diese Weise tritt, wenn 
die Anstrengung lange Zeit gedauert hat, ein Überreizungszustand der 
spinalen Zentren ein, der schließlich so stark werden kann, daß normale 
sensible Reize als Schmerzen empfunden weiden. Das Mitergriffensein des 
Sympathikus würde seine Erklärung in der Tatsache finden, daß die Rami 
communicantes des Lendensympathikus durch die Musculi psoas uud die 
Sehnenansätze hindurchtreten. ( Jacobsohn .) 

Randolph (25) berichtet über einen Patienten, welcher an Ischias ge¬ 
litten hatte, als dessen Ursache ein entzündeter lang ausgedehnter Blinddarm 
anzusehen war. Bei der Operation sah man, daß das verdichtete Ende des 
entzündeten Blinddarmes bis zur Wirbelsäule reichte und hier den Lumbo- 
sakralwurzeln auflag. ( Jacobsohn .) 

Die Unilateralität der Ischias bezeichnet Csiky (5) als eine charak¬ 
teristische Erscheinung der wahren Ischias, die Doppelseitigkeit spricht 
gegen die wahre Ischias. Von diesem Grundsätze ausgehend müssen wir an¬ 
nehmen, daß eine solche Schädigung den Ischiadikus treffen muß, welche 
dann wirksam ist, wenn sie deu Nerv bloß halbseitig trifft. Diese Schäd¬ 
lichkeit ist das schlechte Sitzen, welches namentlich dann schädigt, wenn 
das Körpergewicht bloß auf dem einen Ischiadikus lastet. Dies ist der Fall 
insbesondere beim schiefen Sitzen, beim Schreiben, wobei eine Kriebelemp- 
findung eine ganz akute Ischias andeutet; die öftere Schädigung dieser Art 
verursacht einen ncuritischen Prozeß im Nerven; darum sehen wir so häufig 
die Ischias bei den auf harter Unterlage schlafenden Kriegern. Unser Be¬ 
streben muß darauf gerichtet sein, den Kranken zum riebtigeu Sitzen an¬ 
zuspornen und einen öfteren Sitzwechsel hervorzurufen. Der Sitz des Leidens 
ist nicht an einem beliebigen Punkt des Nerven zu suchen, sondern in der 
nächsteu Nähe des Tuber ischii. Eine bewährte Therapie ist das gewöhn¬ 
liche Bügeln des Nerven bei Bauchlage oder Seitenlage (auf der gesunden 
Seite) des Kranken. Der mit Leintuch und Decke bedeckte Nerv wird dann 
mit einem möglichst heißen Bügeleisen ca. 1 / 2 —1 Minute an einer Stelle 
gebügelt, bis ein unerträgliches Gefühl der Hitze entsteht; eine Behandlung 
soll 10 Minuten dauern, jeden oder jeden zweiten Tag wiederholt werden. 
Am besten ist ein elektrisches Bügeleisen. ( Hndovernig .) 

Nach Erfahrungen Blind’s (2) kommen im Kriege reine Ischias¬ 
erkrankungen häufiger vor, wie iin Frieden, wo mehr die symptomatische 
Form beobachtet wird. Die Aussichten der Ischiasbehandlungen im Kriege 
sind daher günstiger. ( Jacobsohn .) 

Zuelzer (36) beschreibt das klinische Bild der Reizung des N. pudendus, 
welches er im Felde sehr oft zu beobachten Gelegenheit hatte. Die Pa¬ 
tienten klagen über einen außerordentlich häufigen Urindrang, verbunden mit 
schmerzhaftem Druck in der Blasengegend und Schmerzen beim Urinlassen. 
Der Urin ist ausnahmslos klar, sauer, frei von Eiweiß, ohne Sediment. Die 
einzelnen entleerten Urinportionen sind gering (20—100 ccm), kein tropfen¬ 
weises Entleeren des Urins. Das überempfindliche Hautgebiet, welches mit 
der Nadel abgegrenzt werden kann, umgrenzt den Damm rhomboidartig. Die 
Vorderspitze des Rhomboids liegt 2—3 Querfinger über der Symphyse. Die 
hintere Spitze liegt etwas unterhalb des Os sacrum, etwa in der Mitte der 

Jahresbericht f. Neurologie n. Psychiatrie 1916. 31 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


Nates, ungefähr in Afterhöhe. Die seitlichen Spitzen liegen seitlich vom 
Damm, etwa handbreit entfernt an der Innenseite des Oberschenkels. Die 
Behandlung des Leidens entspricht derjenigen einer Neuralgie. Diese Nervus 
pudendus-Neuralgie kann geradezu als eine Schützengrabenerkrankung be¬ 
trachtet werden. ( Jacobsolm .) 


Trauma und Nervenkrankheiten. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Aloxander, Psychogene Lähmung der linken Hand nach Kolbenschlag. V. B, d. D. 
m. W. p. 1055. 

2. Alzheimer, Allgemeinsymptome bei lokalisierten Hirnverletzungen, ebd. p. 1143. 

3. Anton, G., Über psychische Folgen von Kopfverletzungen mit und ohne Gehi ner- 
schütterung. Psyeh.-neurol. Wschr. 16. (41/42.) 365. 

4. Aronado, Akromegalie nach Schädeltrauma. V. B. d. D. m. W. S. 1356. 

5. Baker, J. N., Central Nervous System in its Relation to Certain Traumatic Affections. 
Southern M. J. July. VIII. No. 7. 

6. Beck, O., Rechtsseitige Norventaubheit und linksseitige vestibuläre Ausschaltung 
nach Streifschuß des rechten Ohres. Mschr. f. Ohrhlk. 49. 709. (Sitzungsberieht.) 

7. Derselbe, Wirkung einor Nahschuß Verletzung des Ohres, ebd. p. 442 (Sitzungs¬ 
bericht.) 

8. Derselbe, Das Romberg-Phänomen bei traumatischer Neurose (Schrapnellneurose) 
ebd. p. 209. (Sitzungsbericht.) 

9. Berger, H., Trauma und Psychose, mit besonderer Berücksichtigung der Unfall¬ 
begutachtung. Berlin. Julius Springer. 

10. Bergl, Klemens, Doppelseitige reflektorische Pupillenstarre nach Schädeltrauma und 
Granatenwirkung. D. m. W. No. 39. S. 1161. 

11. Beyer, Ernst, über die Bedeutung der Rentenhöhe bei der Entstehung der Renten¬ 
neurosen. Ärztl. Sachverst.-Ztg. No. 21. S. 241. 

12. Billström, Jakob. Alkoholismus inflytando pä förloppet av olycksfall. Nägra syn- 
punkter. Stockholm. Oskar Blomquist. 

13. Bing, Robert, Pathogenese, Prophylaxe und Begutachtung psychonourotischer Unfall¬ 
folgen. V. B. d. D. m. W. p. 903. 

14. Derselbe, Zur Frage der Simulation und Übertreibung bei Unfallnorvenkranken. Schweiz. 
Zschr. f. Unfallmed. 9. (7.) 

15. Brots ohne i der, Johannes, Ein weiterer Beitrag zur Alopecia nourotica traumatica 
universalis. Ärztl. Sachverst.-Ztg. 21. (3.) 29. 

16. Bruns, L., Kriegsneurologische Beobachtungen und Betrachtungen. Neurol. Zb!. 

p. 12. 

17. Bunnemann, Zur traumatischen Neurose im Kriege. Neurol. Zbl. 34. (23.) 888. 

18. Cardarolli, A., Oase of Simple Traumatic Polyuria. Gazz. degli Osped. Sept. 29. 

19. Ceni, Carlo, La commozione cerebrale e gli organi genitali maschili. Riv. sper. di. 
Fron, 41. (1.) 1. 

20. Dersolbo, L'involuzione degli organi genitali maschili nella commozione cerebrale. 

Pathologica. 1914. 6. 95. 

21. Christoffel, H., Ein schwerer Fall von Kommoti msneurose. Corr.-Bl. f. Schweizer 
Ärzte 45. (16.) 493. 

22. Co Hins, Joseph, Subdural Contusion Causing Paraphasia and Hemiplegia. New York 

Neurol. Soc. 1914. 4. Dez. 

23. Daugherty, J. F., Cerebral Concussion and Compression. Kentucky M. J. July. XIII. 
No. 8. 

24. Donath, Julius, Boiträge zu den Kriegsverletzungen und -erkrankungen des Nerven¬ 
systems. W. kl. W. No. 27—28. p. 725, 763. 

25. Drehschmidt, H., und Leppmann, Friedlich, Vergiftung durch Blausäure und 
Schwefelwasserstoff. Betriebsunfall. Ärztl. Sachverst.-Ztg. No. 12. p. 133. (Nichts 
Neurologisches.) 

26. Engel, Hermann, Gerichtliche Bestrafung eines Unfallverletzten wegen Simulation 
und Sachbeschädigung. M. Klin. No. 6. p. 177. 

27. Derselbe, Raynaudsche Krankheit nicht als Unfallfolge anerkannt, ebd. No. 27. 
p. 757. (Titel besagt den Inhalt.) 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


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28. Enge len, Beurteilung der Persuasion. (Unter Bezugnahme auf dio Kriegs neurogen 
und Unfallneuroßen.) Ärztl. Sachveret.-Ztg. No. 14—15. p. 157, 171. 

29 Derselbe, Untersuchung^hema für Unfallneurosen. ebd. No. 18. p. 207. 

30. Derselbe, imd Rangetto, Dio Grundlagen der Assoziationspsychologie. ebd. No. 18. 
p. 205. 

31. Dieselben, Nachweis von Rentenbegehrungen durch das Assoziation^experiment. ebd. 
No. 21. 

32. Dieselben, Methodik der Assoziationsversuche bei Unfallneurosen. ebd. No. 20. 
S. 229. 

33. Dieselben, Das Aufgabebewußtsein bei Simulation, ebd. No. 23. 

34. Epstein. Joseph, Diabetes insipidus nach Trauma. Dissert. Leipzig. 

35. Fauser, Einige Bemerkungen über Psychosen und Neurosen, die durch Schreck Wirkung, 
Granatexplosion, Luftdruck. überhaupt ohne gröberes körperliches Trauma entstanden 
sind. Korr.-Bl. f. Württ p. 218. (Sitzungsbericht.) 

36. Foilchenfold, Leopold, Über die Mechanisierung der Begriffe in der Unfallversicherung. 
Ärztl. Sachvorst.-Ztg. No. 17. p. 193. 

37. Ferreri, G., Traumi di guerra delU orecchio. Policlinieo. Aug. 22. XXII. No. 34. 

38. Flesch, Julius, Nervöse Störungen nach Kriegsverletzungen mit Simulation und 
Aggravation. W. kl. W. p. 192. (Sitzungsbericht.) 

39. Förster, Der Krieg und die traumatißchen Neurosen. Mschr. f. Psych. 38. (1/2.) 72. 

40. Fr i e d I and er, Bruno Walter, Dio Schädigungen des Gehörorgans durch Schußverletzung. 
Dissort. Breslau. 

41. Fried.änder, Julius, und Löwenstoin, Kurt, Zerebellare Symptomonkomploxe nach 
Kriegsverletzungen. — Erwiderung auf vorstehende Mitteilung. Nourol. Zbl. No. 21. 
S. 813. 


42. Friedlaender, Walter, Dio Schädigungen des Gehörorgans durch Schußwirkung. 
Arch. f. Ohren-, Nasen- und Kohlkopf hlk. 98. (2/3.) 158. 

43. Fries, F., Soldat mit apraktischon Störungen nach Schädeltrauma. Jb. f. Psych. 
35. 397. (Sitzungsbericht.) 

44. F roehlich. E., Über einen Fall von Schreibkrampf als behauptete Unfallfolge. Ärztl. 
Sachver. t.-Ztg. No. 14. p. 163. (Nichts Wesentliches.) 

45. Fuchs, A., Kriegsverletzungen, tonische und klonische Krämpfe funktioneller Natur 
nach Verletzungen. Jb., f. Psych. 35. 397. (Sitzungsbericht.) 

46. Fürnrohr, Fall von Schütteltremor infolge Granatexplo, ionsshock. V. B. d. D. m. 
W. S. 1176. 

47. Garthe, Fälle von Schreckneurosen. Korr.-Bl. f. Württ. p. 219. (Sitzungsbericht.) 

48. Gaupp, R., Die Granatkontusion. Beitr. z. klin. Chir. 116. (3 ) 277. 

49. Gei pol, P., Tod als Unfallfolge zehn Jahre nach Schädeltrauma. Ärztl. Sachverst.- 
Ztg. No. 15. p. 169. 

50. Ger vor, A. V., Traumatic W T ar Neurqp.ychos.e.:. Russky Vrach. Oct. 10. 

51. Gezelle Meer bürg, G. F.. Quelques ob.ervations sur rinfluence des traumatismes 
psychiques. Psych. en. neuro 1. Bl. No. 4 5. S. 303. 

52. Goldmann, J., Gehör Verlust durch eine Granatexplosion. Mschr. f. Ohrenhlk. p. 211. 
(Sitzungsbericht.) 

53. Derselbe, Zwei Fälle von Detonationssehworhörigkcit. ebd. p. 382. (Sitzungsbericht.) 

54. Goldmann. R, Streifschuß am Hintorkopf mit beiderseitiger fortschreitender 
Akustikusdegeneration und Roaktionsbowogungon nach der weniger betroffenen 
Seite, ebd. S. 505. (Sitzungsbericht.) 

55. Derselbe, Vollständige Ausschaltung dos Labyrinths als Folge des Kopftraumas und der 
chronischen Mittelohroitorung. ebd. S. 505. (Sitzungsbericht.) 

56. Derselbe, Schädigung dos. inneren Ohres durch Kopfverletzungen vom militärärztlichon 
Standpunkte. I). Militärarzt. No. 15. p. 250. 

57. Görres, über Dystrophia musculorum progressiva und Unfall. Mschr. f. Unfallhlk. 
22. (3.) 65. 

58. Gregor, (Iranatkontusion mit ausgedehntem amnestischen Defekt. M. m. W. p. 1055. 

(Sitzungsbericht.) 

59. Gumpertz, Karl. Beiträge zur Kenntnis dor Norvonschädigungon durch Kriegsereig¬ 
nisse. Dtsch. m. Presse. No. 16/17. p. 109. 

60. Gutzmann, H., Störungon der Stimme und Sprache. V. B. d. 1). m. W\ 41. 1585. 

61. Hardenbergh, Daniol B., Traumatic Hystoria; Trauma tho Cause or Uccasion? Med. 
Rec. 88. (20.) 821. 

62. Haselberg, von, Die Renten für Augonvorletzto und Erblindete. Wsclir. f. Thor. u. 
Hyg. d. Auges. No. 30. p. 185. 

63. Haubold, H. A., Cerebral Trauma and Acute Dilatation of Stomach. New York M. 
J. CI. No. 26. 


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484 Trauma und Nervenkrankheiten. 

64. Hi gier, H., Zwei Kranke mit Hirntraumen in der hinteren Centralwindung. 
Kortikale Interosseu; lähmung und rogmentale Sensibilitätslokalisation. Verhandl. d. 
Warschauer ärztl. Gesellsch. Bd. CXI. p. 232. 

65. Derselbe, Vier schwere Schußvorlotzungen der Halswirbolsäule mit Läsion des Rücken¬ 
markes, der Häute und der Wurzeln, auf konservativem Wege geheilt, ebd. CXI. p. 48. 

66. Hi 1 debrandt, Kurt, Zum Streit über die traumatische Neurose. Neurol. Zbl. No. 19 
S. 715. 

67. Hoff mann, Rudolf, Detonationslabyrintho. en. M. m. W. No. 37. S. 1269. F. B. 

68. Hopmann, Fritz, Diabote.; und Trauma. Dis;.. Bonn. 

69. Horn, Paul, Uebor die neuere Rechtssprechung bei Unfallnourosen mit besonderer 

Berücksichtigung der Entscheidungen des Relchsgorichts und de.j Reichsversicherungs- 
amte.'. Berlin. Richard Schootz. u. Ärztl. Sachverst.-Ztg. No. 4—5. p. 37, 52. 

70. Derselbe, Über Nervenleiden nach Unfall und Arteriosklerose bei einem tödlich ver¬ 

laufenen Fallo mit Rontonansprüchen der Hinterbliebenen. Mschr. f. Unfallheilk. 

22 . ( 1 .) 2 . 

71. Derselbe, über Schreckneurosen in klink.chor und unfallrechtlichcr Beziehung. Dtsch. 
Zschr. f. Norvvnhlk. 53. (5.) 333. 

72. Derselbe, Zur Heilbarkeit der Schreckneurosen nach Abfindung. Zschr. f. Bahn- u. 
Bahnkassenärzte. No. 9. 

73. Derselbe, Zur Nutzbarmachung erhaltener und wiedergewonnener Arbeitskraft bei 
Unfallneuroson. Ärztl. Sachv.-Ztg. 21. (22/24.) 253, 266, 279. 

74. Dorselbo, Zur Begutachtung nervöser Unfallfolgen. M. m. W. 62. (51.) 1745. 

75. Derselbe, Über die Prognose der Unfallnouro.on. Fortschi*, d. M. 33. (6.) 53. 

76. Derselbe, Über Sonnoastieh mit organischen Symptomen. D. Zschr. f. Nervenhlk. 

54. (4.) 269. 

77. Homoy, Karen, Ein kasuistischer Beitrag zur Frage der traumatischen Psychosen. 
Diss. Berlin. 

78. Hosomann, Zur Begutachtung von Schußverletzungon im Kriege. (Selbstverstümme¬ 
lung!). Ärztl. Sachverst.-Ztg. No. 6. p. 62. (Nichts Nourologisches.) 

79. Jontsch, Emst, Die Schrocknouroto Claude Lorraina. Psych.-neur. Wschr. 17. 

(39,40.) 227. (S. Kapitel: Allgemeine Symptomatologie der Geisteskrankheiten.) 

80. Jelly, Ph., Ueber die Dionstfähigkeit und Rentenfrage bei nervenkranken Soldaten. 
M. m. W. 62. (50.) 1714. 

81. Josue 0., ot Hoitz, J., Oho- extrasystoliquo.; provoqueos par lai exorcices physique* 
chez un roldat prorentant des kVions multiplem der. nerfs craniens, Arch. des mal. du 
coour. Sept. VIII. No. 9. 

82. Joubert, C., Ovganic Paraplegia from Explosion of Large Shell Without Extemal 
Wound. Paris nud. Oct. 23. 

83. Kaers, Bilateralo nukleäre Hvpoglosauslähmung und Parese beider Arme m.ch Unfall. 
M. Klin. No. 7. p. 194. 

84. Kafka, Schieokneuroso. M. m. W. p. 798. (Sitzungsbericht.) 

85. Kavplus, P., über Granatkontusionen. Jb. f. Psych. 35. 397. (Sitzungsbericht.) 

86. Derselbe, Ueber Er krank urigen nach Granatoxploaionen. W. kl. W. No. 6. p. 145. 

87. Kleeblatt, F., Diabolos insipidus nach Schädel Verletzung. M. Klin. No. 38. p. 915. 

88. Kohlhaas, KontiL.ion der linkon Schläfongegond, Erweichung® horde der Rinde des 
linken Schläfenlap|)ons. Kon* -Bl. f. Württ. Bd. 85. p. 213. (Sitzungsbericht) 

89. Kopfverletzung, Über den Zusammenhang einer psychischen Erkrankung mit oiner 
vor längerer Zeit erlittenen Kopfverletzung. Erkenntnis des Schiod? gericht.s d. Arbeiter- 
unfallversicherung in Graz vom 22. Juli 1914. Cu 237/14/7. W. m. Bl. No. 13. p. 151. 

90. Kortoweg, J. A., Dio Folgen dor Schulter Verrenkung und ihrer Nachbehandlung. 
Med. statistische onderzoekingon der Rijksverzeke.ngsbank I. 

91. Krauss, Geiste-krankheit und Betriebsunfall, ursächlicher Zusammenhang verneint. 
Mschr. f. Unfallhlk. No. 4. p. 101. 

92. Derselbe, Sklerodermie und Unfall. Fortschr. d. M. 33. (2.) 17. (Unfallrentensache.) 

93. Krebs, G., Ohrbeschädigungen im Felde. M. m. W. No. 10. p. 347. F. B. 

94. Laohr, Hans, Ein Fall von Unfallnourose. Allg. Zschr. f. Psych. 72. (2.) 134. 

95. Ledderhoso, Funktionelle Lähmung das rechten Peroneus. V. B. d. D. m. W. p. 1056. 

96. Leppmann, Friedlich, Symmetrische Gangrän als Unfallfolgo. Ärztl. Sachverst.-Ztg. 
No. 8. p. 85. 

97. Mann, Ludwig, Funktionelle Störungen nach geringfügiger Schuß Verletzung re»p. nach 
Typhus. V. B. d. D. m. W. S. 1235. 

98. Derselbe, Über Granatoxplosionsstörungen. M. Klin. No. 35. p. 963. 

99. Martin, A., Occupational lnjurios, Especially of Visual and Hearing Organs, Their 
Relation to Employers Liabilitv Act and Workmanns Compensation Act. Arizona M. 

J. Aug. III. No. 7. 

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Trauma und Nervenkrankheiten. 


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100. Mayer, Zwei Fälle phychogen bedingter Kontrakturen nach Verletzung. W. kl. W. 
28. 1365. (Sitzungsbericht.) 

101. Mayer, Otto, Ein Fall von zerebollaren Ausfallserscheinungen nach Schädeltrauma. 
Mschr. f. Ohrhlk. 49. 715. (Sitzungsbericht.) 

102. Dorfelbe, Taubstummheit nach Granatexplosion, ebd. 49. 713. (Sitzungsbericht.) 

103. Meisner, Anpe^sung Ärztl. Sachv.-Ztg. No 22. S. 257. 

104. Meyer, E., Funktionelle Nervenstörungen bei Kriegsteilnehmern nebst Bemer¬ 
kungen zur traumatischen Neurose. D. m. W. 41 . (51 ) 1509. 

105. Me vor zum Gott es berge, Das akustische Trauma. Axch. f. Ohren-, Nasen- und 
Kehlkopfhlk. 98. (2/3 ) 152. 

106. Milligan, M., and Westmacott, F. H., Warfare Injuries and Neuroses. J. of Laryng. 
Aug. XXX. No. 8. 

107. Naogeli, Ueber die Entschädigung der Kriogsnourosen. M. m. W. 1916. 63. 204. 

(Sitzungsbericht.) 

108. Neck, van, L6sion c - congenitales ou obst6triealcs de Tepaule ou du plexus brachial. 
J. m£d. de Brux. 1914. No. 11. 

109. Neubor, Carl Emst, Übor Neurosen nach elektrischen Unfällen. Diss. Kiel. 

110. Nonne. M., Lokale Hysterie: Kombination von organischen Schäden mit Hysterie. 
M. m. W. p. 159. (Sitzungsbericht.) 

111. Derselbe, Hysterie und Kriegs träumen, obd. p. 375. (Sitzungsbericht.) 

112. Derselbe, Traumatircho Neurose als Folgeerscheinung von Kriegsbeschädigungen. 
Psych.-neur. Wschr. 17. (33/34 ) 191. 

113. Dorsolbe. Soll man wieder „traumatische Neurose* 4 boi Krieg»verletzten diagnostizieren? 
M. Klin. No. 31. p. 849. 

114. Do;\,elbe, Soll man wieder „traumatische Neurose“ bei Kriegs vorletzten diagnostizieren? 
(No. 31 dieser Zeitschrift.) ebd. No. 34. p. 948. 

115. Oppenheim, Horm?,nn. Die Neurosen nc>ch Kriegsverletzungen. Neurol. Zbl. No. 21. 
S. 810. 

116. Derselbe, Bemerkung zu dem Aufsatzo Nonne»: „Soll man wieder ,traumatische Neu¬ 
rose 4 bei Kriog» vor letzten diagnostizieren ?“ M. Klin. No. 33. p*. 920. 

117. Derselbe, Zur traumatischen Neuroso im Kriege. Nomoi. Zbl. No. 14. p. 514. 

118. Derselbe, Der Krieg und die traumatischen Neurosen B. kl. W. No. 11. p. 257. 

119. Paal, Chronische Gehirnhautentzündung (Pachymeningitis und Unfall) an der Hand 
eine» ärztlichen Gutachtens erläutert. Mschr. f. Unfallhlk. 22. (4.) 97. 

120. Pfenningor, W.. Verletzungen und Samariterhilfo. Mit einem Kapitel über nervöse 
Beschwerden nach Verletzungen. Zürich. Schulthess & Co. (Buch für Kranken¬ 
wärter. ) 

121. Pietrzikowski, Eduard, Kriegsverletzte und Erwerbsfähigkeit. Prag. m. W. No. 15. 
p. 167. (Nichts Wesentliche».) 

122. Piotrowski, Drei Fälle von traumatischer Neurose. Neurol. Zbl. p. 591. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

123. Pirie, G. A., Some Injuries Caused by Bullet». Aich, of Radiol. July. XX. No. 2. 

124. Poppel reut er, Walther, Über psychischo Ausfallserscheinungen nach Hirnver¬ 
letzungen. M. m. W. No. 14. p. 489. F. B. 

125. Quendel. F. de, Bergmannswohl, Unfall-Nervenheilanstalt der Knappschafts-Berufs- 
gonossere chaft Schkeuditz (Bezirk Hallo a. S.). Jber. 1914. 

126. Quervain, F. de. Zum Unterricht in der Unfallmedizin. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 
No. 19. p. 575. 

127. Quix, F. H., Gleichgewichtsstörung nach Gewaltwirkung auf den Kopf. Mschr. f. 
Ohrhlk. 49. 551. (Sitzungsbericht.) 

128. Rieger, Kurt, Zur Symptomatologie der traumatischen Geistesstörung. Dis». Würz¬ 
burg. 

129. Rigler, Ueber die Versorgung Unfallverletzter und da» „Landheim Eberstadt 4 . Zschr. 

f. Versichergsm. 1914. 7. (11/12.) 265. 

130. Rings, Diabetes und Trauma. M. Klin. No. 16. p. 458. 

131. Roemhoid, L., Ueber homolateralo Hemiplegien nach Kopfverletzungen. M. m. W. 
No. 17. p. 600. F. B. 

132. Römer, C., Ueber die Pathogenoso des Sonnenstichs. Mschr. f. Psych. 37. (2.) 104. 

133. Rüge, Karl, Ist Ersticken jodesmal ein Unfall? Eino Reichsgericht.- .Auffassung. Ärztl. 
Sachv.-Ztg. 21. (24.) 277. 

134. Rülf, Astereognosio nach Schädelverletzung. V. B. d. I). m. W. p. 875. 

135. Saengor, Über die Arbeitsfähigkeit nach Schußverlotzungen dos Gehirns. Arch. f. 
P>ych. 56. 358. (Sitzungsbericht.) 

136. Derselbe, Ueber die durch den Krieg bedingten Folgezu,Stände im Nervensystem. 
M. m. W. No 15—16. p. 521, 562. F. B. 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


137. Sarbo, Arthur v., Über den sogenannten Nervenshock nach Granat- und Schrapnell- 
explosionen. W. kl. W. 28. (4.) 86. 

138. Schaller, W. F., Traumatic Neuroses in Relation to Industrial Accidents. Prognosis 
and Treatment. California State J. of M. Voi. 13. No. 10 p. 382. 

139. Schic kl er, Über die Wirkungen des Erdbebens vom 16. November 1911 auf Gesunde 
und Kranke in Württemberg. K^rr.-Bl. f. Württ. 85. 48, 49, 50. 

140. Schilling, K., Die nervösen Störungen nach Telephonunfällen. Zsohr. f. d. ges. Neur. 
29. (3/4.) 216. 

141. Schlesinger, Eugen, Uober Schädigungen des inneren Ohres durch Geschoßwirkung. 
M. Klin. No. 19. p. 533. 

142. Sohle, inger, Hermann, Hochgradige retrograde Amnesie nach Gehimverletzung. 
W. kl. W. 28. 1329. (Sitzungsbericht.) 

143. Sohmidt, W., Die psychischen und nervösen Folgezuständo nach Granatexplosionen 
und Minenverschüttangen. Zschr. f. d. ges. Nourol. 29. (5.) 514. 

141. S c h ö n b o r n, Psychogene Lähmung der Hand nach Schuß Verletzung. M. m. W. p. 422. 

(Sitzungsbericht.) 

145. Schröder, P.. Traumatische Psychosen. Mschr. f. Psych. 38. (4.) 193. (S. Kap.: 

Allgemeine Symptomatologie der Geisteskrankheiten.) 

146. Derselbe, Geistesstörungen nach Kopfverletzungen. Für Neurologen und Chirurgen. 
Stuttgart. F. Enke. (S. Kapitol: Allgemeine Symptomatologie der Geisteskrank¬ 
heiten. ) 

147. Schüller, Artur, Kriege kasuistische Mitteilungen. D. Militärarzt. No. 20. p. 325. 

148. Seelert, Hans, Über Neurosen nach Unfällen mit besonderer Berücksichtigung von 
Erfahrungen im Kriege. Mschr. f. Psych. 38. (6.) 328. 

149. Siebenmann, AkurLsohes Trauma und persönlicher Schutz gegen professionelle 
Schwerhörigkeit. Cjrr.-Bl. f. Schwoizer Ärzte. No. 13. p. 385. 

150. Simon::. Kopfschuß. Verlöt zung der hinteren und vorderen Zentral Windung und des 

Scheitellappens. Simulationsverdacht. V. B. d. D. m. W. 1916. 42. 119. 

151. So liier. 1\, und Chartier, M., Commotion from Explosion and its Consequences for 
tho Nervo uh System. Paris med. Oct. 23. 

152. So uk h ano f f, S. A., Encephalomyolopathia aero-traumatica r. Neuropathia e contusione 
aeria. Russky Wach. Oct. 

153. Strassmann, Schädel Verletzung oder Trunkenheit? M. Klin. No. 24. p, 667. 

154. Studley. F. C., Prognosis in Traumatic Neuroses and Psychoses. Wisconsin M. J. 
Aug. XIV. No. 3. 

155. Thiem, Hitzschlag und Sonnenstich, an einem ärztlichen Gutachten erläutert. Mschr. 
f. Unfallhlk. 22. (1.) 15. 

156. Derselbe. Progressive spinale Muskelatrophie als Unfallfolge, an einem ärztlichen Gut¬ 
achten erläutert, ebd. 22. (3.) 72. 

157. Derselbe, Tuberkulöse Hirnhautentzündung durch Quetschung eines tuberkulösen 
Nobenhodens hervorgerufen. An einem ärztlichen Gutachten erläutert, ebd. No (3. 
p. 176. 

158. Derselbe. Der derzeitige Stand der Anschauungen über die Ursachen der Schlagader* 
wandverhärtung (Arteriosklerose), ebd. No. 7. p. 201. 

159. Derselbe, Hirnerwoiehung (Enzephalomalazio) nach einem Schlaganfall, an einem 
ärztlichen Gutachten orläutort. ebd. 22. (11,) 338. 

160. Derselbe, Unfallheilkunde. Jk. f. ärztl. Fortbldg. Sept. p. 15. 

161. Trömnor, Fall lokaler traumatischer Hysterie. Neurol. Zbl. p. 415. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

162. Urbantschitsch, Ernst, Spätaffektion des Labyrinths bzw. des Hömerven nach 
akustischem Trauma. Mschr. f. Ohrenhlk. p. 269. (Sitzungsbericht.) 

163. Wagnor v. Jauregg, Nervöse Störung nach leichtem Schrapnollsohuß am Rücken. 
W. kl. W. p. 190. (Sitzungsbericht.) 

164. Weber, H., Fall von Motilitätsneurose. M. m. W. 1916. 63.391. (Sitzungsbericht.) 

165. Derselbe, Funktionolle ataktische Sprachstörungen bei Tangentialschuß, ebd. 1916. 
63. 499. (Sitzungsbericht.) 

166. Weber, L. W., Über Granatkontusionen (Gaupp). Ärztl. Sachv.-Ztg. No. 19. p 181. 

167. Dorsolbo, Zur Entstehung der Unfallnourosen. M. in. W. No. 12. p. 400. 

168. Weil, E., Ueber Kriegs;ohädigungon der Ohren. M. m. W. 62. (48.) 1661. F. B. 

169. Weissenfels, Gerhard, Hoine-Medinsche Krankheit und Trauma. Diss. Greifswald. 

170. Welz, A., Über den Einfluß von Traumen auf die Entstehung von Glykosurie und 
Diabetes. Mschr. f. Unfall hlk. 22. (9.) 257. 

171. Westphal, A., Über Augensymptome in einem Falle von traumatischer Hvsterie. 
V. B. d. D. m. W. S. 1202. 

172. Derselbe, Hysterische Taubstummheit bei Kriegsteilnehmern, ebd. 41. 1561. 

173. Westphal, A., Hörstummheit, ebd. 41. 1561. 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


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174. Weygandt, Schwerer Berufeunfall durch Zertrümmerung des Schädels, von Himteilen 
und des linken Auges durch einen eisernen Maschinenteil. Neurol. Zbl. p. 620. 
(Si. zungsbericht.) 

175. Derselbe, Psychose auf Grund von Himtrauma und Blutungen, ebd. p. 621. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

176. Wiogand, Hertha, lieber Granatkommotionsneurosen. Diss. Freiburg i E. 

177. Wiener, E., Hitzschlag und Sonnenstich. W. kl. W. No. 26. p. 721. 

178. Wiener, O., Traumatische spastische Hemiplegie. Fortschr. der M. No. 51. p. 1128. 

179. Wilde, A., Akute Knochenatrophie nach Unfall. M. Klin. No. 20. p. 569. (Nichts 
Neurologisches.) 

180. Williams, T. A., Neurotic Disturbances after Accidents in Relation to Workmans 
Compensation. New York M. J. Jan. No. 3. 

181. Derselbe, Compensation cf W T orkmen and Others for „Neurosis“ Following Accident. 
New Orleans M. and S. J. June. LXVII. No. 12. 

182. Wellenberg, R., Rumination als angebliche Unfallsfolge. M. m. W. No. 2—4. 
p. 41, 77, 112. 

183. Derselbe, Über die Wirkungen der Granaterschütterung. Arch. f. Psych. 56. 335. 

(Sitzungsbericht.) 

184. Zander, Paul, Verlust des Geruchs Vermögens keine Erwerbsbeschränkung. M. Klin. 
No. 32. p. 893. 

185. Zange, Johannes, Organische Schädigungen des nervösen Ohrapparates im Kriege. 
M. m. W. No. 32. p. 1091. F. B. 

186. Zanggor, H., Über Katastrophenmedizin. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte. No. 5—6. 
p. 129, 181. 

187. Derselbe, Ueber Katastrophenmedizin. (II. Fortsetzung.) ebd. No. 21. p. 657. 

188. Zollinger, F.. Verletzungen und Samariterhilfe. Mit einem Kapitel über nervöse 
Beschwerden nach Verletzungen von Pfenninger. Zürich. Schulthess & Co. (vgl. 
No. 120. 


Das vorliegende Kapitel bringt die wesentlichsten Aufschlüsse über 
die Schädigungen des Nervensystems, welche durch die Geschoßwirkungen 
im gegenwärtigen Kriege herbeigeführt worden sind. Es sind Arbeiten dar¬ 
unter, welche, auf ein großes Material sich stützend, dio Gesamtschädigungen 
direkte und indirekte, in den Kreis der Betrachtungen ziehen, andere, die 
nur Verletzungen des Gehirns oder des Rückenmarks erörtern, und noch 
andere, die wesentlich über die indirekten Einwirkungen, besonders durch 
Granatexplosiouen erzeugte, handeln. Da sie alle von großem Interesse sind, 
so erübrigt es sich, einzelne besonders zu erwähnen. Der Leser wird sie 
wohl alle durchgehen müssen, um ein Gesamtbild zu erhalten. 

Was die indirekten Schädigungen anbetrifft, so wird von einigen 
Autoren eine Parallele gezogen zwischen den Einwirkungen auf die Psyche, 
welche bei großen Katastrophen eingetreten sind, und denjenigen, welche 
die Kriegsereignisse hervorgebracht haben. Von Oppenheim wird die 
Frage von neuem aufgeworfen, ob es eine traumatische Neurose gibt. 
Diese Frage wird von ihm auf Grund der Kriegsbeobachtungen wiederum 
bejaht, während andere Autoren (Nonne, Förster, Seelert usw.) sie ver¬ 
neinen; noch andere nehmen einen vermittelnden Standpunkt ein. Eine 
Klärung ist bis jetzt nicht erfolgt und ist auch kaum zu erwarten, da jeder nach 
deu Eindrücken urteilt, die er von den Kriegsbeschädigten erhalten hat, da 
wohl keiner frei von etwas vorgefaßter Ansicht ist, und da schließlich jeder 
sich nur auf klinischer Beobachtung stützen kann, manche auf Grund von 
Heilerfolgen und sonstigen Ausgängen ihr Urteil abgeben. Immerhin sind 
einige Typen, die Oppenheim anführt, sehr bemerkenswert, aber man 
muß doch bekennen, daß sie Ausnahmen bilden, für die eine befriedigende 
Erklärung noch aussteht, während die ganz überwiegende Mehrzahl wohl 
zur Gruppe der Neurasthenie und Hysterie resp. einer Mischform von beiden 
gehört Daß die Kriegserlebnisse vielfach noch besondere Nuancen schaffen, 
ist wohl nicht zu verwundern. 


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488 


Trauma und Nervenkrankheiten. 


Von anderen Arbeiten sind diejenigen Horns erwähnenswert, der sich 
mit möglichst ausgiebiger und rationeller Nutzbarmachung der verminderten 
Arbeitskraft von Unfallverletzten und der zweckmäßigsten Art der Entschä¬ 
digung zur Vermeidung der Rentenneurose beschäftigt., und ferner diejenigen 
von Eng eien und Rangette, die das Assoziationsverfahren bei Unfall¬ 
verletzten verwendeten, und dadurch wichtige Aufschlüsse über die Gedaoken- 
ricbtungen der Unfallbeschädigten erhalten haben wollen. 


Allgemeines. 

Viele Krankheitsursachen im modernen Kriege sind, wie Zangger ( 186 ) 
ausführt, in vollständige Parallele zu stellen mit den Wirkungen bei Kata¬ 
strophen. An diese analogen Wirkungen denkt man gewöhnlich aus zwei 
Gründen nicht: Einmal hat mau naturgemäß vorgefaßte Meinungen gegen¬ 
über den veränderten Bedingungen im Kriege, da die wenigsten Ärzte Ge¬ 
legenheit hatten, Erfahrungen über die Wirkungen der modernen Mittel zu 
sammeln und sie in ihrem Wesen zu überblicken. Wir sind alle mehr oder 
weniger nur auf die mechanische Projektilwirkung eingestellt. Ferner sind 
viele komplizierende Wirkungen gewissermaßen nur Nebenwirkungen der 
modernen Waffentechnik, die deshalb nicht besonders betont oder nicht 
vorausgesehen wurden, oder die mindestens nicht in dieser Größenordnung 
vorausgesehen wurden, weil deren Wirkung nach unseren biologischen Kennt¬ 
nissen nicht einen so lückenlosen Kausalzusammenhang darstelleu, wie z. B. 
heute Verwundungen, Infektionen, septische Prozesse, Embolien usw. Auch 
hier gilt für uns das psychologische Gesetz, daß wir eben nur dasjenige 
richtig verstehen, dessen Entwicklungsphasen wir auch in den Zwischen¬ 
stufen kennen. 

Der Krieg, wie er heute geführt wird, treibt viele dieser Eigentümlich¬ 
keiten auf ein noch nie dagewesenes Maximum. Sowohl die mechanischen 
Gewalten und Anwendungsformen, die Zahl derselben, die Komplikationen 
mechanischer Art in Festungen und unterirdischen Bauten, Schiffen usw.: 
doch ergibt sich bei allen diesen Situationen ohne weiteres eine durch¬ 
greifende Parallele mit anderen mechanischen Katastrophen in Friedeus- 
zeiten: Bei den mechanisch katastrophal wirkenden Ereignissen treten auch 
im heutigen Krieg zwangsläufig gewaltige Nebenwirkungen auf, hauptsächlich 
die Explosionsgase. Es ist sehr zu befürchten, daß die enorme Bedeutung 
und die vielgestaltige Wirkung gerade bei Überanstrengten, psychisch stark 
Erregten, speziell in geschlossenen Räumen, stark unterschätzt werden und 
vielleicht unterschätzt bleiben, weil man zu wenig Zeit und Gelegenheit hat, 
diese Wirkung im Werden zu studieren. Es ist jedem Mediziner gewiß 
evident, daß die Summation einer großen Zahl körperschädigender Faktoren 
in ihrer Gesamtwirkung verhängnisvoller sind, weil wir im heutigen Krieg 
in den langen protrahierten Schlachten ganz ungeheure Daueranstrengungen 
vor uns haben. Schon die wenigen Fälle, die Z. als Folge des modernen 
Krieges zu sehen Gelegenheit hatte, beweisen, daß das Nervensystem und 
vor allem auch das Herz bei den besten Elementen des Heeres, die von 
größter Energie und großer Ausdauer waren, bis zum vollständigen „Ver¬ 
sagen überanstrengt werden. Sehr oft zeigt sich die Wirkung dieser Über¬ 
anstrengung erst im Anschluß an kleine Verwundungen, oft treten auch 
scheinbar inadäquat starke Reaktionen auf körperliche und psychische Er¬ 
schütterungen hin auf, Herzschwäche, Lähmungen usw. Bei Katastrophen 
spielen diese vorhergehenden schwächenden Faktoren im allgemeinen keine 
besondere Rolle. Die außergewöhnlichen Anstrengungen folgen meist erst 


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Trauma uud Nervenkrankheiten. 


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nach der Katastrophe. Die Katastrophe selbst trifft gewöhnlich keine so 
überanstrengten unter langer Spannung und ganz ungewohnten äußeren Ein¬ 
wirkungen stehenden Menschen. 

Die katastrophalen Ereignisse im Kriege sind iu den Einzelheiten Be¬ 
standteilen tou anderen katastrophalen Ereignissen sehr häufig durchaus 
ähnlich. Die Katastrophe hat eben nur die Eigentümlichkeit, daß häufig 
eine Reiho von Wirkungen sich iu kurzer Zeit zusamraendrängt, gewisser-. 
maßen eiu ununterbrochenes Ereignis ist. Dieses Zusammeudrängen von 
verschiedenartigen Ereignissen zu einer Katastrophe in bezug auf kleinere 
und größere Gruppen von Menschen ist nun allerdings auch im modernen 
Kriege viel häufiger geworden. Es ist also vollständig angebracht, die Er¬ 
fahrungen unter ähnlichen Bedingungen bei Katastrophen in Friedcuszeiteu 
möglichst sachgemäß in die heutige Kriegsmedizin zu übertragen, damit die 
vorliegenden Erfahrungen heute mit Mutzen verwertet werden köuucn. Das 
scheint besonders deshalb wichtig, weil gerade diejenigen Situationen, in 
welchen diese Erfahrungen verwertet werden sollten, schnelles Handeln 
fordern und längere Überlegungen vollständig ausschließtMi — auch als 
Mediziner ist man solchen Situationen gegenüber doch so stark psychisch 
engagiert, daß man nur dann sicher und der Situation adäquat handelt, 
wenn man auf Grund der Erfahrung bandeln kann. 

Diese Erfahrungen sind nicht nur für die Ärzte wichtig, sondern es 
scheint auch notwendig, daß diese medizinischen Kenntnisse einigermaßen 
in die Offizierskreise übergehen, da sehr häufig die Arzte eben nicht in der 
Linie sind, iu welcher die Ereignisse eintreten, und in welcher schnell sach¬ 
gemäß gehandelt werden sollte. 

Schickler (139) schildert auf Grund vieler ihm mündlich uud schriftlich 
gemachter Angaben die Symptome des Vorgefühls, die Erscheinungen während 
und die Nachempfindungen auf ein erfolgtes Erdbeben, die viele Gesunde 
und Kranke gehabt haben. Die Vorgefühle bestanden in ähnlichen körper¬ 
lichen Erscheinungen, die Rheumatiker resp. Gichtiker vor Witterungswechsel 
haben, die Erscheinungen während des Erbebcns waren z. B. Flammenmeere 
am besternten Himmel oder dergl. und die Nachempfindungen waren ner¬ 
vöse Erscheinungen, bedingt durch den überstandenen Schreck oder die Angst 
vor ueuem Erdbeden. • 

Donath (24) betont, daß trotz den ungeheuren Anforderungen, welche 
an die physischen und geistigen Kräfte jedes einzelnen Kriegsteilnehmers 
gestellt werden, das Nervensystem unserer Krieger sich als tragfähiger erwiesen 
hat, als von dem für nervös gehaltenen Zeitalter erwartet wurde. 

Was die funktionellen Erkrankungen des Nervensystems 
(Psychoneurosen) anlangt, so zeigt sich, daß die neuro-psychopathische 
Belastung eine überragende Rolle spielt. Verf. hebt jedoch nachdrücklich 
hervor, daß er ganz oft rein traumatische Hysterien beobachtet hat. Iu 
einzelneu Fällen von Psychoneurosen spielten Potus, Lues, in einem Falle 
konstitutionelle Erkrankungen in der Seitenlinie (Leukämie bei 3 Schwestern) 
eine prädisponierende Rolle. 

Auch Dämmerzustände kamen infolge eines durch Grauatexplosion 
bewirkten psychischen Schocks zur Beobachtung. Selbstverständlich können 
sich zu Gehirnerschütterungen, schweren Schußverletzungen auch die mannig¬ 
faltigsten hysterisch-neurotischen Erscheinungen gesellen. 

Verf. hat auch auf den psychischen Mechanismus der Gehirnerschütte¬ 
rungen geachtet, welche die Folge von Schrapnellschüssen sind, die den 
Schädel treffen, oder von Granatexplosioneu, durch deren Luftdruck die 
Getroffenen fortgeschleudert oder von der aufgewühlten Erde verschüttet 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


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werden. Die Verletzten geben an, daß sie, nur das Zischen und Sausen 
des Geschosses gehört oder bloß gefühlt haben, daß etwas auf sie fällt, uud 
dann nichts mehr gewußt haben. Die Geschwindigkeit des Geschosses und 
der dem Hirn mitgeteilten Erschütterungswelle ist also eine viel größere als 
die Einpfindungs- und Schmerzleitung, so daß hierbei absolut kein Schmerz 
empfunden wird, woraus Verf. folgert, daß auch der Tod, welcher auf diese 
. Weise erfolgt, ein schmerzloser sein muß. 

Was die bei der Zivilbevölkerung mitunter anzutreffende sog. „Kriegs¬ 
neurose' 1 anbetrifft, so handelt es sich um neurotische oder durch sonstige 
Nervenleideu in ihrer Widerstandsfähigkeit geschädigte Individueu meist der 
gebildeten Stände, welche von den Angstvorstellungen vor einer möglichen 
Invasiou und all ihren Folgen beherrscht werden und einer psychischen oder 
sonstigen ßehandlung wenig zugänglich sind. Es sind dies Angstzustände, 
„Angstneurosen“ mit den Erscheinungen der Unruhe, Erregung, Depression, 
weinerlichen Stimmung, Arbeitsunlust, Schlaflosigkeit usw., deren Besonder¬ 
heit nur durch den Anlaß und den Kriegsinhalt des Vorstelluugskreises 
gegeben ist. 

Betreffs der Schädel- und Hirnschüsse, welche ebenso wie die 
Verletzungen der Oberextremitäten in diesem Kriege infolge der Kämpfe 
in den Schützengräben so häufig sind, ist es bemerkenswert, welch lange 
Bahnen Schädeldurchschüsse oder -Steckschüsse beschreiben können, wobei 
nicht nur die Hirnrinde, sondern auch die Pyramidenbahnen, die Capsula 
interna oder der Okzipitallappen geschädigt sein mögen, und die Kranken 
später doch in einem somatisch und psychisch ganz leidlichen Zustande sich 
befinden und nur der betreffende Fuuktionsausfall zu beklagen ist. Was 
hier Lebensgefahr briugen kann, ist der nach Wochen und Monaten sich 
heimtückisch ausbildende Abszeß. Ein solcher Abszeß verrät sich anfangs 
nicht einmal durch Temperaturerhöhung. 

Während bei den Schädeldurchschüssen und -Steckschüssen meist eine 
konservativ-chirurgische Behandlung (Behebung von Kuochendepressionen, 
Egalisierung von Knochenecken und scharfen Rändern, Ausräumung von 
Blutgemisch und Gehirndetritus usw.) ausreicht, ist bei TangentialschUssen 
eine Bloßlegung durch Trepauation meist unerläßlich, weil bei fast unver¬ 
sehrter Knochenriude auägebreitete Zersplitterungen der Tabula vitrea, Zer¬ 
reißen der Dura mater und Eindringen der Knochensplitter in die Hira- 
substanz häufige Vorkommnisse sind. Günstig liegt die Sache, wenn bei 
der Trepanation die Tabula vitrea unversehrt gefunden wird. Aber selbst 
feine Metallsplitter, welche in großer Menge in das Gehirn eingedruDgen 
sind, wie es Verf. in einem Falle sah, können ohne besondere Erscheinungen 
ertragen werdeu, wenn die Wunde nicht sonst infiziert wurde. Jst aber die 
Wunde besonders durch Kleiderfetzen iufiziert, das Sekret übelriechend, dann 
kann oft auch durch frühe Trepanation das unter hohem septischen Fieber 
erfolgende rasche Ende nicht aufgehalten werden, wenn der Kranke vorher 
sich auch eines verhältnismäßigen Wohlbefindens erfreut hatte und bei voll¬ 
ständig klarem Bewußtseiu war. 

Daß nach Hirnverletzungen, besonders der Hirnrinde trotz nicht un¬ 
erheblichen Verlusten an Hirnsubstauz psychische und motorische Funktionen 
sich in weitgehender Weise wieder herstellen können, ist aus der Friedens¬ 
praxis bekannt; noch mehr gilt dies für die Kriegsverletzungen, wo es sich 
meist um junge und gesunde Gehirne handelt. 

Schwere Gehirnerschütterungen durch Schrapnellschüsse können 
auch vorübergehende Lähmungen aller Extremitäten hervorrufen, welche also 
nicht durch gröbere Läsionen bedingt sind. 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


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Betreffs der Verletzungen der Wirbelsäule und des Rücken¬ 
marks hebt Verf. hervor, daß Schußverletzungen der Wirbelsäule mit moto¬ 
rischer und sensibler Paraplegie der Beine, Blasen- und Mastdarmlähmung 
stattfiudeu können ohue gänzliche Durchtrennung oder Zertrümmerung des 
Rückenmarks. Es kann eine traumatische Blutung in dem Wirbelkaual 
oder unter die Rückenmarkshäute, oder eine Commotio medullae spinalis 
durch Erschütterung einer in der Nähe erfolgten Granatexplosion statt- 
gefuudeu haben, ohne daß deren Splitter direkt getroffen hätten. Kann ja 
doch der Getroffene durch den gewaltigen Luftdruck einer solchen Explo- 
t sion auf mehrere Meter weggeschleudert werden. Mit Rücksicht auf. die 
Möglichkeit spontaner Besserung, besonders wenu bei erhaltener Sensibilität 
der Kreuzbeingegend Dekubitus nicht droht, Zystitis sich nicht ausbildet, 
ist konservatives Verfahren angezeigt. Freilich kommt es mitnnter auch so 
zum tödlichen Ausgang. So sah Verfasser .einen Soldaten, bei dem infolge 
einer Granatexplosiou, die ihn weit weggeschleudert hatte, ohne daß er direkt 
getroffen worden wäre, sofort vollständige Paraplegie und Anästhesie der 
Beine mit Incoutinentia uriuae et alvi auftraten. Die ständige Blasenblutung 
wies darauf hin, daß auch eine intraspinale Blutung stattgefunden batte, in 
deren Folge es durch Hämatomyelie zur tödlichen Kompression des Rücken¬ 
marks gekommen war. Auch Rückenmarkslähmung von Brown-Sequard- 
schem Typus zeigen oft bei konservativer Behandlung eine weitgehende 
Besserung. Liegt eine offenkundige oder durch die Röntgenuntersuchung 
uachgewiesene Wirbelzertrümmeruug vor, daun ist die Laminektomie unver¬ 
meidlich, weil Knochenfragmente das Rückenmark drücken oder Knochen¬ 
splitter sich in die Häuto oder in die Rückenmarkssubstanz gespießt haben 
können. Mit der Operation warte man 1—2 Tage, bis sich der Kranke 
erholt hat, nicht aber über 8 Tage, besonders wenn Zystitis und Dekubitus 
drohen. 

Was die Verletzungen der peripheren Nerven anlangt, so hebt 
Verf. die nicht, selten damit einhergehende Neuritis hervor, die sich durch 
große, hartnäckige Schmerzhaftigkeit auszeichnet. In manchen Fällen ist 
eine höchst druckempßudliche Verdickung des Nerveustammes uachzuweisen, 
in anderen dagegen nicht. Ob es sich bei den letzteren um gleichzeitige 
Infektion oder um ejne partielle Läsion des gemischteu Nerven handelt, 
welche bloß die nebeneinander liegenden sensiblen Fasern trifft, oder hier 
der nicht ganz durchgerissene Nerv schmerzhafte Zerrungen erleidet, ist nicht 
entschieden. Daher können Herabsetzungen der Tast- und Schmerzempfin¬ 
dung, der faradischen und galvanischen Erregbarkeit sowohl im Nerven als 
im Muskel oder mittlere Entartungsreaktion vorhanden und die betreffenden 
Reflexe ausgefallen sein. Es scheint, daß diese traumatischen Neuritiden 
bei diesen Kriegsverletzungen auch relativ viel häufiger sind, als wir sie aus 
der Friedenszeit kennen. 

Bemerkenswert ist auch die nicht seltene Beobachtung, daß bei Heilung 
gelähmter peripherer Nerven noch herabgesetzte Tastempfindung bestehen 
kann neben auffallend gesteigerter Schmerzempfiudung, wie es der Vergleich 
mit der gesunden Seite in prägnanter Weise ergibt. Es besteht also eine 
Ungleichheit in der Regeneration der Empfiudungs- und der Schmerzfaseru. 
Bei Schmerzen, welche im späteren Verlaufe der Verletzung auftreten, kann 
es sich um Narbenstrangulation oder Kallusdruck, Reizung durch Knochen¬ 
splitter und dergl. handeln. Hier werden durch die Neurolyse die Schmerzen 
behoben. 

Für die praktisch höchst wichtige Frage, ob der verletzte Nerv gänz¬ 
lich durchtrennt ist, um in diesem Falle die Naht sofort auszuführen, kann 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


von der elektrodiagnostischen Untersuchung uur dann eine Entscheidung er¬ 
wartet werden, wenn sie schon in den ersten Tagen, jedenfalls innerhalb 
der ersten Woche nach der Verletzung erfolgt. Ein Erkennungszeichen für 
das Erhaltensein der Kontinuität ist die Druckschmerzhaftigkeit unterhalb 
der Verletzungsstelle, doch hat es die Unsicherheit eines subjektiven Sym¬ 
ptoms. Auch spontane Schmerzen im peripheren Nervengebiete können mit 
Vorsicht für die Kontinuität verwertet werden. 2 bis höchstens 3 Monate 
nach der Verletzung warte man nicht mit der Operation, wenn sich bis 
dahin keine Besserung gezeigt hat. 

. Höchst interessant sind die infolge der Easauz der Geschosse in diesem , 
Kriege nicht selten zu beobachtenden partiellen Läsionen der Nervenstämme, 
besonders des N. ischiadicus. Aber selbst innerhalb kleinerer Nerven konnte 
Verf. solche partielle Läsionen beobachten. 

Saenger (136) bespricht die Schädigungen des Nervensystems bei den 
Kriegsteilnehmern. Unter den peripherischen Nerven war der N. radialis 
am meisten betroffen, oft ist dabei nur ein Hautast befallen. Bei Medinnus- 
verletzungen findet man besonders häufig trophische und vasomotorische 
Störungen (Hautröte, Schwitzen, Blasen- und Geschwürsbildung). Tn einer 
Tabelle demonstriert Saenger sehr anschaulich die Verschiedenartigkeit der 
Sensibilitätsstörungen bei Läsionen des Plexus brachialis und des Plexus 
sacralis. Von Hirnnerven war am meisten der N. facialis verletzt. Saenger 
geht dann vielfach auf die Erfahrungen und Ansichten anderer Autoren, be¬ 
sonders von Oppenheim, ein, die er nur zum Teil bestätigen konnte. — Die 
Aufzählung der vielen Einzelheiten würde hier zu weit führen. — Der Vor¬ 
tragende führt dann eine Reihe von Fällen mit Kopfschüssen an und betont 
die überraschende Restitutionsfähigkeit, die die jugendlichen Gehirne nach 
schweren Verletzungen zeigten. Nach kurzer Besprechung von 12 Fälleu 
von Rückenmarksverletzungen kommt Verf. zum Schluß auf die Kriegs¬ 
psychosen und traumatische Kriegsneurose zu sprechen. Nach seiner Ansicht 
gibt es sowohl keine direkte Kriegspsychose noch auch eine traumatische 
Neurose. 

Karplus (86) berichtet über Erfahrungen bei Granatkontusioneu. Di«' 
schwersten Fälle unter ihnen mit Gehirn- und Rückeumarkserkraukungen be¬ 
trafen Mannschaften, die durch die Wucht des Luftdruckes zu Boden oder 
gegen einen Gegenstand geschleudert waren. Diese Fälle machen aber die 
Minderzahl aus. Bei der Mehrzahl findet inan keine schwereren organischen 
Störungen am Nervensystem. In manchen Fällen fand überhaupt keine körper¬ 
liche Verletzung statt, sondern die Granatexplosion spielte nur die Rolle eiues 
psychischen Traumas. Alle wurden nach der Erschütterung bewußtlos; 
diese Bewußtlosigkeit war von verschiedener Dauer, in einzelnen Fällen 
trat zur Bewußtlosigkeit noch Erbrechen hinzu. Alle diese Soldaten waren 
nachher erschöpft und erregt. Sie waren schlaflos, matt, ihre Reflexe waren 
gesteigert; indessen war das Krankheitsbild keineswegs so gleichförmig, daß 
man von einheitlichem Kontusionskrankheitsbilde sprechen könnte. Stärkere 
Depressionen zeigten nur einige Psychopathen. Außer vasomotorischen Sym¬ 
ptomen wurde das ganze Heer von Krankheitserscheinungen gefunden, das 
man gewöhnlich bei der sogenannten traumatischen Neurose findet, bald 
mehr von uenrasthenischer, bald mehr von hysterischer Färbung. Bei vielen 
Patienten handelte es sich um nervöse Belastung aus der Friedenszeit her. 

In einigen Fällen sah der Autor ungewöhnliche Komplikationen wie Morbus 
Basedowii, Diabetes, Inkoutinenz. In der überwiegenden Mehrzahl der 
Fälle war das Krankheitsbild durchaus von psychogenen Faktoren beherrscht. 
Daß der Krieg bei einem vorher ganz gesunden Menschen eine schwere 


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Irauma und Nervenkrankheiten. 


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Neurose, die auch zweckmäßiger Behandluug trotzte, hervorgerufen hätte, 
hat der Autor sowohl bei Granatexplosionen als anderen Verletzungen nicht 
gesehen. 

Brans (IG) gibt einen kursorischeu Überblick über seine Beobachtungen 
an Kriegs verletzten. Er kann im wesentlichen die Angaben Oppenheims 
bestätigen. Neue Formen von Psychosen und Neurosen hat er nicht gesehen. 
Bruns erwähnt einzelne bemerkenswerte Symptomenkomplexe durch Granat- 
kontusioneu oder Gebirnverletzungen. Einmal konnte er bei einem Geschoß, 
das im rechten Stirnlappen steckte, auch bei der genauesten Untersuchung 
kein Hirnsymptom finden. Die größte Zahl der Verletzungen betrafen die 
peripherischen Nerven. Auch Bruns hat Fälle gesehen, bei denen Be¬ 
wegungsstörungen, z. B. im Radialis- und Ischiadikusgebiete nur durch die 
Schmerzen bedingt zu sein schienen. Heftige Schmerzen sprechen für 
partielle Läsiou oder für echte infektiöse Neuritis. Heftig sind die Schmerzen 
meist, wenn gleichzeitig Aneurysmen vorhanden sind. Heftige Schmerzen 
besonders bei Medianus- und Ischiadikusverletzungcn, trophische Störungen 
besonders bei Medianusschädigungen. Manchmal bestanden Schmerzen und 
Anästhesie als Überreste einer Lähmung. Fand sich solches im Tibialis- 
gebiet, so fehlte immer der Achillesreflex, manchmal mit leichter Abmagerung 
der Wade. Bruns rät, bald zu operieren. 

Gnmpertz (69) berichtet kurz über 15 Fälle von Nervenstörungen 
nach Granatcxplosionen, nach Erfrierung bzw. Durchnässung und uacli 
Unfällen. Er kommt hinsichtlich des Einflusses der ätiologischen Faktoren 
auf das Krankheitsbild zu folgenden Schlüssen: 1. Granatexplosionen er¬ 
zeugen feinere oder größere Erschütterungen im Zentralnervensystem, bei 
größerer Nähe auch Blutungen, die weitgehende Rückenmarksstörungen herbei¬ 
zuführen geeignet sind. 2. Häufiger kommt es zu Neurosen und Psychosen, 
die an traumatische Hysterie erinnern. 3. Zugleich auftretende Basedow¬ 
symptome lassen an Auomalien der inneren Sekretion denken. 4. Durch- 
aässungeu und Erfrierungen greifen in der Peripherie an und führen zunächst 
zu einer Mouo- oder Polyneuritis, an welche sich Symptome allgemeiner 
Neurose (Myoklonie, Hysterie) anschließen können. Der zeitliche und ört¬ 
liche Zusammenhang muß ermittelt werden. 5. Kriegstraumen (von Ver¬ 
letzungen durch Schuß und scharfe Waffen abgesehen) sind schon durch 
das Zusammenwirken von Schreck, Strapazen, Entbehrungen geeignet, bei 
empfindlichen Personen zu allgemeinen Neurosen zu führen, deren Symptome 
sich von den im Frieden beobachteten nicht unterscheiden. 6. Mit Simu¬ 
lation von Neurosen und Psychosen braucht nicht gerechnet zu werden. 
Simulation des Kausalnexus kann Vorkommen, indem Symptome, die schon 
vor dem Fehlzuge bestanden, nun auf Kriegsschädigungen bezogen werden. 

Weber (166) beschreibt die einzelnen Momente, welche bei den Granat¬ 
explosionen auf den menschlichen Körper wirksam sind, und gibt an mehreren 
Beispielen ein Bild der das Nervensystem kennzeichnenden Störungen. Dabei 
kommt er im Verlaufe seiner Darlegungen auch auf den Streit um die 
traumatische Neurose zu sprechen. Man müßte, sagt er, unter den nervösen 
Erkrankungen, die sich nach einem Unfall entwickeln, den Unfallneurosen, 
zwei Gruppen unterscheiden: die traumatische Neurose Oppeuheiins, bei 
der mechanischer Insult und psychischer Schock des Unfalls selbst den 
charakteristischen Symptomenkomplex auslösen, und die Rentenkampfneurose, 
bei der Begehrungsvorstellungeu, Untersuchungen, Prozesse die psychischen 
Momente darstellen, welche die Neurose auslösen und ihr eiue eigenartige 
Färbung geben. Wenn jetzt die Kriegsneurose mehr Fälle der ursprüng¬ 
lichen Oppenheimschen Aufstellung zeigt, so muß das auch eiue Mahnung 


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494 Trauma und Nervenkraukheiten. 

seiu, einschlägigen Fällen der Friedenspraxis den von ihrem ersten Autor 
verliehenen Namen zu gewähren. 

ln der Arbeit von Schmidt (143) haudelt es sich um die psychischen 
und nervösen Schockwirkungen der Granat- und Mineuexplosionen. Das 
minderschwere Erlebuis stellt die Granatexplosion dar; dabei ist die Schwere 
der Wirkung dem Granatkaliber direkt proportional. Das Maximum der 
Wirkung wird bei der Minenexplosion erreicht, wobei zweifellos die oft tage¬ 
lang vorausgehende Spannung eine wesentliche Rolle spielt. Dieser quanti¬ 
tativen Verschiedenheit des ätiologischen Faktors entspricht auch im großeu 
und ganzen die Reaktionsweise des Eiuzeiindividuums. Während die Granat¬ 
explosion mehr mit hysterischen körperlichen Symptomen mannigfachster Art 
beantwortet wird, bleibt der Minenexplosion die seelische Störung als eigent¬ 
liche Domäne Vorbehalten. Es gibt natürlich auch Übergänge zwischen diesen 
Zuständen. Der Autor schildert zunächst 4 Fälle mit psychischen Störungen 
nach Minenverschüttungen. Diese 4 Fälle zeigen viele gemeinsame Züge. 
Bei allen Kranken sind keine Verletzungen, vor allem keine Erscheinungen 
einer flirnbeschädigung klinisch nachweisbar; sowohl Hirndruck- wie Hcrd- 
erscheinungeu fehlen. Im Vordergrund des Krankheitsbildes steht die Merk¬ 
fähigkeitsstörung, die in allen Fällen zu einer länger oder kürzer dauernden 
Desorientiertheit führt. Daneben findet sich eine schwere Störung in der 
Reproduktion früher erworbener Gedächtnisspuren. Selbst die einschnei¬ 
dendsten Daten des früheren Lebens sind der Wiedergabe nicht mehr zugäng¬ 
lich. Die amnestische Lücke für die Zeit des Schockerlebnisses und die 
darauffolgende Zeit war in alleu Fällen gleichmäßig lochartig aus dem 
Bewußtsein ausgemerzt. Eine retrograde Amnesie war nicht vorhanden. 
Die Besserung war in allen Fällen eine auffallend rasche, wenn auch eine 
Restitutio ad integrum fehlte. Die nervösen Störungen nach Granat¬ 
explosionen konnte Schmidt an 50 Fällen beobachten. Er teilt die Fälle 
so ein, daß er zunächst eine kleine Minderzahl von Fällen mit psychischen 
Störungen und dann die weitaus größere Mehrzahl mit körperlich hysterischen 
Symptomen behandelt. Auch hier ist eine scharfe Trennung nicht möglich. 
Während die zweite .Kategorie durch Schlafstörungen, leichte Depressionen. 
Amuesie für die Zeit des Schockerlebnisses usw. bewies, daß auch hier 
seelische Störungen Vorlagen, zeigten die vorwiegend psychischen Fälle durch 
Tremor, Abasien und Sprachstörungen, ebenso ihre Tendenz nach der körper¬ 
lichen Sphäre. Die Kriegserfahrungen haben nach Ansicht des Autors 
einen endgültigen Entscheid in Sachen der traumatischen Neurose nicht 
gebracht. 

Ähnlicher Art sind die Fälle, die Mann (98) beschreibt. 

v. Sarbö (137) schildert 2 klinisch gut umschriebene Bilder von 
Explosionsnervenerschütterung. Das eine Zustandsbild wird folgendermaßen 
beschrieben: Infolge einer Geschoßexplosion stürzt der Betroffene bewußtlos 
zusammen. Beim Erwachen-bemerkt er, daß er schlecht oder gar nicht hört, 
er hat Ohrensausen, empfindet Schwindel; in einzelnen Fällen gesellt sieb 
zu diesen Ausfalls- und Erregungserscheinungen des Akustikus das Sym- 
ptomenbild der Vaguslähmung — unregelmäßige, bebende, aussetzende Herz¬ 
aktion, doppelseitige Rekurrenzlähmung und entsprechende Aphonie. Der 
andere häufigere Symptomenkoinplex wird folgendermaßen charakterisiert: 
Unter dem heftigen Luftdruck der Geschoßexplosion stürzt der Mann bewußt¬ 
los zusammen. Beim Erwachen besinnt er sich nur derjenigen Handlungen, 
die er vor dem Eintritt der Explosion vorgenommen hatte, seine Sprache 
ist verändert, es fehlen ihm Worte, er kann nur langsam und mühsam 
sprechen, er ist halbseitig gelähmt, er zeigt Zuckungen an der Körper- 

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Trauma und Nervenkrankheiten. 


495 


inuskulatur, sein Schlaf ist gestört, er fährt schreckhaft aus traumhaftem 
Schlaf; er klagt viel über Kopfschmerzen, Kopfsausen und Schwindel. Die 
Untersuchung ergibt rigide Lähmung der Extremitäten ohne Babinskisches 
Zeichen, mäßigen Nystagmus, seusible Lähmung kortikaler Natur. Das 
ganze Symptomenbild entspricht dem einer kortikalen Lähmung und wird oft 
noch erhärtet durch die Kopfempfindlichkeit des der Lähmung entgegen¬ 
gesetzten Scheitelbeins. Der Autor betrachtet dieses Bild als organisch be¬ 
dingt und nicht als hysterisches, für welches es oft angeseheu wird. Der 
Autor denkt sich, daß in gewissen Fällen von Kommotionen des Nerven¬ 
systems, welcho durch erhöhten Luftdruck bei Explosionen hervorgerufen 
werden, die die molekulären Veränderungen übertreffendeu und die schweren 
organischen Veränderungen nicht erreichenden Läsionen eutsteheu können. 
Diese Läsioneu beeinträchtigen die zytologische Struktur, den Zustand von 
Ganglienzelle und Faser derart, daß es zu Ausfallserscheinungen kommt, 
aber die Läsion führt uicht zur Degeneration von Nervensubstanz, und daher 
kommt es zur äußeren Form einer organischen Lähmung, ohne daß die be¬ 
kannten begleitenden Symptome anzutreffen sind. Diese Läsion der Nerven¬ 
substanz, welche zwischen der sog. molekularen und organischen Platz hat, 
und welche wahrscheinlich in Kontusionen des Nervengewebes sowie in aller¬ 
kleinsten Blutungen bestehen, nenut der Autor mikroorganische Ver¬ 
änderungen. Dieses Krankheitsbild hat mit dem hysterischen nichts 
gemein. Die Prognose der Fälle ist gut. 

Karplus (85) berichtet über seine Erfahrungen der nervöseu Störungen, 
die nach Granatexplosionen erfolgen. Im wesentlichen stimmen sie mit den 
von anderen Autoren gemachten überein. Er sieht in der körperlichen Er¬ 
schütterung, die durch das schwere Hinfallen des durch den Luftdruck der 
Granate Fortgeschleuderten entstehen, einen sehr wichtigen Faktor für die 
Erklärung vieler spinaler und zerebraler Symptome. Die Prognose der rein 
durch das psychogene Trauma entstandenen Krankheitserscheinungen sei bei 
nicht nervös Disponierten eine duraus gute. 

Bei einem bis dahin völlig gesunden Menschen — Beobachtung von 
Kleeblatt (87) — tritt nach einer schweren Schädelverletzung eine starke 
Polyurie und Polydipsie ein, die als Ausdruck eines echten zentralen Diabetes 
iusipidus aufgefaßt werden. Die osmotische Gesamtleistungsfähigkeit der 
Nieren dieses Patienten ist hochgradig herabgesetzt, auch im Durstversuch 
und bei starker Kochsalzbelastung ist eine Erhöhung des spezifischen Ge¬ 
wichts nicht zu erreichen, jedoch ist die Fähigkeit, Kochsalz und Phosphate 
in höherer Konzentration auszuscheiden, in gewissem Umfange erhalten. 
Nach Anwendung von Hypophysenpräparaten läßt sich auch die Gesamt- 
kouzentrationskraft vorübergehend erhöhen. Dagegen findet keine Ein¬ 
wirkung auf das Allgemeinbefinden statt. Die Blutkonzentration des Patienten 
ergibt für Hämoglobin und Erythozythenzahlen normale Werte, für die Serum¬ 
eiweißrefraktion Werte an der oberen Grenze des Normalen. Bei der Koch¬ 
salzzufuhr tritt eine vorübergehende Blutverdünnung ein, während bei negativer 
Kochsalzbilanz eine Eindickung stattfindet. Das Körpergewicht steigt bei 
Kochsalzzulage an. Das zugeführte Kochsalz wird in 48 Stunden voll¬ 
ständig ausgeschieden. Im Durstversuch übersteigt die Flüssigkeitszufuhr 
erheblich die Einfuhr. Dabei tritt eine starke Bluteindickung ein. 

Nach Schilling (140) handelt es sich in bezug auf die Ursachen der 
Telephonunfälle um vier Möglichkeiten. Erstens können durch Kurbelstrom 
im Fernhörer heftige knackende Geräusche entstehen, die durch die Schall¬ 
wirkung und durch den Schreck krankhafte Störungen hervorrufen können. 
Diese Unfälle wären nicht sehr häufig. Zweitens besteht die Möglichkeit, 


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49 o 


Trauma und Nervenkrankheiten. 


daß gelegentlich dieses Induktionsstromes und gleichzeitigen Anlassens 
blanker Teile ein zwar verhältnismäßig schwacher, aber doch die physiolo¬ 
gische Toleranz weit übersteigender Strom in den Körper des Telephonie¬ 
renden übergeht Drittens aber kann der Kurbelstrom einen induzierten 
Strom in dem Körper hervorrufen, und seine Wirkung wird es seiü, die 
die Schwere und Eigenart der meisten Unfälle bedingt. Viertens kann 
Starkstrom in die Leitung eiudringen, der zwar durch die Sicherungen ab¬ 
geschwächt wird, aber längst nicht in dem Maße, wie es erforderlich wäre, 
um Schädigungen zu verhüteu. Dieser Starkstrom kanu technisch fließender 
Strom sein oder aber eine atmosphärische statische Entladung; das erstere 
wird verhältnismäßig selten sein, das letztere dagegen häufig. Die Wirkung 
dieses Starkstroms kann nun eine dreifache sein. Er kanu lediglich die 
Leitung durchlaufen und bewirkt dann einen allerdings sehr heftigen und 
wohl immer schädigenden Knall und erzeugt einen induzierten Strom im 
Körper des Telephonierenden. Zweitens kann der Telephonierende durch 
gleichzeitige Berührung blanker Teile den Strom oder den Funken unmittelbar 
in seinen Körper überleiten. Drittens kann, wie Kurella annimmt, bei 
atmosphärischen Entladungen in eine Telephonleituug von dem Hörer aus 
eine Kondensatorentladung in den Körper des Telephonierenden hinein er¬ 
folgen. Die nach Telephonunfällen entstehenden Krankheiten setzen sich 
zusammen aus einer allgemeinen nervösen Störung uuter dem Bilde der 
Neurasthenie, Hysterie und Hypochondrie und zum Teil lokalisierten offen¬ 
bar neuritischen Prozessen. Die Proguose dieser Erkrankungen ist verhält¬ 
nismäßig ungünstig. 


Schädel* und Gehlrnaffektionen nach Trauma. 

Anton (3) teilt neun Fälle von Kopfverletzungen mit, welche erweisen, 
daß auch schwere Verletzungen des Gehirns durch Geschosse das seelische 
Vermögen und die gesamte Persönlichkeit weniger in Mitleidenschaft ziehen, 
als dies scheinbar unblutige Kopferschütterungen bewirken. Die glatt durch¬ 
schlagenden Geschosse scheinen weniger Komplikationen zu bewirken. Es 
scheint, daß dabei dio Symptome der allgemeinen Hirnpressung und deren 
Folgezustände weuiger in Erscheinung treten können. Die Tangcntialschüsse, 
welche mit Knochenversplitterungen einhergehen, sind wohl für das Gesamt¬ 
befinden ungünstiger. Es muß im Köntgenbilde danach gefahndet werden, 
ob der Tangentialschuß mit oder ohne Splitterung einherging. Die große 
Geschwindigkeit der durchschlagenden Geschosse scheint in einzelueu Fällen 
eine raschere Heilung zu ermöglichen, wohingegen jene Schüsse, welche mit 
allgemeinen Erschütterungen einhergehen, auch noch von Spätfolgen heim¬ 
gesucht werden. Anton glaubt auch die große Beihilfe und Klärung durch 
Röntgenbilder verschiedener Ebenen, insbesondere die Schädelprofilebenen 
und Schädelfrontalebenen, auf Grund der bisherigen Erfahrungen als besonders 
wertvoll bezeichnen zu können. Für den allgemeinen psychischen Zustand, 
für dessen spätere Gestaltung ist das Moment der allgemeinen Erschütterung 
von größerer Wichtigkeit als lokale Gewebsdurchtrennungen ohne erhebliche 
Erschütterungen. 

Poppelreuter (124) fand bei seinen Hirn verletzten in allen Fällen, 
die eine Verletzung im Sprachgebiete aufwiesen, die Rechenfähigkeit beein¬ 
trächtigt, auch dann, wenn eigentliche aphasische Störungen vermißt wurden. 
Ferner machte er die Erfahrung, daß bei allen Verletzungen, auch der 
rechten Hemisphäre, Störungen des Gedächtnisses, und zwar überwiegend 
Störungen der Merkfähigkeit vorhanden waren. Lokalisierte Hirnverletzungen 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


497 


machten nicht nur spezifische Ausfallserscheinungen, sondern schädigten die 
ganze Persönlichkeit. Zuerst tritt bei all den Hirnverletzten eine schnelle 
erstaunliche Besserung ein, dann aber ist der Fortschritt ein viel geringerer. 

Higier (64): I. 45 Jahre alt. Von einer Dreschmaschine am Schädel 
getroffen, erleidet Patient eine Hemiplegie mit Dysphasie. Nach 10 Tagen 
nachgebliebene komplette Monoplegie der linken oberen Extremität mit 
Astereognosie und Tastlähmung daselbst bei wenig beschädigter Sensibilität. 
Bei der Trepanation große Kuochensplitter an der frontoparietalen Sutur, in 
der Eutfernung von 4 cm von der Sagittalnaht ein subduraler Abszeß. Der 
Zustand besserte sich allmählich, es blieb jedoch eine ausgesprochene Parese 
der Interossei zurück, speziell des 3. und 4. und Hypästhesie der letzten 
2 Finger nach segmentalem Typus. Bei Innervation der paralytischen Hand 
werden unangenehme Sensationen an der operierten Hirnstelle empfunden. 

II. 27 Jahre ult. Hufschlag am Kopf. Totaler Bewußtseinsverlust, 
Bradykardie, obere Monoplegie, posttraumatische Amnesie des stattgefundenen 
Unfalls. Bei Lumbalpunktion Blut im Liquor. Bei Trepanation wird fest¬ 
gestellt unweit vom hinteren Scheitelbeinhöcker in der Gegend der Gyri 
postcentralis und supramarginalis gesprengte Lamina vitrea. Parese der 
letzten 2 Interossei, Abschwächung des Muskelsinns in den 2 letzten Fingern 
als Nachbleibsel der früher bestandenen intensiven Läsion sämtlicher 
Sensibilitätsqualitäten von segmentalradikulärem Typus. Pat erkennt keinen 
Gegenstand, trotzdem er an demselben ohne weiteres Temperatur, Form 
und Konsistenz beschreibt Verf. bespricht eingehend die Stellung Foersters 
und Bouhöffers zum Prädilektionstypus und dem elektiven Lähmungstypus 
bei Rindenherden, wobei er gleichzeitig das Verhalten der Sensibilitätsvarie- 
täten nach Muskens und Valkenburg berücksichtigt, speziell den wenig 
gekannten kortikalen und kapsulären Segmentaltypus. ( Selbstbericht .) 

Roemheld (131) berichtet über zwei Fälle von homolateraler Hemi¬ 
plegie nach Kopfverletzungen. Fall 1: Längsverlaufende Schußwunde auf 
der linken Schädelhälfte, etwa entsprechend der linken motorischen und sen¬ 
siblen Rindenzone, Fissüren des Knochens, anfangs Bewußtlosigkeit. Nach 
Heilung der Wunde entwickelt sich in wenigen Tagen auf der linken Seite 
eine motorische und sensible Lähmung, während die rechte völlig frei bleibt. 
Für organische Lähmung sprechen leichte Ataxie links, konstantes Fehlen 
des oberen Bauchreflexes links, Steigerung der Sehnenreflexe links, Bathyan- 
ästhesie und Astereognosie. R. nimmt als Ursache eine sekundär entstan¬ 
dene epidurale Blutung auf der rechten Seite an. Fall 2: Ältere Dame, 
Arteriosklerose, Schwindelgefühl, Fall auf die rechte Körperseite mit Auf¬ 
schlagen des Kopfes rechts: Rechtsseitige Lähmung. Es wird die Diagnose 
auf Durahämatom links gestellt und eine Operation empfohlen. Vor Aus¬ 
führung der Operation Exitus. Die Sektion ergibt einen rechtsseitigen 
subduralen Bluterguß. Sonst auf Serienquerschnitten durch das Gehirn 
nichts Pathologisches gefunden. 

Wiener (178) demonstriert einen 16jährigen Jungen mit linksseitiger, 
spastischer Hemiplegie, Kontrakturen, gesteigerten Reflexen und Wachstums¬ 
störungen. Es handelt sich um eine traumatische Störung, da der Junge 
im Alter von 9 Monaten die Treppe herabfiel, wobei es zu einer Fraktur 
des rechten Parietalbeins gekommen ist. Seit dem 14. Lebensjahr Anfälle, 
die entweder im linken Beine oder linken Arme mit Parästhesien beginnend, 
auf die andere gleichseitige Extremität übergreifen, worauf klonische Zuckungen 
sich einstellen. Es besteht eine handtellergroße Lücke in dem rechten 
Parietalbeine, und innerhalb der Lücke sind die Pulsationen des Gehirns 
tastbar und sichtbar. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1#15. 32 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


Bei einem 50jähr. Arteriosklerotiker — Beobachtung von Kaefi (83) — 
traten nach Fall vom Trittbrett eines sich in Bewegung setzenden Zuges 
Lähmung der Zunge mit Sprach- und Schluckstörung, Lippenparese und 
Schwäche beider Arme ein. Der Autor vermutet, daß bei der durch Unfall 
erfolgten Erschütterung ein kleines Gefäß an der Basis cerebri in der Nähe 
der Hypoglossuswurzeln geplatzt sei. 

In der Mitteilung von Paal (119) handelt es sich darum, daß der 
eine Obduzent eine Pachymeningitis für die Folge eines Unfalls ansah, 
während der Obergutachter sie als zeitlich weiter zurückliegend betrachtete. 

Thiem (157) setzt in einem Gutachten auseinander, daß bei einem 
Unfallverletzten durch die Quetschung des linken Hodens und Nebenhodens 
es zu einem Aufflackern eines alten tuberkulösen Herdes am linken Neben¬ 
hoden gekommen ist, und daß von diesem Herde aus massenhaft Tuberkel¬ 
bazillen in das Blut gelangt sind, wodurch eine tödlich verlaufene Hirn¬ 
entzündung verursacht wurde. 

Strassmann's (153) Mitteilung betrifft einen Mann, der vom Fahrrade 
gestürzt war und sich dadurch eine Hirnerschütterung und einen Schädelbruch 
zugezogen hatte, der aber vom Arzte einer Unfallstation als einfach Be¬ 
trunkener ausgegeben war. Wenn auch die Diagnose des Arztes eine irr¬ 
tümliche war, so ist nach Ansicht Strassmanns dadurch der Tod des 
Verletzten nicht verschuldet worden, da diese Verletzung bei ihrer schweren 
Natur auch so zum Tode geführt hätte, wenn der betreffende Patient statt 
zuerst ins Polizeigewahrsam, dann in seine Wohnung und darauf ins Kranken¬ 
haus, sogleich in letzteres gekommen wäre. 

Patient von Bergl (10) wurde durch den Gasdruck einer in der Nähe 
explodierenden Granate ca. 16 Schritt fortgeschleudert, wo er bewußtlos 
liegen blieb. Danach Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Erbrechen; im 
Spital somnolent, apathisch; am Schädel oder Körper keine Verletzungen: 
Reaktion der Pupillen auf Licht fehlend, auf Konvergenz und Akkommodation 
vorhanden; sonst nur allgemeine Steigerung der Reflexerregbarkeit. Die 
Lichtreaktion kehrte nach Verlauf von 3—4 Wochen nach dem Unfall 
wieder. Von Lues war keine Spur nachweisbar. 

In einem von Geipel (49) ausgestellten Gutachten handelt es sich um 
einen durch Unfall erzeugten Scbädelbruch und Gehirnerschütterung, die 
sich im Laufe der Zeit besserte, aber deren Folgen nicht ganz verschwanden. 
Zehn Jahre nach dem Unfall trat nach Schlaganfällen bedingt durch Throm¬ 
bose arteriosklerotisch veränderter Gefäße der Exitus ein. Der Autor 
bejaht den Zusammenhang zwischen Tod und dem zehn Jahre vorher er¬ 
littenen Unfall. 

Friedländer (41) macht ergänzende Mitteilungen über einen Fall, den 
K. Löwenstein in Nr. 17 des Neurolog. Zentralbl. beschrieben hat. F. 
war durch die drei Kardinalsymptome, die Patient darbot — hochgradige 
statische Ataxie mit Tendenz, nach rechts zu fallen, heftiger Drehschwindel mit 
Erbrechen und spontaner Nystagmus nach rechts —, zu der Diagnose trau¬ 
matische Blutung in das Kleinhirn mit Beteiligung des Wurmes gelangt und 
hatte im Hinblick auf die zwangsmäßige Neigung nach rechts, die den GaDg 
des Patienten fast zu einer Manegebewegung gestaltete, noch spezieller eine 
Läsion des Crus cerebelli ad pontem angenommen. F. führt nun weiter aus, 
daß aus dem Verhalten, welches Patient w'ährond einer viermonatigen 
Beobachtungszeit dargeboten hat, absolut nicht zu schließen ist, daß das 
Krankheitshild aus organischen und funktionellen Symptomen gemischt sein 
soll, wie Löwenstein annimmt. 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


499 


Wirbel- and ROckenmarksverletzungen nach Unfall. 

Higier (65): 1. Schiefer Querschuß vom 4. zum 7. Halswirbel mit 
anfänglicher Tetraplegie, die später in eine obere Monoplegie überging mit 
umfangreicher hyperästhetischer Zone und perverser Empfindung, wobei 
Stiche als Kälte empfunden wurden. 

2. Schiefer Querscbuß zwischen Zitzenfortsatz und gegenüberliegendem 
4. Halswirbel. Obere Monoplegie mit gekreuzter Rekurrenslähmung und 
Haruretention. 

3. Schiefer Querschuß zwischen 5. Halswirbel und kontralateralem 
Processus mastoideus. Motorisch-sensible Lähmung beider oberen Extremitäten. 
Begleitende schwere Hemianästhesie hysterischer Natur ohne Affektion der 
Sinnesorgane. 

4. Kleinkalibriger Spitzschuß mit Eingangsöffnung am Unterkiefer¬ 
winkel und Ausgang am gegenüberliegenden 5. Halswirbel. Spastisch¬ 
atrophische Hemiparese mit gekreuzter Thermoanalgesie und perverser 
Kälteempfindung der ganzen Körperhälfte mit Einschluß des Gesichts. Auf¬ 
fallend war Lähmung des Phrenikus, Vagoakzessorius und Glossopharyngeus, 
Doppeltseheu mit horizontalem Nystagmus und klassischen Non ne sehen Sym- 
ptomenkomplex. Die Diagnose lautete: Zentrale Hämatomyelie auf der Höhe 
des 4.—5. Zervikalsegments mit aufsteigender einseitiger Röhrenhlutung zur 
Oblongata hinauf. Diese Röhrenblutung täuschte sehr präzis das Bild der 
Thrombosis art. cerehelli post, infer. vor. 

In sämtlichen 4 Fällen lagen Frakturen oder Infraktionen der Hals¬ 
wirbel vor mit Druck auf das Rückenmark und gleichseitigen extramedullären 
resp. intramedullären Blutungen. Die Prognose dieser Fälle ist im allgemeinen 
auch bei konservativer Behandlnng günstig. ( Selbstbericht .) 

Vgl. hier die Kapitel: Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks 
und Chirurgische Behandlung der Nervenkrankheiten. 


Gebörscbädlgangen nach Unfall. 

Zu den nervösen Schädigungen des Gehörapparates im Kriege gehören 
nach Zange (185) 1. die Schallschädigung, die durch den Gefechtslärm zu¬ 
stande kommt. Die Zahl dieser Fälle ist nicht groß; 2. gehören hierher die 
Schädigungen nach Granatkontusionen oder großen Explosionen. Diese 
letzteren lassen sich einteilen in solche mit lediglicher Hörstörung und in¬ 
taktem Vestibularapparat und in solche, bei denen neben der Schädigung 
der Schnecke eine weitere Schädigung auch des Vorhofbogengangsapparates 
besteht. Letztere Gruppe bildet die Mehrzahl, es handelt sich hierbei 
wesentlich um eine Commotio labyrintbi; 3. erörtert der Autor die direkten 
Verletzungen und Erschütterungen des inneren Ohres. Häufiger als diese 
Verletzungen konnte der Autor die Schädigungen des Ohrapparates bei Er¬ 
schütterungen des Schädels nach Sturz, Schlag oder Prellschuß beobachten. 
Letztere werden im folgenden etwas eingehender beschrieben. 

Weil (168) beobachtete unter den kriegsgeschädigteu Ohrenkranken 
viele, deren Leiden psychogener Natur waren. Außerdem kamen viele mit 
Labyrintherschütterung zur Beobachtung. Bei der labyrinthären Kommotio 
war der akustische Apparat häufiger und stärker als der Vestibularapparat 
geschädigt. 

Das akustische Trauma des Labyrinths wird nach experimentellen 
Untersuchungen von Siebenmann (149) in der Regel nicht durch Knochen¬ 
leitung, sondern auf dem Luftwege vermittelt. Es entsteht infolge molekularer 
Schwingungen der Flüssigkeitssäule der Skalen und äußert sich zunächt in 

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500 Trauma und Nervenkrankheiten. 

mechanischer Reizung und Zerstörung des Cortischen Organs und sekun¬ 
dären Veränderungen im Hörnerv. Stamm und Extremitäten des Menschen 
sind so schlechte Schallleiter, daß die Übertragung des Schalls auf diesem 
Wege zum Kopf resp. zum Ohr keine Rolle spielt. Zudem ist es überhaupt 
experimentell erwiesen, daß bei intaktem Mittelohr die Luftleitung der 
Knochenleitung überlegen ist. Infolge dieser Verhältnisse, welche im histo¬ 
logischen Nachweis durch das Tierexperiment ihre Bestätigung gefundeu 
haben, ist die Isolierung der Extremitäten des Arbeiters durch Filzsohlen 
und Gummihandschuhe u. a. als Schutz gegen professionellen Lärm wirkungslos, 
während eine das Mittelohr nach außen isolierende luftfreie, dichtschließende 
Einlage in den Gehörgang einen guten Schutz gewährt. 

Krebs (93) gibt eine kurze Übersicht über die Obrbeschädiguugen im 
Felde. Er teilt sie ein iu 1. selbständige Ohrenkrankheiten (Otitis externa 
circumscripta oder Furunkulose des Ohres und Otitis media). 2. Ver¬ 
letzungen des Ohres, und zwar a) direkte (Verletzungen der Ohrmuscheln, 
des äußeren Gehörgangs, des Mittelohres mit schweren Beschädigungen des 
Fazialis und Akustikus), b) indirekte (durch Schädelbrüche, Basisfraktureu, 
durch Luftdruck). 3. Akustische Schädigungen ohne Verletzung. Letztere 
scheinen häufiger zu sein als die durch Verletzungen bedingten. 

Hoffmann (67) berichtet über 50 Fälle von Detonationsverletzungeu 
des Gehörorganes. Er konnte in allen Fällen Sensibilitätsstörungen am 
äußeren Ohr nachweisen. Die Störungen der Berührungsemptindlichkeit 
liefen im allgemeinen dem Grade der Störung der Kochlearisfunktion parallel, 
iu den schwersten Fällen bestand völlige Analgesie. Die SensibilitätsstöruDgen 
erstreckten sich auf das ganze äußere Ohr, zuweilen noch auf einen finger¬ 
breiten Bezirk um das Ohr herum, in einzelnen Fällen auch auf die behaarte 
Schläfe, mitunter sogar auf Stirnhaut und Wange. Hysterisch war dieser 
Zustand nach Ansicht des Autors nicht, suggestiv ließ er sich nicht beein- 
fiussen. 

Meyer zum Gottesberge (105) berichtet über Kriegsschädigungen, 
welche das Ohr durch starke Schalleinwirkungen infolge von ,Luftdruck- 
verdichtung erleidet. Von 106 Fällen, die er bis jetzt genauer beobachten 
konnte, handelt es sich bei 70 um eine Verletzung des Trommelfells und 
Labyrinths, bei 25 war nur das innere Ohr, in 10 Fällen war nur das 
Trommelfell verletzt. Die überaus größte Anzahl der Verletzungen entsteht 
durch die Wirkung der Granaten (91 Beobachtungen), bei 10 Fällen waren 
Schrapnell- oder Gewehrschüsse, bei 4 Fällen Handgranaten die Ursache. 

Auch Schlesinger (141) spricht zu demselben Thema in ungefähr 
gleichem Sinne. 

Goldmann (56) machte auf eigene und von anderen Autoren gemachte 
Beobachtungen aufmerksam, daß Kopfschüsse auch dann typische Störungen 
von seiten des Gehörorganes zeigen, wenn die Verletzung fern vom Ohre 
erfolgt ist, selbst auch dann, wenn es sich um scheinbar unbedeutende Streif¬ 
schüsse des Schädels handelt. Bei diesen Verletzungen beobachtet man Verlust 
des Bewußtseins für kürzere oder längere Zeit, nachher Kopfschmerzen, 
Schwindel, Ohrensausen, Herabsetzung des Gehörs auf der verletzten, aber auch 
oft nichtverletzten Seite; bisweilen werden auch Störungen des Gesichts- und 
Geruchsinns angegeben. Objektiv entsprechen diesen Angaben die Sym¬ 
ptome reiner Läsion des inneren Ohres. 

Friedländer (42) bespricht an der Hand der bisherigen Literatur die 
Schädigungen des Gehörorgans durch Schußwirkung und fügt dieser Be¬ 
sprechung die Schilderungen einiger selbstbeobachteter Fälle an. 

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Trauma und Nervenkrankheiten. 


501 


Trophlsche Störungen nach Unfall. 

Leppmann (96) berichtet über einen Fall, in welchem sich an eine 
durch Hodenverletzung bewirkte Hodeneiterung langwierige Eiterungen an 
verschiedenen Körperstellen entwickelten, an die sich eine brandige Ab¬ 
stoßung sämtlicher Finger und einiger Zehen anschloß. Diese symmetrische 
Gangrän wurde vom Autor und mehreren anderen Gutachtern als Unfall¬ 
folge begutachtet und schließlich auch als solche anerkannt. 

In dem von Krauß (92) mitgeteilten Falle wurde die nach einer Zell¬ 
gewebsentzündung auftretende Sklerodermie als eine durch den Unfall evtl, 
mitbedingte Verschlimmerung der Arbeitsfähigkeit angesehen und rentenmäßig 
bedacht. 

Ein 35jähriger Kupferschmied — Beobachtung von Bretschneider (16) 
— erlitt einen außerordentlich heftigen Schreck durch ein mit furchtbarem 
Knall erfolgtes Platzen eines Kupferrohrs. Er wurde dabei 2 Meter zurück¬ 
geschleudert, verlor auf 10 Minuten das Bewußtsein und erlangte erst nach 
2 Stunden seine Sprache wieder. Schon am nächsten Tage bemerkte Patient 
einen Haarausfall an seinem ganzen Körper, der in den folgenden Tagen 
immer stärker zunahm und nach 8 Tagen den Verlust aller Haare des 
Körpers zur Folge hatte. Auch hatte seit dem Unfall jegliche Schwei߬ 
sekretion aufgehört. Die physiologische Untersuchung stellte fest, daß es 
sich um einen dauernden Krampfzustand sämtlicher Gefäße der Haarpapillen 
und Schweißdrüsen handelte, der zu einer Atrophie der gesamten Haut 
geführt hatte. 


Sonnenstich. 

In einem Falle, in welchem Thiem (155) über Hitzschlag und Sonnen¬ 
stich als Ursache des eingetretenen Todes zu urteilen hatte, setzt er die 
Theorien auseinander, die bezüglich der Wirkungsweise der genannten Fak¬ 
toren zurzeit bestehen. 

Kasuistischer Beitrag Horn’s (76). Besonders bemerkenswert eine 
linksseitige homonyme Hemianopsie beider Augen (Herd vermutlich in der 
Gegend des rechten Tractus opticus). Daneben Ataxie des Rumpfes und 
der Beine als Folge einer Kleinhirnschädigung, ferner Störungen von seiten 
des Nervus oculomotorius, Trigeminus, Fazialis, Akustikus, Vagus und Hypo- 
glossus (Dysarthrie). Nach i 1 / 2 Jahren Hemianopsie unverändert, Ataxie 
gebessert. Fall früher als „traumatische Neurose“ bezeichnet (!). 

{Autoreferat.) 

Römer (132) berichtet über drei reine Fälle von Sonnenstich. Im 
ersten Fall handelt es sich um eine Störung des Sensoriums. Die Lumbal¬ 
punktion ergab einen normalen Liquorbefund. Bei der Obduktion wurde 
ein mäßiger Hydrocephalus internus festgestellt, ferner eine Vermehrung der 
Flüssigkeit im Subarachnoidealraume und eine weißliche Verfärbung der 
Pia. Es handelte sieb somit um einen entzündlichen Zustand der Pia. Im 
zweiten Falle ergab die wegen Kopfschmerzen ausgeführte Lumbalpunktion 
einen ganz erheblich vermehrten Druck bei reichlicher Spinalflüssigkeit. 
Die Nonne-Ap eit sehe Reaktion fiel negativ aus, die feinere Pandysche 
Reaktion mit verdünnter Karbolsäure ergab einen positiven Befund, womit 
der Beweis einer bestehenden entzündlichen Reizung im Zerebrospinalsystem 
erbracht sei. Im dritten Falle gelaug es, in mehrfachen Spinalpunktionen 
den Ablauf der akuten Hirnhautentzündung (vermehrte Zeilenzahl, positive 
Globulinreaktion) zu verfolgen. Man hat sich nach Römer die Entstehung 
eines Sonnenstiches folgendermaßen vorzustelleD: Wird der unbedeckte Kopf 


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502 


Traum» und Nervenkrankheiten. 


von der Sonne direkt bestrahlt, so wirken alle Strahlenqualitäten auf die Haut 
ein. Die wenigen durch die Atmosphäre zu uns gelangenden ultravioletten 
Strahlen rufen in der Epidermis Pigmentbildung hervor und werden von diesem 
absorbiert, wahrscheinlich auch in langwellige Strahlen umgewandelt. Die 
Strahlen größerer Wellenlängen gelangen durch die oberflächlichste Haut- 
Schicht bis zu dem Kapillafnetz der Kutis und Subkutis und erzeugen hier 
Gefäßerweiterung, Hyperämie, Ödem, bei stärkerer Einwirkung Thrombosen. 
Bei ungestörtem Blutkreislauf dringen durch die Haut nur wenige Strahlen 
in die Tiefe, ist aber der Kapillarkreislauf geschädigt (Dilatation, Throm¬ 
bosen), so gelangen größere Mengen langwelliger Strahlen durch die Haut 
hindurch, sogar auch durch das knöcherne Schädeldach. Sie wirken sowohl 
als Wärmestrahlen wie auch als Lichtstrahlen in demselben Sinne wie auf 
die Blutbahuen der Haut auf die Meningen und ihre Gefäße ein, indem 
sie eine reaktive Entzündung mit Leukozytenauswanderung und vermehrter 
Flüssigkeitsabsonderung hervorrufen (Meningitis serosa, Meningitis purulenta 
sterilis). Ein Teil der direkten Strahlen erreicht schließlich die Hirnrinde 
selbst. Die Wirkung dieser direkt zu den Meningen und zum Gehirn 
gelangenden Strahlen wird noch ganz wesentlich unterstützt durch die 
sekundären Wärmestrahlen, welche durch Leitung der in der Schädeldecke 
absorbierten Wärme entstehen. 


Neurosen nach Tranma. 

Oppenheim (118) gibt zunächst einen kurzen historischen Überblick 
über den Kampf, welcher um den Begriff der sog. traumatischen Neurose in 
den vergangenen Dezennien geführt worden ist, und kommt dann auf die Tat¬ 
sachen zu sprechen, die der Krieg uns vor Augen geführt hat. An dem großen 
Nervenmaterial des von ihm geleiteten Lazaretts konnte er die Angelegenheit 
von neuem einer Prüfung unterziehen. Aus der möglichst genauen Anamnesen- 
erforschung ergab sich zunächst, daß die schweren Kriegstraumen auch bei 
bis dahin gesunden, nicht belasteten Menschen Neurosen (und Psychosen) 
hervorbringen können. Die einwirkendeu Schädlichkeiten bei dem Trauma 
sind mechanische, seelische und gemischte, zu denen noch Erschöpfungen 
des Körpers treten, welche durch die übermäßigen Anforderungen bedingt 
sind, die an ihn gestellt werden. Das Krankheitsbild entspricht selten einem 
der reinen Typen der bekannten, wohlabgegrenzten Neurosen, weit häufiger 
stellt es eine Mischform dar und wird nun vom Autor im folgenden in 
seinen verschiedenen Typen unter Hervorhebung des Wesentlichen skizziert. 
Diese Krankheitszustände reihen sich der Mehrheit nach an solche der 
Neurasthenie und der Kombination von Hysterie und Neurasthenie an. 
Der Tic, die Crampi musculorum und verschiedene Formen des Zitterns 
kommen als verhältnismäßig häufige Symptome hinzu. Diese Symptome 
zeigten keinen hysterischen Charakter, was sich bei der sog. Krampusneurose 
überzeugend offenbarte; ebenso seien auch die Erscheinungen der Akinesia 
amnestica nicht hysterischer Natnr. O. führt dann weiter einige Fälle 
sog. Beflexlähmnng an, deren Wesen darin besteht, daß nach einem Extremi¬ 
tätenschuß eine Lähmung und Muskelatrophie der Extremität eintritt, während 
der elektrische Befund keine Abweichung vom Normalen zeigt. Aus diesen 
neuen Erfahrungen zieht 0. den Schluß, daß es Krankheitszustände gibt, 
die mit Recht die Bezeichnung „traumatische Neurose“ führen. 0. konnte 
bei der großen Mehrzahl seiner Verletzten, auf die sich seine neueren Er¬ 
fahrungen basieren, nicht nur die Konstanz der Symptome — auch dann, 
wenn 9ie sich unbeobachtet glaubten — feststellen, sondern vor allem auch 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


603 


die Tatsache, daß sie das redliche Bestreben hatten, gesund zu werden oder 
doch wenigstens das Lazarett verlassen zu können. Vielfach bestand die 
Neurose neben einem oiganisch bedingten Leiden, beide hatten die gleiche 
Entstehung. Der Autor schließt unter Hinweis auf seinen vor 25 Jahren 
geführten Kampf um die traumatische Neurose: „Es bestätigt sich mir alles, 
was ich damals gelernt und gelehrt habe, ich habe nichts zurückzunehmen.“ 


Der Aufsatz Oppenheim’s (117) über das gleiche Thema im Neurol. 
Centralblatt bildet eine Ergänzung zu dem vorhergehenden. Namentlich 
setzt er darin auseinander, wie er sich den materiellen Vorgang im Zentral¬ 
nervensystem vorstellt. 

Unter Hinweis auf seine später erscheinende Monographie über „Die 
Neurosen nach Kriegsverletzungen“ möchte Oppenheim (115) zunächst eine 
kurze Inhaltsangabe machen, einige Leitsätze herausgreifen und so eine Art 
von Präreferat der verschobenen Veröffentlichung vorausschicken. 

Die Arbeit bringt etwa 70 Krankengeschichten von Neurosen nach 
Kriegsverletzungen, die O. in der Nervenstation des Reservelazaretts Kunst¬ 
gewerbemuseum zu beobachten Gelegenheit hatte. 

Sie sind in folgende 5 Gruppen gebracht: I. traumatische Hysterie, 
II. traumatische Neurasthenie, III. traumatische Hysteroneurasthenie, IV. trau¬ 
matische Neurose im engeren Sinne, V. Kombination von organischen Er¬ 
krankungen des Nervensystems mit Neurosen traumatischen Ursprungs. 

O. zeigt an dem Material, daß die Grenzen zwischen diesen Gruppeu 
(I bis IV) zwar keine scharfen sind, indem es Fälle gibt, in denen es durch¬ 
aus zweifelhaft bleibt, zu welcher dieser Unterformen sie gehören, daß aber 
im großen und ganzen diese Scheidung zu Recht besteht. 

Alle diese Gruppen umfaßt das weite Gebiet der traumatischen Neu¬ 
rosen. Die Bezeichnung traumatische Neurose im engeren Sinne möchte O. 
reservieren für die Mischformen (Gruppe III) und besonders für die in 
Gruppe IV zusammengefaßten Fälle. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß 
bei ihnen Symptome hervortreten, die weder der Hysterie uoch der Neur¬ 
asthenie zuzurechnen sind, wie die Tics, die Crampi musculorura und andere 
lokalisierte Muskelkrämpfe, gewisse Formen des Zitterns, die weder dem 
Bilde des ideogenen, emotionellen noch dem des Erschöpfungstremors ent¬ 
sprechen, Anfälle von Bewußtlosigkeit von nicht-hysterischem Charakter, das 
Graefesche und Chvosteksche Symptom und ganz besonders motorische 
Ausfallserscheinungen vom Charakter der „Akinesia amnestica“ und „Reflex¬ 
lähmung“. Die Lehre von der Akinesia amnestica, deren Beziehungen zur 
sog. Gewohnheitslähmuug erörtert werden, hält 0. für eine fest begründete. 
Interessante Formen von Akinesia und Dyskinesia amnestica können auch 
durch Schußverletzungen peripherischer Nerven, besonders des N. accessorius, 
bervorgerufen werden. Die Theorie der Reflexlähmung erfordert noch weitere 
Untersuchungen. — Das Hauptgewicht legt O. auf den Nachweis, daß die 
psychogene bzw. die ideogene Entstehung der Symptome, der „traumatischen 
Hysterie“ im Sinne Charcots, die von der großen Mehrzahl der deutschen 
Forscher angenommen worden ist, nur eine ganz bescheidene Rolle spielt. 
Der Hauptfehler, der gemacht worden ist und noch gemacht wird, auch von 
einer Anzahl unserer hervorragenden Fachvertreter, ist der, daß das, was 
Folge der psychischen Erschütterung, des Afiektsohocks ist, als das Produkt 
der Vorstellung, als ideogen angesehen wird. Nur dadurch entsteht die 
„unglückselige“ Verquickung der traumatischen Hysterie und traumatischen 
Neurose mit der Simulation. Denn die von vielen vertretene Auffassung, daß 
es zwischen Hysterie und Simulation keine scharfe Grenze gibt, sowie für 


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Trauma and Nervenkrankheiten. 


die auch aus Nonnes Mitteilangen überall hervorlugende Anschauung, daß 
die traumatische Neurose etwas Imaginäres ist, das einfach weggeblasen 
(durch eine hypnotische Sitzung beseitigt) werden kann, könnte nur insoweit 
Gültigkeit haben, als es sich um ideogene, d. h. in der Vorstellung wurzelnde 
Krankheitserscheinungen handelt. Diese Annahme trifft für die große Mehr¬ 
zahl der Beobachtungen, die 0. im Kriege angestcllt hat, nicht zu. Die 
Symptome und Krankheitsbilder, auf die sich seine Erfahrung bezieht, sind 
fast durchweg das Ergebnis der psychischen und physischen Erschütterung, 
außerdem spielen durch Reizzustände in der Peripherie ausgelöste reflekto¬ 
rische Vorgänge eine wichtige Rolle. Durch diese werden Veränderungen 
im zentralen Nervensystem hervorgerufen, die nicht den Charakter patholo¬ 
gisch-anatomischer Prozesse haben, sondern in der Lockerung, Verlagerung 
der feinsten Gewebselemente, in der Sperrung von Bahnen, in der Ent¬ 
gleisung der Innervationsimpulse, in der Diaschisis beruhen. In dieser Binsicht 
berührt sich die von ihm vor 25 Jahren aufgestellte Erschütterungstheorie 
mit Vorstellungen, die in der alten Schocklehre von Goltz enthalten sind 
und auch in Monakows Hypothese von der Diaschisis wiederkehren. Gewiß 
vermag die psychische Erschütterung allein viele von den Symptomen und 
Symptombildern hervorzubringen, auf die O. die Bezeichnung „traumatische 
Neurose“ angewandt hat, und die dann von anderen auch unter dem Namen 
Schreckneurose, Emotionsneurose geschildert worden sind. Aber selbst wenn 
der Nachweis gelänge, daß die seelische Erschütterung alles das zu erzeugen 
vermöchte, was als traumatische Neurose beschrieben worden ist, so wird 
damit keineswegs der Beweis geliefert, daß die mechanische Erschütterung 
in der Genese dieser Krankheitszustände keine Rolle spielt. Es ist durch¬ 
aus nicht von der Hand zu weisen, daß die seelische und körperliche Er¬ 
schütterung in gewisser Hinsicht gleichartige Wirkungen auf das zentrale 
Nervensystem ausüben und Krankheitszustände von demselben Charakter 
hervorzubringen vermögen. 

Es gibt Insulte, wie die starken Detonationen durch die schweren 
Artilleriegeschütze, in denen diese beiden Faktoren überhaupt schon so ver¬ 
schmolzen sind, daß sie nicht voneinander zu trennen sind. 

Für eine Reihe der von 0. angeführten Symptome, besonders auch 
für die Temperatursteigerung, wird das entsprechende Beobacbtungsmaterial 
vorgelegt. 

Besonders eingehend wird das Wesen der Lähmungszustände erörtert, 
auf die 0. die Bezeichnung der Akiuesia amnestica und Reflexlähmung an¬ 
gewandt hat. Es hat sich dabei die starke Bevorzugung der linken Seite 
herausgestellt (O. Kalischer). Ist schon diese Tatsache mit der Annahme 
der ideogenen Entstehung so gar nicht in Einklang zu bringen, so gilt das 
noch weniger für die von O. festgestellte Tatsache, daß am Bein so gut. wie 
immer die Lähmung distalwärts znnimmt und am längsten in den Fußmuskelo 
persistiert. Ferner fand O. in der Mehrzahl dieser Fälle eine volle Harmonie 
zwischen dem Charakter der Gehstörung und der Lähmung, wie sie sich in 
der Rückenlage präsentiert. Wie soll das psychogenetisch zu deuten sein? 
Die Reflexlähmung kann sich auf eine Muskelgruppe — z. B. Hüftbenger 
bei Verletzung des Oberschenkels — beschränken. 

Die eigentümlichen Beziehungen der Schmerzen bei traumatischer 
Neuritis zu psychischen Vorgängen und Erregungen der Sinneszentren, auf 
die O. zuerst hingewiesen hat, werden eingehender und an der Hand der 
Kasuistik besprochen. Die Simulationsfrage wird unter Mitteilung von Beob¬ 
achtungen erörtert. Das Schlußkapitel behandelt die Frage der Prognose 
und Therapie. 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


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Nonne (113) diskutiert ausführlich die Frage, ob man bei Kriegsverletzten 
wieder „traumatische Neurose“ diagnostizieren soll. Er kommt auf Grund 
seiner Erfahrungen zu folgendem Ergebnis: I. Es ist auffallend, wie ver¬ 
hältnismäßig selten bei unsern Soldaten nach schweren Körperverletzungen 
Symptome von Neurose auftreten. Die Neurosen, die wir sehen, stellen 
sich am häufigsten als lokale Hysterie, als allgemeine Hysterie, als Neur¬ 
asthenie, als Erschöpfungsneurose und als Kombination dieser Neurosen 
dar. Die im Krieg erworbene Hysterie ist auffallend häufig mit vasomoto¬ 
rischen Erscheinungen verbunden. 2. Das aus hysterischen, neurasthenischen 
und hypochondrischen Anomalien verbundene Krankheitsbild mit dem Namen 
„traumatische Neurose“ zu bezeichnen, ist objektiv nicht begründet, denn 
dasselbe Bild kommt auch ohne Trauma vor. 3. Die häufigste Ursache der 
Neurosen nach Trauma im Kriege sind Granatexplosionen. Der psychische 
Schock und die Luftdruckwirkung sind die Ursachen der nervösen Störungen, 
das erstere Moment ist von größerer ursächlicher Bedeutung als das zweite. 

4. Die Möglichkeit, durch geeignete suggestive Therapie in vielen Fällen 
plötzliche Heilung auch bei schweren und ganz schweren Komplexen zu er¬ 
reichen, spricht gegen die Annahme, daß es sich bei diesen Fällen um ana¬ 
tomische Veränderungen irgendwelcher Art im Zentralnervensystem handelt. 

5. Bei der akuten Entstehung des Krankheitsbildes spielen irgendwelche 
Begehrungsvorstellungen keine Rolle. Bei der Fixierung resp. Überfüh¬ 
rung desselben zur Unbeeinflußbarkeit durch ärztliche Therapie spielen 
Begehrungsvorstellungen eine Rolle, und zwar in der durch den Krieg be¬ 
dingten Modifikation. 6. Die Prognose der Neurose ist nicht nur bei nicht 
belasteten und konstitutionell vorher gesunden Patienten gut, wenn bei 
Fehlen von Begehrungsvorstellungen energisch suggestiv vorgegangen wird; 
die Hypnose erzielt auffallend häufig Heilung. Die Prognose ist auch dann 
gut, wenn die durch den Krieg bedingten ßegehrungsvorstellungen beseitigt 
siud, d. h. nach Entlassung aus dem Frontdienst oder nach Beendigung des 
Kriegs. Darüber, ob Rentenbegehrungsvorstellungen die Neurose auch nach 
dem Kriege fixieren werden, müssen spätere Erfahrungen belehren. 7. Den 
ärztlichen Gutachtern soll die an sich günstige Prognose der im Krieg er¬ 
worbenen Neurosen bei der Begutachtung und Entschädigungsfrage vor Augen 
stehen. Der Name „traumatische Neurose“ soll, weil ihm vielfach bei Ärzten 
und Laien der Begriff der Unheilbarkeit auch heute noch anhaftet, vermieden 
werden. 8. Das kann auch geschehen, weil auch der Krieg nicht gezeigt 
hat, daß es eine durch ein körperliches oder psychisches Trauma (oder beide 
iusammen) bedingte charakteristische spezifische Neurose gibt. 

An diesen Aufsatz von Nonne schließt dann eine kurze Bemerkung 
Oppenheim’s (116) über die von Nonne erzielten hypnotischen Scbnell- 
heilungen an, worauf dann Nonne (114) wiederum kurz antwortet. 

Unter 1126 Aufnahmen von Offizieren und Soldaten in der Zeit vom 
1. August 1914 bis 31. Juli 1915, die Psychosen und Neurosen betreffen, 
beobachte Meyer (104) 148 Fälle, die er zu den Psychogenien rechnet, 
außerdem 128 Fälle mit psychopathischer Veranlagung und 76 Fälle mit 
traumatischer Neurose. Der Autor ist der Ansicht, daß die Begehrungs¬ 
vorstellungen bei der traumatischen Neurose sowohl in Friedens- als besonders 
in Kriegszeiten die eigentliche Ursache der Erkrankung nicht abgeben. Von 
den Fällen mit traumatischer Neurose war die Krankheit in 47 Fällen schon 
im Frieden und nur bei 29 Fällen durch Kriegsverletzungen entstanden. 

Gegenüber den Tausenden von Verwundeten, die Seelert (148) im Felde 
gesehen hat, war die Zahl der Neurosen, die er unter ihnen fand, sehr klein. 
Nach seinen Erfahrungen kommt das Krankheitsbild der sog. traumatischen 


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Trauma and Nervenkrankheiten. 


Neurose bei nicht verwundeten Soldaten und bei solchen, die nur ganz 
leichte körperliche Schädigungen davongetragen haben, viel häufiger vor 
als bei Schwerverwundeten. Die Krankheitsbilder der nach Unfällen im 
Kriege und im Frieden auftretenden Neurosen stellen sich nicht als Er¬ 
krankungen auf einheitlichem pathologischen Boden dar; sie haben anderer¬ 
seits in ihrer Symptomatologie nichts Spezifisches, nichts, das nicht auch ohne 
vorausgehenden Unfall beobachtet würde. Bei den Neurosen nach Unfällen 
ist neben der psychopathischen Veranlagung das wesentliche ätiologische 
Moment auf psychischem, auf affektivem Gebiet zu suchen. Die Erfahrung, 
daß der körperlichen Schädigung in der Pathogenese der Unfallneurosen 
nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, und die Erfahrung, daß 
psychopathische Menschen auf ein affektives Erlebnis mit gleichen patho¬ 
logischen Erscheinungen reagieren, fährt zu der Anschauung, daß die Neurose 
nach Unfall die pathologische Reaktion eines psychopathischen Individuums 
auf das Erlebnis des Unfalles und die damit verbundenen meist weiter 
wirkenden sozialeu Folgen ist. Alle Tatsachen sprechen durchaus gegen 
Oppenheims Auffassung der „traumatischen Neurose“ als Äußerung einer 
durch den Unfall physikalisch entstandenen Veränderung im Nervengewebe. 
Da Seelert die Erkrankung als eine pathologische Reaktion des Indi¬ 
viduums auf das Erlebnis des Unfalles und seiner sozialen' Folgen auffaßt, 
so scheint es ibm angezeigt, sie als reaktive Neurose nach Unfall zu 
bezeichnen. 

Hildebrandt (66) schätzt die Zahl der Fälle von sog. traumatischer 
Neurose, bei denen deutliche neurotische Erscheinungen als vorausgehend 
angegeben wurden, oder hereditäre Belastung mit einer Wahrscheinlichkeit 
bewiesen wurde, auf knapp die Hälfte der Fälle. In der Annahme einer 
neurotischen Disposition wird oft zu weit gegangen. Praktisch stebe fest, 
daß eine Neurose durch einen Unfall hervorgerufen werden kann bei einem 
Nervensystem, daß bei Durohschnittsbelastuug nie erkrankt sein würde. 
Gibt man dies zu, so sollte man den Begriff der traumatischen Neurose 
nicht wegdisputieren. Der Autor diskutiert dann die Frage, wieweit ein 
nervöser Schock durch die Begehrungsvorstellungen zu einer Neurose ent¬ 
wickelt werden kann. Oppenheim gehe in der Tendenz, die Begehrungs- 
vorstellungen möglichst auszusohalten, andererseits die mechanische Ent¬ 
stehungsweise zu betonen, zu weit. Man sollte die psychogenen Wirkungen 
begrifflich immer streng in zwei Gruppen sondern: in die ideogenen, bei 
denen die Vorstellungen entscheidend sind, und die eigentlich psychogenen, 
bei denen die Emotion selbst entscheidend ist. * Die ideogenen leiten zuf 
Simulation über. Die psychogene Wirkung sei sicher, während die mecha¬ 
nische (Oppenheim) als unmittelbare Ursache fraglich bleibe. Gegenüber 
dem plötzlichen Affekt der traumatischen Neurose, Entsetzen und Schreck, 
kommt eine ähnliche Wirkung längerdauernder Erregung vor, die zu den 
ideogenen Fällen überleitet. Eine rein ideogene traumatische Neurose kann 
es nicht geben. Wenn aber die Neurose vorhanden ist, so können die 
einzelnen Symptome ideogen geformt werden. Zwischen psychogener und 
ideogener Neurose und da wieder zur simulierten gäbe es eine Grenze nicht. 
Oppenheim unterscheidet die hysterischen Symptome auch bei der Krampus¬ 
neurose. 

Förster (39) betont, daß den sog. traumatischen Neurosen kein ein¬ 
heitliches Material zugrunde liegt und es sich bei genauer Untersuchung 
bei allen diesen Patienten nachweisen läßt, daß es sich um Persönlichkeiten 
handelt, die auch vor dem Kriege nicht die volle Widerstandsfähigkeit des 
Gesunden besessen haben. Bei allen diesen Persönlichkeiten spielten die 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


507 


Begehrungsvorstellungen eine große Rolle. Falls eine körperliche Ver¬ 
wundung vorlag, wurde diese stets für die Beschwerden verantwortlich ge* 
macht Am leichtesten ersichtlich und nachzuweisen war dies bei Hyste¬ 
rischen. Die Kranken betonen zwar oft den Wuusch, wieder an die Front 
zarückgeschickt zu werden, aber bei genauer Analyse war gewöhnlich zu 
erkennen, daß sie bei sich hoffen, der Arzt würde ihrem Wunsche nicht 
nachgeben, sondern würde sie nach Hause schicken, womit sie ihre achtbare 
Gesinnung nach außen hin gewahrt meinten. Als erfreuliches, wenn auch 
nicht unerwartetes Ergebnis zeigte sich, daß durch die Verwundungen oder 
die Anstrengungen, Strapazen und Schrecken des Krieges ein nicht neuro- 
pathisch veranlagter Mensch keine traumatische Neurose bekommt, und daß 
die Zahl der Patienten, die unter diese Kategorie fallen, eine verhältnismäßig 
sehr geringe ist. Die Erklärung, daß Oppenheim bei dem gleichen Material 
zu einem anderen Resultat kommt, scheint dem Autor darin zu liegen, daß 
Oppenheim seine Fälle nicht mit der nötigen Unbefangenheit beurteilt hat. 

Bannemann (17) beschäftigt sich mit der Theorie über die Oppen¬ 
heim sehe „traumatische Neurose“, mit der sog. Erschütterungstheorie. Er 
meint: Einerlei, ob wir die zu deutenden Symptome unter das Bild der 
Hysterie oder der Neurasthenie unterzuordnen uns veranlaßt sehen, in jedem 
Falle liegt das Wesen der Erkrankung nicht auf der objektiven, sondern anf 
der subjektiven Seite. Weder die Sinnesreize beim Unfall, noch diejenigen der 
posttraumatischen Zeit können für die Entstehung, den Fortbestand und die 
Weiterentwicklung der Krankheit verantwortlich gemacht werden, sondern 
erst die Art der subjektiven Verarbeitung derselben ist für das Krankheits¬ 
bild ausschlaggebend. In einer früheren Arbeit (Monatsschr. f. Psych. Bd. 33) 
sagt der Autor: Wir werden da von Neurasthenie sprechen, wo uns Er¬ 
scheinungen zur Wahrnehmung gelangen, in denen die gesteigerte Subjek¬ 
tivität untergeordneter Organreaktionen die wesentlichere Rolle spielt, von 
Hysterie aber dann, wenn die gesteigerte Subjektivität übergeordneter neen- 
zephalischer Funktionen (des Denkens und Wiinschens) in den Vordergrund 
tritt. Die Einwirkung der Erschütterung auf die kleinsten Nerventeilchen 
kaun man zur Schreckwirkung in Analogie setzen und kann ihre lokale Ver¬ 
teilung und die entsprechende Verschiedenheit der Symptomatologie als von 
verschiedenen lokalen Erregbarkeitszuständen abhängig erachten. Diese 
kleinsten Partialerlebnisse werden ebenso auf die psychische Gesamtdisposition 
zurückwirken wie durch die Sinnesorgane vermittelte Gesamterlebnisse. Bei 
Festhaltung an der Oppenheimschen Theorie sei es nötig, eine besondere 
Prädisposition anzunehmen, für eine solche ist aber kein Anhalt zu finden. 
An Stelle der körperlichen, strukturellen Prädisposition setzt Bunnemann 
die seelische, aus der sich sowohl die vorzugsweise Bildung und Fixierung 
gewisser ideeller Komplexe und deren M aßgeb lichkeit für Aufmerksamkeits- 
richtung, Phantasietätigkeit, Empfindsamkeit und Wunsch- und Willens¬ 
richtung als auch eine abnorme organische Reaktivität erklären läßt Sollen 
die Veränderungen, die Oppenheim in der Nerven Substanz annimmt, so 
lange bestehen wie die Symptome der Krankheit, dann sei nicht einzu¬ 
sehen, weshalb sich nicht nachweisbare Veränderungen aus ihnen entwickeln. 
Bunnemann glaubt daher, daß man zur Erklärung der Symptome der 
traumatischen Neurose nicht nur nicht zu einer Annahme der Oppenheim¬ 
schen physikalischen Folgen der Erschütterung gezwungen ist, sondern daß 
Gesichtspunkte gegen eine solche Annahme sich geltend machen lassen von 
zwingender Beweiskraft. 

Gaupp (48) spricht sich dahin aus, daß das meiste, was auf körper¬ 
lichem Gebiet als Granatkontusion beschrieben wird, nichts anderes ist als 


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508 Trauma und Nerveukraukheiten. 

traumatische Hysterie. Unter den ätiologischen Faktoren spielt zweifellos 
der seelische Einfluß auf den Patienten eine hervorragende Rolle. Die von 
Hause aus psychopathische Persönlichkeit liefert den Boden für die Ent¬ 
stehung. Natürlich ist der psychogene Charakter keineswegs immer eindeutig, 
organische Symptome sind dem Krankheitsbild oft beigemengt. Die Behand¬ 
lung ist im wesentlichen eine suggestive, „gewissermaßen psychologische'. 

(Borc/iardt.) 

Christoffel (21) berichtet über einen Patienten, der einen Unfall (Fall 
auf Rücken und Hinterkopf) erlitten batte, worauf sich ein Krankheits¬ 
bild entwickelte, das einmal den Symptomenkomplex der „pseudospastiscbeu“ 
Parese mit Tremor und ferner psychische Störungen (Gedächtnisschwäche, 
Konfabulation usw.) aufwies. 

Weber (167) legt dar, wie in einem Falle lediglich durch das ärzt¬ 
liche Eingreifen aus einem harmlosen Vorfall, Fall auf den Leib, ein Unfall 
geworden ist, dem erst ganz gewöhnliche dysmenorrhoische Beschwerden zur 
Last gelegt werden; bei der Begutachtung verwandeln sie sich mangels 
jeden objektiven Substrates in die beliebte Nervosität. Bei dem zweiten 
Unfall wird der Fehler gemacht, daß eine Weichteilwunde an der Stirn zu 
einer schweren Kopfverletzung mit Gehirnerschütterung gestempelt wird, 
ohne dies aus entsprechenden, unmittelbar nach dem Unfall beobachteten 
Symptomen oder aus objektiven Folgeerscheinungen zu begründen. 

Auf Grund der Beobachtung und Begutachtung eines Falles von Unfall¬ 
neurose kommt Laehr (94) zu folgendem Schlußergebnis: Die Ablebnuug 
auch billiger Vergleichsvorschläge von seiten Unfallverletzter und das hart¬ 
näckige Streben nach unverhältnismäßig hoher Rente ist vielfach nicht oder 
doch nicht vorwiegend auf das Verlangen nach Geldgewinn zurückzuführen. 
Mit der Vorstellung der Rente verbinden sich leicht in ungünstiger Weise 
zwei andere, stark gefühlsbetonte Vorstellungen, die der eigenen Krankheit 
und die der eigenen Person. Die Rente beglaubigt immer von neuem die 
Schwere der Krankheit und den früheren, nicht nur wirtschaftlichen, sondern 
auch moralischen Wert der eigenen Person. Ist dieser Zusammenhang ein¬ 
getreten, so erschwert er ein ruhiges Erwägen und kann dem hysterischen 
Unfallverletzten den Entschluß unmöglich machen, einem billigen Vergleich 
zuzustimmen. Da hier langwierige Prozesse mit ihren unheilvollen Folgen 
veranlaßt w r erden, ist auch von diesem Gesichtspunkte aus P. Horns Vor¬ 
schlag (s. dort) größter Beachtung wert, da dessen Durchführung dem Unfall¬ 
verletzten auch ohne seine Zustimmung und ohne Prozeß eine angemessene 
Entschädigung gewährleisten würde. 

Die Schreckneurose, so führt Hom (71, 72) aus, stellt eine besondere 
Gruppe der „traumatischen Neurosen' oder Unfallneurosen dar von scharf 
umschriebener klinischer Selbständigkeit. Sie ist eine ausgesprochene 
Psychoneurose und als solche charakterisiert auf psychischem Gebiete durch 
eine allgemeine Exaltation, eventuell mit vorübergehender Verwirrtheit, und 
durch fixierte Angstaffekte, auf somatischem Gebiete durch eine Dishar- 
mouisierung des vegetativen Nervensystems. Jm Vordergründe der soma¬ 
tischen Erscheinungen stehen vor allem kardiovaskuläre Symptome (vaso¬ 
motorischer Symotomenkomplex). Die Schreckreaktion erfordert an sich 
keine besondere Disposition, doch besteht praktisch die große Mehrzahl der 
Schreckueurotiker aus schon vorher kranken, zum mindesten stark dispo¬ 
nierten Individuen. Ausschlaggebend für den weiteren Verlauf der Schreck¬ 
neurose ist einerseiis die spezifische Disposition des Individuums, andererseits 
die Gestaltung der Entschädigungsfrage. Bei baldiger Kapitalabßndung ist 

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Trauma und Nervenkrankheiten. 


509 


bei mittelschweren nicht komplizierten Fällen in der Regel in 2 Jahren 
völlige Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit zu erwarten; RontengewähruDg 
uud Prozesse tragen nur dazu bei, das Krankheitsbild zu fixieren und zur 
ReDtenkampfneurose umzugestalten. Nur bei bestehender Komplikation mit 
schweren organischen Leiden kommt ein abwartendes Verhalten bzw. Renten¬ 
gewährung in Frage. Die Auslösung bzw. Verschlimmerung von Diabetes 
mellitus, Diabetes insipidus, M. Basedowii, progressiver Paralyse und von 
manchen anderen organischen Erkrankungen durch Schreck erfolgt auf dem 
Wege des vegetativen Nervensystems. 

Für die Nutzbarmachung erhaltener und wiedergewonnener Arbeits¬ 
kraft bei Unfallneurosen stellt Horn (73) folgende Leitsätze auf: 1. Die 
Unfallneurosen an sich stellen beim Fehlen komplizierender Momente keine 
Erkrankungen dar, die einen dauernden Ansschluß des Patienten vom wirt¬ 
schaftlichen Leben zur notwendigen Folge hätten. 2. Ausschlaggebend für 
die soziale Wiederherstellung des Unfallnenrotikers ist neben dem erforder¬ 
lichen Willen zur Arbeit eine möglichst baldige, definitive Kapitalabfindung, 
soweit es sich um Haftpflichtfälle haudelt. Bei Neurosen nach gewerblichen 
Unfällen ist im Interesse einer baldigeu Rückkehr der vollen Erwerbs- 
fähigkeit ebenfalls vom Abfindungsrerfahren möglichst Gebrauch zu machen; 
Vollrente ist nur in seltenen Ausnahmefällen (beim Bestehen schwerer Kompli¬ 
kationen) am Platze; die Teilrenten dürfen nur eine mäßige Anfangshöhe (je 
nach Lage des Falles 30—60 %) zeigen und sind nach und nach zu entziehen. 
3. Die Arbeitswiederaufnahme, die bei Unfallneurosen das zweckmäßigste 
Heilverfahren darstellt, hat sobald wie möglich zu erfolgen, und zwar am 
besten unter allmählicher Steigerung der Anforderungen; sofortige Voll¬ 
beschäftigung kann zu Rückschlägen führen. 4. Längere Untätigkeit ist 
sowohl in medizinischer wie sozialer Hinsicht für den Patienten nur von 
Schaden, führt zu gesteigerter Selbstbeobachtung, erweckt Befürchtungs- 
' und Begehrungsvorstelluugen und macht den Patienten zum arbeitsentwöhnten 
Rentenkampfneurotiker. 5. Volkswirtschaftliche Schwierigkeiten, die der 
Arbeitswiederaufuahme entgegenstehen, sind vorhanden, werden aber meist 
zu Unrecht überschätzt. 6. Ein Berufswechsel ist nur in dem kleineren Teil 
der Fälle erforderlich; meist ist Wiederbetätigung im bisherigen Berufe, 
wenn auch anfangs nur in beschränktem Umfange, möglich und sollte im 
übrigen stets zunächst ins Auge gefaßt werden. 7. Bei denjenigen Unfall¬ 
neurotikern, die dem sozialen Leben verloren gehen, ist die Untätigkeit nur 
in Ausnahmefällen, z. B. bei posttraumatischer Demenz, auf die Unfallfolgen 
als solche zurückzuführen. Im übrigen handelt es sich zumeist um schon 
vorher kranke und widerstandsunfähige Individuen, um Alkoholiker oder um 
Simulanten. 8. Hauptaufgabe des Arztes ist es, eine Wiederbetätigung des 
Patienten dadurch anzubahnen, daß er durch Aufklärung über die Heil¬ 
barkeit des Leidens sowie über die Rechtslage etwaigen Befürchtungs- und 
Begehrungsvorstellungen entgegenwirkt; auch die Berufsberatung gehört 
ins ärztliche Gebiet. 9. Zur Vermittlung passender Arbeitsgelegenheit für 
beschränkt Erwerbsfähige ist Errichtung von staatlich organisierten Arbeits¬ 
nachweiszentralen unter Mitwirkung der Arbeitgeber bzw. Erweiterung be¬ 
stehender Vermittlungsstellen erforderlich. 10. Sowohl im Interesse der 
medizinischen wie wirtschaftlichen Wiederherstellung des Unfallneurotikers 
ist zu fordern, daß die Kapitalabfindung bei gewerblichen Arbeitern schon 
bei Teilrenten bis zu ^ l li% ermöglicht wird, und daß in Haftpflichtfällen 
die Möglichkeit der Abfindung durch Abänderung des § 843,3 BGB. (Ab¬ 
findung statt Rente soll auch auf alleinigen Antrag des Haftpflichtigen hin 
zulässig sein) erweitert wird. 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


Auf Grund eingehender katamnestischer Untersuchungen kommt Horn 
(76) zu dem Ergebnis, daß für die 'Weitergestaltung der Unfallneurosen 
einerseits die Handhabung der Entschädigungsangelegenheit, andererseits das 
Fehlen oder Vorhandensein von Komplikationen entscheidend ist. Bei bal- 
diger Kapitalabfindnng ist in der Regel in wenigen Jahren völlige soziale 
Wiederherstellung zu erwarten, während bei langwierigen Prozessen sowie 
bei Rentengewährung die Heilung meist ganz erheblich verzögert wird. Bei 
Komplikationen mit organischen Erkrankungen richtet sich die Prognose 
zum großen Teile nach der Natur des Grundleidens und erfordert vor¬ 
sichtigere Beurteilung. Notwendig ist, den Namen „traumatische Neurose“, 
mit dem vielfach immer noch der Begriff der Unheilbarkeit verbunden wird, 
fallen zu lassen nnd ihn je nach dem vorliegenden Krankheitsbilde durch 
die differenzierten Bezeichnungen: Scbreckneurose, Kommotionsneurosen 
zerebralen und spinalen Typs, Neurosen nach sonstigen lokalen Läsionen, 
Intoxikationsneurosen sowie Rentenkampfneurosen (sämtlich Untergruppen 
der „Unfallneurosen“) zu ersetzen. (Se/^stbericht.) 

Es handelt sich in der Mitteilung von Schüller (147) um einen 
Patienten, der durch eine in nächster Nähe erfolgte Granatexplosion einer¬ 
seits einen allgemeinen Nervenchock, andererseits eine Kontusion des Ab¬ 
domens erlitt. Letztere hat zu Quetschungen der Bauchorgane geführt, in 
deren Gefolge Hämorrhagien und Entzündungserscheinungeu von seiten des 
Peritoneums mit wiederholten kurzdauernden Temperatursteigerungen auf¬ 
traten. Die zahlreichen Symptome von seiten des Nervensystems, bestehend 
in hysteriformen Anfällen, Blindheit am linken Auge sowie motorischer und 
sensibler Lähmung der rechten unteren Extremität mit Kontraktur der 
rechtsseitigen Beckenheber ließen sich durchweg als funktionelle Störungen 
erweisen und besserten sich zusehends bei entsprechender Therapie. 

Engelen (28) unterzieht das Dubnissche Persuasionsverfahren unter 
Bezugnahme auf die Kriegs- und Unfallneurosen einer eingehenden Be¬ 
sprechung und Kritik. Er kommt zu dem Ergebnis, daß recht viele Sug¬ 
gestionsmöglichkeilen in dem Persuasionsverfahren enthalten sind. Ob im 
Einzelfalle mehr durch klare Verstandesgründe oder mehr durch unbewußte 
Vorgänge die Beeinflussung des Kranken bewirkt wird, bängt ab einerseits 
von der geistigen Veranlagung des Kranken, andererseits von der mehr über¬ 
zeugenden oder mehr suggerierenden Persönlichkeit des Arztes. Meist wird 
wegen der großen Suggestionsempfänglichkeit der Nervösen die Beeinflussung 
durch Erinnerungsvorstellungen, Gefühlsbetonungen, PhantasieerreguDg eine 
sehr wichtige Rolle spielen. Auch ist die Behandlung ausschließlich durch 
Verstandesgründe für die weit überwiegende Mehrzahl der Nervösen unzu¬ 
reichend. Nur gebildete und einsichtsvolle und belehrbare und folgerichtig 
denkende Menschen sind rein verstandesgemäßer Behandlung zugänglich, 
ln der Masse des Volkes sind solche Menschen ziemlich selten anzutreffen. 
Unbekümmert um vereinzelnde Lehrsätze sind daher immer alle verfügbaren 
Behandlungsmittel, geistige wie körperliche in Anwendung zu ziehen. Bei 
Unfallneurosen und Kriegsneurosen ist neben sonstiger Behandlung dio 
rücksichtslose Aufklärung des Traumatikers wichtig, darüber nämlich, daß 
die Entstehung der Beschwerden als rein geistiger Vorgang anzusehen ist, 
daß auf seine Einsicht uud seinen guten Willen die Heilung sich gründen 
muß. Diese Belehrung erfolgt sehr zweckmäßig in der von Dubois aus¬ 
gearbeiteten Gesprächsweise. 

Bingelen (29) hat ein besonderes Untersuchungsschema für Unfall¬ 
verletzte entworfen, das er zur Benutzung durcbgehends empfiehlt, diimit 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


511 


wichtige Angaben nicht vergessen werden und der Nachgutachter eine ge¬ 
nügende Grundlage hat. 

Engelen und Rangette (33) benutzen das Assoziationsexperiment zur 
Entlarvung von Simulation. Sie unterscheiden je nach der Reaktion zwei 
Gruppen von Simulanten, a) Solche, die sich einfach dumm stellen. Bei 
diesen hat eine vorausgehende unbefangene Intelligenzprüfung schon das 
Unmögliche ihrer zur Schau getragenen Unfähigkeit ergeben, b) Solche, die 
mit bestimmter Tendenz und Bewußtseineinstellung an die zu lösenden 
Aufgaben herantreten. Bei dieser zweiten Kategorie von Simulanten kommt 
es für den Versuchsleiter darauf an, die Aufmerksamkeit von der vor¬ 
gefaßten Reaktionsrichtung des Simulanten abzulenken. Zu diesem Zweck 
dienen Querfragen, welche ein geschickter Versuchsleiter dem SimulatioDs- 
verdächtigen stellt. Da der Simulant allen Experimenten verdächtig gegen¬ 
übersteht, wählt man eine größere Anzahl von indifferenten Reizworten und 
streut dann erst kritische Reizworte ein. Es zeigt sich bei diesen Experi¬ 
menten, daß bei den kritischen Reizworten die determinierende Tendenz der 
vorgefaßten Aufgabe nicht ganz erlischt. Es treten bei der Versuchsperson 
zwei Aufgaben in Widerstreit: die gestellte Aufgabe, auf ein zugerufenes 
Wort zu reagieren, und die vorgefaßte Aufgabe, Unfallfolgen vorzutäuschen. 
Dadurch wird hier sehr oft eine Verwirrung eintreten, die sich zunächst 
durch Veränderung der Reaktionszeit und dann durch die Art und Weise 
der Reaktion kundtut. Es treten ferner bei einer gewissen Gruppe von 
Reizworten die herrenlosen, sinnlosen, fortlaufenden Reaktionen ein. 

Engelen und Rangette (32) geben die Methodik der Assoziations¬ 
versuche an, die sie bei Unfallneurosen zur Anwendung brachten. Zunächst 
suchen sie sich durch ein zwangloses Gespräch einen Einblick in die 
geistige Verfassung des Patienten zu verschaffen. Daran schließt sich eine 
kurze objektive Prüfung der allgemeinen geistigen Fähigkeiten. Neben der 
psychologischen Anamnese geht eine medizinische einher, die sich haupt¬ 
sächlich auf erbliche Belastung, auf frühere Krankheiten, insbesondere 
Krankheiten des Nervensystems, und Widerstandsfähigkeit gegen Schädigungen 
aller Art bezieht. Die hauptsächlichsten Bestandteile des Assoziations¬ 
experiments sind: 1. das Reizwort, 2. die Reaktionszeit, 3. das Reaktious- 
wort, 4. Schilderung der Bewußtseinsinhalte zwischen Reiz- und Reaktions¬ 
wort. Bei der Auswahl der Reizworte wählen die Autoren zunächst in¬ 
differente Worte, um die Versuchsperson erst an die Art und Weise der 
Versuche zu gewöhnen. Dann folgen Worte, die auf den Beruf der Vp. 
Bezug haben. Dann kommen Worte, die sich auf den Unfall beziehen, und 
zuletzt Worte, die sich auf die Rentenausprüche beziehen. Diese Versuche 
werden mehrmals wiederholt. Bei diesen Wiederholungen macht sich geltend, 
daß indifferente Worte meist mit demselben oder einem anderen passenden 
Reaktionswort beantwortet werden, ohne daß eine größere Schwankung der 
Reaktionszeit eintritt, während bei solchen Reizworten, die dem Unter¬ 
suchten gefährlich erscheinen, sehr oft eine Abänderung der Antwort und 
ein Schwanken in der Reaktionszeit erfolgt, besonders aber auch eine Ver¬ 
änderung des äußeren Verhaltens eintritt. Die Ursache kann darauf be¬ 
ruhen, daß mit Bewußtsein die zuerst auftretende Vorstellung unterdrückt, 
wird, oder daß durch starke Gefühlserregungen die erstmalige Verbindung 
verschwunden ist. Uber die genaueren Gründe der Abänderung gibt die 
nachträgliche Bewußtseinsanalyse Anhaltspunkte. 

Engelen und Rangette (31) geben nun die Resultate ihrer Versuche 
bei Unfallverletzten resp. Kriegsverletzten wieder. Nach Sichtung ihres 


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512 Trauma und Nervenkrankheiten. 

Beobachtungsmateriales ergaben sich vier Gruppen von Reaktionen, wobei 
Fälle von bewußter Simulation nicht berücksichtigt sind. 

1. Gruppe: Fälle der fortlaufenden Reaktionen. 

Bei indifferenten Reizworteu, wozu bei Simulation auch die auf den 
Unfall bezüglichen Worte gerechnet werden müssen, wird der Anweisung 
gemäß nur mit einem Wort reagiert. Bei kritischeu Reizworten werden aber 
mehrere Reaktionsworte hintereinander gesagt. Der Grund liegt daran, daß 
diese Worte einen lebhafteren Denkprozeß auslösen und ein einmal be¬ 
gonnener Denkprozeß die Tendenz hat, zu einem gewissen Abschluß zn 
kommen. Zu dieser Gruppe kann man auch jene Fälle rechnen, wo Versuchs¬ 
personen mit einem ganzen Satz antworten. Hier ist zu bemerken, daß 
einige Versuchspersonen fast stets einen ganzen Satz gebrauchen; hier kommt 
es nur darauf an, daß bei gewissen Wortgruppen zum Unterschied gegen 
andere Reizworte diese Reaktion sich hervorhebt. 

2. Gruppe: Fälle der „herrenlosen“ Reaktionen. 

Die Versuchsperson ist nicht imstande, auf ein zugerufenes Wort ein 
Reaktionswort zu finden. Ergibt sich, daß gerade bei aus einer bestimmten 
Gruppe gewählten Reizworten die Reaktionen häufig ausbleiben, so ist der 
Schluß erlaubt, daß es sich hier um kritische Reizworte handelt. Zu dieser 
Gruppe rechnen die Autoren auch alle jene Reaktionen, wo die Versuchs¬ 
person mit dem zugerufenen Reizwort selbst reagiert. Die Versuche haben 
ergeben, daß bei Leuten mit einem Intelligenzdefekt diese herrenlosen 
Reaktionen besonders häufig auftreten. Jedoch ist bei Intelligenzdefekt zn 
beachten, daß schlechtweg auf alle zugerufenen Reizworte entweder keine 
Antwort oder dasselbe Wort erfolgt, daß aber für die hier in Betracht 
kommenden Fälle nur bei gewissen Gruppen von Reizworten die Reaktionen 
ausbleiben. 

3. Gruppe: Fälle der widersinnigen Reaktionen bei sonst nor¬ 
malen Intelligenzleistungen. 

4. Gruppe: Gruppe der gemischten Fälle. 

Das Gesagte wird durch Anführung einiger Protokolle näher erläutert. 

In einem besonderen Aufsatze setzten Engelen und Rangette (30) das 
Wesen und die Ziele der Assosiationspsychologie in gemeinverständlicher 
Weise auseinander und legen dar, wie diese Methode gemeinsam mit der 
klinisch-neurologischen bei Unfallverletzten zu wichtigen Ergebnissen des 
Affektlebens, der Begehrungsvorstellungen usw. führen kann. 

Beyer (11) empfiehlt uiedrige Rente bei Kriegsverletzten, um möglichst 
die Zahl der Rentenneurotiker einzuschränken. 

In einem frisch geschriebenen Aufsatz weist Bing (14) noch einmal 
auf die Schwierigkeit der Unterscheidung hin, ob in einem gegebenen Falle 
von Unfallneurose nur Übertreibung oder Simulation vorliegt. Fast jeder 
Kranke übertreibt etwas, besonders der Neurastheniker und Hysteriker, selbst 
wenn gar keine Rentenanspriiche in Frage kommen. Er gibt Fingerzeige, 
wie man einen Tremor manuum oder pedum evtl, als einen künstlichen er¬ 
weisen kann. Die Zahl der wirklichen Simulanten sei verschwindend gering. 
Auch namhafte Autoren wie Brissaud, Strümpell, Bruns u. a. haben 
sich in ähnlicher Weise ausgesprochen. 

Unfallbegataclitangen and 'rechtspreebang. 

Horn (74) stellt bezüglich der Begutachtung nervöser Unfallfolgen 
folgende Leitsätze auf: 1. Bei den Unfallneurosen, deren Häufigkeit nicht 
zu überschätzen ist, spielt partielle Simulation mindestens in */ 6 aller Fälle 


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Trauma und Nervenkrankheiten. 


513 


«ine wichtige Rolle. Totale Simulation ist sehr selten. 2. Die Prognose 
nervöser Unfallfolgen ist im Falle der Kapitalabfindung eine durchaus gute, 
aber auch beim Renten verfahren nicht absolut schlecht, wenngleich ganz 
erheblich ungünstiger als bei Abfindung. 3. Die Abfindung zeitigt um so 
günstigere Ergebnisse, je schneller sie erfolgt. 4. Voraussetzung für den 
Abschluß eiues Falles ist vollkommene Klarstellung in klinischer Beziehung 
speziell hiusichtlich der Art der Unfallneurose (Schreckneurose, zerebrale 
oder spinale Kommotionsneurose, Neurose nach sonstiger lokaler Kontusion, 
Mischform). Auch das Vorhandensein disponierender Momente, kompli¬ 
zierender Erkrankungen und sekundärer, durch Rentenkampf (Rentenkampf- 
neuroseu) bedingter Schädlichkeiten ist in Rücksicht zu ziehen. 5. Bei ent¬ 
schädigungsberechtigten Privatpersonen ist außer in organisch komplizierten 
Fälleu unbedingt Kapitalabfindung anzustreben; in Haftpflichtprozessen ist, 
falls Abfindung nicht möglich, dem Gericht Festsetzung einer zeitlich be¬ 
grenzten, fallenden Rente, nicht Dauerrente vorzuschlagen. Im übrigen 
empfiehlt sich in strittigen Fällen Einberufung eines ärztlichen Schieds¬ 
gerichts aus je einem Vertrauensarzt und einem von diesem zu wählenden 
Obmann oder rechtsverbindliche Einigung auf einen einzigen unparteiischen 
Gutachter. 6. In organisch komplizierten Fällen, besonders bei posttrau¬ 
matischer Verschlimmerung von Arteriosklerose, Herzleiden, Tuberkulose, 
Diabetes mellitus usw. ist abwartendes Verhalten bzw. Rentenverfahren 
gelegentlich am Platze. 7. Die günstigsten Heilungsaussichten bieten die 
Schreckneurosen, die in mittelschweren, nicht komplizierten Fällen, im all- 
gemeiueu spätestens nach 2 Jahren völlige soziale Wiederherstellung er¬ 
warten lassen. Bei Kommotionsneurosen ist meist mit einem 3—5jährigen 
Verlaufe zu rechnen. Die Neurosen nach sonstiger lokaler Läsion heilen 
ebenfalls gewöhnlich in wenigen Jahren aus, .verlangen aber gleich wie alle 
übrigen Unfallneurosen strengste individualisierende Beurteilung. 8. Die 
durch unberechtigten Rentenkampf bedingten nervösen Störungen sind so¬ 
wohl bei Privatpersonen als unfallversicherten Arbeitern nicht als Unfall¬ 
folgen anzuerkennen und fallen juristisch eigenem konkurrierenden Verschulden 
zur Last. 9. Die erste Rentenfestsetzung bei Arbeitern mit Unfallneurose 
soll sich in mäßiger Höhe halten (etwa 30—60°/ 0 Teilrenten, nur in Aus¬ 
nahmefällen Vollrente). Wiederaufnahme einer regelmäßigen Betätigung ist 
das beste Mittel zur Bekämpfung nervöser Unfallneurosen und vor allem 
hypochondrischer Vorstellungen. 10. Übertragung des Abfindungungsver- 
fahrens unterschiedslos auf alle Fälle ist bei den gewerblichen Arbeitern 
noch verfrüht. Nach den bisherigen Erfahrungen ist aber Erhöhung der 
Abfindungsgrenze von 20 Prozent auf mindestens 33 1 / 8 Prozent der Voll¬ 
rente unbedenklich und im sozialen Interesse geboten. 

Horn (69) stellt als Ergebnis eigener und von anderen ausgeführten 
Erhebungen fest, daß die Heilungsaussichten der Unfallneurosen im Falle 
rechtzeitiger Kapitalabfindung ganz überraschend günstige sind, und daß die 
einmalige Kapitalabfindung hei uervösen Unfallfolgen diejenige Entschädigungs¬ 
art ist, die im Interesse des Patienten sowohl wie ii\ demjenigen des Haft¬ 
pflichtigen von jedem objektiv urteilenden Gutachter anzustrehen ist. Da 
nun nach § 843 BGB. nur der Verletzte berechtigt ist, den Antrag 
auf Kapitalabfindung anstatt einer Rente zu stellen, und von diesem Rechte 
im Verlauf des Prozesses nur selten Gebrauch gemacht wird, hält Horn 
eine Ergänzung jenes Paragraphen dahin für erforderlich, daß auch auf 
alleinigen Antrag des Haftpflichtigen hin dem Gerichte die Möglichkeit zur 
Zuerkennung einer Abfindung gegeben sein sollte oder die Art des Ent¬ 
schädigungsmodus (Rente oder Abfindung) ohne Rücksicht auf die Partei- 


berieht f. Neurologie u. 

b v Googfe 


Jahresbericht f. Nenrolog 

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Psychiatrie 1 ® 16 . 


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514 


Traum* und Nervenkrankheiten. 


anträge vollkommen dem freien richterlichen Ermessen Vorbehalten bliebe. 
Üm nun auch die langwierigen Haftpflichtprozesse mit ihren üblen Folgen 
für die Unfallverletzten zu verhindern, schlägt er bei Eisenbahnunfällen vor, 
in der Art, wie es bereits bei den Unfallversicherungsgesellschaften mit sehr 
gutem Erfolg geschieht, die Regelung der Entschädigungsansprüche einem 
ärztlichen Schiedsgericht anzuvertrauen, bestehend aus je einem Vertrauens¬ 
arzt des Patienten und des Haftpflichtigen und einem von beiden Vertrauens¬ 
ärzten zu wählenden Obmann. Um dies von der freien Vereinbarung unab¬ 
hängig zu machen, könne in der Eisenbahnverkehrsordnung, die ja u. a. auch 
das gegenseitige Vertragsverhältnis zwischen Fiskus und Fahrgast regelt, eine 
dahingehende Bestimmung — Unterwerfung bei Schadensfällen unter ein 
ärztliches Schiedsgericht — aufgenommen werden. 

Hom (70) veröffentlicht ein Gutachten, in welchem die Gutachter hin¬ 
sichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischon Unfall und Nervenleiden 
diametraler Ansicht waren; auch die Natur des Nervenleidens ist bis zuletzt 
strittig geblieben (Schädigung des N. cruralis durch Narbenbildung nach 
Trauma). Ebenso mußte die bestehende Arteriosklerose in den Kreis der 
Betrachtung gezogen werden, zumal der schließlich erfolgte Tod unter den 
Zeichen der Kreislaufstörung eintrat. 

Feilchenfeld (36) führt aus,, daß die Gegenüberstellung von Möglich¬ 
keit und Wahrscheinlichkeit in den meisten Fällen von Unfallfolgenbegut- 
achtungen vom ärztlichen Gesichtspunkte unzweckmäßig wäre und oft zu ver¬ 
kehrten Urteilen führe. Sie sei lediglich zulässig für die letzte Entschei¬ 
dung, ob unter Berücksichtigung aller Umstände eine größere Wahrschein¬ 
lichkeit für den Zusammenhang mit dem Unfall spricht. 

Zander (184) berichtet über einen Fall, in welchem eine nach Hirn¬ 
erschütterung zurückgebliebene Anosmie als Erwerbsbeschränkung nicht an¬ 
erkannt wurde. 

Es handelt sich in dem von Wollenberg (182) mitgeteilten Falle um 
ein durch Genuß von ekelerregendem, verdorbenem Wasser erzeugtes chro¬ 
nisches Aufstoßen und Erbrechen. Nach dem Gutachten des Autors handelte 
es sich aber nicht um die echte Ruminarion, sondern um Pseudorumin&tion, 
indem der Beschädigte zu den Individuen gehörte, die willkürlich einen 
erheblichen Einfluß auf die Magenentleerung auszuüben vermögen, und er 
dies tat, um durch Vortäuschung einer Gesundheitsschädigung eine Geld¬ 
entschädigung zu erlangen. 

Welz (170) entwickelt die Theorien über den sedes morbi beim Diabetes 
nnd bei den Glykosurien und behandelt das Trauma als ätiologischen Faktor. 
Den Schluß der Abhandlung bildet eine Auseinandersetzung, wann das Trauma 
sicher, wann es wahrscheinlich und wann es nicht als Ursache des Diabetes 
anzusehen ist. 

Ein Arbeiter — Beobachtung von Thiem (158) — erlitt durch Schlag 
einer Kuh eine schwere Darmverletzung, wegen der er sich mehrerer ein¬ 
greifender Operationen unterziehen mußte. Er war dann ziemlich invalide 
und litt über 6 Jahre an schweren Ernährungsstörungen infolge der durch 
den Unfall bewirkten * Darmaffektion. Er erkrankte dann schließlich an 
Herzstörungen und zeigte weiterhin Zeichen von geistiger Entartung, Schwindel, 
Gedächtnisschwäche und Verwirrtheit. Beide Leiden wurden auf Schlag¬ 
aderwandverhärtung der Kranzgefäße der Herzens bzw. der Hirngefäße 
zurückgeführt Patient ging schließlich an den Folgen zweier Schlaganfälle 
zugrunde. Der Autor, welcher zunächst ein längeres Referat über den der¬ 
zeitigen Stand der Lehre von der Arterioklerose gibt, hält im vorliegenden 
Fall einen Zusammenhang zwischen den direkten Unfallfolgen und dem durch 

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Trauma und Nervenkrankheiten. 


515 


Hirnblutung erfolgten Tode für gegeben. Er meint, daß die schweren Er¬ 
nährungsstörungen, unter denen der Patient über 6 Jahre dauernd gelitten 
hat, auch einen ungünstigen, fehlerhaften Ernährungszustand der Schlagader¬ 
wandungen herbeigeführt haben müssen und demgemäß zur vorzeitigen und 
außergewöhnlich schweren Entwicklung der Schlagaderwaudverhärtung wesent¬ 
lich beigetragen haben. Dazu komme noch eine funktionelle Überanstrengung 
des Gefäßgebietes durch nervöse Einflüsse, die sich nach dem schweren 
Krankenlager, welches Patient zu überstehen hatte, geltend gemacht haben. 

OÖrres (57) erkennt den Zusammenhang eines Unfalls mit dem Leiden 
der Muskeldystrophie in dem von ihm mitgeteilten Erkrankungsfalle darin, 
daß das Leiden, welches als kongenitale fehlerhafte Anlage bereits vor dem 
Unfälle in nicht merklicher Form vorlag, durch den Unfall zu den deutlichen 
Erscheinungen der Muskeldystrophie auswuchs. 

In einem Fall, wo 13 Jahre nach eingetretenem Unfälle das Bild der 
progressiven Muskelatrophie offenbar wurde, hat Thiem (156) den Zusammen¬ 
hang zwischen diesem Leiden und dem Trauma doch bejaht, weil eine 
Muskelabmagerung auch schon 1 Jahr nach dem Unfall beobachtet war, 
aber zu jener Zeit als Folge eines bestehenden Magenleidens angesehen 
worden ist. 


Rage (133) bespricht folgendes Unfallereignis: Ein 34jähriger Mann, 
disponiert zu Gesundheitsstörungen infolge von Korpulenz, Abus. spir. und nicot., 
geht beim Baden nach einigen Schwimmbewegungen mit einem Schrei unter; 
er wird bewußtlos aus dem Wasser gezogen. Bald nach den Wiederbele¬ 
bungsversuchen schrie er kräftig, war aber hinterher noch längere Zeit 
arbeitsunfähig; er behauptet, seit diesem Badeereignis dauernd um 50 bis 
60% in seiner Arbeitsfähigkeit behindert zu sein. Die Unfallversicherungs¬ 
gesellschaft lehnte Entschädigung ab, da der Betreffende infolge von Krampf¬ 
anfall untergegangen sei: bei Schlag-Krampfanfallen und deren Folgen ist 
Entschädigung ausgeschlossen. Landgericht und Oberlandesgericht bestätigten 
das ablehnende Verhalten der Gesellschaft. Das Reichsgericht indessen 
warf ein, daß wohl Krampfanfälle und deren Folgen von der Entschädigungs¬ 
pflicht ausgeschlossen sind, daß aber neben diesen, „im Innern des Körpers" 
entstandenen Vorgängen hier noch ein zweites Ereignis hinzukäme: „das 
Eindringen des Wassers in die Organe des Betreffenden“. Diesem Ein¬ 
dringen des Wassers in die Organe stehe der Betreffende unfreiwillig, plötz¬ 
lich gegenüber; es sei hierin ein entschädigungspflichtiges Ereignis, ein Unfall, 
zu sehen. Rüge wendet sich in längeren Ausführungen gegen die Gültigkeit 
dieses vom Reichsgericht angenommenen Standpunktes. 

Nach einem Unfall — Bruch mehrerer Brustwirbel mit nachfolgender 
schwerer Neurasthenie — entwickelte sich bei einem Unfallverletzten Zucker- 
hamruhr. Während andere Gutachter einen Zusammenhang zwischen dem Dia¬ 
betes und dem Trauma teils direkt verneinen, teils für unwahrscheinlich 
halten, setzt Rings (130) auseinander, warum er doch in diesem Falle einen 
Zusammenhang zwischen beiden für gegeben hält. 

Meisner (103) meint, es erscheine geboten, bei der Bemessung einer 
Entschädigung für verloren gegangene Arbeitsfähigkeit sich nicht lediglich 
nach der Arbeitsfähigkeit des durch einen Betriebsunfall Verletzten in seinem 
bisherigen oder neu zu ergreifenden Beruf zu richten, sondern auch die 
erreichte oder zu erreichende Anpassung eines nicht durch Betriebsunfall 
Verletzten für die Beurteilung seiner Arbeitsfähigkeit in Anspruch zu nehmen 
uud, solange eine Aussicht vorhanden ist, daß er die Anpassung eines nicht 
im Betriebe Verletzten erreichen kann, ihm die Entschädigung nur auf Zeit 


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Allgemeine Therapie. 


zuzusprechen und auch da9 unter Umständen nur mit entsprechender jähr¬ 
licher Abstufung ihrer Höhe. Dieser Leitsatz, wie die Anpassung bei den 
einzelnen Verletzungen am zweckmäßigsten erreicht werden kann, wird nun 
näher ausgeführt. Am hartnäckigsten widerstreben die Rentenneurotiker der 
Anpassung. Bei der Mehrzahl dieser Leute findet die Belehrung einen 
dankbaren Boden für die Anpassung, wenigstens dann, wenn es gelingt, sie 
den Einflüssen von allerhand unberufenen Aufhetzern zu entziehen. Im 
großen ganzen aber werden sich die Bestrebungen nutzlos erweisen, wenn 
dem Verletzten nicht die Gelegenheit zur Arbeit geboten wird. 

Jolly (80) bespricht die Dienstfahigkeit und Rentenfrage bei nerven¬ 
kranken Soldaten, und zwar bei solchen mit peripherischen Lähmungen, mit 
zentralen Lähmungen, mit epileptischen Krampfanfällen, mit Schädelschüssen, 
mit Tabes dorsalis und Paralyse, Lues cerebri, Epilepsie, Hysterie, mit 
funktionellen Lähmungen und Zwangshaltungen, bei den Neurasthenikern, 
Psychopathen und Alkoholi9ten, Imbezillen und schließlich bei den Geistes¬ 
kranken. Das Krankheitsbild der traumatischen Neurose als ein besonderes 
lehnt der Autor ab. 


Allgemeine Therapie. 

Ref.: San.-Rat Dr. S. K a 1 i s c h e r - Schlachtensee. 

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3. Balassa, Ladislaus, Über das Dial-Ciba als Schlafmittel. Gyögyazsat. No. 6. 
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(Der Titel besagt den Inhalt.) 

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10. Bruhns, C., Über Unklarheiten und Unvollkommenhoiten unserer Syphilistherapie, 
zugleich ein Beitrag zur Frage der Syphilisprophylaxe. Klinischer Vortrag. B. klin. W. 
No. 41. S. 1058. 

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Ganglion for Relief of Trigeminal Neuralgia. Bull, of the Johns Hopkins Hosp. Jan. p. 1. 

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Allgemeine Therapie. 


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Ärztl. Rdsch. No. 5—7. p. 34, 41, 49. 

26. Fabry und Fischer, A., Über ein neues Salvarsanpräparat: „Salvarsannatrium“. 
M. m. W. No. 18. p. 612. 

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30. Fischer, Bernhard, Über Todesfälle nach Salvarsan. D. m. W. No. 31—33. p. 908, 
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518 


Allgemeine Therapie. 


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Allgemeine Therapie. 


521 


165. Zadek, J., Ein Todesfall nach intralumbaler Neosalvarsaninjektion. M. Klin. No. 22. 
p. 617. 

166 Zuelzer, G., Glycerinphosphorsauree Magnesium (Merok) als Ersatz für Magnesium- 
sulfat bei der Behandlung des Tetanus. B. kl. W. No. 26. p. 689. 

ln der medikamentösen Therapie nehmen die Arbeiten über Mineral* 
salze nnd speziell Kalzium und Magnesia einen großen Platz ein. Letzteres 
ist namentlich beim Tetanus vielfach mit Erfolg angewendet. Unter den 
Nervinis werden von Adalin weiter gute Wirkungen verzeichnet. Einige 
neue Morphiumersatzpräparate dürften noch nicht genügend erprobt sein. 
Die Arbeiten über Salvarsan bringen nichts wesentlich Neues. Die intra¬ 
spinale Anwendung salvarsanischen Serums hat noch keine sicheren, ein¬ 
wandfreien Erfolge gezeitigt. 


Nährmittel. 

Fehsenfeid (29) berührt kurz die bekannten, enggezogenen Grenzen 
des Alkohols als Heil- und Nahrungsmittel. Dann geht er zur Beantwortung 
der Frage über, wie weit die alkoholfreien Ersatzgetränke folgende 4 Be¬ 
dingungen erfüllen: 

1. Unschädlichkeit. 2. Nahrungswert. 3. Sind sie Genußartikel? 
4. Sind sie nicht zu teuer? 

Die beiden ersten Bedingungen sieht Verf. durch die verschiedenen 
technischen Methoden (Wasserentziehung und Sterilisierung) erfüllt. Ein 
wirksames Nahrungsmittel sind solche Getränke wegen ihres großen Gehalts 
an Stoffbildnem: Zucker und Mineralstoffen. — Die Eigenschaft als Genu߬ 
mittel beeinträchtigt die starke, auf die Dauer dem Geschmack widerstehende 
Süßigkeit. — Schließlich müßten die Ersatzgetränke noch verbilligt werden. 

Psychologisch käme noch der weit verbreitete Aberglaube in Betracht, 
Alkohol gehöre einmal zur Geselligkeit. Dann die Ansicht, mäßiger Alkohol¬ 
genuß schade nicht, während bei vielen Menschen vom ärztlichen Standpunkt 
Alkohol überhaupt zu verbieten sei. 

Mit dem Namen „Kaffeol“ bezeichnete zuerst Erdmann die Röst¬ 
stoffe des Kaffees, die als gleichartige Stoffe neben dem Koffein fungieren 
sollen. Grafe (44) hat, nach Ausscheidung des Koffeins, in chemisch-kom¬ 
plizierter Weise und unter Zuhilfenahme des J. Traubeschep Stalagmo- 
meters diese Röststoffe untersucht. Die oberflächenspannungerniedrigende 
Wirkung auch der Kaffeezusatzstoffe erhärten nach Verf. Traubes Meinung, 
daß nicht das Koffein, sondern die im Kaffeol enthaltenen ätherischen Öle 
einen wesentlichen Teil der Wirkung des Kaffees ausmachen. 


Mineralsalze, Kalzium, Magnesium. 

Grabley (43) hält es für notwendig, den Mengen Eiweiß, Kohlehydrate 
und Fett, das unsere Nahrung enthält, noch energieauslösende Mineralsstoffe 
hiuzuzusetzeu. Während für Emmerich und Loew die Kalkzufuhr das 
Wichtigste darstellt, will Verf. außerdem eine geringe Menge Magnesium¬ 
superoxyd (als kräftigen Katalysator für den Verdauungsmechauismus) nicht 
missen. Er hat ein Gebäck mit einem Mineralsalzgemisch herstellen lassen, 
in dem auf 1 kg Teig 10 g des Gemisches entfallen. 

Kalisalze und Magnesia sind, wie Loew (83) ausführt, in allen 
Nahrungsmitteln überreichlich resp. reichlich vorhanden. Kalksalze Anden 
sich nur in Gemüsen und Milch. Deshalb ist besondere Kalkzufuhr von 


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522 


Allgemeine Therapie. 


Wert. Wichtigkeit der Kalktherapie! Dem Eigenbedarf genügt für ge¬ 
wöhnlich gemischte Nahrung. Durch Kochsalzzusatz zur Nahrung wird etwas 
Natriumbikarbonat für das Blutserum gebildet. Für die Bildung von 
Natriumbikarbouat am günstigsten sind Gemüse, Kartoffeln, Obst und Milch. 

Der Kalkgehalt der Weichteile, trotz seiner geringen Meuge eine große 
Bolle spielend, erklärt sich nach Emmerich und Loew (25) aus dem nach- 
gewiesenen Kalkgehalt der Zellkerne. Die Vielseitigkeit der Kalktherapie wird 
hierdurch begreiflich. Durch gewisse einseitige Ernährung kann in verschie¬ 
denen Organen Unterernährung entstehen. — Besonders bewährt unter Kalk¬ 
verbindungen haben sich Calcium chlorat. ciystallisat. (2—3 g pro die) und 
Calcium lacticum (3—5 g pro die). Das erstere Präparat eigne sich, wo 
zugleich die Magenverdauung gefördert werden soll, das zweite bei Neigung 
zn Azidosis. Erhöhte Kalkzufuhr ist während der Graviditäts- und Lakta¬ 
tionsperiode der Frauen durchaus geboten. 

Diese Arbeit von Loew (82) deckt sich inhaltlich mit der erwähnten 
von Emmerich und Loew in der Ärztlichen Rundschau Nr. 3. 

Loew (84) macht in dieser Arbeit auf die erstaunliche Vielseitigkeit 
der Kalktherapie aufmerksam. Auch für die Weichteile spiele der Kalk¬ 
gehalt trotz der geringen Quantität eine große Rolle. Zur Erklärung und 
Beweisführung zieht Verf. physiologisch-chemische Versuche heran. In der 
Tektonik des biologisch so wichtigen Zellkernes spiele der Kalkgehalt auch 
eine Rolle, da der Kern bei Zusatz - kalklösender Stoffe (Kaliumoxalat) 
schrumpft 

Das Mg- und Ca-Ion wird hier von Schütz (130) durch Tierexperimente 
in seiner Wirkung geprüft. Diese beiden Jonen bilden das chemische Kri¬ 
terium der sogenannten erdigen Mineralwässer, die als Heilquellen schon 
lange benutzt werden. Das Magnesium Ion ist selbst, wenn cs in geringen 
Konzentrationen im Blute vorhanden ist, imstande, einen narkoseähulichen 
Zustand hervorzubringen. Die Parese bei der Mg-Narkose läßt sich durch 
Strychnin vorübergehend durchbrechen. Es gelingt, die durch die gleich¬ 
zeitige oder vorherige Ca-Zufuhr bewirkte relative Mg-Festigkeit durch 
Natriumoxalat wieder aufzuheben. Das Ca-Ion bewirkt eine deutliche, wenn 
auch geringe Herabsetzung der Körpertemperatur. 

Chlorkalziumkompretten sind Tabletten, die über den schlechten Ge¬ 
schmack des Chlorkalziums hinweghelfen. Sfiifert (131) bezeichnet sie als 
glücklichste Lösung für die Darreichung des Chlorkalziums. 

Über die Erfolge bei nervösem Schnupfen, Heufieber, sowie bei anderen 
Krankheiten könne Verf. erst nach längerer Beobachtung seiner Kranken 
urteilen. 

Hilz (55) räumt ein, die Frage der Magnesiumnarkose' und ihrer Er¬ 
folge sei für allgemeine Anwendung in der Veterinärpraxis noch nicht genügend 
spruchreif. Die reine Magnesiumnarkose (auch bei subkutaner Anwendung) 
eigne sich am ehesten für kleine Haustiere bei kurzen, schmerzhaften Ope¬ 
rationen. In Anbetracht der Kostspieligkeit dieser teuren Mittel könnte die 
Tatsache des potenzierten Synergismus bei Magnesium und anderen Schlaf¬ 
mitteln von Wert sein. 

Znelzer ( 166 ) empfiehlt statt des Magnesiumsulfats das glyzerinphosphor¬ 
saure Magnesium (Merck) bei Tetanus. Es verursacht eine ganz unbedeu¬ 
tende Blutdrucksenkung. Intravenöse wie intramuskuläre Injektionen werden 
gut vertragen (10 ccm einer 25proz. Lösung). Die Wirkung ist eine fast 
augenblickliche. Schwere Krämpfe hören sehr sohuell auf, und in mittel- 
schweren genügt es, alle 3—4 Stunden je 10 ccm intramuskulär oder 
intravenös zu injizieren, um die Krämpfe vollkommen latent und den 


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Allgemeine Therapie. 


523 


Patienten fast schmerzfrei zu halten. In schweren Fällen ist die intralnmbale 
Injektion (5 ccm) wirkungsvoller. ( Jacobsohn.) 

Die Gesetze des Wirkungsmecbanismus der lähmenden Magnesium- 
sulfatwirkung gelten, wie sich Straub (142) überzeugte, auch für den 
Menschen, denn 500 ccm = 15,0 g, in 1 Stunde einströmend, sind wirkungs¬ 
los, aber 10U ccm = 3,0 g derselben Lösung in 2 Minuten sind wirksam. 
Die im Krampf befindliche Muskulatur wird vor der normalen gelähmt, und 
zwar nicht vollständig, sondern nur bis zu ihrer normalen Funktionsfähigkeit. 
St. gibt den Patienten intermittierend das Magnesium. Die nötige Dosis 
muß in jedem Falle ausprobiert werden. Es wurdeu bisher Mengen zwischen 
50 und 150 ccm in 2 Minuten pro Infusion verwendet. Die Ausscheidung 
des Magnesiumsulfats erfolgt durch den Urin vollständig. (Jacobsohn.) 

Straub (141) kommt auf Grund experimenteller Untersuchungen über 
Magnesiumsulfat zu folgenden Ergebnissen: 1. Die subkutane Injektion (bzw. 
die intramuskuläre) einer unvermeidlich hochkonzentrierten Lösung von 
Magnesiumsulfat ist die unsicherste Art der Einverleibung der Substanz; 
einmal weil die Erreichung der optimalen Resorptionsgeschwindigkeit un¬ 
sicher ist, dann aber, weil bei der bestehenden leichten Ausscheidbar- 
keit des Magnesiumsulfates besten Falles nur ein kurzdauerndes Maximum 
des motorischen Innervationsblockes zu erwarten ist. Demnach werden nur 
leichte Fälle von spontanbleibendem Tetanus vorübergehend gebessert werden 
können. 2. Die intravenöse Infusion des Magnesiumsulfates ermöglicht eine 
Dauerwirkung auf die motorischen Nervenendigungen in den Muskeln. Es 
steht nichts dagegen, diese Wirkung in gewünschter Tiefe viele Stunden 
lang zu unterhalten. Sie hat Aussicht, beim schweren Tetanus zu nützen, 
insofern der Patient vor dem Erschöpfungstod durch die Krämpfe geschützt 
werden könnte. Damit wird Zeit gewonnen für den natürlichen Heilungs¬ 
prozeß durch Giftbiudung bzw. Antitoxinbildung. Es ist nicht von der Hand 
zu weisen, daß der endliche Herztod der Tetaniker mit den ungeheuren 
Muskelleistungen beim Krampfe in Beziehung steht. 3. Die intralumbale 
Applikation steht zwischen 1 und 2. Ihr Effekt ist von längerer und gleich¬ 
mäßigerer Dauer als der der subkutanen Applikation. Beim schweren 
Tetanus wird die Ausführung der Lumbalpunktion keine leichte Sache, ihre 
systematische Wiederholung noch schwieriger sein. Die Behebung der Folgen 
einer Überdosierung ist unsicher. (. Jacobsohn .) 

Schütz (129) konnte heim Studium der Magnesiumnarkose bei Kaninchen 
eine weitgehende Senkung der Körpertemperatur feststellen. Diese Ein¬ 
wirkung auf die Körpertemperatur stellte den feinsten quantitativen Indikator 
für die Magnesiumwirkuug dar. (Jacobsohn.) 

Kocher (70) spricht sich dahin aus, daß die Magnesiumsulfatbehandlung 
im Gegensatz zur Serumbehandlung, die der prophylaktischen Indikation 
genüge, die kurative Methode sei, daß sie in der jetzigen Anwendungsweise 
u. a. kombiniert mit Äthernarkose keine Gefahren mehr biete. 

Die Arbeit bespricht eingehend Mengen und Anwendungsweise. 

(Cordes.) 

Im Gegensatz zu Straub kommt Mansfeld (91) durch seine ex¬ 
perimentellen Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß die Wirkung des 
Magnesiumsulfats eine vorwiegend narkotische ist. Alle Schlafmittel erfahren 
ferner durch selbst unwirksame Magnesiumdosen eine gewaltige Verstärkung 
ihrer Wirkung und die antagonistische Wirkung von Kalzium versagt bei 
diesen kombinierten Narkosen. (Jacobsohn.) 

Nach Bürgi (12) wirken die Magnesiumsalze peripher lähmend auf 
motorische und sensible Nerven und sie sind auch zentrallähmende Sub- 


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Allgemeine Therapie. 


stanzeu, mithin eigentliche Narkotika. Beim Tetanus wird Magnesium intra¬ 
lumbal, intramuskulär oder subkutan angewandt und wirkt symptomatisch 
Anzahl und Intensität der Anfälle vermindernd. Neben dem T.-Serum an¬ 
gewandt, kann M. beim Tetanus richtig lebensrettend wirken, da hier der 
Tod u. a. auch durch die. zunehmende Erschöpfung (infolge der Kontraktionen) 
herbeigeführt wird. 

Reingraber (120) hat einen Fall von Tetanus nach der von Meitzer 
angegebenen Methode mit Magnes. sulfur. subkutan behandelt. Es bandelt 
sich um einen mittelschweren Fall bei einem 7 jährigen Jungen. Durch 
große Dosen Magnesium konnten Zahl und Heftigkeit der Anfälle verringert 
werden. 

Einzeldose pro kg Köpergewicht 0,21—0,22 g Magnes. sulfur. Es 
wurden 20—25% Lösungen (in Wasser) verwendet Außer Magnesium 
wurde nur noch Opium gegeben, u. z. wenn seelische Erregung des Knaben 
es gebot. 

Januschke und Masslow (64) fanden 1. daß Kalziumionen in hohen 
Dosen im akuten Versuch nicht fähig sind, die Krampfzentren im Großhirn, 
Medulla oblongata und Rückenmark oder die motorischen Nervenendigungen 
in der Skelettmuskulatur zu beruhigen. 2. Daß die Kombination von Kal¬ 
ziumionen und Bromionen im akuten Versuch nicht mehr als Brom allein leistet 
(Die durch Bromkalzium beruhigten motorischen Nervenzentren sind die¬ 
selben wie bei Bromnatrium, und Wirkungsgrad und Wirkungsdauer sind bei 
beiden Salzen identisch.) 3. Daß Angriffspunkte für die akute Bromwirkung 
gewisse motorische Zentren in Großhirn und Medulla oblongata sind, jedoch 
nicht dio geprüften motorischen Zentren im Rückenmark oder die motorischen 
Nervenendigungen in der Skelettmuskulatm. (Die sensiblen Zentren der 
Reflexbögen werden bei Meerschweinchen durch Bromionen beruhigt, bei 
Kaninchen hingegen nicht.) 4. Daß bei den mit Kalksalzen vorbehandelten 
Meerschweinchen des öfteren eine Resorptionshemmuug von subkutan inji¬ 
zierten Krampfgiften zu beobachten ist. (Jacobsohn.) 

Issekutz (63) hat Magnesiumsalze bei verschiedenen Tierspezies sub¬ 
kutan, intravenös und intramuskulär injiziert. Es ergab sich, daß die 
Magnesiumsalze bei sämtlichen Tieren sowohl die motorischen Nervenendi¬ 
gungen, als auch das Zentralnervensystem beeinflussen. Unterschiede er¬ 
geben sich bezüglich Stärke und Reihenfolge der Wirkungen. Bei den 
Fröschen dominiert die Lähmung der motorischen Nerveneudigungen; der 
Einfluß auf das zentrale Nervensystem ist so gering, daß diese lähmende 
Wirkung überhaupt nicht zustande kommt, weil die wirksame Dosis Herz¬ 
lähmung verursacht. Bei Kaninchen ist die Wirkung abhängig vom Ver¬ 
hältnis, in welchem der Kalzium- und Magnesiumgehalt der Nahrung stehen. 
Überwiegt der Magnesiumgehalt, so dominiert die lähmende Wirkung auf 
die motorischen Nervenendigungen; bei vorherrschendem Kalziumgehalt über¬ 
wiegt die Lähmung des Zentralnervensystems, und nimmt die Reizbarkeit 
der motorischen Nervenenden nur um weniges ab. Bei Katzen und Hunden 
überwiegt der Kalziumgehalt der Nahrung, und es kommt stets zu einer 
zentralen Lähmung mit geringer Beteiligung der motorischen Nervenenden. 

( Hudovemig .) 

Tar (146) bat die Injektionen von Magnesiumsulfat bei Scbußverletzungen 
der Nerven oder ihrer allernächsten Umgebung versucht, wenn ausstrahlende 
spontane Nervenschmerzen oder Druckschmerzhaftigkeit derselben bestand. 
In diesen Fällen müssen 10—30 ccm einer 10 prozentigen Lösung injiziert 
werden, am besten direkt auf den kranken Nerv; Injektion distal oder 
proximal von der Erkrankung des Nerven siud gleichfalls wirksam, doch 


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Allgemeine Therapie. 


525 


bleibt jede Wirkung aus, wenn die Injektion an einer anderen Stelle erfolgt. 
1—2 Stunden nach der Injektion besteht erhöhte Schmerzhaftigkeit, welche 
auf Pyramidon prompt schwindet, und es resultiert eine mehrtägige Schmerz¬ 
losigkeit. Ebenso applizierte Injektionen von physiol. Kochsalzlösung sind 
von viel geringerer schmerzstillender Wirkung. Die Wirkung ist bloß sym¬ 
ptomatisch, und handelt es sich nur um eine Herabsetzung der Nerveu- 
reizbarkeit. Die Injektionen müssen in 2—6 tägigen Intervallen wiederholt 
werden. Auch in 5 Fällen von Neuralgie hatte Verfasser gute Erfolge, doch will 
er über diese kein endgültiges Urteil abgeben, während seine Beobachtungen 
an 66 Schußverietzungen ihn zur Empfehlung des Verfahrens drängen. 

(Hndovernig.) 


Baldrianpräparate. 

Friedländer (35) empfiehlt das Nervagenin (Produkt der Baldrian¬ 
wurzel, und zwar einer echten Harzer Gebirgswurzel) wegen seiner viel¬ 
seitigen Verwendbarkeit sowohl für den Nervenarzt wie für den internen 
und Frauenarzt. 

Ollendorff (108) empfiehlt bei nervösen Zuständen das Valbromid, 
welches 40% Bromsalz und 10% Valerinaextrakt enthält. {Jacobsohn.) 

Topp (161) empfiehlt das Terpazidbad resp. Einreibungen mit Terpazid 
(ein Kampferderivat) bei Muskelrheumatismus, Lumbago, Ischias usw. 

{Jacobsohn.) 


Brompräparats. 

Nach Geyer’s (40) Erfahrungen zeitigt Phenoval ebensowenig bei 
längerem Gebrauch Gewöhnung, wie andere gute Brompräparate. — Ferner 
ist es ein harmloses Mittel gegen Kopfschmerz; beeinflußt günstig — syste¬ 
matisch verabreicht — nervöse und neurasthenische Zustände. In je einem 
Fall auch guter Erfolg bei klimakterischen Beschwerden und Dysmennorrhöe. 

Mayer (96) hat das Sedobrol bei nervösen Krankbeitszuständen als 
ein brauchbares Mittel erprobt und ist der Ansicht, daß es in seiner hand¬ 
lichen, originellen und wirksamen Verwendungsform noch viele schöne Er¬ 
folge verspricht. Dosierung V-/ 2 — 2 l / 2 Tabletten, Tagesdosis 3 bis höchstens 
4 Tabletten. 

Gensler (38) experimentierte bei Hunden mit Neuronal (Brom- 
diäthylazetamid), weil dieses als Schlafmittel sich bewährt, und von der 
Tatsache ausgehend, daß Schlafmittel bei Aufregungszuständen von Patienten 
in weit größeren, als normalen Mengen vertragen werden. 

0,1 g Neuronal pro Kilo Körpergewicht genügt, um bei Hunden 
ruhigen Schlaf von 4—7 Stunden zu erzeugen. Bei 0,26 g Neuronal ist 
die Hypnose verschärft, der Narkose genähert. — Analyse des entbluteten 
Gehirns — 2 Stunden nach Eingabe des Mittels — ergab auffallend kon¬ 
stanten Neuronalgehalt. 

Bei künstlich hervorgerufenen Aufregungszuständen versagte die hyp¬ 
notische Wirkung der gewohnten Dosen. 

Quantitative Analyse ergab bei Aufregungszuständen höheren Neuronal¬ 
gehalt des Gehirns; d. h. die Anziehungskraft des erregten Gehirns für 
Neuronal verhält sich zum normalen wie 2,6 zu 1,93. 

Die Wirkuugslosigkeit ist also nicht durch ein geringeres Eindringen 
des Hypnotikums ins Gehirn zu erklären. Der Aufregungszustand ist als 
funktioneller Antagonist der Hypnose aufzufassen. 

Tierversuche führten Gensler (39) zu folgendem Ergebnis: Das Gehirn 
besitzt von allen Körpergeweben die relativ größte Adsorptionsfähigkeit für 


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Allgemeine Therapie. 


die Hypnotika der Fettreihe. Die absoluten, vom Gehirn aufgenommenen 
und die Narkose bedingenden Mengen sind dagegen sehr gering; sie be¬ 
tragen im Mittel 1,4% der resorbierten Menge des Schlafmittels. 

Stärkeverhältnis unter den 3 Hypnotika. 

0,1 g Neuronal 1 pro kg Körpergewicht erzielten annähernd 

0,25 g Bromural und Adalin J gleich tiefe Schlal'dauer und -tiefe. 

ln ihren Untersuchungen über den Einfluß der Erlenmeyersehen 
Bromidmischung und des Kodeins auf experimentell erzeugte Krämpfe 
kamen Januschke und Masslow (65) zu folgenden Resultaten: 1. Die Erlen - 
mey ersehe Mischung bewirkt intravenös schon in kleinsten Dosen heftige 
Krämpfe und Exitus letalis (Ammoniumwirkung). 2. Die Angriffspunkte für 
die krampfstillende Wirkung der Erlenmeyerschen Bromidmischung (Br 
Na, BrK, BrNH 4 ) sind mit denen des Bromnatriums nicht völlig identisch: 
a) Im akuten Versuch bei subkutaner Injektion werden bloß die Krampf- 
zentren des Kampfers in der Medulla oblougata geschützt, die Kokainzentren 
des Großhirns hingegen nicht, b) Bei chronischer Darreichung der Erlen¬ 
meyerschen Mischung per os werden die geprüften motorischen Zentren 
der Hirnrinde und der Medulla oblougata geschützt, die Pikrotoxinzentren 
des Rückenmarks jedoch nicht, c) Ein hemmender Einfluß auf die sensiblen 
Neurone der Rettexbogen und auf die motorischen Nervenendigungen der 
Skelettmuskulatur fehlt bei der Erlenmeyerschen Mischung ebenso wie 
beim Bromnatrium. 3. Der Schutz der Erlenmeyerschen Mischung auf die 
Krampfzentren der Medulla oblongata ist quantitativ nicht größer als bei 
Bromnatriura. 4. Die Erlenmeyersche Mischung bietet also im Tier¬ 
versuch weniger als Bromnatrium. 5. Kodein vermag die Tiere gegen 
keines der untersuchten Krampfgifte zu schützen, sondern wirkt eher krampf¬ 
steigernd. Der günstige Einfluß von Kodein und ßromnatrium bei manchen 
epileptischen Menschen ist daher wahrscheinlich auf die Beruhigung von 
Unlustaffekten (Angst, Schreck) zu beziehen. {.Jacobgohn.) 

Nervlna. 

Freund (34) berichtet über 2 Fälle, wo Adalin Monate hindurch, ohne 
irgendwelche Störungen hervorzurufen, genommen wurde. 

Nach Golm (42) kann man getrost ein Vielfaches der gewöhnlichen 
Dosis Adalin (0,6 g) verordnen. 9 g innerhalb einer Stunde genommen, 
verursachte 30 ständigen Schlaf, aber keine Schädigungen. Als Haupt¬ 
domäne des A. werden bezeichnet: Chron. Schlaflosigkeit infolge neurasthe- 
nischer Beschwerden, Hysterie, Herzneurosen, motor. Erregungen. Weiter 
alle Fälle, wo üble Nachwirkung und Angewöhnung stärkerer Mittel droht. 

Diogenal stellt eine Diäthylbarbitursäure mit einer Dibrompropyl- 
gruppe dar und ist, wie Streblow (143) bemerkt, viermal weniger toxisch, 
als Veronal. Es bewährte sich dem Verfasser gegen viele nervöse Reiz¬ 
affektionen und als Hypnotikum. Es ließ sich gut und leicht unbemerkt 
darreichen. Keine kumulierende Wirkung bei protrahiertem Gebrauch. 

Unter anderem führt St. einen durch D. günstig beeinflußten Fall 
an, wo Morphium und Veronal versagt hatten. 

Becker (7) empfiehlt Luminal (0,2) bei schwerer Epilepsie, wo man 
mit Brom keine Wirkung mehr erzielt, ferner hat er gutes von Dial als 
Schlafmittel bei Psychoneurosen gesehen. ( Jacobgohn ..) 

Ein aus den Orangen blättern in Tablettenform hergestelltes Präparat, 
das Foligan, scheint nach klinischen Versuchen von Friedländer (36) leichte 
sedative Wirkung zu haben. ( Jacobgohn .) 


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Allgemeine Therapie. 


527 


Narkotika- 

Die Ansichten über die pharmakologische Wirkung des Opiums und 
seiner Derivate haben, wie Bürgi (13) ausführt, eine Wandlung erfahren. 
Wie Verf. annimmt, hat jedes Opiumalkaloid 2 zentrale Hauptwirkungen, 
eine lähmende, vom Großhirn nach unten fortschreitende, und eine erregende, 
vom Rückenmark nach aufwärts ziehende. Tier und Mensch zeigen im 
Morphiumschlaf neben dem lähmenden häufig auch den erregenden Effekt 
der Substanz. Für die Praxis wird daraus gefolgert, daß der mit M. be¬ 
handelte Kranke im dunklen Zimmer unter Fernhalten von Geräuschen usw. 
gelassen werden muß. Bürgi behandelt dann im einzelnen die verschiedenen 
Wirkungen der Derivate; Kodein, Dionin, Heronin, Peronin und besonders 
des Pantopons. Dieses ist ein chemisch reines, von seinen Ballaststoffen 
befreites Opium. Da auch morpheinfreies P. erhältlich war, konnten die 
Wirkungen 1. sämtlicher Opiumalkaloide, 2. derselben ohne Morphium, 
3. das Morphium allein studiert werden. Opium (s. Pantopon) löst den 
Brechakt weniger leicht und häufig aus als Morphium; ebenso ist die 
Lähmung des Atmungszentrums durch Opium (Pantopon) geringer. Am 
stärksten stopfend wirkt Morphium, dann Opium resp. Pantopon, am wenigsten 
morphinfreies Pantopon. 

Die Kolb’sche (72) Arbeit ist eine Wiederholung der in der Dstcb. 
med. Woch. Nr. 29 niedergelegten. 

In den hydrierten Morphinverbindungen sieht Kolb (71) wichtige 
Ersatzpräparate des Morphins, die diesem deshalb vorzuziehen seien, da 
sie gar keine oder nur in sehr geringem Maße Gewöhnung hervorriefen. 
Diacetyldihydromorphiu würde in jeder Applikationsart vertragen (0,02 D. 
entsprechen 0,01 Morph.), Dihydromorphin nur subkutan (0,01—0,02 D. 
entsprechen 0,01 Morph.). 

Mekonal ist nach Schmidt (127) eine Zusammensetzung von Morph, 
hydr. 0,003, natr. diaethylbarbitur. 0,15 und Acid. acetylosalicyl. 0,3 und 
enthält zudem Geschmackskorrigentien. 

Mekonal bewähre sich zugleich als Schlaf- wie Beruhigungsmittel, so bei 
Tbk., Ca, Tabes, Polyneuritis alkoholica, Asthma bronchiale, Pneumonie. 
Keine üblen Nebenwirkungen. Das Aspirin hebe den nach Morph, gewöhn¬ 
lichen Jammerzustaud auf. 

Thomson (149) hat in dem Akonit ein Mittel gefunden, das er zur 
Herabsetzung des Blutdrucks für viel geeigneter hält, als z. B. das Amyl- 
nitrit und seine Gruppe, dessen Wirkung zu drastisch sei, Attaken von 
Angina pectoris herbeiführe und in seiner gefäßerweiternden Wirkung schnell 
nachlasse, in weniger als einer Stunde. Akonit, in großen Dosen, setze 
den Blutdruck schnell herab, erzeuge einen vollen und leicht zu unter¬ 
drückenden Puls, wirke nachhaltig und vermehre die Harnausscheidung bei 
interstitieller Nephritis. 

Thomson gab 10 Tropfen einer 35prozentigen Lösung 4mal pro die. 

Thigasin ist eine Thigenolsalbe, der u. a. als anästhesierender Stoff 
Azetonchloroform zugesetzt ist Walther (157) hat es in Form von Salben¬ 
aufschlägen oder Salbenverbänden bewährt gefunden bei Pruritus, speziell 
in einem hartnäckigen Fall von Pruritus diabeticus und auch bei Kraurosis 
vulvae. Bei Rhagaden am Anus und Hämorrhoiden wirkt Th. schmerz- und 
juckstillend. 

Serejski (132) empfiehlt das Diogenal (ein Derivat des Veronals, aber 
ohne dessen Giftigkeit) als gutes Sedativum 0,5 g und leichtes Hypnotikum 
1,0 g. ( Jacobsohn .) 


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528 


Allgemeine Therapie. 


Spritzt man einem Tiere zuerst N-Allylnarkodein ein, so ist, wie aus 
Versuchen von Fohl (114) hervorgeht, Morphin hinterher selbst in außer¬ 
ordentlich großen Gaben (0,5 g) völlig wirkungslos auf die Atmung; für 
Heroin ist das N-Allylnarkodein von gleicher Wirkung. Bei gleichzeitiger 
Darreichung von N-Allylnarkodein und Morphin kommt die Morphin Wirkung 
nicht zur Entwicklung. Ja selbst die geringe Dosis von 0,005 g N-Allyl¬ 
narkodein ist imstande, die Wirkung von 0,03 g Morphin zu mindern. Hier¬ 
mit ist erwiesen, daß die Gefahren auf die Atmung, welche das Morphin 
ausübt, durch kleine Dosen von N-Allylnarkodein abgeschwächt werden 
können. {Jacobsohn.) 

Um über das Wesen potenziert synergischer Arzneiwirkungen Aufschluß 
zu gewinnen, prüfte M&nsfeld (92), ob eine Narkose, die durch 2 in unter¬ 
schwelliger Dosis verabreichte Narkotika erzielt war, auch daun fortbesteht, 
wenn man das eine Narkotikum ausschaltet. Nachdem ein potenzierter 
Synergismus zwischen MgS0 4 und Urethan nachgewiesen war, konnte gezeigt 
werden, daß eine Mg-Urethanuarkose auch dann unverändert fortbesteht, wenn 
man die Mg-Wirkung durch CaCl 2 ausschaltet, wenn also eine so geringe 
Urethandosis zur Wirkung gelangt, welche, allein verabreicht, niemals eine Nar¬ 
kose herbeiführen kann. Hieraus schließt der Autor, daß die potenzierende 
Wirkung des Mg darauf beruht, daß sie die Verteilung des Urethans im 
Organismus derart ändert, daß mehr Urethan iu die giftempfindlichen Ele¬ 
mente gelangt als in der Norm. Diese Schlußfolgerung fand ihre Bestätigung 
in der Tatsache, daß die mit Mg-(-Urethan narkotisierten Tiere durch 
CaCl 2 sofort erweckt werden, falls das Mg zu einer Zeit verabreicht wird, 
in der das Urethan seinen Platz im Organismus bereits eingenommen hat. 
Um zu sehen, ob nach der Ausschaltung der Mg-Wirkung in der Tat sein 
Synergist nur mehr allein zur Wirkung gelangt, wurde statt Urethan Chloral- 
hydrat in unwirksamer Menge verabreicht, da die Chloralnarkose durch den 
sog. „Ohrreflex“ sich von allen anderen Narkosen unterscheidet. Nachdem 
ein potenzierter Synergismus auch zwischen Mg und Chloralhydrat nach¬ 
gewiesen werden konnte, stellte sich heraus, daß die Kombination Mg-Choral- 
hydrat zur Prüfung dieser Frage nicht besonders geeignet ist, nachdem 
größere Mengen CaCl 2 das Charakteristikum der Chloralnarkose merk¬ 
würdigerweise hemmen. Die Frage konnte jedoch mit der Kombination 
Äther-Chloralhydrat in dem Sinne definitiv gelöst werden, daß die nach 
Abdunstung des Äthers bestehende Narkose in der Tat als reine Chloralnarkose 
angesprochen werden muß, gekennzeichnet durch jenes Charakteristikum, 
welches die Wirkung des Chlorals von allen anderen Narkosen deutlich 
unterscheiden läßt. {Jacobsohn.) 

Anschließend an die Arbeit von Mansfeld sucht Hamburger (49) 
die Frage zu lösen: Wenn man einem mit Äther schwach narkotisierten 
Tier .eine unwirksame Menge Morphin gibt und das so narkotisierte Tier nun aus 
der Ätheratmosphäre entfernt, bleibt das Tier nach Abdampfung des Äthers 
in tiefer Narkose oder nicht? Es ergab sich, daß trotz künstlicher Ventilation 
das Tier aus der Narkose nicht erwacht, weshalb man folgern muß, daß das 
Morphin allein die Narkose unterhält. Die verstärkende Ätherwirkung beruht 
darauf, daß die Morphinverteilung im Organismus durch den Äther derart 
beeinflußt wird, daß eine unterschwellige Dosis genügt, um allein volle Nar¬ 
kose herbeizuführen. {Jacobsohn.) 

Die pharmakologischen Untersuchungen Heim&nn’s. (51) über ent- 
methylierte Morphine, Kodeine usw. ergaben folgendes: 1. Durch die Ent¬ 
methylierung wird die Giftigkeit in fast allen Fällen vermindert; in ungefähr 
gleichem Maße auch die Wirksamkeit. Besonders geht die typische Beein- 


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Allgemeine Therapie. 


529 


flussung der Respiration durch Morphin verloren. 2. Bei dem Pentamethylen- 
dinormorphin und dem Dihydronarkodein war eine besonders ausgesprochene 
lähmende Wirkuug auf den isolierten Darm zu konstatieren. Auch das 
Benzylkodein war in der gleichen Richtung wirksam. 3. Auf Katzen hatten 
die meisten der untersuchten Substanzen, mit Ausnahme des Normorphins, 
statt der erregenden eine mehr sedative Wirkung. ( Jacobsohn .) 

McGuigan und Ross (99) spritzten einem Hunde 0,5 ccm einer 3proz. 
Lösung von Morphiumsulfat in die Gegend des vierten Ventrikels. Statt eine 
sedative Wirkung zu zeigen, verfiel der Hund in klonische Krämpfe und ging 
in tonischem Spasmus zugrunde. Auch bei Injektion in die Lumbalpartie 
des Subarachnoidealraums zeigten sich statt der sedativen Wirkung Tetanus 
und erhöhte Reflexe. Nach Injektion von Kodein und Apokodein blieben 
diese erregenden Wirkungen aus. ( Jacobsohn .) 

Balassa (3) hat das Dial-Ciba auf seine schlafbringende Wirkung in 
der Klinik Moravcsik untersucht und faud, daß dasselbe sich bei 45 Kranken 
in 224 Fällen in der Dosis von 0,10 und 0,20 als gutes Schlafmittel bewährte 
und keine unangenehmen Folgen verursacht; der Schlaf ist dem normalen 
gleich, die kumulative Wirkuug ist gering: größere Dosis, 0,20—0,30, be¬ 
ruhigt auch bei stärkerer Unruhe. ( Hudovernig .) 

Racker (123) beschreibt ausführlich seine Behandlungsweise des chro¬ 
nischen Morphinismus. Er legt besonderen Wert darauf, die gestörten Sekre¬ 
tionen, Exkretionen, Peristaltik und die Stoffwechselstörungen zu beseitigen. 
Aus diesem Grunde gibt er reichlich Abführmittel und Mittel, welche die 
Diurese anregen. Die Kur vollzieht er in verhältnismäßig wenigen Tagen, 
in welchen die Patienten vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten sind 
und möglichst viel schlafen sollen. Die vielen Einzelvorschriften seiner drei¬ 
phasigen Kur (Vorbereitung, eigentliche Kur, Nachbehandlung) müssen im 
Original nachgelesen werden. ( Jacobsohn .) 


Jodpräparate. 


In einer umfangreicheren Arbeit schildert Oswald (109) den akuten 
und chronischen Jodismus. Verf. ist der Ansicht, daß in sehr vielen Fällen 
weit kleinere Dosen Jod als die gebräuchlichen zum Ziele führen. Besondere 
Vorsicht müsse man in Kropfgegendeu üben (also besonders in der Schweiz, 
dem Wirkungskreise des Verf.). Nicht nur bei manifestem Kropf, sondern 
auch bei nicht vergrößerter Schilddrüse würden selbst bei kleinen Mengen 
Vergiftungserscheinungen ausgelöst, wie ausgesprochene Nervosität, motorische 
Unruhe, Gemütsdepression, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Tachykardie, 
Herzklopfen, kardiale Dyspnoe, Schwitzen, Bulimie oder Anorexie, Abmage¬ 
rung, Kräfte verfall. Verf. führt außer, eigenen Krankengeschichten die bis¬ 
herigen Erfahrungen meist Schweizer Arzte an. Die Erscheinungen rührten 
von dem aus den thyreoiden Acini ausgeschiedenen und vom Körper resor¬ 
bierten Jod her. 

Akuter und chronischer Jodismus können nebeneinander hergehen. 

Diese Arbeit Oswald’s (110), ist eine Wiederholung der unter gleichem 
Titel im „Deutsch. Archiv für klin. Medizin“ 117. Bd. erschienenen. 

Unabhängig von Doevenspeck, F. Mendel u. a. hat Klemperer 
(69) Jod in Form von Natrium intravenös injiziert. Indikationen: schwere 
Fälle von Lues mit Koma, Stomatitis, ulzeröse Pharyngitis, Unverträglichkeit 
von seiten des Magens und in vieleu Fällen, wo Patienten die iutravonöse Dar¬ 
reichung der häufigen per os vorziehen. Trotz großer Dosen bis 50 g Jod¬ 
natrium (durchschnittlich 5—10 g einer lOproz. Lösung) hat Verf. keine üblen 


Jahresbericht.^ Neurologin 

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n. Psychiatrie me. 

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Allgemeine Therapie. 


Nebenerscheinungen beobachtet. Das Mittel wurde auch dann oft gut ver¬ 
tragen, wo per os Kopfschmerzen, Ausschlag, Übelkeit auftraten. — Bei 
Lues kombiniert K. Jod gewöhnlich mit Hg, Salvarsan. 

Nach pharmakologischer uud klinischer Prüfung von Laders, Emmert 
und Better (87) stellt das Alival-Joddihydroxypropal ein unschätzbares 
therapeutisches Hilfsmittel zur Heilung der tertiären Lues dar, das allen 
bekannten Jodpräparaten in bezug auf Heilkraft und Schnelligkeit des Erfolges 
weit überlegen ist. Intramuskuläre Injektionen einer 66 2 / 3 proz. Lösung in 
Wasser 1—2 ccm täglich. ( Jacobsohn .) 

Häberlin (46) erzählt, daß er bei Verletzungen Eingeborener durch 
das Buschmesser, welches stets mit Staub usw. verunreinigt ist, niemals 
Tetanus beobachtet hat, weil er die Wunde stets bald nach der Verwundung 
mit Jodtinktur reinigt. Nach seinen Erfahrungen hält er die Jodtinktur 
deshalb für eius der besten Mittel, um das Einsetzen der gefürchteten Krank¬ 
heit zu verhindern. ( Jacobsohn .) 

Veratram. 

Colüns (18) versuchte das Veratrum bei gesunden Menschen und bei 
Patienten mit Störungen des Zirkulationsapparates. Er gebrauchte die 
lOprozeutige Tinctura Veratri albi. Er gab das Medikameut als Tropfen 
mit viel Wasser. Die wirksame Dosis des Veratrum bei Erwachsenen betrug 
30 bis 75 minims. Die klinische Wirkung entsprach der pharmakologischen, 
in Herabsetzung der Pulsfrequenz und im Fallen des systolischen uud dia¬ 
stolischen Blutdruckes. Die zirkulatorischen Wirkungen treten unabhängig 
von den toxischen (Schwindel, Erbrechen) ein. ( 'Jacobsohn .) 

Arsenpräparate. 

Karrer (67) geht die verschiedenen Arsenverbindungen der Reihe nach 
durch und weist auf die Mannigfaltigkeit ihrer Wirkungen hin. Die richtige 
Form jedesmal herauszufinden ist die Aufgabe der Chemotherapie. Kakodyl- 
säure, Atoxyl, Salvarsan werden in ihren Wirkungen einzeln besprochen. 

Das Diamiuodioxy-arsenobenzol, das Karrer (67a) hier beschreibt, 
ist ein Salvarsan-Derivat, das in einer Orthostellung zum Arsen verschiedene 
Substituenten aufweist. 

Ehrlich und Karrer (23) weisen darauf hin, daß die aromatischen 
Arsenverbindungen mit dreiwertigem Arsen auch die Fähigkeit besitzen, mit 
Salzen verschiedener Metalle zu komplexen Verbindungen zusammenzutreten, 
die durch ihre intensive Farbe und ihre große Beständigkeit charakterisiert 
sind. Aus pharmazeutischem Interesse werden hier solche Metall-Additions- 
Verbindungen beschrieben. 

Karrer (66) berichtet hier über die Zusammensetzung einiger Stilben- 
arsinsäuren, die sich aus aromatischen Arsenverbindungen herstellen lassen. 

Stuchlik (144) erörtert u. a., daß subkutane Arsenanwendung nament¬ 
lich bei solchen Arten von Nervenschwäche einen Einfluß haben kann, wo 
es sich nicht nur um primäre Anämie handelt, sondern auch dort, wo die 
ungewöhnliche Therapieart einen suggestiven Einfluß ausüben kann. Dies- 
artige Behandlung der Phobien bei chlorotischem Mädchen mit Arsotonin 
(Methyldinatriumarsenat). ( Jar . Stuchlik.) 

Salvarsan ond Quecksilber. 

Bisherige Beobachtungen lassen nach Hoffmann (58) Salvarsannatrium 
als gutes Ersatzmittel für Altsalvarsau erscheinen. Es macht weniger Neben- 


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Allgemeine Therapie. 


531 


erscheinungen, ist sehr einfach anzuwenden und wirkt auf alle Erscheinungen 
der Syphilis und die serologische Reaktion ebeuso gut ein. Über den 
Dauererfolg ist Bestimmtes noch nicht zu sagen. Immerhin ist nach bis¬ 
herigen Erfahrungen zu erwarten, daß Salv.-Natr. bei Beachtung der serolo¬ 
gischen Kurve und Verabfolgung von wenigstens 5 Infusionen in frischesten 
Fällen, in allen übrigen 2—3 über das Negativwerden der Wa.R. hinaus, 
auch bei der Abortivkur eine ähnlich günstige Wirkung verspricht. 

Bei kombinierter Behandlung traten mitunter störende Hg-Wirkungen, 
wie Schwindel, Durchfälle, Exantheme, auf, die bei Fortsetzung der kombi¬ 
nierten Kur teilweise zurückgingen. 

Brnhns (10) empfiehlt, syphilitische Patienten bedeutend länger zu 
beobachten. Vereinzelte negative Wa.-Befunde, auch in der Spätlatenz der 
Lues, bewiesen nichts für ihr Erloscheusein. Viele Jahre lang müßten die 
serologischen und klinischen Untersuchungen fortgesetzt werden. 

Zum Schluß regt Verf. eine umfassende Sammelforschung dauernd 
beobachteter Fälle an. 

Smith (136) berichtet über seine Erfahrungen mit der intraspinalen 
Injektion von Salvarsan bei 14 Fällen von Nervensyphilis. Er hatte mit der 
Swift-Ellisschen Modifikation bessere Erfolge als mit derjenigen von 
Ravaut. Den besteu Erfolg hatte er bei Syphilis, weniger guten bei Tabes 
und schlechten bei Paralyse. Die Patienten müssen seiner Erfahrung nach 
3 Jahre unter ärztlicher Beobachtung und Erfahrung bleiben. Die Behand¬ 
lung muß so lange fortgesetzt werden, bis die serologische Untersuchung 
ein negatives Resultat ergibt, und diese Untersuchungen müssen in der 
Folgezeit 1—2 mal im Jahre angestellt werden. ( Jacobsohn .) 

Nach Krefting (74) ist die ausschließlich mit Salvarsan streng durch¬ 
geführte Behandlung der Syphilis ebenso erfolgreich wie die gemischte 
Hg-Salvarsanbehandlung. Bei primären Fällen erzielt man durch 3—5 in 
14tägiger Zwischenzeit in starken Dosen verabreichten Salvarsaninfusionen 
fast ausnahmslos Heilung, ln sekundären Fällen muß die Behandlung ge¬ 
raume Zeit durchgeführt werden, und zwar auch noch eine Zeitlang, nach¬ 
dem die Wassermannsche Reaktion negativ geworden ist. 

Steiner (139) verfolgt auf Grund der Literatur seit Schaudin dio 
biologischen Prozesse im Körper vom Eindringen der Spirochaete pallida an. 
Er kommt zu dem Schluß, nur eine Maximaldosis Salvarsan sei zweckmäßig, 
einmal, weil kleine Dosen nicht alle Spirochäten töteten, dann auch, weil 
sie den Körper nrsenikfest machten, also einen Riegel vor die weitere Be¬ 
handlung schöben. 

Nach dem Altsalvarsan mit seiner komplizierten Anwendungsweise, dem 
Neosalvarsan, das einfacher zu handhaben ist, sich aber nur für leichte 
Fälle von Lues eignet, ist, nach DreyftlS (21) durch das Salvarsan- 
natrium der größte Teil der technischen Schwierigkeiten behoben, während 
es chemisch genau dem Altsalvarsan entspricht. Es gestattet auch ambu¬ 
lante Behandlung. Dreyfus verabreichte durchschnittlich 0,45 g und 
insgesamt innerhalb 6—8 Wochen 4 —7,5 g. Schädliche Nebenwirkungen 
blieben ans. An Temperatursteigerung sei Zubereitung des Wassers schuld, 
fiir dessen Sterilisierung Verf. einen Bergkristallapparat angibt. 

Fabry und Fischer (26) beschreiben 10 mit Salvarsannatrium behandelte 
Lnesfälle (Einzeldosis 0,45—0,6, Anzahl der Injektionen 3—5) und kommen 
zu dem Schluß, daß die sehr bequeme Handhabung bei Herstellung der 
Lösungen und intensive Einwirkung auf sämtliche Erscheinungen der Lues 
bei relativ geringen Lebenserscheinungen das Präparat sehr empfehlenswert 
erscheinen lassen. Dem Altsalvarsan sei es gleichwertig. Für die ambulante 


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Allgemeine Therapie. 


Praxis reichten die bisherigen Erfahrungen allerdings nicht aus; hier sei 
Neosalvarsan in konzentrierten Lösungen, intravenös verabreicht, vorzuziehen. 

Fabry und Selig (27) wurde von Ehrlich Kupfersalvarsan zur Er¬ 
probung übergeben. Es habe den Vorzug, daß mit weit geringeren Arsen¬ 
mengen mauifeste Symptome (die Verf. gruppieren die behandelten Fälle in 
Lues 1, II und III) zum Verschwinden gebracht würden, so daß die Einzel¬ 
dosen schneller aufeinander folgen könnteu, die Dauer der Behandlung 
abgekürzt würde, üble Nebenwirkungen seien ausgeblieben. Ein großer Übel¬ 
stand liege indes in dem äußerst schwierigen Lösuugsmodus des Kupfer- 
salvarsaus, das deshalb nur im Krankeuhause anzuwenden sei. Zudem 
erscheine Altsalvarsan in seiner Wirkung intensiver. 

Nach MC Garn (101) ist Retention von intravenös appliziertem Sal- 
varsan an folgender Encephalitis haemorrhagica und Nephritis degenerativa 
acuta schuld. Die Retention wiederum beruhe auf Zurückbleiben gewisser 
chemischer Körperchen im Salvarsan. Ein Porzellanfilter halte diese zurück. 
So filtriertes Salvarsan schalte alle beobachteten schädlichen Nebenwir¬ 
kungen aus. 

Levison (79) erwähnt, das Versagen älterer Methoden ebenso wie die 
neueren intraspinalen Behandlungsmethoden bei Meningitis, Tetanus usw. 
hätte zur Behandlung der Lues vom Zentralnervensystem aus geführt. — 
Die Zahlung der Zellelemente in der Spinalflüssigkeit könne, weil unbe¬ 
ständig, als Kriterium der Heilung nicht benutzt werden. Intraspinale In¬ 
jektionen von Salvarsanserum oder Neosalvarsan in bestimmter Dosis und in 
vorsichtiger Hand sei nicht gefährlich. — Besagte Injektionen bannen den 
Schmerz und einen großen Teil der Symptome der Syphilis des Zentral¬ 
nervensystems. — Bei genügend langer Behandlung werden die Labratoriums- 
prüfungen der Spinalflüssigkoit in einigen Fällen negativ. 

Marinesco (93) fand, daß Salvarsauseium „in vitro“ schneller die 
Spirochäten beweguugslos macht als dasselbe Serum „in vivo“. Als Vehikel 
für das Medikament benutzte er das Serum des Kranken, inaktiviert und 
3 / 4 Stunden unter 37° F. gehalten. Es wurden 6—12 milligr. Neosalvarsan 
verwandt und bei Tabes und Lues myelitica in den Spinalkanal bei all¬ 
gemeiner Paralyse in den Zerebralkanal injiziert. Verf. selbst warnt, die 
geringen Erfolge unter 20 Fällen nicht zu hoch zu veranschlagen, da meist 
nur 3—8 Wochen beobachtet wurde. Nebenwirkungen, wie ReteDtio urinae 
(und im Gefolge Katheter und lufectio vesicae) blieben auch nicht aus. 

Ogilvie (107), der seine Methode in einer früheren Arbeit beschrieben 
hat, konstatierte bei 13 unter 15 Fällen vollständiges Verschwinden aller 
subjektiven Erscheinungen bei Prüfung objektiver Symptome über ein Jahr 
hin, ein Fall zeigte begrenzto Besserung, ein anderer trotzte der Behand¬ 
lung. Von der Gesamtzahl (6 Tabes, 3 Paralysen, 1 Lues myelitica, 1 Lues 
cerebrospinalis) ergaben 11 Fälle negativen Wassermann in der Spinal¬ 
flüssigkeit, 2 blieben positiv und 2 neue Analyseu ergaben unsicheres Resultat. 
10 Fälle ergaben Wa. negativ im Blut, 3 blieben positiv, 2 Analysen zeitigten 
kein sicheres Resultat. Verf. kommt zu dein Schluß, daß bei der hart¬ 
näckigen Art dieser Krankheitsarten die intraspinale Methode weit größeren 
Erfolg verbürgt als Quecksilber und intravenöse Salvarsanbehandlung allein. 
Die Wichtigkeit letzterer unbestritten, habe Verf. doch nur bei 2 % seiner 
Fälle, selbst bei intensivster Behandlung, vollständiges Verschwinden der 
syphilitischen (Laboratoriums-) Erkennungsmerkmale in der Spinaltlüssigkeit 
beobachtet. Frühzeitiges Erkennen und Behandeln sei notwendig, ebenso ganz 
genaue Kenntnis der diffizilen und gefährlichen Methode. 


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Allgemeine Therapie. 


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Rytiaa und Jndd (124) sind überzeugt, daß Zerebrospinalsyphilis 
deshalb antisyphilitischer Behandlung trotzt, weil der Plexus chorioideus der 
Dura mater mehr weniger Mittel wie Quecksilber, Jodnatrium, Salvarsan 
nicht durchläßt. Deshalb ist intraspinale Behandlung notwendig. — Die 
Verfasser erwähnen die heftigen Reaktionen, die den intraspinalen Injektionen 
von Neosalvarsan durch Wechselmann u. a. folgten, und daß sie sich 
Swift und Ellis anschlossen, deren Methode, Salvarsanserum zu in¬ 
jizieren, sie befolgten. 

Hergang der Methode: Patient erhält eine starke Dosis Salvarsan 
intravenös. Nach Verlauf einer Stunde werden 100 ccm Blut abgezogen 
uud ins Laboratorium gesandt. Am anderen Tage findet dann die intra- 
spinale Injektion des Serums statt. 

Die Autoren kommen auf Grund ihrer Versuche zu dem Schluß, daß 
intraspinale Injektion mit Salvarsanserum unter besonderen Kautelen eine 
zuverlässige Behandlungsmethode darstellt. — Die erhaltenen Resultate be¬ 
weisen ihre Überlegenheit über die älteren Methoden. — Die Behandlung 
muß fortgesetzt werden, bis die Laboratoriumsbefunde negativ sind, unab¬ 
hängig von den klinisch beobachteten Fortschritten. 

Woolsey (164) suchte an 26 experimentellen Versuchen bei Katzen, 
Hunden und Kaninchen zu entscheiden, ob die Wirkung subarachnoidealer 
Salvarsaninjektion wirksamer ist als die subkutane und intravenöse Ein¬ 
spritzung. Da die von Edwin Goldmann nachgewiesene chemotaktische 
Affinität des Trypanblau zuiu Nervensystem dieselbe ist, wie diejenige des 
Salvarsans, so basierte AVoolsey hierauf seine Untersuchungen, ohne 
aber, wie Goldmann fand, sohädliche Folgen bei der intralumbalen 
Anwendung des Trypanblau beobachten zu können, wenn bestimmte Vor¬ 
sichtsmaßregeln angewandt wurden. AVoolsey teilt die von ihm mit sub¬ 
letalen Dosen von Trypanblau nach den verschiedenen Methoden erzielten 
makroskopischen und mikroskopischen färberischen Ergebnisse am Nerven¬ 
gewebe mit. Während die subkutane und auch die intravenöse Anwendung 
des Trypanblau fast keine Färbung am Zentralnervensystem bewirkte, erzielte 
die subarachnoideale Injektion in allen Fällen sowohl makroskopische am 
Rückenmark und dessen Meningen, desgleichen am Gehirn sichtbare Blau¬ 
färbung, als auch mikroskopisch eine intensive Blaufärbung der Nerven¬ 
zellen und des interstitiellen Gewebes, besonders der Meningen. 

Auf diese Versuche sich stützend, kommt Woolsey zum Schluß, daß 
Salvarsan subarachnoideal sicherer das Zentralnervensystem erreicht, als 
subkutan und intravenös, und daß bei intraspinaler Anwendung es weniger 
sicher die Schädelhöhle erreicht, als wenn es ins Rückenmark selbst oder 
nach Trepanation des Schädels direkt in den subarachnoidealen Schädel¬ 
raum injiziert wird. (Bendix.) 

Synnott (146) geht von einer Beobachtung aus, daß bei Tabes und 
Syphilis des Zentralnervensystems häufig das Blut eine negative, die Spinal¬ 
flüssigkeit aber positive Wassermauureaktion ergibt; was daran liegen könue, 
daß im Blute zahlreiche Spirochätiziden enthalten seien, in der Spinal¬ 
flüssigkeit aber nur fehlen. Er hält deshalb in solcheu Fällen die Spinal¬ 
punktion für sehr empfehlenswert, ähnlich wie durch Eröffnung des Perito¬ 
neums häufig tuberkulöse Peritonitis geheilt wird. Bezüglich der intraspänalen 
Anwendung autogener oder exogener Blutsera hält er bei Fällen mit 
negativer Wassermannreaktion des Blutes das autogene Serum für empfehlens¬ 
wert, da es hohe Werte spirochätizider Substanzen enthält. {Bendix.) 

Die Versuche von Stillman und Swift (140) lehrten, daß subdürale 
Injektionen einer normalen Salzlösung, normalen Blutserums und von salvar- 


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Allgemeine Therapie. 


sanisiertera Serum oder von Lösungen von Quecksilberzyanid die Durch¬ 
lässigkeit des Rückenmarks, des Gehirns für Salvarsau, das im Blute 
zirkuliert, nicht wesentlich vermehrt. Zur Zeit der subduralen Injektionen 
bleibt die Permeablität der Meningen für Salvarsan unverändert. 

Während alle mit konzeutrierten wässerigen Salvarsanlösungen ge¬ 
spritzten Tiere unter Krampferscheinungen sofort nach der Einspritzung 
starben, ebenso bei verdünnten Salvarsannatriumlösungen, zeigten bei den 
Versuchen von Roick (121) die mit Serumsalvarsau gespritzten Tiere nach 
der Einspritzung nicht die geringsten Krankheitserscheinungen. 

(Jacobsohn.) 

Powiton (116) berichtet über einen Soldaten, dessen Primäraffekt 
durch Hg-Schmierkur beseitigt wurde. Die luetischen Toxine bleibeu aber im 
Körper zurück, es entsteht, mit veranlaßt durch Strapazen, eine fortschrei¬ 
tende Polyneuritis, die zunächst durch Hg-Succinimidinjektionen verschlechtert 
wurde und sich erst nach lujektionen von Neosalvarsan besserte. 

(Jacobsolm .) 

Aus der umfassenden Arbeit von Nägeli (105) über Erfahrungen 
mit Salvarsan seien hier nur diejenigen angegeben, welche sich auf das 
Nervensystem beziehen. Die Erfolge bei Paralyse waren geringe, nur in 
vereinzelten Fällen wurden günstige Remissionen bei energischer Salvarsankur 
resp. gemischter Behandlung erzielt. Viel besser waren die Erfolge bei der 
Tabes. Die Zahl der Fälle, in denen temporäre Besserungen oder Still¬ 
stand erzielt wurden, sind bemerkenswert, sowohl bei frischen als auch bei 
älteren Fällen. Am auffallendsten war die Beeinflussung der gastrischen 
Krisen, der lanzinierenden Schmerzen uud der Ataxie. Wiederauftreten 
erloschener Reflexe konnte nicht mit Bestimmtheit konstatiert werden. Der 
Autor empfiehlt, stets zuerst mit kleiuen Dosen zu beginnen und die Dosis 
von 0,4 g Salvarsan als Einzoldosis nicht zu übersteigen. Die Beob¬ 
achtungen an Neurorezidiven bestätigen die Auschauungen, daß unzureichende 
Salvarsanbehandlung in kausalem Konnex zu ihnen stehe. Deu Schluß der 
Abhandlungen bilden die durch Salvarsan bedingten Schädlichkeiten an den 
einzelnen Organen. ( Jacobsohn .) 

Naegeli (104) bespricht die Modifikationen der endolumbalen Behandlung 
mit Salvarsan nach Wechselmann-Marinesco und nach Swift uud Ellis. 
Bei Erwägung der Vor- und Nachteile der beiden Hauptmodifikationen faßt 
er seine Meinung über ihren Wert folgendermaßen zusammen: 1. Die aus¬ 
schließliche Anwendung der einen oder der anderen Abart der lokalen 
Therapie bei syphilitischen Erkrankungen des Zentralnervensystems ist ver¬ 
werflich, da die intraspinal verabreichbaren Salvarsan dosen eine Sterilisation 
des Gesamtorganismus und damit eine Dauerheilung der Syphilis nicht zu¬ 
stande bringen können. Es ist auch aus wissenschaftlichen Gründen kaum 
erforderlich, die endolumbale Behandlung allein zu verwenden, um ihre Wirk¬ 
samkeit beurteilen zu lernen. Denn leider sind besonders bei der Paralyse 
die Resultate der gewöhnlich geübten kombinierten Therapie so wenig be¬ 
friedigend, daß eklatante Erfolge eiuer daneben durchgefübrten Lumbal- 
behaudlung sich sehr bald zu erkennen geben müßten. 2. Beide Methoden 
der endolumbalen Therapie sind brauchbar. Von einer wesentlichen Über¬ 
legenheit der einen oder anderen Modifikation kann bisher nicht die Rede 
sein. Die Unmöglichkeit der Dosierung bei der Methode Swift und Ellis 
spielt bei den in Betracht kommenden sehr kleinen Salvarsandosen keine 
ausschlaggebende Rolle, bedeutet aber immerhin einen gewissen Nachteil, 
besonders gegenüber dem Vorgehen von Gennerich und von Schubert. 
Denn bei letzterer Modifikation wird das Salvarsan in einer wohl fast ebenso 


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Allgemeine Therapie. 


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unschädlichen Form verabreicht, wie beim Verfahren nach Swift und Ellis. 
Es ist fraglich, wieweit bei der Originalmethode dieser Autoren die Ein¬ 
verleibung der Antikörper in den Lumbalsack eine Bedeutung haben kann. 
Eine weitere Vervollkommnung beider Methoden ist wünschenswert. 3. Die 
endolumbale Therapie sollte unter allen Kantelen in den Fällen versucht 
werden, in denen man mit einer guten spezifischen Allgemeinbehandlung 
nicht zum Ziele kommt, also bei gegen diese refraktärer zerebrospinaler 
Syphilis, bei Tabes und bei Paralyse. Am meisten sind Versuche bei der 
letzteren zu wünschen, weil ihre Behandlung bisher am wenigsten Erfolge 
aufweist. ( Jacobsohn .) 


Schädliche Wirkungen bei Salvarsangebraucb. 

Es handelt sich in dem von Lewinsohn (80) beschriebenen Fall um 
einen 41jährigen Tabiker, der nach einer intraduralen Neosalvarsaninjektion 
eine schwere, aber vorübergehende Atemlähmung hatte. Aus der Beschrei¬ 
bung des Krankheitsverlaufs selbst geht hervor, daß das Neosalvarsan als 
Kausa zum mindesten zweifelhaft ist. L. selbst betont, daß bei Tabes das 
Atemzentrum oft gefährdet ist, und erwähnt Fälle, wo Atemlähmungen 
spontan eintraten. 

Zadek (165) hat bei einem 41jährigen Tabiker (Wa-j-) eine intra¬ 
lumbale Neosalvarsaninjektion von 0,0036 g vorgenommen. Unmittelbar nach 
der Injektion Benommenheit, deutliche zerebrale Symptome. Nach 3 Tagen 
£hütus. Da Sektion verweigert wurde, ist die Diagnose Encephalitis haemor- 
rhagica und die Haftbarmachung des Präparats nicht vollwertig. Es sei noch 
erwähnt, daß bei dem Versuch, Neosalvarsanreste nach der Injektion durch 
Lumbalpunktion (an 2 verschiedenen Zwischenwirbelräumen) zu extrahieren, 
kein Liquor zutage gefordert werden konnte! 

Labe (86) knüpft an seine Veröffentlichung in der Deutsch, med. 
Wochenschr. Nr. 33 „Ein Todesfall durch akute Arsenvergiftung nach 
Salvarsaninjektion bei einer Nichtluetischen“ an. Er nimmt Stellung gegen 
Bernhard Fischer, der auf Grund des Sektionsbefundes in vorliegendem 
Fall auf allgemeine Peritonitis infolge perforierten Ulcus ventriculi erkennt, 
dem Arsengehalt der Organe nur sekundäre Bedeutung zuspricht, dem 
Salvarsan also jede Schuld an dem Exitus abspricht. Demgegenüber beharrt 
Lube bei seiner Ansicht, es liege hier eine gastro-intestinale Form der 
Arsenvergiftung vor. Dem Ulcus ventriculi käme nur sekundäre Bedeutung 
zu, wenn es nicht gar erst postmortal durch Mazeration entstanden sei. 

Fischer (30) betont zuuächst, wie außerordentlich gering prozentualiter 
die Fälle sind, bei denen eine schädigende Einwirkung des Salvarsans über¬ 
haupt in Frage kommt. 

Als solche Schädigungen siud bisher festgestellt : 

a) Lokale Nekrosen an den Injektionsstellen. 

b) Encephalitis haemorrhagica, eine in ihren Entstehungsbedingungen 
noch unaufgeklärte Kraukheit. 

Daß bei Todesfällen nach Salvarsaninjektion auch Hg-Vergiftung vor¬ 
liegen kann, beweist ein durch chemische Untersuchungen sichergestellter 
Fall angeblichen Salvarsantodes. Salvarsan wirkt nicht toxisch auf Leber¬ 
zellen. Die akute gelbe Leberatrophie ist durch die Lues selbst bedingt. 
Toxische Wirkung des Salvarsans und Arsenvergiftung haben nichts mit¬ 
einander zu tun. Eine einzige gegenteilige Beobachtung von Lube (s. 
Deutsche med. Wochenschr. Nr. 33 und 49) hält nach Fischer wissen¬ 
schaftlicher Kritik nicht stand. 


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Allgemeine Therapie. 


Hülst (61) berichtet über folgenden Todesfall nach intravenöser Neo- 
salvarsaninjektion: Es handelt sich um eine unverheiratete 38 jährige Frau, 
welche an der Portio Uteri eineu Primäraffekt zeigte, der noch nicht aus¬ 
geheilt war; sie bekam ein makulöses Exanthem und universelle Sklcra- 
denitis, die Wassermannsche Reaktion war positiv. Sie erhielt dreimal 
in Zwischenräumen von 8— 14 Tagen je 0,2 salizylsaures Quecksilber intra¬ 
muskulär und wiederum 10 Tage darauf 0,9 g Neosalvarsau intravenös. Ein 
paar Stunden nach der Injektion trat Schläfrigkeit ein, mit einer gewissen 
Unruhe gepaart, der Puls wurde sehr frequent, klein, die Atmung etwas 
intermittierend, und trotz Anwendung mehrerer Exzitantien trat nach un¬ 
gefähr 10 Stunden der Tod ein. Die Sektion ergab: Blutüberfüllung der 
Gefäße des Gehirns mit perivaskulärem Odem und perivaskuläreu Blutungen 
in der Umgebung des Bodens des vierten Ventrikels, Hiruödem, geringe 
Verfettung der Herzmuskulatur, mäßige Verfettung der Leber, akuter Milz¬ 
tumor und Nierendegeneration. Nach diesem Bilde hält Hu Ist den Neo- 
salvarsantod für einen akuteu Arsentod. 

Brown (8) berichtet über einen Salvarsantod bei einem syphilitisch 
Infizierten. Er bekam zwei Tage hintereinander intraveuös Neo-Salvarsau, 
außerdem war eine Inunktionskur eingeleitet. Er fühlte sich bis auf geringe 
Kopfschmerzen wohl. Plötzlich brach aber eiu maniakalischer Zustaud aus, 
es traten Krämpfe ein, und Patient ging zugrunde. Der Urin zeigte leichten 
Eiweißgehalt. Der Sektion ergab starke Hyperämie der Hirnhäute und 
kleine Blutungen unter der Arachnoidea. Der Autor glaubt, daß es sich 
um akute Arsenvergiftung handelt. (’ Jacobsohn .) 


iDjektionstberapie bei Neuralgien. 

Leczynski (78) teilt hier weitere Beobachtungen mit von erfolgreicher 
Behandlung der Ischias durch perineurale Infiltration mit physiologischer 
Kochsalzlösung. Mehr als 3 Injektionen waren seiten nötig, meist genügte 
eine solche. In einigen Fällen bestanden Zeichen von Neuritis und Radi¬ 
kulitis (Störungen der Sensibilität, Reflexe). 

In 7 Fällen von Trigeminusneuralgie, die Hirschei (56) mit Alkohol¬ 
injektionen in das Ganglion Gasseri behandelte, trat niemals ein Rezidiv 
ein, obwohl es sich um Neuralgien handelte, die jahrelang bestanden. In der 
Technik folgte Hirschei den Vorschriften Haertels. Die schwere Ope¬ 
ration dor Ganglionexstirpatiou erscheint Hirschei überflüssig. 

Donath (20) tritt noch einmal auf Grund seiner neueren Erfahrungen 
sehr warm für die Alkoholinjektionen bei Trigeminusneuralgien ein, deren 
Technik er beschreibt. Nur für die allerverzweifelsten Fälle käme noch 
eine Operation in Betracht. {Jacobsohn.) 

Cadwalader (15) spritzte bei Hunden verschiedenprozentigeu Alkohol 
in den N. ischiadicus und untersuchte später die dadurch bewirkte Läsion 
anatomisch. Die schwerste Schädigung des Nerven wurde durch 80pro- 
zentigen Alkohol bewirkt, eine miuderschwere durch SOprozentigen, und 
fast gar keine Veränderung wurde durch 25prozentigeu bewirkt. 

(, Jacobsohn.) 

Byrnes (14) sah schon von einzelnen Alkoholinjektionen in das Ganglion 
Gasseri einen sofortigen Nachlaß des Schmerzes. Die Injektion ist nicht 
schmerzhafter als tiefe intraneurale Injektionen. Nie wurden unangenehme 
oder gefährliche Folgen nach der Operation beobachtet. Die Freilegung 
des Ganglion durch operative Eingriffe (subtemperaler Natur) kommt nicht 
oft in Frage. Versagen tiefe Injektionen, dann kann man versuchen, durch 


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Hydrotherapie. 


537. 


das Foramen ovale zu injizieren, ehe man an eine Freilegung des Ganglion 
Gasseri geht. Man kann durch experimentelle Versuche feststellen, daß 
partielle Injektionen in einem bestimmten Teil des Ganglion nur bestimmte 
Nerveuursprünge vernichtet unter Schonung der Korneaäste des Trigeminus: 
die obere und untere Hälfte der Kornea scheinen ihre eigene getrennte 
Innervation vom Trigeminus zu empfangen. Auch bei bilateraler Trigeminus¬ 
neuralgie hat die Injektionsmethode Vorteile vor den anderen operativen 
Eingriffen. Durch wiederholte Injektionen kann man das Ganglion völlig 
zerstöreu. 

Horcher (53) hat in einem Falle von Tetanus mit intravenöser Ätber- 
kochsalzinfusion Erfolg gehabt. (Jacol>sofyn.) 

Watson (159) hat mit Chinin und Ureainjektionen (1—4 c« in einer 
30—40 proz. Lösung) bei Hyperiliyreoidismus gute Erfolge erzielt. Die In¬ 
jektion erfolgt nach vorhergehender Anästhesierung der Haut und wird etwa 
jeden dritten Tag wiederholt. Besonders geeignet sind mittelschwere Fälle. 

(J acohxohu.) 


Hydrotherapie. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Bach, Hugo, Moorbäder und Quarzlichtbostrahlungen bei Enuresis nocturna. Zschr. 
f. physikal. u. diätet. Thor. 19. (3.) 75. 

2. Derselbe, Beitrag zu Generaloborarzt Dr. Siemons „Kurzen Mitteilungen über Wund¬ 
starrkrampffälle und ihre Behandlung.“ Zschr. f. ärztl. Fortbldg. 19. (3.) 78. 

3. Bennott, W. H., Forty Years of TTialassotherapy. Modem Hosp. March. 

4. Bryant, J., Sunshine; its Neglected Analgesie-Sedativo Action. Boston M. and S. J. 
Okt. 14. CLXXIII. No. 16. 

5. Buoky, Die Diathermie in den Lazaretton. D. m. W. No. 16. p. 467. 

6. Csiky, Josef, Zur Aetiologie und Therapie der Ischias. D. m. W. 41. (52.) 1540. 

7. Det er mann, W., Die physikalischen Heilmittel in der inneren Medizin. D. Naturw. 
1914. H. 12. 

8. Drennen, C. T., Hydrotherapy. Arkansas M. S. J. Aug. XII. No. 3. 

9. Eisenmeyer, Rudolf, Das physikalisch-diätische Heilverfahren. Selbstverlag. 

10. Giomo, Due casi di tabo dorsale trattati eoi raggi X. Boll. della clin. No. 4. p. 170. 

11. Glax, Die Thalassotherapie als Heilfaktor bei Kriegsverletzungen und -erkrankungen. 
Zschr. f. ärztl. Fortbildg. No. 18. p. 553. 

12. Derselbe, Die Soebäder der österreichischen Adriaküste und ihre Bedeutung als Heil- 
faktor für erkrankte Kriegsteilnehmer. Zschr. f. Baln. 8. (2/4.) 19. 

13. Hamm. Zur Behandlung der Ohrerschütterungen. M. m. W. 62. (48.) 1664. F. B. 

14. Hirschfeld, Arthur, Beiträge zur Wirkung der Bäder auf den Kreislauf. Zschr. f. 
phys. u. diät. Thor. 19. (1.) 1. 

15. Derselbe, Die hydrotherapeutische Behandlung der im Kriege erworbenen Neurasthenie 
und Hysterie, ebd. 19. (2.) 59. 

16. Jesionok, A., Lichtbehandlung des Tetanus. M. m. W. No. 9. p. 305. F. B. 

17. Kienböck, Robert, Über Reizwirkung bei Röntgenbehandlung von Struma und Base¬ 
dowscher Krankheit. Fortschr. d. Röntgenstr. 22. (5.) 501. 

18. Kirc h berg, Franz, Physikalische Heilmethoden im Reservelazarett bei der Behandlung 
der Kriegsverletzungen. D. Ther. d. Gogenw. No. 4. p. 121. 

19. Küpferle und Szilv, A. v.,.Über Strahlentherapie bei Hypophysentumoren. D. m. 
W. No. 31. p ; 910. 

20. Laqueur, A., Über die Anwendung der physikalischen Therapie bei Verwundeten und 
erkrankten Kriegern. Zschr. f. physik. u. diätet. Ther. Bd. 19. (Allgemeine Aus¬ 
führung über physikalische Behandlung bei 517 Kriegs verletzten.) 

21. Derselbe, Über die Bedeutung der Elektrokardiographie für die Balneologie. Zschr. f. 
Baln. 7. (22/24.) 

22. Derselbe, Die Nachbehandlung der Kriegsverletzungen dos Bowegungsapparates mit 
Bädern, Wärmeanw T endungen und Elektrizität. Zschr. f. ärztl. Fortbildg. No. 5. p. 142. 
(Kurzer allgemeiner Vortrag.) 

23. Löwy, Max, Richtlinien und Methode für Kohlensäurebadekur bei Nervenkranken* 
W. m. W. 65. (51.) 1883. 


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538 


Hydrotherapie. 


24. Meyer, Hans H., Pharmakologische Gesichtspunkte in der Balneologie. Osten*. 
Bäderbuch. Wien. Urban & Schwarzenberg. 

25. Meyer, Max, Über plethysmographische Untersuchungen in natürlichen Kohlen¬ 
säurebädern. Zschr. f. Bain. 8. (17/18.) 101. 

26. Morse, Fred H, The Physical Treatment ui Reflex Disturbances. Med. Rec. 88. 
809 (Sitzungsbericht.) 

27. Müller, Otfried, und Hirschfeld, Arthur, Zur Frage der Kreißlaufwirkung künstlicher 
kohlensäurehaltiger Solbäder. Bemerkungen zu der in dießer Zeitschrit erschienenen 
Arbeit von Arthur Hirsohfeld über die Wirkung der Bäder auf den Kreislauf. Er¬ 
widerung von Arthur Hirschfeld. Ztchr. f. physik. u. diät. Ther. 19. (4.) 111, 115. 

28. Nagelschmidt, Franz, Lioht, Radium, Elektrorhythmik, Diathermie zur Nachbehand¬ 
lung von Kriegsveretzungen und Kriegskrankheiten des Bewegung&apparates. Zschr. 
f. ärztl. Fortbldg. No. 10. p, 300. 

29. Richter, Über Vorbeugungsmaßnahmen gegen Hitzschlag: Herzkomprase und 
Helmkühler. M. Klin. No. 28. p. 778. 

30. Römer, C., Sonnenbäder und Nervensystem. D. m. W. No. 28. p. 832. 

31. Rose, A., Das permanente Wasserbad, das rationelle Heilmittel für Tetanus. D. m. 
Presse. No. 1. p. 1. 

32. Derselbe, Die wirksamste Behandlung von Wundstarrkrampf. Ärztl. Rdsch. No. 13. 
p. 97. 

33. Salignat, L., Local Steam Bath for Trophic Disturbances. Paris med. 5. (9.) 

34. Schaffler, Mikroskopische L T ntersuchungon zur Balneotherapie. B. kl. W. p. 562. 

(Sitzungsbericht.) 

35. Schmidt, L., Ein einfacher Heißluftapparat, D. m. W. No. 23. p. 680. 

36. Staehelin. R., Die Klimathotherapie als Heilfaktor für die im Kriege Verwundeten 
und Erkrankten, mit besonderer Berücksichtigung dea Höhenklimas. Zschr. f. ärztl. 
Fortbldg. No. 18. p. 549. (Nichts Besonderes.) 

37. Steiner, Mich., Das Ozetbad, insbesondere des Ozet-Solbad in der Kriegskranken¬ 
pflege. Al lg. M. Central-Ztg. No. 44. S. 183. 

38. Wassermann, Maxim., Das Ozetbad im Kriegslazarett. Reichs-M. Anz. No. 18. 

p. 286, 

39. Weber, Einst, Die diagnostisch-therapeutische Ausnutzung meiner Methode zur 
Funktionsprüfung der Gefäßnerven. II. Über schädliche Einflüsse der Heißluftbe¬ 
handlung von Verwundungen auf das Nervensystem und ihre Verhütung. M. Klin. 
No. 22. p. 613. 

40. Derselbe, Die diagnostisch-therapeutische Ausnutzung meiner Methode der Funktions¬ 
prüfung der Gefäßnerven. III. Die schädigende W r irkung von Operationen in Narkose 
und Lokalanästhesie auf dao Zentralnervensystem und ihre Beseitigung, ebd. No. 36. 
p. 991. 

4L Weiss, Eugen, und Kommereil, Emst, Über die physiologische Wirkung der Kohlen¬ 
säure. Studien an Kohlensäure-Wasser- und Kohlensäure-Gasbädem. Samml. klin. 
Vortr. Inn. M. No. 243/246. Leipzig. Joh. Ambr. Barth. 

Hirschfeld (15) erläutert die hydrotherapeutische Behandlung, die bei 
den hysterischen und neurasthenischeu Zuständen der Kriegsteilnehmer in der 
Berliner hydrotherapeutischen Anstalt im Gebrauch ist. Entweder durch 
Lichtbäder, durch Dampfduschen oder Packungen wird für eine gute Durch¬ 
blutung der Haut und der peripherischen Körperproviuzeu gesorgt, sodann 
folgt die hydrotherapeutisch wichtigere Abkühlung, die durch wechselwanne 
Duschen oder Halbbäder erzielt werden kann. Dabei muß man aber beachten, 
daß die Halbbäder bis auf 28° C abgokühlt werden, da erst diese Tempe¬ 
ratur als intensiver Kältereiz wirkt und als solche imstande ist, die hydria- 
tische Reaktion hervorzurufen. Variieren kann man die Behandlung durch 
Applikation von Kühlschläuchen. Kohlen- und Sauerstoffbäder bewährten 
sich gegen Agrypnie. Der Autor warnt vor Polypragmasie. 

Kirchberg (18) entwirft ein anschauliches Bild, wie in dem von ihm 
geleiteten Lazarett die verletzten Soldaten mit allen Methoden der Physio¬ 
therapie behandelt werden, um Atrophien, Gelenkversteifungen, Nerven¬ 
schmerzen und Parästhesien zu beseitigen. Die Augabe der zu diesem 
Zweck von ihm konstruierten einfachen Apparate ist sehr wertvoll und der 
Hinweis auf die Notwendigkeit, daß sich die Ärzte mit diesen Behandlungs¬ 
methoden mehr vertraut machen sollen, sehr zeitgemäß. 


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Hydrotherapie. 


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Weiss und Kommerell (41) fassen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen 
über die physiologische Wirkung der Kohlensäure im indifferent temperierten 
Kohlensäure-Gas- und Kohlensäure-Wasserbad dahin zusammen: Im Kohlen¬ 
säure-Gasbad kommt die perkutane Wirkuug der Kohlensäure zur Entfaltung. 
Sie setzt sich aus zwei Faktoren zusammen, aus den physikalisch-sensiblen 
und aus dem chemischen Reizfaktor. Der erstere führt iu seiner direkten 
Einwirkung zur Hautrötung, die als lokale, kapilläre Erscheinung aufzufassen 
ist. Reflektorisch findet durch ihn eine Beeinflussung der Gefäße und des 
Herzens statt; die arteriellen peripheren Gefäßbahnen weisen einen erhöhten 
Tonus auf, die Blutdruckwerte können dabei schwanken, zeigen aber doch 
um so eher eine Tendenz zur Steigerung, je weniger die Kohlensäurewirkung 
von thermischen Eiuflüssen verdeckt wird. Der Puls zeigt dabei kein konstantes 
Verhalten. Der zweite Faktor bewirkt infolge Resorption der Kohlensäure 
durch die Haut auf direktem Wege durch Reizung der wärmeempfindenden 
Ncrveneudigungen ein subjektives Wärmegefühl und führt reflektorisch zur 
Vertiefung der Atmung. Im indifferent temperierten Kohlensäure-Wasserbad 
kommen noch weitere Reizfaktoreu dazu: einmal der sensible Reiz der 
aufsteigenden Gasblasen, dann weiter ein thermischer Faktor von seiten 
der sich dem Körper anlegenden Kohlensäuregasblasen, endlich noch die 
Inhalationswirkung durch Einatmung entweichender Kohlensäure. 

Bei Nervenkranken sind, wie LÖwy (23) ausführt, schwerste Blut¬ 
drucksteigerungen eine Kontraindikatiou gegen CO 2 -Badekuren, ebenso 
Erregungszustände bei Manien usw. Vorsicht erfordern erregbare Vasoneu- 
rotiker (Basedow usw.). Bei der Einleitung einer entsprechenden Kur 
stellt Löwy zunächst durch 2 Probebäder mit eintägiger Pause fest, wie 
Patient darauf reagiert. Zu dieser Reaktionsprobe werden erst schwache 
Kohlensäurebäder verwendet (Temperatur 26°—28°R, Dauer 10—12 Minuten). 
Wenn diese Bäder gut vertragen werden, sich eiu Gefühl der Erfrischung 
und Gehobenheit eingestellt hat, dann ist der betreffende Patient für eine 
Kur geeignet. Die Bäder wirken sedativ und tonisierend. 

Meyer (25) kommt bei seinen plethysmographischen Untersuchungen 
bezüglich der Wirkung natürlicher Kohlensäurebäder zu ähnlichen Resultaten, 
wie sie Hirschfeld (s. dort) bei künstlichen Kohlensäurebädern erhielt. 

Hirschfeld (14) verteidigt zunächst gegen Otfried Müller seine 
experimentell gewonnene Überzeugung, daß die Kohlensäure in dem Bade 
einen absolut spezifischen Reiz ausübt, indem nämlich in dem Kohlensäure¬ 
bade im Vergleich zu dem gleichtemperierteu Wasserbade eine Erweiterung 
der peripherischen Gefäße statthat. Die gegenteilige Ansicht von 0. Müller, 
daß beide Bäder gleich wirken, beruhe auf fehlerhafter Versuchesnordnung. 

Aus einer zweiten Arbeit des Verfassers geht hervor, daß das Ent¬ 
wickeln von Sauerstoff in einem Wasserbade eine Kontraktion der peripheren 
Gefäße bedingt. Ein Kohlensäurebad ist dementsprechend subjektiv wärmer 
als ein gleich temperiertes Wasserbad, während ein Sauerstoffbad subjektiv 
kälter ist. 

Müller’s (27) Aufsatz ist eine Polemik gegen A. Hirschfeld (s. vorher). 

Wassermann (38) hat bei den Erregungs- und Erschöpfungszuständen 
der Kriegsteilnehmer gute Erfolge mit dem Ozetbad gehabt. Der Zustand 
der erethischen Kranken mit labilstem Nervensystem und geschwächtem Herz¬ 
muskel besserte sich sehr schuell. Vor allem eklatant war die Wirkung auf 
die Schlaflosigkeit. 

Rose (31, 32) führt diejenigen Autoren an, welche das permanente Warm¬ 
wasserbad gegen Tetanus empfohlen haben, weil sie damit die besten Erfolge 


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Hydrotherapie. 


erzielten. Besonders erwähnt er rühmend Zecbmeier, der vor 50 Jahren 
für diese Behandlungsmethode eingetreten ist, aber keine Anerkennung ge¬ 
funden hat. 

Weber (39) untersuchte 25 Kranke, die unmittelbar vor der Heißluft- 
behandlung normale Blutgefäßreaktionen besaßen. Nach der Behandlung in 
den Hitzekästen war der allgemeine Iunervatiousmechanismus der Blut¬ 
gefäße des Körpers nur bei einem einzigen Manne intakt, bei einem anderen 
war er uur wenig gestört, und bei allen übrigen war eine vollkommene 
Umkehrung der Gefäßreaktionen eingetreten. Die schweren Störungen waren 
zwei bis drei Stunden und länger nach Beendigung der Heißluftbehandlung 
uoch vorhanden. Die Störung ließ sich daran erkennen, daß die Gefäße 
bei lokaler Muskelarbeit, anstatt sich zu erweitern, verengt waren. Die 
Patienten klagten nach der-Heißluftbehandlung über Mattigkeit, Beschwerden 
beim Treppensteigen, leichtes Schwitzen usw. Bei einigen dauerten diese 
Beschwerden genau so lauge als die Iunervationsstörung der Gefäße anhielt, 
was die graphischen Kurven demonstrierten. Um nun die lokale Heißluft- 
behänd lung, die zur Hyperämie der Wundränder und damit zur schnelleren 
Heilung der Wunden mit Erfolg in Anwendung gezogen wird, nicht ausru¬ 
schalten, dabei aber die schädlichen Wirkungen auf das Gefäßsystem zu 
vermeiden, wurden Wechselduschen, kalte Vollduschen angewendet, die prompt 
die Störungen beseitigten. Es zeigte sich bei den Versuchen, daß scboD 
Kälteapplikation auf eiu einzelnes Glied in eioer Dauer vou drei bis vier 
Minuten genügten, um den gleichen Erfolg zu erzielen. Es war dabei durch¬ 
aus nicht nötig, daß dasselbe Glied, das im Hitzekasten behandelt worden 
war, mit der Kälteapplikation bedacht wurde, sondern es konnte dazu ein 
beliebiges anderes Glied benutzt werden, da es sich ja nur um die reflektorische 
Leitung des Kältereizes zum Gehirn handelt, in dem der gestörte Inner¬ 
vationsmechanismus des allgemeinen Gefäßnervenzentrums und des speziellen 
Zentrums für die Hirngofäße durch diesen Reiz wiederhergestellt wird. Auf 
die durch die Heißluftbehandlung in dem behandelten Gliede erzeugte 
Hyperämie resp. Gefäßerweiterung hatte die Kälteapplikation keine Einwir¬ 
kung, so daß die lokale Wirkung der Heißluftbehandlung dadurch nicht 
beeinträchtigt wird. 

In einer zweiten Arbeit beschäftigt sich Weber (40) mit den Störungen 
des Gäßapparates bei Lokalanästhesie und Narkose. Er konnte feststellen, 
daß nach Lokalanästhesie dauorude Gefäßerweiterung eintrat, welche einen bis 
zwei Tage lang dauerte, und daß die Hälfte der Fälle aus Gefäßreaktions¬ 
störungen bestanden, die einen Tag dauerten, daß nach Chloroformnarkose 
dauernde Gefäßerweiterung fünf bis sieben Tage lang bestand uud daß eine 
Gefäßreaktionsstörung immer vorhanden war und eine bis sechs Wochen 
anhielt. Diese Zustände der zentral verursachten Störungen der Gefä߬ 
innervation lassen sich in außerordentlich günstiger Weise durch Einwirkung 
von Temperaturreizen (besonders Kältereizen) beeinflußen. Besonders geeignet 
erscheinen solche Fälle, bei denen noch wochenlang nach dem Verlassen 
des Bettes durch den Krauken auffallende Muskelschwäche, Ermattung beim 
Treppensteigen, übermäßig starkes Schwitzen bei leichten Anstrengungen und 
Kopfschmerz bestehen, und bei deuen sich bei Untersuchung noch die Fort¬ 
dauer der zentralen Störung der Gefäßinneration bei Muskelarbeit findet 
Die vasomotorischen Störungen hält W. für die Folge der Giftwirkung der 
narkotischen Mittel. 

Die Bäder der Adriaküste können, wie Glax (11 und 12) ausfuhrt, 
schon Mitte Mai benutzt werden, also zu oiner Zeit, in welcher die nörd¬ 
lichen Seebäder noch nicht gebraucht werden können. Das südliche Klim* 


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Hydrotherapie. 


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bietet bei seinen hohen Sommertemperaturen auch die Möglichkeit, Kranke, 
deren Zustand überhaupt den Gebrauch kalter Bäder verbietet, der Einwir¬ 
kung des Meereswassers selbst durch längere Zeit aussetzen zu könuen. 
Dieser letztere Umstand gewinnt unter Berücksichtigung des hohen Salz¬ 
gehaltes der Adria eine besondere Bedeutung. G. empfiehlt die Adriabäder 
besonders bei Rheumatismus, Gelenk- uud Muskelversteifungen, bei anämischen 
Erschöpfungszuständen, bei Erschütterungen des gesamten Nervensystems 
und der Psyche, bei Neuritiden und bei flerzneurosen. 

Schmidt (35) beschreibt einen für das Feld improvisierten Heißluft¬ 
apparat, welcher aus einer Konservenkiste, aus dem Knie einer Dachrinne 
uud der Wellpappe, in welche die Konservenbüchsen eingehüllt sind, besteht. 

Richter (29) hat für die Soldaten, um sie gegen Hitzschlag zu schützen, 
eine Herzkompresse und einen Helrakühler anfertigen lassen, die am Hemd 
in der Herzgegend und im Inneren des Helms getragen werden, und die 
durch Verdunstung des Wassers angenehme Kühlung der Herzgegend und 
des Kopfes bewirkeu. 

Bach (1) berichtet über gute Erfolge mit Moorbädern und Quarzlicht¬ 
bestrahlung in zwei Fällen (15- und 20jähriges Mädchen) von Enuresis uoc- 
turna. B. macht darauf aufmerksam, daß in manchen Fällen Kinder mjt 
zarter Haut bei Kaltwerden der Beine und des Leibes nicht selten Blasen¬ 
beschwerden bekommen, die sich in Blasenkrämpfen, sowie hauptsächlich in 
abnorm häufigem Wasserlassen zu äußern pflegen. B. nahm auch in den 
vorliegenden Fällen an, daß Bettnässen durch einen Reflex verursacht würde, 
der von der abnormen Hautbeschaffenheit ausgeht. Seine therapeutischen 
Maßnahmen, diese Durchkältung der Haut durch die getroffenen Maßnahmen 
zu verhindern, führten in beiden Fällen zu gutem Frfolge. 

Bucky (5) berichtet über gute Erfolge mit Diathermiebehandlung bei 
Nervenentzündungen, Neuralgien und Nervenverletzungen. Die Nervenrege- 
neration wurde beschleunigt. Ferner wirkt die Diathermiebehandlung günstig 
auf die Stimmung der Patienten, der Schlaf bessert sich, die Nahrungsauf¬ 
nahme wird günstig beeinflußt. 

Die Ischias wird nach Ansicht von Csiky (6) dadurch hervorgerufen, 
daß man beim Sitzeu — besonders auf ungeeigneter Sitzfläche — den Nerven 
an den Knochen andrückt. Zur Behandlung eignet sich sehr gut das Ver¬ 
fahren mit dem Plätteisen, dessen Technik folgende ist: Der Kranke liegt 
auf der gesunden Seite, wobei er sein Knie anzieht. Der kranke Ober¬ 
schenkel wird mit einem einfachen oder doppelten Leintuch zugedeckt. 
Dann nimmt mau zwei stärkere Decken und legt sie derart auf den Kranken, 
daß die eine von oben bis zum Oberschenkel, die zweite hingegen von hier 
nach abwärts das Bein warm hält. Die zwei Decken kommen an der Aus¬ 
trittsstelle des N. ischiadicus zusammen. Man beginnt das Plätten, indem 
man das warme Eisen zwischen den beiden Decken auf das Leintuch über 
der kranken Stelle anlegt. Wichtig ist, daß das Eisen die richtige Tempe¬ 
ratur hat; zu diesem Zwecke ist am geeignetsten ein elektrisches Plätteisen. 
Aber es gelingt auch mit einem gewöhnlichen Plätteiseu. Diejenige Tempe¬ 
ratur ist am zweckmäßigsten, bei welcher es möglich ist, das Eisen eine 
halbe bis ganze Minute an einer Stelle zu halten; das Wärmegefühl muß 
aber sehr intensiv und zuletzt schon unerträglich sein. Dann rückt man 
mit einer Plätteisenbreite weiter und richtet die Decken immer so, daß 
der Kranke an den übrigen Stellen überall zugedeckt ist und der eben 
bestrahlte Teil sofort unter die Decke kommt, damit er noch längere Zeit 
unter der intensiven WärmewirkuDg bleibt. Die ganze Behandlung dauert 


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Hydrotherapie. 


etwa 10 Minuten. Die Prozedur wird täglich wiederholt; nur wo sich die 
Empfindlichkeit zu sehr steigert, macht man Pausen von 1—2 Tagen. 

Bach (2) bemerkt zu Siemons Beobachtung, daß auch nach langer 
Bestrahlung mit der künstlichen Höhensonne keine Rötung und Brennen der 
Haut auftraten, daß er die Reaktionslosigkeit auf eine Smpathikusstörang 
zurückführt und es im Interesse der Kranken liegt, in solchen Fällen die 
Bestrahlung entsprechend lange und intensiv fortzusetzeu. (Corde*.) 

Da sich die Lichtbehandlung (Sonneulicht, Quarzlampe) zur Reinigung 
infizierter Wunden und Granulationsbildung als sehr nützlich erwies, hat 
Jesionek (16) diese Methode auch bei W'uudeu, die mit Tetanusbazillen 
infiziert waren, angewendet und in 4 Fällen Heilung erzielt. 

Kienböck (17) schildert an der Hand mehrerer Krankengeschichten 
die Reizwirkungen, welche bei Röntgenbehandlung von Struma und Base¬ 
dowscher Krankheit entstehen. K. meint, daß es sich um die Folgen einer 
initialen Reizwirkung auf das Parenchym der Schilddrüse handelt, wodurch 
es zu Hyperämie, Anschwellung des Organs, Steigerung der Zelltätigkeit 
und so zu den Allgemeinerscheinungen von Thyreoidismus kommt. Man 
soll deshalb sowohl bei Strumen als bei der Basedowschen Krankheit zu¬ 
nächst mit der Röntgenbehandlung vorsichtig sein, die Maximaldosen ver¬ 
meiden. Von diesen Reizstörungen abgesehen, hat K. mit der Röntgen¬ 
behandlung gute Erfolge gehabt und rät, sie jedenfalls vor der Operation 
zunächst in Anwendung zu bringen. 

Das Bemerkenswerte an dem Krankheitsverlaufe, den Küpferle und 
V. Szily (19) schildern, ist, daß bei einem 65jähr. Patienten, der mehrere 
Monate nach einer zunächst erfolgreich entlastenden Hypophysenoperation 
die Sehkraft durch Rezidiv der malignen Geschwulst vollständig verloren 
hatte, nach einer längere Zeit hindurch fortgesetzten Intensivbestrablurg das 
Sehen zum größten Teil im früheren Umfange wiedergekehrt ist. Es wuide 
kombiniert von außen mit Röntgenstrahlen, vom Munde aus mit Mesothorium 
bestrahlt. Infolge dieses Ausganges im oben erwähnten Falle empfehlen 
die Autoren das Verfahren nicht nur zur Nachbehandlung nach der Operation, 
sondern auch in geeigneten Fällen als selbständiges Verfahren. 

Römer (30) teilt zwei Fälle von Sonnenstich durch Sonnenbäder mit. 
Es bestanden die Erscheinungen der Meningitis serosa, die nach Lumbal¬ 
punktion verschwanden. Er warnt eindringlich vor diesem unvorsichtigen 
Sport. 

Hamm (13) behandelte Soldaten, welche an den Folgen von Obr¬ 
erschütterungen litten, mit Otothermie und will gute Erfolge dabei erzielt 
haben. 

Zur Erhaltung resp. Regeneration der Muskelfnnktion wendet Nagel* 
Schmidt (28) einen Apparat mit einem dosierbaren Wechselstrom an (Berl. 
Klin. Woch. 1912 Nr. 39). Dieser Strom wird rhythmisch durch ein Metro¬ 
nom unterbrochen. Die besonderen Eigenschaften dieses Stromes sind folgende: 
Der sensible Reiz fällt fast vollständig fort. Der Patient fühlt kein Prickeln, 
kein Stechen. Es tritt nur bei sehr großer Stromdichte eine Hautreizung in 
Form von Rötung auf. Dagegen erzeugt dieser Strom außerordentlich kräftige 
Muskelkontraktionen. Der genannte Strom in der richtigen rhythmischen 
Unterbrechung ist vollkommen unschädlich auch für den atrophischen und 
Entartungsreaktion zeigenden Muskel. Auch zieht sich bei diesem Strom 
der Muskel nicht blitzartig zusammen, sondern mehr dem physiologischen 
Ablauf entsprechend. Der Apparat stellt nach Ansicht von N. für geschwächte 
oder defekte Muskeln zweifellos den unschädlichsten Reiz und die schonendste 
Übungsmethode dar. N. beginnt die Übungen möglichst sohon, während das 


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Massage. 


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betreffende Glied im Gipsverband liegt oder auch bei durch Schienenverband 
festgestellten Gelenken. Eine wichtige Domäne für die Diathermie sind die 
Neuralgien, sei es die nach Verwundungen eingetretenen oder die autochthonen 
nach Durchnässungen und Durchkältungen. Am schnellsten reagieren Hyper¬ 
ästhesien und Parästhesien, am langsamsten die tauben Bezirke. 


Massage. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn -Berlin. 

1. Arnheim, F., Über die Behandlung von Muskelatrophien nach Sohußverletzungen 
mit dem „Myoroborator“. Fortsohr. d. M. No. 38/39. p. 981. 

2. Auerbach, Siegmund, Einige Anregungen für die Behandlung der Schußverletzungen 
peripherer Nerven. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. No. 21. S. 641. (Allg. Vortrag.) 

3. Bayer, v.. Orthopädische Behandlung der Spasmen nach Kopfschüssen. M. m. W. 
No. 4. p. 135. F. B. 

4. Climenko, H., Modem Treatment of Sciatica. New York M. J. CI. No. 4. 

5. Colby, J. M., Massage and Remedial Exercises in Treatment of Childrens Paralyses; 
Their Differentiation in Uee. Boston M. a. S. J. 173. (19.) 

6. Croissant, Zur Frage der Radialislähmung. M. m. W. No. 24. p. 835. 

7. Fischer, Mechanotherapeutischer Universalapparat. D. m. W. No. 23. p. 680. 
(Beschreibung zur Abbildung eines Universalapparates.) 

8. Fittig, Apparate zur Nachbehandlung von Peroneus-Medianus-Ulnaris-Lähmungen. 
Vereinsbeil. d. D. m. W. 1916. 42. 120. 

9. Franz, Shepherd Ivory, Scheetz, and Wilson, Anita A., The Possibility of Recovery 
of Motor Function in Long- Standing Hemiplegia: A Preliminary Report. The J. of the 
Am. M. Ass. 65. (25.) 2150. 

10. Fuchs, Medikomechanik im Bett. M. m. W. No. 38. p. 1304. F. B. 

11. Grünberg, J., Eine Vorrichtung zum Schreiben mit Hilfe des Gebisses bei Verlust 
bzw. Lähmung der Arme. B. kl. W. No. 17. p. 431. 

12. Hasebroek, K., Schnelle Heilung schwerer Hyperästhesie an erfrorenen Füßen. 
M. m. W. No. 40. S. 1377. F. B. 

13. Jacobsohn, Leo, Alte und neue Übungsbehandlung der Tabes. D. Thor. d. Gegenw. 
Oktober. S. 373. 

14. Kirchberg, Franz, Die Blindenmassage. M. m. W. No. 40. S. 1356. 

15. Derselbe, Die Aufgaben der medicomechanischen Nachbehandlung der Kriegsverletzun¬ 
gen und ihre Durchführbarkeit. M. Klin. No. 12. p. 328. 

16. Kuh, Rudolf, Blinde Soldaten als Masseure. M. m. W. No. 36. p. 1217. 

17. Laqueur, A., Einfache Vorrichtungen zur Mobilisation der Hand- und Fingergelenko. 
B. kl. W. p. 731. (Sitzungsbericht.) 

18. Derselbe, Zur Mobilisation versteifter Finger- und Handgelenke bei Kriegs verwundeten. 
B. kl. W. No. 26. 

19. Leri, A., Improvised Apparatus for Mechanical Treatment of Paralysis in the Wounded. 
Paris m£d. Oot. 

20. Lo vett, R. W., The Treatment of Infantile Paralysis. Preliminary Report, Based on a 
Study of the Vermont Epidemie of 1914. The J. of the Amor. M. Ass. 64. (26.) 2118. 

21. Löwy, Julius, Ueber die Beeinflussung von Erkrankungen des Nervensystems durch 
den Apparat von Bergonie. Zschr. f. physik. u. diät. Ther. 19. (9.) 272. 

22. Müller, A, Lehrbuch der Massage. Bonn. Marcus & Weber. 

23. Spitzy, H., Hebeapparat für Hand und Finger bei Radialislähmung. M. m. W. No. 6. 
p. 203. F. B. 

24. Stein, Albert E., Heißluft-Massage, ebd. No. 14. p. 492. F. B. 

25. Swift, H. M., Compensatory Exeroises as an Aid in Treatment of Locomotor Ataxia. 
Boston M. and S. J. Jan. 21. No. 3. 

26. Wächter, Über physikalisch-mechanische Nachbehandlung Kriegsvorletzter im 
orthopädischen Institut der chirurgischen Klinik in Innsbruck. W. kl. W. p. 747. 

(Sitzungsbericht.) 

27. Wolfes, Mediko-mechanischer Turnapparat. D. m. W. 41. (49.) 1461. 

Kirchberg (15) stellt folgende Leitsätze auf: 1. Für die mediko- 
mechanische Nachbehandlung der Verletzten sind diese in verschiedene 


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Massage. 


Gruppen einzuteilen je nach der Möglichkeit des Grades der Wiederher¬ 
stellbarkeit. 2. Aus disziplinären, pekuniären und therapeutischen Gründen 
sind mediko-mechanische Sonderinstitute mit stationärem und ambulantem 
Betriebe notwendig. 

Im Gegensatz zu Kuh warnt Kirchberg (14) davor, Blinde zu 
Masseuren auszubilden, weil das Heilverfahren doch ein so kompliziertes ist 
daß es sachgemäß nur ein Vollsiuniger ausüben kann. 

Kuh (16) empfiehlt, blinde Soldaten als Masseure auszubilden, wobei 
er auf Japan hinweist, wo die Massage ein Monopol der Blinden ist. 

Arnheim (1) empfiehlt den „Myoroborator“ nach Dr. Hergens zur 
Behandlung von Muskelatrophien nach Schußverletzungen. 

Lovett (20) machte bei Kindern mit infantiler Lähmung (Poliomye¬ 
litis) die Erfahrung, daß die Muskeln unter Massagebehandlung, statt sich 
zu kräftigen, „schwächer wurden. Er meint, daß daran die durch Massage 
verursachte Übermüdung Schuld sei. 

Löwy (21) empfiehlt den Bergouieschen Apparat bei Kriegsver¬ 
wundeten. Es sei vom Pflegepersonal leichter zu handhaben wie der In¬ 
duktionsapparat. 

Laqueur (18) gibt einige Vorrichtungen an, wie sie im Virchow- 
krankenhaus zur Mobilisation versteifter Finger- und Handgelenke im Ge¬ 
brauch sind. 

V. Bayer (3) übt bei spastischen Lähmungen folgende Behandlungsart. 
Er schlingt ein etwa 3 cm breites, unelastisches, sogenanntes Taillenband, 
welches mit einer Schnalle versehen ist, um die spastische Extremität. Das 
Band soll nur locker anliegen, auf keinen Fall so fest, daß es irgendwie 
staut. Die Stelle, wo es am besten wirkt, muß mau durch mehrfaches 
Versuchen an verschiedenen Stellen herausfinder. Für die Beugung des 
Ellenbogens ist meist der günstigste Ort etwas unterhalb des Trizepsbaucbes. 
In vielen Fällen bedarf man mehrerer Bänder. Der Effekt dieses Um- 
schlingeus bestand darin, daß entweder eiue Bewegung, die der Kranke 
überhaupt nicht mehr machen kounte, wieder zustande kam, oder daß eine 
stark gehemmte Gelenkexkursion viel schneller und leichter vonstatten ging. 

Croissant (6) gibt folgendes einfaches Verfahren zur Behebung der 
Hängehand bei Radialislähmung an: In eine an den Bindetouren der äußeren 
Ellenbogengegend befestigte Sicherheitsnadel werden 3—4 lange, mit Häkchen 
versehene Spiralfedern eingehakt und ebenso an 2 weiteren Sicherheitsnadeln 
in der vorderen Mittelhand befestigt. Eine der Federn soll an der ulnaren, 
eine an der radialen Seite sitzen. Ein über die Hand gestreifter Glace¬ 
oder Wildlederhaudscbuh trägt am Mittelglied je eine kleine Ose; in diese 
wird für jeden Finger eine, für den Daumen 2 kleinere Federn eingehakt 
und an der Mittelhand in den dort sitzenden Sicherheitsnadeln ebenso 
fixiert. Damit wäre eiue elastische und je nach Federspannnng dosierbare 
Streckung des Handgelenkes und der Finger erreicht. Der Verletzte 
ist in der Lage, alle kleineren Verrichtungen des täglichen Lebens (Halten 
von Messer und Gabel, Bleistift) vorzunehmen. 

Spitzy (23) gibt für Radialislähmung einen einfachen Schienenapparat 
an, der die Hand im Handgelenk gestreckt hält und die Beugung der Finger 
in den Grundphalangen hindert. 

Grünberg (11) konstruierte einen dreigelenkigen Federhalter und 
formierte das Gebiß zum Festhalten und Führen des Halters so um, daß 
armlose oder armgelähmte Patienten befähigt sind, mit dieser Vorrichtung 
bequem zu schreiben. 


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Elektrodiagnostik and Elektrotherapie. 


546 


Fuchs (10) illustriert einige einfache Vorrichtungen, durch welche 
Soldaten, die im Bett liegen, und bei denen eine Gelenkversteifung von 
Gliedern durch aktive Bewegungsunmöglichkeit zu befürchten ist, diese 
Gelenkversteifung vermeiden können, indem sie die bewegungslosen Glieder 
mittels ihrer gesunden Extremitäten (also der unteren durch die oberen, 
des Unken Armes durch den rechten usw.) durch Bollenzug in Bewegung 
bringen und vor Versteifung schützen können. 

Jacobsohn (13) setzt in kurzen Zügen die Prinzipien der Ataxie- 
behandlung auseinander, und zwar die ältere von Frenkel ausgearbeitete 
und die neuere analytische kompensatorische Übungstherapie. In vielen 
Fällen sei es nötig, auf psychischem Wege die Angstvorstellungen der 
Patienten, die sich bei ihnen infolge von kleinen Unfällen festgesetzt haben, 
zu beseitigen. 

Stein (24) empfiehlt die gleichseitige Heißluftmassage. Um dies zu 
ermöglichen, d. h. einmal mit beiden Händen zu massieren und den Heißluft¬ 
strom auf die jeweilig zu massierende Stelle zu leiten, hängt das Ausflußrohr 
der heißen Luft über einer Rolle liegend von oben herab und ist durch 
einen Kragen am Handgelenk der massierenden Person befestigt, so daß 
dieses Rohr immer die Bewegungen der letzteren mitmacht und dadurch 
die heiße Luft auf die gerade massierte Stelle ausströmt. 

Franz, Scheetz und Wilson (9) wollen durch monatelang fortgesetzte 
Massage und passive Bewegungen der kontrakturierten hemiplegisch ge¬ 
lähmten Gliedmaßen auch noch in veralteten Fällen von Hemiplegie recht 
zufriedenstellende Erfolge erzielt haben. 

Der von Wolfes (27) konstruierte Turnapparat zeichnet sich durch 
möglichste Einfachheit und Billigkeit aus. Außer Bewegungen für die ein¬ 
zelnen Fingergelenke und den Daumen und außer Rotationsbewegungen des 
Armes im Schultergelenk und des Fußes sind alle Bewegungen an ihm 
ausführbar. 


Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 


1. Achelis, W., und Gildemeißter, M., Ueber die Nutzzeit degenerierender Muskeln. 
Ein Beitrag zur Erklärung der Entartungsreaktion. D. Arch. f. kl. M. 117. (6.) 586. 

2. Bertolotti, M-, 1 contributi della elettrioitä medioa nella traumatologia di guerra. 
Rif. med. Dec. 

3. Bonvoißin, P., und Palfray, L., Installation eoonomique d’eleotroth&apie avec des 
moyens de fortune. Paris med. 5. (7.) 

4. Bordier, H., Altemating Current from Public Mains in Treatment of Neuritis and 
Muscular Atrophy. Arch. of Radio 1. and Electrol. Deo. 

5. Boruttau, H., Die Elektrotherapie im Jahre 1914/15. Jk. f. ärztl. Fortbldg. 6. Jahrg. 
Aug. p. 41. (Allgemeiner Vortrag.) 

6. Delherm und Dausset, Neuritis After Wounds and tho Therapeutio Physioal 
Meaeures. Paris med. 5. (7.) 

7. Hammesfahr, C., Über eine neue Methode der intermittierenden elektrischen oder 
mechanischen Reizung von Organen und Nerven im chronischen Versuch bei sonst 
normalen Versuchstieren. B. kl. W. No. 6. p. 127. 

8. Hasebroek, Schnelle Heilung schwerer Hyperästhesie an erfrorenen Füßen. M. m. W. 
No. 40. S. 1377. 

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S. 1151. 

Jahresbericht f. Neurologie tu Psychiatrie i»i&. 35 


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546 


Elektro di agnoatik und Elektrotherapie. 


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5 * < 7 -> 

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Erregbarkeit absterbender Muskeln.“ D. Arch. f. kl. M. 118. (1.) 121. 

27. Wunder, Elektrotherapoutiische Improvisationen. M. m. W. N,. 36. p. 1235. F. B. 

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29. Derselbe, Die moderne Elektromedizin in der Kriegstherapie. W. kl. W. No. 30—31. 
p. 805, 831. (Allg. Vortrag.) 

Hammesfahr (7) demonstriert eine Methode, welche es gestattet, tief¬ 
liegende Organe und Nerven bei völligem Wohlbefinden des Versuchstieres 
beliebig oft zu reizen, so daß die Versuche Wochen und Monate fortgesetzt 
werden können. Das Prinzip der Methode beruht darauf, daß in nicht 
homogenen Körpern der elektrische Strom diejenige Bahn verfolgt, welche 
den geringsten Leitungswiderstand bietet. H. läßt den mit einem Knopfe 
versehenen Draht vollständig einheilen, so daß der Knopf unter der Haut 
palbabel ist. Die Tiere tragen diesen aseptisch eingeheilten Fremdkörper, 
ohne irgendwelche Störungen zu zeigen. Auch das Einlegen der Drähte 
ist sehr einfach; mit einer kräftigen Reverdinsehen Nadel sticht mau neben 
den zu reizenden Nerven von innen nach außen durch Muskulatur und Haut 
hindurch, legt ein blank gemachtes Ende des Drahtes um den Nerven her¬ 
um, ohne ihn jedoch mechanisch zu lädieren, und versenkt den Knopf durch 
einen kleinen Hautschnitt, welcher durch Naht geschlossen wird. Bei der 
Reizung wird eine kleine Elektrode durch Heftpflaster exakt über dem 
Knopfe befestigt, während die indifferente Elektrode am Bein oder sonst 
an einer beliebigen Stelle befestigt wird. Zur Reizung der Hirnrinde hat 
H. kleine mit Widerhaken versehene Metallplättchen an einem isolierten 
Draht befestigt. Die Plättchen haken sich an der gewünschten Stelle in 
der Dura fest; der Drath wird durch eine kleine Trepanationsöffnung nach 
außen geführt und mit einem unter der Haut liegenden Metallknopf verbunden. 
Zur flächenhafteu Reizung intraabdomineller Organe hat H. dünne, biegsame 
Zinnfolie, deren eine Seite isoliert ist, mit einem isolierten Draht verbunden, 
die nicht isolierte Seite der Folie an das zu reizende Organ gelegt, mit 
einigen Serosanähten befestigt und den Draht andrerseits mit einem unter 
der Haut liegenden Metallknopf in Verbindung gebracht. 


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Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. 


547 


Nach Ansicht von Reiss (19) kann die Theorie von Wiener, daß die 
Umkehr der Polwirkung bei der menschlichen Entartungsreaktion nur eine 
scheinbare sei, hervorgerufen durch das pathologische Auftreten relativ hoher 
Erregbarkeit an Stellen der sekundären Kathoden, nicht als begründet be¬ 
trachtet werden. Reiss ist der Überzeugung, daß es eine echte Umkehr 
der Polwirkung gibt, hervorgerufen durch physiko-chemische Veränderungen 
der Gewebe, im Speziellen der Zellmembran. 

Wiener (26) führt aus, daß auch die neuen Versuche von Reiss nicht 
geeignet sind, seine Theorie zu widerlegen. 

Schneller (20) fand bei Schwangeren eine allmählich zunehmende 
Steigerung der galvanischen Nervenmuskelerregbarkeit, die einen immer 
größeren Wert annahm, je mehr die Gravidität dem Ende zuneigte. Den 
Höhepunkt der Erregbarkeit stellte der Zeitpunkt der Geburt, d. h. der 
Zeitpunkt der regelmäßig wiederkehrenden Wehen dar, in einzelnen Fällen 
auch die Zeit unmittelbar nach der Geburt Die Abnahme der Erregbar¬ 
keit nach der Geburt ging schneller vor sich als die Zunahme während der 
Gravidität. Der Autor nimmt an, daß die Zunahme der Erregbarkeit in 
innigem Zusammenhänge mit der inneren Sekretion der Drüsen steht, daß 
es sich also um eine chemische Beeinflussung handelt. Außerdem machte 
der Autor weitere entsprechende Untersuchungen nach Injektion von Ovo- 
glaodol, Luteoglandol, Plazentol, Thyreoglandol und Tbymoglandol. Die 
Präparate wurden intramuskulär injiziert und die Nervenmuskelerregbarkeit 
5—10—20—30 Minuten nach der Injektion untersucht. Außer bei Plazentol 
hat der Autor ausnahmslos in allen Fällen eine Steigerung, und zwar mit¬ 
unter eine ganz enorme gefunden, die nach ca. 20 Minnten wieder die Höhe, 
wie vor der Injektion oder sogar einen höheren Wert, wenn auch nur in 
ganz geringem Grade, erreichte. Nach Injektion von Plazentol zeigte sich 
ein vorübergehendes Fallen der Erregbarkeit, das nach ebenfalls ca. 20 Minuten 
wieder verschwunden war. 

Reizt man einen Nerven oder Muskel elektrisch, so muß der Strom 
erstens schwanken, und zweitens muß, damit sich die volle Reizwirkung ent¬ 
faltet, nach der Schwankung noch eine gewisse Zeit des ruhigen Fließens 
folgen. Diese wirksame Dauer der Nutzzeit (N.Z.) ist von Achelis und 
Gildemeister (1) bei entartenden Muskeln einer speziellen Untersuchung 
unterworfen worden. Die Autoren haben dabei eine starke Verlängerung 
(bis auf das Mehrhundertfache) gefunden und suchen daraus den Unterschied 
in der Wirksamkeit des faradischen und galvanischen Stromes bei degene¬ 
rierten Muskeln zu erklären. 

Seit kürzerer Zeit beschäftigt sich Kahane (9, 10) mit einer An- 
wendungsfonn auch der Faradisation, die kurz als Faradopalpation bezeichnet 
wird. Das Wesen besteht in der palpatorischen Anwendung, d. h. in der 
wiederholten, kurzdauernden Applikation des Stromes unter Anwendung von 
Elektroden mit maximaler Stromdichte, d. h. kleinstem Querschnitte. Dies 
wird erreicht durch Anwendung punktförmig zugespitzter oder uadeliörmiger 
Elektroden. Besonders wirksam ist diese Faradopalpation auf die glatte 
Muskulatur. Die Galvanopalpation ist eine verläßliche Methode, speziell 
für den Nachweis von Galvanohyperästhesie, ferner des Hyperthyreoidismus, 
besonders latenter Formen durch die gesteigerte Empfindlichkeit im Vagus- 
Sympathikussystem. In therapeutischer Hinsicht tritt die Wirkung rascher 
ein und ist stärker als bei der gewöhnlichen Anwendung des Stromes. Die 
Arsofaradisation (aus Arsonvalisatinn und Faradisation) ist ihrem Wesen nach 
eine unipolare Faradopalpation. 

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648 


Organtherapie. 


Um eine elektrische Behandlung auch vom Hilfspersonal durchfuhren 
zu lassen und dabei nicht nur eine allgemeine, sondern eine spezielle von 
bestimmten Muskeln ausführen zu lassen, hat Stracker (22) die Reizpunkte 
durch Tätowierung markiert, damit sie auch vom Wärter bei der elektrischen 
Behandlung schnell aufgefunden werden können. 

Wunder (27) gibt an, wie man im Felde bei Mangel an elektrischen 

Apparaten sich solche leicht improvisieren kann. So verfertigt er die Batterie 

aus Batterien der Taschenglühlampen, einen Rheostaten aus einem längs¬ 
halbierten Notizbleistift, Elektroden durch Umwickeln, von hölzernen Brett¬ 
chen mit blankem Kupfer- oder Eisendraht und Übernähen mit Gaze- 

schichten. Ebenso macht er Angaben zur Herstellung eines solchen Apparates 
bei Vorhandensein eines Lichtstromes. 

Hasebroek (8) heilte die Hyperästhesie an der Sohle durch Be¬ 

strahlung mit blauem Bogenlicht und durch galvanische Fußbäder innerhalb 
weniger Sitzungen. 

Koblföek (11) wandte Franklinisation in einigen Fällen der Agrypnie 
auf neurasthenischer Grundlage in Form von Duschen an und erzielte hübsche 
Resultate, in einigen Fällen (davon 2 in extenso publiziert) vollständige 
Heilung, in anderen wesentliche Besserung. Autor ist der Meinung, daß 
es sich bei dieser Art der Therapie nicht nur um Suggestion, sondern um 
tatsächliche Wirkung der Elektrizität handelt. ( Jar . Stuchlik.) 


Organtherapie. 

Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

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brospinalen Lues. Jb. f. Psych. 35. (2/3.) 207. 

104. Schneider, R., Zur Frage der Tetanusbehandlung. Münch, med. Woch. No. 1. 
p. 33. F. B. 

105. Schroeder, K., Modem Treatment of Tetanus. Hospitalstid. July 1. LVIII. No. 27. 

106. Schumaoher, J., Über Entgiftung von Diphtherie- und Tetanotoxin. D. m. W. 
No. 11. p. 310. 

107. Seitz, Tetanusbehandlung. Münoh. med. Woch. p. 552. (Sitzungsbericht.) 

108. Smith, D. G., Unusual Case of Anaphylaxis Following Administration of Tetanus 
Antitoxin. Washington M. Ann. Jan. 

109. Smith, Louis D., A Comparison of the Swift-Ellis and Modified Ravaut Intraspinal 
Injeotions for Syphilis of Nervous System. Report of Twelve Cases. The J. of the 
Am.. M. Ass. 64. (19.) 1363. 

110. Smith, W. A., Cases of Epidemie Cerebrospinal Meningitis Treated Sucoessfully with 
Flexners Antimeningitis Serum. Am. J. of Dis. of Child. May. 

111. Snow, William Benham, Hyperthyroidism and its Treatment. Med. Reo. 88. 809. 
(Sitzungsbericht.) 

112. Sormani, Giuseppe, Rioerohe sperimentali sulla oura preventiva del tetano nei feriti 
in guerra. Gaz. med. lomb. No. 13. p. 145. 

113. Stefanowicz, Leo, Beitrag zur Behandlung der Genickstarre. W. kl. W. 28. (48.) 
1316. 

114. Stoner, Willard C., The Ogilvie Method of Treatment of Syphilis of the Central Nervous 
System with Standardized Salvarsanized Serum .— A Preliminary Report of Sixteen 
Cases. The Cleveland M. J. 14. (6.) 407. 

115. Stuohliok, Jar., Einige statistische und psychologische Beobachtungen bei den 
diesjährigen Massenimpfungen. Casopis cesk^ch lekarüv. 54. 1606. 

116. Sutton, M. B. E., How Tetanus May Be Aborted. New York M. J. CI. No. 11. 

117. Swift, Homer F., Intraspinal Therapy in Syphilis of the Central Nervous System. 
The J. of the Am. M. Ass. 65. (3.) 209. 

118. Syring, Vaccineurin und Trigeminusneuralgie. D. m. W. No. 47. S. 1398. 

119. Teutsohlaender, Otto, Latente Tetanusinfektion und Abortivbehandlung des Wund¬ 
starrkrampfs. D. m. W. No. 20. p. 582. 

120. Derselbe, Spättetanus nach frühzeitiger prophylaktischer A-T-Injektion, ebd. 41. 
(49.) 1453. 

121. Tizzoni, G., e. Perrucci, P., Intomo ai oriteri soientifici per giudioare in modo 
rapido e sicuro sulla reale del siero antitetanioo. Policlin. Aug. 1. XXII. Nr. 31. 

122. Torrey, Robert H., The Therapeutio Uses of Proparations of the Ductless Glands. 
The Therap. Gaz. April, p. 234. 


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552 


Organ therapie. 


123. Vogt, E., Serumexanthem nach Tetanugantitoxininjektion. Müiioh. med. Woch. 
No. 10. p. 360. F. B. 

124. Watkine, R., Serum Treatment for Phygiologioally Defeotive Thyroids, Clinioal Report«. 
Illinois M. J. Deo. 

126. Wienert, Zur Therapie des Tetanus. D. m. W. No. 4. p. 107. 

126. Wintz, H., Untersuchungen über den Antitoxingehalt im Serum Tetanus kranker. 
Münoh. med. Wooh. No. 46. S. 1564. 

127. Wodak, Emst, Ueber das Wiederauf treten des Patellaneflexee bei Tabikern duroh 
Tuberkulinbehandlung. W. kl. W. 28. (51.) 1411. 

128. Wolf, Wilhelm, Zur Frage der prophylaktischen Impfung gegen Tetanus. Münch 
med. Wooh. No. 39. S. 1341. F. B. 

129. Zapffe, Fred C., Autogenous Vaocines in Treatment of Soiatioa. The J. of the Am. 
|M. Ass. 64. (3.) 238. 


Allgemeines. 

Auer (ß) stellte Versuche bei Affen und Hunden über die Toleranz 
von intraspinalen Injektionen von Sera an und kam zu folgenden Ergebnissen: 
Der Affe verträgt ohne weiteres wiederholte intraspinale Injektionen großer 
Dosen von 0,3prozentigem Tricresolantimeuingitisserum. Die spontane Re¬ 
spiration ist nicht gestört Wenn Veränderungen der Respiration und des 
Blutdruckes dabei sich einstellen, so liegt das an einer Erhöhung des 
intraspinalen Druckes, denn sowie dieser sich vermindert, lassen die Erschei¬ 
nungen nach. Die medullären Zentren des Affen sind nach solchen In¬ 
jektionen widerstandsfähiger als diejenigen des Hundes. Hohe Serummengen 
werden vom Duralsack des Affen schnell absorbiert, sie bewirken eine 
schnellere Blutgerinnung. Die Hauptgefahr bei Hunden nach intraspinalen 
Injektionen von 0,3prozentigem Tricresolserum besteht in einer Respirations¬ 
lähmung. Die lokale Applikation dieses Serums auf die bloßliegende Me- 
dulla hat nicht den gleichen Effekt wie die intraspinale Injektion. 0,3proz. 
Chloroform- oder Ätherserum hatte nicht die Wirkung wie das Tricresol¬ 
serum. ( Jacobsohn .) 

Kossel (70) bespricht zusammen fassend das Erreichte in der Serum- 
therapie seit den 1890 gemachten ersten Erfahrungen durch von Behring 
und Kitasato. (Cordes.) 

Tuberkulin. 

Schacherl (103) berichtet über ambulatorisch durchgeführte Tuberkulin¬ 
kuren bei syphilogeneu Nervenkrankheiten, vornehmlich bei Paralyse und 
Tabes. In 24 Fällen konnte bisher die Kur vollständig durchgeführt werden. 
Die Kuren wurden stets in Kombination mit Quecksilber (!) unternommen. 
Die Anfangsdosis betrug 0,0005 Alt-Tuberkulin (Koch). Bei 7 unter 13 
Paralytikern trat eine — in einzelnen Fällen weitgehende — Besserung ein. 
Fünf Fälle wurdeu wieder enverbsfähig. Bei der tabischen Ataxie wurde 
bei 6 unter 8 durchgeführten Kuren eine erhebliche Besserung erzielt. In 
3 bei gastrischen Krisen durchgefülirten Kureu hörten die Anfälle bei zwei 
Fällen vollkommen auf. Die lauziliierenden Schmerzen steigerten sich regel¬ 
mäßig im Beginn der Kur, um dann zurückzugehen. Unter 6 Fällen von 
Blasenstörungen sind 4 gebessert. (Jacobsolm.) 

Wodak (127) konnte bei Tabikern, deren Krankheit noch nicht zu 
weit fortgeschritten w r ar, durch Tuberkulininjektionen mit darauffolgenden 
Fieberreaktionen den geschwundenen Patellarredex ein- oder doppelseitig 
wieder zur Auslösung bringen. Subjektiv war die Besserung allerdings nur 
gering, und der zuerst lebhafte Reflex wurde nachträglich auch wieder 
schwächer. (Jacobso/m.) 


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Organ therapie. 


553 


Bacigalapo (9) hat in zwei Fällen von tuberkulöser Meningitis durch 
intralumbale Injektion mit Tuberkulin Heilung erzielt. Er empfiehlt diese 
Anwendung deshalb zur Nachprüfung, da das Verfahren gefahrlos zu sein 
scheint. Statt einer Fiebererhöhuug trat nach der Injektion eiue Temperatur¬ 
erniedrigung um 1° C ein. Die Dosis betrug 1 mg Alttuberkulin. 

{Jacobsohn.') 


Diphtherleantltoxln. 

Kleinschmidt (67) hat Antitoxinprüfungen bei postdiphtherischer 
Lähmung vorgenommen und kommt zu folgendem Ergebnis: Über den 
Verlauf einer Diphtherie entscheiden so ziemlich die ersten Stunden. 
Gelingt es, durch frühzeitige ausgiebige Serumeinverleibung ein Fortschreiten 
der Vergiftung aufzuhalten und womöglich vor kurzem an lebenswichtige 
Zellen gebundene Giftmeugen wieder loszureißen, so tritt komplikationslose 
Heilung ein. Waren jedoch schon einzelne Zellgruppen z. B. des Nerven¬ 
systems in ihrer Lebensfähigkeit geschädigt, so müssen dem Krankheitsprozeß 
im Rachen notwendigerweise die Symptome der Nervendegeneration folgen, 
gleichgültig ob Antitoxin vorhanden ist oder nicht. Bei geringem Umfang 
dieser Zellschädigung kann auch jetzt noch eine vollständige Heilung ein- 
treten, wobei eine Mitwirkung des Antitoxins nicht erforderlich ist. Bei 
größerer Ausdehnung aber kommt es zur tödlichen Lähmung oder gar zum 
akuten Ende. Toxin, das uach Ablauf der lokalen Erkrankung von im 
Körper znrückbleibenden Bazillen abgesondert wird, ist demgegenüber fiir 
den Ablauf der Krankheit offenbar ohne Bedeutung. Denn es kann einer¬ 
seits durch noch vorhandenes heterogenes Antitoxin abgefangen werden, 
andrerseits durch seinen allmählichen Übergang in den Körper eine starke 
autochthone Antitoxinbildung anregen, genau so wie man dies beim gesunden 
Bazillenträger beobachten kann. Nur der plötzlichen Überschwemmung mit 
Diphtheriegift zeigt sich der Organismus nicht gewachsen und bedarf der 
Nachhilfe durch das künstliche Antitoxin. {Jacobsohn.) 

Schumacher (106) untersuchte den Einfluß oxydierender und 
reduzierender Substanzen auf Diphtherie- und Tetanotoxin. Das stark 
oxydierende Ammooiumsalz der Überschwefelsäure, das Ammoniumpersulfat 
eutgiftet Diphtherie- und Tetanotoxin in kurzer Zeit, wie aus den angestellten 
Tierversuchen hervorgeht In einer anderen Arbeit (Dermat. Wochenschr. 
1915, Bd. 61, S. 684) fand Verfasser, daß Reduktionsmittel, so weder das 
Natriumsalz der Amidonaphtholmonosulfosäure, die in der Photographie 
auch unter dem Namen Eikonogen bekannt ist, noch unser stärkstes Re¬ 
duktionsmittel, das Salvarsan, imstande sind, die Bakterientoxine zu entgiften. 
Die Tiere starben nur ganz kurze Zeit später als die Kontrolltiere. Die 
Ungiftigkeit der oxydierten Toxine beruht auf Veränderungen in der che¬ 
mischen Konstitution. { Antoreferat.) 

Zapffe (129) fand bei einem Patienten, der an hartnäckiger Ischias 
litt, im Urin Staphylokokken und einen diphtherieähnlichen Bhzillus. Darauf¬ 
hin wurden von diesen Mikroorganismen Kulturen angefertigt und ein Impf¬ 
stoff zubereitet. Nach viermaliger Injektion dieses Impfstoffes war die 
Ischias beseitigt. {Jacobsohn.) 


MsDingokokkensernm. 

Kufrük (71) faßt die bei einer Epidemie von Meningitis epidemica 
gemachten Erfahrungen dahin zusammen, daß die Wirkung der Serum¬ 
therapie auf möglichst frühzeitigem Beginn der Behandlung, dann aber 


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554 


Organtherapie. 


▼or allem auf den Größen der gegebenen Dosen beruhe, und zwar wurden 
3—4 mal hintereinander je 80 ccm (40 ccm intralumbal, 40 ccm intramus¬ 
kulär) gegeben. ( Cordes.) 

Bericht Brach’s (21) über 10 mit Talaufschem Meningokokkenserum 
behandelte Fälle unter Betonung der gangbaren Resultate des Serums 
(1 Todesfall). (Cordes.) 

Stefanowicz (113) hatte in einem schweren Falle von Genickstarre mit 
der Autoseruminjektion einen unerwarteten Erfolg. (Jacobsohn.) 


Tetanusantitoxln. 


Aschoff und Robertson (3) neigen auf Grund ihrer Experimente der 
Ansicht zu, daß das Tetanusgift nicht, wie viele Autoren annehmen, mittels 
der Achsenzylinder (Fibrillentheorie) zu den Ganglienzellen hinwandert, sondern 
daß die Wanderung auf dem Wege der Lymphbahnen vor sich geht. Ihre 
Versuche an Meerschweinchen sollen zeigen, daß bei Einspritzung von 
Tetanusgift in den unteren Teil des Rückenmarks eines passiv immunisierten 
Tieres das Gift in den an sich genügend giftigen Dosen weder lokal wirkt 
noch im Rückenmark zu den empfindlichen Zentren der Medulla oblongata 
heraufwandert, daß es also nicht von den Achsenzylindern aufgenommen 
wird; sie machen es vielmehr wahrscheinlich, daß es durch das Antitoxin 
daran verhindert wird, sich längs seines natürlichen gewöhnlichen Weges, 
nämlich der Lymphräume zu verbreiten. Beim Vorhandensein von Anti¬ 
toxin im System wandert das Tetanusgift, ganz gleich, ob in das Bein oder 
den unteren Teil des Rückenmarks eingespritzt, nicht weit im Mark, weil 
augenscheinlich das Antitoxin, das offenbar in den Lymphräumen des Rücken¬ 
marks und den Lymphbahnen der Nerven vorhanden ist, Gelegenheit hat, 
das weniger konzentrierte Gift völlig zu neutralisieren und so die um- oder 
darüberliegenden Nerventeile zu schützen. Die Wirksamkeit dieses Schutzes 
ist genau proportional der Konzentration des Gegengifts verglichen mit der 
des Giftes. Daraus ergeben sich folgende Schlußfolgerungen für die Praxis: 
Bei bereits eingetretener Tetanuserkrankung, d. h. bei der gewöhnlichen 
durch Trismus charakterisierten, deszendierenden Form ist eine sofortige 
intravenöse Injektion von 20 A. E. geboten. Wenn der Zustand des 
Verwundeten es gestattet, kann daran eine subarachnoidale, zervikale oder 
lumbale Injektion von 20—100 A. E. angeschlossen werden, welch letzterer 
eine Beckenhochlagerung folgen muß, wenn sie überhaupt Bedeutung haben 
soll. Alle subkutanen Injektionen, auch in mehrstündlichen Wiederholungen 
sind entweder zwecklos oder ersetzen wenigstens die sofortige intravenöse 
Injektion in ihrer Wirkung nicht, bedeuten daher, besonders bei Anwendung 
großer Dosen, eine nach unsern bisherigen Kenntnissen der Toxin- und 
Antitoxinwanderung nicht gerechtfertigte Verschwendung des kostbaren 
Materials. Dagegen kann gegen eine etwa in wöchentlichen Zwischenräumen 
vorgenommene, wiederholte Injektion von 20 A. E., diesmal subkutan, oder 
gegen die Anwendung von Antitoxinverbandstoffen nichts eingewendet werden. 
Vielmehr ist eine solche Wiederholung aus prophylaktischen Gründen immer 
geboten, wenn etwa ein späterer chirurgischer Eingriff an der verletzten Ex¬ 
tremität geplant- wird. Für die prophylaktische Injektion des Tetanusanti¬ 
toxins gilt als erste Vorschrift, daß dieselbe so früh wie irgendmöglich, 
wenn angängig noch innerhalb der ersten 24 Stunden, nach der Verletzung 
subkutan oder intravenös gegeben wird. Im Notfälle kann die Injektion 
durch Begießen des Verbandstoffes mit Antitoxin ersetzt werden. Die 
Herstellung und Benutzung von gebrauchsfertigem, trockenem Antitoxinver- 


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Organtherapie. 


555 


bandstoff ist wünschenswert und nicht aussichtslos. Sie würde die Wirkung 
der späteren Injektion nur unterstützen. Der Schutz eiber prophylaktischen 
Antitoxininjektion dauert praktisch eine Woche. Wunden, die sich bis 
dahin nicht gereinigt haben, würden am achten Tage mit Antitoxinverband¬ 
stoff zu verbinden sein. Jedem am achten Tag oder später vorzunehmenden 
chirurgischen Eingriff an einer verletzten Extremität mit ungereinigter Wunde 
sollte eine erneute Antitoxininjektion von 20 A. E. entweder 24—48 Stunden 
oder intravenös kurz vor der Operation vorausgehen. ( Jacobsohn .) 

Behring (14) führt an, daß der prophylaktischen Tetanusbekämpfung 
keine Schwierigkeiten mehr im Wege steheu wie im Anfänge des Feldzuges, 
wo nicht genügende Serummenge vorhanden war. Seit Januar 1916 liefern 
die Behringwerke Marburg-Bremen 1200 000 AE. monatlich, welche 60000 
Schutzdosen betragen, und die Höchster Werke so viel, daß mindestens 
100000 Schutzdosen ä 20 AE. zur Verfügung stehen. Man solle stets das 
hochwertige Serum benutzen, da man dabei nur ccm Serum einzuspritzen 
habe, wodurch weniger Nachteile aus der Einspritzung selbst entstehen, 
(Serumkrankheit). B. hat sich bemüht, das Serum noch weiter zu reinigen. 
Begonnen hat er damit bei dem Diphtherieserum und es ebenso bei Anti¬ 
toxinserum fortgesetzt. Letzteres wird von den Behringwerken als v. Beh¬ 
rings Tetanusimmunserum bezeichnet. Die ausländischen Sera, die 
geprüft wurden, enthalten 5 bis 10 mal mehr Protein wie die deutschen, 
eine Ausnahme davon machen nur die amerikanischen Sera, welche den 
deutschen nicht nachstehen. Auf dem Gehalt an Antitoxineinheiten in 
einem bestimmten ßlutquautum hat B. eine neue Methode der Bestimmung 
der Blutmenge des menschlichen Körpers ausgearbeitet. Die Blutmenge 
beträgt etwa 8—10% des Körpergewichts. ( Jacobsohn .) 

Heile (60) empfiehlt gleichfalls warm die prophylaktische Serum¬ 
behandlung beim Tetanus und ferner eine energische Serumbehandlung bei 
den ersten Anzeichen, die auf Tetanus hindeuten. In den allerfrühesten 
Stadien, die charakterisiert sind nur durch örtliche Krampfsteigerung, ziehen¬ 
des, evtl, anfallsweises Zucken, Unbehagen in Extremitätenteilen, auffallend 
starkes Schwitzen von Körperteilen oder des ganzen Körpers, geringe Schluck¬ 
beschwerden, öfter behindertes Aufsitzen aus liegender Stellung, steiferer 
Kopfhaltung und fast immer gesteigerte Reflexe, oft nur örtlich am ver¬ 
letzten Gliede, muß so viel Antitoxin eingespritzt werden, als zur Verfügung 
steht, wenigstens aber täglich 100 AE. Zweckdienlich ist die intraneurale 
Injektion. Ist der Tetanus ausgebrochen, so kommt nur die intralumbale 
in Betracht. Den Fortschritt der Erkrankung erkennt man am Verhalten 
der Reflexe, die sich immer mehr steigern. Außer dem Antitoxin hat H. auch 
Magnesiumsulfat verwendet (intralumbal). Er begann mit 0,6—1,0 einer 
10—15 proz. Lösung. Die Injektion muß sehr langsam geschehen, damit die 
Flüssigkeit nicht soweit aufwärts steigt, wobei schwere Atmungsstörungen 
eintreten. Bei der Autopsie von Kranken, die nach zahlreichen intralumbalen 
Injektionen von Magnesiumsulfat gestorben waren, zeigte es sich, daß das 
Rückeumark bis zur Mitte des Brustmarkes (so hoch war die Magnesium¬ 
flüssigkeit gestiegen) verändert war. Die Pia war chronisch entzündet, gerötet, 
die Konsistenz des Rückenmarks war gegenüber dem oberen Rückenmarksteil 
deutlich fester. Das spricht dafür, daß das Magnesiumsulfat auch örtlich am 
Rückenmark durch austrocknungsähnliche Wirkung physikalische Erschei¬ 
nungen auslöst. Man hat also beim Magnesiumsulfat die allgemein narkotische 
von der örtlichen physikalischen Wirkung zu unterscheiden. Die örtliche 
Wirkung äußert sich eventuell auch darin, daß vorübergehende oder länger 
dauernde Querschnittsunterbrechung eintritt. ( Jacobsohn .) 


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Organtherapie. 


Nach den Erfahrungen von Wolf (128) gewährt die prophylaktische 
Tetanusantitoxiniujektion im Kriege einen nahezu sicheren Schutz gegen 
Wundstarrkrampf. Es ist nicht nötig, jeden Verwundeten prophylaktisch zu 
injizieren, sondern es genügt in Fällen, wo mit den Vorräten an Serum 
gespart werden muß, die Impfung der durch Granatsplitter (Handgranaten, 
Gewehrgranaten) Verletzten, sowie derjenigen Verwundeten, die durch 
Schrapnells getroffen wurden, die im Aufschlag krepiert sind, bzw. eine 
Mauer oder Deckung durchschlagen haben. Dem Verwundeten erwächst 
kein Nachteil, wenn die prophylaktische Impfung erst nach Stunden, ja erst 
am Tage nach der Verletzung vorgenommen wird. Beim Vorhandensein 
zahlreicher Wunden, die mit besonders tetanusverdächtigtem Material (Pferde¬ 
mist) verunreinigt sind, empfiehlt sich die prophylaktische Injektion der 
doppelten Dosis Antitoxineinheiten als bisher gebräuchlich. ( Jacobsohn .) 

Piorkowski (91) hat anaerob angelegte Reinkulturen des Tetanus- 
bazillus, die auf Traubenzucker gezüchtet waren, nachträglich einer Tempe¬ 
ratur von 42° C ausgesetzt, wodurch ihre Sporenbildung beeinträchtigt wurde. 
Dann wurden die Kulturen mehrere Tage einer fraktionierten Erhitzung 
unterworfen, und zwar eigneten sich hierfür besonders Temperaturen von 60® 
bis 80° C und schließlich 110° C. Asporogene Rassen waren für die Er¬ 
reichung des Endzweckes besonders passend. Die getrocknete Kultur wurde 
dann fein gepulvert, und mit diesem Pulver wurden folgende Vorsuche an¬ 
gestellt: Zunächst wurde eine Anzahl von Mäusen mit je 0,05 dieses Pulvere 
unter die Haut geimpft. Nach 6, 12, 5>4 und 48 Stunden wurde an 
anderer Stelle denselben Mäusen eine ebenso große Menge Gartenerde in 
derselben Weise eingetragen. Alle diese Mäuse waren nach 12 Wochen 
noch völlig gesund; ebenso die nur mit dem Tetanuspulver geimpften Tiere, 
während die Kontrollgartenerdemäuse prompt nach drei Tagen unter den üb¬ 
lichen toxischen Erscheinungen zugrunde gingen. Bei umgekehrtem Ver¬ 
fahren — zuerst Gartenerde, dann Pulver — gelang die Erhaltung der 
Tiere noch bis 16 Stunden nach Einverleibung der Gartenerde. Auch bei 
Mischungen von Gartenerde mit Pulver wurden die Tiere erhalten, wenn das 
Mischungsverhältnis von Pulver zu Gartenerde nicht größer als 1:3 war. 
P. rät nach diesen Vorversuchungen zur prophylaktischen Verwendung des 
Pulvers beim Tetanus der Kriegsverletzten, indem man das Pulver, das jeder 
Soldat bei sich führen kann, auf die Wunde streut oder es ihm bald nach 
der Verwundung injiziert wird. ( Jacolsohn .) 

Wintz’ (126) Untersuchung erstreckte sich darauf, Mischungswert, 
Schutzwert und Heilwert vom Serum Tetanuskranker festzustellen, vor allem 
auch das Verhältnis der einzelnen Werte in den verschiedenen Stadien der 
Erkrankung aufzufinden. Als Ergebnis wurde gefunden: 

1. Das Serum Tetanuskranker enthält Antitoxin, das in vitro Tetamis- 
gift zu paralysieren vermag. 

2. Der antitoxische Titer. ist verschieden, je nach dem Stadium der 
Erkrankung, gewöhnlich am höchsten in oder kurz nach beginnender 
Rekonvaleszenz. 

3. Ein Schutzwert iür Mäuse kann festgestellt w’erden, dagegen kein 
Heilwert. 

4. Selbst die höchsten Antitoxinwerte sind so gering, daß jegliche 
therapeutische Verwertung aussichtslos ist. , 

Bezüglich des Verhältnisses des Antitoxintiters zum Stadium der Er¬ 
krankung wurde gefunden, daß zur Zeit des Ausbruches des Tetanus, wenn 
die ersten schweren Krämpfe auftreten, kein Antitoxin festzustellen war. 
Bald aber beginnt die Antitoxinproduktion nachweisbar zu werden. Ein 


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ürgautherapie. 


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starker Aufstieg des Autitoxingehaltes findet in der Zeit der klinischen 
Besserung statt, bleibt während der Rekonvaleszenz einige Zeit auf der 
Höbe, um daun relativ rasch abzusinken. Doch konnte auch uoch einige 
Wochen nach überstandenem Tetanus ein Antitoxingehalt festgestellt werden. 

(Selbstberic/it.) 

Wienert (125) behandelte von 46 Tetanuskranken 40 mit Serum, die 
anderen mit anderen Methoden. Von den 40 wurden 24 geheilt, ein Erfolg, 
der sicher nur auf die Serumbehandlung zurückzutühren ist. (Cordes.) 

Auch Vogt (123) berichtet über ein 10 Tage nach einer Tetanus¬ 
antitoxinserumeinspritzung, die prophylaktisch mit 20 A. E. gemacht worden 
war, aufgetretenes Exanthem. Die Serumerkraukung war im ganzen leich¬ 
terer Natur. ( Jacobsohn.) 

Tentschlaender (119) untersuchte Gewebs- und Sekretsausstriche ver¬ 
dächtiger Wunden mikroskopisch und fand vereinzelt Tetanuserreger. Er 
schlägt vor, die mikroskopische Untersuchung durch Impfung von Mäusen 
zu unterstützen. In zwei Fällen, in denen Tetanusbazillen gefunden wurden, 
kam es nicht zum Ausbruch der Krankheit. Es handelte sich also um 
latente Erkrankungen. 

Die in einem Falle in dem verletzten Glied auftretenden Krämpfe 
sieht Verf. als abortive Symptome an. 

Auf alle Fälle möchte Verf. indes bei irgendwelchen verdächtigen 
Wunden die prophylaktische Behandlung nicht missen. Die Mittel, die er 
dazu angibt, sind die bekannten. (Cordes.) 

Tentschlaender (120) gibt mehrere Fälle einwandfreien Tetanus an, der 
auftrat, nachdem prophylaktisch, in dem einen Fall vor 5, im andern vor 
4 Monaten, Tetanusantitoxiu gegeben worden war. 

Die Zeit zwischen der prophylaktischen Serumbehandlung und dem 
Ausbruch des Tetanus ist ein Beweis für die Wirksamkeit der prophylak-, 
tischen Antitoxininjektion, zugleich aber auch für die bloß vorübergehende 
Neutralisierung der Schädlichkeit. 

Der zweite Fall ist noch besonders interessant dadurch, daß der 
Tetanus im Anschluß an eine verheilte, freilich mit eingeschlossenem Splitter 
verheilte Wunde auftrat (Narbentetanus). (Cordes.) 

Schneider (104) hat bei intravenöser Tetanusantitoxininjektion bessere 
Erfolge gesehen wie bei der subakuten. Am wertvollsten aber ist die 
prophylaktische. 

Ebenso tritt Nicoll (83) für sehr hohe Antitoxindosen ein, die er 
intraspinal und daneben intravenös und subkutan gibt. (Jacobsohn.) 

Meyer (77) richtet die Aufmerksamkeit auf den oft nur kaum merk¬ 
baren lokalen Tetanus bei Extremitätenverletzungen, der dem allgemeinen 
vorausgeht, und der die sofortige einfache i'ntraneurale Injektion von Anti¬ 
toxin möglichst zentral (Plexus brachialis, lumbosacralis) in die freigelegten 
Extremitäten nerven (nach Hans Meyer) verlangt. Man müßte auch die 
Verwundeten darauf aufmerksam machen, daß sie jedes noch so leichte 
Zucken oder krampfartige Gefühl in dem verwundeten Glicde sofort dem 
Arzt anzuzeigen haben, und wenn die Ärzte und das Pflegepersonal bei 
solchen Erscheinungen an Tetanus denken würden, so könnte durch recht¬ 
zeitiges Erkennen der Tetanus, solange er noch lokal ist, durch die intra- 
neuralen Injektionen in der Weiterentwicklung zum generellen Tetanus ge¬ 
hemmt, und maucher Kranke gerettet werden. ( Jacobsohn .) 

Mertens (76) resümiert seine Erfahrungen in der Tetanusfrage dahin, 
daß der anaphylaktische Zustand bereits nach 3 X 24 Stunden in der Ent¬ 
wicklung begriffen sein kann, daß nach dem Auftreten des Exanthems keine 


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Organtherapie. 


Seruminjektion mehr gemacht werden darf, ferner, daß die intradurale 
Magnesiuminjektion kein harmloses Verfahren ist. (Cordes.) 

Liebold (72) faßt seine Erfahrungen au 24 Tetanusfallen folgender¬ 
maßen zusammen: Da das Tetanusserum den Muskelkrämpfen gegenüber 
kein spezifischer Hilfsfaktor ist, sondern zur Paralysierung weiterer Gift¬ 
mengen dient, so mnß man unbedingt sofort — nicht erst nach Tagen — 
Mittel anwenden, die ihren therapeutischen Einfluß nach dieser Richtung hin 
geltend machen. Dazu scheint als ideales Narkosemittel an erster Stelle 
das Magnesium sulfuricum berufen zu sein; doch nicht in Konzentrationen 
über 15 % hinaus. Die kombinierte Methode von kleinen Mengen Serum 
(200—300 A.E.) und fortgesetzten intravenösen Injektionen von 2— 3 mal 
täglich 10 ccm Magnes. sulf.-Lösung erscheint vielveVspechend. Wichtig ist 
ferner die Inganghaltung einer ordentlichen Diurese, sowie die lokale Appli¬ 
kation von Sauerstoff in erhöhtem Maße (Hydrogenium peroxydatum, Ortizon). 
Schließlich soll die chirurgische Indikation und Therapie nach Auftreten der 
ersten Symptome des Tetanus nicht radikaler werden. ( Jacobsolm .) 

Kempf (65) wählt zur Behandlung des Tetanus die endoneurale In¬ 
jektion und dräuiert die Nerven mittels Kanüle oder schlägt vor, alle zu 
dem Infektionsgebiet führenden motorischen Nerven zu durchtrennen, die 
Stümpfe in die Hautwunde einzupflanzen. 

Nach Abklingen der Erkrankung, meint er, könnten die Enden leicht 
wieder vereinigt werden, und die nervösen Störungen seien gering zu achten 
im Hinblick auf die Schwere der Tetanuserkrankung. Er belegt seine Aus¬ 
führungen mit 2 Fallgeschichten. (Cordes.) 

Irons (60) tritt für große Dosen von Antitoxin bei Tetanus ein. 

(Jacobsohn .) 

Hinterstoisser (54) faßt die bekannten Behandlungsmethoden des 
# Tetanus kritisch zusammen und schließt damit, daß auch heute noch unser 
Kampf gegen diese gefürchtete Kriegsseuche ein ziemlich unsicherer ist. 

(Cordes.) 

Freund (43) beobachtete in zwei Fällen von Tetanus, nachdem schon 
vorher wiederholt subkutan und intravenös Seruminjektionen von Tetanus¬ 
antitoxin gemacht waren, nach einer solchen das plötzliche Auftreten eines 
anaphylaktischen Schocks, der nach Verlauf von ca. 1 / 8 Stunde vorüber¬ 
ging. Da ein technischer Fehler ausgeschlossen ist, so kann der Autor die 
rechte Ursache dieser plötzlichen Überempfindlichkeit nicht ermitteln. 

(Jacobsohn.) 

Eppenstein (35) beobachtete ca. 10 Tage nach Injektion von 20 A.E. 
eine Urtikaria. Er hält den Quaddelausbruch für anaphylaktisches Phä¬ 
nomen. Merkwürdig bleibt nur, daß das Exanthem erst so lange Zeit nach 
der Injektion aufgetreten war. (Jacobsohn.) 

Dubs (32) sah u. a. bei einem Kranken trotz prophylaktischer Tetanus¬ 
antitoxineinspritzung das Auftreten eines Tetanus mit tödlichem Ausgang. 
Er glaubt indes die Anwendungsmethode der prophylaktischen Einspritzung 
(nur einmalig) verantwortlich machen zu sollen und betont, daß die prophy¬ 
laktische Einspritzung nur dann als wertlos bezeichnet werden könne, wenn 
bei mehrfacher Einspritzung jeder tetanusverdächtigen Wunde in kürzeren 
Intervallen bis zur Uberstehung der Gefahr Tetanus zum Ausbruch komme. 

(Cordes.) 

Eisler (33) unterzog die praktische Verwertbarkeit der Immunisierung 
mit Formol-Tetanustoxin einer Prüfung. Einerseits wurde untersucht, ob 
sich beim Menschen durch ein- oder zweimalige Injektion geringer Mengen 
dieses modifizierten Toxins eine aktive Immunität erzielen läßt, anderseits 


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Organ therapie. 


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wurden Pferde zur Gewinnung eiues hochwertigen Serums mit diesem Gifte 
behandelt. 

In ersteren Versuchen wurde kein Resultat erreicht, wohl aber ergab 
sich bei den Versuchen au den Pferden die Möglichkeit, durch Einspritzungen 
▼on zirka 250—300 ccm in Abständen von zirka sechs Tagen schon nach 
sechs- bis achtwöchiger Vorbehandlung ein brauchbares Tetanusheilserum zu 
erhalten. [Cordes.) 

Als Ergebnis ihrer au Meerschweinchen und Kaninchen vorgenommenen 
Untersuchungen fanden Eisler und Löwenstein (34), daß die Meer¬ 
schweinchen durch subkutane Injektionen neutraler und überneutralisierter 
Tetanustoxin-Antitoxingemische sich mittels zweier Injektionen immunisieren 
lassen. Bei Kaninchen konnte schon durch eine einzige Injektion eine 
deutliche Antitoxinproduktion hervorgerufen werden. 

Die geprüften Organaufschwemmungen von Meerschweinchen waren in 
den bisherigen Versuchen nicht imstande, aus einem neutralen Toxin-Anti¬ 
toxingemisch Gift zu binden, solche Wirkung hatten nur die Leberzell¬ 
aufschwemmungen des Kaninchens. 

Sowohl durch sie als auch durch injiziertes Kaolin wurde eine 
Spaltung der neutralen Toxin-Antitoxinbindung in dem Sinne nachgewiesen, 
daß Leberzellen und Kaolin Toxin aus der Verbindung an sich rissen. 

(Cordes.) 

Chi&ri (26) gibt eine Übersicht über 10 mit Antitoxinserum behandelte 
Tetanusfälle. Darunter waren 4 schwere, 3 mittelschwere und 3 leichtere 
Fälle. Es wurden jeden Übertag je 100 Antitoxineinheiten zuerst intralumbal, 
dann subkutan injiziert. Im ganzen wurden bis zu 1000 Einheiten verab¬ 
folgt Daneben wurde Chloralhydrat per clysma gegeben. Bei dieser Therapie 
gelang es, neun Fälle zur Heilung zu bringen. 

Callomon (25) beobachtete im Anschluß an das Auftreten eines serpi- 
ginösen Exanthems am 13. Tage nach der Tetanusantitoxineinspritzung, völliges 
Grünsehen bei einem Soldaten, das auch als Sehstörung an sich selten ist. 


Extrakte von wntkranken Tieren. 

Fermi (39) gibt eine Übersicht über das Giftigkeitsverhältnis zwischen 
dem Speichel, dem Inhalt der submaxillären Drüsen und der Nervensubstanz 
von wutkranken Tieren. Die Nervensubstanz wutkranker Tiere ist erheblich 
giftiger als der Extrakt der Drüsen und dieser wiederum giftiger als der 
Speichel, ln den folgenden Arbeiten beschäftigt sich Fermi (40, 41) mit 
der immunisierenden Kraft dieser eben erwähnten Bestandteile. 

[Jacobsohn.) 

Salvarsanserum. 

Swift (117) hat mit intraspinalen Injektionen von Autosalvarsanserum 
oder von Serum, dem eine kleine Menge Salvarsan oder Quecksilber hinzu- 
geftigt ist, gute Erfolge bei Tabes und Syphilis gesehen. 

Stoner (114) hat die Methode von Ogilvie bei Syphilis des Nerven¬ 
systems mit großem Nutzen angewendet. Man entnimmt dem Patienten 
etwa 60 ccm Blut, läßt es kurze Zeit bei Zimmertemperatur stehen und 
zentrifugiert es, so daß man ein vollkommen klares Serum erhält. Nun 
fugt man zu 16 ccm von diesem Serum 0,25—1,0 mg einer frisch bereiteten 
Salvarsanmenge, indem man 1,0 dg Salvarsan in 40 ccm destilliertes Wasser 
löst. Die Lösung muß schwach alkalisch sein. Nach der Mischung setzt 


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Organtherapie. 


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man das Serum für 45 Minuten einer Temperatur von 37° C und dann für 
30 Minuten einer Temperatur von 56° C aus. Die Injektion soll erst drei 
Stunden nach Anstellung des salvarsanisierten Serums geschehen. 

Auf Grund seiner Erfahrungen zieht Smith (109) die Swift-Ellissche 
Methode der intralumbaleu Injektion von salvarsanisiertem Serum derRavaut- 
schen mit direkter Injektion von Neosalvarsan vor. 

Auch Riggs (97) tritt warm für die intraspinale Sal varsanserum kur 
nach Ellis und Swift ein. Besonders in Irischen Fällen kann sie ungemein 
wirksam sein. 


Autoserotheraple bei Pellagra. 

Palmer und Lee Secor (87) haben 7 Fälle von Pellagra mit Auto¬ 
serum behandelt und wollen dadurch alle ziemlich geheilt haben. Sie ver¬ 
fahren folgendermaßen: Der Kranke bekommt vor dem Schlafengehen ein 
Kantharidenpflaster auf die Brust; am Morgen, wenn sich eine Blase gebildet 
hat, wird das Pflaster an einer Ecke vorsichtig gehoben, und 1 ccm des 
Inhaltes der Blase wird durch eine Spritze aufgesogen und dem Kranken in 
den Arm gespritzt. Diese Prozedur wird wöchentlich einmal wiederholt. 

( Jacobsohn .) 


Gehirnextrakte. 

Um die Frage zu entscheiden, ob Extrakt des Paralytikergehirns 
mit Paralytikerserum in gewisse spezifische Komplementbindung tritt, hat 
Maruyama (75) verschiedene Extrakte des Paralytikergehirns zubereitet und 
in einer Reihe von Versuchen als Antigen bei der Wassermannschen 
Reaktion erprobt. Es ergab sich folgendes: 1. Alkohol- sowie Alkoholäther¬ 
extrakt der Gehirnsubstanzen sind als Antigen bei der Wassermannschen 
Reaktion unbrauchbar. 2. Azetonextrakt der Gehirnsubstanz kommt als 
Antigeu bei der Reaktion in Frage; er gibt Resultate fast gleicher Intensität, 
wie die eigentliche Wassermann sehe Reaktion. 3. Bei je einem Fall von 
Paralyse und Manie fällt die Reaktion mit Azetonextrakt als Antigen bei 
Blutserum ganz negativ aus, während die eigentliche Wassermannsche 
Reaktion positiv ist. ( Jacobsohn .) 

Hirschfelder (55) stellte folgendes Präparat her: Ein oder zwei 
Ochsenhirne werden mit etwa der dreifachen Menge Alkohol übergossen 
und zwei- oder dreimal heftig geschüttelt. Der Alkohol wird nun abgegossen 
und der Rückstand durch Leinwand unter Vermeidung von besonderer Kraft 
ausgepreßt. Große Kraftanwendung macht die Hirnteilchen so klein, daß 
sie durch den Filter hindurchdriugen. Der Rückstand wird nun mit der 
dreifachen Menge Äther versetzt, heftig geschüttelt und zuerst durch Baum¬ 
wolle, daun durch Filtrierpapier filtriert. Das klare Filtrat wird auf einem 
Wasserbade zum Trocknen gebracht. Man erhält dadurch einen gelben 
Rückstand, welcher größtenteils aus .Kephalinen besteht und große hämo- 
statische Wirkung besitzt. (Jacobsohn.) 


Hypophysin. 

Riese (96) meint, daß bei der herrschenden Anschauung vom Wesen 
des Asthma, daß dieses durch einen Bronchialmuskelkrampf bedingt sei, 
ein Hauptsymptom der Krankheit, das Volumen pnlmonum auctum, uner¬ 
klärlich erscheint, es müßte denn sein, daß die Lungenalveolen durch den 
supponierten Krampf völlig abgeschnürt wären und durch in ihnen sich 

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Organtherapie. 


561 


bildende expansive Gase so stark ausgedehnt würden, daß sie die dnrch 
Zusammenziehung der Bronchiolen erzeugte Verminderung des Lungen- 
yolumens überkompensierten. Diese Möglichkeit ist aus verschiedenen Gründen 
nicht annehmbar. 

Durch die entgegengesetzte Annahme hingegen, daß dem Asthma eine 
Lähmung der Bronchialmuskulatur zugrunde liegt, findet die Lungen- 
blähnng eine ungezwungene und einleuchtende Erklärung. 

Die günstige Wirkung des Hypophysenextraktes, speziell des Pituglandol 
„Roche“, bei Asthma stützt diese Theorie und weist darauf hin, daß diese 
Lähmung durch einen mangelnden Tonus des. Sympathikus hervorgebracht 
wird, den der Hypophysenextrakt wiederherstellt. 

Ein Postulat dieser Theorie wäre demnach die sympathische Innervation 
der Bronchialmuskeln. Dieses ist freilich bisher nicht erfüllt, denn die 
Physiologen — speziell Langley und Elliot, auf deren Experimeute sich 
die Lehre über diesen Gegenstand hauptsächlich stützt — leugnen die Ver¬ 
sorgung der Bronchialmuskulatur durch den Sympathikus. Dennoch erscheint 
es wahrscheinlich, daß eine solche existiert, und diese Vermutung wird durch 
die Befunde einzelner Experimentatoren (Brown, Sandmann) gestützt 

Die günstige Wirkung des Atropins bei Asthma erklärt sich dadurch, 
daß es den Antagonisten des Sympathikus lähmt. Ähnlich wirken die Nitrite, 
und das Gemeinsame in der Wirkung der vielfachen Räucherpulver, Ziga¬ 
retten, der Charta nitrata usw. besteht wahrscheinlich darin, daß sie Nitrite 
bilden. Wenigstens konnten solche durch auf Veranlassung des Autors 
vorgenommene chemische Untersuchungen in einer Anzahl von Asthmamitteln 
(auch im Tuckerschen) nachgewiesen werden. 

Die Annahme einer Bronchialmuskellähmung bei Asthma erklärt alle 
Symptome dieser Krankheit in befriedigender Weise, speziell auch die Bil¬ 
dung der Curschm-annschen Spiralen, deren Entstehung nach der Krampf¬ 
theorie nicht verständlich erscheint ( Selbstbericht .) 

Der Extrakt aus dem infundibulären Teil des Hirnanhanges (Pituitrin, 
Pituglandol usw.) läßt, wie Pal (86) ausführt, an der normaleu Schilddrüse 
sowie gewissen Strumen keinen merklichen Einfluß erkennen. Dagegen wirkt 
er auf die hypersezernierende Schilddrüse wie bei Basedowkranken und 
Hyperthyroidismus. Es nahmen die thyreotoxischen Symptome ab. Der 
Kranke wird dadurch günstig beeinflußt, wenn gleichzeitig die Drüse an 
Umfang erheblich zunimmt Diese Volumzunahme scheint durch stärkere 
Füllung der Follikel bedingt. Es spricht dies dafür, daß die Ausscheidung 
in die Follikel und die Thyreotoxinbildung zwei differente, wahrscheinlich 
entgegengesetzte Leistungen der Drüse sind. Der mit Hypersekretion einher¬ 
gehende Schilddrüsenschwund (Jodwirkung) kann durch subkutane Injek¬ 
tionen von infundibulärem Hypophysenextrakt aufgehalten werden. 

( Jacobsohn .) 

Ans Tierversuchen und aus Versuchen am Menschen, die von Kon- 
SChegg und Schuster (69) anstellten, ergibt sich, daß durch Injektionen 
von Extrakten aus Hypophyse eine ganz auffallende Einschränkung der 
Diurese erfolgt Diese Diuresehemmung erreicht die höchsten Werte in 
jenen Fällen von primärer Polyurie (Diabetes insipidus idiopathicus), deren 
Beziehungen zur Hypophyse schon lange bekannt sind. Es ist daraus zu 
folgern, daß ein solches Krankheitsbild mit einer Funktionsstörung der 
Hypophyse im Sinne einer Hypofunktion zusammenhängt Die pathologisch¬ 
anatomischen Befunde widersprechen einer solchen Annahme nicht. Da 
auch nach längere Zeit hindurch fortgesetzten Injektionen von Hypophysen¬ 
präparaten Schädigungen irgendwelcher Art nicht beobachtet werden konnten, 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie me. 


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Organtherapie. 


erscheint es zweckmäßig, die Therapie bei allen Fällen von Diabetes insi- 
pidus anzuwenden. ( Jacobsohn.) 

King (66) empfiehlt die subkutane Anwendung von Hypophysen¬ 
extrakt bei Darmschlaffheit nach Darmoperationen. ( Jacobsohn .) 

Kahn und Gordon (63) verwendeten Hypophysenextrakt subkutan als 
blutstillendes Mittel bei Nasen- und .Rachenoperationen. Die Gerinnungs¬ 
zeit des Blutes ist nach Verwendung des Mittels sichtbar verkürzt, daher die 
Blutung besonders bei Muscheloperationen wesentlich geringer. Die Wirkung 
auf den Blut- und Pulsdruck ist nicht einheitlich, teils erhöhend, teils ernie¬ 
drigend, teils ohne Wirkung. {Jacobsohn.) 

ln einem Falle von Diabetes insipidus konnte Hoppe-Seyler (56) die 
prompte Wirkung des Pituitrin beobachten, die jedes Mal nach Injektion 
des Mittels eintrat. Die Urinausscheidung wurde vermindert, das spezi¬ 
fische Gewicht, d. h. die Konzentration des Urins, wurde erhöbt, es ver¬ 
ringerte sich das Durstgefühl, das Allgemeingefühl hob sich. Schweiß trat 
ein und das Körpergewicht nahm zu. Beim Aufhören der Medikation trat 
regelmäßig der alte Zustand wieder ein. Die innerliche Darreichung von 
Hypophysenpräparaten hatte keinen Erfolg. Die gemachte Erfahrung spricht 
nach Ansicht des Autors dafür, daß durch die Pitutitrininjektion ein Ersatz 
für ein fehlendes Produkt der Hypophyse im Organismus geschaffen wird, 
und daß der Diabetes insipidus als Ausdruck einer ungenügenden Funktion 
der Hypophyse anzusehen ist. {Jacobsohn.) 

Zu demselben Resultat wie von Konschegg und Schuster kommt 
Graul (46) auf Grund eines mit Hypophysin-Höchst erfolgreich behandelten 
Falles von Diabetes insipidus. Die Applikation erfolgte als intramuskuläre 
Injektion, und zwar jeden zweiten Tag. Es wurde 1 ccm injiziert, d. h. der 
Inhalt einer Ampulle der in den Handel gebrachten sterilen einpromilligen 
Lösung eines Extraktes aus dem Infundibularanteil der Drüse, der durch 
Auskristallisation gewonnen wird. Irgendwelche Störungen lokaler oder all¬ 
gemeiner Natur wurden nicht beobachtet. Im ganzen erhielt Patient 16 Iu- 
jektioDen. Auch nach Aussetzen der Injektionen hielt während der Doch 
3 Wochen langen Beobachtung des Patienten die Wirkung an. {Jacobsohn.) 

Bandler (10 und 12) empfiehlt zur Abkürzung der Geburtsperiode 
das Pituitrin. Er zieht es dem Dämmerschlaf, welcher zur Erleichterung 
in der Geburtsporiode oiugeleitet wird, entschieden vor. {Jacobsohn.) 

SchllddrQsenprfiparate. 

Montgomery (81) versuchte mit gutem Erfolge Thyreoidintabletten 
bei einem Patienten mit myxödematösen Erscheinungen gegen eine bei dem 
Patienten aufgetretene Alopezie. {Jacobsohn.) 

Kohnstamm (68) nimmt für die Entstehung der Neurasthenie, d. h. 
von der Gesamtheit der Störungen des Gemütslebens Hand in Hand mit 
körperlichen Störungen Veränderungen in der inneren Sekretion an und 
schlägt für die Gesamtheit dieser Störungen den Namen Dyskonnonie vor. 

Er verspricht sich viel von der Beeinflussung der einzelnen Driisen- 
ausscheidungen durch Arsenpräparate und berichtet im Anschluß an diese 
Ausführungen selbstgemachte Beobachtungen über die Wirkung des Anti- 
thyreosins und Hypophysins in einschlägigen Fällen. {Cordes.) 

Beebe (13) bereitet aus menschlichen Schilddrüsen ein Nukleoprotein- 
serum und behandelt damit Zustände von Hyperthyreoidismus. Er will damit 
in 80 % so gute Erfolge erzielt haben, daß die Patienten ohne Beschwerden 
arbeitstähig wurden. {Jacobsohn.) 


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Organtherapie. 


563 


ßenitalprSparate. 


Die Transplantationsexperimente mit Eierstock, sagt Bucura (24), lehren 
uns, daß sämtliche Folgen, die der Organismus durch den Ausfall der Keim¬ 
drüsen, also auch durch deren Hypofunktion erleidet, durch Einpflanzung von 
Eierstöcken beseitigt resp. verhütet werden können mit Einschluß der Men¬ 
struation. Dieselben Resultate müßte man bei zweckentsprechenden Präpa¬ 
raten auch durch die Organotherapie erreichen können. Weiteres lehren die 
Transplantationsversuche, daß die Hormonwirkung der Eierstöcke verschieden 
ist von denjenigen des Hodens, daß also nur noch durch die gleichgeschlecht¬ 
liche Keimdrüse bzw. deren Trockensubstanz die Folgen der Kastration 
aufgehoben werden können. Auch scheint das nicht streng spezifisch zu 
sein; es scheint ferner den bisherigen Tatsachen zu entsprechen, wenn man dem 
Follikel die hauptsächlichste Hormonbildung zuschreibt, das Corpus luteum 
nur als vom Ei befreiten innersekretorischen Anteil des Follikels anspricht, 
in den interstitiellen Drüsen aber, sowie in der „inneren Sekretion“ der 
Schwangerschaftsprodukte der Plazenta, Dezidua u. a. nur eine Ovarial- 
hormonspeicherung, ein Depot zu sehen. Nur in drei Perioden erachtet der 
Autor den Eierstock als arm an Eierstockhormon, und zwar im Puerperium 
und in der Laktation, sowie auch in der zweiten Hälfte der Gravidität. Es 
kann daher nicht gleichgültig sein, in welchem Alter und Zustaude das 
Tier steht, dem die Ovarien zur Herstellung der Eierstockspräparate ent¬ 
nommen werden, daß es auch im geschlechtsreifen Alter Zeiten gibt, wo 
die Hormonmenge des Eierstocks gering ist. Es sei gleichgültig für den 
Hormongehalt, ob man nur reife Follikel verarbeitet öder Follikel und Corpus 
luteum oder Corpus luteum auch allein, wenn es nur vor Überschreiten 
seiner Blütezeit, also vor Beginn seiner Rückbildung verwendet wird; schlie߬ 
lich ist es wohl auch gleichbedeutend, statt Ovarienpräparate Plazenta zu 
verwenden. Aus alledem geht hervor, daß die Kuh zur Fabrikation von 
Eierstockpräparaten am ungeeignetsten ist. Es sollten jedenfalls alle Kühe 
ausgeschaltet werden, die von Abmelkwirtschaften ins Schlachthaus gelangen. 
Besser sind die Verhältnisse beim Schaf; zu junge Tiere sind aus¬ 
zuschließen. Wegen seiner hohen Fruchtbarkeit dürfte das Schwein zur 
Herstellung von Eierstockpräparaten am geignetsten sein, auch hier aber 
nur ein- bis vierjährige Tiere. Verf. bespricht dann die einzelnen Krank¬ 
heitsaffektionen, bei denen die Ovarialtherapie indiziert ist. Jede andere 
Indikation der Verabfolgung von Eierstockpräparaten als diejenige, welche 
eine A- oder Hypofunktion beheben soll, ist rein hypothetisch. Eine wirk¬ 
lich kausale Therapie ist demnach nur beim Eunuchoidismus durch Ovarin¬ 
präparate erfolgversprechend, immerhin kann es bei Infantilismus und Status 
thymico-lymphaticus versucht werden, da diese drei Zustände nicht immer 
scharf zu trennen sind und das Präparat ja keine schädlichen Wirkungen 
ausübt. (Jacobsohn.) 

Bab (8) erinnert daran, daß er schon vor 6 Jahren Oophorin-Yohimbin- 
Lezithintabletten für langdanernde Kuren gegen infantilistische Sterilität, 
genitale Hypoplasie, Atrophie und Dysfunktion, gegen Amenorrhoe, Dys¬ 
und Oligomenorrhoe, Frigidität, Adipositas etc. empfohlen hat. Bab erwähnt 
das gegenüber der Publikation von Iwan Bloch über dessen Testogen- 
therapie. ( Jacobsohn .) 

Bloch (18) veranlaßte durch die Firma Dr. Gg. Hennig, Berlin, die 
Herstellung zweier Mittel zur Behebung der sexuellen Impotenz bei Mann 
und Frau, denen hauptsächlich die dem bisher angewandten Yohimbin ab¬ 
gehende nachhaltigere Wirkung anhängen soll. Es wurden zum Testogen 

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Chirurgische Behandlung. 


Extrakte aus Stierhoden, zum Thelygen solche aus Kuhovarien benutzt 
Verf. hatte gute Erfolge mit den Mitteln, betont aber, daß sie eine längere 
Anwendung erfordern, wenn sie einen nachhaltigen Dauererfolg garantieren 
sollen. (Cordes.) 


Vakzineurin. 

Syring (118) benutzte zur Behandlung einer schweren Trigeminus¬ 
neuralgie das Vakzineurin ohne irgendwelchen Erfolg. (Cordes.) 

Löwenstein (74) beobachtete unter Vakzineurinbehandlung bei einer 
ziemlich großen Anzahl von Patienten mit Schußverletzungen peripherer 
Nerven und auch bei einigen Polyneuritiden, daß die lange bestehenden 
Schmerzen sich besserten, nachdem sie allen anderen Behandlungsmethoden 
getrotzt hatten. Eine Besserung der objektiven Symptome wurde nicht be¬ 
obachtet. Die von Döllken angegebenen Reaktionen traten oft auf, be¬ 
saßen aber auch die angegebene Regelmäßigkeit. Vakzineurin soll unter 
Berücksichtigung obiger Wahrnehmung nur angewandt werden, wo es sich 
um Beseitigung heftiger Schmerzen handelt. Die Injektionen sind dreimal 
wöchentlich in steigender Dosis mit 1 / 50 ccm beginnend vorzunehmen. — 
Nach 10 erfolglosen V 10 -ccm-Injektionen ist wohl kein Erfolg mehr zu 
erwarten. Bei Besserung der Schmerzen sind die Injektionen bis zu fünfmal 
Vs ccm, bei völliger Beseitigung der Schmerzen bis zu 3 reaktionslosen In¬ 
jektionen fortzusetzen. (Cordes.) 


Chirurgische Behandlung. 

Ref.: Dr. L. Borchardt und Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Abeil, C. E., Caee of Congenital Ptosis and its Correction by H©68 Operation. Michigan 
State M. S. J. March. 

2. Ahrenß, 1. durch Trepanation geheilter Himschuß. 2. Fälle von Neurolyse und 
Nervennaht. B. kl. W. 1916. 53. 231. (Sitzungsbericht.) 

3. Albrecht, W., Über Schußverletzungen des Halset*. Aroh. f. Ohr-, Nasen- und Kehl- 
kopfhlk. 98. (2/3.) 139. 

4. Alexander, A., Steckschuß in der rechten Fossa pterygopalatina nach Durchschuß 
der Nase. Mschr. f. öhrhik. p. 260. (Sitzungsbericht.) 

4a. Derselbe, Multiple Schrapnollverletzungen der linken Kopfseite; Steckschuß der Ohr¬ 
region, Durchschuß des Mittelohrs. Heilung. Indirekte beiderseitige traumatische 
Innenohraffektion mit linksseitiger Taubheit und Unerregbarkeit des statischen 
Labyrinths, obd. p. 368. (S. B.) 

4b. Derselbe, Multiple Steckschüsse des Nackens und der Halswirbelsäule. Beiderseitige 
Erkrankung des inneren Ohres (des kochloaren und des statischen Labyrinths), ebd. 
p. 370. (S. B.) 

ö. Derselbe, Russischer Gewehrkugelsteckschuß des rechten Oberkiefers. Mundsperre; 
beiderseitige traumatische Erkrankung des inneren Ohres. Operation. Heilung, ebd. 

S. 495. (Sitzungsbericht.) 

6. Derselbe, Schrapnellkugeldurchschuß des Schädels mit Metallsplittem im aufsteigenden 

Unterkieferaste. Splitterfraktur des Paukenbeines und eitrige Entzündung des Mittel¬ 
ohres. Radikaloperation. Heilung, obd. S. 498. (S. B.) 

7. Derselbe, Gewehrkugeldurchschuß dos Kopfes (linkes Ohr, rechte Nasenöffnung). 
Linksseitige Innono hraffektion mit bedeutender Herabsetzung der Hörschärfe und 
periodisch auftrotenden Reizerscheinungen von seiten des statischen Labyrinths. Mund¬ 
sperre. Heilung der labyrinthären Reizerscheinungen und der Mundsperre. ebd. S. 499. 
(Sitzungsbericht.) 

8. Derselbe, Schrapnellfüllkugeldurohschuß des Schädels mit direkter Verletzung des 
knöchernen äußeren Gehörganges. Rechtsseitige Taubheit und Unerregbarkeit des 
rechten statischen Labyrinths. Radikaloperation. Heilung, ebd. S. 500. (Sitzung»- 
bericht.) 


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Chirurgische Behandlung. 


565 


8a. Alexander, A., Traumatische Durchlöcherung beider Trommelfelle infolge Granat¬ 
explosion. Leichtgradige traumatische Erkrankung des linken inneren Ohres. Menin - 
geales Trauma, ebenda. 8. 501. (S. B.) 

9. Derselbe, Beiderseitige traumatische Erkrankung des inneren Ohres nach Gewehrkugel - 
durchschuß des Schädels mit Durchschuß des Schläfenbeines, ebd. 49. 692. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

10. Derselbe, Traumatische Erkrankung des rechten inneren Ohres; rechtsseitige Taubheit 
und Unerrogbarkeit des rechten statischen Labyrinths, ebd. 49. 695. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

11. Dcr.elbe, Sogenannte symptomlose Verkürzung der Kopfknochenleitung nach trau¬ 
matischer Verletzung des Schädels, ebd. 49. 697. (Sitzungsbericht.) 

12. Derselbe, Indirekte traumatische Verletzung beider inneren Gehörorgane, ebd. 49. 

698. ( Sitzungsbericht. ) 

13. Der-elbe, (Jewehrkugehchuß des Kopfes; beiderseitige traumatische Innenohraffektion, 
normale statische Labyrinthe, ebd. 49. 700. (Sitzungsbericht.) 

14. Derselbe, Beiderseitige traumatircho Erkrankung des inneren Ohres mit rechtsseitiger 
Taubheit; linksseitige, hochgradige Schwerhörigkeit und Verminderung der Reflex- 
erregbarkcit beider statischer Labyrinthe, ebd. 49. 701. (Sitzungsbericht.) 

15. Derselbe, Zur Klinik und operativer Entfernung von Projektilen in Fällen von Steck¬ 
schüssen der Ohrgegend und des Gesichtsschädels. W. kl. W. 28. 1397. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

16. Allen, C. W., Removal of Gasserian Ganglion. New Orleans M. and S. J. May. 

17. Angeror, Albert, Schwere Schädel Verletzung. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 329. 

18. Derselbe, Schädelplastik. ebd. 41. 454. 1504. 

19. Derselbe und Fürnrohr, Nervennaht vom chirurgischen und neurologischen Stand¬ 
punkt aus. ebd. S. 1204, 1236. 

20. Appel, Kriegschirorgische Erfahrungen aus den Reservelazaretten Brandenburgs. 
Reichsm.-Anz. No. 18—19. p. 302. 

21. Auerbach, Siegmund, Zur Behandlung der Schußverletzungen peripherischer Nerven. 
D. m. W.' No. 9. p. 255. 

22. Derselbe, Galalith zur Tubulisation der Nerven nach Neurolysen und Nervennähten. 
Münch, med. Woch. No. 43. S. 1457. 

23. Derselbe, Sohußverletzung des Plexus brachialis. Naht. Heilung, ebd. No. 46. 
S. 1590. F. B. 

24. Axhausen, Die Behandlung der Schädelschüsse. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. 12. (15.) 
464. 

25. Derselbe, Zur operativen Behandlung irreparabler Radialislähmungen. B. kl. W. 
52. 1246. (Sitzungsbericht.) 

26. Babiö, über Schädel verlöt zungen. D. Militärarzt, p. 348. (Sitzungsbericht.) 

27. Baker, Davis, The Treatment of Brain Tumors. Albany M. Ann. 36. (5.) 230. 

28. Ball, Charles R., Focal Disease of the Brain; A Clinical Report of Eight Ca&es. The 
J. of the Am. M. Ash. 65. (7.) 594. 

29. Bancroft, Froderic W., Section of the Posterior Roots of the Sixth to Tenth Thoracic 
Nerves for the Relief of Severe Gastric Crises in Locomotor Ataxia. Med. Rec. 88. 696. 
(Titel besagt den Inhalt.) 

30. Bäränv. Robert, Primäre Wundnaht bei Schuß Verletzungen speziell des Gehirnes. 
W. kl. W. No. 20. p. 525. 

31. Derselbe, Die Drainage der Himabszosse mit Guttapercha nebst einigen statistischen 
Bemerkungen zur operativen Behandlung der Hirn- und Ohrschüsse. Münch, med. 
Woch. No. 4. p. 134. F. B. 

32. Derselbe, Die offene und geschlossene Behandlung der Schuß Verletzungen des Gehirns. 
Beitr. z. klin. Chir. 97. (4.) 397. 

33. Baumei, J., Importance of Lumbar Puncture in Gares of Nervous Shock and Wounds 
of the Skull in War. Lyon chir. Sept. 

34. Becco, R., Mastoiditis cronica; flebitis supurada del reno lateral; ligadura de la yugular 
interna; curotaje del seno; oxploration del cerebro; hemia cerebral. Cura. Semana 
Med. Jan. No. 2. 

35. Beck, O., Ein operierter Fall von Schläfenlappenabszess. Mltt. Ges. inn. M. Wien, 
p. 8 

36. Derselbe, Vestibularbofund bei Stirnhirnverletzung. Boideneitige Taubheit. Mschr. 
f. Ohrhlk. p. 439. (Sitzungsbericht.) 

37. Derselbe, Blutung durch Fraktur um die Pyramidenspitze, ebd. 49. 710. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

38. Derselbe, Fall von Steckschuß, ebd. p. 443. (Sitzungsbericht.) 

39. Derselbe, Weiterer Bericht über den mit Kleinhirnerscheinungen einhergehenden Fall 
von Kompression des Stimlappens. ebd. p. 207. (Sitzungsbericht.) 


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566 


Chirurgische Behandlung. 


40. Beck, O., Taubheit nach Durchschuß durch den Warzenfortsatz mit Wiederkehr des 
Gehörs, ebd. p. 210. (Sitzungsbericht.) 

41. Derselbe, Statische und akustische Erscheinungen bei isolierter Verletzung der hinteren 
Zentralwindung, ebd. p. 379. (Sitzungsbericht.) 

42. Derselbe, Kompression des Stimhims, unter Kleinhirnsymptomen einhergehend. 
(SchrapnellVerletzung der Stirn.) W. kl. W. p. 191. (Sitzungsbericht.) 

43. Beck, Rudolf, und R^ ither, Eduard, Überraschend schneller Erfolg einer Nerven- 
Operation, ebd. 28. (49.) 1351. 

44. Beckmann, E. H., Recovery from Paralysis Following Decompreesion of Spinal Cord. 
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45. Bednarski, A., Decompression Operations in Diseases of Optio Nerves. Arch. of 
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47. Bibergeil, Eugen, Kasuistische Beiträge zur orthopädischen Nachbehandlung Kriegs¬ 
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49. Bier, August, Über Kriegsaneurismen. D. m. W. No. 5. p. 121. 

50. Biesalski, Konrad, Meine Erfahrungen mit der Försterschen Operation bei der Litt le¬ 
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51. Bing, Jacob, Kastration wogen Osteomalazie und Schwangerschaft. Dissert. Bonn. 

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55. Blind, Ischias und Krieg. Münch, med. Woch. No. 52 . S. 1788. F. B. 

56. Blumenthal, A., Anatomische Beiträge zur endo nasalen Hypophysisoperation. 

Zschr. f. Ohrhlk. 1914. 71. (1/2.) 123. 

57. Boerner, Ein operatives Verfahren zur Verhütung des Himprolaps nach Schädel- 
schüssen. Münch, med. Woch. No. 17. p. 599. F. B. (Ohne Interesse.) 

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59. Bogart, A H. f Surgical Significanco of Intestinal Angioneurotio Edema. Ann. of 
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61. Bondy, G., Operativ geheilte otogene Streptokokkenmeningitis. Mschr. f. Ohrhlk. 
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62. Borchardt, M., Schußverletzungen peripherer Nerven. Kriegschir. H. d. Beitr. zur 
klin. Chir. 2. (7.) 

63. Derselbe, Ersatz der Deltawirkung durch andere Muskeln. Neurol. Zbl. p. 283. 
(Sitzungsbericht.) 

64. Bo um an, K. H., Die Behandlung der Himgeschwulst. Psych. ©n neur. Bl. 19. 579. 

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66. Brodmann, R., Zur Neurologie der Stirnhirnschüsse. Psych.-neur. Wschr. 17. 
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dieser Verletzungen an sich und nach den verschiedenen Eingriffen. B. kl. W. No. 38. 
p. 989. 

69. Brunzel, BL F., Über die Behandlung der Ischiadikusneuralgie nach Schu߬ 
verletzung mit Nervenlähmung. Münch, med. Woch. No. 26. p. 901. F. B. 

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71. Büller, Georg, Die Nachbehandlung des Himabszesses mit besonderer Berücksichti¬ 
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March 18. 


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Chirurgische Behandlung. 


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78. Canon, Über Sohädelverletzungen aus Leiohtkrankenzügen und den Transport Sohädel- 
verletzter. D. m. W. No. 32. p. 949. 

79. Cardanus, Franz, Über die Behandlung der traumatischen Epilepsie, mit besonderer 
Berücksichtigung ohirurgircher Eingriffe. Dissert. Bonn. 

80. Carstens, J. H., Conservative vs. Radioal Treatment of Eclampsia. Lancet-Clinio. 
No. 20. May 15. 

81. Cassirer, R., Die operative Behandlung der Kriegsverletzungen der peripherischen 
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82. Cates, B. B., Egg Membrane Substitute for Bone Grafts, in Traumatio Defects of 
Skull. Tennessee State M. Ass. J. 8. (7.) 

83. Chandler, H. M., Diffioulties Attending Treatment of Fraotures in Epileptio. New 
Jersey M. S. J. 12. (11.) 

84. Chiari, Gewehrschuß am Kopf aus unmittelbarer Nähe. Vereinsbeil. d. D. m. W. 
p. 724. 

85. Derselbe, Gewehrschuß an der linken Schläfe mit spät entwickeltem Himabszeß. ebd. 
S. 1295. 

86. Church, J. R., Case’of Gunshot Wound of Head. Milit. Surg. Vol. 36. No. 4. 

87. Cohn, Max, Über die dem Willen des Trägers unterworfene Kunsthand des Cames- 
Armes. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. 12. (24.) 743. (Ausführliche Schilderung der Be¬ 
wegungsmöglichkeiten mit der Cameshand.) 

88. Cole, H. P., Case of Deoompression Under Local Anesthesia. Ann. of Surg. 62. (6.) 

89. Cords, R., Prognose und Therapie der Stimhim-Orbita-Schüsse. Zschr. f. Augenhlk. 
34. (3.) 133. (Niohts Besonderes.) 

90. Cranmer, K. R., Vaginal Hysterectomy Under Spinal Anesthesia. Joum.-Lanoet. 
March. 

91. Crosbie, A. H., Field for Local Anesthesia and of Spinal Anesthesia in Genito-Urinary 
Surgery. Boston M. and S. J. Febr. 

92. Cushing, Harvey, Conceming the Results of Operations for Brain Tumor. The J. of 
the Am. M. Ass. 64. (3.) 189. 

93. Davidson, Arthur J., Bone Transplantation in Potts ParalyBis. The Therap. Gaz. 
39. (11.) 761. 

94. Dawbarn, R. H. M., and Byrne, Joseph, Excision of Brachial Portion of Ulnar Nerve 

for Multiple Neuro-Fibromata, with Rociprocal Grafting of the Ulnar Nerve Into the 
Median Nerve, and of A Portion of the Median into the Ulnar; Hyperalgesia of Median 
Area; Mechanism; Paroxysmal Neural Pains. The J. of N. a. M. Dis. 1916. 43. 153. 
(Sitzungsbericht.) 1 

94a. Dej^rine, Mr. et Mme, Über Verletzungen peripherischer Nerven. La Presse m£d. 
1915. No. 20. 

95. Dimitriadis, Dimitrios Styl., Über Verwundungen an den Ohren, der Nase und dem 
Kehlkopf in den letzten beiden Kriegen Griechenlands 1912—1913. Mschr. f. Ohrhlk. 
No. 6. p. 353. (Kasuistik.) 

96. Doessohate, G. ten, en Kleijn, A. de, Voortschrijdende oogzenuwaandoening na 
schedelbasisverwondingen. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. No. 13. p. 982. 

97. Döpfner, Karl, Zur Methodik der Naht an peripheren Nerven. Münch, med. Woch. 
No. 15. p. 526. F. B. (Niohts Besonderes.) 

98. Dowd, C. N., Preservation of lliohypogastric Nerve in Operation for Cure of Inguinal 
Hemia. Ann. of Surg. Febr. 

99. Drees mann. Einzelne interessante Fälle von Gehimschußverletzungen. Münch, med. 
Woch. S. 1363. (Sitzungsbericht.) 

100. Drüner, Über die Chirurgie der peripheren Nerven, ebd. No. 6. p. 205. F. B. 
(Niohts Besonderes.) 

101. Duken, John, Über zwei Fälle von intrakranieller Pneumatocele nach Schußverletzung, 
ebd. No. 17. p. 598. F. B. 

102. Eastman, Permanent Partial Compression of Both Commun Carotids in Epilepsy. 
Am. J. of the M. Sc. Vol. CL. No. 3. S. 365. (s. Kapitel: Spez. Therapie.) 

103. Edinger, Eine neue Methode der Nervenvereinigung. Münch, med. Woch. 62. 
1761. (Sitzungsbericht.) 

104. Eiseisberg, Freih. v., Über Schädelschüsse. W. kl. W. No. 7. p. 194. (E. ver¬ 

weist in seiner Mitteilung im wesentlichen auf die Arbeit von Marburg und Ranzi. 
W. kl. W. 1914. No. 46.) 

105. Eider, Head Injuries. New Mexico M. J. April. 

106. Eisberg, Charles A., Craniotomy and Removal of Multiple Brain Tumors. New \ork 

Neurol. Inst. Meeting. March 18. * 

107. Derselbe, Punoture of Corpus Callosum in Hydrccephalus. ebd. March 18. 


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Chirurgische Behandlung. 


108. Eisberg, Charles A., Puncture of the Corpus Callosum with Speoial Reference to 
its Value as a Decompressive Measure. The J. of Nerv, and AL Dis. 42. (3.) 140. 

109. Derselbe, Pain and other Disturbances in Diseases of the Spinal Cord and Their Surgic&l 
Treatment. The Am. J. of the Al. Sc. 149. (3.) 337. 

110. Enderle, Walter, Epidurale Injektion. D. m. W. No. 33. p. 972. 

111. Enderlen und Knauer, Zur Nervenpfropfung. Atünch. med. Woch. 62. (49.) 1693. 
F. B. 

112. Engelhardt, Zur Prognose der Schädelschüsse, ebd. No. 32. p. 1097. F. B. (Ohne 
Interesse.) 

113. Engelmann, Gehimschüsse. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 238. 

114. Erdelyi, 18 operierte Kopfschüsse mit Gehimverletzungen. D. Alilitärarzt. No 26. 
S. 424. (Sltsungsbericht.) 

115. Erenfeld, H. AL, Spina Bifida with Alyelomeningocele; Removal of MyelomeningocGc 
and Closure of Spinal Cleft by Transplantation of Animal Bone. Joum.-Lancet. 
Jan. 

116. Erlacher, Philipp, Experimentelle Untersuchungen über Plastik und Transplantation 
von Nerv und Muskel. Arch. f. klin. Chir. 106. (2.) 389. u. Zschr. f. orthop. Chir. 35. 

117. Derselbe, Direct and Muscular Neurotization of Paralyzed .Muscles. Am. J. of Orth. 
Surg. July. XIII. No. 1. 

118. Eschweiler und Cords, Über Schädelschüsse. D. m. W. No. 15. p. 431. 

119. Evans, C. A., Fractures of Skull. Wisconsin AL J. April. 

120. Exner, Alfred, Kriegschirurgie in den Balkankriegen 1912/13. Sohußverletzungen 
[der Nerven. Neue Dt sch. Chir. 14. 55. 

121. Derselbe, Schuß Verletzungen des Schädels, ibidem, p. 85. 

122. Derselbe, Schußverletzungen des Gesichtes, ibidem, p. 125. (Allgemeine Aus¬ 
führungen. ) 

123. Derselbe, Schuß Verletzungen des Halses, ibidem, p. 130. (Allgemeine Ausführungen.) 

124. Derselbe, Schußverletzungen des Rückenmarkes, ibidem, p. 135. 

125. Fassett, Fred J., Late Results < f Excisim of the Transverse Process of the Fifth 
Lumbar Vertebra. The J. of the Am. AL Ass. 65. (21.) 1775. 

126. Finkelnburg, 1. Aleningocolo spinalis traumatica nach Schuß Verletzung der Wirbel¬ 
säule. 2. Knochen Veränderungen nach Neuritis (SchußVerletzung peripherischer 
Nerven). Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 755. 

127. Fischer, L. C., Reuniting Brachial Plexus. Georgia AL A°s. J. Febr. 

128. Fisher, M. K., Rcentgen Ray Treatment cf Exophthalmic Goiter. New York AL J. 
Vol. CI. No. 10. 

129. Flatau, E., Die Aiethode der Spülung des Subarcchnoidalraumes. Pam. Tow\ Lek. 
p. 136. 

130. Foerster, O., Schuß Verletzungen der peripherischen Nerven und ihre Behandlung. 
Vereinsbeü. d. D. m. W. S. 1235. 

131. Fester, J. H., Two Casee of Labyrinth Disease with Operations. Texas State J. cf AL 

11 - CM vv 

132. Frank II, Uber Chirurgie an den peripheren Nerven. Münch, med. Woch. S. 1436. 

(Sitzungsbericht.) 

133. Frank, J., Brain Surgery in War. Milit. Surg. 37. (5.) 

134. Frazier, Ch. H., The Cerebrospinal Fluid as a Problem in Intxacranial Surgery. Th© 

J. of the Am. M. Ass. 1914. 63. (287.) (Allgemeine Bemerkungen.) 

135. Frei borg, Albert H., Tendon Transplantation in Infantile Paralysis. Med. Roc. 88. 
895. (Sitzungsbericht.) 

136. Frey, Hug >, und Selye, Hugo, Beiträge zur Chirurgie der Schuß Verletzungen des 
Gehirns. W. kl. W. No. 25—26. p. 693, 722. 

137. Friedenw ald, Harry, and Downey, J. W. jr., Decompression for the Relief of Choked 
Dis*: Following Tlirombosis of the Lateral Sinus, Ann. of OtoJ. 24. (3.) 613. (Titel 
besagt den Inhalt.) 

138. Fritsch, Karl, Die Indikationsstellung zur Trepanation bei Schädelschüssen. Hamb, 
m. Überreeh. 1. (14.) 537. 

139. Frommbergor, Erich, über die praktische Bedeutung der postoperativen Ausfalls¬ 
erscheinungen. Di wert. Rostock. 

140. Frühwald, Schußverletzung am Kopfe. Alschr. f. Ohrhlk. p. 106. (Sitzungsbericht.) 

141. Derselbe, 4 Fälle von Schußverletzungen der Stirnhöhle. W. kl. W. S. 1174. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

142. Fuchs, Einigo Kriegsverletzungen. Jb. f. Psyeh. 35. 397. (Sitzungsbericht.) 

143. Derselbe, Elastische Verbände für Spitz- und Klumpfußstellung sowie Radiaiislähmung. 
Vereinsbeil. d. D. m. W. 41. 1503. 

144. Funke, Zur Frage der Deckung von großen Schädoldefokten mittels Zelluloidplatten. 
Zbl. f. Chir. No. 16. p. 257. 


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Chirurgische Behandlung. 


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145. Fürnrohr, Wilhelm, Neurolysis. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 936. 

146. Derselbe, Ein offenes Wort an die Kollegen. Münch, med. Woch. No. 36. S. 1238. 
F. B. (Nicht8 von Bedeutung.) 

147. Gallie W. E., Tendon Fixation in Infantile Paralysis. Ann. of Surg. Okt. 

148. Gaugele, Über Nervenverletzungen im Kriege. Zschr. orthop. Chir. 35. 419. 

149. Gayet, G., La Chirurgie des plaies penetrantes du crane par projectiles de guerre dans 
les ambulanoes immobilisees de l’avant. Lyon chir. Nov. 

150. Gebele, Über Schuß Verletzungen des Gehirns. Beitr. z. klin. Chir. 97. (2.) 123. 

151. Gerulanoß, M., Ueber Muskelüberpflanzungen am Schultergürtel. Arch. f. klin. Chir. 
107. (1.) 159. 

152. Gessner, A., Sehnenplastik bei vollständiger Radialislähmung des Unterarms. Vereins¬ 
beil. d. D. m. W. 1916. 42. 465. 

153. Derselbe, Verletzungen des Gehirns und Rückenmarks, ebd. p. 782. 

154. Gibson, Case of Bullet in tho Skull. Med. Reo. 88. 982. (Sitzungsbericht.) 

155. Gifford, Harold, Improved Form of Brain Explorer. The J. of the Am. M. Ass. 64. 
(26.) 2130. (Beschreibung eines Instrumentes zur Aufspürung und Abfluß von Hirn¬ 
abszessen.) 

156. Giordano, Giuseppe, La cura chirurgica della blefaroptosi p'aralitica con speciale 
riguardo al metodo Angolucci. Giom. di M. Mil. 63. (2.) 81. 

157. Girard, Cas d’h^matome sus-dure-merien traumatique op6re. Corr.-Bl. f. Schweizer 
Ärzte, p. 1042. (Sitzungsbericht.) 

158. Gleason, E. B., and Pfahler, G. Care of Fracture Confined to Petrous Portion of 
Temporal Bone. Am. J. of Rcentgen. Jan. 

159. Goetjes, Über Gehimverletzungen duroh Granatsplitter. Münoh. med. Wcch. No. 26 
p. 897. 

160. Goldstein, Kurt, Zur operativen Therapie der Schuß Verletzungen der Wirbelsäule und 
des Rückenmarks. Neurol. Zbl. No. 4. p. 114. 

161. Goldzieher, W., Über orbitale Schußverletzungen. Wien. m*d. Woch. p. 1083. 

(Sitzungsbericht.) 

162. Gradenigo, G., Sull’impiego doll’ encofaloscopio nel trattamento psstoperativo degli 
ascessi encefalioi ottici. Gaz. med. lomb. No. 12. p. 133. 

163. Grisson, 1. Operationen am Plexus brachialis. 2. Fall von Tangentialschuß der Stirn. 
Neurol. Zbl. p. 409. (Sitzungsbericht.) 

164. Große, Schuß Verletzungen peripherer Nerven. Boitr. z. kl. Chir. 97. (3.) 306. 

165. Grünwald, L., Schußverletzungen der pneumatischen Schädelhöhlen. Münch, med. 
Woch. No. 24. p. 823. F. B. 

166. Guleke, Ueber Therapie und Prognose der Sohädelschüsse. ebd. No. 29. p. 989. F. B. 

167. Gundermann, W., Kriegeehirurgis c her Bericht aus der Gießener Klinik über die ersten 
5 Monate des Krieges. Beitr. z. klin. Chir. 97. (5.) 479. 

168. Haberer, H. v., Kasuistisches zur Frage therapeutischer Mißerfolge bei Morbus 
Basedowii. W. kl. W. No. 1—2. p. 1. 37. 

169. Derselbe, Zwei durch Operation geheilte Fälle von Himschüecen. ebd. p. 692, 747. 
(Sitzungsbericht.) 

170. Derselbe, Fall von Radialislähmung. geheilt durch die Nervennaht. ebd. 28. 1334. 

(Sitzungsbericht.) 

171. Derselbe, Kriegsverletzungen des Schädels und Gehirns, ebd. 1916. 29.115. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

172. Haberland, H. F. O., Die direkte Einpflanzung des N. Hypoglossus in die Gesichts« 
muskulatur bei Schußverletzung des N. Fazialis. Vereinsbeil. d. D. m. W. 1916. 42. 
465. 

173. Haeberlin, J. B., Surgical Treatment of Hyperthyroidism. New YorkM. J. CI. No. 22. 

174. Haehner, Beobachtungen und Erfahrungen eines Truppenärzte?. Münch, med. 
Woch. No. 40. p. 1375. F. B. (Kurze Vorschriften bei Schädel- und Rückgrats- 
Verletzungen durch Geschosse.) 

175. Hall, C. L., Caw> of Brain Surgery. Southwest J. of M. a. S. Dec. 

176. Hammersohlag, Albert, Fall von Schädelschuß. W. kl. W. p. 163. (Sitzungsber.) 

177. Hammesfahr, Zwei Patienten mit Gehirn,chiissen. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 575. 

178. Hans, Hans, Naht durchtrennt er Nerven mittels Einhülsung in Eigengewebe. Zbl. 
f. Chir. No. 45. S. 801. (Ohne besonderes Interesse.) 

179. Harbin, R. M., Trcphining for Relief of Jncreased Pressure of Cerebrospinal Fluid. 
Southern M. J. Okt. 

180. Harris, M. L., Nerve-Blocking. Surg., Gyn. and Obst. Febr. 

181. Haymann, Ludwig, Über Schußverletzungen des Ohres. Zbl. f. Ohronhlk. 13. 
(8/12.) S. 127, 159, 187, 219, 243. 

182. Haynes, Irving S., Hyclrocephalus — Later Experiences in its Troatment by Cisterna 
Drainage. Med. Reo. 87. (751.) (Sitzungsbericht.) 


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Chirurgische Behandlung. 


183. Hay ward, E., Beitrag zur Klinik der Schädelschüsse nach den Erfahrungen im Heim- 
lazarett. B. kl. W. No. 46—47. S. 1186, 1212. 

184. Head, J. W., Important Symptoms which Boquire Labyrinthine Operation; Report 
of Cases. Texas State J. of M. 11. (7.) 

185. Heile und Hezel, Unsere bisherigen Erfahrungen bei der Behandlung im Kriege ver¬ 
letzter peripherer Nerven. Beitr. z. klin. Chir. 96. (3.) 299. 

186. Helbing, Schädelschüsse (Diapositive). Vereinsbeil, d D. m. W. p. 238. 

187. Henne borg, Demonstration von Kriegs - Nervenkranken. 1. Schuß durch das Stirn- 
hiro. 2. Peripherische Verletzungen, ebd. S. 1235. 

188. Derselbe, Schuß durch den rechten Scheitellappen, ebd. 1916. 42. 401. 

189. Henne mann, Carl, Zur Behandlung der Spina bifida. Münch, med. Woch. No. 7. 

p. 222. 

190. Herzog, Gg., Tangentialsohuß des Scheitelbeins. Vereinsbeil. d. D. m. W. S. 1175. 

191. Heymann, Arnold, Apparate zur Kriegsorthopädie. 3. Arbeitsschiene für Radialis- 

lähmung. Münch, med. Woeh. No. 42. 1447. F. B. 

192. Higier, H., Nichtchirurgische Behandlung in der Feldchirorgie. Medyoyna. 1914. 

193. Derselbe, Vorurteile auf dem Gebiete der Krieg.meuroohirurgie und deren Statistik. 
Verhdlgn. d. Warschauer ärztl. Ges. CXI. p. 65. 

194. Derselbe, Die nicht ohiruigisohe Behandlung in der Feldohirurgie. Pam. Tow. Lek. 

p. 28. 

195. Hilgenreiner, Operierter Fall von Plexuslähmung nach Schußverletzung. W. kl. W. 
1916. 29. 116. (Sitzungsbericht.) 

196. Hippel, E. v.. Erfolgreiche Operation bei posttraumatischer Netzhautablösung. Kl. 
Mbl. f. Augenhlk. 55. 146. 

197. Hirsch, 1. Erfolgreiche Naht des Nervus ulnaris. 2. Freilegung bei Lähmung des 
Nervus radialis. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 389. 

198. Hirsohel, Georg, Kriegschirurgische Erfahrungen aus dem Völkerkriege 1914. Er¬ 
fahrungon über Schuß vorlot zungon der Nerven und die Verwendung von präparierten 
Kalbsarterien zu ihrer Umhüllung. D. Zschr. f. Chir. 132. (5/6.) 567. 

199. Hofer, lg.. Über Kriegsverletzungen des Ohres. W. kl. W. No. 45. S. 1225. 

200. Hoffmann, O., Über eine Methode den Erfolg einer Nervennaht frühzeitig zu kon¬ 
trollieren. Aroh. f. Psych. 56. 377. (Sitzungsbericht.) 

201. Hoffmann, Paul, Ueber eine Methode, den Erfolg einer Nervennaht zu beurteilen. 
M. Klin. No. 13. p. 359. (Ohne besonderes Interesse.) 

202. Hoffmann, Paul, Weiteres über das Verhalten frisch regenerierter Nerven und über 
die Methode, den Erfolg einer Nervennaht frühzeitig zu beurteilen, ebd. No. 31. 
p. 856. 

203. Hofmeister, v., Zur Lokalisation der Fremdkörper (Geschosse) mittelst Röntgen¬ 
strahlen. Beitr. z. klin. Chir. 96. (1.) 158. (Hat nur chirurgisches Interesse.) 

204. Derselbe, Über operative Entfernung von Geschossen und Granatsplittern mit beson¬ 
derer Berücksichtigung des olektromagnetischon Verfahrens, ebd. 96. (1.) 166. 
(Nichts Neurologisches.) 

205. Derselbe, Über doppelte und mehrfache Nervenpfropfung bei Schußverletzungon der 
Nerven, ebd. 96. (3.) 329. u. Korr.-Bl. f. Württ. 85. (12.) 117. 

206. Hohmann, Nervenoporationen. Münch, med. Woch. p. 1224. (Sitzungsbericht.) 

207. Hohmoier, 4 Fälle von Schiidolschüj son ebd. p. 551. (Sitzungsbericht.) 

208. Hoko. M., and Hodg, on, F. C., Caios Illustrating Orthopodic Treatment of Someof 
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(Sitzungsbericht.) 


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(Sitzungsbericht.) 

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fahrungen. M. Klin. No. 34. p. 940. 

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(Sitzungsbericht.) 

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247. Derselbe, Die intrazerebrale Pneumatokele nach Sohußverletzungen. ebd. No. 36. 
p. 649. 

248. Kreuter, Tangentiabchuß des Schädels. Münoh. med. Woch. p. 267. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

248a. Derselbe, 9 Fälle von Nervennaht. ebd. p. 267. (Sitzungsbericht.) 

249. Kroh, Fritz, Schädel-Gehirn-Schüsse, ebd. p. 969. 

250. Derselbe, Kriegschirurgisohe Erfahrungen einer Sanitätskompagnie. Beitr. z. klin. 
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252. Lang, Adolf, Operative Behandlung einer ausgedehnten Nervenzerstörung mit doppelter 
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(Sitzungsbericht.) 

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führungen; nichts Neurol ) 


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572 


Chirurgische Behandlung. 


255. Lapointe, A., Traitement op^ratoire des blessuree du orane dans une ambulanoe de 
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256. Laurent, O., Technique de la liberation des nerfs bless£s. Pari» m^d. 5. (13.) 229. 

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Woch. p. 357. (Sitzungsbericht.) 

258. Derselbe, Einige Beobachtungen über Sch&delschußverletzungen im Feldlazarett, 
ebd. No. 17. p. 589. F. B. 

259. Ledbetter, R. E., Case of Fracture Dislocation of Spine; Laminectomy. Un. States 
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261. Leipen, Otto, Schußverletzung am Kopfe. Mschr. f. Ohrhlk. p. 102. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

262. Derselbe, Schußverletzung des Kopfes mit Labyrinthaffektion durch Erschütterung, 
ebd. p. 210. (Sitzungsbericht.) 

263. Lengfellner, Karl, und Frohse, Fritz, Bedeutung des N. ischiadicus, N. obturatorius 
und N. femoralis bei Norvenüberpflanzungen. Mod. M. No. 9. p. 86. 

264. Dieselben, Norvenüberpflanzungen im Halsbezirke, ebd. No. 10. S. 100. 

265. Leric he, K., Des ]»titos placos du cräne par eclats d’obus et de bombes sans penetration 
du projectile, et des lesions nerveuses, qui les accompagnent. Lyon chir. Sept. 

266. Derselbe, Des lesions cerebrales et medullaire3 produites par l’explosion ä faible dißtance 
des obus de gros calibre. ebenda. 

267. Derselbe, Necessity for Double Trephining when Projectile Has Trans vor red the Skull, 
ebenda. 

268. Leser, Nervenplastik. Vcreinsbell. d. D. m. W. 41. 1588. 

269. Levy, Ludwig, Kriegsgemäße Orthopädie der Extremitäten. D. m. W. No. 15. 
p. 436. 

270. Levy, William, Osteoplastischer Ersatz des Infraorbitalrandes nach Kriegsverletzungen. 
Zbl. f. Chir. No. 28. p. 489. (Ohne neurol. Interesse.) 

271. Lewis, Dean D., Fascial Tubulization in Repair of Nerve Dcfects Med. Rec. 88.39. 

(Sitzungsbericht.) 

272. Lichtenauer, Operation bei Epilepsie nach Schuß Verletzung des Schädels. B. kl. W. 

1916. 52. 97. (Sitzungsbericht.) 

273. Lief mann, H., Zur Behandlung der Rückenmarksverletzungen im Kriege. Münch, 
med. Woch. No. 11. p. 390. F. B. 

274. Löfberg, Otto, Zur Deckung von Kranialdefokten. D. Militärarzt. No. 17. p 273. 

275. Lorentz, Behandlung der Nervenverletzungen. Vereinsbeil. d. D. m. W. 1910. 42. 
242. 

276. Lot heissen, Georg, Kopfschuß mit Thyreoiditis. Münch, med. Woch. p. 856. 

(Sitzungsbericht.) 

277. Lovett, R. W., Use of Silk Ligaments at Ankle in Infantile Paralysis. Amer. J. of 
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278. Mac Kenzie, K. A. J., Value of Deoompression Operations in Disorders of Brain. 
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282. Mammen, E., Bulled Roinovcd from Brain After Six Years. Surg., Gyn. and Obst. 
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283. Manasso, Paul, Persönliche Erfahrungen über Kopfschuss». Straßb. M. Ztg. No. 4. 
p. 85—88. 

284. Derselbe, Zur Therapie des Himabszesses. Münch, mod. Woch. No. 43. F. B. (Allg. 
Behandlungsregeln mit Anführung einiger Fälle.) 

285. Mann, Indikation zur Operation bei Nervenverletzungen. Vereinsbeil. d. D. m. W. 
41. 1588. 

286. Derselbe, Bemerkungen über die Indikationen zur Operation bei Nervenverletzungen. 

Münch, med. Woch. 1916. 63. 537. (Sitzungsbericht.) 

287. Marburg, Otto, Ein Fall von Schuß Verletzung im Gebiete der Art. vertebraliß doxtra. 
(A cerobelli inf. post.) W. kl. W. S. 1175. (Sitzungsbericht.) 

288. Derselbe und Ranzi, Egon, Zur Frage der Schuß Verletzungen der peripheren Nerven. 
Vorläufige Mitteilung, ebd. No. 23. p. 611. 

289. Maresch, Marian, Über Schädelschüsse, ebd. No. 38. p. 1028. 

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Foot Deformitios Resulting from Poliomyelitis. Boston M. and S. J. Sept, 9. 


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292. Martin, R. V., Treatment cf Cerebrospinal Meningitis by Drainage of Lateral Ventricle. 
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293. Massey, A Y. f Spinal Analgesia in Native Practice. J. of Trop. M. April 15. 

294. Mayer, C., Verletzungen am poripheren Nervensystem. W. kl. W. p. 692. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

295. Mayer, E., Neurolyse des Nervus medianus. Münch, med. Wcch. S. 1395. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

296. Mayer, Leo, Die orthopädische Behandlung der alten Hemiplegikor. B. kl. W. No. 23. 

p. 606. 

297. Derselbe, Die Lagerungsbehandlung der Nervenverletzungen. D. m. W. No. 25. 
p. 739. 

298. Mayer, Otto, Fall von Schußverletzung in der Umgebung des Ohres. Mschr. f. Ohrhlk. 
p. 381. (S.txungsbericht.) 

299. Derselbe, Über die plastische Deckung von Duradefekten nach Abtragung von Him- 
prolapsen in der Otochirurgie. Zschr. f. Ohrhlk. 73. (1.) 37. 

300. Derselbe, Fall von Ligatur der Carotis interna wegen Blutung aus dem Ohre. Mschr. f. 
Ohrhlk. 49. 737. (Sitzungsbericht.) 

301. Derselbe und Mollenhauer, Gehirnverletzung. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 873. 

302. Mo Eaohern, C. G., Tendon Transplantation Following Infantile Paralysis. Colorado 
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303. Mehler, L., Neurolyse des Plexus brachialis. D. Zschr. f. Chir. 133. (3.) 299. 

304. Merhaut, K., Die Resultate operativer Behandlung Basedowscher Krankheit. 
Vestnik v. sjez. 6es. 16k. a pfir. p. 530. 

305. M6traux, A., Contribution au traitement chirurgical de la sciatique chronique rebelle 
(Operation de Förster). Rev. med. de la Suisse Rom. 35. (11.) 906. 

306. Meyer, Arthur II, 1. Zur Chirurgie des zentralen und peripheren Nervensystems. 
2. Zur Behandlung von Wirbelbrüchen. Münch, med. Woch. 1916. 63. 94, 95. 

(Situngsberieht.) 

307. Meyer, E., Die Frage der Laminektonie bei Schußverletzungen vom neurologischen 
Standpunkt. B. kl. W. No. 12. p. 282. 

308. Mills, Lloyd, Projeotile Wounds of the Head. Experiences Düring Recent Service in 
Austria, with Particular Reference to Wounds of the Eyes. The J. of the Am. M Ass. 
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310. Mix, Charles Louis, Laminectomy for Traumatio Compression of the Spinal Cord. 
The Clinies of John B. Murphy. 1914. 3. (1.) 161. 

311. Moore, J. Walker, Fracture of the Base of the Skull with Escape of Cerebrospinal 
Fluid from the Ear. The Effect of Atropine and Epinephrin upon the Secretion. 
The Am. J. of the M. Sc. 149. (4.) 580. 

312. Moore, R., Trifacial Neuralgia; its Succesful Treatment without Major Operation. 
Arizona M. J. Dec. 

313. Moreno, S. F. M., Ruptures de la dure-m6re cranienne ohez les nouveau-n6s. Aroh. 
mens. d’Obst6tr. March. 

314. Moskowicz, Schädeldefekte naoh Operationen. W. kl. W. 1916. 29. 24. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

315. Muck, O., Gestaltveränderungen einer Himwunde, durch Kopfdrehung hervorgerufen. 
(Ein weiterer Beitrag zur Beeinflussung der Blutzirkulation im Sohädelinnem durch 
Stemokleidostellung.) Münch, med. Wooh. No. 25. p. 845. 

316. Müller, Schädelschüsse. B. kl. W. p. 566. (Sitzungsbericht.) 

317. Müller, Emst, Zur Behandlung der Radialislähmung. Beitr. z. kl. Chir. 98. (2.) 263. 

318. Müller, Paul, Beitrag zur Diagnostik und Therapie der Schußverletzungen des Gehirn- 
sohädels. Beitr. z. klin. Chirur. 97. (2.) 103. 

319. Müller, W. B , Verletzungen des Gehirns und deren chirurgische Behandlung. Aroh. 
f. klin. Chir. 107. (1.) 138. 

320. Murphy, John B., Traumatio Division of Flexor Tendons and Median Nerve. Teno- 
plasty and Neuroplsty. The Clinies of John B. Murphy. 1914. 3. (3.) 517. 

321. Muskens, L. J. J., Drei restlos geheilte Patienten, mehrere Jahre nach einer Him- 
operation. Psyoh. en neurol. Bl. 19. 281. 

322. Derselbe, Psychiatrie, Neurologie und Neuro-Chirurgie. Mschr. f P&yoh. 37. (6.) 726. 
u. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (II.) 726. (Ohne besonderes Interesse.) 

323. Derselbe, Neurologie en Neurochirurgie. Psyoh. en neurol. Bl. No. 4/5. S. 492. 

324. Derselbe, Resultat des Balkenstiches beim Hydrozephalus mit Sehstörungen, und 
andere Dekompressionsmaßregeln. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (II.) 1640. 


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Chirurgische Behandlung. 


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326. Neubert, Über kriegpchirurgisohe Erfahrungen im Lazarett. Münch, med. Wooh 
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327. Neuhof, Harold, Sequelae of Minor Injuriee Inoompletely Severing Nerves of the Hand. 
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329. Noe h te, Über die operative Behandlung der Rückenmarks Verletzungen im Feldlazarett. 
D. m. W. No. 1. p. 15. 

330. Derselbe, lieber Streifschüsse an der Schädelkapsel, ebd. No. 8. p. 217. 

331. Nonne, Über die Kriegsverletzungen der peripheren Nerven. M. Klin. No. 18—19. 
p. 501, 527. 

332. Nordmann, 0., Kriegschirurgifche Erfahrungen im Feldlazarett, ebd. No. 1—2. 
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333. Obal, Franz, Transplantation der Glandula parathyreoidea bei postoperativer Tetanie. 
Orvosi Hetilap. No. 37. (Ungarisch.) 

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Ass. 1916. 66. 141. (Sitzungsbericht.) 

335. Oehlecker, Exstirpation des 2. Spinalganglion bei Okzipitalneuralgien. Adünoh. 
med. Wooh. p. 375. (Sitzungsbericht.) 

336. Derselbe, Eine Reihe geheilter Schädelschüsse. Neurol. Zbl. p. 410. (Sitzungsbericht) 

337. O ppenhoim, Hermann. Über Kriegsverletzungen des peripheren und zentralen Nerven¬ 
systems. Zschr. f. ärztl. Fortbildg. No. 4. p. 97. 

338. Derselbe, Beitrag zur Beurteilung und Behandlung der Schußverletzungen peripherer 
Nerven. D. Ther. d. Gegenw. Juni. p. 201. 

339. Orr, H. Winnett. Orthopedic Treatment Düring the Pericd of Spontaneous Improve- 
ment of Infantile Paralysis. Med. Reo. 88. 894. (Sitzungsbericht.) 

340. Orth, Oscar, Zur Behandlung von C^ehimprolaps nach Sohädeldefekten. M. Klin. 
No. 1. p. 10. 

341. Derselbe, Zwei interessante neurologisch-chirurgische Beobachtungen. Münch, med. 
Wooh. 62. (51.) 1777. F. B. 

342. Owen, W. Bamott, Some of the Deformitios Following Infantile Paralysis, witb 
Espociai Reference to Treatment. Am. J. cf Surg. 1914. Vol. 28. No. 12. S. 457. 

343. Derselbe, Treatment cf Most Frequent Deformities Following Infantile Paralysis. Ken¬ 
tucky M. J. Febr. 

344. Page, J. R., ( Ve < f Tempo rosphonoidal Absoeß, Discovered by Exploration Trough 
Multiple Small Incirions in Dura. Draiued and Cured. Surg., Gyn. and Obst. June. 

345. Part 6s, Alexander, Ein Extensionsapparat für Oberschenkelfrakturen und Rücken¬ 
marks verlöt zungen. M. Klin. No. 44. S. 1211. (Umständliche Beschreibung eines 
Apparates.) 

346. Passe w, Nachkrankheiten nach Kopf Operationen. Vereinsbell. cL D. m. W. S. 1381. 

347. Patry, Georges, Le traitoment chirurgical des orises gastriques du tabes. Rev. med. 
de la Slüste Rom. No. 6. p. 297. 

348. Payr, Erfahrungen über Schädolschüs; o. Jk. f. ärztl. Fortbldg. 6. (12.) 

349. Derselbe, Sohädelschüsse. Vereinsbeil. d. D. m. W. 42. 493. 

350. Derselbe, Plastik am Solüldknorpel zur Behebung der Folgen einseitiger Stimmband- 
lähmung. I). m. W. No. 43. S. 1265. 

351. Derselbe, Ojierierte Roourronslähmung. Münch, med. Wooh. 1916. 63.244. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

352. Pelz, Tangontialor Schädelschuß. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 842. 

353. Peritz. Zwei Fälle von Gelümschüsten mit Lagegefühlsstörungen, Astereognosis, 
trophisohen Veränderungen und halbsei f igor Blutdrucksteigerung. Neurol. Zbl. p. 140. 
(Sitzungsbericht.) 

354. Perkins, Facial Contractions Düring the Radical Mastoid Operation. Ann. of OtoL 
24. 664. 

355. Perrier. Charles, Cinq nmis de Chirurgie dans los höpitaux militaires de Chalon-sur* 
Saoue. Rev. m<d. de la Suiste Rom. No. 7. p. 373. 

356. Perthes, G., Über Laminoktomio bei Steckschüssen des Rückenmarkes. Boitr. z. 
klin. Chirur. 97. (1.) 76. 

357. Derselbe, Schonende Entfernung von Knochensplittern und Fremdkörpern bei Schädel - 
Schüssen und Himabszesson. Münch, med. Wooh. 62. (49.) 1706. F. B. 

358. Peters, Gehimschüsse. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 330. 

359. Pettavol, Charles A., Schädelschüsse, NervonVerletzungen. Corr.-Bl. f. Sohweüar 

Ärzte. 1916. 46. 367, 375. 

360. Pinous, W., Diagnostische und therapeutische Ergebnisse der Himpunktion. Stuttgart. 
F. Enke. u. Berlin. A. Hirschwald. 


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Chirurgische Behandlung. 


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361. Pribram, Bruno Oskar, Erfolge und Mißerfolge bei der operativen Behandlung der 
Sohädelschüsse, besonders der Durohßchüsse. W. kl. W. No. 38. p. 1025. 

362. Quervain, F. de, Die Vorteile der Bauchlage in der Nachbehandlung der Laminektomie. 
Zbl. f. Chir. No. 46. S. 817. (Ohne Interesse.) 

363. Quincke, H., Über die therapeutischen Leistungen der Lumbalpunktion. Therap. 
Mh. 1914. 28. H. 7. p. 469. 

364. Quix, F. H., Ein Fall von operierter Geschwulst des Gehörnerven mit Demonstration 
mikrophotographischer Lichtbilder und Besprechung der Operationstechnik. Ned. 
Tijdschr. v. Geneesk. 59. (I.) 1831. 

365. Raison, T. W., Compound Comminuted Fraoture of Skull. United States Nav. 
M. Bull. Jan. 

366. Ransohoff, J., Status of Cerebral Surgery. Lancet-Clinio. May 15. No. 20. 

367. Banzi, Egon, Fall von operiertem Hypophysentumor. W. kl. W. p. 133. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

368. Derselbe, Über operierte Bückenmarksverletzungen, ebd. S. 1239. (Sitzungsbericht.) 

369. Bavaut, P., Le emorragie interne prodotte dalla scossa vibratoria delT esplosione. 
Boll. delle olin. No. 5. p. 224. 

370. Baddan, M. W., Treatment of Old Brain Injurios. New Jersey M. Soc. J. Oct. 

371. Bedlic h, Emil, Zur Frage der operativen Behandlung der Schußverletzungen peripherer 
Nerven. Mschr. f. Psych. 37. (6.) 333. 

372. Derselbe und Frisoh, O. v., Zur Frage der operativen Behandlung der Schußverletzungen 
peripherer Nerven. W. kl. W. p. 512. (Sitzungsbericht.) 

373. Beichard, Hans, und Moses, Hermann, Ein interessanter Fall von Kopfschuß. 
Münch, med. Wooh. 62. (52.) 1793. F. B. 

374. Reichmann, Frieda, Ueber Schußverletzungen peripherer Nerven. D. m. W. No. 23. 

p. 668. 

375. Reik, H. O., Case of Cerebral Abszeß, Secondary to Chronic Suppurative Otitis Media, 
Cured by Surgical Intervention. Southern M. J. Aug. VIII. No. 8. 

376. Beinhardt, Tangentialschlüsse, Durchschüsse und Steckschüsse des Gehirns. Vereins¬ 
beil. d. D. m. W. S. 1175. 

377. Derselbe, Kriegsverletzungen des Zentralnervensystems. Münch, med. Wcch. p. 1055. 

(Sitzungsbericht.) 

378. Bernsen, Charles M., Surgical Measures in Apoplexy. The J. of the Am. M. Ass. 65. 
(2.) 162. 

379. Riedel, Über Schädelschußverletzungen. Münch, med. Woch. 62. 1727. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

380. Biedl, Franz, Heilgeräte für Folgen nach Kriegsverletzungen. W. kl. W. No. 43—44. 
S. 1165, 1199. 

381. Riehl, Zur Tetanusbehandlung. M. Klin. No. 2. p. 31. 

382. Bitschi, A., Aus den chirurgisch-orthopädischen Erfahrungen einer 6monatigen 
Tätigkeit im Freiburger Gamisonlazarett und der orthopädischen Universitätsklinik 
nebst Anweisungen zur Anfertigung einfacher und billiger Bewegungsapparate. Zschr. 
f. orth. Chir. 35. (3.) 466. (Hat ausschließlich chirurg. Interesse.) 

383. Ritter, Carl, Zur Prophylaxe des Tetanus. Ein Vorschlag. B. kl. W. No. 6. p. 126. 

384. Rodman, J. S., Surgery of Spinal Cord. Pennsylvania M. J. Febr. 

385. Rosenberg, Zur Nachbehandlung der Kriegsverwundeten mit einfachen Mitteln. 
Zschr. f. ärztl. Fortbldg. No. 18. p. 558. (Improvisierte Apparate zur Bewegungs¬ 
therapie. ) 

386. Rosenfeld, Chirurgisch-orthopädisch behandelte Fällo. Vereinsbeil. d. D. m. W. 
p. 964. 

387. Rosenstein, P., 1. Operierter Gehimschuß. 2. Wirbelschuß, ebd. p. 391. 

388. Derselbe, Arteriem und Nervennaht. ebd. p. 330. 

389. Rothfuchs, 6 Fälle operativer Behandlung der Tangentialschüsse des Schädels. 
Münoh. med. Woch. S. 1508. (Sitzungsbericht.) 

390. Ruttin, E., Einbruch eines Cholesteatoms von oben her ins Labyrinth. Abgrenzung 
durch Knoohenneubildung. Kompensation. Radikaloperation. Mschr. f. Ohrhlk. 
p. 213. (Sitzungsbercht.) 

391. Derselbe, Breite Verwachsung zwischen Dura der mittleren und hinteren Schädelgrube 
wegen Schrappnellverletzung, Operation, ebd. 49. 726. (Sitzungsbericht.) 

392. Derselbe, Zur Operation der mit Otitis komplizierten Basisfraktur, ebd. 49. 722. 

(Sitzungsbericht.) 

393. Rydygier von Ruediger, Ludwig R., Über Wundbehandlung in den Kriegsspitälern. 
W. kl. W. No. 25. p. 671. 

394. Ryerson, Edwin W., Recurrent Spondylolisthesis, with Paralysis; Bono-Splint Trans¬ 
plantation. The J. of the Am. M. Ass. 64. (1.) 24. 


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Chirurgische Behandlung. 


395. Sache, B., and Eisberg, C. A., A Brief Review of a Years Neurosurgical Work, 
with Special Reference to Spinal Cord Lesions. The J. of N. and M. Dis. 42, 743. 

(Sitzungsbericht.) 

396. Sachs, E., Factors That Make for Better Results in Cranial Surgery. Missouri State 
M. Ass. J. Dec. 

397. Sadolin, F., Er ublodig Nervestraekning mulig? Ugeekr. for Laeger. June 24. 
No. 25. 

398. Saenger, Mit Röntgenstrahlen behandelte Rückenmarksgesohwulst. VerelnsbelL 
d D. m. W. 41. 1586. 

399. Sauer, Franz, Welche Erfolge hat die operative Behandlung der Tangentialschüsse 
des Schädels. B. kl. W. No. 18. p. 463. (Nichts Besonderes.) 

400. Saxl, Alfred, Federstreckapparat für Hand und Finger bei Radialislähmung. W. kl. 
W. No. 43. S. 1163. 

401. Scandola, C., Death from Intraspinal Injection of Novocain. Gazz. degli OspecL 
Jan. No. 4. 

402. Soharff, A., Mitteilungen über kriegschirurgische Erfahrungen auf dem Gebiete der 
Orthopädie und Extremitätenchirurgie. Zschr. f. orthop. Chir. 85. (3.) 434. (Hat 
nur Chirurg. Interesse.) 

403. Sc hei dl. Über Schädelschüsse. W. kl. W. 28. 1400. (Sitzungsbericht) 

404. Sohepelmann, Emil, Neben- und Nachwirkungen der Kulenkampffschen Plexus¬ 
anästhesie. D. Zschr. f. Chir. 183. (5/6.) 558. 

405. Schick, Übor zwei trepanierte Fälle. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 996. 

406. Schiller, Tod durch Kopfschuß ohne wesentliche Verletzung des Schädelskeletts. 
D. Militärarzt. S. 443. (Sitzungsbericht.) 

407. Schlesinger, Arthur, Über Versuche, den Plexus lumbalis zu anästhesieren. Zbl. f. 
Chir. No. 22. p. 385. 

408. Schlesinger, Hermann, lieber erfolgreich operierte Rüokenmarkstumoren und über 
das ,,Kompressionssyndrom“ des Liquor cerebrospinalis. W. kl. W. No. 18. p. 463. 

409. Schloff er, H., Über einzelne Fragen bei der Behandlung von Kriegsschußwunden. 
Prag. m. Wschr. No. 5. (vgl.: Jahrgang 18. S. 865.) 

410. Sohmidt, G. B., Chirurgische Behandlung der Kriegsverletzungen peripherischer 
Nerven. VereinsbeU. d. D. m. W. S. 1263. 

411. Schmidt, Hugo, Geheilter Kopfstreifschuß, ebd. p. 844. 

412. Sohmiegelow, E., Beitrag zur translabyrinthären Entfernung der Akustikustumoren. 
Zschr. f. Ohrhlk. 73. (1.) 1. 

413. Derselbe, Bidrag til den translabyrintaere Fjemelse af Acusticustumores. Hospitalstid. 
LV1II. No. 8—9. 

414. Schönbeck, O., Die Gefahren der Lumbalpunktion. Arch. f. klin. Chir. 107. (2.) 309. 

415. Schoppe, Walther, Die operative Therapie bei Ischias. Zbl. Grenzgeb. d. M. 19. 
(1/2.) 1. 

416. Schröder, Segmentalartige kortikale Sensibilitätsstörung von ulnarem Typus. Münch, 
med. Woch. p. 623. (Sitzungsbericht.) 

417. Schröder, H. S., Die Erfolge der operativen Behandlung des Morbus Basedowii. 
Therap. Mh. No. 4. p. 193. (Zusammenfassendes Referat.) 

418. Schüller, Artur, Kriegskasuistische Mitteilungen. D. Militärarzt. 1914. No 23. 

419. Schultz, J. H., Fünf neurologisch bemerkenswerte Himschüsse. Mschr. f. Pfcych. 
38. (6.) 319. 

420. Schum, Heinrioh, Zur Behandlung der Rückenmarks Verletzungen im Felde. Münch, 
med. Woch. No. 5. p. 168. F. B. (Ohne Belang.) 

421. Schuster, Kriegsneurologisohe Demonstrationen. Neur. Zbl. 34. 914. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

422. Schwartz, A., Traitement des ooups de feu du cräne, dans les ambulanoes de l’avant 
Paris m£d. 5. (9.) 165. 

423. Scruton, W. A., Accidental Injuries of Sigmoid Sinus Inflicted in Simple Mastoid- 
octomy. Ann. of Otol. 24. (2.) 

424. Seidel, O., Ueber Verletzungen und Erkrankungen der Nase und ihrer Nebenhöhlen 
im Kriege und ihre Behandlung. Münch, med. Wooh. No. 24. p. 825. F. B. 

425. Sewall, Ceoil., Operation on the Hypophysis According to HirBohs Method. Presen- 
tation of a Case with Brain, Eye and Other Symptoms. The J. of the Amer. M. Ass. 
65. (8.) 681. 

426. Sharpe, William, The Operation of Cranial Deoompression. The Am. J. of the Med. 
Sc. 149. (4.) 563. 

427. Derselbe and Farrel, Benjamin P., A New Operative Treatment for Selected Cases of 
Cerebral Spastic Paralysis. The J. of the Am. M. Ass. 64. (6.) 482. 

428. Sick, P., Zur Diagnose und Therapie der Schädel- und Gehimsehüsse. Unterscheidung 
der Tangcntialsohüsse. Münch, med. Woch. No. 40. S. 1371. F. B. (Ohne Belang.) 


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Chirurgische Behandlung. 577 

429. Siegel, Förstersche Operation wegen gastrischer Krisen. Münch, med. Woch. p. 866. 

1254. (Sitzungsbericht.) 

430. Simpson, C. Augustus, Roentgen Ray Treatment of Exophthalmio Goiter. Med. Reo. 
88. (10.) 391. 

431. Singer, Schrapnellsteckschuß. Msohr. f. Ohrhlk. p. 362. (Sitzungsbericht.) 

432. Derselbe, Durchschuß (serbische Gewehrkugel) durch den Munclhöhlenboden mit beider¬ 
seitiger Hypoglossus- und linksseitiger Lingualislähmung. Extraktion des Geschosses. 
Heilung, ebd. p. 364. (Sitzungsbericht.) 

433. Derselbe, Steckschuß (Granatsplitterstück) des linken Oberkiefers, Fazialislähmung. 
Traumatische Erkrankung des akustischen Labyrinths mit linksseitiger Taubheit. 
Statisches Labyrinth normal, ibidem, p. 363. 

434. Sittig, H., Streifschuß des Schädels in der Scheitelgegend. Münch, med. Woch. 62. 

1728. (Sitzungsbericht.) 

435. Skrowaozewski, Beitrag zur Behandlung der otitisohen Sinuserkrankungen. Msohr. 
f. Ohrhlk. 49. 514. (Bericht über 11 Fälle.) 

437. Smoler, F., Kriegschirurgische Eindrücke und Erfahrungen aus einem mährisohen 
Etappenspital. Beitr. z. klin. Chir. 96. (1.) 25. (Hat wesentlich chir. Interesse.) 

438. Spielmeyer, W., Zur Kriegsneurologie. Münch, med. Woch. p. 1156. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

439. Derselbe, Zur Frage der Nervennaht. ebd. No. 2—3. p. 58, 99. 

440. Derselbe, Zur Behandlung „traumatischer Epilepsie“ nach Himsohußverletzung. 
ebd. No. 10. p. 342. F. B. 

441. Spitzy, H., und Hartwich, A., Orthopädische Behandlung Kriegsverwundeter. 
Berlin-Wien. Urban u. Schwarzenberg. 

442. Spoerl, Robert, Über das nächste und weitere Sohicksal der Rückenmarks Verletzungen; 
ein theoretischer Vorschlag zur Beeinflussung desselben. Münch, med. Woch. No. 33. 
S. 1137. F. B. (Ohne Interesse.) 

443. Starck, Hugo, Indikationen zur Operation des Morbus Basedowii und Operations¬ 
erfolge. D. m. W. No. 28. p. 822. 

444. Steel, W. A., Spinal Anesthesia Pennsylvania M. J. March. 

445. Stegmüller, Walter, Über Sohädelsohüsse, insbesondere über Tangentialsohüsse auf 
Grund der in der chirurgischen Universitätsklinik zu Freiburg i. Br. beobachteten Fälle. 
Dissert. Freiburg i. Br. 

446. Steindler, A., Method of Direct Neurotization of Paralyzed Muscles. Am. J. of Orth. 
S. July. XIII. No. 1. 

447. Derselbe, Direct Implantation of Motor Nerve on Muscle Tissue (Neurotization). Jowa 
State M. S. J. Okt. 

448. Steinthal, 1. Steckschuß des Gehirns. 2. Nervennähte und Sehnenplastiken. Ver¬ 
einsbeil. d. D. m. W. S. 1414. 

449. Derselbe, Nervennaht des Nervus ulnaris und Medianus. Corr.-Bl. f. Württ. 85. 
213. (Sitzungsbericht.) 

450. Derselbe, Die Deckung größerer Nervendefekte durch Tubulamaht. Beitr. z. klin. 
Chir. 96. (3.) 295. (Ohne Interesse.) 

451. Derselbe, Die Prognose der Nervennaht bei Verletzungen des peripherischen Nerven¬ 
systems, insbesondere bei Schußverletzungen. Münch, med. Woch. No. 15. p. 527. 
F. B. (Nichts Besonderes.) 

452. Stenger, Die kriegschirurgischen Kopfverletzungen, ihre Behandlung und Begutachtung 
vom ohrenärztlichen Standpunkt. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 993. 

453. Stern, Arthur, Beobachtungen bei Schußverletzungen des Gehirns. D. m. W. No. 36. 
p. 1067. 

454. Stewart, W. H., u. Luckett, W. H., Roentgen Diagnosis of Fracture of Skull. Arch. 
of Radiol. 20. (3.) 

455. Stoeoker, Hirn- und Rückenmarksvorletzungen. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 1143. 

456. Stoffel, A., Ueber die Behandlung verletzter Nerven im Kriege. Münch, med. Woch. 
No. 3. p. 201. F. B. 

457. Derselbe, Über Nervenmechanik und ihre Bedeutung für die Behandlung der Nerven¬ 
verletzungen. ebd. No. 26. p. 889. F. B. 

458. Derselbe, Über die Technik der Neurolyse. D. m. W. No. 42. S. 1243. 

459. Streißler, Eduard, Duraplastik bei Rinnensohuß am Schädel. Münch, med. Woch. 
No. 43. S. 1477. F. B. 

460. Stüven, W. S., Neurektomie. Tijdschr. v. Veeartsenijk. 41. 956. 

461. Derselbe, Die „Neurektomie“ an der Riviera, ibid. 41. 1162. 

462. Svindt, J., Continuous Extension in Treatment of Sciatica. Ugeskrift for Laeger. 
LXXVII. No. 15. 

463. Syring, Zur Behandlung der Sohädelsohüsse im Felde. Münch, med. Woch. No. 17. 
p. 592. F. B. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1 » 16 . 37 

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Chirurgische Behandlung. 


464. Taylor, Alfred S., Avulsion of the Lower Boote of the Left Brachial Plexus; Eighth 
Cervical and First Dorsal Transferred by Lateral Anastomosis Into the Function of the 
Fifth and Sixth Cervicals. New York Neurol. Inst. Meeting. March 18. 

465. Derselbe, Traumatic Interstitial Neuritis of the Right Ulnar Nerve; Neurolysis Foliowed 
by Prompt and Continuing Improvement. ebd. March 18. 

4 66. Derselbe and Stephenson, J. W., Spinal Decompression in Meningomyelitis. The J, 
of N. and M. Dis. 42. (1.) 1. 

4 67. Taylor, R. T., Experienoes in Spinal Surgery. Southern Med. J. June. 

468. T hie mann, H., Ungewöhnlich frühe Wiederherstellung der Leitungsfähigkeit im 
resezierten und genähten Nerven (Isohiadicus). Münch, med. Woch. No. 15. p. 523. 
F. B. 

469. Derselbe, Schädelschüsse, ebd. No. 17—18. p. 593, 637. 

470. Tilmann und Enderlen, Schädelsohüsse. Beitr. z. klin. Chir. 96. 454. (Sitzung* 
bericht.) 

471. Traver, A. H., Surgioal Treatment of ExophthaJmic Goiter. Albany M. Ann. March. 

472. Trotter, W., Principles of Operative Treatment of Traumatic Cerebral Lesions. Brit. 
J. of Surg. April. 

473. Trout, H. H., Spina Bifida; Tibial Transplant, Father to Child. Surg., Gyn. and 
Obst. May. 

474. Truesdell, Edward D., Fissure-Fracture of the Vauit of the Skull in the New-Bom. 
Bull, of the Lying-In Hosp. of the City of New York. 10. (2.) 94. 

475. Unger, Emst, 1. Tangentialschädelschüsse. 2. 14 operierte Fälle peripherischer Nerven¬ 
verletzungen. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 389. 

476. Vachnadze, K. D., Casarean Section in Eclampsia. Recovery. Russkv Vrach. 
XIV. No. 27. 

477. Valkenbürg, C. T. van, Plaatselijke hersenvliesaandoening, haar diagnoee en heel- 
kundige behandeling. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. No. 24. p. 2055. 

478. Verebelly, S. v., Fall von Schädelplastik. Wien. med. Wooh. p. 1083. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

479. Vigyäzö, Julius. Aus der Wirbelsäule entferntes Geschoss. Orvosi Hetilap. 1914. 
No. 33. (Ungarisch.) 

480. Voe Icker, F., Operative Befunde bei Schuß Verletzungen peripherer Nerven. D. Zichr. 
f. Chir. 133. (1.) 65. 

481. Volk, Emil, Über Gehirnschüsse mit besonderer Berücksichtigung eines Segmental- 
schusr.es mit postoperativem großen Himvorfall. Diss. Berlin. 

482. Vulpius, Kriegsorthopädisches. D. m. W. No. 27—30. p. 785, 819, 881. 

483. Walker, F. B., Skull Fractures. Michigan State M. S. J. Jan. 

484. Was h b urn, B. A., Cossation of Epileptic Scizures after Removal of Prepuce and Fibroma 
Imbedded in Urethra: Case Report. Am. J. of Surg. Vol. 29. No. 1. S. 23. 

485. Waters, Charles, A., Roentgenization of the Thymus Gland in Graves Disease. The 
J. of the Am. M. Ass. 64. (17.) 1392. 

486. Watt, Charles H., Intratracheal Ether Anesthesia in the Surgery of the Brain and 
Spinal Cord. ebd. 65. (10.) 869. 

487. Wegner, K. T., Influence of the Position of the Limb upon the Nerves in Gunshot 
Wounds. Russky Wrach. XIV. No. 31. 

488. Weible, R. E., Neuroplasty of Median and Ulnar Nerves. Joumal-Lancet. Febr. 

489. Welty, Fußstützmasohine für Peroneus-Tibialis-Lähmungen. Münch, med. Woch. 
No. 31. p. 1068. F. B. 

490. Wertheim-Salomonson, J. K. A., Meningitis tuberculosa und Trepanation. Psych. 
en neur. Bl. 19. 570. 

491. West. C. E., Care of Tuberculosis of Auditory Apparatus; Internal Hydrocephalus; 
Permanent Drainage of Lateral Ventricle. Brit. J. of Child. Dis. June. 

492. Westphal, A., Zwei Fälle von operativer Beseitigung von Gehimgeschwülsten. D. m. 
W. 41. (53.) 1567. 

493. Wie mors, A., Über freie Netzt ransplantation ins Gehirn bei einem Fall von entzünd¬ 
licher Hirnzysto. Fest sehr. d. Akad. Köln. Bonn. A. Marcus u. E. Weber. 

494. -Wiese, Bruno, Methoden zur Deckung von knöchernen Schädeldefekten. Dissert. 

Straßburg. 

495. Willis, P. W., Artery Blocking Versus Norvo Blocking in Prevention of Shook. North¬ 
west. M. No. 5. 

496. Wilms, Richtlinien in der Behandlung der Schädeltangentialschüsse. Münch, med. 
Wooh. No. 42. S. 1437. F. B. 

497. Derselbe, Schädelschüsse. Vereinsbeil. d. D. m. W. 41. 1563. 

498. Derselbe, Behandlung der Kopfschüsse. Münch, med. Woch. 1916. 63. 93. (Sitzungs¬ 
bericht.) 


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Chirurgische Behandlung. 579 

499. Wi 1ms, Zur Frühoporation, Mechanik der Nervenverletzung und Technik der Naht. 
D. m. W. 41. (48.) 1417. 

500. Dereelbe, Früh- und Spätoperation bei Nervenläeioncn. Münch, med. Wooh. 1916. 
537. (Sitzungsbericht.) 

501. Wodarz, Artur, Zur Kasuistik der intrakraniellen Pneumatozele. ebd. No. 28. 
p. 968. F. B. 

502. Wolff, 1. Schwere Ohren Verletzungen. 2. Sohädelsohuß durch Infanteriegeschoß. 
Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 1055. 

503. Wolff, H. J., Schußverletzungen des Gesichts und Halses, ebd. S. 1204. 

504. Woods, Andrews H., Traumatio Interruption cf Sciatic Nerves. The J. of the Am. 
M. Ass. 64. (15.) 1240. 

505. Young, J. H., Tonsillectomy as Therapeutio Measure in Treatment of Chorea and 
Endooarditis. Boston M. and S. J. Sept. 2. 

506. Zange, Translabyrinthäre Operation von Akustikus- und Kleinhimbruokenwinkel- 
tumoron. Münch, med. Wooh. 62. 1728. (Sitzungsbericht.) 

507. Zdrodovsky, P. P., Plastic Surgery of Dura Defeots. RusskyVraoh. Febr. 7. No. 6. 

508. Zeller, O. Zur operativen Behandlung der Nervenverletzungen im Kriege. Jk. f. ärztl. 
Fortbldg. 1914. Dez. 

509. Zondek, Schuß duroh die linke Schläfe. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 238. 

510. Zuliok, J. D., und Pf ahler, George E., Treatment of Exophthalmio Goiter by Roentgen 
Therapy. The J. of the Am. M. Ass. 65. 1670. (Sitzungsbericht.) 

Die Zahl der Arbeiten, welche die chirurgische Behandlung von Kriegs¬ 
verletzten zum Gegenstände ihrer Besprechung haben, ist im diesjährigen 
Bericht eine so große und so überragende, daß alle anderen dagegen voll¬ 
kommen zurücktreten. Alle Anschauungen, die über die zweckmäßigste Art 
und Zeit des chirurgischen Eingriffes vorgetragen werden, beruhen auf großer 
Erfahrung und sind auch im großen und ganzen einheitlich. Bei der Ab¬ 
wägung dieser zunächst unsicheren Verhältnisse sind den Chirurgen die 
Ratschläge der gründlich voruntersuchenden Neurologen wohl von unschätz¬ 
barem Nutzen gewesen, und dem Zusammenarbeiten beider ist der große 
Erfolg, der im allgemeinen erzielt wurde, zu danken. Diese Kriegserfahrungen, 
welche uns in Hunderten und aber Hunderten von Fällen zeigen, was das 
Gehirn, die Nerven und selbst das Rückenmark an Verletzungen und chirur¬ 
gischen Eingriffen ertragen können, und wie groß die Restitutionsfähigkeit des 
Nervensystems im ganzen und in seinen einzelnen Teilen ist, werden auch 
für die Friedenspraxis von bleibendem Werte sein. ( Jacobsohn.) 


Anästhesieriingsverfahren. 


Auf Grund der Trendelenburgschen Versuche mit Abkühlung und 
Erhitzung schlägt Spielmeyer (440) bei traumatscher Jackson scher Epilepsie 
mit Schädeldefekten eine regelmäßige Abkühlungstherapie vor. Die Erfah¬ 
rungen sind zwar noch zu gering, um schon ein Urteil abzugeben; immerhin 
ist ein Versuch am Platze. Für diejenigen Fälle, iu denen eine operative 
Behandlung indiziert ist, zumal bei Lähmungserscheinungen, dürfte vielleicht 
auch die Methode der Tjendelenburgschen Rindenunterschneidung in Frage 
kommen. ( Dorchardl.) 

Nach der Ansicht von Watt (486) bewährt sich die intratracheale 
Äthernarkose besonders bei Operationen an Kopf, Nacken und Wirbelsäule. 
Die Resultate sind am klarsten bei Zerebellaraffektionen. Die Methode ist 
sicherer als die Tropfenäthermethode; die Anästhesie ist milder und unter¬ 
liegt besser der Kontrolle; es erübrigen sich dabei fast alle besonderen Ma߬ 
nahmen der künstlichen Respiration. Der Vergleich zwischen 35 Fällen 
von beiden Methoden zeigt, daß der Puls bei der intratrachealen Methode , 
regelmäßiger ist, und daß Blutungen und Zyanose auf ein Minimum reduziert 
sind. Diese intratracheale Methode sollte daher noch allgemeiner angewendet 
werden, als es bisher geschehen ist. (Jacobsohn.) 

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Chirurgische Behandlung. 


Schepelmann (404) hat in 300 Fällen von Arm Verletzungen die 
Kulenkampffsche Plexusanästhesie gebraucht und beschreibt die Neben- 
und Nachwirkungen, die sich bei dieser Methode einstellten. Abgesehen von 
dem harmlosen Hornerschen Symptomenkomplex in einem Falle, beob¬ 
achtete er viermal mehr oder weniger starke Atemstörungen infolge Pleura¬ 
verletzung, einmal die recht ernsthafte und gefahrvolle Komplikation des 
Pneumothorax und zweimal im ersten Augenblick sehr beängstigende, aber 
stets rasch und günstig ablaufende zerebrale Störungen (Angst- und Ver¬ 
wirrtheitszustände). Doppelseitige Plexusanästhesie soll man wegen eventl. 
beiderseitiger Verletzung des Phrenikus, der Pleura, der Lungen unbedingt 
unterlassen. ( Jacobsohn ..) 

Ähnlich wie für den Plexus brachialis gibt es nach Schlesinger (407) 
auch für den Plexus lumbalis eine Stelle, von der aus sämtliche Fasern 
desselben gemeinsam getroffen werden können. Die Wurzeln des Plexus 
liegen in der Höhe des Lumbosakralgelenks zusammen. Einen Anhaltspunkt, 
die Stelle zu markieren, gibt oft der bei nicht zu fetten Leuten meist deutlich 
palpable Querfortsatz des 1. Kreuzbeinwirbels. Medial oberhalb gelangt man 
in eine Lücke. Weiter ist der Dornfortsatz des V. Lendenwirbels fühlbar; 
4—5 cm lateral, etwas oberhalb desselben, wird die Nadel, die Spitze etwas 
nach medial gerichtet, eingestochen. Meist stößt man beim Einstechen auf 
Knochen, den Bogen des V. Lendenwirbels. Tastet man nun mit der Nadel 
vorsichtig nach lateral, so gleitet die Nadel in die Tiefe. Man muß die 
Nadel genügend nach vorn führen. Der Autor hat die Methode zunächst 
am Leichenmaterial ausgearbeitet, aber an klinischem Material noch nicht 
erprobt. ( Jacobaohn .) 

Enderle (110) empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen die epidurale 
Injektion von 20 ccm steriler physiologischer Kochsalzlösung bei alten 
Ischiasfällen, bei gastrischen Krisen und bei funktionellen Erkrankungen 
des Urogenitalapparates. ( Borchanlt .) 

Röntgenverfahren. 

Joseph (222) empfiehlt möglichst ausgedehnte Anwendung des Röntgen¬ 
verfahrens bei Schädelschüssen. Die Einteilung der Schüsse nach dem 
Verlauf des Schußkanals ist unzweckmäßig, man sollte bei der Einteilung 
lieber die Mitverletzung der Dura bzw. des Hirnes berücksichtigen. Die 
Indikationsstellung läßt sich auf diese Weise klarer formulieren. 

(Borchardt) 

Waters (485) beschreibt die Technik der Röntgenbehandlung der 
Schild- und Thymusdrüse bei Morbus Basedowii. Man kann einzelne Fälle 
damit vorübergehend heilen. Intensive Bestrahlung hat keinen Nachteil, 
wenn man Vorsichtsmaßregeln an wendet. (Jacobsohn.) 

Simpson (430) hat bei Basedow und Status lymphaticus durch die 
Röntgenbehandlung nicht nur eine Verkleinerung der Schilddrüse und Thymus, 
sondern auch eine Besserung aller nervösen Beschwerden, unter anderem 
auch der Tachykardie und des Tremors erzielen können. (Bendix) 


Allgemeine Obersichten. 

Bruns (68) berichtet über 687 Fälle von Kriegsverletzungen des 
Nervensystems. Davon betrafen 376 Verletzungen der peripheren Nerven, 
89 solche des Gehirns und Schädels, 37 solche des Rückenmarks und der 
Wirbelsäule. Die übrigen Fälle setzen sich zusammen aus den großen 


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Chirurgische Behandlung. 


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Gruppen der Neurasthenie, Hysterie und Psychosen, aus Fällen von Tetanus 
und aus Fällen, die nur indirekt oder gar nicht mit den Kriegsschädi- 
gungen Zusammenhängen. Am Arm waren es die Radialis-, am Bein die 
Ischiadikusverletzungen, die an Zahl alle übrigen Nerven übertrafen. In 
19 Fällen waren nur Gefühlsstörungen und Schmerzen vorhanden, am häufig¬ 
sten fanden sich die rein sensiblen Störungen im Medianus- und Tibialis- 
gebiet. 19 Fälle betrafen Hirnnervenläsionen, in einer Anzahl davon waren 
mehrere Hirnnerven verletzt. 

B. teilt die Verletzungen der peripherischen Nerven in mehrere Gruppen. 
Am häufigsten war folgende: Es besteht eine Leitungsstörung auf dem 
ganzen Querschnitte der Nerven an der Stelle der Verletzung und damit 
eine Lähmung aller derjenigen Muskeln, deren Nervenäste distal von der 
Verletzungsstelle abgehen; in den gelähmten Muskeln besteht komplette 
Entartungsreaktion und die Sensibilität ist im Nerveugebiet mehr oder weniger 
gestört. Bei dieser Art von Lähmung stellt sich B. auf den Standpunkt 
von Lewandowski, daß man hier operieren soll, sobald die Wunden ge¬ 
heilt sind, etwaige Knochenbrücbe konsolidiert sind und jede Sepsis ver¬ 
schwunden ist. Die zweite Gruppe umfaßt diejenigen Fälle, bei denen nur 
ein Teil der unterhalb des lädierten Abschnittes des Nervenkabels aus¬ 
tretenden Nervenbündel gelähmt ist. Iu diesen Fällen läßt sich nicht immer 
entscheiden, ob es von Anfang an eine partielle Lähmung war, oder ob 
schon eine teilweise Heilung eingetreten ist. In diesen Fällen kann man 
mit operativen Eingriffen länger warten. Die dritte Gruppe besteht aus 
solchen Fällen, bei denen die gelähmten Nerven und Muskeln partielle Ent¬ 
artungsreaktion zeigen. B. fand diese Form 20 mal. In diesen Fällen trat 
ohne chirurgischen Eingriff Besserung resp. Heilung ein. Man wird also in 
diesen Fällen meistens von einer Operation absehen können. Eine chirur¬ 
gische Intervention kommt noch bei andauernden, auf andere Weise nicht 
zu lindernden Schmerzen in Frage. Eine Heilung resp. weitgehende 
Besserung ohne Operation sah B. bisher in 33 Fällen. Nach Neurolysen 
trat in 13 Fällen Besserung ein, mitunter auffallend rasch nach der Ope¬ 
ration. Nach Nervennaht sah B. 10 Erfolge, die frühesten Besserungen 
traten 4 Monate nach der' Norvennaht auf. Die Kriegsverletzungen der 
Nerven werden oft durch ausgedehnte Muskelverkürzungen und Gelenk¬ 
versteifungen kompliziert und in ihrer Prognose getrübt. 

Von Rückenmarksverletzungen sah B. 6 totale und 18 partielle. Bei 
den letzteren waren in vielen Fällen die Verletzungen der Wirbelsäule keine 
sehr schweren, in nicht so seltenen Fällen ließen sie sich überhaupt nicht 
feststellen, zweitens zeigten sie, auch wenu im Anfang für kurze Zeit schwerste 
Paraplegien bestanden hatten, eine erfreuliche Heilungstendenz. Man hat 
also in diesen Fällen keinen Anlaß zur chirurgischen Intervention zu geben. 
Die Segmentdiagnose in diesen Fällen ist sehr erschwert, oft geradezu un¬ 
möglich. Auch ist es unmöglich, in diesen Fällen über die Art der Verletzung 
etwas Sicheres auszusagen. Von den Verletzungen mit vollkommener Querläsion 
betrafen alle das Dorsalmark. Von diesen gingen drei bald zugruude, während 
zwei sich erholten, ohne aber, daß die Lähmungserscheinungen sich änderten. 
Ob man in diesen Fällen operieren soll oder nicht, wird vou besonderen 
Umständen abhängen. In einzelnen Fällen sind auch hier noch Erfolge 
erzielt worden. Unter den Schädelschüssen waren 65 Sagittalschüsse. 
Zwischen Sagittal- und Durchschüssen bestehen fließende Übergänge. Jeder 
Schädelverietzte ist für lange Zeit ein Gefährdeter und bedarf der sorg¬ 
fältigsten Überwachung. Von nachträglichen Hirnabszessen sah B. 12. Die 
Prognose der oberflächlich sitzenden Abszesse ist nicht so schlecht. 


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Chirurgische Behandlung. 


Was die Prognose der durch Rindenverletzung hervorgerufenen Ansfalls¬ 
erscheinungen anbetrifft, so läßt sich nach £. Erfahrungen folgendes sagen: 
Wenn die Verletzungen nicht so ausgedehnt waren, bildeten sie sich in vielen 
Fällen erfreulich zurück. Namentlich auffällig gut waren die Besserungen bei 
im Anfang oft schweren Aphasien, manchmal vollkommen, oft bis auf leichte 
Artikulationsstörungen ohne Lese- und Schreibstörungen. Es handelte sich 
eben, wie B. meint, um rüstige Gehirne und um mehr oder weniger reine Rinden¬ 
läsionen ohne Verletzung wichtiger Assoziationsbahnen. Auch bei Monoplegien 
rein motorischer oder sensibler Natur trat oft weitgehende Besserung ein, 
restlos war aber diese Besserung nie. Im Anfang vorhandene totale Erblin¬ 
dungen nach Hinterhauptsverletzungen bildeten sich zu vollständigen oder 
Quadrantenhemianopsien zurück. Eine größere Zahl der Hirnverletzten wird 
jedenfalls nicht zu arbeitsunfähigen Krüppeln werden. ( Jacobsohn .) 

Kroh (25ü) gibt an, daß die Prognosenstellung in Fällen von Commotio 
cerebri durch Geschoß erschwert ist, daß vor allem die Unversehrtheit des 
Knochens im Bereiche der Geschoßwirkung die Begutachtung des Falles 
irreführen kann. Bei Unversehrtheit der äußeren Knochenschicht können 
kleinere oder größere Splitter sich vou der Lamina vitrea ablösen nnd 
kurze oder weite Strecken in das Gehirn geschleudert werden. Selbst aus¬ 
gedehnte Fissuren des Schädels können durch Geschoßaufschlag in geringer 
oder größerer Entfernung von der Augriffsstelle des Insultes entstehen, ohne 
daß diese selbst makroskopisch sichtbare Veränderungen aufzuweisen hätte. 
Des weiteren verbreitet sich der Autor über Schädelimpression, Tangential¬ 
schüsse, Steckschüsse, Durchschüsse, Kalottenschuß und Meningitis und gibt 
diejenigen chirurgischen Maßnahmen an, die sich als die rationellsten erwiesen 
haben. Dann bespricht der Autor einige Schußverletzungen des Rücken¬ 
marks. Einige Fälle sprechen für die Annahme, daß durch die Verletzung eines 
Bogenfortsatzes auch der Wirbelbogen selbst mehr weniger stark erschüttert 
werde, daß also je nach Größe der indirekt angreifenden Gewalt schließlich 
eine über den ganzen Bogen sich ausbreitende Erschütterungswelle auf- 
kommen kann, die im gegebenen Falle zu einer plötzlichen Gestaltverände¬ 
rung des Bogens und konsekutiven Erschütterung des Rückenmarks führt 
Zum Schluß geht Verf. auf die Tetauusinfektion ein, die er zumeist durch 
bis ins kleinste gehende chirurgische Säuberung der Wunden verhüten konnte. 

(Jacobsohn.) 

In der statistischen Übersicht, welche Gundermann (167) aus der 
Gießener chirurgischen Klinik gibt, befinden sich auch 17 Verletzungen des 
Hirnschädels, 11 Wirbelsäulenverletzungen und 56 Verletzungen der peri¬ 
pheren Nerven. Die Beleuchtung der einzelnen Fälle geschieht aber mehr 
vom chirurgischen als vom neurologischen Standpunkte aus. (. Jacobsohn .) 

Körber (242) teilt die bisherigen Feldlazaretterfahrungen mit, die teils 
im Bewegungskriege, teils während des langdauernden Stellungskarupfes 
gewonnen wurden, und legt die besonders wichtig gewordenen Gesichtspunkte 
dar. Er geht dabei auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen Infanterie- 
uud Artillerieverletzungen ein. In praxi müsse man die Granatsplitterver¬ 
letzung, einerlei welchen Körperteil sie getroffen hat, ebenso die Verletzungen 
durch Fliegerbomben, durch Gewehrgranaten, Handgranaten und Minenwerfer 
als infiziert ansehen und danach handeln. Die Schrapnellverletzungen hielten, 
was Infektionswirkung anbelangt, die Mitte zwischen Granat- und Infanterie¬ 
geschoß. K. beschreibt nun die chirurgischen Maßnahmen, die im Feldlazarett 
bei Granatverletzungen des Gehirns getroffen wurden, und geht im besonderen 
auf die Beziehungen der Artillerieverletzungen zur Tetanusinfektion und zur 
Gasgangrän ein. (Jacobsohn.) 


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Chirurgische Behandlung. 


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Kayser (231) bespricht die gesamten Kriegsverletzungen; darunter ist 
auch ein Abschnitt den Schädelschüssen gewidmet. Auch er ist für strikte 
operative Behandlung der Tangentialschüsse, gibt das Operationsverfahren 
näher an und beschreibt einen Improvisationsschädelverband, der sehr viel 
Verbandzeug spart und die trepanierte Stelle vor allen Schädigungen behütet. 

{Jacobsohn.) 

Higier (194) bespricht verschiedene Unzuträglichkeiten des Verfahrens, 
welche sich auf den chirurgischen Abteilungen und in den Lazaretten wieder¬ 
holen, (Jnzuträglichkeiten, welche die Behandlung der verwundeten Soldaten 
betreffen. Er unterwirft u. a. einer Kritik die Methode der Segregation der 
Kranken, das frühe Operieren unmittelbar nach der Ankunft im Kranken¬ 
haus, die Methoden der Vorbereitung des Operationssaales und des Patienten 
zu der Operation, das System des gemeinsamen Verbandes der Patienten in 
dem Verbandsaale, das Operieren bei offenen Türen, die ungenügende indu- 
viduelle Behandlung der Verwundeten, das absolute Nichtbeachten der Psycho¬ 
therapie. (Sterling.) 

Auf Grund eigenen Krankenmaterials, das über 100 Fälle Hirn- und 
40 Rückenmarksschüsse vom ersten Kriegssemester umfaßt, werden von 
Higier (193) besprochen: 1. Die herrschenden Vorurteile in den Ansichten 
und der ärztlichen Behandlung seitens der chirurgischen Abstinenten und 
Interventionisten auf dem Gebiete der Hirn- und ßückenmarkskrankheiten 
der Feldchirurgie, 2. die wichtigsten und häufigsten Fehler bei der Diffe¬ 
rentialdiagnose der Erkrankungen des Zentralnervensystems, 3. die Haupt¬ 
unterschiede in der Semiotik, Prognostik und Technik der Friedens- und 
Kriegschirurgie, 4. die aktuellen Fehlerquellen der feldchirurgischen Statistik 
(Fehlen einer statistischen Vergleichseinheit toxigraphischer, symptomato- 
logischer und prognostischer Natur, Heterotopie und Heterochronie des 
Krankenmaterials, Nichtberücksichtigung der Inkubationszeit, der Einrichtung 
und Lagerung der Feldlazarette, der lokalen Transportbedingungen usw.). 

( Selbstbericht.) 

Spitzy und Hartwich (441) geben auf etwa 200 Seiten in übersicht¬ 
licher Weise und anschaulicher Darstellung eine kurze orthopädisch-chirur¬ 
gische Anleitung für den nicht spezialistisch vorgebildeten Arzt. Den 
Neurologen interessieren in dem Buch nur einige Kapitel, die über das 
Nervensystem handeln. Was die Verletzungen des peripheren Nervensystems 
betrifft, so kann man mit den für ihre Therapie gegebenen Prinzipien 
durchaus einverstanden sein, dagegen dürfte der S. 144/45 vorgeschlagene 
Versuch, hysterische Kontrakturen mit Gipsverbänden zu behandeln, schwerlich 
die ungeteilte Zustimmung der neurolgischen Fachgenossen finden. 

(Borchardt.) 

Oppenheim (337) gibt im Rahmen eines Vortrages einen Überblick 
über seine Erfahrungen an Neurosen im Kriege und berichtet über die 
Verletzungen des Rückenmarkes und des peripheren Nervensystems mit 
zahlreichen interessanten Details. (Borchardt.) 

Schädel und Gehirn. 

von Brunn (67) berichtet über 68 Patieuten, die Schädelschüsse mit Hirn¬ 
verletzung hatten. Von diesen sind 42 gestorben, 24 genesen. Von ersteren sind 
sterbend eingeliefert 17, in schlechtem Zustand eingeliefert, operiert und 
einen Tag darauf gestorben sind 12, später nach der Operation nach 6 bis 
15 Tagen an Enzephalitis und Meningitis 11. Unter den Genesenen befinden 
sich 8 Unoperierte (sämtlich Durchschüsse) und 16 Trepanierte. Es war 


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Chirurgische Behandlung. 


immer ein günstiges Zeichen, wenn bald nach der Operation ein Hirnprolaps 
eintrat nnd einige Zeit anhielt; sie retrahierten sich ganz von selbst mit 
fortschreitender Heilung. In Fällen von eingetretener Meningitis hat von 
Brunn noch manchen durch oftmalige (mitunter zweimal an einem Tage) 
Lumbalpunktion gerettet. ( Jacobsolm .) 

Bäräny (32) konnte in der von den Bussen eingeschlossenen Festung 
Przemysl das Sckicksal von mehr als 60 Fällen von Hirnverletzten vom 
Anfang bis zum Ausgang genau verfolgen. Er kommt zu folgendem Ergebnis 
bezüglich der Behandlung solcher Verletzter: 1. Kommt ein Hirnschuß noch 
vor Entwicklung einer groben Infektion, d. h. im allgemeinen innerhalb der 
ersten 24 Stunden nach erfolgter Verletzung in die Hände des Chirurgen, 
so ist er sofort zu operieren. Ein- und Ausschuß sind zu exzidieren, die 
Knochensplitter und eventuell Fremdkörper sind aus dem Gehirn zu ent¬ 
fernen, die Blutung ist sorgfältig zu stillen, sodann* ist die gesamte Wunde 
ohne jede Dränage sorgfältig zu vernähen. 2. Besteht bei der Einlieferung 
ein Hirnahszeß, so ist dieser zu eröffnen und lediglich mit Guttapercha¬ 
streifen zu dränieren. 3. Die richtige Behandlung von Schußverletzungen 
des Gehirns, die bereits infiziert sind, ohne daß sich jedoch schon ein Hirn- 
abszeß entwickelt hat, mit anderen Worten, die richtige Behandlung der 
Enzephalitis ist noch zu finden. ( Jacobsoh ».) 

B&riny (30) befürwortet die primäre Vernähung der Schußwunden 
des Schädels, da er damit bei seinen Fällen gute Erfolge erzielt hat. 

( Jacobsohn .) 

Frey und Selye (136) fassen ihre bisher gemachten Erfahrungen über 
die Behandlung der Kriegsverletzungen des Schädels und Gehirns in folgen¬ 
den Sätzen zusammen: 1. Schußverletzungen des Schädels und Gehirns sind 
so rasch als möglich von der Front in Spitalbehandlung zu bringen, um 
sie der sofortigen Operation zuzuführen. Eine wesentliche Schädigung durch 
den Transport erfolgt nicht. 2. Als erste Wundversorgung genügt der ein¬ 
fache Okklusivverband, der bis zur definitiven Übernahme ins Spital nicht 
gewechselt werden soll. 3. Aus dem äußeren Aspekt der Wunde lassen sich keine 
verläßlichen Folgerungen auf die Ausdehnuug der Zerstörungen in der Tiefe 
ziehen. 4. Es sind demnach alle Fälle zunächst operativ zu explorieren; bei etwa 
intakt befundenen Knochen ist dann kein weiteres Vorgehen indiziert; ist 
der Knochen verletzt, so muß unbedingt an der betreffenden Stelle das 
Schädeldach eröffnet werden. Der Knochen ist soweit abzutrageu, bis nach 
allen Richtungen normale Dura sichtbar ist. 5. Nach Entfernung von 
Fremdkörpern, Knochensplittern und zerfallenem Hirngewebe ist die Dura 
bis an den Knochenrand kreuzförmig zu inzidieren. 6. Die Operationswunde 
ist so zu versorgen, daß weder durch den Verband noch durch die natür¬ 
liche Bedeckung ein Druck auf die freigelegten Hirnpartien ausgeübt wird. 
7. Während der Nachbehandlung auftretende Hirnprolapse sind nur dann 
von Bedeutung, wenn die Hirnpulsation aufhört. Iu diesem Falle müssen 
die Prolapse abgetragen und das Gehirn von neuem exploriert werden. Ist 
die Hirnpulsation erhalten, so ist der Prolaps ohne Bedeutung und kann 
der spontanen Rückbildung überlassen bleiben. 8. Die Prognose ist, wenn 
den vorstehenden Anforderungen Rechnung getragen wird, nach der bisher 
gemachten Erfahrung eine überwiegend günstige; die Mortalität betrug in 
den von den Autoren operierten Fällen bloß 8%; Lähmungen und andere 
Herderscheinungen bilden sich rasch zurück. 9. Über Dauererfolge kann 
vorläufig kein Ürteil abgegeben werden. ( Jacobso/m .) 

Es wird von Pribram (361) auf die Schwierigkeit der Prognosestellung 
hingewiesen. Der Charakter der Infektion bestimmt den Verlauf. Während 


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Chirurgische Behandlung. 


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wir bei den Infektionen der übrigen Gewebe diesen sehr gut beurteilen können, 
haben wir bei den Infektionen des Gehirns kein Kriterium, das uns Benigni- 
tät oder Malignität des Prozesses verrät. Verf. empfiehlt auf Grund großen 
Materials systematische Operation jedes Tangentialschusses, bei Durchschüssen 
ein tunlichstes Abwarten bis zum Abklingen der Sekundärinfektionen am 
Ein- und Ausschuß. Bei sofortiger Operation besteht die Gefahr, daß man 
erst durch diese den ursprünglich asept. Schußkanal infiziert. Verf. weist 
an der Hand zweier Fälle auf das Auftreten von Spätspasmen hin, die 
noch drei Monate post op. das ursprünglich ausgezeichnete Operationsresultat 
beeinträchtigen können. Mitteilung eines Falles, bei dem eine rein moto¬ 
rische Aphasie kongruent mit der Halbseitenlähmung sofort nach der 
Operation mit einem Schlage verschwand. ( Selbstbericht .) 

Bezüglich der Therapie der Schußverletzungen geht die Ansicht Müller’s 
(318) dahin, daß wenn eine Knochenverletzung bei Kopfschüssen durch 
Röntgenbild oder durch genauere Wundrestitution nachgewiesen ist, alle 
sichtbaren und erreichbaren losen Knochensplitter und Fremdkörper entfernt 
werden müssen, auch eingedrückte Knocheustücke müssen gehoben bzw. 
weggenommen werden. Außerdem ist für freien Sekretabfluß zu sorgen. 

( Borchardt.) 

Goetjes (159) konnte 18 Granatsplitterverletzungen operieren und 
längere Zeit klinisch beobachten. Er empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen 
operative Behandlung jeder Granatsplitterverletzung des Schädels, und zwar 
muß in den ersten 24—48 Stunden operiert werden, vorausgesetzt allerdings, 
daß die Operierten nachher nicht bald weiter transportiert werden müssen. 

( Borchardt .) 

Wilms (496) faßt seine Arbeit in folgende Schlußsätze zusammen: 
Die Tangentialschüsse verlangen eine ausgiebige Frühoperation. Die Punktion 
zur Feststellung eines Hirnabszesses sollte vermieden werden; Hirnabszesse 
müssen durch Inzision gesucht werden. Bei gefährlichem Prolaps muß Ent¬ 
lastung durch ausgedehnte Trepanation erfolgen. Spätstörungen werden durch 
langes Offenhalten des entzündlich veränderten Hirnteiles vermieden. 

(Borchardt.) 

Canon (78) empfiehlt, weitere Transporte bei Schädel Verletzungen nach 
Möglichkeit einzuschränken; wo irgend angängig, ist ein Transport zu Wasser 
dem Bahntransport vorzuziehen. (Borchardt.) 

Manasse (283) hat sämtliche Kopfschüsse mit nur wenigen Ausnahmen 
mit weiter operativer Freilegung und Offeuhaltung behandelt. (Borchardt.) 

Auf Grund seiner Erfahrungen an 12 Fällen warnt Thiemann (469) 
vor dem langen Transport der Schädelschüsse bis in die Heimatlazarette. 
Sie sollten, abgesehen von den sehr ausgedehnten Verletzungen, die ganz 
dringlich operiert werden müssen, mit gröbster Reinigung und Verband bis 
in die nächsten Krankenhäuser gebracht werden, in denen sie nach der Ope¬ 
ration verbleiben können. Der chirurgische Eingriff ist vor allem bei den 
Tangentialschüssen erforderlich, und zwar sollte der Knochen möglichst aus¬ 
giebig, ohne Rücksicht auf den entstehenden Defekt, freigelegt werden. Die 
Tamponade der Wunde ist unzweckmäßig, Dränage ist vorzuziehen. 

(BorcJiardt.) 

Gebele (150) teilt 12 Krankengeschichten von Tangential-, Steck- und 
Durchschüssen des Schädels mit. Frühzeitiges operatives Verfahren ist vor 
allem bei Tangentialschüssen erforderlich. Bei Steck- und Durchschüssen 
kann man zurückhaltender mit dem chirurgischen Eingriff sein. ( Borchardt .) 

Nach den Erfahrungen von Müller (319) ist ein aktives chirurgisches 
Vorgehen in allen Fällen von Schädel Verletzung indiziert. Die beste Pro- 


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Chirurgische Behandlung. 


gnose geben die Tangentialschüsse, allerdings kommt der größte Teil der 
Hirnverletzten überhaupt schon vor der Einlieferuug ins Lazarett zum Exitus. 

( Borchardt .) 

Eschweiler und Cords (118) geben einen kurzen Überblick über die 
von ihnen beobachteten Fälle bezüglich der Indikationsstellung zum opera¬ 
tiven Eingriff. Sie sind der Ansicht, daß jeder nicht ganz desolate Fall 
möglichst bald trepaniert werden solle. {Jacobsohn.) 

Hayward (183) berichtet über seine Erfahrungen und Beobachtungen 
bei 55 Kopfverletzungen. Was die Indikation zum Eingriff betrifft, so 
müssen Weichteilschüsse, Steck- uud Durchschüsse konservativ behaudelt 
werden, falls sie keine Hirnsymptome zeigen und fieberfrei bleiben. Auch 
bei Segmentalschüssen kann man in diesem Fall evtl, ohne Operation aus- 
kommen; die Tangentialschüsse dagegen müssen einer Operation unterzogen 
werden. Die operierten Fälle müssen nachrevidiert werden, wenn Zeichen 
eines Hirnabszesses auftreten oder wenn Knochensplitter zurückgeblieben 
sind. — Was die Prognose betrifft, so ist sie bei allen Schußverletzungen 
dubiös. Die Operation bietet jedoch eine verhältnismäßig günstige Aussicht. 

( Jacobsohn .) 

Exner (121) faßt seine Erfahrungen über Schädelschüsse folgender¬ 
maßen zusammen: Die Verwundeten, die an der Schwere der Hirnläsion 
zugrunde gehen, sterben in den ersten 2—3 Tagen nach der Verletzung. 
Therapeutisch steht man ihnen machtlos gegenüber. Die Verwundeten, die 
später zugrunde gehen, sterben fast ausnahmslos an der Infektion, und die 
Bekämpfung bzw. Verhütung dieser ist fast die einzige Aufgabe der Kriegs¬ 
chirurgie bei diesen Verletzungsformen. Tangentialschüsse zeigen die größte 
Neigung zur Infektion, ihre grobe Splitterung, die ausgedehnte Zertrümmerung 
der Hirnsubstanz und dio oberflächliche Lage der Wunde begünstigen die 
Infektion besonders. Den Tangentialschüssen am nächsten stehen dieSegmental- 
schüssc, bei welchen ebenfalls die Splitterung häufig eine ganz bedeutende 
ist. Hier empfiehlt es sich, nur da einzugreifen, wenn der Verdacht oder 
der Nachweis grober Knochensplitterung die Indikation zur Operation geben. 
Schädelverletzte sind möglichst nicht zu transportieren. {Jacobsohn.) 

Quieke (16*3) konnte monatelang den Verlauf von über 200 Fällen 
von Schädelverletzungen beobachten. Er stimmt mit anderen Beobachtern 
darin überein, daß Tangentialschüsse sofort zu operieren sind, daß man bei 
Durchschüssen abwarten kann, und daß man bei Steckschüssen, wo das 
Geschoß lokalisierbar und erreichbar ist, und wo deutliche Impressionen vor¬ 
handen sind, gleichfalls mit der Operation nicht zögern soll. Der momentane 
Erfolg der Operation ist oft eiu überraschender, aber das Bild ändert sich 
leider später nur zu oft. Ein großer Teil bekommt meningitische Er¬ 
scheinungen und geht daran zugrunde. Von 75 Tangentialschüssen mit Ver¬ 
letzung der Dura starben 35 (46,6 %). Bei den frühzeitig operierten Fällen 
kommen Hirnabzesse viermal seltener vor als bei den nicht operierten. 
Mit der Prognose der Hirnschüsse muß man selbst noch nach längerem Ver¬ 
lauf vorsichtig sein. {Jacobsohn .) 

Hosemann’s (210) Erfahrungen stützen sich auf 79 Schuß Verletzungen 
des Gehirnschädels. Auch er tritt für möglichst frühzeitige Operatiou ein. 
Das Gehirn hat eine große Abwehrkraft gegen Infektion, aber der operativ 
versorgte Kopf und Körper des Verletzten brauchen unbedingte Ruhe. Ein 
ruhiges Liegen auf Strohlager ist deshalb selbst dem besten Transport vor¬ 
zuziehen. Durch rechtzeitigen Verbandwechsel und Schaffung von Abflu߬ 
möglichkeit des Blutes, Hirnbreies usw. ist dem Hirndruck zu begegnen. 
Der klassische Üruckpuls ist nur in der Minderzahl der Fälle vorhanden. 


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Chirurgische Behandlung. 


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Eine plastische Deckung des Hirnprolapses ist nicht Sache des Feldlazaretts, 
sondern wird zweckmäßig erst später vorgenommen. {Jacobsohn) 

Perthes (357) empfiehlt, zur Aufsuchung von Knochensplittern im Ge¬ 
hirn lieber den tastenden Finger als Sonde und Kornzange oder dergl. zu 
verwenden. Zur Entfernung solcher Knochensplitter kann man aus Zeige¬ 
finger und einem an diesen angelegten und zangenmäßig zu öffnenden und 
zu schließenden schmalen Blechstreifen ein sehr geeignetes Instrument her- 
s teilen. {Jacobsohn.) 

Seine Erfahrungen über Streifschüsse an der Schädelkapsel faßt Noehte 
(330) folgendermaßen zusammen: Solche Schüsse sind meist mit organischen 
Veränderungen des unter der Wuude liegenden Gehirnteiles verbunden. Wenn 
die Streifschüsse die motorische Region affiziert haben oder eine andere 
Gegend mit greifbaren peripherischen Störungen (Nystagmus, Sprachstörung 
usw.), so kann man die Gehirnveränderung objektiv feststellen. Die Streif¬ 
schüsse machen aber nicht nur lokale Erscheinungen, sondern, wie die kli¬ 
nische Beobachtung lehrt, auch Störungen allgemeiner Art, Puls-Temperatur¬ 
anomalien, Apathie. Die Feststellung der lokalen und allgemeinen Stö¬ 
rungen ist wichtig für die Behandlung und zur richtigen Beurteilung von 
später bleibenden nervösen Beschwerden, welche Versorgungsansprüche be¬ 
dingen können. Die Streifschüsse der Schädelkapsel dürfen also nicht als 
leichte Verwundungen behandelt werden, sondern bedürfen der Bettruhe und 
klinischer Beobachtung. Die Frage nach der Dienstfähigkeit von Leuten, 
die einen Streifschuß am Kopf erhalten haben, läßt sich nicht generell 
beantworten. Wenn alle Beschwerden und alle objektiven Erscheinungen 
einer Gehirnverletzung verschwunden sind, dann brauchen keine Bedenken 
gegen den Wiedereintritt in die fechtende Truppe geäußert werden. 

{Jacobsohn.) 

Maresch (289) ist nach seinen Beobachtungen im Feldspital der An¬ 
sicht, daß jeder Schädelschuß sofort operiert werden muß. Ob es sich um 
Tangential-, Steck- oder Diametralschuß handelt, die Indikation zur Ope¬ 
ration sei immer gegeben, denn die Möglichkeit, daß Knochensplitter im Gehirn 
stecken, die dann zu den unangenehmsten Erscheinungen Anlaß geben, ist 
vorhanden, wenn an der Tabula externa nur eine Fissur sichtbar ist, und 
diese Fremdkörper müßten immer entfernt werden. Das Debridement sei 
ein so einfacher, wenige Minuten dauernder Eingriff, daß er bei fast jedem 
Schädelschuß ausgeführt werden darf. Einen Patienten, der sich in Agonie 
befindet, wird niemand operieren; in allen anderen Fällen aber ist der 
Eingriff nicht nur gerechtfertigt, sondern direkt geboten. Daraus ergibt sich 
naturgemäß, daß die Operation sobald als möglich (im Feldspital) ausge¬ 
führt werden muß, denn jede Verzögerung, jede Erschütterung durch den 
Transport läßt die Gefahr der Infektion größer werden. {Jucobsohn.) 

Reichard und Moses (373) berichten über einen leichten Streifschuß 
mit geringer Impression am Scheitelbein, der starke epileptische Anfälle zur 
Folge hatte. Bei der Operation zeigte sich ein epidurales und subdurales 
Hämatom. Erst nach vollständiger Entleerung der Blutmassen trat Besserung 
und Heilung ein. Es sei daher, wie aus solchen Beobachtungen hervor¬ 
gehe, Pflicht, in allen Fällen von Schädeldachverletzungen, sollte dieselbe 
auch noch so gering sein und auch klinisch zunächst keine Erscheinungen 
zeigen, sofort zu trepanieren. {Jacobsohn.) 

Läwen (258) beobachtete 37 Schädelschüsse, darunter 31 mit Ver¬ 
letzung des Gehirns. Von den letzteren sind 22 im Feldlazarett gestorben; 
13mal erfolgte der Tod innerhalb von 24 Stunden nach der Einlieferung, 
ln Wirklichkeit ist die Mortalität wohl bedeutend höher, weil ein Teil der 


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Chirurgische Behandlung. 


Verwundeten abtransportiert wurde. Bei den meisten waren die Schüsse 
aus 400—1000 m Entfernung abgegeben. Es waren in der Mehrzahl 
Durchschüsse. Es kamen darunter Zertrümmerungen ganzer Hirnlappen, z. B. 
des Stirnlappens, vor. Je eher die Operation zur Entfernung der Knochen¬ 
splitter ausgeführt werden kann, um so besser ist es für den Verletzten, 
am besten also während der ersten 24 Stunden. Der Autor gibt dann 
noch Verhaltungsmaßregeln für einzelne Hirnoperationen an. ( Jacobsohn .) 

Im Verlauf von Schädelschußverletzungen kommt es häufig nach Beob¬ 
achtungen von Stern (453) zu vorübergehenden Erscheinungen einer Meningitis 
serosa (Stauungspapille, Hirndrucksymptome); besonders bei gleichzeitigem 
Hirnprolaps ist die Lumbalpunktion indiziert. In der Diagnose des meist 
latent verlaufenden Spätabszesses nach Hirnverletzungen ist 1. das Fort¬ 
schreiten, 2. die Inkongruenz zwischen nervösen Ausfallserscheinungen uod 
örtlicher Läsion von Wichtigkeit. Bei der Indikation zur Operation der 
Tangentialschüsse entscheiden neben den klinischen Erscheinungen chirurgische 
Erwägungen (Entfernung der Knochen-, Geschoßsplitter usw.). Die Ausfalls¬ 
erscheinungen der Hirnschußverletzungen sind 1. entweder mit dem Ort der 
Läsion übereinstimmend, oder 2. auf begleitende Schädel-, speziell Basis¬ 
fissuren zu beziehen, oder 3. (uicht übereinstimmend mit dem Ort der Läsion) 
einer Komplikation (Blutung, Abszeß) verdächtig. Erscheinungen der trauma¬ 
tischen Neurose, speziell vasomotorische Störungen, auch subfebrile Tempe¬ 
raturen sind häufige Begleiterscheinungen der Schußverletzungen des Schädels, 
auch nach ihrer örtlichen Heilung. (Jacobsohn.) 

Kalkhof (227) rät zu folgender Behandlung der Schädelschüsse: 

1. Bei Schädelverletzuugen ist die Stelle der Verletzung stets und möglichst 
frühzeitig nach Reinigung der äußeren Wunde freizulegen und nachzusehen. 

2. Bei Knochenverletzungen sind die Splitter zu entfernen, die Bruchränder 
zu glätten. 3. Geht die Verletzung noch tiefer, dann ist die meist schwer 
geschädigte Diploe, soweit erreichbar, auszukratzen. 4. Bei Verletzungen auch 
der Tabula interna ist besonders Aufmerksamkeit angezeigt, die Tabula vitrea 
splittert mit Vorliebe weit in die Umgebung, die Splitter dringen oft weit 
in die Dura hinein und setzen schwerste Verletzungen und ungünstige Narben. 
6. Auch bei leichteren Herderscheinungen ist — selbst wenn die Schädel¬ 
decken intakt erscheinen — Trepanation empfehlenswert zur Freilegung der 
geschädigten Stelle und Vermeidung späterer Komplikationen. 6. Die 
Eingriffe sind hei einiger Vorsicht ohne besondere Gefahr für den Patienten, 
kürzen die Zeit der Heilung und verbessern die Prognose. (Jacobsohn.) 

Grünwald (165) teilt sieben Fälle von Schußverletzungen der pneuma¬ 
tischen Schädelhöhlen mit. Sie haben wenig neurologisches Interesse. 

(Jacobiohn.) 

Kahle (226) empfiehlt, zur Deckung von Schädeldefekten Rippenteile 
mit Periost in der Größe des Defektes vom operierten Patienten zu ver¬ 
wenden. Der Erfolg in einem solchen Fall war ein ausgezeichneter. 

(Jacobsohn.) 

Löfberg (274) zieht die autoplastische Methode zur Deckung von 
Schädeldefekten der heteroplastischen vor. Als Knochenmaterial für größere 
Defekte wählt er Knochensubstanz aus der Tibia. (Jacobsohn.) 

Funke (144) hält nach seinen gemachten Erfahrungen das Zelluloid 
für die Heteroplastik zur Deckung von großen Schädeldefekten für ungeeignet. 
Es ist nur als Interimsprothese brauchbar, da es sich mit der Zeit erweicht 
und zersetzt. Als Ersatz für das Zelluloid empfiehlt F. das Invelit (Pollak), 
ein Kunstprodukt aus Phenol und Formaldehyd. Ein kurzes Eintauchen 


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Chirurgische Behandlung. 


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solcher Platten in heißes Wasser von mindestens 60° C macht sie so weich, daß 
man ihnen mit den Fingern jede beliebige Form geben kann. ( Jacobsohn .) 

Karplus (230) beschreibt einen sehr komplizierten, diagnostisch durch¬ 
aus ungeklärten Fall mit Dysarthrie und Dysbasie, die er auf eine Läsion 
des Hirnstammes bezieht. (Borchardt.) 

Syring (463) kann über 16 Schädelstreifschüsse und 40 Hirnschüsse 
berichten. Von den letzteren sind Tangential- und Bindenschüsse operativ 
anzugreifen, Steck- und Durchschüsse nur bei zunehmendem Hirndruck, bei 
Depression in der Gegend der motorischen Region oder bei Hirnprolaps. 

( Borchardt .) 

Bei einer linksseitigen granulierenden Hirnwunde der Hemisphäre konnte 
Mack (315) bei linksseitiger Kopfdrehung eine Verkleinerung des Wund¬ 
trichters, bei rechtsseitiger Drehung eine Vergrößerung desselben feststellen. 
Dieses Verhalten konnte dann an mehreren Fällen gleichfalls konstatiert 
werden; es erklärt sich wohl durch einseitig behinderten Abfluß des Blutes 
aus der gleichseitigen Vena jugularis int., der eine venöse Stauung dieser 
Seite des Schädels zur Folge hat. ( Borchardt .) 

Nach Axhausen (24) sind gerade Durchschüße und die Steck- und 
Segraentalschüsse ohne Zertrümmerung konservativ zu behandeln. Die Steck- 
und Segmentalschüsse mit Zertrümmerung dagegen ebenso wie die Tangential¬ 
schüsse verlangen ein operatives Vorgehen. Später sollte nach Möglichkeit 
noch eine Schädelplastik zur Deckung des Knochen defektes vorgenommen 
werden. ( Borchardt .) 

Orth (340) macht den Vorschlag, Hirnprolapse nach schwerer Schädel¬ 
dachverletzung sofort prophylaktisch zu decken. Er meint dadurch der 
Infektion Vorbeugen zu können. ( Borchardt .) 

In dem von Streißler (459) mitgeteilten Fall handelt es sich um einen 
annähernd sagittal verlaufenden Binnenschuß am Vorderschädel mit einem 
beträchtlichen Knochen- und Duradefekt und einer Verletzung der Hirn¬ 
rinde, die mit der Hautnarbe verwachsen war; hierdurch ist es zum 
Auftreten einer traumatischen Epilepsie gekommen. Sollte der Mann durch 
Bestehen der minderwertigen, jeder weiteren Verletzung zugänglichen Stelle 
in den Schädeldecken sowie der durch Reizung der Hirnrinde hervor¬ 
gerufenen Krampfanfälle nicht einem traurigen Lose für später preisgegeben 
werden, so mußte an eine operative Behebung seines Defektes gedacht 
werden. Die Aufgabe bestand demnach in der Lösung der Verwachsungen 
zwischen Hirn und Dura und im Ersatz der Narbe in dieser zur Behinderung 
neu auftretender Verwachsungen. Zweitens mußte ein Ersatz des Knochen¬ 
defektes geschaffen werden. Zur Duraplastik benutzte Streißler die Fascia 
antibrachii. Der Erfolg war ein vorzüglicher. ( Jacobsohn .) 

Anknüpfend an den Aufsatz von Bäräny, worin dieser die primäre 
Naht der Schädelschußwunde ohne Dränage usw. empfiehlt, ist Jeger (216) 
noch einen Schritt weitergegangen und hat in einschlägigen Fällen der 
primären Naht der Schädeldecken noch eine Duraplastik aus Fascie hinzu¬ 
gefügt. Diese Plastik wurde nur in solchen Fällen ausgeführt, in denen infolge 
Fehlens eines großen Durastückes die Gefahr eines Gehirnprolapses besonders 
groß war. In drei Fällen, die der Autor näher anführt, kam es per primam 
zur Heilung. ( Jacobsohn .) 

Lederrhose (260) meint, daß Knochen defekte am Schädel ein ernstes 
Leiden darstellen, das durch Plastik zu beseitigen ist. Die Plastik soll 
nach Anicht des Verf. imstande sein, sowohl funktionelle, wie organische 
Reiz- und Ausfallserscheinungen auf motorischem und psychischem Gebiet 
günstig zu beeinflussen. ( Borchardt .) 


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Chirurgische Behandlung. 


Käppis (229) empfiehlt zur Deckung von Schädeldefekten die Rippen, 
besonders die zwölfte. ( Borchardi .) 

Bei einem Fall von Hirnabszeß Mayer’s (299) im Hinterhauptlappen 
war es zu einem kleinapfelgroßen Hirnprolaps gekommen, der sich nach' 
Rückgang sämtlicher entzündlichen Erscheinungen trotz Kompression und 
Lumbalpunktion nicht zurükbildete. Es wurde deshalb der Stiel des Prolapses 
freipräpariert und glatt durchtrenut, wobei der Ventrikel eröffnet wurde. 
Der Defekt der Dura wurde durch einen gestielten und umgeklappten Periost¬ 
lappen nach v. Hacker gedeckt und die Haut darüber vernäht. Heilung 
per primam. Keinerlei Funktionsstörung. ( Selbstbericht .) 

Schnitz (419) teilt einige interessante Fälle zur Kasuistik mit. 

( Borchardi .) 

Dakeil (101) berichtet über zwei bemerkenswerte Fälle von Kopf¬ 
schußverletzungen mit Luftausainmlung und Exsudatbildung im Gehirn. 

( Borchardi .) 

Kredel (247) beschreibt einen seltenen Fall von Luftansammlung im 
Gehirn nach Schußverletzung. Die Operation hatte Erfolg. (Borchardi.) 

Bei der intrakraniellen Pneumatozele besteht, wie Wodarz (501) an 
einem Falle demonstrieren kann, eine Hirntrümmerhöhle. Ein Splitter der 
Lamina vitrea legt sich platt, vor die Schädelöffnung. Granulationen schließen 
die Höhle ab. Eine kleine Öffnung, ventilartig verschließbar, bleibt bestehen. 
Bei ausgiebigem Senken und Heben des Kopfes streicht die Luft aus der 
Höhle und in sie hinein mit einem so großen Druck, daß ein hörbares 
Geräusch erzeugt wird. Falls der die Grannlationen stützende Splitter nicht 
entfernt wird, schließt sich das Ventil, und die Luft ist gefangen. Bemerkens¬ 
wert ist, daß schon, wie der beobachtete Fall zeigt, durch Senken und 
Heben des Kopfes eine nennenswerte Druckschwankung im Schädelinnern 
auftritt. Sie ist aber nicht zu erklären durch Gesichtsverlagerung der Hirn¬ 
masse, sondern dadurch, daß beim Anziehen des Kinns der Abfluß der 
Halsvenen behindert wird. (Jacobsohn.) 

Der ron Schüller (418) mitgeteilte Fall ist dadurch bemerkenswert, daß 
ein im Nacken eingetretenes, dicht unterhalb der Schädelbasis verlaufendes, 
in der Nähe der Nasenspitze austretendes und somit die ganze Länge des 
Kopfes durcheilendes Projektil keinerlei Allgemeinsymptome verursacht hat; 
auch von Lokalsymptomen blieb bloß eine halbseitige Gaumensegelläbmuug 
zurück. (Jacobsohn.) 

Cushing (92) gibt eine Übersicht der von ihm in den letzten zehn 
Jahren operierten Hirntumoren. Die Zahl 500 ist eine erstaunlich große, 
und der Prozentsatz der Mortalität von 8% ist noch erstaunlicher. 

(Jacobsohn.) 

Sharpe (426) empfiehlt die häufigere Anwendung der Schädelkom¬ 
pression bei Hirntumoren, Schädelbrüchen, Hirnabszessen, angebornen spasti¬ 
schen Paralysen usw. Er hält die subtemporale Dekompression für die beste, 
die Mortalität infolge der Operation ist eine geringe. (Jacobsohn.) 

Der erste der beiden von Westph&l (492) beschriebenen Fälle betrifft 
eine 38jährige Frau. Bei letzterer traten zuerst vor 4 Jahren in einem 
Wochenbett Schwindelanfälle auf, die sich in einem späteren Wochenbett 
steigerten. Es gesellten sich Kopfschmerzen, Parästhesien im rechten Trige¬ 
minusgebiet, vorübergehende Augenmuskellähmungen und schwere Störungen 
des Körpergleichgewichts hinzu. Der objektive Befund ergab: Ausgesprochene 
zerebellare Ataxie, Lähmung des Fazialis und Akustikus rechts, Sensibilitäts¬ 
störungen im rechten Trigeminus, Areflexie der Kornea rechts, Nystagmus, 
rechtsseitige Bewegungsataxie, Andeutung von Adiadochokinesis rechts, beider- 


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Chirurgische Behandlung. 


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seits Stauungspapille, rechts > links. Auf Grund des Befnndes wurde die 
Diagnose auf Kleinhirnbrückenwinkeltumor rechts gestellt und die Operation 
ausgeführt. Es wurde ein kleinapfelgroßer Tumor (Fibrom) an der vermuteten 
Stelle gefunden und exstirpiert. Bald aber nach der Entfernung des Tumors 
ging die Patientin an Atemlähmung infolge des plötzlich veränderten Hirn- 
druekes zugrunde. 

ln einem zweiten Falle handelt es sich um einen Tumor (Gliom) des 
Stirnlappens, dessen Sitz nur durch eine lokale starke Schmerzhaftigkeit am 
Parietalbein als in dieser Gegend sitzend angenommen werden konnte. Die 
Operation bestätigte die Richtigkeit der Vermutung. Der Tumor, der bis 
in den Ventrikel reichte, wurde entfernt. ( Jacobsohn .) 

Baker (27) gibt einen Überblick über die in der letzten Zeit bei 
den verschiedenen Hirntumoren ausgeführten chirurgischen Eingriffe und 
erzielten Resultate. Gegenwärtig sei die Chirurgie der Hirntumoren so weit 
vorgeschritten, daß sie der Chirurgie an anderen Organen gleichwertig sei. 
Vor allem komme es darauf an, den Tumor so früh als möglich zu 
diagnostizieren und zu operieren; in den Fällen von inoperablen Tumoren 
müsse aber die Dekompression ausgeführt werden. {Bendix.) 

Bei Kiudern mit spastischer Hemi- oder Paraplegie, bei denen An¬ 
zeichen eines erhöhten flirndrucks bestanden — nach Ausweis des Augen¬ 
hintergrundes und des Druckes der Spinalflüssigkeit —, machten Sharpe und 
Farrell (427) die dekompressive Schädeltrepanation am Schläfenbein. Unter 
201 Fällen fanden sie 65 für diese Operation geeignet und haben durch die¬ 
selbe erhebliche Besserungen erzielt, die sich auch an der Intelligenzzunahme 
der operierten Kinder wahrnehmen ließ. Ein abschließendes Urteil läßt 
sich aber wegen der zu kurzen Zeit nach der Operation noch nicht abgeben. 

( Jacobsohn .) 

Remsen (378) führte in einem Falle von Apoplexie mit Lähmung der 
linken Körperhälfte die Schädelöffnung aus. Patient hatte schon 6 Tage im 
Koma gelegen und der Augenhintergrund sprach auch für Hirndruck. Es 
fanden sich zwischen Gyrus centralis post, und Gyrus temporalis superior 
aus der Tiefe vorgedrungene Blutmassen. Diese Massen wurden entfernt 
und Patient erholte sich bis auf die Läbmungserscheinungen im linken Arm 
und Bein, die nur wenig Veränderung erfuhren. {Jucobsohn.) 

Die gewöhnliche Dränage mit Gazestreifen ist für Hirnabszeße, die 
sich nach Hirnschüssen bilden, nicht ausreichend, da die Gaze anklebt 
und dadurch der Eiter im Innern weiterfrißt. Aus diesem Grunde führte 
Bär&ny (31) in die Höhle nichts als ein Streifchen von Guttapercha ein. 
Dieses hält die Wunde offen, es gleitet nicht hinein, der Eiter kann ent¬ 
lang diesem Streifchen frei abfließen. Liegt der Streifen glatt in der Höhle, 
so dräniert er ausgezeichnet. Durch dieses einfache Verfahren sind viele 
geheilt worden, die bei dem sonst üblichen sicher zugrunde gegangen wären. 

{Jacobsohn.) 

Ball (28) führt eine Anzahl von Beispielen an, daß zwar oft bei 
Hirnoperatiouen der erwartete pathologische Prozeß nicht gefunden wird, 
daß aber deshalb doch die Operation dem Patienten großen Nutzen 
bringen kann, indem sie ihn von quälenden Beschwerden befreit. So wurde 
im ersten Falle zwar der vermutete Tumor in den Zentralwindungen nicht 
gefunden, aber der Patient nach Exstirpation der Rindenzone von quälenden 
epileptischen Krämpfen befreit. Im zweiten Falle trat das Symptomenbild 
des Hirndrucks mit Veränderungen am Augenhintergrund, Nackensteifigkeit, 
Schwindel, Erbrechen und unerträglichen Kopfschmerzen auf. Die Dekom¬ 
pressionsoperation der hinteren Schädelgrube beseitigte alle Erscheinungen. 


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Chirurgische Behandlung. 


Die Erscheinungen des dritten Falles deuteten auf einen Tumor der Unken 
Kleinhirnhemisphäre resp. in deren Nachbarschaft. Bei der Operation 
wurde im Recessus lateralis ein walnußgroßer sarkomatöser Tumor gefunden 
und so viel, wie es möglich war, von ihm entfernt Sowohl die subjektiven, 
wie auch einzelne objektive schwanden resp. verringerten sich nach der 
Operation, so daß die Aufnahme beruflicher Tätigkeit wieder mögUch wurde. 
Im vierten Falle handelte es sich gleichfalls um Jackson sehe Epilepsie: 
die Ausfallserscheinungen wiesen auf die hintere Zentralwindung hin. Dort 
saß auch ein flacher sarkomatöser Tumor, welcher die Dura durchbrochen 
und in den Knochen gewuchert war. Der Tumor konnte nicht ganz ent¬ 
fernt werden. Die Patientin lebte fast zwei Jahre nach der Operation ohne 
Beschwerden. Im fünften Falle handelte es sich um einen abgekapselten 
Abszeß an der Unken motoren Rolandoschen Windung, der wahrscheinUch 
schon lange bestanden, aber erst seit kurzer Zeit Jacksonsche Anfälle ver¬ 
ursacht hatte. 4 Tage nach Entleerung des Abszesses starb Patient an 
Meningitis. Im sechsten Falle handelte es sich um einen 48jährigen Patienten, 
der im 11. Lebensjahr einen Hufschlag auf den Kopf bekommen hatte und 
bei dem sich jetzt nach einem Fall auf den Fußboden eine langsam 
eintretende Hemiplegie aushildete. Die Operation ergab das Bestehen 
einer Blutzyste unterhalb der Dura in der Rolandoschen Gegend. Der 
siebente Fall hat das größte Interesse. Dieser Fall betrifft einen 19jährigen 
Patienten, welcher bis zum 11. Jahre gesund war. Dann verlor er in lang¬ 
samem Fortschritt das Gehör beiderseits. Fünf Jahre später wurde er 
überaus fett und bekam einen weiblichen Habitus (Brüste, Falsettstimme usw.). 
Außerdem traten Augenmuskellähmungen und Sehstörungen sowie Diabetes 
auf. Das Röntgenbild ergab eine enorme Vergrößerung der Sella turcica. Bei 
der Operation wurde eine hämorrhagische Zyste, im Zentrum der Hypophysis 
gelegen, gefunden. Nach Entfernung dieser Zyste, soweit es ging, besserten 
sich die Erscheinungen bedeutend, die Falsettstimme wich einer normalen 
männlichen, die Sehstörungen gingen bedeutend zurück, auch der Diabetes 
wurde geringer, wenn er auch nicht vollkommen schwand. Im achten Fall 
entwickelten sich bei einem 14jährigen Mädchen nach einem starken Stoß 
an die Stirn, den es erlitten hatte, die Allgemeinerscheinungen einer Er¬ 
krankung der Hypophysis; vorauf gingen ihnen und begleiteten sie schwere 
Krisen vom Charakter, der Migräne. Da die Sella turcica aber auf dem 
Röntgenbilde keine Vergrößerung zeigte, wurde von einer Operation abgesehen. 

( Jacobsohn .) 

Eisberg (108) hat sehr günstige Erfolge mit der v. Bramannschen 
Balkenpunktion beim offenen Hydrozephalus der Blinder und bei inoperablen 
Hirntumoren, sowie in solchen Fällen von Hirntumoren erzielt, bei denen 
drohende Druckerscheinungen auftraten und zunächst zu einer Entfernung 
des Tumors nicht geschritten werden konnte. Eisberg hat in den letzten 
2 Jahren 37mal die Balkenpunktion ausgefuhrt, ohne einen einzigen Mi߬ 
erfolg bei diesem an sich unbedeutenden Eingriff. Als palliativer Eingriff 
bei nicht lokalisierbaren oder inoperablen Tumoren führte er in über der 
Hälfte seiner Fälle eine erhebliche Besserung dör Drucksymptome herbei; 
der Kopfschmerz verschwand, die Stauungspapille ging zurück oder schwand 
vollständig. Zwei Komatöse kamen schon während der Operation zum 
Bewußtsein und gaben Antworten, und ein Patient mit vorgeschrittenem 
Mittelhirntumor besserte sich über 6 Monate lang derart, daß er seinem 
Beruf nachgehen konnte; es war der Kopfschmerz vollständig geschwunden, 
die Stauungspapillen gingen zurück, desgleichen die Augenmuskellähmungen. 

(Bendix) 


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Chirurgische Behandlung. 


693 


Id einem von Wiemers (493) mitgeteilten Falle von entzündlicher 
Hirnzyste (klinische Erscheinungen im wesentlichen: epileptische Anfälle) 
gelang die Einheilnng eines Netzhauttransplan tat^es, wie die spätere mikro¬ 
skopische Untersuchung ergab. ' ( Jacobsohn .) 


Wirbelsäule und Rückenmark. 


Im Falle Vigyazö's (479) entwickelte sich bei einem 17jährigen 
Jungen nach einem Rückenschuß Paraplegie mit Blasen- und Mastdarm- 
inkontinenz, heftige Schmerzen bei Bewegung des rechten Beines, ebenda 
fehlender Achilles- UDd vermindertes Kniephänomen; letzteres links etwas 
gesteigert; Hyperästhesie der Haut am rechten Schenkel, Haut über dem 
Becken anästhetisch, zeitweise Ischuria paradoxa. Drei Einschußwunden: 
links vom Proc. spin. von D. XI, an der Linea scapularis der rechten Rippe, 
und 5 mm links vom ersten Lumbalwirbel. Lokalisierung der Läsion auf 
L. 5—S. 3. Bestätigung durch Röntgen. Bei der Operation am 6. Tage 
wurde das Rückenmark unversehrt gefunden, Liquor floß unter großem 
Drnck ab; das Geschoß wurde eingekeilt zwischen Rückenmark und 
Dura in der Höhe der II. Wurzel gefunden und leicht entfernt. Sukzessive 
Besserung, nach zwei Monaten bloß mehr eine halbseitige Reithosenanästhesie. 
Nach der Ansicht des Verf. ist jeder operative Eingriff bei stärkerer Rücken¬ 
marksbeschädigung zwecklos; der Kranke geht operiert oder nichtoperiert 
zugrunde. Bloß bei neurologisch und röntgenologisch genauer Lokalisation, 
und wenn die Läsion eine Besserung als wahrscheinlich erscheinen läßt, ist 
der operative Eingriff angezeigt. Es ist noch fraglich, ob Druckerscheinungen 
oder teilweise Zerstörung allein die Operation als angezeigt erscheinen lassen. 

(Hudovervig.) 

Nordmann (332) rät von Rückenmarksoperationen im Feldlazarett ab, 
wenigstens in aseptischen Fällen könne man nur schaden; eine Laminektomie 
im Feldlazarett wäre nur indiziert, wenn die Schußverletzung an der Wirbel¬ 
säule infiziert ist. ( Jacobsohn .) 

Von den 20 Patienten mit Wirbelverletzungen, dieNoethe (329) behandelt 
hat, besserten sich 2 ohne Operation, 9 starben an verschiedenen Komplikationen 
ohne Operation. Von 9 Operierten besserten sich 2, einer besserte sich, 
nachdem ein Abszeß eröffnet war, einer besserte sich, doch blieb die Lähmung 
wenig verändert, 3 blieben unverändert, einer starb an Meningitis, einer an 
Atemlähmung (es handelte sich um eine Zertrümmerung des unteren Hals¬ 
marks mit aufsteigender Erweichung). Noethe stimmt deshalb Guleke 
zu, wenn er die prinzipielle Frühoperation der Rückenmarksverletzungen 
für ein berechtigtes Verfahren hält. Die Laminektomie soll, wie der Autor 
meint, am dritten Tage nach der Verletzung im Feldlazarett ausgeführt 
werden. ( Jacobsohn .) 

Liefmann (273) schlägt vor, bei Kriegsverletzten, bei denen nach 
Rückenmarksschuß eine Infektion des uropoetischen Apparates besteht, Kul¬ 
turen aus dem Bacterium coli des Verletzten anzulegen, daraus einen Impf¬ 
stoff zu verfertigen und den Kranken zu injizieren. Denn die meisten In¬ 
fektionen der Harnwege seien dnrch das Bacterium coli bedingt. 

(Jacobsohn.) 

Klapp (236) schlägt vor, die im Gefolge der Operation von Rücken¬ 
marksschüssen auftretende Meningitis mit Halsstauung nach Bier und häu¬ 
figen großen Lumbalpunktionen zu behandeln. Durch die Halsstauung wird 
der Liquordruck erhöht. Die Stauungshyperämie des Gehirns drückt den 
Liquor in den Wirbelkanal abwärts, so daß ein der aufsteigenden Infektion 

Jahresbericht f. Neurologie n. PeyoMatrie ms. 38 


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Chirurgische Behandlung. 


entgegengerichteter Liquorstrom oder besser Liqnordruck stattfindet. Die 
häufige uud reichliche Punktion entleert infektiöses Material in größerer 
Menge. ( Jacobtolm .) 

Exner (124) beobachtete 16 Fälle von Rückenmarksschuß Verletzungen; 
davon waren 12 totale (mit Aufhebung der Reflexe) und 4 partielle. Von 
diesen 16 Fällen starben 15. ( Jacobtolm .) 

Von den 3 von Albrecht (3) mitgeteilten Schußverletzungen des Halses 
hat der zweite dadurch Interesse, daß trotz Streifung des sechsten Hals¬ 
wirbels von der quer durch den Hals gehenden Kugel und der folgenden 
Sequestrierung des Wirbelkörpers nur vorübergehende Störungen von seiten 
des Rückenmarks auftraten. Im dritten Falle stellten sich 10 Tage nach 
der Verwundung schwere spastische Vorgänge im Gebiete der Halsmuskeln 
ein, und zwar vor allem Spasmos des Ösophagusmundes, der zu einem 
totalen Verschluß der Speiseröhre führte und bis zum Tode (14 Tage lang) 
andauerte. Der Autor deutet deu Fall dahin, daß hier eine beginnende 
Tetanusintoxikation vorlag mit ungewöhnlicher lokaler Infektionsquelle. 

( Jacobsohn ) 

Perthes (356) hat 6 Fälle von Steckschüssen des Rückenmarks operiert. 
4 mit ungünstigem Ausgang, 2 mit weitgehender Besserung (allerdings 
konnten sie nur 8 bzw. 12 Tage post operationem beobachtet werden). Es 
handelte sich bei diesen beiden um vollständige Querschnittsläsion, so daß 
Verf. vorschlägt, Steckschüsse mit unvollständiger Querschnittstrennung unbe¬ 
dingt und möglichst frühzeitig zu operieren. ( Borchardt .) 

Meyer (307) kommt auf Grund seiner Erfahrungen zu dem Ergebnis, 
daß in allen Fällen von Wirbelschuß Verletzungen mit spinalen Symptomen, 
falls nicht sehr bald weitgehende Besserung eintritt, ein frühzeitiger opera¬ 
tiver Eingriff in Frage kommt. (/ iorchardt .) 

Goldstein (160) empfiehlt die Operation für alle Fälle, bei denen die 
Lähmung dauernd eine schlaffe bleibt — trotz über dem Reflexgebiet liegender 
Läsion —, bei denen also die klinischen Zeichen einer totalen Quertrennung 
vorliegen; denn diese Symptome zeigen nicht mit Bestimmtheit eine grobe 
Kontinuitätsunterbrechung des Rückenmarks an. In einem vom Verf. zur 
Operation gebrachten Fall fand sich extradural ein Geschoß, das das Rücken¬ 
mark komprimierte wie ein Tumor. Nach der Operation trat Besserung ein. 
Bei der sonst absolut schlechten Prognose derartiger Fälle ist schließlich 
auch nichts riskiert, wenn die Operation einmal nutzlos ausgeführt wird. 

( Borchardt.) 

Davidson (93) empfiehlt bei Lähmungen durch Wirbeltuberkulose die 
autogene Knocheneinpflanzung nach Albee. ( Jacobsohn .) 

Eisberg (109) teilt seine fünfjährigen Erfahrungen auf dem Gebiete 
der Rückenmarkschirurgie mit unter Berücksichtigung der von ihm gelegent¬ 
lich der Operationen gefundenen anatomischen Verhältnisse. 

Sehr häufig waren Riickenmarkstumoren vorher übersehen und erst 
nach eingehender neurologischer Untersuchung erkannt worden. Hin¬ 
sichtlich der Sensibilität der Meningen und des Rückenmarks gelang es ihm. 
festzustellen, daß die Außenfläche dor Dura unempfindlich, dagegen die 
Innenfläche sehr schmerzempfindlich ist.. Das Ligamentum dentatum ist 
gefühllos. Dio Oberfläche des Rückenmarks ist nur schmerzempfindlich im 
Gebiete der hinteren Rückenmarksstränge, und zwar besonders an der Durch¬ 
trittsstelle durch die Dura. Eine Erklärung für die bei gewissen Rücken¬ 
markstumoren auftretenden Veränderungen des Brown-Sequardschen 
Komplexes fand er darin, daß der Tumor das Rückenmark nach der ent¬ 
gegengesetzten Seite gedrängt hatte, so daß durch die Kompression die 


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Chirurgische Behandlung. 


595 


sensorischen Störungen an der Seite des Tumors, die motorischen Störungen 
aber an der entgegengesetzten Seite aufgetreten waren. ( Bendix.) 

In besonderen Fällen von Meningomyelitis, von denen vier ausführlich 
mitgeteilt werden, halten Taylor und Stephenson (466) ein chirurgisches 
Vorgehen für ratsam. Es sind besonders solche Fälle, in welchen die klini¬ 
schen Erscheinungen eine Segmentdiagoose gestatten. Die Behandlung besteht 
in der Laminektomie, in der Spaltung der Dura und auch in einer Inzision in 
die Hinterstränge, wenn das Rückenmark deutliche Infiltration und Schwellung 
zeigt. Diese Operation, wenn exakt ausgeführt, schadet dem Patienten jeden¬ 
falls nicht, kann aber den Heilungsprozeß sehr befördern. Die Dekompression 
bewirkt wahrscheinlich eine bessere Blutzirkulation und damit eine schnellere 
Absorption der Entzündungsstoffe. Diese Inzision in das Rückenmark er¬ 
leichtert die Dränage. (Jacobsohn.) 

Hennemann (189) versucht, die Spina bifida durch Punktion mit 
nachfolgender Einspritzung von Jodtinktur günstig zu beeiuflussen. 

(Borchardt.) 

Schlesinger (408) berichtet über zwei einschlägige Fälle und rät zu 
häufigerer Vornahme einer Probelaminektomie bei nicht feststehender Dia¬ 
gnose auf Tumor. * (Boi'chardl.) 

Ryerson (394) berichtet über ein junges 15jähr. Mädchen, welches bei 
Rückwärtsbiegungen der Wirbelsäule Schmerzen, Taubheitsgefühl und Läh¬ 
mungen in den Beinen bekam, die bei Vorwärtsbeugen verschwanden. Es 
ergab sich, daß der fünfte Lendenwirbel auf dem Rreuzbeiu sich verschob. 
Durch Knochentransplantation von der Tibia auf Lenden- und Kreuzbein¬ 
wirbel und dadurch bewirkte Fixation wurde die Verschiebbarkeit des Wirbels 
verhindert. (Jacobsohn.) 

Biesalski (50) berichtet über die von ihm operierten Fälle — es sind 
9 an der Zahl— und zieht aus den Resultaten den Schluß, daß die Förster- 
sche Operation für eine kleine ganz bestimmte Gruppe von Fällen ein wert¬ 
volles therapeutisches Hilfsmittel darstellt; und zwar sind es diejenigen Fälle 
von schwerer Paraplegie ohne choreatische bzw. athetotische Bewegungen, bei 
denen der Spasmus so im Vordergründe steht, daß er die Lähmungskompo- 
ueute verdeckt. (Borchardt.) 


Lumbalpunktionen und SplnalflQsslgkeit. 


Quincke (363) gibt eine Übersicht über die Indikationen zur Lumbal¬ 
punktion. Er stellt folgende Grundsätze für ihre Anwendung auf: 1. Die 
L.-P. ist grundsätzlich anzuwenden resp. zu versuchen überall da, wo bei 
einer lebenbedrohenden zerebrospinalen Drucksteigerung ein Flüssigkeitserguß 
als Ursache oder als mitbeteiligt vermutet oder als möglich angenommen 
werden darf. 2. Auch bei minder schweren Drucksymptomen gleichen Ur¬ 
sprungs ist von der L.-P. Linderung der Beschwerden (Kopfschmerz, Be¬ 
nommenheit, Erbrechen) sju erwarten. 3. In akuten Fällen einfacher seröser 
Transsudation (entzündlich oder nicht entzündlich) wird oft schon durch 
eine L.-P. auffällige Besserung und eine entschiedene Wendung des Krank¬ 
heitsverlaufes herbeigeführt. 4. Wo die Besserung vorübergeht, muß die 
Punktion wiederholt werden, in akuten Fällen täglich (oder noch öfter), dann 
allmählich seltener, in chronischen Fällen in Intervallen von 3 bis 10 Tagen, 
selbst monatelang. 5. Bei diesen fortgesetzten Panktionen sind bei der 
Indikation für den einzelnen Eingriff ebensowohl der Krankheitsverlauf wie 
die einzelnen Symptome und die Ergebnisse der früheren Punktionen zu 


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Chirurgische Behandlung. 


berücksichtigen. 6. Bei jeder L.-P. sind die technischen Regeln bezüglich 
Ausführung und Nachbehandlung genau zu beachten, sind Anfangs- und 
Enddruck sowie die entzogene Flüssigkeitsmenge zu messen. 7. Bei eitriger 
bazillärer Zerebrospinalmeningitis wird durch methodisch wiederholte Punk¬ 
tionen sicher sehr häufig günstiger Ausgang ermöglicht, bei tuberkulöser 
wenigstens in seltenen einzelnen Fällen. 8. Hirntumoren oder der Yerdacht 
darauf bilden keine Kontraindikation gegen L.-P., wenn dieselbe mit gehöriger 
Vorsicht ausgeführt wird. Die Punktion kann, wiederholt, Besserung der 
Symptome für längere Zeit, selbst bis zum Verschwinden der Stauungspapille 
zur Folge haben. ( Jacobsohn .) 

Aus einer Durchsicht der bei Lumbalpunktion eingetretenen fatalen 
Zufälle ergibt sich nach Schönbeck (414), daß die Lumbalpunktion einen 
nicht ungefährlichen Eingriff darstellt, so zwar, daß sie einen vollkommen 
Gesunden zu schädigen vermag, unter pathologischen Umständen aber direkte 
Ursache des Exitus letalis werden kann. Absolute Kontraindikationen sind 
nicht aufzustellen. Man unterläßt die Lumbalpunktion am besten ganz bei 
Blutungen in der Schädelrückgratshöhle und bei intrakraniellen, raumbeschrän¬ 
kenden Prozessen, namentlich bei Tumoren der hinteren Schädelgrube. Große 
Vorsicht ist geboten bei Tumoren innerhalb des Wirbelkanals, bei Urämie, 
entzündlichen Affektionen des Zentralnervensystems, Hirnabszessen, Arterio¬ 
sklerose und auch bei Meningitis purulenta. Will man bei intrakraniellen, 
raumbeschränkenden Prozessen trotzdem punktieren, so muß man strenge 
Vorsichtsmaßregeln anwenden. Als solche kommen in Betracht: 1. vorherige 
24stiindige Bettruhe. 2. Punktion bei tiefliegendem Kopf in Seitenlage. 
3. Genaueste Beobachtung der Druckhöhe und der Druckschwankungen, 
permanent oder nach Abfluß von je 2 ccm. 4. 24—48 Stunden Bettruhe 
nach der Punktion, die ersten 12—24 Stunden mit tiefer liegendem Kopf. 

5. Vermeidung von Alkohol und geistiger Aufregung nach der Punktion. 

6. Allmählicher Übergang aus der liegenden in andere Stellungen. Voll¬ 

kommen zu verwerfen ist jede Aspiration und die ambulante Lumbalpunktion. 
Die Gefährlichkeit der Lumbalpunktion wird in erster Linie durch die mit 
ihr verbundene Druekorniedrigung bedingt, die wiederum sekundär zu ver¬ 
schiedenartigen unheilvollen Mechanismen Veranlassung geben kann. Die 
praktisch wichtigsten üblen Folgen der Lumbalpunktion sind Blutungen ex 
vacuo und Kommunikationsverlegung. ( Jacobsohn.) 

Fla tau (129) berichtet über eine neue Methode der Behandlung der 
Zerebrospinalmeningitis, die er als „Methode der Spülung des Subarachnoidal- 
raumes“ oder „Lumbalspüluug“ bezeichnet. Er stützt sich auf eine ganze 
Reihe eigener Experimente, aus welchen hervorgeht, daß die subarachnoidal in 
der Gegend des untersten Lumbosakralteiles injizierte Flüssigkeit in die 
Räume des Rückenmarks auf seiner ganzen Höhe eindringt, danu sich in 
die große Zisterne der Basis cerebri ergießt, um schließlich bereits 
mit geringerer Kraft in die die Gehirnheraisphären umgebenden Subarach¬ 
noidalräume einzudringen. Die Methode der „Lumbalspüluug“ besteht darin, 
daß mau mittels der Lumbalpunktion 10—30 ccm Zerebrospinalflüssigkeit 
entnimmt, um unmittelbar daran dieselben Mengen von erwärmter physio¬ 
logischer Kochsalzlösung zu injizieren. In einer Sitzung wurden im Durch¬ 
schnitt 200 ccm Zerebrospinalflüssigkeit entnommen und gleiche Mengen 
physiologischer Kochsalzlösung eingeführt. Die Methode, welche von den 
Kranken vorzüglich vertragen wird, bewährt sich am besten bei eitrigen 
Meningitisformen, indem sie mechanisch große Mengen eitriger Zerebrospinal¬ 
flüssigkeit entfernt und die Wirkung des spezifischen Serums erleichtert. 

[Sterling.) 


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Chirurgische Behandlung. 


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Boldt (60) empfiehlt die spinale Anästhesie mit Novakain. Er läßt 
zuvor etwas mehr Spinalfiüssigkeit abfließen, als er nachher von der medi¬ 
kamentösen Lösung einspritzt Das auf die Haut zur Desinfektion gepinselte 
Jod entfernt er nachher mit Alkohol. Er versetzt jeden Patienten, bei dem 
er die Spinalanästhnsie ansfiihrt, vorher in tiefen Dämmerschlaf mit Morphium 
und Skopolamin. ( Jacobsolm .) 

Moore (311) beobachtete ein 6jähriges epileptisches Kind, das beim Ball¬ 
spiel rücklings die Treppe runtergefallen war und sich eine Schädelbasisfraktur 
zugezogen hatte. Unmittelbar nach dem Fall kam, nach Beobachtung der 
Mutter des Kindes, abwechselnd Blut und klare Flüssigkeit aus dem linken 
Ohr geflossen, später nur klare Flüssigkeit. Aber diese Flüssigkeit floß nun 
fast unaufhörlich tagelang bis zu dem Tode des Kindes, welcher unter menin¬ 
gitisähnlichen Symptomen (Nackensteifigkeit, Kernigsches Symptom) eintrat. 
Während der Krankheitsdauer hat d$r Autor Versuche angestellt, um zu 
erweisen, daß die Zerebrospinalflüssigkeit auf echter Sekretion beruht. Ferner 
wurde eine Steigerung des Ausflusses nach Atropin und Epinephrenin kon¬ 
statiert. ( Jacobsohn .) 


Peripherische Nerven und Muskeln. 

Marburg und Kanzi (288) besprechen eingehend die Schußverletzuugen 
der peripheren Nerven, die sie zu beobachten und zu operieren Gelegenheit 
hatten. Sie stellen für den operativen Eingriff folgende Indikationen auf: Wenn 
nach einer Schußverletzung sich die motorischen und sensiblen Ausfalls¬ 
erscheinungen einer Nervenverletzung mit völligem Fehlen elektrischer Reak¬ 
tion verbinden, dann ist nach der Wundheilung der sofortige Eingriff indiziert. 
Wenn bei einer Nervenverletzung mit motorischer und sensibler Ausfalls¬ 
erscheinung die elektrische Reaktion, welcher Art immer, eine progressive 
Verschlechterung aufweist, dann ist der Eingriff gerechtfertigt. Wenn bei 
einer Nervenverletzung mit motorischen und sensiblen Ausfallserscheinungen, 
die sich nicht bessern, die elektrische Entartungsreaktiou durch mehrere 
Wochen stationär bleibt, dann ist üfer Fall zu operieren. Gegeuindikationen 
sind: Bestehende Eiterungen, deretwegen mau am besten auch nach völliger 
Abheilung noch mehrere Wochen zuwartet, und zweitens Krampfzustäude 
bestimmter Nervengebiete. ( Jacobsohn .) 

Die günstigste Zeit für die Nervennaht liegt nach Spielmeyer (439) 
etwa 3—n Monate nach der Verletzung. Die hoch gelegenen Nerveuläsionen 
geben ceteris paribus schlechtere Prognose als die peripherer gelegenen, 
vielleicht wegen der intensiveren retrograden Zellveräuderung im Zentral¬ 
organ. Ist der Nerv in seiner Kontinuität noch erhalten, so sollte man 
Resektion und Naht nur vornehmen, wenn der Nerv vom Narbengewebe 
durchsetzt, auffallend verhärtet oder knollenartig aufgetrieben erscheint. 

( Borchardl.) 

Die Mitteilungen von Pett&vel (359), welche sich auf Schädelschüsse, 
Rückenmarksläsionen und Verletzuugeu peripherischer Nerven erstrecken, sind 
außer wegen der eigenen Erfahrungen, über die der Autor berichtet, auch 
noch deshalb von Interesse, weil er eine Arbeit von Mr. und Mme D6j6rine 
(94a) über Verletzungen peripherischer Nerven aus der Presse mödicale 1915 
Nr. 20 referiert, die uns sonst vorläufig nicht zugänglich ist. Mr. und Mme 
Dejerine unterscheiden bei den Nervenverletzungen vier Symptomenkomplexe, 
die sie unter den Bezeichnungen von: Syndrome d’interruption, Syndrome 
de compression, Syndrome d’irritation, Syndrome de restauration beschreiben. 
Zur Diagnose der vollständigen Unterbrechung sei neben der vollständigen 


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Chirorgische Behandlung. 


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motorischen Paralyse die Schmerzlosigkeit beim Druck der Muskelmassen 
sehr charakteristisch, während man sich nicht vollständig auf die E. R. ver¬ 
lassen kann, da diese erst nach einiger Zeit eintritt und nur allmählich ver¬ 
schwindet im Falle einer Regeneration. Man findet auch eine vollständige 
E. R. in Fällen von bloßer Nervenkompression. Die sichere Diagnose der 
vollständigen Unterbrechung ohne Regenerationserscheinungen nach mindestens 
sechs Wochen stellt nach Dejerine die Indikation zum operativen Eingreifen. 
Der Reizungssymptomenkomplex, der sich durch Schmerzen und trophische 
Störungen auszeichnet, verlange kein operatives Eingreifen, da die Erschei¬ 
nungen, allerdings häufig erst nach langer Zeit, spontan zurückgehen. Ana¬ 
tomisch sind häufig die Läsionen, seien sie endo- oder perineural, sehr gering, 
ja makroskopisch nicht erkennbar. Praktisch wichtig ist ferner, zu wissen, 
daß der Drucksymptomenkomplex sich vom Unterbrechungssymptomenkomplex 
durch die Schmerzhaftigkeit der Muskelmassen und der Nervenstämme auf 
Druck sowie durch das Fehlen einer vollkommenen Stichanästhesie unter¬ 
scheidet Wenn keine deutlichen Regenerationszeichen vorhanden sind, so 
besteht die Indikation zur Neurolyse. Bei den Fällen mit klinisch totaler 
Unterbrechung soll man das Nervencheloid und die bindegewebige Narbe 
resezieren und eine Nervennaht der beiden Nervenstümpfe ausführen. 

Von weiterem Interesse ist aus der Mitteilung Pettavels zu entnehmen, 
daß die erste Schule für verstümmelte Soldaten in Lyon im Dezember 1914 
dank der Initiative des Bürgermeisters M. Heriot eröffnet wurde. Seither 
sind solche in großer Zahl in Frankreich gegründet worden. Es werden da 
sowohl Bureauangestellte wie Gärtner, Schneider, Schreiner, Buchbinder, 
Spielzeugfabrikanten gebildet. Die Leute werden sehr rasch zu ihrem 
neuen Berufe ausgebildet. Die Schüler werden in der Anstalt beherbergt, 
erhalten einen täglichen Sold von 1,25 Fr., dazu noch den Verkaufspreis 
der fabrizierten Waren. Diese Schulen sind sehr populär geworden. Allen 
Schülern ist eine gute Stellung im Zivilleben vor ihrer Entlassung zugesichert. 
Die Gründung dieser „Ecoles des mutiles“ hat die traurige und ökonomisch 
höchst wichtige Frage der Fürsorge der ^Kriegsverstümm eiten in einer sehr 
befriedigenden Weise gelöst. ( Jacobtohn .) 

Borchardt (62) hat 70 Fälle operiert und teilt die Krankengeschichten 
von 56 Fällen unter Beifügung erläuternder Abbildungen mit Er hat nur 
schwere Fälle chirurgisch in Angriff genommen, d. h. solche, bei denen 
entweder eine Zerreißung des Nerven oder eine schwere narbige Zerstörung 
auf Grund der neurologischen Untersuchung angenommen werden mußte. 
Die Operation sollte möglichst früh vorgenommen werden, denn erstens ist 
sie in diesen Fällen technisch leichter, und zweitens wird durch Zuwarten 
die Ausbildung der durch die Lähmung bedingten Kontrakturen befördert; 
auch erholt sich der Nerv um so langsamer, je länger er leistungsunfäbig 
gewesen ist. 

Was die Resultate betrifft, so scheinen sie nicht so günstig zu sein, 
als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist, andererseits stiftet die Operation 
an sich im allgemeinen keinerlei Schaden. ( Borchardt .) 

Oppenheim (338) weist auf die Schwierigkeit in der Beurteilung der 
peripheren Nervenschußverletzungen hin, die häufig mit gleichzeitigen Läh¬ 
mungen anderer Genese (psychogenen, dynamischen) oder mit lokalen Pro¬ 
zessen in den Muskeln kompliziert sind. ( Borchardt .) 

Redlich (371) empfiehlt die Operation der verletzten Nerven neuer¬ 
dings häufiger als früher, denn erstens ist die Zahl der durchtrennten Nerven 
im ganzen doch größer, als man bisher im allgemeinen annahm, zweitens 
aber ist auch bei erhaltener Kontinuität der Nerv oft im Innern so schwer 


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Chirurgische Behandlung. 


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durch Narbengewebe zerstört, daß trotz der bestehenden Kontinuität eine 
spontane Restitution unmöglich ist. Man kann übrigens ohne Schaden mit 
der Operation 3—4 Monate nach der Verletzung warten. ( Borchardt .) 

Voelcker (480) empfiehlt frühzeitige operative Behandlung der Schu߬ 
verletzungen peripherer Nerven, zumal die Gefahr der Operation eine mini¬ 
male ist. ( Borchardt .) 

Nonne (331) sah unter 264 Fällen 61 Fälle von Neurose, 30 Hirn¬ 
fälle, 21 Rückenmarksfälle und 152 Fälle von Verletzungen des peripheren 
Nervensystems. Was diese letzteren betrifft, so war der Radialis am häufig¬ 
sten betroffen, ebenso auch der Plexus brachialis. Verf. erörtert dann die 
anatomischen Verhältnisse bei der Nervenverletzung und bespricht weiterhin 
die Symptomatologie unter Anführung zahlreicher interessanter Einzelheiten. 
Am Schluß der Arbeit wird auf die Differentialdiagnose und die Therapie 
genauer eingegangen. ^ (Borchardt.) 

Exner (120) gibt eine Übersicht über 43 Schußverletzungen peripherer 
Nerven. Frische Verletzungen werdeu expektativ behandelt. Man soll sich 
zu Operationen entschließen, die langwierige Eiterungen schneller bekämpfen, 
weil es darauf ankommt, die Nerveuoperation innerhalb der ersten drei 
Monate auszuführen. In einer großen Anzahl (bei Exners Material in über 
25%) tritt innerhalb eines Monates Spontanheilung ein. Treten während 
dieser Zeit Symptome auf, die eine Einbettung des Nerven in Narbeugewebe 
wahrscheinlich machen, dann ist sofort operativ einzugreifen. Erholt sich 
die Nervenfunktion nach 2 Monaten nicht, dann ist die Nervenoperation 
indiziert. ( Jacobsohn .) 

Mehler (303) berichtet über eine Schußverletzung des Plexus brachialis, 
bei der durch Neurolyse eine Besserung erzielt wurde. ( Jacobsohn .) 

Nicht zu operieren sind nach Auerbach (21) alle leichteren Ver¬ 
letzungen peripherischer Nerven, alle schweren sind zu operieren; bei den 
mittelschweren kann man 6—8 Wochen abwarten. Hat sich in diesem 
Zeitraum keine Besserung eingestellt, so sind sie auch zu operieren. Ferner 
sind solche Fälle zu operieren, in denen dauernde Schmerzen vorhanden 
sind. Die elektro-mechanische Weiterbehandlung kann auch unter Belehrung 
und Aufsicht des Arztes vom Pflegepersonal ausgeüht werden. (Jacobsohn.) 

In der mit zahlreichen guten Abbildungen versehenen Arbeit wird von 
Heile und Hezel (185) über 40 operierte Fälle berichtet. Was die Erfolge 
betrifft, so ist bei der Kürze der Beobachtung bisher noch kein definitives 
Urteil abzugeben. Operiert wurden alle schweren Fälle, d. h. solche mit 
ausgesprochener Entartungsreaktion. Als bester Zeitpunkt zur Vornahme des 
Eingriffs erwies sich die Zeit nach Ablauf des dritten Monats. (Borchardt.) 

Bei einer Gesamtzahl von 37 Operationen an peripheren Nerven, die 
Große (164) ausführte, erzielte er 12 mal guten, 7 mal teilweisen und 18 mal 
keiuen Erfolg. (Jacobsohn.) 

Gängele (148) berichtet über verschiedene Sehnenverletzungen des N. 
radialis, medianus usw. Die Arbeit ist wesentlich chirurgischen Charakters. 
Er ist für sofortige Operation. (Jacobsohn.) 

Huism&ns (213) berichtet über Schußverlotzungen peripherer Nerven. 
Er meint, diß die völlige Durchtrennung des Nerven sehr selten ist, und 
befürwortet eine möglichst konservative Behandlung. (Borchardt.) 

Auerbach (23) berichtet über einen operativ geheilten Fall von Plexus¬ 
lähmung durch Schußverletzung. Die Heilung durch Naht ist nach Ansicht 
■des Autors deshalb zustande gekommen, weil der Verletzte schon 17 Tage 
nach'der Verletzung operiert wurde. (Jacobsohn.) 


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Chirurgische Behandlung. 


Müller (317) geht auf die Ersatzoperationen näher ein, wenn die 
Wiederherstellung des geschädigten N. radialis nicht eintritt. Besonders 
notwendig sei die Feststellung im Handgelenk, dann wäre der zu praktischen 
Zwecken nötige Faustschluß gewährleistet. (Jaeobsokn.) 

Saxl (400) beschreibt einen einfachen Apparat, der den Ausfall der 
Streckmuskeln bei der Radialislähmung ersetzt und die Wiederkehr der 
Funktion durch Entspannung der überdehnten Muskeln begünstigt. 

( Borchardt .) 

Im ersten der von Orth (341) mitgeteilten Fälle handelt es sich um 
einen Schuß, der in den Leib links unter dem Rippenbogen hinein- und 
handbreit über der Spina iliaca rechts binausging. Es bestand bei dem 
Verletzten eine Perforationsperitonitis, eine partielle Verletzung des Plexus 
ileolumbalis (Hebung des Beins und Streckung des Unterschenkels nicht 
möglich). Patient hatte nach der Verletzung 4 Tage absolut gefastet und 
erhielt auch im Lazarett zunächst nur Knochensalzklysmen. Erst vom nennten 
Tage ab erhielt der Verletzte Nahrung per os. Die Zerreißung des Plexus 
lumbalis chirurgisch anzugreifen, war unmöglich. Es wurde eine Sehnen¬ 
plastik (Oberpflanzung des intaktgebliebenen Bizeps auf den gelähmten Qua- 
drizeps) gemacht, die zu vollem Erfolge führte. 

Im zweiten Falle war die Haltung der Hand an der verletzten Extre¬ 
mität diejenige, wie man sie bei der Radialislähmung zu sehen gewöhnt ist 
Die elektrische Untersuchung ergab aber für den Radialis nur eiue quanti¬ 
tative Herabsetzung der Erregbarkeit, während die Erregbarkeit für den 
Ulnaris vollkommen aufgehoben war. Bei der Operation zeigte sich auch 
der N. ulnaris eiugeschnürt im Narbengewebe. Nach Isolierung des N. 
ulnaris setzt drei Tage nach der Operation die vorher gelähmte Bewegung 
im Radialisgebiet ein, so daß es den Anschein hat, als sei durch Freilegung 
des Ulnaris die quantitative Schädigung des Radialis behoben worden. Eine 
sichere Erklärung dieses merkwürdigen Befundes kann der Autor nicht geben. 

( Jacobsohn .) 

Der von Beck und Reither (43) mitgeteilte Fall ist folgender: Ein 
Mann, welcher am 2. August 1915 einen Gewehrschuß mit Verletzung des 
rechten Nervus ischiadicus erlitt, trug eine vollkommene schlaffe Peroneus¬ 
lähmung davon. Der Befund blieb unverändert bis zum 28. September. 
Bei der Operation ergibt sich, daß der laterale Teil des Ischiadikus mit der 
strangförmig durch die Muskulatur ziehenden Narbe verwachseu ist. Nach 
der Isolierung des Nerven ergibt sich, daß nur die drei lateralst gelegenen, 
ca. 2—3 mm dicken Nervenbündel auf eine Strecke von 2 cm durch eine 
Schwiele ersetzt sind. Andere Nervenbündel sind in das schwielig verdickte 
Perineurium eingelagert. Erstero werden reseziert und durch Naht wieder 
vereinigt, letztere aus dem derben Gewebe befreit und letzteres reseziert, 
das ganze in einen Fettfaszienlappeu eingescheidet. 22 Tage nach der 
Operation ist die Peroneuslähmung so gut wie beseitigt. Patient kann das 
Sprunggelenk bis auf 90° strecken, bann ohne Stock gut gehen; die fara- 
dische Reaktion, sowohl indirekt als direkt, ist zurückgekehrt. 

( Jacobsohn .) 

Stoffel (458) betont, daß bei der Neurolyse neben dem perineuralen 
Narbengewebe das sogenannte endoneurale Narbengewebe die gleiche Aufmerk¬ 
samkeit erfordert. Bei jeder Neurolyse sollte man den narbig veränderten 
Nerven in der Längsrichtung einschneiden und die einzelnen Bahnen, we¬ 
nigstens die motorischen, aus dem sie umgebenden Narbengewebe befreien. 
Die Kenntnis der Nervenquerschnittstopographie ist dabei natürlich uner¬ 
läßlich. ( Borehardt .) 


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Chirurgische Behandlung. 


601 


Die Funktion des resezierten und dann genähten Nerven in dem von 
Thiemann (468) mitgeteilten Fall begann nach den Angaben des Patienten 
schon in der zweiten Woche. Drei Wochen nach der Operation wurde sie 
vom Verfasser selbst einwandfrei konstatiert. Die vollständige Funktions¬ 
fähigkeit hatte sich nach kaum drei Monaten bereits eingestellt. 

( Borchardt .) 

Wenn eine Nervenläsion festgestellt ist und nach den ersten Wochen 
keine Besserung der Symptome eintritt, muß nach Hirschei (198) die Ope¬ 
ration vorgenommen werden. Die Nahtstelle bzw. die vom Narbengewebe 
befreiten Nerven sind in Faszie oder Fett einzuhüllen. Gute Dienste leisten 
auch in dieser Hinsicht präparierte Kalbsarterien. (Borchardt.) 

Cassirer (81) schlägt abweichend von dem im Frieden geübten Ver¬ 
fahren möglichst frühzeitige operative Freilegung der verletzten Nerven in 
schweren Fällen vor, allerdings erst dann, wenn die Wunde verheilt ist. 
Natürlich ist in vielen Fällen auch ohne Operation eine Restitution zu er¬ 
warten, so daß der chirurgische Eingriff nur nach genauer vorheriger neuro¬ 
logischer Untersuchung vorgenommen werden darf. (Borchardt.) 

Kredel (246) hat in einem zufällig gewonnenen Präparat festgestellt, 
daß die zur Einscheidung des Nerven benutzte, hei der Operation ganz 
locker herumgelegte Faszie dem Nerven ganz fest anlag und ihn gewisser¬ 
maßen umklammerte. Gegen die Faszienumhüllung bestehen demnach auf 
Grund dieser Erfahrung doch einige Bedenken. (Borchardt) 

Schmiegelow (412) hat in zwei Fällen einen Akustikustumor auf dem 
Wege durch das Labyrinth hindurch mit Erfolg entfernt. Die Operation 
ist verhältnismäßig ungefährlich und sollte bei frühzeitig gestellter Diagnose 
unbedenklich versucht werden. (Borchardt) 

Die Gesetze der Nervenmechanik sind nach Stoffel (456) von Be¬ 
deutung für die Möglichkeit der Nervenverletzungen überhaupt, für ihre 
speziellere Art und ihre Schwere. Sie sind aber auch für die Vorbehandlung 
vor der Nervenoperation ausschlaggebend, indem durch richtige Stellung 
der Extremitäten ein Klaffen der Stümpfe nach Möglichkeit zu vermeiden 
ist. Die Operation selbst sollte am besten im Kriegslazarett ausgeführt 
werden. Über die Einzelheiten der Nervenoperationen und über das am 
besten anwendbare Instrumentarium gibt Verfasser wertvolle Hinweise. 

( Borchardt.) 

Wilms (499) empfiehlt, wo irgend möglich, die frühzeitige Nerven¬ 
operation, eventuell in diagnostisch zweifelhaften Fällen eine Probeinzision, 
die ja in keinem Fall etwas schaden kann. Der operative Eingriff ist um 
so nötiger, als die durch den Schuß bedingten anatomischen Veränderungen 
am Nerven für die Spontanheilung — auch bei Anwendung der Stoffel- 
schen Entspannungsmethode — ungünstig sind. (Borchardt.) 

Cahen (74) fand am häufigsten den Ischiadikus bzw. seine Ver¬ 
zweigungen betroffen, ebenso den Radialis. Der chirurgische Eingriff sollte 
nicht länger aufgeschoben werden, al9 es zur Gewinnung eines sicheren 
Urteils über die Art der Nervenläsion und eines aseptischen Operations¬ 
terrains erforderlich ist. Bei Besprechung der Technik erwähnt C. seine 
Methode zur Ausfüllung von Nervendefekten durch einen sensiblen Nerven 
(Cutaneus antibracbii medialis zur Defektdeckung am Ulnaris). 

(Borchardt.) 

Nach den Erfahrungen Reichmann’s (374) sind an der oberen Ex¬ 
tremität die Plexusschüsse sehr häufig, dagegen ist der Radialis nicht so 
oft befallen, wie es von den meisten Autoren angegeben wird. Die Sym¬ 
ptomatologie und die einzuschlagende Therapie wird kurz besprochen. Über 


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(J02 Chirurgische Behandlung. 

die Erfolge der operativen Behandlung ist ein Urteil bisher nicht recht ab* 
zugeben. ( Borehardt .) 

Stoffel (457) hat durch experimentelle Untersuchungen an Affen fest* 
gestellt, daß die Extremitätennerven durch ganz bestimmte Stellungen des 
betreffenden Gliedes entspannt bzw. gespannt werden, und daß bei Durch¬ 
schneidung je nach dem augenblicklich bestehenden Spannungsgrade ver¬ 
schieden große Diastasen entstehen. Die Diastase läßt sich auch noch 
längere Zeit nach der Verletzung durch geeignete Stellung der Extremitäten 
beeinflussen. Indem Verfasser die zur Vermeidung großer Lücken zwischen 
den Stümpfen erforderliche Gliedstellung für die einzelnen Extremitäten¬ 
nerven mit allen Details beschreibt, empfiehlt er nachdrücklich die Be¬ 
rücksichtigung seiner experimentellen Untersuchungen für die Nervenver¬ 
letzungen des Menschen. ( Dorchardt .) 

Enderlen (111) schnitt am Plexus axillaris eines Hundes ein 3 cm 
langes Stück aus dem N. radialis aus und pfropfte sowohl das zentrale wie 
peripherische Ende des durchschnittenen Nerven in den N. medianus ein. 
Nach 3 Wochen erholte sich die Funktion des aufangs gelähmten Nerven 
auffallend rasch. Eine spätere Biopsie ergab, daß die beiden Stümpfe des 
Radialis vollkommen mit dem Medianus verwachsen waren, und daß sich 
sowohl vom zentralen wie peripheren Stumpfe elektrisch typische Radialis- 
bewegungen auslösen ließen. ( Jacobsohn .) 

v. Hofmeister (205) hat in 24 Fällen, deren Krankengeschichten mit¬ 
geteilt werden, Nervenpfropfuugen ausgeführt. Die Beobacbtungszeit ist im 
ganzen noch zu kurz, um über die Ergebnisse schon ein Urteil abgeben zn 
können. Immerhin aber beweisen einige Fälle, bei denen bereits eine 
Besserung eingetreten ist, den Wert der vom Verfasser angewandten Me¬ 
thode der Doppelpfropfung, die darin besteht, daß der gesunde Nerv nicht 
als Neurotiseur, sondern nur als Brücke benutzt wird. Die Technik wird 
genau angegeben. ( Dorchardt) 

ßerulanos (151) hat in einem Fall von traumatischer Serratuslähmung 
den Pectoralis major mit gutem Erfolg zum Ersatz herangezogen. Ein 
zweiter Fall betraf eine ausgedehnte Schultergürtellähmung beider Seiten, 
bei dem 4 Operationen vorgenommen wurden. Auch dieser Fall ergab ein 
befriedigendes Resultat. Die Krankengeschichten werden mitgeteilt. 

( Borehardt .) 

Auerbach (22) empfiehlt zur Tubulisation der Nerven nach Neurolysen 
und Nervennähten Röhrchen aus Galalith, einem Kaseinpräparat, zu ver¬ 
wenden. Sie werdeu in kochendem Sodawasser so weich, daß man sie der 
Länge nach aufschneiden und um den Nerven herumlegen kann. In der 
Körperwärme verharrt das Galalith in einem mittelweichen Zustande. 

( Jacobsohn .) 

Bei einem 23jährigeu Soldaten mit typischer Radialislähmung fand 
Lang (252) bei der Inzision im Sulcus bicipitalis einen 6 cm laugen Defekt 
des Radialis, welchen er in der Weise ersetzte, daß er den proximalen und 
distalen Nervenstumpf in den N. musculo-cutaneus einpfropfte, u. z. mittels 
zweier halbförmiger Inzisionen in den Nerv. Die keilförmige Inzision be¬ 
zweckt eine innigere und ausgedehntere Fibrillenberührung beider Nerven. 
Erste Anzeichen eiuer Nervenleitung bereits 24 Stunden nach der Operation, 
und nach drei Wochen fast vollkommene Fuuktionsherstellung. Der ver¬ 
nähte Nerv wurde mit einer Faszienhülle versehen. Bloß auf aseptischem 
Boden ist ein Erfolg einer solchen Operation zu erwarten. ( Hudoveniig .) 

Hoffmann (202) hat eiue Methode angegeben, nach der es möglich 
ist, festzustellen, ob ein genähter Nerv auswächst, noch bevor eine motorische 


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Chirurgische Behandlung. 


603 


oder sensible "Wiederherstellung zu finden ist. Die Methode besteht darin, 
-daß man die auswachsenden sensiblen Fasern des Nerven distal von der 
Nahtstelle durch Druck oder Beklopfen („Klopfversuch“) reizt, wodurch 
man im positiven Fall eine Empfind ung (Parästhesie) auslöst, die in das 
sensibel gelähmte Gebiet des unterbrochenen Nerven verlegt wird. Das 
Klopfen muß möglichst lokalisiert werden. Die durch das Klopfen ausge¬ 
löste Empfindung überdauert den Reiz ziemlich lange Zeit. Mit dieser 
Methode kann sehr gut das Fortschreiten der Regeneration verfolgt werden, 
insofern nach und nach das Reizungsgebiet, das zunächst nahe der Naht¬ 
stelle gelegen ist, sich immer weiter distalwärts ausbreitet, bis es das End¬ 
gebiet erreicht hat. Auch die Geschwindigkeit der Regeneration läßt sich 
danach feststellen. Es wäre vielleicht auch möglich, mit Hilfe dieser Methode 
die Stelle der Verletzung zu bestimmen. ( Jacobsohn .) 

Je peripherer mau einen motorischen Nerven durchschneidet, um so 
rascher und sicherer tritt — nach experimentellen Untersuchungen von 
Erlacher (116) — seine Regeneration ein, die von einer außerordentlichen 
Überproduktion von Fasern begleitet ist. Schon in kürzester Zeit (16 Tage) 
ist oft vollständige Wiederausbildung der motorischen Endplatten erfolgt. 
Ein abgetrennter Muskellappen kann von dem darunter liegenden gesunden 
Muskel ausreichend mit nervösen Elementen versorgt werden. Ein abgetrennter 
Muskellappen, der mit seiner gesunden Unterlage, wenn auch nur in binde¬ 
gewebiger Verbindung bleibt, geht rasch eine degenerative Veränderung ein, 
die sich hauptsächlich in teilweisem bröckeligem Zerfall der Muskelfasern 
kundgibt, die sehr schmal, aber parallel angeordnet sind, deren Konturen meist 
verwischt erscheinen bei stärkerer Vermehrung der Kerne, dabei ist die 
Längsstreifung deutlich, die Querstreifung nur eben noch angedeutet, jedoch 
fand Erlacher nie das Bild hochgradigster Degeneration. Unter dem Ein¬ 
fluß der regenerierten motorischen Nervenfasern geht aber eine lebhafte 
progressiv regenerative Umbildung vor sich, so daß man nach 6 Wochen 
das Muskelgewebe als funktionell und anatomisch wiederhergestellt betrachten 
kann. Alle Nerven in der abgetrennten Partie degenerieren in kürzester 
Zeit und werden resorbiert. Es gelingt, einen gelähmten Muskel dadurch, 
daß man ihn breit mit einem gesunden in Verbindung bringt, von diesem 
aus, das ist muskulär, zu neurotisieren. Es gelingt ferner den frei trans¬ 
plantierten Muskellappen reaktionslos zur Einheilung zu bringen, ferner das 
Transplantat durch Ernährung von außen her so lange vor der Nekrose zu 
schützen, bis nutritiver Neuanschluß erfolgt. Es zeigte sich, daß unter 
rasch eintretendem nervösem Anschluß Muskelgewebe selbst aus den Stadien 
höchster Degeneration sich wieder zu funktionsfähigem Muskelgewebe rege¬ 
nerieren kann und nicht durch Bindegewebe ersetzt wird, daß aber dazu 
die doppelte Zeit notwendig ist, weil erst nach der Regeneration des Nerven 
die Regeneration des Muskels erfolgt. Erlacher ist überzeugt, daß man 
auch beim Menschen mittels Autotransplantation ein funktionell und ana¬ 
tomisch gutes Resultat erzielen würde, wenn man z. B. bei einem trauma¬ 
tischen Muskeldefekt, vorausgesetzt, daß noch ein mit seinem Nerven in Zu¬ 
sammenhang stehender Rest des Muskels erhalten geblieben ist, diesen durch 
einen freien Lappen eines gesunden anderen Muskels decken und dabei das 
Transplantat mit seiner angefrischten Seite breit mit der erhaltenen Unter¬ 
lage vernäht. ( Jacobsohn .) 

Kirk und Lewis (235) haben an Hunden Stückchen aus peripherischen 
Nerven exzidiert und nun zwischen dem zentralen und peripherischen Stumpf 
eine röhrenförmige Brücke aus Faszien gemacht, wobei die glatte Fläche 
der Faszie die Innenwand der Verbindungsröhre bildete. Sorgfältige Ver- 


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Chirurgische Behandlung. 


nähung der Faszientabe mit dem zentralen und peripheren Ende der rese¬ 
zierten Nerven, Vermeidung aller Zerrung der Nervenstiimpfe und sorgfältigste 
Blutstillung ist zum Gelingen der Nervenregeneration erforderlich. Diese 
Nervenregeneration haben die Autoren nun schrittweise in der Verbindungs¬ 
röhre beobachtet und anatomisch kontrolliert, indem sie in regelmäßigen 
Zeitabständen die Faszienröhre untersuchten. Die neugebildeten Fasern, 
und zwar fiir eine lange Zeit die Achsenzylinder, wachsen nur aus dem 
zentralen Stumpfe aus und in ein pulpöses Gewebe hinein, welches sich 
vorher im Tubus gebildet hat. Dieses Auswachsen geht langsam weiter 
nach dem distalen Ende zu. Eine Strecke von 1 cm Länge wurde in ca. 
9 Wochen überbrückt. Erst sehr spät bilden sich die Markscheiden. 

{Jacobsohn.) 

Lengfellner und Frohse (263) besprechen die Überpflanzungsmöglich¬ 
keiten des N. femoralis, obturatorius und ischiadicus und die Technik dieser 
Überpflanzungen. ( Jacobsohn .) 

Cadwalader (73) berichtet über einen Patienten, der in eine Maschine 
mit dem linken Arm geriet, wo letzterer so stark gezerrt wurde, daß dauach 
eine vollkommene motorische und sensible Lähmung der linken oberen Ex¬ 
tremität eintrat. Nur die Rhomboidei funktionierten noch; auch die sym¬ 
pathischen Fasern des Ram. communicans der ersten Dorsalwurzel waren 
betroffen. Neben der Anästhesie bestanden starke neuralgische Schmerzen 
in der linken Hand. Bei der Freilegung des Plexus sah man, daß die 
Wurzeln in Narbenstränge eingebettet waren, und daß sie vollständig dege¬ 
neriert waren. Die Loslösung aus dem Narbengewebe führte keine Besserung 
der Lähmung oder Schmerzen herbei. ( Jacobsohn .) 

Woods (504) berichtet über eine schwere Verletzung beider Nn. ischi- 
adici durch Sturz von einem Baum auf dio Gesäßgegend. Ein Jahr nach 
der Verletzung war eine Schwäche in den vom Ischiadikus versorgten Mus¬ 
keln vorhanden. Außerdem bestanden Sensibilitäts- und trophische Störungen 
im Gebiete des N. cutaneus femoralis posterior mit Einschluß seines glutä- 
alen und pudendalen Astes und mit Einschluß des N. saphenus ext. auf der 
rechten Seite. Da die Schädigung schon so lange Zeit zurücklag, wurde 
in operativer Hinsicht nichts mehr unternommen. ( Jacobsohn .) 

Perkins (354) macht darauf aufmerksam, daß bei Radikaloperationen 
am Ohr man leicht gröbere Schädigungen des N. facialis dadurch ver¬ 
meiden kann, wenn man denjenigen, welcher die Narkose leitet, auf Zuckungen 
in der Gesichtsmuskulatur des Operierten achten läßt Solche Zuckungen 
sind gleichsam Warnungssignale, welche anzeigen, daß man den Nerven 
schon mit dem Instrument gereizt hat und man nun vorsichtig sein muß, 
um ihn nicht schwer uud dauernd zu schädigen. ( Jacobsohn .) 

Neuhof (327) teilt eine Auzahl von partiellen Lähmungszuständen der 
oberen Extremität mit, die oft schwere funktionelle Störungen verursachten 
und mit gutem Erfolge operiert wurden. ( Jacobsohn .) 


Orthopädische Behandlung. 

Vulpius (482) behandelt in allgemeinen Ausführungen die orthopädische 
Prophylaxe und Therapie im Kriege. ( Jacobsohn .) 

Heymann (191) hat für Radialislähmungen folgenden Hilfsapparat 
konstruiert: Er besteht aus einer gewalkten Ledermanschette von 12: 15 cm 
Breite, auf dereu Streckseite eine Feder aufgenietet ist. Diese Feder liegt 
dem Handrücken bis etwa zur Mitte der Metakarpi auf, teilt sich dann 
und zieht die Metakarpophalangealgelenke freilassend zur Handfläche, wo 


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Chirurgische Behandlung. 


605 


sich entsprechend der Falte am Grunde der Finger der Ring schließt. Die 
Feder ist aus Bandstahl geschmiedet und auf dem Handrücken nur so stark, 
daß durch sie das Gewicht der Hand und der Zug der Flexoren aufgehoben 
wird. Wird die Hand aktiv gebeugt, so wird nach Aufhören des Muskel¬ 
zuges durch die Feder die Hand passiv wieder in die Strecksteilung gebracht. 
Die Spanne der Handfläche ist so schmal, daß sie, in der Fingergrundfalte 
liegend, den Faustschluß nicht stört. Es können mit dieser Schiene auch 
dünne Gegenstände fest ergriffen werden. Die Abduktion des Daumens 
besorgt ähnlich wie bei dem Spitzyschen Apparat eine Drahtfeder. Der 
Apparat wird bei G. Wildschütz, Düsseldorf, Kölner Straße 279 a, angefertigt. 

( Jacobsolm .) 

Levy (269) beschreibt einfache Apparate a) zum Beugen der Finger 
im Mittelgelenk, b) zum Beugen der Finger im Grundgelenk, c) zum Strecken 
der Finger im Mittel- und Grundgelenk, d) zum Handbeugen, e) zum Hand¬ 
strecken, f) zur Pronation und Supination, g) zum Beugen und Strecken 
im Ellenbogengelenk, h) zum Armheben im Schultergelenk. Der rascheste 
Weg, die Mannschaften mit Ankylosen und Kontrakturen felddienstfahig zu 
machen, ist die Wechselbehandlung, d. h. nachts passive Korrektur, wozu 
die angegebenen Apparate dienen, und tags fleißige Übungen. ( Jacobsohn .) 

Für die Nervenverletzung ist, wie Mayer (297) ausführt, eine Schiene 
gerade so wichtig, wie für eine Knochenverletzung. Für die Radialisbehand- 
lung wird dabei die Hand extendiert und supiniert. Für die Axillarislähmung 
wird der Arm mindestens bis zum 90. Grad abduziert, für den N. medianus 
werden die Finger und Hand stark flektiert, für den N. ulnaris werden die 
Finger gespreizt, flektiert in dem proximalen, extendiert in den beiden di¬ 
stalen Gelenken. Sind Flexoren und Extensoren gelähmt, wie bei einer 
Ischiadikus- oder bei gleichzeitiger Radialis- und Medianusverletzung, dann 
benutzt man die Mittelstellung. Gewöhnlich erholen sich die Flexoren rascher 
als die Extensoren. Dementsprechend muß man die Lage ändern, sobald 
eine Muskelgruppe überwiegend kräftig wird. ( Jacobsohn .) 

Riedl (380) baute für Kriegskrüppel folgende Heilgeräte: einen Finger¬ 
beuger für versteifte Finger, einen Fingerstrecker, einen Unterarmdreher, 
einen Armstreckstuhl, einen Kniebeugestuhl, einen Kniestrecker, eine Bein¬ 
beugebank, einen Fingerkrafttisch, einen Schulterkreisel, ein Schulterrad, 
eiuen Fußdreher, einen Kraftüber, einen Daumenkreisel, einen Fingerspreizer. 

(< Jacobsohn .) 

Welty (489) hat eine Fußstützmaschine konstruiert, durch welche bei 
Peroneuslähmung die Dorsalflexion des Fußes sich ganz beliebig variieren 
und so der Stärke der vorhandenen Lähmung und der Schlaffheit des Gelenks 
anpassen läßt. Auch soll der Apparat die Möglichkeit besitzen, in geeig¬ 
neten Fällen auf den äußeren Fußrand stärker hebend einzuwirken, wie auf 
den inneren und umgekehrt. Der Apparat wird vom Autor näher beschrieben. 

( Jacobsohn .) 

In zwei Fällen von hemiplegischer Kontraktur hat Mayer (296) nach 
der Methode von Biesalski durch achtwöchige Behandlung die Deformi¬ 
täten fast korrigiert und den Gang sehr verbessert. Die überdehnten, 
scheinbar gelähmten Streckmuskeln der Hand und des Fußes haben sich 
nach richtiger Einstellung erholt Um den Fuß aus der Spitzfußstellung zu 
bringen, wurde tagsüber die Biesalskische Spiralfederschiene benutzt, nachts 
wurde eine entsprechende federnde Metallschiene angewandt. Für den Arm 
und die Hand wurde eine leichte Stahlschiene, welche zu gleicher Zeit die 
Pronation des Armes und die Flexion der Hand und der Finger korrigiert, 


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Chirurgische Behandlung. 


yerwendet. Dazu kamen einfache Übungen, welche die Patienten zu Hause 
ausführten. Mayer tritt warm für systematische Frühbehandlung der Hemi¬ 
plegie ein. Dadurch verhütet man die Entstehung von Deformitäten und 
ermöglicht eine Erholung der gelähmten Muskeln. ( Jacobsohn .) 

Horwitz (209 a) schildert eine besondere Schnürvorrichtung am Stiefel, 
wodurch es gelingt, den gesunkenen Fuß bei peripherischer Peroneuslähmung 
so zu heben, daß der Gang ohne Störung vonstatten geht und der Fuß 
selbst bei größeren Märschen nicht ermüdet. ( 'Jacobsohn .) 


Aoge, Ohr and Schildknorpel. 

In dem von v. Hippel (196) mitgeteilten Falle handelte es sich um 
eine vor 16 Jahren erfolgte doppelte Perforation des Bulbus durch ein 
Schrotkorn; die Flugbahn desselben durch den Glaskörper war von einem 
runden Bindegewebsstrang ausgefüllt, der vorne und hinten in fester Ver¬ 
bindung mit der Bulbuswand stand. Man mußte annehmen, daß Schrumpfung 
dieses Stranges die letzte Ursache einer bei dem Patienten eingetretenen 
Netzablösung war. Es ergab sich die Notwendigkeit: möglichst sichere 
und möglichst schonende Durchschneidung des ophthalmoskopisch sicht¬ 
baren drehrunden Stranges. Die Durchschneidung gelang, die Netzhaut 
legte sich danach wieder an und Patient war vor Erblindung gerettet. 

( Jacobsohn .) 

Hofer (199) berichtet über 6 Fälle von Schußverletzungen in der 
Nähe des Ohres. Im ersten Falle (Durchschuß des Processus mastoideus) 
und im zweiten Falle (Zertrümmerung und Steckschuß der Schläfenbein¬ 
schuppe) trat, trotzdem die Schußverletzuug in unmittelbarer Nähe des 
inneren Ohres erfolgte, keine Läsion desselben ein (Schnecke und statischer 
Teil desselben funktionierten normal); im dritten Falle (Schußfraktur der 
Schläfenbeinschuppe und des Bodens der mittleren Schädelgrube) und im 
vierten Falle (Schädelsteckschuß in der hinteren Schädelgrube) trat nur eine 
teilweise Läsion der Schnecke bei lntaktbleiben des statischen Teiles des 
Ohrlabyrinthes auf; im fünften Falle (Durchschuß des Warzenfortsatzes mit 
Fissurierung desselben) erfolgte eine Ausschaltung des kochlearen Teiles 
(Schnecke) bei Intaktheit des vestibulären (statischen) Teiles; die Taubheit 
besserte sich allerdings bis zu höhergradiger Schwerhörigkeit; im sechsten Falle 
(Tangentialschuß der Schläfenbeinschuppe mit Fissurierung des Felsenbeins) 
wurde das innere Ohr gänzlich und bleibend ausgeschaltet. Schußverletzungen 
werden das innere Ohr um so mehr schädigen, je näher der Felsenbein¬ 
pyramide der Schußkanal gelegen ist, und je mehr er durch kompakte 
Knochen geht. ( Jacobsohn .) 

Haymann’s (181) Arbeit besteht in einer allgemeinen Erörterung der 
Schußverletzungeu des Ohres an der Hand der bisherigen Literatur. 

(Jacobsoh «.) 

Es gelingt nach Payr (348) durch einen der Stimmbandlage entsprechend 
aus dem Schildknorpel ausgeschnittenen U-förmigen Knorpellappen, der auf 
der gelähmten Seite gegen Stimmuskel und wahres Stimmband in die Tiefe 
gedrückt und in dieser Lage testgehalten wird, dieses in Medianstellung zu 
bringen. Durch die in ihrer Lage und Form als unveränderlich anzusehende 
„Knorpelprothese“ erhält das gelähmte Stimmband einen festen Halt und 
ermöglicht den bis dahin fehlenden Glottisschluß. Der mit dem Verfahren 
erzielte Erfolg wäre ganz vorzüglich. (Jacobsolui.) 


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Neuralgie. 

In zwei Fällen von Schußverletzungen des N. ischiadicus, in deren 
Verlauf heftige Neuralgien auf traten, die ins ganze Bein ausstrahlten, wurde 
von Brunzel (69) die stumpfe Nervendehnung in Narkose ausgeführt und 
dadurch sofort Heilung erzielt. ( Jacobsohn .) 

Blind (55) meint, daß reine Ischias im Felde öfters zur Beobachtung 
kommt als in Friedenszeiten, wo der Symptomenkoraplex häufig sekundärer 
Art ist. Er empfiehlt therapeutisch die unblutige Nervendehnung, durch 
welche er in vielen Fällen die Ischias schon nach mehreren Stunden ge¬ 
heilt hatte. ( Jacobsohn.) 

Schoppe (415) unterzieht die bisher üblichen Methoden der Iscbias- 
operation bezüglich ihrer Erfolge einer Kritik, die nicht zugunsten des 
operativen Eingriffs ausfällt. Über die Neurolyse und die neuerdings von 
Stoffel vorgeschlagene partielle Resektion ist allerdings ein definitives 
Urteil noch nicht abzugeben. ( Borchardt .) 


Drüsen. 


Die Mitteilung von Klose (237) ist eine kurzo Darstellung über die 
Funktion der Thymusdrüse, über mechanische Störungen einer zu großen 
Thymusdrüse, über Indikation zum chirurgischen Eingriff, über direkte Ope¬ 
rationen an der hyperplastischen Thymusdrüse, über Thymushämorrhagien 
bei Neugebornen, über metastatische Entzündungen der Thymusdrüse, über 
Vergrößerung der Thymus- und Schilddrüse, über Thymushyperplasie und 
Morbus Basedowii, über Operationserfolge der Schilddrüsen- und Thymus¬ 
exzision bei Basedowscher Krankheit, über Thymustumoren. (Jacobsohn.) 

v. Haberer (168) teilt einen Fall mit, der nach der Operation ge¬ 
storben ist. Bei der Operation fand sich eine sehr große Thymus, von der 
der Operateur offenbar zu wenig entfernt hat, da man eine so überaus 
große Thymus — sie wog 70 g — nicht vermuten konnte. Aus diesem 
Fall erhellt wiederum die schon oft betonte Bedeutung der Thymus für die 
Pathologie der Basedowschen Krankheit. ( Borchardt .) 

Starck (443) berichtet über 69 Fälle von Operationen bei Basedow¬ 
scher Krankheit. Die Mortalität beträgt 9 %,. die Heilung 30 %. Besserung 
wurde in 35—40% erzielt. Das Blutbild ist durch die Operation in keiner 
Weise beeinflußt worden. Die persistierende Thymus scheint eine Gefahr 
bei der Operation zu bedeuten. Der Chirurg sollte sich daher in jedem 
Falle vor der Resektion der Struma überzeugen, ob eine Struma vorhanden ist. 

(Borchardt.) 

Merhaut’s (304) Erfahrungen (die Statistik beigegeben) gehen dahin: 
1. Es existieren tatsächlich Fälle, die sich konservativ heilen lassen; aber 
eine beträchtliche Prozentzahl stirbt daran. 2. Operative Therapie hat 
bessere Resultate, namentlich geringe Mortalität. Die Symptome verschwinden 
sehr bald, was namentlich von sozialer Bedeutung ist. 3. Die Nichterfolge 
sind der unrichtigen Indikation — akute und subakute Formen — oder 
unrichtiger Ausführung der Operation zuzuschreiben — ungenügendes Ent¬ 
fernen des Drüsenparenchyms usw. (Jar. StuchUk.) 

Die Resultate der Arbeit von Kaelin (224) sind folgende: 1. Die 
einfache benigne Struma kann durch Druck den Grenzstrang des Sympa¬ 
thikus beeinträchtigen. 2. Nach Extirpation der betreffenden Kropfhälfte 
bilden sich in einem Teil der Fälle die Sympathikussymptome zurück, in 
anderen Fällen bleiben sie bestehen. Von den Augensymptomeu schwindet 
zuerst die Ptosis und erst nachher die Miosis. 3. Der Sympathikus kann 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 


bei einfacher Kropfoperation verletzt werden. Derbe, peristramitische Ver¬ 
wachsungen begünstigen das Zustandekommen der Verletzung. 4. In der 
Kegel bandelt es sich dabei um Lähmungssymptome. Auch hier sind sie 
einer Rückbildung fähig. Zuerst schwindet die Ptosis und dann die Miosis. 
5. Die operative Sympathiknslähmung bildet eine beachtenswerte Störung, 
die durch sorgfältiges Vorgehen im Gebiet der Arteria thyreoida inferior 
nach Möglichkeit zu vermeiden ist. ( Jacobsohn .) 

Bei einer 36jährigen Patientin Obdl’s (333) zeigten sich bereits am 
zweiten Tage nach einer Strumaresektion Erscheinungen der Tetanie, welche 
rasch zu voller Ausbildung gelangten, mit psychischer Unruhe. Schilddrüsen- 
und Nebenschilddrüsentabletten ohne Erfolg. Am 24. Tage Transplantation 
von Epithelkörperchen in das subfasziale präperitoneale Bindegewebe; bereits 
am 2. Tage lassen die krampfhaften Erscheinungen nach, sukzessive Besserung, 
Heilung; während einer dreimonatigen Beobachtungszeit keinerlei Tetanie¬ 
erscheinungen. ( Huäovernig .) 

Canestro (75) hält die endouasale Operationsmethode, die er gelegent¬ 
lich eines operierten Falles von Hypophysentumor beschreibt, für die beste 
zur Entfernung derartiger Geschwülste. ( Jacobsolm .) 

Blamenthal (56) hat an Schädeln die Lage der Keilbeinhöhle zum 
Türkensattel durch Sondeneinführung in die Höhle und nachherige Röntgen¬ 
aufnahme festgestellt. Es zeigte sich, wie außerordentlich variabel das Lage¬ 
verhältnis beider Gebilde ist. Er schlägt vor, ein analoges Vorverfahren 
vor jeder Hypophysenoperation einzuschlagen, um tödliche Blutungen oder 
Verletzungen wichtiger Hirnabschnitte zu verhüten. ( Jacobsolm .) 

Der Titel der Arbeit von Sewall (425) besagt im großen und ganzen 
den Inhalt der Arbeit. ( Jacobsolm .) 


Tetanusbehandlung. 

Riehl (381) schlägt vor, alle verunreinigten, namentlich durch Artillerie¬ 
geschosse verursachten Wunden mit Chlorverbänden — 1 Teil Chlorkalk, 
9 Teile Bolus alba — zu versehen, um der Tetanusgefahr vorzubeugen. 
Da Chlor Kobragift vernichtet, ist eine ähnliche Einwirkung auch auf das 
Tetanusgift zu hoffen, die freilich erst erwiesen werden müßte. ( Cordet) 
Ritter (383) betont, daß die prophylaktische Tetanusbehandlung haupt¬ 
sächlich in einer Wundbehandlung besteht, da aber die Exzision der Wund¬ 
ränder sich nicht immer rechtzeitig genug im Feld bewerkstelligen lasse, 
müsse eine Verätzung eintreten. Die hierzu geeigneten Mittel seien noch 
nicht einwandfrei gefunden, seien aber sicher unter den balsamischen zu 
suchen. ' (Cordes.) 


Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 

Ref.: San.-Rat Dr. S. K a 1 i s c h e r - Schlachtensee. 


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17. (15/20.) 85, 95, 105. 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 609 


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211. Young, F. B., State Hospital for Nervous Diseases. Arkansas M. Soo. J. Okt. 

In der speziellen Therapie der Nervenkrankheiten ist die Hochflut der 
Schriften über Psychotherapie anscheinend in der Abnahme begriffen. Die 
Behandlung der Kriegsverletzten wie der Einfluß des Krieges auf den 
Nervenzustand nehmen einen nicht geringen Anteil an der diesjährigen 
Literatur. 


Therapie der funktionellen Neurosen nnd Krampfznstände. 

Engelhom (51) geht hier näher ein auf die Behandlung der in den 
Wechseljahren der Frau (Klimakterium) einsetzenden nervösen Störungen: 
Allgemeine diätetische Vorschriften, Neurine, organo-therapeutische Präparate, 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 615 

Vorziehen der pflanzlichen Ernährung, Blutentziehungen kommen hier in 
Frage. Engelhorn hat in letzter Zeit in dem Aderlaß ein rasch und zuver¬ 
lässig wirkendes Mittel gesehen. Es genügt meist eine Blutentziehung von 
100 ccm; unter Umständen ist dieselbe ein- oder mehreremal zu wieder¬ 
holen. 

Blutdrucksteigerung findet man nach Strauß (178) meist bei Nieren¬ 
sklerose, Arteriosklerose des Splanchnikusgebietes, echter chronischer Nephritis. 
Auch bei der sogenannten Präsilense (Initialarteriosklerose) findet sie sich. 
Zur Vermeidung der Blutdrucksteigerang kommen in Betracht Regelung 
der Lebensweise, psychische Ruhe, Erholungsruhen, Ausspannung von der 
Berufstätigkeit, Ruhepausen bei Tage, Maßhalten auf sexuellem Gebiete, in 
der Ernährung, Milchkuren, doch nur vorübergehende, Bettruhe, reichlicher 
Schlaf, Abführmittel, Brunnenkuren, Nitroglyzerin, Nitrite. 

Goldscheider (67) ventiliert die Ursache der Schmerzgewöhnung bei 
Fortdauer der schmerzerregenden Ursache. So die Tatsache, daß beim 
Kneifen einer Hautfalte der Schmerz mit der Zeit geringer wird, um bei 
plötzlichem Loslassen der komprimierenden Finger oder der Klemme wieder 
aufzutreten. Ferner die Gewöhnung der Haut an Berührung heißer 
Gegenstände, der Muskeln bei Ermüdungsschmerz (Adduktorenschmerz beim 
Reiten) usw. 

WendkOS (196) gibt hier eine Anleitung zur Behandlung der gastrischen 
Neurosen. Dieselbe bietet nichts wesentlich Neues. 

Taylor (183) rät zur Heilung der Krankheiten des Nervensystems und 
der Neurosen möglichst alle Faktoren des Organismus zu berücksichtigen und 
zu beeinflussen, um durch vielseitige Therapie den Organismus zu heben, 
schlummernde Kräfte zu wecken, bestehende Hindernisse zu beseitigen. 
Dazu müssen alle neuen Hilfsmittel der Medizin und alle Methoden Zusammen¬ 
arbeiten (Psychotherapie, Mittel der inneren Sekretion, Massage usw.). 

Macy (104) weist darauf hin, daß in den verschiedenen Fällen 
von Morbus Basedowii bald das, bald jenes Mittel eine günstige Wirkung 
ausüben. Am meisten von Nutzen hielt er geistige und körperliche Ruhe. 
Oft wird die Krankheit in den ersten «Jahren verkannt und als Hysterie 
Neurasthenie angesehen. Der Hyperthyreoidismus ist die primäre Ursache. 
Oft wirkt der Schock und Schreck indirekt vom Nervensystem auslöseud 
auf den Hyperthyreoidismus und seine Folgen für den gesamten Organismus. 

Nicht in einer geringen Zahl von Fällen von Basedowscher Krankheit 
hat nach Hensel (83) die Dysfunktion der kongenital hypoplastischen Thymus 
Einfluß auf die Krankheit, diese Fälle führen leicht zu plötzlichen Todes¬ 
fällen und heilen auch nicht nach radikalen Thyreoideaoperationen. Fälle 
ohne Thymusbeteiligung entwickeln sich oft erst in späteren Jahren und 
nehmen einen günstigeren Verlauf; sie heilen durch medikamentöse und 
andere Mittel und gelegentlich auch durch die Thyreoidektomie. 

Weiland (195) sah selten nur ein Verschwinden aller Symptome bei 
dem Morbus Basedowii, sowohl bei intern wie chirurgisch behandelten Fällen. 
Von Heilung kann man jedoch sprechen, wenn der Kräftezustund gut bleibt, 
das Herz keine Störungen mehr aufweist, Unruhe, Tremor, Schwäche ge¬ 
schwunden und die Leistungsfähigkeit wieder eingetreten ist. In dieser 
Richtung ist die Zahl der intern Behandelten und Geheilten nicht so selten. 
Die Röntgenbehandlung kann diese Zahl noch erhöhen, sie ist auch zur Nach¬ 
behandlung rezidivierter und operierter Fälle zu empfehlen. Ein Allheil¬ 
mittel für die verschiedenen Formen der Basedowschen Krankheit gibt es 
nicht. Für die Beurteilung der Notwendigkeit einer Operation sollen nur 
■objektive Symptome maßgebend sein. 


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Spezielle Therepie der Krankheiten dea Nervensystem». 


Corning (36) rät) beim Basedow besonders in den ersten Stadien 
alle Eeizwirknngen zu verhüten und für Buhe, vorsichtige Diät und regel¬ 
mäßige Verdauung zu sorgen. Die medikamentöse Behandlung soll sym¬ 
ptomatisch wirken und individualisiert werden. Ein Spezifikum gebe es 
nicht, und auch die Organtherapie und Chirurgie erreicht nur in bestimmten 
Fällen gute Resultate. (Bendix) 

In der Klinik Moravcsiks wurde neben den Bromsalzen längere 
Zeit hindurch das Luminal als Epilepsiemedikament verabreicht; über 
dasselbe berichtet s. Z. Vörtes, daß Epileptiker, welche früher Brom nicht 
nahmen, bei 0,20—0,30 Luminal gut reagieren; wurde aber bisher mit Brom 
behandelten Kranken dieses plötzlich entzogen, um auf Luminal überzugehen, 
so häuften sich die Anfälle. Da wegen der kriegerischen Verhältnisse 
Luminal nicht zu bekommen war, mußte bei den mit Luminal behandelten 
Epileptikern diese Behandlung unterbrochen werden. Dabei fand Balassa 
(10), daß auch der Übergang von Luminal auf Brom mit einer Häufung 
der epileptischen Anfälle verbunden war, also daß der Organismus der 
Epileptiker auch eine gewisse Gewöhnung an Luminal zeigt Wurde statt 
Luminal Dial-Ciba verwendet, so zeigten sich Anfalle kaum gehäuft, was 
seinen Grund wohl iu der chemischen Verwandtschaft der beiden Präparate 
findet. (Hudovemig.) 

Eastman (47) konnte durch Kompression der Karotiden in 6 Fällen 
von Epilepsie bei 3 Fällen die Schwere der Anfälle herabsetzen. 

(Jaeobtohn.) 

Tsiminakis (188) führte bei 30 gesunden Individuen im Alter von 
18—30 Jahren die Karotidenkompression aus, bei denen dieselbe möglich 
war, aber ohne sie je über eine Minute auszudehnen. Sobald Bewußt¬ 
losigkeit eingetreten war, wurde sofort der Daumendruck gehoben. Bei 
allen Gesunden trat nach Verlauf einer gewissen Zeit, meistens nach einer 
halben Minute momentane Bewußtlosigkeit ein, die sofort nach dem Auf¬ 
heben des Daumens verging, wonach kein anhaltender, sondern nur ein 
momentaner Schwindel zurückblieb. Die Bewußtlosigkeit hatte keine Zuckungen, 
sondern eine völlige Erschlaffung der ganzen Muskulatur zur Folge, wobei 
der Kopf sofort zur Seite auf die Schultern oder nach vorne sank. Ferner 
wurde die Karotidenkompression zur Hervorrufung von Epilepsieanfällen bei 
116 größtenteils an genuiner Epilepsie leidenden Personen angewandt. Bei 
7 Fällen bestand traumatische Epilepsie (Jackson) infolge von Kopf¬ 
verletzungen. Bei den meisten an genuiner Epilepsie leidenden Patienten 
zeigten die spontan auftreteuden Anfälle bei. einem und demselben Patienten 
verschiedenen Typus. Die Bewußtlosigkeit trat bei allen Epilepsiekranken 
schneller ein als bei den Gesunden, und zwar immer in bis spätestens 
30 Sekunden. Der Bewußtlosigkeit folgten außer bei den Fällen, bei denen 
es sich um ein epileptisches Äquivalent handelte, sofort allgemeine oder 
einseitige Krämpfe; die Krämpfe waren meistens Strampelbewegungen. Auf 
diese Krämpfe von 10 bis höchstens 30—40 Sekunden Dauer folgte Be¬ 
wußtseinstrübung mit dem charakteristisch starren Blick. Die Trübung 
dauerte 1—6 Minuten, worauf der Patient zu sich kam und über Schwere 
ira Kopf, Schwindel und Ermattung von verschiedener Intensität klagte- 
Bei den Hysterischen, von denen der Autor 42 Fälle untersuchte, trat sofort 
ausnahmslos durch die Karotidenkompression der hysterische Anfall oder 
das Äquivalent ein, genau so, wie bei den spontan auftretenden. AufP ruC 
anderer Punkte (neben den Karotiden, auf Ovarien, Schmerzpunkte) tra 
kein Anfall ein. Der Autor meint, daß diese Versuche zur Diagnostik der 
Epilepsie und Hysterie beitragen. ( Jacobsohn .) 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 


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Reed (146) ist der Meinung, daß die Ursache der Epilepsie ein Bazillus 
ist, und zwar von der gaserzeugenden Art. Die Infektion geschehe vom 
Darm aus und von hier durch das Blut. Daher müsse man besonders für 
eine gute und regelmäßige Darmfunktion Sorge tragen. ( Jacobsohn .) 

Mönch (115) faßt die Epilepsie als eine Stoffwechselkrankheit auf und 
stellt sie in Parallele mit der harnsauren Diathese. Wie hier von Zeit zu 
Zeit Entladungen des mit schädlichen Stoffen überschwemmten Körpers statt¬ 
finden, so auch dort Aus dieser Erwägung heraus macht er bei der Epi¬ 
lepsie intravenöse Injektionen von Formaldehyd-Natriumbisulfit 5—10 ccm 
mehrere Wochen lang täglich. Er will damit in einer Anzahl von Fällen, 
die einer anderen Medikation trotzten, Erfolge erzielt haben. (Jacobsohn.) 

Williams (200) sieht die Ursache der Epilepsie in Stoffwechselstörun¬ 
gen und in einer Unfähigkeit, Proteine, Eiweißstoffe zu verarbeiten. Man 
soll nicht mehr als 50 g Eiweiß pro Tag diesen Kranken geben und die 
fehlende Menge durch reichliche Süßigkeiten, Fette und Kohlehydrate ersetzen. 
Ferner sind reichliche vegetabilische Salze (in Früchten und Gemüsen) zu¬ 
zuführen. Dann ist durch reichliche Bewegung die Oxydation der Stoffe 
zu befördern. 

Bei Epilepsie bewährt sich nach Topp (187) besonders gut das Pulvis 
antiepilepticus Weil oder „Nervinum Dr. Weil“, das aus 5% Hämoglobin, 
5% Acid. alp., 84% Fer. alkalibromid., 6% Enzianbitterstoff besteht. In 
mittelschweren Fällen genügen 1—2, in schweren 3—4 Pulver längere Zeit 
hindurch. Appetit, Blut, Gewicht, Spannkraft des Organismus bessern sich 
dabei. Bromismus ist nicht zu befürchten. — Auch das Spasmosan Dr. 
Heinrichs (3% Kalk, 5% Brom, 16% Valeriana) hatte in leichten Fällen 
guten Erfolg bei Epilepsie. 

Steiger (174) wendet sich hier gegen das operative Vorgehen bei be¬ 
stehender Schwangerschaftsniere zur Verhütung der Eklampsie. Er spricht 
sich gegen die Durcbschneidung der Uretheren und spätere Vereinigung der 
Harnleiterenden nach der Geburt aus. • Eine Eklampsie kann in diesen Fällen 
auch ohne dieses operative Vorgehen verhütet werden. 

Veit (191) empfiehlt bei der Eklampsiebehandlung in erster Reihe die 
sofortige schnelle Entbindung, die je nach dem Zustande der Weichteile 
nach irgendeiner Methode vorgenommen werden soll. Sie ist der An¬ 
wendung der Narkotika und dem Aderlässe vorzuziehen oder mit diesen 
gelegentlich zu verbinden. 

Gessner (63) rät, bei Eklampsie durch die sofortige Entleerung der 
Gebärmutter für eine alsbaldige Entspannung der betroffenen Organe Sorge 
zu tragen; uud kein Mittel, wie die Entbindung, bringt die Anfälle so sicher 
zum Schwinden. Um den Ausbruch der Eklampsie bei Schwangerschafts¬ 
nieren vorzubeugon, rät Gessner, eine Niere vor der Entbindung ganz den 
Dehnungs- und Spannungsverhältnissen zu entziehen, indem man den Ureter 
einer Seite durchschneidet und den renalen Stumpf in das Kolon oder in 
den Proc. vermiformis einpflanzt. 

Gessner (64) wendet sich gegen die Streckelsche Entgegnung und 
Einwände gegen die von ihm vorgeschlagene Methode und Behandlungs¬ 
weise der Schwangerschaftsniere und der Eklampsie. Namentlich die Zug- 
und Spannungsverhältnisse der Blase, Niere, des Blasenhalses und Zervix 
werden eingehend besprochen, ebenso die Einflüsse der Harnorgane auf die 
Geschlechtsorgane und umgekehrt. 

Nach Angaben von Werner (197) wird in der Frauenklinik zu Wien 
bei Einbringung einer Eklamptischen folgendermaßen verfahren: Die Frau 
wird sofort in einem verdunkelten Zimmer isoliert, alle Reize von ihr mög- 


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Spezielle Therapie der Krankheiten de* Nervensystems. 


liehst ferngebalten; unter leichter Narkose wird die geburtshilfliche Unter¬ 
suchung vorgenommen, sowie der Harn mittels Katheder entnommen und 
untersucht. Dann folgt sofortiger ausgiebiger Aderlaß von 400—600 ccm sowie 
Injektion von 0,02 g Morphin, und nach 2 Stunden 3 g Chloralhydrat per 
Klysma. Läßt sich die Entbindung leicht bewerkstelligen, wird mittels 
Forzeps oder Extraktion entbunden. Lassen die Krämpfe nicht nach, wird 
eventuell der Aderlaß wiederholt oder die Morphin- und Chloralgaben fort¬ 
gesetzt. Bei Schwangeren wird gegebenenfalls die Geburt durch Einlegen 
.einej ßougie eingeleitet, oder die Wehentätigkeit durch einen Ballon ver¬ 
stärkt. Bei daniederliegender Diurese wird Euphyllin 0,24 1—2mal intra¬ 
muskulär gegeben. Bei Wöchnerinnen ist die Behandlung die gleiche, mit 
Ausnahme der nicht mehr in Betracht kommenden entbindenden Maßnahmen. 

( Jacobsohn .) 

Blodgett (20) empfiehlt zur Prophylaxe der Eklampsie strenge Diät, 
Verminderung der Harnsäure. Das Auftreten von Albumen ist von sekun¬ 
därer Bedeutung bei der Eklampsie und nicht ursächlich, ln den letzten 
6 Monaten der Schwangerschaft sollten Fisch und Fleisch vermieden werden. 

Stoeckel (176) wendet sich hier gegen die Theorien und operativen 
Vorschläge Gessners bei der Schwangerschaftsniere und Eklampsie. Er 
sucht nachzuweisen, daß dieselben auf falschen Prämissen beruhen. Er be¬ 
trachtet das Vorgehen Gessners als ein therapeutisches Attentat anf 
Menschenleben. 

Nach Winter (206) kann der praktische Arzt auf Grund unserer Er¬ 
fahrungen mit der aktiven und mit der Stroganoffscben Behandlung der 
Eklampsie mit vollem Recht und gutem Gewissen die Eklamptische in seine 
Behandlung nehmen und im richtigen Zusammenwirken mit dem geburts¬ 
hilflichen Fachoperateur vorzügliche Resultate erzielen. 

Da der Stoffwechsel der Schwangeren verändert ist, hält Rissm&nn (151) 
Diätetik in jedem Falle für nötig, Einschränkungen von Fleischgenuß, Gewürzen, 
Alkohol, Kaffee. Gut ist reichliches Trinken und die Verhütung von Magen¬ 
überladungen. Die Initialerscheinungen der Stoffwecbselstörungen sind zu 
beachten, so Ohnmächten, Mattigkeit, Blässe. Bei größeren Störungen ist 
die Eiweißzufuhr bis unter das Eiweißminimum herabzusetzen. Das Heil 
der Eklampsie liegt nach Rissmann in der diätetischen Prophylaxe. 

Beer (14) erinnert au die Ähnlichkeit des Tetanuskrampfes mit dem 
Gähnakt, die zuerst von Gowers gefunden wurde, und empfiehlt daraufhin 
eine symptomatische Therapie, um den Krämpfen Einhalt zu tun. 

(Jacobsohn.) 

Roth fuchs (159) empfiehlt warm die kombinierte Behandlung des 
Tetanus durch Salvarsan und Antitoxin. Verf. erwähnt, daß seine und 
anderer (Jacobsthal) Tierversuche gleichfalls zu dieser Behandlungsmethode 
ermutigen. R. injiziert jetzt Salvarsan gleich am ersten Tage, zitiert aber 
auch einen Fall, wo ein schon aufgegebener Tetaniker am 6. Tage durch 
0,3 Salvarsan sprunghaft gebessert und geheilt wurde. 

Eichler (48) warnt vor Verwechslung in Diagnose und Behandlung 
zwischen spastischer und atonischer Obstipation. Daher bei spast. O. keine 
Abführmittel, sondern von Arzneien, höchstens „Atropin; im übrigen Diät 
(fleischarm, reizlos), Elektrisieren (Diathermie), Ölklystiere. 

Emmerich und Loew (50) empfehlen hier noch einmal die Kalk¬ 
therapie bei Heufieber. Die Chlorkalziumdosen werden schon im Magen¬ 
darmkanal in phosphorsaures Kalk umgewandelt. Die dargereichte Kalk¬ 
menge, die 1 / 4 — 1 / 2 Liter Milch entspricht, ist durchaus unschädlich. Selbst 


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Spezielle Therapie der Krankheiten dea Nervensystems. 


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jahrelanger Gebranch von täglichen Dosen von 2—3 g krystallisiertem Chlor* 
kalzium ist für die Nieren unschädlich. 

Browning (27) sieht in dem Stammeln und Stottern nicht ein primäres 
Leiden des Zentralnervensystems, sondern er sieht die Ursache in einer be¬ 
sonderen Körperkonstitution, und zwar in Hyperthymismus, übermäßiger 
Thymusfunktion. Die Thymus ist bei diesen Patienten vergrößert oder 
persistent. Zirkulationsstörungen sind häufige Begleiterscheinungen ebenso 
wie Erkrankungen des Nasenrachenraumes. Auch rachitischer Knochenwuchs, 
muskuläre Hypotonie sind oft dabei. Die geringere Beteiligung des weib¬ 
lichen Geschlechts hängt mit der selteneren Störung des thyreo-lymphatischen 
Systems bei diesen zusammen. Die Behandlung muß eine allgemeine und 
lokale sein. 

Arnheim (6) empfiehlt bei Ohrensausen, welches auf nervöser Basis 
beruht, das Otosklerol. Das Mittel besteht aus Cimicifugin 6,66%, Brom 
36,3% und Phosphorsäure 13,52%. Man muß es längere Zeit geben. Es 
bewährte sich besonders gut bei Schlaflosigkeit infolge von Ohrgeräuschen. 

( Jacobsohn ,) 

Die Sonderelementarklasse für sprachkranke Kinder in Wien hatte nach 
Rothe (158) im ersten Jahre ihres Bestehens gute Erfolge sowohl in sprach¬ 
licher wie in erziehlicher und unterrichtlicher Hinsicht. Von 30 Stamm¬ 
lern wurden 21 geheilt Kompetenzkonflikte zwischen Lehrer und Arzt 
traten nicht hervor. Rationelle Atemübungen wurden bei den Stotterern 
systematisch geübt. Der angepaßte Leseunterricht ‘leistete außerordentliche 
Hilfe. Je früher die Therapie einsetzte, um so besser waren die Erfolge. 
Gerade beim Übergang vom bäuslichen Leben zum Schulunterricht ist der 
Sprachunterricht in der Sonderklasse von großer Wichtigkeit. 

Fröschels (69) erörtert hier die vielfachen Beziehungen der Sprache 
und ihrer Fehler zu den einzelnen Organen des Körpers, so zu dem Nerven¬ 
system, zur Atmung, zu Erkrankungen des Nasenrachenraumes, des Ohres, 
Gaumens, Mundes, Kehlkopfes usw. 

Unter Fröschels’ (CO) Leitung wurde eine sprachärztliche Abteilung ver¬ 
wundeter Krieger gebildet, über die der Autor nun berichtet. Aus der 
Arbeit, in welcher die üblichen Methoden der Sprachbehandlung kurz er¬ 
wähnt werden, ist erwähnenswert, daß von den Stotterern der größte Teil 
den Sprachfehler erst im Kriege erworben hat. Nur bei einigen handelte 
es sich um eine Verschlimmerung eines schon von Jugend auf bestehenden 
Sprachfehlers. (Jacobsolm.) 


Psychotherapie. 

Um ebenbürtig neben der forschenden Schwesterdisziplin der Psycho¬ 
pathologie zu stehen, muß nach Schultz (163) die Psychotherapie erst von der 
Symptombehandlung zur Behandlung der ganzen Persönlichkeit aufsteigen. 
Die Quintessenz aller anderen Psychotherapie ist, den Kranken „Wege 
vom Ich“ zu führen. Anlage, Umgebung, Schicksal, psychische Entwicklung, 
Interessenkreise und Fähigkeiten sind im einzelnen Falle zu berücksichtigen 
und bestimmend für die Wahl der Methode der Psychotherapie. 

Mclntire (107) wendet sich hier gegen die zu strengen schablonen¬ 
mäßigen Vorschriften in den Aufnahmebedingungen für die medizinischen 
Studienanstalten und gegen die zu beschränkten Grenzen der Studiendauer, 
der Examina usw. 

Solomon (172) will den Gebrauch des Ausdrucks „Psychoanalyse“ 
auf den Sinn beschränkt wissen, wie ihn die Freud sehe Schule anwendet. 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 


Sonst soll man statt Psychoanalyse den Begriff Psychognosis oder geistige 
resp. seelische Analyse vorziehen. 

Parker (128) vertritt die Anschauung einer gesunden psychologischen 
Behandlung der Neurosen und besonders die Berücksichtigung des Zusammen¬ 
hangs und der Verflechtung der bewußten und unbewußten Vorgänge. Ancb 
die Träume sind zur Aufklärung der Persönlichkeit zu verwerten. 

Habermann (73) sieht in dem Freudismus gerade so wie in der Chri¬ 
stian Science ein isoliertes Sekten wesen. Die Psychotherapie hat weitere Auf¬ 
gaben, sie ergreift die gesamte Persönlichkeit und soll mit Suggestion, 
Persuasion und Reedukation arbeiten und im ganzen mehr erzieherisch wirken; 
sie ist Sache des Seelenarztes. 

Kisch (93) weist nach, einen wie großen Nutzen die Psychotherapie 
bei Diabetes erzielen kann durch Aulklärung, Ablenkung, Zerstreuung, Bade¬ 
reisen, Bekämpfung hypochondrischer Vorstellungen, Beeinflussung in Sana¬ 
torien usw. 

Bei den hysterischen Zuständen nach Grauatexplosionen sah Bittorf 
(18) selbst noch in veralteten Fällen gute Erfolge durch ernste strenge psycho¬ 
therapeutische Aufklärung und Behandlung. Man suche das Pflichtgefühl, 
den Willen zu wecken, indem man einen neuen vollwertigen Gedanken an 
Stelle der übermächtigen, krankhaften Vorstellung setzt Man handle zeitig, 
zielbewußt, streng. Personal und Umgebung müssen über das Behandlungs¬ 
ziel aufgeklärt sein. Man heile nicht nur, sondern schaffe gesunde, seelisch 
wertvolle Menschen aus den Kranken. 

Nonne (121) ist überzeugt, daß diejenigen Beobachter, die in den 
ersten Monaten des Krieges glaubten, die jetzt zur Beobachtung kommenden 
Neurosen seien „rein“, weil die sekundären Momente, insbesondere die viel¬ 
genannten Begehrungsvorstellungen fortfielen, inzwischen zu einer Revision 
ihrer Anschauung gekommen sind. Der Prozentsatz der Neurosen ist unter 
der Zahl der allgemein Kriegsverletzten ein geringer. Hysterie, besonders 
lokale Hysterie wird oft verkannt, wofür der Autor Beispiele anführt N. 
macht auf die Häufigkeit vasomotorischer Störungen bei hysterischen Läh¬ 
mungen aufmerksam, die häufig recht schwerer Art sind. Sie gehen gewöhn¬ 
lich gleichzeitig mit den motorischen Störungen zurück. Die hysterischen 
Störungen waren meist monosymptomatisch, die größere Hälfte der Fälle 
betrafen Individuen, die früher nicht nervös gewesen sind oder neuropathisch 
belastet waren. Der Krieg hat gelehrt, daß der durch somatische oder psychische 
Traumen resp. durch beide zusammen auslösbare hysterische Symptomen- 
komplex viel auslösbarer ist, als man früher glaubte. N. hat von Anfang 
Oktober 1914 bis Mitte September 1915 in stationärer Behandlung 63 Fälle 
von Hysteriekomplex in Behandlung gehabt. Von diesen 63 Fällen wurden 
51 Fälle geheilt, d. h. von ihren Störungen befreit. In 28 dieser Fälle 
kam eine Schnellheilung zustande. In allen Fällen, in denen die Entwick¬ 
lung des Krankheitsbildes eine allmähliche gewesen war, war auch die Heilung 
durch Hypnose nur eine allmähliche. In allen Fällen war die Hypnose 
eine tiefe, d. h. mit Aufhebung des Bewußtseins und mit Amnesie einher¬ 
gehende. Tiefe Hypnose ist aber noch keine Gewähr für Eintritt der Heilung. 
Die häufigsten Ursachen der Entstehung der hysterischen Symptomenkom- 
plexe waren Granatexplosionskatastrophen. Der Autor meint, daß die Hypno- 
tisierbarkeit eine normale Funktion des Menschen mit normalem Nervensystem 
ist. In den Fällen von motorischer Lähmung war eine Störung der Sensi¬ 
bilität fast ausnahmslos vorhanden. Die Begrenzung der Sensibilitätsstörung 
entsprach fast immer der funktionellen Einheit der Extremitäten. Die Hypnose 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensysteme. 


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ist ein Hilfsmittel für die Diagnose, sie unterstützt die Beurteilung bezüg¬ 
lich der Rentenabfindung in hohem Maße. Die Behandlungserfolge durch 
Hypnose waren in der ersten Zeit vorzügliche, sie wurden aber geringer, 
seitdem die Soldaten von Kameraden schon vorher darauf vorbereitet oder 
beeinflußt waren. ( Jacobsohn .) 

Therapie der organischen Nervenkrankheiten. 

Bei Harnverhaltungen nach Rückenmarksschüssen empfiehlt Goldberg 
(65) innerlich reichlich Salol, Urotropin oder ein Ersatzpräparat. Nach 
Eintritt einer Urosepsis sind diese Mittel ohne Wirkung. Dann entleere 
man dreimal täglich die Harnblase mit einem mittelstarken Nelaton; man 
unterlasse jede Einspritzung und Spülung. Ausgekochte Weichgummikatheter 
in steriler Gaze können in den Verbandskästen geführt werden und auch 
von intelligenten Sanitätern angewendet werden. 

Petraschky (134) legt zur Vorbeugung der epidemischen Genickstarre 
besonderen Wert auf die Desinfektion der Taschentücher von Mannschaften, 
die irgendwie verdächtig sind, Keimträger zu sein. ( Jacobsohn .) 

Bökay (22) hat in der ganzen Literatur 29 geheilte Fälle von zweifel¬ 
loser Meningitis tuberculosa gefunden; darunter war keiner unter dem zweiten 
Lebensjahre, die meisten zwischen dem 5. und 14. Alle diese Fälle er¬ 
wiesen sich nicht als tatsächliche Heilungen, denn nach 10 Monaten bis 
57a Jahren kam es zu einer neuen menigealen Attacke. Doch ergaben 
oft die nach 1—3 Jahren vorgenommenen Kontrolluntersuchungen eine 
effektive Heilung. Verf. selbst teilt zwei geheilte Fälle mit: Im ersten 
typische Erscheinungen bei einem 11jährigen Knaben, im Liquor keine 
Bazillen, aber positiv Impfversuche, Rückbildung der Erscheinungen nach 
2 Monaten, nach einem Jahre absolut negativer Befund. Die Erkrankung 
des anderen, 12jährigen, Knaben ging auch mit schweren zerebralen Er¬ 
scheinungen einher, Liquorbefund und Impfversuch positiv. Langsame 
Besserung in mehreren Monaten; die nach dritthalb Jahren vorgenommene 
Untersuchung ergab eine gewisse psychische Defektuosität, aber sonst keinerlei 
Erscheinungen. — Im Anschluß an diese Fälle untersucht nun Verf., welche 
Bedingungen die Heilung der Meningitis tuberculosa ermöglichen. Er be¬ 
zeichnet als wichtig, daß neben der tuberkulösen Meningenerkrankung 
sonst kein weiteres Organ tuberkulös erkrankt sei; selbst eine isolierte miliar¬ 
tuberkulöse Erkrankung der Meningen gibt die Möglichkeit einer Heilung. 
Pathologisch anatomisch neigen die je kleineren Exsudationen eher zur 
Heilung, weil dieselben den intrakraniellen Druck kaum steigern. • Gerade 
dieser Umstand der Druckverminderung spricht auch für den Heilwert der 
systematischen Lumbalpunktionen. Pathologisch-anatomisch sind auch geringe 
primäre Veränderungen, geringere Virulenz und Fehlen der Granulationen 
günstigere Symptome. Fälle einer Meningite diffuse congestive, wo es sich 
um eiufache Hyperämie der Meningen handelt bei anwesenden Tbc-Bazillen, 
sind auch günstig für einen Ausgang in Heilung. Die Fälle von Meningismus 
und Pseudomeningitis hält Verf. auch für milde Fälle einer Meningitis 
tuberculosa. — Therapeutisch erwartet Verf. bloß von der Lumbalpunktion 
und der Resistenz des Organismus einen Erfolg. ( Hudovemig .) 

Die Meningitis epidemica ist im Gegensatz zur tuberkulösen und durch 
Pneumokokken hervorgerufenen Hirnhautentzündung der Typus einer Lokal¬ 
infektion, wenn man die maßgebenden Untersuchungen Westenhoeffers 
über die Verbreitung der Meningokokken vom Nasenrachenraum aus auf dem 
Lymphwege zusammen mit dem typischen Sektionsbefund am Gehirn und 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 


Rückenmark zugrunde legt. Nur in einer verhältnismäßig kleinen Zahl von 
Fällen konnten Meningokokken im Blut gefunden und die Krankheit somit 
als eine Bakteriämie mit besonderer Bevorzugung der Hirnhäute charakte¬ 
risiert werden. Deshalb erscheint es nach Wolff (208) als aussichtsreich 
und am meisten rationell, am Herde der Infektion selbst mit möglichst 
spezifischen Mitteln anzugreifen. Nachdem die intralumbale Serumtherapie 
bisher keine ausreichenden Erfolge gezeitigt hat, dürfte der Versuch gerecht¬ 
fertigt sein, chemische Agentien zur Lokalbehandlung der Meningitis anzu¬ 
wenden. Wolff spritzte zuerst 5 ccm einer 0,5prozentigen Tropakokainlösung 
und danach, ca. 10 Minuten später, 10 ccm einer sterilisierten 0,2prozentigen 
Protargollösung in den Lumbalsack. Jeder Einspritzung bat eine Ent¬ 
leerung von Liquor (40—60 ccm) voranzugehen. Die Protargollösung wurde 
2—3mal in Zwischenräumen von mehreren Tagen wiederholt, ln der Zwischen¬ 
zeit zwischen 2 Einspritzungen wurden nur Entleerungen der Spinalflüssig¬ 
keit vorgenommen. Unter dieser Behandlung kamen 5 Fälle zur Heilung. 

( Jacobsohn.) 

In ausführlicher Weise verbreitet sich Nonne (122) über die spezifisch 
verschiedenen artiluetischen Wirkungen von Jod und Hg. Sodann geht er 
auf die neue, durch das Salvarsan eingeleitete Periode über. — Fälle werden 
genannt, in denen Operation eines Stirntumors am Platze ist, und allgemein- 
hin betont, daß die Lues cerebrospinalis die besten Erfolge bei spezifischer 
Behandlung verbürgt. Bei Tabes und Paralyse warnt Verf. vor großen 
Dosen. In nicht zu weit vorgeschrittenen Fällen von Tabes bleibe der Zu¬ 
stand nach spezifischer Behandlung (Hg und nachfolgend Salvarsan) häufig 
stationär. 

O’Neil Ireland und Stuart (125) empfehlen das Quecksilberchlorid 
intradural bei syphilitischen Affektionen des Nervensystems. Die Serum¬ 
reaktionen sind etwas stärker als bei der Methode von Ellis und Swift 
Eine klinisch bemerkbare Besserung erscheint nach ca. 5. Injektionen. Die 
Autoren konnten solche Besserung in 75% ihrer Fälle feststellen. Aller¬ 
dings gibt es unter letzteren wieder zahlreiche Rückfälle. Serologisch ist 
weniger eine Veränderung feststellbar. Endgültige Resultate können die 
Autoren noch nicht geben. ( Jacobsohn .) 

Nach Bigelow’s (17) Erfahrung ist der Zellgehalt der Spinalflüssig¬ 
keit, den man regelmäßig kontrollieren muß, der beste Indikator für den 
Fortschritt bei syphilitischen Affektiouen des Nervensystems. Quecksilber 
und Jod reichen zur Behandlung der Nervensyphilis nicht aus. Salvarsan 
und Neosalvarsan, kombiniert mit Quecksilber, führen gewöhnlich einen Still¬ 
stand dieser Krankheit herbei. Kombinierte intraspinale und intravenöse 
Injektionen führen mitunter zum Erfolge, wo es die intravenöse Injektion 
allein nicht erzielt. Bei der Tabes muß man mit der intraspinalen Injektion 
vorsichtig sein. (Jacobsohn.) 

Draper (44) tritt sehr warm für energische Salvareanbehandlung bei 
Syphilis des Nervensystems ein. Besonderen Einfluß batte diese Behandlung 
auf Schmerzen und auf psychische Störungen. Er gibt Einzelheiten der 
Behandlungsweise, um möglichsten Nutzen und keinen Schaden zu stiften. 

(Jacobsohn.) 

Eastman (46) empfiehlt die intrathekale Injektion von Salvarsan 
nach der Ogilvieschen Methode bei Syphilis des Nervensystems. 

(Jacobsohn.) 

Gennerich (62) gibt Einzelheiten über die endolumbale Salvarsan- 
hehandlung bei Syphilis und Metasyphilis des Nervensystems. 

(Jacobsohn.) 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 


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Goidon (69) berichtet über einen Syphilitiker mit Gehirn- und Rücken- 
marksymptomen. Er erhielt zunächst 7 intraspinale Injektionen von Auto- 
salvarsanserum. Darauf verschwanden die spinalen Symptome, die zere¬ 
bralen aber nicht. Besonders der intensive Scheitelkopfschmerz blieb be¬ 
stehen. Eine Druckentlastungsoperation brachte auch nur vorübergehenden 
Erfolg. Der Knochen an der trepanierten Stelle war verdickt. Erst 
die subarachnoidale Injektion von Autosalvaroanserum brachte endgültige 
Besserung. ( Jacobsohn .) 

Hftssin (80) behandelte die Nervensyphilis mit intralumhalen Salvarsan- 
infektionen nach den Methoden von Generich (Münch, med. Woch. 1913 
Nr. 52) und nach Schubert (Münch, med. Woch. 1914) und referiert die 
Handhabung dieser Methoden. Er behaudelte damit 29 Patienten, ohne 
einen nennenswerten Erfolg zu erzielen. ( Jacobsohn .) 

In der Hauptsache beschäftigt sich Fröschels (58) mit der Methode 
Foment-Bonot, die von der optisch-taktilen oder „pädagogischen Methode“ 
der Behandlung der motorischen Aphasie etwas abrückt resp. sie ergänzt. 


Verschiedenes. Eugenik. Jugendfürsorge. Krlegseinflüsse. 

Ratner (145) rät hier zur Vorsicht mit dem Abstinenzgelübde; Alkohol 
ist ein nicht zu entbehrendes Arzneimittel und im mäßigen Gebrauch mit¬ 
unter den Nerven mehr dienlich als schädlich. 

In ausführlicher Weise erörtert Determ&nn (42) die Prinzipien der 
vegetarischen und fleischarmen Ernährung. Determann bespricht zunächst 
die chemisch-psychologischen Unterschiede der pflanzlichen und tierischen 
Nahrungsstoffe, beleuchtet die ökonomischen Differenzen beider Gruppen und 
die Bedeutung der Pflanzenkost für die Verhütung von Krankheiten. — 
Ferner wird die praktische Durchführung der fleischlosen Kost erörtert, 
dann werden die einzelnen Krankheiten abgehandelt, in denen vegetarische 
resp. fleischarme Ernährung von Bedeutung ist: Gicht, Diabetes mellitus 
Arteriosklerose, Nierenkrankheiten, Fettsucht, Morb. Basedow», funktionelle 
Nervenerkrankungen', Magen-Darmkrankheiten, Herz-, Blut- und Haut¬ 
erkrankungen. 

Porter, Huffaker und Ritter (139) fanden unter den scheinbar nor¬ 
malen Kindern über 2 x / 2 Jahre ungefähr 33 %, die eine verlangsamte geistige 
Entwicklung aufwiesen, und 9%, die in der körperlichen Beschaffenheit 
Fehler zeigten, und zwar tracheo-bronchiale Drüsenschwellungen. Diese 
Kinder sollten wie tuberkulöse behandelt werden. 

Von den beiden Arten der Eugenik oder Rasseveredelung, der posi¬ 
tiven, die die Produktivität der hochwertigen Menschheitselemente fördern 
will, und der negativen, verspricht sich Rohleder (156) nur von der letzteren 
praktischen Erfolg. Diese zielt auf Sterilisierung, Unmöglichmachung der 
Konzeption hin. Die Sterilisierung habe vor der Kontraktion, die durch 
den Ausfall der inneren Sekretion der Samenbläschen den Organismus 
schädigt, auch den Vorteil, daß sie in gewissen Fällen vorübergehend ge¬ 
macht werden könne, nämlich durch das Röntgenverfahren, welches Verf. 
für das geeignetste hält. Auch manche Juristen, die vor der Kastration 
— als schädigenden Eingriff — zurückschreckten, würden sich, so hofft 
Rohleder, zu dieser Methode bekennen. 

Anton (5) sieht in der Kultur eine große Heilkraft, die zur ver¬ 
edelnden Körperpflege, zur vernünftigen moralischen Lebensweise und zur 
Bedachtnahme auf die künftigen Generationen führt. Sie soll auch die 
Nachkommenschaft veredeln. Die Auslese von Mann und Frau, Mutter- 


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624 


Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 


schütz, Fürsorge für Wohnungen, Milderung der Armut, Kampf gegen 
Alkohol und Syphilis, Säuglingsfürsorge, Eindämmung der Kindersterblich¬ 
keit, Höherzüchtung der ganzen Nation müssen in Betracht kommen, um 
die Wohlfahrt der deutschen Basse zu heben. 

Hanauer (78) gibt hier eine ausführliche Übersicht und kurze Inhalts¬ 
angabe der Arbeiten über Bassenhygiene. Unter ihnen finden sich solche 
über die Kinder der Tuberkulösen, über Verwandtenehen, über Zeugung 
im Bausche, über die Heredität bei Geistesgesunden und Geisteskranken, 
über die Vererbung von Krankheiten, über erbliche kongenitale Krankheiten, 
über die Gefahren der Kultur, über konstitutionelle Anomalien und Krank¬ 
heiten, über medizinisch-biologische Familienforschung, über asthenischen 
Infantilismus usw. 

Altschul (4) will der Jugendfürsorge im Kriege mehr Aufmerksam¬ 
keit geschenkt wissen. Auch dieser Faktor trägt dazu bei, die Wehrkraft 
des Volkes zu heben. Mutterschutz, Säuglingsfürsorge, schulärztliche Auf¬ 
gaben, körperliche Jugenderziehung, Waisenpflege, Verhütung der Verwahr¬ 
losung, Schutz vor Tuberkulose und epidemischen Krankheiten, Krüppel¬ 
fürsorge, Kinderschutz kommen hier in Frage. An jedem Ort sollten 
Jugendfürsorgeausschüsse mit diesen Fragen sich eingehend beschäftigen. 

Rittershaus (152) betont die Wichtigkeit einer ausführlichen Anamnese 
und die große Bedeutung von fachärztlich geleiteten psychiatrisch-neurolo¬ 
gischen Untersuchungsstationen möglichst dicht hinter der Front, wo zunächst 
das Material gesichtet werden könne. 

Ratner (144) hebt hier die günstige Wirkung des Krieges auf nervöse 
Menschen und Neurastheniker hervor. Einmal kommt der Fortfall schäd¬ 
licher Einflüsse aus dem Frieden und bürgerlichen Leben in Betracht wie 
übermäßiger Alkoholgenuß, Überernährung, unsolider Lebenswandel, geistige 
Überarbeitung, dann wirken die Ungemächlichkeiten des Dienstes stählend, 
abhärtend, erziehend. Dann kommt die seelische Erhebung und Begeisterung 
der nationalen Bestrebungen in Betracht, die einen gewaltigen Eindruck 
nnd Umschwung der seelischen Stimmung bewirken. 

Goldscheider (66) sieht in einer Beihe präzis zusammengefaßter 
Momente die Ursachen für den günstigen Gesundheitszustand unserer Truppen: 

1. Einfaches Leben in der freien Natur, fern von den zahlreichen 
Kulturschädlichkeiten in den Großstädten und Fabrikorten. 

2. Fehlen kranker Bevölkerungselemente und des Kontaktes mit ihnen. 

3. Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen einwirkende Schädlich¬ 
keiten durch Strapazen, Anpassung, Abhärtung. 

4. Hygienische Fürsorge. 

5. Hebung der Stimmung und dadurch Verdrängung der Krankheits¬ 
gefühle. 

6. Voraussetzung sei die Ausschaltung schwächlichen Menschenmaterials, 
dem die Anpassung unmöglich sei. Hier hätten die Arzte, die die 
ins Feld zu Sendenden prüften, ausgezeichnet gesichtet und dadurch 
vorgearbeitet. 

Lewandowsky (99) tritt für frühzeitige Operation bei Verletzung 
peripherischer Nerven ein und klagt darüber, daß die von ihm und anderen 
Nervenärzten gemachten diesbezüglichen Vorschläge von seiten mancher 
chirurgischer Ärzte noch zu wenig Beachtung finden. Viele von den teil¬ 
weise Bückenmarksverletzten könnten durch sorgfältige Behandlung des 
Dekubitus im Dauerbade gerettet werden. Die Gefahr der ins Heimatgebiet 
verbrachten Schädel- und Gehirnverletzungen liegt wesentlich in der un¬ 
bemerkten Entstehung von Gehirnabszessen. Bei Anzeichen, die auf das 


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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 


635 


Bestehen eines solchen hindeuten, sollen sofort operiert werden. Bezüglich 
der fnnktionellen Erkrankungen wendet sich der Autor mit Nachdruck 
gegen Oppenheim, die Fälle von traumatischer Neurose, Hysterie usw. den 
organischen Fällen anzunähern. Die Ursachen der sogenannten funktionellen 
Erkrankungen soien durchaus psychische. Diese Auffassung sei wichtig be¬ 
sonders für die Bemessung der Entschädigungsansprüche durch Dienst¬ 
beschädigung. Die Rente sollte bei den funktionellen Erkrankungen sehr 
gering festgesetzt werden, weil bei Gewährung hoher Renten diese zur Er- 
'haltung des nervösen Zustandes beitragen. In Ländern, wo keine Renten-, 
sondern Kapitalabfindung erfolgt, komme die sogenannte traumatische Neurose 
so gut wie nicht vor. Diese funktionell Kranken sind eine Gefahr für die 
anderen in den Lazaretten sich befindenden Soldaten. Solche Kranke 
müßten von den anderen streng abgeschlossen werden; die Ansammlung 
solcher Kranken in gemeinsamen Räumen sei durchaus schädlich. Solchen 
Kranken diene mehr eine militärische Wiedererziehung zur Arbeit 

( Jacobsohn .) 

Hellpach (81) setzt in anschaulicher und verständnisvoller Weise ans¬ 
einander, warum die Lazerettdisziplin ein nicht zu entbehrender Faktor ist, 
der die verwundeten und kranken Krieger vor einer leicht eintretenden Ver¬ 
weichlichung schützen soll und ihren Willen stärken muß, wieder nach erlangter 
Genesung ohne zu große Seelenkämpfe an die Front zurückzukehren. 


Anstalt«- and Hellstättenwesen. 


Wollenberg (210) weist nach seinen Erfahrungen an Kriegslazaretten 
darauf hin, daß im allgemeinen in den Lazaretten zu Vieles und Kompliziertes 
an Kunstgenüssen geboten wird. Einfache Onterhaltungsabendc, welche die 
Kranken unter sich veranstalten, wirken mehr als stilvolle ernste oder sen¬ 
timentale Konzerte. Wichtiger ist die Sorge für die Beschäftigung der 
Kranken. Die Arbeit muß in die militärische Ordnung des Hauses hinein 
passen, soll nützlich, der Eigenart des Kranken entsprechend sein; sie soll 
den ganzen Menschen in Anspruch nehmen. Dazu gehören Turnübungen, 
Feldarbeit, Hobelbänke, kaufmännische Kurse. Am besten ist es, wenn dem 
Lazarett eine in der Nähe gelegene ländliche Kolonie oder Militärnerven- 
heilstätte angegliedert wird, in der Werkstätten neben landwirtschaftlichem 
Betrieb Platz haben. 

Hartmann (79) empfiehlt hier die Gründung von Übungsschulen für 
Gehirn verletze, d. h. solche Verwundete, die chirurgisch bereits an Gehirn¬ 
verletzungen behandelt sind, aber funktionell nicht als geheilt anzusehen sind, 
sei es, daß Herderscheinungen oder psychische Allgemeinerscheinungen Zurück¬ 
bleiben. Ein solches Gehirn, wenn es strukturell nicht allzu geschädigt ist, 
ist sehr restitutionsfähig, und der Wiederersatz der verloren gegangenen Teile 
muß durch die Heilung angestellt werden durch Lernen, Üben, selbständiges 
Erarbeiten, Erlernen eines ..neuen Berufes. Hartmann hat für diese 
Zwecke schon lange eine Übungsschule für Sprachkranke und Gehirn¬ 
verletzte in seiner Klinik eingerichtet mit systematischem aber individuali¬ 
sierendem Unterricht. Dazu gehört die Mitarbeit geschulter Pädagogen. 
Die Übungsschulen für Gehirnkrüppel sind am besten an Kliniken für Nerven¬ 
kranke anzugliedern. 

Fröschels (57) erwähnt hier die Übungsschule von Hartmann an 
der Grazer Universitätsklinik für Sprachkranke und Gehirnverletzte. Er 
rät jedoch, mit dieser Therapie nicht erst dann zu beginnen, wenn der 
Chirurg eingegriffen hat, sondern die Verwundeten möglichst bald am Kranken¬ 
jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 . 40 


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Ptyehologie. 


bette vor und nach dem operativen Eingriff psychisch nnd sprachlich zu 
behandeln. 

Rigler (160). Die Herstellung des Verletzten zur Arbeit ist Dach 
Rigi er das Hauptziel für die durch Betriebsunfälle Geschädigten, nicht aber 
die Geldentschädigung oder Rentenzahlung. Die Gewöhnung an die Arbeit 
io den Landheimen ist deD Unfallverletzten das beste Heilmittel. 

Wie die erblindeten Soldaten in der Blindenschrift sollten nach 
Haenlein (74) die Ertaubten und hochgradig schwerhörig Gewordenen im 
Ablesen des Gesprochenen vom Hunde des Sprechenden unterrichtet werden. 
Der teilweise Verlust des Gehörs kann durch das Auge ausgeglichen werden. 
Höhrrohre usw. leisten nur in manchen Fällen Gutes, versagen in anderen ganz. 

Haenlein (75) beschreibt hier die Einrichtungen der neuen König¬ 
lichen Taubstummenanstalt, welche die einzige königliche in Preußen ist, Beit 
1798 in Berlin besteht und jetzt zum erstenmal geeignete, allen hygienischen 
Anforderungen genügende Räume und Bauten erhalten hat. 

Tucker (189) rät zur Entziehung des Opiums oder Morphins, beim 
längeren Gebrauch des Mittels Isolierung, Bettruhe. Hach einer präli- 
minatorischeu Behandlung folgt die spezielle und dann die Nachbehandlung. 
Kalomel, Strychnin, Belladonna, Bäder, Schlafmittel unterstützen die Ent¬ 
ziehungskur. 


Psychologie. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin und Dr. G. Voss-Düsseldorf. 

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40* 


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infolgedessen ist die Erstattung eines Referates nicht möglich.) 

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265. Derselbe, Zur psychologischen Beurteilung der Zeugenaussagen. Vrtljschr. f. geriohtl. 
M. 3. F. 50. (1.) 73. 

266. Wells, F. L., A Note on the Retention of Acquired Capacities. The Am. J. of Psyohol. 
26. (1.) 58. 

267. Wertheim Sa 1 omonson, J. R. A., Beitrag zur Kentnis des psyohogalvanisohen Reflex 
Phänomens. Verslag Kon. Acad. v. Wet. (afd. Wis-en Natuurk.) 24. Dez. 

268. Wieg Wickenthal, K. Edler v., Psychologische Betrachtungen über Intellekt und 
Willen und deren Bedeutung in normalen und pathologischen Bewußtseinszuständen. 
Zsch. f. die ges. Neur. 28. (2/3.) 129. 

269. Williams, T. A., Origin of Supematural Explanation. J. of Abn. Psychol. 10. (4.) 

270. Winkler, C., Das Verhalten der Psychologie zur Physiologie des Nervensystems. 
Utrecht. I. van Druten. 

271. Wittmann, Johann Über die rußenden Flammen und ihre Verwendung zu Vokal- und 
Sprachmelodie-Untersuchungen. Arch. f. die ges. Psychol. 1913. 29. (4.) 

272. Derselbe, Neuer objektiver Nachweis von Differenztönen erster und höherer Ordnung, 
ebd. 34. (2.) 277. 

273. Wolff, G., Die Denkfähigkeit der Tioro. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 306, 903. 

274. Woods, Eiizaheth L., An Experimental Analysis of the Process of Reccgnizing The 
Am. J. of Psychol. 26. (3.) 313. 

275. Yerkes, Robert M, A Point Scale for Measuring Mental Ability. Proc. of tho Nat. 
Acad. of Sc. 1. (2.) 114. 

276. Derselbe, Color Vision in the Ring-Dove (Tutur Risorius). ibidem, p. 117. 

277. Ziegler, H. E., Die Widerlegung der Zeichenhypothese. Mitteil. d. Ges. f. Tiorpsychol. 
2. (1.) 7. 

278. Derselbe, Über das Rechen vermögen der Elborfelder Pferde. Naturwiss. Wschr No. 16. 
p. 241. 

279. Ziehen, Th., Beitrag zur Lehre vom absoluten Eindruck (nebst Beobachtungen über 
taktische Längentäuschungen). Zschr. f. Psychol. 71. (3—4.) 177. 

280. Derselbe, Die Grundlagen der Psychologie. 1. Buch: Erkenntnisthooretischo Grund¬ 
legung der Psychologie. II. Buch: Prinzipielle Grundlegung der Psychologie. (Autoch- 
thone Grundlegung.) Leipzig-Berlin. B. G. Teubner, 


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Psychologie. 


Allgemeines. 

Kriegspsychologie. 

Ad die Spitze der psychologischen Kriegsliteratar möchte ich einen 
Vortrag von Hoche (115) stellen, der in meisterhafter Weise, klar and karz 
die Beziehungen zwischen „Krieg und Seelenleben“ erörtert. Wir sind ein 
„nachdenkliches Geschlecht“ geworden, schon während des Erlebens reflek¬ 
tieren wir und versuchen unsere Gemütsverfassung zu analysieren. Da steht 
in vorderster Linie die Frage nach den „Kriegspsychosen“. Wir verstehen 
zunächst darunter sämtliche geistigen Erkrankungen, die mit dem Kriege in 
irgendeinem Zusammenhänge stehen, im engeren Sinne solche, die in direkter 
räumlicher Berührung mit den Kriegsereignissen zum Ausbruch kommen. 
Zu der ersten Gruppe müssen wir die Psychosen rechnen, die während der 
Mobilmachung auftraten und die Zahl der Aufnahmen in die Freiburger 
Klinik rasch emporschnellen ließen. Hierunter fanden sich die verschie¬ 
densten psychischen Störungen: neben nur zufällig um diese Zeit entstandenen 
Phasen periodischer Erkrankungen zahlreiche Fälle von Alkoholdelir, von 
Verwirrtheit und Erregung meist hysterischen Charakters und ziemlich häufig 
Psychopathen, die infolge ihrer abnormen Veranlagung in militärische Kon¬ 
flikte geraten waren. Auffällig war der frühe Zeitpuukt des Einströmens 
dieser Fälle. Unter den Kriegspsychosen i. e. S fiuden sich ebenfalls viele, 
die der Krieg nur auslöste, wie sie etwa auch jedes andere psychisch ein¬ 
greifende Ereignis zum Ausbruch hätte bringen können. Nur wenige er¬ 
krankten infolge der Kriegsereignisse an sich: „ein reifer psychisch gesunder 
Mensch wird infolge von Gemütsbewegungen allein nicht geisteskrank“. 
Dagegen hat die Natur einen Selbstschutz in Gestalt von Sicherungen ge¬ 
schaffen, die erstens in der qualitativ beschränkten Empfänglichkeit des 
Menschen für äußere Eindrücke besteht. Wir bezeichnen sie als Gewöhnung: 
hätten wir die ganze Entwicklung der verflosseneu Kriegsmonate in einer 
kurzen Tagesspanne erleben müssen, so wäre ihre Wirkung eine ungleich 
gefährlichere gewesen. Zweitens ist die Anspannung im Erleben keine 
dauernd gleichmäßige, sondern immer wieder schieben sich Pausen ein, die 
dem Gemüt die Elastizität wiedergeben. Die Todesgefahr ist kein dauernd 
wirksamer Gemütsfaktor, mit ihr findet sich der Mensch je nach Alter und An¬ 
lage ab; verderblicher sind die Wirkungen des rein passiven Ertragenmüssens 
eines Trommelfeuers, neben dem auch die mechanischen Wirkungen der 
Erschütterung, des Begrabenwerdens in Betracht kommen. Hierbei entstehen 
nicht selten rasch vorübergehende Geistesstörungen mit Erregung, Gewalt¬ 
tätigkeit und Selbstmord. Als chronische Wirkung tritt dagegen das Bild 
der Neurasthenie zutage mit stark depressiver Stimmuugslage, seltener die 
akute Erschöpfung. Zu befürchten ist eiue starke Zunahme der nervösen 
Dauerfolgeu der Kriegswirkungen nach dem Friedensschluß, vor allem, weil 
dann die jetzt erhöhte seelische Spannung nachlassen wird, insbesondere 
aber weil die schädlichen Momente der Entschädigungsansprüche usw. sich 
geltend machen werden. Deshalb gilt es schon jetzt, Vorsorge zu treffen, 
um diesen schwierigen Fragen und ihrer raschen Erledigung in befriedigender 
Weise gerecht werden zu können. Hier harren der Ärzteschaft große und 
wichtige Aufgaben. Weder beim Militär noch beim Zivil gibt es eine 
spezifische Kriegspsychose, im Gegensatz zu manchen pessimistischen Ver¬ 
mutungen hat sich unser Volk auf der Höhe der Leistungsfähigkeit erwiesen 
trotz manchen Schädigungen, die mit den großen Ereignissen verbunden 
sind, vor allem der Massensuggestion, die viel sonderbare Blüten getrieben 
hat. Wenig erfreulich ist der Ausblick in die Zeit nach dem Kriege: wie 


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Psychologie. 


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nach 1870, so werden auch jetzt wohl „die Bäche unseres bürgerlichen 
Lebens noch lange Zeit recht trübe fließen“. 

In mehr programmatischer Weise hat Sommer (237) in einer Gießener 
Rektoratsrede Krieg und Seelenleben behandelt Er untersucht den Anteil 
und die Beziehungen der einzelnen Psychosen zum Kriege und erörtert den 
Einfluß der Ereignisse auf das normale Seelenleben bei den Truppen und 
bei den Daheimgebliebenen. Besonders groß sind die Anforderungen im 
Rückzugskampf. Im Anschluß an eigene Untersuchungen beleuchtet S. nament¬ 
lich die Rolle der Anlage, ihrer Genese, wie sie in der Abstammung des 
Einzelnen zutage tritt: Bei Hin den bürg führt er die Begabung auf eine 
von seinem Vorfahr, dem Mathematiker Hindenburg, ererbte mathematische 
Anlage in Verbindung mit lebhafter Phantasie zurück. Neben der Indivi¬ 
dualpsychologie tritt die Kollektivpsychologie besonders in den Vordergrund. 
Die „Technik der Lüge“, die falsche Anschuldigung, die Gerüchtbildung 
und ähnliche Produkte der Massenhysterie erinnern an die Gefahren des 
Herdentriebes. Demgegenüber sind aber auch die guten Instinkte gewachsen, 
die Gebebereitschaft, die Opferfreudigkeit zur Bekämpfung der Armut, die 
Leistungsfähigkeit auf dem Gebiete der Erfindung hat sich gesteigert; es 
ist aber eine staatliche Organisation der Erfindertätigkeit im sozialen und 
biologischen Sinne als wichtigste Aufgabe nach Kriegsschluß zu erwarten. 
Der Krieg hat seine auch früher beobachtete steigernde Wirkung auf 
Religiosität wieder erwiesen, daneben aber auch die Kehrseite, den Aber¬ 
glauben, gewaltig gefordert. Auch S. betont, daß der Krieg im großen 
und ganzen ein hoffnungsvolles Bild von unserer psychischen Leistungs¬ 
fähigkeit zutage gefördert hat: Das Überwiegen der Regeneration gegenüber 
den gefürchteten degenerativen Tendenzen ist voll hervorgetreten. „Das 
Kriegsziel vom psychologischen Standpunkt muß folgendes sein: Die Orga¬ 
nisation der gewaltigen geistigen und sittlichen Kräfte, die sich während 
des Krieges in unserm Volk offenbart haben.“ 

„Aktuelle Massensuggestionen“ bespricht Stelzner (243) auf Grund der 
in unserer Bevölkerung während des Krieges beobachteten Erscheinungen. 
In dem kurzen Zeitraum der ersten 14 Kriegstage spielten sich hinterein¬ 
ander die vier krampfhaft gesteigerten Massenbewegungen des Spionage¬ 
verdachtes, der Furcht vor Hungersnot, des Mißtrauens gegen die öffentlichen 
Kassen und des Goldgeizes ab. Dagegen war das mächtige Anschwellen der 
Vaterlands-, Nächsten- und Familieuliebe eine gesunde Reaktion auf die 
Kriegserklärung. Das Entstehen derartiger Reaktionen ist verständlich auf 
dem Boden der durch die plötzliche Umwälzung erschütterten Volksseele. 
Die scheinbare Steigerung der psychischen Leistung des einzelnen in der 
Summe der Leistungen der großen Menge ist nicht, wie manche Autoren 
annahmen, auf neue unbekannte Kräfte zurückzuführen, sie kommt lediglich 
durch den suggestiv bewirkten Fortfall aller Hemmungen zustande, wodurch 
ungeahnte, latente Kräfte frei werden. 

Gegenüber den sozusagen akuten Massenreaktionen unseres Volkes im 
Beginne des Weltkrieges steht eine Massenpsychose, die ausschließlich Eng¬ 
land angehört: der Suf fragettenwahu. Nicht eigentlich dem Gebiete der 
Frauenkämpfe gehört diese aberwitzige Bewegung an, die mehr auf den 
Überdruß und die Tatenlosigkeit des großen englischen Frauenüberschusses 
zurückzuführen ist. Es sind auch nicht soziale Motive, denn die Mehrzahl 
gehört den wohlhabenden, ja reicheu Volksschichten an. Reizhunger, Lust 
an Sensation und au der Gefahr verbrecherischer Taten sind die treibenden 
Kräfte. Die Untaten der Suffragetten lassen sich in der Ausübung groben 
Unfugs, in Verbrechen und Vergehen einzelner und in Massenvorbrechen 


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Psychologie. 


einteilen. Die Bewegung beruhte einerseits auf planvoller Werbearbeit und- 
andererseits auf den momentanen Massenbetätigungen, die im Augenblick: 
aus der Situation heraus entstehen. Es ist nicht berechtigt, in den Suffra¬ 
getten lediglich Hysterische oder Geisteskranke zu sehen, viele unter ihnen- 
sind zielbewußte Führerinnen, andere gehören den gelangweilten, genuß- und 
sensationslüsternen Mitläuferinnen an, es kommen hinzu die mehr oder 
minder schwachsinnigen Individuen, die jeder Suggestion zugänglich sind, 
und schließlich die große Masse, die läuft, wo sie andere laufen sieht. 
Eigentümlich ist, daß außerhalb Englands die Bewegung nirgends Fuß ge¬ 
faßt hat; die Bedingungen zur Entwicklung einer derartig ungesunden, 
abschreckenden Bewegung müssen anscheinend nur jenseits des Kanals¬ 
gegeben sein. 

Lesenswertes berichtet uns Everth (57) von der Seele des Soldaten 
im Felde. Als Kriegsteilnehmer, der offeneu Auges und Herzens seinen 
Kameraden nähergetreten ist, gibt er Eindrücke wieder, an deren Echtheit 
uns kein Zweifel kommt. Wie sein Gewand, so schlicht ist auch die Psycho¬ 
logie des modernen Kriegers: Nichts von Pose, von einer tmnatürlichen Be¬ 
geisterung, nichts von Todesfurcht und doch auch nichts von effekthaschender 
Waghalsigkeit! Kurz ein unendlich weit von der aus Zeitungen bekannten 
Schilderung des Schützengrabenkämpfers mit seinem Humor, seiner fast 
grotesken Opferfreudigkeit, seiner Poesie und Sentimentalität verschiedene» 
Bild! Dieser falschen Idealisierung gegenüber hebt E. den Ernst und die 
Einfachheit der Leute da draußen hervor, die nicht als „uusere braven 
Jungen“ bezeichnet werden sollten, denn weit in der Überzahl stehen an 
schwerster Stelle gereifte Männer, die nicht „brav“ sind, sondern viel mehr 
und größer. Sie haben sich ihren eigenen Lebensstil gebildet, der weder 
Pessimisten duldet noch Optimisten, sondern zu einer ruhigen, zuversichtlichen 
Gesinnung geführt hat, die nicht an dem guten Fortgang und Ausgang ihrer 
Sache zweifelt, sich aber der Schwere der Aufgabe wohlbewußt ist. Viel trägt 
zu diesem psychischen Gleichgewicht das psychische Wohlgefühl eines durch 
das Leben in der Natur gestählten Körpers bei. Zu dieser inneren Ruhe trägt 
auch der fast dauernd vorhandene Zwang zum verantwortungsvollen Handeln 
bei. Schwer ist es dagegen, untätig zu verharren, vor allem im Trommel¬ 
feuer, doch leistet der deutsche Soldat auch das, während der Russe in 
solchen Lagen oft zu versagen scheint. Am Schluß streift E. die religiösen 
Probleme. Wohl mit gutem Recht meint er, die sogenannte Zunahme an 
Religiosität dürfe nicht allzuhoch gewertet werden, ob sie den Krieg über- 
daure, sei fraglich. Dadurch sei der Satz, nur Religion könne den letzten 
Halt geben, durch den Krieg ad absurdum geführt worden: jede ernste, 
innerlich gereifte Weltanschauung sei dazu imstande. Auch die stete Mög¬ 
lichkeit der Vernichtung bringt Würde und bildet den Charakter, dazu be¬ 
darf es keines Glaubens an übernatürliche Güter. 

Hirschfeld (112) versucht die Frage zu beantworten, warum die 
Völker uns Deutsche hassen. An die Spitze seiner Ausführungen stellt er 
naturgemäß England, auf dessen Boden sich die Ansteckungskeime des 
Deutschenhasses, einer echten geistigen Epidemie, zuerst und am ergiebig¬ 
sten vermehrten. Durch die Einkreisungspolitik Eduards des VII. wurde 
der Lügenfeldzug eingeleitet, der allmählich das ganze englische Volk, ja 
darüber hinaus den größten Teil der Welt eroberte. Unter Englands Einfluß 
verstrickte sich Frankreich aufs neue in die Revaucheidee, aus der es nun 
nicht mehr herauskommt. Rußland endlich haßt uns nach H., weil ihm der 
Ukas des Zaren den Haß befahl (wer Rußland kennt, wird hier bedenklich 
den Kopf schütteln!). „Die echt russischen Leute hassen den deutschen 


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Psychologie. 


637 


.Kulturbringer, wie schlechte Schüler den Lehrer.“ Ferner deutet H. auf 
die rasche Entwicklung Deutschlands hin, die Englands Besorgnisse wach¬ 
rief und den Wunsch, den Konkurrenten, der im friedlichen Wettbewerb 
siegte, im Kampf zu vernichten. Zum Schluß weist H. darauf hin, daß 
«unsere Feinde nicht eigentlich Deutschland bekämpfen, sondern ein Phan- 
tasieprodukt, ein Barbarenvolk, das gar nicht existiert. 

Über Feindschaftsgefühle im Kriege schreibt Schnitz (227). Schon 
im Frieden kennt man die Gefühle Abneigung, Zorn, Groll, Haß und Wut. 
Manchmal mögen sie von Sinnesempfindungen abhängen (Gerüche!), oft von 
sozialen Gegensätzen (Klassenhaß!) diktiert sein. Sie können dauernd und 
episodisch auftreten, bald mehr der Urteils- und Wertungssphäre, bald mehr 
den Trieben und Affekten angehören. Im Kriege ist das Gefühl dem Feinde 
gegenüber vielfach von der Situation abhängig: Das Bewußtsein der Unter¬ 
legenheit, des überstarken Gedrücktwerdens, der Anblick hilflos zurück¬ 
bleibender verwundeter Kameraden lassen den Haß auflodern. Ganz anders 
einem ahnungslosen, verhältnismäßig harmlosen Feinde gegenüber, wie bei 
-einer herankommenden feindlichen Patrouille, die aus sicherer Deckung ab¬ 
geschossen wird; da kann man oft ein Wort des Bedauerns hören. So 
hängt die Entwicklung des Feindschaftsgefühls sehr wesentlich von der 
Stimmung ab, aber auch von Bildung und Veranlagung. Der Offizier scheint 
dem Gegner oft neutral gegenüber zu stehen. Im ganzen darf man sagen, 
daß der Krieg geringeren Anlaß bietet zur Entwicklung der Feindschafts¬ 
gefühle, als der Friede; dies scheinbare Paradoxon gilt für deutsche Truppen 
namentlich auch dem Feinde gegenüber. 

Binswanger (19) schildert in einem allgemein gehaltenen Vortrage die 
erhebende Wirkung des Krieges auf die Volksseele und auch die Ver¬ 
wüstungen, die er andererseits in der Volksseele angerichtet hat. 

( Jacobsohn .) 

In enger Beziehung zu den Kriegserfahrungen bespricht Voß (261) die 
Beziehungen zwischen Psyche und Gefäßsystem. Die großen Anforderungen 
des Krieges auf affektivem Gebiet, die Verbreitung der gerade für die 
Vasomotoren so gefährlichen Reizmittel (Alkohol, Nikotin) rufen überaus 
häufig schwere Störungen auf dem Gebiete des Gefäßsystems hervor. Vor 
allem aber sind es die Schädel- und Hirnverletzungen, die das vasomoto¬ 
rische Nervensystem aus dem Gleichgewicht bringen und zu schwer zu besei¬ 
tigenden Erscheinungen führen. 

Die jetzt durch den Krieg gebotene Gelegenheit zu psychologischer 
Beobachtung an Amputierten gibt Pick (191) Veranlassung zu interessanten 
und lehrreichen Ausführungen. Die bisher bekannten Haupterscheinungen 
an Amputierten sind: 1. die nach der Absetzung mehr oder weniger 
lange andauernde Empfindung des amputierten Gliedes, 2. die in diesem 
lokalisierten Bewegungsempfindnngen, nicht selten mit Schmerzen verknüpft, 
3. die Empfindung der allmählichen Annäherung der distalsten Partien 
(Hund, Fuß) an-den proximalen Stumpf. Es ist anzunehmen, daß in un¬ 
serem Gehirn jeder Körperteil gewissermaßen durch ein Schema vertreten 
ist, in dem wieder die wichtigeren Teile stärker sich hervorheben, so an 
der oberen Extremität die Hand, ferner der Arm gegenüber dem Bein usw. 
Diese Tatsachen geben uns ein Verständnis für die Erscheinungen in der 
Psychopathologie, bei der Hysterie, besonders aber bei Psychosen, unter 
ihnen am meisten bei der Katatonie. Etwas Vorsicht wird man bei der 
Verwertung der Angaben Amputierter anwenden müssen, da bei ihnen vielfach 
psychogene Beimischungen zu finden sind, doch trifft dieser Zweifel für die 
hier mitgeteilten Beobachtungen nicht zu. Nur kurz streift P. die von an- 


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Psychologie. 


derer Seite gemachte Annahme, daß die Empfindungen auch peripher ent¬ 
stehen könnten, das sei schon durch die Erfahrung nahegelegt, daß kinästhe- 
tischo Halluzinationen durch lokale Anästhesie beeinflußt werden. Diesen 
Einwand weist P. zurück, indem er daran erinnert, daß auch die zweifellos 
zentral entstehende, epileptische Aura durch periphere Eindrücke beeinflußt 
werden könne. 

Schickler (221) will bei dem im Jahre 1911 in Württemberg statt¬ 
gefundenen Erdbeben acht unzweifelhafte Fälle Ton Vorgefühl des Erdbebens 
bei Menschen festgestellt haben, denen sich noch mehrere andere von Dritten 
eruierte zugesellen. Unter den von Sch. registrierten Fällen sind solche, die 
sowohl hierzulande als im Ausland solches Vorgefühl empfunden haben. 
Vorgefühl des Erdbebens bei Tieren ist in und außerhalb Württembergs 
vielfach konstatiert worden. Die Erklärung des Vorgefühls steht dahin: ob 
es die Wahrnehmung feiner Erderschütterungen, der sog. Vorbebeu ist, für 
die gewisse Menscheu bereits ein ausgesprochenes Empfindungsvermögen 
haben und gewisse Tiere noch in weit höherem Maß; ob dabei der sinkende 
Barometerstand und die hochgradige elektrische Spannung in der Atmosphäre 
mitspieleu, ebenso wie die Veränderung der magnetischen Ströme an der 
Erdoberfläche, ist unbestimmt. Eine Anzahl Todesfälle durch den Schreck 
wurden beobachtet. Traumatische Neurose als Folge der Schrecklähmung 
sind mehrfach konstatiert. Sie haben meist mehrere Tage nach dem Erd¬ 
beben eingesetzt und sind der Intensität nach äußerst verschieden. Die 
heftige Schockwirkung erscheint geradezu als Idiosynkrasie bei sonst nerven¬ 
starken, mutigen Menschen. Geisteskranke haben ganz entsprechend der 
Natur ihres Leidens von dem Erdbeben keine Notiz genommen, ausgenommen 
Melancholiker. Geburtshilflich interessant sind mehrfache Frühgeburten und 
Aborte, aber auch auffällige Verschleppung der Dauer rechtzeitiger Geburten. 
Offenbar beides ganz im Verhältnis zur Schwere der psychischen Alteration 
und beides im Verhältnis zur räumlichen Entfernung vom Herd des Erd¬ 
bebens. ( Jacobsohn .) 

Legahn (14S) hat eine Entwicklungsgeschichte des Bewußtseins ge¬ 
schrieben. Der Titel des Buches ist sehr vielversprechend, und man geht 
mit Spannung au die Lektüre. Indessen man wird sehr bald ernüchtert. 
Der Autor nimmt das Wesentliche als gegeben an und bemüht sich, das 
Komplizierte aus dem Einfacheren auf Grund der Organisation des Nerven¬ 
systems herzuleiten. In diesem Bemühen freilich, das muß man anerkennen, 
steckt viel redliche Arbeit, und derjenige, welcher zum ersten Male sich mit 
den allgemeinen Körperfunktionen und den besonderen des Zentralnerven¬ 
systems beschäftigt, wird reichen Stoff und viel Anregendes darin finden. 
Von der Reichhaltigkeit des Dargebotenen geben die Kapitelüberschriften 
genügend Zeugnis. Es sind folgende: 1. Einleitung. Differenzierungen in 
der Zellsubstauz. 2. Entstehung der Nervenelemente der Sinnesorgane. 
Der Reflex. Die Gemeiugefühle. 3. Entwicklung der Körperform. Differen¬ 
zierung der Muskeln und ihrer motorischen Zentren. 4. Existenzbewußtsein 
mit positivem und negativem Beiklang. Lokalisierung und Differenzierung 
desselben. 5. Die Erinnerung. Die Erinneruugszellen (E. Z.). 6. Die 

motorische Sphäre. Die koordinierten Bewegungen. Modifizierung derselben 
durch äußere Einflüsse. 7. Wirkung des bekömmlichen und des nicht be¬ 
kömmlichen Reizes im Magen und im* Mund. Sonderung der Geschmacks¬ 
empfindung und -erinnerung, sowie entsprechender antagonistischer Muskel¬ 
zentren. Hunger, Reizhunger, Reizmüdigkeit 8. Zusammentreten der Erinne¬ 
rungen von Sinn zu Sinn. Wunsch; Befriedigung. Treibende Wünsche. 
Die Zielbewegung. 9. E. Z. E. Z.-Gruppen und E. Z.-Systeme; vom Auge 


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Psychologie. 


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geführt. Gefühle in ihnen, angenehme und unangenehme. 10. Erinnerungs¬ 
systeme in Tätigkeit. Erkennen. Unsicherheit. Gruppierung nach der Ähn¬ 
lichkeit 11. Verhalten des Mundes zu aufgenommenen Speisen. Leitung 
seiner Bewegungen vom Geschmackssinn und dem Gefühl der Mundschleim¬ 
haut aus. 12. Die Seherinnerung. 13. Gefühlssinn. Wunsch nach Reizen 
und nach Ruhe. Erstrebende, vermeidende Handlungen. 14. E. Z. der 
Lokalisation und E. Z. der Lage. 15. Lagegefühl im bewegten Körper. 
16. Das Netzhautbild. 17. Augenbewegungen mit sekundärer Orientierung 
in der Außenwelt. 18. Unverrückbarkeit des Bildes der Außenwelt trotz 
Augen- und Kopfbewegungeu. Richtstäbe. Augenbewegungen iu bestimmten 
Richtungen.Sensumotorische Ganglien (smg). 19. Feinere Richtungsvor¬ 
stellungen. Übung in Bewegungen. 20. Kopf- und Rumpfdrehungen. Einfluß 
von Schwere, Temperament. 21. Ergänzung von E. Z. der Lokalisation und 
E. Z. der Lage durch Richtungsvorstellungen. Kratzbewegungen. 22. Ent¬ 
fernungsschätzung (für Körperteile). 23. Lagebewußtsein der Hand. 24. Die 
motorische Sphäre. Ihre Aufgaben. Antagonismus in den Körperbewegungen, 
im Kau- und Speiakt 25. E. Z. der Gefühlsintensität. Zentralisierung der 
Gefühlserinnerungen durch das Auge. Zusammenschluß negativ betonter 
Objekterinnerungen. Positiv betontes und negativ betontes Zentrum der 
Erinneruugen (Trieb- und Gefahrzentrum). 26. Einfluß des positiven uud 
negativen Zentrums auf die vorstreckenden bzw. zurückziehenden Muskeln. 
27. Schräge Vorstreckung. Einschlag der Entfernung. Maßsystem springender 
Tiere. 28. Zielbewegungen der Hand. 29. Fußverscbiebungen. Gleichgewicht. 
Gehen. Vorwärtsbewegungen. Feinere Rückzugsbewegungen. Seitliche Be¬ 
wegungen. Rückzugsbeweguugen der Hand. Zielbewegung derselben nach 
Körperteilen hin. Richtungsvorstellungen vom Ohr aus. 30. Maßvorstellungen. 
Formerinnerung. 31. Oberflächenbeschaffenheit. Feinere Greifbewegungen. 
32. Vorempfindung der Härte der Körper durch das Auge. Plastisches 
Leben der Körper. Körper und leerer Raum. Maßvorstellung der lichten 
Weite. 33. Regelung tierischer Handlungen durch die genannten Faktoren. 
Verhalten zu teils begehrten, teils gefürchteten Objekten. 34. Die Gemüts¬ 
bewegungen. Weiterentwicklung der E. Z.-Zentren und entsprechender Hand¬ 
lungen bei Tieren und primitiven Menschen. 35. Hörerinnerung. Tierlaute. 
Erinnerung der eigenen, der fremden Laute. Erkennen am Laut. Einfluß 
dieses Erkennens auf die Handlungen. Handeln nach Erinuerungsreihen, 
nach Plänen. Mitteilung durch Liebeslaute, durch Warnungslaute. Auto¬ 
matische Begriffsbildung. 36. Stimmbegabte Tiere. Nachahmung gehörter 
Laute. Schwatztrieb bei Vögeln. Einfluß auf die Hörerinnerung. Onoma- 
poetische Wortbildung. Tiernamen. Worte für Sinnfälliges (Dinge, Tätigkeiten, 
Eigenschaften). Reden und Handeln. 37. Entwicklung der Bezeichnungen 
für räumliche, für zeitliche Verhältnisse. Erinnerungsserien. Zahlen; Maße. 
Steigerung; Vergleich. Pronomina. 38. Verstehen des Gesprochenen. Beein¬ 
flussung der Handlnngen durch Mitteilung. Erziehen zum Überlegen, Denken, 
zum Zurückhalten der Gedanken, zu sinngemäßer, richtiger Anwendung der 
Worte. 39. Ausstrahlen der Gemütsbewegungen in Miene, Geste, Tonfall. 
Ihr konventioneller Ausdruck. Ekel; Bewunderung. Freude; Traurigkeit; 
Stimmung. Schauspielerische Darstellung der Gemütsbewegungen. Echter 
Ausdruck derselben. Beeinflussung des letzteren' ohne feste Bahn. Lachen. 
40. Bestimmte, unbestimmte Anregung der E. Z. Neugier. Fragende, be¬ 
jahende Betonung; Fragelaute; ja, nein. Richtig, falsch. Einzel- und Sammel¬ 
bezeichnungen. E. Z.-Systeme. Worttypen zur Erläuterung dieser Systeme. 
Ausdrücke für logische Verhältnisse der E. Z. zueinander. Automatisches 
Wachsen der Systeme. Praktisches Erlernen derselben. Theoretisches Erlernen 


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«40 


Psychologie. 


nur vom Ohr aus. Das Erkennen bei Tieren und bei Kindern. Erkennen 
beim denkenden Menschen. Urteil. Vergleich. Begründetes Urteil; Schlüsse. 
"Weitere Entwicklung des logischen Zentrums. 41. Einfluß der Sprache auf 
die Handlungen. Gebot; Verbot. Erziehung zur Höflichkeit Lüge. Be¬ 
sonderheiten des Gesprächs. 42. Tierische und menschliche Handlungen. 
Plan. Vorbedacht. Absicht (Wille). 43. Schriftliche Sprachwissenschaft 
Logik. Andere Wissenschaften. Abstufung des Wachzustandes in ver¬ 
schiedenen Hirngebieten. Bewußtsein und Zellprozeß. 

Von Bedeutung ist der Schluß des Werkes, den ich hier wiedergebe: 
Die organische Natur bringt das Neue der Entwicklungsfähigkeit im Sinne 
des Wachstums und damit seine Folgeerscheinungen, die Organisation und 
die organisierte Fortpflanzung. Einflüsse der Umgebung schaffen zwei neue 
Bewegungsarten der Zellsubstanz in entsprechenden Geweben, die von vorn¬ 
herein eng zusammengehören, dem Muskel- und dem Nervengewebe. Beide 
Bewegungsformen sind gegenüber dem langsamen, stetigen Prozeß des Wachs¬ 
tums durch momentane Stoffwechselschwankung ausgezeichnet, deren eine 
Ausstrahlung in noch unbekannter Weise zu jener neuen Erscheinung wird, 
welche den Charakter der Kontraktion trägt — ein einförmiger Prozeß in 
einförmigem Gewebe. In der zweiten Ausstrahlung im Nervengewebe be¬ 
deutet die Stoffwechselschwankung in den Zellen, der Zellausschlag, viel 
mehr. Die Fähigkeit des ursprünglichen, im Wasser suspendierten Proto- 
plasmaklümpchens, alle Bewegungsformen der Umgebung wie kein anderes 
Gebilde passiv mitzumachen und aktiv darauf zu reagieren, ist gleichsam 
reingezüchtet. Die Labilität des Protoplasmas, auf der leichten Oxydierbarkeit 
seiner Grundstoffe beruhend, wird in der phosphorreichen Nervensubstanz 
aufs höchste gesteigert. Deren Fähigkeit, die äußeren Energieformen auf¬ 
zusaugen und in einer eigenen, eigentümlichen Form mitzumachen, hat in 
der Natur nichts ihr Vergleichbares. Durch Einstellung auf die fünf Arten 
äußerer Einwirkungen, ihre Qualititäts- und Intensitätsdifferenzen, die den 
Zellen in verschiedenem Grade bekömmlich oder nicht bekömmlich sind, 
resultiert eine ungemeine Mannigfaltigkeit dieser zweiten neuen Bewegungs- 
form in Zellen, die verschieden sind nach Substanz und Struktur. — Wie 
die Fähigkeit zur Bildung von Zellen in der Art der Stoffe, welche sie zu¬ 
sammensetzen, begründet liegt, so birgt die Embryonalzelle die Fähigkeit zur 
Bildung verschiedener Organzellen, der Leberzelle wie der Muskelzelle. In 
dieser letzteren ist nur die Bewegung der Materie in eine besondere Form 
gezwungen, eine Bewegungsform von bestimmtem Charakter, wie andere den 
der Flammenbildung, der Elektrizität usw. tragen. Wenn nun dem gegen¬ 
über die Pirscheinung, welche man an Nervenelementen beobachtet und als 
Empfindung, Bewußtsein bezeichnet, als etwas so Eigenartiges erscheint, daß 
man sie kaum mit den oben genannten in Parallele zu stellen wagt, so ist 
zu bedenken, daß man sich leicht durch die große Mannigfaltigkeit täuschen 
läßt, welche man an ihren ausgebildeten Formen beobachtet. Dieser ent¬ 
spricht aber eine ebenso große Mannigfaltigkeit der äußeren auslösenden 
Vorgänge. Und umgekehrt kann man den sublimsten Gedanken am Fern¬ 
sprecher in Luftschwingungen und elektrische Ströme verwandeln. Ver¬ 
gleichend kann man nur dem stets gleichförmigen Prozeß der Muskel¬ 
kontraktionen die einfachste Form der Pimpfindung gegenüberstellen. Denkt 
man sich ein Auge isoliert in ein homogenes Nebelmeer versenkt, so müßte 
es bald nicht nur das Gefühl, daß es weiß belichtet ist, sondern auch das 
Gefühl, daß es belichtet ist, verlieren. Nur durch die Differenzen existiert 
das Bewußtsein. Was bliebe von einer Bewegungsempfindung, wenn man 
ihr Intensitätsdifferenzen und lokalen Charakter nimmt? Was wäre eine 


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Psychologie. 


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reine Weiß- oder Blauempfindung, die mau sieh bequem, das ganze Gesichts¬ 
feld ausfüllend, mit weißem Papier oder dem unbedeckten Himmel hervor- 
rufen kann. Man sehe von allem ab, was uns dabei unsere Erinnerungen 
an Vorstellungen bezüglich Entfernung, Intensität, Farbennuancen, Wort¬ 
bezeichnungen geben, von jedem Gedanken, der sich uns bei einer solchen 
Betrachtung aufdrängt; man suche sich in die Seele eines Tieres zu ver¬ 
setzen, dem sich an diesen reinen, unvermischten Eindruck keine Erinne¬ 
rungen anschließen, dem diese Farbe nichts ist — und man möchte fragen: 
gibt es denn bei diesem Vorgang so etwas wie Empfindung, Bewußtsein? 
Oder: sind dies die richtigen Ausdrücke? Täuscht uns hier nicht die 
Sprache, an höheren Formen erzogen, ein Mehr vor? Brauchen wir für 
das, was dem Tier hier gegeben ist, einen neuen Ausdruck? Hat man 
nicht hier einzig und allein eine Fortsetzung des äußeren Vorganges in 
seinem Innern, die entsprechend der neuen Bewegungsform in neuer Substanz 
einen spezifischen andersartigen Charakter trägt als jener? Ist es nicht 
formell falsch und erweckt falsche Vorstellungen, wenn man sagt: dieser 
Prozeß wird empfunden oder ist mit Empfindung verknüpft? Muß man 
nicht korrekter sagen, wenn man diese Ausdrücke beibehalten will: Dieser 
Vorgang trägt den Charakter der Empfindung oder des Bewußtseins? — 
Man soll auch Empfindung und Zellprozeß nicht trennen, wie es durch obige 
übliche aber ungenaue Ausdrucksweise geschieht. Nicht verknüpft mit Emp¬ 
findung ist der Zellprozeß, sondern mit jeder Phase mit ihr identisch, so 
wie die Vorgänge in einem Leitungskabel den Charakter elektrischer Er¬ 
scheinungen tragen, Elektrizität sind. — Das Bewußtsein ist eine natürliche 
Erscheinung, von deren Nutzen man so wenig sprechen kann, wie von der 
Farbe des Windes oder gar vom Nutzen und Zweck des Lebens selbst. 
Man kann nur fragen: Welche Aufgabe fallt im Körperhaushalt den bewußt 
tätigen Zellen und Zellkomplexen zu? — Mit der feineren Differenzierung 
der Zellvorgänge muß sich auch der Empfindungscharakter derselben 
schärfen. So erklärt sich die Tatsache, daß fein abgestufte Reaktionen nur 
in bewußt tätigen Nervenzellen möglich sind, und die Frage, ob denn nicht 
dem Bewußtsein eine besondere Bedeutung für die Ermöglichung dieser 
feineren Differenzierung der Sinneszellen zukäme, wird gegenstandlos. Da¬ 
durch, daß man geneigt ist, Zellvorgang und Bewußtseinsvorgang zu sondern, 
findet man schließlich in dem ersteren gar keine Erklärung für den letzteren. 
Das Bewußtsein schwebte nach wie vor in der Luft. Daß der Bewußtseins¬ 
effekt in jeder kleinsten Nuance von dem Zellvorgang abhängig und doch 
mit ihm identisch, doch etwas von ihm Getrenntes sein sollte, wäre nicht 
zu verstehen. Beide sind vielmehr völlig eins. Es bedarf demnach die 
Erscheinung des Bewußtseins überhaupt keiner Erklärung. Man kann wohl 
versuchen, noch besser in das Wesen der Zellvorgänge einzudringen, aber 
man darf dies nicht in der Annahme tun, daß man hierdurch noch weitere 
Gesichtspunkte zur Beurteilung der Erscheinung des Bewußtseins gewinnen 
müßte. (Jacobsohn.) 

Von einem neuen Lehrbuch der experimentellen Psychologie, das 
Fröbes (80) herausgibt, liegt die erste Abteilung des ersten Bandes vor. 
F., ein Schüler G. E. Müllers, ist Professor der Philosophie an der philo¬ 
sophisch-theologischen Lehranstalt zu Valkenburg und gehört dem Jesuiten¬ 
orden an. Aus der Behandlung des Stoffes und der Verarbeitung der Lite¬ 
ratur darf man den eingehenden Forscher erkennen, dem es vor allem darum 
zu tun ist, seine Disziplin in klarer Form dem Verständnis möglichst vieler 
näherzubringen. Das erfordert ja auch die wachsende, immer mehr ins 
Leben übergreifende Bedeutung der experimentellen Psychologie. Wenn 

Jahresbericht f. Neurologie n. Psychiatrie 1916. 41 


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Psychologie. 


man aus der Stellung des Verfassers eine Gefahr für die Objektivität seiner 
Darstellung vermuten könnte, so ist man schon durch die Ausführungen im 
Vorwort angenehm enttäuscht: F. hat sich in betreff der metaphysischen 
Seelenlehre und ihrer Grundfragen eine prinzipielle Beschränkung auferlegt. 
Soweit eine Durchsicht des vorliegenden Bandes gestattet, hat er seine 
Absicht hier durchgeführt: er wird allerdings in den weiteren Bänden damit 
schwereres Spiel haben. 

In der Einleitung bespricht F. kurz die Ziele und Wege der empi¬ 
rischen i. e. experimentellen Psychologie. Recht objektiv verteilt er sein 
Urteil über die Selbstbeobachtung und das Experiment, wobei er freilich 
einen leicht absprechenden Unterton in der Einschätzung der Selbstbeob¬ 
achtungsmethoden, namentlich der vermeintlichen Reminiszenz und auch des 
Gedankenexperiments durchklingen läßt. Kurz wird die Entwicklung der 
Psychologie gestreift und die Berechtigung der alten Psychologie noch von 
Aristoteles herstammend neben der neuen, experimentellen Richtung voll 
anerkannt. Der erste Abschnitt handelt von der Empfindung im allgemeinen, 
sie wird behandelt als psychisches Element, dann werden ihre Vorbedingungen, 
die Reize und das Sinneszentrum besprochen. Eingehend wird der Satz von 
den spezifischen Energien und das Axiom vom psychophysischen Parallelismus 
erörtert. Der zweite Abschnitt enthält 7 Kapitel, in denen die einzelnen 
Empfindungen und sonstigen Elemente behandelt werden. 

Eine eingehendere Besprechung des vielversprechenden Werkes behalten 
wir uns vor und wünschen, daß die Herausgabe sich nicht allzusehr in die 
Länge ziehen möchte. 

Jakobi (121) behandelt in einer Jenaer Dissertation „das Zwangs¬ 
mäßige in Goethes Schaffen“. Er gebt davon aus, daß mancherlei Züge 
in Goethes Leben an Hysterie denken lassen. Freilich will er nicht so 
weit gehen, wie Stekel, der ihn für einen schweren Neurotiker und 
Hysteriker hält. Die Stütze seiner Anschauung findet J. hauptsächlich in 
den Hinweisen Goethes auf seine hypochondrischen Anwandlungen und den 
raschen, oft ins Gegenteil - umschlagenden Wechsel der Stimmung. Sehr 
bekannt sind ja die Selbstmordgedanken, mit denen sich Goethe im Aufang 
der 70er Jahre trug. J. erörtert sogar die Möglichkeit, daß der Blutsturz, 
den Goethe in Leipzig hatte, hysterischer Natur gewesen sei! Schließlich 
sucht J. die Frage zu ergründen, wie sein, gewissermaßen im Anfall, fast 
uubewußt erfolgendes Schaffen zu erklären sei. Dazu holt er zahlreiche 
Aussprüche Goethes heran, die über sein Schaffen Auskunft gehen. Er 
weist auf den Unterschied gegenüber Schiller hin, der vielmehr intellektuell, 
nach sorgfältiger Durcharbeitung des Stoffes und nach fertigem Vorentwurf 
schuf. Will mau Goethes anfallsweises Schaffen mit den hypnoiden Zu¬ 
ständen Hysterischer im Sinne Breuers (nicht Bräuers) und Freuds ver¬ 
gleichen, so überzeugt man Bich, daß bei den hysterischen Zuständen eine 
deutliche Denkhemmung besteht, während wir bei Goethe gerade entgegen¬ 
gesetzt im unbewußten Schaffen die höchste Entfaltung seiner dichterischen 
Kraft vor uns haben. Trotzdem findet J. Berührungspunkte zwischen den 
beiden Zuständen, denn auch Goethe sucht darin eine Entladung innerer 
Spannungen, wie das der Hysterische auch tut. Am Schlüße seiner Er¬ 
örterungen mahnt J., man möge es lassen, die Dichter durch präzise dia¬ 
gnostische Klassifizierung zu gruppieren. Der Ref. fragt sich, wozu denn dann 
die vielen Worte? Daß Goethe nur für Stekel und seinesgleichen ein 
Hysteriker gewesen ist, versteht sich doch von selbst, und daß dichterisches 
Schaffen nicht nach Stundenplan und Uhr sich zu richten pflegt, wußten wir 
ohne den Verfasser. Wenn ein Moebius seinen Geist und seine Divinations- 


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Psychologie. 


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gäbe uns lieh, um dem Geist unserer Großen näh erzutreten, so können wir 
ihm nur danken. Seine Nachahmer mögen immerhin Jakobis Mahnung 
beherzigen. 

Haberman (96) bespricht die Beziehungen der klinischen Psychologie 
zur Schule und zur sozialen Medizin. Er setzt in überzeugender Weise aus¬ 
einander, daß die jetzt so beliebte Intelligenzprüfungsmethode Binet-Simon 
nicht die geringste Bedeutung für die Einschätzung der mehr oder weniger 
schwer abnormen Kinder habe. In Deutschland sei der Versuch gemacht 
worden, durch Spezialklassen (Förderklassen, A- und B-Klassen für unter- 
und übernormal begabte Kinder) die bestmöglichsten Entwicklungsbedin- 
gungen zu schaffen. Es fragt sich nun, inwieweit die klinische Psychologie 
zu erkennen vermag, ob und in welcher Hinsicht die Kinder sich in ab¬ 
normer Weise entwickeln werden, um dann vielleicht vorbeugende Ma߬ 
regeln ergreifen zu können. Von größter Bedeutung ist die Aufnahme einer 
genauen Vorgeschichte der untersuchten Kinder. Um diese zu erleichtern, 
empfiehlt H. die Anwendung eines Fragebogens, den er mitteilt und der 
wegen seiner Vollständigkeit vor allem in der Berücksichtigung der leichten 
psychischen Abweichungen der Kindheit warm empfohlen werden kann. 

Die vorliegende Arbeit von Forel (71) entbehrt nicht eines weh¬ 
mütigen Beigeschmacks. Unser vielgenannter und hochverdienter Fach¬ 
kollege berichtet mit der ihm eigenen Sorgfalt und Eindringlichkeit über 
seine Selbstbeobachtungen der psychischen und nervösen Tätigkeit nach 
Hirnthrombose. Kurze psychologische und anatomische Vorbemerkungen 
zeigen uns, daß F. entschieden auf dem Boden der modernen Arbeiten von 
O. Semon und C. Vogt steht „Alles im Gehirn ist mnestisch, sowohl 
Empfindungen wie Gefühle, Wille und Bewegung. Was nicht bewußt er¬ 
innerlich ist, ist doch unterbewußt engraphiert.“ Die Vererbung erworbener 
Eigenschaften ist nach F. erwiesen. Die Introspektion wird durch diffuse 
Erkrankungen des Gehirns schwer beeinträchtigt, während Herderkrankungen 
die Möglichkeit der Selbstbeobachtung und hochqualifizierter geistiger Arbeit 
nicht zu beeinträchtigen brauchen. F. schildert eingehend seinen Krank¬ 
heitsfall, weist auf die von der Mutter ererbte Disposition zu Hirnarterio¬ 
sklerose hin. Die ersten Vorzeichen des Schlaganfalls machten sich bereits 
9 Tage vorher bemerkbar: Es trat Prickeln und Einschlafen im rechten 
Arm auf, außerdem eine Erschwerung der Wortfindung. Der Anfall 
selbst führte nicht zu schwerer Bewußtseinsstörung, aber zu ausgesprochener 
Lähmung des rechten Armes und der rechten Gesichtshälfte. Trotzdem 
konnte F. seine psychische Tätigkeit fortsetzen. Allerdings war ein einige 
Tage nach dem Anfall verfaßtes Gedicht recht mangelhaft. Auch die ersten 
Arbeiten waren „entschieden etwas schwach“. Zeitweilig bestand eigen¬ 
tümliche Sehstörung: Bald wurde das rechte, bald das linke Auge wie von 
einem gelben Schleier bedeckt. Die psychischen Fähigkeiten waren stark 
beeinträchtigt: Das Rechnen, besonders das simple Addieren war äußerst 
beschwerlich. Beim Schreiben trat Auslassen einzelner Buchstaben, Wieder¬ 
holen von Worten und ähnliches hervor. Vor allem aber hatte die Merkfähigkeit 
gelitten. Diese Störungen erklärt F. durch mangelhafte Ekphorie der En¬ 
gramme, nicht solcher, die im Zentralpunkt der Aufmerksamkeit liegen, 
sondern die mehr der flüchtigen Peripherie seines Engrammvorrats angehören. 
Etwa 5 Monate nach dem ersten Anfall trat eine Verschlimmerung ein, die zu 
einer noch stärkeren Beeinträchtigung der bis dahin wieder ziemlich leistungs¬ 
fähig gewordenen Hand führte. Von Januar 1913 an ist der Zustand sich 
annähernd gleich geblieben: Dysarthrie, Parese und Störung der Ekphorie 
bestehen nach wie vor, nur zeigten sie mitunter Schwankungen, die vom 


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Psychologie. 


Allgemeinbefinden abhängeu. Trotz seiner Krankheit hat F. seit Juli 191-j 
mehr als 16 Arbeiten über Ameisen veröffentlicht, er hat Neuauflagen seiner 
Bücher besorgt und Broschüren herausgegeben. Das ist ihm möglich ge¬ 
wesen durch das Aufgeben seiner ärztlichen Tätigkeit und durch den Über¬ 
gang zu einer langsamen Art der Arbeit. Am Schlüsse bringt F. noch 
einige Bemerkungen über das Unterbewußte und die Mneme. Er schlägt für 
die Verworrenheit des Denkens und Sprechens im Traume und in psycho- 
pathologischen Zuständen statt des früheren Ausdrucks Dissoziation für 
alles momentan Dissoziierte das Wort Parekphorie vor. Die nicht ver¬ 
gessenen Amnesien sollte man als Anekphorien bezeichnen. 

Wir wünschen dem verehrten Verfasser, daß ihm die Fähigkeit zu 
solch gründlicher und fruchtbarer wissenschaftlicher Arbeit noch viele Jahre 
erhalten bleibe und nicht durch Auftreten neuer, wenn auch gewiß inter¬ 
essanter Erscheinungen gestört werde! 

Barr (31) behandelt die Psychologie des Geizhalses. An der JEtaud 
der Lebensgeschichte solcher, mehr oder weniger bekannt gewordener 
Fälle weist er auf ihre psychischen uud physischen Besonderheiten hin. 
Es fallt auf, daß es nur wenig weibliche Geizhälse gibt. Die meisten 
erreichen ein sehr hohes Alter, entstammen den verschiedensten sozialen 
Schichten. Habsucht ist nicht immer mit Egoismus identisch: Viele Geiz¬ 
hälse sparen, um ihre Reichtümer wohltätigen Stiftungen zu Unterlassen. 
Der Geisteszustand dieser Menschen ist pathologisch, sie sind aber nicht 
als eigentliche Geisteskranke zu betrachten, denn ihr Geiz ist nicht durch 
Wahnvorstellungen, arm zu sein und verhungern zu müssen, bedingt. Ihr 
Äußeres scheint im allgemeinen den Typen der religiös Paranoischen oder 
schwerer Psychopathen aus dem Grenzgebiet geistiger Störung sich zu 
nähern. 

Kronthal (145) verbreitet sich über die Frage des Seelensitzes. Er 
geht dabei von eigenen früheren Arbeiten aus, die im wesentlichen zu folgenden 
Ergebnissen führten: Alles Lebende reagiert. Ist die Seele die Summe der 
Reflexe, so muß alles Lebende beseelt sein. Je zahlreicher Bahnenkreuzungen 
existieren, desto höher muß die Summe der Reflexe, die Seele sein, weil 
dann beide Körperhälften an desto mehr Reflexen beteiligt sind. Wir wissen 
aus der vergleichenden Anatomie, daß die Seelenhöhe mit der Zahl der 
Bahnen korrespondiert. Ist die Seele die Summe der Reflexe, so müssen 
wir Seelenkrankheit als eine pathologische Summe der Reflexe definieren 
können. Diese Definition trifft den Begriff der Psychose vollkommen, denn 
etwas anderes als eine krankhafte Reaktion des Individuums, des Gesamt¬ 
organismus, können wir nicht konstatieren. ... Reflex hat keinen Sitz, es 
wird keinem Menschen einfallen, zu sagen: Der Reflex sitzt im Muskel. Der 
Reflex ist ein Geschehen, wie das Feuer ein Geschehen ist. ... 

Weil die Seele die Summe der Reflexe ist, und weil die Nervenzelle 
durch Aufheben der Fibrillenisolierung die Höhe der Reflexsumme bestimmt, 
sind die Beziehungen der Nervenzelle zur Seele sehr enge. Die alte Er¬ 
fahrung, nach der die Nervenzelle kausal mit der Seele verbunden ist, 
entspricht der Wirklichkeit, aber nicht in dem überlieferten Sinne, daß die 
Nervenzelle die Seele produziert, sondern ganz allein in dem Sinne, daß 
die Nervenzelle die Höhe der Seele bestimmt. (Eine Kritik dieser An¬ 
schauungen soll hier nicht gebracht werden. Sie sind eine Einkleidung vi- 
talistischer Prinzipien, die mehr physiologisches als psychologisches Interesse 
haben. Ref.^ 

Sonnenberger (239) bespricht in der Hauptsache das hier bereits 
referierte Buch Krukenbergs „Der Gesichtsausdruck des Menschen“. 


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Hall (100) erörtert in geistreicher Weise die Begriffe Todesfurcht 
und Unsterblichkeit. Er geht von dem Satz aus, daß unser ganzes 
Denken und Fühlen sich zwischen den beiden Polen Liebe und Tod, mit 
anderen Worten Fortpflanzung und ihre Negation, bewegt. Er schildert 
die ersten Anfänge der Todesfurcht im Kinde, die anfänglich völlig fehlen, 
ja, der Tod kann beim Kinde sogar Lustgefühle auslösen, daher das so 
häufige Beerdigungsspiel! Im Sinne Freuds wird die Nekrophilie be¬ 
handelt. Dann versucht H. die Gespensterfurcht zu erklären, indem er zeigt, 
daß die Gespenster stets an den Tod erinnern, auch durch ihre Unkörper¬ 
lichkeit Schrecken einflößen, schließlich indem sie sich für erlittenes Unrecht 
rächen und ihre Feinde strafen. Der Begriff der Unsterblichkeit im kirch¬ 
lichen Sinne ist den gebildeten Schichten heutzutage völlig verloren gegangen; 
wir leben so, als wenn mit diesem Leben alles zu Ende ginge. Daher ver¬ 
suchen wir auf andere Weise in den Besitz der Unsterblichkeit zu gelangen. 
Durch Stiftungen, wissenschaftliche und andere große Werke, die unseren 
Namen verewigen sollen. Der natürlichste Weg zur Unsterblichkeit ist, die 
Fackel des Lebens seinen Nachkommen weiterzureichen. Die übrigen An¬ 
schauungen sind mehr philosophischer Natur. 

Starke seelische Spannungen und Affekte, sagt Schwalbe (230), ver¬ 
stärken oft die Wesenseigenschaften der Menschen und lassen dadurch 
manche Charakternote, die unter gewöhnlichen Bedingungen kaum be¬ 
merkbar ist oder doch nicht zu den wichtigen Komponenten der Persönlichkeit 
zu gehören scheint, in ihrer wahren Bedeutung hervortreten. Insofern der 
Charakter eines Yolkes sich als Summe der hauptsächlichen Eigenschaften 
seiner Individuen darstellt, ergibt sich in der Gegenwart eine stärkere Be¬ 
tonung der Sondermerkmale, die den einzelnen Völkern ihre Stellung im 
psychologischen System aufweisen. Wertvolleres Material als die Tagespresse 
bieten hierfür die Kundgebungen, die von Wissenschaftlern und Künstlern 
verfaßt und als tendenziös, insbesondere als nicht verbogen von der Absicht, 
auf die Massen zu wirken, angesehen werden können. Durch sie äußert 
sich die Volkspsyche in einer durch Kultur veredelten Form, rein von den 
ungebändigten Instinkten. In solchen Geistesoffenbarungen findet man für 
die Beurteilung des Volkscharakters Unterlagen, die auch von den Gegnern 
als einwandfrei angesprochen werden müssen. Der Autor führt dann 
einen Aufsatz an zum Beweise, wie sehr auch französische Arzte durch die 
Kriegswirren nicht nur in ihrem Verhältnis zu deutschem Geistesleben, 
sondern auch in ihrem logischen Denken beeinflußt sind. ( Jacobsohn .) 

Münzer (179) spricht über die Schockwirkung bei Schwerverwundeten. 
Sie besteht in einer Hemmung der wesentlichsten Hirnfunktionen. Durch 
die schwere Verletzung würden eine ganze Reihe sensibler Nerven getroffen 
und hierdurch eine Fülle mannigfacher Reize an das Zentralnervensystem 
weitergeleitet. Die Summation all dieser fremden Reize mag wohl den 
Ablauf der Hirnfunktionen wesentlich beeinflussen. Andrerseits bedingt 
der Blutverlust tiefgreifende Veränderungen der Zirkulation. Die Schock¬ 
wirkung hält ca. 12—24 Stunden an. Der Seelenzustand danach ist dann 
verschieden. Die einen Verwundeten zeigen einen ruhigen, die anderen 
einen neurasthenischen Zustand. Letzteren treffe man im Verhältnis öfters 
bei Offizieren als bei Mannschaften. (Jacobsohn.) 

Forel (70) kennzeichnet in seinem Aufsatz das Wesen und die Be¬ 
deutung der Psychologie als Wissenschaft. Es besteht nach seiner Ansicht 
keinerlei Gegensatz zwischen Subjekt und Objekt. Alles, was wir kennen, 
haben wir durch die Brille unseres Subjektes kennen gelernt, d. h. durch 
unsere psychologische Introspektion. Die Psychologie gehört in das Gebiet 


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Psychologie. 


dessen, was unserer Kenntnis durch direkte und indirekte Introspektion er¬ 
reichbar ist. Alle wissenschaftliche Psychologie muß notwendigerweise ver¬ 
gleichend sein, keineswegs ist die Psychologie die Wissenschaft der reinen 
direkten Introspektion. Das könnte sie nur sein, wenn sie die Psychologie 
eines Menschen wäre, der allein auf der Welt lebend, nicht einmal mit 
Tieren Umgang hätte, und der nie gelesen und gesprochen hätte. Die gegen¬ 
teilige Ansicht einzelner Autoren (Bethe, Uxküll u. a.), daß es eine ver¬ 
gleichende Psychologie gar nicht geben könne, sei falsch. Um im Bereich 
der Wissenschaft zu bleiben, müsse man zu gleicher Zeit beobachten und 
experimentieren, sowohl mit Hilfe der direkten Introspektion unseres „Ich 1 *, 
das wir als Maßstab der Vergleichung benutzen, wie auch mittels der in¬ 
direkten Kombinationen der Resultate unserer Introspektion, d. i. der 
Phänomene der äußeren Welt, die wir bei anderen Menschen und bei den 
Tieren beobachtet haben. Um uicht dabei in einen irreführenden Anthro¬ 
pomorphismus und Mechanismus zu geraten, soll man sorgfältig und ohne 
Voreingenommenheit die Handlungen und Gebärden der im Naturzustände 
lebenden Tiere beobachten, ferner muß man den Instinkt ausschalten, um 
feststellen zu können, inwieweit das Tier seine persönlichen Erfahrungen, 
mit Hilfe der Erinnerungsbilder und ihrer Assoziation verwendet, andrerseits 
was das Tier aus erblichem Instinkt, ohne es gelernt zu haben, tut. Es gilt 
zu beobachten, welche Sinnesorgane jede Tierspezies besitzt, und wie es 
diese Organe verwendet, es gilt ferner zu beobachten, welchen Gebrauch 
jede Spezies von ihren Sinneseindrücken macht, und bis zu welchem Grade 
sie imstande ist, diese Eindrücke aufzuspeichern und sie später als Erinne¬ 
rungen zu verwerten. Im ganzeu ergeben sich aus der Beobachtung drei 
Hauptgesetze: 1. Die geistigen Fähigkeiten eines Tieres hängen von dem 
relativen Volumen seines Gehirnes, d. h. des mächtigsten höheren Nerven¬ 
zentrums ab. 2. Das absolute Hirnvolumen kann nicht den Maßstab für 
die Kompliziertheit der geistigen Fähigkeiten abgeben, da bei den großen 
Tieren jedes einzelne Organ (Muskel, Drüse, Haut usw.) zur Erledigung der 
einfachsten Funktionen einer viel größeren Anzahl nervöser Elemente bedarf, 
als bei den kleinen Tieren. 3. Die ererbte automatische Auslösung einer 
Serie sehr komplizierter, jedoch determinierter Handlungen, die sich bei 
den Individuen desselben Geschlechts und derselben Spezies immer gleich 
bleiben und sich in der nämlichen Weise und zu dem gleichen Zwecke 
wiederholen, also alles das, was man unter Instinkt versteht, erfordert eine 
weit weniger beträchtliche Zahl von Neuronen und daher viel weniger 
Gehirn Substanz, als das plastische psychische Vermögen (individuelle In¬ 
telligenz), welches die Erinnerungen assoziiert und kombiniert, und sie in 
dieser Weise verwendet, um die Handlungen des Tieres neuen unvorherge¬ 
sehenen Situationen anzupassen, und um mittels der Erinnerungskombinationeu 
neue Handlungen vorzuber’eiten. Die angeblichen besonderen Seelenfähig¬ 
keiten, die man dem Menschen allein zuschreiben wollte, sind nur höhere 
Komplikationsgrade, insbesondere auf dem Gebiete der plastischen Kom¬ 
binationen. Der Autor geht dann zur Lehre von der Mneme über, er führt 
Hering an, der den Instinkt als das Gedächtnis der Art definierte und 
damit uns das Wesen des Instinktes treffend charakterisierte. R. Semou 
begriff, daß sich darunter ein wichtiges Gesetz des organischen Lebens 
verbarg, welches er als das Gesetz der Mneme bezeichnete, und welches 
nach den Erläuterungen, die Semon gegeben hat, sich kurz folgendermaßen zu¬ 
sammenfassen läßt: Die Mneme stellt die der lebenden Substanz innewohnende 
Fähigkeit dar, die von außen kommenden Reizkomplexe, welche sie erregen und 
sich ihr als Eugramme (d. h. als Komplexe latenter Energie) einprägen, als solche 


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und in ihren zahlreichen subtilen Verbindungen zu bewahren, um sie dann, 
durch den Vorgaug der Ekphorie, vielfach unter gleichzeitiger Herstellung 
neuer Verknüpfungen, wieder in Tätigkeit treten zu lassen (zu reaktivieren) 
mit Hilfe (bzw. auf Veranlassung) einer teilweisen oder abgeschwächten 
Wiederkehr gleicher oder ähnlicher Reizungen. Die mnemischen Vorgänge 
können von uns sowohl durch direkte Introspektion wie auch durch die 
indirekte Methode der Beobachtung und des Experiments wahrgenommen 
und untersucht werden. Das Gesetz der Mneme stellt die komplizierte Ent¬ 
wicklungsform der Gesetze von der Erhaltung der Energie bzw. der Arbeit 
und von den Transformationen derselben dar für das Gebiet des or¬ 
ganischen Lebens. 

Als Hauptergebnis des kurzen Überblicks stellt sich nach Porel die 
Erkenntnis dar, daß nichts, kein psychologischer Rest irgendwelcher Art, 
bleibt, der uns erlaubte, die Existenz einer vom lebenden Gehirn unab¬ 
hängigen Seele, einer Freiheit unseres Urteils oder Willens zu bejahen. 
Was diesen letzten betrifft, so wird er in jeder Sekunde bestimmt durch die 
Gesamtheit unserer ererbten und erworbenen bewußten und unterbewußten 
Mneme. Aber das ist auch das einzige, was wir wissen können, nämlich 
mit anderen Worten, daß im ganzen Gebiete der Beziehungen zwischen den 
durch unsere Sinne uns übermittelten, durch unser Gehirn verarbeiteten 
Erscheinungen und Symbolen, jeder Vorgang durch irgendwelche Ursachen, 
jede Reaktion durch irgendweiche Einwirkung bedingt ist. Die vorgeblichen 
metaphysischen Fragen, die nach Forels Ansicht gar keine Fragen oder 
Probleme sind, bleiben nach wie vor in ihrem absoluten Dunkel, dem 
einzigen Absoluten, das wir kennen, gleichbedeutend mit der Absolutheit 
unserer Unkenntnis hinsichtlich des Unerkennbaren. ( Jacobsohn .) 

Von der interessanten Abhandlung von Frankhauser (72) sei nur 
der letzte Abschnitt wiedergegeben: Was das Verhältnis von Motiv und 
Handlung betrifft, so ist es von Schopenhauer für ein kausales gehalten 
worden: „Die Motivation ist die Kausalität von innen gesehen.“ Das Motiv 
ist eine Empfindung, die Handlung eine Energieentladung; es ist also danach 
ohne weiteres klar, daß zwischen Motiv und Handlung kein kausales Ver¬ 
hältnis bestehen kann. Die Energieentladung einer Handlung steht in kausalem 
Zusammenhang zu einer vorhergehenden Energiespannung, einem Energie¬ 
gleichgewichtszustande. Die Handlung steht ferner zu dem mit dem Motiv 
gleichzeitigen Energiezustande in einem Reizverhältnis, d. h. dieser Energie- 
zustand steht in einem kausalen Verhältnis nur zu einem oder einzelnen 
Energieträgern des mit der Handlung kausal verbundenen Gleichgewichts¬ 
zustandes. Von den bisher betrachteten Beziehungen kommt also dem Motiv 
und der Handlung die eines indirekten Reizverhältnisses sowie die der 
Sukzession zu, welch letztere aber nicht charakteristisch ist, da alle Zu¬ 
standsänderungen entweder gleichzeitig oder nacheinander erfolgen müssen. 
Ein Motiv ist eine Willensregung, also eine Empfindung. Eine von dem, 
dem Motiv gleichzeitigen Energiezustand als Reiz ausgelöste Energieentladung, 
Reaktion, Handlung ist entweder dieser Willensregung gemäß oder nicht 
gemäß, d. h. sie ist zweckmäßig oder nichtzweckmäßig. Die zweckmäßigen 
Reaktionen werden entwicklungsgeschichtlich und erfahrungsgemäß fest¬ 
gehalten. Auf welche Weise dies geschieht, ist ein Problem für sich. Jeden¬ 
falls beweisen aber die unzweckmäßigen Handlungen, daß das Zweckmäßig¬ 
keitsverhältnis zwischen Motiv und Handlung kein ursprüngliches ist. Das 
Verhältnis Motiv und Handlung ist demnach, wenn es mehr ist als ein 
indirektes Reiz- oder ein sukzessives Verhältnis, kein kausales, sondern ein 
teleologisches. Der Praktiker richtet sein Augenmerk auch nur auf dieses 


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Psychologie. 


teleologische Verhältnis. Er glaubt eine Handlung zu verstehen, wenn er 
ihren Zweck erkennt. Die Erkennung des Zweckmäßigkeitsverhältnisses 
von Motiv und Handlung ist aber Sache der inneren Erfahrung. Er versteht 
daher das Handeln außer ihm auf Grund seines eigenen Handelns nur 
dann, wenn er den eigenen Motiven gleiche auch bei anderen voraussetzt. 
Auch zwischen den Motiven unter sich besteht kein kausales Verhältnis, wohl 
aber zwischen den ihnen gleichzeitigen Energiezuständen. Sind zwei Motive 
entgegengesetzt, so siegt das stärkere Motiv, d. b. dasjenige, dessen gleich¬ 
zeitige Energie die stärkere ist. Die gleichzeitige Energie des schwächeren 
Motivs wird durch die des stärkeren gebunden, und es bleibt nur auf der 
Seite des letzteren ein Plus über, welches als Reiz auf eine Energieentladung, 
eine Handlung wirken kann. Darauf beruht das Wesen der Hemmung. 
Wenn aber auch die Motivation nicht die „von innen gesehene“ Kausalität 
ist, so gibt es dennoch eine solche von innen gesehene Kausalität. Am 
klarsten und unmittelbarsten kommt uns nämlich das Kausalitätsverhältnis 
zum Bewußtsein im Kräfteaustausch mit äußeren Objekten. Ein jeder, der 
einen Wagen schiebt, empfindet, daß die von ihm aufgebotene Energie dem 
Wagen mitgeteilt wird, daß also das Handanlegen und die Bewegung des 
Wagens keine bloße Sukzession ist. Zur Bewegung des Wagens genügt 
eben das Handanlegen nicht. Wer sich von einer bergabrollenden Karre 
schieben läßt, weiß genau, daß er um so mehr geschoben wird, je weniger 
Kraft er dem Fahrzeug entgegensetzt, und um so weniger, je mehr er das tut. 
Er empfindet es ganz genau, daß zwischen ihm und dem Fahrzeug ein 
Energie-, ein Kräfteaustausch stattfindet. Das Kausalitätsverhältnis im 
Kräfteaustausch mit äußeren Objekten ist daher in der Tat die von innen 
gesehene oder richtiger gefühlte Kausalität, und dabei ist sich jeder ihres 
innersten Wesens instinktiv bewußt. Dieses innerste Wesen des Kausalitäts¬ 
verhältnisses entgeht sogar dem vernunftlosen Tier nicht, ohne daß es jedoch 
einen verstandcsmäßigeu Begriff davon hätte. Es entwickelt im Kampf, 
im Kräfteaustausch mit den äußeren Objekten instinktiv um so mehr Energie, 
je mehr ihm entgegengesetzt wird. Daher hat auch der Kausalitätsbegriff 
als der einer notwendigen Sukzession noch niemandem im Ernste genügt. 
Es hat von jeher ein jeder instinktiv empfunden, daß noch etwas anderes 
dahinter stecken müsse; dieses Etwas ist aber nichts Apriorisches, es hat 
eine schwere Grundlage, nämlich das instinktive Bewußtwerdeu der Wechsel¬ 
wirkung im Energieaustausch mit äußeren Objekten Jaspers, dessen Stand¬ 
punkt L. Binswanger bekämpft, läßt sich leiten dnrch die Grundvorstellung. 
daß alle kausalen Zusammenhänge, daß der ganze außerbewußte Unterbau 
des Seelischen irgendwie in körperlichen Vorgängen ihre Grundlage habeu. 
Jaspers verwirft demnach eine rein psychische Kausalität. Der Autor ver¬ 
folgt in der vorliegenden Abhandlung, diesen Jasporsehen Standpunkt aus¬ 
führlicher zu begründen und zu erörtern. ( Jacobsohn .) 

Die Grundgesetzlichkeit, die alles psychische Leben gegenüber sonsti¬ 
gen beliebigen Vorgängen des Lebens auszeichnet und die sich häufig über 
ganze Reihen von Vorstellungen, Gefühlen und Wallungen hinwegspannt, 
ist nach Darlegungen von Conrad.. ('$»>) der ewige Kreislauf zwischen 
Aufnehmen, Verarbeiten und Äußern, der wie jeder Lebeusvor- 
gang als Ganzes dazu dient, den psychischen Organismus zu erneuern 
und zu verjüngen, und all das Alte und Absterbende zu ersetzen, das dieser 
— neuerungsdurstig — in das Unterbewußtsein und in die Vergessenheit hinab- 
stößt. Jeder der drei Teilprozesse kann durch ein Zuviel oder ein Zuwenig 
eine Störung hervorrufen. Wenn dadurch ein gewisses Maß überschritten 
wird und die Selbstregulierung versagt, und wenn es dabei zu einer Ver- 


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Psychologie. 


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kehrung der natürlichen Gefühle und Bedürfnisse kommt, werden die Stö¬ 
rungen für die Erhaltung des Organismus gefährlich und bedürfen des päda¬ 
gogischen Eingriffs. 

Ungenügend ist das Maß des Äußerns dann, wenn sich mehr und mehr 
verarbeitetes psychisches Material ansammelt, das als Affekt oder Wunsch 
oder Wille zur Äußerung drängt, ohne wegen irgendwelcher Hemmungen 
zur Äußerung und Entladung gelangen zu können; überreichlich ist dieses 
Maß, wenn es die zunehmende Erschöpfung und Verarmung des psychischen 
Lebens und seine Erschlaffung dadurch zur Folge hat, daß es keine irgend 
erhebliche Spannung mehr aufkommen läßt. Als Beispiele für die erste Klasse 
führt der Autor die religiösen Fanatiker an, die sich in die Einsamkeit uud 
ein möglichst äußerungsloses Innenleben zurückziehen, sich aber doch nicht 
an dieses Leben anpassen und dann dem psychischen Zusammenbruch ent¬ 
gegengehen. Bei anderen liegt irgendeine andere Hemmung vor, welche 
die notwendige Äußerung in zu hohem Maße beschränkt. Unter denen, die 
sich an den Psychoanalytiker wenden, sind nicht wenige, die gerade unter 
solchen Hemmungen des Sichäußerns leiden, Hemmungen, die ihnen natür¬ 
lich besonders bewußt und quälend werden, wenn sie mit ihrem Beruf, 
mit ihren gesellschaftlichen und Familienvorpflichtungen in Konflikt geraten 
(Schauspieler, Pfarrer, Offizier usw.). Alle diese gequälten und sich gegen¬ 
seitig quälenden Menschen leiden an dem gleichen: der Hemmung der 
Äußerungsfunktion. 

Der andere Fall, die Maßlosigkeit des Äußerns aus irregeleiteten In¬ 
stinkten, scheint im Leben, d. h. in dem heutigen Kulturleben nicht die gleich 
große und gefahrvolle Rolle zu spielen. Mau sieht zwar täglich die Ver¬ 
flachung, die stets die unmittelbare Folge übermäßiger Äußerung ist, aber 
verhältnismäßig selten scheint sich hieraus eine selbstgefährliche, d. i. den 
Organismus bedrohende, krankhafte psychische Tendenz zu entwickeln. Hierher 
gehören z. B. diejenigen, die sich in Spiel, Alkohol und Geselligkeit, in 
großen jahrelangen Weltreisen usw. betäuben und über ihre innere Leere 
hinwegzutäuschen suchen. 

Der Autor wendet sich alsdann den beiden anderen Gruppen zu, die 
auf einem Zuviel oder Zuwenig des Aufnehmens oder Verarbeitens beruhen. 
Einem Zuviel des Aufnehmens entspricht ein Zuwenig des Verarbeitens und 
umgekehrt. Im ersten Fall hat man eine unnatürliche Erweiterung des 
psychischen Lebenskreislaufes, im zweiten Fall eine unnatürliche Verengerung. 
Im ersten Fall entsteht eine zunehmende Beängstigung, ein zunehmendes 
Kleinheitsgefühl angesichts des nicht zu bewältigenden Stoffreichtums, der 
nicht zu bewältigenden Anforderungen; und es häufen sich von anderen 
übernommene Anschauungen, Wünsche und Lebensziele auf, die mit der 
eigenen Natur und den eigenen wahren Bedürfnissen in Widerspruch stehen, 
es entstehen Konflikte in den Lebenswegen und Lebenszielen. Es entstehen 
überdies aber Konflikte mit der Wirklichkeit und dadurch ständige Ent¬ 
täuschungen. Bei der Sensibilität und leichten Ermüdbarkeit des Neur¬ 
asthenikers kann sich alles dies ins ungemessen Krankhafte steigern; leicht 
werden hier aus Menschen, die früher die großen Optimisten waren, schlie߬ 
lich die ärgsten Pessimisten, erleiden einen vollkommenen seelischen Zusammen¬ 
bruch, der zum Selbstmord führen kann. 

Noch wichtiger aber als diese Erweiterung des Lebenskreislaufs bei 
ungenügender Verarbeitung ist die Verengerung desselben. Sie beruht 
darauf, daß zu wenig aufgenommen wird und im Verhältnis hierzu der \ er- 
arbeitungsprozeß zu lebhaft ist. Ein solcher Mensch sei dem zu vergleichen, 


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Psychologie. 


der sich in eine kleine Stabe sperrt und gezwungen ist, die Luft wieder 
einzuatmen, die er ausgeatmet hat. Die Hysterischen seien das krasseste 
Beispiel für diese Selbstvergiftung. Freud und seine Schüler haben die 
Verdrängung sexueller Wünsche, also ein Zurückdrängen wichtiger Äußerungs¬ 
triebe als eine bedeutsame und überaus häufige Quelle jener Störungen auf¬ 
gedeckt. Aber wichtiger ist die Erkenntnis durch Jung, daß nicht die 
Verdrängung an sich für solche Störungen verantwortlich gemacht werden 
kann, sondern die Verengerung des Lebensprozesses, die aus dem Perse- 
veriereu solcher nie erfüllten Wünsche und dem Perseverieren solcher nie 
gelösten Konflikte hervorgeht. Die Wunschziele haben nicht wie irgendein 
beliebiges Vorstellungselement die Teudenz, von den nachfolgenden in das 
Uuterbewußtsein zurückgedrängt und des unmittelbaren Einflusses auf den 
psychologischen Gesamtzustand von da an beraubt zu werden, sondern sie haben 
die Tendenz, im Bewußtsein oder in Bewußtseiusnähe zu perseverieren, bis 
dieses Ziel erreicht ist, jedenfalls aber dauernd wirksam zu bleiben. Nicht 
die egoistische Einstellung als solche ist nach Ansicht des Autors das lebens¬ 
feindliche Element bei den Hysterischen und zahllosen anderen Kranken, 
sondern die ungesunde Verengerung, die ein zu nahe gestecktes unerfüllbarer 
Wuuschziel hervorbringt. Ebenso wie die egoistische, so wird auch die 
altruistische Lebenseinstellung, wenn sie zu eng in ihren Zielen ist, ungesund 
und lebensfeindlich. Als Beispiel wählt der Autor die junge Witwe, die 
nur ganz allein für ihr Kind lebt, wobei der enge Betätigungskreis nicht 
nur auf die Mutter, sondern auch ganz besonders auf das Kind verderblich 
einwirkt. Ebenso wie die Liebe kann auch der zu Furcht, Trotz und Haß 
gesteigerte Zwiespalt zwischen dem Kind und einem der Eltern zu einer 
Bindung und Entwicklungshemmung werden, das Bild der Außenwelt ver¬ 
zerren und zu einer falschen Einstellung ihr gegenüber führen. Wie das 
Familienleben, so kann auch das Berufsleben Anlaß zu solcher Verengerung 
des Restitutionsprozesses werden und vor allem die Form der Störungs¬ 
symptome bestimmen, denn der Beruf wird in der Regel nicht nur nach 
der vorhandenen Anlage, sondern auch mehr oder weniger nach der vor¬ 
handenen Anlageschwäche ausgewählt. So entwickelt sich beim Schneider 
die Furchtsamkeit, beim Fleischer die Roheit, beim Beamten die Pedan¬ 
terie usw. 

Die pädagogische Behandlung aller dieser Fälle, die der Autor durch¬ 
gesprochen hat, besteht zunächst in der Psychoanalyse und in der darauf 
sich aufbauenden Aufklärung des Patienten über den Ursprung und die 
Schädlicbeit seines Verhaltens. ( Jacobsoha .) 

Bunnemann (:10) bemüht sich, eine Formel zu finden, um idealistische 
und mechanistische Weltanschauung zu vereinigen. Er ist der Ansicht, daß 
ein klares Denken ohne Substanzbegriff nicht möglich ist. „Unser Denken“, 
meint der Autor, „braucht etwas Festes. Alle unsere Begriffe sind im Zeit¬ 
punkte ihrer Anwendung feststehend. Wenn wir aber das Seiende stets nur 
in seinen Beziehungen erfassen sollen, wie Petzold, Misch und Avenarius 
es wollen, so bleibt das Denken ruhelos und immer unklar. Wir müssen, 
wenn wir klar deuken wollen, das Seiende als etwas im festen Zusammen¬ 
schluß im Zeitpunkte des Erlebens Vorhandenes betrachten, und diesem 
Postulat entspricht der Substanzbegriff. Die Substanzvorstellnng aber können 
wir dahin in uns abändern, daß wir sowohl dingliche als ichliche Attribute 
in ihr vereinigt sehen. Dem Objektiven der Bewußtseinsinhalte entspricht 
das räumlich Beziehliche der Realität. Dem Realen kommt also das 
Attribut der Räumlichkeit zu, vermöge dessen es in räumlicher Beziehung 
sich zu äußern und in un9 die objektive Seite unserer Bewußtseinsinhalte 


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Psychologie. 


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zu schaffen vermag. Weiter müssen wir ihm das Attribut der Zeitlichkeit 
zuerkennen, vermöge dessen es in einer Folge von Znstandsbildern sich zu 
äußern imstande ist und in unserm Bewußtsein eine Folge von Erschei¬ 
nungen erkennbar macht. Wenn wir in dieser Folge von den zeitlichen 
und dinglichen, objektiven Unterschieden absehen, so bleiben die Erschei¬ 
nungen an sich noch auf ein Attribut des Seienden zurückzuführen. Wir 
können sie als solche als ichliche, subjektive bezeichnen, und demgemäß der 
Realität des Attributs der Ichlichkeit, der Subjektivität zuerkennen. So 
erscheint uns, da weitere Seiten an den Erscheinungen unseres Bewußtseins 
nicht zu unterscheiden sind, die Substanz einheitlich in seinen drei Attri¬ 
buten der Räumlichkeit, der Zeitlichkeit und der Ichlichkeit zu erfassen. 
Dabei muß man festhalten, daß das Seiende nur infolge der Rückbezüglich- 
keit seiner Attribute sich einheitlich dem Betrachter darzustellen und nur 
in der Rückwirkung derselben aufeinander sich zu äußern, zu funktionieren 
vermag. Diese Rückbezüglichkeit der Attribute ist aber nicht diejenige 
einer einfachen Relation, sondern sie ist eine solche, daß die Realität seine 
Räumlichkeit nur in ideell beziehlicher Weise geltend zu machen und daß 
dieselbe, als Ich betrachtet, auf ein andoros nur durch räumliche Verände¬ 
rungen zu wirken vermag. Darin ist das Relativitätsprinzip infinitesimal 
gewahrt. Denke ich mich selbst oder jedes andere Ding in der Zeit in 
dieser Rückbezüglichkeit inneren und äußeren Seins bis ins unendlich Kleine 
verfolgt, so komme ich zu dem einheitlichen Begriff der Substanz, als eines 
Etwas, das sozusagen in allem Seienden drinsteckt, in seinem Zusammen¬ 
wirken aber zu den verschiedenen Äußerungen in räumlicher Beziehung 
und je nach den vorhandenen Abstimmungen, zu verschiedener ideell bezieh¬ 
licher Verarbeitung der räumlichen Anregungen befähigt ist. So können 
wir verstehen, wie strukturelle und geistige Entwicklung nebeneinander her¬ 
geht und mit der Kompliziertheit der einen die Variabilität der anderen 
wächst.“ (Die eben wörtlich angeführten Sätze bilden wohl den Kern der 
außerordentlich schwer verständlichen Arbeit, die ihrem ganzen Inhalte nach 
zu referieren unmöglich ist. Ref.) (Jacobsohn.) 

Von der umfassenden Arbeit Giese’s (90) sei hier nur die Vor¬ 
bemerkung wiedergegeben, aus welcher das gestellte Thema ersichtlich wird. 
Nachfolgende Untersuchung bringt den angekündigten ersten Versuch, mittels 
experimenteller Psychologie Grundprinzipien für die Differenzierung der Ge¬ 
schlechter wie die Typisierung der Individuen aufzufinden. Die Festlegung 
solcher allgemeingültigen Prinzipien, welche das Vorkommen psychischer 
Qualitätsverbindungen ähnlich regeln möchten, wie es chemische Verbiudungs- 
gesetze in der Welt der Materie tun, erfolgt auf dem Wege der in der 
Experimentalpsychologie neuerdings vertraut gewordenen Korrelationsmethode 
und auf Grund vieltausendfacher Experimente, die G. mit 22 Versuchs¬ 
personen beiderlei Geschlechts in mehrsemestriger Arbeit anstellte. Von 
ähnlichen Bemühungen, durch Korrelationen charakterologische Prinzipien 
anfzudecken, unterscheidet sich Gieses Arbeit vor allem in einem Aus¬ 
gangspunkt der Berechnungen, ist nicht etwa ein philosophisch prädestiniertes, 
a priori genommenes Typenschema, in das man die Vpp. zunächst für die 
Bewertung ihrer Experimentalleistungen einordnet, sondern nur eine Experi¬ 
mentalleistung ihrem objektiven Rohwerte nach, und nichts weiter. Daß 
trotz Vermeidung subjektiver Schematisierung objektive Endprinzipien mittels 
Korrelationen — rein rechnerisch — erschlossen werden können, ergibt die 
nachfolgende Ausführung. Diese Ausführung und ihr Endresultat ist nur 
für den Spezialfachmann verständlich, weshalb von einem eigentlichen Referat 
hier abgesehen werden muß. (Jacobsohn.) 


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Psychologie. 


Die Aufgaben der Phänomenologie sind, wie Baade (4) ausführt, die¬ 
selben wie die der darstellenden Psychologie. Die Objekte der Phäuome- 
nologie decken sich zum großen Teil mit denen der darstellenden Psychologie. 
Der Hauptunterschied besteht darin, daß die Phänomenologie es auch mit 
solchen pathologischen psychischen Ereignissen zu tun hat, welche im Seelen¬ 
leben des geistig gesunden, zu wissenschaftlicher Arbeit befähigten Menschen 
nicht auftreteu. Zwischen der Arbeitsweise der darstellenden Psychologie 
und der der Phänomenologie besteht bis zu einem gewissen Grade Über¬ 
einstimmung. insoweit nämlich, als beide sich der darstellenden Vergegen¬ 
wärtigung und der darstellend fundierten Repräsentakte bedienen. Der 
methodologische Unterschied zwischen beiden Disziplinen beruht zum Teil 
auf der Verschiedenheit ihrer Objekte: die Phämenologie hat es auch mit 
solchen psychischen Ereignissen (von geistig Erkrankten) zu tun, welche 
sich der wissenschaftlichen Selbstbeobachtung entziehen, und kann sich zu 
ihrer Beobachtung nur der augleichenden Einfühlung und zu ihrer reprä¬ 
sentierenden Vergegenwärtigung nur der augleichenden Repräsentakte bedienen 
(dieser Unterschied ist unaufhebbar). Zum Teil beruht der Unterschied 
noch darauf, daß die darstellende Psychologie die verschiedenen in bezug 
auf ein psychisches Ereignis möglichen Arten der Vergegenwärtigung nach 
bestimmten Prinzipien wertet und den wertvolleren möglichst den Vorzug 
vor den geringwertigeren gibt, während Jaspers entsprechende Prinzipien 
und Tendenzen für die Phänomenologie nur erst teilweise und noch nicht 
mit aller wünschenswerten Präzision proklamiert hat. Indessen besteht kein 
Hindernis dagegen, daß die Phänomenologie die näher entwickelten Prinzipien 
und Tendenzen der darstellenden Psychologie sich noch aneignet (resp. die 
ihrigen entsprechend ausbaut). Damit würde dieser zweite Teil des methodo¬ 
logischen Unterschiedes verschwinden. ( Jarobsohv .) 

Die eingehenden Untersuchungen über Vererbung psychischer Fähig¬ 
keiten, welche Peters (188) angestellt hat, basieren auf einer Vergleichung 
der Schulzeugnisse von ganzen Familien und auf Versuchen, die an Schul¬ 
kindern ausgeführt wurden. Die Haupttitel der Arbeit sind: 1. Das Problem 
der psychischen Vererbung und die Aufgabe vorliegender Untersuchung 
2. Literatur über psychische Vererbung. 3. Das Zeugnisraaterial und seiue 
Verarbeitung. 4. Die Zeugnisnoten, ihre Verteilung und ihr Durchschnitt. 

5. Die Abhängigkeit der Kinderleistungen von den Leistungen der Eltern. 

6. Geschlecht und Vererbung. 7. Der Erbeinfluß der Großeltern. 8. Die 
Geschwisterähnlichkeit. 9. Psychologische Versuche über Geschwisterähnlich' 
keit. 10. Gedächtnisversuche an Geschwistern. 11. Versuche über Be¬ 
wegungsgeschwindigkeit an Geschwistern. 12. Versuche über Kombiuations- 
fähigkeit an Geschwistern. 13. Ergebnisse der Versuche über Geschwister¬ 
ähnlichkeit. 14. Milieu und Vererbung. 15. Zusammenstellung des Korre¬ 
lationskoeffizienten. Am Schluß faßt der Autor seine Resultate dahin 
zusammen, daß die nachgewiesenen psychischen Ähnlichkeiten zwischen 
Eltern und Kindern, Großeltern und Enkeln, zwischen Geschwistern in der 
Hauptsache nicht auf die Wirksamkeit des gleichen Milieus bei den An¬ 
gehörigen derselben Familien beruhen, sondern Vererbungserscheinungen sind. 

( Jarohsohn.) 

Bauch (9) spricht über die Seelenverfassung Tuberkulöser und führt 
einige Beispiele an. Nicht die Besonderheit der Krankheit, sondern die 
langsame und mitunter schmerzvolle Aufzehrung gibt den Uuterton für die 
psychische Verfassung des Kranken ab. ( Jacobsohu .) 

Lehmann s (149) Arbeit ist eine kritische Besprechung des neuesten 
Weikes von Wilhelm Wundt, „Sinnliche und übersinnliche Welt“ und die 


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Psychologie. 653 

Gegenüberstellung der darin gegebenen Gedankengänge zur Erkenntniskritik 
von Kant. (Jacob»olin.) 

Schulhof (225) bringt Psychologisches aus Kants Schriften, und zwar 
reine Auszüge ohne kritische Bemerkungen. Die Auszüge beziehen sich auf: 
Sinnlichkeit und Verstand (Apperzeption), Ich (als Intelligenz), Einbildungs¬ 
kraft, Apprehension, Urteilskraft, (reine) Vernunft, Idee, praktische Vernunft, 
Wille, Freiheit, Imperativ, Gefühle (Lust, Unlust). (Jacobsohn.) 


Senslbte, sensorische und motorische Vorgänge. 

Wichtige Beobachtungen über Schmerzqualitäten, die auch für den 
Arzt von Bedeutung sind, veröffentlicht Becher (11). Die zugrunde liegenden, 
zahlreichen Versuche hat B. an sich selbst angestellt, weil er die z. T. recht 
qualvollen Manipulationen niemand anders Zutrauen wollte. Bisher sind vou 
der Psychologie meist nur zwei Arten von Schmerz unterschieden worden: 
Der helle Oberflächenschmerz und der tiefe dumpfe Schmerz. B. fragte 
sich nun, ob mit diesen beiden Qualitäten alle Möglichkeiten erschöpft wären. 
Zur Erzeugung von Schmerz benutzte er feinste Nähnadeln, Messingdraht, 
Pinzetten, kneifende Fingerspitzen und Fingernägel, Menschen- und Roßhaare 
zur Reizung der Hornhaut, Stoß oder Schlag mit Fingerknöcheln oder leichtem 
Eisenhammer usw. Geprüft wurde fast die ganze Körperoberfläche, auch 
die Schleimhäute, der Gehörgang, die Glans penis. Außer den mechanischen 
kamen auch chemische (Ätzen mit Kalilauge) und thermische Reize zur Ver¬ 
wendung. Nach einer genauen Mitteilung der Ergebnisse an den verschie¬ 
denen Körperstellen faßt B. das Gesamtresultat dahin zusammen: Außer 
den von Thunberg und Alrutz festgestellten beiden Schmerzarten, dem 
hellen oberflächlichen und dem dumpfen tiefer sitzenden Schmerz, gibt es 
noch andere qualitativ verschiedene Schmerzarten, z. B. den im äußeren 
Gehörgang auslösbaren Schmerz. Auf der gewöhnlichen äußeren, stark, 
schwach oder nicht behaarten Haut ist der oberflächliche Schmerz überall 
von gleicher Qualität. 

Boring (24) hat eingehende und vielseitige Untersuchungen über die 
Sensibilität der Verdauungsorgane angestellt. Uber die gut ausgearbeitete 
Technik muß das Original nachgelesen werden. Die Ergebnisse der Ver¬ 
suche, die an 8 Personen angestellt wurden, sind folgende: Die Speise¬ 
röhre ist in ihrer ganzen Länge für Wärme- und Kältereize empfindlich. 
Bei 60 Grad entsteht eine Hitzeempfindung. Schmerzempfindungen werden 
oft in den Kopf verlegt. Mechanische Reizung durch Spannung der Speise¬ 
röhre geringeren Grades ruft Schmerzgefühl hervor. Bipolare faradische 
Reizungen werden überall in der Speiseröhre empfunden; die Empfindlich¬ 
keit wächst nach dem Rachen hin. Alkohol und Salzsäure werden wahr¬ 
genommen; Senf, Pfeffer und Pfefferminzöl dagegen nicht. Alle Empfindungen 
der Speiseröhre werden entweder unter das Brustbein oder in die Haut 
verlegt. 

Kälte- und Wärmereize rufen im Magen die entsprechenden Empfin¬ 
dungen hervor, ähnlich wie in der Haut; es ist aber möglich, daß sie nicht 
dem Magen entstammen, sondern der Haut. Hitze ruft Schmerz im Magen 
hervor. Spannung des Magens erzeugt dumpfe Druckempfindung, sie ist, wenn 
sehr hochgradig, schmerzhaft. Die elektrische Reizung wird nur bei sehr 
starken Strömen empfunden, so daß es fraglich ist, ob sich nicht die Haut 
dabei beteiligt. Konzentrierter Alkohol, Pfefferminzöl und Senf empfindet 
der Magen, Salzsäure ruft Hungerschmerz hervor. Die Lokalisation starker 
elektrischer Reizung ist im Magen viel genauer als in der Speiseröhre. Der 


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Psychologie. 


Anus ist empfindlich für warm und kalt, das Rektum anscheinend nicht, 
doch ruft Wasser von 60 Grad Schmerz, Aufblähung des Rektums, Defä- 
kationsdrang, in hohem Grade Schmerz im Unterleib hervor. Elektrische 
Reizung wird im Rektum wahrgenommen, stärker nach dem Anus hin, auch 
Alkohol, dagegen nicht Pfefferminzöl, Pfeffer und Senf. Im Dickdarm 
scheinen heiß und kalt keine entsprechenden Empfindungen hervorzurufeu, 
dagegen wohl Schmerzempfindung. 

Bei Gelegenheit von Untersuchungen nach der Konstanzmethode, welche 
sich mit dem Vorgang des Vergleichen und den räumlichen Empfindungs¬ 
eigenschaften beschäftigen, ergab sich, wie Ziehen (280) ausführt, eine er¬ 
hebliche Beteiligung des sog. absoluten Eindrucks au dem Zustandekommen 
des Urteils, d. h. sehr oft sprach sowohl die Selbstbeobachtung wie die 
rechnerische Analyse der Ergebnisse dafür, daß die Vp. sich bei ihrem 
Urteil nicht nur durch den Vergleich zwischen den beiden sukzessiv dar¬ 
gebotenen Reizen V! (1. Reiz) und V 2 (2. Reiz) hatte leiten lassen, sondern 
auch durch den Eindruck, den V x oder V 9 oder auch V x und V 2 auf Grund 
irgendwelcher früheren Erfahrungen machten: Statt des erwarteten und 
verlangten direkten Vergleichs von V x mit V 2 war also ein Vergleich von 
V x bzw. V 2 mit älteren Erinnerungsbildern zustande gekommen, und auf 
Grund dieses instruktionswidrig eingetretenen Vergleichs erst indirekt durch 
ein Schlußverfaliren ein Vergleichsurteil über V x und V 2 gebildet worden. 
Auch war nicht festzustellen, daß viele Urteile gemischten Ursprungs waren, 
d. h. daß bei denselben der direkte Vergleich und der absolute Eindruck 
(der indirekte Vergleich) zusammenwirkten. Um die Versuchsergebnisse für 
den Hauptzweck der Untersuchungen verwerten zu können, suchte Ziehen 
den Grad und die Richtung des Einflusses des absoluten Eindrucks durch 
weitläufige Zwischenuntersuchungen zahlenmäßig festzustellen. Im folgenden 
werden dann die Ergebnisse über taktile Streckenvergleichungen, über aku¬ 
stische Intensitätsvergleichungen, über Selbstbeobachtungen mitgeteilt Die 
Einzelheiten der Ergebnisse sind im Original einzusehen. ( Jacobsohn .) 

Der einfachste Bewegungsinstinkt ist nach der Definition von Swindle 
(260) die Fähigkeit eines Tieres, auf einen chemischen oder physikalischen 
Reiz ein einziges unermüdetes Körperglied so oft zu bewegen, bis eine be¬ 
stimmte Zahl, d. h. eine Gruppe von ähnlichen Muskelreaktionen von ihm 
in einem bestimmten Tempo, einer bestimmten Richtung oder Amplitude 
ausgeführt worden sind. Nach den Versuchen, die der Autor nun an ver¬ 
schiedenen Tieren angestellt hat, scheint das Beibringen eines neuen Instinkt- 
komplexes sowohl tvie das Vermehren der Elemente der ursprünglichen 
Gruppen eines Instinktkomplexes unmöglich zu sein. Möglich ist nur, die 
Häufigkeit des Vorkommens einer gegebenen ursprünglichen Gruppe zu ver¬ 
ändern. ( Jacobsohn ,.) 

Hagemann (97) referiert die Arbeiten von Fließ über die Beziehun¬ 
gen der Nase zur Geschlechtssphäre. ( Jacobnohn .) 

Soweit man heute sehen könnte, meint Grünbaum (93), fällt die 
psychophysiologische Bestimmung des primitiven Bewegungseindruckes in das 
Gebiet der im Bewußtsein unzutreffenden, physiologisch unmittelbar und 
elementar bedingten rein sinnlichen Erlebnise mit spezifischen Qualitäts- und 
Intensitätsrichtungen und mit einer zwingenden intimen Gegenständlichkeit, 
als eines Kriteriums der psychischen Realität, die wir — eine einfache 
Empfindung nennen. (. Jacobso/ut,) 

Henuig (108) beschreibt eine optische Täuschung, der man an Holz¬ 
gittern und Gartenzäunen, bei denen aufrecht stehende Holzlatten angewendet 
sind, unterliegt. Voraussetung ist, daß zwei solche Zäune entweder im 


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Psychologie. 


655 


Winkel zueinander oder sehr nahe aneinander stehen, und daß die Breite 
der Latten den Zwischenräumen zwischen ihnen etwa entsprechen. Wenn 
man außerhalb dieser Zäune vorbeigeht, so gewinnen die Latten des hinteren 
Gitters und ebenso die zwischen ihnen befindlichen Zwischenräume für den 
Beobachter scheinbar eine etwa um das Dreifache gewachsene Breite, wäh¬ 
rend das vordere Gitter sein natürliches Aussehen unverändert bewahrt. 
Steht vor dem Holzgitter ein Drahtgitter mit spitz sich kreuzenden Draht¬ 
linien, so entsteht für den Beobachter ein Mosaikmuster aus hellen und 
dunklen Feldern. Der Autor versucht eine Erklärung der optischen Täuschung 
zu geben, ist aber selbst von dieser Erklärung noch nicht vollkommen über¬ 
zeugt. ( Jacobsohn.) 

Sch&efer (220): Bekanntlich verschwindet ein passend kleines und 
lichtschwaches weißes Feld, das bei tiefer Dämmerung mit gut dunkeladop¬ 
tiertem Auge betrachtet wird, vollkommen, sobald man es schart fixiert, 
und taucht hell leuchtend wieder auf, wenn es auf die Seitenteile der Netz¬ 
haut wirkt. Verf. zeigt nun experimentell, daß ein schwarzes oder irgendwie 
gefärbtes Objekt auf andersfarbigem Hintergrund unter den gleichen Um¬ 
ständen sich ebenso verhält. Nach der, besonders durch v. Kries und 
seine Schüler entwickelten, „Duplizitätstheorie“, derzufolge der Stäbchen¬ 
apparat der Netzhaut uns nur Helligkeitswahrnehmungen vermittelt, während 
der Zapfenapparat speziell der Farbenperzeption dient, würden diese Er¬ 
scheinungen so zu erklären sein, daß die stäbchenfreie Netzhautgrube inner¬ 
halb des Stäbchenapparates einen „blinden Fleck“ darstellt. Dies führt 
Verf. zur Anstellung einer Reihe vergleichender Versuche über das optische 
Verhalten des blinden Fleckes im Hellen und der Fovea centralis in der 
Dämmerung, welche die vollkommene Kongruenz in dem psychophysiologischen 
Verhalten dieser beiden besonderen Netzhautstellen ergeben: Die Versuche 
und deren Erläuterungen sind einerseits psychologisch interessant, anderer¬ 
seits rein physiologisch als eine Stütze der Duplizitätstheorie zu bewerten. 

(Selbstbericht.) 

Henning (lfO) kritisiert die Theorien von Jaensch und Hering zur 
Erklärung des sog. Panumschen Phänomens und stellt sich auf Grund 
seiner eigenen Versuche auf die Seite der Heringschen. ( Jacobsohn.) 

Die Arbeit von Koffka (137) ist eine psychologische Auseinander¬ 
setzung mit Benussi über die Arbeit von Keukel (Untersuchungen über den 
Zusammenhang zwischen Erscheinungsgröße und Erscheinungsbewegung bei 
einigen sogenannten optischen Täuschungen) und von Koffka (Einleitung zu 
den Beiträgen zur Psychologie der Gestalt- und Bewegungserlebnisse. Ztschr. 
f. Psychol. Bd. 67). Zusammenfassend möchte Koffka die Leistung der 
Keukel sehen Arbeit so aussprechen: indem Keukel gezeigt hat, daß die 
„optischen Größentäuschungen“ zwar real sind, aber nicht auf psychischer 
Vermittelung beruhen, hat er die erste Anwendung von Wertheimers all¬ 
gemeiner Gestalttheorie auf experimentelle Fragen geliefert. Der Nachweis 
der Realität bestätigt die von Benussi und der Grazer Schule längst ver¬ 
tretene Lehre, die Widerlegung der psychischen Vermittlung bedingt aber 
einen schroffen Gegensatz zu eben dieser Lehre und führt ein neues Prinzip 
in die Theorie der Täuschungen ein. (Jacobsohn.) 

Die Versuche von Viqueira (259) ergaben, daß Silben, die mit einer 
bestimmten Anordnung in einem Tableau simultan exponiert worden sind, 
nach gewisser Zeit als einzelne vorgezeigt, mehr richtige Wiedererkennungen 
und kürzere Wiedererkennungszeiten zeitigen, wenn sie bei diesem Vorzeigen 
ihre früheren Stellen im Tableau behalten, als, wenn ihre Stellen bei diesem 
Vorzeigen andere sind als vorher. (Jacobsohn.) 


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Psychologie. 


Fischer (66) kommt uacli ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis, 
daß für das unmittelbare Wiedererkennen ein ganz geringer Grad von 
unterschwelliger Reproduktion wahrscheinlich notwendig, sicher aber förder¬ 
lich ist. ( Jacobsohn .) 

Ferree (03) gibt selbst einleitend folgendes Referat über seine Arbeit : 
Zuerst (1) setzt der Verfasser das Problem auseinander, mit dem er sich 
beschäftigt hat: er wollte die Wirkung verschiedener Beleuchtungssysteme 
auf das Auge studieren. Dann wird besprochen (II) das allgemeine Maß 
für die Leistungsfähigkeit des Auges bei verschiedenen Beleuchtungssystemen 
mit kurzen Erörterungen über die üblichen Proben darauf, nämlich a) Farben¬ 
unterscheidung, b) Helligkeitsunterscheidung, c) Sehschärfe. Es wird fest- 
gestellt, daß die letzteren Proben mit gewissen Modifikationen geeignet sind, 
die Leistungsfähigkeit des unermüdeton Auges zu bestimmen. III. Verlast 
au Leistungsfähigkeit als das Resultat einer Arbeitsperiode — hier wird fest¬ 
gestellt, daß keine der obigen Proben zu ihrer Bestimmung ausreicht, und 
es wird eine ueue Untersuchungsmethode beschrieben. Die Arbeit schließt 
(IV) mit einer kurzen Erörterung über einige Gründe für das in den Augen 
unter verschiedenen Bedingungen empfundene Unbehagen und mit der Be¬ 
schreibung einer Methode, dieses vergleichend abzuschätzen. ( Jacobsohn .) 

Man hat vielfach die Erscheinungen studiert, die bei der Verdunkelung 
des Gesichtsfeldes nach der Fixation von buntgefärbten oder neutralen 
Flächen auftreten. Baley (8) bewirkt diese Verdunkelung durch Zukneifen 
der Augen und beschreibt nun die Farbenveräuderngen, die dabei mit den 
fixierten und nichttixierten gefärbten Streifen ointreten. ( Jacobsuhu.) 

Nach Versuchen von Baley (6) liegen die Verhältnisse beim dicho- 
tischen Hören ähnlich wie beim gewöhnlichen diotischen, ja sogar beim 
monotischen Hören. Mit der qualitativen Trennung geht beim dichotischen 
und diotischen Hören auch die räumliche einher, indem solche auf Grund 
ihrer Klangunähnlichkeit auseinander gehaltene Töne als rechts und links 
lokalisiert erscheinen. ( Jacobsohn .) 

In weiteren Versuchen über die Lokalisation beim dichotischen Hören 
zeigt Baley (7), daß es möglich ist, beim dichotischen Hören die vou rechts 
und von links kommenden Töne ohne Hilfe von Kopfbewegungen richtig zu 
lokalisieren, auch wenn eine größere Anzahl von Tönen gegeben ist, die 
genau gleichzeitig in die Ohren gelangen. Selbstverständlich gilt die Be¬ 
dingung, daß die zu lokalisierenden Töne der Höhe nach im Zusammenklang 
deutlich unterscheidbar sind. Sie müssen daher einen gewissen Höhen¬ 
abstand voneinander und eine hinreichende relative Intensität haben. Im 
Auschluß an diese Arbeit macht Stampf (246) ergänzende Bemerkungen 
darüber, welche Wahrnehmungen er an sich selber bei den Versuchen 
Baleys gemacht hat. ( Jacobsohn.) 

Kerppola und Walle (134) haben an des Gesanges ungeübten und 
geübten Personen Versuche über die Genauigkeit der Tonwiedergabe auf 
Anschlag durch eine Stimmgabel geprüft. Sie geben die Resultate in vielen 
Tabellen wieder. Das Vermögen, durch Gesang einen Ton wiederzugeben, 
muß nach Ansicht der Autoren als wesentlich angeboren angesehen werden. 
Hierbei kommen zwei verschiedene Faktoren in Betracht, nämlich ersteus das 
Vermögen, die richtige Höhe des Tones mit dem Ohr zu erfassen, und zweitens 
das Vermögen, durch die Sprachorgane den richtigen Ton tönen zu lassen. 
Daß diese Fähigkeiten nicht immer Hand in Hand gehen, folgt daraus, daß 
ein Mensch die Reinheit eines gegebenen Tones ziemlich befriedigend be¬ 
urteilen kann, ohne daß es ihm möglich ist, einen Ton einigermaßen rein 
zu singen. Hier funktioniert also die verbindende Bahn zwischen dem Gehör- 


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organ und den Zentren der Larynxmuskulatur nur mangelhaft, und es ist 
fraglich, ob sie durch irgendwelche Übung tatsächlich verbessert werden 
kann. ( Jacobsohn .) 

In einem früheren Abschnitte seiner Untersuchungen machte Köhler 
(138) darauf aufmerksam, daß bis in die neueste Zeit die musikaliche Ton¬ 
höhe fast als gleichbedeutend mit dem Wesentlichen eines Tones überhaupt 
galt Alles Interesse war auf Tonhöhen konzentriert, bei keinem Problem 
fast suchte die ältere Tonpsychologie die Lösung in anderer Richtung. 
Köhler sucht nun nachzuweisen, daß den Tonhöhen dieser Yorzugsplatz 
nicht zukommt, denn 1. die Schallphänomene, welche bei sehr langwelligen 
und sehr kurzwelligen, sowie bei sehn kurzdauernden periodischen Reizungen 
des Ohres auftreten und z. T. von Ton, z. T. von Geräuschcharakter sind, 
besitzen keine Tonhöhe. 2. Das eigentümliche Hören von extrem Un¬ 
musikalischen läßt kaum eine andere Deutung zu, als daß es für sie keine 
Tonhöhen gibt. Vom Mindermusikalischen bis zu solchen Extremen dürften 
Abstufungen der angeborenen „sensorischen Amnesie“ Vorkommen, bei denen 
progressiv seltener die Reizbedingungen günstig genug für Tonhöhen¬ 
entstehung ausfallen. Manche pathologische Fälle legen eine ähnliche 
Deutung nahe; es bleibt zu prüfen, ob nicht die Mehrzahl der (überhaupt 
hörenden) Tiere, sowie Kinder der allerersten Lebenszeit in ähnlicher Lage 
sind. 3. Die Geräusche pflegen zweierlei Behandlung zu finden: Entweder 
sieht man in ihnen eine besondere Qualitätenklasse und sondert demgemäß, 
um ein „reines“ Geräusch zu erhalten, etwaige Tonhöhen ab. Die beson¬ 
deren Geräuschqualitäten werden hierbei nicht besonders beachtet. — Oder 
man behauptet, alle Geräusche ließen sich auf Konglomerate oder dgl. von 
Tonhöhen zurückführen und kommt in offenbaren Konflikt mit der einfachsten 
Phänomenologie der Geräusche. Denn tatsächlich lassen sich Geräusche 
so nicht beschreiben, und in Wirklichkeit dürfte man nur behaupten, Ge¬ 
räuschreize beständen aus gleichartigem Material wie Töne und Klänge. — 
Beide Betrachtungsweisen kommen aber darin überein, daß sie kein wesent¬ 
liches Interesse an den Geräuschen haben; die eine, weil keine Tonhöhen 
dazu gehören, die andere, weil Geräusche auch nichts anderes als Tonhöhen 
sind. Es ist deshalb an der Zeit, nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß 
die überwiegende Mehrheit aller akustischen Phänomene zu den Geräuschen 
gehört. Da nun in der Tat dem phänomenalen Charakter der Geräusche 
als solcher Tonhöhen fremd sind, so folgt, daß von den Empfindungen und 
Wahrnehmungen, die das Gehör vermittelt, nur ein geringer Bruchteil die 
angeblich fundamentale Eigenschaft des Schalles, also der Tonhöhe aufweist. 
4. Bei weitem das wichtigste Schallphänomen, mit dem der Mensch zu tun 
hat, die natürliche Sprache, verläuft ohne Tonhöhen. Man kann die Sprache 
zu den Geräuschen rechnen und insofern diesen Satz unter den vorigen 
ohne Sinnverletzung unterbringen. Das ist jedoch deshalb nicht geschehen, 
weil wegen des oben erörterten Nebensinnes des Wortes Geräusch niemand 
bei dem Satze „Geräusche haben keine Tonhöhen“ an die bedeutendste 
Sohallfunktion denkt. Dadurch, daß die Sprache hinzukommt, erreicht die 
Mehrheit des tonhöhenlosen Schalles der Menge und der Bedeutung nach 
ein gewaltiges Übergewicht. 5. Aber die Häufigkeit der Tonhöhen ist bis 
in ihr eigenstes Gebiet, das der Musik, hinein stark überschätzt worden. 
Die ältere Tonpsychologie schreibt implizite dem Klang und Zusammen¬ 
klang so viel Tonhöhen zu, als „Komponenten“ vorhanden (heraushörbar) sind, 
und in einem Klavierdreiklang mittlerer Lage würde man nach dieser An¬ 
schauungsweise zum mindesten 30 Tonhöhen zu gleicher Zeit hören. Aber 
ein Klang ist phänomenal nicht eine Anzahl nebeneinander hörbarer Teil- 

J&hresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»is. 42 


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töne mit ebenso vielen Tonhöhen, ein Zusammenklang, nicht ein Neben¬ 
einander von Klängen mit zugleich gehörten Tonhöhen; nur eine Tonhöhe 
hat in der ßegel einen Klang und ebenso einen Akkord; selbst wo die Analyse 
zustande kommt, setzen sich dem Auftreten mehrerer Tonhöhen zu gleicher 
Zeit die stärksten Schwierigkeiten entgegen. 6. Auch wo Tonhöhen vor¬ 
handen sind, ist ihre Bedeutung vorsichtig zu beurteilen; so wurde bisher 
als natürlich angenommen, daß absolutes Tonbewußtsein ein Erkennen von 
Tonhöhen'sei. Köhler sucht zu zeigen, wie geringe Wahrscheinlichkeit 
dieser Annahme gerade für die häufigste Form von absolutem Tonbewußt¬ 
sein zukommt Der tonhöhenlose Schall behält ungestört seine Tonkörper¬ 
inhalte. Eine Helligkeits- resp. Dunkelheitsnuance findet sich wohl stets, 
ferner unter geeigneten Umständen, und man kann sagen, in der Mehrzahl 
der Fälle Vokalqualitäten (das Wort im weiteren Sinne genommen, so daß 
die Qualitäten der sog. Halbvokale und der Konsonanten mitgemeint sind), 
wenn schon in verschiedenen Graden der Ausgeprägtheit Zu den Ton¬ 
körpereigenschaften müssen ihrem phänomenalen Charakter nach auch die 
Rauhigkeit und die Knallerscheinungen (Explosivlaute) gerechnet werden; 
auch diese können bei Fortfall der Tonhöhe bestehen bleiben. Daß die Ton¬ 
höhe zu Unrecht im Mittelpunkt jeder akustischen Betrachtung steht und 
die übliche Gruppierung des akustischen Symptoms modifiziert werden muß, 
bedarf hiernach keines besonderen Hinweises. Aber merklicher werden die 
Konsequenzen noch, wenn man die Ergebnisse der vorliegenden Unter¬ 
suchungen ins Physiologische übersetzt. Es besteht kein Grund, mehr als 
einen Aufnahmeapparat für Schall im Ohr anzunehmen. Im Gegenteil 
zwingt die physikalische Untersuchung der Schallreize wie die phänomeno¬ 
logische der Eigenschaften gehörten Schalles, wie endlich die entwicklungs¬ 
geschichtliche der Bedingungen, unter denon das Hörorgan sich ausbildet, 
zu der Annahme, daß aller Schall in nur einem Aufnahmeapparat rezipiert 
wird. — Nun wird als reguläre Hauptleistung des peripheren Hörapparates 
das Entstehen von Tonhöhenerregung angesehen; die Vorstellungen, die man 
sich von der Physiologie der Schnecke macht, werden demgemäß vor allem 
den Beobachtungen an Tonhöhen angepaßt. Müssen nun weitere Schall¬ 
eigenschaften (Tonkörper) anerkannt werden, so dürfte man zunächst ver¬ 
sucht sein — wenn es nur den einen Rezeptionsapparat gibt —, die Theorie 
der Schnecke nach wie vor als solche von „Tonhöhenerregungen“ oder ihrer 
Entstehung zu behandeln, und die übrigen Schalleigenschaften als psychische 
Korrelate sekundärer zentraler Erregungen aufzufassen. Demgegenüber folgt 
aus Feststellungen des Autors zweierlei: 1. Die reguläre Hauptleistung des 
peripheren Ohres ist das Entstehen von Tonhöhenerregung nicht, da nur in einer 
kleinen Minderheit von Fällen Erregung des peripheren Ohres überhaupt zu 
Schall mit Tonhöhe führt. 2. Die übrigen Schalleigenschaften (Tonkörper) 
können nicht als Sekundärempfindungen, zentralen Sekundärwirkungen 
peripherer Touhöhenprozesse entsprechend, aufgefaßt werden, da die Be¬ 
ziehungen der Tonhöhen zu den Reizen sich verschieben können, ohne daß 
die übrigen Scballeigenschaften davon überhaupt berührt werden (normales 
Falschhören) und ferner wiederum die Tonhöhen in den meisten Fällen 
überhaupt fehlen, ohne daß deshalb der Tonkörper zugleich verschwände. 
Danach scheinen in der Hauptsache noch zwei Möglichkeiten zur Diskussion 
zu stehen: Entweder sind die Tonhöhenprozesse zentrale Folgeerscheinungen 
von peripheren Tonkörperprozessen oder die peripheren Prozesse haben unter 
seltenen günstigen Umständen eine den Tonhöhen entsprechende Eigenschaft, 
die, wenn vorhanden, wesentlich modifiziert werden, aber zumeist ganz fehlen 
kann, ohne daß die peripheren Prozesse im übrigen davon betroffen werden 


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müßten. Um diese Frage zu entscheiden, hat man zunächst die Gegenüber¬ 
stellung von „peripheren und zentralen Empfindungen“, die gegenwärtig eine 
so große Bedeutung erlangt, in klarere Form zu bringen. Vorläufig wurde 
vom Autor angenommen, daß das Bestehen periodischer Aktionsströme im 
N. cochlearis die Vorbedingung des Tonhöhenhörens überhaupt sei, und daß 
von der Frequenz jener Ströme die gehörte Tonhöhe abhänge. 

( Jacobsohn .) 

Das ron Marbe angegebene Rußverfahren zur Aufnahme von Schall¬ 
schwingungen wird von Wittmann (271) geprüft. Die gegen die exakte 
Verwertbarkeit desselben von Nagel, Marbe u. a. geäußerten Bedenken 
werden als unzutreffend dargetan. 

Die Ausmessung der Vokal-Rußaufnahmen — auf 2 Tafeln sind solche 
mitgeteilt — führt zu Ergebnissen, die mit denen von Hermann und Jaensch • 

in wesentlichen Punkten übereinstimmen. 

Die Höhen der in den Aufnahmen als charakteristisch hervortretendeu 
Teiltöne der Vokale (Formanten) werden bestimmt für: 

U als dis 1 —f 1 und als dis*—e*(f*) 

O „ g 1 —a 1 „ „ c*—e* 

A „ dis*—gis* 

E „ fis 1 —c* 

T r c 1 —g 1 ( Selbstbericht .) 

Es wird von Wittmann (272) gezeigt, 1. daß mit Hilfe des von 
Forchhammer angegebenen stroboskopischen Verfahrens bei Benutzung 
von Appunsehen Pfeifenapparaten nicht nur die Klänge, d. h. eine große 
Anzahl ihrer Teiltöne, sondern auch die bei deren Zusammenhang zahlreich 
auftretenden D-Töne in großen Massen objektiv sichtbar gemacht werden 
können. Diese D-Töne können in beliebiger Ordnung, zugleich, und zwar 
unterhalb, zwischen und oberhalb zweier oder dreier primären Grundtöne 
liegend demonstriert werden. 

2. Die Untersuchung des objektiven Charakters dieser D-Töne mit 
Hilfe eines Interferenzapparates ergibt, daß dieselben auf die gleichzeitige 
Anwesenheit aller ihrer Komponenten (nämlich der Grundtöne bzw. der 
Obertöne) angewiesen sind, also nicht individuell objektiv sind. 

3. Ebenso lassen sich Schwebungen der D-Töne untereinander oder 
der D-Töne mit primären Tönen demonstrieren, wie auch umgekehrt durch 
Vernichtung eines ihrer Komponenten wieder objektiv sichtbar beseitigen. 

4. Diese objektiven Befunde wurden subjektiv übereinstimmend fest¬ 
gestellt. 

6. Nach einer methodologischen Analyse des von Schäfer früher ge¬ 
machten Versuches, die subjektiven Kombinationstöne im Labyrinth objektiv 
entstehen zu lassen, deutet der Verfasser die obigen experimentellen Ergeb¬ 
nisse im Sinne der von Martius geforderten analytischen Psychologie. 

(Selbstbericht.) 


Bewusstsein, Gedächtnis, Aufmerksamkeit. Assoziationen, Gefühle, Wille- 


Rackhaber (213, 214) baut seine Gedäohtnislehre auf der Annahme 
auf, daß alle Erinnerungen an motorische Vorgänge, und zwar an Augen¬ 
bewegungen gebunden seien. Hieran schließt er sehr zahlreiche praktische 
Folgerungen, ans denen sich wieder praktische Ratschläge ergeben. Diese 
Ratschläge schließen sich eng an sonstige mnemotechnische Hilfsmittel, deren 
Sinn ja im wesentlichen die Verstärkung des Aufgenommenen durch Auf¬ 
merksamkeitssteigerung ist. 


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MÜller-Freienfels (178) unterscheidet drei Arten des Gedächtnisses: 

1. Das allgemein orientierende Gedächtnis, das sich nicht im Reproduzieren 
von intellektuellen Inhalten oder motorischen Mechanismen äußert, sondern 
in bestimmten Stellungnahmen, sei es in Gefühlen oder in Tätigkeiten. 

2. Das reproduzierende Gedächtnis, wobei wieder ein Unterschied zu machen 
ist, ob die Reproduktionen sensorischen oder motorischen Charakters sind, 
d. h. ob wir Wahrnehmungsinhalte reproduzieren oder motorische Funktionen, 
wozu vor allem die Worte gehören. 3. Das schöpferische oder produktive 
Gedächtnis, welches zwar sich auf gewisse, durch Reproduktion gewonnene 
Elemente stützt, in der Hauptsache jedoch frei kombinierend verfährt, und 
das sich nur durch seine Richtung auf ein Rekonstruieren von der schöpferisch 
freien Phantasie des Künstlers unterscheidet. Hier handelt es sich nicht 

• um ein Kopieren von Inhalten, sondern um ein freies Schalten mit frei 

gestalteten Elementen. Das orientierende Gedächtnis findet sich auch hei 
Tieren, das sensorisch-reproduzierende wahrscheinlich auch bei höheren Tieren, 
das motorisch-reproduzierende Gedächtnis, speziell das verbale, ist ein Kunst¬ 
produkt, das der Mensch eingeführt hat Die höchste und schwierigste 
Gedächtnisleistung ist die frei schöpferische produktive Funktion. Diese 
wird in der Regel meisterlich nur von Erwachsenen, und zwar intellektuell 
hochstehenden Erwachsenen, geleistet. Die vornehmste Aufgabe der Pädagogik 
ist es, dieses produktive Gedächtnis zu fordern. Für ein gutes Gedächtnis 
genügt es nicht, daß möglichst viel behalten wird, sondern daß möglichst Zweck¬ 
entsprechendes behalten und im rechten Augenblick ins Bewußtsein gebracht 
wird. Nicht die Masse, sondern die Verfügbarkeit der Inhalte macht den Wert 
des Gedächtnisses aus. Um einen Inhalt zu möglichster Verfügbarkeit zu 
bringen, gilt es, ihn vor allem mit Interessen zu verknüpfen, mit anderen 
Worten, seine Gefühlsmomente frisch und lebhaft zu erhalten. {Jacobsohn.) 

Mann (166) liefert Giundlagen für die psychographische Be¬ 
trachtung der Aufmerksamkeit. Ausgehend von den Arbeiten W. Sterns 
versucht er zunächst eine Definition der. Aufmerksamkeit zu geben, obwohl 
er zugibt, daß ihrer klaren Erfassung noch große Schwierigkeiten im Wege 
stehen. Er spricht vom „aufmerksamen“ Menschen, „der Mittel ins Spiel 
setzt und spielen läßt, die ihm dazu dienen, sich etwas klar und deutlich 
zu machen“. Zur Vereinfachung führt er den Begriff der „Attention“ ein, 
sowie „attendieren“, Fähigkeiten und Apperzeptionsmassen auf das zu er¬ 
kennende Objekt richten. M. behandelt weiter die Aufmerksamkeitsmotive, 
worunter er hauptsächlich das Bewußtwerden des Strebens nach einer neuen 
Erkenntnis verstellt, aber auch das Verlangen, bei einem bereits erreichten 
klaren und deutlichen Erkennen zu verweilen. Die eigentliche Aufmerk¬ 
samkeitsaktion setzt sich aus Konzentration (Einstellung) und Attention zu¬ 
sammen. Dazu kommen zahlreiche unterstützende Nebenmittel, die meist 
motorische Entladungen sind. Diese äußerlich warnehmbaren Nebenmittel 
sind oft ein objektiver Maßstab für die Intensität einer augenblicklichen 
Aufmerksamkeitsaktion. M. unterscheidet zwischen einfachen und komplexen 
Aufmerksamkeitsaktionen, bei letzteren spielt vor allem das sogenannte 
„Aufpassen“ eine Rolle, z. B. wenn ein Autolenker einen belebten Platz 
durchquert, ordnet er alle Eindrücke dem einen Ziel unter, ohne sich und 
andere zu gefährden, die freie Straße zu erreichen. An den Schluß der 
Arbeit stellt M. ein psychographisches Aufmerksamkeitsschema und ein aus¬ 
gearbeitetes Beispiel eines Aufmerksamkeitspsychogramms, aus dem man die 
Anwendung der Methode in der Praxis gut ersehen kann. 

Mit der Frage nach dem Haften der Assoziationen beschäftigt sich 
Claparöde (36). Wenn man Assoziationen reproduzieren läßt, fällt es auf. 


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daß die spontanen viel besser haften, als die fremden. Das erklärt C. 
durch die bei der spontanen Assoziation entstehende aktive Tätigkeit, ob¬ 
wohl er darin offenbar nicht die einzige Ursache sehen will, vielmehr be¬ 
trachtet er die vorliegende Arbeit mehr als eine Problemstellung, die 
von mancherlei Gesichtspunkten aus von Interesse ist, so vor allem für die 
Pädagogik. 

Der Wille ist, nach Auseinandersetzungen von v. Wieg-Wickenthal 
(268), einerseits als aktives Prinzip in unserem Psychismus tätig und leitet 
in diesem Sinne als Apperzeption unsere ganze Bewußtseinstätigkeit, andrer¬ 
seits ist er seiner Entwicklung nach ausschließlich von unserer Affektivität 
abhängig, stellt nichts anderes dar als die zum aktiv treibenden Moment 
gewordenen Affekte und ist in letzter Linie auf die beständig wechselnden 
Veränderungen in unserer Körperlichkeit und auf die äußeren Sinneseindrücke 
zurückzufübren, auf welche unser Ich vermöge seiner Wesenheit mit einer 
Gefühlsreaktion im Sinne von Lust und Unlust antworten muß. Diese 
jeweiligen Reaktionen des affizierten Ichs werden uns als Stimmungslage 
oder, in gesteigertem Maße, als Affekte bewußt. Unter intellektuellen Pro¬ 
zessen möchte der Autor die bewußten Wahrnehmungen und das be¬ 
wußte Vorstellungsleben verstanden wissen, wobei es sich beim Vorstellungs¬ 
leben nicht nur um Vorstellungen von Objekten der Außenwelt und abstrakte 
Begriffe, sondern auch um ein Vorstellen von Affekten handelt, so daß also 
bereits vorgestellte Affekte ebenso unserii Willen anregen wie Vorstellungen 
anderer Art. Auf dieser Grundlage lasse sich für die Störungen psy¬ 
chischer Natur eine generelle Einteilung in Intellekt- und Affekt- bzw. 
Willenspsychosen schaffen. Wenn man den Ausdruck Affektpsychosen bei¬ 
behält, so soll man darunter nicht nur die reinen affektiven Störungen des 
Seelenlebens, sondern ebenso auch die Störungen der Willensfunktionen im 
engeren Sinne des Wortes verstanden wissen, insofern eben unsere Gefühle 
und Affekte zum treibenden, zur Aktivität drängenden Momente in unserem 
Bewußtseinsorgan werden. ( Jacobsolm .) 

Die bisherige psychologische Prüfung der Assoziation und Reproduktion 
hatto nach Ansicht von Poppelreuter (195) den Fehler, daß die Ordnung 
der Reproduktion, der zeitliche Verlauf durch die Willensvorgänge beeinflußt 
wird. Als undetenninierte Vorgänge der Assoziation und Reproduktion 
haben diejenigen zu gelten, in denen ein auf eine bestimmte Ordnung 
zielender Einprägungs- und Reproduktionswille fehlt und durch das passive 
Verhalten der Versuchsperson ersetzt wird. Die Fragestellung muß demnach 
folgendermaßen lauten: Ein Geschehnis, das aus den sukzessiv verlaufenden 
Empfindungen A, B, C, D, E, F besteht, sei ohne Einprägungswillen 
wahrgenommen worden. Wie verläuft die passive Reproduktion, wenn etwa 
A später als Reproduktionsmotiv wiedergegeben wird? Die Reproduktions¬ 
tendenz geht dann nicht sukzessiv von Teil zu Teil in der kontiguitiven 
Ordnung, sondern sofort auf die Totalität der jeweiligen Geschehnisvorstellung. 
Das Reprodukt entwickelt sich zwar in einzelnen Stadien aus dem Unan- 
schauiichen heraus sukzessiv zur größeren Anschaulichkeit und Differenzierung 
der Teile, zu größerer Vollkommenheit; es ist aber stets das Erlebnis in 
allen seinen Stadien ein Ganzes, eine mehr oder weniger vollständige Ge¬ 
schehnisvorstellung. Die sukzessive Reproduktion eines Gliedes nach dem 
anderen ist nicht das elementare Verhalten, sondern Produkt willensmäßiger 
Determinierung, also im Sinne des Beweisens eins von den willensmäßigen 
Kunstprodukten, an deneu die Psychologie leider so reich ist. Im folgenden 
sucht nun Verfasser zu erweisen, daß die unmittelbare Grundlage der Re¬ 
produktion nicht gesucht werden kann in den Empfindungen resp. deren 


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Psychologie. 


Nachwirkungen, sondern in den Auffassungen, daß die Gesetze des Asso- 
ziierens die Gesetze des Auffassens sind. ( Jacobsohn .) 

Das Phänomen des Willens ist nach Nießl Y. Mayendorf (184) von 
der Beschaffenheit der Gefühle abhängig, wenn es nicht in den Gefühlen selbst 
aufgeht. Es werden demnach die physischen Grundlagen der Gefühle auch 
als Organ des Willens gelten können. Eigenschaften der Gefühle sind, 
daß dieselben 1. keinen sinnlich faßbaren Charakter haben, 2. nicht als 
Außenwelt projiziert werden, 3. wie immer geartet, stets von bipolarer 
Richtung sind, 4. eines plötzlichen Wechsels fähig sind, 5. zu den Funktionen 
aller Sinnessphären, dem Wahrnehmungs- und Reproduktionsvermögen, in 
inniger einflußnehmender Beziehung stehen. Es können demnach nur 
solche Organbestandteile des Gehirns in Frage kommen, welche ihrem Bau 
und ihren Funktionen nach imstande sind, Erscheinungen hervorzurüfen, 
deren subjektive Kehrseite die angeführten Eigenschaften der Gefühle be¬ 
gründen kann. Diesen Postulaten entspricht nur das Arteriensystem des 
gesamten Großhirns. Vortragender führt dies im einzelnen aus. Er bringt 
ferner Beispiele aus dem Gebiete der Geisteskrankheiten, welche einen 
Parallelismus zwischen Arterienerkrankung und Störungen des Gefühlslebens 
beweisen. Es sind dies Zustände von Verblödung, bei denen entweder 
stürmisch, wie bei der progressiven Paralyse, mit charakteristischem Leichen¬ 
befund an den Gefäßen und deren Scheiden oder allmählich, wie bei den 
juvenilen Formen mit chronischen Krampfzuständen an den palpablen End- 
arteriolen, somit auch an den Endarterien des Gehirns die Gefühle sich 
verändern und erlöschen, während Ausfallserscheinungen des Denkens und 
Wahrnehmens sich erst sekundär bemerkbar machen. 

(Selbstbericht.) 

Giese (89). 22 Versuchspersonen, Herren und Damen, erhielten einen 
schematisierten Schmetterling zur kurzen Ansicht. Unverhofft — das Zwischen¬ 
experiment wurde in einer Versuchsreihe gänzlich andereu Inhalts vor¬ 
genommen — mußten nach 8 Tagen, 4, 8, 16 Wochen dieselben Personen 
den Schmetterling aus dem Gedächtnis zeichnen. Es stellten sich drei 
Typen heraus: Konstante (nur 5%), Verkleinerer und Vergrößerer, letztere 
überwiegend. Außerdem periodisches An- und Abschwellen nach Höhe und 
Breite, wobei nach 4 resp. 8 Wochen ein Optimum hinsichtlich richtiger 
Angabe vorzuliegen scheint. ( Selbstbericht .) 

Kritik Giese’s (88) (an Hand des praktischen Falles der von Hey man s 
geplanten „Aufmerksamkeit“) an der Bevorzugung der „Tests“ bei psycho¬ 
logischen Versuchen, die uugleich exaktere Resultate mit Apparatenbenutzung 
verheißen. Beispiele dafür angegeben. (SelbstberichU) 

Die in der päd. Abt. des Leipziger psychol. Instituts der Universität 
an 20 Versuchspersonen — Herren wie Damen — durchgeführte Arbeit 
Giese’s (87) benutzt vorzüglich die auch in der Psychiatrie bekannten 
Tests (z. B. Kurvenausfüllen nach Ebbinghaus, Sätzebilden nach Ziehen, 
Kombinations- und Abstraktionsversuche, Dynamometer, Kraepelinsche 
Rechentabellen, Äthesiometer (Raum- und Unterschiedsschwelle) usw.). Es 
soll festgestellt werden, wieweit das Geschlecht und die Persönlichkeit 
des Versuchsleiters mitspricht im Resultat. Es zeigt sich, daß alle logisch 
und KombinatioDsarbeit höherer Art fordernden Tests stark durch das 
Geschlecht beeinflußt werden! Zumeist im hemmenden, seltener im an¬ 
regenden Sinne. Ungleich wichtiger ist indessen die Wirkung der „Per¬ 
sönlichkeit“ nach Sprachmelodie, Auftreten, Arbeitsrbythmik usw. Ein 
nervöserer Versuchsleitertyp erbrachte gesteigerte Resultate bei denselben 


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Versuchspersonen. Ein ruhiger, kühler Typ, Aufmerksamkeitsschwankungen 
und Arbeitsgleichheit trotz Übung. 

Auf die zahlreichen Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. 

( Selbstbericht .) 

Müller (174) analysiert an der Hand eines Falles das Wesen der 
reduplizierenden Paramnesie (Pick). Es handelt sich um eine 77jährige 
Patientin, deren Mann vor 4 Jahren gestorben war. Sie war in der Wohnung, 
wo sie vorher mit 6 Kindern und ihrem Manne gelebt hatte, allein zurück¬ 
geblieben. Vor 1 Jahr äußerte sie Klagen über den Kopf, sie hatte das 
Gefühl, daß der Kopf ab und zu dicker wurde und Beklemmungsgefühle. 
Zu gleicher Zeit sank die Merkfähigkeit, und sie begann, die Kinder und 
Enkel zu verwechseln und wurde reizbar. In letzter Zeit fiel es auf, daß 
sie manchmal aus dom Hause Weggehen wollte mit der Begründung „sie 
gehe nach Hause“; sie packte dann einige Sachen unter den Arm und 
drängte hinaus. Als-man ihr dann sagte, sie sei doch zu Hause, erwiderte sie 
„dies scheine nur so, da die Zimmer und Einrichtung so aussähe, in Wirk¬ 
lichkeit wäre es aber ein anderes, es gäbe anscheinend 2 ganz gleiche Häuser“. 
Der Autor aualysiert den Fall folgendermaßen: Das Interesse der Kranken 
ist wesentlich der Vergangenheit zugewendet, ist sie sich allein überlassen, 
so versinkt sie ganz darin; wenn sie sich mit der Gegenwart befassen soll, 
zumal wenn es kompliziert ist, so bekommt sie einen heißen dicken Kopf, 
wird unruhig, und es kommt zu ängstlichen Sensationen. Sie projiziert das 
Vergangene immer in die Gegenwart und gewinnt für letztere wenig Inter¬ 
esse, zumal ihre Merkfahigkeit gesunken ist. Dieses macht sich nun auch 
in der Auffassung der Örtlichkeit geltend. Es sind ja dieselben Bäume 
wie früher, mit denselben Möbeln, aber ohne Mann und ohne Kinder und 
ohne die gewohnte Bewegung und Lebendigkeit von früher. Infolge ihrer 
geistigen Verarmung wird sie sich über „die Veränderung die in ihrem Leben 
eingetreten ist, nicht klar, hat sie der Örtlichkeit gegenüher das Gefühl des 
Fremden und kommt bei der Gleichheit der Möbel und Einrichtung, die 
ihr auffallen, zu dem Gefühl, daß es 2 Häuser mit gleicher Einrichtung 
gäbe, daß aber das, in welchem -sie sich befindet, nicht das ihrige, d. h. 
das altgewohnte sei. Bei inneren Erregungen kann es hierbei zu einer 
deliranten Verkennung der Situation kommen. Dies war auch zeitweilig bei 
der Patientin zu beobachten, indem sie zuweilen meint, ihr Mann und ihre 
Kinder seien im Nebenzimmer, und beide mitunter auch im Nebenzimmer 
hört. Demnach glaubt Verfasser über die Genese des örtlich-reduplizierenden 
Paramnese sich folgendermaßen äußern zu können: „Die örtlich reduplizierende 
Paramnese ist eine Phase auf dem Wege der Evolution eines deliranten 
Zustandes oder der Revolution nach Bestehen eines solchen.“ Diese Auf¬ 
fassung mache es verständlich, warum diese Erscheinung immer bei Krank-, 
heiten gefunden wird, wo auch delirante Zustände Vorkommen (Paralyse, 
Delir, tremens, Korsakoff, Presbyophrenie uach Trauma usw.). 

(Jacobsohn.)' 

Mayer (162) stellt die Merkmale des Glücksaffekts denen des Glücks¬ 
rausches gegenüber: Das Gefühl im Glücksrausch wird in Innenkonzentration 
erlebt, es hat das Bestreben, das ganze Bewußtsein zu erfüllen, alle anderen 
psychischen Inhalte daraus zu verdrängen. Phänomene des Gegenstands- 
bewußtseihs finden daher in der Seele des Glücksberauschten keinen Platz. 
Der Glücksrausch ist frei von jeder inneren Bewegung, sein Gefühl ist von 
stillstehender, ruhiger Eigenart. Das Gefühl im Glücksrausch hat die 
Tendenz, das Ich in sieb aufzulösen, während das Ich entsprechend zur 
Hingabe an das Gefühl neigt. Das Bewußtsein im Glücksrausch ist ein 


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Psychologie. 


klares dnrch Lebendigkeit uod Erinnerungsfähigkeit des Erlebten, ein ge¬ 
trübtes durch den Unterschied von der apperzeptiven Haltung gegenüber 
der Außenwelt. Die Körperhaltungen des Glücksrausches betonen durch 
ihre Unlustqualität die Gefährdung der Existenz des Ich. 

Das Gefühl im Glücksaffekt wird in Innenkonzentrationen erlebt, es 
strebt danach, alle psychischen Inhalte mit seinem Gefühlston zu färben. 
Der Gefühlscharakter des Glücksaffekts strahlt auf die Gegenstände aus, 
ohne daß das Gefühlserlebnis in Außenkonzentrationen übergeht. Die Ge- 
fühlscharaktere gehen Verbände mit Bewußtheiten zu Ahnungen ein. Der 
Glücksaffekt enthält Strebungen, mit denen sein Gefühl Verbindungen 
von der Form eines Fähigkeitsgefühls eingeht. Für den Glücksaffekt ist 
eine starke, selbstsichere Behauptung des Ich charakteristisch. Das Be¬ 
wußtsein im Glücksaffekt ist klar durch die Lebendigkeit, Erinnerungs¬ 
fähigkeit und apperzeptive Haltung, es ist abnorm in bezug auf die Störung 
der Apperzeption durch die Gefühlscharaktere. Die -Körperempfindungen 
geben der Gefühlsfarbe des Glücksaffekts sinnliche Frische und betonen die 
Ichbebauptung im Glücksaffekt. 

Bei der Analyse der beiden Erlebnisse ging Mayer einigen Zusammen¬ 
hängen nach. Er konnte auf die Mitwirkung von Gefühlen bei ekstase¬ 
artigen Icbphänomenen hinweisen. Als Ahnung stellte er ein noch näher 
zu untersuchendes Gefühls-Gedanken-Erlebnis heraus, das sich durch eine 
eigenartige Verbindungsweise seiner beiden Teile auszeichnet. Die Ver¬ 
bindung eines Gefühls mit einer Strebung nannte er Fähigkeitsgefühl, wenn 
das Gefühl nicht nur die Triebfeder der Strebung ist, sondern sich auch 
aus ihr wieder erneut. Das Gefühl des Klarsehens ist seiner Struktur nach 
ein Fähigkeitsgefühl, sein Gefühlsbestandteil ist dem des Glücksrausches 
ähnlich. ( Jacobsohn .) 

Das Gesetz des momentanen Interesses sagt, daß es in jedem Augen¬ 
blicke nur ein Trieb ist, der die Aktivität des Tieres beherrscht. Da alle 
Aktivität beim Menschen nach Kollarits (142) ihre erste sichtbare Etappe 
in den Gefühlen findet, so muß dieser Satz auf die Gefühle anwendbar sein. 
So kann man sagen, daß in jedem Augenblick die Aktivität des Menschen 
von einem Gefühl beherrscht wird, und zwar von jenem Gefühle, welches 
den momentan größten Interessewert besitzt. Das Verhalten des momentanen 
Interesses bei Nervösen wird sich je nach der Art des nervösen Charakters 
und seiner Lustbetonung verhalten. ( Jacobsohn .) 

Kollarits (143) führt Stellen aus Schopenhauers Werken an, die über 
positiven Schmerz und über negativen Genuß oder negatives Glück handeln. 
Schopenhauer entwickelt da dieselben Ansichten, die man von vielen 
Neurasthenikern hört, die Schopenhauers Werke nie gelesen oder etwas 
davon gehört haben. Die Übereinstimmung zwischen beiden besteht aber 
nicht nur in Worten, denn so hoch auch Schopenhauer beteuert, daß er 
a priori von der Metaphysik ausgehend zu seiner Meinung gelangt ist, und 
dje Erfahrung erst nachträglich die vorgefaßte Wahrheit bestätigt hat, so 
muß man doch wohl das Gegenteil annehmen. Seine erbitterten Äußerungen 
sprächen klar dafür, wie tief er das menschliche Elend fühlt, und wie be¬ 
deutungslos für ihn alles Glück, jeder Genuß ist. Der große Unterschied 
zwischen dem Philosophen und Neurastheniker ist der, daß der erste auf 
sein Gefühl ein ganzes Metaphysikgebäudo aufbaut, während der letztere 
sich meist mit der Konstatierung der Gefühle begnügt, höchstens, daß es 
zu bedeutungslosen Grübeleien kommt. Ob der depressive Charakter Schopen¬ 
hauers krankhaft ist, wie Möbius meint, ist eine Frage, die nicht leicht 
zu beantworten wäre. Schopenhauer und die Neurastheniker urteilen 


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Psychologie. 


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nach ihrem deprimierten Charakter, welcher auch hier und da einen Sonnen* 
strahl durchläßt. Was sie behaupten, ist richtig für alle, die denselben 
Charakter haben, wenn man die Worte über positiven Schmerz und nega¬ 
tives Glück so auffaßt, daß der Schmerz auf sie einen starken Eindruck 
macht, das Glück aber relativ wirkungslos, also negativ bleibt. ( Jacobsohn .) 

Jede Konzentration der Aufmerksamkeit ist, wie Bickel (17) ausführt, 
von einer Innervation der Vasokonstriktoren der äußeren Körperteile be¬ 
gleitet, während eine intensivere Innervation des Herzens in erster Linie 
der Ausdruck für Gefühle und Affekte ist. Der Autor untersucht, welche 
Veränderungen die psychophysiologischen Reaktionen des Gefäßsystems unter 
abnormen und pathologischen Bedingungen darbieten. Bei den Unter¬ 
suchungen an Geisteskranken und Nervösen fand B. die Innervationsstörung 
der Vasokonstriktoren prozentualiter am häufigsten bei der progressiven 
Paralyse, und ferner bei einigen Neurasthenikern, welche ihre Beschwerden 
auf eine vorangegangene üirnerschütterung zurückführten. Bei zentral 
bedingter Störung tritt die Störung hei intellektuellen Bewußtseinsvorgängen 
stärker zutage als bei sensoriellen, während bei peripherer Läsion die Stö¬ 
rung bei den verschiedenen Arten psychischer Vorgänge eine gleichmäßigere 
ist. Die Ursachen, welche zu einer zerebralen Innervationsstörung der vaso- 
konstriktorischen Nervenbahnen führen, können sehr verschiedener Art sein. 
Ermüdung, progressive Paralyse, Hirnerschütterung, toxische und infektiöse 
Gifte usw. Die durch die Lähmung der Vasokonstriktoren bedingte Reten¬ 
tion aktueller Energie in der Hirnriude äußert sich zunächst in dem Sym¬ 
ptom der psychischen Erregung oder auch nur einer gesteigerten Erregbar¬ 
keit, wie sie z. B. dem Neurastheniker eigen ist. Sammelt sich die aktuelle 
Energie in stärkerem Maße in der'Hirnrinde an, dann sucht sie nach einem 
Auswege durch andere Bahnen, und als solche kommen die motorischen 
Zentren der Hirnrinde in Betracht (motorische Unruhe). Schließlich ergreift 
die Erregung auch die Sinneszentren und es kommt zu Sinnestäuschungen, 
zu dem Krankheitsbilde des Deliriums. Dieselben Schädlichkeiten, welche 
die kortikale Innervation der Vasokonstriktoren und damit die Energieent¬ 
ladung der Hirnrinde stören, schädigen freilich auch die Hirnrinde in ihrer 
Gesamtheit, d. h. auch diejenigen Bahnen, welche dem psychischen Geschehen 
unmittelbar dienen, und rufen auf diese Weise Lähmung resp. Ermüdungs¬ 
erscheinungen auf psychischem Gebiete hervor. So handelt es sich um eine 
doppelte und zugleich entgegengesetzte Wirkungsweise ein und derselben 
Schädlichkeit. Die eine Wirkung geht dahin, den Energiegehalt der Hirn¬ 
rinde zu steigern und Reizsymptome auszulösen. Die andere Wirkung be¬ 
steht darin, daß die Hirnriude in ihrer Gesamtheit geschädigt wird und 
Ermüdungssymptome auftreten. Das gleichzeitige Auftreten von Reiz- und 
Ermüdungssymptomen auf psychischem Gebiet ist für das Krankheitsbild 
der Neurasthenie besonders charakteristisch und ist auf diese Weise in 
vielen Fällen verständlich. ( Jacobsohn .) 

In einer Besprechung des Gefühlsbegriffs, der Lust- und Unlustelemente 
kommt Becher (10) unter Berücksichtigung der verschiedenen Theorien zu 
folgendem Ergebnis: Lust und Unlust sind von den algedonischen Gefühlen 
wesentlich verschieden; während letztere verschmolzene Empfindungen, for¬ 
male Besonderheiten des Bewußtseinsverlaufes und intellektuelle Bewußtseins¬ 
bestandteile in dieser oder jener Verbindung darstellen, bilden Lust und 
Unlust Elemente des Bewußtseins, und zwar fundierte Elemente, die sich 
von allen anderen ßewußtseinselementen unterscheiden durch die Eigenart 
ihrer Qualität, ihre Nichtgleichgültigkeit, und damit durch ihre einzigartige 
Funktion im Willensleben und durch ihre Beziehungen zum Gedeihen der 


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Psychologie. 


physisch-psychischen Organisation, durch ihre biologische Bedeutung. Damit 
wären die algedonischen Elemente von den anderen Bewußtseinstatsachen, 
insbesondere auch denjenigen, die man sonst noch Gefühle genannt hat, ab¬ 
gegrenzt Nun bleiben aber jene anderen, neben Lust und Unlust als Ge¬ 
fühle bezeichneten Bewußtseinstatsachen bestehen; z. T. enthalten sie alge- 
donische Elemente, wie z. B. die Sorge, z. T. nicht oder doch nicht immer, 
wie z. B. die Verwunderung. Diese Bewußtseinstatsachen, die sich von Lust 
und Unlust bereits durch ihre nichtelementare Natur unterscheiden, bilden 
immerhin eine durch manche Merkmale zusainmengehaltene, wenngleich nicht 
scharf begrenzte Gruppe: Man kann sie durch eine Reihe jener Merkmale 
charakterisieren, die zur Abgrenzung des Gefühlsbegriffes vorgeschlagen sind; 
insbesondere werden die in Frage stehenden komplexen Bewußtseinstatsachen 
als Zustände des Subjektes, des Ich, aufgefaßt; sie sind, was damit zu¬ 
sammenhängt, nicht oder nur vage lokalisierbar, überhaupt etwas ver¬ 
schwommen. Eis liegt sehr nahe, auf die Gruppe vou Bewußtseinstatsachen 
nun die Bezeichnung Gefühl anzuwenden und von ihr die algedonischen 
Elemente auszuschließen. Gefühle wären dann komplexe, als Zustände des 
Subjektes sich darbietende Bewußtseinstatsachen, bestehend aus verschmolze¬ 
nen Empfindungen, algedonischen Elementen, intellektuellen Bestandteilen, 
eventuell auch Willensregungen, und aus Besonderheiten des Bewußtseins¬ 
verlaufs, wobei diese oder jene der genannten Komponenten vorherrschen 
oder fehlen kann. Man mag erwägen, ob man die fraglichen komplexen 
Bewußtseinstatsachen nicht treffender als Gemütsbewegungen bezeichnet; 
immerhin paßt diese Bezeichnung für das Spannungsbewußtsein der Auf¬ 
merksamkeit, das doch auch jener Gruppe angehört, nicht recht. Wie man 
auch die nicht unwichtige Bezeichnungsfrage lösen mag, wesentlicher ist es, 
die sachliche Unterscheidung streng durchzuführen zwischen den einfachen 
algedonischen Elementen und den komplexen zuständlichen Bewußtseins¬ 
tatsachen, die jene enthalten können, nicht müssen, im übrigen aber ganz 
anderer Natur sind. (Jacobsohn.) 

Das Verhalten des einzelnen zur Musik ist, wie Bemfeld (16) meint, 
nicht restlos verständlich aus der Art und dem Maß seiner psychophysischen 
musikalischen Anlagen. Es wird in bestimmtem Umfange beeinflußt von 
dem Willen, musikalisch oder unmusikalisch zu sein. Der „Wille“ ist zu¬ 
weilen eine Verallgemeinerung, Spezifikation und Verschiebung heftiger 
Affekte in früher Jugend. Er bleibt so lange bestehen, als die gesamt¬ 
psychische Konstellation ihn erfordert, um im Gleichgewicht zu bleiben. 
Handlungen, Meinungen, Mimik usw. können diese Zeit überdauern und er¬ 
zeugen so Widersprüche im Verhalten der betreffenden Person gegenüber 
der Musik. Es ist darum auch dann, wenn eine genaue Prüfung aller ele¬ 
mentaren musikalischen Anlagen einer Person positiv ausfällt, nicht mit 
Bestimmtheit vorauszusagen, ob sie imstande sein wird, zu befriedigenden 
musikalischen Leistungen zu gelangen, denn es ist möglich, daß in ihr eine 
Gefühlshemmung mit rückwärts wirkender Tendenz gegen Musik besteht, 
ein Wille, unmusikalisch zu sein, oder wenigstens vor sich und den andern 
zu scheinen. ( Jacobsohn .) 

Kinder' und Tierpsychologie. 

Ziegler (277) faßt in einem kleinen Aufsatz die Tatsachen zusammen, 
die eine Widerlegung der Zeichenhypothese darstellen. 

1. Schon von Osten hat festgestellt, daß der kluge Hans auch mit 
verhangenem Kopf richtige Antworten gab, Krall hat das blinde Pferd 
Berto mit Erfolg unterrichtet. 


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Psychologie. 


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2. Die Antworten sowohl der Elberfelder Pferde als auch des Mann* 
heimer Hundes sind dem Inhalt nach mitunter völlig unerwartet, sie weisen 
auf selbständige Denkvorgänge bin. Die Schreibweise der Tiere ist phone¬ 
tisch und weicht von der üblichen völlig ab. 

3. Die Pferde haben oft Rechenaufgaben gelöst, deren Lösung den 
Anwesenden unbekannt war. Auch haben sie gerechnet, nachdem alle Per¬ 
sonen den Stall verlassen hatten. Sie lösten Aufgaben, die Dr. Haenel 
«teilte, ohne die Aufgaben selbst zu sehen. Ebenso hat der Mannheimer 
Hund oft den Inhalt von Karten und Bildern angegeben, die Erau Dr. 
Mo ekel nicht kannte. (Die neuerdings mitgeteilten Versuche von Neumann 
mahnen zu großer Vorsicht in der Beurteilung des Hundes Rolf! Ref.) 

Moekel (169) liefert einen Beitrag zu den sogenannten unbewußten 
Versuchen. Sie berichtet, wie der Hund Rolf ihr in seiner Zeichensprache 
den Inhalt eines Pakets mitteilte, daß soeben eingetroffen war, uud von dem 
sie keine Kenntnis haben konnte. 

Zwei Arbeiten befassen sich mit der im Biolog. Zentralblatt abge¬ 
druckten Kritik C. Schröders, in der er sich gegen die Wirklichkeit der 
Rechenleistungen der Elberfelder Pferde wendet. Schneider (223) erörtert 
die Präge, ob die mathematische Begabung angeboren oder erst später ent¬ 
wickelt sei. Er betont, daß das Vorhandensein von Spezialtalenten die 
erstere Annahme nahelege. Die Erfahrung an den Elberfelder Pferden sei 
von größter Bedeutung und Krall habe sich ein Verdienst erworben durch 
seine genauen Untersuchungen. Der Einwand, daß im Gegensatz zum 
Menschen, die Pferde so bald an der Grenze ihrer Leistungen angekommen 
seien, beweist eher die Selbständigkeit der Tiere, denn wenn sie nur auto- 
matenhaft das Können ihrer Lehrer wiedergegeben hätten, so wäre es nicht 
oinzusehen, warum sie erlahmten. 

Schneider betont, daß Schröder annähernd auf dem gleichen Boden 
stände in der Anschauung, daß die Befunde an den Pferden für die Ent¬ 
wicklungslehre nichts beweisen. Er ist ferner mit dem Kritiker darin einig, 
daß die Pferde nicht denken können. Zum Schluß wendet sich Schneider 
scharf gegen den berüchtigten Protest, den so viele Zoologen mitunter¬ 
schrieben haben. 

Ziegler (278) hält das Rechnen nicht zu den ererbten Eigenschaften, 
os beruht weder beim Menschen noch bei den Tieren auf einer Selektion 
dieser Fähigkeit. Deshalb sprechen auch die geistigen Leistungen der Pferde 
nicht gegen die Selektionstheorie. Die Ansicht Schröders, die richtigen 
Antworten der Pferde beruhten lediglich auf Zufälligkeit, ist ganz unhaltbar, 
wie die Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung zeigt: Die Wahrschein¬ 
lichkeit, durch Zufall eine zweistellige Zahl richtig zu finden, ist nur 1 :90. 
Bei dreistelligen Zahlen ist das Verhältnis 1 :900. In seinen weiteren 
Ausführungen versucht Ziegler, aus den Rechenleistungen der Pferde vor 
allem beim Wurzelausziehen den Beweis zu erbringen, daß sie auch in ihren 
falschen Antworten stets ein gewisses System erkennen ließen. Je genauer 
man die Antworten der Pferde studiert, um so mehr überzeugt man sich 
von der Denkfähigkeit der Tiere. 

Sehr vielseitige Beobachtungen über die Vogelpsyche hat Bretscher 
(28) gemacht. Auf ihre Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden, 
nur auf einige prinzipiell wichtige und gut begründete Forderungen will ich 
hinweisen. Die Vögel sind scharfe Beobachter 'ihrer Umwelt. Irgend¬ 
ein neuer, wenn auch kleiner Gegenstand macht sie scheu und mißtrauisch. 
B. hatte überhaupt den Eindruck, als ob die Vögel hauptsächlich die Kleinig¬ 
keiten ihrer Umgebung sich einprägten, während wir diese mehr in großen 


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Psychologie. 


Zügen auffaasen, ohne uns nm die Einzelheiten zu bekümmern. Dieser 
wesentliche Unterschied in der Erfassung der Außenwelt muß berücksichtigt 
werden, wenn wir die geistigen Eigenschaften der Vögel — und wohl aller 
Tiere und Naturmenschen — ergründen wollen. Einige Beobachtungen 
schienen darauf hinzu weisen, daß vier bis fünf Monate zurückliegende Er¬ 
eignisse aus dem Gedächtnisse der Vögel nicht verschwunden waren. Die 
Vögel sind fähig, zu lernen, Erfahrungen zu sammeln und sie auch zu 
verwerten; es dürfte bewiesen sein, daß sie nicht durchaus auf Ererbtes an¬ 
gewiesen sind. 

Shepherd (231) prüfte die adaptive Intelligenz bei Affen und verglich 
ihre Leistungen mit denen von Hunden und Katzen. Er versteht unter 
adaptiver Intelligenz einen niederen Grad der Überlegung. Die Versuchs¬ 
anordnung war folgende: Ein Stück Banane wurde so weit vom Käfig auf¬ 
gehängt, daß es der Affe mit seinem Arm nicht erreichen konnte. Ein 
Holzstäbchon war in die Banane hineingesteckt, daß im Greifbereich sich 
befand, der Affe brauchte nur das Stäbchen zu ergreifen, um die Banane 
zu nähern und ergreifen zu können. Von 11 Versuchstieren lösten 10 die 
Aufgabe fast unmittelbar, nur eines versagte völlig. Auch ein zweiter ähn¬ 
lich angelegter Versuch zeigte die Fähigkeit der Affen zu sofortiger An¬ 
passung an die gegebenen Umstände. Dagegen erwiesen sich sowohl Hunde 
als Katzen sämtlich als unfähig, die Lösung der gleichen Aufgaben zu finden, 
was Sh. als eine geringere adaptive Intelligenz beweisend betrachtet. Zwar 
erhebt er den sehr naheliegenden Einwand, daß der Affe durch die vor¬ 
zügliche Ausbildung seinor Greifhand von vornherein für derartige Versuche 
mehr geeignet ist, trotzdem aber schreibt er ihm eine höhere Intelligenz zu 
als den Hunden und Katzen. (Mir scheint der gewählte Versuch aus dem 
obigen Grunde ungeeignet zu einer Entscheidung dieser Frage. Es lassen 
sich genügend Beispiele adaptiver Intelligenz beim Hunde anführen, man 
lese nur die Schilderung Edingers, vgl. diesen Jahresber. 1914. Ref.) 

Einleuchtend und prinzipiell wichtig sind die Versuche von Cometz 
(37) über das Orientierungsvermögen der Ameisen. Nach den bisherigen 
Anschauungen orientieren sich die Ameisen nach der Beleuchtung. C. prüfte 
nun das Verhalten der Ameisen in der Dunkelheit, und zwar nach einigen 
Vorversuchen, in denen sie sich an die Dunkelheit gewöhnten. Die Ver¬ 
suche verliefen so: ein Knochen wurde in einer bestimmten Entfernung vom 
Nest der Gattung Tapinoma erraticum nigerrimum niedergelegt und mit 
einem Metalldeckel vom Licht abgeschlossen, nur unter dem Rande blieb 
ein 2 mm breiter Spalt, um den Eintritt zu gestatten. Im Hauptversuch, 
der bei dunkler Nacht vor sich ging, verlegte C. den Knochen, auf dem 
sich wie sonst etwa 3—400 Ameisen eingefuuden hatten, auf eine andere, 
der ersten völlig gleichende Stelle des Gartens, wobei er ihn um seine 
Achse, um etwa 90—120 Grad, drehte. Er konnte nun feststellen, daß die 
Ameisen beim Verlassen des Knochens die analogen, d. h. in der entgegen¬ 
gesetzten Himmelsrichtung gelegenen (waren sie von Südosten gekommen, 
so verließen sie den Raum in der Richtung Nordwesten), Stellen wählten 
wie bei ihrem Eintritt an der ersten Stelle. Damit war bewiesen, daß die 
Ameisen sich ohne jede Hilfe des Lichtes im Raume orientieren können. 
Wenn wir das Licht als Orientierungsfaktor fallen lassen müssen, fragt es 
sich, wie die richtige Orientierung sich sonst erklären kann. C. nimmt mit 
großer Wahrscheinlichkeit einen auf kinästhetischen, statischen Empfindungen 
beruhenden Sinn an, ohne auf dieser Erklärung bestehen zu wollen. Von 
anderen interessanten Einzelheiten sei noch erwähnt, daß nicht alle Ameisen 
dieser Gattung diesen Sinn zu besitzen scheinen, sondern nur wenige, die 


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Psychologie 


669 


stets die Rolle der Aufklärerinnen und Führerinnen übernehmen. Es sind 
das besonders große Exemplare. ’ 

Descoeudres (44), der wir schon manchen wichtigen Beitrag zur 
Psychologie des Kindes verdanken, hat die Binet-Simon-Prüfung als 
Maß der psychischen Entwicklung abuormer Kinder benutzt. Sio unter¬ 
suchte 26 Kinder im Alter von 7—16 Jahren mehrfach in Zwischenräumen 
von annähernd einem Jahr. Zur Berechnung der Ergebnisse bediente sie 
sich des Intelligenzquotienten nach Bobertag, Intelligenzstufe: Lebens¬ 
alter = Intelligenzquotient, der sich als sehr brauchbar erweist. Die einzelnen 
Kinder zeigen ein durchaus charakteristisches Verhalten, die Mehrzahl weist 
Fortschritte auf, manche bleiben stehen oder zeigen selbst einen leichten 
Rückschritt. D. hat sich der Tests vom Jahre 1908 und der von 1911 
bedient: ein Vergleich lehrt, daß die letzteren weit schwieriger sind. 
Zweifellos ist die Bin et-Simon-Methode sehr geeignet zu derartigen ver¬ 
gleichenden Versuchen, wie den hier geschilderten. 

Descoeudres (43) hat auch die Frage experimentell geprüft, welches 
gegenseitige Verhältnis zwischen den Faktoren Farbe, Zahl und Form in der 
Schätzung durch Kinder und Jugendliche besteht. Sie konnte feststellen, 
daß Kinder bis zu 6 Jahren und Zurückgebliebene der Farbe vor der Form 
den Vorzug geben, Kinder zwischen 7 und 13 Jahren schätzen die Farbe 
höher als die Zahl, während Jugendliche bis zum 18. Jahr die Zahl bevor¬ 
zugen. Über das Verhalten der beiden Geschlechter konnten keine eindeutigen 
Hinweise erzielt werden. Versuche an 30 Lehrerinnen und 30 anderen 
Frauen zeigten, daß mit der bei ersteren vorliegenden stärkeren Ausbildung 
des Verstandes die Bevorzugung der Zahl vor der Form und der Farbe 
sich schärfer herausarbeitet. 

Bobertag (21) hat korrelationsstatistische Untersuchungen über die 
Unterrichtsleistungen der Schüler auf Grund der Verarbeitung der Zensuren¬ 
listen eines Charlottenburger Realgymnasiums angestellt. Im allgemeinen 
ergaben sich Zusammenhänge, die man auch a priori erwarten durfte. So 
stellte sich der Korrelationskoeffizient zwischen Deutsch und Latein als der 
höchste heraus, umgekehrt war der K.-K. Euglisch-Naturkunde der geringste.' 
Auf Grund seiner Statistik, die auf breiterer Basis wohl noch wertvollere 
Aufschlüsse gewähren dürfte, konnte B. feststellen, daß die Schulnoten 
durchaus nicht in ihrem Zustandekommen so vom Zufall abhängen, wie 
das mitunter behauptet wird. Doch darf die Korrelationsstatistik der Schul¬ 
noten nicht zu summarisch vorgeheu, sondern sie muß die Verschiedenheiten 
der Unterrichtsbedingungen, etwa in den gleichen Klassen oder auf verschie¬ 
denen Stufen, berücksichtigen. 

Oberlehrer Margis (158) macht zu dem vorstehenden Aufsatz 
einige treffende Bemerkungen vom Standpunkt des Praktikers aus. Er 
glaubt, daß die von Bobertag als Maßstab gewählte Osterzensur einen 
weit weniger zuverlässigen Schluß auf die wirklichen Leistungen der Schüler 
gestattet als beispielsweise die Oktoberzensur. Zu Ostern steht der Lehrer 
bekanntlich unter dem Drucke der Versetzungsnot und urteilt deswegen zu 
milde. Ein weiterer, triftiger Einwand ist, daß die hohen K.-K. einzelner 
Fächer, z. B. Latein-Deutsch, wohl zum Teil darin begründet sind, daß die 
beiden Fächer von einem Lehrer unterrichtet werden! Es ist für den 
Lehrer außerordentlich schwierig, die Beurteilung des Schülers in einem 
Fache von der Beurteilung im anderen Fache ganz unabhängig zu machen. 

Zur Intelligenzprüfung verwendet Schulhof (226) 100 Fragen; diese 
sind in ■> Gruppen eingeteilt zu je 20 Fragen, die alle zusammen zwei 
Reihen darstellen; die eine dieser Reihen wird allemal eingeleitet mit 


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Psychologie. 


„was ist ein“ (z. B. Tisch, Wagen, Messer, Kalender, Bettler, Stolz, Faulheit, 
Verbrechen, Lied, Volk usw.), während die zweite eine verschiedene Frage¬ 
stellung enthält, wie „was ist für ein Unterschied zwischen“ (z. B. Wein und 
Wasser, Hand und Fuß, Tag und Nacht, Stadt und Land, Messer und 
Nadel, Zeit und Stunde, Tier und Pflanze, Neid und Haß, Dienen und 
Arbeiten usw.) oder „warum“ (z. B. kocht man, bekleidet man sich, ißt man, 
lernt man usw.) oder „wozu“ (ist die Polizei da, ißt man, forscht man usw.) 
oder wieder „was ist“ (z. B. ein Diebstahl, ein Mord, Strafe, Ordnung, Sünde, 
Erfolg usw.). Die Gruppen der Fragen sind so eingeteilt, daß die erste 
Gruppe einfachste, die letzte ziemlich schwere bedeutet; in der ersten sind 
bloß konkrete Hauptwörter enthalten, während die letzte in der Mehrzahl 
abstrakte enthält. Je nachdem nun der Gefragte die Frage mit einem 
Spezialfalle oder allgemeingültig beantwortet, und je nachdem es nach ein¬ 
gelernter Schablone oder auf selbst gefundenem Wege geschieht, wird die 
Intelligenz niedriger oder höher eingeschätzt. ( Jacobsohn .) 

Man kann, wie Ruttmann (215) ausführt, von rein physiologisch- 
psychologischen Gesichtspunkten aus die Ausdrucksformen der Schularbeit 
gliedern in linguale und kinematische. Erstere umfassen alle jene unter- 
richtlichen Reaktionen, welche als mündlicher und schriftlicher Gedanken¬ 
ausdruck bezeichnet werden, und die mehr anschaulichen Produkte, wie sie 
in Zeichnung, Plastik und Geste zum Ausdruck kommen. Die Fähigkeit 
nach der einen oder anderen Richtung kann nur erfolgen auf Grund ausge¬ 
dehnter Proben und Untersuchungen. Eine Prüfungsmethode nach der rein 
intellektuellen Richtung besitzen wir nach Binet-Simon, nach der kine¬ 
matischen Richtung aber nur unvollkommen. Ruttmann stellte nun an 
Schulen beide Prüfungen gemeinsam an durch Beschreibenlassen dessen, 
was auf einem Bilde gesehen wurde, und durch Nachzeichnenlassen des 
Bildes selbst, nachdem letzteres eine bestimmte Zeit (ca. 5 Minuten) von 
den Kindern betrachtet war. Es ergaben sich dabei interessante Kurven, 
je nachdem die Mehrzahl der Kinder mehr nach der lingualen oder mehr 
nach der kinematischen Richtung veranlagt waren. ( Jacobsohn .) 

Die Untersuchungen über die Urteilsbeständigkeit von Schulkindern, 
die im vergangenen Jahre an Knaben begonnen wurden (s. darüber den 
Jahresbericht 1914 p. 919), setzt Lode (153) nunmehr an Mädchen fort. 
Die Methodik ist die gleiche. Ein Vergleich mit den Urteilen der Knaben 
zeigt, daß die beliebten und unbeliebten Bilder bei beiden ziemlich in der 
Auswahl übereinstimmen, wenn auch die Rangordnung der einzelnen Bilder 
nicht übereinstimmt. Bei den Mädchen scheiden Bilder wie Indianerkampf 
und Stierkampf aus der Reihe der beliebten aus und treten mit den 
höchsten Prozentzahleu an die Spitze der unbeliebten Bilder. Das Rohe, 
Blutrünstige, das in Bildern dargestellt wird, weisen die Mädchen entschieden 
ab. Darin, daß sie die Bilder, die an das Gemüt appellieren, mit großer 
Stimmenzahl bevorzugen, tritt weibliche Eigenart zutage. Die Beständigkeit 
iui Urteil über ein einzelnes Bild ist bei dem gleichen Mädchen, ebenso wie 
es bei dem Knaben war, eine recht schwankende, kaum mit der Altersklasse 
zunehmende. Im allgemeinen brachten die Mädchen die Beliebtheit wie die 
Unbeliebtheit der betrachteten Bilder entschiedener zum Ausdruck als die 
Knaben. ( Jacobsohn .) 

Haberm&nn (95) bespricht kritisch die bisher existierenden Schemata 
zur Prüfung der Intelligenz bei Kindern und gibt dann ein eigenes Schema. 

( Jacobsohn .) 

Mit Ausnahme der Menschenaffen ist nach Erfahrungen von Sokolowsky 
(234) in der höchsten Säugetierordnung ein sogenannter Nestbau nicht nach- 


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Psychologie. 


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zuweisen. Dieser Nestbau, der jede Nacht frisch angelegt wird, wird nun 
nach den Erzählungen von Forschungsreisenden von S. geschildert. Da 
sich diese Gewohnheit des Nestbauens bei den anderen Affen nicht findet, 
so hält der Autor diese Gewohnheit für eine Neuerwerbung der Anthropoiden. 
In diesem Sinne ist diese Gewohnheit als eine Vorstufe des Obdachbaues 
des primitivon Menschen anfzufassen. ( Jacobsohn .) 

Müller (177) veröffentlicht einen Brief des berühmten Taschen Spieler- 
künstlers F. Faustinus (Kopenhagen), der auch längere Zeit mit den 
Elberfelder Pferden arbeitete, ln diesem Briefe teilt F. mit, daß die Pferde 
die Anfgaben immer uur dann lösten, wenn der Stallknecht, zugegen war, 
sonst versagten sie. ( Jacobsohn .) 

Stnchlik (246) untersucht analytisch die Teilnahme der Geschlechter 
bei den nicht pflichtigen Impfungen. Er konnte feststellen, daß bei kleinen 
und Schulkindern die Teilnahme beider Geschlechter gleich war, in den Jahren 
von ca. 17 bis 35 die Frauen zweiundeinhalbmal so zahlreich waren als 
die Männer, in noch reiferen Jahren glich sich das Verhältnis wieder aus, 
und im Greisenalter überwogen beträchtlich die Männer. Er setzt auseinander 
und beweist ziffermäßig, daß die geringere Teilnahme der Männer erwähnten 
Alters nicht eine Folge der Einrückung derselben sein kann (die Ein¬ 
rückung würde nur einen Bruchteil erklären können) oder andersartigen, 
genau und vollständig aufgezählten Momenten sein dürfte, und kommt zn 
dem Schlüsse, daß die — nach allen Eliminationen — doch doppelte An¬ 
zahl der Frauen innere Gründe haben muß, Gründe, die der Beschaffenheit 
der Frauen als solchen angehören, also psychischer Natur sind. Die Ursache, 
warum die Männer weniger sich impfen ließen, sieht er als eine unbewußte 
Äußerung des männlichen Prinzips, das im Grunde auf Heroismus, d. i. 
Verschwendung der Energie, binauszielt — d. h. im Übermut desselben, sich 
vor der drohenden Gefahr nicht schützen zu wollen. Dies würde aber nur die 
männliche Absenz erklären, also die Mehrzahl der Frauen, insofern sie durch 
diese Absenz verursacht werden kann. Daneben aber haben die Frauen 
aktiv mehr teilgenommen; und die Ursache läßt sich einerseits im weiblichen 
Prinzip, im Prinzip der größtmöglichen Sparsamkeit, Schützen vor allen Unheilen, 
andererseits im Impfakte selbst konstatieren. Denn der Akt, durch welchen 
an dem weiblichen Körper eine Veränderung entsteht, drückt symbolisch 
den Urakt solchen Charakters, den Koitus, aus. — Dadurch läßt sich auch 
erklären die siebenmal geringere Teilnahme alter Frauen gegenüber männlichen 
Greisen sowie andere, in der Mitteilung näher auseinandergesetzte Er-i 
scheinungen. (StuchUk.) 

Schlaf. Traum, Suggestion. Hypnose, Freuds Lehre u. ähnl. 

Grünbaum (94) wendet sich in seinen Traumuntersuchungen gegen 
die Freudschen Hypothesen. Er sieht im Traum- und Wachdenken nur 
graduelle Unterschiede. Er weist darauf hin, daß der auf die befragte 
Person ausgeübte Zwang des Immer-weiter-Assozierens schließlich zu Er¬ 
gebnissen führt, die nur mit der Theorie der unterdrückten Wünsche uud 
infantilen Sexualerlebnisse etwas zu tun haben, aber nichts mehr mit dem 
wirklichen Trauminhalt, der sich viel mehr nach der Gegenwart zu orien¬ 
tieren scheint als nach der Vergangenheit. Recht hat Freud mit der Be¬ 
tonung des Symbolismus im Traumleben. Es geht die Bedeutung des gegen¬ 
wärtigen Erlebens für den Traum ganz unzweideutig hervor aus den Bei¬ 
spielen, in denen Lösungen von Aufgaben, die uns im Wachen beschäftigen, 


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Psychologie. 


im Traum gefunden werden. So leistet der Traum zweifellos auch produk¬ 
tive Denkarbeit 

Henning (109) bespricht kritisch die Leistungen des von Schottländer 
geschilderten Gedankenlesers (vgl. diesen Jahresbericht 1914). Er weist 
darauf hin, daß die Versuchsanordnug in mancher Hinsicht die Möglichkeit 
eines Betruges offen lasse, beispielsweise könne man bei einiger Übung 
leicht auch mehrfach gefaltete Zettel lesen. Ferner sei das Papier 
mitunter durchsichtig; auch könne von einer eventuell benutzten Schreib¬ 
unterlage dor Inhalt des Schriftstückes abgelesen werden, wovon sich 
Henning durch eigene und an anderen Personen angestellte Versuche über¬ 
zeugt hat. Die gewöhnliche Bleistiftschrift kann schließlich durch Tasten 
gelesen werden nach Art der Blindenschrift. Bevor man also endgültig 
irgendeine Form des Hellsehens annimmt, müssen sämtliche Fehlerquellen 
durch eine einwandfreie Versuchsanordnung ausgeschaltet sein. 

Hier kann nur mit einigen Worten auf die äußerst interressante 
Arbeit von Floumoy (69) eingegangen werden, in der er eine moderne 
Mystikerin ausführlich schildert. Auf Grund ihrer eigenen, in extenso mit¬ 
geteilten, Niederschriften legt er die Psychologie ihrer Ekstasen dar, die in 
einem Rhythmus von einer Woche wiederkehren und erotogen entstanden 
zu sein scheinen, wobei aber die völlige sexuelle Reinheit der Cecile Ve 
feststeht. Lehrreich ist, daß durch die Selbstbeobachtung der Mystikerin 
ein ganz moderner, objektiver Zug geht, daß ihre Beschreibungen sich 
von allen übernatürlichen Erlebnissen, die in den Ekstasen früherer 
Mystiker eine so große Rolle spielten, freihalten. Ebensowenig sind an 
Cecile Ve krankhafte Züge zu entdecken, auch ihre Familie ist frei von 
psychopathischer Belastung. 

Hitschmann (114) berichtet über eine 16jährige Kranke, die eklatant 
das von Freud herausgehobene und psychoanalytisch gedeutete Bild der 
„Befürchtung, es könnte der Mutter etwas geschehen“ und gleichzeitig An¬ 
deutungen von Todeswünschen auf die Mutter verriet (aus deren mißlungener 
Verdrängung die neurotische Befürchtung entspringen soll). ( Jacobsohn .) 

Sadger (219) bemüht sich, durch vielfache Belege nachzuweisen, daß 
es eine Kindersexualität und Kindererotik nicht nur gibt, sondern daß sie 
einfach etwas Alltägliches darstellen. (Man muß gestehen, daß die Aus¬ 
führungen recht viel Überzeugendes haben, nur läuft die Sache schließlich 
darauf hinaus, daß überhaupt jede Lustempfindung sexueller Natur ist 
Sollte man diese Grundlage anerkennen, dann wäre ja der endlose Streit 
geschlichtet. Ref.) ( Jacobsohn.) 

Placzek (193) bringt zuerst interessante Dokumente von Freundschafts¬ 
beziehungen und -beteuerungen aus der Zeit der Romantiker und ferner 
auch Stammbuchdokumente von offener oder versteckter Sexualität Er 
erörtert dann das Problem, welche tatsächlichen Beziehungen zwischen Freund¬ 
schaft und Sexualität bestehen, und zwar in der Freundschaft zwischen 
Männern, zwischen Frauen und zwischen Mann und Frau. Zweifellos 
kann nach Ansicht des Autors Männerfreundscbaft der tiefsten, innigsten 
Art ohne jeden sexuellen Unterton vorherrschen und herrscht auch vor. 
Untrügliche Unterscheidungsmerkmale zwischen Liebe und Freundschaft 
existieren allerdings nicht und können bei einem so komplizierten psychi¬ 
schen Geschehen nicht existieren. Es kann daher das Urteil des Kritikers 
nur subjektiv sein und kann nur je nach seiner persönlichen Stellung aus- 
fallen. Auf der anderen Seite ist es aber unbezweifelbar, daß die erwachen¬ 
den Geschlechtsregungen junge Menschen oft zusammenführen und aus ihnen 
nach Abklingen der sexuellen Regung tiefe nachhaltige Freundschafts- 


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empfindungen erwachsen. Der Antor unterscheidet jene Lebensspanne, wo 
sexuelle Regungen erwachen und die heterosexuelle Betätigung noch fehlt 
oder zielbewußt gemieden wird, und weiter jene Lebensspanne, wo die hetero¬ 
sexuelle Betätigung möglich ist und auch besteht. Die zur ersten Kategorie 
Gehörigen finden, ganz gleich wie sie zur Freundschaft gelangten, sofern sie 
normal sexuell geartet sind, früher oder später den Weg zur Betätigung. 
Auch wenn ältere Männer, denen die Möglichkeit normalen Sexualverkehrs 
gegeben ist, aus Freundschaftsgefühl zur homosexuellen Betätigung schreiten 
oder umgekehrt von der männlichen Sexualbetätigung zur Freundschafts¬ 
empfindung gelangen, ist Vorsicht im Verdacht auf Homosexualität am 
Platze, da zweifellos seelische Kontakte tiefgehender Art auch unter älteren 
Männern bestehen können, ohne jede homosexuelle Neigung und hei voll 
erhaltener Heterosexualität. Auch bei der Frauenfreundschaft jeder Lebens- 
spanne ist es unbezweifelhare Tatsache, daß sie auch ohne jeden sexuellen 
Unterton bestehen kann. Zwischen Mann und Frau dürfte Freundschaft ohne 
sexuelle Neigung nur dann existieren, wenn Mann und Frau in abgeklärten 
Jahren sind, oder wenn abnorme sexuelle Artung des einen Teiles gerade 
zu derartiger reiner Freundschaftsbetätigung drängt. 

Es ist nicht verwunderlich, schließt der Autor, wenn die Sexualforscher 
auch in der Wertung des Freundschaftsproblems einseitig die sexuelle 
Komponente suchen und oft erspäht zu haben meinen, wo nur die unmittel¬ 
baren Kontakte seelischer Artung zur Verschmelzung der Persönlichkeiten 
führten. Solche Forschungsweise sei auch begreiflich, da sie zweifellos recht 
oft zu Recht besteht. Sie wird erst dann beklagenswert, wenn sie Allein¬ 
gültigkeit beansprucht und ideale Lebenswerte zu stürzen sucht 

( Jacobsohn.) 

Der Musiker ist nach den ausgedehnten Untersuchungen von Pannen- 
borg ( 186 ) weit überdurchschnittlich emotionell, er ist eher primär- als 
sekundärfunktionierend, während seine Aktivität wenig vom Durchschnitt 
abzuweichen scheint er gehört zum nervös-cholerischen Typus. Auf dem 
Gebiete des Handelns findet man beim Musiker Impulsivität, Ungeduld, 
Resolutheit, alle in hohem Grade anwesend und wachsend mit dem Grade 
des musikalischen Talentes. Als Eigenschaften, die mit der Emotionalität 
des Musikers Zusammenhängen und fast immer mit der Vermehrung der 
musikalischen Begabung an Intensität wachsen, findet man einen hohen Grad 
von Sensitivität, Reizbarkeit und Heftigkeit, Leichtsinn und Frivolität. Die 
Stimmung ist abwechselnd heiter und trübe, jedoch überwiegt die Heiter¬ 
keit ein wenig. Die Musiker wechseln sehr leicht den Gegenstand ihrer 
Aufmerksamkeit, sie sind schnell getröstet, leicht versöhnlich, veränderungs¬ 
süchtig, wechselnd in ihren Sympathien, Projektenmacher, sie arbeiten nicht 
für eine ferne Zukunft, sondern für sofortige Resultate. Ihre Person ent¬ 
behrt der Konsequenz und Harmonie, ihre Entwicklung ist ruckweise. Ihr 
Interesse ist umfangreich und ihre Begabung vielseitig. Sie lesen viel und 
neigen zur Spekulation, besitzen eine Vorliebe für fast sämtliche Schulfächer: 
Sprache und Literatur, Geschichte und Geographie, Mathematik, Natur¬ 
geschichte und Zeichnen, sie haben eine leichte Auflassung, besitzen reiche 
Phantasie, sind romantisch, schwärmerisch und abergläubisch, sie sind offen, 
gesprächig und wortreich, geistreich und witzig, sie halten viel auf Tisch¬ 
genüsse, sind sehr erotisch veranlagt, sie sind gesellig und lieben Ge¬ 
selligkeit sehr. Von egoistischen Neigungen findet man hei ihnen Eitel¬ 
keit, Gefall- und Ehrsucht, Lust zu Vergnügungen und Zerstreuungen, sie 
sind henschsüchtig, aber leicht zu überreden und besitzen ein hohes Maß 
von Selbstbewußtsein, sie sind flott in Geldangelegenheiten, mitleidig und 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 


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Psychologie. 


hilfsbereit, sie sind gute Freunde und warme Patrioten. Politisch sind sie 
gleichgültig, sie sind unordentlich, nicht pünktlich, nicht gewissenhaft, weder 
systematisch noch methodisch. Sie besitzen ein starkes Familiengefühl; ihre 
körperliche Gesundheit ist gut, dagegen leiden sie oft an psychischen Stö¬ 
rungen (Neurasthenie und Hysterie). ( Jacobsohn .) 

Aus Beispielen, die Koll&rits (141) gibt und die aus dem Leben nach 
der Erinnerung entnommen sind, kommt er zur Überzeugung, daß Scherze, 
in welchen jemand sich selbst in den Mittelpunkt stellt und sich selbst ge¬ 
wissermaßen persifliert, mit Mißtrauen angesehen werden dürfen. Solche 
Scherze müssen nicht, aber können Selbstbekenntnisse sein. Die Perversion, 
die Koprophilie, das Liebesieben usw. müssen meist geheim gehalten werden, 
sonst würden sie die vitalsten Interessen des Betreffenden, von dem solche 
Angelegenheiten bekannt werden, schädigen. Es ist aber immer mit einem 
Unlustgefühle verbunden, wenn jemand etwas, das er in seiner Abnormität selbst 
für durchaus natürlich hält, etwas, das einen Bestandteil seines alltäglichen 
Lebens ausmacht, unterdrücken soll. Diese Unlustgefühle abrüttelD und 
einmal ohne Zwang seine Gefühle ausdrücken zu dürfen, könnte ein Grund 
des Vergnügens sein, das jemand fühlt, wenn er mehr oder minder verdeckt 
sich doch aussprechen kann. Der Autor skizziert darauf verschiedene Typen 
von Witzbolden und untersucht die Frage, warum man lacht, wenn 
sich jemand ungeschickt benimmt.. Die Kenntnis all dieser Erscheinungen 
scheint dem Autor auch für die Arzte, die sich mit nervösen Patienten be¬ 
fassen, wichtig. Die Ansicht, daß die Nervosität keine Krankheit, sondern 
eine Charaktereigenschaft ist, daß die Nervositätsarten Charakterarten — 
endogene Variationen — sind, wird sich immer mehr verbreiten. Oft werden 
von Nervösen die Klagen schamhaft vertuscht oder mit Scherzen bemäntelt. 
Alle diese Dinge hätten großes psychologisches und ärztliches Interesse. 

( Jacobsohn .) 

Der Vorgang der Suggestion zeichnet sich nach Flat&ll (68) vor anderen 
seelischen Beziehungen der Individuen dadurch aus, daß die erzielte Wirkung 
in einem besonderen Verhältnisse zu dem angewandten Reize steht. Für die 
Besonderheit des Verhältnisses findet der Autor keine bessere Formulierung, 
als das Inadiquate von Reiz und Wirkung zu betonen. Eine genaue 
Analyse wird auch in Fällen, wo das scheinbar nicht zutrifft, zeigen, 
daß eine suggestive Einwirkung Vorgelegen hat. Die Erklärung der oftmals 
Überraschenden Wirkung wird gegeben durch die Annahme einer seelischen 
Bereitschaftsstellung des Individuums mit aktivem oder passivem Verhalten 
gegenüber der suggestiven Einwirkung. ( Jacobsohn .) 

Hellwig (104) bringt eine Anzahl von Beispielen von Leichen¬ 
schändungen aus Aberglauben. Dieser Aberglaube sei weit verbreitet und 
auch im 20. Jahrhundert noch durchaus lebenskräftig. Der Gerichtsarzt 
müsse jedenfalls in jedem solchen Falle daran denken, daß der Tat aber¬ 
gläubische Motive zugrunde liegen. ( Jacobsohn ..) 

Kanngießer (128) hat einen Freund, der imstande ist, mittels einer 
Uhr oder eines Zweiges verborgene Wasseradern und Quellen zu finden, 
und hat sich von dieser Tatsache selbst überzeugen können. Der Betreffende 
hat nach einem Schädelbruch, der Taubheit des einen Ohres zur Folge 
hatte, an sich die Beobachtung gemacht, nach einem Besuch bei einem 
Quellsucher, daß auch ihm diese Kraft innewohne. K. schildert den Vorgang, 
den er bei seinem Freunde beobachtete, so daß eine von jenem an der 
Kette zwischen zwei Fingern pendelnde Uhr über dem entdeckten unter¬ 
irdischen Flußlauf in starke Schwingungen geriet. Hielt der Quellsucher 
einen Zweig mit beiden Händen über fließendem Wasser, so gerieten die 


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Hände in Windungen, die uicht passiv zu hemmen waren und dem Laufe 
des Wassers entsprachen. Der Freund gab an, daß er bei längerem Wasser¬ 
suchen ein leichtes Kribbeln am Unterarm und der Hand empfinde. K. 
glaubt an eine Übertragung der Bewegungskraft des Wassers auf den 
Körper, die von ihm auf die in der Hand befindlichen Gegenstände aus¬ 
strahlt, und bringt diesen Vorgang mit der Echolalie und Echopraxie in 
Parallele. (Sollte nicht der ganze Vorgang auf Selbsttäuschung beruhen 
und in das Reich der Phantasie zu verweisen sein?) {Bendix.) 

Stekel (241) bringt mehrere Beispiele, wo der Orgasmus durch Fliegen¬ 
berührung ausgelöst resp. gesteigert wurde. (Jacobsohn.) 


Forenslscbe Psychologie und Psychologie anderer komplexer Vorgänge. 


Weber (266) bringt einen wertvollen Beitrag zur psychologischen Be¬ 
urteilung der Zeugenaussagen. Er weist darauf hin, daß dem psychiatrischen 
Sachverständigen nicht selten vor Gericht die Aufgabe gestellt wird, in 
seinem Gutachten über das eigentliche Gebiet der Psychiatrie hinauszugehen. 
Es sei zweifellos besser, wenn der psychiatrische Sachverständige sich einer 
solchen Erweiterung seiner Funktionen nicht entziehe, als daß, wie das mit¬ 
unter geschehen ist, ungeeignete Personen zur Beurteilung herangezogen 
werden. Diese Gefahr sei um so größer, als neuerdings bei Geistlichen und 
Lehrern die Neigung besteht, sich mit der Freud sehen „Tiefenpsycho¬ 
logie“ zu befassen und damit Gebiete zu betreten, zu deren Beurteilung ihnen 
jede Vorbildung und Befähigung fehlt. 

Als Beispiel dieser mehr psychologischen als psychiatrischen Begut¬ 
achtung berichtet W. über den Fall eines jungen Mädchens, das als Zeugin 
in einem Alimentationsprozeß vernommen werden sollte. Es waren vor 
Gericht Zweifel darüber aufgetaucht, inwieweit den Aussagen des Mädchens 
Glauben geschenkt werden könne. Sie hatte angegeben, von ihrem früheren 
Dienstherrn geschwängert worden zu sein, nachdem sie anfänglich behauptet 
hatte, von einem Unbekannten überfallen worden zu sein. Die Zeugin war 
weder schwachsinnig, noch hysterisch, und dennoch gelangte W. zu dem 
Schluß, daß ihrer Aussage keine zu große Glaubwürdigkeit beizumessen sei, 
da jugendliches Alter, geringe Wahrheitsliebe und große Bestimmbarkeit 
durch andere ihren Wert als Zeugin sehr fraglich machten. 

von KArmän (130), ein ungarischer Bezirksrichter, will den mehr 
theoretischen Fortschritten in der Beurteilung der Zeugenaussagen, die in 
den letzten Jahrzehnten erreicht wurden, eine praktische Grundlage geben, um 
dem Richter die Beurteilung im Einzelfalle zu erleichtern. Er entwirft 
deshalb ein Schema, das von zwei Gesichtspunkten ausgeht: Von der per¬ 
sönlichen Vertrauenswürdigkeit des Zeugen und der objektiven Wahrheit. 
Bei ersterem Punkt wäre dann noch die Bestimmtheit (Exaktheit) der 
Wahrnehmung und der Aufmerksamkeit und die Richtigkeit der aus dem 
Gedächtnis hervorgerufenen Aussagen für sich zu prüfen. Daraus ergeben sich 
drei Gesichtspunkte zur Prüfung einer Zeugenaussage: 1. die Bestimmtheit, 
2. die Richtigkeit und 3. die Wahrheit der Aussage. Der Verfasser er¬ 
örtert nun diese einzelnen Punkte in bezug auf den Einfluß, den die Be¬ 
schaffenheit des Zeugen in körperlicher und geistiger Beziehung auf sie 
ausübt. Nicht nur von den intellektuellen Fähigkeiten und von den affek¬ 
tiven Zuständen, sondern auch von der Art der Wiedergabe in Worten 
hängt die Aussage ab. 

Es ergibt sich als Schlußfolgerung, daß auch im günstigsten Falle aus 
der Aussage nicht mehr gefolgert werden kann, als die größere oder 


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Psychologie. 


geringere Wahrscheinlichkeit der in Frage stehenden Tatsachen, da der 
Gegenstand der Aassagen keine begriffsmäßige allgemeine Wahrheit, sondern 
nur eine einzelne Tatsache bildet. 

Auch Sturm (248) beschäftigt sich mit der psychologischen Beweis¬ 
schöpfung. Er weist darauf hiu, daß von der Zeugenaussage keine absolute 
Richtigkeit gefordert werden darf, sie hat deshalb nur eine relative Be¬ 
weisstärke, ähnlich wie im Zivilprozeß zwischen Beweis und Glaubhaft¬ 
machung unterschieden wird. Es ist Wert zu legen auf eine stärkere 
Berücksichtigung der „individuellen Seelenschwingungen des einzelnen 
Menschen“: Daher erfordert die Vernehmung Berücksichtigung der Art und 
des Alters des Zeugen. Kinderaussagen sind nicht ohne weiteres zu ver¬ 
werfen, weil sie zwar besonders leichtgläubig und beeinflußbar sind, aber im 
allgemeinen weniger zu lügen pflegen als Erwachsene. Neben dem Inhalt 
der Aussage ist auch stets die Erscheinung des Aussagenden von Be¬ 
deutung: „Das Antlitz ist die sichtbare Seele“, ebenso auch die übrigen 
Ausdruckbewegungen. Verschlucken von Wörtern und Räuspern, auch 
Leisesprechen und Steckenbleiben sind oft ein Ausdruck der Ungewißheit, 
aber auch der UnWahrhaftigkeit. Nicht nur die Zeugen können Aussagen, 
sondern auch die Parteien. Im allgemeinen wird nach Ansicht des Ver¬ 
fassers der Aussage der Parteien zu wenig Gewicht beigelegt. 

Sturm (247) ziehtauch die Psychologie des Richters in den Kreis 
seiner Betrachtungen, sie ist nicht weniger wichtig als die Psychologie der 
Zeugen und der Verbrecher. Er zeigt, daß die juristische Bildung nicht 
allein ein Vorzug, sondern nach mancher Richtung auch ein Nachteil sein 
kann. Der Richter denkt moralisch oft anders als die übrigen Menschen. 
Zur Ausübung seines Berufes bedarf er des inneren Halts der Selbstsicher¬ 
heit, die ihn aber nicht zur Uberhebung verleiten darf. (Die Arbeit irt 
ein dankenswerter Versuch, der nach mancher Richtung hin anregend wirken 
kann! Ref.) 

Feingold (58) hat den Einfluß der „Suggestion“ auf die Einbildungs¬ 
kraft (Phantasie, Imagination) untersuchen wollen. Er ließ seine Vp. zunächst 
eine bestimmte Zeit einen Tintenfleck betrachten und ihm dann berichten, 
welche Vorstellungen beim Betrachten aufgetaucht seien. Der zweite Versuch 
verlief folgendermaßen: Erst wurde eine illustrierte Postkarte mit sehr aus¬ 
gesprochenem Charakter betrachtet, dann erst erfolgte das Anschauen des 
Tintenflecks und nachher der Bericht über die aufgetauchten Vorstellungen. 
Es ergab sich, daß durch die suggestive Beeinflussung der Reichtum an 
Vorstellungen entschieden abnahm, und zwar um so mehr, je komplizierter 
das vorher angeschaute Postkartenbild war. Hieraus zieht F. einige, ziemlich 
weitgehende Schlüsse für die individuelle und soziale Entwicklung. Er 
meint, durch vielseitige Beeinflussung des Individuums werde sein Reichtum 
an eigener schöpferischer Kraft, seine Fähigkeit zur Selbsthilfe geschmälert 
Daher kommt es, daß Dichter und hervorragende Persönlichkeiten meist 
vom Lande stammten! So sei auch der die Phantasie beeinträchtigende Einfluß 
der modernen Spiel waren zu erklären, die der Vorstellungskraft des Kindes 
keinen Raum mehr gäben. Auch zeigen die Versuche vom soziologischen 
Standpunkt aus, wie groß der Einfluß des heutigen, so viele Eindrücke bie¬ 
tenden Lebens auf die individuelle geistige Entwicklung der Völker sein 
muß. Es ist freilich zu berücksichtigen, daß wohl ein Teil der Reize sich 
gegenseitig aufheben, neutralisieren wird. 

Kanda (127) gibt einen kurzen zusammenfassenden Überblick über 
den Geotropismus bei tierischen Lebewesen vom Einzelligen bis hinauf zum 
Menschen. Er zeigt die Analogie des statischen Organs bei den verschiedenen 


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Psychologie. 


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Tierklassen und führt seine Bedeutung auf hauptsächlich physiologische 
Einflüsse zurück, denen gegenüber die Bewußtseinsvorgänge stark zurück¬ 
treten. 

Martin, Pani und Welles (159) haben Versuche über die Schwan¬ 
kungen des Schwellenreizes für die Erzeugung des Blinzelreflexes angestellt, 
erstens durch direkte faradische Beizung des unteren Augenlides, zweitens 
durch sensorische Reize. Zwei "Werte wurden gemessen, der Reiz, der not¬ 
wendig war, um die erste Zuckung des Lides hervorzurufen, und der Reiz, 
der Lidschluß bewirkte. Es ergab sich, daß die beiden Reizkurven ziemlich 
parallel verlaufen. Die Verfasser schließen aus ihren Versuchen, daß die 
Aufmerksamkeit eine Funktion der höheren Hirnzentren sei, der Schwellen¬ 
wert sensorischer Reize sei ein Maßstab für den „Nervenzustand“ (nervous 
state). 

Downey und Anderson (49) legten sich die Fragen vor, unter welchen 
Umständen automatisches Schreiben zustande kommt, und welche Verände¬ 
rungen die Schrift aufweist, wenn sie automatisch wird. Die Antwort wurde 
auf experimentellem Wege gesucht: 1. Die Vp. schrieb nach Diktat und 
beantwortete schriftlich Fragen, während sie für sich las. 2. Vp. mußte 
einen auswendig gelernten Vers niederschreiben während des Lesens. 3. Vp. 
schrieb den Vers nieder und addierte gleichzeitig fortlaufend Zahlenreihen. 
4. Der Vers wurde während lauten Lesens niedergeschrieben. 5. Es wurde 
während lauten und leisen Lesens nach Diktat geschrieben. Die Vp. mußten 
ihre Erlebnisse während des Versuches introspektiv schildern. Aus den 
Ergebnissen hebe ich hervor, daß durch die Zerstreuung die Leistungen in 
sehr verschiedenem Maße herabgesetzt wurden, mitunter erreichten sie fast 
die Norm. Die Zahl der Fehler und ihre Art änderten sich je nach der 
Form der Zerstreuung, so schienen sich Wiederholungen im Schreiben be¬ 
sonders während des lauten Lesens zu häufen. Die grundlegende Frage 
nach der Gleichzeitigkeit der beiden Leistungen läßt sich anscheinend dahin 
beantworten, daß trotz größter Übung eine völlige Mechanisierung des 
Schreibens nicht erreicht wird. Introspektiv entsteht der Eindruck der 
Gleichzeitigkeit, aber es ist nicht zu entscheiden, ob die Vp. nicht einer 
Täuschung unterliegt. 

Pick (190) wendet sich gegen die Behauptung Heverochs, der Be¬ 
ziehungswahn entstamme weder dem Verstände noch dem Gefühle. Er geht 
davon aus, daß der Kranke überall in der Umwelt „Zeichen“ sieht oder 
eine „Bedeutung“ merkt, die alsbald eine Beziehung zu ihm erlangen. 
Was versteht man unter Zeichen? Sie sind entweder schon vorhanden, 
real, oder vom Zeichengeber geschaffen, final. Der Kranke sucht nun in 
allem finale Zeichen, und dieses Suchen entspringt seiner veränderten 
Geistesverfassung. Die Zeichen können aber auch einen Wunsch, einen 
Befehl ausdrücken: sie werden zu emotiven oder interesseheischenden Zeichen. 
Der Affekt ist es, der beim Kranken die Aufnahme der Zeichen als emotiv 
bedingt. Der Stimmungsgehalt des Perzipierenden wird aber auch ma߬ 
gebend für den Inhalt des Wahrgenommenen. So müssen wir sagen, daß 
im allgemeinen wohl der Affekt die Disposition zur Eigenbeziehung schafft, 
aber auch die Wahrnehmung kann verändert sein. Dahin gehört das, was 
Wernicke unter Transit!visraus versteht, daß nämlich Geisteskranke sich 
selbst für gesund, die anderen für geisteskrank halten. 

Kohnstamm (139) will einen biologischen Begriff der Willensfreiheit 
schaffen, um auf diesem die ärztliche uud erziehliche Willlensbeeinflussung 
aufzubauen. Er geht von der Antinomie Naturnotwendigkeit, Freiheit und 
Zwecktätigkeit aus, die er auch als Kausalität und Finalität einander gegen- 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


überstellt, und sieht in diesen beiden nur eine Form der Antinomie. In 
der Willensbandlang setzt der Mensch sich über die Kausalität hinweg, er 
fühlt sich als Subjekt der lebendigen Finalität. K. geht nach weiteren 
philosophischen Erörterungen auf eine Anwendung der Finalitätslehre für 
das Wesen von Gesundheit und Krankheit ein, schildert die Gemeinschaft 
als wichtigste Voraussetzung der Verantwortlichkeit, in der er die Bedingung 
sieht, die dem einzelnen auferlegt wird, wenn Gemeinschaftsleben möglich 
sein soll. Zum Schluß kommt K. auf seine Wortidee des Außerzweck¬ 
haften zurück, deren Außerzeitlichkeit ihre Göttlichkeit so fest begründet 
wie das Leben selbst. Damit glaubt K. den biologischen Idealismus — 
gleichbedeutend mit deutschem Idealismus — auf eine gesicherte Grundlage 
gestellt zu haben. 

Auf den Aufsatz v. Bechterew’s (12) einzugehen, scheint wenig 
lohnend. Er enthält eine breite Schilderung seines Gutachtens in der be¬ 
rüchtigten Ritualmordaffäre Jutschinsky, die sich in Kiew 1913 abspielte 
und ganz Rußland in Aufregung versetzte, v. B. konnte gegenüber recht 
mittelalterlich anmutenden, hauptsächlich von Geistlichen gelieferten Gut¬ 
achten seine Meinung durchsetzen, daß kein Ritualmord vorlag. 


Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and Diagnostik 
der Geisteskrankheiten. 

Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 

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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and 


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•682 


Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


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147. Derselbe, Bemerkungen zu der Differentialdiagnoee der psychogenen Reaktionen mit 
besonderer Berücksichtigung der im Kriege beobachteten psychischen Störungen, 
ebd. 56. (1.) 244. 

148. Derselbe, Beitrag zur Kenntnis des Einflusses kriegerischer Ereignisse auf die Ent¬ 
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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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684 


Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


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227. Tischbein, Peter, Über die Bedeutung der Degenerationszeichen, besonders der 
Ohrmißbildungen bei Geisteskranken. Diss. Kiel. 

228. Tode, Günther, Über die im Gefolge der perniziösen Anämie auftretenden psychischen 
Störungen. Diss. Kiel. 

229. Travaglino, P. H. M., Bijdrage tot de kennis der amnesie. Nederl. Tijdschr. v. 
Geneesk. No. 20. p. 1669. 

230. Vedder und Hough, Prevalence of Syphilis Among the Inmates of the Government 
Hospital for the Insane. The J. of the Am. M. Ass. 64. (12.) 972. 

231. Wallenberg, Adolf, Ludwig Edinger zum 60. Geburtstage. Arch. f. Psych. 55. 997. 

232. Derselbe, Goldstein, Kappers, An Herrn Professor Edinger in Frankfurt a. M. zum 
13. April 1915. D. Zschr. f. Nervenhlk. 53. (6.) 423. 

233. Warburg, Betty, Über dio im Jahre 1909 in der Kieler psychiatrischen und Nerven- 
klinik beobachteten Fälle von Genera tionspsychosen. Diss. Kiel. 

234. Weber, L. W., Die Fähigkeit der freien Selbstbestimmung bei der Wahl des Aufenthalts¬ 
ortes. Allg. Zschr. f. Psych. 71. 252. (s. Kapitel: Gerichtl. Psychiatrie.) 

235. Weber, Richard, Ueber die Bedeutung der psychischen Hemmungen für die Beurteilung 
durch Schul- und Gerichteärzte. Zschr. f. M. Beamte. No 5. p. 129. (s. Kapitel: 
Geriohtl. Psychiatrie.) 

236. Wender, L., Applicability of Binet-Simon Intelligence Tests in Psychoses of Senium. 
New York M. J. 101. (10.) 

237. Weston, P. G., und Darling, J., Value of Routine Laboratory Work in Psychiatry. 
Am. J. of Insan. 72. (2.) 

238. Dieselben and Newcomb, P. B., Colloidal Gold and Other Tests Applied to Spinal 
Fluid in Psychiatry. ebd. No. 4. 

239. Westpha 1, A., und Hübner, A H., Über nervöse und psychische Erkrankungen im 
Kriege. M. Klin. No. 14—15. p. 381, 413. 

240. Weyert, Militär-Psychiatrische Beobachtungen und Erfahrungen. Samml. zwangl. 
Abh. aus d. Geb. d. Nerven- u. Geisteskrankh. Bd. XI. H. 2/4. Halle. Carl 
Marhold. 

241. Weygandt, W., Psychosen bei Soldaten. Münch, med. Woch. p. 159. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

242. Derselbe, Kriegseinflüsse und Psychiatrie. Jk. f. ärztl. Fortbldg. Mai. p. 15. 

243. Dersolbe, Kriegspsychiatrische Begutachtungen. Münch, med. Woch. No. 37. p. 1257. 
F. B. 

244. Dorselbe, Kriegspsychiatrische Begutachtungen. Psych. neur. Wschr. 17. (37/38.) 

215. 

245. Wickel, Über Geisteskrankheiten im Kriege. D. Irrenpfl. 1914. No. 9. 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 685 

246. Wiersma, E. D., Geistesabweichungen im Lichte der Psychoanalyse. Groningen. 
J. B. Wolters. 

247. Williams, B. F., Observations in Psychiatry. Illinois Med. J. Oct. 

248. Wittermann, Emst, Kriegspsychiatrisohe Erfahrungen aus der Front. Münch, 
med. Wcch. No 34. S. 1164. F. B. 

249. Ziehen, Theodor, Die Geisteskrankheiten des Kindesalters. Einschließlich des Schwach¬ 
sinnes und der psychopathischen Konstitutionen. 1. Hälfte. Berlin. Reuther u. 
Roiohard. 

Unter den Arbeiten dieses Kapitels haben die kriegspsychiatrischen in 
wissenschaftlicher Hinsicht kein sehr großes Interesse. Alle Autoren sind 
darin einig, daß es eine sog. Kriegspsychose nicht gibt. Den größten 
Prozentsatz der Befallenen machen die von Hause aus psychopathischen 
Naturen aus. Die Geisteskranken in den Irrenanstalten, selbst wenn die 
Anstalt im Feuer gestanden und die Insassen schnell evakuiert werden 
mußten, standen den Kriegsereignissen ziemlich teilnahmslos gegenüber. 

Unter den übrigen Arbeiten sind nur einzelne, die besonderes Interesse 
beanspruchen und von größerem Werte sind. Zu diesen rechne ich die¬ 
jenigen, welche das Seelenleben einzelner Kranken zu analysieren versuchen 
(Schneider, Pick, Gruhle), ferner ist die Arbeit Birnbaums erwähnens¬ 
wert, der einen höchst anregenden Aufsatz über den überwertigen Symptomen- 
komplex und über dessen Verhältnis zur Wahnidee geschrieben hat. Er¬ 
wähne ich noch die Arbeiten von McDonald über das Vokabolarium von 
Gesunden und Geisteskranken,' resp. Gehirnbeschädigten, die Arbeiten 
Schröders und Fischers über Kommotionspsychosen und diejenige von 
Krüger über die Kraepelinsche Paraphrenie, so ist das Wenige, was 
dieses Jahr auf diesem Gebiete geleistet worden ist, hervorg£hoben. 


Allgemeines. 

In dem Meinungsstreit, ob die Neurologie als selbständiges Fach von der 
Psychiatrie zu trennen sei, wofür Erb, Oppenheim, Rothmann u. a. ein¬ 
getreten sind, ergreift nun auch Bonhoeffer (25) das Wort. In seinen 
Ausführungen beschränkt sich der Autor auf die Frage der Vertretung der 
Neurologie an den Hochschulen. Die Schwierigkeit besteht zunächst in der 
scharfen - Abgrenzung beider Gebiete. Eine solche ist nicht möglich. Der 
Student soll vor allem für die allgemeine Praxis vorgebildet werden. Das 
diesbezügliche Material, welches dem Arzte in den Sprechstunden zufließt, 
besteht in der Mehrzahl nicht aus rein neurologischen Fällen, d. h. orga¬ 
nischen Fällen, sondern aus funktionell neurotischen Zuständen und Psycho¬ 
pathien. Der überwiegende Teil dessen, was dem Neurologen in seiner 
praktischen Tätigkeit zufällt, sind Fälle, die das psychische Gebiet zum 
mindesten stark berühren oder ihm ganz angehören. Es sei ein Irrtum, zu 
glauben, daß die Aufgabe der Psychiatrie sich mit der Erforschung, Be¬ 
handlung und der forensischen Beurteilung der Geisteskrankheiten, die sich 

in den geschlossenen Anstalten finden, erschöpfe. Neurologie und Psych¬ 
iatrie sind nur in gewissen Endgliedern, z. B. Erkrankungen der peripheren 
Nerven oder des Rückenmarks auf der einen, Querulantenwahu auf der 

anderen Seite gut zu trennen, in der Mitte der langen Kette überdeckt das 

eine Gebiet das andere aber in weitgehendem Maße. Die Forderung, wegen 
der Verschiedenheit dieser Endglieder eine Scheidung im Unterricht für die 
Studierenden durch Schaffung besonderer Lehrstühle für die peripheren und 
spinalen Erkrankungen eintreten zu lassen, scheint dem Autor nicht berech¬ 
tigt Gegen die Erteilung von eigentlichen Lehraufträgen an in dem Fach 
besonders tätigen Dozenten sei nichts einzuwenden. Das Gegebene wird 


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686 


Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


aber immer sein, daß sie im Rahmen der psychiatrischen and Nervenklinik, 
die das Material innerhalb ihres Lehrgebietes braucht, eingerichtet werden. 
Hier soll der Studierende ror allem, weil besonders wichtig, das Verständnis 
für die Psychopathologie, der Lehre von den gesetzmäßigen Zusammenhängen 
in der Pathologie der psychischen Vorgänge erhalten und damit ein Gegen¬ 
gewicht gegenüber den Disziplinen des objektiven Befundes. Die psychia¬ 
trische Klinik soll demnach für den Studierenden nicht nur der Ort sein, 
wo er einen Einblick in das aus dem sozialen Körper zur Ausscheidung 
gelangte Anstaltsmaterial bekommt, sondern sie soll ihm auch das Auge 
schärfen für die mannigfache Durchdringung der dem allgemeinen Arzte 
und dem Nervenärzte zufließenden Klientel mit psychopathologischen Faktoren. 
Ohne einen Überblick über die Pathologie des gesamten Zentralnervensystems 
kann das nicht vermittelt werden. Die wissenschaftliche Auflösung einer 
Disziplin in einzelne Spezialgebiete ist als ein natürlicher und notwendiger 
Vorgang der Forschertätigkeit zu betrachten. Es ist begreiflich und be¬ 
rechtigt, daß jeder Dozent innerhalb seines Spezialgebietes auch lehrtätig 
sein will. Diese Lehrtätigkeit in den Spezialgebieten hat sich aber nicht 
auf die Gesamtheit der klinischen Studenten, sondern auf einzelne besonders 
Interessierte und auf die im Spezialfach sich Weiterbildenden zu erstrecken. 
B. kann demnach auch für die Fortentwicklung der neurologischen und der 
psychiatrischen Wissenschaft keinerlei Nachteile, sondern nur Vorzüge in der 
Vereinigung von Psychiatrie und Neurologie in der Klinik erblicken. 

Jacoby (98) spricht sich entschieden gegen eine Trennung von Neuro¬ 
logie und Psychiatrie aus. Man sollte eigentlich nicht die Ausdrücke 
Psychologie und Psychiatrie gebrauchen, sondern vielmehr von Nerven- und 
Gehirnphysiologie und -pathologie sprechen. Es sei ganz unmöglich, eine 
Grenze z. B. zwischen Neurosen und Psychoneurosen zu ziehen. Beide 
Gebiete — Neurologie und Psychiatrie — sind so miteinander verschmolzen, 
daß eine Trennung unmöglich ist. Als exakte Forschungsmethoden in diesem 
gemeinsamen Gebiete betrachtet der Autor die klinische Beobachtung, ferner 
die anatomisch-mikroskopische Methode, die Methoden der Blut- und Serum¬ 
untersuchungen usw., während er die Freudsche Methode als eine ganz 
unexakte verwirft. 

Gau pp (73) gibt eine historisch-sachliche Darstellung der Bestrebungen, 
die Geistestörungen zu klassifizieren, wobei er nach eigener Erfahrung kritisch 
zu Werke geht. Er schließt folgendermaßen: „ln Weruickes Schule wurde 
ich einst gelehrt, mit einer anatomisch-physiologisch orientierten Psychologie 
den geisteskranken Menschen zu studieren und meine Befunde in ein kunst¬ 
reiches Schema einzutragen. Ein plastisch erfaßtes Augenblicksbild war der 
Gewinn, aber was vorher war und nachher kam, blieb im dunkeln. Von 
der Psychologie des geistvollen Gehirnpathologen unbefriedigt, suchte ich 
eine festere Basis in der ätiologischen Betrachtungsweise eines Magnan 
und Möbius. Aber da verschwammen mir die Grenzen zu bald unter der 
Hand. Die sorgfältige klinische und auf exakter Psychologie fundierte 
Sammelarbeit Kraepelins mit ihrem Prinzip, die Krankheitsgeschichte eines 
Menschen von Anfang bis zu Ende im Auge zu behalten, schien mir eine 
verläßlichere Grundlage für die erst in der Zukunft zu lösende Aufgabe, ein 
natürliches System der Psychosen zu schaffen. Der Weg, den Kraepelin 
einschlug, erscheint mir auch heute noch im Prinzip richtig, wenn auch das 
Ziel noch in weiter Ferne sein mag. Dieses Ziel wird rascher erreicht 
werden, wenn sich der Sammlung und Gruppierung der empirischen Tat¬ 
sachen und ihrer zeitlichen Folgen die feinere Analyse ihrer Zusammen¬ 
hänge hinzugesellt.“ 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


68? 


Stnchlik (222) erörtert, daß die heutige Auffassung der Psychosen,, 
wie sie in den Lehrbüchern der Psychiatrie üblich ist, eine sehr oberfläch¬ 
liche Konvention ist. Denn für Psychosen wurden solche Erkrankungen 
gehalten, bei welchen die psychischen Anomalien überwiegen. Ob diese 
Anomalien dabei eine Folge der Veränderungen im Gehirn, oder ob sie 
bloß funktionell (ein Begriff älterer Psychiatrie, der die Unkenntnis der 
wahren Grundlage maskieren sollte) waren, blieb vollkommen gleich. Von 
der klaren Tatsache ausgehend, daß neben den organischen, d. h. den Körper 
betreffenden Erscheinungen, auch ganz anders geartete psychische Eigen¬ 
schaften bestehen, daß also, wie die ersteren, so auch die letzteren eine 
Gestalt annebmen können, die wir nicht mehr als normal zu bezeichnen im¬ 
stande sind, müssen wir den Begriff Psychose ganz anders fassen, d. h. die 
Psychosen in wirklichem Gegensatz zu den Körpererkrankungen setzen. So¬ 
gewinnen wir eine andere Definition der Psychose. Die Psychose wird uns 
dann eine Erkrankung der Seele (diese letztere mag man sich dabei vor¬ 
stellen wie man will, oder braucht sich überhaupt nicht vorstellen, denn an 
der Tatsache, daß psychische Erscheinungen existieren, und daß es infolge¬ 
dessen auch einen Komplex dieser Erscheinungen gibt, ändert jedwelche 
Auffassung nichts) darstellen, eine Störung im Mechanismus psychischer 
Elemente und ihrer gegenseitigen Beziehungen. — Im Gegensatz zu den 
somatischen Erkrankungen, die eine pathologische durch Sektion nachweis¬ 
bare Veränderung des Körpers, d. i. seiner Organe darstellen, ist die Psy¬ 
chose eine Äußerung des gestörten Gleichgewichts psychischer Elemente,, 
möge sie sich schon nur psychisch, oder auch dabei somatisch, oder vielleicht 
nur somatisch äußern. Also nach dieser Auffassung wird die Mehrheit der 
Psychosen heutiger psychiatrischer Lehrbücher keine Psychose sein, denn 
es sind reine somatische Erkrankungen mit vielleicht überwiegenden psychi¬ 
schen Merkmalen; an der anderen Seite haben wir aber bis heute fast keine 
Psychosen in meinem Sinne; nur zwei, abgesehen noch von der großen, bis 
jetzt undifferenzierten Gruppe der „Neurosen“, nämlich die Schizophrenie 
von Bleuler und die Ichtumsstörungen von Heveroch. Über die Rolle 
der Psychoanalyse sowie eine gründlichere Darstellung der hier skizzierten 
Ideen wird eine besondere, auch deutsch zu publizierende Arbeit Vorbehalten- 

( Stuchlik.) 

Hezel (86) bespricht in ausführlicher Weise all die Beziehungen, 
welche die Tuberkulose zum Nervensystem hat. In einzelnen Abschnitten 
werden Tuberkulose und Psychosen, Tuberkulose und Psychoneurosen bzw. 
Neurosen, Pathologische Anatomie und Pathogenese der tuberkulösen psychi¬ 
schen und psychoneurotischen Störungen, forensische Bedeutung der durch 
die Tuberkulose bedingten psychischen Veränderungen, Einfluß des Nerven¬ 
systems auf Entstehung und Verlauf der Tuberkulose, Behandlung der psychi¬ 
schen und psychoneurotischen Störungen der Tuberkulösen, Tuberkulose und 
periphere Nerven und im Anhang Morbus Addisonii und Basedowsymptome 
bei Tuberkulösen abgehandelt. 

Hitschmann’s (93) Artikel ist eine Entgegnung auf einen gleich¬ 
lautenden Aufsatz von Pilcz in den Jahrb. f. Psych. Bd. XXXIV 3. H. 
und enthält eine Besprechung der sexuellen (resp. homosexuellen) Betätigung 
und der Sublimierung sexueller Handlungen im Klosterleben von seiten der 
Geistlichen und Nonnen. 

Die Abhandlang von Hoch (94) befaßt sich mit dem Studium der 
psychischen Erscheinungen beim manisch-depressiven Irresein, für welche 
der Verf. auf der Grundlage der Freudschen Lehre ein besseres Verständ¬ 
nis zu gewinnen sucht. 


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688 


Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


Jelliffe’s (101) Studie ist ein Auszug aus Friedreichs Werk über 
die Geschichte der Psychiatrie. Er bringt Auszüge aus den Schriften von 
Celius Aurelianus, Galen, Marcellus und Oribasius. 

Mc Carthy (140) gibt eine kurze Darstellung der Psychosen und Neu¬ 
rosen der Puerperiums und der Laktationsperiode, bespricht die Ätiologie, 
Heredität, moralischen Einflüsse, die Symptomatologie, die verschiedenen 
Formen der geistigen Störungen, die Prognose und Therapie. 

Wohin man in dem weiten Gebiet nervöser und psychischer Störungen 
blickt, überall ist, wie Meyer (145) resümiert, die größte Vorsicht bei Ein¬ 
gehen der Heirat wie bei Beförderung der Konzeption in der Ehe geboten, 
sowohl im Interesse des kranken Individuums selbst wie in dem der Nach¬ 
kommenschaft. 

Rosanoff (180) berechnet die Atrophie des Gehirns nach der Größe 
des Zwischenraumes, welcher zwischen Schädel und Gehirnoberfläche besteht. 
Die Berechnung geschieht nach der Formel 
8 8 


Schädelkapazität 


-V- 


Gehirngewicht 

LÖ37 


wobei die Zahl 1,037 für das spezifische Hirngewicht angenommen wird. 
Er hat diesen Index, d. h. den Grad der Gehirnatrophie in 452 Fällen von 
Geistesstörungen,* die zur Autopsie kamen, bestimmt und kam zu folgendem 
Resultat: Die Hirnatrophie nimmt mit dem Alter zu; ebenso ist sie bei 
Erschöpfungszuständen etwas größer. Bei Geisteskrankheiten verhält sich 
die Atrophie je nach der Art der Geistesstörung verschieden. Sie ist am 
größten bei der Arteriosklerose des Gehirns, sie ist bei der progressiven 
Paralyse und bei der Dementia senilis größer als bei der Dementia praecox. 
Herabsetzung der geistigen Fähigkeiten im Verlaufe einer Geisteskrankheit 
drückt sich stets in entsprechendem Grade durch Hirnatrophie aus. Auch 
zwischen der Dauer der das Gehirn in Mitleidenschaft ziehenden Psychose 
und der Atrophie besteht eine nahe Beziehung. Der Hirnprozeß bei der 
Dementia praecox führt zur Hirnatrophie. 

Das Buch von Ziehen (249) über die Geisteskrankheiten des Kindes¬ 
alters ist eine erweiterte Auflage seiner Abhandlungen über den gleichen 
Gegenstand, die er schon vor einem Jahrzehnt herausgegeben hat. Die 
vorliegende erste Hälfte umfaßt die Defektpsychosen, die in zwei Abschnitten, 
die angebornen und erworbenen, behandelt werden. Während der zweite 
Abschnitt etwas kurz gehalten ist, um Wiederholungen zu vermeiden, ist der 
erste Abschnitt eine ganz ausgezeichnete ungemein klare, gut disponierte 
und erschöpfende Darstellung der angeborenen Imbezillität, wie sie in besserer 
Form gar nicht gedacht werden kann. Der Verfasser hat sich einer mög¬ 
lichst einfachen Beschreibung befleißigt, weil das Buch auch besonders dem 
Pädagogen das Eindringen in das Wesen dieser Krankheitszustände ermög¬ 
lichen soll, da nur ein medizinisch-psychiatrisch vorgebildeter Pädagoge 
diese ihm zur Überwachung und Erziehung anvertrauten Kinder mit wirk¬ 
lichem Verständnis behandeln und, soweit es möglich ist, geistig und ethisch 
fördern kann. Die wenigen, aber ausgewählten Abbildungen geben von einzelnen 
Typen eine gute Anschauung. Das vortreftliche Buch wird wegen seiner 
allseitigen Vorzüge sicher weiteste Verbreitung finden, wozu auch der mäßige 
Preis (6,50 Mark) wesentlich beitragen dürfte. 

Enge (59) bespricht die Beziehungen zwischen körperlichen Erkran¬ 
kungen und Geistesstörungen, und zwar bei den Infektionskrankheiten (Fieber¬ 
delirien, Infektionsdelirien oder Infektionspsychosen, Initialdelirien beim 
Typhus, Pneumonie, Influenza, Erysipel usw., postfebrile oder postinfektiöse 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


689 


Geisteskrankheiten) bei den dyskrasischen Krankheiten (Tuberkulose, Syphilis, 
Karzinose), bei den Nierenkrankheiten, beim Diabetes, Gallenblasenerkran- 
kungen, thyreogenen Erkrankungen, bei Herzleiden, Ohrenleiden, bei Magen¬ 
darmerkrankungen. Den Schluß bilden die Beziehungen der Geisteskrank¬ 
heiten zu den Sexualleiden. 

Inauguraldissertationen haben in vielen Fällen nur den Wert, daß 
durch sie Krankengeschichten veröffentlicht werden, die sonst in den Jour¬ 
nalen verborgen geblieben wären. Diesen Zweck erfüllt auch die Arbeit 
von Warburg (233) über Generationspsychosen. 


Untersachangsmethoilen. 

K&fka (110) berichtet über die großen Meinungsverschiedenheiten, die 
noch über den Wert der Abderhaldenschen Methode für die Psychiatrie 
herrschen. K. selbst ist der Ansicht, daß sich trotz aller Kämpfe die A. R. 
für den Psychiater als sehr bedeutungsvoll erwiesen hat. Er bespricht 
nun das Neue, was in den letzten zwei Jahren nach dieser Richtung hin 
geleistet worden ist; ebenso führt er kurz znsammenfassend die Arbeiten 
an, die in dem angeführten Zeitraum auf dem Gebiete der Wassermann¬ 
reaktion, der Luesreaktionen, der Liquorforschung, der Hautreaktion mit 
Luetin erschienen sind. 


Kafka (111) faßt die Bedeutung des Dialysierverfahrens nach Ab¬ 
derhalden für die Psychiatrie zusammen. Er betont mit Nachdruck, daß 
die Anstellung des Verfahrens heute immer noch einen wissenschaftlichen 
Versuch darstellt, der nach vielen Richtungen hin Unbekanntes bietet Er 
muß daher von in der Beantwortung biologischer Fragestellungen Geübten 
ausgeführt worden. Es war von vornherein nicht anzunehmen, daß in der 
Abderhaldenreaktion jede Psychose ihren bestimmten Typus hätte; ein Fall 
von manisch-depressivem Irresein mit Basedow kann ein ähnliches Bild bieten, 
wie eine Dementia praecox; eine Epilepsie, eine Paralyse kann ebenfalls 
den gleichen Abbau zeigen wie ein schizophrener Prozeß. Ohne genaue 
klinische und anderweitig serologische Untersuchungen läßt sich also nicht 
auskommen. Sind solche aber vorbanden, dann wird die Abderhaldenreak¬ 
tion auch heute schon in der Lage sein, manche Lücke auszufüllen. Vor 
allem wird in vielen Fällen die Diagnose zwischen Dementia praecox und 
unkomplizierten Fällen von manisch-depressivem Irresein oder Psychoneurosen 
gesichert werden können, ferner jene zwischen Epilepsie und Hysterie, 
zwischen Paralyse und Lues cerebri, zwischen organischen Erkrankungen 
des Zentralnervensystems und Neurosen. Ganz besonders werden die Fälle 
glandulärer Imbezillität uud Idiotie besser erkannt werden. 

Mayer (139) veröffentlicht Resultate mit der Abderhaldenschen 
Methode bei verschiedenen Geistesstörungen. Im ganzen wurden 25 Fälle 
untersucht. Es wurde die Vorsicht gebraucht, daß dem Untersucher die 
Diagnose des einzelnen Falles nicht mitgeteilt wurde. Die erhaltenen nega¬ 
tiven Resultate bei Normalpersonen, bei der Hysterie, bei der Myotonie, 
bei dem Delirium, bei der traumatischen Demenz stimmen ganz mit früheren 
Beobachtungen überein. Die verschiedenen Resultate bei den zur Gruppe 
der Dementia praecox gehörigen Kranken fallen auch aus den von früher 
her gewohnten Ergebnissen nicht heraus; auffallend ist das negative Resultat 
bei den beiden Paralysefällen, noch auffallender zwei mit verschiedenen 
Organen erhaltenen positiven Reaktionen bei ein und demselben Fall von 
Depression. 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 . 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


Loeb (132) meint bezüglich der Abderhaldenschen^Reaktion: Was 
uns aber trot^ der aufgezeigten Schwierigkeiten und geringen Übereinstimmung 
Mut machen muß, auf diesem Gebiet weiter zu arbeiten, sind folgende, auch 
beute schon beachtenswerte Ergebnisse: 1. ln der Lumbalflüssigkeit lassen 
sich mit der A. R. keine Abwehrfermente nachweisen. 2. Die funktionellen 
Neurosen und Psychosen weisen zum allermindesten weniger häufig Abwehr- 
fermente auf als organische Erkrankungen. 3. Im Abbau der Geschlechts¬ 
drüsen besteht Geschlechtsspezifität. 

Bundschuh (31) setzt die großen Schwierigkeiten des Abderhalden- 
schen Verfahrens auseinander und die überaus großen Vorsichtsmaßregeln, 
die man dabei befolgen muß, um nicht zu falschen Schlüssen zu kommen. 

Nach Alter (6) besteht kein Zweifel, daß das, was nach Abderhalden 
auch im Bereiche der Psychiatrie Abwehrferment genannt wird, genetisch 
jenen provozierten Abwehrfermenten, die nach parenteraler Zufuhr art¬ 
fremder Stoffe aus unbekannten Werkstätten (Leukozyten, Darmzellen, 
Organzellen) ins Blut geworfen werden, durchaus nicht analog ist. Die 
Substanzen, die aus dem Serum Geisteskranker Hirnrinde abbauen, sind 
vielmehr produzierte Gruppen, nicht Abbauagenten, sondern Abbauprodukte, 
Zellabkömmlinge, die lediglich destruktive Vorgänge An Gehirnzellen oder 
eine Überhastung ihres Stoffwechsels offenbaren: ihre Nachweisbarkeit be¬ 
deutet nichts anderes, als daß die autolytischen Fermente, die einen inte¬ 
grierenden Teil des Zellorganismus bilden, aus ihrem Zellverbande heraus¬ 
treten und im Säftestrom frei wirksam geworden sind: eben infolge eines 
zur Unvollkommenheit überhasteten Stoffwechsels oder durch destruktive 
Prozeße. Unbekannt bleibt dabei allerdings das eigentlich Ursächliche, die 
Wirkung, die jene fermentativen Komplexe aus den Zellen frei werden läßt, 
der Anlaß, der die Zellen zu einem überhasteten Stoffwechsel zwingt oder 
so destruiert, daß jene autolytischen Gruppen austreten können. Es ist 
sehr wahrscheinlich, daß das gleichzeitige Auftreten von Abwehrfermenten 
aus anderen Organen nur ein Syndrom aus gleicher Ursache darstellt, nicht 
daß das eine die Ursache des auderen ist. Die Einflüsse, die hier 
wirksam sind, sind nach der Meinung des Verfassers toxischer infektiöser 
Natur. 

Mitzewski (150) untersuchte 85 Geisteskranke der Anstalt Drewnica 
bei Warschau auf die Abderhalden sehe Reaktion und kommt zu folgen¬ 
den Schlüssen: 1. In der überwiegenden Anzahl der Fälle von Dementia 
praecox besitzt das Serum des Blutes die Eigenschaft der Spaltung des Ei¬ 
weißes der Keimdrüsen, in etwas geringerem Grade der Gl. thyreoidea und 
in späteren Stadien der Erkrankung des Eiweißes der Stirnrinde. 2. Da¬ 
gegen besitzt in den Fällen von manisch-depressivem Irresein — unabhängig 
von der Kraukheitsphase — das Serum des Blutes keineswegs die Eigenschaft 
der Spaltung von Keimdrüsen- und Hirnrindeeiweiß, was von großem differential¬ 
diagnostischem Wert sein kann. 3. In den Fällen der Epilepsie uuterliegt 
der Eiweißumwaudlung in erster Linie die Gl. thyreoidea, dann die Keim¬ 
drüsen, während bei der Dementia praecox der Eiweißspaltung auch die 
Stirnrinde unterliegt. 4. Bei der progressiven Paralyse unterliegt der Spaltung 
das Eiweiß der Hirnrinde, der luetischen Leber und einiger äußerer Organe. 

{Sterling.) 

Potter (172) hat in 126 Fällen zumeist von progressiver Paralyse 
Nachuntersuchungen mit der Langeschen Goldreaktion gemacht. Nach 
den gewonnenen Resultaten ist er der Ansicht, daß diese Methode bei größt¬ 
möglichster Vorsicht bei ihrer Anstellung eine sehr schätzenswerte Ergänzung 
der Wassermann sehen Reaktion usw ist. 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


691 


Torday und Wiener machten die Erfahrung, daß alle Blutsera durch 
Zugabe von Gold-Zyan-Aldehyd-Gemisch starke Niederschläge bilden, welche 
Bich besonders bei luetischen Seris durch Zugabe von konzentrierter Essig¬ 
säure wieder mehr und weniger klären, dagegen das nichtluetische Serum¬ 
gemisch nach Zugabe von Essigsäure zwar ebenfalls etwas heller wird, je- 
dooh in der Regel trüber und niederschlagreicher bleibt als die luetischen 
Proben. Gleich den luetischen Sera verhalten sich auch öfters die von 
Karzinomkranken stammenden, während Sera von tuberkulösen Personen 
in der Regel sich nicht aufklären. Die Nachprüfungen, welche Fabinyi 
und Haj6s (61) anstellten, führten zu folgenden Resultaten: 1. In dem Ver¬ 
halten der nach der Torday-Wi euer sehen Methode untersuchten Blutsera 
sind entschiedene Differenzen vorhanden, deren Ursache bisher nicht bekannt 
ist. 2. Der Liquor cerebrospinalis ergibt keine T.-W. sehe Reaktion. 3. Die 
Resultate der Reaktionen sind nur in 59% mit denen der Wassermann sehen 
Reaktion gleichlautend, daher der Ausweis der Lues nach T.-W. die W.-R. 
nicht ersetzen kann. Im Falle einer Vervollkommnung dieser Reaktion 
wären vielleicht die zweifelhaften Resultate auch noch in positive umzu¬ 
wandeln (wie bei der W.-R. bei der Auswertungsmethode), aber auch in 
diesem Falle wäre die Reaktion zufolge der in einem Dritteile entgegen¬ 
gesetzten Resultate zur Diagnose der Lues kaum verwendbar. Das unbe¬ 
kannte Wesen der Reaktion bildet jedoch eine Indikation zu einer gründ¬ 
lichen chemischen Untersuchung, welche möglicherweise zur Kenntnis einer 
neuen besonderen chemischen Beschaffenheit des Blutserums führen kann. 


Statistik. 


Büdul (30) gibt interessante statistische Aufklärungen über das Kran¬ 
kenmaterial der Dorpater Psychiatrischen Universitätsklinik für den Zeitraum 
18H6—1913. Das Material besteht aus 3180 Krankengeschichten (64% 
männliche, 36 % weibliche). Darunter waren 54 % Esten (ugro-finnisches Volk), 
22,6% Letten (Indogermanen), 10,4% Russen (Slawen), 8,3% Deutsche 
(Germanen), 4,7 % Juden (Semiten). Esten und Letten sind auf dem Lande 
politisch und kulturell fast gleich gestellt; die Russen, Deutschen und Juden 
haben in der Provinz fast keinen Bauernstand. Das Gros unter den estni¬ 
schen und lettischen Patienten bilden die landbearbeitenden Bauern. Am 
meisten Erkrankungsfälle an Melancholie geben die Esten (auch größter 
Prozentsatz an Suizidversuchen bei ihnen, besonders bei den Frauen). Der 
größte Prozentsatz der Erkrankungsfälle an Imbezillität und Idiotie ist bei 
den Esten und Juden zu verzeichnen. Weiter haben die Esten ausgespro¬ 
chene Neigung zu protrahierten Affektschwankungen. Die Juden stehen in 
dieser Beziehung den Esten ziemlich nahe. Bei Letten sind die Wahnvor¬ 
stellung bei der akuten und chronischen Verrücktheit mit Überschätzung, 
bei Esten mit Unterschätzung der Persönlichkeit verknüpft. Die Letten 
sind mehr aktiv, die Esten mehr passiv; die religiösen Wahnvorstellungen 
spielen bei den Esten eine viel größere Rolle als bei den Letten. Organische 
Nervenkrankheiten kommen bei den Letten häufiger vor als bei Elsten. Am 
meisten Erkrankungsfälle von Alkoholismus geben die Russen, dann folgen 
die Esten, am wenigsten daran erkranken die Juden. Syphilitische Erkran¬ 
kungen des Nervensystems sind unter den Esten, Letten und Juden weniger 
verbreitet als unter den Russen. An Dementia praecox, manisch-depressivem 
Irresein, Hysterie erkranken besonders häufig die Juden. 

Rosanoff (182) sucht nachzuweisen, daß man zu falschen Schlüssen 
kommt, wenn man eine Vermehrung der Geisteskrankheiten aus dem Um- 

44* 


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692 


Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


stände folgert, daß der Prozentsatz von Geisteskranken, die sich gegen¬ 
wärtig in den Anstalten befinden, ein höherer ist, als vordem. Er weist 
nach, daß die Fürsorge für die Geisteskranken in den verschiedenen Staaten 
Amerikas recht verschieden ist, so daß evtl., wenn in einem Staate pro¬ 
phylaktisch viele Kranke in Anstalten aufgenommen sind, der Prozentsatz 
dieser Kranken zur Gesamtbevölkerung des betreffenden Staates doch geringer 
sein kann, als der Prozentsatz in einem anderen, in welchem weniger Insassen 
in den Irrenanstalten sich befinden. 

Rosanoff (181) stellt fest, daß die in den Vereinigten Staaten Ge¬ 
hörnen weniger an Geisteskrankheiten leiden, als die Eingewanderten. Es 
hat das verschiedene Ursachen. Die Eingewanderten haben um ihre Lebens¬ 
existenz stärker zu kämpfen als die Eingebomen, auch bevölkern die Ein¬ 
gewanderten in höherem Maße die Städte und weniger das Land. Man findet 
ein ähnliches Verhältnis auch unter den Eingebornen, wenn sie z. B. vom 
Osten nach dem Westen ausgewaudert sind. Im ganzen ist aber der Unter¬ 
schied zwischen den beiden Menschenkategorien ein verhältnismäßig geringer, 
so daß eine Gefahr nach dieser Richtung von der Einwanderung nicht zu 
befürchten ist. 

Die Untersuchungen über den Wandertrieb, die von Davenport (45) 
angestellt wurden, ergaben, daß sich unter seinem Material 171 männliche 
und 15 weibliche Personen befanden, die zum Nomadenleben tendiert hatten. 
Bei bestehender Heredität gehe diese Wesenseigenschaft vorwiegend auf die 
männliche Nachkommenschaft über. 

Davenport (44) machte ausgedehnte Studien über Charaktereigentüm- 
lichkeiten von Gliedern solcher Familien, aus denen junge Mädchen mit 
launenhafter Charakteraulage stammten, und die sich deswegen in staatlichen 
Erziehungsanstalten befanden. Die Nachforschungen erstreckten sich auf 
165 Familien. Die Untersuchung ergab, daß sich in der Hälfte der Fälle bei 
der Familienforschung nachweisen ließ, daß eine derartige Charaktereigen¬ 
tümlichkeit bei mehreren Familienmitgliedern bestand. Diese Eigentümlichkeit 
zeigte sich bei den Mädchen in regulären oder periodisch auftretenden Aus¬ 
brüchen, oder sie war verknüpft mit Epilepsie, Hysterie oder Manie. Der 
Autor neigt der Ansicht zu, daß diese krankhaften Temperamentausbrüche 
nicht dio Folge der Epilepsie, Hysterie und Mauie sind, sondern daß sie Äqui¬ 
valente dieser Affektionen darstellen, die aus der hereditären Grundlage 
entstanden sind. 

Burr’s (32) Aufsatz beschäftigt sich mit der prozentualen Zunahme 
der Geisteskranken und mit den allgemein zu treffenden Maßnahmen, die 
dagegen getroffen werden müssen. 

Barr (12) führt seinen Landsleuten die enorme Zahl der Geisteskranken 
und geistig Defekten vor Augen und die Unsummen, welche deren Unterhaltung 
dem Staate kostet. Von Jahr zu Jahr wird die Zahl größer. Er empfiehlt 
dringend die Separation, Sequestration und Asexualisation der Degenerierten. 

Vedder und Hougll (230) fanden an einem Material von 1283 Geistes¬ 
kranken auf Grund der Syphilisreaktionen, die sie vorgenommen hatten, daß 
die Syphilis unter den Frauen (weißer Rasse) verhältnismäßig selten war, daß 
sich unter den Männern 20% ergaben uud daß 10% der Geisteskrankheiten 
direkt ihre Ursache in der Syphilis hattten. 

Ursachen. 

Horavczik (155) bespricht seine 20 jährigen Erfahrungen, welche er 
als Gerichtspsychiater und Leiter der justiziellen Landes-Beobachtungs- 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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abteilang sammelte. Nach einem literarischen Rückblick betont er, daß die Ge¬ 
fangenschaft viele solche psychische and physische Momente hervorbringt, welche 
geeignet sind, die Funktion des Nervensystems in ihrem Gleichgewichte za 
stören. Verändertes Milieu, Ernährungsverhältnisse, strenge Disziplin, ver¬ 
hinderte Wünsche, Bestrebungen and Pläne, moralische Rückwirkung der 
Straffolgen, Bewußtsein des Freiheitsverlustes, gebrochene Hoffnungen und 
Besorgnisse können die allgemeine Ernährung, den Schlaf, das vasomotorische 
Gleichgewicht stören, Blutarmut, mangelnde Ernährung des Gehirns, funk¬ 
tionelle Störungen verursachen, namentlich bei bestehender Disposition, bei 
degenerierten Personen. Wenn wir aber den Einfluß der Strafhaft auf 
den psychischen Zustand werten, dürfen wir nicht vergessen, daß das Zu¬ 
sammenwirken vieler schädlicher Momente seine kumulierte Wirkung be¬ 
tätigt. Solche können sein: Lues, Alkohol, Trauma, Epilepsie, Hysterie uud 
Folgen eines unruhigen stürmischen Lebens. Bei den während der Detention 
geistig Erkrankten fand Moravcsik in 42,8 % erbliche Belastung, bei 48,5% 
Schädeltrauma, bei 22,8 % Syphilis, bei 35,7 % Alkoholmißbrauch, bei 15,5% 
war geistige Schwäche mit Verminderung der moralischen Empfindung nach¬ 
weisbar, körperliche und geistige Degenerationszeichen bei 62,8%. Von den 
Fällen bezogen sich 85,7% auf Männer, 14,3% auf Weiber. Die über¬ 
wiegende Zahl, 72,7 % stand zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Ebenso 
stand die Mehrzahl wegen Verbrechen wider das Leben und wegen Körper¬ 
verletzung (Mord, Totschlag, gefährliche Körperverletzung, 45,7 %) oder wegen 
Diebstahls und Unterschlagung (30%) unter Untersuchung oder in Urteils¬ 
vollstreckung. Rückfällig wareu 50%. 

Bei 42,87 % der Gefangenschaftspsychosen handelte es sich um eine 
Verschlimmerung einer bereits bestehenden Psychose (Dementia praecox, 
Dementia paralytica) und bei 16,99% entwickelten sich die psychotischen 
Erscheinungen auf dem Boden der Hysterie oder Epilepsie. Nur bei einer 
geringen Anzahl der Fälle war die ausschließlich während der Strafhaft ent¬ 
standene psychische Erkrankung nachweisbar, und zwar in manisch-depressiver, 
halluzinatorischer und paranoischer Form; die zwei ersteren zumeist im Be¬ 
ginne der Strafhaft mit ziemlich günstigem Verlaufe, hingegen die letztere 
erst in einem späteren Stadium (z. B. bei einem wegen Mord zu lebens¬ 
länglichem Zuchthaus verurteilten Mann erst im 8. Jahre der Haft). Nament¬ 
lich erhalten durch die Gefangenschaft eine spezielle Färbung die paranoischen 
Erkrankungen, wobei die Kranken über ungerechte Strafe klagen, und zwar 
entweder in dem Sinne, daß sie sich als freigesprochen betrachten, oder 
daß sie meinen, ihre Strafzeit wäre bereits abgelaufen, oder schließlich klagen 
sie darüber, daß sie die Strafe eines anderen abbüßen müssen. In Be¬ 
gleitung von Verfolgungs- und Vergiftungswahn und derartigen Sinnes¬ 
täuschungen tritt ein hartnäckiger quärulanter Zug in den Vordergrund, 
aber auch Größen- und religiöser Wahn können Vorkommen. So behauptete 
ein Mann, die Wachen ermordeten allnächtlich einen Mann in der Neben¬ 
zelle, er höre dessen Wehgeschrei, sein Todesröcheln, ebenso auch die 
Stimmen der Wachen, daß sie nun auch bald mit ihm ein Ende machen 
wollten; man habe auch eine Hexe auf ihn gehetzt, welche ihm unflätige 
Worte zurufe. Zumeist zeigen sich die Sinnestäuschungen auf akustischem 
Gebiet, diejenigen der anderen Sinnesorgane kommen seltener vor. Kon¬ 
fabulation und bei Hysterischen auch das Gans ersehe Symptom pflegen 
vorzukommen. 

Verf. erblickt in der Strafhaft bloß eine Gelegenheitsursache, die die 
Psychose auf Grund einer angeborenen oder erworbenen Disposition zum 
Ausbruch bringt. ( Hudovemig.) 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


Von Jolly (106) wird einmal der Einfluß der Menses auf Entstehung und 
Verlauf der Psychosen und andererseits der Einfluß der Psychosen auf die 
Menstruation untersucht. Es ergibt sich daraus, daß es eine eigene Men- 
strationspsychose als klinische Einheit ebensowenig wie eine eigene Graviditäts-, 
Puerperal- oder Laktationspsychose gibt. Dagegen gibt es Fälle, die eigen¬ 
artige Beziehungen zur Menstruation darbieten, indem sie in ursächlichem 
Zusammenhang mit der Menstruation, und zwar meist prämenstruell auf- 
treten. Manchmal handelt es sich nur um einen Anfall einer geistigen Störung, 
manchmal um mehrere; der Zusammenhang mit den Menses ist in der Regel 
wechselnd, in der großen Mehrzahl der Fälle verliert sich derselbe später. 
In seltenen Fällen finden sich derartige Psychosen schon vor der ersten 
Menstruation. Sie scheinen an vierwöchentliche Termine gebunden zu sein 
und endigen meist mit Eintritt der ersten Menses. Die mit Eintritt der 
ersten Menses beginnenden Psychosen bieten den auch sonst in der Pubertäts¬ 
zeit vorkommenden Geistesstörungen gegenübar nichts Besonderes. Auch 
nach Eintritt des Klimakteriums sind einige wenige, den Menstruationspsychosen 
an die Seite gestellte Fälle beschrieben worden, doch kann ihre Analogie 
zu diesen nicht anerkannt werden. Es handelt sich bei den Menstruations¬ 
psychosen um die auch sonst vorkommenden geistigen Störungen, und zwar 
häufig um Manien, um in einzelnen Anfällen verlaufende hebephrenische und 
katatonische Psychosen, um Fälle von Amentia, von Hysterie, seltener um 
melancholische Geistestörungen; auch die Dipsomanie kann deutliche Be¬ 
ziehungen zu der Menses zeigen. Die Häufigkeit der Menstruationspsychosen 
wird oft übertrieben. Bei genauerem Zusehen ist in vielen der mitgeteilten 
Fälle der Zusammenhang mit der Menstruation ziemlich gesucht, besonders 
da auch oft nur die Angaben der Angehörigen und der Patientinnen selbst 
dem angenommenen Zusammenhang zugrunde liegen; vor allem ist deshalb 
bei forensischen Fällen Vorsicht geboten. Die als sogenannte epochale Menstru¬ 
ationspsychose beschriebenen Beobachtungen können als besondere Form nicht 
anerkannt werden. In Übereinstimmung mit Burger wird vorgeschlagen, 
nicht von Menstruationspsychosen schlechthin zu sprechen, sondern zu der 
Grunddiagnose in den betreffenden Fällen die Angabe hinzuzusetzen, daß 
es sich um einen menstruellen Typus handele. In Fällen, in denen die 
Psychose einen Zusammenhang mit den Menses zeigt, erscheint es wünschens¬ 
wert, Untersuchungen auf Abwehrfermente vorzunehmen. 

Der Einfluß von Geisteskrankheiten auf die Menstruation zeigt sich im 
wesentlichen in Amennorrhöe. Ein mindestens zweimaliges Ausbleiben der 
Menses fand sich besonders bei akuten bzw. akut beginnenden Psychosen, 
kommt aber auch im Beginn und späteren Verlauf chronischer Psychosen 
vor. Wenn auch in prognostischer Beziehung die alte Erfahrung bestätigt 
werden kann, daß im allgemeinen Wiedereintritt der Menses mit gleich¬ 
zeitiger physicher Besserung günstig ist, dagegen ohne Besserung einen 
ungünstigen Ausgang befürchten läßt, muß man im einzelnen Fall doch vor¬ 
sichtig sein, da die Menses sich sehr verschieden verhalten können, z. B. der 
Wiedereintritt der Menses der Besserung um mehrere Monate vorausgehen 
kann. Häufig fand sich Amenorrhoe, in Übereinstimmung mit den spär¬ 
lichen Literaturangaben, bei Paralyse und besonders bei Taboparalyse; sehr 
häufig (in */* der Fälle) fand sich Amenorrhoe bei Amentia, ein Umstand, 
der bei dem akuten, oft stürmischen Verlauf dieser Psychosen und der 
häufig schweren Beeinträchtigung des Organismus nicht auffällig ist; nächst 
häufig, etwa in der Hälfte der Beobachtungen, wurde das Zessieren der 
Menses bei den katatonen und hebephrenen Psychosen beobachtet; selten 
dagegen war dasselbe bei den paranoiden Psychosen und trat überhaupt 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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nicht ein bei der chronischen Paranoia; hei der Melancholie fand sich 
Amenorrhoe etwa in der Hälfte, bei Manie etwa in einem Drittel der Fälle; 
Imbezillität, Hysterie und Epilepsie zeigen gar nicht oder sehr selten 
Zessieren der Menses. Bemerkenswert ist, daß das Symptom der Amenorrhoe 
nicht nur bei solchen Psychosen beobachtet wird, die wie Paralyse auf einer 
schweren Vergiftung des Körpers beruhen, oder wie die katatonen und hebe- 
phrenen Geistesstörungen mit Störungen der inneren Sekretion in Zusammen¬ 
hang stehen, oder wie Amentia meist auf eingreifende Stoffwechselstörungen 
zurückzufuhren sind, sondern auch bei Manie und Melancholie, die doch als 
rein funktionelle Psychosen betrachtet zu werden pflegen. Da eine länger 
dauernde Amenorrböe bei vorher regelmäßig Menstruierten wohl als auf irgend¬ 
einer direkten oder indirekten Störung der Funktion der Ovarien und der 
in denselben erzeugten Hormone beruhend anzusehen ist, auf jeden Fall Ver¬ 
änderungen des inneren Chemismus anzeigt, so sind auch in den Fällen 
von Manie und Melancholie, in denen Amenorrböe eintritt, derartige Ver¬ 
änderungen anzunehmen. Es ist das Symptom der Amenorrhoe anzureihen 
den auch bei diesen Psychosen häufig sehr weitgehenden Störungen der Er¬ 
nährung, des Schlafs usw. und unterstützt im Verein mit denselben die An¬ 
nahme, daß auch bei diesen Geisteskrankheiten einmal eine organische Grund¬ 
lage sich feststellen lassen wird. Warum, und zwar bei allen davon be¬ 
troffenen Psychosen, nur in einem Teil der Fälle die Menses ausbleiben, 
darüber läßt sieb zurzeit, abgesehen davon, daß vorwiegend akute Fälle 
amenorrhoisch werden, noch nichts aussagen; es ist zu erwarten, daß spätere 
Untersuchungen, und zwar besonders der inneren Drüsensekretion, darüber 
Aufschluß geben werden. {Misch.) 

Nach einer Zusammenstellung von 22 Fällen von postoperativen Psy¬ 
chosen (Genitaloperationen bei Frauen) kommt Kr&ntz (124) zu dem Er¬ 
gebnis, daß im großen ganzen diese Psychosen bzw. Neuropsychosen durch 
psychische Momente bedingt sind. Meist sind es psychisch labile Personen, 
die in solcher Weise auf den operativen Eingriff reagieren. Angst vor der 
Operation UDd die Schockwirkung müssen als ursächliche Momente in Betracht 
gezogen werden. Bei solchen von Hause aus stark nervösen Personen soll 
der Gynäkologe daher nur dann operieren, wenn die Operation unbedingt 
erforderlich ist. 

An der Hand von 5 selbstbeobachteten Fällen und der Literatur weist 
Müller (158) auf die relative Häufigkeit des Krebses in Irrenanstalten und 
auf Beziehungen zwischen bösartigen Geschwülsten und Geisteskrankheiten bin. 

Kemp (116) hat gefunden, daß bei allen Störungen in der Funktion 
der Glandula pituitaria, wenn psychische Störungen auftraten, diese para- 
noidalen Charakter hatten; er meint nun umgekehrt, daß man bei allen para¬ 
noiden Erkrankungen an Störungen der Hypophysis denken und daraufhin 
die Therapie einrichten soll. 

Dercum (51) meint, daß exogene Schädlichkeiten nicht nur direkt 
schädlich auf das Nervensystem wirken, sondern vielleicht noch mehr indirekt, 
indem sie eine Störung im Gesamtstoffwechsel hervorrufeu, wodurch eine all¬ 
gemeine BlutschädigUDg eintritt, die dann auf das Nervensystem wirkt. Sind 
die inneren Organe, Leber, Niere, Schilddrüse usw. gesund, so werden sie 
die schädlichen Stoffe bald eliminieren oder unschädlich machen, sind sie aber 
krank und defekt, so sind sie es nicht imstande, und die allgemeine Infektion 
des Körpers ist die Folge. Der Autor mißt demnach dem gestörten Stoff¬ 
wechsel eine große Bedeutung für die Entstehung von Geistesstörungen bei. 
Dies wird dann noch näher an der Hand der serologischen Prozesse, die 
sich im Körper abspielen, veranschaulicht. 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and 


Paulsen (167) bebt anter Anführung zahlreicher Einzelfälle die Wich¬ 
tigkeit der Familienforschung für die Bedeutung und Behandlung einer 
körperlichen und seelischen Anomalie und für Krankheitszustände hervor. 
Diese Forschung würde von den Ärzten vielfach vernachlässigt gegenüber 
der verfeinerten Diagnose der einzelnen Organerkrankungen. Sie sei aber 
besonders in prognostischer üinsicht von unberechenbarer Bedeutung. Hier 
sei ein großes Feld, in dem sich besonders die Hausärzte betätigen können. 

Von Eliassow (58) wurden an Geschwistern von Hilfsschülern Unter¬ 
suchungen augestellt und so im ganzen die Stammbäume von 50 Familien 
auf die Erblichkeit psychischer und intellektueller Minderwertigkeit unter¬ 
sucht. Insbesondere wurde geachtet auf die Belastung durch psychische 
und Nervenkrankheiten, Alkoholismus, Syphilis, Tuberkulose, auf Krimina¬ 
lität, Selbstmord in der Familie, Blutsverwandtschaft der Eltern, Kinder¬ 
sterblichkeit, soziales Milieu; ferner wurden noch die Erhebungen aus der 
Vorgeschichte und dem Untersuchungsbefund der Kinder selbst statistisch 
zusammengestellt. Verf. sucht aus den gewonnenen Ergebnissen auf die 
Momente zu schließen, die eine ätiologische Bedeutung für die Entstehung 
des Schwachsinns haben. In der Familienauamnese stehen 2 Erscheinungen 
im Vordergrund: Der Alkoholismus, dessen Prozentsatz sehr hoch ist, und 
die Tuberkulose, deren Vorkommen recht erheblich erscheint. Die persön¬ 
liche Vorgeschichte weist solche besonders ins Auge fallenden Faktoren nicht 
auf: Bei dem einen Kinde sind es diese Schäden in der individuellen Ent¬ 
wicklung, bei dem andren jene, die das Zurückbleiben bewirkt haben. Be¬ 
sonders hoch schätzt Verf. endlich den Einfluß des sozialen Milieus ein; alle 
Schädigungen angeborener und erworbeuer Art kommen um so mehr zur 
Geltung, je ungünstiger das soziale Milieu ist, in dem das Kind aufwächst; 
meist sind diese Schädigungen mehrfache. Die Voraussetzung, von der 
Verf. ausging, daß die Untersuchung von Geschwistern unter den Hilfs¬ 
schülern besonders viel von erblicher Belastung zutage fördern würde, hat 
sich als. falsch herausgestellt. Im Gegenteil kommt, wie es auch schon 
frühere Untersucher festgestellt haben, der erblichen Belastung keine allzu 
große Bedeutung zu; vielmehr sind die schädlichen Einwirkungen in der 
eigenen Entwicklung und die unheilvollen Einflüsse des sozialen Milieus 
mindestens ebenso hoch, wenn nicht noch höher einzuschätzen. (Misch.) 


Trauma und Psychose. 

Nach Ansicht von Schröder (191) lassen sich aus der Gesamtheit der 
Psychosen diejenigen, welche als Kommotionspsychosen uns entgegentreten, 
als eine symptomatologisch wie klinisch einheitliche Gruppe leicht erkennen. 
Die Kommotionspsychose ist nur das protahierte Durchgaugsstadium von 
der Bewußtlosigkeit zur endgültigen Aufhellung, ein Durchgangsstadium von 
sehr verschieden lauger Dauer und Intensität. Die Vielgestaltigkeit der 
Kommotionspsychosen ergibt sich einmal aus ihrer verschieden langen Dauer 
und Schwere, sodann aber aus der nicht unbeträchtlichen Variabilität be¬ 
stimmter Symptomgruppeu. Die Symptomgruppen selber sind stets die 
gleichen: Benommenheit, Delirien, epileptische Erregungen, Verworrenheits- 
zustände sowie der amnestische Zustand, zusammen mit gewissen Affekt¬ 
anomalien. Der Autor skizziert dann kurz die einzelnen Krankheitsabschnitte 
in solchen Fällen, die sich über Wochen und Monate erstrecken. Die 
typische Kommotionspsychose ist ihrem Wesen nach eine in ihren Symptomen 
regressiv verlaufende Erkrankung. Es fehlt der Kommotionspsychose an 
sich der Charakter des Fortschreitens. Ein solches Fortschreiten ist stets 


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Diagnoatik der Geisteskrankheiten. 


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durch Komplikationen oder durch besonders ungünstige Verhältnisse be¬ 
dingt, dahin gehören Kachexien, Senium, Arteriosklerose, Tuberkulose, 
Infektionskrankheiten usw. In schweren Fällen bleiben Reste zerebraler 
Schwäche zurück, welche als Ausdruck der akuten Schädigung des Gehirns 
zu betrachten sind. Diese zerebrale Schwäche bildet in schweren Fällen 
den Kern der echten traumatischen Demenz. Oft können sich grobe Herd- 
und Allgemeinerscheinungen des Gehirns infolge von Hirnzertrümmerung 
hinzugesellen; es können traumatische Epilepsie und ihre Defekterscheiaungen, 
hysterische Pseudodemenz usw. daraus hervorgehen. 

Denselben Gegenstand behandelt Schröder (191a) in weiterer Fassung 
iu einer kleinen Broschüre. 

Unter Anführung von Krankengeschichten aus der Würzburger Klinik 
bespricht Rieger (179) zunächst die nach Hirnerschütterungen auf tretenden 
geistigen Störungen. Bei weitem am häufigsten begegnet man einem dem 
Korsakowsehen gleichenden oder nahe verwandten Symptomenkomplex 
(Störungen der Merkfähigkeit, der Orientierung und der positiven Er- 
innernngstäuschungen in Form von Konfabulationen). Außerdem werden die 
klinischen Symptome bei der akuten Hirnerschütterungspsychose beherrscht 
durch eigenartige Störungen im Gebiete der räumlichen Hirnfunktionen, wobei 
sich diese Störungen in einem Verluste der räumlichen Empfindungen oder 
der räumlichen Erinnerungsbilder zeigen. Das Resultat ist hier auch eine 
räumliche Desorientiertheit, aber sie kommt in anderer Weise als die durch 
Störung der Merkfähigkeit bedingte, nämlich durch Herderscheinungen 
im Gebiete des Okzipital- und Parietalhirns zustande. Eiuen psychotischen 
Charakter erhalten diese Störungen dadurch, daß die Kranken ihren Defekten 
-völlig einsichtslos gegenüberstehen. Wenn auch bei den einzelnen Kranken 
sich im Symptomenbilde Unterschiede finden, so zeigen die klinischen Bilder 
in zahlreichen Fällen doch so große Ähnlichkeit, daß man nach Ansicht des 
Autors die nach Hirnerschütterung zu beobachtenden akuten Geistesstörungen 
nicht nur ätiologisch, sondern auch klinisch in eine Gruppe vereinigen darf. 
Im zweiten Teil seiner Arbeit behandelt der Autor die chronischen Geistes¬ 
störungen im Gefolge einer Birnerschüttenmg. In solchen Fällen ist es zu 
dauernder anatomischer Hirnschädigung gekommen und außer einzelnen, in 
jedem Fall verschiedenartigen Symptomen zeigen alle gemeinsam die post¬ 
traumatische Demenz. 

Gezelle Meerbarg (75) gibt eine Übersicht über die Geisteskranken 
unter den Flüchtlingen, welche nach dem Bombardement von Antwerpen 
über die holländische Grenze nach Bergen op Zoom kamen und in die 
Anstalt dort aulgenommen waren. Im ganzen waren es 53 Kranke. Unter 
diesen waren 21 Demente. Letztere waren durch die Ereignisse in ihrem 
Wesen und ihrer Stimmung nicht verändert, bei den andern kamen mannig¬ 
fache Störungen dos Affektlebens zur Beobachtung, die durch die furcht¬ 
baren seelischen Erlebnisse ausgelöst waren. 

In dem von Krauß (125) mitgeteilten Falle handelt es sich um einen 
Zustand von Melancholie, der durch einen Unfall, Heruntersausen in einem 
nicht betriebssichern Fahrstuhl, erzeugt sein soll. Auf Grund mehrfacher, 
in Universitätskliniken ausgestellten Gutachten wurde ein Zusammenhang 
zwischen der Geistesstörung und dem Unfälle verneint. 

Ein 27jähriger Mann — Beobachtung von Horney (95) —, wahr¬ 
scheinlich Arteriosklerotiker, fällt bei Glatteis auf den Hinterkopf. Keine 
Verletzung des Schädels, geringe Kommotionserscheinungen, nur Kopfschmerz 
und Benommenheit, die bald vorübergehen; 8 Tage später Anfall von Be¬ 
wußtlosigkeit nach stärkeren Kopfschmerzen; danach Reizbarkeit und leicht 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


veränderte Stimmung; 2 Monate nach dem Tranma Ausbrach einer akuten 
Psychose unter dem Bilde der Manie mit hochgradiger Merkschwäcbe bei 
gleichzeitiger Aufmerksamkeit, mit Erinnerungsdefekt, retrograder Amnesie, 
Konfabulationen und zeitlicher wie örtlicher Desorientiertheit, also mit dem 
Korsakowschen Symptomenkomplex; Abklingen dieser akuten Erschei¬ 
nungen in den nächsten Wochen; danach allmählich zunehmende geistige 
Verarmung und gemütliche Gleichgültigkeit; etwa ein Vierteljahr vor dem 
Exitus bewirken zahlreiche Herde im Gehirn und Rückenmark einen be¬ 
schleunigten Verfall. Die Verfasserin stellt sich den Verlauf des Prozesses 
etwa folgendermaßen vor: Durch das Trauma sind zerebellare Regulierungs¬ 
vorrichtungen gestört worden, die das Gehirn früher trotz schon bestehender 
seniler Veränderungen instand gesetzt hatten, annähernd normal zu funk¬ 
tionieren. Nach deren Wegfall hätte danu das Gehirn versagt, und die 
Krankheit wäre in den verschiedenen Symptomen zum Ausbruch gekommeu. 
Ein solcher Krankheitsverlauf wäre auch bei einer senilen Psychose gut 
denkbar. Der ganze klinische Verlauf der vorliegenden Krankheit würde am 
meisteu der von Alzheimer beschriebenen atypischen Form der senilen 
Demenz mit Herdorscheinungen entsprechen. Das Trauma hat wahrschein¬ 
lich den Eintritt der Krankheit beschleunigt und das Symptomenbild etwas 
modifiziert 


Heredität. 


Tischbein (227) berichtet über einen Fall, der in seiner Verbindung 
von ausgesprochener Imbezillität mit einer sehr ausgeprägten Mißbildung 
des Ohres (statt der linken Ohrmuschel besteht nur ein kleiner Hautwulst, 
und es fehlt der äußere Gehörgang) und einer Gaumenspalte eine gewisse 
Seltenheit bildet. 

He gar (82) hat 400 weibliche Geisteskranke auf Anomalien des Haar¬ 
wuchses untersucht und unter der angegebenen Anzahl 16 Individuen ge¬ 
funden. Am meisten war der abnorme Haarwuchs im Gesicht vertreten, 
dann an den Extremitäten, aber auch am Sternum, an der Linea alba fand 
er sich. Bei allen 16 Beobachtungen mit anomalen Haarwuchs verlief die 
Menstruation vollständig regelmäßig. Der Autor schließt daraus, daß es 
nicht angängig sei, den Bartwuchs der Frau mit einer Störung der Sekretion 
der Keimdrüsen in Verbindung zu bringen. Es handelt sich wahrscheinlich 
um eine ererbte Entwicklungsstörung, dafür sprechen auch andere konträre 
Merkmale, die man bei manchen dieser Kranken findet, wie tiefe Stimme, 
männliche Gesichtsbildung usw. 

Ganter (72) beschreibt Haarbautfalten, die er unter 108 Epileptikern 
und 70 Idioten der Anstalt in je einem Falle antraf. Es sei hier die Be¬ 
schreibung dieser Falten in einem Falle gegeben. Hinter der Kranznaht 
beginnend, laufen über das Hinterhaupt weg nach unten sechs tiefe Falten. 
Am ausgeprägtesten sind sie am hinteren oberen Teil des Kopfes. Die 3. 
und 4. Furche gabelt sich nach uuten, die 6. nach vorn, wo sie seitlich bis 
gegen das Stirnbein entlang zieht. Die Furchen lassen sich nur wenig ver¬ 
streichen, die zwischen ihnen liegenden Wülste fühlen sich dick und derb 
an. Die Kopthaut ist in mäßigem Grade verschieblich. Der zweite Fall, 
bei dem die Faltung noch angedeutet war, bildet den Übergang zu einer in 
fünf Fällen beobachteten Haarstellung (Haarliuien, Haarstraßen), bei der 
keine Faltenbildung mehr zu sehen war. Der Autor erklärt die Erscheinung 
als eine Anlageanomalie der Hautelemente und reiht sie in die Gruppe der 
Degeneratiouszeichen ein. 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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Symptomatologie. 

Das Bestehen von Halluzinationen ist für die Diagnose der alko¬ 
holischen Halluzinose oder des Delirium tremens unerläßlich, aber die Art 
der Halluzinationen ist nach Stearns’ (213) Untersuchungen kein sicheres 
Kriterium zur Unterscheidung zwischen beiden Affektionen. Das häufige 
Auftreten von Halluzinationen bei der Dementia praecox und ihre Seltenheit 
beim manisch-depressiven Irresein ist für die Differentiadiagnose von 
Wichtigkeit. Ob überhaupt beim manisch-depressiven Irresein wirkliche 
Halluzinationen vorkämen, sei zweifelhaft Halluzinationen bei Psychopathen 
seien selten. 

Die Gehörshalluzinationen können, wie die Experimente Sokolow’s (201) 
ergeben, durch akustische und auch andere Reize ausgelöst werden, wobei 
die erstereu zur Auslösung dieser Halluzinationen mehr geeignet sind. Es 
besteht zwischen der Tonhöhe, der Reize und der Tonhöhe der akustischen 
Halluzinationen eine gesetzmäßige Abhängigkeit, und zwar ist die Tonhöhe 
der Halluzinationen um so höher, je höher die Tonhöhe des dargebrachten 
Reizes ist und umgekehrt. Der Rhythmus der Halluzinationen entspricht 
dem Rhythmus des Reizes. Die Farbenskala der halluzinierten Gegenstände 
ist unabhängig von der Tonskala der auslöseuden Stimmgabel. Die Aus¬ 
lösung der Gehörshalluzinationen durch elektrische Reize ist von der Art 
des Stromes unabhängig. Zwischen der Intensität des elektrischen Stromes 
und der Tonhöhe der halluzinierten Worte besteht keine Abhängigkeit. 

In einer zweiten Arbeit über den gleichen Gegenstand bestätigt 
Sokolow (202) die aus der ersten Arbeit sich ergebenden Thesen mit der 
Einschränkung in dem Sinne, daß zwischen der Tonhöhe der akustischen 
Reize und der Tonhöhe der ausgelösten Gehörshalluzinationen eine gesetz¬ 
mäßige Abhängigkeit besteht, wenn die betreffende für die Experimente 
dienende Person ein gewisses musikalisches Gehör besitzt. Je besser das 
musikalische Gehör entwickelt ist, desto genauer ist diese Abhängigkeit. 
Zu den Thesen der ersten Arbeit fügt dann S. dio neue hinzu, daß die 
künstlich ausgelösten Halluzinationen durch die Suggestion beeinflußbar 
sind, d. h. daß der Inhalt der Suggestionen eine innige Beziehung zu den 
ausgelösten Halluzinationen hat. 

Das Halluzinieren ist nach Schröder (192) kein einheitlicher, stets 
gleich zu bewertender Vorgang; deshalb wird auch nicht eine Theorie für 
alle Halluzinationen passen. Den Charakter eines sinnlichen Erlebnisses 
haben die einzelnen Halluzinationen in sehr verschiedener Gradabstufung; 
den Alltagswahrnehmungen in jeder Beziehung gleich sind die Sinnes¬ 
täuschungen für den Kranken nur in einem kleinen Teil der Fälle; die 
Ausscheidung der voll leibhaftigen und den normalen Wahrnehmungen für 
völlig gleichwertig gehaltenen Halluzinationen als der echten ist künstlich 
und praktisch nicht durchführbar; es gibt bestimmte Arten von Sinnes¬ 
täuschungen, die erfahrungsgemäß niemals oder selten den Alltagswahr- 
nehmungen gleich sind; häufig sind die Kranken nicht imstande, mit Be¬ 
stimmtheit anzugeben, vermittels welches Sinnesorgans sie wahrzunehmen 
vermeinen; durch Wahrnehmungstäuschungen und durch Erinnerungsfälschungen 
bekommt für die Kranken sehr vieles den Wert von Wahrnehmungen, was in 
keinem Moment den Charakter einer Wahrnehmung gehabt hat. 

Nach Untersuchung von van der Scheer (187) kommt bei normalen 
Menschen die Anisokorie viel öfter vor, als bisher angenommen wurde. Der 
Autor fand sie in 40%, wenn auch oft nicht besonders scharf ausgeprägt. 
Bei gesunden Menschen fand er ferner in 34,5% der Fälle Adrenalinmy- 


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Allgemeioe Ätiologie, Symptomatologie und 


driasis. Die Mydriasis ist meistens nicht sehr stark, aber deutlich, tritt 
nach und nach auf. In einzelnen Fällen kommt Adrenalinmiosis vor. Die 
Adrenalinmydriasis tritt bei verschiedenen Psychosen etwas häufiger auf 
als bei Normalen. Sie ist einzelne Male sehr stark und dauert lange, na¬ 
mentlich bei der Katatonie und bei der Epilepsie. Der Adrenalinmydriasis 
kommt als differentielles Diagnostikum funktioneller oder organischer Psy¬ 
chosen bislang keine praktische Bedeutung zu. 

Löwy (134) berichtet über einen 16jährigen Lehrling, der mit allen 
Symptomen einer inkompensierten Insuffizienz und Stenose der Mitralklappe 
als Folge eines Gelenkrheumatismus in der Klinik aufgenommen wurde. Die 
Insuffizienz war so groß, daß Patient auch den geringsten körperlichen An¬ 
strengungen nicht gewachsen war, und es ihm nicht möglich war, auch nur 
wenige Schritte ohne Hilfe zurückzulegen. Dieser Patient nun hatte sich 
in einer regnerischen Nacht in einem noktamhulen Anfalle vier Stunden 
lang im Freien herumgetrieben, war aus dem Fenster der Krankenstube 
aufs Dach gestiegen und war dort, wer weiß, wievielmal herumgeklettert. 
Als er in der Nacht endlich bemerkt wurde, klagte er nur über Kälte und 
schlief sofort ein. Am nächsten Morgen wußte er von dem ganzen Vorfälle 
nichts. Eine Untersuchung des Herzens kurz nach seinem nächtlichen 
Spaziergang ergab kaum eine Änderung des bisherigen Befundes. Nach 
Ansicht des Autors scheint hervorzugehen, daß Körperbewegungen, die unter 
dem Einfluß des Willens und mit Zuhilfenahme der Aufmerksamkeit zu¬ 
stande kommen, an ein geschädigtes Herz viel höhere Anforderungen stellen 
als jene Körperbewegungen, die unter dem Einfluß einer Suggestion erfolgen. 
Die die Herzerkrankungeu öfters begleitenden Störungen nervöser Natur 
sind im Zustande der Suggestiou eliminiert. Es ist daher wahrscheinlich, 
daß dadurch die Summe der vom Herzen zu leistenden Arbeit eine wesentlich 
geringere ist Die Erleichterung der in diesem Falle vom Herzen zq 
leistenden Arbeit ist so denkbar, daß in derartigen Zuständen bei fehlender 
Aufmerksamkeit jede überflüssige und unzweckmäßige Körperbewegung 
wegfällt und von der Körpermuskulatur sowie vom Herzen selbst eine weitaus 
geringere Arbeitsleistung verlangt wird, als dies normalerweise im Wach¬ 
zustände der Fall ist. 


Sprache und Geisteskrankheiten. 

Eine 44jährige, bis dahin gesunde Witwe ohne nachweisbare neuro- 
oder psychopathische Belastung, begeht nach einer tiefen Gemütsbewegung 
und wahrscheinlich unter der Wirkung derselben mehrere Wortverwechs¬ 
lungen in einem Briefe an ihre Schwester, was früher bei ihr nicht vor¬ 
gekommen war. Diese wurden von ihr nach dem Durchlesen korrigiert. In 
den folgenden Briefen werden die Verwechslungen immer häufiger und 
schwerer, erfolgen in beiden Sprachen, in welchen sie schreibt (deutsch 
und kroatisch) und wirken auf die Briefschreiberin immer beunruhigender. 
Sie schämt sich der massenhaft verdorbenen Briefe, verbrennt sie und ver¬ 
heimlicht ihren Zustand vor jedermann, um nicht bei ihrer Umgebung 
als verrückt oder behext zu gelten. Nur ihrem Arzte trägt sie bekümmert 
ihr Leid vor. Eine Zeitlang will es ihr auch beim Sprechen so gehen, 
doch gelingt es ihr immer noch beizeiten, das unrichtige Wort zu unterdrücken. 
Deshalb mied sie auch nach Tunlichkeit das Sprechen. Um ein Lebens¬ 
zeichen von sich geben zu können, reist sie zu ihrer besorgten, fern woh¬ 
nenden Schwester. 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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Die Untersuchung Donath’s (53) ergab, daß sowohl Spontan- als 
Diktatschreiben und Kopieren nicht gelingt, es werden andere Worte oder 
-sinnlose Wortfügungen, sowohl von Buchstaben als Worten oder Zeichnungen 
produziert. Diese Schreibstörung gilt ihr als Unglück. Allmählich wird 
ein einzelner Buchstabe zu wiederholten Malen richtig nachgeschriehen, 
später ein kurzer Satz, doch wird das letzte Wort, auch bei Wiederholungen 
des Satzes, als Gekritzel wiedergegeben. Das Endwort wird häufig mit einem 
Schnörkel versetzt, wobei die Hand in der Luft herumgeführt wird. Dies 
wird als Zwangsbewegung empfunden, welche sie zu unterdrücken sich 
bemüht. Beim Zahlenschreiben (Diktat- und Spontanschreiben) treten die 
Verwechslungen weniger hervor, während Nachzeichnen oder #> auf Auf¬ 
forderung erfolgendes Zeichnen gut ausgeführt werden. Durch Übung und 
gleichzeitige psychotherapeutische Behandlung gelingt allmählich das richtige 
Kopieren, während beim Spontanschreiben noch einige Zeit unsinniges Zeug 
produziert wird; schließlich gelingt auch das Spontanschreiben. Dabei fühlt 
sie schon beim Schreiben der ersten Buchstaben ein „Ziehen“ in der Hand, 
welches sie mit starkem Willensaufwand überwinden muß, um keine unge¬ 
hörigen Bewegungen zu machen. Diese Zwangsbewegungen der Hand waren 
eine Zeitlang so intensiv, daß sie nachts, im Bette liegend, mit der Hand 
in der Luft herumfährt und sich mit dem Kopf auf dieselbe legt, um diese 
unwillkürlichen Bewegungen zu verhindern. Es handelt sich also um 
eine anankastische (auf Zwangsvorstellungen beruhende) literale und 
verbale Paragraphie, zu welcher eine Emotion und die damit 
einhergeheude mangelhafte Konzentration der Aufmerksamkeit 
den Anstoß gab. 

Differentialdiagnostisch waren anatomische Läsionen (Mangel von 
Lähmungserscheinungen, suggestive Beeinflußbarkeit), aber auch Migräne, 
Epilepsie und Hysterie auszuschließen. Namentlich gegen letzte sprach 
außer dem Mangel klinischer Erscheinungen der ganze psychische Habitus 
(kein Posieren mit ihrem Leiden, welches sie im Gegenteil vor ihrer Um¬ 
gebung ängstlich verbarg, sich unglücklich darüber fühlte, aus diesem Anlaß 
eine weite Reise zu ihrer Schwester unternahm, ferner intellektuelle Intaktheit, 
kein Stimmungswechsel und keine Unbeständigkeit, tadelloses Benehmen, 
Arbeitsfreudigkeit). Dagegen stand sie in der Beurteilung stets über ihrem 
Leiden und gab selbst das Zwangsmäßige ihres Zustandes an. 

(SelbstbericJit.) 

McDonald (141) hat besondere Studien angestellt über das Vokabu- 
latorium, also den Wortschatz bei Normalen (Erwachsenen und Kindern) 
und bei Personen, die an Krankheiten des Genirns litten. Er wählte zu¬ 
nächst 10 Personen aus, die in verschiedenen Berufen tätig waren und ver¬ 
schiedene Bildungsgrade aufwiesen. An der Spitze standen solche Personen, 
die dem höchsten ßildungsstande angehörten und die besonders sprachge¬ 
wandt waren und am anderen Ende der ausgewählten Personen solche von 
begrenzter Bildung in dienender Stellung. Sie alle wurden aufgefordert, 
ihre Lebensgeschichte zu erzählen, die von einem geübten Stenographen auf¬ 
geschrieben wurde. Von jeder Lebensbeschreibung wurden die ersten 500 
Worte einer genauen Durchsicht unterzogen. Es ergab sich folgendes: Bei 
den Spachgewandtesten fanden sich 262 verschiedene Wörter unter 500 
(52,4%), bei den am wenigsten Sprachgewandten 198 Wörter (39,6%), im 
Mittel ergaben sich 226,9 (45,38%). Was die einzelnen Wortarten an¬ 
betrifft, so stehen an Zahl die Nomina voran, ihnen folgen dann die Verba, 
Adjektiva, Adverba, Pronomina, Präpositionen, Konjunktionen, Interjektionen 
und Artikel. Die Zahl der gebrauchten Nomina war geradezu ein Index 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


für die Bildungsstufe, die der Betreffende einhielt, und die Verschieden¬ 
artigkeit der Nomina war regelmäßig proportional der Anzahl der Nenn¬ 
worte. Die auf der niedersten Bildungsstufe stehenden brauchten dagegen 
die größte Zahl Ton Verben. Aus Nomina und Verba bestand zu Zwei¬ 
drittel der ganze Sprachschatz. Die anderen Sprachbestandteile traten da¬ 
gegen zurück. Die Anzahl dieser letzeren werden anch vom Autor im 
einzelnen angeführt. Der hervorstechendste Zug der angestellten Analyse 
war der, daß die Personen nach ihrem Sprachschatz in zwei bestimmte 
Gruppen gesondert werden konnten a) in die Nomina-Adjektiva-Präpositions- 
Gruppe und b) in die Verba-Adverbia-Pronomina- Gruppe. Zwischen den 
beiden Gruppen gibt es natürlich auch Übergänge. 

Der Autor geht nun auf die Erlernung der Sprache bei kleinen 
Kindern ein und gibt einen kurzen literarischen Überblick über die von 
andern Forschern darüber festgestellten Tatsachen. Von 10 Kindern im 
Alter von 26 Monaten bis zu 5 Jahren und 5 Monaten besitzt der Autor steno¬ 
graphische Aufzeichnungen. Unter 600 gebrauchten Wörtern fanden sich 
117—202 (im Mittel 170,2) verschiedene; die Zunahme der Wörter geschieht 
proportinal mit dem Alter. Nomina uud Verba zusammeu betragen in der 
Sprache des Kindes 68,3 %, im Vokabulatoriura des Erwachsenen 35,7 %. 
Im Sprachschatz des Kindes finden sich zwar weniger verschiedene Verba 
als Substantiva, aber es gebraucht erstere viel häufiger als letztere. Der 
Autor bespricht dann den Anteil der verschiedenen Wortarten im Sprach¬ 
schätze des Kindes und stellt dabei wiederum Vergleiche mit dem Vokabu- 
latorium der Erwachsenen an. 

Den dritten Teil der Abhandlung bildet das Vokabularium der Geistes¬ 
kranken. Die Grundlage bildet auch hier die stenographische Aufnahme. 
Untersucht wurden Fälle von Dementia praecox, manisch-depressives Irresein, 
Kranke mit groben Hirnläsionen, mit seniler Demenz und progressiver Paralyse. 
Ausführliche Analysen werden nur für die drei letzten Gruppen gegeben, 
ln diesen Gruppen mit organischen Läsionen des Gehirns waren eine Anzahl 
von Patienten, deren Wortschatz so gering war, daß sich 500 Worte steno¬ 
graphisch nicht fixieren ließen. Bei diesen bedeutete der größere Verlust 
des Wortschatzes keineswegs immer auch den größeren Intelligenzverlust, 
immer aber war des Verlust an Substantiven größer als derjenige der 
Verba. Bei der andereu Abteilung dieser Klasse, bei welcher 600 Worte 
aufgezeichnet werden konnten, fanden sich im Mittel 164,3 verschiedene 
Worte in dem von ihnen Dargeboteuen; sie standen also hinter dem 
2—5jährigen Kinde zurück. Besonders groß war bei diesen Kranken der 
Ausfall der Substantiva, während sie einen übermäßigen Gebrauch von Verben 
machten. Dieser Verbengebrauch steht nur um ein geringes hinter dem¬ 
jenigen normaler Menschen zurück. Ebenso wie bei den Normalen geht 
nun der Autor auch hier die einzelnen Wortklassen durch und kommt zu 
dem Resultat, daß diese Kranken in ihrem Wortschatz nur 1 / 3 Substantiva- 
Adjektiva im Verhältnis zu den Verba-Adverba besitzen. Sie stehen in 
diesem Verhältnis noch hinter dem Kinde. Die Resultate über den Sprach¬ 
schatz der Kranken aus der Dementia-praecox-Gruppe und der Manisch- 
Depressiven und ihre Veränderungen gegenüber demjenigen normaler Men¬ 
schen sollen später veröffentlicht werden. 


Analytisches. 

Schneider (189) berichtet über folgenden Fall: Es handelt sich um 
ein Mädchen, das aus einer zu nervösen Erkrankungen zweifellos stark 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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disponierten Familie stammt. Die Kranke selbst, ein ungewöhnlich kluger 
und feinempfindender Mensch, wird seit ihrer frühesten Kindheit, soweit sie 
zurückdenken kann, von Zwangsvorstellungen zum Teil ganz typischer Art 
gequält. Schon als kleines Kind leidet sie unter der Vorstelluug, die ihrer 
Obhut anvertrauten noch kleineren Geschwister könnten im Kinderwagen 
ersticken, sie fühlt sich gezwungen, wenn sie über Steinplatten geht, ständig die 
Grenzlinien zu vermeiden, sie singt bei Tisch trotzt besserer Einsicht Lieder, 
die sie nicht singen darf, sie wird mit ihren Abendgebeten nicht fertig, sie 
steht dauernd unter dem peinlichen Eindruck, an ihrer Kleidung sei irgend¬ 
etwas unordentlich oder lächerlich, sie muß Wörter bis zur Erschöpfung 
herumdrehen, Sätze in eigenartigster Weise abzählen und vieles mehr. Alle 
diese Dinge sind ihr schon in der Kindheit nicht gleichgültig, sondern fast 
mit allen verbindet sich ein Affekt des Unbehagens, der Angst. Schon als 
Kind hat sie auch ein ungewöhnlich entwickeltes Verantwortlichkeits- uud 
ein unbegründetes Unsicherheits- und Insuffizienzgefühl. Fast alle die 
Zwangsvorstellungen der Kindheit dauern, wenn auch teilweise in der Form 
etwas verändert, auch im späteren Leben fort, dazwischen kommen nur 
selten Jahre, in denen sie, wie auch die depressive Grundstimmung, zurück¬ 
zutreten scheinen. Gegen das 30. Lebensjahr begiunt eine besonders schlimme 
Zeit, nicht nur quälen die alten Zwangsvorstellungen mehr denn je, auch 
das Insuffizienzgefühl nimmt immer mehr zu. Sie glaubt immer mehr, nichts 
recht zu machen, keiner Pflicht zu genügen, überall zu versagen. Unter 
der nun einsetzenden ärztlichen Behandlung werden diese Ideen immer wieder 
als krankhaft erkannt und immer wieder zurückgedrängt, ln dieser Zeit 
beginnt aber schon ein peinliches Empfinden der dauernden Verstellung, 
Übertreibung und Wichtigtuerei. Als sie zur Erholung ein halbes Jahr ins 
Ausland geschickt wird, steigert sich dieses Empfinden. Dauernd geht sie 
unter dem Druck einer ungewissen Schuld, so daß sie ständig nach dessen 
Ursprung uud Gründen sucht. Es ist ihr selbst nicht klar, welches Ziel 
eigentlich ihre vermeintlichen Schwindeleien haben könnten. Bald genügt 
der vom Arzt befohlene Urlaub dazu nicht mehr, sie denkt, sie habe sich 
verstellt, um irgend einmal, wenn sie irgendetwas Schlimmes begehen würde, 
als unzurechnungsfähig angesehen zu werden. Es dauert nicht mehr lange, 
dann weiß sie solche Delikte, sie will vor vielen Jahren einmal anonyme 
Briefe geschrieben, sie will in letzter Zeit Schulkinder mißbraucht haben. 
Obwohl ihr die Unmöglichkeit dieser Vorgänge nachgewiesen werden kann, 
obgleich sie selbst stets wechselnde Angaben darüber macht und nur selten 
etwas ganz Positives weiß, schwindet die Kritik immer mehr. Schwerste 
Angstzustände, Absehen, Verzweifelung. ernste Selbstmordgedanken bestehen 
monatelang. Später kommen noch Erinnerungsfälschungen dazu: sie sei 
während ihres Aufenthalts im Auslande im Bordell gewesen oder habe ge¬ 
boren; irgendetwas Schreckliches sei in der Zeit geschehen. Nach teil¬ 
weise monatelangem Festhalten dieser Ideen tritt völlige Krankheitseinsicht 
ein, doch treten sofort andere, zum Teil alte Selbstvorwürfe dafür auf: sie 
hat geschwindelt, hat die Geschichten aus Sensationslust erzählt, hat sich 
wichtig machen wollen. Und selbst dann, wenn sie alle diese Dinge als 
krankhaft einsieht, hat sie immer den Gedanken, sie sei eben schließlich 
durch all das Schwindeln krank geworden. Verf. meint, daß man diese 
Quälereien, von denen die Kranke verfolgt wird, als „Zwangsvorgänge“ be¬ 
zeichnen muß. Der Endzustand sei schleichend aus ihrer ganzen Konstitution 
herausgewachsen. Was in dem Krankheitsbild am allermeisten auffält, sind 
die ausgeprägten Erinnerungsfälschungen. Man kann im vorliegenden Falle 
sagen, daß ihnen in der Vergangenheit kein Erlebnis entspricht, daß es 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and 


sich am Halluzinationen der Erinnerung, und zwar um die einfachen oder 
freien Erinnerungsfalschungen Kraepelins handelt Die Dinge werden nur 
verständlich, wenn man für die Zwangsvorstellungen eine affektive Grund¬ 
lage nimmt Ihr fast ausschließlich auf depressiver Basis beobachtetes Auf¬ 
treten und ihre in den letzten Jahren so sehr klar gewordenen Beziehungen 
zum Manisch-Depressiven legen diese Grundlage recht nahe. Beobachtungen, 
wie die vorliegende, ließen eine andere Erklärung überhaupt nicht zu. 

Auf Grund vielfacher Beobachtungen von Kranken, bei denen die krank¬ 
haften Vorstellungen von einer solchen Sinnlichkeit waren, daß sie leib¬ 
haftige Körperempfindungen davon hatten, die denjenigen bei halluzinierenden 
Kranken sehr ähnlich sind, neigt Pick (170) mehr der Ansicht Rülfs zu, 
daß es zwischen Pseudohalluzinationen und Halluzinationen Übergänge gäbe 
und verwirft den Standpunkt Jaspers, der beide Zustände durch einen 
Abgrund getrennt sein läßt. 

Bei einem Kranken — Beobachtung von Pick (169) — hatte sich 
aus Anlaß der Mobilisierung ein schwerer Angstzustand entwickelt, der später 
zurücktritt, währeud ein Zustand von gewisser Ratlosigkeit noch lange be¬ 
stehen bleibt. Bei diesem Kranken zeigen sich nun gewisse Hemmungs¬ 
erscheinungen, wie z. B. folgende: Er soll eine Kerze auslöschen. Statt 
dessen dreht er den Leuchter beständig in der Hand herum; aufgefordert, 
die andere auf dem Tische stehende Kerze auszulöschen, nimmt er sie und 
macht wie zuvor eine halbkreisförmige, langsame, horizontale Bewegung und 
behält dann die Kerze längere Zeit hindurch in der entsprechenden End¬ 
stellung. Es wird ihm der Leuchter mit der zweiten brennenden Kerze in 
die andere Hand gegeben, zunächst hält er längere Zeit beide Kerzen in 
den horizontal seitlich aasgestreckten Händen, dreht dann stehen bleibend 
beide Arme nach rechts, dann setzt er sich in Bewegung und geht, beide 
Kerzen in den Händen vor sich ausgestreckt haltend, unter leicht drehenden 
Bewegungen bis zum Waschtisch. An letzteren setzt er beide Kerzen nieder 
und beginnt sich ganz korrekt zu waschen. Als er fertig ist, bringt er die 
Kerzen wieder zum Tisch, wo er sie hinsetzt. Als die eine ausgelöscht 
wird, zündet er sie wieder an. Der Aufforderung, die Kerze auszulöschen, 
kommt er nicht nach, fragt, warum soll ich sie auslöschen? Dann steht er 
plötzlich auf, nimmt eine hochfahrende Pose an, wirft sich in die Brust und 
bleibt so stehen. Es wird ihm eine Pfeife gereicht, er nimmt sie und ver¬ 
sucht, sie an der brennenden Kerze anzuzünden; da das nicht gleich gelingt, 
nimmt er die Zündholzschachtel und zündet an, sitzt dann da und pafft 
vor sich hin. Auf Aufforderung, die Kerze auszulöschen, tut er es jetzt 

Pick führt dazu folgendes aus: Unser geordnetes Verhalten zur Um¬ 
welt hängt von einem bestimmten Gleichgewicht zwischen Impulsen und 
Hemmungen ab; es werden ebensowenig durch alle Sinneseindrücke ent¬ 
sprechende Handlungen ausgelöst werden dürfen, wie andrerseits nicht 
Hemmungen die normalen, auch durch Sinneseindrücke ausgelösten Reaktionen 
beeinträchtigen.dürfen. Sähe man nun bei dem beobachteten Kranken einen 
ungehemmten Übergang zu entsprechender Aktion bei ihm gewohnten Hand¬ 
lungen eiufach durch den Sinneseindruck ausgelöst, so wäre es, wie Pick 
meint, vielleicht zu weit hergeholt, anzunehmen, daß die „Hemmung“ nur 
eine scheinbare sei, die Grundlage derselben vielmehr das Ausbleiben oder 
die Unwirksamkeit jener Anreize wäre, die normalerweise zu einem geord¬ 
neten Wechsel von Reaktionen fuhren, sei derselbe durch Reize aus der 
Umwelt oder durch Denkvorgänge bedingt. 

Gruhle (78) versucht eine Analyse dessen zu geben, was unter Ein¬ 
fühlen in die seelischen Erscheinungen eines anderen zu verstehen ist, 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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besonders ciues Geisteskranken. Ich habe, sagt der Autor, einen Kranken 
vor mir, dessen schwermütiger Gesichtsausdruck seine tiefe Niedergeschlagen¬ 
heit verrät; er verweigert die Nahrung; von Zeit zu Zeit verläßt er das 
Bett, tritt zum Fenster und macht eine eigenartige Bewegung, flüstert etwas 
Unverständliches und sucht das Bett wieder auf. — Bemühe ich mich, 
diesen Zustand zu verstehen, mich einzufülileu, so werde ich etwa folgender¬ 
maßen verfahren: Wäre ich selbst so traurig, daß mir das Loben leid wäre, 
so würde ich vielleicht auch nicht mehr essen. Vielleicht ißt H. deshalb 
nicht? Ich frage ihn, und er antwortet leise, er äße nicht, weil es zu viel 
koste. Ich habe einen verständlichen Zusammenhang fälschlich vermutet, 
er nennt mir einen anderen, dessen Sinn ich sehr wohl vollziehen kann. 
Aber warum mag er immer am Fenster diese gleiche eigenartige, doch ein¬ 
förmige Bewegung ausführen? Ich frage ihn: er redet vorbei. Es ist nicht 
möglich, etwas Sicheres zu erfahren. Ich gehe von der Bewegung aus, be¬ 
trachte sie genau: sie scheint keine Ausdruckshewegung zu sein und auch 
keinen Zweck zu haben. Ich kann sie nicht „verstehen“. Ich weiß aus 
meiner Erfahrung, daß ich solche Bewegungen zuweilen bei Halluzinanten 
sah, die mir als Sinn der Bewegung nannten: sie vollführten einen durch 
Stimmen ihnen eingegebenen Befehl. Ich frage H., ob es bei ihm auch so 
sei — ich erhalte keine Antwort. — Ich erinnere mich, Leute gekannt zu 
haben, hei denen eine ursprünglich zweckmäßige Bewegung (z. B. ein Ab¬ 
schütteln beider Arme, um die eingebildeten, darauf haftenden „Schleuder¬ 
blitze“ zu beseitigen) im Laufe der Jahre immer abgekürzter, immer ange¬ 
deuteter wurde, bei denen diese (schließlich ganz korrupte) Bewegung noch 
bestand, als die Kranken selbst den ursprünglichen Zwecksinn ganz vergessen 
hatten. — Ob hier wohl bei H. eine solche „symbolische“ Bewegung vorliegt? 
Er gibt keine Auskunft: ich habe nun die Wahl, mich für eine der sich 
mir darbietenden Sinnmöglichkeiten zu entscheiden, wenn ich die eigenartige 
Bewegung deuten will. Und so wird es mir, führt der Autor weiter aus, 
bei jeder Analyse bzw. Deutung eines psychotischen Verhaltens gehen, ich 
werde erhalten: 

1. Die vom Kranken spontan angegebenen Sinnzusammenhänge, dar¬ 
unter: 

a) Die von mir affirmativ vollziehbaren; diejenigen, die ich kenne 
oder die mir „einleuchten“; die sinnvollen. 

b) Die von mir als sinnmöglich erlebbaren; die sinnhaften, deren 
Sinn ich selbst aber nie erlebte; in die ich mich auch „nicht recht“ 
einfühlen kann. 

c) Die von mir negativ vollziehbaren; diejenigen, deren Sinnhaftig- 
keit ich zugeben, deren Sinnerfüllung ich leugnen muß: „Ich 
finde da keinen Sinn.“ 

d) Die von mir überhaupt nicht vollziehbaren, bei denen es Unsinn 
ist, überhaupt von einem Sinn zu sprechen. 

2. Die von mir vorgeschlagenen und vom Kranken angenommenen 
Sinnzusammenhänge. 

3. Die von mir (auf Grund allgemeiner oder persönlicher Erfahrung) 
konstruierten Sinnzusammenhänge, zu denen der Kranke keine 
Stellung nimmt. 

Das Hauptinteresse bei der Erforschung krankhafter verständlicher 
Zusammenhänge erstreckt sich auf die Fälle, in denen die Erkrankten selbst 
Auskunft zu geben fähig sind, sei es, daß sie sich spontan äußern, sei es, 
daß sie zu den Vorschlägen des Untersuchenden Stellung nehmen. Und so 
wendet sich die Forschung mit Vorliebe den gebildeten Kranken zu und 


Jahresbericht f. Neurologie tu Psychiatrie 1915 . 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


hält vor allem deren mündliche und schriftliche Äußerungen, zumal die 
Tagebücher, Lebensläufe usw. für reiche Erkeuntnisquellen. Daran an¬ 
schließend bringt der Autor die Lebensbeschreibung eines Mädchens resp. 
ihrer Krankheitserlebnisse, das nach des Verf. Ansicht an einem schizo¬ 
phrenen Prozeß erkrankte und schließt eine ausführliche Analyse dieser 
Selbstschilderungen an. 

Manche Sinnestäuschungen, die wir Halluzinationen zu nennen gewohnt 
sind, entstehen, wie Repond (176) ausführt, durch Umdeutungen von orga¬ 
nisch bedingten Parästhesien, so besonders die Gesichts- und Tasthalluzina¬ 
tionen des Delirium tremens, ein großer Teil der Körperhalluzinationen der 
Schizophrenie, in einzelnen Fällen Halluzinationen hei organischen Hirn¬ 
krankheiten. Damit solche Umdeutungen zustande kommen, muß in der 
Regel eine Störung der Kritik mitwirken. Bei der Schizophrenie scheint 
die charakteristische Assoziationsstörung schon in „besonnenen“ Zuständen 
zu genügen, um die Kritik aufzuhoben. Im übrigen sind es meistens deli- 
riöse oder dämmerige Zustände oder ähnliche „Trübungen des Bewußtseins", 
die der falschen Deutung Vorschub leisteu. Der kausale Zusammenhang 
zwischen Parästhesien und Sinnestäuschungen läßt sich in manchen Fällen 
dadurch naehweisen. daß Parästhesien, die bei klarem Bewußtsein als solche 
erkannt werden, während des deliriösen Zustandes, nach außen projiziert 
werden und ganz andere psychische Reaktionen auslösen, also sich in „Hallu¬ 
zinationen“ umwandeln. Die Vermutung ist berechtigt, daß die zahlreichen 
Parästhesien, die vor allem bei den toxischen Delirien Vorkommen, diesen 
Delirien ihr besonderes Gepräge verleihen, und nicht direkt die Noxe, welche 
als primäre Ursache der Krankheit angesehen werden muß (Alkohol, Kokain, 
Morphium usw.). Es ist sehr gut möglich, daß die psychologische Armut 
der toxischen Delirien auf die während deren Verlauf vorkommenden Par¬ 
ästhesien zurückzuführen ist, und zwar weil ihre dauernde lästige Einwirkung 
und die an sie gebundenen massenhaft auftretenden Halluzinationen die 
Aufmerksamkeit der Patienten vollauf beschäftigen und daher einen psycho¬ 
logischen Aufbau nicht zulassen. 

Den überwertigen Vorstellungskomplex definiert Bimb&nm (21) als 
einen solchen, der durch überstarke Gefühlsbetonung eine dominierende 
Stellung, ein beherrschendes Übergewicht im seelischen Leben erhalten hat. 
Das charakteristische Mißverhältnis zwischen auslösendem Reiz und dominie¬ 
render Aftektreaktion könne man zur Unterscheidung der physiologischen 
und pathologischen Überwertigkeit heranziehen. Neben dem Mißverhältnis 
zum Affektwert des auslösenden Erlebnisses uud der Tatsache der patholo¬ 
gischen Sekundärerscheinungen dürfte zur Kennzeichnung des pathologischen 
Charakters der Uberwertigkeit auch die nachweislich abnorme Grundlage, 
auf der sich der Vorgang erbebt, heranznziehen sein. B. geht in seinem 
Aufsatz nur auf diejenigen Uberwertigkeitsformen ein, die in den Mechanis¬ 
mus des seelischen Lebens wirksam eingreifen, indem sie als gleichberech¬ 
tigte resp. als übergewichtige Komponenten in den seelischen Gesamtbetrieb 
eingehen uud diesen in charakteristischer Weise beeinflussen. Denn nur 
dadurch, daß sie in den engsten Zusammenhang mit den sonstigen Bestand¬ 
teilen des Seelenlebens treten, können sie solche Wirkungen entfalten, wie 
sie mit den hier angehenden Wahnbildungen gegeben sind. Die isoliert 
bleibenden, speziell den Zwangsvorstellungen nahestehenden Überwertigen 
Ideen, fallen aus der Betrachtung aus. Die Erscheinungs- und Wirkungs¬ 
formen der Überwertigkeit, die hier in Betracht kommen, lassen sich in 
folgende ziemlich charakteristische und differente Typen zerjegen, und zwar 
in 1. assoziative Uberwertigkeit, d. h. also beherrschendes Übergewicht bei 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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der assoziativen Tätigkeit, 2. logische Überwortigkeit, beherrschendes Über¬ 
gewicht in logischer Hinsicht bei_ Urteil und Schlußfolgerung, 3. Wertungs- 
übcrwertigkeit, beherrschendes Übergewicht im Wertungsbereiche, bei der 
Einschätzung beim Werturteil. 

Aus Überwertigkeit im Wertungsbereiche ergeben sich: unberechtigte 
Überschätzung von Wert und Bedeutung des Komplexes bei gleichzeitiger 
Unterschätzung sonstiger Werte; allgemeine Wertverschiebung im Sinne des 
überwertigen Komplexes, unrichtige Wertverteilung zu dessen Gunsten und 
dadurch Verlust des wertenden Augenmaßes für alle Dinge und der Fähig¬ 
keit zu richtiger Einschätzung von Wert und Bedeutung der Erscheinungen 
der Umgebung und der persönlichen Beziehungen zu ihnen; Wertüber¬ 
schätzung des eigenen Ichs durch Identifikation der eigenen Person mit dem 
überwertigen Komplex und als dessen natürlicher Ausdruck im Vorstellungs¬ 
leben Größenwahn; Erklärungswahnideon speziell im Sinne der Beeinträchti¬ 
gung infolge des Widerspruchs zwischen übertriebener Selbst- und geringer 
Fremdeinschätzung resp. objektiven Verhaltens der Umwelt. 

Aus Über Wertigkeit in logischer Beziehung ergibt sich: Unberechtigte 
Steigerung des Wirklichkeits-, Wahrheits- und Richtigkeitswertes und der 
logischen Geltungskraft des überwertigen Komplexes und der ihm ent¬ 
sprechenden Vorstellungen bei gleichzeitiger Herabsetzung der logischen 
Wertigkeit der Gegenvorstellungen; daraus hervorgehend herabgesetzte Kor¬ 
rekturfähigkeit der überwertigen Vorstellungen. Einsichtslosigkeit in ihre 
Mängel und Verständnislosigkeit für das Gewicht widersprechender Tatsachen; 
unberechtigtes Übergewicht des überwertigeu Komplexes im Rahmen der 
Gesamterfahrung, daher Ausgestaltung, Orientierung und Rovidierung de* 
gesamten Erfahrungsmaterials im Sinne der überwertigen Vorstellungen (lo¬ 
gisches Delirium; positive und negative Erinnerungsfälschungen usw.). 

Aus der assoziativen Überwertigkeit ergibt sich: Einengung des Asso¬ 
ziationsbereichs zugunsten des überwertigen Komplexes durch Auswahl der 
Assoziationen in diesem Sinne (Förderung der adäquaten, Fernhaltung der 
Gegenvorstellungen); daraus wieder hervorgehend Herabsetzung der Korrek¬ 
turmöglichkeiten und ^Verstärkung der Überzeugungskraft der überwertigen 
Idee; unberechtigtes Übergewicht des überwertigen Komplexes bei jeder Art 
geistiger Tätigkeit, daher Wahrnehmungs-, Auffassungs-, Urteils- und Er- 
innerungsfälschungen im Sinne und zugunsten der überwertigen Idee; Er¬ 
weiterung der assoziativen Beziehungen durch unberechtigte Beziehungskon¬ 
struktionen (vermehrte Eigenbeziehungen, Beziehungswahn), Bedeutungs- 
Steigerung indifferenter Dinge, Außenprojizierung der eigenen seelischen 
Inhalte. Aktivität des überwertigen Komplexes bei der assoziativen Tätig¬ 
keit (Suchen im Sinue der herrschenden Idee). 

Aus dieser Zusammenstellung gehe als wichtigstes und für die weiteren 
Erörterungen grundlegendes Ergebnis hervor, daß die Überwertigkeit der 
Vorstellungen vermöge der ihr innewohnenden gesteigerten (logischen, asso¬ 
ziativen usw.) Geltungskraft an sich genügt, um von sich aus, ohne weitere 
Mitwirkung besonderer Hilfskräfte, Wahnmechanismen und Wahnvorgänge 
der verschiedensten Art hervorzurufen. Das kann nicht weiter w'undernehmen, 
wenn man bedenkt, daß dieso Uberwertigkeit zum gut Teil die gleichen Er¬ 
scheinungen mit sich führt, die überhaupt den Wahnbildungen zugrunde 
liegen. 

Der Autor sucht nun an der Hand von Beispielen die dargestellten 
psychologischen Zusammenhänge zu veranschaulichen. So bringt er Bei¬ 
spiele aus der Gruppe der sogenannten pathologischen Erfinder, Religions- 

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Stifter und Weltverbesserer, aus der Gruppe der querulatorischen Wahn¬ 
bildung und aus der Gruppe der hypochondrischen, erotischen und Eifer¬ 
suchtsideen. 

Was das Verhältnis der überwertigen Idee zur Wahnidee anbetrifft, 
so hat man zu unterscheiden einmal die Wahngebilde, die mit den über¬ 
wertigen Ideen selbst gegeben, mit ihnen identisch sind, d. b. also die über¬ 
wertigen Vorstellungen von wahnhaftem Inhalt, zum anderen die an die übet- 
wertigen Vorstellungen sich anschließenden, aus ihnen hervorgehenden sekuu- 
dären Wahngebilde. Die überwertigen Ideen haben zwar nicht immer, aber 
doch mit Vorliebe einen wahnhaften Inhalt. Trotzdem darf man überwertige 
Idee und Wahnidee nicht ohne weiteres identifizieren. Die gemeinsamen 
Seiten, die Berührungspunkte dieser beiden Gebilde sind auf formalem 
Gebiete zu suchen. Überwertige Idee ohne wahnhaften Inhalt und Wahnidee 
ohne Überwertigkeitscharakter zeigen an, daß beide pathologische Erschei¬ 
nungen sich trotz aller Berührungspunkte weit voneinander entfernen können. 
Die sekundären, erst aus den überwertigen Vorstellungen sich ergebenden 
und sich an sie anschließenden Wahngebilde stellen Erscheinungen dar. die 
in das allgemeine Gebiet, nicht in eine bestimmte Spezialsphäre der Wahu- 
bildung fallen. Ihrem Auftreten liegen durchaus natürliche psychologische 
Triebkräfte, Bedürfnisse und Notwendigkeiten zugrunde. Voraussetzung für 
sie ist unversehrte Beschaffenheit des sonstigen Geisteslebens oder wenigstens 
der intellektuellen Funktionen. Es scheint dem Autor nicht berechtigt zu 
sein, die zirkumskripten Wahngebilde so streng von den progressiven zu 
trennen, als es Wernicke tut. Er meint, daß gewisse Formen von überwertigen 
Ideen ihrer Natur nach mehr zum Zirkumskript- oder Stationärbleibeu 
tendieren, andere dagegen mehr zum Progessivwerden. Am geringsten für 
eine Wahnbildung sind solche überwertigen Komplexe geeignet, die einfach 
erledigte Tatbestände wiedergeben. Am günstigsten liegen für eine sekun¬ 
däre Wahnbildung, sowohl was den Umfang wie die Ausprägung betrifft, 
jene Fälle, in denen Erlebnisse oder Erfahrungen mit sozial bedeutungsvollen) 
Inhalt zum Anlaß resp. Gegenstand der Überwertigkeit werden. Nicht 
minder von Bedeutung ist die psychische Eigenart des Trägers der über¬ 
wertigen Vorstellungen für die Entstehung und Gestaltung dieser Überwertig¬ 
keitswahnbildungen. Ebenso wie für die Wahnbildung auf Grund pathologischer 
Überwertigkeit muß auch für die Entstehung der überwertigen Idee selbst 
eine besondere Eignung sei es des Erlebnisses, sei es der Persönlichkeit 
herangezogen werden. Der Autor meint, daß die grundlegenden Bedingungen 
für die Entstehung der überwertigen Vorstellungen weniger im Erlebnis als 
in der Person selbst, und zwar in ihrer psychischen Reaktionsart gelegen 
sind. Wenn auch die überwertige Idee mit wahnhaftem Inhalt als Symptomen- 
komplex bei den verschiedensten Psychosen vorkommt, so gibt es doch 
Erkrankungen, für die dieser Erscheinungskomplex geradezu charakteristisch 
ist; diese Art von Fällen kann man deshalb auch mit Recht als besondere 
Krankheitsformen betrachten, ß. stimmt der Ansicht Bonhoeffers zu, daß 
man diese Gruppe bei den psychogenen Krankheitsformen unterbringen muß. 

Aus dem Angeführten, so schließt der Autor seine interessante Ab¬ 
handlung, läßt sich ersehen, daß es trotz aller charakteristischen Eigenheiten, 
welche sich an diesen Überwertigkeitswahnprozessen auffinden lassen, doch 
Schwierigkeiten macht, das ganze Krankheitsbild so eindeutig zu kennzeichnen, 
wie es Wernicke bei seiner Darstellung der zirkumskripten Autopsychose 
aus überwertiger Idee getan hat. Das von ihm entworfene Bild in allen 
Einzelheiten aufrechtzuerhalten, dürfte daher im Hinblick auf die hier 
angedeutete ungewöhnliche Mannigfaltigkeit der möglichen Erscheinungsformen 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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bedenklich sein. Die psychisch bedingten, durch psychologische Mechanismen 
entwickelten psychotischen Prozesse siud eben in allen ihren Wesenszügen 
viel stärker variationsfähig und durch äußere Einflüsse modifikationsfähig, 
als es nun einmal die echton Psychosen sind. 

Becker (16) veröffentlicht den Brief eiuer Patientin, die Stimmen 
hört, aber gegen die Stimmen ankämpft und ihnen noch kritisch gegen- 
übersteht. 

Allen’s (4) Gedankengänge sollen es wahrscheinlich machen, daß Ver¬ 
folgungswahnideen eine Art Verteidigungsreaktion sind, deren Spuren auf 
den ererbten Instinkt zur Selbstverteidigung zurückgeführt werden können. 


Kriegspsycblatrlscbes. 

Bonhoeffer (26) streift zunächst kurz die Wirkungen der Massen¬ 
suggestion zu Beginu des Krieges. Die Einwirkung des Krieges auf das 
Affektgleichgewicht der Masse zeigt sich in einer akut entwickelten Dis¬ 
harmonie zwischen der affektiven und der intellektuellen Seite der Psy¬ 
chose. Die im Gefolge des Krieges beim einzelnen innerhalb des Heeres 
auftretenden psychopathologiscben Reaktionen lassen sich nach B. in ihrer 
überwiegenden Mehrheit gleichfalls auf affektive Desequilibrierung, wenn auch 
anderer Symptomgruppen, zurückführen. In den ersten Mobilmachungstagen 
sind der psychiatrischen Klinik besonders viele Alkoholdeliranten zugegangen. 
Es waren alles Reservisten, aber kein einziger aktiver Soldat war unter 
ihnen. Die Strapazen des Krieges hatten manche latente Epilepsie zum Aus¬ 
bruch gebracht. Bemerkenswert war die große Zahl der psychopathischen 
Konstitutionen unter den Aufgenommenen. Der Krieg war ein eminentes 
Reagens zur Ausscheidung dieser Elemente. In der Friedenszeit werden 
diese Elemente sorgfältig vom Heere ferngehalten, jetzt bei den Massen¬ 
meldungen war eine solche genaue Ausmusterung nicht möglich. Der Krieg 
bringt unter Umständen auch die leichten Fälle psychopathischer Konstitution, 
die im Friedensbeer noch anpassungsfähig bleiben, aus dem Gleichgewicht. 
Die psychischen Störungen, welche die einzelnen Individuen darboten, hatten 
nach keiner Richtung etwas Pathognomonisches für den Krieg. Sowenig es 
eine Wochenbettpsychose im Sinne einer psychiatrischen Entität gibt, ebenso¬ 
wenig gibt es eine Kriegspsychose. Krankheitsbilder, in denen psycho¬ 
pathische Anlage mit eigentlichen Erschöpfungssymptomen sich vermengen, 
entsprechen am ehesten dem, was man als Kriegsspychose bezeichnen könnte 
(neurasthenische Psychosen von Awtokratow). Aus den Statistiken, die B. 
über Häufigkeitsverhältnisse psychischer Störungen bei verschiedenen Armeen 
früherer Feldzüge im Frieden und Krieg gibt, geht hervor, daß eine Zu¬ 
nahme psychischer Störungen erst gegen Ende und nach dem Kriege kon¬ 
statiert wurde. 

Es gibt nach den Beobachtungen von Singer (198) keine Psychose, 
die einzig und allein durch die Besonderheiten des Kriegslebens, der Kriegs¬ 
arbeit bestimmt würde. Der größte Teil der Geisteskranken und Nervösen, 
die in den Lazaretten zur Beobachtung kommen, haben ihre Psychose oder 
Anlage zur Psychose schon vor der Ausmusterung in sich getragen. Den 
Einfluß des Krieges auf die Psyche sah man nicht nur während der Zeit 
der Operationen, sondern schon in der Mobilmachungsperiode. Selbst die 
Normalen sind um diese Zeit in Affekte geraten, die im allgemeinen selten 
gesehen werden. Der Autor geht dann auf die verschiedenen Reaktionen 
ein, die bei den meisten nervös Veranlagten in die Erscheinung traten. 


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710 Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie uud 

Wittermann (248) schildert die Seeleustörungen, die besonders infolge 
der grausigen Wirkungen der schweren Artillerie ausgelöst werden. Der 
Nervengesunde reagiert darauf zunächst mit großer allgemeiner Erschlaffung, 
während der Präformierte akute Geistesstörungen aller Art darbieten kann. 
Aber auch aus dem Nervengesunden kann allmählich durch alle Strapazen. 
Anspannungen und Erregungen ein Neurastheniker werden, der das Bild der 
Überreiztheit des Nervensystems darbietet. Der Autor meint, daß alko¬ 
holische Getränke, trotz der Gefahren, die im Genuß derselben stecken, an 
der Front nicht gut entbehrt werden können. Als Gründe dafür führt er 
an, daß unsere Bevölkerung noch nicht so aufgeklärt ist, daß sie die 
Vorschrift der gänzlichen Enthaltsamkeit verstehen würde. Ferner hat der 
Soldat soviel Unlust, ja Ekelgefühle zu bekämpfen, daß nur die Belebung 
durch etwas Alkohol darüber hiuweghilft. Da man es an der Front ganz 
in der Hand hat, die Alkoholquantitüt, die der einzelne Soldat zu sich 
nehmen darf, zu bestimmen, und davon weitgehendster Gebrauch gemacht 
wird, so könne ein Übermaß nicht eiutreteu. 

Weygandt (243) behaudelt die Fragen der Diensttauglichkeit, der 
Dienstbeschädigung und der Zurechnungsfähigkeit. Bezüglich der ersten 
Frage meint er: Vergegenwärtigen wir uns, daß tatsächlich Deutschland 
immer noch dienstfähige Leute braucht, so ist es ratsam, das Prinzip der 
absoluten Dienstuutauglichkeit jedes psychisch Abnormen einer Revision zu 
unterziehen. Manche Fälle von Schock und Erschöpfung können wieder 
vollkommen dienstfähig werden, und recht zahlreiche Fälle von Hysterischen, 
auch Epileptischen und manchen anderen Störungen leichterer Art könuen 
sich doch so weit erholen, daß sie wenigstens als garuisondiensttauglich zu 
bezeichnen sind; unter Umständen vermögen sie auch in der Etappe und 
Armieruugsarbeit noch gute Dienste zu leisten. Auf manche, wie Hysterisch- 
Pseudologistische, könnte der Dienst bei den Armierungstruppen geradezu 
therapeutische Wirkung ausüben. Was die zweite Frage der Dienstbeschä- 
digung betrifft, so würde der Autor als zweckmäßigste Formulierung der vom 
Arzt zu beantwortenden Frage folgende empfehlen: ,.Ob sich ein Zusammen¬ 
hang des krankhaften Zustandes mit der Kriegsteilnahme annehmen läßt, 
nicht aber, ob der Zustand durch die Kriegsteilnahme mit Gewißheit oder Wahr¬ 
scheinlichkeit verursacht ist.“ Die Bedeutung der Begehrungsvorstellungen bei 
den Unfallversicherten kann durch die Beobachtungen an den Kriegsverletzteu 
nicht abgeschwächt werden. Wir dürfen uns keiner Täuschung hingeben, daß 
auch für letztere die Zoit bald kommen wird. Die Kriegsrentenueurosen 
werden voraussichtlich einen ganz ungeheuren Umfang aunehmen. Zum 
Schluß führt der Autor Fälle an, die auf Zurechnungsfähigkeit zu begut¬ 
achten waren. 

Weygandt (242) gibt in seinem Vortrag zunächst eine historische 
Übersicht aus früheren Feldzügen, wobei er auf den Feldzug 1870/71, auf den 
russisch-japanischen und auf den Balkanfeldzug nähereingeht. Dann schildert 
er die Erregung der Volksseele zu Beginn des gegenwärtigen Krieges, die 
bei der Mobilmachung bei einzelnen Eingezogenen auftretenden Psychosen 
uud Neurosen, den kriegsgefärbten Inhalt ihrer Gefühlsregungen uud Wahnvor¬ 
stellungen. Die Beeinflussung war bei vielen ähnlich wie durch katastrophale 
Ereignisse in Friedenszeiten. Der Autor kommt dann auf einzelne die 
Psyche des Soldaten bedrohende Faktoren zu sprechen wie Sonnenbestrahlung, 
Hirn- und Scbädeltraumen, Hirnerscliüttcrungon ohne direkte Verwundung, 
Erschöpfung und die sich dabei offenbarenden Veränderungen der Psyche. 
Die überwiegenden V eränderungen sind hysterisch - neurasthenischer Art. 
Gegenüber diesor übergroßen Gruppe treten die klinischen Psychosen im 

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engeren Sinne zurück. Letztere werden dann eingehend gewürdigt. Ein 
abschließendes Urteil über die psychiatrischen Einflüsse des Krieges läßt sich 
noch nicht geben. Alles in allem sei aber die Gesamtzahl der Fälle ent¬ 
schieden geringer, als auf Grund früherer Erwägungen anzunehmen war, 
ferner seien die Krankhoitserscheinuugen bei den weitaus meisten Fällen 
leichterer Art, und drittens sei die Prognose der Störungen im ganzeu als 
vorwiegend günstig zu bezeichnen. 

Weyert (240) gibt einen Überblick über die Tätigkeit der Posener psych¬ 
iatrischen Abteilung während eines Jahres. In Betracht kommen 106 Sol¬ 
daten. Davon gehörten dem Offiziorstande 7, dem Unteroffiziorstande 16 und 
dem Mnnnschaftsstando 83 an. Die Hauptkrankheiton waren Dementia praecox 
(23 Fälle), Epilesie (11 Fälle), Imbezillität (20 Fälle) und psychopathische Kon¬ 
stitutionen (2ö Fälle). Die Neurastheniker und Hysteriker wurden zumeist auf 
der inneren Statiou behandelt. Die größere Prozentzahl wurde bereits im ersten 
Dienstjahre als psychisch krank ermittelt und entlassen. Besonders be¬ 
teiligt sind die freiwillig sich Stellenden, weil sie bei der Einstellung manche 
Gebrechon verschweigen, auch sind es oft Leute, die im bürgerlichen Lehen 
Schiffbruch gelitten und sich zum Militär melden, weil sie durch die glän¬ 
zende Außenseite bestochen sind und nun, dem inneren Dienste nicht ge¬ 
wachsen, mehrfach Bestrafungen unterliegen. Der Autor bespricht nun die 
einzelnen Psychosen etwas eingehender, so die Dementia praecox. Bei 
der Mehrzahl dieser Fälle konnte der Beginn der Erkrankung schon vor 
Eintritt ins Heer festgestellt werden. Eigentlich schwere Fälle wurden nicht 
beobachtet, was ja auch natürlich ist. In manchen Fällen waren Remissionen 
eingetreten, und die Leuto hatten iu dieser Zeit anstandslos ihren Dienst 
versehen. Bei einigen Kranken (9 Fälle) konnten deutliche Züge von 
jahrelang zum Teil bereits in der Kindheit bestehendem Schwachsinn nacli- 
gowiesen werden. Der Autor neigt der Ansicht zu, daß es sich bei ihnen 
um Dementia praecox auf dem Boden von Imbezillität, gleichsam um Pfropf- 
hebephrenien handelt. Die Differentialdiagnose zwischen beiden Affektionen 
sei nicht immer ganz leicht. Was den angeborenen Schwachsinn 
betrifft, so ist eine scharfe Grenze zwischen ihm und der (physiologischen) 
geistigen Beschränktheit nicht zu ziehen. Eine erbliche Belastung konnte 
bei 12 von 20 dieser Soldaten nachgewiesen werden. In Fürsorgeerziehung 
hatteu sich 6 befunden, ein gelernter Arbeiter findet sich nicht unter ihnen. 
Bei 15 Soldaten dieser Gruppe war ein schwebendes oder drohendes Gerichts¬ 
verfahren der mehr oder weniger unmittelbare Anlaß zur Einweisung. Von 
den 11 Epileptikern waren 7 erblich belastet. Ein Fall von traumatischer 
Epilepsie war damnter. ln vielen Fällen ist es schwer nachweisbar, ob die 
Epilepsie schon vor Diensteintritt bestanden hat. Trotzdem wurden alle 
11 Manu ohne Versorgung aus dem Heeresdienste entlassen. Unter der 
Zahl der psychopathischen-Konstitutionen waren 13 erblich belastet. 
Eine auffallend hohe Zahl von Soldaten dieser Gruppe hatte in der Anamnese 
Selbstmordversuche. Von den 11 hierhergehörigen Fällen sind 8 als dienst¬ 
unbrauchbar bezeichnet worden. Sein kleines Material der psychopathischen 
Konstitutionen teilt der Autor in folgende Gruppen ein: 1. die erblich de- 
generativeu psychopathischen Konstitutionen im gewöhnlichen Sinne, 2. die 
epileptoiden Charaktere, 3. die Haltlosen. 4. die sexuell Perversen, 5. De¬ 
generierte, mit konstitutionellen Verstimmungszuständen. 6. die traumatisch- 
psychopathischen Konstitutionen. Die einzelnen Gruppen werden nun be¬ 
sprochen und Beispiele mit Krankengeschichten angeführt. Das letzte 
Kapitel behandelt die Kriminalität. Von 81 Soldaten, welche sich beim 
Militär als geistig defekt heransstellten, waren 26 gerichtlich vorbestraft. 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and 


Es verteilen sich auf die 26 Vorbestraften im ganzen 86 Vorstrafen, also 
durchschnittlich auf jeden 3,3 Strafen. Unter den Straftaten, welche die 
geistig defekten Soldaten während der Militärzeit begingen, steheu an erster 
Stello die unerlaubte Entfernung bzw. Fahnenflucht, Nachlässigkeit im Dienst 
und Ungehorsam. Um möglichst alle untauglichen Elemente ans der Armee 
auszuschließen, fordert der Autor, daß dem ausmusternden Militärarzt die 
Führungslisten des auszumusternden Soldaten vom ganzen bisherigen Leben, 
Schulzeit, Lehrzeit, Fürsorgeerziehung, Gefängnis usw. vorliegen müßten. 
In zweifelhaften oder verdächtigen Fällen müßte zunächst eine Einreihnng 
in eine Soldatenarbeiterabteilung erfolgen. Um dieser Maßnahme das Schroffe, 
Ehrgefühlsverletzende zu nehmen, wäre eine grundsätzliche Trennung der 
Arbeiterabteilungen in Mannschaften der 1. und 2. Klasse des Soldaten- 
standes zu fordern. Am zweckmäßigsten wäre die Trennung auch räumlich 
vorzunehmen, um den prinzipiellen Unterschied bereits äußerlich zu kenn¬ 
zeichnen. Der Truppenarzt dieser Abteilung müßte grundsätzlich ein 
Psychiater sein. Bestehen nach genauerer Beobachtung keine Zweifel über 
die geistige Gesundheit eines solchen zunächst in die Arbeiterklasse Ein¬ 
gereihten, zeigt er Eifer und offenkundigen guten Willen, dann müßte seine 
Versetzung in die Truppe erfolgen. Haben sich anderseits Mannschaften 
bei der Truppe strafbar gemacht und haben die militärischen Vorgesetzten 
in den Festungsgefängnissen den Eindruck gewonnen, daß keine genügende 
erzieherische Beeinflussung erzielt ist, eine Haltlosigkeit besteht, die bei der 
Truppe erneute Konflikte voranssehen läßt, dann müßte gleichfalls die Über¬ 
weisung des betreffenden Soldaten in die vom Autor vorgeschlagene For¬ 
mation erfolgen können. Die zweite Klasse des Soldatenstandes würde nur 
aus Soldaten bestehen, deren geistige Gesundheit resp. deren Dienstfähigkeit 
zweifelsfrei ist, und auf welche die ganze Strenge der militärischen Disziplin 
zwecks nachhaltiger erzieherischer Beeinflussung anzuwenden wäre. 

Nach dem Material, welches Westphal und Hübner (239) in der psych¬ 
iatrischen Klinik in Bonn zu sehen Gelegenheit hatten, kommt die sogenannte 
traumatische Neurose bei den Kriegsteilnehmern nicht selten vor. Die ner¬ 
vösen Störungen pflegen fast durchweg bei von Hause aus Disponierten auf¬ 
zutreten. Von auslösenden Momenten scheint die Wirkung von in der 
Nähe platzenden Granateu vornehmlich in Betracht zu kommen. Sämtliche 
Fälle zeigten neben hysterischen auch neurasthenische Symptome. In diesen 
Fällen von sogenannter Granatkommotion war eine bald allgemeine, bald 
mehr lokalisierte sensible und sensorische Hyperästhesie eine auffallende und 
langanhaltende Erscheinung. Die Prognose der traumatischen Neurose 
des Krieges scheint günstiger als die Renteuhysterie. Die Formen der 
Kriegspsychosen sind dieselben wie die im Frieden zu beobachtenden, aber 
die Symptome erhalten mitunter eine bestimmte Färbung durch den auf die 
Kriegserlebnisse eingestellten Gedankengang. Besonders scheint das der Fall 
bei den Manisch-Depressiven zu sein. Dementia praecox-Fälle wurden selten 
beobachtet. Es wurden 3 in akuter Weise tödlich verlaufende Psychosen 
beobachtet, für welche die Sektion bisher keine Grundlage gegeben hat 
Der Krankheitsverlauf entsprach dem Delirium acutum. Es ist möglich, daß 
einzelne dieser Fälle atypischen Alkoholdelirion entsprechen. Im zweiten 
Teil der Arbeit bespricht Hüben er das Problem der Dienstfähigkeit, die 
Beurteilung nach der Berechtigung gestellter Versorgungsansprüche und nach 
der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. 

Stransky (220) betont wie sämtliche anderen Beobachter, daß es eine 
besondere Kriegspsychose nicht gibt. Kriegserlebnisse wirken in psycho¬ 
genem Sinne in doppelter Weise, indem sie einmal psychische IVaumen 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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setzen, und ferner indem häufig auch als solche nicht eigentlich psychogene 
Krankheitszustände eine der Kriegssituation konforme psychogene Note in 
Ausdruck uud Inhalt anzunehmen scheinen. Dem ersten Moment entsprechen 
die Fälle von pathologischem Affekt, von „Kriegsknall“. Bei sonst be- 
sonueneu Menschen tritt episodisch ein Zustand von furchtbarer zornmütiger 
Erregung mit sinnloser Schimpferei und Aggression gegen andere, auch Vor¬ 
gesetzte aus verhältnismäßig geringfügigem Anlaß ein. Das Gegenstück zu 
ihnen bilden viele Verwundete, die einen auffälligen Gleichmut, eine ab¬ 
norme Apathie an den Tag legen. Im folgenden bespricht dann der Autor 
dio psychologische Reaktion des einzelnen im Kriege. Er kennzeichnet die 
Übermüdungs- oder Erschöpfungserscheinung, die gleichsam als Reaktion 
auf die lang erzwungene, heroische Zurückdrängung. der natürlichen Re¬ 
gungen der Ermüdung und des Krankheitsgefühls zurückzuführen ist. Die 
hemmungslose, gleichsam zur alltäglichen Selbstverständlichkeit werdende 
Hingabe so vieler an die gefahrvollsten Pflichten des Kriegsdienstes erklärt 
der Autor einmal aus der Häufung oder mächtigen Intensität von ein¬ 
dringenden Sinnesreizen, deren geistige oder gemütliche Verarbeitung gleichsam 
negativkompensatorisch die Aktionsenergie auf anderen sensorischen und 
assoziativen Gebieten abstumpft, wozu noch in besonderen Situationen die 
durch expansive Affektwellen bedingte Einengung des Vorstellungslebens 
kommt. Für andere Fälle reichen die „Abblendungs- und die Einengungs¬ 
theorie“ nicht aus, vielmehr müsse man da an eine Art Adaption der Lust¬ 
betonungen denken, wie man sie bei der Erlernung und Ausübung gewisser 
gefahrbringender Sportübungen erlebt 

Von Steiner (214) wird über die in einem Kriegslazarett gemachten 
neurologisch-psychiatrischen' Erfahrungen berichtet. Die Einrichtung einer 
Nervenabteilung erwies sich in dem betreffenden Lazarett als notwendig, 
und zwar wurde dieselbe abgelegen von den übrigen Lazarettabteilungen an¬ 
gelegt, was sich als nützlich erwies; aus der gemeinsamen Unterbringung 
von Nervös-, Psychisch-Nervös- und Psychischkranken haben sich keine Un¬ 
zuträglichkeiten ergeben, besonders auch weil für die wenigen erregten Geistes¬ 
kranken ein vom Hauptgebäude getrennter Absonderungsraum geschaffen 
werden konnte. Aus den Beobachtungen läßt sich urteilen, daß die psy¬ 
chischen uud nervösen Erkrankungen der Kriegsteilnehmer in keiner Weise 
ein anderes Aussehen haben wie die in Betracht kommenden Erkrankungen 
in Friedenszeit. Kriegspsychosen und Kriegsneurosen gibt es nicht. Auch 
die Erkrankungshäufigkeit ist eine geringe. Die Häufigkeit der einzelnen 
Geistes- und Nervenkrankheiten im Vergleich zueinander mag gegenüber 
Friedenszeiten verschieden sein, was hauptsächlich auf die körperliche und 
seelische Anspannung und die Einwirkung von schweren seelischen Traumen 
(Minen- und Granatexplosionen) zurückzuführen ist. Auf Grund der ge¬ 
machten Erfahrungen wird das Urteil abgegeben, daß der Zustand der 
Nerven und der Psyche im Heere vorzüglich ist. (Misch.) 

Resch (177) bespricht die Beziehungen des Krieges zu den Geistes¬ 
krankheiten. Er weist zunächst darauf hin, wie auch in den vorhergegangenen 
Kriegen nach 1870, im russisch-japanischen, im Burenkrioge usw. die Zahl 
der Geisteskranken erheblich zugenommen hat, und so wird es noch mehr 
in dem gegenwärtigen sein, der an Gewalt alle bisherigen übertrifft. 
Er schildert die Momente, welche in ätiologischer Hinsicht in Betracht 
kommen, zunächst die Spannung unmittelbar vor der Mobilmachung, die 
seelischen Erregungen beim Abschied von der Heimat, die Strapazen des 
Feldzuges, die körperlichen und seelischen Erschütterungen im Stellungs¬ 
und Bewegungskrieg. Dann analysiert er die Fälle, welche in der Heil- 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


und Ptlegeanstalt Bayreuth zur Beobachtung kamen. Unter diesen befanden 
sich noch 7 Kriegsteilnehmer von 1870/71 und einer von der Chinaexpe¬ 
dition. Die Kranken aus dem gegenwärtigen Kriege gehören zumeist fol¬ 
genden Gruppen an: Manisch-Depressive, Jugendirresein, Epileptiker, Imbe¬ 
zille und Psychopathen, Hysteriker und Neurastheniker bzw. zur Klasse 
der traumatischen Neurose Gehörende. Zum Schluß bespricht er die Be¬ 
handlung und Versorgung dieser Kranken, wobeier auf die von der Militär¬ 
verwaltung getroffenen Vorkehrungen eingeht. 

Moravcsik (1Ö4) betont, daß bei Würdigung des Einflusses, welchen 
der Krieg auf die nervösen und psychischen Erkrankungen ausübt, auch ver¬ 
schiedene endo- und exogene Faktoren berücksichtigt werden müssen. Gewisse 
Momente, wie Ambition, patriotisches Gefühl, Pflichtbewußtsein, Begeisterung 
können sowohl die körperliche als auch die psychische Leistungsfähigkeit 
steigern. — Verf. findet keine besondere Zunahme der psychischen Erkran¬ 
kungen, auch bringt der Krieg keine neuen charakteristischen Geistes¬ 
krankheiten hervor. Eine starke Zunahme zeigen die Nervenleiden, sowohl 
organische als auch funktionelle. Da die meisten Verletzungen sich auf die 
Extremitäten beschränken, sind auch die peripheren Nervenverletzungen be¬ 
sonders häufig. Häufig sind aber Herderscheinungen von seiten des Gehirnes 
und des Rückenmarkes. Unter Schockeinwirkung kommt es oft zu paraple- 
gischen Erscheinungen der Beine, doch ohne Blasen-, Mastdarmstörungen 
und ohne Dekubitus. Oft sah der Verf. eine plötzlich auftretende Taub¬ 
stummheit, ähnlich dem Charcotschen Typus bei Hysterie, wo die Kranken 
überhaupt keinen Versuch machen, zu sprechen; bei diesen Fällen fand 
Moravcsik oft Einengung des Gesichtsfeldes mit Inversion der Farben und 
mit fehlender Suggestibilität; diese letztere scheint ihm dadurch bedingt, daß 
die Furcht vor einer abermaligen Erkrankung bei neuerlichem Felddienste 
eine antisuggestive Wirkung ausübt. — Bei den Psychosen handelt es sich 
entweder um die Verschlimmerung eines bereits bestandenen Leidens (Paralyse, 
Dementia praecox, Alkoholismus) oder um akute halluzinatorische Formen, 
welche aber zumeist rasch heilen. Häufig sind einfache nervöse Erschöpfungs¬ 
zustände mit Neigung zur Heilung, oft aber kommt es auch zu stürmischen 
neurasthenischen Depressionen mit vasomotorischen Erscheinungen. — Unter 
dem Einflüsse des Kriegsausbruches und seinen Vorbereitungen kommt es 
auch bei weder direkt noch indirekt betroffenen Personen zu schweren Er¬ 
krankungen, wenn eine gewisse Disposition vorhanden ist: Hysterie. Neur¬ 
asthenie, Arteriosklerose. Personen letzterer Kategorie zeigen oft flüchtige 
paranoide Wahnbildungen: Beobachtungs-, Verfolgungswahn, Gefühl der Ver¬ 
dächtigung wegen Spionage: auch diese Formen haben eine gute Heilungs¬ 
tendenz. ( Hudovn-nig.) 

Moll (172) hat die Lazarette des westlichen Kriegsschauplatzes besucht 
und Studien über Kriegspsychosen gemacht. Seine erworbenen Erfahrungen 
faßt er in folgende Sätze zusammen: 1. Psychosen sind auf dem westlichen 
Kriegsschauplatz bisher nicht in großer Zahl aufgetreten. 2. Alkoholische 
Geistesstörungen, desgleichen reine Imbezillität sind in ganz besonders ge¬ 
ringer Zahl aufgetreten. .!. Manche Geisteskrankheiten, besonders posttyphöse, 
hängen nur mittelbar mit dem Krieg zusammen. 4. Die meisten anderen 
Krankheiten sind durch den Krieg höchstens beschleunigt, nicht aber hervor¬ 
gerufen worden. .1. Schwere psychische Symptome neurastheuischer oder 
hysterischer Natur kommen auch ohne erbliche Belastung und ohne frühere 
Neurasthenie oder Hysterie vor. 6. Erkrankungen der letzteren Art behandle 
man so schnell als möglich, um das Chronischwerden zu verhindern, sei es 
in der Heimat, sei es in der Etappe. Und zwar lege man auf die psychische 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


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Behaudlung einen besonderen Wert. 7. Erscheinungen von Massenpsychose 
wie in der Heimat gibt es im Felde nicht. 

Meyer (148) berichtet über die gleichzeitige psychische Erkrankung 
einer Familie, Matter und zwei Töchter, unter dem direkten Einfluß des 
Krieges. Durch den Einfall der Hussen in die Memeler Gegend wurde die 
Familie vertrieben und nahm ihren Weg über die an zusammenhängenden 
Ortschaften wie an Bewohnern arme Kurische Nehrung. Bei allen drei 
Familienmitgliedern lag das gleiche Krankheitsbild vor: Eine traumhafte 
Bewußtseinstrübung mit sehr zahlreichen äußerst lebhaften Sinnestäuschungen 
auf allen Gebieten, mit besonders vielfachen illusionären Andeutungen und 
Wahuideen, starker Angst und Erregung. Besonders bezeichnend war die 
eigenartige wahuhafte Verfälschung der gesamten Vorkommnisse, alles erschien 
ihnen geheimnisvoll, voll dunkler Andeutungen und Beziehungen, verändert, 
wie weit entfernt, wirklich und doch unwirklich wie auf der Bühne. Dabei 
haben die wahnhafteu Andeutungen im Verein mit den Halluzinationen 
und Illusionen sich zu einem Wahnsystem zusammengeschlossen, in dem 
alle die an sich rätselhaften Vorkommnisse für die Kraukeu innerlich 
zusammenhängend und logisch begründet erschienen. Daboi war an¬ 
scheinend stets die Orientierung zur Person, meist auch die über Ort 
und Zeit erhalten und das äußere Verhalten, abgesehen von zeit¬ 
weisen Erregungen, im wesentlichen geordnet. Das Bild entspricht nach 
Ansicht des Autors am ersten dem Bilde der Halluzinose, wie sie am be¬ 
kanntesten bei Trinkern in die Erscheinung tritt, aber auch bei körper¬ 
lichen Erkrankungen oft beobachtet wird. Es sei aber nicht auszuschließen, 
daß hier auch ein psychogenes Moment in Frage kommt. 

Meyer (147) ist der Ansicht, daß die Differentialdiagnose der psycho¬ 
genen Reaktion der Psychopathen gegenüber ähnlichen Bildern der Dementia 
praecox aus dem Nachweis eiues stark affektbetonten Erlebnisses, einer 
Situation (wie sie jetzt im Kriege so vielfach auf den Menschen ein- 
dringen) nicht angängig ist, sondern daß sie in den Krankheitsbildern selbst 
fußen muß. 

Meyer (146) war in der Lage, etwa 70 weibliche Kranke einer Anstalt 
zu beobachten, die eine ganze Reihe von Tagen den Schrecken des Krieges 
besonders preisgegeben waren, insofern die Anstalt während dieser Zeit in¬ 
folge ihrer Lage dem Feuer russischer Geschütze ausgesetzt war. Die 
Anstalt war mehrfach von Granaten getroffen, eine Anzahl Kranke waren 
getötet oder verwundet, die Kranken mußten in den Kellern sich vielfach 
aufhalten. Bei ihrer Ankunft in der Universitätsklinik sprachen nur einzelne 
Kranke vom Schießen, einige wollten abends unter die Betten kriechen. Im 
übrigen machten die Kranken bei der Aufnahme wie am anderen Morgen 
und weiterhin in keiuer Weise eiueu anderen Eindruck, als wenn sie einer 
beliebigen anderen Ursache wegen nach stundenlanger Bahnfahrt eingetroffen 
wären. Zumeist handelte es sich um ältere Fälle von Dementia praecox. 
Die Untersuchung mehrorer Kranken, insbesondere solcher, die vom Kriege 
gesprochen oder sich unter den Betten zu verstecken gesucht hatten, ergab, 
daß sie von der Beschießung wußten und auch zum Teil Einzelheiten dar¬ 
über angeben konnten; auch ein wenig über den Krieg unterrichtet waren. 
Im übrigen zeigten sie keinerlei Beeinflussung des Krankhoitsbildes. Ebenso 
hatte sich bei den sonstigen Insassen des Klinik eine Beeinflussung be¬ 
stehender Psychoson durch den Krieg oder Kriegsausbruch nicht ergeben. 

Mendel (142) hebt das verhältnismäßig seltene Aufgetreten der Psychosen 
im gegenwärtigen Kriege hervor (es war das noch im Beginn des Feldzuges). 
Eigentliche Kriegspsychosen gäbe es nicht, hingegen könne der Krieg — 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


wie das Trauma — der Psychose ein besonderes Gepräge geben. M. sah 
eine Anzahl von Fällen von Dementia praecox, dagegen keinen Fall von 
manisch-depressivem Irresein. Viele chronische Alkoholisten kamen wegen 
Achtungsverletzung gegenüber dem Vorgesetzten mit dem Strafgesetz in 
Konflikt. Im zweiten Teil des Aufsatzes führt der Autor einzelne 
Hirnverletzungen an, deren Ausfallserscheinungssymptome fast wie experi¬ 
mentell erzeugt erschienen. In 5 Fällen, bei denen die A. femoralis unter¬ 
bunden war, fand sich eine typische Peroneuslähmung, ohne daß durch den 
Schuß oder durch Lagerung der Peroneus verletzt war. M. hält daher diese 
Lähmung für eine ischämische. Der Autor konnte zahlreiche Fälle von 
Morbus Basedowii und besonders viel Fälle von akuter Neurasthenie beob¬ 
achten. Als prämonitorisches Symptom des Tetanus erwähnt M. erhöhte, 
allgemeine Reizbarkeit und Stimmungswechsel; er hat das Leiden niemals 
im Anschluß an leichtere Verletzungen beobachtet. 

LÖwy (136) berichtet, daß bei seiner Mannschaft (Engländern) unter 
etwa 1000 gewohnheitsmäßigen teils mäßigen, teils starken Biertrinkern nach 
wochenlanger Abstinenz unter sonst für das Delirium tremens disponierenden 
Momenten, wie Darmstörungen, Fieber, Pneumonien usw., kein einziges Ab¬ 
stinenzdelir vorgekommeu ist. Er glaubt, daß die günstige Wirkung der starken 
Bewegung und dem ständigen Aufenthalt in der frischen Luft zuzuschreiben 
ist. Auffällig war ihm ferner ein besonderer Gesichtausdruck bei den dem 
Artilleriefeuer lange ausgesetzt Gewesenen (Kanonengesicht). Es zeigte sich 
ein Ausdruck düsterer Spannung im Gesicht, der bei einzelnen auch etwas 
Weltschmerzlich- Ironisches hatte. Es traten ferner bei der Mannschaft nach 
schwerer Beschießung gehäufte Klagen über Parästhesien und Schwäche¬ 
gefühl in den Beinen auf; diese Sensationen fixierten sich bei einer Anzahl 
und bestanden dann tage- und wochenlang, auch wenn die Truppe aus dem 
Feuerberoich war. Bei einer Anzald stellten sich psychopathische Episoden 
von Erregung und reaktiver Depression ein. Bald überwog die Apathie, 
bald die Erregung, am häufigsten war eine Mischung von Depression, Er¬ 
regbarkeit und Apathie vorhanden. 

Nach Laudenheimer (130) ist die Disposition das ausschlaggebende 
Moment für die psychisch-uervösen Erkrankungen im Felde. Als disponierend 
im weiteren Sinne hat auch die Zugehörigkeit zu den höheren oder gehobenen 
Berufen zu gelten. Am stärksten disponiert sind die ängstlich-depressiven 
Konstutionen. Die sehr seltenen Fälle, wo anscheinend bei Nichtdisponierten 
durch Kriegsereignisse psychoneurotischc Störungen entstehen, äußern sich in 
hysteroiden Symptomen und schließen sich vorwiegend an Granatenexplosionen 
an. .Für die Wiederherstellung der Felddienstfähigkeit ist die Prognose bei 
den Ängstlich-Depressiven am schlechtesten, bei den einfachen Neurasthenikern 
(= Erschöpften) am günstigten. Epileptoide Konstitutionen, auch ohne 
epileptische Anfälle, sind, weil zu Konflikten mit der Disziplin neigend, im 
Felde bedenklich. Diese Punkte sind für den bei der Aushebung tätigen 
Arzt besonders wichtig. 

Juliusburger (108) bespricht drei Fälle von Kriegsneurose bei Personen, 
bei denen ein starker femininer Einschlag im Seelenleben und auch in den 
körperlichen Ausdrucksbewegungen hervortrat, und die außerdem ausgesprochen 
infantile Züge aufwiesen. Die psychosexnello Indifferenziertheit dieser 
Individuen, wodurch der feminine Zug in ihrer psychophysischen Konstitution 
bedingt war, muß nach Ansicht des Autors als der Ausdruck einer Ent¬ 
wicklungsstörung angesehen werden. ln dem femininen Charakter der 
Patienten kommt nicht ein Stück weiblichen Wesens rein und unverfälscht 
zum Ausdruck, sondern es erscheint gleichfalls nicht rein entwickelt, es gibt 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


717 


sich mehr verzerrt und getrübt. Das Fehlen der aktiven und aggressiven 
(männnlicheu) Komponente in den vorliegenden Fällen kann nicht einfach 
und ausschließlich aus dem femininen Grundzuge abgeleitet werden, sondern 
in jener Ausfallsstörung hätte man gleichfalls eine Störung in der Ausreifung 
und Ausbildung jener psychophysischen Mechanismen und Energien zu 
erblicken, welchen der Drang zur Aktivität, der Wille zur Macht und Stärke 
entsprechen. Der Mangel an Begeisterung zum Kriege, die völlige Kritik¬ 
losigkeit den großen Ereignissen gegenüber, das in allen derartigen Fällen 
wiederkehrende Verlangen nach Frieden um jeden Preis ist sicher im 
Zusammenhänge mit dem verzerrten und überweichen Mitleid 'anzusehen 
als der Ausdruck einer Entwicklungsstörung der höheren seelischen Betätigung. 
Derartige Individuen zeigen häufig Erscheinungen in ihrem Seelenleben, die 
anf sehr tiefliegenden Entwicklungsstörungen boruhen und in das Gebiet 
des Atavismus gehören. Von diesen ausgeprägten Fällen von psychosexueller 
Indifferenziertheit mit starkem Hervortreten der femininen Komponente 
sieht man fließende Übergange zu denjenigen Individuen, wo die Entwicklnngs- 
störung nur einen geringen oder wenigstens keinen beträchtlichen Grad erreicht 
hat, immerhin aber soweit gediehen ist, daß manche Krankheitserscheinungen 
hierdurch hervorgerufen und bestimmt werden oder aber eine eigenartige 
Färbung und Prägung erfahren. Man wird die infantilen, femininen Züge 
in der psychosomatischen Konstitution zahlreicher Fälle von Kriegsneurose, 
Psychasthenie nicht vermissen. Man wird diese Fälle leicht von den Fällen 
echter traumatischer Neurose im Sinne Oppenheims unterscheiden; bei 
diesen fehlt vollständig die Entwicklungsstörung von dor gekennzeichneten Art. 
Gerade das Fehlen derselben ist dem Autor ein Beweis für die Richtigkeit 
des Krankheitsbildes der traumatischen Neurose durch Oppenheim. (Damit 
setzt sich der Autor allerdings in einen Gegensatz zu denjenigen Forschern, 
und das ist wohl die überwiegende Mehrzahl der Neurologen, die gerade auch 
bei der sog. traumatischen Neurose erkannt haben, daß es sich fast aus¬ 
nahmslos um Personen handelt, deren Konstitution eine minderwertige, und 
zwar eine angeboren minderwertige ist, ohne daß sie allerdings gerade eine 
feminine zu sein braucht. Ref.) Der Autor führt dann noch ein Beispiel an, daß 
man solche infantilen Charaktere auch unter dem weiblichen Geschlecht findet. 

Jolly (107) gibt eine Übersicht über 319 Nervenkranke, die er in 
ca. Vj Jahr im Lazarett zu beobachten Gelegenheit hatte, ln 13 Fällen 
handelte es sich um angeborenen Schwachsinn, auch eine große Reihe von 
Psychopathen fand sich unter dem Material. Für die güte Auslese, welche 
bei den militärischen Musterungen getroffen wird, spricht der Umstand, daß 
sich nur unter den Ersatzreservisten, nicht aber unter den Rekruten Leute 
fanden, bei denen die Diagnose auf allgemeine Körper- und Nervenschwäche 
zu stellen war. Ein großes Kontigent zum Material der Station stellten 
die Neurastheniker (etwa 80 an Zahl). Fast alle waren schon vor dem 
Feldzug, in der Regel schon seit langen Jahren nervös gewesen. In einer 
auffallend großen Anzahl von Fällen (etwa 60) lautete die Diagnose auf 
Hysterie. Aus diesem Kapitel bringt der Autor einige Einzelbeobachtungen, 
die manches Interessante bieten. Epilepsie war nicht häufig. Einer ge¬ 
sonderten Besprechung unterzieht der Autor die Fälle von nervösen Folgen 
nach Granatschock. Hier wirkt einmal das Bewußtsein der Gefahr, dann 
der scheußliche Tod von Kameraden, dann der immense Luftdruck und 
die giftigen Gase der Granate, wobei die Mannschaften oft zu Boden oder 
gegen Bäume geschleudert werden usw. Fast immer tritt Bewußtlosigkeit 
ein, die kürzere oder längere Zeit dauert. Die ins Lazarett gekommenen 
Mannschaften klagten über Schwiudelerscheinungen, Kopfschmerzen und 


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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


Hörstörungen. Es ließ sich fast immer eine gesteigerte Erregbarkeit der 
Herztätigkeit, Lebhaftigkeit der Kniephänomene, gesteigerte mechanische 
Muskelerregbarkeit, ausgesprochenes vasomotorisches Nachröten und deut¬ 
liche Erregbarkeit des Gemüts feststellen, ln allgemeinen kann man 
dieses Krankheitsbild als neurasthcnisches bezeichnen, wobei aber auch 
mannigfache hysterische Erscheinungen mit hinzu!raten. Den Schluß der 
Übersicht, die der Autor gibt, bilden die nervösen Störungen nach Kopf¬ 
schüssen und die peripherischen Lähmungen. 

Higier (88): Der Soldat, in dessen Nähe eine Granate explodierte, 
fiel sofort um. Die ersten (> Wochen nach dem Unfall sind dem Gedächtnis 
ganz entschwunden, im Lazarett, dem er Mitte der 5. Krankheitswoche 
zugeführt wurde, lag er halbbewußt, in einem Dämmerzustand, aus dem er 
sehr schwer zu erwecken war. Die Augen waren ganz geschlossen oder 
über der Norm geöffnet und vor sich vag hinsehend. Die Sensibilität war auf¬ 
gehoben, Bewegungen und Rellexe intakt. Die Pupillen reagierten träge. Auf 
äußere Reflexe und Ansprechen reagierte er wenig oder gar nicht. Urin ließ er 
unter sich. Nahrung nahm er zu sich, insofern man sie ihm in den Mund schob. 
2—3 Wochen später war er bedeutend regsamer, erweckbarer, setzte sich 
auf, öffnete die Augen, nahm selbst den Löffel in die Hand und Nahrung 
von dem Teller, verließ das Bett, wich auf dem Wege Hindernissen aus, 
alles jedoch noch im Halbschlafe. Keine Laute gab er von sich, Fragen beant¬ 
wortete er nicht. Von Anfang an führt der Kopf langsame pendelartige 
Bewegungen in horizontaler und vertikaler Richtung aus, seltener nahm an 
denselben der ganze Rumpf teil. Nach den ersten kalten drei Abreibungen fing 
er an zu erwachen, brachte einzelne unartikulierte Laute hervor, allmählich 
produzierte er leise und undeutlich einzelne Worte. Er ist aber auch jetzt, 
nachdem die Sprache ganz zurückgekehrt ist, für die ersten Wochen noch 
ganz amnestisch, vergißt auch sehr vieles von dem, was ihm vor ein paar 
Stunden gesagt wurde. Der Zustand bessert sich mit jedem Tag. Hallu¬ 
zinationen waren nie vorhanden. Auffallend war die die ersten 2 Monate 
ohne objektiv nachweisbare Ursache anhaltende subfebrile Temperatur 
(36,8—37,6). Der noch am meisten an den altbekannten hysterischen 
Somnambulismus erinnernde Zustand ist von Milli&n unlängst als Kriegs¬ 
hypnose beschrieben worden. ( Selbstbericht.) 

Gemeinsam ist den von Fuchs (69) beobachteten Mobilmachungspsy¬ 
chosen: 1. Die Ätiologie: kongenitale Entartung und Mobilmachungserregung. 
2. Der akute Beginn. 3. Die Stellung des Ich im Gefahrenmittelpunkt-. 4. Die 
Todesangst mit äußerstem Affektausdruck. 5. Dio das Subjektive der Situation 
ergänzenden und gewissermaßen beweisenden Halluzinationen; erst jeweils 
mit deren Eintritt wurde die Psychose vollständig. 6. Somatische Symptome 
7. Der rasche Verlauf der akutesten Periode. 8. Die relativ günstige Pro¬ 
gnose baldiger symptomatischer Besserung. 9. Die Gefahr paranoider Weiter¬ 
entwicklung. 10. Die Mobilmachungspsychoseu weisen die verschiedenste 
Ätiologie auf. Immer aber besteht eine gewisse Degeneration. 11. Die 
echte Mobilmachungspsyehose im engeren Sinn ist ätiologisch eine reine 
Angstpsychose. 12. Sie entsteht auf dem Bodeu einer besonders gefärbten 
Degeneration. 13. Die individuelle Disposition besteht in oiner angeborenen 
Erlebnisunfähigkeit. Diese Minderwertigkeit ist eine Korrelation von vaso¬ 
motorischer Übererregbarkeit und von apperzeptiver Schwäche, von Mangel an 
Willenskraft. 14. Der Abgang dieser unheilbar Minderwertigen ist für die 
Armee ein Glück. 

Consiglio’s (39) Arbeit gibt in einer sehr umfassenden Art eine Statistik 
der wegen psychischer Krankheiten, Neurosen oder psychischer Abnormitäten 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


719 


aus dem italienischen Heere ausgemusterten Soldaten. Es werden die ein¬ 
zelnen Abarten psychischer Anomalie beschrieben und der Anteil genannt, 
den die einzelnen Provinzen Italiens zu diesem Kontingent der Ausgemusterten 
liefern. Außerdem wird neben einer Statistik der verbrecherischen Elemente 
des Heeres den Erscheinungen, in welchen sich diese Verbrechen offenbaren, 
nachgegaugen. Zum größten Teil sind es Elemente, die trotz sorgfältiger 
Musterung in ihrer psychischen Anomalie nicht erkannt wurden. 

Bickel (19), sich auf Experimente von Mosso über Vasokonstriktions- 
erscheiuuugen an der Körpertiäche bei geistiger Anstrengung stützend, 
sucht nachzuweisen, daß körperliche Überanstrengungen und Entbehrungen, 
Alkoholmißbrauch usw. solche Störungen auszulösen vermögen, die auf 
eine gesteigerte Erregung der Großhirnrinde oder einzelner Hirnrindeu- 
zontren hinweiseu. Diese Wirkung, welche durch die Funktionsstörung 
der Vasokonstriktoren hervorgebracht wird, summiert sich zu dem Einfluß 
der Erregung, welche psychologisch motiviert ist und sich allenthalben 
in Kriegszeiten geltend macht. Dieselben Schädlichkeiten, welche die zere¬ 
brale Innervation der Vasokonstriktoren stören und dadurch den Energie¬ 
gehalt der Hirnrinde steigern, schädigen andererseits aber auch die Hirn¬ 
rinde in ihrer Gesamtheit, d. h. auch diejenigen Bahnen, welche dem 
psychischen Geschehen unmittelbar dienen, und rufen so Lähmungs- bzw. 
Ermüdungserscheinungen auf psychischem Gebiete hervor. Aus dieser ver¬ 
schiedenartigen Wirkungsweise derselben Schädlichkeit resultiere ein Gemisch 
von Reiz- und Ermüdungssymptomeu, wie es die auf Erschöpfung beruhenden 
Neurasthenien charakterisiert. 

Aschaffenburg’s (10) Aufsatz stellt in gedrängter Kürze eine An¬ 
weisung dar, wie Kricgsverletzte in neurologisch-psychiatrischer Weise zu 
untersuchen und zu behandeln sind. Sie ist auf Ersuchen des Generalstabs¬ 
arztes der Armee ausgearbeitet, und durch das Kriegsministerium den Chef¬ 
ärzten der Eestungs- und Reservelazarette der Heimat zugeschickt worden. 
Sie enthält: 1. allgemeine Vorbemerkungen, 2. spezielle Diagnosen, 3. Be¬ 
handlung, 4. Dienstfähigkeit. Da sie aus der Erfahrung eines berufenen 
Fachmauns stammt, so ist hier in Kürze in sehr zweckmäßiger Form das 
Wesentliche kurz zusammengefaßt. 

Krankheitstypen. 

Bleuler (23) schildert zunächst die Störungen, welche den senilen 
Psychosen gemeinsam sind. Zunächst geht er auf den Gedächtnisdefekt ein. 
Besonders die Erlebnisse der letzten Zeit werden sehr rasch, in den schweren 
Fällen unmittelbar, vergessen. Leider beschreibt man, sagt B., seit Wernicke 
diese Art Gedächtnisstörung unter den Namen eines Defektes der Merk- 
fähigkeit und des.Korsakowschen Symptomenkomplexes. Eine Störung der 
Merkfähigkeit wäre aber nicht das Wesentliche an dem organischen Ge¬ 
dächtnisdefekt. Abgesehen von den höchstgradigen Fällen werden die Er¬ 
lebnisse doch gemerkt, sie können kurze Zeit, minuten- oder tagelang noch 
reproduziert werden, verlieren aber rasch ihre Ekphorierbarkoit. Die Ver¬ 
legenheitskonfabulation zur Ausfüllung des Gedächtnisdefektes sei für diese 
Kranken pathognomonisch. Daß diese Konfabulationen aber lenkbar sind 
und daß sie eine Leere ausfüllen, unterscheidet sie scharf von den Gedächtnis¬ 
halluzinationen der Schizophrenie, die plötzlich auftauchen, in eine Ver¬ 
gangenheit hineingesetzt werden, die im übrigen gut erinnert wird, und die 
durch äußere Einflüsse kaum zu verändern sind, höchstens wie paranoide 
Wahngebilde mit der Zeit etwas umgebildet werden. Die Assoziationen bei 


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720 Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 

den Senilen werden eingeschränkt, und zwar nicht wie beim Idioteu in dem 
Sinne, daß das Kompliziertere und das weniger Gewohnte nicht gedacht 
werden kann, sondern deutlich in der Weise, daß das, was gerade einem 
aktuellen Affekt, einer Strebung entspricht, gut oder leidlich gedacht wird, 
das Gleichgültige und das der Strebung Widersprechende gar nicht hinzu¬ 
gezogen werden kann. Durchgehend ist eine egozentrische Einengung bei 
den Senilen nicht, sie fehlt vor allem bei allen manisch Erregten. Charakte¬ 
ristisch sei die Neigung zur Perseveration, sie beruht auf der Gedächtnis¬ 
schwäche und auf der Verlangsamung des zeitlichen Verlaufes der Asso¬ 
ziationen. Eine weitere wichtige Störung ist die Labilität der Affekte, der 
Affekt steigt rasch an, verliert sich aber auch wieder sehr rasch. Die Be¬ 
hauptung, daß bei den Senilen die feineren Regungen, die ethischen Gefühle 
zugrunde geheu, sei nicht richtig. Die Kranken fassen vieles nicht auf, 
worauf die Gesunden reagieren; dann können sie natürlich auch nicht die 
entsprechenden Affekte haben. Bei den nicht seltenen sexuellen Verbrechen 
Seniler bandelt es sich nicht um eine eigentliche ethische Störung, sondern 
die Beschränkung der Assoziationen läßt die Kranken in einem Kinde nur 
noch das Weib sehen, während alle anderen Assoziationen nicht mehr herbei¬ 
gezogen werden können. Die sog. Gleichgültigkeit des Organischen sei 
also gar keine eigentliche Affektstörung, sondern eine normale Gefühlslage 
bei eingeschränkten Assoziationen. Die auffälligsten Charakteristika des 
oiganischen Blödsinns sind affektive Inkontinenz, die Kritiklosigkeit und 
die große Vergeßlichkeit bei relativ besser erhalteuer Erinnerung der früheren 
Erlebnisse. Nachdem der Autor noch die akzessorischen Symptome be¬ 
sprochen hat, skizziert er kurz das arteriosklerotische Irresein, die Dementia 
senilis und die Presbyophrenie. 

Nach Auffassung von Frey (68) ist die Alzheimersche Krankheit, 
von der er zwei Fälle klinisch und anatomisch untersuchen konnte, 
trotz der eigentümlichen Sprach- und praktischen Störungen keine selb¬ 
ständige Krankheit, sondern eine atypische Form der senilen Demenz. Sie 
kommt nicht nur im präsenilcn Alter zur Ausbildung, sondern wird auch 
im vorgeschrittenen Alter beobachtet, obzwar ihr Vorkommen im präsenilen 
Alter ein viel häufigeres ist. Bezüglich der anatomischen Veränderungen 
besteht ein Unterschied zwischen den beiden Formen nur in ihrer Loka¬ 
lisation und ihrem Grad. Die schwersten anatomischen Veränderungen der 
AIzheimerschen Krankheit sind im Gyrus angularis und Schläfeulappen zu 
beobachten. Die Alzheimersche Krankheit ist anatomisch durch hochgra¬ 
digen Hirnschwund, Drusenbildung, Ganglienzellen- und Fibrillendegeneration 
gekennzeichnet. Die Drusen sind allem Anschein nach pathologische Stoff¬ 
wechselprodukte, welche sich im verdichteten Gliaretikulum cinlagern, zwischen 
denen gliöse Abraumolemente erscheinen. Die Achsenzylinder weisen an der 
Peripherie und im Innern der Drusen zum Teil degenerative Veränderungen, 
zum Teil proliferative Reizerscheinungen auf. Das umgebende Gliagewebe 
reagiert auf die Einlagerung der pathologischen Stoffwechselprodukte durch 
Bildung großer faserbildender Gliazellen, deren Fasern den Herd eiukapseln. 
Die Ganglienzellen neigen zur fettig-pigmentösen Degeneration; ein Teil der 
fettig entarteten Zellen geht zugrunde, der andere sklerosiert. In den in tieferen 
Schichten liegenden Zellen gibt sich der Untergang der Zelle in einer fein¬ 
körnigen Umwandlung des Zellprotoplasmas kund, welche daun zu Vakuolen¬ 
bildung führt. Dio Fibrillendegeneration besteht in einer Verdickung der 
Fibrillen, welche dadurch entsteht, daß sich die feinen Fibrillen durch eine 
Kittsubstanz verkleben und klumpig werden. Die verdickten Nervenfibrillen 
neigen zu Schlingeubilduugen. Die verklebten Fibrillen zeigen eine große 

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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


721 


Affinität za Silberstoff. Bei der Alzheimerschen Krankheit hat die Archi¬ 
tektonik der Rinde gelitten. 

Krueger ( 126 ) meint, daß der Schnitt, mit dem Kraepelin die para¬ 
noiden Erkrankungen seiner Paraphreniegruppe von der Dementia praecox 
schied, nicht an der richtigen Stelle angelegt, ist. Die Paraphrenia phan- 
tastica gehöre unbedingt zur Schizophrenie. Über die Paraphrenia confabu- 
latoria möchte Krueger kein sicheres Urteil fallen, doch scheine sie der 
■ersteren sehr nahe zu stehen. Unzusammenhängende, wechselnde, unsinnige, 
phantastische Wahnideen in Verbindung mit katatonen Symptomen und 
dem Ausgang in Verblödung lassen nach unserer heutigen Kenntnis eine 
Dementia praecox als sicher annehmen. Jedenfalls müßten diese Fälle 
von dem Symptomenbilde der Paraphrenia systematica und expansiva im 
Kraepelin sehen Sinne getrennt. werden. Krueger führt nun Kranken¬ 
geschichten hierherg?höriger Fälle an. Wahnideen, persekutorische wie 
•expansive, beherrschen in allen beschriebenen Krankheitsfällen die Menschen, 
Wahnideen, die in einem Alter entstanden sind, wo ein genügender Schatz 
von Erfahrungen, von gefühlsbetonten Vorstellungskomplexen erworben ist, 
aus dem die krankhaft gereizte Psyche schöpfen kann. Demgemäß sind die 
krankhaften Vorstellungen, da nebenbei keine Lockerung des Ablaufes der 
Verstandesfunktionen statthat, logisch aufgebaut, zum größten Teil auch 
für den Geistesgesunden in ihrer Ausgestaltung durchaus verständlich, vor 
allem die Verfolgungs- und Beeinträchtigungsideen. Als „unsinnig“ kann 
man keine der erwähnten Vorstellungen bezeichnen; alle sind Abbilder tat¬ 
sächlicher Vorgänge oder wenigstens Möglichkeiten, wenngleich sie ent¬ 
sprechend den zugrunde liegenden pathologischen Prozessen extrem ver¬ 
größert bzw. krankhaft verzerrt sind. Die Sinnestäuschungen sind es zweifel¬ 
los, die die Kranken am meisteu belästigen; keiner der Kranken ist 
ganz frei davon; domiuierend sind die Gehörstäuschungen, ln der Regel 
ist wohl die Wahnidee das primär entstandene Symptom, und erst auf dem 
durch sie krankhaft vorbereiteten Boden entstehen Sinnestäuschungen. Die 
Reaktion auf diese Sinnestäuschungen ist ebenfalls eine durchaus verständ¬ 
liche. Da die Erkrankung die Lebensdauer nicht abkürzt und meist erst in 
einem Alter beginnt, wo ein großer Teil der dem Leben drohenden Gefahren 
überstanden ist, so ist es kein Wunder, daß die Patienten, die demnach 
fast ausnahmslos zu den langlebigen Menschen zu rechnen sind, in der letzten 
Lebenszeit den Veränderungen, die das Alter für Körper und Geist mit 
sich bringt, eine günstige Angriffsfläche bieten. Abgesehen von der im 
letzten Stadium eintretenden Abschwächung erleidet die Intelligenz dieser 
Kranken keine Einbuße. Ebensowenig wie die Intelligenz ist die Ethik 
dieser Kranken von der gesunder Menschen verschieden. Das Leiden ist 
ein exquisit chronisch-progressives und unheilbares; es kommen Remissionen 
vor, die aber nie so weit gehen, daß eine völlige Heilung eintritt. Frauen, 
besonders unverheiratete und Witwen, worden häufiger von der Krankheit 
•ergriffeu als Männer. Die hereditäre Belastung spielt eine große Rolle. Der 
Autor tritt nun der Frage näher, als ob man diese Fälle zur Paranoiagruppe 
hinzurechnen muß, oder ob sie im Kraepelinschen Sinne eine besondere 
Gruppe bilden, die mit der Gruppe der Schizophrenen zusammen als endo¬ 
gene Verblödungen bezeichnet werden solleu. Nach seiner Auffassung haben 
•die vorher skizzierten Fälle mit der Dementia paranoides, d. h. mit der Gruppe 
<ler Dementia praecox, nichts Wesentliches gemein. Eine längere Beobachtung 
wird beide Gruppen gut voneinander unterscheiden lassen. Übergänge 
zwischen beiden kann es nicht geben, da sie ihrem innersten Wesen nach 
grundverschieden sind. Es scheint dem Autor daher nicht angängig, beide 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1 * 15 . 


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722 


Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und 


Formen von Krankheiten in einer Gruppe als „endogene Verblödungen“ 
zusammenzufassen, weil der Begriff der Verblödung auf die oben beschriebenen 
Krankheitszustände keineswegs anwendbar ist. Was Kraepelin als Para- 
phrenia systematica und expansiva angibt, gehört zu denjenigen Psychosen, 
die in der Literatur seit Jahren als Paranoia beschrieben sind. 

Bei der Beobachtung von Plahl (171) handelte es sich um einen Fall, 
bei dem im 5. Monat der Gravidität eine Polyneuritis nach vorhergegangener 
Hyperemesis auftrat. Im Anschluß daran bei gleichzeitigem Aufhören des 
Erbrechens entwickelten sich psychische Störungen in Form der Korsa- 
ko ff sehen Psychose: Mangel an Orientierungsvermögen bezüglich Ort und 
Zeit, Verminderung der Merkfähigkeit, retroaktive Amnesie, Konfabulation. 
Zur Zeit der voll entwickelten Psychose trat spontaner Abort eines schon 
längere Zeit toten Fötus ein. Bei der Nachuntersuchung nach einem Jahr 
findet sich eine völlige Amnesie an die Erkrankungszeit und Verminderung 
der geistigen Leistungsfähigkeit Als ätiologischer Faktor kommt nach An¬ 
sicht des Autors einmal eine neuropathische Grundlage in Betracht, ferner 
sei die schwere Inanition zu berücksichtigen, die bei der Patientin nach 
wochenlangem, fortwährendem Erbrechen aufgetreten ist. Man könnte von 
einer Polyneuritis alimentärer Ätiologie sprechen, vielleicht ähnlich jener, die 
hei Beriberi auftritt. 

ln dem von Pötzl und Hess (173) mitgeteilten Falle handelt es sich 
um eine rekurrierende Katatonie mit akuten Attacken, die zumeist in die 
prämenstruelle Zeit fallen und dann besonders schwer verlaufen, wenn die 
erwartete menstruelle Blutung ausbleibt. Im ersten Jahre der Erkrankung 
entwickelt sich während einer besonders heftigen Attacke dieser Art eine 
Albuminurie, die, zunächst zyklisch an die akuten Phasen gebundeu, wieder¬ 
kehrt, schließlich aber, gleichzeitig mit einer immer mehr zunehmenden Blut¬ 
drucksteigerung, zu einer chronischen Nierenerkrankung führt. Den aknten 
Attacken der Psychose und der mit ihnen verbundenen vermehrten Eiweißaus¬ 
scheidung geht regelmäßig eine Erhöhung der Erythrozytenzahl parallel. 
Die Kranke zeigte eine infantilistische Konstitution, die anscheinend auf 
hereditäre Lues zu beziehen ist: auf der gleichen Basis steht vielleicht eine 
angeborene Minderwertigkeit der Nieren, die sich später in den besonderen 
Krankheitserscheinungen äußerte. In Erwägung aller in diesem Falle auf¬ 
getretenen Erscheinungen kommen die Autoren zur Annahme einer gleichen 
Grundursache, nämlich eines relativen Sauerstoffmangels im Körpergewebe, 
der besonders stark in den akuten Phasen der Katatonie vorherrscht, während 
er in den intervallären Zeiten geringer ist. Die Eigenschaft des Ovarial- 
extraktes, Polyzythämie zu bewirken, legt es nahe, die menstruelle Polyzyt¬ 
hämie als eine der Hormonwirkungeu des Ovariums aufzufassen. Die all¬ 
gemein bestehende Analogie der Hormonwirkungen mit pharmakodynami- 
schen Wirkungen macht es wahrscheinlich, daß sich diese Wirksamkeit eines 
Hormons nach Art des Effektes der oxydationshemmenden Medikamenten- 
gruppe vollzieht. Dieser Anschauung folgend, erblicken die Autoren in der 
chemischen Koordination des weiblichen Organismus einen Apparat, der auf 
pharmakodynamischem Wege zyklisch wiederkehrende und in der Norm 
regelmäßig ablaufende Schwankungen der Oxydationen in Geweben des 
Körpers bewirkt. Durch den Einfluß der kombinierten Hormonwirkungen, 
unter denen zu dieser Zeit eine wahrscheinlich an das Ovarium geknüpfte 
Komponente prävaliert, erreichen die Oxydationen einen zyklisch wieder¬ 
kehrenden Tiefpunkt, der in die prämenstruelle Zeit fällt. Solange er inner¬ 
halb der physiologischen Schwankungsbreite variiert, führt er nur zu einem 
Bildungsreiz in Körpergeweben. In extremen pathologischen Graden aber. 


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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 


723 


sei es für sich allein, sei es im Zusammenwirken mit gleichgerichteten 
Momenten, führt er zur Überladung der Gewfebe mit Kohlensäure, Säure¬ 
bildung, Anhäufung von Ermüdungsstoffen nnd damit zu einer Tendenz der 
Gewebe zur Schwellung. Es kann für den vorliegenden Fall angenommen 
werden, daß die an die krisenhafte prämenstruelle Zeit gebundene gesteigerte 
Tendenz der Gewebe zur Schwellung sich zunächst gegen zwei ihrer Anlage 
nach minderwertige Organe richtete, gegen das Gehirn und gegen die Nieren, 
und daß es so zu zyklisch wiederkehrenden, in ihrer Heftigkeit sich steigern¬ 
den akuten Erkrankungen kam, deren Residuen schließlich zu einer chroni¬ 
schen Krankheit führten. 

Redlich’s (174) Fall von Narkolepsie ist folgender: Bei einem 19jähr. 
Patienten, Sohn eines Trinkers, sonst aber hereditär nicht belastet, bestehen 
seit mehreren Monaten Anfälle, die man nach der Schilderung und Beob¬ 
achtung als Schlaf anfäll e bezeichnen muß. Eingeleitet von Kopfschmerzen 
und einem Gefühl von Schläfrigkeit treten diese Zustände auf, in denen 
Patient ganz den Eindruck eines Schlafenden macht Kopf und Lider 
sinken herab, das Gesicht ist leicht kongestioniert und die Respiration Hach. 
Patient spricht auch von Traumzuständen, weil er, wie er behauptet, wäh¬ 
rend dieser Zustände des öfteren träume. Patient ist nur selten und dann 
nur vorübergebend imstande, das plötzlich auftauchende Schlafbedürfnis zu 
unterdrücken, wohl aber kann er meist durch Anrufen oder Rütteln geweckt 
werden, ist dann wie beim Erwachen aus dem natürlichen Schlafe kurze 
Zeit etwas schwer besinnlich, dann aber wieder ganz in Ordnung. Die An¬ 
fälle kommen mehrmals des Tages während der Arbeit, auch auf der Straße 
beim Gehen vor, mit Vorliebe aber dann, wenn Patient ohne Beschäftigung in 
ruhiger Umgebung sitzt. Die Dauer der Schlafanfälle ist kurz, einige Mi¬ 
nuten, aber auch eine halbe bis mehrere Stunden. Patient macht trotz 
guten Nachtschlafes doch immer einen schläfrigen Eindruck. Gemütsbewe¬ 
gungen haben auf die Anfälle keinen Einfluß. Beim Lachen hatte Patient 
das Gefühl, als müsse er zusammensinken, knickte dabei in den Knien ein, 
ließ auch gelegentlich einen Gegenstand, den er in der Hand hielt, fallen. 
Epileptische und hysterische Symptome fehlten. Die Behandlung war voll¬ 
kommen erfolglos. Über die Ursache der Erscheinung ist sich Redlich 
vollkommen im unklaren, ebenso wie sie bei den bisher in der Literatur 
mitgeteilten Fällen nicht aufgeklärt werden konnte. 

Smith (199) beschreibt einen Patienten, der in mehreren Anfällen 
von manisch-depressivem Irresein als erstes Symptom einen akut einsetzenden 
katatonischen Zustand zeigte. 

Strecker (221) berichtet über eine Psychose, welche 17 Jahre anhielt 
und dann in ziemlich vollkommene Genesung überging. Es handelt sich um 
eine Frau, die einige Monate nach einer schweren Geburt erkrankte; zuerst 
war ein ruheloser Verwirrtheitszustand vorhanden mit leichtem Fieber, dieser 
ging in einen Zustand von Teilnahmslosigkeit für die eigene und für fremde 
Personen, für Kleidung, Nahrung usw. über, so daß die Kranke das Bild 
der Demenz darbot. Letzterer Zustand blieb nun jahrelang unverändert, 
bis allmählich eine Besserung eintrat. Die Diagnose ist unsicher; möglicher¬ 
weise hat es sich um einen infektiösen Prozeß gehandelt. 

In Theunissen’s (225) Fall handelt es sich um einen 47 Jahre alten 
Patienten, der das Krankheitsbild der präsenilen Demenz darbot. Außer¬ 
dem bestand wahrscheinlich eine Leukämie. Der Autor nimmt an, daß ein 
toxisch wirkendes Agens den zerebralen Prozeß verursacht hat. Histopatho- 
logisch war der Prozeß durch eine chronische und schwere Zellenkrankheit 
charakterisiert, die sich diffus über die ganze Rinde ausgebreitet hatte. Ob 

46 * 


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724 Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie u. Diagnostik der Geisteskrankheiten. 

das toxische Agen3 zuerst die Veränderung des Blutes ergriffen hat und 
die Hirnrinde daun sekundär befallen wurde, oder ob beide gleichzeitig von 
derselben Noxe befallen wurden, darüber kann der Autor kein sicheres 
Urteil abgeben. 

Es bandelt sich im Falle, über den Tode (228) berichtet, um eine 
auf dem Boden der perniziösen Anämie entstandene amentiaartige Geistes¬ 
störung bei einer 54jährigeu Frau. 

Borchardt (27) nimmt an, daß in dem von ihm beobachteten Falle 
folgende Annahme die größte Wahrscheinlichkeit hat: Bei einem vou Hause 
aus an den Körperorganen (Status asthenicus) und speziell am Nervensystem 
(Migräneanfalle) minderwertigen und widerstandsschwachen Individuum ist 
als endogene Nervenkrankheit eine multiple Sklerose aufgetreten, und im 
Verlauf dieser multiplen Sklerose machen sich vielleicht ausgelöst oder be¬ 
günstigt durch interkurrente exogene Faktoren (Durchfalle usw.) psychische 
Störungen geltend, die unter der ungewöhnlichen Form eines paralytisch 
ausselienden Symptomenkomplexes in Erscheinung treten. 


Psychiatrisches von berühmten Persönlichkeiten. 

Ebstein (55): Ernst Platner gehört zu jenen tatkräftigen Männern, 
denen die Universität Leipzig die Existenz ihrer medizinischen Klinik ver¬ 
dankt. Seine Lehrtätigkeit beschränkte sich nicht auf Medizin, sondern er 
las Physiologie, Psychologie, Logik, Metaphysik, Anthropologie, Moralphilo- 
sophie, Ästhetik, Staatsarzneikunde und gerichtliche Medizin. Dieser hervor¬ 
ragende Gelehrte, zu dessen Füßen das ganze gebildete Leipzig gesessen 
hatte, war im späteren Alter geisteskrank geworden. Die Psychose ist ge¬ 
kennzeichnet durch Verfolgungs- und Größenideen, Angstzustände, körper¬ 
liche Erregung und nächtliche Unruhe, Verwirrtheit, Mangel an Orientie¬ 
rung bei erhaltener Erinnerungsfähigkeit für läugst Vergangenes, starke 
affektive Schwankungen und illusionäre Erscheinungen. 

Jentsch (104) gibt ein Lebensbild des berühmten Forschers Faraday, 
wobei er besonders eingehend über die Gedächtnisschwäche handelt, die 
Faraday an sich selbst schon verhältnismäßig früh wahrgenommen hat, 
und die ihm in seinem Schaffen sehr hinderlich gewesen ist. Zum Belege 
für diese Gedächtnisschwäche führt der Autor viele Stellen aus Briefen von 
Faraday selbst und von anderen Persönlichkeiten, die mit ihm verkehrten, 
auch von seinem Arzte, der ihn in den letzten Jahren behandelt und eine 
Biographie über ihu geschrieben hat, an. Über die Natur des Nervenleidens 
von Faraday läßt sich nach Ansicht des Autors etwa folgendes sagen: 
Faraday war ein geborner Neuropath. Er zeigte schon in der Jugend große 
Erregbarkeit, später nervöse Empfindlichkeiten, teilweise erhöhte Affektivität, 
reizbare Schwäche, große Erschöpfbarkeit, Wunderlichkeiten; er litt an Kopf¬ 
weh. Der Typus seiner nervösen Veranlagung war vornehmlich der neur- 
asthenische, wahrscheinlich mit leichtem hysterischen Einschlag. Während 
eines au starken geistigen Strapazen reichen, aber sonst gesundheitlich 
vorsichtig verbrachten Lebens erkrankte er zu Beginn seines fünften Jahr¬ 
zehnts an Gedächtnisschwäche, Schwindel, größerer Ermüdbarkeit, andauern¬ 
dem Kopfweh. Der Autor hält das Auftreten dieser Erscheinungen nicht 
für eine Steigerung seiner Neurasthenie, sondern für ein besonderes Leiden 
und glaubt, daß die Grundlage dieses Leidens in einer Arteriosklerose des 
Gehirns bestand. Dieser Prozeß war anfangs leicht und schleichend, nahm 
dann in den letzten Lebensjahren erheblich zu und führte zu völligem gei¬ 
stigen Siechtum. 


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Idiotie, Imberillität, Kretinismus, Infmntilismus, psychopathische Konstitution. 725 

Jentsch (103) schildert den Lebensgang und die Eigenart des be¬ 
deutenden Landschaftsmalers Claude Lorrain. Dieser Künstler laborierte 
an einer Schreckneurose — er hatte einen Arbeiter vom Gerüst fallen sehen, 
ihn aber noch retten können —, welche nach dem Vorfall es ihm unmöglich 
machte, wieder ein Malergerüst zu besteigen. Es handelt sieb, wie der Autor 
am Schlüsse zasammenfassend sagt, bei CI. Lorrain am eine einseitige be¬ 
gabte Natur, bei der die Gabe früh und mächtig hervortritt, und welche, 
wenn auch intellektuell nicht eben abnorm, so doch einigermaßen geistig 
schwerfällig außerhalb einer ganz ungewöhnlichen Anlage zur Malkunst bei¬ 
nahe kein anderes Interesse besitzt. Der Künstler ist von weicher, sanfter 
Sinnesart, nachsichtig, wohlwollend, freigebig, dienstwillig, voll Achtung für 
seine Mitmenschen, dabei ernst, selbstbewußt, auch im kleinen gewissenhaft 
und sorglich, jedoch die Einsamkeit liebend und dem Verkehr und den Ver¬ 
wicklungen mit den Nebenmenschen abhold. Er bleibt unvermählt. Seine 
Initiative ist schwach, nur die Verletzung seiner unmittelbaren und größten 
Lebensinteressen ist imstande, ihn in zornige Erregung zu versetzen. Sein 
infolge der disharmonischen Gesamtanlage bereits durch abnorme Hemmun¬ 
gen beeinträchtigtes Seelenleben erfahrt allmählich weitere Schädigungen 
durch eine immer stärker sich geltend machende gichtische Diathese, welche 
namentlich die bereits durch die ursprüngliche psychische Verfassung ge¬ 
gebene Disposition zu depressiven Stimmungen immer mehr verstärkt. Die 
abnorme Anlage in Verbindung mit den Lebensschicksalen gibt Anlaß zur 
Entstehung störender zwangsartiger psychischer Zustände. Solche drängen 
sich bereits in die noch unabgeschlossene künstlerische Entwicklung hinein, 
so daß er ungeachtet seiner den Durchschnitt hoch übersteigenden Gabe 
sich bei verhältnismäßig geringen Schwierigkeiten von sonst weit untergeord¬ 
neten Fachgenossen unterstützen lassen muß (z. B. in der Darstellung der 
Menschen- und Tiergestalten). Dem Autor erscheint es danach begreiflich, 
wie auf solch vorbereitetem Boden infolge des schreckhaften Eindrucks 
auf dem Gerüst während der Arbeit an den Fresken in der Carmeliterkirche 
in Nancy auch die Phobie aufschließen konnte, von welcher zu Beginn des 
Referates die Rede gewesen ist. 

Dees (49) sucht zu erweisen, daß die Hauptfigur des Shakespeareschen 
Dramas „Timon von Athen“ ein geisteskranker Mensch gewesen ist. Und 
zwar würde man die Krankheit Timons nach der heutigen psychiatrischen 
Lehre als manisch-depressives Irresein bezeichnen. 


Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, 
psychopathische Konstitution. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 


1. Allport, F., Backward Child. Michigan State M. S. J. May. 

2. Barrett, A. M., Extent of Lnsanity and Feeblemindedness and Their Causes in Michigan, 
ebd. May. 

3. Barth, Elfriede, Untersuchungen von weiblichen Fürsorgozöglingen. Zsehr. f. d. gos. 
Neur. 30. (2/3.) 145. 

4. Beier, A. L., Mongolism. Wisconsin M. J. Fobr. 

5. Derselbe, L., Sporadic Cretinism. ebd. Juno. 14. (1.) 

6. Berkeley, Henry J.. The Psychose» of tho High-Imbecile. Bull, of tho Johns Hopkins 
Hosp. 20. (295 ) 327. u. Am. J. of Insan 72. (2.) 

7. Bloch, Emst, Über Wiederholung der Binet-Simonschon Jntelligenzprüfung an den¬ 
selben schwachsinnigen Kindern nach Ablauf eines Jahre... Zschr. f. die gos. Neur. 
28. (4/5.) 445. 


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726 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 

8. Blooh, Emst, Die Intelligenzprüf ungen nach Binet-Simon in ihrer Bedeutung für die 
Hilfsschulkinder. Zschr. f. Schulgeedhtspfl. 28. (9.) 385. 

9. Bullard, William N., Mental Disturbances in the Feeble-Minded. The J. of X. andM. 
Dis. 42. (12.) 818. 

10. Büttner, Georg, Über hörstumme Kinder. Zschr. f. d. Behandl. Schwachsinniger. 

11. Coriat, J. H., New Symptoms in Amaurotic Family Idiocy. Boston M. and S. J. 
173. (1.) 

12. Drysdale, H. H., Problem of Feebleminded, Insane and Epileptic. Cleveland M. J., 
14. (10.) 

13. Eliassow, Walter, Erbliche Belastung und Entwicklung von Hilfsschulkindom. (Nach 
Untersuchungen an Geschwistern unter den Hilfsschulen*.) Arch. i Psych. 56. (1.) 123. 

14. Ernst, J. R., The Importance of the Early Recognition of the Mental Limitatiom 
of the Precox Type. Med. Rec. 87. (22.) 894. (Titel besagt den Inhalt.) 

15. Friedman, Henry M., Physical Basis for Moral and Mental Deficiences. Med, Rec. 
87. (16.) 637. (Nichts von Bedeutung.) 

16. Fürnrohr, Imbezillität. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 1055. 

17. Hampel, V., Ein schwachsinniges Wunderkind. Zschr. f. Schulgesdhstpfl. 28. (11.) 
483. 

18. Hebberd, R. W., Address of the Subject of the Feeble-Minded with Special Reference to 
Border-Line Cases. Albany M. Ann. No. 1. p. 19. 

19. Herderschee, D., De minderwanrdigheid van den Eerstgeborene. Psych. en neur. 
Bl. 19. (6.) 542. 

20. Herr mann, Charles, A Case of Amaurotic Family Idiocy in One of Twins. Arch. of 
Ped. 32. 902. 

21. Higier, H., Kongenitale Akroinegalie mit Imbezillität. Verhandlungen d. Warschauer 
ärztl. Gesellschaft. CXI. p. 27. 

23. Hoff mann, A., Unsere Schulentlassenen. Ein Bericht auf die Zeit vom 1. Januar bis 
31. Dezember 1914. Zschr. f. Schwachs. No. 7. p. 101. 

24. Hovorka, Oskar v.. Welche Ursachen des kindlichen Schwachsinns ergibt die Anam¬ 
nese? Zschr. f. jugendl. Schwache. 8. (1.) 78. 

25. Juliusburger, Otto, Zur Lehre vom psychosexuellen Infantilismus (Parathymie, 
regressive Psychopathie). Zschr. f. Sexualwiss. 1. Bd. 5. H. 1914. 

26. Derselbe, Zur Lehre von den psychische n Entwickelungsstörungen. Allg. Zschr. f. Psych. 
Bd. 72. p. 200. 

27. Kohr, Th., Über eine vereinfachte Intelligenzprüfung. Zschr. f. pädag. Psychol. 
16. (1.) 49. 

28. Kellner, Fall von Mongolismus. Münch, med. Woch. 62. 1762. (Sitzungsbericht) 

29. Korr, M. H., Defeetive Children. Public Health. Dec. 

30. Kirmsse, M., (Geistesschwache aLs Helden. Zschr. f. Schwachs. No. 9. p. 134. 

31. Ko Hock, 0. W., Backw'ard Child. South Carolina M. Ass. J. Aug. XI. No. 8. 

32. Kraus. R., Rosonbusch, Fr., undMaggio, C., Kropf, Kretinismus und di© Krankheit 
von Chagas. Münch, med. Woch. No. 35. p. 942. 

33. Kronfeld, Arthur, L T eber die logischo Stellung der Kriminologie zur Psychopatho¬ 
logie. Mit besonderer Berücksichtigung des sogenannten moralischen Schw r aehsinns. 
Allg. Zschr. f. Psych. 72. (1.) 1. 

34. Lazar, E., und Peters, W., Rechenbegabung und Rechendefekte bei abnormen 
Kindern. Fortsch. der Psychol. 3. (3.) 167. 

35. Lomer. Georg. Ueber graphologische Kennzeichen des Schwachsinns. Arch. f. Psych. 
55. (3.) 687. 

36. Mc Kay, W. H., Inherited Syphilis Feeblemindeddness. Illinois M. J. Oct. 

37. Merkel, Imbezillität mit hochgradiger Steigerung der Reflexe und Drehnystagmus. 
Vereinsbeil. d. D. m. W. 1916. 42. 371. 

38. Mönkeniöllor, Bericht an das Landesdirektorium der Provinz Hannover über die Er¬ 
gebnisse der psyehiatrisch-neuroh gischen Untersuchung der schulpflichtigen Fürsorge- 
Zöglinge. Zschr. f. jugendl. Schwachs. 8. (1.) 16. 

39. Musehailik, Ernst, Augcncr.sc hoinungen bei Idiotie. Wien. med. Bl. No. 19—20. 
S. 219, 231. (Literarische Zuzaramenstollung.) 

40. Derselbe, Augenerscheimmgen bei Idiotie. Wien. klin. Rundsch. No. 37/40. S. 223, 
235. (Referierende Arbeit über das im Titel (Geragte.) 

4L Neurath, R., Fall von familiärer amaurotischer Idiotie. W r ion. klin. Woch. 28. 
1361. (Sitzungsbericht.) 

42. Neustaedter, M., The Mentally Backw'a"d Child from the Standpoint of the Neurolo- 
gist. The Am. J. cf Obst. Sept. S. 520. 

43. Noyes, William B., Studios cf Atvpical Children. From the Department of Ungraded 
Classes in the Public Schools cf New' York City. Med. Rec. 87. (22.) 885. (Allg. 
Ausführungen.) 

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Idiotie, Imbezillität, Kretinismus. Infantilismus, psychopathische Konstitution. 727 


44. Peters, A. W., and Blackburn, C. D., Experimental and Clinical Studies on Mental 
Defectives. J. of Laborat. and Clin. M. Dec. 

45. Robinson, G. W., Missouris Mental Defectives. Missouri State M. Ass. J. March. 

46. Römer, Fritz, Assoziation« versuche an geistig zurückgebliebenen Kindern. Fortschr. 
der Pöychol. 3. (2.) 41. 

47. Rumler, Erfahrungen auf Wanderfahrten mit Schwachsinnigen. Zschr. f. Schwachs. 
No. 6. p. 85. (Nichts Besonderes.) 

48. Sohlapp, Max G., The Clearing Houce for Mental Defectives. Med. Rec. 88. (8.) 
299. (Niohts von Bedeutung.) 

49. Derselbe, Available Fields for Research and Prevention in Mental Deficiency. New 
York State J. of M. 15. (10.) (Bericht über ein Erziehungshaus für Geistesschwache.) 

50. Scholz, Wilhelm, Kretinismus. Spoz. Path. u. Ther. Friedr. Kraus u. Theodor 
Brugsch. Bd. 1. 

51. Schumacher, Fall von Propfhebephrenie. Corr.-Bl. f. Württ. p. 219. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

52. Stevens, H. C., Mongolian Idiooy and Syphilis. The J. of the Am. M. Ass. 64. (20.) 
1636. 

53. Stier, Ewald, Abgrenzung und Begriff des neuropathischen Kindes. D. m. W. No. 27. 
p. 794. 

54. Wasner, Martin, Psychosen auf dem Boden der angeborenen geistigen Schwächezu- 
ständo. Zschr. f. die ges. Neur. 29. 168. 

55. Weigl, Franz, Psychopathologische Fälle und psychische Mängel normaler Kinder. 
Zschr. f. Schulgesdhtspfl. 28. (9.) 394. 

56. Wildman, H. Valentine, Psychoses of the Feeble-Minded. The J. of N. a. M. Dis. 
42. (8.) 529. 

57. Derselbe, Mental Defectives: Their Importance. Med. Rec. 88. (26.) 1093. 

58. W r ittig, K, Beobachtungen beim Unterricht von FürcorgezÖglingen. Zschr. f. d. 
Beh. Schwachs. Bd 35. p. 96. 

59. Wolfsohn, Julian Mast, Pathological Report by Oliver, Jean R., Amaurotic Idiocy. 
General and Historical Considerations with Report of a Case. The Arch. of Int. M. 
16. (2.) 257. 

60. Young, Josephine E., The Hisbory of a Feeblemindad Family. The J. cf N. a. M. Dis. 
1916. 43. 176. (Sitzungsbericht.) 

61. Ziehen, Th., Beitrag zur Beurteilung der sogenannten „Moral Insanity“ in der Praxis. 
D. praktische Arzt. No. 16—17. S. 273. 293. (Allg. Darstellung.) 

62. Zimmermann, Felix, Anomalien der Zähne und Kiefer und ihre Beziehungen zur 
Idiotio. Zschr. f. Schwachs. 35. (1—2.) 2, 21. 

Die psychologische Erforschung der schwachsinnigen Kinder erfährt in 
Arbeiten dieses Kapitels manche Förderung. So prüfte Bloch den Fort¬ 
schritt, den solche Kinder an geistigen Fähigkeiten im Verlaufe eines Jahres 
gewonnen hatten; Lomer beschäftigt sich mit der Schrift der Schwach¬ 
sinnigen und stellt mauches Charakteristische in dieser Beziehung für die 
■Geistesschwachen fest; ebenso interessant ist die Arbeit von Weigl über 
das apperzeptive Lesevermögen von Hilfsschulkindern und die Methode, die 
^r angibt, ihnen das Lesenlernen zu erleichtern resp. erst zu ermöglichen. 
Lazar und Peters zeigen an zwei Kindern, die sie genau untersuchten, 
daß es eine isolierte Rechenbegabung und andererseits einen isolierten Rechen¬ 
defekt nicht gibt. Wittig beschäftigt sich mit der einseitigen Begabung 
vieler Hilfsschulkinder. Von allgemeinem Interesse sind die Untersuchungen 
Römers über Assoziationen bei geistig zurückgebliebenen Kindern. Be¬ 
merkenswert ist auch die Arbeit Wasners über den Verlauf der Dementia 
praecox resp. anderer Geistesstörungen bei Schwachsinnigen im Gegensatz 
zu Vollsinnigen. Erwähnenswert sind ferner die Arbeiten von Eliassow 
über die erbliche Belastung bei Hilfsschulkindern und von Hoffmann über 
das weitere Schicksal und den Werdegang solcher Kinder. Beachtung ver¬ 
dienen die Aufsätze Juliusburgers über die charakteristischen Züge des 
psychischen Infantilismus; sehr anregend ist die Arbeit Stiers, der die 
Neuropathie der Kinder auf eine fehlerhafte Anlage der phylogenetisch 


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728 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantiliemus, psychopathische Konstitution. 


ältesten Teile des nervösen Apparates zurückführt. Sehr bedeutungsvoll ist 
alles das, was sieb aus dem Bericht Monkemöllers über die in den Für- 
sorgeanstalten Hannovers uutergebrachten Fürsorgezöglinge enthüllt, auch 
die gründliche Arbeit von Barth über 40 weibliche Fürsorgezöglinge ist 
der Beachtung wert. 

Idiotie and Imbezillität. 

Wolfsohn und Oliver (59) beschreiben einen Fall von amaurotischer 
Idiotie, der in seinen klinischen Erscheinungen und im histologischeu Be¬ 
funde mit den bisher beschriebenen übereinstimmt. 

Über die Entstehung der mongoloiden Idiotie bestehen die verschie¬ 
densten Theorien: Sie wird zurückgeführt auf die mütterliche Erschöpfung, 
auf irgendeinen Druck auf die basalen Gehirnganglien, auf eine Agenesie 
des Cortex cerebri und endlich auf Lues congenita. Letzterer Theorie geht 
Stevens (52) nach. An 20 Fällen von Mongoloiden wurden die Wassermann- 
sche Reaktion im Blut und Liquor, Zellzählung im Liquor, Globulinbe¬ 
stimmung im Liquor nach Ross-Jones, Nonne und Noguchi und die 
Langesche Goldsolreaktion angestellt. Es ergab sich, daß die Wasser- 
mannsche Reaktion im Blut der Mongoloiden iu 10% der Fälle, im Liquor 
in 25 % der Fälle sicher positiv war, während sie in 2 Fällen im Liquor 
zweifelhaft blieb; Pleozytose fand sich in 20% der Fälle, Globulinvermehrung 
in 90%, die Goldreaktion war ebenfalls in 90% der Fälle verändert, und 
zwar lagen die Farbänderungen derselben in der luetischen Zone. Globulin- 
und Goldsolreaktion gingen parallel. Bei zwei Geschwistern, deren Vater 
sicher luetisch war, fand sich von allen Reaktionen nur eiue Pleozytose und 
eine zweifelhafte Goldreaktion. {Misch.) 

Hi gier (21): 20 Jahre alt. Von Geburt an physisch gut entwickelt Aus¬ 
gesprochene Akromegalie, besonders der Extremitäten. In geistiger Hinsicht 
leichte Minderwertigkeit. Es scheint sich hier nicht um zufällig sich kom¬ 
binierende Krankheiten, sondern um zwei Symptomenkomplexe zu handeln, 
die von derselbeu Grundursache abhängig sind, wahrscheinlich auf dem 
Boden des Dysglandulismus entstanden (Dyspituitarismus). Für das An¬ 
geborensein der Akromegalie spricht hier zunächst die Tatsache, daß sie aus¬ 
schließlich die Extremitäten affiziert, die sonstigen Skelett- und Weichteile 
beinahe gar nicht in Anspruch nimmt, was bei der gewöhnlichen Spätakro¬ 
megalie der Fall zu sein pflegt, 2. daß an den Extremitäten intensive vaso¬ 
motorische Erscheinungen vorhanden sind, 3. daß große Dehnbarkeit der 
Bänder und Gelenke besteht und Ernährungsstörungen in der subkutanen 
Schleimschicht, die sich klinisch kundgeben in Relaxation und enormer 
Elastizität der Haut, so daß zentimeterlaDge Falten am Gesicht und Hals 
gezogen werden können (cutis laxa). Diese vasomotorisch-trophischen Störungen 
an vielfachen Geweben (Haut, Bänder, Gelenke, Knocheu) können nur von 
einer schweren Läsiou der innersekretorischen Tätigkeit einer Drüse ab¬ 
hängig sein. Die akromegalische Imbezillität gehört zur großen Seltenheit. 
Weygand erwähnt kurz in seiner neuesten Abhandlung über Idiotismus 
eineu diesbezüglichen Fall. ( Selbstbericht ..) 

Die Geistesstörungen, die von BuU&rd (9) bei Schwachsinnigen beob¬ 
achtet wurden, bestanden in einem plötzlichen Erregungs- und Gewalttätig¬ 
keitsausbruch ohne jeden genügenden Grund. Dieser Zustand hielt gewöhnlich 
einen Tag oder mehrere an, dann kehrten die Patienten wieder in ihren 
früheren Zustand zurück. Die Anfalle traten in verschieden langen Zwischen¬ 
räumen auf, meist in Abständen von mehreren Monaten. Gewöhnlich konnten 


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Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 729 


bestimmte Prodromalsymptome beobachtet werden, die in Gleichgültigkeit, Er¬ 
regbarkeit und Unruhe bestanden und kurze Zeit bis 24 Stunden vor dem 
Anfall auftraten, so daß der Anfall vorausgesehen werden kann und Vor¬ 
sichtsmaßregeln getroffen werden können. Anschließend wird eine Anzahl 
von einschlägigen Fällen mitgeteilt. (Misch.) 

Bloch (7) prüfte nach der Methode von Bin et-Simon, wieviel ein¬ 
zelne Hilfsschulkinder in einem Jahre an geistigen Fähigkeiten zugenommen 
hatten. Er fand einen Intelligenzstillstand bei 14, eine Zunahme von 
1 / 2 Intelligenzjahr bei 10, eine Zunahme von 1 Intelligenzjahr bei 23, 
von 2 Intelligeuzjahren bei 6 Versuchspersonen. Man komme bei Hilfs¬ 
schulkindern nicht über das 10. Intelligenzjahr hinaus bei einem Lebens¬ 
alter von 13—15 Jahren. Der Autor prüfte noch besonders bei Schwach¬ 
sinnigen die Angabe über leichtere und schwerere Gewichte und über das 
Vermögen, aus einem etwas größeren Geldstück nach Abzug einer bestimmten 
Summe richtig herauszugeben. 

Lomer (35) hat in der Schrift der Schwachsinnigen folgende Merk¬ 
male gefunden: 1. Große Getrenntheit der Schrift. Sie ist in sämtlichen 
Fällen unverkennbar. Die Getrenntheit der Schrift geht parallel mit der 
Stärke der Verblödung. Diese Getrenntheit muß, da sie in sämtlichen 
Fällen absolut konstant ist, als ein Kardinalsymptom der Schriftgestaltung 
bei Demenz angesehen werden. Sie ist auch geradezu ein Gradmesser für 
das Fortschreiten des Krankheitsprozessos. 2. Tremor und Ataxie finden 
sich überaus häufig. Der Tremor kauu feiner und grobschlägiger sein. 
Zuweilen steigert er sich zur Ataxie, die nach L.s Meinung nicht als qualitativ 
besondere Bewegungsstörung zu gelten hat, sondern lediglich ein Maximum 
der Koordinationsstörung bedeutet. 3. Schulmäßiger Schriftduktus ist mehr 
oder weniger in sämtlichen Schwachsinnsfällen nachweisbar. Ganz rein zeigt 
sich der schulmäßige Schriftcharakter nur in den tiefstehenden Formen. In 
den etwas höherstehenden sind bereits Ansätze zu individueller Buchstaben¬ 
gestaltung vorhanden, wenngleich die Formenarmut ins Auge fällt. Das 
Gesamtbild lehrt, daß mit wachsendem Schwachsinn auch die Neigung, 
schulmäßig zu schreiben, wächst, während zunehmende Intelligenz mit Not¬ 
wendigkeit eine individuellere Schriftgestaltung zu bedingen pflegt. 4. Ab¬ 
weichungen von der geraden Linie in Zeilenführung und Buchstabenbildung 
sind iD sämtlichen Proben die Regel. Die Buchstaben bevorzugen die ge¬ 
wundene, kurvige Linie und erhalten dadurch oft etwas Unfestes, etwas Kraft- 
und Haltloses. 5. Ataxie der Satz- und Wortelemente, bestehend in Wieder¬ 
holungen oder Auslassungen von Buchstaben teilen, Silben, Worten sowie 
in unverständlichen Worten oder wortähnlichen Gebilden ist eine bemerkens¬ 
werte Erscheinung. 6. Interpunktionsmängel sind gleichfalls sehr häufig. 
7. An auffälliger Schriftgröße sind besonders die niederen Schwachsinns¬ 
formen beteiligt. 8. Unordentliche Aufmachung des Schriftstückes fand 
sich* 8mal unter 19 Fällen. Der Autor macht auf einen ihm besonders 
wichtig erscheinenden grapho-psychologischen Komplex aufmerksam, nämlich 
auf graphische Äquivalente für Heuchelei und Verlogenheit; diese prägten 
sich aus in geschlossenen Formen, Arkaden, doppelter Bogenbindung und 
Fadenschrift. Diesen Symptomenkomplex faßt er als 9. Gruppe zusammen. 
Nur die psychischen Werte von 1—4 scheinen konstant zu sein, die Werte 
der Gruppen 6 und 6 schwächen sich mit relativ zunehmender Intelligenz 
ab und werden mehr und mehr durch die Gruppen 7—9 ersetzt. Mau könne 
demnach wohl von den konstanten Gruppen als von primären Schrifteigen¬ 
schaften sprechen, während Gruppe 6 und 6 als sekundär, Gruppe 7—9 als 
tertiär bezeichnet werden könne. 


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730 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infaotilismus, psychopathische Konstitution. 


Weigl (55) schildert die Mängel des apperzeptiven Lesevermögens bei 
manchen Schülern, besonders Hilfsschülern. Um diese Mängel herauszufinden, 
verwendet er eine Reihe von Wörtern, in Großantiquabuchstaben dargestellt, 
bei denen darauf geachtet ist, daß die Wörter trotz teilweise gleicher Buch¬ 
stabenfolge in den übereinstimmenden Teilen verschiedenen Sinn haben 
und verschiedene Betonung notwendig machen. Weiter werden längere 
Wörter verwendet, die zerrissen sind, in ihren einzelnen Teilen einigen Sinn 
besitzen, aber erst in der Vereinigung das sinnvolle Wort geben. Endlich 
werden direkt einige rätselhafte Inschriften zugefügt, z. B. Gebetbuch, Ge¬ 
bether, Vertrauen, Verslein, Versehen, Bettruhe, Bettag, Hir Schang er, 
Komm Union An Zug, Sol Lund Hab En, Bewe Gunga Nort. Bei vielen 
Schülern wurde durch fortlaufende Übungen das apperzeptive Sehen sehr 
gefördert Ein Hilfsschüler aber, der intellektuell nicht so tiefstehend war, 
daß er nicht das Lesen hätte erlernen köuneu, kam trotz aller Mühe und 
Hilfeu über die Schwierigkeit des Zusammenlesens nicht hinaus. Bei 
diesem und noch bei anderen Hilfsschülern zeigte sich der Mangel der 
Apperzeption auch daran, daß sie zusammengehörige Körperteile von Tieren 
nicht richtig zusammensetzen konnten. Weigl machte nun mit solchen Kindem 
zunächst Versuche und Übungen, eiufache Bilder, die eine Person, ein Tier usw. 
darstellten, in Teile zu zerschneiden und dann wieder zusammenzusetzen und 
nachher einen Gegenstand aus seinen einzelnen Abschnitten zu rekonstruieren. 
Nachdem dies monatelang geübt war, ging er daran, das gleiche Spiel auch 
mit Buchstaben zu treiben, und nun gelang in verhältnismäßig kurzer Zeit 
das Lesen ganz leicht. 

Dem Psychiater und Heilpädagogen, so führen L&z&r und Peters (34) 
aus, werden manchmal Kinder vorgefübrt, die als geistig zurückgeblieben 
oder nicht schulfähig bezeichnet werden, die aber doch eine einseitige, schein¬ 
bar völlig isolierte Begabung für Rechenoperationen (insbesondere Kopf¬ 
rechnen) haben sollen. Auf der anderen Seite wieder bekommt er mitunter 
Kinder zu sehen, deren psychische Entwicklung sonst scheinbar normal ist, 
die jedoch in ihren Rechenleistungen weit hinter der Norm Zurückbleiben. 
Aus der flüchtigen Beobachtung solcher Fälle könnte man schließen, daß es 
eine isolierte Begabung für das Rechnen gibt und einen isolierten Mangel 
einer solchen Begabung, einen isolierten Rechendefekt. Indem nun die 
Autoren je ein Kind mit Rechenbegabung und eins mit Rechendefekt ge¬ 
nauer prüften, die beide ungefähr gleichaltrig waren, kommen sie zu dem 
Resultat, daß bei dem einen Kiude weder eine einseitige Rechenbegabung, 
noch bei dem anderen Kinde eiu einseitiger Rechendefekt vorlag, vielmehr 
war die Begabung des einen eine ziemlich vielseitige, der Begabungsmangel 
des anderen Kindes auch. 

Die Resultate der Assoziationsversuche an geistig zurückgebliebenen 
Kindern faßt Römer (46) folgendermaßen zusammen: 1. Geistig zurück¬ 
gebliebene Kinder haben zum Teil andere bevorzugte Assoziationen als nor¬ 
male Kinder. 2. Die Abweichungen treten am häufigsten bei Adverbien und 
Pronominen als Reizworte zutage, am seltensten bei Adjektiven und Nume- 
ralien als Reizworten. An den Abweichungen dürfte die mangelhafte Sp* ac “‘ 
beherrschung der geistig Zurückgebliebenen und das mangelhafte Verständnis 
für den Sinn der Reizworte schuld sein. 3. Die geistig zurückgeblieb enen 
Kinder haben weniger bevorzugte Assoziationen als die normalen Kiu ( ^ e^ • 
4. Die geistig zurückgebliebenen Kinder haben auch teilweise andere bevor¬ 
zugte Assoziationen als die normaleu Kinder. 5. Unter den Assoziationen 
der zurückgebliebenen Kinder sind Klangassoziationen und Wortergänzung 60 
sehr zahlreich, es finden sich daneben vielfach egozentrische Reaktionen, 


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Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 731 


Perseverationen, Fälle von Beharren im Bedeutungskreis eines Assoziations¬ 
wortes, ferner Wortneubildungen. Das Auftreten einzelner Arten dieser 
Reaktionen ist für manche geistig zurückgebliebenen Kinder charakteristisch. 
6. Bei der überwiegenden Mehrheit der zurückgebliebenen Kinder gilt das 
Marbesche Geläufigkeitsgesetz der Bevorzugung von Assoziationen. 7. Das 
Ergebnis früherer Untersuchungen, daß abnorme Kinder längere Assoziations- 
zeiteu haben als normale, wurde bei den in dieser Arbeit verwendeten Reiz¬ 
worten nicht bestätigt. 8. Klangassoziationen haben bei zurückgebliebenen 
Kindern durchschnittlich eine kürzere Reaktionszeit als andere Assoziationen. 
9. Bei geistig zurückgebliebenen Kindern nimmt die Häufigkeit der be¬ 
vorzugtesten Assoziationen mit znnehmendem Lebensalter nicht zu, hingegen 
nimmt sie mit zunehmendem Intelligenzalter, bestimmt nach der Staffel¬ 
methode von Bi net und Simon, deutlich zu. 10. Die dem Lebensalter nach 
ältesten zurückgebliebenen Kinder haben kürzere Assoziationszeiten als die 
dem Lebensalter nach jüngsten, ebenso haben die dem Intelligenzalter nach 
ältesten kürzere Assoziationszeiten als die jüngsten. 11. Die Korrelation 
zwischen dem Lebensalter und der Häufigkeit bevorzugtester Assoziationen, 
gemessen durch den Pearson sehen Korrelationskoeffizienten, ist bei normalen 
Kindern bedeutend größer als bei geistig zurückgebliebenen. 12. Berechnet 
man auf Grund von Versuchen an normalen Kindern eine Normalmindest¬ 
leistung an bevorzugtesten Assoziationen für die einzelnen Altersstufen, so 
zeigt sich, daß die überwiegende Mehrheit der geistig zurückgebliebenen 
Kinder unter der Normalmindestleistung ihres Lebensalters zurückbleibt. 
Vergleicht man aber die nach ihrem Intelligenzalter gruppierten Zurück¬ 
gebliebenen mit der Normalmindestleistung des entsprechenden Intelligenz¬ 
alters der normalen Kinder, so seigt sich, daß die überwiegende Mehrheit 
der Zurückgebliebenen diese Normalmindestleistung erreicht oder über¬ 
schreitet. Die Häufigkeit der bevorzugtesten Assoziationen im Assoziations- 
versuch kann demuach als Symptom geistiger Zurückgebliebenheit und als Maß 
der Größe der Retardation in einer abgestuften Testserie verwendet werden. 

Wildmann (57) gibt eine kurze Charakteristik der unsozialen, geistig 
minderwertigen Elemeute, die nicht leicht herauszuerkennen sind, und die 
eine große Gefahr für die menschliche Gesellschaft bilden durch den Schaden, 
den sie selbst anrichten und durch die defekte Nachkommenschaft, welche 
sie hinterlassen. Sio scheinen sich nach Beobachtungen der Autors be¬ 
sonders zahlreich unter den Seeleuten zu befinden. 

Wildmann (56) beobachtete an einem großen Materiale von Schwach¬ 
sinnigen folgende Psychosen: Amentia, manisch-depressive Zustände, De¬ 
mentia praecox, Epilepsie mit Erregungszuständen, Psychoneurosen und 
Moral insanity. Die Psychosen bei den Imbezillen werden dann kurz 
charakterisiert. 

Wasner (54) behandelt eine Anzahl von Fällen von Pfropfpsychosen, 
die er unter dem Material der Kückenmühler Anstalten zu Stettin zu beob¬ 
achten Gelegenheit -hatte. Außer Epilepsie, die nicht besprochen wird, sind 
es 10 Fälle von Dementia praecox inkl. eines Falles von Dementia para¬ 
noides, zwei Fälle von manisch-depressivem Irresein, ein Fall von periodischer 
Manie, die auf dem Boden des Schwachsinns entstanden sind. Von den 
11 beobachteten Fällen von Dementia praecox zeigen 5 einen leichten Verlauf 
ohne wesentliche Beeinträchtigung der psychischen Persönlichkeit, ein Fall 
bietet einen schweren Verlauf mit Schädigung des psychischen Habitus. 
Bei drei Fällen ist eine solche Schädigung zu erwarten, ein Fall ist bereits 
im Stadium der Verblödung in die Anstalt aufgenommen worden. Ein be¬ 
sonders schwerer Verlauf der Dementia praecox bei Schwachsinnigen im 

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732 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 


Gegensatz zu den Vollsinnigen ist demnach nicht festzustellen gewesen. 
Unter den beobachteten Fällen herrschte die stupuröse (torpide) Form der 
Dementia praecox vor. Als diagnostisches Merkmal für das Vorhandensein 
einer echten Dementia praecox oder eines echten manisch - depressiven 
Irreseins auf dem Boden des angeborenen Schwachsinns die Forderung auf¬ 
zustellen, daß der Ausgang der Psychose keine Beeinträchtigung des psy¬ 
chischen Gesamthabitus verursachen dürfe, erscheint dem Autor im Hinblick 
auf die schweren psychischen Schädigungen, die diese Psychosen bei Voll¬ 
sinnigen hinterlassen können, nicht haltbar. Fälle, die im Sinne von 
Kraepelin als infantile oder fötale Formen von Dementia praecox auf- 
zufassen wären, sind nicht beobachtet worden. In bezug auf die Psychosen 
scheint der Schwachsinn insofern einen Einfluß auszuüben, als bei den para¬ 
noiden Formen der Dementia praecox eine gewisse Beschränktheit uud 
Armseligkeit des Gedankeninhalts der Wahnvorstellungen zutage tritt; bei 
den sonstigen Fällen von Dementia praecox ist eine für den angeborenen 
Schwachsinn charakteristische Färbung der Psychose nicht zu beobachten. 
Bei den manisch-depressiven Fällen macht sich eine starke Beeinflussung 
durch äußere Anlässe und eine Ärmlichkeit und Einförmigkeit der Affekte 
und des Ideeninhalts bemerkbar, die wenigstens in den drei vom Autor beob¬ 
achteten Fällen der Psychose eine so charakteristische Färbung gaben, daß 
man auch ohne Anamnese aus dem Zustandsbild der Psychose auf eine 
geistig minderwertige Grundlage schließen könnte. Ob dies in allen Fällen 
von manisch-depressivem Irresein auf dem Boden des angeborenen Schwach¬ 
sinns zutrifft, ist unentschieden. 

Berkeley (6) schildert zunächst die körperliche und geistige Ent¬ 
wicklung der höheren Gattung der Imbezillen bis über das Pubertätsalter 
hinaus. Die bei ihm vorkommenden Geisteskrankheiten teilt er in folgende 
Gruppen: 1. die Dementia praecox-Gruppe: 2. die alternierenden Psychosen; 
3. die Dementiagruppe; 4. Fälle mit speziellen Störungen des Gehörs, 
Gesichts und Geschmacks (akute und chronische Halluzinosen): 5. Fälle, 
welche durch das Bestehen von Wahnideen charakterisiert sind; 6. Fälle mit 
triebartigen Handlungen pathologischer Natur. 

Hampel (17) beschreibt einen schwachsinnigen Jungen, der eine 
ungewöhnliche Begabung im raschen Erfassen einer ungeordneten Menge von 
Gegenständen, im raschen Zählen und in der Abschätzung der Länge und 
Breite von Gegenständen hatte. 

EliftSSOW (13) hat bei Hilfsschulkindern über die Frage nach der 
erblichen Belastung Untersuchungen angestellt, indem er Familieunach- 
forschungen anstellte. Die Nachforschungen wurden nur in solchen Familien 
angestellt, aus denen zurzeit mehrere Kinder die Hilfsschule besuchten. 
Das Ergebnis, welches aus ca. 60 Familien gewonnen wurde, war folgendes: 
In der Familienanamnese stehen zwei Erscheinungen im Vordergrund, der 
Alkoholismus, dessen Prozentsatz sehr hoch ist, und die Tuberkulose. Die 
persönliche Vorgeschichte der Hilfsschulkinder weist nicht-solche Faktoren auf, 
die besonders ins Auge fallen. Bei dem einen Kind sind es diese Schäden 
in der individuellen Entwicklung, bei dem anderen jene, die sein Zurück¬ 
bleiben bewirkt haben. Besonders hoch schätzt Verfasser den Einfluß des 
sozialen Milieus ein. Alle Schädigungen angebornor oder erworbener Art 
kommen um so mehr zur Geltung, je ungünstiger das soziale Milieu ist, 
in dem das Kind aufwächst. Die Voraussetzung, von der der Antor aus¬ 
gegangen war, daß die Untersuchung von Geschwistern unter den Hilfs¬ 
schülern besonders viel von erblicher Belastung zutage fördern würde, bat 
sich nicht bestätigt. Es hat sich keine besonders starke Belastung ergeben. 


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Idiotie, Imbezillität, Kretiuismus, Infan tilismus, psychopathische Konstitution. 733 


Daraus wäre die Folgerung abzuleiten, daß der erblichen Belastung keine 
so große Bedeutung zukommt, als man im allgemeinen auzunehmen geneigt 
ist Zum mindesten ebenso hoch, wenn nicht noch höher, sind die schäd¬ 
lichen Einwirkungen in der eigenen Entwicklung und der unheilvolle Einfluß 
des sozialen Milieus einzuschätzten. 

Hoffmann (23) gibt einen Bericht über das Schicksal und den Werde¬ 
gang von 83 Hilfsschulkindern nach deren Entlassung aus der Schule. Er 
bespricht ihr weiteres Verhalten im Erwerbsleben, ihre weitere körperliche, 
geistige und sittliche Entwicklung. Bemerkenswert sind unter den Angaben, 
daß sich 38 Kinder geistig besserten, daß 33 Kinder auf der gleichen geistigen 
Stufe stehen blieben und daß 10 Kinder geistig zurückgingen. Vor Gericht 
wegen straffälliger Handlungen kamen 10 Kinder. 

Kirmße (30) erwähnt, daß mehrere Zöglinge der Anstalt Idstein auch 
in den Krieg gezogen sind und sich gut bewährt haben. Daran anknüpfend 
lenkt er die Aufmerksamkeit auf Volkssagen und Volkslieder, in denen 
Schwachsinnige eine Heldenrolle spielen. 

Wittig (58) berichtet über geistige Fähigkeiten von 14jährigen Hilfs¬ 
schulkindern beim Unterricht. Häufig ist das Auftreten einseitiger Be¬ 
gabungen. Einige Schüler hatten eine besondere Gedächtnisbegabung, bei 
anderen wiederum war das Gedächtnis auffallend schlecht Bei einem dritten 
Typus war der Sinn für das Sprachliche mangelhaft entwickelt, beim vierten 
Typus war Zahlen- und Raumsinn kärglich, zu diesen kommen als fünfter 
Typus die schlechten Rechner. Unter 143 Schülern waren 64 beständig in 
ihrer Neigung für ein bestimmtes Fach, die übrigen wechselten in der Wahl. 
Hierbei war uach Ansicht des Autors der Vorstellungstyp für die Wahl ma߬ 
gebend. Es ließen sich folgende Gruppen herauslösen: Gruppe 1: Das akustische 
Moment herrscht vor (Geschichte-Religion); Gruppe II: Das akustisch¬ 
optische Moment herrscht vor (Erdkunde, Naturkunde usw.); Gruppe III: 
Das motorische Moment herrscht vor (Lesen, Rechnen, Singen); Gruppe IV: 
Das optisch-motorische Moment herrscht vor (Zeichnen-Lesen, Lesen-Schreiben, 
Rechuen-Arbeitsunterricht usw.); Gruppe V: Besondere Fälle; Gruppe VI: 
Die Unbeständigen. Den Schluß der Arbeit bilden Beobachtungen über 
Werturteile bei Hilfsschülern, wie sie aus kleinen Aufsätzen, aus der Lektüre 
usw. zu ersehen waren. 

Zimmermann (62) bespricht zunächst die Entwicklung und normale 
Anlage, Ausbildung und Stellung der Kiefer und Zähne. Er geht dann auf 
die verschiedenen Anomalien ein, die sich in der Ausbildung und Stellung 
zeigen, und bespricht ausführlich deren Ursachen. Zum Schluß kommt er 
auf die Zahn- uud Kieferanomalien bei Idioten resp. Schwachsinnigen zu 
sprechen, bei denen sich Abweichungen besonders häufig finden. Die ver¬ 
hältnismäßig starke Prädisposition der Schwachsinnigen zu Biß- und Kiefer¬ 
deformitäten erkläre sich aus der häufigen anomalen Entwickeluug der ganzen 
Schädelbasis. Nach den von verschiedenen Forschern angestellten Statistiken 
ist die häufigste Kieferdeformität bei den Idioten der V-förmige Kiefer mit 
hohem spitzbogenartig gewölbten Gaumendach, es folgt sodann an Häufigkeit 
der Prognathismus des Oberkiefers. Außer der Entwicklungshemmung der 
Schädelbasis kommen als ursächliche Momente Konstitutionskrankheiten, 
namentlich Rachitis, Skrofulöse und angeborene Syphilis in Betracht; in 
neuerer Zeit ist auch auf den Einfluß der Drüsen mit innerer Sekretion 
hingewiesen worden, die ja bei Idioten vielfach in ihrer Wirksamkeit gestört 
sind. Wesentlich für die Deformitäten der Zähne und Kiefer sei auch die 
Schwerbeweglichkeit der Zuuge, die sich bei Idioten, besonders den Kretins 
findet. Den Schluß der Arbeit bilden Bemerkungen zur Therapie. 


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734 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 


Büttner (10) setzt nach den Definitionen yon Gutzmann, Liebmann 
u. a. das Wesen der Hörstummheit auseinander und hat auf eine Anfrage 
bei Üilf8schullehrern, wohin diese Kinder eingeschalt werden sollen, yon der 
Mehrzahl die Antwort erhalten, daß hei dem Mangel spezieller Anstalten 
für solche Kinder die Hilfsschule noch die relativ beste und geeignetste 
Schale wäre. 


Kretinismus- 

Der Aufsatz über Kretinismus von Scholz (50) bringt in gedrängter 
Kürze und vortrefflicher Darstellung das über Kretinismus Wissensnötige. 
Die beigegebeneu Abbildungen sind außerordentlich instruktiv. Die Darstellung 
stützt sich auf vielfache eigene Untersuchungen und Erfahrungen. 

Kraus, Rosenbusch und Maggio (32) unterziehen die Frage der 
Chagas-Erkrankung und ihre Beziehungen zum endemischen Kropf und 
Kretinismus einer eingehenden Besprechung. Sie gelangen zu dem Schluß, 
daß eine chronische Erkrankung, bedingt durch Schizotrepanosoma Crusi, 
die mit Kropf, Myxödem, Idiotie, Diplegie einhergeht, bisher nicht ein¬ 
wandfrei erwieseu ist. 


Infantillimus. 

Juliusburger (25) entwirft ein Bild von den wesentlichen und charak¬ 
teristischen Zügen des psychischen Infantilismus. Er hebt den kindlichen 
Gesichtsausdruck und den Mangel an Expressivbewegungen hervor. In gei¬ 
stiger Hinsicht fehlt das Zielbewußte, dabei jagen die Gedanken bunt hin 
und her. Bezeichnend auch für den infantilen Typ der Psyche ist das 
Uberwiegen des okkasionellen primitiven Denkens und das mehr oder weniger 
erhebliche Zurücktreten der innerlichen kausalen Verbindung der Vor¬ 
stellungsreihen. ln weitgehendem Maße ist die Affektivität betroffen, die 
Labilität der Stimmungen geht bis zur Zyklothymie, das Affektleben ist 
flach; häufig besteht Gefiihlsverarmnng, welche sich bis zu den Erscheinungen 
der Moral insanity steigern kann. Mit diesen Störungen des Affektlebens 
steht die Neigung zu Angst und Furcht in Verbindung, ferner die Schüch¬ 
ternheit und Unbeholfenheit, der Hang zum Lügen, Stehlen, zur Imitation 
usw. In Übereinstimmung mit Eulenburg und Bloch sieht Juliusburger 
in einer dauernden und unbeeinflußbaren Frigidität und in der Parallel- 
erscheinuug, der Impotenz, einen Mangel der psychosexuellen Entwicklung, 
eineu Ausdruck des Infantilismus. Die bleibende Masturbation, besonders 
beim Wegfall von allopsycbischen Sexualphantasien und ausschließlicher 
autopsychischer Einstellung, der Exhibitionismus, das ganze Gebiet der 
Schaulüste sind unverkennbare Überbleibsel aus einer Kindheit, die nicht 
über sich hinausgehen konnte. Es gibt Fälle, in denen die infantilen Züge 
und Betätigungen periodenweise auftreten resp. zu diesen Zeiten besonders 
sinnfällig sind; der Autor führt einzelne derartige Beispiele an. Immer 
finden sich bei all diesen Infantilen bei näherem Zusehen auch entsprechende 
somatische Erscheinungen, die in vielen Fällen in Störungen der inneren 
Sekretion ihre Grundlage haben (ausgesprochen bei der Lipodystrophie). 
Man habe es bei den Infantilen mit Defektmenschen zu tun, bei ihnen bleibt 
alles in der Entwicklung stehen, verharrt auf der Stufe der Indifferenzierung, 
ohne daß es zu einer Synthese, zu einer Sublimierung kommt. Die Personen 
von infantilem Typ zeigen in charakteristischer Weise die disharmonische 
gespaltene Persönlichkeit. Da in hervorragender Weise und charakteristischer 
Eigenart bei ihnen besonders die Gefühlsspähre in allen Fällen verändert 


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Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 735 

erscheint, könnte man auch von Parathymie sprechen, und mit Rücksicht 
darauf, daß es sich in den hierher gehörigen Fällen um ontogenetische und 
phylogenetische Entwicklungsstörungen und Rückschläge handelt, könnte man 
auch von regressiver Psychopathie reden. Eine außerordentliche Zahl 
von Kranken, die man der Neurasthenie und Hysterie zuschreibt, gehören 
wahrscheinlich in diese Gruppe. Die Fälle sind natürlich auch in forensi¬ 
scher Hinsicht von großer Bedeutung. 

In die Reibe der soeben geschilderten Zustände gehören auch zwei 
Fälle, die Jaliusbarger (26) ausführlich (von seiten der Patienten selbst¬ 
biographisch), beschreibt. Besonders der erste Fall ist außerordentlich in¬ 
struktiv. In diesem Falle handelt es sich um eine disharmonisch veranlagte 
Persönlichkeit, die gleichsam in einen zurückgebliebenen infantilen und in 
einen fortgeschrittenen reifen Anteil gespalten war, wobei der letztere nicht 
imstande ist, die infantilen Züge auszulöschen und die aus der Kindheit 
stammenden Triebe und Lüste niederzuhalten. 


Psychopathische Konstitution. 

Als neuropathisch zu bezeichnen sind nach Stier (53) diejenigen Kinder, 
bei denen in intensiver oder gehäufter Form auf einer fehlerhaften Anlage 
beruhende Funktionsstörungen der phylogenetisch ältesten Teile des nervösen 
Apparates sich zeigen, die als Steigerung der reflektorischen Erregbarkeit 
des zentralen oder vegetativen Nervensystems angesprochen werden müssen. 
Die so entstehenden Störungen manifestieren sich entweder im Gebiet der 
unbedingten Reflexe als erleichterte, verbreiterte oder abnorm intensive 
motorische Reaktionen auf leichte bzw. mittelschwere Reize, oder als ein 
verfrühtes Auftreten von Unlustgefühlen bei den gleichen Reizen oder, im 
Gebiet der bedingten Reflexe, als abnorm langes und intensives Festhaften 
sogenannter häßlicher Angewohnheiten. 

Mönkemöller (38) erstattet einen ausführlichen Bericht über die im 
Dezember 1913 uud im ersten Quartal 1914 vorgenommene psychiatrisch- 
ueurologische Untersuchung der in Anstalten untergebrachten, schulpflichtigen 
Fürsorgezöglinge der Provinz Hannover. Es wurden im ganzen 816 Zög¬ 
linge an 14 verschiedenen Anstalten untersucht. Die Untersuchung erstreckte 
sich auf das Alter, Geschlecht, Heimatgebiet (Stadt oder Land), auf Beruf 
der Eltern, erbliche Belastuug, Milieu im Elternhause, ursächliche Faktoren, 
körperliche Krankheiten, nervöse und psychische Abnormitäten und Erschei¬ 
nungen, kriminelle Vorgeschichte, Iutelligenzprüfung, Verhältnis der Normalen 
zu den Minderwertigen, auf die klinische Diagnose bei den geistig Kranken 
usw. Von Besonderheiten ist folgendes anzuführen. Das ländliche Für¬ 
sorgematerial stammte aus Orten, in denen sich die Industrie entwickelt 
hat. Besseren Berufen gehörten nur 9 von den Eltern an. Die erbliche 

Belastung war eine sehr starke. An erster Stelle steht die Trunksucht, der 

zwei Drittel der gesamten Erzeuger verfallen waren; daraus geht auch schon 
das ungünstige Milieu hervor, in dem sich die Mehrzahl der Kinder vorher 

befand. Über ein Viertel der Elten» waren vorbestraft, gegen 200 waren 

Prostituierte oder Zuhälter, viele Kinder waren in dem Milieu an Bier- 
und Schnapsgenuß gewöhnt worden; 316 Eltern arbeiteten außer dem Hause. 
Für die körperliche und geistige Minderwertigkeit des Materials spricht die 
große Zahl besonders der allgemeinen Konstitutionskrankheiten wie Skrofu¬ 
löse, Rachitis, Blutarmut, allgemeine Körperschwäcbe, wie die große Zahl 
der nervösen Erscheinungen, die sie zeigten oder früher gezeigt hatten. So 
war die Hälfte der Zöglinge früher Bettuässer gewesen. Wie die äußeren 


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736 


Funktionelle Psychosen. 


Faktoren auf die kindliche Psyche eingewirkt hatten, spricht sich in der 
kriminellen Vorgeschichte aus, insofern 648 von den unter 14 Jabreu Stehen¬ 
den schon mit dem Strafgesetze in Konflikt geraten waren. An erster Stelle 
steht auch hier der Diebstahl, aber auch sonst, so führt der Autor mit Recht 
an, beweist die Vielgestaltigkeit der kindlichen Kriminalität — die sich 21mal 
mit der Brandstiftung befaßte, die die Sittlichkeitsvergehen in recht bedenk¬ 
licher Mannigfaltigkeit zeigt, die sich bis zum Raube, zum Versuche der 
fahrlässigen Tötung verstieg —, daß sie nicht ernst genug genommen werden 
kanu. Die Zahl der geistig Minderwertigen betrug ungefähr die Hälfte der 
Insassen, die psychopathischen Konstitutionen waren reichlich vertreten. Die 
Mädchen stellten ein höheres Kontingent zur Minderwertigkeit als die Knaben. 
Der Autor erkennt aus dem Material wieder die beklagenswerte Tatsache, 
daß die Fürsorgeerziehung viel zu spät einsetzt, nämlich erst dann, wenn 
die Verwahrlosung mit der jugendlichen Kriminalität identisch geworden 
ist. Den Schluß der bemerkenswerten Abhandlung bilden praktische Vor¬ 
schläge für die weitere Ausgestaltung der Fürsorgeerziehung. 

Kronfeld (33) verbreitet sich in tiefgründiger Weise über die logische 
Struktur psycbopathologischer Typenbildung und über die theoretischen 
Probleme des sogenannten moralischen Schwachsinns. 

Barth (3) gibt sehr detaillierte Aufzeichnungen über 40 weibliche 
Zöglinge eiuer Fürsorgeanstalt. Die Darstellung hält sich an das Muster, 
welches Gruhle gegeben hat, indem zunächst statistische Angaben über 
Aszendenz, Vorleben, Straffälligkeit, körperlichen und psychischen Zustand 
nsw. gebracht werden und zum Schluß die Lebeusläufe der einzelnen Zög¬ 
linge folgen. Aus den Schlußfolgerungen, die die Autorin zieht, sei folgen¬ 
des angeführt: Etwas über die Hälfte der Fürsorgezöglinge konnte als abnorm 
veranlagt betrachtet werden. Bei Normalen werden die früheren Schädi¬ 
gungen des Milieus durch mehrjährigen Aufenthalt in der Erziehungsanstalt 
ausgeglichen. Anders aber ist es bei den Abnormen; hei letzteren ist das 
zu erwartende Erziehungsresultat zweifelhaft. Da sie für die anderen Nor¬ 
malen aber eine Gefahr bilden, so ist es zweckmäßig, sie von vornherein 
von ihnen abzusondern. Zu diesem Zwecke sollten alle einer gewissen psych¬ 
iatrischen Untersuchung unterzogen werden. Für die psychisch Abnormen 
sind besondere Vorkehrungen zu treffen; das dürfte auf die spätere Bewäh¬ 
rung der Fürsorgezöglinge von großem Einfluß sein. Je nach dem psychia¬ 
trischen Befunde wären die Zöglinge einzuweisen: a) in eine Anstalt für 
nicht Abnorme und leicht Abnorme, die nach den allgemeinen gültigen 
Erziehungsgrundsätzen von Pädagogen unter ärztlichem Beistand geleitet 
wird, b) in eine Anstalt für Schwachsinnige, c) in eine Anstalt für abnorme 
Psychopathen, Hysterische, Neurasthenische usw., die dauernd unter psychia¬ 
trischer Überwachung stehen und für die sich evtl, die Einleitung des Ent¬ 
mündigungsverfahrens empfehlen würde. Die betreffenden Anstalten müßten 
Staatsanstalten sein. 


Funktionelle Psychosen. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin und Privatdozent Dr. Jolly-Halle. 

1. Alzheimer, Fall psychogener Depression. Vereinsbeil. d. D. m. W. S. 1143. 

2. Bahr, Max A., Ziehens Conception of Acute Hallucinatory Paranoia (Amentia). The 
Alien, a. Nour. 38. (4.) 414. 

3. Birnbaum, Karl, Zur Paranoiafrage. Zschr. f, die ges. Neur. 29. (3/4.) 305. 

4. Bonhoeffer, K., Die Differentialdiagnose der Hysterie und psychopathischen Kon¬ 
stitution gegenüber der Hebephrenie im Felde. M. Klin. No. 32. p. 877. 


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Funktionelle Psychosen. 


737 


'S. Crinis, M. de, Das Symptom des Leberabbaues als Teilerscheiuung des melancholischen 
Symptomenkomplexes. Fermentfschg. 1. (4.) 334. 

6. Grabfield, G. P., Variation» in Sensory Threshold for Faradio Stimulation in Pßyoho- 
pathic Subjects. II. Manie Depressive Insanity. Boston M. and S. J. 173. (6.) 

7. Gregory, Menas S., Transient Attacks of Manie-Depressive Insanity. Med. Reo. 88. 
(2ö.) 1040. 

8. Haberlandt, Friedrich, Zur Symptomatologie der endogenen Depressionen. Inaug.- 
Diss. Berlin. 

9. Hauptmann, Alfred, Die Beschleunigung der Blutgerinnungszeit bei Katatonie. 
Zschr. f. die ges. Neur. 29. (3/4.) 323. (s. Kapitel: Organ. Psyohosen.) 

10. Higier, W., Fall von schwerer Psychasthonie mit Berührungsfurcht und Ueberexakt- 
heitsmaiiie. Verhandl. d. Warschauer ärztl. Gesellschaft. CXII. 1916. 

11. Hirschfeld, Ueber sexuelle Hypochondrie und Grübelsucht. Ärztl. Ges. f. Sexual- 
wiss. 21. Ma\ 

12. Krambach, Reinhard, Ueber chronische paranoide Erkrankungen (Paraphrenie und 
Paranoia). Arch. f. Psych. 55. (3.) 911. 

13. Leonard, Edward F., Report of a Case of Paranoia. The J. of N. a. M. Dis. 42. 700. 
(Sitzungsbericht.) 

14. Lind. John E., Combined Psychoses. The J. of N. and M Dis. 42. (4.) 217. 

15. Derselbe, Statistical Study of Hallucinations in the Manie-Depressive Type of Psychoses, 
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16. Nuß bäum, Robert, Zur Lehre der chronischen Paranoia. Dies. Kiel. 

17. Parhon, C., Über das Vorkommen von verworrener Manie bei einer Kranken mit Schild¬ 
drüsenhypertrophie. Schnell erzielter Hoilerfolg durch Thyroidektomie. Wien. med. 
Woch. No. 1. S. 18. (Überschrift besagt den Inhalt der Arbeit.) 

18. Reed, R., Manie-Depressive Episode Presenting a Frank Wish-Realization Construction. 
Lancet-Clinic. May 22. 

19. Reuter, Fritz, Beitrag zur Lehre vom Eifersuchtswahn auf nichtalkoholischer Basis. 
Diss. Kiel. 

20. Ru off, Tony, Kasuistischer Beitrag zur Genese paranoider Symptomkomplexe im 
Verlauf des manisch-depressiven Irreseins. J. f. Pöych. u. Neur. 21. (3—4.) 122. 

21. Schwarz, Erhard, Zwangsvorstellungen bei einem Hebephrenen. Msohr. f. Pjsyoh. 
38. (2.) 172. 

22. Singer, H. D., So-Called Mixed States and Atypical Form» of Manie-Depressive Insanity. 
Amer. J. of Insan. No. 4. 

23. Smith, Joseph, Catatonic States in Manie Depressive Insanity. Med. Rec. 87. (8.) 311. 

24. Stransky, Paranoia mit Transitivismus. Wien. klin. Woch. 1916. 29.148. (Sitzungs¬ 
bericht.) 

25. Straßburger, Hugo, 25 Fälle von Querulantenwahnsinn. Dissert. Berlin. 

26. Tucker, B. R., Mild Cases of Manie-Depressive-Psychosis. Old Dominion J. of M. 
and S. 21. (2.) 

27. Wegener, Erich, Zur Differentialdiagnose zwischen Paranoia und Dementia paraly- 
tica auf Grund des Abderhaldenschen Dialysierverfahrens. Fermentfschg. 1. (3.) 210. 

28. Westphal, Über paranoide Erkrankungen. Allg. Zschr. f. Psych. 72. 179. (Sitzungs¬ 
bericht.) 


Paranoia. 


Das Ergebnis der Betrachtungen Bimb&um’s (3) über die Paranoia¬ 
frage ist folgendes: Die Bedenken, die sich gegen die bisher aofgestellten 
Kennzeichen der Paranoia (besonderer Verlauf, Auslösungsart usw.) erheben 
lassen, legen es nahe, von diesen abzusehen und nach neuen pathognostischen 
Momenten zu suchen. Hierfür scheint am geeignetsten der eigenartige 
paranoische Wahnmechanismus, der besondere paranoische Wahntyp. Als 
Paranoiagruppe lassen sich demgemäß solche Krankheitsfälle zusammenfassen, 
bei denen es auf einem pathologisch vorbereiteten Boden von bestimmter 
psychologischer Eigenart (Verschiebung der seelischen Gleichgewichtsver¬ 
hältnisse) zu einseitig fixierter Gefüblsbetonuug, und damit zu ständiger 
Heraushebung und inhaltlicher Verfälschung gewisser Vorstellungskreise 
kommt, jede weitere logische und assoziative Gedankenarbeit nun im Sinne 
und zugunsten dieser einseitig herausgehobenen Pehlanschanungen erfolgt 
und so mit psychologischer Folgerichtigkeit sich immer weitgehende Urteils- 

J&hresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1»15. 47 


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738 


Funktionelle Psychosen. 


fälschungen entwickeln, ohne daß der Krankheitsprozeß während seines 
ganzen Verlaufs durch Elemente beeinträchtigt würde, die seiner eigenartigen 
Grundlage und seinen Mechanismen wesensfremd sind. Ein bestimmter Ver¬ 
lauf und Ausgang liegt nicht im Wesen dieser Krankheitsform, ebensowenig wie 
eine bestimmte degenerative Grundlage und das Bestehen oder Fehlen eines 
auslösenden psychischen Faktors zu den unbedingten Voraussetzungen der 
Erkrankung gehören. Gewisse Differenzen bezüglich der allgemeinen Grund¬ 
lage und des äußeren Anstoßes kommen im Rahmen dieser Krankheitsgruppe 
vor, ebenso wie solche bezüglich des Verlaufs und Ausgangs. Ihnen wäre 
durch weitere Untergruppierungen und Varietätenaufstellung Rechnung za 
tragen. (< Jacobsohti .) 

Wegener’s (27) Untersuchungen betreffen vierzehn Fälle von sicherer 
Paranoia chronica ohne Intelligenzdefekt und ebensoviel Fälle von sicherer 
Dementia paranoides mit deutlichem geistigen Verfall. Bei letzteren zeigte 
das Serum durchweg den Abbautypus des Jugendirreseins, d. h. es wurde 
stets Geschlechtsdrüse und Gehirn oder Schilddrüse und Gehirn abgebant 
Dies Ergebnis spricht dafür, daß die Dementia paranoides mit Recht in die 
schizophrene Gruppe gerechnet wird. Im Blutserum der Kranken mit chro¬ 
nischer Paranoia fand meist kein Abbau von endokrinen Organen und 
niemals vom Gehirn statt. In einem Fall wurde Schilddrüse abgebaut, was 
durch Bestehen einer Struma erklärt wird, in einem anderen Leber, was mit 
chronischem Alkoholismus, in einem ferneren ebenfalls mit Schilddrüse, was 
mit vasomotorischen Störungen in Zusammenhang gebracht wird; Thymus¬ 
abbau in 2 Fällen ließ sich klinisch nicht erklären. Die Krankengeschichten 
der Fälle, auf denen die Arbeit beruht, sind auszugsweise mitgeteilt. 

(Jolly.) 

Reuter (19) teilt 12 Krankengeschichten der Kieler Klinik mit, in 
denen es sich um Eifersuchtswahn auf nichtalkoholischer Basis handelt. Die 
geringfügigsten Vorgänge dienten den Patienten — es waren alles Männer — 
dazu, auf die Untreue der Ehefrau zu schließen und einen systematisierten 
Wahn darauf aufzuhauen. ( Jolly.) 

Auch in dem einen der beiden Fälle von Nußb&um (16), die als chro¬ 
nische Paranoia bezeichnet werden, standen Eifersuchtswahnideen im Vorder¬ 
grund des Kraukheitsbildes, Alkoholmißbrauch spielte mit. ( Jolly .) 

Bahr (2) gibt eine eingehende Schilderung der Symptomatologie, der 
Verlaufsformen und der Prognose der Ziehenschen akuten halluzinatorischen 
Paranoia. {Jolly) 

Krambach (12) berichtet Über 50 Fälle von sog. Paraphrenie aus der 
Anstalt Dösen. Er faßt die Ergebnisse seiner Beobachtungen dahin zusammen, 
daß bei den Fällen, die er als Paraphrenien im Sinne Kraepelins auffaßt, 
kein Merkmal im Verhalten des Intellektes zu finden ist, welches sie grund¬ 
sätzlich von den anderen chronischen paranoiden Erkrankungen der Dementia 
praecox unterscheidet. Es ließen sich in allen Fällen der beobachteten Para¬ 
phrenien, teils noch gegenwärtig, teils in früheren Phasen, Symptome der 
Dementia praecox von verschiedener Ausdehnung und Valenz nacbweisen. 
So scheint die Paraphrenie nur ein Zustandsbild einer protrahierten (schizo¬ 
phrenen) Erkrankung zu sein, in der die Erscheiuungeu von gemütlichem und 
Willensstörungen vor denen der paranoiden schizophrenen VorsteOungs- 
tätigkeit zurücktreten. ( Jacobso/m.) 

Bei der Kranken, die Ruoff (20) schildert, handelt es sich nach An¬ 
sicht der Verfasserin um einen echten Fall von manisch-depressivem Irre¬ 
sein mit voller Ausbildung der charakteristischen Symptome: depressive 
Stimmung, assoziative und psychomotorische Hemmung einerseits, gehobene 


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Funktionelle Psychosen. 


739 


Stimmung, Ideenflucht, motorische Erregung andererseits. Zwischen den 
beideu vollentwickelten Phasen macht die Kranke einen Miscbzustand durch, 
in dem neben der gemütlichen Depression ausgesprochene Reizbarkeit und 
Unzufriedenheit mit der Umgebung, Neigung zum Räsonnieren und Queru¬ 
lieren besteht; dann folgt rascher Wechsel depressiver und manischer Zu¬ 
stände, die schließlich in die typische Manie übergehen. Ungewöhnlich ist 
in dem klar ausgeprägten Krankheitsbild die Erscheinung, daß im Über¬ 
gang der typischen Depression in den Mischzustand plötzlich ein paranoides 
Bild sich entwickelt mit ganz bestimmten Wahnideen, die längere Zeit 
das ganze Denken und Handeln beeinflussen, und die über die Zeit des 
depressiven Affektes festgehalten werden; ja die Kranke vermag sie nach 
erlangter Genesung noch lange Zeit nicht als „nur wahnhaft“ zu erkennen, 
darunter Ideen, die auch inhaltlich beim zirkulären Irresein nicht allzu häufig 
Vorkommen, so die Idee körperlicher Beeinflussung durch Drähte, durch 
Hypnose. Der beobachtete Zustand kann als Beispiel dafür dienen, daß durch 
besondere Kombination der manisch-melancholischen Symptome in Ver¬ 
bindung evtl, mit äußeren Erlebnissen, z. B. auch Trugwahrnehmungen, körper¬ 
lichen Mißempflndungen und mit vielleicht unbewußten Erinnerungen und 
nicht genügend verarbeiteten Eindrücken aus der Zeit vor dem Ausbruche 
der Psychose, besonders bei sehr feinfühlenden und empfindsamen Patienten, 
Zustandsbilder entstehen können, die der Krankheit ein paranoides Gepräge 
geben, die sieb aber gerade dadurch, daß sie sich „in verständlicher Weise 
auf Affekte, Triebe, Befürchtungen, Trugwahrnehmungen zurückführen lassen 
und keine dauernde Veränderung der Gesamtpersönlichkeit zur Voraussetzung 
haben“ vom echt paranoischen Wahn unterscheiden. ( Jacobsohn .) 

Straßburger (25) stellt die Aufzeichnungen Strassmanns über 
25 Querulanten und üDer die gerichtliche Begutachtung dieser Fälle zusammen. 
Die Diagnose „Querulantenwahn“ wurde stets erst dadurch sichergestellt, 
daß sich noch Symptome anderer Störungen zeigten. Die einen hatten schon 
in der Jugendzeit oder doch wenigstens vor dem Prozesse Symptome geistiger 
Störung, bei den anderen waren in der Familie Geisteskrankheiten vorge¬ 
kommen. ln 12 Fällen konnte mit Sicherheit Paranoia chronica diagnostiziert 
werden. Es zeigte sich die langsame Entwicklung von Verfolgungs- und 
Größenideen auf dem Boden einer Urteilsschwäche. In andereu Fällen 
handelte es sich um paranoide, wenn auch nicht systematisch aufgebaute 
Ideen. Bei einigen hatte sich der Schwachsinn auf Grund des Alkohol- 
abusus entwickelt. In einzelnen Fällen handelte es sich um Psychosen im 
Anschluß an das Klimakterium. (Jacobsohn.) 


Melancholie and Hypochondrie. 

In seinem Aufsatz über sexuelle Hypochondrie und Skrupelsucht be¬ 
spricht Hirschfeld (11) die Syphilidophoben, die Tripper-, Masturbations-, 
Pollutions-, Kohabitations-, Impotenz- und Deflorationshypochonder. Nach 
seiner Ansicht ist die auf sexueller Hypochondrie und Skrupelsucht be¬ 
ruhende Unentschlossenheit neben den sexuellen Perversionen eine der häufig¬ 
sten Ursachen der Ehelosigkeit. Zum Schluß bespricht er von ihm als 
sexuelle Selbstquälereien bezeichnete Zustände. (Jolly.) 

De Crinis (5). untersuchte zunächst 27 Sera von Patienten, bei denen 
ein melancholischer Symptomenkomplex vorlag, mittels des Abderhalden- 
schen Dialysierverfahrens. Es wurden 9 Fälle von Dementia praecox, 3 von 
Gehirnerkrankung im Klimakterium, 1 Fall von Gehirnerkrankung in der 
Laktation, 5 von idiopathischem Auftreten des melancholischen Symptomen- 

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740 


Funktionelle Psychosen. 


komplexes, 7 von progressiver Paralyse, einer von manisch-depressivem 
Irreseiu, einer von konstitutioneller Neuropathie untersucht. Leber wurde 
ausnahmslos abgebaut Bei einer Laktationspsychose fehlte im amenteo 
Stadium Abbau von Leber, um dann im melancholischen Stadium aufzutreteu; 
hei einer Paralyse wurde während eines dementen Zustandsbildcs keiu Abbau 
festgestellt, dagegen später, als noch melancholische Symptome dazu getreten 
waren: in einem Fall ron manisch-depressivem Irresein bestand Leberabbau 
während eines melancholischen Zustands, dagegen nicht mehr, als Patientin 
manisch geworden war. In 25 weiteren Fällen, von denen eines kein Geistes¬ 
kranker war, die anderen verschiedene nichtmelancholische Symptomen- 
komplexe boten, fiel Leberabbau nur in einem Fall von Lues cerebri positiv 
aus und ließ sich in diesem durch allgemeine Kachexie erklären. Bei 
5 weiteren Patienten mit Angstpsychose war kein Leberabban nachzuweisen. 
Es wurde ferner der Urin der 16 Patienten mit Leberabbau auf Gallen¬ 
farbstoffe untersucht, ohne daß solche nachgewiesen wurden. Während 
Leberabbau also bei anderen Symptomenkomplexen nicht vorkam, war der¬ 
selbe eine ständige Erscheinung beim melancholischen Symptomenkomplex. 
Letzterer wird folgendermaßen charakterisiert: Erhaltene Perzeption, primäre 
unkorrigierbare und dauernde depressive oder depressiv-ängstliche Stimmungs¬ 
lage, Fehlen von Sinnestäuschungen, wahnhafte systemisierte Vorstellungen von 
subjektiver Insuffizienz, Kleinheitsideen, Versündigungsideeu usw., intra- 
psychische Afunktion, Denkhemmung und intrapsychische Akinese, seltener 
Hypokinese, Hypertenazität und Hypovigilität der Aufmerksamkeit bei formal 
erhaltener Urteils- und Kombinationstätigkeit. ( Jolly .) 

Bei dem Kranken von Schwarz (21) hat sich aus einem hypochon¬ 
drischen Depressionszustand mit ausgesprochenem Krankheits- und In¬ 
suffizien zgefühl, sowie Lebensüberdruß eine fortschreitende hebephrene Psy¬ 
chose entwickelt. Nach Abklingen des akuten depressiven Stadiums traten 
episodisch echte Zwangsvorstellungen auf. (Jolly) 

Haberlandt (8) bringt die Krankengeschichten von 14 Zyklothymie¬ 
fällen. Die Mehrzahl darunter sind Frauen. Es handelt sich überwiegend 
um Depressionszustände, die bei den Patienten entweder zweimal, zur Zeit 
der Pubertät und vor Eintritt des Klimakteriums eintraten. Ein Teil der 
Patienten war dreimal von Depressionen heimgesucht, wobei beachtenswert 
war, daß der folgende Anfall von längerer Dauer und stärkerer Intensität 
war. Die Fälle sind sämtlich dem poliklinischen Material der Charite ent¬ 
nommen. Am Schluß der Arbeit zählt der Autor die hervorstechenden körper¬ 
lichen funktionellen Beschwerden auf, welche die Patienten hatten (Kopf¬ 
schmerzen. Zirkulations- und Digestionsbeschwerden und solche des Sexual¬ 
apparates). Klagen und Zeichen einer harnsauren Diathese, wie sie Lange 
bei Manisch-Depressiven hervorgehoben hat, waren bei den Kranken nicht 
vorhanden. ( Jacobtolm .) 


Manisch-depressives Irresein. 

Der Patient, über den Smith (23) berichtet, machte mit 16 Jahren 
eine Psychose durch, die sich in einem depressiven Zustand mit Verfolgungs¬ 
ideen und darauffolgendem Stupor äußerte. 3 Jahre später trat ein psycho¬ 
motorischer Erregungszustand mit Größenideen und sich anschließender 
Hemmung auf, der mit Krankhoitseinsicht endete. Verf. betrachtet den Fall 
als manisch-depressives Irresein mit katatonen Zügen. Manieren, Tics, 
Flexibilitas cerea oder dergl. werden nicht beschrieben. (Jolly) 


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Fuuktionelle Psychosen. 


741 


Aas statistischen Berechnungen schließt Lind (15), daß bei manisch- 
depressivem Irresein Halluzinationen etwas häufiger beim weiblichen Ge- 
schlocht Vorkommen als beim männlichen, und ungefähr doppelt so häufig 
bei Negern als bei Weißen. Ungefähr */ 6 aller weißen Manischen und 
1 / 3 aller farbigen Manischen hatte Halluzinationen. Er erklärt dies so, daß 
die unbewußten Vorgänge beim Neger leichter an die Oberfläche kommen 
als beim Weißen und bei der Frau leichter wie beim Mann. ( Joüy .) 

Nach Erfahrungen, die Gregory (7) machen konnte, sind Perioden 
von manisch-depressivem Irresein, welche nur wenige Stunden bis einige 
Tage dauern, sehr häufig. Sie sind zahlreicher als länger dauernde, welche 
Anstaltsbehandlung erfordern; aber sie sind schwer zu diagnostizieren, weil 
sie oft mit anderen exogenen Faktoren vermengt sich finden. Diese fiiich- 
tigen Anfälle werden oft als Folgezustände dieses exogenen Faktors ange¬ 
sehen, während gerade umgekehrt der exogene Faktor die Folge des manisch- 
depressiven Zustandes ist. Unter diesen exogenen Faktoren steht an erster 
Stelle der Alkohol, und die große Mehrzahl aller periodischen Trinker sind 
in Wahrheit Beispiele von solchen kurz dauernden Anfällen von manisch- 
depressivem Irresein, der sich im Alkoholabusus manifestiert. Diese flüch¬ 
tigen Attacken, wenn sie milder Natur und nicht mit Alkoholismus kompliziert 
sind, werden oft irrtümlich als Hysterie, Epilepsie, Migräne, Neurasthenie usw. 
angesehen, auch, wenn sie mit somatischen Erscheinungen verknüpft sind, 
als nervöse Dyspepsie, nervöse Herz-, Leber- und Darmstörungen usw. Für 
die Behandlung des Leidens ist die Erkennung des Wesens sehr wichtig; 
ebenso auch für die Beurteilung in forensischer Beziehung. ( Jacobsohn .) 

Higier (10): Patient 40 Jahre alt. Ex stirpe bona. Vor einigen Jahren 
Depression mit suizidalen Ideen und Grübelsucht auf religiös-philosophischem 
Gebiet. Vor D /2 Jahren entwickelten sich allmählich ohne äußere Ver¬ 
anlassung Zwangsvorstellungen und Zwangshandlungen, die am meisten an 
die Uberexaktheitsmanie, Genauigkeitsmanie, Skrupelsucht und an die Manie 
de l’andela der Franzosen erinnert. Die Übertreibung äußert sich besonders 
stark auf dem Gebiete der Reinheit: er fürchtet, in die elektrische Bahn 
einzusteigen, um keinen Fremden zu berühren, beim Spucken erschrickt er 
unter Herzklopfen, da ein Tropfen des Speichels ihn beschmutzen könnte, 
er vertreibt seine jungen Kinder vom Hause, damit sie nicht stauben, seine 
Toilette beim Urinlassen dauert über 2 Stunden, die bei der Defäkation bis 
8 Stunden und wird gefolgt von wiederholten Abreibungen, Sitzbädern, 
Exploration des Orifiziums durch den Bedienten, Umkleidungen usw. Die 
Träume sind meist beunruhigenden Inhalts aus dem Gebiete des Anankasmns, 
des Zwangsirreseins, der Berührungsfurcht. Als Techniker ist er infolge 
seiner Furcht ganz arbeitsunfähig geworden. Je mehr er bei den rekto- 
vesikalen Verrichtungen an absolute Reinheit der Orifizien denkt, desto 
länger dauert die Entleerung der Harns und Stuhlgangs, was übrigens leicht 
verständlich ist, weun man in Betracht zieht den enormen Einfluß der Ge¬ 
fühle, Vorstellungen, Stimmungen und Affekte auf das sympathische und 
autonome System. Bei Darreichung von Methylenblau in Oblaten beruhigte 
sich Patient, als zunächst der Harn und nach einer Woche der Kot blau¬ 
gefärbt entleert, ihm desinfiziert und steril zu sein schienen. 

Jeder Zwangsvorstellung des Patienten wohnt ein Gefühl subjektiven 
Zwanges und eine emotive Grundlage inne; jede Vorstellung wird begleitet 
von Angstgefühl mit Herzklopfen, der Kranke ist sich bewußt des unlogischen 
Inhalts seiner Zwangsgedanken uud empfindet dennoch Erleichterung, 
wenn er denselben nachgibt oder dieselben erfüllt. Im Anschluß an die 
Hypothesen Löwenfelds, Bonhoeffers, Heilbronners, Friedmans, 


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742 


Psychosen und Neurosen. 


Busches und Stöckers negiert Verf. in seinem Falle den Konnex mit 
dem manisch-depressiven Irresein, wenngleich er das Primäre der depres¬ 
siven Stimmung zugibt Auch teilt er nicht die Ansicht derjenigen Autoren, 
die prinzipiell trennen wollen die permanente, stereotype, konstitutionelle 
und unheilbare Zwangsideenkrankbeit von den angeblich heilbaren perio¬ 
dischen, zyklischen, rezidivierenden, episodischen Formen. ( Selbstbericht.) 


Kombinierte Psychosen. 

Unter den Kranken, welche mehrfach in seine Anstalt aufgenommen 
wurden, konnte Lind (14) 36 Fälle sammeln, in denen er eine Kombination 
von Psychosen annimmt, außerdem fand er 5mal in Fällen von Dementia 
praecox manieartige Episoden. Mit Dementia praecox fand er bei einem und 
denselben Kranken alkoholische Psychosen, Imbezillität, arteriosklerotische 
Demenz, Erscböpfungspsychosen, Hysterie. Mit manisch-depressivem Irresein 
konstatierte er senile Demenz, alkoholische Psychosen, arteriosklerotische 
Demenz und einmal Erschöpfungspsychose. Außerdem fand er noch eine 
Reihe anderer Kombinationen, darunter nur einmal Paralyse und einmal 
Lues cerebri, und zwar mit einer Gefängnispsychose bzw. einem paranoiden 
Zustand. Einige Fälle werden kurz skizziert. ( Jolly.) 

An interessanten Fällen weist Bonhoeffer (4) auf die Schwierigkeiten 
bei der Unterscheidung von hysterischem Delir und hebephrener Erregung, 
von hysterischer Pseudodemenz und hebephrener Hemmung von hysterischen 
Wachträumen und hebephrenen Zuständen, sowie von psychotischen Zu¬ 
ständen bei Psychopathen und beginnenden Hebephrenien hin. {Jolly) 


Psychosen und Neurosen. 

Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin. 

1. Biel in ff, Richard, Organische Erkrankungen mit hysterischer Ppeudodomonz. Mschr. 
f. Psvch. 38. (5.) 268. 

2. Gorclon, A., Epiloptic Dementia. Am. J. of Insan. 71. (3.) 

3. Heinrichs, Carl Ludwig, Chorea minor und Psychose. Diss. Kiel. 

4. Kühl, Christian, Über Chorea minor mit Psychose. Diss. Kiel. 

5. Niessl v. Mayendorff, Fall von hysterisch-choreatischer Störung mit Delirien nach 
Schreck. Wien klin. Woeh. p. 660. (Sitzungsbericht.) 

6. Raecko, Über hysterische und katatonische Situationspsychosen. Arch. f. Psvch. 
55. (3.) 770. 

7. Schumacher, Fall psychischer Epilepsie (Fahnenflucht). M. Corr.-Bl. f. Württ. 
p. 219. (Sitzungsbericht.) 

Schwerer Fall von Chorea — Beobachtung von Kühl (4) auf endo- 
karditischer Grundlage. Das psychische Krankheitsbild stellt sich als eine 
weitgehende Hemmung dar, der stupurösen Form der Amentia am nächsten 
stehend. Halluzinationen und Wahnvorstellungen fehlen, die örtliche und 
zeitliche Orientierung bleibt erhalten. Geringes Krankheitsgefühl. 

Heinrichs (3) beschreibt zwei ähnliche Fälle aus der Kieler Klinik. 
Im ersten waren die Krämpfe von epileptoider Form, der zweite Fall zeigte 
hysterische Züge. In beiden Fällen, die zur Sektion kamen, bildete die 
Grundlage eine Endokarditis. Über Hirnbefund ist nichts erwähnt. 

In drei Fällen, die Raecke (6) mitteilt, traten psychische Störungen 
auf, die den Anschein erweckten, als seien sie durch die Situation (Haft) 
erzeugt gewesen, und deshalb als hysterische Symptomenkomplexe imponierten. 


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Infektionspsychosen. 


743 


Der Verfolg der Kranken zeigte aber, daß es sich um Dementia praecox 
handelte. Aus diesen und ähnlichen Beobachtungen belehrt, stellt der Autor 
folgende Schlußsätze auf: Im Verlaufe einer Dementia praecox können wie 
bei der Hysterie exquisit psychogen entstandene Symptomenkomplexe auf- 
treten, die allein durch die Situation geschaffen und erhalten zu sein scheinen 
und dem gemäß mit derselben zunächt verschwinden. Da die somit differential¬ 
diagnostische Abgrenzung allein nach dem Verlauf lange Zeit auf Schwierig¬ 
keiten stoßen kann, sollte man wieder mehr bestrebt sein, durch Vertiefung 
unserer Kenntnis von der Symptomatologie des Zustandsbildes weiter zu 
kommen. Die zu allgemein gehaltene Bezeichnung „Degenerationspsychose“ 
für psychogene üafterkrankungen ist unzweckmäßig, weil sie den möglichen 
Verschiedenheiten der klinischen Bilder ungenügend Rechnung trägt 

Das Charakteristische des Ganserschen Syndroms, der Pseudodemenz, 
bilden, wie Bieling (1) ausführt, weniger die mehr oder weniger variablen 
Erscheinungen als vielmehr die sie auslösende Ursache, als welche immer 
ein aus einer unangenehmen Lage heraus entstandener Wunschkomplex an- 
zuseheu ist. Stets nämlich befinden sich die Kranken in irgendeiner mi߬ 
lichen Lage, welche ihnen das Vorhandensein einer körperlichen oder geisti¬ 
gen Krankheit zum Zweck der Befreiung daraus wünschenswert erscheinen 
läßt. Die krankhaften geistigen Erscheinungen entwickeln sich also unter 
dem Einfluß einer bestimmten Willensrichtung und einer bestimmten Wunsch¬ 
vorstellung. Dementsprechend hören die Störungen dort und dann auf, 
wenn entweder der Kranke aus der unangenehmen Lage befreit ist, oder 
wenn doch für ihn ein Zusammenhang mit dem, die krankhafte Reaktion 
auslösenden Vorstellungsinhalt nicht mehr zu erkennen ist. Da demnach 
das Syndrom entsteht und aufhört zusammen mit dem Entstehen und Auf¬ 
hören bestimmter Willensrichtungen und bestimmter Wunschvorstellungen, 
so charakterisiert es sich als hysterisch. Die theoretisch ätiologischen sowie 
die praktisch gutachtlichen Probleme, die diese Fälle bieten, bespricht der 
Autor an der Hand von zwei Krankengeschichten. Bei dem einen Patienten 
handelt es sich um einen Willensschwächen Menschen, der einen Unfall er¬ 
litten hat, bei dem andereu Patienten handelt es sich um einen Psychopathen, 
bei dem durch den Anklagezustand eine Pseudodemenz ausgelöst wurde. 


Infektionspsychosen. 

Ref.: Prof. L. W. W e b e r - Chemnitz. 


1. Bielugin, T. H., Mental Derangement from Mushroom Poisoning; Agarioua Muscarius. 
Rußßkv Vrach. 14. (46.) 

2. Brodßky, Emanuel S., Symptomatic Psychcßis cf Renal Type with Report of Two 
Cases. Med. Rec. 88. (21.) 868. 

3. Flußßer, Emil, Über Pßvchoßen beim Kriegstyphuß. Wien. med. Woch. No. 39. 
p. 1448. 

4. Frowein, Otto, Zur Lehre von der Halluzinoee der Trinker. Disaert. Kiel. 1914. 

5. Hall, J. K., Toxemia in itß Relation to Certain Mental and Xervous Dißorders. Old 
Dominion J. of M. and S. June. 

6. Henderßon. D. K., Two Cases of Typhoid with Permanent Memory Defect. Amer. J. 
of Inßan. April. 

7. Horßchmann, Heinrich, Über drei Fälle von Ceißteßßtörung nach Cholera asiatica. 
D. Militärarzt. No. 22. S. 359. 

8. Higier, Heinrich, Amnestische Korsakoff'ßche Psychose (Type d’amn&ie r^tro-antero- 
grade) von über 20jähriger Dauer. (Verhandlungen d. Warschauer ärztl. Gesollsch. 
CX. p. 221.) 


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744 Infektionspsychosen. 

9. Jörger, Joh. Ben., Übar Assoziationen bei Alkoholikern. Mschr. f. Pfeych. 37. (4—5.) 
246, 323. u. Diss. Zürich. 

10. King, C., Pöychosis of Morphin and Alcohol; Was Medical Profeesion Preparod for 
Harrison Law? Georgia M. Ass. J. Aug. 

11. Kläsi, J., und Roth, O., Übereinen Fall von Safrolvergiftung. Mschr. f. Psych. 38* 
(4.) 235. 

12. Knapp, Philip Coombs, A Case of Retro-Anterograde Amnesia Following Gas Poisoning. 
Am. J. of Insan. 72. (2.) 269. 

13. Lloyd, James Hendrie, Alcohol and Insanity. The Therap. Gaz. July. p. 457. 

14. Marx, Emil, Über die Häufigkeit und die klinischen Symptome der akuten infektiösen 
und toxischen Geistesstörungen. Inaug.-Diss. WürzDurg. 

15. Melzer, Karl, Beitrag zur Lehre von den Psychosen nach Infektionskrankheiten: 
Fsychose bei Diphtherie. Distert. Kiel. 1914. 

16. Munk, Julius, Angebliche Geistesstörung: Variola. D. Amtsarzt. No. 1—6. p. 22. 

17. Pettit, J. G., and Denham, C., Pellagra in West Virginia Hospital for Insane. West 
Virginia M. J. June. 

18. Pick, A., Zur Pathologie des Denkverlaufes beim Korsakow. Zschr. f. d. ges. Neur. 
u. Psych. Bd. XXVIII. 

19. Rad, v., Soldat mit Alkoholhallucinose. (Alkoholparanoia). Berl. klin. Woch. p. 777. 

(Sitzungsbericht.) 

20. Radvanszky, Baron Bela, Toxaemische Psychose bei Sepsis. Orvosi Hetilap. Xo. 47. 
(Ungarisch.) 

21. Russell, Mac Robert, Lead Intoxication with Acute Mental Symptoms. New York 
Neurol. Inst. Meeting. Febr. 11. 

22. Schneider, Kurt, Ein Veronaldelirium. Allg. Zschr. f. Psych. 72. (1.) 87. 

23. Schnitzler, J. G., Warmtestuwing bij delirium tremens. Nederl. Tijdschr. v. CJeneeek. 
II. No. 6. p. 733. 

24. Seige, Max, Typhiir.psvehosen im Felde. Neurol. Zbl. No. 9. p. 291. 

25. Singer, H. Douglas, Mental and Nervous Disorders Associated with Pellagra. The 
Arch. of Int. M. 15. (5.) 121. 

26. Sittig, O., Zur Pathogenese gewisser Symptome eklamptischer Psychosen. Msehr. 
f. Psych. 38. (2.) 153. 

27. Wagner, v., Vier Schwefelkohlenstoffpsychosen. Jb. f. Psych. 35. 397 (Sitzungs¬ 
bericht.) 

28. Weicht, Leo, Üb*r Psychosen bei Gelenkrheumatismus. Diss. Kiel. 

Aus einer Statistik der Aufnahmen in die Psychiatrische Klinik von 
Würzburg aus den letzten 20 Jahren kommt Marx (14) zu folgendem Er¬ 
gebnis: 1. Infektion und Intoxikation spielen in der Psychiatrie, abgesehen 
von Lues und Alkoholismus, ätiologisch nur eine sehr untergeordnete Rolle 
(1,2%). 2. Am häufigsten kommen bei den akuten infektiösen und toxischen 
Psychosen Delirieu und Verwirrtheitszustände vor. Jedoch beobachtet man 
gelegentlich auch Zustandsbilder, wie sie sonst vorwiegend nur bei endogenen 
Krankheiten Vorkommen (wahnhafte Ideen usw.). In solchen Fällen läßt 
sich aus dem psychischen Zustand allein eine Diagnose im Sinne der spe¬ 
zielleren Psychiatrie nicht stellen. Vielmehr wird die Diagnose dann nur 
durch eine genaue körperliche Untersuchuug gesichert. 3. Es besteht stets 
die Möglichkeit des rein zufälligen Zusammentreffens zwischen endogener 
Psychose und exogener Infektionskrankheit bzw. Organerkrankung (Niere), 
ohne daß beide Arten von Krankheiten ursächlich in irgendwelchen Be¬ 
ziehungen stehen, ja ohne daß sie sich in ihrem Verlauf gegenseitig zu be¬ 
einflussen brauchen. ( Jacobsohn .) 

Flusser (3) hat in einem österreichischen Lazarett unter 750 Typhus- 
kranken 24 Fälle von Psychosen beobachtet; damit sind nicht die Fieber¬ 
delirien gemeint, sondern die nach Abklingen des Fiebers auftretenden psy¬ 
chischen Störungen. Der Prozentsatz (3,2%) ist also ein höherer als bei 
den Typhuserkrankungen der Friedenszeit, was Verfasser durch die voraus¬ 
gegangenen körperlichen und seelischen Strapazen erklärt. Die Schwere 
des somatischen Krankheitsbildes scheint keinen Einfluß auf das Auftreten 
psychischer Störungen zu haben. Dagegen wurden Wahnideen und delirante 


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Infektionspsychosen. 


745 


Symptome, die während des Eieberstadiums auftraten, häufig der Ausgangs¬ 
punkt für die in der Rekonvaleszenz auftretenden psychischen Störungen. 
Auch eine durch die Erkrankung bedingte körperliche Entkräftung begün¬ 
stigte das Auftreten von Psychosen. Alle Fälle psychischer Störung ver¬ 
liefen gutartig. Hereditäre Belastung war nicht nachzuweisen. Die klinischen 
Bilder der Psychosen waren wechselnd; die größte Rolle spielten delirien¬ 
artige Erkrankungen mit lange Zeit festgehaltenen Wahnideen. Dazwischen 
waren einzelne Fälle mit psychischer Stumpfheit von katatonem Charakter; 
einmal ein epileptiformer Erregungszustand. 

Seige (24) schildert die von ihm bei einer Typhusepidemie im Felde 
beobachteten psychischen Störungen. Initialdelirien wurden fast gar nicht 
festgestellt, vielleicht weil Kranke der ersten Typhuswoche nicht zur Beob¬ 
achtung kamen. Unter den Psychosen - des Fieberstadiums überwogen die 
einfachen Delirien, bei denen neben geringer Bewegungsunruhe lebhafte 
wohnhafte Erlebnisse, meist Feldereiguisse im Vordergrund standen; die 
halluzinatorische Suggestibilität war gering. Einmal trat ein katatones Zu¬ 
standsbild, einmal ein Bild schwerer organischer Erkrankung mit menin- 
gitischen Symptomen auf. Bei einem Psychopathen wurde ein epileptiformer 
Erregungszustand beobachtet und der Ausgang war nicht völlige Heilung, 
sondern andauernde Affektschwankungen, die Entlassung nötig machten. 
Sonst war Prognose und Verlauf günstig. Einmal trat ein Korsakowscher 
Symptomenkomplex auf, der aber nach längerer Krankheitsdauer sich auch 
zu bessern scheint Psychopathische Kraukheitsbilder waren selteu, was dem 
Verfasser für die gute psychische Beschaffenheit und den guten Geist im 
Heere zu sprechen scheint. 

Munk (16) berichtet, daß er zu einer Frau gerufen worden sei, um 
sie amtsärztlich wegen Geistesstörung zu untersuchen; sie war vorher bereits 
zweimal von einem praktischen Arzt gesehen worden. Die Frau war vor 
3 Wochen eutbunden. Sie hat ängstlich gefärbte religiös-ekstatische Wahnideen, 
war verwirrt und motorisch erregt. Als er sie körperlich untersuchen wollte, 
fand er eine vollausgebildete Blatternerkrankung. Die 21jährige Frau war 
seit der Kindheit nicht wieder geimpft worden. 

Herschmann (7) führt drei Fälle mit akut verlaufenden Psychosen 
an, die sich am Ende einer überstandenen Cholera asiatica resp. im Rekon¬ 
valeszenzstadium entwickelten. Zwei Patienten gingen zugrunde, während 
einer zur Genesung kam. Die Sektion hat die Natur der Psychose resp. 
deren Ursache nicht aufzuklären vermocht. Alle drei Fälle zeigen in den 
wesentlichsten Punkten eine so auffallende Gleichheit, daß mau nach Ansicht 
des Autors berechtigt ist, sie als ein und dieselbe Krankheit anzusprechen. 
Von der Gleichartigkeit der Anamnese abgesehen, fällt zunächst die starke 
Abhängigkeit von der Fieberkurve auf. In allen drei Fällen setzten die 
psychischen Störungen unmittelbar nach der Erhöhung der Körpertemperatur 
ein und bei dem dritten Kranken, welcher genas, kehrte die psychische 
Norm in dem Augenblick wieder, als das Fieber geschwunden war. Im 
Vordergründe der Erscheinungen standen bei allen Kranken die nächtlichen 
Delirien, welche durch optische Halluzinationen und starken Angstaffekt ge¬ 
kennzeichnet waren. Für diese zum Teil ganz aufregenden Szenen bestand 
am nächsten Morgen keine oder nur spärliche Erinnerung. Tagsüber waren 
die Kranken in leicht euphorischer Stimmungslage. Bei im ganzen intakter 
Orientierung war die Tendenz zum Vorbeireden in der sonst wohlgeordneten 
Konversation unverkennbar. Wahrscheinlich war die Krankheitsursache in 
allen drei Fällen die gleiche, und die gleichen toxischen Einflüsse schufen 
das gleiche Krankheitsbild. 

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( Jacobsohn .) 

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InfektiüDspsychosen. 


Melzer (15) teilt einen Fall Ton Verwirrtheitszustand bei Diphtherie 
mit. Der Zustand der halluzinatorischen Erregung dauerte nur wenige 
Tage an. 

Geistesstörungen kommen nach Beobachtungen von Singer (25) in etwa 
40% der Fälle von Pellagra vor. Diese Störungen wiederholen sich in 
mehreren Attacken. Kinder halten sich fast frei davon. Bei Männern trifft 
man sie zumeist im Alter zwischen 21 und 40 Jahren, bei Frauen zwischen 
41 und 60 Jahren. Fast 95% der geistigen Störungen sind direkt durch 
die pellagröse Vergiftung ausgelöst Wenn die Krankheit Überstunden wird, 
heilt auch die Psychose aus. Die übrigen 5% stellen Geisteskranke dar, 
deren Geistesstörung von der Pellagra nicht verursacht ist. Die Pellagra 
ist eine Krankheit, für die Geisteskranke besonders disponieren. Chronische 
Nerven- und Geisteskrankheiten sind nach Pellagra sehr selten. 

( Jacobsohn .) 

Pick (18) gibt eine ausführliche psychologische Analyse der Denk¬ 
störungen bei einem durch Meningitis bedingten Korsakow, der schwere 
Merkfähigkeitsdefekte und Konfabulation als Hauptsymptome zeigt Den 
Gegenstand der Untersuchung Picks bildet aber die Tatsache, daß der 
Kranke zwei inhaltlich völlig unvereinbare Behauptungen mit vollem Be¬ 
wußtsein direkt nebeneinander ausspricht, ohne ein Gefühl für das Unmög¬ 
liche dieser Zusammenstellung zu haben. Er sagt z. B. nebeneinander, er 
sei 17 Jahre alt, sei verheiratet und habe 4 Kinder. Der Widerspruch 
wird nicht gemerkt, und erst später kommt es zu seiner Korrektur. Die 
Ursache dieser Denkstörung ist weder in Defekten der Merkfähigkeit oder 
des Wissens, noch in allgemeiner Urteilsschwäche zu suchen. Zur Erklärung 
dieser psychopathologischen Erscheinungen werden Hypothesen der „Funk¬ 
tionspsychologie“ herangezogen, auf die hier im einzelnen nicht eingegangen 
werden kann. 

Frowein (4) berichtet über 15 Beobachtungen von akuter Halluzinose 
bei zehn Patienten. Sie betreffen acht Männer und zwei Frauen. Das 
Durchschnittsalter der Patienten betrug 40,3 Jahre. Neunmal findet sich 
sicher voraufgegangener alkoholischer Exzeß, zweimal Unfall, einmal Mi߬ 
handlung, dreimal ist eine Ursache nicht ersichtlich. Hereditäre Belastung 
bestand in vier Fällen. Das hervorstechendste Symptom waren Gehörs¬ 
täuschungen. Mit letzterer verbindet sich das Gedanken lautwerden. Die 
Halluzinationen auf anderen Sinnesgehieten sind nicht so häufig. Die Patienten 
wiesen mehr oder weniger die übrigen charakteristischen Symptome auf 
(Wahnideen, Beziehungswahn, Größenideen usw.). Der Autor berichtet dann 
noch ausführlich über einen Fall von chronischer Halluzinose, die sich über 
D /2 Jahre hinzog und keine Tendenz zur Besserung zeigte. 

Jörger (9) hat bei chronischen Alkoholikern Assoziationsversuche mit 
dem Jung-Riklinschen Schema angestellt; ohne auf die klinischen Formen 
näher einzugehen, in denen sich in seinen Fällen der chronische Alkoholismus 
äußerte, faßt er seine Resultate in folgenden Sätzen zusammen: 

I. I)ie Störungen bei den Assoziationen der Alkoholiker lassen sich in 
zwei Gruppen zerlegen: 

1. Eine Verlängerung der Reaktionszeit, eine Neigung zu Wieder¬ 
holungen von Reizworten und Reaktionsworten, eine erhöhte Zahl 
innerer Assoziationen und eine entsprechende verringerte Zahl 
sprachlich-motorischer Assoziationen. 

2. Eine Vermehrung sinnloser Reaktionen und Perseverationen, ver¬ 
minderter Reproduktionsfähigkeit, Neigung zu Reaktionen in Satzforra. 
Vermehrung von Klangassoziationen. 


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Infekt io nspsy chosen. 


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II. Die unter 1. aufgezählten Ergebnisse zeigen sowohl in der ein¬ 
zelnen Assoziationsreihe als in der Serie von Experimenten während der 
Erholung unter Abstinenz eine Zunahme oder zum mindesten die Tendenz, 
-ausgesprochen zu werden. Die unter 2. aufgezählten Zeichen nehmen im 
Gegensatz dazu ab. 

III. Die letzteren Ergebnisse mit der verlängerten Reaktionszeit gehen 
parallel den Resultaten Brunschweilers bei organischen Kranken. 

IV. Die unter 1 aufgezählten Ergebnisse lassen sich mit einer Auffassungs¬ 
störung am besten erklären. 

Higier (8): Nach mehrmonatlichem Erbrechen und Herunterkommen 
im Ernährungszustand entwickelte sich ziemlich akut nach der Früh¬ 
geburt die bis zurzeit bestehende Krankheit. Unmittelbar gingen derselben 
schwere Magendarmstörungen und absolute Bewußtlosigkeit voran, die 
mehrere Stunden anhielt und den Eindruck eines hysterischen oder epilep¬ 
tischen Anfalls machte. Der nun jetzt bestehende Zustand wird charakte¬ 
ristisch durch Gedächtnisstörungen, die zwar mit den Jahren bedeutend ab¬ 
genommen haben, jedoch noch so ausgesprochen sind, daß sie die früher 
arbeitsame lebenslustige Kaufmannsfrau zur völligen Ruine machte. Verlust 
der Erinuerung, beinahe der ganzen Vergangenheit, speziell des nach 
der Frühgeburt stattgehabten, weniger die der vorangegangenen Zeit. Sie 
vergißt alles aktuell schon nach wenigen Minuten, mag es sich um Ein¬ 
drücke auf optischem, akustischem oder anderem Sinnesgebiete handeln. Sie 
vergißt Leute, Daten, Empfindungen, sie vergißt den Tod der nächsten in 
der Familie, sie erkennt nicht das Haus, in dem sie seit mehreren Jahren 
wohnt. Sie ist nicht imstande, im Gedächtnis Eindrücke, Empfindungen und 
Vorstellungen zu reproduzieren, trotzdem sie sich für dieselben interessiert 
und durch vielfache Assoziationen zu fixieren sucht. Konfabuliert gern, ohne 
zu halluzinieren; Dys- und Paramnesien. Apathische Stimmung infolge er¬ 
haltener Krankheitseinsicht. Sieht, hört und versteht alles, erkennt Gegen¬ 
stände und deren Gebrauch, keine Dysphasie, Parese, Hemianopsie, kein 
Potus, Lues, Neuritis. Sehr viele hysterische Stigmata (Globus, Hemianästhesie, 
konzentrische Gesichtsfeldeinengung, hysterische Anfälle). Wegen Abwesenheit 
von Alkoholismus und neuritischer Erscheinungen, wegen des Ausbruches der 
retroanterograden Amnesie im Anschluß an einen Krampfanfall, der den Ein¬ 
druck eines hysterischen machte uud wegen der vielen begleitenden hysterischen 
Stigmata liegt der Gedanke nahe, an eine hysterische Amnesie zu denken, 
wie sie die Charcotsche Schule klassisch geschildert hat. Allein die ge¬ 
naue Analyse der speziellen Symptome: Störung der Merkfähigkeit, Orien¬ 
tationsverlust, Konfabulation infolge der Erinnerungslücken spricht für das 
Bestehen neben der Hysterie einer -amnestischen Psychose nach dem 
Korsakoffschen Typus. Daß jedoch sämtliche Konfabulationen ebenso wie 
Desorientation, wie die neusten Autoren annehmeu, ausschließliche Folge des 
fehlerhaften Gedächtnisses und der Merkfähigkeit sei, ist schwer anzuuehmen, 
da sie zuweilen bedeutend abnehmen, trotz des Bestehenbleibens der Störungen 
auf dem Gebiete des Gedächtnisses und der Merkfähigkeit. Ebenso ver¬ 
führerisch war die frühere Ansicht, daß die Psychose nur in Begleitung von 
Neuritiden vorkommt, wie die neuere, der zufolge Potus als einzelne Ur¬ 
sache aufgefaßt wird. Auch nicht ganz zutreffend ist die überall herr¬ 
schende Ansicht von der absolut schlechten Prognose, ja von Unheilbarkeit 
derselben. Richtig ist letzteres nur bei Potatoren, wo das Leiden auf 
psychopathischem Boden mit zumeist im arteriosklerotisch veränderten Gehirn 
sich entwickelt. Nicht zu vergessen ist die seltene, schwer diagnostierbare 
autointoxikatorische Form — eine eigene Beobachtung wird geschildert —, 


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Infektionspsycbosen. 


die foudroyant beginnt mit Bewußtseinsverlust, epileptischen Anfällen, 
Albuminurie, leichte Temperatursteigerung aufweist und relativ gutartig 
endet. Die Diagnose lautet dann meist Urämie oder Insult Interessant ist 
in diesen Fällen eine gewisse Elektivität in den intellektuellen Störungen: 
es leidet zuweilen nur das optische Eriunerungsgebiet, oder es werden von 
der Amnesie spezielle Gebiete verschont (bei einem Arzt Rezeptur, Anatomie). 
Die neuesten anatomopatbologischen Untersuchungen haben in den akuten 
Fällen Entzündungserscheinungen in den tiefen Rindenschichten (Encephalitis 
subcorticalis acuta) ergeben. 

Beachtenswert ist im beschriebenen Falle die über 20 jährige Dauer. 

( Higxar.) 

Bei einem Fall von Bauchschuß mit Sepsis und fünfmaligem operativen 
Eingriff mit schließlicher Heilung nach 6 Monaten schildert Radv&nszky 
(20) einen 3 Monate anhaltenden psychotischen Zustand, welcher durch fast 
ununterbrochene Verwirrtheit, Wahnbildungen, Illusionen und Halluzinatioaen 
gekennzeichnet ist. Neben den massenhaften Sinnestäuschungen dominierte 
die Befürchtung eines Zugrundegehens. Nach psychischer Aufhellung bestand 
vollkommene Amnesie, und erschienen einzelne lebhafter gefärbte Sinnes¬ 
täuschungen noch in Form von Traumbildern. Bemerkenswert ist, daß die 
stärksten Verwirrtheitszustände nicht bei dem höchsten Fieber (bis zu 40), 
sondern bei der stärksten Herzschwäche auftraten; deshalb muß angenommen 
werden, daß dieselben nicht wie beim Typhus durch die Inanition, sondern 
durch das gleichzeitig auf das Herz einwirkende septische Virus verursacht 
wurden. Als prädisponierendes Moment muß im vorliegenden Fall ein 
neurasthenisch-debiler Nervenzustand angenommen werden. Die psychische 
Krankheit wurde also durch die im Blute kreisenden und auf das Zentral¬ 
nervensystem einwirkenden Toxine hervorgerufen. ( Hudovernig .) 

Weicht (28) berichtet in einer Dissertation aus der Kieler psychia¬ 
trischen Klinik den Fall einer 48 jährigen, von Haus aus schwächlichen 
Frau, die seit vieleu Jahren immer wieder rezidivierenden Gelenkrheumatismus 
hatte. Im Frühjahr 1914 trat im Anschluß an eine neue fieberhafte rheu¬ 
matische Erkrankung ein deliranter Verwirrungszustand mit optischen Hallu¬ 
zinationen auf, der nach einer Woche mit dem Abklingen des Fiebers ver¬ 
schwand. Es handelt sich also um ein Fieberdelirium. 

Brodsky (2) berichtet über zwei Fälle von Angstpsychose als sympto¬ 
matische Zustandsbilder bei chronischer Nephritis. Die Niereuerkrankung 
bestand schon längere Zeit, als die Psychose einsetzte. Die psychische Er¬ 
krankung verlief in beiden Fällen mit ausgesprochenen Angstzuständen, ängst¬ 
lichen Sinnestäuschungen, Verfolgungs- und Vernichtungsideen bei teilweise 
erhaltener Orientiertheit. Heilung des psychischen Krankheitbildes nach 
Nierenbehandlung: Milchkur und hydrotherapeutische Maßnahmen. Verf. 
macht darauf aufmerksam, daß körperliche Symptome der zerebralen Ver¬ 
giftung durch die Nierenfunktionsstörung in ganz geringem Grade bestanden, 
und daß das klinische Bild dieser symptomatischen Psychosen nicht das für 
Nierenerkrankuugen gewöhnliche des „exogenen Symptomenkomplexes“, etwa 
in der Form eines Deliriums gewesen sei. 

Sittig (26) schildert die eklamptische Psychose einer 20jährigen Erst¬ 
gebärenden. Außer den gewöhnlichen delirauten Symptomen bot diese Psy¬ 
chose folgende Besonderheiten: Es bestand eine vorübergehende Amaurose, 
dann folgten lebhafte optische Halluzinationen. Als die Kranke im übrigen 
schon wieder orientiert und psychisch fast ganz frei war, war sie noch nicht 
imstande, sich an Örtlichkeiten zu erinnern, die ihr von früher her wohl 
bekannt sein mußten, oder sich diese vorzustellen. Sie konnte auch bei der 


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I n fe kt ionspsy chosen. 


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Entlassung den Weg nach Hanse nicht finden. Verfasser erklärt diesen 
Ausfall als eine Herderscheinung, hervorgerufen ebenso wie bei Amaurose 
und die optischen Halluzinationen durch transitorische doppelseitige Ver¬ 
änderungen im Hinterhauptlappen. Die Amaurose stellt in diesem Falle 
eine Ausfallserscheinung dar, während die Halluzinationen Reizerscheinungen 
sind; die Orientierungsstörung wäre dann das Endstadium dieser funktionellen 
lokalen Störung. 

ln dem von Schneider (22) mitgeteilten Falle von Veronaldelirium 
handelt es sich um eine aus belasteter Familie stammende und selbst zweifellos 
psychopathische Frau, die mit 44 Jahren infolge von Schlaflosigkeit und 
klimakteriellen Unruhezustäuden beginnt, gewohnheitsmäßig Veronal zu 
nehmen. Anschließend an ein schmerzliches Ereiguis in der Familie steigert 
sich der Veronalmißbrauch, und sie beginnt auch zu trinken. Der Alkohol¬ 
konsum geht zwar wieder etwas zurück, doch bleibt sie nun schon 6 1 / 2 Jahr 
lang bei einem täglichen Veroualquantum von durchschnittlich iy 2 g, das 
in allerletzter Zeit auf 2 g ansteigt, ln den letzten Jahren werden Sprache 
und Gang schlechter, die nervösen Erscheinungen nehmen zu, der Allgemein¬ 
zustand geht immer mehr zurück. In der Klinik wird das Veronal sofort 
entzogen. Am Abend des dritten Tages beginnen deliriöse Erscheinungen, 
die rasch zu eiuem ausgebildeten Delirium führen mit zahlreichen Sinnes¬ 
täuschungen auf dem Gebiete des Gehörs und Gesichts, Desorientiertheit, 
Personen Verkennungen, lebhaftem Verlangen nach Veronal und Alkohol. 
Es fehlt ein uenneswerter Tremor, auch von einem richtigen Beschäftigungs¬ 
delirium ist keine Rede; fast jede Nacht schläft die Kranke einige Stunden. 
Am fünften Tage # des Deliriums erfolgt ein isolierter epileptischer Anfall, 
am Abend des achten Tages tritt fast plötzlich Schlaf ein, aus dem die 
Kranke nach etwa 36 Stunden erwacht. Es ist alles vorüber. Zunächst 
besteht noch eine Amnesie für die Zeit des Deliriums, die retrograd noch 
einige Tage zurückgreift. Die retrograde Amuesie hellt sich nach einem 
Tage völlig auf, dagegen bleibt die Erinnerung an die deliriösen Erlebnisse 
sehr mangelhaft. Nach wenigen Tagen stellt sich auch natürlicher Schlaf 
ein, und es erfolgt rasche Genesung. Der Autor stimmt mit Laehr darin 
überein, daß es sich um ein Abstinenzdelirium handelt. Die Fälle kommen 
selten zur Beobachtung, weil der Veronalismus selten so hochgradig ist, 
daß eine Entziehung notwendig wird. ( 'Jacobsohn .) 

Kläsi und Roth (11) beschreiben den Verlauf einer akuten Vergiftung 
mit Safrol, einem ätherischen ul, das in Java als Hautreizmittel gebraucht 
werden soll. Ein Arbeiter trank aus Versehen aus einer Flasche, die eine 
Mischung von Safrol und Wasser enthielt. Die Vergiftungserscheinungen 
setzten schon 10 Minuten später ein und dauerten so lange, als die Exspi¬ 
rationsluft noch Safrolgeruch aufwies. Als Vergiftungserscheinungen traten 
zunächst Schwindel, Störungen der Orientiertheit, Benommenheit, später ein 
delirantes Verhalten mit Halluzinationen akustischer Art auf; aber Sym¬ 
ptome der Schizophrenie waren beigemischt: Somatische Wahnideen, Auto¬ 
matismen, Verbigeration.' Am peripheren Nervensystem bestanden nur einige 
sensible Störungen wahrscheinlich neuritischen Ursprungs. Von seiten der 
übrigen Körperorgane nur Magendarmstörungen. Die Ausscheidung des Giftes 
erfolgte hauptsächlich durch die Lungen. Mit dem Verschwinden des anis¬ 
ähnlichen Geruches aus der Atmungsluft traten die deliranten Symptome 
zurück; nach mehrtägiger Depression erfolgte vollkommene Heilung. Nach¬ 
teilige Folgen blieben nicht zurück. 


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Organische Psychosen. 


Organische Psychosen. 

Ref.: Dr. Hermann K r ü g e r - Berlin-Buch. 

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13. Ernst, •). R., Prophylaxis in Dementia Praecox and Other Psychoses. Med. Rec. 88. 
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15. Förster, E., Ein Fall von Paralyse mit negativem Wassermann in Blut und Liquor. 
Mschr. f. Psvch. 38. (2.) 162. 

16. Gerstmann. Josef, und Perutz, Alfred, Taboparalyse bei einer fünf Jahre alten mit 
Quekfiilber und Salvarsan behandelten Syphilis. Wien. klin. Woch. S. 1175. (Sitzungs¬ 
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17. Grabfiold, G. P., Variations in Sensory Threähold for Faradic Stimulation in Psycho¬ 
pathie Subjects. III. Demontia Precox. Boston M. and S. J. 173. (6 ) 

18. Hamill, R. C., Intracranial Treatment cf Paretic Dementia. Illinois 3VL J. March. 

19. Haskell, Robert H., Familial Syphilitic Infeotion in General Paresis. The J. of the 
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20. Haupt mann, Alfred, Die Beschleunigung der Blutgerinnungszeit bei Katatonie. 
Ztschr. f. d. ges. Neurol. u. Psvch. Bd. 29. p. 323. 

21. Haymann, Hermann, Einige Bemerkungen über Prodromal- und Initialsymptomc 
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22. Hoishoit, A. W., (jhmeral Pamüs and its Relation to Syphilis. Calif. State J. of M. 
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25. Derselbe, Dementia piaocox Studies. Adrenain: A New Diagnostic Test for Dementia 
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26. Derselbe, Conditions cf Efficient Research in Dementia Praecox. Lancet-Clinic. 114. 

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27. Hopfner, Emst Walter, Die Nürnberger Ärzte dos 15. Jahrhundert« DDr. Hermann 
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28. Ingram, R., Senile Dementia or Chronic Cortical Atrophy. Lancet-Clinic. Aug. 28. 
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29. Käst an, Pathologische Selbstlose huldigung bei Dementia praecox. Vereinsbeil. d. D. 

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30. Lang, Josef Bernhard, über A^soziationsversuche bei Schizophrenen und den Mit¬ 
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Organische Psychosen. 


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53. Schneider, Max, Ein Beitrag zur Frage der manisch depressiven Erscheinungsformen 
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64. Treadway, Walter L., Some Observations on Dementia Praecox. The J. of N. and 
M. Dis. Vol. 42. 300. (Sitzungsbericht.) 

65. Walter, Richard, und Krambach, R., Vegetatives Nervensystem und Schizophrenie. 
Zschr. f. die ges. Neur. 28. (2/3.) 232. 

66. Weber, Wundinfektion als Unfall und progressive Paralyse. Ärztl. Sachverst.-Ztg. 
No. 13. p. 150. 

67. Widmann, Franz Josef, Gibt ec bei Dementia praecox Schädeldeformitäten und 
welcher Art? Eine psychiatrische Studio. Dissert. Gießen. 1914. 

68. Wigert, V., Lues-paralyBläran i dess nuvarande läge. Hygiea. No. 8. 


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Organische Psychosen. 


Progressive Paralyse- 

Enge (12) behandelt das Problem der Bedeutung der progressiven 
Paralyse, deren Differentialdiagnose gegen andere nervöse Zustände uüd die 
kausale und symptomatische Therapie in Form eines Vortrages für praktische 
Ärzte. 

Rabensohn (49) fand statistisch, daß der Verlauf der progressives 
Paralyse im höheren Alter durchschnittlich kürzer ist als im jugendliches. 
Eine vorausgegangene antiluetische Therapie verhindert weder den Ausbruch 
der Paralyse noch hat sie wesentlichen Einfluß auf Inkubationsdauer usd 
Länge der Erkrankung. Es gibt keine zum Bilde der Paralyse gehörige, 
einwandfreie makroskopisch-pathologische Veränderung des Hirns und seiner 
Häute. Beim Paralytiker besteht eine gewisse Disposition znr Erkrankssg 
an Pneumonie, eine auffällige (?) Immunität gegen Tukerkulose. 

Haymann (21) lenkt die Aufmerksamkeit auf einige im Vorstadium 
der Paralyse zu beobachtende Symptome, die von den üblichen abweiches. 
Dahin gehört einmal im Gegensatz zu der häufigen ethischen Abstumpfusg 
eine Verfeinerung des ganzen Wesens auf dem Gebiete der Ethik und Ästhetik. 
Ferner hebt er die häufige Angabe des Verlierens kleiner Gegenstände, des 
Zustandes des „döjä vu“, ungewöhnlich zahlreicher und wirrer Träume hervor. 
Er weist darauf hin, daß auch beim Paralytiker Schreib- und Sprach¬ 
störungen Vorkommen, die subjektiv als krankhaft angesprochen werden. 
Endlich erwähnt er von rein körperlichen Zeichen die frühzeitige Into¬ 
leranz gegen Gifte, besonders auch gegen Nikotin, die Häufigkeit der Magen- 
Störungen, lästiges Hautjucken, übergroße Empfindlichkeit für Kitzel, Zabn- 
leiden, Überempfindlichkeit gegen grelles Licht. 

Neubert (38) beschreibt in einem Falle von Dementia paralytica 
Erscheinungen, „die auf eine nukleäre externe und periphere interne Ophthal¬ 
moplegie rechts hinweisen, während auf der linken Seite nur erst die Akkom¬ 
modationshemmung eingetreten ist, d. h. eine Schädigung der Kerne, so daß 
die normale Roizübertragung durch die Kollateralen von den Kernen nicht 
mehr vollwertig empfunden und weitergegeben werden kann und eine Inko¬ 
ordination der Akkommodation eintritt“. Ein makroskopischer Befund wurde 
nicht erhoben. 

Rice (46) bringt einige Fälle, in denen die Differentialdiagnose zwischen 
Dementia paralytica und zerebraler Syphilis Schwierigkeiten bereitete, wobei 
er die chemischen Untersuchungen der Blutes und besonders des Liquor 
cerebrospinalis ausschlaggebend bewertet. 

Förster (15) berichtet über einen Fall klinisch und anatomisch dia¬ 
gnostizierter Paralyse, der negative "Wassermann sehe Reaktion im Blute und 
Liquor bei starker Eiweißvermehrung und Lymphozytose im letzteren auf¬ 
wies. Eine Deutung des Befundes wird nicht versucht; die Theorie, daß die 
Spirochäten, die im Gehirn nicht gefunden wurden, zugrunde gegangen seien und 
dadurch der negative Wassermann zustande gekommen wäre, wird abgelehnt 

Roth (48) zieht aus seinen eingehenden Untersuchungen den Schluß, 
daß die Plasmazellenbildung bei Paralyse im wesentlichen von den Adven- 
titialelementen der Gefäßscheiden ausgeht, einmal, weil innerhalb der Gefäße 
nie eine Vermehrung der Lymphozyten nachweisbar war, ferner nie bei 
Paralytikern Plasmazellen im Gefäßlumen sich fanden, eine wesentliche 
Beteiligung des Blutes an der Produktion dieser Zellen also unwahrscheinlich 
sei, andererseits stets eine starke Vermehrung der Adventitialzellen, speziell 
der der Kapillaren mit Mitosen zu ersehen ist und sich alle Übergänge 
Ton diesen Adventitialzellen in Plasmazellen finden. 


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Organische Psychosen. 


753 


Lemchen (31) bereichert die Zytologie des Liquor cerebrospinalis 
am eine neue Übergangszelle, die er nach sich selber benennt und nur bei 
Dementia paralytica gefunden haben will. Er färbt mit Pikrinsäure und 
Benzidin. Die Plasmazellen nehmen nach ihm ihren Ursprung in den blut¬ 
bildenden Organen. 

Bahr und Potter (2) veröffentlichten einen Fall, in dem sich bei 
einem Paralytiker im Anschluß an die Lumbalpunktion, zuerst auch in engstem 
örtlichem Zusammenhang damit, ein bullöser Ausschlag entwickelte, der sich 
über die ganze Körperoberfläche verbreitete und unter Pigmentfleckenbildung 
abheilte. Die bakteriologische Untersuchung des Blaseninhaltes ergab den 
Staphylococcus aureus. 

Von Haskell (19) werden etwa 140 Fälle von Paralyse statistisch 
zusammengestellt, die verheiratet waren, und bei denen der andere Ehegatte 
entweder sicher syphilitisch war oder aus der Anamnese auf Lues geschlossen 
werden konnte. Es ergab sich, daß 38,18 % der Ehegatten von Paralytikern 
mit Lues infiziert waren; bei den meisten derselben verlief sie als Lues 
latens ganz unbemerkt; nur eine ganz verschwindende Zahl von ihnen wurde 
behandelt. Die Zahl solcher von Paralytikern infizierten Ehegatten, die 
später selbst eine Paralyse bekommen, scheiut größer zu sein, als die Zahl 
derer, die ihre Infektion von nichtmetasyphilitischen Quellen erhalten haben. 
Die Zahl der völlig sterilen Ehen in syphilitischen Familien, bei denen später 
der eine Ehegatte eine Paralyse bekommt, ist abnorm hoch, sie beträgt 
32,5 %, und zwar ist die Zahl höher bei solchen Eben, bei denen der weib¬ 
liche Ehegatte später die Paralyse bekommt. Ebenso ist die Zahl der Ehen, 
bei denen statt Geburten nur wiederholte Aborte auftreten, sehr hoch. Von 
86 Ehen von Paralytikern waren 45,3% ganz kinderlos; von 167 Geburten 
waren 42 Aborte, Fehlgeburten uud Frühgeburten. Von 123 lebendgeborenen 
Kindern starben 20 vor dem 11. Lebensjahr. Die Zahl der lebenden 
Kinder pro Familie ist sehr gering. Bis zu 25% der Kinder haben manifeste 
Lues, und bei einer etwa ebenso großen Anzahl fanden sich Degenerations¬ 
symptome und psychopathische Neigungen ohne positive Wassermann sehe 
Reaktion. (Müc/i.) 

In Übereinstimmung mit Pick und Mendel kontastiert auch Moravcsik 
(36), daß in letzterer Zeit die gewohnten Formen der Paralyse starke Ver¬ 
änderungen zeigen. So fand er häufig Fälle, wo die expansive und depressive 
Form 24 stündlich alternierte; die einfachen dementen Formen pflegen sich 
auf überaus lange Zeit zu erstrecken. Nach den Erfahrungen von M. findet 
man jetzt bei der Paralyse sehr häufig Halluzinationen, welche im Anfaugs- 
stadium isoliert auftreten, d. h. sich bloß auf einzelne Worte, Laute, Geräusche, 
Töne erstrecken, später verallgemeinern, um schließlich im dementen Stadium 
abermals stereotypen Charakter aufzuweisen. Die Halluzinationen der Para¬ 
lytiker haften zumeist an einen äußeren, die Aufmerksamkeit besonders 
fesselnden Reiz (Wanduhr, Schlüsselloch, Wasserleitungshahn). Der Grund¬ 
ton der betreffenden Paralyse, wie Hypochondrie, Größenwahn, gelangt in den 
Halluzinationen meist zum Ausdruck. Verf. bespricht mehrere Fälle atypischer 
Paralyse, darunter einen, welcher aufangs ohne Lähmungserscheiuungen 
den Eindruck einer Halluzinose erweckte, und erst sukzessive, dann rasch 
in die typische Paralyse überging. Weitere Fälle zeigten die Erscheinungen 
der Huntington sehen Chorea, der multiplen Sklerose, ein anderer jenen 
der Athetose, mit amöboiden Bewegungen der Arme und Finger. 

(Hudorernig.) 

Weber (66) teilt einen Fall mit, bei welchem nach einer Wundinfektion 
der Hand infolge eines Unfalles eine progressive Paralyse bei dem betreffenden 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie isi6. 48 


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754 


Organische Psychosen. 


Patienten eintrat, und erörtert den Zusammenhang zwischen beiden Affektionen 
resp. die verschlimmernde Rolle, welche evtl, die erste Affektion auf die 
zweite ausgeübt hat. ( Jacobsokn .) 

Höpfner (27) teilt zwei gelehrte Ausarbeitungen aus Dr. Hartmann 
Schedels Praxis mit, welche letzterer für zwei höherstehende Kranke seiner 
Klientel als Lebensregel verfaßt hat. Schedel hat mit Eifer die alten 
medizinischen Schriftsteller studiert und schöpft einen großen Teil seines 
Wissens aus ihnen. In geschickter Weise bietet er das Wichtigste über 
die Entstehung und Verhütung der Paralyse und gibt außer Diätvorschriften 
auch solche über die Art der Wohnung, des Schlafens, der täglichen Übungen, 
der Bäder usw. ( Jacobsohn .) 

Schicht (52) bringt die Krankengeschichten von 14 Fällen juveniler 
Paralyse, die in der Münchener Klinik beobachtet worden sind, und 
skizziert die Unterschiede, die sie gegenüber der progressiven Paralyse der 
Erwachsenen zeigen. Dies sind folgende: 1. In einer Reihe der Fälle 
wurden ausgeprägte syphilitische Krankheitszeichen und im Zusammenhang 
damit eiu Zurückbleiben oder ein Stillstand der körperlichen Entwicklung 
gefunden. 2. Bisweilen trat Hirnlues schon als Vorläufer der juvenilen 
Paralyse auf, wodurch es zu einem Rückgang oder Stillstand der geistigen 
Entwicklung kam. Die Inkubationszeit dürfte bei der Paralyse des Er¬ 
wachsenen und der juvenileu Form ziemlich die gleiche sein. 3. Die Be¬ 
teiligung des Geschlechts an der juvenilen Paralyse war ziemlich gleich (bei 
den Erwachsenen 2—6 mal soviel Männer als Frauen). 4. Das klinische 
Bild ist bei der juvenilen Paralyse wesentlich farbloser, man beobachtet 
größtenteils eine einfache Verblödung. 5. Bei der jugendlichen Paralyse 
fällt die in manchen Fällen außerordentliche Anzahl von Anfällen von 
rindenepileptischem Gepräge meist ohne Lähmungserscheinungen auf. Be¬ 
merkenswert ist ferner das relativ häufige Vorkommen von Optikusatrophie 
ohne tabische Symptome und der häufige Ausfall des Babinskischen 
Zeichens bei juveniler Paralyse. 6. Ferner bestand eine größere Häufigkeit 
der absoluten gegenüber der reflektorischen Pupillenstarre. • 7. Dauernde 
Remissionen wurden nicht beobachtet. 8. Die Dauer der Erkraukuug ist 
bei der jugendlichen Paralyse im Durchschnitt doppelt so lange wie die der 
Erwachsenen. ( Jacvaohn .) 

Serejski (56) kommt auf Grund seiner chemischen Untersuchungen zur 
Überzeugung, daß bei der progressiven Paralyse sogar die kleinen Quanti¬ 
täten von Acidum bacto’icum sich nicht mit Glykochol verbinden können, 
da es bei dem Eiweißzerfall unter dem Einfluß der Reizung mit Ac. bac- 
toicum nicht zu einer Ausscheidung des sämtlichen Glykocholgehalts der 
Moleküle kommt. (Sterling.) 

Wigert (68) gibt eine kritische Übersicht der statistischen, klinischen 
und experimentalpathologischeu Erfahrungen, die sich mit der Lues-Paralyse- 
Frage beschäftigen, sowie der verschiedenen Theorien, die über dieses Gebiet 
aufgestellt worden sind. Wigert ist der Ansicht, daß aus den zugänglichen 
Angaben kein bestimmter Schlußsatz betreffs der Rolle, welche die durch¬ 
gemachte Behandlung bezüglich der Entstehung von Paralyse und Tabes 
spielt, gezogen werden kann; man kann nur als berechtigt anführen, daß 
kein Beweis dafür erbracht worden ist, daß die vor 15—20 Jahren gewöhn¬ 
liche Hg-Behandlung irgendwelchen Wert als relatives Schutzmittel gegen 
Paralyse und Tabes besessen habe. Um mit Bestimmtheit zu ergründen, 
welche Rolle die beiden Faktoren, Syphilisverlauf und antisyphilitische Be¬ 
handlung, spielen, ist Zugaug zu einem großen statistischen Material erforder¬ 
lich, geordnet in Gruppen mit gleichförmigem, klinischem Verlauf und ungleicher 


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Organische Psychosen. 


755 


Behandlung sowie mit gleichförmiger Behandlung und ungleichem Verlauf. 
Aber ein solches Material fehlt. Auch die Frage, ob die Behandlung die 
Latenzzeit zwischen Infektion und Ausbruch von Paralyse und Tabes ver¬ 
kürzt, etwas, was aus verschiedenen Statistiken hervorzugehen scheint, erfordert 
für ihre endgültige Beantwortung ein neues, auf dieselbe Weise gruppiertes 
M aterial. ( KaJdmeter .) 


Dementia praecox. 

Ernst (13) bespricht die Maßregeln, die zu einer Verminderung der 
physischen Erkrankungen, vor allem der Schizophrenien fuhren können. Er 
schlägt vor, einmal aufklärend über die hauptsächlichsten ätiologischen Fak¬ 
toren, wie die Schädlichkeit des Alkoholismus, die Gefahr der erblichen 
Disposition zu Geisteskrankheiten usw., zu wirken, dann aber vor allem 
eine den Geisteskräften des einzelnen Individuums angemessene Erziehung 
in Schule und Haus zu inaugurieren. 

Breiger (8) kommt zu dem Resultat, daß die Diagnose der Dementia 
praecox im Frühstadium in alleu Fällen einzig und allein durch den charak¬ 
teristischen psychischen Zustand ermöglicht wird. Die beobachteten körper¬ 
lichen Symptome sind Begleiterscheinungen des jeweilig bestehenden psychi¬ 
schen Zustandes. Bei Lebhaftigkeit der affektiven und Vorstellungstätigkeit 
waren auch auf körperlichem Gebiete gesteigerte Reaktionen wahrnehmbar, 
bei Hemmung des affektiven und intellektuellen Geschehens das umgekehrte. 
Auch das Fehlen, bzw. die Verringerung der Psychoreflexe an den Pupillen 
(an sich ein differentialdiagnostisch wertvolles Zeichen) scheint im Früh¬ 
stadium der Erkrankung nur sehr selten vorzukommen. 

Schultz (54) prüfte unter Innehaltung bestimmter Technik — inner¬ 
halb 5 Minuten dreimalige Einträufelung von je 2 Tropfen einer l%o Lösung 
von Suprareninum hydrochloric. synthet. Hoechst in den Konjunktivalsack — 
das Verhalten der Pupillen auf eine derartige Installation. Er fand, daß 
Adrenalinmydriasis bei organischen Hirnaffektionen nicht selten vorkommt, 
bei Neurosen und funktionellen Psychosen außer Dementia praecox fehlt. 
Bei der letzteren war in 50% sehr deutliche, in 15% fragliche, in etwa 
15% negative Adrenalinmydriasis nachzuweisen, etwa 15% zeigten paradoxe 
Reaktion. Eine deutliche Beziehung der Adrenalinmydriasis zu den sympto¬ 
matischen Bildern und dem Verlaufe der Dementia praecox war dabei nicht 
nachzuweisen. Das Blutserum Schizophrener zeigte auffallend geringe Mengen 
Adrenalins, dagegen waren im Liquor cerebrospinalis bei organischen Hirn¬ 
affektionen und funktionellen Psychosen erhebliche Mengen gefäßverengernder 
Substanzen nachweisbar. 

Holmes (25) schließt auf Grund von Literaturstudien, daß die Wirkung 
des Adrenalins auf Schizophrene von dessen Wirkung auf Gesunde abweicht 
und der Wirkung auf Tiere, die mit Ergotoxin vergiftet sind, gleicht. Er 
hält das Fehlen der Blutdrucksteigerung auf Adrenalininjektion und die 
abnorme Erweiterung der Pupille auf Adrenalininstillation in den Konjunk- 
tivalsack für wertvolle differentialdiagnostische Kriterien. 

Neubürger (39) untersuchte 100 Fälle (normale und psychisch er¬ 
krankte), von denen mehr als die Hälfte der Gruppe der Dementia praecox 
angehörte, auf Blutdruckveränderungen nach subkutaner Injektion von 0.4 mg 
Adrenalin. Es ergab sich, daß bei reichlich 80% aller untersuchten Kata- 
toniker und Hebephrenen gar keine oder nur geringe Blutdrucksteigerung 
auf Adrenalin eintritt, während dieses Verhalten sich bei den übrigen Ver¬ 
suchspersonen „immerhiu nur relativ selten“ konstatieren ließ. Auch normale 
Personen (Frauen besonders während der Menses) zeigten gelegentlich keine 

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Organische Psychosen. 


derartige Blutdrucksteigerung, auch schwankten die Resultate bei wiederholter 
Prüfung des einzelnen. 

Cotton (10) untersuchte die Gehirne an den verschiedensten Psychosen 
verstorbener Individuen auf ihren Fettgehalt mittels der Herxheimerschen 
Methode. Er fand, daß alle zu Demenz führenden Psychosen eine Vermeh¬ 
rung des Fettgehaltes der Ganglienzellen der Hirnrinde hervorbringen. Am 
reichlichsten scheint diese Vermehrung der lipoiden Stoffe bei der Dementia 
senilis und der Dementia praecox vorzukommen, ßei der letzteren ist die 
Fetteinlagerung in der 2. und 3. Rindenschicht am stärksten; sie verbreitet 
sich dabei im Gegensätze zu der Dementia senilis ungleichmäßig über die 
Hirnrinde, scheint besonders die Zellen des Stirnhirns mehr als die der 
Zentralgegend zu befallen. Daneben fanden sich die betreffenden Zellen 
in sklerotischer Umwandlung begriffen. 

Strasser-Eppelbanm (60) zerlegt einen Fall von Schizophrenie, in 
dem die psychische Grundkonstruktion im Strebertum nach Macht, im Wunsch, 
sich emporzuarbeiten, lag, aus dem heraus alle anderen Erscheinungen zu 
folgern waren. Verfasserin faßt die Dementia praecox auf „als das Resultat 
der vollen, ausgiebigen Reaktion eines Menschen auf das ganze Weltempfin¬ 
den, das aber zu keiner Harmonie der beiden Weltkomponenten geführt 
hat, sondern zu einem Abschluß von der Welt“. Die Abwendung vom Realen, 
die Rückkehr zum eigenen Ich scheint ihr der Mechanismus der Dementia 
praecox zu sein. 

Im Anschluß an die Fürstsche Arbeit über die familiäre Überein¬ 
stimmung im Reaktionstypus bei Ungebildeten untersuchte Lang (30) die 
Mitglieder von II Familien, in denen ein Glied schizophren war, mittels 
der Assoziationsprüfungsmethode. Er fand, daß die große Mehrzahl aller 
Versuchspersonen dem Prädikattypus angehörten. Von den kranken Familien¬ 
mitgliedern schienen die kranken Männer die größere psychologische Ver¬ 
wandtschaft mit den normalen Frauen und umgekehrt zu haben, d. h. es 
schien eine „Umkehrung der psychosexuellen Einstellung“ gegenüber dem 
Experimentator bei der Dementia praecox stattzuhaben. Der Dementia 
praecox-Kranke hat die geringste mittlere Abweichung von allen Familien¬ 
mitgliedern. Wenn der Kranke Verfolgungsideen bekommt, so werden jene 
Familienmitglieder als Verfolger gewählt, mit denen er die größte Überein¬ 
stimmung im Reaktionstypus hat. 

Repond (45) berichtet über einen Fall von typischer Katatonie, der 
nach Einwirkung starker Sonnenbestrahlung zum Ausbruch kam. Der Beginn 
der Erkrankung war ungewöhnlich, insofern die Symptome des ersten Tages 
gar nicht auf eine Psychose hindeuteten, sondern eine Hirustörung allgemeiner 
Natur vermuten ließen (Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Muskel¬ 
schmerzen, Fieber, Erbrechen, Gesichtsröte, Infektion der Augen). Patient war 
bis zum Auftreten der Krankheit vollständig gesund gewesen, hatte keinerlei 
Eigentümlichkeiten in Gemütsverfassung oder im Verstand dargeboten, die 
sonst dem eigentlichen Ausbruch einer Schizophrenie vorauszugehen pflegen. 
Dieser Mangel an prodromalen Symptomen ist etwas ungeheuer Seltenes, und 
fast ebenso selten ist es, daß eine Katatonie aus bloß inneren funktionell 
psychotischen Gründen so rasch zu einer solch fortgeschrittenen Verblödung 
führt. Es sei also nach Ansicht des Autors nicht bloß die zeitliche Folge 
der beiden Krankheiten, die einen ursächlichen Zusammenhang annehmen 
läßt, sondern die ganze ausnahmsweise Art und Schwere des Bildes, die 
darauf hinweist, daß hier eine ganz besonders starke Hirnschädigung in 
einem Tage aufgetreten ist, während eine solche sonst Jahre und Jahrzehnte 
zu ihrer Entwicklung braucht. (Jacobsohn.) 


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Organische Psychosen. 


757 


Hauptmann (20) hat die Blutgerinnungszeit in Fällen von Katatonie 
bestimmt. Die Methode war folgende: Man läßt das durch Venenpunktion 
gewonnene, möglichst im Strahl entleerte Blut in eine Hohlperlenkapillare 
fließen; in Intervallen von 1 / 2 Minute bricht man eine Perle ab, wirft sie 
in ein mit physiologischer Kochsalzlösung beschicktes Reagenzglas, schüttelt 
und beobachtet nun, wann sich die ersten Gerinnselchen zeigen. Nach 
einiger Übung gelingt es so sehr leicht, den Beginn der Gerinnung zu er¬ 
kennen. Fehlerquellen sind natürlich zu vermeiden, z. B. Temperaturunter¬ 
schiede. Aus diesem Grunde wurden alle Untersuchungen stets bei der 
gleichen Temperatur von 20° C vorgenommen. Es wurden 101 Fälle unter¬ 
sucht. H. faud nun, daß die Gerinnungszeiten bei Normalen zwischen 7% 
und 9 Minuten liegen. Bei der Katatonie war die Gerinnung ganz erheb¬ 
lich beschleunigt, sie trat iu manchen Fällen schon nach 5Y 2 Minuten ein, 
und die höchste Grenze lag bei T 1 /^ Minuten. Unter die Kolumne der 
Katatonie reichten nur diejenigen der Hebepbrenie, Manie und Paralyse. 
Auf Grund dieser Resultate müsse man, wie der Autor meint, eine Ände¬ 
rung in der Blutzusainmensetzuug bei der Katatonie annehmen, die im 
Sinne einer Hypofunktion der Schilddrüse gedeutet werden kann. 

( Jacobsohn .) 

Walter und Krambach (65) stellten Funktionsprüfungen des vegeta¬ 
tiven Nervensystems bei Schizophrenikern an. Sie injizierten 0,75 mg Adre¬ 
nalin, 7,5 mg Pilokarpin und 0,5 mg Atropin. Bei jedem Versuch wurden 
Puls, Blutdruck, vasomotorische Erregbarkeit der Haut und Aschnersche 
Reflexe (Reaktion auf Bulbusdruck), bei einigen auch dio Atmung vor und 
nach der Injektion verzeichnet. Die Fälle wurden in 1. akut Katatone, 
2. chronisch Katatone und 3. Paranoide gesondert. Als Kontrollfälle dienten: 
Normale, ferner Alkoholiker, die psychisch intakt waren, und eine Patientiu 
mit Zeichen von Herzneurose. Die Resultate waren folgende: Die Disso¬ 
ziation der verschiedenen Wirkungsweisen des Adrenalius, auf die Falta, 
Newsburgh und Nobel aufmerksam machen, und die auf zweieilei Ur¬ 
sachen zurückgeführt werden kann, erstens auf die verschieden stark anta¬ 
gonistische Hemmung, zweitens auf den Zustand der Erfolgsorgane, die 
verschieden erregbar sein können, trat nach Adrenalininjektion bei den 
Normalen deutlich hervor. Der Unterschied der ersten Gruppe der Schizo¬ 
phrenen bestand darin, daß die Dissoziation der Wirkungen nicht deutlich 
war; d. h. die Wirkung auf den Blutdruck ging in der größeren Anzahl 
der Fälle der Wirkung auf den Puls parallel. Die Wirkung auf den Blut¬ 
druck entsprach in der Zeit und in der Intensität bei der ersten Gruppe 
der Kranken der der Normalen. Dagegen war die Wirkung auf den Puls 
viel intensiver. Die Pulssteigerung übertraf die der Normalen um das Doppelte. 
Der Unterschied der Akut- und der Chronischstupurösen ist eklatant. Die 
Chronischstupuröseu ließeu jegliche Einwirkung auf Blutdruck und Puls ver¬ 
missen. Wie nach der Adrenalininjektion, so tritt auch nach der Pilokarpin¬ 
injektion der Unterschied zwischen den akuten und chronischen Fällen hervor. 
Bei den akuten deutlicher Schweißausbruch mit Ausnahme eines Falles; 
bei den 5 chronischen Fällen fehlt jegliche Reaktion, nur in einem Falle 
Schweißausbruch. Die Fälle der paranoiden Gruppe verhalten sich wie die 
der Akutkatatonen. Es besteht jedenfalls ein deutlicher Unterschied, was 
Adrenalin- und Pilokarpinwirkung anbetrifft, zwischen diesen Gruppen uud 
den chronisch stupurösen. ( Jacobsohn .) 

Nach Untersuchungen von Biller (6) spielt bei den einzelnen Psychosen, 
auch bei Dementia praecox, die Empfindlichkeit auf Adrenalin differential¬ 
diagnostisch vorläufig noch keine Rolle. (Jacobsohn.) 


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758 


Kriminelle Anthropologie. 


Schneider (53) führt sechs Fälle auf, aus denen hervorgeht, daß es 
Formen der Dementia praecox gibt, die einen Symptomenkomplex bieten, 
welcher einer der zirkulären Erkrankungsformen täuschend ähnlich ist, 
ohne aber mit dem zirkulären Irresein irgend etwas gemein zu haben. Da¬ 
durch können in der Diagnosen- und noch mehr in der Prognosenstellung 
schwere Irrtümer unterlaufen. ( Jacobsolm.) 

Widmann (67) konstatierte in 39 Fällen von Dementia praecox 28mal 
Ungleichheit der Lidspalten, 22mal Schiefstellung der Augen, 13mal ungleichen 
Haaransatz, 29mal Schiefstellungen des Mundes, 31 mal ungleichen Höhenstand 
der Nasenöffnungen, 30mal Ungleichheit in der Ohrstellung zur Schädel¬ 
fläche, 21mal Ungleichheit der Helixränder, 32mal Verwachsungen der Ohr¬ 
läppchen, 23mal Ausbildung des Darwinschen Knötchens, 20mal Ungleichheit 
der Ohren bezüglich ihrer Größe, 39mal tiefe Querfaltenbildung der Stirn, 
38mal ungleiche Stirnhälften, 33mal Gesichtsasymmetrien, ferner oftmals 
Zungen-, Gaumen- und Zäpfchenasymmetrien resp. Schiefstellungen. Das 
Charakteristische der Geisteskranken im Gegensatz zu den Gesunden war, 
daß zwei bis fünf Anomalien durchschnittlich bei den Kranken vorhanden 
waren. Anomalien des Schädeldaches fanden sich in 34 Fällen. 

( Jacobsohn .) 


Kriminelle Anthropologie. 

Ref.: Dr. L. M. Kötscher -Zschadrass b. Colditz. 

1. Abbott, E. M., Employment and Ccmpensaticn cf Prisonere (Report of Committee A 
of the Institute). J. of the Am. Inst, cf Orim. Law. 5. (6.) 880. 

2. Abbott. Grace, Immigration and Crime. (Report of Committee „A“ of the Institute.) 
ebd. 6. (4.) 522. 

3. Abels, Kriminalistische Giftstudien. Groß’ Archiv. 62. 383. 

4. Derselbe, Kriminalistische Giftstudien. II. Teil. ebd. 63. 68. 

5. Altmann, Zum Kapitel Zeugenaussagen, ebd. 62. (2.) 178. 

6. Anderson, V. V., The Laboratory in the Study and Treatment of Crime. J. cf the 
Am. Inst, of Crim. Law. 5. (6.) 840. 

7. Ballantine, Henry Winthrop, L'nconstitutional Claims of Military Authority. ebd. 
Vol. 5. (5.) 718. 

8. Bancroft, C. P., Seme Perils Ccnfrenting State Care cf Insane. Boston M. and S. J. 
172. (7.) 

9. Bechterew, N. M., Abolition cf Drunkeness among the Russians; the Moral and 
Physical Uplift. Russky Vrach. XIV. No. 15. 

10. Beck, ()., Missbildung der Ohrmuschel und des Felsenbeines. Mschr. f. Ohrhlk. p. 443. 
(Sitzungsbericht.) 

11. Beek man, Fenwick, Precocious Maturity in Girls with Report cf a Caso. Arch. cf Ped. 
32. 4. 

12 Bendig, Zur ärztlichen Fürsorge der jugendlichen Prostituierten. Zschr. f. Bekpfg. 
d. Geschlochtskrkh. No. 1. p. 19. 

13. Bibliographie der gesamton »Sexualwissenschaften vom 1. Juni bis I. September 1915. 
Zuchr. f. Sexuaiwiss. 2. (6.) 212. 

14. Birnbaum, Karl, Die sexuellen Frlschbesclmldigungon der Hysterischen. Groß* Aich ; v 
64. (1.) 1. 

15. Bischoff und Lazar, Psychiatrische Untersuchungen in der niederösterreichischen 
Zwangsarbeitsanstalt Komeuburg. Jahrbuch f. Psychiatrie u. Neurol. 36. Bd. 

16. Blasehko, A., Zur Frage des Abolitionismus. Zschr. f. Bekpfg. d. Geschlochtskrki- 
16. (8.) 233. 

17. Derselbe, Kritische Bemerkungen, ebd. 16. (9.) 265. 

18. Bloch, Iwan, Ist Alfred de Müsset der Verfasser von ..Gamiani“? Zschr. f. Sexuaiwiss. 
2. (1—5.) 28, 57, 96, 141, 172. 

19. Boa:., Kurt, Kriminalistische Studien. 1. Weiteres zur Alkoholkriminalität. Groß’ 
Arch. 62. (1.) 83. 


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Kriminelle Anthropologie. 


759 


20. Boas, Kurt, Nachtrag zu der Arbeit „Weitere« zur Alkoholkriminalität“, ebd. 
62. (2 ) 199. 

21. Derselbe, K ri m i nalistische Studien. 1. Sexualpathologisches aus dem Europäischen 

Weltkrieg 1914/15. 2. Beitrag zur Psychopathologie der Fetischisten. ebd. 64. 

( 1 / 2 .) 64 

22. Derselbe, Uber Hephephilie. Eine angebliche Form des weiblichen Fetischismus, 
ebd 61. 1. 

23. Bode, Der Kindeemord bei den Australnegem. Arch. f. Strafrecht. 61. und 62. (1—2 ) 
8 —i9. 

24. Derselbe, Die Kindedtötung und ihre Bestrafung im Nürnberg des Mittelalters. Nach 
Quellen bearbeitet, ebd. 61. (5—6.) 439—481. 

25. Boneili, Giuseppe, Francesco Cinalia, Le malattie delle donne. Arch. f. Geschichte 
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64. (1/2.) 54. 

204. Zopf, Ludwig, Die Mystikerin Margarete Ebner. Leipzig. 1914. B. G. Teubner. 


Einleitung. 

Weiter ging das keuchende Ringen der Völker um den „Platz an der 
Sonne“ und weiter also auch die vorübergehende Umwertung der Werte, 
welche rechtliche, vor allem so viele völkerrechtliche Errungenschaften, 
als der Gewalt des Feindes gegenüber schädlichen Plunder zum alten Eisen 
zu werfen schien. 

Eine neue und doch so uralte „Brachialgewalt“, neu nur durch die feinsten 
Feinheiten einer wunderbaren Technik, die den Arm des Kämpfers zum 
massenmörderischen, kilometerweit reichenden Sprenggeschoß wandelte, zur 
Bombe aus dem Flugzeug, zum Torpedo aus dem Unterseeboot, verdrängte 
brutal uud doch majestätisch die Zähmung der Zivilisation, die die Instinkte 
der europäischen Kulturvölker jahrzehntelang in Bann zu halten vermochte. 

Wie bei einer Götterdämmerung sinken der Helden Leiber zu tausen¬ 
den, ja hunderttausenden, um doch, wie wir alle zuversichtlich hoffen, aus 
dem Chaos wieder eine Kultur, befreit vielleicht von alten Schlacken, neu 
erstehen zu lassen. Und währeud so das, was Recht und Unrecht genannt 
wird, sich schier in unentwirrbarem Knäuel zu verschlingen scheint, je 
nachdem die eine oder die andere Mächtegruppe ihren Standpunkt zu be¬ 
gründen sucht, je nachdem die Herrschaft von gewaltig ausgelösten Affekten, 
von Sym- und Antipathien sich der Völker henoächtigt, um so versöhnlicher 


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Kriminelle Anthropologie. 


erscheint uns — fast in alter priesterlicher Würde — die Medizin, die ob 
aller Feindschaft erhabene Linderin der großen Nöte, die Hüterin vor 
Seuchen, Heilerin Ton Wunden, — eine stolze Säule der alten Humanitas, 
die Freund und Feind gleich liebevoll menschlich behandelt —, ein Zeichen, 
daß der Zusammenbruch so vieler Kulturgüter nie und nimmer ein dauernder 
bleiben wird, und daß einst wieder neues Leben blüht aus den Ruinen. 
Jetzt schon mitten im Kampf, ja gerade durch ihn, vermag die Medizin auch 
als Wissenschaft zu wachsen, vermag sie sich auf fast allen ihren Gebieten 
zu betätigen und zu bereichern. Ihre Kriegsarbeit ist eine gewaltige, sie ruht 
und rastet nicht. Nur manche Grenzgebiete, dort, wo Medizin sich mit 
soziologischen Problemen berührt, also auch die Kriminalantbropologie und 
-Psychologie können noch nicht so unmittelbar aus dem Brunneu der Er¬ 
fahrung der Kriegszeit schöpfen. Die Einzelheiten verwirren noch, sie sind 
noch nicht gruppierend zu fassen, es fehlt die Perspektive dafür, der Ab¬ 
stand ist noch zu gering, die Statistik, auch im nicht kriegsüberzogenen 
Hinterland, noch nicht abgeschlossen, geschweige denn in ihren Resultaten 
durchschaubar. So lange der furchtbare Krieg selbst dauert, wird sich an 
dieser Tatsache wenig ändern. Die Früchte können gerade auf unserem 
Gebiet nur langsam reifen. Sie werden aber dann in ihrer Art nicht 
weniger wichtig sein, wie auf den Gebieten, die schon jetzt mit vollen Händen 
schöpfen können. Heute ist unser Kapitel wieder verhältnismäßig klein, 
später wird es dafür um so reicher werden. 

Im großen positive Auslese der Völker, im kleinen leider eine nega¬ 
tive der Volksgenossen, als solche hat man die Wirkung eines großen Krieges 
mit Recht charakterisiert. Die Tapfersten, die Jugend fallt in den vordersten 
Reihen, um so schmerzlicher ist es, wenn auch weit hinter den Fronten 
die Reihen der Hervorragenden sich lichten. Da kam uns denn unver¬ 
mutet Kunde, daß einer unserer Altmeister im Kriegsjabr 1915 verschied. 
Hans Groß, der Gründer und Herausgeber des ausgezeichneten Archivs für 
Kriminalanthropologie, der Verfasser grundlegender Werke wie „Kriminal¬ 
psychologie“, „Handbuch für Untersuchungsrichter als System der Krimi¬ 
nalistik“, „Enzyklopädie der Kriminalistik“ und sonstiger kriminalistischer 
Arbeiten wird nie mehr die Feder ergreifen, um seine zahlreichen stets 
tiefgründigen kriminalogischen Aufsätze zu vermehren, um in seinen Be¬ 
sprechungen der viel erfahrene Führer und Anreger der Jungen auch 
weiterhin zu sein. Zu Ende seines Lebens hat er noch die Freude gehabt, 
daß unter seiner Leitung ein k. u. k. Kriminalistisches Universitätsiustitut 
in Graz erwuchs und gedieh, ein Anfang und Vorbild für seine größere 
Planung eines so sehr zu begrüßenden kriminalistischen Reichsiustitutes, in 
dem auch das Studium aller Fragen, die mit dem normalen und anormalen 
verbrecherischen Menschen irgendwie in Zusammenhang stehen, seine frucht¬ 
bare Stätte finden sollte. 

Auch den herrlichen kriegerischen Aufschwung seiner geliebten öster¬ 
reichischen Völker konnte er noch erloben. Stolz auf seine geleistete Arbeit, 
stolz auf sein Vaterland, konnte er von hinnen scheiden. Auch er war ein 
Kämpfer und Wegebahner neuer Zeiten. Und wenn die junge Generation 
im Studium der Schädlinge der Gesellschaft und in der Bekämpfung von 
Verbrechen und Kulturlosigkeit vielversprechende erreichbare Ziele vor sich 
sieht, so hat sie es ihm zu danken. Erst späteren Generationen, denen die 
Früchte seiner von ihm inaugurierten Studien in den Schoß fallen werden, 
wird der Wert seiner scharfsinnigen und menschenliebenden Pionierarbeit so 
recht zum Bewußtsein kommen. Der schönste Lohn seines arbeitsvollen 
Lebens werden ihm aber dann diese Früchte selbst sein. 


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Kriminelle Anthropologie. 


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I. Verbrechen and Verbrecher. 

Mittel der Verbrechensbekämpfung. Degeneration und abnorme 
Geisteszustände in ihrem Zusammenhang mit den Verbrechen. 

Mac Donald (134) gibt die Hauptpunkto der Kriminalanthropologie 
folgendermaßen wieder: Sie ist eine neue Untersuchungsform und schließt 
ein das geistige, moralische uud physische Studium des Menschen und 
beruht auf den Resultaten vieler Wissenschaften. Sio ist synthetischen 
Charakters. Die Kriminalanthropologie bietet fäbigeu Personen mehr Gele¬ 
genheit, die höchsten Ideale auszuführen, als jede andere Art der Forschung. 

Hauptpunkte: 

1. Der Grad der Kriminalität ist zu bemessen nach dem Schaden, 
der dem Staat oder der Allgemeinheit zugefügt wird. Von diesem Gesichts¬ 
punkt aus ist das internationale Verbrechen, der Krieg, bei weitem das 
größte aller Verbrechen. 

2. Geschichte ist hauptsächlich Geschichte des Anormalen, besonders 
ist es der Krieg; und eine Aufgabe der kriminellen Anthropologie ist 
es, Kriege zu vermindern oder zu verhüten. Montaigne sagt: „Es ist eine 
größere Barbarei, einen lebeuden Menschen zu töten, als einen toten zu 
braten uud zu essen.“ 

3. Das größte Studium ist der Mensch, der Mensch als Individuum, 
als Einheit des sozialen Organismus. 

4. Wenn das Studium des zivilisierten Menschen eine Wissenschaft 
werden soll, muß es sich auf die Untersuchung einer großen Zahl von Indi¬ 
viduen stützen, und die Methode muß für alle Klassen die gleiche sein, 
wenn wir zwischen normal uud anormal unterscheiden wollen. 

5. Die beste Methode ist die des Laboratoriums in Verbindung mit 
soziologischen Daten. 

6. Die gründliche Erforschung eines menschlichen Wesens mit allen 
der Wissenschaft verfügbaren Mitteln gäbe einen Band für sich. 

7. Alle Fakta über menschliche Wesen sind vom wissenschaftlichen 
Standpunkt wichtig, ob diese im Augenblick zu erlangen sind oder nicht. 

8. Beim Studium des Menschen sind Namen nicht nötig und Fest¬ 
stellung von Tatsachen ist nicht Kritik, denn die Wissenschaft ist vollständig 
unpersönlich. 

9. Ansichten zu haben ist wertvoll je nach den Kenntnissen, besonders 
Kenntnissen erster Hand, und Wissenschaft ist kondensierter, gesunder 
Verstand. Dennoch ist 

10. Die Grundlage der Wissenschaft Wahrheitsliebe um ihrer selbst willen. 

11. Alles Kranke ist abnorm, aber nicht alles Abnorme ist krank. So 
ist eine Hand mit 6 Fingern anoimal, aber nicht notwendigerweise krank. 

12. Wir müssen das Normale kennen, um das Anormale zu be¬ 
greifen, denn 

13. wenn der Normale in unangemessener Weise handelt, oder zur 
Unrechten Zeit oder am Unrechten Ort, so kann es abnorm sein. Der Funda- 
mentalbegrift des Abnormen ist der Exzeß des normalen; aber 

14. der Gradunterschied zwischen normal und anormal kann so groß 
sein, daß er ein ganz anderes Resultat gibt; gerade so wie zwei Flüssigkeiten 
eine gewisse Mischung ergeben, die ganz anders ist als die Ingredienzen, 
aus denen sie zusammengesetzt sind. 

15. Der abnorme Mensch kann in guter Art abnorm sein, wie das 
Genie, das Talent oder der Staatsmann, oder in falscher Richtung, wie der 
Verbrecher, Bettler oder Minderwertige. Es sind alles Menschen, und das 


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Kriminelle Anthropologie. 


Studium dieser verschiedenen Klassen kann man als Anthropologie der 
Lebenden zum Unterschied von prähistorischer Anthropologie ansprechen. 

16. Das Studium der Medizin ist das Studium der Zukunft. Die 
Geographie des Körpers zu kennen ist wichtiger als die Kenntnis der 
Geographie der Welt. „Kenne dich selbst“ 

17. Von allen Formen der anormalen Menschheit kommt das Verbrechen 
dem Normalen am nächsten; das Studium der Verbrecher ist daher in der 
Hauptsache Erforschung des normalen Menschen, und die so gewonnenen 
Kenntnisse können im allgemeinen auf das Ganze angewendet werden. Daher 

18. kann Gefängnis und Besserungsanstalt als humanitäres Laboratorium 
zum besten der Gesellschaft dienen. Da die Umgebung der Insassen die 
gleiche ist, sind die Umstände für die wissenschaftliche Untersuchung günstig. 

19. Wie wir bei Maschinerien zuerst die schadhaften Teile reparieren, 
so in der Gesellschaft zuerst den Verbrecher, Bettler, Geisteskranken, 
Schwachsinnigen und sonst Defekten, die 1% der Allgemeinheit bilden. Aber 

20. warum sollten wir 1 % erlauben, den übrigen 99% soviel Sorge 
und Ausgaben zu verursachen, da das Verbrechen allein jährlich eine 
1 / s Million Dollar kostet? Das Verbrechen kommt hauptsächlich daher, 
daß die Jugend vernachlässigt wird, wo das Menschenstudium eigentlich zu 
beginnen hätte; denn 

21. es ist wenig Aussicht, soziale Übel zu beseitigen, wenn wir nicht 
von der Wurzel ausgehen. 

22. Kein Obel kann für die Dauer vermindert werden, wenn man die 
Ursache nicht kennt. 

Es gibt auch kaum je nur eine Ursache, sondern eine Kette von 
Umständen. 

23. Trunksucht (Alkoholmißbrauch) ist nicht nur eine Hauptursache des 
Verbrechens, sondern auch der größte Feind der Menschheit, da sie so vielen 
unschuldigen Menschen Leiden bringt. 

24. Wir können nicht zum Unrecht verführt werden, wenn nicht etwas 
in uns vorhanden ist, das darauf reagiert; dieses Etwas ist ein Teil unserer 
selbst, der sich von unserer Umgebung unterscheidet, deshalb 

25. verlangt unser Menschenstudium eine Untersuchung sowohl des 
Individuums wie auch seiner Umgebung, denn letztere kann anormaler sein 
als das Individuum selbst. 

26. Reizbare (Minderwertige), die sich am Leben hochgestellter Per¬ 
sonen vergreifen, sind sehr wichtig infolge des enormen Schadens, den sie 
der Gesellschaft zufügen und müssen genau studiert werden. 

27. Wie der Arzt seinen Patienten studiert, um ihn richtig zu behandeln, 
so muß auch der Verbrecher studiert werden. 

28. Die erschöpfende Untersuchung eines einzigen Verbrechers illustriert 
genau, wie und in welcher Art das Milieu und die innere Anlage ihn zu 
dem Verbrechen führen. Menschliche Wesen sind sich viel mehr ähnlich als 
unähnlich. 

29. Verbrecher, Bettler und andere Minderwertige sind soziale Bazillen 
und bedürfen ebenso gründlicher Erfahrung wie Krankheitsbazillen. 

30. Niemand sollte für die ersteu 15 Jahre seines Lebens verantwortlich 
gemacht werden, noch ist irgendjemand verantworlich für die von Vorfahren 
ererbten Anlagen. Da der Würfel gewöhnlich gefallen ist, ehe das mannbare 
Alter erreicht wird, kann Verantwortlichkeit nur sehr schwer festgestellt 
werden, und ist oft nur von minimalem Gewicht. Deshalb 

31. soll man bei Prüfung menschlicher Wesen die guten Seiten mehr 
betonen als die Defekte. Alles verstehen, heißt alles verzeihen. Dennoch 


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Kriminelle Anthropologie. 


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32. maß jedes Individuum, das der Allgemeinheit schadet, ob geistes¬ 
gestört, kriminell oder defekt, untergebracht, aber nicht unbedingt gestraft 
werden. 

33. Das zeitlich begrenzte Urteil gestattet leider die Freilassung Ge¬ 
fangener, die moralisch sicher wieder dem Verbrechen anheimfallen, das un- 
determinierte Urteil dagegen gibt den Gefangenen die Möglichkeit, sich zu 
bessern, ohne die Gesellschaft unnötiger Gefahr auszusetzen; aber 

34. die Gesellschaft hat nicht das Recht, zu erlauben, daß Gefangene, 
die wahrscheinlich wieder dem Verbrechen auheimfallen, entlassen werden, denn 

35. wo es sich um Gerechtigkeit gegen das Individuum oder die 
Gesamtheit handelt, sollte letzterer der Vorteil zukommen. 

36. Das Gefänguis sollte eine Besserungsanstalt, die Besserungsanstalt 
eine Schule sein; das Ziel beider sollte Erziehung zu guten, geistigen, 
moralischen und körperlichen Gewohnheiten sein. Beide Anstalten müßten 
ausgesprochen erzieherisch wirken. Es sollte ein Minimum Verführung 
zum Schlechten und ein Maximum Anregung zum guten Handeln bestehen. 

37. Anstalten zur Besserung menschlicher Wesen sollten soviel als 
möglich Lebensbedingungen wie die der Außenwelt haben, damit der zu 
Entlassende sich besser anpassen könne und nicht zu einem für die Außen¬ 
welt Ungeeigneten werde. 

38. Jeder hat das Recht und den Anspruch auf ordentliche Er¬ 
ziehung, und 

39. die Zeit ist gekommen, wo ein Kind ebenso studiert werden muß, 
wie die chemischen Elemente eines Steines oder die Masse eines Berges im 
Mond. 

40. Ein Zweck der Kriminalanthropologie ist der, die Jugend und die 
Schwachen auf Grund wissenschaftlicher Kenntnisse zu beschützen, bevor 
sie befleckt und gefallen ist, nicht ein Schließen der Stalltür, nachdem das 
Pferd gestohlen wurde. 

41. Die Behandlung der jungen Kriminellen sollte das Prototyp zur 
Behandlung Erwachsener bilden, und das Verfahren gegen sie sollte möglichst 
wenig öffentlich sein. 

42. Publikation krimineller Einzelheiten in Zeitungen sind schädlich 
für die Allgemeinheit wegen des Nachahmungstriebes, außerdem macht es 
den Verbrecher stolz auf seine Berühmtheit, erweckt die krankhafte Neugierde 
des Volkes, und wirkt besonders auf die Schwachen. 

43. Zeige dem sogenannten schlechten Jungen Vertrauen, wecke seinen 
Ehrgeiz und lehre ihn das Gute um des Guten willen tun. 

44. Faße den Verbrecher bei seiner Ehre. Ein solcher sagte mir ein¬ 
mal: „Wenn man mir doch nicht glaubt, wenn ich die Wahrheit sage, kann 
ich doch ebenso gut lügen.“ 

45. Nichts hiudert die Entwicklung der Jugend mehr, als die Aussicht 
auf viel Geld, ohne arbeiten zu müssen; Müßiggang führt oft zum Verbrechen. 

46. Es ist wichtiger zu wissen, was gut, als was wahr ist; denn Moral 
ist wertvoller als Kenntnisse. 

47. Zunehmende intellektuelle Entwicklung ist nicht notwendigerweise 
auch zunehmende Moral, und eine Erziehung, die den Verstand schärft, 
aber nicht den Willen, ist eine fragwürdige. 

48. Je älter wir werden, um so mehr schätzen wir den ehrlichen 
Durchschnittsmenschen im Vergleich zum unehrlichen Talentierten. 

49. Jedem Beobachter des Lebens wird das Unpraktische des Pessimismus 
und die Vorteile des Optimismus kar. Es ist auch festgestellt, daß 


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Kriminelle Anthropologie. 


50. die meisten unserer Gedanken, Gefühle und Handlungen gleich¬ 
gültiger Natur sind; ron den haftenden sind */ 4 angenehmer und nur l / 4 
schmerzlicher Art, was andeutet, daß es mehr Lust als Schmerz in der 
Welt gibt. 

51. Handle so, wie du handeln würdest, wenn alle Folgen deines 
Handelns sofort in Erscheinung träten. 

V. Th 6t (188) gibt in höchst verdienstvoller Zusammenstellung ein 
fast vollständiges Repetitorium vor allem der romanischen Strafrechtsschulen 
der achtziger und neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, wie sie sich, 
angeregt durch die umstürzenden Lehren Lombrosos, zu epochemachenden 
Arbeiten erhoben, deren Wirkung erst heute so recht fühlbar ist, wo ihr 
Einfluß in den neuen Gesetzentwürfen und ihren gedanklichen Grund¬ 
lagen auch praktisch in Erscheinung tritt. Die „Einleitung“ bietet zuerst 
einen Rückblick auf die sogenannte „Neuere klassische Strafrechtsschule in 
Italien“ und bespricht dann „die neue Richtung im allgemeinen“. Daran 
anschließend führt Verfasser die Forschungsergebnisse der modernen Schule 
vor und legt dann seinen eigenen Standpunkt dar. Im ersten Teil behandelt 
er eingehend die kriminalanthropologische Schule, die das biologische, psycho¬ 
logische und psychopathologische Studium des Verbrechers zum Inhalt hat. 
Ein großes Kapitel davon bildet „Lombrosos Beobachtungen“ und „Lom¬ 
brosos System“. Eiu zweiter Abschnitt beschäftigt sich mit der „kriminal¬ 
psychologischen Richtung“ als natürliche Folge der anthropologischen Rich¬ 
tung. Die Lehre von den psychischen Merkmalen der Verbrecher wird 
rekapituliert, die Studien über spezielle Verbrecherkategorien besprochen 
(Verbrecher mit Mangel an moralischem Sinn, das Kollektiv- oder Massen¬ 
verbrechen, die Neurasthenie, der Alkoholismus, der Hypnotismus, die Sexua¬ 
lität und die Prostitution), und die philosophische Grundlage der Kriminal¬ 
psychologie initgeteilt. Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit der kriminal- 
psycho-pathologischen Richtung, teilt die Untersuchungen über Psychopatho¬ 
logie und Strafrecht mit und bespricht den geisteskranken Verbrecher. Hier 
bleibt v. Thöt als Berichterstatter und Kritiker leider bei schon recht 
veralteten Anschauungen stehen. So scheint er noch die Lehre von der 
Monomanie als einen Hauptpunkt dieser Disziplin auch für die heutige 
Zeit anzuerkennen. Im zweiten Hauptteil schildert Verfasser die literarische 
Entwicklung der kriminal-soziologischen Schule, vor allem Ferris altes 
System. Mit Recht verwirft v. Thöt die Lehren, die die Ursachen der Krimi¬ 
nalität fast ausschließlich in der Gesellschaft selbst suchen. Das Verbrechen 
sei eben ein Produkt verschiedener innerer und äußerer Faktoren. Ein sehr 
interessantes Kapitel ist das über „Camorra und Maffia als kriminal-soziolo¬ 
gische Erscheinungen“, ferner über: „Feminismus und Strafrecht“ und 
„Anarchismus und Strafrecht“. Im dritten Hauptteil werden die positivisti¬ 
schen Strafrechtsschulen in Skandinavien, England, Holland, Rußland und 
Griechenland kurz skizziert. Ein vierter Hauptteil beschäftigt sich mit der 
sogenannten „Dritten Schule“ der romanischen Länder, die zwischen der 
positivistischen und der klassischen Schule zu vermitteln sucht. Man nennt sie 
auch die „Schule des kritischen Positivismus“, „Kritische Strafrechtsschule“ 
und „Kritisch-naturalistische Schule“. Die meisten Autoren der „dritten 
Schule“ suchen die Grundlagen der beiden widerstreitenden Schulen zu ver¬ 
schmelzen, während die Mitglieder der reformierten klassischen Schule (v. Thöt 
nennt als deutsche Vertreter der letzteren von Liszt, Bär, v. Calker, Finger, 
Heimberger, Seuffert, Wach, Delagius und Rosenfeld) einen Aus¬ 
gleich dieser Prinzipien herbeizuführen trachteten. Ein weiterer Abschnitt 
faßt die strafrechtlichen Grundlagen der positivistischen Schule zusammen. 


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Kriminelle Anthropologie. 


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Der nächste bespricht die Gegner der positivistischen Schule. Das Schlu߬ 
kapitel gibt die Ansichten des Verfassers selbst wieder. 

Das Recht zu strafen hat nach v. Thot als Zweck nicht nur die Auf¬ 
rechterhaltung einer durch die Meuschen geschaffenen Ordnung, sondern auch 
den der Verwirklichung einer höheren Idee, die dem Menschen angeboren 
sei, und der er genugtun müsse; es sei dies das Gerechtigkeitsgefühl, welches 
fordere, daß die verletzte „moralische“ Ordnung wieder versöhnt wäre, damit 
werde das Recht zu strafen ein „göttliches“ Recht. Die moralische Ordnung 
umfasse die edleren Offenbarungen der menschlichen Seele, wie z. B. die 
Liebe, die gegenseitige Billigkeit, vor allem auch das Gefühl der Achtung 
vor unseren Mitmenschen, das sich auf ihr Leben, ihr Vermögen, ihre Ehre 
usw. erstrecke. Diesem moralischen Gefühl komme insofern strafrechtliche 
Bedeutung zu, als dessen Verneinung ein Verbrechen darstelle. Der Grund 
des Strafrechts liege also auf dem Gebiete der Ethik und leite sich nicht 
nnr aus dem Interesse der Gesellschaft ab. Daher müßten die Normen 
des Strafrechts nicht auf Grundlage der Kriminalsoziologie, sondern einer 
Kriminalpolitik bestimmt werden, die wieder auf ethischer Grundlage aufzu¬ 
bauen sei. Grundlage und Resultate der Kriminalsoziologie seien egoistisch, 
daher unmoralisch, wie am besten die (mitgeteilten) Theorien der anarchisti¬ 
schen Kriminalisten bewiesen, die fast das ganze Strafrecht illusorisch zu 
machen trachteten. Die Kriminalpolitik müsse aber die von der Kriminal¬ 
anthropologie, der Kriminalpsychologie, der Krimiualpathologie und der 
Kriminalsoziologie gesammelten Tatsachen berücksichtigen. Die Kriminal¬ 
politik habe die Aufgabe, die zweckmäßigsten Mittel zur „moralischen“ Be¬ 
urteilung der Verbrechen und der Verbrecher festzustellen, sie müsse sich 
dabei der deduktiven Methode bedienen, da „moralische“ Erscheinungen keine 
„wahrnehmbaren“ Erfahrungen bildeten. Es gäbe nun altruistische und 
egoistische Verbrechen je- nach dem abnormen Überwiegen altruistischer oder 
egoistischer Empfindungen; beim Überwiegen letzterer bilde das Eigeninteresse 
den Keim zum Verbrechen. Dieser Keim gehöre auf das Gebiet der Moral, 
er werde aber sicher auch durch andere Umstände kriminalanthropologischer 
oder -soziologischer Art beeinflußt, kurz, das Verbrechen sei eine durch 
psychologische Emotion bzw. durch das Zusammenwirken gewisser anthro¬ 
pologischer oder sozialer Ursachen herbeigeführte moralische Erscheinung. 
Demnach müsse die Strafe eine der Individualität angepaßte moralische 
Erziehung sein. So sei die Kriminalpolitik der Zukunft dazu berufen, die 
moralische Individualisierung zu verwirklichen. 

ln einem Anhang schließt sich v. Thot ganz den Leitsätzen der von 
Ferri 1913 begründeten Societä d’Anthropologia, Sociologia e Diritto Cri- 
minale in Rom an, die lauten: 

1. Das Verbrechen ist als ein Produkt der (angeborenen oder erworbenen, 
ständigen oder vorübergehenden) somatisch-psychischen Verhältnisse des 
Individuums zu betrachten und ergibt sich aus der Einwirkung der Bedin¬ 
gungen des physischen und sozialen Mediums. 

2. Alle Verbrecher sind der Sanktion der sozialen Verteidigung unter¬ 
worfen ohne Unterschied ihres Alters und Geschlechtes und gleichviel, ob 
sie physisch oder psychisch gesund sind oder nicht. 

3. Die soziale Verteidigung muß gegenüber der Kriminalität durch 
Rechtsnormen verwirklicht werden, deren Aufgabe es ist, die der Prävention 
und Repression dienenden, den individuellen Verhältnissen des Verbrechers 
angepaßten Vorkehrungen zu treffen. 

Das Motiv, sagt Kleemann (115), bildet eines der wichtigsten Kapitel 
der Psychologie und Kriminalistik. Steht es doch als innere psychische 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»is 49 


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Kriminelle Anthropologie. 


Ursache in ständiger Beziehung zum Wollen und zum Handeln. Die vor¬ 
liegende Studie will einen Überhlick über die diesbezügliche Literatur von 
Aristoteles an bieten, die dabei gewonnenen Resnltate zusammen stellen und 
praktische Winke und Anwendungen bringen, kurz in das psychologische 
Problem des Motivs einführen. Im allgemeinen hält es der Verfasser mit der 
Philosophie Wundts. Nach Kleemann ist das Motiv determiniert von der 
Umgebung des Ich im allgemeinen, vom Charakter, sowohl dem angeborenen 
(Temperament) als auch dem erworbenen (dazu gehört eine Summe von 
Willenshandlungen mit Motiven usw.) und vou der augenblicklichen Stimmung 
(Vorstellung8- und Gefühlslage). Das herrschende Motiv löst die Willens¬ 
handlung aus. Dabei ergeben sich neue Vorstellungen und Gefühle, unter 
Umständen eine veränderte Stimmung, so daß das Motiv nicht nur eiu in 
Bewegung gesetztes, sondern auch ein in Bewegung setzendes Moment der 
Willenshandlung ist, je nach dem Standpunkt der Begutachtung, ob man 
rückwärts auf seine Entstehung, seine Ursachen oder vorwärts auf Zweck, 
Ziel, Erfolg blickt. Seine Gefängniserfahrung an mündlichen Äußerungen 
von Verbrechern haben Kleemann gezeigt, daß bei vielen von ihuen (nicht 
allen) ein Mangel im Vorstellungs- und Gefühlsleben besteht, so daß diese 
Vorstellungen und Gefühle auf das unum necessarium, das (uns) nötig 
Erscheinende eingestellt sind. Gewisse Motive sind natürlich vorhanden, 
erweisen sich aber als verkehrt oder mangelhaft. „Mangelndes Triebleben“ 
könnte man es nennen („Trieh“ im populären Sinne gebraucht) — und wie 
man an einer nun einmal verkehrt gehenden Uhr vergeblich herumdoktert, 
so mag es oft ein fruchtloses Bemühen sein, Menschen neue, mannigfaltigere, 
bessere, edlere Motive ein- oder aufzupHanzen, damit dementsprechende 
Willenshandlungen ausgelöst werden. Verf. belegt seine Erfahrung mit 
Beispielen immer wieder geäußerter, also typischer Verbrecherphrasen und 
Entschuldigungen. 

Lenhard (124) plädiert in bekannter Weise dafür, die noch nicht in 
vollem Sinne-mannhafte Jugend von der Zuchthausstrafe auszuschließeD, eine 
Strafe die ohne weiteres Unwürdigkeit, Unfähigkeit zum Heeresdienst zur Folge 
hat. Gerade der Militärdienst vollende erst noch die Mannhaftigkeit. Warum 
soll eine Zubilligung des Strafmilderungsgrundes der Jugend einen Tag, Woche, 
Monat oder Jahr nach dem 18. Lebensjahre völlig unanwendbar werden, 
uud die Härte der Zulässigkeit von Zuchthausstrafe mit der Unwürdigkeit für 
den Vaterlandsdjenst hinzutreten, wo doch gewiß mancher 19- und 20jährige 
nicht bewußt ehrlos handeln wollte, sondern nur vom Ungestüm und der 
Gärung der Jugend fortgerissen wurde? Möchte doch deshalb im künftigen 
Strafrecht eine Bestimmung eingeschaltet werden, „daß die Erkennung anf 
Zuchthausstrafe gegen Minderjährige nicht zulässig ist, au deren Stelle an¬ 
gemessen erhöhte Gefängnisstrafe zu treten hat“. Die Statistik lasse erkennen, 
daß dann eine ganze Anzahl von der Zuchthausstrafe Verschonbarer resultieren 
werde, die es rechtfertige, der aufgeworfenen Frage Beachtung zuzuwenden. 

Der Gefangnispraktiker Lenhard (125) unterzieht die neuen Strafrechts¬ 
entwürfe einer Kritik, insoweit sie sich 1. auf die durch schlimme Veran¬ 
lagung, schlechte Erziehung, dem Erwerb durch Arbeitabgewendeten, dem 
Leichtsinn, der Mißachtung von Ordnung, Sittlichkeit und hieraus sich er¬ 
gebenden Lastern aller Art zugewendeten, auf den Pfaden zur ünverbesser- 
lichkeit wandelnden Menschen beziehen, und 2. auf die schon zu gewerbs- 
und gewohnheitsmäßigen Verbrechern ausgearteten Rechtsverletzer. Die für 
die erste Gruppe vorgeschlagene Sicherungsverwahrung im Arbeitshause be¬ 
grüßt er als großen Fortschritt. Leider sei die Voraussetzung für die Sicherung: 
„Liederlichkeit und Arbeitsscheu“ zu eng. Er möchte hinzugefügt haben: 


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Kriminelle Anthropologie. 


771 


„oder nach Veranlagung und Vorleben des Angeschuldigten dessen Abfall 
hierzu und zum Gewohnheitsverbrechertum befüchten lassen“. Auch, daß als 
Voraussetzung „Arbeitsfähigkeit des Verurteilten“ im Entwurf vorgesehen 
sei, sei schade. Gerade vor jenen Arbeitsscheuen, die ihre Körperdefekte 
übertrieben ausnutzten, bedürfe man als Gesellschaftsschutz sichernder Ma߬ 
nahmen. Das Strafhaus verschließe sich ihnen ja auch nicht, also brauche 
es auch nicht das künftige Arbeitshaus. Auch die Vorbedingung, daß die 
Arbeitshausverwahrung erforderlich erscheint, um den Verurteilten wieder an 
ein gesetzmäßiges und arbeitsames Leben zu gewöhnen, sei in vielen Fällen 
eine nicht mehr erreichbare und würde die Anwendbarkeit des Gesetzes schäd¬ 
lich beschränken. Auch sei es schade, daß bei Feststellung der in Betracht 
kommenden Verbrechensfälle jene gegen die Sittlichkeit im Sinne des § 244 
Ziff. 3 StG. übergangen worden seien. 

Bei der zweiten Gruppe sei scharf zu differenzieren zwischen gewerbs¬ 
mäßigen Verbrechern (internationale raffinierte Berufsverbrecher) und gewohn¬ 
heitsmäßigen Verbrechern (entartete, willensschwache Menschen, auf der Grenze 
psychischer Gesundheit und Krankheit pendelnd). Art und Richtung der 
Unrechtsbetätigung wichen bei beiden Untergruppen sehr voneinander ab. 
Die „Gewerbsmäßigen“ seien gefährlichste Menschen und bedürften deshalb 
sicherster Verwahrung im Zuchthaus auf die längste zulässige Dauer. Die Straf¬ 
taten der Gewohnheitsverbrecher dagegen zeigten fast durchweg die Merk¬ 
male der Bedeutungslosigkeit, ja oft den Zweck, eingesperrt zu werden mit 
Geneigtheit zum Verbleiben in der Anstalt, weil sie sich bewußt wären, den 
Anforderungen der freien Außenwelt auf die Dauer nicht gewachsen zu sein. 
Bei ihnen nütze auch alle Fürsorge für Entlassene wenig oder nichts, es sei 
schade um die dazu aufgewendeten Mittel. Auch die „urteilsmäßigen Straf¬ 
verschärfungen“ würden ihnen gegenüber wirkungslos bleiben, ebenso wie kurz 
bemessene Strafen, hier helfe nur augemessene lange Sicherungsbewabrnng. 
Da auch hier als zukünftige gesetzliche Voraussetzung „die Gefährlichkeit“ 
für die „Verwahrung“ ausschlaggebend sei, müsse der Nachweis dieser „Gefähr¬ 
lichkeit“ dem Richter möglichst erleichtert werden, das könne aber besonders 
geschehen durch die Strafvollzugsstationen; dort kenne man die Psyche, 
Führung, Krankheit usw. des betreffenden Mannes am besten Der Richter 
müsse diese Erfahrungen bei seinem Urteil in Betracht ziehen. Sicherungs¬ 
verwahrung ohne zeitliche Beschränkung sei nicht zu empfehlen, sie verleite den 
deutschen Verbrecher zum ständigen Querulieren oder zur Gleichgültigkeit und 
Mutlosigkeit. Die Entlassung dürfe aber immer nur eine vorläufige sein; 
darin liege eiue erziehliche Kraft. Alle diesbezüglichen Entscheidungen über 
den Einzelfall müßten in der Hand des Richters liegen; sein Spruch allein 
erzeuge abschließende beruhigende Wirkung. 

Seine Erfahrungen haben Zaflta (202) dahingeführt, festzustellen, daß 
der eigentliche Verbrecher, d. h. das wirklich kriminell veranlagte Indi¬ 
viduum, die Strafe und ihre Folgen nicht aus sozialen Rücksichten fürchtet, 
wie es der Durchschnittsmensch tut, sondern ausschließlich aus persönlichen 
Gründen, aus Furcht, erwischt zu werden und dann dem Übel der Strafe 
persönlich zu verfallen, — daß er nicht durch moralische Autorität, sondern 
nur durch geistige Überlegenheit eingeschüchtert werde. Stehe er doch meist 
schon an sich außerhalb der Gesellschaft und habe eine ganz andere „Ehre“. 
Als Generalpräventiou werde die Strafandrohung nur gegen die uneigentlichen 
(Augenblicks-) Verbrecher wirksam sein können, gegen die eigentlichen (Zu¬ 
stands-) Verbrecher dagegen nur die staatliche Bereitschaft, wie sie vor allem 
im polizeilichen Erkennungsdienst gegeben sei, den allein diese Individuen 
fürchteten. Als Spezialprävention werde beim uneigentlichen Verbrecher die 

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772 Kriminelle Anthropologie. 

Strafe als Besserungs* und Kräftigungsmittel in Betracht kommen, dem 
eigentlichen Verbrecher gegenüber können sie nur zur Unschädlichmachung 
dienen. 

Wie Hurwicz (103) sagt, ist nach Tarde unter dem Begriff der „Berufs- 
kriminalität“ eigentlich die Verletzung der „Berufsethik“ zu verstehen. 
Die Statistik der So/ialkriminalität führt aber über diesen Begriff hinaus. 
So haben z. B. Alkoholdelikte der Arbeiterbevölkerung mit den der Berufs¬ 
tätigkeit entspringenden Anreizungen und Gelegenheiten nichts zu tun. Die 
Kriminalität der Berufe muß eben auf die Gesamtheit der Lebensbedingungen 
des betr. Standes bezogeu werden. Verf. untersucht nun den gegenwärtigen 
Zustand der Statistik der Sozialkriminalität in den einzelnen Kulturländern. 
Als zu fordernde äauptideen dieser Statistik stellt er auf: „innerhalb der 
Gesamtkriminalität eines Landes die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen 
miteinander vergleichen, sodann die Resultate dieser Vergleichung denen eines 
analogen, auf die Kriminalität eines anderen oder einiger anderer Länder 
angewandten Verfahrens gegenüberstellen“. Bestätigt dieser zweite Vergleich 
die für die Sozialkriminalität eines Landes gewonnenen Ergebnisse, so 
komme diesen eine internationale und universelle Bedeutung zu; sei das 
nicht der Fall, so gewähre er uns eineu Einblick in die territorialen und 
nationalen Eigentümlichkeiten der Kriminalität. Der Versuch einer ein¬ 
gehenden Durchführung dieser Gedanken an der Kriminalität einer Gruppe 
sollte am Schlüsse der kritischen Arbeit in einem der Klasse der Dienst¬ 
boten gewidmeten Exkurs gemacht werden, wird dann aber einer zweiten 
Arbeit Vorbehalten. Angesichts der von der Gruppe der „Arbeiter und 
Tagelöhner“ auf allen Gebieten dargebotenen Maximalkriminalität muß es 
nach flurwicz als eine ebenso lohnende wie dringende Aufgabe bezeichnet 
werden, deren soziale uud anthropologische Zusammensetzung, Grad der 
beruflichen Ausbildung, wirtschaftliche und soziale Lebensbedingungeu mög¬ 
lichst zu erforschen und sodann der Verquickung der Kriminalität mit all 
diesen Ursachen nachzugehen. Fehlen tut uns noch sehr eine Statistik des 
Berufsverbrechertums und ferner der Prostitution. Sehr gelobt wird die 
italienische Statistik. Alles in allem bilden die Ergebnisse der statistischen 
Erfassung der Sozialkriminalität nach Hurwicz einen der stärksten Be¬ 
weise der Wirksamkeit des sozialen Verbrechensfaktors und damit der sozio¬ 
logischen Verbrechenslehre. Die scharfen Unterschiede in der Kriminalität 
verschiedener sozialer Gruppen sind durch die Gesamtheit der äußeren und 
inneren Lebensbediugungen derselben bedingt. Besonders unterscheidet sich 
scharf die Kriminalität der Selbständigen und der Abhäugigen, der Ver¬ 
mögenden und der Vermögenslosen. Vorschläge zur Verbesserung der Statistik 
beenden die mit interessanten Tabellen ausgestattete Arbeit. 

Bischoff und Lazar (15) untersuchten 224 Insassen der Zwangs¬ 
arbeitsanstalt Kornenburg auf ihren somatischen und psychischen Zustand 
hin, um so in die Ursacheu des sozialen Verfalles dieser Individuen ein¬ 
zudringen. Diese Ursachen wareu in 10% der Fälle körperliche Erkran¬ 
kungen, in über 20% Verwahrlosung, in annähernd gleicher Prozent¬ 
zahl neuropathische Konstitution, in Stimmungsanomalien (etwas weniger), 
in genuinen moralischen Defekten (5 Mäuner), in Schwachsinn (15 Männer), 
in Psychosen (20 Männer) — Wandertrieb (etwa 10% aus allen Gruppen 
zusammen). Bemerkenswert ist eine von den Verfassern besonders aufgestellte 
Gruppe der konstitutionellen Psychopathen, die der sexuell Nervösen, — Indi¬ 
viduen, deren Sexualität sich spät entwickelte, und deren Libido auf eine 
Person eingeschränkt sei. Verlören sie aus irgendeinem Grunde ihre SexuaJ- 
objekte, also den Anschluß an eine bestimmte weibliche Person, so gehe ihnen 

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Kriminelle Anthropologie. 


773 


eine wichtige Stütze verloren, und sie bekämpften dann ihre Unlustgefühle mit 
Alkohol, daraus folge dann der weitere soziale Verfall. 

Im Frühjahr 1914 ergoß sich über Chikago eine Hochflut von Ver¬ 
brechen, so berichtet Merriam, die den Stadtrat einzugreifen zwang. 
Merriam (139) und eine Kommission wurden mit der Untersuchung über 
die Ursachen der Verbrechen beauftragt und mit dem Studium der Mittel, 
sie zu verhüten. Sein sehr interessanter Bericht liegt nun vor. Unter 
vielem anderen hebt er hervor, daß nur ein kleiner Prozentsatz der vielen 
in Chikago festgenommenen Personen ernster Verbrechen angeschuldigt 
wurde, die Mehrzahl der vor Gericht gebrachten Personen wurden ohne 
Verurteilung wieder entlassen, nur sehr wenige kamen ins Zuchthaus, mehr 
schon in die Arbeitsanstalt, die allermeisten davon aber nur wegen Zahlungs¬ 
unfähigkeit geringer Strafgelder. Die meisten Verurteilten waren Männer, 
sehr viele davon wieder Jugendliche unter 13 Jahren. (Verfasser führt 
Prozentzahlen an.) Trunk, Prostitution und Spielsucht waren von großem 
Einfluß auf die Verbrechensbegehung. Ganz amerikanisch aber ist es, daß 
besonders die Geheimpolizisten, aber auch die Detektivs oft mit den Ver¬ 
brechern unter einer Decke steckten, ja die Opfer den Verbrechern erst be- 
zeichneten. Vertrauenspersonen der Kommisson, die sich verhaften ließen, 
wiesen dies einwandfrei nach. 

.. Als Schäden der Strafrechtspflege wurden außerdem festgestellt: Mangel 
an Öffentlichkeit der Polizeistatistik, Mangel des Untersuchungssystems bei 
kriminellen Anklagen, Mangel an genügender Überwachung der Geheim¬ 
polizisten selbst und der Detektivs, und Mangel an Disziplin und gutem 
Willen. 

Als Hauptursachen für das Verbrechen konnte das Komitee feststellen 
vor allem eine defekte physische und psychische Anlage des Individuums, 
nervöse Störungen, Infektion, Psychose und Schwachsinn, in zweiter Linie 
ungünstiges Milieu, schlechtes Heim, Mangel an Schulerziehung, unregel¬ 
mäßige Arbeit und endlich Armut. Auf gewisse Arten von Verbrechen hat 
der Druck der ökonomischen Zustände unendlich größereu Einfluß als auf 
andere Arten. 

Die Arbeiten des Komitees beschränkten sich aber nicht nur auf die 
Kriminalstatistik, Polizeiorganisation und Korruption; es ging auch von 
Anfang an darauf aus, die vorbeugende Polizei- usw. Arbeit zu betonen, die 
ein erfolgreiches System zur Herabsetzung der Zahl der Verbrecher ergeben 
solle. Die Mittel dazu werden im einzelnen angeführt, sie sind die üblichen 
fortschrittlichen amerikanischen: Probation, Individualisierung und darnach 
Zuteilung in entsprechende Sonderanstalten, Farmen und ländliche Irren¬ 
anstalten, alles unter ausschlaggebender Mitwirkung des Arztes, bei Ein¬ 
gewanderten des Dolmetschers usw., wie es im einzelnen in den hier gleich 
folgenden Berichten von anderen Berichterstattern betont wird. 

Abbott (2) berichtet: Es sind wohl 3 Theorien, auf die besondere 
Aufmerksamkeit bezüglich der Beziehung von Einwanderung zu Verbrechen 
gegründet werden könnte: 

1. Daß der Umfang des Verbrechens in den Vereinigten Staaten durch 
die Einwanderung ganz unverhältnismäßig gesteigert wird, und daß demnach 
die Einwanderung herabgesetzt werden muß, wenn man die Verbrechen 
vermindern will. 

2. Daß infolge der Rassen- und Milieuuuterschiede die Art der Ver¬ 
brechen und Versuchungen beim Einwanderer und beim Einheimischen ver¬ 
schieden sind und ein Programm zur Verhütung von Verbrechen von diesem 
Gesichtspunkt ausgehen muß. 


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Kriminelle Anthropologie. 


3. Daß den Auswärtsgeborenen nicht dieselbe Gelegenheit geboten ist, 
ihr Recht zu sichern wie den Einheimischen, und daß ein spezielles Programm 
für deren Schutz nötig ist. 

Es soll hier nur darauf hingewiesen werden, in welcher Richtung eiue 
Untersuchung geboten scheint 

Unter dem Einwanderungsgesetz vom Februar 1907 ist die Ein¬ 
wanderung verboten, solchen, die verurteilt waren oder zugeben, daß sie 
Felonie, oder anderes Verbrechen oder moralische Vergehen begangen haben. 
Die Schwierigkeit besteht aber darin, daß die Vereinigten Staaten keine 
Voranzeige über den Charakter des Emigranten haben und von ihm selbst 
ein Eingeständnis nicht erwarten können. 

Das Verbot des Landens liegt bei der sogenannten Board of Review 
mit ihren Inspektoren, die das Recht haben, an den Sekretär der Arbeits¬ 
kommission zu appellieren. 

Solche, die hereingelassen wurden, aber innerhalb 3 Jahren als zu den 
ausgeschlossenen Klassen gehörend, befanden werden, können abgeschoben 
werden. 

Der Delinquent darf Einsicht nehmen in alle gegen ihn vorgebracbten 
Beschuldigungen und erhält rechtlichen Beistaud beim Verhör, daher ist 
die Ausweisung schwieriger als das Landuugsverbot durchzuführen. 

Es wird dann eine Aufstellung der Abgewiesenen uud Ausgewiesenen 
aller Nationen gegeben für das Jahr 1914, wobei ein größerer Prozentsatz 
Verbrecher bei den Einwanderern aus Westeuropa als unter denen aus Süd¬ 
oder Osteuropa festgestellt wird, es sich aber auch ergibt, daß die Zahl der 
aus vorgenannten Grunde Ausgeschlossenen eigentlich sehr klein ist. 

Es wird allgemein angenommen, daß die Ausweisung und Landungs¬ 
verweigerung unter dem Gesetz die Auswanderung europäischer Verbrecher 
unmöglich macht, obgleich der einzelne Missetäter nicht immer erwischt wird. 

Verbrechen oder Vergehen werden von den Einwohnern aus Unkenntnis 
der Gesetze begangen. 

Nationale Gebräuche, harmlos im ländlichen Distrikt, sind in der Stadt 
gefährlich und verboten. 

Unschuldige werden bei den Ausländern leichter arretiert als bei den 
Einheimischen infolge des allgemeinen Vorurteils bezüglich ihrer Kriminalität. 
Ungerechte Freiheitsberaubung bedeutet für ihn aber Entmutigung, Verlust 
der Ideale oder Verachtung amerikanischer Einrichtungen, die zu Gesetz¬ 
widrigkeiten führt. 

Dolmetscher sind nötig, der Richter lerut die näheren Umstände nur 
durch Dolmetscher kennen. Besonders müßten in den unteren Gerichten 
mehr Dolmetscher sein. 

Vorschläge: 

1. Die Gerichtsakten in Kriminalfällen müssen Mitteilungen enthalten 
über Rasse, Geburtsort, Geburtsort der Eltern zur Erlangung zuverlässiger 
Auskunft über die Beziehung von Auswanderung und Verbrechen. 

2. Alle erreichbare Kriminalstatistiken müssen dazu benutzt werden, 
um festzustellen, wie eine Anpassung an unsere sozialen und erzieherischen 
Einrichtungen möglich ist, um Versuchungen bei den verschiedenen Nations¬ 
gruppen zu vermeiden. 

3. Kompetente, gut von der Stadt bezahlte Dolmetscher müssen bei 
allen kriminellen Verhandlungen zugegen sein, wo es sich um Nicht-englisch- 
Sprechende handelt. 

4. Modifizierung dos gegenwärtigen Systems der Einsperrung derer, die 
die Geldstrafe nicht bezahlen können, Ausdehnung des Probationssystems, 


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Kriminelle Anthropologie. 


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das gute Resultate zeitigen wird bei Emigranten, die häufig nur aus Un¬ 
kenntnis der Gesetze und schwere Anpassung an neue Verhältnisse zu 
Vergehen geführt werden. 

5. Muß bei der Hilflosigkeit des nicht englisch sprechenden Emigranten 
die Stellung eines öffentlichen Rechtsbeistands als ganz besonders notwendig 
angesehen werden. 

ßemmill (71) bespricht das Für und Widor der Beschäftigung der Ge¬ 
fangenen und ihrer Entschädigung dafür in Geld in den Vereinigten Staaten. 
Fast die Hälfte der Staaten haben entsprechende Gesetze erlassen zur 
Zahlung von 1,50 Dollar pro Tag (bis zu 1—5 Cents die Stunde), zahlbar 
an den Gefangenen oder seine Familie. Das große Hindernis für die Ge¬ 
fangenarbeit bilden aber die organisierten Arbeiter, die wollen, daß Ge¬ 
fängnisarbeit nicht auf den Markt komme. Alle müßten dazu beitragen, 
diesen Druck zu beseitigen. Wo der Druck der Organisation abgeschwächt 
ist, sind gute Erfolge gezeitigt und können sich die Gefängnisse selbst er¬ 
halten, wie das Minnesota-Staatsgefängnis in Stillwater. Nach Abzug von 
75 Pf. pro Tag für den Unterhalt des Gefangenen wurden jedem Gefangenen 
oder dessen Familie 25 Pf. pro Tag ausgezahlt 

Was Minnesota kann, sollten doch auch andere Staaten können, wenn 
sie sich von dem Druck der Arbeiterorganisation freizumachen vermöchten. 
Viele Entlassene werden nach 24 oder 48 Stunden wieder arretiert, weil 
sie ohne Geld entlassen, aus Verzweiflung und Not rückfällig wurden; daher 
muß gesorgt werden, daß Verdienst da ist. Also: 

1. Alle müssen arbeiten. 

2. Für die Arbeit muß auch Zahlung geleistet werden. 

3. Wo abhängige Familienmitglieder sind, die gerechten Anspruch 
auf Unterhalt haben, ist es nötig, daß mindestens 50 Dollar Verdienst über¬ 
schüssig sind für die Gefangenen selbst, worüber Buch zu führen ist, und 
keiner sollte entlassen werden bis diese Summe für ihn voll ist. 

Die Arbeit der Gefangenen gehört dazu, um sie moralisch und physisch 
zu heben. 

Viele Gefangenenfarmen zeitigen gute Resultate. 

Verfasser führt all die verschiedenen Staaten an, die gute Einrichtungen 
dieser Art besitzen, z. B. zahlt Dakota nicht unter 10 Cents und nicht über 
50 Cents pro Tag. 

4. Wenn durch einen kriminellen Akt des Gefangenen die Familie 
seines Opfers unterstützungsbedürftig geworden ist, sollte diese Familie ebenso 
wie seine eigene eine entsprechende Kompensation aus dem Verdienst des 
Gefangeneu erhalten. 

5. Wenn der Gefangene selbst die Kompensation erhält, sollte sie ihm 
unter Aufsicht seitens des Parolebeamten ausgezahlt werden, der Vollmacht 
hat, über den Verbrauch zu bestimmen. 

6. Um durchführbare Kompensationsgesetze zu schaffen, ist es vor 
allem nötig, daß der Gefangene „sich selbsterbaltend“ gemacht wird. 

7. Die Gefängnisleitung sollte das gesetzliche Recht haben, arbeiten 
zu lassen und zwar nicht nur lukrativ, sondern wie es für die Gefangenen 
am besten paßt, um sie für die Zeit ihrer Entlassung zum Erwerb ihres Unter¬ 
halts tüchtig zn machen. 

8. Die Bewirtschaftung von Farmen seitens der Gefäugnisse und Ar¬ 
beitshäuser ist nicht nur für den Staatsäckel, sondern auch für die Ge¬ 
sundheit und Disziplin unter den Gefaugenen am allerbesten. 

9. Jedes Gefängnis sollte permanent für Wegearbeiten gewonnen werden 
and dafür Gefangene auswählen dürfen, bei denen die Gefahr des Ent- 


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Kriminelle Anthropologie. 


fliehens nicht allzugroß ist. Alle diese Arbeiten müßten dann entlohnt 
werden. 

Der Berichterstatter Linds&y (129) hebt hervor, daß es noch eine 
große Anzahl Staaten gibt, die die sogenannte unbestimmte Verurteilung 
nicht eingeführt haben. Er geht daun die einzelnen Staaten und ihre An¬ 
ordnungen in dieser Beziehung durch und behandelt daran anschließend 
Fragen wie: 

1. Wer kann unter die unbestimmte Verurteilung gestellt werden? 

2. Vorkehrungen für Höchst- und Mindesttermine. 

3. Parolekomitee. 

4. Pflichten desselben. 

6. Regelung der Petition und ihre Begründung. 

6. Gefangene geeignet für Ehrenwortentlassung (Probeentlassung). 

7. Gesichtspunkte der Entlassung. 

8. Bedingungen derselben. 

9. In welchen Handlungen ist ein Verstoß gegen die Probeentlassung 
zu sehen ? 

10. System der Verhaftung wegen Verstoßes gegen Probeentlassung und 
entstehende Kosten. 

11. Strafe für den Verstoß. 

12. Bedingungen für endgültige Entlassung der Gefangenen aus der 
Probeentlassung. 

13. Wie der Ehrenwortgefangene entlassen wird. 

14. Zahl der Verstöße gegen Parole. 

15. Ausdehnung des Parolesystems. 

16. Zahl der jetzt unter Parole stehenden Gefangenen. 

Antworten. Als Beispiel die des Staates Kentucky: 

Zu 1. Alle Personen, die für Verbrechen oder Vergehen nicht mit 
Tod oder lebenslänglichem Zuchthaus bestraft werden. 

Zu 2. Richterspruch, wie er durch Gesetz für solche Vergehen vor¬ 
gesehen ist 

Zu 3. 3 Kommissionäre, die vom Gouverneur auf 4 Jahre ernannt 
werden. 

Zu 4. Untersuchung und Gewährung von Probeentlassungen mit Zu¬ 
stimmung des Gouverneurs. Allgemeine Überwachung der Strafanstalten. 
Untersuchung und Aufhebung von Probeentlassungen. 

Zu 5. Schriftlicher Bericht der Fakta durch Untersuchungsbeamte und 
von allen Petitionen der Angehörigen. Keine bezahlten Anwälte dürfen 
eingreifen. 

Zu 6. Alle Gefangenen, die Minimaltermine abgebüßt und mindestens 
9 Monate gute Führung haben. Lebenslängliche können nach 8 Jahren 
petitionieren. 

Zu 7. Einzelheiten über Verbrechen, vergangenes Leben des Indi¬ 
viduums und Gefängnisbericht. 

Zu 8. Anständige Beschäftigung bei angesehener Firma während 
6 Monaten und fortgesetzter ehrlicher Wille. Monatlicher Bericht über 
Betragen, Tätigkeit, Lohn und Umgebung. 

Zu 9. Unfähigkeit zu friedlichem, gesetzlichem Verhalten oder die 
Unfähigkeit, einen 30 tägigen Bericht über Betragen, Beschäftigung usw. 
zu geben. 

Zu 10. Verhaftbefehl von der Gefängnisbehörde, genehmigt vom Gou¬ 
verneur. 

Zu 11. In die Anstalt zurück, um den Rest der Strafe abzubüßen. 


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Kriminelle Anthropologie. 


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Za 12. Begnadigung durch Gouverneur. 

Zu 13. Durch Gouverneur. 

Zu 14. Ungefähr 10—12%. 

Zu 15. Staatssystem. 

Zu 16. 3200. 

Auf dieselbe "Weise sammelt Verfasser noch Daten über Ohio und 
Rhode Island, die mit kleinen Abweichungen dieselben Auskünfte geben wie 
Kentucky. 

Hunter (102) teilt mit: Seit dem ersteu Bericht 1914 sind iu zwölf 
Staaten Gesetzes Vorlagen, die Sterilisation betreffend, eingereicht; zwei Staaten 
hatten bereits Sterilisationsgesetze. Die Gesetze betreffen: 

a) Die Personen, die der Sterilisation unterliegen, und 

b) die Beamten, die mit der Durchführung zu betrauen sind, die Aus¬ 
wahl der Individuen, die zu operieren sind, und Ausführungsbestimmungen, 
endlich 

c) die gesetzliche Form der Operationstypen. 

Zu a. Teils haben Staaten die Sterilisation als „Strafe“ nur auf habi¬ 
tuelle Verbrecher beschränkt, bei den meisten anderen wird sie aus eugeni- 
schen Gründen verfügt, vor allem zum Schutz des Staates. Mehrere Staaten 
schließen auch geistig defekte Anstaltsinsassen ein und verbinden Eugenik 
und Therapeutik. 

Zu b. Die Washington Bill, die nur Verbrecher in Betracht zieht und 
als „Strafe“ gilt, sieht vor, daß der Gerichtshof, der den Verbrecher verurteilt, 
auch eine Operation anordnen kann, die die Fortpflanzung verhindert. 

Die Zusammensetzung der Prüfungskommission ist in den verschiedenen 
Staaten auch verschieden, aber überall sind Ärzte und Chirurgen dabei, in 
Ohio und Pennsylvania auch Neurologen, ln einzelnen Staaten ist der Be¬ 
schluß dei Kommission endgültig, in anderen kann bei geistig Minderwertigen 
an eine höhere Instanz appelliert werden. Die Einwilligung des Betreffenden 
oder naher Verwandte ist dann zur Operation notwendig. 

Kansas sieht vor: Vasektomie oder Oophorektomie iu sicherer und 
humaner Weise. 

Missouri läßt Sterilisation zu, „mit Rücksicht auf physische, geistige 
und moralische Besserung der Insassen und zum Schutze des Friedens, der 
Gesundheit und Sicherheit des Staates“. 

Montana verlangt „die beste und sicherste Art der Operation“. 

Die Washington „Hausbill“ Nr. 23 bestimmt Vasektomie oder Kastration 
für Männer, die 

Washington „Straffbill“ Sterilisation oder Ovariektomie für Frauen. 

Die Washington Hausbill Nr. 24 „Operation, um Fortpflanzung zu 
verhindern“. 

Penusylvania Hausbill 420 spricht von einer „dem Zwecke angepaßten 
Operation“. 

Pennsylvania Hausbill 431 von der „von der Prüfungskommission als 
beste befundenen Operation“. 

Keine der 1915 eingereichten Bills sind bei der Legislatur durch¬ 
gegangen. Die einzigen Staaten, die jetzt gesetzlich die Operation zulassen, 
sind Nord Dakota und Kalifornien, und zwar nach Dr. Hotchkiss’ Bericht 
„an scheinbar geheilten Geisteskranken beim Verlassen der Anstalt, auf 
Wunsch der Individuen, nachdem ihnen die Sache nahegelegt wurde“. 

Im Bericht 1914 (Juni) heißt es, „die Mitglieder des Komitees erhielten 
noch keine endgültig gründliche Übersicht über die eventuellen Vorteile oder 
Nachteile der Operation für das sterilisierte Individuum“. 


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Kriminelle Anthropologie. 


Das Komitee verlangte daher eine große Beobachtungszahl, um die 
nötigen wissenschaftlichen Regeln feststellen zu können. 

Da 12 Staaten Sterilisationsgesetze angenommen und weitere 6 Staaten 
solche eingereicht haben, sind genaue Erforschungen notwendig. Über In¬ 
diana, Kalifornien und Dakota hat man ja einige Berichte, alle Erfahrungen 
müssen aber gesammelt werden nnd in allen legislativen Bibliotheken vorliegen. 

Die Meinungen über Vererbung der Kriminalität gehen so weit aus¬ 
einander (an sich dürfte sie nicht erblich sein), daß es kaum ratsam scheint, 
Gesetze zur Sterilisierung von Verbrechern aus eugenischen Gründen zu 
befürworten. Auch über den therapeutischen Wert und das spätere Benehmen 
der Patienten sind die Forschungen lange nicht abgeschlossen. 

Die gegenwärtige rechtliche Lage ist sowohl für die Gegner als auch 
Verteidiger der Sterilisation noch recht wenig zufriedenstellend. 

Bis 1915 haben 12 Staaten Sterilisationsgesetze geschaffen, in 2 ?on 
den 12 sind aber die Gesetze nicht in Kraft infolge Gerichtsentscheidung. 
In 8 anderen werden sie nicht ausgefiihrt, weil die Behörde die Konstitutio- 
nalität der Gesetze und Ratsamkeit, sie durchzuführen, bezweifelt. 

Das Komitee macht daher folgende Vorschläge: 

1. Genaue Erforschung durch medizinische Körperschaften außerhalb 
der betreffenden Staaten, wo die Sterilisation im Gauge ist, aber nicht ohne 
die völlige Einwilligung, Zustimmung und Mithilfe der Behörden desjenigen 
Staates, wo die Forschungen vorgenommen werden. 

2. beantragt es, daß, weil das Komitee H. des American Institute für 
Criminal Gesetz und Criminologie nicht so gut ausgerüstet sei, wie viele an¬ 
deren Körperschaften, die wohl organisiert sind, daher vom Exekutivkomitee 
des amerikanischen Instituts für Kriminalgesetz und Kriminologie eine solche 
wissenschaftliche Vereinigung ersucht werde, die Behandlung und Erforschung 
in ausgedehntem Maße zu übernehmen. 

3. Daß, wenn eine solche die Sache übernimmt, Komitee H. gern jede 
Hilfe leisten werde. 

4. Daß keine weiteren Gesetze zur Sterilisation aus eugenischen oder 
therapeutischen Gründen durchgehen, ehe nicht genauere Grundlagen und 
größere Übereinstimmung der Meinungen bezüglich der Vererblichkeit der 
Kriminalität und über den definitiven therapeutischen Wert der Sterilisation, 
der nicht auch auf andere Weise erreicht werden könne, erzielt worden ist. 

Eine sehr übersichtliche Tabelle über die „Sterilisation Bills“, die in 
einzelnen Staaten eingebracht, aber schon zurückgewiesen oder noch nicht 
durchgegangen sind, schließt den interessanten Bericht. 

Fehlinger (50) gibt den Inhalt der Gesetze der Einzelstaaten der 
Amerikanischen Union kurz wieder, die sich mit der Sterilisation von Ver¬ 
brechern usw. beschäftigen. Bisher seien erst verhältnismäßig wenig Steri¬ 
lisationen ausgeführt worden, so daß weder von einer rassehygienisch günstigen 
Wirkung noch von einer sozialen oder biologischen Schädigung etwas zu merken 
sei, sagt Verfasser. Das Sterilisationsprogramm der American Genetic Asso¬ 
ciation ging allerdings so weit, daß es bei seiner Durchführung, die bei dem 
herrschenden Puritanismus nicht ausgeschlossen sei, ' die tiefgreifendsten 
Folgen haben müßte. Ob die Häufung solcher asexualen Individuen sozial 
nicht weit größere Schäden nach sich ziehen werde, als die, die durch die 
Entmannung beseitigt werden sollten, sei eine offene Frage. 

Au dem Beispiel eines Gutachtens, in dem die Fragen zu uutersnchen 
waren: „Rühren die in Gips abgenommenen Fußspuren von den eingesendeten, 
den Verdächtigten gehörenden Schuhen her?“ — 2. „Läßt sich dartun, daß die 
Rillen an den mitfolgenden Rebenstücken gerade von dem mitgesendeten Reben- 


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Kriminelle Anthropologie. 


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messer herrühren, d. h. stimmen die Rillen auf dem Holze mit den Scharten 
des Messers zusammen?“ zeigt Zafita (901) in einer eingehenden „kriminal¬ 
logischen“ Studie, daß selbst bei Bejahung derartiger Fragen die Täter¬ 
schaft des Verdächtigen noch keineswegs unumstößlich erwiesen sei. In den 
weitaus häufigsten Fällen — wenn nicht immer — werde ein Gewißheits¬ 
urteil entweder logisch unrichtig oder psychologisch unmöglich sein. Eine 
Verurteilung setze nun aber Gewißheit über das Geurteilte voraus. Es sei 
folglich keine andere Möglichkeit vorhanden, diese für die Erkenntnis not¬ 
wendige Gewißheit zu schaffen, als durch eine „Gewißheitsannahme“. Der 
Richter „nimmt an“, daß das, was er im hohen Grade für wahrscheinlich 
hält, auch wirklich zutreffe. Diese gewissermaßen logische Fälschung könne 
nur gerechtfertigt werden durch den Begriff des Zugeständnisses, das die 
Gesellschaft, der Staat der menschlichen Unvollkommenheit, dem über Sein 
und Nichtsein erkennenden Richter mache. Dieses Zugeständnis sei not¬ 
wendig, um den Gang der sozialen Auslese nicht zu hemmen oder aufzu¬ 
halten. Würde man ein volles „Gewißheitsurteil“ als Voraussetzung einer 
Entscheidung verlangen, dann würde wohl niemals eine Verurteilung und 
Ausscheidung verdächtiger oder gefährlicher Individuen stattfinden — oder 
aber der Prozeß niemals zum Abschlüsse gelangen. 

Zafita (200) schließt seine Arbeit an die Untersuchung W. Horst¬ 
manns über die „Psychologie konträrer Strebungen“ an und behandelt das 
aufgeworfene Problem in kriminalwissenschaftlicher und sozialethischer Rich¬ 
tung. Horstmaun hat den Satz aufgestellt, daß ein Gefühl in uns nur 
lebhaft wird, wenn es im Gegensatz zu einem anderen Gefühl tritt, nur in 
seiner Kontrastwirkung am konkreten Seelenvorgange, nicht selbständig 
als Objekt, werde es uns bewußt. Sogar das Wollen gehe erst als Resultie¬ 
rendes von Strebung und Kontraststrebung mit Überwindung letzterer hervor. 
Demgegenüber hebt Zafita hervor, daß man Wollen und Wünschen nicht 
einfach verwechseln dürfe, es seien das generell ganz verschiedene psychische 
Vorgänge. Der Willensakt sei unmittelbar kausiert, sei motorische Handlung 
schlechthin, sei ein aktiver psychischer Vorgang, der sich bedingt durch 
einen in den Erlebnissen zum Ausdruck gelangenden psychischen Gesamt¬ 
zustande realisiere, während die Begehrung ein Bewußtseinsphänomen sei, 
das ein Objekt zum Gegenstand habe. Der höchste Grad des Begehrens 
sei der Entschluß. Dieser sei ein urteilsbetonter Begehrungsgedanke, dessen 
Verwirklichung dann evtl, durch das (motorische) Wollen verwirklicht werde. 
„Nicht weil man wüuscht und sich entschlossen hat, eine Handlung auszu¬ 
führen, will man es, sondern weil der psychische Gesamtzustand „so beschaffen 
ist“, wie er auch in dem Wunsche und Entschlüsse zum Ausdruck kommt.“ 
Man will, nicht weil man begehrt usw., sondern man will, was man begehrt. 
In dem Problem der Kontrarität auf den Gebieten der Ethik und Kriminal¬ 
soziologie sei eine neue Grundlage für die werttheoretische Beurteilung aller 
hier in Betracht kommenden Vorgänge und Tatsachen gegeben. Wir 
werden den positiven Wert in der Bedeutung des Guten und Sozialen aus 
seiner Gegensätzlichkeit zum Negativen beurteilen müssen, und daher das 
Schlechte nur als Kontrapositivum des Guten und Sozialen in Betracht 
ziehen — eine Umwertung aller Werte. 

Nach Zafita (203) bedeutet der „Entschluß“ den Eintritt jenes Stadiums, 
in welchem der höchste Intensitätsgrad des „Begehruug“- bzw. „Sollungs“- 
erlebnisses erreicht ist. Nach ihm sind innerhalb der Wollungsgedanken 
nämlich die „BegehruDgs-“ und „Sollungsgedanken“ zu unterscheiden. Jene 
beruhen auf dem persönlichen, diese auf dem generellen Egoismus (jener der 
Ausdruck des absoluten Ichs und dieser des relativen Ichs, des Ichs als 


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Kriminelle Anthropologie. 


Teil eines universellen Ganzen, z. B. der Gesellschaft). Während ein Be¬ 
gehrungserlebnis durch das konträre Begehrungserlebnis in seinem höchsten 
Intensitätsgrade völlig aus dem Bewußtsein verdrängt werden müßte, ebenso 
ein Sollungserlebnis höchster Intensität durch ein ebensolches konträres, so 
höben sich Begehrungserlebnisse und ein gegenständlich konträres Sollungs¬ 
erlebnis (bzw. umgekehrt) keineswegs auf. Letzteres könne fortbestehen, 
obgleich ersteres den höchsten Iutensitätsgrad erreicht und somit den Ent¬ 
schluß als innere Willensentäußerung nach sich gezogen hätte (z. B. Kon¬ 
flikt zwischen Wünschen und Nichtdürfen). Der Entschluß selbst ist nach 
Verfasser ein Denkerlebnis, das einerseits die zeitliche Differenz zwischen 
Entschlußfassung und Realisierung, andererseits die Überwindung des kon¬ 
trären Wollungsgedankens durch den ursprünglichen voraussetzt, wenn die 
Wollungsgedanken ein und derselben Art emotionaler Denkerlebnisse ange¬ 
hören, — aber dann, wenn jene verschiedener Art sind, schon bei der relativ 
höchsten Intensität des einen Wollungsgedankens ohne Rücksicht auf den 
anderen eintritt. Der Entschluß ist aber deshalb nicht selbst eine Wollung, 
diese ist voraugegangen; er selbst ist ein Urteil, ein Gewißbeitsurteil über 
eigenes künftiges Tun. Der verbrecherische Entschluß ist ein Gewißheits¬ 
urteil über eigenes künftiges Tun, das zum Tatbestand eines Verbrechens 
gehört, sei es, daß das Tun selbst oder der hierdurch verursachte bzw. an¬ 
gestrebte Erfolg strafbar ist. Die psychischen Voraussetzungen des ver¬ 
brecherischen Entschlusses aber sind die im Begriffe analytisch enthaltenen 
oben erwähnten Momente, nämlich die zeitliche Differenz zwischen Entschlu߬ 
fassung und Realisierung einerseits und die Lösung des Wollungskonfliktes 
andererseits, wobei die Lösung für gleichartige Wollungsgedanken in der 
Überwindung des einen durch den anderen, bei verschiedenen in der Er¬ 
reichung des relativ höchsten Intensitätsgrades Begehrungs- bzw. Sollungs- 
elementes besteht. 

Nach Travers (189) hat die heimatliche Kriminalität während des Krieges 
bedeutend abgenommen. Abgesehen von äußerlichen Einflüssen dürfte doch 
auch der Ernst des Krieges die Moral gehoben, Einfachheit und nüchterne 
Lebensweise im Volke wieder zu Ehren gebracht und damit auch eine 
segensreiche Seite gezeigt haben. 

Reichel (162) hatte schon im Septemberheft der „Akademischen 
Rundschau“ 1914 S. 625 in einem Aufsatz die mannigfachen Erscheinungs¬ 
formen und Tricks des Priifungsschwiudels, sodannn auch die gesetzgebe¬ 
rischen und verwaltungstechnischen Handhaben zu seiner Bekämpfung er¬ 
örtert. Hier wiederholt er vor allem die Forderung nach einem sicheren 
Identitätsnachweis des Kandidaten durch Beibringung einer behördlich be¬ 
glaubigten Photographie. Im Anschluß an ein französisches Gesetz vom 
23. Dezember 1901 macht er dann Vorschläge, wie besonders die gewerbs¬ 
mäßigen Helfer bei Prüfungsschwindeleien streng unter Strafe zu nehmen 
wären. Der deutsche Vorentwurf zweiter Lesung behandele die Materie merk¬ 
würdigerweise in dem Abschnitt über Urkundenfälschung, österreichischer 
und Schweizer Vorentwurf enthielten gar keine einschlägigen Bestimmungen. 

Sträflinge der Männerstrafanstalt Graz hatten auf eigenes Ansuchen 
eine ansehnliche Summe für das „Rote Kreuz“ gesammelt. Hofrat Amschel 
konnte ihnen den besonderen Dank des Kriegsministeriums mitteilen. Die 
Gespräche der Häftlinge waren von hohem Patriotismus erfüllt. Groß (80) 
knüpft daran eine Erinnerung, wie es allein Sträflinge wagten, aus einem 
brennenden glühheißen Raum wertvolle Fässer zu retten, ohne dabei 
Fluchtversuche zu machen. „Die einzigen Sozialen unter uns waren die 
„Antisozialen“!“ 


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Kriminelle Anthropologie. 


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Wittig (197), der das vorliegende Wörterbuch der „jeniscben Sprache“ 
zusammenstellte, ist selbst unter umberziehenden Handelsleuten und Zigeunern 
aufgewachsen (wenn nicht gar ein geborener Zigeuner), außerdem bat er 
sieb auf dem Gebiete der Zigeunerkunde autodidaktisch gut weitergebildet, 
so daß seinen Mitteilungen ein großer Wert beigemessen werden muß. Den 
Kommentar, den der unglaublich kenntnisreiche Prof. Dr. Günther zu der 
Arbeit gibt, erhöht ihren Wert noch außerordentlich. Wen also das „Jenisch“, 
die immer mehr schwiudende Sprache der „fahrenden Leute“, der fahrenden 
Bürstenbinder, Schirmhändler, Sieb- uud Korbmacher, Kesselflicker, Scheren¬ 
schleifer u. dgl. interessiert, muß auch unbedingt vorliegende Arbeit kennen, 
besonders da das noch gebräuchliche Wortmaterial in fortwährender Um¬ 
gestaltung sich befindet und auch die Wörter selbst sich verändern, z. B. 
abgekürzt werden. 

DÜck (45) wehrt sich gegen den Vorwurf, der auch den Schriftsach¬ 
verständigen öfter gemacht werde, sie seien von vornherein schon zuun¬ 
gunsten des Angeklagten beziehentlich Beklagten eingenommen und träten 
deshalb in die Prüfung der Entlassungsmomente gar nicht oder weniger ein. 
Dabei habe er selbst allein 34 % seiner Fälle für unschuldig erklären können. In 
5 Fällen von 200 hätten seine Gutachten nicht nur den Angeklagten ent¬ 
lastet, sondern auch unmittelbar auf die Spur des wirklichen Täters geführt. 
Gerade auch die Akteneinsicht sei für den Schriftsachverständigen oft sehr 
wertvoll. Nicht so selten fände sich dann eine gewisse Perseveration, d. h. 
die auffallende häufige Wiederkehr psychologischer Eigentümlichkeiten, be¬ 
sonders bei fingierten Namen und bei Schriftverstellung, die dann, photo¬ 
graphisch nebeneinander gestellt, ein recht überzeugendes Bild ergäben (es 
folgen hier in der Arbeit schöne Beispiele). Zeige es sich doch auch hier, 
daß die Verbrecher gewöhnlich über eine nicht allzu abwechslungsreiche 
Phantasie verfügten, indem sie für ihre Kunstnamen meist den gleichen 
Vornamen, oft ähnliche Wortklänge und Wortverwandtschaften wählten, eine 
Eigentümlichkeit, die sich auch bei verstellter Schrift zeige. Selten verfüge 
eiu Fälscher über mehr als zwei, höchstens drei Fälschertypen. 

Reichel (164): Täuschung eines Reporters durch eine Dame, die 
ihm einen phantastischen Bericht über ein nie geschehenes Dampfer¬ 
unglück gab. Der Reporter wurde wohl mit Unrecht, wie Reichel hervor¬ 
hebt, von seiner Zeitung sehr scharf getadelt. 

von Liszt (130) teilt ein offenbar paranoisches Produkt eines Pam- 
phletisten mit, der in schwülstigen Worten Buße und Weltuntergang predigt. 

Eiu sonst ganz gesunder, alkoholabstinenter Rechtsanwalt läßt nach 
Türkei (190) auf der Hochzeitsreise seine im Morgendämmer aus dem Hotel¬ 
zimmer gegangene Frau nicht wieder in die Stube u. a. mit den Worten; 
„Seheu Sie denn nicht, daß sie sich in der Zimmernummer geirrt haben; hier 
wohne ich mit meiner Frau.“ Erst als die Gattin ihn angstverzerrt anrief, 
ob er verrückt geworden, erkannte er sie, aus der Schlaftrunkenheit erwachend. 
Hätte man einem Angeklagten eine ähnliche Erzählung geglaubt, fragt 
Türkei mit Recht. 

Nach Sadger (176) sind Nachtwandeln und Mondsucht Erscheinungen, 
die einen motorischen Durchbruch des Unbewußten darstellen, und, wie der 
Traum, der Erfüllung heimlicher verpönter Wünsche dienen. Die Befallenen 
weisen erhöhte Muskelerregbarkeit und Muskelerotik auf, sind meist erblich 
belastet, doch nicht etwa selbst durchaus Hysteriker. Wie der Mond dabei 
wirke, sei nur zum geringsten Teile bekannt. 

„Die Seherin von Genf“ ist die erweiterte deutsche Ausgabe von 
Floumoy’s (55) Buch: „Des Indes ä la planöte Mars, Etüde sur un cas 


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Kriminelle Anthropologie. 


de somnambalisme avec glossolalie“, das zuerst 1896 erschien nud eine sen¬ 
sationelle somnambule Hysterika mit ihrer „Mars-“ und „Ultramarssprache“ 
eingehendst schildert, ein Beispiel der Spaltungsphänomene, wie sie die neu¬ 
zeitliche Hysterieforschung aulzudecken versucht hat. 

Kanngießer (106) bejaht die Frage: „War Napoleon Epileptiker?“ 
an Hand weiteren historischen Materials; vergleiche auch seine Abhandlung 
über das gleiche Thema ebendort 1913 Nr. 32 und 1912 Nr. 27 und 37. 

(Autoreferat.) 

Bei den kriminalistischen Mitteilungen Höpler’s (96) handelt es sich 
erstens um deu 18jährigen Realschüler W., der auf der Wachstube meldete, 
er sei von zwei Strolchen angeschossen worden. Bald danach starb er an 
Bauchfellverletzung infolge eines Nahschusses. Mord? — Selbstmord? — 
Das ärztliche Gutachten konnte nachweisen, daß ein Schuß losgegangen, als 
W. seinen Revolver in die rückwärtige Hosentasche hatte einsteckeu wollen. 

Zweitens schildert Verfasser eine junge verleumderische Magd, die den 
Haß zweier Familien dadurch schürte, daß sie allerhand gefährlichen 
Schabernack anstellte und den Verdacht gegen ein Mitglied der feindlichen 
Familie lenkte. Vor allem Wichtigtuerei, dann gekränkte Eitelkeit und 
verschmähte Liebe waren ihre Beweggründe, nicht etwa von vornherein 
Rachegefühle. 

In der Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin und öffentliches 
Sanitätswesen 3. Folge, XLVII. Suppl. hatte Kalmus (105) über die Zu¬ 
rechnungsfähigkeit der degenerativen Phantasten berichtet. Hier teilt er 
ausführlich einen Fall von Dokumentenfälschung und anscheinende Hoch¬ 
stapelei mit, der — sozusagen ein Gegenstück zu den damals beschriebenen 
Fällen — zeigt, wie auf pathologischer Grundlage infolge bestehender Wahn¬ 
vorstellungen, welche zum großen Teile paranoisch systematisiert sind, kri¬ 
minelle Handlungen entstehen können, welche auf den Laien gewiß den 
Eindruck wohlüberlegter Schwindeleien machen müssen, die aber bei ent¬ 
sprechender psychiatrischer Untersuchung sehr bald ihre krankhafte Moti¬ 
vierung erkennen lassen und zur Exkulpierung des Beschuldigten führen 
müssen. Der Fall zeigt, wie leicht einem sicher pathologischen Schwindler 
(Dokumentenfälscher) schweres Unrecht zugefügt werden kann. 

Hellwig’s (90) Studien sind immer lehrreich. In den vorliegenden 
behandelt er 1. den „Arsennachweis in der Asche der Mutter Hopfs“, wobei 
Hellwigs Bedenken gegen die Feuerbestattung in der Praxis bestätigt zu 
werden scheinen. Der zweite Aufsatz behandelt Justizirrtümer in Bagatell¬ 
sachen, die besonders bedenklich seien, weil hier kleinen Vergehen gegen¬ 
über ein Fehlurteil sehr bös in das Leben des Verurteilten eingreifen könne. 
Deshalb seien gerade in solchen Fällen nicht junge Assessoren, sondern 
erfahrene Richter nötig. Mit einem Prozeß des tapferen Dr. med. Aigner 
beschäftigt sich der Aufsatz: „Ein Lourdeswunder vor Gericht“. Kinemato- 
graphenverordnungen behandeln die Artikel: Ein interessanter Prozeß über 
das „Kinderverbot“ in Bayern, „Zulässigkeit der Kinderzensur“ und „Zur 
Frage der Konzessionspflicht in Elsaß-Lothringen“. 

„Suggestivfragen an Sachverständige“ erörtert Hellwig im Anschluß 
an Rechtsanwalt Lepmans Buch: „Die Fehlerquellen böi Ermittelung des 
Sachverhalts durch Sachverständige“ (Mannheim, Leipzig 1912, Verlag 
Bensheimer). Instruktiv, auch für den Psychiater sind die Aufsätze: „Ein 
Beitrag zum Aberglauben“, „Eid und Schwangerschaft“, „Krimineller 
Aberglaube in Sachsen“ (nach Dr. L. Seifarths Buch, Leipzig 1913, 
Wilhelm Heims) und „Krimineller Aberglaube in den Vereinigten Staaten 
von Nordamerika“ nach dem Buch von Knortz: „Amerikanischer Aberglaube 


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Kriminelle Anthropologie. 


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der Gegenwart“ (Leipzig 1913, Th. Gerstenberg), ferner „Krimineller 
Aberglaube in Deutsch-Ost-Afrika“ nach Dr. Karstedt (Dar-es-Salaam 
1913). „Feuerbestattung und Virginität“ bespricht Aufsatz XII. Aufsatz 
XIII äußert sich „Zur Frage von Spezialrichtern“, Aufsatz XIV be¬ 
handelt die „Notwendigkeit der Prüfung der bei der chemischen Analyse 
verwendeten Materialien“, XV „Die Bibliothek des Giftmörders Hopf“. Es 
folgt: „Historische Miszellen über Schundliteratur als Verbrechensanreiz“, 
danu: „Ein Rekognitionsirrtum“. Abschnitt XVIII behandelt: „Aktenein¬ 
sicht zu wissenschaftlichen Zwecken“, Abschnitt XIX: „Zum Treiben der 
Gesundbeter“. Artikel XX bricht eiue Lanze für den „Sühnegedanken im 
Strafrecht“ nach Prof. Münsterbergs Werk: „Grundzüge der Psycho- 
technik“ (Leipzig 1914). An dieses Werk knüpfen auch die folgende^ Auf¬ 
sätze an, nämlich XXI: „Zur Psychologie der Urteilsfindung“, XXII: 
„Forensische Psychologie und Prozeßordnung“ und XXIII: „Erfahrungs¬ 
psychologie und wissenschaftliche Psychologie“. Ein kurzer Schlußartikel 
spricht über den „Beweiswert von Mord Werkzeugen“. 

In der „Stiria“ (Beilage der Grazer Zeitung), die in den Jahren 1843 
bis 1848 erschien, fand Method Dolenc (49) Berichte aus Rohitsch (llnter- 
steiermark), die das Schicksal der Barbara Jeritsch, der „Hellseherin aus 
Sibika“, beschrieben. Die in magnetischen Schlaf verfallende Person pre¬ 
digte kommendes Unheil und Buße auf himmlische Eingebungen hin. Als 
mit der Zeit die erst gewaltigen Pilgerfahrten nach ihrem Hause nacb- 
ließen, durchbohrte sie sich mit einem Messer Hände und Püße und am 
Ostersonntag 1845 kroch sie in die Gluten des Backofens, wo sie sich so 
verbrannte, daß sie — herausgezogen — nach wenigen Stundeu starb. 

Boas (19) bespricht in seineu Aufsätzen über „Alkohol-Kriminalität“ 
u. a. die Arbeit Lundborgs: Medizinisch-biologische E'amilienforschungeu 
innerhalb eines 2232köpfigeu Bauerngeschlechtes in Schweden (Jena 1913, 
Verlag G. Fischer), hebt ferner nach C. Hotter: „Alkohol und Verbrechen 
in der bayrischen Rheinpfalz“ hervor, daß Bayern seit Jahrzehnten in bezug 
auf die Häufigkeit der Verbrechen uDd Vergehen den Reichsdurchschnitt 
und die sämtlichen übrigen Bundesstaaten ganz auffallend übertrifft, bezüg¬ 
lich der gefährlichen Körperverletzungen sogar um das Vier- bis Sechsfache. 
An der Spitze marschiere in dieser Beziehung die weinreiche Rheinpfalz. 
Dabei schiene es unter der ackerbautreibenden Bevölkerung verhältnismäßig 
mehr kriminelle Alkoholiker zu geben als unter der Industriearbeiterschaft. 
Nach Rupprecht: „Die Alkoholkriminalität der Jugend Bayerns“ (Münch, 
med. Woch. 1914 Nr. 13, S. 717) zeige auch die Alkoholstraffälligkeit der 
bayrischen Jugendlicheu von Jahr zu Jahr eine Zunahme, die stärker sei als 
die Zunahme der Straffälligeit der Jugendlichen überhaupt, und zwar zeige 
sich dies in den kleinen Städten noch mehr als in den Großstädten. Weiter¬ 
hin berichtet Boas über die Arbeit von Lagriffe: „Considerations sur 
quelques documents concernant l’alcoolisme dans la Finistöre (1826—1906), 
Aunales mödico-psychologiques Bd. LXX, S. 129, worin dargetan wird, daß 
der Alkoholismus iu der Bretagne schon sehr lange besteht und von der 
modernen Zivilisation unabhängig ist, daß der Alkoholkonsum aber ständig 
stieg und damit auch die Zahl der Gewaltdelikte und geistigen Erkran¬ 
kungen. Pu pp eis Arbeit, Friedreichs Blätter für gerichtl. Medizin, die sich 
vor allem über Alkoholvergiftungen vom gerichtsärztlichen Standpunkt aus¬ 
spricht, wird erwähnt, ferner die Arbeit von Hugo Deutsch (Wien. klin. 
Woch. 1913, Nr. 3), der einen Bisexuellen schildert, dessen homosexuelle 
Komponente nur bei Alkoholgeuuß zutage tritt. Professor Gallis Briefe aus 
Italien (Münch, med. Woch. 1913, Nr. 3) heben hervor, daß auch dort der 


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Kriminelle Anthropologie. 


Alkoholismus eine ganz bedeutende Rolle als Selbstmordursache spielt. 
Pappenbeim schildert die Dipsomanie (Ztschr. f. d. ges. Neurol. u. Psych.) 
als eine Konstitutionsanomalie mit Verstimmungszuständen teils reaktiver, 
teils primärer Natur. Boumann: Neue Ziffern über Alkobolismus, Kriminalität 
und Psychosen nach den Erfahrungen des medizinischen Konsultationsbureans 
für Alkoholismus in Amsterdam. Verlag der Psychiatr.-Jurist. Gesellschaft, 
Amsterdam 1913, teilt die 300 alkoholischen Männer in die Gruppen: 
„1. kriminelle ( 1 / 4 ), 2. mit psychischen Störungen ( i / 6 ), 3. mit psychischen 
Störungen und Kriminalität ( s /s) und ohne psychische Störungen und ohne 
Kriminalität ( l / 7 ). Bauer spricht sich besonders für bedingte Begnadigung 
nach dem „Pollard-System“ aus. Am interessantesten ist aber die Mitteilung 
des Alkoholerlasses des russischen Kriegsministers, dessen Entstehung schon 
auf die Lehren des Russisch-Japanischen Krieges zurückgehen soll, und der, 
falls er nicht nur auf dem Papiere stehen bleibt, von allergrößter Bedeutung 
sein kann. Aufmerksamkeit verdient auch die Arbeit des Pinnen Brotherus: 
„Über die Einwirkung des Alkohols auf Psychopathen, einige Alkoholver¬ 
suche“, weil darin die Ergebnisse anderer Forscher umzustoßen versucht 
werden. Negativ ausgefallene Alkoholversuche bei Finnen zeigten, daß kom¬ 
plizierter Rausch doch gar keine notwendige Folge des Alkoholgenusses bei 
Psychopatheu sei; diese Leute seien öfter sogar sehr alkoholtolerant. Auch 
die psychische Produktion werde nicht unbedingt, sogar durch größere 
Dosen erniedrigt, auch halte die Alkoholwirkung nicht so lange an, wie 
Fürer und Rüdin beobachtet hätten. Wichtig dagegen sei die Bedeutung 
der — eine vorübergehende Intoleranz bedingenden — Momente für die Art 
der Alkoholreaktion. 

Dobrick (41) jubelt: „Wir haben in diesem Kriege bereits einen großen 
Sieg erfochten — einen Sieg über den Alkohol. Zum ersten Male in der 
Kulturgeschichte sei in größerem Maßstabe eine Ausschaltung des Alkohols 
Wirklichkeit geworden. Während der Mobilmachung, also auf Wochen, habe 
es jm Vaterlande Millionen abstinenter Männer gegeben, und sicherlich werde 
diese Tatsache für viele dieser Männer bleibende Nachwirkung für ihr ferneres 
Leben haben. Nichts wäre bei der Mobilmachung auch wohl peinlicher 
empfunden worden, als der Anblick eines betrunkenen Soldaten, nichts 
lächerlicher als der Bierbankstratege am Stammtisch.“ 

„Haben Selbstmorde zugenommen unter den Opiumsüchtigeu seit An¬ 
nahme des Harrison-Gesetzes, und wenn ja, warum?“ fragt Pearson 
(154). Unter dem Wort Opium versteht Verf. auch Morphium, Heroin, 
Laudanum, Opiumrauchen und andere ähnliche Gewohnheiten. Unter Opium¬ 
psychose versteht er geistige und moralische Symptome durch Opium, nicht 
Wahnsinn oder geistigen Zusammenbruch, der selten direktem Opiumismus 
folge, sondern meist eine Folge von Opiumsucht, kombiniert mit Alkoholismus, 
Kokainismus, Chloralhydrat und anderen Gewohnheiten sei, wovon Tabak, 
Alkohol, Opium, Kokain am häufigsten beim amerikanischen Volk sind. 

Die letzteren täuschen über die Sorgen und Mühen des Lebens hinweg 
und geben ein Gefühl von Behaglichkeit, Kokain besonders gibt eine faszi¬ 
nierende Art Rausch und verführt leicht zu gewohnheitsmäßigem Gebrauch, 
Alkohol macht selbstherrlich, unachtsam und rücksichtslos gegen anderer 
Meinung, Opium dagegen setzt das Selbsvertrauen herab; der Opiumsüchtige 
schämt sich, daß er in Fesseln ist, zieht sich zurück, ist scheu. 

Die Zeitungsschreiber haben keine Ahnung von dem wahren Sachverhalt. 
Verf. kennt nichts, das den Menschen so vollständig allen Vergnügens beraubt 
als Opium. Furcht und Zittern jagen ihn durchs Leben, persönlicher Mut 
geht verloren. Und jetzt durch die Harrisonvorlage werden seine Ängste 


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Kriminelle Anthropologie. 


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naturgemäß gesteigert. Daß er an Selbstmord denkt, liegt nahe. Ja, sagt 
der Leser, bei den vielen Sanatorien, Krankenhäusern und Irrenhäusern, die 
für ihn sorgen können, braucht er nicht an Selbstmord denken. Die Er¬ 
wägungen des Opiumgenießers sind aber nicht die eines Gesunden. Wenn 
der normale Mensch am eigenen Körper die Qualen der Opiumentziehung 
kenne, würde er nicht darüber erstaunt sein, daß der Opiumsüchtige die Qual 
fürchtet. 

Beispiel: Ein normaler Mensch auf offener See im Boot ohne Nahrung. 
Wird er bis zum natürlichen Ende ausharren im Boot? Wird er delirieren 
und in die See springen? Oder wird er überwältigt von den aktuellen Leiden 
und freiwillig ins Wasser gehen? Oder werden die Intensität seiner Angst 
und quälende Strapazen ihn wahnsinnig machen und ins Wasser treiben? 

Das einzig nichtige wäre ja, auszuharren, da ja immer noch ein 
Schiff in Sicht kommen kann. Hier haben wir aber einen normalen, ge¬ 
sunden Menschen mit normalem Mut, bei dem Opiumsüchtigen ist der per¬ 
sönliche Mut aber seit Jahren unterminiert. Der Opiumsüchtige ist nicht 
heimlich und scheu, weil er so sein will, sondern weil das Opium ihn dazu 
zwingt. 

Scharfe Methoden der Behandlung dienen nur dazu, diese Menschen 
zu erschrecken, zu verhindern, daß sie selbst den Versuch machen, geheilt 
zu werden. Man kann sie wirklich während der größeren Hälfte der Kur in 
leidlich behaglichem Zustand erhalten. 

Verf. glaubt, daß die Furcht, das Betäubungsmittel zu verlieren, manche 
dieser Leute temporär wahnsinnig machen und zum Selbstmord treiben kann. 
In anderen Fällen wird die Selbstverachtung, Scham und Heimlichkeit so 
groß sein, daß Selbstmord der Preisgabe des Geheimnisses vorgezogen wird. 
Bei denen, wo die psychologischen Veränderungen extrem sind, oder bei 
denen, die verschiedene Drogen nehmen, oder wo der Zusammenbruch schon 
vorliegt, brauchen wir wohl Selbstmord nicht erwarten, auch bei den Reichen 
nicht, die sich in ein anderes Land begeben können, wo die Gesetze nicht 
so streng sind. Weniger Heimliche werden sich informieren, wie und wo 
für sie gesorgt werden kann. Die Lasterhaftesten stehen sich gegenseitig 
bei, kennen Quellen oder wissen, wo sie Unterkommen können. Jetzt nach 
dem Vorliegen des Barrison-Gesetzes ist der erste Schrecken vorbei, und 
nun werden die Selbstmorde kaum mehr zunehmen. Die Opiumsucht kann 
geheilt werden. Die Ärzte müssen aufklärend wirken. 

Kellner (110) gibt eine zusammenfassende Übersicht über die neueren 
Erfahrungen bezüglich des Selbstmords, beleuchtet seine ständige Zunahme 
mit wachsender Kultur, eine Zunahme leider auch im Kindes- und Jugend- 
alter, betont die Wichtigkeit des Volkscharakters, besonders die Selbstmord¬ 
neigung der germauischen Rasse und den Gipfelpunkt ihrer Häufigkeit 
in den sächsischen Landen. Außer dem Volkscharakter wirkten noch 
Faktoren mit wie Indnstriealismus, religiöse und kulturelle Einflüsse. Auf¬ 
fallend immun gegen Selbstmord seien u. a. die christlichen Sekten — wohl 
infolge der gegenseitigen sittlichen Überwachung und werktätigen Hilfe. Von 
Interesse ist auch die Beobachtung, daß dort, wo die Zahl der Selbstmorde 
eine geringere ist, die Häufigkeit der Gewalttaten gegen fremdes Leben 
steigt (Niederbayern, Slawen). Bevölkerungsdichte, Jahreszeiten, Alkoho¬ 
lismus, gewisse Perioden im männlichen, andere im weiblichen Geschlechts¬ 
leben (Militärzeit, Pubertät, Alter, Menstruation, Klimakterium usw.) sind 
bezüglich des Selbstmords von Bedeutung. Meist ist er ein Ausfluß von 
geistiger Unfreiheit, in vielen Fällen auch von geistiger Erkrankung. Nicht 
das Motiv ist ausschlaggebend, sondern die affektive Reaktionsweise des 

Jahresbericht t. Neurologie n. Psychiatrie ms. SO 


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73 g Kriminelle Anthropologie. 

Individuums. Yerf. geht die einzelnen Geisteskrankheiten bezüglich ihrer 
Selbstmordgefahr durch, betont die Haltlosigkeit der „schlecht äquilibrierten 
Menschen“ oder eine „insoziale“ sexuelle Veranlagung als häufigen Selbst¬ 
mordgrund, die Familienerblichkeit des Suizids und endlich die nicht so 
selten pathologischen Befunde bei Sektionen von Selbstmördern. Bei jugend¬ 
lichen Selbstmördern fände man oft das Fortbestehen kindlich embryonaler 
Verhältnisse, eine Unterentwicklung des Blutgefäßsystems oder die sog. 
lymphatische Konstitution. Endlich werden die Selbstmorde im Heer und 
die sog. Schülerselbstmorde nach den neueren Untersuchungen beleuchtet. 
Ein kurzer rechtlicher und versicherungsrechtlicher Exkurs schließt die 
Arbeit, die immer wieder betont, daß die Zunahme der Selbstmordneigung 
nicht Degeneration an sich bedeute, sondern eine unvermeidliche Begleit¬ 
erscheinung der Schattenseiten der Kultur sei. 

Placzek (158) gibt zunächst eine historische Darlegung der Ansichten 
über die Ursache des Selbstmordes. Er hält die Anschauung vieler Psych¬ 
iater, jeden Selbstmörder als geistig krank anzusehen, für irrig. Diese 
Anschauung käme nur daher, daß die Anstaltspsychiater dem Begriff des 
Normalen zu enge Grenzen ziehen. Nicht von einer Massenzäblung, nicht 
von Registrierung angeblicher Ursachen und Motive, sondern nur von einer 
speziell erschöpfenden Durcharbeit jedes Einzelfalles könne man Aufklärung 
erhalten. Diese Durcharbeit solle sich auf alle Hilfsquellen der Ausforschung 
über die zur Tat führenden Motive, auf genaueste somatische und psych¬ 
iatrische Erfahrung erstrecken. Der Autor ist auf Grund eigener Erfahrung 
der unerschütterlichen Überzeugung, daß es Situationen im Leben gäbe, aus 
denen auch der vollwertigste Mensch keinen anderen Ausweg findet. Eine 
Selbstmordtat könne sehr wohl von einem vollwertigen Gehirn geplant, 
durchaus folgerichtig durchdacht und konsequent durchgefiihrt werden. Es 
würden wohl zweifellos zahlreiche Selbstmord taten von Geisteskranken be¬ 
gangen, aber auch viele Selbstmord taten von Gesunden ausgeführt. Der 
Autor skizziert nun kurz das krankhafte Gennitsleben des geisteskranken 
Selbstmörders. (Leider findet sich zu wenig Analytisches über die Psyche 
des geistesgesunden Selbstmörders gesagt, wenigstens in einem Aufsatze „Die 
Selbstmörderpsy 7 che“, Zeitschr. f. Psychotherapie und med. Psychol. Bd. VI, 
welcher die Gedankengänge des zitierten Buches wiedergeben soll, und 
welcher dem Referenten zur Besprechung Vorgelegen hat.) ( Jacobsohn .) 

Lazar (123) untersucht, unter welchen Umständen der Elternhaß jugend¬ 
licher Personen bei abnormen und unter normalen Verhältnissen entstanden 
ist und sich weiter entwickelt, und ferner wie die Liebe zu den Eltern unter 
normalen und abnormen äußeren und inneren Verhältnissen gehemmt wird, 
und ob die Hemmung nicht ebenso gefährlich für das psychische Gleich¬ 
gewicht des Jugendlichen werden kann. Die Fälle, die angeführt werden, 
sind außerordentlich lehrreich. Fall 1: Es handelt sich um ein Kind mit 
nervöser Konstitution. Der Vater von aufbrausendem Charakter erzog mit 
äußerster Strenge, die Mutter mit ständiger Nachsicht und Überredung. 
Die Mutter begeht den Fehler, daß sie ihr eigenes kompliziertes Seelenleben 
in gleicher Art auch beim Kinde voraussetzt; da das nicht der Fall ist, so 
findet sie keinen Widerhall und kein Verständnis; sie wird auf diese Art 
dem heranwachsenden Kinde unendlich langweilig. Diese Langeweile steigert 
sich schließlich zur Mißachtung und zum Haß. Der Vater wiederum verdient 
sich den Haß des Kindes durch das fortwährende Nörgeln und Nachträgen 
und durch das brutale Niederhalten der kindlichen Eigenart Fall 2: Es 
handelt sich gleichfalls um einen von Kindheit auf nervösen, leicht reizbaren, 
zu Wutausbrüchen gegen die Eltern neigenden, an Verstimmungen leidenden 

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Kriminelle Anthropologie. 


787 


und sich von der Welt abschließenden Jungen. Der Vater wird als ein 
widerwärtiger, im höchsten Grade langweiliger, pathetischer und ungeduldiger 
Mensch geschildert, der dem Sohne zu oft zu verstehen gibt, wie lästig er 
ihm ist, wie er ihm die Zeit raube, Geld koste usw. Die Mutter, eine schon 
ältliche Frau, will sich die Liebe des Kindes mit Gewalt erringen und 
erreicht damit gerade das Gegenteil. Da der Junge zu Hause durch das 
Verhalten der Eltern immer reizbarer wird, so bleibt nichts übrig, als ihn in 
eine Erziehungsanstalt zu geben, wo er sich gut und ruhig verhält. Fall 3: 
Es handelt sich um den einzigen Sohn einer Witwe, deren Mann früh ver¬ 
storben ist. Die Mutter verzieht den Sohn. Das tyrannische Benehmen 
des Bandes ist die natürliche Folge, und mit der Zeit stellt sich die Abwehr 
gegen die erzieherische Überfütterung ein. Hinein spielt noch beiderseits 
eiu starkes erotisches Moment, welches beiderseits eine erhöhte Reizbarkeit 
schafft. Im Fall 4 und 5 handelt es sich um zwei unehelich geborene 
Mädchen. Obwohl auch hier vielfach verkehrt in der Erziehung gehandelt 
wurde, ist doch der Haß gegen die Mutter nicht so sehr darin be¬ 
gründet, als vielmehr in einer schwärmerischen Liebe zu dem unbekannten 
Vater, als deren Feind die Mutter betrachtet wird. Um diese Liebe zum 
unehelichen Vater als Keim gruppieren sich die Aggressionsakte gegen die 
Mutter, die mit entsprechenden Reaktionen antwortet. D ami t ist der Konflikt 
dauernd fundiert. Man findet dieselbe Konfliktstimmung auch hei Kindern, 
deren Eltern in schlechter Ehe leben. Die Folgen sind soziale Entgleisung 
oder neurotische Erkrankung. Anders verhalten sich Kinder, die tatsächlich 
Gründe haben, ihre Eltern zu hassen, weil sie schlecht und lieblos behandelt, 
körperlich und seelisch mißhandelt wurden. Trotz aller Flüche und Ver¬ 
wünschungen, trotzdem die Kinder als Kläger gegen ihre Eltern aufgetreten 
sind, die Erbitterung die schwersten Grade erreicht und zu allen denkbaren 
Ausschreitungen führt, bleibt doch kein Rest zurück, der für immer die 
Wiedervereinigung verhindern könnte. Dort, wo der Haß einen ordentlichen 
Grund hat, reagiert er energisch und macht den dominierenden Liebes- 
gefühlen zu den Eltern wieder Platz; dort, wo die einzelnen Handlungen 
der Eltern nur geringe Grade des Hasses verursachen, muß eine große 
Summierung abgewartet werden, bis die Reaktion stürmisch erfolgt. Auch 
hier wird dann erst das primäre Liebesempfinden frei. Solange dies aber 
nicht der Fall ist, die Liebe sich aus äußeren oder inneren Gründen nicht 
entfaltet, solange besteht der innere Zwiespalt und mit ihm im Zusammen¬ 
hänge bleibt die eigentliche Konfliktstimmung, die je nach den Verhältnissen 
und nach ihrer Stärke zur Neurose, zur Dissozialität nnd zur Kriminalität 
führt. Das hat nach Ansicht des Autors die Liebe zu den Eltern mit der 
Erotik gemeinsam. Sie treibt nach Entfaltung, und wenn sie nicht befriedigt 
wird, dann wirkt sie schädlich. ( Jacobsohn .) 

In der Amerik. Neurolog. Gesellschaft wies Dr. George Walton auf 
Grund einer großen Anzahl von Fällen seiner Erfahrung darauf hin, daß 
des Mordes angeklagte Personen alle Erinnerung an die Mordtat leugnen, 
obgleich sie sich auf Vorkommnisse bis kurz vor und nach der Tat besinnen 
können. Diller (40) bestätigt diese Beobachtung. Auch seine Erfahrung geht 
dahin, daß in einer beträchtlichen Zahl von Fällen Leugnen der Tat selbst 
erfolgte. Bei Dr. Waltons Untersuchungen handelte es sich hauptsächlich 
darum, ob dieser Gedächtnisschwund echt oder fingiert sei. 2—3 der Redner 
behaupteten, man könne nie wissen, ob diese Amnesie echt oder fingiert sei. 
Verfasser dagegen hält sie nicht für fingiert: 

1. sei es unwahrscheinlich, daß die Amnesie an die Tat so allgemein 
von Mördern fingiert werde, 

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Kriminelle Anthropologie. 


2. hätten Kreuz- und Querfragen und Drohungen aller Art nicht ver¬ 
mocht, diese Behauptung der betreffenden Mörder zu erschüttern, obgleich 
sie sonst über alles andere mitteilsam wurden. 

Dill er folgert so: Der Mord wird auf dem Höhepunkt einer großen 
Erregungsstörung begangen, und infolge der großen Intensität wird die Tat, 
werden die Gedanken dieser Zeit nicht im Gedächtnis festgehalten, wie der 
photographische Film, auf den ein zu scharfes Licht fallt, nur verschwommen 
bleibt. So erinnern sich Menschen, die heftige Zornausbrüche haben, oft 
nicht an die Worte und Handlungen während ihres Paroxysmus. Im Hinblick 
hierauf bespricht Verfasser zwei Fälle von Mord, einen vor 4 Jahren, einen 
im vorigen Jahr geschehenen. Er erklärte die Täter für an paranoider 
Dementia praecox Erkrankte. Beide Personen wurden freigesprochen auf 
Grund von Geistesstörung und dem Dixmont-Asyl zugeführt. Verfasser ging 
später nach Dixmont und prüfte nochmals beide Fälle nach. Beide Männer 
leugneten wieder jedes Erinnern an die Tat an sich, ebenso wie sie es leugneten, 
als er sie vordem im Gefängnis befragte. „Ich machte sie darauf auf¬ 
merksam, daß ihr Fall erledigt sei, sie also nichts mehr zu fürchten 
hätten, und versuchte auf alle mögliche Weise, ihrem Gedächtnis nachzuhelfen. 
Beide machten genau dieselben Angaben wie vor der Gerichtsverhandlung 
und konnten sich auf weiter nichts besinnen. Die zwei Fälle zeigen jeden¬ 
falls, daß die Gedächtnislücke echt war.“ 

Abels (3) behandelt in interessanter Weise Arzneimittel, die zur 
Erregung des Geschlechtstriebes dienen sollen. 

In eingehender Weise behandelt Abels (4) in diesem Teil seiner 
„Giftstudien“ die „Schlangengifte als Mordmittel“. Er kommt zu dem 
Schluß, daß, wenn die Schlangengifte auch keine so unzuverlässigen Gift¬ 
körper darstellten wie manche pathogenen Bakterien, sie doch für den Gift¬ 
mord nicht als besonders geeignet zu betrachten seien, wenigstens nicht für 
unsere Verhältnisse. Die sensationellen Erzählungen von heimlicher Bei¬ 
bringung von an einer Nadelspitze angetrocknetem Schlangengift seien iu 
das Reich der Fabel zu verweisen. 

Photokakis (157) hat durch Tierversuche feststellen können, daß nach 
Lufteinspritzungen in den Uterus von Kaninchen, neben Exophthalmus, 
Pupillenerweiterung und Vorwölbung der Herzgegend mit tympanitischem 
Klopfschall, sich auch in den Gefäßen der Hirnhäute Luftblasen finden. 
Während geringe Luftembolien häufig resorbiert werden und wenig Er¬ 
scheinungen machen, enden starke Luftembolien unter Pupillendilatation, 
Erlöschen der Reflexe, Krämpfen mit Opisthotonus und Herzstillstand 
schnell letal. (Bendix.) 

Dolenc’ Fall (Groß’ Archiv 1911, S. 315), in dem ein Angeklagter 
zweimal, das zweite Mal in Wiederaufnahmeverfahren, zum Tode verurteilt 
wurde, gibt Reichel (161) Anlaß zu einer Untersuchung, ob der Täter iu 
solchem Falle, wie behauptet worden, zweimal mit der Todesstrafe, d. h. mit 
der Qual der Todeserwartung, belegt worden sei. Er verneint dies und meint 
etwas abstrakt, irreparabel sei jede Strafe und jede Strafangst, nicht nur 
die Todesstrafe. Notwendig sei allein, alles zu tun in der kriminalistischen 
und psychologischen Durchbildung unserer Strafrichter, um möglichst den 
ungerechtfertigten Verurteilungen den Boden zu entziehen. 


II. Sexologle. Perversitäten einschliesslich der Homosexualitit. 

Fehling er (49) gibt die Mendelsohen Vererbungsregeln kurz wieder 
und hebt als kriminell bedeutsam u. a. hervor, daß in Legitimitätsfragen 


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Kriminelle Anthropologie. 


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die Reinheit der rezessiven Merkmale sehr wichtig sei. Entstammten z. B. 
der Ehe eines blauäugigen Paares auch braunäugige Kinder, so habe man 
einen Anhaltspunkt für Illegitimität. Viel wichtiger aber sei noch, daß 
auch körperliche und geistige Abnormitäten, die ja die häufigsten An¬ 
lässe verbrecherischer Handlungen seien, sich nach den Mendel sehen Regeln 
vererbten. Damit müsse Kriminalistik und Eugenik rechnen. 

„So lauge hatte ich Gelegenheit und so eng waren meine Beziehungen 
zu den Indianern“, sagt Shufeldt (180), „daß es für mich keinerlei Schwierig¬ 
keiten gab, ihre intimsten sexuellen Gebräuche und ihre Ansichten über Moral 
genau kennen zu lernen“. Eine der besten Arbeiten über dieses Thema ist 
bekanntlich in Ellis’ „Studies of the Psychiologie of Sex“ enthalten. Aber 
in dem Buch, das speziell vom Schamgefühl handelt, sind es nur zwei Dutzend 
Zeilen, die dem wichtigen psychisch sekundären sexuellen Charakter der 
Ureinwohner Nordamerikas nördlich der mexikanischen Grenze gewidmet 
sind, und es, weist nur darauf hin, daß „der Rock der Frauen länger ist als 
der der Männer“, womit jedenfalls ausgedrückt werden soll, daß die Indianer 
einschließlich der Eskimos ein schamhaftes Volk sind. Nun ist aber der 
lange Rock keineswegs ein Zeichen der Seham, in manchen Weltteilen sogar 
gerade das Gegenteil. Wie wir wissen, sind viele Eskimofrauen nichts 
weniger als keusch und schamhaft. Ein merkwürdiges Beispiel von Moral¬ 
auffassung der Sioux erlebte Verf. vor einigen Jahren. 4—5 Häuptlinge 
kamen nach Washington, um dem Präsidenten ihre Aufwartung zu machen. 
An einem warmen Tage unternahmen sie auch eine Dampfschiffahrt auf dem 
Potomac. In ihrem Aufputz machten sie nicht geringes Aufsehen, und 
manche Frauen legten es darauf an, mit ihnen zu kokettieren. In ihren 
leichten Sommerkleidern, dem nahen Beieinander, der Ausdünstung wirkten 
sie aufreizend auf die Indianer, die schon längere Zeit von ihren Squaws ge¬ 
trennt waren; besonders ein hervorragendes Exemplar barbarisch-physischer 
Entwicklung schien anzunehmen, daß das vor ihm stehende hübsche junge 
Weib absichtlich Vorteil aus seiner augenblicklichen Lage zöge. Er verlor 
die Selbstbeherrschung und machte schlecht verhehlte, wenn auch schwache 
wiegende Bewegungen. Die Frauen schienen nichts davon zu ahnen, daß 
ihre bloße Gegenwart schon genügte, ihn zum Siedepunkt zu bringen, bis er 
plötzlich wie der Blitz seine Hand unter der Kleidung des Weibes ver¬ 
schwinden lies und mit einem Ruck einen Büschel Haare von ihrem Mons 
Veneris rupfte. Alles ging schneller als ein Gedanke. Trotz des Schreies 
des Opfers und der allgemeinen Aufregung verteilte er die Trophäe unter 
seine Gefährten, und dann besahen sich alle fünf die Landschaft in aller 
Seelenruhe weiter. 

1906 erhielt Shufeldt von einem Freund die in der Arbeit abgebildete 
Photographie einiger Hopi-Kinder. „Diese Kinder hängen sehr an mir“, 
schrieb er, „und kommen immer zu mir ins Lager, wenn ich dort bin. Die 
Knaben sind nackt, aber das kleine Mädchen trug immer ein kurzes Röckchen, 
aber als ich den Kopf unter dem Focustuch beim Photographieren hatte, 
warf es schnell sein Röckchen ab und stand nackt zwischen den Brüdern. 
Wie Sie wissen, ist es noch nicht sehr lange, daß Knaben oder Mädchen 
vor der Pubertätsperiode Kleider trugen.“ Verf. teilt dann noch weitere 
Beispiele für die unschuldige Naivität z. B. bei den Pueblos mit. 

Was reines geistiges und psychisches Wohlbefinden betrifft, sagt er 
zusammenfassend, habe die normale Sexualität der Indianer eine weit bessere 
Rasse, reiner im Geist und kräftiger im Körper, gezeitigt als unsere eigene, 
die unter unnatürlichen und verzerrten Regeln leide. Wie Verf. die Sioux 
seit 30 Jahren kennt, vollzogen sie offen und ohne Sehen die Bedürfnisse 


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Kriminelle Anthropologie. 


des normalen Sexualtriebs, während die Weißen, beschützt durch Steinmauern 
nnd hundert andere Plätze absoluter Verborgenheit, sich unabsehbaren ab¬ 
normalen sexuellen Praktiken hingeben so gemeiner Art, daß ein Nero vor 
Scham erröten würde, gar nicht zu reden von den nachteiligen Folgen für die 
geistige und körperliche Organisation der Rasse als Ganzes. 

Shufeldt hat manchen Siouxjüngling und manche Sqnaw bei dem 
Geschlechtsakt beobachtet, beide gingen einfach hinter eine Büffelhaut oder 
Decke mitten im Lager und verrichteten stehend den Akt, ohne daß dem 
irgendwelche Beachtung geschenkt wurde, dann trennten sie sich und gingen 
ruhig weiter oder an ihren alten Platz. 

Spät nachts rauchte Shufeldt die Pfeife in einem ihrer großen Wig¬ 
wams, wo einige junge Eheleute und 6—8 alte „Böcke“ saßen. Erleuchtet 
wurde der Ort durch ein kleines Feuer. Wollte sich irgendein Paar kopu¬ 
lieren, ging es hinter eine Decke oder ein Fell. Die ersten Male war der 
Zuschauer entsetzt, dann aber erschien es auch ihm natürlich; — bei alledem 
waren die Leute sehr schamhaft und anständig. Wie der Indianer durch 
Syphilis, Rum und Tabak infolge des Kontaktes mit der weißen Rasse ge¬ 
litten hat, so auch in seiner Schamhaftigkeit und Moral. Verf. berichtet 
über entsprechende Erlebnisse, die die sittliche Verwilderung solcher Indianer 
kennzeichnen. 

Auch seine Mitteilungen über das naive Schamgefühl bei den mexi¬ 
kanischen Indianern sind interessant, noch dazu wenn man bedenkt, daß die 
Frauen dort meist Prostituierte sind. Die Siouxweiber dagegen seien meist 
tugendhaft. 

Die Art des Auftauchens der künstlerischen Idee, die Besitzergreifung 
des Fühlens und Wollens durch die Idee vollzieht sich beim Künstler nicht 
wesentlich anders als bei dem in seinen Traumzuständen sich künstlerisch 
betätigenden Medium, sagt Freimark (58), doch hat das Medium nicht wie 
der Künstler das Bestreben, die Idee im Stoff zu meistern, sondern gibt sich 
widerstandslos dem Strömen hin, das aus ihm quillt. Auf dieser hemmungs¬ 
losen Hingabe beruht es wohl, daß die malenden Medien — es sind vielfach 
Frauen — anstandslos Zeichnungen vorweisen, die von sexuellen Symbolen 
wimmeln. Sie sehen darin freilich nur „Jenseitsblumen“ oder „Blumen der 
Sphären“, und doch liege in ihren unbewußten Talentäußerungen das Gebiet 
der erotischen Wünsche der Beobachtung ganz bloß. Mediumistische Talent- 
äußerung verhalte sich eben zur bewußten künstlerischen Äußerung wie Märchen 
zur Mythe. Genau wie im Märchen nähme bei den Medien der fremde 
Prinz oder die fremde Prinzessin den Hauptplatz ein. Verf. illustriert diese 
seine Thesen durch Beispiele bekannter Mal- und Zeicheumedien. Ihrer Kunst 
lege man oft eine Bedeutung bei, die ihr tatsächlich nicht innewohne. Die 
Erregung heim Schaffen von Kunstäußerungen im Traume werde von den 
Medien selbst häufig den Empfindungen beim Orgasmus gleichgestellt. Auch 
hier würden eben meist Wunschverkörperungen, die das uralte Inkubus- oder 
Sukkubuserlebnis wiederholten, geliefert. In den spiritistischen Kreisen seien 
diese Erscheinungen (auch phantastischste Halluzinationen) ziemlich alltäglich, 
ohne daß die von ihnen heimgesuchten Individuen in stärkerem Grade geistige 
Anomalien aufwiesen. Betrogene Sehnsucht bilde sich in so manchen 
Phantasien der Medien ihr Leben, und vielleicht würde so manche Frau, 
wenn sie Mutter geworden wäre, kein Medium geworden sein. Die Welt 
hätte nichts daran verloren! Andere Medien gehörten zum Typ der sexuell 
Frigiden, die von Hause aus zu dem gewöhnlichen sexuellen Verkehr keine 
Neigung hätten, und deren Erotik andere Weisen der Auslösung brauchte. 
Dabei hielten sich diese Personen meist für etwas Besseres, für unterge- 


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schobene hochgeborene Kinder usw., ein Glaube, zu dem sie die mangelnde 
Übereinstimmung mit ihrer gewöhnlichen Umgebung, große Reizbarkeit und 
Spott oder Gleichgültigkeit der eigenen Familienglieder leicht verführe. 
Gewöhnlich falle auch die Blütezeit der Medialität mit dem Erwachen und 
dem Erlöschen des Geschlechtstriebes (die vierziger Jahre) zusammen. Im 
Unterbewußtsein verlange eben das Geschlechtsleben mit seiner brachliegenden 
Kraft nach seelischen Gestaltungen. Der Mann sei dann für solche Frauen 
meist erledigt. Ihre künstlerisch gestimmte Natur flüchtete sich eben in das 
Träumeschaffeu. Lebhaft zu beklagen sei die Ausnützung derartiger Naturen, 
die traurigen Mißbräuche, die teils in gutem Glauben, teils aber auch in 
bewußter Spekulation mit den Seelen- und Herzensbedürfnissen vieler ge¬ 
trieben werden. Für das Allgemeine dienlicher würde es sein, die Menschen 
würden nach dem Wesen der Dinge trachten und nicht wie heute noch 
meistens nach ihrer Gestalt. 

Die Eigentümlichkeit, von vornherein den Verdacht auf ungewöhnliche 
resp. pathologische Täterschaft wachzurufen, teilen „Falschanzeigen“ noch 
mit manchen anderen Ausnahmedelikten: Majestätsbeleidigungen, anonyme 
Schmähbriefe, perverse Sittlichkeitsverbrechen u. dergl., sagt Birnbaum (14). 
Immerhin heben sie sich auch von diesen in gewissem Sinne noch ab; sie 
weisen deutlicher und bestimmter als andere Vergehen zugleich auch schon 
auf die psychische Störung hin, die für sie speziell en Frage kommt, die 
Hysterie. Verf. zeichnet nun zuerst ein Bild der Wesensart der Hyste¬ 
rischen (abnorme Affektivität, abnorme Phantasielebhaftigkeit, Suggestibilität 
und Autosuggestibilität, große Exzentrizität, Hang zum Lügen, Intrigieren, 
Verläumden, Vorstellungens- und Erinnerungsfälschungen, Erfinduugsdrang, 
oft stark hervortretende Sexualität). Hysterie kann einmal als habitueller 
Dauerzustand zu sexuellen Falschbeschuldigungen führen schon allein durch 
einen pathologischen Moraldefekt, dann aber auch durch die auf den) Boden der 
Hysterie auftretenden transitorischem psychotischen Ausnahmezustände von 
leichten Dämmerzuständen bis zu halluzinatorischen Wahnpsychosen. Diese 
Falschbeschuldigungen sind natürlich sehr gefährlich und können, nicht als 
solche erkannt, größtes Unheil anrichten. Untersuchung des objektiven Tat¬ 
bestandes und psychiatrische Begutachtung des Beschuldigers werden oft 
schweren Intentionen Vorbeugen können. Herauswachsen der sexuellen Falsch¬ 
beschuldigungen aus ausgeprägten psychotischen Erscheinungen, sei es Sym¬ 
ptomen oder Krankheitszuständen, sei es akuten und episodischen oder 
chronischen Prozessen, gibt in jedem Falle die Grundlagen für eine volle 
Unzurechnungsfähigkeit ab, Hervorgehen aus dem bloßen hysterischen Durch¬ 
schnittszustand im allgemeinen nur die für eine verminderte Zurechnungs¬ 
fähigkeit, die im übrigen je nach Art, Grad und Zahl der im pathologischen 
Sinne wirksamen Faktoren mehr oder weniger ausgesprochen sein wird. Für 
falsche geschlechtliche Selbstbeschuldigungen Hysterischer, wie sie auch Vor¬ 
kommen, gilt dasselbe. 

Werthauer (194) bekämpft mit Recht den Geist, der sich in der 
falschen Benennung: „Sittlichkeitsverbrechen“ für die Verbrechen, die mit 
geschlechtlichen Attentaten einhergehen, äußert. Als ob die Sittlichkeit 
nur in geschlechtlichen Vergehen "beleidigt würde! Mittelalterliche Vor¬ 
stellungsweise beherrsche im Grunde immer noch das ganze Kapitel von 
den Sittlichkeitsverbrechen. Immer noch stände das ganze Gebiet unter der 
verächtlich machenden Anschauung, als ob der Sexualtrieb an sich mindestens 
nichts Schönes oder zu Billigendes, sondern das „Unsittliche“ sei. Objekt 
einer Strafvorschrift könne doch nur die geschlechtliche Betätigung sein, 
nie der zur Erhaltung der Art dem Menschen gegebene Geschlechtstrieb 


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Kriminelle Anthropologie. 


selbst Unrechte Betätigung könne aber auch geseztlich nur geahndet werden 
je nach dem zu schützenden Gut, das zur Befriedigung des Triebes verletzt 
werde, also nur deshalb, weil sie den Tatbestand irgendeiner strafbaren 
Handlung ausmache, nie als Trieb an sich, also nur, wenn das Rechtsgat 
eines anderen verletzt werde. Das Objekt des Triebes sei immer nur Anreiz¬ 
mittel: indem der Geschlechtsvorgang vom Beginn bis zum Ende sich uur in 
dem handelnden Individuum abspiele. Dieser innerliche Vorgang gehe das 
Gesetz nichts an, nur die Zuhilfenahme anderer Okjekte könne für ein 
etwaiges Strafeinschreiten in Betracht kommen. Das Ergebnis dieser Be¬ 
trachtung sei, daß es geschlechtliche Verbrechen nicht geben könne, sondern 
nur strafbare Eingriffe in die Rechtssphäre anderer, die im konkreten Falle 
bei der Verwendung von Anreizmitteln zur Auslösung des Geschlechtstriebes 
benutzt würden. Das geltende Strafrecht entspreche dem jetzt ebensowenig, 
wie der Strafgesetzentwurf dies für die Zukunft beabsichtige. Immer noch 
würden eine Reibe von Formen unter Strafe gestellt, die nach vorstehendem 
natürlichen Empfinden einen Eingriff in die Rechtssphäre nicht bildeten. 
Dahin gehöre insbesondere die Strafe des Ehebruchs, ferner die des frei¬ 
willigen homosexuellen Verkehrs unter Erwachsenen. „Niemals darf die von 
der Natur in einen Menschen hineingelegte Empfindung als Laster bezeichnet 
werden.“ Die homosexuelle Betätigung dürfe nur genau so bestraft werden 
wie die Betätigung des heterosexuellen Verkehrs, nämlich wenn sie mittels 
Gewalt, Drohung u. dgl. vorgenommen werde. Alle sonstigen hervor¬ 
gesuchten Strafgründe in dieser Hinsicht seien Scheingründe. Und nun 
wolle man noch in Zukunft gar die Homosexualität der Frauen unter Strafe 
stellen! Allerdings wegen der Erpressunsgefahr durch Bestehen des betreffenden 
Paragraphen dürfe man eine Strafbestimmung nicht abschaffen. Denn auch 
andere Paragraphen würden zu Erpressungen benutzt (z. B. der über Unzucht 
mit Kindern). Und doch sei hier die Strafandrohung berechtigt. Nur der 
Natur der Sache entnommene Gründe dürften bei einer Kritik des Para¬ 
graphen 176 in Betracht kommen, und sie lägen in genügendem Maße vor, 
nie aber etwaige vereinzelte ungültige Folgen. Ganz auffallend sei es, daß 
die sicher erwünschte Bestrafung des Mißbrauchs eines Abhängigkeits¬ 
verhältnisses nicht eingeführt werde, wenn es sich um heterosexuellen Ver¬ 
kehr, wohl aber wenn es sich um den viel geringer, vorkommeuden homo¬ 
sexuellen Verkehr handele. Auch bezüglich der „Öffentlichkeit“ käme es 
nicht auf die Geschlechtshandlung an, sondern auf die Störung „der Öffent¬ 
lichkeit durch irgendwelche Handlungen, die eben nicht in die Öffentlichkeit 
gehören, möge es Trunksucht, Ausübung des Geschlechtsverkehrs, Ausklopfen 
von Teppichen oder sonst etwas sein. Alles in allem sei also der besondere 
Abschnitt über Verbrechen gegen die Sittlichkeit zu streichen. Diejenigen 
strafbaren Handlungen, welche bisher darunter verstanden worden seien und 
sich auf das Geschlechtsgebiet bezogen, seien ohne Rücksicht auf das letztere 
in die Tatbestände der strafbaren Handlungen, die sich gegen Leben, Leib, 
Ehre, öffentliche Ordnung u. dgl. richteten, einzureihen, soweit eine Straf¬ 
sauktion für erforderlich gehalten werde. 

Unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Unzucht wurde aber 
heute sogar häufig das künstlerisch Nackte angegriffen. Zu verbieten sei 
allerdings als anstößig jede besonders hervortretende Darstellung des rein 
Geschlechtlichen. 'Es müsse aber durch diese engste Grenze des direkt 
Geschlechtlichen das Verbot eingeschränkt werden, damit Kunst und Industrie 
vor jedem unrichtigen Angriff gewahrt seien. 

Marcuse (136) stimmt in seiner schönen, erschöpfenden Arbeit über 
den Inzest denen zu, die wohl nicht an eine unbegrenzte Promiskuität der 


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Kriminelle Anthropologie. 


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Menschen der Urzeit glauben, aber doch meinen, daß die anfängliche Form 
der Sexnalbeziehungen inzestuöser Natur gewesen und daß — was nach 
dieser Richtung hin heute fast allgemein verfehmt und verboten ist, — in 
früheren Zeiten der Menschheitsgeschichte selbstverständlich, nach Freud 
sogar „intensiv lustbetont“ war. Die Inzestscheu sei kein eingeborener 
Instinkt, sondern sie sei unzweifelhaft erst innerhalb des Menschengeschlechtes 
als eine Reaktion auf böse Erfahrungen oder als ein Gebot äußerer Not¬ 
wendigkeiten oder Zweckmäßigkeiten oder als ein Niederschlag volks- und 
völkerpsyschischer Vorgänge entstanden — also ein Kulturprodukt. Verfasser 
untersucht nun die Einflüsse, die zu ihrer Entstehung geführt haben dürften. 
Als solche möchte Marcuse schlechte Erfahrungen in gesundheitlicher Be¬ 
ziehung nicht allzusehr betont wissen, er nimmt vielmehr mit Westermarck 
an, daß die sexuelle Abneigung zwischen Nächstverwandten ontogenetisch durch 
die Gewohnheit des dauernden Zusammenlebens in der Kindheit und Jugend 
sich entwickelt, und daß die Inzestabneigung auch im Leben der Menschheit 
uud der Völker mindestens zum Teil aus sexueller Nichtschätzung und 
Gleichgültigkeit resultiert. Eine große Rolle spielt aber auch eine ökono¬ 
mische Gruppe von Ursachen für die Entstehung des Inzestwiderwillens und 
-Verbotes. Es sollte die Aufrechterhaltung und Förderung zu enger Inter¬ 
essengemeinschaften verhindert werden, die durch Verschwägerung usw. ent¬ 
stehen. Nachträglich kam auch die Aufrechterhaltung der Familienreinheit 
in Betracht. Die Sexualgeschichte der Menschheit ist doch vor allem eine 
Geschichte der Wirtschafts- und Gesellschaftsformen, die erst nach ihrer 
Herausbildung durch Moral, Religion und Recht zu Forderungen erhoben 
werden. Wo liegen aber nun die individuellen Wurzeln, wo die Ontogenese 
der Inzestscheu bei dem normalen Menschen der Gegenwart. Das Kind 
hat offenbar noch keine Inzestscheu, andererseits erkennt Marcuse aber auch 
die angebliche positive infantile Inzestneigung (Ödipuskomplex usw.) beim 
krankhaften Kind nicht an. Ihre Begründung mit den Ergebnissen der an 
nicht Neurotikern unternommenen Psychoanalysen ist wegen deren falschen 
Methode vollends hinfällig. Auch bei der Mutter ist die Mutterliebe nicht ein¬ 
geboren, sie entwickelt sich erst als persönliche Beziehung aus einem allge¬ 
meinen Brut- und Fürsorgeinstinkt. Wie gesagt ist es die Gewohnheit des 
dauernden Zusammenlebens, das sinnliche Reize und Wünsche zueinander hei 
Familiengliedern gewöhnlich gar nicht aufkommen läßt. Von der Inzestgleich¬ 
gültigkeit bis zum Inzestwiderwillen ist es dann gar nicht weit. Ursachen des 
Inzestes sind vor allem bei Kindern meist harmlose Spielereien und Unarten, — 
selten das Zeichen grober Verwahrlosung, psychopathischer Konstitution oder 
gar einer psychischen Erkrankung. Voraussetzung ist oft in schlechten 
Wohuungsverhältuissen zu suchen und in anderen wirtschaftlichen Nöten. 
Übrigens steht auch hier das Volk dem Sittenkodex ziemlich naiv gegenüber, 
fühlt sich durch inzestuöse Handlungen in seinem Gewissen nicht sehr beschwert. 
Es bedarf also bei weitem nicht immer pathologischer Grundlagen für Inzest¬ 
delikte. Neben sozialen und wirtschaftlichen Nöten spielt auch die sexuelle 
Not, z. B. beim Zusammensein in der Einsamkeit, eine Rolle. Weitere Gründe 
können sein „ungezügeltes Variationsbedürfnis“, ja sogar der Aberglaube, 
endlich psychische Störungen, vor allem der chronische Alkoholismus, natürlich 
auch Schwachsinn aller Art. Ist bei alledem der inzestuöse Geschlechts¬ 
verkehr mehr Gelegenheits- und Zufallsereignis, so findet man doch auch 
manchmal eine wirkliche inzestuöse Liebe, wenn auch vielleicht nur im Traum 
oder der Phantasie. Das Gefühl der Eifersucht ist kennzeichnend für eine 
solche Liebe (z. B. Eifersucht des Bruders gegenüber dem Schwager). Über¬ 
haupt ist inzestuöse Geschwisterliebe nicht selten, natürlich ohne daß es 


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Kriminelle Anthropologie. 


immer za Handlungen kommen müßte. Auch aus Lust am Verbotenen kann 
der Inzest entstehen, ferner aus sadistischen, masochistischen, ja homosexuellen 
Motiven. Wenn Marcuse auch nicht Freud und Stekel ganz zustimmt, 
daß die Homosexualität die neurotische Abwehr des infantilen Inzestgedankens 
sei, so meint er doch, daß bei psychopathischer Konstitution der leicht be¬ 
einflußbare Geschlechtstrieb recht wohl durch die mütterliche oder väterliche 
Erziehung und Beziehung in die homosexuelle Richtung gedrängt werden 
könne. Von vornherein dürfe man aber Inzestdelikten gegenüber bei weitem 
nicht grundsätzlich auf eine allgemeine psychische Erkrankung schließen, 
ja nicht einmal auf eine allgemeine sittliche Entartung. Verfasser bespricht 
dann noch den mittelbaren Inzest (z. B. zwischen Schwieger- und Stiefeltern 
mit den Schwieger- oder Stiefkindern und umgekehrt). Nicht so selten ver¬ 
liebt sich ja die Schwiegermutter durch Einfühlung in den Schwiegersohn. 
Abschnitt V behandelt dann das Vorkommen und die Verbreitung des 
Inzestes (in gewissen Epochen und bei gewissen Völkern mehr als bei 
anderen). Die Krimalstatistik sagt natürlich über die wirkliche Häufigkeit 
oder das Wesentliche des Deliktes nur sehr wenig. Nur die Kasuistik kann 
Aufschlüsse geben. Im Abschnitt VI wird die Geschichte der strafrechtlichen 
Behandlung nach Wulffen skizziert und ferner werden die gesetzlichen Be¬ 
stimmungen gegen das Delikt besprochen, dabei festgestellt, daß ein ein¬ 
heitlicher Gesichtspunkt in der Tatbestandsfeftsetzung durchaus fehlt. Sogar 
deutsches Zivil- und Strafrecht sind darin nicht einheitlich. Die Einbeziehung 
der in gerader Linie Verschwägerten in das Eheverbot z. B. beweist, daß den 
Gesetzgeber nicht nur die Rücksicht auf die Nachkommenschaft geleitet haben 
kann; er wollte offenbar die Familienreinheit schützen und rein moralischen 
Erwägungen Rechnung tragen, überhaupt ist die Auswahl der Personen, 
zwischen denen geschlechtlicher Verkehr als inzestuös gebrandmarkt wird, 
gewiß nicht sinngemäß und folgerichtig. Bedenken hat Verfasser auch 
gegen die Strafloslassung der jugendlichen Deszendenten bis 18 Jahren, die 
immer als verführt gelten sollen, während sexuelle Verführung jeglicher Art 
gerade ungeheuer oft von dem jüngeren, und da namentlich von dem weib¬ 
lichen Teile ausgehe. Gerade die Verschiedenheit der Gesetzgebung in 
den einzelnen Ländern zeigt, daß die Strafwürdigkeit des Inzestes zum min¬ 
desten sehr problematisch sein muß. Verlangen nach Schutz des Familien¬ 
lebens ist wohl das Hauptmotiv der entsprechenden Gesetzgebung. Aber 
die Familienreinheit durch Strafen aufrechterhalten zu wollen, ist ein un¬ 
vernünftiges und erfolgloses Beginnen. Diese Strafverfolgungen stellen oft 
erst den gewaltsamen Eingriff in einen ungestörten’Familienfrieden dar. Auch 
die allgemeine Sittlichkeit wird durch die Strafbestimmungen nicht geschützt, 
denn sie wird intra muros durch das Delikt nicht verletzt. „Im Hinblick 
auf das Mißverhältnis zwischen dem außerordentlichen Aufgebot des Polizei- 
und Gerichtsapparates zu der Nachweislichkeit der Tat und wegen der 
Verleitung zu den widerlichsten Denunziationen verdient der § 173 kurzer¬ 
hand ausgemerzt zu werden“, sagt Marcuse und schließt: „So notwendig 
also der Ausbau unseres sozialen Für- und Versorgsystems und der sog. 
sichernden Maßnahmen gegenüber dem Inzest sich erweist, so unbegründet 
und nutzlos sind strafgesetzliche Maßnahmen gegen ihn. Wo aber mit dem 
Inzest Notzucht, Mißbrauch eines Treueverhältnisses, Verführung u. dgl. Zu¬ 
sammentreffen, da ist für angemessene Ahndung dieser Delikte durch andere 
Paragraphen des StGB, hinreichend gesorgt.“ 

Kanngiesser (107) fand auf Gruud statistischen Materials, daß die 
Gefahr, geistesschwache Nachkommen zu erzeugen, in blutsverwandten Ehen 
doppelt so groß ist als in nicht blutsverwandten Verbindungen. {Autoreferat.) 


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Kriminelle Anthropologie. 


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Porosz (159) bestreitet, daß die Tagespollutionen einzig und allein 
durch gestörte Nervenfunktionen hervorgerufen werden. Die Mehrzahl der 
Fälle leidet an Prostataatonie oder hat ein solches Vorleben geführt, nach 
welchem sich die Atonie der Prostata zu entwickeln pflegt. Solche ätio¬ 
logischen Momente bilden der Exzeß in Coitu, die Onanie, die gehäuften 
Schlafpollutionen, teilweise auch die Blennorrhoe. Die Prostatamuskulatur 
geht durch Überanstrengung einer Ermüdung, einer Erschöpfung entgegen, 
besonders der Sphinkter spermaticus. Er wird atonisch und verrichtet eine 
mangelhafte Funktion. Und wenn die Arbeit der antagonistischen Musku¬ 
latur der Samenblasen von den erregten Zentren in Funktion gesetzt wird, 
ist es ihr leicht möglich, den leisen Widerstand zu bekämpfen. 

( Jacobsohn .) 

Kurzer Bericht Oilbert’s (75) über einen Fall, der seiner Eigenart 
wegen Erwähnung verdient: 

Ein Knabe von 10 Jahren masturbiert seit seinem dritten Lebensjahr, 
eigentlich von Geburt an. Mit 5 Jahren ist er physisch total herunter. 
Auf Kopf und Füßen sich stützend (im Bogen), den Leib nach unten, ver¬ 
schaffte er sich durch Längsbewegung (wiegende) des Körpers Befriedigung. 
Die Hände wurden nicht gebraucht. Diese rhythmische Bewegung erschütterte 
das Bett und das Zimmer so sehr, daß die Eltern davon erwachten. Danach 
war er vollständig erschöpft und schweißgebadet. Nicht nur nachts geschah 
das, auch soundso oft am Tage. Mit 5 Jahren legte der Knabe sich auf 
den Rücken und rieb mit der Hand. Von da hoben sich die körperlichen 
Kräfte, trotzdem blieb er 3 1 /* Zoll unter Normalhöhe und 13 Pfund unter 
Normalgewicht. Mit 4 Jahren Notzucht an kleinem gleichaltrigen Mädchen 
auf der Landstraße. Mit 9 Jahren desgleichen an etwas älterem Mädchen 
hinter Büschen. Einmal benutzte er sogar die Vagina einer Hündin. Die 
Familie konnte weder Hunde noch Katzen halten, auch der kleine 2 1 / 2 jährige 
Bruder wurde benutzt und wundgerieben, wenn man ihn einen Augenblick 
ohne Aufsicht ließ. Einmal fand man den Jungen auf dem Rücken einer 
bösartigen Bulldogge der Nachbarschaft, an die niemand sich heranwagte. 

Nur D/g Jahr besuchte er die Schule, weil er links und rechts die Kinder 
ansteckte. In Gegenwart der Eltern sogar masturbierte er, später jedoch mehr 
im geheimen. Keine Tasche blieb ganz, immer langte er durch nach dem 
Penis. Weder Ärzte noch Eltern konuten es verhindern. Man sandte ihn 
aufs Land unter Aufsicht, dort benutzte er die Hühner. Ärztliche Behand¬ 
lung half nichts, Suggestion auch nicht. Der Direktor einer Irrenanstalt 
versuchte mechanische Applikationen und lokale Irritation, alles ohne Erfolg. 
Güte, Strafe, körperliche Züchtigung, Belohnung, alles war umsonst. 

Die Schwachsinnigenschule in Oregon wollte den Knaben nur nehmen, 
wenn er kastriert würde. Sonst ist er ein gutes folgsames Kind. Die Eltern 
waren in Verzweiflung und wandten sich um Hilfe an das Jugendgericht. 
Der Junge wurde dem Verfasser überwiesen. Er war gutgenährt und doch 
unterentwickelt, nervös und hatte abgebissene Fingernägel. Sein Benehmen 
war höflich, wohlerzogen und zeigte gute Kinderstube. 

Als Palliativmittel nahm Gilbert die Beschneidung vor. 2 Tage 
darauf neue Befriedigung, indem er den Kopf des Penis mit der hohlen 
Hand schützte. Die Sache wurde jetzt noch schlimmer. Die Eltern bean¬ 
tragten Kastration zum Besten des Knaben und der Allgemeinheit. Die 
Testikel waren unentwickelt. Zum Orgasmus war es noch nie gekommen. 
Gilbert weigerte sich lange, wollte aber dann doch die Operation vollziehen, 
nachdem er viele Kollegen, Richter und Sachverständige zu Rate gezogen 
hatte und die Eltern schriftlich nochmals dazu aufgefordert hatten. 


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Kriminelle Anthropologie. 


Der Fall wurde dann der Portland Medizin. Akademie überwiesen: 
Nur eine Stimme war gegen Kastration. Der Gouverneur des Staates, dem 
das Resultat mitgeteilt wurde, riet zur Kastration. Gilbert nahm sie vor. 
Die kleinen Einschnitte zur Entfernung der Testikel, das Skrotum und ein 
großer Teil des Penis wurden mit weichem Kollodium vor Infektion gesichert 
Das war dem Knaben unbehaglich, hinderte aber nicht, daß er gleich nach der 
Operation wieder masturbierte, 4 Tage nach der Operation 6mal in einer Nacht, 
am darauffolgenden Morgen noch 7 mal. Die Operation hatte keinen augen¬ 
blicklichen Erfolg. Die Wunden heilten gut. Der Vater berichtete, es bedürfe 
jetzt größerer Anstrengung des Jungen, um bis zur Befriedigung zu gelangen. 
Bald darauf berichtete die Mutter, der Knabe sei zu seiner Anfaugsgewohn- 
heit zurückgekehrt und stütze sich wieder auf Kopf und Füße. Die an¬ 
gewendete Kraft wäre so groß, daß der Kopf, wo er ans Sofaende stieß, 
kahl würde. Er war immer in Gefahr, den Hals dabei zu brechen. Er verlor 
durch die Anstrengung wieder an Gewicht. Zu Hause mußte man ihn ein¬ 
geschlossen halten zum Schutze des eigenen Bruders und aller anderen. Der 
Bruder war normal. Er ist ein Halbbruder, da der Vater in zweiter Ehe lebt. 

Endlich wurde ein Platz für ihn frei in der Schwachsinnigenschule. 
Anfangs trieb er immer noch Masturbation, nach und nach jedoch weniger. 
1915 war er 13 Jahre alt, von gesundem Aussehen, beliebt bei den Beamten. 
Der Direktor hält ihn für leicht schwachsinnig, meint aber, er stehe weit 
über dem Durchschnitt der Knaben seiner Klasse und er sei hier nicht am 


Platze. — Die Kritik über die Kastration war scharf und unangenehm, 
aber die Schwierigkeit des Falles und das Endresultat rechtfertigen nach¬ 
träglich die Operation. Die Verantwortung war eine schwere. Der Verfasser 
schließt mit einer gewissen Befriedigung — jedenfalls ohne Bedauern, daß 
der Fall so behandelt wurde, wie es geschehen. 

Den Spiritisten, meint Freimark (59), fällt es schwer, sich mit der 
Tatsache abzufinden, daß die Medialität durchgehends mit sexueller Eigenart 
der Medien vergesellschaftet auftritt oder doch vorzugsweise in den Perioden 
des erwachenden und des abebbenden Geschlechtslebens sich geltend macht. 
Die mediale Betätigung wäre durchaus erotisches Ersatzmittel. Das Ver¬ 
hältnis, in dem die Medien zu ihren Schutzgeistern stehen, gleicht oftmals 
einem richtigen Liebesverhältnis; mitunter leidet das Medium unter diesem 
Verhältnis. Bemerkenswert ist, daß sexuell abnorme Frauen das Haupt¬ 
kontingent zu den Medien stellen. Unter den männlicben Medien linden 
sich viele, die homosexuell sind, oder ihr Wesen weist einen stark femi¬ 
ninen Einschlag auf. (Jacobsohn.) 


Am 21. Juli 1914 wurde die ca. 7jährige Tochter eines Gutsbesitzers 
aus Grobsdorf ermordet und brutal an den Genitalien verletzt aufgefunden. 
Fünf Tage später wurde der Täter im wandernden Arbeiter Max Dietze fest¬ 
gestellt. Dieser gestand bald, daß er den ernstlichen Widerstand des Mädchens 
gegen eine geschlechtliche Vergewaltigung mit Gewalt gebrochen habe; mit 
dem Messer habe er ihren zu engen Geschlechtsteil „behutsam“ erweitert 
und ihr, um das Schreien zu verhindern, die Kehle zugedrückt Töten habe 
er das Kind nicht wollen. Nach Reuckauff (167) war Dietze ein schwer¬ 
fälliger, psychisch etwas gehemmter Mensch, ein manueller und psychischer 
Onanist, dessen Geist erst unter Alkoholwirkung lebhafter wurde. ® et 
„Gefühlsmensch“ sei bei ihm weit mehr ausgebildet als der Mensch <tes 
Wissens und Wollens! Geisteskrank und eigentlich pervers sei er nicht- bs 
handele sich überhaupt nicht bei seiner Tat um einen Lustmord im str e °8 eß 
Sinne des Wortes, er sei einfach als Willensschwächling seinen stark 00 ß e 
schlechtlichen Trieben anheimgegeben. Wollüstige Mordgier bandele fl- o0ers- 


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Kriminelle Anthropologie. 


797 


Täter wurde hingerichtet. Hans Groß meint in einer Nachschrift, daß es 
sich doch wohl um echten Lustmord handele. Dietze habe offenbar das 
Kind gewürgt, um seine eigene Geschlecbtslust zu erhöhen und sich am 
Zucken und Strecken der Erstickenden zu ergötzen. Diese Ansicht ist aber 
mindestens fraglich. 

Boas (21) macht mit Recht darauf aufmerksam, daß auch die Sexual¬ 
wissenschaft um kasuistische sexualpathologische Beiträge aus dem Kriege 
bitten muß. Er selbst bespricht 2 sehr interessante Fälle. Der erste be¬ 
handelt einen Fall von „eunuchoid-psychopathischer Konstitution“, wie er 
in der Deutsch. Med. Wochenschrift 1914, Nr. 47, S. 2000 nach einem tür¬ 
kischen Vortrag iu Gülhane-Stambul mitgeteilt wurde. Es handelt sich dabei 
um die Frage, ob Kastration das militärische Verhalten (bei einem vor 
4 Jahren doppelt Kastrierten Regimentsschreiber) beeinflussen kann. Die 
Frage, ob ein Nichtfolgeleisten des Befehls zum Ausrücken mit dem psychi¬ 
schen Zustand des Kastrierten zu entschuldigen sei, mußte in bejahendem 
Sinne beantwortet werden. Boas bespricht im Anschluß an den Fall die 
(auch durch Kriegsverletzung usw.) mögliche Kastration und ihre Folgen. 
Er schildert, wie ein derartiger, in den funktionellen Mechanismus sämtlicher 
vitalen Blutdrüsen eingreifender Verlust beider Hoden zu einer völligen 
Invertierung der Vita sexualis führe. Es entstünde ein somatisch und psychisch 
femininer und infantiler Typus mit weibischem Denken, Fühlen und Be¬ 
nehmen, Transvestitismus, Pseudohomosexualität und sonstigen sexuellen 
Perversitäten als Teilerscheinung einer psychopathischen Konstitution mit 
großer Stimmungslabilität, Launenhaftigkeit, Reizbarkeit, Depression, Zwangs¬ 
lachen und dergleichen mehr. Auch die Logik stünde auf der Stufe eines 
Kindes, deshalb sei auch der vollständige Kastrat zivilrechtlich einem Kinde 
gleichzustellen, Zeugnis- und Testierfähigkeit müsse ihm abgesprochen werden. 
Strafrechtlich sei einer Pseudohomosexualität gegenüber § 51 anzuwenden. 
Militärischerseits dürfte man wohl am besten die Vollkastraten vom Heeres¬ 
dienst ausschließen, denn Konflikte dürften sonst unvermeidlich sein. Viel¬ 
leicht werde man später von türkisch-ärztlicher Seite gerade über diese 
Punkte noch Näheres erfahren. 

Im zweiten Fall handelt es sich um einen im Tornister eines franzö¬ 
sischen Offiziers aus Orleans gefundenen großen Phallus aus Gips, den 
Gaupp demonstrierte und vou dem er berichtet (Münch. Med. Wochenschrift 
1914, Nr. 46, Feldärztliche Beilage Nr. 14), daß es sich weder um ein Ulk¬ 
objekt noch um ein Instrument für päderastische Zwecke handeln dürfte, 
eher vielleicht um eine Art Talisman oder um den Ausdruck einer Form 
des Exhibitionismus, bei der sich der sexuell Perverse an der Scham und 
Verlegenheit durch den Anblick des Riesenphallus erschreckter und verletzter 
weiblicher Personen geschlechtlich erregt. Auch Boas glaubt in diesem 
Falle an eine Art Phalluskult. Vielleicht habe ein Urning einem vielgeliebten 
„Freunde“ einen derartigen Phallus als sexuelles Symbol mit auf den Weg 
gegeben. Der Gegenstand solle dann wohl den Besitzer einmal., vor dem 
Verlust der Genitalien behüten und ihm in zweiter Linie ein Äquivalent 
für den Ausfall des homosexuellen Geschlechtsverkehrs sein. Vielleicht sei 
der Phallus auch ein Fetisch, der gerade im Kriege mit Inbrunst verehrt 
werde, da ja in solcher Zeit das Risiko, das Merkmal der Männlichkeit, die 
Genitalien zu verlieren, besonders groß sei. 

ln einer dritten Studie liefert Boas „Beiträge zur Psychopathologie 
der Fetischisten“, und setzt sich dabei vor allem mit Stekels Arbeit: „Zur 
Psychologie und Therapie des Fetischismus,“ Zentralblatt für Psychoanalyse 
und Psychotherapie 1914, Bd. IV, Heft 3—6, auseinander. 


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Kriminelle Anthropologie. 


Stekel hat vor allem den männlichen Fetischmus im Auge, da er 
überhaupt eine „Männerkrankheit“ sei. Echt sei der Fetischismus nnr, wenn 
für die perverse Person in erster Linie der Fetisch komme und erst in 
zweiter Linie dessen Besitzerin. Nach seinem innersten Kern handele es 
sich beim Fetischismus um ein Abrücken vom Weibe, vielleicht sogar um 
eine Flucht vor dem Weibe. Damit sei zugleich gesagt, daß es einen 
angeborenen Fetischismus nicht gebe. Hingegen glaubt Boas an an¬ 
geborene Perversionen, vor allem bei der Homosexualität. Doch sei es 
eine der schwierigsten Fragen, in einem bestimmten Fall zu entscheiden: 
War der Fetischismus des Herrn X angeboren oder erworben? Fetischische 
Delikte seien vor allem Diebstahl bis zum Charakter des schweren Raubes 
zwecks Erlangung sinnlich verehrter Gegenstände. Auch bei Sittlichkeits¬ 
verbrechen bis zum anscheinenden Lustmord könnten fetischistische Motive eine 
Rolle spielen (z. B. gewaltsame Angriffe auf ein Weib, um deren Unterwäsche 
zu erlangen). Da der Fetischist stets ein schwerer Psychopath sei, könne 
auch in solchen schweren Fällen der § 51 in Betracht kommen, mindestens 
aber bedürfe es einer klärenden Beobachtung in einer Irrenanstalt, ln 
dem früher von Boas besprochenen Fall Walther (Schürzenfetischist) dürfte 
es sich jedenfalls um eine angeborene Perversion handeln, bei der die vor¬ 
handen gewesene Anlage durch gewisse äußere Momente zum Durchbruch 
gekommen sei. Stekels Busenfetischisten seien nur Pseudofetischisten, denn 
ihnen komme es eben doch schließlich auf das Weib als solches au. Das 
(psychische) Verhältnis zwischen Fetischismus und Potenz (bzw. Impotenz) 
scheint Boas trotz Stekel noch sehr ungeklärt. Richtig seien Stekels 
Hauptsymptome des Fetischismus: es wird ein Fetisch gewählt, der eine 
nur entfernte Beziehung zum Sexus hat, manchmal auch gar keine, und es 
wird dann mit Hilfe dieses Fetischs der Koitus umgangen. Der Fetischis¬ 
mus sei wohl am ehesten noch als Zwangsneurose aufzufassen, sagt Stekel, 
er ist eine Krankheit, kein „Fatum“. Charakteristisch ist der Sammeltrieb 
der Fetischisten, den Stekel als „Haremskult“ bezeichnet. Der Fetischist 
sei ein verkappter Don Juan, er sammele statt der Frauen seine fetischisti¬ 
schen Objekte. Walther führte sogar Buch über seine Aquisitionen. Diese 
sexuell ganz bestimmt abgestimmte Sammelwut ist sicher krankhaft. Zwischen 
Fetischist und Fetisch besteht meist ein reger zärtlicher Verkehr, öfter wird 
mit seiner Hilfe masturbiert. Manche Männer fühlen sich zu abstoßenden 
Frauenspersonen mit körperlichen Fehlern hingezogen, was sich eher vom 
Mitleid aus als vom Fetischismus aus erklären lassen soll. Die meisten 
Fetischisten leben keusch. Stekel führt die Perversion auf frühe kaum 
mehr bewußte Kindheitserinnerungen zurück; solche Jugendberichte sind aber 
öfter nur entschuldigende Erfindungen oder Selbsttäuschungen. Ungünstiges 
wird verschwiegen oder falsch dargestellt. Eine generelle Anzweiflung solcher 
Autoanamnesen ist aber nicht immer berechtigt, besonders auch da nicht, 
wo unbeteiligte Zeugen die Angaben bestätigen können. 

Boas (22) untersucht die Fälle de Clerambaults und Langlois, 
wie ersterer sie unter dem Titel: Passion erotique des Stoffes chez la femme 
in den Archives d’anthropologie criminelle et de medecine legale, Jahrgänge 
1908—1910, letzterer unter der Überschrift: Une observation de fetischisme 
des Stoffes chez la femme, These de Montpellier 1912, Nr. 51 veröffentlicht 
hat, kritisch. Stekels „Schmuckfetischismus“, wie dieser Autor ihn in 
seinem Aufsatz: Zur Psychologie und Therapie des Fetischismus, Zentral¬ 
blatt für Psychoanalyse und Psychotherapie 1914, Bd. IV, Heft 3—6 bes. 
S. 166 erwähnt hat, scheint Boas kasuistisch noch gar nicht gestützt So 
bleibt also der „Stoff-Fetischismus“ die einzige bis jetzt festgestellte Form 


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Kriminelle Anthropologie. 


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des weiblichen Fetischismus überhaupt. In Betracht kommen hauptsächlich 
Seidenstoffe, so bei allen vier Fällen de Clerambaults, Samtstoffe, so bei 
dem Fall von Langlois, ferner auch Pelzwerk. De Clerambaults 1. Fall 
ist nach Boas weder ein Fall echten noch Pseudofetischismus, wohl aber 
einer passsion örotique des etoffes. Er vermißt sein Kriterium des wirk¬ 
lichen Fetischismus, nämlich einmal die völlige Loslösung von jeder geschlecht¬ 
lichen Verbindung mit einer anderen Person und dann das Fehlen der Be¬ 
herrschung des Sinnens lind Denkens in geschlechtlicher Hinsicht allein 
durch den Fetisch, Patientin stahl immer wieder Seidencoupons; nur der 
Diebstahl, nicht Kauf löste bei ihr ein wollüstiges Gefühl aus. Mit 
den Stoffen trieb sie dann Onanie, teils durch Frottieren der Klitorisgegend 
und der Scheide mit den Stoffen, teils durch manuelle Maßnahmen. Die 
Onanie war ihr also die Hauptsache, trotz Verkehrs mit Ehemann und Lieb¬ 
haber, wobei sie 17 Schwaugerscbaften durchmachte. 

Die 2. Patientin wird innerhalb 20 Jahren 22mal wegen Seidendieb¬ 
stahls verhaftet. Auch sie onanierte mit Hilfe des Stoffes. Sic scheint eine 
typisch-hystero-neurasthenische Person zu sein, die infolge von Zwangs¬ 
impulsen bei ihren Diebstählen willensunfrei handelt, war aber nach Boas 
keineswegs eine echte Fetecbistin. 

Im 3. Fall de Clörambaults trat der Seidenstehltrieb angeblich unter 
Angst und bei Mißbrauch stärkster narkotischer Mittel in den Wechseljahren 
auf. Boas mißtraut den Angaben dieser Frau, weil sie auch sonst eine 
Warenhausdiebin gewesen zu sein scheine; vielleicht hätte ein Alkoholver- 
such die Frage ihrer Zurechnungsfähigkeit klären können. 

Auch im 4. Falle handelt es sich um eine Äthertrinkerin, die Seiden¬ 
roben in Warenhäusern stiehlt angeblich, weil nur Besitz und iYottieren mit 
Seide sie sexuell befriedigt. Boas hält sie für eine Simulantin, die unter 
der Flagge der Perversion Diebestouren unternimmt. 

Der Fall von Langlois wurde nicht kriminell. Bei ihr bestand solche 
Sucht nach durch Samt ausgelöstem Reiz, daß sie sogar ihren Mann beim 
Koitus am liebsten mit Samt bekleidet gefühlt hätte. Besonders regte sie 
Samt von schwarzer Farbe auf. Boas sieht in ihr eine hysterische Phan¬ 
tastin, keine echte Fetischistin in seinem Sinne. 

In allen diesen Fällen von „Hephephilie“ (Clerambault) beruht der 
Orgasmus allein auf einer kutanen Berührung. Anhänglichkeit an den jedes¬ 
mal gebrauchten Stoff fehlt. Vorliebe für Samt und Seide habe aus Eitel¬ 
keit fast jedes Mädchen. Es handelt sich also um keine echte Perversion, 
um kein dem männlichen Fetischismus entsprechendes Äquivalent. So fehlt 
z. B. hier der beim Mann so ausgeprägte Sammeltrieb geliebter Gegenstände. 
Die Frauen schützten aber eine Perversion vor, wenn sie beim Warenhaus¬ 
diebstahl, für den sie sich teilweise rafßniert vorbereitet hatten, erwischt 
wurden. Leider hätten sich die französischen Autoren über die forensische 
Seite der Sache zu wenig ausgesprochen. Alles in allem erkennt Boas im 
Gegensatz zu den französischen Autoren weder einen wirklichen Fetischismus 
der beschriebenen Frauen sui geueris an noch die Hephephilie als eine 
Abart desselben. In kriminellen Fällen will Boas die Hepbephileu inter¬ 
niert wissen, vielleicht in Zwischenanstalten, denn der Schutz des § 51 
StGB, dürfte meist eine Bestrafung verhindern. Die Prognose hält er für 
schlecht. 

Welsch (193): Ein 24jähriger Kunstgewerbeschüler stiehlt immer 
wieder Frauenunterhosen, onaniert manuell, wobei er sie vor sich liegen hat, 
und zerstückelt sie dann als nun für ihn interesselos, ja ekelhaft geworden. 
Frauen ziehen ihn nie an. Bei dem Anblick der Wäsche denkt er auch 


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Kriminelle Anthropologie. 


nie an Frauenkörper. Die Hosen müssen sogtft extra geschlossen sein, aller¬ 
dings auch schon getragen, sonst regen sie ihn nicht auf. ln seinem 20. Jahre 
ist diese Perversion spontan beim Anblick von Frauenbosen an einer 
Wäscheleine zum ersten Male in Erscheinung getreten. Verurteilt als „ver¬ 
mindert zurechnungsfähig“. 

Senf (179) analysiert den Ursprung eines Fetischismus bei einem 
Manne, der mit einer Anzahl Unterröcken im Besitz in den Verdacht des 
Diebstahls geraten war. Der Mann erzählte: Im Alter von 6 Jahren habe 
er sich mit gleichaltrigen Knaben und Mädchen die Geschlechtsteile gezeigt. 
Wenig später, so im 8. Lebensjahre seien bei ihm Erektionen aufge¬ 
treten. Dann habe er stets eine Zudecke, die mit Federn vollgestopft war, 
umarmt und dabei auf ihr phantasielos onaniert: mit etwa 13 Jahren sei 
er, ohne zu wissen warum, plötzlich darauf verfallen, Unterröcke von seiner 
Mutter oder Schwester mit ins Bett zu nehmen, diese Röcke zwischen die 
Beine zu klemmen und darauf zu onanieren. Das habe er bis heute 
fortgesetzt. Samenerguß sei bei ihm spät, etwa erst im 16. Jahre auf¬ 
getreten. Zu jener Zeit sei er in eine Fabrik gegangen, habe aber zu 
Hause gewohnt und habe jeden Tag mit einem Frauenrock in der beschrie¬ 
benen Weise geschlechtlich verkehrt. Der Frauenrock sei nun für ihn, was 
dem anderen ein Mädchen sei, das ihn geschlechtlich errege. Die bei ihm 
gefundenen Frauenröcke habe er von Hause heimlich mitgenommen und 
trage sie nun seit Jahren mit sich herum. Als er beim Militär gewesen, 
habe er keine Röcke gehabt, da habe er faute de mieux wieder die Zudecke 
umarmen müssen. Der Fall ist ein sehr lehrreiches Beispiel für die Ent¬ 
stehung des Fetischismus. ( Jacobsohn .) 

Müller-Schürch (145) berichtet ausführlich die interessante Geschichte 
eines Transvestiten, eines verheirateten Kaufmanns, der bei der zuständigen 
Polizeibehörde darum ansuchte, sich in Frauenkleidern bewegen zu dürfen, 
da er sich in Männerkleidern unglücklich und vollständig insuffizient fühle, 
so daß es für ihn eine Existenzfrage geworden sei, sich ständig als Weib 
zu kleiden. Die Begutachtung wies keinerlei Störungen auf intellektuellem 
Gebiet bei ihm nach, wohl aber lagen Störungen im Gebiete der Affektivität 
und des Trieblebens, eben der Drang, als Weib gekleidet zu gehen. Dabei 
ist das übrige sexuelle Verhalten des Mannes nicht pervers. Homosexueller 
Verkehr ekelt ihn an. Mit der Ehefrau führt er normalen heterosexuellen 
Verkehr, wenn auch seine Begehrlichkeit eine geringe ist. Poteuzstörungen 
zeigen sich nicht. Doch blieb der Verkehr steril. Er liebt seiue Ehefrau 
und hoffte durch eine Neigungsheirat von seinem damals schon bestehenden 
Übel befreit zu werden. Genitalien normal. Er ist ein guter Bürger und 
Hausvater und erzieht ein angenommenes Kind ohne jede Beihilfe. Will 
man die Anomalie verstehen, muß man von der Psychologie der Kleidung 
ausgehen. Hose und Rock sind zu Symbolen für eine bestimmte Geschlechts¬ 
würde geworden. Auch für Kleiderfeteschisten ist dieser Symbolismus wichtig. 
Verfasser hält deshalb den Transvestismus für einen gesteigerten Fetischis¬ 
mus. Der Transvestit hüllt sich in seine Fetische und vermag sich dann 
mit Lustgefühl zur Schaffung subjektiver und objektiver Werte zu konzen¬ 
trieren. Verfasser untersucht dann die soziale Rolle der Fetischisten und Trans¬ 
vestiten im besonderen, auch die eigenartige Stellung weniger der Frau als 
einem eigenen oder angenommenen Kinde gegenüber. Müller hält ein® 
Schädigung des Kindes in seinem Falle nicht für beträchtlich. In die 
Armee paßt natürlich ein ausgesprochener Transvestit nicht. Zur Vennei¬ 
dung starker neurasthenischer Depressionen muß einem sonst ethisch hoch¬ 
stehenden Transvestiten nach medizinischer Auffassung die Bewilligung zur 


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Kriminelle Anthropologie. 


801 


Verkleidung erteilt werden. Im vorliegenden Falle sagte die Polizei wedor 
ja noch nein, stellte aber in Anssicht, nur einznschreiten, wenn der Mann 
seine Verkleidung zu unlauteren Zwecken benutzen sollte. 

Aus der Armee wurde der Perverse als geistig abnorm entlassen. — 

Bekanntlich lehrt Freud, daß die Hysterie und die Zwangsneurose 
durchaus auf geschlechtlichen Triebkräften beruhen und ihre Symptome 
nichts anderes darstellen, als die Sexualbetätigung der Kranken, daß die 
neurotischen Phänomene dabei keineswegs ausschließlich auf Kosten des sog. 
„normalen“ Geschlechtstriebes entstehen, sondern zu einem größeren oder 
geringeren Teil auch auf Kosten des perversen. Ja bei sämtlichen Neuro* 
tikera sollen sich im unbewußten Seelenleben mindestens Regungen von 
Inversion, daneben aber meist noch eine größere Anzahl perverser Triebe, 
ja in der Regel Spuren von allen mit Ausschluß höchstens des Fetischismus 
finden. Die Freud sehe Schule konnte so behaupten, daß der Streit, oh 
Perversionen angeboren oder erworben, müßig sei, da allen geschlechtlichen 
Verirrungen ein Angeborenes zugrunde liege, das aber dann sämtlichen 
Menschen zukomme. Nur die Stärke der Anlage wechsele von Fall zu 
Fall und ferner die Auslösung der Perversionen durch Lebenseinflüsse. Die 
Perversen hätten die eingeborene Anlage zur Betätigung entwickelt, die 
Psychoneurotiker ihre Triebe ungenügend verdrängt, so daß sie auf dem 
Umwege über Krankheitssymptome wieder erschienen, während in günstigen 
Fällen durch wirksame Einschränkung und sonstige Verarbeitung der ge¬ 
schlechtlichen Triebe das sog. „normale“ Sexualleben entstehe. Die Kinder 
seien „polymorph-pervers“, brächten also eine Dispositon zu allen Geschlechts¬ 
verirrungen mit. Normaliter erfolge erst zur Zeit der Reifung die Zu¬ 
sammenfassung und Unterordnung der verschiedenen sexuellen Teiltriebe 
unter das Primat der eigentlichen Geschlechtsorgane. Genital und sexuell 
seien also durchaus nicht synonym. Der jeweils stärkste Teiltrieb werde 
seine evtl, perverse Betätigung durchsetzen, besonders bei spontaner sexueller 
Frühreife der Personen und bei einer erhöhten Haft- und Fixierbarkeit aller 
Eindrücke des geschlechtlichen Lebens. Von diesen Voraussetzungen aus 
untersucht Sadger (174) die wichtigste und häufigste aller Perversionen, die 
konträre Sexualempfindung. Jeder Mensch habe die allgemeine bisexuelle 
Anlage, auch der absolut invertierte. Die Psychoanalyse zeige bei Konträren, 
•daß hinter den gleichgeschlechtlichen Liebesobjekten nicht nur gleichge¬ 
schlechtliche Urbilder von früher sich bargen, sondern in einer noch tieferen 
Erinnerungsschicht andersgeschlechtliche Gefährten ihrer Kindheit, deren 
Eigenschaften sie bei den Gleichgeschlechtlichen dann wiederfanden. Nicht 
also den Mann begehre der Homosexuelle in Wahrheit, sondern Mann und 
Weib zusammengenommen in einer Gestalt. In einer Frühperiode sei der 
Urning ausnahmslos dem Weibe eifrigst nachgelaufen und übertrage diese 
Erlebnisse auf sein männliches Ideal. Wie aber kommt es zur Fixierung 
der urnischen Libido? Die endgültige Objektwahl erfolge nach einem Zustand 
der Indifferenz zur Zeit der Reife. Der horror feminae, der dann den 
Urning ergriffe, weise geradezu auf eine starke Verdrängung des Gegen¬ 
teils. Horror sei nur der Abscheu für das früher aufs innigste Gewünschte. 
Der Mann habe nun zwei primäre, ursprüngliche Sexualobjekte: Die Mutter 
(oder 1. Pflegerin) und die eigene Person. Narzismus sei ein nie fehlendes 
Entwicklungsstadium beim Übergang vom Autoerotismus zur Objektliebe. 
Im Geliebten ersehne der Urning die ihm einst von ihr nicht zuteil gewordene 
sexuelle Belehrung durch die eigene Mutter. Welche Art von geschlecht¬ 
licher Betätigung ein Urning bevorzugt, hängt nach Sadger von der ver¬ 
schiedenen konstitutionellen Anlage der erogenen Zonen ab. Zur aktiven 


Jahre*bericht f. Neurologie u. Psychiatrie ms. 


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802 


Gerichtliche Psychiatrie. 


und passiven Päderastie z. B. gelange er über eigene ausnehmend große 
Analerotik, zur Pellatio durch eine besondere Erogenität der Lippen- und 
Mundschleimhaut, wobei häufig die Harnerotik eine Rolle spiele. Endlich 
fehle bei keinem Urning die Überschätzung des Penis, daher wohl als häufigste 
Praxis die mutuelle Masturbation. Seine „neuen Erfahrungen“ über männ¬ 
liche Inversion faßt Sadger dann in folgende Sätze zusammen: 

1. Der Urning verhält sich weiblichen Sexualobjekten gegenüber genau 
wie der psychisch Impotente, der nicht leistungsfähig ist, weil er an die 
Mutter, selten die Schwester verlötet ist. 

2. Ein Stück seiner spezifischen Konstitution läßt sich dahin definieren, 
daß einerseits seine Muskelerotik von Baus aus herabgesetzt, andererseits 
die genitale Libido und die sexuelle Schaulust — diese letztere vornehmlich 
auf die Geschlechtsorgane — erheblich gesteigert ist Es besteht ferner 

3. sehr häufig eine besondere Verstärkung jener ohnehin erhöhten geni¬ 
talen Libido durch Reizung von seiten des Vaters, der seinen Sprößling 
übertrieben liebt; 

4. eine Überschätzung des männlichen Gliedes, welches manchen Urning 
wie ein Dämon verfolgt; 

5. endlich aus dem nämlichen Grunde eine besondere Lust zum Hin¬ 
greifen ad membrum. Die typischen „Verderber“ sind meistens „absolut“ 
homosexuell. m 

6. Die Überbetonung der genitalen Libido führt ausnahmslos zu früher 
Verliebtheit in das andere Geschlecht, vor allem in die Mutter (oder deren 
frühe Vertreterin), auf welche der Urning grobsinnliche Gelüste nährt. 

7. Deren scharfe Zurückweisung bedingt dann seine erste Enttäuschung, 
die zweite das Fehlen des Penis bei der Mutter, die er weit stärker und 
schwerer empfindet als der normale Junge. 

8. "Wenn dann in der Reifung wieder durch die Mutter eine Enttäu¬ 
schung in sexualibus erfolgt, kommt es zur Fixierung ans eigene Geschlecht 
auf dem Wege der Regression zur urgeliebten Mutter mit dem Penis und 
der steten Überschreibung vom Weibe auf den Mann. 

9. Diese Regression ermöglicht es ihm, die beiden stärksten Liebes- 
empfiudungen jegliches Menschen zu Mutter und Ich gleichzeitig zu geben 
und zu empfangen, daher die Hartnäckigkeit, mit der die Fixierung an den 
Mann vom Urning festgehalten wird. 


Gerichtliche Psychiatrie. 

Ref.: Dr. Hugo Marx, Gerichtsarzt, Berlin. 

1. Amschi, Alfred, Wichtigmacher. Groß’ Arch. 64. (1/2.) 110. 

2. Becker, Ueber den Verfall in Geisteskrankheit von Personen, an denen ein Verbrochen 
begangen wurde. Vrtljschr. f. geriohtl. M. 49 . (1.) 76. 

3. Borchardt, L.. Selbstverletzung am Schädel und Gehirn, Mschr. f. P&ych. 38. (3.) 
184. 

4. Borri, Lorenzo, Mentalitä medico-clinica e mentalitä-giuridica. II Morgagni. Xo. 2. 

p. 55. . 

5. Bouinan, K. H., Betrunkenheitedelikto vom medizinischen Standpunkte. I)e Weg- 
wijzer. 18. 227. 

6. Derselbe, Strafrecht und in der Entwicklung zurückgebliebene Kinder. Verslag Psych. 
juiid. Goz. Januar. 

7. Breslor, J , Gerichtliches Gutachten betr. Trunksucht und krankhafte Baußchzu* 
stände. Psych. neur. Wschr. 17. (37/38.) 216. 

8. Briiggemann, Heinrich, Kasuistischer Beitrag zur Lehre vom Querulanten wahitfiar:- 
Diss. Kiel. 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


803 


9. Chavigny, P., Voluntary Mutilations of Soldiers and Medical Ethics. Paria m£d. Oct- 

10. Derselbe, Psychiatry and Legal Medicine in the Army. Paria m£d. 5. (10.) 

11. Consiglio, P., Studien über Militärpayohiatrie und -kriminologie. Die soziale Medizin 
im Heere. Zschr. f. die ges. Neur. 28. (4/5.) 384. (s. Kapitel: Allg. Symptom, d. 
Geiateakrankh.) 

12. Durand, Arthur, Ein Beitrag zur Kasuistik der hypnotischen Strafrochtafällo. Diaaert. 
Freiburg i. Br. 

13. Eiaath, Georg, Paranoia, Querulantenwahn und Paraphrenia. Zachr. f. die gea. Neur. 
29. (1.) 12. 

14. Engel, Hermann, Gefälligkeitsgutachten. M. Klin. No. 9. p. 249. 

15. Derselbe, Gerichtlicher Schutz ärztlicher Gutachten, ibidem. No. 12. 

16. Frerich, Heinrich, Beitrag zur forensischen Beurteilung der Melancholie. Diss. 
Kiel. 

17. Fürnrohr, 1. Fall von pathologischem Rauschzustand. 2. Fall von Paranoia (Ent¬ 
ziehung der Gestellungspflicht). Vereinsbeil. d. D. m. W. S. 1176. 

18. Ga de li us, Simulation och sinnessjukdom. AHmänna Svens ka Läkaretidningen. 
No. 29. 

19. Göring, M. H., Die Gemeingefährlichkeit in psychiatrischer, juristischer und soziolo¬ 
gischer Beziehung. Heft 10: Monographien d. Neurol. Berlin. Julius Springer. 

20. Hellwig, Albert, Aberglaube und Zurechnungsfähigkeit. Mschr. f. Krimin.-PsychoL 
11. (7.) 379. 

21. Hickson, W. J., Relation of Propfhebephrenia and Dementia Praecox to Crime. 
Illinois M. J. Oct. 

22. Hoffarth, Josef, Die gemeingefährlichen Geisteskranken. Diss. Gießen. • 

23. Hughes, C. H., The Harrison Anti-Narcotic Law. Its Help and its Harm.' The Alien, 
and Neur. 36. (2.) 155. 

24. Jenkins, H. E., Mental Defectives at Naval Disciplinary Barraeks, Port Royal. S. C. 
Unit. States Naval M. Bull 9. (2.) 211. 

25. Kastan, Max, Forensisch-psychiatrische Beobachtungen an Angehörigen des Feld¬ 
heeres. D. m. W. No. 25. p. 734. 

26. Keedy, Edwin K., Insanity and Criminal Responsability. (Fourth Report of 
Committee B of the Institute.) The J. of the Am. Inst, of Crim. Law. 6. 

27. Kerr, P. M., The Mental Status of Roland P., The Alien, and Neur. 36. (2.) 131. 

28. Kinberg, An den S. K. tillrakneligheten. (Svenska Läkaresälskapets Handlingar. 
1914. Bd. 40. Heft 2. 

29. Kindlmann, J., Entlarvung von Taubheit und Schwerhörigkeit Simulierenden. Wien, 
klin. Woch. No. 39. S. 1069. 

30. Knapp, Philip Coombs, Criminal Responsability. J. of the Am. Inst, of Crim. Law. 
6. (4.) 571. 

31. Kramer, O. M., Prevalence of Syphilis in Penal Institution. Illinois M. J. Oct. 

32. Kuhlgatz, Wilhelm, Selbstmord und Verbrechen bei Melancholie nach den in den 
Jahren 1901—1905 stattgehabten Aufnahmen. Diss. Kiel. 

33. Leppmann, Psychiatrische und nervenärztliche Sachverständigentätigkeit im Kriege. 
Zschr. f. ärztl. Fortbldg. No. 22. S. 673. 

34. Lieske, Hans, Die geminderte Zurechnungsfähigkeit nach dem neuesten Stand der 
Strafgesetzreform. (Zum j üngst beendeten Entwurf eines Deutschen Strafgesetzbuches.) 
J. f. Pöych. u. Neur. 21. (5/6.) 247. 

35. Meitzer, Ein Fall von Entmündigung wegen Geistesschwäche. Zschr. f. Schwach«. 
35. (12.) 181. 

36. Meyer, Dementia praecox mit krankhafter Selbstanschuldigung. Vereinsbeil. d. D. 
m. W. 1916. 42. 57. 

37. Derselbe, Pseudologia phantaotiea bei einem Psychopathen mit psychogenen Anfällen, 
ebd. p. 842. 

38. Meyer von, Schauensee, Übe.’ die Bedeutung des anatomisch-pathologischen 
Elements für die Diagnose der Geisteskrankheit, speziell mit Rücksicht auf die Hand¬ 
lungsfähigkeit der Apoplektiker. Mschr. f. Krim.-Psychol. 11. (7.) 383. 

39. Moel i, C., Weitere Bemerkungen über die Rechtsverhältnisse der in Anstalten gelangten 
Geisteskranken in Preußen. Ein Nachtrag zu No. 26 des Jahrg. 1913. S. 449. ebd. 
11. (8.) 417. 

40. Mönkemöller, Zur forensischen Wertung der Simulation psychischer Krankheiten. 
Groß’ Arch. 63. (2—3.) 134. 

41. Moravcsik, E. E., Die Rolle der Gefangenschaft in der Aetiologie der Geisteskrank¬ 
heiten. Strafrechtl. Arb. 1914. Budapest. 

42. Möring, Guido, Ein Beitrag zur forensischen Bedeutung der Depressionszustände. 
Dissert. Kiel. 

43. Motte, de la, Zwei forensische Fällo. Neurol. Zbl. p. 590. (Sitzungsbericht.) 

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804 


Gerichtliche Psychiatrie. 


44. Neubeck, Siegfried, Forensisches über erbliche Belastung und Degenerierte. Dias. 
Bonn. 

45. Nöthen, Franz Josef, Einige bemerkenswerte Fälle von unerlaubter Entfernung. 
Diss. Bonn. 

46. Orth, Fall von Simulation. Vereinsbeil, d. D. m. W. p. 936. 

47. Patschke, Franz, Über arteriosklerotische Psychosen in gerichtlicher Beziehung. 
Vrtljschr. f. ger. M 3. F. 50. (2.) 206. 

48. Porteous, C. A., und Robinson, H. V., Expert Testimony by Alienists and Neuro- 
logists. Am. J. cf Insan. 71. (4.) 

49. Prasse, Erich, Zur strafrechtlichen Beurteilung des alkoholischen Eifersuehtswahns. 
Diss. Kiel. 

50. Quadri, G., Klinischer Beitrag zur Kenntnis des Infantilismus. D. Arch. f. klin. M. 
117. (3.) 332. (s. Kapitel: Morbus Basedow, p. 473.) 

51. Reichel, Hans, Zur Pseudologia phantastica. Groß’ Arch. 62. (3—4.) 376. (vgl. 
Kapitel: Kriminalanthropol.) 

52. Richter, Die Frage der Dienstfähigkeit und Zurechnungsfähigkeit bei der erethischen 
Form des angeborenen Schwachsinns. D. militärärztl. Zschr. No. 1/2. p. 13—25. 
(Allg. Besprechung.) 

53. Rosanoff, A. J., A Program of Psychiatric Progress. Med. Rec. 87. (8.) 299. 

54. Schlapp, Max G., and Hollingworth, Leta Stetter, The Mentally Defective as Casee 
in the Courts of New York City. Med, Rec. 87. (9.) 337. 

55. Schuurmans Stekhoven, J. H, Unsere Irrengesetzgebung. Psych. en neur. Bl. 
19. 550. • 

56. »Sicard, J. A., Simulation of Nervous Affections; Simulation Continued After Recovery 
from Actual Affections; Simulation of Deaf and Dumbness. Paris m^d. Oct. 23. 

57. Slingenberg, J., Über die forensische Bedeutung des Krieges. Verslag PBych. jurid. 
Gez. 27. März. 

58. Simons, D., und Bouman, L., Die Bedeutung K. Heilbronners für die forensische 
Psychiatrie. Psych.-j urist. Ges. 16. Jan. 

59. Specht, Zur Psychopathologie der Fahnenflucht. Münch, med, Woch. p. 267. 

(Sitzungsbericht.) 

60. Straß mann, Neuere Erfahrungen über Kindesmord. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. 12. 
(24.) 737. 

61. Susini, T., and Aquino, P. B., Medicolegal Testimony in Case of Dementia Praecox. 
Semana Med. Jan. 

62. Sutherland, W. D., Note on Two Thousand, Six Hundred and Forty-Three Medico* 
Legal Cases, in which Six Thousand, Five Hundred and Sixty-Six Articles, Suspected 
to be Blood Stained w'ere Exaxnined. Indian J. of M. Res. Oct. 

63. Thumm, M., Beitrag zur Kasuistik und Bewertung der Heimwehdelikte. Zschr. 
f. die ges. Neur. 28. (1.) 80. 

64. Többen, Heinrich, Ueber die individualisierende Behandlung der vermindert Zu¬ 
rechnungsfähigen im Strafvollzug. Zschr. f. M. Beimte. No. 6. p. 161. 

65. Vogt, Adolf, Über hysterische Psychosen und ihre forensische Beurteilung. Diss. KieL 

66. Wassermeyer, M., Übersicht über die in der Psychiatrischen und Nervenklinik zu 
Kiel in den Jahren 1901—1910 einschließlich behandelten und begutachteten Marine- 
angehörigen. Arch. f. Psych. 55. (3.) 713. 

67. Weber, L. W r ., Die Fähigkeit zur freien Selbstbestimmung bei der Wahl des Aufent¬ 
haltsortes. Allg. Zschr. f. Psych. Bd. 71. 

68. Weber, Richard, Über die Bedeutung der psychischen Hemmungen für die Beurteilung 
durch Schul- und Gerichtsärzto. Zschr. f. Medizinalbeamte. H. 5. 

69. Westphnl und Hübner, Über die Objektivierung von Bewegungon und sprachlichen 
Äußerungen zu klinischen und forensischen Zwecken. Allg. Zschr. f. Psych. 71. 171. 

(Sitzungsbericht.) 

70. Wilhelm, E., Die forensische Bedeutung der männlichen Impotenz. Zschr. f. Sexual- 
wiss. 2. (3.) 73. 

71. Williams, F. E., Legislation for Insana in Massachusetts, with Pärticular Reference 
to Voluntary Admission and Temporary Care Laws. Boston M. a. S. J. 173. (20.) 

72. Wolf fensperger, W. P., Ein Fall von Dämmerzustand mit Vergehen wider die Kriegs¬ 
disziplin. Milit. geneesk. Tijdschr. 19. 42. 


Allgemeines. 

Moeli (39) bespricht die neuerdings in dieser Frage ergangenen Ent¬ 
scheidungen des Oberverwaltungsgerichts. Fiir eine große Anzahl von 
Kranken, insbesondere für diejenigen, die sich ohne jeden Zwang in die 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


805 


Anstalt begeben, liegt keineswegs die Notwendigkeit vor, die Bestimmung 
über die Aufnahme im voraus der Polizei zu übertragen. Es würde dem 
praktischen Bedürfnis entsprechen, in solchen Fällen die Entscheidung durch 
ein Gericht herbeiführen zu können, sobald irgend ein Einspruch gegen 
die Aufnahme erhoben wird. Schwieriger ist es, die Klageberechtigung für 
diejenigen Anstaltskrauken zu ordnen, bei denen eine Änderung der Ge¬ 
schäftsfähigkeit nicht gerichtlich festgestellt ist. Die Verwahrung in Anstalten 
durch Gerichtsbeschluß anläßlich eines Strafverfahrens als sichernde Ma߬ 
nahme steht in Aussicht; indessen werden daneben auch weiterhin An¬ 
geschuldigte etwa auf Grund des § 203 StPO, in die Anstalten eingeliefert 
werden. Bei diesen Kranken könnte durch Ausbildung der jetzigen Ge¬ 
setzesbestimmungen und der Vorschriften über die Tätigkeit der Polizei 
dem Rechtsschutze wohl genügt werden. Bei derartigen Neuordnungen wäre 
eine einheitliche Regelung für das ganze Reichsgebiet dringend erwünscht. 

{Marx.) 

Im Anschluß an^die Mitteilung eines Gutachtens dos Luzerner Sani¬ 
tätsrats und dessen Überprüfung durch Professor v. Monakow vertritt 
Meyer v. Schauensee (38) seine Auffassung, daß Krankheit, Verbrechen 
und Sünde der gleichen Wurzel entstammen, und daß es daher eine gemein¬ 
same Aufgabe der Ärzte, Juristen und Theologen sein müsse, für die Ent¬ 
fernung dieser Fremdkörper aus dem Organismus der Menschheit zu sorgen. 

{Mara :.) 

Többen (64) kommt zu dem Ergebnis, daß ein vorschriftsmäßiger 
Strafvollzug und eine individualisierende Behandlung sich wohl miteinander 
vereinigen Tassen. Praktisch ist dieses Prinzip in dem neuen Jugendgefängnis 
zu Wittlich mit Erfolg durchgeführt. Die Stellung eines Gefängnisdirektors 
fordert vor allem, nach den Worten Charpentiers, einen erfahrenen Geist, 
der unter den verschiedenen Verbrecherklassen zu unterscheiden weiß. 

{Marx.) 

Hughes (23) bespricht die Vorteile und Nachteile des Harrisonschen 
Gesetzes gegen den Mißbrauch narkotischer Mittel. Dabei vermißt der Ver¬ 
fasser Warnungen vor den üblichen Folgen solcher Mittel, andrerseits über¬ 
sieht das Gesetz die Schwierigkeiten und Gefahren, die mit der plötzlichen 
Entziehung solcher Mittel bei gewohnheitsmäßigem Gebrauch derselben ver¬ 
bunden sind. 

Engel (15) teilt eine gerichtliche Entscheidung mit, die den Gutachter 
gegen die so häufigen unsachlichen Angriffe und persönlichen Verdächtigungen 
seitens der Parteien in Schutz nimmt. {Marx.) 

Engel (14) veröffentlicht 4 Atteste eines Hausarztes, die er zum 
Zwecke der Rentenerlangung ausstellte, und die in der Tat den ominösen 
Charakter des Gefälligkeitsattestes tragen. {Marx.) 

Die Resultate der außerordentlich gründlichen Studie über die Ge¬ 
meingefährlichkeit werden von GÖring (19) folgendermaßen zusammengefaßt: 
Es erscheint angebracht, einen Unterschied zu machen zwischen Individuen, 
die gemeingefährlich im engeren Sinne, gemeinschädlich und gemeiustörend 
sind. Diese Gruppierung hängt nicht nur von der Handlung als solcher, 
sondern auch von der Art und Häufigkeit ab; ferner sind die Gesinnung 
des Täters bei Geistesgesunden und der krankhafte Zustand bei Geistes¬ 
gestörten zu berücksichtigen. Bei vielfach Vorbestraften ist es nicht 
schwer, die Gesinnung zu erkennen, desto schwerer bei erstmals Bestraften. 
Hierbei spielen die Delikte als solche keine ausschlaggebende Rolle. 
Die Beurteilung der Jugendlichen ist besonders schwierig, da sie leicht 
beeinflußbar sind; von manchen Jugendlichen kann man aber schon sicher 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


behaupten, daß sie gemeingefährlich sind. Geisteskranke können ganz 
plötzlich gemeingefährliche Handlungen begehen, ohne daß etwas vorher 
darauf hindeute. Diese Fälle sind selten; in anderen Fällen hat man den 
dringenden Verdacht, weil Dämmerzustände, Anfalle und Erregungszustände 
voraufgegangen sind. Warnende Krankheitssymptome sind Sinnestäuschungen, 
Verfolgungs-, depressive und Eifersuchtsideen und auf die Sinnestäuschungen 
beruhende Abwehrreaktionen. Viele gemeingefährliche Handlungen werden 
nur durch oinen Reiz von außen hervorgerufen, einen besonders gefährlichen 
Reiz übt der Alkohol aus. Die Dauer der Gemeingefährlichkeit ist schwer 
zu bestimmen, sie kann aufhören mit der Genesung resp. Besserung des 
Kranken, mit Hinzutreten körperlicher Gebrechen, mit Fortfall der aus¬ 
lösenden Reize, durch Änderungen auf sexuellem Gebiete. Es gibt daher 
Menschen, die nur zeitweise gemeingefährlich sind. Es gibt Menschen, die 
nur gegen bestimmte Personen gemeingefährlich sind. 

Im zweiten Abschnitt bespricht der Verfasser die Behandlung und 
Bekämpfung der Gemeingefährlichkeit. Das wichtigste und einschneidenste 
Mittel ist die Internierung; sie muß nur da angewendet werden, wo sie 
unbedingt erforderlich ist. Die Internierungsmöglichkeit soll für gemein¬ 
gefährliche Verbrecher und geistig Minderwertige von unbeschränkter Dauer 
sein. Die Internierung braucht nicht in festen Häusern zu geschehen. 
Die Aufnahme in die Irrenanstalt erfolgt sehr oft zu spät. Eine be¬ 
sondere Vorsicht ist bei der Entlassung für die Alkoholisten am Platze. 
Alle Entlassungen sollen nur auf Widerruf erfolgen. Die Mitwirkung 
der Verwaltungsbehörde oder des Gerichts bei all diesen Maßnahmen 
ist sehr zweckmäßig, da alle Verhältnisse dadurch besser geklärt werden. 
Entlassene Gemeingefährliche sollten stets entmündigt sein. Statt der Inter¬ 
nierung wird man in vielen Fällen mit der Aufenthaltsbeschränkung der 
Entfernung aus der Familie, der Unterbringung der Kinder in einer fremde 
Familie oder Erziehungsanstalt auskommen. (Jacobsohn.) 

Die Unterbringung von gemeingefährlichen Geisteskranken in einer Heil¬ 
anstalt auf Grund des § 31 der preußischen Novelle vom 11. Juli 1891 hat 
eine Reihe von Streitigkeiten zwischen den Landarnienverbänden und der 
Polizei hervorgerufen, die das preußische Oberverwaltungsgericht zuungunsten 
der Landarmenverbände entschieden hat. Diese oberverwaltungsgerichtiichen 
Entscheidungen stehen hinsichtlich der Hilfs- und Anstaltspflegebedürftigkeit 
gemeingefährlicher Geisteskranker im Widerspruch mit der ständigen Recht¬ 
sprechung des Bundesamtes für das Heimatwesen. Hoffarth (22) untersucht 
in vorliegender Arbeit, ob die Landarmenverbäude in Preußen verpflichtet 
sind, eine gemeingefährliche Person auf Grund der oben angeführten Novelle 
in Fürsorge zu nehmen. (Jacobsohn.) 

Hellwig (20) führt aus, daß bei Handlungen, die aus abergläubischen 
Motiven begangen werden, die Psychiater in ihren Gutachten zu großes 
Gewicht auf diese Motive legen und daraufhin den Angeklagten für geistes¬ 
krank erklären. Das sei aber ein Fehler, denn es uuterliege keinem Zweifel, 
daß selbst krasse abergläubische Vorstellungen keinerlei Rückschluß auf die gei¬ 
stige Verfassung des betreffenden Individuums gestatten, daß sie jedenfalls 
es nicht ermöglichen, hieraus allein auf eine pathologische Veränderung des 
Geisteszustandes zu schließen. Daraus folge, daß auch das Handeln gemäß 
diesen abergläubischen Vorstellungen an und für sich noch nichts Psycho¬ 
pathisches ist, daß infolgedessen also das abergläubische Motiv einer Straftat 
als Symptom einer geistigen Erkrankung des Verbrechers nicht verwertet 
werden kann. Als Beleg kritisiert der Autor einen in den Jahrbüchern für 
Psychiatrie Bd. 3 von 0. Schwartzer mitgeteilten Fall. (Jacobsohn.) 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


807 


Für die psychiatrische Bewertung des Begriffes der freien Selbst¬ 
bestimmung bei der Wahl des Aufenthaltsortes sind nach Weber (67) fol¬ 
gende Gesichtspunkte maßgebend: Der Sacherständige muß von der an¬ 
fragenden Behörde genau zeitliche Angaben verlangen und in seinem Gut¬ 
achten genau angeben, für welchen Zeitabschnitt der von ihm angenommene 
Geisteszustand gilt. Die geistige Reife dos normalen 16 jährigen Durch¬ 
schnittsmenschen (armenmündiges Alter) kann als Maßstah für den Geistes¬ 
zustand gelten, der eben noch ausreicht, um die freie Selbstbestimmung bei der 
Wahl des Aufenthaltsortes zu ermöglichen. Die Unfähigkeit zur freien Selbst¬ 
bestimmung ist nicht ohne weiteres identisch mit einer der anderen gesetzlich 
festgelegten Formen oder Grade von Geisteszuständen (Willensunfreiheit, 
Geisteskrankheit oder Geistesschwäche, Geschäftsunfähigkeit). Auch wenn 
von anderen richterlichen Behörden ein Mensch wegen seiner geistigen 
Störung als unzurechnungsfähig oder geschäftsunfähig bezeichnet, oder wenn 
er durch Richterspruch entmündigt ist, kann daraus allein noch nicht die 
Frage seiner Unfähigkeit zur freien Selbstbestimmung in der fraglichen Zeit 
sprechen. Der Sachverständige kann aber weiter als Maßstab für seine Be¬ 
urteilung die Tatsache benutzen, daß zu der fraglichen Zeit der Geistes¬ 
zustand im Sinne des § 6 des BGB. Entmündigten gleich war; denn diese 
Zustände stehen der geistigen Entwicklung eines Kindes unter 7 Jahren 
gleich, schließen also auch die geistige Reife des armenmündigen Alters 
aus. Entmündigung wegen Geistesschwäche oder Trunksucht oder beschränkte 
Geschäftsfähigkeit reicht für sich allein noch weniger aus, um die Unfähigkeit 
zur freien Selbstbestimmung nachzuweisen, wenngleich auch hier diese Un¬ 
fähigkeit gelegentlich bestehen kann. Keine klinisch umschriebene Form 
der Geistesstörung schließt prinzipiell die Fähigkeit zur freien Selbstbe¬ 
stimmung aus. Es muß jeder Fall einzeln geprüft werden. Neben den er¬ 
wähnten Altersstufen, die hierfür als Maßstäbe dienen können, muß das 
richtige Erkennen und Wollen bezüglich der Wahl des Aufenthaltsortes 
geprüft werden, d. h. ob der Kranke ein Verständnis für den Unterschied 
der beiden Orte hat und danach selbständige Entschlüsse treffen kann, 
welche der Lage der Verhältnisse und dem Zwecke entsprechen. Der 
Nachweis, daß diese Fähigkeit aufgehoben ist, läßt sich führen, indem man 
zeigt, daß ausgesprochen krankhafte Vorgänge das Erkennen und Wollen 
stören, oder indem man an konkreten Tatsachen zeigt, daß der Kranke dazu 
unfähig ist. Ein durch Geisteskrankheit bedingte wirtschaftliche oder so¬ 
ziale Unselbständigkeit schließt allein schon die Fähigkeit zur freien Selbst¬ 
bestimmung aus. Außer durch den inneren Vorgang einer geistigen Er¬ 
krankung kann die freie Selbstbestimmung auch durch äußeren Zwang auf¬ 
gehoben sein, dahin gehören alle die Fälle, in denen eine Anordnung einer 
öffentlichen Behörde, z. B. der Polizei, den Aufenthalt eines Menschen be¬ 
stimmt, auch Unterbringung eines Geisteskranken wegen Gemeingefährlichkeit 
in einer Irrenanstalt auf polizeiliche Anordnung, wenn dieser Kranke auch 
vermöge seines Geisteszustandes noch die Fähigkeit der freien Selbst¬ 
bestimmung besitzt. Dagegen ist die durch einen Vormund veranlaßte 
Unterbringung eines entmündigten Geisteskranken oder Trinkers in eine 
Anstalt zum Zweck der Heilung kein Zwang im Sinne des Gesetzes. 

( Jacobsohn.) 

Auch bei psychisch normalen Menschen beobachtet man, wie Weber 
(68) ausführt, eine große Zahl von zweckwidrigen, unsinnigen verbreche¬ 
rischen oder gar verrückten Trieben. Der Mensch an und für sich ist zu 
jedem Verbrechen veranlagt. Alle Triebe werden durch die psychischen 
Hemmungen geregelt, entweder ganz unterdrückt oder in einer dem Charakter 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


des einzelnen angepaßten Weise zur Ausführung gebracht. Die psychischen 
Hemmungen beruhen auf der physiologischen Tätigkeit anatomisch vor¬ 
gebildeter Organe, die in hohem Maße entwicklungsfähig sind. Alle Hem* 
mungen dienen in letzter Instanz der Erhaltung der Art und der Person; 
sie sind entwicklungsgeschichtlich aus den Urhemmungen (Fortpflanzung und 
Selbsterhaltung) abzuleiten. Die Kenntnis dieser Tatsachen ist wichtig, sowohl 
für die Erziehung der Kinder, als für die Beurteilung der Verantwortlichkeit 
bei Straftaten und Verbrechen, besonders Jugendlicher. ( Jacobsohn .) 

Rosanoff (53) bespricht die gesetzgeberischen Maßnahmen, welche für 
die Geisteskranken und Schwachsinnigen im Laufe der Zeit in den Ver¬ 
einigten Staaten erlassen worden sind, und welche Wirkungen diese Ma߬ 
nahmen ausgeübt haben. (Jacobsohn.) 

Leppm&nn (33) bespricht die Geistes- und Nervenkrankheiten im 
Kriege vom Gesichtspunkte der ärztlichen Sachverständigentätigkeit Von 
gutachtlichen Fragen kamen 1. die Diensttauglichkeit, 2. die Dienst¬ 
beschädigung und 3. die Verantwortlichkeit für disziplinwidrige oder nach 
dem Militärstrafgesetzbuch strafbare Handlungen in Betracht. Interessant 
ist die Erfahrung, die der Autor gemacht hat, daß die geistig Minderwertigen 
sich im Kriege besser bewährt haben, als es nach ihrer mangelhaften Be¬ 
währung in Friedenszeiten vorauszusehen war. L. teilt die geistig Minder¬ 
wertigen in drei Gruppen: erstens diejenigen, bei denen der Verstand im 
allgemeinen mangelhaft entwickelt ist, also die im allgemeinen geistig 
Schwachen. Die zweite Gruppe bilden diejenigen, die zwar ein genügendes 
Quantum an Verstandeskraft haben, aber bei denen gewisse qualitative 
Störungen dieses Verstandeslebens die Minderwertigkeit bedingen, also Bi¬ 
zarrerien des Gedankenganges, Überwuchern der Phantasie, einseitiger Fana¬ 
tismus, also Paranoide, die, wie das Volk sagt, halb verrückt sind. Die 
dritte und größte Gruppe sind die Minderwertigen, bei denen geistige Mangel¬ 
haftigkeit sich hauptsächlich im Gemütsleben zeigt, also die chronisch Ver¬ 
stimmten, die Reizbaren und infolgedessen auch im privaten Leben die 
Unsteten, die Stimmungswechselnden. Von diesen haben im Kriege die zur 
ersten und zweiten Gruppe gehörenden am besten ausgehalten, während 
die zur dritten Gruppe gehörenden zum Toil elend gescheitert sind. 
Besonders gute Erfahrungen will L. mit den Epileptikern gemacht haben, 
natürlich mit solchen, die nur selten, aber dann typische Anfälle haben. 
Viele geistig Schwachen und auch die minderwertigen Epileptiker reifen 
nach der Pubertätszeit nach und können sich dann gut bewähren. Zu den 
Geisteskranken, bei denen eine Dienstbeschädigung oft ausgeschlossen werden 
konnte, gehörten Katatoniker, Paralytiker und Alkoholiker. Bezüglich aller 
der wirklich infolge des Krieges entstandenen Seelen- und allgemeinen 
Nervenstörungen hält L. die vergangene Zeit noch nicht für ausreichend, 
um schon ein Gutachten über die Dauer und den Umfang der Dienst¬ 
beschädigung abzugeben. Manche Fälle genesen zwar schnell, doch soll man 
gewisse Vorsicht üben und diese Leute nicht zu schnell wieder an die 
Front schicken. Ein großer Teil der kriminell Gewordenen gehört den 
geistig Minderwertigen an. Zu den Delikten gehörten die Aneignung von 
Militärdekoration und betrügerische Manipulation damit, das Wegbleiben 
von der Truppe und Widerstand gegen Vorgesetzte. Es handelte sich oft 
um Triebzustände auf dem Boden eines ausgesprochenen Schwachsinns, oder 
um Minderwertige mit Stimmungsschwankungen, oder um Alkoholiker. Den 
Schluß der Abhandlung bilden kurze Bemerkungen über einzelne bei Homo¬ 
sexuellen vorgekommene geschlechtliche Vergehen und ihre krankhafte Be*- 
Wertung. (Jacobsohn.) 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


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Die Arbeit von Lieske (34) ist eine kurze Besprechung der wesent¬ 
lichsten Bestimmungen der Strafrechtsreform über verminderte Zurechnungs¬ 
fähigkeit, wie sie von hervorragenden Juristen und Psychiatern für das neue 
Strafgesetzbuch vorgeschlagen worden sind. ( Jacobsohn .) 

Nach Erfahrungen, die Kindlmann (29) in Sprachkursen bei Er¬ 
taubten gewann, kam er zu der Überzeugung, daß der hartnäckigste und 
geriebenste Simulant bei den Übungen im Absehen vom Munde ehestens 
sich verraten muß. In sprungweiser Reihenfolge soll er 1. stimmlos Ge¬ 
sprochenes mit richtigen Mundstellungen. 2. halblaut Gesprochenes mit rich¬ 
tigen Mundstellungen und 3. halblaut Gesprochenes mit falschen Mund¬ 
stellungen ablesen. Hat er letzteres auch nur einmal fertig gebracht, so 
hat er sieh als Simulant erwiesen. ( Jacobsohn ..) 

Kinberg (28) plädiert dafür, daß der Ausdruck Zurechnungsfähigkeit 
gänzlich ans dem kriminalistischen Sprachgebrauch entfernt werden soll. 
Dieser Ausdruck ist gemäß uraltrigem Sprachgebrauch mit vielen Vor¬ 
stellungselementen teleologisch-metaphysischer Natur verbunden (Willens¬ 
freiheit, Schuld, Vergeltung u. a.). Dieser Begriffsinhalt ist auf der Annahme 
eines autonomen psychischen Zustandes beim Menschen gegründet, dessen 
Nichtvorhandensein an und für sich ohne Rücksicht auf praktische Zweck¬ 
mäßigkeitsgesichtspunkte die Anwendung der sozialen Reaktivmaßnahmen 
gegen Kriminalität, welche als Strafe bezeichnet werden, ausschließen 
würde. Vom deterministischen Standpunkte muß das Vorhandensein eines 
solchen Zustandes bestritten werden. Nimmt man mit dem Indeterminismus 
diesen Zustand an, so läßt er sich doch im konkreten Fall nicht feststellen. 
Ein Erkennen des Zurechnungsfähigkeitszustandes in diesem Sinne ist aber 
unmöglich. Durch neue Definitionen der Zurechnungsfähigkeit läßt sich ihr 
durch den Sprachgebrauch fixierter Inhalt nicht entfernen, sondern es 
werden nur reiche Möglichkeiten der Enthaltung einer für die Lösung hierher 
gehörender Fragen gefährlichen Begriffsverwirrung gegeben. Der Ausdruck 
Zurechnungsfähigkeit ist also sowohl für wissenschaftlichen wie für prak¬ 
tischen Gebrauch untauglich. 

Seines teleologisch-metaphysischen Inhaltes wegen unterhält dieser Aus¬ 
druck die gefährliche fehlerhafte Anschauung, daß es gewisse psychische 
Ausnahmezustände gäbe (Geisteskrankheiten, toxische Zustände, psychische 
Abnormitäten und Defekte), welche die soziale Verantwortlichkeit aufhöben. 
Es ist .doch nicht der Fall. Alle Menschen, die in einer Gesellschaft leben, 
gesunde und kranke, normale und abnorme, sind in gleich hohem Grade für 
ihre Handlungen vor der Gesellschaft verantwortlich, in dem Maße wie ihre 
Handlnngen gesellschaftliche Interessen angreifen. Psychische Ausnahme¬ 
zustände sind in bezug auf die soziale Verantwortlichkeit nur insoweit von 
Bedeutung, daß sie bei der Wahl der gesellschaftlichen Schutzmaßnahmen 
beachtet weyden sollen, damit diese die größtmögliche Zweckmäßigkeit er¬ 
reichen mögen. ( Kahlmeter .) 

Strassmann (60) berichtet über seine Erfahrungen über Kindesmord (bei 
oder nach der Geburt), die er in den letzten 6 Jahren gemacht hat. Er hat 
den Eindruck gewonnen, daß diese Fälle häufig zuungunsten der Beschuldigten 
unrichtig beurteilt werden, und zwar beruhe diese unrichtige Beurteilung 
hauptsächlich darauf, daß man die Erfahrungen an ärztlich geleiteten Geburten 
ohne weiteres auf die heimlich zustande kommenden überträgt. Bei diesen 
ist das Kind viel größeren Gefahren ausgesetzt und kann Verletzungen auf¬ 
weisen, die zunächst unnatürlich erscheinen, sich aber oft aus der Situation und 
dem unzweckmäßigen Verhalten der aufgeregten Kreißenden erklären. Der 
Aufregungszustand während der Geburt bei Kreißenden mit psychopathischer 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


Anlage kann eine solche pathologische Höhe erreichen, daß nicht selten 
krankhafte Bewußtseinstrübungen Vorkommen, in denen Gewalttaten aus¬ 
geübt werden, von denen die Angeklagte nachher keine klare Vorstellung hat 

(Jacobsohn.) 


Kasuistik. 

Eis&th (13) kommt auf Grund seiner Beobachtungen an dem Material 
der Irrenanstalt Hall zu dem Resultat: 

„Es gehören zu jenen paranoiden Erkrankungen, welche keine Ver¬ 
blödung im Gefolge haben, nicht bloß der Querulantenwahn und die Paranoia 
Kraepelins, sondern auch Paraphrenia systematica ohne Schwachsinn. Die 
beiden letztgenannten Krankheitstypen, das sind die Paranoia Kraepelins 
und die nicht zu Schwachsinn führende systematische Paraphrenie, sollen 
durch Erweiterung des Paranoiabegriffes zu einer einheitlichen Krankheit 
zusammengezogen werden. Das ist nicht etwa eine neue Entdeckung dessen, 
was verschiedene Psychiater schon wiederholt mit anderen Worten zum 
Ausdruck gebracht haben. Im vorausgehenden wurde mit Rücksicht auf 
eine praktische und leicht faßliche Diagnostik und Systematik, welche nicht 
nur von den Fachkollegen, sondern auch von den praktischen Ärzten und 
den Studenten unschwer erfaßt und gehandhabt werden könnten, für die 
Vereinigung der Paranoia Kraepelins mit der Paraphrenia systematica ohne 
Verblödung eingetreten. Das wäre ein Vorschlag, der zufolge gesammelter 
Erfahrungen für die Schlichtung der schwierigen Paranoiafrage gemacht 
wird, aber schon wegen der geringen Zahl der beobachteten Fälle noch 
keineswegs eine endgültige Entscheidung bedeuten kann. Sollte es sich in 
der Folge ergeben, daß eine Verschmelzung dieser beiden Krankheitstypen 
nicht zulässig wäre, „so könnte die Paranoiafrage auch in dieser Weise aus¬ 
getragen werden, daß man schlechthin sagt, zu den paranoiden Geistes¬ 
störungen, die nicht in Schwachsinn ausgehen, gehören der Querulauteuwahn, 
die Paranoia Kraepelins and die systematische Paraphrenie ohne Ver¬ 
blödung. Dabei würden die Paranoia Kraepelins und die nicht zur Ver¬ 
blödung führende Paraphrenia systematica nicht miteinander vereinigt, sondern 
nur als einander beigeordnete Psychosen aufgefaßt werden. Diese letztere 
Einteilung würde aber dieselben erklecklichen differentialdiagnostischen 
Schwierigkeiten in sich schließen, welche nach den vorausgeschickten Dar¬ 
legungen zwischen der Paranoia der Münchener Schule und der Paraphrenia 
systematica ohne Ausgang in Verblödung obwalten.“ 

Eisath fügt hinzu, daß in dieser Beziehung ein ganz einwandfreies 
Ergebnis nur dann zu erzielen wäre, wenn auch die übrigen klinischen Hilfs¬ 
facher wie die pathologische Anatomie, die Bakteriologie und die Serologie 
zur völligen Klärung der Krankheitsbilder nutzbar gemacht seien. Das sei 
aber trotz mannigfacher Versuche in befriedigender Weise bisher nicht ge¬ 
lungen, und so müsse man sich einstweilen damit bescheiden, einzelne 
Gruppen nach der Ähnlichkeit des klinischen Verlaufes und des Krankheits¬ 
ausganges zu vorläufigen Krankheitsbildern zusammenzufassen. (Mari-) 

An der Hand eines großen Materials führt Mönkemöller (40) in einer 
auch für den Juristen verständlichen Weise die Gesichtspunkte vor, die fij r 
die Frage der Simulation geistiger Erkrankungen von Bedeutung sind, br 
weist gebührend darauf hin, daß besonders das Jugendirresein gelegen^ 6 * 1 
Formen anuimmt, die leicht den Eindruck des Gekünstelten machen. Üb er ’ 
treibungen kommen dabei nicht selten vor. Eine besondere Rolle spiel* 1 das 
Vorbeireden bei der Simulation; jedenfalls darf das Symptom des Vorbei- 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


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redens niemals allein als beweisend für eine geistige Erkrankung gelten. 
Großartige Simulationsleistungen beobachtet man gelegentlich bei der Pro¬ 
duktion von Krampfanfällen. Immer muß man daran denken, daß auch der 
wirklich Geisteskranke nicht aufhört zu lügen, namentlich wenn er vor seiner 
Erkrankung ein Stammgast der Gefängnisse gewesen ist. Nie darf man ver¬ 
gessen, auch neben einer nachgewiesenen Simulation nach krankhaften Zügen 
zu forschen, die man selten vermissen wird. Im übrigen werden diejenigen 
Krankheitsformen namentlich gemacht, die simuliert zu werden pflegen. 

(Marx.) 

Gadelius (18) teilt zwei Fälle von „simulierter Simulation“ bei Geistes¬ 
kranken mit. Der erste Fall betrifft einen Gewohnheitsverbrecher, der bei 
mehreren Gelegenheiten, wo er im Gefängnis gesessen, eine akute unzwei¬ 
deutige Psychose bekommen hat. Verwirrtheitszustand mit Halluzinationen 
und verschiedenen der Katatonie verdächtigen Symptomen (Nahrungsver¬ 
weigerung, Unsauberkeit). Während einer solchen Krankheitsperiode in die 
psychiatrische Klinik übergeführt, klärte sich dort sein Zustand rasch auf, 
und er erklärte nun bestimmt, er habe seine ganze Krankheit simuliert, um 
einer Bestrafung zu entgehen. Er gab auch an, daß er die Nahrungsaufnahme 
in der Absicht verweigert habe, um dadurch krank zu werden. Gadelius weist 
darauf hin, daß in diesem Falle die Krankheit sich gewisseimaßen durch einen 
Willensakt einstellt, der „das ganze in Gang, nicht aber in Szene setzt“. 
Dieser Willensakt ist wie der Druck auf einen Knopf, der ein Schützen¬ 
wehr in die Höhe gehen läßt; das hervorbrechende Wasser ist eine Sache 
für sich, so auhh die Geisteskrankheit,, die aus Anlage und Disposition 
durch einen Willensakt zur Entwicklung kommt. Der Patient hatte all¬ 
mählich die Erfahrung gemacht, daß die Psychose jedesmal ausbrach, wenn 
sein Ernährungszustand herunterging, und dieser Tatsache bediente er sich, 
um, wenn nötig, die latente Psychose auszulösen. Die Diagnose in diesem 
Falle ist nach Gadelius unzweideutig: es ist eine hysterische (Opportunitäts-) 
Psychose. 

Der andere Fall betraf einen Rekruten, der, ohne vorher den mindesten 
Anlaß zu Beschwerden gegeben zu haben, eines Tages ein disziplinarisches 
Versehen beging, dessentwegen er Arrest erhielt. Im Arrestlokal führte er 
sich eigentümlich auf, zeigte sich immer verwirrter und wurde in die psychia¬ 
trische Klinik übergeführt. Bei der Ankunft dort erklärte er seinen Vor¬ 
namen nicht zu wissen, sich auch seines Alters oder des Namens seines 
Heimatortes oder des Namens seiner Eltern nicht zu erinnern. Am folgenden 
Morgen bat er, mit den Ärzten allein sprechen zu dürfen, zeigte sich nun 
vollständig klar und erklärte, seine ganze Krankheit simuliert zu haben, um 
von dem Militärdienst loszukommen, der ihm in hohem Grade mißfiel. Auch 
dieser Fall stellt nach Gadelius eine unzweifelhafte hysterische Psychose 
dar, die sich auf der Unterlage einer angeborenen Affektlabilität entwickelt. 
Der Patient hatte die militärische Laufbahn betreten, getrieben von Ehrgeiz 
und um in der Welt vorwärts zu kommen, fühlte sich aber bald bezüglich 
der Vorteile, die er erwartet hatte, enttäuscht und wurde außerdem von 
starkem Heimweh erfaßt. Unter zunehmender Verstimmung bängt er ver¬ 
zweifelten Plänen nach, sich um jeden Preis aus seiner gegenwärtigen 
Lage zu befreien, wobei der Ausweg, den Geisteskranken zu spielen, seine 
Phantasie beschäftigt. Nach einer Periode der Überreizung kommt die 
Psychose zum Ausbruch. Obwohl die hysterische Geisteskrankheit in einer 
ihrer typischsten Formen ihrer Natur nach eine Opportunitätspsychose ist, 
die sich dem Anschein nach auf Bestellung einfindet, ist sie nichtsdesto¬ 
weniger eine wirkliche Geisteskrankheit, und von Simulation kann nicht die 


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Gerichtliche Paychiatrie. 


Rede sein, wenngleich unterbewußte Willensfaktoren, die sich an einen instinkt- 
artig aufgefaßten Vorteil anknöpfen und daher schicksalsbestimmend wirken, 
mit wünschenswertester Deutlichkeit beim Ausbruch der Krankheit wirksam 
sind. ( Kahlmeter.) 

Wassermeyer (66) hat 234 in der Kieler Psychiatrischen Klinik beob¬ 
achtete Fälle durchgearbeitet. Gegenstand einer besonderen Bearbeitung 
waren diejenigen Fälle, in denen die Alkoholfrage eine entscheidende Rolle 
spielte. 24 Fälle sind es, in denen ein pathologischer Rauschzustand mit 
mehr oder minder großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden maßte. 
Diese 24 Fälle werden eingehend dargestellt. Unter den 20 Fällen, bei 
denen die Diagnose als hinreichend sicher gelten konnte, befanden sich 
7 Offiziere und 13 Mannschaften. Bei den Offizieren handelte es sich 
dreimal um Neurastheniker, einer war Hysteriker und zwei Psychopathen; 
drei waren ausgesprochen chronische Trinker. Von den 13 Mannschaften 
waren fönf epileptisch, drei hysterisch, zwei schwachsinnig und drei Psycho¬ 
pathen. (Marx.) 

Borchardt (3) berichtet über einen interessanten Fall, den auch der 
Referent als Arzt am Untersuchungsgefängnis zu Berlin mitbeobachtet hat. 
Ein 21 jähriger Mann hatte sich der versuchten Erpressung schuldig gemacht 
und wurde nach längerem Suchen verhaftet. Im Gefängnis zerschlug er 
zunächst sein Glas, zerbrach seinen Löffel und gab an, Stücke dieser Gegen¬ 
stände verschluckt zu haben. Dann brachte er sich eine schwere Verletzung 
am linken Auge bei, und schließlich trieb er sich eiuen 4 cm langen Nugel 
in den Schädel ein. Das linke Auge ging zugrunde. Die* Eintreibung des 
Nagels hatte einen Gehirnabszeß zur Folge, der chirurgisch geöffnet wurde. 
Der Tod des Mannes konnte durch den Eingriff aber nicht verhiudert 
werden. Borchardt hält einen psychischen Krankheitszustand für vor¬ 
liegend und denkt in erster Linie an Hysterie bei einem von Haus aus 
schwer degenerierten Menschen. (Marx.) 

Die Inauguraldissertationen von Prasse (49), Vogt (65) und Brüggemann 
(8) liefern interessante kasuistische Beiträge zur Kenntnis der im Thema 
genannten Psychosen. Prasse behandelt den alkoholischen Eifersuchtswahn, 
Vogt die hysterischen Psychosen und Brüggemann den Querulanten wahn. 

Patschke (47) gibt eine Darstellung der arteriosklerotischen Seelen¬ 
veränderung. Die wesentlichsten Erscheinungen sind: Die eigenartige Ge¬ 
dächtnisschwäche, die Schädigung der Merkfähigkeit, der Aufmerksamkeit, 
des Gedankenablaufs, die Beeinträchtigung der Kritik und Urteilskraft ver¬ 
bunden mit schneller Ermüdbarkeit, wahnhafte Gedankengänge mit Beein- 
trächtigungs- und Verfolgungsideen, Bewußtseinstrübungen, Halluzinationen 
und Illusionen. In gemütlicher Hinsicht interessieren besonders: Die depres¬ 
siven und melancholischen Zustände, die Ungleichmäßigkeit der gemütlichen 
Ansprechbarkeit, der mitunter sehr ausgesprochene Egoismus, das Sinken 
der ethischen Gefühle, das Fehlen von Hemmungen uud eine beträchtliche 
Reizbarkeit; andrerseits der Mangel au Initiative und die Bestimmbarkeit des 
Willens. Dazu kommen Veränderungen der Schrift und Sprache, sowie die 
mannigfachen körperlichen Begleiterscheinungen. Von Wichtigkeit ist ferner 
der wechselnde von Remissionen unterbrochene, schubweise Verlauf. Der 
Autor betrachtet dann die Bedeutung der arteriosklerotischen Psychosen in 
zivilrechtlicher und strafrechtlicher Beziehung. (Jacobsohn.) 

Kuhlgatz (32) berichtet über 142 Fälle von Melancholie, die in den 
Jahren 1901 bis 1905 in der Psychiatrischen Klinik in Kiel aufgeuonmien 
wurden. Auffallend ist, daß von den 103 Frauen und 39 Männern nur 
2 Männer mit dem Strafgesetz in Konflikt gekommen waren. Dagegen haben 


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Gerichtliche Psychiatrie. 


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50 Frauen und 10 Männer Selbstmord versucht; 4 Frauen führten mit Erfolg 
Selbstmord aus. Besonders auffällige Formen des Selbstmordes wurden nicht 
beobachtet. In 27 Fällen kam es zu zweimaliger, und unter diesen in 
8 Fällen zu drei- und mehrmaliger versuchter Selbsttötung. Von den Selbst¬ 
mördern waren 40% Arbeiter, 60% aus dem Mittelstände und 10% Ge¬ 
bildete. Die Untersuchungen Kuhlgatz’ zeigen, wie dringend die Melan¬ 
choliker der Anstaltsbehandlung bedürfen. (Marx.) 

Amschi (1) berichtet von einem Wichtigmacher, der ausnahmsweise 
etwas Gutes stiftete. Er befreite einen sonst angesehenen Mann von dem 
Verdachte, einen auf ihn ausgeübten Baubanfall erdichtet zu haben, indem 
er den Täter zur Anzeige und Bestrafung brachte. (Marx.) 

Thnmm (63) teilt einen von ihm beobachteten Fall von Heimweh-' 
delikt einer Dreizehnjährigen mit. Das Mädchen legte einen Brand an, um 
aus ihrer Dienststelle entlassen zu werden. Das Mädchen stand kurz vor 
dem Eintritt der Pubertät. Es handelte sich bei der Angeklagten um eine 
empfindsame Übertreibung neuropathischer Züge, die sich auch bei deren 
Mutter und Geschwistern fand. Für solche Fälle, wie den vorliegenden, 
empfiehlt Thumm die Heranziehung des § 56 an Stelle des § 51 StGB. 

(Marx.) 

Becker (2) weist darauf hin, wie außerordentlich selten in den Irren¬ 
anstalten die Frage geprüft wird, ob der Verfall in Geisteskrankheit auf 
ein Verbrechen zurückzuführen ist. Unter diesem Gesichtspunkt hat Becker 
die Insassen der Irrenanstalten Weilmünster und Herborn untersucht. Er 
fand im ganzen 7 hierher gehörige Fälle, die er ausführlich mitteilt, nebst 
einem 8. Fall, den er selbst in eigener Praxis im zivilrechtlichen Verfahren 
beobachtete und begutachtete. (Marx.) 

Aus Kastan’s (25) Beobachtung ergibt sieb der von ihm selbst ge¬ 
zogene Schluß, daß die verbrecherischen Handlungen im Felde eine große 
Eintönigkeit zeigen. Es handelt sich um Achtungsverletzungen oder tät¬ 
lichen Angriff, oder, beim Fehlen stärkerer Affektbetonung, um Entfernung 
von der Truppe, die übrigens nie im Gefecht stattfand. Meistens waren 
die Delinquenten Psychopathen, hei denen gewöhnlich der Alkohol eine 
auslösende Rolle spielte. (Marx.) ' 

Wilhelm (70): Die männliche Impotenz hat im Strafrecht eine 
weit geringere Bedeutung als im Zivilrecht. Eine besondere Bedeutung für 
die forensische Psychiatrie weist die Arbeit nicht auf. (Marx.) 

Ken (27) berichtet von einem schwachsinnigen 19 Jahre alten Mörder, 
der geistig auf der Stufe eines 11jährigen Knaben steht, auf Grund einer 
defekten Konstitution. Der Mörder war zur Tat angestiftet und mußte, 
kraft seines Defektes, der Beeinflussung leicht unterliegen. Die Erkenntnis 
für die Strafwürdigkeit seiner Handlung fehlte. In dieser Beziehung besaß 
er nicht mehr Einsicht als ein Kind von 4 Jahren. Gleichwohl verurteilte 
die Jury den Angeklagten als schuldig des Mordes. Kerr kritisiert ein 
derartiges Gerichtsverfahren, das die Würdigung eines Zustandes geistiger 
Schwäche unmöglich machte. Der Mörder sollte zwar nicht in Freiheit 
gesetzt, er sollte bestraft werden, aber nicht mit einem tötenden, sondern mit 
einem heilenden Strafmittel, mit lebenslänglicher Verwahrung. (Jacobsohn.) 

Von den beobachteten Fällen, die Schlapp (54) mitteilt, waren 58% 
geistig Minderwertige, die in entsprechende Anstalten verwiesen wurden. 
Die Mehrzahl der 520 Untersuchten gehörten dem Pubertätsalter an. Natur¬ 
gemäß waren die weiblicheu Delinquenten an Delikten gegen die öffentliche 
Sittlichkeit stärker beteiligt als die männlichen, umgekehrt hei den Gewalt¬ 
tätigkeiten. 68% der Untersuchten besuchten zur Zeit ihrer Straffälligkeit 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


Schulen. Nur 28 von 520 wurden für ganz normal befunden. Unter den 
Schulpflichtigen waren 48 % geistig defekt. Die große Mehrzahl zeigte 
körperliche Mängel oder Krankheiten. ( Jacobsolm .) 

Der bei einem Entmündigungsgutachten beschriebene Fall Meltzer’s 
(35) ist nur deswegen von Interesse, weil hier eine präzise Diagnose ge¬ 
fordert und doch nicht gestellt werden konnte, weil es bei dem kriminell 
gewordenen Geistesschwachen zweifelhaft war, ob er unter die Kategorie 
Dementia praocox oder unter die der psychopathischen Minderwertigkeit mit 
Debilität eingereiht werden konnte. In einem Zustande leichter Bewußtseins¬ 
hemmung und Angst," der mit einem durch Gelenkrheumatismus erworbenen 
Herzfehler zusammenhing, hatte der Betreffende seinen erst vor kurzem ge¬ 
pachteten Gasthof in Brand zu setzen versucht, um sich auf diese Weise 
von allen drückenden Verpflichtungen zu befreien. — Da es dem Richter 
weniger auf eine medizinische als auf eine das Wesen des zu Entmündigenden 
kennzeichnende kurze praktische Diagnose ankam, wurde er als „gemein¬ 
gefährlicher Schwachsinniger“ bezeichnet. ( Autoreferat .) 

Möring (42) führt vier Krankengeschichten an, um zu zeigen, wie 
häufig gerade die Depressionszustände und der mit diesen verbundene Affekt 
es sind, die die Straftat und den Konflikt mit dem Strafgesetzbuch zur 
Folge haben. ( Jacobsohn ..) 

In der Mitteilung von Darand (12) handelt es sich um zwei Mädchen, 
die wegen verschiedener körperlichen Beschwerden vom Arzt zwecks Heilung 
hypnotisiert wurden, und die nach dem Erwachen aus der Hypnose den Arzt 
beschuldigten, in der Hypnose verbrecherische sexuelle Delikte gegen ihre 
eigene Person verübt zu haben. Da es sich um hysterische Mädchen handelte, 
so wurden die Aussagen der Mädchen als unglaubwürdig bezeichnet. 

( Jacobsohn .) 

In der Arbeit von Frerich (16) handelt es sich um Kindesmord von 
seiten der an Melancholie leideuden Mutter. ( Jacobsohn .) 


Therapie der Geisteskrankheiten. 

Ref.: San.-Rat Dr. B. Asch er-Berlin. 

1. Albertiui, A., La cura medico-pedagogica degli alunni anormali psiohici © la Sciiula 
„Z. Trevos“ a Milano. Boll. dell© din. No. 5 . p. 214. 

2. Alt, Konrad, Im deutschen Heere während des Krieges aufgetretene psychische Störungen 
und ihr© Behandlung. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. No. 11—12. p. 331, 365. (Nichte 
Besonderes.) 

3. Bonh oeffer und Mooli, Obergutachten der Kgl. Wissenschaftlichen Deputation für 
Medizinal wesen van 17. Juni 1914 (J.-No. 21 C), betreffend Verantwortlichkeit des 
Irrenarztes für den Selbstmord einer (veistoskranken. Vrtljschr. f. gerichtl. M. 3. F. 
49 . (2.) 177. 

4. Bors um A., Das Lazarett in einer Anstalt. 1). Irrenpfl. 19 . (3.) 68. 

5. Derselbe, Die Arbeitsstätten in den Anstalten, ebd. 19. (7.) 185. 

6. Derselbe, Einiges über Bäder, ebd. 19. (9.) 239. 

7. Bouman. Die Resultate dor Behandlung der Dementia paralytica und der Tabes. 
Ned. Tijdsehr. v. Geneesk. 59 . (I.) 1485. 

8. Braune, Aus dem Bericht über die Verwaltung der Westpreußischen Provinzial-Heil - 
und Pflegeanstalt zu Conradstein für das Rechnungsjahr 1913. Psych.-neurol. Wschr. 
16 . (47/48.) 399. 

9. Bremen, Rudolf v., Über Lumbalpunktionen bei der progressiven Paralyse mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung der Salvarsantherapio. Diss. Kiel. 

10. Brosler, J., Aus dem XXVIII. Jahresbericht der oborbayerischen Heil- und Plege- 
anstalt Gabors©©. Psych.-neur. Wschr. 17. (11/12.) 65. 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


815 


11. Bresler, J., Die neueste Literatur über Typhusbehandlung, insbesondere über 
spezifische, ebd. 17. (13/26.) p. 77, 87, 97, 108, 129, 138, 148. 

12. Derselbe, Heil- und Pflegeanstalten für Pöychischkranke in Wort und Bild. II. Band. 
1. Abt. Halle a. S. C. Marhold. (Allg. Darstellung.) 

13. Briggs, L. V., and Stearns, A. W., Recent Extension of Out-Patient Work inMassachu- 
cetts State Hospitals for Insane and Feebleminded. Am. J. of Insan. 72. (1.) 

14. Brown, Sänger, Measures for Promoting the Nutrition in the Psychoses. The J. of 
• the Am. M. Ass. 64 . (24.) 1977. 

16. Buder, Die Aufgaben des Stationspflegepersonals. Die Irrenpfl. 19. (8.) 202. (Titel 
besagt den Inhalt.) 

16. Büttner, Gecrg, Fürsorge für Schwachbegabte Kinder auf dem Lande. Zschr. f. 
jugendl. Schwach». 8. (1.) 71. 

17. Derselbe, Neueinführung einer Hilfsschullehrerprüfung für Preußen ibidem, p. 1. 
(Abkürzung der Prüfungsordnung f. Hilfsschullehrer.) 

18. Cotton, H. A., Treatment of Paresis and Tabes Dorsalis by Salvareanized Serum. 
Am. J. of Insan. 72. (1—2.) 

19. Craig Colony, Twenty-first Annual Report of the Managers and Officers cf the 
Craig Colony for Epileptics Sonyea, Livingston County. N. Y. Albany. J. B. Lyon 
Company. 

20. Crothers, T. D., Inebriate Hospitals. Med. Rec. 88. (21.) 873. 

21. Curwen, John, The Propositicns of the Association of Superintendent» of American 
Hospitals for the Insane. The Alien, and Neur. 36. (1.) 45. 

22. Dees, Bekämpfung infektiöser Krankheiten in Anstalten. Zschr. f. die ges. Neur. 
28. (1.) 65. 

23. Dercum, F. X., The Tools cf Our Trade. The Indications Presented by Mental Disease 
and the Means at Our Command for Meeting Them. The J. of the Am. M. Ass. 64. 
(11.) 878. 

24. Derselbe, Treatment of Mental Affections as They Are Met with in General Practico. 
New York M. J. 101. (11.) 

25. Derlien, J., Heimatkunde in der Hilfsschule. Zschr. f. Schwachs. No. 4—5. p. 60, 77. 

26. Deventer, van, Regeling van het tcezicht op de geesteszieken buiten krankzinnigon 
en idiotengestichten. Psych. en. neurol. Bl. No. 3. p. 250. 

27. Dewey, R., Neuropathie and Psychopathie Hospitals with Reference to Medical 
Teaching. Alb&ny M. Ann. No. 1. 

28. Ellikon, 26. Jahresbericht dor Trinkerheilstätte zu Ellikon an d. Thur für das Jahr 1914. 
Zürich. 

29. Ellis, C. C., Preinstitutional Care of Insane. Illinois M. J. June. 

30. Enge, J., Ratgeber für Angehörige von Geisteskranken. D. Irrenpfl. 19. (7/11.) 169, 
197, 227, 253, 281. (Titel besagt den Inhalt.) 

31. Ercolani, P., La cura della pazzia. Gazz. degli Osped. Aug. 26. 

32. Evans, B. D., State Care of Insane. New Jersey. M. S. J. Dec. 

33. Evans, V. D., u. Mikels, F. M., Therapeutic and Economic Value of Diversional 
Occupation. Am. J. of Insan. 72. (2.) 

34. Eygroan, H. C., Institutional Stapfe. Am. J. of Insan. 72. (2.) 

35. Fabinyi, Rudolf u. Selig, Arpad, Versuche zur Behandlung der progressiven Paralyse. 
Orvosi Hetilap. No. 9—10. (Ungarisch.) 

36. Feldhof, Aus dem Bericht der Landes-Irren-Heil- und Pflegeanstalt Feldhof zu Graz. 
Psych. neurol. Wschr. 16. (49/50.) 409. 

37. Fischer, Max, Die Erwerbsfürsorge für Kriegsinvalide an unseren Heil- und Pflegean¬ 
stalten. ebd. No. 51/52. p. 420. 

37a. Fischer, Jahresbericht dor Großherzoglich-Badischen Heil- und Pflegeanstalt für 
die Jahre 1913—1914. Karlsruhe. Macklot. 

38. Fisher, E. M., Needs of Insane in New Jersey. New Jersey M. S. J. Aug. 

39. Fraenkel, L, Aetiologie und Therapie von Frauenkrankheiten bei Irren. M. Klin. 
No. 29—30. o. 799, 828. 

40. Friedlaeuder, Erich, Einige Erfahrungen mit Morphium-Scopolamin und Trivalin 
rosp. Trivalin-Hyoscin bei der Behandlung schwerer Erregungs- und Angst zustande. 
Pßych.-neur. Wschr. 17. (35/36.) 283. 

41. Frost, H. P., Occupation of Patient» in State Hospitals for Insane. Mod. Hosp. Sopfc. 

42. Fuchs, E., Einfluß der Staaroperation auf die Intelligenz. Zbl. ges. Augenhlk. 39. 
(11/12.) 206. 

43. Gahagan, H. J., Care of Insane Under Illinois State Board of Administration. Illinois 
M. J. Oct. 

44. Gibson, G., Gynecologic Operation» on Insane. New York M J. 101. (17.) 

45. Gudden, Beginnende Behandlung psychischer Erkrankungen im Felde. Münch, mod. 
Woch. 62. (50.) 1730. F. B. 


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816 Therapie der Geisteskrankheiten. 

46. Grzywo-Dybrowski, Lumina] bei epileptischer Demenz. Medycyna. 1914. No. 33. 

47. Haberkant, Johannes, Das Bewahrungshaus in Hördt (Elsaß). Pöych.-neur. Wschr. 
17. (11/12.) Ö9. 

48. Haines, E. L., Therapeutic Value of Occupating for Insane. Boston AL and J. S. 
Oct. 14. 

49. Hajdu, Lilly, Anwendung der Organotherapie bei Dementia praecox. Gyögyaszat. 
No. 38. (Ungarisch.) 

50. Hammond, Graeme M., und Sharpe, Norman, The Treatment of Paiesis by Injectionß 
of Neosalvarsan into the Lateral Ventricle. The J. of the Am. JL Ass. 65. (25.) 2147. 

51. Harrington, A. H., Organization of Domestic Departments of State Hospital for 
Insane at Howard. R. J. Mod. Hosp. Aug. 

52. Hauff. Helene, Der Krieg und die Krankenpflege. D. InenpfL No. 12. p. 300. 
(Nichts Besonderes.) 

53. Dieselbe, Zur Beschäftigung der Kranken, ebd. No. 10. p. 239. (Nichts Besonderes.) 

54. Dieselbe u. Hauff, Gertrud, Zur Beschäftigung der Kranken, ebd. 19. (9.) 241. 
(Nichts Besonderes.) 

55. Heinicke, W., und Künzel, W., Zur kombinierten Tuberkulin-Quecksilberbeh&ndlung 
der progressiven Paralyse. Arch. f. P&ych. 55. (2.) 527. 

56. Hudovernig, Carl, Zur Therapie der Alkoholpsychosen. Neurol. Zbl. No. 16. p. 596. 

57. Hughes, Chas. H., Psychiatry in the Dietary. The Alien, and Neur. 36. (1.) 36. 

58. Hurd, H. W., Care of Cases of Mental Disease in General Hospitals. Mod. Hosp. July. 

59. Jackson, J. Allen, Infoctious Diseases of the Intra-Mural Insane: Their Prevention 
and Treatment. Med. Rec. 88. (18.) 740. 

60. Derselbe, Hydrotherapy in the Treatment of Mental Diseases: its Forms, Indieations, 
Contraindications and Untoward Effects. The J. of the Am. M. Ass. 64. (20.) 1650. 

61. Kendall, W. L., What Are We Doing and What Should We Do for the Feebleminded! 
The J. of the Am. M Ass. 65. 1845. (Sitzungsbericht.) 

62. Kirmssee, M., Dr. Montessoris „selbsttätige Erziehung“. Zschr. f. Schwache. H3—1 
p. 37, 53. 

63. Derselbe, Die Gesellschaft zur Förderung der Schwach- und Blödsinnigenbildung. ebd. 
No. 10. S. 149. 

64. Knapp, Philip Coombs, The Treatment of Cases of Mental Disorder in General Hospi¬ 
tals. Boston M. a. S. J. 1914. 170. (17.) 637. 

65. Kolter, Kathy, Die Mahlzeiten der Nerven- und Geisteskranken. D. Irrenpfl. No. 12. 
p. 294. (Nichts Besonderes.) 

66. Le h m, Kurt, Über die Stimmbildungsmethode von Professor Eduard Engel-Dresden und 
ihre Durchführbarkeit in Hilfs- und Normalschulen. Zschr. f. Sch wachs. No. 8. p. 117. 

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69. Massarotti, V., Salvarsan in Treatment of Progressive Paralysis. Policlinico. Sept. 5. 

70. May, J. V., Some of More Recent Problems Connected with State Care of Insane. Am. 
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72. Mc Caf f erty, H. W., Insanity and its Present Day Treatment. Pennsylv. M. J. March. 

73. Mc Carthy, Daniel J., Value of the Psychopathie Hospital. The J. of the Am. M. Ass. 
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74. Mo Dougall, C. S., Brief History of Care of Insane in Ohio. Ohio State M. J. June. 

75. Melchior, F. A. jr., Is gezinsverpleging van krank sinnigen in Nederland mogelijk en 
wenschelijk? Psyeh. en neurol. Bl. No. 4/5. S. 426. 

76. Moeli, C., Die Fürsorge für Geisteskranke und geistig Abnorme nach den gesetzlichen 
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Ein Handbuch für Arzte und Vorwaltungsbeamte Halle a. S. C. MarhokL 

77. Mohr, Fritz, Zur Entstehung, Vorhersage und Behandlung nervöser und depressiver 
Zustandsbilder bei Kriegsteilnehmern. M. KJin. No. 22. p. 607. 

78. Morgenthaler, W., Bemischos Irrenwesen. Von den Anfängen bis zur Eröffnung des 
Tollhauses 1749. Bern. Gustav Grunau. 

79. Mos her, J. M., Treatmont of Mental Disease in General Hospital Mod. Hosp. 5. (5.) 

80. Müller-Schürch, E. Herrn. Die badische Irrenfürsorgegesetzgebung. Schweiz 

Zbl f. Staats- u. Gemeindeverwltg. 1914. 15. (4.) 

81. Neff, J. H., Practical Treatment of Inebriety in State Institution. Boston M. and S. 

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82. Nießl von Mayendorf, Die Krankheiten des Rückbildungsalters und des Seniums. 
Fortsch. d. M. 38. (4/5.) 33, 41. 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


817 


$3. Oetter, Über eine erfolgreiche Behandlungsmethode bei Nerven- und Geisteskranken. 
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84. Petersen, Joh., Anstalts- und Familienerziehung. Fortschr. d. Kinderaohutzes. 1. 
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85. Placzek, S., Selbstmord verdacht und Selbstmordverhütung. Leipzig. Georg Thieme. 

86. Porten, Emst von der, Zur Behandlung des Delirium tremens mit Veronal. D. m. W. 
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-87. Raecke, Entwicklung und Stand der houtigen Irrenpflege. D. Irrenpfl. No. 3—6. 
p. 57, 93, 128, 141. 

£8. Reformatsky, N. N., Care and Transportation of the Insane among a Troops in 
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89. Aus dem Bericht über die Rheinischen Provinzial-Heil- und Pflegeanstalten 
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90. Rogers, E. J. A., Evolution and Present Status of Mental Thorapeutics. Colorado M. 
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91. Royster, L T., Custodial Care of the Feebleminded. The J. of the Ant M. Ass. 66. 

2192. ( Sitzungsberieht. ) 

92. Rütte, J. L. C. G. A. te, Ist die Zunahme der Ausgaben für unsere Irrenanstalten 
motiviert, ist Ersparung möglich? Holländ. psych.-jurist. Ges. 

93. Salmon, Thomas W., True and False Economy in the Care of the Insane. Albany M. 
Ann. 36. (4.) 151. 

94. Sanz, E. Femandez, La blenorragia como causa de enfermeda des mentales y 
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95. Sawyer, C. W., Occupation for Mental Cases Düring Institutional Care. Mod. Hosp. 
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96. Schnitzer, Herbert, Die Einriohtung für schwererziehbare Fürsorgezöglinge. Zschr. 
f. jugendl. Schwache. 8. (1.) 5. 

97. Schnitzler, J. G., Geisteskranke und ihre Pflege. Amsterdam. J. H. de Bussy* 

98. Schultz, J. H., Über die Massregeln gegen Bazillenträger in den Anstalten für Geistes¬ 
kranke. (Kritische Übersicht.) Vrtljschr. f. gerichtl. M. 3. F. 49. (2.) 310. 

99. Schuurmans Stekho ven, J. H., Huize Padua in Boekel. Pöych. en neur. Bl. 19.564. # 

100. Serejski, M., Klinische Erfahrungen mit Diogenal, einem neuen Beruhigungsmittel 

D. m. W. No. 32. p. 942. (S. Kapitel: Medikament. Ther. p. 521.) 

101. Solle, W. H., Removing Visible Restraint from Harmless Insane. Lancet-Clinio. 
July 3. 

102. Stearns, A. W., Reoent Extension of Outpatient Work im Massachusetts Hospitals 
for Insane. Boston M. and S. J. 167. (15.) 

103. Stedman, Henry R., Operation of Massachusetts Laws for Hospitals Observation in 
Cases of Alleged Mental Disease and Defect. The J. of the Am. M. Ass. 65. (7.) 618. 

104. Steinebach, Richard, Über die Zerebrospinalflüssigkeit und über die Wirkung der 
Lumbalpunktion beim Delirium potatorum. D. m. W. No. 13. p. 369. 

106. Stepp, Theodor, Über Typhusträger in der Pfälzischen Heil- und Pflegeanstalt Klinge¬ 
münster. Wien. klin. Rundsch. No. 21—24. u. Wien. med. Bl. No. 13—14. 

106. Szedläk, Edmund, Heilversuche mit Natrium nuoleinioum bei progressiver Paralyse. 
Orvosi Hetilap. 1914. No. 20. (Ungarisch.) 

107. St. Getreu, Städtische Heil- und Pflegeanstalt St. Getreu zu Bamberg. Psych.-neurol. 
Wschr. 16. (43/44.) 379. 

108. Taylor, Effie J., Nursing in the Henry Phipps Psychiatric Clinic. Bull, of the Johns 
Hopkins Hosp. 26. 206. 

109. Theunissen, W. F., Die Behandeling van het delirium tremens. Nederl. Tijdschr. voor 
Geneesk. No. 1. p. 169. 

110. Tintemann, W., Das Provinzial-Verwahrungshaus zu Göttingen und seine Insassen 
in den ersten fünf Jahren seines Bestehens. Mschr. f. Krim.-Psyohol. 11. (8.) 427. 

111. Treiber, Erfahrungen über die Entlassung Geisteskranker gegen ärztlichen Rat. 
Allg. Zschr. f. Psych. 72. (1.) 100. 

112. Vedder, Edward B. and Hough, William H., Prevalence of Syphilis Among the 
Inmates of the Government Hospital for the Insane. The J. of the Am. M. Ass. 
64. (12.) 972. 

113. Waldsohmidt, J., Über die bestehenden Möglichkeiten zur Unterbringung trunk¬ 
süchtiger Personen. Mschr. f. Krim.-Psych. 11. (5/6.) 315. 

114. Weber, W., Der Dienst in der Badestube. D. Irrenpfl. No. 11. p. 265. 

115. Weygandt, W., Zum 50jährigen Bestehen der Irrenanstalt Friedrichsberg. PBych.- 
neurol. Wschr. 16. (43/44.) 375. 

116. Derselbe, Die Entwicklung der Irrenanstalt Friedriohsberg-Hamburg. Mittlgn. aus d. 
Hamb. Staatekrk.-Anst. 15. (8.) 133. 

Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1916. 52 


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8X8 Therapie der Geisteskrankheiten. 

117. Wickel, C., Zur Irrenpflege. D. Irrenpfl. No. 6. p. 147. 

118. Williame, F. E., Psychopathie Hospitals and Prophylaxis. Boston M. and S. J. No. 25. 

119. Wittig, K.., Beobachtungon beim Unterricht von Füisorgezöglingen. Zsehr. f 
Schwaehs. No. 5—6. p. 69, 92. 

120. Wouden, J. J. C. von der, Daß Delftsche Schulsystem. D. Mijs. Tiel. 

Während in den letzten Jahren die Zahl der Arbeiten, welche sich auf 
die Therapie der Geisteskrankheiten bezogen, eine enorm große war, ist sie 
im letzten Berichtsjahr erheblich zusammeugeschrumpft. Neue Mittel, ins¬ 
besondere Schlaf- und Beruhigungsmittel sind von den Fabriken kaum auf 
den Markt gebracht worden, während gerade in den letzten Jahren auf 
diesem Gebiete eine fast fieberhafte Tätigkeit geherrscht hatte. Anderseits 
sind durch den Krieg an die Ärzte andere Pflichten herangetreteu, so daß 
die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten sich gemindert hat. Daß wir aber 
gerade auf dem hier zu besprechenden Gebiete bald nach dem Kriege vou 
den Erfahrungen, die ärztlicherseits gesammelt sind, viel vernehmen werden, 
ist recht wahrscheinlich. Hört man doch mit Betrübnis, daß die Zahl der 
nervösen und auch der geistigen Erkrankungen unter dem Einfluß der Kriegs¬ 
schrecken lawinenhaft anschwillt. Dieser Tatsache gegenüber ist es beruhigeud, 
zu sehen, wie überall in Deutschland hinreichend für die nervösen und 
geisteskranken Kriegsinvaliden gesorgt wird, und daß die Prognose für den 
Verlauf der Kriegsneurosen und -psychosen im allgemeinen eine günstige ist. 

Irrenwesen im allgemeinen- 

Raecke (87) skizziert in übersichtlicher Weise den Stand der heutigen 
Irrenpflege. Es wird dabei auch der Entwicklung der Familienpflege ge¬ 
dacht. Die Bedeutung der Hilfsvereiue wird gewürdigt, auch die Beratungs¬ 
stellen für Gemüts- und Nervenkranke, wie sie jetzt in Berlin, Essen und 
Frankfurt a. M. bestehen, werden angeführt. Erörtert werden auch die Auf¬ 
gaben der Trinkerfürsorge, die Probleme, welche die Verwahrung geistes¬ 
kranker Verbrecher bieten; endlich wird auch von den Jugendstationen ge¬ 
sprochen und von der Fürsorge für Idioten und Epileptiker. Der in einer 
Monatsschrift, welche der Fortbildung des Pflegepersonals dient, veröffent¬ 
lichte Aufsatz bringt eine Übersicht über die vielfachen Ziele, welche die 
Irrenpflege hat, in einer auch für Ärzte lesenswerten Weise. 

Müller-Schürch (80) teilt mit, daß seit Jahrzehnten in der Schweiz 
die Forderung einer Irrengesetzgebuug erhoben worden ist ^Bisher haben 
nur einzelne Kantone Irrengesetze erlassen. Verf. gibt einen Überblick über 
die Irrengesetzgebung im Großherzogtum Baden und bemerkt dazu, daß das 
Gesetz im großen und ganzen befriedigen soll. Der Erlaß eines Irrenfür¬ 
sorgegesetzes wird für notwendig angesehen. Die Wissenschaft vom geistes¬ 
kranken Menschen ist in ihrer Entwicklung so weit vorgeschritten, daß maD 
eine umfassende Gesetzgebung inaugurieren kann. 

Fraenkel (39) hat mehr als 200 Geisteskranke gynäkologisch unter¬ 
sucht. Nur 18mal war der Befund vollkommen normal. Es ergab sich aber, 
daß die drei hauptsächlichsten ätiologischen Faktoren für erworbene Frauen¬ 
krankheiten Schwangerschaft, Coitus impurus und längere Zeit fortgesetzte 
Selbstbefriedigung keine besondere Rolle spielten. Aus diesem Grunde muß 
ein Zusammenhang zwischen Psychose und akquirierter Genitalinfektion negiert 
werden. Bei den Kranken mit jugendlichem Irresein oder Schwachsinn waren 
die Anzeichen des Infantilismus genitalium meistens vorhanden. Es sind 
Frauen- und Geisteskrankheit als Folge derselben Grundkrankheit, des Zurück¬ 
bleibens auf der unterentwickelten Stufe, anzusehen. Therapeutisch ist darauf 

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Therapie der Geisteskrankheiten. 


819 


hinzuwirken, daß die Funktion des Eierstocks gehoben wird. Von der Ver¬ 
vollkommnung der Organtherapie ist ein Erfolg zu erwarten. Verf. tritt mit 
diesen Ausführungen der neuerdings mehrfach ausgesprochenen Ansicht ent¬ 
gegen, daß durch die Gynäkotherapie eine Heilung von Psychosen erzielt wird. 

Bonhoeffer und Moeli (3) erörtern in einem Obergutachten die Ver¬ 
antwortlichkeit des Irrenarztes für den Selbstmord einer Geisteskranken. 
Es war zur Frage gestellt, ob es als ein Verstoß gegen die anerkannten Grund¬ 
sätze der ärztlichen Wissenschaft anzusehen sei, daß die betreffende Kranke 
in eine offene Station übergeführt sei, und ob die Beschaffenheit der offenen 
Station den Anforderungen entsprach, welche an die Unterbringung von 
Kranken der betreffenden Art zu stellen sind. Verff. weisen in ihren Er¬ 
örterungen besonders darauf hin, daß die offene Station gerade deshalb ge¬ 
schaffen ist, um in dieser alles zu vermeiden, was nach Freiheitsbeschränkung 
oder Geisteskrankenbehandlung aussieht. Im vorliegenden Fall war der 
Arzt nach Kenntnis der Vorgänge der Krankheitsgeschichte usw. berechtigt, 
die betreffende Kranke der offenen Abteilung zuzuführen. Auch dies wird 
durch Gründe belegt. So gelangen Verff. zur Verneinung der gestellten Fragen. 

Mohr (77) zieht einerseits Fälle in Betracht, bei denen die körper¬ 
liche Sphäre vorwiegend beteiligt ist, bei denen z. B. große Erschöpfung, 
abnorme Ermüdbarkeit, Schlaflosigkeit, Zittern, Herzklopfen, Parästhesien, 
Schmerzen der verschiedensten Art bestehen, andererseits Fälle, mit haupt¬ 
sächlicher Beteiligung der psychischen Sphäre in Form von Gemütsver¬ 
stimmung, psychomotorischer Hemmung, Angst- und Beklemmungsgefühlen, 
allgemeiner Reizbarkeit, Zwangsvorstellungen, Phobien usw. Die Entstehung 
derartiger nervöser Zustände führt Verf. darauf zurück, daß durch die 
Macht furchtbarer Ereignisse, dauernder höchster geistiger Anspannung 
und großer körperlicher Strapazen das feste Gefüge des Seelenlebens 
auseinandergerissen wird und daß der so betroffene Mensch instinktiv 
erfassend, daß zur Abwehr von Unlustgefühlen Schmerzäußerungen und 
Krankheiten bestimmter Art ein treffliches Mittel sind, „sich in die Krank¬ 
heit flüchtet“. Tritt der Widerstreit zwischen Pflicht und Tendenz zur 
Unlustverminderung als solcher besonders lebhaft auf, so ist das Ergebnis 
dieses Kampfes die Depression, das Gefühl inneren Gehemmtseins, eines 
Unwerts der eigenen Leistungen, einer Unfähigkeit zur Arbeit. Jede 
leiseste Organempfindung, jedes an sich schon vorhandene Gefühl einer 
gewissen Minderwertigkeit wird in abnorm lebhafter Weise empfunden, und 
es entsteht das, was vom Verf. als abnorme Reizverwertung bezeichnet 
ist. Alle diese Vorgänge können sich unter der Schwelle des Bewußtseins 
abspielen. — Solange der Krieg dauert, ist die Prognose ungünstig. Sie 
läßt sich verbessern durch eine die physische und die psychische Seite be¬ 
rücksichtigende Behandlung, deren wichtigster Teil die psychische ist. Für 
sehr wertvoll hält Verf. Erholungsheime in der Etappe, da die Heimat mit 
der die Angst der Kranken steigernden Angst der Angehörigen, mit der Ver¬ 
weichlichung durch die heimatliche Umgebung, mit der Verhimmelung der 
Zurückkehrenden ungünstig einwirkt. Die Behandlung hat in einer konsequent 
durchgeführten Psychotherapie zu bestehen; vor allem muß der Kranke über 
die Entstehung seines Zustandes Aufkläruug erlangen. Es bandelt sich 
darum, der Nerven Herr zu werden, durch eine konsequente, ius Innerste des 
Menschen eindringende, die unbewußten Regungen schonungslos aufdeckende 
Selbsterkenntnis und eine daran sich anschließende Selbsterziehung unter 
verständiger Würdigung der körperlichen Faktoren. 

Treiber (111) prüfte nach, welche Erfahrungen die Anstalt Landsberg 
mit den gegen den ärztlichen Rat Entlassenen gemacht hat, und untersuchte, 

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Therapie der Oeuteskrankheiten. 


ob sich hieraus irgendwelche allgemeine Lehren für die Entlassung der 
Kranken aus der Anstalt ergeben. Es ergab sich, daß von den 120 ent¬ 
lassenen Patienten (Männer und Frauen) nach kürzerer oder längerer Zeit 
35 zurückgebracht werden mußten. Unter diesen mußten 15 schon innerhalb 
des ersten Vierteljahres die Anstalt aufsuchen, während die übrigen sich 
länger hielten. Von den anderen nicht wieder zur Anstalt zurückgekehrten 
73 Persouen wurden 40 roll arbeitsfähig und 12 teilweise erwerbsfähig. 
Wenn man bedenkt, so führt der Autor aus, daß eigentlich nur Schwer- 
kranke gegen Revers entlassen werden, solche, die sich in hochgradigen 
Erregungszuständen befinden, Neigung zu Gewalttätigkeiten zeigen, stark unter 
dem Einflüsse von Sinnestäuschungen und Wahnideen stehen, oder aber 
hochgradig ängstliche Patienten, die selbst mordverdächtig sind bzw. schon 
ernstgemeinte Suizid versuche gemacht haben, so muß man sich immer wieder 
wundern, wie gut es mit vielen solchen Kranken draußen geht. Aus alledem 
müsse man folgern, daß man vielfach bei der Entlassung der Kranken einen 
zu strengen Maßstab anlegt. {Jacobsohn.) 

JSalmon (93) teilt mit, daß die Kosten der Irrenpflege in New York 
sich auf 6 400000 Dollar belaufen. Verf. weist darauf hin, daß diese Aus¬ 
gaben notwendig sind, und gibt einige Beispiele, wie viel mehr Ausgaben 
entstehen würden, würde man an eine Einschränkung dieser denken. Nicht 
hinreichend ist, daß nur 2 Personen sich in der Irrenkommission, welcher 
das Irrenwesen untersteht, befinden. Da es sich um 35 000 Kranke pro Jahr 
handelt, um einen Zugang von 6000 pro Jahr, muß man zumindest die 
Forderung aufstellen, daß 5 Ärzte sich in die Pflichten der Beaufsichtigung 
teilen. 

Stedman (103) befürwortet klinische Beobachtung bei Verbrechern, 
die irgendwie verdächtig auf Geisteskrankheit oder geistigen Defekt sind. 

(. Jacobsohn .) 


Trunksucht 

Crothers (20) bringt einige geschichtliche Bemerkungen über die 
Entwicklung der Trinkerasyle in Amerika. Inauguriert ist die Fürsorge 
bereits im Jahre 1809 durch den Arzt Rush in Philadelphia. Im Laufe 
der Jahre ist eine größere Anzahl von Anstalten eingerichtet worden. Es 
ist aber erforderlich, daß von ärztlioher Seite den Alkoholisten größere 
Fürsorge gewidmet wird. Ganz besonders betont Verf., daß bei derartigen 
Anstalten der richtige Mann an der Spitze steht, welcher hinreichenden 
Einfluß auf die Kranken hat. 

von der Porten (86) fordert in bezug auf die Behandlung des Delirium 
tremens, daß die Zentren der Medulla oblongata der Einwirkung des anzu¬ 
wendenden Mittels am wenigsten zugänglich seien, daß die anfängliche Reiz¬ 
wirkung auf die motorischen Zentren möglichst gering ist, daß die den Blutdruck 
herabsetzende Lähmung der Vasomotorenzentren möglichst spät oder gar nicht 
eintrete, daß keine oder nur geringe allgemeine Zellgiftigkeit vorliege und 
endlich daß keine anderen unangenehmen Nebenwirkungen vorhanden seien. 
Diesen Forderungen entspricht das Veronal am meisten, welches Mittel zu¬ 
dem von unangenehmen Nebenwirkungen frei ist. Verf. macht für diese 
Ansicht auch seine klinischen Erfahrungen geltend. Er sah einen Rückgang 
der Mortalität von 9 % auf 3,4 % auftreten, nachdem das früher ange¬ 
wandte Cbloralhydrat durch VeronaJ ersetzt wurde und Morphium und Hyoszin 
aus der Behandlung des Delirium tremens verbannt wurde. 

Die Erfahrungen, welche SteinebftCh (104) mit der Lumbsdpunktion 
bei Alkoholikern machte, waren folgende: 1. Der Druck der Zerebrospinal- 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


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flüssigkeit ist in den meisten Fällen von Delirium tremens absolut und in 
vielleicht allen Fällen relativ gesteigert. 2. Der häufig vorhandene Alkohol* 
gehalt des Liquors steht in keiner Beziehung zum Delirium. 3. Die Lumbal¬ 
punktion kürzt die Dauer des Deliriums bedeutend ab und gestaltet den 
Verlauf der Krankheit viel milder. 4. Die günstige Wirkung der Lumbal¬ 
punktion ist zum Teil wohl die Folge der Druckentlastung; wahrscheinlich 
aber spielt die Verringerung einer in der Zerebrospinalflüssigkeit enthaltenen 
Giftmenge die Hauptrolle. ( Jacobsohn .) 

Nach kurzem Hinweis auf die Alkoholpsychose als solche streift 
Waldschmidt (113) die verschiedenen Unterkunftsstätten für die Alkoho- 
listen vom allgemeinen Krankenhaus bis zur Korrektionsanstalt, um schließlich 
der sog. Trinkerheilstätte, besser: Spezialanstalt für Alkoholkranke das Wort 
zu reden; er fordert offene und geschlossene Sonderanstalten unter psych¬ 
iatrischer Leitung. Unter Betonung der Tatsache, daß der Vorentwurf zum 
neuen Strafgesetzbuch dankenswerterweise die Heilbehandlung der Triuker 
ihrer Bestrafung voraustellt, ist es bedauerlich, daß angesichts der Unzu¬ 
länglichkeit der vorhandenen Maßnahmen gegenüber trunksüchtigen Personen 
das mehrfach angestrebte Trinkerfürsorgegesetz scheinbar keine Aussicht 
auf Verwirklichung hat. Der allgemeinen Trinkerfürsorge gedenkend, hebt 
Yerf. den Standpunkt des Leiters der Königsberger Fürsorgestelle hervor, 
welcher als beamteter Arzt die Fürsorge für Trunksüchtige mit derjenigen 
für Geisteskranke, wie sie dem Kreisarzt gesetzlich obliegt, identifiziert 
Dies ist leider nicht überall der Fall, obwohl der Alkoholismus doch zu 
den Psychosen rechnet. Ara Schluß seiner Ausführungen wünscht Verf. inten¬ 
siveres Eintreten für die Trinkerheilstätten, welche den Ausgangspunkt der 
erweiterten Trinkerfürsorge bilden sollen, und zwar allgemein als auch ins¬ 
besondere von seiten der Provinzialverbände, von dem Standpunkte ausgehend, 
daß durch zweckentsprechende Repressiv- wie Prohibitivmaßnahmen im 
Kampfe gegen die Trunksucht mit ihren verheerenden Folgezuständen erheb¬ 
liche Gefahren für den einzelnen abgewendet, bedeutende wirtschaftliche 
Vorteile für Provinz und Gemeinde erwirkt werden können. {Autoreferat.) 

Hudovernig (56) behandelt die Alkoholiker mit Pilokarpin und Di¬ 
gitalis. Das erste soll die toxisch saturierten Gewebe der Alkoholiker rasch 
durchwaschen, das zweite soll das Herz kräftigen. Das Behandlungsschema, 
welches H. anwandte, war folgendes: Absolute Bettruhe in allen Fällen, 
selbst bei scheinbar intakter Herztätigkeit, ein Digitalispräparat, ferner 
während 8—10 Tagen täglich eine Injektion von salzsaurem Pilokarpin, 
dessen Anfangsdosis am ersten Tage 0,005 g, danu 0,01 g beträgt. Ferner 
bekommen die Kranken iu der ersten Woche leichte, zumeist flüssige Diät. 
Schlaflosigkeit usw. wird besonders bekämpft, Bäder werden nur ausnahms¬ 
weise gegeben. Diese Behandlung hat bei den Patienten (H. hat 15 im ganzen 
in dieser Weise behandelt) die Gesamtdauer der Anstaltsbehandlung be¬ 
deutend verkürzt, die psychische Aufhellung trat viel schneller ein und die 
prozentuale Zahl der Heilungen stieg von 58% auf 80%, die relative Zahl 
der Todesfälle sank von 28,5 % auf 6,7 %. Die Digitaliskur stellt eine 
Präventivmaßnahme gegen die bei den Alkoholikern stets drohende Herz¬ 
schwäche dar und verhindert Todesfälle, namentlich im deliranten Stadium. 

( Jacobsohn .) 


Anstalten. 

Weygandt (116) hat am Tage des 50jährigen Bestehens der Anstalt 
Friedrichsberg-Hamburg .in kurzen Worten die Entwicklung der Anstalt 
skizziert. Nachdem er die Lage der Irrenpflege im Hamburger Staatsgebiet 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


ror Eröffnung der Anstalt geschildert hat, behandelt er die Schwierigkeiten, 
mit welchen die Absicht der Errichtung einer Irrenanstalt in Hamburg zu 
kämpfen hatten. Am 17. November 1864 wurde die Anstalt eröffnet. Es 
bestand zunächst eine Zentralanstalt mit 200 Betten für heilbare und besse¬ 
rungsfähige Kranke und ein Pensionat mit 40 Betten. Der erste Leiter 
der Anstalt war Ludwig Meyer, dem jm Jahre 1866 Wilhelm Reye 
folgte. Die Anstalt litt sehr schnell an ÜberfUllung, trotz Hinzufügung von 
verschiedenen Bauten. Die Zahl der Kranken stieg manchmal auf mehr 
als 1500. Das Bedürfnis nach einer Neuerung machte sich geltend. Es 
wurde ein Umbau vorgenommen. Die Anstalt, die jetzt 1500 Kranken 
Platz bietet, kann als eine mustergültige angesehen werden. Einrichtungen 
für jegliche wissenschaftliche Forschung sind vorhanden. Für die Be¬ 
schäftigung der Kranken ist eine Reihe von Betrieben vorgesehen. Zum 
Schluß wird der Forderungen gedacht, welche der jetzige Weltkrieg an die 
Anstalt und deren Personal gestellt hat. 

Fischer (37 a): Au? dem Jahresbericht der Anstalt Wiesloch, welche 
einen Krankenstand von 1294 aufweist, ist zu erwähnen, daß ein ge¬ 
sichertes Haus in Betrieb genommen wurde und an neuen Bauprojekten ein 
Infektionshaus, ein Operatioussaalanbau, eine Liegehalle, ein Festsaalgebäude, 
eine Kirche, ein Wasserpumpwerk und ein Beamtenwohngebäude in Betracht 
kommen. Durch den Mangel von 148 Mitarbeitern hat sich der Weltkrieg 
sehr bedeutsam für den ordnungsmäßigen Betrieb der Anstalt geltend 
gemacht. 

Das Verwahrungshaus zu Göttingen ist eine einer Irrenanstalt ange¬ 
gliederte Abteilung für unsoziale Geisteskranke. Mit einer kriminellen Ver¬ 
gangenheit an sich hat die Aufnahme in das feste Haus nichts zu tuu, sie 
wird allein bedingt durch die Unmöglichkeit, den betreffenden Kranken in 
den freieren Verhältnissen einer Heil- und Pflegeaustalt zu behandeln. In 
praktischer Hinsicht liegen die Dinge freilich so, daß es sich bei der über¬ 
wiegenden Mehrzahl um verbrecherische Irre handelt. Von den 104 Kranken 
der Göttinger Anstalt, über welche Tintemann (110) berichtet, waren nur 
10 nicht oder nur in unbedeutendem Maße mit dem Strafgesetzbuch in 
Konflikt geraten. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um Schwach¬ 
sinnige. Durch die nicht frühzeitige Sicherung solcher Kranken wird großes 
Unheil angericbtet, wie T. mit mehrereu Beispielen belegt. 20 von den 
Insassen waren schon früher in Fürsorge- oder Zwangserziehung gewesen. 
Das frühzeitige Auftreten krimineller Neigungen ist das Kennzeichen einer 
ganzen Reihe von Insassen des Hauses. 59 der Insassen waren schon vor 
Vollendung des 20. Jahres bestraft, 27 % waren mit Zuchthausstrafen, z. T. 
mehrmaligen bestraft, 23% waren Vagabunden. Vortragender verbreitet sich 
noch eingehend über Geisteszustand, Art der psychischen Erkrankung der 
Insassen des Göttinger Verwahrungshauses. ( Jacobsohn .) 

Jackson (59) empfiehlt für jede Irrenanstalt eine Isolierbaracke und 
alle sonstigen bekannten sanitären Maßnahmen, um Infektionskrankheiten 
unter den Irren zu verhüten, resp. w r enn ausgebrochen, so bald und so gut 
als möglich zu unterdrücken. ( Jacobsohn .) 

Schultz (98) versucht zunächst eine kurze begriffliche Abgrenzung 
des Bazilleuträgertums zu geben. Aus einer Zusammenstellung von diesem 
Gegenstände gewidmeten Arbeiten ergibt sich, welche Bedeutung der 
Nachweiß von Bazillenträgern für die Irrenanstalten hat. Verfasser bespricht 
allsdaun die verschiedenen in Betracht kommenden Infektionskrankheiten: 
Typhus, Paratyphus, Dysenterie, Cholera, Diphtherie, Meningitis cerebrospiualis, 
Tuberkulose und Syphilis, um über die Maßregeln gegen die Bazillenträger in 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


823 


■den Anstalten Klarheit zu gewinnen. Um den Anforderungen gerecht zu 
werden, bedarf eine jede Anstalt eines bakteriologisch-serologischen Labo¬ 
ratoriums. 

Dees (22) veröffentlicht eine Korrespondenz, in welcher es sich darum 
handelt, die Ruhr- und Typhusbekämpfung in Anstalten zu ermöglichen. Es 
wurden die Krankheiten auf Bazillenträger zurückgeführt und angenommen, 
daß die Verbreitung dadurch stattfinde, daß das Eß- und Trinkgeschirr nicht 
hinreichend desinfiziert werden könne. Das hygienische Institut zu München 
gab nun einige Ratschläge, um diesen Zweck zu erreichen. In bezug auf 
die Einzelheiteu muß auf die Originalarbeit verwieseu werden. 

Haberkant (47) berichtet über die Einrichtung des im Jahre 1912 
eröffneten Bewahrungshauses, das für 42 Kranke eingerichtet ist und im 
Notfall 60 Kranke aufnehmen kann. Das Haus hat 4 Abteilungen, eine 
Wachabteiluug, eine Lazarettabteilung und zwei Abteilungen für ältere In¬ 
sassen mit je einem Arbeitsraum für Beschäftigungszwecke. Als besondere 
Sicherheitseinrichtung hat sich das Abschrägen der Ecken an sämtlichen 
Krankenräumen bewährt. Ein Verstecken neben der Tür zu etwaigen tät¬ 
lichen Angriffen ist unmöglich gemacht. In der abschrägenden Wand liegen 
die Eingangstüren mit kleinen Beobachtungsfenstern, durch die beim Durch¬ 
blick der ganze Raum gut übersehen werden kann. Der Wachdienst ist des 
Nachts als Doppelwache eingerichtet. In 10 Minuten ist der Rundgang 
zu beenden. Bei Überschreitung der Zeit alarmiert der Kontrollapparat 
selbsttätig. Die Eßgeschirre, Trinkbecher und Nachtgeschirre bestehen aus 
Papiermasse. An der Kleidung ist alles weggelassen, was zur Herstellung 
gefährlicher Gegenstände Gelegenheit geben kann. Die Bettstellen sind von 
der Firma Maquet in Heidelberg in zufriedenstellender Weise geliefert. Von 
den Beschäftigungsarten wird ungefährlichen der Vorzug gegeben. Die 
Kosten des Hauses betrugen 126000 M., die der inneren Einrichtung 4000 M. 
Das Verhältnis der Wärter zur Kraukeuzahl ist das übliche 1 : 3. 

Therapie. 

V. Bremen (9) hat in einet Reihe von Fällen von progressiver Paralyse 
festgestellt, welche Abweichungen von der Norm der Liquor aufweist, und zwar 
in bezug auf Druck, Zellzahl, Qualität und Quantität der Eiweißmenge und 
die Wassermannsche Reaktion. Ferner sucht er die Frage zu beantworten, 
ob und wie die Lumbalflüssigkeit durch intravenöse Salvarsandarreichungen 
beeinflußt wird, und ob etwaige Veränderungen klinisch im Sinne einer 
Besserung oder Verschlimmerung der Krankheit zum Ausdruck kommen. 
Nur einige der Resultate können hier erwähnt werden. Erhöhter Druck 
war bei 36,5%, stark erhöhter bei 15,4% vorhanden. Stark pathologisch 
erhöhte Werte des Eiweißgehaltes fanden sich bei 28,1% der Fälle. 
Wassermann war in 93,7 % der Fälle positiv. Nach Salvarsanbehandlung — 
hier kommen 8 Fälle in Betracht — wurde in 5 Fällen die Wassermannsche 
Reaktion im Liquor nachuntersucht. Zweimal war das Resultat unverändert, 
dreimal war das Resultat negativ. Einen Einfluß auf den weiteren Verlauf 
der Paralyse hatte die Veränderung nicht. Eine bestimmte Prognose kann 
aus der günstigen oder schlechten Beeinflussung des Liquors nicht gestellt 
werden. 

Friedländer (40) hat bei schweren Erregungs- und Angstzustäuden 
Trivalin und Trivalin-Hyoszin absolut unzuverlässig und außerdem schou 
in mäßigen Dosen nicht ungefährlich gefunden. Dagegen ist das Morphium- 
Skopolamin in einer Dosis von 0,050 bis 0,03 Morphium und 0,0005 bis 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


0,001 Skopolamin das wirksamste nnd relativ ungefährlichste Mittel zur 
raschen Conpierung dieser Zustände. Morphium und Skopolamin werden 
am besten, in 50proz. Alkohol gelöst, intramuskulär injiziert, da diese Lö¬ 
sungen absolut steril lange haltbar sind und der Alkohol gleichzeitig günstig 
auf die Herztätigkeit wirkt. In manchen Fällen ist außerdem eine gleich¬ 
zeitige Kampherinjektion zu empfehlen. 

Fischer (37) regt an, die Beschäftigungstherapie, wie sie in den ge¬ 
schlossenen Anstalten besteht, den Kriegsinvaliden zugute kommen zu lassen. 
Erstens können hier Invalide sich zu ihrem seitherigen Handwerk und Beruf 
nach Möglichkeit einüben und die alte Festigkeit zu erlangen suchen. 
Zweitens können Invalide, die wegen ihrer Verstümmelung zu einem anderen 
Beruf überzutreten gezwungen sind, hier gute Gelegenheit finden, in neuen 
Berufsarten angelernt und ausgebildet zu werden. Der Hauptvorzug liegt 
in der leicht möglichen Anpassung. 2000—3000 Krieger könnten bei der 
Menge von Anstalten in Deutschland untergebracht werden. Bedenken gegen 
das Zusammenarbeiten der geistig gesunden Krieger mit den Anstaltskranken 
dürften kaum bestehen. Eine besondere Abteilung könnte wobl in jeder 
Anstalt zur Verfügung gestellt werden. Verfasser betont auch noch den 
Liebesdienst, den die Krieger dem Irrenwesen erweisen können, indem sie 
nämlich aus eigener Kenntnis richtige Anschauungen über Geisteskranke, 
das Anstaltsleben und das Wirken der Irrenärzte verbreiten, Vorurteile zer¬ 
streuen helfen und so einer gesunden Aufklärung des Publikums die Wege 
öffnen. 

Die von Donath empfohlene Paralysenbehandlung mit Natrium nu- 
cleinicum, deren Wesen nach D. eine durch Hyperpyrese und Hyperleuko- 
zyt.ose verursachte stärkere Oxydation und damit bedingte Nervenzellen¬ 
regeneration ist, hat Szedläk (106) bei 50 ohne Auswahl behandelten 
Paralytikern versucht. Bei 5—7 tägigen Injektionen wurde die Dosis von 
1 g bis zu 5 g gehoben; später wurde das Präparat Phagozytin verwendet. 
Nach der Injektion zeigte sich während 4—5 Stunden eine Hypoleukozytose, 
danach eine auffallende Temperatursteigerung mit Hyperleukozytose, bei 
welcher die Temperatur bis zu 40°, die Zahl der Leukozyten bis zu 30000 
bis 40000 anstieg. Die Temperatursteigerung war im allgemeinen geringer 
als bei der Tuberkulinkur, demgegenüber kam es häufiger zur Abszeßbildung. 
Wassermann in Blut und Zerebrospinalflüssigkeit wurden vor und nach der 
Kur untersucht, zeigte häufige Besserung (d. h. negativen W.) aber ebenso 
wie bei den Tuberkulinkuren bloß in jenen Fällen, welche gleichzeitig mit 
Quecksilber behandelt wurden. Verf. hat die Nukleinkur bei 25 Kranken 
ohne, bei den anderen 25 mit gleichzeitiger Hg-Kur angewandt. Nach¬ 
stehend die vergleichenden Ergebnisse der zwei Behandlungsarten, bemerkend, 
daß in Klammern stehende Zahlen sich auf die Erfolge der mit Quecksilber 
kombinierten Nukleinkur beziehen: arbeitsunfähig wurden 0 (4)%, bedeutend 
gebessert 8 (36)%, geringe Besserung 24 (24)%, keine Besserung 31 (16)%, 
aus äußeren Gründen unterbrochene Kur 4 (4)%, gestorben 33 (16)%. — 
Wegen Kürze der Beobacbtungszeit kann sich Verf. über die Dauer der 
Remissionen nicht äußern. ( Hudoveruig .) 

ln Konsequenz seines in den ersten Vorlesungen über die spezielle 
Therapie der Geisteskrankheiten vertretenen Standpunktes, daß die Persön¬ 
lichkeit des Arztes die Hauptrolle bei der Behandlung des Geisteskranken 
spiele, bespricht Niefil v. Mayendorf (82) eingehend das Verhalten des 
Arztes gegenüber den einzelnen Typen der erkrankten senilen Psyche. Eine 
senile Geisteskrankheit ist ebensowenig heilbar als eine in der Jugend oder 
Reifezeit entstandene. In erster Linie trachte der Arzt den Ausbruch einer 


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Therapie der Oeiateskankheiten. 


825 


Geisteskrankeit durch eine zweckmäßige Hygiene zu verhindern. Ist der 
Geisteskrankheit so nicht vorzubeugen gewesen, so kann man nur mehr 
Symptome beeinflussen oder beseitigen. Gegen die arteriosklerotischen Psy¬ 
chosen sind die in der inneren Medizin üblichen Maßnahmen anzuwenden. 
Dieselben führt Verfasser skizziert vor. Die Internierung des Kranken in 
eine geschlossene Anstalt bedeutet für den Autor nur eine Sicherung des 
Kranken gegen sich selbst und gegen seine Umgebung. Wo es die Ver¬ 
hältnisse der Kranken gestatten, ist eine Belassung in den gewohnten Ver¬ 
hältnissen von therapeutischer Wichtigkeit. Nur dort, wo dieselben einer 
Besserung der krankhaften Erscheinungen direkt im Wege stehen, ist die 
Anstaltsbehandluug indiziert. Wie sich der Arzt gegenüber dem kriminell 
gewordenen, geisteskranken Greis zu verhalten habe, konnte nur gestreift 
werden. (Autoreferat.) 

Jackson (60) beschreibt die allgemeinen bei Geisteskranken anzu¬ 
wendenden hydrotherapeutischen Prozeduren und stellt die Kontraindikationen 
auf, welche evtl, gegen deren Anwendung im gegebenen Falle sprechen. 

( Jacobsohn .) 

Hughes (57) empfiehlt, für Geisteskranke die größtmögliche Sorgfalt 
darauf zu verwenden, daß ihre Verpflegung nicht nur eine ausreichende sei, 
sondern daß man sie ihnen auch in jeder Hinsicht angenehih gestaltet, weil 
das auf die Besserung ihres Zustandes von größtem Einfluß ist. 

( Jacobsohn .) 

Die intraventikuläre Injektion von Neosalvarsan halten Hammond und 
Sharpe (50) für die beste Methode der Behandlung der progressiven Paralyse. 
Sie ist besser als die intraspinale und auch als die subdurale Methode. Sie 
ist bei Beherrschung der Technik gefahrlos und zeitigt besonders im An¬ 
fangsstadium der Krankheit sehr gute Erfolge. ( Jacobsohn .) 

Grzywo-Dybrowski (46) berichtet über Erfolge der Luminalbehandlung 
bei epileptischer Demenz. Das Mittel hat die beträchtliche Verminderung 
der epileptischen Anfälle zur Folge auch dann, wo die Erkrankung mehrere 
Jahre oder sogar Jahrzehnte andauert. Auf den psychischen Befund übt 
das Luminal weder günstigen noch ungünstigen Einfluß. Besonders günstig 
wirkt Luminal in den Fällen von angeborener, mit Epilepsie kombinierter 
Imbezillität. Es sind bisher keine Kontraindikationen gegen Luminaldar- 
reichung zu verzeichnen. (Sterling.) 

Ausgehend von den Ergebnissen der Abderhaldenschen Unter¬ 
suchungen nimmt H&jdu (49) an, daß eine Störung, Insuffizienz der inneren 
Hoden-, Ovarien- und Schilddrüsenfunktion die Entwicklung der Dementia 
praecox erleichtert, aber nicht verursacht. Aus diesem Grunde hat Verf. 
in der Klinik Moravcsik 20 an Dementia praecox leidende Kranke mit 
Injektionen behandelt. 7 Männer, davon 5 unter, 2 über dem 20. Jahre, er¬ 
hielten abwechselnd täglich je eine Injektion von Hoden- resp. Schilddrüsen¬ 
extrakt, die 13 Frauen (davon 9 unter, 4 über 20 Jahre) je eine Injektion 
von Schülddrüsenextrakt und Glanduovin. Von den Männern wurde über 
die Hälfte gebessert entlassen; von den Frauen 6 gebessert, 1 geheilt 
entlassen, 3 stehen unter Behandlung, 3 unverändert. Obwohl die Ver¬ 
suche noch nicht abgeschlossen sind, so berechtigen doch die bisherigen 
nicht schlechten Erfolge zu weiterer Verfolgung der Therapie, um so mehr, 
da ja das Leiden selbst eine ziemlich ungünstige Prognose besitzt. 

(Hudovemig.) 

Seit dem Fuchs (42) nach Staroperation" bei alten Leuten das nicht- 
operierte Auge nur für den Tag der Operation verbindet und bejahrten 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


Kranken, falls sie nicht Abstinenten sind, etwas Alkohol in Form von Wein 
gibt, kommen Fälle von Delirium senile nach Staroperation in seiner Klinik 
nicht mehr vor. Außerdem berichtet der Autor über zwei hochbetagte 
Patienten, die infolge beiderseitigen Stares völlig erblindet, aber dabei auch 
teilnahmslos und halb verblödet erschienen. Nach der Operation, die in 
beiden Fällen ein gutes Sehvermögen erzielte, besserte sich allmählich der 
geistige Zustand beider Kranken in unglaublicher Weise. Die Fälle zeigen, 
daß Verlust des Gesichtsinnes bei alten Leuten zu geistiger Stumpfheit 
führen kann, weil das gealterte Gehirn den Verlust des Gesichtsinns nicht 
durch Mehreinsatz der anderen Sinne so ausgleichen kann, wie das jugend¬ 
liche Gehirn. {Jacobsohn.) 

In ihren therapeutischen Betrachtungen gehen Fabinyi und Selig (35) 
von der Erfahrung aus, daß sich die Verlaufsdauer der Paralyse zusehends 
verlängert, die expansive Form zugunsten der dementen stets abnimmt. Dies 
weist auf eine Verlangsamung des anatomischen Prozesses hin, und eine 
Therapie kann derzeit auch nur eine solche anstreben. Wichtig ist die je 
frühere Behandlung des Leidens. Nachdem die Erfahrungen der letzten 
Forschungen darauf hinweisen, daß die autiluetische Behandlung kombiniert 
mit einer Hyperpyrese die besten Erfolge verspricht, haben Verf. ihre Ver¬ 
suche mit dem Hydrargyrum uatrio-nucleinicum durchgeführt. Insgesamt 
wurden 21 nicht ausgewählte Fälle behandelt. Anfangsdosis 1 Kubikzenti¬ 
meter von der ßprozentigen und später 2 vou der 2 I /2P rozeut >g en Lösung; 
bei nicht zu hohem Fieber wurde die Gabe auf 6 resp. 8 Kubikzentimeter 
sukzessive erhöht. Insgesamt wurden 5 resp. 10 Injektionen gemacht, in 5-, 
bei starker fieberhafter Reaktion in 7tägigen Intervallen. Lokale Erschei¬ 
nungen: zumeist Infiltration uud Schmerz, Eiterung niemals. Allgemeine 
Reaktion: Fieber bis zu 39°, welches bis zum Ende der Kur auhielt; starke 
Lymphozytose, mit größter Zahl der Leukozyten am Tage nach der Injektion; 
in manchen Fällen wurde die anfängliche Leukopenie vou einer ständigen 
Leukozytose abgelöst. Die häufige Gewichtsabnahme während des Fiebers 
wurde später durch reichliche Gewichtszunahme eingebracht. Keine nennens¬ 
werte Veränderung in psychischer Beziehung, Wassermann blieb zumeist 
positiv, ebenso auch die Liquorreaktionen. Gesamtergebnis der Statistik: 
längere und anhaltendere Remissionen, namentlich bei beginnender Erkran¬ 
kung, Abnahme der Todesfälle um 50%. Es gelingt also, deD Krankheits¬ 
prozeß zum Stillstand zu bringen. (Hudovernig.) 

Dercum (23) gibt einen allgemeinen Überblick über die Behandlung 
der Geisteskrankheiten nach der ätiologischen und symptomatischen Richtung. 

{Jacobsohn.) 

Brown (14) unterstützt die Ernährung bei Geisteskranken besonders 
durch warme Magenpackung, von welcher er in vielen Fällen erstaunliche 
Erfolge gesehen haben will. {Jacobsohn.) 

Heinicke und Künzel (55) versuchten an 8 Paralytikern die von 
v. Wagner, v. Jauregg inaugurierte kombinierte Tuberkulin-Quecksilber-Kur. 
Einen um den anderen Tag wurde die Tuberkulininjektiou (von 0,001 g be¬ 
ginnend und bis 1,2 g steigend) gemacht, und an den Zwischentageu eine 
Injektion von Hydrargyrum succini midatum in wäßriger Lösung ohne 
Kokainzusatz in die Giutäalgegend gemacht. Die Tuberkulininjektiönen 
wurden bis zu 12 Temperaturanstiegen gemacht und von den Quecksilber¬ 
injektionen wurden ca. 25 Spritzen gegeben. Nach den Resultaten halten 
es die Autoren für berechtigt, die Versuche weiter fortzusetzen. 

{Jacobsohn.) 


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Therapie der Geisteskrankheiten. 


827 


Schwachslnnigenfürsorge. 

Schnitzer (96) hält die Errichtung von Sonderanstalten oder Sonder¬ 
abteilungen für schwer erziehbare Pürsorgezöglinge krankhafter Beschaffenheit 
für notwendig. Sie sind entweder als selbständige Anstalten oder im Anschluß 
an Erziehungs- oder Schwachsinnigenanstalten einzurichten. Nur für schul¬ 
entlassene Fürsorgezöglinge sind Sondereinrichtungen notwendig. Der bau¬ 
liche Charakter und die innere Organisation haben psychiatrische und päda¬ 
gogische Maßnahmen zu berücksichtigen. Die Disziplin der Sonderanstalt 
hat bei Beobachtung erzieherischer Grundsätze den Charakter der Kranken¬ 
anstalt zu wahren. Auch für schwer Erziehbare ist als Endziel und Über¬ 
gang in die volle Freiheit Familienerziehung anzustreben. Zur Gewinnung 
und Ausbildung eines geeigneten Erzieherpersonals sind die erforderlichen 
Maßnahmen zu treffen, auch ist auf die äußere Sicherstellung des Personals 
Bedacht zu nehmen. 

Büttner (16) empfiehlt, Kreishilfsschulen für Schwachbegabte Kinder 
auf dem Lande zu gründen. Er geht dann die Maßnahmen durch, welche 
für diese Kinder auf dem Lande bestehen. Besonders bespricht er das 
Buch von Schreff und Steinhaus: Das schwachsinnige Kind in der nor¬ 
malen Volksschule, welches den Lehrern auf dem Lande als Anleitung zur 
zweckdienlichen erziehlichen, unterrichtlichen und fürsorglichen Behandlung 
schwachsinniger Kinder empfohlen wird. ( Jacobsohn .) 


Selbstmord. 

Placzek (85) hat sich ein besonderes Verdienst dadurch erworben, 
daß er die Ursache des Selbstmordes und die Wege, ihn zu verhüten, zu 
einer breit angelegten Studie gemacht hat. Eine eingehende historische 
Einleitung des Selbstmordproblems verrät den belesenen Autor. Die anato¬ 
mische Forschungsrichtung verspricht nicht allzuvieles, zu der Lösung des 
Selbstmordproblems beizutragen. Indes wird es als berechtigt erachtet, mit 
gewisser Einschränkung die Sektionsergebnisse zu bewerten. Es wird dabei 
auf teils angeborene, teils erworbene Anomalien und Krankheitszustände 
hingewiesen. Von ganz besonderem Interesse ist der Rückblick, den Verf. 
über die Anschauung der Völker, über die Rechtsanschauung und Aufklärungs¬ 
literatur der Lehre vom Selbstmord gibt. In dem Gesetz Moses ist der 
Selbstmord überhaupt nicht erwähnt. In den attischen Gesetzen ist eine 
Bestimmung, daß derjenige, welcher nicht länger leben will, es dem Senat 
anzuzeigeu hat. Nach erhaltener Erlaubnis scheidet er aus dem Leben. 
Die römische Gesetzgebung betrachtet den Selbstmord als Unrecht gegen 
andere, nicht aber als Unrecht an sich. Das Gesetz sagte: Der, welchem 
es gefällt zu leben, darf sterben, wenn nicht etwa einer im Bewußtsein eines 
Verbrechens lieber sterben als verurteilt sein will. Die christliche Lehre 
verdammt den Selbstmord. So kam man zur Vermögenskonfiskation, zu 
einer bürgerlich infamierenden Begräbnisart des Selbstmörders, zur Exekution 
am Leichnam und zu einer Bestrafung des Selbstmordversuches. 

Der Verf. spricht des weiteren vom physiologischen Selbstmord. Er 
ist der Ansicht, daß ein solcher vorkommt; hierzu gibt er aus seiner reichen 
Erfahrung einige Beispiele. 

Recht häufig ist bekanntlich der Selbstmord bei Geisteskrankheiten 
und Melancholie. Einen ganz besonderen Anteil zum Selbstmord liefern 
die Zwangsvorstellungen, bei denen der Kranke zwar von der Unrichtigkeit 
seiner Idee überzeugt ist, sie aber nicht abschüttoln kann. Hingewiesen 
wird auch auf die affektiven Handlungen der Hysterischen, die zuweilen so 


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Referate ans der englischen Literatur. 


impulsiv handeln, daß ein vielleicht gar nicht beabsichtigter Effekt zustande 
kommt Mit Recht wird deshalb zu größter Vorsicht bei Hysterie gemahnt. 

Gefährdet sind auch die von Sinnestäuschungen betroffenen Geistes¬ 
kranken, da nie zu wissen ist, was die Stimme den Kranken aufträgt 

Bei Verhütung des Selbstmordes kommen zunächst die gleichen prophy¬ 
laktischen Maßregeln in Betracht, wie bei Verhütung geistiger Krankheit 
Verf. wünscht zu dem Zwecke unter anderem die Eheschließung unter Kon¬ 
trolle zu stellen; da aber dahingehende Gesetze nicht zu erwarten sind, so 
schlägt er vor, Beratungsstellen für Heiratbegehrende zu schaffen, die an 
Wohltätigkeitszentralen anzugliedern wären. Besonders ist auch der Kampf 
gegen den Alkoholmißbrauch aufzunehmen. Die Religion hält Verf. für 
geeignet, einen Halt zu wahren, so daß sie im Kampfe gegen aufreibende 
Selbstmordtendenzen unbewußt oder bewußt wirksam werden kann. 

Nicht ganz folgen wird man dem Verf. über seine Ansichten, die er 
in bezug auf die Verbreitung der Kultur äußert, wenn er auch mit Recht 
die Gefahren, die in dem immer stärker werdenden Konkurrenzkämpfe auf 
allen Gebieten wogen, für die Entstehung zur Selbstmordneigung erwähnt. 
Auch die Schilderung über die unerwünschten Folgen der deutschen Sozial¬ 
politik ist wohl als etwas zu schwarz ausgefallen zu bezeichnen. Es hat 
uns der Krieg gelehrt, daß unser Volk jedenfalls durch das Versieherungs- 
gesetz nicht ungünstig beeinflußt ist. Erziehung und Schule müssen dazu 
beitragen, daß das schwer erblich belastete Kind ungefährdet durchs Leben 
gehen und ersprießliche Arbeit leisten kann. Um den Selbstmord bei Sexuell- 
perversen zu verhindern, verlangt Verf. die Änderung der Gesetze. Es soll 
die homosexuelle Betätigung nur strafbar sein, wenn sie öffentliches Ärgernis 
erregt, wenn sie mit Gewalt erfolgt und wenn sie an Kindern unter 14 Jahren 
geschieht. Den Selbstmörder zu strafen, hält Verf. für eine Sinnlosigkeit. 
Ein Abschreckungsmittel bedeuten die Versagung eines kirchlichen Begräb¬ 
nisses und ähnliches nicht. Im Schlußkapitel über praktische Durchführung 
der Selbstmordprophylaxe verlangt Verf., daß die bereits vorhandenen Ideen 
der Selbstmordseelsorge folgerichtig ausgestaltet werden. Da eine über¬ 
wiegende Zahl von Selbstmordsüchtigen geisteskrank ist, muß ein nerven- 
ärztlicher Berater vorhanden sein. Jede größere Kommune hat ein ent¬ 
sprechendes Fürsorgebureau zu schaffen. 

Soviel über den reichen Inhalt der vorliegenden Studie, sie bietet dem 
Leser manche Anregung, und es ist zu erwarten, daß die Hoffnuug des Verf., 
daß er durch sein Werk Mitkämpfer gegen den Selbstmord wirbt und zu 
weitergehender Forschung anregt, in Erfüllung geht. 


Referate ans der englischen Literatur. 

Ref.: Prof. Bleuler und Dr. Brun-Zürich. 

a) Referate aus “The Anatomical Record”. Vol. 8. 1914. 

1. Glaser, On the mochanism of morphological Differentiation in the Nervus System, 
p. 525. 

2. Harvey, R. \V., A brain macrotome. p. 507. 

3. Shinkishi Hatai, On the weight of so me of the ductlese glands cf the Norwav and 
of the Albino rat aceording to sex and rarioty. p. 512. u. The Joum. of Coniparat. 
Neuro 1. Vol. 25. 

4. Smith, P. E., The development of the Hypophysis cf Amia Calva. p. 499. 


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Referate aus der englischen Literatur. 


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5. McKibben, P. S., Mast cells in the meninges of neoturus, easily mißtaken for Nerv 
cells. p. 475. 

6. Bean, R. B., A racial pecularity in the Sole of the temporal lobe of the negro brain. 
p. 479. 

Glaser (L) hat seine Stadien an Embryonen von Cryptobranchus 
allegheniensis gemacht Die Zählung von gleich dicken Querschnitten der 
Nervenplatte zu Zeiten, da sie noch dach ist, da sie halb gebogen ist und 
da sie vor der Schließung des Nervenrohres steht, ergab keine Zunahme 
der Zellkerne (da die Schnitte alle 10 ja dick sind und während dieser Zeit 
die Nervenplatte an Länge zugenommen hat, müssen doch wohl die Kerne 
sich vermehrt haben?). Während der Faltung wandert eine große Zahl von 
Nervenkernen von der ventrikulären Hälfte in die äußere (der Konvexität 
näher liegende) Seite des Bogens, und zwar in viel stärkerem Maße, als der 
relativen Zunahme des Querschnittes dieser äußeren Hälfte entsprechen 
würde. Die Volumzunahme geschieht, wie an Eiern von Rana pipiens und 
Amblystoma punctatum nachgewiesen werden konnte, durch Wasseraufnahme, 
die hauptsächlich das Nervensystem betrifft, indem am fünften Tage nach 
der Befruchtung das ganze Ei etwa 68%, das Nervensystem allein aber 
etwa 80% Wasser euthält. Durch Verbringung von Asteria-Eiern in hypo¬ 
tonisches Seewasser glaubt Verf. nacbgewiesen zu haben, daß die Größe der 
Kerne ein Index für die Größe der Wasserabsorption abgebe. Glaser 
diskutiert dann die Theorien der Faltung und vergleicht diese mit der 
Gastrulation. Die Wasserabsorption ist wahrscheinlich ein einseitiges Ober¬ 
flächensymptom, wobei die äußere dem übrigen Embryo anliegende Membran 
die veränderte wäre. Daher möchte Verf. den engeren Ausdruck Rhumblers 
„Oberflächenspannung“ durch „OberflächenWirkung“ (surface effect) ersetzen, 
der noch Raum läßt für andere Möglichkeiten als die Spannung, z. B. 
Verflüssigung der Membran. Solche Untersuchungen sind ja notwendig, um 
allmählich den Lebensprozessen näherzukommen. Aber die totale Igno¬ 
rierung dieser letzteren und die Voraussetzung eines einzigen wirksamen 
physikalischen oder chemischen Prinzipes gibt doch der Diskussion immer 
etwas Schiefes, wie wenn man die Atmung damit fertig erklären wollte, daß 
man sagt, die Lunge erweitere und verengere sich und sauge und presse 
damit die Luft aus und ein. Wenn eine Zelle einseitig Wasser auf nimmt 
oder ihre Membran einseitig ihre Durchgängigkeit ändert, so ist das doch 
nicht „die“ Ursache der Faltung, sondern eine Teilerscheinung, die mit der 
Faltung verbunden ist. {Bleuler.) 

Harvey (2) beschreibt ein einfaches und billiges Makrotom für gleich¬ 
mäßige Hirnscheiben. Als Messer dient eine geschärfte Uhrfeder. {Bleuler.) 

McKibben (5) beschreibt in der Pia des Necturus maculosus sich ver¬ 
zweigende Zellen, die der Form nach Ganglienzellen zum Verwechseln 
ähnlich sind, aber Mastzellen sein sollen. {Bleuler.) 

Nach Untersuchungen von Bean (6) ist der Temporalpol beim Neger 
schmäler und absolut wie relativ zum übrigen Gehirn kleiner als beim 
Weißen; beim Negerweibe ist er noch kleiner, aber verhältnismäßig breit. 
Wahrscheinlich ist der Hippokampus beim Neger größer als beim Weißen. 

{Bleuler.) 


b) Referate aus “The Anatomical Record”. Vol. 9. 

1. Mc Cotter, R. E., A note on the couree and distribution of the nervous terminalis in 
man. p. 243. 

2. Addison, W. H. F., The rhinencephalon of the delphin- (delphinus delphis). p. 45. 
s. auch The Joum of Comparat. Xeurol. Vol. 25. p. 497. 


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830 Referate aus der englischen Literatur. 

3. Baldwin, W. M., The action of ultra-violet rays upon the Frog's egg. I. The artifica! 
production of spina bifida p. 365. 

4. Bätes, G. A., The development of the »ympathetic nervous System in elasmobranchs. 
p. 49. 

5. Black, D., Notes on the endoeranial casts cf Ocapia, Giraffa, Samotherium. p.56 
s. auch The Joum. of Ccmparat. Neurol. Vol. 25. p. 329. 

6. Coghill, G. E., Salient features of the medulla oblongata of Amblvstoma embrvo«. 

p. 68. 

7. Barthelmez, G. R., Some ©ffects of mammalian-thyroid and thymus-glands upon 
the development of Amphibian larvae. p. 47. 

8. Gudernatsch, J. F., Feediig oxperiments on rata. p. 78. 

9. Herrick, C. J., u. Coghill, G. E., The development of reflex mechanisms in Ambly- 
stoma. p. 80. s. auch the Joum. of Coinparat. Neurol. Vol. 25. p. 65. 

10. Moodie, R. L., On the anatomy of the brain and ear c f a fjßh from the coal measuresof 
Kansas. p. 107. 8. auch the Joum. of Comparat. Neurol. Vol. 25. p. 135. 

11. Schocket, S. S., On the gross morphology, topographical relations, and innervatiou 
of the human parotid gland. p. 120. 

12. Uhlenhut, E„ Is function and functional Stimulus a factor in producing and preserving 
morphological structures? p. 170. 

13. Dockeray, F. C., Volumetrie determinations of the pari« of the brain in a human fetus 
156 mm long (erown-pump). p. 207, 

14. Reveley, J. L., The pyramidal tract in the guinea-pig (cavia aperea). p. 297. 

15. Lineback, P. E., A simplo method of brain dissection. S. 387. 

16. Horrax, G., A Study of the afferent fibers of the body wall and of the iiind lege to the 
cerebellum of the dog by the method of degeneration. p. 307. 

17. Werber, E. J., Experimental Studies aiming at the control of defective and monßtrous 
development, p. 529. 

18. Kunkal, B. W., The paraphisls and pineal region of the garter Snake, p. 607. 

19. Malone, E. F., Application of the Cajal method to tissue previously sectioned. p. 791. 


Der „Nervus terminalis“, dessen Vorhandensein beim Menschen erst¬ 
malig durch Johnston und Brockover nachgewiesen wurde, ist von 
Mc Götter (1) bei zahlreichen menschlichen Föten von der zehnten Woche 
an, sowie bei zwei daraufhin untersuchten Leichen Erwachsener makroskopisch 
aufgefunden und in seinem Verlaufe uäher studiert worden. Der Nerv ent¬ 
springt an der Gehirnbasis in der Gegend des Trigonum olfactorium und 
zieht zunächst längs der Medialseite des Tractus olfactorius zum Bulbus olf., 
woselbst er sich in einen engmaschigen Plexus auflöst, dessen Fasern aufs 
engste mit den Fila olf. kommunizieren. Dann sammelt er sich wiederum 
zu mehreren untereinander verbundenen Faszikeln, die über die laterale 
Oberfläche der Crista galli (etwas dorsal von der Lamina cribrosa) hinziehen 
und senkt sich schließlich als geschlossenes Bündel durch die letztere in die 
Nasenhöhle ein. Sein Endgebiet liegt in der Schleimhaut des vorderen oberen 
Randes des Septum, nach vorn von den Nn. vomero-nasales. ( Brun .) 

Addison (2) untersuchte beim Delphin, bei welchem Tractus und 
Bulbus olfactorius vollständig fehlen, die als „Riechhirnanteile“ geltenden 
Strukturen des Groß- und Zwischenhirus. Im Zusammenhang mit dem 
Verluste der primären Olfaktoriusendstätten fehlt hier auch die Riechrinde 
an der Basis des Frontallappens, so daß an der entsprechenden Stelle das 
Corpus Striatum bloßliegt. Dagegen ist der Lobus parolfactorius, welcher 
von Edinger mit dem ,,Oralsinn“ in Beziehung gebracht wird, deutlich 
nachweisbar, wenn auch stark reduziert. Von den verschiedenen olfakto- 
und purolfaktorischen Verbindungen zum Hippokampus ist nur das Zucker¬ 
kand Ische Bündel deutlich. Die Fimbria entspringt als zartes Band vom 
Hippokampus, der rudimentär und zvtoarchitektonisch nur schwer mit dem 
entsprechenden Gebilde der Geruchstiere zu identifizieren ist. Echte Fornix- 
fasern fehlen. Die Corpora mammillaria sind hochgradig reduziert. Dagegen 
ist das Psalterium sehr wohl entwickelt, enthält also zweifellos nicht lediglich 

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Referate aas der englischen Literatur. 


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Kommissurenfasem aus den Hippokampi. Auch die Taenia thalami und 
Taenia semicircularis sind vorhanden. Starke Reduktion der vorderen 
Kommissur infolge Fehlens ihres olfaktorischen Anteils. (Brun.) 

Baldwin (3) gelang es, vermittels ultravioletter Strahlen, bei 10 bi» 
30 Sekunden langer Exposition, kleinste Areale der Oberfläche des befruchteten 
Froscheies zu zerstören. Er fand mit Hilfe dieser Methode, daß die sogenannte 
„Proanlage“ (das organbildende chemische Material des ungeteilten Eis) für 
das Neuralrohr weder in der Dotterhalbkugel noch im Äquator, sondern an 
der Oberfläche der Pigmenthemisphäre gelegen ist und seine endgültige Lage 
und Ausdehnung durch Wanderung nach rückwärts erhält. Diese Wanderung 
erfolgt synchron mit der Lage Veränderung der dorsalen Lippe des Blastoporus, 
so daß, wenn der Ablauf dieses letzteren Prozesses durch die Gegenwart 
eines abgetöteten Dotterareals gestört wird, eine Teilung des Neuralrohrs 
in zwei getrennte Anlagen eintritt, welche später nicht mehr verschmelzen. 
Die Rouxsche Mosaiktheorie der Keimesanlagen erfährt durch diese Ex¬ 
perimente beiläufig eine Bestätigung. (Brun.) 

Bates (4) fand bei Squalusembryonen keine Anhaltspunkte für die 
Theorie, daß die neben der Aorta gelegenen chromaffinen Zellen zu sym¬ 
pathischen Nervenzellen werden. Die sympathischen Ganglien entwickeln 
sich vielmehr direkt aus den hinteren Wurzeln. Die Mitbeteiligung von 
Material aus den vorderen Wurzeln bleibt zweifelhaft, wenn auch nicht 
unwahrscheinlich. (Brun.) 

Barthelmez (7) erzielte bei Amphibienlarven durch Fütterung mit 
Thyreoidextrakt nur eine geringe Wachstumshemmung. Dagegen wurde so¬ 
wohl durch Thymus- als Lymphdrüsenfütterung (bei Froschlarven) die Ent¬ 
wicklung beschleunigt. (Brun.) 

Gadernatsch (8) fand bei Ratten, daß durch Tbyreoidfütterung beider 
Eltern in subtoxischen Dosen die Befruchtung noch mehrere Wochen nach 
Aussetzen der Behandlung verhindert wurde. Trat schließlich Gravidität 
ein, so endete dieselbe entweder in Abort, oder die Jungen starben bald 
nach der Geburt oder sie blieben im Wachstum zurück. (Brun.) 

Von der Überzeugung ausgehend, daß das Studium der funktionellen 
Hirnmechanismen von den primitivsten Verhältnissen, unter enger Berücksich¬ 
tigung der Anatomie, ausgehen sollte, untersuchten Herrick und Coghill (9) 
die fortschreitende Entwicklung der Reflexmechanismen bei Amblystoma- 
larven. Einer der am frühesten auslösbaren Reflexe ist der „Schwimmreflex“. 
Derselbe beruht auf dem Ineinandergreifen dreier Neurongruppen: 1. Peri¬ 
pherer sensorischer Neurone, deren Dendriten in der Haut und in den 
Myotonien entspringen und deren Neuriten, T-förmig in auf- und ab¬ 
steigende Äste gegabelt, das Rückenmark in seiner ganzen Länge durch¬ 
ziehen; 2. motorischer Zellen, deren Axone einen absteigenden Tractus 
anterolateralis bilden und die Myotome durch Kollateralen inuerviereu und 
3. ventralen Kommissurenfasern von den sensiblen Zellen der einen zu den 
motorischen Zellen der anderen Seite. Der Schwimmreflex ist eine so¬ 
genannte „Totalreaktion“, ohne besondere reflexogene Zone: auch sind die 
sensiblen Fasern noch nicht in exterozeptive und propriozeptive differenziert. 
Die ersten „zentralen Bahnen“ bestehen aus kettenförmigen Gliederungen 
zahlreicher relativ kurzer Neurone. — Bei halberwachsenen Larven, wo die 
Spinalganglien- und Vorderhornzellen voll ausgereift sind, kommen schon 
zahlreiche gekreuzte und ungekreuzte Teilreflexe zustande. Infolge Vor¬ 
handensein langer Bahnen, welche von spezifischen Sinnesorganen angetrieben 
werden, sind hier auch die Auslösungsmöglichkeiten schon erheblich mannig¬ 
faltiger. ln der Oblongata der Amblystomalarven sind die primären sensiblen 


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Referate aus der englischen Literatur. 


Zentren funktionell noch nicht spezifisch, sondern können mit mehreren oder 
sämtlichen sensiblen Hirnnerrenwurzeln Synopsen eingehen. Infolgedessen 
funktionieren dieselben auf dieser Stufe nicht allein als Rezeptions-, sondern 
zugleich auch als Koordinationszentren. (Brun.) 

Im N. auriculotemporalis fand Schochet (11) nahe der Teilungsstelle 
des Nerven in seine zwei Hauptäste konstant eine kleine, gangliöse An¬ 
schwellung, welche er als „Ganglion parotidis“ bezeichnet. Die peri¬ 
pheren Aste der Zellen dieses sympathischen Ganglions scheinen größtenteils 
in der Parotis zu endigen. Dasselbe dient wahrscheinlich als gemeinsame 
Endstätte viszeraler efferenter Axone des N. glossopalatinus (N. intermedius), 
welche Axone es durch Vermittlung des N. petrosus superficialis minor er¬ 
reichen. (Brun.) 

Uhlenhuth (12) transplantierte die Augen von öber 100 Larven von 
Salamandra maculosa. Es erfolgt dabei, nach einer initialen Degenerations¬ 
periode, eine weitgehende autogene Regeneration der Retina, und zwar tritt 
die Regeneration eher rascher ein, wenn die Larven im Dunkeln gehalten 
werden, als wenn sie dem Lichte ausgesetzt bleiben. Der funktionelle Reiz 
kann somit für diesen Regenerationsvorgang in keiner Weise verantwortlich 
gemacht werden. (Brun.) 

Die von Lineback (15) angegebene Methode der Gehirnsektion ist in 
erster Linie für ünterrichtszwecke geeignet, insofern als durch die Schnitt¬ 
führung, welche lediglich Inzisionen vorsieht, keine Kontinuitätstrennung der 
Teile stattfindet und ein möglichst vollständiger Einblick in die vom Pallium 
bedeckten tieferen Hirnteile ermöglicht wird. (Brun.) 

Einseitige Durchschneidung der Tract. spiuocerebellares in der Höbe 
der 6. Dorsalwurzel hat nach Horrax (16) beim Hunde nur vorübergehenden 
Verlost des Tonus und des Muskelsinnes, und zwar in beiden hinteren 
Extremitäten, zur Folge. Die aufsteigende Degeneration im Rückenmark 
und im Zerebellum ist stets doppelseitig und symmetrisch. Der Fase, spino- 
cerebellaris dorsalis endigt in der kaudalen Hälfte des Wurmes und der 
angrenzenden medialen Partie der Seitenlappen; der Tr. spinocerebellaris 
ventralis erreicht das Zerebellum via Bindedarm und ist der vorderen Wurm¬ 
hälfte zugeordnet. Nur das vorderste und das hinterste Wnrmläppchen 
nehmen keine spinozerebellaren Fasern auf. Ein besonderes zerebellares 
Assoziationszentrum für die Hinterbeine ist beim Hunde nicht nachweisbar. 

(Brun.) 

Werber (17) unterwarf Fischeier (Fundulus) der Einwirkung gewisser 
Substanzen, welche bei menschlichen Stoffwechselkrankheiten im Blute Vor¬ 
kommen (Buttersäure, Azeton). Er erhielt auf diese Weise eine große Menge 
monströser Mißbildungen, die den bei Säugetieren vorkommenden Entwick¬ 
lungsstörungen vollständig an die Seite zu stellen sind: Zyklopie, Synoph- 
thalmie, Monophthalmia asymmetrica, Anophthalmie, Mißbildung der Gehör¬ 
bläschen, der Riechgruben, des Maules, des Zentralnervensystems, der inneren 
Organe, der Gliedmaßen sowie der gesamten Körperform (Hemiembryonen 
und andere meroplastische Formen). Es fanden sich Eier, wo von dem 
ganzen Keim nur ein kleines Fragment der Medullarplatte erhalten geblieben 
war, welches sich zu einem isolierten Auge entwickelt hatte. Was die ver¬ 
schiedenen Grade der Zyklopie und der entsprechenden Entwicklungsstörungen 
des Vorderhirnbläschens betrifft, so sprechen Werbers Befunde zugunsten 
der Speeman-Lewissehen Fusionstheorie. — Die Mißbildungen sind auf 
blastolytische Fragmentation des Keimes zurückzuführen, deren Eintritt von 
noch unbekannten Faktoren abhängig ist. Der blastolytische Prozeß setzt 
wahrscheinlich auf sehr früher Stufe, vor Bildung der Embryonalscheibe ein. 


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Referate aus der englischen Literatur. 


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— Die Vermutung, daß monströse Keimesentwicklung auch beim Säugetier 
auf (elterlicher) Stoffwechseltoxämie beruht, erhält durch Werbers Resultate 
eine wesentliche Stütze. (Brun.) 

Kankers (18) Befunde beziehen sich auf 10—100 mm lange Embryonen 
von Thamnophis radix. In bestimmten Embryonalstadien ist bei den Ophidiern 
ein Parietalorgan vorhanden, welches aber, im Gegensatz zu den Echsen, 
nicht oberflächlich zu liegen kommt und von der Epiphysis von Anfang au 
weit getrennt, als eine Ausstülpung des Zwischenhirndaches imponiert. Diese 
Befunde bei Schlangen sprechen somit dafür, daß Epiphysis und Parietal¬ 
organ voneinander vollständig unabhängig sind und aus zwei getrennten 
Anlagen entstehen. Auch die Innervation beider Organe ist eine verschiedene: 
der Parietalnerv tritt durch die obere Kommissur nach vorn von der Epi¬ 
physis ins Gehirn ein, der Pinealnerv dagegen durch die hintere Kommissur. 

(Brun.) 

Malone (19) hat die Cajalsche Methode mit Erfolg zur Paraffin- 
Schnittfärbung modifiziert. Die Methode soll, bei strenger Beobachtung 
aller von ihm angegebener Kautelen, sehr schöne Bilder liefern. (Brun.) 


c) Referate aus “The Journal of Comparative Neurology”. Vol. 25 . 

1. Berkelbach van der Sprenkel, The central relations of the cranial nerves in Silurus 
glanis and Mormyrus caschive. p. 5. 

2. Bartelmez, G. W., Mauthner’s cell and the nucleus motorius tegmenti. p. 87. 

3. Johns ton, J., A tractus olfacto-tegmentalis in the human fetal brain. p. 283. 

4. Tilney, F., The morphology of the diencephalic floor: a contribution to the study of 
craniate homology. p. 214. 

5. Black, Davidsohn, A note on the sulcus lunatus in man. p. 129. 

6. Poynter C., and Keegan, J., A study of the American Negro brain. p. 183. 

7. Ranson, W. L., The vagus nerve of the snapping turtle (Chelydra serpentida). 
p. 301. 

8. Moodie, R. L., A further contribution to a knowledge of the lateral line System in 
extinct amphibia. p. 317. 

9. Johnston, J. B., The cell masses in the forebrain of the Turtle, cestudo Carolina, 
p. 392. 

10. Strong. O. S., A case of unilateral cerebellar agenesia. p. 361. 

11. Jefferson, G., Cortical localisatiou and furrow formation. p. 291. 

12. Hook er, Davenport, Studies on regoneration in the spinal cord. p. 269. 

13. Ross, L. S., The trophospongium of the nerve cell of the crayfish (Cambarus). p. 523. 

14. Arey, L. B., The oceurence and the significance of photomechanical changes in the 
vertebrate retina. An historical survey. p. 535. 

15. Herrick, J. C., and Coghill, G. E., The development of reflex mechanisms in Ambly- 
stoma. p. 5. 

16. Moodie, R. L., A new fish brain from the Coal Measures of Kansas, with a review of 
other fossil brains. p. 135. 

17. Black, Davidsohn, A study of the endocranial casts of Ocapia, Giraffa and Samotherium, 
with a spezial reference to the convolutional pattem in the family of Giraffidae. 
p. 329. 

18. Addison, W. H., On the rhinencepalon of Delphinus Delphis, p. 497. 

19. Hatay, Sh., On the brain weights of rat« descended from the cross between the wild 
Norway (Mus norwegicus) and the domesticalod albino (Mus norwegicus albinus). p. 555. 


Beim Wels (Silurus). der ein Geschmacksfisch ist, sind nach Berkel* 
bach (1) die motorischen Kerne des Quintus und Fazialis stark ventral- 
wärts in die Nähe des sekundären (vorderen) „Geschmackstraktus“ gerückt. 
Die sensorische VII. Wurzel ist hypertrophisch, die Augenmuskelkerne rudi¬ 
mentär. Bei Mormyrus dagegen, wo die sekundäre Geschmacksleitung 
kümmerlich entwickelt ist, sind auch die motorischen Kerne des Quintus 
und Fazialis an ihrer ursprünglichen Stelle dorsal geblieben. Dagegen ist 


Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 . 


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834 


Beferate aoa der englischen Literatur. 


hier das Seitenliniensystem anßerordentiich mächtig entwickelt und im Zu¬ 
sammenhang damit der Lobnlus lateralis valvulae cerebelli hypertrophisch. 

(Br im) 

Bartelmez (2) hat die Mauthnersehen Riesenzellen in der Fomatio 
reticularis der Teleostier an Serienschnitten studiert Dieselben sind als 
besonders hochdifferenzierte und medialwärts gegen die Akustikolateralis- 
kreuzung gewanderte Solitärzellen des Nucleus motorius tegmenti zu be¬ 
trachten. Durch Aussenduug eines enormen Seitendendriten haben sie 
jederseits eine direkte Verbindung mit den Wurzelfasern des Akustikus her- 
gestellt und sind so zu Assoziationszellen zur Übermittlung des sogenannten 
„Dreineuronreflexes“ mit kurzer Latenzzeit geworden. Es enden aber noch 
andere (mindestens 12 verschiedene) Faserarten im perizellulären .Netz der 
Mauthnersehen Zelle. Ein Teil dieses Netzes — die „Axonkappe“ — 
ist besonders reich differenziert (primäre Akustikolateralisverbindung). Die 
Endigungen der VIII. Wurzelfasern an dem kolossalen Seiteudendriten treten 
überaus klar zutage und bieten somit ein günstiges Objekt zum histologischen 
Studium der Neuronsynapse; man kann hier z. B. ganz deutlich die beiden 
Plasmamembranen in Kontakt sehen. (Brun.) 

Johns ton (3) konnte bei einem menschlichen Fötus von 145 mm ein 
markloses Bündel verfolgen, welches, aus der olfaktorischen Portion oder 
vorderen Kommissur hervorgehend, längs des Innenrandes der inneren Kapsel, 
sodann (im Hypothalamus) zwischen dieser und dem Fornixbündel am Corpus 
mammillare vorbei zum dorsomedialen Pedunkulusrande zieht. Dort liegt 
es zwischen Nucleus ruber und Subst. nigra und spaltet sich schließlich in 
verschiedene kleine Faszikelchen, die teils in der dorsalen Partie des Brücken¬ 
graus, teils weiter dorsal in der Formatio reticularis zu enden scheinen. Es 
handelt sich somit um eine direkte olfakto-tegmentale Verbindung. 

(Brun.) 

Poynter und Keegan (6) analysierten die feinere Oberflächengestaltung 
von 13 Negergehirnen vergleichend und kamen dabei zu folgenden Schlüssen: 
Das Negergehirn weicht in ziemlich konstanter Weise von dem mittleren 
(idealen) Windungstypus des Kaukasiergehirnes ab, doch liegt der so kon¬ 
struierbare „Negertypus“ durchaus uoch innerhalb der normalen Variations¬ 
breite des letzteren. Die bezüglichen Differenzen sind somit nicht absolut, 
sondern nur relativ charakteristisch, auch bedeuten dieselben an sich noch 
keineswegs alle eine Inferiorität etwa im Sinue einer näheren Verwandtschaft 
mit den Affen. Immerhin dürften die folgenden Eigentümlichkeiten doch 
als morphologisches Stigma einer gewissen Inferiorität zu betrachten sein: 
1. das durchschnittlich etwas niedrigere Hirngewicbt; 2. der im ganzen etwas 
einfachere, leichter übersehbare Furchungstypus und 3. das Verhalten der 
Frontalregion: größere Breite des Gyr. frontalis 1, relative Schmalheit des 
Gyr. frontalis II, kümmerliche Entwicklung des Sulcus frontalis medius 
und unregelmäßige Furchung des Sulcus frontalis inferior. Dagegen herrscht 
im Gebiete des „hinteren Assoziationszentrums“ (Lobus parietalis inf.) eher 
eine erhöhte Wachstumsaktivität, was sich in dem Verhandensein eines 
akzessorischen Sulkus in der Regio postsylvica sowie in der. starken all¬ 
gemeinen Prominenz dieser Gegend (deutliche Tendenz zur Überdachung, 
„Operkulation“ der umgebenden Windungsbezirke) ausprägt. (Brun.) 

Der Fall von Strong (10) betrifft ein im Alter von 37 a Jahren an 
Bronchopneumonie verstorbenes Kind, das klinisch Unsicherheit des Ganges, 
sehr langsame, kraftlose Bewegungen, bilateralen Nystagmus, undeutliche 
Sprache und zurückgebliebenen Intellekt aufgewiesen hatte. Bei der Sektion 
zeigte sich fast vollständiges Fehlen des linken Kleinhirnseitenlappens mit 


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Referate aus der englischen Literatur. 


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Ausnahme eines Teils der Flocke; der Wurm war erhalten und auch ein 
Rudiment des Nucleus dentatus war vorhanden. Dorsal von diesem Rudi* 
ment fand sich eine große Rindenheterotopie. Von den Kleinhirnanteilen 
zeigte namentlich die rechte untere Olive (und Nebeuolive) eine enorme 
Reduktion bei teilweiser Erhaltung der Zellen. Der linke Brückenarm, das 
rechte Brückengrau fehlten nahezu, Fibrae rectae waren dagegen beiderseits 
vorhanden. Nahezu völliges Fehlen des linken Bindearms und des rechten 
Nucleus ruber, starke Volumreduktion des rechten Pedunkulus. (Keine 
Untersuchung des Großhirns.) ( Brun .) 

Hooker (12) durchtrennte das Rückenmark von Froschembryonen im 
Stadium knrz nach Schluß des Medullarrohres. Sofern die durchschnittenen 
Enden miteinander in Kontakt erhalten werden, so erfolgt Heilung per 
primain. Wenn die Wunden klaffen, so kommt eine Wiedervereinigung 
und Wiederherstellung normaler Verhältnisse auf folgende Weise zustande: 
a) durch Auswachsen von Nervenfasern bzw. Neurofibrillen aus der mo¬ 
torischen Kernregion der beiden Enden; b) durch Auswachsen sensibler 
Fasern von der Oberfläche des hinteren Stumpfs; c) durch Auswachsen von 
Gliafasern aus den Ependymzellen des Zentralkanals von beiden Enden her; 
d) durch Einwanderung von Neuroblasten in das so entstandene Fasernetz; 
und endlich e) durch Proliferation der Ependymzellen des Zentralkanals, 
dessen Enden sich so eutgegenwachsen und sich schließlich wieder vereinigen. 
Das umgebende mesodermale Gewebe beteiligt sich nicht an diesem Heilungs¬ 
prozeß. Sobald die motorischen und sensiblen Verbindungen wiederhergestellt 
sind, zeigen die Kaulquappen auch wieder das normale physiologische Ver¬ 
halten. Die vollständige Wiedervereinigung kann durch zu großes Klaffen 
der beiden Stümpfe oder durch Interposition mechanischer Hindernisse ver¬ 
hindert werden. {Brun.) 


d) Aus dem “British Medical Journal”. Vol. 1. 

1. Mackenzie, W., A lecture on the treatmcnt of infantile paralysis. p. GO. 

2. Turby, A. H., Remarks on cases of nerve concussion due to bullet and »hell 
wounds. p. 57. 

3. Bradburne, A., A case of bilateral optio neuritis due to sphenoidal sinusitis. p. 109. 

4. Ewart, J. H., A case of tetanus; recovery, p. 156. 

5. Osler, W., Remarks on cerebrospinal fever in camps and baracks. p. 189. 

6. Edwards, C. R., Aortic Aneurysm: paraplegia death. p. 113. 

7. Mott, F. W., The diagnosis and treatment of. parenchymatous Syphilis, p. 192. 

8 Pottr., W. A., Certifications undür the mental deficiency act. p. 283. 

9. Simon, M.» A cace cf Menierf/a disease, p. 282. 

10. Coli ins, R., Treatment of cerebrot pinal meningitis by antimeningococcus scrum 
combined with autogenous serum. p. 287. 

11. Hobhouse, E., The diagnosis cf cerobrospinal fever, p. 419. 

12. Newbolt, G., A case of tetanus; recovery, p. 333. 

13. Ledingham, J., Epidemie cerebrospinal meningitis. p. 465. 

14. Arkwright, J., Cerebrospinal meningitis: The interpretation of epidomiologioal 
observations by the light of bacteriological knowlodge p. 494. 

15. Foster, M., Cerebrospinal fever: diagnosis and treatment. p. 543. 

16. Gullau, G., Clinical notes on epidemic cerebrospinal meningitis p. 756. 

17. Lundie, A., Thomas, D., u. Fleming, S., Cerebrospinal meningitis: diagnosis and 
prophylaxis. p. 466 u. 493. 

18. Dierelben, Cerebrospinal meningitis: diagnosis and prophylaxis. p. 628. 

19. Dieselben u. Maclagan, P., Cerebrospinal fever: its recognition and treatment. 
p. 838. 

20. Hort, E., Lakin, C., u. Benians, F., Epidemic cerebrospinal fever: The place of the 
meningococcus in its etiology. p. 541 u. 715. 

21. Shaw, E., Epidemic cerebrospinal fever: A note on pleomorphism of tho responsiblo 
micru-organism. p. 675. 

22. Ashby, H., Eight cases of epidemic cerebrospinal meningitis in infants. p. 838. 

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Original fro-m 

UMIVERSITY OMAHFORNIA 



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Referate aus der englischen Literatur. 


23. Fearis, W., A method for the bacteriologioal examination of the naao-pharinx in 
epideniic oerebrospinal meningiti# contacta. p. 927. 

24. Roberts.H., Ford, F. A., A caae of cerebroapinal fever simulating acute nephritiß with 
convulßions. p. 998. 

25. Joneß, A., u. Mott, F. W., A case of hypothyroidism. p. 804. 

26. Gurnoy, H. M., Exophtalmic goitre. p. 924. 

27. Horßley, V., On the alleged responsability of the medical profession for the reintro* 
duction of the rum ration into the British Army. p 203. 

28. Derselbe. Remark# on gunshut woundß of the head. p. 321. 

29. Sarge nt. P., u. Holmes, G., Preliminary notes on the treatment of the cranial 
injuries of warf a re. p. 537. 

30. Platt, H., A elinical lecture on Birth palsy. p. 793. 

31. Turner, W., Remarkß on cases of nervous and mental shock; observed in the War 
hospitals in France, p. 833. 

32. Drummond, W., On idioglossia: with an aciount of a case. p. 670. 


Die von Mackenzie (1) geübte Behandlung der spinalen Kinderlähmung 
geht von der Beobachtung aus, daß bei diesem Leiden die betroffenen 
Muskeln kaum je eine vollständige Lähmung aufweisen; eine feinere Methodik 
der Funktionsprüfung läßt vielmehr fast stets erhaltene Mnskelreste erkennen. 
Die Funktion dieser Reste wird aber durch sekundäre Momente, Antago- 
nistenkontraktur, falsche Gelenkstellungen usw., gehemmt Es gilt daher in 
erster Linie, die Ausbildung dieser sekundären Schädigungen zu verhindern. 
Das gelingt am besten durch möglichst frühzeitige Fixierung der erkrankten 
Glieder iu „anatomischer Ruhestellung“, vermittels geeigneter Schienung. 
Nach Ablauf des akuten Stadiums wird sodann mit der Reedukation der 
paretischen Mukeigruppen begonnen — durch aktive Übungstherapie, die, 
graduell steigernd, von der anatomischen Ruhestellung („Nullposition“) aus¬ 
zugehen und sich zunächst nur mit minimalen Effekten zu begnügen hat 
Massage soll nicht zu früh, jedenfalls nicht vor Wiedererlangung aktiver 
Beweglichkeit angewendet werden. Es gelingt auf diese Weise, die Aus¬ 
bildung von Kontrakturen und Deformitäten fast vollständig zu verhindern 
und damit die später eventuell notwendig werdenden orthopädischen Ein¬ 
griffe auf ein Mindestmaß zu beschränken. ( Brun.) 

Turby (2) betont die Wichtigkeit der Aufnahme eines stereoskopischen 
Radiogramms in allen Fällen traumatischer Nervenläsion. Vorhandensein 
von Geschoß- oder Knochensplittern in unmittelbarer Nähe großer Nerven- 
stämme indiziert stets einen operativen Eingriff; im übrigen empfiehlt er, bei 
nur partiellen, unregelmäßig verteilten, nicht mit trophischen oder schweren 
sensiblen Störungen einhergehenden Paresen Zurückhaltung, namentlich so¬ 
lange mit Elektrotherapie noch Fortschritte erzielt werden. Er legt ferner 
großes Gewicht auf kunstgerechte Schienung der gelähmten Muskeln in 
Relaxationsstellung. (Brun.) 

Ein von Bradburne (3) mitgeteilter Fall von retrobulbärer Neuritis 
optica ist interessant durch die Vergesellschaftung mit Abduzensparese und 
Ptosis sympathica. (Brun) 

Der von Edwards (6) mitgeteilte Fall betrifft einen 34jährigeu Mann, 
bei dem unterhalb der linken Skapula allmählich eine große runde Geschwulst 
zutage getreten war. Plötzlich schlaffe Paraplegie der Beine; Tod nach 
3 Wochen. Es war ein tuberkulöser Prozeß angenommen worden — die 
Sektion erwies jedoch ein kolossales Aneurysma der Brustaorta, welches 
die Wirbelsäule arrodiert und das Rückenmark auf eine beträchtliche Strecke 
freigelegt hatte. (Brun.) 

Mott’s (7) Standpunkt in der Frage der parenchymatösen Nerven- 
syphilis läßt sich kurz wie folgt zusammenfassen: Nachdem in den letzten 
Jahren Spirochäten im Zentralnervensystem auch bei Tabes und Paralyse 


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Referate aus der englischen Literatur. 


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wiederholt nachgewiesen wurden, müssen Bezeichnungen für diese Erkran¬ 
kungen wie „Para-, Meta-, quaternäre Syphilis“ fallen gelassen werden. Das 
Weson derselben besteht darin, daß hier, im Gegensatz zur Hirnlues, nicht 
das interstitielle Gewebe, -sondern das Nervenparenchym, die Nervenzellen 
und -faseru selbst, primär ergriffen sind. Diese besondere histologische 
Angriffswirkung des spezifischen Virus erklärt sich wahrscheinlich einerseits 
aus biologischen Veränderungen, welche die Spirochäten infolge eines lang¬ 
jährigen Aufenthaltes im Körper erlitten haben, und anderseits aus gewissen 
damit parallel gehenden komplementären Veränderungen in den Nerven- 
elementen, im Sinne einer Hypersensibilisierung oder Allergie derselben 
gegenüber dem Syphilisgift. Die letztere Annahme ist notwendig in An¬ 
betracht der progressiven und verheerenden Wirkung der Erreger trotz 
ihrer geringen Anzahl und abgeschwächten Virulenz. Die kausale The¬ 
rapie der parenchymatösen Syphilis des zentralen Nervensystems scheitert 
— hauptsächlich bei der Paralyse — an der chemischen Filterwirkung der 
Chorioidalplexus; sie erscheint so lange aussichtslos, als es nicht gelingt, 
die wirksamen Substauzen in genügender Menge direkt an die im Gewebe 
eingenisteten Erreger heranzubringen. ( lirun .) 

Newboldt (12) behandelte einen an Tetanus erkrankten Soldaten er¬ 
folgreich mit sehr häufig wiederholten Karbolinjektionen (13 Tage lang alle 
2 Stunden etwa 0,8 ccm einer öprozentigen Lösung!) in Kombination mit 
Tetanusantitoxin (17 Dosen zu 1500 IE innerhalb 6 Tagen!). (Brun.) 

Ledingham (13) macht auf die relative Häufigkeit von „Bazillen¬ 
trägern“ während der englischen Genickstarreepidemie von 1915 aufmerksam. 
Das gerade bei dieser Krankheit besonders auffallende sporadische Auf¬ 
treten der Fälle, ohne nachweisbaren Zusammenhang der einzelnen Herde, 
dürfte durch diesen Umstand eine teilweise Erklärung Buden. (Brun.) 

Lundie, Thomas und Fleming (17, 18) hatten in den Isolierbaracken 
von Aldershot Gelegenheit, eine große Zahl von Genickstarrefällen bei 
Soldaten zu beobachten. Sie unterscheiden drei Stadien der Krankheit: Ein 
katarrhalisches, ein septikämisches und das meningitisebe. Das katarrhalische 
Stadium verläuft unter dem Bilde einer Influenza mit Pharyngitis superior, 
leichtem Fieber und Kopfschmerzen; es ist sehr häufig abortiv und liefert 
das Hauptkontingent der gefährlichen „Bazillenträger“. In Epidemiezeiten 
sollten daher alle Pharyngitiden, namentlich bei Truppenkörpern, bakterio¬ 
logisch untersucht werden. Bei positivem Meningokokkenbefund sind die 
Leute zu isolieren und lokal sowie mit autogenem Serum zu behandeln. — 
Das septikämische Stadium dauert kurz; es ist kaum als solches zu dia¬ 
gnostizieren und endet fast stets in Meningitis. ( Bmn.) 

Die Ergebnisse der Untersuchungen von Horst, Lakin und Benians (20) 
scheinen darauf hinzudeuten, daß der Meningekokkus Weichselbaums nur 
eiue, und zwar nicht die primär infektiöse Phase in der Biologie des Genick¬ 
starreerregers darstellt, daß vielmehr die Rolle der Krankheitsübertragung 
einer ultramikroskopisch kleinen Vorstufe dieses Organismus zu¬ 
kommt. Die Autoren filtrierten steril gewonnenen Uriu sowie Blutserum 
und Zerebrospinalflüssigkeit von Meningitiskranken durch sterile Berkefeld- 
filter und säten das Filtrat auf Agarplatten aus. Nach Verlauf von 4 Tagen 
zeigten sich auf den Platten winzig kleine Kolonien, welche nicht weniger 
als vier morphologisch verschiedene Organismen beherbergten, nämlich 

a) zahlreiche gramnegative Diplokokken nebst einigen grampositiveu Formen; 

b) kleine, den Influenzaerregern ähnliche gramnegative Bazillen; c) gram¬ 
positive und negative Diplokokken, die den Jaegerschen Organismen 
glichen; d) gramnegative stabförmige Bazillen, deren Inneres perlschnur- 


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838 


.Referate aa* der eoglisehen Literatur. 


artig gereihte gramnegative Diplokokken enthielt. Es ist wahrscheinlich, 
daß es sich bei allen diesen Formen um ein und denselben polymorphen 
Organismus handelt, der aus einer noch nicht entdeckten sehr kleinen Vor¬ 
stufe entsteht. (Brun.) 

Shaw (21) fand in einer älteren Meningokokkenkultur auffallenden 
Polymorphismus, nnter anderem auch Stäbchenformen. (Brun.) 

Gurney (26) bringt statistische Erhebungen über Heredität, Geschlechts¬ 
und Altersverteilung, Symptomverteilung, Prognose und Verlauf bei 93 Fällen 
von Morbus Basedowii. (Brun.) 

Horsley (27) protestiert energisch gegen die während des gegenwärtigen 
Krieges erfolgte Wiedereinführung der berüchtigten historischen Rumration 
bei der britischen Armee und Flotte. Er zählt eine große Reihe verderb¬ 
licher Wirkungen auf, welche diese „Reform“ bereits im Heere gezeitigt 
hat, Wirkungen, die durch Beobachtungen von Offizieren in einwandfreier 
Weise festgestellt wurden: Moralischer Verfall, Erzeugung von Reibereien 
und Unordnung; Trunkenheit, Strafen, Degeneration, Abnahme der Beob¬ 
achtungsgabe und des Urteils, Hervorrufung von Irrtümern und Unfällen, 
Verlust der Ausdauer und Abnahme der physischen Kraft; Ermüdung und 
Schlappheit; Verlust der Widerstandsfähigkeit gegen Kälte und gegenüber 
Krankheiten; Verlust der Treffsicherheit beim Schießen (schon durch die 
halbe Rumration) bis 40—50 Proz. bei der Infanterie, bis 30 Proz. bei 
der Artillerie. Die einschränkende Bestimmung des neuen Reglements, 
wonach die Rumration nur ausnahmsweise, auf besondere Empfehlung eines 
Stabsarztes, zu verabfolgen ist, sei rein illusorisch; iu Wirklichkeit hänge 
die Abgabe desselben ganz von den persönlichen Ansichten des betreffenden 
Kommandanten ab und erfolge bei vielen Einheiten in Frankreich schon 
ganz regelmäßig, oft sogar zweimal täglich. (Bnm.) 

Horsley (28) hat auch bei nicht penetrierenden Schädelschüssen wieder¬ 
holt tödliche Wirkung iufolge Commotio cerebri beobachtet, namentlich dann, 
wenn die Gewalt in der sogenannten „Frontobulbärachse“ (Duret) einwirkte. 
Der Tod erfolgt in solchen Fällen an bulbärer Respirationslähmung infolge 
plötzlicher intrakranieller Drucksteigerung, die sich vermittels des Liquor 
nach dem 4. Ventrikel und auf die Vaguszentren am Boden der Rauten¬ 
grube fortpflanzt. Bei septischer Meningitis hat Horsley durch ausgiebige 
Eröffnung und Ausspülung des Subduralraums in Verbindung mit häufig 
wiederholten Lumbalpunktionen öfters Heiluug erzielt. Septische Hiru- 
hernieu nekrotisiert er mittels absoluten Alkohols und trägt sie nach ein¬ 
getretener Schrumpfung mit dem Messer ab. Von Interesse ist ein von ihm 
näher geschilderter Fall, wo ein Mausergeschoß den Schädel in temporo- 
okzipitaler Richtung durchschlagen hatte. Es bestand anfänglich totale 
doppelseitige Amaurose; in der Folge erholten sich die beiden rechten 
oberen Gesichtsfeldquadranten allmählich wieder bis zu annähernd normaler 
Sehschärfe. Nach vollständiger Zerstörung der Armregion des Gyr. cen¬ 
tralis ant. trat stets dauernder Verlust der Prinzipalbewegungen der Hand 
ein, wogegeu zum Verluste der Ortszeichen die Zerstörung der Armregion 
sowohl der vorderen als der hinteren Zentralwindung erforderlich zu sein 
scheint. (Bnm.) 

Sargent und Holme? (29) berichten über kriegschirurgische Erfahrungen 
bei Schädelschüssen. Sie bet«men die Wichtigkeit einer genauen neurologi¬ 
schen Untersuchung vor der operativen Indikations- und Prognosenstellung; 
bei der letzteren ist das Moment der Diaschisis (v. Monakow) stets in genaue 
Berücksichtigung zu ziehen. Kommiuutivzertrümmerungen des Knochens 
finden sich am häufigsten am Os frontale und sind um so schwerer, je näher 


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Referate nug der englischen Literatur. 


839 


Ein- und Ausschuß beieinander liegen. Derartige Verletzungen sind fast 
ausnahmslos septisch; sie erfordern radikales Vorgehen (ausgedehnte Krani- 
ektomie). Überhaupt ist zu großer Konservatismus in der Kriegschirurgie des 
Schädels bei der modernen Geschoßwirkung von Übel und rächt sich ge¬ 
wöhnlich schwer. Bei der Größenbemessung dekompressiver Trepanationen 
soll stets Rücksicht genommen werden auf die in den ersten Tagen nach 
der Operation gewöhnlich noch eintretende weitere Zunahme des intra¬ 
kraniellen Druckes. Bei septischen Hirnhernien, die auf andere Weise gar 
nicht zu bewältigen waren, hat sich den Verff. die kontralaterale Trepanation 
gut bewährt. ( Brun .) 

Turner (31) hatte während 3 Monaten Gelegenheit, in französischen 
Militärspitälern die Frühsymptome bei nervösem und psychischem Schock 
nach Granatexplosionen zu studieren. Er unterscheidet folgende Haupt¬ 
typen: 1. Den vorwiegend psychischen Schock: Ein schwerer, aber gewöhn¬ 
lich nur wenige Tage dauernder und dann plötzlich weichender Stupor, oft 
mit kataleptischer Gliederstarre, ungleichen oder erloschenen Pupillen¬ 
reaktionen, Fehlen aller psychischen Schutz-, Abwehr- und Orientierungs¬ 
reflexe. Diese Form fand sich nur bei jugendlichen, nicht über 23 Jahre 
alten Individuen. Die Prognose ist absolut gut. Nach Aufhören des Stupors 
besteht Amnesie für die betreffende Zeit. Andere Fälle dieser Art im¬ 
ponieren mehr als Dämmerzustand. 2. Der sensorische Schock. Vorüber¬ 
gehende Taubheit (mit oder ohne Stummheit) fand sich meist bei Leuten, 
die längere Zeit schwerem Granatfeuer ausgesetzt waren. Bei Blindheit war 
immer eine kurze Bewußtlosigkeit (Verschüttung) vorausgegangen. 3. Der 
psychomotorische Schock. Hierher gehören die lokalisierten Tics (meist 
Blepharospasmus) und Lähmungen. Ein voräusgegangener lokaler Insult 
(z. B. Versandung der Augen) ist in allen Fällen nachweisbar. 4. Der 
spinale Schock verläuft unter dem Bilde einer schlaffen Paraplegie, meist 
der Beine, oft mit Incontinentia urinae. Babinski ist niemals vorhanden, 
oft aber Abschwächung oder Fehlen der Plantarreflexe. Die Paraplegie 
weicht gewöhnlich in längstens 3 Wochen. Neben dieser leichten Form 
scheint es aber noch eine schwere, „organische“ zu geben, mit Sensibilitäts¬ 
störungen, wie sie für spinale Läsionen charakteristisch sind. Der spinale 
Schock findet sich meist bei Verschütteten mit Rückentrauma. (Brun.) 

Unter „Idioglossie“ versteht Druminond (32) das Vorhandensein 
einer schwerverständlichen Sprache (Dysarthrie) ohne organische Grundlage 
bei normaler Intelligenz, normalen Sinnesfunktionen und fehlenden neuro¬ 
tischen Symptomen (Stottern oder dgl.). Der Zustand beruht nach Verf. auf 
mangelhafter Entwicklung des „Worthörzentrums“, also auf einer Störung 
analog der sogenannten „kongenitalen Wortblindheit“. Er ist durch an¬ 
gemessenen Ableseunterricht (Ersatz der fehlenden Kontrolle der Hörsphäre 
durch die optische und kinästhetische Sphäre) weitgehend korrigierbar. 

(Brun.) 


e) Referate aus “The Lancet”. Vol. 92. 1914. 

1. Bond, H. C.. The position of psychiatry and the röle of general hospitals in its improve 
ment. p. 935. 

2. Gordon, M. H., Traumatic Tetanus, p. 1030. 

3. Westmacott, F. H., Oculo-motor para'ysis of otitie origin. p. 1143. 

4. Dick. L.. On sorae signs and Symptoms of hypothyroidism in school children. p. 044. 

5. Smith, Mc. C., Acase of acute exophthalmbg utre simulating acute obstruetion p 894. 

6. Goodall, E., Modem aspects of eertain problcms in the pathologv of mental disorders. 
p. 1287, 1343, 1397, 1451. 

7. Pronger, E., Insomnia and suicide. p. 1356. 


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840 


Referate an« der englischen Literatur. 


8. Mark, L., A caee of aoromegaly 200 years ago. p. 1412. 

9. Parkinson, P., Caee of Friedreich'b dieeaee with spaetic phenomena. (Demonstr. 
Royal Soc. of Med., seot of chilJren. 27 tb Novomb 1914.) p. 1415. 

10. Roynten and Davioe. Caer of cleido-cranio-dysoetosie with preesnre of the brachial 
plesars. (1) jnion. Royal Soc. of Mod., seot. of children, 27Novemb. 1914.) p. 1416. 

11. Hawthorne, Caee of paramyoclonns multiplex. (Demonstr. Royal Soc. of Med., sect. 
of children, 27*b Novemb. 1914.) p. 1417. 


Die Psychiatrie ist nach Bond (1) das „Aschenbrödel“ der englischen 
Medizin — eine Ungunst der Lage, die sich vor allem in zwei Tatsachen 
ausdrückt: 1. ln der mangelhaften finanziellen Unterstützung der psychiatri¬ 
schen Forschung (kaum 0,2 % des gesamten Budgets für Irrenpflege werden 
in Eugland für wissenschaftliche Zwecke verwendet) und 2. in der zu¬ 
nehmenden Unbeliebtheit ärztlicher Tätigkeit in den Irrenanstalten. Letzteres 
hat seinen Grund vor allem darin, daß die Zahl der gut bezahlten ärzt¬ 
lichen Lebensstellungen — im umgekehrten Verhältnis zur rapiden Zunahme 
der Anstalten und der damit nötig gewordenen Schaffung neuer Assistenten¬ 
stellen — gegen früher sehr abgenommen hat, so daß jeweilen nur eine 
beschränkte Zahl der jungeu Arzte hoffen kann, jemals in eine solche ge¬ 
sicherte soziale Position vorzurücken. Die Folge ist, daß die Assistentenstellen 
in zunehmendem Umfauge durch psychiatrisch ungeschulte und durch keine 
festeren Bande an die Anstalt gebundene Volontärärzte besetzt werden 
müssen. Als Mittel zur Abhilfe schlägt Bond, neben der ökonomischen 
Besserstellung der Anstaltsärzte, namentlich die Schaffung psychiatri¬ 
scher Kliniken und Polikliniken vor, welche den größeren allgemeinen - 
Universitätsspitälern als Abteilungen anzugliedern wären. Im Zusammen¬ 
hang mit den so verbesserten Unterrichtsgelegenheiten soll die Psychiatrie 
als obligatorisches Prüfungsfach erklärt, eventuell ein Spezialdiplom geschaffen 
werden. Für die Patienten hätte die Zugänglichkeit der IrrenabteiluDgen 
durch die Tore des allgemeinen Spitals den Vorteil, daß einem vorüber¬ 
gehenden Aufenthalt auf denselben jenes Stigma der geistigen Minder¬ 
wertigkeit, welches im Volksbewußtsein damit verknüpft ist, genommen würde. 

(ürun.) 

Gordon (2) macht auf die relative Häufigkeit der Mischinfektion 
bei den mit kurzer Inkubationszeit tödlich verlaufenden Tetanusfällen auf¬ 
merksam. Die direkte Todesursache sei in solchen Fällen meist nicht die 
Tetanustoxämie, sondern Septikäinie. (Brun.') 

Der Westmacott’sche Fall (3) betrifft eine Dame mit altem Chole¬ 
steatom des rechten Mittelohrs, bei der plötzlich eine komplette Lähmung 
des rechten Okulomotorius eintrat. Keine Protrusion, keine Druckschmerz¬ 
haftigkeit des Bulbus. Abduzens und Trochlearis frei. Bei der Radikal¬ 
operation (Ausräumung) des Mittelohrs erwies sich das Tegmen tympani 
arrodiert durch einen Abszeß, der subdural längs des Sin. petrosus sup. bis 
in die Gegend der Fissura orhitalis sup. vorgedrungen war. (Brun.) 

ln dem Falle von Smith (5) handelte es sich um ein 23jähriges 
Mädchen, das mit flikulentem Erbrechen nach achttägiger Stuhlverstopfung 
(anfänglich Diarrhöe) ins Spital eingeliefert wurde. Sichtbare Peristaltik, 
Puls 150—200, mäßige Leukozytose (10000). Dabei auffallend guter Kräfte¬ 
zustand, keine Fazies Hippocratica usw. Dies machte eine organische Darm¬ 
obstruktion unwahrscheinlich und legte den Verdacht einer atypisch be¬ 
ginnenden akuten Thyreotoxikose nahe. In der Tat gingen die bedrohlichen 
Erscheinungen auf Ruhe, Darreichung von Belladonna und Nebennieren¬ 
extrakt sehr bald zurück; dagegen blieb der Puls andauernd hoch, und 


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Referate aus der englischen Literatur. 841 

es entwickelte sich im Laufe der nächsten Wochen das klassische Bild des 
Morbus Basedowii. (Brun.) 

Die Arbeit Goodall’s (6) ist ein sehr sorgfältiges und gründliches 
Übersichtsreferat über die neueren Fortschritte auf dem Gebiete der 
Histopathologie, Pathogenie, Bakteriologie, Hämologie, Serologie und Therapie 
der Geisteskrankheiten. (Brun.) 

Pronger (7) verteidigt mit mehr Wärme als Kritik die alte Lehre 
eines angeblichen Kausalzusammenhangs zwischen Neurose und leichten 
unkorrigierten Brechungsanomalien der Augen und zählt eine Reihe von 
Dauererfolgen auf, die er bei schweren Psychoneurosen durch Korrektur 
solcher Fehler erzielt haben will. Sein Schlußsatz, daß die „ Grundursache“ 
jeder Neurose schlechthin ein Refraktionsfehler sei, dürfte von Neurologen 
kaum ernst genommen, werden. (Brtin.) 


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Sachregister. 

Die feit gedruckten Zahlen bedeuten Kapitelüberschriften. 


A. 

Abderhaldensches Ver¬ 
fahren in der Psychiatrie 
XXIX, 689, 690. 0. 31. 

— Differentialdiagnose zwi¬ 
schen Paranoia und Paralyse 
mit Hilfe des 738. 

— bei Glaukom, Keratokonus 
und Sehnervenerkrankun- 
gen 253. 

Abdominale Erkrankun¬ 
gen und vegetatives Ner¬ 
vensystem 213. 

Abdominalschmerzen 

480. 

Aberglauben und Leichen¬ 
schändung 674. 

— und Zurechnungsfähigkeit 
806. 

Abszeß 343. 

Achond roplasie 179. 

A dal in 526. 

Addisonsche Krankheit 
und Haarausfall 231. 

Adenoide Vegetationen 
und Zähneknirschen 231. 

Adipositas dolorosa 220. 

Adrenalin 82 ff. 

— Ursache der blutdruck¬ 
steigernden Wirkung des 
durch Hypophysen extrakt 
76. 

— Wirkung des auf den Blut¬ 
druck bei Dementia praecox 
755, 757. 

Adrenalinfieber 85. 

Adrenalin mvdriasis bei 
Geisteskranken 699. 

Ather-Kochsalzinfusio- 
nen bei Tetanus 537. 

Äthernarkose, intratra¬ 
cheale 579. 

Ätiologie, allgemeine der 
Geisteskrankheiten 678. 

Affen, Intelligenz der 668, 
670. 

Agn osien, optische 105. 

Agraphie 701. 

Agrypnie, Franklinisation 
bei 548. 

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0. M. = Original-Mitteilung. 

Akonit 527. 

Akromegalie 465, 474. 

— angeborene mit Imbe¬ 
zillität 728. 

Aktinomykotische eitri¬ 
ge 31eningitis 319. 

Alexie 234, 236. 

Alival 530. 

Alkohol, Wirkung des auf 
die Zirkulation 99. 

Alkoholabstinenz 623. 

Alkoholeinspritzungen 
ins Ganglion Gassen 536. 

Alkoholfreie Ersatzge¬ 
tränke 521. 

Alkoholismus 299, 300, 
820. 

— hereditäre Beziehungen 
zwischen Epilepsie und 431. 

— pellagröse Symptome bei 
310, 311. 

— Halluzinose bei 746. 

— und Kriminalität 783, 784. 

— forensische Bedeutung des 
820. 

Alkoholpsychosen, Be¬ 
handlung der 82J. 

Alopecia neurotica trauma¬ 
tica universalis 501. 

Alopezie nach Kopfschuß 
464. 

— kontralaterale 462, 463. 

— angeborene familiäre auf 
Grund eines Hypothyreoi¬ 
dismus 472. 

- Thyreoidin gegen 562. 

Alzheimers che Krank¬ 
heit 720. 

Amblyopie, sympathische 
254. 

Ameisen, Orientierung der 

48 , 668 . 

I Ameresia, Heverochsche 
I 238. 

Amnesie bei 3Iördern 787. 

! Amyotrophische Late- 
j ralsklerose 272, 275. 

| Anämie, perniziöse, Zen¬ 
tralnervensystem bei 171. 

— Geistesstörungen im An- 
| Schluß an 724. 


Anaphylaktischer 

Schock nach Tetanus¬ 
serum 558. 

Anästhesierung 579. 

Anatomie des Nervensy¬ 
stems 6, 828 ff. 

Anenzephalus 155. 

Aneurysma der Hirnarte¬ 
rien 325. 

Angina pectoris und Ray- 
naudsche Krankheit 457. 

Angiom des Kleinhirns 166. 

Angioneurosen 454, 456. 

Anosognosia und Anoso- 
diaphoria 209. 

Anstaltswesen 625. 

Antagonistische Nerven 

121 . 

Anthropologie, kriminelle 

758. 

Antipyretika, Unwirksam¬ 
keit der gegenüber dem 
Adrenalin 83. 

Antisoziale Elemente 
780. 

Aortenaneurysma, Para¬ 
plegie infolge von 836. 

Aphasie 232. 

— Behandlung der motori¬ 
schen C23. 

Apnoe, Bedeutung des Va¬ 
gus für die Entstehung der 
127. 

Apocynum, Wirkung des 
auf den Herzmechanismus 
138. 

Apoplexie 343, 346. 

— Lungenstörungen bei 222. 

— chirurgische Behandlung 
der 591. 

— als Ursache von Ischias 
481. 

Appendizitis, Beziehungen 
der zu nervösen Spasmen 
223. 

Appetit und Sinneseindruck 
59. 

Apraxie 208. 

Arachnoidealzysten, 
Rückenmarkskompression 
durch 385. 

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Sachregister. 


843 


Arbeitskraft, Nutzbarma¬ 
chung erhaltener und wie¬ 
dergewonnener bei Unfall¬ 
neurosen 509. 

Arm r eg io n, Anatomie der 
25. 

Arsen, Wirkung des 81. 

— in der Spinalfliissigkeit 93. 

Arsenpräparate 580. 

— Wirkung der auf die Neben¬ 
nieren 85. 

Arsenvergiftung 305. 

Arsofaradisation 547. 

Arterien, Spontanbewegun¬ 
gen überlebender 126. 

Arteria vertebralis, ge¬ 
platztes Aneurysma der 347. 

Arteriosklerose 322. 

— frühzeitige 325. 

— Ursache der 514. 

— Differentialdiagnose zwi¬ 
schen urämischen und art. 
Zerebralstörungen 206. 

— art. Psychosen in gerichts- 
ärztlicher Beziehung 812. 

Arythmia perpetua 137. 

Assoziationen 660, 661. 

Assoziationsversuche 
bei Unfallneuroseh 511,512. 

— bei geistig zurückgeblie¬ 
benen Kindern 730. 

— bei Schizophrenen 756. 

Astacus fluviatilis, Ner¬ 
vensystem von 21. 

— Muskulatur von 43. 

Astasie-Abasie 421. 

Asthma bronchiale, Wir¬ 
kung desHypophysisextrak- 
tes bei 560. 

Asymmetrie 192. 

Ataxie, Friedreichsche 279. 

— zerebellare mit Neuritis 
optica bei Keuchhusten 267. 

Athetose, progressive late¬ 
rale ohne Lähmung 210. 

Atembewegungen der Fi¬ 
sche, Einfluß des Sauer¬ 
stoffgehalts des Wassers auf 
die 55. 

Atmu ngslahm ung nach in¬ 
traduraler Neosalvarsan- 
injektion 535. 

Atmungszentrum 94. 

— Schwankungen in der Tä¬ 
tigkeit des 92. 

Atrioventrikularfasern 
des Kaltbliiterherzens 138. 

Atropin, Wirkung des auf 
das Katzenauge 254. 

Aufbrauchstheorie 202. 

Aufmerksamkeit 660. 

Auge. Regeneration des 38. 

— Wirkung verschiedener 
Beleuchtungssysteme auf 
da9 656. 


Augenabstand, photogra¬ 
phische Messung des bei 
Bewegungen der Augen 256. 

Augenbewegungen, re¬ 
flektorische kompensatori¬ 
sche bei beiderseitiger Aus¬ 
schaltung des N. vestibu- 
laris 248. 

Au gen druck, Abhängigkeit 
des von der Blutbeschaffen¬ 
heit 253. 

Augenhintergrund, Ver¬ 
änderungen des nach Schä¬ 
delverletzungen 267. 

Au gen leuchten, Geschich¬ 
te des 143. 

Augenmuskel lähm ungen 

352. 

— bei Tabes 278. 

Augenstörungen und Ner¬ 
vensystem 240. 

Augenverletzungen im 
Kriege 248 ff. 

Ausdrucksprüfungen 670. 

Ausfallserscheinungen 
bei Schußverletzungen des 
Gehirns XIV. O. M. 

— Behandlung der 614. 

Automatisches Schrei¬ 
ben 677. 

Autoserotherapie bei Pel¬ 
lagra 560. 

Avitaminose als Ursache 
der Nachtblindheit im Felde 
270. 

B. 

Babinskischer Reflex 
219, 226. 

Baining, Schädel der 180. 

— Wirbelsäule der 190. 

Balken, Fehlen der inter¬ 
hemisphärischen Balken¬ 
verbindung bei Affen 158. 

Balkenstich 592. 

Bäränysches Symptom 
2i9. 

— bei Schußverletzungen des 
Schädels 204. 

Basedowsche Krankheit 
465, 467 ff, 838. 

— fäkulentes Erbrechen bei 
840. 

— Behandlung der 615, 616. 

— Röntgenbehandlung der 
542, 580. 

— operative Behandlung der 
607. 

Basedowstruma, histolo¬ 
gische Veränderungen bei 
i75. 

Bastiansches Gesetz und 
Querläsion des Rücken¬ 
marks 111. 

Bauch muskellähm ungen 
bei Poliomyelitis 390. 


Bazillenträger, Maßnah¬ 
men gegen die in Irren¬ 
anstalten 822. 

Bedingu ngsref lex und 
Spasmus nutans 454. 

Behaarung, abnorme bei 
weiblichen Geisteskranken 
698. 

Behandlung, allgemeine 

516. 

— spezielle der Krankheiten 
des Nervensystems 608. 

— der Geisteskrankheiten 

814. 

— chirurgische 504. 

Beleuchtungssysteme, 

Wirkung verschiedener auf 
das Auge 656. 

Baliadonna, ungewöhnliche 
Toleranz gegen 303. 

Benzinvergiftung, akute 
mit nachfolgender spinaler 
Erkrankung 304. 

Bergonie-Apparat 544. 

Beriberi 311. 

— und Pnlyneuritis 413. 

Berührungsfurcht 741. 

Beschäftigungstherapie 

für Kriegsinvalide 824. 

Bettnässerfamilie 192. 

Beweisschöpfung, psycho¬ 
logische 676. 

Bewegungseindruck, der 
primitive optische 654. 

Bewegungsinstinkt 654. 

Bewegungsstörungen, 
extrapyramidale 107. 

Bewußtsein, Entwicklungs¬ 
geschichte des 638. 

— und Innervation des 
Gefäßsystems 665. 

— vom eigenen Körper 637. 

Bienen, Farben- und For¬ 
mensinn der 49. 

Bindege websgeschwulst 
retropharyngeale mit Ein¬ 
schlüssen von Ganglien¬ 
zellen 168. 

Binokulares räumliches 
Sehen 142. 

Biologie 52. 

Bjerrumsche Methode 
der Gesichtsfelduntersu¬ 
chung 247. 

Bleivergiftung 305. 

— epileptische Anfälle bei 
434. 

— Neuritis bei Bl. durch 
Kosmetika 415. 

Blendung, Schädigung des 
Auges durch 248. 

Blendungserscheinun¬ 
gen im Felde 272. 

Blickreflex 261. 

Blindenfürsorge, Kriegs- 
B. 256. 


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846 


Sachregister. 


thode mit Messung des 
Körper Widerstandes bei der 
XXXV. 0. M. 

Galvanometrische Mes¬ 
sung bei Messung von 
Hand zu Hand 56. 

Gamaschen schmerzen 
479. 

Gangiienschwellung, 
histologische Charakteristik 
der 147. 

Ganglienzellen. Anatomie 
der 22. 

— pathologische Histologie 
der 146. 

Gauglioglioneurom am 
Boden des dritten Ventrikels 
165. 

Ganglioneuroblas tome 
163, 164. 

Ganglion spirale, Wir¬ 
kung von Chinin undSalizyl 
auf das 306. 

Gangrän, symmetrische 
456 ff. 

— nach Unfall 501. 

Ganserscher Sympto- 

menkomplex XIII. 

Gasoli n Vergiftung, En¬ 
zephalitis bei 324. 

Gaumenbein der Anthro¬ 
poiden 18». 

Gedächtnis 659, 660. 

Gefälligkeitsgutachten 

805. 

Gefangene, Beschäftigung 
der 775. 

Gefangenschaft, Bedeu¬ 
tung der für die Entstehung 
der Geisteskrankheiten 692. 

Gefäßneryen, sensible 125. 

— diagnostisch - therapeuti¬ 
sche Ausnutzung der 
Weberschen Kunktionsprü- 
fung der 510. 

Gefäßsystem, Beziehungen 
zwischen Psyche und 637. 

— Innervation des und Be¬ 
wußtsein 665. 

Gefühlsbegriff 665. 

Gehirn, Serienpräparate des 
von kleinen Tieren 1. 

— Maß- und Gewichtsvcrhält- 
nisse des 10 

— Physiologie des 102. 

— Regulierungdes Blutstroms 
im 204. 

— Atrophie des bei Geistes¬ 
krankheiten 688. 

— Schußverletzungeu des 
583 ff. 

— Meningitis bei Schu߬ 
verletzungen des 319. 

— Ausfallserscüeinungen bei 
Schußverletzungen desXI V. 
O. M. 


Gehirnabszeß 848, 348. 

— Dränage mit Guttapercha 
bei 591. 

Gehirnarterien, Aneurys¬ 
ma der 325. 

Gehirnblutung 848, 346. 

Gehirnextrakte als An¬ 
tigen bei der Wassermann- 
schen Reaktion 5H0. 

Gehirngeschwülste 828* 

— Operation der 590, 591. 

Gehirnhäute, Durchlässig¬ 
keit der für Salvarsan 533. 

Gehirn krankheiten, trau • 
matische 496 ff. 

— Augen Veränderungen bei 
268. 

Gehirnkrüppel, Übungs¬ 
schulen für 625. 

Gehirnlipoid als Hämo- 
statikum 560. 

Gehirn nerven, Entwick¬ 
lung der 12. 

— Erkrankungen der 405 ff. 

Gehirnnervenlähmung, 
einseitige multiple infolge 
von Endotheliom an der 
Schädelbasis 3<0. 

Gehirnrinde, Fettdegene¬ 
ration in der bei Dementia 
praecox 756. 

Gehirnrindenschich- 
tung 24 

Gehirn Schwellung, intra- 
vitale und postmortale 174. 

Gehirn Sektion 832. 

Gehirnsyphilis 282, 287. 

— Behandlung der 622. 

Gehirnzellen, Differenzie¬ 
rungsvermögen der 22. 

| Gehör, hysterische Funk¬ 
tionsstörungen des 420. 

— traumatische Schädigung 
des 499, 5U0. 

! Gehörorgan, Einfluß vaso¬ 
motorischer Störungen auf 
das 459. 

I Gehörshalluzinationen 

I 699. 

G ei steskran kheite n,funk¬ 
tionelle 786. 

— organische 750. 

— und Neurosen 742. 

bei multipler Sklerose 274. 

— allgemeine Ätiologie, Sym¬ 
ptomatologie und Dia¬ 
gnostik der 678 

— Behandlung der 814. 

Geizhals, Psychologie des 
644. 

Gelenke, symmetrische Kon¬ 
traktur der 452. 

Gelenkrheumatismus, 
Psychosen bei 748. 

Gelenkversteifungen, 
Mobilisation der 544. 


Gemeingefährlichkeit 
805, 806. 

Genera tionspsy chosen 
689. 

Genitale rkrankungen 
und Drüsen mit innerer 
Sekretion 73. 

Genitalorgane, Wachstum 
der weißen Ratten nach 
Entfernung der 86. 

Geotropismus 676. 

Gerichtliche Psychia¬ 
trie 802. 

Gerichtliche Psycholo¬ 
gie 675ff. 

Gerinuungsre&ktion bei 
Syphilis 282. 

Geruchsaura und Epilepsie 
432. 

Geruchsmengen, kleinste 
noch wahrnehmbare beim 
Hunde 142. 

Geruchsvermögen, Ver¬ 
lust des und Erwerbsfähig- 
keit 514. 

Geschmacksempfindun¬ 
gen, Kompensation derl44. 

Geschwülste, pathologi¬ 
sche Anatomie der 165ff. 

Gesichtsfeld Unter¬ 
suchung, Bjerrumsche 
Methode der 247. 

Gesichtsmuskeln, die mi¬ 
mischen eines Mikrozepha¬ 
len 190. 

— des Schimpause 41. 

Gesichtsschädel, Mitbe¬ 
teiligung des bei Syphilis 
hereditaria tarda 189. 

Gesichtsulkus, Simulation 
von bei Hysterie 421. 

Gestaltsgedächtnis 662. 

; Gewichtsschätzung 59. 

Giftdrüsen in den Ohr¬ 
wülsten der Kröte 39. 

Giftstudien, kriminalisti- 
1 sehe 788. 

G1 a u k o m, Abderhaldensche 
Reaktion bei 253. 

Gleichgewicht, psychi¬ 
sches 648. 

G leich ge wichtssinn, zen¬ 
trale Lokalisation des bei 
den Fischen 109. 

| Glioma retinae,Histologie 
! des 149. 

— Abstammung des vom Pig¬ 
mentepithel der Netzhaut 
174, 263. 

, — Rückbildung eines 256. 

— und intraokulare Strahlen¬ 
therapie 246. 

Gliomatose 160, 161, 165. 

| Glücks ge fühle, abnorme 
663. 

Glutäalklonus 225. 


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Sachregister. 


847 


Glykogenbildung, Ein¬ 
fluß des Vagus auf die 128. 

Glykogenmobilisieru ng 
an schilddrüsenlosen Tieren 
78 . 

Goethe, das Zwangsmäßige 
in Goethes Schaffen 642. 

Goldreaktion, kolloidale 
227. 

— bei Paralyse 690. 

Granatexplosion, Erkran¬ 
kungen nach 492 ff. 

— Dämmerzustand nach 718. 

— Behandlung der nach G. 
auftretenden Neurosen 620. 

Granatkontusion 507. 

Großhirn, Physiologie des 
105. 

— Geschwülste des 831 ff. 

Grundmembran der quer¬ 
gestreiften Muskelfaser 48. 

Gutachten 805. 

— Benennung nervöser Zu¬ 
stände in 229. 

Gynäkologische Opera¬ 
tionen und Psychosen 695. 

H. 

Haarausfall und Addi- 
sonsche Krankheit 281. 

Haarlinien 698. 

Halluzinationen 699, 704, 
706, 709. 

— bei manisch-depressivem 
Irresein 741. 

Halluzinose bei Trinkern 
746. 

Halsdrüsenexstirpation, 
Nervenverletzungen bei 406. 

Halsmuskulatur, kloni¬ 
sche Krämpfe der tiefen 
nach Schußverletzung 4*3. 

Halsreflexe auf die Glie¬ 
dermuskulatur 109. 

Halsrippen 192. 

— als Ursache von Arm¬ 
schmerzen 4N0. 

Halsschüsse 405. 

Halssympathikus, Läh¬ 
mung des 411. 

Hals Wirbelsäule, Verlet¬ 
zung der 499. 

Hämatomyelie und Hä- 
matolbulbie nach Schuß 
in die Nackengegend 372. 

Hämolysinreaktion bei 
Meningitis 819. 

Hämorrhagie 343. 

Handmuskeln, isolierte 
Atrophie der kleinen 170. 

Harnbestandteile, Gehalt 
des Blutes und der Spinal¬ 
flüssigkeit an 93. 

Harnblase, Störungen der 
bei Soldaten 222, 223. 


Harn verhaltung, Behand¬ 
lung der bei Rückenmarks¬ 
schüssen 621. 

Hatteria punctata, Vor¬ 
derhirn der 26. 

Haut, Schichtung der Ner¬ 
venenden in der 127. 

— Hyperästhesie der bei 
Herzneurosen 229. 

— Empfindlichkeit der für 
Adrenalin und Pituitrin 83. 

Headsche Zonen 212. 

Hebephrenie, Differential¬ 
diagnose zwischen Hysterie 
und 734. 

— Zwangsvorstellungen bei 
740. 

Heilstätten wesen« 625. 

Heimwehdelikte 813. 

Heißluftapparat 541. 

Heißluftbehandlung von 
Verwundungen, schädlicher 
Einfluß der auf das Ner¬ 
vensystem 540. 

Geißluftmassage 545. 

Hellseher 672. 

Helmkühler gegen Hitz- 
schlag 541. 

Hemiauästhesie, Topo¬ 
graphie der Sensibilitäts¬ 
störungen am Rumpfe bei 
der zerebralen 208. 

— homolaterale bei Hemi- 
plegia spinalis 377. 

Hemianopische Ge¬ 
sichtsfeldstörung nach 
Schädelschüssen 246, 253, 
269. 

Hemianopsie, Gesichts¬ 
feldverwertung bei der 
kompletten homonymen 
Rechts-H 263. 

Homiopie 263. 

Hemiplegia laryngis des 
Pferdes 408. 

Hemiplegia spinalis mit 
homolateraler Hemianä- 
sthesie 377. 

Hemiplegie, homolaterale 
nach Kopfverletzung 497. 

— orthopädische Behand¬ 
lung der 605. 

Hemmungserscheinun- 
pen 704. 

— bei Reflexen 114. 

Hephephilie 799. 

Heptadaktylie, symme¬ 
trische beider Füße 193. 

Hermann - Peru tzsc he Sy¬ 
philisreaktion 287. 

Herpes zoster bei Erkran¬ 
kung verschiedener Gan¬ 
glien 220. 

— nach Schußverletzung 
eines Nerven 409. 

Herz, Physiologie des 136ff. 


Herz, Störungen des im 
Kriegsdienst 221, 222. 

Herzkompresse gegen 
Hitzschlag 541. 

Herzmuskelentzündung 
bei Meningokokkenmenin¬ 
gitis 292. 

Herzneurose 423. 

— mit Hauthyperästhesie 229. 

Heteropoden, Nerven¬ 
system der 20. 

Heufieber, Behandlung 
des 618. 

Hilfsschulkinder, Beob¬ 
achtungen an 732, 733. 

— erbliche Belastung bei 696. 

Hinterhauptlappen, ver¬ 
gleichende Anatomiedes 24. 

Hinterhirn, Anatomie des 
29 ff. 

Histologie, pathologische 
145. 

Hitzschlag 57, 501. 

— Folgezustände des 229. 

— Vorbeugungsmaßnahmen 
gegen 541. 

Homosexualität 801. 

Hornhaut, degenerative Er¬ 
krankungen der 270. 

— Erkrankung der bei Cho¬ 
rea 446. 

Hörschärfe zu verschiede¬ 
nen Tageszeiten 143. 

Hörstummheit 784. 

Hunger 141. 

Hungerempfindung 54, 
60. 

Hydrotherapie 587. 

— bei Geisteskrankheiten 826. 

Hydrozephalus 322, 324. 

Hyperästhesie, elektrische 

Behandlung der bei Er¬ 
frierung 548. 

Hyperthyreoidismus465, 
467 ff. 

— Chinin- und Ureainjek¬ 
tionen bei 537. 

— Serumbehandlung des 562. 

Hypertonie 449. 

Hypertrophie, einseitige 

der Extremitäten 461. 

Hypnose bei Kriegsverlet¬ 
zungen 620. 

— hypnot Strafrechtsfalle 
814. 

Hypochondrie 739. 

Hypophvsis, Physiologie 
der 74 ff. 

— Erkrankung der 465, 474. 

— Verhalten der bei Dia¬ 
betes insipidus 230. 

— Veränderungen der bei 
Hydrozephalus 326. 

— Veränderunpen der zen¬ 
tralen bei Lymphosarkom 
des Nasenrachenraumes!68. 


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848 


Sachregister. 


Hy pophy Bis, Störungen der 
bei Geisteskrankheiten 695. 
— Operation der 608. 

Hypo physisextrakt 
660 ff. 

— Einfluß des auf die Spi- 
nalfliissigkeit 93 

Hypophysisgesch wölste 
340. 

— Gesichtsfeldstorungen bei 
254. 

— Strahlenbehandlung bei 
642. 

Hypothyreoidismus 465, 
473. 

Hysterie 417, 419ff. 

— virilis 420. 

— Chorea hyst. 446. 

— Differentialdiagnose zwi¬ 
schen Hebephrenie und 
734. 

Hysterische Situations¬ 
psychosen 742. 
Hysteroepilepsie 421. 

L 

Idioglossie 839. 

Idiotie 725, 728ff. 

— familiäre amaurotische 728. 
Imbezillität 725, 728ff. 
Impfungen, Statistisches 

und Psychologisches bei 671. 
Impotenz, forensische Be¬ 
deutung der männlichen 
813. 

— Behandlung der 563. 

Infantilismus 465, 473, 

725, 734. 

Infektionskrankheiten 
des Nervensystems 295, 
306 ff. 

— Bekämpfung der in Irren¬ 
anstalten 823. 

Infektionspsy chosen 748. 
Injektionstherapie bei 
Neuralgien 536. 

Innere Sekretion, Phy¬ 
siologie der 71 ff. 
Innervation, falsche 211. 
Insufficientiavertebrae 
191. 

Intel lekt 661. 
Intelligenzprüfung 669, 
670, 729. 

Interkostalneuralgien, 
traumatische 480. 
Intoxikationskrank¬ 
heiten des Nervensystems 
295, 299 ff. 

Intraspinale Einsprit¬ 
zungen von Sera, Wirkung 
der 552. 

Inzest 792. 

Irradiation der Schmerzen 
213. I 


Irrenanstalten 821, 840. 

Irrenwesen 818ff. 

Ischämische Muskelkon¬ 
traktur 452. 

Ischias 481. 

— Behandlung der 541. 

— Injektionstherapie bei 636. 

— autogenes Vakzin zur Be¬ 
handlung der 553. 

— operative Behandlung der 
traumatischen 607. 

J. 

Jenische Sprache 781. 

Jod, Verteilung des in den 
Zellen nach Aufnahme or¬ 
ganischer Jodpräparate 98. 

Jodismus und Basedow469. 

Jodothyrin, Einfluß des auf 
die Spinalflüssigkeit 93. 

Jodpräparate 529. 

Jüdische Kinder, anthro¬ 
pologische Untersuchungen 
in Jerusalem an 182. 

J ugendf ürsorge und Krieg 
624. 

Jugendliche, Kriminalität 
der XXXI. O. M. 

J ustschinsky, psychiatri¬ 
sche Untersuchung über den 
Ritualmord J. 678. 

K. 

Kaffeol 521. 

Kalium, Steigerung des 
Herzvagustonus durch 187, 
138. 

Kalkbehandlung522, 524. 

Kalziummangel, Einfluß 
des auf das autonome Ner¬ 
vensystem 125. 

Kant, Psychologisches aus 
Kants Schriften 653. 

Karotis, Wirkung des Ver¬ 
schlusses der auf die vaso¬ 
motorische Erregbarkeit 
125. 

— Kompression der bei Epi¬ 
lepsie 616. 

Katastrophenmedizin 

488. 

Katatonie nach Sonnenstich 
756. 

— Beschleunigung der Blut¬ 
gerinnungszeit bei 757. 

KatatonischeSituations- 
psychosen 742. 

Katatonusversuch 210. 

Kaumuskeln, vergleichende 
Anatomie der 40. 

Kausalität 647. 

Kehlkopf, Innervierung des 
bei den Vögeln 36. 

— Innervationsstörung des 
408, 409. 


Kephalea 476. 

Kephalop öden au ge, Ana¬ 
tomie und Physiologie des 
39. 

Kephaloskopie bei Epi¬ 
leptikern 429. 

Keratodermie der Hände 
und Füße 464. 

Keratokonus, Abderhal- 
densche Reaktion bei 258. 

Keuchhusten, Lähmung bei 
810. 

— Neuritis optica mit zere¬ 
bellarer Ataxie bei 267. 

Kiefer, Anomalien des und 
Idiotie 733. 

Kinderlähmung, spinale 
888, 836. 

— Behandlung der 544. 

— zerebrale 851. 

Kinderpsychologie 666 ff. 

Kindesmord 809. 

Klaustrophobie 424. 

Kleinhirn, Anatomie des 

29, 30, 832. 

— Physiologie des 110. 

— Fehlen des linken Seiten¬ 
lappens des 834. 

— Erkrankungen des 854. 

— Differential di agnose zwi¬ 
schen Erkrankungen des 
Labyrinths und des 215. 

Kleinhirnbrückenwin¬ 
kelgeschwülste 337ff. 

— pathologische Anatomie 
der 166. 

— translabyrinthäre Entfer¬ 
nung der 601. 

Kleinhirn ge sch wülste 
165, 166, 335 ff., 355, 358, 
859. 

Klimakterische Neurose 
424. 

Klimakterium, Behand¬ 
lung der Ausfallerscheinun¬ 
gen im 614. 

Knie phänomen, paradoxes 
224. 

Knocheneinpflanzung 
bei Wirbel tuberkulöse 594. 

Knochensystem in seinen 
Beziehungen zu Erkran¬ 
kungen des Nervensystems 
176. 

Knochentrauma, Tetanie 
nach 447. 

Kodein, Einfluß des auf 
Krämpfe 526. 

Kohlenhydratstoffwech- 
8 e 1 bei Hyperthyreoidismus 
473. 

Kohlenoxyd gas Vergif¬ 
tung, Neuritis des Hör¬ 
nerven bei 415. 


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Sachregister. 


849 


Kohlenoxydhaltige Ex¬ 
plosionsgase, Vergif¬ 
tung durch 804. 

Kohlensäurebäder 539. 

Kokain, Empfindlichkeits¬ 
steigerung des Gefäßsy¬ 
stems gegenüber Adreualin 
durch 84. 

Kolobome am Sehnerven¬ 
eintritt 266. 

Konträre Strebungen 
779. 

Konus medullaris, Eigen¬ 
apparat des 113. 

Konus terminalis bei den 
Haustieren 82. 

— Erkankungen des 867. 

Konvulsionen 425, 435. 

Konzeption bei Geistes¬ 
und Nervenkranken 688. 

Kopfhautfalten undHaar- 
linien 698. 

Kopfschmerzen 476. 

— syphyiitische 283. 

Kopfschwarte, Verände¬ 
rung der bei Akromegalie 
475. 

Kopftetanus 442. 

Kopfverletzungen, psy¬ 
chotische Erscheinungen 
nach XU, 0. M. 

Körpergröße und Hirn¬ 
gewicht 11 

Körpertemperatur, ein¬ 
seitige Steigerung der 422. 

Körperwiderstand, Sta¬ 
bilisierungsmethode mit 
Messung des bei der gal¬ 
vanischen Behandlung 
XXXV. O.-M. 

Korsakoffsche Psychose 
722, 746, 747. 

Kosmetika, Bleivergiftung 
durch 305. 

— Neuritis bei Bleivergiftung 
durch 415. 

K raftsi n n, von Vergleichung 
Gewichten mit Hilfe des 50. 

Krämpfe 425, 435. 

— psychogene, XI, O M. 421. 

— Einfluß der Erlenmeyer- 
scheu Bromidmischung und 
des Kodeins auf 526. 

Krampfgifte, Wirkung der 
108. 

Kreatin, quantitative Be¬ 
stimmung der 91. 

Krebs, Einfluß der Hypo- 
physis auf das Wachstum 
des 74. 

— und Geisteskrankheiten 
695. 

Kremasterreflex 224. 

Kretinismus 725, 734. 

Krieg und Nervensystem 203, 
204, 48h ff., 624. 

Jahresbericht f. Neurologie u. 


Krieg und Kriminalität 780. 

Kriegspsychiatrisches 
709 ff. 

Kriegspsychologie 634fif. 

Kriminalität der Jugend¬ 
lichen XXXI, O.-M. 

Kriminelle Anthropolo¬ 
gie 758. 

Kropf 78, 79. 

— Störungen von seiten des 
Halssympathikus bei 411. 

— Röntgenbehandlung des 
542. 

Kugeleinheilung nach 
Enukleation 259. 

Kultur und Hirngewicht 10. 

Kupfersalvarsan 532. 

L. 

Labyrinth, Wirkung von 
Wärme und Kälte auf die 
einzelnen Ampullen des 144. 

— Erkrankungen des 216, 
218, 219, 220. 

Labyrinthreflexe auf die 
Gliedermuskulatur 109. 

Lagophthalmus, angebo¬ 
rener in 4 Generationen 261. 

Lähmung, familiäre perio¬ 
dische 281. 

— akute bei Tabikern 278. 

Lähmungstypen, das Ge¬ 
setz der 202. 

Laminektomie 593, 594. 

Landrysche ParalyseöOÖ, 
307. 

— pathologische Anatomie 
der 174. 

— Beziehungen der zur spi¬ 
nalen Kinderlähmung 390. 

Lateralsklerose, amyotro- 
phische 272, 275. 

Lazarettbeschäftigung 

625. 

Lazarettdisziplin als 
Heilmittel 625. 

Leichenschändung aus 
Aberglauben 674. 

Leitungsgeschwindig- 
k e i t im motorischen Nerven 
122 . 

Len den mark, Anatomie des 
33. 

Leontiasis ossea 190. 

Leptoineningitis, hämor¬ 
rhagische bei Milzbrand 154. 

Leuchtorgane tropischer 
Käfer 39. 

Licht, Wirkung des auf die 
lebende Substanz 56, 58. 

Lichtbehandlung des Te¬ 
tanus 542. 

Lichtsinnbei Echinodermen 
52. 

Lidschluß, Sehfunktion bei 
249. 

Psychiatrie I9if>. 


Linkshändigkeit 192. 

Lipodystrophie pro¬ 
gressiva 462, 476. 

Lipoide, Biochemie der 85. 

— Gehalt des Gehirns an bei 
morphiumgewöhnten Hun¬ 
den 100. 

Lokalanästhesie. Störun¬ 
gen des Gefäßappar&tes bei 
540. 

Lorrains Schreckneu¬ 
rose 725. 

Luetinreaktion 284. 

Luftdruck, Netzhautschä- 
digung durch erhöhten 260. 

Luftembolie durch Gebär¬ 
muttereinspritzungen 788. 

Lumbalpunktion 595, 596. 

— bei traumatischen subme- 
ningealen Blutungen 378. 

— bei Delirium potatorum 820. 

— bei progressiver Paralyse 
823. 

Luminal 526. 

— bei epileptischer Demenz 
825. 

Lust, negative bei Schopen¬ 
hauer 664. 

Lustelemente 665. 

Lymphosarkom des Nasen¬ 
rachenraums, Veränderun¬ 
gen der zentralen Hypo¬ 
physe bei 168. 

M. 

Magen, Physiologie des 141. 

— Sensibilität des 129. 

Magengeschwür und Teta¬ 
nie 448. 

Magenstörungen, Kopf¬ 
schmerzen bei 477. 

Magensymptome bei Sy¬ 
philis 282. 

Magnesium 522ff. 

Magnesium neuronalhyp- 
nose 99. 

Magnesiumsulfat, Wir¬ 
kung des auf den Darm 141. 

Mais, Folgen einseitiger Er¬ 
nährung mit 311. 

Makrotom 829. 

Makula, traumatische Er¬ 
krankung der 260. 

Maladie ankylosante 
progressive ctchroni- 
que 191. 

Mal um perforans pedis 
nach Wirbelschuß 375. 

Manisch-depressives Ir¬ 
resein 740. 

— bei Dementia praecox 758. 

— paranoide Nymptomenkoin- 
plexe im Verlaufe des 738. 

Markscheidenentwick¬ 
lung im Tractns opticus, 
Chiasma und Sehnerv 35. 

54 


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850 


Sachregister. 


Massage 548. 

Massensuggestionen 635. 

Masturbation 795. 

Mastzellen in der Form von 
Ganglienzellen 829. 

Mauthnersche Riesen¬ 
zellen im Nucleus moto- 
rius tegmenti 834. 

Medikomechanik im Bett 
545 

M e d u 11 a o b l o n g a t a, Phy- 
siologie der 109. 

—- Sensibilitätsleitung in der 

112 . 

— Erkrankungen der 359. 

Mekonal 527. 

Melancholie 789. 

— Selbstmord und Verbre¬ 
chen bei 812, 814. 

Melan ome, multiple der 
Haut 164. 

Melanommetastaseu in 
der Wirbelsäule 164. 

Meningismus ira epilepti¬ 
schen Dämmerzustand 432. 

Meningitis cerebrospi¬ 
nalis 288, 847, 848. 

— Vorbeugung und Be¬ 
handlung der 621. 622. 

Meningitis purulenta 
816, 319 ff. 

Meningitis serosa 316, 
319, 363. 

Meningitis serosa cir¬ 
cumscripta spinalis 

155. 

— nach Schubverletzung des 
Rückenmarks 370. 

Meningitis tuberculosa 
infolge Quetschung eines 
tuberkulösen Nebenhodens 
498. 

— Behandlung der 621. 

— intralumbale Tuberkulin¬ 
injektionen bei 553. 

Meningokokken, Nachweis 
der in der Zerebrospinal¬ 
flüssigkeit 290. 294. 

Meningokokkenserum 

553. 

Meningomyelitis, chirur¬ 
gische Behandlung der 595. 

Meningozele, mehrfache 

156. 

Menschenaffen Station 
auf Teneriffa 46. 

Menstruation und Psychose 
694. 

Me nstruationspsy chosen 
722. 

Mesothorium und Gefä߬ 
nervensystem 98. 

Methylalkoholvergif¬ 
tung, Sehstörungen bei 
257, 267, 26*. 

Migräne 476. 


Mikrogyrie 156. 

Mikrozephalus, die mimi- 
| sehen Gesichtsmuskeln bei 
j 190. 

; Milchsäure, Bildung von 
| im Muskel 91, 92. 

| Milchzahn, Nervenfasern 
im 36. 

Milzbrand, hämorrhagi¬ 
sche Leptomeningitis und 
Lymphadenitis bei 154. 

Mi nenexplosion, zerebrale 
Symptome nach XXVI, 
O.-M. 

Minenverschüttung, ner- 
j vöse Folgezustände nach 
| 494. 

| Mineralsalze 521 ff. 

I Mineralstoffwechsel 521. 

| Mißbildungen, Entwick¬ 
lung der 832. 

! Mittelhirn, Anatomie des 
| 28. 

] Mobilmachungspsycho¬ 
sen 718. 

Momentanes Interesse 
664. 

Mondsucht 781. 

Mo ugoloide Idiotie und 
Syphilis 728. 

Moorbäder gegen Enuresis 
nocturna 541. 

Morphinismus 301. 

— Behandlung des 529. 

Morphinpräparate, hy¬ 
drierte 527. 

Morphium, intraspinale An¬ 
wendung des 529. 

— fördernde Wirkung des 
auf die heterotrope Reiz¬ 
bildung im Herzen 137. 

Morphiumentziehung 

626. 

Morphium ge wöhnung 99, 

100 . 

Morphium-Skopolamin 
bei Angst- und Erregungs¬ 
zuständen 823 

Motiv 769. 

Motorische Symptome 
209 fl. 

Musculi crico-arytaeno- 
idei postici, Lähmung 
der 409. 

Musculi intercostales, 
Beteiligung der bei der 
Hemiplegie 212. 

Musculus pectoralis m a - 
jor und minor, einseitiges 
Fehlen des 393. 

Musculus sterno-costa- 
lis, Anatomie des 42. 

Musiker, Psychologie des 
673. 

Muskeln, Anatomie der 40 ff. 

— Physiologie der 116,130ff. 


Muskeln, Gaswechsel des 
tätigen 91. 

Muskeln, Bedeutung der 
tonischen Innervation für 
die Funktion der querge¬ 
streiften 123, 125. * 

Muskelarbeit, Verhalten 
des Blutdrucks bei 138. 

Muskelatrophie 391. 

— lokalisierte bei Tabes 278. 

— progressive spinale als Un- 
falltolge 515. 

Muskelhypertrophienbei 
toxischer Polynenritis 413. 

Muskelkontraktion 47. 

Muskelkraft, Messung der 
204. 

Mu8kelkrä rupfe, lokali¬ 
sierte 450. 

Musk elmaschine 63. 

Muskelschwellung 101. 

Muskelsinn 55. 130. 

Muskelüberpflanzuug 

602. 

— bei Serratuslähruung 602. 

Myasthenia gravis pseu- 

doparaly tica, Thymus¬ 
befunde bei 362. 

3Ivelitis 363. 

Myelitis tetanica 443. 

Myelitis traumatica 376 

Myohypertroph i a kymo- 
paralytica 413. 

Myoroborator 544. 

Myositis ossifieans 393 

Myotonie 456 

Myotonoclonia trepi- 
dans 451. 

Mystik 672. 

Myxödem 465. 474. 

N. 

NachbewegungsPhäno¬ 
men 210. 

Nach hir n, Anatomie des31. 
32. 

Nachtblindheit im Felde 
247, 248, 260, 270. 

Nährstoffe, akzessorische 
90. 

N-Allylnarkodein 528. 

Napoleon als Epileptiker 
782. 

Narben schmerzen. zir¬ 

kumskripte bei Durch¬ 
schüssen an Hand und Fuß 
479. 

Narkolepsie 723. 

N arkose 94 ff. 

— Störungen des Gefäßappa¬ 
rates bei 540. 

Narkotika, Einfluß der auf 
die Permeabilität der roten 
Blutkörperchen 98. 

— Gesetz gegen den Mi߬ 
brauch der 805. 


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Sachregistrr. 


851 


Nase und Geschlechtssphäre 
654. 

Natrium nucieinictim bei 
progressiver Paralyse 824. 

Nebenhoden, tuberkulöse 
Meningitis infolge Quetsch¬ 
ung eines tuberkulösen 498. 

Nebenniere, Physiologie 
der 82 ff. 

— maligner Tumor der 168. 

Nebenschilddrüse, Phy¬ 
siologie der 81. 

— Regenerationsfähigkeit der 
174. 

— Adenom der 164. 

— Transplantation der bei 
postoperativer Tetanie 608. 

Neger, Gehirn der 834. 

— Rasseneigentümlichkeit des 
Temporallappens beim 829. 

Negrische Körperchen 
150. 

Neosalvarsan, intraventri¬ 
kuläre Injektion von bei 
Paralyse 825. 

— Todesfälle nach 535, 536. 

Nephritis, Psychose bei 748. 

Nervagenin 525. 

Nerven, peripherische. 

Physiologie der 116, 121 ff. 

— Anatomie der zerebrospi- 
nalen 34 ff. 

— Krankheiten der 894. 

— chirurgische Behandlung 
der Krankheiten der 597. 

Nerven, sensorische, Be¬ 
ziehungen der zur Entzün¬ 
dung 173. 

Nervenfasern, pathologi¬ 
sche Histologie der 148. 

Nervenraechanik 602. 

Nerven muskolerregbar- 
keit, galvanische in der 
Schwangerschaft 547 

Nervennaht 597, 601, 602. 

Nervenpfropfung 602. 

Nervenschußverletzun- 
gen XX, O.-M. 

Nervensystem, Untersu¬ 
chungsmethoden des 1. 

— Entwicklung des 11 ff. 

Nervenüberpflanzung, 

histologische Veränderun¬ 
gen nach 148. 

Nervenverletzungen 836. 

Nervus abducens, ange¬ 
borene doppelseitige Läh¬ 
mung des 354. 

Nervus acusticus, Neuritis 
des bei Kohlenoxydgasver¬ 
giftung 415. 

— syphilitische Erkrankung 
des 283, 286. 

Nervus cutaneus anti- 
brachii medialis, Ana¬ 
tomie des 37. 


Nervus electricus von 
Mormyrus 37. 

Nervus facialis, Lähmung 
des 407, 408. 

— angeborene doppelseitige 
Lähmung des 354. 

— Verletzung des 407. 

Nervus glutaeus Superi¬ 
or, isolierte Lähmung des 
durch Schuß Verletzung 410. 

Nervus hypoglossus, 
Kern des 31. 

— Ramus descendens des 408. 

— isolierte Krämpfe im Ra¬ 
mus descendens des 452. 

— bilaterale nukleäre Läh¬ 
mung des nach Unfall 498. 

Nervus ischiadicus, trau¬ 
matische Durchtreunung 
des 604. 

— Eosinophilie nach Resek¬ 
tion des 174. 

Nervus medianus, Anato¬ 
mie des 36. 

Nervus musculocutane- 
us, Anatomie des 37. 

Nervus ocu lomotorius, 
Lähmung des infolge von 
Otitis 840. 

— Lähmung des als erstes 
Zeichen eines Stirnhirnab¬ 
szesses 350. 

Nervus pudendus, Rei¬ 
zung des 481. 

Nervus radialis, Schu߬ 
verletzung des 409. 

—hysterische Simulation einer 
traumatischeuLähmung des 
409. 

— Behandlung der Lähmun¬ 
gen des 544. 

— chirurgische Behandlung 
der Lähmung des 600. 

— Apparat für Lähmung des 
600, 604. 

Nervus recurrens, Läh¬ 
mung des 408. 

— Verletzung des 407. 

Nervus terminalis 830. 

Nervus tibialis, Schußver¬ 
letzung des 411. 

Nervus trigeminus,Schuß- 
verletzuug des 405. 

— Neuralgie des 478. 

— Injektionstherapie bei 
Neuralgie des 536. 

Nervus ulnaris, Anatomie 
des 37. 

Nervus vagus, Kern des 
31, 32. 

— Bedeutung des für die 
Entstehung der Apnoe 127. 

— Einfluß des auf die Gallen¬ 
absonderung und anf die 
Glykogenbildung 127, 128. 

— Verletzung des 406. 


Nervus vestibularis, re¬ 
flektorische kompensatori- 
scho Augenbewegungen bei 
beiderseitiger Ausschaltung 
des 248 

— isolierte Neuritis des nach 
Typhusschutzimpfung 415. 

Nestbau der Menschenaffen 
670 

Netzhaut, peripherische 
Saftströmung in der 84. 

— Schädigung der durch er¬ 
höhten Luftdruck 260. 

Netzhautablösung, Ope¬ 
ration der posttraum&ti- 
schen 606. 

Netzhautreiznng durch 
kurzdauernde Lichtblitze 
und Lichtlücken 142. 

Neugeborene, intrakrani¬ 
elle Blutungen der 346 

Neuralgien 476. 

— Injektionstberapie bei 536. 

Neurasthenie 417, 422. 

— Polyneuritis bei 411, 412. 

Neuritis 411 ff. 

- Behandlung der mit Vak¬ 
zineurin 564. 

Neuritis optica mit zere¬ 
bellarer Ataxie bei Keuch¬ 
husten 267. 

— infolge von Sinusitis sphe- 
noidalis 836. 

Neuritis retrobulbaris, 
im Ghiasma lokalisiert 263. 

— Beziehungen zwischen mul¬ 
tipler Sklerose und 274. 

Neuroblastome 163, 164. 

Neurodermitis verru¬ 
cosa 417. 

Neurofibrillen, Entste¬ 
hung der 22. 

Neurofibromatose 162, 
163, 164. 

Neuroglia, Anatomie der22. 

— Färbung der 4, 5. 

— pathologische Histologie 
der 149. 

Neurolyse 599, 600. 

Neurome, benigne unaus- 
gereifte 162. 

Neuronal 525. 

Neuropathisches Kind 
735. 

Neurosen und Psychosen 
742. 

— und Trauma 502ff. 

— Behandlung der funktio¬ 
nellen 614 ff. 

Niere, Innervation der 129. 

Nierenfunktion, Abhän¬ 
gigkeit der vom Nerven¬ 
system 109. 

Nikotinvergiftung 301. 

Ninhydri n. Giftwirkung des 
99. 

54* 


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852 


Sachregister. 


Ninhydrinreaktion bei tu¬ 
berkulöser Meningitis 322. 

Noktambulismus 700, 781. 

Nor-Morphinderivate 

528. 

Nucleus lentiformis, 
Gliom im 334. 

Nucleus motorius teg- 
menti, Mauthnersche Rie¬ 
senzellen im 834. 

Nymphomanie, Affektepi¬ 
lepsie bei 433. 

Nystagmus hereditärer 251. 

— einseitiger 264. 

— der Bergleute 258. 

— photographische Messung 
desAugen- und des Pupillen¬ 
abstandes bei 256. 

— labyrinthärer bei Gehirn- 
kraukheiteu 214. 

— bei Verletzungen des Fußes 
der II. Stirnhirnwindung 
106. 

— und Stottern 229. 


Oberschenkel, Einfluß der 
Muskelarbeit auf die Form 
des 193. 

ödem, hysterisches 420. 

— das harte traumatische des 
Handrückens 4M. 

— Quinckesches 460. 

Ohr, Kriegsverletzungen des 

606. 

Ohrensausen, Behandlung 
des 619. 

Ohrerschii t terungen, Be- I 
handlung der 542. 

Ohrmißbtlduugen bei 
Geisteskranken 698. 

Oktopoden, Nervensystem 
der 20. 

Oleum Pulegii, Verände¬ 
rungen des Zentralnerven¬ 
systems bei 171. » 

Olive, Entwicklnngsstürung ! 
der unteren 15h. 

Ol ivo-zerebellare Atro¬ 
phie 169. 

Ophthalmia m e t a s t a - S 

tica, plötzliche Pupillen- ! 
lähmung als erstes Zeichen 
der 261. 

Ophthalmoplegien bei 
progressiver Paralyse 752. 

Opium 527. 

Opiumentziehung 626 

Opi um sucht und Selbst- i 
morde 784. 

Optische Agnosien 105. 

Optische Täuschung 654. 

Orbitogenor Hirnabszeß 
349. 

Organische Psychosen 

750* 


Organtherapie 548* 

— bei Dementia praecox 825. 
Orieutierungsproblem 

48. 

Orientierungsvermögen 
der Ameisen 668. 
Orthopädische Behand¬ 
lung 604 ff. 

Osteogenesis imperfecta 
178. 

Otitis media, Hirnabszeß 
nach 349. 

— Meningitis nach 321. 
Ovariotomie, Fettembolie 

nach 347. 

Ozetbad 5H9. 


Pachvmeningitis und Un¬ 
fall 498 

j Palpatorische Anwen¬ 
dung elektrischer Ströme 
547. 

Panumsches Phänomen 
655. 

Papille, primäre Tumoren 
und tumorartige Gebilde 
der 259. 

Paralyse. progressive 
752 ff. 

- Ursachen der 277. 

— Beziehungen der Syphilis 
cerebrospinalis zur 285. 

— Großhirntumor unter dem 
Bilde einer 329 

— Differentialdiagnose zwi¬ 
schen Paranoia und auf 
Grund des Abderhalden- 
schen Verfahrens 738. 

Behandlung der 823. 824, 
826. 

Paralysis agitans 812. 

Paranmesie, reduplizie¬ 
rende 663. 

Paramyoklonus, olivo- 
zerebellare Atrophie unter 
dem Bilde des 169. 

Paranoia 737 ft. 

— in gerichtsärztlicher Be- 
zi hung 810. 

Paraphrenie 721, 738, 810. 

Paraplegie, senile 367. 

— infolge von Aortenaneu¬ 
rysma 83*». 

Parasiten des Gehirns 326, 
341. 

Parästhesien und Hallu¬ 
zinationen 706. 

Parietalorgane von Pe- 
tromyxon fluviatilis 38. 

Parotis 832. 

Patellarreflex, Wieder¬ 
kehr des bei hoher Hücken- 
marksdurchtrennung 224. 


Pathologische Anato¬ 
mie, spezielle 151. 

Pathologische Histolo¬ 
gie 145. 

Pellagra 310. 

— Autoserotherapie bei 560. 

Pemphigus bei Paralyse 753. 

Permanentes Bad bei Te¬ 
tanus 539. 

Peroneuslähmung 606. 

Peroneus-Tibialisläh- 
mung, Fußstützmaschine 
für 605. 

Persuation 510. 

Perversitäten T 4 *8ff. 

Pferde, rechnende 667, 671. 

Pfortad er gef äß kapilla¬ 
ren der Frosc leber 98. 

Pfortaderunt erbindun g, 
Krampfe nach 435. 

Phagozyten und Atemzen¬ 
trum 95 

Phänomenologie 652. 

Phenoval 525. 

Phosphorsäure, Bildung 
von im Muskel 91, 92. 

Phosphor vergift u n g, 
Veränderungen des Zen¬ 
tralnervensystems bei 171. 

Phthiropl obie 424. 

Physiologie, al Igemeine 44. 

— des «Gehirns 102. 

— des Rückenmarks 111. 

— der peripherischen Nerven 
und Muskeln 116. 

— des Stoffwechsels 64. 

Pikiotoxinvergiftung, 

Krämpfe nach 435 

Pituitrin, Empfindlichkeit 
der Haut für 83. 

Plaques, der gliöse Anteil 
der senilen 149. 

Plasmazelleu in den Hirn¬ 
häuten und der Hirnrinde 
bei Paralyse 752. 

Platners Krankenge¬ 
schichte 724. 

Plazenta, wirksame Sub¬ 
stanz in der 86. 

Plexus brachialis, sym¬ 
metrische Neuritis des 416. 

— Neurolyse des 599. 

Plexus c h o r i o i d e u s, re- 

sorptive Funktion des 
Epithels des 110. 

— Teratom des 335. 

Plexus lumbalis,Anästhe¬ 
sierung des 580. 

— isolierter Tetanus des 443. 

Plexusanästhesie, Kulen- 

kampffsche 580. 

Pneumatozele, intrakia- 
nielle nach Sehußverlet- 
zung 590. 

Pneumonie, der vasomoto¬ 
rische Mechanismus bei 460. 


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Sachregister. 


85 


Pneumonie, Spinalflüssig- 
keit bei 227. 

— nach Apoplexie 222. 

Pneumokokkenmeningi¬ 
tis nach Pneumokokken - 
appendizitis 320. 

Pocken, Geistesstörung bei 
745. 

Polioenzephalitis 322. 

Poliomyelitis 388. 

Pollutionen, Tages-P. 795. 

Polynearitis 411 ff. 

Potenz, Störung der bei 
Akromegalie 474. 

Processus frontali® des 
Schläfenbeins 183. 

Prüfungsschwindel 780. 

Ps e u d o d e m e n z, hysterische 
743. 

— hysterische mit organischer 
Hirnerkrankung 421. 

Pseudoglioma retinae 
252. 

Pseudologia phantastica 
781. 

Pseudomeningitis bei 
tuberkulösen Kindern 322. 

Pseudosklerose 314, 316. 

Pseudotetanus 443. 

Psychiatrie, gerichtliche 
802. 

Psychoanalyse 619. 

Psychogalvanischer Re¬ 
flex 51. 

Psychologie 626. 

Psychopathische Kon¬ 
stitution 725, 735. 

Psychoreflex 105. 

Psychotherapie 619fl. 

Pulsus irregularis per- 
petuus bei Basedow 468. 

Pupille, physiologische Un¬ 
ruhe und Psychoreflexe der 
251 

Pupillenabstand, photo¬ 
graphische Messung des bei 
Bewegungen der Augen 

256. 

Pupillenlähmung, plötz¬ 
lich auftretende bei meta¬ 
statischer Ophthalmie 261. 

Pupillenspiel, verglei¬ 
chende Physiologie des 143. 

Pupillenstarre, reflek¬ 
torische, alkohologene 

257, 258. 

— vorübergebende bei Dia¬ 
betes 250. 

— beiderseitige naoh Schä¬ 
deltrauma 498. 

Purkinjesches Phäno¬ 
men im zentralen Bezirke 
des Sehfeldes 253. 

Pygmäenschädel 181. 

Pyramide, zerebellare 29,30. 


Pyramidenbahn 33. 

— Anatomie und Physiologie 
der 25, 26. 

Q. 

Quarzlicht gegen Enuresis 
nocturna 541. 

Quecksilber - Salvars an - 
behandlung 530. 

Querulantenwahnsinn 
739, 810, 812. 

Quinckesches Ödem 460. 
B. 

Rassenhygiene 624. 

Rassenpsychiatrie 691. 

Rautenhirn von Acanthias 
31. 

Rechenbegabung und 
Rechendefekte bei ab¬ 
normen Kindern 730. 

Rechnende Pferde 667, 
671. 

Rechtshändigkeit 59. 

Reflexe 223ff. 

— paradoxe 224, 225. 

— Hemmungserscheinungen 
bei 114. 

— Form der bei Chorea 445, 
446. 

Reflexbogen, Refraktär¬ 
stadium im 50. 

Reflexlähmung 211. 

Reflexmechanismus, Ent¬ 
wicklung des bei Amblyo- 
stoma 831. 

Refraktärstadium im Re¬ 
flexbogen 50. 

Religiöser Wahnsinn, 
Selbstverbrennung im 783. 

Rentenneurose 511, 512. 

Reproduktion 661. 

Rhabdomyome des Her¬ 
zens bei tuberöser Hirn¬ 
sklerose 162. 

Rheumatische Erkran¬ 
kungen im Kriege 479. 

Rhitinis vasomotoria, 
verursacht durch Spul¬ 
wurm 460. 

Richterpsychologie 676. 

Riechhirnanteile beim 
Delphin 830. 

Riechlappendefekt, par¬ 
tieller 158. 

Röntgenbehandlung der 
Schilddrüse und Thymus 
bei Basedow und Status 
lymphaticus 542, 580. 

Röntgen verfahren bei 
Schädelschüssen 580. 

Rossia makrosoma, Ner¬ 
vensystem der 20. 


Rotgrünblindheit, Über¬ 
gänge von normalem Far¬ 
bensinn zu angeborener 254. 

Rückenmark, Anatomie 
des 32 ff. 

— Physiologie des 111. 

— Regeneration im 835. 

— Geschwülste des 883. 

Rücke n marksk rank - 

heiten, traumatische 867, 
499. 

— chirurgische Behandlung 
der 593 

Rum. Einführung der histo¬ 
rischen Rumration bei der 
britischen Armee 838. 

Rumination als Unfalls¬ 
folge 514. 

Rußverfahren zur Auf¬ 
nahme von SchaÜBchwin- 
gungen 659. 

8 . 

Safrolvergiftung, Psy¬ 
chose bei 749. 

Salizylsäure, Wirkung der 
auf das Ganglion spirale 
306. 

Salvarsan 580 ff. 

Salvarsannatrium 530. 
531. 

Salvarsanserum 532, 533, 
559, 560. 

Sarkom, glioblastisches des 
Kleinhirns 165. 

SauerstoffgehaltdesWas- 
sers, Einfluß des auf die 
Atembewegungen der Fi¬ 
sche 55. 

Scalenussystem, Morpho¬ 
logie des 42 

Schädel 180 ff. 

— Deformitäten des bei De- 
meutiu praecox 758. 

— Schußverletzungen dei 
583 ff, 838. 

Schädeldefekte, Deckung 
der 588. 

Schädel crkrankungen, 
traumatische 496 ff. 

Schädelverletzungen, 
Augenhintergrundsver¬ 
änderungen bei 267, 269. 

— Diabetes insipidus nach 
495. 

Schädelwachstum 186. 

Schallschwingungen, 
Rußverfahren zur Aufnah¬ 
me von 659. 

Sch edel, zwei Konsilien des 
Dr. Hartmann Sch. 754. 

Scheitellappen, Tumoren 
des 332. 

! Schiefhals 453. 

Schilddrüse, Physiologie 
der 76 ff. 


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854 


Sachregister. 


Schilddrüsenextrakt, 
Wirkung des auf Amphi- 
bienlarven 831. 

Schilddrüsenpräparate 

562. 

Schildknorpel, Plastik am 
606. 

Schizophrenie, Assozia¬ 
tionsversuche bei 756. 

— vegetatives Nervensystem 
bei 757. 

Schläfenbein 183. 

Schläfenlappen. Rassen- 
eigentümlichkeit des beim 
Neger 829. 

— Sarkom des 336. 

Schläfenlappenabszeß 

mit Durchbruch in den 
Seitenventrikel 349. 

Schlafmittel, Verände¬ 
rungen der Blut- und Hirn¬ 
zusammensetzung bei chro¬ 
nischem Gebrauch von 96. 

Schlafstörung, kindliche 
231. 

Schlaftrunkenheit 781. 

Schmerz, positiverbei Scho¬ 
penhauer 664. 

— Behandlung des 615. 

Schmerzfasern, zentraler 

Verlauf der 114. 

Schmerzqualitäten 653. 

Schock, nervöser und psy¬ 
chischer 839. 

— und Nebenniere 86. 

— anaphylaktischer nach Te¬ 
tanusserum 558. 

Schockwirkung bei 
Schwerverwundeten 645. 

Schopenhauer, positiver 
Schmerz und negative Lust 
bei 664. 

Schreckneuro-se 508. 

Schreiben, automatisches 
677 

— mit Hilfe des Gebisses 544. 

Schrift der Schwachsinni¬ 
gen 729. 

Schriftsachverständige 
und Beeinflußbarkeit 781. 

Schulterblatt höch¬ 
st and, angeborener 192. 

Schwachsinn 728, 729. 

Schwachsinnigenfürsor- 
ge 827. 

Schwangerschaft, galva¬ 
nische Nervenmuskelerreg- 
barkeit in der 547. 

— Psychosen und Neurosen 
in der 688. 

— und Epilepsie 438. 

Schwan gerschaftsniere, 

Behandlung der 617, 618. 

Schweiß absonderung, 
Verhalten der bei spinaler 
spastischer Paraplegie 364. 


Schweißabsonderung, 
vermehrte auf der gelähm¬ 
ten Seite bei kortikalen 
Läsionen 209. 

Schweißdrüsen, Innerva¬ 
tion der 126. 

Schwindel 215. 

Schwindler, geisteskranke 
782. 

Sedobrol 525. 

Seebäder an der Adriaküste 
540. 

8eeleublindheit mit 
Apraxie 208. 

Seelensitz 644 

Sehbahnen, Lokalisierung 
in den 106. 

— Schußverletzungen der zen¬ 
tralen 249. 

Sehen der Fische 61. 

Sehnenreflexe, Verhalten 
der bei inneren Erkrankun¬ 
gen 226. 

Sehnerv, parenchymatöse 
Saftströmung im 34. 

— Hypoplasie beider 266. 

Sehnervenbahnen, Ana¬ 
tomie der 28. 

Sehnervenerkrankung, 
Abderhaldensche Reaktion 
bei 253. 

Sehnervenverletzungen, 
direkte und indirekte 265, 
268. 

Sehrindenzentrum 106. 

Sehstörungen bei multipler 
Sklerose 278. 

Sehzentren der Knochen¬ 
fische 28. 

Seiten Ventrikel, resorp- 
tive Funktion des Epen- 
dyms des 110. 

Selbstschilderung 704. 

Selbstmord 784ff., 827. 

Sei bstv erb re nnungim re¬ 
ligiösen Wahnsinn 783. 

Selbstverletzungen, hy¬ 
sterische 420. 

— am Schädel und Gehirn 812. 

Senile Plaques, der gliöse 

Anteil der 149. 

Senile Psychosen 719. 

Sensibilitätsleitung im 
Rückenmark und in der 
Medullaoblongata 112,114. 

Sensibilitätsstörungen 
bei Hirnrindenläsionen nach 
Schußverletzungen 106. 

— Topographie der am Rum¬ 
pfe bei der zerebralen Hemi- 
anästhesie 208. 

Sensible Symptome 212. 

S e p 8 i s, toxämische Psychose 
bei 748. 

Septum interfrontale 
186. 


Serienpräparate der Ge¬ 
hirne kleiner Tiere 1. 

Serologische Arbeiten 

XXIX, O. -M. 

Serumbehandlung 552. 

Serumexanthem nach Te¬ 
tanusserum 558. 559. 

Sexologie 788ff. 

Sexualität 672, 673. 

Simulation psyehischerStö- 
rungenXll.O.-M.,810.811. 

— beiünfallneurosen 511,512. 

Sinneseindruck und Appe¬ 
tit 59. 

Sinnesorgane, Anatomie 
der 38 ff. 

— Physiologie der 142 ff. 

— im Vorderarm der Sela- 
chier 41. 

Sinus cavernosus 43. 

Sinus paranasalis, Be¬ 
deutung des für die Ent¬ 
stehung von Gesicbts- 
schmerzen 478. 

Sinuseiterung, plötzliche 
Erblindung bei 267. 

Sinusphlebitis, kombi¬ 
niert mit Hirnabszeß 350. 

Sinusthrombose 348. 

Situationspsychosen, 
hysterische und katatoni¬ 
sche 742. 

Sittlichkeitsverbreche n 
791 . 

Sklerodermie und Unfall 
501. 

Sklerose, multiple 272. 

— tuberöse 161, 162. 

Skopolamin, Wirkung des 

auf das Katzenauge 254. 

Sohlenmuskulatur, Läh¬ 
mung der durch Schußver¬ 
letzung des N. tibialis 411. 

Solaninvergiftung 804. 

Somali, anthropometrische 
Messungen an 181. 

Sonnenbäder 542. 

Sonnenstich 57, 501. 

— Katatonie nach 756. 

Sozialkriminalität 772. 

Spannungstuß, atavisti¬ 
scher als Ursache von Fu߬ 
beschwerden 212. 

Spasmen nach Kopfschüs¬ 
sen, orthopädische Behuud- 
lung der 544. 

Spasmophilie 444, 449. 

Spasmus nutans und Be¬ 
dingungsreflex 454. 

Spaß, Psychologie de« 674. 

Speicheldrüsen bei Toll¬ 
wut 309. 

Spina bifida 192. 

— Behandlung der 595. 

Spinalgan glienzellen, 

Struktur der 22. 


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Sachregister. 


855 


Spinalparalyse, eineFami- 
lie mit spastischer 887. 

Spiritistische Medien,die 
vita sexual is der 796. 

Spondylolisthesis 695. 

Spontanfrakturen bei Ta¬ 
bes 278. 

Sprachärztliche Kriegs¬ 
abteilung 619. 

S p r a c h e, der zentrale Mecha¬ 
nismus der 284, 287. 

— und Geisteskrankheiten 
700, 701. 

Sprachkranke Kinder, 
Sonderklassen für 619. 

Sprachstörungen 229,280. 

Sp ul wurm als Ursache einer 
Rhinitis vasomotoria 460. 

Squama temporalis 184. 

Stabilisierungsmethode 
mit Messung des Körper¬ 
widerstandes bei der gal¬ 
vanischen Behandlung 
XXXV, O.-M. 

Staroperation, Einfluß der 
auf die Intelligenz 825. 

Stammeln 619. 

Stauungspapille, Histolo¬ 
gische Veränderungen bei 
experimenteller 262. 

— bei Hirntumoren 214. 

Sterilisation der Verbre¬ 
cher 777, 778. 

Stimme, Veränderungen der 
bei Chorea 446. 

Stimmbandlähmung, 
funktionelle 230. 

— im Felde 421, 422. 

— einseitige bei Polyneuritis 
alcoholica 416. 

Stirnhirn, Geschwülste des 
831, 332. 

Stirnhirnabszeß, Okulo¬ 
motoriuslähmung als erstes 
Zeichen eines 350. 

Stirnhirnwindung, Nys¬ 
tagmus bei Verletzung des 
Fußes der zweiten 106. 

S t o ffw e c h s e 1, Physiologie 
des 64, 90 ff. 

Stottern 619. 

— und Nystagmus 229. 

Straf re chtsschule, die 

positivistische 768. 

Strahlenbehandlung, in¬ 
traokulare bei Glioma reti¬ 
nae 246. 

— bei Hypophysisgeschwül¬ 
sten 542. 

Strangerkrankungen887. 

Strompuls, Änderung des 
unter dem Einfluß vasokon- 
striktorischer Mittel und 
nach Lähmung der Gefäße 
100 , 101 . 


Strychnin, Einwirkung des 
aut die Reflexe 115. 

Subarachnoidealblu- 
tung, spontane 846. 

Subarachnoidealraum, 
Physiologie und Pathologie 
des 172. 

— Spülung des 596. 

Suggestion 674 

— Einfluß der auf die Ein¬ 
bildungskraft 676. 

S up in at io ns-Extensio na¬ 
hes chränkung derUnter- 
arme beim Neugeborenen 
410. 

Sutura coronalis, senile 
Einsenkung der Schädel¬ 
knochen in der 188. 

Sutura occipitalis trans¬ 
versa 185. 

Sympathikotonische 
Symptome bei Gesunden 
213. 

Sympathikus, postganglio¬ 
näre Bahnen des für das 
Auge 143. 

Sympathisches Nerven¬ 
system, Anatomie des 37. 

— Entwicklung des 831. 

Symptomatologie, allge¬ 
meine des Nervensystems 
194. 

— allgemeine der Geistes¬ 
krankheiten 678. 

Synergische Arzneimit¬ 
tel 528. 

Syphilis, parenchymatöse 
Nervensyphilis 836. 

— Polyneuritis syph. 416. 

— und Epilepsie 483. 

— und Geisteskrankheiten 
692. 

— und mongoloide Idiotie 
728. 

— und Paralyse 753, 754. 

— und Raynaudsche Krank¬ 
heit 467. 

— Erkrankungen des Schä¬ 
dels bei 189. 

— Behandlung der 531 ff. 

— Behandlung der syphilo- 
genen Nervenkrankheiten 
622, 623. 

Syphilis cerebrospinalis 
279. 

Syringobulbie 360. 

Systemerkrankungen 

887. 

T. 

Tabes dorsalis 275. 

— Beziehungen der Syphilis 
cerebrospinalis zur 285. 

— Tuberkulinbehandlung bei 
552. 


Tabes, Übungsbehandlung 
bei 545. 

Tachykardie, Wirkung des 
V agus bei paroxysmaler 140. 

Tagespollutionen 795. 

Taubheit, Entlarvung simu¬ 
lierter 809. 

Taubstummenanstalt 

626. 

Teleangiektasie, intra¬ 
kranielle 325. 

Telephonunfälle, nervöse 
Störungen nach 495. 

Temperaturfasern, zen¬ 
traler Verlauf der 114. 

Terpazid 525. 

Testdiagnose 662. 

Tetanie 444,447 ff., 837,840. 

— Transplantation der Para¬ 
thyreoidea bei postoperati¬ 
ver 608. 

Tetanotoxin, Entgiftung 
von 563. 

Tetanus 425, 436ff. 

— der Skelettmuskeln 132. 

— Behandlung des 608, 618. 

— Aether- und Kochsais¬ 
injektion bei 537. 

— und Jodtinktur 530. 

— Behandlung des mit Mag¬ 
nesiumsulfat 523, 524. 

— permanentes Bad bei 539. 

— Lichtbehandlung des 542. 

Tetanusantitoxin 554ff. 

Tetrachloräther, Vergif¬ 
tung durch 304. 

Thalassotherapie 540. 

Thermanalgesie, isolierte 
eines Beines nach Schuß- 
verletzung des obersten 
Brustmarkes 878 

Thermische Muskelrei¬ 
zung 132. 

Thigasin 527. 

Thrombose 848, 348. 

— psychische und nervöse 
Tätigkeit nach 643. 

Thymusdrüse, Anatomie 
der 43. 

— Physiologie der 82. 

— Einfluß der auf das Wachs¬ 
tum von Anurenlarven 80. 

— Befunde an der bei My¬ 
asthenia gravis pseudopara- 
lytica 362. 

Thymusextrakt, Wirkung 
des auf Amphibienlarven 
831. 

Thymu soperation 607. 

Thyreose ira Heere 467. 

Tierpsychologie 666ff. 

Timon von Athen 725. 

Todesfurcht 645. 

Todesstrafe, ein Beweis¬ 
grund gegen die 788. 

Tollwut 308, 309. 


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856 


Sachregister. 


Tollwut, Giftigkeit des 
Speichels, der submaxilla- 
ren Drüsen und derNerven- 
substanz bei 559. 

Tonhöhe 657. 

Tonsillitis, Abszeß der hin¬ 
teren Schädelgrubq nach 
eitriger 350. 

Tonus 133. 

Tonwiedergabe, Genauig¬ 
keit der 656. 

Tornisterdruckneural- 
gien 479. 

Totenstarre 62, 133. 

Totstellreflex der Arthro¬ 
poden 53. 

Toxine, Einwirkung antige- 
ner auf die Hypophysis 75. 

Tractus olfacto-tegmen- 
talis 834. 

Transvestismus 800. 

Trauma und Nervenkrank¬ 
heiten 482. 

— und Psychose 696, 697. 

— akustisches 500. 

Traumatische Erkran¬ 
kungen des Rückenmarkes 
867. 

Traumatische Neurose 
502 ff. 

Träume 671. 

Trepanation, dekompres- 
sive 591. 

Trophische Störungen 
nach Unfall 501. 

— bei Kriegsverletzungen der 
peripherischen Nerven 408. 

Trophoneuresen 454. 

Trunksucht 820 (s. auch 
Alkoholismus). 

Tuberkulinbehandlung 

552. 

Tuberkulin-Quecksil¬ 
berbehandlung bei pro¬ 
gressiver Paralyse 826. 

Tuberkulose und Nerven¬ 
system 68 7 . 

— See len Verfassung der Tu¬ 
berkulösen 652. 

Turmschädel 187. 

Turnapparat, medikome- 
chanischer 545. 

Typhus, Lähmungen nach 
80«. 

— Meningitis nach 319. 

— multiple Neuritis bei 416. 

— Psychosen beim Kriegs-T. 
744, 745 

Typhusschutzimpfung, 
isolierte Neuritis vestibu- 
laris nach 415. 

U. 

Über exaktheitsmanie 
741. 


Überwertigkeit, patholo¬ 
gische und Wahnbildung 
706. 

Übungsbehandlung bei 
Tabes 546. 

Ultraviolette Strahlen, 
Wirkung der auf das Frosch¬ 
auge 831. 

Unbewußte Versuche 667. 

Unfallbegutachtung und 
-rechtsprecbung 512ff. 

Unlustelemente 665. 

Unmusikalische, Psycho¬ 
logie der 666. 

Unsterblichkeit 645. 

Untersuchungsmetho¬ 
den des Nervensystems 1. 

Urämie 312. 

— Differentialdiagnose zwi¬ 
schen arteriosklerotischen 
und ur. Zerebralstorungen 
206. 

Urea, Einspritzungen von bei 
Uyperthyreoidismus 537. 

Urethan, schlafmachende 
Wirkung des 109. 

UrteilBbeständigkeit 
von Schulkindern 670. 

Urtikaria 460. 

V. 

V«g otonie 455. 

Vagotonische Sympto¬ 
me bei Gesunden 213. 

Vakzineurin 564. 

Valbromid 525. 

Vasomotorische Erreg¬ 
barkeit, Wirkung des 
Karotidenverschlusses auf 
die 125. 

Vasomotorische Störun- 
en bei Kriegsverletzungen 
er peripherischen Nerven 
403. 

Vegetarische Ernährung 
623. 

Venezolanische Schädel 
181. 

Ventrikel, Tumor des 
dritten 335. 

— Papillom im vierten 340. 

Veratrum 530. 

Verbrechen und Ver¬ 
brecher 765ff. 

Verdauungsorgane, Wär- 
meempfindung in den 653. 

Vererbung erworbener 
Eigenschaften 50. 

— psychischer Fähigkeiten 
652. 

Vererbungsgesetze 63. 

— Mendelsche und die Krimi¬ 
nalität 788. 

Veronal gegen Delirium 
tremens 820. 

Veronaldelirium 749. 


Veronal Vergiftung 301, 
302. 

Verstopfung, Behandlung 
der spastischen 618. 

Verurteilung, unbestimmte 
776. 

Vesals Anatomie des Ge¬ 
hirns 14 

Vestibuläre Fallbewe¬ 
gungen 215. 

Vibrationsgefühl 51. 

Vitalscharlach 3. 

Vitamine 90. 

Vogelpsyche 667. 

Völkerpsychologie im 
Kriege 645. 

Vorderhirn, Anatomie des 

22 ff. 

Vo r s t e 11 u n g, pathologische 
und Halluzination 704. 


W. 

Wadenkrampf 453. 

Wahnbildung und patho¬ 
logische Überwertigkeit 
706. 

Wandertrieb 692. 

Wärmeempfindungin den 
Verdau ungsorganen 653. 

Wärme lähm ung des Kalt¬ 
blüternerven 122. 

Wärmeregulation 87ff. 

Warzenfort satz Operati¬ 
onen, Vermeidung der 
Fazialislähmung bei 604. 

Wassermannsche Reak¬ 
tion 282. 

— Gehirnextrakte als Antigen 
bei der 660. 

— positive im Liquor bei 
Meningitis 322. 

Wassersucher 674. 

Weinen, einseitiges bei rheu¬ 
matischer Fazialislähmung 
408. 

Wichtigmacher 813. 

Widmark-Niclouxsche 
Probe 206. 

Wiedererkennen 656. 

Wille 661, 662. 

— ärzliche und erziehliche 
Beeinflussung des 677. 

Willeustätigkeit bei Hy¬ 
sterischen 420. 

Wilsonsche Krankheit 
812, 314. 

Winterschlaf, Herzmecha¬ 
nismus im 188. 

— und Hypopbysis 74. 

Wi r b e 1, Osteomyelitis der 
nach Schußverletzung 380. 

Wirbelbrüche 371. 

Wirbelsäule, Veränderun¬ 
gen der 190, 191. 

— Geschwülste der 384 


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Namenregister. 


857 


Wirbelsäule, Erkrankung 
der bei Syphilis 189, 286. 

— chirurgische Behandlung 
der Erkrankungen der 598. 

Wochenbett, Psychosen 
und Neurosen im 688. 

Wortbiindheit, angebo¬ 
rene 289. 

Wundinfektion nach Un¬ 
fall und Paralyse 758. 

X. 

Xanthinderivate, 
Wirkung der 184. 

Z. 

Zahnbildungen im Vor¬ 
derarm der Selachier 41. 

Zähne, Anomalien der und 
Idiotie 788. 

Zähneknirschen und ade¬ 
noide Vegetationen 281. 

Zahnerkrankung, Hirn¬ 
abszeß nach 849. 


Zeichenhypothese, 
Widerlegung der 666. 

Zelle. Chemie der 2. 

Zelluloidlack, Vergiftung 
durch 804. 

Zentralnervensystem, 
Aplasie des 859. 

Zerebronsäure 100. 

Zerebralsymptome 208ff. 

Z erebrospinalflüssig- 
keit, Untersuchung der 93, 
172,227, 228, 284, 286, 286. 

— Färbung der Zeilen in der 6. 

— Nachweis der Meningo¬ 
kokken in der 290, 294. 

— Zuckergehalt der 206. 

— bei Delirium potatorum 
820. 

— Untersuchung der bei Hirn¬ 
tumoren 329. 

— Untersuchung der bei Para¬ 
lyse 752, 753. 

Zerrungssymp tom bei Er¬ 
krankungen der Cauda 
equina 379. 

Zeugenaussagen 675. 


Zigarettenrauchen 301. 

Zinkhütten, Bleivergiftung 
in 805. 

Zirbeldrüse, Physiologie 
der 76. 

Zirkulationsstörungen, 
zerebraler und kardialer 
Typus der 220. 

Zuchthausstrafe an Min¬ 
derjährigen 770. 

Zucker, Gehalt der Zerebro¬ 
spinalflüssigkeit an 206. 

Zungenpapillen der Pri¬ 
maten 40. 

Zurechnungsfähigkeit, 
verminderte 805, 809. 

Zwangsdenken, Erinne¬ 
rungsfälschungen bei 702. 

Zwerchfellähmung, ein¬ 
seitige bei Polyneuritis al¬ 
coholica 416. 

Zwergwuchs 473. 

— achondroplastischer 179. 

Zystizerken des Gehirns 
842. 


Namenregister. 

* bezeichnet Arbeiten, welche sich im Literaturverzeichnis befinden, aber nicht referiert sind. 


A. 

Aaser 548*. 

Abbott 758*, 773. 

Abeil 564*. 

Abels 788*. 
Abrahamson, J. 272*. 
Abramson 388*. 

Abt 151*. 
d’Abundo 326*. 

Achelis 547. 

Achücarro 6*. 

Adam 240*. 

Adams 295*. 

Addison 830, 833*. 
Adler, A. 608*, 626*. 
Adler, H. 608*. 

Adler, S. H. 303. 
Adolph 222. 

Adrian 475. 

Agduhr 36. 

Ager 322*. 

Agosta 326*. 

Agnglia 678*. 

Ahrens 564*. 

Aiken 678*. 

Albert, H. 295*. 
Albertini 295*, 814*. 
Albrecht, H. 446. 
Albrecht, W. 194*, 594. 
Albu 194*. 

Alessandri 454*. 
d’Alessandro 678*. 


Alexander, A. 394*, 564*, 
Alexander, G. 151, 343*, 
482*. 

! Alexander, H. C. B. 417*. 

A in 330. 

; Allen 565*, 709. 

! Allison 516*. 

, Almeida 516*. 

| Alport 725*. 
i Alt 415, 678*, 814. 

Alter 5, 608*, 690. 
Altmann 758*. 

Altschul 624. 

Alvarez 116*. 

Alzheimer 417*,482*, 736* 
Alzona 394*. 

Amato 309. 

Arnes 312*, 420. 

| Amesse 388*. 

I Amoss 390, 391. 

Amschi 813. 

Anchersen 678*. 

| Anderson, H. M. 279*. 

I Anderson, J. F. 548*, 677. 
Anderson, M. C. 417. 
Anderson, V. V. 678* 758*. 
Andrews 343*. 

Anfimoff 417*. 

Angerer 565*. 

Anschütz 626*. 

Anton 194*, 300, 496, 623. 
Antoni 219. 


Appel 565*. 

Aquino 804*. 
Archambault 328. 
d’Areis 425. 

Arey 833*. 

Ariens Kappers 194*. 
Arkwright 835*. 
Armbruster 89, 194*, 394. 
Armstrong 322*. 

Arnheim 544, 619. 
Arnoldi 194*. 

Aron 334. 

Aronade 450*, 482*. 
Aronsohn, H. 290. 

Arps 678*. 

Artom 341. 

Aschaffenburg 240*, 422, 
719. 

Ascher, L. 64*. 

Aschoff 425*, 548*, 554. 
Ashby 354*, 363*, 835*. 
Asher 129. 

Ask 1. 

Atwood 194*. 

Auer, E. M. 116*, 194*, 209, 
282 

Auer* J. 548*, 552, 609*. 
Auerbach, S. 202, 543, 599, 
602. 

Aulde 609*. 

Ausoh 406. 

Austregesilo 295*, 678*. 


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858 


Namenregister. 


Auto re 0*. 

Axenfeld 246. 

Ax hausen 565*, 589. 
Ayer 151*, 275*, 328. 
Ayres 444*. 

B. 

Baade 626, 652. 

Bab 548*, 563, 609*. 
Babak 102*, 123. 
Babbitt 626*. 

Babcock 295*. 

Babe8 64*, 94. 

Babic 565*. 

Babinski 417*. 
Bachraeh 143. 

Bacialli 64*. 
Bacigalupo 553. 

Back 541, 542. 

Baege 46. 

Bahr, M. 417*, 738. 750*, 
753 

Bailey 326*. 

Bainbridge 64*. 

Baird 465*. 

Baker 423, 482*, 591. 
Balassa 434, 529, 616. 
Baldwin 286, 831. 

Baley 656. 

Ball 279*, 591, 609*. 
Ballaban 349. 
Ballantin? 758*. 

Balli 146. 

Ball in 348. 

Ballowitz 193. 

Balp 465*. 

Bancroft 565, 758*. 
Bandler 548*, 562. 
Bandy 750*. 

Banne« 349. 

Bär 425*, 444* 

Baraba« 212, 310. 
Barakow 609*. 

B&ränv 584, 591. 
Barbae h 282. 

Barbat 516. 

Barbour 64*. 

Barck 240*. 
v. Barde le ben 192. 
Bardin 288*. 

Barnes 275*. 

Barney 275*. 

Barr 692. 

Barrach 452. 

Barrett 725*, 750*. 
Bartels 516*. 

Barth, E. 394*, 736. 
Barthelinez 831, 834. 
Bartlett 295*. 

Barton 474. 

Bas eh ko 394*. 

Basile 65*, 145*, 168. 
Basler 116*. 

Bass 194*, 394*. 

Bassoe 163, 386. 


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Bates 831. 

Batten 351*. 

Bauch 652. 

Bauer, J. 367*, 370, 476*. 
Bauer, L. 180, 417*. 
Baumei 565*. 
v. Bayer 544. 

Bazeley 279*. 

Beach 194*. 

Beall 295*. 

Be an 829. 

Beaton 678*. 

Becco 565* 

Becher 653, 665. 
v Bechterew 105, 678.758*. 
Beck, A. L. 516*. 

Beck, J. C. 194*, 322*, 344*, 
409. 

Beck, O. 102*, 240*. 272*, 
288*, 326*, 344*, 350, 352*. 
354*, 394*, 482*, 565*, 
758*. 

Beck, II. 600. 

Becker 240*, 394*, 526, 
609*, 709, 813. 

Beckley 678*. 

Beckmann 96, 566*. 
Bednarski 566*. 

Beebe 66*, 465*, 562. 

Beo km an 758*. 

Beer 618. 

Beerman 194*. 

Beham 308. 

Behr, (\ 34, 247. 
v. Behring 548*, 555. 
Beier 725*. 

Beifeld 299, 425*. 

Beling 194*. 

Bollamy 626*, 678*. 
Bellazzi 609*. 

Bellotti 6)09*. 

Benda 172, 370. 

Bonde 11 474. 

Benders 678*. 

Bendig 282. 758*. 
Benedict, F. (I. 44*, 116*. 
Benedikt, AI. 428. 429. 
Bonekc 151*. 176*. 

Benians 837. 

Benjamin« 231. 

Bennett 65*. 537*. 
Benslev 65*. 

Ben tele 394*. 

Benthaus 750*. 

Bentley 626*. 

Berard 548*. 

Berblinger 148. 164. 
Berdiarelf 566*. 

Be re n s 321. 

Berg, A. 465*. 

Berg, G. 73. 

Berger, H. 482*. 
Berggreon 219, 316*. 
Bcrgl 498. 
v. Bergmann 367*. 

Berit off 125. 


Berkelbach 833. 

Berkeley 732. 

Berling 247. 

Bernard 241*. 

Bernfeld 626*, 666. 
Bernhardt, M. 224. 400. 
Bernstein. J. 47, 116*. 
Berry 194*. 

Bortoiini 548*. 

; Bertolotti 176*, 545*. 

| Best 247. 

Bet he 44*. 

Better 530. 
Beuttenmüller 248. 
Beveridge 465*. 

Beyer. E. 512. 

Bi ach 226. 

Bialokur 454*. 

Bianchi 465*. 

Biberfeld 100. 

Bibergeil 566*. 

Bickel 566*. 665, 719. 
Biehn 194*. 

Bieling 421, 743. 
Bielschowsky 156, 160, 
161. 169, 240*, 353. 
Bielugin 743*. 

Bier 566*. 

Biesalski 595. 

Bi ge low 194*, 622. 
Bignami 151*. 

Bikeles 105. 209, 212, 248, 
276, 364, 415, 416, 458. 
Biller 757. 

Billström, 206, 301. 482*, 
626*. 

Bing, J. 566*. 

Bing, R. 195*, 275, 482*, 
512. 

Binswanger 195*, 232*, 

316*, 417*, 419,425*. 637. 
Biondi 146, 148. 
Birch-Hirschfcld 240*, 
242*, 248. 

Bird 240*, 295*. 
Birnbaum 679*, 706, 737, 
791. 

Biachoff 772. 

Bishop 295*, 322*. 

Bissell 295*. 

Bittorf 195* 229, 320, 371, 
402, 620. 

Bittrolf 566*. 

Björkman 6*. 

Black 10, 830*, 833*. 
Black 10, 830*, 833*. 
Blackburn 727*. 

Blaessig 421. 

Blahd 566*. 

Blaschko 758*. 
Blatlierwick 91. 

Blau 444, 609. 

Blauwkuip 171. 

Bledsoe 344*. 

Blegvad 566. 

Bleuler 719. 


Original from 

UNIVERSITY 0F CALIFORNIA 



Namenregister. 


859 


Beyl 394*. 

Blind 481, 607. 

Blißs 478, 627*. 

Bloch, E. 729. 

Bloch, J. 563, 758*. 

Block 295*. 

Blodgett 618. 

Blohmke 200*. 

Blosser 295*. 

Blum, P. 78. 

Blumenthal, A. 608. 
Boas, K. 679*, 783,797, 798. 
Bobertag 669. 

Bock, E. 249. 

Bode 759*. 

Boden 627. 

Boehncke 75. 

Boeke 6*. 

Boenheim 102. 
de Boer 6*, 123, 125. 
Boerner 566. 

Boettiger 566*. 

Bogacki 295*. 

Bo gart 566*. 

Bogrowa 22. 

Böhm, F. 223. 

Böhm, J. L. 609. 

Böhmig 195*. 

Boidin 317*. 

Bok 12. 

v. Bökay 324, 621. 

Bold! 597. 

Bolin 425*. 

Bolk 176*, 184. 

Boilack 151*. 

Bolo 332. 

Bolognesi 176*. 

Bolten 417*, 425*. 

Bond 840. 

Bondy 316*. 344*, 566*. 
Bonelli 759*. 

Bonhoeffer 232, 326*, 384, 
430, 685, 709, 742, 819. 
Bonjour 417*. 

Bonola 102*, 444*. 
Bonvoisin 545*. 

Boot 348. 

Booth 301, 609*. 

Borberg 85. 

Bordier 545*. 

Borchardt, L. 394*, 724, 
812. 

Borchardt, M. 367*, 369*, 
397*, 566*, 598. 

Bordley 549*. 

Bordoni 614*. 

Borger 549*. 

Bo ring 627*, 653. 

Börner 75. 

Borri 802*. 

Borsum 814*. 

Boruttau 44*, 90, 545. 
Boston 465*. 

Bottazzi 116*. 

Böttcher 151*. 

Böttger 230. 


Bouman 195*, 279*, 388*, 
566*, 627*, 679*, 802*, 
804,* 814*. 

Bovero 6*. 

Bovet 627*. 

Bo wen 454*, 750*. 

Boyd 474. 

Braafladt 129. 

Braam Houckgeest 425*. 
Brack 554. 

Bradburne 240*, 367*, 836. 
Bram 609*. 

Brandeis 759*. 

Brandt 282, 367*, 443. 
Brasch 229. 

| Braune 814*. 
j Braunshausen 627*. 

Brav 240*. 

I Bray 290. 

van der Breggen 176*. 
Bregmann 33, 335, 413. 
Brehn 272*. 

Breiger 755. 
v. Bremen 823. 
Brennecke 323*. 

Brenner 566*. 

Bresler 425, 679*, 750*, 
802*, 814*, 815*. 
Bretscher 667. 
Bretschneider 6*, 501. 
Brezina 44*. 

Brickley 759*. 

Briggs 815*. 

Brigl 100. 

Brill 38. 

Brinkhaus 417*. 
Brockmann 322. 

Brockway 520*. 
Brodmann 232*, 566*. 
Brodsky 609, 748. 

Broers 288*. 
Bronfenbrenner 549*. 
Brooks 465*. 

Brophy 240*. 

Br ose 352*. 

Brouwer 29, 111, 171, 240*. 
Brown, A. 316*, 425*. 
Brown, G. E. 536. 

Brown, 8. 627*, 826. 
Bro^i. W. H. 85. 516*. 619. 
Browning, W. 391*, 444*. 
Brownson 295*. 

Bruce 549*. 

Bruck, A. 395*. 

Brückner 240*. 

Bruel 20. 

Brüggemann 812. 
Brugsch 71, 222, 282. 
Brühn 447. 

Bruhns 531. 

Brun 48, 151*, 363*. 
Brundage 516*. 
Brunemeier 141. 

Bruni 6*. 

Brunk 391*. 
v. Brunn 583. 


Bruns, L. 493, 580. 
Brunzel 607. 

Brush 227. 

Bryan 351. 

Bryant 537*, 609*. 
Buckley 195*. 

Bucky 541. 

Bucura 563. 

Budd 445*. 

Buder 815. 

Budul 691. 

Buerger 458. 

Buglia 65*, 92. 

Bull 176*, 566*. 

Bullard 728. 

Büller 566. 

Bulson 240*. 

Bumby 406. 

Bumsted 468. 

Bunce 279*. 

Bundschuh 690. 

Bungart 172. 

Bunge 759*. 

Bunnemann 507. 

Bor 454*. 

Burchard 759*. 

Burchell 520*. 

Bürger, 347. 

Bürgi 523, 527. 

Burke 347, 381. 

Bürker 116*. 

Burkhardt 189. 

Burley 364. 

Burmeister 308, 335. 
Burnett 74, 116*, 195*. 
Burr 151*, 330, 417*, 644, 
679*, 692. 
ßurrows 151*. 
Burton-Opitz 129. 
Busacca 116*. 

Buscaino 6*. 

Buse ha n 759*. 
Buschmann 425*. 
Bussmann 609*. 

Butt 367*. 

v. Buttel-Reepen 49. 
Büttner 734, 815, 827. 
Buzano 195*. 

Byrnes 195*, 275*, 395*, 
536, 567*, 609*. 

C. 

Cables 609*. 

Cadenat 566*. 

Cad walader 195*, 316,354*, 
536, 604. 

Gaben 326*, 601. 

Caillieu 451*. 
y Cajal 1*, 4, 6*. 

Calhoun 232*, 344*. 
Calkins 627*. 

Calligaris 417*. 

Callomon 559. 

Camerer 516*. 

Camp, C. D. 279*, 316*, 
609* 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



860 


Namenregister. 


Campbell, C. M. 679*. 
Campbell, W. C. 228. 
Campora 395*. 

Canavan 153*. 

Cancrin 195*. 

Candido 380*. 

Canestro 608. 

Canfield 354*. 

Cannaday 566*. 

Canon 585. 

Cardanu 567*. 

Cardarelli 482*. 

Cargile 195*. 

Carley 759*. 

Carlaon 129, 141. 

Carnett 176* 

Caro 467. 

Carpani 609*. 

Carrington 627*. 

Carsten 240*. 

Carstens 567*. 

Cary 116*. 

Caae 6*. 

Casella 288*. 

Caaairer 401, 601. 

Caatex 152*, 332, 567*. 
Castro 275*. 

Cather 288*. 

Catton 223. 

Cavanaugh 195*. 

Ceni 482*. 

Ceres ole 627*. 
Cbambcrlain 609*. 
Chance 240*. 

Chandler 567*. 

Chartier 486*. 

Chavigny 679*, 803* 
Cheney 477. 

Cherry 316*. 

Chiari 152*, 188, 288*, 319, 
367*, 559, 567* 
Chia8serini 516*. 

Chiti 6*. 

Christoffei 508. 
Chryssoehoos 627*. 
Chrysopathes 410. 
Church 567*. 

Chnrchman 233. 

Ciarla 232*. 

Ciauri 417*. 

Cimbal 228, 679*. 

Ci te 11 i 65*. 

Cinffini 450*. 

Clairborne 240*. 
Clapar&de 660. 

Clark, G. H. 176*. 

Clark, H. C. 280* 

Clark, L. P 76, 425*, 453, 
759*. 

Clarke, J. M. 363*, 395*. 
Claude, H. 454*. 

Claytor 416. 

Olimenko 232*, 326*, 332, 
543*. 

Cloetta 85, 88, 89, 
Clonting 240*. 


Cobb 367*. 

Coenen 371. 

Coghill 830*, 831, 833*. 
Cohn, F. 65*. 

Cohn, L. 183. 

Cohn, M. 65*, 92, 567. 
Cohn, T. 395*. 
Cohnheim, O. J16*. 
Colby 543*. 

Cole 567*. 

Collins, J. 282, 386, 421, 
450*, 482*, 549*, 679*. 
Collins, K. R. 288*. 
Collins, R. J. 530, 835*. 
Colmant 332. 

Colombo 241*. 

Comby 323*, 444*, 549*. 
Condat 549*. 

Conrad 36, 648. 

Conroy 467*. 

Consiglio 718. 

Consoli 152*. 
Constantino 288*. 
Conzelmann 280*. 

Cook 425*. 

Copenhaver 64*. 
Corbett 86. 

Cords 249, 567, 586. 
Coriat 418*, 679*, 726*. 
Cornell 679*. 

Corning 616. 

Cornwall 425*, 549*. 
Corso 609*. 

Corson White 682*, 751*. 
Corwin 759*. 
Cosmettatos 24®. 

Costa 609*, 

Costantino 44*, 65*. 
Cotronei 65*. 

Cotton 395*, 756, 815*, 
Council man 326*. 
Courtellemont 425*. 
Courteney 450*. 

Coward 609*. 

Cowc 149. 

Cox 679*. 

Craig Colony 815*. 

Crain 465*. 

Cramer. E. 241* 

Cr imer. W. 516* * 

Cranmer 567*. 

Crenshaw 679*. 
de Crinis 739. 

Croissant 544. 

Crosbie 567*. 

Crossley 760*. 

C rot her s 295*, 820. 
Crowell 612*. 

Crozier 44*. 

Crzellitzer 759*. 

Csiky 210, 335, 481, 541. 
Cu 1 len 93, 317*. 

Culvrr 457. 

Cummer 195*, 280*, 609*. 
Cuneo 425*. 

Curschmann 273, 413, 477. 


Curwen 815*.. 

Cushing 74. 93, 195*, 590, 

D. 

Dahl 627*. 

Dahlmann 435. 
Dallenbach 627*. 

Dandy 76. 

Dannehl 467. 
Darkshevitch 418*. 
Darling 280*, 684*, 750*. 
Dauber 627*. 

Daugherty 482*. 
Dausset 545*. 
Davenport 447, 679*, 962. 
Davidian 195*. 
Davidson 594. 

Davies 840*. 

Davis, B. F. 176*, 759*. 
Davis, N. 395*. 
Dawborn 395*, 567*. 

Day 295*, 679*. 

DeeB 823. 

Deelman 116*. 

Dees 725. 

Dejerine 597. 

Delacroix 627*. 

Delfino 759*. 

Delherm 545*. 

Demole 327*, 425*. 
Derby 367*. 

Dcrcum 679,695, 816*, 826. 
Derlien 815*. 
Derujinsky 610*. 
Descoeudres 669. 
Determann 537*, 623. 
Deuchler 627*. 

Deussen 388*. 

Deutsch 152*, 479. 
Deutschmann 241*. 
Deventer 759*, 815*. 
Dewey 280*, 815*. 
Dexter 195*, 609*. 

Dick, F. 435. 

Dick, L. >39*. 

Dick, R. 435. 

Dieden 126. 

Diefendorf 444*. 
Diekmann 549*. 

Dietrich 367*. 

Dijonneau 465*. 

Diller 787. 

Dimitriades 567. 
Dimmer 249. 

Dimmick 627*. 

Dittborn 195*. 

Dixon 195*. 

Dobrick 679, 784. 
Dockeray 831*. 

Dodd 367*. 

Dodge 627*. 

Doesschate 241*. 567*. 
Doleno 783. 

Don 117*. 

Donaldson 11. 


Difitized by 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Namenregister. 


861 


Donath 84, 4 9, 536, 701. 
Doncos 174. 
van Dongen 99. 

Döpfner 567. 

Dorland 176*, 610*. 

Dorn 679. 

Dornblüth 627*. 

Dorner 304. 

Dorsay 295*. 

Dost 447. 

Dowd 567*. 

Dowling 759* 

Downey 568*, 677. 
Draper 622. 

Dreesmann, T. 567*. 
Drehschmidt 482 
Drennen 537*. 

Drenw 424, 610. 

Dreyer 391*. 

Drevfus, G. L. 531. 

Droi 323*. 

Drummond 839. 

Drtiner 567. 

Drysdale 726*. 

Dubois, Oh. 152*. 
Dubois, E. 11. 

Dubois, P. L. 317*. 
Dubois-Reymond 117*. 
Dubs 558. 

Dück 759*, 781. 

Duel 117*. 

Dufour 352*. 

Dukes 627. 

Duken 590. 

Dummire 351*. 

Dunker 176*. 

Dünn 152*, 465*. 

Dünner 250. 

Durand 814. 

Durante 145. 

Dürr 627. 

Dürrbeck 465* 

Dusser de Barenne 102*. 
Dutoit 73, 241*. 

Dutrow 241*. 
Dziembowski 456. 


E. 

Eastman 425*, 616, 622, 
759*. 

Ebeler 176*. 

Eberty 517*. 

Ebstein 724. 

Eckardt 759*. 

Edberg 81. 

Edel 679*. 

Edgar 220. 

Edinger 567*. 

Edmunds 66*, 117*. 
Edsall 231. 

Edwards 627*, 836. 
Egloff 396*. 

Ehret 221, 680*. 

Ehrlich, P. 530. 
Ehrmann 221. 


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Eich 324. 

Eichholz 50. 

Eichhorn 628*. 

Eichhorst 320. 

Eichler 618. 

Eiger 117*, 127, 128, 140 
Eijsselsteijn 395* 

Eisath 810. 
v. Eiseisberg 567*. 
Eisemann 759*. 
Eisenmeyer 537*. 
Eisenreich 435, 610*. 
Eisler 558, 559. 

Eider 567*. 

Eliassow 696 732. 
Ellikon 815*. 

Elliott, R. M. 628*. 

E11 i s, A. W. M. 93, 280*, 283. 
Ellis, C. C. 815*. 

Eisberg 326*, 383*, 567*, 
576*, 592, 594. 

Elschnig 250. 

Elsner 195*. 

Ely 295*, 317*. 

Emanuel 227, 241*. 
Emden 92. 

Emerson 295*, 517*. 
Emmerich 522, 618. 
Emmert 450*, 530. 
Emsheimer 444*. 

Enderle 680. 

Enderlen 578*, 602. 

Enge 688, 752, 815. 

Engel, H., 371, 482, 805. 
Engelen 510, 511,512,628*. 
Engelhardt 251, 568. 
Engelhorn 614. 
Engelloch 121. 
Engelmann 395*, 568*. 
Eppenstein 558. 

Epplen 354*. 

Epps 549*. 

Epstein 454*, 476*, 483*. 
Erb 680. 

Erben 451*. 

Erbsen 360. 

Ercolani 418*, 815*. 
Erdelyi 568*. 

Erenfeld 568*. 

Erlacher 603 

Ernst 133, 152*, 726, 755. 

Eschweiler 568. 

Espana 628*. 
d’Espine 327*, 351*, 465* 
Evans 568*, 815*. 

Everth 636. 

Ewald 425*. 

Ewart 835*. 

Exner 568, 586, 594, 599. 
Evgman 815*. 

Eyster 83, 119*, 120* 


F. 

Fa her, A. 425*. 
Faber, L. A. 241*. 


Fabinyi 691, 826. 

Fabry 196*, 531, 532. 
Fahr 152*, 383*, 465*. 
Fahrenholz 41. 

Fairbank 473. 

Falk, E. 192. 

Falta 444*, 465*, 549*, 
680*. 

Farbach 196, 517** 

Farr 295*. 

Farrell 591. 

Fassett 568*. 

Fauser 454*, 465*, 483*, 
680*. 

Faust 425*. 

Fawcett 66*. 

Fearös 836*. 

Fearnsides 196*, 280*, 

351*. 

Fedeli 7*. 

Feer 196*, 476. 

Fehlinger 759*, 778, 788. 
Fehsenfeid 521. 
Feilehenfeld, L. 514. 
Fein 213. 

Feingold 676. 

Feinman 549*. 

Feldhof 815*. 

Fellner 680*, 750* 

Felton 227. 

Fenger 74. 

Fennel 628*. 

Fenton 241*. 

Ferenzi 628*. 

Ferguson 425*. 

Feri 388*. 

Fermi 559. 

Ferrannini 465*. 

Ferree 656. 

Ferreri 483*. 

Fernere 628*. 

Feser 288*. 

Fick 44. 

Field 69*. 

Fielitz 275*. 

Finato 610*. 

Fine 68*, 90. 

Finkelnburg 368*, 568. 
Fiore 66*. 

Fiori 117*. 

Fischei 22, 84. 

Fischer, A. 628*, 656. 
Fischer, B. 535. 

Fischer, C. S. 141, 295*, 
317*, 465*, 543. 822. 
Fischer, E. 368*. 
Fischer, E. D. 306. 

Fisc her, G. 179. 

Fischer, J. 66*, 152*. 
Fischer, L. 531, 568*. 
Fischer, M. 824. 
Fischer-Nielsen 628*. 
Fisher, E. M. 815*. 
Fisher, G. C. 610*. 

| Fisher, M. K. 568*. 

I Fisk 295*. 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



862 


Namenregister. 


Fittig 543*. 

Fitzgerald 549*. 

Fitz Simmons 453. 

Flat au, E. 59*5. 

Flat au, G. 275, 4<>4, 674, 
759*. 

Fleck 295*. 

Fleischer, B. 241*. 
Fleischhauer 411. 
Fleissig 11. 

Fleming 837. 

Fieseh 82, 465*. 483*, 517*. 
Fletsch 425*. 

Fleischer 425*. 448. 
Flexner 288*, 388*, 390, 
391. 

Fliedner 176*. 

Floret 295*. 

Flournoy 672. 781. 
Flusser 744. 

Foerster. (). 568*. 

Ford 836*. 

Forel 643, 645. 

Formijne 759*. 

Forslieim 323*, 346. 
Förster 42, 251, 506, 752. 
Fossier 610*. 

Foster 56H*. 835*. 

Fon che 295*. 

Fourman 292. 

Foutche 425*. 

Fowler. H. S. 384*. 
Francavigliu 425*. 
France 221. 

Franehetti 66*. 
Frangenheim 371. 

Frank. E. S. 317*. 384*, 
517*. 

Frank. .1. 568*. 

Frank, I\ 156. 

Franke 241*. 

Frankel, E. 2<M>, 368*. 
Frankel, L. 818. 

Frankel, M. 610*. 
Frankhauser 647. 
v. Franque 476*. 

Franz, S. 102*, 545, 680*. 
Franz, V. 50. 

Fraser 117*. 

Frayer 295*. 

Frazier 66*, 93. 196, 329, 
568. 

Frede ricq 123. 

Frceman 296*. 759*. 
Freiberg 568*. 

Freifeld 162. 

Freimark 628*. 790, 796. 
Frerieh 814. 

Freud 517*, 628*, 760*. 
Freund, E. 479, 760*. 
Freund, H. 526. 

Freund, P. 558. 
v. Fre v 44*, 50, 51, 127, 
584. 

Frey» E. 720. 

Frey, R. 426*. 


Eric ko 628*. 

Friedenwaid 327*, 568. 
Friedjung 760*. 
Friedländer, B. W. 483*. 
Friedländer, E. 823. 
Friedländer. J. 498, 525. 

F r i e d 1 ä n de r, R. 526. 
Friedländer, W. 500. 
Friedmann, G. A. 66*. 
Friedmann. H. M. 726. 
Friedmann, M. 434. 

Fries 453, 483*. 
v. Frisch 368*, 395*. 575*. 
Frissel 391. 

Fritsch 568*. 628*. 

Fritze 447. 

Frizzi 190. 

Frohen 641. 

Froehlieh. E. 165, 48 3 
Fröhlich. A. 99, 436. 

Frohse <>04. 

Frommberger 568*. 

Frösc hels 196*, 229, 234, 
<>10*, 619. 623, 625. 

Frost 815*. 

Frowein 746. 

Frühwald 568*. 

Fuchs, A. 445*, 449, 455*, 
483*, 545, 568*. 

Fuchs, E. 825. 

! Fuchs, W. 718. 

| Fuchs-Reich 320. 

| Füll ne r 101. 

Fuji 117*. 

Fulci 174. 

I Fumaroia 337. 

Funke 588. 

I F unk ho user 106. 

1 Fiirnrohr 395*, 418*, 483*, 
! 508, <>S0. 72(>*. 803*. 

| Fürst. ('. M. 17t>*. 

Fürth 475, 760*. 

Flirtmül ler 608 *. 

Fussell 517*. 


Q. 

< ra de lius 811. 

( rarde ke II 760*. 
Gahagan 815*. 

<ruines 280*. 

< r;i i s boc k 196*. 

(riij k iewi c/. 372. 
Galante 110, 125. 
Gallie 569*. 

< ra llo wav 296*. 

; Gum per 372, 373. 
Gunfini 145*. 

(rans 196*. 
j Ganter 698. 

I Garde re 323*. 
j Gardiner 393. 

| Garner 760*. 

: Garretson 280*. 

Garret t 760*. 

1 Garrison 296*. 


Digitized b" 


Google 


Garthe 483*, 680*. 

Garver 628*. 

Gasch 549*. 

Gasser 117*. 

Gassner 252. 

1 Gates 628*. 

I Gat scher 317*. 
i (»audig 628*. 
j Gaugele 395*. 599 
Gault 760*. 

Gaupp 183, 418*, 419. 507. 

686. 

Gay et 569*. 

Gaziani 680*. 

| (rebele 585. 

. Gebhardt 444*. 

■ Gegenbach 610* 

! Gei pol 39. 498. 

I Geisler <>28*. 

Gelb 628*. 

| Ge Ilhorn 138. 

Gemmill 760*. 775. 
Gennerich 277, <>22. 

Gensieben 340. 

Ge ns ler 99, 517*. 525. 

. Gerhardt 196*. 395*. 418* 
Gerstmann 102*. 106, 155. 
196*, 209, 241*. 364. 373. 
374, 750*. 

Gerulanos 602. 

[ Ger vor 483*. 

! (rcssner 395*. 569*. <>17. 
i (reuken 275* 

; Gew in 456. 

| Geyelin 473. 

| Geyer 525. 

' Gezelle Meerbuig 483*. 
i 697. 

! Ghon 291, 317*. 319. 

| G iacomini 7*. 
j (riannelli 1*. 

Giannulli 7*. 

Giannuzzi 174. 

Gibson 5<>9*. 7<>0*. 815*. 
Gier lieh 113, 340, 680* 
Giene 395*. 651, 662. 
Gifford 569. 

Gilbert 252, 795. 

(ri 1 de in ei st er 45*. 51. 117*, 
i>47. 

(rinestous 241*. 

Ginsburg 141. 

Giomo 537*. 

Giordano 569*. 

(rirard 395*. 569*. 

<rirst<‘i\berg 7<>t> v 
Gislason 517*. 

(rismondi 6<>* 

(riu nt er 454*. 

Glage 296*. 

Glaser 829. 

Glax 540. 

■ Gleason 569*, 628*. 
Glockauer 39. 

Glomset 168. 

Godefroy 426*, 680*. 


Original from 

UNIVERSITY 0F CALIFORNIA 




Namenregister. 


863 


Goebei 291. 

Goerdt 349. 

Goetjes 585. 

Goetsch 74. 

Goldberg 621. 
Goldenburg 241*. 
Goldman 760*. 
Goldmann, A. XXVI, 51, 
196*. 

Goldmann, J. 483*. 
Goldmann, R. 483*, 500. 
Goldscheidor 440, 615, 

624, 

Goldstein, K. XIV, 145*, 
234, 355, 375, 594, 610*. 
Goldthwait 368*. 

Goldzieher 569*. 

Gölkel 320. 

Golm 526. 

Golowinski 117*, 133. 
Goniondsky 426*. 

Good 549*. 

Goodall 841. 

Goodhart 232*, 272*, 332. 
Goodman 176*. 

Gordinier 196*. 

Gordon. A. 232*, 280*, 
296*. 344*, 742*. 
Gordon, L. E. 562, 610*, 
623. 

Gordon, M. H. 840. 
Göring 805. 

G orres 515. 

Gort er 28K*. 

Gottfried 159. 
Gottschalk 121. 

Götz 220, 358. 

Gough 196*. 

Oouhl 289*. 

Gourdon 465*. 

Gourlian 323*. 

GrabfieJd 737*, 750*. 
Grablev 521. 

Graee 68*. 

Gradenigo 569*. 

Gradle 241*. 

Grad wo hl 610*. 

Grafe 66*, 521. 

Graham 196*, 348. 

Gram 296*. 

Grande 451*. 

Gran ho lm 392. 

Gran je an 296*. 

Gratzl 402. 

Graul 423, 444, 562. 

Greeo 760*. 

Greenfeld 327*. 

Greeman 7*. 

Green wood 517*. 

Greer 296*. 

Gregor 483*, 629*. 
Gregory 741. 

Gressing 272*. 

Grev 355, 549*. 
Griesbach 92. 

Griffith 279*. 


Grink^r 392*. 

Grisson 368*, 569*. 

Groat 296*. 

Grob 426*. 

Grober 288*. 

Groethuysen 352*. 
Grendahl 327*. 

Grönroos 176*. 

Gross, H. 760*. 

Gross, O. 309, 406. 

Grosse 599. 

Grossman 451*. 
Grosßmann, J. 388*. 
Grossmann, M. 275*. 
Grossmann, O. 760*. 
v. Grosz 252. 

Gruber, G. B. 291, 292, 393, 
394. 

Gruber, K. 629*. 

Gruhie 704 
Grulee 196*, 445*. 
Grünbaum 118*, 142, 654, 
671. 

Grünberg 544. 
Grundmann 436. 

Grüne wald 193. 

Grünwald 588. 

Grzy wo - Dy browski 825. 
Gschwind 74. 

(hibin 610*. 

Guddcn 815*. 
Giidernatsch 831. 

(hie nt her 760*. 
Guggenheim 196*. 

(hii lleheau 392*. 
Guizzetti 152*. 

(hileke 447, 586. 

(hiHau 835*. 

Gumpertz 493. 
Gundermann 582. 

(hinson 196*. 

Günther 126, 395*. 

Gurnov 838. 

Guthrie 280*, 327*, 680*. 
Gutzmann 483*. 

(hizmann 149. 

H. 

Haas 241*. 

v. Haberer 37, 569,607. 
Ha her kaut 823. 

Haberlandt 1.38,569*, 740. 
Häher lin 426*. 530, 569*. 
Ha her mann 283, 620, 643, 
670. 

Hacker 127. 

Hidju 825*. 

Hachner 569. 

Haendel 517*. 

Haenlein 626. 

Haga 152*. 

Hagels tarn 283. 

Ha ge mann 241*, 654. 
Hagen 288*. 

Hahn, F. 317*. 395*, 418*. 


Haike 196*. 

Haines 760*, 816*. 

Hajös 691. 

Halbey 280*, 305, 325, 389, 
390 

Hali.’ C. L. 569*. 

Hall, G. 93,344*, 395*, 517*, 
629*, 645. 

Hall, J. K. 743*. 

Haller 31. 

Hallich 611*. 

Hamburger 66*, 95, 231, 
339, 528. 

Hamill 611*, 750*. 
Hamma 542. 

Hammer 443, 454*. 
Hammers 227. 
Hammerschlag 569*. 
Hammes 280*. 
Hammesfahr 546, 569*. 
Hammond 825. 

Hampel 732. 

Hanauer 624. 

Hanoi 169. 

| Hanes 445* 

Hanne mann 359*. 
j Hans 569. 

Hansell 241*. 

Happel 442. 

Harbin 569*. 

Harbitz 164, 176*. 

Har d e n be r g h 483*. 

Hardt 549*. 

Hardwiek 760*.| 

Ha re 517*. 

Harf 442. 

Harms 39, 66*. 349. 
Harnack 760*. 
de la Harpe 328*. 

Harrington 680*, 816*. 
Harris. A. W. 280*. 
Harris, M. L. 569*. 

Harrison 296*. 

Hart 362, 469. 

Hartort 454*. 

Hart mann, F. 625. 

Hart wich 177*, 583. 

Harvov 829. 

Hasebroek 212. 543*, 548. 
Haselberg 483*. 
Hashimoto 87. 

Haskell 753. 

Haskins 465*. 

Hassin 275*. 381, 623, 680. 
Hatai 11, 67*, 86, 92, 828*, 
833*. 

1 Hat oh 392*. 

Hatz old 451*. 

Hau hold 483*. 

Hauff 816. 

Haupt mann 152*, 757. 
Hawn 468. 

Hawthorne 317*, 840*. 

Havmann 606, 752. 
Harnes 549*, 569*. 

1 Hays 760*. 


Difitized by 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



864 


Namenregister. 


Haywarcl 586*. 

Head 570*. 

Healy (529*, 760*. 

Heard 296*. 

Hebberd 726*. 

Hebold 434. 
liecht 138. 

Hefftcr 305. 

Hegar 698. 

Hegner 252, 253. 
Heiberg 296*. 

Heilberg 280*. 

Heilborn 242*. 

Heile 555, 599. 

Heim 760*. 

Heiman 317*, 348. 
Heimann 528. 

Heine 242*. 

Heinicke 826. 

Heinitz 629*. 

Heinrichs 742. 

He inzo 517*. 

He Iber 436. 

Helbing 395*, 570*. 

Held 549*. 

Heller, R. 221, 296*, 629*. 
Hellpach 625. 

Hellwig 629*. 674, 760*, 
782, 806. 

Helmbold 242*. 
Helmholz 611*. 

Helmick 550*. 
Henderson 743*, 760*. 
Henneberg 242*, 317*, 
368*. 395*, 570*, 680*. 
Henneinann 595. 

Hennig 629*, 654. 
Henning 655, 672. 
Henninger 427*. 
Hensehen 166. 

Hensei 615. 

Herbert 177*. 

Here her 537. 

Herderschee 680*, 726*. 
Hering 137. 138, 253. 
Hermann, E. 86. 
Hermann, G. W. 67*. 
Hernandez 418*. 

Herriek 831, 833*. 
Herrman, 0 . 317*. 
Herrmann, Gh. 726*. 
Herseh mann 745. 

Hertel 242*, 253. 

Herter 331. 
van Herwerden 317*. 
Herxheimer 289*, 368*. 
Herz her g 760*. 

Herzig 680*. 

Herzog 154, 232*, 289*, 

368*, 570*, 611*, 760*. 
Hess, 0. 52, 143, 242*. 
Hess, L. 722. 

Hess, O. 291. 452. 
Heubner 550*. 

Heveroeh 214, 234, 278, 
327*. 


Heymann, A. 604. 

Hezel 599, 687. 

Hibben 680*. 

Hie kling 611*. 

Hickson 803*. 

Higier 190, 191, 208, 236, 
307, 352, 408, 409, 433, 

| 443, 453, 475, 497, 499, 

| 570*, 583, 718, 728, 741, 

I 747. 

Hilber 177*. 

Hilbert 304. 
Hildebrandt, K. 506. 
Hilgenreiner 570*. 

Hilger 517*. 

Hill, H. 283. 

Hiller 760*. 

Hills 680*. 

| Hilz 296*, 522. 

Hindman 680*. 

Hinsberg 306. 

! Hinterstoisser 558. 

• v. Hippel 82. 253, 446, 606. 

! Hiraiwa 28. 

Hirn 760*. 

Hirsch. A. 443. 

Hirsch, C. 415, 570*. 
Hirsch. S. 296*. 

Hirsch borg, J. 143. 

Hirse hei 536. 601. 

H i r k e h f e 1 d, A. 538, 539. 
Hirschfeld. M. 636, 680*, 
739. 

Hirschfelder 560. 

Hirsh 611*. 

Hirt 680*. 

Hitchcock 272*. 388*. 

Hit sehmann 629*, 072, 

687. 

Hnatek 283. 

Höher 96, 118*. 

Hob ho u se 835*. 

Hoch 687. 

H< ehe 418*. 634. 
Hochhaus 292, 327*, 396*. 
Höekert 296* 

Hodges 296*, 517*. 
Hodgeson 570*. 

Ho eggström 344*. 

Hoepfl 409. 

Hochs li 409. 

van der Hoeven 7*. 196*. 
242*, 426*. 

, Hofer 606. 

Hoffarth 806. 

Hoff mann, A. 733. 

Hoff mann, E. 530. 

Hoff mann, 0. 570*. 

' Hoffmann, P. 118*. 137, 
570, 602. 

Ho ff mann. R. .396*. 407, 
408. 500. 

Hol'mann, H. 152*. 

I v. Hofmeister 570, 602. 
i Hohmann 570*. 

' Hohmeier 570*. 


Hoisholt 750*. 

Hoitz 484*. 

Hoke 570*. 

Holl 14. 

Holland 275*. 
Hollenkamp 426*. 
Holmes J. 275*, 426*, 
750*, 755. 

He lmes, E. M. 102*. 
Holmes, G. 838. 

Holmes, W. H. 435. 
Hoimgren 317*. 
Holtzmann 296*. 
Holzapfel 518*. 
Holzmann 196*. 

Honig 350. 
van der Hoog 289*. 
Hooker 835. 

Hoover 197*, 242*. 
Hopfner 754. 

Hopkins 135, 206. 

Höpler 782. 

Hopmann 484*. 

Hoppe -Key ler 562. 
Horch 760*. 

Hörhammer 465*, 570*. 
Horn 500. 508, 509. 510.512, 
513, 514. 

1 Hornev 484*, 697. 

! Horrac 832. 

; Horsley 838. 

Horst 837. 

Hörwitz 396*, 606. 

Hose mann 484, 586. 
Hoskins 67*, 125, 289*, 
518*. 

Hough 692, 817*. 
Houghton 465*. 

Honst' 242*. 

Hovorka 726*. 

Howard 388*, 629*. 

Ho well 550*. 

Howland 17*. 

Howlett 3 7*. 

| Höver 177*. 

! Hoyne 456 
Hoyt 516*, 570*. 
Hryntschak 320. 
Hubeney 570*. 

Huber 760*. 

Hübner 712, 760*, 804*. 
Hübotter 344*, 368*. 
Hudovernig 821. 
Huffaker 623. 

Huffmann 550*. 
Hug-Hellmut h 629*, 760*. 

I Hughes, C. H. 805. 825. 
Hughes, R. 0. 550*, 681*. 
Huguenin 629*. 

Huismans 380*.396*. 445*. 
599. 

Hüll 477*. 

Hulshoff 102*. 

Hülst. 536. 

Hummel 396*. 

Hunt, E L. 681. 


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Original from 

UNIVERSITY 0F CALIFORNIA 




Namenregister. 


865 


Hunt, J. R. 7*, 327*, 387*, 
451*, 478. 

Hunter, A. 78. 

Hunter, J. D. 777. 
Huntington 445*. 
Hunziker-Schild 79. 
Hurd 816*. 

Hürthle 100, 101. 
Hurwicz 772. 

Husemann 301. 
Hutcheson 275*. 

Hut her 629*. 


I. 

Indelicato 197*. 
Ingebrigtsen 148. 

Inglis 629*. 

Ingram 197*, 750*. 

Inman 284, 396*. 

Inouye 118*. 

Irons 558. 

Isham 518*. 

Issekutz 524. 

Iverson 465*. 

Iycr 549*. 

J. 

Jabionowski 570*. 
Jackson, J. A. 421,822, 825. 
Jacobsohn, L. XXXI. 
Jacobsohn, Leo 197*, 545. 
Jacobsthal 197*. ' 
Jaeoby, G. W. 197*, 686. 
Jadassohn 310. 
de Jager 197*. 

Jäger 102*. 

Jahnel 322. 

Jahrmärker 681*. 

Jakobi, W. 642. 

Jakobj 197*, 204. 

Jameson 570*. 

Jancke 192. 

Jankovich 350. 

Jannet 614*. 

Janney 81, 91. 

Jansma 133. 

Januschke 524, 526. 
Jaquet, A. 480. 

Jebens 681*. 

Jefferson 833*. 

Jeger 589. 

Jekels 629*. 

Jelgersma 102*. 

Jelliffe 445*, 688. 

Jellinck 429. 

Jemraa 550*. 

Jenckel 396*, 570*. 
Jenkins 803*. 

Jensen 132. 

Jentsch 629*, 724, 725. 
Jentzer 375. 

Jerusalem 570*. 

Jesionek 542. 

Jess 242*. 

Jahresbericht f. Neurologie u. 


Joachmioglu 254. 

Jobson 477*. 

Joel 98. 

Joest 323*. 

Johnson, E. J. 571*. 
Johnson, J. C. 296*. 
Johnson, W. 451*. 
Johnston 427*, 445*, 833*, 
834. 

Joll 571*. 

Jolly 516, 694, 717. 
Jolowicz 462. 

Jona 368*. 

Jones, E. 629*, 761*. 
Jones, H. E. 571*. 

Jones, J. H. 201*, 836*. 
Jones, R. 468. 

Jones, W. A. 280*, 451. 
Jörger 746. 

Josefson 83, 254. 

Joseph, D. R. 67*. 
Joseph, E. 580. 

Josselin de Jong 296*. 
Josue 484*. 

Joubert 484*. 

Joughin 360, 396*, 550*. 
Joyner 426*. 

Juarros 426*. 

Judd 533, 571*. 

Julius 132. 

Juliusburger716, 734, 735. 
Jung 629*. 

Jungmann 611. 

Jurak 196*. 


K. 

Kaelin 411, 607. 

Kaess 498 

Kafka XXIX, 197*. 227, 
272*, 284, 317*, 322, 445*, 
484*, 571*, 681*, 689. 
Kahane 467, 547. 

Kahle 588. 

Kahlmeter 230, 231, 340, 
466*. 

Kahn 562. 

Kaiser 139, 478. 

Kakels 237. 

Kalb 477*. 

Kalkhof 588. 

Kalmus 782. 

Kämmerer 52. 

Kan 344*, 396*. 

Kanda 676. 

KanngieBser 296*. 674. 
782, 794. 

Kantorowicz 761*. 
Kaplan, L. 629*. 
Kappelmeyer 571*. 
Käppis 590. 

Kapsenberg 426*. 
Karehnke 611*. 

Karger 384* 
v. Kdrman 675. 

Karpas 629*, 681*. 

Psychiatrie 1916 . 


Karplu8 380*,381, 492, 495, 
589. 

Karrer 503. 

Karshner 550*. 

Kash 396*. 

Kaspar 334. 

Kassel 460. 

Kastan 368*, 396*. 750*, 
813. 

van de Kasteele 288*. 
Kästner 466*. 
Kathariner 426*. 

Kayser, P. 583. 

Kedroff 114. 

Keedy 761*, 803*. 

Keegan 834. 

Kehoe 426*. 

Kehr 630, 726*. 

Kehrer 571*, 681*. 

Keim 21. 

Kellert 468. 

Keiley 426. 

Kellner 726*, 785. 
Kellock 761*. 

Kemp 695. 

Kempf 558, 681*. 

Kendall 77. 275*, 816*. 
Kenefick 223. 

Kenna 681. 

Kennedy 273, 327*, 384*. 
Kennel 630*. 

Kenyon 571*. 

Kern 344*. 

Kerppola 656. 

Kerr 296*, 726*, 813. 
Kersten 384*. 

Kessler 611*. 

Keup 611*. 

Ke ute 1 254. 

Key 571*. 

Keyser 272*, 351*, 466*. 
Kiang 401. 

Kickh 761*. 

Kieffer 445*. 

Kiely 518*, 681*. 
Kienböck 542. 

Kiernan 630*. 

Kinberg 809. 

Kindlmann 809. 

King, C. 744*. 

King, E. H. 562. 

King, H. D. 11, 761*. 
Kirchberg 538, 543, 644. 
Kirk 603. 

Kirmsse 733, 816*. 
Kirschner 401, 426*. 
Kisch 197*, 620, 761*. 
Klapp 593. 

Klarenbeck 33. 

Kläsi 749. 

Klausner 463. 

Kleeblatt 495. 

Keemann 769. 
de Kleijn 109, 197*, 241*‘ 
242*, 567*. 

Kleiner 65*. 

55 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



866 


Namenregister. 


Kleinschmidt 553. 
Klemperer, F. 529. 
Klestadt 110. 

Klien 445*. 

Klieneberger 441. 

Kling 391. 

Klinger 79, 292. 
Klingmann 275*, 418*. 
Klink 426*, 571*. 
Klinkert 396*. 

Klose 448, 449, 607. 

Klotz 630*. 

Klump 297*. 

Klüpfel 365. 

Knack 396*, 455*, 462, 463. 
Knapp 222, 744*, 803*, 
816*. 

Knauer, J. 426*. 

Knippen 441. 

Knowles 311. 

Knox 681*. 

Knuckey 761*. 

Knudson 468. 

Kober 69*. 

Koblfiek 418*, 548. 

Koch, M. L. 296*. 

Koch, R. 75, 278, 473. 
Kocher, Th. 523, 571*. 
Koefod 200*. 

Koegel 242*. 

Koelsch 304. 

Koeppen 19. 

Koffka 655. 

Kohlhaas 484*. 

Köhler, W. 657. 

Köhlisch 289*. 
Kohlrausch 118*. 
Kohnstamm 209, 562, 677. 
Kolb 527. 

Kolisch 630*. 

Kolisko 152*. 

Koll 426*. 

Kollarits 664, 674. 
Kölliker 571*. 

Köllner 254. 

Kollock 726*. 

Kolter 816. 

Kommerell 539. 

König, E. 38, 571*. 
König, F. 681*. 

Königer 396*, 418*, 571*. 
v. Konchegg 561. 

Konkie 761*. 

Kooy 7*. 

Kopczynski 213. 
Kopetzky 344. 

Koplik 445*. 

Koppen 242* 352*. 
Koppong 455*. 

Körbel 571*. 

Körber 582. 

Korcynski 473. 

Koren 761*. 

Körner, O. 396*, 407. 
Kornfeld 38. 
v. Körösy 101. 


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Körte 630*. 

Korteweg 484*. 

Kosaka 28. 

Kossak 761*. 

Kossel 552. 

Kosti 6 571*. 

Kottmaier 464. 
Kowarschik 546*. 
Kraepelin 681*. 

Kraft 611*. 

Kräger 455*. 

Krambach 738, 757. 
Kramer, F. 197*, 279*, 313, 
396*, 411. 

Kramer, O. M. 803*. 
Kramer, S. P. 571*. 
Krämer 181, 396*. 

Krantz 695. 

Kraupa 242*, 397*. 
Kraus, R. 734. 

Kraus, W. M. 466*, 518*. 
Krause, K. 280*. 
Krauss,R. B. 78, 484*, 501, 
697. 

Kräuter 152*. 

Krebs 500. 

Krecke 152*. 

Kredel 590, 601. 

Krefting 531. 
v. Krehl 197*. 

Kreibich 417, 461. 
Kreuter 426, 571*. 
Kreutzer 297*. 

Krikortz 67*. 

Krisch 451*. 

Krivonosoff 297*. 

Kroh 571*, 582. 
Kroneckcr 144. 

Kronfeld 479, 736. 
Kronthal 644. 
Krückmann 256. 

Krüer 164. 

Krüger, H. 278, 721. 
Krüger, W. 289*. 
Krumholz 272*. 

Krüse 681*. 

Kruska 153*. 

Kufs 342. 

Kuh 544. 

Kühl 742. 

Kuhlgatz 812. 

Kuhlmann 289*, 761*. 
Kuile 119*. 

Kuiper 7*, 397*. 
Kümmell 426*. 

Kummer 408. 

Kunicke 181. 

Kunkel 833. 

Kunz 256. 

Kunze 22, 40. 

Künzel 681*, 826. 
Küpferle 246, 542. 

Kurak 553. 

Kuroda 518*. 

Kurtz 571*. 

Küster 611*. 


y. Kutschera 293. 
Kutter 611*. 

Kutvirt 321. 

Kutzinski 242*, 368*. 
Kuznetzoff 297*. 
Kuznitzky 375. 

Kyger 480. 

L. 

Laan 397*. 

La Cava 297*. 

Lackner 317*. 

Lacoste 317*. 

Ladwig 67*. 

Laehr 508. 

Lafora 149. 

Lagerlöf 611*. 

Lakin 837. 

La mb 242*. 

Lambert 299. 

Landau, E. 24. 
Landauer 109. 
Lanfranchi 6*. 

Lang. A. 602. 

Langdon 242*, 681*. 
Lange, F. 571. 

Lange, J. 630*, 756. 
Langelaan 327*, 397*. 
Langermann 389. 
Langford 761*. 
Langstroh 212. 

Lannois 445*. 

Lanza 761*. 

Lapinsky 477*. 
Lapointe 572*. 

Laquer 91. 

Laqueur, A. 119*, 537, 
543*, 544, 546*. 

Larat 546*. 

Laspeyres 368*. 

Lassen 344*. 

La Torre 145*. 
Laudenheimer 716. 
Laurent 572*. 

Lawen 572*, 587. 

Läzar 730, 772, 786. 
Lazell 518*. 

Leake 548*. 

Leber 243*. 

Ledere 630*. 

Le Count 280*, 295*. 
Leczynski 536. 
Ledbetter 572*. 
Ledderhose 484*, 589. 
Leder 21, 33. 
Lcdingham 837. 
Leegaard 389. 

Lee Secor 560. 

Le Feber 243*. 

Legahn 638. 

Lehm 816*. 

Lehmacher 153*. 
Lehmann, H. 630*, 652. 
Lehmann, K. 611*. 
Lehmann, P. 546*. 


Original from 

UNIVERSITY 0F CALIFORNIA 



Lehmann-Nitsche 177*. 
Lehndorff 451. 

Leighton 319. 

Leipen 572*. 

Lerne he n 5, 197*, 753. 
Lengfeld 297*. 
Lengfellner 572*, 604. 
Lenhard 770. 

Lent 344*. 

Lenz 102*. 

Leonard 737*, 750*. 
Leopold 317*. 

Lepage 445*. 

Leporsky 397*. 
Leppmann 397*, 482, 484*, 
501, 681*, 808. 

Lerch 518*. 

L6ri 543*, 546*. 

Lericke 426*, 572*. 
Lermoycz 197*. 

Leroux 750*. 

Leser 572*. 

Le8ure 550*. 

Leszynsky 327*. 

Letalle 761*. 

Leva 376, 397*, 475. 
Levin, H. 138. 

Levison 532. 

Levy, L. 429, 605. 

Levy, M. 473. 

Levy, W. 572. 
Lewandowsky 451*, 624. 
Lewin, L. 304. 

Lewinson, J. 535. 

Lewis, D. D. 572*, 603. 
Lewis, E. P. 243*. 

Lewis, P. A. 78. 

Lewis, W. H. 466*. 
Lichtenauer 572*. 
Lichtenstein 297*. 
Lichtwitz 319. 

Lieb 99, 119*. 

Liebe 761*. 

Liebermann 761*. 
Liebold 558. 

Liefmann 593. 

Liepmann 232*, 368*. 
Lieske 809. 

Lillie 344*. 

Lind 741, 742. 

Lindbom 319. 

Lindhard 136. 

Lindner 630*. 

Lindsay 197*, 776. 
Lineback 832. 

Linenthal 297*. 

Link 339. 

Linow 278. 

Lipschütz 222. 

Lisser 457. 

Lissmann 611*. 
v. Liszt 630*, 781. 
Litterer 518* 

Little 466*, 611*. 
Livingstone 477*. 
Liwschitz 346. 


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Namenregister. 


Lloyd, J. H. 109,327*, 363*, 
744*. 

Lobedank 761*. 

Lobsien 257. 

Lode 670. 

Loeb 243*, 690. 

Loew, J. 319. 

Loew, O. 99, 521, 522, 618. 
Löfberg 588. 

Löffler 416. 

Lohmann 119*. 

Löhner 53. 

Lombroso 67*. 

Lomer 729. 

London 153*. 

Long 681*. 

Longley 426*. 

Looney 289*. 

Lorentz 572*. 

Lorenz 225, 761*. 

Loreta 630*. 

Lotheisen 550*, 572*. 
Loughram 317*, 344. 
Lovett 204, 544, 572*. 
Löwenstein, E. 559. 
Löwenstein, K. 357, 397*, 
498, 564. 

Löwenstein, P. 388*. 
Löwenthal, N. 119*. 
Löwy, J. 325, 544, 700. 
Löwy, M. 539, 716. 

Löwy, O. 441. 

Lube 535. 

Lublinski 455*. 

Lubosch 40. 

Luckett 577*. 

Lüders 530. 

Ludlujn 611*, 682*, 751*. 
Luk&cs 133, 210, 278. 
Lukin 297*. 

Lumi6re 548*, 611*. 
Lundie 837. 

Lydston 189, 334. 

Lyon 761*. 


M. 

Maas, O. 276*. 

Mabön 816*. 

Macht 518*. 

Machwitz 312. 

Maciesza 428*. 
Mackenzie 81, 312*, 836. 
Mackie 289*. 
Maclachlan 153*. 
Maclagan 835*. 

Macy 615. 

Madelung 572*. 
Maestrini 65*, 92. 

Mager 289*. 

Maggio 734. 

Maglione 198*. 

Magnus, R. 109. 
Magnus-Aisleben 137. 
Main 426*. 

Maixner 198*. 


867 


Makuen 630*. 

Mailet 318*. 

Malone 833. 

Malovichko 68*. 

Mammen 572*. 

Manasse 572, 585. 
Mangelsdorf 293. 

Manley 119*. 

Mann, A. 660, 751*. 

Mann, L. 8*, 135,198*, 345*. 
397*, 403, 412, 484*, 494, 
572*. 

Mann, R. H. T. 345*. 
Mansfeld 76, 83, 133, 523, 
528. 

Maragliano 318*. 
Marakovic 546*. 
Marauyama 560. 

Marburg 198*, 208, 312*. 
348, 359*, 368*, 376, 572*, 
597. 

Marchand 153*. 
Marchiafava 761*. 
Marcinowski 198*. 
Marcus 432. 

Marcuse, M. 630*, 792. 
Marös 102*, 204. 

Maresch 587. 

Margis 669. 

Margulies 204. 

Marina 54. 

Marine 68*, 78, 119*. 
Marinesco 68*, 532. 

Mark 840*. 

Marks 279*. 280* 354*, 386, 
388*, 549*. 

Marshai, M. 546*. 
Marshall, G. 451*. 
Marshall, H. W. 572*. 
Martin, A. 484*. 

Martin, E. G. 68*, 204. 
677. 

Martin, H. H. 573*. 
Martin, J. R. 276*. 
Martin, L. J. 630*. 
Martin, R. 573*, 761*. 
Martin, W. 397*. 

Martini 198*. 

Marx 421, 744. 

Massarotti 816*. 

Massey 573*. 

Masslow 524, 526. 

Mast 45*. 

Materazzi 297*. 
Matsumoto 382. 

Matti 427*. 

Matusewicz 257. 

Matz 519*, 630*. 

May, J. V. 816*. 

Mayer, A. 119*, 198*, 346, 
363*, 611*. 

Mayer, C. 369*, 397*, 403, 
455*, 466*, 485*, 573*. 
Mayer, E. 573*. 

Mayer, F. 525. 

Mayer, L. 605. 

55* 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



868 


Namenregister. 


Mayer, O. 318*, 327*, 485*, 
519*, 573*, 590. 

Mayer, P. 427. 

Mayer, W. 257, 376, 663, 
682*. 689. 

Mayor 519*. 

Mayrhofer 519*. 

Mazikin 68*. 

Mazzetti 298*. 

Me Cabe 816*. 

Mc Caffertv 816*. 

Me Carthy 688*, 816*. 

Mc Clanahan 323*. 

Mc Conne 11 392*. 

Me Cord 76. 

Mc Cotter 830. 

Mc Coy 297*, 427*. 

Mc Cready 611*. 

Mc Curdv 518*, 611*, 682*. 
Mc Donald 701, 765. 

Mc Dougall 816*. 

Mc Eackern 573*. 

Mc Guigan 519*, 529. 

Mc Guire 68*. 

Mo Gurn 532. 

Mo Intire 619. 

Mc Intosh 198*. 

Mc Kay 726*. 

Mc Kennan 427*. 

Mc Kenzie 397*, 572*. 

Mc Keown 153*. 

Mc Kibben 829. 

Mc Lean 98, 572*. 

Mc Mi 11 an 572*. 

Mc Xally 297*. 

Mc Robert 421. 

Mc Whorter 119*. 

Meads 630*. 

Means 68*, 231. 

Meara 200*. 

Meek 83, 117*, 119*, 120*. 
Mefford 519*. 

Me hier 599. 

Meinke 327*. 

Mcinong 630*. 

Meisncr 515. 

Melchior 816*. 

Meller 258. 

Meitzer 141, 609*, 611*, 
814. 

Melzer 746. 

Mendel 715. 

Mendelsohn 611. 

Mendes 198*. 

Meredith 297*. 

Merhaut 607. 

Merkel 153*, 571*, 682*, 
726*. 

Merriam 761*. 

Mertens 198*, 557. 

Merz 168. 

Messer 630. 

Metheny 177*. 

Mötraux 573*. 
Mettenleiter 91. 

Mettler 682*. 


Metzner 411. 

Meyer, A. 519*, 557, 573*, 
612*, 630*. 

Meyer, C. 433. 

Meyer, E. XI, 369*. 418*, 
427*, 505, 550*, 594, 688, 
715. 

Meyer, F. S. 280*. 

Mever, H. 436, 474, 538*, 
803*. 

Meyer, M. 86, 539. 

Meyer, R. 65*. 
Mever-Pantin 243*. 
Mever zum Gottesberge, 
500. 

Mever v. Schauensee 761*, 
805. 

Meyers, A. E. 318*. 

Me yers, F. S. 198*, 318*, 
345*. 

Meyers, J. L. 110. 
j Meyr 466*. 

I Michaelis 369*. 

Michalek 612*. 

Michaud 276*, 392*, 451*, 
466*. 

Michels 446. 

Mieckley 318*, 397*. 
Mijsberg 8*. 

Mikels 815*. 

Mi keil 762*. 

Milian 550*. 

Miller, D. F. 550*. 

Miller, H. E. 409. 
j Miller, L. 682*. 
i Miller, S. R. 227, 280*, 
473, 762*. 

Milligan 354*, 485*. 

Mills, C. K. 19, 198*, 327*, 
384*. 

Mills, H. P. 280*. 

Mills, L. 573*. 

Milner 318*. 

Mingazzini 237, 313, 454*. 
Mircoli 198*. 

! Mitamura 354*. 

| Mitchell, E. W. 445*. 

| Mitchell, H. C. 573*. 
j Mitzewski 690. 

Mix 153*, 573*. 
j Moblev 682*. 

I Mücke 1 612*. 

Mockerjee 392*. 

Modell 630*. 

Moekel 631*, 667. 

Moeli 804, 816*, 819. 

Mohr 819. 

Moleen 388*, 397*. 

Moll, A. 714. 

Molle 612*. 

Mollenhauer 573*. 
Mollison 11. 

Molnar 631* 
v. Monakow 25. 

Monchy 466*. 

1 Mongiardino 8*. 


Mönkemöller 682*, 735, 
810. 

Monlevade 455*. 
Monrad-Krohn 328*. 
Montanari 387*. 
de Mont et 328*. 
Montgomery 280*, 455*, 
457, 562. 

Montigel 79. 

Moodie 830*, 833*. 

Moodv 196*, 198*. 

Moore, A. E. 243*. 

I Moore, J. W. 597. 

! Moore, R. 224, 573*. 
j Moore, W. H. 119*. 

Moravcsik 692, 714, 753, 

| 803*. 

j Moren 388*. 

| Moret 466*. 

| Morgan 289*. 

! Morgenstern 293. 
Morgenthaler 816*. 

Mori 78, 466*. 

Möring 814. 

Morita 82, 98, 99, 108. 
Morono 573*. 

Morris 297*, 631*, 682*. 
Morse 170, 538*. 751*. 
Morton Prince 198. 

Moses 289*, 587, 762*. 
Mosher 682*, 816*. 
Moskowicz 573*. 

Mott 836. 
j Motte 803*. 

Motzfeld 68*. 

MouId 631*. 

Mouriquand 298*. 
Moussaud 318*. 

' Mover 612*. 

| Moyle 762*. 

| Muck 589. 
i Muggia 392*. 

Mulder van de Graaf 
345*. 

Mul hall 631*. 

Müller 663. 

Müller, A. 543*. 

Müller, D. 631*. 

Müller, E. 232*, 573*, 600, 
695. 

Müller, F. 631*. 

Müller, G. E. 671. 

Müller, J. 272*. 

Müller, L. R. 54, 198*. 
Müller, O. 289*, 539. 
Müller, P. 585. 

! Müller, R. 345*. 

Müller, W. B. 585. 
v. Müller-Deham 412. 
Müller-Freienfels 660. 
Müller-Schürch 800, 818. 
Münch 617. 

Mundie 762*. 

Mundt 280*. 

Munk 745. 

Münnioh 122. 


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Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




Namenregister. 


869 


Munroe 449, 612*. 

Muns 455. 

Münzer 645. 

Muratori 177*. 

Murlin 68*. 

Murphy 392*, 427*, 573*, 
631*. 

Murri 198*. 
Murschhauser 116*. 
Muschallik 726. 

Muskens 328*, 376, 573*. 
Myers 68*, 90, 631*, 762*. 
Myerson 762*. 

Mygind 198*, 321. 


N. 

Nabarro 289*. 
Xachmansohn 762*. 

Nack 682. 

Naegeli 198*. 485*, 534. 
Nagel. A. 274. 

Nagel, C. S. G. 243*. 
Nagelschmidt 542. 

Nash Curtins 631*. 
Nathan, P. W. 574*. 
Nazari 151*. 

Neal 317*. 

Neary 297*. 
van Neck 485*. 
Nedrigailoff 297*. 

Neff 612*, 816*. 

Neisser, A. 285. 

Ness Dearborn 631*. 
XetouSek 377. 

Netter 550*. 

Neu 276*. 

Neubeck 804*. 

Neuber 485*. 

Neubert 574*, 752. 
Neuburger 755. 

Neuda 460. 

Neuhäuser 397*. 

Neuhof 68*, 604. 
Neumann 289*. 
Neumeister 382. 

Neurath 726*. 

Neuschloss 81. 
Neustädter 390,477*, 726*. 
Neutra 369*, 418*. 

Neve 519*. 

Newboldt 837. 

Newburgh 68*, 460. 

Newcomb 682*, 684*. 
Newlin 612*. 

Newmark 166, 358. 

Nicoll 557. 

Nie den 574*. 

Xiero 612*. 

Niessl v. Mayendorff 103*, 
198*, 237, 455*, 662, 742*, 
751*, 824. 

Nieuwenhuijse 297*. 

Ni kitin 198*. 

Niklas 178. 

Xiles 612*. 


! Nissl 682*. 

Nitescu 311. 

Nobel 139, 198, 322. 

Noble 427*. 

Noeggerath 198*, 440. 
j Noethe 106, 587, 593. 

! Noguchi 390. 

! Noll 119*. 

Nonne 174, 198*, 258, 285, 
328*, 397*,411,418*,451*, 
466*, 485*, 505, 599, 612*, 
620, 622. 

Norbury 682*. 
Nordentoft 550*. 
Nordmann 593. 

North 682*. 

Nöthen 804*. 

Xovello 610*. 

Xovikoff 550*. 

Novose lsky 762*. 
Nowicki 289*. 

Xoyes 726. 

Nussbaum 738. 

Nuzum 163, 347, 381. 
j Nyström 192. 


O. 

Oakley 762*. 

Ob 41 608. 

Oberndorf 424. 
Obersteiner 202. 
Oohsenius 427*. 

Oehsner 574*. 

O’Day 612*. 

Oden 325. 

Odin 474. 

Oeconomakis 333. 
Oehlecker 369*, 574*. 
Oehmig 243*. 

Oetter 817*. 

Oftedal 199*. 

Ogilvie 532. 

Ohm 256, 258. 
öhrwali 55, 130. 

Oinuma 198*. 

Oliver 728. 

Olivier 466*. 

Ollcndorff 525. 

Oliino 68*. 

Oloff 259. 

Olson 682*. 

O’Xeill 466*, 622. 

Onodi 186. 

Oppenheim, H. 198*, 204, 
211, 369*, 377, 397*. 451, 
502, 503, 505, 583, 598. 
Orbison 433. 

Orlandi 199*. 

Omstein 377. 

Orr 574*. 

Orth 589, 600, 751*, 804*. 
Ortner 468. 

Orton 682*. 

Osborne 457. 

Osgood 572*. 


| Osler 445*, 835*. 

I Osinond 612*. 

Osokin 68*. 

Oswald 73, 77, 90, 469, 471,. 
529. 

Otto, F. 300. 

I Ovazza 612*. 

Owen 574*. 

1 Owerbeck 682*. 

. Ozorio 127. 


I Paal 498. 

Pach 429. 

; Page 311, 574*, 762*. 

, Pagenstecher 259, 260. 
j Pal 561, 631*. 

Palfrey 545*. 

| Pälich-Szantö 243*, 260. 
j Palmer 560. 

| Pannenborg 673. 
t Panse 199, 218. 

! Pape 230. 

| Parhon, C. J. 312*, 737. 
; Parhon, M. 312*. 
j Park 551*. 

| Parker 620. 

Parkinson 840*. 

Parnas 130. 

Partös 574. 

I Pascale 345*. 
j Pasetti 243*. 

| Pasini 762*. 

Pässler 551*. 

Pas so w 574*. 

| Passtoors 280*. 

Pastine 199*. 

Pate 612*. 

| Paton 8*, 103*. 

; Patrick 199*, 612*. 

Patry 574*. 

Patschke 812. 

I Paul 260, 677. 

: PauIsen 696. 

Paulson 612*. 

Paulus 323. 

Paviot 445*. 

Paver 574*. 

Pavne 519*. 

I Payr 345*, 606. 

| Pearce 85. 

Pearson 784. 

Pechstein 131. 

Peet 66*, 93. 

Pehu 323*. 

Pel 345*. 

Pellacani 612*. 

Pelleohia 612*. 

P61n&r 199*, 238,424. 

Pelz 574*. 

Pemberton 571*. 

Pepere 69*. 

Perdue 297*. 

Perez 546*. 

Perimoff 467*. 


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Original frorn 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



870 


Namenregister. 


Peritz 574*. 

Perkins 397*, 604. 
Perrier 574*. 

Perrucci 551*. 

Pershing 461. 

Perthes 328*, 587, 594. 
Perutz 199*. 

Peter, L. C. 199*, 276*. 
Peters. A. W. 727*. 
Peters, H. 517*. 

Peters, J. Th. 466*, 574*. 
Peters, K. 261. 

Peters, W. 631**, 652, 730. 
Petersen, H. 472. 
Petersen, J. 817*. 

Petrik 55. 

Petruschky 294, 621. 
Pettaval 597. 

Pettev 297*. 

Pettit 744*. 

Pevton 762*. 

Pfahler 569*, 579*. 
Pfefferkorn 20. 

Pfeiffer. J. A. 69*, 171, 
445*. 

Pfeiler 297*. 

Pfenninger 485*. 

Pfingst 682*. 

Pfingsten 345*. 

Pfister 225, 631*, 762*. 
v. Pfungen 56. 
Photokakis 788. 

Piazza 519*. 

Pichler 261. 

Pick, A. 106, 238, 261, 432, 
631*. 637, 677, 704, 746. 
Pick, H. 243*. 

Pietro 232*. 

Pietrowicz 612*. 

Pietrzikowski 485. 
Pighini 69*. 

Pignot 289*. 

Pike 214, 215. 

Pilcz 751*. 

Pilcher 69*, 519*. 
Pillsbury 297*. 

Pincus, W. 574*. 
Pinezower 416. 

Pinner 278. 

Piorkowski 556. 
Piotrowski 485*. 

Pirie 485*. 

Placzek 672, 786, 827. 
Plahl 722. 

Platt 836*. 

Plesch 552. 

Podmaniczkv 346, 378, 
480. 

Poelman 631*. 

Pohl 528*. 

Pöhlmann 464. 

Pol 177*. 

Polimanti 103*. 

Politzer 318*. 

Pollack 459. 


Pollak 5. 

Pollock 322*, 325, 335 
612*. 

Pollok 435. 

Polon 466*. 

Ponirovsky 119. 

Pontano 427*. 
Pontieaccia 612*. 

Pope 318*, 424. 

Popo ff 466*. 

Popp 144. 

Poppelreuter 496, 612*, 
661. 

Porak 454*. 

Porosz 631*, 795. 
von der Porten 820. 
Porter, L. 115, 354*, 466* 
623. 

Porter, M. F. 612*. 
Porter, W. B. 612*. 
Porteous 804*. 

Posadas 519*. 

Posev 262. 

Posner 612*. 

Possek 243*. 

Post 280*. 

Postma 759*. 

Potter 690 753. 

Potts, 0. 8. 324. 

Potts, W. A. 835*. 

Pötzl 232*, 243*, 631*. 
722. 

Pou 199*. 

Powers 297*. 

Powiton 534. 

Pöy 177*. 

Povnter 834. 

Praeger 347. 

Prager 418*. 

Prasse 812. 

Preston 445*. 

Pribram 438, 440, 448, 584. 
Price 359*, 427*. 

Priesaek 289*. 

Pringle 319. 

Pringsheim 427*. 
Prochazka 272*, 393. 
Pronger 841. 

Proscurin 551*. 

Provera 199*. 

Prusik 478. 

Pulay 274. 

Purjesz 83. 

Putnam 631*. 


Q. 

Quadri 473. 

Quagliariello 119*. 
Quarta 281*. 

Quensel 199*, 398*, 485*. 
de Quervain 485*, 575. 
Quincke 595. 

Quix 119*, 281*, 318*, 328*, 
345, 485*, 575*. 


R. 

v. Rad 273*, 369*, 392*, 
398*, 744*. 

R&dl 289. 

Radlauer 181. 

Radonicic 458. 

Rados 262. 

Radvanszky 748. 

Raecke 742, 818. 

Rahe 66*. 

Raimann 369*. 

Raison 575*. 

Rand 418*. 

Randall 612*. 

Randolph 297*, 481. 
Rangette 511, 512, 628*. 
Rank 631*, 762*. 
Ransohoff 575*. 

Ranson 518*, 833*. 

Ranzi 348, 376, 575*. 597. 
Rasch 420. 

Rat he 297*. 

Ratner 623, 624. 
Ratterman 318*. 
Raubitschek 189, 310. 
Rauch 243*. 

Rautmann 470. 

Ravaut 575*. 

Ravine 199*, 519*. 
Rawiszer 551*. 

Ray 69*. 

Read 286. 

Rebizzi 103*. 

Redlich 203,208, 378, 575*, 
598, 723. 

Reed 199*, 297*, 617, 737*. 
Reeder 683*. 

Reeves 427*. 
Reformatsky 817*. 
Rehbein 101. 

Rehorn 122. 

Reichard 587. 

Reichardt, A. 174. 

Reiche 289*. 

Reichel 780, 781, 788. 
Reichmann 354*, 401, 601. 
Reid 173, 466*. 

Reik 575*, 631*, 762*. 
Reines 455*. 

Reingruber 524. 
Reinhardt244*, 369*.575*. 
Reinking 613*. 

Reis 174, 263. 

Reisinger 109, 147, 159. 
Reiss 547, 762*. 

Reit her 600. 

Reitsch 263. 

Reitter 387. 

Rejnertz 197*, 751*. 
Reinsen 345, 380*, 591. 
Renner 613*. 
van Renterghem 631*. 
Rentz 244*. 

R6pond 706, 756. 

Rese 215. 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Namenregister. 


871 


Resch 713. 

Retzius 10. 

Reuckauff 796. 

Reusa 330, 435. 

Reuter 738. 

Reveley 830*. 

Reynolds 199*. 

Reys 131. 

Reznicek 398*, 403, 406. 
Rhein 69*, 153*, 168, 398*, 
451*, 683*. 

Ribbert 162, 175, 466*. 
Ribble 427*. 

Ribeth 424. 

Rice 752. 

Rieh 630*, 631*. 

Richard 351. 

Riehe 68*. 

Richter, H. 115, 541, 804*. 
Ricksher 751. 

Ried 519*. 

Riedel 575*. 

Riedl 605. 

Rieger 485*, 697. 

Riehl 608. 

Rieker 98. 

Riese 420, 560. 

Riggs 560, 613*. 

Rigler 485*, 626. 

Rings 515. 

Rissmann 618. 

Ritschl 575*. 

Ritt 762*. 

Ritter, A. 623. 

Ritter, C. 608. 
Rittershaus 624. 
Rizzardo 318*. 

Rizzuto 312*. 
van Rijnberk 120*. 
Rivers 631*. 

Robbins 632*. 

Roberts 836*. 
Robertson, F. B. 74. 
Robertson, H. E. 163, 165, 
425*, 548*, 554, 804*. 
Robertson, W. E. 384*. 
Robin 632*. 

Robinson, G. C. 140, 398*. 
Robinson, G. W. 305, 613*, 
727*. 

Robinson, J. 318*, 427*. 
Robson 289*. 

Rochat 289*. 

R öchling 242*. 

Rockwell 177*. 

Rodman 575*. 

Roels 120*. 

Roemheld 497. 

Rogalla 263. 

Rogers 66*, 141, 199*,613*, 
817*. 

Roh de 203. 

Rohdenberg 227. 
Rohleder 623. 

Rohrer 478. 

Roick 534. 


Rolleston 289*, 398*. 
Roman 319. 

Romeis 80. 

Römex 418*, 501, 542, 613*, 
730, 762*. 

Rönne 244*, 263. 

Röper 345*, 369*, 398*,423. 
Rosanoff 632*, 683*, 688, 
691, 692, 808. 

Rosati 384*. 

Rose, A. 539. 

Rosenbaum 294. 
Rosenberg, M. 312, 575. 
Rosenbloom 297*. 
Rosenbusch 734. 
Rosenfeld 263, 369*, 575*. 
Rosenstein, P. 575*. 
Rosenthal 466*. 

Rosenow 199*. 

Ross, E. L. 519*. 529. 
Ross, G. W. 549*. 

Ross, L. S. 833*. 

Rösser 125. 

Rossi, O. 8*. 

Rossie 177*. 

Roth, E. 90, 632. 

Roth, H. 752. 

Roth, L. J. 551*. 

Roth, O. 749. 

Roth, R. 519*. 

Rothe 619. 

Rothfuchs 575*, 618. 
Röthig 3. 

Rothmann 104, 199*, 210, 
279, 369*, 378, 613. 
Rothschild, B. 297*. 
Roux, C. 388*. 

Rovatti 612*. 

Rowland 551*. 

Rowley 125. 

Roynton 840*. 

Royster 817*. 

Rubensohn 752. 
Rubenstone 199*. 

Rücker 519*, 529. 
Ruckhaber 659. 

Rueck 165. 

Ruediger 551*. 

Rüge 515. 

Rülf 485. 

Rumler 727. 

Rumpel 379. 

Rumpf, Th. 369*, 379,398*. 
Ruoff 738. 

Rupprecht 762*. 

Russeff 398. 

Russell, G. 328*, 418*, 427. 
Russell, Mc R. 432, 744*. 
Rutelli 318*, 551*. 
Rutenburg 142. 

Rütte 817*. 

Ruttin 199*, 232*, 244*, 
248, 281*, 318*,328*, 345*, 
398*, 407, 575*. 
Ruttmann 670. 

Rydygier 575*. 


Rytina 533. 

Ruysch 318*. 

Ryerson 595. 

S. 

Sachs, B. 576*. 

Sachs, E. 325, 398*, 427*, 
576*. 

Sachs, H. 632*. 

Sadger 672, 683*, 762*, 781, 
801. 

Sadler 519*. 

Sadolin 576*. 

Saenger, A. 199*, 270, 271, 
323*, 354*, 384*, 418*, 
485*, 492, 576*. 

S&enz de Santa Mariä y 
Marrön 477*. 

Säger 264. 

Saison 466*. 

Sajin 297*. 

Sala 393. 

Saleeby 614*. 

Salignat 538*. 

Salis 276*, 363*, 388*. 
Salxnon 820. 

Salomon, W. 318*. 

Salus 319. 

Salzer 265. 

Samberger 460. 

Sandelin 445*. 

Sanders 122, 297*. 
Sanfelice 150. 

Sanguineti 8*. 
Santerneccki de Fran¬ 
cony 318* 

Sante 415. 

Santee 519*. 

Sanz 281*, 418*, 683*,817*. 
v. Sarbo 494. 

Sargent 838. 

Sattler 35, 244*. 

Sauer 345*, 576. 

Saut er 409. 

Sawyer 388*, 683*, 817*. 
Saxl 600. 

Scaglione 73. 

Scandola 576*. 

Sceleth 299. 

Schabelitz 302. 

Schacherl 552. 

Schäfer, F. 97. 

Schäfer, K. L. 655. 

I Schaffer 22, 29, 30, 147, 

| 318*. 

! Schafir 125. 

Schaller 355, 486*. 
Schanz, A. 191. 

Schanz, F. 56, 57, 58. 
Scharff 576. 

Schauffler 613*. 

! Schaumann 311. 

I Schauss 762*. 
van der Scheer 107, 328*, 
1 699, 751*. 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



«72 


Namenregister. 


Scheetz 545. 

Scheffler 538*. 

Sc hei dl 570*. 

Scheltema 199*,298, 407**. 
Schenk, A. K. 381*. 
Schenk. F. 30. 
Sehepelmann 341, 580. 
Scheppler 398*. 

Sc herber 289*, 294. 
Scheremezinskaina 297*. 
Sc her me rs 312*. 

Schick 570*. 

Sc hi ekler 489, 038. 
Schieck 244*. 

Schier 083*. 

Schiff 182. 

Schiller 570*. 

Schilling, F. 420, 448. 
Schilling, K. 495. 
Schilling, V. 298*. 
Schlapp 727, 813. 

Sehlaps 244*. 

Schleip 58. 

Schlesinger, A. 580. 
Schlesinger, E. 251, 500. 
Schlesinger, H. 289*,309*, 
379. 398*, 412, 427*, 480*, 
595. 

Schlicht 754. 

Schlifka 153*. 
Sehloessynann 477*. 
Schloffer 570*. 
Schlomovitz 120*. 
Schloss, O. M. 09*. 

Schluttig IMS. 

Schmidt, A. 309*. 
Schmidt, CI. B. 570*. 
Schmidt, H. 570*. 
Schmidt, P. 205. 
Schmidt, W. 43, 388*,494. 
527, 541. 

Schmidtmann 205. 
Schmieden 309*. 
Schmiegelow 570*, 001. 
Schmineke 105, 435. 
Schmitt 153*, 270*, 398*, 
477*, 032*. 

Schmitz 92. 

Schneider, E. 282. 
Schneider, K. 007, 702,749, 
702*. 

Schneider, M. 520*, 758. 
Schneider, R. 153*, 557. 
Schneller 547. 

Schnitzer 827. 

Schnitzler 788*, 817*. 
Schochet 832. 

Scholz, W. 422, 734. 
Schönbeck 590. 
Schönborn 09*, 398*,445*, 
480*. 

Schoondermark 013*. 
Schoppe 007. 

Schott, E. 200*, 379, 457. 
Schott, M. 200*. 
Schotteliu8 440, 083*. 


I Schräg 398*. 

Schreiber, L. 200. 

! Schröck 239. 

Schröder, H. S. 570, 
j Schröder, K. 551*. 

Schröder, L. C. 09*. 

! Schröder, P. 153*, 200*, 
t 285, 300, 398*. 570*, 090, 
I 097, 099. 

I Schröder, R. 427*. 

! Schröder, Th. 632*. 
j Schulhof 477*, 053, 609 
Schüller 189. 467*. 479,510, 
| 590. 

Schultz, A. 184, 185. 
Schultz, J. A. 590. 019. 
Schultz.J. H. 037,755,822. 
Schulz. B. 032*. 

Schum 570. 

Schumacher 418*. 553. 

080*. 633* 727*. 742*, 

751*. 

Schumann 032*. 
j Schürhoff 273*. 

Schuster, E. 561. 

I Schuster,P.318*,365,309*, 
410, 576*. 

Se h ii t z, J. 522, 523. 
Schuurmans Stekhoven 
804*, 817*. 

Schwab 083*. 

Schwa Ibach 398*. 
Schwalbe 645. 

Sehwartz, A. 58, 570*. 
Schwartz, G. 200*. 
Sehwartz, M. 199*. 
Schwarz, E. 740. 
Schwarz, O. 206. 

Schwerz 59, 183. 
Seinicariello 281*. 

Scott, O. F. 369*. 
Scruton 576*. 

Sec her 135. 

Sedgwick 445*. 

Seefelder 200. 

Seelert 505. 

Seelye 546*. 

Seffrin 142. 

Seibold 328*, 398*. 
Seidel, O. 576*. 

Seifert, 0. 522. 

Sei ge 745. 

Scitz 551*. 

Selig, A. 221, 826. 

Selig, J. 532. 

Seilers 613*. 

Selling 281*. 

Selter 177*. 

Selye 584. 

Senf 800. 

Sepp 398*. 

Serejski 527, 754. 

Sergi 183, 190. 

Sever 398*. 

Sewall 369*, 608. 

Sexton 477*. 


Shabed 613*. 

Shambaugh 215. 
Shanahan 427*, 013*. 
Shapiro 244*. 

Sharpel 177*, 200*, 220, 
398*, 590, 591, 825. 
Sharps 298*. 

Shaw 838. 

Sheehan 683*. 

Sheffield 445*. 

Shepherd 668. 

Sheppard 345*. 

! Sherrick 363*. 

I Shimer 298*. 

! Shindo 43. 

Shinkle 200*. 

Shionoya 69*. 

Shufeldt 789. 

Shumwav 273*. 

I Shy 388*! 

Sicard 200*, 804*. 

Sick 477*, 576. 

Sidis 683*. 

Siegel 577*, 763*. 
Siegelbauer 190. 
Siegmund 136. 

Sights 083*. 

Silbergleit 200*, 289*. 
Silbermann 452. 

| Silberstein. A. 613*. 
Silvestri 318*. 

Simerka 453. 

Simmonds 520*. 

Simon 835*. 

Simons 323*, 381*, 398*, 
451*. 486*, 804*. 

I Simpson. C. A. 580. 
Simpson, J. 345*, 398*. 
Simpson, S. 78. 

Sinding-Larsen 178*. 
Singer 477*, 577*, 709.737*, 
744*. 

Sinigaglia 427*. 

Sissingh 380*, 759*. 

Sit tig 224, 273*, 577*, 748. 
Sivori 65*. 

Sjölander 43. 

Skoog 385, 613*. 

! Skrowaczewski 577. 
Slingenbcrg 804*. 

Sloan 345*. 

Sluder 200*, 455*. 

Slusher 520*. 

SmetaÄka 348. 

Smith, A. 613*. 
de Smith, B. 281*. 

Smith, D. C. W. 363*, 551*. 
Smith, D. O. 295*, 632* 
Smith, F. H. 200*. 

Smith, J. 288*, 612*, 632*, 
740. 

Smith, L. 281*, 531. 560. 
Smith, M. 520*, 840. 
Smith, P. E. 828*. 

Smith, S. E. 683*, 723. 
Smith, Th. 632*. 


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Original frorn 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





Namenregister. 


873 


Smith, W. A. 551*. 
Smoler 577. 

Snead 244*. 

Snow 399*, 551*. 

Snowball 354. 

Socin 143. 

Sohlberg 200*. 

Sokolow 699. 

Sokolowsky 200*, 420, 670. 
Solle 817*. 

Sollier 486*. 

Sollmann 69*. 

Solomon 200*, 281*, 418*, 
451*, 619, 632*, 683*. 
Sommer XXXV, 632*, 635. 
Sonnenberger 644. 
Sörensen 310, 

Sormani 289*, 551*. 
Soukhanoff 427*, 486*, 
683*. 

Southard 153*, 683*, 684*, 
751*. 

Spät 200*, 294. 

Spaulding 763*. 

Specht 630*, 804*. 
Speier-Holstein 684*. 
Spencer, T. R. 200*. 
Spielmeyer XX, 369*, 400, 
577*, 579, 597. 

Spi 11er 114, 278, 312*, 352. 
Spitzig 456. 

Spitzy 544, 583. 

Spocrl 577. 

Spratiing 427*. 

Staehelin 290*, 538. 
Staemmler 78. 

Stähle 382. 

Stanley 301. 

Starck 607. 

Stargardt 244*. 

Stark 267. 

Stärka 308. 

Starkey 520*. 

Starr, M. A. 367. 

Statler 684*. 

Stearns 81, 614*, 699, 815*, 
817*. 

Stedefeder 318*. 
Stedman 820. 

Steel 577*. 

Stefani 613*. 

Stefano 323*. 
Stefanowicz 554. 
Stegmüller 577*. 

Steiger 617. 

Stein, A. E. 545. 

Stein, C. 459. 

Stein, O. J. 399*. 
Steinach 427*. 
Steinberg 403. 
Steinbügler 244*. 
Steindl 751*. 

Steindler 577*. 
Steinebach 820. 

Steiner 281*. 531,538*,713. 


Steinmetz 298*, 632*. 
Steinsberg 427*. 
Steinthal 577*. 

Stekel 613*, 632*. 675. 
Stelzner 635. 

Stendell 37. 

Stenger 577*. 
Stephenson, C. V. 427*. 
Stephenson, J. W. 200*, 
273*, 328*, 392*, 595. 
Stepp 817*. 

Sterling, W. 179, 267, 359, 
442, 464. 

Stern, A. 200*, 380, 588, 
684*. 

Stern, W. 632*. 
Sternberg, W. 59, 370*. 
Sterne 684*. 

Stevens 728, 763*. 
Stevenson, H. N. 173. 
Stewart, G. N. 214. 
Stewart, W. H. 577*. 
Stheeman 200*, 445*. 
Stiefler 204, 223, 390, 404, 
451. 

Stier 735. 

Stigier 69*. 

Stillman 533. 

Stimmei 248. 

Stirling 244*. 

Stirrett 549*. 

Stock 244*. 

Stöcker 451*. 

Stocks 751*. 

Stoeckel 618. 

Stoecker 577*. 

Stoerk 290*. 

Stoffel 600, 601, 602. 
Stokes 286. 

Stone 220. 

Stoner 559, 613*. 

Stover 684. 
i Strandberg 43. 

I Stransky 412, 438, 684*, 
j 712, 737*. 

Strassburger 739. 

' Strasser 479. 

Strasser-Eppelbaum 756. 
j Strassmann 498,763*, 809. 
j Straub 92, 120*, 200*, 523. 

! Strauch 392*. 
j Straus, H. 206, 312, 615. 

I Strauss, J. 318*,445*, 613*. 
Strauss, O. 43. 

Strebei 187. 

Streblow 8*, 526. 
Strecker 723. 

Streissler 589. 

- Streuli 71. 
j Strickland 613*. 

, Stromer 330. 

Stromeyer 461. 

I Strong 834. 

Strother 427*. 

; Strümpell 267, 314, 445*. 
i Stuart 622. 


Stubbs 546*. 

Stuchlik431,432,530,551*, 
613*, 671, 684*, 687. 
Studley 486*. 

Stümcke 763*. 

Stumpf 656. 

Sturdivant 298*. 

Sturm 676. 

Stuurman 1, 107, 147,328*. 
Stüven 577*. 

Suchanek 200*. 

Summers 69*. 

Sundvall 69*. 

Susini 804*. 

Sustmann 428*, 455*. 
Sutherland 804*. 

Sutton 551*. 

Svestka 294. 

Svindt 577*. 

Swalm 751*. 

Swan 467*. 

Swanberg 191. 

Swift 224, 232*, 276*, 283, 
445, 446, 533, 543*, 559, 
613*, 633*. 

Swindle 22, 654. 
Sylvester 388*. 

Synnot 399*, 533. 

Sy ring 564, 589. 
Szanojevits 203. 

Szedläk 824. 
v. Szily 267, 542. 

T. 

v. Tabora 290*. 

Taddei 154*. 

Taendler 393. 

Tal bot 44*, 103*. 

Tandler 11. 

Tanner 633*. 

Tar 524. 

Tarassevitch 318*. 

Tarle 274. 

Tasawa 413. 

Tashiro 120*. 

Tatillo 318*. 

Tausk 633*. 

Taussig 684*. 

Taylor, A. S. 578*, 595. 
Taylor, E. J. 817*. 
Taylor, E. W. 360. 
Taylor, J. D. 178* 
Taylor, J. M. 520*, 615. 
Taylor, R. T. 578*. 

Tello 1*. 

Tepper 302. 

Terni 9*. 

Terrasse 290*. 

Terril 281*. 

Terry 244*. 

Teutschiänder 557. 
Theunissen 722, 817*. 
Thibault 298*. 

Thiem 486*, 498, 501, 514, 
515. 

Thiemann 601. 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



874 


Namenregister. 


Thieraueh 329. 

Thies 213. 

Thöle 402. 

Thom 428*. 

Thoma 60, 186. 

Thomas, C. T. 428*. 
Thomas, I). 837. 

Thomas, G. E. 684*. 
Thomas, H. G. 244*. 
Thomas, H. M. 201*. 
Thomas, R. E. 318*. 
Thomson, A. 520*. 
Thomson, W. H. 527. 
Thorndike 633*. 

Thost 201*, 405. 
v. Th6t 768. 
Throckmorton 345*, 363*. 
Thulin 43. 

Thnmm 813. 

Thurlow 81. 

Tietze 82, 276*. 

Tiger st edt 115. 

Tiimann 578*. 

Tilnev 154*, 201,312*, 359*, 
445*. 520*, 614*, 833*. 
Timme 105, 201*, 445*, 
455*, 467*, 614*. 
Tintemann 822. 
Tischbein 698. 

Titchener 628*, 633*. 
Tizzoni 298*, 551*. 
Többen 805. 

Tobias 546. 

Todde 328*. 

Tode 724. 

Tomasineili 152*. 

Topp 520*, 525, 617. 
Torrev 551*. 

Turrini 352*. 

Town 633*. 

Traver 578*. 

Travers 290*. 

Traube 69*, 95, 96. 
Travaglino 684*, 751*. 
Travers 780. 

Treadway 682*, 751*. 

T re ad well 631*. 

Treiber 819. 

Tremmel, 201*. 

Tresling 268. 399*. 
Treupel 201*. 

Trible 345*. 

Trnka 319. 

Troell 472. 

Trbinner 178*, 201*, 359*, 
370*, 399*. 486*. 

Trott er 578*. 

Trott i 176*. 

Trout 578*. 

Truesdell 578*. 
Trzebinski 171. 
v. Tsehcrinak 61, 409. 
Tsimi na ki s 616. 

Tueker 2SL*. 418*. 626, 
737*. 

Tüder 614*. 


: Tullio 295*. 

Tumbelaka 9*, 158. 
Tumlirz 633*. 
Tumpowsky 141. 
i Turbv 836. 

1 Türkei 781. 

Turner, E. D. 419*. 
Turner, J. S. 201*. 
Turner, W. 839. 

TT. 

Uckermann 345*. 
v. Uexküll 120*. 
Uffenheiiner 419*. 
Uhlenhuth 832. 

Uhthoff 245*, 268, 269, 270, 
399*, 405. 

Ulrich 426*. 

Umber 290*. 

Unger, E. 370*, 578*. 
Unger, L. 26. 

Unna 2, 3, 201*. 

Urban 633*. 

Urbantschitsch201*,354*. 
i 399*, 486*. 


Vaehnadze 578*. 

Vagi io 69*, 178*. 

Valk 298*. 

van Valkenburg 328*, 
428*, 578*. 

Vallette 428*. 

Van<sek 1*, 69*, 204. 
Variot 451*. 

Vas 454. 

Vasoin 298*. 

I Vastarini-Cresi 9*. 

! Vaughan 763*. 
j Vavrouch 201*. 

| Veasev 318*. 

' Vedder 692, 817*. 
i Veen 120*. 

Vecr 227. 

Veit 617. 

V r eith 455*. 

Verebelly 578*. 

Vermeulen 9*, 31, 32, 37, 
103*, 399*, 408. 

Vernier 763*. 

Verse 154*, 345*, 467*. 
Versilova 520*. 

! Vervloet 201*. 

. Vorworn 45*. 

Viereck 613*. 
Vignolo-Lutati 178*. 
Vigyazö 578*, 593. 

Villaverde 354*. 

| V T iqueira 655. 

Virehow 41. 

Vitek 520*. 

Voegtlin 296*, 298*. 
Voeleker 599. 

Vogt, A. 812. 

I Vogt, (\ 26. 

| Vogt, E. 557. 


Vogt, O. 26. 

Volk 223, 578*. 

Vollmann 519*. 

Volpino 298*, 614*. 
Vomela 298*. 399*. 
Voortheujsen 633*. 

Vora 455*. 

Vormann 392*. 

Voss, G. 201*, 637. 
de Vries 155, 384. 

Vries Reighlin 467*. 
Vulpius 604. 

W. 

Waardenburg 245*. 

Waas 614*. 

Wächter 543. 

Wacker 62. 
v. Wagner 744*. 

Wagner v. Jauregg 486*. 
Waldscbmidt 821. 
Walker 201*, 245*, 520*, 
578*. 

Walko 201*. 

Walle 656. 

Wallenberg 26, 360, 684* 
Wallfield 445*. 

Walter, R. 757. 

Walther 527. 

Wangerin 63. 

War bürg 689. 

Wardner 298*. 

Warfield 520*. 

Waser 85, 88, 89, 96. 
Washburn 389*, 578*, 
628*, 631*, 632*. 
Wasicky 445*, 449. 

; Wasner 731. 

Wassenaar 120*. 

I Wasserfall 432. 

! Wassermann, M. 539. 

I Wassermeier 812. 

Waters 580. 

I Watkins 298*, 431, 552*. 

| Watson 537. 

I Watt 579. 

, Walters 201*. 

1 Wayenburg 633*. 

I Weber, E. 540. 

1 Weber, H. 486. 

Weber, L. W T . 9*, 370*, 493, 
508, 633*, 675, 753, 807. 
Weber, R. 684*. 

Weber, W. 399*, 817*. 
Weed 93, 195*. 

Wegelin 319. 

Wege ne r 185, 738. 

I Wegner 578*. 

I Wehner 354*, 419*. 

| Weibel 178*. 

1 Weiblo 578*. 

| Weichselbaum 154*. 

1 Weicht 748. 

| Weichsel 201*. 

I Weiden reich 158. 

| Weid man 347. 


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Namenregister. 


875 


Weigl 730. 

Weil, A. 540*. 

Weil, E. 419*, 499. 
Weiland 015. 

Weill, E. 290*, 298*. 
Weinrich 328*. 
Weintraut 428*. 
Weinzweig 750*. 

Weise 332. 

Weiaenburg 201*, 276*, 
335. 

Weiss, E. 201*, 370, 428*, 
539. 

Weitzner 327*. 
Weizsäckel 63. 

We Icker 455*. 

Weid 628*. 

Weller 298*. 

Welles 200*, 677. 

Wells 633*. 

Welsch 799. 

Welty 605. 

Welz 514. 

Welze 1 422. 

Wender 684*. 
Wenderowic 105. 
Wendkos 615. 

Werber 832. 

Werner, P. 473, 617. 
Werthauer 791. 

W e r t h e i m - S a l o in o n s o n 
578*, 633*. 

Wesselv 245*. 

West 578*. 

Wester 323*. 

West erhoff 154*. 
Westmacott 485*. 840. 
Weston 201*, 684*. 

Westphal 201*, 486*, 590, 
712, 737*, 804*. 

Weyer 467*. 

Weyert 711. 

Wevgandt 487*, 684*, 710, 
817*, 821. 

Wheeler 290*. 

White, R. L. 298*. 
Whiteside 290*. 

Whitman 389*, 763*. 
Whitney 286. 

Whooley 328*, 520*. 
Wickel 684*, 818*. 

Wid6n 435. 

Widmann 758. 
Wiedemann 370*. 
Wieder« he im 246. 
v. Wieg-Wickenthal 661. 
Wiegand 487*. 

Wieland 94. 

Wieiner 593. 

Wiener, E. 487*. 

Wiener, H. 547. 

Wiener, M. 244*. 

Wiener, O. 497. 

Wienert 557. 

Wi ersinn 085*. 


I Wiese 578*. 

: Wieser 144. 

| Wiesinger 370*. 

Wietfeldt 270. 

Wigert 433, 754. 

Wiki 519*. 

Wilbrand 270, 271. 
Wilcox 178* 

Wilde mann 731. 

Wile 281*, 286, 520*. 
Wilhelm 813. 

Willard 467*. 
j Willcutt 286. 
t Willetts 520*. 

, Willhite 295*. 

Williams, B. F. 685*. 
Williams, C. 245*. 
Williams, E. H. 298*. 
Williams,T. E. 804*, 818*. 
Williams, R. R. 614*. 
Williams, T. A. 201*, 273*, 
318*, 370*, 381*, 419*, 
467*,487*, 614*, 617,633*, 
763*. 

Williamson, W. D. 614*. 
Willien 370*. 

Willis 578*. 

Wilins 323*, 578*, 585. 601. 
W 1 '>n, A. A. 545. 
Wilson, 1>. W. 81, 614*. 
Wilson, F. N. 120*. 
Wilson, J. G. 214, 215. 
Wilson, R. N. 298*. 
Winfield 445*. 

Winkler, A. 20. 

Winkler, C. 633*. 

Winter 618. 

Wintermute 202*, 399. 
Winterstein 94. 

Wintz 437, 556. 
j Wise 455*. 

Wiseman 520*. 
j With 281*. 

Witte 420. 

Wittermann 710. 

■ Wittig 733, 781, 818*. 
Witt mann 428*, 659. 
i Witzei 431. 

Wodak 552. 

| Wodarz 590. 

Woorkmn 202*. 

| Wohl 309. 
i Wohlgemuth 245*. 

| Wöbling 611*, 614*. 

Wolf, W. 556. 

Wolfes 545. 

| Wolff, A. 380. 

! Wolff, G. 202*, 232*, 399* 

| 622, 633*, 763*. 

I Wolff, H. J. 579*. 

Wolffbe rg 245*. 

, Wolffensperger 804*. 

, Wolff he im 614*. 

Wölfflin 411. 

Wofsohn 728. 


I Wolfstein 281*. 

1 Wollenberg 487*, 514, 625. 
Wood, C. A. 245*, 298*. 
Wood. G. H. 298*. 
i Wood bürg 355. 

! Woodhull 763*. 

Woodruff 245*. 

Woods, A. H. 604. 
Woods, C. L. 354*. 
Woods, E. L. 633*. 
Woolsey 533. 

Work 335. 

Wo ro bi eff 467*. 

Wouden 818*. 
j Wright, H. 352, 467*. 

| Wrzosek 428*. 

I Wunder 548. 

I Würde mann 245*. 

Wyn 70*. 

Wyss 351*. 

| Wyssmann 202*. 

Y. 

I Yajima 178*. 

| Yakovleva 245*. 

Yerkes 633*. 

Young, F. B. 614*. 
Young, J. E. 727*. 
Young, J. H. 579*. 

YudeIson 392*. 

i 

z. 

Zabriskie 245*, 273*, 281*, 
399*, 467*. 

Za de 272. 

Zadek 287, 309, 535. 
Zafita 771, 779. 
Zagorovsky 145*. 

Zander 514. 

Zange 399*, 420, 499, 579*. 
Zangger 488. 

Zanietowski 546. 

Zapffe 553. 

Zappert 407. 

Zaun 345*. 

Zdrodovsky 579*. 

Zeller 154*.* 

Zentmayer 245*. 

Zesaa 399*. 

Z i e gon wei dt 384*. 
Ziegler 183, 666, 667. 
Ziehen 633*. 654, 688, 727. 
Zienkiewicz 468. 
Zimmermann, F. 733. 
Zimmermann, R. 431. 
Zoller 579*. 

Zollinger 487*. 

Zondek 287. 579*. 

Zopf 763*. 

Zuck 178*. 

Zuelzer 399*. 481, 522. 
Zulick 70*. 579*. 

Zu nt z 120*. 

Z v 1 b c r 1 a s t o w n a 359. 


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