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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
JAHRESBERICHT
ÜBER DIE
LEISTUNGEN UND FORTSCHRITTE
AUF DEM GEBIETE DER
NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE
IN VERBINDUNG MIT
San.-Rat Dr. B. ASCH ER-Berlin, Prof. BLEÜLER-Zürich, Dr. LUDWIG BORCHARDT-Berlin, San.-Rat Dr. E.
BRATZ-Wittenau, Dr. L. E. BREGMAN-Warschau, Dr. BRUN-Zürich, Prof. Dr. L. BRUNS-Hannover, Prof. Dr.
R. CASSIRER-Berlin, Dr. FRANZISKA CORDES-Dresden, Dr. ERL ANGER-Berlin, Prof. Dr. FINKELNBURG-
Bonn, Dr. G. FLATAU-Berlin, Dr. E. FLÖRSHEIM-Berlin, Prof. Dr. FORSTER-Berlin, Dr. A. FÜR8TENBERG-
Berlin, Dr. W. FÜRSTENHEIM-Friedrichsbrann, Priv.-Doz. Dr. HEINRICH DI GASPERO-Graz, Dr. H. G. HAENEL-
Dresden, Dr. HEIMANO WITSCH-Kaaan, Prof. Dr. HENNEBERG-Berlin, Dr. A. HIRSCHFELD-Berlin, Priv.-Doz.
Dr. K. HUDOYERNIG-Budapest, Prof. Dr. F. JAMIN-Erlangen, Priv.-Doz. Dr. JOLLY-Halle a. S., Dr. E. JOLO-
WICZ-Dreaden-Hellerau, Prof. Dr. 0. KALISCHER-Berlin, San.-Rat Dr. S. KALISCHER-Berlin-Schlachtenaee,
Dr. KAHLMETER-Stockholm, Dr. KLARFELD-München, Dr. KOSTERLITZ-Berlin, Dr. L. M. KÖTSCHER-Zscha-
draß b. Colditz, Prof. Dr. F. KRAMER-Berlin, Dr. M. KROLL-Moskau, Dr. KRON-Moskau, Dr. H. KRUEGER-
Berlin-Bucb, Dr. ARNOLD-KUTZINSKI-Berlin, Dr. LEWIN-Berlin, Dr. LOEWY-Ostende, Fr. Dr. LOEWY-
HATTENDORF-Berlin, Prof. Dr. H. LORENZ-Graz, Dr. AUGUSTE LOTZ-Berlin, Dr. OTTO MAAS-Berlin-Bucb,
Prof. Dr. L. MANN-Breslau, Gerichtsarzt Dr. HUGO MARX-Berlin, Dr. KURT MENDEL-Berlin, Prof.Dr. L. MINOR-
Moakau, Dr. WALTER MISCH-Berlin, Prof. Dr. EDUARD MÜLLER-Marburg, Dr. OETTLI-Diisseldorf, Dr. G.
PERITZ-Berlin, Prof. Dr. A. PICK-Prag, Dr. ROSENBERG-Berlin, Prof. Dr. M. ROSENFELD-Straßburg, Dr. J.
SALINGER-Wilmersdorf, Prof. Dr. W. SEIFFER-Wiesbaden, Dr. MAX SEIGE-Partenkirchen-München, Prof. Dr.
P. SILEX-Berlin, Dr. TEOFIL SIMCHOWICZ-Warschati, Dr. KURT SINGER-Berlin, Dr. OTTO SITTIG-Prag, Prof.
Dr. W. SPIEL ME YER-Mänchen, Dr. W. STERLING- Warschau, Dr. E. STETTNER-Erlangen, Dr. STUCHLIK-
Rot Costelec-Böhmen, Dr. G. YOSS-Düsseldorf, Prof. Dr. L. W. WEBER-Chemnitz, Prof. Dr. H. WTENER-Prag
und unter Mitwirkung von
Dr. ED. FLATAU in Warschau und Sanitätsrat Dr. S. BENDIX in Berlin
redigiert von
Prof. Dr. L. Jacobsohn in Berlin.
XIX. JAHRGANG:
Bericht Ober das Jahr 1915.
BERLIN 1916
VERLAG VON S. KARGER
KARLSTRASSE 15.
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Origir al from ‘
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Alle Rechte Vorbehalten.
4
Druck von A. Hopf er in Burg b. M.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Oer Jahresbericht teilt in der Kriegszeit das Schicksal aller referieren*
den Blätter, d. h. er ist in seinem Umfange ganz wesentlich vermindert. Das
tritt in diesem Jahre noch stärker in die Erscheinung als im vorigen. Der
Krieg rast weiter, nnd immer mehr verkümmert dabei die wissenschaftliche
Arbeit. Nur ein kleiner Teil der Referate des vorliegenden Jahrganges bezieht
sich daher auf rein wissenschaftliche Forschungen, die Mehrzahl betrifft
Arbeiten, die auf den Krieg mehr oder weniger Bezug nehmen.
Der wissenschaftliche Nutzen, den wir bisher für unser Fach aus den
Kriegserfahrungen geschöpft haben, ist im großen und ganzen ein recht
geringer. Den größten Gewinn wird wohl die Chirurgie ziehen, insofern ihr
ein unerschöpfliches Material zu Gebote steht, und sie nun ausprobieren
kann, was das Nervensystem im ganzen, und was es an seinen einzelnen
Teilen ertragen kann, ohne daß das Leben oder wichtige Funktionen desselben
gefährdet werden. Das wird wohl überhaupt der Hauptgewinn der gesamten
Kriegserfahrungen sein, daß wir über die Tragfähigkeit des Nervensystems
bessere Auskunft bekommen, als wir sie nach den Friedenserfahrungen batten.
Auch in diesem Jahre bringt der Jahresbericht im wesentlichen die
deutsche Literatur, da die fremdländische fast ganz gesperrt war. Nur ein
kleiner Teil der amerikanischen, der skandinavischen, der ungarischen, der
böhmisch-tschechischen, der polnischen und der englischen Literatur konnte
von uns resp. von unseren ausländischen Referenten geliefert werden. Daß
wir Referate aus dem British Medical Journal, dem Lancet, dem Journal
of Comparative Neurology, dem Anatomical Record bringen konnten, ver¬
danken wir der liebenswürdigen Unterstützung von Prof. Bleuler und
Dr. Brun in Zürich.
In der Hoffnung, daß der Krieg bald seinem Ende entgegengehen würde,
war für diesen Jahrgang eine Neuerung geplant. Der Jahresbericht sollte
neben dem wesentlichen Referatenteil auch eine Anzahl Originalmitteilungen
bringen. Und zwar hielten wir es für vorteilhaft, wenn die Leiter von wissen¬
schaftlichen Instituten, von Kliniken und Polikliniken einen kurz gefaßten
Bericht erstatteten von all dem, was in den ihnen unterstellten Anstalten
an Forschungen angeregt und was an Ergebnissen im laufenden Jahre erzielt
worden war. Auch der wesentliche Inhalt einzelner wertvoller Arbeiten, die
in ausführlicher Form in anderen Zeitschriften gerade erschienen waren oder
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UMIVERSITY OF CALIFORNIA
IV
erst erscheinen würden, ebenso kurze sonstige Mitteilungen sollten im Jahres¬
bericht bereitwilligst Aufnahme finden. Eine große Zahl von Institutsleitern
und Forschern hatte zu unserer großen Freude zu dem neuen Plane sich
zustimmend erklärt und ihre Mitarbeit zugesagt. Leider aber konnte die
Mehrzahl, da die Kriegsverhältnisse ihnen und ihren Assistenten keine Zeit
zn wissenschaftlicher Forschung und Arbeit übrigließen, ihre Absicht nicht
ausführen, und so können wir für diesen Band statt der großen Zahl von
Arbeiten und Mitteilungen, die wir zu bringen hofften, nur ganz wenige bringen.
Auch diese wenigen nehmen ganz oder teilweise Bezug auf die im Kriege
gewonnenen Erfahrungen. Mag das, was wir in diesem Jahre nur in ganz
bescheidenem Umfange verwirklichen können, im nächsten voll in Erfüllung
gehen.
Berlin, September 1916.
Die Redaktion.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
INHALTS-VERZEICHNIS.
I. Original-Mitteilungen.
S«lte
An« der Psychiatrischen und Nervenklinik in Königsberg. Von 0eh.-Bat
Prof. Dr. E. Meyer-Königsberg:. XI
Die Ausfallserscheinungen bei SchuBverletzungen des Gehirnes und
ihre Behandlung. Von Prof. Dr. E. Goldstern-Frankfurt s. M. ... XIV
Ober Nervenschußverletzungen. Von Prof. Dr. W. Spielmeyer-München XX
Zerebrale Symptome nach Minenexplosion. Von Oberarzt Dr. Qoldmann-
Iglau ..XXVI
Aus dem serologischen Laboratorium der Irrenanstalt Hamburg-
Friedrichsberg. Von Dr. V. Kafka-Hamburg.X XIX
Die Kriminalitlt der Jugendlichen. Von Prof. Dr. L. Jacobsolm-Berlin . XXXI
Die Stabilisierungsmethode mit Messung des Körperwiderstandes bei
II. Referate.
A. Neurologie.
L Untersuchungs-Methoden des Nervensystems. Bef.: Prof. Dr. L. Jacob-*
sohn-Berlin. 1
IL Anatomie des Nervensystems. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin. 6
HL Physiologie des Nervensystems.
a) Allgemeine Physiologie:
1. des Nervensystems. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin und
Prof. Dr. Hugo Wiener-Prag. 44
2. des Stoffwechsels. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin .... 64
b) Spezielle Physiologie:
1. des Gehirns. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn und Prof. Dr. Otto
Kalischer-Berlin. 102
2. des Bückenmarks. Bef.: Prof. Dr. Hugo Wiener-Prag .... 111
3. der peripherischen Nerven und Muskeln. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoob-
sohn-Berlin. 116
IV. Pathologische Anatomie des Nervensystems.
a) Allgemeine pathologische Histologie. Bef. : Prof. Dr. Ii. Jaoob¬
sohn-Beriin . 145
b) Spezielle pathologische Anatomie des Gehirns, Rückenmarks
und der peripherischen Nerven. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-
Beriin . 151
V. Das Knochensystem in seinen Beziehungen zu den Krankheiten
des Nervensystems. Bef.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin. 176
VL Pathologie des Nervensystems.
1. Allgemeiner Teil (Ätiologie, Symptomatologie, Diagnostik). Ref.:
Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Beriin. 194
Anhang, a) Aphasie. Ref.: Hofrat Prof. Dr. A. Pick-Prag .... 232
b) Augenstörungen und Nervensystem. Bef.: Geh.-Rat Prof.
Dr. P. Silex und Dr. Erlanger-Berlin. 240
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
VI
Inh alte-Verzeichnis.
Seite
2. Erkrankungen des Zentralnervensystems.
a) Multiple Sklerose. Amyotrophische Lateralsklerose. Ref.: Prof.
Dr. W. Seiffer-Wiesbaden. 272
b) Tabes. Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn -
Berlin. 275
c) Friedreichsche Ataxie. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin . . 279
d) Syphilis. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn*Berlin und Prof. Dr.
W. Seiffer-Wiesbaden. 279
e) Meningitis cerebrospinalis. Ref.: Dr. Franziska Cordes und
Prof. Dr. L. Jacobsohn Berlin. 288
f) Intoxikations-und Infektionskrankheiten des Nervensystems. Ref.:
San.-Rat Dr. S. Bendix-Berlin. 295
g) Paralysis agitans (Wilsonsche Krankheit). Ref.: Prof. Dr. L. Jacob-
sohn-Beriin. 312
8. Erkrankungen des Großhirns.
a) Diffuse:
Meningitis serosa, Meningitis purulenta, Meningitis tuberculosa.
Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. Dr. L. Jacob¬
sohn-Berlin . 316
Enzephalitis, Polioenzephalitis, Hydrozephalus, Arteriosklerose.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 322
b) Herderkrankungen:
Geschwülste und Parasiten des Gehirns. Ref.: Dr. W. Misch-
Berlin. 826
Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß. Ref.: Prof. Dr.
L. Jacobsohn-Berlin und Dr. Loewy-Ostende. 343
Augenmuskellähmungen. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-
Berlin . 352
4. Erkrankungen des Kleinhirns. Ref.: Dr. W. Misch-Berlin . . . 354
5. Erkrankungen der Brücke und der Medulla oblongata. Ref.:
San.-Rat Dr. S. Kalisoher-Berlin-Schlachtensee. 359
6. Erkrankungen des Rückenmarks.
a) Diffuse Formen:
Myelitis, Meningitis spinalis. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-
Berlin . '.. . . . . 363
Traumatische Erkrankungen des Rückenmarkes, Erkrankungen
des Epikonus, Konus und der Kauda. Malum Pottii. Ref.:
Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 367
Syringomyelie und Morvanscher Symptomenkomplex. Ref.: Prof.
Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 380
b) Herderkrankungen:
Geschwülste der Wirbelsäule, des Rückenmarks und seiner Häute.
Ref.: Dr. W. Misch-Berlin. 383
c) Strang- und Systemerkrankungen. Ref.: Prof. Dr. Ii. Jacobsohn-
Berlin . 387
d) Poliomyelitis anterior acuta. Ref.: Priv.-Doz. Dr. Jolly-Halle a. S. 388
e) Muskelatrophie. Spinale Muskelatrophie. Muskeldefekte. Ref.: Prof.
Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 891
7. Krankheiten der peripherischen Nerven. Ref.: Prof. Dr. L. Jacob-
SOhn-Berlin. 394
8. Funktionelle Erkrankungen des Nervensystems.
Hysterie, Neurasthenie. Ref.: Dr. Hermann Krueger-Berlin-Buch 417
Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie. Ref.: Prof. Dr. L. Jacob-
sohn- Berlin. 425
Chorea, Tetanie. Ref.: Dr. Otto Sittig-Prag. 444
Lokalisierte Muskelkrämpfe. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin • 450
Angio-Trophoueurosen. Ref.: Dr. Walter Misch-Berlin. 454
Morbus Basedowii, Myxödem, Infantilismus, Akromegalie. Ref.: Dr.
Otto Maas-Berlin-Buch. 465
Cephalea, Migräne, Neuralgie. Ref.: Dr. Franziska Cordes und
Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. 476
9. Trauma und Nervenkrankheiten. Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-
Berlin . 482
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Inhalts- V erzeichnis.
vn
"VII. Therapie der Nervenkrankheiten.
a) Allgemeine Therapie:
1. Medikamentöse Therapie der Nervenkrankheiten. Ref.: San.-Rat
Dr. 8. Kalisoher-Ber li n - Schlachtensee. 516
2. Hydrotherapie und Balneotherapie. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-
Berlin. 537
3. Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoob-
sohn-Berlin. 545
4. Massage und Heilgymnastik. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin 543
5. Organtherapie. Ref.: Dr. Franziska Cordes u. Prof. Dr. L. Jaoob¬
sohn-Berlin . 548
6. Chirurgische Behandlung. Ref.: Dr. Ludwig Borohardt und
Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin. 564
b) Spezielle Therapie der Krankheiten des Gehirns, Rückenmarks und
der peripherischen Nerven. Psychotherapie. Ref.: San.-Rat Dr. S.
Kalischer-Berlin-Schlachtensee. 608
B. Psychiatrie.
I. Psychologie. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin und Dr. GL Voß-
Düsseldorf.
IL Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und Diagnostik der Geistes¬
krankheiten. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin.
HI. Spezieller Teils
1. Idiotie, Imbezillität, Kretinismus. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-
Berlin .
2. Funktionelle Psychosen. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin
und Priv.-Doz. Dr. Jolly-Halle a. S.
3. Psychosen und Neurosen. Ref.: Prof. Dr. L. Jaoobsohn-Berlin .
4. Infektions- und Intoxikationspsychosen. Ref.: Prof. Dr. L. W.
Weber-Chemnitz.
5. Organische Psychosen. Ref.: Dr. Hermann Krueger-Berlin-Buch . .
IV. Kriminelle Anthropologie. Ref.: Dr. L. M. Kötscher-Zschadraß b.
Colditz.
V. Gerichtliche Psychiatrie. Ref.: Dr. Hugo Marx-Berlin.
VI. Therapie der Geisteskrankheiten. Ref.: San.-Rat Dr. B. Ascher-Berlin
Referate aus der englischen Literatur. Von Prof. Bleuler und Dr. Brun
in Zürich ...
626
678
721
736
742
743
750
758
802
814
828
Sach- und Namenregister. San.-Rat Dr. M. Karger-Berlin
841
Die Redaktion des Jahresberichts für Neurologie u. Psychiatrie
richtet an die Herren Fachgenossen und Forscher, welche zu den
Gebieten Gehöriges und Verwandtes publizieren, die dringende Bitte, sie
durch rasche Übersendung von Separat-Abdrücken ihrer Veröffentlichungen
unterstützen zu wollen.
Zusendungen wolle man an die Verlagsbuchhandlung von
S. Karger in Berlin, Karlstraße 15, mit der Bezeichnung „für den
Jahresbericht für Neurologie und Psychiatrie 4 * richten.
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Original-Mitteilungen.
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Ans der psychiatrischen nnd Nervenklinik zn Königsberg i. Pr.
Von Geh. Rat Prof. Dr. Meyer-Königsberg.
Die wissenschaftliche Arbeit stand im abgelaufenen Jahre und steht
noch jetzt überwiegend unter dem Einfluß des Krieges. Das sehr große
stationäre und poliklinische Material wies von vornherein in diese Richtung.
Wurden doch vom 1. August 1914 bis 31. Dezember 1915 1899 Soldaten
klinisch und 1675 Soldaten poliklinisch behandelt, wozu noch eine größere
Zahl von Untersuchungen in Lazaretten hinzukam.
Wir wenden uns zuerst zu den psychotischen Erscheinungen.
In der ersten Zeit beschäftigten uns, wie alle Forscher, besonders
die allgemeinen Übersichten in klinischer und forensischer Beziehung und
das Studium der überall sich durch ihre überwältigende Masse und Viel¬
fältigkeit aufdrängenden psychogenen (hysterischen) Störungen sowie der
neurasthenischen Krankheitsbilder.
Mehr und mehr traten dabei aber Einzelfragen hervor, die allerdings
in erster Linie wieder die psychogenen und neurasthenischen Krankheits¬
formen betreffen, weil die eigentlichen Psychosen an Zahl und Bedeutung
hinter ihnen offensichtlich sehr zurückstehen.
Von einzelnen Symptomen beschäftigen uns besonders die psychogenen
Krampfanfälle wegen der ganz enormen Häufigkeit ihres Auftretens.
Es zeigt sich dabei u. a., daß sie auffallend oft solche Individuen be¬
treffen, die wohl allgemein nervöse Klagen sonst haben, aber keine deut¬
lichen anderweitigen psychogenen Erscheinungen. Sie sind an sich offenbar
kein Beweis für das Vorliegen von eigentlicher Psychogenie, sondern die
einfachste und darum wohl häufigste psychogeue Reaktionsform eines kranken
oder wenigstens irgendwie geschwächten Nervensystems.
Es ließ sich erhoffen, daß die schon soviel und besonders in dem
letzten Jahrzehnt vor dem Kriege studierte Frage, ob funktionelle nervöse
Störungen, deren Hauptvertreter die psychogenen und neurasthenischen
Symptomenkomplexe sind, stets zu ihrer Entstehung einer angeborenen oder
erworbenen Disposition bedürfen, durch den Krieg neu beleuchtet und
einer Lösung nähergebracht würde.
Daß Neurasthenie und Psychogenie Reaktionen der gleichen Grund¬
lage sind, ist dabei eine allgemein anerkannte Voraussetzung. Die erstere
ist, so möchte ich es ausdrücken, die höherstehende, ohne grobe Aus¬
drucksformen, die letztere die primitivere und daher mit sinnfälligeren Ent¬
äußerungen.
ln früheren Veröffentlichungen konnte ich darauf hinweisen, daß wir
außerordentlich häufig eine gewisse konstitutionelle oder erworbene Schwäche
des Organismus als Disposition für die pathologische Reaktion des Nerven¬
systems nachweisen konnten. Der Gedanke liegt ja nahe, daß bei ganz
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XII Aua der psychiatrischen und Nervenklinik zu Königsberg i. Pr.
besonderen Erlebnissen auch ohne, jedenfalls ohne erhebliche Disposition,
eine pathologische Reaktion in Form psychogener Erscheinungen — um nns
anf diese hier zu beschränken — eintreten könnte. Der Krieg an sich
wird auch bei Kriegsteilnehmern, die sehr viel Strapazen und Gefahren za
Überstehen gehabt haben, keine psychogenen Krankheitserscheinungen auf-
treten lassen, während ganz besondere Erlebnisse — Granat- and-Minen¬
explosionen, Verschüttungen usw. — eher dazu imstande sind. Unsere
gesamten Beobachtaogen sprechen aber doch dafür, daß eine gewisse Dis¬
position, eine gewisse seelische Labilität, sich auch dabei nicht umgehen
läßt. Denn so banal es klingt, die Tatsache, daß Tausende und Aber¬
tausende unzweifelhaft von den gleichen und noch schwereren Schädigungen
betroffen wurden, ohne daß sie irgendwie pathologisch darauf reagieren, bleibt
bestehen. Der Ausweg einer besonders unglücklichen Konstellation bei dem
betreffenden Individuum wäre zu gekünstelt, und wenn man etwa die besonders
großen körperlichen Anstrengungen der Kriegsteilnehmer als Grundlage für
die pathologische Reaktion annehmen will, so ist doch wieder ein besonderes
Pins oder sonst ein X nötig, um die Ausnahme, d. h. die psychogene Störung
zu erklären.
Man hört oft sagen, der Krieg enthülle alles. Wenn überhaupt, so
gilt das für die fast im Verborgenen fortwuchernden Vorsteilangen von der
„Simulation“ psychischer Störungen. Liest man in den Lehrbüchern der
Psychiatrie und selbst der gerichtlichen Psychiatrie nach, so sollte man
glauben, daß nur vereinzelt der Simulationsverdacht noch ausgesprochen
würde, während wir uns jetzt des Eindrucks nicht erwehren können, daß
sehr viele Ärzte — von Laien gar nicht zu reden — überall Vortäuschung
and Simulation wittern. Wir haben uns daher auf Grund unseres großen
Materials mit dieser Frage wieder eingehend beschäftigt.
Wir konnten dabei einmal zeigen, wie alles das, was als der Simu¬
lation verdächtig angesprochen wurde, als wohlbekanntes Symptom oder
Symptomenkomplex auftreten kann, und daß durchweg da, wo Neigung zur
Vortäuschung oder Übertreibnng besteht, eine krankhafte Grundlage nach¬
weisbar ist. Ganz besonders häufig wird der jetzt so oft beobachtete
Gansersche Symptomenkomplex zur Annahme von Simulation Anlaß geben,
weiter psychogene Anfälle und dergleichen.
Die Fragestellung sollte nicht lauten: „Liegt Simulation vor oder nicht?“,
sondern vielmehr: „Besteht geistige Gesundheit oder Krankeit?“ Ebenso
ist die Frage, ob es sich um Simulation oder Unzurechnungsfähigkeit handelt,
eine irreführende, da mit dem Ablehnen der Simulation noch keineswegs
Unzurechnungsfähigkeit zur Zeit der Tat gegeben ist. Es steht zu hoffen,
daß überhaupt der Ausdruck „Simulation“ mehr und mehr aus dem medi¬
zinischen Wortschätze schwindet.
Sehr viel haben uns auch die psychotischen Erscheinungen nach
Kopfverletzungen beschäftigt, so ihre Abgrenzung — vom eigentlichen
Korsakowschen Syndrom, Delirien u. a. abgesehen — von den psycho¬
genen Störungen.
Als Unterscheidungsmerkmale sind folgende besonders zu nennen: Bei
den organischen Störungen sind bestimmte psychische Komponenten regel¬
mäßig, sämtlich oder einzeln, beeinträchtigt, vor allem Auffassung, Merk¬
fähigkeit und Kombination. Die Orientierung ist im wesentlichen erhalten.
Das äußere Verhalten und die Reaktionsweise im gewöhnlichen Verkehr
sind geordnet und natürlich. Die Kranken machen höchstens einen etwas
müden Eindruck, zeigen Mangel an Spontaneität, besonders bei Stirnver-
letzungen. Solche Kranken haben kein Krankheitsbewußtsein, keine oder
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Aas der psychiatrischen uod Nervenklinik zu Königsberg i. Pr.
xni
keine wesentlichen Klagen, im Gegenteil sind sie zumeist euphorisch trotz
schwerer Kopfverletzungen. Es handelt sich allgemein — von Euphorie
abgesehen — um einen ausschließlichen Defektzustand ohne wesentliche
psychische Zutaten.
Bei den psychogenen Störungen beobachten wir dagegen die Er¬
scheinungen des Gans ersehen Symptoraenkomplexes bald ausgesprochen,
bald angedeutet, mit Yorbeireden und unsinnigen Antworten schon bei den
einfachsten Dingen. Die Orientierung ist schwer gestört, die Ausdrucksweise,
der Satzhau und der Tonfall kindlich. Es besteht Neigung zur Perseveration
im kindlichen Sinne. Die Kranken haben starkes Krankheitsbewußtsein und
wenn sie sich, was öfter vorkommt, doch als gesund bezeichnen, so klagen
sie trotzdem gleichzeitig über Kopfschmerz, Schwindel, Angst, Vergeßlichkeit
usw. und bringen alles das in Zusammenhang mit ihrer Kopfverletzung.
Euphorie fehlt bei solchen Kranken. Ihr äußeres Verhalten ist wechselnd,
von der Umgebung abhängig und beeinflußbar. Es ist eine allgemein
psychotische Störung, nicht ein einfacher Defektzustand. Dazu kommen
körperliche Störungen wie Zittern, Krämpfe und dergleichen.
Freilich ist zu bemerken, daß trotz dieser differentialdiagnostischen
Merkmale die Abgrenzung oft schwierig ist, vor allem, weil vielfach beide
Krankheitszustände von Beginn an oder im Laufe der Zeit miteinander
kombiniert sind.
Im Anschluß hieran hebe ich hervor, daß in der von der Klinik ärzt¬
lich versorgten Station für Kopfschußverletzte besonders die Frage der Er¬
müdbarkeit und der Beeinflußbarkeit durch allgemeine Übungstherapie hei
psychisch geschädigten Kopfschußverletzten untersucht werden (Fräulein
Dr. Reichmann).
Auch andere Untersuchungen, so über den Ausfall der Zeigereaktion
(Barany), werden bei Kopfschußverletzungen durchgeprobt (Fräulein Dr.
Reichmann).
Die vor dem Kriegsausbruch begonnenen Untersuchungen mit der
Abderhaldensohen Methode (Dr. Kastan) werden fortgesetzt. Gleich¬
zeitig soll zum weiteren Studium der Pathogenese und Pathophysiologie
der Psychosen die Kalkausfuhr bei der Dementia praecox studiert werden,
und es sollen zu dem gleichen Zwecke Extirpationen an endokrinen Drüsen
mit nachfolgender Injektion von Substanz, die anderen Drüsen dieser Art
entstammt, vorgenommen, und in demselben Sinne Veränderungen des Leber¬
kreislaufes bedingt werden (Dr. Kastan).
Schließlich, um noch auf ein Arbeitsgebiet der Klinik einzugehen,
berichte ich. über die weiteren Beobachtungen bei den Verletzungen peri¬
pherischer Nerven (Dr. Pelz), über die früher Fräulein Dr. Reichmann
Mitteilung gemacht hatte. Es ergab sich da, daß bei rein konservativer
Behandlung nur in etwa 6—8 Proz. Besserungen bzw. Heilungen gefunden
wurden. Die leichten Fälle ohne oder nur mit quantitativen Veränderungen
der elektrischen Erregbarkeit sind fast ausnahmslos günstig, aber schon die
mittelschweren sind das vielfach keineswegs, über die Hälfte von ihnen bleibt,
trotz mehrmonatiger Behandlung, ungeheilt. Die Prognose der schweren
Fälle — totaler Funktionsausfall, Aufhebung der elektrischen Erregbarkeit
oder vollständige Entartungsreaktion — ist ohne Operation durchweg schlecht,
einerlei, in welcher Weise der Nerv betroffen ist. In den schweren Fällen
ist daher sofort die Operation dringend anzuraten, in den mittelschweren,
wenn nach 2—3monatiger Behandlung kein wesentlicher Erfolg zu sehen ist.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
XIV
Die Ausfallserscheinungen bei Schußverletzungen
Die Ausfallserscheinungen hei Schussverletzungen des Gehirnes.
und ihre Behandlung.
Von Prof. K. Goldstein-Frankfurt a. M.
Sowenig wir bei dem Fehlen einer ausgedehnten Statistik bestimmte
Zahlen darüber anführen können, wieviel von den Kopfschußverletzten völlig
wiederhergestellt werden, bei wievielen von ihnen und in welchem Umfange
Ausfallsymptome Zurückbleiben, so scheint doch kein Zweifel, daß die Zahl
derjenigen, die nach Abschluß der chirurgischen Behandlung Ausfallsymptome
mehr oder weniger lange Zeit haben, eine beträchtlich große ist Es ist
deshalb nur natürlich, daß sich sehr bald das Interesse der Neurologen
diesen Verletzten besonders zugewandt hat. Anfänglich waren es besonders
die umschriebenen Ausfallsymptome, wie Sprachstörungen, Lese- und Schreib¬
störungen, Lähmungen usw., deren Behandlung ins Auge gefaßt wurde. Das
führte zu der Forderung nach besonderen Übungsschulen für Hirn¬
verletzte von seiten verschiedener Autoren: Poppelreuter (8), Hart¬
mann (6), Fröschels (2), Goldstein (3), Gutzmann (5), die auch auf der
Tagung der deutschen Vereinigung für Krüppelfürsorge im Februar 1016 (10)
ausführlich besprochen wurde.
Die Folge dieser Propaganda war die Errichtung von Speziallazaretten
für Hirnverletzte und Übungsschulen an verschiedenen Orten. Soweit mir
bekannt ist, bestehen solche bisher in Cöln, Graz, Wien, Berlin, Frankfurt
a. M., Königsberg. Bald erkannte man, daß neben den umschriebenen
Störungen den gleichzeitig bestehenden körperlichen und psychischen
Allgemeinstörungen gewöhnlich eine besondere Bedeutung zukommt.
Ich (3, 2) habe von vornherein nicht nur die Allgemeinstörungen bei den
Patienten mit umschriebenen Ausfällen, sondern auch die Fälle mit aus¬
schließlich Allgemeinstörungen in den Bereich der Behandlung einbezogen
und habe über meine Untersuchungen dieser Allgemeinstörungen in einem
Vortrag im Kaiserin-Friedrich-Haus in Berlin im Mai dieses Jahres be¬
richtet (3,5). Die Schwere der körperlichen Allgemeinstörungen scheint,
abgesehen von der Schwere der Verletzung, der allgemeinen Erschütterung
usw., noch von der Lokalisation der Verletzung insofern abzuhängen, als sie
bei den hinten gelegenen in stärkerem Maße aufzutreten scheinen als bei den
vorn gelegenen. Es finden sich zunächst bei einer großen Zahl von Kranken
die Zeichen einer körperlichen und nervösen Erschöpfung sowie
einer nervösen Übererregbarkeit, ferner Kopfschmerzen, Schwindel usw. und
besonders häufig vasomotorische Störungen (lebhaftes vasomotorisches Nach¬
röten, starkes Rotwerdeu der gewöhnlich blaß aussehenden Kranken bei
geringer Erregung, Anstrengung oder beim Bücken). Der Puls zeigt gewöhnlich
eine gewisse Verlangsamung in der Ruhe, bei Lagewechsel, bei geringer geistiger
und vor allem körperlicher Anstrengung eine beträchtliche Zunahme der Schlag¬
zahl und häufig eine Irregularität. Beim Bücken besteht gewöhnlich zunächst
eine auffallende Verlangsamung des Pulses, die dann einer Beschleunigung
Platz macht und eine beträchtliche Irregularität und ein Kleinerwerdeu des
Pulses unter oft starkem Absinken des Blutdruckes um 30, ja bis 80 und
90 Mm. Hg bei gleichzeitigem Schwanken, Rotwerden uud starken unan¬
genehmen Empfindungen im Kopf, ein Befund, der wohl durch einen Druck
auf den überempfindlichen Vagus bedingt ist. Der Blutdruck ist entweder
normal oder nicht selten abnorm hoch, gelegentlich auch abnorm gering.
Charakteristisch scheint aber besonders ein beträchtliches Schwanken des¬
selben bei Lagewechsel, bei Erregung zu sein. Daneben finden sich sehr oft
Veränderungen im Blutbilde der Patienten; eine beträchtliche Eosinophilie, in
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des Gehirnes und ihre Behandlung.
XV
einzelnen Fällen sogar bis 10—13 % (ohne daß sich irgendwelche körperliche
Ursachen, wie besonders Würmer usw., dafür nachweisen ließen), nnd eine
Verschiebung des Blutbildes zugunsten der einkernigen weißen Blutkörper¬
chen, so daß gewöhnlich eine ausgesprochene Monozytose bis CO, eventuell
noch mehr Prozent vorliegt. In nicht seltenen Fällen sinkt auch die Zahl
der Eosinophilen unter die Norm. Diesen objektiven Veränderungen ent¬
sprechen die häufigen Klagen der Kranken über Herzklopfen, schlechten
Schlaf, Überempfindlichkeit für Schwankungen der Temperatur, der Witterung,
und besonders des Luftdrucks. Die vasomotorischen Störungen bewirken
auch — wohl infolge einer mangelhaften Regulation des Blutdruckes und
der Blutzirkulation im Gehirnkreislauf und dadurch bedingte sekundäre
Störungen der Gehirnfunktion — ein auffallendes Schwanken der psychischen
Gesamtfunktionen.
Auf die psychischen Allgemeinstörungen ist von verschiedenen
Autoren (Hartmann, Poppelreuter, Goldstein, Aschaffenburg) auf¬
merksam gemacht worden. Sie bestehen in abnormer Ermüdbarkeit, Erreg¬
barkeit und Reizbarkeit und oft in einer wesentlichen Veränderung der ganzen
Persönlichkeit (Poppelreuter), Störung des Gedächtnisses, im besonderen der
Merkfähigkeit, der Auffassung, der Aufmerksamkeit, der Begriffs- und Urteils¬
bildung, des Interesses und der allgemeinen geistigen Regsamkeit. Schon die
einfache Beobachtung lehrt, daß sie besonders bei links gelegenen Rinden¬
verletzungen und hier wieder bei solchen, die die Gegend des Stirnhirns
oder das sogenannte hintere Assoziationsfeld von Flechsig berühren, auf-
treten (Goldstein 3, 5. Experimentell psychologische Untersuchungen (Reak¬
tionsversuche und tachistoskopische Versuche, die der Referent gemeinsam
mit Dr. Gelb, Frankfurt a.M., vorgenommen hat) bestätigen diesen Befund in¬
sofern, als diese Leistungen bei Rechtsverletzten völlig oder fast normal waren
(mit Ausnahme bei denen, bei denen das rechte Stirnhirn schwerer verletzt
ist), während bei Linksverletzten die Reaktionszeiten verlängert sind, sehr
schwanken — entsprechend der mangelhaften Konzentrationsfähigkeit und
der mangelhaften Aufmerksamkeit — und das tachistoskopische Erkennen
und Lesen sehr beeinträchtigt ist. Es soll demnächst über diese Versuche
näher berichtet werden.
Den Allgemeinstörungen stehen die epileptischen Anfälle nahe,
die, wie alle Autoren übereinstimmen, die unangenehmste Komplikation der
Hirnverletzungen sind und, teils als allgemeine Konvulsionen, teils etwa nach
dem Typus der Jaksonsehen Epilepsie oder als Schwindelanfälle auftreten.
Gewöhnlich wird der erste Anfall erst nach Heilung der Wunde beobachtet.
Die umschriebenen Ausfallserscheinungen differieren natürlich
nach der Lage der Defekte. Im großen ganzen können wir die Ausfall¬
symptome in folgende Gruppen einteilen:
1. Störungen der Körpermotilität: wesentlich vom Typus der korti¬
kalen Lähmung entweder hemiplegischen oder monoplegischen oder nicht
ganz selten auch paraplegischen Charakters. Selten bleibt die vollständige
Lähmung bestehen, wenn auch solche Fälle Vorkommen. Gewöhnlich bessert
sie sich teilweise von selbst. Wir haben dann partielle Lähmungen, Er¬
schwerungen der Bewegung, Ausfall bestimmter Einzelbewegungen, Un¬
geschicklichkeit; nicht selten wird die Funktion noch besonders durch
Spasmen beeinträchtigt. Die Leistungsfähigkeit macht sich natürlich be¬
sonders in der Hand geltend, während die Gehfunktion des Beines sich
relativ schnell und gut wieder einstellt. Neben den durch Schädigung
der motorischen Zentren bedingten Bewegungsstörungen sind
relativ häufig sekundäre Bewegungsstörungen als Folge von sensiblen
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Die Ausfallserscheinungen bei SchaBverleteungen
Störungen. Weiterhin Bewegungsstörungen als Folge von Klein¬
hirnläsionen. Viel seltener sind eigentlich apraktische Störungen.
2. Störungen der Sensibilität, die im Gegensatz zu den Er¬
fahrungen bei den Friedenserkrankungen des Gehirns sehr häufig auftreten,
besonders in Form von Sensibilitätstörungen an der Hand und am Fuß, die
besonders für die Funktion des letzteren von besonderer Bedeutung sind.
Uber diese sensiblen Störungen haben wir eine Reihe genauerer Unter¬
suchungen (Marburg, Gerstmann, Sittig, Goldstein (3, 6)). Von senso¬
rischen Störungen auf dem Gebiete der höheren Sinne finden sich relativ häufig
Gesichtsfelddefekte, die sich allerdings gewöhnlich teilweise restituieren und im
allgemeinen keine so schweren Störungen der Leistungsfähigkeit des Indi¬
viduums bedingen. Dagegen können die auch durch Hinterhauptsverletzungen
bedingten Störungen des optischen Erkennens (Seelenblindheit, Störungen
der Tiefenwahrnehmung, der optischen Auffassung usw.) schon von größerer
Bedeutung sein (vgL hierzu besonders Poppelreuter).
3. Mit die häufigsten umschriebenen Störungen stellen die Sprach¬
störungen dar, besonders verschiedenartige Formen motorischer Sprach¬
störung. Sehr häufig finden sich Störungen der Wortfindung, des gramma¬
tischen Aufbaues der Sprache sowohl infolge motorischer Störung oder
bedingt durch Beeinträchtigung der begrifflichen Vorarbeit des Sprechens.
Relativ selten finden sich sensorische Sprachstörungen. Häufig sind Störungen
des Lesens und Schreibens verschiedenster Art Zum Teil als Ausdruck
einer allgemeinen psychischen Schädigung, zum Teil als Folge lokalisierter
Defekte treten Störungen des Rechnens auf, die außerordentlich häufig sind
und sich besonders auch bei Linksverletzten finden. Es lassen sich ver¬
schiedene Typen der Rechenstörungen unterscheiden (vgl. hierzu Poppel¬
reuter und Goldstein (3, 5)).
Neben den Ausfallserscheinungen spielen durch die Verletzung be¬
dingte Hemmungsvorgänge bei den schweren Ausfällen oft eine sehr große
Rolle. So kann der Ausfall einer Leistung andere mit ihm zu einem
psycho-physischen Gesamtablauf zusammengehörige hemmend beeinflussen,
ohne daß sie selbst durch die Verletzung geschädigt sind. Oft handelt es
sich um mehr rein psychische Hemmungen, indem im Kranken, weil er
einen Teil der Leistung wirklich verloren hat, die Vorstellung erweckt und
fixiert wird, daß er die Gesamt- oder andere, mit der einen innig verbundenen
Leistungen verloren hat. Gerade hier ist der frühzeitige Beginn der Ubungs-
behandlung von Vorteil. *
Schließlich komplizieren sich die organisch bedingten Störungen noch
durch das Hinzutreten rein psychogener, die jedoch nach meinen Er¬
fahrungen nicht allzu häufig sind, wenn sie auch, wo vorhanden, weitgehende
Beachtung verdienen.
Was die Behandlung der Kopfverletzten betrifft, so bin ich, wie
schon oben erwähnt, dafür eingetreten, die Verletzten mit umschriebenen
Ansfallsymptomen mit denen, die nur Allgemeinstörungen haben, in einem
gemeinsamen Lazarett zu behandeln, schon deshalb, weil nach meiner
Meinung auch noch sehr lange Zeit nach der Verletzung bei den Verletzten
mit umschriebenen Ausfallsymptomen immer noch sehr ausgesprochene
Allgemeinstörungen vorliegen, die auf diese Weise am besten mitbehandelt
werden können. Die Beachtung der Allgemeinstörungen ermöglicht nach
meiner Meinung einen frühzeitigen Beginn der Ubungsbehandlung der Aus¬
fallsymptome, die besonders auch mit Rücksicht auf den psychischen Gesamt¬
zustand des Verletzten von großer Wichtigkeit sein dürfte. Andere Autoren,
wie Gutzmann, Poppelreuter (vgl. Sitzungsbericht des Vereins für Krüppel-
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des Gehirnes und ihre Behandlung.
XVII
fürsorge) haben sich gegen einen frühen Beginn der Behandlung ausgesprochen.
Ich selbst habe bei strenger Beachtung der körperlichen Erscheinungen und
der Allgemeinstörungen von dem frühen Beginn der Ubungsbehandlung nie
eine Schädigung, wohl aber oft Vorteile gesehen. Mit Rücksicht auf die
Allgemeinbehandlung bin ich auch dafür eingetreten, die Übungsschule im
Rahmen eines Lazaretts zu errichten, wenn sie auch räumlich von den
Krankensälen am besten getrennt wird. Selbstverständlich wird mit der
Übungsbehandlung gewartet, bis die akuten Erscheinungen an der Wunde,
die Eiterung, Fieber usw., vorüber sind.
Was die Behandlung der Allgemeinstörungen betrifft, so besteht
sie wesentlich im Fernhalten von Schädlichkeiten, von Geräuschen, Alkohol,
Tabak, ferner in einer recht lange fortgesetzten Bettruhe, weiter in all den Ma߬
nahmen, die wir hei der Behandlung von Nervenkranken anwenden. Daneben
Beruhigungslhittel, Brom, Baldrian usw., möglichste Vermeidung starker
Narkotica. Wichtig ist, alle Abweichungen vom subjektiven und objektiven
Befund (Puls, Temperatur, Stimmung usw.) zu beachten, weil sie oft die
Vorboten von Anfällen sind und eventuell auch von Komplikationen des
Wundverlaufes, wie Abstoßung von Knochenstücken, Bildung von Abszessen,
die eine erneute chirurgische Behandlung notwendig machen, Kunde geben.
Bei Auftreten von Fieber, Zeicheu von Hirndruck ist — unter Kontrolle des
Röntgenbildes — ein operativer Eingriff möglichst bald in Erwägung zu ziehen.
Gegen die Anfälle hat sich die Eisbeutelbehandlung (Spielmeyer) als nicht
schädlich und vielleicht nützlich erwiesen. Man ist kürzlich für frühzeitige
Operationen heim Bestehen von Anfällen eingetreten (Boettiger). Wieweit
diese angebracht ist, bedarf sehr der sorgfältigsten Nachprüfung. Die An¬
nahme, daß Kranke mit Anfällen ganz besonders psychisch leiden, ist nach
meinen Erfahrungen nicht richtig.
Zur Besserung der körperlichen Allgemeinstörungen ist vor allem
körperliche Arbeit zu empfehlen, mit der man natürlich vorsichtig be¬
ginnen muß. Eis handelt sich darum, das Gehirn an die veränderten Druck¬
verhältnisse zu gewöhnen und das labile und alterierte Vasomotorensystem
den Anforderungen der Arbeit wieder anzupassen. Die Arbeit muß unter
steter Kontrolle des Arztes vorgenommen werden. Wir bedürfen dazu
geeignete Arbeitsstätten. Am ausführlichsten hat bisher über die Werk¬
stättenarbeit Poppelreuter (8, 1) berichtet. Nervenheilstätten auf dem
Lande, deren Errichtung ja auch für die vielen anderen Nervenkranken sich
als notwendig erweisen wird, werden als eine wichtige Aufgabe die Behand¬
lung der Kopfverletzten zu betrachten haben.
Zur Besserung der umschriebenen Ausfälle ist die systema¬
tische Übungsbehandlung vorzunehmen. Übungsbehandlung der Läh¬
mungen haben wir ja schon immer gehabt, und auch für die Sprachstörungen
hat man ja schon im Frieden, so besonders Gutzmann (5, 2), Übungs¬
behandlung angewandt. Ihr Wert wird jetzt wohl allgemein anerkannt (vgl.
die vorher angeführten Arbeiten). Nach meinen Erfahrungen besteht kein
Zweifel darüber, daß in zahlreichen Fällen die Besserung allein
auf die Übungen zurückzuführen ist, und daß diese in anderen
Fällen zum mindesten eine Beschleunigung der Besserung her¬
beigeführt haben (vgl. die Fälle in meiner Arbeit (3, 5).
Die Behandlung der Lähmungen entspricht den schon im Frieden
dabei geübten Maßnahmen. Besondere Sorgfalt ist natürlich auf die für die
Arbeitsfähigkeit besonders wichtige Hand zu legen. Kleine Apparate zur
Übung der Schnelligkeit, Geschicklichkeit und besonders Werkstättenbeschäf¬
tigung sind hier notwendig. Auch die sekundären Bewegungsstörungen
Jahresbericht t. Neurologie o. Psychiatrie ms. b
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XVIII
Die Ausfallserscheinungen bei SchußyerletzuDgen
(durch Sensibilitätsstörung, Kleinhirnstörungen bedingt) sind bis zu einem
gewissen Grade besserungsfähig. Immer ist bei schwereren Defekten der
rechten Hand die linke Hand besonders zu üben. Es ist aber zu
warnen vor einer Vernachlässigung der gestörten rechten Hand — wozu die
Kranken leicht neigen —, die neben der Ausbildung der linken Hand
selbstverständlich auch geübt werden muß.
Die Behandlung der ausschließlich psychischen Defekte hat
eine eingehende psychologische Untersuchung vorherzugehen, die zweck¬
mäßig mit Unterstützung eines Psychologen und Pädagogen vorzunehmen ist.
Der Unterricht muß in schweren Fällen zunächst individueller Einzelunter¬
richt sein. Erst bei einem gewissen Fortschritt kann man zu einem mehr
klassenmäßigen Unterricht übergehen. Der Unterricht hat sich an die noch
erhaltenen Fähigkeiten anzuschließen, es wird aber in schweren Fällen mit
den primitivsten Leistungen begonnen werden müssen. Im Vordergründe
stehen zunächst meist die Übungen im Sprechen (vgl. hierzu besonders
die Ausführungen von Gutzmann, Fröschels), mir bat sich dabei eine
Übertragung der Berthold Ottoschen Lautierlese- und Schreibunterrichts¬
methode für unseren Zweck als sehr wertvoll erwiesen. An den Dnterricht
im Sprechen schließt sich der Unterricht im Schreiben, Lesen, Rechnen,
der je nach der verschiedenen Art, in der diese Funktionen beeinträchtigt
sind, in verschiedener Weise erteilt wird.
Die sensorischen Störungen sind weit .weniger übungsfähig als die
motorischen, aber auch hier ist eine gewisse Übung, z. B. bei Tastlähmung,
bei partieller Seelenblindheit usw., möglich.
Schon die Beschäftigung mit den Elementarfächern schafft eine gewisse
Übung der allgemeinen psychischen Leistungen. Sie erweckt das
Interesse der Kranken, die Auffassungsgabe, bessert das Gedächtnis, stärkt
die Kombinationsgabe, die Begriffsbildung. Alle diese Leistungen werden
dann noch in besonderer Weise geübt, wobei die verschiedenartigsten An¬
schauungsmaterialien, Bilderbücher, Baukästen usw. berangezogen werden (vgl.
hierzu besonders auch Poppelreuter (8, 1)). Schon vor Wiederkehr der
Sprache ist durch reiuen Anschauungsunterricht eine Hebung der
höheren psychischen Leistungen in die Wege zu leiten. Verfügt der Kranke
schon über geuügende Elementarkenntnisse, so wird mit der Auffrischung oder
dem Neulernen der eigentlichen Kenntnisse begonnen, der Realien, der
Heimatkunde, der Dinge des täglichen Lebens usw., wie er sie iu seinem
Berufe, in seinem Leben braucht. (Benutzung von Anschauungsbildern und
Bilderbüchern der verschiedenen Berufe.) Da es sich bei einem großen
Teil unserer Verletzten um Leute handelt, deren Beruf zum mindesten auch
körperliche Fertigkeit erfordert, so werden zweckmäßigerweise die geistigen
und körperlichen Fähigkeiten zu gleicher Zeit durch Übung zu fördern
gesucht. Dazu sind Werkstätten zur Ausbildung verschiedenartiger Berufe
notwendig. Sowohl über den körperlichen Verlauf wie den Verlauf der
Übungsbehandlung wird für jeden einzelnen Fall ein ausführliches Protokoll
geführt, das zur Grundlage dient für die zwischen dem Arzte und Pädagogen
zu vereinbarende Behandlungsmethode sowie für die spätere Entscheidung
über den Erfolg der Behandlung und die Berufswahl des Verletzten.
Die Prognose der Hirnverletzungen überhaupt sowie die Erfolge
der Behandlung sind noch nicht zu übersehen. Gewiß wird ein guter
Teil der Schädelverletzten ohne jede — abgesehen von der chirurgischen —
besondere Behandlung bei nur genügender Schonung geheilt; wieviel und in
welcher Zeit nach der Verletzung, wissen wir nicht. Zu dieser Beurteilung
sind unbedingt ausgedehnte Statistiken notwendig, zu denen bis jetzt die
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des Gehirnes and ihre Behandlung.
XIX
Zeit and die Arbeitskräfte anscheinend nicht zu finden waren. Auch ist
unbedingt notwendig, daß die Nachuntersuchungen nicht vom Chirurgen
allein, sondern vor allen Dingen auch vom Neurologen vorgenommen werden.
Was die militärische Dienstfähigkeit betrifft, so ist sie hei den meisten
Verletzten, die der Neurologe zur Behandlung bekommt, in beträchtlichem
Maße eingeschränkt.
Vor allen Dingen ist eine sehr lange Zeit zur Besserung der Zustände
notwendig. Aber auch dann wird von diesen Kranken nur ein relativ geringer
Teil wirklich berufsfähig und jedenfalls nur unter besonders günstigen
äußeren Verhältnissen. Daß wir den Verletzten etwa zum Wiedergewinn
aller verlorenen psychischen Leistungen wieder verhelfen könnten, davon kann
keine Rede sein. Nicht selten werden wir uns damit begnügen müssen, daß
der Kranke so viel sprechen lernt, daß er sich verständigen kann, daß die
Defekte im Schreiben, Lesen, Rechnen sich so weit bessern, daß sie für den
gewöhnlichen Bedarf genügen. Leute aus höheren Berufen werden dann
meist dauernd oder jedenfalls auf Jahre hinaus kaum in ihrem oder einem
nur einigermaßen ihrer sozialen Stellung, ihrer Bildung entsprechenden
Beruf tätig sein können. Die Handarbeiter werden zweifellos weit mehr
leisten lernen, namentlich, wenn wir ihnen Tätigkeit auf dem Lande zu ver¬
schaffen vermögen. Bei der Auswahl des neuen Berufes, den der Kranke
ergreifen soll, wird man sich nach der Art des vorliegenden Defektes und
seiner Ersetzbarkeit durch andere erhaltene Leistungen richten müssen und
die Behandlung schon im Hinblick auf den künftigen Beruf einrichten.
Immer wird aber leider eine Zahl von Verletzten übrig bleiben, die nicht
mehr arbeitsfähig ^irgendeinem Berufe sein werden. Aber auch dann sind
wir verpflichtet, die Übungsbehandlung durcbzuführen, weil wir den Verletzten
dadurch z. B. den Wiedergewinn der Sprache und damit das Zusammen¬
leben mit ihrer Familie und vielleicht eine gewisse Leistungsfähigkeit im
beschränkten Kreise der Familie, eventuell zeitweise Heimarbeit, ermöglichen
und sie so erst wirklich wieder existenzfähig machen und vor der völligen
Vereinsamung bewahren.
Ich möchte meine Darlegungen nicht schließen, ohne dem Wunsche
nach einer möglichst umfangreichen Zusammenarbeit der verschiedenen sich
mit der Behandlung der Hirn verletzten beschäftigenden Stellen zum Aus¬
druck zu bringen. Die Arbeitsleistung jedes einzelnen ist eine sehr große,
und es ist kaum möglich, neben der praktischen Behandlung die theoretische
Bearbeitung des so ungemein wertvollen Materials in wissenschaftlich ein¬
wandfreier Weise vorzunehmen. So kann das Material nur bei einer richtigen
Zusammenarbeit in zweckmäßiger Weise verwertet werden. Vor allen Diugen
auch die ungemein wichtige Frage der Beurteilung unserer Erfolge und der
Arbeitsfähigkeit der Hirnverletzten wird nur durch ganz systematische Er¬
hebungen möglich sein, die einen Wert nur haben können, wenn sie unter
einheitlichen Gesichtspunkten in wissenschaftlicher Weise vorgenommen
werden. Mit den zur Ausgestaltung einer derartigen Statistik notwendigen
Maßnahmen ist von Aschaffenburg und mir begonnen worden. Ich möchte
wünschen, daß mein Referat die Anregung gibt zu einer möglichst umfang¬
reichen gemeinsamen Arbeit auf diesem theoretisch und praktisch so un-
gemein wichtigen Gebiete.
1. Boettigor, Zur operativen Behandlung der Epilepsie. Münch, mod. Woch. 1916.
S. 875.
2. FröBohelB, 1. Über KriegBBprachstörungen. Wien. med. Woch. 2. Eine nprach-
ärztliche Rriegsabteüung. Medizin. Klinik. No. 50. 3. Zur Behandlung der moto¬
rischen Aphaeie. Archiv f. Psychiat. u. Nerveuhlk. 1916. Bd. 56. Heft 1.
b*
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Über Nervenschußverletzungen.
3. Goldetein, 1. Über Übungf-schulen für Hirnverletzte. Vortrag goh. im ärztl. Verein zu
Frankfurt a. M. (Sitzungsbericht.) Münch, med. Woch. 1915. 2. Übungßßchulen für
Himvorietzte. Zoitechrift für Kxüppelfürtforge. Bd. 9. Heft 1. 1916. u. Zbl. f. chirur.
u. meehan. Orthopädie 1916. 3. Über die Behandlung der umschriebenen Ausfalls-
symptome bei den Schuß Verletzungen des Gehirnes. Fortschritte d. Medizin 1915/16.
No. 22. 4. Über die Behandlung der Gehimvorletzten. Vortrag geh. im ärztl. Vorein
zu Frkf. a. M 17. April 1916. Münch, med. Woch. 1916. No. 23. 5. Die» Ausfalls-
scheinungen bei den Schußverletzungen des Gehirns und ihre Behandlung. Fort¬
bildungsvortrag geh. in Berlin 23. Mai 1916. Zeitschr. f. ärztl Fortbildg. 1916.
Über Cv rticale Sensibilitätsstörungen. Zeehr. f. d. gesamte Psychiatrie u. Neurolog. 1916.
4. Gorst mann, Wien. med. Woch. No. 26.
5. butzmann, 1. Stimm- und Sprachstörungen im Kriege und ihre Behandlung. 2. Zur
Behandlung der Aphasie. Kongreß f. innere Medizin. Wiosbad. 1907. Bergmann.
6. Hartmann, Übungs&ehulon für „Gehimkrüppel“. Münch, med. Woch. No. 23.
7. Marburg, Beiträge z. Frage d. kortikalen Sensibilitätsstörungen. Mcnatsschr. f.
Psych. u. Neurol. XXXVII.
8. Poppel reu ter, 1. Erfahrungen und Anregungen zu einer Kopfschuß-Invalidenfür-
sorge. Heusers Verl) g Neuwied u. Leipzig. 2. Uber die psychische Einzel- und Gesamt¬
schädigung durch Hirnverletzung. Wandervers. südwostd. Nour. u. Irrenärzte. Mai 1915.
Baden-Baden. Arch. f. Psychiatrie. Bd. 56. Heft 1. 3. Über psychische Ausfalls¬
erscheinungen nach Hirnverletzungen. Münch, med. Woch. No. 14. S. 489.
9. Sittig, Nourol. Zbl 1916. ‘ No. 10.
10. Verhandlungen der außerordentlichen Tagung der Deutsch. Vereinig, f. Krüppel¬
fürsorge 7. Febr. 1916. Deutsche Krüppelfürsorge (Zeitschr. f. Krüppelfürsorge) 1916.
Leopold Voß.
11. As oh affen bürg, Lokalisierte und allgemeine Ausfallserscheinungen nach Hirn¬
verletzungen und ihre Bedeutung für aio soziale Brauchbarkeit der Geschädigten.
Halle 1916. Carl Marhold.
12. Allen;, Uber Schädelschüsso. Probleme der Klinik und der Fürsorge. Berlin 1916.
Springer.
(Die beiden letzten Arbeiten konnten im Referat nicht mehr benutzt werden.)
Über Nervenschflssverletzongen.
Von Prof. Dr. W. Spielmeyer-München.
Die Fortsetzung der klinischen und anatomischen Beobachtungen über
die Nervenschußverletzungen, über welche ich früher berichtet habe [„Zur
Klinik und Anatomie der Nervenschußverletzungen“ (Zeitschrift für die
gesamte Neurologie und Psychiatrie 29; als Sonderdruck im Buchhandel
Jul. Springers Verlag. 1915)] hat zu einigen Ergebnissen geführt, über die
ich hier — auf Wunsch des Herrn Herausgebers dieses „Jahresberichts“ —
gern referiere. Natürlich beschränke ich mich darauf, lediglich in Kürze
die wesentlichsten Punkte hervorzuheben; eine ausführliche Mitteilung und
Sichtung des Materials kann aus verschiedenen Gründen erst später erfolgen.
Bezüglich der Häufigkeit der Verletzung der verschiedenen Nerven,
der Symptomatologie der Schußverletzungen und der klinischen Frage der
partiellen oder totalen Leitungsunterbrechung haben die sich jetzt auf etwa
800 periphere Nervenverletzuugen erstreckenden Beobachtungen an der
Nervenabteilung des Reservelazaretts L. in München nur eine Bestätigung oder
Ergänzung der früheren Feststellungen gebracht. Einiges daraus erscheint
mir mitteilenswert. So die Erfahrung, daß es "gar nicht so selten bei einer
nur unvollständigen Ausbildung der elektrischen Entartungsreaktion
bleibt, obschon der Nerv total durchtrennt ist. Wie Oppenheim, hatte
ich am Anfang der „Kriegsneurologie“ betont, daß das Promptbleiben
der direkten galvanischen Erregbarkeit der Muskulatur wohl zumeist,
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Über Nervenschufi Verletzungen.
XXI
aber keineswegs immer für das Erhaltensein wenigstens eines Teiles der
Nervenleitung spricht. Ich habe jetzt eine ganze Anzahl von Fällen gesehen,
in denen die galvanischen Zuckungen nicht nur in den ersten Wochen,
sondern noch 6—10 Monate nach der Verletzung prompt blieben und wo
dann doch bei der Operation der Nerv sich vollkommen durchtrennt erwies.
Trotzdem also die Trägheit der direkten galvanischen Zuckung im Bilde
der Entartungsreaktion vermißt wurde, war die Leitungsunterbrechung eine
totale, und es vervollständigte sich auch das Syndrom der elektrischen Ent¬
artungsreaktion während solchen langen Zeitraums nach der Verletzung
nicht Ich habe das auffallend häufig an den Muskeln des Peroneus fest¬
stellen können. Es kann sich da nach dem umfangreichen Material, über
das ich jetzt verfüge, nicht um einen Zufall handeln, sondern ich habe den
bestimmten Eindruck, daß hier besondere Eigentümlichkeiten bestimmter
Nervmuskelgebiete eine Bolle spielen. Denn sehr viel seltener sah ich etwas
Ähnliches im Radialisgebiet und an der Muskulatur anderer peripherer
Nerven überhaupt nicht. Selbstverständlich berücksichtige ich da nur die
bei unmittelbarer Reizung der Muskulatur selbst beobachteten Zuckungen;
denn vom Übergangsteil des Muskels in die Sehne bekommt man ja bekannt¬
lich recht häufig auch dort ziemlich prompte Zuckungen, wo im übrigen
das vollständige Bild der Entartungsreaktion besteht.
Eine andere Eigentümlichkeit, die wieder bestimmten Muskelgruppen
vornehmlich zuzukommen scheint, äußert sich, soviel ich sehe, in der ver¬
schiedenartigen Neigung, bei partieller Entartungsreaktion das Zeichen der
direkten faradischen Zuckungsträgheit zu geben. Im allgemeinen ist
es ja so, daß wir auch dort, wo die Kontinuitätstrennung keine ganz voll¬
ständige ist, meist ein völliges Fehlen der faradischen Erregbarkeit finden,
oder aber in den leichten Fällen eine quantitative Herabsetzung. Dagegen
scheint mir in den Fällen leichter unvollständiger Lähmung das Gebiet des
Musculocutaneus eine Trägheit der faradischen Zuckung auffällig oft zu
geben, während dieses Phänomen in allen anderen Muskelgebieten, abgesehen
noch von den kleinen Handmuskeln, eine außerordentliche Seltenheit ist.
Wenn sich nach ursprünglich vollständiger Entartungsreaktion im Bizeps
(mit fehlender faradischer Erregbarkeit) die Schädigung allmählich zurück¬
bildet, sieht man ebenfalls dieses Zeichen der faradischen Zuckungsträgheit
ziemlich häufig, während ja in den anderen Nerven muskelgebieten bei der
Wiederkehr der faradischen Erregbarkeit diese zunächst lediglich stark
quantitativ herabgesetzt erscheint.
Es hat sich weiterhin gezeigt, daß der Herausbildung einer mehr oder
weniger völligen Aufhebung der direkten galvanischen Erregbarkeit
(im Anschluß an eine totale Entartungsreaktion) nicht die ihr oft zugeschriebene
Bedeutung für die Prognose zukommt, daß sie nämlich die völlige Unter¬
brechung der Nervenleitung beweise. Ich habe auch in solchen Fällen nicht
selten eine überraschende Wiederkehr der motorischen Funktionen gesehen,
zunächst ohne jede Änderung des elektrischen Bildes.
Mehr als früher beobachtete ich Kombinationen von organischen
und hysterischen Lähmungen; insbesondere gesellten sich oft zu gering¬
fügigen peripheren Lähmungen infolge Schußverletzung eines Nerven schwerere
psychogene Störungen. Und dann habe ich, wie schon früher, ein — wenn ich
so sagen darf— „psychogenes Verharren in der Lähmung“ gesehen, nämlich
ein Bestehenbleiben der motorischen Lähmungserscheinungen, obschon das
elektrische Bild ein normales geworden war und sich bei komplizierter Prüfung
zeigen ließ, daß die psychogen gelähmte Muskelgruppe tatsächlich wieder
funktioniert.
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XXII
Über Nervenschußverletzungen.
Fälle von sogenannter „Reflexlähmung“, über die Oppenheim
berichtet bat, habe ich nicht gesehen, und der eine Fall, den ich in meiner
vorhin zitierten Broschüre erwähnt habe nnd den ich für eine Reflexlähmung
damals hielt, erwies sich bei weiterer Beobachtung als eine Hysterie mit
ausgesprochen pyschogener Lähmung bei ursprünglich arthrogener Schädigung
des Deltoideus.
In der anfangs besonders viel erörterteu Frage des Termins der
Nervenoperation stehe ich auf dem früher von mir eingenommenen Stand¬
punkt, und ich meine, daß die an unserer Nervenabteilung und im Labo¬
ratorium gemachten Erfahrungen die damals gegebene Begründung einer
Spätoperation stützen. Es ist meines Erachtens allerdings keine grund¬
sätzliche Streitfrage, ob man früh oder erst nach mehrmonatlicher Beob¬
achtung operieren soll. Auch ich bin durchaus der Meinung, daß es das
beste wäre, die Nervennaht so früh wie möglich zu machen, wenn der
Nerv tatsächlich durchtrennt ist. Aber ob er das ist, wissen wir eben
nur in den allerseltensten Fällen, und zwar aus dem chirurgischen, nicht
eigentlich aus dem neurologischen Befunde. Unsere neurologisch diagnosti¬
schen Hilfsmittel lassen uns, wie ja immer wieder erwähnt, in der Entscheidung
dieser Frage in Stich. Eine Frühoperation sollte man nur zu dem bestimmten
Zwecke machen, den tatsächlich durchtrennten Nerv zu nähen oder eine
Lösung vorzunehmen. Aber man sollte, wenn man frühzeitig operiert, davon
Abstand nehmen, den durch den Schuß bloß veränderten, aber in der Kon¬
tinuität erhaltenen Nerven zu resezieren und dann zu nähen; denn man kann
es ihm nicht ansehen, ob und inwieweit in ibm Leitungsbahnen er¬
halten sind. Diese Schwierigkeit wird sich freilich auch bei der Spät¬
operation ergeben. Aber hier hat eben die inzwischen gemachte klinische
Beobachtung gelehrt, oder doch sehr wahrscheinlich gemacht, daß keine
Neigung zur spontanen Wiederherstellung der Nervenleitung besteht. Man
wird, wenn man, wie früher vorgeschlagen, etwa 4 Monate zugewartet hat,
auf Grund der inzwischen gemachten klinischen Feststellung mehr Recht
haben, narbig umgewandelte Nervenstücke aus dem Nerven zu exzidieren
und dann zu nähen, als bei der Frühoperation. Denn in ungleich viel
seltenem Fällen braucht man hier mit der Möglichkeit einer spontanen
Wiederkehr der Fuuktion zu rechnen.
Es sind nicht zum wenigsten die anatomischen Erfahrungen, die
mich in einem Zuwarten von etwa vier Monaten nach der Nervenschu߬
verletzung bestärken. Denn in meinem Material von etwa 130 exzidierten
Nerveustücken findet sich jetzt eine ganze Reihe von früh operierten Nerven¬
schußverletzungen, bei denen sich iu der Narbe eine Wiederherstellung
der Nervenleitung von der zentralen Durchschußstelle in den peripheri¬
schen Abschnitt nachweisen läßt. Die histologischen Bilder, wie sie sich
hier darstellen, habe ich bereits früher geschildert. Sie haben nicht nur mit
Rücksicht auf die eben erörterte Frage, sondern auch im Hinblick auf zwei
weitere Punkte Interesse und praktische Bedeutung.
Erstens zeigen diese Bilder, daß sich die Bahnung des Nerven durch
die Bindegewebsnarben hindurch keineswegs so vollzieht, wie das mancher
nicht histologisch erfahrene, theoretisierende Autor annimmt. Nämlich nicht
in geradliniger Weise von einem Nervenbündel in das korrespondierende,
sondern die Nervenfaserbündel durchsetzen oft nach unglaublichen Verirrungen
das Bindegewebe, bis sie ihren Anschluß an die Gleitbahnen der Schwann-
schen Zellen im peripheren Stück erreichen. Daß auch solche in ganz
andere Querschnittsgebiete des peripheren Nerven gelangende Faserbündel
die Innervationen richtig leiten können und daß eine restlose Wiederher-
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Über Nervenschußverletzungen.
XXIII
Stellung der ursprünglichen Funktion erfolgt, habe ich schon vor Jahren
nachweisen können. Jetzt habe ich das gleiche an einem recht interessanten
Präparat einer Medianusschußverletzung festgestellt Hier hatte ursprünglich
das Bild einer vollständigen Medianuslähmung bestanden, durch mehrere
Monate hindurch kehrten ganz allmählich die motorischen Funktionen wieder;
die neuralgischen Schmerzen aber wurden immer schlimmer, und der Kranke,
bei dem die verschiedensten Maßnahmen keine Linderung der Schmerzen
gebracht hatten, verlangte operiert zu werden, obschon nach dem günstig
gewordenen elektrischen Befund und nach der schließlich vollständigen
Wiederkehr der motorischen Funktionen eine solche abgelehnt wurde. Als
der Kranke dann vor Schmerzen die Amputation des Armes verlangte,
entschloß sich der Operateur doch, die Resektion des Nerven an der Schu߬
stelle vorzunehmen. In dem mir überlassenen anatomischen Präparat ließ
sich seigen, daß der Schuß schätzungsweise nur ein Füuftel der Nervenbahn
nicht zerstört hatte, während alles andere neugebildete Nervenfasern waren,
welche die narbig aufgetriebene Stelle in dichten, wirr durcheinander gelege¬
nen Bündeln durchsetzten und sich dann im peripheren Abschnitt in die
Gleitbahnen der Schwannschen Zellen „ergossen“.
Zweitens lehren diese Bilder, daß der auswachsende Nerv auch ziemlich
breite und offenbar derbe Bindegewebsnarben zu durchsetzen vermag. Woran
es liegt, daß er in dem einen Fall „die Kraft“ dazu bat, in dem andern
nicht, ist meines Erachtens heute noch ganz unklar. Es ist höchst auf¬
fallend, wie in manchen ziemlich langen und dichtfasrigen Bindegewebs¬
narben die neugebildeten Nervenbündel doch den peripherischen Teil zu
erreichen vermögen, während sie in manchen anderen Fällen, wo eine
nahezu „lineare“ Narbe vorliegt, nicht durch diese hindurchzugelangen ver¬
mögen (vgl. Figur 6 und Figur 17 der oben zitierten Arbeit). Daß die
Bindegewebsnarbe das Vorwachseu der Nervenfasern aus dem zentralen
Stumpf hindert und unmöglich machen kann und daß man deshalb bei der
Operation alles tun muß, das Narbengewebe an der Durchschußstelle oder
an den durchtrennten Nervenenden zu beseitigen, sowie die spätere Neu¬
bildung derber narbiger Zwischenstücke zu verhindern, ist ja ganz gewiß.
Aber es erscheint mir — wenigstens heute noch — durch klinisch-anato¬
mische und vor allem auch durch experimentelle Erfahrungen der Vorschlag
nicht begründet, statt der direkten Naht zwischen den angefrischten Nerven¬
stücken, die Zwischenschaltung eines Edingerschen Röhrchens vorzunehmen,
angeblich weil damit die Entstehung der gefürchteten Bindegewebsnarbe
verhindert würde. Wo der Nerv in weiter Ausdehnung durchrissen und die
Naht nur durch Zwischenschaltung möglich ist, ist das Edingersche Ver¬
fahren mindestens ebenso sehr zu empfehlen wie die anderen bisher geübten
Methoden. Aber ich habe bisher an 16 Fällen, die nach Edinger operiert
worden waren, nur ein einziges Mal in der Beobachtungszeit von 7 Monaten
den ersten Beginn der Wiederkehr einer Funktion gesehen. Es erscheint
mir deshalb nicht angängig, dieses Verfahren statt der sonst üblichen Naht
aus theorischen Überlegungen zu üben, sondern man wird es ebeu nur im
Notfälle zur Überbrückung eines Nervendefektes anwenden.
ich habe in keinem der von mir histologisch untersuchten Fälle das
von Edinger beschriebene Austropfen des zentralen Nerven gefunden.
Wo ich tropfenartige Bildungen am zentralen Stumpfe sah, handelte es sich
nm Reste von Markscheidensubstanz oder ihrer lipoiden Abbauprodukte.
Ohne daß Tropfen vorgepreßt werden, sprossen die Fibrillen aus; gleich¬
zeitig damit oder wahrscheinlich noch vorher schieben sich Schwaunsche
Zellen in das bindegewebige Gebiet vor, bis diese neugebildeten Fasern o ft
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XXIV
Über Nervenschußverletzungen.
nach langen Irrfahrten in der Narbe ihren Anschluß an die breiten „Band*
fasern“, welche die Schwannschen Zellen im degenerierten peripheren
Nerven bilden, erreichen. Auch wo sie an dieses Ziel nicht gelangen und
funktionsuntüchtig bleiben, können sich diese neugebildeten Fasern mit Mark
umkleiden.
Über die Prognose der Nervenschußverletzungen und insbesondere
über die Erfolge der operativen Verfahren kann ich zahlenmäßig keine
Angaben machen; dazu bedürfte es der genauen Sichtung des Gesamtmaterials
und vor allem der Nachuntersuchungen, die aus äußeren Gründen heute
nur in einem beschränkten Teile der Fälle möglich sind. Ich kann nur
zusammenfassend einiges Allgemeine nach den hier gemachten Beobachtungen
mitteilen. Zunächst wiederhole ich, was ich schon in meiner früheren aus¬
führlichen Arbeit gesagt habe, daß wir überraschend schnelle Heilungen
nach der Naht bisher nicht gesehen haben, mit Ausnahme eines Falles von
Plexusdurchtrennung, den Herr Privatdozent Dr. Ach operiert hatte und in
dem etwa 6 Wochen nach der Naht fast alle Bewegungsfunktionen zurück¬
gekehrt waren. Im allgemeinen fanden wir, daß sich die ersten Anfänge
einer Wiederkehr der Funktion nach 6 bis 8 Wochen zeigten; meist aber
auch sehr viel später. Auch dabei erwies sich das elektro-diagnostische
Verfahren von recht unterschiedlichem Wert in den einzelnen Fällen. Das
heißt, in einer ganzen Reihe von Fällen änderte sich das elektrische Reaktions¬
bild zunächst nicht im günstigen Sinne, obschon die Funktion langsam wieder
zurückkehrte, während in zahlreichen anderen die Wiederkehr der Funktion
einer allmählichen, mehr oder weuiger weitgehenden Rückbildung der Entar¬
tungsreaktion erst längere Zeit nachfolgte. Bei der letzten Gruppe von Fällen
zeigte das Promptwerden der galvanischen Reaktion die Änderung im
günstigen Sinne an. Selbstverständlich hat dieses Promptwerden nur dann
eine prognostisch gute Bedeutung, wenn eben eine ausgesprochene Trägheit
.der direkten galvanischen Reaktion das Symptomenbild der Entartungsreaktion
in der bekannten Weise vervollständigte, nicht aber, weun es sich um solche
Fälle handelte, von denen eingangs die Rede war und in denen trotz Konti-
nuitätstrenuung die galvanischen Reaktionen prompt geblieben waren. In
der Gruppe von Fällen, in denen die Entartuugsreaktion zunächst nicht
zurückging, sahen wir nicht selten zur ursprünglichen totalen Entartungs¬
reaktion noch eine enorme Herabsetzung oder Aufhebung der direkten
galvanischen Erregbarkeit hinzutreten, nachdem sich die Bewegungen bereits
wieder einstellten. Ich habe Fälle gesehen, wo sich das funktionelle Bild
nach einer Naht allmählich immer günstiger gestaltete und wo sich doch
diese Aufhebung der Erregbarkeit herausbildete, obschon eben der willkür¬
liche Gebrauch des Muskulatur die Restitution der Nervenleitung anzeigte.
Überhaupt „sind die Beziehungen zwischen Wiederkehr der
Funktion und Änderung des elektrischen Verhaltens ganz außer¬
ordentlich verschiedenartige. Während z. B. in einer recht beträcht¬
lichen Zahl der Fälle der Wiederkehr der indirekten galvanischen Erreg¬
barkeit auch die Funktion bald nachfolgt oder ihr vorausgeht, sieht man
doch auch Fälle, in denen die Rückkehr der Funktion noch Wochen und
Monate auf sich warten läßt, wennschon der Nerv selbst galvanisch und
faradisch erregbar war. Sehr selten ist es, daß die Muskeln (mit starken
Strömen) direkt faradisch leidlich erregbar sind, ohne daß sie willkürlich
gebraucht werden können. Natürlich sind solche Reaktionen prognostisch
von durchaus günstiger Bedeutung. Aber ich möchte auch hier betonen, daß-
schon das Promptwerden direkter galvanischer Erregbarkeit nach ursprünglich
träger Zuckung — wo es überhaupt vorhanden ist — sich fast immer als
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Über Nervenschußverletzungen.
XXV
eia sehr günstiges Zeichen erwies. Nar in zwei Fällen schien dieses Symptom
zu trügen. Aber ancb hier hat sich jetzt herausgestellt, daß dieses Prompt¬
werden der Reaktion ein erstes Zeichen der Wiederherstellung der Leitung
w.-ir, dem jetzt nach Jahresfrist auch endlich eine allmähliche Wiederkehr
der Funktion folgt.
Es hat sich jetzt eine ganze Reihe von Fällen beobachten lassen,
in denen zunächst die Naht keinen Erfolg zu haben schien und wo sich
auch nach langen Monaten, selbst nach einem Jahr keine günstigen
funktionellen oder elektrischen Symptome feststellen ließen, und in denen
sich nun doch ein voller Erfolg der Naht allmählich herausbildet. So sah
ich jüngst Fälle, die in den ersten beiden Monaten des Krieges genäht
worden waren (z. B. Ischiadikusnähte), und die erst nach 14—18—20 Monaten
erste Symptome der Leitungsherstellung boten. In einem dieser Fälle konnte
nach Ablauf von 12 Monaten lediglich eine Wiederkehr der Tibialisleitung
wahrgenommen werden; jetzt aber, nach Ablauf von 23 Monaten, stellt sich
auch das Peroneusgebiet funktionell wieder her. Solche Fälle kennt man
ja von der Friedenspraxis her; die auch jztzt wieder gemachten Beobach¬
tungen über eine ungewöhnlich lange Verzögerung des Erfolges der
Naht sind praktisch wichtig mit Rücksicht auf die uns häufig vorgelegte
Frage, ob man eine Nachoperation machen solle. Man wird diese dort
machen können, wo der chirurgische Befund vermuten läßt, daß der Nerv
etwa von neuem in narbige Bindegewebsmassen oder in den Knochen ein¬
bezogen ist oder wo vielleicht eine Sprengung der Naht erfolgt sein könnte.
Aber man wird den in der Operation gut zusammengeheilt gefundenen Nerv
nicht schon wieder resezieren und von neuem nähen dürfen, da sich eben
der Erfolg der Naht noch nach längerer Zeit herausstellen könnte.
In der Beurteilung des Erfolges der Naht und der verschiedenen
operativen Verfahren ist immer zu berücksichtigen, daß in manchen Muskel¬
gebieten ein weitgehendes vikariierendes Eintreten benachbarter Nerven
für einander Vorkommen kann. Das wird zweifellos sehr häufig übersehen,
obsohon man ja doch seit langem, zum Beispiel vom Medianus und Ulnaris
weiß, daß sie vielerlei hohe und tiefe Anastomosen zueinander besitzen. Und
ich habe überraschend gute Besserungen oder Ausgleichungen von Ulnaris¬
lähmungen ^gesehen, welche von dem Medianus geleistet wurden.
Ein Überblick über das bisher vorliegende Material zeigt, daß die
Prognose der Nervennaht außer von der Größe des durch die Verletzung
bedingten Defektes, dem Verhalten des Operationsterrains usw. ganz be¬
sonders auch davon abhängt, welcher Nerv getroffen ist; ich meine, es
bestehen sehr große Unterschiede zwischen der Heilungs-, respektive
Regenerationstendenz der einzelnen Nerven. Weitaus am günstigsten
sind die Fälle von Radialisnaht; hier werden prozentualiter die häufigsten
und vollkommensten Erfolge gesehen. Dann kommt im Gebiete des Ischia-
dikus der Tibialis und danach der Peroneus, und weiter der Hauptstamm
des Ischiadikus selbst. Viel ungünstiger ist die Prognose in den Fällen
von Ulnaris- und Medianusdurchtrennuug.
Schließlich noch ein Wort von den unvollständigen Plexus¬
verletzungen. An unserm Material sahen, wir gerade hier oft eine
ganz ausgezeichnete, wenn auch meist nur langsame spontane Rückbildung
der Lähmungserscheinungen. Aber es mehren sich jetzt mit der Länge der
Beobachtung die Fälle, in denen die Restitution der Lähmung anfangs sehr
gute Fortschritte machte, dann aber schließlich das Lähmungsbild stationär
blieb. Am häufigsten sehen wir nach ursprünglich totaler Plexuslähmung
und ihrer allmählichen Rückbildung ein Residuärwerden von Lähmungs-
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XXVI
Zerebrale Symptome nach Minenexplosion.
erscheinungen, die die Art des Klumpkeschen Typus haben. Hier dürfte
ja eine Naht nicht in Betracht kommen, da eine Ourchschneiduug an der
Stelle der Stammverletzung zur Lähmung der kleinen Handnmskeln noch
eine solche der langen Beuger führen würde; und es ist ja immer sehr
fraglich, ob die hohe Naht am Plexusstamm Erfolg haben wird. Wir haben
in den letzten Monaten mehrfach solche Fälle zum Zwecke der Neurolyse
operieren lassen, da ja die Möglichkeit bestand, daß narbige Einschnürungen
usw. die Wiederkehr der Funktion verhinderten. Wir haben aber nur in
einem von acht Fällen einen Erfolg gesehen.
Zerebrale Symptome nach Minenexplosion.
Von Oberarzt Dr. Gold mann, Oto-Laryngologe in Iglau.
An den meinen eigenen 1 ) und den Veröffentlichungen der anderen
Autoren (Gaupp, Neumann u. a.) zugrunde liegenden Beobachtungen über
die Folgen von Explosionen im Felde (Granate, Minen u. a.) haftete fast
ausnahmslos der Nachteil, daß die Betroffenen erst längere Zeit nach dem
Trauma genau untersucht werden konnten. Darum halte ich es nicht für
unangebracht, den folgenden frischen Fall der Wirkung einer Minen¬
explosion genau zu beschreiben:
Infanterist Johann F. wird etwa ß Stunden nach der Explosion einer Mino größeren
Kalibers in seiner unmittelbaren Nähe auf meinen Hilf fl platz gebracht. Er gibt an, daß er
nach dem Einschlagen dos Geschosses sofort das Bewußtsein verloren, beim Erwachen wie
Feuer gesehon, aus Mund und Nase goblutet habe Sein Kopf sei weder verschüttet noch
durch Stein- oder Geschoßsplitter verletzt worden- Gegenwärtig habe er Schwindel, Ohren¬
sausen und Schwerhörigkeit, besonders reohterseits, der Kopf sei besonders auf der rechten
Seite wie tot.
Die Untersuchung ergibt: An der Kopfhaut keinerlei Zoichen einer Gew r altoinwirkung.
Otoskopisoh: Rechts oin geringer Blutaustritt am Trommelfell, benührend von einer
Ruptur unterhalb des Umbo. Das Trommelfell selbst ist durchsichtig und von normaler
Farbe. Links normaler Befund.
Gehör: Rechts laute Konversationssprache am Ohr, links Flüstersprache am Ohr,
Knochenleitung (c 25(>) hochgradig, rechts stärker vorkürzt, Rinne stark positiv.
Die kalorische Erregbarkeit wurde aus äußeren Verhältnissen nicht geprüft. Die
Reaktion auf Drehung um die eigene Achse erscheint normal.
Nystagmus ro tato aus hoi Blick nach recht«, sagittalis bei Blick nach oben. Rhom-
berg negativ. Außerdem weicht heim Zeige versuch der ausgos treckte Arm in Pro- und
Supination etwa 15—20 Grad n ich außen, im Ellbogengelenk ebenso von sich im Handgelenk
nur in Pronation um etwa 30 Grad nach außen. 1 >or linke Arm zeigt in allen Gelenken richtig.
Die Untersuchung der übrigen Gehimnerven ergibt:
Der Geruch ist beiderseits so gut wie erloschen (Jodoform, Lysol).
Die Sehschärfe ist rechts bei grober Prüfung auf etwa % herabgesetzt, links normal.
Subjektiv besteht Flimmern reehterseits. Die rechte Pupille ist bedeutend weiter als
die linke, die Reaktion auf Lichteinfall deutlich verlangsamt. Die Bewegungen des
Bulbus sind beiderseits normal.
Die Sensibilität des Gesichtes, besonders die Schmerzempfindlichkeit ist rechter-
seits nahe zu erloschen, linkerseits hochgradig vermindert. Der Kornealroflex ist
rechts aufgehoben, links herabgesetzt. Ebenso ist dio Sensibilität der Nasenhöhle, dor
Zunge, des Gaumens und Rachens reehterseits bis zur Reflexlosigkeit, linkerseits in etw'as
geringerem Grade vermindert.
Die Sensibilität des Halses, des Rumpfes und der Extremitäten ist ebenfalls rochter-
seits deutlich herabgesetzt.
Fazialis ohne Besonderheit.
Geschmack rechts aufgehoben, links herabgesetzt.
Vagus: Puls 72, Atmung ruhig.
Akzessorius - -Q-.
l ) Goldmann: Sitzungsbericht der öst. Otolog. (Jesell. 1914—15, ebenda Neumann.
Gaupp, Münchener med. W. 1915.
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Zerebrale Symptome nach Minenexplosion.
XXVII
Die Zunge weicht beim Ausstrecken deutlich nach rechts ab.
Der Hodenreflex ist rechte deutlich herabgesetzt, der Fußsohlenroflex gänzlich auf¬
gehoben, linkerseits beide lebhaft.
Die Ref loxorregbarkeit der Muskeln ist. rechterseits derart erhöht, daß leichtes
Beklopfen des Gesichtes eine deutliche Zuckung, des Pektoralis einen krampfhaften Klonus
sämtlicher Brustmuskeln, Beklopfen der Ober- und Unterarmmuskulatur starke Bewegungen
in den entsprechenden Gelenken, der Kniesehne klonische Zuckungen horvorruft; Fußklonus
ist jedoch nur angedeutet, linkerseits gar nicht auslösbar. Die übrigen tiefen Reflexe
normal. Im rechten Arm ist die Prompthoit und Kraft der Bewegungen stark
herabgesetzt.
Beim Ausstrecken der Arme sinkt der rechte unter Tremor kraftlos herab.
Der Fall bietet von seiten des Gehörorgans die nach unseren Erfah¬
rungen über die Wirkung einer momentanen Luftdrucksteigerung, wie sie
bei der Minenexplosion im höchsten Grade gegeben ist (dieselbe ist aus
100—500 m Entfernung noch deutlich als Luftstoß zu verspüren, wahr¬
scheinlich infolge der Bildung von Gasen mit großer Expansionskraft (Ekrasit))
leicht verständlichen Folgen: Ruptur des Trommelfells und Schädigung des
Labyrinths in seinem kochlearen und nach meinen früheren Erfahrungen
höchstwahrscheinlich auch in diesem Falle in seinem vestibulären Anteil.
Allerdings möchte ich als Beweis für die letztere Annahme weder den
Nystagmus bei Blick nach rechts noch nach oben verwerten, da für dessen
Verständnis nach meiner Ansicht eine andere als die labyrinthäre Lokali¬
sation in Betracht kommt.
Die Herabsetzung der Sehschärfe ist sicherlich nicht eine Folge der
Pupillenerweiterung, sondern diese ebenso wie ihre Verlangsamung und die
subjektiven Erscheinungen (Feuersehen, Flimmern) die Folge einer Läsion
im Gebiete des nervösen Anteils des Auges. Der ebenfalls durch äußere
Gründe veranlaßte Mangel der Untersuchung des Augenhintergrundes wird
nach meiner Ansicht, wenn auch nicht vollständig, durch das Vorhandensein
der übrigen Symptome behoben.
Die Funktion des Trigeminus ist beiderseits, wenn auch rechts in er¬
höhtem Maße herabgesetzt, ebenso die des rechten Glossopharyngeus und
Hypoglossus. Die totale sensible Halbseitenlähmung der rechten Seite ist
von einer naturgemäßen Herabsetzung der Hautreflexe begleitet. Dagegen
sind die tiefen Reflexe rechterseits hochgradig gesteigert; gleichzeitig besteht
eine Störung der Koordination sowie der motorischen Kraft der Bewegungen
der oberen Extremität (die Prüfung der unteren Extremität unterblieb leider
aus Zeitmangel).
So einfach es ist, die Erscheinungen von seiten des Gehörorgans ins
Labyrinth zu verlegen, so schwierig ist die Lokalisation der übrigen Sym¬
ptome: der Funktionsausfall von seiten der Gehirnnerven liegt offenbar in
einer Läsion in ihrem Verlaufe zentral von ihrer spezifischen Ausbreitung.
Das könnte einerseits die Schädelbasis mit den Durchtrittskanälen der Nerven
sein oder die Zentren in den Stammganglien und in der Medulla. Für den
Ausfall des Geruchs genügt im Hinblick auf das anamnestisch erhobene
Nasenbluten ein Hämatom in der Gegend der Lamina cribrosa, das die
Olfaktoriosfasern ebenso oder noch leichter aber den Bulbus olfactorius
schädigen kann. Während diese Annahme auch für den Optikus angewendet
werden kann, versagt sie beim Trigeminus: Für einen vollständigen Funk¬
tionsausfall auf der einen und Herabsetzung der Funktion auf der anderen
Seite wäre ein extraduraler Bluterguß an der Schädelbasis wegen der not¬
wendigen Ausdehnung viel zu unwahrscheinlich. Auch fehlt hierfür dem
Trauma der Angriffspunkt. Dasselbe gilt für die Lähmung des Glossopha¬
ryngeus und Hypoglossus. Wenn wir außerdem die halbseitige Störung der
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XXVIH
Zerebrale Symptome nach Minenexplorion.
Sensibilität unter der tiefen Reflexerregbarkeit lokalisieren wollen, so läßt
sich nur an eine Läsion der Medulla distal von der Pyramiden¬
kreuzung denken.
Daß die Läsion die Gehirnbahnen und nicht irgendwelche Zentren,
sei es im verlängerten Mark od§r im Kleinhirn, betrifft, dafür spricht sowohl
die Steigerung der tiefen Reflexe wie die Verlangsamung und Schwäche der
Willkürbewegungen, anderseits auch die Ausdehnung der Koordinations¬
störungen auf die ganze obere Extremität. Auch eine Schädigung der recht¬
seitigen Vestibulariskerne als vornehmliohe Ursache läßt sich nicht denken,
da sonst das Vorbeizeigen nach außen mit einem Nystagmus zur anderen
Seite verbunden sein müßte. Für den Nystagmus selbst können wir wegen
seiner Richtung zur erkrankten Seite nicht die Labyrinthläsion verantwortlich
machen, sondern eine Schädigung, die zentral von den Vestibulariskernen
auf dem Wege zu oder in den Augenmuskelkernen selbst gelegen ist.
Wenn auch die nach der Anamnese und dem äußeren Befunde allein
in Betracht kommende positive Luftdruckschwankung der Explosion durch
ihren Angriffspunkt zur Erklärung der Erscheinungen von seiten des Gehör¬
organs leichtverständlich ausreicht, ist sie als Ursache der übrigen Erschei¬
nungen anscheinend schlecht verwertbar.
Nach meinen Beobachtungen, von denen ich vereinzelte schon berichtet
habe 1 ), ist der geschilderte Symptomenkomplex dem Kopftrauma
eigentümlich, wobei an eine Fraktur oder bloße Erschütterung der Schädel¬
basis mit Schädigung der Durchtrittsstellen der Gehirnnerven sowie des der
Schädelbasis anliegenden Teils des Gehirns, vor allem des Kleinhirns und
der Medulla oblongata*), zu denken ist. Es ist daher naheliegend, dem
Luftdruckstoß bei einer Gasexplosion dieselbe Wirkung zuzuschreiben wie
der Erschütterung des Kopfes durch einen festen Gegenstand, wobei es im
wesentlichen dasselbe ist, ob der feste Gegenstand auf den ruhenden Schädel
aufiritt oder umgekehrt.
Eine andere Erklärnngsmöglichkeit, die ein Kollege in einer jüngsten
Arbeit annimmt, ist die folgende: Der Luftstoß pflanzt sich durch den
Aquaeductus cochleae, der mit dem subarachnoidealen Raume in der Gegend
des Kleinhirnbrückenwinkels zusammenhängt, auf diesen und den Inhalt des
IV. eventuell auch noch der übrigen Ventrikel fort und erzeugt von innen
heraus eine Schädigung der Gehirnnervenzentren und der entsprechenden
sensiblen und motorischen Gehirnbahnen (Pyramidenhaubenbahn) 8 ). Die
Entscheidung über die Frage, ob ein heftiges Explosionstrauma ausschließlich
auf dem Wege durch das Ohr oder durch Erschütterung des Knochens als
Kopftrauma wirkt, kann trotz genauester klinischer Beobachtung unter Aus¬
schluß eines anderen Kopftraumas nur durch den Tierversuch beigebracht
werden: auf der einen Seite müßten die Symptome und anatomischen
Läsionen nach isolierter Zuführung einer genügend starken Explosionswelle
ins Ohr geprüft werden, auf der anderen Seite dieselben nach diffuser Ein¬
wirkung auf den Kopf.
1 ) Goldmann, Kopfverletzungon im Felde, Mod. Klinik, 1914, No. 47, und Gold¬
mann, Schädigung des inneren Ohres durch Kopfverletzungen. Pe r Militärarzt. 1915,
No. 15.
*) Das Hinterkopftrauma vom Standpunkt des Otologen. A-oh. f. Ohrenheilkunde,
Bd. 98, Heft 4.
*) Dar Unwahrscheinlichkeit, daß der Explosionsstoß durch die Enge des Aquaeductus
cochleae noch genügend stark bis in den IV. Ventrikel fortgopflanzt werde, um anatomische
Schädigung zu setzen, muß ontgegengehalten werden, daß seine Gewalt uno so große ist,
daß ihre vielfache Abschwäohung ihre Wirkung noch immer nicht aufhobt.
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Aus dem serologischen Laboratorium der Irrenanstalt Hamburg-Friedrichsberg. XYTY
Ans dem serologischen Laboratorium der Irrenansalt Hamburg^
Friedrichsberg (Direktor Prof. Dr. Weygandt).
Von V. Kafka-Hamburg.
Bericht über das Jahr 1915.
Das Kriegsjahr 1915 brachte naturgemäß eine fast vollständige Ein¬
stellung der wissenschaftlichen Tätigkeit, sofern sie nicht zu den Kriegs¬
erkrankungen aktuelle Beziehungen hatte. Aber gerade nach dieser Richtung
hin erwuchsen dem mit sero- und liquordiagnostischen Methoden arbeitenden
Psychiater manche Aufgaben. Handelte es sich doch darum, die Erkennung
der geistigen Erkrankungen der Heeresangehörigen möglichst zu beschleu¬
nigen und bei der Wahl der Behandlungsart mitzuwirken; im Anschluß
daran mußte natürlich die diagnostische Friedensarbeit an unseren Zivil-
kranken ausgebaut und gefordert werden.
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, lag es von vornherein nahe,
daß das Problem der Abderhaldenschen Reaktion von seiner praktischen
und theoretischen Seite auch im Kriege eingehende Bearbeitung finden mußte.
Stellte doch das interessante, zum Teil ungewöhnliche Material der Kriegs¬
neurotiker und -psychotiker gerade diese neue Methode vor die Feuerprobe.
Es war also nötig, in ruhiger Weiterarbeit zu untersuchen, wieweit sich
bei dem militärischen und zivilen Krankenmaterial das Dialysierverfahren
bewährte. Dabei wurden auch zwei technische Punkte in besondere Unter¬
suchung gezogen: 1. die Vordialyse der Sera gegen 0,9prozentige Koch¬
salzlösung, 2. die Verfeinerung der Ninhydrinreaktionen durch nochmaliges
Kochen mit Ninhydrin. Das erstere Verfahren erscheint uns nur bei be¬
sonderen Fällen, z. B. bei Luikern, geeignet und be'darf genauer Kon¬
trollen und großer Serummengen; das letztere Verfahren brachte uns nur
insofern Vorteile, als eine fragliche Reaktion nach Verfeinerung oft negativ
wurde; das Positivwerden negativer Reaktionen wurde hierbei nicht dia¬
gnostisch verwertet. Die leider häufigen fraglichen Reaktionen des Dialysats
mit der Ninhydrinreaktion wurden durch Einführung anderer Reaktionen,
z. B. der Kolloidreaktion mit dem Dialysat auszuschalten gesucht. Auch
wurden einige Apparate zur Bearbeitung der Substrate und zur Vordialyse
des Urins konstruiert (4) und eine neue einfache Methode zur Hülseneichnung
beschrieben. Bezüglich der diagnostischen Brauchbarkeit des Dialysier-
verfahrens haben sich an neuem großen Material die von uns früher ge¬
machten Mitteilungen im großen ganzen weiter bestätigt (4).
Ferner schien es uns ganz besonders wichtig, den Mechanismus der
Abderhaldenschen Reaktion Untersuchungen zu unterziehen, dies einmal
deshalb, weil wir uns daraus Fingerzeige für die Technik und praktische
Bewertung der Reaktion versprachen, zum anderumal aber auch deswegen, weil
die Meinungen der Autoren auch auf diesem Gebiete ungemein variierten. In
unseren eingehenden Untersuchungen konnten wir feststellen, daß das Hülsen¬
serum am Ende des Versuches eine salzarme und dem Dialysat ungefähr
gleich konzentrierte Lösung darstellt; die Folge davon und der lange
dauernden Erwärmung bei 37° ist vor allem ein vollständiger Schwund des
Eigenkomplements des Serums, und zwar in sämtlichen Versuchshülsen,
gleichgültig, ob mit Organ besetzt oder nicht, gleichgültig auch, wie der
Ausfall der Ninhydrinreaktion des Dialysats war. Diese Versuche sprechen
gegen die Ambozeptornatur des die Abderhaldensche Reaktion hervor¬
rufenden Körpers, aber auch gegen gewisse physikalisch-chemische Theorien
der Entstehung der mit Ninhydrin reagierenden Dialysatstoffe aus dem
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XXX Aus dem serologischen Laboratorium der Irrenanstalt Hamburg-Friedrichsberg.
Serumeiweiß. Durch weitere Untersuchungen wurde nun die Annahme immer
mehr gefestigt, daß in erster Linie organspezifische proteolytische Fermente
auf die Substrate einwirken, in zweiter Linie wohl unspezifische proteo¬
lytische Fermente, daß aber die physikalisch-chemischen Adsorptionskräfte der
Substrate — wenn überhaupt — eine praktisch unbedeutende Rolle spielen.
Daneben wurden die übrigen Zweige der serologischen Diagnostik nicht
vernachlässigt. Die früher begonnenen Untersuchungen über das Verhalten
des Normalambozeptors und Komplements des Luikerblutes wurden in
größerem Umfange und mit neuer Methodik wieder aufgenommen. Hierbei
wurde nicht nur neuerlich das häufige Fehlen des Komplements im aktiven
und die Nichtnachweisbarkeit des Normalambozeptors im inaktiven Serum bei
schweren luischen Erkrankungen als praktisch wertvoll bestätigt, sondern es
wurden auch über den Mechanismus dieser Phänomene Erkenntnisse gewonnen.
Ferner wurde die Liquordiagnostik in umfassender Weise praktisch
und literarisch bearbeitet (2, 6) und es wurden mehrere neue Reaktionen
und Modifikationen der Liquoruntersuchung eingeführt. So wurde die
Noheische Ninhydrinreaktion der Rückenmarksflüssigkeit, die besonders für
die infektiöse Meningitis diagnostisch verwendbar sein sollte, von uns in der
Weise verändert, daß wir den Liquor zuerst 16—24 Stunden dialysierten
und erst dann mit dem Dialysat die Ninhydrinreaktion Vornahmen; ein Ver¬
fahren, das sich bei uns zur Diagnose der infektiösen Meningitis sehr be¬
währt hat (6).
Dann haben wir im Verein mit Jacobsthal die von Emanuel ein¬
geführte Mastixreaktion der Rückenmarksflüssigkeit von Grund auf ver¬
ändert und so ausgebaut, daß sie der Goldsolreaktion in keiner Weise nach¬
steht, sondern diese in vielen Punkten übertrifft (7).
. Es wurden in» übrigen die Farbenreaktionen der Rückenmarksflüssig¬
keit nach Kochen mit Ninhydrin studiert, insbesondere bei den verschiedenen
Erkrankungen des Zentralnervensystems, und Ihre praktische Verwertung in
Erwägung gezogen.
Die Luetinreaktion nach Noguchi wurde weiter angewandt und
dabei u. a. gefunden, daß bei Paralyse eine deutliche Reaktion seltener zu
finden ist als bei Lues cerebri und Tabes, und daß sie bei dieser Er¬
krankung meist auch schwächer auftritt; ferner wurde nachgewiesen, daß
bei der Paralyse durch irgendwelche therapeuthischen Eingriffe die Haut¬
reaktion sich nicht, wie bei der Lues cerebri, verstärken läßt, Beobachtungen,
die für die Pathogenese und die Immunitätsverhältnisse der Paralyse nicht
bedeutungslos sind (1).
Schließlich wurde noch gewissen einfachen Untersuchungsmethoden der
inneren Sekretion und des vegetativen Nervensystems (Adrenalinaugenprobe,
Bestimmung der Blutgerinnungszeit, Blutbild usw.) ganz besonders bei nerven¬
kranken Kriegsteilnehmern Beachtung geschenkt, insbesondere nach der
Richtung der praktischen Bedeutung hin.
1. lieber Xoguchis Luotinreaktion mit besonderer Berücksichtigung der Spätlues des
Zentralnervensystems. Berl. klin. Woch. No. 1.
2. Uebor den heutigen Stand der Liquordiagnostik. Münch, med. Woch. No. 4.
3. Praktisches und Theoretisches zum Dialvsierverfahron. Formentforschung. Bd. I. H. 3.
4. Zur Frage der Bedeutung des Dialysiorverfalirons nach Abdorhaldon für die Psychiatrie.
Münch, med Woch. No. 39.
5. Untersuchung tuberculös-meningitischer Punktionsflüssigkoiten mit Hilfe der Nin¬
hydrinreaktion. Münch, med. Wooh No. 40.
(». Die Luesdiagnostik in Blut- und Rückenmarksflüssigkeit. Dermatol. Woch. Bd. 61.
7. (mit Jacobsthal) Uober Untersuchung dos Liquor cerebrospinalis mit Mastixlösungen.
Hamburger Ärztekorrespondenz vom 9. Januar 191(5. No. 2.
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Die Kriminalität der Jugendlichen.
XXXI
Die Kriminalität der Jugendlichen
(mit Berücksichtigung der Kriegsverhältnisse).
Von Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
Die Kriminalität der Jugendlichen hat nach allgemeinen Feststellungen
während des gegenwärtigen Krieges erheblich zugenommen. Wer sich mit
den Ursachen der Kriminalität des jugendlichen Alters näher vertraut gemacht
hat, kann sich darüber nicht wundern. Diese Ursachen sind meiner Über¬
zeugung nach ganz wesentlich äußere, und da der Krieg die äußeren Ursachen
in vieler Hinsicht vermehrt hat, so muß das Resultat dementsprechend sein.
Nach meiner Erfahrung, die sich auf ein Material von nahezu 1500
Fällen stützt, sind die wesentlichen Ursachen der jugendlichen Kriminalität
folgende: Schlechte äußere Lebensverhältnisse, schlechte oder mangelhafte
Erziehung, der brutale Kampf ums Dasein nach der Schulentlassung, mangel¬
hafte geistige Reife (resp. Geistesschwäche) verbunden mit Willensschwäche,
und das jugendlich gesteigerte Triebleben. Alles andere ist neben diesen
Faktoren von untergeordneter Bedeutung. Zu dieser Behauptung komme
ich auf Grund folgender Erfahrungen:
1. Von den 1500 Jugendlichen gehören 1—2% Familien an, die sich
in guten ökonomischen Verhältnissen befindeu und etwa 25% solchen, die
in auskömmlichen Verhältnissen leben. Die übrigen befinden sich in nicht
auskömmlicher oder in direkt ärmlicher Lebenslage. In den polizeilichen
Ausweisen findet mau den typischen Vermerk: „Vermögen ist nicht vor¬
handen“. Die Mehrzahl der Väter dieser Jugendlichen sind kleine Beamte,
kleine Handwerker oder Tagesarbeiter. Die Wohnungen bestehen meist
aus einem Zimmer und einer Küche, in etwa einem Drittel der Fälle aus
zwei Zimmern und einer Küche und in ganz vereinzelten Fällen aus noch
mehr Räumen. Ziemlich die Hälfte der untersuchten Jugendlichen befand
sich in einem mangelhaften Ernähnmgszustande.
2. Die Erziehung der Kinder und Jugendlichen liegt wesentlich in
den Händen von 4 Faktoren: a) des Vaters, b) der Mutter, c) der Schule
und d) der Spiel- resp. Arbeitsgenossen. Für die Schule tritt später die
Fortbildungsschule und der Lehrmeister resp. der Geschäftsinhaber ein.
Da der Vater in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle den Tag über
von Hause fort ist, so übt er auf die Erziehung der Kinder nur gelegentlich
Einfluß aus. Er ist die Kraftpersou, welche die Exekutive ausübt, und er
übt sie gewöhnlich mit solcher Kraft aus, daß die Kinder mehr Angst als
Achtung vor ihm haben. Die Mutter ist die abgehetzte häusliche Arbeits¬
magd; ihre Kräfte werden vom Kindergebären, der materiellen Kinderpflege,
den häuslichen Arbeiten, den Sorgen um das ganze Hauswesen so aufgesogen,
daß sie sich dem geistigen Fortschritte der Kinder wenig widmen kann.
Gegen die Mädchen ist sie gewöhnlich zu streng, indem sie sie schon in zu
frühem Alter zu harter Arbeit anhält, gegen die Knaben umgekehrt ist sie
zu nachsichtig und zu schwach; sie ist froh, wenn sie von ihnen keinen
Ärger hat. Die Mehrzahl der Eltern hat von Kindererziehung kaum mehr als
eine instinktartige Ahnung. Sie erziehen nach der Schablone und nach der
eigenen Bequemlichkeit, sie urteilen zu schnell und zu oberflächlich über
die seelischen Lebensäußerungen des Kindes, sie legen bei der Beurteilung
der Handlungen ihres Kindes einen Maßstab an, der ihrer augenblicklichen
Laune oder ihrem eigenen oft unreifen Urteile entspricht. Entweder sie
fühlen sich ratlos den Kindern gegenüber und lassen alles geschehen, wie es
geschieht, oder sie bekämpfen alle sogenanuten Unarten mit brutaler Gewalt.
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XXXII
Die Krimioalität der Jagendlicheo.
Die Volksschule in der Großstadt ist eine Massenabfütterungsanstalt mit
geistiger Nahrung. Wie bei allen Großbetrieben tritt eine Mechanisierung
an die Stelle individueller Fortbildung. Die Lehrer urteilen und lehren nach
einem ihnen vorgeschriebenen Durchschnittsschüler, der den staatlich fest¬
gesetzten Lehrstoff in einer bestimmten Zeit verdauen muß. Von Kinder¬
psychologie hat die Mehrzahl der Lehrer und Lehrerinnen nur eine nebel¬
hafte Vorstellung. Auf die Eigenart und Feinheit der kindlichen Psyche
können sie keine Rücksicht nehmen; so tritt gewöhnlich an die Stelle liebe¬
voller Einfühlung ein öder gleichmachender Zwang, der auf das Kindergemüt
niederdrückend, jedenfalls nicht befreiend wirkt.
Von den außerhäuslichen Erziehungslehrkräften steht im späteren Leben
der Lehrmeister wesentlich höher als der Arbeitgeber. Der erstere, wenn
er ein gewissenhafter Mensch ist, gibt sich gewöhnlich redliche Mühe mit
dem Lehij ungen, schon weil er später davon eigenen Vorteil hat. Das
Verhältnis hingegen zwischen Arbeitgeber und seinem Arbeitsburschen ist
zumeist ein ganz seelenloses; es wird gemeinhin nur beherrscht von dem
gegenseitigen materiellen Nutzen.
Einen ungemein großen erziehlichen Einfluß nach der guten und
schlechten Seite üben die Kinder, Schüler, Arbeitsburschen gegenseitig auf¬
einander aus. Bei den kriminellen Handlungen der Jugendlichen spielt dieser
schlechte Einfluß in mindestens zwei Drittel der Fälle eine überragende Rolle.
3. Der Jugendliche wird zu früh in den Kampf ums Dasein gestoßen,
er ist für ihn körperlich und geistig nicht genügend vorbereitet, nicht genug¬
sam gestählt. Infolgedessen wird er hin- und hergewirbelt und alle Augen¬
blicke aus dem Geleise gebracht. Ist dies der Fall, so sind ihm die Sub¬
sistenzmittel abgeschnitten; das führt ihn nur zu oft dahin, auf Mittel zu sinnen,
wie er das Vakuum schnell ausfüllen kann; Angst, Not, Willensschwäche
und Verleitung durch andere führen ihn dann auf den unredlichen Weg.
4. Der Jugendliche besitzt eine physiologische geistige Unreife und
eine physiologische psychopathische Konstitution. Aus beiden kommt er
ganz allmählich heraus. In der Zeit zwischen dem 12. und 18. Lebensjahre
befindet er sich noch mitten in dieser Verfassung resp. am Ende der Meta¬
morphose. Das Strafgesetz berücksichtigt zwar dieses Alter, aber noch zu wenig.
Die Zahl der pathologischen Psychopathen, d. h. der seelisch wesentlich
Abnormen, ist eine geringe im Verhältnis zur Gesamtzahl der Kriminellen.
Die Zahl der Debilen ist aber eine verhältnismäßig große. Von meinem
Material ist etwa nur die Hälfte der Kinder in der Volksschule weiter als
bis in die dritte Klasse gekommen.
Es gibt keinen geborenen Verbrecher. Es gibt nur vereinzelte Kinder
mit abnormer Konstitution und abnormer Triebhaftigkeit. Diese müssen
früh erkannt und in besonderen Anstalten erzogen werden. Alle Kinder
aber sind bis zu einem gewissen Alter (bis ca. 18. J.) physiologische Psycho¬
pathen, d. h. ihr Seelenleben ist ein schwankendes und ihre Triebhaftigkeit
gesteigert. Hinzu kommt die jugendliche Unerfahrenheit, Sorglosigkeit, die
Unreife des Urteils und die Willensschwäche. Das sind keine sittlich schlechten
Eigenschaften, sondern Mängel der Veranlagung resp. des Alters, für welche
das Kind nicht verantwortlich ist. Diese Mängel können bei guter Lebens¬
haltung, bei vernunftgemäßer Erziehung allmählich gehoben werden. Nur die
schlechten ökonomischen Verhältnisse, die mangelhafte Erziehung, der rohe
Kampf ums Dasein sind zumeist Ursache, daß Kinder und Jugendliche kriminell
werden, indem es ihnen zu schwer oder unmöglich gemacht wird, sich die
erforderlichen Hemmungen zu erwerben, die sie für den Kampf ums Dasein
brauchen. Man muß sich eigentlich wundern, daß trotz aller Mängel eine
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Oie Kriminalität der Jugendlichen.
XXXIII
im Verhältnis zur Gesamtheit geringe Zahl von Jugendlichen kriminell wird *),
und man muß es der vorzüglichen Selbststeuerung zuschreiben, welche die
Mehrzahl besitzt resp. sich selbst erwirbt, um trotz aller Unzulänglichkeiten
der Lebenshaltung und Erziehung unversehrt sich im Daseinskämpfe zu er¬
halten. Eine große Zahl aber besitzt diese Selbststeuerung nur in vermin¬
dertem Maße. Das ist, um es nochmals zu wiederholen, kein sittlicher,
sondern ein physiologischer Defekt. Ein solcher Defekt ist nicht zu bestrafen,
sondern rationell von innen heraus zu bessern.
Der Krieg hat die Kriminalität der Jugendlichen erhöht. Das ist
keiu Wunder. Der Zusammenhalt der Familie, der freilich auch in Friedens¬
zeiten nur zu oft ganz locker ist, hat noch mehr gelitten. Die Väter und
Brüder vieler Jugendlichen sind im Felde. Bei ca. einem Drittel der von
mir untersuchten Jugendlichen steht der Vermerk, daß der Vater im Felde ist.
Die Erziehung in Haus und Schule leidet noch mehr. Der Kampf ums
Dasein ist noch schwieriger geworden. Die Folge ist ein überall schwankender,
unsicherer Boden für den Jugendlichen und das Straucheln aller derjenigen,
die aus sich selbst heraus die Steuerung nicht erlangen können.
Während die Zahl der Delikte während der Kriegszeit sich vermehrt
hat, haben die Arteu der straffälligen Handlungen und die Motive sich kaum
geändert. Nur im Beginn des Krieges war eine Steigerung des phantastischen
Wander- und Tatentriebes bemerkbar, der das Motiv zur kriminellen Hand¬
lung abgab, resp. der Wunsch, weniger die Gefahren des Kriegslebens zu
teilen, als kleine Abenteuer zu erleben und die Wohltaten und Ehren¬
bezeugungen mit zu genießen, die den Kriegern allerorts von der Bevölkerung
erwiesen wurden. Sonst hat der Krieg nichts in die Erscheinung treten
lassen, was mir der Erwähnung wert erschiene. Unter den Delikten der
Kriegs- wie der Friedenszeit stehen die Eigentumsdelikte an erster Stelle.
Es überragen au Zahl die Diebstähle, Unterschlagungen und Betrügereien
so sehr alle anderen Vergehen, daß letztere gleichsam nur ein Anhängsel
bilden. Daran hat der Krieg nichts geändert, und konnte er ja auch nichts
ändern. Gelegenheit macht Diebe, sagt das Sprichwort. Man kann hinzu¬
setzen: „Besondere Gelegenheit macht besondere Diebe.“ So waren in der
ersten Zeit bei der Fülle der ins Feld geschickten und häufig als unbestell¬
bar zurückgekehrten Liebesgabensendungen diese kleineu Pakete die An¬
lockung für viele bei der Post aushilfsweise angeslellten Jugendlichen; so
sind mir andrerseits in letzter Zeit wiederholt Fälle begegnet, wo Jugendliche
andereu Leuten Geld abschwindelten unter der Vorspiegelung, daß sie ihnen
Butter oder Fett besorgen könnten und dgl. mehr. Das sind nur Nuancie¬
rungen des jeweiligen Arbeitsfeldes oder Arbeitswerkzeuges, wie ja z. B.
seit Auftreten des Fahrrades auf dem Arbeitsmarkt dieses eins der belieb¬
testen Objekte bei den Diebstahlsdelikten der Jugendlichen ist.
Der Krieg hat also im wesentlichen keine Änderung der strafbaren
Handlungen herbeigeführt, sondern nur eine Vermehrung. Er ist ein weiteres
Beweismittel dafür, daß die Ursachen der Kriminalität der Jugendlichen
(und damit auch der Erwachsenen) ganz wesentlich äußere sind. Daraus
ergibt sich die Folgerung, daß eine Einschränkung der Kriminalität nur zu
erhoffen ist von der Besserung resp. von der Hinwegräumung dieser äußeren
Ursachen. Jedenfalls schließt die Verringerung der äußeren Ursachen auch
eine Verbesserung der eventuellen inneren mit sich ein.
*) In Wirklichkeit werden wohl alle Jugendlichen kriminell (ebenso wie alle Er¬
wachsenen), nur daß glücklicherweise nicht alle kleinen Dummheiten, wodurch sic einen
gewissen Schaden anrichten, zur Anzeige gelangen.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1 » 16 .
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XXXIV
Die Kriminalität der Jugendlichen.
Die bisherige Bekämpfung der Kriminalität der Jugendlichen ist eine
symptomatische uud darum unzulängliche. Die Wirksamkeit der Jugend¬
gerichte und ihrer Hilfsorgane ist eine höchst anerkennenswerte, aber für
das endemische Übel unzureichende. Eine rationelle Beseitigung der jugend¬
lichen Kriminalität kann nur Ton der Beseitigung der Ursachen erhofft
werden.
Folgende Maßregeln müßten getroffen werden:
1. Staatliche Arbeitsämter zur Beschaffung von Arbeitsgelegenheit für
Erwachsene und Jugendliche und damit ausreichender Verdienst und aus¬
reichende Ernährung.
2. Verbesserung der WohnungsVerhältnisse: möglichste Dezentralisation
(Kleinwohnhaus mit Garten- und Feldbenutzung).
3. Verringerung der Arbeitszeit für die Väter und möglichste Ein¬
schränkung der Berufsarbeit der Mütter.
4. Gelegenheit zu geistiger und gemütlicher Fortbildung für die Eltern,
Belehrung über das Seelenleben des Kindes und seine rationelle Pflege.
5. Individuelle Berücksichtigung der Schüler durch Lehrer, die mit
der physischen und seelischen Entwicklung des Kindes vertraut sein müssen.
Staatliche Einrichtungen zur körperlichen Kräftigung und Stählung der Jugend.
6. Einrichtung von staatlichen Berufskursen nach der Schulentlassung
(Arbeitsschule).
7. Absolutes Alkohol- und Tabakverbot für Jugendliche und Ein¬
schränkung auf ein Mindestmaß für Erwachsene.
ö. Aufklärung über die natürliche Fortpflanzung des Menschen in
Anknüpfung an einen umfassenderen naturwissenschaftlichen Unterricht.
Belehrung der älteren Jugendlichen über die Gefahren des außerehelichen
Geschlechtsverkehrs; besondere Fürsorge für das uneheliche Kind und die
alleinstehende Mutter.
9. Die pathologischen Psychopathen sind möglichst bei Beginn der
Schulzeit auszusondern und in von Nervenärzten geleiteten Instituten zu
erziehen.
10. Die schwachbefähigten und debilen Kinder bedürfen einer speziellen
Leitung und Fürsorge, die bis zur Mündigkeit und Selbständigkeit aus¬
zudehnen ist
11. Kinder, die zu verwahrlost drohen, sind in gut geleiteten Er¬
ziehungsanstalten zu erziehen.
12. Minima non curat praetor. Diesen Grundsatz sollten auch die
Jugendgerichte befolgen und Kinder nicht für kleine Dummheiten, die ihrem
Lebensalter entsprechen, mit einem Makel behaften. Vor dem 16. Lebens¬
jahr sollte kein Jugendlicher vom Gericht zur Verantwortung gezogen werden.
13. An jedem Jugendgericht müßte ein pädagogisch und psychologisch
erfahrener Arzt als beratender Sachverständiger mit tätig sein.
14. Gefängnisstrafen für Jugendliche sind das Verkehrteste, was es
überhaupt geben kann.
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Die Stabiliaierungsmethode mit Messung des Körperwiderstandes usw. XXXV
Die Stabili8iernn08metbode mit Messung des Körperwiderstandes
bei der galvanischen Behandlung.
Von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. S o m m e r-Gießen.
im Hinblick auf die früheren Arbeiten 1 ) über das Stabilisierungsver¬
fahren bei der Behandlnng mit dem galvanischen Strom möchte ich an dieser
Stelle darüber berichten, welche endgültige Form die Methode angenommen
hat. Vorher muß ich nochmals kurz die Voraussetzungen zur Erfindung des
Verfahrens darlegen. Schaltet man bei einem der in der Elektromedizin
üblichen Apparate den menschlichen Körper durch Anlegung von 2 Elek¬
troden in den Stromkreis ein und stellt den Rheostaten so ein, daß zunächst
eiue Stromstärke von 0,5 Mill.-Amp. auf dem Mill.-Amp.-Meter abgelesen
wird, so bemerkt man, daß der Strom alsdann noch weiter steigt und öfter
den Wert von 1 Mill.-Amp. und mehr, d. h. das Doppelteres Anfangswertes
erreicht. Der Strom ist also während dieser ganzen Periode nicht konstant,
sondern wächst im Verhältnis zum Anfangswert nicht unbeträchtlich an.
Der Grund dieser Erscheinung ist die nach Anlegen der feuchten Elektroden
sich allmählich verstärkeude Durchfeuchtung der Haut, wobei der Haut¬
widerstand herabgesetzt wird, so daß die Stromstärke bei sonst unverändert
liegenden Verhältnissen des Stromkreises wesentlich steigt. Trifft man nun
durch Verwendung einer Metallklemme, die durch einen Metallstöpsel kurz
geschlossen werden kann, eine Einrichtung, nm den Körper ohne Veränderung
in der Auflage der Elektroden ein- und auszuschalten, und schaltet man nun
bei obigen Stromverhältuissen durch Kurzschluß an dem Stöpsel den Körper
aus, so schlägt die Nadel bis zu einem Wert von 2—300 Mill.-Amp. aus.
Man muß daher, bevor man den Kurzschluß macht, am Mill.-Amp.-Meter die
500-Skala, wobei der abgelesene Wert mit 100 zu multiplizieren ist, ein¬
stellen, damit die Nadel Spielraum hat. Umgekehrt sinkt dieser Strom von
ungefähr 250 Mill.-Amp., wenn man den Körper durch Entfernung des
Stöpsels aus der Metallklemme wieder einschaltet, auf den vorher genannten
Wert von ca. 1 Mill.-Amp. Die Stromstärke ist also bei den üblichen Ver¬
hältnissen der bisher in der Elektromedizin angewendeten Apparate durch
die Einschaltung des Körpers von ca. 250 auf 1 Mill.-Amp. zurückgegangen.
Der Grund liegt in dem sehr erheblichen Widerstand, den der
menschliche Körper selbst bietet. Andererseits wird aus diesem Ver¬
hältnis verständlich, daß bei wachsender Durchfeuchtung der Haut die
Stromstärke relativ stark ansteigen kann, weil die bei Ausschaltung
des Körpers vorhandene Stromstärke verhältnismäßig außerordentlich hoch
ist und sich bei Verminderung des Widerstandes der Haut eine relativ starke
Steigerung der Stromstärke ergibt.
Es hat sich nun gezeigt, daß, wenn man bei im übrigen unveränderten
Verhältnissen des ganzen Systems in den Stromkreis vor den Körper einen
stärkeren Widerstand z. B. von 10000 Ohm schaltet, die ganzen Verhältnisse
völlig geändert werden. Schließt man den Strom durch Stöpselung an der
Klemme für den Körper kurz und stellt dann unter Einschaltung des Wider¬
standes von 10000 Ohm den Rheostaten so ein, daß man am Galvanometer
einen Wert von nur 2 Mill.-Amp. ablesen kann, so stellt sich bei nunmehriger
Einschaltung des Körpers durch Entfernung des Stöpsels heraus, daß der
l ) Zur Verbesserung der elektro-medizinischen Diagnostik und Therapie mit Be¬
merkungen von A. Des sauer in Frankfurt, Dtsch. med. Woch. 1912. Nr. 17. Elek¬
trische Therapie mit der Stabilisierungsmethode, Wien. klin. Rundsch. 1913. Nr. 38.
Elektrochemische Therapie, Klin. f. psych. u. nerv. Krankh. VIII. 1913. S. 351.
c*
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UMIVERSITY OF CALIFORNIA
XXXVI Die Stabilisierungsinethode mit Messung des Körperwiderstandes usw.
Strom von 2 nur auf ungefähr 1 Mill.-Amp. gesunken ist und daß dieser
Wert von vornherein sich als fast völlig konstant zeigt. Während
sich vorher bei der Einschaltung des Körpers ein Stromabfall von 250 auf
ca. 1 Mill.-Amp. zeigte, beträgt der Verlust an Stromstärke nuumehr nur
1 Mill.-Amp. Der Maximalwert, auf den die Stromstärke steigen könnte,
wenn der Widerstand des Körpers gleich 0 würde, was praktisch unmöglich
ist, würde nunmehr nur 2 Mill.-Amp. betragen. In Wirklichkeit ist der
Anstieg unter diesen Verhältnissen auch bei stärkerer Durchfeuchtung der
Haut verhältnismäßig ganz verschwindend, so daß hierbei fast völlig
konstante Stromverhältnisse vorliegen.
Mein Verfahren beruht also darauf, bei der Anwendung des galvanischen
Stromes auf den menschlichen Körper einen verhältnismäßig großen Wider¬
stand vorzuschalten, um möglichst konstante Stromverhältnisse zu erhalten
und den besonders z. B. bei Elektrisierung am Kopf öfter sehr peinlichen
Anstieg des Stromes bei wachsender Durchfeuchtung im Falle der Anwendung
der üblichen Apparate, durch diese Einrichtung zu verhindern. Zu gleicher
Zeit ergibt sich hieraus die Forderung, den Widerstand des menschlichen
Körpers beider Anwendung des elektrischen Stromes eingehend
zu berücksichtigen.
Diese Gründe haben mich auf der Grundlage der früheren Arbeiten zu
folgender Einrichtung des Stabilisierungswiderstandes geführt, der nach Be¬
lieben an jedem sonst käuflichen Apparat angeschlossen werden kann 1 ).
Der Apparat besteht zunächst aus einem Metalldrahtwiderstand, auf
welchem eine metallische Spange gleitet, deren Stellung vom O-Punkt aus an
einer über der Rolle angebrachten Skala abgelesen werden kann. Dieser
Apparat wirkt also bei Einschaltung in den Strom als Widerstand von be¬
liebig einstellbarer Größe. Die Beziehung der Stellung der Spange zu der
Größe des Widerstandes ist in folgender Tabelle dargestellt:
Stellung
Widerstand
in — j
Stellung
Widerstand
in ^
1
3200
14
44800
2
6400
15
48000
3
96C0
16
51200
4
12800
17
54400
5
16000
18
570G0
6
19200
19
60800
7
22400
20
64000
8
25600
21
67200
9
28800
22
7040)
10
32000
23
73600
11
35200
24
76800
12
38400
25
80000
13
41600 j
Im übrigen ist der Apparat in folgender Weise eingerichtet: Die Rolle
mit dem Widerstand ist auf einer Holzplatte montiert, an der sich links
und rechts je eine Polklemme für Anode und Kathode des Batteriestromes
befindet. Es ist nun folgende Einrichtung getroffen, um eine beliebige
Ein- oder Ausschaltung einerseits des Vorschaltwiderstandes,
andererseits des Körpers zu ermöglichen. An der Vorderseite des
Brettes befinden sich 2 metallische Klemmen, K (Körper) und W (Wider¬
stand), die so eingerichtet sind, daß bei Einschaltung eines metallischen
1 ) Zu beziehen durch die Veifa-Worke in Frankfurt a. M.
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Die Stabiliaierungsmethode mit Messung des Körperwiderstandes usw. XXXVII
Stöpsels der Strom durch die Klemmen hindurchgeht (Kurzschluß). Ferner
befinden sich auf den beiden Teilen jeder Klemme kleinere Polklemmen, an
welchen die Leitungen zum Körper und zu dem Vorschaltwiderstand ange¬
schlossen sind. Der Batteriestrom ist an den Hauptklemmen angeschlossen.
Stecken an den Metallklemmen K und W die Stöpsel drin, so geht der
Strom durch die beiden Metallklemmen ohne weiteres hindurch, so daß in
diesem Fall sowohl der Vorschaltwiderstand als auch der Körper ausgeschaltet
ist Ist der Stöpsel bei der Klemme K herausgenommen, ist also der Kurz¬
schluß an dieser Stelle beseitigt, so geht der Strom, wenn vorher der Körper
an die beiden Teile der Stöpselklemme K angeschlossen ist, durch diesen
hindurch. In diesem Fall ist also der Vorschaltwiderstand ausgeschaltet,
und wir haben die Verhältnisse wie sonst beim Galvanisieren mit den üblichen
Apparaten. Löst man jedoch nunmehr auch den Stöpsel der Metallklemme
W, an deren beiden Teilen der Vorschaltwiderstand angeschlossen ist, so ist
nunmehr dieser mit dem Körper in den Strom eingeschaltet. Fügt man nun
den Stöpsel an der Klemme K ein, so wird dadurch der Körper ausge¬
schaltet, und es ist nur der Vorschaltwiderstand in einer durch die Spange
regulierbaren und auf der Skala ablesbaren Stärke eingeschaltet.
Praktisch wird der Apparat so gehandhabt, daß zunächst ein Wider¬
stand von z. B. 16000 Ohm eingeschaltet und der Stöpsel bei W gelöst wird.
Man arbeitet alsdann mit einem Vorschaltwiderstand von 16000 Ohm. Hier¬
bei bekommt man, wenn das System vorher bei Ausschaltung des Körpers
und des Vorschaltwiderstandes eine Stromstärke von 260 Mill.-Amp. gezeigt
hat, eine Stromstärke von ca. 2 Mill.-Amp. Schaltet man nun durch Ent¬
fernung des Stöpsels bei K den Körper ein, so sinkt die Stromstärke unge¬
fähr auf 1 Mill.-Amp. und bleibt dann fast völlig konstant. Will man diesen
Strom von 1 Mill.-Amp. nicht plötzlich durch den Körper durchgehen, sondern
allmählich bis zu 1 Mill.-Amp. oder mehr anwachsen lassen, so schaltet man
zuerst den ganzen Widerstand von 80000 Ohm vor und schwächt dieseu
allmählich durch Verschiebung der Spange bis zur Stellung 5, d. h. bis
16000 Ohm ab.
Man kann nun diesen Apparat außer zur Stabilisierung des Stromes
auch in sehr einfacher Weise dazu verwenden, um den Körperwiderstand
zu messen. Dies geschieht in folgender Weise: Man schaltet zunächst
durch Stöpselung bei W den Vorschaltwiderstand aus und durch Entfernung
des Stöpsels bei K den Körper ein, läßt sodann den Strom ansteigen, bis die
Stromstärke 1 Mill.-Amp. beträgt; sodann schaltet man den Körper durch
Stöpselung bei K aus, schaltet durch Entfernung des Stöpsels bei W den
Widerstand ein und reguliert an diesem so lange, bis die Stromstärke
wiederum wie vorher 1 Mill.-Amp. beträgt. Die Stellung an der Skala
des Apparates zeigt dann ohne weiteres an, welcher Widerstand
dem Körperwiderstand entspricht. Berücksichtigt man den Anstieg,
den das Galvanometer bei Einschaltung des Körpers anzeigt, indem der
Ausschlag z. B. von 0,5—1 Mill.-Amp. wächst, so kann man in entsprechender
Weise feststellen, innerhalb von welchen Werten sich der Wider¬
stand des Körpers geändert hat. Der Stabilisierungsw r iderstand
kann somit gleichzeitig zur Messung des Körperwiderstandes
benutzt werden.
Die praktische Anwendung des Verfahrens bei der galvanischen Be¬
handlung ermöglicht es, einen völlig konstanten Strom längere Zeit ohne
die Gefahr eines weiteren Ansteigens einwirken zu lassen und führt dadurch
in das Gebiet der elektrochemischen Therapie.
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Referate.
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Untersachongsmethoden des Nervensystems.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin. •
1. Alter, Zur mikroskopischen Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit. D. m. W.
41 . (48.) 1430.
2. Ask, Fritz, Eine kleine Bemerkung zur Schnittserienmethode von Suzuki. Zeitsohr.
f. wissenschaftl. Mikroskopie. 1914. Bd. 31. H. 3. p. 367.
3. Cajal, Ram6n v. Eine neue Methode zur Färbung der Neuroglia. Neurol. Centralbl.
No. 3. p. 82. "
4. Derselbe, Contribucion al conoscimiento de la neuroglia del cerebro humano. Trab,
d. Lab. d. Invest. Biol. Madrid. T. 11. faso. 4.
5. Giannelli, A., Modificazione del metodo Giacomini per la conservazione dell*enoefalo.
Policlinico. March. Med. Sect. No. 3.
6. Lerne hon, B., A New Way of Staining Cells in the Cerebrospinal Fluid. Medical
Record. Vol. 88. H. 11. 8. 443.
7. Po llak, E., Beitrag zur Färbetochnik der Neuroglia. Zsohr. f. wiss. Mikroskopie.
32. (2.) 137.
8. Röthig, Paul, Weitere Erfahrungen über Vital-Scharlach VIII. Neurol. Centralbl.
No. 7/8. p. 265. (cf. Jahresbericht Bd. 18. p. 6.)
9. Stuurman, F. J., Die Herstellung und Färbung von Serienpräparaten der Gehirne
kleiner Tiere. Zschr. f. wiss. Mikroskopie. 32. (2.) 152.
10. Tello, I. Francisco, Algunas experiencias de ingertos nerviosos con nervios conser-
vados in vitro. Trabajos Labor, de investigac. biol. Univ. Madrid. 1914. T. 12.
p. 273—284.
11. Unna, P. G., Chemie der Zelle. Festsohr. d. Eppendorfer Krankenhauses z. Feier
seines 25jährigen Bestehens. 1914. p. 233. Verlag: Leop. Voß.
12. Derselbo, Eine gute Doppolfärbung für gewöhnliche und saure Kerne. Zeitschr. f.
wLsFenschaftl. Mikroskopie. 1914. Bd. 31. H. 3. p. 289.
13. Derselbe, Die Sauerstoff orte und Roduktionsorte. Eine historische Studie. Aroh. f.
mikroskop. Anatomie. Bd. 87. p. 144.
14. Van^sek, F., Über pharmakologische Untersuchungsmothoden dos Nervensystems.
Lekarske Rozhledy. Abt. f. Pharmakol. 22. 238. (Böhmisch.)
Von den folgenden Arbeiten sind besonders hervorhebenswert die¬
jenigen Unnas über die mikrochemischen Bestandteile der Zelle und die
Neurogliamethode Ramou y Cajals.
Stuurman (9) teilt seine Erfahrungen mit, die er bei der Herstellung von
Schnittserien und der Färbung derselben nach Nissl, Unna-Pappenheim,
Weigert-v. Gieson, Cajal, Bielschowsky und einer Markscheidenfärbung
gemacht. Die Präparate wurden eingeschlossen in Kanadabalsam ohne Deck¬
glas, um Entfärbung zu vermeiden; später wurde der Kanadabalsam über¬
schichtet mit Gelatine zum Ölimmersionsgebrauch.
Für die Markscheidenfärbung wurden Paraffinschnitte mittels einer
eigenen Methode in einem Zelloidinfilm vereinigt. ( [Selbstbericht .)
Ask (2) empfiehlt die Numerierungsmethode von Suzuki mittels japa¬
nischer Tusche; nur auf einer stürmischen Seereise, die er machte, war die
Tasche dadurch, daß die Schnitte aneinander sich stark gerieben hatten, stark
abgeschabt.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1016.
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1
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2
Unterauchungsmethoden des Nervensystems.
Unna (11) gibt eine kurze Übersicht über die Bestandteile des Zell*
kems und Zellprotoplasmas, wie wir sie allmählich durch die Forschungen
von Schleiden und Schwann, Flemming, Altmanu und Benda,
Arnold, Heidenhain und Ehrlich, durch Bütschli und andere ge¬
wonnen haben. Im Gegensatz zu den von diesen Autoren im Zellproto¬
plasma gefundenen Granula, Flasmosomen, Mitochondrien usw. teilt Unna
das Zellprotoplasma ein in das Spongioplasma uud Granoplasma. ln
diesen beiden Bestandteilen haben wir zwei ubiquitäre Protoplasmateile von
ganz verschiedenem physikalischen und tinktorieUen Charakter, die in ihrer
innigen Verbindung die formgebende Hauptmasse des Zellleibes darstellen.
Von beiden ist das Spongioplasma der wichtigste, weil nie fehlende Teil,
wie es denn auch in der Entwicklung der Tierreihe zuerst allein vorhanden
war. Die niedersten Tierformen besitzeu noch kein Granoplasma. Das
Granoplasma hat nichts zu tun mit den kugelrunden isolierten Granula von
Ehrlich, Arnold und Altmann, obwohl beide in denselben Hohlräumen des
Spongioplasmas liegen. Dagegen spielt die Granoplasmafüllung der Waben
des Spongioplasmas eine bedeutsame Rolle in den meisten Drüsenepithelien
und Nervenzellen. In diesen letzteren wurde es durch Nissl (1894) be¬
schrieben. In der leichten Trennung dieser beiden hauptsächlichen Proto¬
plasmateile, z. B. schon durch Wasser, ist auch zum ersten Male die Mög¬
lichkeit gegeben, einen Einblick in die Chemie des Gesamtprotoplasmas zu
gewinnen, was nicht möglich war, solange man beide Teile, die sich in allen
Richtungen so extrem verschieden verhalten, als eine einheitliche Substanz
ansah. Die Chemie der Zelle erschließt sich mit Hilfe der spezifischen
Färbung der Gewebselemente.
Es kommen dabei nur solche Färbungen zur Anwendung, welche das
betreffende Element in einer von seiner Umgebung abweichenden Farbe,
d. h. spezifisch darstellen, so daß sein Vorhandensein im Schnitte oder sein
Verschwinden sofort sicher erkannt werden kann. Ist eine solche spezifische
Färbemethode bekannt oder eigens hierfür gefunden, so läßt man eine große
Anzahl von Lösungsmitteln auf die betreffenden Gewebsschnitte einwirken
und notiert, welche von ihuen die Lösung des betreffenden Elements be¬
wirken. Es ist erwünscht, aber durchaus nicht DÖtig, daß auch das Lösungs¬
mittel ein spezifisches sei. Der Autor illustriert das Gesagte nun an einzelnen
Beispielen. Was die Methode bisher für die Zellchemie geleistet hat, läßt
sich kurz in folgendem Satze aussprechen: Alle morphologischen Bestand¬
teile der Zelle bestehen aus Kombinationen von basischen und sauren
Eiweißen, welche sich nicht nur durch ihre Reaktion und Tingibilität,
sondern auch durch ihr Verhältnis zum Sauerstoff unterscheiden. Saure
Eiweiße ohne basische Grundlage sind bisher in den Zellen nicht vor¬
gefunden, wohl aber findet sich umgekehrt diese Grundlage allein (so bei
den Protisten). Diese basische Grundlage, welche selbst konzentrierter
Salzsäure in der Kälte widersteht, zusammen mit den in dieser Säure leicht
löslichen „oxyphilen (basischen) Substanzen“ bilden dasjenige Zellgerüst,
welchem die reduzierenden Eigenschaften jeder Zelle zukommen; und da sie
in keinem Zellolement nach den bisherigen Untersuchungen ganz fehlen, so
reduzieren in geringem Grade wenigstens auch alle Zellelemente, d. b. sie
nehmen in Kalipermangauat eine schwach gelbliche oder bräunliche Färbung
an. Besonders schwach wird das Permanganat an den Sauerstofforten redu¬
ziert, d. h. an denjenigen Zellelementen, welche neben der basischen Grundlage
viel saures Eiweiß enthalten und daher Sauerstoff speichern können, so die
Kerne, die Keimschichten, die Mastzellen und Plasmazellen, die Ganglien,
der Knorpel usw. Diese Orte hinwieder, in denen die reduzierende Kraft
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UntersachaDgsmethoden des Nervensystems.
3
bis auf ein Minimum reduziert ist, sind es, welche Rongalitweiß bläuen.
Es ist vielleicht das wichtigste bisherige Resultat der chromolytischen Analyse,
daß sich ergeben hat, daß jedes Zellelement sich als ein Mosaik von sauren
und basischen sauerstoffspeichernden und -verzehrenden Eiweißen darstellt,
in welchen diese Eigenschaften nebeneinander bestehen können, ohne sich
gegenseitig aufzuheben.
Die Färbung von Nervenmaterial mit Rongalitweiß geschieht nach
Angaben von Unna (13) folgendermaßen: Man untersucht die trocken auf
Eis gelegten Gewebsstücke 24 Stunden nach dem Tode. Das Gewebsstück
muß unter der Wasserleitung von Blut befreit werden. Muß die Unter¬
suchung aufgeschoben werden, so bringt man die Stücke in einer Petri¬
schale auf eine 5 mm hohe Salzschicht von gleichen Teilen Kochsalz und
Kalichlorat, die man mit so wenig Wasser bedeckt, daß die Stücke feucht
in konzentrierter Salzlösung liegen, und stellt die Petrischale auf Eis. Die
frischen Gewebsstücke werden direkt mit dem Gefriermikrotom geschnitten
(die auf Salz konservierten müssen vorher gut und möglichst rasch durch
Auswaschen vom Salz befreit werden). Die Gefrierschnitte sollen nicht
unter 25 p sein. Färbung: Man hält sich 100 g einer ^prozentigen
Lösung von Methylenblau vorrätig, die man mit ca. 7 Tropfen einer 25pro-
zentigen Salzsäurelösung eingesäuert hat. Von dieser werden 10 ccm in
einem Reagierglas mit 0.3 Rongalit gelinde erwärmt, bis Entfärbung auftritt.
Zu starkes Erhitzen muß wegen möglicher Zersetzung des Rongalits ver¬
mieden werden. Es resultiert eine nahezu wasserhelle Lösung; ist dieselbe
nach dem Erkalten etwas trübe, so ist sie vor dem Gebrauch zu filtrieren.
Diese Lösung von R. W. hält sich mehrere Tage, muß aber vor jedesmaligem
Gebrauche zur Vermeidung von Niederschlägen wieder filtriert werden.
Färbung in einem Glasschälchen in etwa 2 Minuten. Man überträgt die
Schnitte einzeln mit stumpfer Glasnadel unter beständiger Bewegung in eine
größere Schale mit abgekochtem Wasser. Die starke Bewegung hat den
Zweck, die Schnitte möglichst rasch und vollständig vom Überschuß an
R. W. zu befreien, evtl, wiederholt man die Wässerung. Die Bläuung des
aufgenommenen Leukomethylenblaus geschieht erst nach einigen (bis zehn)
Minuten. Um den Schnitt darf sich während des Auswaschens keine bläu¬
liche Wolke bilden, die ein'Zeichen ungenügender Bewegung des Schnittes
und Bildung von Methylenblau im Waschwasser ist. Ist der Schnitt deut¬
lich gebläut, so fängt man ihn mit dem Objektträger auf, läßt ihn an der
Luft trocknen und bedeckt ihn dann mit einem Deckglase, welches mit
einem Tropfen neutralen Balsams (Grübler) versehen ist.
Die von Unna (i2) angegebene Färbung der sog. sauren Kerne ist
folgende: 1. Die Alkohol-Zelloidin-Schnitte kommen fünf Minuten in die
Böhmer sehe Mischung von Hämateinlösung und Alaun und werden 2. so
lange in Loitungswasser gespült (etwa 10 Minuten), bis sie reinblau erscheinen.
Dann sind alle Kerne blau gefärbt. 3. In einer lprozentigen Safranin¬
lösung (Marke O. Grübler) werden sodann in etwa 20 Minuten alle Kerne
rot umgefärbt 4. Abspülung in Leitungswasser. 5. Differenzierung in einer
Mischung von Tannin (25%) und Pikrinsäure (l%o) zwei bis fünf Minuten
je nach der geringeren und größeren Dicke des Schnittes. 6. Eine zehn
Minuten lange Abspülung in Wasser, wobei Safranin, Tannin und Pikrin¬
säure nur in den Kernkörperchen und sauren Kernen haften bleiben,
während sie aus dem übrigen Gewebe herausgespült werden, vollendet die
Differenzierung.
Röthig (8) macht ergänzende Angaben zu seinem Färbungsverfahren
mit Vital-Scharlach VIII. (S. Jahresbericht Bd. XVIII p. 5.) Ist die
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4
Untersuchungamethoden des Nervensystems.
Färbung zu dunkel, so läßt man die Schnitte nach der Färbung 24 Stunden in
TOprozentigen Alkohol, oder man verwendet von vornherein eine schwächere
Farblösung, oder man macht beides; letzteres empfiehlt der Autor besonders
zur Färbung der Hirnrinde. Die Methode gelingt auch gut an Paraffin-
sohnitten. Osmiumvorhärtung ist zu vermeiden.
Die von Cajal (3) angegebene Methode der Neurogliafärbung ist folgende:
1. Stücke von x / 2 cm menschlichen Gehirns werden in einer Mischung von
Formol 14 ccm
Wasser 100 ccm
Ammoniumbromat 2 g
2—8 Tage gehärtet. An Stelle von Ammoniumbromat kann man auch
Ammoniumnitrat verwenden. 2. Die Gefrierschnitte von 20 |x beläßt man
in der Fixierungsflüssigkeit, bis man die Imprägnation vornehmen will.
3. Schnelles Auswaschen der Schnitte (ein paar Sekunden) zweimal nach¬
einander in destilliertem Wasser, um den Überschuß von Formol auszuziehen.
4. Darauf kommen die Schnitte für 4—8 Stunden in folgende Flüssigkeit,
die vor Licht zu schützen ist:
1 % Goldchloridlösung (Merck) 10 ccm,
5 % Sublimatlösung 8 ccm,
destilliertes Wasser 60—60 ccm.
Diese Lösung muß stets frisch bereitet werden. Auf 25 ccm Goldbad soll
man nicht mehr als 6—8 Schnitte nehmen, von denen jeder einzelne glatt
auf dem Boden des Glasgefäßes ausgebreitet liegeu soll. (Spitze Glas¬
stäbchen resp. Holzspitzen beim Manipulieren.) Die Schnitte in der Gold¬
lösung müssen im Dunkeln gehalten werden. Die Schnitte nehmen allmählich
eine violette Farbe an. 5. Neuerliches schnelles Auswaschen der Schnitte in
reichlicher Menge von destilliertem Wasser. 6. Darauf Fixierung in folgender
Flüssigkeit:
Natriumhyposulfat 10 g,
destilliertes Wasser 120 ccm,
konzentrierte Lösung von Natrinmbisulfat 6 ccm.
Man gießt am besteu zunächst die Lösung des Natriumhyposulfats in ein
Porzellan- oder Glasschälchen, taucht die Schnitte hinein und säuert dann
die Flüssigkeit mit 2—3 Tropfen von Natriumbisulfat an; denn durch ihre
Alkaleszenz würde sonst die Struktur des Gewebes aufquellen und stark
gedehnt worden. 7. Nachdem die Schnitte etwa 15 Minuten im Fixierbad
verweilt haben, wäscht man sie zweimal in 4Üproz. Alkohol aus. Dann bringt
man sie auf einen Objektträger, saugt die überschüssige Flüssigkeit mit
reinem Fließpapier ab und entwässert mit einigen Tropfen absoluten Alkohols.
8. Auf hellen der Schnitte durch Nelkenöl oder Origanumöl, Entfernung des
Ols durch Xylol und endlich Einschluß in Kanadabalsam.
Der Grundton der Färbung ist rotviolett oder purpur. Hellrosa- oder
Helllilafärbung ist stets ein Zeichen ungenügender Färbung. Die Neuroglia-
zellen präsentieren sich bei Oliramersion (Zeiß Apochromat 1,30) bis in
ihre feinsten Ausläufer schön purpurrot gefärbt und heben sich deutlich
vom ungefärbten Grunde ab. Die Nervenzellen und ihre Ausläufer färben
sich schwach mit, sind sie stark gefärbt, so ist das ein Zeichen, daß die
Schnitte zu lange im Sublimat-Gold-Bad geblieben sind. Je frischer das
Nervengewebe war, um so besser fällt die Färbung aus. Will man eine
ausschließlicbe Färbung der Weigertscben Fibrillen erhalten, so nimmt man
statt der Formol-Bromammonium-Mischung Formol 14 ccm, Wasser 100 ccm,
Karbamidnitrat 2 g (oder bis zur Sättigung). Diese Sublimat-Gold-Reaktion
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(Jnterrachungsmethoden des Nervensystems.
5
gibt besonders bei der menschlichen Hirnrinde gute Resultate. Sie hat den
Vorzug, daß weder mesodermale Zellen, noch Kollagenbttndel, noch die
dendritischen Neuronenausläufer mitgefärbt werden.
Pollak (7) hat eine Verbesserung der Malloryschen Gliamethode
ausgearbeitet; sie besteht in folgenden Prozeduren: 1. Fixierung der Stücke
in lprozentiger Pikrinsäure durch 5—6 Tage bei 37°, dann in ßprozentigem
Ammonbichromat 5—6 Tage bei 37 °. 2. Übertragen der Stücke in stei¬
gendem Alkohol. 3. Einbetten in Zelloidin. 4. Schneiden (Schnitte nicht
dicker als 10 p). 5. Vorbehandlung der Schnitte, a) in y 8 proz. Kalium¬
permanganat durch 5 Minuten, b) Auswaschen in dest. Wasser, c) Über¬
tragen in lproz. Oxalsäure für 5 Minuten, d) Auswaschen in dest. Wasser.
6. Färbung in Mallorys Hämatoxylinlösung (Hämatoxylin 0,1; Phosphor¬
wolframsäure (lOproz.) 20,0; Aqua dest. 80,0, Wasserstoffsuperoxyd 0,2) durch
etwa 20 Stunden. Bei der Farbstoffbereitung achte man auf folgendes:
Auflösen des Hämatoxylius durch Kochen und Zusatz der in der Hitze
gelösten Phosphorwolframsäure. Man verwende das Merksche Fabrikat. Die
Farblösung soll 2 Tage dem Lichte ausgesetzt werden und ist nach 8 Tagen
gebrauchsfähig. Die Farblösung kann nach der Färbung wieder verwendet
werden. 7. Differenzierung in 30proz. alkoh. Eisenchloridlösung (frisch
bereitete Lösung) durch 2—2y 2 Stunden evtl, unter Zuhilfenahme des
Mikroskopes. 8. Übertragen in 95proz. Alkohol für 15 Minuten. 9. Ein¬
schließen. Vorhergehende Formolhärtung schadet nichts. Der Autor hat
die Methode bisher nur am menschlichen Material versucht.
Lemchen (6) benutzt zur Färbung der Zellen im Spinalpunktat fol¬
gende Flüssigkeiten: Erlöst 2 g Benzidin in 100 ccm Eisessig. Von dieser
Lösung mischt er gleiche Teile mit gleichen Teilen von Wasserstoffsuper-
oxydlösung. Von diesem Gemisch bringt er 5 ccm in eine Pipette und
so viel Spinalflüssigkeit, daß in der Pipette 11 ccm sind. Nach guter Durch-
schüttelung tut er die Flüssigkeit in die Zählkammer. Die roten Blut¬
körperchen werden blau und die polymorphen Zellen werden leicht gelb
gefärbt, wobei der Kern durch den Gehalt an blauen Körnchen sichtbar
wird. Die Peripherie der Lymphozyten färbt sich dunkelblau; auch bei den
Plasmazellen wird die Peripherie dunkelblau, fast schwarz gefärbt, während
die Mitte bell bleibt Aus solchem Zellbefund läßt sich in vielen Fällen
recht schnell die Diagnose stellen.
Alter (1) bat, um gute und schnelle Zellzählungen der Spinalflüssig¬
keit bewerkstelligen zu können, sich Glasrähmchen hersteilen lassen, welche
einen Innenraum von genau 1 ccm besitzen. Diese Rähmchen, die an den
schraffierten Flächen oben und unten angeätzt sind, werden zum Gebrauch
auf Objektträger gestellt und an diesen durch Umstreichen mit überhärtetem
Paraffin fest geklebt. Der Liquor, der mikroskopisch untersucht werden
soll, wird in gleichen Teilen einer frisch hergestellten lOprozenigen Formalin¬
lösung aufgefangen, am besten in kleinen graduierten Reagenzgläschen. Man
kann die Mischung, die in jedem Falle gründlich bewirkt werden muß, auch
unmittelbar in der Spritze hersteilen. % ccm Liquor genügt zur Ünter-
suchung; ein ganzer gestattet, zwei Rähmchen anzusetzen. Das Beschicken
der Rähmchen geschieht wieder am besten mit der Spritze. Die beschickten
Kästchen bleiben mindestens 4 Stunden bei Zimmertemperatur unter der
Glasglocke stehen, dann wird die Flüssigkeit mit einem Baumwollfaden ab¬
gehebert, der ganze Apparat in den Thermostaten 37° gestellt, bis er voll¬
kommen trocken ist, und schließlich einen Aagenblick in den Thermostaten 55 °,
wonach sich der Rahmen glatt abheben läßt. Nach kurzem Eintauchen in
Xylol zur Entfernung der Paraffinreste wird das Präparat in der üblichen
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6
Anatomie des Nervensystems.
Weise gefärbt. Das Verfahren ergibt gute Zellbilder und gestattet eine
genaue Auszählung der Zellen. Bei Vergrößerung Zeiß 386 ergeben sich
iin normalen Liquor 0,5—0,7 Lymphozyten im Gesichtsfeld.
Anatomie des Nervensystems.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin.
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N. medianus und N. ulnaris, besonders deren motorisches Innervationsgebiet im Vorder¬
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8
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68. Sanguineti, Luigi Romolo, Influenza dolle sostanze nervine su raccrescimento dei
nervi in vitro. Riv. di patol. nerv, e ment. Vol. 19. fase. 5. p. 257—265.
69. Sattler, C. H., Über die Markscheidenentwicklung im Tractus opticus, Chiasma und
Nervus opticus. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. p. 271. Festsohr. f. H. Sattler.
70. Schaffer, Karl, Der Kleinhimanteil der Pyramidenbahn (die cerobellare Pyramide).
Zschr. f. die ges. Neur. 27. (5.) 435.
71. Derselbe, Zur Kenntnis der normalen und pathologischen Neuroglia. ebd. 30. (1.) 1.
72. Derselbe, Gibt es eine zerebellopontine Bahn? 30. (1.) 70.
73. Derselbe, Erster Bericht über die Tätigkeit des Budapester interakademischen For¬
schungsinstituts. (1912—1913.) ebd. 30. (1.) 84.
74. Derselbe, Anatomischer Beitrag zur Frage der zerebellaren Pyramide. Neurol. Cen¬
tralbl. No. 7/8. p. 248.
75. Schenk, Fritz, Zur Frage der Nervenfasern im Milohzahn. Arb. aus d. neur. Inst,
a. d. Wiener Univ. 21. (1/2.) 79.
76. Schmidt, Walter, Die Muskulatur von Astacus fluviatilis (Potamobius astacus L.).
Ein Beitrag zur Morphologie der Decapoden. Ztschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. 113.
H. 2. p. 166.
77. Shindo, Tokuichi, Über die Bedeutung des Sinus cavernosus der Säuger mit ver¬
gleichend-anatomischer Berücksichtigung anderer Kopfvenen. Anatom. Hefte. H. 157.
(52. Bd., H. 2.) p. 321.
78. Sjölander, A., och Strandberg, A., Om nervema tili thymus. (Über die zur mensch¬
lichen Thymusdrüse tretenden Nerven.) Upsala Läkareförenings Förhandlingar.
Ny Följd. Tjugonde Bandet. Häft 3 och 4. p. 262.
79. Stendel], Walter, Der Nervus electricus von Mormyrus. Zoolog. Anzeiger. Bd. XLV.
No. 10. p. 438.
80. Strauß, Otto, Die Organgenese der Thymusdrüse. Diss. Berlin.
81. Streblow, Fritz, Beiträge zur Kenntnis der Muskelvarietäten des Rumpfes und der
Extremitäten an einer Farbigen. Diss. Berlin.
82. Swindle, Gaylord, On the Genetic Relation of Neurofibrills to Chromation. Zool.
Jahrb. Abt. f. Anat. 30. (1.) 79.
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Anatomie des Nervensystems.
9
83. Tandler, Julius, und Fleissig, Julius, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des
Vertebratengehims. II. Die Entwicklungsgeschichte de3 Tarsiusgehims. Anatom.
Hefte. 156. Heft. (52. Bd., H. 1.) p. 85.
84. Terni, Tullio, I condriosomi nella cellula nervosa. (Riv. sintetica.) Riv. di Patol.
nerv, e ment. Anno 19. fase. ö. p. 282—300.
85. Th ulin, Ivan, Ist die Grundmembran eine regelmäßig vorkommende Bildung in
den quergestreiften Muskelfasern? Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 86. H. 3—4.
p. 318.
86. Tretjakoff, D., Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. Zschr. f. wissensch.
Zoologie. Bd. 113. H. 1. p. 1.
87. Tumbelaka, Über das zentrale Nervensystem einer kongenital blinden Katze. Psych.
en neurol. Bladen. 19. 293.
88. Unger, L., Untersuchungen über die Morphologie und Faserung des Reptiliengehims.
III. Das Vorderhirn der Hatteria punctata (Sphenodon punctatum). Sitzungsbor.
d. Kaiserl. Akad. Wien. Math, naturw. Klasse. 1914. Bd. CXXIII. No. 8—10.
p. 293.
89. Vastarini-Cresi, Giovanni, Chiasma gustativo (periferico) nella lingua dell’uomo
e di alcuni mammiferi. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol. Bd. 31. H. 7/9.
p. 380.
90. Vermeulen, H. A., The Vagus-Area in Camelopardalus Giraffa. Koninklijke Akad.
van Wetenschappon te Amsterdam. Proceedings. Vol. 18. (4/5.)
91. Derselbe, On the Conus modullaris of the Domestio Animais. ebd. 18. (4/5.)
92. Derselbe, Note on the Size of the Dorsal Motor Nuoleus of the Xth Nerve in Regard
to the Development of the Stomach. ebd. 1913. Oct. 24.
93. Derselbe, The Vagus Area in Camelidae. ibidem. March 26.
94. Derselbe, Conceming the Nervus Sympathicus of Domestic Animais. ebd. Proceedings.
18. (7.)
95. Derselbe, On the Vagus and Hypoglossus Area of Phooaena communis, ebd. Pro¬
ceedings. 18. (16.) 965.
96. Virohow, Hans, Gesichtsmuskeln des Schimpanse. Sitzungsber. d. Königl. Preuss.
• Akad. d. Wissensch. No. XVI. p. 283.
97. Vogt, Cecile und Oskar, Über einen angeblichen Fasciculus corporis callosi cruciatus.
Journal f. Psychol. u. Neurol. Bd. 21. H. 3—4. p. 154.
98. Wallenberg, Adolf, Abnorme Bündel des Fomix und der Pyramidenbahn beim
Meerschweinchen. Anatom. Anzeiger. Bd. 48. H. 5/6. p. 141—144.
99. Weber, L. W., Neuere Ergebnisse über das Verhalten der Neuroglia im Zentralnerven¬
system. Zbl. f. d. ges. Ophthalmol. 1914. 2. (1.) 1. (Referat.)
100. Winkler, Arthur, Untersuchungen über das Nervensystem und das Blutgefäßsystem
von Rossia makrosoma d’Orb. Zschr. f. wissensch. Zoologie. 114. (4.) 657.
101. Zabriskie, E. G., Some Remarks on the Facialis Nucleus. Neurographs. Vol. I.
No. 1. p. 47.
102. Zalla, M., Sui trapianti dei nervi periferici. Riv. di patol. nerv, e ment. Vol. 19.
fase. 4. p. 193—207.
Von den anatomischen Arbeiten über das Nervensystem, die mir
ihres Gehaltes wegen wert erscheinen, besonders hervorgehoben zu werden,
erwähne ich zunächst diejenige von Tandler und Fleissig, weil sie unsere
Kenntnisse über die Formgestaltung des Gehirns in seinen ersten Entwick¬
lungsstadien fördert, ferner diejenige von Bok, der die Entwicklung der
Zellsäulen und Fasersysteme im Hirnstamme von bebrüteten Hühnchen
verfolgte und auf Grund seiner Beobachtungen das Gesetz von der stimulo-
genen Fibrillation aufstellt, welches besagt, daß wiederholte Reizströme die
Ursache sind, daß ihrem Wege entlang Fibrillen auswachsen. Nicht die
Bahnen schreiben in erster Linie den Reizen ihren Weg vor, sondern um¬
gekehrt gerade die Reize sind es, welche die Konfiguration des Bahnsystems
vorschreiben und es aktivieren. Mit der Übersetzung desjenigen Kapitels
aus Vesals großem Werke ,,de humani corporis fabrica“, welches die Ana¬
tomie des Gehirns behandelt, hat sich Holl ein sehr großes Verdienst er¬
worben. Schaffer hat die neue Gliamethode Cajals zum gründlichen
Studium des Gliagewebes benutzt. Nach den Befunden könne ein Zweifel
an dem Nährcharakter der Neuroglia nicht mehr bestehen, v. Monakow
gibt weitere Ausblicke über die Zusammensetzung der Pyramidenbahn und
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Anatomie des Nervensystems.
ihre Funktion sowie über Assoziationsbündel zwischen Gyrus centralis und
parietalis, die er unter dem Namen fasciculus centroparietalis zusammen¬
faßt. Kasaka und Hiraiwa halten die zentrifugalen Optikusfasern, welche
in der Retina frei endigen, für vasomotorische; sie bilden ein zusammen¬
gehöriges System und entspringen bei Vögeln vom Ganglion isthmi, bei den
Säugetieren vom Ganglion cervicale supremum. Brouwer erweitert unsere
Kenntnisse von den Verbindungsbahnen zwischen Olive, Nebenolive und
Kleinhirn. Schaffer beschreibt aberrierende Pyramidenfasern im Pons
und in der Medulla oblongata, von denen die ersteren mit den Kernen des
Pons, die letzteren mit dem Kleinhirnwurm via Corpus restiforme in Ver¬
bindung treten sollen. Im Wurm treffe somit eine spino-zerebellare Bahn mit
einer kortiko-bulbo-zerebellaren zusammen, erstere als eine tonussteigernde,
letztere als eine tonusschwächende. Behr erbringt den Nachweis eines im
Sehnerven selbst sich vollziehenden, zentral gerichteten Saftstromes.
Die zahlreichen verdienstvollen Arbeiten über den Gehirnbau niederer
Tiere, über Sinnesorgane und über Muskelsysteme wolle man in den be¬
treffenden Abschnitten nachsehen.
Mass- und Gawtchtsverhältnisse.
Retzius (66) legt dar, daß es bis jetzt keinen Beweis für die von
Broca im Jahre 1862 aulgestellte Theorie gäbe, daß die Größe der Schädel¬
höhle resp. des Gehirns des Menschen durch die Einwirkung einer erhöhten
„Kultur“ wächst. Es gäbe bis jetzt keinen wahren Beweis für die von
demselben Forscher gemachte Behauptung, daß die Größe der Schädelhöhle
des Menschen sich seit älterer Zeit und besonders seit dem XII. Jahr¬
hundert vermehrt hat, und daß diese Sache durch das Studium der ein¬
gesammelten Schädel aus den verschiedenen Zeitperioden dargelegt worden
ist. In Schweden, wo nach allen Erfahrungen die Bevölkerung seit dem
Steinzeitalter meistens aus denselben Rassenelementen zusammengesetzt
gewesen ist, läßt sich aus dem sämtlichen zur Verfügung stehenden Schädel¬
material der verschiedenen Perioden nur schließen, daß keine wesentliche
Veränderung in der Größe der Schädelhöhle von älterer Zeit bis auf die
Neuzeit eingetreten ist, sondern nur die gewöhnlichen Varationen dieser
Größe in ungefähr demselben Umfange nachzuweisen sind. Schon im Stein¬
zeitalter und im Eisenzeitalter scheint, dem vorliegenden Schädelmateriale
nach zu urteilen, die Größe der Schädelhöhle resp. des Gehirns eine ebenso
hohe Ausbildung gehabt zu haben, wie sie in der neuen Zeit vorhanden
ist. Retzius betont aber, daß man aus der Schädelkapazität nicht ohne
weiteres auf die exakte Größe des Gehirns schließen darf. Was das Ver¬
hältnis der Größe der Schädelhöhle zu dem Volumen des Gehirns betrifft, so ist
ja natürlich im ganzen genommen eine Relation zwischen ihnen vorhanden.
Diese ist, wie bekannt, nicht so exakt und genau, wie man zuweilen anzu¬
nehmen scheint. Vor allem wechselt ja die Quantität der den Raum mehr
oder weniger ausfüllenden Zerebralflüssigkeit individuell sowohl mit dem
Alter als infolge von Krankheitszuständen. R. glaubt deshalb, daß die zuerst
von Broca stammende Lehre jedenfalls als nicht durch wahre Beweise be¬
gründet, sondern bis auf weiteres vielmehr als unwahrscheinlich anzusehen ist.
Nicht das Gehirngewicht bestimmt nach Black’s (6) Ansicht den
Unterschied in der Gehirnleistung der modernen Menschen und deijenigen
der Menschen der ältesten Zeitperiode, sondern die Größe der Rindenterri¬
torien. Wenn man diese Rindenterritorien in aufsteigender Reihe vom
Anthropoiden über den Neandertalmenschen (Schädelausgußmodell) zum
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Anatomie des Nervensystems.
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jetzt lebenden Menschen vergleicht, so ist es besonders die frontale nnd
präfrontale Region, welche beim modernen Menschen am größten ist.
Nach Wägungen, die hauptsächlich von Max Weher stammen, hat
Dnbois gezeigt, daß bei verwandten Tierarten von ungefähr gleicher Intelligenz
und Lebensweise sich die Gehirngewichte verhalten wie die 0,66 sten
Potenzen der Körpergewichte, d. h. annähernd so wie die Quadratwurzeln
der Körpergewichte. Es ist nun besonders wünschenswert, für die aus-
gestorbenen Primatenformen eine solche Schätzung zu gewinnen, vor allem
bei denjenigen Arten, die den Hominiden näherstehen. Bei den fossilen
Funden läßt aber gerade die Formel von Dubois im Stich. Mollison ( 60 )
meint nun, daß auch zwischen der Kapazität des Schädels und dem Gesamt¬
volumen der Extremitätenknochen ein ähnlicher Zusammenhang besteht wie
zwischen Gehirngewicht und Körpergewicht. Nach einem besonderen Ver¬
fahren der Volumbestimmung der Extremitätenknochen und einer sehr
komplizierten Berechnung bringt er eine vergleichende Tabelle, auf der die
Verhältniszahlen zwischen Schädelkapazität und Knochenvolumen bei ver¬
schiedenen Menschenrassen und Anthropoiden angegeben sind.
Nach Berechnungen von Dubois (27) verhalten sich bei Vertebraten¬
arten gleicher Organisation und Körperform und gleicher Lebensweise die
Hirngewichte wie die 6 / 9 - Potenz der Körpergewichte. Die beiden Geschlechter
einer Art stehen in der Beziehung ihrer Gehirnmasse und Körpermasse
zueinander wie zwei verschiedene Tierarten mit gleicher Organisation des
Nervensystems. Bei Wirbeltierarten mit übereinstimmender Organisation
ihres Nervensystems, Lebensweise und Körperform und auch bei den zwei
Geschlechtern einer Art nimmt die Hirnmasse zu wie das Produkt der
Längendimension und des Quadrates ihrer dritten Potenzwurzel. Bei ungleich
großen Individuen einer Art und gleichen Geschlechtes nimmt die Hirn¬
masse zu wie das Quadrat der dritten Potenzwurzel aus der Längen¬
dimension des Körpers.
Donaldson, Hatai und King (26) haben in früheren einzelnen Arbeiten
Untersuchungen über das absolute und relative Hirngewicht der weißen Ratte
gemacht, ferner über das Gewicht der einzelnen Hirnabschnitte, Uber den
Fortgang der Markreifung und den Wassergehalt des Gehirnes. In weiteren
Untersuchungen haben sie den Einfluß auf das Hirngewicht studiert, den
Zähmung, Zeugung, Krankheit, Tätigkeit, veränderte Nahrung und Kastration
ausüben. Die Ergebnisse werden in vorliegender Arbeit kurz rekapituliert
In mancher Hinsicht kann man, wie die Autoren meinen, aus den Tatsachen,
die sich bei der Ratte ergeben haben, auch Schlüsse auf das menschliche
Gehirn ziehen, und zwar wird wahrscheinlich die Kastration auch beim
Menschen das Gehirngewicht nicht verändern, während Krankheit und
mangelhafte Nahrung es in ungünstiger Weise beeinflussen werden; Tätigkeit
wiederum wird günstig auf das Gehirn wirken. - Am wenigsten beeinflußt
von äußeren Faktoren dürften der Wassergehalt und die Markreifung werden.
Entwicklung des Nervensystems.
Die Arbeit von Tandler und Fleissig (83) über die Entwicklungs¬
geschichte des Tarsiusgehirns ist die Fortsetzung einer gleichen Arbeit über
das Geckogehirn (Anat.. Hefte. Bd. 33, H. 101). Die Autoren erkennen nur
Furchen resp. Vorwölbungen als Grenzen der einzelnen Hirnanteile an.
Das Prosenzephalon besteht nach ihnen aus 4 Abschnitten, eine Unterteilung
des Rhombenzephalon in zwei Stücke (nach His) konnten die Autoren nicht
beobachten, ebensowenig betrachten sie den Isthmus rhombencephalicus
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Anatomie des Nervensystems.
als einen eigenen Hirnabschnitt. Im folgenden können nur Einzelheiten
aus der vorzüglichen Arbeit erwähnt werden. Es kommt am Rhomben-
cephalon frühzeitig zur Ausbildung eines mächtigen Plexus chorioideus,
ebenso wie zur Entwicklung eines geräumigen Recessus lateralis. Auch in
dem ältesten beobachteten Stadium, in welchem der Rezessus bereits weit
basalwärts zieht, war es nicht möglich, eine sekundäre Dehiszenz daselbst
und eine damit verbundene Eröffnung des Hohlraumes des Rhombenzephalon
zu beobachten. Die Abgrenzbarkeit des Mesenzephalon ist hinten während
der ganzen Zeit der Entwicklung eine sehr prägnante, vorne jedoch nach
dem Vorderhirn zu ist sie schwierig. Das Prosenzephalon teilen die
Autoren in das Infundibulum, das Optikushirn, das Telenzephalon und das
Dienzephalon. Diese vier Teile treten fast gleichzeitig auf. Während das
Infundibulumhirn rein basalwärts, das Optikushirn ventrolateralwärts zum
Vorschein kommt, entwickelt sich rostralwärts das Telenzephalon und rein
dorsalwärts das Dienzephalon. Die beiden letzten Abschnitte sind durch
den Sulcus telendiencephalicus getrennt. Die Decke des Dienzephalon,
welche ursprünglich gleichmäßig dick war, wird in den folgenden Stadien
dünner, schließlich etabliert sich hier ein Plexus chorioideus. Das Dienze¬
phalon nimmt in seiner Höhendimension ständig zu, wobei gleichzeitig die
Abgrenzung gegen das Infundibulum und das Optikushirn eine ungenaue
wird. Der ursprünglich weite Hohlraum der dienzephalen Blase wird durch
die Dickenzunahme der seitlichen Wand immer mehr eingeengt. Eine
vollständige Verwachsung der seitlichen Wände konnte an dem vorhandenen
Material nicht beobachtet werden. Der Sulcus Monroi tritt früh auf. Mit
der stärkeren Entwicklung der lateralen Anteile des Telenzephalon vertieft
sich der ursprünglich flache Sulcus telendieucephalicus immer mehr, und
damit wird das Telenzephalon immer deutlicher von der Nachbarschaft
abgegrenzt. Weitere Ausführungen der Autoren beziehen sich auf die
Begrenzungen der Cavum Monroi (Hochstetter) resp. des Kavum des
Telenzephalon impar. Die auf Tafeln gebrachten Ansichten der lateralen
Fläche und des Medianschnittes aus verschiedenen sich folgenden Ent¬
wicklungsstadien erleichtern das Verständnis ungemein.
Die bedeutsame Publikation von Bok (11 u. 12) besteht aus zwei größeren
Abschnitten. Im ersten deskriptiven Teil wird die Entwicklung der ein¬
zelnen Bahnen und Bahnsysteme beschrieben, wie sie unter dem Mikroskop
wahrzunehmen ist. Im zweiten sind die dabei gefundenen allgemeinen
Prinzipien in dem Auswachsen von Neuriten und Dendriten Gegenstand
einer Besprechung, welche zum Erkennen einer Ursache in der „stimulogenen
Fibrillation“ führt. Im ersten Teil beschränkt sich der Autor auf die
Beschreibung der Entwicklung der Hirnnerven III—Xn und ihrer sekun¬
dären und tertiären Neuronen, soweit sie sich im Hirnstamme vorfinden.
Er studierte dazu Hühnerembryonen, welche nach dem Verfahren Cajals
imprägniert worden sind. Die studierte Serie bestand aus Embryonen vom
4.—16. Tage der Entwicklung. Die Resultate werden folgendermaßen
zusammengefaßt:
Nach 4 Bruttagen haben die Hirnnerven (III—XII) und ihre zentralen
Bahnen das Ende ihres primitiven Wachstums erreicht, wodurch ein ab¬
geschlossenes Ganzes gebildet worden ist. Dabei sind schon einfache
Reflexbahnen entwickelt, aber jede zerebellare, mesenzepbale und pros-
enzephale sekundäre Projektion fehlt noch ganz. Die Neuroblasten der
bulbären Ganglien — welche Ganglien miteinander mittels einer Ganglien¬
leiste Zusammenhängen, die von dem N. trigeminus bis ins Rückenmark
hinein verfolgt werden kann, — haben einen peripheren und einen zentralen
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Anatomie des Nervensystems.
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Ausläufer. Von diesen letzten, die zweierlei Verlauf zeigen, dichotomisieren
die Haut* und Vestibularisfasern; ihre Äste biegen, dem Gesetze der Neuro-
biotaxis gemäß, sofort kaudal- und proximalwärts in dem Randschleier
ab und bilden die sensiblen lateralen Stränge. Die viszeralen und die
kochleären Fasern dringen aber nach demselben Gesetz in die Mantelscbicht
ein und enden nahe dem Ependym in ihrem Eintrittsniveau. Die Neuro-
blasten des Ependyms der Flügelplatte, welche in der Nähe der sensiblen
Fasern gelegen sind, senden ihre Neuriten medialwärts aus. Diese durch¬
laufen die Mantelschicht, kreuzen die Medianebene und steigen dann nahe
der Raphe ab, wobei sie die zwei Fasciculi longitudinales posteriores bilden.
In der Nähe dieses Längsbündels bildet das Ependym die „mediale Neuro-
blastensäule“, aus der alle motorischen Kerne herstammen. Die meisten
ihrer Achsenzylinder gehen nämlich iu lateraler Richtung in die Mantel¬
schicht, um in der lateralen Wurzellinie als Fasern des viszeromotorischen
Systems auszutreten. Einige viel jüngere Neuroblasten, die zwischen den
vorigen zerstreut sind, senden ihre Neuriten ventralwärts; diese bilden die
somatomotorischen Nerven, welche in der medialen Wurzellinie austreten,
ln diesem Alter sind also die primären sensiblen und motorischen Neuronen
angelegt, und es wird der Reizverband zwischen diesen von einem einzigen
Systeme gleichförmiger Schaltzellen hergestellt. Die exogenen Reize verteilen
sich viel mehr als die viszeralen über das ganze Neuralrohr. Von diesen
Elementen treten die lateralen Neuroblasten am ersten auf. Nachdem ihre
Neuriten die — gekreuzten — Fase. long. post, gebildet haben, „aktivieren“
diese die in ihrer Nähe gelegenen Neuroblasten, welche die viszeromotorischen
Achsenfasern bilden (IV, V, VII, IX, X, XI, Nc. mot. superficialis im
Rückenmark). Zugleich entwickeln sich die sensiblen Neuronen. Einen ganzen
Bruttag später, iu dem Momente, wenn die ersten Optikusfasern das Tectum
opticum und also die höohsten Bogenfasern des Fase. long. post, erreichen,
bildet sich an diesem Fase, entlang das somatomotorische System (IU,
VI, XII und der zweite motorische Kern Cajals in der Medulla spinalis).
Dieser Entwicklungsgang findet in höheren Ebenen eher statt als in kau-
daleren; es macht den Eindruck, als ob bei jedem neuen System eine Ent¬
wicklungswelle das ganze Neuralrohr von proximal nach kaudal durchläuft.
Alle motorischen Kerne haben also ihren Ursprung in einer einzigen moto¬
rischen Zellsäule, iu welcher die verschiedenen Elemente durcheinander
zerstreut sind. Während des 5. Bruttages verlagern sich die viszeromoto¬
rischen Kerne lateralwärts nach den sensiblen Strängen und ihren Endkernen.
Sie folgen dabei dem Gesetz der Neurobiotaxis, da eben diese Zellen immer
gleichzeitig in Erregung sind mit den in ihrem Niveau eintretenden sensiblen
Fasern, da ihre Endorgane nahe aneinander gelegen sind. Bald (nach
7 Bruttagen) vollenden sich dann die geringeren Verlagerungen der einzelnen
Kerne. Nach 4 und 5 Bruttagen tritt die ungekreuzte und gekreuzte tecto-
bulbäre Bahn auf. Die lateralen Neuroblasten, welche durch die Verlagerung
der viszeromotorischen Kerne nach den sensiblen Strängen vieles von ihrer
Funktion verloren haben, verlagern sich nach den absteigenden Bahnen und
werden zu retikulären Zellen (Nc. motorius der Haube = „Edingers Gruppe
der lateralen Neuroblasten“ mit ihren Bogenfasern). Nachher bilden sich
neue sekundäre Elemente des sensiblen Systems, die, nachdem sie als Fibrae
arcuatae gekreuzt haben, größtenteils in der Substantia reticularis enden,
teilweise in den bulbo-mesenzephalen (5. Bruttage), in den bulbozerebellaren
(6. Bruttage) und in den schwachen bulbothalamischen Bahnen (8. Bruttage)
aufsteigen.' Die Topographie der auf- und absteigenden Bahnen liegt sehr
schön in dem 9 Tage alten Embryo vor. Der N. octavus verhält sich bezüglich
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Anatomie de* Nervensystems.
seiner sekundären Elemente etwas anders. £. studierte von ihm namentlich
den N. cochlearis. Die Fasern des Hörnerven dringen nach 4 und 5 Brut¬
tagen alle in die Mantelschicht ein. Die in ihrer Nähe gelegenen Neuro¬
blasten, die Zellen des künftigen Nc. magnocellularis, senden Achsenfasern
aus, die nach ihrer Kreuzung nicht absteigen, sondern ihren Verlauf quer
auf dem Stamm fortsetzen und vorläufig in der Nähe des heterolateralen
N. cochlearis enden. Sie verlängern sich anderthalb Bruttage später kranial-
wärts bis in die Nähe des Nc. lateralis cerebelli. Dorsal von ihrer proxi¬
malen Umbiegung bildet sich der Nc. laminaris, der also ventral vom
Nc. magnocellularis gelegen ist Ihre Neuriten bilden nachher das Corpus
trapezoides und enden teilweise in den Olivae superiores, teils steigen sie in
dem hier entspringenden Lemniscus lateralis nach dem Corpus posticum auf.
Die primären Cochlearisfasern haben indessen dorsokranielle Ausläufer
gebildet, welche in den Nc. angulares enden. Der Nc. magnocellularis hat
einen Ausläufer in der Richtung des Cochleariseintritts. Die am meisten
ventral gelegenen Zellen senden ihre Neuriten nicht hinter, sondern vor dem
Nc. laminaris entlang in die dorsale Cochleariskommissur. Einige ganz in
der Eintrittsstelle des Cochlearis gelegene Zellen senden ihre Fasern, wie
einige primäre Neunten, in das Corpus trapezoides. Dadurch ist die ventrale
Kreuzung auch bei den Vögeln von primären, sekundären und (größtenteils)
tertiären Elemeuten aufgebaut. Die zentralen Neuronen des N. cochlearis
zeigen also die Tendenz, sich statt dorsal mehr ventral zu entwickeln.
Statt des Nc. magnocellularis bildet sich ein dem Nc. ventralis der Säugetiere
analoger Kern. Ebenso wie vom N. cochlearis gibt der Autor auch Einzel¬
heiten über die anderen Hirnnerven.
Diese wiedergegebene Bahnenentwicklung lehrt, daß neue Bahnen sich
immer dort bilden, wo eine Reizausstrahlung stattfindet. Die jungen Fibrillen
legen sich dabei in der Richtung der ausstrahlenden Reize, m. a. W. in
Protoplasmalinien, welche von wiederholten Reizen gebahnt worden sind.
Sie stammen her von dem zuerst durchströmten und also am stärksten
gebahnten Neuroblasten. Dies ist der Grund, auf dem die Hypothese der
stimulogenen Fibrillation beruht, welche besagt: Wiederholte Reizströme
sind Ursache, daß ihrem Wege entlang Fibrillen auswachsen. Die Fibrillen¬
bildung schließt sich nach dieser Hypothese ganz der allgemeinen Eigenschaft
des Protoplasmas an, sich einer wiederholten Funktion anzupassen: die Neu¬
riten und Dendriten — möglicherweise die sie enthaltenden Neurofibrillen —
sind die stärksten, mikroskopisch sichtbaren Engramme. Diese Annahme
wird, von der Wahrnehmung gestützt, daß eine Bahn in dem Momente, wo
eine andere Bahn an ihrem Ursprung ankommt, ihrer ganzen Länge entlang
neue Neuroblasten aktiviert, von denen die Neuriten wieder in der Richtung
der ausstrahlenden Reize auswachsen. Diese Betrachtung der Entwicklungs¬
geschichte des Bahnsystems lehrt, daß die Bahnen nicht in erster Linie
den Reizen ihren Weg vorschreiben, sondern daß es gerade die Reize sind,
welche die Konfiguration des Bahnsystems herbeiführen.
Das ganze Zentralnervensystem oder grossere Abschnitte desselben.
Holl (41) hat sich mit der Übersetzung desjenigen Kapitels aus Vesals
großem Werke „de humani corporis fabrica“, welches die Anatomie des Ge¬
hirns behandelt, ein sehr großes Verdienst erworben. Nach Anführung des
Inhaltes der einzelnen Kapitel und der Beschreibung der Figuren, von denen
der Kosten wegen in der Ho 11 sehen Arbeit nur zwei in verkleinertem Maß-
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Anatomie des Nervensystems.
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stabe wiedergegeben werden konnten, faßt der Antor die textlichen Angaben
Yesals über die Anatomie des Gehirnes folgendermaßen zusammen:
Das ganze Gehirn ist einheitlich. Das Gehirn wird eingeteilt in ein
Zerebrnm, Zerebellum und Principium medullae dorsalis (sc. Medulla oblon-
gata). Die Medulla dorsalis entstammt nicht dem Zerebellum, sondern dem
Zerebrum, da sie ufit dem Zerebrnm durch Gehirnsubstanz in kontinuier¬
licher Verbindung ist, nicht aber mit dem Zerebellum, mit welchem sie
außer durch zwei rundliche Flachheiten (sc. Corpus restiforme, Brachia
pontis) nur durch weiche Membranen (sc. Pia mater) verbunden wird. Vom
Zerebellum gehen keine Gehirnnerven ab; alle entspringen vom Zerebrum
g nd dem Principium medullae dorsalis). Die Geruchsorgane sind nicht als
eruchsnerven zu bezeichnen, da sie die Schädelhöhle nicht verlassen. Das
Zerebrum ist oben geteilt, basalwärts einheitlich. An der Oberfläche des
Zerebrum und Zerebellum Anden sich zahlreiche Gyri, Revolutiones und
Sinus (sc. Sulci) vor. Die Windungen des Zerebellum sind nicht so zahl¬
reich und auch oberflächlicher wie die des Zerebrum, weil sie eine kleinere
Gehirnmasse zu ernähren haben. Die Gyri und Sinus des menschlichen
Gehirns zeigen im Vergleiche mit denen des Tiergehirns nichts Eigentüm¬
liches. Wenn die Hirnwindungen nicht der Intelligenz vorstehen, so sind
sie jedenfalls geschaffen für die Ernährung dos Gehirns. Die Sinus sind da,
damit die weiche Hirnhaut sich einsenken und die Ernährung des Gehirns
vornehmen könne. Wenn man die weiche Hirnhaut entfernt, wird man
niemals Blutgefäße in der Gehirnsubstanz vorfinden. Die Substanz der Ge¬
hirnwindungen und der Furchenboden ist grünlich; alle andere Gehirn¬
substanz ist weiß. Die ganze Gehirusubstanz ist eine spezifische und zu
den von dem Gehirne erzeugten Aktionen befähigt. Die Oberfläche des
Gehirns ist mit einem Humor aqueus bedeckt. Das Zerebellum besteht aus
einem rechten und einem linken Anteile, die durch den Wurm verbunden
werden. Die Spitzen dieses sind umgebogen uud bilden die Processus vermi-
formes cerebelü.
Auf eine nähere Beschreibung der Oberfläche des Gehirns geht Vesal
nicht ein. Erwähnt wird die Windung am Stirnpole als Tuberkulum oder
Processus mammillaris cerebri. Ganz oberflächlich wird die Gehirnbasis ab¬
getan, ja ihrer in der speziellen Anatomie des Gehirns gar nicht gedacht.
Erwähnt wird nur der Trichter mit der den Gehirnsohleim aufnehmenden
Drüse (sc. Hypophysis) und das Principium medullae dorsalis (sc. Medulla
oblongata); alles übrige ist Vesal unbekannt geblieben.
Der Balken, Corpus callosum, besteht aus der inneren Substanz des
Gehirns und verbindet den rechten mit dem linken Teile des Gehirns. Daß
der Balken die beiden Hemisphären nicht der ganzen Länge nach verbindet,
schildert Vesal, indem er sagt: Der hintere Teil des Corpus callosum ist
dem vorderen Ende des Gehirns etwas näher als der vordere Teil dem
hinteren Ende des Gehirns. Das Splenium, genu, rostrum corporis callosi
sind Vesal unbekannt geblieben. Der Balken ist ähnlich gewölbt wie das
Schädeldach. Die Sulci corporis callosi werden als Sinus beschrieben, die
zum Abflüsse des Schleimes aus den oberen Teilen des Gehirns dienen; sie
fangen ihn auf und lassen ihn mittels der gewölbten Fläche des Corpus
callosum nach vorn fließen. Der Balken bildet mit seiner unteren Fläche
die Decke der seitlichen Gehirnventrikel, und aus der Mittellinie seiner
unteren Fläche geht das Septum ventriculorum hervor.
Das Septum ventriculorum Vesals ist nicht gleichbedeutend dem
Septum pellucidum. Dieses, von Vesal als „Corpus diaphonum s. Speculum“
bezeichnet, stellt nur den vorderen unteren, verdünnten Anteil des Septum
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Anatomie des Nervensystems.
ventriculorum Vesals dar. Nach Vesal bildet das Corpus callosum die
Decke der unter ihm liegenden Ventrikel; es ist demnach der Fornix auch
ein den Ventrikeln zugehöriges Gebilde (sc. Dach des mittleren Ventrikels).
Entlang der ganzen unteren Fläche des Corpus callosum erzeugt dasselbe in
der Mittellinie eine Leiste „dextri sinistrique ventriculorum cerebri septum“,
welche sich nach abwärts vorn verdünnt; der verdünnte Anteil ist das
Corpus diaphonum (== Septum pellucidum), somit ein Teil des ganzen
Septum ventriculorum. Der leistenförmige Anteil des Septum ventriculorum
liegt zwischen Corpus callosum und dem Fornix und ist sowohl mit dem
ersteren als mit dem letzteren verwachsen, so daß, wenn das Corpus callosum
abgehoben wird, der obere Teil des Septum am Corpus callosum, der untere
Teil am Fornix liegen bleibt. Da die rechts und links von der Mittellinie
der unteren Fläche des Corpus callosum gelegenen Flächen das Dach des
rechten bzw. des linken Ventrikels bilden und die beiden Ventrikel dach-
wärts gegen das Corpus callosum hin nach der Vorstellung Vesals getrennt
sind, so muß sich das Septum ventriculorum Vesals über das Septum
pellucidum nach hinten hinaus zwischen Corpus callosum und Fornix er¬
strecken, mit anderen "Worten: Vesals Septum ventriculorum stellt ein hinter
dem Septum pellucidum zwischen Fornix und Corpus gelegenes uud mit
diesem Gebilde verwachsenes, leistenförmiges Septum dar. Merkwürdiger¬
weise beschreibt und bildet Vesal dieses eben genannte, jedoch nicht
existierende Septum ventriculorum ab (bei Ventrikelerweiterungen ist es oft
deutlich zu sehen. Ref.), während er das wirklich vorhandene, eigentliche
Septum ventriculorum nämlich das Septum pellucidum (Corpus diaphonum
Vesal) nicht abbildet, sondern nur beschreibt. An den Gehirnabbildungen,
welche die eröffneten Ventrikel zeigen, ist keine Spur von einem Septum
pellucidum wahrzuuehmen. In der Erklärung der 5. Gehirnabbildung gibt
Vesal an, daß man während des Sezierens eines Gehirns bei mäßiger Ab¬
hebung des Corpus callosum das „Spekulum“ (= Septum pellucidum) un¬
versehrt ‘sehen könne. Aber es gelang ihm nicht, eine entsprechende Ab¬
bildung herzustellen.
Vesal zählt vier Ventrikel: Diebeiden Seitenventrikel nennt er den
rechten und linken Ventrikel; der mittlere Ventrikel wird als dritter oder
als gemeinsame Höhle des rechten und linken Ventrikels (Communis ventri¬
culorum dextri et sinistri concavitas) bezeichnet; der vierte Ventrikel ist
dem Kleinhirn und der Medulla dorsalis gemein.
Der rechte Ventrikel wird vom linken durch das „Septum ventri¬
culorum“ geschieden. Der vordere Teil jedes seitlichen Ventrikels ist stumpf
und rund und endigt nicht, wie alle Anatomen angeben, mit einer Spitze
gegen das Geruchsorgan oder gegen den Sehnerven. Der hintere Teil des
Seitenventrikels steigt als Gang „Duktus“ (sc. Cornu inferius) in der Sub¬
stanz des Gehirns nach vorn und endet dort, wo in der Gehirnbasis das
Geruchsorgan und die Sehnerven Ursprung nehmen, dort, wo die größten
Zweige der A. soporalis (sc. Carotis interna) in das Gehirn gelangen. Dor
Gang endigt nach Art eines Hornes spitz in einer Gehirnwindung (sc. Gyrus
hippocampi); bei seinem Ende nimmt er einen Zweig der größten zum Ge¬
hirn strebenden Arterie mit einem Fortsatze der Pia mater auf. Der Gang
endigt nicht in den Anfängen des Geruchsorgaues oder der Sehnerven. Ein
Hinterhorn wird von Vesal nicht erwähnt. Die schematische Figur der
Form der Höhle des Seitenventrikels zeigt nur das Seitenhorn und das Unter¬
horn. Von Einzelheiten im Seitenventrikel finden sich folgende Angaben
vor. Die untere Fläche des Ventrikels ist uneben; dies wird zum Teil be¬
wirkt durch einen schiefen Gang, einen „Sinus“, der an der äußeren Seite
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Anatomie des Nervensystems.
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der hinteren Stelle des Ventrikels nach vorn schief zur gemeinschaftlichen
Ventrikelhöhle vordringt und zum leichten Abfluß des Schleimes dient. Ge¬
meint ist mit dem „Sinus“ die Furche zwischen Thalamus opticus und
Corpus caudatum, in welcher die Stria terminalis lagert, die Vesal jedoch
nicht erwähnt. Der Sinus veranlaßt die Bildung von Höckern (sc. Corpus
candatum und Thalamus opt); obwohl Vesal diese Gebilde abbildet, be¬
schreibt er sie nicht; nur der Thalamus opt. findet als Montikulus eine
kurze Erwähnung, welcher Montikulus gegen den dritten Ventrikel zu ab¬
schüssig ist Die gesamte Oberfläche des Ventrikels ist glatt und härter
und dicker und mit wässeriger Feuchtigkeit bedeckt, wie auch von derselben
der ganze Ventrikel erfüllt ist. Unter dem Fornix liegt der mittlere Ven¬
trikel, welcher die gemeinsame Höhle dos rechten und linken Ventrikels
darstellt; sie stellt einen oblongen Graben zwischon den beiden „Monticuli“
(sc. Sehhügeln) dar. Der mittlere Ventrikel entsendet zwei Gänge, der eine
(sc. Aditus ad infundibulum) strebt abwärts zur Drüse (sc. Hypophysis), die
den Gehimschleim aufnimmt, der andere (sc. Aquäduktus) zieht zum vierten
Ventrikel.
Der vierte Ventrikel wird von dem Kleinhirn und der Medulla dorsalis
hergestellt. Der Sinus ist vorn und hinten offen, weil das Zerebellum mit
der Medulla dorsalis dortselbst nicht verwachsen ist; aber die Öffnungen
werden von der weichen Hirnhaut verschlossen. Beim Sezieren kann wahr¬
genommen werden, daß der vierte Ventrikel nichts als eine Flüssigkeit ent¬
hält, es kann aber nicht wahrgenommen werden, auf welche Weise der
G-ang aus dem dritten Ventrikel in den vierten Ventrikel gelangt.
Der rechte und linke Ventrikel enthalten einen venösen Plexus (so.
Plexus chorioideus); der mittlere Ventrikel enthält die aus dem vierten Sinus
der Dura mater abstammende Vene (sc. Veüa magna Galeni), welche die
.Venen zum vorderen Teil des rechteu und linken Ventrikels entsendet (sc.
Venae corporis caudati). Diese Venen verwachsen leicht mit der Gehirn¬
substanz der Ventrikel, weil diese härter und dicker ist als anderwo (sc.
Ependyma). Der vierte Ventrikel enthält keinen Plexus. Der rechte und
linke Ventrikel entbalteu hinten den Anfang des Fornix (sc. Crura fornicis).
Die Ventrikel enthalten die durch die Inspiration eingesaugte Luft, wie
auch den vom Herzen übermittelten vitalen Spiritus; durch die Kraft der Ge¬
hirnsubstanz wird er in animalen Spiritus umgewandelt, der dann durch die
Nerven zu den Sinnes- und Bewegungsorganen gelangt, damit diese ihren
Aufgaben nachkommen können. Die Ventrikel des menschlichen Gehirns
sind denen des tierischen Gehirns an Zahl gleich, und sie sind auch unter¬
einander ähnlich. Die Ansicht, daß in den einzelnen Ventrikeln der Sitz
der Cogitatio, Ratio und Memoria seien, ist unrichtig.
Durch den Fornix wird der rechte Teil des Gehirns mit dem linken
verbunden. Der Fornix hat eine dreieckige Gestalt und entsteht rechts
und links aus der hinteren Stelle des rechten und linken Ventrikels, wo
sich diese nach abwärts (sc. zum Unterhorn) umbiegen. Beide Ursprungs¬
teile treten dann zusammen und bilden einen Körper, welcher nach vom
zieht, allmählich spitz endigend bei jener Stelle des Gehirns, wo der mittlere
Ventrikel vorn aufhört. Unter dem Fornix liegt der mittlere Ventrikel.
Oben ist der Fornix mit dem Septum ventriculorum (Vesalii) verwachsen.
Der Fornix wurde gebildet, um dem Drucke der höheren Teile zu begegnen.
Die vorderen Fornixschenkel, wie auch die Beziehung der hinteren Schenkel
zur Fimbria sind Vesal unbekannt geblieben, ebenso das Verhalten der
Fornix zum Septum pellucidum.
Jahresbericht f. Nearologie o. Psychiatrie loifi. 2
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Anatomie des Nervensystems.
Beim Menschen hängt die Zirbeldrüse kaum am Gehirn; heim Lamm
aber hängt sie nicht nur am Gehirn, sondern wird mit der Gehirnsubstanz
in gewisser Weise zusammenhängend gefunden. Die menschliche Drüse ist
kleiner als die des Lammes. Die Drüse kann den (sc.) Aquaeductus Sylvii
nicht schließen, da sie niemals vor der Öffnung des Ganges liegt; sie ist
ein Befestigungsmittel und eine Stütze für die (sc.) Vena magna Galeni,
welche dem Anfänge des Aquaeductus Sylvii aufliegt; dadurch beugt sie
einem Verschlüsse des Aquäduktus durch die Vena magna Galeni vor, da¬
mit der Abfluß des animalen Spiritus aus dem dritten Ventrikel in den
vierten nicht behindert werde.
Vesal nennt die vorderen Vierhügel Testes, die hinteren Nates;
sie stellen zusammen ein einheitliches Gebilde dar, das deswegen geschaffen
wurde, damit der Gang aus dem dritten in den vierten Ventrikel ohne einen
Druck von höheren Hirnteilen seinen Weg nehmen könne. Die Abbildung,
die Vesal liefert, betrifft keine menschlichen, sondern tierische Verhältnisse
(Lamm).
Am Kleinhirn ist nichts vorragender als der Vermis. Der Wurm
kann nicht den Aquaeductus Sylvii verschließen. Die Ringe eines Wurms
dienen zum Kriechen, die Windungen des Gehirnwurmes aber bestehen aus
Gehirnsubstanz. Die Tendines und Vincula Galens sind nichts anderes als
Teile der weichen Hirnhaut.
Hirntrichter, Infundibulum und Hypophysis cerebri. Die
Schädelnähte dienen zum Austritte der rauchförmigeu (rußigen) Exkremente
des Gehirns; für die Abfuhr des Gehirnschleims dienen folgende Teile:
Zwei in die Gehirnsubstanz eingegrabene Gänge, dann der Teil der weichen
Hirnhaut, der nach Form eines Trichters gebildet ist, ferner eine Drüse,
welche die Spitze des Trichters aufnimmt und die Gänge, die von dieser
Drüse zu den Löchern des Gaumens und der Nasenhöhle den Schleim ab-
führen. Aus dem mittleren Ventrikel steigt ein Gang gerade abwärts in
der Richtung zur (sc.) Sella turcica. Zu diesem Gang tritt ein anderer
Gang, der vom (sc.) Aquaeductus Sylvii abzweigt; diesen letzteren (nicht
existierenden) Gang hat Vesal, wie er angibt, selten gesehen. An der Ge¬
hirnbasis, zu den Seiten der Öffnung des aus dem mittleren Gehirnventrikel
kommenden Ganges, entwickelt die weiche Hirnhaut ein trichterförmiges
Gebilde (sc. Infundibulum), dessen unteres Ende durch ein Loch der Dura
mater tritt und in eine Drüse (sc. Hypophysis) eintritt, die den Gehirn¬
schleim abführt. Die Drüse, härter und kompakter als die übrigen Drüsen
des Körpers, steht mit zwei größeren Zweigen der Arteriae soporalis (sc.
Carotis interna) in Verbindung. Zu beiden Seiten der Drüse steigen zwei
Kanäle ab; der eine endigt bei der (sc.) Fissura orbitalis inferior, der andere
zieht durch das (sc.) Foramen lacerum anterius (?). Der nur aus der Pia
gebildete Trichter nimmt nicht nur den Schleim aus dem Innern des Gehirns,
sondern auch den von der äußeren Oberfläche des Gehirns durch die (sc.)
Sulci corporis callosi auf. Die Drüse läßt den Schleim nach allen Seiten
abfließen, und zwar durch alle Löcher der Basis der Calvaria, die für den
Durchtritt von Gefäßen und Nerven bestimmt sind.
Rete mirabile Galeni; Vesal führt an, daß dasselbe beim Menschen
nicht existiert.
Das Gehirn bereitet den weitaus klarsten und dünnsten animalen
Spiritus, welcher für die Operationen der Seele gebraucht wird, und verteilt
ihn mittels der Nerven an die Instrumente der Sinne und Bewegung. Der
Materie wird außer dem animalen Spiritus der in den Gefäßen der Hirnhaut
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Anatomie des Nervensystems.
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befindliche vitale Spiritus und die Luft hinzugefügt, welche durch die
Atmung durch die engsten, gewundenen und gekrümmten (sc. Labyrinth des
Siebbeines) zwischen der harten und weichen Hirnhaut herangezogen wird;
wegen ihres schwierigen Weges wird sie sehr verdünnt und als sehr tauglich
dem Gehirn übergeben, und überall, wo sie einen Zugang findet, dringt sie
in die beiden seitlichen und in den mittleren Ventrikel ein, in welchem der
animale Spiritus bereitet wird, der aus dem dritten Ventrikel durch einen
Gang (sc. Aquäduktus) in den vierten Ventrikel gelangt. Von hier aus
gelangt ein Teil des Spiritus in die Medulla dorsalis und in die von dieser
abgegebenen Nerven, während die seitlichen und der mittlere Ventrikel den
animalen Spiritus in die anderen Gehirnnerven und in die Sinnes- und Be¬
wegungsorgane entsenden.
In den Gehirnventrikeln findet sich der Humor aqueus vor. Die Ex¬
kremente des Gehirns, der Gehirnschleim fließt aus den Seitenventrikeln
durch je einen Kanal (sc. Rinne, in der die Stria terminalis lagert), der sich
zwischen den Höckern (Thalamus opt. und Corp. Striatum) befindet, in den
mittleren Ventrikel. Aus diesem mittleren Ventrikel fließt der Gehirnschleim
durch den Aditus ad infundibulum zum letzteren selbst und von da in die
Hypophyse. Auch aus dem Anfänge des Aquäduktus entsteht ein Gang,
der aber selten ist, der den Gehirnschleim zum Trichter führt. Ferner fließt
auch aus den unteren Enden der Cornua inferiora der beiden seitlichen
Gehimventrikel Gehirnschleim zur Basis des Gehirns und wird von dem
Trichter aufgenomraen. Endlich sammelt auch der Sulcus corporis callosi einen
ebenfalls erzeugten Gehirnschleim und führt ihn vermittels der weichen
Hirnhaut zum Trichter. Der Trichter besteht nur aus der sehr gefäßreichen
weichen Hirnhaut, welche nicht nur das obere weite Ende des Trichters,
sondern den es umgebenden basalen Teil des Gehirns umfaßt, so daß der
Gehirnschleim auch aus dem Unterhorn des Seiten Ventrikels und aus dem
Sulcus corporis callosi auch vom Trichter aufgenommen werden könne.
Aus diesem Infundibulum ergießt sich der Schleim in die Hypophysis cerebri.
Das eigentliche Infundibulum scheint Vesal unbekannt geblieben zu sein.
Zwei Kanäle’ zu beiden Seiten der Hypophysis dienen für die Abfuhr des
Gehirnschleimes. Vesal bildet vier Gänge aus der Hypophysis ab, welche
den Gehirnschleim zum Gaumen befördern sollen. Die rauchförmigen Ex¬
kremente des Gehirns verlassen die Schädelhöhle durch die Nähte des
Schädeldaches.
Sehr interessant sind auch Vesals Ausführungen, welche sich mit
Galen beschäftigen, doch müssen wir uns auf das Vorstehende beschränken,
um das schon sehr umfangreiche Referat nicht noch weiter auszudehnen.
Mills (59) gibt ein ausführliches Referat über die Hauptarbeiten, die
unsere Kenntnisse über die Morphologie des Gehirns vermehrt haben, wobei
er, da das Referat auf der Jahresversammlung der Neurolog. Gesellschaft
zu Philadelphia gehalten wurde, besonders derjenigen Arbeiten gedenkt,
welche von Amerikanern auf diesem Gebiete geleistet worden sind.
Koeppen (45) bringt Abbildungen der äußeren Form des Gehirns
eines augenlosen Tieres, Chrysochloris, und hat auch Serienschnitte durch
das Gehirn angefertigt, die er beschreibt. Es hat sich keine Spur eines
Optikus bei dem Tiere finden lassen, auch nicht einmal ein Gliastrang an
Stelle des Chiasma. Es fehlten auch Okulomotorius, Trochlearis und Ab-
duzens. An der Stelle, wo die Okulomotorius liegen soll, fand sich, wenn
auch verkümmert, ein Nervenfasernetz, welches sonst den Kern des Okulo¬
motorius durchsetzt, und darin Lücken und hier und da verkümmerte Ganglien¬
zellen. Das Corpus geniculatum externum war höchstens in einer ganz ver-
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Anatomie des Nervensystems.
kümmerten Anlage vorhanden and zeigte keine Ganglienzellen, ln dem
vorderen Vierhügel war keine Randfaserung des # Optikus zu sehen, und auch
die zweite Schicht war kaum entwickelt. Immerhin fehlte das ganze Stratum
opticum nicht ganz. Ganglienzellen waren im vorderen Vierhügel nur im
tiefen Grau in größerer Zahl nachzuweisen. Da die Gud den sehe und
Meynertsche Kommissur wohl erhalten waren, so ist das wiederum ein Beweis,
daß diese Kommissuren mit dem Sehakt nichts zu tun haben. Das hintere
Längsbündel war wenig entwickelt, wahrscheinlich wegen des Behlen s sämt¬
licher Augenmuskelnerven. Der Autor konnte an der inneren Hemisphären-
wand dicht bei dem hinteren Teil des Ammonshorns ein starkes Hervortreten
des Baillargerschen Streifens konstatieren.
Das Zentralnervensystem der Oktopoden setzt sich nach Forschungen von
Pfefferkorn (64) aus folgenden Ganglien zusammen: Ganglion cerebrale,
viscerale, pedale - brachiale, buccale sup. und inf. Diese Ganglien sind
verbunden durch die Commissura lateralis post, und ant. Ferner durch die
Com. ganglii hrachialis und Com. buccalis sup. und inf. Im peripheren
Nervensystem liegen das Ggl. opticum, pedunculi, ophthalmicum sup., GgL
stellatum, cardiacum, cardiobranchiale; Ggl. branchialia, Ggl. infundibuli-
ophthalm. inf., subradulare, gastricum. Der Autor beschreibt dann die von
diesen Ganglien entspringenden Nerven und ihre Ausbreitung. Der Autor
schließt sich der Anschauung von Chun an, daß die Oktopoden infolge
ihrer höheren Konzentration des Nervensystems eine höhere Form der
Zephalopodenklasse darstellen.
Brüel (19) fand entgegen der allgemeinen Annahme bei allen Spezies
von Pterotrachea isoliert am Gehirn entspringende Pleuroviszeralkonnektive,
die sich erst ein Stück weit hinter ihm an die Zerebropedalkonnektive an-
legen, so daß äußerlich die Grenze verschwindet; doch ist sie innerlich
nirgends verwischt Und vor den Pedalganglien trennen sich beide in alter
Stärke wieder los, laufen außen über diese Ganglien weg, legen sich dann
gleichfalls nur äußerlich an die „Pedoviszeralanastomosen“ für eine kurze
Strecke an, darauf aneinander, um endlich nahe vor den Intestinalganglien
sich zu kreuzen und so das rechte zum linken, das linke zum rechten
zu gelangen. Das rechte ist von Anfang bis Ende um ein vielfaches dicker
wie das linke. Das Gesagte wird vom Autor im einzelnen dargestellt und
durch viele Zeichnungen illustriert.
Das zentrale Nervensystem von Rossia macrosoma besteht nach Unter¬
suchungen von Winkler (100) aus dem Ganglion cerebrale, Ggl. viscerale,
Ggl. pedale, Ggl. brachiale, Ggl. buccale sup. und inf. Diese einzelnen
Ganglien sind durch Kommissuren verbunden, und zwar Ggl. cerebrale und
buccale superius durch die Commissura cerebro-buccalis, Ggl. cerebrale uud
brachiale durch die Com. cerebro-brachiale, Ggl. brachiale und buccale sup.
durch die Com. brachio-buccalis, Ggl. buccale sup. und inf. durch die Com.
buccalis inferior, Ggl. cerebrale und pedale durch die Com. lateralis. Im
peripherischen Nervensystem finden sich das Ggl. opticum, branchiale, stellatum,
Armnervengauglion, Bukkalpfeilerganglion und Ggl. gastricum. Folgende
Kommissuren sind im peripherischen System vorhanden. Com. visceralis
dorsalis ant. uud post., Com. visceralis ventralis, Com. interbrachialis. Im
folgenden setzt dann der Autor auseinander, welche Nerven von den ein¬
zelnen Ganglien entspringen, und mit welchen peripheren Teilen sie in Ver¬
bindung stehen. In ebenso ausführlicher Weise gibt Winkler auch eine
Darstellung des Gefäßsystems von Rossia macrosoma. Was das Nerven¬
system anbetrifft, so steht Rossia in vielem zwischen den Oegopsiden und
Loligo, letzterer Form bedeutend näher als Sepia.
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Anatomie des Nervensystems.
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Keim (43) hat in außerordentlich eingehender Weise das Nervensystem
von Astacus fluviatilis untersucht und veranschaulicht das Erforschte durch
äußerst viele und vorzügliche Abbildungen. Nach diesen Untersuchungen
besteht das Nervensystem aus folgenden Teilen:
A. Zephalothorax.
Ganglion supraoesophageum. N. opticus, N. oculomotorius,
N. tegumentarius, N. antennalis primus et secundus, N. ventriculi
impar superior et inferior, N. commissurae.
Ganglion commissurae. N. oesophagei superior et inferior.
Ganglion oesophagei. ' N. stomato-gastricus inferior.
Ganglion frontale. N. stomato-gastricus superior, N. cardiacus
N. rostralis.
Gangliou ventriculi superius. N. ventriculi dorsalis, medius,
anterior, posterior, lateralis, medianus dorsalis, inferior posterior,
N. hepaticus, N. mandibularis exterior.
Ganglion infraoesophageum. N. glandulae viridis, N. mandi¬
bularis interior, N. maxillaris anterior, posterior, N. pedis maxillaris
primus-secundus-tertius, Nervus superior primus-secundus-tertius-
quartus.
Ganglion thoracale-primum—quintum. Nn. pedales, Nn.
thoracales, N. genitalis.
B. Abdomen.
Ganglion abdominale primum—quintum. N. pedis spurii,
N. dorsolateralis, Nn. ventrales.
Ganglion postabdominale. N. intestinalis, N. anterior, N. uro-
pedalis, N. telsonos ventralis, dorsalis, N. ani.
Leder (55) untersuchte das Nervensystem, speziell das Gehirn eines
niederen Krebses (Cladoceren) mit der Methylenblau- und Alizarinmethode.
Das Bauchmark besteht aus zwei Konnektiven mit Ganglien uud Kommissuren
in jedem Segment. Präoral folgt das Gehirn, von dem die Nerven an die
Antennulen und an die Sinnesorgane des Kopfes abgehen. Die Architektonik
des Gehirns ist bedingt durch die Neuropile. Diese sind entweder Spezial¬
oder Universalganglien. Der zentrale Apparat des Komplexauges besteht
aus Spezialganglien. Der optische Apparat der Cladoceren ist gegenüber
dem der Euphyllopoden reduziert, dem Neuropol IV ist der motorische
Kern für die Augenmuskeln zugehörig. Scheitelsinnesorgan, Frontalorgan und
Medianauge bilden einen zusammengehörigen Organkomplex des Vorderhirnes.
Die Antennule (erste Antenne) zeigt zweierlei Sinnesapparate. Die Antenne
(zweite Antenne) hat ihre Neuropile motorischer Natur an den Schlund-
konnektiven N. VI. Alle bisherigen Neuropile haben eine klare Beziehung
zu Sinnesorganen oder Anhängen des Kopfes. Untereinander sind sie durch
verschiedene Assoziationsapparate verbunden. Die Nerven für die Extremitäten
gehen von Bauchstrangganglien aus. Es finden sich neben den motorischen
Innervationen in den Füßen noch ein System bipolarer Sinnesnervenzellen
den zahlreichen Borsten zugeordnet und außerdem ein diffuser Hautplexus,
in welchen Zellen eingeschaltet sind. In das letzte Ganglion münden die
zentripetalen Fasern des sogenannten Schwanzjborstenganglions. Das Nerven¬
system des Darms gliedert sich in das des Ösophagus, des Enddarms und
des Mitteldarms. Das landläufige Einteilungsschema für das Arthropoden¬
gehirn in Proto-, Deuto- und Tritozerebrum läßt sich auch auf das Gehirn der
Cladoceren anwenden, uur ist das Protozerebrum in eineu primären und
sekundären Anteil zu zerlegen.
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Anatomie des Nervensystems.
Nervenzellen.
Fischei (30) stellte nach angebrachten Verletzungen am Gehirn und
Rückenmark bei Larven von Salamandra maculosa fest, daß bei ihnen keine
Regenerationsfähigkeit des Gehirns besteht. Es sind zwar noch Zellteilungen
in nicht unbedeutendem Grade in ihm auslösbar, aber die neu entstehenden
Zellen sind nicht mehr imstande, einen Defekt formativ zu regulieren. Das
kaudale Ende des Rückenmarkes ist aber auch noch in späten Entwicklungs¬
stadien regenerationsfähig, das kraniale Ende des zentralen Nervensystems
dagegen nicht. In den regenerativ neugebildeten Gehirnzellen treten Diffe¬
renzierungsweisen auf, welche bei der normalen Entwicklung ihrer Mutter¬
zellen nicht in die Erscheinung treten.
Kunze (62) bespricht zunächst das Vorkommen von Kristallen in
tierischen Zellen und besonders in deren Kernen, sodann das Auftreten
kristallähnlicher Bildungen in den Nukleolen, zumal im Hinblick auf die
Bedeutung der letzteren für den Zellkern und seinen Stoffwechsel. Die in
den Nukleolen der Ganglienzellen von Helix auftretenden stark lichtbrechenden
Gebilde finden sich bis zu 20 in einem Kern, besonders häufig in dem
Viszeralganglion; neben Kernen von Zellen, welche die Kristalloide enthalten,
liegen solche, in denen sie fehlen. Von einer Beeinflussung der Erscheinung
durch das Ersticken der Schnecken im Wasser, woran Legendre dachte,
könne nicht die Rede sein, weil die Ganglien von Tieren herauspräpariert
wurden, die nicht auf diese Weise getötet wurden. Die Größe der Kristalloide
ist in den einzelnen Nukleolen recht verschieden, und auch größere Nukleolen
können ganz von ihnen erfüllt sein. Die stark lichtbrechenden, nur wenig
färbbaren Gebilde lassen Flächen und Kanten erkennen, welche sie ent¬
schieden kristallähnlich erscheinen lassen. Ob es sich wirklich um Kristalle
handelt, läßt K. unentschieden.
Gaylord Swindle (82) nimmt nach Untersuchungen am Salamander¬
rückenmark an, daß die Neurofibrillen aus dem Zellkern entstehen. Denn
die Substanz, aus denen sie bestehen, ist verschieden von deijenigen des
Zytoplasmas, und man könne die Eutstehung der Chromofibrillen, aus denen
sich die eigentlichen Fibrillen zusammensetzen, aus dem Kerne deutlich
verfolgen.
Bogrowa (10) untersuchte die Spinalganglienzellen der Katze, des
Kaninchens und des erwachsenen Meuschen. Da die Ergebnisse nichts
wesentlich Neues bringeu, so erübrigt sich ein ausführliches Referat.
Nenroglla.
Schaffer (71) hat mit der neuen Gliamethode R. y o ajals (s. S. 4)
mehrere Gehirne, sowohl normale, wie pathologische (Idiotie, chron. Alko¬
holismus, chron. Halluzinose und senile Demenz), untersucht und teilt aus¬
führlich die Ergebnisse seiner Befunde mit. Was die normale Neuroglia
anbetrifft, so läßt sie sich leicht in den mittleren und tiefen Rindenschichten
sowie in der weißen Substanz darstellen. Sie erscheint in Form von Astro-
zyten, welche durchwegs protoplasmatischer Natur sind und in den ober¬
flächlichen Schichten eine kürzere, in den tieferen eine bedeutend längere
strahlenförmige Verästelung besitzen. Die Verästelung kommt durch zu¬
nehmende Dichotomie zustande, welche eine allmähliche Verdünnung der
Aste bedingt. In guten Impräguationen ist es leicht festzustellen, daß die
Stamrafortsätze tatsächlich Zelleibausläufer, also echte Fortsätze sind. Im
Gegensatz zu diesen gibt es dann differenzierte, vom Zellkörper emanzipierte
Fasern, welche am Zelleib zu liegen, diesen nur zu berühren scheinen; es
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Anatomie des Nervensystems.
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sind dies die Ranvier-Weigertschen Gliafasern, welche Weigert 1895 als
die einzig legitimen Gliafasern ansprach. Mit Cajals Verfahren konnte
Schaffer sie an ihrer hauptsächlichen Fundstätte (Eisath) in der zonalen
Schicht nicht darstellen, fand sie aber im Hilus fasciae dentatae zahlreich,
sowie in der weißen Substanz. Unter pathologischen Verhältnissen lassen
sie sich an verschiedenen Orten finden, wo sie normalerweise nicht zu beob¬
achten sind. Die Bildung eines Gliaretikulums konnte Schaffer nicht
wahrnehmen, sondern nur. das Vorhandensein eines Gliageflechtes. Doch
sind nach Ansicht des Autors die von C aj a 1 als Endkeulen bezeichneten
Anschwellungen keineswegs als Terminalbildungen zu betrachten, denn die
Imprägnation kann leicht über die sogenannte Endkeule versagt haben,
oder die Fortsetzung kann in einem Niveau sich befinden, welches schon
auf einen anderen Schnitt fällt. Es gelang dem Autor nicht, an den
Cajalsehen Imprägnationen Anastomosen zwischen Gliazellen zu sehen.
Auf solche Plasmabrücken, welche dann Fibrillen enthalten, hätte Spielmeyer
seine Aufmerksamkeit gerichtet, und, da in solchem Falle die Fibrillen für
zwei oder mehrere Gliazellen gemeinsam sind, behauptet, daß die Genese
der Gliafasern eine plurizelluläre sei. Über diese Frage gebe die Cajal sehe
Methode keine Entscheidung, ebenso bezüglich der allgemeinen Frage, ob
es ein Gliasynzitium gäbo.
Dagegen demonstriert die Cajalsche Methode in sehr überzeugender
Weise das Verhalten der Gliaelemente zu den Ganglienzellen und zu den
Gefäßen. Nach den Bildern, die mau in den Präparaten wahrnimmt, sei
der Nährcbarakter der Neuroglia nicht zu bezweifeln. In letzterer Hinsicht
ist bereits die Anheftung der Gliafasern durch Vermittlung der Membrana
limitans gliae perivascularis vielsagend, vollends überzeugend ist aber das
euge Anliegen bzw. Umfassen der Gefäße durch die protoplasmatische
Substanz des Gliakörpers. Dasselbe Verhalten der Gliaelemente um die
Ganglienzellen herum bedeutet auch mehr als eine Stützfunktion. Namentlich
dürfte die Neuroglia an Stellen, wo sie den Gefäßen und Ganglienzellen
breit plasmatisch anliegt, als eine Diffusionseinrichtung fungieren, und zwar
vom Gefäße her gegen die Ganglienzelle oder umgekehrt. Die wechselnde
Menge an Gliakörnern ira Bereiche einer Gliazelle und deren Ausbreitung
läßt sehr an Stoffwechselvorgäuge denken. Cajals Verfahren ist eine
exquisite Gliazellmethode, Weigerte Färbung eine komplette Darstellung
aller faserigen Glia. Beide ergänzen sich und sind allein einseitig.
Was die pathologischen Veränderungen der Glia anbetrifft, so führt
die Gliawucheruug vor allem zur Vergrößerung der einzelnen Gliaelemente;
diese Hypertrophie zeigt sich am auffallendsten seitens jener Gliazellen,
welche schon normalerweise zarter gebaut sind, also an den sternförmigen
Gliazellen der obersten Rindenschicht. Die Vergrößerung betrifft alle Bestand¬
teile der Gliazelle, also Zelleib, Fortsätze und Gliafüße. Der Zellkörper
wird deutlicher, die Fortsätze erscheinen stärker, verästelter und besonders
länger, die Gliafüße erscheinen vergrößert und geschwollen. Es entstehen
gigantische Gliazellen, aus deren Zellkörper voluminöse, durch welligen
Verlauf auffallende Fortsätze ausstrahlen. Solche riesenhaft erscheinenden
Fortsätze haben zugleich kolossal geschwellte Gliafüße, mit welchen sie sich
vermittels der M. lim. gliae perivascularis der Gefaßoberfläche anheften; in
solchen Fällen sieht man häufig sowohl Längs- wie Querschnitte von Gefäßen,
welche mit einer tiefbraun gefärbten körnigen Masse umsäumt sind, daher
förmlich wie verbrämt aussehen. Diese Hypertrophie der protoplasmatischen
Gliazellen führt regelmäßig zur Entartung, somit zum Zerfall. Der geschwellte
Zelleib und die luxuriöses Wachstum zeigenden Fortsätze erhalten eine
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Anatomie des Nervensystems.
Körnelung, welche zunehmend derber, plumper wird, gleichzeitig entstehen
lokale höckerige Auftreibungen bzw. erscheinen stellenweise abnorme Ver¬
dünnungen, wodurch recht verzerrte Bilder zustande kommen. Endlich
fragmentieren die teils hyper-, teils atrophischen Fortsätze, wodurch ein
sogenannter Gliadetritus entsteht, welcher in seiner Gesamtheit manchmal noch
die ehemalige Gliazelle bzw. deren Verästelung erkennen läßt. Eine weitere
Äußerung der Gliawucherung besteht in der Entwicklung von Gliazellen mit
Weigertfasern an solchen Stellen der Rinde, woselbst solche nicht Vorkommen.
Endlich gibt sich die Gliawucherung in Bildung von überreichlich erschei¬
nenden Gliafasern kund; zumeist steht eine Gliakernkolonie im Mittelpunkt
solcher Faserwucherung, in dem letztere in Rasenform aus dieser Kernkolonie
ausstrahlt. Ein Lieblingsort der Gliafaserwucherung ist bei seniler Demenz
der zirkumvaskuläre resp. perivaskuläre Raum. Die Cajalsche Methode
läßt besonders die Gliafüße gut zur Darstellung bringen. Diese nehmen an
der Hypertrophie resp. Degeneration der Gliaelemente gleichfalls teil.
Yorderhirn.
Die Untersuchungen von Landau (53) über den Hinterbauptlappen
stützen sich auf 100 Menschenhirne (Esten-, Israeliten-, Schweizerhirne) und
23 Affenhirne (5 von Siinia troglodytes, 4 von Macacus rhesus, 2 von Gorilla-
gina und Cercopithecus subaeus, und je eius von verschiedenen anderen).
Es ergab sich folgendes: 1. Die parietookzipitalen Ubergangswindungen sind
an allen Primatengehirnen (Mensch inbegriffen) zu finden. Nur daß sie
das eine Mal oberflächlich liegen, das andere Mal operkulisiert sind. 2. In
der Entfaltung der Übergaugswinduugen einerseits und des sie überdeckenden
Klappdeckels andererseits, existiert ein Antagonismus: je stärker der Klapp¬
deckel ausgebildet ist, um so vollständiger ist die Überdeckung der Über¬
gangswindung, je schwächer die Ausbildung des Klappdeckels ist, um so
mehr ist die Lage der Ubergangswinduug eine oberflächliche. Um Meinungs¬
verschiedenheiten für die Zukunft unmöglich zu machen, schlägt L. für den
Klappdeckel am Okzipitallappen sowie für die ihn frontalwärts abgrenzende
Furche neutrale Bezeichnungen vor, und zwar: der Klappdeckel heiße Oper-
culum occipitale, die ihn frontalwärts begrenzende Furche Sulcus operculi
occipitalis. Sind alle Übergangswiudungen operkulisiert, so nenne man den
Klappdeckel Operculum occipitale completum und die Furche Sulcus oper¬
culi occipitalis completi (früher Affenspalte); sind nicht alle Ubergangs¬
windungen operkulisiert, so sage man Operculum occipitale incompletum
und Sulcus operculi occipitalis incompleti (früher S. lunatus). Liegt der
Klappdeckel auf der unteren Hirnfläche, so bezeichne man ihn Operculum
occipitale basale und die Furche als Sulcus operculi occipitalis basalis. Die
Entstehung des Operculum occipitale wird bei Mensch und Affe durch den
gleichen Grund verursacht, und zwar, durch Verlagerung des einen oder an¬
deren gabeligen Endstückes der Fissura calcarina, oder genauer gesprochen,
häogen sämtliche Operkulumbildungeu am Okzipitallappen vom Sulcus extremus
resp. Sulcus triradiatus ab. Der Sulcus triradiatus occipitalis ist auch am
Affenhirn als ein abgespreugtes Stück der Calcarina zu betrachten. L. konnte
selbst an einem ganz furchenfreien die möglichst größten Dimensionen
zeigenden Operculum occipitale absolutum eiues Affenhirns immer noch
Spuren des S. triradiatus nachweisen; er folgert daraus, daß einen — zuweilen
— größeren 1*611 des ganzen Operculum occipitale auch bei den Affen der
Gyrus cuneo-lingualis ausmacht.
Landau (52a) faßt die Ammonsformation nicht wie Brodmann als
einen abortiven oder rudimentären Teil des Palliums auf, sondern als einen
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wichtigen Bestandteil des letzteren, auch bei den höher stehenden Wirbel¬
tieren. Er hat sich ans Serienschnitten an Ratten-, Maulwurf- und Katzen¬
hirnen überzeugt, daß die Großhirnrinde wie auch die Rinde des Lobus
olfactorius im Querschnitte als zweistaffeliges Werk zu betrachten ist, und
zwar so, daß die an das Mark grenzende Staffel nichts anderes als die Fort¬
setzung der Ammonszellenechicht in das Pallium darstellt. L. hält die
Kappers sehe Dreiteilung der ganzen Rinde in „Arcbikortex“ (Ammons¬
formation) in „Paläokortex“ (Riechrinde) und in „Neokortex“ (Neopallium)
für sehr zweckmäßig. Er definiert sie folgendermaßen: Der Archikortex ist
eine einstaffelige Formation (dieser Begriff schließt die Möglicheit einer
Schichtung dieser Formation nicht aus); der Paläo- und der Neokortex sind
zweistaffelige Formationen. Dabei bildet die innere Zellstaffel eine direkte
Fortsetzung des Archikortex, die äußere Zellstaffel präsentiert dagegen einen
Nenerwerb, ein Plus, gegenüber der Ammonsformation.
Nach Erfahrungen von v. Monakow (61) aus pathologisch-anatomischen
Beobachtungen und speziell aus der Ungleichartigkeit des histologischen
Bildes der sekundären Degeneration innerhalb der Pyramide, dann aus dem
Umstande, daß bei kompletter sekundärer Pyramidendegeueratiou die Processus
reticulares schwer mit degenerierten, muß geschlossen werden, daß die dem
Großhirn entstammenden Pyramidenfasern weder nach Ursprung noch nach
Endigung einheitlicher Art sind; es muß kortifugale, aber auch koTtiko-
petale Pyramidenfasern geben. Ferner muß angenommen werden, daß
Pyramidenbündel außer der Area gigantocellularis noch andere kortikalen
Faserquellen besitzen, die, wenn auch in viel geringerer Dichte als im Lo-
bulus paracentralis, weit über die beiden Zentralwindungen (Area frontalis)
hinausgehen. Monakow nimmt ferner an, daß die Mehrzahl der aus dem
mittleren und dem unteren Drittel der Zentralwindungen stammenden kortiko-
fugalen Projektionsfasern nicht zur Pyramide bzw. Pedunculus, sondern
(durch Vermittelung des Stabkranzes bzw. der inneren Kapsel) zur Haube
(Regio subthalamica, Haubenregion des Mittelhirns, kortikale Haubenbahn)
fließt, denn nur so ist es zu erklären, daß bei Zerstörung der genannten
Rindenregion die Pyramide selbst nur geringe Degeneration aufweist. Aus
Beobachtungen nach Exstirpation der Armregion .bei Tieren und nach
Zerstörung dieser Region beim Menschen schließt Monakow, daß die
Armregion nicht die eigentliche Geburtsstätte der willkürlichen Bewegungen
sei. Auch sei die Annahme, daß es nur die gigantischen Nervenzellen der
Regio centralis seien, welche der Pyramidenbabn Ursprung geben, nicht
richtig. Der Pyramidenbahn komme nach Ansicht des Autors für die suk¬
zessive Entwicklung der üblichen Fertigkeitsbewegungen keine sehr wichtige
bzw. ausschlaggebende Rolle zu. Diese Bahn vollbringe vielmehr Leistungen,
die mehr in das Gebiet der Reflexe gehören, ferner auch feinere Sonder¬
bewegungen mit den Fingern usw. Die Bedeutung der Pyramidenbahn sei
ferner in einer fortgesetzten, für die Präzision der Fertigkeitsbewegungen
notwendigen Unterdrückung von dem kinetischen Erfolg hinderlichen sub¬
kortikal erzeugten Synergien zu suchen. Welche Bedeutung dem extra-
rolandischen Anteil und dem Retikularisanteil der Pyramidenbahn zukommt,
ist noch ganz dunkel. Der Autor teilt ferner mit, daß er beim anatomischen
Studium einer großen Anzahl von Fällen mit Herd sowohl im Gyr. centralis
ant. als im Gyr. angularis auf regelmäßig auftretende sekundäre Degene¬
rationen im Großhirnmark gestoßen ist, die sich auf Assoziationsbündel be¬
ziehen, welche bis jetzt noch nicht beschrieben sind. Er nennt diese Asso¬
ziationsbündel Fasciculus centroparietalis. Er glaubt, daß diese
langen Assoziationsbündel bei kombinierter Inanspruchnahme der Augen
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einerseits und der oberen Extremitäten andrerseits eine wichtige Rolle spielen.
Vielleicht darf in ihnen auch ein Teil der anatomischen Basis für die be¬
wußte Tiefensensibilität gesucht werden. Auch daran wäre zu denken, daß
dem Fasciculus centroparietalis eine gewisse Bedeutung für das Zustande¬
kommen der halbseitigen motorischen Apraxie zukäme. Die Fertigkeitsbe-
wegungen werden nach Ansicht des Autors in Szene gesetzt und weitergefiihrt
unter Inanspruchnahme von zerstreuten noch nicht genauer bestimmten
Kortexpunkten, die zum großen Teil extrarolandisch liegen, und sie werden
vermittelt teils durch extrarolandisch abgehende Pyramidenbündel, teils
(größerer Teil) durch Rindenhaubenbahnen (Mittelhirn-, Haubenfaszikel),
wobei auch zerebro-zerebellare Bahnen (Nucl. ruber, Form, retic.) eine hervor¬
ragende Rolle spielen. Die Reizwirkungen dieser beiden Haubenbahnen ist
eine teilweise antagonistische, teilweise eine sich gegenseitig unterstützende.
Iu der synchronen Phase der Fertigkeitsbewegungen greift die Armregion
mit ihren Foci höchstwahrscheinlich nur ergänzend und unter Lieferung
besonders feiu ausgebauter Synergien der Handmuskulatur ein. Höchst¬
wahrscheinlich dienen die der Armregion entstammenden Pyramidenfasern
weniger der direkten Erzeugung von kombinierten, im späteren Leben er¬
worbenen Muskelsynergien als der Unterdrückung dem Bewegungszwecke
hinderlicher Synergien.
C. und 0. Vogt (97) suchen nachzuweisen, daß der von Niessl
v. Mayendorf scheinbar entdeckte Easciculus corporis cruciatus nicht
existiert (s. Jahresbericht Bd. 18, S. 30).
Wallenberg (98) konnte bei zwei Meerschweinchen, die er operiert
und nach dem Tode mit der Marchimethode untersucht hatte, zwei
abnorme Faserbündel verfolgen. Das eine zweigt sich vom Foraix los und
geht abgetrennt von ihm basalwärts und endet schließlich auch im Corpus
mamillare resp. dahinter, das andere Bündel zweigt sich von der Pyramide
an deren Kreuzungsstelle ab, geht nicht mit diesen kaudal-, sondern viel¬
mehr frontalwärts und endigt in dem Grau zwischen Vagus- und Vesti-
bulariswurzel.
Unger (88) untersuchte sehr eingehend morphologisch und mikrotopo-
graphisch das Gehirn von Hatteria punctata (Reptiliengehirn). In morpho¬
logischer Hiusicht ergab sich: 1. Der Hirnmantel der H. punctata enthält
keine getrennten Rindenplatten; die Heraisphärenrinde ist eine direkte
Fortsetzung der Bulbusrinde durch den Lobus olfactorius hindurch uud er¬
scheint in der Hemisphäre zunächst als ein zentrales Zellenlager aus großen
runden Zellen bestehend, das sich alsbald in zwei Anteile sondert, in einen
kleineren, medialen, locker gefügten und in einen größeren, lateralen, dichter
gefügteu Anteil. Aus dem ersteren geht das geschichtete Zellband der
Ammonsrinde hervor, welche demnach ein aus großen Zellen zusammen¬
gesetztes breites Band darstellt, im Gegensatz zu allen bisher untersuchten
Reptilienarten, bei denen dieses Band als ein kleinzelliges erscheint, dem
ein großzelliger Streifen als kleiner Anhang angefügt ist. 2. Der dorsale,
unscharf begrenzte Pol dieses großzelligen Bandes der Ammonsrinde setzt
sich lateraiwärts iu den dichter gefügten lateralen Anteil des zentralen
Zellenlagers der Hemisphäre fort und geht weiter durch Vermittlung
dieses Zellenlagers ohne Unterbrechung in die Streifenhügelrinde über, in
der Art, daß Ammonsrinde und Streifenhügelrinde eine Kontinuität und
einen in sich geschlossenen Kreis bilden. 3. Die Streifenhügelrinde er¬
scheint mit der beginnenden morphologischen Gliederung des Streifenhügels
zunächst in Form von kleinen runden Zellhäufchen und Zellnestern, die
mehr oder weniger voneinander abgegrenzt sind. In dem Maße, als der
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Streifeuhügel seine volle morphologische Gliederung und Formation erreicht,
rücken die runden Zellhäufchen mehr und mehr aneinander, und es bildet
sich ein kontinuierlich zusammenhängendes, geschichtetes Zellband, welches
unmittelbar unter dem Epithel gelegen ist und alle Buchten und Aus¬
stülpungen des Striatumkörpers begleitet. In den kaudalen Anteilen des
Striatumkörpers, wo dessen morphologische Gliedorung sich nach und nach
rückbildet, lockert sich auch die Schichtung des Zellbundes, die runden
Zellhäufchen treten wieder auf, und am kaudalen Ende umgeben sie in Form
eines basalwärts offeuen Kranzes den ungegliederten rund ovalen Streifen¬
hügelkörper. 4. Das Corpus Striatum zeigt eine reiche und bemerkens¬
werte morphologische Gliederung, in der Art, daß vom Rande her des in
•den Ventrikel halbkugelig vorgewölbten Striatumkörpers tiefe buchtige Ein¬
senkungen auftreten, so daß lange zapfenförmige Ausstülpungen des Striatum¬
körpers in den Ventrikel hinein entstehen in ventraler, dorsaler und dorso¬
lateraler Richtung, die bis an die jeweilig gegenüberliegende Ventrikelwand
reichen und dem ganzen Striatum eine eigenartige Konfiguration verleihen.
5. Ein Nucleus septi als Bestandteil des Streifenhügels ist nicht nachweis¬
bar. Die kranzartige Umsäumung des kaudalen Abschnittes des Striatums
durch die Zellhäufchen der Striatumrinde zeigt eine auffallende Ähnlichkeit
mit dem Henickschen Nucleus occipito-basalis (Nucleus sphaericus)
mancher Reptilienarten. 6. Das Septum ist schwach entwickelt. Es ent¬
steht aus zwei halbkugeligen, übereinander liegenden Vorwölbungen der
medialen Hemisphären wand in den Ventrikel, die alsbald miteinander ver¬
schmelzen und ein längsovales Ganglion in jeder Hemisphäre bilden. Dieses
längsovale Ganglion geht in den kaudalen Anteilen des Septums in die
Form einer abgestutzten Pyramide mit breiterer Basis über.
Was die Faserzüge anbetrifft, so umsäumt 1. die sekundäre Riech-
bahu von allen Seiten den frontalen Hemisphärenpol und sondert sich als¬
bald in einen lateralen und einen medialen Anteil. Der laterale Anteil
•endet allem Anschein nach frühzeitig in dem Zellenlager der Hemisphäre,
der mediale hingegen bildet die Hauptmasse der sekundären Riechbahn und
zieht als mächtiges Faserbüudel entlang der medialen Hemisphärenwand in
•die Area parolfactoria und olfactoria, um hier sein Ende zu finden. 2. Das
System der Fornixfaserung mit seinen drei Abschnitten (Columna fornicis,
Psalterium uud Riechbündel) zeigt, soweit dies auf Frontalschnitten fest¬
gestellt werden konnte, keine wesentlichen Abweichungen von dem bisher
bei Reptilienarten beobachteten Verhalten. 3. Das gleiche gilt vom Tr. septo-
meseucephalicus und dessen Verlauf im Mittelhirn. 4. Im Fasersystem
der Commissura anterior könneu drei distinkt nachweisbare Kommissuren¬
bündel unterschieden werden: zwei schmale markhaltige Faserbündel, das
eine am meisten dorsal, das andere am meisten basal gelegen. Das erstere
zieht bogenförmig mit tiefer, in der Medianlinie dorsalwärts gerichteter
Konkavität und in dorsolateraler Richtung in die Hemisphäre; das zweite
verläuft horizontal in die lateralen Anteile der Hemisphäre. Zwischen diesen
zwei markhaltigen Kommissurenbündeln liegt das dritte, etwas breitere und
größtenteils marklose, respektivo nur von spärlichen markhaltigen Zügen
umsäumte und durchsetzte Faserbündel, das in dorsolateraler Richtung in
die Hemisphäre einstrahlt und vielleicht der Pars epistriatica im Schema
Edingers entspricht. Eine Pars olfactoria im Sinne des eben genannten
Schemas ist im System der Commissura anterior bei Hatteria nicht nach¬
weisbar. 5. Das basale Vorderhirnbündel (Tr. strio-thalamicus) ent¬
springt mit zwei Köpfen aus der basalen resp. dorsolateralen Ausstülpung
des Striatums in den Ventrikel. Es bildet den mächtigsten Faserzug im
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Vorderhirn der Hatteria und kann auf der Frontalserie, wie bei allen bis¬
her untersuchten Reptilienarten bis tief in den Hypothalamus verfolgt werden.
6. Markhaltige Tangentialfasern konuten fast im ganzen Bereich des
Hirnmantels nicht nachgewieseu werden.
Mlttsltairn.
Kosaka und Hiraiwa (49) beschreiben die sekundären Degenerationen
der Optikusfasern, die sie nach Enucleatio eines Bulbus bei verschiedenen
Vögeln und Säugetieren fanden. Der Fasciculus accessorius optici anterior
(Bochenek) ist nach ihren Befuuden ein kleines aberrierendes Bündel der
Öptikusfasern, das sich später wieder mit der Hauptmasse der Traktusfasern
vereinigt. Mit Marburg sind die Autoren der Ansicht, daß man den
Tractus peduncularis transversus mit der basalen Optikuswurzel der Vögel,
Reptilien und Amphibien und seinen Endkern mit dem Ganglion ecto-
mammillare dieser Tiere zu vergleichen hat. Dieser Kern wird nun in seiner
Lage, Ausdehnung und in seiner Zellformation eingehender beschrieben.
Während die Autoren der Ansicht zuneigen, daß das Ganglion isthmi bei
den Vögeln als Ursprungsgebiet der zentrifugalen Optikusfasern anzusehen
ist, meinen sie, daß diese Fasern bei den Säugetieren außerhalb des Gehirns
ihre Ursprungszellen haben. Bei der Katze hatte die Enucleatio bulbi eine
auffallende Veränderung im oberen Drittel des Ganglion cervicale supremum
zur Folge, in dem hier fast alle Nervenzellen der Chromatolyse verfielen;
beim Huhn trat eine solche Veränderung nach Enucleatio bulbi nicht ein. Die
zentrifugalen Optikusfasern, welche in der Retina frei endigen, gehören des¬
halb nach Ansicht der Autoren zu den vasomotorischen Nerven des Auges,
deren Fasern ihrerseits den dem Dilatator pupillae vorstehenden gleich¬
zustellen sind. Alle diese Fasern, welche ein und dasselbe System bilden,
entspringen bei Vögeln vom Ganglion isthmi, bei Säugern, denen dieses
Ganglion fehlt, vom Ganglion cervicale supremum.
R&dl (65) beschreibt die Sehzentren des Knochenfisches Leuciscus, und
zwar die Form des Mittelhirndaches, seine Asymmetrie, die Asymmetrie des
Geuikulatum, des Torus semicircularis, des Torus longitudinalis. Im zweiten
Abschnitt folgt eine Darstellung der Verteilung der Nervenbahnen innerhalb
der Sehzentren, in einem dritten die Kaskadenfasern, d. h. die Schlängelung
der optischen Bahnen innerhalb und zwischen den Ganglien. Die Seh¬
zentren stellen nach Ansicht des Verfassers so charakteristische, so gesetz¬
mäßige und in ihren Grundzügen so konstant aufgebaute Gebilde dar, dafi
die gangbare Idee, sie stellten nur Massen von Nervenzellen und Nerven¬
fasern dar, nur Übergangsstationen, wo die Nervenreize gesammelt, verzweigt
resp. weiter befördert werden, unhaltbar erscheint. Das optische Ganglion
des marinen Wurmes Vanadis sieht dem dritten Sehganglion eines Insekts
und dem Torus semicircularis der Knochenfische so auffallend ähnlich, daß
man in Anbetracht der ungeheuren Verschiedenheit des Bauplanes eines
Wurmes, eines Arthropoden und eines Wirbeltieres unbedingt annehmen
muß, jene Analogie komme daher, daß die Sehzentren aller Tiere spezifische
Leistungen vollführen. Diese Tatsache hat man bisher unberücksichtigt
gelassen (?). Man glaubt alles Wesentliche über das zentrale Nervensystem
bereits zu kennen, und man sucht das Nervensystem nur im einzelnen zu
durchforschen. Man erhofft alles von der Erkenntnis jeder einzelnen Leitungs¬
bahn, der Nervenfaser, der Nervenfibrille, jeder einzelnen Ganglienzelle, und
man ist geneigt, durch einfache Summation dieser Einzelerkenntnisse das
Ganze erkennen zu können. Man vergißt aber, was in dem gesetzmäßig
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angeordneten Ganzen mehr verborgen ist als in den Teilen, nämlich das
Gesetz der Anordnung. Und wahrscheinlich ist es eben dieses Gesetz, das
auch für die Ermittlung der Funktion der Nerveuzentren die entscheidende
Bolle spielt. (Der Herr Verfasser scheint mir hier gegen etwas zu kämpfen,
was weniger in den Tatsachen begründet ist, als in seiner Einbildungskraft
liegt. Die Forschung hat niemals neben der Eruierung der minutiösen
Einzeldinge die Anordnung dieser Einzeldinge zu Gebilden und die spezielle
Gestaltung dieser Gebilde in ihrem gesamten Aufbau vernachlässigt. Be¬
sonders haben die Physiologen immer auch auf letzteres gebührend Rück¬
sicht genommen. Wenn der Verfasser mit seinen Ausführungen darlegen
möchte, daß man noch mehr Nachdruck darauf legen müßte, als man es
bisher getan hat, so könnte man ihm beistimmen, aber so wie er es aus¬
drückt, verdient es einfach scharfe Zurückweisung. Bef.)
Hinterblrn.
Aus der Untersuchung zweier Fälle von partieller Bindenkleinhirn¬
atrophie folgert Bronwer (16) 1. daß auch beim Menschen die Purkinje-
schen Zellen ihre Acbsenzyliuder nur nach den Kleinhirnkernen schicken;
2. daß die Bodenstriae (Striae von Piccolomini) als ganz kaudal gelegene
Brücken fasern zu betrachten sind, welche in den Nuclei arciformes ent¬
springen; 3. daß der Nucleus dentatus zum Teil neo-, zum Teil paläozerebellär
ist; 4. daß die Hauptolive mit ihrem frontalen Pol und mit dem medialen
Teil ihrer oralen Abschnitte in Verbindung mit dem phylogenetisch alten
Teil des Kleinhirnes steht, der übrige Teil mit dem phylogenetisch jungen
Teil des Zerebellum; 5. daß die Nebenoliven nur in Verbindung mit den
phylogenetisch alten Teilen des Kleinhirnes stehen; 6. daß es eine Ver¬
bindung zwischen den Nebenoliven und dem gekreuzten Corpus restiforme
gibt. Diese Verbindung liegt im medialen Abschnitt des Tractus olivo-
cerebellaris. Sie ist erhalten bei neozerebellarer Atrophie, während die
übrigen Teile dieses Tractus olivo-cerebellaris zugrunde gehen. Sie ist beim
menschlichen Fötus von 42 cm myelinisiert, während die übrigen Fibrae
olivo-cerebellares noch nicht markreif sind. Brouwer nennt diesen Faser¬
zug Tractus parolivo-cerebellaris.
Schaffer (70) fand hauptsächlich am paralytischen, aber auch am
nichtparalytischen Zentralorgan im basalen Bereich der Brücke und des
verlängerten Markes gewisse Bündel, welche er als Fasciculus pontis
medialis und lateralis, ferner als Fasciculus bulbi lateralis und
ventrolateralis bezeichnet Diese Bündel stammen von der ponto-bulbären
Pyramide ab; namentlich von der medialen Abteilung der Py. der Fase,
pontis medialis, von dem lateralen Abschnitt der Fase, pontis lateralis und
bulbi lateralis, von dem ventralen Teil der fase, bulbi ventrolateralis. Somit
sind sämtliche Bündel abgelöste Py.-Stränge. Der Fase, pontis lateralis kann
isoliert Vorkommen; er kann ferner mit einem F. bulbi lateralis vergesell¬
schaftet sein, wo dann letzterer die Fortsetzung des F. pontis lateralis dar¬
stellt; endlich kann der F. bulbi lateralis gleichfalls allein entwickelt sein.
Bildet der F. pontis et bulbi lateralis einen einzigen Körper, so kann man
von einem Fase, ponto-bulbi lateralis sprechen. Diese Bündel bedeuteu
Verbindungen der Py. einesteils mit den motorischen Bulbärkernen, andern-
teils mit dem Kleinhirn, indem 'die Fase, pontis überwiegend eine nukleo-
bulbäre, die Fasciculi bulbi eine bulbo - zerebellare Py. darstellen. Als
essentielle Benennung schlägt der Autor für erstere Tractus pyramidalis
nucleo-bulbaris, für letztere Tractus pyramidalis homolateralis
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bulbo-cerebellaris vor. Ebenso stellt eine bulbo-zerebellare Py.-Babu in
gewissen Fällen das Picksche aberrierende Py.-Bündel dar. Die bulbo-
zerebellare Py. gelangt mit dem Strickkörper in die homolaterale Kleinhirn¬
hälfte, die innige Vermengung derselben mit der Strickkörperfasernng läßt
mit Berechtigung annehmen, daß die Fasern der bulbo-zerebellaren Py.
ebendort endigen wie die Strickkörperfasem, d. h. im Wurm. Im Wurm
trifft somit eine spino-zerebellare Bahn mit einer kortiko-bulbo-zerebellaren
zusammen; erstere als eine touussteigernde, letztere als eine tonnsschwächende.
Da die Endigung dieser Bahnen um die Purkinjesche Zelle herum geschieht,,
ist die Annahme, die Pnrkinjesche Zelle wäre eine tonusregulierende
Zentrale, nicht ungerechtfertigt. Die geschilderten ponto-bulbären Bündel
sind bald außergewöhnlich stark entwickelt und stellen dann abnorm er¬
scheinende Bündel dar, bald sind sie mikroskopisch schwach und fehlen
dann makroskopisch. Sie haben einen doppelten Verlauf, einen oberfläch¬
lichen und einen tiefen, von welchen der erstere die oben genannten, makro¬
skopisch sichtbaren Bündel entstehen läßt. Die erwähnten Bündel stellen
Verlaufs- und Eutwicklungsvarietäten der Py.-Bahn dar, welche im para¬
lytischen Zentralorgan eine außergewöhnlich starke Entwicklung erfahren
können, und sind alsdann als Zeichen einer gewissen Anlagelabilität zu be¬
trachten; sie sind bei der Paralyse im Sinne der Endogenese zu deuten.
Als wichtigstes Ergebnis der vorliegenden Arbeit ist das Vorhandensein
eines homolateralen zerebellaren Py.-Abschnittes zu betrachten. Somit hat
nach Ansicht des Autors die Py.-Bahn drei Hauptabschnitte: 1. einen
spinalen, welcher zu den motorischen Extremitätenkernen (Vorderhörnern)
führt; 2. einen bulbären, bestimmt für die motorischen Hirnnervenkerne,
und 3. einen zerebellaren, welcher aus a) einer bulbo-zerebellaren und
b) einer ponto-zerebellaren Abteilung bestehen dürfte. Erstere sei für den
Menscheil durch vorliegende Arbeit erwiesen (Es dürfte vielleicht doch nötig
seiu, erst ihre Degeneration nach Kapselherden, dargestellt mittels der
Marchischen Methode, herbeizuführen, bevor man diese Bahnen als ge¬
sichert annehmen kann. Ref.) und leite via Strickkörper zur gleichseitigen
Kleinhirnhälfte, namentlich zum Wurm; letztere konnten Econoino und
Karplus experimentell-anatomisch bei den höheren Säugern entdecken,
welche via Brückenarm überwiegend ungekreuzt zu den Kleinhirnhemisphären,
zum kleineren Teil zu dem spinalen Teil des Wurms leitet. Somit bedeute
die bulbo-zerebellare Py. einen homolateralen direkteu Zug zum Wurm, die
ponto-zerebellare Py. einen überwiegend homolateralen, direkten Zug zur
Kleinhimhemispbäre; die motorische Großhirnrinde sei so mit der Hemisphäre
wie mit dem Wurm des Kleinhirns in unmittelbarer Verbindung.
Schaffer (74) hat auch normale Hirnstämme auf das Vorkommen der
bei Paralytikern gefundenen zerebellaren Pyramidenbahn untersucht. Von
100 daraufhin angesehenen Gehirnen boten 76 pontobulbäre Basalbündel
dar, und zwar fand er den Fasciculus bulbi lateralis 43 mal, den Fase, bulbi
ventrolateralis 39 mal, den Fase, bulbi ventralis 12 mal, den Fase, pontis
medialis 1 mal, den Faso, pontis lateralis 2 mal. Auf Grund der makro¬
mikroskopischen Ergebnisse betrachtet der Autor die zerebellare für eine nie
fehlende Bildung des menschlichen Rhombenzephalon. Der Fase, bulbi
lateralis und ventrolateralis stellt eine via Strickkörper verlaufende homo¬
laterale Kleinhirnpyramidenbahn dar, worauf nicht allein die Verfolgung an
Normalserieo, sondern speziell bei Erkrankung der Pyramidenbahn an Weigert-
und Marchi-Präparaten die Entartung des Fase, ventrolateralis hinweist.
Schaffer (72) konnte am Menschen die sekundären Degenerationen
verfolgen, die sich nach einer Blutung in einer Kleinhirnhemisphäre ent-
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wickelt hatten. Die Blutung hatte die Markfaserung einer Hemisphäre und
den größten Teil des Nucleus dentatus zerstört. Die sekundären Verände¬
rungen machen es sehr wahrscheinlich, daß es eine zerebello-olivare Bahn
(Koellicker) gibt. Diese Bahn entspringt aus dem Kleinhirn, doch ist es
unentschieden, ob in kortiko- oder nukleo-zerebellarer Weise; sie durchläuft
den Strickkörper, dann die Bahn der prätrigeminalen und periolivaren
Fasern, geht mit letzteren durch die Olive in die Zwischenolivenschicht,
gelangt zur Raphe bzw. znr gekreuzten bulbären Olive und deren Neben¬
oliven, in welchen sie endet. Ist diese Bahn entartet, so erfolgt auf der
Seite der Kleinhirnläsion a) die Volumsverkleiuerung des Strickkörpers, b) der
Ausfall der prätrigeminalen und periolivaren Bogenfaseru; auf der der
Läsion entgegengesetzten Seite c) der Ausfall bzw. die hochgradige Lichtung
der Markfasern im Olivenmantel, d) des Markfilzes im Olivengrau, e) des
Markgebaltes des Hilus olivae. Die zerebello-olivare Bahn verläuft mit der
gekreuzten olivo-zerebellaren Bahn gemeinsam; beide stellen einen Bahn¬
körper mit zwei Leitungen von entgegengesetzter Richtung dar. Die olivo-
zerebellare Bahn entspringt in den Ganglienzellen der Hauptolive, die zerebello-
olivare Bahn endet mit Endpinseln um dieselben Ganglienzellen. Bei Ver¬
letzung beider Bahnen müssen die Ganglienzellen der Olive eine doppelte
Tigrolyse erfahren, und zwar a) eine retrograde vermöge der Läsion der
olivo-zerebellaren Bahn, b) eine transneurale auf Grund der Verletzung der
zerebello-olivaren Bahn. Diese Tigrolyse aus doppeltem Grunde dürfte den
rapiden und vollkommenen Schwund der Olivenganglienzellen bei Klein¬
hirnverletzungen verständlich machen.
Haller’s (38) Untersuchungen über das Rautenhirn von Acanthias
bilden eine Ergänzung zu denjenigen von Kupffer. Der Autor gibt zunächst
die Kupfferschen Befunde wieder. Darauf folgt eine sehr eingehende
Beschreibung des Rauteuhirns, welches er durch zahlreiche Abbildungen
veranschaulicht. Das Rautenhirn, ist, wie der Autor zusammenfassend sagt,
in seinem Anfangsstadium undeutlich in zwei, sehr bald aber deutlich in
drei Teile geteilt, zu denen etwas später ein vierter, offenbar fremde Elemente
enthaltender Teil hinzukommt. Dieser Teil, der offenbar mit der Entwicklung
des Lateralissystems zusammenfällt, würde also bei Tieren, denen kein
Lateralsystem zukommt, wegfallen, und mau hätte dann eine Dreiteilung des
Rautenhirns vor sich, wie sie von B. Haller systematisch für eine Anzahl
verschiedenartiger Formen durchgeführt worden ist. Den Schluß der
Arbeit bildet eine Darstellung der Entwicklung des Daches des 4. Ventrikels.
Nacbblrn.
Nach Untersuchungen von Venneulen (95) reicht der dorsale Vagus¬
kern bei Phocaena communis nur ein wenig abwärts vom Kalamus spinalwärts.
Er ist hier spärlich eutwickelt. In dieser Region ist er mit dem Akzessorius-
kern verbunden. Vom Nucleus ambiguus ist spinalwärts vom Kalamus noch
keine Spur zu sehen, das frontale Ende des Kerns ist sehr stark und geht
direkt in den Fazialiskern über. Der Autor meint, daß der Nucleus am¬
biguus eine Absplitterung des dorsalen Vaguskerns darstellt. Der Nucleus
hypoglossus liegt mit einer Hälfte in der grauen Substanz des Zervikalmarks,
er lagert demnach in diesem Teil mehr nach ventral zu. In der Nähe des
Kalamus sieht man zahlreiche Wurzeln des Akzessorius, der XI. Kern ist
sehr klein. Die untere Olive tritt in der Höhe des Kalamus auf, sie reicht
bis zum Niveau des VII. Kerns und ist von immensem Umfange.
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Anatomie des Nervensystems.
Bei der Giraffe tritt, wie Vermeiden (90) festgestellt hat, der Nucl.
accessorius in der Höhe des ersten und zweiten Zervikalsegments auf.
Spinalwärts vom Nucl. hypoglossus erscheint der dorsale Vaguskern, er steht
vielfach in direkter Verbindung mit dem XI. Kern. In dieser Region ist
auch ein Kommissurenkern des dorsalen motorischen Vagus vorhanden.
Der Vagus- und Hypoglossuskern sind vollkommen verbunden. Nucleus
motorius dorsalis vagi, Nucleus accessorius und Nucleus ambiguus sind oft
in gleichem Höheuabschnitt gleichzeitig anzutreffen. Der Nucleus hypoglossus
ist stark, aber nur von kurzer Ausdehnung. Der Autor beschreibt besonders
ausführlich die Gestaltsverhältnisse des Nucl. accessorius. Die untere Olive
ist groß, der Nucleus reticularis zeigt eine schwache Entwicklung.
Das Innervationszentrum des Magens (Omasus) der Ruminantier muß
nach Untersuchungen von Vermeiden (93) im kaudalsten Abschnitt der
Fossa rhomboidea oder direkt unterhalb des Kalamus gelegen angenommen
werden. Bei den Cameliden begegnet man dem Bereiche des dorsalen
Vaguskerns in der Gegend der sensiblen Commissura infima visceralis,
so daß hier die beiden motorischen dorsalen Vaguskerne eine Kommissur
bilden (Nucleus motorius commissuralis vagi). Nur beim Schaf und bei der
Ziege findet man leichte Andeutungen einer solchen Kommissur. Der N.
recurrens geht bei den Cameliden zusammen mit dem Ramus pharyngeus n.
vagi und dem N. laryugeus superior ab; demgemäß ist der Nucleus am¬
biguus besonders iu seinem spinalen Drittel weniger entwickelt als bei anderen
Tieren. Die frontale Ausdehnung des Nucleus ambiguus ist bei diesen
Tieren besonders stark und besitzt Zellen von größerem Umfange, als mau
sie sonst an dieser Stelle antrifft. Ein N. accessorius spinalis ist bei den
Cameliden nicht vorhanden. Da ein Nucleus accessorius aber besteht, so
müssen die Akzessoriusfasem mit den Zervikalnerven verlaufen. Ein weiterer
Akzessoriuskern ist deutlich in der Gegend des dorsalen motorischen Vagus¬
kerns zu sehen; da mau die Gegend des Vaguskerns zum Bulbus zugehörig
betrachtet, so muß man einen bulbären Abschnitt des Akzessoriuskerns
akzeptieren, obwohl Cajal und Kosaka diese Annahme verwerfen. In
denjenigen Schnitten, wo bei Lama und beim Kamel der Nucleus ambiguus und
Nucl. accessorius liegen, sind sie beide deutlich getrennt, der eine Kern geht
nicht kontinuierlich in den anderen über. Bei Lama kann eine direkte
Verbindung des Akzessoriuskerns mit dem motorischen Vaguskern beobachtet
werden, wie es auch bei Föten von Kappers gesehen wurde. Der
Akzessoriuskern vergrößert damit den Vaguskern mit größeren Zellen an
dessen lateraler Seite. Der Nucleus hypoglossus ist bei Cameliden sehr
einfach gestaltet und steht in Verbindung mit der grauen Substanz des
Vorderhorns. Beim Kamel sind die untere Olive und der Nucleus reticularis
nur gering, beim Lama dagegen recht kräftig entwickelt, ln einer früheren
Mitteilung (The size of the dorsal motor vagus-nucleus and its relation to
the development of the stomach, ibidem 1913) erläuterte der Autor die
Beziehungen zwischen der Entwicklung des dorsalen Vaguskerns einiger
Säugetiere und der Größe und Struktur des Magens und der Entwicklung
der Magenmuskulatur.
Rückenmark.
fermeulen (91) beschreibt den Conus terminalis verschiedener Säuge¬
tiere und den Ventriculus terminalis. Letzterer ist beim Pferd ungemein
gefaltet, aber auch bei den anderen Tieren. Beim Pferd öffnet sich der
Ventrikulus nach außen, was schon Stilling beobachtet bat, aber von den
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Anatomie dea Nervensystems.
33
früheren Autoren als Kunstprodukt angesehen wurde. Bei fast allen Säuge¬
tieren liegen im untersten Teil des Rückenmarks die Spinalganglien innerhalb
des Duralsacks.
Die zellulären Bestandteile im Rückenmark von Ammocoetes gliedern
sich, wie Leder (54) feststellte, in drei Gruppen: a) Der Seitenkern: er
enthält 1. die motorischen Zellen des Seitenkerns, ihre Neuriten treten als
motorische Wurzeln aus; 2. die Strangzellen, deren Neurite, ähnlich be¬
ginnend wie die motorischen, sich in zwei Hauptäste teilen, die entweder
auf derselben Seite bleiben, oder von denen ein oder beide Aste auf die
andere Seite gehen; 3. kleine Assoziationszellen, b) Der Randkern enthält
die Randzellen, die wahrscheinlich motorischer Natur sind, c) Das Hinterhorn
besteht 1. aus den Freudschen Hinterzellen, es handelt sich wahrscheinlich
bei ihnen um einen Summationsapparat; 2. kleineren querliegenden Zellen, die
Assoziationselemente darstellen. Die faserigen Elemente des Rückenmarks
ordnen sich folgendermaßen: a) Vorderstrang, ln seinem ventromedialen
Teil aus motorischen und Strangfasern, im dorsolateralen nur aus letzeren
bestehend, b) Hinterstrang: Er enthält 1. die Längsfortsätze der Freudschen
Zellen; 2. eine Gruppe von Fasern mit dem provisorischen Namen „dorsale
T-Fasern“ c) Die großen Müllerschen Fasern, aus Zellen des Nachhirns
entspringend. Alle Zellen senden Dendriten in den Oberflächenplexus, in
den auch die Endverzweigungen der Neuriten aus den Strangzellen eintreten.
Bregmann (14) hat sich bemüht, das Pyramidenareal bei den Säugern
zu bestimmen, welches aus dem untersten Teil der Med. oblongata in das
Rückenmark Übertritt. Zu diesem Zwecke stellte er am kaudalen Ende
der Oblongata die Umrisse der Py. möglichst genau fest und übertrug
das Areal mit Hilfe des Zeichenprismas auf Papier. Die Zeichnungen
wurden dann auf Bleiplatten von 1 mm Dicke übertragen. Dann wurden
sie ausgeschnitten und gewogen. Ebenso wurde mit den Zeichnungen des
Rückenmarksquerschnittes verfahren. Dieser wurde an der Stelle gewählt,
wo die Py.-Kreuzung vollendet war. Nach Mensch folgen in der Größe des
Py.-Areals die Affen, dann erst in weitem Abstand folgen andere Säuger.
Bei den Raubtieren, Gräbern und dem großen Känguruh beträgt die Py. noch
9% des Querschnitts; auffallend groß ist die Py. bei der Robbe, fast so
groß wie beim Affen. Bei den Nagern ist der Py.-Anteil gering, die aller¬
kleinsten Werte hat er bei einigen Huftieren (Gazelle). Während beim
achtmonatlichen menschlichen Embryo das Py.-Areal nur 12,2% des Rücken¬
marksquerschnittes betrug, war es beim Neugeborenen schon 14,6%, bei
einem ein- bis zweijährigen Kinde 18% und beim Erwachsenen 29,6°/ 0 .
In einer zweiten Untersuchung hat Bregmann (15) den Fazialis- und
Rückenmarksanteil der Py. beim Elefauten ermittelt. Das Py.-Areal liegt
bei diesen Tieren als geschlossenes Areal dorsal von den queren Brücken¬
fasern. Proximal vom mächtigen Fazialiskern tritt die Kreuzung der zum
Kern ziehenden Fasern ein. Kaudal vom VII. Kern ist das Py.-Areal
wesentlich kleiner, und nur y 3 des ursprünglichen Stranges geht noch ins
Rückenmark über.
Die transversale Ausdehnung des Lendenmarks, die Intumescentia
lumbalis, fängt bei Hunden, wie aus Klarenbecks (44) Untersuchungen her¬
vorgeht,- schon beim zweiten Lendenwirbel an; sie ist am stärksten etwas über
der Mitte des vierten Lendenwirbels und nimmt dann kaudalwärts schnell
an Breite ab. Die Breite des Lendenmarks in der Höhe des fünften
Lendenwirbels ist ungefähr dieselbe wie in der des zweiten. Der Endfanden,
Filum terminale, läuft stets bis zum Kreuzbeinkanal, ln der Mehrzahl der
Fälle erstreckt er sich bis auf die Mitte des Kreuzbeines und verliert sicli
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 3
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34
Anatomie des Nervensystems.
dann in einen sehr feinen Faden, welcher zwischen den ansstrahlenden
Nerven der Cauda equina liegt. Aus dem anatomischen Befunde ist zu
erseheu, daß die gefahrloseste und zweckentsprechendste Stelle für die
Lumbalinjektion mit Anästheticis zwischen letztem Lendenwirbel und Kreuz¬
bein liegt. Der Autor hat nun intralumbale und subkutane Injektionen
mit Alypin gemacht. Die minimale therapeutische Dosis von Alypin bei
lumbaler Applikation ist 6,5 mg, die maximale 15 mg pro Kilogramm. Fs
tritt Lähmung und Hypästhesie des Hintertieres ein, bei höheren Dosen
treten Streckkrämpfe und Atemnot auf, die zum Tode führen können. Bei
der lumbalen Injektion von Alypin schwankt die letale minimale Dosis
zwischen 10 und 25 mg, bei der subkutanen liegt sie ungefähr bei 75 mg
pro Kilogramm Körpergewicht. Der Autor ratet daher, die iutralumbale
zu vermeiden und besser die subkutane zu verwenden.
Peripherische zerebrosplnale Nerven.
Die ausgedehnten Untersuchungen über die parenchymatöse Saft¬
strömung im Sehnerven und in der Netzhaut führten Behr 0) zu folgenden
Ergebnissen: Wenn man von den nicht zu unterschätzenden osmotischen
Vorgängen bzw. den zwar noch unbekannten, aber doch wohl sicher vor¬
handenen vitalen Funktionen der gliösen Grenzmembrauen in bezug auf den
Flüssigkeitsaustausch zwischen dem ektodermal nervös-gliösen Gewebe einerseits
und dem mesodermal-septalen anderseits absieht, so bestehen im Sehnerven
und in der Retina zwei Saftlückensysteme, welche eine ziemlich weitgehende
Unabhängigkeit voneinander aufweisen: das eigentliche parenchymatöse nervös-
gliöse und das zirkumvaskuläre System. Der parenchymatösen Saftströmung
dienen im Sehnerven die Gliafasern. Bei Injektionen in den Sehnerven füllen
sich daher vor allem diejenigen Partien, in denen diese Fasern in größeren Mengen
beisammen liegen (subpial und subseptal). In diesen Gliafilzen breitet sich
die Flüssigkeit mit großer Leichtigkeit aus, so daß man von einem subpialen
und einem subseptalen Saftlückensystem sprechen kann. Außerdem läßt
sich das Innere der Nervenfaserbündel selbst injizieren, und zwar folgt auch
hier die Flüssigkeit den einzelnen Gliafasern, so daß die Nervenfaserbündel
von einem engmaschigen Hohlraumsystem durchzogen sind. Die Flüssigkeits¬
bewegung erfolgt entlang und nicht in den Gliafasern. Diese parenchyma¬
tösen Spalträume setzen sich in die Nerveufaserschicht der Retina fort und
haben hier eine mehr radiäre Verlaufsrichtung, wobei sie sich vielfach durch-
flecbteu. In dor Netzhaut findet man außerdem noch zwei weitere Lücken¬
systeme, die mit den parenchymatösen Saftspalten des Nervenstammes
kommunizieren, nämlich einen Raum zwischen Pigmentepithel einerseits und
den Endgliedern der Stäbchen und Zapfen anderseits und einen zweiten
Raum zwischen der Membrana limitans interna und der Nerfenfaserschicht.
Eine Verbindung mit der Chorioidea oder mit dem Glaskörper besteht nicht.
Die kleinzellige Infiltration, die sich in manchen Fällen von Glaskörper¬
abszeß bzw. entzündlichen Veränderungen am vorderen Bulbusabscbuitt um
die Zentralgefäße der Retina und der Papille vorfindet, ist auf osmotische
Vorgänge zurückzuführen, die sich infolge der Störung im Gleichgewicht der
Eiweißkonzentration zu beiden Seiten der Membrama limitans interna ein¬
stellen müssen. Dieser unter pathologischen Verhältnissen erfolgende Übertritt
von toxischen Eiweißstoffen in die Netzhaut und ihre perivaskulären Räume
hat demnach für den physiologischen Ablauf der Saftströmung in den ein¬
zelnen Bezirken keine Bedeutung. Die Saftlückensysteme des intraorbitalen
Sehnervenstammes sind durch den pialen Überzug vollständig von dem
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Zwischenscheidonraum abgeschlossen. Die im Gewebe der Retina frei
zirkulierende Flüssigkeit gelangt durch die Papille in den Sehnervenstamm,
vermischt sich hier mit der in ihm selbst abgesonderten Gewebsflüssigkeit und
zieht innerhalb der Nerven intrapial zentralwärts. Die von dem parenchy¬
matösen Spaltsystem des Nerven im allgemeinen streng abgesonderten
zirkumvaskulären Lymphräume der Zentralgefäße besitzen in ihrer schrägen
Verlaufsstrecke kurz vor ihrem Austritt aus dem Nerven eine breite Kom¬
munikation zentralwärts mit den üohlraumsystemen des Nerven. Ein Teil
der in ihnen zirkulierenden Flüssigkeit tritt aber auch mit ihnen in den
Zwischenscheidenraum hinein. Hier breitet sie sich aber ausschließlich in
dem subarachnoidealen Raum, und zwar allein peripherwärts in dem blinden
Ende desselben (zwischen Gefäßaustrittsstelle und Bulbus) aus. Niemals
dringt sie zentralwärts. Im Zwischenscheidenraum läßt sich sowohl der
Subdural- wie der Subarachnoidealraum isoliert injizieren. Beide haben
keine ableitenden Verbindungen mit den angrenzenden Hohlräumen, dem
epidnralen Raum einerseits und dem subpialen üohlraumsystem anderseits.
Die Flüssigkoitsbewegung vollzieht sich im intraorbitalen Nervenstamm
gesondert in den einzelnen Nervenfaserbündeln. Erst innerhalb der Schädel¬
höhle tritt sie aus dem Nerven durch die Pialscheide heraus und ergießt
sich frei in dem Subarachnoidealraum des Gehirns und im hinteren Chiasma-
winkel direkt in den Rezessus des III. Ventrikels, der demnach nichts
anderes ist als der Verbindungskanal zwischen den Saftlückensystemen des
Sehnerven bzw. des Chiasraa und dem III. Ventrikel. Durch Einfügung sehr
kleiner Mengen einer Tuscheemulsion in den Sehnerven lebender Hunde
nahe am Bulbus gelingt der Nachweis, daß die einzelnen Tuschekörncben
über weite Strecken zentralwärts innerhalb der Nervenfaserbündel allein
durch den vitalen Saftstrom fortbewegt werden. Sie treten dabei weder
durch die Pialscheide hindurch in den Zwischenscheidenraum, noch innerhalb
des Nerven in das Innere des septalen Gerüstwerkes. Hierdurch ist also
am lebenden Tier der Beweis für das Vorhandensein eines im Nerven selbst
sich vollziehenden, zentral gerichteten Saftstromes erbracht.
Bei der Untersuchung Sattler’s (69) der Markscheidenentwicklung im
Sehnerven, im Chiasma und im Tractus opticus an 12 menschlichen Föten
und Neugeborenen ergibt sich in bezog auf Ort, Zeit und Entwicklungs¬
richtung der Markscheiden, daß bei Föten von 37 bis 45 cm Länge sich im
Tractus opticus reichlich, im intrakraniellen Teil des Sehnerven spärlich und
im intraorbitalen Teil des Sehnerven keine markhaltigen Nervenfasern Anden.
Zur Zeit der Geburt sind die markhaltigen Nervenfasern in vereinzelten
Fällen bis nahe an die Lamina cribrosa vorgedrungen. Der Grad der Mark¬
scheidenentwicklung unterliegt bedeutenden individuellen Schwankungen.
Es wird also die neuerdings in Frage gestellte Angabe Bernheimers
bestätigt, daß von dem dem Chiasma benachbarten Teil des Tractus opticus
bis zum Augapfel die Markscheidenentwicklung vom Zentralorgan nach der
Peripherie, d. h. also in zellulipetaler Richtung zu erfolgt; diese in Mark¬
entwicklung stehenden Fasern sind so zahlreich, daß ich nicht glaube, es
könne sich um andere als die eigentlichen in den Ganglienzellen der Retina
entspringenden Sehnervenfasern handeln.
In don untersuchten Reifestadien sind einzelne Optikusfasern (zentri¬
fugale Fasern, Pupillarfasern) von den übrigen Nervenfasern nicht durch
vorzeitige Reifung oder anderes Kaliber mit völliger Sicherheit zu diffe¬
renzieren.
Die Markfasern im achten Fötalmonat haben eine durchschnittliche
Dicke von weniger als 1 p, ihre Stärke nimmt mit dem Alter der Frucht zu.
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Anatomie dea Nervensystems.
Beim Neugeborenen gibt es im Nervus opticus noch zartere Fasern als im
Traktus.
Zur Zeit der beginnenden Markscheidenentwicklung scbeiut das Glia-
gewebe einen besonderen Reichtum an Lezithiukörnchen zu besitzen. Die
jungen Markscheiden lassen sich bei ihrem ersten Auftreten mit den an*
gewandten Fixierungs- und Färbungsmitteln noch nicht in Form einer ge¬
schlossenen Röhre, sondern in Form feiner um den Achseuzylinder ge¬
lagerter Lezithinkörnchen nachweisen (beim Menschen, beim Kaninchen, beim
Meerschweinchen und bei der Maus in gleicher Weise). ( Selbstbericht .)
Schenk (75) hat die Nervenversorgung an Milchzähnen bei jungen
Hunden untersucht. Es zeigte sich, daß das Bindegewebe des Milchzahns
lockerer gefügt und die Vaskularisation wesentlich geringer ist. Es finden
sich im Milchzahn nur äußerst spärliche Bündelchen feiner, markloser Nerven¬
fasern. Viel reicher als die Pulpa erscheint der den Milchzahn umgebende
Knochen von Nerven durchsetzt. Es macht den Eindruck, als ob der
Milchzahn in einer Hiille von Nerven, die netzartig miteinander verbunden
sind, stecken würde. Diese äußeren Stämmchen sind zum Teil wenigstens
markhaltig. Die Milchzahnnerven verschwinden ohne nachweisbare Residuen.
Die Untersuchungen von Conrad (25) über die Innervierung der
Syrinx von Vögeln zeigen, daß auch bei sehr weit voneinander stehenden
Vogelgruppen in dieser Hinsicht eine weitgehende Übereinstimmung herrscht.
An der Syrinxinnervation sind allgemein der N. cervicalis descendens superior
und der R. recurrens N. vagi beteiligt. Der letztere tritt bei den Passeres
gegen den um vieles stärkeren R. cervicalis sehr zurück. Der anscheinend
bedeutendste Unterschied zwischen den verschiedenen Vogelgrnppen ist das
Vorhandensein oder Fehlen des R. cervicalis descendens inferior. Letzterer
kann aber von keiuer großen Bedeutuug sein, weil er sich bei Vogelarton
mit ganz verschiedener Syrinxmuskulatur findet. Es konnte für die Corviden
festgestellt werden, daß bei Überkreuzung des N. hypoglosso-cervicalis mit
dem N. vagus ein mehrfacher Faseraustausch besteht. Aus diesen Gründen
und mit Rücksicht auf die fast regelmäßig stattfindende Anastomosierung
zwischen den in die Syrinxmuskeln eintretenden Nerven ist es nicht möglich,
über die Versorgung einzelner Syrinxmuskeln durch bestimmte Nerven-
elemente etwas Genaueres auszusagen. Bei einigen niederen Formen tritt
der R. cervicalis descendens superior mit dem dorsalen oder ventralen,
ösophagealen Aste des Glossopharyngeus in mehrfache, zum Teil augen¬
scheinlich metamer augeordnete Verbindung. Zwischen der linken und
rechten Seite zeigen sich oft Verschiedenheiten. Der Rekurrenz und ein
Ast des Glossopharyngeus treffen sehr häufig zusammen, manchmal (Fulica
atra) laufen beide Nerven in einer gemeinsamen Scheide. Jedenfalls ent¬
steht auf diese Weise bei einigen Formen außer der durch R. cervicalis
descendens sup. und inf. gebildeten Ansa sowie der durch den N. vagus
recurrens und N. hypoglosso-cervicalis gebildeten Schleife noch eine dritte,
nämlich zwischen Vagus- und Glossopharyugeussystem.
Die Hauptresultate der ungemein fleißigen Arbeit Agdtllir’s (2) über
die Innervierung der Muskulatur des Vorderarms der Haustiere sind folgende:
N. medianus wird von Nervenfädeu gebildet von der
7. 8. C. W. 1. (und 2.) Th. W. bei Equidae,
7. 8. C. W. und 1. Th. W. bei Cervidae, Bovidae, Ovidae, Canidae
und Felidae,
(6.) 7. 8. C. W. und 1. Th. W. bei Suidae.
Diese Segmeutalursprünge gruppieren sich zu zwei Stämmen, von denen
der eine lateral und der andere medial von der A. axillaris geht. Die
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beiden Stämme vereinigen sich direkt unter der A. axillaris miteinander und
bilden den einheitlichen N. medianus.
-N. musculo-cutaneus kommt von der (6.) 7. (u, 8.) C. W. bei Equi-
dae, von der 6. 7. (u. 8.) C. W. bei Cervidae, Bovidae, Ovidae, von der
(5.) 6. und 7. C. W. bei Suidae, von der (6.) und 7. C. W. bei Canidae und
von der 6. und 7. C. W. bei Felidae.
N. ulnaris wird gebildet von Teilen der
(8. C. W.) 1. und 2. Th. W. bei Equidae,
8. C. W. 1. und 2. Th. W. bei Bovidae,
8. C. W. 1. (und 2.) Th. W. bei Cervidae und Ovidae,
8. C. W. und 1. Th. W. bei Suidae,
8. C. W. (und 2.) Th. W. bei Canidae,
8. C. W. und 1. Th. W. bei Felidae.
Der Nerv ist auf längere oder kürzere Ausdehnung mit dem Ursprung
des Medianus von der entsprechenden Segmentalwurzel verbunden.
N. cutaneus antibrachii medialis wird gebildet von der 8. C. W.
und 1. Th. W. bei Suidae, von der 1. Th. W. bei Cervidae, Bovidae, Ovidae,
Felidae und Canidae, von der 1. und 2. Th. W. bei Equidae.
Im folgenden werden nun vom Autor die Innervierungsverhältnisse der
einzelnen Muskeln beschrieben. Die meisten Muskeln auf dem Unterarm
sind plurisegmentale. Durch Medianus und Ulnaris doppelt innerviert ist
bei sämtlichen Tiergruppen die laterale Portion des Caput humerale von
M. flexor digitorum profundus; bei Cervidae, Bovidae und Ovidae gewöhn¬
lich auch M. flexor digitorum sublimis; bei Canidae gewöhnlich noch M. pal-
maris longus. In den doppelt innervierten Muskeln hat der N. ulnaris regel¬
mäßig den proximalen und der N. medianus den distalen Teil. Intra¬
muskuläre Anastomosen hat der Autor in einer Mehrzahl von Fällen in den
vom Medianus und Ulnaris doppelt innervierten Muskeln mit Sicherheit
nachweisen können bei Equidae, Cervidae, Bovidae, Canidae und Felidae.
V. Haberer (37) konnte bei dem operativen Eingriff einer Schußver¬
letzung des Oberarms durch anatomische Präparation und durch funktionelle
Prüfung in einwandfreier Weise eine Anomalie des N. uluaris feststellen,
die in auffallender Dicke der Nerven, vor allem aber darin bestand, daß
dieser Nerv am Übergang vom oberen in das mittlere Drittel des Ober¬
armes drei starke Äste zur Versorgung des medialen Trizepskopfes abgab.
Nach Untersuchungen von Stendell (79) entspringt der elektrische Nerv
von Mormyrus aus einer großen Zelle des frontalsten Rückenmarks und
zieht mit den Achsenzylindern der ventralen Wurzeln des ersten und zweiten
Spinalnerven dahin. Der Nervus electricus ist nichts anderes als die besonders
hypertrophierte Kolossalfaser des ersten und zweiten Spinalnerven, die ihren
eigenen Weg zieht, während die dünneren Fasern derselben Ventralwurzeln
regelmäßig zu Muskeln ziehen, ebenso wie alle anderen Spinalventralwurzeln.
Die ursprünglich von Bilharz gemachten Angaben bestehen also zu Recht,
während diejenigen von Fritsch, der den Nerven als einen Ramus lateralis
vagi bezeichnete, nicht richtig sind.
Sympathisches Nervensystem.
Vermeulen (94) untersuchte den Truncus nervi sympathici und ver¬
schiedene Aste auf eingelagerte Ganglienzellen. Er fand solche regelmäßig
bei Pferd, Hund, Kuh, Ziege usw. und kommt auf Grund seiner Befunde
zur Überzeugung, daß eine segmentale Anordnung der sympathischen Zellen
im Grenzstrang besteht.
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Anatomie das Nervensystems.
Brill (17) ist es gelangen, mit Hilfe der Cajalsehen Silbermethode
beim Kaninchen und bei der Maus ein großes, wohl in sich abgeschlossenes
Ganglion im Orarium nachzuweisen und im Zusammenhang damit auch die
periphere viszerale Nervenversorgung mit ihren Endformationen für die
einzelnen Bestandteile des Ovariums. Die Nerven gehen nicht nur zu den
Gefäßen, sondern auch besonders reichlich zu den Drüsenschläuchen und
-strängen des stark aasgebildeten, innersekretorischen Gewebes. Außer den
Ganglienzellen enthält die große, in sich abgeschlossene ganglionäre Bildung
besonders in den Randpartien eng aneinandergereihte ebromaffine Zellen.
Sinnesorgane.
Die Neubildung des Auges bei der Nachtschnecke, Arion empiricorum.
vollzieht sich, wie experimentelle Untersuchungen von König (46) ergaben,
unabhängig von dem neben ihm liegenden Fühlerganglion, dem Zerebral¬
ganglion und desseu Nerven. Das Auge wird aus Epithelzellen regeneriert,
wie dies zuerst von Carriöre beobachtet wurde. Das Epithel erzeugt die
Kornea, die Linse und die verschiedenen Zellarten der Retina und des
Optikus. Das Auge entwickelt sich unabhängig vom Nervensystem. Der
N. opticus wird aus Retinazellen gebildet, die sich in der Längsachse des
Auges zum Sehnerven vereinigen. Das entfernte Auge wurde meistens nicht
nur einmal, sondern wiederholt völlig neugebildet und öfters auch noch ein
zweites oder gar drittes dazu, die aber nicht die Größe eines normalen Auges
zeigten.
Tretjakoff (86) hat die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis einer
sehr eingehenden anatomischen Untersuchung unterzogen. Nach seiner An¬
sicht ist es sehr wahrscheinlich, daß beide Parietalorgane lichtempfindliche
Organe sind, aber er betont nachdrücklich, daß sie uicht aus der Liste der
drüsigen Parietalorgane zu streichen sind. T. meint, daß sie von Haus aus
Organe einer inneren Sekretion wie die übrigen Parietalorgane der Wirbel¬
tiere sind, und da die sekretorische Tätigkeit derselben die allgemeinere
Funktion ist, so hält er diese auch als die Hauptfunktion bei Petromyzon.
Die Lichtempfindlichkeit wäre nur eine sekundäre und vielleicht d6r sekre¬
torischen Funktion dienstliche Eigenschaft dieser Organe.
In der Struktur des Pinealorgans und des Parapinealorgans fand T.
solche Abweichungen, daß er keine Veranlassung hat, sie einem Paare zu-
züzählen* Nach den anatomischen Verhältnissen kann er nur eine ursprüngliche
Paarigkeit des Parapinealorgans zulassen, da es auch jetzt nicht immer die
mediane Stellung bewahrt. Auch eiue ursprüngliche Paarigkeit des Pineal¬
organs hält der Autor für nicht wahrscheinlich.
Die Augen von Spinther miniaceus, welche Kornfeld (48) untersuchte,
liegen in Vierzahl an der Basis eines unpaaren Fühlers, der dorsal in der
Medianlinie über dem Gehirn aufsteigt. Sie zeigen einen etwa halb¬
kugeligen oder verschieden stark in die Länge gezogenen Umriß. Um einen
Pigmentbecher findet man Kerne der Retinazellen angeordnet. Proximal
kann man von diesen Zellen Fibrillen zur Fasermasse des Gehirns ziehen
sehen. Ebenso treten in der distalen Seite Fibrillen, die mit jenen proxi¬
malen vielleicht Zusammenhängen, durch Kanäle in den den Pigmetbecher
bildenden, je eiuer Retinazelle zugehörigen Pigmentklumpeu in das lunere
des Augenbechers. Dieses Innere zeigt einen wabigen Aufbau, und zwar
stehen die Waben wände parallel zur Sehachse. Die aus den Retinazellen
eintretenden Fribillen durchziehen je eiue Wabe der Länge nach. Der
proximal vom Pigmentbecher umschlossene Raum ist distal von einem
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Anatomie dea Nervensystems.
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Häutchen begrenzt, an das sich an der gegenüberliegenden Seite wieder
ein deutliches Epithel anschließt. Ein deu Enden der perzipierenden
Elemente vorgeschalteter lichtbrechender Körper, Glaskörper oder Linse,
existiert hier nicht, und darin liegt der wesentlichste Unterschied gegen
die Rapacienaugen.
Glockauer (35) fand bei der vergleichend-anatomischen Darstellung
der äußeren Augenmuskeln eine nahezu vollkommene Übereinstimmung bei
Oegopsiden und Myopsiden. Die Oktopoden bilden eine in sich abgeschlossene
Gruppe. ArgODauto argo stellt in bezug auf die Augenmuskulatur die
niedrigste Organisationsstufe dar. Auf Grund des anatomischen Verhaltens
der Augenmuskeln ist eine allseitige Bewegung des Bulbus möglich. Die
äußerst schwache Ausbildung des Ziliarmuskels der relativ großen Augen von
Chiroteuthis imperator schließt eine Akkomodationsmöglichkeit aus, was auf
den Lichtmangel in der Tiefsee zurückgeführt werden kann. Die muskulöse
Verbindung des Äquatorialknorpels mit der hinteren Knorpelhaut dürfte im
Dienste der Akkomodation stehen. Die ventral gelegene, durch auffallend
lange Stäbchen ausgezeichnete Stelle der Retina von Chiroteuthis entspricht
offenbar der von Chun bei Benthoteuthis beschriebenen Fovea. Eine Pigment¬
wanderung in der Retina der Tiefseezephalopoden (Chiroteuthis) kann unter
bestimmten Umständen stattfinden. Bei einem Exemplar wurde eine dichte,
innere Pigmentzone gefunden. In der Stäbchenschicht der Retina wurden
bei einigen Exemplaren von Chiroteuthis zahlreiche körnige, mit Heidenhain
tiefschwarz gefärbte Gebilde festgestellt, die aller Wahrscheinlichkeit nach
den Inhalt der vielen, in der Retina gelegenen Kapillaren repräsentieren.
Geipel (32) beschreibt die Leuchtorgane tropischer Lampyriden und
von Pyrophorus noctiluca. Von letzterem gibt er auch eine kurze Darstellung
des Zentralnervensystems. Die Blutmuskeltheorie von Dubois zum Ver¬
ständnis des Leuchtphänomens hält G. anatomisch nicht genügend begründet
Nach Ansicht des Autors sind die Leuchtorgane der Elateriden wie auch
der Lampyriden als drüsige Gebilde aufzufassen. Die einzelnen Leuchtzellen
repräsentieren einzellige Drüsen ohne Ausführungsgang, und das von ihnen
produzierte Sekret wird unter Zutritt von Sauerstoff intrazellulär verbrannt.
Für diese Auffassung spricht einerseits der histologische Charakter der Lencbt-
zellen, das Vorhandensein zahlreicher Körnchen im Plasma, anderseits die
Tracheenverteilung, die es ermöglicht, den Sauerstoff in hinreichender Menge
und in möglichst feiner Verteilung den Zellen zuzuführen. Die Oxydation
des Leuchtstoffes und somit das Leuchten wird dadurch herbeigeführt, daß
der Sauerstoff durch feine protoplasmatische, unverdickte Membranen, näm¬
lich durch Fortsätze (Lampyriden) und Kapillaren (Elateriden) auf diffusio-
nellem Wege an die Zelle abgegeben wird. Welcher Natur die Granula sind,
ob sie, wie von Chemikern behauptet wird, Aldehyde, primäre Alkohole oder
organische Fettsäuren sind, darüber sind die Akten noch uicht geschlossen.
Auch ist die Frage noch ungeklärt, ob die Körnchen den Leuchtstoff selbst
repräsentieren, oder ob sie Endprodukte des Leuchtprozesses darstellen.
Soviel ist aber sicher, daß der Leuchtprozeß mit einer Oxydation am besten
erklärt werden kann, um so mehr, als das Tracheensystem durch äußerst
reiche Versorgung und durch Ausbildung besonderer, die Diffusion befördern¬
der Endorgane auch anatomisch auf diese Erklärung hinweist.
Harms (39) untersuchte die großen Drüsen von Bufo vulgaris (Schild¬
kröte). Die Drüsen sind von eigenartigen Stäbchendrüsen umgeben. Letztere
stellen nach Ansicht von Harms besondere zu Sinnesorganen sekundär um¬
gewandelte Gebilde dar, die in äußerst vollkommener Weise den Giftapparat
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Anatomie des Nervensystem».
nur dann wirksam werden lassen, wenn es für das Tier von wichtigem Vor¬
teil ist, d. h. wenn es angegriffen wird.
Die höhlenständigen Papillae vallatae können bei Platyrrhinen primitive
Papillentypen darstellen, die als Vorläufer der üblichen Papillae vallatae
gelten können. Aber nach Anschauung von Kunze (51) sei das nicht be¬
wiesen. Nach Untersuchungen dieses Forschers kommen dio höhlenständigen
Papillae vallatae bei Platyrrhinen vor, bei denen sich schon iu der gegen¬
seitigen Stellung der Papillae fungiformes und vallatae Beziehungen zwischen
beiden Papillenarten offenbaren. Daß beide Erscheinungen Zusammenhängen,
ist möglich, aber nicht bewiesen. Die in der gegenseitigen Stellung zum
Ausdruck kommenden Beziehungen zwischen den Papillae vallatae und den
Papillae fungiformes sind auch bei Catarrbinen häufig zu konstatieren. Es
gibt scheinbare Übergangsformen zwischen den Papillae fungiformes und den
Papillae vallatae. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß ausgebildete seröse
Drüsen, aber kein Graben vorhanden ist, und daß Geschmacksknospen
höchstens auf der Oberseite zu fiuden sind. Sie köunen zu den Leitljnien
der Wallpapillenfigur bestimmte Beziehungen haben. Es gibt echte Über¬
gangsformen zwischen den Papillae fungiformes und den Papillae vallatae.
Sie sind gekennzeichnet durch das Vorhandensein von frühesten Entwick¬
lungsstadien oder allergeringsten Mengen von serösen Drüsen und weiterhin
dadurch, daß sie in Papillenreihen angeordnet sind, an deren einem Ende
Papillae vallatae, an deren anderem Ende Papillae fuugiformes stehen. Die
einseitig entwickelten Papillae vallatae (bei denen ein Graben nur auf einer
Seite vorhanden ist) sind Zwitterbildungen zwischen Papillae vallatae und
Papillae fungiformes oder zwischen Papillae vallatae und den vorher erwähnten,
bei denen kein Graben vorhanden ist, und bei denen Geschmacksknospen
höchstens auf der Oberseite zu finden sind.
Muskeln.
Im ersten Teil der vergleichenden Anatomie der Kaumuskeln der
Wirbeltiere bringt Lubosch (56) die Beschreibung und Nervenversorgung
der Kaumuskeln der Amphibien. An den beschreibenden Teil schließt sich
ein synthetischer Teil an, der die Aufgabe zu lösen sucht, die Muskulatur
der Urodelen und Anuren aufeinander zu beziehen, und festzustellen, was als
gemeinsamer Besitz, was als Sonderbesitz zu gelten hat, und zu verfolgen,
wie Rückbildungen und Neubildungen an der Ausgestaltung der Muskulatur
beider Gruppen tätig gewesen sind. Den Schluß der Abhandlung bilden
Vergleiche zwischen Amphibien und Fische, Amphibien und Amnioten, und
zwar einmal Amphibien und Reptilien und zweitens Amphibien und Säuge¬
tiere. Folgendes Grundschema stellt der Autor für die Homologien zwischen
Emammalia und Mammalia auf:
1. Der M. mandibularis externus liefert den M. detrahens mandibulae
der Monotremen. Bei höheren Säugetieren sind Reste des Muskels
bis jetzt nicht nachgewiesen.
2. Der M. cranio-mandibularis liefert
a) mit seinen oberen Schichten den Masseter und obere Portionen
des Temporalis;
b) mit tiefen Schichten das Caput anterius des Temporalis und den
M. pterygoideus externus.
3. Der M. pterygoideus auterior liefert den M. pterygoideus internus
(fehlt bei den Monotremen).
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Anatomie des Nervensystems.
41
4. Der M. pterygoideus posterior liefert keine als Kaumuskeln wirk¬
samen Elemente, wahrscheinlich den M. tensor tympani und M. ptery-
gospinosus.
Fahrenholz (28) konnte bei Plagiostomen die Anwesenheit von Sinnes¬
organen im ganzen Ösophagus bis zur Kardia feststellen. Da ausnahmslos
bei den vom Autor untersuchten Plagiostomen das Pflasterepithel überall,
wo es im Vorderdarm vorkommt, Sinnesorgane aufwies, hält er sich zu dem
Schlüsse berechtigt, daß das Ektoderm bei ihnen mindestens bis zur hinteren
Grenze dieses Epithels reicht.
Virchow (96) hat die Gesichtsmuskeln eines weiblichen Schimpansen¬
kindes uutersucbt, welches das Gebiß halb gewechselt und die zweiten Mo¬
laren bereits heraus hatte. Die Muskeln sind aufs genaueste mit Hilfe der
Doppellupe durchpräpariert und in allen Einzelheiten bildlich genau wieder¬
gegeben. Letzteres ist dadurch erreicht, daß jede Phase der Präparation
photographiert und auf die Kopien die Muskeln aufgezeichnet wurden. Von
diesen Vorlagen wurden die Textfiguren in vereinfachter Technik gepaust,
die Tafelfiguren wurden nach den bemalten Photos und nach dem Präparat
durch einen Zeichner ausgefiihrt. Die drei letzten Textfiguren geben den
Schädel mit den Ursprungsfeldern der Muskeln in drei verschiedenen An¬
sichten wieder.
Es liegt schon von früher her eine genaue Beschreibung des gleichen
Objektes von Georg Rüge vor. Von dieser ergaben sich zahlreiche Ab¬
weichungen, die z. T. auf individuelle Variation zurückzuführen sind; anderer¬
seits erstreckte sich aber die Übereinstimmung auf weitgehende Einzelheiten.
Das Ergebnis der neuen Bearbeitung ist, daß die Differenzierung der
Gesichtsmuskeln des Schimpansen eine weitgehende ist, weiter als es die des
Menschen nach den üblichen Darstellungen der anatomischen Lehrbücher
ist, und daß die Übereinstimmungen mit dem Menschen größer sind, als
man nach der Gestalt des Schädels erwarten sollte. Sie erstrecken sich
z. T. auf Feinheiten, welche jenseits dessen liegen, was für gewöhnlich noch
präpariert wird. Ebenso wie beim Menschen fand sich ein Auricularis
anterior, Depressor capitis supercilii, Depressor glabellae, Corrugator supercilii;
der Frontalis entspringt nicht am Knochen, der Epicranius temporo-parietalis
ist ähnlich wie beim Meuschen. Hierdurch erhielten manche Beschreibungen
und Bezeichnungen eine Bestätigung, in welchen V. hinsichtlich der mensch¬
lichen Muskeln von anderen Autoren abgewichen ist. Von Unterschieden
gegenüber dem Menschen sind vor allem die Zwisehenbündel zwischen Orbi-
cularis oculi und Zygomatikus sowie das einfache Verhalten des Nasalis zu
nennen. Der letztere ist noch besonders dadurch interessant, daß er, ent¬
sprechend der durch die großen Inzisivi bedingten Breite des Zwischen¬
kiefers, breit ist und dadurch die schmale Nase nach der Seite überragt,
wodurch V. darauf geführt wurde, das neben der Nase gelegene Feld als
„Nasenflügelfeld“ aufzufassen. Der Triangularis ist zwar breit, aber schwach,
und befestigt sich unten nicht am Knochen. Er ist am Mundwinkel durch
eine Portion des Platysma überlagert, was auch beim Menschen als Aus¬
nahme vorkommt. Schwierig gestaltet sich die Analyse und Beschreibung
des Bukkinatorius, da dieser infolge der verschiedenen Richtung seiner Por¬
tionen eiue teilweise Schichtung erfährt, die aber stets nur eine lokale Be¬
deutung hat und nicht bis zur Sonderung in selbständige Partien oder
Schichten führt; am meisten vom Menschen abweichend ist eine untere
vordore aufsteigende Portion, die teilweise am Unterkiefer entspringt. In
den Lippen stellt sich eine verwickelte gegenseitige Durchdringung ein,
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42
Anatomie des Nervensystems.
wobei die einzelnen Muskeln durch Teilungen in der Fläche (Bündelteilung)
und in der Dicke (Schichtenteilung) eine weitgehende Zerspaltung erfahren.
Dabei durchdringt sich z. B. der Zygomaticus in mehrfachen Lagen mit
dem Caninus, das Platysma mit dem Orbicularis oris; tiefe Bündel des
Zygomatikus gehen an die Schleimhaut, tiefe Bündel des Platysma an den
Knochen (au das Mentalisfeld). Manche Muskeln sind von anderen nur
unvollkommen getrennt, was sowohl morphologisch wie funktionell von Be¬
deutung ist; beim Menschen ganz ebenso wie beim Schimpansen. Anatomische
und funktionelle Sonderung fallen aber nicht unbedingt zusammen; es können
auch in anatomisch einheitlichen Muskeln einzelne Abschnitte gesondert in
Aktion treten, wie z. B. im Orbicularis oculi. ( Selbttbericht .)
Das Skalenussystem, welches in der Serie der Mammalien von den
Monotremen bis zum Menschen herauf eine gewaltige Ungleichheit in der
Stärke der Entwicklung zeigt, stellt sich nach Studien von Förster (31) als eine
Muskelmasse dar, welche mit einer wechselnden Zackenzahl primitiv von
den vorderen Höckern bzw. von dem vorderen Rand einer wechselnden
Zahl von Halswirbelquerfortsätzeu entspringt. Es lassen sich an dem
Skalenussystem, welches gegenüber der übrigen Halsmuskulatur durchgehend
selbständig differenziert ist, primitiv zwei Portionen unterscheiden, eine mehr
hintere Portion, welche dem Scalenus medius beim Menschen entspricht,
und eine mehr vordere Portion, welche dem Scalenus anticus der mensch¬
lichen Anatomie gleichzustellen ist. Beide sind einander dicht am Ursprünge >
angeiagert, teilweise auch während ihres Verlaufes, ebenso wie teilweise am
Ansätze, so daß eine gewisse Berechtigung besteht, von einem Skalenus bzw.
von einem einzigen Scalenussystem zu sprechen, an dem sich einzelne
Partien, gleichsam je nach Bedarf, infolge besonderer Anpassung besonders
ausgebildet haben. Die Beziehungen der Vasa subclavia und der Wurzeln
des Plexus cervicalis und besonders des Plexus brachialis sind in der
Säugetierreihe nicht stets dieselben zu den Teilen des Skalenussystems und
haben bei der Einteilung der Skalenusmasse nur eine relative Bedeutung.
Die verschiedenartige Thoraxkonformation ist in den einzelnen Spezies
für die Beziehungen dieser Gebilde zueinander maßgebend, ebenso wie für
die Entwicklung der einzelnen Teile des Skalenussystems selbst. Es läßt sich
nämlich nachweisen, wenn man von sekundären Bildungen bei einzelnen •
Formen absieht, daß 1. je schmäler der Thorax ist, d. h. je mehr er im
Querdurchmesser zusammengedrückt ist, die Skalenusmasse in Gestalt der
hinteren Portion desto tiefer kaudalwärts auf ihn herabzieht; daß 2. je
breiter der Brustkorb ist, d. h. je mehr er im transversalen Durchmesser
erweitert ist, und je tiefer die erste Rippe mit ihrem vorderen Ende zu der
Körperlängsachse sich senkt — zwei Vorgänge, welche eng miteinander
verknüpft sind —, die vordere Portion Skalenus um so deutlicher ausgebildet
sich vorfindet; daß 3. die Portion, welche dem Scalenus posticus des
Menschen entspricht, eine dorsalwärts verschobene Partie der vorderen
Portion ist, welche sich, bei besonders starker Verbreitung des Thorax im
Querdurchmesser und bei dorsaler Ausbuchtung der oberen Thoraxapertur,
seitlich von der Wirbelsäule vorfindet. Wo also die Brustatmung durch
die seitliche Kompression des Thorax erschwert ist, findet sich die vordere
Skalenusportion auf der Seite des Thorax eventuell weithin herabreichend;
wo infolge der Aufrichtung der Wirbelsäule bei breitem Thorax die obere
Apertur eine stärkere Senkung erkennen läßt, ist stärkere Ausbildung des
Skalenus im dorso-ventraleu Durchmesser vorhanden. Zugehörig ist das
Muskelsystem des Skalenus zu der Interkostalmuskulatur. Mit den Levatores
costarum hat es soweit keine direkten Beziehungen. In Anbetracht der
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Anatomie des Nervensystems.
43
■durch mechanische Momente modifizierten Lage der Plexuswurzeln ist jedoch
«ine bestimmtere Gleichstellung auf diesem Wege nicht vorzunehmen.
Der äterno-costalis ist ein Abkömmling des Obliquus abdominis externus.
Mit dem Skalenussystem hat er keine morphologisch verwandtschaftliche
Beziehungen und findet sich in stärkster Ausbildung bei den Säugern vor,
die einen möglichst schmalen, von den Seiten her zusammengepreßten
Thorax haben. Hat der Querdurchmesser des Brustkorbes einen gewissen
Wert erreicht, so fehlt der Muskel.
Schmidt (76) beschreibt sehr eingehend die Stammes- und Extremitäten¬
muskulatur des Flußkrebses und gibt sehr zahlreiche gute Abbildungen
seiner Präparate. Bezüglich der vielen Einzelheiten muß auf die Original¬
arbeit verwiesen werden.
Die Flügelmuskelfasern der Koleopteren, der Vögel, der fliegenden
Säugetiere besitzen, wie Thulin (85) fand, keine Grundmembran. Wo diese
Membran vorhanden ist, dient sie zum Transport von Stoffen für die Muskel¬
faser. Die grundmembranlosen Muskelfasern zeigen noch gegenüber den
anderen Muskelfasern besondere Eigenschaften der Säulchen und des Sarko-
plasmas, die der Autor näher beschreibt.
Drüsen.
Strauss (80) referiert kurz dio Hauptarbeiten über die Entwicklung
der Thymusdrüse. Die wesentlichste Bedeutung der erhobenen Befunde
liegt seiner Ansicht nach in der Erkenntnis, daß die in der Phylogenie
sicherlich primär entodermale Thymusdrüse ersetzt werden kann durch eine
ektodermale. Man könne alle Übergänge sehen von dem rein entodermalen
Thymus, von dem Aufgehen des Sinusbläschens im Thymuskopfe, von dem
Zurückbleiben der entodermalen Komponente bis zur völligen Alleinherrschaft
des Ektoderms. Nicht weniger als drei verschiedene Mutterböden können
der Thymusdrüse ihren Ursprung geben: die dorsalen Kiemeutaschen, die
ventralen Kiemeutaschen und der Sinus praecervicalis.
SjÖlander und Strandberg (78) haben eine Untersuchung über
die Nerven, die zum Thymus treten, von sechs fast reifen menschlichen
Föten unternommen. Die Resultate, zu denen Verfasser bei ihren Dissektionen
gekommen sind, könuen folgendermaßen zusammengefaßt werden. Die
Thymusdrüse zeigt in der Regel eine doppelte Innervation. Sie erhält
immer längs der Gefäße verlaufende sympathische Nervenfäden, sowie auch
in den meisten Fällen lange, etwa in der Höhe der oberen Spitzen der
Seiteulappen der Thyreoidea abgehende Zweige des N. vagus. Ferner können
bisweilen Fäden vom N. phrenicus und von der Ansa hypoglossi an der
Innervation des Thymus beteiligt sein, was natürlich mehr bedeutet, daß
diese Zweige wirkliche Hypoglossus- oder Phrenikusfasern enthalten. Es ist
sehr wohl möglich, daß sie von Sympathikus- oder Vagusfasern, die in die
genannten Nerven verlaufen, gebildet werden. ( Kahlmeter .)
Gef&sse.
Aus der umfassenden Studie über den Sinus cavernosus kommt
Shindo (77) zum Schluß, daß er genetisch ein nasales Reststück des V.
capitis medialis ist, welches an der ventro-medialen bzw. medialen Seite des
Ganglion N. trigemini liegt. Topographisch wird er sekundär mit dem
Cavum epiptericum (von Gau pp) in die Schädelhöhle eingeschlossen. Dem¬
nach ist seine direkte Beziehung zur Hypophyse sekundär. Seine primäre
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44
Allgemeine Physiologie.
Beziehung zum Trigeminus bleibt beständig aufrechterhalten. Funktionell
ist er zum Dienst der primären Ableitung des Orbitalblutes bestimmt.
Dieser primäre Zustand ist bei Reptilien (mit Ausnahme von Krokodilen
und Schlangen) fast vollkommen erhalten geblieben. Bei Säugern kann man
trotz der vielen Veränderungen seines Zustandes mehr oder weniger die
gleiche primäre Erscheinung beobachten.
Allgemeine Physiologie.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin und Prof. Dr. H. Wiener-Prag.
1. Baego, M. H., Die Monschenaffenstatfon auf Teneriffa. Naturwiss. Woch. No. 20.
p. 315.
2. Benedict, Francis Q.. and Talbot, Fritz C., The Physiology of the New-Bom Infant.
Proc. of the Nat. Acad. of Sc. 1. (12.) 600.
3. Bernstein, I., Experimentelles und Kritisches zur Theorie der Muskelkontraktion.
Arch. f. die gos. Physiol. Bd. 162. H. 1—-2. p. 1.
4. Bethe, A., Analogien zwischen Erregungsvorgängen und capillarelektrischen Er¬
scheinungen. Zentralbl. f. Physiol. 1914. 28. 765. (Sitzungsbericht.)
5. Boruttau, H., Das Lokalisationsgesetz der fortgeleiteten Erregung, ebd. 1914.
28. 777. ( Sitzungsbericht.)
6. Brezina, Emst, und Schmidt, Wilhelm. Über Beziehungen zwischen der Witterung
und dem Befinden des Menschen, auf Grund statistischer Erhebungen dargestellt.
Sitzungsber. d. Kais. Akad. Wien. Math.-natmw. Klasse. 1914. Bd. CXXIII.
No. 8—10. p. 209.
7. Brun, Rudolf, Das Orientierungsproblem im allgemeinen und auf Grund experimenteller
Forschungen bei den Ameisen. Biolog. Centralblatt. Bd. 35. No. 4. p. 189.
8. Butt el-Reepen, H. v., Haben die Bienen einen Farben- und Formensinn? Die
Naturwissenschaften. No. 7. p. 80.
9. Costantino, A., Contribution ä la chimio musculaire. Note IV. Soufro et phosphore
dans la musculature d’animaux marin«. Arch. ital. de Biologie. T. LXII. fase. II.
p. 222.
10. Derselbe, Contribution k la chimio des tissus. Note V. Acides gras superieurs ot sub-
stancos insaponifiables contenus dans lo tissu musculaire lisse, cardiaque et strie de
mammiferes. ebd. T. LXII. fase. II. p. 226.
11. Derselbe, Contribution k la chimio musculaire. Nota VI. Recherches sur le phosphore
organiquo continue dans le tissu musculaire lisse des mammiferes. ebd. T. LXII.
No. 3. p. 345.
12. Derselbe, Nota VII. Los changements, qui so produisent dans los diverses phosphor£ee
du tissu musculaire lisse de mammiferes durant lo procossus d'autolyse. ibid. p. 395.
13. Derselbe, Nota VIII. Recherches ulterieure« sur le phosphore organique et sur les
substances minerales du tissu musculaire lisse de mammiferes. ibid. p. 399.
14. Crozior, W. I., The Sensory Reactions of Holothuria surinamensis Ludwig. Zoolog.
Jahrbücher. Allg. Zoologio u. Physiol. d. Tiere. Bd. 35. H. 3. p. 233.
15. Eichholz, Fritz, Über das Refraktärstadium im Roflexbogen. Ztschr. f. allg. Phy¬
siol. Bd. 16. p. 535.
16. Fick, R., Muskelmechanische Bemerkungen. Wien. klin. Woch. No. 19. p. 502.
(Nichts Neues. Rof.)
17. Franz, V., Die Vererbung erworbener Eigenschaften im Lichte neuerer Forschungen.
Med. Klinik. No. 10. p. 277.
18. Frey, M. v.. Die Vergleichung von Gewachten mit Hilfe des Kraftsinns. Ztschr. f.
Biologie. Bd. 65. H. 6. p. 203.
19. Derselbe, Physiologische Versuche über das Vibrationsgefühl. ebd. Bd. 65. H. 10.
p. 417.
20. Derselbe, Die physiologischen und psychologischen Grundlagen der Gewichtsschätzung.
Archiv f. Anthropologie. N. F. Bd. 13. H. 4. p. 342.
21. Derselbe, Das Vibrationsgofühl — eine Leistung des Drucksinns der Haut. Sitzungsber.
d. Physik.-med. Ges. zu Würzburg. 6. Mai.
22. Derselbe, Die Feinheit des Kraftsinns, geprüft durch Gowichtsvergleichung. ibidem.
No. 1. p. 1. 17. Dez. 1914.
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Allgemeine Physiologie.
45
23. Derselbe und Goldmann, Agnes, Der zeitliche Verlauf der Einstellung bei den Druok-
empfindungen. Ztsohr. f. Biologie. Bd. 66. H. 5. p 183.
24. Gildemeister, Martin, Der sogenannte psychogalvanische Reflex und seine physi¬
kalisch-chemische Deutung. Arch. f. d. ges. Phys. 162. (11/12.) 489. -
25. Derselbe, Über Polarisation, Kapazität und Leitung,swidorstand tierischer Gewebe.
Zentralbl. f. Pbysiol. 1914. 28. 775. (Sitzungsbericht.)
26. Hess, C., Untersuchungen über den Lichtsinn bei Echinodermen. Arch. f. die ges.
Physiol. 1914 . Bd. 160.
27. Kämmerer, Paul, Allgemeine Biologie. Stuttgart-Berlin. Dtsch. Verlags-Anstalt.
28. Löhner, Leopold, Untersuchungen über den sogenannten Totstellreflex der Arthro¬
poden. Ztschr. f. allg. Physiol. Bd. 16. p. 371.
29. Marina, A., Die Relationen des Palaencephalons (Edinger) sind nicht fix. Neurol.
Central bl. No. 10. p. 338.
30. Mast, S. O., Changes in Shade, Color and Pattem in Fishee and Their Bearing on
Certain Problems of Behavior and Adaption. Proc. of the National Acad. of Sciences.
Vol. I. No. 4. p. 214.
31. Müller, L. R., Uber die Hungerempfindung. D. m. W. No. 44. p. 1297.
32. öhrwall, Det pä Kollade Muskelsinnat. Uppsala Läkaref. forhandl. Bd. 19. 1914.
33. Petrik, Josef, Über die reflektorische Einwirkung des Sauerstoffgehaltes im Wasser
(insbesondere) auf die Atembewegungen der Fische. Arch. f. die ges. Physiol. Bd. 161.
H. 11—12. p. 555.
34. Pfungen, v., Übersicht über die Resultate galvanometrischer Messung bei Messung
von Hand zu Hand. W. m. W. 65. (48.) 1766.
35. Derselbe, Über die Methode der absoluten Messung des Widerstandes von Hand zu
Hand und ihre Bedeutung für die Pflanzenbiologie. Wien. klin. Rundsch. 1914. No. 26.
36. Schanz, Fritz, Die Wirkungen des Lichtes auf die lebende Substanz. Arch. f. die
ges. Physiol. Bd. 161. H 5—7. p. 384.
37. Derselbe, Lichtfilter. M.. m. W. No. 48.
38. Derselbe, Sonnenstich und Hitzschlag. ebd. No. 29.
39. Derselbe, Die Wirkungen des Lichtes auf die lebende Zelle, ebd. No. 19. p. 643—645.
40. Derselbe, Über die Beziehungen dos Lebens zum Licht, ebd. No. 39. p. 1315.
41. Schleip, W., Über die Frage nach der Beteiligung des Nervensystems beim Farben-
wechrel von Dixippus. Zoolog. Jahrbücher. Allg. Zoologie u. Physiol. der Tiere.
Bd. 35. H. 3. p. 225.
42. Sch war tz, Alfred, Über die Abhängigkeit der elektrischen Eigenschaften der Frosch-
haut von der Beschaffenheit der daran angrenzenden Medien und vom Nervensystem.
Aroh. f. d. ges. Phys. 162. (11/12.) 547.
43. Schwerz. Franz, Die Rechtshändigkeit des Menschen. Arch. f. Rassen- und Gesell-
Schaftsbiologie. Bd. 11. H. 3. p. 299.
44 Sternberg, Wilhelm, Sinneseindruck und Appetit. Int. Beitr. z. Path. u. Ther.
d. Emährungsstrgn. 5. 421.
45. Thoma, Eugen, Eine Studie über Hungerempfindung. Diss. Würzburg.
46. Tschermak, A. v.. Das S<hen der Fkche. Die Naturwissenschaft. H. 14. p. 177.
47. Verworn, Physiologische Erregbarkeitstypen. Vereinsbeü. d. D. m. W. 1916. 42. 306.
48. Wacker, Leonhard, Zur Kenntnis der Totenstarre und der physiologischen Vorgänge
im Muskel. Münch, med. Woch. H. 26—27. p. 874. 913.
49. Wangerin, W., Abstammungs- und Vererbungslehre im Lichte der neueren For¬
schung. Medizin. Klinik. No. 28. p. 780.
50. Weizsäcker, Victor, Neue Versuche zur Theorie der Muskelmaschine. M. m. W.
No. 7—8. p. 217. 257.
Die Arbeiten aus der allgemeinen Physiologie betreffen so verschiedene
Gebiete, daß fast jede für sich einzeln betrachtet werden muß. Als hervor¬
hebenswert scheinen mir folgende zu sein: Zunächst ist der Bericht Baeges
über die von Bothmann begründete und von Teuber geleitete Anthopoiden-
station auf Teneriffa von Interesse, wodurch man eine genauere Kenntnis
von den Lebensäußerungen dieser hochstehenden Tiere erhält. Ferner
scheint mir die Arbeit Bruns über die Baumorientierung im allgemeinen
und speziell über die Fernorientierung der Ameisen bedeutungsvoll. Die
Fernorientierung bei den Ameisen sieht Brun als einen komplizierten
psychophysiologischen Vorgang an, bei dem Erfahrungen der verschiedensten
Sinnesgebiete bald für sich allein, häufiger aber kombiniert zur individuellen
Engrapbie und Ekphorie gelangen. Von Interesse sind die Untersuchungen
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46
Allgemeine Physiologie.
von Hess über den Lichtsinn der Echinodermen, von Tschermak ist wie
Hess der Ansicht, daß die Fische total farbenblind sind. Sehr anregend
sind die Arbeiten von Schanz über die Wirkungen dos Lichtes auf die
lebende Zelle, die ihn zur Ansicht führen, daß das Licht die Struktur der
Eiweißkörper in dem Sinne verändert, daß aus leicht löslichen schwerer
lösliche Eiweißkörper werden. Die Folgerungen, welche aus dieser Hypothese
für Tier und Pflanze zu ziehen sind, werden vom Autor in mehreren Ar¬
beiten besprochen. Der „Totstellreflex“ der Arthropoden, der darin besteht,
daß auf bestimmte äußere Reize hin plötzlich eine reflektorische Einstellung
jeder Bewegung eintritt, wird von Löhner als Schutzreflex angesehen, der
einen Gegensatz zum „Fluchtreflex“ darstellt. Sehr merkwürdig sind di©
experimentellen Ergebnisse, die Marina nach Transplantationen und Subr
stitutionen verschiedener Augenmuskeln beim Affen erhielt, insofern alle
Augenbewegung (Konvergenz und Assoziationsbewegungen) sich ebenso aus¬
führbar erwiesen wie beim nicht operierten Tier. Sehr weitgehend sind aller¬
dings die Schlußfolgerungen, die der Autor daraus zieht. Beachtung verdienen
v. Freys Ausführungen über den Kraftsinn und seine Messung, ebenso
über das Vibrationsgefühl, welches er als eine durch die Art des Reizes
bedingte besondere Betätigungsform des Drucksinnes der Haut auffaßt.
Beim Muskelsinn handelt es sich nach Öhrwall nicht um unmittelbar©
einfache Empfindungen, sondern um Vorstellungen, die sich auf Empfindungen
verschiedener Art gründen. Wacker führt die Toteustarre auf die Bildung
der Milchsäure aus dem Glykogen innerhalb der Muskelfaser zurück. Auf
Grund dieser Untersuchungen stellt der Autor weitere bemerkenswerte Be¬
trachtungen über die physiologischen Vorgänge im Muskel an. Sehr beachtens¬
wert erscheint auch die Arbeit Weizsäckers und seine Ansicht, nach welcher
der tätige Muskel als eine Verkoppelung zweier Maschinen angesehen werden
kann. Die erste Maschiue wird als die arbeitlieferude bezeichnet und be¬
wirkt die Umwandlung einer unbekannten potentiellen Energie auf nicht
oxydativem Wege in Arbeit und Wärme. Die zweite Maschine wird als
die restitutive bezeichnet und bewirkt durch Ausnutzung der freien Energie
von Oxydationen eine Wiederergänzung jener nicht näher bezeichneten
potentiellen Energie der ersten Maschine. Das Hungergefühl wird nach
Thoma nicht vom Magen ausgelöst, sondern vom zentralen Nervensystem,
wahrscheinlich vom Zwischenhirn. Das hier gelegene Zentrum wird wahr¬
scheinlich durch ein Defizit des Blutes an rasch abbaufähigen Substanzen
gereizt, ähnlich wie das Atemzentrum durch den Sauerstoffmangel des Blutes
gereizt wird. Das Großhirn ist die Stelle, wo die körperlichen Begleit¬
erscheinungen des Hungergefühls zum Bewußtsein kommen. Eine ähnliche
Anschauung entwickelt Müller. ( Jacobsohn .)
Baege (1) schildert die von M. Roth mann begründete von G. Teuber
geleitete Beobachtungsstation von Anthropoiden. Bis jetzt siud dort eine
kleinere Zahl von - Schimpansen untergebracht, die in umzäuntem Revier
vollkommen frei leben. Sie bewegen sich gewöhnlich herdweise, gehen
aufrecht, sind, von einzelnen Prügelszenen abgesehen, im ganzen friedlich,
sind tagsüber im Freien, suchen bei Sonnenuntergang von selbst ihre Lager¬
stätten auf. Sie neigen zu Nesterbau, ihre Licbesbetätigung hat immer
sexuellen Charakter. Interessant sind die Beobachtungen über Lautgebung
und Ausdrucksbewegung. Sie benutzen die Vokale a, o, u, e und i zur
Äußerung ihrer Gefühlszustände. Die beiden ersten Vokale wurden am
meisten gebraucht. Die Freude wurde z. B. ansgedrückt durch ein mehr¬
maliges kurzes „och“. Das gewöhnliche Weinen vollzog sich in tiefen
u-Lauten, bei sehr heftiger Betrübnis in hohen i-Lauten. Das Mienenspiel
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Allgemeine Physiologie.
47
und die Ausdrucksbewegungen mit den Armen zeigen eine erstaunliche
Mannigfaltigkeit. Trauer, Freude, Angst, Begehren, Hoffnung usw. finden
darin ihren beredten Ausdruck, und es ist zweifellos, daß sich die Affen
besonders aus diesen Ausdrucksbewegungen über die Gefühlszustände ihrer
Herdgonossen informieren. Für die Mannigfaltigkeit der Ausdrucksbe¬
wegungen mit Armen und Händen führt B. folgende Beispiele an. Die
Geste des wiederholten Greifens mit ausgestrecktem Arm bedeutet: Heran¬
winken. Die richtige Winkbewegung hingegen ist ein Zeichen hoher Un¬
geduld. Verlegenheit äußert sich — wie beim Menschen — durch Kratz¬
bewegung am Kopfe oder an anderen Körperteilen. Das Zeichen größten
Zugetanseins ist das sogenannte Flohsuchen. Ergebenheit wird ausgedrückt
durch Niederducken unter gleichzeitiger Zukehrung des Hinterteils. Staunen
kommt — wie beim Menschen — durch Offenstehen des Mundes zum
Ausdruck. Bei starken Unlustzuständen kreischen die Affen laut auf und
werfen sich wie ungezogene Kinder auf den Erdboden. Das Küssen kommt
auch bei ihnen vor. Es ist aber nicht das Zeichen der Liebe, sondern dient
lediglich zur Weitergabe von gekauter Nahrung an den Nachbar. Das
Lacheu geschieht lautlos, das Weinen ohne Tränen. Die Affen besitzen
außerdem noch eine besondere Mundmimik, ihre Mundmuskulatur ist feiner
als die menschliche (s. Virchow, p. 41). Die Bedeutung der einzelnen
Mundbewegungen als Ausdrucksform für Gemütszustände ist erst zum Teil
bekannt. So bedeutet z. B. eine vorgeschobene Unterlippe Ängstlichkeit,
eine fast rüsselförmig verlängerte Mundform Widerwillen usw.
Das Verhalten der Tiere spricht für ein vorsichtiges und überlegtes
Handeln, natürlich gibt es da auch allerlei individuelle Unterschiede.
Manches Tier zeigt ausgeprägte Nervosität.
Was die Intelligenz der Tiere anbetrifft, so wurde festgestellt, daß sie
wohl fast alles durch Nachahmung erlernen. Das gewöhnliche Auf- und
Zumachen der Türen war ihnen schnell geläufig. Das Verschließen hin¬
gegen lernten sie nicht (mindestens nicht von allein). Sie wußten zwar
den Schlüssel in das Schloß zu stecken, aber weiter kamen sie nicht. Durch
Nachahmung hatten sie auch das Scheuern und (durch Beobachtung von
spielenden Knaben wohl) das Bockspringen gelernt. Benutzung von Werk¬
zeugen war ihnen unbekannt. Nur ein einziges Mal konnte beobachtet
werden, daß ein besonders intelligenter Affe mit Hilfe eines Stockes sieb
eine Banane heranholte. War es draußen kalt, so nahmen einige der Tiere
ihre Decke mit hinaus, breiteten sie auf dem Boden aus und setzten sich
darauf. Den Menschen lernen die Affen nicht nur schnell kennen, sondern
erkennen ihn auch nach langer Zeit sofort wieder. Auf menschliche Zu¬
rufe, z. B. „geh hinein“, „komm herunter“ lernen sie schnell, in ent¬
sprechender Weise zu handeln. Die Beobachtungen sollen später auch auf
Orangs und Gibbons ausgedehnt werden. Aufgabe des Studiums soll es
wie bisher auch weiterhin sein, die Eigenleistungen der Tiere, ohne jede
Beeinflussung durch Dressur, hinsichtlich ihres Gemeinschaftslebens, ihrer
Individualität in bezug auf die Anfänge einer Verständigung der Tiere
untereinander festzustellen. ( Jacobsohn .)
Nachdem Bernstein (3) im ersten Abschnitte dieser Arbeit gezeigt
hatte, daß Darmsaiten sich wie Stricke beim Quellen in Wasser nur infolge
der spiraligen Windungen ihrer Fasern verkürzen, daß die Fasern, aus
denen sie bestehen, ebenso wie die Sehnenfasern, sich überhaupt hierbei
nicht verkürzen, sondern nur verdicken, nachdem er ferner im zweiten Ab¬
schnitte bewiesen hatte, daß die Muskelkontraktion nicht auf eine thermische
Verkürzung zurückgefiihrt werden kann, und in einem weiteren Abschnitte
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die osmotische Theorie widerlegt und gefunden hatte, daß die Fibrinflocken
beim Erwärmen Wasser abgeben, bleibt nur noch die chemische Verkürzung
wie man sie von den Sehnen beobachtet, als Analogon der Muskelkontraktion
übrig. Aber auch die Quellungstheorie erweist sich für die Muskelverkürzung
bei der Kontraktion als nicht stichhaltig. Hingegen zeigt sich, wie der
Autor ausführt, die Theorie der Energie des Muskels als Oberflächenenergie
vom mechanischen Prinzip aus ohne innere Widersprüche gegeben.
( Wiener.)
Im ersten Teile der Arbeit beschäftigt sich Brun (7) mit der Raum¬
orientierung im allgemeinen. Er definiert die Orientierung im Raume als die
Fähigkeit der Organismen, ihren Körper oder Teile desselben in bestimmter
Weise auf die einwirkenden Reize einzustellen, bzw. ihre räumliche Fortbe¬
wegung in irgendeiner gesetzmäßigen Weise auf die betreffenden Reizquellen
zu beziehen. Dabei unterscheidet er zwei Hauptkategorien der Orientierung,
eine propriozeptive (absolute) und eine exterozeptive (relative). Die erstere
emplängt ihre Angaben ausschließlich von inneren, d. h. bei passiven oder
aktiven Bewegungen in den bewegten Teilen selbst entstehenden Reizen;
sie bat deshalb keinerlei nähere Beziehungen zur Außenwelt, sondern
orientiert den Organismus lediglich über seine absolute Lage im umgebenden
Raume bzw. über die gegenseitige Stellung seiner Glieder. Sie ist eine
statische oder dynamische, je nachdem, ob ihr Zweck sich in der einfachen
Beantwortung der primären „Positiousreize“ erschöpft, oder ob das Resultat
dieser primären Antwortsbewegungen seinerseits wieder in einem höheren
Zusammenhänge registriert und zum Aufbau neuer, sekundärer Orientierungen
verwertet wird. Bei der statischen Orientierung handelt es sich um einfache
Einstellungsbewegungen des Körpers oder seiner Teile in einem bestimmten
Verhältnis zur Lotrichtung der Schwerkraft. Hierher gehören die Azotro-
pismen (Geotropismus, Heliotoprismus) der Pflanzen, die auf polar ungleicher
Wachstumsinteusität in den von dem Reize getroffenen Zellen beruhen
und als plasmostatische Orientierung bezeichnet und der neurostatischen
Orientierung der Tiere gegenübergestellt werden können, wo die be¬
treffenden Einstellungsbewegungen durch Vermittlung komplizierter stato-
tonischer Sinnes- und Reflexapparate erfolgen. Die dynamisch - pro¬
priozeptive Orientierung baut sich auf aus einer Sukzession derjenigen
sekundären propriozeptiven Registrierungen, welche man als Kinästhesien
bezeichnet. Dabei kann man wieder eine passive Kinästhesie, die die
Funktion der statischen Apparate zusammen mit dem myostatischen Sinne
darstellt, vou der aktiven Kinästhesie oder dem Bewegungssinn unterscheiden,
welcher durch den myodynamischen Sinn, den Schwer- oder Kraftsinn
(Barä9thesie) und den Ermüdungssinn (Strecken- oder Pedometersinn)
repräsentiert wird.
Während die propriozeptive Orientierung sich nur auf die Lage und
Bewegung des Körpers in einem absoluten Raume bezieht, orientieren die
exterozeptiven Sinne den Organismus rationell, d. h. sie setzen ihn in Be¬
ziehung zu ganz bestimmten Punkten in der Außenwelt. Die notwendige
Voraussetzung hierzu ist eine sinnliche Lokalisation der betreffenden Reize;
Sich im Raum exterozeptiv orientieren heißt also: Exterozeptive Reize auf
den rezipierenden Sinnesflächen scharf lokalisieren. Die exterozeptive
Orientierung fängt nicht erst bei der Lokomotion an, sondern sie erstreckt
sich zunächst auch auf den eigenen Körper und dessen nächste Umgebung
und kann hier eine reflektorische oder eine spontane sein. Mit dem Auf¬
treten der spontanen Lokomotion nimmt die Orientierung im Raume wesentlich
andere Formen an. Sie wird zur lokomotorischen Femorientierung. Hier
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sind es dann nur ganz bestimmte, nach Quantität und Qualität spezifische
Reize, auf welche der Organismus mit einer nach Vorzeichen und Richtung
meist ebenfalls spezifischen Orientierung antwortet. Ein solcher Prozeß hat
mit einer primären Reizbeantwortung nichts mehr zu tun, er setzt vielmehr
das Dazwischentreten eines mnemischen Faktors voraus. Nach der Natur
dieses letzteren kann man bei der lokomotorischen Fernorientierung wieder
zwei Hauptformen unterscheiden: Erstens eine unmittelbare oder direkte
Orientierung, die entweder auf Grund hereditär-mnemischer Automatismen
erfolgt und sich entweder als Tropismus oder als Reflexautomatismus oder
schließlich als Instinktautomatismus äußert; zweitens eine mittelbare oder
indirekte Orientierung, die entweder mittels einphasiger oder mittels mehr¬
phasiger Iutermediärkomplexe zustandekommt, welch letztere das echte Orts¬
gedächtnis repräsentieren.
Im zweiten Teile der Arbeit bringt der Autor die experimentellen
Ergebnisse über die Fernorientierung der Ameisen und beschäftigt sich
zunächst mit den Sinnen, die bei der Orientierung der Ameisen in Betracht
kommen können, d. i. mit dem Geruchssinn, Tastsinn, Gesichtssinn und den
kinästhetischen Registrierungen. Über die Funktion derselben kann schon
die anatomische Struktur der betreffenden Organe Auskunft geben. Der
Geruchssinn der Ameisen gehört infolge der oberflächlichen Lage seiner
Endapparate zu den rationellen Sinnen, d. h. er ist in erster Linie ein
Kontaktgeruchssinn. Im Vergleiche zum Kontaktgeruchssinn ist das Fern¬
geruchsvermögen der Ameisen sehr gering entwickelt. Auch der Gesichts¬
sinn kann bei der Fernorientierung keine Rolle spielen, wie-die Betrachtung
der anatomischen Struktur der Augen lehrt. Daraus folgt, daß jede Fern¬
orientierung der Ameisen über einen Meter hinaus eine indirekte sein muß.
Letztere setzt aber die Fähigkeit zu Erwerbung und Assoziation individueller
Engrammkomplexe voraus. Tatsächlich haben die Ameisen in den Corpora
pedunculata einen funktionell hochwertigen Assoziationsapparat. Nun kann
man bei den Ameisen zwei Grundphänomene unterscheiden, eine Massen¬
orientierung zahlreicher Individuen auf kollektiv begangenen Wegen und
eine Orientierung einzeln vom Nest ausgehender Individuen. Was die erstere
betrifft, so handelt es sich, wie zahlreiche verschiedenartige Versuche, auch
des Verfassers ergaben, um eino Orientierung auf Geruchssinn, wobei der
Geruchskomplex der Ameisenspur im Verlaufe seiner Kontinuität ein suk¬
zessives lntensitätsgefälle gewisser Komponenten aufweist. Bei der Orien¬
tierung auf Einzelwanderungen handelt es sich hauptsächlich um eine Orien¬
tierung nach der Sonne und ferner um differenzierte visuelle Komplexe, um
verschwommene Wahrnehmungen gewisser entfernter Objekte, mit deren
Standort die räumliche Lage des Nestes assoziiert wird. Es ist somit den
Ameisen ein individuelles, auf sukzessiv assoziierten Richtungsengrammen
aufgebautes echtes Ortsgedächtnis zuzusprechen. Die Ameisen vermögen
aber außerdem auf rein kinästhetischem Wege schon mäßige Terrain¬
steigungen wahrzunehmen.
Es ist demnach die Fernorientierung der Ameisen ein komplizierter
psychophysiologischer Vorgang, bei dem Erfahrungen der verschiedensten
Sinnesgebiete: lopochemische, topographische, visuelle, kinästhetische Ein¬
drücke bald für sich allein, häufiger aber kombiniert zur individuellen
Engraphie und Ekphorie gelangen. ( Wiener.)
V. Buttel-Reepen (8) weist besonders auf eine 1914 erschienene
Arbeit von v. Frisch (Zool. Jahrb. Bd. 35) hin, aus der hervorgeht, daß die
Bienen unzweifelhaft einen Farben- und Formensinn haben. Mit Sicherheit
sollen die Bienen blau, gelb, schwarz und weiß unterscheiden; sie sollen
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie ms. 4
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Allgemeine Physiologie.
aber rot mit schwarz und blaugriin mit grau, orangerot mit gelb und mit
grün, blau mit violett und purpurrot verwechseln. Die Bienen sollen sich
danach ungefähr wie rotgrünblinde Menschen verhalten. (Jacobsohn.)
Bei seinen Versuchen an Fröschen über das Refraktärstadium im
Reflexbogen kam Eichholz (16) zu folgenden Ergebnissen. Die kürzesten
Zeitintervalle, in denen die Zentralorgane eine zweite Erregung in Gestalt
einer summierten Kontraktion beantworten, ist gegeben durch das Refraktär¬
stadium der afferenten Nerven. Diese kürzeste Summationszeit wird durch
Ermüdung nicht verändert. Anschließend an eine faradische Reizung läßt
sich in späteren Stadien der Ermüdung ein Refraktärstadiun nachweisen.
Diesem Refraktärstadium geht ein Stadium erhöhter Erregbarkeit voraus.
Diese Tatsache wird in Zusammenhang gebracht mit einer bestimmten Form
des faradischen Tetanus. Ebenso läßt sich am unermüdeten Reflexbogen
auf Einzelreiz ein Stadium herabgesetzter Summationsfähigkeit nachweisen,
dem ein Stadium erhöhter Summationsfähigkeit vorausgeht. Hierin liegt
eine vollkommene Analogie ’zu den Versuchen von Broca und Ri che fc.
( Jacobsohn .)
Auf die Frage: Gibt es eine Vererbung des Erworbenen? antwortet
Franz (17): Ganz allgemein gewiß nicht, wohl aber haben zahlreiche Or¬
ganismen, die einen in höherem, die andern in geringerem Grad, unter ihren
vielen zweckmäßigen Eigenschaften auch die, daß sie sich an veränderte
Lebensbedingungen durch morphologische oder physiologische Veränderung
ihrer Organisation anpassen können, und daß diese Veränderungen über das
Individuum hinaus durch mehrere Generationen bestehen. Es gibt also eine
Vererbung des Erworbenen im Rahmen einer gewissen angestammten Varia¬
tionsbreite, von deren Vorhandensein man früher keine Ahnung hatte.
(Jacobsohn.)
Die vergleichende Beurteilung von Gewichten geschieht, wie v. Frey (18
und 20) angibt, nach zwei Verfahrungsweisen: Langsames Emporstemmen oder
rasches Schleudern. Das erstere Verfahren kommt hauptsächlich bei großen
Gewichten in Anwendung. Definiert man die Unterschiedsempfindlichkeit
(U. E.) als den reziproken Wert des wahrnehmbaren relativen Reizunter¬
schiedes, so erhält man für dieselbe verschiedene Werte, je nachdem man
die unterscheidbaren Gewichte oder die entsprechenden Muskelspannungen
der Berechnung zugrunde legt. Im ersten Falle erhält man die für den
praktischen Gesichtspunkt maßgebende nutzbare U. E., im zweiten Falle die
physiologisch und pshychologisch wichtige wahre U. E. Die wahre U. E. ist
stets größer als die nutzbare, weil für die Muskelspannungen neben den
Drehungs- und Trägheitsmomenten der Gewichte auch die der mitgehobenen
Glieder, die sog. Leermomente, in Betracht kommen. Die für eine bestimmte
Muskelgruppe bestimmte wahre U. E. hat die Bedeutung einer physiolo¬
gischen Konstanten, die nur noch jenen Einflüssen unterliegt, denen alle ner¬
vösen Prozesse ausgesetzt sind. Die nutzbare U. E. ist dagegen in hohem
Maße von den mechanischen Versuchsbedingungen abhängig: Von der Größe
der Gewichte, von dem Ort ihres Angriffes, von dem Wert der Leermomente.
In den vom Autor mitgeteilten Versuchen verhält sich die nutzbare U. E.
zur wahren wie 1 : 2 bis 1 : 8. In bezug auf Leistungsfähigkeit ist das
Schleuderverfahren dem Stemmverfahren überlegen, obwohl in beiden Fällen
derselbe rezeptorische Apparat in Tätigkeit tritt. Der Hauptgruud für die
Überlegenheit liegt in der sehr kurzdauernden Beanspruchung der Muskeln,
die der Ermüdung vorbeugt, zahlreiche rhythmisch einander folgende Wieder¬
holungen gestattet und die zu vergleichenden Empfindungen in große zeit¬
liche Nähe bringt. Die in den angestellten Versuchen beobachteten höchsten
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Allgemeine Physiologie.
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Werte der nutzbaren UE. sind bei dem Stemmverfahren 40, bei dem
Schleuderverfahren 200. Für die wahre UE. fanden sich Werte 100 bzw.
400. Der Kraftsinn übertrifft demnach in bezug auf die Feinheit der Unter¬
scheidung alle anderen Sinne. ( Jacobsohn .)
V. Frey (19 u. 21) ist der Ansicht, daß das Vibrationsgefühl eine durch die
Art des Reizes bedingte besondere Betätigungsform des Drucksiuns der Haut
darstellt, und daß nur die nervösen Strukturen dieses Sinnes daran beteiligt
sind. Geschieht die Erregung durch Stimmgabeln, so wird beim Aufsetzen
derselben auf Knochen die Empfindung verstärkt, weil der Knochen als ein
den Schall wenig dämpfendes Gewebe die Ausbreitung der Erschütterung
über weite Hautflächen ermöglicht. Die Prüfung des Vibrationsgefühles ist
demnach eine Prüfung des Drucksinns, die indessen entsprechend der Be¬
sonderheit des Reizes eine selbständige Bedeutung beanspruchen darf. Im
Gegensatz zu den sonst zu diesem Zwecke benutzten Prüfungsmitteln (Reiz¬
haare, Pinsel, Stecknadelkopf, Finger) ist ihre Wirkung nicht auf den Ort
beschränkt, an dem der Reiz unmittelbar angreift; durch Schallleitung kann
er sich über weite Flächen ausdehnen, also auch über anästhetische Gebiete
hinaus. Infolge dieser Ausbreitung spielt bei der Wahrnehmung der Vibra¬
tionen die nervöse Verstärkung (simultane Induktion), ein zentraler Vor¬
gang, eine wesentliche Rolle, so daß die Prüfung sich auch auf diese Funktion
erstreckt. Eine Besonderheit der Prüfung besteht ferner darin, daß sie bei
völlig normaler Druckempfindlichkeit auf schlaffer Haut, z. B. über atro¬
phischen Muskeln, weniger ergibt, als über gespannten. Inwieweit sich aus
diesen Eigentümlichkeiten des Vibrationsgefühls die vielfachen Widersprüche
erklären lassen, die in der Bewertung des Prüfungsverfahrens in der Literatur
zutage treten, überläßt der Autor dem Urteile der neurologischen Sach¬
verständigen. ( Jacobsohn .)
v. Frey und Goldmann (23) untersuchten das Verblassen der Druck¬
empfindung, indem ein Dauerreiz von konstanter Größe mit einem Moment¬
reiz von unveränderlicher Stärke verglichen wurde. Der Dauerreiz hält
4 Sekunden an und wiederholt sich alle 20 Sekunden; der Momentreiz setzt ] /g
bis 3 Sekunden uach Beginn des Dauerreizes an einer anderen Hautstelle
ein und wird so lange in seiner Stärke verändert, bis er der Versuchsperson
ebenso stark erscheint, wie der Dauerreiz in dem fraglichen Augenblick.
Die Urteile der Versuchspersonen zeigen gute Übereinstimmung. Der Abfall
der Empfindungsstärke ist ein stetiger. Die Steilheit des Absinkens ist so¬
wohl von der Reizstärke wie von der Reizfläche abhängig in dem Sinne,
daß starke und großflächige Reize langsamer abblassen. Der Einfluß der
Reizfläche erklärt sich hauptsächlich aus dem langsameren Einsinken gro߬
flächiger Reize in die Haut, wodurch fortschreitend neue Druckpunkte
erregt werden. Die Lage des Empfindungsmaximums ist nicht bestimmt
worden. Eine darauf gerichtete Untersuchung würde sehr hohe Anforderungen
an die Methodik stellen. Immerhin kann gesagt werden, daß das Maximum
in weniger als ’/g Sekunde nach Beginn des Reizes erreicht wird. Der
Drucksinn besitzt also, verglichen mit anderen Sinnen, eine geringe Trägheit,
was ja auch aus anderen Erfahrungen gefolgert werden muß. Die als Be¬
rührungsempfindungen bezeichneten flüchtigen Erregungen des Tastsinns und
die verhältnismäßig andauernden Druckempfindungen gehen stetig ineinander
über. Die psychologisch berechtigte Unterscheidung ist nicht so zu ver¬
stehen, daß verschiedene periphere Apparate dabei in Tätigkeit treten.
( Jacobsollt ).)
Gildemeister (24) untersuchte mittels einer besonderen Versuchs¬
anordnung, ob der sog. psycho-galvanische Reflex durch eine Verminderung
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Allgemeine Physiologie.
des LeitungswiderstaDdes oder durch Vermehrung der elektromotorischen
Kraft zustande kommt. Aus den Versuchen geht nun hervor: Wenn der
ps. g. R. unter Benutzung unpolisierbarer Elektroden und mit guter Ruhig¬
stellung der abgeleiteten Hautstellen ausgelöst wird, so verändert sich der
mit frequentem Wechselstrom gemessene Widerstand nicht merklich (d. h.
sicher nicht um 3%), sondern es tritt eine E. M. K. von beträchtlicher
Größe (0,2 bis 0,7 Volt) auf, die immer so gerichtet ist, daß sie den pola¬
risierenden Strom verstärkt, gleichgültig wie dieser in bezug auf die Ab¬
leitungsstellen gerichtet ist (diese waren immer die eine Handfiäche und der
andere Vorderarm). Damit ist die erste Frage: Widerstand oder E. M. K.?
im zweiten Sinne entschieden. Ferner konnte erwiesen werden, daß die
Änderung der E. M. K. durch Verminderung der Polarisation zustande
kommt, während das Auftreten von gleich gerichteten Tätigkeitsströmen der
Hautdrüsen nicht in Frage kommt. ( Jacobsohn .)
Über den Lichtsinn bei Stachelhäutern war früher so gut wie nichts
bekannt. Hess (26) fand bei systematischen Untersuchungen eine Reihe
neuer, höchst merkwürdiger Reaktionen dieser Tiere auf Licht und konnte
mit Hilfe neuer Methoden diese Reaktionen genauer messender Untersuchung
unterziehen. Von den Ergebnissen seien hier nur die folgenden aufgeführt:
Unter den Seesternen fand Hess bei den Astropectinidien die
Füßchen hochgradig lichtempfindlich; dieselben werden bei Belichtung nach
kurzer Lateuzzeit eingezogeu, und die Ambulakralrinne schließt sich über
ihnen. Rote Reizlichter haben hier, wie bei alleu Wirbellosen, verhältnis¬
mäßig geringe, grüne und blaue Lichter viel größere Wirkung; bei Dunkel-
aufeuthalt zeigen die Füßchen adaptative Empfindlichkeitssteigerung von
beträchtlichem Umfange. Für manche Holothurienarten kounte Hess
eine bisher nicht bekannte ausgesprochene Lichtempfindlichkeit der Mund¬
tentakel nachweisen, die bei Belichtung eingezogeu werden.
Großes Interesse zeigen die Befunde bei Echiniden. Hier konnte
Hess bei Centrostephanus longispinus zeigen, daß die um den aboralen Pol
angeordneten violetten Kölbchen schon bei sehr geringer Liclitstärkenver-
miuderung nach einer Latenzzeit von V 2 —1 Sekunde anfangen, lebhaft zu
rotieren. Diese Lichtreaktionen verfolgt Hess mit neuen, von ihm ent¬
wickelten Methoden und erbringt den überraschenden Nachweis, daß fast
die kleinsten, von einem uormalen Mousohenauge noch eben als Helligkeits¬
verschiedenheiten wahrgenommenen Lichtstärkenunterschiede genügen, um
bei Centrostephanus Bewegungen der violetten Kölbchen hervorzurufen.
In weiteren Untersuchungen sieht Hess von einer direkten Bezugnahme
auf die Helligkeitsempfinduugen des Menschen ab und erbringt durch ver¬
gleichende Messungen den Nachweis, daß die durch Reizung mit far¬
bigen Lichtern hervorgerufenen Reaktionen bei Centrostephanus
und bei anderen Wirbellosen eine ähnliche oder die gleiche Art
der Abhängigkeit von der Wellenlänge zeigen, wie die Pupillen¬
reaktionen des total farbenblinden Menschen bei Untersuchung
mit den gleichen farbigen Lichtern. Damit ist auf einem neuen
Wege dargetan, daß auch bei Centrostephanus die Sehqualitäten weitgehende
Übereinstimmung mit jenen bei anderen Wirbellosen und beim total farben¬
blinden Menschen zeigen und von jenen des normalen, farbentüchtigen und
des partiell farbenblinden Menschen in ganz charakteristischer Weise ver¬
schieden sind. ( Selbstbericht .)
Kammerer’s (27) Buch ist eine vortreffliche Einführung in die gesamte
Biologie. Besonders allen denen, die sich zunächst einmal über alle Grund-
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Allgemeine Physiologie.
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fragen des pflanzlichen und tierischen Lebens unterrichten wollen, wird es
eine Quelle der Belehrung sein. Ein wissenshungriger Jünger der Natur¬
wissenschaft wird von den Problemen, die hier besprochen werden, wohl so
gepackt, daß er, wenn er das Buch zu lesen angefangen hat, es wohl kaum
mehr aus der Hand legen wird, bis er die letzte Seite beendet hat. Der
Verfasser hat sich in seinen Darlegungen einer anerkennenswerten Kürze
befleißigt, indem er nur das Wesentliche, zum Verständnis Notwendige
darbietet Zahlreiche Abbildungen erläutern das Gesagte aufs beste.
( Jacobsohn .)
Die Anschauungen über den sog. Totstellreflex der Arthropoden
faßt Löhner (28) folgendermaßen zusammen: Das Charakteristikum des
sog. Totstellreflexes der Arthropoden darf darin gesehen werden, daß auf
bestimmte äußere Reize hin plötzlich eine reflektorische Einstellung jeder
Art von sichtbarer Bewegung eintritt. Der Reflex darf in dem Sinne als
Schutzreflex aufgefaßt werden, als der Zustand der Bewegungslosigkeit unter
bestimmten Voraussetzungen einen Schutzfaktor darstellt. Beim Sichtotstellen
kann nach dem übereinstimmenden Urteile aller neueren Forscher von einem
Willensakte oder auch nur von einem Bewußtsein der Tiere nicht die Rede
sein. Die Bezeichnung „Totstellreflex“ ist darum nicht gut gewählt. Aus
allen bisherigen Untersuchungen geht hervor, daß der Totstellreflex der
Arthropoden seinem Wesen nach den tonischen Reflexen der höheren Tiere
entspricht. Der als Totstellreflex aufzufassende Spiralreflex der Diplopoden
gelangt zur Beobachtung, sobald eines dieser tagsüber versteckt lebenden
Tiere durch Abheben der Schutzdecke plötzlich freigelegt wird. Während
des Reflexes bieten die Tiere folgenden Anblick: Der ganze Körper hat
sich, um den Kopf als Mittelpunkt, zu einer Spirale von D /2 Umdrehungen
zusammengerollt und gleichzeitig Seitenlage angenommen. Die engen Spiral¬
windungen kommen dadurch zustande, daß sich die die Beine tragende
Bauchfläche genau der Konvexität des Rückens anpaßt Bewegungserschei¬
nungen fehlen völlig. Das Wesen des Reflexes liegt einerseits in dem plötz¬
lichen Einsetzen einer erhöhten tonischen Erregung der Körpermuskulatur,
andererseits in dem Unterbleiben motorischer Impulse (Impulse für Bein¬
bewegung, Lagekorrektion usw.), das heißt also in Hemmungserscheinungen.
Das spontane Aufhören des Reflexes wird durch die Rückkehr der Bein¬
bewegung eingeleitet. Die Dauer des Reflexes unterliegt Schwankungen
und kann von verschiedenen Faktoren abhängen (z. B. Temperatur), er kann
künstlich unterbrochen werden; der Reflex kann auch unvollständig zur Er-
scbeiuung kommen, auch an einzelnen Teilstücken des Tieres nach Abstück¬
langen. Alle Operationen, die eine Verletzung oder Zerstörung des Ober-
schlundgauglions mit sich bringen, sind hinsichtlich des Totstellreflexes von
annähernd demselben Erfolge begleitet wie das einfache Dekapitiereu. Der
Reflex ist unter diesen Umständen noch auszulösen, verlangt aber für sein
Zustandekommen im Vergleiche zum intakten Tiere wesentlich stärkere oder
öfters wiederholte Reize. Er tritt nicht so prompt als sonst auf und zeigt
die Kennzeichen eines unvollständigen Reflexes. Die geschilderten Erschei¬
nungen sprechen für eine Herabsetzung des Tonus der Körpermuskulatur
infolge der Ausschaltung des Tonuszentrums (Supraösophagealganglion).
Wird bei einem dekapitierten Tiere der Bauchstrang im Bereiche der ersten
3—4 Segmente ausgebohrt, so läßt sich der Reflex nicht mehr hervorrufen.
Das Anfangsstück des Bauchstranges ist daher als das Zentrum dieses
Reflexes anzusehen. Der Spiralreflex der Diplopoden darf dem Totstell¬
reflex anderer Arthropoden gleichgestellt werden. Es scheint nach den bis¬
herigen Untersuchungen an Diplopoden Regel zu sein, daß eine gewisse
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Allgemeine Physiologie.
Gegeusetzlichkeit zwischen dem Vermögen za rascher Flacht (Fluchtreflex)
und dem Sichtotstellen besteht. ( Jacobsohn .)
Marina (29) hat am Augenmuskel des Affen verschiedene und viel¬
fache Muskelsubstitutionen vorgenommen, und es stellten sich trotzdem
jedesmal, sobald die posttraumatischen Symptome verschwunden waren, die
willkürlichen assoziierten Seitwärts- und Konvergenzbewegungen vollständig
wieder her. Bei einer zweiten Versuchsreihe konnte er auch die voll¬
ständige Wiederherstellung der automatische^ Bewegungen nachweisen, und
normaler horizontaler Drehnystagmus war auszulösen. Aus der Tatsache,
daß die Konvergenz auch nach Substitution eines nicht vom Okulomotorius
innervierten Muskels stattfiudet, nämlich nach Transplantation des Obliquus
superior und sogar des Rectus externus geht hervor, daß beim Affen weder
ein supranukleäres, noch ein nukleäres Zentrum für die Konvergenz besteht.
Aus der Tatsache, daß die Seitenbewegungen, sei es mit zwei Interni, sei
es mit einem Internus und einem Ramus superior, sei es mit zwei Externi
zustande kommt, geht hervor, daß es beim Affen weder ein supranukleäres
noch ein nukleäres Zentrum für die Seitenbewegnngen der Bulbi gibt.
Diese Ergebnisse lehren allgemein, daß die Leitungsbahnen oder die Schalt¬
zellen, oder was man da immer für einen Mechanismus annehmen will, keine
fixe Funktion haben; sie können keine fixe Fuuktion haben, wenn urplötzlich
mit einer neuen Funktion ein Muskel betraut werden kann, der durch das
ganze Leben des Tieres und das Leben seiner Voreltern in den früheren
Generationen durch Tausende von Jahrhunderten immer eine andere Funktion
hatte. Wenn die funktionellen Bahnen für die Augenbewegungen bei den
Affen nicht fix sind, so können es auch die anatomischen Bahnen nicht sein. Bei
der Ähnlichkeit der Verhältnisse zwischen Affen und Menschen muß man
zu dem Schluß kommen, daß wahrscheinlich auch für den Menschen das
gleiche gilt. Mau müsse sich, so führt der Autor aus, mit der Annahme
zurechtfinden, daß anatomische Wege, die als fix gelten, aufgelassen werden
gegen neue, schon bestehende und nicht erst allmählich sich ausbildende
Wege, und zwar automatisch, ohne Mitwirkung des Bewußtseins und des
Willens, auf Grundlage eines Mechanismus, der sein Endziel nicht kennt,
und der von den an der Peripherie aufgetretenen Veränderungen nichts
erfährt. Es drängt sich daher auch die Frage auf, ob es denn anatomische
Bahnen für die Relationen in dem Sinne, wie man sie gewöhnlich annimmt,
wirklich gibt. Wenn nun die Relationen des Palälenzephalons nicht fix sind,
so köunen es nach Ansicht von Marina die Assoziationen des Neenzepbaloc
erst recht nicht sein, denn diese haben als die zuletzt ausgebildeten noch
weniger Anrecht auf einen fixon Sitz. Damit wird der ganzen Hirnphysiologie
der Boden entzogen, und sie muß vollständig umgearbeitet werden. Marina
betont, daß er immer nur die Assoziationen und die Relationen im Auge
hat, nicht die Projektionen; an dem fixen anatomischen und funktionellen
Bestehen der letzteren wird durch seine Arbeiten und Versuche in keiner Weise
gerüttelt. (Bevor man zu diesen neuen Anregungen Stellung nehmen kann,
wird es nötig sein, die Versuche Marinas einer Nachprüfung zu unter¬
ziehen. Ref.) (Jacobsohn.)
Nach den Darlegungen von Müller (31) ist das Hungergefühl keine
einheitliche Empfindung. Es setzt sich aus mehreren Organempfindungen
zusammen. Die Vorgäuge, die diesen Organempfindungen zugrunde liegen,
wie der Speichelfluß, die Hungerkontraktioneu des Magens scheinen vom
Paläenzephalon ausgelöst zu werden. Die Verarmung des Blutes an abbau-
fähigen Stoffen ist es wohl, die diese Innervationen verursacht. Aber auch
im Neenzephalom im Großhirn bedingt der Mangel des Blotes an Nähr-
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Allgemeine Physiologie.
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stoffen gewiße Organempfindungen, die sich in Beeinträchtig der geistigen
Leistungsfähigkeit, im Schwindel oder im Flimmern vor den Augen und in
Schächezuständen äußern können. ( Jacobsohn .)
öhrwall (32) sucht nachzuweisen, daß die Eindrücke an der gegen¬
seitigen Lage und den Bewegungen unserer Körperteile sowie an der Schwere
und dem Widerstand, die mit dem Namen Muskelsinn bezeichnet werden,
die uns aber keineswegs durch ein besonderes einheitliches Organ, sondern
auf verschiedenen Wegen zugeführt werden, nicht als unmittelbare Emp¬
findungen, sondern als Vorstellungen betrachtet werden müssen, die sich
auf Empfindungen verschiedener Art gründen. Was nun besonders die
Bewegungseindrücke angeht, so ist die allgemeine Auffassung, diese würden
uns durch Nerven zugeführt, die in den Gelenkflächen enden, absolut falsch;
denn die Gelenkflächen sind wie Lennnader nachgewiesen hat, sowohl für
Druck als für andere Reizmittel völlig unempfindlich. Die von Stümpell
zuerst nachgewiesene sog. tiefe Sensibilität in den Weich teilen dürfte dagegen
hierbei eine große, keineswegs aber eine alleinige Rolle spielen, denn auch
viele andere Empfindungen von der Haut, von den Muskeln u. dgl. können
von Bedeutung sein. Ferner findet man bei einer Analyse desselben, daß es
sich nie um eine einzige, einfache Empfindung handelt, sondern um ganze
Serien und Komplexe von Empfindungen, wie es auch bei dem visuellen
Bewegungseindruck der Fall ist. Alles dies gilt schon für die passiven
Bewegungen. Bei den aktiven kommen außerdem die Innervationsimpulse
hinzu. Ein Bewegungseindruck ist tatsächlich ein recht komplizierter
psychischer Verlauf. Dasselbe gilt für die Eindrücke von Schwere und
Widerstand. Der unbewußte und zwingende Charakter dieser Eindrücke
ist kein Beweis dafür, daß sie direkte Empfindungen sind; denn denselben un¬
mittelbaren Charakter tragen auch manche andere Eindrücke, von denen
man nicht behaupten kann, daß sie direkte Empfindungen sind, z. B. das
Erkennen eines bekannten Gesichts, der Stimme einer Person usw.
Die vielen Illusionen, die auf diesem Gebiete Vorkommen, werden von
O. als ebenso viele Beweise dafür angeführt, daß die fraglichen Eindrücke
als Vorstellungen, nicht als unmittelbare Empfindungen betrachtet werden
müssen; denn Empfindungen können niemals verfälscht werden, wohl aber
unter gewissen Verhältnissen sozusagen falsch gedeutet werden können
Anlaß zu falschen Vorstellungen, d. h. zu Illusionen geben.
Schließlich weist Ö. auf einige Übelstände hin, die Folgen der allge¬
meinen Vorstellungsweise sind, die aber dadurch beseitigt werden könnten,
daß mau sieb klar machte, daß der Muskelsinn in der gewöhnlichen Bedeutung
ganz einfach verworfen werden muß; daß es sich hier nicht um unmittelbare,
einfache Empfindungen handelt, sondern um Vorstellungen, die sich auf
Empfindungen verschiedener Art gründen. ( Kahlmeter .)
Bei Amiurus nebulosus läßt sich nach Versuchen von Petfik (33) durch
sauerstoffarm gemachtes Wasser unmittelbar eine reflektorische Dyspnoe, durch
naebheriges Überführen in normales Atemwasser reflektorische Eupnöe hervor-
rufen, zum Unterschiede von diesen beiderlei Änderungen des Atemrhythmus,
welche durch zentrale (Blut-)Bedingungen der Atemzentrumstätigkeit zu¬
stande kommen, und zwar erst nach längerer Einwirkung der Sauerstoff¬
armut oder, des Sauerstoffreichtums im äußeren Medium. Misgurnus fossilis
wird nach Überführung in ein gegenüber der Norm sauerstoffreicheres Wasser
durch den in größerer Menge vorhandenen Sauerstoff zu öfteren Darm¬
ventilationen und allgemeiner Unruhe vorübergehend reflektorisch gereizt.
Es besteht also bei diesen Fischen neben der zentralen, durch das innere
Medium vermittelten Beeinflussung der Kiemenatembewegung (resp. der
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Allgemeine Physiologie.
Darmventilationen uud überhaupt der Körperbewegungen) noch eine reflek¬
torische, durch periphere Rezeptoren nervös vermittelte Einwirkung des
Sauerstoffgehaltes des äußeren Mediums. {Jacobsohn)
v. Pfungen (34, 35) gibt eine Übersicht über die Resultate galvano¬
metrischer Messung bei Messung von Hand zu Hand. Wenn man bei völlig
ruhiger, vertrauensvoller Stimmung den Widerstand von Hand zu Hand mit
etwa 60000—70000 Ohm annebmen kann, so steigt der Widerstand bei
Kotstauung im Dickdarm oder ebenso bei jedermann bei Prüfung vor dem
Morgenstuhl auf 180000 Ohm an. Ebenso wie er durch Kotstauung mächtig
ansteigt, kann er unter freudigen wie peinlichen Erregungen mächtig ab¬
sinken. («/ acobsohn)
Schanz (36): Das Licht wirkt auf die lebende Zelle, von der es
absorbiert wird, als chemischer Reiz, je kurzwelliger die Strahlen, desto
intensiver ihr Reiz. Wenn man in der Tiefebene mit einem Quarzspcktro-
graphen ein Spektrum des blauen Himmelslicbtes aufnimmt, so wird etwa
die Hälfte dieses Spektrums von Strahlen erzeugt, die das Auge nicht
wahrzunebmen vermag. Diese Strahlen sind chemisch besonders wirksam.
Sollte dieses Licht auf das Auge wirkungslos sein? Keinesfalls! Um den
Ort, wo dieses Licht absorbiert wird, festzustellen, prüfte Schanz die
Lichtabsorption der Augenmedien; diese Strahlen werden in der Augenlinse
mit zunehmendem Alter immer intensiver absorbiert. Wenn solches Licht
in hoher Intensität, beispielsweise in einem Sonnenbad, auf eine Hautstelle
einwirkt, die sonst nicht der Belichtung ausgesetzt ist, so erhalten wir auch
in der Tiefebene eine Rötung der Haut, die sich bis zur Entzündung mit
Blasenbildung steigern kann. Der Lichtreiz wird zweierlei Reaktionen
auslösen. Die vitalen Vorgänge in den Zellen selbst werden beeinflußt; in
der Nachbarschaft der gereizten Zellen werden auf den Wegen der Nerven
und Blutbabneu Reaktionen ausgelöst, die die Rötung und Entzündung des
belichteten Bezirkes veranlassen. In der Linse liegen die Verhältnisse
anders. Diese ist zellenarm und besitzt weder Nerven noch Blutgefäße.
Deshalb fehlt dort jede Reaktion auf den Lichtreiz. Dort summiert sich
der Lichtreiz durch das ganze Leben. Worin besteht dieser Lichtreiz?
Die Eiweißkörper der Linse werden, wie Chalupecky nachgewiesen,
durch das Licht verändert, aus leichtlöslichen werden schwerer lösliche.
Durch die für die Trennung der Albumine von den Globulinen gebräuchlichen
Reaktionen läßt sich diese Veränderung leicht feststellen. Auch mittels
der Zysteinreaktion läßt sich dieser Prozeß an der Augeulinse selbst des
lebenden Tieres feststellen. Damit ist es im höchsten Grade wahrscheinlich
geworden, daß das Licht auf die Eiweißstoffe in der Linse des Menschen
ebenso wirkt, daß es die Ursache des Verhärtungsprozesses bildet, den wir
als Linsensklerose bezeichnen, und der als Altersweitsichtigkeit bei jedem
Menschen zwischen dem 40. und 50. Jahr in Erscheinung tritt. Wenn wir
am Ende des Lebens Trübungeu in der Linse (grauen Star) beobachten, so
ist dies das Ende dieses Prozesses.
Chalupecky hält die Schädlichkeit des Lichtes für die Linse nur
praktisch wichtig für Leute, die bei kurzwelligem Lichte arbeiten. Die in
der Atmosphäre enthaltenen ultravioletten Strahlen hält er nicht für so
wichtig, wie die der künstlichen intensiven Lichtquellen. Er verkennt hier
den Gehalt des Tageslichtes an unsichtbaren Strahlen, die bis zur Linse
dringen. Die Hälfte des mit einem Quarzspektrographen in der Tiefebene
aufgenommenen Spektrums wird von Strahlen erzeugt, die bei Menschen im
mittleren Lebensalter von der Linse absorbiert werden.
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Schanz geht aber in seiner Anschauung über die Bedeutung der
Lichtwirkung auf die Eiweißstoffe noch viel weiter. Er hat sich daher daran
gemacht, zu prüfen, ob diese Veränderungen auch für die Eiweißstoffe des
Blutes nachzuweisen sind. Er hat das Blutserum 20 fach mit 0,5 °/ 0
Kochsalzlösung verdünnt. Daran war derselbe Prozeß wie bei dem Linsen¬
eiweiß leicht festzustellen. Bei achtstündiger Belichtung mit der Quarzlampe
ist das Serum noch vollständig klar, aber bei der chemischen Untersuchung
zeigt sich deutlich, daß auch darin derselbe Umwaudlungsprozeß des Albumins
in Globulin stattfindet.
Schanz glaubt, daß das, was für Eiereiweiß, Linseneiweiß und Serum¬
eiweiß zutrifft, für alle Eiweißkörper Geltung hat. Das Licht verändert
die Struktur der Eiweißkörper in dem Sinne, daß aus leicht¬
löslichen schwerer lösliche Eiweißkörper werden.
Schanz will es scheinen, als ob dies das biologische Grundgesetz über
die Wirkung der strahlenden Energie auf die lebende Substanz darstellt.
Wie das Licht die Eiweißstoffe der Linse verhärtet und zur Sklerose des
Linsenkernes führt, so wirkt es auch auf die Zellen der Haut. Wir sehen,
daß die Haut an den Stellen, die beständig der Lichteinwirkung ausgesetzt
sind, im Laufe des Lebens durch Licht erzeugte Veränderungen zeigt gegen¬
über der Haut, die vor Lichteinwirkung mehr geschützt ist. Wir sehen,
daß in den Zellen, wie dies am besten die Hess sehe Untersuchung am
Kapselepithel der Linse gezeigt hat, zuerst die Keruteilungsvorgäuge, wahr¬
scheinlich also die am leichtesten löslichen Eiweißstoffe, Veränderungen
erleiden. Beim Sonnenstich kann das Licht im Blut Veränderungen erzeugen,
die nicht sichtbar sind, und es können vielleicht durch derartige Veränderungen
der gelösten Eiweißstoffe Bedingungen geschaffen werden, die das Leben
gefährden. (S. folgendes Referat.) ( Selbslbencht .)
Das Licht verändert, wie Schanz (38) gezeigt hat, die Struktur der
Eiweißkörper in bestimmter Weise. Durch Beimischung von Eosin zu
Eiweißkörpern läßt sich die Lichtreaktion steigern. Schanz vermutet, daß
wir auch Mittel finden werden, sie zu hemmen; die Hautpigmente wirken
sicher in diesem Sinn.
Intensive Lichteinwirkung vermag unsere Gesuudheit zu schädigen.
Bei starker Besonnung kann sogar plötzlicher Tod eiutreten (Sonnenstich,
auch von Hitzschlag). Schanz ist der Ansicht, daß durch das durch die
Bestrahlung veränderte Blut an den empfindlichen Apparaten des Organismus,
die vor der direkten Lichteinwirkung geschützt sind, Veränderungen erzeugt
werden, die das Leben gefährden und Sonnenstich — Hitzschlag erzeugen.
Schanz hält es für wahrscheinlich, daß sich in unseren Nahrungsmitteln
Stoffe finden, die wie das Eosin die Lichtwirkung auf die Eiweißstoffe
steigern, und vermutet, daß sich auch im Körper selbst bei stärkeren An¬
strengungen solche Stoffe bilden. Die Gallenfarbstoffe enthalten stark
fluoreszierende Substanzeu, im Urin findet sich ein Zerfallsprodukt des
Hämoglobins, das Hämatoporphyrin, von dem bekannt ist, daß ihm photo¬
dynamische Eigenschaften im hohen Grade zukommen. Schanz ist deshalb
daran gegangen, nach Mitteln zu suchen, die ähnlich wie das Eosin die
Lichtwirkung auf die Eiweißkörper steigern. Er hatte bei seinen Unter¬
suchungen über die Entstehung des Zuckerstars den Lösungen von Linsen¬
eiweiß Traubenzucker und Azeton zugesetzt. Beide Mittel steigerten die
Lichtwirkung, vor allem Azeton. Gerade Azeton ist ein mächtiger Photo¬
katalysator. Es zerfallt unter Lichteinwirkung in Methan und Essigsäure.
Essigsäure verwenden wir, um die Globuline auszufällen. Die allmählich
unter Lichteinwirkung frei werdende Essigsäure scheint zu den Eiweißkörpern
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in Beziehung zu treten und zu bewirken, daß die leicht löslicheren schwerer
löslich werden. Schanz hat ferner geprüft, wie Alkohol die Lichteinwirkung
auf die Eiweißkörper beeinflußt, auch da war es ihm möglich festzustellen,
daß dieser ein mächtiger Photokatalysator ist. Wir wissen jetzt, wie
Alkoholgenuß Sonnenstich — Hitzschlag beschleunigt. (Jacobsohn.)
Schanz (39) legte sich die Frage vor, wie die unsichtbaren Strahlen
auf das Auge wirken. Da die Wirkungen derselben dort zu erwarten sind,
wo diese Strahlen absorbiert werden, prüfte er zunächst die Absorption der
Augenmedien. Es zeigte sich, daß das Ultraviolett des Tageslichts fast un¬
verändert die Hornhaut passiert, daß es vor allem in der Linse absorbiert
wird und diese Absorption mit dem Lebensalter zunimmt. Die Wirkung
dieser Strahlen auf die Linse besteht darin, daß die leichtlöslichen Linsen¬
eiweißkörper in schwerlösliche umgewandelt werden, so daß eine Sklerose der
Linse eintritt. Dieselbe Wirkung der ultravioletten Strahlen konnte der
Verfasser auch bei den Eiweißstoffen des Blute feststellen, und er glaubt,
daß dies auch für alle Eiweißkörper Geltung hat. ( Wiener.)
Die Eiweißkörper sind, wie Schanz (40) ausführt, photosensibel; das
Licht verändert die leichter löslichen Eiweißkörper in schwerer lösliche. In
der Natur gibt es zahlreiche Substanzen, welche nach Art der Katalysatoren
diesen Umwandlungsprozeß der Eiweißkörper beschleunigen und verlang¬
samen, positive und negative Photokatalysatoren. Der verbreitetste Photo¬
katalysator ist das Chlorophyll. Ebenso wirkt das Derivat des Chloro¬
phylls, das Phylloporphyrin und das diesem sehr nahe stehende Hämato-
porphyrin. Letzteres tötet im Licht in hohen Verdünnungen Kulturen von
Paramäzien, löst rote Blutkörperchen auf. Im Dunkeln ist es wirkungslos.
Mithin kann man Warmblütler sehr lichtempfindlich machen. Man kann
durch Injektion von Hämatoporphyrin Mäuse im Lichte schwer schädigen.
Es gibt aber außerdem noch eine große Reihe von Photokatalysatoren,
endogene (Chlorophyll, Hämatoporphyrin, Phylloporphyrin, Milchsäure,
Traubenzucker, Harnstoff und die Farbstoffe, die das Integument der Tiere
färben) und exogene (Mineralstoffe). Bei niederen Tieren ist das ganze
Integument für Lichtwirkuug empfänglich, bei anderen Tieren ist der Licht¬
sinnesapparat lokalisiert (im Rückenstrang des Regenwurms), bei höheren
Tieren kommt es zu einer weiter fortgeschrittenen Lokalisation, es kommt
zur Entwicklung des Auges. Wir können annehmen, daß die Eiweißstoffe
der Sinnesepithelzellen durch Licht Veränderungen erleiden, wobei die Seh¬
stoffe und das Pigment der Netzhaut als positive oder negative Photokata¬
lysatoren wirken. ( Wiener.)
Schleip (41) stellte fest, daß in der Haut von Dixippus weder ein
subepithelialer Nervenplexus noch freie Nervenendigungen Vorkommen, sondern
nur Sinnesnervenzellen, und daß alle unter der Hypodermis verlaufenden
Norvon nur die zentralen Fortsätze dieser Sinneszellen enthalten. Daraus
zieht er den Schluß, daß die Pigmentwanderung und damit der Farben¬
wechsel, der bei Dixippus durch Einwirkung des Lichtes eintritt, nicht
unter dem Einfluß des Nervensystems stehen kann. (Jacobsohn.)
Wird durch die ausgeschnittene Rückenhaut des Frosches ein ein-
oder aussteigend gerichteter konstanter Strom hiudurchgeleitet, so erfährt
dieser jedesmal im Anschluß an eine Erregung der Hautnerven eine rasche
Zunahme, die allmählich wieder verschwindet. Die Stärke dieser Zunahme
hängt (unter der Voraussetzung stets maximaler Erregung der Nerven), wie
Untersuchungen von Schwartz (42) ergeben haben, einerseits von der
Stärke und Richtung des Stromes, andererseits von der Zusammensetzung
und Konzentration der den Strom zuführenden Flüssigkeiten ab, d. h.: Mit
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zunehmender Stromstärke wächst sie bei Anwendung aller hier geprüften
Lösungen zunächst rasch, dann immer langsamer, um von einem gewissen
Maximum ab wieder abzunehmen. Bei gegebener Stromstärke erfolgt stets
{auf den Reiz hin) die stärkste Zunahme bei Anwendung von Vio bis Viooo
Normallösungen von Ca Cl 2 , Mg Cl 2 , Ba Cl 2 und K CI, und bei einsteigender
Richtung des Stromes; ferner ist der für den Reizerfolg günstigste hier der
aussteigende Stromverlauf. Geschieht die Stromzuführung durch wesentlich
höher konzentrierte, zum Beispiel x / s — 1 / 8 Normallösungen, so bleibt der
Erfolg der Reizung in allen Fällen aus. Die beobachteten Unterschiede
sind endlich stets nur von den Eigenschaften der an die Oberfläche der
Haut angrenzenden Lösungen abhängig. Leitet man die Bestand- und
Antwortströme der Froschhaut mittels verschiedenartiger Elektrolytlösungen
ab, so tritt bei Anwendung von Vio—Viooo Normallösungen von NaCl und
Li CI ein starker einsteigender Bestandstrom und nach Nervenreizung ein
aussteigender Antwortstrom auf; bei Anwendung von Vio—Viooo Normal¬
lösungen von Ca Cl 2 , ßa Cl 2 , Mg Cl 2 und KCl beobachtet man dagegen
einen schwachen einsteigenden Bestandstrom und einen ebenfalls ein¬
steigenden Antwortstrom, dem bei Benutzung von K CI meist noch ein
aussteigender Vorschlag vorangeht. Ableitung durch wesentlich konzentriertere,
zum Beispiel 1 / 6 —Vs Normallösungen, bewirkt dagegen in allen Fällen einen
schwachen einsteigenden Bestandstrom uud einen schwachen einsteigenden
Antwortstrom. Endlich ist auch hier wiederum ausschließlich die Beschaffen¬
heit der an die Oberfläche der Haut angrenzenden Lösungen für das Re¬
sultat maßgebend. (Jacobsohn.)
Aus Gesetzen der Juden und aus der Art ihrer Schriftweise, ebenso
aus vielen anderen Überlieferungen ausgestorbener Völker gehe, wie Schwerz
{43) ausführt, hervor, daß sich vielleicht früher die Menschen mehr der
linken Hand bedient hätten, und daß allmählich die rechte Band die Vor¬
herrschaft gewonnen hätte. Der Prozentsatz der Linkshänder schwanke.
Nach Stier scheint die Linkshändigkeit von Osten und Norden Deutsch¬
lands nach Süden und Westen zuzunehmen. Für 1072 Schulkinder vom
6. bis 17. Jahre aus dem Kanton Schaffhausen hat Schwerz 7,9°/o Links¬
händer berechnet. Während andere 'Autoren die Linkshändigkeit beim
männlichen Geschlecht größer als beim weiblichen fanden, ergab die Unter¬
suchung des Autors das umgekehrte Verhältnis, freilich ist die Zahl seiner
diesbezüglichen Untersuchung doch recht gering zur Entscheidung einer
solchen Frage. Wenn man die Stärke und Länge der drei Armknochen
berechnet und statistisch verwertet, so ergibt sich ein Überwiegen der linken
Seite in ungefähr gleichem Verhältnis wie die Linkshändigkeit. Dies wäre
ein weiteres Mittel, um auch bei alten Völkern ein annähernd richtiges Bild
über ihre Linkshändigkeit zu bekommen. Und diesbezügliche Untersuchungen
weisen auch darauf hin, daß die Linkshändigkeit bei ihnen stärker ver¬
breitet war. Die übrigen Ausführungen des Autors beschränken sich auf
«ine referierende Wiedergabe der Arbeiten Stiers über die Linkshändigkeit.
(Jacobsohn.)
Brennwert der Diät und Nährwert der ungekochten Nahrungsstoffe
oder der rohen Nahrungsmittel reichen nach Ansicht von Sternberg (44)
nicht aus zur Bewertung der Nahrung. Der Qualitätswert der fertigen
Speisen der Garküche, der Genußwert darf fernerhiu nicht vergessen werden.
Der Genuß ist ein sinnlicher und ein ästhetischer. Dabei kommen der Seh¬
sinn und die drei niederen Sinne: Geschmack, Geruch und Gefühl in Frage
für Genuß und auch für Genußsucht. Das ist der Appetit. Der Appetit
ist nicht eine Funktion des Magens und nicht eine Funktion der Drüsen,
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Allgemeine Physiologie.
wie Pawlow mit Laboratoriumsversucheu am Tier glauben machen will.
Das sei eine Irrlehre. Der Appetit ist vielmehr, nach Meinung des Autors,
’ Beweguug, und zwar in den ersten Eingangswegen. Appetit ist,Eröffnung
und Erschließung des Mundes, des Racheneinganges und des Ösophagus-
mundes. Der höchste Grad der Appetitlosigkeit, der Ekel oder Abscheu,
ist Verschließung dieser natürlichen Eingangspforten. Der Schlüssel zum
Schloß, zur Erschließung und zur Verschließung ist der Sinnesreiz. (Ver¬
blüffend einfach! Ref.) ( Jacobsohn .)
Thoma (45) hat, um das Wesen des Hungergefühls zu erforschen, an
sich hauptsächlich vielfache Versuche angestellt. Er kommt zu folgendem
Ergebnis: 1. Das Gefühl, welches man Huuger nennt, ist kein einheitliches,
sondern es setzt sich aus mehreren verschiedenartigen Empfindungen zusammen.
2. Ein Teil dieser Empfindungen, wie der leichte Schwindel, die geistige
Abspannung, kommt im Großhirn selbst zustande Augenscheinlich ist eine
Unterernährung seiner Ganglienzellen für diese Empfindungen verantwortlich
zu machen. 3. Einen anderen Teil der beim Hunger auftretenden Empfin¬
dungen, wie das Gefühl der Leere, des Druckes und der Spannung verlegt
der Autor in die Magengegend. 4. Ferner geht der Hunger mit Speichelfluß,
mit Schluckreiz, mit Gähnen, mit Hyperämie der Gesichtshaut und mit
leichtem Schweißausbruch einher. 5. Als Ursache für die Hungerempfindung
kann die Leere des Magens als solche nicht angesehen werden, denn der
neugeborne Säugling äußert trotz leeren Magens zunächst keine Zeichen von
Hungerempfindung, bis nach 24—48 Stunden die von der Mutter über¬
nommenen abbaufähigen Stoffe im Blute verbraucht siud; ferner ist iy 2 bis
2 Stunden nach Einnahme des Frühstücks der Magen leer, gleichwohl stellt
sich der Hunger erst wesentlich später, etwa nach 3—4 Stunden ein; das
Hungergefühl läßt sich auch unter Umgehung des Magens, wobei der Magen
leer bleibt, durch ein Nährklysma oder durch subkutane Infusion von Nähr¬
material bis zu einem gewissen Grade stillen. Beim Fieber schließlich und
bei Übermüdung besteht trotz leeren Magens kein Hunger. 6. Füllung des
Magens allein genügt nicht zur Stillung des Hungers, denn durch Einnahme
von nicht resorbierbarem Material (Bariumbrei) wird der Hunger nicht gestillt,
und Kranke mit Pylorusstenose können trotz Retention von Speisebrei leb¬
haften Hunger haben. 7. Die Hungerempfindung kann nicht im Magen zu¬
stande kommen, da nach Lostrenuung des Magens vom Zentralnervensystem
und nach Resektion des Magens der Hunger unvermindert weiter auftreten
kann. 8. Da somit keine Anhaltspunkte bestehen, daß die lokale Hunger¬
empfindung im Magen entsteht, so muß mit der Möglichkeit einer zentralen
Auslösung gerechnet werden. 9. Als Ort für eine zentrale Auslösung des
Hungers kann wohl nur ein Teil des Paläenzephalon in Betracht kommen.
Da dem Kleinhirn und der Medulla oblongata wohl kein Anteil an der Ent¬
stehung des Hungers zukommt, so muß man zur Annahme einer Auslösung
des Hungers im Zwischenhirn kommen. 10. Vom Zwischenhirn weiß man,
daß es einer Reihe von vegetativen Funktionen, wie z. B. der Regulierung
der Körperwärme durch Innervierung der Gefäße und der Schweißdrüsen
vorsteht. Bei organischen Erkrankungen des Zwischenhirns, wie solche durch
Wucherung der Hypophyse und durch Läsion des Infundibulum und der
Umgebung des 3. Ventrikels entstehen, sind Störungen im Aufnahmebedürfnia
für Flüssigkeit schon häufig beobachtet worden (Diabetes insipidus). Der
Erfolg des ins Zwischenhirn zu richtenden Wärmestichs äußert sich beim
Tier nicht nur durch Temperatursteigerung, sondern regelmäßig auch durch
eine Abnahme der Freßlust. Auch die mit fieberhaften Erkrankungen regel¬
mäßig einhergehende Abnahme der Eßlust weist auf eine nahe Nachbarschaft
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Allgemeine Physiologie.
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zwischen den Zentren, welche die Körpertemperatur und die Nahrungsauf¬
nahme regulieren kann. 11. Ähnlich wie das in der Medulla oblongata
gelegene Atemzentrum durch Mangel au Sauerstoff gereizt wird, so wird nach
Vermutung des Autors das im Zwischenhirn zu lokalisierende Zentrum,
welches der Nahrungsaufnahme vorsteht, durch das Detizit des Blutes an
rasch abbaufähigen Substanzen erregt. 12. Die Reizung dieses Zentrums im
Zwischeuhirn äußert sich durch eine Anregung zum Gähnen, zum Schlucken
durch Speichelfluß und durch einen Impuls, der den Magen sich heftig zu¬
sammenziehen läßt. Dieser Impuls wird wohl durch den Vagus nach dem
Magen geleitet, da Reizung des Vagus Kontraktionen des Magens verursacht.
13. So wenig man die Entstehung des Lufthungers in die Lunge verlegen
darf, so wenig darf man die Entstehung des Bedürfnisses zur Nahrungsauf¬
nahme in den Magen lokalisieren. 14. Die Kontraktionen des Magens beim
Hunger äußern sich nach außen durch gurrende und kollernde Geräusche.
Diese treten fast immer zugleich mit einem Gefühl des Druckes und der
Spannung in der Mageugegend auf, welches häufig als Gefühl der Leere im
Magen bezeichnet wird. 15. Da die Leerkontraktionen des Magens durch
Zufuhr von Speisen nachlassen, kommt es mit der Füllung des Magens in
jedem Falle zu einer Minderung der Hungerempfindungen in der Magengegend.
Eine wirkliche Sättigkeit tritt erst dann ein, wenn das Defizit des Blutes an
rasch abbaufähigen Stoffen ausgeglichen ist. 16. Wenn man auch annehmen
muß, daß der Hunger ausschließlich im Zwischenhirn ausgelöst wird, so sind
doch schließlich die Großhirnhemisphären die Stelle, wo seine körperlichen
Begleiterscheinungen zum Bewußtsein kommen. Der Speichelfluß, der Schluck¬
reiz, das Gähnen, vorzüglich aber die Empfindungen in der Magengegend,
die Abspannung und Hinfälligkeit lassen es zum Bewußtsein kommen, daß
man hungrig ist. 17. Deshalb können Stimmungen, die im Großhirn zustande
kommen, eine Wirkung auf den Hunger ausüben. 18. Wenn erschöpfende
körperliche Anstrengungen und Übermüdung, und wenn das Fieber die Hunger¬
empfindung nicht aufkommen lassen, so liegt dies wohl daran, daß in solchen
Fällen das Stoffdefizit des Blutes durch Einschmelzung des Körpereiweißes
ausgeglichen wird. 19. Von Arzneimitteln und Drogen üben die als Exzi-
tantien wirkenden einen beschwichtigenden Einfluß auf das den Hunger be¬
gleitende Erschöpfungsgefühl aus. Auch das Morphin vermag das Hinfällig¬
keitsgefühl beim Hunger zu mindern. Auf das örtliche, in den Magen ver¬
legte Hungergefühl üben die Stoffe im Tee, Kaffee und Tabak insofern eine
Wirkung aus, als nach ihrem Genuß das Spanuungsgefühl im Magen und
besonders das mit diesem gleichzeitig hörbare Gurren weniger deutlich wird.
Das Kokain scheint die örtliche Hungerempfindung zu verschleiern. Da es
in gleicher Weise durch subkutane, als durch Zufuhr per os wirkt, so muß
man annebmen, daß seine Einwirkung eine zentrale und nicht etwa örtliche ist
{Jacobsohn.')
v. Tschermak (46) bespricht zunächst die Bedingungen des Sehens
im Wasser. Er betont, daß für die Bilderzeugung im Wasser die Hornhaut
ihre entscheidende Rolle verliert und der Linse die Hauptleistung zukommt,
daß eine weitgehende Akkommodation nicht erforderlich ist, hingegen ein
möglichst weiter Gesichtsrauin, leidliche Sehschärfe für nahe Objekte, Emp¬
fänglichkeit für geringe Belichtungsverschiedenheiten und Bewegungen der
Dinge notwendig ist
Er kommt daun auf die Färbung des Wassers zu sprechen und führt
aus, daß die Fische infolge der Eigenfärbung des Wassers wie durch ein
grünblaues Glas sehen, daß bei einer Schichtdecke von etwa 10 m nur mehr
grüne und blaue Strahlungen in Betracht kommen. Was den Lichtsinn der
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Allgemeine Physiologie.
Fische betrifft, so führt er aus, daß die meisten Fischarten photophil oder
positiv phototaktisch sind, es aber auch photophobe Arten gibt. Bei Fischen
gibt es auch eine Dunkeladaptation, die Adaptationsbreite ist eine recht
erhebliche, durchaus der des Menschen vergleichbar. Ähnliches gilt für die
Unterschiedsempfindlichkeit gegenüber verschiedenen Lichtstärken.
Hierauf beschäftigt sich der Verf. mit dem Farbensinn der Fische und
stellt sich streng auf den Standpunkt von Hess, nach dem die Fische total
farbendblind sind. Die Fische zeigen auch eine weitgehende Anpassung an
den Wassergrund nach Helligkeit, während das Vorkommen einer farbigen
Anpassung durchaus fraglich ist
Nach einer kurzen Würdigung des Einflusses der Trübheit und Schlierig-
keit des Wassers auf das Sehen, beschäftigt sich der Verf. dann mit der
Periskopie des Fischauges und führt aus, daß im Sinne einer Vergrößerung
der physiologischen Apertur das relative Heranrücken des bilderzeugenden
Apparates an die Netzhaut, nämlich das Maßgebendwerden der Linse für die
Lichtbrechung an Stelle der Hornhaut, wirkt.
Die Akkommodation wird durch Verschiebung der Linse gegen die
Netzhaut und in der Schwanzrichtung erreicht.
Ein weiterer Abschnitt ist der Besprechung des einäugigen und zwei¬
äugigen Gesichtsraums gewidmet. Die Fische besitzen einen zweiäugigen
Gesichtsraum, und innerhalb desselben gibt cs ein zweiäugiges Einfachsehen,
und ein plastisches oder stereoskopisches Sehen.
Was die Haltung und Beweglichkeit der Augen betrifft, so haben die
Augen bei den meisten Fischarten eine starre Haltung. Den Augenmuskeln
kommt in erster Linie die Bedeutung eines Balancierapparates zu.
Schließlich bespricht der Verf. die kompensatorische Stellungsänderung
der Augen, welche bei zwangsweiser Seitenlagerung des Fischkörpers eintritt,
sowie das Fehlen von Divergenzänderung bei den Fischaugen, wodurch die
Fische Objekte nur in jenem Abstande dauernd einfach sehen, auf welchen
ihre Augen eingestellt sind. Diesseits und jenseits dieser Entfernung kommt
stereoskopisches Sehen in Betracht. ( Wiener.)
Ausgehend von dem Gesichtspunkte, daß die Totenstarre und die post¬
mortale Säurebildung als die Fortsetzung vitaler Vorgänge angesehen sind,
führt Wacker (48) am Kaninchen den Nachweis, daß die Milchsäurebilduug
im Muskel vom Momente des Todes auf Kosten des vorhandenen Glykogens
erfolgt, und zeigt an einigen Kurven, wie der Glykogenabbau quantitativ etwa
in derselben Weise erfolgt wie die Alkaleszenzabnahme bzw. die Säurezunahme.
Der Starrezustand tritt ein, wenn ein großer Teil (78°/o) des Glykogens
abgebaut ist, und hält an, solange noch Glykogen in Milchsäure übergeführt
wird. Hört die Milchsäurebildung auf, so beginut sich die Starre zu lösen.
Verf. führt daher die Totenstarre auf die Bildung der Milchsäure aus
dem Glykogen innerhalb der Muskelfaser zurück. Das Kolloid „Glykogen“
ist in die Muskelfaser eingelagert und vermag als solches keinen osmotischen
Druck auszuüben, zerfällt es aber in eine große Anzahl kleinerer Molekül©
einer Kristalloidsubstanz (Milchsäure), so muß innerhalb der Muskelfaser
ein Überdruck entstehen, der gegenüber der Umgebung Erscheinungen der
Osmose hervorruft. Es wird also behufs Druckausgleich Wasser in die
Muskelfaser eindringen und Milchsäure heraus zu diffundieren streben. Solange
der Überdruck nicht ausgeglichen ist, wird ein der Muskelkontraktion ähn¬
licher Zustand — die Totenstarre — bestehen bleiben. Mit erfolgtem Druck¬
ausgleich löst sich der Zustand der Starre.
Auf Grund dieser Untersuchungen stellt der Verfasser eingehende
Betrachtungen an über die physiologischen Vorgänge im Muskel. Die
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Allgemeine Physiologie.
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Arbeitsleistung des Muskels ist (physikalisch und chemisch) eng verknüpft mit
der Wärmeproduktion des Organismus. Der anaerobe Abbau des Glykogens
zu Milchsäure und die Neutralisation derselben entspricht der Arbeitsleistung
und ist als die Quelle der Muskelkraft anzusehen, da durch die Druck-
steigerung in der Faser direkt Arbeit geleistet werden kann. Die Verbrennung
der Milchsäure (wahrscheinlich im Blute selbst) führt zu der bekannten
Wärmebildung bei der Arbeit. Ein Teil der beim Glykogenabbau anfallenden
Milchsäure wird nach den Prinzipien des Massenwirkungsgesetzes in der
Leber in Zucker zurückverwandelt, um in Form von Glykogeu wieder im
Muskel zu erscheinen. Daraus erklärt sich ein Wirkungsgrad des Muskels
bis zu einem Dritteil der aufgewandten potentiellen Energie.
Die zur Erhaltung der Körpertemperatur des homoiothermen Organis¬
mus nötige Wärme erfolgt durch Verbrennung der bei der Spaltung des
Glykogens bei der Herztätigkeit freiwerdenden Milchsäure. ( Autoreferat .)
Wangerin’s (49) Aufsatz ist eine Besprechung der Mendelschen Ver¬
erbungsgesetze auch in ihrer Gültigkeit auf den Menschen. ( Jacobsohn .)
Die Versuche Weizsäcker ’s (50) ergaben zunächst, daß die initiale
Wärmebildung einer Kontraktion genau dieselbe bleibt, ob man eine Oxy¬
dation zuläßt oder verhindert. Daraus darf man schließen, daß auch bei
reichlicher Sauerstoffzufuhr vor und während der Kontraktion Oxydationen
nicht stattfinden, daß vielmehr unter allen Umständen ein nichtoxydativer
Vorgang die Kontraktion hervorbringt und Oxydationen ausschließlich im
Anschluß an die Kontraktion stattfinden. Weitere Versuche ergaben, daß
der Muskel bei einer einzelnen Zuckung um so weniger Wärme bildet, je
wärmer er ist. Der wärmere Muskel arbeitet daher ökonomischer. Bei der
tetanischen Kontraktion wird der hemmende Einfluß der Temperatur auf
die Zuckungswärme bald mehr, bald weniger dadurch ausgeglichen, daß bei
höherer Temperatur mehr Einzelerregungen pro Zeiteinheit stattfinden. Aus
allem geht hervor, daß Oxydationen einerseits, Produktion von Arbeit und
initialer Wärme andererseits vollständig trennbare Funktionen sind. Es
handelt sich nur noch darum, zu entscheiden, ob auch Wärmebildung und
Arbeitsleistung trennbar sind. Mit Hilfe von Äthylalkohol gelang es, zu
zeigen, daß auf einen elektrischen Reiz hin beträchtliche Wärmemengen
im Muskel frei werden, ohne daß auch nur eine Andeutung von Zuckung
stattfand. Die Errregung bewirkt hier nur Wärmebildung, keine Arbeits¬
leistung. Iuitiale Wärmebildung und Arbeitsleistung sind somit trennbare
Funktionen.
Es steht somit fest, daß ein nicht oxydativer Vorgang dio Energie für
Arbeit und initiale Wärme liefert; und wir gelangen zu der Ansicht, daß
lüindestens ein Teil der Spannkräfte oxydativer Reaktionen nicht als Wärme,
auch nicht als Arbeit erscheint, sondern in einer unbekannten Form auf¬
gespeichert wird. Der Zerfall der Muskelmaschine in einen nichtoxydativen
arbeitliefernden und einen oxydativen, restitutiven Teil schließt aber nicht
aus, daß beide Hälften der Maschine gleichzeitig arbeiten, doch bat man
Gründe anzunehmen, daß bei einer einfachen Zuckung zuerst die arbeit¬
liefernde und dann die restitutive Maschine in Funktion tritt. Wenn wir
aber die beiden Teilmaschinen im Muskel thermodynamisch getrennt be¬
trachten, müssen wir untersuchen, mit welchem Nutzeffekt jede arbeitet.
Untersucht man die initiale Wärmebildung und Arbeit, so untersucht man
den Nutzeffekt der ersten, der ärbeitliefernden Maschine. Würde man den
0 4 -Verbrauch und die „verzögerte“ Wärmebildung kennen, so ließe sich
berechnen, wieviel Verbrennungsenergie als Wärme erscheint und wieviel als
potentielle Energie verbleibt. Dies ergäbe den Nutzeffekt der zweiten Maschine.
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Physiologie des Stoffwechsels.
Die Zweimaschinentheorie gestattet auch, eine Thermodynamik pharma¬
kologischer 'Wirkungen auszuarbeiten. Allgemein kann man zwei Gruppen
von Wirkungen erwarten; eine, welche auf die arbeitliefernde und eine,
welche auf die restitutive Maschine wirkt. Innerhalb jeder dieser Gruppen
kann eine Wirkung auf die Gesamtgröße des Energieumsatzes und eine auf
die Umwandlung, somit auf die Größe des Nutzeffektes der Maschine er¬
wartet werden. Mäßige Quellung in hypotonischer Lösung setzt in gleichem
Maße initiale Wärmebildung und isometrische Zuckung herab, setzt somit
eine einfache Hemmung der Maschine I. Äthylalkohol bewirkt Herabsetzung
des Nutzeffektes der Maschine I. Gesamthemmung der Maschine II ist ge¬
geben in der Wirkung der Blausäure, die die Maschine I intakt läßt
Schließlich faßt der Autor den Inhalt seiner Betrachtungen dahin zusammen,
daß seine myothermischen Versuche, nach einer neuen Methode in Salz¬
lösungen angestellt, zu einer Theorie geführt haben, nach der der tätige
Muskel als eine Verkoppelung zweier Maschinen angesehen werden kann.
Die erste Maschine wird als die arbeitliefernde bezeichnet und bewirkt die
Umwandlung einer unbekannten potentiellen Energie auf nicht oxydativem
Wege in Arbeit und Wärme. Die zweite Maschine wird als die restitutive
bezeichnet und bewirkt durch Ausnutzung der freien Energie von Oxy¬
dationen eine Wiederergänzung jener Dicht näher bezoichneten potentiellen
Energie der ersten Maschine. Das Tempo, in welchem Maschine I arbeitet,
bestimmt wahrscheinlich die Oxydationsgeschwindigkeit in Maschine II. Die
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Physiologie des Stoffwechsels.
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dermalen Aste des Neurotoms innerhalb eines einzigen oder mehrerer Segmente. Med.
Weekblad. 22. 141.
172. Zulick, H. S., Effect of Homatropin on Vagus. Journ. of Pharmacology. March»
Das vorliegende Kapitel ist eines derjenigen Gebiete, auf welchem die
wissenschaftliche Forschung zurzeit am eifrigsten sich betätigt Soviel Auf¬
klärung auf dem Gebiete der inneren Sekretion auch die bisherige Forschung
gebracht hat, so muß mau doch gestehen, daß es erst die ersten Ansätze
sind, die man in der Erkenntnis dieses Gebietes gewonnen hat. Es herrschen
noch zu viele Widersprüche bezüglich der Funktion der einzelnen Drüsen, ihrer
einzelnen chemischen Bestandteile, der Wechselwirkung der einzelnen Glieder
des pluriglandulären Systems auf das Nervensystem, auf den Gesamtstoff¬
wechsel usw. Diese vielen Lücken suchen nun die Forscher in vielen zum
Teil sehr minutiösen Spezialuntersuchungen auszufullen, wobei immer wieder
neue Probleme aufsteigen, die der Lösung harren. In der folgenden kurzen
Zusammenfassung sind nur diejenigen Arbeiten angeführt, die für den Neuro¬
logen besonderes Interesse haben und die besondere Bedeutung zu haben
scheinen.
Cushing und Goetsch schließen aus ihren Untersuchungen, daß der
Winterschlaf der Säugetiere eine Erscheinung sei, die durch eine physio¬
logische Periode pluriglandulärer Untätigkeit erzeugt wird, wobei die Hypo¬
physis die Hauptrolle spielt
Dandy konnte nach Exstirpation des Gl. pinealis bei jungen Hunden
keine Veränderungen in der Entwicklung gegenüber nicht operierten Hunden
erkennen, so daß er der Ansicht zuneigt, daß die Gl. pinealis keine wesent¬
liche Bedeutung für den Lebensprozeß hat.
Mit Jod allein läßt sich nach Ansicht von Oswald kein Basedow er¬
zeugen, ebenso sei es unrichtig, einen sog. Dysthyreoidismus als Basedow¬
ursache im Chemismus der Drüse anzunehmen. Die Mehrauslaugung des
vorhandenen Sekretes des Jodthyreoglobulins genügt zur Hervorrufung des
Syndroms bei Personen mit leicht ansprechbarem Nervensystem.
Kendal gelang es, die Proteiue der Thyreoidea in einfachere Bestand¬
teile zu zerlegen und einen kristallinischen Körper zu eliminieren, der 6 %
Jod enthält. Daß die Schilddrüse außerordentlich jodaufnahmefähig ist,
geht aus Beobachtungen von Hunter und Simpson und .von Marine
hervor. Gesteigerte Tätigkeit der Thyreoidea scheint sich nach Staemmlers
Befunden mit Hypofunktiou von Hypophyse und Pankreas und umgekehrt
Unterfunktion der Thyreoidea mit gesteigerter Tätigkeit der genannten Organe
zu verbinden. Von Interesse ist die Anschauung Hunziker-Schilds, daß
der Kropf keine Krankheit, sondern eine physiologische Anpassung darstellt,
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Physiologie des Stoffwechsels.
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and zwar kann bei chronisch zu geriugem Jodgehalt des Blutes die Thyreoidea,
die aus dem Blut das Jod bezieht, dennoch die Lieferung genügender Mengen
Thyrjods sicherstellen, indem sie ihre Zellen vermehrt
Sehr zahlreich sind die Arbeiten über Adrenalinwirkung, sei es einfache,
sei es kombinierte oder Kontrastwirkung. Da diese Arbeiten aber teilweise
zn spezieller Natur sind, so läßt sich das Hervorstechende schwer heraus¬
heben. Bemerkenswert erscheinen mir die chemischen Untersuchungen von
Borberg über die Nebennieren.
Herrmann ist es gelungen, aus Corpus luteum und Plazenta eine
Substanz (Cholestearinderivat) zu extrahieren, welche einen mächtigen
Wachstums- und entwicklungsfördernden Einfluß auf das gesamte Genitale hat.
In vieler Hinsicht von Interesse sind die Arbeiten über Beeinflussung der
Wärmezentren und der Wärmeregulation. Aus der Arbeit Hashimotos
scheint hervorzugehen, daß das Wärmezentrum bzw. die dasselbe darstellenden
Ganglienzellen durch Vorbehandlung mit artfremdem Eiweiß streng spezifisch
sensibilisiert werden. Der Autor ist ferner der Ansicht, daß die Wärme¬
zentren auf beiden Seiten des Corpus Striatum liegen, und daß das linke Wärme-
zentrum das Übergewicht über das rechte gewinnen kann, d. h. stärker ent¬
wickelt ist Er gibt schließlich seine Erfahrungen über die Wechselwirkung
zwischen Wärme- und Kälteapplikation auf das Wärmezentrum einerseits und
Temperaturveränderungen, die durch Bakterienwirkungen, Antipyretika usw.
im Körper erzeugt werden. Zu dem gleichen Thema äußern sich Cloetta,
Waser und Armbruster.
Von Wert dürften wohl die Messungen Mettenleiters über die Höhe
der Kohlensäurespannung und den Grad der Säurebildung im tätigen mensch¬
lichen Mnskel sein.
Sehr viel Interessantes, aber sehr ins Spezielle Gehendes findet sich
auch in den Arbeiten, die in den Kapiteln Stoffwechsel, Spinalflüssigkeit und
Pharmakologisches untergebracht sind.
. Innere Sekretion.
Brugsch (28) gibt ein kurzes klares Ubersichtsbild über die Drüsen
mit innerer Sekretion. Er bespricht die Anatomie, die physiologischen
Wirkungen und die Chemie der Schilddrüse, der Nebenschilddrüsen, der
Thymusdrüse, der Nebennieren, der Hypophyse, der Zirbeldrüse, der Keim¬
drüsen, des Pankreas. Der Darstellung des vegetativen Nervensystems ist
eine schöne, sehr übersichtliche Figurentafel beigefdgt. Den Schluß der
Abhandlung bildet eine kurze Darstellung des Einflusses endokriner Drüsen
auf den Stoffwechsel.
Es wird von Streuli (155) zunächst ermittelt, daß die überlebende
Säugetierblase in Tyrode und unter Beobachtung gewisser Maßregeln spon¬
tanen Tonus nnd sehr schöne, kräftige Automatic zeigt. Diese beiden Er¬
scheinungen können in erhöhtem Maße künstlich hervorgerufen werden durch
geringe Dosen von Pilokarpin, das sich als Regularisierungsmittel xat’iSo^v
für die lebende Blase erweist. Die Blase eignet sich, sobald ihre spontanen
Zustands- und Reaktionsänderungen genau bekannt sind und berücksichtigt
werden, infolge ihrer hohen Empfindlichkeit in hervorragender Weise für
präzise Untersuchungen vorliegender Art.
Untersuchung der Einzelwirkungen innerer Sekrete ergab folgendes:
A. In Tyrode: Adrenalin wirkt energisch hemmend. Indessen wirkt
es andrerseits kräftig kontrahierend a) bei Anwendung subminimaler Dosen
(nur bei gutem Tonus und guter Automatic 1); b) bei Anwendung stärkster
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Dosen im Znstand extremster Erschlaffung der Blase. Hypophysen und
Thyreoideaextrakt wirken beide unter allen Umständen kontrahierend, ersteres
kräftiger als das letztere. Hiermit wäre zum erstenmal eine gesicherte direkte
Wirkung von Schilddrüsensekret auf animale Funktion nachgewiesen.
B. In Kochsalz. (Hierbei erschlafft die Blase völlig und zeigt
niemals Automatie; Pilokarpin bleibt fast wirkungslos.) Adrenalin, Hypo¬
physen- und Thyreoideaextrakt bleiben völlig ohne Wirkung. Es wird dabei
die Möglichkeit betont, daß der Grund hierfür beim Adrenalin ein anderer
sein könne als bei Hypophysin und Thyreoglandol, in dem er einzig in der
maximalen Erschlaffung liege.
Untersuchung der Wechselwirkungen der drei Sekrete
in bezug auf die Blase.
a) Hypophysin-Adrenalin (hemmende Dosis): Enthemmung.
b) Hypophysin-Adrenalin (kontrahierende Dosis): gegenseitige Förderung.
Es läßt sich in der Nähe der „Umkehrdosis -4 direkt konstatieren, wie
eine sonst noch hemmende Adrenalindosis durch Hypophysin zu einem
kontrahierenden Effekt veranlaßt wird. Es ist dadurch bewiesen, daß die
Umkehr einer inneren Sekretwirkung durch ein anderes inneres Sekret
wirklich möglich ist.
c) Thyreoglandol-Adrenalin (hemmende Dosis): keine veränderte Wirkung.
d) Thyreoglandol-Adrenalin (erregende Dosis): keine veränderte Wirkung.
e) Thyreoglandol-Hypophysin: sehr starke gegenseitige Förderung.
Ausdrücklich wird betont, daß alle diese Beziehungen nur für die Blase,
vielleicht sogar nur für die Kaninchenblase gelten. Es wird ganz besonders
hervorgehoben, daß von Gewebe zu Gewebe, von Organ zu Organ diese
Beziehungen sich ändern können, daß zwei Sekrete durchaus nicht in allen
Fällen eine stereotype Wechselwirkung aufzuwoisen brauchen. Serum wirkt
schon in kleinen Dosen energisch kontrahierend auf die Blase. Als wirk¬
sames Agens wird eine subminimale Adrenalindosis vermutet.
U ntersuchung zur Feststellung des Angriffspunktes der
zu prüfeuden Sekrete.
a) Mit Bariumchlorid. Dieses Muskelgift bewirkt im Kochsalz starke
Kontraktion. Die betreffenden Sekrete, die im Kochsalz völlig wirkungslos
bleiben, können also ihren Angriffspunkt nicht am Muskel selbst haben.
b) Mit Atropin. Dieses denerviert das Präparat. Dennoch wirken
die drei Sekrete nahezu unverändert weiter. Sie können daher ihren
Angriffspunkt auch nicht an der Nervenfaser haben. Diese beiden Ergeb¬
nisse erhärten die Anschauung, daß die drei beschriebenen inueren Sekrete
ihren Effekt durch Vermittlung der neuro-plasmatiscben Zwiscbensubstanz
ausüben.
Versuche mit Ergotoxin, ausgehend von der Da loschen Be¬
hauptung, daß dieses Alkaloid sympathisch fördernde Endapparate lähme,
nicht aber sympathisch hemmende.
Befund: Adrenalinerregung aufgehoben; Adrenalinhemmung unver¬
ändert. Ferner aber: Pilokarpin Wirkung (Nervengift für die autonome Faser!)
bedeutend herabgesetzt. Unter Beziehung Pearcescher Befunde Aufstellung
eines erweiterten Dal eschen Satzes: Ergotoxin hemmt den der Erregung
zugrunde liegenden Mechanismus ganz allgemein, nicht bloß den sympathischen
„Endapparat“ fördernder Natur. Anschließend wird genau dasselbe aus¬
gesagt für den Mangel an Ca-Ionen.
Theoretische Diskussion dieser Ergebnisse und derjenigen anderer
Forscher von einem einheitlichen Standpunkt aus; nämlich von derAsher-
schen Hypothese, daß es sich um zwei verschiedene Mechanismen oder
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Physiologie des Stoffwechsels.
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Substanzen handelt, denen Erregung und Hemmung zuzuschreiben ist.
Lokalisation dieser beiden Mechanismen in die neuro-plasmatiscbe Zwischen¬
substanz. Berücksichtigung der Tatsache, daß bei sinkendem Tonus eine
hemmende Dosis relativ immer schwächer wirkt. Es werden verschiedene
Vermutungen aufgestellt, die sich aus den angeführten Ergebnissen herleiten.
So z. B., daß auch für andere innere Sekrete sich ähnliche Phänomene
nachweisen lassen wie für das Adrenalin. Hinweis darauf, daß die Wirkungs¬
weise innerer Sekrete, namentlich ihrer Kombinationen, eine ganz außer¬
ordentlich viel kompliziertere ist, als meist angenommen wird, und daß diese
Erkenntnis sich um so mehr vertiefen wird, je- mehr man durch Variation
der Zustände an dem peripheren Angriffspunkt die natürlichen Bedingungen,
unter denen diesfe Sekrete ihren gewaltigen Eiufluß auf deu Gesamtorganismus
ausühen, erkennt.
Scaglione (146) untersuchte die Drüsen mit innerer Sekretion bei
Meerschweinchen, welche ein bis mehrere Stunden mit Chloroform narkotisiert
waren. Nach dem Ergebnis erfahren alle genannten Drüsen während der
Chloroformnarkose mehr oder weniger bedeutende Veränderungen. In der
Marksubstanz der Nebenniere wird die chromaffine Reaktion in den ersten
Stunden der Narkose immer schwächer und hört schließlich bei lang¬
dauernder Narkose fast ganz auf. Bei den anderen Drüsen tritt in deu
ersten Stunden der Narkose entweder eine Vermehrung der lipoiden Stoffe
allein auf (Nebenschilddrüsen) oder gleichzeitig eine Vermehrung der lipoiden
Stoffe und der Sekretionskörnchen. Bei den länger dauernden Narkosen
tritt entweder eine Verminderung der lipoiden Stoffe allein auf (Nebenschild¬
drüsen) oder Verminderung der lipoiden Stoffe und der Sekretionskörnchen
("Hypophyse, Schilddrüse) oder aber endlich Verminderung der lipoiden
Stoffe und der Sekretionskörnchen mit Vermehrung der gewöhnlichen Fett¬
stoffe (Rindensubstanz der Nebenniere). Die weiteren Ausführungen des
Verfassers beziehen sich auf diesbezügliche Theorien, die von Del bet
(Revue de Chirurg. 1912), Wiesel (Wien. klin.Woch. 1908) und Ciaccio
(Anatom. Anzeiger Bd. 23 und 28) aufgestellt sind.
Dutoit (47) bespricht im allgemeinen Rahmen eines Vortrages die
thyreoidale hypophysäre, epiphysäre und epirenale Fettsucht.
Bei der Impotenz spielt nach Ansicht von Berg (19) in vielen Fällen
der Ausfall von Genital-Hormonen oder Entartung derselben eine große
Rolle. Da nun diese Entartung in den Genitaldrüsen andere Drüsen mit
innerer Sekretion, die alle in Wechselbeziehung zueinander stehen, beeinflußt,
so entsteht klinisch jenes bunte Bild, welches die sexuelle Neurasthenie
charakterisiert. Ihre Bekämpfung erscheint nur durch gleichzeitigen Angriff
derselben mit verschiedenen Hormonen aussichtsreich, deren pathologische
Veränderung die Krankheitserscheinungen ausgelöst hat, wobei das richtige
Mischungsverhältnis empirisch zu eruieren ist. Mit einem derartig zusammen-
gesetzen Mittel hat Verfasser die Phosphaturie, das ganze Gebiet der sexuellen
Neurasthenie, die funktionelle Impotenz zu beeinflussen versucht und berichtet
über die Erfolge, welche er damit erzielt hat.
Das Hypophysin stellt wie das Adrenalin eine sympathikotonische
Substanz dar. Sie erhöhen den Blutdruck durch Kontraktion der Gefäße.
Die Wirkung des Hypophysins ist aber nach Erfahrung von Oswald (133)
schwächer als die des Adrenalin, hält aber dafür um so länger an. Gleich
dem Adrenalin erregt das Hypophysin auch die herzhemmenden Vagusfasern.
Dadurch treten verlangsamte uod vergrößerte Pulse auf. Bemerkenswert
ist, daß Hypophysin nur bei erstmaliger Injektion wirkt. Es lähmt somit
das Hypophysin die Apparate, auf die es wirkt. Das Hypophysin verstärkt
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Physiologie des Stoffwechsels.
aber die Adrenaliowirkang ganz bedeutend. Eine weitere Eigenschaft des
Hypophysins ist, die durch Ergotozin bewirkte Lähmung der Gefaßkonstrik-
toreu aufzuheben. Wie aus Versuchen von 0. hervorgeht, wird durch
Schilddrüsensekret der Nervenapparat des Zirkulationssystems gegen äußere
(elektrische, pharmakodynamische) Reize empfindlicher gemacht, so daß seine
•Ansprechbarkeit steigt. Es stellt also das Jodthyreoglobulin eine den Tonus
des Nervensystems in exquisiterWeise erhöhende Substanz dar (s. Oswald,
p. 77). Wässeriger Thymusextrakt, intravenös beigebracht, setzt den Blut¬
druck rapid und stark herab. Dies geschieht durch Vasodilatation. Die
depressorisch wirkende Substanz ist wahrscheinlich das Cholin.
Hypophyse.
Der hintere Lappen der Glandula pituitaria ist nach Untersuchungen
von Fenger (52), im Verhältnis zum Gewicht der ganzen Drüse, beim
Schwein zweimal so stark wie beim Rind. Die physiologische Wirksamkeit
des hinteren Lappens ist praktisch dieselbe für Rind und Schwein. Eine
jahreszeitliche verschiedenene Wirksamkeit und chemische Zusammensetzung
des hinteren Lappens der Hypophysis existiert beim Rind nicht. Ungefähr
10 Prozent der Rinderdrüsen enthält Kolloidmassen zwischen vorderem und
hinterem Lappen. Dies Material ist unlöslich in angesäuertem Wasser und
übt keine merkliche Kontraktionswirkung auf den Uterus aus.
Die Beobachtungen von Gschwind (66) über die Graviditätsverände-
ruugen der Hypophysis decken sich fast vollkommen mit denen Erd heims
und Stumme8 (Beitr. z. allg. Path. u. pathol. Anat, Bd. 46, 1906). Eine
geringe Differenz fand sich bei Hypophysen nichtschwangerer Individuen
hinsichtlich der basophilen Zellen. Diese Zellelemente nahmen in etwa */s
der untersuchten Fälle den zweiten Platz ein, in den übrigen Fällen standeu
sie an dritter Stelle.
Nach Untersuchungen von Robertson und Barnett (141) nimmt bei
Anwendung von Emulsionen aus dem vorderen Lappen der Glandula pituitaria
vom Ochsen das Wachstum des Tumors bei mit Karzinom inokulierten
Ratten erheblich zu. Das Wachstum kleinerer Tumoren vollzieht sich relativ
schneller als das größerer. Diese Schnelligkeit im Wachstum kann man
indes nur bis zu einem gewissen Stadium beobachten, etwa bis zum 20. Tage
nach der Inokulation. Der Gebrauch der Emulsionen vermehrt nicht die Ten¬
denz zur Metastase. Leberemulsionon haben bei Ratten diese Wirkung nicht.
Sowohl eine Reihe von Symptomen, verbunden mit einer Verzögerung
des Stoffumsatzes wie mit einer Untätigkeit der Drüsen begleitet diejenigen
Zustände, die aus der experimentell entfernten Hypophysis resultieren;
es sind auch diese Zustände charakteristisch für die klinischen Phänomene
des Hypopituitarismus. Das Bemerkenswerte der sich geltend machenden
Symptome besteht in chronischen Fällen in einer Tendenz zn ungewöhnlicher
Fettablagerung, zur Herabsetzung der Körpertemperatur, zur Verlangsamung
des Pulses und der Atmung, der Herabsetzung des Blutdruckes und oft
auch zur Erscheiuung einer stark ausgeprägten Somnolenz. Diese Symptome
haben, wie Cushing und Goetsch (43) folgern, eine merkliche Ähnlichkeit mit
denjenigen Erscheinungen, welche den natürlichen Winterschlaf begleiten.
Daß diese Erscheinungen bei den Tieren nur durch Nahrungsmangel oder
niedrige Temperatur erzeugt sein sollen, wäre eine nicht befriedigende Er¬
klärung. An einer Reihe von winterschlafenden Tieren fanden die Autoren
während der Schlafperiode histologische Veränderungen in den Drüsen ohne
Ausführungsgang. Die größten dieser Veränderungen treten in der Glandula
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Physiologie des Stoffwechsels.
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pituitaria auf, wie es schon Gemelli beobachtet hat. Die Drüse wird nicht
nur kleiner, sondern die Zellen der Pars anterior verlieren auch ihre charak¬
teristische Farbreaktion gegenüber sauren und basischen Farbstoffen. Am
Ende der Schlafperiode schwellen die Drüsen, und wenn die Zellen größer
werden, dann erlangen sie wieder ihre Färbbarkeit; zu gleicher Zeit treten
auch karyokinetische Figuren auf. Die Autoren fassen den Winterschlaf
als eine Erscheinung auf, die durch eine physiologische Periode pluriglan¬
dulärer Untätigkeit erzeugt wird. Hierbei scheint die Hypophysis die Haupt¬
rolle zu spielen.
Die von Kepinow entdeckte merkwürdige Eigenschaft der Hypophysen¬
extrakte, die Wirkung des Adrenalins erheblich zu steigern, wurde von ihm
so gedeutet, daß die Angriffspunkte des Adrenalins durch die Hypophysensub¬
stanzen sensibilisiert werden. Infolge einer Zunahme der Erregbarkeit der
sympathisch innervierten Organe durch die in der Hypophyse enthaltenen
Substanzen sollen die von Kepinow beschriebenen Phänomene zustande
kommen. Börner (24) kommt auf Grund ihrer Versuche zu folgendem Er¬
gebnis: Die Erklärung der von Kepinow beschriebenen Steigerung der
Adrenalinwirksamkeit am Kaninchenblutdruck durch Hypophysenextrakt
ist ohne die Annahme einer Sensibilisierung der Adrenalinangriffspunkte
am Gefäßsystem durch Hypophysenextrakt möglich. Die Hypophysen¬
extrakte sind, wie sich aus mehrseitigen und auch aus Versuchen von
Börner ergibt., für Kaninchen ein intensives Herzgift; schon geringe
Mengen verringern nach der intravenösen Injektion das Schlagvolumen des
Herzens infolge Abnahme der systolischen Zusammenziehungen stark. Da
gleichzeitig in der Regel die Schlagfrequenz vermindert wird, sinkt das
Minutenschlagvolumen bis auf die Hälfte oder ein Drittel ab. Diese Störung
des Kreislaufes bewirkt, daß das in einer bestimmten Zeit in den Blutkreis¬
lauf injizierte Adrenalin von einem (bis zwei- bis dreimal) kleineren Blut¬
quantum aufgenommen wird als bei normalen Kreislaufverhältnissen. Die
Adrenalinkonzentration im Blut ist vergrößert, so daß der blutdruckstei¬
gernde Effekt entsprechend erhöht sein muß, einmal der Druckhöhe nach,
dann aber auch hinsichtlich der Dauer der Steigerung, da das konzentrierte
Adrenalin mit verminderter Geschwindigkeit durch die Blutgefäße getrieben
wird. Die Zunahme der Adrenalinkonzentration konnte bei Messungen der
im Karotisblut nach Injektionen von Adrenalin auftretenden Adrenälinmengen
unmittelbar uachgewiesen werden. Für diese mechanische Deutung des
Kepinowschen Phänomens sprechen folgende Tatsachen. Die Sensibili¬
sierung erreicht die gleichen Maximalwerte, wie sie in umgekehrter Propor¬
tion für die Blutumlaufzeit gelten. Sowohl die Steigerung der Adrenalin¬
wirkung, wie die Herzstörung geht spontan nach x / 4 — 1 / 2 Stunde vorüber,
und sie ist bei einer Reinjektion viel schwächer. Schließlich wird die Wirk¬
samkeitssteigerung für Adrenalin auch bei einigen anderen Kreislaufgiften
beobachtet, und sie fehlt am Katzenblutdruck, da das Katzenherz durch
Hypophysensubdtanzen nicht gelähmt wird. So wie es sich für das Zu¬
sammenwirken von Hypophysensubstanzen und Adrenalin auf den Kanin¬
chenblutdruck zeigen ließ, daß der vermeintliche potenzierte Synergismus
der Substanzen tatsächlich nicht durch (physikalisch-) chemische Prozesse am
Zellelement verursacht wird, sondern durch einen mechanischen, das Heran¬
treten der Substanz an die reagierenden Zellelemente berührenden Faktor,
dürfte sich noch künftig ein kausaler Zusammenhang zwischen potenziertem
Synergismus und Änderung der Giftverteilung experimentell begründen lassen.
Aus den Untersuchungen von Boehncke und Koch (22) ergibt sich,
daß es bisher nicht möglich gewesen ist, mit anderen Giften (Tetanus- und
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Physiologie des Stoffwechsels.
Dysenterietoxin, Meningokokkenextrakt, Rizin und Abrin) an der Hypophysis
cerebri des Meerschweinchens Veränderungen hervorzurufen, die den nach
Vergiftung mit Diphtherietoxin entstandenen entsprechen. Die Pars inter-
media der Meerschweinchenhypophyse scheint sich durch eine besondere
Empfindlichkeit für Diphtherietoxin auszuzeichnen. Schädigungen der Hypo¬
physe treteu auch nach Verabreichung von anderen Giften auf. Die indi¬
viduelle Verschiedenheit im Verhältnis zu einem bestimmten Gift ist sehr
groß. Die Pars intermedia ist nicht allgemein der giftempfindlichste Teil
des Organs. Es kamen Vorderlappenschädigungen zur Beobachtung, die
anders und stärker waren, als die bei Diphtherietieren beobachteten. Die
Tetanushypophysen weisen konstant Hyperämie des ganzen Organs auf. In
ausgeprägten Fällen gelingt es, am Material aus der Art der Schädigung
zu erkennen, ob die Hypophyse normal ist, ob sie von einem diphtherie¬
vergifteten, von einem tetanusvergifteten oder einem rizinvergifteten Tier
stammt.
Clark (32) fütterte Hennen mit Hypophysenextrakt (vorderem Lappen)
und konnte dadurch bei ihnen, wenn die Eiproduktion im Abnehmen be¬
griffen war, eine Steigerung der Produktion erzielen. Die Substanz trat am
vierten Tage nach der ersten Aufnahme in Wirkung und dauerte mehrere
Tage nach der letzten Einnahme an. Die Brutfähigkeit der so behandelten
Hennen war erhöht.
Zirbeldrüse.
In der ersten Abhandlung gibt McCord (114) eine Übersicht über
die Arbeiten, welche sich mit der Wirkungsweise der Glandula pinealis auf
Wachstum, Sexualentwicklung, auf geistige Entwicklung, auf das Blutgefä߬
system beschäftigen. Er selbst hat solche Versuche mit Fütteruugeu von
Pinealsubstauz bei Meerschweinchen und Hunden ausgeführt und veröffent¬
licht (Journ. of the Americ. Med. Assoc. Vol. LXI1I, p. 232).
In der zweiten Arbeit berichtet McCord (112, 113) über Fütterungs¬
versuche resp. Injektionsversuche vou Piuealsubstanz bei jungen Tieren.
Diese Fütterungen bewirkten ein rascheres Wachstum des Tieres und eine
frühere Reifung der Sexualorgane. Wenn aber die Maximalgröße bei den
Tieren erreicht war, hatte die Pinealfütterung keinen Effekt mehr.
Dandy (44) hat mit Hilfe einer neuen Operationsmethode, die er be¬
schreibt, jungen (10 Tage bis 3 Wochen alten) Hunden die Glandula pinealis
exstirpiert. Ein Hund überlebte die Operation 15 Monate, einer ein Jahr,
und viele andere 3—8 Monate. Der Autor konnte an den operierten Tieren
im Vergleich mit nichtoperierten Kontrolltieren keine sexuelle Frühreife
oder sexuellen Stillstand, keine Fettsucht oder Magerkeit, keine körperliche
oder geistige Frühreife oder das Gegenteil davon beobachten. Die Experi¬
mente bieten keine Stütze für die Annahme, daß die Glandula pinealis eine
wichtige aktive endokrine Funktiou besitzt weder bei jungen noch bei er¬
wachsenen Hunden. Die Zirbeldrüse hat wahrscheinlich keine wesentliche
Bedeutung für den Lebensprozeß und für das Wohlbefinden. Auch eine
Veränderung in den anderen Drüsen mit innerer Sekretion wurde bei den
der Glandula pinealis beraubten Tieren nicht wahrgenommen.
Schilddrüse and Nebenschilddrüse.
Mansfeld (104) konnte nachweisen, daß die Erstickung auch am
schilddrüsenlosen Hund, im Gegensatz zum normalen, keine Spur einer
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Physiologie des Stoffwechsels.
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gesteigerten Eiweißzersetzung zur Folge hat. Auch bei schilddrüsenlosen
Hunden erfolgte genau wie bei Kaninchen nach Blausäureeingabe eine ver¬
minderte N-Ausscbeidung. Schließlich konnte M. nachweisen, daß auch am
Hund bei entsprechendem Versuche der Hungertod eintritt, ohne daß der
Eiweißbestand vorher in erhöhtem Maße angegriffen wurde, falls das Tier
seiner Schilddrüse beraubt ist, während bei normalen Tieren in den letzten
zwei Tagen die mächtige prämortale Eiweißzersetzung erfolgt.
Die jodhaltige Substanz der Schilddrüse, führt Oswald (130) aus, ist
■das Jodthyreoglobulin, das Schilddrüsenkolloid des Anatomen. Das Fehlen
von Jodthyreoglobulin ist die Ursache von Myxödem und Kretinismus.
Nicht ein irgendwie gebundenes Jod ist bei diesen Krankheiten Träger der
Heilung, sondern die Verbindung des Jod mit einem spezifischen Eiwei߬
körper. Jod allein oder Jod an einen organischen oder Eiweißkörper ge¬
bunden, ist nach dieser Richtung ganz unwirksam. Ebenso läßt sich mit
.Jod allein beim Gesunden kein Basedow erzeugen. Damit er entsteht,
muß die Schilddrüse resorptionsfähiges Sekret im Überschuß enthalten und
auf die resorbierende Wirkung des Jods hin an die Körpersäfte abgeben,
uud ferner muß der Organismus für das Sekret besonders empfindlich sein.
Diese Abgabe des resorptionslähigen Sekrets kann auch ohne Jod geschehen,
z. B. bei Verkleinerung der Drüse. Indessen nur Individuen mit einem
leicht ansprechenden Nervensystem reagieren auf Überflutung durch Schild¬
drüsensekret mit den klinischen Symptomen des Hyperthyreoidismus uud
Basedow, ganz gleich, auf welche Weise die Überflutung zustande kommt.
Das Jodthyreoglobulin ist eine exquisit Nerventonus erhöhende Substanz,
es erhöht die Ausprechbarkeit des vegetativen wie des animalen Nerven¬
systems. Es erhöht ebenso die Erregbarkeit im Bereiche des Zentralnerven¬
systems, uud es steigert den Eiweiß- und Fettzerfall. Durch diese Er¬
scheinungen, welche das Jodthyreoglobulin hervorruft, werden die klinischen
Symptome erklärt, sowohl wenn es im Überschüsse vorhanden ist (Basedow)
als auch wenn es in zu geringer Menge an die Blutbabn abgegeben wird
(Myxödem). Es sei also unrichtig, einen sog. „Dysthyreoidismus“ als
Basedowursache im Chemismus der Drüse anzunehmen. Die Mehrauslaugung
des vorhandenen Sekretes genügt zur Hervorrufuug des Syndroms. Wenn
die einen darauf reagieren, die andern nicht, so liegt das nicht in einer be¬
sonderen Beschaffenheit der Drüse, sondern in extrathyreoidaleu Momenten.
Nach Versuchen von Oswald (131) an Kaninchen, Hunden uud Katzen
übt das eigentliche genuine Sekret der Schilddrüse, das Jodthyreoglobulin,
beim nicht mit anderen den Blutdruck beeinflussenden Substanzen vor-
behandelteu Tiere keine Blutdruckverrainderuug und auch keine Blutdruck¬
steigerung aus. Dagegen übt es eine ausgesprochene Wirkung auf die das
Herz und die Gefaßbahnen versorgenden Nerven aus. Der N. vagus und
sein Ast, der Depressor, werden durch dasselbe ansprechbarer gemacht,
ebenso die Endigungen parasympathischer und sympathischer Fasern für
äußere Reize. Das Jodthyreoglobulin stellt eine den Nerventonus erhöhende
Substauz dar.
Durch eine alkalisch alkoholische Hydrolyse gelang es Kendall (91),
die Proteine der Thyreoidea in einfachere Bestandteile zu zerlegen. Er
teilt sie in zwei Gruppen. Gruppe A umfaßt die sauren unlöslichen Be¬
standteile, Gruppe B die sauren löslichen. Aus der Gruppe A wurde ein
reiner kristallinischer Körper, der 60% Jod enthält, isoliert. Es scheint
Di-jodo-di-hydroxyl-indol zu sein. Die Gruppe B enthält Jod in ziemlich
unbekannter Zusammensetzung. Es ist eine Mischung von niedrigerem
Molekulargewicht, welche Aminosäureverbinduugen enthält. Durch Anwen-
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Physiologie des Stoffwechsels,
düng von Gruppe A bei Hund und Mensch entsteht eine rapide Puls¬
beschleunigung und Kräftigung des Pulses, außerdem eine Erhöhung des
Stoffwechsels und .der Reizbarkeit des Nervensystems. Wenn man aus der
Gruppe A im Übermaß einverleibt, so zeigen sich Intoxikationserschei¬
nungen; es geschieht das schon auf verhältnismäßig kleine Dosen bin. Die
Jodkomponente spielt beim Morbus Basedowii eine bedeutsame Rolle. Die
Bestandteile der Gruppe B erzeugen keine toxischen Symptome, üben aber
eine physiologische Wirkung bei Kretinismus, Myxödem und manchen flaut-
kraukbeiteu aus.
Hunter und Simpson (82) untersuchten die Schilddrüsentrockensubstanz,
von Schafen, welche auf den Orkneyinseln wild leben und dort viel von
Algen sich nähren. Der Jodgehalt dieser Schilddrüsen war im Mittel 0,7 %,
während derjenige von Schafen, die gewöhnliche Pflanzenkost haben, erheb¬
lich niedriger ist. Daraus ergibt sich, daß die jodhaltigere Nahrung von
großem Einfluß auf den Jodgehalt der Schilddrüse ist.
Blum (21) schließt aus ihren Versuchen, daß die Entfernung der
Schilddrüse keinerlei Einfluß auf die Angreifbarkeit des Leberglykogens aus¬
übt. Sowohl durch Strychninkrämpfe, als auch durch Vergiftung mit Phos¬
phor schwindet das Glykogen aus der Leber ebenso prompt am schild¬
drüsenlosen Tier als am normalen. Auch diese Versuche bieten also kein»
Stütze für die Annahme, daß jene Unwirksamkeit des O s -Mangels, des
Hungers, der chlorierten Narkotika und endlich der Infektion auf den Ei¬
weißstoffwechsel, welche Mansfeld und seine Mitarbeiter an schilddrüsen¬
losen Tieren nachgewiesen haben, die Folge einer schützenden Wirkung der
Kohlehydrate wäre.
Lewis und Kraufi (97) konnten bei infizierten Kaninchen im tuber¬
kulösen Gewebe Jod mit einer exakten Methode nachweisen. Woher das
Jod stammt, können die Autoren nicht sagen. Die Tiere haben Jod nicht
erhalten. Ob aus der Thyreoidea das Jod stammt, ist sehr zweifelhaft, da
man bei vielen Kaninchen in der Thyreoidea kein Jod findet.
Mori (120) erzeugte bei Hunden durch Injektion von Paraffin und
1% Chlorkalziumlösung in die Schilddrüse eine parenchymatöse und inter¬
stitielle Thyreoiditis. Die folgende Erwärmung der Drüse und Jodkali-
verabreichuug veränderten die Thyreoiditis nicht. Die experimentell er¬
zeugte Thyreoiditis kann ebenso wie die infektiöse Thyreoiditis bejm
Menschen thyreotoxische Symptome hervorrufen. Die thyreotoxischen Sym¬
ptome sind eine Folge der Hyperresorption eines qualitativ und quantitativ
veränderten Bläscheninhaltes. Der einfache Druck der Bläschen — ohne
entzündliche Erscheinungen — kann thyreotoxische Symptome nicht erzeugen.
Aus den Fütterungsversuchen mit Jod, die Marine (106) an Hunden
anstellte, geht hervor, daß das Thyreoideagewebe ganz außerordentlich jod¬
aufnahmefähig ist. Wenn man berücksichtigt, daß die Drüse von deu per os
gegebenen Dosen ziemlich 18,6 °/ 0 behält, wicw'ohl das Verhältnis der Drüse
zum ganzen Körpergewicht nur 1:687 beträgt, so steht sie in ihrer An¬
ziehungsfähigkeit in bezug auf anorganische Substanzen unter den Körper¬
organen einzig da. Aus den Versuchen geht weiter hervor, daß durch die
geringsten Jodsteigerungen die höchsten Schilddrüsenwirkungen verursacht
werden. Die Höhe der absorbierten Dosis hängt ab von der Größe und
dem bestehenden Hyperplasiegrade und dem Sättigungsgrade mit Jod zur
Zeit der Darreichung.
Staemmler (152) konnte drei Fälle von sog. Struma vasculosa, einen
von Struma parenchymatosa und einen von Struma colloides untersuchen.
In zwei anderen fand sich in der anscheinend normal großen Schilddrüse
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Physiologie des Stoffwechsels.
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eine sehr starke Hyperämie, in einem letzten ausgesprochene Kolloidbildung
ohne Vergrößerung. Die Fälle betrafen alles neugeborene Kinder. Zunächst
beschreibt der Autor den Zustand der Drüsen mit innerer Sekretion bei
normalen Neugeborenen, um dann die Veränderungen zu schildern, die bei
den angeführten Fällen die Schilddrüse und die anderen Drüsen zeigten.
Neben den Veränderungen der Schilddrüse fand sich eine unvollständige
Entwicklung von Hypophysis und Pankreas, und zwar waren diese Organe in
zwei Fällen beide betroffen, während in einem nur Hemmung der Hypophysis,
in einem anderen nur Hemmung des Pankreas bestand. Bei dem regel¬
mäßigen Zusammentreffen dieser Veränderungen muß ein kausaler Zusammen¬
hang angenommen werden. Da nun die Schilddrüsenerkrankung als eine
in utero erworbene Veränderung aufgefaßt werden muß, so ist es wohl am
wahrscheinlichsten, daß sie durch die Störung der anderen Organe bedingt
ist. Damit denkt sich der Autor den ganzen Prozeß etwa folgendermaßen:
Das Pankreas und die Hypophyse werden in ihrer normalen Umbildung am
Ende der fötalen Entwicklung gehemmt. Ihre Funktion ist infolgedessen
quantitativ oder qualitativ unzureichend. Diese Hypofunktiou führt nun zu
einer erhöhten Tätigkeit der Schilddrüse und dadurch zu einer Hyperämie
derselben. Im Falle VI der vom Autor untersuchten Föten boten die
endokrinen Organe völlig normale Befunde, speziell sind keine Zeichen ge¬
steigerter Tätigkeit nachweisbar. Er nimmt für diesen Fall deshalb an, daß
die Schädigung der Schilddrüse völlig durch die gleichzeitige Hyperplasie
des Drüsengewebes ausgeglichen wurde und somit normale Funktionsverhält¬
nisse bestanden. Bei der Struma congenita treten demnach Veränderungen
in den anderen Organen mit innerer Sekretion auf, die verschieden sind, je
nachdem es sich um eine Überfunktion oder eine Ünterfunktion der Schild¬
drüse handelt. Gesteigerte Tätigkeit der Thyreoidea findet man kombiniert
mit Hypofunktion von Hypophyse und Pankreas und umgekehrt, Unter¬
funktion der Schilddrüse mit gesteigerter Tätigkeit derselben Organe, außer¬
dem mit Unterfunktion des Thymus. Die Experimente wie die Erfahrungen
beim Menschen deuten auf einen Antagonismus zwischen Thyreoidea und
Pankreas hin.
Klinger und Montigel (92) untersuchten die Gemeinden Andermatt,
Bealp und Hospental auf die Ausbreitung des Kropfes unter der Einwohner¬
schaft. Hauptsächlich wurden Schulkinder untersucht und danach Rück¬
schlüsse auf die übrigen Bewohner gemacht In Andermatt wurden unter
den Kindern 20 % deutlich positive Fälle gefunden, in Realp unter den
Einwohnern 28 %, in Hospental 20.3 %. Die Kropffälle fanden sich zum
größten Teil im Mittelpunkte des Dorfes in einigen wenigen der sehr alten,
noch aus Holz hergestellten Häuser. Diese älteren Häuser sind hygienisch
sehr ungünstig gestaltet. In einem Hause waren zehn Kropffälle in drei
verschiedenen unter sich nicht verwandten Familien. Die wenigen begüterten
Familien waren im ganzen kropffrei. Die Tatsache, daß Kropf in gewissen
Familien gehäuft vorkommt, hat sich auch in Hospental bestätigt. Die Er¬
krankung ist aber nach Ansicht der Autoren nicht rein hereditär bedingt.
Ein ursächlicher Zusammenhang von Wasserbeschaffenheit und Gebirgs-
charakter mit dem Kropf war nicht feststellbar.
Der Kropf ist keine Krankheit, sondern er stellt nach Ansicht von
Hunziker-Schild (83) eine physiologische Anpassung dar. Der Körper
braucht für seine Funktionen eine konstante Zufuhr von Jodthyreoglobulin
(Thyrjod). Die Thyreoidea ist die Werkstätte dieses chemischen Körpers.
Die Thyreoidea braucht als Baustein für ihr Sekret das Jod; sie bezieht
es aus dem Blut. Das Blut seinerseits kann das Jod nur aus der Außen-
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weit dort aufuehmen, wo es mit ihr iu Beziehungen tritt, also in Darm und
Lunge. Das Gebirge ist in jeder Hinsicht, Atmosphäre, Wasser, Nahrung
usw., jodärmer als die Ebene. Wenn nun soviel Jod ira Blut kreist, daß
die Thyreoidea daraus fortwährend eine optimale Menge Thyrjod herstellen
kann, die sie dem Körper abgibt, so besteht Jodgleichgewicht. Ist das Jod¬
defizit nur gering oder vorübergehend, so kann durch Erhöhung des Blut¬
drucks oder durch Dilatation der Gefäße oder durch Verminderung der Vis¬
kosität des Blutes, oder durch Zusammenwirken aller drei Faktoren den jod¬
absorbierenden Drüsenzellen in der Zeiteinheit mehr Jod zugeführt werden.
Das gleiche wird bei Jodgleichgewicht eiutreten, sobald der Tierkörper
aus irgendeinem Grunde momentan größeren Bedarf an Thyrjod hat. Bei
chronisch zu geringem Jodgehalt des Blutes kanu nun eine Thyreoidea
dennoch die Lieferung genügender Mengen Thyrjods sicherstellen, indem sie
ihre Zellen vermehrt. Die Drüse wird demgemäß wachsen. Hand in Hand
mit der Vermehruug der zeitigen Elemente geht eine zweckdienliche Ver¬
mehrung der Blutgefäße und eine mechanisch unvermeidliche Vermehrung
vou Bindegewebe. Die Drüse wird so lauge wachsen, bis das Jodgleich¬
gewicht hergestellt ist. Die Größe der Thyreoidea ist beim Wirbeltier
gleichsam der Index des Jodgohaltes seines Blutes. Auch die Tiere haben
in jodarmen Gegenden eine voluminösere Schilddrüse, indes nicht in dem
Maße wie der Mensch, da das Tier durch fortdauernden Aufenthalt in der
Luft, durch Trinken aller möglichen Wasserarten, durch Verzehren der un-
ausgelaugten Pflanzen dem Jodmangel nicht so verfällt wie der Mensch.
Wenn man Individuen mit pareuchymatüser Struma mit Jod behandelt, so
geht der Kropf an Volumen wesentlich zurück. In der Therapie kann es
sich da nur um ganze kleiue Dosen handeln. Dem Verf. hat sich in jahre¬
langem empirischen Gebrauch als unschädlich und wirksam erwiesen die
Verabfolgung von täglich , / 10 Milligramm Jodkalium in wässeriger Lösung.
Eine ideale Restitutio ad integrum ist unmöglich wegen der biudegewebigen
Wucherung in der Drüse. Man müsse daher einer kropfigen Bevölkerung
gleichsam ab ovo Jod künstlich zuführen, um Kropfbildung zu verhüten.
Die beste und einfachste Art ist die Mischung kleinster Dosen in das Koch¬
salz. Verf. fordert am Schluß zu entsprechenden Tierversuchen auf.
Aus den zahlreichen experimentellen Untersuchungen, dieRomeis (142)
über den Einfluß von Thyreoidea- und Thymusfütterung auf das Wachstum,
die Entwicklung und die Regeneration von Anurenlarven angestellt hat,
ergab sich folgendes: Die au den mit Thyreoidea gefütterten Tieren vor-
geuoramenen Gewichtsuntersuchungeu ergaben übereinstimmend eine starke
Abuahme des Körpergewichts. Anfangs kommt es hauptsächlich zu starkem
Wasserverlust, später nimmt dagegen der Rückgang an organischer Substanz
zu. Der während dor Metamorphose der Thyreoideakaulquappen zu beob¬
achtende Gewichtsverlust übertrifft den im Verlaufe einer normalen Meta¬
morphose stattfiudenden bedeutend. Viel weniger als die Thyreoidenkaul-
quappen unterscheiden sich die Thymustiere in ihren Gewichtsverhältnissen
von den mit Muskel gefütterten Kontrollieren. Werden die Tiere
von sehr früh auf mit Thymus ernährt, so übertrifft ihr Körper¬
gewicht bald das der Muskelkontrolltiere. Kaulquappen, die man in
dichtbepflanzten Aquarien bei Pflanzenkost hält, bleibeu in ihrem Körper¬
gewicht bedeutend hiuter muskelgefüttcrten Tieren zurück. Durch starke
Thyreoideafütterung wird die Regeneration nach Resektion eines größeren
Schwanzstückes sehr ungünstig beeinflußt. In keinem Falle wird die Größe
des resezierten Stückes erreicht. Bei Thymusfütterung gelten die für
Normaltiere aufgestellten Regeln, wie Einfluß der Art, des Alters, der Ent-
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Physiologie des Stoffwechsels.
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wicklung usw. In hohem Maße ist die Regeneration von dem Kräftezustand
des Gesamtorganismus abhängig. Auffallend ist die antagonistische Wirkung,
welche die Thymusfütterung auf Tbyreoideakaulquappen auszuüben vermag.
Nach Versuchen von Neuschloß (127) bewirkt das Eisen am nicht
anämischen (normalen) Tier eine mäßige Neubildung roter Blutkörperchen;
diese Wirkuug des Eisens tritt aber nicht in Erscheinung, ja sie äußert sich
sogar in einer hemmenden Wirkung, falls die Tätigkeit der Schilddrüse
ausgeschaltet ist. Bei anämischen Tieren entfaltet aber das Eisen seine
volle Wirkuug. Die Regeneration des Blutes nach Entfernung der Schild¬
drüse geht genau in dem Maße vonstatten wie am normalen Tier. Man
muß daraus schließen, daß die Wirkung des Eisens auf die Blutbildung
am anämischen Tier ganz und gar ohne Beteiligung der Schilddrüse zustande
kommt. Das Eisen scheint am nichtanämischen Tier zu den Organen der
Blutbildung in keine direkte Beziehung zu treten, sondern durch seine
Wirkuug auf die Schilddrüse eine geriuge Zunahme der Blutkörperchen zu
bewirken. Durch die Anämie aber scheinen die Stätten der Blutbildung
erst für Eisen sensibilisiert zu werden. Was das Arsen betrifft, so zeigte
das normale Tier auf subkutane Injektion von Arsen eine mäßige Steigerung
der Blutbildung, am schilddrüsenlosen Tier war von dieser Wirkung nichts
zu sehen. Beim auämischen Tier wird die Blutregeneration durch Arsen
wesentlich beschleunigt, an scbilddrüsenlosen Tiereu bleibt aber das Arsen
(im Gegensatz zum Eisen) ohne jede Wirkuug. Die Wirkung des Arsens
auf die Blutbildung ist demnach vollkommen identisch mit jener des Höhen¬
klimas (s. Mansfeld S. 76).
Nach Untersuchungen von Mackenzie (102) enthalten weder frischer
Schilddrüsenextrakt noch Adrenalin, noch Phlorhizin irgendwelche Sub¬
stanzen, welche eine konstante Wirkung auf das Verhältnis der Blutglykolyse
außeihalb des Körpers ausüben. Spuren eines Antiferments wurden nicht
gefunden.
Edberg (48) hatte Gelegenheit, zwei Familien von demselben Exo¬
stosengeschlecht zu untersuchen. Er richtete seine Aufmerksamkeit bei seiner
Untersuchung in ebenso hohem Maße auf die exostosenfreien Mitglieder wie
auf die Exostosen träger. Es stellte sich heraus, daß iu beiden Familien
eine Anhäufung von thyreoidalen Veränderungen zu linden waren.
Nach Exstirpation der Glandulae parathyrcoideae, welche Wilson,
Stearns und Thurlow (168) ausführten, kann sich ein Zustand vou Alkalose
des Blutes entwickeln, welcher durch Säureprodukte neutralisiert wird, die
sich durch Muskeltätigkeit steigend bis zur Tetanie bilden. Es kann somit
nach Perioden akuter Tetanie ein Zustand von Azidose des Blutes entstehen.
Periodische Veränderungen in dem Säure- und Basegleichgewicht schienen
die periodischen Tetanieattacken zu begleiten. Der Azidosezustand oder die
Injektion von Säure scheint mit einer Besserung der Tetanie verknüpft zu
sein. Kalziumsalze wirken in der gleichen Richtung wie die Injektion von
Säuren.
Wilson, Stearns und Janney (167) stellten nach Parathyreoidektomie
bei Hunden eine plötzlich eintretende Verminderung in der Absonderung
von Säuren und Stickstoffen und eine Abnahme in dem Stickstoffverhältnis
und in der Massenstoffionenkonzentration des Urins fest. Mit der Ent¬
wicklung der Tetanie nimmt die Absonderung der Säuren und Stickstoffe
zu. Diese Verhältnisse deuten darauf hin, daß ein Zustand von „Alkalosis“
nach Parathyreoidektomie entsteht, welcher aber durch die sich entwickelnde
Tetanie neutralisiert wird. Nach akuter oder chronischer Tetanie kann ein
Zustand von „Acidosis“ auftreten.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 .
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82
Physiologie des Stoffwechsels.
Thymus.
v. Hippel (79) hat eine großfe Anzahl von Patienten mit Augeu-
erkrankangen (Glaukom, Sehnervenleiden nsw.) serologisch nach der Abder-
haldenschen Methode untersucht. Unter 65 untersuchten Fällen ergab sich
positive Reaktion mit Schilddrüse oder Thymus zugleich mit entsprechendem
positiven klinischen Befunde 33mal, positiver serolologischer Befund ohne
entsprechenden klinischen Befund 9 mal und 23 mal negativer serologischer
Befund. Von letzteren stimmten mit negativem Allgemeinbefund überein 13 Fälle,
nicht überein 19 Fälle. Der Autor schließt daraus: Ein pathologischer
klinischer Befund kann Vorkommen, ohne daß eine positive Reaktion mit
dem betreffenden Organ vorhanden zu sein braucht. Ebenso kanu bei
negativem klinischen Befund eine positive Serumreaktion beobachtet werden.
Bedeutungsvoll ist aber, daß durch die Anwendung des Abderhalden sehen
Dialysierverfahrens in gewissen Gruppen von Augenkrankheiten ein hierbei
bisher völlig unbekannter krankhafter Allgemeinbefund erst entdeckt und in
einer geradezu erstaunlichen Häufigkeit festgestellt wurde, und daß ferner
in diesen Gruppen von Fällen eine überraschende Übereinstimmung des
serologischen und klinischen Befundes nachgewiesen werden konnte.
Flesch (56) exstirpierte bei jungen Ratten die Thymusdrüse und unter¬
suchte nach einigen "Wochen die Veränderungen in dem Thymus und in
der Milz. Es ergab sich folgendes: 1. Thymektomierte junge Ratten gehen
innerhalb von ca. 5—7 Wochen an thymopriven Ausfallserscheinungen zu-
gruude. 2. Kloses zeitliche Einteilung des thymopriven körperlichen
Verfalles (Latenzstadium, Stadium adipositatis, Stadium cachecticum) paßt
auch auf die Ratte. 3. Der Thymus kann bei der Ratte nicht vollständige
exstirpiert werden, trotzdem treten meist, falls die zurückgebliebenen Rest©
nicht kompensatorisch eintreten, nach Thymektomie Ausfallserscheinungen
auf. 4. Der zurückgebliebene Thymusrest degeneriert bisweilen, häufig
regeneriert er sich: die Regenerationserscheinungen entsprechen den von
Fulci beschriebenen (D. m. W. 1913 H. 37), scheinen aber nicht so
hochgradig zu sein, wie bei höheren Tieren. In der Milz fanden
sich: 1. Keine charakteristischen Gewichtsveränderungen, dagegen meist
Veränderungen im histologischen Bilde. 2. Hypertrophie der Follikel.
3. Vermehrung der Megakaryozyten. 4. Wucherung des myeloischen Gewebes.
5. Bindegewebswucherung häufig mit terminaler sklerotischer Atrophie der
Follikel. Die Milz kann den Tbymusausfall nicht ersetzen, ihre histologischen
Veränderungen nach Thymusausschaltung erscheinen lediglich als Ausdruck
der Teilnahme an der allgemeinen Reaktion des Körpers nach Thymektomie.
Nebenniere.
Tietze (158) stellt fest, daß in den Nebennieren bisher Katalasen
und Peroxydasen, eine stark wirkende, Stärke und Glykogen spaltende
Diastase, ferner Enzyme vom Typus des Pepsins und Trypsins nachgewiesen
sind. Dagegen sollen glykolytisches Enzym, Lezithase, Lipase, Invertase
und Urease fehlen. Es sei demnach bisher gelungen, die allgemeinen Zell¬
enzyme mit Sicherheit festzustellen, während kein Anhaltspunkt gewonnen
wurde, daß spezielle Organenzyme, die mit den Funktionen der Nebennieren
Zusammenhängen und auf den Zuckerabbau, auf Fett- und Harnstoffspaltung
Einfluß besitzen, in dem Organ selbst lokalisiert sind.
Die von Morita (121) angestellten Versuche beschäftigen sich 1. mit
der zuckertreibenden Wirkung von adrenalinartigen, sympathomimetischen und
auch anderen Körpern, wie ß-Tetrahydronaphthylamin auf die isolierte von
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Physiologie des Stoffwechsels.
83
der Abdominalvene aus durchspiilte Froschlober und 2. mit der Wirkung
der gleichen Substanzen auf das Verhalten der Blutzuckerkonzentration und
die Ausscheidung von Zucker im Harne bei Kaninchen nach subkutaner
Darreichung. Im Hinblick auf die Publikation von Miculicich (Arch. f.
exper. Pathol. u. Pharmokol., Bd. 69), der fand, daß voraasgeschickte sub¬
kutane oder intravenöse Injektion von Ergotoxin das Zustandekommen der
Adrenalinglykosurie bei Kaninchen zu verhindern vermag, wurde in beiden
Kategorien von Versuchen auch die Wirksamkeit der geprüften Substanzen
bei Kombination mit Ergotoxin untersucht. Die Resultate sind in einer
Tabelle zusammengestellt. Als wirksamste Substanz ergab sich Äthylamio-
azetobrenzkatechin, als am wenigsten wirksamste P-Oxyphenylamin. Wir¬
kungslos war Piperidoazetobrenzkatechin. Der Autor bestätigt, daß die von
Miculicich beschriebene Hemmung der Adrenalinbyperglykämie und Glyko-
surie anch für die sympathomimetischen, adrenalinähnlichen Amine zu Recht
besteht.
Wenn man gesunden, nicht anästhesierten Hunden physiologische Dosen
von Adrenalin intravenös injiziert, so verursacht diese Injektion, falls der
Vagustonus vorher gut war, konstant eine Abnahme des Herzschlages. Die
Wirkung des Adrenalins ist nach Ansicht von Meek und Eyster (117)
zweifellos eine zwiefache, einmal beschleunigt es die Herzaktion durch direkten
Reiz und zweitens hemmt es die Aktion reflektorisch durch den Vagus. In den
Experimenten, welche die Autoren ausführten, war das Resultat dieses ba-
lanzierenden Mechanismus immer eine Abnahme des Pulses. Deshalb meinen
die Autoren, könne eine Adrenalinsekretion kaum eine Rolle spielen bei der
Herzbeschleunigung, welche unmittelbar auf mäßige Arbeitstätigkeit eintritt.
Bei hochgradiger körperlicher Anstrengung indessen kann die herzbeschleu¬
nigende Wirkung des Adrenalins eine große Rolle spielen, denn hierbei besteht
eine große Abnahme des Vagnstonus. Das Adrenalin übt also auch hier
seine große Wirkung aus, wie regelmäßig, wenn der Organismus sich in
großer Not befindet.
Die glykosurische Wirkung des Adrenalins erwies sich nach Versuchen
von Mansfeld undPurjesz (105) nicht nur an verschiedenen Tieren, sondern
auch an ein und demselben Tier als völlig inkonstant, so daß aus der Größe
der Zuckerausscbeidung auf eine Hemmung oder Förderung der Adrenalin¬
wirkung zu schließen unzuläßlich erscheint. In fast allen Versuchen war
der Adrenalindiabetes ein und desselben Tieres an jenem Tage schwächer,
an welchem das Tier mit einem Antipyretikum vorbehandelt wurde; es konnte
also die Angabe Starkensteins (Ztschr. f. experim. Pathol., Bd. 10, p. 78)
über die Abschwächuug des Adrenalindiabetes durch Antipyretika bestätigt
werden. Daß aber die Antipyretika doch nicht dem Adrenalin antagonistisch
wirken, wie es von Starkenstoin angenommen wurde, zeigten Versuche, in
welchen die Adrenalinhyperglykämie an normalen und mit Antipyrin vor¬
behandelten Tieren fast identische Werte erreichte. Die Annahme einer
peripheren Lähmung des Sympathikus durch Antipyretika entbehrt demnach
der experimentellen Stütze.
Nach dem Vorbilde der v. Pirquet sehen Hautprobe stellte Josef»
SOU (89) eine ähnliche mit Adrenalin und Pituitrin an. Die Ränder
der kleinen Hautwunde zeigten zunächst eine bedeutende Blässe (Folgo
der Vasokonstriktion). Darauf ging die Blässe bald in eine lebhafte
Rötung über, wobei die Haut, welche während der ersten Phase der Reaktion
eingesunken und gerunzelt war, sich erhöhte, so daß zuletzt die Impfstelle
angeschwollen und gerötet hervortrat. Die Reaktion trat bei Anwendung
selbst schwacher Lösungen V200000—V300000 au ^ ^ as Cholin kann das
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84
Physiologie des Stoffwechsels.
gemeinsame vasokonstringierende Substrat der beiden Mittel Dicht seiu, da
die Reaktion bei Anwendung von Cholin ausblieb. Bei bloßer Bestreichung
der Haut mit Adrenalin oder Pituitrin trat die Reaktion nicht ein, ebenso
blieb die Reaktion mit Serum aus, dagegen trat sie ein, wenn dem Serum
Adrenalin zugeraischt war. Bei verschiedenen Kranken variierte die Empfind¬
lichkeit der Haut sehr.
Nach Versuchen von Fischei (54) vermag Kokain bereits in außer¬
ordentlich kleinen Dosen (millionstel Grammen) intravenös beim Säugetier
(Kauinchen) injiziert, die Erregbarkeit für Adrenalin während kontinuierlicher
Durchströmung des Gefäßsystems mit letzterem zu erhöhen. Am Laeven-
Trendelenburgschen Präparate läßt sich die kontraktionssteigernde Wir¬
kung des Kokains für Adrenalin ebenfalls nachweisen. Ein Kokain-Adrena-
lin-Gemisch, also die gleichzeitige Applikation beider Substanzen, entfaltet
die stärksten Wirkungen, während Kokain vor Adrenalin appliziert einen viel
geringeren gefäßverengernden Einfluß ausübt, Kokain in der abklingenden
Phase keine Wirkung mehr erkennen läßt. Der Steigerung der Adrenalin¬
wirkung durch Kokain folgt häufig eine Erregbarkeitsabnahme für Adrenalin.
Wie weit diese Resultate für die menschliche Therapie (Anästhesie und Kreis¬
laufstörungen) nutzbar gemacht werden können, müssen klinische Studien
lehren. Hypophysenpräparate (Pituglandol, Pituitrin) üben in kleinen Dosen
bei Riugereinwirkung eine vasokonstriktorisch reversible Wirkung auf die
tonuslosen Eroschgefäße aus.
Donath (45) fand in Übereinstimmung mit- Gradinescu bei ihrer
Nebeuuiere beraubten Katzen in allen Fällen eine sehr beträchliche Ver¬
mehrung des Trockenrückstandes des Blutes, entsprechend einer Eindickung
desselben. Bei dem umgekehrten Versuche, d. h. einer Überladung des
Blutes mit d-Suprareuin zeigte sich in manchen Fällen eiue zunehmende
Verdünnung, in anderen Fällen wieder eine Eindickung des Blutes.
Wurde in den ersteren Fällen der Ductus thoracicus au seiner Ein¬
mündungsstelle in die Vena jugularis unterbunden, so zeigte sich zwei¬
mal unter drei Versuchen eine mäßige Eindickung des Blutes. In einer
zweiten Versuchsreihe wurden uuter soust gleichen Versuchsbedingungeu im
Anschluß an die Unterbindung des Ductus thoracicus große Dosen von d-
Suprareniu injiziert. Bei diesen Versuchsbedingungen blieb die Verminde¬
rung der Blutkonzenlration aus. Es ist nach Ansicht des Autors wahr¬
scheinlich, daß die nach Abbindung des Ductus thoracicus beobachtete Blut-
eiudickung dadurch zustande kommt, daß zwar wie gewöhnlich Plasmaflüssig¬
keit aus den Blutkapillaren unter dem Einfluß des normalen arteriellen
Druckes in die umgebenden Lymphräume austritt, dieser Flüssigkeitsverlust
des Blutes aber nun keine Deckuug mehr aus dem Zufluß des Ductus thora¬
cicus findet, dagegou kann bei Überladung mit Suprareuin und gleichzeitig
abgebenden Ductus thoracicus ein Plasmaaustritt infolge der Abdichtung
der Gefäßwäude nicht stattfindeD, und aus diesem Grunde ändert sich die
Blutkonzentration nicht. Tatsächlich gelingt es auch, unter Umstäuden im
Experiment einen Austritt von künstlich in die Blutbahn eingebrachter Flüssig¬
keit durch gleichzeitige Überladung mit d-Suprarenin zu verhindern. Als
Ursache der erwähnten Eindickung des Blutes nach Injektion von großen
Dosen von d-Suprarenin, die sich in einzelnen Fällen zeigte, nimmt der
Autor eine gesteigerte Aupressung von Plasma in die Gewebe infolge
des hohen Blutdruckes Doch vor oder trotz der Abdichtung der Gefäße
an. Somit, meint der Autor, würden für die Änderung der Blutkon¬
zentration nach Nebennierenexstirpation bzw. nach abnormer Anreiche¬
rung des Blutes mit wirksamer Nebenuierensubstanz zwei Faktoren maß-
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gebend sein; einerseits die Änderungen des Blutdruckes und andererseits
die wahrscheinlich durch den Tonuszustand ihrer kontraktilen Substanz be¬
dingte Permeabilität der Blutgefäße und Kapillaren. Ausfall der Neben¬
nieren erhöht letztere, ein dauernder Überschuß an wirksamer Nebennieren¬
substanz setzt sie herab. Im ersten Fall kann daher auch bei normalem
oder erniedrigtem Blutdruck Flüssigkeit aus dem Blut in die Gewebe über¬
treten (Bluteindickung), im letzteren Falle wird der Übertritt von Flüssigkeit
aus dem Blut in die Gewebe., erschwert (Blutverdüunung); akute Blutdruck-
8teigerung bewirkt sofortigen Übertritt von Blutflüssigkeit in die Gewebe (Ein¬
dickung), sofern nicht schon die vorerwähnte Abdichtung eingetreten ist.
Durch thermoelektrische Messungen fanden Cloetta und W&ser (33),
daß eine intravenöse Injektion von 0,2 mg Suprarenin bei Kaninchen schon
nach etwa 10 Sekunden ein Ansteigen der Temperatur im Vorderhirn und
einige Sekunden später ein ebensolches Ansteigen im Bereich der Tem¬
peraturzentren verursacht. Das Maximum der Steigerung beträgt etwa 0,6°,
es wird schon in 4 Minuten erreicht. Darauf beginnt die Kurve wieder zu
fallen, so daß sie eine Bogenform erhält. Durch eine Wiederholung der
Injektion kana dieselbe Erscheinung wieder hervorgerufen werden. Während
des Anstieges sinkt jeweils die Hauttemperatur. Durch andauerndes Ein-
fließenlassen der Lösuug kann die Temperaturerhöhung auf dem Maximum
erhalten werden. Die intrazerebrale Injektion Vis macht ebenfalls
Steigerung, aber ohne nachherigen Abfall. Die Eutfernung des Vorderhirns
hat einen abschwächenden Einfluß auf die Steigerung im Bereich der Tem¬
peraturzentren durch das Suprarenin. Die vorausgehende Injektion von
Ergotoxin hebt die temperatursteigernde Wirkung des Supraronins im Gehirn
nicht auf. Merkwürdigerweise verstärkt Ergotoxin auch bedeutend die fieber¬
erzeugende Wirkung des ß-Tetrahydronaphtylamins.
Brown und Pearce (27) konstatierten, daß toxische Dosen irgend
beliebiger Arsenpräparate bestimmte pathologische Veränderungen an den
Nebennieren von Meerschweinchen erzeugen. Diese Veränderungen bestehen
in Kongestion, Hämorrhagie, Störungen im Lipoidgehalt, in Zelldegene¬
rationen und Zellnekrosen und in Verringerung des Chromaffingehaltes.
Die Art und Stärke der pathologischen Veränderungen, welche durch das
Arsen erzeugt wird, ist abhängig von der chemischen Konstitution des
Präparates. Nebennierenschädigungen bilden daher einen wichtigen Bestand¬
teil der Arsenintoxikation, wohingegen therapeutische As-Dosen eine Reizung
der Nebennieren erzeugen können.
Die chemischen Üntersuchungen von Borberg (23) über Nebennieren
führten zu folgenden Resultaten : 1. Die Nebennierenrinde enthält Cholesterin¬
fettsäureester Phosphatideu und freie Fettsäuren, dahingegen keine Fett¬
säuretriglyzeriden. Die Fettsäuren gehören zum Teil zu den höheren un¬
gesättigten. 2. Die Zona glomerulosa enthält Phosphatiden, Zona fasciculata,
die die Hauptzone der Nebennieren bilden, das Cholesterinfett, Zona reti¬
cularis die Fettsäuren und das daraus ableitbare Pigment. 3. Bei patho¬
logischen Veränderungen der Nebennieren ist die zonulare Läsion das
Typische, die äußere Zone, speziell die cholesterinfettreiche Fasciculata ist
zuerst angegriffen. Später verschieben die Veränderungen (der Lipoiden,
des Kernes und des Protoplasmas) sich nach innen. 4. Es gibt zwei Typen
von pathologischen Veränderungen, a) Die Vermehrung der Menge des
Cholesterinfetts bei der Gravidität und bei chronischen Nierenleiden, b) Ab¬
nahme des Cholesterinfetts in der Fasciculata und Zunahme der Fettsäure¬
menge bei gleichzeitiger Infiltration des Organs mit den Phosphatiden des
Blutes bei den meisten Intoxikationen und Infektionen. In der kranken
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Nebenniere finden sich also dieselben Arten von Lipoiden wie in der
„physiologisch fett degenerierten“ gesunden; die Veränderungen beziehen
sich auf Quantität und Lokalisation. 5. Das von der Nebenniere entfernte
Cholesterinfett wird, wie man annehmen kanu, der Leber zugeführt, die bei
dem genannten Leiden fettinfiltriert befunden wurde, und eventuell den
anderen Organen. 6. Die vorliegenden chemischen und histologischen Befunde
in Verbindung mit theoretischen Erwägungen machen es wahrscheinlich, daß
es sich bei der Fettdegeneration um einen antitoxiscben Prozeß handelt,
daß der Organismus neben seinen anderen Verteidigungsmitteln auch über
eine Lipoiden wehr verfügt. Die Fähigkeit des Fettes, von gelöster in
granuläre Form überzugehen, ist das entscheidende Moment. Die leicht
mobilisierbaren Lipoiden der stark vaskularisierten parenchymatösen Organe
stehen hier in erster .Reihe. Das eigentliche Fett (der Subkutis usw.) ist
wegen seines chemischen .Indifferentismus bei der pathologischen Fett¬
infiltration als ein Surrogat der echten Lipoiden aufzufassen.
Corbett (39) glaubt, daß der Zustand, den man als Schock bezeichnet,
vornehmlich seine Ursache in einer Erschöpfung des Blutes an Nebennieren¬
extrakt hat und durch Oligämie verursacht wird. Anästhesie, Schmerz,
Angst, Trauma sind auslösende Faktoren dabei.
ßenltalorgane.
Nach Exstirpation der Schilddrüsenepithelkörperchen, die Meyer (119)
an Hündinnen ausführte, gingen diese Tiere alle an Tetanie zugrunde, gleich¬
gültig, ob sie vorher oder nachher kastriert worden waren. Die Versuche beweisen
in Übereinstimmung mit denjenigen von Purpura, Massaglia, Cleret
und Gley, daß ein Antagonismus zwischen Epithelkörperchen und Ovarien,
wie ihn Silvestri annimmt, nicht besteht.
Hermann (77) gelang es, eine wirksame Substanz aus Corpus luteum
und Plazenta herzpstellen. Der Träger der Wirksamkeit ist ein gelbes,
leicht schillerndes Ol, daß durch Kühlung fest wird, sonst aber dickflüssig
bleibt. Es gibt ausgesprochene Cholesterinreaktion. Es bräunt sich an
der Luft offenbar durch Aufnahme von Sauerstoff. Es ist aus den drei
Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff zusammengesetzt. Der
Körper ist ein Cholestearinderivat, ist in Alkohol, Äther, Petroläther,
Azeton uud Benzol löslich, in Wasser unlöslich. Es ergab sich ferner,
daß die Plazenta dieselbe wirksame Substanz wie das Corpus luteum mit
allen ihren physiologischen Eigenschaften enthält. Nur enthält eine Plazenta
quantitativ mehr wirksamen Reizstoff als ein Corpus luteum. Diese aus
Corpus luteum und Plazenta exstrahierte Substanz hat einen mächtigen
Wachstums- und entwicklungsfördernden Einfluß auf das gesamte Genitale.
Siebeeiuflußtdie AusgestaltungspezifischerGeschlecht8cbaraktere in förderndem
Sinne, sie sorgt für die anatomische Integrität des Genitalapparates und
der Brustdrüsen, sie bewirkt die für die Brunst resp. für die Anfangsstadien
der Gravidität charakteristischen Genitalveränderungen.
Shinkishi Hatai (73) hat weißen Ratten die Genitalorgane einseitig
und doppelseitig entfernt und danach das Wachstum und das Gewicht des
Körpers der Tiere einer genauen Kontrolle unterworfen. Der speziellen
Kontrolle unterlagen die Körperlänge und das Körpergewicht, die Schwanzlänge,
die Geschlechtsdrüsen, die Thyreoidea, die Nebendrüsen, Thymus, Hypophysis,
verschiedene Knochen und das Zentralnervensystem. Die Resultate werden
in Tabellen anfgeführt. Speziell ist anzufiihren, daß das Körpergewicht
eine Zunahme zeigte, ebenso waren die .Knochen vergrößert. Auffällig
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war die Vergrößerung des Thymus, ebenso war auch die Hypophysis
bes. bei den männlichen Kastrierten vergrößert. Die Nebenniere war bei
den kastrierten vergrößert, bei den weiblichen Batten im Gegensatz verkleinert.
Männliche und weibliche Tiere zeigten bezüglich der sekundären Geschlechts-
Charaktere nur geringe Unterschiede.
Wärmeregulation.
Mittels einer besonderen Methode gelang es Hashimoto (71), mit
Umgehung der Blutbahn intrazerebral beliebig kleine Serummengen in der
Gegend des Wärmestichzentrums bei Kaninchen und Meerschweinchen ein¬
wirken zu lassen. Während bei normalen Tieren die intrazerebrale Ein¬
spritzung geringer Mengen (0,2 ccm) Pferdeserums oder 0,9°/ o iger Kochsalz¬
lösung ohne Einfluß auf die Körpertemperatur ist, bewirkt bei durch
0,2 ccm Pferdeserum sensibilisierten Kaninchen 0,2 ccm Pferdeserum einen
Temperatursturz (bis zu 3 u C), der im Anschluß an die intrazerebrale
Injektion eintritt. Zwischen der Stärke und Dauer des Temperaturabfalles
und der Menge des Serums besteht ein Parallelismus, ebenso zwischen der
Sensibilierungsperiode und der Intensität der Reaktion. Eine intrazerebral gut
wirksame Pferdeserummenge (0,02—0,2 ccm) bleibt, intravenös injiziert, ohne
Einfluß auf die Körpertemperatur; erst größere Gaben 2—3 ccm führen
dieselbe Wirkung herbei, wie die durch intrazerebale Injektion bewirkte.
Die Temperaturänderungen, welche sowohl nach intrazerebraler als auch
nach intravenöser Applikation des Pferdeserums bei sensibilisierten Tieren
«rzeugt werden, können durch den sog. Zwischenhirnstich von Citron und
Leschke völlig unterdrückt werden. Die intrazerebral erzeugten Temperatur-
Yeränderungen treten nur dann auf, wenn das zugehörige Antigeu bei den
sensibilisierten Tieren injiziert wird. Bei immunisierten Tieren bleibt die
Temperaturveränderung nach direkter Zufuhr des betreffenden Antigens in
die Wärmestichgegend völlig aus. Ebenso werden sensibilisierte Tiere, die
wiederholt Pferdeserum intrazerebral erhalten haben, völlig refraktär in bezug
auf die Temperaturreaktion. Aus allen diesen Tatsachen schließt der Autor,
daß das Wärmezentrum bezw. die dasselbe darstellenden Ganglienzellen,
durch die Vorbehandlung mit artfremdem Eiweiß streng spezifisch sensibilisiert
worden sind; die nach intrazerebraler Zufuhr des zugehörigen Antigens
erzeugten Temperaturänderungen sind auf die spezifische Uberempfindlichkeit
des Temperatursystems zurückzuführen und wesensgleich dem anaphylaktischen
Temperatursturz und anaphylaktischen Eieber, die durch intravenöse Antigen¬
injektion hervorgerufen werden. Diese beiden anaphylaktischen Temperatur¬
reaktionen sind in der Hauptsache auf Erregbarkeitssteigerung mit erhöhter
Erschöpfbarkeit der Wärmezentra zurückzuführen; dagegen scheint bei intra¬
venös erzeugtem Temperatursturz in geringem Maße auch die Herabsetzung
der Wärmeproduktion mitbeteiligt.
In Übereinstimmung mit den Barbourschen Angaben wurde von
Hashimoto (72) festgestellt, daß Wärme, appliziert auf das subthalamische
Temperatur Zentrum, ein zentral wirkendes Antipyretikum ist, während Kälte
ein „Kältefieber“ erzeugt. Die Temperaturwirkung der Kälte und Wärme
bleibt bei denjenigen Kaninchen gänzlich aus, bei denen die Wärmezentren
zerstört sind; bei diesen Tieren vermag auch das Tetrahydro-ß-Naphthylamin
kein Fieber mehr zu erzeugen, und auch die Wärmeregulation ist völlig aus¬
geschaltet. Im Hungerzustand tritt das sog. Kältefieber ähnlich wie die
Gehirnstichbyperthermie gar nicht oder nur spurweise ein, während die
Wärme bei demselben Kaninchen einen gleichen Effekt wie am normal
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genährten Tier erzeugt. Die Kältewirkung nimmt immer mehr ab, je hoher
die Körpertemperatur eingestellt ist; die Kälte kann das Fieber in den
meisten Fällen nicht über 42° C treiben und, wenn die Abkühlung der
Wärmezentren darüber hinaus fortgesetzt wird, neigt sogar die schon hohe
Körpertemperatur zur allmählichen Senkung. Die Temperaturwirkung durch
die Wärme verhält sich gerade umgekehrt, so daß sie um so intensiver ist,
je höher die Körpertemperatur steht. Wenn aber die Körpertemperatur
unter der Norm liegt, ist die Wirkung der Kälte und Wärme weniger
deutlich als bei normaler oder Fiebertemperatur. Beim Meerschweinchen
sind die Verhältnisse die gleichen. Die Temperaturänderung wird durch
einen zweiten, auf der anderen Seite gemachten Einstich in das Wärme-
zentrum verstärkt. Es ist außerdem bemerkenswert, daß, wenn auf eine
Seite Kälte, auf die andere Wärme einwirkt, die Körpertemperatur immer
im Sinne der thermischen Reizung des linkeu Wärmezentrums verändert
wird. Dabei zeigen beide Ohren ein ganz umgekehrtes Verhalten, indem
ein Ohr sehr heiß und das audere Ohr kalt bis eiskalt ist, während bei
einseitiger Durchleitung des Wassers stets beide Ohren die gleiche Reaktion
aufweisen. Der Autor ist der Ansicht, daß die Wärmezeutren auf beiden
Seiten des Corpus striatum existieren, und daß das linke Wärmezentrum das
Übergewicht über das rechte gewinnen kann, also vermutlich stärker ent¬
wickelt ist, ebenso wie das Sprachzentrum beim Menschen. Auf das Fieber,
welches durch die Sympathikusgifte, Tetrahydro-ß-Naphthylamin, Adrenalin,
Ephedrin verursacht wird, hat die Abkühlung und Erwärmung der Wärme¬
zentren keinen Einfluß; dasselbe gilt für Kokain in größeren Dosen. Bei
den genannten „Fiebern“ handelt es sich mithin um eine direkte chemische
Reizung der Wärmezentren unter sekundärer automatischer Hemmung der
Kühlzentren. Beeinflußt werden dagegen durch Kälte- wie Wärmeapplikation
auf das Wärmezentrum Fieber, die durch Typhusbazillen, Kochsalzlösung,
Anaphylaxie bedingt sind; letztere sind daher der Ausdruck einer gesteigerten
Erregbarkeit der Wärmezentreu. Die Antipyrinwirkuug und die des Natr.
salicylicum wird durch Wärmeapplikation auf das Wärmezentrum bedeutend
verstärkt und durch Kälteeinwirkung in einer halben Stunde total wieder
ausgeglichen. Diese beiden Antipyretika schwächen danach primär die Erreg¬
barkeit der Wärmezentren unter sekundärer Tonuserhöhung in den Kühl¬
zentren. Bei Chininwirkung erweist sich die Wärmeapplikation als wirksam,
die Kälteanwendung aber als völlig unwirksam, woraus zu folgern ist, dafii
die fieberwidrige Chininwirkung nicht so sehr durch Beeinflussung der Wärme¬
zentreu als durch andere Momente — unmittelbare antifermentative StofF-
wechselhemmung — zustande kommt. Durch Morphium in kleinen Dosen
wird die Tomperaturwirkung der Kälte und Wärme auf das Wärmezentrum
stark abgeschwächt, in großeu Dosen völlig aufgehoben. Die durch ver¬
schiedene Krampf- und Bulbärgifte (Pikrotoxin, santoninsaures Natrium,
Veratrin und Digitalin) herabgesetzte Körpertemperatur zeigt nach Erwärmen
der Gehirnzentren einen weiteren deutlich erkennbaren Abfall, bei der Ab¬
kühlung aber kein Ansteigen. Daraus ist zu schließen, daß die genannten
Gifte nicht direkt die Wärmezentren betäuben, sondern indirekt hemmen,
indem sie die antagonistischen-parasympathischeu Kühlzentren primär und
unmittelbar erregen. Kampferwirkung verhält sich wie Antipyrinwirkung.
Durch die intrazerebrale Injektion des Monomethylderivats des ali-
zyklichen Tetrabydro-ß-Naphthyamins in das Gebiet der Seitenventrikel
läßt sich nach Versuchen von Cloetta und Waser (34) fast der gleiche
Fieberanstieg erzeugen, wie bei der intravenösen Injektion derselben Sub¬
stanzen. Die dazu nötige Menge ist aber bei der intrazerebralen Injektion
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um ein Mehrfaches kleiner als bei der intravenösen Injektion. Die Temperatur-
messungen erfolgten mittels feiner Thermoelemente, welche noch Differenzen
von Vioo 0 zu erkennen gestatten. Nach der intrazerebraleu Injektion
beginnt die Temperatursteigerung zuerst im Ventrikel, dann folgt das
Vorderhirn und zuletzt der Darm. Es besteht kein Unterschied, ob die
intrazerebrale Injektion rechts oder links gemacht wird. Wird nur auf
einer Seite eingespritzt, so steigt die Temperatur in beiden Ventrikeln zu
gleicher Zeit und gleich stark; desgleichen auch bei der intravenösen
Injektion. Im Gegensatz zu den Resultaten bei Injektion spezifischer Fieber¬
gifte ruft die Ausführung des Temperaturstiches weder momentan noch in
den folgenden Minuten eine Temperatursteigerung weder im Ventrikel, noch
im Darm hervor. Auch wenn Stichkanal und Thermoelement sich am
selben Puukt im Ventrikel troffeu, so verursacht trotzdem der Stich gar
keine Änderung der Temperatur des Ventrikels. In Anbetracht der Feinheit
der Apparatur wäre es sicher gelungen, selbst eine Änderung von der Dauer
einer Sekunde schon zu registrieren. Erst 15—46 Minuten nach dem Stich
beginnt die Temperatur im Gehirn zu steigen, während der Darm erst einige
Minuten später langsamer nachfolgt. Wird der Stich auf einer Seite ausgeführt,
während die Thermoelemente in beiden Ventrikeln andauernd kontrolliert
werden, so ergibt sich, daß rechter und linker Ventrikel zeitlich, qualitativ
und quantitativ ganz gleich reagieren. Es setzt dies voraus, daß im Moment,
wo die Temperatur nach dem einseitigen Stich zu steigen beginnt, auch eine
die beiden Ventrikel gleichzeitig und gleichartig beeinflussende Veränderung
entstanden sein muß.
In ihreD weiteren Untersuchungen kommen Cloetta und Waser (35)
zu dem Ergebnis, daß durch Ansetzen kleiner Elektroden an den ent¬
sprechenden Stellen des Schädels sich mit Diathermie die Temperatur in
den Seiten Ventrikeln beliebig erhöhen läßt. Die Steigerung ist proportional
der angewandten Strommenge. Am normalen wie am fiebernden Tier bleibt
eine Erhöhung der Eigentemperatur des Zwischenhirns um etwa 1 0 während
10—14 Minuten ohne Einfluß auf die Darmtemperatur; stärkere Ströme
mit raschem Steigen der Ventrikeltemperatur auf zwei und mehr Grad ver¬
ursachen schon nach 2—3 Minuten ein langsames oder rascheres Steigen
der Darmtemperatur, und zwar sowohl bei normalen, wie bei fiebernden
Tieren. Wird durch Diathermie das Temperaturregulierungszentrum um
etwa 1° konstant erwärmt, so bewirkt der Wärmestich ein fast sofortiges
Steigen der Ventrikeltemperatur, während beim normalen Tier diese Steigerung
sich erst nach 15—45 Minuten eiustellt. Alle diese Beobachtungen sprechen
nach Ansicht der Autoren dafür, daß die Erwärmung der Temperatur¬
regulierungszentren mittels Diathermie keinen Beruhigungs-, sondern eher
einen Erregungszustand schafft. Es ist deshalb zweifelhaft, ob eine passive
Einstellung des Temperaturregulierungszentrums, abhängig von der Blut¬
wärme, als eine regelmäßig funktionierende Sicherheitsvorrichtung existiert.
Verletzungen am medialen Teile des Corpus striatum verursachen, wie
Armbrnster (1) ausführt, mit Erhöhung des Stoffumsatzes Fieber. Man
hat sich diese Erscheinung vielleicht so zu erklären, daß hier gleichzeitig
ein Regulationsapparat für die Herzbewegungen sich findet. Die näheren
Beziehungen zwischen Fieber und Herzbewegungen sind leicht verständlich,
da mit Ausnahme von hyperpyretischen Lähmungen auf ein Grad Temperatur¬
erhöhung acht Pulsschlägc mehr iu der Minute gerechnet werden. Bei
Fieber kommt die Nerventätigkeit nur in selteneren Fällen teilweise, oder
besser gesagt, ausschließlich ätiologisch in Frage. Hoher Wärmeausgleich
z. B. zwischen Körper und umgebenden Medium, der mit Schweiß einber-
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geht, braucht kein Nervensystem. Die Nerven brauchen bei der Schwei߬
sekretion nicht überall tätig zu sein, sondern nur in manchen Fällen wie
beim Angstschweiß. Daß beim Blaßwerden durch Schrecken oder beim
Rotwerden durch Zorn die Vasomotoren ihre volle Tätigkeit einsetzen, ist
klar, aber ebenso dürfte unschwer zu erkennen sein, daß die Natur auch bei
unwillkürlicher Schweißsekretion und bei dem unwillkürlichen Kontraktions¬
vermögen der Gefäße nur für manche Fälle eine direkte Nerventätigkeit
verlangt. Gewisse physiologische Versuche zeigen, daß, wie es sekundäre
Lebensknoten für die Atmung (im Rückenmark) gibt, auch beim Rücken¬
mark Erscheinungen Vorkommen, die darauf hinweisen, daß von hier aus
schon die menschliche Temperatur etwas selbständig reguliert werden kann.
Diese sekundären, wenn auch untergeordneten Zentren im Rückenmark,
welche der Regulierung der Atmung und der Temperatnr dienen, sind
Produkte der erhöhten Selbständigkeit als Bedürfnis für den Kampf ums
Dasein.
Stoffwechsel.
Boruttau (25) gibt ein Referat über Arbeiten vieler Forscher, welche
das Wesen bestimmter Stoffwechselkrankheiten, Beri-Beri, Skorbut, Pellagra-
Skorbut, Barlowsche Krankheit, Rachitis usw. zu ergründen suchten. Er
verweist besonders auf Veröffentlichungen von Eijkman, Vordermann,
Fraser und Stanton über Beri-Beri. Diese Forscher erkannten, daß die
erwähnte Krankheit auf dem Mangel gewisser Nahrungsstoffe beruhe, da sie sie
durch einseitige Fütterung experimentell bei Tieren erzielen und wiederum
durch entsprechende Nahrungszufuhr heilen konnten. Suzuki, Shimamura
undOdake erhielten aus Reiskleieextrakten durch Fällung mit Phosphorwolfram¬
säure einen Stoff, den sie Oryzaniu nannten, der bereits in Zentrigrammen
die experimentelle Polyneuritis der Hühner und Tauben heilt, und Casimir
Funk erhielt im Verlaufe ausgedehnter Isolierungsversuche aus Reiskleie
und aus Hefe mikrokristallinische Präparate, welche die gleiche Eigenschaft
besaßen. Er glaubte, daß es sich um stickstoffhaltige Körper vom Charakter
der Pyrimidinbasen handle, denen er wegen ihrer Lebenswichtigkeit den
Namen „Vitamine“ gab. Er bezeichnet Beri-Beri und andere hierher
gehörige Krankheiten als „Avitaminosen“, weil sie auf dem Fehlen eines
in geringster Menge lebenswichtigen Stoffes beruhen sollen. Boruttau läßt
es unentschieden, ob es sich bei den in Rede stehenden Krankheiten um
eine Insuffizienz von Nährstoffen oder um einen Vergiftungsvorgang durch
schädliche in den Nahrungsmitteln enthaltene Stoffe handelt. Die bisherige
Geschichte der Funktionen der Organe mit innerer Sekretion lehre, daß es
sich sehr wohl um eine Kombination von Vorgängen beiderlei Art handeln
kann. Von diesen Vorgängen leitet nun Boruttau die weitere Besprechung
über auf das Gebiet der Ernährungsphysiologie.
Der Inhalt der beiden Aufsätze von Roth (143—146) deckt sich mit
demjenigen von Boruttau (s. vorher).
Oswald (132) weist auf die Wichtigkeit des Nervensystems bei allen
Stoffwechselkrankheiten evtl, auch bei allen Konstitutionskrankheiten hin.
Myers und Fine (125) fanden das Kreatinin im Muskelgewebe in höherer
Konzentration als in irgendeinem anderen Gewebe. Daraus ist zu folgern,
daß das Muskelgewebe den Sitz der Kreatininbildung darstellt. Im Muskelgewebe
findet sich die Hauptmasse des Kreatinins vom ganzen Körper. Das
Kreatinin des Muskelgewobes hat für jede Tiergattung eine bestimmte Kon¬
zentration; man muß eine solche konstante Konzentration deshalb für jedes
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einzelne Tier annehmen. In analytischen Experimenten zeigen die Verf.,
daß Kreatin sich in bestimmtem Verhältnis in Kreatinin umsetzt. Dieses
Verhältnis würde auch in Rechnung zu stellen sein für die Konstanz des
Kreatinins im Exkret. Da das Muskelkreatin und das Kreatinin im Urin
konstant sind, so müsse ein bestimmtes Verhältnis zwischen beiden bestehen.
Die Umwandlung von Kreatin in Kreatinin müßte danach täglich 2 % be¬
tragen. Ein bestimmtes Verhältnis zeigt sich nach Einnehmen von Kreatinin
beim Fieber usw.
Janney und Blatherwick (87) geben neue Methoden zur Bestimmung
des Kreatin in Muskeln und anderen Körperorgauen und führen in Tabellen
die gefundenen Zahlen an.
Auf Grund von Alveolargasanalysen wird von Mettenleiter (118) der
Versuch gemacht, Zahlenangaben über die Höhe der Kohlensäurespannung
und den Grad der Säurebildung im tätigen menscblichen Muskel zu ge¬
winnen. Unmittelbar nach einmaliger kurz dauernder Arbeit großer Muskel¬
gruppen steigt die Kohlensäurespannung im arteriellen und venösen Blute
mächtig an. Die Steigerung ist im venösen Blute größer als im arteriellen.
Der höchste beobachtete Wert der Kohlenaäurespannuug im Venenblute
betrug nahezu 80 mm. Im arteriellen Blute sinkt einige Minuten nach
Beendigung der Muskelarbeit die Kohlensäurespannung unter die Norm.
Die maximale Senkung wird ca. 10—20 Minuten nach Schluß der Arbeit
erreicht. Dieses Verhalten weist auf ein nach Aufhören der Muskelarbeit
zunächst noch längere Zeit zunehmendes Übertreten von Säure (Fleisch¬
milchsäure) aus dem Muskel in das Blut hin. Die tiefste beobachtete
Senkung der Kohlensäurespannung im arteriellen Blute entspricht der Wir¬
kung von 0,07% Milchsäure im Blut. Trotz der Beschleunigung des Blut¬
stromes bleibt die Differenz der Kohlensäurespannung des arteriellen und
venösen Blutes noch längere Zeit nach Beendigung der Muskelarbeit abnorm
groß, die Kohlensäurespaunung im Venenblut zunächst noch über die Norm
erhöht. Dies spricht dafür, daß die Kohlensäurespannung im Muskel nach
Arbeit uoch längere Zeit erhöht, die Kohlensäureausscheidung noch längere
Zeit vermehrt ist. Bei kohlehydratfreier Ernährung ist die nach Muskel¬
arbeit eintretende Senkung der Kohlensäurespannung des arteriellen Blutes
stärker und länger anhaltend als bei gemischter Kost. Die Kohlensäure¬
spannung des venöson Blutes bleibt länger über dem Ruhewert erhöht.
Dieses Verhalten weist auf vermehrte Säurebildung und verlangsamte Aus¬
scheidung dieser und der Kohlensäure bei Kohlehydratkarenz hin. Nach
langanhaltender schwerer Muskelarbeit (sportliche Leistungen) bleibt die
Kohlensäurespannung im arteriellen Blute mehrere Tage abnorm niedrig.
Es tritt also eine lange bestehende leichte Azidose ein. Durch reichliche
Zucker/ufuhr läßt sich die nach einmaliger mehrere Stunden fortgesetzter
mäßiger Arbeit gewöhnlich beobachtete leichte Azidose hintanhalten.
Laquer (96) möchte die Phosphorsäurebildung bei der Wärme-
starre des Muskels für eine gesicherte Tatsache halten. Sie ist offenbar
stärker, wenn die Wärmestarre auf vorher zerhackte Muskeln einwirkt,
als wenn man die morphologisch intakten Muskeln wärmestarr werden läßt.
Hingegen kann bei direkter faradischer Reizung der Muskulatur bis zur
Erschöpfung keinerlei Phosphorsäurebildung erzielt werden. Die Phosphor¬
säurebildung im wärmestarren Muskel ist ein sehr rasch verlaufender Vor¬
gang, der meist schon nach einer Stunde abgelaufen ist. Am isolierten
tätigen Froschschenkel kommt es trotz starker Milchsäurebildung vielleicht
deswegen nicht zur Phosphorsäurebildung, weil am hier relativ intakten Muskel
die synthetische Funktion der Kohlehydratphosphorsäurebildung noch sehr
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Physiologie des Stoffwechsels.
vollkommen erhalten ist. Es scheint, als ob die Phosphorsäurebildung durch
Wärmestarre um so stärker wird, je schwerer der Muskel geschädigt und je
mehr deswegen der Verlauf der assimilatorischen Funktionen verlangsamt
ist. Zusatz von Natriumbikarbonatlösung zum Muskelbrei steigert den
Umfang der Milchsäurebildung beim Erwärmen auf 45° immer sehr deut¬
lich. Das Milchsäurebildungsmaximum kommt offenbar dadurch zustande,
daß bei einer gewissen Säuberung eine Selbsthemmung der Milchsäure¬
produktion eintritt. Der die Milchsäure steigernde Einfluß von Alkali ist
am ausgesprochensten im Herbst, wo der Glykogen Vorrat der Froschmusku¬
latur am größten ist. Im ganzen seien die Versuche der vorliegenden Arbeit
mit der Vorstellung vereinbar, daß auch im quergestreiften Muskel dea
Frosches der Abbau der Kohlehydrate unter intermediärer Bindung an
Phosphorsäure erfolgt. Streng beweisend seien aber die Versuche nach
dieser Richtung hin nicht.
Shinkishi Hatai (75) fütterte weiße Mäuse mit lipoidfreier Kost. Er
fand, daß bei dieser Kost das normale Wachstum des Tieres sich verringert.
Das Gewicht des Zentralnervensystems zeigt eine Reduktion von 2 %. ln
den Knochen der operjerteu Tiere war ein 5 % höherer Wassergehalt. Die
Hoden zeigten eine Abnahme vou 44 %, die Ovarien 17 %.
Das im Muskelpreßsaft anscheinend unabhängig von seinem Glykogen-
und Traubenzuckergehalt erfolgende Auftreten von Milchsäure bei kurzem
Stehen schien am besten erklärbar durch die Annahme einer besonders ge¬
arteten Milchsäurevorstufe, des Laktazidogens. Aufgabe der Arbeit von
Embden, Griesbach und Schmitz (50) ist es, die Berechtigung der An¬
nahme eines von den gewöhnlichen Kohlehydraten verschiedenen Lakta¬
zidogens zu erweisen und Aufklärung über seine chemische Natur zu gewönnen.
Es ergab sich, daß das Laktäzidogen der quergesteiften Sängetieremuskulatur
eine in seiner Struktur der flexosephosphorsäure ähnliche Substanz ist.
Nach Untersuchungen von Cohn (37) bildet Preßsaft aus den Skelett¬
muskeln des Karpfens im Gegensatz zu Hundemuskelpreßsaft bei kurzem
Stehen höchstens ganz geringe Milchsäure- und Phosphorsäuremengen.
Hexosephosphorsäure wird durch Karpfenmuskelpreßsaft während kurzem
Stehen bei 40° ebenso wie durch den Preßsaft aus quergestreiften Hunde¬
muskeln und aus der glatten Uterusmuskulatur von Kühen in Milchsäure
und Phosphorsäure gespalten. Zerkleinerte Karpfeumuskulatur bildet ebenso
wie die Muskulatur des Frosches reichlich Milchsäure und Phosphorsäure.
Buglia und Maestrini (29) stellten fest, daß bei verschiedenen Tieren,
deren Nervensystem ihnen zur Verfügung stand, die Gesamtphosphormenge
in den Hiutersträngen größer war als diejenige der Vorderstränge.
Es werden von Straub (154) einige Beobachtungen an gesanden Ver¬
suchspersonen über Schwankungen der Empfindlichkeit des Atemzentrums
gegenüber dem physiologischen Reiz mitgeteilt. Die Angaben Lindhards
über Schwankungen der Empfindliclikeit des Atemzentrums mit den Jahres¬
zeiten werden bestätigt. Die Jahresschwankungen sind bei verschiedenen
Versuchspersonen graduell verschieden stark ausgesprochen, bei einer Ver¬
suchsperson nicht deutlich erkennbar. Letztere Beobachtung entspricht
demnach den Angaben von Haldane und seinen Mitarbeitern, welche Jahres-
schwankuugen bei der Mehrzahl ihrer Versuchspersonen vermißten. Bei zwei
Versuchspersonen wurde unter dem Einfluß der Übersiedelung in subalpines
Klima eine sprungweise Änderung der Kohlensäurespannung der Alveolar¬
luft beobachtet, die nicht durch die Änderung des Barometerstandes er¬
klärt werden kann. Bei großer Müdigkeit am Abend und im Halbschlaf
bei nächtlichem Erwachen ist die Kohlensäurespannung im arteriellen Blute
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Physiologie des Stoffwechsels.
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sehr erheblich, im venösen Blute ebenfalls etwas erhöht. Dies weist auf
«ine Erhöhung der Kohlensäurespannung auch in den Geweben hin. Die
aus dieser Beobachtung mit großer Wahrscheinlichkeit zu folgernde Erhöhung
der Wasserstoffionenkonzentration während des Schlafes kann eine Reihe
der körperlichen Begleitsymptome des Schlafes bedingen. Ob andere soma¬
tische und speziell die psychischen Symptome des Schlafes mit dieser Reak¬
tionsänderung im Zusammenhang stehen, muß Gegenstand weiterer For¬
schung sein.
SpinalflQssigkeit.
Weed und Cushing (165) injizierten Hunden und Katzen intravenös
Hypophysenextrakt, punktierten dann den dritten Ventrikel und bestimmten
die Menge der in einem Zeitraum abfließenden Zerebrospinalflüssigkeit.
Unter Berücksichtigung der Ergebnisse an diesen Tieren und an Kontroll-
tiereu kommen sie zu dem Schluß, daß durch den einverleibten Hypophysen¬
extrakt (hinterer Lappen) eine Vermehrung der Zerebrospinalflüssigkeits¬
produktion bewirkt wird, und daß diese Wirkung durch Anregung der sekre¬
torischen Tätigkeit der Plexus chorioidei geschieht.
Nach intramuskulärer Injektion von Sodiumkakodylat und Sodium-
arsenat fand Hall (67) niemals freies Arsen in der Spinalflüssigkeit. Auch
bei intravenöser Injektion von Neosalvarsan war das Resultat das gleiche,
bei intravenöser Injektion von Salvarsan konnte er einige Male Arsen in
der Spinalflüssigkeit nacliweisen; dasselbe positive Resultat erhielt er in
einigen Fällen, in denen er Neosalvarsan oder Salvarsan intraspinal einge¬
spritzt hatte, aber auch bei intraspinaler Injektion gab es Fälle, wo das
Resultat ein negatives war.
Nach weiteren Versuchen von Frazier und Peet (58) übt die intra¬
venöse Injektion von Dijodothyrosine einen hemmenden Einfluß auf die Sekre¬
tion von seiten des Plexus chorioideus aus. Die Sekretionsabnahme tritt
gewöhnlich in der ersten halben Stunde nach der Injektion auf, ist aber
nicht so hervortretend wie diejenige, welche man nach Injektion von salz¬
haltigen Lösungen der frischen Gl. thyreoidea erhält. Intravenös injizierte
Lösungen von Jodothyriue hat nur wenig Einfluß auf die Sekretion, wenn
man geringe Dosen verabfolgt (0,05 mg). Bei Dosen von 0,3 mg oder
0,5 mg tritt ein gewisser hemmender Einfluß auf die Sekretion ein, der
aber nicht so stark ist wie nach Injektion von Dijodothyrosine oder nach
Salzlösungen von frischer Thyreoidea.
Nach Injektionsversuchen mit Drüsenextrakten bei Hunden sind Frazier
und Peet (59) der Ansicht, 1. daß Salzlösungen vom Pankreas, Milz, Niere,
Leber, Ovarien und Hoden die Sekretion vom Plexus chorioideus (Zerebro¬
spinalflüssigkeit) nicht beeinflußen, 2. daß die scheinbare Zunahme der Zere¬
brospinalflüssigkeit nach solcher Injektion auf mechanischen Einflüssen beruht,
3. letzterer Einfluß wird durch das Sinken des arteriellen Blutdruckes be¬
werkstelligt, wodurch der Druck in den Sinus des Schädels zunimmt und
dadurch die präforinierte Hirnflüssigkeit in die Ventrikel und in die große
Zisterne gepreßt wird, 4. Gehirnextrakt verursacht eine Sekretionszunahme,
die unabhängig vom Blutdruck ist, 5. Schilddrüsenextrakt ist die einzige
Drüsensubstanz, welche einen spezifisch hemmenden Einfluß auf die Sekretions¬
wirkung des Plexus chorioideus ausübt, ohne daß dabei eine Mitwirkung des
Blutdruckes geschieht.
Cullen und Ellis (42) untersuchten bei Tabikern Blut und Spinal¬
flüssigkeit auf Urinbestandteile. In 63% war der Unterschied dieser Bestand-
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Physiologie des Stoffwechsels.
teile im Blut und in der Spinalflüssigkeit weniger als 2 mg auf 100 ccm.
Der größte Unterschied 10 mg auf 100 ccm. Die Unterschiede liegen in
den Grenzen der normalen Verhältnisse.
A. Babes und A. A. Babes (7) stellen Untersuchungen über den
refraktometrischen Koeffizienten der Spinalfiüssigkeit an. Sie fanden, daß
dieser Koeffizient bei Gesunden nur zwischen sehr nahen Grenzen schwankt,
daß er bei beiden Geschlechtern gleich ist, und daß er auch bei demselben
Individuum zu verschiedenen Zeiten sich verändert. Er hält sich immer
zwischen 1,33493 und 1,33513. Bei der Meningitis ist der Index wesentlich
höher, bei anderen Infektionskrankheiten (Typhus, Pneumonie usw.) ist er
niedriger, bei Kindern ist er niedriger als beim Erwachsenen; bei der Epi¬
lepsie schwankte der Index zwischen 1,33493 und 1,33509. Je größer der
Index ist, um so größer ist die Menge der Extraktivstoffe der Zerebrospinal¬
flüssigkeit.
Pharmakologisches.
In Vorversuchen hat zunächst Wieland (166) die Angaben Bieletz-
kys bestätigt gefunden und gesehen, daß man Tauben durch Durchströmen
mit Luft (nach Eröffnung der Knochenatmung) sozusagen beliebig lang
apnoisch halten kann; wurden der Durchströmungsluft geringe Mengen Kohlen¬
säure beigemischt, so traten fast sofort Atembewegungen auf. Anstatt nun
den Kohlensäuregebalt der Durchströmung zu verändern, hat der Autor bei
seinen weiteren Versuchen reine Luft durchgeblasen und ihre Geschwindigkeit,
d. h. die in der Zeiteinheit die Lungen passierende Menge verändert; dann
wurde, wenn eben Apnoe bestand, der Kohleusäuregehalt der Ausatmungs¬
luft gemessen, die dem, was man bei Säugetier Alveolenluft nennt, entspricht.
Die angewandte Methode gestattet nach Ausicht des Autors eine sichere
und scharfe Bestimmung der Kohlensäuremenge der Alveolenluft und damit
der entsprechenden Kohlensäurespannung dos Blutes, bei welcher einerseits
eben Apnoe zustande kommt, und andererseits nach dieser wieder die ersten
Atembewegungeu auftreteu. Dieser Schwellenwert der Kohlensäure liegt
bei der unvergifteten Taube unter 2%. Durch Urethan und Chloralhydrat
läßt sich die Erregbarkeit des Atemzentrums vermindern. Durch Campherol
(Kampfer), Coriamyrtin und Lobelin wird es anscheinend direkt erregt, wie
durch Kohlensäure.
Winterstein (170) stellte Versuche mit Infusion von Säuren (Salz¬
säure, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Essigsäure, Milchsäure, Kohlensäure)
und von Natronlauge in das Blut bei Kaninchen an und hat die gleich¬
zeitigen Änderungen der Lungenventilation, der Wasserstoffionenkonzentra-
tion [H'l und der C0 2 -Tension des Blutes gemessen. Es ergab sich, daß
die bei Säureinfusion zu beobachtende Steigerung und die bei Laugeuinfusion
auftretende Verminderung der Lungenventilation stets mit einer gleichsinnigen
Änderung der [ET] des Blutes einhergeht, während die C0 2 -Tension sich
ungleichmäßig verhält und bei Säureinfusion meist eine Änderung in ent¬
gegengesetzter Richtung erfährt. Dies ist nach Ansicht des Autors ein
neuer Beweis für die Richtigkeit der Reaktionstheorie, nach der die Kohlen¬
säure keine „spezifisch“ erregende Wirkung auf die Atmung ausübt, sondern
die [ET] des Blutes den chemischen Regulator der Atmuug darstellt, welch
letztere mithin auch umgekehrt die Aufgabe hat, die Reaktion des Blutes
konstant zu erhalten.
Aus Versuchen von Winterstein (169) am Froschrückenmark ergibt
sich als übereinstimmendes Resultat der Untersuchung des Sauerstoffverbrauchs,
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Physiologie des Stoffwechsels.
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der Säurebildung und der Erregbarkeit der Nervenzentren unter dem Einfluß
der Narkose folgendes: Eine etwa nachweisbare Herabsetzung der Oxydations¬
prozesse ist eine sekundäre Erscheinung, die nicht zur Erklärung des
Mechanismus der Narkose dienen kann. Die Narkose verhindert weder die
bei O-Mangel eintretende Ansammlung noch die bei O-Zufuhr erfolgende Be¬
seitigung saurer Erstickungsstoffe. Die Narkose ist weder eine Erstickung
noch führt sie bei längerem Bestehen zu einer solchen. Die Narkose ver¬
hindert nicht das Eintreten einer Erstickung infolge von O-Mangel, wohl
aber die Wiederholung von einer solchen bei O-Zufuhr.
Die erste Vorbedingung für die Wirkung eines Narkotikums ist nach
Ansicht von Traube (160) sein geringer Haftdruck am Wasser. Für die
weniger flüchtigen Narkotika ist die Oberflächenaktivität gegen Luft ein
annäherndes Maß dieses Haftdruckes. Die treibende Kraft der Osmose ist
der reziproke Haftdruck am Wasser, die Widerstände sind die .Reibungen,
welche sich den diosmierendeu Stoffen in Gestalt von Gelwänden und zähen
kolloidalen Flüssigkeiten entgegenstellen. Der Quotient 1 /Haftdruckx Reibung
bestimmt die osmotische Geschwindigkeit. Je geringer der Haftdruck am
Wasser ist und je narkotischer demnach der betreffende Stoff wirkt, um so
größer ist seine Fähigkeit, Gele (Gelatine, Natriumcholat, Eiweiß) zu lösen
oder zu quelleu, sowie die Reibung des Protoplasmas zu verringern. Die
Narkotika haben daher die Fähigkeit, die Reibungswiderstände, welche sich
ihrem Vordringen entgegenstellen, zu beseitigen oder zu verringern. Die
Narkotika wirken als Katalysoren, beschleunigend namentlich auf Flockungen
(Lezithin, Nukleoproteide usw.), verzögernd auf Oxydationen und andere
fermentative Vorgänge (Hefe-Zymase- und Invertasewirkung). Sie erniedrigen
den Binnendruck und die Reibung des Zellinhaltes, verdrängen wirksame
Stoffe von den Phasen- und Zellgrenzflächen und schaffen „tote Räume“
im Sinne Liebreiohs. Durch ihre Anreicherung an den Zellwänden
schwächen die Narkotika die elektrischen Vorgänge in den Nerven ent¬
sprechend ihrer narkotischen Wirkung. Die Erkenntnis, daß die narkotische
Wirkung der Narkotika den katalytischen Wirkungen in bezug auf chemische,
physikalische und insbesondere auf elektrische Vorgänge parallel geht, hat
unser Wissen über das Wesen der Narkose erheblich gefördert; wie diese
einzelnen Vorgänge verlaufen, und welche Vorgänge besonders mit der
Narkose in Beziehung stehen, wissen wir nicht. Vorzugsweise dürfte es
sich um Fermentlähmuugen — durch reversible Kolloidflockung — handeln.
Die Erregbarkeit des Atemzentrums verhält sich unter dem Einfluß
von Sauerstoffzugabe und Sauerstoffentziehung in ähnlicher Weise wie die
Erregbarkeit der Phagozyten. Daraus geht nach Ansicht von Hamburger (69)
hervor, daß die zweckmäßige Eigenschaft des Atmungszentrums nach dem
Bedürfnis zu arbeiten, nicht etwas diesen Nervenzellen zukommendes
Spezifisches ist, sondern auch bei anderen Zellarten vorkommt. Auch
Zyankalium, das in geringen Dosen die Erregbarkeit des Atmungszentrums
in gewaltigem Grade steigert, regt auch die Phagozytose in sehr bedeutendem
Maße an. In geringen Dosen wirkt Zyankalium wie eine durch Stickstoff¬
oder Wasserstoffbehandlung herbeigeführte partielle Sauerstoffentziehung.
Aus weiteren Versuchen Hamburgers geht hervor, daß durch geringe
Quantitäten Kohlensäure die Phagozytose gesteigert wird, durch größere
Doseu eine Lähmung eintritt. Genau dasselbe beobachtet man wiederum
beim Atemzentrum. Auch gegenüber Chloroform verhalten sich die be¬
treffenden Zellarten in analoger Weise, und im Anfang der Narkose erfährt
auch das Atemzentrum eine Steigerung der Erregbarkeit (Knoll und
Arloing). Auf Grund dieser Untersuchungen darf man annehmen, daß
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Physiologie des Stoffwechsels.
die gesteigerte Erregbarkeit des Atemzentrums im Anfänge der Chloroform¬
narkose auf einer unvollständigen Beschlagnahme des Sauerstoffs, auf einer
beginnenden Sauerstoffnot beruht. Es liegt nun nach Ansicht von Hamburger
nichts Gewagtes darin, dieselbe Erklärung für das Exzitationsstadium bei
der Narkose anzuwenden.
Gestützt auf die Untersuchungen von Joel glaubt Höber (80), daß
Narkose reversible Permoabilitätsverminderung ist. Aus vielen physiologischen
Gründen muß für die Zellen postuliert werden, daß das Protoplasma ober¬
flächlich zu einer Plasmahaut verdichtet ist, deren Material kolloider Natur
ist; am wahrscheinlichsten ist es, daß in der Kolloidmembran beide Haupt¬
sorten der Zellkolloide, die Proteide und die Lipoide, vertreten sind.
Höber nimmt an, daß der der Narkose zugrunde liegende Vorgang eine
Grenzflächenerscheinung an den Kolloiden, die Folge der Übernarkotisierung
eine Lösungserscheinung an den Lipoiden der Plasmabaut ist.
Traube (161) setzt sich bezüglich der Theorie der Narkose mit
neueren Ansichten von Höher und Joel (s. vorher) auseinander. Er meint,
daß, so wertvoll an und für sich Höbors und Joels Versuche auch sind,
dieselben doch auf das Narkoseproblem nicht augewandt werden sollten.
Waser (164) untersuchte, welche chemischen Wirkungen die Schlaf¬
mittel Chloralhydrat, Paraldehyd und Veronal-Natrium auf die Zusammen¬
setzung von Hirn und Blut bei Hunden ausüben. Es ergab sich, daß von
den drei Mitteln das Chloralhydrat bei fortgesetzter Applikation die un¬
günstigsten Wirkungen hervorrief. Sieht man von den schlechten Neben¬
wirkungen auf das Allgemeinbefinden ab, die ihrerseits sicher durch Magen¬
störungen bedingt sind, so kann man sagen, daß der Paraldehyd von allen
drei Mitteln in bezug auf seine Wirkung auf das Hirn am besten dasteht.
Er scheint eine Verfettung des Gehirns zu verhindern und dafür den Gehalt
an funktionell wichtigen Phosphatiden um ein beträchtliches zu erhöhen.
Obschon schließlich das Veronal Schwankungen im Gehalt des Hirns und
des Blutes an Cholesterin und Cholesterinestern bedingt, scheint es doch
als günstigstes Schlafmittel für chronischen Gebrauch unter den 3 Präparaten
dazustehen, da es gar keine Störungen des Allgemeinbefindens hervorruft
und den Hirnchemismus auf die Dauer jedenfalls viel weniger schädigt als
das Chloralhydrat. Ein Schlafmittel, das für fortgesetzte Therapie verwendet
werden soll, muß nach den Ergebnissen vorliegender Arbeit die folgenden
Bedingungen erfüllen : Es soll sich leicht und vollständig im Organismus
abbauen lassen, damit nicht zu lange Nachwirkungen entstehen und damit
die allfällig gebildeten Abbauprodukte nicht ihrerseits in unkontrollierbarer
Weise das Gehirn schädigen. Dieser Anforderung entspricht offenbar am
weitgehendsten der Paraldehyd, wie sich schon von vornherein aus seiner
Zusammensetzung ergibt, und wie Analysenzahlen des Gehirns und des
Blutes beweisen. Zweitens muß verlangt werden, daß das betreffende Prä¬
parat auf die Magenschleimhaut keine Beizwirkungen auslöst und so zur
Beeinträchtigung der Ernährung führt. Diese letztere Bedingung scheint das
Veronal am besten unter den dreieu zu erfüllen. Von diesem Standpunkt
aus erscheint es aber immer wieder als wünschenswert, ein subkutan an¬
wendbares reines Hypnotikum zu besitzen.
Nach Versuchen von Beckmann (16) wird unter dem Einfluß seelischer
Erregung durch Ereignisse des täglichen Lebens, z. B. durch klinische
Vorstellung bei Patienten, durch eine bevorstehende Prüfung bei Examens¬
kandidaten, die normalerweise konstante Kohlensäurespannung der Alveolar¬
luft regelmäßig herabgesetzt. Diese Senkung der Kohlensäurespannung während
seelischer Erregung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu beziehen
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Physiologie des Stoffwechsels.
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auf eine Erhöhung der Erregbarkeit des Atemzentrums gegenüber dem
physiologischen Reiz. In einem Falle von hysterischer Tachypnoe wurde
keine Änderung der Kohlensäurespannung gefunden. Die Änderung der
Kohlensäurespaunung der Alveolarluft muß zu einem Sinken der Wasser-
stoffiouenkonzentrationen des ganzen Körpers führen. Die Funktion zahl¬
reicher Orgaue wird dadurch beeinflußt. Durch pharmakologische Agenden
läßt sich auch beim Menschen die Empfindlichkeit des Atemzentrums gegen¬
über dem physiologischen Reiz beeinflussen. Nach Genuß von Kolapastillen
findet sich eine Senkung der Kohlensäurespannung. Im Ermüdungsstadium
der Alkoholwirkung steigt die Kohlensäurespannung. Veronal bedingt eine
Erhöhung der Kohlensäurespannung, deren Maximum nach ca. einer Stunde
erreicht wird. Im späteren Stadium der Veronalwirkung weist starkes
Schwanken der C0 2 *Spannung darauf hin, daß die Sicherheit der Atmungs¬
regulation beeinträchtigt ist. Morphin erhöht die Kohlensäurespannung
langanhalteud um sehr beträchtliche Werte. In Fällen von Veronal- und
Morphiumvergiftung wurden ebenfalls erhöhte Kohlensäurewerte gefunden.
Das früher (Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 151) von Schaefer be¬
schriebene Verfahren zur künstlichen Durchströmung der Hinterbeine des
Frosches ist eine Methode zur Bestimmung des Widerstandes der durch¬
strömten Bahn, da die auf Druck- und Zeiteinheit bezogene Ausflußmenge
dem Widerstand umgekehrt proportional ist. Die Änderungen des Wider¬
standes mit dem Wechsel im Tonus der Gefäße lassen sich damit quanti¬
tativ bestimmen. Bei normalen Gefäßen und normaler Durchströmungs¬
flüssigkeit ist die Größe des so bestimmten Widerstandes unabhängig von
der Ärt der Durchströmung: Gleiche Mitteldrucke vorausgesetzt, liefert die
Durchströmung unter konstantem wie unter rhythmischem Druck in gleichen
Zeiten die gleichen Ausflußmengen; der Widerstand der Blutbahn verhält
sich in dieser Beziehung gleich den Glaskapillaren. Dieses Verhalten erfährt
nach neuen Versuchen von Schaefer (147) eine Änderung beim Zusatz
gewisser gefäßerregender Mittel zur Durchströmungsflüssigkeit in dem Sinne,
daß die Ausflußmengen bei rhythmischem Druck ceteris paribus deutlich
größer werden als beim konstanten. Der Widerstand ist also nicht mehr
unabhängig von der Art der Durchströmung, sondern erscheint beim rhyth¬
mischen Druck geringer als beim konstanten. Die Wirkung geht im all¬
gemeinen der vasokonstriktorischen der angewandten Mittel parallel, jedoch
nicht ausnahmslos; vielmehr lassen sich zwei Gruppen von vasokonstrik¬
torischen Mitteln unterscheiden, von denen die eine das soeben erwähnte
abweichende Verhalten zeigt, die andere aber nicht. Bei den letzteren ist
die Ausflußmenge bei konstantem und rhythmischem Druck cet. par. gleich
wie bei normalen Gefäßen. In diese Gruppe gehören von den bisher unter¬
suchten Substanzen: Bariumchlorid, Nikotin und Strychnin, während eine
fördernde Wirkung des Pulses bei Adrenalin, Pituitrin und Digitalis beob¬
achtet wurde. Eine Erklärung der fördernden Wirkung des Pulses bei An¬
wendung der zuletzt genannten Gruppe von Mitteln kann zurzeit nicht
gegeben werden. Die Hypothese von der aktiven Tätigkeit der Arterien
hat zwischen den beiden Möglichkeiten zu entscheiden, ob unter der Wir¬
kung des Pulses eine Abnahme des Widerstandes in der durchströmten
Bahn erfolgt, oder ob in den Arterien eine Kraft ausgelöst wird, welche die
vom Herzen aufgebrachte unterstützt.
In einer früheren Arbeit (Ztschr. f. d. ges. exp. Med. 1914) haben
Ricker und Foelsche über Versuche mit Mesothoriumbestrahlung der
Niere des Kaninchens berichtet. Auf Grund der Resultate setzten die
Autoren auseinander, daß der durch die Mesothoriumwirkung entstandene
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 7
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Physiologie des Stoffwechsels.
rote Infarkt, ferner die Zone der Leukozythenthrombose und die Zone der
Parenohymverminderung und Bindegewebsvermehrung auf eine mit der Ent¬
fernung von der Berührungsstelle des Mesothoriumsröhrcheus stufenförmig
abnehmende Stärke der Einwirkung der Strahlen auf das Gefäßnerveu-
system der Niere zurückzuführen sind. Um nun diese Versuche an einem
makroskopisch gut zu beurteilenden Objekte zu kontrollieren, wählte Rieker
(140) hei seinen neuen Versuchen mit Mesothorium das Kaninchenohr. In
der ersten Hälfte der Versuche am Ohr konnte nachgewiesen werden, daß das
Mesothorium am Gefäßnervensystem angreift und vermittels dadurch hervor¬
gebrachter Änderungen der Blutströmungen Änderungen am Gewebe hervor¬
bringt. In einer zweiten Beihe von Versuchen, in denen der Autor neben dem
Mesothorium andere Einflüsse auf das Ohr einwirken ließ (Sympathikusdurch-
schneidung, Verbrühung, Jod) und dabei eine Beschleunigung des Eintrittes
der Gewebsveränderungen und des Ablaufes der ihnen vorangehenden Kreis¬
laufstörungen feststellte, ergab sich, da beide Reize gleichsinnige Gefäßnerveu-
reize gewesen sind, eine Summation der Wirkung. Die Beobachtungen am
Kaninchenohr haben zu demselben Hauptergebnis geführt wie die früheren
Untersuchungen an der Niere. Wirkt nun das Mesothorium in genügender
Stärke auf ein Karzinom ein, so wird es nach den angeführten Tierversuchen
überall da, wo noch erregbare Gefäßnerven vorhanden sind als Reiz an¬
greifen und Änderungen der Weite der Strombahn und der Geschwindig¬
keit der Strömung hervorrufen. Nun besteht nach Annahme ein patho¬
logischer Erregungszustand in dem mit Gefäßnerven versehen zu denkenden
(peripherischen) Teil des Karzinoms und im ganzen noch kleinen Karzinoms:
ein (seiner Natur nach unbekannter) Reiz ruft die Wachtumshyperämie her¬
vor und unterhält dieselbe. Diesem Reiz addiert sich der Mesothoriumreiz;
die Wirkung dieser Summation ist Verlangsamung und Stase mit ihren
Folgezuständen: Extravasation, Gewebsveränderungen bis zum Zerfall. Wo
aber die' Gefäßnerven in Degeneration begriffen sind und infolgedessen
bereits Neigung zu Stase besteht, d. h. in einer mehr zentralwärts gelegenen
Zone des Karzinoms, wird die Stase beschleunigt eintreten und damit auch
der erlöschenden Zirkulation im etwa bereits gefäßnervenlosen Teil der Neu¬
bildung ein beschleunigtes Ziel setzen.
Nach Untersuchungen von Morita (122) sind die Portalgefäßkapillaren
der Froschleber nur rudimentär, wenn überhaupt, innerviert. Die meisten
Substanzen lassen ihre Weite unbeeinflußt. Kontrahierend wirken Koffein,
CaCl 2 , Natr. oxalicum, Nikotin. Dilatierend wirken ß-Imidazolyläthylamin
Witte-Pepton, Cblorbarium, Jodkalium, Natriumnitrit, Amylnitrit.
Joel (88) hat Rinderblutkörperchen mit Rohrzuckerlösung teils ohne,
teils mit Zusatz von Narkotikum in verschiedener Konzentration gewaschen
und ihre Leitfähigkeit nach der Kohlrauschschen Methode bei konstanter
Temperatur verschiedene Zeiten nach dem Narkotikumzusatz gemessen. Es
ergab sich folgendes: 1. Die indifferenten Narkotika bewirken an roten
Blutkörperchen in genügend kleinen Konzentrationen eine Hemmung der
durch andere Substanzen hervorgerufenen künstlichen Permeabilitätssteige¬
rung, wirken also hämolysehemmend. 2. In höheren Konzentrationen wirken
die indifferenten Narkotika selbst hämolysierend. 3. Die Wirkungen kleiner
Mengen von Narkotizis auf die Permeabilität erweisen sich als reversibel.
Die Jodderivate aus Fett und Fettsäure (Lebermischungen) werden
nach Mitteilungen von McLean (116) in lipoidlöslicher Form nach interner
oder subkutaner Anwendung durch die Lipoide der Körperzellen auf¬
genommen und teilweise festgehalten. Jodalbin verliert im Absorptions-
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Physiologie des Stoffwechsels.
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prozeß seine Eigenheit, und sein Jod erscheint in den Geweben als eine in
Wasser oder in Alkohol lösliche Kombination.
Aus Versuchen von Loew (99), die er mit Ninhydrin an Bakterien,
Algen, Phauerogamen, Protozoen und niederen Wassertieren und schließlich
auch an Säugetieren (Maus, Meerschweinchen) angestellt hat, ergibt sich, daß
das Ninhydrin ein Gift ist, welches bei Säugetieren auf die Nervenzellen
einwirkt und bei gewisser Konzentration den Tod herbeiführt.
Whisky kann zwar für einige Augenblicke, wie aus Untersuchungen
von Lieb (98) hervorgeht, den systolischen Blutdruck. heben, indessen ist
er doch kein wirklich den Blutkreislauf steigerndes Mittel, da er die Herz¬
kraft herabsetzt, da er unverhältnismäßig den diastolischen Blutdruck steigert,
und den Pulsdruck erniedrigt.
Bei einmaliger Magnesiumnarkose fand Gensler (63) weder bei
Kaninchen noch bei Hunden eine Vermehrung des normalen Magnesium¬
gehaltes im Gehirn. Bei der kombinierten Magnesium-Neuronal-Hypnose enthält
das Gehirn fast genau denselben Prozentsatz an Neuronal wie bei einfachem
Neuronalschlaf. Die Durchlässigkeit der Zellmembranen für Neuronal wird
somit durch eine vorangehende Magnesiuminjektion nicht verändert. In bezug
auf die funktionellen Ergebnisse wurde weder ein schnellerer Eintritt noch
wesentliche Vertiefung des eigentlichen Schlafes nach vorhergehender Magne¬
siuminjektion gegenüber dem reinen Normalschlaf beobachtet. Dagegen ist die
Muskellähmung deutlicher, die Tiere fühlen sich weniger gut (Erbrechen)
die narkotischen Wirkungen sind deutlicher (Schwinden des Kornealreflexes,
Sinken der Temperatur), die Erholung ist langsamer nach der Kombinations¬
narkose. Es scheint somit analytisch wie funktionell eine reine Additions¬
wirkung vorzuliegen. Der Gehalt des Magendarmkanals an Neuronal erscheint
bei der kombinierten Methode verstärkt. Es fanden sich durchschnittlich
22,3% des dargereichten Neuronais im Magendarm gegenüber »6,6 % bei
alleiniger Verabreichung von Neuronal.
Von Fröhlich und Morita (61) wird eine Methode mitgeteilt, welche
gestattet, die Wirkung von Gefäßmitteln mit zentralem Angriffspunkte auf
den Kreislauf des Splanchnikusgebietes beim Frosche zu prüfen. Als zentral-
vasokonstriktorisch wirksam erwiesen sich: Strychnin, Kokain, B-Tetrahydro-
naphthylamin, Strophantin, Digitalin, Ammoniakdampf, Atberdampf, Kampfer¬
dampf. Schwach vasokonstriktorisch wirkte Koffein. Vasodilatatorisch
wirkten aktiv Amylnitritdampf, Wärme; durch Lähmung der Vasokonstrik¬
toren Kokain in hohen Dosen. Indifferent waren Antipyrin, Kohlensäure¬
gas, p-Oxyphenyläthylamin.
Bei Hunden gelingt es nach Versuchen, die van Dongen (46) anstellte,
das Atemzentrum an Morphin zu gewöhnen. Es trat eine vollständige Ge¬
wöhnung, selbst an das 1800fache der anfangs wirksamen Minimaldosis ein.
Auch der Zentralapparat der Pupille läßt sich beim Hunde an große
Morphindosen vollständig gewöhnen. Die Reihenfolge, in welcher bei der
Morphingewöhnung beim Hunde die verschiedenen Zentra auf Morphin
nicht mehr ansprechen, ist Pupille, Brechen, Kotentleerung, Narkose, Atem¬
zentrum. Die Schließmuskeln des Magens gewöhnen sich nur langsam und
unvollständig, das Vaguszentrum überhaupt nicht. Zur Erklärung, der
Morphingewöhnung muß außer einer gesteigerten 5 Zerstörung .noch,.«ine
„Gewebsimmunität“ angenommen werden, welche. (fi,e*.V3rschiederieti Zentren
und Organe mit verschiedener Leichtigkeit erWeUben,* und*.d^e. beim Vagus¬
zentrum ausbleibt. Die Leichtigkeit, mjt der-.die verschiedenen Zentren und
Organe sich an Morphin gewöhnen lassen, gejiteni’cjit ihrer Anspruchsfahig-
keit auf Morphin bei normalen Tieren parallel. Kaninchen lassen sich, wie
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Physiologie des Stoffwechsels.
Versuche über Narkose und Atem Wirkung ergaben, nicht an Morphin ge¬
wöhnen.
Brigl (26) versuchte die Zerehronsäure möglichst ohne Änderung der
Koblenstoffkette in ein Derivat überzuführen, dessen Konstitution auf anderem
"Wege einwandfrei festgelegt war bezüglich der Kohlenstoffkette. Als solches
schien am geeignetsten der zugrundeliegende Kohlenwasserstoff.,. Es wurde
zunächst das Norraalpentakosan darzustellen versucht, was nach Überwindung
einiger Schwierigkeiten gelang. Da die daran sich anschließende völlige
Reduktion der Zerehronsäure, aus Mangel an einem geeigneten Reduktions¬
mittel, nicht zu einwandfreien Resultaten führen wollte, wurde versucht, die
vermutete Konstitution der Zerehronsäure durch Synthese der a-Oxypenta-
kosylsäure sicherzustellen. Der zweite, kleinere Teil der Arbeit bringt den
Vergleich der erhaltenen synthetischen Produkte mit der Zerehronsäure.
Diese Versuche mußten vor ihrem Abschlüsse wegen der Kriegsereignisse
abgebrochen werden.
Biberfeld (20) suchte den Lipoidgehalt des Gehirns von an Morphin
gewöhnten Hunden zu bestimmen. Es ergab sich im Prozentgehalt kein
Unterschied gegenüber normalen. Selbst ein Hundegehirn, das 2,5 g Morphin
— die lOfache der tödlichen Dosis — erhalten hatte, wies keine quantitative
Änderung seiner Lipoide auf. Das darf nach Ansicht des Autors einerseits
als ein Hinweis aufgeführt werden, daß diese Bestandteile keine wesentliche
Rolle bei der Alkaloid Wirkung spielen, andererseits lehrt es, wie hartnäckig
auch in durchaus pathologischen Zuständen das Gehirn seine chemische
Zusammensetzung bewahrt.
Hürthle (84) sucht die Frage, ob die bei den normalen Pulsen beob¬
achtete „systolische Schwellung des Stromes“ physikalischer oder physio¬
logischer Natur ist, zu entscheiden. Er tat dies durch Anwendung erregender
Gefäßmittel, wobei er annimmt, daß eine daraufhin eintretende Verstärkung
der systolischen Schwellung auf eine physiologische Ursache schließen läßt.
Unter der Wirkung des Adrenalins entsteht tatsächlich eine ausgesprochene
Steigerung der systolischen Schwellung derart, daß der diastolische Strom
auf Null sinkt oder gar rückläufig wird und der ganze Strom auf den
systolischen Teil des Pulses beschränkt bleibt. Eine Erklärung dieser Er¬
scheinung auf physikalischer Grundlage, insbesondere mit Hilfe der eigen¬
tümlichen Viskosität des Blutes, wurde nicht gefunden und deshalb eine
physiologische Ursache als möglich angenommen; sie besteht vielleicht in
einem aktiven Eingreifen der Arterienwand in Form einer peristaltischen
Welle, die entweder durch systolische Energieentwicklung oder systolische
Herabsetzung des Widerstandes wirken kann. Weitere Stützen für diese
Hypothesen konnten nicht fceigebracht werden. Die Frage, ob Erhöhung
des Tonus und Steigerung der systolischen Schwellung, d. h. ob die Abnahme
der mittleren Stromstärke mit der Erhöhung des Stromquotienteu durch¬
weg Hand in Hand gehen, wie bei der Adrenalinwirkung, wurde durch die
Anwendung weiterer gefäßerregender Mittel zu beantworten versucht. Dabei
ergab sig.h, daß die Mehrzahl der untersuchten Stoffe, wie Pituitrin und
Digitalis//n gleichem Sinne wirken wie Adrenalin, daß aber Kalzium und
Bariumch'lQEfcL'Ielfl.e abweichende Stellung einnehmen, sofern die Abnahme
dm;-* Jnjttlerefi * ßtrpmstärke mit keiner wesentlichen Erhöhung des Strom-
quotfeütejr.iipd. der äy'sttflischen Schwellung verbunden ist.
Zur ‘Schädigung der Lebenseigenschaften der Gefäße benutzte Hürthle
(85) vier VerTäVfen: .Anämie,. .Tötung des Tieres, Vergiftung und Nerven¬
durchschneidung. Eingriffe .Mitten nicht in den einzelnen Fällen über¬
einstimmende Wirkung.' \Ä}s.'gelungene Fälle werden diejenigen bezeichnet,
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Physiologie des Stoffwechsels.
101
iu welchen die Lähmung der Gefäße in einer Zunahme der mittleren Strom¬
stärke zum Ausdruck kommt. Iu diesen Fällen zeigt sich an der Strom¬
kurve regelmäßig eine Abnahme oder Beseitigung der systolischen Schwellung
des Stromes sowie ein Sinken des Stromquotienten. Damit ist eine Ab¬
nahme der e-Werte (der Dehnbarkeit der Bahn) verbunden. Eine solche
besteht aber nicht in Wirklichkeit, sondern wird durch die Analyse vor¬
getäuscht, da diese bei den normalen Pulsen falsche, nämlich zu hohe
e-Werte liefert. Die durch die Lähmung hervorgerufene Abnahme des
Tonus der Gefäße (Zunahme der vp-Werte) und die Abschwächung der
systolischen Schwellung gehen in der Kegel Hand in Hand. Daß aber
diese Verbindung keine unzertrennliche ist, wurde in der Abhandlung an
der Chlorkalziumwirkung nachgewiesen und in dieser durch die Yohimbin¬
wirkung bestätigt.
In dieser dritten Abhandlung faßt Hurthle (86) noch einmal die Er¬
gebnisse der beiden vorigen kritisch zusammen.
V. Körösy (93) fand, daß die Gewichtsänderungen des Frosch-
gastrocnemius nach einstündigem Verweilen der Muskeln in Reihen ver¬
schieden konzentrierter Lösungen vou fünf Stoffen — Glukose, Sacharose,
Na CI, KCl, Ca CI 2 — einen nahezu identischen Verlauf zeigen. Das
Avogadrosche Gesetz gilt also nicht nur für den Isotoniepunkt, sondern
für alle Konzentrationen. Die bedeutendste scheinbare Abweichung von der
Gültigkeit des Avogadroschen Gesetzes bildet der Umstand, daß die
Volumänderung des Muskels in verdünnteren Lösungen verhältnismäßig
stärker ist als in konzentrierten. Diese Abweichung ist bei viertelstündiger
Versuchsdauer geringer als bei einstündiger. Die Gewichtsänderungen des
Muskels sind ferner bei kurzer Versuchsdauer nicht von dem osmotischen
Druckunterschiede, sondern von der Geschwindigkeit des osmotischen Wasser¬
übertrittes abhängig; diese ist nach den vorhandenen physikalischen Unter¬
suchungen dem osmotischen Druckunterschiede nicht proportional, sondern
nimmt langsamer zu als derselbe. Es zeigt sich ein gewisser Grad von
Übereinstimmung zwischen der Volumänderung des Muskels bei kurzer
Versuchszeit und der Geschwindigkeit des osmotischen Wasserübertrittes
im osmometrischen Versuche. Nach 17stündigem Verweilen der Muskeln
in den verschiedenen Lösungen zeigt sich gar eine Übereinstimmung mehr mit
dem Avogadroschen Gesetze. Die Gewichtsveränderungen von.Leimplatten
zeigen aber in denselben Lösungen nach derselben Zeit mehrfache Ähnlichkeiten
mit dem Muskel. Es handelt sich also hier teilweise um kolloidale Schwellung.
Herausgeschnittene Muskelstücke zeigen bei viertelstündiger Versuchsdauer
ein dem Avogadroschen Gesetze entsprechendes Verhalten; dieses Ver¬
halten verändert sich aber viel schneller als bei dem intakten Muskel. Die
äußere Muskelumhüllung beschützt also das Muskelgewebe vor der Beein¬
trächtigung durch die umgebende Lösung.
Das Colchicin bewirkt am isolierten Darm von Katzen und Kaninchen
Tonusabfall und Verkleinerung der Pendelbewegung. Irgendwelche erregende
oder erregbarkeitssteigernde Wirkung kounten Fühner und Rehbein (62)
am isolierten Darm nicht feststellen. Am Darm in situ konnte bei graphischer
Registrierung keine konstant auftretende Veränderung der Darmtätigkeit
unter Colchicin Wirkung gesehen werden. Lähmung des Darmvagus bewirkt
Colchicin nicht. Im Unterhautzellgewebe und in der Bindehaut des Auges ver¬
ursacht Colchicin lokale Hyperämie, ebenso schon in kleinen Dosen an
der Schleimhaut von Magen und Düundarm. Durch Colchicin hervorgerufene
Steigerung der Darmperistaltik erklärt sich aus der lokalen Wirkung des
Giftes. Hierbei handelt es sich nach Ansicht der Autoren wohl weniger
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Physiologie des Gehirns.
um eine primär-entzündangserregende Wirkung des Colchicins nach Art der
drastischen Abführmittel als um eine Vergiftung der Blutkapillaren, wie sie
für die Klasse der „Kapillargifte“ charakteristisch ist.
Physiologie des Gehirns.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn und Prof. Dr. O. Kalischer-Berlin.
1. Babäk, E., Über die automatifche Tätigkeit des Atemzentrums bei den Säugetieren
und den Menschen. Biologick£ Listy. 1914. III. p. 524.
2. Bechterew, M. V., Ueber die Grundlagen der funktionellen Tätigkeit der Hirnrinde
im Sinne der Psychoreflexologie. — Vorgetr. auf d. V. Kongr. böhm. Aerzte zu Prag
1914; Ga. v opis cesk^ch lekaruv, 53, 1336, 1914. (Böhmisch.)
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(Sitzungsbericht.)
4. Bikel es, G., Beobachtungen über physiologische Erscheinungen vom Gepräge
optischer Agnosien. Zbl. f. Physiologie. Bd. 30. H. 6. p. 241—242.
5. Boenheim, Felix, Zur Lokalisation des Tastsinns. Berl. klm. Wschr. Xo. 9. p. 216.
(Niehts Wesent 1 iches.)
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7. Dusser de Barenne, J. G., Proefondervindelijke onderzoekingen over de localisatio
der sensibiliteit in de schors der groote hersenen. Xed. Tijdschr. foor Geneesk. II.
So. 18. p. 2014.
8. Franz, Sh. J., Variations in Distribution of the Motor Centres. Psvchol. Monographs.
19. (1.)
9. Fröschels, Emil, Über den zentralen Mechanismus der Sprache. Dtsch. Ztschr. f.
Xorvenheilk. Bd. 54. H. 1. p. 19. (vgl. Kapitel: Aphasie.)
10. Funkhouser, Edgar Bright, The Visual Cortex, its Localization, Histological Structure
and Physiological Function. The Journ. of Experim. Medicine. Vol. XXL Xo. 6.
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11. Galante, E., L’excitabilitä du cervelet chez les chiens nouveau-n£s. Arch. ital. de
Biologie. T. LXII. fase. II. p. 203.
12. Gerstmann, Josef, Über Sensibilitätsstörungen von spino-segmentalem Typus bei
Himrindenläsionen nach Schädelschußverletzungen. Wien. med. Woch. Xo. 26.
p. 992.
13. Derselbe, Reine taktile Agnosie als isolierte Krankheitserscheinung nach Schu߬
verletzung des rechten Scheitelbeines an einer der mittleren Region der post-
zentralen Hirnrindenwindungen entsprechenden Stelle. Wien. klin. Woch. 28. 1450.
(Sitzungsbericht.)
14. Derselbe, Ein Fall von hochgradigen Störungen in der Erhaltung des Körpergleich¬
gewichtes nach Schußverletzung des Stimhims. ebd. 1916. 29.178. (Sitzungsbericht.)
15. Holmes, E. 1L, Space Sense and Labyrinth. Maine M. Ass. J. Dec.
16. Hulshoff, Pol D. J., Cerebellaire functios in verband met hun localisatic. Psych.
en neurol. Bladen. Xo. 3. p. 181.
17. Jaeger, Fall von Tastlähmung der rechten Hand nach Verletzung des Wemickeschen
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18. Jelgersma, G., De funetie der kleine hersen. Psych. en neurol. Bladen. No. 3.
p. 214.
19. Klestadt, Bertold, Experimentelle Untersuchungen über die resorptive Funktion de«
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f. allg. Pathol. Bd. 26. H. 6. p. 161.
20. Landauer, Fritz, Ein experimenteller Beitrag zur Lehre von der Abhängigkeit der
Nierenfunktion vom Nervensystem. Inaug.-Dissert. Straßburg.
21. Lenz, Schuß Verletzungen des Sehzentrums mit Erörterungen der Anatomie und
Physiologie derselben. Münch, med. Woch. p. 375. ( Sitzungsbericht.)
22. Lloyd, James Hendrie, The Morphology and Function of the Corpus Striatum. The
Journ, of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. No. 6. p. 370.
23. Magnus, R. und Kleijn, A. de. Weitere Beobachtungen über Hals- und Labyrinth¬
reflexe auf die Gliedermuskeln des Menschen. Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 160.
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24. M&reä, F., Über die Regulierung des Blutstromes im Gehirn, ßasopis ceskfch lek.
54. 641. (Böhmisch.)
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Physiologie des Gehirns.
103
25 Meyers, J. Leon, Galvanometric Studies of the Cerebellar Function. The J. of the
Amer. Med. Absoo. Vol. LXV. No. 16. S. 1348.
26. Morita, Suketata, Untersuchungen an großhirnlosen Kaninchen. 1. Mitteilung:
Das Verhalten der Blutzuckerkonzentration. Arch. f. experim. Pathol. Bd. 78.
BL 3—4. p. 188. *
27. Derselbe, II. Mitteilung: Die Wirkung verschiedener Krampfgifte, ibid. p. 208.
28. Derselbe, III. Mitteilung: Die Einwirkung zentraler Erregungsmittel auf den Chloral-
schlaf. ibid. p. 218.
29. Derselbe, IV. Mitteilung: Quantitative Untersuchungen über die schlaf machende
Wirkung von Chloralhydrat und Urethan. ibid. p. 223.
30. Niessl v. Mayendorf, Beiträge zur Kenntnis vom zentralen Mechanismus der
Sprache. Dtsch. Ztschr. f. Nervenheilk. Bd. 53. H. 3—4. p. 263. (cf. Kapitel:
Aphasie.)
31. Derselbe, „Von den Organen des Willens.“ Annalen der Naturphilosophie.
32. No eh te, Uber Nystagmus bei Verletzungen des Fußes der II. Stirnhirnwindung. Dtsch.
med. Woch. No. 45. S. 1217.
33. Paton, Stewart, Observations on Embryo Guineapigs. Bull, of the Johns Hopkins
Hospital. Vol. 26. p. 173.
34. Pick, A., Zur Lokalisation in den Sehbahnen, mit einem Beitrage zur Lehre von den
Sehstörungen der Orientierung im Raum. Prager med. Woch. No. 8. p. 81.
35. Polimanti, Osv. Ricerche sulla fisiologia oomparata del cerveletto. Internat.
Monatsschr. f. Anat. u. Physiol. Bd. 31. H 7/9. p. 305.
36. Rebizzi, Renate, Sulla funzione dei lobi frontali. Nota anatomo-clinica. Vol.
pubbl. in omaggio al Prof. C. Agostini. 1914. Perugia. 28 S.
37. Reisinger, Ludwig, Die zentrale Lokalisation des Gleichgewichtssinnes der Fische.
Biol. Zbl. 36. (10.) 472.
38. Rothmann, M., Die Hirnphysiologie im Dienste des Krieges. Berl. kirn. Woch.
No. 14. p. 338.
39. Scheer, W. M. von der, und Stuurman, F. J., Beitrag zur Kenntnis der Pathologie
des Corpus Striatum nebst Bemerkungen über die extrgfpyramidalen Bewegungs¬
störungen. Ztschr. f. d. ges. Neur. 30. (2/3). 91.
40. Tal bot, F. B., Energy Metabolism of Infant with Congenital Absenco of Cerebral
Hemispheres. Arch. of Pediatrics. June. XXXII. No. 6. S. 452.
41. Timme, Walter, Tho Autonomie ReciprocaJ Activities of Brain and Viscera. The
Joum. of. the Amer. Med. Assoc. Vol. LXIV. No. 4. p. 321.
42. Verineulen, H. A. Das Innervationszentrum des Psalters (Omasus) der Wiederkäuer.
Berl. tiorärztl. Woch. No. 9. p. 97. u. Tijdschr. v. Veeartsenijk. 42. 383.
43. Wenderowic, E. f Der Verlauf der sensiblen, akustischen und mancher anderer
Systeme auf Grund eines Falles von Bluterguß in die basalen Hemisphärenabschnitte.
Arch. f. Psyohiatrie. Bd. 55. H. 2. p. 486.
Das Kapitel der Hirnphysiologie gehört dieses Jahr zu den am wenigsten
umfangreichen. Das erscheint zunächst auf den ersten Blick befremdend,
da man annehmen müßte, daß die vielen Verletzungen des Gehirns, welche
in der bisher abgelaufenen Kriegszeit durch Geschoßwirkung eingetreteu
sind, hier eine übergroße Ausbeute an neuen wissenschaftlichen Funden hätte
zeitigen müssen. Das ist nun nicht geschehen; man muß sogar bekennen,
daß die Ausbeute, welche der Krieg nach dieser Richtung gebracht hat,
bisher eine recht dürftige gewesen ist. Aber wer etwas tiefer blickt, kann
sich darüber wohl nicht wundern, denn das Experiment, welches die Kugel
ausführt, ist vollständig planlos und zu grob; sie reißt blind dreinfahrend
Lücken durch die Hirnmasse oder zerquetscht sie ohne Auswahl, ohne jede
Überlegung, während eben ein wirkliches Experiment planvoll das noch un¬
bekannte Terrain mit Vorsicht in Angriff nimmt. Trotzdem mag vielleicht
selbst bei dem rohen Kriegsexperiment bei der ungeheuren Fülle und der
Mannigfaltigkeit der Verletzungen manches in die Erscheinung getreten sein,
was für den einen oder anderen Hirnabschnitt funktionell charakteristisch ist,
aber die Fülle des Materials und die Schnelligkeit, mit der gearbeitet werden
mußte, ließ ein ruhiges Beobachten nicht zu. Hat also nach dieser Richtung
der Krieg bisher nichts erbracht, so ist er für die Hirnphysiologie doch
von ungeheurem Werte gewesen, indem er das, was die Forschung in jahr-
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104
Physiologie des Gehirns.
zehntelanger mühseliger Friedensarbeit zutage gefördert hat, in der ungeheuren
Fülle des Materials vollauf bestätigen konnte. Welchen Nutzen das für
die Hirnchirurgie gehabt hat, bedarf keiner Erwähnung.
Da die Zahl der Arbeiten aus der Hirnphysiologie, die im vorigen
Jahre erschienen sind, so gering ist, so erübrigt sich eine Auslese der be¬
deutungsvolleren; sie haben alle mehr oder weniger Interesse.
Allgemeines.
Rothmann (38) sucht die Frage zu beantworten, 1. was kann die
Hirnphysiologie in diesem Kriege leisten und 2. welchen wissenschaftlichen
Gewinn kann die Hirnphysiologie aus den Verletzungen dieses Krieges
ziehen. Es handele sich hier der Mehrzahl nach um gesunde und jugend¬
liche Gehirne, an denen die Geschoßwirkungen geprüft werden können.
Die in diesem Kriege gesammelten Erfahrungen müßten daher auch ent¬
scheiden, ob die Diaschisislehre v. Mo n a k o w s ihre Berechtigung habe oder
nicht. Spielt sie eine bedeutsame Rolle, so muß sie weitgehend die Er¬
scheinungen der umschriebenen Hirnlokalisation überlagern und unkenntlich
machen; kommt ihr dagegen bei gesunden jugendlichen Gehirnen keine
wesentliche Bedeutung zu, so wird sich dies an der Beobachtung streng
umschriebener Hirnlokalisationen und an der weitgehenden Restitution er¬
kennen lassen. Die Erfahrungen an diesem Menschenmaterial bestätigen
im großen und ganzen die bisher erzielten lokalisatorischen Errungenschaften
der Hirnphysiologie, wofür Rothmann zahlreiche Beispiele anführt. Von
besonderem Interesse wären die Affektionen der Gebiete hinter der Zentral¬
furche (Gyrus centralis post, und Gyrus supramarginalis). Hier hat R.
festgestellt (Monatsschr. f. Psych. Bd. 36), daß beide Windungen zusammen
beim Affen in weitgehendem Maße die Richtung des Greifens innervieren.
Ist diese Rindengegend beiderseits exstirpiert, dann kann der Affe mit den
Armen überhaupt nicht mehr die Nahrung fassen trotz normalen Lebens
und trotz Fehlens jeder Lähmung der Arme. Auf diesen Erfahrungen
fußend, hat R. für den Menschen den Greifversuch zur Prüfung herangezogen.
Es hat sich nun bei den Schußverletzungen gezeigt, daß eine einseitige
Schußverletzung im Gebiete der postzentralen Windungen neben den be¬
kannten Störungen des Lagegefühls und des stereognostischen Sinnes tat¬
sächlich eine beträchtliche Greifstörung herbeiführt, indem der gekreuzte
Arm einen vorher fixierten Gegenstand bei geschlossenen Augen nicht treffen
kann, sondern an demselben in den verschiedenen Raumebenen vorbeifährt.
R. führt ferner drei Fälle seiner Beobachtung an, bei denen das Geschoß
lediglich den Hinterhauptknochen gestreift hatte und danach 2, 10 und
14 Tage lang völlige Erblindung eingetreten war, ein Beweis, wie empfindlich
das Sehzentrum des Hinterhauptlappens sei. Der Autor führt dann weiter
Verletzungen des Stirnhirns und der Sprachzentren an und betont die mit¬
unter schnelle Restitution der Sprachstörung, noch mehr der sensorischen
als der motorischen, besonders bei methodisch angestellten therapeutischen
Versuchen. Für Stirnhirnverletzung sei die Störung des Greifversuchs ohne
Schädigung des Lagegefühls und des stereognostischen Sinnes am gekreuzten
Arm in Verbindung mit der Gleichgewichtsstörung des Körpers ein wichtiges
Symptom zur Aufdeckung von Herden im Gebiet der zweiten Stirnwindung,
vor allem in Kombination mit Agraphie und Störung des Rechenvermögens.
(Was die Lokalisationsmöglichkeit bei den Schußverletzungen in vielen
Fällen so wesentlich erleichtert, ist vor allem die Eintrittstelle des Geschosses
in den Schädel und die Röntgenaufnahme. Die hirnphysiologischen Er-
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Physiologie des Gehirns.
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gebnisse allein würden in der Mehrzahl der Fälle vielleicht nicht ausreichen
und wohl oft genug zu Fehldiagnosen und Fehloperationen führen. Und
so zieht die Hirnphysiologie aus der ungeheuren Zahl der Kriegsverletzten
einen größeren Gewinn als letztere durch die Hirnphysiologie. Ref.)
(Jacobsohn.)
Bechterew (2) setzt seine Lehre über die Reflexgebiete mit zu- und
abführenden Organen im Gehirn an die Stelle der Lehre von verschiedenen
Zentren. Die Hirnrinde teilt er in Partien, die jede ihre funktionelle Selb¬
ständigkeit hat und in funktionellen Beziehungen zu den peripheren Organen
steht Der Begriff des Psychoreflexes und der Koordination der Reflexe
ist schon von anderen Arbeiten des Verfassers bekannt. In der vorliegenden
Arbeit bringt er nur eine Zusammenfassung seiner Ansichten.
(Jar. StuchlÜc.)
Bikeles (4) berichtet über manche falsche Perspektiveschätzungen, die
ihm begegneten, wenn er nachts in seiner Stube aufwachte, die durch ein
mattes Licht, sei es von innen oder von der Straße aus, beleuchtet wurde.
Es handelt sich bei dieser rasch vorübergehenden Disorientiertheit bei
unterbrochenem Schlafe seiner Meinung nach um markante durch falsche
Beurteilung von Tiefendimensionen verursachte Verkennungen. Eine länger
anhaltende mangelhafte Erfassung von Tiefendimensionen — Tastblindheit
von Anton oder Störung des Tiefensehens von A. Pick — gehört zur
wesentlichen Charakteristik der durch zerebrale Herde bedingten optischen
Agnosien. Man dürfe daher die obigen Beobachtungen von rasch vorüber¬
gehenden Störungen der Perspektive mit den optischen Agnosien in Parallele
setzen und von physiologischen analogen Erscheinungen sprechen.
(Jacobsohn.)
Timme’s (41) Aufsatz ist eine Darstellung der anatomischen Verhält¬
nisse des autonomen Systems und dessen Wirksamkeit, soweit sie bis jetzt
erschlossen worden sind. (Jacobsohn.)
Grosshlrn.
Wenderowic (43) hatte Gelegenheit, das Gehirn eines 65jährigen
Patienten mittels der Marchischen Methode zu untersuchen, der ca. einen
Monat nach einem apoplektischen Insult gestorben war. Bei dem Patienten
war als Folge der Apoplexie eine halbseitige Hemiplegie und Hemianästhesie
eingetreten. W. beschreibt die vom Herde im Thalamus ausgebenden sekun¬
dären Degenerationen, wobei er sein besonderes Augenmerk auf den Ver¬
lauf der sensiblen Bahn richtet. Er stimmt auf Grund seiner Präparate
den Ansichten von Dejerine und Long, von Marie und Guillain zu,
die ein umschriebenes Bündel in der Capsula interna verwerfen und letzteres
als über ein großes Gebiet der Kapsel verstreut und teilweise mit dem
Pyraraidenbündel vermengt darstellen. Tatsächlich nehmen die sensiblen
Leitungsfasern schon in dem ventralsten Abschnitte der inneren Kapsel die
ganze hintere Hälfte des Crus posterius ein, erstrecken sich gegenüber dem
dorsalen Ende des Globus pallidus über den ganzen Hinterschenkel und
treten auf der Höhe des oberen Putamenendes sogar frontal vom Genu in
das Gebiet des Crus anterius über. Die Durchsicht der Präparate zeigt
ferner mit voller Bestimmtheit, daß die sensiblen Fasern in beiden Zentral¬
windungen mit Ausnahme der ventralsten Abschnitte des Operkulum enden,
indem sie in die Rinde der beiden Lippen (der frontalen und okzipitalen)
und des Bodens der Rolandosehen Furche eindriugen und auf höher dorsal
gelegenen Partien sich auch in der Rinde der freien lateralen Hemisphären¬
fläche der Regio centralis verbreiten. In der vorderen Zentralwindung ist
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Physiologie des Gehirns.
die sensible Projektionsbahn durchaus nicht schwächer vertreten als in der
hinteren, im operkulären Abschnitt eher noch stärker. Der Autor bezweifelt
aber, daß sich die sensible Bahn auch in die cztrarolandische Zone aus¬
breitet. Eine volle Kongruenz der motorischen und sensiblen Rindenzone
fände nicht statt, sondern die motorische Zone liege im vorderen Bereich
der sensiblen. Die Degenerationen nach dem Schläfenlappen zu nahmen in
dem untersuchten Falle die beiden Querwindungen Heschls und den hin¬
teren Abschnitt der oberen Schläfenwindung ein. Es ist das genau die von
Flechsig festgestellte akustiche Bahn in ihrem Verlaufe vom Corpus geni-
culatum internum zum Schläfenlappen. Sie liegt in der retrolentikulären
Partie der inneren Kapsel dicht dem Okzipitalpole des Pntamen an. Die
optische, nach dem Hinterhauptlappen zu ziehende Bahn konnte er bis zu
den Rindenregionen der Fissura calcarina verfolgen. ( Jacobsohn .)
Noethe (32) berichtet über mehrere Fälle, in denen nach TaDgential-
schuß mit Verletzung der zweiten Stirnwindung Augenzittern mitunter als
einziges Symptom auftrat. Da eine Verletzung der Medulla oblongata aus¬
geschlossen war, so kommt für dies Phänomen eino Schädigung des im Fuß
der zweiten Stimwindung gelegenen Blickzentrums in Betracht. In manchen
Fällen trat das Augenzittern nach derselben, in anderen Fällen nach der
Gegenseite auf, in noch anderen nach beiden Seiten. Diese Erscheinung,
daß von jedem der beiden Blickzentren alle Formen des Nystagmus erzeugt
werden, legt, wie der Autor meint, den Gedanken nahe, daß jedes Zentrum
sich aus Teilen zusammensetzt, welche den linken, den rechten usw. Nystag¬
mus erzeugen, und daß eine Affektion aller einzelnen Teile zusammen den
nach allen Seiten gerichteten Nystagmus hervorruft. Eine Schädigung des
gesamten Zentrums erzeugte einen allseitigen, partielle Affektionen riefen ein¬
seitigen Nystagmus hervor. ( Jacobsohn .)
Gerstmann (12) hält es auf Grund mehrerer von ihm beobachteter
Fälle für zweifellos, daß die bei umschriebenen Läsionen der Hirn¬
rinde auftretenden Sensibilitätsstörungen neben gliedweiser auch eine
scharf begrenzte segmentweise Verteilung von echt spinalem Typus
aufweisen können. Gemeinsam ist diesen Fällen der Sitz der Verletzuug
in einer Partie der vorderen Scheitelbeingegend. Verf. beschreibt
einen derartigen Fall, in dem die Rückbildung der zuerst sehr starken Sen¬
sibilitätsstörungen körpersegmentweise, das ist in oinem zur Extremitäten¬
achse parallelen Sinne, vor sich ging, und nicht nach Extremitätenabschnitten
(das ist in einer im Verhältnis zur Extremitätenachse vertikalen Richtung),
wie für gewöhnlich die kortikalen Sensibilitätsstörungen sich zurückzubilden
pflegen. In einem zweiten Falle waren — wieder im Gegensätze zu der
sonst für kortikale Sensibilitätsstörungen als typisch bezeichneten gliedweisen
Ausbreitung derselben — nur die Innervationsgebiete des 6 lumbal —, der
1., 2. und teilweise auch des 3. Sakralsegments von den Gefühlsstörungen
betroffen. In diesem Falle war ferner — im Gegensatz zu der bei zere¬
bralen Gefühlsstörungen als typisch angesehenen Abnahme der Intensität
gegen die proximalen Abschnitte hin — die Ausbreitung und Intensität der
Oberflächen Sensibilität nicht am Fuß, sondern am Unter- und Oberschenkel
am stärksten. ( 0 . Kaliseher.)
Pick (34): Bestätigung der Lehre Henschens durch Schilderung
eines Falles von unterer Quadrantenhemianopsie. (0 . Kalischer.)
Die Mitteilung von Fnnkhouser (10) ist eine Besprechung der Arbeiten
von Brodmann, Bolton, Campbell, Henschen, v. Monakow und
Minkowski über die Struktur und Ausdehnung des Sehrindenzentrums bei
Mensch und Säugetieren. ( Jacobsohn .)
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Physiologie des Gehirns.
107
Stammgangllen.
van der Scheer und stuurman (39) berichten über folgenden Krank¬
heitsfall: Ein 64jähriger Mann, der früher stets vollkommen gesund war,
zeigte in den letzten Monaten des Jahres 1914 Erscheinungen einer Hirn¬
erkrankung. Er bekam Kopfschmerz, war weniger interessiert, oft schläfrig,
hin und wieder verwirrt und machte einen stupiden Eindruck. Obwohl nicht
bewußtlos, ließ er wiederholt seinen Harn unter sich. Er fühlte nicht immer
den Harndrang und hatte sich eingenäßt, bevor er es wußte. Auch ließ er
einige Male seinen Stuhl unter sich. Sein Bewußtseinszustand war wechselnd,
oft war er desorientiert und zeigte Gedächtnisstörungen. Er hatte Schwierig¬
keiten beim Gehen. Es bestanden zunächst leichte Störungen im linken
Beiu und Steifigkeit beim Umdrehen im Bett. Wassermannsche Reaktion
war negativ, ln der letzten Zeit seiner Krankheit war Patient meistens
somnolent. Außer der Somnolenz der Incontinentia urinae et alvi, der Steifig¬
keit zeigte er ausgesprochene Spannungszustände bei passiven Bewegungen,
und zwar ausschließlich der linken Seite. Bauch- und Kremasterreflexe
waren links nicht auszulösen. Kein Babinski. . Hin und wieder zeigte er
leichte Zuckungen rechts wie links, ln den letzten Tagen traten viele lang¬
same pseudospontane Bewegungen auf, wobei auffiel, daß die rechte Körper¬
hälfte ruhig blieb und diese Bewegungen hauptsächlich links stattfandeo.
Die Pupillen waren eng, reagierten aber prompt. Papillitis duplex. 36 Stunden
nach der Lumbalpunktion starb Patient. Bei der Obduktion wurde ein
Tumor des rechten Corpus Striatum gefunden, der an der Stelle des Kopfes
des Nuoleus caudatus, des vorderen Schenkels der Capsula interna und des
vorderen Teiles des Linsenkerns gelegen war. Auch wurde eine deutlich
weiche Stelle mitten im Kopf des linken Nucleus caudatus gefunden.
Verf. besprechen eingehend zwei Symptome der Krankengeschichte:
1. die Incontinentia urinae, die sie als ein zerebrales Symptom auffassen,
trotz der einseitigen Läsiou des Corpus Striatum, und 2. dpn eigentümlichen
Muskelspannungszustand teilweise des Rumpfes, aber namentlich der linken
Extremitäten. Sowohl die passive Beugung, wie die Streckung der Extre¬
mitäten stieß auf große Schwierigkeiten, die verglichen werden mit denen
beim Offnen und Schließen eines Zirkels mit fest angedrehter Schraube.
Es bestand ein Widerstand wie man ihn bei Paralysis agitans viel eher
antrifft, als bei den spastischen Kontrakturen bei Läsionen der Pyramiden¬
bahn. Das zweite auffällige bei den passiven Bewegungen war die Aus¬
spannung sowohl der Beuger wie der Strecker; diese Ausspannung hatte
einen tonischen Charakter, sie dauerte längere Zeit nach. Bei der geringsten
passiven Bewegung sprangen die Sehnen als harte Stränge hervor; auch bei
anderen Reizen, z. B. Nadelstichen, trat diese Reaktion ein. Hatte Patient
die Hand des Untersuchers bei dessen Berührung umschlossen, so konnte
er sie längere Zeit nicht öffnen wegen des anhaltenden Tonus. Eine pyra¬
midale Bewegungstörung liegt nicht vor. Vielmehr weisen diese Störungen
nach Ansicht der Autoren auf die Beschreibungen hin, die Foerster in
seinen Studien über die arteriosklerotische Muskelstarre gegeben hat. Auch
dort eine eigentümliche Steifigkeit, die an die der Paralysis agitans erinnert,
auch dort eine Neigung zur nachdauernden Muskelkontraktion, die Neigung
des Muskels, sich zu verkürzen, wenn seine Insertionspunkte sich nähern,
sowohl bei passiver wie bei aktiver Bewegung, die Schwierigkeit, die einmal
geschlossene Hand zu öffnen; eine Gruppe von Erscheinungen, der er einen
bestimmten lokalisatorischen Wert zuerkennt, und zwar als eine Störung in
den Bahnen von der Brücke ins Kleinhirn. Im vorliegenden Falle ist diese
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108
Physiologie des Gehirns.
Bahn im vorderen Schenkel der inneren Kapsel durch den pathologischen
Prozeß im Corpus striatum betroffen worden. (Jacobso/m.)
Morita (26—29) ging experimentell der Frage nach, wie weit psychische
Faktoren bei der Entstehung der Hyperglykämie beteiligt sind, die be¬
stimmten Eingriffen, z. B. dem Aderlaß oder der Einwirkung von pharma¬
kologischen Agenden bei Tieren zu folgen pflegt. Er exstirpierte Kaninchen
zunächst die Großhirnhemisphären, da nach diesem Eingriff eine
„psychische“ Hyperglykämie nicht mehr in Betracht kommen könne, und
prüfte alsdann die Einwirkung der Mittel, durch die bei normalen Tieren
die Hyperglykämie zustande kommt. Die operierten Kaninchen konnten
bis zu 8 Tagen am Leben erhalten werden. Er kommt zu folgenden
Schlußfolgerungen: Zur Hyperglykämie führende Reize, wie Aderlaß, Fesse¬
lung, Äthernarkose, Diuretin, schmerzhafte Reizung sensibler Nerven-
elemente versagen auch bei ihrer Großhirnhemisphären beraubten
Kaninchen nicht. Die bei solchen Tieren erzeugten Steigerungen der
Blutzuckerkonzentration bewegen sich annähernd in denselben Grenzen wie
bei normalen Tieren. Da die Hyperglykämie bei diesen operierten Tieren
nicht von psychischen Momenten hervorgerufen werden kann, so muß ge¬
folgert werden, daß die Affekte, wie Schreck, Angst, Schmerzempfindung,
beim Kaninchen nur eine untergeordnete Rolle bei der Zuckermobilisierung
spielen. Sie dürften weder andersartig noch auch intensiver wirken als andere
reflektorisch wirksame Reize. Wahrscheinlich sind sie sogar minder wirksam.
Die Angriffspunkte zentraler zur Hyperglykämie führender Reize wie
Diuretin, sowie der Verlauf der entsprechenden Reflexbogen sind daher nicht
in den Hemisphären, sondern in den Stammganglien des Großhirns oder im
Mittelhiru anzunehmen.
In der zweiten Mitteilung beschreibt er Versuche, die er an groß-
hirnlosen Kaninchen vornahm zur Entscheidung der Frage, ob bestimmte
Krampfgifte ihren Angriffspunkt in den Großhirnhemisphären haben oder
nicht. Er untersuchte die Einwirkung von Kokain, Pikrotoxin,. Kampfer,
Phenol, Zyankalium und Apomorphinum hydrochloricum. Das Auftreten der
klonischen Muskelzuckungen bei der Kampfervergiftung zeigte sich an
das Vorhandensein der Großhirnhemisphären gebunden. Ähnlich war das
Verhalten bei der Kokainvergiftung; bei den operierten Kaninchen fehlten
klonische Muskelzuckuugen sowie völliger Stillstand der Atembewegungen.
Die Phenolwirkung am Kaninchen ohne Großhirnhemisphären unterscheidet
sich in nichts von der an normalen Tieren. Die krampferregende Wirkung
der Zyankalivergiftung wird durch die Exstirpation der Großhirnhemisphären
nicht beseitigt. Der nach Apomorphininjektion bei 'normalen Kaninchen
stets auftretende Nagetrieb fehlt völlig bei den operierten Tieren. Erbat
demnach einen kortikalen Angriffspunkt.
In der dritten Mitteilung faßt Verfasser seiue Ergebnisse folgender¬
maßen zusammen:
Von den untersuchten 4 Substanzen: ß-Tetrahydronaphthylamin. Ephe¬
drin, Coffeinum natrio-benzoicum und Kokain erwiesen sich nur die zwei
erstgenannten als imstande, einen nicht zu tiefen Chloralschlaf (0,5 g pro
Kilogr. Tier) bei großhirnhemisphärenlosen Tieren zu durchbrechen und die
Tiere zu erwecken. Der Angriffspunkt dieser beiden Körper muß demnach
subkortikal gelegen sein. Dagegen versagte Kokain, welches normale Tiere
aus Chloralschlaf zu erwecken vermag (Airila), völlig bei den ihrer Gro߬
hirnhemisphären beraubten Tieren. Daraus muß geschlossen werden, daß
die erregende Wirkung des Kokains rein kortikalen Sitz hat. Ähnlich wie
Kokain verhielt sich Koffein.
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Physiologie des Gehirns.
109
Vierte Mitteilung: Am Kaninchen ohne Großhirnhemisphären ist
die Wirkung der Schlafmittel: Chloralhydrat und Urethan eine viel inten¬
sivere als an normalen Tieren. Einerseits verfallen die ihrer Großhirn¬
hemisphären beraubten Tiere schon auf Dosen der genannten Mittel hin in
Schlaf, welche bei normalen Tieren übeihaupt ohne merkliche Wirkung sind;
andererseits ist bei Anwendung von Dosen, welche normale Kaninchen in
Schlaf versetzen, dieser bei den Kaninchen ohne Großhirnhemisphären sehr
viel tiefer und von sehr viel längerer Dauer als bei normalen. (0. Kalischer.)
Lloyd’s (22) Aufsatz ist ein Referat über das Corpus Striatum in ver¬
gleichend anatomischer Hinsicht, ferner über dessen Funktion, soweit sie
bisher aus der Pathologie erschlossen werden konnte. {Jacobsohn.)
Mittelhirn.
Reisinger (37) nahm an Fischen (Barschen) Exstirpationen von Groß-,
Mittel- und Kleinhirn vor, um über die zentrale Lokalisation des Gleich¬
gewichtssinnes Aufschluß zu erhalten. Die Entfernung des Vorderhirns
zeitigte überhaupt keine Ausfallserscheinungen. Die Exstirpation des Mittel¬
hirns hat die schwersten Gleichgewichtsstörungen zur Folge. Die Fische
schwimmen dauernd auf der Seite und mit nach aufwärts gekehrtem Bauch.
Nach Kleinhirnentfernung zeigen die Fische dauernde Unsicherheit der Be¬
wegung, Schwanken und Rollen während derselben, ohne jedoch des Gefühls
für die normale Stellung zu entbehren. Das Zentrum der groben Gleich¬
gewichtseinstellung liegt demnach nach Ansicht des Autors bei Fischen im
Mesenzephalon, während dem Kleinhirn die feine Regulierung der Bewegungen
obliegt. Letzteres ist das Organ des Statotonus. (, Jacobsohn .)
Medulla oblongata.
Wie aus Beobachtungen von Magnus und de Kleijn (23) hervorgeht,
lassen sich beim Menschen in Fällen, bei denen durch Erkrankungen des
Hirns und seiner Häute die Großhirnfunktion mehr oder weniger vollständig
ausgeschaltet ist (Hydrozephalus, Apoplexie, amaurotische Idiotie usw.), so¬
wohl Hals- als auch Labyrinthreflexe auf die Gliedermuskulatur nachweisen.
Die Halsreflexe werden durch Drehen (manchmal auch durch Wenden) des
Kopfes ausgelöst und bestehen in tonischer Streckung der Glieder auf der
„Kieferseite“ und in Hemmung des Strecktonus und in tonischer Beugung
der Glieder auf der „Schädelseite“. In geeigneten Fällen dauert die Reaktion
so lange, als der Kopf in seiner gedrehten Lage gehalten wird. Die
Labyrinthreflexe werden durch Veränderung der Stellung des Kopfes im
Raume ausgelöst. Sie sind Reflexe der Lage. Es gibt nur eine Stellung
des Kopfes im Raume (wenn bei Rückenlage der Kopf um ca. 46° unter
die Horizontale gesenkt wird), bei der der Strecktonus der vier Extremi¬
täten maximal ist, und nur eine um 180° davon verschiedene Stellung, bei
der er minimal ist. Die Reaktion der Glieder ist tonisch, nimmt aber nach
einiger Zeit an Intensität ab. Bei normalen Säuglingen läßt sich bis zum
Alter von etwa 3 Va Monaten derselbe Labyrinthreflex auf die Gliedmaßen
nachweisen. Die Reaktion ist aber weniger tonisch und von kürzerer Dauer.
(Jacobsohn.)
Nach einem Stich in die Medulla oblongata beim Kaninchen erfolgte,
wie sich aus Versuchen von Landauer (20) ergab, gleichgültig, ob der
Stich lateral oder medial geführt wurde, stets eine Vermehrung der NaCl-
Ausscheidung. Die NaCl-Ausscheidung ging der Polyurie weder quantitativ
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110
Physiologie des Gehirns.
noch zeitlich parallel. Nach gelungenem Salzstich ist auch der Zuckerstich
noch wirksam und umgekehrt. Der Zuckerstich ist stets begleitet von
einer Steigerung der NaCl-Ausfuhr; der Salzstich dagegen kann mit einer
Glykosurie verbunden sein, braucht es jedoch nicht. Aus dieser Tatsache
zieht der Autor folgenden Schluß: Die Bahnen, durch deren Verletzung
vermehrte Chlorausscheidung hervorgerufen wird, und die Bahn, auf der der
Zuckerstich wirksam ist, verlaufen an der Stelle des Salzstiches getrennt
voneinander, sie nähern sich, berühren sich vielleicht, an der Stelle, wo die
Zucker-Piqüre wirksam ist. (Jacobsohn.)
Kleinhirn.
V
Nach Ansicht und nach experimentellen Studien von Meyers (25) hat
das Kleinhirn keine sensiblen Funktionen, sondern wirkt nur motorisch. Zu
den typischen Ausfallssymptomen des Kleinhirns gehören Ataxie und Tremor.
Alle anderen Symptome, welche von anderen Forschern beobachtet und
beschrieben wurden, sind durch Verletzungen anderer Hirnteile bedingt.
Der Autor tritt bezüglich der Erklärungsversuche der Ausfallssymptome bei
Kleinhirnläsionen resp. der Kleinhirnwirkuog der Annahme Gowers bei,
welcher annimmt, daß das Kleinhirn selbst überhaupt nicht auf die Körper¬
peripherie wirkt (d. h. auf die Muskulatur), sondern daß das Kleinhirn aus¬
schließlich seine Wirkung auf das Großhirn entfaltet. Es übt auf das Gro߬
hirn, d. h. auf die Rolandosche Zone, einen hemmenden koordinatorischen
Einfluß aus. Diesen Einfluß übt es auf die kontralaterale zerebrale Zone
durch efferente Bahnen aus, welche im vorderen Kleinhirnschenkel verlaufen.
Während also nach vielen anderen Forschern die nach Kleinhirnläsionen
eintreteuden Bewegungsstörungen durch verringerte oder verlorene Aktivität
hervorgerufen werden, sind diese Störungen nach Gowers und Meyers der
Ausdruck einer Hyperaktivität des Großhirns, da der normale hemmende
regulatorische Einfluß des Kleinhirns weggefallen ist. Dieses Problem sucht
nun Meyers durch das Galvanometer zu lösen, indem, wenn man einen
elektrischen Strom durch das Nervensystem laufen läßt, die Nadel des
Galvanometers nach einer bestimmten Richtung ausschlägt, je nachdem der
Strom vom aktiven zum inaktiven Gewebe geht oder umgekehrt. Meyers
hat nun eine Anzahl von Katzen in der Weise operiert, daß er ihnen eine
Kloinhirnhemisphäre exstirpierte und einzelnen dann große Abschnitte der
kontralateralen Hemisphäre abtrug, die Rolandosche Zone aber stehen
ließ, bei anderen wiederum die Rolandosche Zone abtrug und die anderen
Teile stehen ließ. Nach dem Ausschlage des Galvanometers zeigt sich ein¬
deutig die Aktivität der Rolandoschen Zone nach Abtragung der kontra¬
lateralen Kleinhirnhemisphäre. Hierin meint der Autor eine wichtige Stütze
für die Gowerssche Hypothese gefunden zu haben. (Jacobsohn.)
Während die Großhirnrinde neugeborner Hunde auf Kurareeinwirkung
erst am fünften Tage nach der Geburt reagierte, konnte Galante (11) eine
Reaktion am Kleinhirn nach tiefen Injektionen schon gleich nach der Geburt
der Hunde feststellen. (Jacobsohn.)
PlexQs chorioldeus.
Klestadt (19) hat zehn Tage alte Ziegenlämmer trepaniert und je zwei
Tieren eine öprozentige Lithiumkarminlösung, eine lprozentige Tuschelösung,
eine in einer lprozentigen Kochsalzlösang gesättigte ölsaure Natronlösung
und eine lprozentige Traubenzuckerlösung in den Seitenventrikel injiziert.
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Physiologie des Rückenmarks.
111
Eine Verschleppung auf hämatogenem Wege in die Körperorgane zeigte
sich dauach nicht. Eiu vollkommen negatives Resultat bezüglich der
fiesorptionsfahigkeit der Epithelien ergaben die Versuche mit chinesischer
Tasche. Die übrigen Versuchsanordnungen waren für den Plexus voll¬
kommen, für das Ependym bis auf den Glykogenversuch positiv. Die
Befunde werden näher beschrieben. Diese Versuche bestätigen den von
Askanazy (auf dem letzten Pathologenkongreß) mitgeteilten Befund. Sie
zeigen aber auch r daß außer dem Plexus auch dem Ventrikelependymepithel
resorptive Funktion zukommt. (Jacobsohn.)
Physiologie des Rückenmarks.
Ref.: Prof. Dr. H. Wien er-Prag.
1. Brouwer, B., Über Querlänion des Rückenmarkes beim Menschen und das Bastiansche
Gesetz. Psych. en neurol. Bladen. Bd. 19. No. 4/5. S. 377.
2. Derselbe. Die biologische Bedeutung der Dermatomerie. Beitrag zur Kenntnis dor
Segmentalanatomie und der Sensibilitätsleitung im Rückenmark und in der Medulla
oblongata. Folia neuro-biologica. Bd. 9. H. 3. p. 225.
3. Gierlich, Über den Eigenapparat des Conus medullaris. Arch. f. Psychiatrie.
Bd. 55. H. 2. p. 572.
4. Kedroff, Mich., Über die Hemmungserscheinungen bei verschiedenen Reflexen
(Schlucken, Niesen usw.) und Vorgängen, die mit Muskeltätigkeit verbunden sind.
Arch. f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abt. H. 1. p. 9.
5. Porter, E. L., Variations in Irritability of the Reflex Are. II. Variations Undor
Strychnine. The Amer. Joum. of Physiology. Vol. 36. No. 2. p. 171. (Nicht,
erschienen )
6. Richtor, Hugo, Beiträge zur Anatomie und Physilogie der Försterschen Radikotomie.
Orvosi Hetilap. 1914. No. 3. Ungarisch.
7. Spi Iler, William G., Remarks on the Central Representation of Sensation. The Journ.
of Nerv. and. Mental Ditease. Vol. 42. No. 6. p. 399.
8. Tigerstedt, Carl, Ein Rückenmarkspräparat vom Kaninchen. Skandinav. Arch. f.
Physiologie. Bd. 33. H. 1—3. p. 54.
Brouwer (1) beschreibt zwei Fälle von Querläsiou des Rückenmarks.
Der erste folgte dem Bastianschen Gesetze, lebte aber nur drei Tage
nach dem Insult, Bei dem zweiten waren die Knie* und Achillessehnen -
redexe in den ersten Monaten nach dem Trauma aufgehoben, kehrten aber
6 Monate nach der Verletzung am rechten Beine und wieder 2 Monate
später am linken Beine zurück und waren sogar erhöht. Für die Erklärung
der Tatsache, daß die Reflexe zuerst verschwinden, kommt vor allem nach
der Ansicht des Verf. der Schock in Betracht, der beim Menschen viel größer
und länger dauernd ist, als bei niederen Tieren und zweitens der Umstand,
daß die Art der traumatischen Einwirkung beim Menschen eine viel gröbere
ist, als im Tierexperimeut.
Auf Grund seiner Beobachtungen schließt sich der Autor den Gegnern
der Bastianschen Lehre an. (Wiener.)
Im ersten Teile der Arbeit bespricht Brouwer (2), welche Auffassung
über die sensible Leitung im menschlichen Rückenmark am meisten be¬
friedigt und kommt zu dem Schlüsse, daß es die Lehre PetrSns ist, nach
welcher der Schmerz- und Temperatursinn und ein Teil des Tastsinnes in
die Hinterhörner verlegt wird, um dann im gekreuzten VorderseitenstraDg
weiterzugeheu, der andere Teil des Tastsinnes im gleichseitigen Hinter¬
strang weitergefühlt wird. Er schließt sich weiter der Auffassung Heads
und Fabritius’ an, daß diese beiden Bahnen für den Berührungssinn
einander nicht völlig gleichwertig sind, sondern im Hinterstrang die Bahn
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112
Physiologie des Küokenmarks.
verläuft, welche denjenigen Teil des Berührungssinnes führt, welcher die
höhere Funktion bildet und nicht von einem Gefühlston begleitet, sonderu
mit dem Muskelgelenksinn innig verbunden ist. Dieser Teil des Tastsinnes
umfaßt neben dem einfachen Berührungssinn auch den Baumsinn. Der Autor
beschreibt weiter, wie beim Absteigen in die Tierreihe dieser Teil des
Bückenmarks, in welchem dieser höhere Teil der sensiblen Funktiou lokalisiert
ist, allmählich seine Bedeutung verliert.
Im zweiten Teile der Arbeit betont der Verfasser, daß die Petrin sehe
Lehre bei der Analyse der sensiblen Ausfallserscheinungen bei Erkrankungen
der Medulla oblongata konsequent durchgeführt werden kann. Sie gibt
eine bessere Einsicht in die funktionelle Bedeutung der Fibrac arcuatae
internae und der medialen Schleife und erklärt, warum Zerstörungen der¬
selben den Berührungssinn nicht nennenswert zu schädigen brauchen. Der
Teil des Tastsinnes, welcher in der Formatio reticularis weitergeführt wird,
ersetzt denjenigen Teil, welcher in der Schleife oralwärts zieht. Die Ver¬
hältnisse, wie sie bei der Körpersensibilität festgestellt wurden, gelten auch
für die Sensibilität des Kopfes. Die sog. vitalen Beize fließen in die spinale
Trigeminuswurzel ab, und derjenige Teil der Beize, welcher nicht unmittelbar
in Keflexsystemen weiter verarbeitet wird, steigt in den kreuzenden sekun¬
dären Trigeminusbahnen Wallenbergs wieder oralwärts. Die Fische haben
nur diese Systeme. Sobald aber das Laudieben eintritt, kommt das zweite
System, der frontale Trigeminuskern mit seinen sekundären Strahlungen, hinzu.
Dieses gewinnt bei höheren Tieren an Bedeutung und ist zusammengesetzt
aus dem anderen Teile des Tastsinnes und dem Muskel-Gelenksinn.
Im dritten Teile werden einige Fragen über die Segmentation im
Kückenmark des Menschen an der Hand der Syringomyelie besprochen.
Dio Sensibilitätsstörungen bei dieser Krankheit werden analysiert, und es
wird betont, daß die Fälle von raetamerem Typus im Sinne Brissauds
sicher Vorkommen und also eine anatomische Erklärung brauchen. Zur Er¬
klärung wird die Hypothese aufgestellt, daß die Fasern, welche die lateralen
Teile der Dermatome versorgen, im Bückenmark unmittelbar in der Nähe des
Zentralkanals verlaufen und da ihr zweites Neuron anfangen.
Im vierten Teile werden die Begrenzungslinien im Trigeminusgebiete,
wie sie bei der Syringobulbie Vorkommen, näher betrachtet. Es wird betont,
daß die Gesetze, die für die Segmentation des Körpers zutreffen, nicht ohne
weiteres auf den Trigeminus übertragen werden dürfen. Denn während im
Hinterhorn eines Bückenmarksegments viele Male hintereinander das ganze
Dermatom repräsentiert liegt und die Zerstörung eines Teiles eines der¬
artigen Segments ohne Schaden für die Sensibilität des hinzugehörenden
Dermatoms ertragen werden kann, ist dieses in der spinalen Trigeminus-
wurzej nicht der Fall. Hier ist eine topographische Lokalisation möglich
in dem Sinne, daß im kaudalen Teile der Wurzel die hinteren Teile des
Hautgebietes des Nervus trigeminus repräsentiert sind und allmählich mehr
nach vorne die mehr oral gelegenen Teile. Eine Erklärung für diesen
Widerspruch findet sich in der Betrachtung der niederen Tiere, wobei es
sich zeigt, daß der Trigeminus nicht als Analogon eines Segmentalnerven
betrachtet werden darf, sondern daß er aus zwei Nerven entstanden ist, dem
Nervus ophthalmicus und Nervus maxillo-mandibularis, welcher jeder für sich
ein Ursprungsganglion hat, die beide später zum Ganglion Gasseri zusammen¬
fließen. Von dieser ursprünglichen Trennung bleiben auch bei höheren
Tieren und beim Menschen Spuren erhalten; denu immer bleibt in der
spinalen Trigeminuswurzel der erste Trigeminusast ventral, der zweite und
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Physiologie des Rückenmarks.
113
dritte dorsal. Die spinale Trigeminuswurzel ist somit das Analogon von
zwei Segmenten, welche dorsal und ventral übereinander liegen.
Im fünften Teile studierte der Verfasser, welche Differenzen bestehen
zwischen den Dermatomen, die mit der anatomischen Methode festgestellt
wurden und denjenigen, welche mit der experimentellen Methode bei den
höheren Säugetieren gefunden wurden. Aus seinen Wahrnehmungen und
Überlegungen zieht er den Schluß, daß sich die Dermatome des Menschen
sicher überlagern, aber daß diese Überlagerung uicht so groß sein kann,
wie dies bei den Tieren der Fall ist.
Im sechsten Teile wird betont, daß diese Verschiedenheit in der äußeren
Körperform bedingt ist. ( Wiener .)
Gierlich (3) faßt die Ergebnisse seiner Arbeit in folgenden Sätzen
zusammen: 1. Von den kleinen Fußmuskeln erhalten die M. interossei plant,
und dors., sowie die M. lumbricales ihre Innervationen nur aus dem II. Sakral¬
segment, während die Muskeln des Groß- und Kleinzehenballens — M. abductor,
adductor und flexor brevis hallucis, sowie abductor digiti minimi und opponens
digit. min. — auch aus höher gelegenen Segmenten Bezüge empfangen.
Das II. Sakralsegment entsendet ferner motorische Impulse zu den Waden¬
muskeln — M. gastrocnemii, solei und tib. post, sowie zu den Kniebengem
— M. biceps femoris, semitendinosus, semimerabranosus — und Hüft¬
streckern — M. glutaeus max. — ti. Die im Conus terminalis eintretenden
zarten hinteren Wurzelfasern sind zum größten Teile Reflexkollateralen, nur
relativ wenig Fasern ziehen im Hinterstrang aufwärts. 3. Die im Conus
terminalis im Hinterstrang absteigenden Faserbündel, das dorsomediale
Sakralbündel und das dreieckige Feld biegen sukzessive im Bogen nach
vorne ab, legen sich medialwärts den in die Basis des Hinterhorns ein¬
strahlenden hinteren Wurzelfädeu an uud gelangen mit diesen zu den multi¬
polaren Ganglienzellen der Intermediärzone. 4. Das lumbosakrale ventrale
Hinterstrangsfeld ändert in den unteren Bückenmarkssegmenten seine Lage,
indem es im I. Sakralsegmeut dem Septum posterius entlang sich verschiebt,
so daß im II. Sakralsegment die vorgeschobeue Spitze dieses Feldes den
hinteren Rand des Rückenmarkes erreicht und im IH. Sakralsegment in
umgekehrter Lage bereits die breitere Seite dem hinteren Rande des Rüekeu-
marks anliegt, während die Spitze des Feldes an die hintere Kommissur
stößt. Im IV. Sakralsegment erreicht die Spitze nicht mehr die Kommissur,
während die Ausdehnung des Feldes am hinteren Rande des Rückenmarks
immer mehr zunimmt, bis schließlich im V. Sakralsegment das Feld ein an
der hinteren medialen Kuppe des Hinterstranges gelegenes gleichseitiges
Dreieck darstellt, dessen beide gleichen Seiten dem Septum post, und dem
hinteren Rande des Rückenmarkes entlang sich erstrecken, während die
breitere Seite den einstrahlenden hinteren Wurzelbündeln anliegt. Das Feld
enthält hauptsächlich endogene kurze, wohl zumeist aufsteigende Fasern,
in seinen mittleren Partien auch Wurzelfasern von längerem Verlaufe.
5. Die in der Lissauerschen Randzone des Conus terminalis verlaufenden
Fasern gehören uicht allein den hinteren Wurzeln an, sondern sind zumeist
endogenen Ursprunges. 6. Vorderstranggrundbündel und Seitenstrangreste
fuhren auch im Konus im wesentlichen endogene Fasern von kurzem Ver¬
laufe. 7. Im Conus terminalis treten aus den multipolaren Zellen der
Intermediärgruppe in der grauen Substanz zentrifugale Fasern in den hinteren
Partien der Seitenstränge aus, welche mit den hinteren Wurzeln peripher-
wärts ziehen. Sie führen willkürliche motorische Fasern zum N. pudendus
und stellen im wesentlichen präganglionäre zentrifugale Fasern zu den auto¬
nomen Ganglien des Beckens dar. 8. Es besitzt der Conus terminalis einen
Jahr ««bericht f. Neurologie n. Psychiatrie 1815. 8
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114
Physiologie des Rückenmarks.
ziemlich umschlossenen Eigenapparat, welcher zur Innervatiou von Blase,
Mastdarm und der Fortpflanzungsorgane dient. 9. Das Zentrum für den
Analreflex liegt im Conus terminalis. 10. Der Conus terminalis enthält beim
erwachsenen Menschen Zentren für Blase, Mastdarm und Geschlechtsorgane.
Bei Ausschaltung des Kouus treten die viszeralen sympathischen Zentren
vikarierend ein, und es kommt dann zum Automatismus von Blase und
Mastdarm, sowie zur Erhaltung von Libido und Erektion bei Fehlen von
Ejakulation und Orgasmus. ( Wiener.)
Auf Grund eigener Beobachtungen und von anderer Seite veröffent¬
lichter Fälle behandelt Spiller (7) eine Reihe von Fragen bezüglich des
zentralen Verlaufes der Schmerz- und Temperaturfasern. Was die Lokalisation
dieser Fasern im Rückenmark betrifft, so ist es wahrscheinlich, daß sie den
Tractus spinothalamicus und spinotectalis einnehmen, der nach innen vom
Gowersschen Bündel gelegen ist. Auch im Pons und Pedunculus haben die
Schmerz- und Temperaturfaseru einen von den Tastfasern getrennten Verlauf.
Auch in der spinalen Trigeminuswurzel sind Schmerz- und Temperaturfaseru
enthalten, es zeigen aber die Schmerzfasern einen getrennten Verlauf von
den Temperaturfasern, und bei letzteren läßt sich sogar ein getrennter Ver¬
lauf der Fasern für die Wärmeempfindung von den für die Kälteempfindung
feststellen. Dabei handelt es sich nicht um lange Bahnen, soudern dieselben
sind durch die Kerne der Formatio reticularis vielfach unterbrochen.
Was die Bedeutung des Tractus spinothalamicus und spinotectalis für die
Sensibilität betrifft, so beschreibt der Autor einen Fall vom Verschluß der
linken Arteria cerebollaris superior, bei dem bei Erbaltensein der Sensibilität
auf der linken Körperseite die Schmerz- und Temperaturempfindung auf der
rechten Körperseite erloschen war und bei dem in der Höhe des Trigemiuus-
ursprunges Degeneration der lateralen Schleife, und des oberen Kleinhirn¬
stieles mit Ausnahme einer kleinen Partie in der Nähe der medialen Schleife
und einer kleinen Partie des Tegmentum des medialen Anteils des Pons
vorhanden war. In den regenerierten Teilen, die dem Tractus spinothala¬
micus und spinotectalis entsprechen, haben wir daher die Schmerz- und
Temperaturfasern zu suchen.
Der Autor bringt ferner den Nachweis, daß die drei Äste des Trige¬
minus in dessen spinaler Wurzel gesondert repräsentiert sind, und daß in
jedem dieser Abschnitte die Temperaturfasern von den Schmerzfasern ge¬
sondert verlaufen.
Weiter wird gezeigt, daß der Trigeminus die wesentlichste Bahn für
zum Bewußtsein gelangende Druckempfindungen darstellt, daß der Fazialis
keine Fasern für die Druckempfindungen enthält und die sympathischen
Fasern nur eine allgemeine rohe Druckempfindlichkeit leiten.
Schließlich wird ausgeführt, daß der Parietallappen die kortikale senso¬
rische Oberfläche darstellt. Es ist möglich, daß die verschiedenen Empfin¬
dungsqualitäten in verschiedenen Teilen dieses Lappens repräsentiert sind
und auch die verschiedenen Körperabschnitte im Parietallappen gesondert
vertreten sind, so daß ihre Gefühlssphären in der Nähe ihrer motorischen
Area liegen. ( Wiener.)
Nach Versuchen von Kedroff (4) sind die beim Schluckakt von
Kroneker und Meitzer beobachteten Hemmungserscheinungen der Atmungs¬
und Herzzentreu mit einer gewissen Stellung der Mundhöhle verbunden,
die beim Schluckakte vorübergehend eingenommen wird, und welche
isoliert vom letzteren eingenommen werden kann (sog. „palato-pharangeale
Spannungstelluug“). Ähnliche Hemmungserscheinungen treten auch in den
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Physiologie des -Rückenmarks.
115
ersten Stadien der Muskeltätigkeit auf, z. B. beim Muskelspannungaversuch,
welcher während einiger Zeit das Atembedürfnis aufhebt und eine beträcht¬
liche Pulsbeschleunigung zur Folge hat (Hemmung des vagus). Dieselben
Erscheinungen sind mit dem Gehen, Laufen, Bergaufsteigeu, Heben und über¬
haupt mit jeder Arbeit verknüpft. Sie kommen im Anfang der Arbeit und
nach Aufhören derselben am besten zum Vorschein. ( Jacobsohn .)
Porter (5) fand, daß bei der Rückenmarkskatze häufig Schwellenwerte
des Beugereflexes vorhanden sind, welche durch Strychnin nicht geringer
werden, selbst wenn man es in Dosen anwendet, die Krämpfe erzeugen.
Die Schwellenwerte werden aber durch Strychnin häufiger herabgesetzt, wobei
er 8 bis 56 % der Originalschwellenhöhe fallt. Der Schwellenwert des ge¬
kreuzten Extensiousreflexes, welche normal 2 —lOOmal so hoch ist wie der
Beugeschwellenwert, wird durch Strychnin fast oder ganz auf den Beuge¬
schnellenwert erniedrigt. Der Schwellenwert für den Extensionsreflex des
Vorderbeins, ein Reflex, welcher in dem strychuinlosen Tier nicht auslösbar
ist, ist gleichfalls erniedrigt. Der Beugeschwellenwert, welcher nach Gebrauch
von Äther oder bei Asphyxie abnorm hoch ist, wird durch Strychnin fast
zur normalen Höhe herabgesetzt. Die Herabsetzung kann sukzessive nach
steigender Dosis der Droge erfolgen. ( Jacobsohn .)
Tigerstedt (8) gibt das Modell einer Kneifzange an, um die Hals-
gefaße am Kaninchen abzuklemmen, wenn man unter Dekapitation ein
lebendes Rückenmarkspräparat vom Tiere erhalten will. (Jocobso/m.)
In seiner Arbeit über Anatomie und Physiologie der Försterschen
Radikotomie gelangt Richter (5) zu folgenden Schlüssen: Das Fehlen der
Sensibilitätsstörungen nach der Radikotomie beweist dio Richtigkeit der
Sherringtonschen Regel. Die Erfolglosigkeit des Eingriffes spricht ent¬
weder für die Ungenügendheit der Durchschneidung, oder dafür, daß bei
älteren Personen die Hemmuugswirkung der Pyramiden bereits stark aus¬
geprägt ist. Nucleus ruber und Thalamus können anatomisch intakt sein,
somit ist nicht immer in diesen die Ursache der Reizerscheinungen zu suchen.
Anatomisch bemerkt Verf., daß der Nervenstumpf, welcher mit dem Ganglion
in Zusammenhang steht, nicht degeneriert. Im Niveau der Durchschneiduug
fand Verf. Faserausfall in der Li s sauer sehen Zone, weniger in der Sub-
stantia gelatinosa und im Hinterhorn. In den Reflexkollateralen findet sich
ein starker, aber nicht totaler Fa9erausfall; auch die Kollateralen der in¬
takten Nachbarsegmente weisen geringe Veränderungen auf, also haben die
Kollateralen keinen streng segmentären Verlauf. Verf. glaubt, daß die
Reflexkollateralen einen gewissen trophischen Einfluß ausüben auf einzelne
Teile des Vorderhornes, und fand dementsprechend auch in diesen stellen¬
weise eine Verkleinerung und Faserausfall. Die mit den Reflexkollateralen
zusammenhängenden Nervenzellen fand er im seitlichen und seitlich-rück¬
wärtigen Teile des Vorderhornes. Die zentripetal degenerierenden Fasern
gehören bloß im Verlaufe einiger Segmente zu einer "Wurzel, dann vermischen
sia sich sukzessive mit anderen Wurzeln; die obersten Zervikalwurzeln treten
ohne Vermengung in die Burdachschen Stränge ein. Die zentrifugal dege¬
nerierenden Fasern verlaufen im Schultzeschen Komma vermengt mit
endogenen Fasern, doch haben die letzteren einen längeren Verlauf.
(//Woe«rm<7-Budapest.)
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8 *
Original fram
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1 ] 6
Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn.
1. Al varez »Walter C. f The Motor Functions of the Intestine from a New Point of View.
The Joum. of the Amer. Mod. Assoc. Vol. LXV. No. 5. p. 388.
2. As her, Leon. Die Innervation der Niere. Dtsch. med. Woch. No. 34. p. 1000.
3. Auer, John, The Action of the Depressor Nerve on the Pupil. Proc. of. the Soc. for
Exper. Biol. 13. (3.) 52.
4. Babak, E., Uber die Frage der qualitativen Verschiedenheiten in der Tätigkeit
der Nervenfasern. Biologicke Listy 22. I. Teil. p. 169. 2. T. p. 258. (Böhmisch.)
5. Bachrach, D., Über die Hörschärfe zu verschiedenen Tageszeiten. Ztschr. f. Sinnes-
physiöl. Bd. 49. H. 2. p. 99.
6. Baley, Stephan, Mitteilungen über das Sehen der Farben bei haibgeschlossenen Augen,
ebd. Bd. 49. H. 2. p. 79. (Vgl. Kapitel: Psychologie.)
7. Basler, Über das Sehen von Bewegungen. Münch. Med Woch. p. 1256. (Sltiung»-
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8. Benedict, Francis G., und Murschhauser, Haas, Energy Transformations Düring
Horizontal Walking. Proc. of the Nat. Acad. of Sc. 1. (12.) 597.
9. Beritoff, J. S. und do Boor, S., Zur Berichtigung und Ergänzung gewisser Punkte
meiner Arbeit ,,Die tonische Innervation der Skelettmuskulatur und der Sympathikus/ 6
welche Hm. de Boer zu feiner Erwiderung veranlaßt haben. (Folia neuro-biol.
Bd. VIII. No. 4. 1914.) — Über die autonome tonischo Innervation dor Skelett¬
muskulatur: Erwiderung zur Berichtigung und Ergänzung der Kritik Beritoffs von
S. de Boer. Folia neuro-biologica. Bd. 9. H. 2. p. 113, 119.
10. Bernstein, J., Erwiderung, betreffend die Versuche von A. Herlitzka über die Wärme¬
bildung bei der Horzkontraktion. Arch. f. die ges. Physiol. Bd. 161. H. 11—12.
p. 595.
11. Boer, S. de, Beitrag zur Kenntnis der allgemeinen Physiologie de3 Herzmuskels.
Geneeskund. Bladen. 18. 197.
12. Derselbe, Die Bedeutung dor tonischen Innervation für die Funktion der quergestreiften
Muskeln. Ztschr. f. Biologie. Bd 65. H. 7-—8. p. 239.
13. Bottazzi, Nuovo ricerche sui muscoli rtriati e lkci di animali omeotermi. Nota III.
(Part. 2a): La fatica studiata nel preparato frenico-diaframmatico. Atti della Reale
Accad. dei Lincei. Abt. 24. No. 1. p. 27.
14. Derselbe. Nuovo ricerche sui muscoli striati e lisci di animali omeotermi. Nota V:
Le contrazioni del preparato diaframmatioo provoeato da stimoli unici. ebd. Vol. 24.
No. 3. p. 172.
15. Derselbe, Nuove ricerche sui muscoli striati e lisci di animali omeotermi. Nota 6:
11 fenomcno delfaddizione di due contrazioni successive indagato nel preparato diafram-
matico. ebd. S. 5. Class-e di Scienze fisiche, mat. e nat. Vol. 24. No. 5—6.
p. 404. 559.
16. Brunemoier, E. H.,andCarlson, A. J., Contributioasto thePhysiologyof theStomach.
XIX. Reflexes, from the Intestinal Mucosa to the Stomach. The Amer. Journ. of
Physiology. Vol. 36. No. 2. p. 191.
17. Bürker, K., Übor den Verlauf der elektrotoni. chen Ströme dos Norven und seine
Beeinflussung durch Narkotika. Zentral bl. f. Physiol. 1914. 28. 777. (Sitzungs-
bericht.)
18. Burnett, Theo C., The Quo. tion of Tonus in Skelotal Muscle. Proc. Soc. for Exper.
Biol. New York. Vol. 12. No. 7. p. 108 (1040).
19. Burton-Opitz, R., The Vivo-Motor Nerves of the Duodenum. The Amer. Journ. of.
Physiology. Vol. 36. No. 2. p. 203.
20. Busacea, Archimede, Sülle modificazioni delFapparato plastosomialo nelle cellule
del/ epitelio pigmentato della retina sotto l'azione della luce e dell'oscuritä. Monit.
zool. ilat. Anno 25. No. 11. p. 255—257.
21. Carlson, J., and Braafladt, L. H., Contributions to the Physiology of the Stomach.
XVIII. On the Sensibility of the Gas tri c Mucosa. The Amer. Joum. of Physiology.
Vol. 36. No. 2. p. 153.
22. Cary, Lewis II., The lnflucnco of the Marginal Sense Organs on Functional Activity
in Cassiopea Xamachana. Proc. of the Nat. Acad. of Sc. 1. (12.) 611.
23. Cohnheim, 0., Blutuntersuchungen bei Muskelarbeit. Zbl x f. Physiol. 1914. 28. 747.
(Sitzungsbericht.)
24. Deel man, H. T., Der Lrsprung des Voratriumyogramms in Zusammenhang mit
den Tonustheorien. Nod. Tijdschr. v. Genoesk. 59. (II) 1719.
25. Die den, Hermann, Klinische und experimentale Studien über die Innervation der
Schweißdrüsen. Dtsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 117. N. 3. p. 180.
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
117
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Proc, Soc. for Exper. Biol. of New York. Vol. XII. No. 8. p. 127 (1059).
27. du Bois-Reymond, R., Ueber den thermischen Ausdehnungskoeffizienten des
Muskelgewebes. Berl. klin. Woch. p. 879. ( Sitzungsbericht.)
28. Derselbe, Mythothermische Untersuchungen am Herzmuskel. Zbl. f. Physiol. 1914.
28. 774. (Sitzungsbericht.)
29. Duel, Arthur E., Orientation and Equilibrium; A Study on the Sense of Position and
Movement; Dependence on the Vestibulär Appartus and Importance in the Whole
Field of Medicine. Med. Rec. 1916. 89. 212. (Sitzungsbericht.)
30. Edmunds, C. W., Some Vasomotor Reactions of Liver, with Special Reference to
Presence of Vasomotor Nerves to Portal Vein. Joum. of Pharmacology. No. 5.
31. Eiger, M., Das Elektrokardiogramm als Ausdruck dor algebraischen Summe (bzw.
Resultate) der Aktionsströme des einkammerigen und zweikammerigen Herzens.
Die physiologischen Grundlagen der Elektrokardiographie. II. Arch. f. d. ges.
Phys. 162. 433.
32. Derselbe, Der Einfluß des Nervus Vagus auf die Glykogenbildung in der Leber und
eine neue Methode zur Untersuchung de3 Leberstoffwechsels in seiner Abhängigkeit
vom Nervensystem. Zbl. f. Physiol. Bd. 30. H. 11. S. 445.
33. Derselbe, Beiträge zur Physiologie der Drüsen von Leon As her. 23. Mitteilung.
Der sekretorische Einfluß des Nervus vagus auf die Gallenabsonderung. Zschr. f.
Biologie. 66. (6/7.) 229.
34. Derselbe, Der Einfluß des Nervus vagus auf die Glykogenbildung in der Leber etc.
• Zbl. f. Physiol. Bd. XXX. p. 445.
35. Enge loch, Franz, Studien über antagonistische Nerven. No. 10. Vergleich der
Empfindlichkeit entnervter und nicht entnervter Organe. Zschr. f. Biol. Bd. 66.
H. 3. p. 99.
36. Ernst, Z., Untersuchungen über den chemischen Muskeltonus. III. Mitteilung.
Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 161. No. 8—10. p. 483.
37. Fiori, P., Negative Results of Experimental Lesions of Vagus to Induce Gastric Ulcera-
tion. Riforma medica. July 31. XXXI. No. 31.
38. Fischer, Charles Sumner, The Sympathetic Nervous System and the Gastro-Enterio
Functions. Med. Record. Vol. 87. No. 4. p. 127. '
39. Derselbe, The Autonomous Nervous System and the Gastroenterio Functions, ebd.
Vol. 88. No. 3. p. 92.
40. Fraser, Francis R., Changes in the Electrocardiograms Accompanying Experimental
Changes in Rabbits Hearts. The Journal of Experim. Med. Vol. 22. No. 3. p. 292.
41. Fredericq, Henri, Disparition brusque dela conduotibilit6 ä la suite d’une compreäsion
prolong^e ou progressive s’exercant sur les troncs nerveux. (La loi du „Tout ou Rien“
est eile applicable aux fibres nerveuses?) Ztfchr. f. allg. Physiologie. Bd. 16. H. 1—2.
p. 213.
42. Frey, M. v., und Hacker, F., Die Schichtung der Nervenenden in der Haut. Sitzungs-
ber. d. Physikal.-med. Ges. z. Würzburg. 1914. 17. Dez. 1915. No. 1—2. p. 13. 17.
43. Fuji, K., Researches on Electric Discharge of Isolated Electric Organ of Astrape
(Japanese Electric Ray) by Means of Oxillograph. Sei-I-Kwai Med. Joum. March.
44. Galante, E., Nouvelles recherches sur les nerfs sensitifs des vaiseeaux sanguins. Arch.
ital. de Biologie. T. LXII. fase. II. p. 259.
45. Gasser, H. S., und Meek, Walter J., A Study of the Mechanism by which Muscular
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46. Gel 1 hörn, Emst, und Lewin, Hans, Das Verhalten des Blutdrucks bei Muskelarbeit
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47. Gildemeister, M., Sinnesphysiologische Mitteilungen. Zbl. f. Physiol. 1914. 28.
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48. Ginsburg, H., Tumpowsky, J., and Carlson. A. J., The Onset of Hunger in Infants
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the Amer. Med. Assoc. Vol. LXIV. p. 22. p. 1822.
49. Go 1 o w i n s k i, J. W. Vor wort von Prf. Dr. C. J a c o b j. Beiträge zur Frage der Wirkung
der Xanthinderivate. 1. Mitteilung. Zur Frage der elastischen Eigenschaften des lebenden
Gewebes, unter besonderer Berücksichtigung der ruhenden quergestreiften Muskeln
(Gastrocnemius dos Frosches). Arch. f. die ges. Physiol. Bd. 160. H. 4—6. p. 207.
50. Derselbe, II. Mitteilung. Über die Veränderungen mechanischer Eigenschaften des
ruhenden quergestreiften Muskels (Froschgastroenemius) unter dem Einflüsse der
verschieden alkylierten Xanthine. ibid. p. 223.
51. Derselbe, III. Mitteilung. Über den Einfluß der Purinderivate auf die mechanischen
Eigenschaften des tätigen Skelettmuskels. ibid. p. 231.
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
52. Derselbe, IV. Mitteilung. Zur Frage über den Einfluß der Xanthinderivate auf die
mechanische Arbeitsleistung des Skelettmuskels, ibid. p. 248.
53. Derselbe, V. Mitteilung. Zur Kenntnis der Wirkung der Purinderivate auf den
Zirkulationsapparat und das zentrale Nervensystem, ibid. p. 283.
54. Gottschalk, Alfred, Erstickung und Erholung der markhaltigen Kaltblütemerven.
Ztsch. f. allg. Physiol. Bd. 16. p. 513.
55. Grünbaum, A., Zur Frage des binokularen räumlichen Sehens. Folia neuro-biologica.
Bd. IX. H. 5. p. 567.
56. Derselbe, Ueber stereoskopische Scheinbewegungen. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk.
Eerste Helft. Nr. 20. 59. (I.) 1737.
57. Derselbe, Ein Reaktionstaster für zwei einander ablösende Ströme, ibid. 59. (II.)
1760.
58. Günther, Gustav, Zur Kenntnis der Spontanbewegungen überlebender Arterien.
Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 9. p. 401.
59. Haberlandt, Ludwig, Für Physiologie der Atrioventrikularfasem de3 Kaltblüter¬
herzens. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 6. p. 225.
60. Hecht, Adolf F., Saitengalvanometrische Untersuchungen des Herzmechanismus bei
Alpenmurmeltieren während des Winterschlafes. Ztschr. f. die ges. experim. Med.
Bd. 4. H. 4/5. p. 259.
61. Derselbe, Klinische und tierexperimontelle Untersuchungen über die Beziehungen des
wirksamen Prinzips von Apocynum zum Herzmechanismus, ibid. p. 264.
62. Hering, H. E., Nachweis, daß Kalium den Herzvagustonus steigert. Arch. f. die
ges. Physiol. Bd. 161. H. 11—12. p. 537. •
63. Derselbe, Über erregende Wirkungen des Kalium auf das Saugetierherz. (Extra-
systolische Tachykardie, Flimmern.) ibidem, p. 544.
64. Derselbe, über die fördernde Wirkung des Morphiums auf die heterotrope Reizbildung
im Herzon. Dtsch. ined. Woch. No. 39. S. 1145.
65. Heß, C., Messende Untersuchungen zur vergleichenden Physiologie des Pupillen¬
spieles. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. p. 382. Festschrift f. H. Sattler.
66. Hirschberg, Julius, Zur Geschichte des Augenleuchtens. Centralbl. f. prakt. Augen-
heilk. April, p. 81.
67. Höber, R., Einfluß seltener Erden auf die Muskelkontraktion. Zentralbl. f. Physiol.
1914. 28. 765. (Sitzungsbericht.)
68. Hoffmann, Paul, Demonstration der Durchschneidung der hemmenden und fördernden
Fasern, die zum Öffnermuskel der Krebsschere ziehen, ebd. 28. 772. (Sitzungs*
bericht.)
69. Derselbe und Magnus-Alslebon, E., über die Maximalfroquenz, in der die Teile eines
Warmblüterherzens zu schlagen vermögen. Zugleich Versuche über die Entstehung
der Arythmia perpetua. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 3—4. p. 139.
70. Hopkins, Ralph, and Mann, Gustav, Heat Coagulation of Muscles of Northern and
Southern Frogs. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol. Bd. 31. H. 10—12.
S. 552.
71. Hoskins, R. G., Rowley, Walter N., and Rösser, Curtice. The Effect of Hemorrh&ge
and of Occlussion of the Carotid Arteries on Vasomotor Irritability. The Archives
of Internal Medicin. Vol. 16. No. 3. S. 456.
72. Inouye, T., Ueber das Einschleichen des Reizes beim Kaltfroschnerven. Mitt. a.
d. med. Fakultät der K. Univ. Tokyo. XIII. No. 3. p. 411.
73. Jansma, J. R., Untersuchungen über den Tonus und über die Leichenstarre der quer¬
gestreiften Muskulatur. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 9. p. 365.
74. Jensen, Paul, Weitere Untersuchungen über die thermische Muskelreizung. Arch.
f. die ges. Physiologie. Bd. 160. H. 6—8. p. 333.
75. Julius, S., Über den unvollkommenen Tetanus der Skelettmuskeln. Arch. f. d.
ges. Phys. 162. (11/12.) 521.
76. Kaiser, K. F. L., Ein neues Verfahren zur Registrierung der menschlichen Herztätigkeit.
Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 160. H. 11—12. p. 525.
77. Kerppola,. William, und Walle, D. F., Über die Genauigkeit eines nachgosungenen
Tones. Skandinav. Arch. f. Physiol. Bd. 33. H. 1—3. p. 1. (Vgl. Kapitel:
Psychologie.)
78. Kleijn, A. de, und So ein, Anatomische Bemerkungen von Burlet, H. M. de, Zur
näheren Kenntnis des Verlaufs der postganglionären Sympathicusbahnen für Pupillen-
erweiterung, Lidspaltenöffnung und Nickhautretraktion bei der Katze. Arch. f. die
ges. Physiologie. Bd. 160. H. 6—8. p. 406. 416.
79. Kohlrausch. A., Die Aktionsströme der Wirbeltiemetzhaut bei Reizung mit Lichtem
verschiedener Wellenlänge. Zentralbl. f. Physiol. 1914. 28.759. (Sitzungsbericht.)
80. Kronecker, Hugo, Kompensationen der Geschmacksempfindungen. Ztschr. f.
Morphol. 1914. 18. 351.
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119
Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
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82. Laqueur, E., Zur Überlebensdauer von Säugetierorganen mit Automatic. Zentralbl.
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the Soc. for Exper. Biol. and Med. Vol. 12. No. 5. p. 61. (903.)
84. Lindhard, J., Uber das Minutenvolum des Herzens bei Ruhe und bei Muskelarbeit.
Arch. f. die ges. Phyßiol. Bd. 161. H. 5—7. p. 233.
85. Loewenthal, N„ Des eosinophilies cons^cutives & la r^action experimentale du
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86. Loh mann, W., Über die ,, binokulare Reizsummierung“ bei Untersuchung der Licht¬
wellen. Arch. f. Augenheilk. Bd. 79. H. 3—4. p. 110.
87. Manley, O. T., and Marine, David, Data Relative to the Problem of Secretory Nerves
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Arch. f. die ges. Physiologie. Bd. 161. H. 8—10. p. 478.
89. Derselbe und Luk des, Alexius, Untersuchungen über den chemischen Muskeltonus.
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90. Mayer, Alfred Goldsborough, The Nature of Nerve Conduction in Cassiopea. Proceed.
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92. Dieselben, Experiments on the Origin and Propagation of the Impulse in the Heart.
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93. Dieselben, Experiments on the Origin and Propagation of the Impulse in the Heart. IV.
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the Sino-auricular Node. The Amer. Journ. of Phvs. 1914. 34 . (4.) 368.
94. Dieselben, The Origin of the Cardiac Impulse in Turtles Heart. Proc. of the Soc.
for Exp. Biol. 1914. 11. S. 100—101.
95. Meitzer, S. J., The Relation of the Purgative Action of Magnesium Sulphate to
Perii talsiß, and the General Law of Crossed Innervation. The Archives of Internal
Medicine. Vol. 15. No. 6. p. 955.
96. Moore, W. H., On the Mechanism of the Anaphylactic Reaction in Smooth Muscle.
Proc. Soc. for Exper. Biol. and Med. New York.- Vol. 12. No. 7. p. 105. (1037.)
97. Derselbe, Comparative Physiology of Immune and Anaphylactic Smooth Muscle.
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98. Münnich, Ferdinand, Über die Loitungsgeschwindigkeit im motorischen Nerven bei
Warmblütern Ztschr. f. Biologie. Bd. 66. H. 1—2. S. 1.
99. Nobel, Edmund, Über den Einfluß der Gallensäuren auf die Herztätigkeit. Ztschr.
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100. Noll, A., Experimentelle Untersuchungen über die zentrale Innervation der Vogeliris.
Zbl. f. Physiol. 1914. 28. 761. (Sitzungsbericht.)
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103. Ozorio, Miguel, Sur le röle des pneumogastriques dans la production de l’apn6e. Folia
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104. Parnas, Jacob, Über das Wesen der Muskelerholung. Zbl. f. Physiol. Bd. 30.
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105. Pechstein, Heinrich, Die Reaktionen des ruhenden und arbeitenden Froschmuskels.
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106. Ponirovrky, N. G., Innervation of the Isolated Heart of Dog and Rabbit. Russky
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107. Popp, Heinrich, Die Wirkung von Wärme und Kälte auf die einzelnen Ampullen des
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108. Quagliariello, Proprietä ehimiche e chimico-fisicho dei muscoli e dei succhi muscolari.
Nota VI. Sul contenuto dei muscoli striati bianchi e rossi. Atti della Reale Accad.
dei Lincei. Vol. 24. No. 4. p. 348.
109. Quix, F. H., Die Funktion der Mittelohrmuskeln bei den Walfischen mit Demonstration
mikro-photographischer Lichtbilder. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59 . (I.) 1833.
110. Rehorn, Ernst, Das Dekrement der Erregungswolle in den erstickenden Nerven.
Ztschr. f. allg. Physiologie. Bd. 17. H. 1. p. 49.
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Physiologie der peripherischen Nerven and jfaskeln.
#
111. Keys, J. H. O., Über die absolute Kraft der Muskeln im menschlichen Körper. Arcb.
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112. Rijnberk, G. van, Onderzoekingen over spiertonuß en spiertonusinnervatie. Nederl.
Tijdschr. voor Geneesk. Tweed© Helft. Nr. 8. p. 1184.
113. Robinson, G. Canby, The Action of the Vagi on the Heart in Paroxysmal Tachycardia.
The Arch. of Int. Med. 16. (6.) 967.
114. Roels, F., Über akustische Nachbilder. Verslag Kon. Acad. v. Wet. (afd. Wis-en
Natuurk.) 24. 721.
115. Rogers, Fred T., Contributions to the Physiology of the Stomach. XX. The
Contractions of the Rabbits Stomach Düring Hunger. The Amer. Joum. of Physiology.
Vol. 36. No. 2. p. 183.
116. Rutenburg, David, über die Netzhautreizung durch kurzdauernde Lichtblitze und
Liohtlücken. Inaug.-Diss. Straßburg.
117. Sanders, Hans-Theodor, Untersuchungen über die Wärmelähmung des Kaltblüter¬
nerven. Ztschr. f. allg. Physiol. Bd. 16. p. 474.
118. Schafir, M. Studien über antagonistische Nerven. No. 11. Über den angeblichen
Einfluß des Kalziummangels auf das autonome Nervensystem. Ztschr. f. Biol. 66.
(4/5.) 141.
119. Schlomovitz, B. H., Eyster, J. A. E., and Meek, W. J., Experiments on Origin and
Conduction of Cardiac Impulse. Relation of Nodal Tissue to Chronotropic Influence
of Inhibitory Cardiac Nerves. Arne-. Joum. of Physiol. Vol. 37. No. 2. S. 177.
120. Secher, Knud J. A., Die Wirkung des Chinins auf die quergestreifte Muskulatur des
Frosches. Arch. f. experm. Pathol. Bd. 78. H. 5—6. p. 445.
121. S eff rin, Lorenz, Über die kleinsten noch wahrnehmbaren Geruchsmengen einiger
Riechstoffe beim Hund. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 11—12. p. 493.
122. Siegmund, P. K., Die mechanische und die neurogene Herzstoßtheorie. Zbl. f.
Herz- u. Gefäßkrankh. 7. (23.) 357.
123. Sternberg, Wilhelm, Sinneseindruck und Appetit. Intern. Beitr. z. Path. u. Ther.
d. Emährungsstör. 5. (4) 421. (Vgl. Kapitel: Allg. Physiol.)
124. Straub, M-, Eine biologische Untersuchung des Tonus der Muskeln, eine Ausdehnung
der Theorie der Brechungszustände des Auges herbeiführend. Geneesk. Bladen.
18. 105.
125. Tashiro, Shiro, On the Nature of the Nerve Impulse. Proc. of the National Academy
of Sciences Vol. I. No. 2. p. 110.
126. Uexküll, J. v., Über die Innervation der Krebsmuskeln. Zbl. f. Physiol. 1914.
28. 764. (Sitzungsbericht.)
127. Veen, H., Die Zusammenziehung der Horzmuskelfasem. Ned. Tijdschr. v. Geneesk.
59. II. 624.
128. Wassenaar, Th., Optische Täschung. ebd. 59. (II.) 2078.
129. Wies er, Fritz, über die Verlängerung der Latenzzeit des Nervenendorgans durch
Ermüdung. Ztschr. f. Biologie. Bd. 65. H. 10. p. 449.
130. W r ilson, Frank N., A Case in Which the Vagus Influenced the Form of the Ventricular
Complex of the Electrocardiogramra. The Arch. of Int. Med. 16. (6.) 1008.
131. Zuntz, Zur Physiologie der Schweißsekretion. Berl. klin. Woch. 52. 1292. (Sitzungs¬
bericht.)
Aus dem Kapitel der Physiologie der peripherischen Nerven und
Muskeln verdienen folgende Arbeiten besonderes Interesse. De Boer
kommt auf Grund seiner experimentellen Untersuchungen zu der An¬
schauung, daß die Tonusreize von dem zentralen Nervensystem aus nicht auf
den spinalen Bahnen, sondern auf den efferenten thorakalen autonomen
Nervenbahnen die Muskeln erreichen, ferner meint er, daß vom Zere-
bellum dieser tonische Impuls an den vom Großhirn kommenden Impuls
abgegeben resp. ihm hinzugefügt wird. Die Leichenstarre ist nach Ansicht
des Autors die letzte tonische Muskelkontraktion, die auch durch Impulse
auf den thorakalen autonomen Bahnen zustande kommt. Frey und Hacker
folgern aus ihren Untersuchungen, daß die Schmerznerven am nächsten der
Oberfläche der Haut endigen (intraepithelialen freien Nervenenden). Die Or¬
gane für Kälteempfindungen liegen nicht viel tiefer, unmittelbar unter der
Epidermis (Nervenknäuel); als Organe der Druckempfindung werdeu die
kranz- und korbähnlichen Nervengeflechte angesprochen. Die Organe der
Wärmeempfindung, die etwa in gleicher Höhe liegen, sind noch unbekannt.
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
121
Sehr überzeugend wirkt, das Experiment von Eiger über den Einfluß des
Vagus auf die Glykogenbildung in der Leber, das an der Schildkröte, deren
Leber in zwei getrennte Abschnitte zerfällt, ausgeführt wurde; ebenso wert¬
voll erscheint die von Asher ermittelte Tatsache, daß der Vagus ein sekre¬
torischer Nerv der Niere ist, der an den gewundenen Harnknäuelchen seinen
Einfluß ausübt; ferner stellte der Autor fest, daß bauchsympathische Nerven¬
fasern hemmend auf die .Wasserausscheidung, dagegen fördernd auf die NaCl-
Ausscheidung wirken. Öhrmann hält den sog. Muskelsinn nicht für eine
unmittelbare Sinnesempfindung, sondern es spielen dabei psychische Vorgänge
höherer Ordnung eine Rolle. Beim Kaninchen macht es nach Rogers den
Eindruck, daß die Hungerkontraktionen des Magens intensive Verdauungs¬
peristaltik darstellen. Die sympathischen Bahnen für das Auge sollen
nach Feststellungen von de Kleiju und Sociu bis auf eine kurze Strecke
ganz außerhalb der Schädelböhle verlaufen, der Weg ihres Verlaufes wird
von den Autoren genau angegeben.
Nerven.
Bei Vergleich eines normalen mit einem teilweise oder ganz entnervten
Kaninchenohr, welches Engelloch (35) durch Durchschneidung des Hals¬
sympathikus und des N. auricularis herstellte, ergeben sich keine Anhalts¬
punkte dafür, daß die Gefäße des operierten Ohres auf Adrenalininjektionen
für Verengerung leichter ansprechen. 2. Hingegen zeigte sich in der Mehr¬
zahl der Fälle, daß bei schwächsten Adrenalininjektionen auf der entnervten
Seite eine Erweiterung der Gefäße eintrat, während auf der normalen Seite
entweder nichts geschah oder die Gefäße sich verengerten. 3. Für die
eben angeführten Tatsachen blieb es gleichgültig, ob die Eutuervung eine
vollständige oder nur eine teilweise war, und ob das Ganglion cervicale
superius fehlte oder erhalten war. 4. Die unter ’c angeführte Tatsache er-^
klärt sich entweder durch das Hervortreten vasodilatatorischer Wirkung bei
Verminderung der Erregbarkeit des Vasomotorenapparates oder aber durch
echte Umkehr. 5. In keinem Falle zeigte die Instillation von Adrenalin
ins Auge eine Erweiterung der Pupille, auch wenn der Sympathikus
durchtrennt und das Ganglion cervicale entfernt war, ein neuer Beweis
dafür, daß die Wegnahme des Ggl. cervicale sup. die Adreualinemp-
findlichkeit der Pupille nicht erhöht. Hingegen gelingt es durch vorherige
Kokainisierung auf beiden Augen durch Adrenalineinträufeln Pupillen¬
erweiterung zu erzielen. 6. Entuervung der Pupille macht diese für Atropin
vielleicht empfindlicher, aber die Reaktion der entnervten Pupille läßt sich
auch auf andere Weise erklären. 7. In bezug auf Amylum nitrosum ergab-
sich in einer gewissen Anzahl der Fälle eine vermehrte Empfindlichkeit des
denervierten Ohres.
Aus den Versuchen von Gottsch&lk (54) über die Erstickung und
Erholung der markhaltigen Nerven geht folgendes hervor: Bei gleichen
Erholungszeiten uehmen die nachfolgenden Erstickungszeiten um so mehr ab,
je zahlreicher sie der ersten Erstickung folgen. Zwischen Erstickungszeit
und vorhergehender Erholungszeit besteht ein Abhängigkeitsverhältnis, und
zwar ist die Erstickungszeit der vorhergehenden Erholungszeit proportional,
wenn letztere unterhalb der Optimalzeit liegt. Ist die Dauer der Erholung
gleich der Optimalzeit oder länger, so nehmen die Erstickungszeiten in
Form einer Exponentialkurve ab. Durch einen höheren Partialdruck wird
die Aufnahmefähigkeit der Nerven für Sauerstoff nicht vergrößert, nur die
Geschwindigkeit der Aufnahme wird gesteigert. Die Abnahme der Er-
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
stickungszeiten in Form der Exponentialkurve nach optimalen Erholungs¬
zeiten ist in erster Linie auf die Anhäufung dor lähmend wirkenden Stoff-
wechselprodukte zurückzuführen; das allmähliche Absterhen des Nerven
kommt fast nicht in Betracht. Da während einer Erholung des Nerven in
Sauerstoff nach 2—4 Miuuten keine weitere Steigerung der Erregbarkeit
stattfindet, da man aber dem Nerven nach längerer Zeit Sauerstoff Zufuhren
muß, um das Maximum der folgeuden Erstickungszeit zu erhalten, so muß
im Nerven eine gewisse Menge von Reservesauerstoff aufgespeichert werden.
Der größte Teil des Reservesauerstoffes ist im Nerven wahrscheinlich in
lockerer chemischer Bindung vorhanden, eine geringere Menge physikalisch in
seinen Flüssigkeiten gelöst
Eine Erregungswelle, die eine erstickende Nervenstrecke durchläuft,
erfährt nach Versuchen von Rehorn (1.10) eioe Abnahme ihrer Intensität
die der Länge der durchlaufenen Strecke proportional ist. Die Kurve,
die das Dekrement der Erregung bei ihrer Fortleitung durch eine erstickende
Nervenstrecke zum Ausdruck bringt, wird durch eine gerade Linie dar¬
gestellt. Das Verhältnis, in dem die Erregungsgrößen stehen, die an ver¬
schiedenen Punkten der erstickenden Nervenstrecke vorhanden sein müssen,
damit die von den betreffenden Punkten ausgehende Erreguugswelle das
Ende der erstickenden Strecke erreicht, ist während der ganzen Erstickungs¬
zeit ein konstantes. Der Zeitpunkt, an dem die dekremeDtlose Leitung des
Erregungsvorganges in eine Leitung mit Dekrement der Intensität übergeht,
liegt bedeutend früher als der Zeitpunkt, an dem die Reizschwelle des er¬
stickenden Nerven, gemessen an der Muskelzuckung eines Nervenmuskel-
präparates, ihren Wert ändert.
Da die bisherigen Werte der Geschwindigkeit der Erregungsleitung
im motorischen Nerven des Menschen große Unterschiede zeigten, wurden
von Münnich (98) zunächst Messungen der Leitungsgeschwindigkeit hei
anderen Warmblütern vorgenommen, wo durch Freilegung der Nervenstämme
eine genauere Bestimmung der Reizpunkte als beim Menschen möglich ist
und sich auch leichter kongruente Kurven erzielen ließen. Die Methode
bestand immer darin, daß Aktionsstromkurven des Muskels bei Reizung des
Nerven an zwei verschiedenen Punkten nacheinander registriert wurden.
Wie bei Reizung am Menschen leicht Irrtümer über die Länge der Zwischen¬
strecke entstehen können, wird durch besondere Versuche gezeigt. Als un¬
gefährer Mittelwert aus allen Versuchen ergibt sich: für Kaninchen 61 m,
Katze 78 m, Hund 78 m. Dabei ist aber zu erwähnen, daß bei zwei
Hunden die Mittelwerte wesentlich höher lagen (88 und 85 m), bei einem
•dritten beträchtlich tiefer (61 m). Für den Menschen ergab sich der
Mittelwert von 66 bzw. 69,3 m.
Bei'langsam ansteigender Temperatur ist, wie Sanders ( 117 ) ausfuhrt,
der Eintritt der Wärmelähmung des Kaltblüternerven abhängig von der ihm
zur Verfügung stehenden Sauerstoffmenge. Reichlich vorhandener Sauerstoff
vermag den Eintritt der Wärmelähmung hinauszuschieben. Bei langsam
ansteigender Temperatur tritt die Wärmelähmung, wenn man als Indikatur
•das Erlöschen der Leitfähigkeit betrachtet, ein
a) für den in Stickstoff ruhenden Nerv bei 28,9® C,
b) für den in Luft ruhenden Nerv bei 30,8° C,
c) für den in Sauerstoff ruhenden Nerv bei 32,1° C.
Auch bei konstant bleibender Temperatur zeigt sich der Eintritt der
Wärmelähmung in weitgehendem Maße abhängig von der Sauerstoffmenge,
die ihm zur Verfügung steht. Unter dem Einflüsse lokaler Erwärmung
zeigen Erregbarkeit und Leitfähigkeit die gleichen Veränderungen wie bei
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
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•der Erstickung. Das Verhalten der Leitfähigkeit gegen Reize von ver¬
schiedener Intensität liefert einen erneuten Beweis für die Gültigkeit des
„Alles- oder Nichtsgesetzes“ bei der Ungeschädigten Nervenfaser.
Nach Versuchen von Fredericq (41) bleibt die Leitfähigkeit eines
komprimierten Nerven in der komprimierten Strecke bis zu einem ge¬
gebenen Moment bestehen. Dann schwindet aber die Leitfähigkeit momentan,
wie groß auch immer der Reiz, den man anwendet, sein mag. Dasselbe
tritt eiu, wenn der komprimierende Druck allmählich erhöht wird. Die
Leitfähigkeit schwindet nicht allmählich, sondern plötzlich.
B&b&k (4) tritt entschieden für die Ansicht über die qualitative Ver¬
schiedenheiten der Vorgänge in Nervenfasern auf Heizung ein. Natürlich
die Vorstellungen über die Quantität dieser Differenzierungen können sehr
verschieden sein; uud wir haben vorläufig nur sehr wenige experimentelle
oder überhaupt empirische Möglichkeiten, die Vorgänge im Nerven zu diffe¬
renzieren. Deshalb verfügen wir nur über Theorien. Eines ist Bicher,
daß die Annahme von der Einheit aller Vorgänge durchaus widersinnig ist,
denn schon die quantitativen Verschiedenheiten müssen eine Veränderung
der Qualität zur Folge haben. Wir können uns die Nerveureizuug als einen
komplexen chemischen Vorgang vorstellen, den man in seine Komponenten
zerlegen kann. Schon in diesem Falle müßten die quantitativen Eigen¬
schaften der Komponenten zur qualitativen Differenzierung der ganzen Tätigkeit
führen. Der Autor ist bestrebt, seine Ansichten möglichst eingehend durch
konkrete Beispiele der Nervenphysiologie zu demonstrieren. (Jar. Stuchlüc.)
Der Tonus spielt, wie aus den bedeutsamen Untersuchungen von deBoer
(12) ersichtlich wird, für die quergestreiften Muskeln eine schützende Rolle; er
sorgt dafür, daß die Muskeln von wiederholten Dehnungen keinen dauernden
nachteiligen Einfluß erleiden, die unvermeidlich bald für die eine, bald für
die andere Muskelgruppe auftreten würden. Aus de Boers Experimenten
geht hervor, daß diese Tonusreize von dem zentralen Nervensystem aus
nicht auf den spinalen Bahnen, sondern auf den efferenten thorakalen
autonomen Nerveubahnen die Muskeln erreichen. Dies gilt sowohl für Kalt¬
blüter (Frösche) als Warmblüter (Katzen). Zugleich hat sich ergeben, daß
auch der Tonus der Schwanzmuskulatur der Katzen von dem thorakalen
autonomen Nervensystem aus unterhalten wird. Für die Amphibien und für
andere niedere Tiere hat das Rückenmark als zentrales Organ des Reflex-
tonus große Bedeutung, bei den Säugetieren nimmt diese Stelle das Zere-
bellum ein. Werden diese Reflexbahnen irgendwo unterbrochen, dann ent¬
stehen Störungen von seiten des Muskeltonus.
Wenn man einen Muskel so schonend wie möglich freipräpariert und
eine einfache Muskelkontraktion auf einen Induktionsschlag auslöst, dann
erhält man nicht einen einfachen Gipfel, sondern eine zweigipfelige Kurve,
wobei die zweite Verkürzung von dem ersten Gipfel ausgehen kann, so daß
dann eine Kurve mit einem ansteigenden Plateau entsteht. Der zweite Teil
dieser Kurve ist abhängig von Erregungen, die auf autonomen Bahnen den
Muskel erreichen: denn wenn man zentral von der Durchschnittsstelle der
Rami communicantes reizt, daun verschwindet die zweite Verkürzung. Der
erste Gipfel der Kurve entsteht durch Erregungen, die auf den spinalen
Bahnen verlaufen, der zweite Gipfel durch Erregungen, die auf autonomen
Bahnen den Muskel erreichen. Die Form der zwei Gipfel ist auch ver¬
schieden : Die Dauer der zweiten Verkürzung ist am größten. Auch gegen¬
über verschiedenen Temperaturen ist ihr Verhalten nicht gleich: Von
Zimmertemperatur ausgehend, vergrößert sich der erste Gipfel und bei Er¬
wärmung verschwindet dann der zweite, nach Abkühlung wird der erste
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Physiologie der peripherischen Nerven nnd Muskeln.
Gipfel niedriger und vergrößert sich der zweite, so daß die größte Höhe
dann mit dem zweiten Gipfel erreicht wird. Ermiiduug und übermaximale
Reize vergrößern den zweiten Gipfel. Als Argumente dafür, daß der zweite
Gipfel der Kurve der tonische Gipfel ist, führt de Bo er folgende an.
1. Die Innervation von zwei verschiedenen Nervenbahnen aus. 2. Das ver¬
schiedene Verhalten der zwei Gipfel gegenüber Abkühlung und Erwärmung
und Abkühlung. 3. Die verschiedene Beeinflussung der zwei Gipfel durch
Ermüdung und starke Reize. 4. Die Empfindlichkeit des zweiten Gipfels
für Reize vom Nerven aus oder für reflektorische Reize, während der erste
Gipfel dadurch nicht beeinflußt wird. Die tonische Verkürzung ist die Ur¬
sache, daß die einfache Muskelkontraktion eine längere Dauer erhält, so
daß Summation zu einer tetanischen Verkürzung leichter stattfindet Hiermit
übereinstimmend sieht man, daß Greise, die hypotonische Skelettmuskeln
haben, oft Tremores aufweisen bei intendierten Bewegungen usw. Die Be¬
deutung des Tonus für die Muskelkontraktionen besteht darin, daß die
Kraft derselben bedeuteud zuuimmt. Auch für die Präzision, das richtige
Abmessen der Muskelkontraktionen, ist der Tonus von großem Gewicht.
de Boer sucht dann weiter die Frage zu beantworten, wie man die
Funktion des Zerebellums auffassen kaun, wenn man von der vorher ge¬
gebenen Darlegung über die Bedeutung der tonischen Innervation für die
Funktion der Muskeln ausgeht. Man könne dies nach Ansicht des Autors
durch die Annahme tuu, daß während der von der motorischen Großhirn¬
rinde aus angeregten Bewegungen bei jedem längs der Pyramidenbahn ab¬
fließenden Impuls das Zerebellum einen tonischen Zusatz an die neuro-
motorischen Apparate verabfolgt. Die Möglichkeit, daß das Zerebellum
selbst hierzu jedesmal im rechten Augenblick angeregt wird, fiudet man in
den ponto-zerebellaren Bahnen, welche die Pyramidenbahn mit der Klein¬
hirnrinde verbinden. Mit jedem Impuls, der längs der Pyramidenbahn ab¬
fließt, kann auch das Zerebellum zu stärkerer Funktion angeregt werden
und den neuromuskulären Apparaten, die durch die längs der Pyramiden-
bahn abfließenden Reize in Wirkung kommen, einen Impuls zufügen, der
längs den Rami communicantes die Muskeln erreichen kann. In den Muskeln
würde sich dies als die langsame tonische Verkürzung äußern, die als Kurve
unter der Bezeichnung der „Funk eschen Nase“ bekannt ist. Wird nun
das Zerebellum, das durch eine Seitenbahn in die efferenten motorischen
Nervenbahnen eingeschaltet ist, exstirpiert, dann werden die Skelettmuskel
zwar Impulse vom Großhirn aus erhalten, aber nicht mehr solche, die über
das Zerebellum gehen. Dies hätte dann für die elementären Muskelkon¬
traktionen, aus welchen der natürliche Tetanus aufgebaut ist, dieselben
Folgen, wie Durchschneidung der Rami communicantes. Aus weiteren Ex¬
perimenten de Boers hat sich gezeigt, daß.die Impulse, die den be¬
schleunigenden Einfluß auf das Eintreten der Leichenstarre ausüben, auf
den thorakalen autonomen Nervenbahnen verlaufen, wenigstens soweit es die
Muskeln des Rumpfes, der vorderen und hinteren Extremitäten betrifft.
Denn stets war Verzögerung der Leichenstarre (bei Fröschen) an derjenigen
Stelle eingetreten, wo der Autor die Rr. communicantes durchschnitten hatte.
Die Erstarrung der Muskeln erfolgt nach eiuer bestimmten Reihenfolge
(Nystensches Gesetz). Von den hinteren Extremitäten erstarrten in allen
Fällen die Flexoren eher als die Extensoren, de Boer glaubt das frühere
Erstarren der Beuger in Verbindung bringen zu müssen mit dem höheren
Tonus der Flexoren, der den Tonus der Extensoren überwiegt. Diese»
Überwiegen des Tonus der Beuger hätte seinen Grund in der Tatsache, daß-
die Beuger reizbarer sind als die Strecker, de Boer stimmt der Ansicht
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
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zu, daß -mau die Leichenstarre als eine letzte Muskelkontraktion auffassen
müsse, und zwar als eine letzte tonische Muskelkontraktion. Neben dem
nervösen Faktor ist bei dem Prozeß der Leichenstarre auch noch ein
chemischer im Spieie. Sauerstoffmangel, Erstickung sei nötig für die Er¬
starrung. Dieser Sauerstoffmangel tritt bei höheren Temperaturen noch
schneller ein, da die Oxydationen dann schneller verlaufen; als Folge hiervon
tritt bei höherer Temperatur die Leichenstarre auch eher auf. Es sei also
wohl deutlich, daß es intermediäre Stoffwechselprodukte wären, welche die
Leichenstarre durch autochthone Reizung bewirken.
Nach Beobachtungen deBoers, so führt Beritoff (9) aus, zeigt bei
Hängelage des Tieres die Hinterextremität an der Seite mit durchschnittenen
Rr. communicantes eine geringere Beugung, als die andere, de Bo er
meint, daß man es hier mit dem Ausfall der tonischen Innervation zu tun
hätte — die operierte Extremität sei eben atonisch. Beritoff hält es
aber für sehr wahrscheinlich, daß an der operierten Seite der flexorische
Tonus durch den extensorischen ersetzt werde und demnach es sich hier
nicht um Ausfall des Tonus, sondern um seine Ablösung durch einen anderen
handelt. Diese gegenteilige Ansicht wird dann vom Verfasser näher begründet.
de Boer (11) geht die einzelnen Punkte der Beritoffschen Er¬
widerung durch und sucht sie zu entkräften.
Manche Arzneimittel erregen selektiv einzelne bestimmte Abschnitte
des Vasomotorenapparates. Man kann, wenn man sie anwendet, gewisse
Veränderungen in der Erregbarkeit dieser Abschnitte sich offenbaren sehen.
Die Hämorrhagie bewirkt eine deutliche Erhöhung der Nikotiureaktion, aber
nur eine leichte oder gar keine Erhöhung der Epinephrinreaktion. Karo¬
tidenverschluß führt nach Versuchen von Hoskins, Rowley undRosser (71) zu
demselben Resultat. Die Reaktionserhöhung hat wahrscheinlich seine Ursache
in der erhöhten Erregbarkeit des vasokonstriktorischen Zentrums. Das
Phänomen ist eine Adaptionserscheinung, welches dazu da ist, um die nor¬
malen Zirkulationsverbältnisse aufrechtzuerhalten.
Schaflr (118) beschreibt eine neue Methode, um ohne Vergiftung durch
Oxalate einen relativen Kalziummaugel des Blutes herbeizuführen. Ersetzt
man nach einem Blutentzug das verlorene Blut durch reine Kochsalzlösung
— dies ist das Prinzip der neuen Methode —, so ist keine wesentliche Ver¬
änderung der Erregbarkeit des sympathischen und parasympathischen Systems
zu beobachten, wenn man die Gesamtheit der Fälle in Betracht zieht. Der
Blutentzug als solcher hat, wenn man für Ersatz der verloren gegangenen
Flüssigkeit sorgt, keinen nachteiligen Einfluß auf die genannten Erregbar¬
keitsverhältnisse. Ersatz des Blutes durch Ringer- oder Tyrodelößung oder
künstliches Pohlsches Serum, Lösungen, die alle eineo für die physiologischen
Bedürfnisse zureichenden Gehalt an Kalziumionen haben, wirken nicht derart
auf die Erregbarkeitsverhältnisse ein, daß irgendwie von einem erregbar¬
keitsmindernden Einfluß der Kalziumionen geredet worden könnte. Die
kritische Untersuchung der bisher vorliegenden Tatsachen läßt die Frage des
Einflusses der Kalziumionen auf die Erregbarkeit des sympathischen und
parasympathischen Systems als eine noch offene erscheinen. Es gibt ge¬
sicherte Tatsachen, welche gerade die Herabsetzung der Erregbarkeit durch
Kalziummangel beweisen.
Galante (44) hat hei Kaninchen die sensiblen Gefäßnerven durch
Chloralose paralysiert und nun bei diesem Versuch Reizversuche an den
Gefäßen mit Nicotine ferrum citricum usw. gemacht. Es zeigte sich, im
Gegensatz zu normalen Kontrolltieren, daß die Reizversuche bei den behan¬
delten Tieren erfolglos waren.
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Physiologie der peripherischen Nerven uod Muskeln.
Durch eine Abänderung der von v. Frey-Meyerschen Gefäßstreif-
methode (Würzburger Sitzungsber. 1906) kann man an Arterienstreifen mit
großer Sicherheit automatische Kontraktionen erhalten, die viele Stunden
mit gleichbleibender Regelmäßigkeit andauern. Für das Zustandekommen,
dieser Bewegungen ist, wie Günther (58) angibt, ein dem Adrenaliu-
gehalte des Blutes entsprechender Adrenalinzusatz notwendig, wenn man
an Stelle von Blut oder Serum Ringerlösung als Untersuchungsflüssigkeit
verwendet.
Wird die Sauerstoffzufuhr unterbrochen, so treten Erstickungssymptome
auf, die sich mit den von 0. B. Meyer und H. Full (Ztschr. f. Biol.,
Bd. 6l) eingehend beschriebenen Erscheinungen decken. Die Lebenstätig¬
keit peripherer Ganglien ist weit größer, als man bisher anzunehmen geneigt
war. Au deu rhythmischen Spontanbewegungen der Gefäße siud aller Wahr¬
scheinlichkeit nach die Ganglienzellen der Gefäßwand mitbeteiligt.
Die von manchen Forschern (Bechterew, Winkler u. a.) aufgestellte
Behauptung, daß der Schweißsekretion ein kortikales Zentrum vorstehe, er¬
scheint Dieden (25) nicht bewiesen. Dagegen scheint die von Karplus
und Kreidl als Zentrum für vegetative Funktionen beschriebene Gegend
Zwischenhirn, die dem zentralen Höhlengrau des III. Ventrikels und des
Infundibulums nahe gelegen ist, auch für dio Schweißsekretion von Bedeu¬
tung zu sein. Durch Reizung dieser Gegend konnten Karplus und Kreidl
an Katzen Schweiß an allen vier Pfoten auslösen. Stimmungen wie Angst,
Spannung, Verlegenheit scheinen durch Einwirkung auf diese Stelle zur
Schweißabsonderung zu führen. Ob im Zwischenhirn ein „umschriebenes“
Zentrum für die Schweißabsonderung liegt, läßt sich zurzeit noch nicht ent¬
scheiden. Für ein übergeordnetes Schweißzentrum in der Medulla oblongata
liegen keine Anhaltspunkte vor. Wohl aber ist nicht zu bezweifeln, daff
es im Rückenmark umschriebene Partien gibt, von deneu Schweißsekretion
ausgelöst wird. Sehr wahrscheinlich werden diese durch Zellgruppen reprä¬
sentiert, dio im Seitenhorn liegen. Für lange Schweißbahnen im Rücken¬
mark fehlt nicht nur der Beweis, sondern es fehlen auch klinische Tatsachen,
dio deren Vorhandensein wahrscheinlich machen würden. Bei Halbseiten¬
läsionen des Rückenmarks kommt es augenscheinlich ebensowenig wie bei
zerebralen Hemiplegien zu halbseitigen Störungen der Schweißsekretion. Die
schweißerregenden Fasern verlassen das Rückenmark durch die vorderen
Wurzeln. Allo schweißerregenden Fasern nehmen ihren Weg über die Rami
communicantes albi, den sympathischen Grenzstrang und die Rami communi-
cantes grisei zurück zum Spinalnerven. In der Peripherie verlaufen die
schweißsekretorischen Fasern gemeinschaftlich mit den sensiblen Nerven zur
Haut und damit zu den Schweißdrüsen. Nach Durchtrennuug des periphe¬
rischen Nerven hört die Schweißsekretion auf. Diese Tatsache ist für die
klinische Diagnose, ob eine Kontinuitätstrennung des Nerven vorliegt, von
wesentlicher Bedeutung. Durch experimentelle Untersuchungen läßt sieb
der Nachweis von schweißhemmenden Fasern bringen. Erst durch die Fest¬
stellung dieser Tatsache ist bewiesen, daß die Innervation der Schweißdrüsen
denselben Gesetzen unterliegt, wie die antagonistische Innorvation der Gefäße
des Herzens, der Pupillen, der Speicheldrüsen, des Magendarmkauais und der
Genitalien. Die Schweißsekretion kann einesteils durch sensible Reize von
der Haut (Wärme), außerdem durch direkte Erregung der spinalen Schwei߬
zentren erfolgen. Eine solche kann durch Wärme des Blutes, durch Ein¬
flüsse von seiten des Gehirns (Stimmungen), durch Gifte (Tetanusgift), durch
pharmakologische Stoffe (Ammonium aceticum, Stoffe im Fliedertee) bervor-
gerufen werden. Aber auch durch Beeinflussung der sympathischen Ganglien
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
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(Nikotin) und durch direkte Wirkung auf die Nervenendigungen an den
Schweißdrüseu (Pilocarpin) kann die Sekretion beeinflußt werden.
Aus vielfachen, näher aufgezählten experimentellen Untersuchungen von
Frey und Hacker (42) resultiert, daß die verschiedensten chemischen Stoffe
und ebenso starke Abkühlung bei ihrer von außen nach innen fortschrei¬
tenden Wirkung auf die Haut zuerst die Schmerzempfindlichkeit lähmen,
weuig später die Kaltempfindung und nur bei besonders tief greifender
Wirkung auch Wärme und Druck. Bei den reversiblen Lähmungen erfolgt
die Rückkehr der Empfindlichkeit in umgekehrter Reihenfolge. Der Gedanke
einer besonderen chemischen Verwandtschaft aller dieser Stoffe zu den
Schmerznerven kann nicht in Betracht kommen, und man wird die Annahme
gelten lassen müssen, daß die Schmerzuerven am nächsten der Oberfläche
endigen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die intraepithelialen
Nervenenden auch freie, d. h. ungeschützte, sind und daher chemischen
Einflüssen besonders leicht unterliegen. Auch die intrakutanen und sub-
papillären Injektionen die Dr. Hacker in großer Zahl ausgeführt hat, bzw.
an sich hat ausfühl en lassen, zeigen ein auswählendes Verhalten gegenüber
den 4 Nervenarten. Gleichgültig ob die Lähmung durch narkotische Eigen¬
schaften der eingeführten Stoffe oder durch osmotische Druckdifferenzen
zustaude kommt, ob die Wirkung reversibel ist oder nicht, immer leiden die
Empfindungen von Schmerz und Kälte eher und stärker als die von Druck
und Wärme. Alle das Gewebe schädigende Injektionen, aber auch ätzende
Stoffe, die von außen auf die Hand gebracht werden, hinterlassen für kürzere
oder längere Zeit neben Hyperämie und Ödem eine leicht erregbare Schmerz¬
haftigkeit (Hyperalgesie), die sieb von dem oberflächlichen stechenden oder
brennenden Schmerz durch die dumpfe, weit ausstrahlende Qualität und die
lange Nachdauer unterscheidet. Die Autoien vermuten, daß es sich dabei
um eine Hyperalgesie der geschädigten und entzündeten Gefäße bandelt.
Nach den Versuchen von Hacker wird man die Beziehung der intraepi¬
thelialen freien Nervenenden zur oberflächlichen Schraerzempfindung als
äußerst wahrscheinlich bezeichnen müssen. Die Organe für die Kallempfin¬
dung können nicht viel tiefer liegen als die für Schmerz, und zwar wird
man sie unmittelbar unter der Epidermis zu suchen haben. Am meisten
scheinen hier die von Ruffini beschriebenen Nervenknäuel und -büschel
in Frage zu kommen. Als Organe der Druckempfindung kommen an allen
behaarten Hautflächen ausschließlich die kranz- oder korbähnlichen Nerven¬
geflechte in Frage, die die Wurzelscheiden der Haare dicht unter der
Mündung der Talgdrüsen umspinnen. Völlig ungeklärt ist vorläufig die Frage
nach den Organen der Warmempfindung, die ungefähr in gleicher Höhe
oder noch etwas tiefer als die Organe des Drucksinns liegen müsseu.
Wenn Ozorio (103) bei einem Hunde, der tracheotomiert war, und
dem der Brustkorb geöffnet war, künstlich Lufteinblasungen machte, so trat
nur vorübergehend Apnoe ein. Die Atmung begann dann von neuem. Anders
aber verhielt sich die Sache, wenn er nun noch beiderseits die Vagotomie
ausführte, dann trat vollkommene Apnoe ein. Die Durchschneidung des
Vagus hat keinen Einfluß auf die Herbeiführung und Unterhaltung der Apnoe.
Es gibt demnach nur eine Art von Apnoe, das ist diejenige, welche durch
Veränderung des Blutes infolge intensiver pulmonärer Ventilation herbei¬
geführt wird.
Eiger (33) erzeugte durch intrathorakale Reizung der Nervi vagi unter
Ausschluß der Herzwirkung nach Ashers Methode eine vermehrte Gallen¬
absonderung. Intrathorakale Reizung der Nervi vagi ohne Herzwirkung ver¬
mehrte nicht nur die Flüssigkeitsmenge in der Galle, sondern auch die
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
Trockensubstanz. Der Autor glaubt den Beweis für einen direkten sekreto¬
rischen Einfluß der Vagi auf die Leberzellen bewiesen zu haben, ln bezug
auf die Gallenproduktion wäre der Vagus ein sekretionsfördernder Nerv.
Der Vagus enthalte motorische Fasern für die Muskulatur der Gallengänge.
In einzelnen Fällen kann man durch Reizung dieser Fasern eine Schließung
des Choledochus erzielen. Die sekretorische Funktion des Vagus bleibt
aber dabei aufrecht. l,5proz. Ereptonlösuug (in physiol. Kochsalzlösung)
bewirkt, ganz im Einklang mit Barbaras Theorie und der Arbeit von
Loeb, eine vermehrte Gallenabsonderung. Die intravenöse Ereptoninjektion
hemmt die Blutgerinnung, wie das alle Eingriffe tun, welche die Leber¬
tätigkeit vermehren.
Das von Eiger (34) angegebene Verfahren zum Studium des Einflußes
des N. vagus auf die Glykogenbildung ist folgendes: Nachdem das
Brustschild der auf dem Rücken liegenden Schildkröte entfernt worden ist,
werden in die beiden Venae umbilicales, die getrennt zum linken und zum
rechten Leberlappen führen, Glaskanülen eingelegt. Da die Leber bei der
Schildkröte eigentlich anatomisch aus zwei Lebern sozusagen besteht, die
nur durch ein paar Millimeter dicke Parenchymbrücken verbunden sind, so
wurden diese beiden Brücken zwischen den Ligaturen mit einem rotglühenden
Messer durch trennt; die sich dabei bildenden Krusten waren vollständig
genügend, um zusammen mit den Ligaturen eine vollständige Undurchlässigkeit
der Durchschneidungsfläche zu gewähren. Darauf wurde eine große Vene,
die vom Duodenum bis zur Leber ging, mit einer festen Ligatur abgebunden;
nach Eröffnung des mittleren der drei Gefäße, die vom Bulbus arteriosus
gehen, wurde eine ziemlich breite Glaskanüle in dasselbe eingeführt. Die
Vorbereitung der Nervi vagi geschah in der Weise, daß der eine auspräpariert
und auf eine Elektrode gelegt wurde, während der andere nach mögliehst
vollständiger Auspräparierung bis zur Leber und nach Zerstörung aller
sichtbaren Seitenverbindungen abgetrennt wurde. Außerdem wurde, um
mögliche, nicht sichtbare Verbindungen mit dem anderen Vagus vollständig
auszuschalten, die ganze Umgebung des zugehörigen vorsichtig mit kon¬
zentriertem Phenol bepinselt. Dank dieser Vorbereitung waren sozusagen
zwei Lebern geschaffen, von welchen die eine z. B. die rechte, gereizt
werden konnte und die zweite, linke, außerhalb der Rcizwirkung lag. Darauf
wurden die Glaskanülen, welche in die Venae umbilicales führten, durch
einen Gummischlauch mit je einer Mariotteschen Flasche in Verbindung
gebracht. Die Mariotteschen Flaschen waren von 1 Liter Inhalt und
auf je 60 cm 3 graduiert, hatten einen Anslauf am Boden und befanden
sich in einem verstellbaren Stativ. Als Durchströmungsflüssigkeit gebrauchte
Eiger l,5°/ 0o Dextrose enthaltende Ringer sehe Lösung. Zwei Klemmen,
die an den Gummischläuchen angebracht waren, gestatteten die Durch¬
strömungsgeschwindigkeit so zu regulieren, daß in je einer Zeiteinheit eine
gleich große Quantität der Durchströmungsflüssigkeit durch die beiden Leber¬
teile durchfloß. Die Reizung der Nerven wurde nach dem Ashersehen
Verfahren so ausgeführt, daß je einer Minute Reizung eine Minute Pause
folgte, um eine Ermüdung des Nerven zu verhüten. Nachdem eine ent¬
sprechende Menge der Durchströmungsflüssigkeit durch die beiden Leber¬
lappen durchgeflossen war, wurden sofort beide Lappen in kleine Stückchen
zerschnitten, gewogen und in Kölbchen mit einer bereis vorher kochenden
66proz. Kalilaugenlösung geworfen. Nachdem der Inhalt der Kölbchen
3 Stunden gekocht hatte, wurde die Glykogenmenge nach dem Pflüger-
Bertrandschen Verfahren bestimmt. Die Versuche wurden so variiert, daß
das eine Mal der rechte, das andere Mal der linke Leberteil gereizt wurde,
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
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außerdem wurden Kontrollversuche angestellt. Es ergab sich immer eine
Zunahme des Glykogengehaltes auf der gereizten Seite. Sogar die während
des ganzen Winters hungernde Schildkröte zeigte eine Zunahme des Glykogen¬
inhaltes im gereizten Lappen im Vergleich mit dem nicht gereizten Leberlappen.
Carlson und BraaflEdt (21) stellten an sich selbst und an einem
Patienten recht interessante Versuche an, um über die Sensibilität des
Magens Auskunft zu erhalten. Es ergab sich, daß die Mageumukosa
weder auf Berührung noch auf Schmerz empfindlich ist. Dagegen soll der
Magen mit Nervenendigungen für Wärme und Kälte versehen sein. Diese
Nervenfasern sind protopathischer Natur (nach He ad). Sie sind zahlreicher
in der Kehle und in Ösophagus vorhanden oder werden dort besser erregt
als im Magen. Chemische (und evtl, auch mechanische) Reizungen der
Nervenendigungen an der normalen Magenschleimhaut erweckt Empfindungen,
die ähnlich sind denjenigen wie man sie beim Appetit hat. Man kann
sagen, daß die Magenschleimhaut eine protopathische Appetitempfindung
besitzt. Die Reizung der Magenschleimhaut erzeugt nicht die Empfindungen
von Hunger und Sättigung. Dagegen wird durch solche Reizung die Reflex¬
erregbarkeit des Rückenmarks gesteigert und Veränderungen im vaso¬
motorischen Tonus herbeigeführt. Das letztere scheint von bewußten flirn-
prozessen abhängig zu sein, welche bei Magenreizungen auf treten.
Burton-Opitz (19) schließt aus seinen Experimenten, daß die Blut¬
gefäße des Duodenum von Nerven versorgt werden, welche vom Ganglion
coeliacum auf dem Wege des Plexus gastroduodenalis und des Plexus
pancreaticoduodenalis verlaufen.
Durch besondere Versuchsanordnung, die näher beschrieben wird,
konnte Asher (2) feststellen, daß die Niere in denjenigen Perioden, wo sie
unter dem alleinigen Einflüsse der Erregung des N. vagus stand, wesentlich
mehr Harn absonderte als die Kontrolliere, gleichgültig, ob es sich um eine,
abgesehen von den Versuchseingriffen, unbeeinflußte Harnabsonderung oder
um eine durch einen konstanten intravenösen Dauereinlauf von Salzlösung
gesteigerte Diurese handelt. Nicht allein war die Harnmenge vermehrt,
sondern auch im gelungenen Versuch die Zusammensetzung des Harnes,
indem auch eine Vermehrung der festen Bestandteile des Harnes eintrat.
Aus diesen Tatsachen schließt der Autor, daß der Vagus ein sekretorischer
Nerv der Niere ist. Damit will der Autor aber nicht behaupten, daß diese
Innervation unbedingt für das Leben notwendig ist. Den Ort, an dem der
Vagusangriff zu denken ist, verlegt der Autor in die gewundenen Harn¬
kanälchen. Vom Autor und einigen seiner Schüler konnte ferner festgestellt
werden, daß der N. splanchnicus spezifisch hemmende Fasern lür die Niere
enthält; aber außerdem konnte (durch Jost) festgestellt werden, daß vom
Bauchsympathikus, und zwar unterhalb der Abgangsstelle der Nierenarterie,
zwei bis drei Nervenfasern aufwärts zur Nierenarterie steigen und mit dieser
zur Niere gelangen. Diese neu entdeckten bauehsympathischen Nierennerven
wirken hemmend auf die Wasserausscheidung, dagegen fördernd auf die
NaCl-Ausscheidung. Auf ihrem Erhaltensein beruht der Unterschied in der
Diurese einer am Hilus total entnervten Niere und einer Niere mit durch¬
schnittenem Vagus und Splanchnikus. Die Niere besitzt somit spezifisch
fordernde und spezifisch hemmende Nervenfasern, wobei bemerkenswert ist,
daß unstreitig die hemmenden Wirkungen überwiegen. Die Niere bedarf zu
ihrer Tätigkeit eigentlich der Nerven nicht. Der Stoffwechsel liefert ihr
hinreichende Anregungen zu ihrer Absonderungstätigkeit. Für den Fall aber,
daß die Tätigkeit der Niere eine übermäßige, nicht im Interesse des Ge¬
samtorganismus liegende ist, greift das Nervensystem regulierend ein.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 9
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
Muskeln.
Bei dem sog. Muskelsinn handelt es sich nach Ansicht von Öhrwall
(101) nicht um unmittelbare Sinnesempfindungen, sondern um psychische
Vorgänge höherer Ordnung. Auch die Bewegungs-, Widerstands- und
Schwereempfindungen, aus welchen sich nach Goldscheider der Muskel¬
sinn zusammensetzt, müssen aus dem Kreise der Sinnesempfindungen aus-
rangiereu. Die zuerst von Lewiusky aufgestellte Ansicht, daß die Be¬
wegungsempfindungen von den Gelenkfiächen her ausgelöst werden, ist un¬
richtig, da die Gelenkfiächen vollständig unempfindlich sind. Auch der
Knochen ist nach Lenanders Versuchen unempfindlich, nur das Periost
ist empfindlich, aber ausschließlich für Schmerzempfindungen; um solche
handelt es sich hier aber nicht. Das gleiche gelte für die Gelenkkapseln,
auch sie sind nur für Schmerz empfindlich. Dagegen scheint das zuerst von
Strümpell nachgewiesene tiefere Druckgefühl in den Weichteilen, be¬
sonders in der Nähe der Gelenke, von großer Bedeutung für die Be¬
wegungsempfindungen, ganz besonders der passiven, zu sein. Indessen sind
sie nicht die einzigen Faktoren für die Bewegungsvorstellungen, sondern eine
Art unter recht vielen anderen. Daraus, daß Lage-, Widerstands-, Schwere-
und Bewegungsempfindungen von mehreren Arten von Sinnesorganen her¬
stammen, ergibt sich, daß sie nicht gut nur direkte Empfindungen sein
können, sondern daß es sich um, sozusagen, bearbeitete Empfindungen, resp.
um Vorstellungen handelt. Was man als Bewegungsempfindungen
(kinästhetiscbe) zu betrachten pflegt, sind in Wirklichkeit ziemlich kom¬
plizierte psychische Vorgänge, recht verschiedenartig in vielen Fällen. Der
Regel nach dürften in ihnen wenigstens folgende Elemente enthalten sein:
1. Eine gewisse Auffassuug der Situation (Lage, Erinnerung an frühere Be¬
wegungen usw.). 2. Ein Gefühl davon, daß die zur Erreichung des Zweckes
unter gewöhnlichen Verhältnissen erforderliche Innervation zustande ge¬
kommen ist; 3. längere oder kürzere Serien von Empfindungen oder Emp¬
findungskomplexen verschiedener Art von den Weichteilen, Muskeln evtl,
der Haut her, die die Muskeltätigkeit (bzw. die Bewegung) begleiten, ver¬
schieden in verschiedenen Fällen; 4. eine Auffassung von den Resultaten
der Muskeltätigkeit (bzw. der Bewegung); 6. frühere Erfahrungen ähnlicher
Art. In vielen Fällen (z. B. bei passiven Bewegungen) fehlen natürlich
einige von diesen Elementen. Auch die Eindrücke von Schwere und Wider¬
stand sind keine spezifischen Empfindungen, sondern Vorstellungen, die wir
auf Grund gewisser Serien von Empfindungen verschiedener Art (Druck,
Spannung, Anstrengung und Erfahrung) bilden. Die sog. Lageempfindung
existiert nicht. Wir haben keine direkten Empfindungen von der gegen¬
seitigen Lage unserer Körperteile, soweit wir eine Vorstellung davon haben,
gründet sich diese auf Gesichtseindrücke, Tastempfindungen verschiedener
Art usw. Zum Muskelsinu, wenn mau einen solchen aufstellen will, sollte
nichts anderes als die eigentümlichen Empfindungen gerechnet werden, die
wir von unseren Muskelu her bei ihren verschiedenen Graden von Zusammen¬
ziehung und Spannung erfahren.
Parn&S (104) suchte experimentell den Sauerstoffverbrauch während
der Muskelerholung, den Milchsäureschwund und die Wärmebildung während
dieser Periode zu ermitteln. Wenn Muskeln durch indirekte Reizung in
Stickstoff so weit ermüdet worden sind, daß sie nur noch schwach reagierten,
dann zeigten sie in der Erholungsperiode, d. h. in der Zeit von dem Be¬
ginn der Erholung ab bis zu dem Zeitpunkt, in dem ihr Sauerstoffverbrauch
in der Zeiteinheit auf den des ermüdeten Muskels herabgesunken ist —
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einen Sauerstoffverbrauch, welcher um 0,1 bis 0,14% des Muskelgewichtes
höher war als der Verbrauch des unermüdeten Muskels in der gleichen Zeit.
Die ermittelte Höhe des Sauerstoffverbrauches während der Erholung steht
derjenigen nahe, welche einer vollständigen Verbrennung der während der
Arbeit angebäuften Milchsäure zu Kohlensäure und Wasser entspricht.
Während der Erholung eines ermüdeten Muskels, bei welcher 0,16% Milch¬
säure verschwinden, vollzieht sich ein chemischer Vorgang, welchem das
Freiwerden von über 6 g Kal. für das Gramm Muskelgewebe entspricht.
Die Wärraebildung ist bei dem ruhenden ungereizten Muskel konstant, bei
dem vorher ermüdeten Muskel ist sie anfangs sehr gesteigert und geht all¬
mählich auf den Ruhewert zurück. Die absolute Größe der Wärmebildung
ist bei dem unermüdeten Muskel so groß wie das thermische Äquivalent der
Sauerstoffzehrung, dagegen bei dem ermüdeten, sich erholenden Muskel nur
etwa halb so groß als die Wärmetönung seiner Milchsäureverbrennung. Die
Vorgänge der Erholung sind die Quelle der Muskelenergie; von der in den
Oxydationsreaktionen des tätigen Muskels umgesetzten Energiemenge wird
etwa die Hälfte als Wärme frei, die andere Hälfte wird zur Wiederher¬
stellung des ursprünglichen Zustandes des Gewebes, in welchem es auf Reiz
Energie frei werden läßt, verwendet. Die aufgespeicherte Energiemenge ist
— nach den Bestimmungen von Hill — in ihrem vollen Betrage in poten¬
tielle mechanische Energie urawandelbar.
Der Einfluß der Blutzirkulation auf die Erholung des Froschmuskels
ist nur ein ganz geringer, und parallel mit der Erholung nimmt die [H 1 ]
des Muskels wieder ab. Ob eine Nachsäuerung im ersten Teil der Ruhe
nach völliger Erschöpfung tatsächlich stattfindet, will Pechstein (105) nach
dem Ausfälle seiner Versuche nicht mit Sicherheit behaupten, da die Diffe¬
renzen zu klein sind und nur durch Zufall bedingt sein können. Was ihn
dennoch veranlaßte, aus deu geringen Differenzen auf eine Nachsäuerung zu
schließen, war der Ausfall der früheren Versuche, bei denen identische
Muskeln desselben Tieres bei gleicher Reizung auch fast gleiche, jedenfalls
bedeutend übereinstimmendere Reaktionswerte gezeigt batten, und ferner die
nach kurzer Erholung sehr niedrigen p H -Werte, die er sonst nicht beob¬
achtet hatte, wenn er auch gleich nach der Erschöpfung untersuchte. Den
Schluß der Arbeit bilden Untersuchungen über den Einfluß nur weniger
Kontraktionen auf die Reaktion der Muskulatur und über die Reaktion bei
Strychnintetanus.
Reys (111) beschäftigt sich mit dem Problem: Welche ist die größte
Kraft, die der Körper ausüben kann, wenn er aus dem Stand in den Zehen¬
stand kommt? Der lange Streit über den mechanischen Teil des Problems
des Zeheostandes ist dadurch entstanden, daß Weber bei der Berechnung
den Begriff „Hebel“ einftihrte. Weber hat die richtige Auffassung vom
Fuß als Hebel. Der Fuß wickelt sich nicht ab, wenn er in den Zehen¬
stand kommt, sondern dreht sich um die Achse der Metatarsophalangeal-
gelenke. Fischer ist der erste gewesen, der die Kräfte richtig berechnete.
Die Spannung eines Muskels in Kontraktion wird ganz getragen durch die
Kontraktion innerhalb der normalen Grenzen. Die Ferse kann den Boden
verlassen, wenn auch die .Schwerlinie hinter die Metatarsophalangealachse
fällt. Es ist aber dann kein Zehenstand, sondern ein mehr oder weniger
schnelles Hintenüberfallen. Hermanns Probe mit belastetem Knie ist un¬
richtig. Der Triceps surae an einer Seite eines gesunden kräftigen Mannes
ist imstande, eine Kraft von 666 kg zu entwickeln. Die natürliche absolute
Kraft von Muskeln im menschlichen Körper unter Einfluß des Willens ist
die größte Kraft, die im Verlauf der Kontraktion in der Längsrichtung der
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Endsehnc ausgeübt werden kann. Der physiologische Querschnitt eines ge¬
fiederten Muskels ist gleich der Oberfläche X siu des Winkels, den die
Fasern mit der Richtung der Eudsehne bilden. Die natürliche absolute
Kraft pro Quadratzentimeter physiologischen Querschnitt der Wadenmuskeln
bei rechtwiukelig gebogenem Fuß ist 5,25 kg.
Die Untersuchung von Julius (75) über den unvollkommenen Tetanus
der Taube, des Kaninchens, des frischen unermüdeten Sommerfrosches und
des Meerschweinchens ergaben folgendes: Die Gipfelpunkte der einzelnen
Teilzuckungen entfernen sich nicht kontinuierlich ansteigend, immer mehr
von der Abszissenlinie, sondern es bildet sich eine „initiale“ Spitze aus, die
dadurch hervorgerufen ist, daß je nach den Versuchsbedingungen die zweite
oder dritte Zuckung die höchste ist. Dieses Phänomen ist so zu erklären,
daß von den ersten Teilzuckungen die erste am langsamsten verläuft, sodann
eine Beschleunigung bis etwa zur vierten Zuckung eiutritt, worauf sich dann
erst ein stationärer Zuckungsverlauf ausbildet oder wieder eine kleine Dehnung
auftritt. Wenn das Reizintervall so gewählt ist, daß kein unvollkommener
Tetanus entsteht, sondern daß die Zuckungen getrennt verlaufen, läßt sich
auch durch Messung feststollen, daß die erste Zuckung die langsamste ist,
die nächstfolgenden zwei oder drei Zuckungen schneller werden und dann
erst eine Dehnung auftritt. Durch diese Beschleunigung der ersten Zuckungeu
und die darauf folgende Dehnung entsteht die eigentümliche Ausbiegung
der Gipfellinie, wodurch sich die Kurve des unvollkommenen Tetanus bei
der Taube erheblich von den bisher bekannten Tetanuskurveu unterscheidet.
Im ganzen genommen zeigen die Untersuchungen des Autors, daß der
Sklelettmuskel sich im wesentlichen ebenso verhält wie der glatte: daß bei
wiederholter Reizung zuerst eine Abnahme der Zuckungsdauer, d. h. ein
Schncllcrwerden der Einzelzuckungen und dann eine Zunahme der Koutrak-
tionsdauer, eine Dehnung, stattfindet.
Es werden von Jensen (74) der Verlauf der „thermischen“ Kontraktion
(d. h. die durch relativ kurz dauernde Erwärmung eines Muskels bewirkte
Verkürzung mit einer auch bei geringer Belastung rasch nachfolgenden
Wiederverlängerung), ihre Abhängigkeit von der Belastung und ihre Kraft¬
kurven näher untersucht und mit den Verkürzungen sowie den unter Um¬
ständen vorkommenden Wiederverlängerungen des Muskels bei der Wärme-
starre im einzelnen verglichen. Hierbei zeigt sich, daß die Erscheinungsweise
der thermischen Kontraktion und der Wärmestarre und die Bedingungen,
unter denen bei beiden Verkürzungen und Wiederverlängerungen auftreten,
scharf voneinander zu unterscheiden sind. Ferner wird festgestellt, daß ohne
Verkürzung abgestorbene (starr gewordene) Muskeln zwar noch die wesent¬
lichen Erscheinungen der Wärmestarre, nicht aber die der thermischen Kon¬
traktion zeigen, daß jedoch reversibel elektrisch unerregbare Muskeln, ja selbst
gewisse irreversibel elektrisch unerregbare, sich die Fähigkeit der thermischen
Kontraktion bewahren können. Das Durchsprechen aller Erklärungsmöglich¬
keiten der thermischen Kontraktion führt zu dem Ergebnis, daß diese auf
einer reversiblen chemisch-physikalischen Änderung der von dou Temperatur¬
änderungon betroffenen Muskelfasern beruht, und daß dieso unmittelbar
durch die Wärme hervorgerufen wird (und nicht etwa durch Vermittlung
„autoelektrischer Reize“ nsw.). Im besonderen wird auf Grund der quanti¬
tativen Bestimmung der Kraftleistungen des Muskels bei der thermischen
Kontraktion und bei der Wärmestarre nachgewiesen, daß bei der typischen
Kontraktion eine partielle Wärmestarre nur in geringem Maße mitwirkt.
Die Alternative, ob es sich bei der thermischen Kontraktion um den Erfolg
einer echten „thermischen Reizung“ oder um eine unmittelbare thermische
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Einwirkung auf die Muskelfibrillen handle, wird zugunsten der ersteren
Ansicht entschieden. Aus den Eigentümlichkeiten der thermischen Beizung,
zusammen mit solchen der chemischen Reizung, werden Schlüsso gezogen
auf den Mechanismus der Muskelerregung im allgemeinen und der thermischen
Erregung im besonderen. Somit ergibt sich, daß der anfangs betonte
Hinweis auf die Bedeutung der Wärme als „Reiz“ berechtigt ist.
Nach Ansicht von Jansma (73) gibt es noch keinen einzigen Befund,
welcher die Aufstellung einer qualitativen Differenz zwischen Tonus und
schneller Kontraktion rechtfertigt; Jansma ist überzeugt, daß eine solche
Differenz nicht besteht. Wie bei der schnellen Kontraktion rhythmische
Impulse den quergestreiften Muskel erreichen mittels der spinalen motorischon
Nervenfasern, so gehen auch die tonischen Impulse, welche die tonische
Kontraktion verursachen, läugs diesen Fasern von denselben Rückenmarks¬
zentreu aus. Welche höheren Zeutreu mit dem Tonus insbesondere ver¬
knüpft sind, ist noch nicht ganz klar. Der Sympathikus hat wahrscheinlich
einen trophischen Einfluß auf die quergestreifte Muskulatur, oder er ist
afferenter Natur. De Bo er hat gezeigt, daß Durchtrennung der Rami
commuuicantes oder der sensiblen Hinterwurzeln eine Verspätung der
Leichenstarre bei Froschmuskeln herbeiführt. Dies kann Jansma be¬
stätigen. Außerdem fand er, daß bei Durchtrennung des Plexus ischiadicus
eine größere Verspätung eintritt, als bei Durchtrennung der-Rami communi-
cantes, daß bei Durchtrennung des N. ischiadicus die Verspätung größer
ist, als bei Durchtrennung der Hinterwurzeln und daß Durchtrennuug der
Rami communicantes entweder die gleiche oder eine geringere Verspätung
bewirkt als eine Durchtrennung der Hinterwurzeln. Durchtrennung des
Halsrückenmarks gibt dieselbe Verspätung, wie die Durchtrennung des
Plexus ischiadicus. In der Leichenstarre sieht Jansma nur einen physisch-
chemischen Prozeß, der mit den normalen vitalen Vorgängen in den Muskeln
nicht gleichwertig ist. Wo aber die Grenze zwischen Leben und Tod
gelegen ist, läßt sich schwer bestimmen.
Mansfeld und Lukdcs (89) bringen mit der Zuntz- Geppertsehen
Methode den Nachweis, daß der respiratorische Stoffwechsel kurarisierter
Hunde eine Abnahme erfährt, wenn man die Muskeln der unteren Extremität
entnervt. Aus diesem Ergebnis ziehen sie den Schluß, daß ein chemischer
Tonus quergestreifter Muskeln vorhanden ist und dieser von solchen Nerven
vermittelt wird, die mittels Kurare nicht gelähmt werden. Wenn man
dieselben Nerven während des Stoffwechselversuchs durchschneidet — vorher
aber schon den Bauchstrang des Sympathikus exstirpiert —, so findet keine
Spur einer Abnahme der Oxydationen statt. Die Autoren folgern aus diesen
Versuchen, daß der chemische Muskeltonus durch das sympathische Nerven¬
system vermittelt wird, ebenso w r ie es für deu mechanischen Muskeltonus
der Frösche von de Boer nachgewiesen wurde.
Mansfeld (88) sucht, die vorige Arbeit ergänzend, nachzuweisen, daß
auch die dauernde Verkürzung, der mechanische Tonus der Muskeln, durch
Kurare nicht aufgehoben werden, sondern erst schwinden, wenn die Nerven
der kurarisierten Muskeln durchtrennt sind.
Aus den Untersuchungen von Ernst (36) geht hervor, daß infolge der
sympathischen (tonischen) Innervation im Muskel keine Kohlehydrate ver¬
brannt werden, daß also in der Tat Tonus und rasche Kontraktion ihren
Sitz in verschiedenen Stoffen haben und der Ausdruck verschiedener
chemischer Prozesse sind.
Nachdem Golowinski (49) in der ersten Mitteilung die Verhältnisse
der elastischen Eigenschaften des ruhenden quergestreiften Muskels erläutert
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bat, wendet er sich der Frage zu, ob und in welcher Weise pharmakologische
Ageutien imstande sind, diese elastischen Eigenschaften des ruhenden Muskels
zu verändern. Der Autor benutzt dazu verschieden alkylierte Xanthine.
Der Unterschied der einzelnen vom Autor geprüften Xanthinkörper ist
lediglich ein quantitativer. Außer der Dehnungskurve verändert sich auch
die der Rückdehnung, welche unter der Einwirkung der Xanthine noch
unvollkommener wird. Diese Erscheinungen sind in hohem Grade abhängig
von dem Einfluß der Substanzen dieser Gruppe auf die kontraktile Muskel¬
substanz, die sieb in folgenden Veränderungen ausdrückt. Das allererste
Stadium der Wirkung äußert sich in einer Kondensierung der Eiwei߬
moleküle; erst nach dieser wird eine feinere Granulierung in der Struktur
bemerkbar, die sich durch Trübung charakterisiert und eine Folge beginnender
Gerinnung des Myosins darstelltendlich tritt dann eine vollständige Ver¬
nichtung und Zerstörung des Muskelbaues ein. Für kleine und mittlere
Dosen kommen nur die ersten beiden Stadien der Wirkung in Betracht,
die als reversible Prozesse aufzufassen sind, d. h. nach dem Aufbören der
Wirkung kehrt die Struktur zur Norm zurück. Die bei der Wirkung der
Xanthinkörper beobachtete Verminderung der Dehnbarkeit des Muskels zeigt
in ihrer Entstehungsweise eine weitgehende Analogie zu der Wirkung, wie
man sie bei der Tetanisierung des Muskels beobachtet. Ein Unterschied
besteht lediglich in der Wirkung auf die Rückdehnungskurve. Unter der
Einwirkung der 'Xanthinderivate beobachtet mau ein stärkeres Hervortreten
der sog. elastischen Nachwirkung.
Auf Grund aller seiner Experimente mit dem unter dem Einfluß der
Purinderivate stehenden quergestreiften Muskel gelangt der Autor zu folgen¬
den Schlüssen: Alle alkylierten Xanthine wirken erregend auf den Skelett¬
muskel, und diese Vermehrung der Erregbarkeit steht in direkt proportionalem
Verhältnis zur Dealkylierung des Xanthinkerns. Wenn der Muskel unter
dem Einfluß von mittleren Dosen sich befindet und dabei eine Arbeit leisten
muß, wie sie das Heben kleiner und allmählich, ungefähr bis zur optimalen
Belastung sich vergrößernder Gewichte bei schwacher Anregung zum Energie¬
verbrauch darstellt, dann bekommt man einen positiven Nutzeffekt für die in
einer bestimmten Zeitperiode geleistete Gesamtarbeit, und zwar um so mehr,
je stärker die entsprechende Substanz wirkt. Wenn der Skelettmuskel eine
Arbeit verübt unter dem Eiufluß derselben Stoffe und bei etwa derselben
Dosierung, aber über die Grenzen der Optimalität hinausgehender Belastung
und bei maximaler Reizung mit Unterbrechungsstrom, dann wird der oben¬
erwähnte Nutzeffekt negativ, und diese Verkleinerung der Gesamtleistung wird
um so größer sein, je weniger der Xanthiukern alkyliert ist. Auch der Er¬
müdungsgrad des unter dem Einfluß von Xanthinderivaten stehenden Skelett¬
muskels infolge einer bei optimaler Belastung und häufiger submaximaler
Reizung geleisteten Arbeit steht in bestimmter Abhängigkeit von der höheren
oder geringeren Alkylierung des Xanthins. Bei der Wirkung mehr alkylierter
Xanthine hat die Gesamtarbeit, welche während einer gewissen Zeitperiode
bis zu dem vollen Verbrauch aller Vorratskräfte des Muskels geleistet ist,
noch immer einen in Prozenten ausdrückbaren positiven Wert gegenüber der
unter gleichen Bedingungen vom normalen Muskel geleisteten Arbeit. Wenn
auch bei der Wirkung dieser Stoffe die Periode der Ermüdung etwas kürzer
ist, so ist dafür die Intensität der Arbeit, welche in der Zeiteinheit der An¬
fangsperiode geleistet wird, im allgemeinen größer als normal, was den oben
erwähnten Uberschuß an Gesamtarbeit ergibt. Bei der Wirkung wenig
alkylierter Xanthine bekommt man ein entgegengesetztes Resultat; obwohl
auch hier die Intensität der Arbeit eine größere ist, so kann sie doch den
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
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infolge eines noch schnelleren Verlaufes der Ermüdungsperiode entstandenen
Arbeitsrerlust nicht in seinem ganzen Umfange kompensieren, so daß sich
ein negativer Gesamteffekt ergjbt. Der Ersatz der Methylgruppe beim N.
des Xanthinkerns durch die Atbylgruppe bewirkt in quantitativer Hinsicht
keinen bemerkbaren Unterschied in der Wirkung; eine etwas deutlichere
Differenz (und zwar im Sinne einer Verminderung) beobachtet man bei
Methoxy- resp. Äthoxylierung des Trimethylxanthius. Was die Bedeutung
der isomeren Stellung der Metbylgruppen in den Dimethylxanthinen für die
Wirkung betrifft, so hat das Paraxanthin die stärkste, das Theophyllin die
schwächste Wirkung, während das Theobromin eine mittlere Stellung zwischen
beiden einnimmt. Die Besultate weiterer vom Autor angestellten Experimente
sprechen dafür, daß alle untersuchten trialkylierten Xanthiue auf das zentrale
Nervensystem wirken, und daß die von ihnen hervorgerufene Verengerung
der Gefäße zum größten Teil abhängig ist von ihrer erregenden Wirkung auf
das Vasomotorenzentrum in der Medulla oblongata resp. auf die sukzessorischen
Vasomotoren, die sich im Rückenmark befinden; denn nach der Zerstörung
dieser Zentren veränderte sich die Schnelligkeit des Ausfließens einer be¬
bestimmten Blutmenge nicht. Es besteht einerseits ein gewisser Parallelis¬
mus zwischen der Alkylierung der Xanthine und der Stärke ihrer erregenden
Wirkung auf das zentrale Nervensystem; andrerseits wächst nach der Zer¬
störung desselben parallel mit der Abnahme der Metbylgruppen im Xanthin¬
kern der Widerstand der Blutzirkulation an der Peripherie.
Bei Fröschen tritt die Hitzestarre in willkürlichen Muskeln vom Typ
des Sartorius und Gastrocnemius, wie Hopkins und Mann (70) berichten,
bei niedrigerer Temperatur ein als in den langsamer sich kontrahierenden
Zungenmuskeln, in diesen wieder bei niedrigerer Temperatur als in der un¬
willkürlichen Herzmuskulatur, und im Herzmuskel bei niedrigerer Temperatur
als in der glatten Blasen- und Magenmuskulatur. Eine höhere Temperatur
ist für die Muskelkoagulation bei Fröschen der nördlichen als der südlichen
Gegenden notwendig. Wenn man Magen- und Blasenmuskulatur allmählich
erhitzt, so tritt zuerst eine Erschlaffung ein. Die nötige Temperatur, um Hitze-
starre hervorzubringen, ist ungefähr 18 Grad höher als diejenige, welche man
benötigt, um den Anfang der Koagulation im Sartorius herbeizuführen. Niko-
tine und Atropine übeu bei glatter Muskulatur uud Kurare bei quergestreifter
Muskulatur keinen Einfiuß auf die Koagulationstemperatur aus. Ermüdung,
durch Bildung von Säuren, verändert Muskeln wie Sartorius und Gastro¬
cnemius derart, daß ihre Koagulation bei niedrigerer Temperatur eintritt.
Die Autoren wollen die Versuche im weiteren so ausgestalten, daß sie Frösche
aus den nördlichen Gegenden zu Experimenten im Sommer und Frösche
aus den südlichen Gegenden zu Experimenten im Winter benutzen, um zu
erforschen, welchen Einfluß die Überwinterung auf Koagulationsfähigkeit
ausübt.
Secber (120) ermittelte, daß Chininsalze in starken Lösungen (bis
1 :250) die quergestreiften Muskeln der Frosches destruieron. Schwächere
Lösungen bewirken keine histologischen Veränderungen. Die zwischen dem
Chinin und der Muskelsubstanz gebildete Verbindung ist reversibel. Das
Chinin beschleunigt das Eintreten der Ermüdung der quorgestreiften Muskeln.
Die Wirkung ist noch bei 1 :45000 zu verspüren. Das Chinin setzt die
Arbeitsleistung der quergestreiften Muskeln herab. Die schwächste wirksame
Konzentration ist 1 : 10000. Das Chinin verändert nicht deutlich Form
noch Länge der Einzelzuckung, noch die Latenzzeit. Die Wirkungen des
Chinins und des Koffeins auf die quergestreifte Muskulatur bieten allerdings
in einigen Beziehungen Übereinstimmungen dar, in anderen Beziehungen aber
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
große Verschiedenheiten, und es ist somit anzunehmen, daß die Wirkung der
beiden Stoffe auf die quergestreifte Muskulatur ganz verschiedener Natur ist.
Herz, Elektrokardiogramm, Magen.
Wäre der Herzstoß, so führt Siegmnnd (122) aus, nur immer eine
direkte Folge der mechanischen Einwirkung der Herzbewegung auf die
passive, anliegende Brustwand, so müßte mau erwarten, daß der Herzstoß
bei normaler Tätigkeit eines kräftigen Herzmuskels sich stets deutlicher
ausprägte, als bei funktioneller oder organischer Herzmuskelschwäche. Aber
gerade das Gegenteil wird sehr häufig beobachtet: bei geschwächter Herzkraft
ein oft auffallend lebhafter, scharf gezeichneter Herzstoß, der nicht selten
in breiter Ausdehnung und meist nur ira Bereich eines einzigen Zwischeu-
rippenmuskels und dabei ohne jede Miterschütterung der Rippen fühlbar ist.
Dieses Verhalten, meint Siegmuud, wird verständlich bei der Annahme
eines neurogenen Herzstoßes. Dann wäre die Stärke und Ausdehnung dieser
Bewegungserscheinung ganz unabhängig von der Kraft der Herzbewegung.
Eine krankhafte Übererregbarkeit der Zwischenrippeumuskeln ist dann vor¬
handen bei gleichzeitiger nervöser oder organischer Herzschwäche. Einen
sehr verbreiterten neurogenen Herzspitzenstoß bei gleichzeitiger nervöser
Schwäche müßte in die Gruppe der neurasthenischen Symptome eingereiht
werden.
Die Resultate der Arbeit von Lindhard (84) sind folgende: 1. Das
Minutenvolum deB Herzens ist bei Muskelarbeit wie bei Ruhe im großen
gauzen eine Funktion des respiratorischen Stoffwechsels. 2. Das Minuteu-
volumen nimmt also bei Muskelarbeit zu. Bei der strengsten in Verfassers
Versuchen vertretenen Arbeit wurde es, einer Stoffwechselsteigeruug von
etwa zehnmal dem Ruhestoffwechsel entsprechend, bis auf sechsmal des Ruhe-
wertes vergrößert. Die Vergrößerung hat annehmbar dieselbe Ursache wie
bei Ruhe. 3. Die Ausnutzung dos Sauerstoffes des Blutes, die bei Ruhe
konstant ist, ist bei Muskelarbeit gesteigert, und zwar in großen Zügen mit
der Arbeit zunehmend. Die größte Sauerstoffaufnahme bei einem normalen
Versuchsindividuum beträgt 148,5 ccm pro Liter, einem Ausuutzungskoeffi-
zienten von 0,795 entsprechend. Welches besondere Verhältnis eine so
große Sauerstoffabgabe ermöglicht, läßt sich nicht entscheiden. 4. Bei Muskel¬
arbeit nimmt gleichfalls der Rhythmus des Herzens zu, und die Veränderung
ist der Arbeit proportional, quantitativ aber bedeutend geringer als die
Vergrößerung des Minutenvolums. 6. Das Schlagvolum des Herzens ist
somit, bei Muskelarbeit vergrößert. Da indessen das gegenseitige Verhältnis
zwischen Miuutenvolum und Pulsfrequenz individuell schwankt, und auf vielen
Wegen beeinflußt werden kanu, lassen sich keine allgemeinen Gesetze für
die Schwankungen des Schlagvolums nachweisen. 6. Außer der Größe der
Arbeit hat auch das Arbeitstempo in verschiedener Weise einen Einfluß
sowohl auf die Respiration als auf den Kreislauf. 7. Auch individuelle
Verhältnisse, wie Indisposition, scheinen einen Einfluß auf den Kreislauf
erhalten zu können. 8. Dagegen besteht kein prinzipieller Unterschied
zwischen dem Verhalten der Respiration und des Kreislaufes bei Muskel¬
arbeit bei Frauen uud Männern. 9. Übung oder Training bewirkt bei Ruhe
eine Steigerung des Stoffwechsels, eine im Verhältnis dazu noch größere
Vermehrung des Minutenvolums und also eine geringere Ausnutzung des
Sauerstoffs im Blute; ferner eine Herabsetzung des Pulsfrequenz und also
eine sehr bedeutende Vergrößerung des Schlagvolums. Bei Muskelarbeit
wird der Trainierte eine gegebene Arbeit mit geringerer Stoffwechselsteigerung,
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Physiologie der peripherisohen Nerven und Muskeln.
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kleinerem Minutenvolum, besserer Ausnutzung, niedrigerer Pulsfrequenz und
kleinerem Sclilagvolum ausführen als der Untrainierte. 10. Der Begriff
Nutzwirkung ist zu defiuiereu als der Teil der anläßlich der Arbeit aktivierten
chemischen Energie, der sich in potentielle Muskelenergie umsetzen läßt,
ohne Rücksicht darauf, ob letztere unter den vorhandenen Bedingungen in
Arbeit umgeset/.t werden kann oder umgesetzt wird. Der Begriff der Nutz¬
wirkung soll sich auf den Organismus, nicht auf zufällige Apparate beziehen.
11. Als Gruudlinie der Berechnung der Nutzwirkung ist die Arbeitsstellung
anzuwendeu. 12. In Respirationsversuchen, bei denen die Versuchsperson
nicht psychisch indifferent war, kann der Respirationsquotient nicht zur
Berechnung der Art der Abbauprozesse angewandt werden, da in diesen
Fälleu nur die Sauerstoffaufnahme, nicht aber die Kohlensäureabgabe als
ein Ausdruck des Stoffwechsels betrachtet werden kann.
Mit Hilfe eines faradischen Apparats mii variierbarer Uuterbrechungs-
frequenz und selbst bei einer solchen von 2 ) pro Sekunde vollkommen sicher
wirkender Ablenkung der Schließungsschläge bestimmten Ho ffmann und
Magnus-Alsleben (b9) die Maximalirequenz, in der Vorhof und Ventrikel
zu schlagen und das Übcrleitungsbündel zu leiten vermag. (Anspruchsfähig¬
keit.) Es ergab sich, daß die Anspruchsfähigkeit des Vorhofs größer ist als
die des Ventrikels. Diese ist wiederum größer als die des Uberleitungs-
bündels, wenn es in normaler Richtung leitet. Ganz außerordentlich gering
ist die Frequenz der Erregungen, welche bei direkter Reizung des Ventrikels
zum Vorhof „rückläufig“ passieren können. Beim Hunde, der nach Durch¬
schneidung beider Vagi an und für sich Tachykardie zeigt, ist es par nicht
möglich, durch Ventrikolreizuug die Schlagfolge der Vorhöfe zu ändern, ob¬
gleich kein „Block“ besteht. Bei direkter Reizung der Herzteile tritt bei
Frequenzen, denen die Muskulatur nicht mehr zu folgen vermag, entweder
Flimmern oder bei schwächeren Reizen Rhythmushalbierung ein, aber keine
Arhythmie. Die Arhythmie bei Vorhofssystole kann nicht dadurch bedingt
sein, daß die Anspruchsfähigkeit der Ventrikelrauskulatur überschritten wird,
denn diese ist jeder Frequeuz, die das Bündel zu leiten vermag, gewachsen.
Die Ursache dafür, daß bei abnorm frequenten Vorhofserreguugen (mögen
sie auch rhythmisch sein) der Ventrikel langsam und arhythmisch schlägt,
ist nach diesen Versuchen in den physiologischen Eigentümlichkeiten des
Atrioventrikularbüudels zu suchen.
Hering (64) macht auf dio Möglichkeit eines plötzlichen Herztodes durch
Herzkammerfliramern infolge Morphiummedikatiou aufmerksam. Wenigstens
könne aus Experimenten an Tieren, die ein Schüler Ken Kure angestellt
hat, mancher plötzliche Tod bei Steuokardie, bei welchem Morphium vorher
verabreicht worden ist, gedeutet werden. Bei einem gesunden Herzen wird
auf Morphiumdoseu, wie sie üblich sind, eine derartige Herzwirkung nicht
eintreten, aber bei einem kranken Herzen sei es wohl möglich.
Während langsamer kontinuierlicher Infusion kleiner Dosen KCl tritt
beim Hunde, wie aus Versuchen Hering’s (62) hervorgeht, eine negativ
chronotrope und negativ inotrope Wirkung auf das Herz auf, die nach Durch¬
schneidung der Nervi vagi einer positiv chrouotropen uud positiv inotropen
Herztätigkeit Platz macht. Dio gleichlang andauernde oder selbst in etwas
kürzerer Zeit erfolgende Infusion der gleichen Menge KCl ruft nach der
Vagotomie bei demselben Tiere jene negativ chronotrope und inotrope Wirkung
nicht hervor. Durch diese Versuche sei der Nachweis geliefert, daß KCl
den Herzvagustonus steigert. Da KCl den Herzvagustonus beim Hunde in
höherem Maße steigert als beim Kauiuchen, bei dem auch leichter die frequenz-
xnindernde Wirkung in eine frequenzsteigernde umschlägt, ist der Nachweis
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bei ersterem leichter za erbringen als bei letzterem. Der Umstand, daß nach
Traube die meisten Autoren sich der Kaninchen als Versuchstiere bedienten,
erklärt ihre abweichenden Ergebnisse, wozu noch Mängel der Methodik kamen.
Die Ergebnisse der Arbeit Hering’s (63) über die erregenden Wirkungen
des Kalium auf das Säugetierherz sind folgende: Infusion von KCl vermag
bei Hunden, leichter noch bei Kaninchen, Tachykardien auszulösen. Diese
Tachykardien sind extrasystolische (lieterotope); sie treten sekundär auf,
während die primäre Wirkung des KCl eine Bradykardie ist. Bei etwas
größeren Dosen KCl tritt Kammei flimmern auf, an welches sich Vorhof¬
flimmern anschließen kann. Begünstigt wird das Auftreten des Kammer-
flimmerns durch die schon vor dem Flimmern bemerkbare kontraktions¬
schwächende Kaliwirkung. Aus diesen angefühiten Tatsachen geht hervor:
1. daß KCl auf gewisse heterotope Reizbildungsstellen erregende Wirkungen
auszuübeu vermag; 2. daß diese heterotopen Reizbildungsstellen auf ent¬
sprechende Dosen von KCl anders reagieren als die homotope Reizbildungs¬
stelle; 3. daß Dosen von KCl, welche auf Reizbildungsstellen erregend ein¬
zuwirken vermögen, die Kontraktilität schwächen.
Hecht (60) konnte ermitteln, daß die Alpenmurmeltiere im Winter¬
schlaf einen Pulsfrequenzabfall unter deu vierten Teil der Pulsfrequenz im
wachen Zustande haben können, ohne daß es dabei zu Reizleitungsstöruugen
zu kommen braucht; das Reizleitungsvermögen verändert sich aber konform
mit der Verminderung der Reizproduktion, so daß einer beiläufig fünfmal
so langen Pulsperiode auch eine etwa fünfmal längere Überleitungszeit ent¬
spricht. Individuelle Unterschiede scheinen selbst in diesem Zustand ceteris
paribus noch zum Ausdruck zu kommen.
Im ganzen kann Hecht (61) auf Grund der klinischen und experimen-
telleu Befunde im Extract. Apocyni fluid, (einem bei den Indianern als
harntreibendes Mittel geschätzten Extrakt) und im Cymarin (dem von
Impens auskristallisierten Körper aus Extract. Apocyni) ein dem Strophan¬
thin ähnliches, wenn auch schwächer wirkendes Mittel erblicken, demzufolge
seiner geringen Giftigkeit und dem Mangel ausgesprochener Kumulativ¬
wirkung ein Platz in der Reihe der Herzmittel gebührt.
Aus den Untersuchungen von Gellhorn und Lewin (46) geht hervor,
daß Muskelarbeit sowohl im normalen wie im Ermüduugszustande stets eine
Erhöhung des Blutdrucks zur Folge hat. Da die Volumenkurve nach der
Ermüdung genau das entgegengesetzte Verhalten wie vor der Ermüdung
zeigt, d. h. da sich normaliter die kleineren Gefäße der Extremitäten wäh¬
rend einer körperlichen Arbeit erweitern, nach der Ermüdung dagegen kon¬
trahieren, da aber gleichzeitig der Blutdruck stets eine Steigerung aufweist,
so kann man mit Sicherheit annehraen, daß für diese Blutdrucksteigerung
ein anderer Faktor als die Wirkung der Vasomotoren verantwortlich zu
machen ist. Dieser Faktor, der im wesentlichen die Höhe des Blutdruckes
bestimmt, kann nur in der Arbeitsleistung des Herzens zu suchen sein, dessen
vergrößertes resp. verkleinertes Schlagvolumen das Steigen resp. Sinken des
Blutdruckes zur Folge hat.
Die hauptsächlichen Ergebnisse der von Haberlandt (69) angestellten
Froschherzversuche sind folgende: Bei Vorhofwühlen können die normalen
Sinuserreguugen nicht bis zur Kammer Vordringen. Entweder schlägt diese
ganz unabhängig in eigener Automatic, oder es besteht Kammerstillstand.
Nach Wiederaufnahme der ursprünglichen Vorhoftätigkeit stellt sich auch
wieder die Koordination zwischen Vorhof und Kammer her. Diese Erschei¬
nungen wurden nach kombinierten Trichter- uud Vagusreizungen beobachtet,
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
139
traten aber in der zweitgenannten Form schon anf alleinige, vorhofwärts
ausgeführte Faradisationen der Atrio-Ventrikular-Trichtergegend auf. Solche
Herzreizungen können auch auf längere Zeit am Yorhof einen Pulsus bige-
minus hervorrufen, der durch Zwischenschaltung spontaner Extrasystolen be¬
dingt erscheint. Diese erweisen sich als Ausgangs- bzw. Grundform für das
überdauernde Wühlen, insofern es sich einerseits aus Extrasystolen zu ent¬
wickeln vermag, andererseits oft in Form von solchen abklingt. Das über¬
dauernde Kammerwühlen kann auch in einen selbständigen, automatischen
Eigeurhythmus übergehen, dessen Frequenz sich stets größer gestaltet als
die des normal schlagenden Yorhofes. Es besteht dabei vollkommene Disso¬
ziation zwischen beiden Herzabschnitten. Diese Kammerautomatie kann
sich auch ohne anfängliches Wühlen primär auf alleinige oder mit Vagus-
faradisationen kombinierte Trichterreizungen hin ausbilden. Dagegen haben
diese Reizungen nur ganz ausnahmsweise gleichzeitiges oder fast gleich¬
zeitiges Schlagen von Vorhof und Kammer (atrioventrikulärer Rhythmus)
zur Folge. Der beim Frosche nachgewiesene automatieerhöhende Einfluß
von Vagusfaradisationen, die kombinierten Vagus-Akzeleransreizungen am
Warmblüter entsprechen, bleibt auch nach Atropinisierung des Nerven-
stammes bestehen. Die betreffenden Fasern gehören demnach zum mindesten
teilweise den Akzeleratoren an. Die am Schildkrötenherzen ausgeführten
Versuche ergaben ähnliche Befunde wie die am Froschherzen ermittelten.
Aus Versuchen von Nobel (99) geht hervor, daß nach Injektion von
Galle und von großen Mengen gallensaurer Salze beim Hunde trotz hoch¬
gradiger Schädigung der Kontraktilität und der Reizbildung die Reizleitung
des Herzens bis zum Tode des Tieres fast normal bleiben kann.
Kaiser (76) beschreibt ausführlich einen neuen Apparat zur Registrie¬
rung der menschlichen Herztätigkeit. Aus seinen Registrierungen geht hervor:
1. daß mit dem beschriebenen Apparate die Bewegungen der Unterfläche
des Herzens (der linken Ventrikel und des rechten Atriums) vom Rektum
oder von der Vagina aus registriert werden können, 2. daß die so erhaltenen
Kurven, Plethysmokardiogramme, in ihrer Mitte durch von der Pulswelle in
der Aorta abdominalis hervorgerufene Bewegungen verhüllt werden, weshalb
der mittlere Teil der Kurven von einem Sphygmogramm der Bauchaorta
gebildet wird; 3. daß das Verhältnis dieser beiden Teile einer Kurve einiger¬
maßen zeigt, wie die vom Herzen geleistete Arbeit sich zu dem nützlichen
Effekt dieser Arbeit verhält; 4. daß die Kurven es ermöglichen, durch
Messung die Dauer jeder der verschiedenen Phasen einer Herzrevolution
genau zu bestimmen; 5. daß nicht nur der As-Vs-Intervall bei jüngeren kürzer
und bei älteren und schwächereu Personen länger ist, sondern daß auch bei ein
und derselben Person beträchtliche Unterschiede in dieser Hinsicht Vor¬
kommen können. Durch Erschöpfung wird die As-Vs-Periode viel länger,
durch Aufregung kürzer; 6. daß die Kurven besonders deutlich angeben,
wie bei einer Vermehrung der Pulszahl fast nur ausschließlich der diasto¬
lische Teil derselben abgekürzt wird, und daß erst in zweiter Reihe auch
der systolische Teil einer Kurve an dieser Abkürzung sich beteiligt; 7. daß
während einer längeren Beobachtung die Ausströmungszeit nicht immer gleich
lang bleibt, und daß mit gewissem Vorbehalt die Ausströmungsdauer als
Maß gelten kann für die Größe des Schlagvolumens, die ebenfalls oft be¬
trächtliche Abänderungen zeigt; 8. daß eine Vergrößerung des Herzvolumens,
außer durch eine Verlängerung der Systolendauer (hauptsächlich von einer
Verlängerung der Ausströmungszeit herrührend) auch durch die stärkeren
Krümmungen und deu Detailreichtum der Kurven sich erkennbar macht;
9. daß in gewissen Fällen, wenn die Gestalt der Kurve auf eine Dilatation
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140
Physiologie der peripherisohen Nerven und Muskeln.
des Herzens binweist, die Ausströmungszeit sehr kurz sein kann, und daß
in dergleichen Fällen an eine unvollständige Entleerung des Herzens gedacht
werden muß; 10. daß man das Verhältnis zwischen der präsphygmischen
Periode und der ganzen Systolendauer gewissermaßen als ein Index der
Leistungsfähigkeit des Herzens betrachten kann; bei jüngeren Personen be¬
trägt dieses 1 : 7, bei älteren und schwachen nimmt es ab bis zu 1 :2,5;
11. daß, wenn durch Ermüdung, z. ß. bei einer Reihe hintereinander ge¬
machten Aufnahmen, die Pulsfrequenz erheblich zunimmt, anfaglich auch
die Ausströmungszeit sich dementsprechend abkürzt, daß aber von einer
gewissen Frequenz an die Ausströmungsdauer wieder größer zu werden
begiunt, und daß aus diesem Ergebnis abgeleitet werden kann, daß von
diesem Optimum an das Herz zu diktieren aufängt.
Robinson (113) berichtet über zwei Fälle von paroxysmaler Tachy¬
kardie, in denen die Reizung der Vagi durch Druck, um eine Aufhebung
der Tachykardie zu bewirken, versagte. Der Autor versucht uuu eine Er¬
klärung, warum der Vagusdruck in einzelnen Fällen die Tachykardie beseitigt,
und warum es in anderen Fällen nicht geschieht. Er glaubt, daß es an der
Verästelung des Vagus liegt, die in allen Fällen nicht gleichartig sei.
Das Elektokardiogramm des Froschventrikels faßt Eiger (31) auf als
die algebraische Summe (bzw. Resultaute) sämtlicher Potentialunterschiede,
welche im gegebenen Momente im Herzen entstehen und im Galvanometer
zum Ausdruck kommen, in Abhängigkeit von deu Ableitungsbcdingungen
(Einthoven). Die zwei entgegengerichteten Erregungen im Frosch Ventrikel
entstehen dadurch, daß die Erregung gleichzeitig an deu zwei entgegengesetzten
Enden der Basisperipherie von den Vorhöfeu aus — von ihren vorderen
und hinteren Wänden aus — einsetzt. Es werden die in der Kammer ent¬
stehenden- analogen Erscheinungen auch in dem gewöhnlichen quergestreiften
Muskel (Sartorius) erhalten, wenn man mit zwei Induktorien zu gleicher
Zeit an zwei entgegengesetzten Enden (also oben und unten) reizt. Die
ersten Ablenkungen (Zacke R und Phase S) sind der zweiphasische Ausdruck
der ersten Erregung, und die zweiphasische Zacke T stellt den analogen Aus¬
druck der zweiten entgegengerichteten Erregung dar. Die gewöhnliche Ab¬
lenkung T, welche mit der Zacke R gleichgerichtet ist, stellt also nur die
zweite Phase des zweiten Erregungszustandes dar, die ganz analog mit
der Phase S der ersten Erregung, sowie ebenso analog mit dem Strom der
zweiten Phase im gewöhnlichen Elektromyogramm des quergestreiften Muskels
ist. Die Zacke R und die Zacke T haben in der Kammer des spontan¬
schlagenden Froschherzens zwei topographisch verschiedene Entstellungs¬
quellen. Die elektrokardiographische Kurve ist der Ausdruck der Summe
der Aktionsströme im Herzen, welche an zwei entgegengesetzten Enden der
Peripherie der Kammerbasis gleichzeitig einsetzenden Erregungen hervor¬
gerufen werden; diese Erregungen gehen von den vorderen und den hinteren
ÄVänden der Vorhöfe in zwei entgegengesetzte Richtungen über. Die durch
Samojloff angegebene Erklärung über die Art der Summierung der elek¬
trischen Erscheinungen ist unzutreffend. Der Bau des Herzmuskels, der
darin besteht, daß die Muskelzellen sich miteinander mittels Przewoski-
schen Muskelbrücken in querer Richtung verbinden, bildet eine genügende
anatomische und physiologische Grundlage dazu, daß auch bei künstlicher
Reizung einzelner spontan nicht schlagender Herzabschnitte der Reiz nicht
nur die Phänomene R und S auf der gereizten Oberfläche hervorruft, sondern
auch indem der Erregungszustand sich durch die Muskelbrücken auf die
entgegengesetzte bzw. hintere Oberfläche fortpflanzt, die Erscheinung der
Zacke T zwischen den ableitenden Elektroden hervorrufen kann.
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln. 141
Ginsbarg, Tampowsky und Carlson (48) schließen aus ihren Unter¬
suchungen, daß der Magen des Kindes schwache Tonuskontraktioneu am
Fundus eine Stunde nach dem Essen zeigt. Weun der Magen sich des
Inhaltes entledigt, nehmen diese Tonusbewegungen allmählich zu an Häufig¬
keit und Intensität, bis sie sich am Ende einer Zeit, die zwischen 2|4 bis
3 Stunden schwankt, zu heftigen Hungerkontraktionen umgestalten.
Nach dem Vorgänge von Carlson legte Rogers (115) erwachsenen
Kaninchen eine Magenfistel an, legte in den Magen einen Ballon, welcher
die Magenkontraktionen während des Hungerzustandes des Tieres anzeigte.
Während des Hungerznstandes ist beim Kaniuchcn der Magen niemals leer,
wenn man nicht Vorkehrungen dagegen trifft, daß das Tier seine eigenen Fäzes
frißt. In letzterem Falle leert sich der Magen in ca. 24 Stunden. Während des
Hungerstadiums beim Kaninchen ist die Magentätigkeit verstärkt, und die
Reflexaktiouen unterscheiden sich von der normalen Verdauungsperistaltik.
Aber grundsätzliche Unterschiede finden sich nicht zwischen beiden. Es
macht den Eindruck, wenigstens beim Kaninchen, daß die Hungerkontraktionen
eine intensive Verdauungsperistaltik sind. Der leere Magen des Kaninchens
zeigt sehr starke und schnell sich wiederholende Kontraktionen und deut¬
liche Tonusveränderungen. Das hungernde Kaninchen zeigt einen erhöhten
Tonus in der Magenmuskulatur, und die Schwankungen im Tonus sind im
Huugerzustande markanter als während der gewöhnlichen Verdauung. Die
Magenkontraktionen während des Hungers werden durch sinnliche Eindrücke
nicht aufgehoben; dagegeu werden sio verhindert oder abgeschwächt durch
Einführung von geringen Mengen von Wasser, schwachen Säuren, Alkohol
oder Zuckerlösungen in den Magen. Die normale Peristaltik wird durch
dieselben Mengen von Flüssigkeiten nicht aufgehoben. Erregung (zentraler
Nerveneinfluß) hebt die Magenkoutraktion auf und erzeugt eine Mäßigung
des Tonus der Magenmuskulatur. Die Versuche sollen auch auf Hund und
Menschen ausgedehnt werden.
Nach Versuchen von Brunemeier und Carlson (16) heben Magensaft,
Chymns, Säuren, Alkalien, Wasser, Milch und 01, die man in den Dünn¬
darm einführt, die Magenhungerkontraktionen und den Magentonus für gewisse
Zeit auf. Diese Wirkung beruht zum Teil auf der mechanischen, zum Teil
auf der chemischen Reizung der Darmschleimhaut. Die chemische Reizung
hat größere Wirkung. Die Aufhebung der Hungerkontraktion findet wahr¬
scheinlich auf dem Wege der langen oder zentralen Reflexbahnen statt, in¬
dessen werden die kurzen oder lokalen Reilexbahnen im Auerbachschen
Plexus auch dabei beteiligt sein.
Wenn zwei Mittel antagonistisch auf den Darm wirken, so kann dies
nach Versuchen von Meitzer (95) mit Magnesiumsulfat in dreifacher Weise
geschehen: 1. Die antagonistische Wirkung der Agenden kann an derselben
Stelle des Darmes und zu gleicher Zeit eintreten. Dann resultiert daraus
der Tonus. 2. Die Wirkung kann sich au derselben Stelle aber in wech¬
selnden Zeitabschnitten manifestieren. Dann resultiert daraus der Rhythmus.
3. Die Wirkung offenbart sich zur selben Zeit, aber sie äußert sich selb¬
ständig an verschiedenen Stellen. Dann resultiert daraus die Peristaltik.
Fischer (38, 39) gibt eine Darstellung des autonomen Systems und be¬
leuchtet seine funktionelle Bedeutung. Er weist besonders auf seine Bedeutung
für alle Störungen des gastrointestinalen Systems, die früher einfach unter
unklaren Krankheitsbildern zusammengefaßt worden sind, deren Wesen und
Mechanismen man aber jetzt unter der besseren Einsicht von der Funktion
des vegetativen Nervensystems näher kennen gelernt hat.
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142
Physiologie der peripherischen Nerven and Muskeln.
Sinnesorgane.
Der Mensch ist, nach Untersuchungen von Sefflin (121), bei Prüfung
der Mehrzahl der reinen Riechstoffe dem Hunde überlegen, er hat selbst
noch in Verdünnungen eine deutliche Wahrnehmung, wo der Hund nicht
mehr reagiert. Doch ist der Unterschied nicht immer sehr wesentlich.
Dagegen ist der Hund bei den vom Autor untersuchten nicht genau defi¬
nierten Riechstoffgemischen tierischen Ursprungs dem Menschen um sehr
viel voraus. Seine Reaktion auf kleine Mengen ist oft sehr stark, während
der Mensch überhaupt nichts riecht.
Das Minimum perceptibile liegt beim Hund für
Reine Riechstoffe:
Äther.
• • • 0,001
—0,0009
Salizylsäuremethylester • • •
• • • 0,u033
. • • 0,001
—0,0028
Benzylsäureamylester • • • •
—0,0008
Formaldehyd.
Safrol .
• • • 0,002
• • • 0,0033
—0,001
Anisaldehyd.
• • • 0,0006
—0,0005
Jasmin •.
• • • 0,0062
—0,0052
Narzisse.
• • • 0,004
—0,003
Neoviolon.
• • • 0,005
—0,004
Rosenöl.
• • • 0,025
—0,01
Vanillin.
• • • 0,0062
—0.005
Toluol.
. • . 0,001
—0,0008
Xylol.
• • • 0,0005E
1—0,0005
Gemischte Riechstoffe:
Hundeblut: Nur in Substanz gerochen; eiu Tropfen in der Riechflasche
wurde noch deutlich wahrgenommen.
Urin einer Hüudin. 0,025 —0,05 g
Preßsaft aus Kaninchenfleisch • • 0,012 —0,002 „
„ „ Rehfleisch. 0,005 —0,003 „
„ „ Rindfleisch.0,0025—0,0020 „
(Es wäre sehr interessant gewesen, wenn sich der Antor bei seiuer
Untersuchung auch der Methode von O. Kalischer bedient hätte. Bei
den gewöhnlichen Methoden sind die Antworten, die Tier und Mensch auf
Reize geben, zu uugleich. Ref.)
Neuerdings hat, wie Grünbaum (65) ausführt, F. W. Edrid ge-Green
(ßinocular vision. Proc. of the physiol. Soc. June 6 1914) auf Grund
seiner Beobachtungen über das binokulare räumliche Sehen ohne Vorlage
der querdisparaton Bilder die Bedeutung dieser objektiven Bedingung für
das Zustandekommen des räumlichen Eindrucks weit hinter die rein phycho-
logischen Momente zu stellen versucht. Grünbaum hat Nachprüfungen
hierüber angestellt und kann sich nach dem Ausfall seiner Untersuchungen
der Ansicht von Edridge-Green nicht anschließen.
Rutenburg (116) untersuchte, ob bei gegebener Lichtintensität, wenn
es sich um Schwellenreize handelt, ein Lichtblitz oder eine Dunkelpause der
wirksamere Reiz ist. Die dargebotenen Felder waren klein, so daß nur
die Fovea gereizt wurde; sie waren leicht gelblich gefärbt und wurden ein¬
äugig fixiert. Dabei hat sich ergeben, daß bei großer Intensität die Pause
beträchtlich länger sein muß als der Blitz, daß die Längen beider optischen
Reize aber bei geringer Intensität etwa gleich werden. Lichtblitze, die wegen
zu geringer Intensität und Dauer noch unter der Schwelle liegen, werden
überschwellig, wenn sie mit einem zeitlichen Intervall von 1,5 Sekunden
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Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
143
oder weniger wiederholt werden. Es gibt also auch auf optischem Gebiete
eine „Addition latente“. Auch die Versuche des Autors zeigten, daß bei
sehr kurzen Minimalblitzen die eben wahrnehmbare Lichtmenge konstant
ist. Bei Minimalpausen dagegen ist die Lichtmenge, die herausgeschnitten
werden muß, damit die Lücke eben wahrgenommen wird, nicht konstant,
sie wächst vielmehr, wie es schon Gildemeister angegeben hat, mit der
Lichtstärke des Dauerlichts. (Misch.)
Hirschberg (66) weist nach, daß Purkinje schou im Jahre 1823 im
künstlichen Auge den Hintergrund beobachtete und die Ärzte nachdrücklichst
auf die Anwendung des Verfahrens zu diagnostischen Zwecken hinwies.
Hess (65) hat einen neuen Apparat konstruiert, der in erster Linie
der bisher nicht möglich gewesenen messenden Untersuchung der pupillo-
motorischen Unterschiedsempfindlichkeit dient, also die kleinsten Lichtstärke*
unterschiede ermitteln läßt, die bei Gesunden und Kranken eben merkliches
Pupillenspiel auslösen. Neben der angeführten Hauptaufgabe lassen sich
mit dem Apparat zahlreiche andere -Fragen in Angriff nehmen. Iu dem
vorliegenden Aufsatz werden zum erstenmal die pupillomotorischen Reiz-
werte zweifarbiger Glaslichter bei einer Reihe von Säugern unter überein¬
stimmenden Bedingungen bestimmt. Es konnten damit Messungen mit einer
bis dahiu wohl nicht für möglich gehaltenen Genauigkeit vorgenoinmeu werden.
Durch diese Befunde werden die früher von Hess bei Vögeln erhaltenen
bestätigt und wesentlich erweitert, und eine Reihe neuer, unerwaiteter Auf¬
schlüsse über die Sehqualitäten verschiedener Säuger, wie Affen, Hunde,
Katzen uud Kaninchen, erhalten. Für die Kopffüßer ergibt sich auch aus
den neuen Messungen, daß diese (wie Hess früher auf ganz anderem
Wege nachwies) total farbenblind sind. (i>elb*tl>eiicht.)
de Kleijn und Socin (78) untersuchten, auf welchen Wegen die
postganglionären Sympathikusbahnen für das Auge vom Halse bis zum
Mittelohr und von hier bis zum Auge gelangen. Die Bahn verläuft vom
Ganglion cervicale supremum ein kurzes Stück mit der Carotis interna,
▼erläßt diese dann und tritt lateralwärts in das Mittelohr, verläuft dort
an der Basis des Promontoriums medial vom Foramen rotundnm nach vorne,
verläßt das Mittelohr lateralwärts von der Tuba Eustachii und verläuft von
da nach vorne innerhalb der knöchernen Schädelbasis etwas lateralwärts
vom N. Vidianus. Sie tritt dann zwischen dem Foramen rotundum nervi
trigemini II und der Eintrittsstelle des N. Vidianus in die Fissura orbitalis
superior und teilt sich daun. Die pupillenerweiternden Fasern treten als
mehrere feine Fäden in den Stamm des Ramus trigeminus I und gelangen
von da durch die Nn. ciliares longi zum Bulbus. Die Fasern für die Lid¬
spaltenöffnung und, Retraktion der Nickhaut treten nicht in den Ramus I
n. trigemini, sie verlaufen auch nicht mit den Augenuiuskelnerven und den
Ziliarnerven, sondern schlagen eine besondere Bahn zur Nickhaut und zum
Augenlide ein. Die sympathischen Bahnen für das Auge verlaufen also
entgegen der bisher herrschenden Ansicht ein nur ganz kurzes Stück mit
der Carotis interna, treten erst an der Fissura orbitalis superior in das
Schädelinnere und verlaufen deshalb bis auf diese letzte Strecke außerhalb
der Schädelhöhle. Sie gehen weder durch die Radix N. trigemini, noch
durch das Ganglion Gasseri, noch durch den zweiten und dritten Ast des
Trigeminus. Sie passieren weder das Ganglion opticum, noch das Ggl.
spbeuopalatinum, noch das Ggl. ciliare. Auch durch den N. opticus,
oculomotorius und abducens verlaufen sie nicht.
Bachrach (5) stellte durch Versuche fest, daß die menschliche Hör¬
schärfe am späten Nachmittag ein Maximum hat, wenigstens für den Ton d 8 .
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144
Physiologie der peripherischen Nerven und Muskeln.
In der Nacht läge die Schwelle nicht tiefer als am Tage. Die Beobach¬
tungen des täglichen Lebens, die für das Gegenteil zu sprechen scheinen,
müßten anders gedeutet werden.
Kronecker (80) machte sehr interessante Untersuchungen über die
Geschmacksempfindungen und ihre Kompensationen, wenn er z. B. die
Mischung von zwei Agentien (Zitroncn-Zucker-Lösung) auf den vorderen oder
hinteren Teil der Zunge brachte, oder wenn er beide Agentien getrennt
auf symmetrische Zungenhälften einwirken ließ. Es trat überall eine sehr
erstaunliche Geschmackskompensation ein. Die Geschmacksfeinheit schwankt
in weiten Grenzen. Bestgeübter Geschmackssinn analysiert die Mischungen
am gleichen Zungenorte besser als die lokal getrennten Reize. Der Geschmack
ist nach des Autors Ansicht vergleichbar dem analysierenden Gehöre, aber
überlegen dom Farbensinn, der Gemische nicht zu scheiden vermag.
Es gelingt, wie aus den Versuchen von Popp (10/) hervorgeht, so
kleine Gummiballons herzustellen, daß man sie gesondert an eine Ampulle
eines Bogenganges bei der Taube derart anlegen kann, daß nur diese eine
Ampulle vom Gummiballon berührt wird. Man kann dann mittels einer
Doppelkanüle warmes oder kaltes Wasser durch den Gummiballou hindurch¬
leiten. Die Erwärmung einer einzelnen Ampulle gelingt auch mit Hilfe
eines kleinen Galvanokauters, der nur einer einzelnen Ampulle anliegt und auf
das Schädeldach der Taube aufgegipst ist. Die Erwärmung der Ampulla exteina
hat die gleiche Kopfdrehung und den gleichen Kopfnystagmus zur Folge,
die mau beobachtet, wenn das Tier derart gedreht wird, daß die Endolymphe
durch Remauenzbewegung vom glatten Ende des Bogenganges zur Ampulle
strömt (Reizung der Ampulle). Die Abkühlung derselben Ampulle hat den
umgekehrten Erfolg (Hemmung der Ampulle). Die Erwärmung der Ampulla
posterior wirkt in gleicher Weise, wie wenn das Tier so gedreht würde,
daß dadurch die Endolymphe durch Remanenzbewegung von der Ampulle
fort zum glatten Ende fließt (Reizung der Ampulle). Die Abkühlung der¬
selben Ampulle hat den umgekehrten Erfolg (Hemmung der Ampulle).
(Misr/i,)
Wieser (129) sucht zu zeigen, daß im Xervenendorgan nach Ermüdung
eine beeiuträchtliche Verzögerung der Fortleitung des Erregungsvorganges
auftrat, die bis zu 5 a betragen konnte. Diese Werte waren streng beweisend,
wenn bei Registrierung der Muskelkontraktionen nach Ermüdung die Empfind¬
lichkeit des Saitengalvanometers durch Beseitigung einer Nebenschließung
soweit gesteigert wrar, daß der Aktionsstrom, wie es in mehreren Versuchen
gelang, gleich steil ansticg wie bei dein Probereiz. Um die Abhängigkeit
der Latenzzunahme des Nerveneudorgans von verschiedenen Variabein fest¬
zustellen, wurde verschieden lange ermüdet. Bei einer Ermüdungsdauer
von 30 " wurden schon ganz beträchtliche Latenzzunahmen erzielt, die bei
noch längerer Tetanisierung nur noch wenig gesteigert wurden. Für die
Größe der Latenzzunahme ist aber namentlich die Zwischenzeit vom Ende
des Tetanus bis zum Beginn des Aktionsstromes maßgebend. Bei Zwischen¬
zeiten von 30 a w r urden sehr starke Vergrößerungen der Latenzzeit erhalten,
doch ist auch bis zu einer Verlängerung der Zwischenzeit auf 15 " die
Zunahme der Latenz noch merklich, aber natürlich viel kleiner. Daß die
Latenzzunahme nicht durch Verlangsamung der Erregungsleitung im Nerven
oder durch eine Verzögerung des Erregungsprozesses im Muskel allein be¬
dingt sein konnte, sondern auch eine Verlangsamung der Erregungsleitung
im Endorgan bestehen muß, wurde durch Kontrollversuche sichergestellt.
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Pathologische Histologie.
145
Pathologfsehe Histologie.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin.
1. Balli, Ruggero, Röntgenstrahlen und Rete neurofibrillare endocellulare bei erwachesnon
Säugetieren. Strahlentherapie. Bd. VI. p. 443.
2. Basile, Giov., Modificazioni istologiche e funzionali della ipofisi centrale deU’uomo in
un caeo di linfo-sarcoma del faringe nasale. Riv. ital. di Neuropatol. Vol. 8. No. 2.
p. 71.
3. Berblinger, W., Anatomische Veränderungen der Extremitätennerven nach Ver¬
letzungen durch Nahschüsse. Zbl. f. allg. Pathol. u. path. Anat. Bd. 26. No. 16.
p. 409.
4. Biondi. Giosuä, Über einige eigentümliche systematische postmortale Veränderungen
der Nervenfasern des Rückenmarks. Neurol. Centralbl. No. 6. p. 178.
5. Derselbe, Über die Fettphaneroais in der Nervenzelle. Virchows Arch. f. pathol.
Anatomie. Bd. 220. H. 2. p. 222.
6. Cowe, Archibald, Der gliöse Anteil der senilen Plaques. Ztschr. f. die ges. Neurol.
Bd 29. H. 1. p. 92.
7. Dur ante, L., Istopatologia del reinneeto cerebrale parziale. Poliolinico. March,
ßurg. Sect. No. 3.
8. Ganfini, Carlo, Un caso di mancanza della Tela ohoroidea Ventriculi tertii. - Monitors
zoolog. ital. No. 1—2. p. 7.
9. Goldstein, Anatomische Veränderungen bei sohußverletzton Nerven. Münch, med.
Wschr. 62. 1762. (Sitzungsbericht.)
10. Guzmann, E., Zur Histologie der Gliosis retinae. Arch. f. Ophthalmol. Bd LXXXIX.
No. 2. p. 323.
11. lngebringtsen, Ragnvald, A Contribution to the Biology of Peripheral Nerves in
Transplantation. The Joum. of. Experim. Med Vol. 22. No. 4. p. 418.
12. Lafora, Gonzalo R.. Neoformations dendritiques dans les neurones et altärations de
Ja neuroglie chez le chien senile. Joum. f. PBychol. u. Neurol. Bd. 21. H. 3/4. p. 112.
13. Derselbe, Neoformationes dendriticas en las neuronas y alteraciones de la neuroglia
en el peiro senil. Trabajos Labor, de investigac. biol. Univ. Madrid 1914. T. 12.
p. 39—54.
14. La Torre, P., Alterazioni del reticolo neurofibrillare endocellulare deila intossicazione
satumina. Pathologien. 1914. 6. 186.
15. Reisinger, Ludwig, Postmortale Strackturveränderungen der Ganglienzellen. Zoolog.
Anzeiger. Bd. XLV. No. 13. p. 605.
16. Sanfelioe, Francesco, Die Negrischen Körperchen bei einigen Winterschlaf haltenden
Tieren und ihre Beziehungen zu den Negrischen Körperchen bei Tieren ohne Winterschlaf.
Ztschr. f. Hygiene. Bd. 79. No. 3. p. 452.
17. Schaffer, Karl, Zur genaueren histologischen Charakteristik der Ganglienschwellung.
Neurol. Zbl. No. 14. p. 518.
18. Stuurman, F. J., Zur Kenntnis der tigrolvtischen Ganglienzellschwellung. Neurol.
Zbl. 34. (22.) 856.
19. Zagorovsky, P. G., Changes in Central Nervous Svstein in Chlorosis. Russky Vrach.
XIV. No. 21.
Die Zahl der Arbeiten au9 dem Kapitel der pathologischen Histologie
der Elemente des Nervensystems ist dieses Jahr eine 9ehr geringe, und nur
wenige unter ihnen sind von besonderem Werte. Zu den letzteren gehören
die Arbeit von Biondi über die Entstehung der Lipoide in den Nerven¬
zellen und die Arbeiten vou Schaffer und Stuurman über ver¬
schiedene Degenerationstypen der Nervenzellen, je nachdem die Zelle von
einer endogenen oder exogenen Schädigung getroffen ist. Hierbei stehen
sich die Anschauungen von Schaffer und Stuurman allerdings schroff
gegenüber. Auf dem Gebiete der pathologischen Histologie der Nerven¬
fasern ist die Arbeit von Ingebritsen von Interesse, der die JEtegenerations-
prozesse bei autoplastischer, homoplastischer und heteroplastischer Trans¬
plantation beschreibt. Schließlich verdient die Arbeit von Sanfelice über
das Entstehen der Negrischen Köperchen rühmend hervorgehoben zu
werden, da sie auf ausgedehnten experimentellen Untersuchungen beruht und
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie ms.
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Pathologische Histologie.
zu dem Ergebnis kommt, daß die N eg rischen Körperchen als eine Reaktions¬
erscheinung der Nervenzellenelemente auf diese Einwirkung des Wutgiftes auf¬
zufassen sind.
Nervenzellen.
Balli (1) beschreibt die Veränderungen, welche die achromatische
Substanz der Nervenzellen des Rückenmarks bei erwachsenen Säugetieren
unter dem Strahleneinfluß erleidet. Die Röntgenstrahlenwirkung auf das
Rückenmark von Hunden und Kaninchen ist vom klinischen Standpunkte nnr
eine geringe und besteht wesentlich in Paresen, die bei den wenig bestrahlten
Tieren leicht, bei den stärker bestrahlten schwerer und von Abmagerung
und von Anämie begleitet sind. Während das Rete fibrilläre in manchen
Rückenmarkszellen wohl erhalten ist, sind in anderen Zellen verdickte
Filamente, dichte enge Maschen und vakuolenartige Gebilde vorhanden. Je
stärker die Bestrahlung war, um so mehr zeigt sich diese Erscheinung.
Um den Kern ist das besonders deutlich.
Biondi (5) unterzog Rückenmarkstücke vom Kaninchen und Hunde
der aseptischen Autolyse. Die Stücke wurden verschieden lange Zeit im
Brutofen bei 37° C in isotonischer NaCl-Lösung oder in einfach feuchtem
Medium gehalten. Danach wurden sie zum Teil nach der Ciaccioschen
Methode für die Lipoide behandelt (Chromierung während 7—8 Tage, Paraffin¬
einbettung, Sudanfärbung der Schnitte), zum Teil in Formollösung fixiert.
Die Formolgefrierschnitte werden nach den gebräuchlichsten Methoden für
den Nachweis von Fett- oder Lipoidsubstanzen gefärbt. Alle diese Methoden
gaben bei den Rückenmarksstücken vom Kaninchen stets negative Resultate;
auch bei dem durch Abklemmung der Bauchaorta erweichten Lendenmark
war die bezügliche Reaktion negativ. Ganz abweichend hiervon war das
Verhalten beim Hundrückeumark. Hier konnte mit den erwähnten Methoden
nachgewiesen werden, daß im Protoplasma der Nervenzellen des Hundes
durch die Autolyse sudanfärbbare Substanzen, sei es in Granulaform oder
unter der Form von Imbibitionslipoiden freigemacht werden. Der Autor
hat dann die dem Kaninchennervensystem entnommenen Stücke einer be¬
sonderen Behandlung unterworfen, z. B. daß er sie der künstlichen Ver¬
dauung (nach dem Verfahren von Noll) unterwarf. Nach solcher Behand¬
lung werden im Protoplasma der Nervenzellenlipoide sudanfärbbare Tröpfchen
frei, und die Menge der sudanfärbbaren Imbibitionslipoide ist vermehrt. Die
besten Bilder gab die Kleinhirnrinde. Diese Versuche beweisen, daß die
Nervenzellen, wenn sie auch in den gewöhnlichen, mit Sudan gefärbten
Präparaten eine spärliche Menge von sudanfärbbaren lipoiden Stoffen auf¬
weisen, in Wirklichkeit in „maskiertem Zustande“ erhebliche Mengen solcher
Stoffe enthalten. Diese sind nur im Protoplasma vorhanden, im Kern fehlen
sie oder wenigstens sind sie dort nicht nachweisbar. Es ist anzunehmen,
daß gewöhnlich die bei den Lebensvorgängen im Protoplasma der Nerven¬
zellen auftretenden Lipoide wie bei der Autolyse aus den „maskierten“
lipoiden Bestandteilen des Protoplasmas entstehen. Damit wird nicht voll¬
ständig ausgeschlossen, daß unter besonderen Umständen im Protoplasma
eine Speicherung von lipoiden Stoffen exogenen Ursprungs statthaben kann.
Das Ausbleiben der Fettpigmentbildung bei der Autolyse ist vielleicht da¬
durch zu erklären, daß wahrscheinlich, bevor die lipoiden Körnchen die Eigen¬
schaft des Fettpigments annehmen, ein gewisser Zeitraum notwendig ist.
Das eigentümliche Verhalten der Protoplasmalipoide der Nervenzellen beim
Kaninchen ist sehr gut mit der Annahme zu erklären, daß bei dieser
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Tierart die maskierten Protoplasmalipoide der Nervenzellen viel fester als
beim Hunde mit dem Eiweiß verbunden sind.
Um über die Frage klar zu werden, welche Veränderungen post mortem
mit der Ganglienzelle statthaben, entnahm Reisinger ( 15 ) einer erwachsenen
weißen Ratte das Gehirn und setzte eine Hälfte desselben bei Zimmer¬
temperatur ( 16 — 18° R) den Atmosphärilien aus. Das andere Stück wurde
sofort der Behandlung unterworfen und zur Darstellung der Nißlkörper ge¬
färbt. Während an dem frischen Material die Nißlkörper an sämtlichen
Zellen des Gehirns deutlich hervortraten, und auch die Körnerzellen des
Kleinhirns durch scharfe Abgrenzung sich abzeichneten, waren die Zoll¬
grenzen an dem erst 48 Stunden post mortem untersuchten Material un¬
deutlich, war die Zelle diffus blau gefärbt und die Nißlschollen verschwunden.
Infolge der Undeutlichkeit der Zollgrenzen erscheint die Körnerschicht des
Kleinhirns als einheitlicher blauer Streifen, ohne die einzelnen Zellen deut¬
lich erkennen zu lassen.
Schaffer (17) vergleicht die Ganglienzellveränderungen, welche nach
exogen traumatischen Affektionen auftreten mit solchen, welche durch endo¬
gene Prozesse bewirkt werden. Als Beispiel für letzteren wählt er die Tay-
Sachssche familiäre Idiotie. Aus den Bildern ergibt sich, daß als das
ultimum moriens bei exogen traumatischer Neuronenverletzung die periphere
chromatische Substanz der Nervenzelle erscheint, während es bei endogener
Neuronenerkrankung die zentralen perinuklären Nißlteile seien. Im ersteren
Falle gehe die Affektion in nukleofugaler, im zweiten Falle in nukleopetaler
Ausbreitung fort. Der Autor meint, daß es späterer Forschung Vorbehalten
bleiben müsse, vielleicht den Nachweis zu führen, daß diese Verschieden¬
artigkeit im Aussehen der Zellen nicht nur eine morphologische, sondern
auch biologische Bedeutung habe.
Stuurman (18) hält den Unterschied, den Schaffer zwischen der
Ganglienzellschwellung durch exogen traumatischen Einfluß und derjenigen,
welche durch endogene Ursachen bedingt ist, für nicht prinzipiell bestehend,
sondern für zufällig zufolge einer bestimmten Konstellation der Zell¬
erkrankung. Er hätte darüber schon in seiner Dissertation Mitteilungen
gemacht. Er hatte bei verschiedenen jungen Kaninchen den Nervus vagus
an verschiedenen Stellen reseziert, wie auch seine wichtigsten Äste. Die
Nißlpräparate des verlängerten Markes dieser Tiere zeigten tigrolytische
Degeneration in den ventralen und dorsalen Vaguskernen. Bei den Tieren
mit Vagusdurchschneidung, bei welchen sowohl der ventrale, wie auch der
dorsale Kern degeneriert war, ergab sich immer, daß der ventrale Kern
viel weniger schwer affiziert war, als der dorsale Kern. Im letzteren waren
oft zahlreiche Zellen ganz und gar verschwunden, während die übrigen sehr
stark verändert waren, mit fast vollständiger Tigrolyse und randständigem,
geschrumpftem Kerne oder ohne sichtbaren Kern. Im ventralen Kerne hin¬
gegen waren gar keine Zellen verschwunden, einzelne zeigten die schwere
Veränderung wie die Zellen des dorsalen Kerns, die meisten aber nur eine
geringe Tigrolyse mit Anhäufung des Tigroids rings um den noch zentral
liegenden, etwas geschwollenen Kern. Daß wirklich dieser Zustand als
eine leichtere Erkrankung als diejenige des dorsalen Kerns zu betrachten
war, ergab sich aus der Vergleichung mit anderen Serien, bei welchen die
Intensität der Erkrankung verschieden war. War z. B. der dorsale Kern
fast ganz verschwunden, so waren die Zellen des ventralen Kerns im Stadium
starker Tigrolyse mit randständigem Kerne; waren hingegen nur wenige
Zellen des dorsalen Kerns verschwuuden, so wurden im ventralen Kerne
ausschließlich Zellen gefunden mit geringer Tigrolyse und Anhäufung des
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Pathologische Histologie.
Tigroids um die zentral gelegenen Kerne. Der Autor zog daraus den
Schluß, daß die tigrolytische Degeneration mit Zell* und Kernschwellung
und Anhäufung des Tigroids rings um den Kern anfängt. Die tigrolytische
Zelldegeneration fängt also nicht zentral an, sondern im Anfangsstadium
kommt es zur zentralen Anhäufung des Tigroids rings um den geschwollenen
Kern, indem an der Peripherie das Tigroid sich auflöst, und erst später
geht der dann schrumpfende Kern peripherwärts mit den Resten des Tigroids.
Der Autor warnt deshalb vor einer Gegenüberstellung verschiedener Degene¬
rationstypen auf Grund von Unterschieden, welche man nur in einem be¬
stimmten Stadium antrifft. Stuurman bestreitet nicht die Wahrscheinlich¬
keit, daß verschiedene Degenerationensformen bestehen, z. B. eine hereditär-
degenerative, eine toxische (endogen oder exogen) und eine traumatische u. dgl.
Nervenfasern.
Nach Untersuchungen von Berblinger (3) folgen den Nahschußver¬
letzungen (600 m) der Extremitätennerven ziemlich konstante Verände¬
rungen, die im wesentlichen auf eiuer starken Bindegewebsneubildung be¬
ruhen, z. T. auch mit der Einlagerung weiterer Gewebsarteu — Muskel oder
Knochengewebe — einhergehen. Die Folge dieser Vorgänge ist, daß durch sie
die regelmäßige und gleichmäßige Entdifferenzierung im Bereich der Narbe
verhindert wird, daß keine Bandfaserzüge die narbig getrennten Enden ver¬
binden. Die Exzision der Narbe ist daher indiziert.
Ingebrigtsen (11) exstirpierte Kaninchen 2—3 cm lange Stücke aus
dem Ischiadious und transplantierte ein solches Stück wieder auf dasselbe
Tier (autoplastisch), oder auf ein anderes Kaninchen (homoplastisch), oder
auf ein Meerschweinchen (heteroplastisch). Nach verschieden langen Zeiten
untersuchte er die Veränderungen, welche an dem überpfropften Nerven¬
stück eingetreten waren. Es ergab sich folgendes: Bei den autoplastischen
Nervenstiickchen fand er eine Degeneration nach Art der Wallerschen,
welche sich aber hier etwas langsamer vollzog. Die Sch wann sehen Zellen
bleiben überlebend und können sich nach der Transplantation vermehren.
Bei der homoplastischen Transplantation tritt auch eine etwas verspätete
Wallersche Degeneration ein. Die Schwannschen Zellen sind wenigstens
für gewisse Zeit überlebend und vermehren sich. Nach 12—14 Tagen wurde
eine starke und zunehmende Einwanderung von Lymphozyten beobachtet,
und vom 18. Tage an zeigen die Schwannschen Zellen ein nekrobiotisches
Aussehen. Bei der heteroplastischen Transplantation wurden in den ersten
4—8 Tagen zahlreiche Myelinkügelchen gebildet, aber es wurde keine
Wallersche Degeneration beobachtet und keine Proliferation der Schwann-
schen Zellen. Die Pfropfe wurden innerhalb von 2 Wochen nekrotisch.
Der Autor empfiehlt zur Transplantation die autoplastische oder die homo¬
plastische; die heteroplastische wäre ungeeignet.
• Biondi (4) hat Rückenmarksstücke vom normalen und mit Bromkali
vergifteten Hunde 24 Stunden oder längere Zeit nach dem Tode entnommen
und diese Stücke nach einer von Ponaggio angegebenen Methode behandelt.
Die Stücke müssen nach dieser Methode einige Monate lang gut in Müller-
scher Flüssigkeit gehärtet werden, sonst gelingt die Färbung nicht. Die
Stücke kommen dann sofort vorübergehend in Alkohol und werden in
Zelloidin eingebettet. Die 20—30 ja dicken Schnitte werden mit folgender
Flüssigkeit gefärbt: In eine vorgeschriebene Menge wässerige ammoniakalisclie
30prozentige Chlorzinklösung (Kahlbaum) gießt man langsam und unter
Bewegung eine gleiche Menge wässerige Lösung von 1 prozentiger, erwärmter
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Pathologische Histologie.
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uud wieder vollständig erkalteter Hämatoxylinlösung. Diese Hämatoxylinlösung
hält sich lange Zeit. In der Hämatoxylinlösung bleiben die Schnitte 10 bis
20 Minuten und werden dann nach kurzer Waschung in destilliertem Wasser
in der bekannten Palschen Differenzierungsflüssigkeit differenziert. Nach
der Differenzierung erfolgt die übliche Einlegung auf Objektträger. Bei den
nach dieser Methode behandelten Präparaten sind die normalen Rücken¬
marksfasern und Querschnitte vollkommen farblos oder erscheinen wie ein¬
fache Ringe, der Markscheide entsprechend gefärbt. Die lädierten Fasern
im Querschnitt erscheinen in toto gefärbt, d. h. sie zeigen sich wie abgerundete
Häufchen, in deneu Zylinder und Markscheide zusammen gefärbt sind. An
den den oben erwähnten Hunden entnommenen Rückenmarksstücken zeigten
sich nun, wenn die Stücke 24 Stunden nach dem Tode oder noch längere
Zeit nachher entnommen, und wie angegeben gefärbt waren, auf den Quer¬
schnitten sowohl in allen Strängen diffus zerstreut, punktförmige Faser¬
färbungen, als auch in den Seiten- uud Hintersträngen symmetrische Herde
solcher Färbungen, welche dem unbefangenen Beobachter den Eindruck von
Strangdegenerationen machen. Biondi hält sie aber für postmortale Er¬
scheinungen, da sie an Rückenmarksstücken, die sofort nach dem Tode in
Behandlung genommen wurden, nicht zur Erscheinung gebracht werden
konuten, und weil sie bei den normalen Hunden in gleicher Weise auftreten,
wie an den mit Brom vergifteten.
Neuroglia.
Um den Anteil des Gliagewebes an den sog. senilen Plaques zu
studieren, wandte Cowe (6) bei seinem Material die Leva di tische Methode
(Darstellung der Plaques) und die Merzbachersche Methode (Darstellung
der Neuroglia) gemeinsam an. Aus den erhaltenen Bildern folgert er
erstens, daß an dem Aufbau der senilen Plaques Gliaelemente nicht beteiligt
sind, zweitens, daß die Ringe von Gliafasern in der Umgebung von senilen
Plaques entweder echte Gliawucherungen darstellen können, oder durch rein
mechanisches Auseinanderdrängen bestehender Gliafasern zustande kommen.
Guzmann (10) teilt den histologischen Befund von zwei Fällen sog.
Hippel scher Krankheit mit. Die Erkrankung der Netzhaut ist über den
ganzen Augenhintergrund allerdings in verschiedenem Grade ausgebreitet,
ist also eine diffuse und besteht in einer zur Verdickung der Membran
führenden ausgesprochenen gliösen Wucherung und Untergang der nervösen
Elemeute. Die mächtig erweiterten Gefäße lassen sich zwar von der Papille
in die erkrankte Netzhaut verfolgen, ohne aber irgendwo zu solchen Aus¬
breitungen, Knäuelbildungen, Anastomosen und Wucherungen zu führen,
welche das Bild eines Angioms vorzutäuschen imstande wären. Deun überall
überwiegt die gliöse Wucherung weitaus. Die Wucherung durchbricht an
einzelnen Stellen die Lamina vitrea und Choriokapillaris und verwandelt das
Cborioidealgewebe in eine gliöse Masse, so daß von der Chorioidea nur die
äußersten Schichten in Form von pigmentierten Lamellen übrig bleiben.
Die nachweisbaren Produkte bindegewebiger Natur: Bindegewebsmembranen
zwischen Netzhaut und Aderhaut, teilweise mit Verknöcherung, Bindegewebs-
stränge in der erkrankten Netzhaut selbst, sind nicht entzündlicher Ab¬
stammung, sondern sind sekundäre Veränderungen, die hauptsächlich aus
Blutungen hervorgegangen sein dürften. Der Autor bezeichnet den Prozeß
als Gliosis retinae diffusa.
Lafora (12) beschreibt eigentümliche Neubildungen der Dendriten von
Ganglienzellen im Ammonshorn eines 16 1 / 2 Jahre alten Hundes. Er hält
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Pathologische Histologie.
diese Wucherungen der Fortsätze für Reaktionserscheinungen der umgebenden
veränderten Substanz. Die Veränderung der Neuroglia, welche er bei dem
alten Hunde fand, decken sich mit denjenigen, die von anderen Forschern
in Gehirnen von älteren Tieren gefunden wurden.
Negrische Körperchen.
Sanfelice (16) hat viele experimentelle und histologische Unter¬
suchungen an Igeln und Muskardini angestellt, um die Natur der sog.
Negrischen Körperchen festzustellen. Von 100 in niedriger Temperatur
gehaltenen und mit Hundewutvirus ins Gehirn inokulierten Igeln sind 32 an
Wut verendet, bei denen die Gegenwart der Negrischen Körperchen sicher
gegeben war. Die Gehirnaufschwemmung einiger der anderen, deren Gehirn¬
schnitte keine Einschlußkörperchen wahrnehmen ließen, hat nach Verimpfung
in andere Igel zu deren Tod geführt, und in den Nervensystemschnitten
dieser letzteren konnte das Vorhandensein von Einschlüssen festgestellt
werden. Es zeigte sich ferner, daß die Temperatur auf den Verlauf der
Wut der Igel und auf die Häufigkeit der Negrischen Körperchen von
großem Einfluß ist. Aus den Versuchen geht hervor, daß das Virus im
Nervensystem im latenten Zustande verbleiben kann, ohne klinische Er¬
scheinungen zu bedingen und die charakteristischen Einschlüsse zu erzeügen.
Außer der Tatsache, daß Igelgehirne, die keine Einschlußkörperchen ent¬
halten, bei der Passage in andere Igel viele Einschlüsse erzeugen können,
kann auch das entgegengesetzte Faktum wahrgenommen werden, daß Ein¬
schlüsse aufweisende Gehirne bei den weiteren Durchgängen keine Einschlu߬
körperchen zu erzeugen vermögen. Die Verhältnisse bei den Muskardini
waren die gleichen. Aus den histologischen Untersuchungen, die der Autor
über die Negrischen Körperchen bei Igeln und Muskardini und anderen
Tieren ohne Winterschlaf angestellt hat, ergab sich erstens, daß die Zahl
der Einschlußkörperchen, die bei einigen der subduralen Wutvirusinokulation
erlegenen Igeln und Muskardini festgestellt werden kann, bei weitem größer
ist, als diejenige, die sich bei Hunden, Katzen, Ratten, Ziegen, Schafeu,
Kaninchen, Gänsen und Enten wahrnehmen läßt, zweitens, daß die Struktur der
Einschlußkörperchen bei den Igeln und den Muskardini insofern komplizierter
ist, als man viel häufiger Einschlußkörperchen begegnet, die reich sind an baso¬
philen Innengebilden, und bei denen die plastinische Substanz in einer Weise
angeordnet ist, wie sie sich nicht oft bei den keinen Winterschlaf haltenden
Tieren beobachten läßt, drittens, daß im Gehirn der vom Autor studierten
Winterschlaftiere Rückbildungsformen der Negrischen Körperchen beob¬
achtet wurden, die bei den anderen keinen Winterschlaf haltenden Tieren
nicht aufgefunden werden konnten, viertens, daß in den Zytoplasmen der
Nervenzellen der der subduralen Wutinokulation erlegenen Igeln Einschlüsse
zytoplasmatischen Ursprungs mit unregelmäßigen Rändern wahrgenommen
werden, die bei den Hunden, Katzen, Ziegen, Schafen, Ratten und Kaninchen
nicht zu beobachten waren und nur ganz ausnahmsweise bei den Gänsen
Vorkommen. Aus der Beobachtung der Zellen des Ammonshorns normaler
Tiere ergibt sich, daß der in den von der Einwirkung des Wutvirus be¬
troffenen Zellen beobachtete pathologische Prozeß weiter nichts ist, als eine
außergewöhnliche Stärkezunahme einer Erscheinung, die sich auch unter
normalen Verhältnissen einstellen kann. Das Vorkommnis der Einschlu߬
körperchen bei der Wut muß also, darin stimmt der Autor mit anderen
Forschern überein, als eine Reaktion der Nervenzellenelemente auf die Ein¬
wirkung der Virus betrachtet werden. Der Unterschied zwischen der Aus-
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Spezielle pathologische Anatomie.
151
Wanderung der Kernkörperchen und der der eosinophilen Granulationen, die
sowohl bei den normalen Tieren, wie auch zuweilen im Gehirn der normalen
Igel beobachtet wird, und derjenigen Auswanderung, die in den wutinfizierten
Tieren zur Beobachtung gelangt, besteht darin, daß sie bei den ersteren
immer begrenzt ist und auf die erste Phase beschränkt bleibt, bei den
letzteren dagegen weiter um sich greift und ^ortschreitet, wobei die aus¬
getretenen Kernkörperchen, wenn sie erst in die Zytoplasmen gelangt sind,
sich verändern, größer werden und so zu den verschiedenen Formen von
Einschlußkörperchen führen.
Spezielle pathologische Anatomie.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn.
1. Abt, Andreas, Ein Fall von Anenzephalus mit Eventration und bemerkenswerten
Mißbildungen des Gefäßsystems. Inaug.-Dissert. München.
2. Alexander, G., Nachtrag zu: „Das Gehörorgan der Kretinen.“ Arch. f. Ohren-, Nasen -
und Kehlkopf hei lk. Bd. 98. H. 2—3. p. 122. Ergänzungsbemerkungen zu einer
1908 erschienenen Arbeit.
3. Ayer, J. B., Neuroma of Ulnar Nerve; Analysis of Case. Boston M. and S. J. Okt. 14.
CLXXIII. No. 16.
4. Ba&ile, Giov., Histologische und funktionelle Veränderungen der zentralen Hypophyse
des Menschen in einem Falle von Lymphosarkom des Nasenrachens. Ztschr. f. Laryngol.
Bd. 7. H. 6. S. 659.
5. Bassoe, Peter, und Nuzum, Frank, Report of a Case of Central and Peripheral
Neurofibromatosis. The J. of Nerv, and Ment. Dis. 42. (12.) 785.
6. Benda, C., Mikroskopisch-pathologische Befunde im Gehirn eines Fleckfieberfalles.
Ztschr. f. ärztl. Fortbildung. No. 15. p. 464.
7. Beneke, Gehimpräparate: Himabszeß; Sinusthrombose mit Himerweiohung;
Sinusthrombose mit hämorrhagisch-eitriger Meningitis; Akute Hirnschwellung bei
Karotisunterbindung; Erweichung im linken Parazentrallappen (Gehimschuß). Münch.
Med. Woch. p. 786. (Sitzungsbericht.)
8. B e r b 1 i n g e r, W., Ein Beitrag zur epithelialen Genese des Melanins. Multiple Melanome
der Haut mit Neurofibromatose der Hautnerven, melanotischer Tumor im Großhirn,
Gliom der Brücke, Sarkomatose der Meningen und hochgradiger angeborener Hydro-
zefphalus bei einem V^jährigen Kinde. Virchows Archiv f. pathol. u. Anat. Bd. 219.
H. 3. p. 328.
9. Bielschowsky, Max, Zur Kenntnis der Beziehungen zwischen tuberöser Sklerose und
Gliomatore. Joum. f. Psychcl. u. Neurol. Bd. 21. H. 3/4. p. 101.
10. Derselbe, Über Mikrogyrie. ebd. Bd. 22. H. 1/2. S. 1.
11. Derselbe, Epilepsie und Gliomatose. ebd. 21. (Ergzh. 2.) 353.
12. Bignami, A., e Nazari, A., Sulla degenerazione delle commissure encefaliche e degli
emisferi neiralcoolismo cronico. Riv. sperim. di Freniatria. Vol. XIII. No. 1.
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13. Bol lack, Neurofibromatose (v. Recklinghausen). Vereinsbeil. d. Dtsoh. med. Wsohr.
p. 844.
14. Böttcher, Ueber tuberöse Hirnsklerose. Münch, med. Woch. 1916. 63. 64.
(Sitzungsbericht.)
15. Brouwer, B. und Blauwkuip, H. J., Über das Zentralnervensystem bei perniziöser
Anämie. Monatsschr. f. Psyoh. Bd. 38. H. 5. S. 286.
16. Brun, G., Eitrige Peripachymeningitis und Myelitis. Beitr. z. Klin. d. Infektkrkh.
Bd. 4. H. 2. S. 197. (cf. Kapitol: Myelitis.)
17. Bungart^ J., Zur Physiologie und Pathologie des Subarachnoidalraumes und des
Liquor cerebrospinalis. Festschrift z. Feier d. 10jährigen Bestehens der Akad. in Cöln.
Bonn. A. Marcus u. E. Weber, p. 698.
18. Burr, C. W., Brain Showing a Tumor of the Cerebellum. The J. of Nerv. and. Ment.
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19. Burrows, M. T., Anatomical Studies Explaining Lesions Fcllowing Thrombosis of
the Posterior Inferior Artery, with Latem Südes. The J. of Nerv. a. Ment. Dis.
42. 832. (Sitzungsbericht.)
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152
Spezielle pathologische Anatomie.
20. Castex, Mariano R., und Bolo, Pedro O., Sarkom der linken motorischen Region.
Aroh. f. Psychiatrie. Bd. 55. H. 2. p. 479. (siehe Kapitel: Hirntumoren.)
21. Chiari, Rückenmark von Meningitis suppurativa cerebrospinalis meningocoocica.
Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 935.
22. Consoli, Giuseppe. Un caso di eterotopia della eostanza grigia del midollo spinale.
11 Morgagni. No. 2. p. 73.
23. Deutsch, Ein Fall symmetrischer Erweichung im Nucleus lentiformis und Nucleus
caudatus. Wien. klin. Woch. 1916. 29. 306. ( Sitzungsbericht.)
24 Doncos, Themistocle, De 1’eosinophilie cons^cutive ä la resection experimentale du
nerf sciatique. These de Lausanne, u. Revue med. de la Suisse Romande.
25. Du Bois, Ch., Cas de maladie de Recklinghausen. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 1916.
46. 564. (Sitzungsbericht.)
26. Dünn, J. S., Neuroblastoma and Ganglioneuroma of Suprarenal Body. Journal of
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27. Ernst, Anatomische Betrachtungen über Kriegsverletzungen des Gehirns. Vereins¬
beilage d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 60.
28. Fahr, 1. Melanosarcom der Meningen. 2. Diffuse Gliose einer ganzen Himhemisphäre
bei 2 Monate altem Kinde. Münch, med. Woch. p. 375. (Sitzungsbericht.)
29. Fischer, Typisches Psammom der Dura. Münch, med. Woch. 62. 1690. (Sitzungs¬
bericht.)
30. Frank, Paul, Ein Fall von mehrfacher Meningozele. Dtsch. med. Woch. No. 32.
p. 949.
31. Freifeld, Helene, Zur Kenntnis der benignen unausgereiften Neurome und multiplen
Neurofibrome. Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 60. H. 2. p. 347.
32. Froehlich, E., Ein Fall von multiplen Gliomen. Dtsch. med. Woch. No. 32. p. 951.
33. Fulci, F., und Giannuzzi, A., Über die Regenerationsfähigkeit der Parathyreoideae.
Zbl. f. allg. Pathol. Bd. 26. No. 4. p. 97—99.
34. Gerstmann, J., Beiträge zur Pathologie des Rückenmarks. Zur Frage der Meningitis
serosa und serofibrosa circumscripta spinalis. Zsohr. f. die ges. Neurol. Bd. 29.
H. 2. p. 97.
35. Glomset, Daniel J., Malignant Sympathicus Tumor of the Right Suprarenal. The
Arch. of Internal Medicine. Vol. 15. No. 3. p. 341.
36. Gottfried, Ge za, Entwicktungsstörung der unteren Olive des Menschen. Zsohr. f.
die ges. Neurol. Bd. 30. H. 1. S. 63.
37. Guizzetti, Pietro, und Tomasinelli, Giovanni, Di un caso di degenerazione primitiva
sistematizzata delle vie oommissurali del cervello da alooolismo cronico (morbo di
Marchiafava). La Rif. med. 31. (17.) 449.
38. Haga, J., Einseitiger Mangel des Tractus olfaotorius. Ned. Tijdschr. v. Geneesk.
59. (II.) 2450.
39. Hänel, Hans, und Bielschowsky, Max, Olivo-zerebellare Atrophie unter dem Bilde
des familiären Paramyoklonus. Nebst Beiträgen zur Kenntnis der normalen und
pathologischen Anatomie des Kleinhirns. Journ. f. Psyohol. u. Neurol. 21. (Ergh. 2.)
385.
40. Harbitz, Francis, Tumors of the Sympathetic Nervous System and the Medulla of
the Adrenal Glands, Especially Malignant Neuroblastoma. The Aroh. of Internal
Medicine. Vol. 16. No. 2. p. 312.
41. Derselbe, Om svulster i det sympatiske nervesystem og i linyrernes medullaris og
saerlig om de „maligne neuro bl astomer* 1 . Norsk Magazin for Laegevidenskaben.
No. 1. p. 1.
42. Derselbe, On Tumors of the Parathyroid Glands. The Joum. of Med. Research. 32.
(3.) 361.
43. Haupt mann, A., Hirnödem. Neue Dtsch. Chirurgie. 12. (2.) (Kurze allgemeine
Abhandlung.)
44. Henschen, Folke, Zur Histologie und Pathogenese der Kleinhirnbrückenwinkel-
tumoren. Arch. f. Psych. 56. (1.) 20.
45. Herzog, Fritz, Über die hämorrhagische Leptomeningitis und Lymphadenitis bei
Milzbrand. Beitr. z. pathol. Anatomie. Bd. 60. H. 3. p. 513.
46. Hof mann, Hermann, Ein Fall von diffuser Sar komatose der Rückenmarkshäute mit
multiplen Geschwülsten im Gehirn. Inaug.-Dissert. Tübingen.
47. Kolisko, A., Symmetrische Enzephalomalazie in den Linsenkemen nach Kohlen*
oxydVergiftung. Beitr. z. gerichtl. Med. II. 1914.
48. Kräuter, Johanna, Über ein glioblastisches Sarkom des Kleinhirns mit Metastasen¬
bildung im Hirn und Rückenmark. Inaug.-Dissert. München. März.
49. Krecke, Fall von Ganglioneurom. Berl. klin. Wooh. p. 777. ( Sitzungsbericht«)
50. Krüer, Rudolf, Über Melanommetastasen in der Wirbelsäule. Inaug.-Diss. Berlin.
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Spezielle pathologische Anatomie.
153
51. Kruska, Benno v., Über Geburtsläsionen der Gehimsubstanz, speziell die ischämischen
Nekrosen und ihre Folgezustände. Inaug.-Dissert. Halle a. S. Juli.
52. Lehmacher, Albert, lieber Karzinom der Dura mater oerebri. Diss. Bonn.
53. Maclachlan, W. W. G., Extensive Pigmentation of Brain Associated with Novi
pigmentosi of the Skin. Joum. of Medical Research. XXIX. No. 3.
54. March and, Hydrenzephalozele. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. S. 1175.
55. Derselbe, Präparate von Gehimgliom und Neurofibrom das Halssympathikus, ebd.
1916. 42. 493.
56. Mc Keown, W„ and London, J., Case of Extramedullary Angioma of Spinal Cord.
Canadian Med. Assoc. Joum. March.
57. Merkel, Rupturiertes Aneurysma A. oorp. callosi, Durchbruch in den rechten Seiten¬
ventrikel. Vereinsbl. d. Dtsch. med. Woch. S. 1381.
58. Merz, Max, Über eine seltene, retropharyngeal gelegene Bindegewebsgeschwulst mit
Einschlüssen von Ganglienzellen. Zschr. f. Ohrenheük. Bd. 72. H. 4. p. 219.
59. Mix, Charles L., Amputation Neuroma with Ascending Neuritis; Division of Right
Half of Cauda. The Clinios of John B. Murphy. 1914. 3. (2.) 355.
60. Derselbe, Neuroma of the Ulnar Nerve, Result of Cicatricial Compresaion Following
Unrecognized Fracture. ebd. 369.
61. Derselbe, Neuroma of Ulnar Nerve the Result of Trauma Incident to Fracture at Elbow.
ebd. S. 375.
62. Morse, Mary Elizabeth, A Study of the Spinal Cord in a Case of Isolated Atrophy of
the Small Muscles of the Hands. The Joum. of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42.
No. 5. p. 257.
63. Newmark, L., An Angioma of the Cerebellum. The Joum. of Nerv, and Mental
Disease. Vol. 42. No. 5. p. 286.
64. Nonne, Bemerkungen zum Aufsatz von Erich Langer in der Deutschen Zeitschrift f.
Nervenheilk. Bd. 53. H 1—2: Kasuistischer Beitrag zur pathologischen Anatomie der
akut aszendierenden Spinalparalyse (Landrysche Paralyse). Dtsch. Ztschr. f. Nerven¬
heilk. Bd. 53. H. 6. p. 476. (vergl. Jahrg. 18. S. 304.)
65. Peiffer, J. A. F., The Neuropathological Findmgs in a Case of Pemicious Anemia with
Psychical Implication. The Journ. of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. No. 1.
p. 75.
66. Reichardt, Martin, Intravitale und postmortale Himsohwellung. Eine Berichtigung
der letzten Ausführungen Rosentals. Neuro 1. 3^1. No. 2. p. 55.
67. Reis, Kann die Abstammung des Netzhautglioms vom Pigmentepithel der Netzhaut
als erwiesen gelten? Zschr. f. Augenheilk. Bd. 33. BL 3—4. p. 175.
68. Reisinger, Ludwig, Konfiguration der Rückenmarke einer Doppelmißbildung des
Kalbes. Münch, tierärztl. Wschr. No. 15. p. 277.
69. Rhein, John H. W., Extra-Pyramidal Motor Disturbances. A Report of a Case with
Autopsy. Lenticulo-rubro-cerebello-olivary Degeneration. The J. of Nerv, and Ment.
Dis. 42. (12.) 802.
70. Deraelbe, Multiple Sarcoma of Brain. ebd. 1916. 43. 61. (Sitzungsbericht.)
71. Ribbel t, Hugo, Die Rhabdomyome de3 Herzens bei tuberöser Himkleroso. Zbl. f.
ailg. Pathol. Bd. 26. H. 9. p. 241.
71a. Derselbe, Die Basedowstruma. Virchow Arch. 219. 246.
72. Robertson, H. E., Ein Fall von Ganglioglioneurom am Boden des dritten Ventrikels
mit Einbeziehung des Chiasma opticum. Virchows Arch. f. patholog. Anat. Bd. 220.
No. 1—2. p. 80.
73. Derselbe. Das Ganglioneuroblastom, ein besonderer Typus im System der Neurome.
Virch. Arch. Bd. 220. p. 147.
74. Rueck, G. A.. A Case of Round Cell Sarcoma of the Meningen of the Brain. Medical
Record. Vol. 87. No. 18. p. 730.
75. Schlifka, Fall von Neurofibromatosis (Recklinghausen). Wien. klin. Woch. 1916.
29. 25. (Sitzungsbericht.)
76. Schminke, A., Ein glioblastisches Sarkom des Kleinhirns mit Metastasenbildung in
Hirn und Rückenmark. Frankfurter Zschr. f. Pathologie. Bd. 16. H. 3. S. 357.
77. Schmitt, Multip'e Neurofibromatosis. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. W r och. 1916.
42. 371.
78. Schneider, Richard, Über einen Fall von erworbener Balkenerwoichung. Inaug-
Dissert. Würzburg. März.
79. Schröder, P., Algemeine Zystizorko.se. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916.
42. 305.
80. Southard, E. E., and Canavan, M. M., Study of Normal-Looking Brains in Psycho¬
pathie Subjects. Boston Med. and Surg. Journ. No. 4. (Ist nicht erschienen.)
81. Stevenson, H. N., and Rei d, MontR., The Relation ofSensory Nerves to Inflammation.
Bull, of the Johns Hopkins Hospital. Jan. p. 21.
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154
Spezielle pathologische Anatomie.
82. Taddei, Domonioo, Contributo allo studio del considetto neuroma plessiforme. Arch.
intern, de Chir. fl. (4.) 405
83. Tilney. Fredeiik, Tuberculoua Meningo-Ependymitm with Dilatation of Cavum Septi
Pellucidi (Fifth Ventriole). The J. of Nerv. a. Ment. Dis. 42. 828. ( Sitzungsbericht.)
84. Trzebinski, Stanislaus, Über pathologische Veränderungen des CentralnervensyBtema
bei Vergiftung mit Phosphor und Oleum Pulegii. Experimenteller Beitrag. Folia
neuro-biologica. Bd. 9. H. 2. p. 123.
85. Tumbelaka, R., Das Gehirn eines Affen, worin die interhemisphäriale Balkenver¬
bindung fehlt, ebd. Bd. 9. No. 1. p. 1—64.
86. Verse, Neurofibroms mollusoum. Münch. Med. Woch. p. 519. (Sitzungsbericht.)
87. Vl ies, Emst de, Beschreibung eines Anencephalen. Psych. en neurol. Bladen. Bd. 19.
No. 4/5. S. 326.
88. Weichselbaum, A., Pathologisch-anatomische Demonstrationen von Schußver-
letzimgen. Wien. klin. Woch. p. 133. (Sitzungsbericht.)
89. Weidenreich, Franz, Über partiellen Riechlappondofekt und Eunuchoidismus beim
Menschen. Ztschr. f. Morphol. 1914. 18. 157—190. (cf. Jahrg. 18. S. 284)
90. Westerhoff, Felix, Die Plattenepithelgesohwülste des Hypophysenganges. Inaug.-
Dissert. Gießen.
91. Zeller, Neuro-Fibromatosis universalis. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 41. 1503.
Unter den Arbeiten dieses Kapitels zeichnen sich diejenigen von
Bielschowsky über Mikrogyrie und über tuberöse Sklerose und Gliomatose,
von Robertson über Ganglioneuroblastome, von Henschen über die
Kleinhirnbrückenwinkeltumoren, von Hänel und Bielschowsky über olivo-
zerebellare Atrophie unter dem Bilde des familären Paramyoklonus, von
Bungert über das physiologische und pathologische Verhalten der Zerebro¬
spinalflüssigkeit und von Ribbert über Basedowstrumen durch besonders
gründliche und ergebnisreiche Untersuchung aus.
Meoinoitis.
Bei der Untersuchung von drei Fällen von hämorrhagischer Lepto-
meningitis bei Milzbrand wurden von Herzog (45) schwere Veränderungen
an vielen mittleren und kleinen Arterien der weichen Häute festgestellt. An
Serienschnitten ließ sich über größere Strecken eine vollständige Zerstörung
des Aufbaus der Arterienwand verfolgen, die darin bestand, daß die Media
infolge Degeneration der glatten Muskelzellen auf große Strecken zugrunde
geht und hier ähnlich wie beim Aneurysma dissecans Blut in diese Teile
eindringt und zur ausgedehnten Lostrennung der Wandschichten führt. Die
Intima und Elastica interna sind an solchen Stellen fast im ganzen Gefä߬
umfang losgelöst und zeigen vielfache Einrisse. Die Adventitia ist stark er¬
weitert und bildet die eigentliche Gefäßwand, auch sie ist vielfach von Blut
durchsetzt. Anhäufungen von Rundzellen in mäßiger Zahl finden sich besonders
an der Innenseite der Adventitia und der kleinsten Arterien. Diese Ver¬
änderungen werden als Diärese der Arterien aufgefaßt.
Außerhalb der Arterien und Venen finden sich in den weichen Häuten
bei allen drei Fällen Unmassen von Milzbrandstäbchen. Das zeitige Exsudat
bestand, abgesehen von den roten Blutkörperchen, in der Hauptsache aua
Zellen, die ihrer Größe nach mittelgroßen, lymphoiden Elementen (mono¬
nukleären) ähneln. Dazu kommen größere Zellen, die von abgelösten Endo-
thelien abstammen, und spärliche gelapptkernige Leukozyten. In den
obersten Gehirnscbichten werden mehrfach wandernde Zellformen festgestellt.
Die mikroskopische Untersuchung der Lymphdriisen (Fall 1 und 2)
ergab bei den stark geschwollenen dunkelroten Drüsen eine Zerstörung des
Parenchyms durch Blutungen, die wohl vom Hilus ihren Ausgang nahmen,
und massenhaft Milzbrandstäbchen. In den weniger stark geschwollenen
Drüsen war herdweise Nekrose und Zerfall der kleinen Lymphozyten zu
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Spezielle pathologische Anatomie.
155
beobachten; andererseits trat eine energische Zellenbildung ein. Die Lympho-
gonien sin^ stark vermehrt und weisen zahlreiche Teilungsfiguren auf, die
Lymphendothelien schwellen an und lösen sich ah, es werden riesige Zyto-
phagen gebildet, und zahlreiche Wanderzellen mit buchtigen Kernen treten
auf. Gelapptkernige Leukozyten sind nur spärlich vorhanden, häufiger finden
sich Mastzellen und eosinophile. Im Fettgewebe des Halses konnte bei
Fall 1 das Auftreten von anscheinend neu entstandenen Lymphknoten be¬
obachtet werden. ( Selbstbericht .)
Gerstmann (34) berichtet über 6 Fälle von chronischer spinaler Menin¬
gitis serosa circumscripta. In dem ersten Falle saß der Prozeß am untersten
Dorsalmark, im zweiten ist die Liquorsackung, die mit lokal begrenzten,
zwischen der Durainnenseite und der Rückenmarksoberfläche ausgespannten
narbigen Yerwachsungssträngen einherging, im Bereiche der mittleren Brust¬
marksegmente gefunden worden, im dritten handelte es sich um mehrere
kleinere, mit einem serösen Exsudat gefüllte, geschlossene Zysten der Cauda
equina, mit den Nervenwurzeln einerseits, mit der Durafläche andererseits
vielfach verwachsen, im vierten um eine lokalisierte Liquoransammlung nebst
einer umschriebenen Pachymeningitis tuberculosa interna an der Cauda
equina, im fünften um eine Meningitis serosa circumscripta adhaesiva im
mittleren Dorsalmark im Anschluß an einen anatomisch festgestellten neo¬
plastischen Herd an einer mit jener genau korrespondierenden Stelle der
Brustwirbelsäule, und schließlich im sechsten Fall um eine mit starker
Trübung und Verdickung der Meningen einhergehende, mit klarer Flüssigkeit
gefüllte, stark gespannte Arachnoidealzyste nebst beträchtlicher Liquor¬
anhäufung unterhalb derselben im Bereiche des 4. bis 6. Brustmarksegmentes.
Die einzelnen Fälle werden ausführlich beschrieben. Da die Symptomen-
komplexe denjenigen von Tumor medullae spinalis glichen, wurde zunächst
diese Diagnose gestellt und die Patienten daraulhin operiert. Diese Operation
deckte die wahre Natur des Leidens auf. In dem ersten Falle wurde die
Patientin geheilt, im zweiten Falle trat keine Besserung ein, der dritte Fall
kam zur Sektion, beim vierten Fall trat zuerst nach der Operation eine
Verschlechterung, dann allmähliche Besserung ein, im fünften Falle war es
umgekehrt, und der Fall kam zur Sektion, im sechsten Falle besserte sich
Patient auch nach der Operation, doch konnte die Beobachtung infolge
des inzwischen hereingebrochenen Krieges nicht fortgesetzt werden.
Entwlcklungsstörungen.
de Vries (87) beschreibt im einzelnen die körperlichen Veränderungen,
die ein Anenzephalus dargeboten hatte. Er stammte von einer Zwillings¬
geburt. In der Familie keine hereditäre Belastung, nur war von 5 Kindern
eins mit einer Meningozele am Hiuterkopf geboren. Diese Meningozele
enthielt keine Hirnsubstanz; sie war operiert worden, und das Kind hatte
sich dann normal entwickelt. Der Anenzephalus hatte noch ’/ 2 Stunde nach
der Geburt gelebt, hatte Bewegungen gemacht, aber nicht geatmet. Aus
dem Befunde des peripheren und zentralen Nervensystems glaubt Verf.
genau den Zeitpunkt angehen zu können, in welchem das schädliche Agens
eingewirkt hat. Das Vorder-, Zwischen- und Mittelhirn und teilweise ebenso
das Nachhirn sind auf dem Stadium der Medullarplatte stehen geblieben.
Die äußere Körperbedeckung der Schädelbasis wird daher nicht durch die
Haut, sondern von Zellen gebildet, die sonst sich zum Zentralnervensystem
differenzieren. Das schädliche Agens hat bei vorliegendem Anenzephalus
also eingewirkt, als der Embryo noch kaum 3 mm groß war. Die Ganglien-
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Spezielle pathologische Anatomie.
leiste war za dieser Zeit schon abgeschnürt, die sensibleu und autonomen
Nerven konnten sich unbehindert weiter entwickeln. Oie Me^ullarplatte
war nicht so stark geschädigt, daß ihre Zellen abgestorben waren; die meisten
konnten sich zwar nur zu indifferenten, wenig verhornten Epithelzellen
differenzieren, an einigen Stellen dagegen schritt die Differenzierung weiter
fort, und es entstanden heterotopische Massen nervöser Substanz und die
vom Ependym bekleideten Einstülpungen. Auch an dem Frontalpol des
Embryo schritt die Differenzierung der basalen Teile sehr weit vor, so
daß sich Augenblasen und ßulbi olfactorii bildeten. Der Autor ist mit
Alezandrini der Ansicht, daß in früheren Stadien mehr nervöse Substanz
vorhanden ist, die sich später regressiv verändert. An keiner Stelle des
Nervensystems ließen sich Entzündungserscheinungen nachweisen. Der Autor
ist der Ansicht, daß Toxinwirkung oder Entzündung an sich eine Anenze-
phalie oder Hemizephalie nicht zu erzeugen vermögen, sondern daß, wenn diese
Mißbildungen zustande kommen, ein endogener Faktor die Hauptrolle spielt.
Bei einem Unteroffizier, der sich wegen eines Typhus im Lazarett
befand, entdeckte Frank (30) zwei Meniugozelen am Kopf. Es fand sich
bei dem Patienten 2 cm oberhalb des linken Ohres eiu kleinfingergroßer
Defekt des Knochens, dem eine Vorwölbung der Haut von etwa Kirsch¬
große entspricht. Diese Vorwölbung tritt deutlicher hervor, wenn Patient
sich zur Seite neigt und preßt. Die zweite Öffnung findet sich am Okziput
nahe dem Winkel der Lambdanaht, sie entspricht der Größe einer Daumen¬
kuppe. Bückt Patient sich nach hinten, so tritt eine taubeneigroße Schwellung
an der der Schädelöffnung entsprechenden Stelle ein, welche deutlich pulsiert.
Das Einlegen des Fingers in beide Öffnungen ist dem Patienten unangenehm
und ruft bei längerer Ausdehnung Kopfschmerzeu hervor. Audere gröbere
Störungen waren an dem Patienten nicht festzustellen. Er hat trotz dieser
Anomalien am Kopf schweren Dienst versehen.
Bielschowsky (10) schildert den histologischen Befund in drei ver¬
schiedenen Fällen von Mikrogyrie. Der erste Fall bietet die reinste Form
der Erkrankung dar. Der größte Teil einer ganz atypisch gefurchten
Hemisphärenoberfläche ist von eiuer Unzahl kleiner Höckerchen bedeckt,
welche ihr ein blumenkohlartiges Aussehen verleihen. Diesem makro¬
skopischen Bilde entspricht ein ganz einheitliches, sich überall mit der
gleichen Klarheit wiederholendes zytoarchitektonisches Grundschema. Unter
einem zellfreien Stratum zonale ist stets ein welliges resp. girlanden¬
förmiges Band von Ganglienzellen anzutreffen, dessen Erhebungen mit der
Kuppe der Höcker und dessen Senkungen mit den seichten Einkerbungen
zwischen diesen korrespondieren. Als dritte folgt eine zellarme, vorwiegend
von Markfasern erfüllte Schicht und als vierte ein breiter Zellstreifen,
welcher den Erhebungen der äußeren Höcker nicht folgt, sondern in gerader
Linie oder mit nur sanften und langgestreckten Ausbuchtungen verläuft.
Abgesehen von der Gleichartigkeit der Rindenstruktur in dem mikrogyren
Rindengebiete ist es auch das Fehlen von Heterotopien grauer Substanz
im Mark und an den Ventrikeln, welches dem Falle das Gepräge der
Reinheit gibt.
Im zweiten Falle bildet die Mikrogyrie nur eine Teilerscheinung im
Rahmen sehr mannigfaltiger Veränderungen eines pachygyren und mikro¬
zephalen Gehirns. Die bezeichuete Vierschichtigkeit der Rinde tritt nur
an einzelnen Stellen prägnant hervor; die Hauptmasse des Kortex hat eine
andere Struktur; sie ist teils durch ein Festhalten der spätfötaleu Sechs-
schichtung, teils dadurch charakterisiert, daß inselförmige Zellkomplexe von
sehr verschiedener Form und Größe nach Art von Heterotopien jeden
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Spezielle pathologische Anatomie.
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Grundriß verwischen. Die Heterotopien bilden in diesem zweiten Falle auch
sonst einen wesentlichen Bestandteil des teratologischen Prozesses. Sie
sind in ganz ungewöhnlichem Maße in der Umgebung der Seitenventrikel
und im Hemisphärenmark entwickelt. Zu betonen ist dabei, daß die höcke¬
rige Beschaffenheit der Hemisphärenoberfläche keineswegs auf diejenigen'
Bezirke beschränkt ist, welche den histologischen und zytoarchitek ionischen
Bau der Mikrogyrie zeigen, sondern in ganz gleicher Art auch über deu
anders gearteten Gebieten hervortritt.
Ira dritten Falle handelt es sich nur um eine partielle Mißbildung im
frontalen Abschnitt einer Hemisphäre. Innerhalb der mißbildeten Partie
bildet eine mikrogyre Zone den Kulminationspunkt von Veränderungen,
welche nach der normalen Binde hin allmählich abklingen. Die Zwischen¬
stufen werden von niedrigen Gyri mit breiter Rinde und schmalen Mark¬
kegeln gebildet, in denen der zytoarchitektonische Grundplan der betreffenden
Region stellenweise noch kenntlich, an anderen Orten aber durch mannig¬
faltige Abweichungen getrübt ist. Diese Übergangswindungen zeigen auch
im Gegensatz zu normalgeformten Gyri die Tendenz, mit der Basis ihrer.
Markkegel zu verschmelzen und sich auf diese Weise den mikrogyren
Komplexen zu nähern. In dem durch die Stärke der oberflächlichen Höcker¬
bildung schon makroskopisch besonders gekennzeichneten mikrogyren Abschnitt
im engeren Sinne ist diese Tendenz gewissermaßen auf die Spitze getrieben,
indem hier mit der Verkleinerung der einzelnen Windungen das Volumen
der gemeinsamen Markkegel an Masse erheblich zunimmt, während für die
einzelnen Rindenerhebungen nur dünne Seitenausläufer übrig bleiben. Auf
diese Weise kommen die an Eisblnmen und Vogelpfoten erinnernden Ver¬
ästelungen der Markkegel zustande. Das räumliche Verhältnis wird dadurch
immer mehr zuungunsten der letzteren verschoben.
Das Gesamtergebnis seiner Untersuchungen fast Bielschowsky fol¬
gendermaßen zusammen: Die kongenitale Mikrogyrie der Großhirn- und
Kleinhirnrinde kann nur als Produkt pathologischer Wacbstumsvorgänge in
der Riude selbst aufgefaßt werden, bei welchem sich die Abweichung vom
normalen Entwicklungsgang in gesetzmäßiger Weise vollzieht. Die gleichen
Faktoren, welche die normale Gestaltung der Gyri und Sulci bewirken, sind
auch für die Mikrogyrie von formbestimmender Bedeutung, nämlich die
Vaskularisation der Rindensubstanz und die ProliferationspoteDz der in die
Keimzone des Mantels gelangten Neuroblasten. Die Mikrogyrie ist im
wesentlichen eine Kompensationserscheinung gegenüber quantitativen nnd
qualitativen Herabsetzungen dieser den normalen Entwicklungsgang be¬
herrschenden Faktoren. Da die Kompensation unter allen Umständen hinter
der normalen Produktion zurückbleibt, gehören alle Fälle von kongenitaler
Mikrogyrie zu den Monstra per defectum. Die zytoarchitektonische Struktur
der mikrogyren Großhirnrinde ist eine vielgestaltige. Die Einzelbefunde lassen
sich ira Sinne einer aufsteigenden Reihe ordnen. Am unteren Ende der¬
selben stehen diejenigen Fälle, welche durch deutliche Zweischichtung des
Zellmateriales gekennzeichnet sind, am oberen Ende diejenigen, welche bei
sonst normalen Schichtungsverhältnissen isolierte, pilz- oder warzenförmige
Auswüchse der oberflächlichen Zellelemente über das Niveau des Stratum
zonale aufweisen. Nur diese letzteren gestatten eine direkte Ableitung aus
dem Status verrucosus Simplex seu Retzii und führen den von Ranke
vorgeschlagenen Namen „Status verrucosus deformis“ mit Recht. Bei der
überwiegenden Zahl der Fälle trifft die alte Bezeichnung Mikrogyrie oder
das von Oekonomakis vorgeschlagene Wort „Polygyrie“ den Sachverhalt
besser; denn in der Nomenklatur muß die Vorstellung zum Ausdruck
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Spezielle pathologische Anatomie.
gelangen, daß jede einzelne der kleinen Erhebungen, welche der Gehirnober¬
fläche das charakteristische Aussehen verleihen, die Abortivform einer
Sekundärverbindung darstellt Auch an das Wort „Mikropolygyrie“ könnte
man denken, weil es auf die wesentlichen Eigenschaften der Mißbildung,
die Kleinheit der Abortivwinduugen und ihre große Zahl hindeutet und eine
Verwechslung mit der erworbenen sekundären Mikrogyrie ausschließt.
Weidenreich (89) beschreibt ein Gehirn, dem beiderseits Bulbus und
Tractus olfactorius lehlten. An der Stelle, wo sonst der Traktus vom
Trigonum sich abhebt, ist beiderseits ein Höckerchen vorhanden, das offenbar
das Rudiment des Bulbusteiles darstellt. Nervenfaden, die von diesem
Höcker abgingen, existieren nicht. Striae olfactoriae lassen sich nicht nach-
weiseu. Das ganze Gebiet des Gyrus fornicatus bzw. Lobus piriformis zeigt
beiderseits keinen spezifischen oder wesentlich von der Norm abweichenden
Befund. Der Schädel ließ weder in seinen Größenverhältnissen noch in
seiner Form irgendwelche Besonderheiten oder Abweichungen von der
Norm erkennen. Riechnerven waren in der Regio olfactoria der Riech¬
schleimhaut vorhanden, es bestand demgemäß eine durchlöcherte Lamina
cribrosa (Patient soll auch deutlich Geruchsvermögen besessen haben). Es
bestand, wie an der Leiche feststellbar war, eine Hypoplasie der Genitalien,
des Kehlkopfes, eine Disproportion des Skeletts und schwache Behaarung,
also im ganzen ein Zustand von Eunuchoidismus. Der Autor nimmt an,
daß die Riechnerven in diesem Falle entweder mittels des Trigeminus das
Gehirn erreichten oder in die Substantia perforata von der Schädelbasis
aus eingetreten sind. Trotzdem eine Veränderung der Hypophyse im vor¬
liegenden Falle nicht feststellbar war, nimmt der Autor an, daß in den¬
jenigen Fällen, wo der Defekt des Bulbusteiles mit einer Störung in der
Genitalentwicklung vergesellschaftet vlar, daneben irgendeine Schädigung der
Hypophyse bestand, die auf die gleiche Ursache wie jene Defektbildung
zurückgeführt werden muß. Das Zustandekommen des Gehirndefektes
erklärt der Autor in der Weise, daß die normale Vereinigung zwischen den
Elementen des Ganglion olfactorium und dem vordersten Lobusteil aus
irgendwelchen Gründen ausblieb, und daß infolgedessen dieser Teil eine
Rückbildung erfuhr.
Tumbelaka (85) beschreibt das Gehirn eines Zebus, hypoleukus, der
an Tuberculosis pulmonum gelitten, psychisch nicht ganz intakt war und
unter Erscheinungen gestorben war, die an einen Status epilepticus erinnertem
Die auffälligste anatomische Veränderung des Gehirns war das Fehlen des
Balkens. Vom Psalterium war nur ein kleines Faserbündel zwischen den
Columnae fornicis übrig geblieben, die übrigen Kommissuren waren intakt.
Die Zyto- und Myeloarchitektonik der Rinde ist im ganzen normal mit
Ausnahme des Okkipitallappens, in welchem Entzündungsprozesse frischeren
Datums sich abgespielt haben. Infolge einer Entzündung des Ependyms ist
es auch zur Vermehrung der Ventrikelflüssigkeit gekommen. Abweichungen,
die auf einen fötalen Prozeß im dritten Monate des intrauterinen Lebens
hinweisen, und denen das Nichtzustandekommen der Balkcnverbindung zu¬
geschrieben werden könnte, sind nicht koustatiert worden, so daß der
ätiologische Faktor des kongenitalen Balkendefekts nicht festzustellen ist.
Der Effekt des Flüssigkeitsergusses in das Hinterhorn ist der, daß der
Umfang des Hinterlappens bedeutend, und zwar zum Nachteil des für die
angrenzenden Gehirnteile bestimmten Raumes zugenommen hat. Das Balken¬
system besteht im vorliegenden Falle, hat aber einen pathologischen Verlauf.
Die entsprechenden von der Rinde kommenden Fasern vereinigen sich zum
Längsbündel, das dorso-medial vom Ventrikel in sagittaler Richtung verläuft.
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Spezielle pathologische Anatomie.
15‘J
ln dieses Bündel setzt sich das Tapetum fort. Das Nichtkreuzen der
Balkenfasern hat ein defektives Wachsen des Faserteiles zur Folge, welches
in der andereu Hemisphäre hätte verlaufen sollen. Es zeigt sich das in
der Abnahme der weißen .Marksubstanz. Das tritt beim Zebus deutlicher
hervor als in analogen Fällen beim Menschen. Der Autor macht dann noch
einzelne Angaben über das Sichtbarwerden der aus den ventro-lateralen
Bindenteilen herrührenden Balkenfasern, über Fasern des luduseum griseum
und Uber das ganze Fornixsystem, soweit es durch die Balkenanomalie
kleinere Veränderungen erlitten hat.
Gottfried (36) berichtet über eine einseitige Entwicklungsstörung der
uuteren Olive. Die rechte Olive war in der Längsausdehnung um 2 mm
kürzer als die linke. Um den kaudalen Pol der Olive war die Substanz
der Oblongata buchtenförmig vertieft. Dieser Verkürzung der Olive ent¬
sprechend sieht man an Querschnitten eine Asymmetrie in dem Sinne, daß
links bereits die Hauptolive erscheint, während rechts von derselben keine
Spur sichtbar ist. In spinozerebraler Richtung tritt rechts die Hauptolive
zunächst in zwei voneinander getrennten Abteilungen (einer lateralen und
medialen) auf, welche etwas höher zu einer einheitlichen Hauptolive ver¬
schmelzen. In der Höhe des Hypoglossuskernmaximums zeigt die nun
einheitliche Hauptolive in ihrem dorsalen Blatt an der Stelle der äußeren
Nebenolive eine Verdoppelung, welche als solche bald aufhört. Von den
spinalsten Vagus wurzeln angefangen aufwärts hört die Mißbildung der
rechten Hauptolive auf. Diese geschilderte Anomalie hat gewisse Ver¬
schiebungen in der rechten Oblongatahälfte im Verhältnis zur linken ver¬
ursacht, wie den höheren Stand des Hypoglossuskerns, des Tractus solitarius,
die seitliche Lagerung des Nucleus arciformis, die nach links gerichtete
Ausbiegung der Raphe. Spuren eines pathologischen Prozesses waren nicht
auffindbar. Autor hält diese Anomalie für die Folge einer sehr früh ein¬
getretenen Entwicklungsstörung, deren innere Natur unbekannt ist.
Bei der Sektion eines Kalbes fand Reisinger (68) sämtliche Organe
doppelt ausgebildet, auch die Wirbelsäule samt Rückenmark, obwohl Brust
und Bauchhöhlen beider Tiere kommunizierten. Diese Doppelmißbildung
wies nur 4 Extremitäten auf, indem dieselben jener Seite, mit welcher ein
Kalb mit dem anderen verwachsen war, fehlten, so daß das linke Individuum
die beiden linken, das rechte die beiden rechten Extremitäten besaß.
Die histologische Untersuchung der Rückenmarke nach der Weigert-
schen Methode ergab folgenden Befund. Die linke Hälfte der grauen und
weißen Substanz des Halsmarkes jenes Kalbes, das die linken Extremitäten
aufwies, war gut entwickelt, während rechts eine hochgradige Atrophie dieser
Teile festzusteilen war. Das Halsmark des rechten Kalbes zeigte (ent¬
sprechend dem Mangel der linken Extremitäten) Atrophie beider Substanzen
der linken Hälfte. Die Veränderung ist so hochgradig, daß das linke Dorsal¬
horn nur durch eine Brücke mit der übrigen grauen Substanz in Zusammen¬
hang steht. Während aber die Konfiguration des linken Halsmarkes in
seinem Verlauf gleich blieb, erwies sich das mikroskopische Bild des rechten
als wechselnd, indem besagte Brücke grauer Substanz allmählich stärker
wurde und das linke Dorsalhorn so eine annähernd normale Form annahm.
Am linken Brustmark fiel die Atrophie der grauen Substanz der rechten
Hälfte, insbesondere des Dorsalhornes auf, während die weiße Substanz
nahezu symmetrisch war. Die Nervenwurzeln waren links besser entwickelt,
die Zahl der Ganglienzellen des linken Ventralhornes nur wenig größer
als die des rechten. Graue und weiße Substanz des rechten Brustmarkes
zeigten eine kaum merkliche Atrophie der linken Hälfte; in Zahl und Stärke
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Spezielle pathologische Anatomie.
der Nervenwurzelu konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Nennens¬
wert ist nur der Reichtum des rechten Ventralhorns an Ganglienzellen.
Die Differenzen der beiden Hälften ein- und desselben Brustmarkes sowie
der beiden Brustmarke miteinander verglichen sind nicht so prägnaut, wie sie
am Halsmark festgestellt wurden, und wie das Lendenmark noch zeigen wird.
Die bedeutende Atrophie der rechten grauen und weißen Substanz des
linken Lumbalmarkes war schon makroskopisch erkennbar. Die atrophische
Veränderung ist so hochgradig, daß Ventral- und Dorsalhorn der rechten
Hälfte ihre charakteristische Form verloren haben und als einheitlicher
Strang in Erscheinung treten.
Rechts fällt weiter der nahezu gänzliche Mangel an Ganglienzellen auf,
ebenso die geringe Zahl und Stärke der austretenden Nerven wurzeln. Obwohl
das Rückenmark des rechten Kalbes nicht so auffallende Abweichungen von
der Norm aufwies wie das dos linken Tieres, so war der Grad der Ver¬
änderung in den Teilen des Lendenmarkes beider gleich, so daß das histo¬
logische Bild des Lendenmarkes des einen Individuums, das Spiegelbild des¬
jenigen des anderen darstellt. Die graue und weiße Substanz des rechten
Lumbalmarkes war (der extremitätenlosen Seite entsprechend) links wenig
entwickelt, das Dorsalhorn nur stummelartig vorhanden, in Anzahl und Be¬
schaffenheit der Nervenwurzeln konnte jedoch kein Unterschied verzeichnet
werden. Ganglienzellen fanden sich nur im rechten Ventralhorn, links fehlten
sie nahezu.
Da die Doppelmißbildung direkt dem Uterus entnommen wurde, so lehrt
die Untersuchung der Röckenmarke derselben, daß die Extremitäten und
die ihnen entsprechenden Abschnitte des Rückenmarkes sich parallel und
korrelativ entwickeln, daher das Fehlen der eisteren schon fötal atrophische
Erscheinungen der letzteren zur Folge hat.
Tuberöse Sklerose, Gliomatose, Neurofibromatose. Neurome und Blastome.
Bielschowsky (11) untersuchte das Gehirn eines 16jährigen Epilep¬
tikers. Deutliche Tumorerscheinungen hat der-Kranke während der sich über
mehr als 6 Monate erstreckenden Beobachtung in der Anstalt nicht geboten.
Wenn auch einzelne Symptome wie Babinskisches Phänomen und das
kurz vor dem Tode auftretende Erbrechen und der Speichelfluß darauf hin¬
deuten konnten, so fehlten doch vor allem die Allgemeinerscheinungen des
Tumors. Der anfänglich schwachsinnige Patient verfiel im Laufe der Krankheit
vollkommener Verblödung. Bei der Autopsie war neben der Größe und
Schwere des ganzen Gehirns der markanteste Befund die Vergrößerung der
Brücke und des verlängerten Markes. In zweiter Reihe fiel Hie derbe
Beschaffenheit der an ihrer Oberfläche fein gerunzelten und ihrem Volumen
nach hypertrophischen Großhirnwindungen auf; die Zähigkeit des Gewebes
war in der Rinde im allgemeinen noch größer als im Mark. Im Marklager
des distalen Gebietes der oberen und mittleren Stirnwindung wurden Anfänge
eines malazischen Prozesses gefunden.
Bei der mikroskopischen Untersuchung wurde als Grundlage der ponto-
bulbären Veränderungen eine starke Hyperplasie der Gliazellen resp. der
Gliakerne festgestellt, die einen blastomatösen Charakter zeigten. Die Kerne
lagen am dichtesten in der subendymären Zone des vierten Ventrikels und
batten hier in einem zirkumskripten Gebiet eine beträchtliche Vorwölbung
der dorsalen Randpartie der Medulla oblongata herbeigeführt. Graue und
weiße Substanz sind in der fraglichen Zone ganz gleichmäßig von Kernen
durchsetzt. Ganglienzellen und Nervenfasern haben nur qualitativ gelitten.
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Spezielle pathologische Anatomie.
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Die Veränderungen des Kortex im vorliegenden Palle kennzeichnet der
Autor als eine Verbindung von Schichtungsatypie mit enormer Hyperplasie
der gliösen Elemente. Der gesamte Komplex dieser Atypie kann nur als
Produkt einer Mißbildung, eines fötalen Entwicklungsfehlers gedeutet werden.
Die gefundenen Veränderungen der Glia können aber nicht auf eine Formel
zurückgeführt werden, zum Teil sind sie auch alt und stehen unzweifelhaft
mit der fehlerhaften Organbildung in engstem Zusammenhang, zum Teil sind
sie aber jüngeren Datums und recht problematischer Natur. Als ältere
Bildung gilt zunächst die zum Warzensaum verdickte Limitans superficialis
des Stratum zonale. Besonders bemerkenswert ist, daß hier eine Verlagerung
großer Randgliamasseu in artfremdes Bindegewebe stattgefunden hat. An
zahlreichen Stellen ist gliöse Substanz in den Arachnoidealraum eingebrochen,
und es haben sich an dieser Stelle Bindegewebsfasern und gliöse Elemente,
mesodermale und ektodermale Bestandteile ohne Bildung von Grenzmem¬
branen eng miteinander vermischt. Dem gleichen Befunde begegnet man
auch au der Grenze von Limitans und Gefäßadventitia. Diese Heterotopien
der gliösen Substanz können nur auf mangelhafte Entwicklung der Gewebs-
fasern zurückgeführt werden. Die übrigen Proliferationserscheinungen der
Glia sind nicht so einfach zu deuten. Die Massenentfaltung geht über den
Umfang gewöhnlicher Reaktionserscheinungen entschieden weit hinaus. Die
faserige Substanz erreicht in einzelnen Windungsabschnitten eine solche
Dichtigkeit, daß man an narbige Sklerosierungsvorgänge denken könnte,
wenn ihr Querschnittsareal nicht eher eine Vergrößerung als eine Abnahme
erfahren hätte. Den sich dem epileptischen Rindentypus nähernden
Befunden stehen dann wieder andere gegenüber, welche aus seinem Rahmen
vollkommen herausfallen. Hierhin gehören die Veränderungen der Satelliten,
die zahlreichen „runden“ Zellformen und die Kerninseln mit ausgesprochen
blastomatösem Charakter. Die Satelliten bilden überall um ihre Ganglien¬
zellen geschlossene Kapseln, sie sind zu epithelialen Verbänden aneinander
gereiht und setzen sich häufig weit auf die Dendriten fort. Bielschowsky
stellt seinen Fall in nosologischer Hinsicht zwischen die genuine Epilepsie
und diejenigen Krankheiten des Großhirns, welche auf einer Vereinigung
kongenitaler Defektbildungen des Parenchyms mit blastomatösen Anlage¬
störungen der Glia beruhen. Sie sind in ihrem histologischen Substrat
durch gemeinschaftliche Züge mit jedem Typus dieser Gruppe verbunden,
mit der tuberösen Sklerose, der Pseudosklerose, der Recklinghausenschen
Krankheit und wahrscheinlich auch noch mit gewissen hypertrophischen
Formen der Idiotie.
Bielschowsky (9) teilt eine Beobachtung mit, in welcher sich Übergänge
von tuberösen zu gliomatösen Veränderungen erkennen ließen. Es handelte
sich um eine 30jährige epileptische Kranke. Nach lOjährigem Bestehen des
Leidens bemerkten die Angehörigen, daß nach den Insulten mehr oder weniger
lange anhaltende Lähmungserscheinungen der rechten Körperhälfte, ins¬
besondere des rechten Armes auftraten. In der Anstalt wurde beobachtet,
daß auch bei den Anfällen selbst die Muskeln der rechten Körperhälfte
in stärkeren Tonus als diejenigen der linken gerieten. Wenige Tage ante
finem wurde Patellarklonus auf der rechten Seite auslösbar. Die Sprache
der Patientin war verwaschen, die Artikulation undeutlich. Keine aphasischen
Störungen. Die Kranke ging im Status epilepticus zugrunde. Bei der
Sektion des normal großen und normal schweren Gehirns wurde dorsalwärts und
etwas frontalwärts vom vorderen Balkenknie ein kleinapfelgroßer Tumor von
weicher Konsistenz, welcher in die Substanz der linken Hemisphäre einge¬
bettet ist, gefunden. Die Geschwulst erweist sich als Gliom von allerdings
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 . 11
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162
Spezielle patholodische Anatomie.
örtlich verschiedener Zusammensetzung. Daneben findet sich ein Rindenprozeß,
welcher nach seiner strukturellen Zusammensetzung lange Zeit bestanden
haben muß. Gewisse Momente, wie besonders die an Status verrucosus
erinnernden Warzenbildungen weisen auf seine Entstehung im fötalen Leben
hin. Die angrenzenden hypertrophischen Windungen zeigen in vieler Hinsicht
übereinstimmende Züge mit den Herden der tuberösen Sklerose. Die Annahme
wäre deshalb gerechtfertigt, daß im vorliegenden Falle gewisse Partien des
erkrankten Riudengewebes histologisch und grob morphologisch den HerdeD
der tuberösen Sklerose nahestehen. Diese tuberiformen Gebiete finden sich in
unmittelbarer Nachbarschaft eines kleinzelligen Gehirns von typischem Bau,
In dieser Tatsache liege ein Moment von prinzipieller Bedeutung. Die
Theorie von der blastomatösen Entstehung der tuberösen Plaques wird
durch sie stark gestützt. Auf der anderen Seite gewinnt die von Rind¬
fleisch und anderen Autoren ausgesprochene Hypothese, nach welcher die
Gliome auf fötale Anlagefehler zurückzuführen sind, viel an Wahrscheinlich¬
keit. Ob zwischen der gliomatösen Neubildung und den Windungshyper¬
trophien des vorliegenden Falles nur ätiologische Beziehungen oder auch
noch nähere anatomische Beziehungen bestehen, d. h. ob sich der rasch
wachsende Tumor auf dem Boden eines ursprünglich tuberösen Prozesses ent¬
wickelt hat, läßt der Autor unentschieden, wenn auch hohe Wahrscheinlich¬
keit dafür besteht.
Bei einem 1jährigen an Diphtherie verstorbenen Kinde fand Ribbert
(71) neben zahlreichen und umfangreichen Sklerosen an den Außenflächen
des Gehirns und auf der Innenfläche des Seitenventrikels noch etwa zwölf
mit bloßem Auge sichtbare, nicht über kirschkerngroße Knoten im Herzen.
Bemerkenswert war nun im vorliegenden Falle die außerordentlich große
Zahl der neben den Rhabdomyomen mikroskopisch nachweisbaren Keime
aus embryonaler Muskulatur. Verf. beschreibt die Keime eingehend und
kommt auf Grund seiner Befunde zu dem Schluß, daß es sich nicht um liegen¬
gebliebene Bezirke embryonaler Muskelbündelabschnitte handeln kann, sondern
um selbständige Sprossen, die gleichsam seitlich aus ihnen herauswachsen,
dann aber, als aus dem Zusammenhänge ausgeschlaltete Elemente, ihre
normale Weiterentwicklung einstellten. So erkläre sich die his auf den Rest
des ursprünglichen Stiels völlige Selbständigkeit der Keime, ihre Umhüllung
durch Bindegewebe, ihr Hineinragen in das Endokard, ihre Prominenz unter
dem Epikard und die vielfache Windung der Fasern, die wegen Raum¬
mangels nicht geradlinig wachsen konnten.
Freifeld (31) beschreibt den histologischen Bau von fünf Tumoren.
In den ersten beiden Fällen handelte es sich um eine benigne Form von
unreifen Neuromen; als Prototype dieser Tumoren sind bestimmte Neuro¬
blastome anzusehen, welche zebrafellähnliche Partien (durch parallele Kern-
reihen erzeugt) und radiäre Anordnung um die Gefäße darbieten. Sie
unterscheiden sich von den bis jetzt beschriebenen Neuroblastomen erstens
durch das Fehlen von zellreichen Partien mit den in den meisten Neuro¬
blastomen auftretenden Rosetten, zweitens durch das benigne Wachstum,
drittens durch das Auftreten in einem späteren Alter. Die drei anderen
Fälle gehören zu den Neurofibromen. Außer den charakteristischen parallelen
Kernreihen mit quer dazwischen verlaufenden Fasern macht die Autorin
auf die isoliert auftretenden Schlingen aufmerksam, welche in manchen
Fällen dominieren; in diesen Schlingen sieht sie eine Struktureinheit (analog
den Rosetten bei den Neuroblastomen), welche ihr als hypertrophische Wieder¬
gabe der embryonalen Neurosblastenrosette auf ihrer etwas späteren Ent¬
wicklungsstufe erscheint In den spinalen Ganglien und in den Hirnnerven
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Spezielle pathologische Anatomie.
163
hat sie ähnliche Rosetten wie im sympathischen Nervensystem gefunden.
Das erklärt die Tatsache, daß in den zerebrospinalen Nerven Geschwülste
neurogenen Ursprunges von der gleichen Struktur entstehen wie im Sym¬
pathikusgebiete.
Bassoe und Nuznm (5) berichten über einen Fall von Neurofibroma-
tosis bei einem 15jährigen Knaben; die Krankheit begann vor 10 Jahren
mit Schmerzen am Schulterblatt; im Verlaufe der Krankheit traten mannig¬
faltige Störungen vonseiten des Nervensystems auf, und Patient ging all¬
mählich an Erschöpfung zugrunde. Es bestand außer der hochgradigen
Abmagerung und mannigfachen an der Haut fühlbaren Knoten eine dorso-
Inmbale Skoliose. Patient kann den Kopf von der Unterlage nicht heben,
und das linke Bein ist sehr schwach; passive Bewegungen der unteren
Extremitäten sind schmerzhaft. Es bestand ferner Schwäche des rechten
Externus und Doppelsehen, Nichtauslösbarkeit des Kornealreflexes und Parese
des linken Fazialis, Herabsetzung des Gehörs auf dem linken Ohre; linker
Patellarreflex fehlt, der rechte ist schwach, Achillesreflex ebenso Abdominal¬
und Kremasterreflex fehlen, Babinski rechts positiv, links negativ. Temperatur-
und Schmerzempfindung sind auf der vorderen Seite des linken Beines und
an einzelnen Stellen des Leibes herabgesetzt. Bei der Sektion wurden außer
den Knötchen an der Haut noch solche im achten Interkostalraum unter
der Pleura neben der Wirbelsäule und eine Knötchenmasse in der Aus¬
höhlung des Sacrum hinter dem Mastdarm gefunden. Es fand sich außerdem
ein ca. taubeneigroßer fibröser Tumor in der mittleren Schädelhöhle, welcher
mit dem Ganglion Gasseri verwachsen war, und je ein walnußgroßer Tumor
in jeder Kleinhirnbrückengrube. Ein weiterer Tumor war mit dem linken
dritten Hirnnerven verwachsen, und zahlreiche Knötchen lagen an den
Rückenmarkswnrzeln. Die größeren Tumoren an der Himbasis hatten die
Hirn- und Kleinhirnbasis eingedrückt. Der größte Tumor von 8 cm
Länge lag an der Kauda und hatte die Nervenwurzeln hier deutlich kom¬
primiert. Auch der Vagus war von Knötchen besetzt. Die Knötchen zeigten
alle das gleiche mikroskopische Aussehen eines fibrösen Gewebes; an einzelnen
Stellen der Wurzeln waren sie noch etwas in das Rückenmark eingedrungen.
Die Gefäße der Hirnrinde zeigten an einzelnen Stellen fibröse Wandver¬
dickungen und Verkalkungen, und auch graue wie weiße Substanz enthielten
zahlreiche Haufen von polymorphen vesikulären Gliazellen.
Robertson (73) beschreibt den histologischen Bau von zwei Ganglio¬
neuroblastomen, die er zu untersuchen Gelegenheit hatte. Das erste saß
am Kreuzbein einer 16jährigen Gebärenden und wurde in einer zweiten
Operation, nachdem das Kind durch Sectio caesarea geboren war, entfernt.
Das zweite stammte von einem 6jährigen Mädchen und lag retroperitoneal
in der Nierengegend. Die Tumoren waren faust- bzw. apfelgroß. Beide
Patientinnen waren bald nach der Operation an Rezidiven gestorben. Die
Ergebnisse seiner Untersuchungen faßt der Austor unter Berücksichtigung
der Literatur folgendermaßen zusammen.
Die Neubildungen, die aus Anlagezellen des Nervensystems hervorgehen,
können zweckmäßig in vier große Gruppen getrennt werden. Die erste
Gruppe zeigt in der Geschwulst die ganz oder beinahe ganz undifferenzierten
nervösen bzw. sympathischen Bildungszellen (Sympathogonien und Sympatho-
blasten) mit einer feinen Zwischensubstanz neurofibrillärer Natur. Die fast
stets das sympathische System angehenden Geschwülste sind als Sympatho-
blastome zu bezeichnen. Die zweite Gruppe umfaßt diejenigen Neubildungen,
die aus chromaffinen Zellen bestehen: chromaffine Tumoren, Paragangliome
oder Phaeochromozytome. In der dritten Gruppe werden Tumoren gefunden,
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Spezielle pathologische Anatomie.
die ganz oder doch wesentlich aus vollständig ausdifferenzierten Ganglien¬
zellen und Nervenfaseru bestehen. Der Autor bezeichnet die Geschwülste
dieser Gruppe als Ganglioneuroma simplex. Die vierte Gruppe der Neu¬
bildungen vereinigt Elemente der Gruppen I und III. Die Tumoren sind
am besten als Ganglioneuroblastome zu benennen. Das Ganglioneuroblastom
nimmt im System der Neurome (L. Pick und Bielschowsky) eine Zwischen¬
stellung zwischen den ausreifenden und den unausgereiften Formen derNeqrome
ein. Der ausreifende Abschnitt kann sehr stark zurücktreten. Er kann mit
dem unausgereiften sich entweder in getrennten Geschwulstknoteu kombi¬
nieren oder sich mit ihm diffus vermischen. Durch die Beteiligung von
Entwicklungs- und Ausbildungsstadien chromaffiner Elemente oder der Glia
erscheinen Ganglioglio-Neuroblastome oder Ganglioparaganglio-Neuroblastome
möglich. Das Kriterium für die Klassifikation der Neubildungen gibt allein
der mikroskopische Befund, nicht die anatomische Maliguität oder Benignität.
Von besonderer Bedeutung ist für die Trennung der einzelnen Formen eine
sorgfältige, in allen Richtungen anzuwendende Färbetechnik.
Harbitz (40, 41) beschreibt das mikroskopische Aussehen eines Neu-
roblastoma, welches au der vorderen Fläche des Os sacrum gesessen hatte
und bei einem 3 Jahre alten Kinde operiert war, eines zweiten ähnlichen
Tumors bei einem ü l / 2 Jahre alten Kinde, welcher das Mark der Neben¬
niere zystisch erweicht und die Leber in Mitleidenschaft gezogen hatte, und
eines dritten Tumors derselben Art in der Sakralregion eines etwa 4 Monate
alten Fötus. Im viertcu Falle waren multiple Tumoren bei einem 47jährigen
Patienten gefunden, und zwar Hypernephroma der Niere, Zystadenonm des
Pankreas, chromaffiner Tumor in der Gegend der Nebennierenkapsel und
ein gleicher Tumor in der Nierengegend.
Harbitz’ (42) Fälle betreffen eine 26 jährige an Osteomalazie leidende
Frau, bei welcher bei der Sektion ein Adenom der Glandula parathyreoidea
gefunden wurde, und einen 75 Jahre alten an Paralysis agitans leidenden
Mann, bei dem sich multiple symmetrische Adenome der Nebenschilddrüse
fanden. Während er einen Zusammenhang der Tumoren mit der Paralysis
agitans im zweiten Falle ausschließt, möchte er einen solchen zwischen
Nebenschilddrüsentumor und Osteomalazie nicht ganz in Abrede stellen.
Unter Anführung der Literatur und zweier Fälle geht Krüer (50) die
klinischen Erscheinungen und pathologischen Befunde bei Melanommeta¬
stasen durch, wobei besonders die Beteiligung der Wirbelsäule berücksichtigt
wird. In dem ersten vom Autor beschriebenen Falle waren die Halswirbel
betroffen und das Halsmark erweicht, im zweiten Falle war die Wirbelsäule
in großer Ausdehnung befallen, ebenso der Schädel. Außerdem fanden sich
im ganzen Körper Metastasen.
Bei einem 3 / 4 Jahre alten zur Sektion gekommenen Kinde fand Berl^
linger (8) multiple Melanome der Haut mit Neurofibromatose der Hautnerven,
einen melanotischen Tumor im Großhirn, multiple Pigmentflecken in den ver¬
schiedensten Hirnteilen, herrührend von zahlreichen melaninhaltigen Zellen,
ein kleines Gliom der Brücke mit teilweisem Melaningehalt seiner Zellen,
eine Sarkomatose der Leptomeninx spinalis und cerebralis mit sekundärer
Pigmenteinlagerung in diese Tumorzellen, endlich noch einen kongenitalen
Hydrocephalus internus, eine eitrig fibrinöse Leptomeningitis (erst im Anschluß
an eine Punktion entstanden) und eine echte akzessorische Nebenniere.
Nach genauer histologischer Beschreibung der einzelnen pathologischen Ver¬
änderungen schließt sich der Autor bezüglich der Auffassung der gesamten
Veränderungen des Falles der Anschauung von Oberndorfer an, daß kontem-
poräre und adäquate Veränderungen vorliegen, deren Ursprung in den
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Spezielle pathologische Anatomie.
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frühesten Perioden des Embryonallebens gesucht werden muß. Es handelt sich
um Entwicklungsstörungen des Ektoderms, auf deren Boden einerseits echte
Geschwülste entstanden sind, während andererseits in den verschiedensten
Teilen des Gehirns mangelhaft differenzierte Zellen, pathologisch veränderte
Neuroepithelien, sich erhalten haben. Alle diese Elemente besitzen die
Fähigkeit zur Melaninbildung, welche unter normalen Verhältnissen nur
gewissen, weiter differenzierten Abkömmlingen des äußeren Keimblatts
zukommt. Bei dem diffusen Tumor in den Leptomeningen und den Haut¬
neurofibromen handelt es sich um Wucherung des Bindegewebes und der
Schwannschen Zellen. Diese Neubildungen beschränken sich jedoch im
wesentlichen auf die subektodermale ßindegewebslage, welche beim Schluß
des Medullarrohres, der Trennung des Ektoderms vom Medullarrohr, bei
der Bildung des Augenbechers jedesmal mitgezogen wird. Man ist deshalb
berechtigt zur Annahme, daß auch diese Neubildungon auf dem Boden von
Entwicklungsstörungen des Ektoderms und der ihm anliegenden Bindegewebs-
zone entstanden sind.
Tumoren.
in der Mitteilung von Rueck (74) handelt es sich um ein 24 jähriges
Mädchen, welches über allgemeine Hirnsymptome klagte und schon 24 Stunden
nach Aufnahme ins Krankenhaus starb. Bei der Sektion wurde ein etwa
hühnereigroßer Tumor gefunden, welcher zwischen linker Kleinhirnhemisphäre
uud linkem Lobus occipitalis saß und beide Flächen etwas abgeplattet hatte.
Nach basal zu reichte er bis zum Pons, ohne dort irgendwelche Verände¬
rungen gemacht zu haben. Bei der mikroskopischen Untersuchung erwies
sich der Tumor als ein Sarkom.
Robertson (72) beobachtete ein Ganglioglioneurom am Boden des
dritten Hirnventrikels. Der Autor rechnet die Geschwulst zu den Ganglio-
glioneuroblastomen. Die Geschwulst enthielt reife Ganglienzellen verschiedener
Typen. Fasern gliöser und nervöser Natur, dazu als Nebenbestandteile Bindege¬
webe und Blutgefäße. Die Ganglienzellen sind alle stets völlig ausgereift.
Überaus verbreitete Degenerationsformen von Ganglienzellen, das Fehlen von
diffussen Gewebsnekrosen, von Proliferationsprozessen an den Ganglienzellen,
der Faserreichtum des Tumors und das topographische Verhalten der Ge¬
schwulst zur Sella turcica und zu den Optici beweisen ein langsames Wachs¬
tum des Tumors, das zugleich der histologischen Stellung der Neubildung
als ausgereiftes Neurom entspricht. Der beschriebene Tumor bildet den
vierten sicheren Fall von Geschwulstbildungen dieser Form im Zentral¬
nervensystem.
Bei einem russischen Gefangenen, der unter allgemeinen unbestimmten
Kranklieitserscheinungen ins Lazarett eingeliefert wurde, bildeten sich ziemlich
schnell allgemeine zerebrale Erscheinungen mit Fazialislähmung und Spasmen
in «len Extremitäten heraus. Nach einer dekompressiven Operation ging
Patient zugrunde. Es fand sich bei der Sektion eine Geschwulst der linken
Großhirnhemisphäre, Hauptknoten im Marklager des Scheitellappens, zwei
Nehcnknoten im Sehhügel und in der zweiteu Stirnwindung. Froehlich (32)
sprhdit die Tumoren für Gliome an, obwohl eine mikroskopische Untersuchung
nicht vorliegt
[u dem von Schminke (76) mitgeteilten Falle handelt es sich um
ein 7 Jahre altes Kind, welches 5 Wochen vor seinem Tode unter starken
Kopfschmerzen erkrankte; 3 Tage vor dem Tode setzte starkes Erbrechen
und konvulsives Zittern des ganzen Körpers ein, welches bis zum Tode an-
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Spezielle pathologische Anatomie.
hielt. Bei der Sektion zeigten sich in verschiedenen Gegenden des Gehirns
und auch im Rückenmark kleinere und größere Geschwülste von folgen¬
dem Bau: Die multiplen geschwulstmäßigen Bildungen im Ependym der
Seitenventrikel waren aufgebaut aus einem Gewebe vom Charakter teilweise
zellreicher, faserarmer Gliome, teilweise glioblastischer Sarkome. Auch inner¬
halb derjenigen Geschwülstchen, in welchen der histologische Typus des
Glioms der vorherrschende war, fand sich jugendliches Geschwulstbildungs¬
material in Form von kernreichen Proliferationszentren. Der Tumor des
Kleinhirns zeigte teilweise den Charakter des zellreichen, faserarmen Glioms;
es fanden sich hier neben den höher entwickelten und weiter ausdifferen¬
zierten Teilen in der Geschwulst Partien, innerhalb derer das Gewebe weniger
weitgehendende Differenzierung aufwies; vorherrschend war jedoch der
Charakter des glioblastischen Sarkoms. Auch die Geschwulst im Subarach-
noidealraum an der Basis der rechten Hälfte des Pons erwies sich mikro¬
skopisch als glioblastisches Sarkom. Im Rückenmark handelte es sich um
einen blastomatösen Prozeß, welcher an verschiedenen Stellen in verschieden
hohem Grade die weichen Häute des Marks infiltiert hatte und auch in die
Markmasse hineingewuchert war. Die histologische Formation der Geschwulst
war die eines indifferenten Rundzellensarkoms, teilweise die eines glioblasti¬
schen Sarkoms. Auffallend in den Schnitten von Hals- und Brustmark
war das Vorhandensein größerer und kleinerer zystischer Hohlräume inner¬
halb der Geschwulst sowie an der Grenze zwischen Geschwulst und Rücken¬
marksubstanz. Es war hier der interessante Befund einer Auskleidung durch
Geschwulstzellen nach Art eines Epithels zu erheben. Erwähnenswert ist
das Vorhandensein des aus Rundzellen sowie Kernen mit fibrillärer Zwischen¬
substanz bestehenden Gewebes im Lumen des Zentralkanals des Halsmarkes
und in der Umgebung desselben. Der Autor ist der Meinung, daß es sich
hier um eine im Innern des Kanals zustande gekommene Lokalisierung von
Geschwulstmaterial handelt. Zum Schluß erörtert Verf. die Frage, ob es
sich bei diesen Geschwülsten um primäre Multiplizität oder um Metastasen¬
bildung handelt. Der Autor neigt der letzteren Annahme zu. Der große
im Kleinhirn sitzende Tumor sei in den vierten Ventrikel und in den Sub-
arachnoidealraum der Hirnbasis eingebrochen, und Geschwulstelemente seien
von hier aus apikalwärts in die Hirnventrikel und spinalwärts in den Pons
und in die weichen Rückenmarkshäute sowie in den Rückenmarkskanal
gelangt.
Newmark’s (63) Fall betrifft eine Patientin, welche an heftigem
Hinterkopfschmerz, Schwindel und Erbrechen litt und sich so schwach
fühlte, daß sie zu Bett lag. Deutliche Veränderungen des Augenhinter¬
grundes waren nicht nachweisbar, auch keine Ataxie, keine Adiodochokinese.
Die Kniereflexe und diejenigen an den oberen Extremitäten waren dauernd
nicht auslösbar. Der Tod trat ziemlich plötzlich ein. Bei der Sektion wurde
ein ungefähr erbsengroßes A n g i o m in der linken Kleinhirnhemisphäre ge¬
funden, welches nahe der hinteren Kleinhirnzirkumferenz saß; außen an der
Zirkumferenz war eine zystische Auftreibung der Arachnoidea. Der Tumor
stand mit der Pia im Zusammenhang und setzte sich aus Blutgefäßen und
dazwischengelagertem Bindegewebe zusammen.
Henschen (44) bespricht an der Hand der Literatur und einer Reihe
von ihm selbst beobachteter Fälle die pathologische Anatomie der sog.
Kleinhirnbrückeuwinkeltumoren. Er unterscheidet folgende Gruppen: Die
erste Gruppe umfaßt diejenigen Geschwülste, die sich aus den verschiedenen
Teilen der Felsenbeinpyramide entwickelt haben und daun durch die Dura
in den Winkel eingedrungen sind. Die genauere Feststellung ihrer Genese
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Spezielle pathologische Anatemie.
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muß fast immer offen gelassen werden, da es sich meistens um voluminöse
Geschwülste handelt. Die zweite Gruppe umfaßt diejenigen Tumoren, die
von der Dura ausgegangen sind. Eine Verwechslung mit Tumoren anderen
Ursprungs ist leicht. Besonders oft werden jene oft großen Akustikus-
tumoren, die im Bereich des Porus mit der Felsenbeinpyramide fest ver¬
wachsen sind, zu dieser Gruppe gerechnet. Eine dritte Gruppe stellen die
von den weichen Häuten ausgegangenen Geschwülste dar. Auch hier ist
die Trennung den echten Akustikustumoren gegenüber manchmal recht
schwer. Nur eine exakte histologische Untersuchung ermöglicht die Trennung
zwischen rein fibroiden und Nerventumoren. Eine vierte Gruppe bilden
diejenigen Tumoren, die von den verschiedenen Hirnteilen ihren Ursprung
nehmen. Die fünfte Gruppe bilden diejenigen Tumoren, welche von den
Nerven des Winkels ausgegangen sind. Die Mehrzahl dieser Tumoren
bilden die echten Akustikustumoren. Verfasser verfügt über 20 Sektions¬
fälle derartiger Tumoren. Auch die Literatur weist darauf hin, daß die
überwiegende Mehrzahl der Winkeltumoren ihren Ursprung vom Gehörnerv
nehmen, ln denjenigen Fällen, in denen der Akustikustumor noch ganz
klein ist, befällt er ohne Ausnahme den distalen Teil des Gehörnerven.
Auch in vielen fortgeschrittenen Fällen war der zentrale Abschnitt des
Nerven noch erhalten, während der distale verloren gegangen war. In
zahlreichen Fällen ergab die mikroskopische Untersuchung übereinstimmend,
daß der distale Teil des VIII. mit der Geschwulst in sehr inniger Ver¬
bindung steht, und endlich spricht die Erweiterung des Meatus durch aus¬
füllende Geschwulstmasse, die eine fast konstante Erscheinung ist, stark
dafür, daß der Ausgangspunkt in die distalen intratemporalen Teile des
Nerven zu verlegen ist. Eine scheinbare Ausnahme bilden jene wenigen
Fälle, wo der Tumor ganz extratemporal liegt, wo also der Meatus leer und
uormal weit ist. Mit der Hauptmasse der Akustikusglia im zentralen Nerven¬
abschnitt hat der Tumor nichts zu schaffen, noch weniger geht er aus der
Wand des Lateralrezessus oder aus anderen Hirnteilen hervor. Vielmehr
dürfte er aus einer Wucherung im Bereich der neurilemmatisch-binde¬
gewebigen Teile des Nerven entstehen. Der Akustikustumor hat einen
einzigen sehr charakteristischen Grundtypus. Das makro- und mikroskopische
Aussehen der Geschwulst kann allerdings innerhalb weiter Grenzen wechseln
und hat in einer Reihe von Fällen die Diagnose stark beeinflußt. Der junge
resp. kleine Akustikustumor ist meistens von mehr oder minder elastischer
Konsistenz und von grauweißlicher, nicht selten glänzender Farbe. Oft tritt
schon in diesem Stadium der lappige Bau hervor, der die bekannte höckerige
Oberfläche der reiferen Tumoren bedingt. Der junge Tumor erinnert nicht
selten an das Fibromyom des Uterus. Dagegen bietet er im Gegensatz zu
manchem großen Akustikustumor gar keine Ähnlichkeit mit dem Gliom dar.
Dementsprechend findet man mikroskopisch ein dichtes, faseriges gefaßarmes
Gewebe, und die Diagnose lautet in den meisten Fällen auf Fibrom, Fibro-
sarkom, Neurofibrom. Dieser Grundtypus des Akustikustumors ist nach
Erfahrung des Verfassers in jedem derartigen Tumor nachweisbar, wenn man
nur Stückchen aus verschiedenen Teilen des Tumors durchmustert, und müßte
auch für die mikroskopische Diagnose ausschlaggebend sein. In der späteren
Entwicklung des Akustikustumors treten Veränderungen ein, die bald die
ganze Geschwulstmasse, bald nur gewisse Teile derselben betreffen, und
zwar meistens die zentralen. Im Innern tritt Auflockerung und hydropische
Durchtränkung des Gewebes ein. Es entstehen dann Bilder, die makro¬
skopisch mit dem Myxom und dem ödematösen Gliom große Ähnlichkeit
darbieten. Eine andere regressive Metamorphose des Tumors ist die Fett-
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Spezielle pathologische Anatomie.
entartung; oft treten wiederum Gefäßveränderuugeu in den Vordergrund,
so daß der Tumor in extremen Fällen das Aussehen eines Kavernoms an¬
nehmen kann. Der Grundtypus des Akustikustumors ist aus zwei verschiedenen
fibrillären Zellformen aufgebaut. Die eine kommt dem Bindegewebe nahe,
während die andere charakteristisch überhaupt für Nervengeschwülste ist.
Sie entspricht offenbar deijenigen Zellform, welche mit den Zellen der
Schwann sehen Scheide nahe verwandt ist. In manchen Tumoren sind
sichere Ganglienzellen nachgewiesen, was nicht wunder nimmt, da ja der
Yestibularis solche Zellen enthält Nach einer Zusammenstellung des Verf.
sind etwa 27 Fälle bekannt, in denen der Akustikustumor mit Geschwulst¬
bildung der Hirnnerven, der spinalen Wurzeln, der peripheren Nerven, der
Haut oder der Häute des Zentralnervensystems kombiniert ist Ihre Ent¬
stehung scheint auch auf eine während der Embryonalzeit stattgefundene
Störung der Anlage des distalen Akustikusabschnitts zurückzuftihren zu sein.
Die Akustikustumoren gehören dem Formenkreis der Recklinghausen-
schen Neurofibromatose an. In histologischer und genetischer Hinsicht
stehen sie den Tumoren der peripheren Nerven prinzipiell recht nahe, mit
den gliomatösen Neubildungen dagegen haben sie weuig zu schaffen.
In einem Falle von Lymphosarkom des Nasenrachens untersuchte
Basile (4) auch die Hypophysis, weil psychische^ Erscheinungen, die Patient
dargeboten hatte, Veränderungen der genannten Drüse vermuten ließen.
Das Organ erwies sich schon makroskopisch vergrößert und zeigte eine
bedeutende Vermehrung der eosinophileu Zellen und der Zelllipoide. Der
Autor sieht darin den Ausdruck einer Hyperfunktion der Drüse. Diese
Veränderungen sind nicht auf die Natur der Geschwulst im Nasenrachen¬
raum zurückzuführen, sondern auf den Sitz der Geschwulst.
Glomset (35) untersuchte einen intraabdominalen Tumor eines 2 jährigen
Kindes, der durch seinen iufiltrativen und metastatischen Charakter die
Zeichen des bösartigen Tumors darbot und uach seinem histologischen Bau
als Tumor der Nebenniere angesehen werden muß.
Bei einem 17jährigen schwachsinnigen Patienten exstirpierte Merz (58)
eine ungefähr apfelgroße Geschwulst, welche im hinteren Rachenraum mehr
auf dessen rechter Seite ihren Sitz hatte. Nach der Operation zeigte Patient
die Symptome der einseitigen (rechtsseitigen) Halssympathikusläsion (Ver¬
kleinerung der Pupillen, der Lidspalte, Enophthalmus, Anomalien der Schwei߬
sekretion). Die Geschwulst erwies sich bei der mikroskopischen Untersuchung
als bestehend aus fibrösem Gewebe mit Einschluß vereinzelter Ganglienzellen.
Letztere waren an der Peripherie zahlreicher als im Innern der Geschwulst.
Der Autor nimmt an, daß der Tumor seinen Ursprung von dem das
Ganglion cervicale supremum durchziehenden und umschießenden Binde¬
gewebe genommen hat, daß also die auf der Oberfläche des Tumors
zahlreicher, im Zentrum spärlicher verteilten Ganglienzellen die Reste des
genannten Ganglions darstellen. Durch die Zunahme des Bindegewebes
wären die Ganglienzellen auseinander getrieben, das Ganglion sozusagen
aufgesplittert worden.
System degeneratlonen.
Die 43jährige Patientin, deren Krankengeschichte Rhein (69) beschreibt,
bekam ira Alter von 8 Jahren unter Krampferscheinungen eine Lähmung des
linken Armes und Beines. Diese Lähmung blieb bis zum Tode bestehen. In
der letzten Zeit der Krankheit bestand außer dieser Lähmung eine Kontraktur
der linken Achillessehne und Steifigkeit des Kniegelenks, Kontraktur des
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chaltergelenks, Beugekontraktur des linken Ellenbogen- und Handgelenks,
Einziehung des Unterkiefers, verwaschene dysarthrische Sprache, etwas fein¬
schlägiger rhythmischer Tremor im linken Arm und Bein und Kiefer, erhöhter
Kniereflex auf der linken Seite bei Abwesenheit von Klonus und Babinski-
schen Zeichen. Die rechte Seite war ohne Störung. Anatomisch wurde eine
Läsion im rechten Putamen in dessen unterem und hinterem Abschnitte ge¬
funden; ferner war eine Degeneration der rechten Ansa lenticularis, des
rechten Nucleus ruber, des linken vorderen Kleinhirnscbenkels und des
linken Nucleus dentatus cerebelli vorhanden. Die linke untere Olive war
total degeneriert, die rechte nur in leichtem Grade, und das rechte Corpus
restiforme war schmäler als das linke. Der Fall ist dadurch bemerkenswert,
daß die anatomisch festgestellten Degenerationen einen Weg markieren, der
den Nucleus lenticularis mittels der Ansa lenticularis mit dem roten Kern
und den koutralateralen Nucleus dentatus verbindet; ferner einen Weg, der
deu Nucleus dentatus mittels des Vliesses mit der kontralateraleu und zum Teil
auch mit der gleichseitigen Olive verbindet. Diese Wege bilden nach Ansicht
des Autors die Basis für die extrapyramidalen motorischen Störungen. Der
Fall hat seine Bedeutung in den einseitigen Ausfallserscheinungen, die durch
den Funktionsausfall bestimmter Bahnen verursacht sind.
Der sehr interessante von Hänel und Bielschowsky (39) beschriebene
Fall betrifft einen 26jährigen jüdischen Patienten, der hereditär ungemein
schwer belastet ist. Die Hauptzüge des Krankheitsbildes sind: Verspätete
Entwicklung der ersten Jahre, daun nach guten Fortschritten Stillstand und
Verbleiben auf einer halbkindlichen Stufe der Debilität. Körperlieb zeigte
Patient eine Verlangsamung und Unbeholfenheit aller Bewegungen, besonders
des Sprechens und der Schrift, Zittern ohne ausgesprochene Ataxie; die
hervorstechendste Krankheitserscheinung waren klonische krampfhafte Muskel¬
zuckungen, vorwiegend in der Nacken- und Schultermuskulatur, die mit
völliger Regelmäßigkeit sich vor jedem Einschlafen einstellten, von Zeit zu
Zeit sich aber zu tage- und wochenlangen Anfällen verstärkten und sich dann
auf den übrigen Körper mit Ausnahme von Gesicht, Händen und Füßen
ausbreiteten. Langsame Verschlechterung des über Jahre sich hinziehenden
Krankheitszustandes. Tod durch Suizid im Alter von 26 Jahren. Aus der
Familiengeschichte ist besonders erwähnenswert, daß eine Schwester ein ähn¬
liches Krankheitsbild darbot, welches aber keinen progressiven Charakter
zeigte. Die anatomische (von Bielschowsky ausgeführte) Untersuchung
ergab zwei Reihen von Veränderungen. Erstens Veränderungen allgemeiner
Art, welche das ganze Zentralorgan betreffen und sich im Rahmen dessen
halten, was man als Ausdruck einer beginnenden senilen Involution zu be¬
trachten gewohnt ist. Hierher gehören chronische Zellveränderungen im
Cortex cerebri, ferner Proliferation der faserigen Glia im Stratum zonale
und in der äußeren Rindenschicht und eine, wenn auch spärlich vorhandene
Kapillarfibrose. Diese Befunde weisen darauf hin, daß man es mit einem
vor der Zeit verbrauchten, etwas invaliden Menschen zu tun hatte.
Die zweite Reihe der Veränderungen betrifft das Kleinhirn und seine
Fasersysteme. Schon makroskopisch dokumentierte sich die schwere Er¬
krankung des Zerebellums durch eine hochgradige Schrumpfung des Wurmes
und der Hemisphären. Mikroskopisch zeigte das Organ eine weitgehende
Sklerose. In allen Teilen der Rinde sind nervöse Parenchymbestandteile
untergegangen, deren Ausfall durch eine Ersatzwucherung zelliger und faseriger
Glia gedeckt worden ist. Am schwersten betroffen ist das Stratum molecu-
lare und die Schicht der Purkinje sehen Zellen. Die endogenen Neurone der
molekularen Schicht, die Korbzellen und deren Axone, sind fast vollkommen
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geschwunden. Von den Purkinjeschen Zellen und ihren Fortsätzen sind nur
dürftige Reste ühriggeblieben. In dem paläozerebellaren Wurm und dem
Flocculus wurden eine größere Zahl erhalten gebliebener Exemplare ange¬
troffen als in den neozerebellaren Hemisphären. Dem starken Ausfall dieser
cerebellofugalen Neurone steht die relative Intaktheit der zentripetalen
Faserung gegenüber, die sich in der guten Konservierung der Moos- und
Kletterfasern manifestiert. Dieser Gegensatz gibt den Veränderungen das
Gepräge einer Systemerkrankung. Von Faserbündeln der Kleinhirnschenkel
war nur der beiderseitige Tractus olivocerebellaris degeneriert. Während der
Nucleus dentatus cerebelli und die von ihr ausgehende Bahn, der vordere
Kleinhirnschenkel nur eine leichte Atrophie aufwiesen, war die Olive der
Medulla oblongata vollständig verödet. Die Ganglienzellen und die von ihnen
ausgehenden Fasern waren untergegangen, während die olivopetalen Fasern
im Kernbereich nur in geringem Grade in Mitleidenschaft gezogen waren.
Die ganze Erkrankung war eine primäre parenchymatöse; entzündliche oder
vaskuläre Prozesse waren nicht nachweisbar. Mit diesem Befunde ist die
Zugehörigkeit des Falles zur Gruppe der zerebellaren Heredoataxien (Marie)
sichergestellt. Erwähnenswert ist, daß Bielschowsky auf Grund des Be¬
fundes denjenigen beistimmt, welche eine zerebello-olivare Bahn nicht aner¬
kennen, wie sie zuerst Kolliker angenommen hat, und wie sie nach neueren
Befunden (vergl. p. 31) doch mehr und mehr wahrscheinlich wird. (Auch
dieser Fall scheint mir eher dafür als dagegen zu sprechen. Ref.)
Zum Schluß seien noch die Bemerkungen angeführt, mit welchen Hänel
die bei dem Patienten aufgetretenen Zuckungen zu erklären versucht. Zum
Vergleich zieht er die Zuckungen herbei, die bei vielen Personen oft vor dem
Einschlafen eintreten und hoi Neurasthenikern zuweilen langdauernd und
uuangenehm wären. Diese Zuckungen sollen nach Friedreich und Bloch
auf einer dynamischen Erregbarkeit der Vorderhornzellen beruhen. Das
Zentralnervensystem soll stufenweise absteigend einschlafen; dabei trete ein
Zeitpunkt ein, wo die höheren Neurone des Gehirns, auch des Kleinhirns
und der basalen Kerne, ihre Tätigkeit schon eingestellt haben, während in
den Kernen des Mittel- und Nachhirns und des Rückenmarkes noch auto¬
matische Funktion herrscht, solange bis auch sie den Zustand des relativen
Funktionsstillstandes erreicht haben, den wir Schlaf nennen. Die myokloni-
schen Erscheinungen in dem hier geschilderten Krankheitszustaude decken
sich in vielen Punkten mit diesen gewöhnlichen hypnagogischen Zuckungen,
nicht nur in ihrer Form, sondern auch in der bevorzugten Art ihres Auf¬
tretens. Die Krankheit der Schwester des Patienten bildet einen ausgeprägten
Übergangszustand; bei letzterer besteht die Störung in einem abnorm starken
und konstanten Auftreten der hypnagogischen Zuckungen. Bei dem Patienten
selbst haben sie sich vom Einschlafen unabhängig gemacht und sich zu tage-
laog, auch bei vollem Wachbewußtsein fortgesetzten Krämpfen entwickelt.
Das olivozerebellare System stellt vielleicht einen Hemmungsmechanismus für
die motorischen Zellen des Rückenmarks dar. Ist diese Bahn, wie hier,
schwer geschädigt, so tritt die dynamische Automatic dieser Zellen mehr
hervor und führt zu den Erscheinungen, wie sie dieser Fall dargeboten hat.
Morse (62) fand bei einem 68 jährigen chronischen Alkoholiker, der
unter dem Bilde des depressiven Stadiums von manisch-depressivem Irre¬
sein zur Beobachtung kam und an Bronchopneumonie starb, eine starke
Atrophie der Thenar- und Hypothenarmuskulatur uud der Interossei der
rechten Hand, die mit einer Narbenbildung am ulnaren Handgelenk und dem
Verluste der vierten und fünften Endphalangen im Zusammenhang stand.
Auch an der linken Hand waren Daumen- und Kleinfingerballen atrophisch,
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die Interossei aber kaum verändert. Die Untersuchung des Rückenmarks
ergab atrophische und degenerative Veränderungen in ausgedehntem Maße,
aber besonders in den posterolateralen und post-posterolateralen Strängen mit
deutlichen Zeitverlusten in ihnen. Ferner zeigten sich fast ausschließlich in
den Gefäßen der Sulci und deren zu den Vorderhörnern ziehenden Zweigen
Gefäßveränderungen mit Verdickungen und perivaskulärer lymphatischer In¬
filtration. Die gesamten Läsionen beschränkten sich auf die Strecke des
siebenten Cervikal- und ersten Dorsalsegments. {Bendir.)
Perniziöse Anämie, Infektion und Intoxikation.
Brouwer und Bl&awkuip (15) beschreiben klinisch uud anatomisch
aufs genaueste einen Fall von perniziöser Anämie. Sie fanden die üblichen
Veränderungen im Rückenmark, aber auch noch in der Medulla oblongata.
Sie halten die Veränderungen in den Fasersträugen für eine parenchymatöse
Degeneration der Markfasern (Entzündungserscheinungen wurden nirgends
gefunden). Die Markfasern lösen sich auf, nachdem zuerst die Achsenzylinder
und die Markscheiden aufgeschwollen sind. Sokundär tritt reaktiv die Glia¬
wucherung ein. Die Herdchen von frisch gequollenen Nervenfasern liegen
in Gebieten, welche von kleinen Randarterien versorgt werden. Es läßt sich
nach den gewonnenen Bildern ein Zusammenhang zwischen dem Blutgefä߬
system und den Herdcheq nicht bestreiten. Aber die Herde siud nicht eine
Folge der Toxinwirkuug, weil eine solche die graue Substanz wegen des
Gefaßreichtums viel stärker in Mitleidenschaft ziehen müßte, sondern sie sind
die Folge der Unterernährung des Gewebes durch die schlechte Beschaffenheit
d~s Blutes. Durch eine solche Unterernährung leiden besonders diejenigen
Abschnitte, welche dürftiger mit Blut versorgt werden, und das sind die
Stränge. Von diesen Strängen wiederum leiden diejenigen Abschnitte am
stärksten, welche der Mensch am meisten gebraucht, an welche in funktioneller
Hinsicht die größten Ansprüche gestellt werden. Diese Systeme benutzen
am intensivesten die Blutzufuhr. Hierzu gehört an erster Stelle die Pyraniiden-
bahn, dann die Flechsigsche Bahn und die Hiuterstränge, bes. deren innerer
Abschnitt, in welchem die sensiblen Bahnen der unteren Extremitäten ver¬
laufen.
Pfeiffer (65) hatte Gelegenheit, einen Fall von perniziöser Anämie
zu untersuchen, der klinisch durch psychische Störungen bemerkenswert war.
Patient hatte Perioden in seinem Krankheitsverlaufe, in welchem neben
Ruhelosigkeit, Halluziuationen und Gedächtnisstörungen auftraten und eine
gewisse Zeit anhielten. Diese Störungen waren auch in der letzteu Zeit
seines Lebens aufgetreten. Die Untersuchung des Nervensystems ergab
außer den bekannten kombinierten Strangdegenerationen des Rückenmarks
noch Veränderungen der Hirnrinde und des subkortikalen Markes, welches
besonders in der Zentral- und Präzeutralregion stark ausgesprochen waren.
Hier waren die Ganglienzellen geschwollen uud überpigmentiert. Die Neuro-
glia war zwar nicht vermehrt, aber ihre Elemente zeigten auch deutliche
Veränderungen bezüglich des Kernes und des Retikulums. Die subkortikale
Faserung zeigte vielfache Degenerationen. Die Blutgefäße zeigten keine
nennenswerten Veränderungen. Die geschilderten Veränderungen in diesem
Falle von perniziöser Anämie entsprechen ungefähr denjenigen, welche man
sonst bei Psychosen auf toxischer Grundlage findet.
Die Phosphor- und Pulegonölvergiftung ruft nach Untersuchungen von
Trzebinski (84) bei Kaninchen in erster Linie eine starke venöse Hyperämie
der grauen, und erst nachträglich in einem geringeren Grade auch der
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weißen Substanz hervor, welche sich besonders in beiden Rückenmarksau¬
schwellungen, sowie der Oblongata und der Brücke geltend macht. Parallel
dazu kommt es zu weitgehenden Veränderungen und zum Zerfall der Ganglien¬
zellen, sowie zur Neubilduug und amöboiden Umwandlung der Gliazellen.
Später werden in geringerem Grade die nervösen Elemente der weißen
Substanz affiziert, wobei die Gliazellen sich ebenfalls vermehren und sich
in amöboide umwandelu können. Verfasser hebt hervor, daß seine Befunde
mit denjenigen von Danillo übereinstimmen, die letzterer vor 30 Jahren
erhoben hat.
Benda (6) konnte im Gehirn eines an Flecktyphus Gestorbenen kleine
Entzündungsherde nachweisen, wie sie als erster im Jahre 1875 Popoff bei
dieser Krankheit beschrieben hat. Die Herdchen lagen in der Nähe der
Hirnhäute oder der kleinen Arterien, aber abweichend von Tuberkeln niemals
in dem Bindegewebe dieser Gebilde, sondern wirklich inmitten von Hirn¬
substanz. Die anstoßenden weichen Häute und Arterienscheiden zeigten
eine geringe Plasmazelleuinfiltration. Die Ganglienzellen, welche an die
Herdchen anstoßen und manchmal in ihre Peripherie cinbezogen sind, lassen
gar keine Veränderungen erkennen. An den Gliazellen sieht man Teilungen
und Mitosen. Endlich enthielten die Herdchen noch Leukozyten und Lympho¬
zyten, aber spärlich. B. hält den Befund für spezifisch, aber man findet
ihn nur in einigen Fällen.
Liquor cerebrospinalis.
Bangart (17) stimmt bezüglich der Abstammung des Liquor cerebro¬
spinalis der Ansicht Quinkes zu: „Die Bilduug des Liquor cerebrospinalis
ist ähnlich, wie die Lymphbildung nach Heidenhaiu, als ein eigentlicher
Sekretiousvorgang anzusehrn, der sich entsprechend seiner räumlich weiten
Ausdehnung zu gleicher Zeit an verschiedenen Stellen vermutlich verschieden¬
artig abspielt. Er hängt wahrscheinlich ebensosehr ab von dem Zustande
der meningealen Blutgefäße wie von dem der Wandendothelieu, wie von
Nerveneinflüssen, welche diese beiden beherrschen.“ Diese Ansicht erweitert
B. dahin, daß auch der Zustand der vom Liquor umspülten Organe, also
letzten Endes der Zellen des Gehirns und Rückenmarks, wesentlich und mit
bestimmend an der Liquorbildung und Liquorzusammensetzung beteiligt
ist. Der Abfluß des Liquor geschieht durch die venöseD und durch die
Lymphbahnen. Druckschwankungen im Liquor gleichen sich schnell aus.
Die Gesamtliquormenge ist nicht exakt bestimmbar, sie unterliegt großen
Schwankungen. Der Liquor enthält im gesunden Zustand nur ganz mini¬
male Eiweißmengen, die beim Kochen und Säurezusatz als leichte Opaleszenz
in die Erscheinung treten. Alles, was darüber hinausgeht, ist in das Gebiet
des Pathologischen zu verweisen. Weitere Experimente ergaben, daß die
Spinngewebebaut dem Subarachnoidealraum einen sicheren Abschluß uach
außen gibt, und daß bei intakter Membran der Übertritt von Flüssigkeit aus
dem subduralen in den subarachuoidealen Spalt ohne weiteres unmöglich ist.
Beide Räume sind gegeneinander streng geschieden. Der Autor bespricht
nun eingehend die pathologischen Beimischungen des Liquor bei Verletzungen
des Schädels usw. und bei Erkrankungen. B. schließt aus weiteren Ver¬
suchen, daß der Subarachnoidealraum sich im Verlauf der Nerven und ihrer
Endorgane weiter ausbreitet, und daß eventuell vorhandene schädigende
Substanzen sowohl von dem Liquorbebälter aus, der Nervenscheide nach der
Peripherie folgend, zu den Endorgauen hin, wie auch umgekehrt, fortgeleitet
werden können. Zum Schluß geht der Autor auf die statischen und
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dynamischen Verhältnisse, unter denen der Liquor in seinem Behälter steht,
ein. Er nimmt an, daß das Gehirnwasser unter normalen Verhältnissen in
seinem Behälter frei beweglich strömt. Mit dem Gehirn und Rückenmark
zusammen füllt es den ganzen Meningealsack voll aus, wobei die elastische
Dura angespannt ist. Der Druck, unter dem die Flüssigkeit steht, ist am
kaudalen Ende am stärksten nimmt nach oben zu ab, und scheint im
Gehirn selbst gleich 0 zu sein. Er ist uicht konstant, wechselt vielmehr
nach der Körperlänge permanent und folgt dabei im wesentlichen dem
Gesetz der Schwere. Dementsprechend hat man bei gleichmäßiger Horizontal¬
lagerung einen Zustand, der der Gleichgewichtslage, wie er etwa bei einer
Wasserwage vorhanden ist, am nächsten kommt. Diese Verhältnisse er¬
fahren aber sofort eine durchgreifende Veränderung bei jedem Lagewechsel.
Wir bekommen ein positives Druckmaximum am kaudalen Ende und ein
negatives Minimum am oberen Pol bei aufrechter Haltung und genau die
umgekehrten Verhältnisse bei Kopfstellung. Zwischen diesen beiden Extremen
lassen sich weiter alle denkbaren Abstufungen konstruieren. Die positive
Pulsschwankung kommt durch die Druckerhöhung im arteriellen System
während der Herzsystole, die sich über den ganzen Körper, also auf Gehirn
und Rückenmark fortpflanzt, zustande. Die der Atmung synchronen Aus¬
schläge muß man als Ausdruck der Spannungs- und Füllungsdifferenzeu im
System der oberen Hohlvene während der Ein- und Ausatmungsbewegungen
ansehen. Bei der ersten Phase besteht eiue enorme Saugwirkung, bei der
zweiten dagegen eher das Gegenteil in dem völlig klappenlosen und daher
ventilfreien Apparat. Sähe man doch schon bei leichter Kompression der
beiden Jugulares deutliche Steigerung des Liquordruckes um mehrere
Millimeter. Bei diesem Verhalten dürfe man sich nicht wundern, daß die
erheblichen Schwankungen im oberen Venensystem auch in der Liquorbewegung
zum Ausdruck kommen; und wenn sie noch markanter als die arteriellen in
die Erscheinung treten, so muß das eben darauf beruhen, daß diese nur
eine positive, jene aber neben der positiven eine negative Phase haben.
Die Kombination von beiden kommt natürlich mächtiger zur Geltung. Der
Autor geht dann noch auf Druckveränderungen des Liquor bei einzelnen
Krankheiten (besonders Epilepsie) und bei Dekompressionsoperationen ein.
Peripherische Nerven.
Stevenson und Reid (81) durchschnitten bei Kaninchen den Ramus
ophthalmicus des N. trigeminus auf einer Seite und brachten nach einer
gewissen Zeit (1—4 Wochen), nachdem der Nerv degeneriert und das Auge
anästhetisch war, Senföl auf das Auge der operierten und nichtoperierten
Seite. Sie beobachteten nun den Ablauf der sich einstellenden Entzündung
auf beiden Augen. Die Entzündung selbst war die gleiche auf beiden Augen,
aber die Entzündung hielt auf dem gesunden Auge längere Zeit an, als auf
dem anästhetischen. In anderen Experimenten bei normalen Kaninchen
machten die Autoren das eine Auge durch Alypineinträufelungen anästhetisch
und träufelten dann in beide Augen wieder Senföl ein. Hierbei entstand
in beiden Augen die gleiche Entzündung. Bei einem Tier, dem sie subkutan
Morphin gegeben hatten, war die Augenentzündung geringer als bei einem
anderen Tiere, dem sie Chloralhydrat in den Magen gebracht hatten. In
einer dritten Versuchsreihe legten sie auf die Haut von Patienten Kanthariden¬
pflaster. Zu Versuchen wählten sie einmal solche Patienten, bei denen Läsionen
peripherischer Nerven Vorlagen und dadurch anästhetische Hautzonen ent¬
standen waren, das zweite Mal bei Patienten, bei denen durch Prozesse des
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Zentralnervensystems anästhetische Hautzonen entstanden waren, und drittens
bei Hysterischen, die solche Zonen aufwiesen. Die Versuche wurden so
angestellt, daß ein Kantharidenpflaster von bestimmtem Umfange auf die
anästhetische Zone und eins von gleichem Umfange auf eine entsprechende
Stelle gesunder Haut gelegt wurde. Es entstand in beiden Zonen Ent¬
zündung, wenn auch die Stärke der Entzündung bald einmal auf der
anästhetischen, bald wiederum auf der gesunden Seite größer war.
Doncos (24) erhielt nach Resektion der N. ischiadicus bei Kaninchen
Hautulzerationen am entsprechenden Fuß. Diese Ulzerationen zeigten starke
Infiltrationen mit eosinophilen Zellen. Auch das lymphatische Kniegangliou
zeigte eine beträchtliche Infiltration mit diesen Zellen. Das Blut der Tiere
zeigte eine mäßige Eosinophilie.
Verschiedenes.
Reichardt’s (66) Ausführungen über intravitale und postmortale Hirn-
schwelluug beziehen sich auf die von Rosental im Neurol. Cbl. 1914
(s. Jahresbericht Bd. 18 p. 279) gemachte Mitteilung und weisen die angeb¬
lichen Irrtümer und Unrichtigkeiten des letztgenannten Autors zurück.
Fulci und Giannuzzi (33) berichten über Regenerationserscheinungen
an den Glandulae parathyreoideae kurze Zeit nach Läsion dieser Drüsen.
Es bilden sich von dem rückständigen Drüsengewebe epitheliale Stränge
aus charakteristischen Elementen bestehend, die gewöhnlich nur einen etwas
großen, gut abgerundeten Kern besitzen; seltener ist er oval, enthält kleine
zahlreiche und regelmäßig verteilte Chromatinkörnelungen und ein einziges,
leicht basophiles, zentral gelegenes Kernkörperchen. Diese Elemente sind
untereinander in doppelten oder auch in mehreren Schichten angeordnet
und bilden epitheliale Zapfen, die gewöhnlich ein sehr solides Aussehen
haben. Dazu kommen Gefäß- und Bindegewebsbildungen hinzu.
Der Fall von Langer (s. Jahresbericht 1914 p. 304) ist nach Ansicht
von Nonne (64) klinisch ein solcher, wie er einer Landryschen Paralyse
nicht entspricht, auch wenn man weitgehend atypische Fälle zuläßt. Der
Fall würde dagegen klinisch als ein Fall einer alkohologeuen Erkrankung
des Nervensystems sich bereits anderweitig vorliegenden Erfahrungen an-
schließeu. Das anatomische Bild ist ein solches, wie es bisher als Grund¬
lage einer Landryschen Paralyse nicht bekannt geworden ist, andererseits
läßt es an das Bild des Myelitis funicularis, wie es bei chronischem Alko¬
holismus festgestellt worden ist, denken.
An der Hand eines Falles von Netzhautgliom bei einem 9jährigen
Knaben, dessen erkrankten und enukleierten Bulbus Reis (67) einer genauen
mikroskopischen Untersuchung unterzog, kommt der Autor zu dem Schluß,
daß den von Deutschmann als Beweis für die Abstammung des Glioms
aus dem retinalen Pigmentepithel angeführten Momenten keinerlei Beweiskraft
zukommt. Bei der heute herrschenden Auschauung über die Entstehung
der Gliome der Retina hätte die Frage, aus welcher Schicht der Netzhaut
das Gliom hervorgehe, überhaupt keinen rechten Sinn. Das Gliom ist, wie
Ribbert ausführt, eine Geschwulst, die im Bereiche der Netzhaut entsteht
und aus der Entwicklungszeit der Retina stammt. Sie geht aus Zellen
hervor — versprengte Neuroblasten —, die innerhalb der Retina selbst in
abnorme Schichten geraten und so aus dem Verbände der Netzhaut aus¬
geschaltet worden sind. Und zwar ist dieser Vorgang der Ausschaltung
nach Ribbert wahrscheinlich in die erste Anlage, der Retina zu verlegen.
Eine derartige Keimversprengung kann natürlich in die verschiedensten
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Schichten der Netzhaut erfolgen. Die Beziehungen der sich dann ent¬
wickelnden Geschwulst zu der betreffenden Schicht werden aber stets nur
räumliche, keine genetischen sein. Wenn daher auch einmal eine Ver¬
sprengung von Elementen der Retinaanlage in das spätere Pigmentepithel
erfolgt sein sollte, was aber am entwickelten Tumor gar nicht mehr nach-
zuweisen seiu wird, so würde selbst in einem solchen Falle ein daraus sich
etwa entwickelndes Gliom doch keineswegs vom Pigmentepithel der Netzhaut
abgeleitet werden können.
Die histologischen Untersuchungen von Basedowstrumen, die Ribbert
( 71 a) vorgenommen hat, zwingen in ihren Ergebnissen zu dem Schluß, daß
man es dabei nicht mit progressiven Vorgängen, nicht mit einer Vermehrung
und Wucherung des Epithels, sondern mit regressiven Veränderungen zu tun
hat. Regressiv freilich nicht in dem Sinne, daß man von ausgesprochener
Degeneration reden kann. Man müsse sich vorstellen, daß es sich um eine
geringe, über lange Zeit sich erstreckende Störung handelt, die nur selten
zu einem ausgedehnteren Untergang von Zellen mit Nekrose führt. Es
bleibt für gewöhnlich nur bei einer Schwellung von Protoplasma und Kern,
bei schlechter Konturierung und körniger Auflösung des Zellleibes mit teil-
weiser Schrumpfung der Kerne, bei einer weitverbreiteten Ablösung der
Epithelieu vom Bindegewebe und ihrer Anhäufung im Lumen, die eine viel¬
schichtige Proliferation vortäuscht. Damit verbindet sich ein ausgedehnter
Schwund der bindegewebigen Septa, so daß die Alveolen zusammenfließen
und weitere meist spaltförmige Räume bilden. Uber die Veranlassung zu
allen diesen regressiven Umwandlungen läßt sich aus den histologischen
Befunden nichts entnehmen. Es sieht so aus, als käme eine leichte chronisch
wirkende Intoxikation in Betracht. An eine einfache Ernährungsstörung
darf man angesichts des oft betonten Gefäßreichtums der Basedowstrum a
nicht wohl denken. Mit dem regressiven Zustande ist eine Funktions-
Verminderung, aber sicherlich auch eine Änderung in der Zusammensetzung des
Sekrets verbunden. Als deren Ausdruck ist die Verflüssigung des Kolloides
anzusehen, das in diesem Zustande schnell resorbiert wird und sich nicht
wieder ansammelt. Von der Änderung des Sekrets sind dann jedenfalls
auch die Folgen für den übrigen Körper in einem allerdings nicht genauer
zu bestimmenden Zusammenhänge abhängig. Möglich ist auch, daß im
Anfang die Aufsaugung des vorher reichlich angesammelten bis dahin nor¬
malen, dann aber schnell verflüssigten Sekretes eine Rolle spielt, so daß in
diesem Umfange ein Hyperthyreoidismus in Betracht käme. Das sei aber
angesichts des regressiven Charakters der Struma später bestimmt aus¬
geschlossen. Es wird eben weniger sezerniert, und dieses verminderte Produkt
ist von anderer Beschaffenheit. Aber gerade in diesem Zustande wird es
toxisch wirken und den Basedow als die Folge einer Allgemeinvergiftung
mit sich bringen. Durch die operative Entfernung des größeren Teils der
Struma wird die Zufuhr des toxischen Sekretes zum Organismus erheblich
herabgesetzt und so die Erkrankung gebessert oder geheilt. Das veränderte
Organ und der nach der Operation noch verbleibende Rest muß aber trotz
der Schädigung des Gewebes noch imstande sein, die Stoffe zu liefern, die
bei der normalen Funktion entstehen und für die Tätigkeit anderer Organe
im Sinne der Korrelation unentbehrlich sind. Denn es stellen sich ja in
keinem Falle die Störungen ein, die man nach vollständiger Exstirpation des
Organs beobachtet. Die Funktion der Schilddrüse ist also bei dem Basedow
einseitig gestört, und in dieser Abnormität ist sie für die Entstehung der
Allgemeinintoxikation verantwortlich.
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1 TG
Das Knochensystem in seinen Beziehungen
Das Knoch8n8ystem in seinen Beziehungen zu Erkrankungen
des Nervensystems.
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Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1916 .
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178
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75. Weibel, W., Ein Dizephalus. Wien. klin. Woch. 28. 1454. (Sitzungsbericht.)
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No. 8.
78. Ziegler, H. E., Das Kopfproblem. Anat. Anz. 48. (18/19.) 449.
79. Zuck, Edgar O. E., Orbitalbefund bei Hydrozephalus kongenitus internus. (Ein Beitrag
zur Mißbildung der Orbitahöhle mit 5 Abbildungen.) Dies. Greifswald.
Das vorliegende Kapitel enthält interessante Abhandlungen über
Achondroplasie von Sterling und über Osteogenesis imperfecta von Niclas,
ferner dürften die kraniologischen Arbeiten über Schädel verschiedener
fremder Völkerschaften von Bauer, Radlauer, Schiff, Sergi, Schweiz
u. a. lebhaftes Interesse erwecken. Bedeutsam erscheinen mir die Arbeiten
von Thoma über das postfötale Schädelwachstum und von Strebei über
den Turmschädel. Sehr wertvoll in phylogenetischer Hinsicht dürfte die
Arbeit Sergis über die Gesichtsmuskeln einer Mikrokephalin sein, und eine
wesentliche Bereicherung unserer Kenntnisse über Linkshändigkeit scheinen
die Messungen zu offenbaren, die Bardeleben in umfangreicher Weise an
Hilfsschulkindern angestellt hat.
Das ganze Skelett.
Das Bild der Osteogenesis imperfecta, wie es sich aus der Literatur
in Übereinstimmung mit einem von Niklas (44) untersuchten Falle ergibt,
ist etwa folgendes: Von normalen Eltern wird neben gesunden Geschwistern
ein Kind geboren, das entweder schon tot zur Welt kommt (sehr häufig
Frühgeburt in Steißlage) oder aber bald nach der Geburt zugrunde geht.
Der älteste und anatomisch sichergestellte Fall (v. Recklinghausen) er¬
reichte ein Alter von 1 Jahr 10 Monaten. Die Kinder sind meist klein,
die Extremitäten auffallend verkrümmt und kurz, der Körper plump, doch
wohl entwickelt, der Kopf von entsprechender Größe, das Schädeldach auf¬
fallend weich. Die Gesichtsbildung bietet nichts Besonderes, erinnert in keiner
Weise an Kretin; Nase, Augenlider und Zunge sind normal. Wo nicht
schon bei der Besichtigung Deformierungen auf Frakturen schließen lassen,
belehren abnorme Beweglichkeit und Knirschen an allen Knochen des Körpers
besonders an den Extremitäten und Rippen, daß offenbar eine auffallende
Knochenbrüchigkeit vorliegen muß. Andererseits weisen zahlreiche Auf¬
treibungen and Verdickungen darauf hin, daß schon intrauterin Frakturen
vorgekommen sein müssen. Niemals sind die Epiphysenenden verdickt» ein
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za Erkrankungen des Nervensystems.
179
Roseukranz zu fühlen. Am Schädeldach fühlt man statt größerer Knochen-
platten eine derbe häutige Membran, in die kleine durch die Haut durch¬
zutastende Knochenscherbchen eingelagert sind. Ja in besonders ausge¬
sprochenen Fällen können diese ganz fehlen; dann merkt man auch an den
.Röhrenknochen nichts von einem Knochenmantel („Periostschlauch“). Ana¬
tomisch charakterisieren sich diese Fälle durch Mangel an Apposition sowohl
am endostalen wie periostalen Knochen, so daß schließlich eine hochgradige
konzentrische Atrophie resultiert, welche die Brüchigkeit ohne weiteres er¬
klärt. Die Ausheilung der fast ausnahmslos queren Brüche erfolgt schnell
durch kräftige knöcherne Kallusbildung mit mehr weniger hochgradiger
Dislokation der Bruchenden; durch letztere wird sekundär die Unförmlich¬
keit der an sich proportionierten Extremitätenknochen bedingt. Überleben
die Kinder die Geburt auch nur noch um mehrere Monate, so läßt sich eine
Besserung des Zustandes konstatieren insofern, als eine weitergehende Konso¬
lidierung der Knochen eingeleitet wird, was freilich nicht verhindert, daß die
geringfügigsten Traumen zu neuen Brüchen Veranlassung geben. Erfah¬
rungen darüber, ob eine völlige Heilung dieses pathologischen Zustandes
möglich ist, existieren noch nicht. Nach Ansicht des Autors läge es nahe,
bei einer solchen Systemerkrankung, wie sie die Osteogenesis imperfecta dar¬
bietet, eine schwere Stoffwechselstörung anzunehmen, und er hält sich für
berechtigt, in seinem Falle auf die Schilddrüse als das primum movens zu¬
rückzugreifen, da sie auch histologisch eine derartig ausgesprochene Hyper¬
trophie zeigte, wie sie bisher nicht beschrieben ist
Fischer (23) bringt die Beschreibung eines hierhergehörigen Falles.
Sterling (66) beschreibt einen Fall von Achondroplasie. Der 32jährige
Patient war immer kleinen Wuchses — er hat sich normal entwickelt.
Objektiv sieht man eine geringe Vergrößerung der Gl. thyreoidea, Graeffesches
Symptom. Allgemeine Körperhöhe 137 cm, der sagittale Durchmesser des
Schädels 39 cm, der Querdurchmesser 37 (Bronchyzephalie), der Umfang
des Brustkorbes 80 cm, Länge des Oberarmes 25, des Unterarmes 27, des
Oberschenkels 35, des Unterschenkels 36. Die Untersuchung mit den Rönt-
genstrahlen erwies eine abnorme Kürze des 4. Metakarpal- und Metatarsal¬
knochens. (Sterling.)
Sterling (65) befaßt sich in seiner Arbeit mit dem Wesen des achondro-
plastischen Zwergwuchses und seiner klinischen Bedeutung. Er bespricht
zuerst die klinische Stellung des Zwergwuchses im Verhältnis zu den anderen
Formen von physischer Unterentwicklung. Er unterscheidet nämlich: 1. den
Infantilismus als Überdauern bei einem erwachsenen Individuum von
somastischen und psychischen Merkmalen, welche einem früheren Alter eigen
sind. 2. die Mikrosomie als eine allgemeine harmonische Verminderung
sämtlicher Körperdimensionen mit erhaltener Intelligenz und gut entwickelten
sexuellen Organen und 3. den Zwergwuchs als eine Verminderung der
Körpergröße, welche auf Deformation verschiedener Körperteile beruht, und
von mannigfaltigen Ursachen abhängig sein kann (Achondroplasie, Rachitis,
tuberkulöse Veränderungen der Wirbelsäule, Myxödem, Herz- und Gefäß-
anomalien u. a.). Das wichtigste klinische Merkmal des achondroplastischen
Zwergwuchses ist eine abnorme Kürze der Extremitäten („Mikromelie“) bei
verhältnismäßig gut entwickeltem Rumpfe. Von den einzelnen Symptomen
bespricht Verf. eingehend das sog. Marie sehe Symptom (abnorme Länge
der Fibula), das Symptom der sog. „Isodaktylie“, d. h. gleicher Länge des
2., 3., 4. Fingers („main en trident“ französischer Autoren), das Symptom
von E. Levi (abnorme Kürze des 4. Metatarsal- und Metakarpalknochens),
Verbiegungen der Diaphysen der langen Knochen, Verkürzung des Brust-
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Das Knochenaystem in seinen Beziehungen
korbes, Verengerung des Beckens und Lordose des Lumbalteiles der Wirbel¬
säule (sog. „ensellure lombaire“). Er widmet eine besondere Beachtung den
Schädelanomalien der Achondroplasten, welche sich in folgenden Punkten
rekapitulieren lassen: 1. ausgesprochene Brachyzephalie mit der sog. „basi-
laren Kyphose“ (Virchow), 2. abnorme hydrozephalische Wölbung, 3. Pro-
gnatismus, 4. Abplattung der Nasenwurzel, 5. Verengerung der Mundhöhle,
6. Verengerung der Choanen und 7. Verengerung des Foramen occipitale
magnum. Von den anderen Symptomen bespricht Verf. eine gute, manch¬
mal übermäßige Entwicklung der Muskulatur (griechische, römische und ägyp¬
tische Statuetten der „kämpfenden Pygmäen“), beträchtliche Fettsucht,
normale Behaarung und Entwicklung der sexuellen Organe, Steigerung des
Geschlechtstriebes und psychische Anomalien (hypomanisches Wesen u. a.).
Im weiteren werden die Komplikationen der Achondroplasie und die patho¬
logische Anatomie nach den grundlegenden Untersuchungen von Porak und
Durante (primäre Dystrophie des Primordialknorpels) besprochen. Nach
der Erörterung der Differentialdiagnose der Achondroplasie mit der sog.
„fötalen Rachitis“, mit angeborenem Myxödem, mit Mikromelie, Phokomelie,
der sog. „Osteogenesis imperfecta“, mit der „periostalen Dysplasie“
(Durante) und anderen Formen des Zwergwuchses, erörtert Verf. die Ätiologie
uud Pathogenese der Erkrankung. Er teilt die bisherigen Theorien in zwei
Gruppen: 1. toxische — im weitesten Sinne des Wortes — und 2. mechanische
und kommt zu dem Schlüsse, daß die sämtlichen toxischen Theorien der
festen klinischen Tatsachen entbehren; ebenfalls für unbewiesen hält er das
Vorhandensein einer achondroplastischen Rasse bei Menschen und Tieren.
Er neigt dagegen zur mechanischen Auffassung der Entstehungsweise der
Achondroplasie und hält für besonders plausibel die Hypothese von Jansen,
welcher die Achondroplasie von einer angeborenen Enge des Amnion und
von dem mechanischen Drücken des Amnion auf die Körperteile des Embryo
abhängig macht. (Sterling.)
Schädel.
Bauer (3) gibt eine ausführliche und sehr gründliche Schilderung der
kraniologischen Verhältnisse von Bainingschädeln, einer kleinkörperlichen
Rasse, welche die romantischen Berge des bisher gänzlich unerforschten
Gebietes der Gazellehalbiusel bewohnen. Indem wir auf die Wiedergabe
der einzelnen Messungsresultate verzichten, geben wir hier nur das Schluß-
ergebnis der Arbeit wieder: Der Vergleich der Schädelkapazität ergibt, daß
die Baining zu den kleinsten Typen der Südsee sowie aller bisher bekannten
Völker gehören. Sie befinden sich daher aller Wahrscheinlichkeit nach in
einem regressiven Stadium der Entwicklung, weil alle jene Völker, aus
welchen sie hervorgegangen sein könnten, einen beträchtlich größeren Hirn¬
raum aufweisen. Gleiches bezeugen die Schädelumfänge und die absoluten
Maße. Der Längenbreitenindex, Längenhöhenindex und Breitenhöhenindex
verdeutlichen die gesonderte Stellung der Baining in der Südsee. Es ergeben
sich drei abgegrenzte Orte der Brachyhypsiakrokephalie: 1. Die Sandwich¬
inseln, 2. die westlichen Ausläufer der Karolinen, Palau und Jap, die Kaniet-
gruppe und die nordwestliche Gazellehalbinsel, der Wohnsitz der Baining
und 3. die Tongainseln. Für die beiden ersteren Orte ließe sich asiatisch¬
mongolischer Einschlag annehmen, während das für die Tongainseln kaum
möglich ist. Somit erscheint es überaus wahrscheinlich, daß der kurze und
hohe Bainingschädel ein Ergebnis mongolischer Völkerwanderung ist. Der
Obergesichtsindex, Nasalindex, Orbitalindex und Gaumenindex besagt, daß
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zu Erkrankungen des Nervensystems.
181
direkte Verwandtschaft mit den Mongolen einerseits und Australiern andrer¬
seits besteht. Der Vergleich der sagittalen Schädelbeinwölbung ergab, daß
das Stirnbein und Hinterhauptsbein der Baining zu den sehr schwach ge¬
wölbten gehört, während ihr Scheitelbein die stärkste Wölbung aufweist.
Der Okzipitalknickungswinkel der Baining überholt sämtliche mongoloide und
australoide Völker, während ihr Neigungswinkel des Foramen magnum: Frank¬
furter Horizontale, sämtliche unterholt. Die Baining sind überaus prognath,
der Ast ihres Unterkiefers steigt außergewöhnlich steil an. Die prozentuale
Häufigkeit der Schallknochen im Pterion nähert sich den allerhöchsten An¬
gaben, die enorme Höhe der prozentualen Häufigkeit des Stirnfortsatzes war
überhaupt bisher noch nicht bekannt. Aus all dem geht hervor, daß der
Bainingschädel eine Sammelstelle von primitivsten Merkmalen ist und zu
den einfachsten Gestaltungen menschlicher Formen gehört.
Krämer (38) berichtet über zwei Pygmäenschädel von Neuguinea, die
in ihren Längen-Breitenmaßen zu den kleinsten bekannten gehören, obwohl
die Körpergröße der afrikanischen Pygmäen eine viel geringere ist, soweit
bis jetzt bekannt Ferner gibt K. Messungen von 12 Buschmann- und
Hottentottenmännern vom Jahre 1906, bei denen eine geringere Becken¬
neigung als sonst bekannt vorhanden ist.
Kunicke (39) gibt die Resultate seiner Messungen von 32 venezola¬
nischen Schädeln. Die Fundorte der Schädel sind El Zamuro und Camburito;
sie sind wahrscheinlich präkolumbisch, gehören jedenfalls einer autochthonen
Bevölkerung an. Der mesozephale Typus ist in der Mehrzahl vertreten,
manche Schädel zeigen starke Deformitäten. Bei den deformierten Schädeln
ist eine fliehende und ziemlich flache Stirn zu beobachten, bei einigen derselben
eine der Koronalnaht parallelgehende, dicht hinter derselben über die
Scheitelbeine laufende Schnürfurche zu bemerken. Mit der Deformation
irgendwie zusammenhängend, aber auch bei nicht deformierten Schädeln
anftreteud, ist das Os Incae (oberer Teil des durch eine horizontale Naht
zweigeteilten Hinterhauptgebeins). Das Okziput ist meist kräftig entwickelt.
Das Volumen der Schädel ist durchweg klein, geringer als das sonst er¬
mittelte durchschnittliche Volumen von amerikanischen Schädeln, deren Inhalt
vielfach bereits gering ist. Der am schlechtesten gefüllte Schädel enthielt
1000 ccm, der am besten gefüllte erreichte keine 1400 ccm. Die Gesichter
machen meist einen breiten Eindruck. Zum Schluß bringt der Autor einige
Vergleiche mit den im Werke von Marcano, Ethnographie pröcolombienne
de Venezuela veröffentlichten Ergebnissen, denen er eine Einzelbeschreibung
der Schädel folgen läßt.
Radlaner (49) hat 35 Individuen aus einer Somaligruppe anthropologisch
untersuchen können. Die hauptächlichsten Resultate der anthropometrischen
Aufnahme waren folgende: Die Somali weisen eine braune Hautfarbe auf,
die Irisfarbe ihrer Augen ist dunkelbraun. Das Kopfhaar ist braunschwarz
und meist weitwellig. Bart- und Körperbohaarung ist außerordentlich gering.
Die Statur ist groß, das Verhältnis von Körpergröße und Spannweite ist
ein normales. Im allgemeinen sind die Somali langbeinig, auch ist die
Konfiguration des Rumpfes eine dem Europäer ebenbürtige. Was die Kopf¬
form anbetrifft, so ist ein einheitlicher dolichochamäkephaler Kopftypus zu
erkennen, mit leptoprosopem Gesicht für die männlichen Erwachsenen, meso-
prosopem Gesiebt dagegen für Frau und Kinder. Die Nasenform verweist
die Somali in die leptorrliine Gruppe. Ein Vergleich zwischen den drei
untersuchten Gruppen der ’£ysa, Häbar Auwal und Gädabürsi zeigt, daß der
Stamm der Häbar Auwal durch Schönheit, proportionierte Figur und ein
besonders schmales Gesicht auffällt. Der Typus der Somali nähert sich in
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Das Knochensystem in seinen Beziehungen
der Hauptsache archimorphen Körperformen, und namentlich das Gesicht
weist bei der Mehrzahl der untersuchten Individuen durchaus feine Züge auf.
In den vorliegenden anthropologischen Untersuchungen, die Schiff (54)
an 600 jüdischen Kindern, die in Jerusalem die Schule besuchten, vornahm,
finden zwei bereits bekannte Tatsachen eine Bestätigung. Einmal, daß in
verschiedenen Ländern anthropologisch gut differenzierbare Gruppen von
Juden leben, sodann, daß erhebliche Unterschiede auch zwischen den beiden
großen europäischen Gruppen bestehen, wenigstens in Jerusalem. Die Unter¬
schiede sind schon bei den Kindern ausgebildet und bereits im 4. Lebens¬
jahr in demselben Sinne vorhanden wie später. Die charakteristischen
Unterschiede sind gänzlich oder jedenfalls in weiten Grenzen unabhängig
von den äußeren Lebensbedinguugen, insbesondere auch von klimatischen
Verhältnissen. Denn fast alle untersuchten Kinder sind an demselben Orte
geboren und aufgewachsen. Nach v. Luschan lassen sich zwei Haupttypen
herausheben. Beide stammen aus dem Orient. Der eine Typus von ihnen
ist. identisch mit demjenigen, der den Grundstock der vorderasiatischen Be¬
völkerung bildet. Der zweite stimmt überein mit einem Typus, der heute
noch rein vertreten wird durch die reinsten „Semiten“, etwa manche Be¬
duinenstämme Arabiens. Da diese beiden Typen schon seit langer Zeit
auch in Palästina ansässig sind, so ist es naheliegend, daß die Herkunft
dieser Typen bei den heutigen Juden in der Hauptsache auf Palästina
zurückzuführen ist Nach der Anschauung v. Luschans stehen diese
beiden Elemente in nächsten genetischen Beziehungen zu wesentlichen
Elementen der mittel- und südeuropäischen Bevölkerung, so daß damit auch
die Stellung der Juden innerhalb der Bevölkerung Europas festgelegt ist.
Auch die blonden Juden können aus dem Orient stammen: blonde sind seit
langer Zeit ein Bestandteil orientalischer Bevölkerung („Amuriter“, Kurden,
Ägypter, [„Tamahu“], Kreter). Daß ein Teil der blonden Aschkenasim auf
spätere Mischungen zurückgeführt werden muß, ändert an der prinzipiellen
Bedeutung dieser Feststellung nichts. Die Untersuchungen v. Luschans
bezogen sich auf die europäischen Juden. Später wurden dann von ver¬
schiedenen Seiten außereuropäische Juden untersucht (Weißenberg). Dabei
ergaben sich große Unterschiede in den verschiedenen Ländern. Eine Er¬
klärung für die Unterschiede wurde gefunden, als man nicht nur Juden mit
Juden verglich, sondern in jedem der untersuchten Gebiete auch die Juden
mit den Nichtjuden. Es stellte sich heraus (Fischberg), daß überall eine
Annäherung an den physischen Typus der nichtjüdischen Bevölkerung statt¬
gefunden hat. ln einigen Gegenden, wo es sich um verhältnismäßig kleine
Gruppen von Juden handelt, die schon seit langer Zeit mit der nicht¬
jüdischen Bevölkerung in enger Berührung leben, stimmt der Typus der
jüdischen und der nichtjüdischen Bevölkerung, wie es scheint, bis in alle
Einzelheiten überein (Kaukasus, Jemen), Dort aber, wo es sich um große
Massen handelt, die der Assimilation eine im Verhältnis zu ihrer Gesamt¬
zahl nur geringe Oberfläche boten, also in Europa bei den sephardischen
und den aschkenasischen Juden liegen die Verhältnisse anders. Auch hier
ist der Zufluß fremden Blutes so stark gewesen, daß er anthropologisch
nachweisbar ist, aber der orientalische Kern ist erhalten geblieben und für
ihn kann die Theorie v. Luschans gelten. Sie darf sowohl auf die Asch¬
kenasim wie auf die Sephardim angewendet werden, obwohl zwischen beiden
Gruppen Unterschiede bestehen. Denn die Unterschiede, um die es sich
hier handelt, sind nicht so weitgehend, wie die Unterschiede zwischen
jemenitischen und grusinischen Juden, die anthropologisch nicht das mindeste
miteinander gemeinsam haben. Die Unterschiede zwischen Aschkenasim und
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za Erkrankungen des Nervensystems.
183
Sephardim können vielmehr zwanglos als sekundäre durch Assimilation be¬
dingte erklärt werden. Diese sekundäre Assimilation so in den Vorder¬
grund zu stellen, wie es Fischberg getan hat, erscheint übertrieben, aber
wohl verständlich als Reaktion auf die nicht minder übertriebene Betonung
der „Rassenreinheit“ der Juden bei einer Reibe diletantischer Tendenzsohrift-
steller.
Sergi (60) beschreibt eine Anzahl von Schädeln aus dem etruskischen
Gebiete. Die dolichomorphen gehören seiner Meinung nach dem etrus¬
kischen Stamme an, während die anders gestalteten wahrscheinlich der Ur¬
bevölkerung angehören.
Schwerz (68) beschreibt zwei Buggisenschädel. Die besaßen ein Inka¬
bein und zeigten eine hohe Kapazität des Schädelraumes.
ziegler’s (78) Ansicht über die ursprüngliche Gliederung des Kopfes
der Kranioten ist folgende: Das erste Segment ist das Prämaudibularsegment,
das zweite Segment ist das Kiefersegment, das dritte Segment ist das Hyoid-
segment, das vierte Segment ist das Glossopharyngeussegment und zuletzt
folgen die Vagussegmente.
Aus seinen Untersuchungen über die orbitale Frontomaxillarsutur
folgert Cohn (17), daß Regnault mit seiner Ansicht recht hat, wenn er
dieser Sutur des Menschen phylogenetische Bedeutung zuspricht. Andrerseits
fuhrt Cohn ihre Entstehung nicht auf das Frontale, sondern auf den orbi¬
talen Maxillarfortsatz zurück. Wenn sie auch beim Menschen und den
Menschenaffen durch das gleiche Agens hervorgerufen wird, so ist sie doch
beim Menschen und dem Gorilla in dieser Hinsicht vou verschiedener
Wertigkeit, insofern die Frontomaxillarsutur bei dem Gorilla in fortschrei¬
tender Entwicklung begriffen ist, während sie beim Menschen hingegen
nahe vor der völligen Ausmerzung steht.
Nach Untersuchungen von Cohn (18) über den Processus frontalis des
Schläfenbeins läßt sich die Entstehungsweise des Stirnfortsatzes nicht mit der
von R. Virchow vertreteuen Ansicht vereinbaren, daß diesjer Fortsatz ein
theromorphes Merkmal darstellt. C. sucht nachzuweisen, daß man gar keinen
Anlaß zu der Annahme hätte, daß für die Vorfahren der Primaten ein
Schläfenverschluß mittels des Processus frontalis typisch war; er hebt hervor,
daß man für diese Vorfahren eher die Herrschaft der Ala-Parietale-Sutur an¬
zunehmen hätte. Wo man daher unter den Affen, wie z. B. beim Schimpansen
und dem Gorilla, das Dominieren oder gar das alleinige Vorkommen von
Stirnfortsätzen findet, dort ist das nicht als die Erhaltung eines primitiven
Zustandes aufzufassen, sondern im Gegenteil als eine Neuerwerbung, als das
Resultat einer eigenen, abseits führenden Entwicklungsreihe. Der Processus
frontalis, der sich bei dem Menschen infolge noch nicht vollständig zum
Abschluß gekommener Neuregulierung des Gleichgewichts in geringem Prozent¬
satz vorfindet, hat genetisch mit dem Stirnfortsatz der Affen nichts zu tun.
Der Einfluß der Abgeschlossenheit kleinerer Bevölkerungsmengen scheint
nach Ansicht des Autors wohl imstande zu sein, in der Richtung zu wirken,
daß die dem Menschen eigene Tendenz zur Ausmerzung des Stirnfortsatzes
einigermaßen hintangehalten wird. Alle Menschenrassen streben demjenigen
neuen Gleichgewichtszustände der Schläfenkonfiguration zu, der in einem
Alleinherrschen des Schläfenverschlusses mittels der Ala-Parietale-Sutur be¬
steht, nur daß die Rassen heute nicht alle den gleichen Grad des Gleich¬
gewichts erreicht haben.
Gaupp's (27) Arbeit ist eine nähere Erläuterung, wie die Beschreibung
und Einteilung des Schläfenbeins im anatomischen Unterricht zu vereinfachen
und zu verbessesn ist, um überflüssige Namen zu tilgen und das Verständnis
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Da« Knochensystem in seinen Beziehungen
und die Einsichtnahme in diesen schwierigen Teil des Schädels bei dem
Studierenden za fördern.
Bolk's (7) Untersuchungen bestätigen die Resultate früherer Forscher,
daß in bezug auf die Neigung der Ebene des Hinterhauptloches ein typischer
Gegensatz zwischen Menschen- und Affenschädel besteht. Und auch in diesem
Punkte gleichwie in der Lagerung des Foramen magnum besteht eine nicht
überbrückte Lücke zwischen Menschen und Affen. Der menschliche Zustand
geht nicht stufenweise aus jenen niedrigen oder höheren Affenformen hervor,
es werden vermittelnde Stufen zwischen Mensch und Affen vermißt. Solche
Zwischenstufen sind auch am Kinderschädel des rezenten Menschen nicht zu
finden, sondern gerade das Gegenteil trifft zu, das Foramen schaut hier
noch stärker nach vorn als am erwachsenen Schädel. Nicht der menschliche
Zustand ist als ein sekundärer von jenem der Affen abzuleiten, sondern
der Menschenschädel ist infolge des aufrechten Ganges behindert worden,
affenähnlich zu werden. Während B. im ersten Teil seiner Arbeit die Tat¬
sache feststellt, daß während des postfötalen Wachstums das Basion und
mithin das Foramen magnum bei den Affen bisweilen in bedeutendem Maße
okzipitalwärts verschoben wird, weist er im zweiten Teil nach, daß dieser
Vorgang nur ein Symptom einer ausgiebigen Umänderung der Struktur¬
verhältnisse am Schädelgrunde ist.
Schnitz (57) hat über die Squama temporalis an Schädeln der Papua,
Australier, Grönländer, Loangoneger, Altägypter, Syrjanen, Birmanen und
Schweizer aus Danis Untersuchungen angestellt. Obwohl diese Messungen
an der Squama temporalis fast durchwegs die große Variationsmöglichkeit
dieses Gebildes zeigten, so besonders für die Höhe, den Längenhöhen¬
index und die Winkelstellung der Squama, ließen sich dennoch eine ganze
Reihe typischer Größen-, Form- und Lageunterschiede feststellen. In den
drei Gruppen der Daniser, Loangoneger und Grönländer, bei denen Schultz
eine ziemlich sichere Geschlechtsbestimmung vornehmen konnte, weisen die
Mittelwerte aller Maße Geschlechtsunterschiede auf. Ausgenommen den
Squama- und Ohrlageindex sind die Mittelwerte der Männer stets größer
als die der Weiber. So finden sich die größere absolute Länge und abso¬
lute Höhe der Squama im männlichen Geschlecht, ebenso die entsprechenden
relativen Maße, so daß die Männer die absolut und relativ größere Squama
besitzen. In allen drei Gruppen finden sich ferner bei den Weibern die
kleineren Längenhöhenindizes. Die relaliv kleinere und niedriger gebaute
Squama der Weiber stellt gewissermaßen ein Zwischenstadium von Mann
und Kind dar, da* bei letzterem die Relativmaße und der Längenhöhenindex
noch kleinere Werte zeigen. Ein Geschlechtsunterschied in der Ohrlage
ist von einem noch größeren in der Squamalage gefolgt; das Ohr und noch
mehr die Squama sind beim Mann aboraler am Schädel gelegen als beim
Weib. Die stets vor dem Ohrpunkt gelegene Squamamitte nähert sich
ersterem mehr im männlichen Geschlecht. Bei den Rassen kombiniert sich
die größte absolute Länge mit der größten absoluten Höhe bei den Grön¬
ländern; dieselbe Gruppe findet man auch bei den relativen Maßen für die
Höhe an der Spitze, für die Länge unter den ersten, so daß sie die absolut und
relativ größte Squama besitzen. Die Grönländer zeichnen sich ferner durch
die am weitesten zurückliegende Squama aus. In bezug auf die relative
Größe kommen nach den Grönländern die Daniser und Birmanen. Die
relativ und absolut kleinsten Squamen haben die Australier, Loangoneger
und Usa. In ihrem Verhalten der Länge zur Höhe kopiert die Squama
ungefähr den Mediansagittalschnitt des Hirnschädels. Weitaus die am
niedersten gebaute Squama haben die Australier, die primitivste Rasse des
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zu Erkrankungen des Nervensystems.
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recenten Menschen; je höher die folgenden Rassen in ihrer Entwicklung
stehen, einen um so höheren Längenhöhenindex finden wir fiir die Squama.
Die relativ konstante, geringe Wölbung der Squama ist horizontal stärker
ausgeprägt und wird hauptsächlich in vertikaler Richtung vom Längen¬
breitenindex beeinflußt. Obwohl die Squama zum Poms acusticus eine
ziemlich variable Stellung einnimmt, stehen beide auf den Schädel bezogen
iu gegenseitiger Abhängigkeit, so daß sich die oralsten Squamen bei den
Rassen mit langer postaurikularer Schädelpartie finden, wie z. B. bei den
Altägyptem. Morphologisch geringwertig wird die Stellung der Squamen
gegeneinander wegen der großen Schwankungsbreite der sie charakterisierenden
Winkel. Von vorn nach hinten divergieren die Squamen meist mehr als
von unten nach oben. Die Ausblicke auf die Verhältnisse beim fossilen
Menschen und den Affen haben vor allem gezeigt, daß die relative Größe
der Squama im allgemeinen sowohl bei den Affen, wie beim Menschen von
primitiven zu den höheren Formen steigt. Ferner kann man durch die
ganze Primatenreihe eine allmähliche Verlagerung der Squama nach vorne
konstatieren. Zum Schlüsse wiederholt Schultz noch das ihm am wichtigsten
erscheinende Resultat seiner Arbeit, nämlich das stete Zunehmen der
Squamahöhe in bezug auf die Länge von den Neuweltaffen an über die
Catarrhinen zum neugebornen, fossilen und rezenten Menschen, bei letzterem
wieder vom Australier bis zum Europäer, vom Kind zum Weib und vom
Weib zum Mann.
Die Persistenz der fötalen Quernaht am Okzipitale hat, wie Schnitz
(56) durch Untersuchungen feststellte, eine bedeutende Vergrößerung des¬
selben in sagittaler Richtung zur Folge, wodurch das Hinterhauptbein ver¬
glichen mit Parietale und Frontale meistens den größten Anteil am Median-
sagittalumfang gewinnt. Ferner ließ sich eine stärkere Krümmung des Okzipital¬
bogens als Folge der Sntura occipitalis transversa konstatieren. Eine
meistens auftretende, teilweise sogar sehr wesentliche Herabsetzung des
Längenbreitenindex läßt es ratsam erscheinen, Schädel mit Inkabeinen bei
der Berechnung des Mittelwertes und der Variationsbreite eben dieses Index
auszuschalten. Zwischen der Sutura transversa des Okzipitale und der abso¬
luten Schädelgröße, speziell der Kapazität scheint vielfach ein Zusammen¬
hang zu bestehen; was dabei das Primäre, was das Sekundäre vermochte
Verfasser nicht zu entscheiden.
In der Ausbildung des Gaumenbeins weisen die Anthropoiden besondere
Merkmale auf, welche sie aus der Gruppe aller anderen Primaten heraus¬
heben und dem Menschen nahestellen. Die von Wegener (74) gefundenen
Unterschiede der einzelnen Anthropoidengattungen sind für gewöhnlich, wie
der Autor meint, so typisch, daß man selbst an einem isolierten Gaumen¬
bein erkennen kann, zu welchem Anthropoiden es gehören muß, und daß
man diese Unterschiede direkt zur Gattungsbestimmung verwerten könnte.
Interessant ist, daß die asiatische Gruppe, Orang und Gibbon, besondere,
wenn auch nicht hoch zu bewertende, Eigentümlichkeiten aufweisen, in denen
sie der afrikanischen Gruppe, Gorilla und Schimpanse, gegenübergestellt
werden können, so in Bildung einer gedoppelten Spina nasalis post., im
Vorkommen eines Processus resp. Crista praemarginalis, die dem Gorilla
völlig fehlen. Dies ist um so auffälliger, als Verf. in der Einleitung auf
den unzweifelhaft nordafrikanischen Ursprung der Gibbons im frühen Oligo-
zän hinweisen mußte. Der Schimpanse bietet allerdings auch in der Ge¬
staltung des Gaumenbeins wie auch sonst in seinen anatomischen Merkmalen
bis zu einem gewissen Grade einen Ubergangstypus zwischen den beiden
Gruppen dar. Es sei dies bemerkenswert im Hinblick auf die Theorie von
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Das Knochensystem in seinen Beziehungen
Klaatsch über die Trennung des Anthropoidenstammes in zwei Gruppen,
einen Westzweig, die Prägorilloiden, und einen Ostzweig, die Präorangoiden.
Das Septum interfrontale, welches die beiden Stirnhöhlen trennt, kann
eine vollkommene mediane Lage haben, es kann schief und selbst horizontal
gelagert sein. Infolge der Verbiegung uud schiefen Lage können die
Asymmetrien der Stirnhöhlen entstehen. Gewöhnlich ist das Septum inter¬
frontale sehr dünn, in vereinzelten Fällen kann es aber auch sehr dick sein.
Von den in Stirnhöhlen vorkommenden Rezessus unterscheidet Onodi (46)
besonders einen oft in der Mittellinie gelegenen, den er Recessus frontalis
medianus benennt. In solchem Falle sieht man auf dem Durchschnitt ein
doppeltes Septum interfrontale, das eine davon ist ein Septum imperfectum.
Die seitliche Ausdehnung der Stirnhöhle kann sehr wechselnd sein. Der
Autor beschreibt nun die Formenverbäliuisse, welche neben dem Septum
interfrontale an der zerebralen Stirnhöhlenwand Vorkommen können und in
innigem Zusammenhänge mit der vorderen Schädelhöhle, der Lamina cribrosa
und der. Crista galli stehen. Besonders macht der Autor auf die nicht
seltene Einbeziehung des vorderen Teils der Riechgrube in die Stirnhöhle
und auf die Ausbuchtung der Stirnhöhle im Gebiete der Crista galli auf¬
merksam, und weist auf die pathologische und chirurgisch-therapeutische
Bedeutung solcher Anomalien hin.
Seinen früheren Untersuchungen über das Schädelwachstum fügt Thoma
(70) eine weitere hinzu, die sich mit dem postfötalen Wachstum beschäftigt.
Die Schädelknochen des zweijährigen Schädels besitzen bereits die wich¬
tigsten Charakterzüge des erwachsenen Knochens. An Dünnschliffen kann
man die drei Formationen von Knocheusubstanz unterscheiden, welche als
primäres, sekundäres und tertiäres bezeichnet werden. Die einzelnen Forma¬
tionen werden dann geschildert. Von der Geburt bis gegen Schluß des
Wachstums werden Resorptionsvorgänge an der äußeren und inneren Ober¬
fläche des Schädeldachknochens nur selten beobachtet. Die erhebliche
Zunahme der Krümmungsradien des Schädeldaches kann nicht durch Tren¬
nungen der Kontinuität der Lamellen des sekundären Knochengewebes, sondern
nur durch ein interstitielles Wachstum des Knochengewebes erklärt werden.
Die fächerförmig angeordneten Blutgefäße sind eher vorhanden als die
Knochenlamellen gebildet werden. Die durch ihre spitzzackige Begrenzung
ausgezeichneten Knochenkanäle und die in ihnen verlaufenden Blutgefäße
dürfen daher in Zukunft nicht mehr als perforierende Kanäle und Blut¬
gefäße bezeichnet werden. Aus dem Verlaufe und der Gestaltung der Knochen¬
zellkanälchen geht hervor, daß Wachstums Verschiebungen an den Grenzflächen
der einzelnen Knochenlamellen durchaus fehlen, und daß auch in der Substanz
der Knochenlamellen keine Verschiebungen Vorkommen, welche imstande
wären, die fächerförmige Anordnung der Blutgefäße und der Sharpeyschen
Fasern zu erklären. Aus Messungen der Dicke der Knochenlamellen geht
hervor, daß letzteren ein nicht unerhebliches, interstitielles Dickenwachstum
zukommt. Es geht aus den Messungen weiter hervor, daß in den Druck-
polregionen das interstitielle Dickenwachstum in den tiefeu Schichten des
sekundären Gewebes der Eburnea externa erheblich überwiegt, während in
den intermediären und peripherischen Zonen ein etwas stärkeres interstitielles
Flächenwachstum der tiefen, sekundären Knochenlamellen stattfindet. Das
interstitielle Dickenwachstum und das interstitielle Flächenwachstum sind
wahrscheinlich innerhalb bestimmter Grenzen voneinander abhängig, indem
sie stellvertretend für einander eintreten können. Der Kalkgehalt, die starre
Beschaffenheit und Härte sowie die scheinbare Widerstandsfähigkeit gegen¬
über den Angriffen der Fäulnis hat dazu beigetragen, daß mau das Knochen-
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zu Erkrankungen des Nervensystems.
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gewebe als eine ziemlich unveränderliche Substanz betrachtete. Dagegen
hebt der Autor hervor, daß man gelegentlich Befunde erheben kann, welche
als eine unter Zellvermehrung sich vollziehende Längsteilung von Knochen¬
lamellen gedeutet werden können. Eine Durchsicht der Messungen an
Schädeln der späteren Perioden zeigt, daß die mittlere Lamellendicke in
den tieferen Schichten des sekundären Knochengewebes ansteigt, um in den
tiefsten Schichten zwar nicht immer, jedoch in der Regel wieder etwas ab¬
zunehmen. Charakteristisch für die älteren Schädel ist sodann die Tatsache,
daß mit zunehmendem Alter das sekundäre Knochengewebe der Eburnea
externa und interna mehr und mehr durch tertiäres Knochengewebe ersetzt
wird. Aus ^ellmessungen im Knochengewebe läßt sich die Vermutung auf¬
stellen, daß der Zellreichtum des Knochengewebes nicht nur durch das
Lebensalter und durch das interstitiellle Wachstum, sondern durch die
Geschwindigkeit der Apposition bestimmt wird. Was die Reliefs der Hirn¬
windungen anbetrifft, die sich am Schädel ausbilden, so gibt die Histo-
mechanik eine kausale Erklärung für sie. Der lokale Druck der wachsenden
Hirnwindungen ruft in der Schädelwand Nebendruckpole hervor, in deren Meri¬
dianen ein ähnlicher Spannungszuwachs auftritt, wie in den Meridianen der
fünf Hauptdruckpole der Schädelkapsel. Dieser Spannungszuwachs beeinflußt
das Wachstum des Knochengerüstes in der Weise, daß an jedem Neben-
druckpol eine lokale Ausbauchung der Schädelkapsel zustande kommt. In
den dünnen, spongiosafreien Teilen der Schädelkapsel betrifft der Spannuugs-
zuwachs und demgemäß auch die Ausbauchung alle Schichten der Schädel¬
wand, so daß die Gestaltung der Hirnwindungen auch an der Außenfläche
der letzteren erkennbar wird. In den spongiosareicben Teilen der Schädel¬
kapsel wird dagegen der meridionale Spannungszuwachs an den Nebendruck¬
polen nahezu ausschließlich von der Eburnea interna getragen und geht,
weil das Knochengewebe etwas elastisch ist, nur zum geringsten Teile durch
die relativ zarten Balken der Spongiosa auf die Eburnea externa über.
Die durch das Wachstum herbeigeführte Ausbauchung betrifft daher nahezu
ausschließlich die Eburnea interna. Nachdem der Autor noch allgemeine
Vorstellungen über das appositioneile und interstitielle Knochen Wachstum
gebracht hat, wobei er sich das Knochengewebe als kleine Volumeinheiten
zerlegt denkt, die er als Moleküle bezeichnet, geht er zum Schluß auf die
Besonderheiten der Nahtregionen ein.
Strebei (67) faßt seine Ausführungen über Turmscbädel folgender¬
maßen zusammen. 1. Bei Befunden von scheinbar primärer Sehnerven¬
atrophie (sog. idiopathischer, genuiner oder kryptogenetischer) soll der
Schädelvarietät bzw. Konfiguration erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und
die Untersuchung durch eine Röntgenaufnahme des Schädels ergänzt werden.
2. Die Röntgenbilder nicht nur von total, sondern auch von partiell aus¬
gebildeten Turrizephalen können durch die bienenwabenartige Reliefzeichnung
der Gehirnwindungen an der Tabula interna der Schädelkapsel mit der oft
enormen Verbreiterung des Kanalsystems der Sinus differentialdiagnostisch
von ausschlaggebendem Wert sein speziell in Fällen, die äußerlich nicht
sicher als Turmschädel anzusprechen sind. 8. In neun Fällen von totalen
Oxyzepbalen -war siebenmal eine sekundäre Sehnervenatrophie als Folge einer
früheren Stauungspapille nachzuweisen. In zwei anderen Fällen (Insassen
von Blindenheimen) mußte die Frage offen gelassen werden, ob die Atrophia
nerv. opt. sekundärer oder primärer Natur war. 4. In zwei Fällen von Turm¬
schädeln konnten als Zeichen chronischen Hirndruckes Anfälle von klonischen
Krämpfen mit Erbrechen und Bewußtseinsstörung beobachtet werden. 5. Das
Zustandekommen dieses chronischen Hirndrucks hat man sich nach neueren
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188
Das Koochensystem in seinen Beziehungen
Untersuchungen von Uhthoff und Schumacher beim Turmschädel folgender¬
maßen zu erklären: Das wachsende und in seinem Wachstum gehemmte
Gehirn selbst ist der Grund des gesteigerten intrakraniellen Druckes. Das
Mißverhältnis zwischen Schädelkapazität uud Größe des herausgenommenen
Gehirns war im Sektionsfalle, den Schumacher und Herzog beschrieben,
ein augenfälliges. 6. Dieses Mißverhältnis zwischen dem Inhalt des starren
Kapselwiderstaudes des frühzeitig synostosierten Schädels und dem Kontentum
des wachsenden Gehirns, das sich auszudehnen bestrebt, modelliert die
Impressiones digitatae, erzeugt die Verbreiterung des Sinus, stanzt die
Foramina emissaria als Loci minoris resistentiae zu eigentlichen Trepanations¬
ventilen aus und vermag an den druckbelastetsten Stellen der Schädel¬
kalotte Usuren und multiple Dekompressionsventile zu erzeugen, deren
Studium einen Wink für das therapeutische Vorgehen zu enthalten scheint.
7. Wie man vom anatomisch-röntgenologischen Gesichtspunkte aus zwei
Varietäten von Turrizephalen unterscheiden kann, totale und partielle, so
müsse mau vom chirurgisch-therapeutischen Standpunkt aus ebenfalls zwei
Arten strikte auseinanderhalten, weil die Behandlung verschieden ausfallt,
und zwar a) Turmschädel im amaurotischen Stadium ohne Zeichen chronischen
Hirndrucks. Solche Patienten einer Operation zu unterwerfen, z. B. der
noueren Kanaloperation, der vom pathogenetischen Standpunkte aus eine
nur problematische Dignität zugesprochen werden kann, und von einer der¬
artigen Operation ein Zurückgehen einer totalen Sehnervenatrophie zu erwarten,
ist rein anatomisch unverständlich. In diesem Stadium besteht nulla indicatio
operationis. Man überweise die Patienten möglichst bald einem Blinden¬
heim, um sie frühzeitig einem Blindenhandwerk zuzuführen. Gerade weil
fast alle Turmschädelpatienten in diese Kategorie a fallen, d. h. im Zustande
einer totalen Sehnervenatrophie den Ophthalmologen und Chirurgen zugesandt
werden, sollte mehr als es früher geschah, die Aufmerksamkeit speziell der
Haus- und Kinderärzte auf die pathologischen Schädelvarietäten gelenkt und in
zweifelhaften Fällen stets das Röntgenbild befragt werden. Die Stauungs¬
papillen, bedingt durch Turmschädel, treten oft in den ersten Lebensmonaten
auf. b) Turmschädel im Stadium der Stauungspapille oder solche im Stadium
der Sehnervenatrophie mit Zeichen bestehenden chronischen Hirndrucks.
Daß hauptsächlich die ersteren möglichst bald einem chirurgischen Eingriff
zugeführt werden sollen, beweisen am schlagendsten die Blindenheime mit
ihren Spitzkopfinsassen, welche die bestausgeprägtesten Röntgenbilder liefern.
8. Während bis in die letzte Zeit die Art des chirurgischen Eingriffs viel
umstritten und nicht abgeklärt war, scheint der Weg, welchen die Natur
selbst durch ihre Selbsttrepanation und die Bildung von Dekompressions¬
ventilen demonstriert hat, der naheliegendste und gangbarste zu sein. Die
multiple Dekompessionstrepanation an Stelle der stärksten Druckbelastung
dürfte auch das Programm für den Chirurgen werden. Aus praktischen
Gründen wäre in jedem einzelnen Falle an der Hand des Röntgenbildes
die geeignetste, druokbelastetste Stelle ausfindig zu machen. 9. Die inter¬
essantesten Fälle von partiellen Turmscbädeln ohne Abnahme des Sehver¬
mögens zeigen, an welchen Stellen die stärkste Druckbelastung ihren Angriffs¬
punkt hat. Sie beweisen ferner, daß es der Natur selbst gelingen kaun,
eiuen Turmschädel auszuheilen bzw. dessen Fortschreiten zum Stillstand zu
bringen. 10. Die anatomischen Korrelationen des Turmschädels mit einem
oft reichen Netz von entwicklungsgeschichtlichen Anomalien weisen mit
Gewißheit darauf hin, daß der Turmschädel ebenfalls eine solche darstellt.
Chiari (15) beschreibt an 7 Schädeln eine auffällige stellenweise Ein¬
senkung der Stirnbeinschuppe oder der Scheitelbeine in der Sutura coronalis,
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zu Erkrankungen des Nervensystems.
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verbanden mit einem hochgradigen Schwunde der Nahtzacken, an diesen
Stellen. Alle Kalvarien stammten von alten Leuten. Die Nähte zwischen
den Knochen der Calvariae waren im Gegensätze zum gewöhnlichen Verhalten
im höheren Alter entweder gänzlich oder fast gänzlich offen und die Naht¬
zacken auch außerhalb der Einsenkungen größtenteils atrophisch, so daß in
den meisten Fällen die Knochen sioh leicht auseinander nehmen ließen, ja
vielfach auseinander fielen. Über die Ursache dieser Erscheinung hält der
Autor sein Urteil noch zurück.
Bei einem von Borkh&rdt (13) mitgeteilten Falle handelt es sich um
einen 15jährigen Knaben, der als einziges Kind von Eltern stammt, von
denen der Vater sehr wahrscheinlich, die Mutter nachweisbar an Lues
erkrankt war, und der bald nach der Geburt an einem hartnäckigen Schnupfen
und an einem Exanthem gelitten hatte. Bei diesem Knaben hatte sich vom
8. Jahre an eine langsam zunehmende schmerzlose Auftreibung einzelner
Knochen, der Tibiae und besonders des Gesichtsschädels entwickelt, welche
infolge konzentrischer Verengerung der Nase als einziges Symptom zur
beträchtlichen Behinderung der Nasenatmung führte. Die Untersuchung auf
weitere Symptome von hereditärer Lues ergab eine charakteristische Mi߬
bildung der oberen Schneidezähne, eine leichte luische Veränderung des
Aagenhintergrundes und positiven Wassermann.
An der Hand eines ausführlich mitgeteilten Falles von Schädel- und
Rückgratssyphilis kommt Lydston (41) zu folgenden Schlußsätzen: Schwere
Zerstörungen der Schädel- und Rückgratsknochen können im Verlaufe alter
Syphilis entstehen, ohne daß Lokalsymptome auftreten, die auf die Knochen¬
erkrankung Bezug haben, und ohne Störungen von seiten des Gehirns resp.
Rückenmarks. Diese Läsionen sind die Folge von Ernährungsanomalien,
Knochendystrophien und werden herbeigeführt durch trophoneurotische
Störungen infolge von syphilitischer Blutvergiftung, die besonders auf das
sympathische System ihre Wirkung entfaltet Diese Knochenvarietät erfaßt
besonders die Gesichtsknochen, aber auch, wie der von Lydston mitgeteilte
Fall zeigt, Schädel und Rückgrat. Der Prozeß spielt sich mit Vorliebe
in den Regionen des fünften Hirnnerven ab. Der Prozeß kann sich ver¬
gesellschaften mit gummösen Infiltrationen in anderen Gebieten. Eine syphi¬
litische Behandlung ohne chirurgische Intervention führt nicht zum Ziele.
Exophthalmus ist ein Sicherheitsventil bei intrakraniellem Drucke, der im
vorliegenden Falle sicher bestand, obwohl er in keinem Zusammenhang mit
den Knochenzerstörungen steht.
Schüller (55) teilt drei eigenartige Fälle von Schädeldefekten im
jugendlichen Alter mit. Ein den drei Fällen gemeinsames Moment ist darin
gelegen, daß es sich um sehr ausgedehnte Schädeldefekte handelt, die ohne
Schmerz, ohne Symptome von seiten des Gehirnes, daher nahezu unbemerkt
sich ausbildeten. Gemeinsam ist den Fällen auch der Umstand, daß keine
der bisher bekannten Ursachen von Defekten des Schädels mit voller Sicher¬
heit ausfindig gemacht werden konnte. Von Interesse ist das Vorhandensein
hypophysärer Symptomenkomplexe bei zwei Fällen, nämlich einer Dystrophia
adiposo-genitalis im ersten, eines Diabetes insipidus im zweiten Falle. Auch
ist der relativ rasche Rückgang der Defekte, der rhöntgenologisch in deutlicher
Weise verfolgt werden konnte, ein beachtenswertes Phänomen in zwei der
beobachteten Fälle. Mit Rücksicht auf das eigenartige Aussehen der be¬
schriebenen Schädeldefekte am Röntgenbilde bezeichnet der Autor derartige
Schädel als „Landkartenschädel“.
Raubitschek (50) beschreibt einen Fall von Dysostosis cleidocranjalis.
Der Fall stimmt im großen und ganzen mit dem Bilde überein, welches
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Das Knochensystem in seinen Beziehungen
Hultkrantz (Zeitschr. f. Morph, u. Antbropol Bd. XI H. 3) von dieser
Skelettanomalie entworfen hat. Der Fall zeichnet sich dadurch aus, daß er
bei normalen Schlüsselbeinen und einer nur fissurartigen Spalte im Stirnbein
den niedrigsten bisher bekannten Grad jener interessanten Mißbildung darstellt.
Higier (33): 40 Jahre alt, keine Lues und Potus. Vor einigen
Jahren entwickelten sich im Anschluß an Abdominaltyphus drei zirkum¬
skripte Schädelosteome. Im letzten Halbjahr steigt ihre Zahl auf einige
zwanzig. Das Gesicht ist verschont, so daß es zum typischen Löwenantlitz
noch nicht kam. Das Leiden ist ziemlich selten, so daß Bockenheimer■
aus der Berliner chirurgischen Klinik Bergmanns im Laufe von 22 Jahren
unter einem Ambulanzbestand von über 80 000 nur drei einschlägige Fälle
finden konnte. Die Leontiasis soll mit Gigantismus und Megalozephalie oder
diffuser Hyperostose, mit denen sie oft verwechselt werden, gleichzeitig Vor¬
kommen. Ihr pathologisch-anatomisches Substrat ist identisch mit dem der
Pagetschen Disease, die meist die Extremitäten affiziert und eine Art
Osteitis deformans oder Osteomalacia chron. hypertroph, deformans darstellt
Die anatomischen Museen Europas besitzen vereinzelte Exemplare
solcher mit Kraniosklerose, d. h. Knochenrarefikation behafteter Schädel, deren
erste Beschreibung wir Malpighi vor 250 Jahren verdanken. Exazerbationen
wie in diesem Falle sind Regel. Kopfschmerzen, Taubheit, Blindheit usw.
entstehen bei basaler Lokalisation. Der betroffene Kranke leidet in der
letzten Zeit an schweren Kopfschmerzen, die er bis dahin nicht kannte. Das
Radiogramm ergibt nichts Beachtenswertes. Der vereinzelten Gruppe heil¬
barer multipler Osteome begegnen wir in den Perlmutterdrechslereien
(Conchiolinostitis, Gussenbauer), wo die Osteome unter dem Einfluß des
spezifischen Staubes subakut sich entwickeln und meist am Unterkiefer,
ausnahmsweise am Schädel, sitzen. ( Selbstbericht .)
Sergi (61) untersuchte die Gesichtsmuskulatur einer 15jährigen Mikro¬
kephalin. Sie war vollständig aphasich und schwer idiotisch; es fehlten das
Weinen und das Lachen; die Saugtätigkeit war iu bedeutendem Maße er¬
halten und übertrieben, die Fähigkeit zum Spucken, Blasen, Trinken sowie
die Reaktionen des Widerwillens einigen Gerüchen und Geschmäcken gegen¬
über. Die Mimik scheint wesentlich auf die bloßen Reaktionen einfacher
und unmittelbarer Sinnesreize (Reflexbewegungen) beschränkt gewesen zu
sein. Das ganze System der mimischen Muskeln besaß einen Komplex
von den heterogensten Eigenschaften, die von der einfachsten oder primi¬
tivsten zu den entwickelsten und fortschreitendsten gingen und von denen
man bei den Halbaffen, platyrrhinen Affen,„ Zerkopitheziden, Anthropoiden,
Neugeborenen, Negern und dem Europäer Ähnlichkeit findet, wozu noch die
durch Asymmetrie in toto oder durch die besondere Form irgendeines
Muskels gebildete Atypien hinzuzufügen sind. Die ganze Erscheinung er¬
klärt Sergi für eine teratologische.
Rompfskelett
An zwölf Skeletten von Bainingleuten untersuchte Frizzi (25) die
einzelnen Wirbel einschließlich der Kreuzbeine und gibt neben einer ein¬
gehenden Beschreibung auch zahlreiche Messungen.
Die von Sieglbauer (63) beschriebene Wirbelsäule eines Neugeborenen
zeigt links eine deutliche Halsrippe, sie hat 26 präsakrale Wirbel und
besitzt im 27. Segment einen lumbosakralen Ubergangswirbel oder Zwischen-
wirbel derart, daß auf der linken Seite das Hüftbein um ein Segment weiter
kaudal die Hauptverbindung mit der Wirbelsäule gefunden hat als rechts.
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zo Erkrankungen des Nervensystems.
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Beim Vergleich mit sogenannten normalen Wirbelsäulen desselben Altere
machte der Autor die Erfahrung, wie sehr die Wirbelsäule variiert; unter
. 6 weiteren, die an Größe der abnormen entsprachen, war nur eine sogenannte
normale. Es folgt die genaue Beschreibung der einzelnen Abschnitte der
abnormen Wirbelsäule.
Während Schanz (53) bisher nur subjektive Störungen für das von
ihm benannte Symptomenbild der „Insufficientia vertebrae“ ausfindig machen
konnte, nämlich Schmerzstellen an der Wirbelsäule und von diesem aus¬
gehende Reizungen des Nervensystems, ist es ihm nun auf Grund eines
großen Materiales möglich, auch objektive Symptome für das typische
Krankheitsbild beizubringen. Diese objektiven Symptome fänden sich, sowie
die Erkrankung einigermaßen höhere Grade erreicht. Es sind Erscheinungen,
welche verraten, daß eine schmerzhafte Reizstelle in der Wirbelsäule vor¬
handen ist, es sind weiter Erscheinungen, welche zeigen, daß die Tragkraft
der Wirbelsäule gelitten hat. Es treten zuerst krankhalte Spannungen der
langen Rückenmuskeln auf, und es folgen rasch dieselben Kontrakturen auch
an anderen Muskeln der Wirbelsäule. Es werden Störungen der Beweg¬
lichkeit sichtbar, und es ist ein Stützbedürfnis der Wirbelsäule zu erkennen.
Es kommen endlich Deformhaltungen zur Entwicklung. Das Übergreifen
der Reizzustände auf das Rückenmark hat Reflexsteigerung, Paresen,
Lähmungen zur Folge. Der Autor führt eine Anzahl von Krankheitsfällen
an, um das Gesagte zu veranschaulichen.
Sw&nberg (68) hat sehr eingehende Untersuchungen Uber die Konfi¬
guration der Foramina intervertebralia angestellt. Ein solches Zwischen¬
wirbelloch enthält Nervengewebe, Blutgefäße, Fettgewebe, Bindegewebe und
Lymphgefäße. Das Nervengewebe ist vor Knochendruck vollständig geschützt,
einmal dadurch, daß es nur 1 / ]0 —Vs des Raumes einnimmt und im halbflüssigen
Fett eingebettet ruht. Selbst in Zuständen von Ankylosis oder starken
Krümmungen kann es keinen Druckschaden erleiden. Das reichlichste Ge¬
webe, welches man im Intervertebralloch antrifft, ist Fettgewebe.
Higier (34): Beim 16jährigen Mädchen entwickelte sich seit dem
8. Lebensjahre progressiv unter geringen Schmerzen und Gelenkschwellung
Steifigkeit beider Ellenbogen- und Handgelenke. Unabhängig davon sind die
Fingergelenke angeschwollen, aufgeblasen, schmerzlos, in viel geringerem Grad
die Faßgelenke. In den übrigen Gelenken sind keine Veränderungen vor¬
handen, ebensowenig im Nervensystem. Der langsame, gehinderte Gang weist
auf beginnende Läsion der Hüft- und Kniegelenke hin. Amenorrhoia.
Patientin ist nicht höheren Wuchses als ein äjäbriges Kind. Das Leiden er¬
innert am meisten au die Strümpell-Mariesche Spondylose rhizomölique und
ihre kongenitale Abart (Spondylose olomelique congenitale et infantile Apert),
bei der die anatomsich-pathologischen, für die Spondylarthritis ankylopoetica
charakteristische Veränderungen sich in sehr fiiihem Kindesalter einstellen
und progressiv von unten nach oben zunehmen. Am geeignetsten ist die
von Raymond vorgeschlagene, im Titel genannte Bezeichnung. £)ie Ver¬
wandtschaft zwischen der Maladie ankylosante und der gewöhnlichen Arthritis
deformans nodosa ist groß. Möglicherweise spielt hier eine Läsion der
endokrinen Drüsen eine bestimmte Rolle in der Pathogenese dieses seltenen
endogenen Leidens. Bekanntlich sind analoge Veränderungen der Knochen,
Gelenke und Bänder bei Erkrankungen verschiedener innersekretorischen
Drüsen notiert worden (Ovarien Osteomelazie, Hoden Eunuchoidismus, Hypo¬
physe Akromegalie, Parathyreoidea Rhachitis congenita). In diesem Falle
spricht für den Dysglandulismus auch der somatische Infantilismus und die
Amenorrhöa. ( Selbstbericht .)
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Dos Knocheosyatem io seinen BesiehuDgen
Jancke (37) berichtet über eine Familie, bei der Blasenschwäche in
fortlaufender Reihe vom Großvater bis zu den Urenkeln vorliegt. In drei
Fällen offenbarte der Röntgenbefund das Vorhandensein einer Spina bifida«
Falk (22) zeigt am Skelett mehrerer Föten, welche Halsrippen auf¬
wiesen, daß in einer gewissen Anzahl von Fällen die Halsrippen dadurch
entstanden sind, daß durch Änderung der Wachstumsrichtung bei Entstehung
der Bogenanlage der Bogen des 1. Brustwirbels kranialwärts verschoben and
mit der Wirbelanlage des 7. Halswirbels in Verbindung tritt. Die ange¬
führte Erklärung gilt jedoch sicher nur für eine beschränkte Anzahl von
Fällen; die Mehrzahl der Halsrippen nehmen ihren Ursprung an dem
Kostalfortsatz eines 7. Halswirbels und sind entwicklungsgeschichtlich im
Rosenbergschen Sinne als Stillstand auf einer frühzeitigen Entwicklungs¬
stufe aufzufassen.
Ny ström (45) beschreibt ausführlich einen Fall von angeborenem
Hochstand des Schulterblattes. Wie in verschiedenen anderen Fällen fanden
sich auch hier Anomalien des benachbarten Knochensystems (Klavikula,
Wirbel) und Muskelsystems. Besonders bemerkenswert ist der Fall dadurch,
daß sich ganz neue Muskulatur zwischen Mm. trapezius und rhomboideus
gebildet hatte. Dieser Umstand spricht besonders dafür, daß die ganze
Anomalie auf einer fötalen Entwicklungsstörung beruht. Die operative Be¬
handlung ergab ein gutes Resultat
Extremitäten.
von Bardeleben (2) gibt in vorliegender Arbeit die Resultate seiner
Körpermessungen, die er zur weiteren Erforschung der Linkshändigkeit an
Schulkindern vieler Schulen vorgenommen hat Der Autor bezeichnet als
Linkshänder diejenigen Kinder, 1. deren linker Arm länger (oder doch ebenso
lang) ist, als der rechte, bei denen 2. das Sprachzentrum deutlich rechts
stärker (oder ebenso stark) erscheint als links — nach Bardeleben soll
man dies in der Mehrzahl der Fälle am Schädel fühlen können —, die 3.
in ihrer Familie, d. h. Blutsverwandtschaft, Linkshänder haben (nur ganz
ausnahmsweise war das nicht nachweisbar, besonders bei unehelichen Kindern)
und die 4. den linken Arm (linke Hand) allgemein oder für einige Be¬
wegungen bevorzugen oder dies früher getan haben. Meist zeigte sich ferner
bei Linkshändern ein auffallend starkes Überwiegen der rechten Kopfhälfte,
während sich eine schwache Differenz zugunsten von rechts als normal
oder in der Mehrzahl vorhanden herausgestellt hat Sehr häufig steht die
Nase bei Linkshändern nach links, aber auch bei Rechtshändern. Die
Messungen an den unteren Gliedmaßen haben ein gesetzmäßiges Überwiegen
der einen bei Linkshändern nicht ergeben. Nur ausnahmsweise blieben die
Kinder, nachdem ihnen die Feststellung mitgeteilt war, dabei, daß sie keine
Linkshänder seien. Stammeln und Stottern ist nach des Antors Erfahrungen
kein Beweis für Linkshändigkeit, eventuell für eine frühere; Sprachstörungen
finden sich ebenso bei geborenen Rechthändem. Daß Linkshänder im all¬
gemeinen und als solche körperlich oder geistig minderwertig seien, daß sie
öfter „Defekte“ hätten als Rechtshänder, hat B. nicht finden können, wie
die genaue Untersuchung einer Hilfsschule und eines Erziehungsheims ergab.
K. will im Gegenteil die Erfahrung gemacht haben, daß in den genau und
vollständig durchuntersuchten Klassen sich gerade unter den Linkshändern
auffallend viele besonders intelligente Kinder und unter den „besten“ in
der Klasse auffallend viele Linkshänder befanden. Eine gekreuzte Asymmetrie
fand sich nicht. Im Anhang bespricht der Autor die bemerkenswerte
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zu Erkrankungen des Nervensystems.
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Tatsache, daß der Fuß bei zuuebmeuder Belastung sich nicht, wie allgemein
angenommen wird, verlängert und verbreitert, sondern umgekehrt, ver¬
schmälert und verkürzt.
Am Femur erkennt man nach Darlegungen von Grunewald (30)
folgende Muskeleinwirkungen: 1. Die Ausbiegung des Schaftes konvex nach
vorn als Wirkung der Beugemuskeln des Knies; 2. die Ausbiegung des
Schaftes Lateral-konkav-Wirkuug des Vastus extemus; 3. am oberen Femur¬
ende : a) Die Anteversio der oberen Diaphysenhälfte, in der Regel Anteversio
colli genannt; b) die Ausbiegung der Femurwand konvex uach hinten in
der Gegend des Torsionsfeldes durch den Gluteus maximus; c) die Retro-
flexio medialis colli durch die Außenrotatoren; a) und b) zusammen erzeugen
im Gebiete des Torsionsfeldes die ausgesprochene S-Form des Oberschenkels.
Grunewald fand, daß die gesamten am Oberschenkel wirksamen Muskeln
eine longitudinale Zugkraft von 2800 kg, eine transversale von 1220 kg
uud eine rotatorische von 390 kg ausüben können, die allerdings nur zum
Teil auf den Oberschenkel wirkt und sich auch auf das Becken und den
Unterschenkel erstreckt. Immerhin fällt auf den Oberschenkel der relativ
größte Teil der Beanspruchung. Die möglichen Zugkräfte sind teilweise
größer als die Kräfte, die zum Zerbrechen der Knochen notwendig sind.
Und wenn sie regelmäßig in vollem Umfange wirksam wären, so würden
die Brüche des Oberschenkels durch Muskelkraft zu den Alltäglichkeiten
gehören.
Ballowitz (1) teilt einen Fall von symmetrischer Heptadaktylie beider
Füße bei einem Soldaten mit. Die große Zehe des rechten Fußes ist ver¬
doppelt, beido Zehen sind aber in ganzer Ausdehnung miteinander verbunden,
nur ganz vorne sind sie durch eine flache Einkerbung voneinander getrennt.
Jede Großzehe besitzt einen eigenen, gut ausgebildeten Nagel, die beiden
Nägel stoßen aber mit den einander zugewandten Rändern dicht aneinander.
Die beiden folgenden Zehen sind ziemlich gleich lang und dadurch aus¬
gezeichnet, daß sie bis zur Mitte der Mittelphalanx miteinander vereinigt
sind; eine Furche grenzt sie im Bereich der Syndaktylie voneinander ab.
Die äußeren drei Zehen sind völlig voneinander geschieden, mit je einem
Nagel versehen und gleichen den drei lateralen Zehen eines normalen Fußes.
Hiervon unterscheidet sich der linke Fuß uur dadurch, daß die beiden
Großzehen distalwärts durch eine tiefere Kerbe voneinander geschieden
werden. Infolgedessen sind ihre beiden Nägel mit ihren Nagelbetten auch
weit voneinander abgerückt, insbesondere, da die distalen Enden der beiden
Zehen etwas voneinander divergieren, während sie rechts mehr parallel
nebeneinander verlaufen. An den Röntgenaufnahmen des Skeletts zeigte es
sich, daß es sich an jedem Fuße um eine Spaltung der beiden Randzehen
handelt, und zwar geht die Spaltung der 5. Zehe weiter proximalwärts bis
in den Metatarsus hinein, während sie sich an den großen Zehen auf die
Phalangen beschränkt. Mit der Ausdehnung der Spaltung der Skeletteile
stimmte auch die Spaltung der zu den Zehen hingehenden Strecksehnen
überein. Außer der geschilderten Mißbildung der Füße wies der Untersuchte
noch am ulnaren Raud jeder Hand Narben auf, die davon herrührten, daß
ihm in früher Jugend das Rudiment eines sechsten Fingers durch Operation
entfernt wurde. Es bestand Erblichkeit der Hyperdaktylie, indem der
Vater und zwei Brüder solche gehabt haben sollen.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie miß.
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
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Allgemeine Symptomatologie nnd Diagnostik.
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202
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Aus dem Kapitel der allgemeinen Symptomatologie und Diagnostik
scheinen mir hervorhebenswert die Arbeiten von Auerbach, welcher die
Edingersche Aufbrauchtheorie erweitert, von Stiefler über die Prüfung
der Baranyschen und Fischerschen Methoden an 50 Kriegsverletzten, von
Strauß über eine einfache Bestimmung des Reststickstoffgehaltes des
Blutserums bei Urämie und arteriosklerotischer Zerebralaffektion, von
Billström über den Nachweis von Alkohol im Urin, von Bikeles und
Gerstmann über den Einfluß der psychomotorischen Region auf die
Schweißabsonderung, von Kohnstamm über den Katatonusversuch und
von Cziky über das Wesen des Phänomens, von Oppenheim über falsche
Innervation, von Stewart über Beteiligung sympathischer Bahnen bei
Brachialneuritis, von Wilson und Pike über den Einfluß des Temporal¬
lappens auf den durch Labyrinthreizung hervorgerufenen Nystagmus, von
Rhese, der umfassende Studien über die Entstehung und Bedeutung der
vestibulären Fallbewegungen angestellt hat, und das Zusammenwirken be¬
stimmter Bahnen anuimmt, durch deren Versagen sie Zustandekommen, von
Sharpe über Herpes zoster bei Affektion der Kopfganglieu, von Catton
über die Reflexe nach dem Tode, von Sittig über die Lokalisation des
Kniebeugereflexes, von Biach über das Verhalten des Babinskisehen
Zehenphänomens bei inneren Krankheiten und von Fröscliels über das
Entstehen des Stotterns.
Allgemeines. Untersuchungsmetboden.
Obersteiner (162) führt zahlreiche Beispiele aus dem großen Gebiete
der Nervenkrankheiten an, um erneut darauf hiuzuweisen, daß bei einer
großen Anzahl von Erkrankungen des Nervensystems (es gibt kaum eine
Gruppe, bei der nicht entsprechende anatomische Beobachtungen gemacht
sind) gewisse angeborene Abweichungen von der Norm als endogener Faktor
ästiologisch nicht bloß erschlossen werden, sondern klar demonstrierbar be¬
stehen, und daß der Kreis dieser Krankheiten mit Keimschädigung bzw.
Entwickluugsstörungen im Nervensystem sich immer mehr erweitert; es
wird durch eine solche Abweichung eine Anlage für die Erkrankung geschaffen,
die entweder mehr allgemeiner Art oder aber für die betreffende Krankheit
spezifisch ist.
Auerbach (14) knüpft an die Lehre von Edinger an, daß einzelne
Nervensysteme besonders oft oder regelmäßig bei Kraukheitsschädignngen
erkranken, während andere verschont bleiben, weil erstere entweder nicht
in voller Stärke angelegt sind, oder daß kein genügender Ersatz der ver¬
brauchten Substanz eintritt. (Aufbrauchtheorie.) Auerbach hat diese
Theorie erweitert, indem er das Gesetz folgendermaßen formulierte: Die¬
jenigen Muskeln bzw. Muskelgruppen erlahmen am raschesten und voll¬
kommensten bzw. erholen sich am langsamsten und am wenigsten, die die
geringste Kraft (ausgedrückt durch das Muskelgewicht) besitzen und ihre
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
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Arbeitsleistung unter den ungünstigsten physikalischen, physiologischen und
anatomischen Bedingungen zu vollbringen haben, während die in dieser Be¬
ziehung besser gestellten Muskeln von der Lähmung größtenteils verschont
bleiben. Unter den Momenten, die einen mehr oder weniger großen Einfluß
auf die Arbeitsleistung der Muskeln und damit auf ihre Anstrengung aus¬
üben müsseu, haben sich dem Autor folgende physikalische, physiologische
und anatomische ergeben: 1. Die Überwindung der Schwerkraft, 2. die Be-
wegungsricbtung der Muskeln, 3. die funktionelle Zugehörigkeit zu einer
anderen, leistungsfähigeren Muskelgruppe, 4. die häufigere oder seltenere
Ausübung einer Funktion im gewöhnlichen Leben ohne Rücksicht auf die
berufliche Beschäftigung, 5. der phylogenetisch verschiedene Gebrauch be¬
stimmter Muskelgruppen bzw. ihrer lunervationszentren (ob ein ununter¬
brochener bzw. sehr häufiger Gebrauch vor sich geht oder ein weniger
häufiger), 6. das bilateral symmetrische Zusammenwirken einiger Muskel¬
gruppen bzw. die Vertretung der entsprechenden Zentren in beiden Hirn-
hemisphäreu, 7. die Gefäß Versorgung und die Zahl der innervierenden
Nervenfasern resp. Achsenzylinder, 8. die anatomisch ungünstige Lage einiger
Nerven (hat nur für die traumatischen Lähmungen eine Bedeutung). Der
Autor erläutert sein Gesetz an einzelnen Beispielen typischer peripherischer
Lähmungen, er ist aber der Ansicht, daß es für die spinalen und zerebralen
Lähmungen dieselbe Gültigkeit habe.
In den von Szt&nojevits (234) mitgeteilten Fällen handelte es sich
1. um eine Meningitis serosa (wahrscheinlich als Folgeerscheinung von Mor¬
billi), 2. um eine reine Wortblindheit und Farbenagnosie auf Grund einer
subkortikalen, luetischen und arteriosklerotischen Gefäßveränderung, 3. um
kortikale Mono-Hemiparesen und Lagegefühlsstörungen, 4. um 30 schwere
Rückenmarksverletzungen durch Schuß. Bezüglich der peripheren Nerven¬
verletzungen betont der Autor, daß die Paresen sowohl motorisch wie auch
sensibel nicht nur durch die sichtbaren Verletzungen der Nervenstämme
direkt, sondern durch vom Luftdruck hervorgerufene subkutane und intra¬
muskuläre Blutungen entstehen können.
Rohde (188) führt eine Anzahl von Soldaten an, um die Rolle der
konstitutionellen Veranlagung auf die Leistungsfähigkeit des Körpers zu
veranschaulichen, wenn dem Körper größere seelische und körperliche An¬
strengungen aufgebürdet werden. Bei der verschiedenen Art, wie das Ver¬
sagen des Körpers in der Art der nervösen und psychischen Erscheinungen
zum Ausdruck kam, ist ein Eingehen auf die einzelnen vom Autor angeführten
Beispiele unmöglich. R. ist nach diesen Erfahrungen der Ansicht, daß noch
viel zu wenig auf die Konstitution der Militärpflichtigen in Friedenszeit
geachtet wird. Besonders wären nervöse Erscheinungen und hereditäre Be¬
lastung zu berücksichtigen. Man sollte hochgradig nervös veranlagte und
debile Menschen weit öfter als dienstunbrauebbar erklären, als es bisher
geschehen ist.
Redlich (183) gibt seine Erfahrungen über die Leistungsfähigkeit des
Nervensystems unserer Soldaten wieder. Den breitesten Raum seiner Aus¬
führungen nimmt die Erörterung des Kraukheitsbildes der sog. traumatischen
Neurose ein. Er hält es auch für eine Mischung von neurasthenisch-hyste-
rischen Symptomen, und ihre Pathogenese stimmt mit der der Fälle, die
man in Friedeuszeiten beobachtet, überein. Auch hier wird die Krankheit durch
Wunschvorstellungen allerdings etwas anderer, aber ebenso wirksamer Art
aufrechterhalten, wie bei den Kranken in der Unfallpraxis (vgl. das Kapitel:
Trauma und Nervenkrankheiten).
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Oppenheim (167) gibt ein summarisches Übersicbtsbild über seine
Beobachtungen an Kriegsverletzten. Da diese Beobachtungen in anderen
Arbeiten des Autors ausführlicher besprochen werden, so kann hier von
einem ausführlichen Referat füglich abgesehen werden.
Margulies (137) gibt ein kurzes Übersichtsbild seiner Erfahrungen an
Kriegsverletzungen von seiten des Nervensystems. Und zwar werden be¬
sonders die sekundäre Meningitis, der Hirnabszeß, die Verletzungen der
peripherischen Nerven und die Neurosen besprochen.
Was bei den Kriegsteilnehmern, die ungeheure Strapazen durchgemacht
haben, gewöhnlich als Erschöpfung bezeichnet wird, ist nach Ansicht von
Jakobj (107) keine Erschöpfung, sondern hochgradigste Ermüdung. Der
Vortragende sucht nun durch Erörterung der hierbei im Körper sich ab¬
spielenden physiologischen Vorgänge den bezeichneten Zustand aufzuklären.
Im wesentlichen spielt hierbei eine Gefäßzirkulationsstörung die Hauptrolle.
Gelingt es, die primär auftretende übermäßige Erweiterung der in Betracht
kommenden Stromgebiete durch ein an sich unschädliches Mittel so zu beein¬
flussen, daß durch Erhöhung des Gefäßtonus und Verengerung des Gefä߬
lumens zumal im Kapillargebiet die nachteilige Zirkulationsstörung ver¬
hindert wird oder, wenn sie bereits eingetreten ist, dieselbe wieder rück¬
gängig zu machen, so hat man damit die Möglichkeit, dem Ermüdeten
ohne Nachteil für seine Gesundheit seine Leistungsfähigkeit in kurzer Zeit
wiederzugeben.
Übersichtsarbeit V&nVsek’s (251), die sich hauptsächlich mit den An¬
sichten von Eppinger und Heß über zwei Typen viszeraler Neuroseu und
mit der pharmakologischen Wirkung einzelner Gifte bei verschiedenen Psy¬
chosen und allgemeinen Körpererkrankungen beschäftigt. ( Jar . Stuehllk.)
Mare§ (136) benutzt seine Mitteilung zur Darlegung, daß bei der
Regulierung der Blutzufuhr und -ausfuhr im Gehirn die Zerebrospinalflüssig¬
keit von großer Bedeutung ist: sie wirkt hämodynamisch, die Organe (telae
chorioidea) saugen direkt das Wasser aus dem Blute, so daß der Druck in
den Arterien sinkt und dadurch stärkere Blutzufuhr verursacht wird.
{Jar. Stuchlik.)
Martin und Lovett (138) geben eine besondere Methode an, um die
Muskelkraft einer Muskelgruppe bei Ausführung einer bestimmten Bewegungs¬
art zu messen. Die Muskelkontraktion überträgt ihre Stärke durch Ver¬
mittlung einer um das Körperglied gelegten Schlinge auf eine balanzierende
Feder, deren Ausschlag den Grad der Kontraktion angibt. Die Kraft-
abschwächuug von Muskeln, z. B. bei Kinderlähmungen, kaun man aus einer
Tabelle von normaler Muskelkraft ersehen, die im Mittel bei gleichaltrigen
Kindern besteht, und aus einer Reihe von Vorversuchen gewonnen wurde.
Mittels dieser Methode kann man im Verlaufe der Krankheit konstatieren,
ob die Kraft der Muskeln im Laufe der Kraukheit zu- oder abgenommen hat.
Stiefler (227) hat über 50 Fälle von Schußverletzungeu des Gehirns
nach der Bäränyschen Prüfungsmethode und nach den Fischerschen Re¬
aktionen untersucht. Die letztere Prüfung besteht darin, daß man zunächst
bei aufrechtem Kopfe, bei geschlossenen Augen den Zeigeversuch prüft und
dann, stets bei geschlossenen Augenlidern, erstens die Augeu nach den
Seiten wenden läßt, zweitens den Kopf seitwärts dreht und drittens den¬
selben seitwärts neigt. Bei Normalen tritt 'bei 1 und 2 Vorbeizeigen in
entgegengesetzter Richtung der Drehuug auf, bei 3 in derselben Richtung.
Die Reaktionen sind bei Normalen uicht immer vorhanden; wo aber deut¬
licher Unterschied zwischen rechts nach links auftritt, ist derselbe sicher
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verwertbar. Die von Stiefler untersuchten Fälle betrafen a) Verletzungen
des Kleinhirns, des Gehörorganes und Kombination beider, b) Hirnschüsse
und Durchbruch in den Ventrikel, c) Verletzungen des Gehirns. Die Er¬
gebnisse faßt der Autor in folgenden Schlußsätzen zusammen.
1. Bei teilweiser Abtragung der mittleren Partie des Lobi semilunares
inferior und superior der linken Kleinhirnhemisphäre, welche der Gegend
des Zentrums für das Vorbeizeigen des linken Armes nach außen entspricht,
ist Vorbeizeigen des linken Armes, nach innen und Herabsetzung der Reak¬
tion nach außen aufgetreten in Übereinstimmung mit den bereits in der
Literatur niedergelegten Befunden Bäränys.
2. Bei Verletzung der Weichteile und des Knochens in ungefährer
Mitte der Verbindungslinie zwischem oberen Ohrmuschelansatze und Protu-
berantia occipitalis externa, welcher Schädelanteil mit der mittleren Partie
des Lobi semilunares korrespondiert, ist Vorbeizeigen nach innen und
Herabsetzung bzw. Aufhebung der Reaktion nach außen aufgetreten, offen¬
bar entsprechend einer Blutung in diese Region des Kleinhirns.
3. Bei Schüssen, welche die Ohrmuschel, den Warzenfortsatz trafen, ist
stets totale Taubheit, wiederholt auch Nystagmus nach der gesunden Seite
mit und ohne komplette Vernichtung der kalorischen Reaktion aufgetreten,
und zwar auch ohne Fraktur des Labyrinths (Blutung ins Labyrinth).
4. Bei Schüssen, die den Warzenfortsatz trafen, sind wiederholt, ab¬
gesehen von den labyrinthären Erscheinungen, Symptome von seiten des
Kleinhirns, bestehend in Nystagmus nach der kranken Seite, Vorbeizeigen
der Extremitäten, des Kopfes, Rhombergschem Phänomen aufgetreten, die
offenbar auf Blutungen ins Kleinhirn durch Kontusion beruhen.
5. Bei einem Falle nach Schußverletzung des Warzenfortsatzes zeigte
sich eine Symptomengruppe von Kopfschmerz am Hinterhaupte, Schwer¬
hörigkeit vom Charakter der Läsion des inneren Ohres, Nystagmusanfällen,
Vorbeizeigen der Arme bzw. Handgelenke nach außen, mit wechselnden Be¬
funden, die von Bäräny auf eine Drucksteigerung in der Cysterna lateralis
pontis beiderseits zurückgeführt wird.
6. Unter den Erscheinungen des Ventrikeldurchbruches ist insbesondere
das zuerst von Ruttin beschriebene plötzliche Auftreten eines starken Ny¬
stagmus, sei er vertikal nach abwärts, sei er rotatorisch nach rechts und
links, wiederholt beobachtet worden.
7. Bei den Hemiparesen (infolge Schußverletzungen des Scheitellappens)
mit Störung der Tiefensensibilität besteht spontanes Vorbeizeigen in Mittel¬
stellung des Armes ohne bestimmte Richtung, bald nach rechts, bald nach
links, ferner Verstärkung des Vofbeizeigens bei der kalorischen Reaktion.
8. Bei den Hemiparesen mit Spasmen findet sich Vorbeizeigen bei
Ab- und Adduktion des Armes mit Richtung zur Mittellinie; in Mittel¬
stellung des Armes gewöhnlich richtiges Zeigen. Durch die Spasmen wird
auch die kalorische Reaktion beeinflußt, so daß z. B. bei rechts kalt und
Abduktion des rechten Armes ein scheinbares Fehlen der Reaktion beob¬
achtet werden kann.
9. Bei den motorischen bzw. auch sensiblen Paresen ohne Störung der
Tiefensensibilität und ohne nachweisbare Spasmen wurde kein Vorbeizeigen
beobachtet.
10. Bei Verletzungen des Stirnhirns wurde niemals spontanes Vorbei¬
zeigen, niemals Rhombergsches Phänomen gefunden.
11. Die Prüfung der Fischerschen Reaktionen bei Normalen stimmt
mit den Befunden des Autors überein; die Beugung des Kopfes hat in der
Regel ein verläßlicheres Resultat ergeben als die Drehung, die Drehung ein
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besseres als die Wendung ..der Augen. Auch bei pathologischen Fällen
findet sich eine sehr gute Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen der
kalorischen Prüfung und den der Fischerschen Reaktionen, die jedenfalls
in Fällen, wo eine vestibuläre Prüfung nicht möglich ist, ein ausgezeichnetes
Hilfsmittel darstellen, um die Funktion des Kleinhirns ohne jede Belästigung
des Kranken zu prüfen. Wo es aber auf einen exakten, wissenschaftlichen
Befund ankommt, wird mau die vestibuläre Prüfung nicht umgehen können.
Strauß (231) gibt an, daß ihm die relativ einfache Bestimmung des
Reststickstoffgehaltes des Blutserums in einer großen Reihe von Fällen, in
welchen die Differentialdiagnose zwischen Urämie und arteriosklerotischer
Zerebralaffektion wichtig erschien, wertvolle Dienste geleistet hat. Die
Bestimmung erfolgt nach Angabe des Autors auf folgende Weise: Mau
füllt in ein 50 ccm eingestelltes Kölbchen 20 ccm azetonfreien Methylalkohol
und läßt tropfenweise 5 ccm Blutserum zufließen. Alsdann füllt man bis
zur Marke 50 mit Methylalkohol auf, läßt zwei Stunden stehen, filtriere
durch ein trockenes Filter, setzt dem Filtrat 3 — 4 Tropfen lOprozentige
alkoholische Chlorzinklösung zu, läßt stehen, bis sich ein flockiger Nieder¬
schlag abgesetzt hat und filtriert wieder durch ein trockenes Filter. Von
dem Filtrat nimmt man 30 ccm, läßt den Methylalkohol auf dem Wasser¬
bade abdampfen, nimmt den Rest in wenig Wasser auf und macht eine
Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl. Bei urämischen Zuständen kann man
100—150, ja sogar gelegentlich 200—300 mg Reststickstoff in 100 ccm Blut¬
serum vorfinden. Werte von 80—90 mg sprecheu in dubio daher mehr für
arteriosklerotischen als für urämischen Ursprung der Zerebralstörung.
Hopkins (100) untersuchte mit der Methode von Bang den Zucker¬
gehalt der Spinalflüssigkeit bei verschiedenen Krankheitszuständeu, Meuingitis.
Diabetes, Urämie, nervösen Erkrankungen usw.
Das Ergebnis der Untersuchungen war, daß der Zuckergehalt im
gesundeu Zustand meist in der Spinalflüssigkeit uiedriger ist, als der im
Blute. Die größte Verschiebung findet sich bei der Meningitis, wo eine
ausgesprochene Hyperglykämie besteht.
Im Diabetes ist der Zuckergehalt im Blut und in der Spinalflüssigkeit
nahezu gleich. Bei Pneumonie zeigte sich kein wesentlicher Wechsel der
normalen Verhältnisse. Vereinzelt zeigte sich eine Erhöhung des Zucker¬
gehalts bei Epilepsie, doch waren gerade bei dieser Erkrankung die Ver¬
hältnisse wechselnd.
Syphilis zeigte im großen ganzen niedrigere Ziffern als irgendeine
andere Erkrankung mit Ausnahme der Meningitis.
Als praktisch zur Untersuchung zeigte sich die mikroskopische Methode,
nicht ganz zuverlässig war Fehling. Ob der Feststellung des Zuckergehalts
bei nervösen Erkrankungen oder bei Syphilis irgendwelcher Wert beizu¬
messen ist, müssen weitere Untersuchungen ergeben. (Cordts-Berlin.)
Billström (31) berichtet über seine Erfahrungen über die praktische
Verwendbarkeit der Widmark-Niclouxschen Probe zum Nachweis von
Alkohol im Urin (s. Upsala Läkareförenings Förhandlingar, Bd. XIX. H. 4).
Der Apparat zum Nachweis besteht aus einem Jenakolben (etwa 50 cm 3 ),
einem Glasrohr und einem graduierten Reagenzglas. Ins Kölbchen gießt
man 5 cm 3 von dem zu untersuchenden Harne und einige Tropfen gesättige
Pikrinsäure, um das lästige Stoßen beim Kochen zu verhindern. Ins
Reagenzglas bringt man die Indikatorflüssigkeit. Diese besteht aus einer
Lösung von Kal. diehrom. in konzentrierter Schwefelsäure. Die Stärke der
Lösung wechselt nach Belieben, je nachdem mau die positive Grenze der
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Probe verschieden verlegen will. Man erhitzt mit einer Spirituslampe vor¬
sichtig das Kölbchen und sofort fangen Gasblasen an, im Reagenzglase aus
der Flüssigkeit emporzusteigeu, die nur von erwärmter Luft herrühren.
Nach einer kleinen Weile hört man vom Reagenzglase ein starkes Schmettern,
and jetzt fängt die Destillation an; keine Gasblasen kommen an die Fläche,
sondern werden sofort resorbiert, und wenn Alkohol dabei ist, nimmt die
Lösung eine schöne grüne Farbe an; also die alte Niclouxsche Reaktion.
Daß der Alkohol nicht entweicht, zeigt die vollkommene Reduktion der
Dichromatlösung bei Destillation von Alkohollösungen von bekannter Stärke.
Die Probe soll, um positiv genannt werden zu können, keine Spur von
Gelb enthalten. Widmark schlägt eine Standardlösung von Kal. .dichrom.
19 /iooo vor; 1 cm 3 dieser Lösung wird von 5 cm 8 einer Alkohollösung von
der Stärke l°/ 0 o reduziert. Wenn man also z. B. den positiven Ausfall
der Probe bei l,5°/oo haben will, nimmt man 1,5 cm 8 der Lösung und
5 cm 8 konzentrierte Schwefelsäure. Es empfiehlt sich, zuerst die Probe mit
einigen bekannten Alkohollösungen auszuführen. Man kann für diesen Zweck
folgende drei Proben im Reagenzglas machen:
1. Acid. sulph. conc.5,0 cm 3
Kal. dichrom. (1,9 °/ 0 ).1,5 „
Alkohollösuug (0,75 °/ 0 ).1,0 „
2. Acid. sulph. conc.5,0 cm 3
Kal. dichrom. (1,9%).1,5 „
Alkohollösung (0,0 %).1,0 „
3. Acid. sulph. conc. .... 5,0 cm 3
Kal. dichrom. (1,9%).1,5 „
Alkohollösung (0,85%).1,0 „
1 gibt die richtige Reaktion, 2 nicht, 3 fordert mehr Chromatlösung, um
die richtige Farbe zu zeigen. Billström gebraucht folgende Standard-
lösuug: Kal. dichrom. 3,8 g, Aq. dest. 200; Acid. sulph. conc. 800. Von
dieser Lösung gießt er auf einmal 5 ccm ins Reagenzglas. Wenn diese
Menge vollkommen reduziert wird, enthält der Harn eine Alkoholkonzentration
von wenigstens 0,1 %„ und das nennt der Autor Widmark-Nicloux
positiv, sonst fraglich oder negativ. Später kann man titrieren, um die
exakte Konzentration festzustellen, was sehr einfach dadurch geschieht, daß
man entweder von der Standardlösung oder von einer stärkeren vorsichtig
Kal. dichrom. zusetzt, solange die reine schöne grüne Farbe noch ausbleibt,
ohne einen Stich ins Gelbe zu zeigen. Wenn der gelbe Ton zu kommen anfängt,
kann man direkt an dem graduierten Reagenzglase das vorher zugesetzte
Quantum ablesen und wiederholt die Reaktion mit einer neuen Harnprobe
im Reagenzrohr und die nach dem vorigen Versuche gefundene Dichromat-
ineuge. In fraglichen Fällen ist mit einer Standardlösung 0,05 % 0 ent¬
sprechend zu versuchen. In jedem für den praktischen Zweck zu unter¬
suchenden Fall soll man die Reaktion so früh wie möglich ausführen. Die
Probe kann auf Unfallstationen und bei Leuten in Polizeihaft außerordent¬
liche Dienste leisten; man kann bei Unfällen aus forensischen und ent¬
schädigungsfraglichen Gründen die Probe ausführen. Während der Sprech¬
stunde kann die Probe von Wert sein, um einen Alkoholisten zu entlarven;
besonders wertvoll ist die Probe in Alkoholheilstätten. Da auch Azeton
Kaliumdicbromatlösnng reduziert, muß der Urin bei jeder Alkoholprobe erst
einer Azetonprüfung nach Legal unterworfen werden. Billström fand, daß
auch der Gebrauch von Paraldehyd zu Fehlerquellen der Probe Ver¬
anlassung gibt.
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
Zerebralsymptome.
Unter den zahlreichen Fällen von Schußverletzungen des Gehirns beob¬
achtete Redlich (182) fünf mit zerebraler Hemianästhesie. Über die Loka¬
lisation im Gehirn bei diesen Fällen läßt sich nichts sagen, da kein Fall
zur Sektion kam. In halbwegs frischen Fällen war die Gienze der an-
bezw. hypästhctischen Zone gegenüber der gesunden Körperhälfte eine recht
scharfe; sie entsprach nahezu vollsändig der Mittellinie. Aber sie war in
einem der Mittellinie benachbarten schmalen Gebiet des Rumpfes relativ
geringer und verlor sich im weiteren Verlauf der Besserung hier wieder
ganz. Auch in der lateralen Partie des Rumpfes ließen sich meist noch
weitere nach der Intensität der sensiblen Störung abgestufte Zonen abgrenzen,
Die SeusibiUtätsstörung am Rumpfe ist bei zerebraler Hemianästhesie über¬
haupt schwächer als die an den Extremitäten; das entspricht der Tatsache,
daß die Sensibilität am Rumpfe auch normal schon weniger gut ausgebildet
ist als an den Extremitäten, speziell den oberen. Die Sensibilität des
Rumpfes hat im wesentlichen nur primitive Funktionen zu erfüllen und bat
deshalb im Kortex wohl eine erheblich geringere Vertretung. Hier herrscht
zwischen Motilität und Sensibilität ein weitgehender Parallelismus. Der
Umstand, daß die medialen Partien des Rumpfes weniger betroffen sind
als die lateralen, deutet darauf hin, daß diese Distrikte eine Vertretung in
beiden Hemisphären besitzen.
In den drei von Marburg (133) mitgeteilten Fällen handelt es sich
um Schußverletzungen des Gehirns. Alle drei wurden operiert und hatten
den gleichen Befund einer ziemlich umschriebenen Läsion des Kortex mit
gleichzeitiger leichter Abszedierung der oberflächlichen Partien. Die Sym¬
ptome waren Sprachstörung, leichte Parese und Störung der Sensibilität.
Von diesen Symptomeu blieb die Sensibilitätsstörung stationär. Sie stellt
sich im wesentlichen als eine Art partieller Tastlähmung dar. Der Umstand,
daß alle drei Fälle die linke Hemisphäre betreffen und Marburg trotz
ähnlichen Sitzes bei Läsionen der rechten Hemisphäre nichts Ähnliches
Anden konnte, spricht sehr dafür, daß es sich um gnostische Störungen handelt.
Die Läsion muß zwischen vorderer Zentralwindung und Gyri profundi der
ersten Temporalwindung sitzen. Die Schädigung, durch welche die stationäre
Sensibilitätsstörung bedingt ist, muß in der hinteren Zentralwindung und
im Gyrus supramarginalis sitzen. Da es sich um Sensibilitätsstörungen der
Daumen- oder Kleinfingerhälfte der Hand handelt, so läßt sich vermuten,
daß ein vorgebildeter Mechanismus besteht, der Daumen, Zeigefinger und
wohl auch Älittelfinger in sich begreift. Die genannten Finger sind die¬
jenigen, welche für feinere Tastvorgänge wesentlich in Frage kommen. Aus
allem schließt der Autor, daß wir in der hinteren Zentralwindung und dem
benachbarten Gyrus supramarginalis ein Zentrum für kombinierte Empfin¬
dungsqualitäten besitzen, dessen Ausfall besonders linksseitig zu einer Tast¬
lähmung des Daumens, Zeigefingers und Mittelfingers führt, mit gleichzeitiger
Schädigung der protopathischen Sensibilität und des Lokalisierungsvermögens.
Higier (95): 70jähriger gesunder Herr. Keine Exzesse in Baccho et.
Venere. Vor 4 Monaten entwickelte sich im Laufe von wenigen Tagen
Desorientiertheit, wobei das Gedächtnis und die Intelligenz im allgemeinen
nicht viel zu leiden schienen. Sehvermögen, Anästhesie und Sprachstörungen
waren nicht vorhanden. Bei der objektiven Untersuchung läßt sich normale
Sehkraft und keine Anomalie am Fundus feststellen. Linksseitige Hemi¬
anopsie. Patient klagt über Störungen in dem Gebiete des Gesichts¬
sinnes: er findet nicht den Weg zu seiner Wohnuug, irrt gelegentlich und
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
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geht in das Zimmer seines Nachbars, findet schwer die Ausgangstür, kennt
nicht die Reihenfolge der Straßen, geht statt zur Tür des Nachbarzimmers
in die Tür des offenen Schrankes; im Tramway merkt er nicht, ob die Tür
geöffnet oder geschlossen ist, und geht oft vorbei, erkennt nicht das Kabinett
seines Arztes, den er täglich besucht; beim Mittagessen besetzt er oft einen
falschen Platz, geht schlafen meist nicht in sein eigenes Bett, die "Wände
betastet er wie ein Blinder, die Schuhe beider Füße verwechselt er regel¬
mäßig, kleidet sich sehr mangelhaft an, verwechselt die Reihenfolge der
Auzugteile, versteht nicht, den Kragen oder die Krawatte anzulegen; ge¬
druckte Worte und Silben verkennt er, vermag nicht seinen eigenen Namen
zu schreiben, zehn auf dem Papier aufgezeichuete Kreuze versteht er
nicht zu^ammenzuzählen, da er sie angeblich nicht gut auseinanderhält
und erkennt. Über den Krankheitszustand ist er gut orientiert. Links¬
händigkeit, Aphasie, Farbenblindheit bestehen nicht. Im Laufe einiger Wochen
bessert sich der Zustand sichtlich. Lese- und Schreibstörungen schwinden
allmählich. Desorientiertheit und Blindheit nehmen mit jedem Tage ab, die
Möglichkeit der räumlichen Vorstellung und Erinneruug kehrt zurück. Die
eingehende Analyse ergibt somit neben der linksseitigen kortikalen Bemi-
anopsie und Seelenblindheit beiderseitige motorische Apraxie, Alexie und
Agraphie, wobei letztere von der cecite psychique abhängigzu sein scheinen; -
zu vermerken ist eiue tlirombotische Erweichung im Gebiete der Art. cerebri
post., wobei am meisten gestört sind die Fissura calcarina und die angrenzenden
Cuneus und Gyrus angularis. Nicht ausgeschlossen ist funktionelle Schädigung
des Splenium corporis callosi. ( Selbstbericht.)
Auch bei ausschließlich kortikalen Läsionen der psychomotorischen Zone
zeigt sich nach Beobachtungen von Bikeles und Gerstm&nn (30) die schon
zuror vorhandene Tendenz zur stärkeren Schweißabsonderung auf der hemi-
plegischeu Seite nach Pilokarpininjektionen (0,01—0,015) viel ausgesprochener
als auf der gesunden Seite. Es verhalten sich also die' rein kortikalen
Veränderungen in dieser Hinsicht nicht anders als solche, die tief in das
Marklager (kapsuläre Hemiplegien) hineingreifen. Bemerkenswert ist, daß
in beiden Gruppen die Differenz in der beiderseitigen Schweißabsonderung
nach Injektion von Pilokarpin besonders die oberen Extremitäten, am aller¬
wenigsten die unteren Extremitäten betrifft. Diese Erscheinungen weisen
nach Ausicht der Autoren darauf hin, daß die psychomotorische Region und
wahrscheinlich speziell deren Gebiet für die obere Extremität und für das
Fazialisgebiet mit dem Schweißzentrum in enger Verbindung steht.
Babinski versteht unter Anosognosia einen Zustand, in welchem
Patienten mit einer Hemiplegie sich ihres Lähmungszustandes gar nicht be¬
wußt sind, und unter Anosodiaphoria einen Zustand, in welchem sie zwar
von ihrer Lähmung wissen, ihr aber keine besondere Beachtung schenken.
Auer (12) hat von der letzteren Kategorie unter 70 Hemiplegikern sechs
Fälle beobachtet, die alle weibliche Patienten betrafen. Merkwürdig war,
daß zwei linksseitige Hemiplegiker mit deutlichen sensiblen Störungen das
Symptom nicht darboteu, während andere geistige Abschwächungen zeigten und
noch andere sich an ihren Zustand wie au eine chronische Krankheit gewöhnt
hatten. Auer meint, daß der Zustand von Anosognosia wohl identisch' sei
mit dem, was Jan et als Spaltung der Persönlichkeit bezeichnet* hat.
Motorische Symptome.
Kohnst&mm (120) beschreibt folgendes Phänomen, auf das ihn ein
Patient aufmerksam gemacht hat. Wenn man nahe an der Wand stehend,
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»i".
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
den Handrücken bei gesenktem gestrecktem Arm gegen die Wand unter
starker Spannung andrückt, 5—60 Sekunden lang, und dann durch eine
Wendung des Körpers dem Arm freien Spielraum gibt, sich seitlich zu
bewegen, so bemerkt man, daß der Arm sich automatisch erhebt: 2, 45, 90,
120° hoch, verschieden nach der Versuchsperson und der Dauer der An¬
spannung. Man beobachtet an sich selbst, daß dies ganz automatisch vor
sich geht Man hat das Gefühl, als ob der Arm von einer geheimnisvollen
Macht gehoben würde. Dieselbe Beobachtung kann man auch an anderen
Muskelgruppen machen, z. B. an denen der unteren Extremität Dies Phä¬
nomen deutet darauf hin, daß der Tetanus der angespannten Muskulatur
die Willensinnervation überdauert, und daß, um eine derartige Willkür¬
bewegung zu beendigen, eine besondere willensmäßige Hemmung nötig ist
In einzelnen pathologischen Fällen fehlte das Phänomen. K. schlägt vor, das
Experiment den „Katatonusversuch“ zu nennen.
Nach Versuchen von Rothm&nn (193) mittels des Barany sehen
Zeigeversuchs an Patienten, die das Kohnstammsche Katatonusphänomen
besonders gut zeigten, beruht dieses Phänomen anf einer Nachdauer der
subkortikalen Innervation nach Fortfall der WillkiirbeweguDg, die wahr¬
scheinlich durch fortdauernde Erregungen bestimmter Tonuszentren des
Kleinhirns bedingt ist.
Csiky (54) hat sich eingehend mit dem Katatonusversuch von Kohn-
stamm beschäftigt. Es handele sich bei diesem Experiment nicht, wie
Kohnstamm meint, um eine Fortdauer der Muskelkontraktion; denn man
bemerkt, daß wenn die Willenskontraktion aufhört, zunächst eine ganz
auffallende Pause von einigen Sekunden auftritt und erst dann die nicht
intendierte Bewegung erfolgt. Auch Rothmanns Ansicht, daß diese vom
Willon losgelöste Nachbewegung unterhalb der Großhirnrinde in den sub¬
kortikalen Zentren ihre Innervation findet, sei nicht richtig. Der Name
„Katatonusversuch“ sei fallen zu lassen, da das Phänomen mit Katatonus
nichts zu tun hätte. Man bezeichne es besser und einfacher mit „Nach¬
bewegungsphänomen“. Der Autor vergleicht das Phänomen mit dem optischen
Nachbilde, beide seien Ermüdungserscheinungen. Ebenso wie die Umstände
beim optischen Nachbild auf dessen peripherische Abstammung hinweisen,
so sei auch das Nachbewegungsphänomen ein Muskelphänomen. Es gelingt
daher auch, bei vielen Personen die Nachkontraktion durch den faradischen
Strom zu bewirken. Hierzu wähle man einen Muskel, der bloß einen moto¬
rischen Reizpunkt hat und, während man mit recht kräftigem Strom ungefähr
eine Minute lang einen starken Tetanus hervorruft, trete man der betreffenden
Bewegung energisch entgegen, indem man das bewegte Glied fixiert. Das
Nachbewegungsphänomen läßt sich auch mehrmals durch Nachreizungen
nach kurzer Unterbrechung wiederholen. Demnach wäre das Phänomen eine
idiomuskuläro Kontraktion, die im ermüdeten Muskel auf die ganze
Muskelmasse ausgedehnt entsteht.
Ist schou die Lokalisation der Athetose mit organischer Veränderung
eine schwierige, so ist diese noch größer, wenn keine anatomische Ver¬
änderung nachweisbar ist. Luk&CS (129a) schildert zwei solche Fälle, bei
welchen die Pyramidenbahn intakt war. Bei einem 19jährigen, erblich be¬
lasteten Manne beschränkte sich die Athetose bloß auf das Gesicht, die
Bewegungen der Arme waren bloß etwas uugeschickt; beschränkte Beweg¬
lichkeit der Zunge, er vermochte bloß jene Laute fehlerlos hervorzu¬
bringen, zu deren Bildung die Mitwirkung von Lippen und Zunge nicht
erforderlich ist; Schrift etwas erschwert, sonst keine neurologische Ver¬
änderung. Bei der 28jährigen nicht belasteten Frau war die Sprache seit
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Allgemeine Symptomatologie and Diagnostik.
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6 Jahren erschwert, seit 4 Jahren unwillkürliche Bewegungen namentlich der
linken Körperhälfte; bei den Bewegungen ebenda krampfhafte Kontrak¬
tionen mit Kontraktion der Platysma, gleichzeitige Extension der Einger in
der rechten Hand, keine spastischen Reflexe, kein Babiuski. Sprache erschwert.
— In beiden Fällen fehlen spastische Erscheinungen oder andere, welche auf eine
Läsion der Pyramidenbahn hinweisen würden; der langsame Verlauf spricht
auch gegen eine akute Erkrankung. Keine Zeichen von Hysterie, übrigens
war eine solche Behandlung erfolglos. Das ganze Bild weist auf eine
hereditäre Erkrankung hin. Bei gewisser Lokalisation kann also die Heredo-
degeneration zu athetoiden Bewegungsstörungen führen, und läßt sich dieses
Krankheitsbild der hereditären Chorea anreihen. ( Uudovernig .)
Oppenheim (164) demonstriert einen 26 jährigen Soldaten, der einen
Schuß durch die Mitte des linken Oberarms erhielt. Die Wunden heilten
in 4 Wochen, die Knochenheilung (Schrägfraktur des Humerus) nahm lange
Zeit in Anspruch. Anfangs war der linke Arm steif und bewegungslos,
nach 5 Wochen war die Beweglichkeit wieder vorhanden. Die ursprünglich
eingetretenen Schmerzen schwanden zugleich mit der Wiederkehr der Beweg¬
lichkeit. Erst im weiteren Verlaufe (von 6—7 Wochen) stellte sich eine
allmählich zunehmende Bewegungslosigkeit ein, die den ganzen linken Arm,
besonders aber die Oberarmmuskeln (Bild der Erbschen Lähmung) ergriffen
hat. Es zeigte sich eine totale atrophische Lähmung des linken Deltoideus,
Bizeps, Brachialis internus, Supinator longus. Dabei war aber die elektrische
Erregbarkeit eine vollkommen normale geblieben. Das Leiden gehört nach
Ansicht des Autors in die Kategorie der arthrogenen Atrophie. Es liegt aber
hier keine einfache Atrophie vor, sondern eine vollständige Paralyse mit
Atrophie. Erkennt man, so führt der Autor aus, einmal an, daß von der
Peripherie ein Reiz ausgehen kann, der die vordere graue Substanz in ihrer
trophischen Funktion beeinflußt, so hätte es kaum noch etwas Gewagtes,
die Hypothese aufzustellen, daß dieser Reiz sich unter uns unbekannten Be¬
dingungen in der Weise geltend machen kann, daß die vordere graue Substanz
für die ihr vom Gehirn zufließenden Impulse gesperrt wird. Man komme
damit zu der alten Lehre von der Reflexlähmung. Für den Kern des
Leidens, für die atrophische, atonische Lähmung lehnt 0. die psychogenetisehe
Entstehung ab; er nimmt einen reflektorischen Vorgang an, der nur in seinem
neuro-spinalen Anteil ein dynamischer, in seinem muskulären ein organischer,
materieller ist. 0. läßt die Möglichkeit offen, daß eine psychische Disposition,
welche die Seelenenergie herabsetzt, an der Nichtüberwindung der Hemmung
beteiligt sein könnte.
In vielen Fällen, die durch das sog. Symptom der Akinesia amnestica
ausgezeichnet sind, beobachtet man, wie Oppenheim (166) austührt, die Er¬
scheinung, daß der Verletzte bei dem Versuch, eine Muskelgruppe in Aktion
zu setzen, die Bewegungsenergie auf andere Muskeln ablenkt, z. B. bei dem
Versuch, die Hand zu drücken oder die Faust zu schließen, die Adduktoren
des Oberarms, den Trizeps, das Platysma und andere Muskeln mehr oder
weniger beträchtlich kontrahiert. Andere Male beschränkt sich diese Inner¬
vation sentgleisung auf die Antagonisten, die ein solches Plus von Inner¬
vationsenergie erhalten, daß der Bewegungseffekt ein dem gewollten entgegen¬
gesetzter ist. Dieser Innervationsstörung sei von den Ärzten Mißtrauen ent¬
gegengebracht, und sie sei gemeinhin als eine hysterische bzw. simulatorische
Störung betrachtet worden. Oppenheim bringt nun einzelne Fälle von
Kriegsverletzungen — in Restitution, Radialis, Akzessoriuslähmungen usw. —,
bei denen sich diese Erscheinung in ausgeprägter Form zeigte. Der Inner¬
vationsstrom ergießt sich nicht in den paretischen Muskel, sondern gewöhn-
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
lieh in die Antagonisten oder in solche Muskeln, die bei der Bewegung
nicht die Hauptrolle, sondern eine Nebenrolle spielen. Dadurch wird die
eigentliche Bewegung, welche ausgeführt werden soll, abgescbwächt oder
unmöglich gemacht.
Hasebroek (92) beschreibt eine besondere Stellungsanomalie des
Fußes bei Kriegsteilnehmern, welche über heftige Fußbeschwerden klagen.
Das Typische und Charakteristische ist, daß die Muskulatur den Fuß mit
einer gewissen Hartnäckigkeit iu der Konfiguration, die an Hohlklauenfuß
und den Pes equino-varus anklingt, festhält, und daß man bei einer Prüfung
auf passive Beweglichkeit eine deutliche Überspannung der betreffenden
Muskeln konstatiert. Evident ist in dieser Beziehung das Anspannen der
Hacksehne, die sich einer Fußhebung über einen rechten Winkel energisch
widersetzt. Es handelt sich also um einen Fuß, der in Knochen und
Gelenken normal, nur durch eine angeborene dispositioneile Hypertonie
bestimmter Muskeln zur Einnahme einer gewissen Stellung tendiert. Diese Füße
sind auf angeborene Innervationsbedingungen zurückzuführen, die atavistisch
mit den funktionellen Beziehungen zum Kletterstützgang unserer Stammes¬
vorfahren Zusammenhängen. Diese Spanuungsfüße erleiden eine Einbuße an
Anpassungsvermögen für den Aufrechtstand und -gang. Es spricht alles
dafür, daß man es bei den Beschwerden selbst mit einer Neurose zu tun
hat; denn Stellung und Form des Fußes bedingen nach dem häufigen Vor¬
kommen an sich noch nicht die Beschwerden. H. empfiehlt zur Beseitigung
der Beschwerden Massage und Stützsohle.
Um die Anteilnahme der Mm. intercostales bei zerebralen Lähmungen
festzustellen, untersuchte Bikeles (29) Fälle von Schädel- und Schußver¬
letzungen mit hemiplegischeu Kraukheitserscheinungen kortikalen oder kapsu-
lären Ursprungs. Bei 7 unter 1-i untersuchten Fällen bestand auch bei
tiefer Atmung kein Unterschied in den beiderseitigen Thoraxbewegungen:
bei 6 Fällen hingegen waren die Thoraxbewegungen auf der hemiplegischen
Seite ausgesprochen schwächer als auf der gesunden. In allen diesen letzt¬
erwähnten Fällen waren ausgesprochene spastische Erscheinungen an den
Extremitäten vorhanden, während die Spasmen in der anderen Serie fehlten
oder sehr gering waren, wiewohl die Lähmungserscheinungeu selbst bei
einzelnen Patienten noch ganz erheblich waren.
Sensible Symptome.
Langstroth (124) untersuchte 460 Fälle auf die Headschen hyper¬
algetischen Zonen. Bei Lungenkranken fand er diese Zonen in 3 %, bei
Herzkranken in 7 %, bei Magenkranken in 24 %, bei Leber- und Gallen¬
kranken in 25 %, bei Darmkranken in 10 %, bei Nierenkranken (auch
Ureter) in 45 % der Fälle. Vollständige dorsale Areale, wie sie Head ge¬
funden hat, konnte der Autor nur selten erkennen, aber sie waren zumeist
doch sehr groß. Da man bei jeder innerlichen Erkrankung viele solche
hyperalgetischen Zonen antrifft und von jedem Segment viele Viszera
innerviert werden, so ist dieses Symptom im allgemeinen von keiner nennes-
werten Bedeutung, ausgenommen bei Nierenkranken, wo das Zeichen ziemlich
charakteristische Form zeigt.
Bei 16 Kindern mit postdiphtherischen Lähmungen hat B&r&b&S (14a)
die Sensibilität untersucht. Motorische Lähmung in allen Fällen vorhanden,
Ausfälle der Sensibilität bloß bei der Hälfte: totale Analgesie in 2, partielle
Analgesie in 1, Hypalgesie in 6, Hypalgesie in 1 Falle. Stets handelte es
sich um dissoziierte Seusibilitätsstörung, denn bei Störungen der Schmerz-
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
213
empfindung war sie für Berührung, Kälte und Wärme ungestört. Im Gegen¬
sätze zur Tabes und Syringomyelie haudelt es sich in diesen Fällen stets nur
um eine vorübergehende Störung, da dieselbe nach einigen Wochen verschwand.
Die dissoziierte Seusibilitätsstörung weist darauf hin, daß es sich bei den
postdiphtherischen Störungen um eine Erkrankung der grauen Substanz der
Vorderhörner handelt. Mit der allemeinen Besserung bessert sich auch die
Sensibilitätstörung, welcher keinerlei prognostische Bedeutung zukommt.
(Hudovemig.)
Kopczynski (120 a) berichtet über einige eigenen Beobachtungen von
Irradiation der Schmerzen. So rief z. B. die Reizung eines Punktes des
äußeren Randes der Augenbrauen einen Schmerz in einem bestimmten Punkte
der äußeren Fläche des Unterarmes (NV—C # ) hervor. Die Reizung in der
Gegend des Stirnhöckers erzeugt Schmerz in. dem oberen mittleren Teile
des Oberarmes (NV—CJ 4 ). Die Reizung in der Temporalgegend erzeugt
einen Schmerz in dem mittleren Teile der Klavikula (NV—C 4 ). Die Reizung
in dem mittleren Teile des Sternum erzeugt einen Schmerz iu der Mitte
der 11. Rippe in der Axillarlinie (D 4 —D,„). Die Reizung in der Gegend
des Mundwinkels erzeugt einen Schmerz in der Okzipitalgegend (NV—C 3 ).
(Sterling.')
Sympathikus und Vagussymptoms.
Fein (71) stellte eingehende Untersuchung bei anscheinend Gesunden
an bezüglich des Vorkommens von nervösen Stigmata und speziell auf das
Vorkommen von vagotonischen und sympathikotonischen Symptomen. Es
wurden Studenten. Soldaten, Sprechstuudenpatienten mit leichteren nicht
nervösen Leiden der Untersuchung unterzogen. Es werden dann vom Autor
die einzelnen Ergebnisse bezüglich Reflexanomalien, Sensibilitätsstörungen,
vasomotorischen Erscheinungen, Pulsabnormitäten, Gesichtsfeld, Lidflattern,
Tremor, vagotonischer Symptomeukomplex mitgeteilt. Es ergab sich, daß
allgemein nervöse Stigmata bei der untersnchten Bevölkerung recht häufig
waren, so häufig, daß bei Begutachtung große Vorsicht geboten ist. Nur
das Vorkommen sehr zahlreicher nervöser Einzelbefunde und starke Aus¬
prägung derselben dürfe nach Ansicht des Autors Anspruch auf besondere
Beachtung erheben. Vagotonische Erscheinungen dagegen waren bei Männern
recht selten, bei Frauen doch immerhin ziemlich häufig.
Bei Erkrankungen des Darmtraktus beobachtete Thies (235) häufig
eine abnorme Erweiterung oder Verengerung, meist auch eine Differenz der
Weite der Pupillen oder der Lidspalten. Je weiter oralwärts eine Erkrankung
am Darm sich fand, desto weniger häufig, und je weiter rektalwärts der
Darm erkrankt war, desto öfter war eine Differenz der Pupillen- resp. Lid¬
spaltenweite festzustellen. Besonders häufig findet man, wie der Autor angibt,
die erwähnten Augensymptome bei den Erkrankungen an den Erfolgsorganen
der sakral-autonomen Nerven, also des Dickdarms, ferner des Genitale und
der Harnblase. Häufiger als die Lidspaltendifferenz findet man eine Differenz
der Pupillen besonders bei Erkrankung der oberen Teile des Darmtraktus.
Bei Erkrankung der Nieren wird eine Pupillen- oder Lidspaltendiffereuz
nur selten beobachtet; ebenso fehlt sie meist bei Erkrankung der Gallen¬
blase ohne Beteiligung des Dickdarmes. Sowohl die Pupillen- wie Lid¬
spaltendifferenz verschwindet in der Regel nach Beseitigung des lokalen
abdominellen Erkrankungsherdes, oder sie wird doch geringer. Gelegentlich
findet man später die Differenz im umgekehrten Sinne. Th. glaubt, daß die
Differenz der Lidspalten sowohl wie der Pupillen ihre Ursache oft in einer
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
mechanischen Reizung vegetativer Nerven findet, daß aber Störungen der
inneren Sekretion in den meisten Fällen bei dem Zustandekommen dieser
Symptome keine große Rolle spielen. Für diese Auffassung spricht der
Umstand, daß nach Beseitigung mechanischer Störungen (z. B. Verwachsungen
von Eingeweiden) die Differenz der Pupillen oder Lidspalten verschwindet.
Bei einseitiger Brachialneuritis war nach Untersuchungen von Stewart
(225) die Blutfulle in der betroffenen Hand größer als in der gesunden.
Die Ursache dieser Erscheinung liegt in einer teilweisen Läbmuug der Yaso-
konstriktores, welche bei dem Prozeß in Mitleidenschaft gezogen sind. Bei
lange dauernder Neuritis mit ausgesprochenen Atrophien ist die Blutfulle
an der affizierten Seite geringer als in der normalen. Die Ursache soll hier
in Veränderungen der Arterienwand liegen, wodurch eine Verengerung des
Gefäßlumens bewirkt wird. §ind die Muskelnerven hauptsächlich von der
Neuritis betroffen, so sind die Veränderungen der Blutfülle in den Händen
und Füßen nicht so ausgesprochen, wie wenn die Hautnerven betroffen sind,
da ein großer Teil des Blutes in die Hand geht. Bei der Hemiplegie zeigt
die gelähmte Extremität eine deutliche Verminderung des Blutzufiusses, doch
bestehen hier mannigfaltige ungleiche Zustände in den einzelnen Fällen; ob
hier eiue Abhängigheit vom Sitz der Läsion besteht oder von der Dauer
und Größe der Lähmung, läßt sich noch nicht bestimmt sagen. Es kann
hier leichter zu einer Reflexkontraktion in den gelähmten Gliedern kommen
als zu einer Reflexdilatatiou. Bei der Tabes wurde in Händen und Füßen,
besonders in letzteren, eine subnormale Blutfülle gefunden, ebenso waren die
vasomotorischen Reflexe schwach ausgeprägt. Bei der Bleivergiftung (ohne
Lähmung) war eine deutliche Reflexgefäßkonstriktion wahrnehmbar, ebenso
bei Alkoholneuriti8. Bei der Alkoholintoxikation und in einem Falle, der
einen exzessiven Zigarettenraucher betraf, wurde das Umgekehrte beobachtet.
Diese Blutmessungen können uach Ansicht des Autors vielleicht in manchen
Fällen, wo es sich um die Entscheidung handelt, ob man es mit einer or¬
ganischen oder funktionellen Affektion zu tun hat. von Wert sein.
Sinnesorgane.
Heveroch (94) betont, daß es nicht immer möglich ist, die Stauungs¬
papille von der Neuritis zu unterscheiden, und dazu kennen wir noch zwei
Typen von Pseudopapillitis: Nottbecksche Pseudoneuritis und Pseudo-
papillitis hysterica. Deshalb können wir nicht genug vorsichtig sein und
uns nicht auf den Befund absolut stützen. ( Jar. StuchliJc.)
Wilson und Pike (265) versuchten, experimentell bei Katzen, Bunden
und Affen eine Region an der Großhirnhemisphäre zu finden, deren Läsion
eine Abänderung oder Aufhebung des Nystagmus bewirkt, der nach Reizung
oder Zerstörung des Labyrinths eintritt. Sie haben alle möglichen Regionen
des Großhirns und auch die subkortikalen Ganglien daraufhin untersucht
Nach Zerstörung der einzelnen Regionen wurde ein oder beide Labyrinthe
mit dem elektrischen Strome, durch heißes oder kaltes Wasser, durch Dreh¬
bewegung erregt. Auch wurde in vielen Fällen ein Labyrinth gleichzeitig
mit der Rindenläsion oder darauf folgend, auf der Seite der Rindenläsion
oder der entgegengesetzten zerstört. Es ergab sich, daß nur die Gegend
des Temporallappens resp. deren Nachbarschaft einen Einfluß auf die Laby¬
rinthreizung erkennen ließ. Und zwar ergab Reizung des Labyrinthes auf
der der Rindenläsion gegenüberliegenden Seite mit kaltem Wasser oder mit
der Anode verursachte typischen Labyrinthnystagmus vou seitlichem Charakter,
während Reizung mit heißem Wasser oder mit der Kathode nur Deviation,
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aber keinen seitlichen Nystagmus ergab. Zerstörung des Labyrinths auf der
Seite der Hirnläsion ergab keinen Nystagmus.
Im Zerebellum wurde ein ähnliches Zentrum nicht gefunden.
Wilson und Pike (267) besprechen drei Symptome, welche sowohl
bei Labyrinth- als auch bei Kleinbirnerkrankungen yorkommen, nämlich:
Nystagmus, Vertigo und Ataxie. Wie sich diese Symptome bei beiden
Affektionen verhalten, wird einerseits an reinen Labyrintherkrankungen,
andererseits an reinen Xieinhirnaffektionen veranschaulicht.
Wilson und Pike (266) geben zunächst eine ausführliche Erklärung,
was man unter Vertigo zu verstehen hat, und wodurch er hervorgerufen
wird. Dann führen sie drei Krankengeschichten an, in welchen der Schwindel
das einzige oder dominierende Symptom war. Im ersten Falle handelte es
sich nach ihrer Ansicht um Beizung des Labyrinths, im zweiten um Druck auf
den N. vestibularis und im dritten um eine basale syphilitische Meningitis,
bei welcher neben anderen Hirnnerven auch der N. vestibularis beteiligt war.
Shambaugh (207) führt drei Fälle an, in welchen eine Labyrinth¬
erkrankung durch voraufgehende und sich wiederholende eitrige Tousillitis
erzeugt war, und macht auf diese Ätiologie besonders aufmerksam.
Rhese (186) faßt die Resultate seiner Arbeit über die Entstehung
und klinische Bedeutung der vestibulären Fallbewegungen folgendermaßen
zusammen: 1. Entsprechend den beiden Faserarten des Vestibularis, von
denen eine (rechts a, links a) Nystagmus zur gleichen Seite, die andere
(rechts b, links ß) Nystagmus zur Gegenseite bewirkt, setzt sich die Fall¬
bewegungsbahn aus zwei in sich abgeschlossenen Systemen zusammen.
2. Die Fasern a und o stehen mit beiden Seiten des Kleinhirnwurmes in
Verbindung, und zwar mit einer größeren Faserzahl (Hauptbahn) mit der
gleichseitigen Kleinhirnseite, mit einer geringeren (Nebenbahn) mit dem
Kleinhirn der Gegenseite. Vom Kleinhirnwurm führt die Bahn über das
gleichseitige Deiterssche Kerngebiet und zwar wahrscheinlich über den
kleinzelligen, ventrokaudalen Deitersschen Kern, in das gekreuzte hintere
Längsbündel des Rückenmarks. Bei Reizung der rechtseitigen Fasern a
verfolgt demnach der Reiz normalerweise den Weg über das Kleinhirn
der rechten Seite und den ventrokaudalen Deitersschen Kern der rechten
Seite zur linken spinalen Bahn.
3. Die Fasern b und ß stehen gleichfalls mit beiden Seiten des Klein¬
hirnwurmes in Verbindung, aber mit einer größeren Faserzahl (Hauptbahn)
mit dem Kleinhirn der Gegenseite, mit einer geringeren Faserzahl (Neben¬
bahn) mit dem gleichseitigen Kleinhirn. Vom Kleinhirn führt die Bahn in
zwei Strängen über den großzelligen und über den kleinzelligen ventrokau¬
dalen Deitersschen Kern zur gleichseitigen spinalen Bahn. Hiernach verfolgt
bei Reizung der rechtsseitigen Fasern b normalerweise der Reiz den Weg
über den linken Kleinhirnwurm und den rechten Deitersschen Kern zur
rechten spinalen Bahn.
4. Da der Kaltwasserreiz und die Einwirkung der Anodo bei Strom¬
dauer zu Nystagmus zur Gegenseite führen, so verläuft bei beiden Reizarten
der Reiz auf der Bahn der Fasern b, ß. Es muß demnach gemäß Nr. 3
normalerweise eine etwaige Fallbewegung zur gleichen Seite gerichtet sein
im Sinne der langsamen Phase des etwaigen Nystagmus. Nur wenn eine
Störung der normalen Verhältnisse vorliegt, beschreitet der Reiz die mit
einer geringeren Faserzahl ausgestattete Nebenbahn, so daß eine etwaige
Fallbewegung zur Gegenseite gerichtet sein muß (paradoxe Fallreaktio).
5. Da der Heißwasserreiz und die Einwirkung der Kathode bei Strom¬
dauer Nystagmus zur gleichen Seite auslösen, so läuft bei beiden Reizarten
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der Reiz auf der Bahn der Faseru a, a. Es muß demnach gemäß Nr. 2
normalerweise eine etwaige Fallbewegung zur Gegenseite hin erfolgen im
Sinne der langsamen Phase des etwaigeu Nystagmus. Nur wenn eine Störung
der normalen Verhältnisse besteht, verfolgt der Reiz die mit einer geringeren
Faserzahl ausgestattete Nebenbahn, so daß eine etwaige Fallbewegung ihre
Richtung zur gleichen Seite hin haben muß (paradoxe Fallreaktion).
6. Da der Gesunde nach Drehungen entgegengesetzt der Drehlichtung
zu fallen pflegt, und Übereinstimmung zwischen Fallrichtung und Richtung
des Endolymphstoßes unter normalen Verhältnissen ein allgemein gültiger
Grundsatz ist, so ist im Gegensatz zu der jetzigen Lehre die Entstehung
der Fallbewegung nach Drehungen auf die Endolymphbewegung während
der Drehungen zurückzuführen. Die Frage der Nystagmusentstehung wird
durch diese Feststellung in keiner Weise berührt. Hieraus folgt, daß be¬
züglich der Fallreaktionsauslösung die Fasern ß und a bei der Rechtsdrehung,
die Fasern b und a bei der Linksdrehung eine Rolle spielen. Da weiterhin
für die Entstehung der gesamten Reaktion nach Drehungeu unter normalen
Verhältnissen der exzentrische Bogengang ausschlaggebend ist, so ergibt sich,
daß bei Rechtsdrehungen die Fasern ß, bei Linksdrehungen die Fasern b
maßgebend sind, während a bzw. ot nur unterstützend wirken. Nur wenn
eine Störung der normalen Verhältnisse vorliegt, findet nach Drehungen die
Fallbewegung in der Drehrichtung statt (paradoxe Fallreaktion).
7. Das Ausbleiben der Fallreaktion nach Drehungen zur gesunden bzw.
stärker erregbaren Seite bei normaler Fallbewegung nach Drehungen zur
kranken bzw. stärker erkraukten oder untererregbaren Seite spricht an sich
für das Bestehen einer Störung im Labyrinth, Nerven- oder Deitersschen
Kerngebiet. Umgekehrt weist das Ausbleiben der Fallreaktion nach Drehungen
zur kranken bzw. stärker erkraukten oder untererregbaren Seite bei normaler
Fallbewegung nach Drehungen zur gesunden bzw. stärker erregbaren Seite
auf den Sitz der • vorliegenden Störungen im Kleinhirn der erstgenannten
Seite hin. Auch eine einseitige Erkrankung kann zum Ausbleiben der Fall¬
reaktion sowohl nach Rechts- wie nach Linksdrehungen führen, wenn auf
derselben Seite gleichzeitig einerseits das Kleinhirn, andererseits entweder
das Labyrinth oder der Nerv oder das Deiterssche Kerngebiet Sitz einer
Störung sind.
8. Das Fehlen der Offnungsfallreaktion, ganz besonders dasjenige der
Kathodenöffnungsfallreaktion spricht inr allgemeinen für das Vorliegen einer
gröberen Störung, und zwar wird man diejenige Seite, auf welcher die Elek¬
trode ergebnislos angelegt wurde, für die erkrankte oder stärker erkrankte
halten dürfen. Dabei spricht unter an sich gleichen Umständen das einseitige
Ausbleiben der Kathodenöfl'nungsfallreaktion eher für einen Sitz der Störung
im Nerven oder Deitersschen Kerngebiet, das einseitige Ausbleiben der
Anodenöfihungsfallreaktion eher für einen Sitz der Störung im Kleinhirn.
Das Fehlen sowohl der Anoden- wie der Kathodenöffnuugsfallreaktion der
gleichen Seite ist verwertbar für die Annahme einer Störung im Nerven-
oder Deitersschen Kerngebiet dieser Seite, falls die genannten Reak¬
tionen seitens der Gegenseite in normaler Weise auslösbar sind, während
das Fehlen der beiderseitigen Kathodenöffnungsfallreaktiou beim gleichzeitigen
Fehlen der Anodenöffnungsfallreaktion auf einer Seite für eine Kombination
einer Kleinhirnaffektion mit einer solchen des Vestibularis oder des Deiters¬
schen Kerngebietes dieser letzteren Seite spricht, wenn seitens der Gegen¬
seite eine normale Anodenöffnungsfallreaktion hervorzurufen war.
9. Die einseitige paradoxe Fallreaktion nach Kaltwasserspülung, Hei߬
wasserspülung, bei Kathodendauer und Anodendauer, bei Kathodenöffnung
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und Anodenöffnung, sowie nach Drehungen ist nach Rheses bisherigen Be¬
obachtungen nahezu ausnahmslos zur kranken bzw. stärker erkrankten oder
untererregbaren Seite hin gerichtet, so daß aus der Fallrichtung mit großer
Sicherheit die Krankheit»- oder Herdseite erschlossen werden kann. Uuge-
mein selten vorkommende Ausnahmen von diesem Gesetz kamen bisher nur
bei Kathodenöffnung und Kathodendauer zur Beobachtung. Die hauptsäch¬
liche Ursache der einseitigen paradoxen Fallreaktion ist eine Erkrankung
derjenigen Kleinhirnseite, nach welcher hin die Fallbewegung stattfindet.
Dabei genügen zur Auslösung des paradoxen Fallens nach Drehungen sehr
geringe, sonst kaum zur Geltung kommende Kleiuhirnschädigungen, wenn
sie, wie sehr häufig, mit einer Schädigung des Vestibularis kombiniert sind.
Beim Zusammentreffen dieser Voraussetzungen kann der Endolymphstoß
beim Anhalten das Übergewicht über den während der Drehungen gesetzten
Reiz enthalten, so daß sich mit der Änderung der maßgebenden Nerven¬
fasern auch die Fallrichtung ändern muß.
Findet das Fallen nach Anwendung der Kaltwasserspülung, Heißwasser¬
spülung, bei Kathodendauer, Anodeudauer oder nach Drehungen, sowohl bei
linksseitiger wie bei rechtsseitiger Reizung bzw. sowohl nach Rechtsdrehungen
wie nach Linksdrehungen stets zur gleichen Seite hin statt, so zeigt die Fall¬
richtung ausnahmslos die erkrankte oder bzw. stärker erkrankte weniger erreg¬
bare Seite an. Niemals findet dieses stets der gleichen Richtung zugewandte
Fallen nach der gesunden bzw. weniger erkrankten oder stärker erregbaren
Seite hin statt. Die Ursache ergibt sich aus Nr. 10, da dieses diagnostisch
wichtige Symptom dadurch entsteht, daß die Reizung der einen Seite eine
normal gerichtete, die der zweiten Seite ein paradox gerichtetes Fallen zur
Folge hat.
10. Die beiderseitige paradoxe Fallreaktion wurde bisher nach Kalt¬
wasserspülung, Heißwasserspülung, bei Anodendauer und nach Drehungen
beobachtet. Sie ist von größter Seltenheit im Bereich des Fasersystems a, a,
häufiger im Bereich des Fasersystems b, ß, und hier wiederum selten beim
kalorischen und galvanischen Reiz, aber auffallend häufig nach Drehungen.
Die Entstehung der Reaktion hat zur Voraussetzung eine Schädigung der
in Frage kommenden rechten und linken Hauptbahn und eine hierdurch
vermittelte Überleitung des Reizes auf die betreffenden Nebenbahnen; beim
Drehreiz ist außerdem mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die vorliegende
Störung der Hauptbahnen ein Uberwiegen des Endolvmphstoßes beim An¬
halten über den während der Drehungen gesetzten Reiz zur Folge hat.
Während da, wo es siel» um das System der Fasern a, a handelt (Hei߬
wasserspülung), nur eine beiderseitig lokalisierte Krankheit oder Verletzung
zu einer gleichzeitigen Schädigung beider Hauptbahnen führen kann, ist im
Bereich des Systems der Fasern b, ß (Kathodenspülung, Anodendauer,
Drehungen) unter Umständen auch eine einseitige Affektion hierzu in der
Lage. Bei verschiedener Intensität der rechtsseitigen und linksseitigen Fall¬
reaktion pflegt durchweg die heftigere Fallbewegung zur kranken bzw. stärker
erkrankten oder weniger erregbaren Seite gerichtet zu sein.
11. Findet die Fallreaktion, sowohl bei Stromöffnung wie bei Strom¬
dauer stets zur gleichen Seite hin statt, so zeigt die Fallrichtung ausnahmslos
die erkrankte bzw. stärker erkrankte oder weniger erregbare Seite an. Dieser
Reaktionstypus beruht darauf, daß eine der beiden Reaktionen — entweder
diejenige bei Stromöffnung oder diejenige bei Stromdauer — paradox aus¬
fällt, und es ergibt sich hieraus ohne weiteres die Ursache. Im allgemeinen
ist dieser Fallreaktionstypus der Ausdruck erheblicherer Störungen im Be¬
reich der zentralen Fallbewegungsbahn.
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12. Spontanes Fallen wird bei Erkrankungen der Vestibularisbahn durch
auf der Bahn a oder o verlaufende Heize vermittelt. Hierbei ist, falls
Untererregbarkeit der kranken Seite besteht, das Fallen zur kranken, etwaiger
spontaner Nystagmus zur gesunden Seite gerichtet. Ist indessen die kranke
Seite übererregbar, so ist das spontane Fallen zur gesunden, der etwaige
spontane Nystagmus zur kranken Seite gerichtet
13. Bei dem durch Kleinhirnerkrankungen bedingten spontanen Fallen
spielen die Fasern des Systems b, ß die maßgebende Rolle. Das Fallen
Kleinhirnkranker ist am häufigsten nach hinten oder zur kranken bzw. stärker
erkrankten Seite gerichtet, der etwaige spontane Nystagmus zur kranken Seite.
Fallrichtung Kleinhirnkranker zur gesunden Seite ist seltener. Die Fäll¬
richtung allein ist hiernach für die Diagnose der Herdseite nicht entscheidend,
es bedarf hierzu der Begleitsymptome.
14. Auch bei Mittelhirnerkrankungen (Tumoren) hat das spontane Fallen
im allgemeinen die Richtung nach hinten oder zur kranken Seite. Dabei
pflegt sich etwaiger spontaner Nystagmus wie bei Vestibulariserkrankungen
zu verhalten oder vertikal gerichtet zu sein.
15. Während bei spontanen Reizen eine Fallrichtung nach hinten ohne
jede seitliche Komponente häufiger vorkommt, ist sie nach artifiziellen Reizen
ungemein selten und zurückzuführen auf eine isolierte oder vorzugsweise
Schädigung des Zentrums für das Fallen nach vorn. Bei galvanischen
Reizen kommt außerdem die Wirksamkeit von Stromschleifen in Betracht.
Ist bei artifiziellen Reizen die Fallbewegung nach vorn gerichtet, so ist in
analoger Weise eine isolierte oder vorzugsweise Schädigung des Zentrums
für das Fallen nach hinten vorauszusetzen.
16. Die Reizung der gleichen Fasern durch verschiedene Reizarten
braucht nicht die gleiche Art von Fallreaktion auszulösen. Die Ursachen
dieses differenten Verhaltens, die sich einzeln oder kombiniert geltend machen
können, sind folgende: a) die Intensität der einzelnen Reizarten. Der stärkste
Reiz für die Fallbewegungsbahn ist die Öffnung des galvanischen Stromes,
demnächst der Kaltwasserreiz, der schwächste der Heißwasserreiz, b) Die
Spezifizität der einzelnen Reizarten. Beim Bestehen pathologischer Ver¬
änderungen sprechen die Fasern verschieden an, je nachdem der Reiz am
Endorgan oder am Nerven selbst angreift. Dabei prüft unter an sich gleichen
Umständen der kalorische Reiz vorzugsweise die Bewegungsfähigkeit der
Endolymphe, der Drehreiz die Reizempfindlickeit des Endorgans, der galva¬
nische Reiz die Leitfähigkeit der Nervenfasern und Zentren, c) Die isolierte
Schädigung eines einzelnen Bogenganges oder der von ihm stammenden
Nervenfasern bei Intaktheit oder geringer Läsion der übrigen, d) Der
Fortfall der normalen zentralen Hemmungen und Widerstände. Er ermöglicht
irgendeiner Reizart, wenu sie sich überhaupt noch durchzusetzen vermag,
trotz des Bestehens erheblicher Störungen und trotz völligen Versagens der
anderen Reizarten, die Herbeiführung einer normalen, sogar einer heftigen
Fallreaktion.
Panse (169) kann die Empfehlung von Offenrode zur Erforschung
der Labyrintentzündung, einen mit Äther getränkten Wattetupfer zur Er¬
regung vou Nystagmus auf den freigelegten äußeren Bogengang aufzulegen,
nicht bestätigen. Er hält die Probe für unsicher. Er befürwortet sehr,
kalte Spülungen bei der Untersuchung von kleinen Kindern auf Taubstummheit
anzuwenden. Erzielt man dadurch kein Augenzucken, so könne man mit
größter W ahrscheinlichkeit annehmen, daß die Schnecke tot ist. Der umge¬
kehrte Schluß ist allerdings nicht berechtigt. Schließlich tritt der Autor
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Allgemeine Symptomatologie nnd Diagnostik.
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dafür eia, mit Retzius von einem vorderen, hinteren und äußeren Bogen¬
gang zu sprechen und die anderen synonymen Ausdrücke lieber nicht zu
gebrauchen.
Da, wie Lang (123) ausfuhrt, der Vestibularnery und seine End¬
verzweigung im vestibulären Labyrinth und die Sinneszellen des Vestibular-
labyrinthes viel widerstandsfähiger gegen Schädlichkeiten sind als der Coch-
learisapparat, so ist es sicher, daß der erstere seltener und später erkrankt
als der letztere. Wenn bei bestehender Erkrankung des Cochlearisapparates
Schwindel labyrinthären Ursprungs auftritt, so müsse man annehmen, daß
der Yestibularisapparat derselben Seite betroffen ist Es ist unwahrschein¬
lich, daß bei einseitiger Erkrankung des Cochlearisapparates der Vestibulär-
apparat der anderen Seite betroffen sein sollte. Denn auf der anderen
Seite müßte der Vestibularapparat ohne Erkrankung des Cochlearisapparates
betroffen sein, und das ist sehr unwahrscheinlich, obzwar einige Ausnahmen
bekannt wären. Abgesehen von diesen seltenen Ausnahmen gilt also in den
Fällen von Schwindel mit einseitiger Störung in dem schallempfindlichen Appa¬
rate die Regel: Bei konstatierter Differenz in der Erregbarkeit beider Vesti-
bularlabyrinthe hat die Erkrankung des Vestibularlabyrinthes ihren Sitz auf
der Seite der Cochlearisläsion.
Antoni (5) fand unter zirka 100 Fällen organischer und funktioneller
Nervenkrankheiten, die auf das Vorkommen spastischer Fußsohlenreflexe
untersucht wurden, 15 Fälle, bei denen die Babinskische Reaktion, auf
gewöhnliche Weise ausgeführt, negativ oder zweifelhaft, mittels faradischer
Reizung ausgeführt dagegen positiv ausfiel. In allen Fällen ist nach Ansicht
des Verf. der Verdacht einer organischen Verletzung berechtigt.
( Kahlmeter .)
Antoni (6) beschreibt einen Fall von linksseitiger Hemiplegie und
linksseitiger Fazialisparese, Blicklähmung nach links und dGviation conjugöe
nach rechts, welcher Fall die von Bäräny als typisch für Blicklähmungen
aus positiven Ursachen beschriebenen Erscheinungen aufwies. Bei kalo¬
rischer Reizung des rechten Labyrinths wurde die zuvor bestehende deviation
conjugee nach rechts verstärkt, aber kein Nystagmus trat auf. Bei kalo¬
rischer Reizung des linken Labyrinths trat normale Nystagmusreaktion auf.
Außerdem konnte jedoch Patient, solange die Vestibularisreizung anhielt,
den Blick auch voluntär nach links hinüberwenden, obwohl nur im Tempo
der langsamen Nystagmusphase und nur in der Horizontalebene der Aug¬
äpfel. Dieser Charakter der voluntären Blickwendung nach links spricht
nach Verf. dafür, daß sie nur durch ein Nachgehen des ständigen Zuges
der ungestörten Bahn nach rechts bewirkt wird, wodnrch die reflektorische
Deviation nach links (= die langsame Nystagmusphase) besser sich voll¬
ziehen kann. Verf. glaubt, daß sein Fall der erste ist, bei dem die Bäräny-
schen Blicklähmungserscheinungen bei Hemisphärenherden beobachtet worden
sind (der Fall jedoch ist nicht obduziert). Der Fall spricht dafür, daß es
eine Verletzung derselben Bahn ist, die kortikale und positive Blicklähmung
hervorruft. ( Kahlmeter .)
Berggieen (23) beschreibt einen Fall von „Syndroma Bäräny“, einen
50jährigen Mann, der seit 7 Jahren an zunehmender Herabsetzung des
Gehörs, Ohrensauseu und Schmerzen hinter dem linken Ohr leidet. Die
Untersuchung ergab, daß kombinierte Herabsetzung des Gehörs auf dem
linken Ohr, Druckempfindlichkeit über dem Proc. mast., positiver Romborg
nnd dieselbe Fallrichtung bei verschiedenen Kopfstellungen, Schwindel, leb¬
hafter Spontannystagmus und spontanes Fehlzeigen nach innen zu im linken
Handgelenk Vorlagen. Verf. führte Kraniotomie dicht oberhalb des Sinus
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
ohne Durainzision aus. Die Wirkung war ein Verschwinden des Fehlzeigens,
normaler Ausfall der kalorischen Reaktion, Zunahme des Hörvermögens
sowie einige Verminderung der subjektiven Beschwerden, Sausen, Schwindel
und Kopfschmerzen. ( Kahlmeter .)
Edgar (60) hat an 52 Diabetikern klinische Untersuchungen über das
Gehörorgan angestellt und kommt unter Berücksichiigung der Literatur
zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Häufigkeit von Erkrankungen des inneren
Ohres bei Diabetikern und die in mehreren Fällen festzustellende Tatsache
einer Besserung der Hörstörungen in der Zeit fehlender oder geringerer
Zuckerausscheidung (und umgekehrt) gestatten zweifellos ätiologische Be¬
ziehungen des Diabetes zu Erkrankungen des inneren Ohres anzunehmen.
2. Die ungeteilten Befunde sprechen dafür, daß in einem Teil der Fälle
der Diabetes selbst eine Erkrankung des inneren Ohres bzw. des Hörnerven
hervorruft. Das Zustandekommen dieser Erkrankung ist aus einer direkten
Giftwirkung auf den Hörnerven uud das Labyrinth (toxische Neurolaby-
rinthitis) zu erklären. In anderen Fällen ist anzunehmen, daß die patho¬
logischen Veränderungen im Gehörorgane durch die arteriosklerotischen
Veränderungen der Blutgefäße, die sich bei Diabetes so häufig finden, herbei¬
geführt werden. Für eine Reihe von Fällen endlich kommt für die Ent¬
stehung von Inuenohraffektionen die Summierung der genannten ätiologischen
Momente in Betracht.
Haut.
GÖtz (84) teilt einen Fall von Adipositas dolorosa mit, der dadurch
eine besondere Färbung hatte, daß die Patientin an reizbarer Verstimmung
litt, einen Suizidversuch gemacht hatte und deshalb in die Irrenabteilung
verlegt wurde.
Der Herpes zoster kann auch nach Beobachtungen von Sharpe (209)
bei Schädigungen anderer Kopfganglien als des Gassersehen eintreten; so
z. B. bei Befallensein des Gaugliou geniculatum (N. facialis), des Ganglion
petrosum und des Ehrenrittersehen Ganglion (N. glossopharyngeus) uud
des Ganglion jugulare uud plexiforme (N. vagus). Auch bei Befallensein
des Cortischen und Scarpaschen Ganglions (N. acusticus) können wohl
ähnliche Erscheinungen auftreteu.
Der Symptomenkomplex bei Befallensein des Ganglion geniculatum
besteht in Herpes zoster oticus mit oder ohne Fazialis- und Akustikus¬
erscheinungen. Entzündungen der Ganglieu des N. IX und X rufen Herpes
zoster oticus, pharyngis et laryngis hervor; außerdem treten Pharynx- uud
Larynxschwäche, zeitweilig auch kommt Übelkeit, Erbrechen, Verlang¬
samung des Herzschlages, Schlucken hinzu. Entzündungen der Ganglien des
N. acusticus rufen Erscheinungen hervor, die auf Beteiligung des N. cochlearis
und vestibularis schließen lassen: Taubheit, Ohrensausen. Nystagmus, Übelkeit,
Erbrechen, Störungen des Gleichgewichtes, Meniörescher Symptomenkomplex.
Diese Erscheinungen können leicht und vorübergehend, aber auch dauernd
schwerer Natur sein.
Innere Organe.
Stone (229) teilt die Patienten, welche er auf Zirkulationsstörungen
untersuchte, in vier Klassen ein: 1. solche mit Hyperteusion (Zerebral¬
gruppe), 2. solche mit Hypertension (Herzgruppe), 3. solche mit Myokard-
und Klappenläsionen bei Überfüllung des Herzens, 4. solche mit Myokard-
uud Klappenläsioneu bei verminderter Herzfüllung. In den vier Gruppen
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
221
kennzeichnet er die Symptomatologie des systolischen, diastolischen und des
Pulsdruckes. Bei der zerebralen Gruppe war der mittlere systolische Druck
202, der diastolische 134, der Pulsdruck 68. Die Herzfüllung war 51%.
Der vorstechende Zug dieser Gruppe wnr der hohe diastolische Druck mit
einer Herzfüllung, die sich in normalen Grenzen hielt (40—60 °/ 0 ). Der
Endausgang dieser Fälle ist gewöhnlich die zerebrale Blutung oder Throm¬
bose und Odem.
Aus den Ausführungen Selig’s (206) ist für den Neurologen nur be¬
merkenswert, daß der Autor unter den Soldaten, die starken körperlichen
Anstrengungen und seelischen Aufregungen ausgesetzt waren, relativ häufig
den Symptomenkomplex der Base dow scheu Krankheit hat auftreteu sehen.
Nach Beobachtungen von Heller (93) können die Anstrengungen des
Kriegsdienstes eine eigene Form von Herzerkrankungen erzeugen, welche
der Autor als „Übermüdungsherz“ bezeichnet. Die subjektiven Symptome
bestehen in Schmerzen in der Herzgegend, Pulsbeschleunigung auch in
Ruhelosigkeit und Atemlosigkeit. Oft gesellen sich Schlaflosigkeit, Appetit¬
mangel, allgemeine Mattigkeit und Depressionszustände dazu. Objektiv
fiudet man entweder die Form des Tropfenherzens oder des normalen Herzens
oder leichte Verbreiterung nach links, systolische Geräusche an der Herz¬
spitze, Akzentuierung des zweiten Tones oder dumpfe verwischte Herztöne.
Der Blutdruck ist in jüngerem Lebensalter mäßig, im vorgeschrittenen mit¬
unter erheblich gesteigert. Das Pulsbild zeigt ausnahmslos einen regelmäßigen,
entweder dikroten oder Zeichen der Dikrotie zeigenden Puls mit hoher
Welle. Die Erscheinungen des Übermüdungsherzeus können Wochen, ja
Monate andauern, führen aber meist zur Besserung oder vollständigen Heilung,
ohne irgendwelche Zeichen der Schädigung des Klappenapparats zurück¬
zulassen.
France (72) gibt eine nähere Schilderung vieler nervöser und psychischer
Störungen, welche sich bei Herzkranken einfiuden, entweder zur Zeit, wo das
Herzleiden konstatiert ist, oder noch bevor es manifest geworden ist. Besonders
weist er auf Neuralgien hin, die sich im Laufe von Herzleiden vielfach
einstellen.
Nach Ehret’s (62) Beobachtungen kommen bei Kriegsteilnehmern
folgende Herzschädigungen vor: 1. Herzmuskelschwäche, 2. Nervöses Herz¬
klopfen (a) rein psychogene Erkrankungen, b) Schädigung durch Gifte —
Tabak, Alkohol, Thyreotöxikosen), 3. Herzmuskelerkrankungen, 4. Herz¬
klappenerkrankungen, 5. Jugendliche Arteriosklerose. Eine gewisse Beson¬
derheit stellen nur die als Kriegssklerosen zusammengefaßten Fälle, und zwar
insofern dar, als Sklerosen bei den jungendlichen Kriegsteilnehmern ent¬
schieden häufiger Vorkommen als im Frieden, und es den Anschein hat,
daß in zahlreichen Fällen die Kriegsstrapazen tatsächlich den einzigen
auslösenden Faktor darstellen. Aus seinem Material konnte E. keinen
einzigen Fall beobachten, bei dem es sich um Schädigungen eines an und für
sich gesunden Herzens durch die Kriegsstrapazen gebandelt hätte.
Die bei Kriegsteilnehmern so häufigen Herzgeräusche sind nach Beob¬
achtungen von Ehret (63) in der größten Mehrzahl der Fälle keine auf das
Klappenspiel zu beziehenden Phänomene, sondern sogenannte akzidentelle
Geräusche, die mit der Herztätigkeit selbst nur indirekt Zusammenhängen.
Alle Menschen mit akzidentellen Herzgeräuschen hatten eine aufgeregte,
ausgiebige Herzaktion; sie sind hei Herzgesunden häufiger anzutreffen als
bei Herzkranken.
Ehrmann (64) beobachtete an zwei neurasthenischen Wehrleuten, über
welche schwere Geschosse weggefiogen waren resp. in der Nähe eingeschlagen
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
hatten, ein Heraufgehen der Pulszahl von 70 Schlägen auf 120—150, bei
einem Soldaten sogar bis auf 180 Schläge in der Minute. Bei beiden waren
außerdem Extrasystolen zu beobachten.
Brugsch (41) skizziert in sehr anschaulicher Weise, das in diesem Kriege
bei Soldaten infolge von Entbehrungen, Überanstrengungen, fehlender Nacht¬
ruhe, starken akustischeu Reizen und psychischen Eindrücken sich ein¬
stellende Krankheitsbild der „Erschöpfung“. Körperlich war das wichtigste
aller Erschöpfungsbilder das Verhalten von Herz- und Blutdruck. Der
niedrige Blutdruck und die Dilatation des Herzens zeigen sich ständig in
dem Bilde. Die Leistungsschwäche ging parallel dem erniedrigten Blut¬
drucke. Es zeigten sich Werte von 90 —80 mm Hg (normal 110—125 mm).
Die vasomotorische Erregbarkeit war groß; Anfälle von Bradykardie waren
nicht selten. Es ist nicht der Herzmuskel, der sich als insuffizient im
Erschöpfungsbilde zeigt, sondern eine Schwäche des Yasomotorius, sei es,
daß das Adrenalin in seiner Produktion gehemmt ist, sei es, daß eine Vaso¬
motorenzentrumsschwäche rein nervösen Charakters vorliegt. Von sonstigen
nervösen Erscheinungen führt der Autor folgende an: Tremor und Koordi¬
nationsstörungen, Schwäche der Motilität mit Parästhesien, Bettnässen, leichte
Protrusio bulbi mit Gräfeschem Symptom. Solche Patienten sind für
Infektionen besonders empfänglich, resp. flackern früher durchgemachte
Infektionskrankheiten (Tuberkulose, Syphilis) wieder auf. Der Autor faßt
das Bild nicht als eine Krankheit, sondern als eine momentane individuelle
Beschaffenheit des Körpers auf, dessen Reflextonus in letzter Linie Not
gelitten hat.
Eine gründliche Beobachtung der Herzkranken während der vor¬
bereitenden Ausbildung der Mannschaften bei den Ersatzbataillonen lehrt
uns iu diesem Kriege, so führt Adolph (1) aus, daß viel mehr von diesen
Leuten kriegsverwendungsfähig sind, als bei einer einmaligen ersten Unter¬
suchung scheinen könnte. Die Prüfung gehört nicht ins Lazarett, sondern
auf den Kaserneuhof, wo man die betreffenden Soldaten mit Gesunden
vergleichen kann. Die Hauptentscheidung über die Kriegsverwendungs¬
fähigkeit wird sich stets auf der-Grenzlinie bewegen, wo die Erscheinungen
von seiten des Nervensystems (Neurosen) oder wirkliche organische Schädi¬
gung des Herzmuskels nahezu gleiche klinische Bilder ergeben. Trotz
sorgfältigster Registrierung aller Einzelheiten kann hier oft nur der Gesamt¬
eindruck des Untersuchten den Ausschlag geben. Liegt zweifellos eine
Herzneurose vor, so soll man trotz wiederholten Klagen der Leute diese
nicht gleich von dem Ausbildungsdienst zurücknehmen, sondern sie energisch
suggestiv beeinflussen und ihnen vor allem die Angst, sie seien herzleidend
und könnten sich schaden, benehmen. Auf Grund der Erfahrungen dieses
Krieges wird mau später auch im Frieden bei der Untersuchung der neu
eingestellten Rekruten, welche Klagen von seiten des Herzens äußern, wohl
wesentlich skeptischer verfahren.
Unter 120 Fällen von Apoplexie mit Sektionsbefund fand Knapp (119)
nur drei, bei welchen nur eine Lunge bei der sich einstellenden Pneumonie
befallen war, und nur in einem unter diesen drei Fällen entsprach die affi-
zierte Seite der paralytischen. Der Autor hält daher die Pneumonie, die
sich so oft nach apoplektischen Insulten einstellt, für eine sekundäre Er¬
scheinung, die sich oft durch sorgfältige Maßnahmen verhüten läßt.
Lipschütz (128) hatte unter seinem Lazarettmaterial ca. 60 Soldaten,
die an Blasenschwäche litten. Es lag bei ihnen ein vom normalen Mecha¬
nismus der Harnentleerung abweichendes Krankheitsbild vor, das im wesent¬
lichen in vermehrtem, starkem Harndrang, häufiger Harnentleerung und in
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
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manchen Fällen in kontinuierlichem Harntränfeln bestand, wobei die Harn*
menge in normalen Werten blieb und auch die Untersuchung des Urogenital¬
apparates zu vollkommen negativen Ergebnissen führte. Es ergaben sich
drei Gruppen: a) solche Fälle, bei denen das Leiden zum allerersten Male
während der Dienstzeit im Herbst 1914 aufgetreten war, b) Fälle, die in
ihrer Kindheit oft bis zum 12. oder 14. Lebensjahr an typischen Bettnässen
gelitten hatten, später aber über keinerlei Blasenbeschwerden zu klagen
hatten, c) solche Kranke, die in ihrer Jugend an Bettnässen gelitten hatten,
und bei denen das in der jetzigen Form bestehende Leiden bereits zwei-
und dreimal in ganz analoger Form, stets zur Winterzeit, aufgetreten war.
Sonst zeigten diese Soldaten keine Spur von nervöser Veranlagung. Während
dieser Zustand sich bei der Mehrzahl der Kranken im Verlaufe von mehreren
Wochen besserte, stellte sich in einzelnen Fällen eine vollständige Insuffizienz
des Sphincter vesicae ein. Gerade bei diesen schweren Fällen war der
Verdacht der Simulation nicht von der Hand zu weisen. Therapeutisch
wirkte besonders lindernd die Wärmeapplikation in Form von heißen Sitz¬
bädern und von Thermophoren auf die Blasengegend.
Böhne (36) berichtet über eine Anzahl von jüngeren (18—22 Jahre
alten) Soldaten, bei denen sich im Laufe der Strapazen des Feldzuges das
Symptom der „Enuresis“ einstellte. Eine Organerkranknng war in keinem
Falle festzustellen. Die Fälle betreffen meist Individuen, die in der Kindheit
an Enuresis nocturna gelitten haben. Sie haben das Gemeinsame, daß ein
unmittelbarer Zusammenhang mit intensiver Kälteeinwirkung festgestellt
werden konnte, so daß man annehmen muß, daß intensive äußere Reize,
insbesondere Kältereize unter bestimmten Verhältnissen eine im Kindesalter
vorhanden gewesene Enuresis wieder auslösen können.
Stiefler und Volk (228) berichten über Blasenstörungen bei Feld¬
soldaten, die durch lange Zeit dauernde Erkältung herbeigeführt war; diese
Erkrankung reihen die Autoren ausnahmslos unter die nervösen. Im einzelnen
konnten sie 26 Fälle von Pollakisurie, 16 Fälle von Enuresis und 7 Fälle
von Dysurie beobachten. Aus der ersten Gruppe wurde ein Drittel nicht
geheilt (es waren das solche, die schon einmal oder mehrmals Pollakisurie
gehabt haben), aus der zweiten Gruppe geben die Fälle, welche auf dem
Boden der originären Enuresis entstanden sind, fast durchwegs eine un¬
günstige, die anderen eine gute Prognose. Sämtliche Fälle von Dysurie
(Schwierigkeit bei der Eutleerung der Blase) heilten vollkommen ab.
Kenefick (115) berichtet über mehrere Fälle von andauerndem Öso¬
phagus- und Magenkrampf, die durch eine chronische Appendizitis ausgelöst
wurden. Der körperliche Befund mit Ausnahme der Abmagerung infolge
von vielem Erbrechen war negativ bis auf den typischen Druckschmerz in
der Blinddarmregion. Kenefick hält das Symptom für einen Refiexspasmus
und setzt die Wege auseinander, auf welchen der Reiz im sympathischen
System übertragen wird.
Reflexe.
Catton (51) hat Untersuchungen angestellt, wie sich die Reflexe nach
dem Tode verhalten. Zu diesem Zwecke prüfte er einmal unmittelbar nach
eingetreteuem Tode und dann fortfahreud bis zu 60 Minuten nach dem Tode.
Es zeigte sich, wenn er mit der nötigen Sicherheit vorging, d. h. wenn er
zur Erzeugung der Sehnenreflexe z. B. nicht auf Muskelstücke klopfte, oder
wenn er zur Erzeugung des Fußsohlenreflexes den Perkussionshammer nicht
mit großer Kraft in die Fußsohle eindriickte, daß die Haut- und Sehnen-
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
reflexe nach dem Tode nicht auslösbar waren. Die Muskeln dagegen zeigten
unmittelbar nach dem Tode eine erhöhte Erregbarkeit, welche sich weiter
bis zu einem gewissen Maximum steigerte, um dann langsam wieder herab-
zugehen und schließlich zu verschwinden. Der Muskel reagierte auch bei
Beklopfen durch Auftreten eines Muskelwulstes, welcher eine Zeitlaug be¬
stehen blieb.
Swift (233), welcher eine Methode, mittels des elektrischen Stromes
die Sehneureflexe hervorzurufen, angegebeu hat, besonders in solchen Fällen,
in denen sie auf die gewöhnliche Weise nicht zu erzielen sind, macht in
vorliegender Arbeit Angaben über die Art, wie die Elektroden am besten
anzulegen sind, um die Knie- und Achillessehnenreflexe auszulösen.
Das von Moore (151) beschriebene Zeichen ist folgendes: Wenn der
Untersucher seine Hand flach in die Hand des Patienten legt und nuu
letztere stark und schnell nach aufwärts (d. h. nach der Streckseite des
Unterarms) beugt, so krümmen sich die Finger des Patienten um die Hand
des Untersuchers, und man fühlt die Spannung der Flexoren des Unterarms,
wenn man die eigeno Hand wechselnd gegen die sich krümmenden Finger
drängt. Diese Spannung ist nun bei Poliomyelitis oder Neuritis sehr gering,
bei Pyramidenläsionen dagegen stark, und man kann das Stärkerwerden der
Spannung nach eingetretener Pyramidenläsion schon recht frühzeitig wahr¬
nehmen.
Bernhardt (24) stellt eiue Literaturangabe Loewys (Dtsche. Ztsclir.
f. Nervenkh. Bd. 63 p. 137) über den Kremasterreflex richtig, indem er
anführt, daß dieser Reflex schon Romberg bekannt war. Er führt folgende
Stelle aus Rombergs Lehrbuch (Berlin 1853, 3. Aufl., p. 343) an: Wenn
man bei Kinderu, deren Skrotum erschlafft ist, an der inneren Fläche
des Oberschenkels mit dem Finger andrückt, so zieht sich der Testikel
derselben Seite in die Höhe, infolge einer Reflexaktion von den Hautnerveu-
fasern des Kruralis auf die motorischen Nervenfasern des Kremasters.
Drückt man den Finger etwas stärker an, so tritt die Bewegung rascher
und heftiger ein, und die Kontraktion des Kremaster hält gleiche Zeit mit
dem Druck. Stellt man den Versuch abwechselnd auf beiden Seiten an, so
läßt sich die Bewegung öfter erregen, als wenn man durch häufige Wieder¬
holung auf einer Seite die Erregbarkeit erschöpft.
In dem ersten von Sittig (213) mitgeteilten Falle handelt es sich um
eine Schußverletzung des Rückenmarks im 7. Dorsalsegment. Klinisch
waren die Zeichen einer Querläsion vorhanden, denn es bestand vollständige
schlaffe motorische Lähmung. Aufhebung der Sensibilität und sämtlicher
Sehnen- und Hautreflexe unterhalb der Verletzungsstelle. Dieser Befund
wurde 20 Tage nach eingetretener Verwundung erhoben. Aus der schlaffen
Lähmung bildete sich alsdann eine spastische aus, wenigstens stoßen passive
Bewegungen bei Streckung der Beine aus der gebeugt festgehaltenen auf
ziemlich bedeutenden Widerstand. Bei Beklopfen der Patellarselme kommt
es nach einer deutlichen Latenzzeit zu einer langsamen trägen Zuckung in
den Sehnen der Musculi semitendinosus uud semimembranosus. Oft tritt
diese Zuckung erst nach mehreren Schlägen auf und erschöpft sich später
wieder. Diese Erscheinung tritt bei Prüfung in Seitenlage ein, bei Prüfung
in Rückenlage kommt es zu einer sichtbaren Beugung des Beins im Knie.
Die anderen Reflexe sind nicht auszulösen. Dasselbe Verhalten ergibt sich
nach Extraktion der Kugel, welche intradural in Höhe des 7. Dorsalsegmentes
dem Rückenmark anlag. Das Rückenmark in dieser Höhe war erweicht.
Patient ging bald darauf zugrunde. Das Rückeumark wurde zunächst durch
intraspinale Formalinjektion (nach Bergl) konserviert, um jede artifizielle
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
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Läsion auszuschalten. Ino Niveau des 7. Dorsalsegmentes war an einer Stelle
keine Rückenmarkssubstanz vorhanden, in dieser Gegend bestand eine starke
Pachy- und Leptomeningitis. Die mikroskopische Untersuchung ergab den
gleichen Befund, daneben die üblichen auf- und absteigenden Degenerationen
in den Rückenmarkssträngen. Im zweiten von Sittig mitgeteilten Fall
handelt es sich um einen Schrapuellschuß in der Höhe des 2. Lendenwirbels,
der zu einer schlaffen Parese beider Beine mit stärkerer Beteiligung der
linken Extremität und einer segmentären Sensibilitätsstörung im Gebiete des
1., 2. und zum Teil noch des 3. Lumbalsegmentes links führte. Es war
also eine Kaudaverletzung vorhanden mit besonderer Beteiligung der 1., 2.
und 3. Lumbalwurzel, namentlich links. Die Reflexe verhielten sich links
folgendermaßen: Bei Prüfung des Patellarreflexes kommt es zu einer Beugung
im Knie, manchmal auch zu einer Kontraktion des Quadrizeps. Achilles¬
reflex ist auf dieser Seite vorhanden, Kremasterreflex fehlt. Später war bei
Prüfung des Patellarreflexes nur ein Beugestoß auslösbar. Aus diesem
Befunde schließt der Autor auf folgende Lokalisation des Beugereflexes.
Der Bauchreflex, der zwischen D 8 —D 12 lokalisiert wird, war vorhanden;
der Kremasterreflex L x —L 2 fehlte, ebenso der Patellarreflex L 2 —L 4 ; der
Achillesreflex war dagegen vorhanden L 6 —S 2 . Es waren also die Wurzel¬
fasern für den Patellarreflex besonders geschädigt, während die tieferen
Wurzeln weniger betroffen waren. Berücksichtigt man, daß die Segment¬
innervation der in Betracht kommenden Muskeln, der Beuger im Knie nach
L 2 —Sj verlegt wird, so wird man auf Grund aller Erwägungen die Lokalisation
dieses Beugereflexes nach L 4 —S x verlegen. Das paradoxe Kniephänomen
hat demnach, wie aus diesen und anderen Fällen hervorgeht, auch lokalisa-
torische Bedeutung.
Pfister (177) beschreibt einen Glutäalklonus, den er besonders in
Fällen von multipler Sklerose beobachtet hat. Der Klonus wird folgender¬
maßen nachgewiesen: Der Kranke liegt mit ausgestreckten Beinen flach auf
dem Bauche. Man umfaßt dann mit der Hand, dicht an der Rückseite des
Oberschenkels von unten her die Hinterbacke und drängt sie mit kurzem
kräftigen Rucke nach oben und außen. Wenn das Zeichen vorhanden ist,
treten dem Patellar- und Fußklonus nach Rhythmus analoge Zuckungen im
Glutaeus maximus auf, die solange andauern, als die Hand mit dem Drucke
auf den Mnskel nicht nachläßt. Dieser Glutäusklonus ist, wenn ausgeprägt
vorhanden, nach Ansicht des Autors als Pyramidenzeichen aufzufassen.
Lorenz (129) meint, daß man für den paradoxen Reflex zwei Forderungen
aufstellen muß. Es darf der in Frage kommende Reflex erstens durch Be¬
klopfen nur einer Sehne ausgelöst werden, und zweitens darf nur der
Antagonist des Muskels, dem die beklopfte Sehne angehört, in Kontraktion
geraten. Zucken noch andere Muskeln mit, so handele es sich nicht um
einen paradoxen Reflex, sondern um einen Abwehrreflex. Ebenso liege kein
paradoxer Reflex vor, wenn er durch Kneifen und Druck hervorgerufen ist
Unter diesem Gesichtspunkte hat der Autor in der Literatur nur siebenmal
einen Reflex gefunden, der nach seiner Ansicht wirklich paradox war.
Diesen Fällen fügt er noch drei eigene Beobachtungen bei. In zwei Fällen
fand sich bei Beklopfen der Patellarsehne nicht Streckung, sondern Beugung
des Unterschenkels und in einem Falle bei Beklopfen der Achillessehne
nicht Kontraktion der Wadenmuskulatur, sondern der Tibialis anticus-
Gruppe. Diesen paradoxen Reflexen komme eine pathognomonische Be¬
deutung nicht zu. Bei dem paradoxen Reflex handelt es sich um eine
Störung der Innervation der Hauptagonisten, so daß der sensible Reiz auf
eine andere Bahn übertragen wird.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»ik. 15
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226
Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
Biach (26) hat umfassende Untersuchungen über das Vorkommen des
Babinskischen Zehenphänomens uud das Verhalten der Sehnenreflexe bei
inneren Erkrankungen angestellt. Seine Ergebnisse waren folgende:
Das Babinskische Phänomen ist bei zwei Dritteln der akuten
Nierenerkrankungen im Dekompensationsstadium nachweisbar. Es
zeigt eine gewisse Abhängigkeit von der Insuffizienz der Niere; es tritt oft
mit ihr auf und verschwindet manchmal rasch. Zur Urämie bat das Symptom
in den akuten Fällen kaum eine Beziehung, dagegen ist das Babinskische
Zeichen bei chronischen Nierenaffektionen meist das Zeichen drohender oder
bestehender urämischer Symptome, kann aber auch ohne solche auftreten.
Der dauernde Nachweis des Zeichens bei Nierenkranken deutet auf eine
Kombination mit einem nervösen organischen Prozeß hin. Die Prüfung
der Sehnenrefloxe hat bei akuten Nierenerkrankungen weder klinischen, noch
diagnostischen, noch prognostischen Wert. Bei chronischen Fällen findet
die Urämie bzw. die renale Dekompensation manchmal in dem Verhalten
der Reflexe ihren Ausdruck, sei es in Abschwächung, sei es in Steigerung.
Bei lobären (kroupösen) als auch anderen Pneumonien findet sich
das Babinskische Zeichen in etwas weniger als einem Drittel der Fälle.
Seine prognostische Bedeutung kann in der Ankündigung von Komplikationen
(Abszeß, Empyem) hervortreten. Differentialdiagnostisch kann es vielleicht
hinsichtlich der Tuberkulose in Frage kommen. Die partielle oder totale
Areflexie ist ein häufiger Befund bei der kroupösen Pneumonie und kommt
von entzündlichen Prozessen der Lunge nur dieser zu. Das Schwinden von
Sehnenreflexen im Verlauf von Pneumonie ist am ehesten auf drucksteigernde
Prozesse in der hinteren Schädelgrube zu beziehen.
Für den Typhus abdominalis ist das Fehlen des Babinskischen
Zeichens, das Erhaltensein bzw. die geringe Intensitätsänderung der Sehnen¬
reflexe während der Fieberperiode charakteristisch. Im Rekonvaleszenz¬
stadium sind die Sehnenreflexe meist gesteigert. Babinski im febrilen
Stadium entspricht konstitutionellen Anomalien oder einer Komplikation
nichttyphöser Natur. Für den eventuellen Verlust von Sehnenreflexen
kommen auch Veränderungen in den peripheren Nervenstämmen in Betracht.
Im Verlaufe des akuten und chronischen Gelenkrheumatismus
kommt es in der Regel zur Steigerung der Sehnenreflexe. Das Babinski¬
sche Phänomen tritt selten auf und ist klinisch kaum verwertbar.
Bei der Perikarditis tritt der Babinski-Reflex ungemein häufig
auf, wenn ihm auch eine diagnostische und prognostische Bedeutung nicht
zukommt.
Bei den übrigen febrilen Erkrankungen war das Verhalten der
Reflexe ein ganz regelloses. Aus diesem inkonstanten Verhalten läßt sich
schließen, daß der Einfluß des Fiebers an sich auf die Reflexe keine oder
nur eine ganz geringe Rolle spielt.
Die für gewöhnlich als Tetanie geführten Fälle sind nicht ein¬
heitlicher Natur, sie umfassen wahrscheinlich drei verschiedene Gruppen
verschiedener Pathogenese. Sicher nicht identisch sind die typischen Formen
mit dem Auftreten tetanischer Anfälle, und jenen Fällen, die als rudimentäre
Formen, als tetanoide Zustände als Spasmophilien angeführt erscheinen.
Diese Differenz findet auch klinisch in dem Verhalten der Reflexe ihren
Ausdruck. In Fällen letzterer Art ist die Reflexsteigerung der gewöhnliche
Befund, während der eigentlichen Tetanie, im Stadium der Anfalle wenigstens,
die Abschwächung der Sehnenreflexe eigentümlich ist. Im tetanischen
Anfalle selbst kann Areflexie bestehen und in einem geringen Bruchteil der
Fälle Babinskisches Zehenphänomen.
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Allgemeine Symptomatologie nnd Diagnostik.
227
Bei verschiedenen Affektionen der Leber lassen sich Änderungen in
dem Verhalten der Reflexe nachweisen. Für diese kommen neben der durch
die Funktionsstörung der Leber selbst bedingten Einwirkung auf das Zentral¬
nervensystem uud die peripheren Nerven noch anderweitige Momente in
Betracht. Es sind dies vor allem die Beschaffenheit des Nervensystems,
die sehr oft mit bestimmt wird durch denselben ätiologischen Faktor, der
auch der Erkrankung der Leber zugrunde liegt, und dann konstitutionell
begründete Einflüsse.
In 13 Fällen von diabetischem Koma wurde das Babinskische
Zeichen vermißt.
In seinen Schlußbetrachtungen hebt der Autor besonders die kon¬
stitutionellen Einflüsse hervor, deren wichtige Rolle für die Veränderungen
von Reflexen und für das Auftreten pathologischer Reflexe daran erinnert,
daß für das Verhalten der Reflexe nicht allein der auslösende Faktor,
sondern auch die Konstitution des betroffenen Individuums maßgebend ist.
SpinalflOsslgkelt.
Kafka (110) spricht kritisch die einzelnen Methoden zur Untersuchung
des Liquor cerebrospinalis (Zählung der Liquorzellen, Globulinbestimmungs-
methoden, Gesamteiweißbestimmung, Wassermann sehe Reaktion, Hämolysin¬
reaktion) durch und macht auf verschiedenes aufmerksam, was bei Anstellung
der Proben zu beachten ist. Man könne mit 7,5 ccm Liquor im Minimum
alle Verfahren anstellen, und zwar brauche man für Zellzählung 0,2 ccm, für
Globulinbestimmung 1,5 ccm Hämolysinreaktion, WaR. 6,0 ccm, Gesamt¬
eiweiß (Braudberg) 0,5 ccm, Pandy 0,04 ccm.
Rohdenbarg und Veer (189) fanden iu einer verhältnismäßig sehr
hohen Prozentzahl von Pneumonie Pneumokokken in dem Lumbalpunktat,
ohne daß meningitische Symptome aufgetreten waren. Die Prognose wird
dadurch sehr verschlechtert.
Miller, Brnsh, Hammers und Felton (147) publizieren ihre Er¬
gebnisse über die Resultate der kolloidalen Goldreaktion bei syphilitischen
Affektionen des Nervensystems. Die Methode, welche sie vereinfacht und
verbessert haben, gehört nach ihrer Ansicht zu den exaktesten, besonders
zum Nachweis der progressiven Paralyse. Die Autoren behaupten sogar,
daß wenn die Zerebrospinalflüssigkeit eines Patienten, der noch keine dies¬
bezüglichen Symptome aufweist, die Reaktion darbietet, dies quasi ein Vor¬
zeichen ist für das kommende Leiden.
Für die von Emannel (66) angegebene neue Reaktion zur Untersuchung
des Liquor cerebrospinalis sind Lösungen notwendig: 1. Mastixstammlösung.
10 g Mastix werden in 100 ccm Alkoh. absol. gelöst, die Lösung filtriert.
Für den Gebrauch werden zunächst 1 ccm dieser Stammlösung mit 9 ccm
Alkohol absolut, vermischt und rasch in 40 ccm Aqua destillata eingeblasen.
Für diesen Zweck genügt vollkommen das käufliche destillierte Wasser, so
daß die umständliche Reinigung fortfällt. Die Stammlösung ist scheinbar
unbegrenzt haltbar. Dagegen müssen die Verdünnungen in Wasser stets
frisch hergestellt werden. 2. l,25prozentige Kochsalzlösung. 1 ccm dieser
Lösung flockt 1 ccm Mastixlösung sofort aus. 3. Anstellung der Reaktion.
Für die Reaktion sind 5 Reagenzröhrchen erforderlich. Röhrchen 1 wird
mit 1,5 ccm, die übrigen mit 1 ccm Kochsalzlösung beschickt. In das erste
Röhrchen wird nun 0,5 ccm der zu untersuchenden Spinalflüssigkeit ein¬
gefüllt, nach guter Vermischung wird 1 ccm in das zweite Röhrchen über-
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228
Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
tragen, hieraus nach Vermischung 1 ccm in das dritte Röhrchen und so fort.
Das fünfte Röhrchen bleibt frei. Es finden sich demnach
in
Röhrchen
l . . .
. . . 0,25 ccm Spinalflüssigkeit
w
n
2 . . .
. . . 0,125 „
V
n
3 . . .
. . . 0,062 „
n
V
4 . . .
. • . 0,031 „
w
n
0 • •
• . . 0 n ??
Nun kommt iu jedes Röhrchen 1 ccm Mastixlösung. Nach kurzem Um¬
schütteln kann der Eintritt der Reaktion sogleich beobachtet werden. Das
endgültige Resultat wird nach 12 Stunden verzeichnet. Bei normalen Spinal¬
flüssigkeiten bleiben Röhrchen 1 — 4 in Übereinstimmung mit der Laugeschen
Reaktion unverändert. Während aber dort auch die Kontrolle infolge des
geringon Elektrolytgehaltes stabil bleibt, tritt hier in Röhrchen 5 sofortige Aus¬
flockung ein. Bei Spinalflüssigkeiten von Paralytikern tritt im Gegensatz iu
allen 5 Röhrchen sofortige Fälluug ein. Zwischen diesen beiden Extremen
gibt es nun Übergänge. Aus den bisher vom Autor angestellten Versuchen
mit Spinalflüssigkeiten verschiedener Herkunft geht hervor, daß die meta-
luetischen Erkrankungen und möglicherweise auch die Lues cerebrospinalis
sich von andersartigen Affektioneu des Nervensystems mit dieser Reaktion
scharf unterscheiden lassen.
Bei einem 14 Jahre alten Patienten CampbeH’s (48) mit lordotischer
Wirbelsäule, der an heftigen Schmerzen in den unteren Extremitäten klagte,
und bei dem sich Eieber uud Schwäche eines Beines einstellte, ergab die
Spinalpunktion der Lumbalgegend ein gelb aussehendes leicht koagulierbares
Punktat. Nach der Punktion wurde das Fieber höher, es stellte sich Dekubitus
in der Kreuzbeingegend ein, und Patient kam so herunter, daß sein Zustand
ganz desolat wurde. Nach vielen Monaten erst trat allmähliche Besserung
ein. Da sich keine Veränderung der Wirbelsäule uach verschiedenen Röntgen¬
aufnahmen ergab, da die Tuberkulinreaktiou und die Wassermannsche
Reaktion negativ waren, so weiß der Autor nicht, welche Affektion hier
vorlag, nur daß er allgemein eine Pachyineningomyelitis annimmt.
Funktionelle Neurosen.
Cimbal (53) bekämpft gewisse in der neurologischen Praxis noch
vielfach gebräuchliche Ausdrücke, die den Anforderungen der Kranken-
geschichts- und Gutachtertätigkeit nicht entsprechen. Gemeint sind die
Begriffe: traumatische Neurose, Hysterie, Neurasthenie, psychogen usw. Man
soll lieber Bezeichnungen wie „akute nervöse Überreizung; nervöse Schwäche;
akute nervöse Erschöpfung; angeborene nervöse, moralische, seelische Minder¬
wertigkeit“ usw. gebrauchen. Die Anwendung dieser Ausdrücke zwingt deu
Gutachter zu der bei der Untersuchung von Nervösen so notwendigen
äußersten Sorgfalt, denn der Naohgutachter oder Richter verlangt oder
erwartet natürlich den Beweis der akuten Entstehung bzw. umgekehrt der
langsamen Entwicklung des Leidens auf angeborener Grundlage. Es liegt
nicht das geringste Bedürfnis vor, die oben angeführten verallgemeinernden
Begriffe im Sprachschätze zu bewahren, da mau in den Angstneurosen, den
Hemmungs-, Verdräugungs-, Verschrobenheitszuständen, den mehr oder
weniger seelisch beeinflußbaren Krampfleiden, der Haltlosigkeit, den chrouisch
entwickelten, periodischen und konstitutionellen Verstimmungen heiterer,
mißtrauischer und schwermütiger Form, und der angeborenen nervösen
Reizbarkeit ja völlig gangbare und viel schärfere Sprachbegriffe besitzt, mit
denen man umschriebene Vorstellungen verbinden kann. C. ist der festen
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Allgemein» Symptomatologie and Diagnostik.
22&
Überzeugung, daß dio zahllosen Rentenpsychosen des vorvergangenen Jahrzehnts
zum Teil auf die Aufstellung eines besonderen wissenschaftlich und renten¬
berechtigt anerkannten Krankheitsbildes zurückzuführen waren. Ebenso wie
die Lehre von der unaufhaltsamen Verblödung der Dementia praecox und
die mechanische Bettbehandlung der Riesenirrenanstalten zweifellos wesent¬
lichen Anteil an dem artifiziellen Anstaltsstumpfsinn haben, den man heute
zum Beweis der klinischen Einheit der endogenen halluzinatorischen Erregungs¬
zustände als Dementia praecox verwertet siebt, während einige Jahrzehnte
früher aus den gleichen klinischen Formen durch die Zellenbehandlung
Katatonien wurden. Besonders für die Kriegsfolgen muß die Erfahrung
verwertet werden, daß schon einmal durch die Vorstellung von der Un¬
heilbarkeit und der Rentenberecbtigung der „traumatischen Neurose“ zahl¬
lose Arbeitskräfte der Volkskraft entzogen worden sind, welche erfahrungs¬
gemäß in einer höheren Stufe der Leistungsfähigkeit erhalten wurden, sobald
die Gutachterpraxis sich zu schärferen Begriffen und Wertungen durch-
gerungen hatte.
Brasch (40) berichtet über eine Anzahl von Soldaten, die von Hause
aus schon etwas nervös (z. T. auch Alkoholiker) durch Schreckwirkung eine
Heizneurose bekamen, und bei denen eine hyperästhetische Zone nur auf der
linken Brustseite über der Herzgegend nachweisbar war. Die überempfind¬
lichen Hautparlien waren fünfmarkstück- bis handtellergroß und fielen zum
Teil mit der Herzdämpfung zusammen.
Bittorf (34) sah bei Soldaten nach jedem schwereren Hitzschlag auch
schwere hysterische Symptome auftreten (Stummheit, Astasie-Abasie, Stottern,
Aufhebung der Schmerz- und Temperaturempfindung, tetanieähnliche Sym¬
ptome, Tachykardie und Tachypnoe). Die Prognose war in allen Fällen
relativ ungünstig.
Sprachstörungen.
Fröschels (75) konnte an 700 Stotterern in allen willkürlichen Muskel¬
gruppen tonische und klonische Bewegungsstörungen finden, bei dem eiuen
diese, bei dem anderen jene, niemals aber das Auftreten von Nystagmus,
hing- gen oft tonisches Verdrehen der Augen nach einer Seite. Auch dieses
Moment bestärkt Fröschels in der Annahme, daß bei der Sprachstörung
des Stotterns keine Krämpfe vorliegen, sondern abnorme Bewegungen, welche
aus willkürlichen Bewegungen hervorgegangen sind und auch immer in
einem gewissen Zusammenhang mit dem Willen stehen. Seine Erklärung
des Zustandekommens des Stotterns ist folgende: Eine in normalen moto¬
rischen Bahnen ablaufende Sprechaktion wird plötzlich durch das Ausbleiben
eines Begriffes oder eines Wortes oder aber durch psychische Hemmung,
wie Verlegenheit, Schreck, große Freude, unterbrochen. Statt nun zu
schweigen, bis wieder alles für den psychologischen Sprechakt bereit ist,
bewegen sich die Sprachwerkzeuge weiter, und zwar indem sie die letzte
Silbe oder das letzte Wort solange wiederholen, bis die Hemmung ver¬
schwunden, beziehungsweise der fehlende Begriff, das fehlende Wort auf-
gctnii'-ht ist. Das Stottern durch fehlende Begriffe und Worte ist bei
Kindern so häufig, daß dieses Stottern fast physiologisch bezeichnet werden
kann. Darin liegt der Grund, daß der Sprachfehler „Stottern“ fast nur bei
Kindern auftritt. Dieses physiologische Stottern nennt Fröschels das
initiale. Wird ein Kind in der Periode des initialen Stotterns nicht durch
seine Umgebung darauf aufmerksam gemacht oder liegt nicht etwa eine, sei
es augeborene, sei es durch falsche Erziehung entstandene zu ängstliche
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230
Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
Beobachtung der eigenen Person bei ihm vor, oder bat es endlich nicht
Freude darau, so daß es sich selbst imitiert, so verschwindet das initiale Stottern,
sobald der Gedankenablauf geregelter, der Wortschatz genügend groß geworden
ist. Wird jedoch durch die eben angeführten Momente die eigene Auf*
merksamkeit darauf gelenkt, so muß das kleiue Kind die Sprachstörung als
rein motorisch empfinden, denn es ist nicht zu verlangen, daß es in diesem
Alter genug Beobachtungsgabe habe, um zu wissen, daß ihm nur ein Begriff
oder ein Wort gefehlt habe. Durch die Art, wie die Umgebung das Kind
in der Regel auf seine Sprachstörung aufmerksam macht, nämlich mit ent¬
setzten Mienen und scheltenden Worten, oder durch pathologisch-ängstliche
Selbstbeobachtung, endlich durch die Freude an der auffallenden Sprache
kommt es in den beiden ersten Fällen zur Angst vor gewissen Lauten und
Worten, im letzten zu einer Gewöhnung, die daun später durch dieselben
Vorgänge wie bei den beiden ersten Fällen auch zur Sprechangst führt
Auf die gleiche Art kann inan sich das Entstehen von bleibendem Stottern
aus dem initialen, wenn es infolge von Verlegenheit oder Schreck aufgetreten
ist, erklären. Die Sprachstörung wird als rein motorisch empfunden und
infolge der Angst, welche daraufhin vor bestimmten Lauten und Worten
auftritt, fixiert. Erwachsene hingegen werden, von einigen Ausnahmen ab¬
gesehen, auch nach Anfällen von Verlegenheits- oder Schreckstotteru nicht
zu bleibenden Stotterern, wohl weil sie genug Einsicht in die psycbischeu
Vorgänge haben.
BÖttger (38) hat bei funktioneller Stimmbandlähmung durch künst¬
liche Atmung und dabei angeregter Stimmgebung in mehreren Fällen Heilung
erzielt.
Pape (171) beobachtete eine recht große Anzahl von Soldaten mit funk¬
tioneller Stimmbandlähmung. Trotz starker Heiserkeit waren au den Stimm¬
bändern nicht die geringsten Veränderungen wahrzunehmen.
Verschiedenes.
Kahlmeter (112) teilt einen Fall von Diabetes insipidus mit. 33jähriger
Mann, der 7—8 Jahre uach einer luetischen Infektion ziemlich plötzlich
eine anhaltende Polyurie (4—5 Liter pro Tag) bekommt. Angestellte Ver¬
suche zeigen, daß diese die von Tallquist, Meyer u. a. aufgestellten
diagnostischen Forderung betreffs Diabetes insipidus erfüllt, indem dem
Patienten das Vermögen abgeht, unter irgendwelchen Verhältnissen einen
konzentrierten Harn auszuscheiden; auf Zufuhr von Kochsalz, Eiweiß oder
Harnstoff antwortet er mit Zunahme der Harnmenge, ohne daß sich die
Konzentration des Harns ändert. Bei Injektion von Pituitrin (Pork, Davis
& Co.) kommt es während der ersten drei Stunden zu einer Verminderung
der Harnmenge unter Zunahme des Gehalts au Harnstoff und Stickstoff,
nicht aber Chlornatrium, worauf eine mehr als 24 Stunden anhaltende
Steigerung der Harnmenge eintritt, während welcher de* Chlornatriumgehalt
etwas höher, der Gehalt an Harnstoff und Stickstoff etwas geringer als normal
ist. Bei Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr bekommt Patient Abstinenz¬
beschwerden.
Kahlmeter erörtert die Differentialdiagnose gegenüber einfacher
Polyurie uud Nephritis, uud zeigt, daß in diesem Falle ein wirklicher Diabetes
insipidus vorliegt. Für dessen hypophysären Ursprung spricht nach Ansicht
des Verf., daß Patient, der während des letzten Jahres 20 kg an Gewicht
zugenommen hat, einen Fettansatz mit deutlicher Andeutung der Lokalisation
aufweist, die typisch für Dystrophia adiposito-genitalis ist, welche Krankheit
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Allgemeine Symptomatologie und Diagnostik.
231
nunmehr allgemein als auf Störungen der inneren Sekretion der Hypophyse
bejahend angesehen wird. Von den gewöhnlichen Symptomen dieser Krank¬
heit weist Patient außerdem die blasse, trockene Haut, erhöhte Zucker¬
toleranz und verminderte Empfindlichkeit für Adrenalin auf. Noch in einem
weiteren Symptom des Patienten, der gleichzeitig mit der Polyurie ein¬
tretenden snbfebrilen Temperatur, für die keine andere offensichtliche Ursache
vorhanden war, könnte ein Hinweis auf die Hypophyse oder ihre nächste
Umgebung erblickt werden, da man eine solche sowohl bei Hypophysen¬
geschwülsten, als auch bei experimentellen Verletzungen der Hypophyse be¬
schrieben hat.
Aus all diesem zieht Verf. den Schluß, daß in diesem Falle ein krank¬
hafter Prozeß in der Hypophyse oder ihrer nächsten Umgebung vorliegt, und
zwar mit größter Wahrscheinlichkeit eine zirkumskripte luetische Meningitis.
(Autoreferat.)
Kahlmeter (113) beschreibt einen Patienten mit starkem Haarausfall
über dem ganzen Körper sowie Dunkelfärbung der Haut und der Mund¬
schleimhaut, entstanden im Laufe einiger Monate und begleitet von eiuem
allgemeinen Kräfte verf all. Eine Nebenniereninsuffizienz wurde außer durch die
Pigmentierungen, die die für den Morbus Addisonii gewöhnliche Lokalisation
zeigten, und für die eine andere Ätiologie mit großer Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen werden konnte, durch erhöhte Zuckertoleranz, Hypoglykämie,
herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Adrenalin, erhöhte gegen Pilokarpin und
Atropin wahrscheinlich gemacht. Verf. läßt die Frage offen, ob der Haar¬
ausfall nur auf die Nebeuniereninsuffienz oder auch auf eine gleichzeitige
Thyreoideahypofunktion zurückzuführen ist, welch letztere zu vermuten die
nicht palpable Drüse und der gute Effekt der Tbyreoideamedikation Anlaß
geben könnte. Der Patient hatte sich eines langjährigen, sehr starken
Mißbrauchs sowohl von Alkohol wie auch besonders von Tabak schuldig
gemacht, was vom ätiologischen Gesichtspunkt aus ein gewisses Interesse
haben muß. ( Autorreferat .)
Hamburger (91) teilt drei Fälle von kindlicher Schlafstörung mit.
Der eine 4 (4jährige Knabe machte in der Nacht im Schlafe mitunter stunden¬
lang Reitbewegungen, die Koitusbewegungen sehr ähnlich sahen. Bei ihm
wurde besonders durch wiederholten Spitalaufenthalt Besserung erzielt. Der
zweite Fall betrifft ein 12jähriges Mädchen, welches sich nachts auf den
Bauch legte, die Hände vor’s Gesicht kreuzte und mit der Stirn auf die
Hände schlug; das konnte mitunter die ganze Nacht durchgehen. Der
Spitalaufenthalt besserte den Zustand. Der dritte Fall ist dem zweiten
sehr ähnlich. Hier hatte ein einmaliger Spitalauienthalt nicht den gewünschten
Erfolg. Hamburger schließt sich der Anschauung an, daß alle Schlaf¬
störungen irgendwelcher Art, wenn sie gewohnheitsmäßig auftreten, psycho¬
gener Natur seien.
Nach Erfahrungen von Benjamins (22) ist das Zähneknirschen ein
Symptom der adenoiden Vegetationen. Möge es auch aus anderer Ursache
bei neuropathisch veranlagten Personen Vorkommen können, so muß es doch
stets Verdacht auf das Bestehen einer vergrößerten Rachentonsille erregen.
An einem schon von Taylor 1898 beschriebenen Fall von familiärer
periodischer Extremitätenlähmung machten Edsall und Means (61) Stoff¬
wechseluntersuchungen, deren Resultate aber so wenig ergiebig sind, daß sie
zur Aufklärung des Leidens kaum beitragen.
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232
Aphasie.
Aphasie.
Ref.: Prof. A. Pick-Prag.
1. Binswanger, Fall von Dysarthrie nach Schuß Verletzung am Schädel. Münch, med.
Wooh. 62. 1651. (Sitzungsbericht.)
2. Bonhoeffor, K , Doppelseitige symmetrische Schläfen- und Parietallappenherde als
Ursacho vollständiger dauomdor Worttaubhoit bei erhaltener Tonskala, verbunden
mit taktiler und optischer Agnosie. Monatsschr. f. Psychiatrie. Bd 37. H. 1. p. 17.
3. Brodmann, K., Zur Lohre Von der motorischen Aphasie. Münch, med. Woch. p. 376.
(Sitzungsbericht.)
4. Cal ho un, F. P., Report of Oase of Minor-Writing. Ophthalmie Record. Sept.
XXIV. No. 9.
5. Churchman, John W., Motor Aphasia, with Fracture of tho Base of the Skull. The
Journ. of the Amer. med. Assoo. Vol. LXIV. No. 15. p. 1233.
6. Ciarla, E., Motor Apraxia from a Lesion in the Corpus Callosum. Policlinico. Jan.
Med. Section. No. 1.
7. Fr ö sch eis. Emil, Über Kriegssprachstörungen. Der Militärarzt. Nö. 5. p. 73.
8. Derselbe, Über den zentralen Mechanismus der Sprache. Dtsch. Ztschr. f. Nervenhlk.
54. (1.) 19.
9. Goldstein, Kurt, Die transkortikalen Aphasion. Ergebnisse der Neurologie u. Psvch.
Bd. II. H. 3. p. 349.
10. Goodhart, S. P., and Climenko, H., Alexia. New York med. Journ. CI. No. 25.
11. Gordon, Alfred, A Caso of Aphasia. The J. of Nerv, and Ment. Dis. Vol. 42. S. 637.
(Sitzungsbericht.)
12. Herzog, Ein Fall von partieller Seelenblindhoit, optischer Aphasie und Alexio. Dt soll,
med. Woch. No. 19. p. 550. % (Nichts Besonderes )
13. Hevoroch, A., Über Alexie. Oasopis öeskyeh. lek. 54. 8. (Böhmisch.)
14. Higier, H., Komplette motorische Aphasie und Alexie traumatischen Ursprung* bei
konservativer Behandlung geheilt. Vorhandl. d. Warschauer ärztl. Gosellsch. CXI.
177.
15. Kakels, M. S., Hemorrhage from Middlo Meningeal Artery Duo to Traumatism; Homi-
plegia, Motor Aphasia; Osteoplastic Flap for Ligation of Vessel; Recovery. Am. J.
of Surg. Vol. 29. No. 1. S. 16.
16. Liepmann, Gehimbefunde bei Apbasischen und Agnostischen. Neurol. Zbl. p. 666.
(Sitzungsbericht.)
17. Mingazzini, G., Über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnis der Aphasiolehre.
Monatsschr. f. Psychiatrie. Bd. 37. H. 3. p. 150.
18. Müller, Emil, Fall von »Streifschuß des Kopfes mit schwerer motorisch-anmestischer
Aphasie. Münch, med. Woch. 1916. 63. 131. (Sitzungsbericht.)
19. Nioßl v. Mayendorf, Beiträge zur Kenntnis vom zentralen Mechanismus der Sprache.
Dtsch. Ztschr. f. Nervonheilkd. 53. (3 4.) 263.
20. Pelnaf. J., Über die Hevoroch,sehe Amerisia. Casopis ceskyeh. lek. 54. 581.
(böhmisch.)
21. Pick, A., Kleine Beiträge zur Pathologie der Sprachzentren. Ztschr. f. d. ges. Neur.
30. (2/3.) 254.
22. Pietro, Ercolani, Apra^sia cd afasia. Gaz. med. lombarda. Anno LXXIV. No. 9.
p. 97.
23. Pötzel, O., Ein Fall von Aphasie mit Spontanbowegungen in der gelähmten Hand beim
Wortfinden. Jahrb. f. Psvch. 35. 397. (Sitzungsbericht.)
24. Ruttin, Fall von plötzlicher beiderseitiger Sprach tau bheit und Unerregbarkeit mit
unbekannter Ätiologie. Mschr. f. Ohrenhlk. 49. 728. (Sitzungsbericht.)
26. Schröck, R., Über kongenitale Wortblindhoit. Klin. Monatsblätter f. Augenheilk.
Fe br.-März. p. 167.
26. Swift, W. B., Studies in Speech Disorders. Bosten M. a. S. J. 173. (19/20.)
27. Wolff, G., Erhebliche Sprachstörung nach Schuß Verletzung am Kopf. Vereinsbeil,
d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 92.
28. Derselbe, Kongenitale Wortblindheit. S. B. d. D. m. W. 1916. 496.
Der im Titel von Bonhoeffer’s (2) Mitteilung wiedergegebenen Sym¬
ptomatologie entsprach der diagnostizierte Befund beiderseitiger fast symme¬
trischer Erweichung des Parietalhirns und des Schläfelappens, neben der
sich noch ein für diese Symptome belangloser später eingetretener Herd im
rechten Stirnhirn und ein kleiner Herd im Sehhügel finden. Zerstört ist
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Aphasie.
233
links die hintere Hälfte der 1. Tempor. nnd das hintere Drittel der 2. Tempor.
der Gyr. augul. und margin. betroffen. Nach oben reicht der Herd bis an
die Fiss. interpariet., stellenweise über sie hinaus. Nach vorn reicht er bis
gegen die Central, post, hin und ein Stück hinter ihr freilassend. Nach
hinten reicht der Herd bis an die Okzipitales.
Rechts ähnlicher Befund, doch ist etwas mehr von der 1. Tempor.
erhalten, der Herd scheint dort weniger in die Tiefe zu reichen. Das obere
Scheitelläppchen ist nur in den hinteren Partien- betroffen. Eingehendere
Darstellung an Schnittserien.
Aus der Diskussion der Einzelsymptome ist hervorzuheben: Das
dauernde Stationärbleiben der Worttaubheit, das von Anfang an zur Diagnose
beiderseitiger Schläfelappenherde Anlaß gab, und insbesondere die fast völlige
Zerstörung der rechten Wortklangsphäre widerlegt die Annahme von der
Bedeutung dieser letzteren für Paraphasie. Bedeutsam ist die akustische
und räumliche Perzeption der kontinuierlichen Tonskala trotz beiderseitiger
Zerstörung des hinteren Abschnittes der 1. Temporalwindung. Bezüglich der
beiderseits (rechts etwas weniger gut) vorhandenen Hörfahigkeit ist in Rück¬
sicht des Befundes der beiderseitigen Zerstörung der Heschlschen Windung
bervorzuheben, daß dafür ein erhaltener Rest der rechtsseitigen Windung
die Erklärung gibt.
Unter Berücksichtigung der durch die Sprachstörung äußerst erschwerten
Differenzierung zwischen agnostischen und apraktischen Erscheinungen spricht
sich Bonhoeffer für das Vorhandensein agnostischer Störungen auf optisch¬
akustischem und taktilem Gebiete aus, neben denen auch idoatorisch-aprak-
tische Störungen nachweisbar waren, bei Fehlen motorischer Apraxie; das
letztere, bei dem Vorhandensein bis tief ins Mark bis zum Ventrikel reichender
Herde im Parietalhirn sehr auffällig, könnte vielleicht auf das beiderseitige
Erhaltenbleiben des vordem Teils der Marginalwindung erklärt werden.
Anschließend erörtert Bonhoeffer noch Fragen der Lokalisation in
der Sehstrahlung und im Balken sowie die Frage von der Mitwirkung sub-
kortikaler Hirnteile an Resten von Funktionsleistungen nach Zerstörung der
im Hirnmantel gelegenen Projektionszentren.
Ein 9 jähriger Knabe — Beobachtung von Churchm&n (5) — wurde
durch ein Automobil schwer am Kopfe verletzt. Verletzungen waren sichtbar
am rechten Scheitelbein und an der oberen Partie der linken Hinterhaupts¬
gegend. In der Klinik war Patient bewußtlos, hatte blutigen Ausfluß aus
dem linken Ohr und blutiges Erbrechen. Da die Bewußtlosigkeit zunahm
uud sich Krämpfe besonders in den rechtsseitigen Extremitäten einstellten,
wurde an der linken unteren Temporalregion eine Dekompressionsoperation
vorgenommen. Unter der Dura fand man eine Masse Blut, und die Gehirn¬
substanz im Bereich der Präzentralwindung war verletzt. Nach der Operation
war Patient noch tagelang entweder benommen oder ruhelos, ohne geistig
zu reagieren. Dann stellten sich wieder rhythmisch erfolgende rechtsseitige
Krämpfe ein und eine linksseitige Blicklähmung. In den nächsten Tagen
besserte sich der Zustand, Patient verlor den starren, interesselosen Blick,
achtete wieder auf die Dinge, die in seiner Umgebung sich ereigneten und
lächelte zuweilen, er sprach aber kein Wort. Es bestand nun das typische
Bild der motorischen Aphasie; er verstand, was man zu ihm sprach, was
man ihm vorlas, aber er selbst konnte nicht lesen und schreiben, dagegen
langsam kopieren. Es bestanden keine apraktischen Störungen. Nach
einiger Zeit fing er an, Wörter, wenn auch mit großer Mühe, nachzu¬
sprechen, dabei ahmt er alles, was vorgesprochen wurde, nach, also er
wiederholt einfach die ganze an ihn gestellte Frage. Bei Benennung von
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234
Aphasie.
Gegenständen braucht er zuerst oft falsche Bezeichnungen, obwohl er den
Gegenstand richtig anwendet, später wird das besser. Er singt Lieder, aber
alles mit dem gleichen Ton. Der Zustand besserte sich nach und nach, und
nach Verlauf von einem halben Jahre war Patient bis auf leichte geistige
Trägheit vollständig wieder hergestellt; sein Sprachvermögen war wieder
normal. Der Autor läßt es zweifelhaft, ob die bei der Operation gefundene
Verletzung der Präzentralrinde allein die Ursache der Aphasie gewesen ist.
{Jacobsohn)
Fröschels (7) bespricht zwölf Fälle von Aphasie, zwei Fälle einseitiger
Stimmbandlähmung, einen Fall von partieller Zungenlähmung und sechs
Fälle von Stottern und deren Behandlung.
Fröschels (8) bespricht zunächst die von ihm geübte Methode der
Behandlung der Aphasien, die sich mit geringen Modifikationen als die bisher
allgemein übliche (optisch-taktile) darstellt, und deren Erfolg er durch einige
Krankengeschichten belegt, unter denen sich auch Fälle mit Kopfschüssen
finden. Daran schließt eine kurze Erörterung der Einwände, die gegen
diese Methode von Froment und Monod erhoben worden, die sich vor
allem auf die Tatsache gründet, daß die Sprache bei schweren Fällen vom
Ohr aus nicht mehr zu erzeugen ist. An der Hand der so gewonnenen
Beobachtungen bespricht Fröschels die Frage nach dem Wesen der Sprach-
neubildung. Zuerst diskutiert er die bisher darüber geläufigen Ansichten
und kommt für seinen Fall zur Ansicht, daß die Annahme von der Be¬
teiligung der rechten Hirnhälfte am Wiederaufbau der Sprache nur dann
haltbar ist, wenn auch schon primär diese Hemisphäre am Sprechalct
beteiligt ist. Für die Fälle, die von Anfang an akustisch zu fördern sind,
wäre es möglich anzunehmen, daß die primär nicht beteiligte rechte
Hemisphäre unabhängig von der linken ein Lautklangbildzentrum erwirbt
und dieses eine rechtsseitige motorische Sprachregion in Bewegung setzt.
Goldstein’s (9) Arbeit, von monographischem Umfange, gibt eine aus¬
führliche Darlegung seiner Ansicht vom tatsächlichen Bestände der ver¬
schiedenen Typen transkortikaler Aphasien, die er als psychologische Ein¬
heiten auffaßt, bedingt durch eine vorzugsweise Schädigung bestimmter
psychischer Funktionen.
Ihre Bedeutung reicht aber über das so begrenzte Thema dadurch
hinaus, daß in den Bahmen derselben eine Menge von Detailstudien auf¬
genommen erscheinen, die auch ganz losgelöst vom Hauptthema selbständige
Arbeiten darstellen. Das geht schon daraus hervor, daß die theoretischen,
die Aphasie im allgemeinen betreffenden Vorbemerkungen nahe an 1Ü0 Seiten
umfassen. Die Arbeit ist aber weiter dadurch von Bedeutung, als Gold-
stein in erwünschter Breite auch Ansichten darlegt, die in früheren Arbeiten
uicht zu so ausführlicher Darstellung gekommen sind. Daß eine solche Arbeit
kaum mit genügender Breite hier referiert werden kann, ergibt sich von
selbst, erscheint aber auch insofern überflüssig, als jeder Forscher auf dem
Gebiete der Aphasie auf das Original zu greifen sich bemüßigt sehen wird.
Heveroch (13) versteht unter Alexie den Verlust der erlernten Fähig¬
keit, zu lesen. Also alle anderen Störungen, die sich auch als Unfähigkeit
zum Lesen äußern, können nicht als Alexie bezeichnet werden, wie z. B.
nicht lesen kann deijenige, der es nie gelernt hat, oder der, der mit
Hemianopsie behaftet ist u. dgl. Die klassische Lehre über Alexie, wie
über Aphasien überhaupt, reicht mit ihror Klassifikation nicht aus, um den
Reichtum der Erscheinungen, die hierher gehören, zu umschließen. Die. ein¬
gehende, lesenswerte Diskussion des Autors läßt sich nur in einer Über¬
setzung wiedergeben. Autor erwägt etwa folgendermaßen: Das Geschriebene
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Aphasie.
235
uud Gelesene versteht erstens deijenige nicht, der es nie gelernt hat, zweitens
der, der z. B. die Worte kennt, aber deren Sinu nicht, der Ministrant, der
die lateinischen Gebote bei der Messe memoriert, und endlich der kleine
Schüler, der es erst lernt, die Worte aus den Buchstaben zusammen¬
zusetzen, versteht nicht den Sinn des Wortes auf den ersten Blick, aber das
Wort versteht er sofort, sobald es ihm jemand vorsagt, so daß im ganzen
die Fähigkeit, das Gelesene zu verstehen, durch folgende Momente bedingt
ist: 1- mau muß sehen, 2. wissen, welchen Buchstaben der Lautvokal oder
Konsonant repräsentiert, 3. die Worte in Sätze und die Buchstaben in
Worte zusammeusetzen können, 4. den Sinn der Worte und Sätze verstehen.
Bezeichnen wir jetzt die Fähigkeit, zu sehen, mit J'l, die Kenntnis der
Buchstabeu mit fl 1, die Fähigkeit, die Buchstaben in Worte zusammen-
zusetzeu, mit f\ v, die Kenntnis des Sinnes des Wortes mit J'l, so bekommen
wir folgendes schöne Schema, deren der Autor eine gauze Reihe publiziert,
von denen aber nur eitle Auswahl reproduziert werden mag. Dazu ist noch
notwendig zu merken, daß die Funktionen, die beim Lesen sich entwickeln
und ganz analog den obigen sind, ebenfalls analog bezeichnet werden, nur
statt 0 wird das Zeichen ; gebracht; für Schreiben wird ebenfalls analog das
Zeichen 1 angewendet; für die Tätigkeit, das Gehörte zu verstehen, analog
das Zeichen \
Schema der Funktionen beim lauten Lesen:
T w? jv<— /i <
f\ — > i\ ▼ —> fi * —► /i —>
So liest, wer versteht, was er liest. In Worte übersetzt (als Beispiel, das bei
folgenden Schematen nicht mehr wiederholt wird) heißt es: der Mensch, der
normal sieht (fl), die Buchstabeu kennt (fl v) und sie in Worte zusammen-
zusetzen versteht (J'l 1), den Sinn der Worte gut auffaßt (J'l), kann das
wahrgeuommene Gelesene reproduzieren (die umgekehrte Reihenfolge der
Funktionen). Die jüdische Jugend, die meistens das Hebräische nicht versteht,
betet in der Synagoge aus den hebräischen Gebetbüchern nach folgendem,
jetzt wohl allgemein verständlichem Schema:
i/s* <— /;> ■*- r, <-
Ganz analog lassen sich Schemata konstruieren für das Abschreiben
einer. Sache, die dem Abschreiber verständlich ist, oder das mechanische
Abschreiben, z. B. in einer Sprache, die dem Betreffenden nicht verständlich
ist u. dgl. m.
Als Beispiel der Anwendung der Schemata: Das Abschreiben des Un¬
verständlichen: /-o l "0 I . /*0 .
\ J 2 v "* J 2 1 Ja * "
Y /!'—»• /ä 1
Das Abschreiben, wenn dem Betreffenden nur die Buchstaben bekannt sind:
I f\ 1 < /s **
VU— ►/!-*
Das Abschreiben beim Menschen, der auch die Buchstaben nicht kennt und
sie nur abzeichnet:
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Aphasie.
Das universale Schema für alle Sprachfahigkeiten ist dann:
fi i — ß *
J'l i «—/: <—
^ y> — ► /s 1 — ► y*a —>
-* /* • *
Jetzt kann natürlich eine jede beliebige Teilfunktion gestört sein. Die
reine Alexie ist (auf andere kann im Referate nicht eingegangen werden) durch
die Störung der Funktion J‘l charakterisiert; und da es zwei f "-Funktionen
gibt, existieren auch zweierlei Anomalien: entweder ist die f\ 1-Funktion gestört,
d. h. der Kranke kann die Buchstaben nicht leseu, oder die f° a v- Funktion,
d. h. er liest die Buchstaben, aber die Worte nicht. Die erste ist die Alexia
pura litteralis, die zweite die Alexia pura ameristica verbalis. Andere, als
Alexie zu bezeichnende Störungen lassen sich aus dem Schema leicht
verstehen.
Und noch eine Komplikation kommt in Betracht, nämlich die Fähigkeit
zu lesen, wenn der Patient die Buchstaben abtastet. Diese Funktion be¬
zeichnet der Autor mit das vollständige Schema läßt, sich schon leicht
konstruieren. (Bei den Blinden, die lesen können, fehlt die Funktion / °,
dagegen ist die Funktion f 2 vorhanden.) Wollen wir am einfachsten das
Schema darstellen, so können wir sämtliche Funktionen nebeneinander schreiben,
uud die oben angewandte Bezeichnung p — perzeptive und e = expressive
verbinden, da sie in der durchaus überwiegenden Mehrheit der Fälle gleich¬
zeitig vorhanden sind. Das Schema sieht dann aus:
/•» o t _ /• & o t _
T •<- t'(\t e) •' 2 J 9
> * / ' -wv -> fv >
Durch dieses einfache Schema ist der Autor imstande, sehr genau sämt¬
liche, auch die feinsten Störungen zu erkläreu und, was auch sehr wichtig
ist, diejenigen voneinander zu trennen, die nicht zusammen gehören und
vielleicht in der klassischen Lehre nicht scharf genug differiert werden
konnten. Die Kasuistik, die der Verfasser publiziert, zeigt deutlich die
Anwendungsfähigkeit der in jeder Hinsicht sehr tief ersonnenen Theorie
der Beschaffenheit der Alexie. ( Jar . StuchWc.)
Higier (14): 24 Jahr alt. Nach einem schweren Stockhieb entwickelt
sich im Laufe einer halben Stunde Schwäche der rechten Körperhälfte nebst
Stummheit. Am nächsten Tag Somnolenz, Kopfschmerz, Schwindel, Er¬
brechen, PulsverlangsamuDg bis 50 Schläge in der Minute, leichte Hemi-
pare rechts ohne Spasmen und Zehenphänomen. Eine Ausnahme machen der
Opponens pollicis, die mimischen Muskeln in allen 3 Zweigen und die Zunge,
die sämtlich stark affiziert sind. Leichte Schluckstöruugen. Totale moto¬
rische Aphasie. Schwellung, Suggilationen und Druckschmerzhaftigkeit des
linken Stirnbeins, Impression des hinteren Drittels des Stirnbeins in der
Nähe des Schläfenbeins. Fehlende Erscheinungen einer Basisfraktur. Fundus
normal. Keine Hemianopsie. Lumbalpunktion negativ. Im weiteren Ver-
*) p *= perzeptive, e = expressive Funktion.
**) Oder noch einfacher:
T W* JX < f\ <
fl ► ft > J '1
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Aphasie.
237
laufe wurde festgestellt: Abwesenheit agnostisch-apraktischer Erscheinungen
und bei Rückkehr der Sprache — nach 3 Wochen — starke Störung der
Sprachintonation, abhängig von den Stimmbändern. Wahrscheinlich Zer¬
reißung eines Astes der Art cerebr. med. mit einem epiduralen Erguß in der
Nähe des Gyrus Broca. Das allmähliche Entwickeln, die progrediente Besse¬
rung, das Fehleu von Blut im Liquor und Abwesenheit Jacksouscher motor.
oder sensibler Erscheinungen ließen eine konservative Behandlung des
sich resorbierenden Ergusses rechtfertigen, (Selbstbericht.)
Kakels (15) berichtet über einen Fall, in welchem sich bald nach
einem Trauma des rechten Schläfenbeins und dadurch bedingter Ruptur
der A. meningea eine durch Blutextravasat bedingte Hirnkompression mit
rechtseitiger Hemiplegie und motorischer Aphasie ausbildete. Durch schnelle
Operation w r urde Patient wieder hergestellt. (Jacobsohn.)
Mingazzini’s (17) zusammeufassende Studie behandelt die Frage fast
ausschließlich vom klinisch-anatomischen Standpunkte. Sie ist nicht bloß
durch die umfassende kritische Darstellung, sondern auch durch die Mit¬
teilung bisher nicht veröffentlichten anatomischen Materiales von kurz mit¬
geteilten Fällen der Beachtung seitens der Interessenten sicher.
Nießl v. Mayendorf (19) teilt zwei Fälle von motorischer Aphasie
(Amnesia verbalis kiuaesthetica) mit, von denen der erste trotz einer umfang¬
reichen, beinahe die ganze linke dritte Stirnwindung sowie das untere
Drittel der beiden Rolandoscben Windungen zerstörenden Erweichuugszyste
mit einer baldigen, weitgehenden Restitution der Sprache einhergiug, während
der zweite, ein akutes Krankheitsbild infolge einer embolischen Erweichung
des hintersten Abschnittes der linken ersten Temporalwinduug und des
unteren Scheitellappens, bei gleichzeitiger Destruktion der hinteren tempo¬
ralen Querwindung, der hinteren Inselrinde samt der Capsula externa, sowie
der Rinde und des Markes der hinteren Zentralwindung, endlich der Klapp¬
deckelrinde der vorderen Zentralwindung mit einer typischen, bis zum Tode
währenden Wortstummheit hervorgerufen hatte, während von sensorisch-apha-
sischen Symptomen, von Worttaubheit keine Spur nachweisbar war. Beide
Fälle sind nur durch die von dem Verfasser in seinen „Aphasischen Sym¬
ptomen“ aufgestellte und durch ein umfangreiches Beweismaterial gestützte
Theorie von den Funktionen der rechten Hemisphäre erklärbar. Der Fall
erfahrt eine naheliegende und befriedigende Deutung, wenn man die den
ausgefallenen linken Großhirnpartien entsprechenden rechtsseitigen unter
normalen Verhältnissen als funktionell minderwertig, jedoch, sobald das
Gehirn nur auf sie angewiesen ist, als funktionell gleichwertig auffaßt. Im
zweiten Fall war die ganze linke Hörsphäre selbst im weiteren Sinne des
Wortes sicher außer Funktion gesetzt, da, wenn auch die vordere temporale
Querwindung selbst zum größten Teil erhalten geblieben war, der Herd in
der Capsula externa die Projektionsstrahlung für dieselbe unterbrochen hatte.
Das Fehlen von Worttaubheit konnte daher nur von dem Funktionieren der
rechten Hörsphäre bedingt sein. Daß die dritte Temporalwindung nichts mit
dem Hören zu tun hat, wurde von dem Verfasser in seiner Monographie
„Die aphasischen Symptome“ durch die Zusammenstellung aller einschlägigen
Beobachtungen bewiesen. Überdies waren beide Patienten Rechtshänder. Will
man die Erklärungsweise des Verf. nicht gelten lassen, so müßte man die
Aunahme machen, daß Hirnteile, welche schon wegen ihrer anatomischen
Verbindungen niemals etwas mit den ausgefallenen Funktionen zu tun haben
konnten, nun auf einmal in der schwererkraukten Hemisphäre neue spezielle
Fähigkeiten erwürben. Selbst v. Monakow, welcher im Gegensatz zu den
Anschauungen des Verfassers nach seiner Diascliisistheorie den funktionellen
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238
Aphasie.
Ausfall nicht allein aus dem materiellen Untergang des Großhirngewebes
erklärt wissen will, stellt eine solche Erklärungsmöglichkeit entschieden in
Abrede. Eine Erklärung beider Fälle durch die Diaschisistheorie ist un¬
möglich, da dieselbe nur auf solche Fälle anwendbar ist, bei denen die
funktionellen Störungen auf alterierte Hirnpartien hinweisen, welche anato¬
misch gesund, nicht aber dort, wo, wie in den beiden geschilderten Beob¬
achtungen, das Umgekehrte der Fall ist. (Autorreferat.)
Peln&f (20) teilt zuerst einen Fall mit, bei welchem es überhaupt nicht
zum Erlernen des Lesens und Schreibens gekommen ist. Die Patientin
kann nur Buchstaben lesen, sie abzeichnen (aber nicht schreiben), spricht
schwer auch Worte aus. Es handelt sich um eine Störung der perzeptiver
und expressiven meristischen Funktion, die von Geburt an dauert, also ein
Beweis dafür, daß die meristische Funktion auch ihre Selbständigkeit, was
die Entwicklung betrifft, besitzt. — Ferner einen Fall von allgemeiner Aroe-
risia, die sich plötzlich eingestellt hat bei vollständig ungestörten anderen
Funktionen (keine Lähmungen). Die Störung sitzt nach dem Heveroch-
schen Schema in / a . — Zuletzt analysiert Verf. die psychologische Klassi¬
fikation des Lesens und Schreibens und betont die Bedeutung von Auto¬
matismen dabei. Den Übergang zum Automatismus betrachtet er als Über¬
winden der meristischen Funktion. (Jar. StuchlÜc.)
Im ersten von Pick (21) mitgeteilten Fall bandelte es sich um eine
Patientin, die vor 8 Jahren infolge eines Insultes paraphasisch wurde. Die
Sprachstörung hatte sich aber bis auf geringe Reste gebessert. Nach einem
zweiten Anfall wurde nun Patientin vollkommen taub (obwohl sie zuweilen
etwas zu hören glaubt), konnte aber so gut wie vorher sprechen und sich
auch schriftlich verständigen. Der Fall bestätige somit, daß es zu beider¬
seitiger zentraler Taubheit mindestens je eines Herdes in jeder Hemisphäre
bedarf, und ferner beweise der Fall endgültig, daß das Sichselbsthören in
der Pathogenese der Paraphasie ohne jede Bedeutung ist. Denn andernfalls
hätte sich im vorliegenden Falle, wenn auch nur für kurze Zeit eine neuer¬
liche entsprechende Einwirkung der plötzlichen Ertaubung auf die Sprache
der doch schon früher paraphasisch gewesenen Kranken bemerkbar machen
müssen. In einer zweiten geistreichen Studie sucht der Autor auseinander
zu setzen, daß die Wortwahl etwas Selbständigeres und Schwierigeres, die
Formgebung des Satzes etwas Leichteres, weil Automatisiertes ist. Daraus
erklärt sich die größere Vulnerabilität der Wortfindung bei Sprachstörungen,
also die Häufigkeit der amnestischen Aphasie. Der Agrammatismus ist
demgemäß eine wesentlich seltenere und vor allem in den typischen Fällen
der progressiven Erkrankungen später eintretendo Erscheinung, ln einem
dritten Beitrag sucht Pick eine Erklärung für die Tatsache, daß die Er¬
scheinungen der sensorischen Aphasie, vor allem die Worttaubheit, sich
rascher zurückbilden als die der motorischen Aphasie. Anknüpfend an das
Vorhergesagte wird ausgeführt, daß das Sprachverständnis nach erfolgter
Ausbildung eine rein automatisch, ohne irgendwelche Beimischung von
Willkür sich vollziehende Funktion darstellt, wogegen ebensowohl im Beginn
wie im Verlaufe des Sprechens Teilvorgänge der Willkür wenigstens niemals
ganz entbehren können. Trifft die Annahme zu, so führt der Autor aus,
daß in Fällen, wo die Ausbreitung der Herde in der linken Hemisphäre
die Deutung der Ersatzfunktion durch Teile dieser selbst ausschließt, viel¬
mehr diese von der rechten Hemisphäre geleistet wird, dann dürfte gerade
das aufgestellte Prinzip die Erklärung für die Differenz der beiden Sprach¬
gebiete abgeben. Das bis fast in die letzten Stadien automatisch sich voll¬
ziehende Sprachverständnis wird sich aut dem Wege des rechten Schläfen-
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Aphasie.
2:w
Jappens wesentlich leichter und deshalb auch rascher entwickeln, als die
Rückbildung der Funktiou der rechtsseitigen Brocastelle, bei der jedem
Stadium der wenigstens teilweisen Mechanisierung ein gewiß wesentlich
schwierigeres Stadium der Willkürbewegung vorangehen muß. Außerdem
nimmt der rechte Schläfenlappen gewiß nicht bloß der Annahme nach,
sondern ganz sicher von Beginn des Sprachverständnisses ab an dieser
Funktion entsprechend der Partialkreuzung des Akustikus in hohem Maße
teil und erscheint demnach dadurch zur Ersatzfunktion wesentlich besser
vorbereitet als die rechtseitige Brocastelle. Auch vom phylogenetischen
Standpunkte läßt sieh sagen, daß die ältere und deshalb fester gefügte
Funktion des Sprachverständnisses sich als widerstandsfähiger erweist als
die später erworbene, jüngere Funktion des Sprechens. Was von den recht¬
seitigen Sprachfeldern gesagt ist, gilt natürlich auch in gleichem Maße von
den linksseitigen.
Der vierte Beitrag ist ein solcher zur Pathologie der Schläfenlappen¬
atrophie. Patient schien ein Sprachverständnis zu haben, und sein ganzer
Sprachschatz bestand in ein paar kurzen Sätzen, resp. Satzfragmenten, die
er ständig sinnvoll oder nicht gebrauchte. Paraphasie, Wortamnesie und
Agrammatismen bestanden nicht.
Im fünften Beitrag endlich berichtet Pick über eine zuerst erkennbare
sensorische Sprachstörung, zu der am folgenden Tage eine motorische binzu-
trat Die dadurch bewirkte vollständige Aphemie verdeckte die Erscheinungen
der sensorischen Sprachstörung, die sich bei ihrem alleinigen Bestehen
offenbart hatten. Bemerkenswert unter den Symptomen der Schläfen lappen -
affektion war die markante Echolalie. Ein Fehlen von Worttaubheit beweise
noch nicht ein Fehlen der sensorischen Aphasie, da die sonst als Begleit¬
erscheinung der Worttaubheit nachweisbaren Erscheinungen durch die moto¬
rische Aphasie so verdeckt sein können, daß sie nicht zum Ausdruck gelangen.
Anhangsweise teilt Verf. dann noch einen Fall von Schläfen- und Gyrus
angularis-Affektion mit. Der Fall ist bemerkenswert einmal durch das Ver¬
schwinden einer durch anfängliche Schläfenlappenläsion gesetzten hochgradigen
Echolalie im späteren Verlaufe und durch die diagnostische Bedeutung dieses
Symptomes, das nach Ansicht des Autors nicht hinter der der übrigen apha-
sischen Störungen zurücksteht. (Jacobsohn.)
Schröck (25) berichtet über fünf Beobachtungen von sogenannter
kongenitaler Wortblindheit. Es handelt sich um Kinder oder auch schon
etwas Erwachsene, die nicht recht lesen und schreiben lernen, obwohl sie
sonst geistig vollständig normal sind. Sie können nur die einzelnen Buch¬
staben lesen und schreiben, aber sie lernen nicht oder schwer die Zusammen¬
setzung der Buchstaben zu Worten. Sie macheu daher beim Diktatschreiben
die unglaublichsten Fehler, ebenso beim Lesen und bleiben häufig wegen
dieses Mangels in der Schule zurück. Mehrstellige Zahlen dagegen können
sie lesen und schreiben, ebenso können sie auch tadellos abschreiben. Diese
Affektion, welche zuerst von Morgan beschrieben worden ist, soll auf einer
kongenitalen Entwicklungsanomalie des Gyrus angularis zurückzuführen sein.
Der Fehler soll auch familiär auftreten. Er ist auch in unreiner Form als
Teilerscheinung des Schwachsinns beobachtet. ( Jacobsohn .)
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240
Augenstörungeii und Nervensystem.
Augenstörongen and Nervensystem.
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87. Kölliier, H., Über Übergänge zwischen normalen Farbensinn und angeborener Rot-
grünblindheit und über die Möglichkeit ihrer quantitativen Bestimmung. Arch. f.
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88. Koppen. 1. Verletzung der rechten Schläfe und Orbita. 2. Verletzung des linken
inneren Augenwinkels. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 238.
89. Kraupa, Ernst, Dio Anastomosen an Pupillen- und Netzhautvenen. Arch, f. Augen¬
heilk. Bd. LXXVIII. No. 3. p. 182.
90. Krückmann, E., Über Kriegsverletzungen des Auges. Zsohr. f. ärztl. Fortbildung.
No. 18. p. 545.
91. Derselbe, Ueber Kriegs biindoiifürsorgo. Dtsch. med. Woch. No. 25—27. p. 725.
763. 788.
92. Kunz, L., und Ohm, J., Über photographische Messung des Augenabstandes und der
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108. Derselbe, Schwere Augenverletzungen, ebd. p. 390.
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Aich. f. Ophthalmol. Bd. 89. H. 3. p. 505.
110. Derselbe, Beiträge zur Kenntnis des Augenzitterns der Bergleute. II. Das Krankheits-
biid. ebd. 91. (1.) 101.
111. Ol off. Bemerkenswerte Fälle von Verwundung des Sehorgans. Dtsch. med. Woch.
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112. Derselbe, Über primäre Tumoren und tumorähnliche Bildungen der Papilla nervi
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113. Pagenstecher, Adolf H., Zur Kugeleinheilung naoh Enukleation nebst Bemerkungen
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115. P ä 1 i c h - S z ä n t ö, Olga, Beiträge zur Entstehung der traumatischen Makulaerkrankun¬
gen. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Jan. p. 56.
116. Derselbe, Zwei seltene Befunde am Sohnervenkopfe, ebd. Bd. LV. Juli-Aug. p. 149.
117. Pasetti, G., Di alcune rare localizzazioni sifilitiohe del! occhio. Annali di Ottal-
mologia. Vol. NLIII. No. 9—12. p. 936.
118 Paul, Beobachtungen über Nachtblindheit im Felde. Feldärztl. Beil. z. Münch, med.
Woch. No. 45. S. 1548.
119. Peters, R., Angeborener Lagophthalmus in vier Generationen. Kl. Monatsbl. f.
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bericht.)
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28. 1401. (Sitzungsbericht.)
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29. 148. (Sitzungsbericht.)
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127. Ra dos, Andreas, Histologische Veränderungen bei der experimentellen Stauungs¬
papille. Arch. f. Augenheilk. Bd. LXXIX. H. 4. p. 199.
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Studium der Kriegserblindungen. Der Militärarzt. No. 18. p. 295.
16*
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244 Augenstörungen und Nervensystem.
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130. Reis, Kann die Abstammung des Netzhautglioms vom Pigmentepithel der Netzhaut als
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of tho Hemianopic Border-Lin© as Local Sign of Brain Lesions; Eight Caees. Hospitals*
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136. Derselbe, Über akute Retrobulbämeuritis, im Chiasma lokalisiert. (Klinische und
pathologisch-anatomische Untersuchungen.) Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. LV.
Juli/Aug. S. 68.
137. Rosenfeld. Susanne. Elf Fälle von Hemiopie. Lnaug.-Dissert. Heidelberg. Juni.
138. Ruttin, E., Schrapnellsteckschuß im hinteren Gaumenbogen, akute Otitis, Stauungs¬
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139. Säger, Walter, Zwei seltene Schrotschußverletzungen dos Auges. Zugleich ein Beitrag
zur Kenntnis der Konturschüsse des Auges und der Sehnerven Verletzungen. Zschr.
f. Augenheilk. Bd. 33. H. 1—2. p. 36.
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141. Sattler, R., Double Papillo-Edema. Optic Neuritis. Lancet-Clinic. April.
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bericht.)
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145. Schmidt mann, Martha, Zur Kasuistik der direkten und indirekten Sehnervenver¬
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154. Stirling, A. W., Tobacco Amblyop : a. Georgia med. Assoc. Journ. Jan.
155. Stock, Kriegsverletzungen der Augen. Münch, med. Woch. p. 550. (Sitzungsbericht.)
156. Strümpell, Adolf, Über heilbare schwere Neuritis optica, verbunden mit cerebellarer
Ataxie beim Keuchhusten (Keuchhusten-Encephalitis). Dtsch. Zschr. f. Nervenheilk.
Bd. 53. H. 3—4. p. 321.
157. Szily, A. v., Zur Kenntnis der Augonhinttigrundtf-Veränderungen nach Schädel¬
verwundungen. Dtsch. med. Woch. No. 34. p. 1008.
158. Terrv, R. J., and Wiener, M., Mydriatic Action of Dextrohyoscyamin. Ann. of
Ophthalmol. Oct.
159. Th omas, H. G., Optic Neuritis and dolor Fields in Diagnosis of Syphilis, Neurasthenie,
Hyperthyroidism, Dementia Praecox, Manie-Depressive Insanity and Third CMelioration
Sypliilis. Amer. Journ. of Insanity. Vol. 72. No. 1.
160. Tresling. Kasuistische Mitteilung über Verletzungen der Sehnerven. Klin. Monatsbl.
f. Augenheilk.
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Augenstörangen und Nervensystem. 245
101. Uhthoff, W., Doppelseitige traumatische Hemianopsie. Vereinsbell. d. Dtsoh.
med. Woch. p. 1143.
102. Derselbe, Beitrag zu den Sehstörungen durch Methylalkoholvergiftung. Klin.
Monat sbl. f. Augenheilk. Jan. p. 48.
103. Derselbe, Ein Fall von doppelseitiger zentraler, punktförmiger, subepithelialer Keratitis
».knötchenförmiger Keratitis“ Groenouw mit anatomischem Befund, ebd. Bd. LTV.
p. 377.
104. Derselbe, Doppelseitige symmetrische Degeneration der Kornea mit Ablagerungen
von Harnsäure und saurem hamsaurem Natron bei sonst normaler Beschaffenheit
der Augen und gutem Allgemeinbefinden, ibid. p. 383.
105. Derselbe, Über die Augenveränderungen bei den Erkrankungen des Gehirns. Graefe-
Saemisch-Hess Handbuch d. gee. Augenheilk. Bd. XI. Abt. 2 B.
100. Derselbe, Beiträge zu den hemianopischen Gesichtsfeldstörungen naoh Schädelsohüssen,
besonders solchen im Bereich des Hinterhauptes. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk.
Bd. LV. Juli/Aug. S. 105.
107. Derselbe, Weitere klinische und anatomische Beiträge zu den degenerativen Erkrankun¬
gen der Hornhaut, ebd. Bd. 55. Sept./Oct.
168. Waar den bürg, P. J., Zwei Fälle mit Arteria hyaloidea persistens und eigentümlicher
Gesichtsfeldeinschränkung Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (II.) 2396.
169. Walker, C. B., Topical Diagnosis and Psychiatric Value of Wilbrand Test with New
Clinical Instrument. Arch. of Ophthalmol. March, p. 109.
170. Derselbe, Study of Bitemporal Hemianopsia with New Instruments and Methods for
Detecting Slight Changes. ebd. July. XLIV. No. 4.
171. Wessely, K., Augenärztliche Erfahrungen im Felde. Würzburger Abhdlg. 15.
(9.) 167.*
172. Wietfeldt, Avitaminose als Ursache der Nachtblindheit im Felde. Bemerkungen
zu „Beobachtungen über Nachtblindheit im Felde“ von Stabsarzt d. R. Dr. Paul in
No. 45. d. Wschr. Feldärztl. Beil. z. Münoh. med. Woch. 62. (50.) 1743.
173. Wilbrand, H., und Saenger, A., Die Neurologie des Auges. Die Erkrankungen
des Optikusstammes. Bd. 5. Wiesbaden. J. F. Bergmann.
174. Dieselben, Die Neurologie des Auges. Ein Handbuch für Nerven- und Augenärzte.
Bd. VI. Die Erkrankungen des Chiasmas. Wiesbaden. J. F. Bergmann.
175. Williams, C., Oase of Acute Retrobulbär Neuritis. Ophthalmie Record. Aug.
XXIV. No. 8.
176. Wohlgemuth, E., Schuß durch das linke Auge. Vereinsbell. d. Dtsch. med. Wooh.
p. 238.
177. Wolffberg, Zur diagnostischen Verwertung der quantitativen Farbensinnprüfung.
Wochenschr. f. Therapie u. Hygiene d. Auges. 19. (1/11.) 2. 13. 17. 21. 29. 49. 53.
178. Wood. C. A., Shrapnel Wound of Occipital Region with Involvement of Visual Centers.
Ophthalmie Record. Aug. XXIV. No. 8.
179. Woodruff, F. E., Complete Left Lateral Hemianopsia with Glycosuria as Result of
Slight Trauma. Ophthalmology. 12. (1.)
180. Würdemann, H. V., Eye Symptoms of Hypophyseal Diseases, ebd. April.
181. Yakovleva, A. A., Gases of Löss of Vision from Eau de Cologne, Denaturated Alcohol
and Similar Substitutes for Whisky. Russky Vrach. XIV. No. 25.
182. Zabriskie, Edwrin G., Anourysm or Other Lesion Causing Third Nerve Paralysis,
Titubation and Hemianopsia. The J. of N. a. M. Dis. 42. 701. (Sitzungsbericht.)
183. Zade, über Blendungserpcheinungen im Felde. Münch, med. Woch. No. 44. S. 1514.
1515.
184. Zentmayer, W., Contraction of Frontalis in Abduction of Eyeball. Annals of
Ophthalmology. Jan.
Unter den Arbeiten dieses Jahrgangs überwiegen natürlich diejenigen,
die sich mit Kriegsverletzungen beschäftigen. Eine Anleitung zur Unter¬
suchung von Augenverletzten gibt Schreiber. Eine Übersicht über die Art
und die Menge der Kriegsverletzten finden wir in den Arbeiten von Bock,
Krückmann, Cosmettatos, v. Grösz, Salzer, v. Szily, Elschnig.
Über Nachblindheit im Kriege berichten Best und auch andere der an¬
geführten Autoren. Zur Kenntnis der Verletzungen des Sehzentmms trägt
die Arbeit von Dimmer bei. Dasselbe Gebiet bearbeiten Rönne und
Rosenfeld, die über 11 Fälle von Hemiopie berichtet. Von rein neuro¬
logischen Arbeiten erwähnen wir hier zuerst einige, die sich mit dem Vor¬
kommen von Pupillenstarre bei Diabetes (Dünner) und bei alkoholischer
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246
Augenstöruugeu und Nervensystem.
Neuritis (Mayer und Nonne) beschäftigen. Engelhardt bringt den
Stammbaum einer Familie mit hereditärem Nystagmus. Pick verbreitet
sich über die Lokalisation des Blickreflexes und bespricht einen Fall von
Nystagmus des Oberlids bei Nystagmus der Bulbi. Ein neues Symptom
der metastatischen Ophthalmie konnte Pichler beobachten, nämlich plötzliche
Pupillenlähmung. Mittels eines neuen Apparates weisen Förster und
Schlesinger nach, daß das Fehlen der physiologischen Pupillenunruhe
hei Dementia praecox sich durch die geringe psychische Regsamkeit der
Kranken erklärt. Einen Fall von Pseudogliom der Retina beschreibt Gaßner,
über Rückbildung von Netzhautgliom berichtet Meller. Eine weitere
pathologisch-anatomische Arbeit ist die von Seefelder über die Frage der
Kolobome und umschriebenen Grubenbildungen am Sehuerveneintritt, in
dasselbe Gebiet fällt die Arbeit von Schwarz über Hypoplasie beider
Sehnerven. Experimentell stellte Hertel fest, daß es gelingt, durch Zufuhr
von Kochsalz sowohl intern als auch intravenös den Augeudruck berab-
zusetzen, eine Tatsache, die vielleicht später in der Therapie des Glaukoms
Verwendung finden wird. Den Zusammenhang von Augenerkrankungen, wie
Keratokonus, Glaukom und anderen Erkrankungen mit der inneren Se¬
kretion weist von Hippel mittels der Methode von Abderhalden nach.
Einige größere Monographien liegen vor, so die von Uhthoff über die
Augensymptome bei Geisteskrankheiten und die beiden Bände von Wilbrand-
Sänger über die Erkrankung des Optikusstammes und über die Erkrankungen
des Chiasmas. Jedenfalls ist aus dieser Übersicht zu ersehen', daß trotz des
Krieges die medizinische Wissenschaft nicht ruht und fleißig der Ban des
medizinischen Gebäudes erweitert wird.
Axenfeld (3) teilt acht Fälle von Hemianopsien durch Schuß Verletzungen
des Hinterhauptes mit: vier Fälle sind darunter doppelseitige Hemianopsien;
diese letzteren stellen isolierte Verletzungen der Sehzentren dar und ver¬
danken ihre Entstehung Tangential- oder Querschüssen der Hinterhaupt¬
gegend. Nach der Art des Gesichtsfelddefektes müssen die oberen Teile an
der Fissura calcarina stärker beschädigt sein als die unteren, denn es fand
sich nur ein Fall mit ausschließlicher Sebstörung in der oberen Gesichts¬
feldhälfte. Die anfänglich oft vollständige Erblindung ist immer wieder
geschwunden; ein Fall von dauernder Amaurose durch Hinterhauptscbuß
kam nicht vor, wenn auch freilich Kriegsblinde im Sinne optischer Erwerbs¬
unfähigkeit darunter sind. Das Trauma an sich, die Wirkung der zerfallenen
Hirnmasse und der Hämorrhagie scheint zur Erzeugung einer Neuritis
optica auszureichen. In einem Falle wurden Halluzinationen, nicht besonders
schreckhafter Art, in der defekten Gesichtsfeldhälfte angegeben. Das Vor¬
kommen solcher Halluzinationen spreche dafür, daß man selbst bei Verletzungen,
welche sich in unmittelbarer Nähe der Rinde abspielen, die Ausfalls¬
erscheinungen nicht ohne weiteres als rein kortikal ausehen oder doch aus
ihnen nicht auf völlige Zerstörung gerade der betreffenden Rindenteile
schließen dürfe. ( JacobsoJm .)
Bei einem 8 Monate alten Kinde — Beobachtung von Axenfeld,
Küpferle und Wiedersheim (4) — war wegen Glioma retinae ein Auge
enukleiert worden. Bei der gründlichen ophthalmoskopischen Untersuchung
in der Narkose wurde auch im zweiten Auge des Kindes ein beginnendes
Gliom entdeckt. Um die Enukleation dieses zweiten Auges, wenn irgend
möglich zu vermeiden, wurde von den Autoren ein Versuch mit der Strahlen¬
therapie gemacht, nachdem man sich vorher von der Unschädlichkeit dieser
Therapie zunächst am Kaninchen überzeugt hatte. Es ergab sich, daß das
kindliche Auge große Dosen gefilterter Strahlen ohne klinisch erkennbaren
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Augenstörungen nnd Nervensystem.
247
Schaden für seine normalen Gewebe verträgt, während in der gleichen Zeit
die multiplen Gliome in der Retina in erstaunlicher Weise zur Rückbildung
gebracht wurden. Die Wirkung der Strahlentherapie ist demnach eine
elektive gewesen. (Jacobsohn.)
Alle mehr mechanisch auf den Optikus und auf die basale Sehbahn
einwirkenden Prozesse (Tumoren, Blutungen, Hydrocephalus internus, Trauma,
Stauungspapille u. dgl.) beeinträchtigen, wie sich aus umfassenden Unter-
Buchungen von Behr (9) ergibt, Sehschärfe, Gesichtsfeld und den Farbensinn
viel hochgradiger als die Dunkeladaptation. Demgegenüber pflegen entzünd¬
liche und besonders die chronisch degenerativen Prozesse die Dunkeladaptation
stark herabzusetzeu, während die übrigen visuellen Funktionen zunächst
entweder überhaupt nicht oder in bedeutend geringerem Maße geschädigt sind.
( Jacobsohn .)
Aus dem zweiten Teil der Behr’schen (10) Arbeit, in welcher er
über das Verhalten und die diagnostische Bedeutung der Dunkeladaptation
bei atrophischen Zuständen des Sehnerven spricht, ist für den Neurologen
die Tatsache von Wichtigkeit, daß die Dunkeladaptionsstörung sogar der
Optikusatrophie bei Tabes längere Zeit vorausgehen kann, so daß dies
Phänomen auf die kommende Atrophie früher hinweisen kann, als sie
ophthalmoskopisch wahrnehmbar ist. (Jacobsohn.)
Berling (11) bestätigt als zusammenfassendes Resultat ihrer Unter¬
suchungen mit der Bjerrumschen Methode an verschiedenen Optikus¬
affektionen in bezug auf das Glaukom das, was Bjerrum und spätere
Autoren feststellten, nämlich einen fast konstanten, primär vom blinden Fleck
ausgehenden Gesichtsfelddefekt. Desgleichen wurden bei multipler Sklerose
mit dem blinden Fleck zusammenhängende Skotome gefunden, die in ähn¬
licher hemianopischer Form bisher nur von Rönne beschrieben worden sind,
aber bei Verwendung der Bjerrumschen Methode gewiß häufiger zur Beob¬
achtung kommen dürften. Bei Nebenhöhlenaffektionen stimmen die von
Berling beobachteten Gesichtsfelddefekte zum Teil mit den van der
Hoevescheu Untersuchungsresultaten überein, außerdem konnte B. in einem
Falle einen bisher noch nicht beschriebenen, anfangs sektorenförmigen, später
hemianopischen Defekt mit vollständig zerstörtem zentralen Leben nach-
w-eisen. Die Gesichtsfelder der Patienten mit einer Stauungsblutung durch
Rumpfkompressionen brachten eine progrediente Sehnervenaffektion zum
Ausdruck, die mit einem kleinen zentralen Skotom begann und allmählich
nicht nur zu einem vollkommenen Funktionsausfall des papillo-makularen
Bündels führte, sondern auch deutlich eine vom blinden Fleck ausstrahlende
allseitige Gesichtsfeldeinschränkung zur Folge batte. Den „nasalen Sprung“,
den Rönne als Kriterium für eine elektive Nervenfasererkrankung auffaßt,
konnte B. nicht nur bei einem großen Teil der Glaukomgesichtsfelder fest¬
stellen, sondern auch bei einem Fall von multipler Sklerose und einem Fall
von Nasennebenhöhleuentzündung. (Jacobsohn.)
Um die Nachtblindheit im Felde nachzuweisen, bediente sich Best (12)
der radioaktiven Leuchtfarben in Form der Leuchtuhr. Sie genügt voll¬
kommen zur Aufstellung von Kurveu, die den Verlauf der Dunkeladaptation
angeben. Nach Best existiert übrigens eine „Kriegshemeralopie“ nicht
Es gibt beim Stellungskrieg eine Reihe von Bedingungen, die das Entstehen
der Hemeralopie begünstigen, so nächtliche Tätigkeit, Entbehrungen, unregel¬
mäßige Ernährung, körperliche und seelische Überanstrengung. Die Mehrzahl
der Kranken hat ihre Hemeralopie als alte Begleiterscheinung einer
Refraktionsanomalie oder als ererbte Eigentümlichkeit, die ihnen im Verkehr
mit ihren scharfsichtigen Kameraden erst zum Bewußtsein kommt. Bemerkens-
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248
Augemtörungen und Nervensystem.
wert ist das häufige Zusammentreffen der Hemeralopie mit Kopfschmerzen,
Schlaflosigkeit und anderen nervösen Symptomen nebst Abmagerung. Fast
könnte man eiue spezifische Form daniederliegender Ernährung im Sinne einer
Störung bestimmter, noch unbekannter vitaler chemischer Prozesse vermuten.
Beuttenmüller (13) beruft sich auf einen Artikel in einer österreichischen
militärischen Zeitschrift 1914, in welchem der Autor zu dem Schluß kam, daß
die Hemeralopie im Heere ein sklerotisches Symptom ist, daß ihre Häufigkeit
direkt abhängig ist von der Menge der bei der Truppe genossenen frischen
Gemüse usw. ( Jacobsohn .)
Bikeles und Buttin (15) berichten über einen Patienten mit epidemischer
Meningitis cerebrospinalis, der im Laufe der Erkrankung ertaubte. Die
otiatrische Untersuchung ergab: Trommelfelle beiderseits normal, totale
Taubheit für Sprache und Stimmgabeln, kalorische Reaktion beiderseits
negativ, Drehreaktion beiderseits bei aufrechtem, vorgeneigtem and seitwärts
geneigtem Kopf negativ, Zeigerersuch normal. Es handelt sich also um
eine beiderseitige totale Labyrinthausschaltung. Trotz des Fehlens jeder
Reaktion auf kalorische und Drehreize verhielten sich die kompensatorischen
Augenbewegungen bei passiven oder aktiven Kopfdrehungen ganz so wie
beim Gesunden. Weitere Versuche erwiesen, daß die kompensatorischen
Augenbewegungen bei dem Patienten einzig von der faktischen, keineswegs
von der subjektiv empfundenen Kopfdrehung abhingen, daß es sich also bei
den Augenbewegungen um keine willkürlichen, sondern um reflektorische
Vorgänge handelt, und ferner muß man diese Bewegungen im vorliegenden
Falle als nicht vestibulären Ursprungs, sondern als durch sensible Reize
infolge Lageveränderungen in den entsprechenden Gelenkon ausgelöst ansehen.
( Jacobsohn .)
Birch-Hirschfeld (17) gibt eine kurze Übersicht der bisher von ihm
beobachteten Augenverletzungen durch Geschosse. Er tritt für besondere
augenärztliche Untersuchungsstationen im Felde ein, um durch vorbeugende
Korrektionen des Sehvermögens viele Soldaten noch tüchtiger für den
Kriegsdienst zu machen. ( Jacobsohn .)
Birch-Hirschfeld (18) teilt einige Fälle schwerer Augenverletzungea
unter der der feindlichen Stellung benachbarten Zivilbevölkerung mit, die
durch unvorsichtiges Behandeln liegen gelassener und noch nicht krepierter
Geschosse eingetreten waren. ( Jacobsohn .)
Birch-Hirschfeld und stimmel (19) teilen 13 Fälle von elektrischer
Ophthalmie mit. Ein relatives peri- oder parazentrales Skotom für Farben
stellt ein nahezu konstantes Symptom dieser Erkrankung dar. Die Form
und Ausdehnung des akuten Blendungsskotoms bot in den beobachteten
Fällen erhebliche Unterschiede. Zweimal war nur ein Auge betroffen, in
den andern Fällen beide, aber häufig in ungleichem Grade. Eine Beziehung
zwischen der Form der blendenden Lichtquelle und der Form des Skotoms
ließ sich nicht feststellcn oder nur insofern, als die inneren Netzhauthälften
beider Augen wesentlich häufiger betroffen wurden als die äußeren. Ein
positives zentrales Skotom, wie es nach Sonnenblendung (Beobachtung von
Sonnenfinsternissen) die Regel bildet, war in. keinem Falle nacbzuweisen.
Trotzdem besteht zweifellos eine auffallende Übereinstimmung der Erschei¬
nungen hinsichtlich des vorübergehenden relativen Farbenskotoms. Diese
Übereinstimmung der Symptome bei beiden Blendungsarten deutet auf eine
gemeinsame Ursache hin, als welche wesentlich die leuchtenden Strahlen in
Betracht kommen können. Es können aber auch, wofür die Autoren zwei
Beispiele bringen, ernste und dauernde Schädigungen des Auges durch
Blendung im Betriebe Vorkommen. (, Jacobsohn .)
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Augeustöruogeü und Nervensystem.
249
Bock (21) beschreibt seine augenärztlichen Erfahrungen aus dem
Kriege. Wir erwähnen hieraus einzelne besondere Fälle, da alle übrigen
beschriebenen Verletzungen mit den hier ausführlicher referierten Arbeiten
überein8timmen. Siehe Krückmann, Salzer, Pageustecher, Zade usw.
Der Nervus opticus wird ziemlich häufig nicht durchschossen gefunden,
obwohl man nach der Art der Verwundung eine Durchtrennung erwarten
sollte. Er scheint mit anderen großen Nerven gemeinsam zu haben, daß
seine in der Spannung des lebendigen Gewebes vorhandene Kraft groß genug
ist, um ein Geschoß geradezu abzulenken. Von feineren Befunden erwähnt
Bock zarte, senkrechte Faltenbildung in der Hornhaut, die wieder ver¬
schwindet, Durchblutungen der Hornhaut infolge Zerreißung der Raud-
schlingengefaße, punktförmige Blutungen an der Vorderfläche der Iris, Lähmung
der Pupille, vorübergehende Linsentrübungen, Steinsplitter auf der Iris.
Nach großen Erschütterungen des Korpus treten häufig Augenstörungen
ohne Spiegelbefund auf. Die Fälle von Amblyopia hysterica und ueur-
asthenica sind nicht allzuselten, was bei der heutigen Kriegführung ja
weiter nicht wundernimmt. Die Prognose bei diesen Fällen ist günstig.
Fälle von Hemeralopie hat Verfasser ebenfalls beobachtet. Zum Schluß wird
erwähnt, daß Sehnervenatrophien auch nach schweren Blutverlusten öfter
beobachtet wurden.
Cords (33) untersuchte die Bedingungen, unter welchen das Auge
noch imstande ist, die Lichtempfindlichkeit wahrzunehmen, wenn Blut in der
Vorderkammer oder im Augeninnern sich befindet. Die Frage ist deshalb
von praktischer Bedeutung, weil manchmal bei Blutungen im Auge die
Projektion entweder falsch oder aufgehoben ist. Es würde in einem solchen
Fall verkehrt sein, auf eine schwere Schädigung oder Abhebung der Netzhaut
su schließen. Der Autor kommt zu folgenden Schlüssen: Ist Kammerwasser
und Glaskörper durch Blut ersetzt, so kann höchstens bei Blick in die
Sonne noch eine kaum merkliche Lichtempfindung wahrgenommen werden.
Ist die Hälfte durch Blut ersetzt, so könuen nur stärkere Lichtquellen (über
25 Kerzen) nahe vor dem Auge erkannt werden. Das Licht einer Stearin¬
kerze wird auch bei einem Blutgehalt von 25 % noch nicht gesehen. Auch
für stärkere Lichtquellen ist dabei die Projektion noch aufgehoben. Bei
einer Vorderkammerblutung wird Kerzenlicht in mindestens 1 m erkannt;
die Projektion ist dabei genau. Bei völliger Verwachsung der Lider wird
das Licht einer Stearinkerze in V 2 —1 m gut erkannt; die Projektion ist
aber auch für stärkere Lichtquellen ungenau.
In drei Arbeiten beschäftigt sich Cosmett&tos (34—36) mit den Ver-
letzuugen der Augen durch Gewehrkugelschüsse, indirekte Geschosse und
durch Artilleriegeschosse. Er gibt kurze Augaben über das Zustandekommen
der Verletzungen. Es sind keine neuen Tatsachen. Interessant sind nur
seine Zahlenangaben über die Sehverluste. Bei Gewehrkugelschüssen be¬
trugen die partiellen Sehverluste unter 43 Fällen 7 Fälle, die totalen Seh¬
verluste 9. Bei indirekten Geschosssen sind die betreffenden Zahlen auf
35 Augen Verletzungen 8 partielle und 4 totale Sehverluste, bei den Ver¬
letzungen durch Artilleriegeschosse auf 29 Fälle 10 partielle und 4 totale
Sehverluste.
Zwei interessante Fälle von Schußverletzungen der zentralen Sehbahuen
geben Dimmer (39) zur Revision der Anschauung über das Wesen der
Makulaversorgung Gelegenheit. Bei dem ersten dieser Fälle bestand eine
Quadrantenhemianopsie, die nach der Lokalität des Durchschusses und nach
den übrigen Erscheinungen durch eine Verletzung der Sehstrahlung bedingt
sein muß. Nach Henschen müßte man an eine Schädigung der unteren
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Augeustörungen und Nervensystem.
2">0
Lippe der Fissura calcarina deuken. Eine kleine Makulaaussparung würde
mit den von Lenz vertretenen Ansichten über den Abgang der der Doppel-
versorgung dienenden Fasern etwa in der Mitte des Parietallapens entsprechen.
Beim zweiten Fall finden sich folgende Veränderungen im Gesichtsfeld:
1. ein kleines zentrales absolutes Skotom, 2. ein Skotom, welches der rechten,
unteren Hälfte der rechtsseitigen, sogenannten Makulaausparung entspricht^
3. ein Skotom, welches den zentralen Teil einer nach rechts und unten ge¬
legenen Quadrantenhemianopsie einnimmt.
Das zentrale Skotom weist jedenfalls auf eine doppelseitige Erkrankung
hin, da es ja sichere Fälle gibt, bei denen die zentrale Sehschärfe normal
war, trotz vollkommener Zerstörung der von dem Sehzentium der einen
Seite kommenden zentralen Bahnen. Die zweiten homonymen Skotome
möchte Dimmer so erklärt wissen, daß eine doppelseitige Erkrankung des
Sehzentrums, die links stärker aufgetreten ist, vorhanden war. Das dritte
Skotom würde einer einseitigen Läsion der Rinde des Sehzentrums ent¬
sprechen in der oberen Calcarinalippe. Das Zentrum für die Makula¬
gegend muß in die hintere Partie der Fissura calcarina verlegt werden. Da
es einer großen Übung im Perimetrieren bedarf, um diese feinsten Skotome
herauszufinden, ist es sehr wünschenswert, alle Fälle von Schußverletzungen
des Schädels, bei denen nach der Sachlage die Möglichkeit von solchen
Gesichtsfelddefekten besteht, dem Augenarzt zuzuführen.
Dünner (41) sah bei einer 67jährigen, seit neun Jahren an Diabetes
leidenden Patientin, bei der alle vier Luesreaktiooen (Wassermann im Blut
und Liquor cerebrospinalis, Reaktion nach Hauptmann und Nonne) negatiT
waren, vorübergehende Pupillenstarre. Ungefähr acht Tage waren die
Pupillarreflexe nicht auslösbar, ebenso die Patellarreflexe. Es bestand auch
Ataxie geringen Grades. Der Autor möchte als ätiologisches Moment auf
Grund der stattgehabten Untersuchungen Lues ausschließen und in Analogie
mit Nonnes Fall von Pupillenstarre bei Alkoholintoxikation den Diabetes
als Ursache der transitorischen Starre in Anspruch nehmen.
Unter dem militärischen Augenmaterial fallt Elschnig (44) zuerst
auf die große Zahl präexistenter Augenerkraukungen, die eutweder erst im
Felde bemerkbar wurden oder überhaupt nur als Zufallsbefunde bei Verletzten
oder im Felde Erkrankten erhoben wurden: Hochgradige Myopie, Chorioiditis,
Retinitis pigmentosa, Hornhautnarben, zwei mal Stauungspapille usw. Die
beiden Soldaten mit Stauungspapille hatten wochenlang an der Front
gekämpft. Unsere gegenwärtige Kampfweise scheint im allgemeinen an
die Sehtüchtigkeit und das organische Nervensystem des Soldaten geringe
Anforderungen zu stellen. Recht groß war die Zahl der indirekt durch
Kriegsverletzungen erzeugten Augenerkrankungen. In erster Linie sind za
erwähnen, die relativ häufigen Fälle von Parese der okulo-pupillaren Fasern
des Sympathikus durch SchußverletzuDgen im Bereich des Grenzstranges
bzw. des Ganglion suprenmm des Halssympathikus (vier Fälle). Es über¬
raschte der negative Ausfall der Adrenalinreaktion, während die Erweiterung
der Lidspalte uud Pupille durch Kokain fehlte, die Kokainreaktion also
positiv ausfiel. Besonders interessant ist eine Reihe von Fällen, in denen
im Anschluß an Granatexplosionen in unmittelbarer Nähe, ohne Verwun¬
dung, schwere Allgemeinstörungen aufgetreten waren. Die Störungen waren
vorzüglich auf die Psyche und die vasomotorische Sphäre beschränkt.
Andauernd auffallend weite Pupillen bei normaler Reaktion sowie insbesondere
Ungleichheit der Pupillen, mitunter alterierend an beiden Augen, gleichfalls
hei normaler Reaktion, waren neben Erscheinungen von Commotio labyrinthi
das einzige organische Korrelat einer Reihe von funktionellen Störungen.
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Augeustörungeo uud Nervensystem.
251
Dabei fehlten aber regelmäßig die bei „traumatischer Neurose“ der zivilen
Unfallpraxis wohl zu beachtenden Ermüdungserscheinungen im Gesichtsfelde.
Bei einem Fall von langsam zunehmender Neuritis optici (Stauungs¬
papille) nach Durchschuß entlang der Schädelbasis, mit Aneurysma im Bereich
der Carotis interna erzielte mau durch Unterbindung der Carotis interna
Rückgang und Ablauf der Neuritis. Je ein Fall von Exophthalmus war
durch chronische Periostitis der Orbita sowie durch Aneurysma arterio-
venosura der Carotis interna im Sinus cavernosus bedingt. Zu den indirekten
Augenläsionen gehören die Fälle von hysterischen Anomalien des Sehorgaus,
die häufig und fast immer im Anschluß an kleine organische Traumen sich
anschlossen bzw. durch sie ausgelöst waren. Bei simulierten Sehstörungen
imponierte der prompte Einfluß der sofortigen Behandlung mit starken
faradischen Strömen. Schwere Zertrümmerungen des Augapfels waren ver¬
hältnismäßig selten. Es wurden nur 36 Fälle von einseitiger Zerstörung
des Augapfels beobachtet. Sehr häufig fanden sich bei den schwereu Ver¬
letzungen Nasennebenhöhlenaffektionen. Angenehm enttäuscht hat die geringe
Zahl von Trachomen, meist alte Fälle. Groß war die Zahl der kleinen
Verletzungen des Auges. In vier Fällen von Chorioidalruptur hatte das
Geschoß den Bindehautsack nicht berührt. Im Glaskörper waren meist
ausgedehnte Blutungen. Der Verfasser empfiehlt bei derartigen Blutungen
sein Verfahren, den Glaskörper durch physiologische Kochsalzlösung zu
ersetzen. Er glaubt, daß durch frühzeitigen Glaskörperersatz viele Augen
sehfähig oder wenigstens in ihrer Form erhalten werden könnten.
Den Stammbaum einer Familie mit hereditärem Nystagmus stellt
Engelhardt (46) auf. Von 212 Personen waren 20, und zwar 19 Männer
und l Frau damit behaftet. Die Stammeltern sind frei davon gewesen.
Die Abweichung war angeboren und wurde immer gleich bei der Geburt
bemerkt; außerdem war sie sehr auffallend. Von den 20 Nystagmuskranken
leben noch 12, 9 davon wurden vom Autor selbst untersucht. Der Typ
des Nystagmus war in allen Fällen derselbe, Nystagmus oszillatorius horizon-
talis, er bestand auch in Ruhe, die Ausschläge wurden bei Seitwärtssehen
größer. Neben dem Augennystagmus wurde siebenmal eine nystagmoide
Bewegung des Kopfes beobachtet. Die Vererbung findet nur selten von
einer Generation auf die andere statt. Gewöhnlich liegen ein oder sogar
zwei „gesunde“ Generationen dazwischen. Männliche Nystagmuskranke ver¬
erben die Anomalie nur selten direkt auf ihre Kinder. Ob weibliche Nystag¬
muskranke die Anomalie vererben können, läßt sich nicht feststellen, da die
einzige Frau mit Nystagmus kinderlos war. Ein „kranker“ Mann vererbt meist
über eine „gesunde“ Tochter die Anomalie Der Vererbungstyp ist aber
derselbe, wie bei Hämophilie, Farbenblindheit usw. Außer dem Nystagmus
fand sich in vielen Fällen Pigmentarmut des Augenhintergrundes und
schlechter Visus, doch können diese Augenabweichungen auch ohne Nystagmus
Vorkommen, so daß dieses nicht als ihre Folge angesehen werden kann.
Während von Weiler und Bumke die physiologische Pupillenunruhe
als ein bei normalen Menschen vorhandenes Symptom angesehen wurde und
Bumke sogar den Ausfall dieses Symptoms als pathognomisch bei Dementia
praecox betrachtet, kommen Förster und Schlesinger (50) auf Grund ihrer
Untersuchungen am Schlesingerschen Peripupillometer nach Ausschaltung
der Akkommodation zu anderen Ergebnissen: „Die physiologische Unruhe,
sowie die auf sensible, sensorische und psychische Reize erfolgte Pupillen¬
erweiterung ist eine Folge ständiger kleiner Schwankungen der Akkommo¬
dation eventuell der Lichtintensität. Sie kommen dadurch zustande, daß
der Patient infolge beabsichtigter oder unkontrollierbarer. Reize veranlaßt
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252
Augenatörungen und Nervensystem.
wird, momentan seine Akkommodationsanstellung zu ändern. Ihr Fehlen bei
der Dementia praecox erklärt sich leicht durch die geringe psychische Regsam¬
keit des Kranken, die sich durch unbedeutende äußere Reize wenig oder
gar nicht ab lenken lassen.“
Gaßner (52) gibt in seiner Arbeit die ausführliche pathologisch¬
anatomische Beschreibung eines Falles von Pseudogliom bei einem 9jährigen
Kinde. Die stark veränderte Netzhaut bildete den Sitz des Entzünduugs-
prozesses. An einer nasal gelegenen Stelle findet man erhebliche Verdickung
und breite Auseinanderziehung sämtlicher Schichten, Einlagerung von fein¬
körnigen Massen und Leukozyten. Das subretinale Exsudat ist an der Netz-
hauthinterfläche in Organisation begriffen. Dort finden sich auch nekrotische
Knoten. Es ist also ein Entzündungsprozeß gewesen, der ein Pseudogliom
vorgetäuscht hat Als Ursache der Entzündung kommt höchstwahrscheinlich
irgendeine Erkrankung in Frage, die eine Metastase im Auge gesetzt hat
Bemerkenswert war in diesem Fall die starke Druckerhöhung, während sonst
bei Pseudogliomen der intraokulare Druck herabgesetzt ist.
Unter 43 Fällen von Schädelschüssen beobachtete Gilbert (55) sieben¬
mal Stauungspapille. Zwei von diesen zeigten Schwellungen von mehr als
6 Dioptrien. Beidemale handelte es sich um Granatsplittersteckschüsse am
Hinterhaupt. Neben den ophthalmoskopischen Veränderungen an der Pupille
sah Gilbert als häufigste Augeukomplikation bei Schädelschüssen vorüber¬
gehende Abduzenslähmung. ( Jacobsohn .)
Nach einer statistischen Übersicht über die häufigsten Augenverletzungen
im Kriege gibt von Grösz (59) eine Mitteilung über die Anzahl der in der
ersten Universitätsklinik zu Budapest behandelten Verletzten, ln der Klinik
wurden 406 Augenverletzungen gepflegt, wovon in 145 Fällen das eine Auge,
in 40 Fällen beide Augen erblindet waren. 156 Enukleationen. Kein Fall
von sympathischer Ophthalmie wurde gesehen. Der Grund: zweckmäßige
Wundbehandlung. Unter 166 Schrapnell Verletzungen waren 121 einseitige,
15 beidseitige Erblindungen, 59 Enukleationeu. in 118 Fällen Explosions¬
verletzungen. In 69 Fällen davon ein Auge, in 7 beide Augen erblindet,
31 Enukleationen. 6 Stichwunden, Erblindung fünfmal, 4 Enukleationen.
Von 200 Augenkranken wiesen vier Gonorrhöe des Auges und Trachom
auf. Eine eigene Trachomkompagnie wurde gebildet. Die idiopathische
Hemeralopie hat sich als Kriegskrankheit erwiesen. Akzidentell sind die
verschiedensten Erkrankungen vorgekommen.
Den seltenen Fall einer angeborenen einseitigen Störung des Farben¬
sinns kounte Hegner (64) beobachten. Ein Student, der mit Konkav¬
gläsern beiderseits normale Sehschärfe hatte, wurde eingehend auf seinen
Farbensinn geprüft. Dabei ergab sich, daß das rechte Auge einwand¬
frei war, während das Unke am Anomaloskop und an der Nagel sehen und
Stillingscheu Tafel sich als rotanomal erwies. Der Patient merkte zum
erstenmal die Farbenunterschiede, als er ein rotes Plakat fixierte. Es
erschien ihm die rote Farbe mit dem rechten Auge viel heller als mit dem
linken. Der Autor nimmt aus anderen Beobachtungen noch an, daß auch
das rechte Auge des Patienten früher nicht ganz farbentüchtig war. Es
mußte also eiue kongenitale beiderseits gleichstarke Farbenschwäche be¬
standen haben, welche sich auf dem einen Auge allmählich ausgeglichen
hat. Die Frage wird aufgeworfen, ob eine therapeutische Beeinflussung
der Farbenschwäche nicht möglich sei.
Zwei weitere Fälle von einseitiger Farbensinnstöruug zeigen, daß Ver¬
schiedenheiten im Farbenempfinden beider Augen offenbar öfter aufzufinden
sind, wenn die Augen getrennt auf Farbensinn untersucht werden.
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Augenstöi ungeo und Nervensystem.
253
Praktisch spielt dieses Vorkommnis keine Rolle, da doch immer das
farbentüchtigere Auge die Führung übernehmen dürfte.
In den ron Hegner (66) mitgeteilten Fällen handelt es sich um Druck
kleiner Knochensplitter auf den Hinterhauptslappen und dadurch bewirkte
Sehstörungen. Es bestand in allen drei Fällen zwar nur kleiner insei'
förmiger Defekt, aber da er gerade im Bereich des makularen Gesichts¬
feldes sich bemerkbar machte, so war die Sehsehädigung doch eine erhebliche.
(Jacobsolm.)
Hering (72) teilt eine zweckmäßige Methode zur Erzeugung des
Purkinjeschen Phänomens im fovealeu Sehbezirke mit Besonders liegt dem
Autor daran, die Tatsache festzustellen, daß das Phänomen auch hier in
überraschend deutlicher Weise auftritt, wenn man die Umstände auszu¬
schließen weiß, welche sein Zustandekommen verhindern müssen. Dies wird
dann vom Autor experimentell näher erläutert. (Jacobsolm.)
Hertel (74) hat festgestellt, daß Zuführung von 20—30 g Kochsalz, in
ca. 100—120 ccm heißem Wasser gelöst, den Augendruck für einige Zeit be¬
trächtlich zum Sinken bringt. Schneller und exakter tritt die Herabsetzung ein,
wenn man intravenös 5—10 % NaCl-Lösungen verabreicht. Die meisten
Personen vertrugen die Injektionen ohne subjektive Beschwerden, abgesehen
von einem Durstgefühl. Auch Personen in hohem Alter haben keinen Nachteil
davon. Patienten mit akutem Glaukomanfall, ebenso solche mit Glaukoma
Simplex reagierten auf Kochsalzinfusion mit Herabgehen des Augendrucks.
Beim Menschen wie beim Tier ist der normale, aber auch der, pathologisch
gesteigerte und pathologisch verminderte Augendruck durch Änderung der
Blutbeschaffenheit stark beeinflußbar. Zur schnellen Herabsetzung des Augen¬
drucks, z. B. vor Operationen, oder auch bei Operationsverweigerung käme
dieses Verfahren in Frage. Bei Glaukoma simplex dürfte vielleicht die interne
Verabreichung von Salzen eine Rolle spielen.
Daß das Glaukom außer einer lokalen Disposition am Auge auch einer
allgemein somatischen Grundlage sein Entstehen verdankt, ist wohl heutzutage
jedem Ophthalmologen geläufig, v. Hippel (76) unterzog sich daher der Auf¬
gabe, das Verhalten der Organe, die bei den Störungen der inneren Sekretion
eine Hauptrolle spielen, einer eingehenden Prüfung zu unterwerfen. Das
wurde zunächst mit der Abderhalden-Reaktion und unter der genauen Kon¬
trolle von seiten des Internisten erreicht. Dabei hat sich herausgestellt, daß
es mit Hilfe dieser Methodik geliugt, vollkommen latente klinische Befunde,
für die in den meisten Fällen nicht einmal ein Verdachtsmoment vorlag, auf¬
zufinden. Dann sind die Ergebnisse von Wert für die Pathologie der Thymus¬
drüse bzw. für die Diagnose von Thymuserkrankungen. Eine Persistenz mit
Dysfunktion der Thymusdrüse ist offenbar ein sehr häufiger Befund. Gleich¬
falls kommt dabei ungemein oft eine bei genauer Untersuchung nachweis¬
bare Hyperplasie der Schilddrüse vor. Als sichergestellt ist jedenfalls zu
verzeichnen, daß beim Glaukom, beim Keratokonus, bei Fällen von Sehnerven¬
erkrankungen eine abnorme Beschaffenheit von Thyreoidea, Thymus oder
beiden mit serologisch erkennbarer Dysfunktion vorhanden ist.
V. Hippel (77) berichtet über 34 serologisch nach dem Abderhalden-
schen Dialysierverfahren untersuchte Fälle von Keratokonus. Der Gedanke,
daß der Keratokonus mit Störungen der inneren Sekretion in Zusammenhang
zu- bringen sei, stammt von Siegrist. Durch die Untersuchung mit der
Abderhalden-Methode wird diese Ansicht wesentlich gestützt. Nach den
torliegenden Resultaten scheint es sich aber nicht um eine Hypothyreose
zu handeln. Auf den multiplen Abbau und die überaus häufige Beteiligung
der Thymus ist besonderer Wert zu legen.
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Augenstörungen und Nervensystem.
2 54
Joachmioglu (82) zeigt an der Hand von Versuchen an Katzenaugen,
daß noch ein Tropfen einer Lösung von Atropin in einer Verdünnung
von 1 : 160000 regelmäßig eine Mydriasis hervorruft, während die gleiche
Menge einer Lösung von 1 : 160000 unwirksam ist. In Gewichtsmengen
ausgedrückt, bedeutet das eine Dosis von 0,000245 mg, die zur Mydriasis
genügt. Das Katzenauge ist ebenso empfindlich wie das Menschenauge.
Eine vier Wochen alte Lösung ist ebenso wirksam wie eine Lösung des
frischen Alkoloids. Für das Skopolamin ergibt sich als Minimaldosis ein
Tropfen einer Lösung von 1:2000000, gleich 0,00001856 mg; das Skopo¬
lamin ist also zehnmal wirksamer als das Atropin.
Josefson (83) erinnert an eine von ihm 1903 publizierte Arbeit, in
welcher er über die eigentümliche Art der Sehstörung bei Hypophysen¬
tumoren durch Druck auf die Sehbahn hingewiesen hat. Die Erfahrungen,
welche er damals mitgeteilt hat, wären jetzt von Cushing und Walker,
welche 101 Fälle von hypo- resp. parahypophysären Läsionen beobachteten,
im Brain bestätigt. Als wichtigstes und neues Zeichen der Hypophysis¬
vergrößerung hätte J. die Quadrantenanopsie resp. Quadrantenachromatopsie
nach oben und außen festgestellt. (, Jacobsohn .)
Nach kritischer Durchsicht der in der Literatur niedergelegten Fälle
von sog. sympathischer Amblyopie kommt Keatel (84) zu dem Resultat,
daß diese Feststellung eine irrtümliche sei. Es sei deshalb an der Zeit,
das selbständige Krankheitsbild einer sympathischen Amblyopie aus der
augenärztlichea Literatur zu streichen. (Jacobsohn.)
Die Ergebnisse seiner Untersuchungen und zugleich unsere heutigen
Kenntnisse über das Bestehen von Übergängen vom normalen Farbsinn zur
angeborenen Rotgrünblindheit, sowie die Möglichkeit ihrer quantitativen
Bestimmung faßt Köllner (87) folgendermaßen zusammen:
Bei den angeborenen Farbsinnstörungen hat — im Gegensatz zu den
erworbenen — die Bestimmung von Schwellenwerten hinsichtlich der Er¬
kennung farbiger Objekte nur einen orientierenden Wert. Sie kann nicht
die Grundlage für eine zahlenmäßige Bestimmung der Herabsetzung des
Farbsinnes abgeben, da bei ihr nur das Urteil über eine Farbe geprüft wird.
Die Anwendung von Gleichungen zwischen farblosen Lichtern und
farbigen mit meßbar abgestufter Sättigung zur quantitativen Bestimmung
des Farbunterscheidungsvermögens scheitert ebenfalls, da Beobachter mit
nachweisbarer starker Herabsetzung des Farbsinnes doch keine Gleichung
bekommen können infolge ausgesprochener Rot-Grün-Kontrastempfindung
(sog. gesteigerter Farbeukontrast der Anomalen).
Es gibt infolge der eigentümlichen komplizierten Sehweise der „Farben¬
schwachen“ überhaupt bis jetzt keine brauchbare Methode zur zahlenmäßigen
Bestimmung einer angeborenen Herabsetzung des Farbenunterscheidungs¬
vermögens.
Dagegen gelingt es mit Hilfe der sog. Rayleigh-Gleichung, z. B.
am Anomaloskop, zwischen der Einstellung des Normalen und den Rot¬
grünblinden, welche sowohl die Rotgelb- wie die Grüngelb-Gleichung an-
nehmeu, in der Tat zahlreiche Zwischenformen aufzufinden, welche eine
nahezu kontinuierliche Überleitung bilden. Notwendig ist dabei, daß alle
Rotgrünmischungsverhältnisse aufgesucht werden, bei welchen unter Aus¬
gleichen etwaiger Helligkeisdifferenz der Felder Gleichungen erhalten werden*
Freilich ergeben sich hierbei ziemlich verwickelte Verhältnisse. Sicher
kontinuierliche Übergange bestehen zwischen der „scharfen“ Gleichung
Protanomaler und dem Verhalten der Protanopen, sowie zwischen der
„scharfen“ Gleichung Deuteranomaler und den Deuteranopen. Sie zeigen
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Augenstörungen und Nervensystem.
255
sich in zunehmender „Verbreiterung’ 1 des zur Gleichung noch angenommenen
Rotgrünmischungsverhältnisses. Dagegen konnte ich bisher kontinuierliche
Übergänge zwischen der „scharfen“ Gleichung dieser Anomalen und des
Normalen, wie sie bisher meist als bestehend angenommen wurden, nicht
nachweisen. Ihr Bestehen soll damit nicht geleugnet werden. Soweit ihr
Vorkommen jedoch bisher beschrieben wurde, war es anscheinend stets
nur yorgetäuscht worden, indem es sich um Anomale mit verbreiterter Ein¬
stellung handelte, die bei verschiedener Intensität des Gelb untersucht,
wurden.
An ihrer Stelle schieben sich noch eigentümliche Formen ein, bei denen
neben dem Rot-Grün-Mischungsverhältnis, wie es der Normale zur Gleichung
zn verlangen pflegt, auch noch bei vermehrter Rot- und Grün-Zumischuug
Gleichungen erhalten werden. („Verbreiterung“ der Normalen-Gleichung.)
Diese „Verbreiterung“ braucht nicht sofort aufzutreten, sondern erst nach
mehr oder weniger langer Fixation („relative Verbreiterung“). Hierbei kann
sie erstaunliche Grade annebmen, bis zur reinen Rot-Gelb- und Grün-Gelb-
Gleichung, während bei gewöhnlicher kurzer Fixation lediglich die Normalen-
Gleichung angenommen wird. Da sich diese „relative Verbreiterung“ der
Gleichung lediglich für Rot-, oder lediglich für Grün-Zumischung zeigen
kann, ist als Grund eine einfache Ermüdung der Beobachter auszuschliessen.
Diese Formen mit „verbreiterter“ Einstellung des Rotgrüngemisches sind
es, welche für die praktische Prüfung eine scharfe Abgrenzung der sog.
„anomalen Trichromaten“ vom normalen unmöglich machen.
Gelingt es auf diese Weise, zahlenmäßig Übergänge vom Normalen
bis zum Verhältnis der Rotgrünblinden (beider Typen) nachzuweisen, so
ist doch im Grade dieser Abweichungen vou der normalen Rayleigh-
Gleichung noch keineswegs auch ein entsprechend hoher Grad einer Herab¬
setzung des Farbenunterscheidungsvermögens zu erblicken.
Vielmehr zeigt sich hier ein ziemlich weitgehendes Mißverhältnis in
dem Sinne, daß bei scheinbar geringfügigen anomalen Formen (mit „scharfer“
Gleichung) schwerere Symptome von Herabsetzung des Farbensinnes nach¬
weisbar sind, als bei mittelschweren Formen. Die Ursache hierfür dürfte
in der eigentümlichen Kontrastempfindung der meisten Personen mit Farbeu-
schwäche zu suchen sein. Nur bei den hochgradigen, der Rotgrünblindheit
nahestehenden Formen ist durchgängig auch das Farbenunterscheidungs¬
vermögen hochgradig herabgesetzt.
Die Häufigkeit sämtlicher Abweichungen von der normalen Rayleigh-
Gleichung dürfte 10°/ 0 der Männer weit übersteigen. Genauere statistische
Untersuchungen hierüber fehlen noch.
Nur ein Teil aller dieser Formen ist als „farbenuntüchtig“ zu beurteilen.
In welchem Umfange, muß noch an größerem Material durch vergleichende
Untersuchungen festgestellt werden (schätzungsweise 9 —10 °/ ft ).
Vorläufig empfiehlt es sich, zur sicheren Ausscheidung aller Farben-
uotüchtiger dahor so vorzugehen, daß mit Hilfe der Rayleigh-Gleichung
(z. B. am Anomaloskop) festgestellt wird, ob und welcher Grad vou Ab¬
weichung vorliegt. Sodann wird bei den leichteren Formen mit Hilfe mög¬
lichst vieler qualitativer gebräuchlicher Untersuchungsmethoden festgestellt,
wer von diesen auch Zeichen von herabgestztem Farbensinn zeigt.
Bei Beobachtern mit völlig normaler Rayleigh-Gleichung im obigen
strengen Sinne konnten bisher noch keine sicheren Zeichen von Herab¬
setzung des Farbenunterscheidungsvermögens nachgewiesen werden.
Demuach bildet die Rayleigh-Gleichung in der Tat — bei geeigneter
Handlung — eine sehr zuverlässige und sichere Methode zur Erkennung
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Augeastörungen und Nervensystem.
25 t)
von Abweichungen vom normalen Farbensinn. Nnr muß berücksichtigt werden,
daß man mit ihr viel mehr Abweichungen feststellen kann, als praktisch
„farbenuutücbtig“ bezeichnet werden können, und daß eine Herabsetzung
des Farbenunterscheidungsvermögens damit nicht direkt, sondern gewisser¬
maßen nur anf einem Umwege gefunden wird.
Schließlich empfehle ich als sehr übersichtliehe Aufzeichnung, besonders
behufs einheitlicher Verwertung der Untersuchungsbefunde meine mehrfach
erwähnte graphische Darstellung. ( Jacobsohn .)
In seiuem Vortrag über Kriegsverletzungen des Auges berechnet
Krückmann (90) das Verhältnis der Augenverletzungen zu denjenigen des
Kopfes auf 20 °/ 0 , zu denen des Körpers auf 2 %• Er nimmt au, daß das
Prozentverhältnis der Augenverletzungen zu denen des Kopfes sich im Laufe
des Krieges noch steigern wird. Am häufigsten kommen durch Verletzungen
Gewehrschüsse zustande, in zweiter Linie handelt es sich um Schrapnelle und
zu dritt um Granaten. Nahkampfverletzungen werden kaum beobachtet.
Die meist sagittal eindringenden Schüsse führen vorwiegend zu Gehirnver¬
letzungen. Mit wenigen Ausnahmen bleiben derartig Verwundete auf dem
Schlachtfelde. Bei seitlichen Augentreffern bleibt zwar das Gehirn vielfach
verschont, aber die Sehkraft geht auch verloren, wenn die Bulbuskapsel
und speziell die Hornhaut in mäßigem Grade gestreift wird. Die gefähr¬
lichsten von allen sind die sog. Orbitalschüsse, d. h. Schüsse, bei denen
beide Augenhöhlen durchquert werden. Auch ohne direkte Geschoßwirkung
kann bei diesen Orbitalschüssen allein schon die Größe und die Gewalt des
Projektils den Bulbus so schädigen, daß eine Sprengung seiner Hüllen und
ein Austritt seiner inneren Häute, des Glaskörpers und der Linse, statt¬
findet. Die bei größeren Entfernungen auftretenden Verwundungen äußern
sich am Bulbus als Lochbildungen. Manchmal kommt es zu Doppelperfo¬
rationen. Der Bulbus schrumpft schließlich. Bei Schüssen, die den Orbital¬
boden zertrümmern, kann man den intakten Bulbus in der Tiefe der Orbita
finden. Sehnervenreißungen sieht man öfters. Kontusionen der Gesichte-
und Schädelknochen wirken komprimierend auf das Auge und führen zu
Sklerarissen, Aderhautrupturen, Blutungen usw. im Augeninnern. Unange¬
nehm köunen Fissuren im Knochen, vor allem in den Nasennebenhöhlen,
dadurch werden, daß eine Infektion von der Nase aus aufsteigt und das
Gehirn in Mitleidenschaft zieht. Zur Vermeidung der sympathischen
Ophthalmie ist es nötig, auch die geringsten Reste von Uvealgewebe zu
entfernen, was am besten durch die Enukleation geschieht.
Bei Blutungen ins Gehirn tritt nicht zu selten Stauungspapille auf.
Wenn die Stauung derartig wird, daß eine Gefahr für das Sehvermögen
zu befürchten ist, soll eine Trepanation gemacht werden. Bei Hirnabszeß,
von der Augenhöhle ausgehend, operiert man am besten von der Augen¬
höhle aus.
In derselben ausführlichen Arbeit beschäftigt sich Krückmann (91)
mit der sozialen Frage der Kriegsblindenfürsorge. Er unterzieht die Berufe
einer Untersuchung im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Verwertbarkeit
für die Kriegsblinden. Und nach dem Leseu dieser Schrift kommt man
zu dem Ergebnis, daß die Lage der Kriegsblinden eine keineswegs so
traurige ist. Es bestehen viele Aussichten, die Blinden zu beschäftigen,
sie als vollwertige Glieder der wirtschaftlichen Maschine zu verwenden.
Die Untersuchung von Kunz und Ohm (92) ist aufzufassen als ein
Ausfluß der Ohmschen Versuche, die Kinematographie in den Dienst der
Erforschung des Augenzitterus, besonders desjenigen der Bergleute zu
stellen.
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Augenstörungen und Nervensystem.
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Es wird zunächst ein photographischer Apparat beschrieben, der es
ermöglicht, • die Augengegend des gut fixierenden Patienten aus der Blick¬
richtung aufznnehmen. Die Kamera ist zu dem Zwecke drehbar aDgeordnet,
und zwar geht die Drehachse durch die Augendrehuogspunkte. Auf den
Negativen erscheinen die Pupillen bei jeder Blickhebung als Kreise, deren
Mittelpunkt mit Hilfe eines Systems konzentrischer Kreise im Okular eines
Mikroskops gefunden wird. Die Messungen werden unter dem Mikroskop
ausgefiihrt, indem die Negative mit Hilfö eines Kreuzschlittens nach Abbe
auf dem Tisch des Mikroskops verschoben werden. Eine Vorstellung von
dem Apparat und den Aufnahmen geben verschiedene Abbildungen.
Untersucht wurden Nichtbergleute und Bergleute mit Augenzittern;
letztere in Pausen, während das Zittern ruhte.
Ergebnisse: Zur Frage, ob die Lage der Augendrehpunkte in -der
Augenhöhle bei den Augenbewegungen konstant bleibt, ergibt sich, daß zu¬
weilen die Führung der Augen trotz der beträchtlichen Verschiebung der
Weichteile der Augenhöhle, wie sie die Bewegung der Augen von unten
nach oben mit sich bringt, so ideal ist, als oh sie in einem stabilen Lager
um einen fixierten Punkt erfolge. Wenigstens zeigt zieh dabei keine Ver¬
lagerung der Drehpunkte in wagerechter Richtung. Diese mathematisch
genaue Übereinstimmung der Augenabstände ist die Folge der binokularen
Verschmelzung der Netzhautbilder und kann auch dann noch bestehen, wenn
letztere für kurze Zeit durch Abblenden ausgeschaltet wird. In diesen Fällen
ist also durch die photographische Messung der binokulare Sehakt nach¬
gewiesen. In anderen Fällen mit binokularem Sehakt ist die Führung der
Augen weniger genau. Der Augenabstand ist bei gesenktem Blick immer
am kleinsten, wird bei Aufwärtsbewegung bis zur Horizontalen größer, um
bei weiterer Hebung entweder noch zu wachsen oder wieder etwas abzunehmen.
— Die Pupillenunterschiede sind gering, wenn auch oft deutlich wahrnehmbar.
Zwischen Blicklage und Pupillengröße scheint eine feste Beziehung zu
bestehen. ( Selbstbericht .)
Lobsien (99) stellte an Schülern darüber Untersuchungen an, inwiefern
das einäugige Sehen von dem gewöhnlichen zweiäugigen sich unterscheidet, und
zwar gegenüber den Vorgängen beim Zeichnen und Schreiben. Er prüfte
das Augenmaß, das Winkelschätzen, das perspektivische Sehen, das Tiefen¬
schätzen und die geometrisch-optischen Täuschungen. Die Untersuchungen
über das Schreiben beobachteten die Lage der Schreibzeile, die Buchstaben¬
lage, die Buchstabengröße, den Buchstabenabstand, die Lage von Punkt und
Haken, den Schreibdruck, die Schriftbeurteilung und die Anzahl der Fehler.
Das Gesamtresultat ist, daß alle Schätzungen bei zweiäugigem Sehen immer
genauer waren, als bei einäugigem und die linksäugige Schätzung besser
war als die rechtsäugige. ( Jacobsohn .)
Matusewicz (100a) berichtet über 23 Fälle von Sehstörungen nach Ver¬
giftung mit Methylalkohol. Das Krankheitsbild imponiert als eine retrobulbäre
Neuritis. Das charakteristische Symptom, welches bei anderen Formen der
retrobulbären Neuritis nicht aufzufinden ist, ist eine abermalige Verschlimmerung
der Sehkraft, welche in schwereren Fällen zu einer irreparablen Blindheit
führt Die Prognose ist eine sehr ernste: von 23 Fällen waren 8 absolut
blind geworden, und bloß in 3 Fällen war ein günstiger Ausgang zu ver¬
zeichnen. Die Behandlung besteht in verschiedenen Formen von Schwitzkur,
in Strychnininjektionen und Darreichung von Jodpräparaten. {Sterling.)
Mayer (101) sah einen starken Alkoholiker mit Polyneuritis, links¬
seitiger reflektorischer und rechtsseitiger unvollständiger Pupillenstarre. Die
Neuritis ging zurück. Am Pupillenbefund änderte sich während einer fünf-
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie iei6.
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Augenstörungen und Nervenaystem.
wöchigen Beobachtung nichts. Der Patient befand sich nicht in einem
akut toxischen Rauschzustand. Die Pupillen waren normal. Diese Störung
läßt sich bei genauer Prüfung auf einen Defekt im peripheren zentripetalen
optischen Apparat zurückführen. Es besteht ein nicht genau zu umgrenzender
Defekt des zentralen Farbensehens, also wahrscheinlich Schädigung des
retrobulbären Teils des Sehnerven. Echte alkohologene Pupillenstarre besteht
also nur dann, wenn 1. jede durchgemachte Lues und 2. jegliche Schädigung
des peripheren optischen Apparats'ausgeschlossen werden kann. Nur der von
Nonne mitgeteilte Fall erfüllt alle diese Forderungen.
Meller (102) bringt einen interessanten Fall der Rückbildung eines
echten Glioms. Schon bei der Geburt bemerkten die Eltern das Schielen
des rechten Auges; ein sicheres Zeichen, daß bei jener anatomischen Unter¬
suchung des im 4. Lebensjahre ennkleierten Auges keine sehr weitgehenden
neoplastischen Veränderungen Vorlagen. Die Netzhaut ist davon ergriffen, und
in den subretinalen Raum ragt der Tumor hinein. Die übrigen Gewebe des
Auges sind noch intakt, und durch Dissemination entstandene Tochterknoten
finden sich in den ersten Anfängen auf der Chorioidea.
Das linke Auge enthielt im Jahre 1910 Geschwulstknoten, die deutlich
wahrnehmbar waren. 5 Jahre später zeigt das linke Auge normale Seh¬
schärfe, die Papille ist in Ordnung, die Netzhautherde sind in Form und
Größe wie früher vorhanden, aber sie sind flach geworden und enthalten
aus Krümeln zusammengesetzte, weiße, kalkartige Massen.
Derartige Rückbildungen von Gliomen sind bisher nur einmal beob¬
achtet worden. Im übrigen sind aber Rückbildungen von bösartigen Tumoren
wenn auch sehr selten, so doch immerhin schon öfters beschrieben worden.
Im Jahre 1911 veröffentlichte Nonne (106) seinen Fall von alkohologener
reflektorischer Pupillenstarre. Es handelte sich damals um chronischen
Alkoholismus außerhalb einer akuten Exazerbation. Jetzt teilt Nonne einen
Fall mit, bei dem auch mit Sicherheit eine doppelseitige Reflextaubheit der
Netzhaut ausgeschlossen ist. ‘Der Fall wurde 6 Monate beobachtet und oft
und eingehend untersucht. Es handelt sich um eine 43jährige Potatrix. Mit
einem Alkoholdelirium wurde sie ins Krankenhaus Eppendorf eingeliefert.
Die rechte Pupille war mittelweit, die linke abnorm eng, beide nach unten
leicht entrundet und reagierten auf helles Tageslicht und Licht in der Dunkel¬
kammer nicht, während die Konvergenzreaktion stark war. Ophthalmoskopisch
normal. Das Delirium war nach 6 Tagen erst beendet. Eine dreimalige
Wassermann-Untersuchung fiel negativ aus, ebenso die Wassermann-
Untersuchung des Liquors, nur einmal fand sich eine geringe Lymphozytose.
4 Monate bestand dieser Zustand, dann begann sich eine schwache Licht¬
reaktion einzustellen, und nach 6 Monaten reagierte die rechte Pupille rechts
wenig ausgiebig auf Licht, während die linke die ersten Anfänge einer
Lichtreaktion zeigte. Es kann also bei schwerem, chronischem Alkoholismus
lange Zeit hindurch reflektorische Pupillenstarre das einzige somatische
Symptom einer organischen Erkrankung des Nervensystems sein, und zwar
nicht bedingt durch eine Erkrankung der peripheren zentripetalen optischen
Bahnen und nicht als Zeichen einer in der Entwicklung begriffenen syphi-
logenen Erkrankung von Hirn- und Rückenmark. Auch bei syphilogener
Pupillenstarre kann sich eine Rückbildung bemerkbar machen.
Ohm (109, 110) hat das Augenzittern der Bergleute einer gründlichen
Untersuchung unterzogen. Im ersten Teil seiner Arbeit bringt er die Er¬
gebnisse seiner Nachforschung über die Veranlagung. Er hat 747 Bergleute
mit Augenzittern daraufhin untersucht. Unter den Bergleuten befanden sich
342 Deutsche, 400 Slawen (hauptsächlich Polen), 3 Holländer und 2 Italiener.
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Augenstörungen und Nervensystem.
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Unter den älteren Augenzitterern sind manche Trinker, es finden sich aber
unter den Augenzitterern manche Abstinenten und viele im AlkolgenuB
mäßige Leute. Innere und äußere Krankheiten der Augen kommen nur hei
einem so kleinen Bruchteil der Fälle vor, daß ihnen unter den Ursachen
des Augenzitterns keine erhebliche Bedeutung beizumessen ist. Die Seh¬
schärfe der Augenzitterer ist eine durchaus gute. Der Lichtsinn der Augen¬
zitterer ist im allgemeinen als schlecht zu bezeichnen. Die Annahme, daß
eine Herabsetzung des Lichtsinns unter den Ursachen des Augenzitterns eine
wichtige Rolle spielt, ist durch vorhergehende Statistiken wohl begründet.
Es ist aber zu betonen, daß sie keineswegs proportional ist der Schwere,
Schwingungsrichtung und Zahl des Augenzitterns. Sie ist vielmehr nur ein
Glied in der Kette der Ursachen. Der Vergleich der Kranken mit den
Gesunden ergibt.zwar bemerkenswerte Unterschiede, aber sie sind nicht derart,
daß man einem bestimmten körperlichen Fehler ausschließlich die Entstehung
des Augenzitterns zur Last legen könnte.
Das Augenzittern der Bergleute kann als Pendelnystagmus bezeichnet
werden. Die mathematisch genaue Aneinanderreihung der Zuckungen ist
ein zweites wichtiges Moment des Augenzitterns. Die meisten Formen von
angeborenem und alle Arten des labyrinthären Augenzitterns scheiden für
den Vergleich mit dem Augenzittern der Bergleute aus. Im Gesamtgebiet
des Nystagmus ist das Augenzittern der Bergleute, von Ausnahmen abgesehen,
durch einen kleinen Zuckungsausschlag gekennzeichnet. Der Lidkrampf ist
unwillkürlich und seitens des Kranken nicht zu unterdrücken. Das Zittern
ist eine Störung im mittleren Bezirk des Blickfeldes. Dabei ist es meistens
nach oben von der Mitte, seltener nach unten, manchmal nach rechts,
manchmal nach links am schlimmsten. Die äußerste Peripherie des Blick¬
feldes ist ganz oder fast ganz frei davon. Die Dunkelheit übt auf das
Augenzittern einen erregenden, das Licht einen beruhigenden Einfluß aus.
( Jacobsohu .)
Unter den von Oloff (111) mitgeteilten Fällen sind von Interesse für
den Neurologen ein Fall von Hinterhauptschuß (Steckschuß) mit Hemianopsie
und hemianopischer Pupillenstarre. Als Sitz der Läsion nahm der Autor
den Tractus opticus an, was auch das Röntgenbild bestätigte. In einem
zweiten Falle war das Geschoß am nasalen Ende der linken Augenbraue
eingedrungen, dann ins Auge hiuein, dann durch den Unterkiefer, hatte den
Kopf unterhalb des Ohrläppchens verlassen, hatte dann wiederum die
Klavikula durchbohrt und den Plexus brachinlis beschädigt. ( Jacobsohn .)
Oloff (112) beobachtete bei einem Marinesoldaten einen Tumor der
Papilla nervi optici. Es bestanden keinerlei Reizerscheinungen an dem er¬
krankten Auge, und Patient kam zur Augenuntersuchung nur aus dem Grunde,
weil sein Sehvermögen auf dem einen Auge ahzunehmen begann. Ophthal¬
moskopisch zeigte sich an der Stelle des Sehnervenkopfes eine umschriebene
grauweiße, gefäßhaltige Geschwulst von keulenartiger Gestalt mit dem breiten
Ende in den Glaskörper hineinragend. Da der Tumor ständig wuchs, wurde
das Auge enukleiert. Nach der mikroskopischen Untersuchung, die wegen
des Krieges nicht abgeschlossen werden konnte, handelte es sich um ein
Sarkom. Patient zeigte während der folgenden einjährigen Beobachtung
keine weiteren Krankheitserscheinungen. ( Jacobsohn .)
Auf Grund seiner Erfahrungen kann Pagenstecher (113) die Ein¬
pflanzung einer ausgeglühten Knochenkugel nach Enukleation empfehlen.
Sie bietet gute Aussicht für Einheilung, eineu kosmetischen Vorteil bietet
sie nicht. Was die Kugeleinheilung nach Exenteration betrifft, so fehlen
ihm die Erfahrungen darüber vollkommen. Die Verantwortung ist zu groß,
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Augenstörungen und Nervensystem.
um eine Exenteration zur Prophylaxe der sympathischen Entzündung zu
machen. Als Ersatzoperation der Enukleation empfiehlt er die Resektion
bzw. die Durchschneidung des Sehnerven. Besonders empfehlenswert ist diese
einfache Methode bei absolutem Glaukom und bei Fällen von totalem
Staphylom.
Daß durch den starken Luftdruck bei Granatexplosionen Schädigungen
des Auges und besonders der Netzhaut zustande kommen können, belegen
zwei Fälle, die P&genstecher (114) beobachtete. Die Makulagegend zeigte
Veränderungen in der Art, daß eine feine Exsudation in Form einer Trübung
mit dem Augenspiegel deutlich zu erkennen war. ln einem Fall bestand
auch Trübung der Netzhaut und Verwaschenheit der Sehnervengrenzen.
Zeitweise wurden die Farben schlecht erkannt, und das Gesichtsfeld für
Farben war sehr stark eingeengt Interessant war die günstige Wirkung
der Therapie, die in Anwendung von Blutentziehung an der Schläfe mit
dem Heurteloupschen Apparat bestand. Diese Blutentziehung war alle
6 Tage gemacht. Wichtig ist noch, daß ein Patient von einem Arzt der
Simulation verdächtig erklärt worden war. Erst die gründliche ophthal-
mologische Untersuchung ergab den objektiven Befund der Netzhautschädigung.
P&lich-Sz&ntö (115) sah bei einem Soldaten nach Gewehrschuß-
Verletzung am rechten Arcus superciliaris in der Makulagegend einen bogen¬
förmigen, graugrünlichen Strang auftreten, der zuletzt als papillengroßer, nicht
ganz scharf umschriebener gelber Fleck imponierte. Zusammenfassend kommt
die Verfasserin zu dem Schluß, daß kleine zwischen Ader- und Netzhaut
infolge von Contusio bulbi an der Stelle der Macula lutea entstehende
Blutungeu eine Ablatio retinae verursachen können, die zuweilen wie ein
vorliegender Fall in der Bildung einiger Falten sich zeigt. Vorbedingung
ist, daß die Blutung so klein sei, daß ihre Wirkung sich nur auf einen
Punkt der Netzhaut erstreckt. Durch bindegewebige Organisation kann
sich dann schließlich nach längerer Zeit eine Retinitis proliferans entwickeln.
In dem ersten von P&lich-Sz&ntö (116) beschriebenen Falle handelt
es sich um Wucherung von markhaltigen Fasern auf die Papillenoberfläche,
wodurch die Papille im ophthalmoskopischen Bilde leuchtend gelb erschien,
im zweiten Falle handelt es sich um den Befund von pigmentierter Papille.
Verf. bespricht im Anschluß au die Beschreibung ihrer Fälle die Theorien
über die Entstehung dieser seltenen Anomalien. (Jacobsohn.)
Paul (118) war 6 Monate lang als Augenarzt einem Feldlazarett im
Westen zugeteilt und hatte dort für den Bereich eines Armeekorps alle
Untersuchungen, Verletzungen und Krankheiten der Augen zu versorgen.
Im Januar und Februar fielen ihm eine größere Anzahl Frontsoldaten auf,
die dem Lazarett wegen Nachtblindheit zugesandt waren. Es handelte sich
um verschiedene Arten nächtlicher Sehstörung. Eine Anzahl Kranker konnte
wegen Trübungen und Brechuugsfehler schon von jeher bei Tag und Nacht
nicht gut sehen und versagte bei den erhöhten Anforderungen des Nacht¬
dienstes. Meist wurde durch schärfere Einstellung der Netzhautbilder mittels
Brille Abhilfe geschafft. 16 Kranke klagten über Anfälle von Nachtblind¬
heit verschiedenen Grades, von einfacher Sehstörung bis zu völliger Blind¬
heit mit Kopfschmerz und Schwindel. Die Beschwerden traten nur bei
Erregungen und Anstrengungen des nächtlichen Dienstes auf, im Ruhe¬
quartier fehlten sie.
Augenbefund stets negativ, Ernährungs- und Kräftezustand durchweg
gut. Vielfach Anzeichen von Neurasthenie wie Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit,
Reizbarkeit und leichter Erregbarkeit des Herzens. Häufig schwere Gemüts¬
depression. Es handelt sich bei diesen Leuten nicht um ein Augenleiden
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Augenstörungen und Nervensystem.
261
oder eine Störung im Ersatz des verbrauchten Sehpurpurs durch körperliche
Erschöpfung, sondern um eine rein nervöse Störung. Wahrscheinlich ist
als Folge nervöser Erschöpfung und psychischer Depression eine zeitweilige
Taubheit der zerebralen Lichtempfindung aufgetreten, vergleichbar den Sinnes-
und Gefühlsstörungen der Neuratheniker. Vielleicht ist es als ein eigen¬
artiges Flimmerskotom aufzufassen. Ursache sind die dauernden Gemüts¬
erschütterungen des Schützengrabenkrieges in den nassen und trüben Monaten
des verflossenen Winters. Mit aufsteigender Sonne ist das Krankheitsbild
seltener geworden. Die Voraussage wie bei Neurasthenikern ist ungewiß.
Einzelne kehren zur Truppe zurück, andere müssen hinter der Front ver¬
wendet oder als Nervenschwache der Etappe zugeführt werden.
Wegen der Neigung solcher Neurastheniker zu ubertreibungen ist große
Zurückhaltung in der Kritik erforderlich.
ln dem von Peters (119) mitgeteilten Falle handelt es sich um ein
l 3 /« Jahre altes Kind mit Keratitis e lagophthalmo. Sehr auffallend war,
daß die begleitende Mutter, ebenso wie das Kind selbst, eine abnorme Weite
der Lidspalten zeigte. Da bei der Mutter besonders die oberen Lider retra-
biert waren und ein Teil der Sklera oberhalb des Hornhautrandes sichtbar
wurde, so wurde der Eindruck hervorgerufen, als ob es sich neben dem
Lagophthalmus um einen Exophthalmus handelte. Es fand sich bei Mutter
und Kind eine leichte Evertierung der unteren Lider in der Gegend des
unteren Tränenpunktes. Der Lidschluß ist beiderseits unvollkommen möglich,
Beweglichkeitsstörungen des Augapfels lagen nicht vor. Nach Bericht der
Mutter sollen Großmutter und Urgroßmutter an genau demselben Fehler
gelitten haben. ( Jacobsolm .)
Pichler (120) konnte bei 3 Fällen von metastatischer Ophthalmie (zwei¬
mal bei Lungenentzündung, einmal bei Septikopyämie) -als erstes Zeichen
der Lungenentzündung eine plötzlich auftretende Pupillenlähmung feststellen,
dabei wurde die Pupille sehr weit. Dieses Zeichen ist in . einer größeren
Anzahl von Fällen zu finden, jedoch ist es auch möglich, daß es mitunter fehlt.
Pick (121) beschäftigt sich in seiner Arbeit mit der Pathologie und
Lokalisation des optischen Einstellungsreflexes (Blickreflexes). Er teilt einen
Fall mit, bei dem der Blickreflex fehlte (bei nachweislich erhaltener Seh¬
funktion der betreffenden Retinahälfte), bei erhaltener, wenn auch etwas
verlangsamter Blickbeweguug der Augen auf der gleichen Seite. Dieser
Fall steht im Gegensatz zu der Darlegung Wernickes, wonach als Folge
von ParietallappenJäsion das Ausbleiben willkürlicher Augenbewegung bei
Erhaltensein des entsprechenden Blickreflexes die Regel ist. In unserem
Fall bestand im hintern Teil des Stirnlappens, etwa an der Grenze zwischen
dem Gyrus front, inf. und der vorderen Zentralwindung ein metastatischer
Karzinomknoten. Die hier vorhandene Erweichung im oberen Parietal¬
läppchen würde auch nicht ausschließen, daß der Sitz der Erkrankung im
Mittelhirn zu suchen ist. Der zweite Fall betrifft das Auftreten von beglei¬
tenden gleichartigen Bewegungen des oberen Augenlids bei Nystagmus der
Bulbi (Nystagmus des Oberlids). Bei einer 28 jährigen Bauerstochter trat
nach einem Trauma außer anderen nervösen Störungen, wie spastische Parese
der Beine, Zwangslachen, Abnahme der Arbeitsfähigkeit usw. Nystagmus
auf, der bei seitlicher Blickbewegung horizontal, boi Blick nach oben vertikal
ist, bei Blick nach unten fast vollständig fehlt. Der Sehnerv zeigte eine
deutliche temporale Abblassung. Das obere Augenlid zeigte ruckartige
Zuckungen, die auch deshalb, weil die eine Komponente rascher, die ent¬
gegengesetzte langsamer sich vollzog, wohl als nystaktisch zu bezeichnen
sind. Dieser Nystagmus war besonders stark bei Aufwärtsbewegung der
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Augenitörangen und Nervensystem.
Bulbi und stellte sich als eine 2—3 malige ruckartig erfolgende Bewegung
des Oberlids dar, der jedesmal eine merkbar langsamere Bewegung nach
abwärts folgt Ist das Oberlid an der Grenze seiner Bewegung nach oben
angelangt, dann bleibt es in dieser Stellung fixiert, obwohl der vertikale
Nystagmus der Bulbi noch andauert. Die Frage, ob die Bewegungen der
Oberlider etwa mechanisch aus den Beziehungen zwischen Bulbus und Lid
zu erkläreu sind, kann wohl von vornherein verneint werden. Man gelangt
also zur Annahme, daß es sich bei diesem Vorgänge um eine Diffusion der
beim Nystagmus der Bulbi wirksamen Störung auf den Kern des Levator
palpebrae superioris bandelt. Der stärkste Lidnystagmus fällt nämlich mit
der Hebung der Bulbi zusammen, auch bei starker Konvergenz und bei
Ermüdung wird der Lidnystagmus stärker. Für den Bergarbeiternystagmus
ist ja bekannt, daß der Blick nach oben am meisten ermüdet In der
Literatur ist auf diese Dinge bis jetzt wenig geachtet worden. Nur Stransky
berichtet von einem starken Zittern des Oberlids bei einem Fall von Berg¬
arbeiternystagmus und Raudnitz von 2 Fällen von Spasmus nutans bei
Kindern, bei denen der Lidnystagmus ausschließlich bei vertikaler Richtung
des Augennystagmus vorkam.
Posey (125) berichtet zunächst über Fälle von Quadranten- und hemi-
opiscben Gesichtsfeldstörungen im Verlaufe der Migräne, ferner über einen
Fall, in welchem das linke Auge durch Thrombose der Retinalarterie, die
temporale Hälfte des rechten Auges infolge einer zerebralen Apoplexie er¬
blindete, so daß bei diesem Patienten nur die nasale Hälfte des rechten
Auges funktionsfähig blieb; schließlich erwähnt er einen Fall, in welchem
sich die Hemianopsie auf die Makularegion beschränkte infolge der Ver¬
stopfung einer Endarterie im Rindensebzentrum. (. Jacobsohn .)
Um das Wesen der Stauungspapille und ihre Mechanik festzustellen, hat
Rados (127) das Zustandekommen bei Ratten und Mäusen dadurch bewirkt,
daß er diesen Tieren intrakraniell Karzinom einimpfte. Er suchte damit
möglichst annähernd den Vorgang der allmählichen intrakraniellen Druck-
Steigerung hervorzurufen, wie er sich beim Menschen in Fällen von Hirn¬
tumoren abspielt. Die implantierten Hirntumoren wuchsen ziemlich langsam;
es dauerte im Durchschnitt 4 — 6 Wochen nach der intrakraniellen Impfung,
bis Anzeichen einer Drucksteigerung wahrnehmbar waren. Die Tumoren
wuchsen abgegrenzt und zeigten histologisch denselben spindelförmigen
Bau, als das an gewendete Ausgangsmaterial. Die Tiere wurden gespiegelt
und die enukleierten und in Müller-Formol fixierten Augen mikroskopisch
untersucht. Iu einer großen Anzahl der positiven Impfungen war eine
Stauungspapille vorhanden. Die histologisch wahrnehmbaren Veränderungen
zeigen eine auffallende Ähnlichkeit mit denjenigen, die bei der menschlichen
Stauungspapille nachweisbar sind. Ganz frühe Stadien konnte der Autor
zur mikroskopischen Untersuchung nicht erhalten. In späteren Stadien
findet man aber schon neben den primären Stauungserscheinungen auch
ausgeprägte sekundäre entzündliche Erscheinungen. Die charakteristischen
Veränderungen, wie die pilzförmige Vorbuckelung und Vergrößerung der
Pupille, die ampullenartige Erweiterung des Zwischenscheideraumes, Proli¬
feration und Gequollenheit der Arachnoidealzellen, die ödematöse Durch¬
tränkung waren sehr oft sichtbar. Die seröse bzw. serös-zeilige Infiltration
war besonders stark in dem Stützgewebe der Papille vorhanden, wodurch die
relativ und absolut starke Einhebung der Papille bedingt war. Stets waren
auch ganz kleine Hämorrhngien nachweisbar. Die stärkere rund- bzw.
spindelförmige Infiltration zeigt schon ein späteres Stadium des Bestehens
an. Die Versuche zeigten auch, daß die Stauungspapille auf der Impfseite
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Augen Störungen und Nervensystem
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schneller vor sich geht. Über den feineren Mechanismus des Zustande¬
kommens der Stauungspapille geben diese Befunde nach Ansicht des Autors
vorläufig keinen Anhaltspunkt. ( Jacobsohn .)
Reis (130) bemüht sich, auf Grund pathologisch-anatomischer Unter¬
suchungen die von Deutschmann vertretene Ansicht, daß das Netzhaut¬
gliom vom Pigmentepithel seinen Ausgang nimmt, zu widerlegen. Er stimmt
der Ansicht von Ribbert zu, daß das Netzhautgliom im Bereiche der Netz¬
haut entsteht und aus Zellen hervorgeht, die während der Entwicklungs¬
periode der Retina in abnorme Schichten geraten und aus dem Verbände
der Netzhaut ausgeschaltet worden sind. * ( Jacobsohn .)
Die Rechtshemianopiker sind deshalb beim Lesen unserer Schrift übel
daraD, weil beim Lesen von links nach rechts ein relatives Gesichtsfeld
rechts vom Fixierpunkt vorhanden sein muß. Reitsch (131) empfiehlt daher
für derartige Patienten, die Schriftstücke auf den Kopf zu stellen und von
unten nach oben und von rechts nach links zu lesen. Das Umlernen besteht
darin, daß der Rechtshemianopiker sich das umgekehrte Bild des Buchstaben
einprägen muß, bis es ihm geläufig ist wie das aufrechte. Eine unüber¬
windliche Mühe ist das auf keinen Fall. Geschriebenes zu lesen, erfordert
große Gewandtheit. Zur Orientierung, also zum Finden der nächstfolgenden
Zeile übernimmt der Finger die Führung. Der Arzt soll die Kontrolle der
ersten Übungen übernehmen und das schon während der Behandlung in den
Lazaretten.
Einen eigentümlichen Gesichtsfelddefekt, und zwar Ausfall der unteren
Hälfte bei Erhaltensein der oberen, welchen Rogalla (132 a) beobachtete,
hält der Autor entweder durch Druckatrophie verursacht oder als Folge
einer Neuritis interstitialis mit deszendierender Atrophie. ( Jacobsohn .)
Rönne (133) kommt nach Mitteilung von 8 Fällen mit homonymem,
hemianopischem Gesichtsfeld zu dem Schluß, daß die sich dabei ergebenden
Inkongruenzen wohl auf individuelle Unregelmäßigkeiten in der Faszikel¬
feldmischung zurückzufuhren sind. Die gefundenen Unregelmäßigkeiten
scheinen an Ausdehnung ganz klein zu sein und alle der Grenzlinie zwischen
den beiden Gesichtshälften anzugehören. Es läßt sich allerdings nicht aus¬
schließen, daß sich auch größere Unregelmäßigkeiten in der Gesichtsfeld¬
peripherie finden können, die aber sehr selten sind und eine geringe
Bedeutung haben. Die Faszikelmischüng ist in der großen Mehrzahl der
Fälle äußerst regelmäßig.
Nach klinischen und pathologisch-anatomischen Beobachtungen von
Rönne (136) ist das Sehnervenleiden, welches oft die Myelitis und akute
multiple Sklerose begleitet, eine retrobulbäre Neuritis, ohne Rücksicht auf
die häufig begleitende Neuritis optica oder Stauungspapille. Das ophthal¬
moskopisch sichtbare Papillenödem ist sekundär nach dem Leiden in den
mehr proximalen Teilen der Seilbahn. Das Leiden ist in den Sehnerven¬
stämmen und besonders im Chiasma lokalisiert; die letzte Lokalisation prägt
oft das Gesichtsfeld und den Verlauf stark. Entsprechende retrobulbäre
Neuritiden mit überwiegender Lokalisation im Chiasma finden sich auch
ohne begleitende Spinalaffektion. ( Jacobsohn .)
In ihrer Arbeit über Hemiopie bringt Rosenfeld (137) nach der
Schilderung der Theorien vom Zustandekommen der Hemopien 11 kasuistische
Beiträge. In den ersten drei Fällen handelt es sich um Tumoren der Hypo¬
physe. Die Patienten bemerkten im Verlauf der letzten 1—2 Jahre eine
deutliche Abnahme des Sehvermögens. Sie alle litten an häufigen Kopf¬
schmerzen. Das Gesichtsfeld zeigte den Typ der bitemporalen Hemiopie.
Interessant ist der letzte Fall. Es handelt sich um ein löjähriges Mädchen
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Augenstörungen nnd Nervensystem.
mit dem Befunde der Amennorrhöe und Adipositas, die auf das wohl¬
umschriebene Krankheitsbild der Dystrophia adiposogeuitalis hindeuten. In
allen drei Fällen hat der Tumor zu einer mehr oder weniger Tollständigen
Erblindung des einen Auges, in zwei von diesen Fällen zur beträchtlichen
Herabsetzung der Sehschärfe des zweiten Auges geführt. Im vierten Fall
läßt sich klinisch die Differenzialdiagnose Tumor oder apoplektischer Insult
nicht mit absoluter Sicherheit feststellen. Es können Blutungen resp. Er¬
weichungen dieselben Symptome hervorrufen wie Tumor. Hier scheint es
sich eher um einen apoplektischen Insult gehandelt zu haben. Denn die
Symptome waren: Rechtsseitige’ homonyme Hemiopie, Aphasie, eine rechts¬
seitige Parese und Hemianästhesie. Im fünften Falle entstand eine
rechtsseitige homonyme Hemianopsie, wahrscheinlich infolge einer Blutung
in den linken Traktus. Fall sechs weist eine homonyme rechtsseitige
Hemiopie auf, die sich in parazentralen Skotomen kundgibt. Ursache:
Atherosklerose. Im Fall sieben besteht wahrscheinlich eine doppelseitige
homonyme Hemiopie mit stärkerer Einschränkung der rechten Gesichts¬
feldhälften. Fall neun und zehn zeigen ebenfalls homonyme Hemianopsien,
von denen eine vielleicht auf eine neuritische Erkrankung des Traktus, die
andere auf eine Meningitis gumosa zurückzuführen ist. Im elften Fall handelt
es sich um ein Trauma des Schädels. Der Patient wies einen fast voll¬
ständigen temporalen Gesichtsfelddefekt rechts auf und eine deutliche hemi-
anopische Pupillenstarre auf. Das linke Auge war ganz erblindet. Hier
könnte es sich um eine Chiasmaschädigung durch Zerreißung der Dura, die
die Sella turcica überspannt, gehandelt haben. Jedenfalls ist der Wert dieses
beschriebenen Symptoms für die Diagnose der intrakraniellen Schädigungen
nicht zu unterschätzen.
Unter Zugrundelegung von zwei interessanten Fällen von Schrotschu߬
verletzungen des Auges kommt Säger (139) unter Berücksichtigung der dies¬
bezüglichen Literatur zu folgenden allgemeinen Schlußfolgerungen: Sichere
Kontur- oder Ringelschüsse des Augapfels sind bei einem Auftreffen der
Kugel direkt von vorne bisher nicht beobachtet worden. Sie sind unter
Berücksichtigung der Dynamik dieser Schüsse und der anatomischen Ver¬
hältnisse auch kaum möglich. Viele als Konturschüsse des Auges impo¬
nierende Verletzungen lassen sich unerzwungen durch eine extreme Blick¬
richtung des Bulbus im Moment der Verletzung durch einen Prellschuß oder
dadurch erklären, daß der Augapfel der schräg aufschlagenden Kugel aus¬
weicht. Als Konturschüsse der Orbita könnte man solche Verletzungen auf¬
fassen, bei denen das Projektil den Augenhöhleneingang ohne den Bulbus zu
perforieren passiert und auf der Orbitalwand uach hinten gleitet, wobei dann
häufig der Sehnerv in seinem gefaßlosen Teil vor dem Foramen opticum
lädiert wird. Im strengen Sinne wäre aber auch hier die Bezeichnung „Kontur-
schuß“ nicht zutreffend. Eine Schrotkugel oder ein ähnlicher Körper, der
von vorne in die Orbita eindringt, ohne den Bulbus zu perforieren, wird
kaum jemals den gefaßhaltigen Teil des Sehnerven verletzen. Bei allen Kon¬
tusionen des Bulbus ist, auch wenn keine äußeren Verletzungen festzustellen
sind, auf die Spätfolgen in Form der sog. Haab sehen Makulaerkrankung zu
achten. Bei allen Schußverletzungen der Orbita mit Zurückbleiben des
Projektils kommt bei einer Schädigung des Optikus ein operatives Vorgehen
in Frage. Aussicht auf Erfolg wird dieses aber nur dann haben, wenn der
Fremdkörper sich genau lokalisieren läßt, und wenn anzunehmen ist, daß
ein Teil der Funktionsstörungen auf einen Druck seitens des Projektils oder
auf eine von ihm verursachte Entzündung zurückzuführen ist.
»
( Jacobsohn .)
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Salzer (140) sah unter 150 Schußverletzungen der Augengegend 90
perforierende, darunter 12 mit einem intraokularen Fremdkörper. In 4 Fällen
lagen oberflächliche Fremdkörperverletzungen der Hornhaut vor. Contusio
bulbi in 25 Fällen. In über 20 Fällen bestand das Bild der traumatischen
Neurose. Von den 90 endigten 62 Fälle mit dem Verlust des Auges. Die
Enukleation wird im Gegensatz zu Eviszeration befürwortet. Das Infanterie¬
geschoß kann mit großer Leichtigkeit durch große Teile des Gesichtschädels
geheu, ohne Schaden anzurichten. Interessant ist ein Fall, bei dem eine
durch das rechte Auge gehende Kugel im linken Hinterhauptslappen steckt.
Anfangs hochgradige Aphasie, dann rechtsseitige Hemianopsie, Alexie neben
motorischen Sprachstörungen. Der Zustand besserte sich allmählich! Daß
auch Gehirnabzesse gut heilen können, zeigt ein anderer Fall. Verletzungen
des Augenlides und der Orbita erfordern oft plastische Operationen. Die
Eöntgendiagnose leistet vorzügliche Dienste zur Feststellung von intraoku¬
laren Fremdkörpern. Viele Fremdkörper bestehen nicht aus Eisen, sondern
aus anderen Metallen. Die Kontusionsverletzungen am Auge zeigen das
bekannte Bild. Luftdruckschwankungen können Netzhautablösung bewirken.
Als Folge schwerer Kontusion trifft man Glaukom an. Die traumatische
Neurose äußert sich durch Herabsetzung der Sehschärfe, röhrenförmiges
Gesichtsfeld, ziehende Schmerzen in Schläfe und Hinterkopf, Schwindel,
Zittern, Doppelsehen und Nystagmus und häufig spastische Erscheinungen im
Fazialisgebiet
Angeregt durch Beobachtung von zwei Fällen von einseitigem Nystagmus
geht Schmidt (144) die darüber handelnde Literatur referierend durch.
( Jacobsohn .)
In dem von Schmidtmann (145) mitgeteilten Falle handelt es sich
um die Verletzung eines Auges durch Kuhhornstoß. Am Tage nach dem
Unfall war das Sehvermögen nach Angabe des Patienten bis auf Unter¬
scheidung von hell und dunkel herabgesetzt. Dann kehrte ein Teil des
peripheren Sehens wieder. Die Funktion der Mitte und der ganzen unteren
Netzhauthälfte war und blieb während der achtmonatigen Beobachtungszeit
vernichtet. Wenn Patient mit dem rechten Auge fixieren soll, so stellt er
eine dicht oberhalb der Makula gelegene Partie ein. Da bei der ersten
Untersuchung wenige Tage nach dem Trauma äußerlich nur höchst unbe¬
deutende Veränderungen, auch keine Protusion, Schieistellung oder Beweglich-
keitsbescbränkung zu konstatieren waren, lag es nahe, den hochgradigen
Funktionsausfall einzig und allein auf eine Quetschung bzw. partielle Zer¬
reißung des Optikus im Kanal zurückzuführen, verursacht durch eine Fissur
der medialen resp. oberen Orbitalwand. Ophthalmoskopisch überraschte das
charakteristische Bild einer partiellen Abreibung des Sehnerven vom Bulbus
neben relativ geringfügigen Netzhaut- und Glaskörperhämorrhagien. ln der
Folgezeit bildete- sich eine nicht sehr hochgradige Netzhauttrübung ohne
deutliche Prominenz im mittleren Abschnitte aus; die Glaskörpertrübungen
verteilten sich und nahmen noch etwas an Menge zu. Später wurde die
Netzhaut wieder klarer und ließ in der Makulagegend eine sehr feine Pigmen¬
tierung sowie eine wohl auf Alteration des Pigmentepithels zurückzu führende,
kleinfleckig gesprenkelte Zeichnung erkennen. Die Höhle im Bereich der
Sehnervenscheibe war mit neugebildetem (Glia-) Gewebe ausgefüllt und zum
Teil von einem ebenfalls neugebildeten breiten Pigmentsaum am Bande
umfaßt Für den sehr eigenartigen Gesichtsfelddefekt, der die ganze obere
Hälfte einschließlich des Zentrums einnahm und sich mit scharfer, genau
horizontal verlaufender Grenzlinie von dem erhaltenen Gesicbtsfeldreste
absetzte, bietet die Lage der Rißstelle am Sehnervenkopfe keine befriedi-
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266
Aagenstörungen and Nervensystem.
gende Erklärung. Der Symtomenkomplex nötigt deshalb zu der Annahme,
daß der Optikus durch den Kuhhornstoß eine doppelte Läsion erlitten bat,
und zwar erstens eine partielle Abreißung vom Bulbus und zweitens eine
partielle Durchtrennung im Canalis opt infolge einer Fissur des Orbitaldachs.
(Jacoblohn.)
Schreiber (146) betont nach einigen statistischen Angaben über die
Häufigkeit der Augenrerletzungen in diesem Kriege die Wichtigkeit der
Anfangsdiagnose, ob eine perforierende Verletzung vorliegt oder nicht. Die
Diagnose sollte mit allen uns zu Gebote stehenden Hilfsmitteln der Neuzeit
gesichert werden. Kleinste Eisen- und Stahlsplitter können mehrere Tage
reizlos vom Auge vertragen werden. Erst nach längerem Aufenthalt im
Augeninnern werden diese Splitter gefährlich, da dann die Gefahr der Ver¬
rostung droht. Die wichtigste Frage ist wohl die, ob bei einem Auge eine
sympathische Erkrankung zu befürchten ist. Eine sympathische Ophthalmie
tritt nur dann auf, 1. wenn die Verletzung eine perforierende war, 2. wenn
an die perforierende Verletzung sich eine chronische Iridozyklitis angeschlossen
hat. Da auch von den kleinsten Resten eines zertrümmerten Augapfels noch
eine sympathische Erkrankung ausgehen kann, sind alle solche Reste sorg¬
fältig zu entfernen. Zerreißungen der Lider und der Bindehaut sind bald
zu nähen. Lidplastiken sind dem Augenarzt zu überlassen. Eine Glas¬
prothese ist nach ungefähr 3 — 4 Wochen zu tragen. Bei Lagophthalmos
infolge von Fazialislähmung muß auf sorgfältigen Schutz des Auges vor
Vertrocknung geachtet, werden. Nicht zu vergessen ist die Infektion des
Tränensacks, da ein Übersehen eines Tränensackleidens eine harmlose Ver¬
letzung oft sehr folgenschwer gestalten kann. Während Blutungen in die
Vorderkammer harmlos sind, ist die Prognose bei Blutung in den Glas¬
körper weniger gut. Daß Luftstreifschüsse für das Auge gefährlich werden
können, ist nicht von der Hand zu weisen.
Bei Beteiligung des Auges an Schädelschüssen gilt folgendes: 1. Ein¬
seitige Erblindung spricht für Optikusläsion peripher, also unterhalb vom
Chiasma. 2. Alle Verletzungen des Chiasma selbst oder zentral von ihm
bis zum kortikalen Sehzentrum im Kuneus führen zur Hemianopsie. 3. Doppel¬
seitige Erblindung spricht in der Regel für eine Läsion beider Sehnerven
oder für eine doppelseitige Okzipitalläsion. Stauungspapille ist ein sehr
häufiges Vorkommnis bei Schädelverletzungen. Solange das Sehvermögen
normal bleibt, ist sie an und für sich keine Indikation zur Trepanation.
Bei einem 18jährigon Mädchen fand Schwarz (147) an Stelle der
Papille beiderseits nur eine Andeutung derselben. Links war ein kleiner
runder weißer Fleck zu sehen, der von einem glasig-feinfaserigen Gewebe
bedeckt war. Die Papillengefäße umzogen ihn. Rechts war eine annähernd
senkrechte, ovale, gelb-weiß-rötliche Stelle. Die Sehschärfe betrug beider¬
seits ca. x / s der normalen. Das Gesichtsfeld zeigte einen ovalen Ausfall
und eine ziemliche Einengung. Guter Farbensiun und gutes stereoskopisches
Sehen. Es handelt sich also um eine unvollständige Entwicklung der Seh¬
nerven, deren uugekreuzte Bündel fehlen, deren gekreuzte Bündel nur
unvollständig entwickelt sind. Vermutlich liegt dem Bildungsfehler eine
nicht weiter erklärbare mangelhafte Entwicklung des Retinalblattes zugrunde,
aus dem dann auch entsprechend weniger Sehnervenfasern hervorgingen.
Der Fall dürfte wohl unter das Kapitel Aplasie des Sehnerven zu rechnen sein.
Seefelder (148) beschreibt den pathologisch-anatomischen Befund einer
sogenannten taschenförmigen Einstülpung der Netzhaut in den Sehnerven
von erheblicher Ausdehnung, die sich in einem Auge eines Neugeborenen
fand, das makroskopisch normal erschienen war, während das andere Auge
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Augenstörungen und Nervensystem.
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eia totales, von der Iris bis zum Sehnerven reichendes Kolobom aufwies.
Jedenfalls ist diese taschenförmige Einstülpung ebenfalls als eine kolobo-
matöse Veränderung aufzufassen. Die Netzhaut und das Pigmentepithel
endigen am Rand der Tasche zusammen mit der Aderhaut in normaler
Weise und können vom Taschengewebe scharf geschieden werden. An der
dem Glaskörper zugewandten Seite weist das Taschengewebe eine trichter¬
förmige Einsenkung auf, die man als grübchenförmige Vertiefung neben der
physiologischen Einsenkung bezeichnen muß. Auch diese Veränderung ist
unter die kolobomatösen zu rechnen. Ebenso muß man die Erscheinung der
abgeirrten Nervenfasern im Bereich des Sehnervenstammes auffassen.
Stark (152) berichtet über drei Fälle von plötzlicher Erblindung als
Folge einer Sinusvereiterung. Eine ausführliche Schilderung der Augen¬
läsionen durch pathologische Prozesse der der Orbita benachbarten Schädel¬
höhle bringt die Arbeit von Onodi (s. p. 177 No. 46). ( Jacobsohn .)
Sterling (153 a) berichtet über 4 Fälle akuter Amaurose nach Methyl¬
alkoholvergiftung. Es handelte sich um eine retrobulbäre Neuritis, welche in
schwereren Fällen zu absoluter Blindheit führt. Die Prognose ist eine sehr
ernste. Schwache Fälle zeichnen sich durch einen apoplektischen Beginn
aus. Charakteristisch ist nach einer gewissen Besserung die abermalige Ver¬
schlimmerung der Sehkraft. Von den akzidentellen Symptomen sind heftige
Kopfschmerzen zu erwähnen, gegen welche manchmal die stärksten Analgetika
machtlos sind. ( Sterling .)
Strümpell (156) beschreibt den Fall eines 4jährigen Jungen, der an
Keuchhusten litt und ziemlich plötzlich erblindete und eine zerebellare
Rumpfataxie aufwies. Die Pupillen waren weit und reaktionslos. Es bestand
eine richtige Stauungspapille. Da aber sonstige Hirndrucksymptome fehlten,
glaubt Strümpell den Ausdruck Stauungspapille besser durch Neuritis optica
ersetzen zu müssen. Anfänglich fehlten auch beide Patellarreflexe. Nach
3—4 Wochen trat sowohl Heilung der Ataxie wie der Blindheit ein, aller¬
dings wurde die Papille atrophisch, blieb aber mit ausgezeichneter Sehschärfe.
Der Sitz der Erkrankung wäre in die Vierhügelgegend zu verlegen. Die
Prognose dieser Keuchhustenenzephalitis ist eine günstige. Von praktischer
Wichtigkeit ist das deshalb, weil bei Stauungspapille eine druckentlastende
Operation, die Trepanation des Schädels, in Frage käme. Zum Schluß wird
noch auf die mögliche Verwandtschaft der Influenza- und Keuchhustenbazillen
hingewiesen, die beide die Neigung bzw. die Fähigkeit haben, sich an einer
Stelle des Gehirn- oder des Rückenmarks anzusiedeln und noch Krankheits¬
herde hervorzurufen.
Bei Schädelverwundungen, fallt die häufig vorhandene Neuritis nervi
optici auf. Szily (157) glaubt, daß diese Neuritis immer als ein ernstes
Symptom aufzufassen ist, welches den Augenarzt dazu berechtigt, dem
Chirurgen eine radikale Revision der Wunde anzuraten. Besonders inter¬
essant sind die Neuritisfälle bei Knochendepressionen mit Aufsplitterung der
Lamina interna. Diese gehen, ebenso wie die Allgemeinsymptomc, nach
Trepanation und Entfernung der Knochensplitter zurück. Bei Tangential¬
schüssen findet sich häufiger eine Neuritis als bei penetrierenden Gewehrschüssen
resp. Steckschüssen. Man hat den Eindruck, als ob schon der Gewebszerfall
als solcher imstande sei, Neuritis zu erzeugen. Eine Stauungspapille nach
Sturz vom Pferde ergab sich als Folge einer Blutung in den Sehnerven¬
scheidenraum, wo die Scheide durch den Bluterguß ampullenartig erweitert
erscheint Die Blutungen im Orbitalgewebe, in den Scheiden, im Zwischen¬
scheidenraum, ebenso die präretinalen Hämorrhagien verdanken ihr Entstehen
wahrscheinlich multiplen Gefäßläsionen.
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Augenatorangen und Nervensystem.
Tresling (160) teilt seine Erfahrungen bei zwei kontralateralen Seh¬
nervenverletzungen mit. Das linke Auge eines Arbeiters wurde durch einen
Messerstich derartig verletzt, daß Uvealgewebe vorfiel und das Unterlid
senkrecht gespalten wurde. Sehschärfe = 0. Auf dem rechten Auge ist nicht
nur der Sehnerv, sondern auch die anderen Augennerven sind hochgradig
lädiert, und es treten gleich nach dem Unfall Amaurose und totale Ophthal¬
moplegie auf, während das Trigeminusgebiet anästhetisch ist. Die Stauung
in den Netzhautgefäßen und die unschaif begrenzte Papille lassen auf er¬
höhten Druck hinter dem Auge schließen, wahrscheinlich infolge einer
Blutung im Cavum cranii oder in den Sehnervenscheiden. Der zweite Fall
ist noch merkwürdiger. Der Patient wurde mit einem Messer unter dem
linken Auge gestochen. Das linke Auge war normal, das rechte zeigte
Ptosis, Exophthalmos, unbeweglichen Bulbus, ziemlich weite, reaktionslose
Pupille. Der Sehnervenkopf war hyperämiscb, starke venöse Stauung und
Schlängelung der Gefäße. Die Hornhaut war wenig empfindlich. Sehschärfe
gleich Null. Das Röntgenbild ergab, daß eine große Messerklinge sich im
Schädel befand. Die Klinge wurde entfernt, nachdem sie 20 Tage im
Kopfe reaktionslos verblieben war. Das Messer hatte seinen "Weg ge¬
nommen durch das linke Jochbein, durch die linke Concha media, das
Septum narium, die Lamina papyracea rechts bis zum Foramen opticum
und Fissura orbitalis superior und hat dabei alle hier austretenden Nerven
verletzt.
TJhthoff (162) berichtet über die Augenerscheinungen bei Leuten, die
aus Versehen Methylalkohol tranken. Unter 200 Leuten starben 12 bald
nach dem Geuuß des Getränkes; von 50 Erkrankten klagten die meisten
über Augenbeschwerden, die zum Teil vorübergehender Natur waren und
in Flimmern, Nebel- und Verschwommensehen bestanden, in einzelnen Fällen
aber zu schweren Beeinträchtigungen des Sehvermögens Veranlassung gaben.
Zwei Fälle sind ausführlich beschrieben. Bei dem ersten bestand absolute
Amaurose auf beiden Augen. Die Papillen waren deutlich getrübt, auch
die nächst anliegenden Retinalpartien erschienen grauweißlich getrübt, keine
Prominenz, die Venen waren etwas erweitert. Die Papillen zeigten schon
einen leichten Grad von Abblassung. Macula lutea normal. Nach 11 Tagen
erschien zum erstenmal eine Spur von Lichtreaktion der Pupille auf dem
linken Auge und eine Lichtwahrnehmung nach unten. Das Sehvermögen
besserte sich auf Sehen von Fingern in */ 4 m. Beim zweiten Fall betrug
die Sehschärfe anf Erkennen von Fingern ca. */ 4 m. Das Gesichtsfeld war nur
in einem exzentrisch nach außen gelegenen Teil erhalten. Pupillen mittel¬
weit, Lichtreaktion sehr träge. Ophthalmoskopisch fand sich eine leichte
Neuritis optica. Die sich stetig bessernde Sehschärfe hatte auch eine
Besserung des Gesichtsfeldes im Gefolge. Die Papillen blieben scharf
konturiert, aber deutlich abgeblaßt auf der temporalen Seite. Bei den
anderen Patienten war der ophthalmologische Befund meistens normal. Bei
6 dieser Patienten ließen sich noch kleine relative Farbenskotome mit
mäßiger Herabsetzung der Sehschärfe uachweisen. Vergiftungserscheinungen
welche mit schnell sich entwickelnder Amaurose einhergehen, erwecken in
erster Linie den Verdacht auf Methylalkoholvergiftung. Zuletzt werden noch
kurz pathologisch-anatomische Befunde erwähnt.
In dem neubearbeiteten Handbuch der gesamten Augenheilkunde liegt
uns ein Teil des Kapitels Augensymptome bei Erkrankung des Gehirns vor.
TJhthoff (165) verbreitot sich über die Augensymptome bei Idiotie und
Imbezillität höheren Grades, hei Dementia praecox, hei der Dementia senilis,
bei Epilepsie, bei Hysterie, bei den funktionellen Psychosen. Zum Schluß
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Augenstörnngen und Nervensystem.
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werden die Gesichtstäuschungen einer kritischen Durchsicht unterzogen.
Um das wesentlichste herauszugreifen: Bei Idiotie und hochgradiger Im¬
bezillität wurde Nystagmus viel häufiger als eigentliche Augenmuskellähmungen
gefunden (28 %). In 38 % der Fälle findet sich Strabismus verzeichnet.
Gewisse kongenitale Veränderungen wie Cataracta congenita resp. zonularis,
Mikrophthalmus, Iris- und Chorioidalkolobom, Anophthalraus congenitus, Conus
nach unten, Ektopia lentis usw. werden häufiger als bei normalen Menschen
angetroffen. Pupillenstörungen sind relativ selten. Bei der Dementia praecox
wird noch auf das Bumkesche Symptom Gewicht gelegt, Fehlen der
physiologischen Pupillenunruhe. Nach neuesten exakten Untersuchungen von
Förster und Schesinger (siehe diesen Abschnitt des Jahresberichts)
fehlt bei Akkommodationslosen immer Pupillenunruhe.
Bei Dementia senilis findet map in 10% reflektorische Pupillenstarre.
Differentialdiagnostisch wichtig ist die Enge der Pupillen und die Doppel-
seitigkeit des Phänomens, während die absolut starren Pupillen der Para¬
lytiker weit sind und das Symptom oft nur einseitig ist. Bei der Epilepsie
verzeichnet man in 3% der Fälle leichte diffuse Trübung der Pupillen und
der angrenzenden Retina, außerdem in 2% ausgesprochene Hyperämie der
Papillen, in 5% ausgesprochenen Puls der Retinalvenen. ' Während des
Anfalls ist der Befund zum Teil negativ, zum Teil sind die Retinalgefäße
venös gestaut mit starker Zyanose des Gesichts. Das Gesichtsfeld zeigt
besonders im Anschluß an Anfälle konzentrische funktionelle Einschränkung,
teils vorübergehender, teils stationärer Natur. Die Pupillen sind zu Beginn
des Anfalls eng, dann in der Regel absolut starr. Die Sehstörungen bei
Hysterie teilt Uhthoff in Amaurose, Amblyopie mit konzentrischer Gesichts¬
feldeinengung, solche ohne Gesichtsfeldeinengung, mit anderen Gesichtsfeld¬
anomalien, Dys- und Achromatopsie (inklusive Farbensehen), Gesichtsfeld¬
ermüdung und Verschiebungstypus, Sehstörungen infolge von Hyperästhesie
des Auges. Die Frage, ob die konzentrische Gesichtsfeldbeschränkung ge¬
rade nur für die Hysterie charakteristisch ist, wird verneint. Eine Hemi¬
anopsie bei Hysterie, besonders die homonyme dürfte nicht zu den hysterischen
Augensymptomen gehören. Häufig finden sich komplizierte Augenmuskel¬
störungen, deren Deutung nicht so einfach ist. Spasmen der Lider und
der Muskeln sind häufige Symptome. Das gelegentliche Vorkommen der
absoluten Pupillenstarre bei hysterischen Fällen ist erwiesen. Bei den
funktionellen Psychosen fallen besonders auch angeborene Anomalien des
Augapfels und des Augenhintergrundes auf, so Pseudoneuritis, hochgradige
Refraktionsanomalien, Conus uach unten usw. Die Arbeit verwertet zahl¬
reiche eigene Erfahrungen und Beobachtungen. Die Literatur ist ungemein
reichlich. Der Ophthalmologe und der Neurologe werde das Werk mit
Befriedigung einer Einsicht unterziehen.
Uhthoff (166) berichtet über 8 Fälle vou hemianopischen Gesichts¬
feldstörungen nach Schädelschüssen. In der Hälfte dieser Fälle handelt es
sich um doppelseitige hemianopische Störungen. Es waren durchweg Quer-
schiisse durch das Hinterhaupt, welche diese doppelseitigen Störungen be¬
dingten. Unter ihnen waren zwei, welche als Hemianopsia inferior bezeichnet
werden konnten. Es erklärt sich diese Erscheinung aus der Richtung des
Querschusses unmittelbar oberhalb des Sehzentrums oder durch den oberen
Teil der Sehstrahlung, wodurch die unteren Gesichtsfeldteile in erster Linie
betroffen wurden. Auch die beobachteten Fälle sprechen dafür, daß die
obere Lippe der Fissura calcarina den oberen Netzhautteilen und somit
den unteren Gesichtsfeldpartien entspricht. Auf dem Gebiete der throm¬
botischen Hirnerweichung und Hirnhämorrhagie fehlt die doppelseitige
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270
Aageostörungen und Nervensystem.
Hemianopsia inferior fast ganz. Zwei von den acht beobachteten Fällen zeigten
regierende kleine Gesichtsfeldreste in den blinden Hälften an der vertikalen
Trennuugslinie. In einem Falle konnte eine gewisse Asymmetrie in der
Intensität der Funktionsstörung im Bereich der hemianopisch erkrankten
Gesichtsfeldpartien konstatiert werden, während die Ausdehnung der er¬
krankten Partien immer symmetrisch war. Das beruht nach Ansicht des
Verf. wahrscheinlich auf Ermüdungserscheinungen. Nicht selten fand sich
bei den doppelseitigen partiellen Hemianopsien auch eine leichte periphere
konzentrische Einengung der erhaltenen Gesichtsfeldpartien, die wohl zum
Teil nur als funktionell bedingt anzusehen war, zumal sie gelegentlich im
Verlaufe der weiteren Beobachtung verschwand. Die zentrale Sehschärfe
war bis auf zwei Fälle bei den doppelseitigen Hemianopsien zum Teil gut
erhalten. Eine {lauerende völlige Erblindung infolge eines Hinterhaupt¬
schusses hat U. in seinen Fällen nicht beobachtet. Die Restitutionsfähigkeit
der Seh- und Gesichtsfeldstörungen war durchweg eine erhebliche, zuweilen
eine vollständige. Der ophthalmoskopische Befund, war in der Hälfte der
Fälle negativ, wurde aber zum Teil später pathologisch (Neuritis opt. resp.
Stauungspapille) und deutete auf intrakranielle Komplikationen (gewöhnlich
Abszeß). Eiue totale Achromasie sah U. mit stark beeinträchtigter Seh¬
schärfe bei einem Querschuß durch das Hinterhaupt. Es scheint die un¬
verhältnismäßig große Beeinträchtigung des Farbensinns gegenüber dem
Raumsinn doch nur ein seltenes Vorkommen bei den Hinterhauptschüssen
zu bilden. Augenmuskellähmungen wurden in den acht Fällen nicht beob¬
achtet. Die optischen Erinnerungsbilder sowie der Orientierungssinn waren
bis auf einen Fall gut erhalten. In diesem letzteren Falle zeigte sich
besonders auffällig ein völliger Erinnerungsdefekt für die Vorgänge bei der
Verwundung und für die Zeit kurz vor derselben, während die Erinnerung
für weiter zurückgelegene Vorgänge gut erhalten war. ( Jacobsohn .)
In seiner Arbeit über die degenerativen Erkrankungen der Hornhant
gibt Uhthoff (167) die anatomischen Befunde aus exzidierten Hornhaut¬
stückchen, a) eines Falles von knötchenförmiger Hornhautdegeneration und
b) eines Falles von grauer fleckförmiger („zapfenförmiger“) Degeneration
beider Hornhäute. (Jacobsohn.)
Wietfeldt (172) begründet gegenüber Paul (Münch, med. Woch. Nr. 45)
seinen Standpunkt, daß der Mangel an Vitaminen (frisches Gemüse) die
Ursache der Nachtblindheit im Felde ist. (Jacobsohn.)
' In Ergänzung ihres Monumentalwerkes fahren Wilbrand und Sänger
(173) unentwegt fort. Die glückliche Idee der beiden Gelehrten scheint
sich zu bewähren und gute Früchte zu tragen. Die Erkrankungen des
Optikusstammes werden in der bekannten, ausgezeichneten Manier behandelt.
Es herrscht eine Gründlichkeit und Übersichtlichkeit, die einen ständig
fesselt. Nicht nur der Neurologe und der Ophthalmologe, sondern auch
der Pathologe werden in jeder Hinsicht befriedigt. Die Erkrankungen des
Sehnervenstammes werden in seinem orbitalen Verlauf, abgesehen von den
Tumoren, in drei große Gruppen geschieden, und zwar in die entzündlichen
Zustände (Neuritiden, Herde bei der multiplen Sklerose und metastatische
Herde) mit ihren Folgezuständen (neuritische Atrophie), in die rein atro¬
phischen Zustände (primäre Atrophie, Druckatrophie, deszendierende Atro¬
phie) und in die Kontinuitätstrennungen (Trauma). Die Neuritiden werden
in mehrere Grundformen eingeteilt. Als Einteilungsprinzip stellen die
Autoren das wechselseitige Verhältnis der Gesichtsfelddefekte zum patho-
logisch-anatomisohen Befunde bei diesen Erkrankungen auf, weil die Tat¬
sache nicht bestritten wird, daß die Erkrankung bestimmter Fasergruppen
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Augenstörungen und Nervensystem.
271
im Sehnerven auch stets sich gleichbleibende Gesichtsfelddefekte hervorzu¬
rufen pflegt. Die erste Grundform ist die Neuritis axialis mit den Unter¬
gruppen acuta, subacuta und chronica, sowie einer familiären, hereditären
Form. Als zweite Grundform tritt sodann auf die Neuritis interstitialis
peripherica. Die dritte Grundform betrifft die diffus den ganzen Sehnerven¬
querschnitt befallende Entzündung des Optikusstammes, wie sie z. B. bei
der Myelitis acuta angetroffen wird. Der Ausdruck „Neuritis retrobulbaris“
sollte aus unserer Nomenklatur verschwinden. Nun folgt die ungemein
klare Beschreibung der verschiedenen Krankheitsbilder, wobei die Kritik
ausgiebig zu ihrem Recht kommt. Die atrophischen Zustände werden nach
dem Aussehen der Papille unterschieden: Die Atrophie nach Glaukom,
die neuritische Atrophie der Papille, die gelbe oder retinale Atrophie und
die einfache Atrophie. Die progressive Sehnervenatrophie erfährt eine
gesonderte Behandlung. Die Kontinuitätstrennungen sind ausführlich im
dritten Band behandelt, und es wird darauf verwiesen. Ein Literaturver¬
zeichnis von 1628 Nummern endigt diesen reichhaltigen Band.
Der sechste Band des Handbuches von Wilbr&nd und Sänger (174)
behandelt die Erkrankungen des Chiasmas. Auf Grund ihrer eigenen Mit¬
teilungen und unter Zusammenstellung der in der Literatur vorhandenen
Beobachtungen geben die Verfasser ein vollständiges Bild von der derzeitigen
Kenntnis der bei den Erkrankungen des Chiasmas auftretenden Sehstörungen,
Von diesem Band gilt das in der vorhergehenden Besprechung Gesagte im
gleichen Maße. Bei den Erkrankungen des Chiasmas werden die Seh¬
störungen in solche geschieden, die plötzlich auftreten, und in solche, die
sich langsam entwickeln und einen chronischen Verlauf darbieten. Bei den
akut einsetzenden Sehstörungen tritt meist eine plötzliche Erblindung auf
oder wenigstens eine in kurzer Zeit zu den höchsten Graden aufsteigende
Amblyopie. Nach der Besprechung der doppelseitigen Erblindungen durch
Platzen eines Aneurysmas, durch Blutungen in Tumoren, durch traumatische
Einwirkung auf das Chiasma, nach der Kritik von Fällen von plötzlich
entstandener bitemporaler Heminanopsie, wird auf die Feindiagnostik der
Gesichtsfeldstörungen aus dem Faserverlauf des Chiasmas eingegangen.
Die Notwendigkeit eines komplizierten Faserverlaufs im Chiasma wird be¬
wiesen. Nun folgen die Kapitel über die typische bitemporale Hemianopsie,
die Doppelversorgung der Makula, die nasale Hemianopsie, die binokulare
Hemianopsia superior und inferior. Die diagnostische Valenz der hemiano-
pischen Pupillenreaktion wird nicht in Abrede gestellt. Zu ihrer Auffindung
eignet sich der von Behr angegebene Apparat am besten. Die Begleit¬
erscheinungen der Sehstörungen äußern sich in Kopfschmerzen, Augen¬
muskelstörungen, Störungen des Geruchssinns, auffallender Schweißsekretion,
Schlafsucht, Abfluß von Zerebrospinalflüssigkeit, subnormalen Temperaturen
bei Hypophysisaffektion, Exophthalmus, epileptoide Anfälle und Konvulsionen
usw. Ätiologisch kommen in Betracht Tumoren in der Nähe des Chiasmas,
der Hypophysis selbst. Die Begleiterscheinungen der Hypophysistumoren
sind die AJcromegalie, Sehstörungen, wie bitemporale Hemianopsie, einseitige
Hemianopsie, homonyme Hemianopsie, konzentrische Gesichtsfeldeinschrän-
kung, einseitige Erblindung usw. Glykosurie, Diabetes mellitus, Diabetes
iusipidus, Albuminurie gehören manchmal ebenfalls zum Bild des Hypophysen¬
tumors. Der Zusammenhang zwischen Zwergwuchs und Hypophysenentartung
wird erläutert. Die große Rolle der Lues und der Tuberkulose findet ihre
ausführliche Erörterung. Die Erkrankungen des Chiasmas bei den Menin¬
gitiden, bei Hydrocephalus internus, durch ein Aneurysma, bei der multiplen
Skerose,' bei Zystenbildnng werden hinsichtlich ihrer Beteiligung an den
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Multiple Sklerose. Amyotrophiscke Lateralsklerose.
Sehstörungen einer kritischen Durchsicht unterzogen. Zum Schluß der
glänzend geschriebenen Monographie wird auf die operative Behandlung
des Hypophysentumoren hingewiesen. Es gibt zwei prinzipiell verschiedene
Wege, um zur Hypophyse vorzudringen: l. Den intrakraniellen Weg, 2. den
endonasalen Weg durch den Sinus sphenoidalis (Hirsch). Die Indikation zur
Operation läßt sich ziemlich genau angeben. Selbst eine Amaurose ist keine
Kontraindikation gegen die Vornahme einer Operation. Die Amaurose ist
oft nur bedingt durch den Druck und stellt eine Leitungshemmung dar,
ohne daß es zu einer völligen Desorganisation der leitenden Elemente ge¬
kommen ist. Jedenfalls ist die Therapie der Hypophysengeschwülste nicht
mehr in dem Maße wie früher eine aussichtslose. Die reichhaltige Literatur¬
angabe weist 742 Nummern auf.
Zade (183) unterscheidet zweierlei Arten von Blendung, eine zentrale
und eine periphere. Hauptsächlich handelt es sich bei den Fliegern, die
er zu beobachten Gelegenheit hatte, um periphere Blendung der Netzhaut.
Es "treten periphere Skotome auf, objektiv nachweisbare Veränderungen an
den Augen fehlen vollständig. Diese Skotome sind entweder sehr weit vom
Fixierpunkt entfernt und schmal oder ringförmig, oder sie haben Sichel¬
form. Die Skotome sind meistens relativ. In einigen Fällen konnten die
Skotome bis zu drei Monaten beobachtet werden. Zur Verhütung der
Skotome empfiehlt sich das Tragen von Schutzbrillen, von denen wiederum
die gelbgrünen den rauchgrauen vorzuziehen sind.
Multiple Sklerose. Amyotrophlsche Lateralsklerose.
Ref.: Prof. Seiffer-Wiesbaden.
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traumatique du median; mort par envahissemont du bulbe. Schweiz. Rundschau.
Bd. 15. No. 18.
4. Brehm, Ludwig, Beiträgo zur Lehre von den zentralen Lähmungen des Kehlkopfes
unter besonderer Berücksichtigung der amyotrophisehen Lateralskleroso. Inaug. -
Dissert. Würzburg.
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14. Nagel, Adolf, Über psychisohe Störungen bei multipler Sklerose. Inaug.-Dissert.
Erlangen.
15. Proohäzka, F., Zwei Fälle von spinaler Amyotrophio, die auf Unfall bezogen wurden.
Gasopis fiesk^ch lek. 54 . 861.
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Multiple Sklerose. Amyotrophische Lateralsklerose.
273
16. Pulay, Erwin, Zur Pathologie der multiplen Sklerose. Dtsch. Ztsohr. f. Nervenheilk.
Bd. 54. H. 1. p. 46.
17. Rad, v., Fall von multipler Sklerose. Münch, med. Wooh. 1916. 63. 168. (Sitzungs¬
bericht.)
18. Sohürrhoff, Erich, Zur Differentialdiagnose zwischen Hysterie und multipler Sklerose.
Dies. Kiel.
19. Shumwray, E. A, Acute Axial Optic Neuritis, as Early Symptom im Disseminated
Sclerosis. Ophthalmie Record. Aug. XXIV. No. 8.
20. Sittig, Otto, Die Bedeutung der Sensibilitätsstörungen für die Diagnose der multiplen
Sklerose. Prager med. Woch. No. 12. p. 126.
21. Stephenson. Junius W. f Syphilitic Disease of the Central Nervous System or Disse¬
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22. Tarle, J., Beitrag zur Beziehung zwischen Neuritis retrobulbaris acuta (Neuritis
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Augenheilk. April/Mai. p. 412.
23. Williams, T. A, Syphilitic Multiple Sclerosis — Diagnosed Clinioallv in Spite of
Negative Laboratory Tests. South Carolina Med. Assoo. Joum. April.
24. Zabriskie, Edwin G., A Case of Multiple Sclerosis or Cerebro-Spinal Syphilis. New
York Neurol. Inst. Meeting. April 1.
Von den hier mitgeteilten Fällen ist einer von Curschmann be¬
merkenswert, bei dem durch Fibrolysin ein an Heilung grenzender Erfolg
erzielt wurde, ferner macht Kennedy auf die flüchtigen Sehstörungen und
Tarle auf die Neuritis retrobulbaris als bedeutsame Zeichen für die initiale
multiple Sklerose aufmerksam. Sehr interessant sind die Beobachtungen
von Pulay über die Verschiebung der sekundären Geschlechtscharaktere in
vielen Fällen von multipler Sklerose.
Multiple Sklerose.
Curschmann (5) berichtet zunächst über einen Soldaten, bei dem es
sich differential-diagnostisch um luetische Spinalerkrankung oder multiple
Sklerose handelte. Der Fall betrifft einen vor 12 Jahren luetisch infizierten
Manu, der infolge der Strapazen des Feldzuges an spastischer Ataxie, ins¬
besondere einem Intentionstremor der Füße beim Bergabgehen, leichter
Blasen-, Mastdarm- und Potenzschwäche erkrankte; objektiv finden sich
pathologische Hyperreflexe der Beine, Klonns und Babinski, Fehlen der
Bauch- und Kremasterreflexe, Tremor des Kopfes, leichter Nystagmus, bei
normaler Pupillenreaktion, bitemporale Gesichtsfeldeinschränkung, Andeutung
von Neuritis optica und leichte, oberflächliche, sensible Störungen an den
Beinen; alle vier Luesreaktionen fallen negativ aus. Es handelte sich dem¬
gemäß mit größerer Wahrscheinlichkeit um multiple Sklerose bei einem
Syphilitiker. Es ist, wie der Autor meint, kein Zufall und im Sinne der
Edingerschen Aufbrauchtheorie zu erklären, daß hei diesem Patienten das
pathognomonische Intentionszittern sich an den Beinen einstellte. C. be¬
richtet dann weiter über einen Fall von multipler Sklerose, bei dem durch
Fibrolysin ein ganz überraschender, nahezu an Heilung grenzender Erfolg
erzielt wurde. In einem dritten Falle war eine schon 8 Jahre bestehende
multiple Sklerose, die sich im Remissionsstadium befand, wieder im Laufe
des Feldzuges exazerbiert. Patient hatte sein Leiden bei der Einstellung
verschwiegen. Der Fall ist noch insofern von praktischer Bedeutung, als
es zweifelhaft sein kann, ob hier eine Kriegsdienstentschädigungsvergütung
rechtlich anerkannt werden muß. (Jacobsohn.)
Foster Kennedy (10) illustriert in seinem Aufsatz durch 3 Fälle die
initialen und flüchtigen Sehstörungen, welche für die Diagnose der
m. Sk. von Wichtigkeit sind. Er spricht sich für eine toxische Pathogenese
ans und betont das Schwanken in der Intensität der Symptome. Obwohl
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 18
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274
Multiple Sklerose. Amyotrophiache Lateralsklerose.
seine Fälle der Lehrbuchdiagaostik nicht entsprächen, lasse doch die
Gruppierung der Symptome und der schwankende Verlauf im einzelnen
Falle keine Zweifel an der Richtigkeit der Diagnose zu.
Nagel’s (14) Fall ist publiziert wegen stark hervortretender psychi¬
scher Störungen bei m. Sk. Patient bot im Beginn der Beobachtung
nach einem stuporösen Zustand das Bild der Korsakowschen Psychose:
Desorientierung in Ort und Zeit, mangelhafte Erinnerung an die jüngste
Vergangenheit und schwer herabgesetzte Merkfähigkeit. Im übrigen die
gewöhnliche Abnahme der intellektuellen Fähigkeiten, Euphorie, Witzelsucht,
Labilität der Stimmung, Zwangs aff ekte.
Pulay (16) konnte sehr viele Fälle von multipler Sklerose beobachten,
bei denen eine Verschiebung der sekundären Geschlechtscharaktere sich
vorfand. Er konnte iu allen Fällen das Bestehen heterosexueller, sekundärer
Charaktere fe9tstellen. Es fand sich bei Männern: besonders spärlicher
Bartwuchs, geringe Behaarung der Axilla, geringes, oft vollkommenes Un¬
behaartsein von Brust, Armen und Beinen, ein feminines Abschneiden der
Genitalbehaarung, schmale Schultern und breites Becken, Knochenbau im
allgemeinen grazil, die Haut glatt, zart und weich. Bei Frauen fanden sich
hingegen: männlich gezeichnete Gesichtszüge, kräftig entwickelte Nase, derb
entwickeltes Kiun, stärkeres Betontsein der Protuberantiae supraorbitales
und Hervortreten der Jochbogen, breite Schultern, enges Becken; die Haut
war derb und zeigte reichliche Behaarung von der leichtesten Andeutung
bis zum voll entwickelten Schnurrbart, reichliche Behaarung der Brust, Axilla,
Arme, Beine und Füße, maskuline bis gegen den Nabel sich erstreckende
Genitalbehaarung, Störungen verschiedensten Grades der Menses, mindere
Entwicklung der Mammae, stärkere Entwicklung der Klitoris. Die Anomalien
waren quantitativ verschieden bei den einzelnen Individuen. Diese Beob¬
achtungen deuten darauf hin, daß es sich bei der multiplen Sklerose um
eine Hypoplasie des gesamten spezifischen Gewebes im Zentralnervensystem
handeln kaun, und daß das geringste Trauma, sei es nun mechanischer,
infektiöser oder toxischer Natur, mit einem skierotisierenden Prozeß beant¬
wortet werden kann. Es lassen diese Befunde auch an einen Zusammen¬
hang mit dem glandulären System denken, wobei die Qualitätsänderung der
sekundären Geschlechtscharaktere als Ausdruck für einen pluriglandulären
Prozeß anzusehen wäre. Diese Befunde scheinen dem Autor aber auch in
differential-diagnostischer Hinsicht von Bedeutung zu sein. (Jacobsohn.)
Die Eigenart der Sensibilitätsstörungen im Frühstadium der
Krankheit kann von ausschlaggebender Bedeutung für die Diagnose sein
und eventuell zur Verwechlung mit Hysterie Anlaß geben. Sittig (20) zeigt
dies au 3 Fällen. Er betont das Flüchtige und Wechselnde der Lokalisation,
die oft nur geringe, oft nur subjektive Störung der Sensibilität und ihre
häufige Lokalisation an den Extremitäten.
Tarle (22) weist an der Hand einer reichen Kasuistik auf die große
Bedeutung der Neuritis retrobulbaris acuta als wichtigstes Symptom, ins¬
besondere als Frühsymptom der multiplen Sklerose hin. Nicht bloß die
Beobachtung des weiteren Verlaufes der an Neuritis retrobulbaris Erkrankten,
sondern die genaue Untersuchung dieser Fälle schon bei der einsetzenden
Erkrankung des Sehorgans ergibt, daß in mehr als einem Drittel der Fälle
sichere, und wenn man die Fälle mit Wahrscheinlichkeitsdiagnose einschließt,
mehr als die Hälfte der Fälle der Erkrankten schon bei dem Auftreten der
Augenerkrankung auch andere neurologische Symptome zeigten, welche zu¬
sammen mit der Augenerkrankung die Diagnose der multiplen Sklerose
sicherten. ( Jacobsohn .)
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Tabes dorsalis.
275
Amyotrophlsche Lateralsklerose.
Bing’s Pall (3) ist ein Beitrag zur Frage des Zusammenhangs zwischen
amyotrophischer Lateralsklerose und Trauma: 29jähriger Arbeiter
bekam bei der Arbeit infolge eines plötzlichen und heftigen Zugs des rechten
Arms sofort stechenden Schmerz und Parästhesien im Arm bis zu den
Fingerspitzen, dazu kam Schwäche der Hand und Arbeitsunfähigkeit: Bild
einer typischen Neuritis des Medianus mit Druckschmerzhaftigkeit, Lähmung,
Atrophie und partieller Entartungsreaktion besonders im Daumengebiet, auoh
Hypästhesie der betreffenden Fingerbezirke. Zunächst Besserung, dann
plötzliche Verschlimmerung durch Atrophie der ganzen rechten, aber auch
der linken Hand, rapid fortschreitende spastische Parese der Beine mit
dysarthrischen Störungen, so daß die Diagnose, amyotrophische Lateral¬
sklerose, ein halbes Jahr nach dem Unfall feststand. Weiterhin sehr rasch
progressiver Verlauf unter dem gewöhnlichen Bilde bis zu den Erscheinungen
der Bulbärparalyse mit Schlucklähmung und Exitus.
B. setzt diesen Fall neben 5 aus der Literatur zusammengestellte
analoge traumatische Fälle (Seiffer, Giese, Ladame, Gelma-Ströhlin,
Ottendorf), die er referiert. Er nimmt eine individuelle Prädisposition
an. Daraufhin gewährte das Gericht der Witwe nur eine Entschädigung
vou 20% durch den Arbeitgeber.
Tabes dorsalis.
Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn -Berlin.
1. Barnes, F. M., Psychoses Associated with Tabes dorsalis. Missouri State Med. Assoc.
Joum. Febr.
2. Barnoy. J. D., and Ayer, J. B., Unusual Case of Obstructing Prostate Diagnosticated
with Difficulty from Tabes. Boston Med. and Surg. J. Oct. 21.
3. Bik eles, G., Ein Fall von Tabes dorsalis mit akut einsetzenden ungewöhnlichen
Koordinationsstörungen am Rumpf. Neurol. Zentralbl. No. 19. S. 707.
4. Byrne, J., Thcory of Mechanism of Gastric and Pain Crise« in Tabes. New York med.
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5. Castro, Jose Gonzalez, Un caso de pseudo tabes cantaridiana. El Siglo Medico.
No. 3196. p. 167.
6. Fielitz, Fall hochgradiger Arthritis tabica. Münch, med. Woch. 1916. 63. 53.
< Sitzungsbericht.)
7. Flat au, Georg, Tabes und Heeresdienst. Mjedizin. Klinik. No. 17. p. 496.
8. Gennerich, W., Die Ursachen von Tabes und Paralyse. Mschr. f. Psych. 38. (6.) 341.
u. Dermal. Zschr. 22. (12.) 706.
9. Geuken, H. C.. Radiographisch onderzoek van een tabeslijder in het prae-ataktisoh
tijdperk. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. No. 1. p. 422.
10. Orossmann, M., Ataxia of Tabes. New York med. Journ. Vol. 101. No. 15.
11. Hassin, G. B., Histo-Pathological Studios in Tabes-Dorsalis. The J. of N. a. M. Dis.
42. 699. (Sitzungsbericht.)
12. Hevoroch, A., Über akute Lähmungen boi Tabikern. Casopis öeek^ch 16k. 54. 100.
(Böhmisch.)
13. Holland, E. D., Etiology and Treatment of Tabes Dorsalis and Specific Paresis.
Southern med. Journ. June. VIII. No. 6.
14. Holmes, B., Epinephrin Reaction in Gastric Crisis of Tabes and Significanco of Beta-
iminazolyl-Ethylamin in Feces. Lancet-Clinic. 114. (18.)
15. Hutcheson, J. M., Tabes Dorsalis Simulating Acute Abdominal Disease. Old Domini¬
on Journ. of Med. and Surgory. March.
16. Kendall, C. H., Tabes Dorsalis and Paresis. Kentucky med. Joum. July. XIII.
No. 8.
17. Kling mann, T., Case of Tabes Dorsalis with Unusual Thorapeutio Rosult. Miohigan
State med. Assoc. Joum. Jan.
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276
Tabes dorsalis.
18. Koch, R., Enteroptosen bei Tabes dorsalis. Dtsoh. Zschr. f. Nervenhoilk. Bd. 54.
H. 2/3. p. 150.
19. Krueger, Hermann, Über lokalisierte Muskelatrophien bei Tabes dorsalis. Monatsschr.
f. Psychiatrie. Bd. 38. H. 2. p. 129.
20. Linow, Über Spontanfrakturen bei Tabes. Monatsschr. f. Unfallheilk. No. 6. p. 161.
21. Luk&cs, Alexius, Ainvotrophisohe Tabes mit histologischem Befund, Orvosi Hetilap.
1914 No. 38. (Ungarisch.)
22. Maas. O., Über die Ursachen der Arthropathien bei Tabes dorsalis. Neurol. Gentralbl.
p. 537. (Sitzungsbericht.)
23. Martin, J. R., Osteo-Arthritis in Tabes Dorsalis. New York med. Joum. CI. No. 2.
24. Michaud, Un cas de tabee dorsal. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 46 . 537. (Sitzung**
bericht.)
25. Neu, K. F., Why Delay in Reoognizing Locomotor Ataxia? Illinois M J. Oct.
26. Peter, L. C., Intra-Ooular Musoles in Tabes Dorsalis. New York med. Joum. CIL
No. 11.
27. Pinner, Emilie, Über einen Fall von Tabes dorsalis mit Beteiligung einiger selten
befallener Himnerven. Diss. Berlin.
28. Salis, 2 Fälle von Tabee dorsalis bei Frauen. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 45 . 1498.
(Sitzungsbericht.)
29. Schmitt, Tabes dorsalis kombiniert mit hysterischen Symptomen. Vereinsbeil. d.
Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 371.
30. Spiller, William G., The Pathology of Tabetio Ocular Palsy with Remarks on the
Relation of Syphilis to the So-Called Parasyphilitio Diseases. The Joum. of Nerv, and
Mental Disease. Vol. 42. No. 1. p. 15.
31. Swift, W. B., Voice in Tabes—Voice Sign. Am. J. of Insan. 72. (2.)
32. Tietze, Karl, Tabes dorsalis und Rückenmarkstumor. Inaug.-Dissert. Kiel.
33. Weisenburg, T. H., and Work, Philip, The Distribution of Tabetio Crisis with the
Exhibition of an Unusual Case. The J. of Nerv, and Ment. Dis. Vol. 42. S. 639
(Sitzungsbericht.)
Von den Arbeiten dieses Kapitels verdient diejenge Genuerichs
besondere Hervorhebung, indem der Autor sich bemüht, die Entstehung der
Tabes nach der luetischen Infektion aufzuklären.
In einem ziemlich akut einsetzenden Falle des tabischen Symptomen-
komplexes — Beobachtung von Bikeles (3) — war die bemerkenswerteste
Erscheinung, daß der Rumpf des Patienten beim Gehen hochgradig seitlich
schwankte, und zwar abwechselnd nach rechts und links, immer nach der
Richtung des jeweiligen Stützbeines. Dieses Schwanken des Rumpfes war
so exzessiv, daß Patient schon nach ein paar Schritten in seitlicher Richtung
umzustürzen drohte. Eine antiluetische Kur brachte Besserung des Geh¬
vermögens wie des Gesamtzustandes. ( Jacobsohru)
Fla tau (7) führt bezüglich des Problems Tabes und Heeresdienst
folgendes aus: Wenn wir unsere Friedenserfahrungen mustern, so sehen wir:
eine Anzahl Tabischer leistet Jahre hindurch anstrengende Arbeit, setzt
sich dabei auch Witterungseinflüssen aus, ohne daß eine merkliche Pro¬
gression der Beschwerden eintritt, so im Maurergewerbe, im Eisenbahndienste;
das läßt uns schließen, daß unsere Anschauungen betreffs der Vorhersage
der Tabes bisher zu pessimistisch gefärbt waren; indessen steht dem wiederum
eine Reihe sicherer Erfahrungen gegenüber, wonach der Tabische auf
die erwähnten Schädlichkeiten mit schweren Verschlimmerungen reagiert.
Wenn wir ferner bedenken, daß auch erhebliche Arbeitsleistungen und Sport-
leistungen im Frieden nicht entfernt heranreichen an die Anforderungen,
welche der heutige Krieg au den Menschen stellt, daß hier bisher ungeahnte
Marschleistungen, Aufenthalt in kalten und nassen Schützengräben, mangel¬
hafter Schlaf, ungeheure psychische Beanspruchung einwirkeu, die Verpflegung
oft und für lange Zeit mangelhaft ist, so werden wir zu folgendem Ergeb¬
nisse kommen: Zwar hat es sich gezeigt, daß in einer Anzahl von Fällen
Tabes leicht verläuft und auch unter ungünstigen äußeren Umständen nicht
so schwer verläuft, wie man lange Zeit angenommen hatte, daß ferner durch
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Tabes dorsalis.
277
geeignete Maßnahmen wir das Leiden günstig beeinflussen könneu nnd dem
Kranken eine lange Zeit guten Befindens and Betätigangsmöglichkeit
verschaffen können, doch kann das für die Allgemeinheit der Fälle die
Ansicht nicht erschüttern, daß der Tabiker auch in frühen Stadien nnd bei
scheinbarer Neigung zu günstigem Verlaufe der Schonung bedarf, und daß
gegenteilige Verhältnisse schnell deletär wirken können. Das gilt um so
mehr für die Anforderungen des Heeresdienstes im Kriege. Es ist also zu
sagen: Tabische, auch solche im Anfangsstadium und mit scheinbar nicht
progedientem Verlaufe des Leidens, sind nicht als felddienstfähig zu erachten.
{Jacobsohn.)
Gennerich (8) kommt bezüglich der Ursachen von Tabes und Paralyse
zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Metalues ist ein Spätrezediv des syphi¬
litischen Krankheitsprozesses, bedingt durch den Rückgang der Allgemein¬
infektion unter dem Einfluß von einschränkenden Abwehrvorgängen des
Organismus und durch die konsekutiv zunehmende Expansionstendenz rest¬
licher Spirochätenherde. 2. Die Haftung uud Fortentwicklung der ursprüng¬
lich in allen Syphilisfallen vorhandenen Liquorinfektion steht in innigstem
Zusammenhang mit den Ausbreitungsverhältnissen (Spannung) des syphi¬
litischen Virus im Gesamtorganismus, insofern vorzeitiger Schwund der
Allgemeininfektion ohne gleichzeitigen Rückgang der meningealen Infektion
diese in den Vordergrund des weiteren Krankheitsverlaufs drängt. 3. Bei
dem Rückgänge der Allgemeininfektion wie der Liquorinfektion spielen
Immunvorgänge, deren Grad von individueller Empfänglichkeit, wie von der
verschiedenen Virulenz des Virus abhängig ist, eine ausschlaggebende Rolle*
4. Die erste Lokalisation des Virus bei Metasyphilis ist den hydrodynamischen
Verhältnissen im Lumbalsack entsprechend. 5. Beim milden Verlauf
der Lues, der einer schwächlichen Abwehrreaktion des Organismus ent¬
spricht, liegen die Aussichten für die sekundärsyphilitishe Fortentwicklung
des meningealen Virus und einen schleichenden Zerstörungsprozeß der Pia
mater besonders günstig. 6. Der funktionelle Zustand der Pia ist ent¬
scheidend dafür, ob es zu gummösen Prozessen am Zentralnervensystem
oder zur Metalues kommt. Ist sie ihrer Aufgabe, das Nervengewebe vor der
Diffusion mit dem Liquor zu schützen, noch gewachsen, so etablieren sich
die lokalen Abwehrvorgänge entsprechend dem Eintritt der Umstimmung
des Gewebes im Sinne einer gummösen Zerebrospinallues. Ist die Pia
funktionell, wenn auch nur stellenweise erschöpft, so diffundieren die
Reaktionserscheinungen des Nervengewebes in den Liquor — man erhält
dann das charakteristische Nebeneinander von entzündlichen Veränderungen
nnd primärer Nekrose entsprechend dem Zustande der deckenden Hülle:'
7. Die Systemerkrankung der Metalues erklärt sich daraus, daß die Spiro¬
chäten der Bahn des Liquors, der durch seine Auslaugung die Widerstands¬
fähigkeit des Nervengewebes bricht, natürlich an denjenigen Stellen folgen,
wo sich die Liquorinfektion uuter dem Einfluß der angegebenen hydro¬
dynamischen Verhältnisse zuerst festsetzte und in jahrelang schleichendem
Verlauf auch die stärkste Piaveränderung erzeugte. 8. Wio nach Durch¬
bruch der Pia die Selbstheilungsvorgänge des Nervengewebes versagen, so
ist es auch mit der gewöhnlichen chemotherapeutischen Allgemeinbehandlung.
Sie diffundieren durch die Pia ebenso in den Liquor wie auch die gesamten
Stoffwechselvorgänge zwischen Blutkreislauf und Nervenzellen (Hammelblut-
Normalhämolysine, Reagine, Komplement und andere E-Produkte). 9. Die
Zerstörung der Pia dokumentiert sich auch in der Verwendbarkeit der noch
erhaltenen spinalen Leitungsbahnen für endolumbale Behandlung, die bei
Metalues zwölffach stärker ist, als bei gummöser Zerebrospinallues. {Jacobsohn.)
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278
Tabes dorsalis.
Heveroch (12) diskutiert eingehend die sehr selten vorkommende,
plötzlich auftretende Lähmung bei tabischen Patienten. Mit einigen eigenen
Fällen und einigen der Literatur zeigt er, daß diese äußerst seltene Er¬
scheinung bei Tahes tatsächlich Vorkommen kann, daß es sich um andersartige
Erkrankung nicht handelt, die eingehend besprochene Differentialdiagnose
gegen Hysterie, Polioenzephalis und Poliomyelitis, Landrysche Paralyse,
Myasthenie, Polyneuritis, Myositis und Myopathie und daß namentlich die An¬
sicht, es handele sich um eine hämorrhagische Affektion bestimmter Zentren
im Gehirn nicht aufrecht zu halten ist. Das praktische Postulat seiner
Mitteilung ist, daß man in allen Fällen, wo man mit perakut aufgetretenen
Lähmungen etwas zu tun hat, immer an die Tabes denken muß, auch wenn
nicht ausgesprochene Tabessymptome vorhanden sind. ( Jar . Sttichlik.)
Koch (18) hat bei Tabikern, besonders auch bei jüngeren Leuten,
teils auf dem Seziertische, teils im Röntgenbilde nachgewiesen, häufig
Enteroptose gefunden. Er diskutiert nun die Frage, ob diese Enteroptose
durch Störungen der Innervation ähnlich der allgemeinen Hypotonie zustande
kommt oder durch andere Ursachen bedingt ist. Er kommt zum Schluß,
daß in manchen Fällen wohl die erstere Annahme zutreffen dürfte.
(Jacobsohrt)
Krueger (1Ü) berichtet über die Beobachtung, daß häufig bei Tabes
lokale Muskelatrophien festgestellt werden, und stellt sich die Frage, ob es
sich in diesen Fällen um zentrale oder periphere Prozesse handelt. Es gibt
Fallgeschichten, auf Grund deren er die gestellte Frage nicht mit Sicher¬
heit entscheidet, wohl aber mehr zur Annahme neigt, daß es sich um
zentrale, nicht um periphere Störungen handelt.
In einem Falle vou schwerer amyotropbischer Tabes, wo die Sektion
von seiten des x Nervensystems bloß die tabische Erkrankung ergab, fand
Luk&CS (21) bei der histologischen Untersuchung folgendes: An Weigert-
präparaten Degeneration der Hinterstränge, mit wenigen degenerierten Fasern
in der Vorderwurzel. Bei van Gieson verdickte Gefäßwände mit perivasku¬
lärer Rundzelleniufiltration, Gliavermehrung in den Hintersträngen, keine
entzündlichen Erscheinungen. Im Nisslpräparate zeigten sich die Zellen
der Clarkeschen Säule gequollen mit aufgelösten Nisslschen Schollen;
Zellendegeneration im Vorderhorne, worin Verf. die Ursache der Lähmungen
erblickt. Als Ursache der Nervenzellendegeneration der Vorderhörner be¬
trachtet Verf. das luetische Virus. (Hudovernig.)
Linow (20) gibt zwei Unfallkrankengeschichten, in denen es sich um
Spontanfrakturen ohne besondere äußere Gewalteinwirkung handelt, wo aber
auch das Reichsversicherungsamt in dem einen Fall doch auf eine Rente
erkannte, da in der Tätigkeit des Kranken auf unebenem Boden leichter
die Möglichkeit des Umknickens des Fußes gegeben war als bei Tätigkeit
in der Ebene.
Pinner (27) berichtet über einen Fall von Tabes, der dadurch aus¬
gezeichnet war, daß viele Hirnnerven einer Seite mitbetroffen waren. Und
zwar waren beteiligt: Motorischer und sensibler Ast des Trigeminus, der
Fazialis, Vagus, Glossopharyngeus und Akzessorius. Ob es sich für Nerven¬
erkrankung um eine peripherische oder nukleäre handelt, läßt die Autorin
unentschieden, doch neigt sie mehr zu der Annahme einer peripherischen
Affektion. ( Jacobsohn .)
Spiller (30) berichtet über einen Fall kompletter doppelseitiger tabischer
Ophthalmoplegie und zieht daraus die Folgerung, daß Unterschiede in der
Pathologie der an Tabes und zerebrale Syphilis sich anschließenden Augen-
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Lues cerebrospinalis.
279
lähmungen, wie sie von einigen Autoren im Hinblick darauf, ob es um
vom Nuklens oder vom Nerv ausgehende Erscheinungen handelt, nicht ge¬
macht werden können.
Friedreichsche Ataxie.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn.
1. Griffith, Crozer, Acute Cerebellar Ataxia in Children. Medical Record. Vol. 88.
S. 540. (Sitzungsbericht.)
2. Kramer, Friedreichsche Tabes bei Geschwistern. Corr. Bl. f. Schweizer Ärzte. 1916.
46. 182. (Sitzungsbericht.)
3. Marks, Henry, K., Congenital Cerebellar Ataxia. The J. of N. a. M. Dis. 42. 703.
(Sitzungsbericht.)
4. Rothmann, Max, Ueber familiäres Vorkommen von Friedreiohscher Ataxie, Myxödem
und Zwergwuohs. Berl. klin. Wschr. No. 2. p. 31.
In dem ersten von Rothmann (4) mitgeteilten Falle handelt es sich
um ein löjähriges Mädchen mit doppelseitigem Hohlfuß, "Wirbelsäulenver-
krümmung und ataktischem Gange. Die Diagnose wurde auf Friedreichsche
Ataxie gestellt. Die Mutter der Patientin zeigt ein nicht ganz ausge¬
sprochenes Bild von Myxödem und ein älterer Bruder der Patientin bildet
in seinem Symptomenkomplex: Zwergwuchs, Myxödem, doppelseitige Hohl-
und Klumpfußbildung das Verbindungsglied zwischen Mutter und Schwester.
Mit der Mutter teilt er die Hypofunktion der Schilddrüse; vom Symptomen-
koraplex der Schwester zeigt er den doppelseitigen Hohlfuß mit Klumpfu߬
bildung kombiniert. Rothmann weist auf Arbeiten einzelner Autoren hin,
dio über Fälle berichteten, welche das Ineinanderübergehen familiär heredi¬
tärer Affektionen illustrieren.
Lnes cerebrospinalis.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin und Prof. W. Seiffer-Wiesbaden.
1. Auer, E. Murray, Bram Syphilis. The Amer. Joum. of the med. Sciences. Vol. CL.
No. 3. p. 359.
2. Ball, J. D., Syphilis as Etiological Factor in So-Called Funotional Neuroses and Psyoho-
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Anspruch auf Gleichberechtigung und praktische Anwendung wie die Wassermannsche
Reaktion? Berl. klin. Woch. No. 34. p. 893.
70. Zondek, H., Irrtümliche Diagnose der Himlues bei einem Säugling. Dtsch. med.
Woch. No. 19. p. 558.
Von den Arbeiten dieses Kapitels ist zunächst das Lehrbuch Nonnes
zu erwähnen, das in dritter Auflage erschienen ist. Bendig hält die
Wassermannsche Reaktion, Hagelstam die Nonneschen Reaktionen für
nicht so entscheidend für die Erkennung der Syphilis, da diese Reaktionen
oftmals in unzweifelhaften Fällen von Syphilis negativ ausfielen. Kafka
weist der Luetinreaktiou Noguchis eine bedeutende Rolle für die progressive
Paralyse zu. Von Interesse sind die Arbeiten Schröders über die Lues
cerebrospinalis und ihre Beziehungen zur Paralyse und Tabes, ferner die
Arbeit von Baldwin und Whitney über die Beziehungen zwischen Wirbel¬
säule und Lues resp. Tabes und die Arbeit Zondeks über die Bedeutung
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Lues cerebrospinalis.
der Hermau Perutzschen Reaktion gegenüber der Wassermanuschen
Reaktion.
Murray Auer (I) gibt einen kurzen Bericht über den pathologisch-
anatomischen und serologischen Befund von 63 Fällen von Syphilis des
Nervensystems, und zwar von Tabes, Tabes-Paralyse, progressiver Paralyse,
zerebraler Syphilis, und syphilitischer Meningitis. Da diese Befunde iD ihrer
Gleichartigkeit und charakteristischen Prägung bekannt sind, ist ein besonderes
Eingehen darauf überflüssig.
Barbach (3) glaubt, daß die verschiedenen Syphilismanifestatiooen
nicht von einem einzigen Treponemastamm erzeugt werden, daß es vielmehr
verschiedene Stämme geben müsse. Wenn die Treponema im Blute kreist,
so ist dieser Zustand vergleichbar mit einer Septikämie irgendeiner anderen
Infektion. Bei dieser Septikämie wählen gleichsam die einzelnen Stämme
je nach ihrer Art und Affinität sich das Körpersystem aus, in welchem sie
sich dann ansiedeln.
Bendig (6) kommt auf Grund umfassender Untersuchungen über die
Wasser mann sehe Reaktion zu folgenden Ergebnissen: Die Wassermann-
sehe Serumreaktion ist kein spezifisches Diagnostikum für Lues. Die positive
Wa.R. kommt zwar oft bei der syphilitischen Erkrankung in allen Stadien,
besonders häufig im Sekundärstadium, vor und kann daher bisweilen als
Symptom mit verwertet werden. Der negative Ausfall ist jedoch niemals
ein Beweis dafür, daß die Lues erloschen ist. Desgleichen ist die positive
Reaktion allein, ohne daß sonstige Anhaltspunkte für Lues bestehen, niemals
als Syphilis aufzustellen, da sie auch hei allen möglichen anderen Krank¬
heiten Vorkommen kann, wie Lepra, Bleivergiftung, Ulcus molle, Bubo, Gonor¬
rhöe mit Komplikationen, Skabies, Eklampsie, Malaria, Scharlach, in Narkose,
bei perniziöser Anämie, Nephritis, Pemphigus, malignen Neubildungen usw.
(Jacobsohn.)
Max Brandt (7) berichtet über 500 Serumuntersuchungen nach der
Gerinuungsmethode von Hirschfeld und Klinger, wodurch die voijährigen
Mitteilungen dieser Autoren ergänzt und bestätigt werden sollen. Es ergibt
sich daraus eine sehr weitgehende Übereinstimmung der Gerinnungsreaktion
nach Hirschfeld und Klinger mit der Komplementbindungsreaktion nach
Wassermann.
Bei den Fällen, wo beide Reaktionen nicht dasselbe Resultat ergaben,
spricht die Anamnese oder der klinische Befund in der Mehrzahl der Fälle
für die Gerinnungsreaktion. Das relativ häufige Vorkommen eigenfallender
Sera hat mit der Reaktion an sich nichts zu tun und beruht auf mangel¬
hafter Entnahme oder Zusendung der Blutprobe.
Aus den mitgeteilten Untersuchungen folgt, daß die Gerinnungsreaktion
für die luetischen Veränderungen ebenso charakteristisch und für deren
Feststellung ebensogut, in vielen Fällen anscheinend besser verwertbar ist
als die Wa.R.
BrugSCh und Schneider (8) besprechen die Magensymptomatologie bei
Lues. Von nervösen Symptomen erscheinen ihnen charakteristisch 1. sen¬
sible Reizerscheinungen, a) wurzelneuritische im Gebiete der mittleren Dorsal¬
segmente, die sicher nichts mit dem Magen zu tun haben, aber vom Patienten
als Magenerkrankung gedeutet werden (Symptome zerebrospinaler Lues, in
seltenen Fällen vielleicht Wirbelperiostitis); b) sensible Reizerscheinungen,
die wahrscheinlich vom Vagus ausgelöst sind — abortive Krisen. 2. Motorische
Reizerscheinungen außerhalb typischer Krisen. ( Jacobsohn .)
Der Artikel von Collins (11) ist ein allgemeiner Vortrag über die
Ätiologie, Symptomatologie und Therapie der Hirnsyphilis. ( Jacobsohn .)
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Lues cerebrospinalis.
283
Unter Anführung von 7 Krankengeschichten machen Ellis und Swift
(16) auf das wichtige Symptom eintretender Taubheit bei der Syphilis auf¬
merksam. Nach ihrer Erfahrung bedeutet dies Symptom nicht, daß nur
allein der 8. Hirnnerv betroffen ist, sondern, wie sich aus den Symptomen-
komplesen ergibt, daß eine allgemeine Infektion des Nervensystems erfolgt
ist und demgemäß eine planvolle energische antisyphilitische Kur (Salvarsan)
notwendig ist. (Jacobsohn.)
Der Vortrag von Habermann (21) zählt die Beziehungen der heredi¬
tären Syphilis zur Psychopathologie (und Neuropathologie) auf, betont die
Wichtigkeit der antisyphilitischen Behandlung neuropathischer bzw. psycho¬
pathischer Kinder, deren Eltern oder Vorfahren irgendwelche Anzeichen von
Lues hatten, auch ohne es selbst zu wissen. Deshalb muß bei den Vor¬
fahren, Eltern und Geschwistern solcher Kinder immer auf Lues geforscht
werden. Berichtet über einige eigene Fälle in diesem Sinne.
Hagelstam (22) macht eine Übersicht sämtlicher Fälle von syphilo-
genen Nervenkrankheiten, welche während der siebenjährigen Periode 1907
bis 1913 im Marienkrankenhause in Helsingfors aufgenommen gewesen sind.
Die einzelnen Fälle werden vorwiegend mit Rücksicht auf die Diagnose und
Therapie erörtet, wobei u. a. den Nonneschen Reaktionen besondere Auf¬
merksamkeit gewidmet wird. Ohne den großen diagnostischen Wert dieser
Reaktionen zu leugnen, hebt H. eine Anzahl Fälle hervor, in denen die
Diagnose, trotz negativer Reaktionen, positiv gestellt werden mußte. — Die
bemerkenswertesten unter diesen Fällen waren folgende:
1. Ein 25 jähriger Mann war mit schweren Zerebralsymptomen erkraukt,
Lues wird iu Abrede gestellt, und sämtliche Reaktionen fallen negativ aus;
bei indifferenter Behandlung Verschlimmerung, unter Hg. Behandlung rasche
Genesung.
2. Ein 27 jähriges Weib war unter Erscheinungen einer basalen Euze-
phalomeningitis heftig erkrankt. Klare Lumbalflüssigkeit, sämtliche Reak¬
tionen, außer der Pleozytose, welche 20 Zellen im cmm 8 zeigt, negativ. Lues
wird geleugnet Unter Einfluß der Schmierkur rasche Genesung.
Was die Therapie anlangt, hat H. überhaupt mit einer energischen
und prolongierten Schmierkur im Verein mit Jodkali die besten Resultate
erzielt; in einigen Fällen aber hat er auch z. B. Lähmungen, die von der
Schmierkur nicht beeinflußt worden waren, unter Salvarsanbehandlung sich
rasch bessern sehen. — In bezug auf das Salvarsan mahnt H. zur größten
Vorsicht und erwähnt einige unangenehme Erfahrungen, u. a. einen Todes¬
fall, verursacht durch blutigen Zerfall eines nicht diagnostizierten Tumors
(Gumma?) des Frontallappens. ( Kahlnuter .)
In Hastings Hill (27) Fall handelt es sich um ein 20jähriges Mädchen,
welches von syphilitischen Elteru stammt. Vor 4 Jahren begann eine Her¬
absetzung des Gehörs auf beiden Ohren, welche allmählich zunahm, und iu
letzter Zeit trat fast völlige Taubheit ein verbunden mit Ohrgeräuschen. Da
noch andere Zeichen (Keratitis, Hutchinson sehe Zähne usw.) für hereditäre
Lues sprachen, so wurde eine antisyphilitische Kur eingeleitet, welche in
einem Zeitraum von ca. 5 Monaten erhebliche Besserung bewirkte.
Die Beziehung der Syphilis zur Kephalalgie besteht nach Erfahrungen
Ton Hn&tek (28) darin, daß im Sekundärstadium der Kopfschmerz bald
als einziges Symptom auftritt, das sich als ein permanenter, dumpfer, zeit¬
weise an Intensität zunehmender, mehr weniger den ganzen Kopf ein¬
nehmender Schmerz äußert, bald als ein Symptom, das eine Gesichts¬
neuralgie vortäuscht; manchmal ruft ein Geschwür durch Reizung der
Peripherie des N. trigeminus z. B. von der Zunge aus eine typische Neuralgie
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Lues cerebrospinalis.
hervor; ein andermal komprimiert eine syphilitische Osteoperiostitis den
N. occipitalis major; ferner kann sich hinter den Symptomen eines Gehirn¬
tumors ein intrakranielles Gummi verstecken, oder es erzeugt eine zirkum¬
skripte gummöse Meningitis eine ophthalmoplegische Migräne: in einer
anderen Reihe von Fällen kann man das Gummi direkt tasten, das eine
lokale Schmerzhaftigkeit bedingt, obwohl es keinen Nervenstamm drückt
Auch die syphilitischen Veränderungen der Hirngefäße verursachen Sym¬
ptome, die den sklerotischen Veränderungen nicht unähnlich sind. Erwähnens¬
wert sind hier die kammartigen, in Form eines Bogens von einem Ohr zum
anderen verlaufenden Schmerzen. Ferner muß erwähnt werden, daß unter
der spezifischen Behandlung, speziell bei Anwendung der grauen Salbe, ein
Kopfschmerz entstehen kann, der bald als neurasthenisch auf toxischer Basis,
bald als rein toxisch aufzufassen ist. Dor Autor empfiehlt für letztere Fälle
die tonische Behandlung (mit Jodlezithin, Arsojodin u. dgl.), besonders aus
dem Grunde, weil die Neurasthenie sich leicht einer abgelaufenen Lues
hinzugesellt. ( Jacobsohn .)
Inman (29) gibt eine kurze Beschreibung der Untersuchungsmethoden
der Zerebrospinalflüssigkeit nach den Methoden von Noune-Apelt,
Roberts-Stolniko w-Brandberg (quantitative Eiweißbestimmuug mit der
Modifikation von Pfaundler), Wassermann, Lange und der Bestimmung
des Zellgehaltes, wie sie im Virchowkrankenhause zu Berlin in der syphi¬
litischen Station geübt wird.
Kafka (31) untersucht die Bedeutung der Noguchischen Luetin-
reaktion besonders für Lues cerebri und Paralyse. Er konstatiert: Wir
sehen also einen deutlichen Unterschied in der Reaktionsweise der
Paralyse einerseits und der Lues cerebri und Tabes andererseits:
während die Paralyse in allen Stadien und bei starken serologischen Reak¬
tionen eine seltene und schwache Hautreaktion gibt, geht bei der Lues
cerebri und der Tabes diese dem Stadium der Krankheit und der Reaktion
der Meningen sowie den serologischen Reaktionen im großen und ganzen
parallel, aber selbst nach Abklingen aller meningitischen und serologischen
Erscheinungen ist die Reaktion oft noch stärker, als in manchen frischen
Paralysefällen.
Und nooh eiu zweites kommt hinzu: während es uus in sämtlichen
Stadien der Lues gelingt, durch die Behandlung die Luetinreaktion hervor¬
zubringen oder stärker zu machen, ein E'aktum, das schon Noguchi be¬
schrieben hat, ist dies bei der Paralyse nicht der Fall.
Wir sehen also, wie auch nach solchen Richtungen hin die progressive
Paralyse eine Sonderstellung einnimmt; wir sehen auch, wie nötig es ist,
die Paralyse vor ihrem Ausbruch kennen zu lernen: die Luetinreaktion wird
uns hier große Dienste leisten, denn wenn wir sie in den verschiedenen
Stadien der Lues parallel mit der Wassermannschen Reaktion anwenden,
wird sie uns zeigen können, wann bei noch bestehenden serologischen
Reaktionen die durch die Luetinreaktion charakterisierte zelluläre Immunität
des Körpers zu schwinden beginnt; hier wird besonders eine provokatorische
Behandlung von Nutzen sein.
Es ist demnach klar, daß die Luetinreaktion uns nicht nur diagnostische
Anhaltspunkte bieten, sondern daß sie auch geeignet sein kann, in die viel
verschlungenen Pfade der menschlichen Lues wegweisend einzugreifen.
Kafka (32) gibt eine Darstellung der praktisch brauchbaren Blut- und
Liquorreaktion. Er bespricht vom Blut 1. die Was sermanusche Reaktion,
2. die Untersuchung auf Normalambozeptor gegen Hammelblutkörperchen
und Eigenkomplement. Von der Rückenmarksflüssigkeit bespricht er 1. Zell-
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Lues cerebrospinalis.
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Zahlung and Differenzierung, 2. Bestimmung des Gesamtei weißes, 3. Be¬
stimmung der Globuline, 4. die Wassermann sehe Reaktion, 5. die Hämo¬
lysinreaktion, 6. die Kolloidreaktion. Zum Schluß erwähnt er die Haut¬
reaktion mit Noguchis Luetin. Die Darstellung ist ein kurzer, auf viel¬
facher Erfahrung beruhender Wegweiser zur vollständigen Untersuchung der
Blut- und Zerebrospinalflüssigkeit. ( Jacobsohn .)
Neisser (42) will nicht bei jedem Syphilitiker ohne jede Ein¬
schränkung, wie manche Autoren verlangen, die Liquoruntersuchung vor¬
nehmen, d. h. die Lumbalpunktion mit ihren gelegentlichen subjektiven
Folgebeschwerden riskieren. Sein Standpunkt ist: 1. Solange die Behandlung
sowieso noch im Gange, ist die Liquoruntersuchung unnötig; erst nach
abgeschlossener Behandlung soll sie erfolgen. 2. Wenn bei alten Syphi¬
litikern trotz aller Behandlung die Serumreaktion positiv bleibt und die
Frage besteht, ob immer wieder eine Behandlung eintreten solle, so ist zu
punktieren und nur bei positivem Liquorbefund die Behandlung wieder auf¬
zunehmen.
Der Syphilitiker soll also nicht beliebig oft, sondern nur zur Entscheidung
bestimmter Fragen punktiert und auf seinen Liquor untersucht werden.
Bei syphilisverdächtigen Symptomen eines uns als Syphilitiker bekannten
Patienteu mit negativem Blut- und Liquorbefund muß die antisyphilitische
Behandlung, und zwar kombiniert Salvarsan-|-Hg-f-Jod eingeleitet werden.
Das Buch von Nonne (43) ist im Jahresbericht schon zweimal im
Band V, als die erste Auflage, und im Band XII, als die zweite Auflage
erschien, besprochen worden. Jetzt ist nun die dritte Auflage des vortreff¬
lichen Werkes herausgekommen. Die Einteilung des Stoffes ist die gleiche
geblieben, aber die neuen Erkenntnisse auf diesem Gebiete mußten besonders
in den ersten Kapiteln zu bedeutenden Ergänzungeu führen. Daß der Autor
hierin allen Anforderungen in glänzender Weise gerecht wird, ist bei der
Bedeutung des Forschers an sich und bei den bedeutsamen Arbeiten, die
er selbst gerade auf diesem Spezialgebiet publiziert hat, nicht wunderbar.
(Jacobsohn.)
Schröder (50) bringt klinische und anatomische Beiträge zur Lues
cerebrospinalis, Paralyse und Tabes mit sehr reichhaltigen Details und vielen
Illustrationen. Sie befassen sich vorwiegend mit wichtigen umstrittenen oder
noch wenig erforschten Grenzgebieten der genannten Krankheitsbilder. Die
Einzelheiten der Schröderscheu Ergebnisse entziehen sich trotz ihrer Be¬
deutung größtenteils dem Referat an dieser Stelle und zwingen zum Hinweis
auf das Original.
Zunächst behandelt er die gelegentlich recht schwierige und erst durch
mikroskopische Untersuchung des Rückenmarks mögliche Unterscheidung
zwischen zweifelhafter Tabes und Lues spinalis. Als Lues klären sich
dann auch manche Fälle der sogenannten rudimentären und stationären
Tabes auf. Verfasser teilt zwei bemerkenswerte Fälle ähnlicher Art mit,
in deren einem luetische und metaluetische Prozesse im Nervensystem neben¬
einander bestanden. Es gibt anscheinend Hinterstrangsdegenerationen system¬
artigen Charakters, welche weder durch Herde noch durch Wurzelumschnürung
erklärt werden können, sondern vorläufig als selbständig aufgefaßt werden
müssen.
Zum Kapitel der „Tabespsychosen“ bringt er zwei Beiträge, welche
die Unsicherheit der Diagnose Tabes illustrieren. Er folgert wie Plaut,
daß ein Teil der sogenannten Tabespsychosen mit Tabes nichts zu tun hat,
sondern Psychosen bei Kranken mit Lues spinalis darstellt.
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Lues cerebrospinalis.
Ausführlich bespricht Sch. seiue Erfahrungen, daß auch bei unseren
jetzigen Kenntnissen unter Umständen die Unterscheidung von Paralyse
und Lues cerebri nicht nur in klinischer, sondern auch in anatomischer
Hinsicht große Schwierigkeiten machen kann, dabei auch die Frage der
Paralysen mit geringem histologischen Befund, der atypischen Paralysen
(Alzheimers stationäre Paralysen), die Inkongruenz zwischen der Schwere
klinischer Erscheinungen und histologischer Veränderungen; speziell bespricht
er einige wichtige Fälle von Lues cerebri mit nur ganz geringem anatomischen
Befund und zweifelhaft bleibender Diagnose.
Es folgt ein Abschnitt über die fleckweisen Lichtungen in der
Hirnrinde bei Lues cerebri, ihre Histologie und (nicht spezifische) Be¬
deutung, sowie zum Schluß ein Abschnitt über Endarteriitis lue tica und
Arteriosklerose der Hirngefäße.
Der von Read (57) mitgeteilte Fall ist dadurch bemerkenswert, daß
Störungen des Zentralnervensystems (Sehnerv, Blase, Mastdarm, untere
Extremitäten) sich bereits 45 Tage nach der syphilitischen Infektion ein-
stellteu und auf energische antisyphilitische Kur wieder verschwanden.
Whitney und Baldwin (61) untersuchten wahllos 100 Fälle von
Syphilis auf Wirbelaffektionen. Nur 26 von diesen zeigten einen nor¬
malen Befund an der Wirbelsäule, sechs Fälle waren unsicher in dieser
Hinsicht. 68 Fälle boten Veränderungen dar, und unter diesen zeigten alle
mit Ausnahme von vier solche Veränderungen, die mehr oder weniger
charakteristisch für Syphilis waren. Zu diesen charakteristischen Zeichen
zählen die Autoren folgende: 1. Eine lokalisierte Steifheit der Wirbelsäule.
Sie war in der Hälfte der Fälle vorhanden, uud sie fand sich selten in
nicht syphilitischen Fällen. 2. Eine lokalisierte Steifheit in Verbindung mit
Hypotonie des übrigen Wirbelabschuittes und der Becken und Hüftgelenke
ist fast pathognomonisch für Syphilis. Man findet dies Zeichen sowohl in
alten wie frischen Fällen, und es läßt sich leicht nachweiseu. ( Jacobsohn .)
Das Nervensystem ist nach Erfahrungen von Wile und Stöcker (63)
oft bei Syphilis früher affiziert, bevor die Ausbreitung der Spirochäten
mittels des Blutkreislaufes sich klinisch äußert. Auch die Spinalflüssigkeit
braucht noch kein Anzeichen für die stattgehabte Infektion erkennen zu lassen.
Die klinischen Erscheinungen im Präroseolastadium sind von seiten des
Nervensystems: Kopfschmerz, Schädigung des Optikus und Akustikus und
erhöhte Reflexe. Kopfschmerz ist oft von deutlichen Veränderungen der
Spinalflüssigkeit begleitet. {Jacobsohn).
Die Statistik, welche Whitney (60) an einem Material von über 7000 Fällen
gibt, wurde auf Grund des Ausfalls der Wassermannschen Reaktion ge¬
wonnen und aufgestellt. Die Zahl der syphilitischen Erkrankungen der
einzelnen Organsysteme werden zahlenmäßig registriert. {Jacobsohn.)
Wile und Stockes (64) studierten die nervösen Symptome in den frühen
Stadien der Lues. Sie fanden besonders Neuroretinitis, Affektionen des
Fazialis und Akustikus, den Symptomenkomplex des Meningismus usw. In
derartigen Fällen ist eine ganz besonders sorgfältige antiluetische Kur indiziert,
um den Ausbruch von Tabes und Paralyse hintanzuhalten. {Jacobsohn.)
Willcutt (65) untersuchte an der Wiener Ohreuklinik eine größere
Zahl von Frühsyphilitikern und fand fast konstant verkürzte Knocheuleitung
vor dem Auftreten einer anderen Allgemeinerscheinung der Syphilis. Er
führt dies zurück auf eine Einwirkung eines supponierten Luestoxins auf
die Nervenscheiden und peripheren Endorgane der Hörnerven, welche am
empfindlichsten gegen das Toxin sind, jedenfalls empfindlicher als alle
anderen Hirnnerven. Der Cochlearteil sei empfindlicher als der Vestibnlarteih
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Lues cerebrospinalis.
287
Zadek (69) behandelt den Wert der Hermann-Perutzschen Lues¬
reaktion gegenüber der Wa-R. Zwei Tatsachen sind konstant: Einmal die
Erscheinung, daß die Ausflockung im Serum von primär Syphi¬
litischen (Initialskleroseu) viel früher und häufiger positiv aus¬
fällt als die Wassermannsche Reaktion, fernerhin daß die Präzi¬
pitation durch spezifische therapeutische Maßnahmen (Hg und
Salvarsan) weit weniger (später) beeinflußt wird. Auf der anderen
Seite hat sich die Reaktion noch weniger „spezifisch“ erwiesen als die
Wassermannsche Reaktion, indem besonders bei kachektischen Krankheiten
(vornehmlich Tuberkulose schweren Grades, Karzinom) unspezifische Aus¬
flockungen aufgetreten sind.
Bei Einhaltung bestimmter Vorschriften ergab sich an einem Material
vou 1000 Fällen folgendes: Bei luischen Affektionen aller Stadien
stehen 51,2% positiven Wassermau nschen Reaktionen 72,7%. Her man ii-
Perutzschen Reaktionen gegenüber, d. h. die Herman-Perutzsche
Reaktion zeigt bei Syphilis um etwa 20% günstigere Resultate.
Zum allergrößten Teil beruht dieser Vorsprung der Hermann-Perutzschen
Reaktion auf den durchweg zutage getretenen Eigenschaften der häufigen
positiven Reaktion bei Primäraffekteu einerseits, nach oder trotz voraus¬
gegangener therapeutischer Beeinflussung andererseits. Darüber hinaus war
die Hermann-Perutzsche Reaktion bei keiuer syphilitischen Manifestation
irgendeines Stadiums der Komplementbindungsmethode uuterlegen; bei Lues
congenita, Aneurysma und Tabes wurden erheblich höhere Prozentzahlen
erzielt, ebenso bei Lues latens und Lues cerebrospinalis.
Auf der anderen Seite sind bei den sehr zahlreichen Kontrollunter-
suchungen, die im einzelnen hier nicht aufgeführt werden können, 94,4%
negative Wassermannsche Reaktionen und 89% negative Hermann-
Perutzsche Reaktioneu, d. h. also 5—6% mehr Versager bei der Aus¬
flockungsreaktion zu verzeichnen. Unspezifische Präzipitationen ergaben sich
dabei am häufigsten bei der schweren Lungentuberkulose, beim Karzinom, bei
Typhus und Sepsis und vereinzelten Fällen, darunter vor allem bei der
Urämie und Eklampsie.
Nach Zadek verdient die Ausfiockungsreaktion heutzutage dieselbe
Verbreitung und praktische Anwendung wie die Komplementablenkungs¬
methode, weil sie, wie diese keine streng spezifische Reaktion darstellend,
ihre „klinische Spezifität“ hinreichend bewiesen hat, in den Ausführungs¬
bedingungen sich erheblich einfacher gestaltet und vor allem in der sero¬
logischen Luesdiagnostik insofern Vorteile in sich birgt, als sie die Syphilis
im frühesten (Primäraffekt) wie im spätesten (Latenz) Stadium aufdeckt und
sich therapeutischen Maßnahmen gegenüber ungleich resistenter erweist als die
Komplementbindungsmethode. Die Hermann-Perutzsche Reaktion stellt
keinen „Ersatz“, souderu eine vollwertige, in bestimmter Hinsicht überlegene,
in anderer mehr zurücktretende Methode der serologischen Luesdiaguostik
dar und sollte daher auch als solche verwertet und im großen angewendet
werden. Daß sie fernerhin in hohem Maße berechtigt erscheint, bei der
endgültigen Klarstellung beider artverwandter Reaktioneu ebenso wie bei
der weiteren ätiologisch-pathogenetischen Erforschung der Syphilis mitzu¬
sprechen, kann nach den gemachten Erfahrungen nicht mehr zweifelhaft sein.
ln dem von Zondek (70) mitgeteilten Fall handelt es sich um eine
Erweichung des ganzen rechten Stirnhirns, ausgedehnte Thrombosierung des
Sinus longitudinalis und des Sinus transversus, Thrombose der beiden Aa.
fossae Sylvii bei einem ein Jahr alten Bande. Es bestanden keinerlei
Wandveränderungen der Gefäße, speziell keine endarteriitischen. Es war
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288
Meningitis cerebrospinalis.
ein schon vor Auftreten der Hirnerscheinungen bestehender Hydrozephalus
externus vorhanden, der vielleicht ätiologisch für das Entstehen der Throm¬
bosen verantwortlich gemacht werden konnte (Zirkulationsstörung durch Kom¬
pression). Es bestand keine Lues trotz positiver WaR., Lymphozytose im
Lumbalpunktat, beiderseitige Neuroretinitis und einseitige Stauungspapille.
Die positive Wa R. ist nach Ansicht des Autors zu erklären durch Über¬
schwemmung des Blutes mit Lipoiden aus der zerfallenen Gehirnmasse, die
Lymphozytose durch meningeale Reizung, Stauungspapille durch erhöhten
intrakraniellen Druck. Die Deutung der Neuroretinitis ist unklar. Keine
Besserung des Zustandes unter spezifischer Behandlung. Ausgang: Exitus letalis.
(Jacobsohn.)
Meningitis cerebrospinalis.
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Meningitis cerebrospinalis. 289
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290
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and Their Treatment. Jouro. of Royal Navy med. Service. July 1. No. 3.
ln den folgenden Arbeiten wird man wertvolle Angaben über Verbesse¬
rungen von Verfahren zur Darstellung des Meningokokkus finden, ferner
interessieren die Ansichten über prophylaktische Maßnahmen, die nach den
gemachten Kriegserfahrungen nicht mit solcher Strenge ausgeführt zu werden
brauchen, und schließlich interessieren einzelne unter einem anderen Krank¬
heitsbilde auf getretene und erst durch den Nachweis des Meningokokkus
richtig erkannte Fälle.
Aronsohn (2) berichtet über Infektionsmaterial im Heere, das er zu
untersuchen hatte, darunter auch solches von epidemischer Genickstarre.
Es handelt sich um 44 meist sporadische Fälle. Für die Färbung des durch
Zentrifugieren der Lumbalfiüssigkeit gewonnenen Sediments bewährte sich
außerordentlich das von Pappen heim für die Darstellung der Gonokokken
angegebene Gemisch von Pyronin und Methylgrün. Der Gebalt des frischen
Lumbalpunktats an Kokken ist für die Prognose nicht maßgebend. Für die
Kultivierung benutzte A. ausschließlich eine Mischung von einem Teil Aszites
oder Pleuraexsudat und 4 Teilen Agar. Die besten Resultate ergab die
Anwendung von neutralem Agar, dem 1 % Maltose zugesetzt war. Der
Autor erwähnt zum Schluß atypische Fälle, die zunächst zu falscher Dia¬
gnosenstellung führten, so Fälle mit Gelenkschwellungen, andere mit flek-
typhusartigen Exanthemen, einen sehr chronisch verlaufenden Fall mit inter¬
mittierend auftretender Hodenschwellung. Im Anschluß an Ohrafiektionen
wurden Streptokokken in der Lumbalfiüssigkeit gefunden, ebenso Pneumo¬
kokken in einem Falle, der wegen Blinddarmerscheinungen ins Krankenhaus
aufgenommen wurde. In einem anderen typhösen Falle wurden Staphylo¬
kokken im Lumbalpunktat gefunden, und bei der Sektion wurden verschie¬
dene Abszesse gefunden. Daraus geht hervor, wie wichtig die Untersuchung
der Lumbalfiüssigkeit besonders in unklaren Fällen ist. ( Jacobsohn .)
Im Falle von Bray (4 a) handelt es sich um einen tuberkulösen
Menschen, der aber keine akuten Erscheinungen von seiten der Lungen
mehr darbot. Bei diesem trat eine fieberhafte septikämische Periode auf,
welche über drei Monate dauerte. In 15 Blutkulturen wurde der Meningo¬
kokkus gefunden, während die Lumbalfiüssigkeit steril war. Die Krankheit
hatte einen septischen Verlauf, mehrfache Exanthemeruptionen und Herz¬
störungen traten auf und verschwanden wieder. Die Anwendung von Serum
hatte keinen Einfluß auf die Krankheit. (, Jacobsohn .)
Auch Fränkel (13) gibt wie Obe ein Verfahren zur Anreicherung
spärlich auftretender Meningokokken und damit leichterer Konstatierung
derselben an. Er mischt einige Kubikzentimeter Aszitesagarbouillon mit
einigen Kubikzentimetern Lumbalfiüssigkeit und trachtet insbesondere danach.
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Meningitis cerebrospinalis.
291
reichliche Mengen des Sediments durch bloßes Stehenlassen und Absetzen
oder durch Zentrifugieren des Lumbalpunktats hineinzubekommen. Er ging
dabei von der Vorstellung aus, daß die in den Zellen liegenden oder in
ihrer Nähe befindlichen Meningokokken, soweit sie noch am Leben waren,
auf diese Weise zur Vermehrung und zum Wachstum gelangen würden und
daher leichter nachweisbar wären. Auch könnte dies durch die während
der Züchtung noch andauernde Phagozytose geschehen. Nach etwa 12 bis
24 Stunden Aufenthalt im Brutschrank bei 37 0 entnimmt er von dem Grunde
des Röhrchens mit einer Pipette einige Tropfen von dem Bodensatz, ohne
ihn vorher aufzurühren und färbt ihn mit Methylenblau und nach Gram.
Dann sind die Zellformen noch sehr gut erhalten, und man findet innerhalb
und außerhalb der Zellen massenhaft Meningokokken in Fällen, wo man sie
mit anderen Methoden nur außerordentlich spärlich nachweisen kann.
( Jacobsohn .)
Ghon (14), betont daß zur Sicherung der Diagnose bei akuten Menin¬
gitisfällen meist schon der Ausstrich des Liquors genügt. Dieser ist für die
Diaguose die wichtigste Unterlage, da er neben dem Ausstrich Kultur
des Erregers ermöglicht.
Ist dessen Erlangung nicht möglich, muß Blut, aber in reichlicher
Menge eingesandt werden.
Nasenrachenschleim, bei dessen Absonderung besonders auf die Feucht¬
erhaltung geachtet werden muß, ist zur Sicherung der Krankheitsdiagnose
wertlos, nur zur Feststellung der Kokkenlänge.
Bei größerer Anzahl zu machender Untersuchungen wird diese besser
ein Fachmann an Ort und Stelle machen. Zur Sicherung der Diagnose
bei der Leiche ist Ventrikelinhalt einzusenden oder das ganze Gehirn, aber
ohne Einlegung in irgendeine Desinfektions- oder Fixierungsflüssigkeit.
(Corde*.)
Goebel und Heß (15) berichten über 21 Fälle beobachteter Meningitis
epidemica und die Erfolge der angewandten Serumtherapie.
Einige der Fälle zeigten Abweichungen vom gewöhnlichen Krankheits¬
bild, ein Fall das Bild einer schweren Darmblutung, ein weiterer ohne
Anhaltspunkte für Meningitis anfallsweise auftretende klonische Zuckungen,
einer rote Flecken am Kopf. Die Diagnose machte häufig große Schwierig¬
keiten. Neben der Serumtherapie zeigte sich in einzelnen Fällen das
Optochin von Nutzen. In allen Fällen wurde streng Freiluftbehandlung
durchgefuhrt. (Cordes.)
Gräber (18) berichtet mit Fallgeschichten über beobachtete Haut¬
erscheinungen bei Meningokokkenmeningitis und kommt zum Schluß, daß
die für die Krankheit kennzeichnenden Erscheinungen bis teilweise zur
nekrotischen Zerstörung der Haut führende Hautblutungen sind, die einen
toxischen Eindruck machen und sicher auf der Heftigkeit des Erregers
beruhen. Zur Sicherstellung, daß es sich um wirklich der Meningokokken¬
meningitis eigene Erscheinungen handelt, verlangt der Verf. die Feststellung
des Erregers am Ort der Erscheinung. (Cordes.)
Grober (19) bespricht zusammenfassend die Erfahrungen über die
Meningokokkenmeningitis. Auch er hält, wie andere Autoren, die Isolierung
aller Kokkenträger für unmöglich und überflüssig. Für dichtbelegte Räume
fordert er, daß die Leute sich nicht anhusten können, schlägt eine Belegung
Kopf- zu Fußende der Betten vor, insbesondere verlangt er aber gute Lüftung,
Reinlichkeit der Räume und Personen als besonders wichtig. Am Schlüsse
seiner Aasführungen wendet er sich gegen die bei dem Laienpublikum so
vielfach schreckenerzeugende Bezeichnung der Krankheit als übertragbare
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
292
Meningitis cerebrospinalis.
Genickstarre. „Übertragbar“ in dem Sinne, daß jeder Kranke eine Gefalir
für die Umgebung sei, sei die Krankheit nicht, auch „Genickstarre“ gebe
nur ein Symptom der Krankheit. Wissenschaftlich schlägt er die Bezeich¬
nung Meningitis meuingococcica in Analogie mit Pneumokokkenmeningitis vor.
(Cordes.)
Gräber (20) untersucht bei 14 zur Autopsie gelangten Meningitis¬
kranken den Herzmuskel und findet bei mindestens 8 Kranken das ausge¬
prägte Bild einer ausgeprägten Herzmuskelentzündung, während in den übrigen
Fällen nur geringe Zeichen einer Entzündung am Außen- und Innenrande
des Herzmuskels auffindbar waren, frei war nur ein einziger Fall.
Verfasser nimmt an, daß die Meningitis meningococcica überhaupt nur
eine sekundäre Phase einer allgemeinen Menmgokokkenerkrankung darstellt
Daß die Kokken nur selten an anderen Metastasenorten als an den Hirn¬
häuten gefunden werden, ist ihrer Hinfälligkeit, ihren Ansprüchen an das
Nährsubstrat, das wohl am besten die serösen Flüssigkeiten bilden, zuzu¬
schreiben. Der Hinfälligkeit der Meningokokken ist es wohl auch zuzu¬
schreiben, daß trotz zahlreicher Meningokokkenträger Epidemien in des
Wortes strenger Bedeutung nicht Vorkommen.
Hochhaus (24) macht auf die abortiven Formen der Meningitis cere¬
brospinalis aufmerksam, von denen er eine ganze Reihe beobachten konnte.
Es handelte sich durchweg um Kranke, die auf demselben Saale mit einem
sicher anMeningitis cerebrospinalis Erkrankten gelegen hatten. Die Anfangs¬
erscheinungen waren bei allen recht gleichförmig und typisch: Ohne Prodrome
plötzliches Auftreten von Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Nackenschmerz und
Erbrechen, bei manchen wurde auch über Nackensteifigkeit und Spannung
in den Rücken- und Beinmuskeln geklagt; daneben klagten mehrere noch
über Halsschmerzen und Husten. Die meisten kamen am ersten nnd zweiten
Tage nach Beginn dieser Symptome ins Krankenhaus; in der Regel hatte
dann die anfängliche Heftigkeit der Beschwerden schon merklich nachge¬
lassen, so daß einige sich fast völlig wieder .wohl fühlten und nur noch über
leichte Kopf- und Nackenschmerzen und Übelbefinden klagten, was auch
kurz hinterher schwand. Bei anderen bestand meist noch einige Tage Kopf¬
schmerzen, Übelkeit, geringe Nackensteifigkeit und Kernig neben mäßigem
Fieber und Schmerzen in allen Muskeln. Von Veränderungen an anderen
Organen war fast stets eine leichte Angina, Röte und Schwellung der Gaumen¬
bögen, Tonsillen und hinteren Rachenwand vorhanden, danu auch häufiger
eine diffuse meist trockene Bronchitis. Im Nasenrachenschleim dieser Patienten
wurde fünfmal, im Lumbalpunktat zweimal der Meningokokkus gefunden.
( Jacobsohn .)
Klinger, und Fourman (27) prüfen die von Mayer und seinen
Mitarbeitern gewonnenen Ergebnisse über den Wert der weitgehenden Iso¬
lierungen von Kranken und Kokkenträgern an einer in der Schweiz auf¬
tretenden Epidemie von Meningitis epidemica nach.
Sie kommen zum gleichen Schluß wie Mayer, nämlich, daß die Iso¬
lierung aller Kokkenträger bei Auftreten von Meningitis epidemica selbst
innerhalb von Kasernen und anderen geschlossenen Anstalten praktisch un¬
durchführbar und unnötig ist.
Ihre praktische Schlußfolgerung gründen sie auf die Beobachtung, daß
die entstandenen Epidemien meist ganz plötzlich und unerwartet abzubrechen
pflegen, ferner dadurch, daß die zweimalige bakteriologische Untersuchung an
den Soldaten Resultate ergab, die eine praktische Durchführung der Iso¬
lierung aller Kokkenträger unmöglich machte, wie gerade auch ein Menin¬
gitisfall einen Soldaten betraf, bei dem der Abstrich zweimal negativ war,
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Meningitis cerebrospinalis.
293
wie auch der wenige Tage später nach Hause erfolgten Entlassung der
Soldaten keine weiteren Erkrankungen unter der Zivilbevölkerung folgten.
Die bakteriologischen Untersuchungen ergaben einwandfrei, daß es
Stämme des Meningococcus intracellularis Weichselbaum gibt, denen die für
diese Art bis jetzt als charakteristisch angesehenen Eigenschaften teilweise
fehlen.
Verfasser empfehlen nur bei plötzlich gehäuft auftretenden schweren
Fällen, die auf eine momentane Virulenzsteigerung des Erregers hinweisen
strenge Isolierungsmaßregeln, sonst nur Entlastung der Soldaten hinsichtlich
der geforderten hohen Arbeitsleistungen, da es immerhin auffällig ist, daß
die Prozentzahl der jungen Soldaten an der Meningitis epidemica höher ist
als die der Zivilbevölkerung. (Cordts-Berlin.)
Bei einem Fall von epidemischer Genickstarre mit flecktyphusähnlichem
Exanthem (Meningokokkensepsis) und Knieschwellung wurden von Köhlisch
(28) in der Spinalflüssigkeit Meningokokken, in dem Knie gram-positive
Streptokokken von anderem kulturellen Verhalten gefunden.
Nach Impfung der Meningokokken im Meerschweinchenperitoneum
ließen sich Kolonien gewinnen, die durch Knopf- und Ringbildung solche
Streptokokken abspalteten.
Auch die in verschiedene Typen zerlegbare Fieberkurve spricht für
Variation des Infektionserregers im Meuschen. ( Selöstbmcht, ,)
V. Kutschera (31) berichtet über eine Genickstarreepidemie, die sich
unter den im Pustertale stationierten Truppenteilen ausbreitete, und bei
welcher jeder einzelne Fall durch methodische Untersuchung und Heraus-
finden der Keimträger bezüglich der Übertragung des Infektionsstoffes fest¬
gestellt werden konnte. ( Jacobsohn .)
Mangelsdorf (35) beschreibt die Maßnahme, die in der Festung Graudenz
nach Auftreten vereinzelter Fälle von epidemischer Genickstarre getroffen
wurden. Zunächst wurden durch systematische bakteriologische Unter¬
suchungen die gesunden Keimträger ermittelt und isoliert. Ferner wurde
folgendes angeordnet: 1. Verlängerung der Quarantäne über das Kasernement
bis zum Abschluß der bakteriologischen Untersuchung. 2. Desinfektion der
Stube des Erkrankten, mechanisch mit 6 % Kresolseifenlösuug, alsdann mit
Formalindampf; Desinfektion sämtlicher Kleidungs- und Ausrüstungsstücke
des Erkrankten. 2. Scheuern sämtlicher Stuben, Flure .und Treppen mit
heißem Seifenwasser. 4. Tägliche Gesuudheitsbesichtigung aller Leute durch
den Truppenarzt. 5. Dreimal täglich Gurgeln aller Unteroffiziere und Mann¬
schaften mit 2proz. Wasserstoffsuperoxydlösung, und zwar korporalschafts¬
weise unter Aufsicht. 6. Aufstellung von Schalen mit 5proz. Kresolseifen-
lösung in jeder Mannschaftsstube zu mindestens zweistündiger Aufnahme
der gebrauchten Taschentücher. Verbot des Waschens derselben in oder
außerhalb der Kaserne, dagegen deren dienstliche Waschung in der Garnison¬
waschanstalt. 7. Eingehende ärztliche Belehrungen der Truppenteile über
Behandlung des Auswurfs und Nasenschleims. ( Jacobsohn .)
In dem von Morgenstern (38) beschriebenen Falle von Meningitis
epidemica ist charakteristisch, daß die Krankheit zweimal rezidivierte. Die
erste Attacke wurde außerhalb des Krankenhauses durchgemacht. Es folgte
dann nach 2’/ 2 Wochen die typische, mittelschwere Meningitis und fünf
Wochen nach völliger Wiederherstellung das zweite Rezidiv. Jedesmal war
anfangs Schüttelfrost, Fieber und Ausschlag ohne beträchtliche Allgemein-
störuDg vorhanden. Nach einem anfänglichen Fieberrückgang setzte dann
die eigentliche meningitische Erkrankung mit erneutem Fieber, Exanthem¬
nachschub und zentralnervösen Erscheinungen ein. Das ExaDthem bestand
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294
Meningitis cerebrospinalis.
in hämorrhagischen Flecken von Linsen- bis Pfennigstückgröße, die fast
symmetrisch über den ganzen Körper ausgebreitet waren. Daneben bestand
ein roseolöser-makulopapulöser Hautausschlag. Die Diagnose Meningitis
epidemica wurde durch den Nachweis des Meningokokkus gesichert.
( Jacobsohn.)
Zum leichteren Nachweis des Meningokokkus im Feldlazarett bei
Soldaten, die verdächtig auf Meningitis cerebrospinalis sind, setzt Ob6 (44)
6 ccm der unter aseptischen Kautelen entnommenen Punktionsflüssigkeit
1 / 2 —1 ccm einer sterilen lOproz. Traubenzuckerlösung zu und hält das
Röhrchen während 10—12 Stunden auf einer Temperatur von durchschnitt¬
lich 37°. Nach dieser Zeit finden sich da, wo im frischen Präparate nur
vereinzelte oder gar keine Meningokokken nachgewiesen werden konnten,
in jedem Gesichtsfelde Leukozyten, in denen Gram-negative Diplokokken
eingeschlossen sind. Manche Zellen sind damit geradezu überladen.
( Jacobsohn.)
Petraschky (45) wendet sich gegen die Ausführungen von Klinger
und Fourman, die die Isolierungsmaßnahmen bei Meningokokkeumenin-
gitis als praktisch nicht in vollem Umfang durchführbar und wertlos herabgesetzt
wissen wollen. Er betont, daß die Maßregeln aufs strikteste durchgeführt,
insbesondere auf die Beschränkung der Infektionsgefahr durch Taschen¬
tücher größter Wert gelegt werden müsse. ( Cordes.)
Rosenbanm (52) berichtet über einen Fall von Meningitis epidemica
fulminans, der im Verlaufe von zwei Tagen zum Tode führte, der indessen
fast bis zum Ende keinerlei meningitische Erscheinungen, vor allem kein
Fieber aufwies und deshalb anfänglich wegen des Vorhandenseins der
Trommerschen und Gerhard sehen Probe im Urin zu einer Verwechslung
mit einem Coma diabeticum Anlaß gab. (Jacobsolm.)
Nach kurzer Besprechung der bei M. c. auftretenden initialen roseo-
lären und der flecktyphusartigeu Exantheme, erörtert Scherber (53) im allge¬
meinen die häufigste Hauterscheinuug, den Herpes, bespricht ausführlich
einen Fall, der in der Area gluteocruralis beiderseits einen Ausbruch auf¬
fallend großer und tiefgehender gangränöser Effloreszenzen aufwies, die sich
unter urtikarieller Schwellung und blasiger Abhebung des Epithels entwickelt
hatten. Der bakteriologisch sichergestellte Fall wurde durch subdurale
Seruminjektionen .zur Ausheilung gebracht. Ein ausgebreiteter Herpesaus¬
bruch im Mund, eine rechtsseitige periphere Okulomotoriuslähmung, die gleich¬
seitig bestanden, werden mit dem gangränösen Herpes in der Area gluteo¬
cruralis auf interstitielle und parenchymatöse neuritische Veränderungen der
betreffenden Nerven an der Durchtrittsstelle durch das in der Pia sich
findende Exsudat, bezogen. Die Differentialdiagnose gegenüber der multiplen
neurotischen Hautgangrän ergibt, daß im Gegensatz zum Herpes die Haut-
effloreszenzen regellos angeordnet sind, oft lange rezidivieren, um die schon
gesetzten Herde, ja an derselben Stelle wieder entstehen. Bei der multiplen,
neurotischen Hautgaugrän scheint der Sitz der Affektion das Rückenmark
zu sein, doch ist der Charakter dieses Prozesses ein anderer und damit be¬
kommt der Hautprozeß ein anderes Wesen. (Selbstbericht.)
Spaet (57) gibt einen historischen Überblick über den Werdegang der
Erforschung der epidemischen Genickstarre, er kennzeichnet den gegen¬
wärtigen Stand der Forschung und liefert reichliches statistisches Material.
(Jacobsohn.)
Der von Svestka (60) publizierte Fall von Meningitis epidemica zeich¬
nete sich durch den protrahierten Verlauf (61 Tage) aus. (Jacobsohn.)
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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
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Von den Arbeiten über Intoxikations- und Infektionskrankheiten des
Nervensystems unseres Jahrgangs sind besonders hervorzuheben die Unter¬
suchungen von Sceleth und Beifeld über Hirnödem bei chronischem Alko¬
holismus im Endstadium des klassischen Delirium tremens. Ferner hat
Otto in einer fleißigen Dissertation sehr gründliche statistische und klinische
Mitteilungen über chronischen Alkoholismus aus der Kieler Klinik geliefert.
Die Schädigungen der Drüsen mit innerer Sekretion durch Alkoholmißbrauch
erörtert Anton. Booth weist auf die deletären Wirkungen des Nikotins
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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
299
besonders bei Jugendlichen hin. Stanley empfiehlt Hyoszin als Antidot und
Heilmittel bei Morphinismus. Schabelitz hat sehr wichtige Beobachtungen
an sich selbst gemacht über die psychische Wirkung von Chlor und Brom,
um die gröberen klinischen Erscheinungen des Bromismus experimentell zu
erforschen, über gewerbliche Vergiftungen berichten Koelsch hinsicht¬
lich des in den Flngzeugfabriken benutzten „Aviatol“, das der Bleivergiftung
ähnliche Störungen hervorruft, ferner Lewin über kohlenoxydhaltige Ex¬
plosivgase aus Geschossen und Dorn er über akute Benzinvergiftung.
He ff ler macht forensisch wichtige .Angaben über die Bedeutung der
Ablagerung von Arsen in den Haaren. Uber die nervösen Störungen neuri-
tischer und neurasthenischer Natur berichten Robinson und Halbey. End¬
lich ist noch von den Intoxikationsstöruugen die Arbeit von Schroeder
uud Hinsberg anzuführen, welche experimentell die Frage der toxischen
Veränderungen am Ganglion spirale zu entscheiden suchen.
Fälle von Lan dry scher Lähmung sind von Fischer und von Higier
mitgeteilt worden; Fischer hat eingehend die klinischen und pathologisch¬
anatomischen Befunde seines Falles besprochen. Einen in Form der auf¬
steigenden Paralyse verlaufenden Fall von Lyssa hat Stärker beobachtet.
Besam hat erfolgreich versucht, durch eiufache Methoden aus dem Straßen¬
virus ein Virus fixe zu gewinnen. Burmeister teilt Versuche mit, Rabies-
Antikörper bei immunisierten Kaninchen nachzuweisen. Wohls Versuche
scheinen die Brauchbarkeit der Abderhald enscben Reaktion für die Früh¬
diagnose der Lyssa zu bestätigen. Amato wies schwere Veränderungen in
den Speicheldrüsen an experimentell lyssakranken Kaninchen nach.
Groß hat in dem Ungvarer Epidemiespital besonders schwere Kom¬
plikationen des Abdominaltyphus seitens des Nervensystems beobachtet
und Zadek eine rechtsseitige Hemiplegie bei einem von Abdominaltyphus
genesenen neunjährigen Knaben. Barabas macht auf die dissoziierten
sensorischen postdiphtherischen Lähmungen aufmerksam. Die von ihm bei
einer Keuchhustenepidemie beobachteten Lähmungen ist Sörensen geneigt,
einer Toxinwirkung zuzuschreiben. Die pellagröseu Störungen bei Alko¬
holikern in der Schweiz sucht Jadassohn mit dem Genuß von Maisschnaps
in Verbindung zu bringen. Die kindliche Pellagra mit neuritischen Störungen
konnte Knowles beobachteu. Page glaubt den Bazillus der Pellagra ent¬
deckt zu haben. Nitescu sieht in der Zei'ue des Mais den Grund für die
Intoxikation. Endlich seien noch die Arbeiten von Machwitz und Rosen¬
berg sowie von Strauß über Urämie erwähnt, welche bestrebt sind, eine
zweckmäßige Sonderung der verschiedenen Urämieformen vorzunebmen.
I. Intoxikationskrankheiten.
1. Alkohol.
Lambert (73) stellt Betrachtungen an über die eigentlichen, tiefer liegenden
Ursachen des Alkoholismus und Morphinismus auf Grund seiner längeren
Erfahrungen während der Hospitalbehandlung dieser und an ähnlichen Intoxi¬
kationen leidenden Kranken. Lambert fand, bei daß vielen periodischen
Trinkern gleichzeitig chronischer Nikotinismus bestand, und zwar infolge
des sog. Lungenrauchens resp. der Inhalation des Rauches, besonders bei
Zigarrettenrauohern.
Sceleth und Beifeld (106) machen auf einen zuerst von Dana be¬
schriebenen Symptomenkomplex beim chronischen Alkoholismus resp. beim
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300 Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
Delirium tremeDS aufmerksam, der als Hiruödem oder wet brain bezeicbuet
werden kann. Es ist dies das Endstadium des klassischen Delirium tremens
und kennzeichnet sich durch einen komatösen Zustand, hervorgerufen durch
meningitische Erscheinungen mit allgemeiner Hyperästhesie und Muskel¬
rigidität (Keruigsches Zeichen und Nackeusteifigkeit). Die Zerebrospinal¬
flüssigkeit pflegt dabei nicht verändert zu sein. Die Mortalität beträgt 75%.
Die Xekropsie ergibt mehr oder weniger starke Vermehrung der Piaarach-
noideaflüssigkeit, erweiterte Sulzi und verschmälerte Hirnwindungen. Hiermit
verbunden ist meist eine zum Tode führende Bronchopneunomie.
Die Dissertation Otto’s (89) über den chronischen Alkoholismus ist
eine sehr beachtenswerte und gründliche Arbeit, die sich das reiche Material
der Kieler Nerveuklinik aus den Jahren 1901 —1904 in klinischer, statistischer
und soziologischer Hinsicht mit Erfolg zunutze gemacht hat. Otto hebt mit
Recht die Regelmäßigkeit des Genusses selbst geringerer Alkoholmeugen als
das Wesentliche für den Ausbruch des chronischen Alkoholismus hervor,
wobei in Kiel uud Schleswig-Holstein vor allem der Schnaps als gemeiner
Kümmel der Hauptfaktor ist. Die Zahl der von 1901 —1904 behandelten
Alkoholiker betrug 47 9 Männer und 24 Frauen; fast alle Berufe stellen ihr
Kontingent, hauptsächlich aber Arbeiter. Daß erbliche Belastung seitens
alkoholistischer und degenerierter Eltern ätiologisch nicht von der Hand zu
weisen ist, konnte Otto bei einem erheblichen Teil seiner Kranken fest¬
stellen. Weniger scheint aber nach seinen Nachforschungen dafür zu sprechen,
daß das Trauma, wenn es noch nicht selten bei diesen Kranken stattgefunden
hat, für die Auslösung des chronischen Alkoholismus verantwortlich zu machen
ist. Dogenerationszeichen waren nur selten zu beobachten. Recht zahlreich
waren Erkrankungen peripherer Nerven, besonders die typische Alkohol¬
polyneuritis, die Otto in einem klassischen Falle eines Korsakow beschreibt.
Hinsichtlich der Störungen am Sehorgan konnte Otto in seinen 150 Fällen
die Beobachtung machen, daß in 43 Fällen die Lichtreaktion der Pupille
träge, in 2 Fällen fast erloschen war. 48 mal waren die Pupillen ungleich,
in 33 Fällen verzogen. Nystagmus fand sich 6 mal, auch Optikusatrophie
und Abblassung der Papillen fanden sich. Seine pathologisch-anatomischen
Befunde konnte er an nur 3 unter seinen 150 Fällen gewinnen, die sich als
pachymeningitische und leptomeningitische Veränderungen erwiesen. Wie
schwere Störungen des Familienlebens aus der Trunksucht erwachsen, schildert
Otto in lebhaften und eindringlichen Worten; denn gerade das Eheleben
wird unter der Trunksucht an erster Stelle leiden müssen, zumal noch kein
Gesetz besteht, den chronischen Alkoholisten im allgemeinen für geisteskrank
und anstaltsbedürftig zu erklären.
Viel wäre schon zu erreichen, wenn außer einem ein- bis zweijährigen
Aufenthalt in einem Trinkerasyl auf vollständige, dauernde Abstinenz und
auf den Beitritt zu einem Abstinentenvereine hingearbeitet werden würde.
In einer kurzeu Abhandlung über die Verschlechterung der Erblich¬
keit bei Trinkern zeigt Anton (6), wie innig die Störungen der bei Alkoho¬
likern am häufigsten geschädigten Drüsen mit solchen der übrigen Drüsen
mit innerer Sekretion, die eine enge Beziehung zum Nervensystem haben,
Zusammenhängen. Aber auch die Keimdrüsen unterliegen dem Einfluß der
anderen Drüsen; und so wird durch den Alkohol auch Konstitution und
Schicksal der kommenden Generation vielfach gefährdet. „Gerade dieses
traurige Kapitel der Erblichkeit läßt erkennen“, wie Anton zum Schluß aus¬
führt, „wie gesetzmäßig die Zusammengehörigkeit von Geist und Körper
sich gestaltet, wie gesetzmäßig die Störung der Körperentwicklung und der
Geistesentwicklung vor sich geht“.
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Intoxikation»- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
301
Billström (13): Ein Gebrauch von verschiedenen Ersatzmitteln für
die gewöhnlichen spirituösen Getränke kommt gemäß einer Untersuchung
der sämtlichen Eintrittsakten der Alkoholistenheilstätte Eolshäll für Patienten
aus den sog. höheren Klassen auch in diesen Schichten vor, wie Tab. I zeigt.
Die Zahlen sind aus verschiedenen Gründen sehr klein und Minimizahlen.
Das Ersatzmittel, das am häufigsten gebraucht wird, ist der gewöhnliche
Brennspiritus, welcher wie Fall 3 zeigt, mit Pilsener Bier gemischt, gerade als
spezielles Genußmittel gebraucht werden kann. Als effektives Denaturier-
mittel kann also nur ein Emetikum dienen. Der Gebrauch von Brenn¬
spiritus ist nämlich gemäß der Erfahrung am „Skyddsvärnet“ in bedeutender
Zunahme begriffen. Bei Alkoholisten der gebildeten Klasse trifft der Mi߬
brauch hauptsächlich während der Abstinenzperioden ein, bei Alkoholisten
aus den niedrigsten Schichten dagegen kommt dieser Mißbrauch am Gipfel
oder am Ende einer Periode von Alkoholmißbrauch vor.
Tab. II zeigt die Bedeutung des Geschmackes für den Mißbrauch
geistiger Getränke, indem die meisten Alkoholisten sich auf ein besonderes
Getränk spezialisieren und nur nebensächlich andero Getränke genießen.
( Selbstbericht .)
2. Nikotin.
Booth (20) verurteilt das Zigarettenrauchen besonders bei jungen
Lenten wegen der schädlichen Folgen für das Nerven- und Blutgefäßsystem.
Er hat bei starken Rauchern bei plötzlichem Aufhören bedrohliche, den
Morphiumabstinenzerscheinungen ähnliche Störungen beobachten können.
Besonders Schädlich sind auch die dem Tabak- und Zigarettenpapier oft
beigemengten Stoffe, wie Opium, Morphium und Strychnin, die die deletäre
Wirkung des Nikotins noch verstärken.
3. Morphium.
Stanley (115) gibt eine historische Übersicht über Ursache, Symptoma¬
tologie und Verbreitung des Morphinismus. Als spezifisches Antidot und
Heilmittel gegen Morphiumsucht empfiehlt er das Hyoszin, und zwar gibt er
es, nach einer Vorbereitungskur durch Diuretika, Diaphoretika und Laxantia,
ohne anfängliche Beschränkung des bisher gebrauchten Narkotikums, in der
zweiten Woche in einer Dosis von y 200 8 wiederholt, bis ein deutlicher
physiologischer Effekt, am besten bis tiefe Benommenheit eintritt. Diese
Behandlung wird unter bestimmten Kautelen fortgesetzt und durch rein
symptomatische Maßnahmen ergänzt.
Besonders günstig war diese Behandlung bei Gefängnisinsassen, bei
denen sich diese Kur durch die Abgeschlossenheit von der Außenwelt ohne
Störung durchführen ließ. So wurden im Kalifornischen Staatsgefängnis
San Quentin innerhalb der letzten U/g Jahre über 40 Insassen vollständig
geheilt
4. Veronal.
Hasemann (60) teilt im Anschluß an zwölf bisher beschriebene
Fälle von Veronal Vergiftungen einen eigenen Fall mit, der einen 29 jährigen
Diakon betraf. Dieser hatte wegen Magenbeschwerden und Kopfschmerzen,
die sich bei der Sektion als chronische Entzündung des Warzenfortsatzes
und chronische Leptomeningitis erwies, eine tödliche Dosis Veronal, nach
längerem Morphium- und Veronalgebrauch genommen. Am Nervensystem
fanden sich neben chronischen Veränderungen deutliche Alterationen der
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302
lntoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
Ganglienzellen des Gehirns und Rückenmarks. Neben dem auffälligen Ver¬
halten der Tigroidsubstanz, die in feinstaubiger Anordnung im Protoplasma
zerstreut lag und den Eindruck eines feinschaumigen Aufbaues des Zell¬
leibes machte, fanden sich in Gefrierschnitten, die mit alkoholischer Scharlach¬
lösung und Hämatoxylin gefärbt waren, die Ganglienzellen fast durchweg mit
feinsten Fettröpfchen vollgepfropft — Hinsichtlich der Therapie der Yeronal-
vergiftung kommt H. auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Schluß, daß
bei der schnellen Resorption dieses Medikaments Magenspülungen nur
innerhalb der ersten 3—4 Stunden wirksam sind.
Tepper (120) teilt zwei Fälle von Intoxikationen mit; der erste betraf
einen 7 jährigen Knaben, der 40 g Veronal genommen hatte, der zweite
einen 19jährigen jungen Mann, der innerhalb 24 Stunden gegen 100 Gran
Camphora monobromata zu sich nahm. Im ersten Falle trat langdauerndes
Koma auf. Der zweite Fall wies plötzlich auftreteude, vorübergehende
krampfartige Zustände auf mit einige Tage anhaltender Unruhe, Kopfschmerz
und Benommensein.
5. Brom.
Schabelitz (107) hat die von Frl. Dr. Margarete Meier begonnenen
Experimente über die psychische Wirkung von Brom und Chlor (Epilepsia. 3)
wieder aufgenommen und an sich selbst ausgeführt. Er stellte sich be¬
sonders die Aufgabe, die gröberen klinischen Erscheinungen des sogenannten
Bromismus experimentell zu erforschen und dabei Brom- und Chlorstoff¬
wechseluntersuchungen auszuführen.
Das Versuchsergebuis war in vieler Hinsicht ein sehr wertvolles und
bemerkenswertes. Nach 14 Tage langer chlorarmer Ernährung, unter aus¬
gezeichnetem körperlichen und seelischen Befinden, nahm er zum erstenmal
morgens 6 g Na Br und bemerkte bald darauf deutliche Zeichen von
Bromismus, die er folgendermaßen beschreibt: Zu Beginn des Bromismus
traten Stimmungsschwankungen auf, Euphorie wechselte mit schlechter Laune
ab. Vom 7. Bromtage ab, blieb die Stimmung konstant euphorisch bis zum
Aussetzen des Broms; zum erstenmal in seinem Leben befand er sich
während Wochen beständig in einem submanischen Zustand mit motorischer
Unruhe (Rededrang usw.).
Ganz allmählich fühlte er sich in seine Jugendzeit zurückversetzt, alte
Reminiszenzen wurden neu belebt, während die wenigsten frischen Eindrücke
haften blieben.
Mit Aussetzen der Bromzufuhr und Zusatz von Kochsalz wechselte
die Stimmung wie mit einem Schlage: der Euphorie folgte eine Depression.
Auf die vegetativen Funktionen äußerte sich bei ihm die Bromwirkung
durch Beeinflussung des Schlafes, der Zirkulation, der Diurese und Verdauung,
aber ohne Bromefflorenzen trotz des schweren zerebrospinalen Bromismus.
Das Körpergewicht nahm bis zum 20. Bromtag langsam zu, von da an ab.
Bezüglich des Schlafes beobachtete er, daß der Schlaf tiefer und tags¬
über anfallweise große Müdigkeit auftrat. Das Aussetzen des Broms rief
länger (lauernde Schlafstörung hervor, und nach dem Erwachen traten
Koordinatiousstörungen auf, derart, daß er nicht verständlich sprechen konnte,
Doppelbilder hatte, Schreibkrampf und Störungen beim Gehen bekam.
Die Zirkulationsstörungen äußerten sich mit fortschreitender Bromi-
sierung durch Pulssteigerung von 66 bis auf 110 Schläge, sogar bis auf 130.
durch Herzangst, Arhythmien, fahles Aussehen und temporäre Kongestionen
des Kopfes. Die Verdauung verschlechterte sich unter Sodbrennen bis zum
18. Bromtage.
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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
303
Ferner bemerkte er unter dem Bromgebrauch sehr rasch Sinnesreizungen
mit Gehörshalluzinationen, später mit Licbterscheinungen tags bei geschlossenen,
nachts bei offenen Augen. Dann noch Täuschungen im Gebiet der Be¬
wegungsempfindung. Die Lichterscheinungen wurden inhaltlich durch die
ASektlage beeinflußt Nach der ersten Bromeinnahme traten Gleichgewichts¬
störungen, zuerst beim Gehen, dann auch in der Ruhe auf.
Recht auffällig war auch die Beeinflussung der Sprache bemerkbar;
zu Beginn der Bromisierung stellte sich eiue Erleichterung im Ablauf des
motorischen Sprachaktes ein, der aber bald, besonders nach dem Erwachen,
eine Herebsetzung der motorischen Sprachfunktion folgte. Dazu kam dann
eine zentral bedingte Störung der Wortbereitschaft mit Wortneubildungen,
Einschieben nicht zum Satze gehörender Wörter. Diese Erscheinungen
verloren sich nach Aussetzen der Brommedikation innerhalb 14 Tagen.
Was die Merkfähigkeit und Auffassung anbetrifft, so konnte er feststelleD,
daß die Merkfähigkeit für Bilder unter dem Bromgebrauch nicht litt weder
für neue noch für frühere Eindrücke. Doch verschlechterte sich die Auf¬
fassung insofern, daß unter Bromgebrauch die Zahl der Fehler zunahm.
Diese Störungen schwanden aber vollständig bei Kochsalzgebrauch.
Die Lernfähigkeit vierstelliger Zahlen litt unter der Bromwirkung nicht
qualitativ, doch änderte sich die Lernart (andere mnemotechnische Hilfsmittel).
Die Bromabstinenzerscheinungen kamen als plötzlicher Stimmungs¬
umschlag zum Vorschein, der sich, nach größeren Kochsalzgaben, auf die durch
den fortgesetzten Bromgebrauch hervorgerufene submanische Verstimmung
einstellte. Nach Aussetzen der Bromzufuhr traten abwechselnd manische
und depressive Phasen auf unter schließlichem Vorherrschen der rein de¬
pressiven Stimmung. Am zweiten Abstinenztage traten plötzliche Wahnideen
im Sinne des Beziehungswahns auf der Basis eines starken Minderwertigkeits¬
gefühls auf, doch kupierte eine einzige größere Bromgabe vorübergehend
alle Abstinenzerscheinungen; es dauerte monatelang bis sämtliche produzierten
Wahnideen vollständig korrigiert waren.
Zum Schluß faßt Sch. seine klinischen und experimentellen Erfahrungen
bezüglich des therapeutischen Wertes des Broms dahin zusammen, daß er
es für nicht zulässig hält — wie er es in seinem Verfahren an sich selbst
ausführte —, die Kochsalzentziehung so weitgeheud zu gestalten, daß Brom
wie Chlorsalz in annähernd gleichen Mengen dem Körper zugeführt werden,
wegen der Gefahr eines deletären Bromismus. Akuter Bromismus kann
vermieden werden, wenn man mit kleinen Dosen Brom beginnt und ein¬
schleichend vorgeht. Tritt Bromismus mit manischen Zügen auf, so ist der
Patient wie ein Manischer zu überwachen. Kochsalz ist das souveräne Heil¬
mittel des Bromismus. Brüske Schwankungen in der Salzzufuhr sind in der
Therapie zu vermeiden. Das Abbrechen der Bromkur soll nicht plötzlich
geschehen sondern langsam, Bromabstinenzerscheinungen können durch Zufuhr
neuer Bromdosen leicht kupiert werden.
6. Belladonna, Solanin.
Adler (2) beobachtete einen Fall außergewöhnlicher Toleranz gegen¬
über Belladonua bei einer an heftigen Nierenkoliken leidenden 31jährigen
Frau, die seit drei Jahren große Dosen von Heroin subkutan gebraucht hatte.
Trotz längerer Anwendung von Atropindosen, die als Antidot gegeben
werden und bis über 1 g einer löproz. Belladonnatinktur gesteigert wurden,
traten weder Erscheinungen von Atropinwirkung an den Augen, den Schleim¬
häuten oder der Haut auf.
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304
Intoxikasions- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
Hilbert (54) beobachtete einen Fall von Solaninvergiftung bei einem
öVajäbrigen Mädchen nach dem Genuß von Beeren des Solanum dulcamara.
Außer Kopf- und Magenschmerzen, Schwindel, Herzklopfen und Angstgefühl
bestand Rotsehen.
Die Pupillen waren ad maximum erweitert, Akkommodationslähmung.
Nach fünf Tagen waren die Pupillen wieder eng und keine toxiscbeu
Zeichen mehr voriianden.
6. Tetrachloräther, Kohlenoxyd, Benzin.
Koelsch (68) beobachtete bei einer Anzahl von Arbeitern, die in den
beiden bayerischen Flugzeugfabriken mit einer Streichmasse „Aviatol“, das
hauptsächlich Tetrachloräthan enthält, der Bleikolik und Bleivergiftung ähn¬
liche gastrische und nervöse Storungen und empfiehlt deshalb gewerbehygie¬
nische Gegenmaßnahmen.
Lewin (75) weist auf die Gefährlichkeit der kohlenoxydhaltigen Ex¬
plosionsgase aus Geschossen auf das Zentralnervensystem hin.
Schießversuche in Frankreich ergaben die interessante Tatsache, daß bei
Hunden, die auf dem Wrack eines kriegsmäßig beschossenen Panzers gelassen
wurden, einen Ausfall von Erinnerungsbildern, eine retrograde Amnesie,
auftrat; das Tier erkannte seinen Herrn nicht mehr. Ferner kam es noch
zu anderen Ausfallserscheinungen, wie auffälliger Apathie, Orientierungs¬
defekten, Seh- und Gehörstörungen. Bei einem Menschen, der Kohlenoxyd
in den Gasen eiugeatmet hatte, die bei einer Pulverexplosion sich entwickelt
hatten, hielt der Verlust des Gedächtnisses über 2 Jahre an.
Einen außerordentlich seltenen Fall akuter Benzinvergiftung publiziert
Dorner (25). Der 35jährige, vorher immer gesunde Mann war in einem
ßenzinbebälter bewußtlos geworden, in dem er etwa 20 Minuten lag. Er
konnte nach 3 Wochen wieder leichten Dienst tun, klagte aber über Schwäche
und Schmerzen in den Beinen, Schwindel, Taubsein der rechten Hand und
Kreuzschmerzen.
Bei seiner Aufnahme fand sich bläuliche Verfärbung der kühlen Hände,
besonders der rechten Hand, leichtes Zittern der Augenlider bei Lidschluß
und leichter Inteutionstremor.
Die linke Pupille war enger als rechts, leichter Nystagmus beim Blick
nach rechts. Die Sensibilität für warm und kalt au beiden Unterschenkeln,
Fußrücken und Sohlen herabgesetzt, auch für Berührung und Schmerz.
Ataxie des rechten Beins und Arms. Rechts Adiadochokinesis. Romberg
stark ausgesprochen; auch bei offenen Augen starkes Schwanken. Gang
breitbeinig, stampfend, leicht paretisch mit starkem Schlottern der Glieder.
Gang ohne Stock unmöglich. Keine Störungen der elektrischen Erregbarkeit
Radialisreflex rechts, Bauch- und Kremasterreflexe beiderseits und Patellar-
reflex rechts fehlten. Patellarreflex links gesteigert, ebenso der Acbillissehnen-
reflex. Beiderseits Babinskireflex. Wassermann-, Nonne- und Pandy-
reaktion negativ. Keine Blutveränderuugen.
Das Krankheitsbild ähnelt am meisten der multiplen Sklerose oder
kombinierten Strangerkrankung mit Beteiligung der Pyramidenseitenstrang¬
bahnen (Babinski), der Kleinbirnseitenstrangbahnen (rechts Adiadochokinesis
mit Muskelschwäche an Armen und Beinen ohne Atrophie und ohne elek¬
trische Störungen) und der Hinterstränge (Ataxie beider Beine und des
rechten Armes).
Das einseitige Fehlen des Patellarreflexes spricht für eine stärkere
einseitige Beteiligung im Hinterstrang des 4. Lumbalsegments. Auch die
feineren Sensibilitätsstörungen bezieht D. auf die Hinterstrangerkrankung.
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Intoxik&tions- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
305
8. Arsen.
Heflter (50) hat sich mit der forensisch oft sehr wichtigen Frage über
die Ablagerang von Arsen in den Haaren beschäftigt und gelangte durch
experimentcllo Versuche an Hunden und Kaninchen zu dem Ergebnis, daß
sich Arsen bei akuten Vergiftungen nicht in den Haaren, wohl aber in
inneren Organen (Leber, Nieren) findet und durch diesen Nachweis, gewohn¬
heitsmäßiger Arsenmißbrauch nusznschließen ist. Dagegen läßt sich bei
länger zurückliegendem Arsengebrauch in den Haaren Arsen noch nachweisen,
weun die inneren Organe davon frei gefunden werden; es kann also bei
der langsamen Resorption des Arsens in den Haaren und dem noch nach
Monaten in den Haaren aufgespeicherten Arsen der Nachweis am Lebenden
bezüglich eiuer chronischen Arsenvergiftung erbracht werden.
Heffter (51) hatte bei einem plötzlich verstorbenen 70 jährigen Altsitzer,
bei dem Arsenik im Digestionstraktus nachgewiesen werden konnte, zu ent¬
scheiden, ob eine Vergiftung oder Arsenikopbagismus vorlag.
Letzteres konnte H. ausschließen, da keinerlei Störungen der Empfin¬
dung und Bewegung vorher bemerkt worden waren und gerade die Schädel-
und Skelettknochen, die Kopfhaut, die Haare und die Haut von Arsen
frei waren.
9. Blei.
Robinson (101) teilt zwei Fälle von Bleivergiftung durch Kosmetika
mit. Beide Frauen hatten schwere neuritischo Lähmungen mit Muskel¬
atrophien der oberen, die zweite auch der unteren Extremitäten. Der Ur¬
sprung dieser Bleineuritiden konnte in einem bleihaltigen Gesichtspuder
„Flake White“ entdeckt werden.
Halbey (47) berichtet über die Ergebnisse der Untersuchungen der
Zinkhüttenarbeiter sämtlicher Zinkhütten des Landkreises Kattowitz in den
Jahren 1909—1914.
Schwere nervöse Erkrankungen des Nervensystems konnte H. zwar
nicht selbst bei den untersuchten Arbeitern feststellen, da Kranke sofort
ins Lazarett kamen, doch war auffallend die überaus große Zahl von Arbeitern,
auch solchen, die nichts mit Blei zu tun hatten, die Zeichen reizbarer Nerven¬
schwäche mit Steigerung der Sehnenreflexe, Nachröten der Haut (Demo¬
graphie), erhöhter mechanischer Erregbarkeit der Muskulatur zeigten, also
Symptome, die bei „traumatischer Neurose“ meist gefunden werden und,
wie H. meint, nur zu oft gutachtlich zu sehr betont werden.
10. Chinin, Salizylsäure.
Wittmaak batte im Jahre 1903 in seinen Veröffentlichungen über
die Wirkung des Chinins auf das Gehörorgau auf die Veränderungen des
Ganglion spirale hingewiesen, namentlich betreffs der Nisslschen Granula
und betODt, daß diese Veränderungen auf eine primäre spezifische Giftwirkung
auf die Zelle selbst zurückzuführen seien. Auch an anderen Ganglienzellen
(Ganglion spirale, Trigeminusganglion, Großhirnrinde) fanden sich analoge,
aber bei weitem nicht so ausgesprochene Veränderungen. Wittmaak kam
zu der Überzeugung, daß es sich hier um Schädigungen der Ganglienzellen
infolge einer spezifischen Giftwirkung auf die besonders empfindlichen Sinnes¬
zellen handle. Er glaubte auch vor allem bei den zurückbleibenden Hör¬
störungen eine Ischämie nicht ausschließen zu können.
Im Gegensatz zu Wittmaak vertrat Lindt die Ansicht, daß die bei
Dekapitation der Versuchstiere resp. bei mangelhafter Fixation gefundenen
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 191'. 20
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Intoxikation*- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
Zellveränderungen am Ganglion spirale mit der Intoxikation nichts zu tun
haben. Schroeder und Hinsberg (111) suchen nun experimentell in der
von Witttmaak angegebenen "Weise die Frage der toxischen Verände¬
rungen am Gehörorgan zu entscheiden, und zwar wollen sie feststellen,
ob die von Wittmaak beschriebenen Zell Veränderungen bei Chinin- und
Salizyltieren am Ganglion spirale regelmäßig nachweisbar sind, und zwar
in erheblich stärkerem Grade als am Ganglion vestibuläre und den Ganglien¬
zellen im Gehirn, Rückenmark und Trigeminus.
Ferner suchen sie festzustellen, ob diese und andere Veränderungen
nur bei Intoxikation mit „Ohrgiften“ auftreten oder auch nach Einwirkung
beliebiger anderer Gifte, die für das Gehörorgan des Menschen gleichgültig
sind. Die sehr sorgfältigen Tierversuche ließen sie zu folgenden Schlüssen
gelangen.
Auch bei anscheinend ganz gesunden Tieren kommen leichte Zellver¬
änderungen vor, besonders solche vom Charakter der Nisslschen „akuten“
Zellerkrankung; z. B. im Ganglion spirale und im Trigemiuus (bei Tier 40).
Unter 8 Chinintieren, die sofort nach der Dekapitation fixiert wurden,
zeigten 6 normales oder fast normales Verhalten der Zellen des Ganglion
spirale. Nur eins davon zeigte die akute Zellveränderung im Ganglion
vestibuläre, mehrere andere leichte Veränderungen der Vorderhoru/.elleu.
Eine elektive Wirkung des Chinins in dem Sinne, daß sich die Zellen
des Ganglion spirale regelmäßig und außerdem stärker als andere Zellen
verändert zeigten, konnten sie nicht feststellen. Das Gleiche gilt vom Natrium
salizyl. Auch hier fanden sich wesentliche Veränderungen des Ganglion
spirale unter 6 Tieren nur einmal.
Bei 5 von den 11 Nikotintieren fanden sich Zellveränderungen des
Ganglion spirale. Niemals waren diese Veränderungen nur im Ganglion
spirale zu finden, sondern auch .ähnlich in anderen Organen, vor allem im
Gehirn. Bei 9 von 12 Tieren, die mit anderen Giften behandelt wurden,
zeigte das Ganglion spirale mehr oder weniger hochgradige Zellverände¬
rungen.
Ein Unterschied in der histologisch nachweisbaren Wirkung auf die
Ganglienzellen von Salizyl und Chinin einerseits und Strychnin, Zyankali,
Kokain, Plumbum azetikum anderseits war nicht vorhanden.
Gehör und Nystagmus war, soweit es sich nachweisen ließ, bei einigen
Tieren nicht gestört. Ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen diesen
Störungen und den Veränderungen an den Akustikusganglien ließ sich aber
nicht nachweisen.
II. Infektionskrankheiten.
1. Landrysche Paralyse.
Der von Fisher (31) klinisch und pathologisch-anatomjsch sehr ein¬
gehend untersuchte Fall von Landryscher Paralyse ist dadurch bemerkens¬
wert, daß er schwere Degenerationen am peripherischen und zentralen Nerven¬
system in ausgedehnter Weise darbot. Auch die Krankheitsdauer war eine
ungewöhnlich lange und erstreckte sich von den ersten Anzeichen bis zum
letaten Verlauf durch Atemlähmung auf sechs Wochen.
Der 16jährige Knabe erkrankte fieberlos unter Schmerzen und Schwäche
zuerst der linken Wade und dann der Beine mit schnell sich entwickelnder
Parese der unteren Extremitäten. Es fand sich schlaffe Lähmung der Beine
mit Fehlen der Reflexe und Druckempfindlichkeit der Nervenstämme ohne
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Intoxikationa- und Infektionskrankheiten dos Nervensystems.
307
Gefühlsstörungen. üieraD schloß sich Doppeltsehen mit Parese des linken
Hektns externus and Parese der Arme, zunehmende Augenmuskellähmung
Schluckbeschwerden und Atemlähmung.
Ara RUckenmark zeigten sich ausgedehnte Zerstörungen in den Ganglien¬
zellen der Clarkeschen Säulen, besonders mit zentraler Chromatolyse und
körnigem Zerfall in ihrer ganzen Ausdehnung. In den Vorderköruern waren
durchwegs die großen multipolaren Ganglienzellen inTygrolyseund Schrumpfung
begriffen. Sehr bemerkenswert war ferner die Ependymitis in der Umgebung
des Zentralkauals, besonders in der Gegend der Hals- und Lendenanschwellung.
Ferner waren die Kapillaren der grauen Substanz der Vorderhörner
verstopft, zum Teil aneurysmatisch verändert und geborsten. In den Hinter¬
strängen fanden sich nur vereinzelte Blutungen. Pons und Medulla ließen
an den Zellen der Nuclei graciles und cuneati Veränderungen erkennen, die
denen in den Clarkeschen Säulen entsprechen, während die Zellen der
motorischen Kerne und der Formatio reticularis den Typus der an den
Vorderhörnern gefundenen tygrolytischen Degenerationen zeigten.
Die Zellen der Kerne des dritten und sechsten Hirnnerven ließen zentrale
Chromatolyse um den Kern erkennen mit bröckeligem maschigem Zerfall
des übrigen Zellkörpers; auch der sensible Kern des fünften und der sensible
und der spinale Kern des Vagus befanden sich in demselben Zustande.
Die Zellen der auf- und absteigenden Bahnen des Trigeminus zeigten
Chromatolyse und Zerstörung der Fortsätze. Die Zellen der Kerne des
Fazialis und Hypoglossus waren ähnlich denen der motorischen Bulbuskerne
degeneriert.
Die spinalen Nervenbahnen ließen teils diffuse, teils herdförmige Zellinfil¬
trationen der Lymphräume des Epi-, Peri- und Endoneuriums erkennen. Von
peripherischen Nerven wurde der Ischiadikus untersucht. Mit Polychromblau
lioß sich eine intensive Zellinfiltration nachweisen, besonders im Peri- und
Endoneurium, bestehend aus polymorphkernigen, polyblastischen und Gitter¬
zellen, namentlich nahe den Blutgefäßen. Aber auch Bindegewebswucherungen
zwischen den Nervenfasern waren recht deutlich in Verbindung mit Ver¬
dickungen der Peri-, Endoneuriums sichtbar. Hinsichtlich der Frage, ob
ein toxischer oder bakterieller Prozeß oder beides in dem Falle anzunehmen
ist, glaubt F., schon mit Rücksicht auf die lange Krankheitsdauer und das
Nebeneinandervorkommen von parenchymatösen und infiltrativen interstitiellen
Veränderungen, daß beides, das Virus und Toxin gleichmäßig an dem Prozeß
beteiligt waren und zuerst die peripherischen Nerven, später aber nach und
nach das spinale und zerebrale Nervensystem infiziert haben.
Higier(53a): 24 jähriger Kaufmann erkrankt nach starker geistiger Auf¬
regung und Strapazen an flasquer Lähmung der oberen Extremitäten, darauf
mit Parese der Beine und sämtlicher Bulbärnerven. Am Schluß der zweiten
Krankheitswoche ist der Zustand beinahe hoffnungslos, und die schwere
Atemnot, Zyanose, Pulslosigkeit machen künstliche Sauerstoffatmung, Strychnin¬
applikation und fortwährende Äther- und Kampferiujektionen notwendig. Im
Anfang der achten Woche ist Patient imstande, zwei Treppen hoch zu steigen
ohne Hilfe, schlingt und kaut gut und spricht verständlich. Es ist nur Fehlen
der Sehnenreflexe zurückgeblieben. Möglicherweise haben zum günstigen
Ausgange manches die hohen Dosen Strychnin bis 1 cg täglich beigetragen.
Auffallend ist, daß erst in der sechsten Woche eine Verdickung der
peripheren Nerven sich feststellen ließ mit leichter Empfindlichkeit der
Muskeln und Abnahme der galvanofaradischen Erregbarkeit der kleinen
Handmuskulatur. Es lag offenbar trotz Abwesenheit jeglicher klinischer
Erscheinungen vom ersten Tage dennoch eine Neuritis acutissima vor, die
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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
als Landrysche Paralyse, meist letal endend, verlief. Während der schweren
Herz- und Atemerscheinungen bulbärer Herkunft waren vereinzelte pneu¬
monische Herde — wahrscheinlich Infarkte — festzustelleü.
( Sellstberieht.)
2. Lyssa.
St&rka (116) beschreibt folgenden Fall: Vom tollen Hunde gebissene
Patientin wurde vom Pasteurinstitut in Wien als geheilt entlassen. Einige
Tage nach der Entlassung stellten sich Schmerzen in der Narbe, dann in
anderen Körpergegonden ein, Schlaflosigkeit, Trockenheit im Munde (Schluck¬
beschwerden), Wasserscheu und andere für Lyssa bezeichnende Merkmale.
Unter andauernder Verschlimmerung trat zuerst eine Parese, dann Paralyse
der unteren Extremitäten mit gleichzeitigen Schmerzen im Kreuze und
Kücken, am folgenden Tage nacheinander Parese und Paralyse der obereu
Extremitäten ein, und die Patientin starb im Kollaps ohne jedwelche An¬
deutung von Krämpfen oder Erstickung am dritten Tage seit dem Auftreten
der Paresen. (Jar. Stuc/i/tk.)
Beham (12) teilt seine erfolgreichen Versuche an der Jerusalemer
Wutschutzabteilung mit, durch einfache Methoden, aus dem Straßenvirus ein
Virus fixe zu gewinnen. Impfte er junge Kaninchen mit einer Hirnemulsion
eines tollwutkrankeu Hundes aus einer Kolonie Obergaliläas, so erhielt er ein
auffallendes Zurückgehen der Inkubationsdauer bis zur neunten Passage.
Von der neunten Passage an betrug die Inkubationsdauer nur sechs Tage,
und er erhielt ein unverändertes Virus fixe von 6 tägiger Inkubationsdaner.
Es muß noch geprüft werden, ob die verkürzte Inkubationszeit von den
individuellen Eigenschaften der dortigen Kaninchen, oder, was ihm wahr¬
scheinlicher scheint, von den besonderen Eigenschaften des dortigen Straßen¬
virus herrührt.
Burmeister (22) versuchte eine neue Methode K&biesantikörper bei
immunisierten Tieren nachzuweisen. Während bisher derartige Mengen
Gehirnsubstanz injiziert wurden, daß durch die Überproduktion von Antihirn-
substanzkörper gewisse Antirabiesviruskörper verdeckt werden konnten, be¬
diente er sich einer einmaligen letalen Dosis von fixem Virus. Hierbei ist
die Menge der injizierten Hirnsubstauz minimal, wohingegen das Virus sehr
früh sein Maximum erreicht.
Es wurden Kaninchen subdural injiziert und auch Kontrollversuche
gemacht; dabei zeigte sich, daß das Serum rabischer Tiere und ebenso der
Kontrolltiere normale Gehirnsubstanz abspalteten, ersteres im stärkerem Grade;
doch fehlte die Reaktion des Rabiesserums fast vollständig kurz vor dem
Eintritt der Lähmungen, etwa am fünften Krankheitstage der Kaninchen.
Um Aufschluß über eine Antikörperreaktion bei durch fixes Virus ver¬
ursachte Rabies zu erhalten, wurde die Meiostagminreaktion angewandt.
Von den Kontrollieren reagierte keins positiv. Von den 20 Rabiesseren
reagierten nur drei positiv mit Rabieshirnantigen. Dagegen gelang es nicht
einmal, irgendeine Präzipitinbildung zu erhalten. B. kommt zu dem Schluß,
daß proteolytische Schutzfermente gelegentlich in verschiedenen Perioden
der durch fixes Virus erzeugten Rabies gefunden werden, sie sind aber nicht
spezifisch für das Virus allein.
Anscheinend kann keine spezifische, ein Proteinvirus abspaltende
Substanz in Substraten der Schilddrüse bei Rabies, die von fixem Virus
herrührt, gebildet werden. Auch spezifische gliolytische Fermente scheinen
in diesen Seren von durch fixes Virus erzeugter Rabies nicht enthalten zu
sein. Auch durch die Meiostagminreaktion läßt sich keine Antikörper-
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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
309
eutwicklang naohweisen, und endlich kommt er auch zu keiner spezifischen
Präzipitinbildung bei der akuten, durch fixes Virus entstandenen Rabies der
Kaninchen.
Wohl (135) hat die Abderhalden sehe Reaktion sich für die Früh¬
diagnose der Lyssa zunutze gemacht. Seine experimentellen, noch nicht
ganz abgeschlossenen Versuche an Kaninchen scheinen aber die Verwend¬
barkeit der Abderhaldenschen Reaktion zu bestätigen; so fiel die Reaktion
bei subdural mit fixem Virus inokulierten Kaninchen schon am dritten Tage
positiv aus. Dagegen bewirkten Sera gesunder Kaninchen nur in äußerst
geringem Grade eine Spaltung von Gehirn- und Plazentagewebe.
Amato’s (5) Untersuchungen sind am Kaninchen angestellt worden, die
subdnral mit fixem Virus geimpft wurden, und an deren Karotis und Sub-
maxillaris deutliche Veränderungen festgestellt werden konnten. Die Altera¬
tionen bestanden in Hyperämie verbunden mit einigen kleinen Hämorrhagien,
besonders in dem die Drüse umgebenden Bindegewebe, ödematöser Infiltration
des Bindegewebes, destruktiven Läsionen der elastischen Fasern, Ablösen
und Fallen des Deckpitbels der Ausführungsgänge in das Lumen des Tu¬
bulus und degenerativen Vorgängen der eigentlichen Elemente des Drüsen¬
parenchyms.
3. Typhus.
Groß (46) hat als Leiter der großen Typhusabteilung des OngvarerEpidemie-
spitales zum Teil besonders schwere Komplikationen des Typhus abdominalis
auch von seiten des Nervensystems gesehen, deren schwerste die Parese des
Phrenikus beziehungsweise des Diaphragmas war. In den späteren Krankheits¬
wochen, nach Ablauf der eigentlich typhösen Erscheinungen kamen ge¬
legentlich eigentümliche Psychosen zur Beobachtung, die vor allem durch
apathische Euphorie und halluzinatorisch-konfabulierende Wahnbildung bei
relativ erhaltener Kohärenz und Besonnenheit sich kennzeichneten und meist
letal verliefen. Der eingehend mitgeteilte besondere Fall betrifft einen
Offiziersdiencr, der zwei Monate an Typhus schwer krank lag, acht Tage
ohne Besinnung mit Kopf- und Nackenschmerzen und Nackensteifigkeit.
Mit der Genesung stellte sich bei ihm, nachdem er noch drei Wochen
wegen Schwäche und Zittern der Beine bettlägerig war, ein dauernder rhyth¬
mischer, grobschlägiger üauertremor des ganzen Körpers, besonders der Beine
und Bauchmuskeln in allen Körperlagen ein. Der Tremor teilt sich auch
den Atembewegungen mit. Erhöhte Sehnenreflexe, Fußklonus beiderseits,
kein Babinski, Gefühl intakt. G. hält Paralysis agitans und multiple
Sklerose für ausgeschlossen und ist auch gegen die Annahme eines funk¬
tioneilen Tremors; dagegen glaubt G., daß es sich um eine durch Typhus¬
toxin hervorgerufene, im Sinne einer Systembevorzugung lokalisierte Schä¬
digung der zentralen motorischen Neurone, bzw. um eine Systemaffektion
der Pyramidenseitenstraugbahnen handelt.
Zadek (138) beobachtete bei einem von Abdominaltyphus genesenen
9 jährigen Knaben eine rechtsseitige Hemiplegie mit aufgehobenen Reflexen.
Rechts Babinski +, links —. Keine Aphasie, Faziales beiderseits normal.
Rechter Arm und Bein anfangs ganz bewegungslos, keine Muskelatrophie.
Auffallend rasche Besserung innerhalb 2—3 Wochen, doch blieb der Gang
gestört mit Nachschleppen des rechten Beins.
Z. glaubt, daß es sich hier möglicherweise doch nur um eiue funktionelle
Schädigung gehandelt hat, da die Hirnnerven unbeteiligt waren. Gefühls-
und Blasenstörungen fehlten.
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310
Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
4. Diphtherie.
Barab&S (9) hatte Gelegenheit, bei 16 schweren Fällen postdiphtherischer
Lähmungen die verschiedenen sensiblen Qualitäten genau zu prüfen, und
macht darüber sehr bemerkenswerte Mitteilungen. Sein Material bestand
aus Kindern von 2—8 Jahren, die mehr oder weniger starke motorische
Lähmungen aufwiesen und in ungefähr der Hälfte der Fälle auch sensible
Lähmungen nachweisen lassen.
Auffallend war, daß die Fälle mit Analgesie nur eine Störung des
Schmerzgefühls bei normalem Verhalten des Wärme-, Kälte-, Tast- usw.
Gefühls erlitten hatten, also eine dissoziierte sensorische Lähmung
besaßen.
Es handelte sich in den Fällen aber um einen nur transitorischen
Zustand.
5. Keuchhusten.
Sörensen (114) hat während einer Keuchhustenepidemie in den Jahren
1912 und 1913 26 Kinder mit Komplikationen seitens des Nervensystems
behandelt. Alle zeigten Krämpfe, davon 2 mit Lähmungen, wovon eines noch
meningitische Erscheinungen darbot. Nur 6 Fälle genasen, unter ihnen die
beiden Fälle von Lähmungen.
Sörensen konnte im ganzen 4 Kinder mit Lähmungen bei Keuch¬
husten beobachten, deren Krankengeschichten er eingehend mitteilt. Die
Lähmungen, welche sich im Anschluß an die Konvulsionen unter Fieber¬
erscheinungen einstellten, hatten hemiplegischen Charakter und nahmen einen
gutartigen Verlauf. Sörensen ist geneigt, die nervösen Störungen bei
Keuchhusten einer Toxinwirkuug zuzuschreiben und eine neuropathische Ver¬
anlagung der mit Konvulsionen und unter Lähmungen erkrankenden Kinder
anzunehmen.
6. Pellagra.
Jadassohn (61) beobachtete in der Schweiz eine Reihe von eigentüm¬
lichen, mit Hauterkrankungen einhergehenden Krankheitsfällen, die den
Eindruck von Pellagra machten und auf alkoholischer Basis eutstanden zu
sein schienen. Von den 4 eingehend beobachteten Fällen zeichnete sich der
erste durch schwere psychische Störungen aus, daneben traten auch in den
anderen Fällen die typischen Hautaffektionen am Handrücken und Gesicht
zugleich mit Diarrhöe und Stomatitis hervor. Bezüglich der Ätiologie der
Pellagra und namentlich der sporadischen Fälle hat Jadassohn den Ver¬
dacht, daß hier der Maisschnaps sehr wohl in Frage kommen könne, da
Maisschnaps in allen Ländern verbreitet sei. In der ersten Gruppe der
Pellagraerkrankungen bei großen Epidemien in Italien und Rumänien sei
die Bedeutung des Mais nicht zu leugnen; bisher sei aber bei den spora¬
dischen Fällen, die oft bei im Elend Lebenden, speziell Alkoholikern, ver¬
kommen und bei den endemischen Formen der Irrenhäuser, der Beweis noch
nicht erbracht worden, daß Mais ursächlich in Frage kommt. Wahrschein¬
lich sei es aber doch, daß auch in den sporadischen Pellagrafällen der Mais
eine Rolle spielt, da bei den 4 von ihm in der Schweiz beobachteten
und dort entstandenen, klinisch als Pellagra gedeuteten Fällen, in denen
Maisnahrung nicht nachweisbar stattgefunden hat, die Möglichkeit vorliegt,
daß die Patienten Maisschnaps getrunken haben.
Über die Pathologie, Entstehungsweise und Ursache der Pellagra hat
Raubitschek (99) in den Ergebnissen der allgemeinen Pathologie eine
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Intoxikations- und Infektionskrankheiten des Nervensystems.
311
erschöpfende Zusammenstellung aller bemerkenswerten und wissenschaftlichen
Publikationen gebracht. Die sehr reichhaltige, die neuesten Forschungen
berücksichtigende Arbeit und das sehr umfangreiche Literaturverzeichnis
ermöglichen eine leichte Orientierung über alle auf das Wesen der Pellagra
bezüglichen Fragen, besonders was die einzelnen Theorien, die pathologische
Anatomie und die nervösen und psychischen Störungen anbetrifft.
Knowles (66) stellt fest, daß die Pellagra im kindlichen Alter durchaus
nicht selten auftritt und selbst Säuglinge von ihr heimgesucht werden. Wahr¬
scheinlich findet eine Übertragung durch die Mutter beim Stillen statt.
Mädchen scheinen öfter als Knaben zu erkranken. Am häufigsten treten
bei Kindern die Hauterkrankungen am Dorsum der Hände und Füße auf;
dagegen pflegt das Nervensystem seltener angegriffen zu werden. Auch in
dem mitgeteilten Falle eines 5 jährigen Knaben beschränkten sich die
Nervenstörungen auf schwache Patellarreflexe, spastisch-ataktischen Gang,
träge Pupillenreaktion, undeutliche Sprache und geistige Stumpfheit. Es
scheint sich um eine multiple Neuritis gehandelt zu haben.
Page (90) hat bei Pellagrösen im Intestinaltraktus regelmäßig einen
Bazillus gefunden, den er für den Erreger der Pellagra ansprechen möchte.
Der Bazillus ist länger und an den Enden spitzer als die Kolon¬
bazillen, beweglich, aerob, sporenbildend, gut färbbar und gut kultivierbar.
Tierversuche mit ihm ergaben kein deutliches Resultat.
Page (91) hat in über 600 Präparaten von Fäzes von 158 Pellagra-
kranken einen sehr aktiven und beweglichen zellähniichen Organismus ge¬
funden, der in Agar kokkenähnlich wächst, mit Anilin sich färbt und auf
den verschiedensten Nährböden kultivierbar ist.
Nitescu (88) hat seine Untersuchungen über die Folgen einseitiger
Maisernährung an Hühnern, Hähnen und weißen Ratten von möglichst gleichem
Gewicht ausgeführt.
Es wurde Mais der letzten Ernte verfüttert. Er fand, daß frischer
Mais schwerer resorbiert und assimiliert wird, als alter. Ausschließliche
Maisnahrung führte nach kurzer Zeit zur Abmagerung und zum Tod der
Versuchstiere; bei frischem Mais noch schneller. Als Grund wird der
ungenügende Nährwert des Mais angegeben, dessen Eiweiß des Tryptophans
ermangelt und sehr wenig Glykosol und Lysin hat.
Abwehrfermente gegen das Eiweiß des Mais (Zeine), die zeinolytischen
Fermente lassen sich im Blut der mit Mais allein ernährten Tiere nach-
weisen; ein Beweis für die Intoxikation mit der Zeine. Es finden sich die
zeinolytischen Fermente auch im Blute der Pellagrösen und haben bei ihnen
dieselbe Bedeutung.
Der mangelhafte Nährwert des Mais und die Intoxikation mit der
Zeine müssen mit zu den Hanptursachen des Zustandekommens der Pellagra
gerechnet werden.
7. Beriberi.
Schanmann (108) hat die wichtigeren neueren Forschungsergebnisse,
welche das Problem des Beriberi betreffen, in übersichtlicher Weise zusammen¬
gestellt und durch Erläuterungen und kritische Bemerkungen ergänzt. Eine
möglichst vollständige Literaturübersicht der im Laufe des letzten Jahres
erschienenen Veröffentlichungen mit Hinweis anf frühere ausführliche Ver¬
zeichnisse beschließt diese wichtige Arbeit.
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312 Paralysis agitaos (Wilsonsche Krankheit).
8. Urämie.
Machwitz und Rosenberg (79) haben unter 160 Fällen von Nieren¬
kranken einige 50 Fälle beobachtet, die urämische Erscheinungen darboten.
Sie unterscheiden die echte Urämie, die mit einer Erhöhung des Reststick¬
stoffgehaltes des Serums und in chronischen Fällen mit einer Indikanurie
einhergeht, die eklamptische Urämie Wolhards, bei der die Reststickstoff¬
erhöhung im Blute fehlt, aber eine Erhöhung des Lumbaldrucks vorhanden
ist — sie findet sich vorzugsweise bei jugendlichen Individuen und akuten
Formen der Nephritis — und die arteriosklerotische Pseudourämie, die rein
atherosklerotiscke Erkrankung der Nieren. Diese beruht auf atherosklero-
tischen Hirnveränderungen und unterscheidet sich von der echten Urämie
durch Fehlen der Stickstoffretention im Blut und der Indikanurie.
Strauß (118) hält es mit Rücksicht auf die Differenzen, welche sich
für die Prognose der verschiedenen Formen der Urämie ergeben, für zweck¬
mäßig, zwei große Gruppen, eine Urämie und eine Pseudourämie, zu unter¬
scheiden. Zur Urämie im engeren Sinne rechnet er die Fälle mit hohen
Werten für den Rest-N. (150 mg und mehr, aber auch manchmal zwischen
130 und 150 mg), zur Pseudourämie die Fälle mit normalen oder nur mäßig
erhöhten Werten für den Rest-N. (unter 70—80 mg). Klinisch herrscht
in der ersten Gruppe der asthenisch-dyspep tische oder kachektisch-dyspep-
tische Symptomenkomplex vor. Die Pseudourämie lasse sich in zwei
Untergruppen einteilen, in den eklamptischen Symptomenkomplex oder die
Eklampsie der Nephritiker (Nephrosen) und in den soporös-deliriösen Sym¬
ptomenkomplex der Hypertoniker mit und ohne lokalisierte Reiz- und Aus¬
fallserscheinungen.
Paralysis agitans (Wilsonsche Krankheit).
Ref.: Prof. L. Jacobsohn.
1. Amon, Thaddous Hoyt, A Case of Atypical Paralvsis Agitans with Limited Ocular
Movemonts. New York Nenrol. Inst. Meeting. April 29.
2. Cadwalador, William B., A Report of Three Casus Rosembling Pseudosclerosis and
Progressive Lenticular Degeneration. The Amor. Journ. of the med. Sciences. Vol. CL.
No. 4. S. 556.
3. Kramer, F., Paralvsis-agitans-ähnliche Erkrankung. Monatsschr. f. Psychiatrie.
Bd. 38. No. 2. p. "179.
4. Marburg, Zur Pathologie dev Paralysis agitans. Jahrb. f. Psyoh. 35. 396. (Sitzungs¬
bericht.)
5. Mingazzini, G., Über einen parkinsonähnlichen Symptomenkomplex. Klinisches
und pathologisch-anatomisches Studium. Arch. f. Psychiatrie. Bd. 55. H. 2. p. 532.
6. Parhon, C. J., und Parhon, M. Frl., Untersuchungen über die Abderh&ldensche
Reaktion boi dor Parkinsonsclien Krankheit. Fermentforschung. 1. (3.) 311.
7. Rizzuto, G. A., Caso di malattia del Parkinson. Policlinico. Nov. 21.
8. Schermers, D., Der Tremor bei der Parkinsonschon Krankheit. Med. Weekblad.
22. 209.
9. Spillor, William G., Family Form of Norvous Disease Resembling Paralysis agitans.
The Journ. of Norvous and Mental Disease. Vol. 42. p. 498. (Sitzungsbericht.)
10. Strümpell, Adolf, Zur Kenntnis der sog. Pseudosklerose. dor Wilsonschen Krankheit
und verwandter Krankheit.szustände (der amyostatische Symptomenkomplex.) Dtsch.
Ztschr. f. Norvenheilk. 54. (4.) 207.
11. Tilnoy, Frodorick, Some Clinical Notes on Paralysis Agitans. Neurograph. Vol. 1.
No. 3. p 202.
12. Derselbe, Somo Illustrations of a Syndrome Commonly OLscrved in Paralysis Agitans.
ibidem, p. 204.
13. Derselbe and Mackenzie. G. M., A Case of Wilsons Disoase —Progressive Lenticular
Degeneration — With Pathologieal Findings. The Journ. of N. a. M. Dis. 1916. 43.
50. (Sitzungsbericht.)
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Paralysis agitans (Wilsonsche Krankheit).
313
In diesem Kapitel sei auf die bedeutsame Arbeit von Strümpell hin¬
gewiesen, der den amyostatischen Symptomenkomplex bei Wilsonscher
Krankheit, Paralysis agitans usw. dem gewöhnlichen Pyramidensyndrom
gegen überstellt.
Paralysis agitans.
Kramer (3) beschreibt einen Fall von atypischer Paralysis agitans
bei einem 58 jährigen Patienten. Im Vordergründe des Krankheitsbildes steht
die Bewegungsstörung. Sie äußert sich in steifer Körperhaltung, starrem
Gesichtsausdruck, Mangel an Ausdrucksbewegungen, Verarmung an Spontan¬
bewegungen, Verlangsamung und Erschwerung aller Willkürbewegungen,
besonders solcher, die eine schnelle Bewegungsfolge verlangen, und in
Pulsionserscheinungen. Auch der Ausfall von Mitbewegungen, die Selten¬
heit des Lidschlages, die A'diadochokinesis, die Neigung zum Verharren in
passiv gegebenen Stellungen, die Störung der Sprache und der Schrift, wie
der Kranke sie zeigt, werden als Teilerscheinnngen der Bewegungsstörung
bei der Paralysis agitans aufgefaßt. Ungewöhnlich ist an dem Bilde das
Fehlen des Tremor und der Steifigkeit der Muskulatur, trotzdem die Krank¬
heit schon 6 Jahre besteht. Bemerkenswert ist auch die schlechte Reaktion
der Pupillen und die positive Wassermannsche Reaktion. Wie sich der
Fall auch diagnostisch verhalten mag, so ist er in einer Beziehung besonders
lehrreich, indem er die völlige Unabhängigkeit der Bewegungsstörungen von
der Steifigkeit beweist. Beide Erscheinungen sind zwar oft in einem Krank¬
heitsbilde vereinigt, sind aber doch, wie der Krankheitsfall zeigt, in ihrer
Pathogenese und wahrscheinlich auch in ihrer anatomischen Lokalisation
voneinander unabhängig.
In dem von Mingazzini (5) mitgeteilten Falle handelt es sich um eine
55 jährige Patientin, welche seit 4 Jahren außer episodischem Iktus ein
parkinsonähnliches Zittern, vorwiegend in den rechten Gliedern, besonders
im Arme, Hypertonie, ausgeprägter in den Armen als in den Beinen, Dys¬
arthrien und Parese des unteren Fazialis rechts, und in den letzten Monaten
der Krankheit partielle sensorische Aphasie und Geistesschwäche zeigte.
Die pathologisch anatomische Untersuchung hat einen Substanzverlust mit
ziemlich scharfer Umgebung nachgewiesen, der rechts den Nucleus caudatus
and partiell das vordere Segment der inneren Kapsel und des Lentikularis
zerstört hatte, während links zum Teil die Gyri temporales I, II sowie das
dorsale Drittel der Strata sagittalia ext. atque int. verletzt waren. Distal-
wärts waren rechts zum Teil die Ansa lenticularis, das Corpus Luysii, die Com-
missura hypothalamica post, die Nervenzellen der Substantia nigra, die Mark¬
fasern des medialen Viertels des Pes, die medialen Bündel der Pyramiden-
bahneu der Brücke, einige Gruppen von Nervenzellen der Area paramediana
(Pontis) degeneriert, ein Teil der Fibrae transversae pontis und bestimmte
Gebiete des Nucleus anterior, medialis und lateralis thalami verschwunden,
einige Fasern der Pyramide rarefiziert. Es bestand außerdem fast voll¬
ständiger Mangel der Kreuzung der rechten Pyramide. Links nahm man
ebenfalls einen Degenerationsprozeß des dorsalen Teiles der Strata sagittalia
(occipt.), des Pulvinars und der vorderen Emiuentia bigemina wahr. Die
sensorische Aphasie ist durch die Schädigung der linken Temporalwindungen,
die Dysarthrie durch die Verletzung des. vorderen Fünftels des rechten
Linsenkerns erklärt. Der Autor bespricht dann das Zittern, welches die
Patientin darbot, und welches apoplektisch eingetreten war. Aus seinem und
anderen Fällen gehe hervor, daß die direkte Ursache des Parkinson-
schen Symptomenkomplexes in einer Veränderung der extrapyramidalen
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314
Paralyais agitans (Wilsonsche Krankheit).
Bahnen längs ihres Verlaufes im Hirnstamme von den großen Basalganglien
bis zur Oblongata bestehe. Die Verschiedenheit der Lokalisierung des
Krankheitsprozesses längs des Tegmentgebietes erklärt vollkommen die
Mannigfaltigkeit der Symptome dieser Krankheit. Auf diese Weise begreift
man, warum im allgemeinen in der Parkinsonschen Krankheit bald eine
Muskelhypertrophie, sowie Steigerung der Sehnenreflexe, mit anderen Worten,
warum bald die Reizerscheinungen (Steigerung des Tonus, Tremor) bald
Herabsetzung der Muskelkraft das klinische Bild beherrschen. Auf diese
Weise wird es klar, wie man da, wo die Verletzung das Tegmentgebiet dos
Mittelhirns*betrifft, Reizerscheinnngen (Nystagmus) oder paretische Symptome
des Okulomotorius antreffen kann. Lokalisieren sich die Verletzungen
vorwiegend in dem suprapyramidalen Gebiete der Brücke (Tegmentum pontis),
so dehnt sich der Tremor mit Leichtigkeit nach und nach auf alle 4 Ex¬
tremitäten aus mit Einschluß des VIL; ebenso findet man die Phänomene der
Latero- oder der Retropulsion, falls Ausfall oder Reizung der Kleinhim-
brückenbahnen stattfindet. Ist endlich das Tegmentgebiet der Oblongata
verletzt, so treten die bei Parkinsonianern nicht seltenen bulbären Störungen
auf wie Tränenfluß, Dysphagie, Speichelfluß und die der Maske der Par¬
kinsonianern so ähnliche Facie pseudobulbaris. Im vorliegenden Falle,
meint der Autor, wäre der parkinsonälmliche Symptomenkomplex (Hyper¬
tonie, Zittern und Parese) nicht nur auf die Läsion des vorderen Fünftels
des rechten Putamens, sondern auch auf die Zerstörung (und darauffolgende
Degeneration) der frontozorebellaren Bahnen zurückzuführen, welche durch
die vordere, innere Kapsel verlaufen. Außerdem hätte im vorliegenden
Falle der hintere Pol der apoplektischen Zyste dauernd einen Reiz auf die
im hinteren Segmente der inneren Kapsel verlaufenden Pyraraidenbahnen
ausgeübt und dadurch die bei der Patientin aufgetretenen Zuckungen bewirkt.
Der Rest der Abhandlung ist der Analyse der anatomischen Verbindungen
gewidmet, die zwischen Nucleus caudatus, Linsenkern und den anderen Ab¬
schnitten des Hirnstammes bestehen.
Pseudosklerose (Wilsonsche Krankheit).
Strümpell (10) beschreibt zunächst einen klassischen Fall der sog.
Wilson sehen Krankheit und dann einen wohl auch in die gleiche Gruppe
gehörenden, aber etwas atypischen Fall. Darauf folgt die Beschreibung der
Krankheitserscheinungen eines Geschwisterpaares, die wohl auch in dieselbe
Gruppe gehört, aber manche Besonderheiten aufweist. Die hauptsächlichste
Störung der Muskelinnervation bei diesem Geschwisterpaare bestand darin,
daß sich fast die gesamte Muskulatur (mit Ausnahme der Augen, Sprecb-,
Schluck- und Atemmuskeln) in einem Zustande vermehrter Rigidität und
Kontraktionen befand. Diese Kontraktionen waren nicht reflektorisch bedingt
und betrafen daher nicht einzelne Muskelgruppen, sondern die gesamte an
den Bewegungen der Gelenke beteiligte Muskulatur. Dabei überwogen
aber häufig die Kontraktionszustände in einzelnen Muskelgruppen, so daß
es namentlich zu abnormen Beugestellungen der Beine (Beugung von Hüfte
und Knie, Plantarflektion des Fußes) kam. Dies waren aber keine dauernd
fixierten Kontrakturen. Sie konnten aktiv und passiv jederzeit überwunden
werden. Es waren gewissermaßen nur Neigungs- und Vorzugsstellungen
der Muskeln. Immerhin waren es aber Dauerstellungen, die zwar nioht
ständig, aber doch eine Zeitlang eingehalten wurden. Dasselbe zeigte sich auch
in den Dauerstellungen des Kopfes, der Hände und Finger usw. Durch
diese Neigung zu Dauerstellungen wurde die gewöhnliche, normale, halb
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Paralysis agitans (Wilsonsche Krankheit).
315
willkürliche, halb uubewußte, häufige Stellungsveräuderung der Gliedmaßen
gehemmt Es entstand die allgemeine Bewegungsarmut und anscheinende
Muskel- bzw. Gliederstarre. Diese Bewegungsarmut zeigt sich auch darin,
daß allen passiven Stellungsänderungen keine aktiven Innervationen entgegen¬
gesetzt wurdeu. Die Glieder verharrten in der neuen Stellung, indem sich
die Muskeln in ihrem allseitigen Kontraktionszustand offenbar sofort wiederum
der neuen Stellung anpaßten (Fixationskontraktur, Fixationsrigidität). Da¬
neben bestand eine ausgesprochene Abnahme der Muskelkraft. Das Zittern
hingegen war bei beiden Geschwistern so gering, daß es ohne genügende
Aufmerksamkeit leicht hätte übersehen werden können; es war auch nicht
immer vorhanden; es war ein feinschlägiger Tremor des ganzen Gliedes.
Noch auffallender war die Erscheinung der Athetoso; es fehlte dagegen die
für Pseudosklerose charakteristische Sprachstörung. Alle Symptome bei
diesen Kranken weisen nach Ansicht des Autors auf eine Störung des der
Statik des Körpers dienenden neuromuskulären Apparates hin. Ein über¬
mäßiger, aber auf alle Muskeln gleichzeitig einwirkender Reizzustand in
den Muskeln des statischen Systems führt zu den in besonderer Form auf¬
tretenden Symptomen der Hypertonie, dor Kontrakturen und Stellungs¬
anomalien, der Stellungsfixation, der mimischen Starre und der Bewegungs¬
armut. Tritt aber die Störung im statischen System in der Weise ein, daß
die abnormen Reizzustände in regelmäßiger, zeitlicher Abwechselung je eine
agonistische und antagonistische Muskelgruppe betreffen, so tritt das Symptom
des Zitterns ein, sei es als feiner, kleinschlägiger Tremor, sei es als grobes
oszillatorisches Zittern und Schlagen. Erfolgen aber die abnormen Reiz¬
zustände ganz unregelmäßig und abwechselnd bald in diesem, bald in jenem
Muskel, wobei aber alle betreffenden Muskeln -doch zusammen zu einer
statischen Gruppe gehören, so entsteht das Symptom der Athetose. Bei
dieser ganzen Symtomengruppe hätte man es mit einer Störung der Myo-
sratik zu tun. Daher scheint dem Autor die Bezeichnung „amyostatischer
Symptomenkomplex“ oder auch „Myastasie“ für diesen gesamten zu¬
sammengehörigen motorischen Symptomenkomplex die passendste zu sein.
Diesem amyostatischeu Symptomenkomplex begegnet man bei verschiedenen
Krankheitszuständen, die offenbar in bezug auf die anatomisch-physiologische
Entstehung ihrer Symptome aufs nächste miteinander verwandt sind, während
sie vielleicht in ätiologischer Beziehung große Verschiedenheiten darbieten.
Zunächst sondern sich die infantilen bzw. juvenilen, häufig hereditären
bzw. familiären Formen von den im höheren Alter mehr vereinzelt auf¬
tretenden Krankheitsfällen ab. Wir haben hier einerseits die bisher als
Pseudosklerose, Wilson sehe Krankheit u. a. bezeichneten Kraukheitszustände,
andrerseits ein mit der Paralysis agitans in Beziehung zu bringendes
Krankheitsbild. Manche der bisher unter dem Namen der juvenilen oder
hereditären Paralysis agitans beschriebenen Fälle gehören aller Wahrschein¬
lichkeit nach zur ersteren Gruppe. Im einzelnen sondern sich die Krank¬
heitsbilder in den beiden eben erwähnten Gruppen nach dem Vorherrschen
und der Gruppierung der eineinen Symptome. Hierbei sind folgende
Symptome besonders beachtenswert: 1. die Zitterbewegungen und die athe-
toiden Bewegungen, 2. die Muskelrigidität (statische Muskelstaare) mit ihren
Begleiterscheinungen (Kontrakturen, Stellungsfixation, Bewegungsarmut usw.),
3. die Sprachstörung evtl, in Verbindung mit Schluckstörung und 4. die
psychischen Störungen, vor allem die langsame zunehmende Demenz, 5. die
begleitende Lebererkrankung und die Pigmentierung der Hornhaut. Man
beobachtet also familiäre infantile Formen mit Zittern, Muskelrigidität,
Sprachstörung, Demenz, Lebererkrankung und Hornhautpigment und andrer-
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316 Meningitis serosa, Meningitis purulent*, Meningitis tuberculosa.
seits infantile familiäre Formen mit vorherrschender Muskelstarre, aber fast
ohne Zittern, ohne jede Demenz und ohne Pigmentring an der Hornhaut.
Bei den im höheren Alter mehr vereinzelt auftreteDden Krankheitszuständen
haben wir die typische Paralysis agitans mit Zittern und statischer Muskelstarre
aber ohne wesentliche Sprachstörung und ohne Demenz, daneben aber die
bisher als Paralysis agitans sine agitatione, als arteriosklerotische Muskel-
starre usw. bezeichneten Fälle mit vorherrschender Muskelrigidität und
häufig eintretender Demenz, aber ohne wesentliches Zittern. Diese Fälle
bezeichnet Strümpell einstweilen kurz als „Myastasie“. Jedenfalls müsse
man künftig die bei einem Kranken beobachteten Störungen der Motilität
auch von dem Gesichtspunkte aus einzuteilen und zu beurteilen suchen, ob
sie dem „Pyramidenbahn-Syndrom“ oder dem „amyostatischeu Sym-
ptomenkomplex“ angehören.
Die drei Patienten, deren Kraukheitserscheinungen C&dwalader (2)
beschreibt, waren Geschwister, die aus gesunder Familie stammten und bis
zum Beginn der Krankheit keine besonderen ätiologisch zu verwertenden
Affektionen gehabt hatten. Bei allen dreien begann die Erkrankung so im
Alter von 32—36 Jahren und entwickelte sich progressiv. Die Symptome
bei allen dreien waren im großen und ganzen dieselben: Tremor der Extre¬
mitäten und des ganzen übrigen Körpers und hypertonischer Muskelzustand,
welcher die Bewegungen verlangsamte und erschwerte. Die Reflexe waren
gesteigert, Babinski war uicht vorhanden. Es fehlten Sprach- und In¬
telligenzstörungen und alle besonderen Zeichen, welche für die multiple
Sklerose hätten sprechen können. Ob man diese Fälle nun zur Pseudo¬
sklerose oder progressiven Linsenkerndegeneration - rechnen soll, läßt sich
auf Grund nur klinischer Beobachtung nicht entscheiden.
Meningitis serosa, Meningitis pnrnlenta, Meningitis tobercolosa.
Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
1. Berons, T., Ambulant Otitic Meningitis. Amor. Joura. of Surgery. Vol. 29. H. 4.
8. 147.
2. Borggren, Sturo, Einige Worte über die Beschaffenheit der Spinalflüssigkeitbei
Meningitisoperationen. Msclir. f. Ohrenheilk. 49. 555. (Sitzungsbericht.)
3. Bin*.wangor, Meningitis chronika und akuta. Münch, med. Woch. 1916. 63. 203.
(Sitzungsbericht.)
4. Bittorf, A., über septische Meningokokkeninfektion. Dtsch. med. Woch. No. 37.
p. 1085.
5. Bondy, Eitrige Pachymoningitis externa und interna. Monatsschr. f. Ohrenheilk.
p. 434. (Sitzungsbericht.)
6. Derselbe, Fall von geheilter otogener Meningitis, ibidem, p. 433. (Sitzungsbericht.)
7. Bray, H. A., Chronic Meningococcus Soptieimia Associated with Pulmonary Tuber- -
culosis. The Arch. of Intornal Medicino. Vol. 16. No. 3. S. 487. (S. Kapitel:
Meningitis cerebrospinalis.)
8. Brockmann, Heinrich, Zwei Fälle von Pseudomeningitis bei tuberkulösen Kindern.
Jahrbuch f. Kinder hei 1k. Bd. 81. H. 5. p. 433.
9. Brown, A., Influenza Meningitis; Report of Two Casos. Canadian med. Assoc. Jouru.
Dec.
10. Camp, C. D., Tuberoulous Meningitis and Tabes dorsalis in Woman Eight Months
Pregnant. Death Due to Ixibar Pneumonia. Michigan State med. Soc. Joum. March.
11. Cherry, S. L., Diagnosis and Treatment of Meningitis. West Virginia med. Joum.
Jan.
12. C hiari, H., Zur Pathogenese der Meningitis hoi Schuß Verletzungen des Gehirns. Münch,
med. Woch. No. 17. p. 596. F. B.
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Meningitis serosa, Meningitis purulenta, Meningitis tuberculosa.
317
13. füllen, T. S., Tuberculous Meningitis. Death. Surgery, Gynecology and Obstetrios.
March.
14. l)u Bois, Phebe L., and Neal, Josephine B., Streptococcus Meningitis with Report of
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Meningitis serosa, Meningitis purulenta, Meningitis tuberculosa. 3l!>
Meningitis serosa.
Salus (66) untersuchte 150 MeniDgitisfälle mit der Hämolysinreaktion,
die oft als erstes, da sie frühzeitig auftritt, die Meningitis erkennen ließ,
auch ein Indikator für die Besserung war, da sie in diesem Falle rasch
yerechwand. Verfasser berichtet über die Technik der Reaktion und ver¬
spricht sich vou der Hämolysinreaktion meist noch gute Erfolge für Prognose
uod Diagnose der Meningitis.
Löw (45) gibt einen Fall von Meningitis im Anschluß an Typhus, bei
dem intra vitam durch Lumbalpunktion in dem Liquor der Typhuserreger
festgestellt wurde. (Cordes.)
Lindbom (43) gibt die Krankheitsgescbicbte eines 27jährigen Patienten,
hei dem im Anschluß an Malaria eine Meningitis serosa auftrat. Da wohl
meningitische Fälle im Anschluß an Infektionskrankheiten, nicht aber an
Malaria bekannt sind, entbehrt der Fall des Interesses nicht. (Cordes.)
Lichtwitz (42) gibt die Krankheitsgeschichte eines zuckerkranken
Soldaten, bei dem im Anschluß an Typhus eine Meningitis serosa auftrat,
die sich von großem Einfluß auf den Stoffwechsel des Kranken zeigte.
Der Kranke befand sich auf dem besten Wege, als am zweiten Fiebertag
plötzlich eine starko Beeinflussung des Stoffwechsels sich geltend machte.
Es trat eine außerordentlich hohe Stickstoffausfuhr auf, die sicher nicht
durch eine mit der starken Diurese verbundene Aufschwemmung von reti-
niertem Harnstoff bedingt war. Die Beobachtung zeigte, daß eine so tief¬
greifende Änderung in dem Charakter eines Diabetes von einem Tag zum
andern auftreten kann. (Cordts)
Meningitis purulenta.
Ghon und Roman (23) berichten über im Auschluß an Kriegsver¬
letzungen entstandene Meningitiden.
Sie kommen auf Grund ihrer Beobachtungen zum Schluß, daß es sich
um ein Vorherrschen vou Mischinfektiouen mit zwei und mehreren Bakterien¬
arten, um das Zurücktreten von Infektioneu mit nur einer Art handelt, und
daß dadurch häufig das typische Krankheitsbild verändert wird. (Cordes.)
Chiari (12) beobachtete unter 41 Schußverletzungeu des Gehirns, daß
hei 33 der Tod infolge von Meningitis suppurativa auftrat.
In 80 Prozent der Fälle setzte die Meningitis suppurativa als basilare
Meningitis ein bei ganz verschieden lokalisierter Schußverletzung des Gehirns.
Für die Pathogenese dieser Meningitis basjlaris war festzustellen, daß in
allen beobachteten Fällen diese auf einen Übergang der Hirneiterung auf
den einen oder anderen Seitenventrikel zurückzuführen war. (Cordes.)
Leighton und Pringle (40) berichten über 2 Fälle von durch
Streptokokken veranlaßte Meningitis, in denen nach Vornahme der Lamin-
ektomie und Drainage Heilung eintrat, wenngleich in beiden Fällen der
Streptokokkus als Erreger nachgewiesen war.
Auf Grund von zwei beobachteten Fällen schließt Wegelin (78), daß
auf der Basis von manifesten oder latenten aktinomykotischen Herden sich
eine hämatogene autostatische Meningitis entwickeln kann, auch kann die¬
selbe durch direkte Fortleitung von derartigen Prozessen im Blute entstehen.
Das Exsudat ist fibrinöseitrig durch dio Aktinomyzes- oder durch Misch¬
infektion verursacht. Die Lokalisation ist hauptsächlich an der Hirnbasis
oder an den Häuten des Rückenmarks. (Cordes.)
Trnka (76) beschreibt einen Fall von eitriger Meningitis (nach Gewehr-
kugeldnrchschuß), der, anderer Therapie trotzend, durch zweimalige Ab-
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320 Meningitis serosa, Meningitis purulenta, Meningitis tuberculosa.
lassuug von ca. 2 ccm Liquor zur Heilung gebracht wurde. Subjektive
Besserung unmittelbar nach dem Eingriffe, objektive in wenigen darauffolgen¬
den Tagen. ( Jar. SluchUk.)
In der Mitteilung von Hryntsch&k (33) bandelt es sich um einen 14jähr.
Knaben, der noch tags vor Beginn seiner Erkrankung die Schule besucht
hatte, ohne irgendwelche Störungen zu zeigen. Nach Hause gekommen, be¬
gann er über Kopfschmerzeu zu klagen. In der Nacht steigerten sich die
Kopfschmerzen unter Erbrechen, und es trat Bewußtlosigkeit ein. Patient
liegt auf dem Rücken, die Knie halbgebeugt mit furchtbar schmerzlichem
Gesichtsausdruck, jammert, wimmert, schreit auf. Pupillen mäßig weit und
starr. Patient reagiert auf nichts, wirft sich in großer Unruhe umher.
Nackensteifigkeit, Trousseauxflecke auf der Haut. Temperatur 36,9, Puls
60, regelmäßig. Dieser Zustand, auch Puls und Temperatur, blieben unver¬
ändert bis zum Tode. Krankheitsdauer etwas über 24 Stunden. Erwähnens¬
wert ist noch, daß Patient drei Wochen vor dieser Erkrankung beim Turnen
so stark auf den Kopf gestürzt ist, daß er mit Kopfschmerzen nach Hause
kam. Die Sektion ergab: Hirn geschwollen, weiche Hirnhaut au der Basis
um das Chiasma herum und nach rückwärts über Pons und Medulla oblon-
gata von wässeriger eitriger Flüssigkeit durchtränkt, welche an der hinteren
Partie des Kleinhirns auffallend weißlich gefärbt ist. Auch über der Kou
vexität des Großhirns längs der Furchen sind Spuren einer wässerigen eitrigen
Flüssigkeit. Die Ventrikel sind erweitert, enthalten in ihrem Hinter- und
Unterhorn geringe Mengen eitriger Flüssigkeit. Die weichen Häute des
Rückenmarks sind an der Hinterfläche von eitriger, wässeriger Flüssigkeit
durchsetzt, und im Sack der harten Hirnhaut ist gegen unten massenhaft
wässerig eitrige Flüssigkeit angesammelt. Der Eiter enthielt Mikrokokken.
die in Zellen eingeschlossen waren. Es handelte sich also nach Ansicht
des Autors um eiuen Fall von perakuter Meningitis cerebrospinalis.
(Jacobsohn.)
Gölkel (24) berichtet über einen Meningitisfall bei einem 8jährigen
Kinde, das unter dem Bilde einer schweren hysterischen Störung im Anschluß
an ein Trauma einsetzte. (Corde*.)
In einem von Fachs-Reich (20) beobachteten Falle — 39jähriger
Patient — wurde zuerst Flecktyphus diagnostiziert. Die plötzliche, aus
voller Gesundheit mit Schüttelfrost oinsetzende hohe Temperatur, Pulsbe¬
schleunigung, Bronchitis, Milzschwcllung, Benommenheit, Roseolen und
Petechien, wenn auch atypisch, schienen dazu zu berechtigen. Nach 36 Stunden
war aber Patient entfiebert, wurde benommen, das Exanthem blaßt ab, die
Pupillen wurden ungleich, es trat leichte Fazialisparese ein, der Bauch war
eingezogeu, und Nackenstarre angedeutet. Dies führte zu der Diagnose
Meningitis, wobei die Natur der Meningitis nicht klar war. Die Sektion
ergab: Meningitis purulenta baseos et convexitatis. Die Autorin nimmt in
diesem Falle au, daß es sich um ein Eindringen der Infektionserreger auf
dem Wege des Lymphstromes von der Oberfläche des Respirationstraktus
bei einer Influenza gehandelt bat, also um eine Influenza- oder Pneumo¬
kokkenmeningitis. ( Jacobsohn .)
Eichhorst (16) schildert mehrere Fälle von durch Pneumokokken
veranlaßter Meningitis, die sich an Appendizitiden anschlossen, die in vivo
nicht mit Sicherheit diagnostiziert werden konnten. (Cordes.)
Bittor! (4) gibt die Krankheitsgeschichte mehrerer Fälle von Menin¬
gitis, die in ihrem Verlauf ein septisches Bild boten. Die Annahme einer
Mischinfektion mußte fallen gelassen werden, und es wurde eine hämatogene
Meningokokkenerkrankung angenommen. (Cordes.)
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Meningitis serosa, Meningitis pnrulenta, Meningitis tuberculosa.
321
Mygind (54) gibt gestützt auf eine reiche Erfahrung ein Referat über
die otogene Meningitis. Seine Erfahrung geht darauf hinaus, daß eine tödlich
verlaufende diffuse eitrige Leptomeningitis, deren Diagnose durch die Sektion
bestätigt wird, in nicht wenigen Fällen verläuft, ohne daß die allgemein an¬
gewandten (Jntersuchungsmethoden imstande sind, Bakterien in der durch
Lumbalpunktion gewonnenen Zerebrospinalflüssigkeit nachzuweiseu. Bei
der otogenen Meningitis finden sich allerdings in der Mehrzahl von Fällen
im Puuktat sowohl polynukleäre Zellen als auch Bakterien, aber trotzdem
ist man nicht berechtigt, einen Fall, bei dem die klinischen Symptome auf
das Vorhandensein einer akuten diffusen Meningitis deuten, von dieser Gruppe
auszuschließen, wenn die sterile Zerebrospinalflüssigkeit nur getrübt ist und
eine vorzugsweise reichliche Menge einkerniger Zellen enthält. M. gibt nun
eine kurze Übersicht über 68 Fälle von otogener Meningitis. 61 Patienten
wurden operiert, 40 Patienten waren männlichen, 28 weiblichen Geschlechts.
Der jüngste Patient war 4 Monate, der älteste 70 Jahre alt. Die Menin¬
gitis war bei 23 Patienten unkompliziert, bei 45 Patienten war die
Meningitis mit intrakraniellen Komplikationen vergesellschaftet, bei mehreren
Fällen war die Komplikation eher als die Haupterkrankung zu erkennen
(Abszeß, Thrombophlebitis). Die primäre Mittelohreiterung war 27 mal
akuter, 41 mal chronischer Natur. Bei den letzteren Fällen war der Prozeß
19 mal cholesteatomatöser Art. Die otogene Meningitis hat die ungünstigste
Prognose bei Kindern im ersten Lebensjahr und bei Patienten im Alter
von mehr als 30 Jahren, am günstigsten ist die Prognose bei Patienten im
Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Die Meningitis, welche auf einer chro-
nischeu Mittelohreiterung beruht, hat eine ungünstigere Prognose als die,
welche durch eine akute Mittelohreiterung hervorgerufen wird; besonders
ungünstig ist die Prognose, wenn neben Mittelohreiterung eine Labyrin¬
thitis besteht, wenn das Lumbalpunktat stark getrübt ist und diese Trübung
immer weiter fortschreitet, die Zellen des Punktats durchweg polynukleär
sind, und wenn sich Streptokokken finden. Auch die Art der intrakraniellen
Komplikation ist für die Prognose natürlich von großer Bedeutung. Den
Schluß der Abhandlung bilden die Ausführungen über die Therapie, unter
denen diejenigen über die operative den größten Raum einuehmen. Die
Indikationen für die Eröffnung des Subduralrauines und die darauffolgende
Untersuchung auf das Vorhandensein eines Abszesses des Zerebrum oder
Zerebellum sind nach Ansicht des Autors folgende: 1. Fälle, wo die Dura
fistulös durchsetzt ist, 2.. Fälle mit Gangrän des Dura, 3. Fälle mit tiefer
gehender Pachymeningitis externa, 4. Fälle, bei denen man vor der Opera¬
tion klinische Zeichen eines Abszesses des Zerebrum oder des Zerebellum
gefunden hat. ( Jacobsohn .)
Berens (1) teilt zwei Fälle von Meningitis nach Otitis mit, die dadurch
bemerkenswert siud, daß nach tagelangem Wohlbefinden die Meningitis sich
rapide entwickelte und zum Tode führte. ( Jacobsohn .)
Kutvirt (37) beschreibt einen sehr interessanten Fall, bei welchem
aich nach rechtsseitiger Otitis purulenta allmählich eine tödlich verlaufende
linksseitige Meningitis eingestellt hat. Die Diagnose war auch intra vitam
klar. Aber eine Erklärung des Überganges der Affektion vermag auch die
Sektion nicht zu geben, da die rechte Seite vollkommen frei von menin-
gitischen Veränderungen war. Der Übergang durch die Sinus ist nicht an¬
zunehmen, denn die Sinus waren rein und nicht thrombosiert; wahrscheinlich
hatte die Eiterung den äußerst seltenen Weg durch den Knochen geschlagen.
Warum aber dabei auf diesem Wege die Hirnhäute der rechten Seite intakt
Blieben, vermag Autor nicht zu erklären. {Jnr. Stuchlik.)
Jahresbericht f. Neurologie n. Psychiatrie 1S15. 21
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322
Hydrozephalus, Arteriosklerose, Polioenzephalitis.
Meningitis tnberculosa.
Bei der Differentialdiagnose der Meningitis tuberculosa bat sich, wie Nobel
(66) fand, die Probe mit Ninhydrin wertvoll erwiesen. Sie ist außerordentlich
empfindlich und beruht auf einer leicht nachweisbaren Farbenreaktion. Die
Probe wird derart aDgestellt, daß zu */,—1 ccm Liquor cerebrospinalis
0,1 ccm Ninhydrin in lproz. Lösung gegeben und ca. J /* Minute gekocht
wird. Bei positivem Ausfall entsteht eine schöne blaue bis blauviolette
Färbung. Der positive Ausfall der Reaktion häDgt nur zum Teile mit dem
Eiweißgebalte der Flüssigkeit zusammen. ( Jacobsohn .)
Die von Nobel angewendete Ninhydrinprobe mit der Spinalflüssigkeit
ist nach Erfahrungen von Kafka (36) zur Differentialdiagnose der tuberku¬
lösen von anderen akuten Meningitiden nicht, von anderen mit Vermehrung
des Liquoreiweißes einhergehenden Erkrankungen des Zentralnervensystems
nur mit größter Vorsicht zu verwerten. Die Differentialdiagnose gegen die
zuletzt erwähnten Erkrankungen läßt sich durchführen, wenn man den Liquor
gegen destilliertes Wasser dialysiert und mit dem Dialysat die Ninhydrin-
reaktion ansetzt. ( Jacobsohn .)
Im Verlaufe der Tuberkulose anderer Organe als des Zentralnerven¬
systems gibt es Zustände, welche klinisch eine Meningitis tuberculosa Vor¬
täuschen können. Brockmann (8) führt dafür zwei Fälle an. Klinisch
bestand, ausgesprochen oder im Anfangsstadium sich befindend, das Bild
einer Meningitis. Im ersten Falle war, wie die Sektion ergab, keine Menin¬
gitis vorhanden; die Erscheinungen waren durch einen in der Nähe des
Hirnventrikels liegenden Riesentuberkel bedingt, der ganz lokalisierte Ent¬
zündung der Ventrikelwand hervorgerufen hat. Auch im zweiten Falle
bestand keine Meningitis, und die vorhandenen meningitischen Symptome
erklärt der Autor als durch tuberkulotoxische Produkte bedingt.
( jacobsohn.)
Jahnel (34) untersuchte eine Reihe als sicher erwiesoner Meningitis¬
fälle (Meningitis tuberculosa) auf den Ausfall der Wassermannreaktion.
Er erhielt eine Gruppe, in der der Wassermann in Blut und Liquor positiv
war, und eine zweite, in der bei Anwendung größerer Mengen der Liquor
positiv, das Blut negativ befuuden wurde.
Er zieht aus diesen Beispielen den Schluß, daß die positive Wasser¬
mannreaktion im Liquor nicht ausnahmslos für eine syphilogene Erkrankung
des Zentralnervensystems charakteristisch ist, da ja, wie er meint, Luetiker
durch Erkrankung an Meniugitis eine positive Reaktion aufweisen, ander¬
seits durch Verwendung größerer Liquormengen (das Auswertungsverfahren)
eine unspezifische Wassermaunreaktion erzeugt werden kann. {Cordes.)
Hydrozephalos, Arteriosklerose, Polioenzephalitis.
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Report of Two Cases. The Amer. Journ. of the mod. Sciences. Vol. CL. No. 4. S. 565.
22. Saenger, Fall von Hydrozephalus. Münch, med. Woch. 62. 1762. (Sitzungsbericht.)
23. Simons, Enzephalomyelitis nach Typhus. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916.
42. 119.
24. Stefano, S. de, Etiologic Factor Between Chronic Hydrocephalus and Inherited
Syphilis. Pediatria. Aug. XXIII. No. 8.
25. Wester, Lothar, Über Encephalitis purulenta. Inaug.-Dissert. München.
26. Wilms, Hydrozephalus. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. W r och. 1916. 42. 371.
Enzephalitis ond Polioenzephalomyelitis.
Nach wochenlangem Genaß von schlecht geräuchertem und offenbar
verdorbenem Schweinefleisch erkrankten 4 Personen in einer Familie ungefähr
za gleicher Zeit an gastro-intestinalen und nervösen Erscheinungen, die bei
2 Kranken progressiv waren und innerhalb weniger Wochen bzw. Monaten
zum Tode führten. Den einen dieser beiden, einen 36jährigen Bauer, konnte
Paulas (17) klinisch beobachten und nach dem Tode des Patienten dessen
Zentralnervensystem einer genaueren Untersuchung unterziehen. Die Sym¬
ptome auf seiten des Verdauungstraktus waren nur in der ersten Zeit
stärker ausgesprochen und bestanden in Übelkeit, Brechreiz, Appetitlosigkeit,
Versagen der Speicheldrüsen mit Trockenheit des Mundes, starkem Durst¬
gefühl und hartnäckiger Obstipation (Darmläbmung). Die Nervensymptome
waren Sehstörungen (Amblyopie, Akkommodationslähmung, Doppelseheu),
Nystagmus, im späteren Stadium fast völlige Lähmung aller äußeren und
inneren Augenmuskeln mit Blicklähmung, Ptosis, Mydriasis, absolute Pupillen¬
starre; Dysphagie, Dysarthrie, doppelseitige Parese des Fazialis, Hypo-
glossus und Glossopharyngens, zerebellare Ataxie, schließlich allgemeiue
21 *
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324
Hydrozephalus, Arteriosklerose, Polioenzephalitis.
Lähmungserscheinungen und Schwäche des Gesamtkörpers ohne deutliche
Halbseitensymptome. Die histopathologische Untersuchung der Zentralorgane,
in diesem Fallo von Botulismus, ließ zwei Arten von Veränderungen unter¬
scheiden, wie sie nach Ansicht des Autors bisher in dieser Vereinigung
weder bei der alkoholischen Form der Polioenzephalitis noch beim Botulismus
beschrieben worden sind, nämlich: 1. miliare kapillare Blutungen in das
zentrale Höhlengrau und die graue Substanz des Rückenmarks; 2. von diesen
unabhängige, diffuse Degenerationsvorgänge am Nervenparenchym, nament¬
lich in den Ganglienzellen des Zentralnervensystems ohne eigentlich entzünd¬
liche Prozesse. Die Blutungen sind wie bei der alkoholischen Polioence¬
phalitis superior im wesentlichen in der Gegend der Augeumuskelkerne
und anderer motorischer Hirnnervenkerne lokalisiert, erstrecken sich aber
weit darüber hinaus einerseits in distale Abschnitte des Hirnstammes, auf
die gesamte Kernregion der Medulla ablongata, andererseits proximalwärts
auf die periventrikuläreu Teile des Zwischenhirns. Was den Fall auszeichnet,
ist der Umstand, daß der gleiche hämorrhagische Prozeß in sehr ausgedehnter
Weise auch die graue Substanz des Rückenmarks betrifft, und zwar am
stärksten die Vorderhörncr der Halsanschwellung, in geringerem Grade aber
auch einzelne Höhenabschnitte des Dorsal- und Lendenmarks. Es liegt also,
den ganzen Prozeß zusammeugenommen, eine Polioencepbalomyelitis liaemor-
rhagica vor. Neben den vaskulären Störungen bestehen ausgebreitete primäre
Parencbymdegenerationen, vorwiegend an den Ganglienzellen, die verschiedene
Stadien der Zellentartung, besonders ausgeprägt körnigpigmeutöse Degene¬
rationen in einigen Kerngruppen des Hirnstammes wie Okulomotorius,
Abduzens aufweisen. Auch in diesem Falle, darin stimmt er mit anderen
überein, waren entzündliche Erscheinungen, weder infiltrative noch prolife¬
rative Vorgänge, am Gefäßbindeapparat nicht nachweisbar.
Eich (9) beschreibt einen Fall, wie ihn der Titel der Arbeit kenn¬
zeichnet.
Potts (20) teilt einen nicht gewöhnlichen Fall akuter Gasoliuvergiftuug
mit. Während gewöhnlich nur vorübergehende Störungen, wie Kopfschmerz,
Übelkeit, Delirieu und Bewußtlosigkeit aufzutreten pflegen, beobachtete Potts
bei einem 45jährigen Manne, der beim Abfüllen von Gasoliue bewußtlos
geworden war und fast 14 Tage stuporös blieb, eine Ptosis des rechten
Augenlids und Abweichen des Auges nach rechts unten als Zeichen einer
vollständigen rechtsseitigen Okulomotoriuslähmung bis auf eine ganz schwache
Lichtreaktion des Auges. Die Pupillen waren ungleich, links enger als
rechts. Es bestaud eine Schwäche des linken Muudfazialis, Armes und
Beines. Die Kniereflexe waren lebhaft, links stärker als rechts mit Fuß-
klonus. Adiadokokinesie des linken Armes. Der Gang war unsicher, zere¬
bellarer Art mit Neigung, nach links zu gehen. Die Störungen besserten
sich sehr langsam und veranlaßten Potts, eine enzephalitische Erkrankung
infolge Gasolinvergiftung in der Gegend des Aquaeductus Sylvii anzunehmen.
(Bendix.)
Hydrozephalus.
V. Bökay (5) berichtet über 2 Fälle von chronischem Hydrozephalus
internus. In dem einen Falle handelt es sich um ein 2 l / s jähriges Kind
mit einem Kopfumfang von 66,5 cm. Da der Fall trotz l*/ 9 Jahre langer
systematisch durchgeführter Lumbalpunktionen zum Exitus kam, so war es
möglich, die Ergebnisse der Strasburgerschen Transparenzprüfung des
Schädels mit dem Sektionsbefunde zu vergleichen und festzustellen, daß
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Hydrozephalus, Arteriosklerose, Polioenzephalitis.
325
diese Prüfung, welche noch eine Transparenz bei 1,0 cm Hirnrindendicke
ergibt, eine zuverlässige ist. In einem zweiten Falle konnte die systematische
Lumbalpunktion vom ersten Lebensjahr bis zum siebenten durchgeführt
werden und hatte einen recht befriedigenden Erfolg, indem das Kind in seiner
Bewegungsfähigkeit unbeschränkt wurde und in geistiger Hinsicht sich ent¬
wickelte.
Bei einer Frau mit engem Becken, welche 3 Kinder gebar, waren
2 Hydrozephalen, während das dritte einen normalen Kopf hatte. Das dritte
Kind war von Oden (16) mittels Sectio caesarea geboren worden, bei den
anderen hatte die Geburt sehr lange gedauert. Der Autor denkt nun an
einen Zusammenhang zwischen dem engen Becken der Mutter und dem
Hydrozephalus der Kinder.
Pollock (19) beschreibt 4 Fälle von chronischem Hydrozephalus. Es
handelt sich um einen Mann und drei Frauen. Den vieren gemeinsam und
auffällig war die ungemeine Fettentwicklung am Körper. Bei dem Manne
bestand außerdem spärliche Haarentwicklung, Genitalatrophie und Imbezillität.
Dieser Fall kam zur Sektion. Neben dem Hydrozephalus, wodurch auch
der dritte Ventrikel an der Basis vorgewölbt war, fand sich eine abgeplattete
Hypophysis im verbreiterten Türkensattel liegend. Auch die Glandula pinealis
war abgeplattet. In den beiden Drüsen fanden sich auch mikroskopisch
schwere Veränderungen vor.
Gefässerkranknngen.
Sachs (21) berichtet über 2 Fälle von intrakranieller Teleangiektasie,
welche zwei Knaben im Alter von 10 Jahren betrafen. In dem ersten
Falle bandelte es sich um ein Gefäßkonvolut der oberflächlichen Rinden¬
gefäße der motorischen Zone, im anderen Falle um ein solches der Dura,
welches mit den Pialgefäßen in Verbindung stand. Das Symptomenbild war
die Jacksonsche Epilepsie. Im zweiten Falle gelang die operative Ent¬
fernung des Gefäßkonvoluts, im ersten Falle trat bald nach der Operation
der Exitus ein.
Löwy (14) beschreibt den Krankheitsverlauf eines Falles von per¬
foriertem Aneurysma der linken Arteria cerebri anterior, der unter dem
Kraukheitshilde einer Meningitis verlief.
Hervorgehoben wird, daß die erste Lumbalpunktion einen stark blutigen
Liquor cerebrospinalis ergab, während die zweito, 6 Tage später vorgenommene
Lumbalpunktion einen normalen Liquor ergab, was einiges Licht auf die
Resorptiousverhältnisse im Duralsack werfen kann. Bemerkenswert war
ferner eine Leukozytose von 19 200 Leukozyten und ein Fieberverlauf, der
4 Tage vor dem Exitus einer normalen Temperatur wich. Das Fieber dürfte
demnach nur zum Teil zentral ausgelöst sein, zum Teil ist es ein Resorptions-
fieber. (Autorreferat.)
Nach den wissenschaftlichen Erfahrungen, denen H&lbey (12) zustimmt,
kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Entstehung der Sklerose der
arteriellen Gefäße an das Alter des Menschen in keiner Weise gebunden ist,
und daß sie im jugendlichen Alter, also vor dem 30. Lebensjahre, häufig
beobachtet wird, häufiger jedenfalls, als das allgemein angenommen und
geglaubt wurde. Skeptisch kann man sich den Beobachtungen von Arterio¬
sklerose in den ersten 10 Lebeusjahren gegenüber verhalten. Dasselbe gilt
auch durchweg von den Fällen, die in der sogenannten Wachstums- und
Pubertätsperiode beobachtet werden. Anders liegt es dagegen bei den Beob¬
achtungen. die sich auf Individuen nach der Pubertätszeit bis zum 3<>. Lebens-
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326
Tumoren und Parasiten des Gehirns.
jahr erstrecken. Hier bandelt es sich bei der Arbeiterbevölkerung um junge
Leute, die in harter Arbeit bereits den Kampf ums Dasein auch mit seinen
vielen Schädigungen aufnehmen, bei der wohlhabenden Stadtbevölkerung um
junge Männer, die bereits anfangen, sich der Genußsucht in die Arme zu
werfen, und bereits von dem Jagen und Hasten nach Gewinn ergriffen sind.
Hier findet man recht häufig schon beginnende Arteriosklerose, die der Autor
mit Atherosklerosis praecox bezeichnet. Und wenn man viele Fälle binzu-
reohnet, die unter der Flagge der Neurasthenie segeln, so dürfte die Zahl
noch bei weitem anwachsen. Das ist ein bedauerlicher Zustand, da derartige
Personen in ihrem Berufe, besonders in solchen, die größere Anforderungen
an das Gefäßsystem stellen, sehr bald versagen. Das frühzeitige Erkennen
der beginnenden Arteriosklerose ist deshalb von großer Bedeutung; freilich
lassen da die klinischen Methoden noch sehr im Stich.
Tnmoren und Parasiten des Gehirns.
Ref.: Dr. Walter Misch-Berlin.
1. Abundo, G. d\ Sopra alcuni casi di tumori ponte-cerebellari (Astereognosia. demenza).
Riv ital. di Neuropatol. Vol. 8. fase. I. p. 1.
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Tumoren und P&raaiten des Gehirns.
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39. Kennedy, Förster, Brain Tumor with Jacksonian Epilepsy. New York Nour. Inst.
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40. Derselbe, A Case of Pituitary Tumor, ebd. Febr. 25.
41. Kuf», Über einen Fall von basaler Zystizerkenmeningitis mit Zystizerkus der Hypo-
physis und schwerer depressiver Psychose und über andere Fälle von Himzystizerken.
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43. Leszynsky, William M., Report of a Case of Pituitary Tumor with Exhibition of
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44. Derselbe and Weitzner, S. F., Hemorrhagic Cerebral Glioma with Report of Case.
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Kiel.
47. Lloyd, J. Hendrie, A Case of Tumor of the Base of the Brain, Involving the Hypophysi»
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bericht.)
48. Lydston, G. Frank, Cyst of the Lateral Ventricle. The Alienist and Neurol. Vol. 36.
No. 2. p. 162.
49. Mayer, Otto, Kleinhimbrüokenwinkeltumor ? Monatssohr. f. Ohronhoilk. 49. 716.
(Sitzungsbericht.)
50. Meinke, Heinrich, lieber einen Fall von Hypophysentumor. Dis». Bonn.
51. Mills, Charles, Case of Probable Midfrontal Lesion with Jacksonian Epilepsy and Motor
Aphasia. The Joum. of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. p. 499. (Sitzungsbericht.)
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328
Tumoren und Parasiten des Gehirns.
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Norsk Magazin for Laegevidenskaben. No. 6. p. 762.
53. Mont et, de, et Har po, de la, Un cas de turaeur de l’olive bulbaire. Corr.-Bl. f. Schweizer
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54. Muskens, L. J. J., Ein Fall von Hirntumor. Psych. en neurol. Bladen. 19. 282.
55. Nonne, M., Der Pseudotumor cerebri. Neue Deutsche Chirurgie. Bd. 12. Teil. 1L
p. 107.
56. Oeconomakis, Milt., Einige Bemerkungen zur Diagnose des Hirntumors anläßlich
eines operierten Falles. Neurol. Zbl. No. 3. p. 87.
57. Perthes, Fall von akromegalischem Riesenwuchs, Dystrophia adiposogenitalis und
Hypophysentumor. Med. Corr.-Bl. d. Würtemb. ärztl. Landesver. p. 226. (Sitzungs¬
bericht.)
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59. Quix, Absteigende Entartung im Labyrinth bei Tumoren des Akustikus. Monateechr.
f. Ohrenheilk. 49. 545. (Sitzungsbericht.)
60. Reuß, Heinrich, Über einen Fall von einseitiger multipler Hirnnervenlähmung infolge
von Endotheliom der Schädelbasis, Diss. Rostock.
61. Russell, G. Mac Robert, A Caseof Acoustio Tumor; Operation. New York Neurol. Inst.
Meeting. April 1.
62. Ruttin, Zur Diagnose der Tumoren der mittleren Sohädelgrube. Monatsschr. f.
Ohrenheilk. p. 383. (Sitzungsbericht.)
63. Derselbe, Tumor cerebi im Anfangsstadium? ebd. p. 443. (Sitzungsbericht.)
64. Scheer, W. von der, und Stuurmann, F. J., Tumor des Corpus Striatum. Psych. en
neur. Bladen. 19. 571.
65. Schepelmann, Emil, Hypophysentumoren. Dtsch. Zschr. f. Chirurgie. Bd. 133.
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66. Seibold, Coenurus cerebraiis. Münch, tierärztl. Wach. 66. (49.) 950.
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Inst. Meeting. Jan. 21.
68. Stroemer, Karl, Zur Symptomatologie und Diagnose der extrazerebralen Tumoren.
Diss. Kiel.
69. Thierauch, H., Großhimtumor unter dem Bilde der progressiven Paralyse. Zschr.
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71. Valkenburg, C. T. van, Trigeminusstoornis door grootehorseng&zwel als bijkomstig
basisverschlijnsel. Nederlandsch. Tijdschr. voor Geneeskunde. No. 17. p. 1456.
72. Weinrich, Hermann, Über diagnostische Ergebnisse boi Anwondimg der Himpunktion,
besonders bei Hirntumoren. Inaug.-Dissert. Halle a. S. Juli.
73. Weise, Willy, Zur »Symptomatologie dor Tumoren des Scheitellappens. Diss. Kiel.
74. Weisen bürg, T. H., and Work, Philip, Tho Diagnosis of Tumors in the Posterior
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75. W hooley, P. G., Gumma of Pituitary, Associated with Lesions in Spinal Cord which May
Represent Early Lettens cf ringomylia. Journ. of Labor, and. Clin. Med. I)ec.
Allgemeines.
Archambault (4) gibt in einem Vortrage eine Übersicht über die
Diagnose der Hirntumoreu, bei der besonders die Lokalisation in den ver¬
schiedenen Gehirnpartien berücksichtigt werden. Im ganzen bietet die Arbeit
keine wesentlich neuen Gesichtspunkte.
Von Ayer (7) wird die Pathologie der Hirntumoren unter Zugrunde¬
legung von sehr schönen Abbildungen besprochen. Das Material des Verf.
bestand aus 12 Gliomen, von denen 3 im Parietallappen, 2 im Frontallappen,
2 im Kleinhirn und 5 in den Basalganglien lokalisiert waren, und deren
durchschnittliches Todesalter 51 Jahre war, aus 4 Hirnsarkomen, vou denen
3 primär und eines sekundär waren, einem Endotheliom der Duia über dem
Parietallappen, das zu Lebzeiten keine Symptome gemacht hatte und nicht
Todesursache war, ferner einem Fall von drei Solitärtuberkeln in Okzipital-,
Parietal- und Temporallappeu. Weiter bespricht Verf. kurz die Pathologie
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
329
dos Hirngummas, das bei nicht genügend erfolgreicher Beeinflussung durch
interne Maßnahmen zuweilen Indikation für chirurgischen Eingriff geben
kann, des Gehirnkarzinoma, das stets metastatisch ist, des Cholesteatoms und
Psammoms.
Von Frazier (21) werden die Beziehungen zwischen Liquordruck und
Hirntumoren besprochen. Es gibt eine ganze Anzahl von Hirntumorfallen,
die ganz ohne Drucksteigerung verlaufeu können; es sind dies besonders
Tumoren von mehr infiltrativem Wachstum oft von beträchtlichen Dimen¬
sionen, aber ohne sekundären Hydrocephalus internus. Es läßt sich über¬
haupt sagen, daß Drucksteigerung vielmehr das Ergebnis von sekundärem
Hydrozephalus als der Anwesenheit des Tumors selbst ist. Auch die Tumoren
der hinteren Schädelgrube machen in der Hegel nur deshalb so gewaltige
Hirndruckerscheinungon, weil sie zu einem besonders starken Hydrozephalus
führen. Immerhin gibt es auch sogar Tumoren der hinteren Schädelgrube
ohne Drucksteigeruugssymptome, nämlich solche, die den Liquorabfluß nicht
verlegen und infolgedessen nicht von Hydrozephalus begleitet sind; so wird
hier ein Fall ohne Drucksteigerungssymptome beschrieben, der klinisch nur
okzipitale Kopfschmerzen, unsicheren Gang und Schwanken nach einer Seite,
aber keine Stauungspapille aufwies, und bei dem sich ein außergewöhnlich
großes Endotheliom der rechten hinteren Scbädelgrube aber ohne Hydro¬
cephalus internus fand. Das Vorhandensein von Hirndruckerscheinungen
hängt also im allgemeinen weder von der Größe noch von der Lokalisation
noch von der Art des Tumors ab, sondern lediglich davon, ob er den Zufluß
uud Abfluß des Liquors irgendwie behindert und so das Gleichgewicht zwischen
Liquorsekretion und -absorption stört. Es können also die Hirndruck¬
erscheinungen durch Zunahme der Liquorsekretion oder durch Störung der
Liquorresorption entstehen; über die erstere ist nicht viel bekannt, bei der
letzteren handelt es sich offenbar in vielen Fällen um eine Verhinderung des
Liquorabflusses in die Venen, wie auch insbesondere die Häufigkeit des
Hydrozephalus bei Tumoren der hinteren Schädelgrube mit den Venae
Galeni in Verbindung gebracht wird. Für eine aktive LiquoranhäufuDg spricht
das rasche Ansammeln von Liquor in gedehnten Ventrikeln nach Punktion
derselben. Sehr häufig liegen periodische Schwankungen im Liquordruck
vor; solche wurden besonders beobachtet bei einem Fall von inoperablem
Tumor der Temporo-okzipitalregion, bei dem nach Druckentlastung durch
Trepanation der Hydrozephalus an dieser Stelle eine Hernie vorgetrieben
batte, in der sich periodische Schwankungen von extremer Druckerhöhung
und -entlastung nachweisen ließen.
Es geht aus diesen Beobachtungen hervor, daß bei genauer Kontrolle
des Druckverlaufs des begleitenden Hydrozephalus die Prognose der Hirn¬
tumoren weniger ernst wäre und die Lebensdauer sich verlängern ließe.
Dies läßt sich einmal durch Dekompression oder aber durch die Payr sehe
Ventrikeldrainage erreichen. Dem Balkenstich gibt Verf. allerdings den
Vorzug vor der Dekompressionsoperation, weil er weniger eingreifend ist
und ohne allgemeine Narkose ausgeführt werden kann.
Von Thieraach (69) wird ein Fall beschrieben, der das typische
Kraukheitsbild der progressiven Paralyse aufwies, auch einen positiven
Wassermann im Blut hatte. Lues (vor zwanzig Jahren) war festgestellt.
Für einen Hirntumor fehlte jeder Befund. Die Obduktion ergab ein intra-
ventrikuläres Gliosarkom, das eine tödliche Blutung in den rechten Ventrikel
und die zentralen Ganglien gemacht hatte. Der Wassermann im der Leiche
entnommenen Liquor war negativ. Paralytische Veränderungen waren nicht
nachweisbar. Es können also intraventrikuläre Geschwülste eine Zeitlang
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
unter dem Bilde der progressiven Paralyse verlaufen, ohne daß die serologische
Untersuchung des Blutes die Differentialdiagnose sichert; erst die Lumbal¬
punktion kann die Entscheidung bringen.
Von Alin (3) wird der Fall einer graviden Patientin mitgeteilt, die
seit 8 Jahren an epileptischen Anfällen litt und kurz vor der Entbindung
plötzlich Krämpfe vom eklamptischen Typus mit schwerer Nephritis bekam.
Post partum dauerten die Anfälle mit enormer Heftigkeit an, so daß in
4 Tagen 83 Anfälle auftraten. Unter ständiger Bewußtlosigkeit trat bei
40,8° Temperatur der Exitus ein. Bei der Obduktion fand sich ein klein¬
hühnereigroßes Gliom im rechten Gyrus frontalis superior und medius, das
vom Gyrus centralis ant. bis zum frontalen Teil des Stirnhirns und unten
bis zum G. cingnli reichte.
Extrazerebrale Tumoren.
Von Stroemer (68) wird ein Fall von Tumor cerebri mitgeteilt, bei
dem die Diagnose Dementia paranoides gestellt und wegen einer bestehenden
sensorischen Aphasie an einen auf arteriosklerotischer Basis entstandenen
Erweichungsherd im linken Schläfenlappen gedacht wurde. Von Allgemein¬
symptomen hatten sich nur Kopfschmerzen und schwere, ganz in den Vorder¬
grund tretende psychische Störungen gefunden, insbesondere war keine
Stauungspapille vorhanden, sonst hätte das typische Herdsympton einer
sensorischen Aphasie die Lokalisation eines Tumors im linken Schläfenlappen
veranlaßt. Pat. hatte seit 15—18 Jahren an dauernden Kopfschmerzen
gelitten, war seit 12 Jahren auf dem linken Ohr taub, seit 9 Monaten fehlte
ihr die Fähigkeit, Gegenstände zu bezeichnen, und seit 6 Monaten entwickelte
sich die Geisteskrankheit, die zur Diagnose Dementia paranoides führte,
aber mit größer Wahrscheinlichkeit auf den Tumor zurückzuführen ist. Bei
der Sektion fand sich an der Grenze der mittleren und hinteren Scbädel-
grube ein hühnereigroßer, mit Dura und Knochen verwachsener Tumor, der
wahrscheinlich als Alveolarsarkom mit zystischen Erweichungen aufzufassen
war; er reichte bis in die Sella turcica hinein, die er scheinbar ausfüllte,
und war mit dem linken Kleinhirn verwachsen.
Von Reuss (60) wird ein Fall von Endotheliom der Schädelbasis mit¬
geteilt, bei dem sich eine langsam fortschreitende multiple Hirnnervenlähmung
rechts eingestellt und der fast alle Hirnnerven einseitig geschädigt hatte.
Nur Olfaktorius und Akustikus waren nicht gestört; über den Optikus ließ
sich wegen einer starken Hornhauttrübung nichts Bestimmtes aussagen.
Okulomotorius und Trochlearis wurden bei der zweiten Untersuchung rechts
völlig gelähmt gefunden; der rechte Trigeminus wurde in allen drei Ästen
gelähmt gefunden: die Sensibilität war im Versorgungsgebiet herabgesetzt,
Temporalis und Masseter wareu atrophisch, und die sekretorischen Fasern
der rechteu Tränendrüse waren gelähmt; Abduzens und Fazialis waren ge¬
lähmt, Glossopharyngeus in seinen motorischen, sensiblen, sensorischen und
sekretorischen Fasern stark geschädigt; ebenso waren Hypoglossus und Vago-
Glossopharyngeus schwer geschädigt: rechte Kehlkopfmuskulatur und -Sensi¬
bilität waren gelähmt, und die rechten Mm. sternocleidomastoideus und
trapezius waren atrophisch. Nach langer Beobachtung in der Klinik mußte
der Mann entlassen werden und starb dann in der Heimat an „Schlaganfall“,
ohne daß eine Sektion gemacht wurde.
Von Burr (13) wird der Fall einer 66jährigen Frau mitgeteilt, die
mehrere Monate nach Exstirpation eines Mammakarzinoms mit leichten
Muskelzuckungen im linken Arm erkrankte, die 10—20 mal täglich auftraten,
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
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wenige Minuten bis eine halbe Stunde anhielten und von einer Schwäche
des Armes ohne Schmerzen gefolgt waren. Eine Woche später stellte sich
dann ein echter Jacksonanfall ein, dem 5 ähnliche folgten; nach dem Anfall
trat ein beiderseitiger Nystagmus mit Lähmung beider Muse, recti interni
vorübergehend auf. Gegen Ende der Erkrankung waren die Zuckungen so
heftig, daß sie sogar während des Schlafes anhielten. Sensibilität war normal,
spastische Reflexe nicht vorhanden, auch fehlten alle Hirndrucksymptome,
12 Wochen nach dem Auftreten der ersten Zuckungen trat der Exitus ein.
Klinisch war die Diagnose eines metastatischeu Gehirnkarzinoms gestellt
worden, und es fandeu sich bei der Obduktion je ein Karzinomknötchen an
der Oberfläche der rechten aufsteigenden Stirnwindung und auf der unteren
Fläche des linken Kleinhirnlappens.
ßrosslilrntuinoren.
Von Herter (30) wird ein Fall mitgeteilt, bei dem die Differeutial-
diagnose zwischen Kleinhirn- und Stirnhirntumor Schwierigkeiten machte,
weil die Entscheidung, was als Hirndruck- und was als Herdsymptome zu
deuten sei, schwer zu treffen war. Vom Verf. wurden als Hirndrucksymptome
aufgefaßt: Kopfschmerz, Schwindel, Brechneigung, auffallend häufiges Gähnen,
das allerdings auch als Kleinhirnsymptom aufgefaßt werden konnte; die
deutlichen psychischen Hemmungen mit Schlafsucht und völligem Stupor
ließen sich allerdings auch als Allgemeinsymptom deuten, wurden aber mit
Rücksicht auf ihr frühzeitiges Auftreten und ihre Intensität zur Lokalisation
in Anspruch genommen; als Nachbarschaftssymptome imponierten die Hyper¬
tonie der oberen und unteren Extremität der einen Seite, ebenso eine an¬
gedeutete Fazialisparese; die starke Bradyphasie wies auf eine Reizung der
dritten linken Stirnwindung hin, doch war weder optische Aphasie noch
Alexie noch gekreuzte homonyme Hemianopsie nachzuweisen; als Herd¬
symptome wurden neben einer statischen Ataxie, die sowohl für Kleinhirn wie
für Stirnhirnaffektion sprechen konnte, vor allem die psychischen Symptome
aufgefaßt, die starke Demenz, die retrograde Amnesie, Konfabulation, Merk¬
fähigkeitsstörung, leicht angedeutete Desorientiertheit und früher vorhanden
gewesene Witzelsucht; gegen Kleinhirntumor sprach vor allem das Fehlen
aller Sensibilitätsstörungen. Es wurde also die Diagnose gestellt auf Tumor
des Stiruhirns wahrscheinlich links, mit starkem Ergriffensein des Balkens und
Druck auf die linke Zentralwindung. Da Wassermann im Blut und nament¬
lich im Liquor stark positiv war, so wurde ein Gumma angenommen. Da
der Erfolg einer spezifischen Behandlung wegen bedrohlicher Symptome nicht
abgewartet werden konnte, so wurde eine Entlastungstrepanation ausgeführt,
die nichts Sicheres über den Tumorsitz ergab und nach zwei Tagen den
Exitus im Gefolge hatte. Die Obduktion ergab ein 17,6 ccm großes Sarkom,
das seinen Ausgang von den Hirnhäuten über dem rechten Stirnhirn nahm,
im weiteren Wachstumsverlauf Balken, Corpus nuclei caudati, Pars anterior
der Capsula interna und den Seitenventrikel der rechten Hemisphäre kom¬
primierte, verdrängte bzw. zerstörte, zugleich aber sehr weit ins linke Stirn -
hira eingedrungen war.
Im Anschluß an diesen Fall weist Verf. auf folgendes hin: Bei be¬
stehender Lues braucht ein vorhandener Tumor nicht unbedingt ein Gumma
zu sein, Hirntumor und Lues können unabhängig voneinander bestehen.
Stirnhirntumoren können eine erstaunliche Größe erreichen, ohne wesentliche
Symptome hervorzurufen; Nachbarschafts- bzw. Fernsymptome treten eventuell
sehr spät auf. Als Frühsymptome fielen hier auf: psychische Veränderungen,
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Tumoren und Parasiten des üehirus.
Witzelzucht, auffallende moralische Veränderungen. Tumor und gleichzeitige
Hydrozeplialus-internus-Symptome machen eine Lokaldiagnose in manchen
Fällen unmöglich. Statische Ataxie, die mit Rumpfmuskelschwäche, Witzel¬
sucht, sehr früh auftretenden Störungen und ohne zunächst sehr ausgesprochene
Allgemeinsymptome wie Kopfschmerz, Schwindel, Erbrechen, Pulsveilang-
samung, Nackenstarre zu verursachen, einhergeht, ist eine frontale Ataxie.
Perkussionsunempfindlichkeit braucht nicht für Tumor anderer Lokalisation
zu sprechen. Die Röntgenaufnahme läßt selbst bei großen Hirntumoren im
Stich. Auch in diesem Falle zeigte sich die von Oppenheim angegebene
Eigentümlichkeit, daß Patienten mit Stirnhirntumoren nach der Seite des
Tumorsitzes schwanken, fallen oder gehen.
Von Colmant (17) wird ein Fall von Gliom des linken Stirnhirus
beschrieben, der unter den Erscheinungen einer Apoplexie ad exitum kam.
Infolge der Kürze der Beobachtungszcit von 7 Tagen wurde die Diagnose
Hirntumor intra vitam nicht gestellt; der Augenhintergrund konnte nicht
mehr untersucht werden, dagegen waren die übrigen Allgemeinerscheinungen
der Hirntumoren wie Kopfschmerzen, Erbrechen, Schwindel, Konvulsionen,
Pulsverlangsamung, Benommenheit sowie Denk- und Assoziationshemnmug,
mehr oder weniger stark ausgeprägt vorhanden. Von Lokalsymptomen war
nur eine motorische Aphasie augedeutet vorhanden. Im Vordergründe des
Krankheitsbildes stand vielmehr die Halbseitenlähmung mit leichter Fazialis¬
parese, Andeutung von motorischer Aphasie, Erscheinungen, die in das
Krankheitsbild einer Hirnblutung hineinpassen. In dem vorliegenden Fall
sind ja auch durch ekte Hirnblutung, nämlich eine Blutung in die wahr¬
scheinlich seit längerer Zeit latent verlaufende Geschwulst, die schweren
Hirnerscheinuugcn apoplektifprm im Anschluß an ein Kopftrauma eingetreten.
Der von C&stex und Bolo (15) mitgeteilte Fall ist ein Schuifall für eine
Affektion der motorischen Region einer Hemisphäre durch einen Tumor.
Es handelto sich um ein 7 cm großes Sarkom über der linken motorischen
Region mit rechtsseitiger Lähmung, Stauungspapille und Jacksonschen
Erscheinungen. ( Jacobsohn.)
Von Weise (73) wird ein Fall von Scheitellappentumor mit geteilt.
Es handelte sich um einen 31jährigen Patienten, der vor 6 Jahren mit
heftigen epileptischen Anfällen erkrankte. Neben den Krampfanfällen sprach
noch der langsame Eintritt einer linksseitigen Lähmung, psychische Störungen,
Kopfschmerzen und Schwindel für das Voiliegen eines Hirntumors; allerdings
fehlten Stauungspapille, Pulsverlangsamung und Erbrechen. Dio Sektion
ergab ein sehr großes Gliom des linken Scheitellappens.
Von Goodhart und Climenko (26) werden sieben Fälle von Hirntumor
mitgeteilt. Es wird darauf hingewiesen, daß nur zwei Arten von Hirntumor
keine sicheren Lokalisationssymptome machen, nämlich die Tumoren der
rechten Temporal- und der rechten Frontalregion; hier entstehen oft
Symptome, die teils übersehen, teils mißdeutet werden. Unter den hier mit-
geteilteu Fällen waren zwei von Stirnhirnturaor mit ausgesprochen funktionellen
Erregungssymptomen, die für hysterische gehalten wurden, und es ist nicht
ausgeschlossen, daß diese Symptome tatsächlich durch die Geschwulst bedingt
waren; jedenfalls wurde infolge der offenbar funktionellen Symptome gar
nicht auf eine organische Läsion gefahndet. Weitere Irrtümer in der Diagnose
entstehen durch das Vorherrschen von indirekten oder Fernsymptomen, die
durch sekundäre Veränderungen des Gehirns bedingt sein können; in dem
einen Fall wurde ein Frontaltumor übersehen iufolge des Vorherrschens von
Thalamussymptomen zu der Zeit als er operabel gewesen wäre; erst eine genaue
Durchsicht der Krankengeschichte ergab, daß die Anfangssymptome auf die
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Tumoren und Parasiten das Gehirns.
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exakte Lokalisation des Tumors hingewiesen hatten. In einem anderen Fall
war der diagnostische Irrtum dadurch entstanden, daß durch einen Froutal-
hirntumor das Kleinhirn in das Foramen magnum gezwängt worden war, so
daß Symptome entstanden, die auf eine Läsion in der hinteren Schädelgrube
hinwiesen. Auch die Anschauung, daß lokalisierte (Jacksonsche) Krämpfe
auf eine Affektion des motorischen Kortex hindeuten, ist oft nicht bestätigt,
denn auch hier kann Fortloitung im Spiele sein.
Von den ausführlich mit Sektionsbefund beschriebenen Fällen'war der
erste der eines Endothelioms vor der aufsteigenden rechten Stirnwindung,
der mit Parästhesien der Finger der linken Hand und frühzeitiger Dyspraxie
begann, um dann vorherrschend psychische Symptome von emotionellem
Charakter Platz zu machen; daneben fanden sich linksseitige Lähmungs¬
erscheinungen und Krampfanfälle im linken Arm; das Syndrom einer links¬
seitigen homonymen Hemianopsie mit diesen Symptomen ließ auf einen
Thalamusherd schließen, offenbar handelte es sich hier aber um Druck¬
erscheinungen. Der zweite Fall war ein Endotheliom mit malignen Ver¬
änderungen im ganzen rechten Parietallappen; hier ließ ein positiver Wasser¬
mann ein Gumma vermuten; von Herdsymptomen waren fortschreitende
Lähmungserscheinungen der linken unteren Extremität besonders hervor¬
getreten ; auffallend war das Fehlen von Papillenveränderungen. Der dritte
Fall war der eines Gliosarkoms der linken zweiten Stirnwinduug, das auf
die erste Temporalwinduug drückte; hier waren zuerst epileptische Anfälle
aufgetreten, dann zeigten sich sensible Störungen, insbesondere Parästhesien
und vasomotorische Erscheinungen ira rechten Arm; besonders hervortretend
waren zuletzt die psychischen Erscheinungen, die für funktionell gehalten
wurden. Im vierten Fall handelte es sich um ein Endotheliom, das von
der Gehirnbasis ausging und das die Tractus und Lobi olfactorii, die Nervi
optici und das Chiasma opticum, die Hypophyse, die Stirnwindungen beider¬
seits und einen Teil der Fasern der Corona radiata sowie den vorderen Teil
des Balkens zerstörte und die beiden Okulomotorii und die Crura cerebri
komprimierte; wahrscheinlich ging hier der Tumor von der Scheide des
Opticus aus; die Anfangssymptome wiesen hier sehr deutlich auf die Lokali¬
sation hin, besonders Anfälle von transitorischer Blindheit und Anosmie.
Der fünfte Fall war ein Endotheliom, das von dem hinteren Teil des Optikus
ausging und die rechte untere Stirnwindung, den rechten Bulbus olfactorius
und das Chiasma befiel und eine gewaltige Dilatation des rechten Seiten¬
ventrikels verursachte; hier hatte die Erkrankung mit heftigen Anfällen rechts¬
seitiger Hemikranie, Amaurose, Stauungspapille und rechtsseitigem gewaltigem
Exophthalmus, der Enukleation erforderlich machte, begonnen; sonst fanden
sich nur allgemeine epileptische Anfälle, so daß eine Lokalisation nicht
möglich war. Bei dem sechsten Fall fanden sich Solitärtuberkel in der
rechten Kleinhirnbemisphäre und im rechten Seitenventrikel mit starker
Erweiterung beider Ventrikel; klinisch waren hier nur Kopfschmerzen und
Schwindel aufgetreten. Im siebenten Fall endlich lag ein tauben eigroßes
Endotheliom des linken Frontallappens vor, das keine diagnostisch verwend¬
baren Symptome gemacht hatte, da eine Hemiplegie und der negative Befund
an den Hirnnerven keinen Tumor vermuten ließ.
Von Oeconomakis (56) wird ein atypischer Fall von Hirntumor mit¬
geteilt. Er begann plötzlich unter Status epilepticus, der sich nach einem
völlig freien Intervall vou 6 Jahren in derselben schweren Form noch einmal
wiederholte; seitdem Auftreten allgemeiner Krämpfe mit Bewußtlosigkeit
und ziemlich großen freien Intervallen. Es zeigte sich also hier das typische
Bild einer genuinen Epilepsie, das sich durch die günstige Wirkuug der
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
Brombehandlung noch typischer gestaltete. An einen Tumor konnte schon
deswegen nicht gedacht werden, weil his zum Tage vor der Operation alle
allgemeinen Hirndruckerscheinungen dauernd fehlten. Erst in den letzten
Jahren wurde vom Pat. ein Überwiegen der Krämpfe auf der linken Körper¬
hälfte bemerkt, was sich in den letzten Monaten zu einer echten Rinden¬
epilepsie heraushildete; als das völlige Bild einer Herdläsion der rechten
motorischen Zone vorlag, wurde eine Operation ausgeführt, die ein diffuses,
zystisch entartetes Gliom zutage förderte, das allem Anschein nach von der
weißen Substanz der rechten Hemisphäre stammte und beim weiteren Verlauf
gegen die Rinde herangewachsen war. In ätiologischer Hinsicht kam neben
Alkoholismus noch das Vorangehen einer Kopfverletzung in Betracht. Der
ganze Verlauf der Erkrankung hatte sich bis zur Operation über 15 Jahre
erstreckt. Besonders hervorgehoben wird das Fehlen aller Hirndruck¬
erscheinungen bei diesem Tumor. Bemerkenswert ist, daß die Lumbal¬
punktion eine auffällige Vermehrung der Eiweißmenge und eine Erhöhung
des Kochsalzgehalts des Liquors auf über 9°/ 00 ergeben hatte; beide Er¬
scheinungen bildeten sich nach der Operation zurück. Dieser Befund in
der Zerebrospinalflüssigkeit bildete den einzigen Anhaltspunkt für das Vor¬
liegen eines Tumors. Die Operation selbst, von der angesichts der diffusen
Beschaffenheit der Neubildung ein radikale Heilung kaum zu erwarten war,
führte zu einer weitgehenden Besserung: dem völligeu Zurückgehen der
zuletzt aufgetreteuen Hirndruckerscheinuugen und der Hemiplegie, sowie zu
einem Seltener- und Schwächerwerden der Anfälle.
Kaspar (38) publiziert einen Fall von Tumor cerebri im rechten Tem¬
porallappen, bei welchem die Symptome durch Lumbalpunktion vollständig
beseitigt wurden. Einige Tage nach der Punktion ausgeführte Operation (es
zeigte sich ein diffuser, inoperabler Tumor) hatte glatten Verlauf, Heilung
per prirnam. Pat. geheilt entlassen, übt seine Beschäftigung (Fiakrist) aus.
Nach einem Monat wieder Verschlimmerung, die eine neue Lumbalpunktion
wieder prompt und vollständig beseitigt. Das normale Befinden dauert
aber nur ein paar Tage und unter andauernder Verschlimmerung Exitus.
Der Fall ist dadurch bemerkenswert, daß prompte Besserung nach der
Punktion nicht immer als ein Zeichen der Genesung betrachtet werden darf.
(Jar. StucJilik.)
Von Aron (5) wird die Krankengeschichte eines Falles von Gliom im
linken Nucleus lentiformis und anschließendem Mark frontalwärts mitgeteilt,
bei dem bis zuletzt keinerlei Herdsymptome und außer starken Kopfschmerzen
auch keine Allgemeiuerscheinungen bestanden, so daß der Patient bis kurz vor
seinem Tode seiuem Berufe nachgehen konnte. Die Krankheitserscheinungen
waren akut unter dem Bilde eines apoplektiformen Insultes mit rasch ein¬
tretendem Koma aufgetreteu; der lange symptomlose Verlauf ließ einen
Tumor in den großen Ganglien annehmen. Der Mitteilung des Falles geht
eine ausführliche Besprechung der Symptomatologie und Pathologie der
Tumoren des Gehirns im allgemeinen und der großen Ganglien im besonderen
voraus.
Von Lydston (48) wird der Fall eines 21jährigen Mannes mitgeteilt, der
mit schweren periodisch auftretenden Kopfschmerzen und Sehstörungen seit
5 Jahren erkrankt war. Bei einem der Kopfschmerzanfälle trat dann plötz¬
lich Koma und im Verlauf von einer Stunde der Exitus ein. Die Obduktion
ergab eine bedeutende Vermehrung der Subarachnoidalflüssigkeit mit enormer
Erweiterung der Ventrikel; uud am Boden des linken Seitenventrikels im
Vorderhorn dicht neben dem Septum wurde eine große Zyste gefunden, die
glücklicherweise nicht geplatzt war und klare, leicht gelbliche Flüssigkeit
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
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enthielt. Die Zyste wurde für eine vom Epeudym ausgehende Retentions¬
zyste gehalten.
Von Pollock (58) wird ein Fall von Tumor des dritten Ventrikels
mitgeteilt, der bei Lebzeiten nicht lokalisiert werden konnte. Die Erkrankung
hatte s / 4 " Jahre vor dem Exitus begonnen mit Gedächtnisschwäche, Stupor,
Apathie, Schwindel, Kopfschmerzen, Somnolenz; Pat. hatte 20 Pfund an
Gewicht verloren. Es fanden sich Störungen des Geschmackssinnes, unsicherer
Gang, Romberg, Fußklonus beiderseits, symmetrisch gesteigerte Sehnen¬
reflexe, Fehlen der Bauchdeckenreflexe. Die Obduktion ergab einen wohl
vom Ependym ausgehenden Tumor des dritten Ventrikels, der die Foramiua
Monroi beiderseits verschloß, aber nicht den Aquaeductus Sylvii verlegte,
und besonders den Thalamus komprimierte; die Seitenventrikel waren beide
diktiert. Histologisch erwies sich der Tumor als eine wahrscheinlich aus
einem Gliom entstandene Kolloidzyste.
Der Tumor, den Burmeister (12) beschreibt ist ein Teratom des Plexus
chorioideus. Klinische Beobachtungen an dem 65jähr. Patienten konnten
nicht gemacht werden, da er zwei Stunden nach Einlieferung ins Kranken¬
haus starb. Er scheiut aber schon 6 Jahre an Kopfbeschwerden gelitten
zu haben. Der Tumor war etwa eigroß und saß im rechten Ventrikel au
einem Stiel des Plexus chorioideus. An seiner Oberfläche war er warzig
gestaltet, und der Plexus chorioideus ging direkt in den Tumor über. Er
war gelappt, enthielt im Inneren Knorpelgewebe und drüsenähnliches Gewebe.
(Jacobsohn.)
Einen ungewöhulich großen Hirntumor sah Csiky (18a) bei einem 23-
jährigen Schriftsetzer: Störung der Tiefensensibilität an Händen und Beinen,
Hemiparese links, beiderseits Papillitis, Ataxie aller Extremitäten, "Wasser¬
mann negativ; später Lähmung der Beine, rechts Abduzeusparese, später 1
Fazialisparese links. Verf. nimmt wegen der Symptome einen umschriebenen
Tumor der Oberfläche an. Operation in Lokalanästhesie: der Tumor geht
von der Dura aus, hat ein Gewicht von 143,5 Gramm, Größe 8 : 8 cm,
erweist sich als zellenreiches Fibrom. Nach der Operation einen Monat
hindurch Erscheinungen von Hirndruck; später langsame totale Restitution
bis auf eine leichte Steifigkeit der Beine. Pat. ist auch nach einem Jahre
gesund. ( Hudovernig .)
Bregman (10a) berichtet über einen Fall von Sarkom des Temporal¬
lappens. Der 39jährige Patient litt seit 1 x / 2 Jahren au Kopfschmerzen, Ge¬
dächtnisschwäche, Apathie. Objektiv: Demenz, Bradyphasie, Rombergsches
Symptom, Anfalle von Bewußtlosigkeit, schließlich Koma und Tod. Trotz
negativem Befund der Wassermaunschen Reaktion wurde eine progressive
Paralyse vermutet. Die Autopsie erwies ein Sarkom des linken Temporal¬
lappens. (Sterling.)
Kleinhirn- und Winkeltumoren.
Die Lokalisationssymptome zur Diagnose der verschiedenen Kleinhirn¬
tumoren werden von Weisenbarg und Work (74) eiugehend und prägnant
auseinandergesetzt. Das Hauptsymptom der Kleinhirnerkrankung ist die
Asynergie, alle anderen Symptome, wie Hypermetrie, Adiadnchokinese,
Tremor, sind nur durch dieses Hauptsymptom bedingt. Von Bedeutung für
die Kleinhirnlokalisation ist die Unterscheidung der zerebellaren Asynergie
in den verschiedenen Körperpartien; auch die Bäränyschen Uutersuchungs-
methoden wurden für die Lokalisation als außerordentlich brauchbar gefunden.
Es werden nunmehr gesondert die Läsionen des Kleinhirns selbst, des oberen,
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33 g Tumoren und Parasiten des Gehirns.
mittleren und unteren Kleinhirnstieles, und die primäreu und sekundären
Läsionen des Kleinhirnbrückenwinkels besprochen.
Von den Affektionen des Kleinhirns selbst befallen die meisten den
medialen Teil desselben, so daß fast in allen Fällen der Wurm ganz oder
teilweise ergriffen ist. Da im oberen Wurm die Synergiezeutren des Schulter¬
gürtels, im unteren die des Beckengürtels lokalisiert sind, so finden sich
bei allen derartigen Läsionen außer einzelnen Bewegungsstörungen Haltimgs-
und Gangstörungen. Bei den Schultergürtelfäilen fällt der Rumpf beim
Gehen oder Stehen nach vor-, rück- oder seitwärts; bei den Beckengürtel¬
fällen ist dagegen das Gehen außerordentlich erschwert, es findet sich der
eigentliche zerebellare Gang bei kerzengerader Rumpflialtung; bei kombi¬
nierten Becken- und Schulterfällen ist das Gehen und Stehen ohne fremde
Hilfe meist ganz unmöglich. Am besten lassen sich Becken- und Schulter¬
gürtelfälle unterscheiden, wenn man den Patienten auf den Boden auf Hände
und Knie sich stützen läßt. Bei Affektionen des Wurmes besteht ein Schwanken
mehr nach vor- und rückwärts, während bei Läsionen der Kleinhirnseiten¬
lappen mehr ein Schwanken nach der Seite der Läsion besteht; sind die
Seitenlappen allein befallen, so finden sich die asynergischen Bewegungen
nur in den Extremitäten der der Läsion entsprechenden Seite. Hinsichtlich
des Nystagmus wurde aus den Beobachtungen der Schluß gezogen, daß ein
unwillkürlicher Nystagmus fast stets für eine Läsion des Zerebellums spricht,
während der bei willkürlichen Bewegungen der Augen auftretende Nystagmus
mit größter Wahrscheinlichkeit für eine oxtrazerebellare Lokalisation spricht
und die Folge einer Affektion der außerhalb des Kleinhirns mit dem Vesti-
bularapparat in Verbindung stehenden Fasern ist. Von größter Bedeutung
sind noch die Allgemeinsymptome, insbesondere weisen Affektionen der
Hirnnerven auf eine extrazerebellare Lokalisation hin.
Da wir die Läsionen der einzelnen Pcdunkuli uicht aus den Asynergie-
symptomen unterscheiden können, so lassen sich Affektionen in den einzelnen
Kleinhirnstielen nicht auf Grund der Kleiuhirnsymptome, sondern nur auf
Grund der Begleitsymptome lokalisieren. Es läßt sich nur sagen, daß, in¬
folge der anatomischen Bedingungen, Läsionen der oberen Pedunculi beider¬
seitige Kleinhirnsymptome machen, während Läsionen der unteren und mitt¬
leren Stielo einseitige Symptome hervorrufen. Die Tumoren der Pedunculi
superiores gehen meist von dem dritten Ventrikel aus; ihre Begleitsymptome
sind allmähliche Lähmung der assoziierten Augenbewegungen und zentrale
Hörstörungen; außerdem kann noch partielle Parese der Extremitäten mit
spastischen Reflexen vorliegen. Die Läsionen der Pedunculi medii, die meist
vom Pons ausgehen, machen meist Symptome von seiten des gleichseitigen
5. oder 6. Hirnnerven mit motorischen und sensiblen Störungen der entgegen¬
gesetzten Seite. Die sehr seltenen Affektioneu der Pedunculi inferiores
weisen als Nebenerscheinungen außer Vertibularstörungen Symptome von
seiten des 9., 10. und 12. Hirunerven auf.
Die Kleinhirnbrückenwinkeltumoren, die gewöhnlich fibromatöser, seltener
fibrosarkomatöser Natur sind, gehen meist vom 8., seltener vom 7., 5, oder
6. Hirnnerven aus; die ersten Symptome beziehen sich gewöhnlich auf den
Nerven, von dem der Tumor ausging, später treten noch motorische Symptome
auf der entgegengesetzten Seite und seltener sensorische Symptome auf infolge
Drucks auf den Pons; bei Druck auf das Kleinhirn zeigt sich eine zerebellare
Asynergio der gleichseitigen Extremitäten, in der Regel sind aber die eigent¬
lichen Kleinhirnsymptome sehr wenig ausgeprägt. Nur in Fällen von sekun¬
dären Kleinhirnbrückenwinkeltumor, bei denen der Tumor von Pons oder
Kleinhirn ausgeht, sind die zerebellaren Symptome deutlicher vorhanden;
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
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die sekundären lassen sich von den primären durch eine genaue Beobachtung
des Symptomenverlaufs unterscheiden, denn bei den sekundären treten die
Kleinhirnsymptome vor den Hirnnervensymptomen auf.
Von Fnmarola (23) wird versucht, die Symptomatologie der Kleinhirn¬
brückenwinkeltumoren auf Grund ihrer histologischen Befunde festzulegen
und die Kriterien einer größeren Wahrscheinlichkeit, wenn nicht der absoluten
Gewißheit bezüglich ihrer Differentialdiagnose festzustellen. Zunächst werden
7 gut durchgearbeitete Fälle verschiedener Art, zum größten Teil mit ausführ¬
lichem, auch histologischem Sektionsbefund mitgeteilt. Bei dem eisten Fall
handelte es sich um eine 35 jähr. Patientin, die mit 29 Jahren begann an
Schwiudclanfällen zu leiden, die von Ohrensausen,. Erbrechen, bisweilen auch
von Umfallen der Pat. begleitet waren; diese in den ersten zwei Jahren
ziemlich häufig auftretenden Anfälle wurden in der Folge schwächer und
seltener. Nach 5 Jahren trat zu dem Ohrensausen eine ausgeprägte Gehörs¬
verminderung links; kurz darauf heftige nächtliche Anfälle von Kopfschmerzen.
Im folgenden Jahre trat eine schnelle und fortschreitende Abnahme des
Sehvermögens auf beiden Seiten auf, zugleich mit einem stärkeren Hervor¬
treten der anderen Symptome, der Kopfschmerzen, des Schwindels, der
Schwerhörigkeit, des Ohrensausens links und des allgemeinen Schwäche¬
zustandes; außerdem stellten sich als neue Symptome Parästhesie in der
linken Gesichtshälfte, Diplopie und ausgeprägte Veränderung in der Stimmung
(Reizbarkeit) ein. Objektiv fand sich links eine Verletzung des III., V. und VII.
Hirnnerven, leichte dynamische Ataxie des Armes und des Beines, Patellar-
refiex schneller auslösbar als rechts, Achillesrefiex weniger schnell; Pupille
enger als die andere; Neigung des Körpers, sowohl in der Rombergschen
Stellung wie beim Gehen, nach links zu fallen; Discbromatopsie, herab¬
gesetzte Geschmacksempfindung. Stauungspapille beiderseits, ausgeprägter
links, Drucksteigerung des Liquors; Wassermann -|- -|- , Globulin -|- -f- .
Die Symptomatologie sprach deutlich für einen Tumor cerebri; doch wurde
wegen des Verdachtes auf eine Meningoneuritis basalis luetica eine Schmierkur
versucht, in deren Folge sich die Symptome verschlimmerten. Eine darauf
vorgenommene Operation kam nicht znm Abschluß, da Pat. ad exitum kam.
Die Sektion ergab einen Tumor des eigentlichen linken Kleinhirnbrücken¬
winkels (Akustikustumor, und zwar Neurofibrom). — Bei dem zweiten Fall
handelte es sich um eine 33 jähr. Patientin, die zuerst über Ohrensausen rechts,
Kopfschmerz und Erbrechen klagte; dann trat vorübergehende Diplopie und
fortschreitende bilaterale Amblyopie auf, rechts stärker; dann Parästhesien des
Gesichts und der Zunge, besonders auf der rechten Seite, Schwierigkeit beim
Kauen rechts, Speichelfluß aus dem rechten Mundwinkel, Unsicherheit beim
Oehen. Nach einigen Monaten Nachlassen der Parakusien und ausgeprägte
Verminderung des Gehörs auf der rechten Seite. Objektiv fand sich rechts
Parese des V., VII. und VIIL Hirnnerven, Neuritis optica bilateralis, Druck¬
steigerung des Liquor, Romberg, leichte Gangstörungen. Es wurde ein Tumor
des rechten Kleinhirubrückenwinkels diagnostiziert, der durch Operation zum
großen Teil entfernt werden konnte und sich als fusozellulares Fibrosarkom
erwies; die Pat. konnte in ziemlich befriedigendem Zustand entlassen werden.
— Bei dem 3 . Falle handelte es sich um einen 12jähr. Jungen, dessen
Beschwerden mit Kopfschmerzen und Gehstörungen vom zerebellaren Typ
begannen; nach wenigen Tagen trat Erbrechen und Schwindel hinzu; weiter
traten Diplopie, Strabismus convergens sinister und Lähmung des Fazialis
links vom peripheren Typ auf, später auch linksseitige Asthenie der Extre¬
mitäten und ausgeprägtes Ohrensausen. Objektiv fand sich eine rechtsseitige
leichte Parese des VI. und links Neigung des Kopfes zur seitlichen Beugung
Jahresbericht (. Neurologie u. Psychiatrie 1915. 22
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
Störungen des V., VI., VII. und VIII. Hirnnerven, Hypotonie, Asthenie,
statische und dynamische Ataxie der Extremitäten, Adiadochokinese, Steige¬
rung der Sehnenreflexe, Areflexia corneae, beginnende Stauungspapille, schmerz¬
hafte Schädelperkussion, herabgesetzte Geschmacksempfindung; elektrische
Erregbarkeit des VIII. und der von diesem innervierten Muskeln herabgesetzt.
Klinisch fand sich also bei dem Pat. der klassische Symptomenkomplex der
Kleinhirnbrückenwinkeltumoren: außer dem Zeichen der iutrakraniellen Hyper¬
tension (Kopfschmerz, Erbrechen, Schwindel) auch die charakteristischen
Merkmale, nämlich links Lähmung des V., VI. und besonders des VII. und
VIII. Hirnnerven, wie auch Kleinhirnstörungen (Asynergie, Adiadochokinesis,
Hypotonie, Asthenie, Ataxie), so daß ein linker Kleinhirnbrückenwinkeltumor
diagnostiziert wurde. Die Operation mußte unterbrochen werden, es erfolgte
danach der Exitus. Die Obduktion ergab ein Sarkom des linken Pedunculus
medius cerebelli. — Im 4. Falle handelte es sich um einen 26jähr. Pat.,
der zuerst mit bilateralen Parakusien erkrankte, die rechts ausgeprägter als
links waren und von Erbrechen und Schwindel begleitet und nach wenigen
Tagen von Kopfschmerzen, mit besonders nächtlichen Exazerbationen, und
zwar bald in der Stirn, bald in der Hinterhauptgegend gefolgt waren; weiter
traten dann Gehstörungen, Amblyopie und Diplopie hinzu. Objektiv fund sich
rechts Parese des III., VII., VIII. und XII. Hirnnerven, Asthenie und leichte
Ataxie des Armes, Fehlen des Patellar- und Achillesrefiexes; Hautreflexe
weniger prompt als links; Schädelperkussion schmerzhaft in der Stirngegend
und am Asterion, Hyposmie, Gesichtsfeld rechts enger als links, Stauungs¬
papille ausgeprägter rechts als links; links Schädelperkussion schmerzhaft
in der Schläfengegend, leichte Funktionsstörungen des VIII., beginnende
Stauungspapille, Steigerung des Liquordruckes. Es wurde ein Kleinhirn¬
brückenwinkeltumor rechts diagnostiziert; der Tod trat zwei Tage nach der
Lumbalpunktion plötzlich ein. Die Sektion ergab ein zystisches Sarkom der
linken Kleinhirnhemisphäre. — Bei dem 5. Falle handelte es sich um eine
Echinokokkuszyste des rechten Stirnlappens, die den Symptomenkomplex eines
Brückenwinkeltumors vortäuschte. Bei dem 15jähr. Pat. begann das Leiden
mit Kopfschmerzen und Erbrechen; es traten weiter Diplopie, Amblyopie
beiderseits und Unsicherheit im Gehen hinzu. Objektiv fanden sich rechts
Parese des Abduzens, leichte spastische Parese der Extremitäten, Steigerung
der unteren Sehnenreflexe; links Parese der VI. und VII., Hyporcflcxia corneae
et conjunctivae, ausgeprägtere spastische Parese der Glieder rechts, Steigerung
der oberen Sehnenreflexe, Pupille links enger als rechts, Schmerzhaftig¬
keit auf Perkussion am Zitzenfortsatz; Gang unsicher, Papilloretinitis bi-
lateralis, Steigerung des Liquordruckes, ausgeprägte Benommenheit. Es
bestand somit ein Symptomenkomplex von seiten der Hirnnerven links (V.,
VI., VII., X., XII.), vereinigt mit leichter spastischer Tetraparesis, vorwiegend
links und mit Hirndruckerscheinungen. Es wurde also ein linker Kleinhirn¬
brückenwinkeltumor mit Neigung zur Kompression der Brücke diagnostiziert..
Die Operation konnte nicht zu Ende geführt werden, wenige Stunden darauf
erfolgte Exitus. Anatomisch fand sich eine Echinokokkuszyste des rechten
Frontallappens. — In den beiden letzten Fällen handelte es sich um eine
Zyste der linken Kleinhirnhemisphäre bzw. eine Meningitis serosa, die beide
einen linksseitigen Kleinhirnbrückenwinkeltumor vortäuschten.
Es folgen in der Arbeit Ausführungen über Ätiologie, Symptomatologie,.
Verlauf, Diagnose, pathologische Anatomie, Genese und Therapie der Klein-
hirnbrückenwinkeltumoron. Hinsichtlich der Diagnose kommt Verf. zu dem.
Schluß, daß sich Winkeltumoren von Kleinhirn-, Pons- und Oblongatatumoren
durch keine pathognomonische Zeichen unterscheiden lassen; der Unterschied
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
339
zwischen deu einzelnen Tumoren besteht gewöhnlich nicht in den Symptomen
an und für sich, sondern in der Reihenfolge, in der sie auftreten, in ihrer
Gruppierung, in ihrer relativen Häufigkeit; auf diesen leider nicht genauen
Fundamenten beruht vor allem die Differentialdiagnose. Bei den histologischen
Untersuchungen ist Verf. ganz besonders auf die Druckwirkung der Tumoren
auf die Nervensubstanz eingegangen: Es ergibt sich daraus, daß die am
meisteu verletzten Nervenstämme der Häufigkeit nach der VIII., VII., V.
und VI. sind; die anderen Hirnnerven weisen geringe, vielmehr auf die
allgenjpino Steigerung des inneren Schädeldruckes als auf den von seiten des
Tumors auf sie ausgeübten Druck zuriickzuführende Veränderungen auf.
Hinsichtlich der mikroskopischen von diesen Tumoren an den verschiedenen
Teilen des Rautenhirns ausgelösten Wirkungen ergibt sich, daß die schweren
Veränderungen auf Kosten der Kleinhirnrinde, der Kleinhirnkerne und der
Akustikuskerne zu setzou sind; verhältnismäßig wenig verändert dagegen sind
die Nuklei des V. uud VII. und noch weniger die des VI.; zu bemerken
ist, daß der den motorischen Schenkel des V. angehörende Kern fast gänzlich
verschont ist. Stark verletzt sind die Fasern des Brachium pontis, die dem
Tumor am nächsten liegen. Die Pyramidenbahnen, wie ferner alle anderen
Gebilde, die im Pons und Bulbus enthalten sind (Brachium conjunctivum,
Fibrae transversae pontis, Corpus restiforme) weisen Deformitäten ver¬
schiedener Art und verschiedenen Grades auf, aber nur sehr geringe Degene¬
rationen. — Hinsichtlich der Diagnose wird die Wichtigkeit der akustisch¬
vestibulären Untersuchungen für die Frühdiagnose betont. Die Therapie kann
nur in Operation bestehen, doch ist die Statistik, wie auch aus den vom
Verf. mitgeteilten Fällen hervorgeht, eine äußerst schlechte.
Von Link (46) wird ein Fall von Kleinhirnbrückenwiukeltumor mit¬
geteilt, bei dem es zu Lebzeiten zweifelhaft war, ob es sich um eine multiple
Sklerose oder um einen nicht näher zu lokalisierenden Tumor cerebri handelte.
Die zu Anfang auftretende Schwäche in den Beinen, der bei der Aufnahme
bestehende spastisch-paretische Gang, das Fehlen der Bauchdeckenreflexe, die
Harnverhaltung, die stellenweise leicht skandierende Sprache, der Nystagmus,
der beiderseits vorhandene Fußklonus, das zwangsartige Lachen ließ sich im
Sinne einer multiplen Sklerose deuten. Daneben fanden sich psychische
Störungen, wie Unverträglichkeit, Suizidalneigungen, Insuffizienzgefühl, Witzel¬
sucht, Stimmungswechsel, die sich diagnostisch nicht deuten ließen. Anderseits
waren eine von vornherein bestehende Taubheit der linken Seite, Gleich¬
gewichtsstörungen, insbesondere das konstante Fallen nach links, Druck¬
empfindlichkeit des linken Trigeminus, ein nach links ausgesprochener Nystag¬
mus, Unsicherheit und Ataxie bei Bewegungen des linken Armes, ein wesentlich
erköhter Lumbaldruck Symptome, die für einen linksseitigen Tumor sprachen.
Auffallend war das Fehlen einer Stauungspapille. Die Obduktion ergab ein
hfihnereigroßes Fibrom, das eingebettet, aber abgesetzt von der Hirnsubstanz,
im Winkel zwischen dem unteren Teile des Kleinhirns einerseits, Brücke
und Medulla oblongata anderseits lag.
Von Hambarger (29) wird ein Fall mitgeteilt, bei dem mit großer
Wahrscheinlichkeit die Diagnose auf einen Tumor im rechten Kleinhirn-
brückcnwinkel zu stellen war. Obwohl ein Teil der Erscheinungen als Fern¬
symptome gedeutet werden konnten, war nach der Symptomatologie der
Erkrankung ein extrazerebellarer Sitz der Geschwulst anzunehmen, besonders
im Hinblick auf das geringe Hervortreten des Erbrechens. Bei der Operation
zeigte sich eine derbe, kleinwalnußgroße Geschwulst, von der nicht mit
Bestimmtheit zu entscheiden war, ob sie eine am Pons sitzende Geschwulst
oder ob sie der durch eine linksseitig sitzende Geschwulst nach rechts
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340
Tumoren und Parasiten des Gehirns.
verdrängte Pons war. Der Tumor wurde nicht entfernt. Die Obduktion
ergab ein Gliom des rechten Kleinkirnbrückenwinkels.
Von Gensichen (24) wird der Fall eines bühnereigroßen Kleinkirn¬
sarkoms mitgeteilt, der vom Wurm ausgiug und sich auf den linken Klein-
hirnbrückeuwinkel und die Medulla oblougata ausdehnte. Der Fall zeigt,
wie leicht Hirntumoren im Anfang übersehen werden könneu. Bei der
Aufnahme in die Klinik war schon aus der Anamnese die Diagnose Hirn¬
tumor zu stellen und mit Wahrscheinlichkeit im Kleinhirn zu lokalisieren.
Kopfschmerzeu, Schwindel, Erbrechen, Sehstörungen, Gangstörungen, Krämpfe
und psychische Störungen wurden iu der Anamnese angegeben. Sicher
gestellt wurde die Diagnose durch den Nachweis von Stauungspapille, Ataxie
und hohem Lurabaldruck; aus dem nach links stärkeren Nystagmus, der
Klopfempfindlichkeit der linken Hinterhauptschuppe, der stärkeren Unsicher¬
heit links war es möglich, den Hauptherd links anzunehmen. Die Diagnose
hätte eine Operation ermöglicht, aber der Zustand der Patientin erlaubte
es nicht mehr.
Von Gierlich (25) wird der Fall eines 29jähr. Schmieds beschrieben,
der neben allgemeinen Hirndruckerscheinungen wie fortwährendem Erbrechen,
Kopfschmerz, Pulsverlangsamung eine Reihe von Symptomen aufwies, die
auf einen Tumor der rechten hinteren Schädelgrube hiuwiesen: Schwindel
mit Fallen nach der rechten Seite, zerebellare Hemiasthenie mit Hypotonie
rechts, spinale Ataxie und Intentionstremor rechts, Adiadochokinesis und
Areflexie der Cornea rechts, Abweichung beim Bäranyschen Zeigeversucb
nach rechts. Es wurde die Diagnose gestellt auf Tumor des vierten Ven¬
trikels mit Druck auf die rechte Kleinhirnseite oder Tumor (Zyste) des Klein¬
hirns rechterseits oder Meningitis serosa ebenda. Bei der Operation, die
wegen Zunahme des Erbrechens vorgenommen wurde, stieß man auf einen
Tumor im vierten Ventrikel, dessen Entfernung nach Durchschneidung des
Wurms und Freilegung des Ventrikels wegen Aussetzen des Pulses und der
Atmung nicht erfolgen konnte; Pat. starb dann einige Stunden nach der
Operation an Atemlähmung. Die Sektion ergab ein Papillom von Eigröße in
der rechten Hälfte des 4. Ventrikels, das vom rechtsseitigen Plexus chorioi-
deus ausging und durch Zerstörung des Unterwurms und des inneren Drittels
des Marklagers der rechten Kleinhirnhemisphäre die charakteristischen
Symptome hervorgerufen hatte.
Hypophysentamoren.
Von Kahlmeter (37) werden drei Fälle von unter dem Bilde der Tabes
oder der Paralyse verlaufendem Hypophysentumor (Pseudotabes bzw. Pseudo¬
paralysis pituitaria Oppenheim) mitgeteilt. Bei dem ersten Patienten begann
die Erkrankung mit einer rasch vorübergehenden Augenmuskellähmung,
nach der sich im Laufe von ein paar Jahren eine einfache Optikusatrophie,
anfallsweise auftretende Schmerzen in den Beinen vom Typus der lanzi-
nierenden Schmerzen, zunehmende Schwierigkeit, beim Gehen das Gleich¬
gewicht zu bewahren, und Abnahme von Potenz und Libido einstellten. Bei
der Untersuchung wurde außer der Optikusatrophie die Abwesenheit der
Patellarreflexe konstatiert; die Diagnose wurde zunächst auf Tabes gestellt,
und erst nach längerer Beobachtung wurde sie, eigentlich nur im Hinblick auf
den Röntgenbefund, in die Diagnose Tumor hypophysis umgeändert. Für
die letztere Diagnose und gegen Tabes sprachen außer dem Röntgenbefand
noch der negative Ausfall der Wassermann sehen Reaktion, das Fehlen jeder
Sensibilitätsstörung und wirklichen Ataxie, sowie Andeutungen von hypo¬
physärdystrophischem Habitus. — In dem zweiten Fall handelte es sich um
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Tumoren und Parasiten des Gehirns.
341
einen 50jährigen Mann, der seit einigen Jahren an abnehmendem Sehvermögen
litt, das sich während des letzten Halbjahres stark verschlechtert hatte;
gleichzeitig hatte sich eine vollständige Charakterändernng bei dem Kranken
eingestellt: während er bis dahin ein bescheidener ruhiger Mann gewesen
war, wnrde er non geschwätzig und vorlaut, urteilslos und ethisch gefühlslos,
mit sehr labiler Gefühlslage, die zwischen albernem Euphorismus und Weiner¬
lichkeit hin und her pendelte; die klinische Untersuchung zeigte u. a. eine
einfache Optikusatrophie und äußerst schlechte Patellarreflexe, so daß natürlich
zuuächst an progressive Paralyse gedacht wurde, besonders mit Rücksicht
auf die Art des Pat., Überlegungen anzustellen, und sein allgemeines Auftreten.
Ausschlaggebend war auch hier die Röntgenplatte, die unzweideutig das
Vorhandensein einer Sellazerstörung zeigte. — In dem dritten Palle endlich
handelte es sich am einen 45jährigen Mann, dessen Krankheit vor 10 Jahren
mit Abnahme des Sehvermögens und psychischen Symptomen begann, indem
er „nervös“ und „eigentümlich“ wurde, erhöhten Betätigungsdrang zeigte und
unmotiviert sein Eigentum verschenkte; einige Jahre später trat eine zu¬
nehmende Gedächtnisschwäche hervor, und gleichzeitig bekam der Patient
Anfälle von Bewußtlosigkeit und vorübergehende Lähmungen, die allmählich
in eine bestehenbleibonde rechtsseitige Parese übergingen, während der
Patient gleichzeitig psychisch mehr und mehr verfiel; er kam ins Kranken¬
haus mit der Diagnose progressive Paralyse, zeigte sich dort völlig desorientiert
und stumpf mit einer gewissen Euphorie und wies somatisch außer einer
rechtsseitigen Hemiparese einfache Optikusatrophie auf beiden Augen auf.
Erst bei der Sektion fand sich ein großer Hypophysistumor.
Alle diese Fälle haben, wenigstens während einer gewissen Periode
ihres Krankheitsverlaufs, so vollständig Tabes bzw. Paralyse vorgetäuscht,
daß eine irrtümliche Diagnose in dieser Richtung völlig entschuldbar gewesen
wäre. In den zwei ersten Fällen war es ausschließlich die Röntgenplatte, die
die Diagnose auf die rechte Spur brachte, in dem letzten Fall entschleierte
erst der spätere Verlauf die wahre Natur der Krankheit. Allerdings müssen
derartige Fälle mit Hilfe der Röntgenuntersuchung und der Wassermann-
schen Reaktion klargestellt werden können.
Die Chirurgie der Hypophysentumoren wird von Schepelmann (65)
eingehend besprochen, im Anschluß an den Fall einer 55jähr. Frau, bei
der nach der Operation das Sehvermögen wenigstens auf einem Auge trotz
vorheriger totaler Amaurose in kurzer Zeit wieder gebessert wurde. Im
ganzen wird darauf hingewiesen, daß dio intrakraniellen Operationsmethoden
allesamt technisch schwierig und gefährlich sind; sie sind nur dann indiziert,
wenn der Tumor nach oben dem Großhirn zu wächst, während für die häufigsten
Fälle des intrasellaren Wachstums und namentlich der Zystenbildung die
transsphenoidalen Methoden vorzuziehen sind, auch wenn sie vielleicht nicht
immer ein radikales Entfernen des Tumors gestatten. Indiziert ist die Operation
unbedingt bei Hirndruckerscheinungeu, Abnahme des Sehvermögens, den oft
unerträglichen Kopfschmerzen, den Störungen des Wachstums und Stoff¬
wechsels. Die Diagnose wird sich fast stets durch die Erweiterung des
Türkensattels im Röntgenbilde stellen lassen. Besonders hervorgehoben wird
die von den verschiedensten Autoren gemachte Beobachtung, daß hochgradige
Sehstörungen bald hach der Operation zurückgehen, was auch in dem von
Verf. beschriebenen Falle eintrat.
Parasiten.
Von Aftom (6) werden zwei Fälle von Hirnechinokokkus mitgeteilt.
In dem ersten Falle waren sieben Monate vor Beginn der klinischen Beob-
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342
Tumoren und Parasiten des Gehirns.
achtung Stirnkopfschmerzen, besonders nachts, aufgetreten, ferner Erbrechen,
Diplopie, Verminderung des Sehvermögens und Parästhesien im rechten Arm.
Objektiv fand sich eine Neuritis optica mit beginnender Atrophie, rechts¬
seitige Hemianopsie, beiderseitige Abduzensparese, rechts mehr als links,
Parese des rechten Rectus sup. und Fazialis, Hemiparesis deztra, Gesichts¬
hyperästhesie. Der Symptomenkomplex war also von Störungen beherrscht,
die durch bilaterale Verletzung einiger Schädelnerven hervorgerufen worden
waren, was an eine Erkrankung der Hirnbasis denken ließ. Da Hydro¬
zephalus und Basistumor mit Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden
konnten, so wurde, trotz negativen Liquorbefundes und negativer Wasser¬
mannscher Reaktion im Blute, eine Meningitis basilaris luetica diagnostiziert,
mit Arteriitis syphilitica incipiens des zweiten und dritten Astes der Art cerebri,
media sinistra. Nach dem plötzlich erfolgten Exitus ergab die Obduktion eine
Echinokokkuszyste im linken Seitenventrikel (Hinterhorn) mit fast völliger
Zerstörung des entsprechenden Hinterhauptlappeus. Es ist in diesem Falle
hervorzuheben, daß trotz dieser fast völligen Zerstörung des Okzipitallapens,
trotz des Druckes, dem die Schläfenlappen und der Scheitellappen ausgesetzt
waren, die Symptomatologie vielmehr für eine Affektion der Hirnbasis sprach.
Um festzustellen, ob eine Differentialdiagnose zwischen Echinokokkus und
anderen Hinraffektionen überhaupt möglich ist, werden eine Anzahl dies¬
bezüglicher Fälle aus der Literatur herangezogen. Es geht daraus hervor,
daß klinisch besonders das Vorhandensein einer leichten und im Verlauf
schwankenden Hemiparese für Echinokokkus charakteristisch ist; in der
Differentialdiagnose gegenüber der Meningitis basilaris luetica müssen neben
deu aus den chemischen und serodiagnostischen Untersuchungen gezogenen
Kriterien, die geeignet sind, die Lues auszuschließeu, die Frühzeitigkeit und
das Imponieren der durch die intrazerebrale Hypertonsion gesetzten Symptome
zugunsten des Echinokokkus sprechen; außerdem scheint in der Meningitis
basilaris luetica die Hemiparese nicht so häufig zu sein wie beim Echinokokkus.
In dem zweiten Fall eines löjähr. Knaben begann die Erkrankung
mit Kopfschmerzen und Erbrechen, dann Diplopie, Amblyopie, unsicherer
Gang, Benommenheit. Objektiv fand sich eine Parese des rechten Abduzens,
leichte spastische Parese der Extremitäten mit Steigerung der unteren Sehnen¬
reflexe; links spastische Parese ausgeprägter als rechts; Steigerung der oberen
Sehneureflexe, Pupille links enger als rechts; Schmerzhaftigkeit des Warzen¬
fortsatzes, zerebellarer Gang, beiderseitige Papillitis, erhöhter Liquordruck,
geistiger Torpor. Es bestand somit ein Syndrom, bestehend aus Parese der
linken Hirnnerven (V, VI, Vll, XII) verbunden mit leichter spastischer
Tetraparese besonders links und mit Gehirukompressionserscheinuugen. Es
wurde die Diagnose auf linken Kleiuhirnbrückenwinkeltumor mit Kompression
der Brücke gestellt. Es wurde operiert, und kurze Zeit darauf erfolgte der
Exitus. Die Sektion ergab eine Echinokokkuszyste des rechten Lobus prae-
frontalis.
Von Kufs (41) wird ein Fall von basaler Zytizerkenmeningitis mitgeteilt,
der klinisch unter dem Bilde einer schweren Melancholie verlief und im
Verlaufe von 2 Jahren nach Hinzutreten einer Hemiplegie zum Tode führte.
Es ließen sich während des Verlaufes keine Anhaltspunkte für eine schwere
orgauische Hirnerkrankung gewinneu, da ausgesprochene Innervationsstörungen
fehlten und lediglich die psychischen Krankheitssymptome wie die schwere
depressive Verstimmung und die adäquaten Wahnvorstellungen und Sinnes¬
täuschungen das Krankheitsbild beherrschten. Hirndrucksymptome, Pyramiden-
und Rindensymptome fehlten gänzlich; eine Untersuchung des Augenhinter-
gmndes unterblieb leider.
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Hamorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß.
343
Pathologisch anatomisch fand sich eine basale fibröse Meningitis, die
makroskopisch für eine luetische gehalten wurde, aber mikroskopisch eine
Unzahl von gofalteten Häutchen enthielt, in denen sich keine Zystizerken
mehr uachweisen ließen; nur rechts neben der Art. basilaris fand sich noch
unter der fibrösen Haut ein kollabiertes, blasenförmiges Gebilde, das sich
als geschrumpfter, aber noch leidlich gut konservierter Cysticercus racemosus
erwies. In der vertieften und verbreiterten Sella turcica fand sich ein kirsch¬
großer, derber Tumor, der, von einer dicken, fibrösen Kapsel umschlossen,
aus vielen Lagen gefalteter, weißgelblicher Häutchen und einem kugeligen,
erbsengroßen Gebilde bestand; von der Hypophyse selbst ließen sich nicht
die geringsten Reste nachweisen. Außerdem fand sich ein beträchtlicher
Hydrocephalus internus mit entsprechender Atrophie des Gehirns; das
Ependym war überall mit dichten Granulationen bedeckt. Überall ließen
sich abgestorbene Zystizerken in dem Granulationsgewebe nachweisen. Die
Gehirngefässe zeigten entzündliche Veränderungen. In den linken Parietal-
■windungen fand sich ein großer Erweichungsherd.
Der kausale Zusammenhang der Psychose mit dem pathologisch-auato-
mischen Hirnbefunde wird in diesem Falle so aufgefaßt, daß die Zystizerken-
invasion eine Reihe von Jahren ohne wesentliche zerebrale Symptome ertragen
wurde, daß später die chronische basale Meniugitis mit konsekutivem Hydro¬
zephalus internus und die chronischen entzündlichen Intimawucherungen in
den Blutgefäßen erhebliche Zirkulations- und Ernährungsstörungen im Gehirn
hervorriefen, die die regressiven und degenerativen Veränderungen in der
Hirnrinde im Sinne einer vorzeitigen senilen Involution der Ganglienzellen
bewirkten; durch diese Annahme würde auch der Charakter der depressiven
Psychose, die viel Ähnlichkeit mit der präsenilen Melancholie zeigte, ohne
Schwierigkeit sich erklären lassen.
Weiter wird noch kurz über drei Fälle von Cysticercus in ventriculo
quarto berichtet; bei dem ersten fand sich ein akuter Hydrocephalus internus
mit Hirndruckerscheinungen; der zweite bot den typischen Bruns-Oppeu-
heimschen Symptomenkomplex der intermittierenden schweren zerebralen
Störungen; bei dem dritten Fall eines Epileptikers fanden sich in der Rauten¬
grube verkalkte Zystizerkenhaufen, die die Medulla oblongata komprimiert
hatten und erst in den letzten Jahren schwere bulbäre Störungen hervorriefen,
während ein schwerer durch die Zystizerken bewirkter Hydrocephalus internus
für die epileptischen Symptome verantwortlich gemacht wurde. Weiter werden
noch kurz eine Anzahl von Zystizerken erwähnt, die zum Teil, bei Aussaat
über die Konvexität, Epilepsie hervorgerufen hatten, zum Teil aber nur
zufällige Obduktionsbefunde waren.
Hamorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszess.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin und Dr. L ö w y - Ostende.
1. Alexander, Granatwandsteckschuß der mittleren Schädelgrube, rechtsseitiger Schläfe¬
lappenabszeß, beiderseits traumatische Erkrankungen des akustischen und dos statischen
Labyrinths. Eitrige Meningitis, exitus letalis. Monatsschi', f. Ohrenheilk. S. 497.
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Medizin. Klinik. No. 14. p. 392.
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Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß.
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45. Pel, P. K., Ein Fall von Thrombose der Arteria cerebelli posterior inferior. Ned.
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Berl. klin. W T och. No. 35. p. 913.
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49. Quix, F. H., Ein Fall von chronisch verlaufendem Extraduralabsceß des Kleinhirns
nach äußerst geringen Symptomen von seiten des Ohres. Ned. Tijdschr. v. Geneesk.
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50. Remsen, C. M, Apoplexy. Surgery, Gynec. and Obstetr. Deo.
51. Richards, George L., Report of a Oase of Brain Abscess with Unusual Findings. Ann.
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53. R u 11 i n, Traumatischer Schläfenlappenabsoeß. Fraktur des Schläfebeines. Monatsschr.
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54. Dersolbo, Sinusthrombose im Anschluß an eine unter dem Bilde der Mucosusotitis ver¬
laufende Streptokokkenotitis, ebd. p. 446. (Sitzungsbericht.)
55. Derselbe, Extraduralabsceß nach akuter Otitis. Doppolter Durchbruch nach außen
und Senkung in die Regio parotidis. ebd. p. 443. (Sitzungsbericht.)
56. Dersolbo, Multilokularer Sohläfonlapponabsceß. ebd. 49. 730. (Sitzungsbericht.)
57. Derselbe, Linksseitige chronische Mittelohreiterung, Sinusthrombose, Bulbusthrombose,
peribulbäre Eiterung, die sich in den Wirbelkanal erstreckt, ebenda. 49.728. (Sitzungs¬
bericht.)
58. Derselbe, Otitis media chronica suppurativa sinistra. Sinusthrombose, Bulbusthromboso.
ebd. 49. 724. (Sitzungsbericht.)
59. Sauer, W. E., Otitic Brain Abscess. Missouri State med. Assoc. Journ. May.
60. Schluttig, Werner, Beitrag zur Aetiologie und Symptomatologie der Hirnabszesse.
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61. Sheppard, J. E., A Case of Brain Abscess; Localization; Operation; Recovery.
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62. Simpson, J. R., Thrombosis of Lateral Sinus. Pennsylvania med. Joum. March.
63. Sloan, H. G., The Diagnosis of Intracranial Bleeding in New Born. The Cleveland
med. Joum. 14. (12.) 808.
64. Smetanka, F., Über intrakranielle Komplikationen der Pharynxkrankheiten, öasopis
äeskych lekafuv. 55. 69. (Böhmisch.)
65. Throckmorton, T. B., Cerebral Abscess; Probably Primarily Due to Suppurative
Tonsilitis. Jowa State med. S. J. Okt.
66. Trible, G. B., Suppurative Otitis Media and its Complications. Military Surgeon.
June.
67. Uchormann, V., Otogene Himabscesse im Frontallappen und im Pariotallappen.
Monatsschr. f. Ohrenheilk. 49. 561. (Sitzungsbericht.)
68. Verse, Verschiedene Verschlußarten der Hirnventrikol nebst Folgezuständen. Münch,
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69. Weidman, Fred D., Ruptured Aneurysm of the Right Vertebral Artory. Tho Joum.
of the Amer. med. Assoc. Vol. LXV. No. 73. S. 1105.
70. Zaun. G. F., Unusual Caso of Latoral Sinus Thrombosis. Wisconsin med. Joum. Deo.
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346
Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß.
Blutung.
Die Dissertation von Liwschitz (34) bietet nichts neues. Sie ist
nur eine ganz interessante Bestätigung der bisherigen Statistiken über spontane
Gehirnblutangen. So z. B. die Häufigkeitsskala der Zentralganglien : Nucleus
lentiformis, Thalamus, Capsula interna, Nucleus caudatus, Capsula externa,
Klaustrum, Insula Reilii. Von 293 Apoplexien waren nur 9 ohne Gefä߬
erkrankung. ( Löwy .)
Mayer (39) weist auf die Häufigkeit intrakranieller Blutungen bei der
Geburt hin. Er selbst hat 5 Fälle innerhalb von 3 Monaten beobachtet. Intra-
zerebrale Blutungen sind dabei eine Ausnahme, solche in die Hirnventrikel
sind schon häufiger. In der Regel aber handelt es sich um Blutungen in die
Hirnhäute und von diesen wieder sind am häufigsten die subduralen Hämor-
rhagien. Die Gegend des Scheitelbeins ist mehr befallen als die anderen
Schädelregionen. Den infratentoriellen Blutungen liegt meistens eine Zer¬
reißung des Tentorium cerebelli mit Verletzung des Sinus transversus oder des
V. Galeni zugrunde, während die Quelle der supratentoriellen Hämorrhagieu
gewöhnlich in einer Zerreißung der in den Sinus longitudiualis superior eiu-
mündenden Venen oder des Sinus selbst liegt. Ursachen sind mechanische
Gewalteinwirkungen oder Geburtshinderuisse (Zange, Beckenendlage, enges
Becken bei Spontangeburt usw.). Da aber auch bei schnellverlaufeuden
Geburten intrakranielle Blutungen Vorkommen, so müssen in diesen Fällen
auch im Kinde selbst liegende Ursachen wirksam sein. Diese intra partum
eintretenden Blutungen haben besonders auch forensische Bedeutung. Eine
solche Blutung darf keineswegs als zuverlässiger Zeuge eiuer vorausgegangenen
unsachgemäßen Gewalteinwirkung angesehen werden. Die Folgen dieser
Blutungen sind sehr schwer, in vielen Fällen sofortiger oder bald nach der
Geburt eintretender Tod oder schwere Störungen durch Beeinträchtigung
wichtiger Zentren des Gehirns, die im einzelnen besprochen werden. Uber den
Ort der Blutung (supra- oder infratentorielle) gibt mitunter die Spinal¬
punktion Aufschluß. Den Schluß des Referates bilden Ausführungen über die
Behandlung dieser Störung. (Jacobsohn.)
Eine Gewehrkugelverletzung führte zu spastischer Paraparese der Beine;
blutiger Liquor führte Podmaniczky (47) zur Diagnose einer submenigealen
Blutung durch Erschütterung dos Spinaltrakts und Zerreißung kleinster
meningealer Gefäße. Häufige Lumbalpunktionen führten zur fast vollständigen
Heilung. Ein zweiter Kranker war durch eine in nächster Nähe explodierende
Granate zu Boden geworfen worden, konnte wegen Rückenschmerzen seitdem
nicht laufen. Er wurde mouatelang als Funktionalkranker behandelt, trotzdem
er Kernigsches Phänomen aufwies und die Hyperästhesie der Lumbalgegend
bestand sowie entlang der Wirbelsäule selbst das Betupfen der Haut mit
einem Wattebausch schmerzhaft empfinden ließ. Eine orientierende Lumbal¬
punktion ergab eine submeningeale Blutung, eine weitere Punktion brachte
völlige Heilung. (Lötet/.)
Forsheim (16) beschreibt zwei Fälle von spontanen Subarachnoidal¬
blutungen, beide bei jnngen Personen (17 u. 20 Jahre), bei denen die Krankheit
unter klinischen Symptomeu von akuter Menigitis auftrat. In beiden Fällen
erkrankten die Patienten plötzlich bei voller Gesundheit, im ersten Falle
rein apoplektiform, so daß Patient bei der Arbeit umfiel, jedoch ohne das
Bewußtsein zu verlieren. Die Symptome waren bereits von Anfang an
maximal entwickelt und nabmen dann allmählich ab. Die Zerebrospinal¬
flüssigkeit zeigte in beiden Fällen ein für primäre Blutung typisches Ver¬
halten. Der Druck der Zerebrospinalflüssigkeit war in beiden Fällen
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Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß.
347
erheblich gesteigert (bzw. 330 und 450 mm in liegender Stellung). F. ist der
Ansicht, daß die subarachnoidale Blutung zu gesteigerter Absonderung von
Zerebrospinalflüssigkeit führt, und daß der erhöhte Druck, wenigstens zum
größten Teil, auf dieser vermehrten Absonderung beruht. — Beide Fälle
führten zu voller Genesung. F. betont die große therapeutische Bedeutung
der Lumbalpunktion bei dieser Krankheit, wo die oft bedeutende und lange
anhaltende Drucksteigerung wiederholte Punktionen zu indizieren scheint.
( Kahlmeter .)
Ein 40jähriger sonst gesunder Mann — Beobachtung von Weidman
(69) — erkrankte plötzlich mit Kopfschmerzen, Frostgefühl und wird innerhalb
einer halben Stunde bewußtlos; diese Bewußtlosigkeit hellt sich auf kurze
Zeit auf, um dann wieder sich einzustellen. Patient wird unruhig, kommt
io Schweiß, es stellt sich Steifheit der Körpers und Opisthotonus ein. Der
Zustand dauert so 3—4 Tage, worauf der Tod eintritt. Bei der Sektion
ward« ein erbsengroßes Aneurysma an der rechteu A. vertebralis etwas
unterhalb der A. basilaris gefunden. Die Basis cerebri war mit Blutklumpen
überlagert. Die Spinalflüssigkeit war vollkommen bluthaltig gewesen. Es
bestand Verdacht auf Syphilis. (< Jaccbsolm .)
Bei einer 66 jährigen Patientin, welche Barke und Nuzum (14) beob¬
achteten, deuteten alle Symptome auf eine Gehirnblutung hiu. Dessen un¬
geachtet fand sich bei der Sektion eine Thrombose der A. cerebralis media
mit einem Erweichungsherd in der Gegend der zentralen Ganglien.
( Jacobsohn .)
Embolie.
Bei einer schwierigen Exstirpation einer Ovarialgeschwulst kam es, wie
Praeger (48) berichtet, durch starke Quetschung der sehr fettreichen Bauch¬
decken zu einer Fettembolie. Nach einem Intervall von 3 1 /* Tagen mit
Temperatursteigerungen bis 38,8°, bei ruhigem Puls und mehrfachem Er¬
brechen traten Ikterus und Gehirnsymptome auf (soporoser Zustand, Un-
orientiertheit, ängstliche Verwirrtheit), die bis zum 7. Tage anhielten.
(Löiry)
Bürger (13) zeigt an mehreren Beispielen die praktisch noch nicht
recht erkannte Wichtigkeit der Fettembolie für Erkrankungen und plötzliche
Todesfälle nach Traumen. Er weist hin auf die ausgedehnten Blutungen
auch im Gehirn (bei gesundem Gehirne vor allem im Mark, bei chronisch
entzündlichen Veränderungen der Pia und der ihr benachbarten Rinde, aber
auch in der mangelhaft mit Blut versorgten Rinde). Diese meist nicht
stecknadelkopfgroße Blutungen können so zahlreich sein, daß sie die Hälfte
der Hirnsubstanz einnehmen. Bei Fettembolie der Organe des großen
Kreislaufes folgt nach dem (auch sehr kurzen) freieu Intervall ein Reiz¬
stadium mit Reflexsteigerung, Fußklonus, toxischer Starre, Opistotonus, Spasmen,
epileptischen Anfällen, auch Brechreiz und Erbrechen. Dies Stadium dauert
von wenigen Minuten bis zu mehreren Tagen, dann tritt Benommenheit ein,
die auch vorangehen kann (Eindruck eines Angetrunkenen). Unter Paresen,
Temperaturabfall, dann wieder Anstieg (zentralbedingt?) folgt meist der Tod.
Im Liquor fand B. zahlreiche, mit Fettkörnchen vollgepfropfte Lympho-
und Leukozyten, der Liquor ist vermehrt, aber klar.
Prophylaktisch empfiehlt B. die Esmarchsche Binde nach schweren
Traumen, besonders bei Alkoholikern und Leuten nach überstandener
Krankheit, ev. rasche Operation, therapeutischer Aderlaß, auch Blutegel und
Lumbalpunktion. (. Löwy.)
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348
Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß.
Thrombose.
Der Fall von Sinusthrombosis, über den Heinian und Ballin (22)
berichten, war dadurch bemerkenswert, daß nur einige Wochen vor der
Aufnahme ins Krankeukaus leichte Ohrstörungen bestanden hatten, daß
während der Beobachtung in der Klinik direkte Krankheitserscheinungen an
den Ohren und auch andere Symptome fehlten, welche auf eine Sinusthrombose
hindeuteten. Nur der positive Blutbefund mit Streptokokkenkulturen er¬
weckte den Verdacht auf Sinustbrombose, indem hier ein septischer Herd
angenommen wurde. Der Processus mastoideus wurde bei der Operation
frei von jeder Entzünduug gefunden. Durch Aspiration des Sinns wurde
der Eiter entdeckt. Die Autoren exzidierten die V. jugularis interna, bevor
sie den Sinus kurettierten. ( Jacobsohn .)
Smetänka (64) diskutiert und belegt kasuistisch die Entstehung und
Formen folgender intrakraniellen Erkrankungen: Thrombosis sinus cavernosi
(als Folge der phlegmonösen Angina), Meningitis cerebrospinalis (nach folli¬
kulärer, phlegmonöser Angina oder auch Tonsillitis pharyngea). Die
Möglichkeit der intrakraniellen Infektion läßt sich mit größter Wahr¬
scheinlichkeit nur auf dem Blutwege konstatieren. Die drei iu Betracht
kommenden Bahnen wären dann: Venenverbindungeu zwischen Plexus
pharyngeus und Sinus cavernosus, dann Kommunikationen zwischen Plexus
pterygoideus mit Veuen im weichen Gaumen und Venae ophthalmicae und
mittels Vena jugularis. ( Jar . Stuchlik.)
Boot’s (11) Fälle, über die er berichtet, sind kurz folgende: 1. Muschel¬
entfernung, akute eitrige Otitis media, Mastoiditis, Sinustbrombose, pyä¬
mischer Abszeß, Restitution. 2. Scharlach, akute eitrige Otitis media, Mastoi¬
ditis, Sinusthrombose, Hämorrhagie, Tod. 3. Pneumonie, akute Otitis media,
Mastoiditis, Sinusthrombose, Restitution. 4. Chronisch eitrige Otitis media,
Mastoiditis, FazialisUihmuug, Erysipelas, Genesung. ( Jacobsohn .)
Graham (19) veröffentlicht zwei Fälle von Sinusthrombose, von denen
der eine schleichend ohne irgendwelche bedrohlichen Symptome verlief und
der audere sich nach Malaria entwickelte. (Jacobsohn.)
Abszess.
Schluttig (60) bespricht in seiner Dissertation sehr ausführlich einen
Fall mit multiplen Gehirnabszessen, an dem die Ätiologie insofern interessant
ist, als Patient kurz nach einer Gesichtsrose (an der er schon öfter gelitten
hatte) erkrankte. (Löiry.)
Wenn bei einem Schädelschuß mit Hirnverletzung, sei er noch so er¬
folgreich operiert, eine gewisse Zeit nach dem Eingriff unter Temperatur¬
steigerung raeningeale Symptome einsetzen und die Lokalsymptome eine
leichte Verstärkung erfahren, so hat man nach Erfahrungen von Marburg
und Ranzi (38) das Recht, einen Spätabs/.eß anzunehmen. Die Verbreitung
des Eiters auf die Meningen, wodurch die Symptome zustande kommen, sei
folgende: Der oft nur kleine Abszeß steht durch eine kaum merkbare Lücke
mit den Ventrikeln in Verbindung. Es tritt ein Pyozephalus auf; der Eiter
ergießt sich dann durch das Foramen Magendi zunächst in die Meningen
des Hirnstammes und von da auf die Hemisphären. Am meisten findet sich
der Eiter in der hinteren Arachnoidealzysterne, und so erklärt sich wohl
auch durch die enge Mitbeteiligung des vierten Ventrikels der rasche Exitus.
Es zeigt sich durch diesen Befund, daß, wenn der Spätabszeß Erscheinungen
hervorrnft, es bereits für den therapeutischen Eingriff zu spät ist. Indessen
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Hamorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß.
34*
kann mau durch frühzeitige Eröffnung solcher Abszesse auch Heilung
herbeiführeD. ( Jacobsohn .)
Bei einer 8 Jahre alten Patientin — Beobachtung von Harms (21) —
entwickelten sich im Anschluß an eine akute Mittelohreiterung links im Laufe
von etwA 7 Wochen 4 Hirnabszesse. Schon im Beginn der Erkrankung
hatte die Verschlimmerung der Mittelohreiterung mit zerebralen Symptomen,
Krämpfen, Benommenheit, Delirien eingesetzt. Diese schweren Erscheinungen
schwanden sofort nach der einfachen Aufmeißelung beiderseits. Erst 14 Tage
darauf traten von neuem Hirnsymptome auf, und es folgte die Operation des
ersteu Abszesses, die wieder eine schnelle Besserung herbeiführte. In
Zwischenräumen von etwa 14 Tagen offenbarten sich auch der zweite und
dritte Eiterherd mit schweren allgemeinen Hirnerscheinungeu, die ebenfalls
nach der Operation jedesmal rasch zurückgingen. Der vierte Abszeß brach
beim Verbandwechsel, vier Tage nach Spaltung des dritten, in den Dränage¬
kanal des zweiten durch und entleerte sich so spontan. Alle vier Herde
lagen in der Tiefe der Marksubstauz. Drei saßen im Temporallappen, und
zwar der erste in der dritten Windung direkt über der Schädelbasis, der
zweite und vierte in der hinteren Partie der mittleren Schläfenwindung, einer,
der dritte, fand sich im Parietallappen. Der Autor meint, daß die Abszesse
unabhängig voneinander entstanden siud, weil die Entfernung der einzelnen
Herde voneinander zu groß war. ( Jacobsolm .)
Bei einer Patientin — Beobachtung von Goerdt (17) —, die schon
jahrelang an Mittelohreiterung litt, und bei der eiue Radikaloperatiou auf
einer Seite ausgeführt war, zeigten sich Erscheinungen, die auf Hirnabszeß der
anderen Seite schließen ließen. Da aber Symptome ganz plötzlich auftraten,
die einen Durchbruch des Eiters in den Ventrikel vermuten ließen (Puls 120,
Pupillen weit und fast reaktionslos, starke Benommenheit und unaufhörliches
Schreien), so wurde die Operation, die erst am nächsten Tage vorgenommen
werden sollte, sofort ausgeführt. Nachdem nahezu aller Eiter des im Schläfe¬
lappen aufgefundenen Abszesses entleert war, strömte reichlich klarer
Liquor hervor, der immer wieder zum Vorschein kam, sobald die Wandungen
der Abszeßhöhle auseinander gespreizt wurden. Der Autor diskutiert nun
die Frage, ob die Ruptur der Ventrikelwand schon vor der Operation be-
standeu hat oder durch letztere herbeigeführt wurde. Die akut aufgetretenen
Erscheinungen bei der Patientin scheinen ihm für die erste Annahme zu
sprechen. Da die Eröffnung aber minimal gewesen, die Ventrikelwand auch
nicht nekrotisch zerfallen war und durch den Druck des Abszesses gegen
die mediale Ventrikelwand gepreßt wurde, sei wahrscheinlich kein Eiter in
den Ventrikel eingedrungen, oder wenn auch Spuren bineingelangt seien, so
wären sie vielleicht durch die vorquellende Zerebrospinalflüssigkeit heraus¬
befördert worden. Die Patientin wurde geheilt. ( Jacobsohn .)
Bailaban (3) berichtet ausführlich über einen Fall von orbitogenem
Hirnabszeß bei einem 12 jährigen tuberkulösen Kinde. Der Abszeß war
durch Infektion von kariösen Partien des Stirnbeins im Bereiche des oberen
Orbitalrandes entstanden. Nach Freilegung und Entleerung des Abszesses
hatte sich ein starker Hirnprolaps gebildet, und es trat Stauungspapille auf.
Beide Erscheinungen bestanden ziemlich lange Zeit, und der Befund der
Spinalflüssigkeit ließ Meningitis vermuten, obwohl solche nicht bestauden hat.
(Jacobsohn.)
Bannes (4) beschreibt einen Hirnabszeß, der im Anschluß an eine
Zahnerkrankung entstand, und zwar durch Fortleitung des Infektionsprozesses
in der Nervenscheide des Ram. mandibularis trigem. Mikroskopisch zeigte
sich an diesem Ram. in der Nähe des Ggl. Gasseri eine sehr starke Leuko-
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350
Hämorrhagie, Embolie, Thrombose, Abszeß.
zyteninfiltration des perineuralen Bindegewebes. Im Ggl. selbst liegen die
Leukozyten so dicht, daß die normale Struktur des Knotens völlig ver¬
wischt wird.
Patient war ein Jahr lang wegen vielfacher Periostitiden u. a. in
zahnärztlicher Behandlung gewesen, 5 Extraktionen fanden unter Leitungs¬
anästhesie statt.
Verfasser erinnert an einen Fall von A. Cohnstein (internat. zahn-
ärztl. Kongreß Berlin 1909), wo nach demselben Eingriff eine Allgemein¬
infektion und Embolie des Lumbalmarks einsetzte, und folgert, daß die
Leituugsanästhesie bei infektiösen Prozessen in der Nähe des For. mandibulare
absolut kontraindiziert ist. ( Löxcy .)
Ein 7 jähriger Knabe — Beobachtung von Beck (8) — erkrankt
plötzlich unter hohem Fieber, großer Unruhe, Erbrechen, Kopfschmerzen
und Benommenheit und unter Lähmungen des linken Fazialis und Abduzens.
Die mehrfache Untersuchung ergab keine deutliche Ursache dieser Er¬
scheinungen. Bei der Autopsie fand man eine alte eitrige Tonsillitis auf
der rechten und eine frische auf der linken Seite, ferner einen großen Retro-
und Subpharyngealabszeß. Dieser letztere hatte die Schädelbasis ulzeriert
und war in die hintere Schädelgrube eingedrungen. ( Jacobsohn .)
Der Stirnhirnabszeß, welchen Honig (25) beschreibt, war, wie die Sektion
ergab, von einer alten entzündlichen Affektion des linken Sinus frontalis
ausgegangen. Eine gleichseitige Okulomotoriuslähmung, erst der äußeren,
dann auch der inneren Fasern, war das einzige Herdsymptom der zerebralen
Affektion. Es wurde eine Affektion (Tuberkel) im Hirnstamme in der
Gegend der Okulomotoriuskerne angenommen. Diese Diagnose w r urde gestützt
durch die klinische Diagnose eines obsoleten tuberkulöson Prozesses der
linken Lungenspitze. Auch der Liquorbefund hatte nicht zugunsten eines
Abszesses gesprochen. ( Jacobsohn .)
Bei 7 Fällen von Kombination von Hirnabszeß und Sinusphlebitis
unterscheidet HÖbig (23) drei Gruppen, 1. solche mit im Vordergrund
stehender Sinuserkrankung, 2. solche, bei denen die Symptome der Hirn-
erkrankuug vorherrschen und 3. bei denen außer Abszeß und Phlebitis eine
Labyrinthitis die Diagnose erschwerte. Hier wurde nur auf Grund des
Neumannschen Symptoms (Ausschlagen des Nystagmus auf der kranken
Seite) die Diagnose eines Abszesses gesichert.
In 2 Fällen ist die Diagnose eines Abszesses, die therapeutisch von
größter Wichtigkeit ist, vor einer Operation unmöglich: Wenn die Sinus¬
phlebitis den Abszeß völlig verschleiert und der Abszeß an sich keine Er¬
scheinungen macht.
Von seinen 7 Fällen wurden nur 2 geheilt, einer erlag der Sinus¬
erkrankung, 4 dem Abszeß. (Bei so winzigen Ziffern Prozentzahlen auf¬
zustellen [Prozent = zu 100!!] ist widersinnig, wie Referent schon öfter
hervorhob.) ( Löxcy.')
Jankovich (27) berichtet vom pathologischanatomischen Standpunkte
über fünf letale Fälle von Hirnabszeß im Anschluß an Schädelverletzung.
Im ersten Falle handelt es sich um einen 34jährige Infanteristen, welcher
sich einige Wochen nach einer geringen Schrapnellkugelverletzung in der
Gegend des rechten Stirnhöckers ganz wohl fühlte, dann plötzlich Er¬
scheinungen von Hirnabszeß zeigt, operiert wird, aber unmittelbar danach
stirbt. Bei der Sektion fand sich neben Meningealverwachsungen eine
epidurale und subdurale Eiteransammlung, und im rechten Stirnlappen ein
nußgroßer Abszeß, welcher von einer 1 bis 2 Millimeter dicken Wandung
umgeben ist. Auch im zweiten Falle Schrapnellverletzung der rechten
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Zerebrale Kinderlähmung.
351
Stiruhälfte, unreine Wunde, welche erst sechs Tage nach der Verletzung
chirurgisch versehen werden konnte, wobei mit Eiter vermengte Knochen¬
teile und Kleiderfetzen entfernt werden. Nach einem Monat Prolaps, Ab¬
stoßung eiternder Hirnpartien, Tod. Bei der Sektion fand sich eine diffuse
eitrige Meningitis und im rechten Stirnlappen ein ausgedehnter Abszeß,
welcher bloß von einer ca. 1 cm dicken Hirnwandung umgeben ist. In diesen,
sowie drei ähnlichen Fällen fand nun Verl’., daß in allen seinen 5 Fällen
eine diffuse eitrige Meningitis den Tod verursachte, und in 3 Fällen ein
Durchbruch in den Ventrikel erfolgte. In den meisten Fällen waren Hirn¬
häute und Knochen entzündlich verwachsen, damit der entzündliche Prozeß
lokalisiert, und der entstehende Hirnabszeß bricht in die Ventrikel durch.
Oft gesellt sich zum Abszeß eine Encephalitis haemorrhagica. In ganz seltenen
Fällen wird der Tod nicht durch Meningitis oder Ventrikeldurchbruch ver¬
ursacht, sondern durch Oblongatakompressiou. Trotz aller Anerkennung,
welche Verf. der Chirurgie zollt, muß er konstatieren, daß die operative
Behandlung der Hirnabszesse noch auf recht schwacher Basis steht. Die
Ursache dieses Umstandes sieht er in einer verminderten Widerstaudsfähig¬
keit des Gehirns, welches infolge seines totalen Mangels an Bindegewebe
nicht imstande ist, eine Resorption des Eitererregers zu bewerkstelligen,
dagegen aber erleichtern die perivaskulären Räume die Verbreitung des
Eiters. Dies sind die Gründe der „progressiven Teudenz“ der Hirnabszesse.
( Hudovervig .)
In einem von Richard’s (51) mitgeteilten Falle von Hirnabszeß wurde
in der post mortem entnommenen Lumbalflüssigkeit die Wassermannsche
Reaktion positiv gefunden und außerdem waren Pneumokokken in ihr
enthalten. ( Jacobsohn .)
Die Mitteilung Bryan’s (12) ist dadurch bemerkenswert, daß er aus
den Streptokokken, welche zur Infektion geführt hatten, Serum herstellte
und den Patienten injizierte. Bei dem einen der beiden mitgeteilten Fälle sank
die Temperatur nach den Injektionen, bei dem anderen trat eine Änderung
nicht ein. ( Jacobsoh «.)
Zerebrale Kinderlähmung.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn.
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Considorable Under-Development of Left Upper Extremity; Jacksonian Convulsionu.
Affocting Paralyzed Upper Extremity; Petit Mal. Brit. Journ. of Childrens Disease..
May.
5. Higier, H., Ein Fall von cerebraler angeborener Diplegio vom atonisch-astatischon
Typus (Foorster). Verhandlungen d. Warschauer ärztl. Gesellschaft. CXI. p. 77.
6. Keyser, T. J., Unurual Case of Infantiblo Cerobral Hemiplegia. The Journ. of N. and
mod. Dis. 42. 748. (Sitzungsbericht.)
7. Spill er, William G., Severe Jaundice in the Nowborn Child a Cause of Spas; ic
Cerebral Diplegia. The Amer. Journ. of the med. Sciences. Vol. CXLIX. No. 3.
p. 345.
8. Wright, Harold W., Infantile Hemiplegia. A Case with Unusual Onset and Obscuro
Etiology. The Journ. of the Amer. med. Assoc Vol. LXIV. Xo. 19. p. 1577.
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352
Augenmuskelläbmungcu.
Wright (8) berichtet über ein 19 Monate altes Kind, dessen Mutter
Alkoholikerin war. Das Kind bekam beim Durchbruch des ersten Zahns
eine rechtsseitige Hemiplegie spastischen Charakters. Diese Hemiplegie ver¬
schwand und kehrte mehrmals wieder, bis sie schließlich stationär wurde.
Zwischendurch hatte das Kind mehrmals klonische Krämpfe vorübergehender
Natur. Der Augenhintergrund war nicht ganz normal. Der Autor nimmt
an, daß hier Blutungen aus der A. lenticulo-striata wiederholt erfolgt sind,
und daß daraus sich bildende und wieder resorbierte Blutklumpen deu intra¬
kraniellen Druck und den lokalen Druck auf die Fasern der inneren Kapsel
abwechselnd steigerten uud wieder verminderten.
Higier (5): 4jähriges, schwer, aber nicht frühzeitig und asphyktisch
geborenes Kind ohne psychoneurotische Aszendenz, entwickelte sich scheinbar
normal, kauu sich nicht spontan aufsetzen, ohne Stütze sitzen, stehen, gehen,
den Kopf aufrecht halten, trotzdem in der Bewegungs-, Sensibilitäls- und
Reflexsphäre alles normal zu sein scheint. Aphasie. Versteht gut das
Gesprochene. Hyperexteusibilität aller Gelenke, Hypotonie und mangelhafte
Koordination, die sich darin äußert, daß es an gleichzeitiger Zusammen¬
arbeit der Antagonisten mit den Agonisten fehlt Leichte Imbezillität. Verf.
schließt die Friedreichsche Ataxie und Oppenheimsche Myatonie aus uud
diagnostiziert die astatisch-asthenische Diplegie zerebraler Herkunft. Diese
Form ist bedeutend seltener, nicht nur als die spastische und athetotiscbe,
sondern auch als die choreatische und wenig bekannte zerebellare Form. In
den 2 Fällen Foersters, die einzeln zur Sektion gelaugten, fand sich lobäre
Sklerose der Frontallappen mit sekundärem Schwund der fronto-zerebellaren
Koordinationsbahnen. (SelbstbericJu.)
Spiller (7) publiziert vier Fälle, in welchen sich nach einem Icterus
neonatorum eine spastische zerebrale Lähmung entwickelt batte. Der erste
Fall betraf ein gesund geborenes Kind mit spastisch ataktischer Diplegie,
der zweite Fall betraf eine Frühgeburt (7 Va-Monats-Kind) mit Hemiparese;
im dritten Fall hatte sich Hypotonie der Nackenmuskeln und leichter Spas¬
mus der Glieder eingestellt. Der vierte Fall zeigte das typische Bild der
Litt loschen Krankheit. Die Störungen wurden nach Ablauf des Ikterus
bemerkt, letzterer hatte mehrere Tage bis Monate lang bestanden.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn.
1. Book, 0., Schädel schuß mit Cochleariserscheinungen und Augenmuskellähmungen.
Monatsschr. f. Ohrenheilk. p. 428. (Sitzungsbericht.)
2. Biolschowsky, A., Beitrag zur Kenntnis des rezidivierenden und alternierenden
Ophthalmoplegia externa. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 90. S. 433. Festschrift f.
H. Sattler.
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Augenmuskellähmungen.
353
Ein Student — Beobachtung von Bielschowsky (2) — bisher gesund,
nicht syphilitisch, etwas neuropathisch belastet, bemerkt im Alter von
19 Jahren (1909) zum ersten Male Doppelsehen, das ohne erkennbaren Anlaß
and ohne sonstige Störungen des Allgemeinbefindens auftrat, nach wenigen
Tagen verschwand und erst nach einem Intervall von mehr als einem Jahre
rezidivierte, wiederum ohne irgendwelche sonstigen Krankheitserscbeinungen.
Die Diplopie besserte sich im Laufe der nächsten 3—4 Monate, war nur
gelegentlich noch bemerkbar. Dann aber (April 1911) verschlechterte sie sich
erheblich. Zu dem früher lateralen kam ein Vertikalabstand der Doppel¬
bilder auf Grund einer Parese der beiden linken Senker und des linken
Medialis. Während sich die ersteren etwas erholten, trat schon nach einer
Woche eine Paralyse der rechten Medialis auf, zu der sich in den folgenden
Tagen eine Parese des linken Rectus sup. gesellte. In der nächsten Woche
waren sämtliche äußeren Äste des rechten Okulomotorius paretisch, ebenso
links zugleich mit dem N. trochloaris. Während sich dann die Funktion
einiger Muskeln bessert, werden andere — Lidheber, Medialis und Rectus
inferior des rechten Auges total paralytisch. Mit diesem schweren Krank¬
heitsbild kontrastiert in auffälligster Weise der nach 2 Monaten erhobene
Befund (September 1911): Keine Spur von Ptosis, binokulare Fixation bis
zum normalen Nahepunkt der Konvergenz, nur im Bereich des rechten
Medialis eine eben nachweisbare Beschränkung der Beweglichkeit. Aber
schon im Laufe der beiden folgenden Monate stellt sich infolge Parese des
haken Medialis wieder eine Disvergenz von fast 30° ein, dann werden beide
Mediales, beide Senker des linken, beide Heber des rechten Auges und
schließlich auch der linke Lateralis paralytisch. Während sich dann die
Vertikalmoloreu wieder wesentlich bessern, besteht für einige Wochen ein
vollkommener, gleichmäßiger Ausfall der zur Linkswendung assoziierten
Muskeln, des linken Lateralis und rechten Medialis. Im Dezember 1911
verschlechtert sich auch der Zustand der Vertikalmotoren wieder, und zwar
wiederum hauptsächlich die beiden linken Heber und beiden rechten Senker.
Im März 1912 ist das Bild der seitlichen Blicklähmung nicht mehr vor¬
handen, alle Seitenwender sind paretisch, aber in ungleichem Grade, rechts
besteht totale Ptosis und mehr oder minder hochgradige Parese aller Muskeln
außer den Hebern, während links außer den Seitenwendern nur noch die
Heber leicht paretisch sind. Nach einigen Wochen erholen sich am rechten
Auge die gejähmten Muskeln, statt ihrer werden die vorher normalen Heber
paretisch. Ähnlicher Wechsel zwischen Verschlechterung und Verbesserung
ist in den folgenden Monaten auch am linken Auge zu beobachten. Im ganzen *
aber bessert sich während des Sommers der Zustand erheblich (dreimonatliche
Kur in Levico). Anfang Dezember 1912 sind weder subjektive Beschwerden
noch objektiv nachweisbare Augenmuskelparesen vorhanden. Aber schon nach
einigen Wochen stellt sich zunächst links wieder die Lähmung der Senker,
dann rechts die Lähmung der Lid- und Bulbusheber ein, während die Seiten¬
wender noch einige Monate normal bleiben. Im Mai 1913 sind, nachdem der
Zustand während der Wintermonate bald besser, bald schlechter war, sämt¬
liche 4 Seitenwender mehr oder minder hochgradig paretisch, rechts auch alle
Vertikalmotoren, die links normal sind. Seitdem ist anscheinend keine völlige
Wiederherstellung der Beweglichkeit mehr eingetreten, es wechselt nur der
Grad der Lähmung und deren Ausdehnung auf die verschiedenen Muskeln.
Der Autor verlegt den Krankheitsprozeß in das Kemgebiet. Sollte die hier
geschilderte rezidivierende Ophthalmoplegie keine reine Form (ohne andere
Nervenstörungen ablaufende) sein, so käme, wenn sie Vorläufer eines aus¬
gedehnten Krankheitsprozesses sein sollte, nur die multiple Sklerose in Betracht.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1916.
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354 Erkrankungen des Kleinhirns.
In der Mitteilung von Snowball (7) handelt es sich um die seltene
Kombination einer Fazialis- und Abduzenslähmung nukleären Ursprungs,
welche seit der Gebart besteht. In ätiologischer Hinsicht war nichts Sicheres
herauszufinden.
Erkrankungen des Kleinhirns.
Ref.: Dr. W. M i s c h - Berlin.
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mit kompressorischem Verschluß des Foramen Magendi, Parese des linken Abduzens
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Erkrankungen des Kleinhirns.
356
Von Schaller (19) werden die verschiedenen Symptome der Kleinhirn-
erkranknngen besprochen, die das Kleinhirnsyndrom ergeben. Es wird darauf
hingewiesen, daß keines derselben, einzeln betrachtet, unbedingt charakte¬
ristisch für Kleiuhirnerkrankung ist. Zu den vom Kleinhirn mehr ab¬
hängigen Symptomen gehören die zerebellare Ataxie, Asynergie, Adia-
dochokinesis und die zerebellare Katalepsie, ferner das Fallsymptom und die
Abweichungen vom Normalen bei der Labyrinthfunktiousprüfung und dem
B&ränyschen Zeigeversuch. Weniger abhängige Symptome sind die durch
den intrakraniellen Druck verursachten wie Übelkeit, Erbrechen Schwindel,
Stauungspapille und Nystagmus.
Von Woodbury (24) werden die für die Kleinhirnerkrankungen charak¬
teristischen Symptome besprochen, und zwar nach den vier Gesichtspunkten
der Ataxie (Inkoordination), der Hypotonie (verminderter Muskeltonus), der
Astasie und der Asthenie. Anschließend wird ein Fall besprochen, bei dem
ein intrazerebellares Gliom auf der rechten Seite diagnostiziert wurde, welches
die Operation bestätigte. Durch die Operation wurde eine weitgehende
Besserung erzielt.
Von Grey (8) werden 66 Fälle von Kleinhirntumor analysiert, um die
Bedeutung des zerebellaren Ganges der Ataxie, des Rombergseben Phä¬
nomens und der Adiadochokinese für die Lokalisation der Neubildungen in
der hinteren Schädelgrube genauer zu bestimmen. In allen in Betracht ge¬
zogenen Fällen wurde die Läsion entweder durch Operation oder durch
Autopsie lokalisiert. Für die zerebellare Ataxie wurde festgestellt, daß bei
einseitigen Läsionen etwa 40 % der Patienten keine ausgesprochene Ab¬
weichung nach der einen oder anderen Seite zeigten. Andererseits war bei
zentralen Läsionen eine Abweichung nach einer bestimmten Richtung ebenso
häufig wie ein Schwanken nach beiden Seiten. Hieraus geht hervor, daß,
obwohl der schwankende zerebellare Gang wahrscheinlich das charakte¬
ristischste Zeichen einer Kleinhirnerkrankung ist, ein Abweichen nach der
einen oder anderen Seite keine lokalisatorische Bedeutung hat. Hinsicht¬
lich des Rombergschen Phänomens ergab sich, daß in weit über 50 % der
Fälle die Richtung des Schwankens oder Fallens keine direkte Beziehung zu
der Lokalisation des Tumors hat. Es ist also daraus zu folgern, daß, obwohl
das Rombergsche Zeichen zur Diagnose einer subtentoriellen Neubildung
sehr notwendig ist, ein Schwanken nach der einen oder anderen Seite keine
wirkliche Bedeutung für die Lokalisation des Tumors hat Ataxie der
Extremitäten kann bei Fällen von zentralen wie lateralen Kleinhirnläsionen
fehlen, ebenso auch bei extrazerebellaren Tumoren. Anderseits ergab sich,
daß, obwohl die Ataxie bei gewissen Fällen von einseitigen Affektionen
beiderseits gleichmäßig ausgeprägt sein kann, in einzelnen Fällen auch auf der
der Affektion entgegengesetzten Seite überwiegt, in der Mehrzahl der Fälle die
Ataxie der Extremitäten auf der der Kleinhirnaffektion gleichen Seite stärker
vorhanden ist. Wenn also die Ataxie auf beiden Seiten verschieden stark
ausgeprägt ist, so ist sie als lokalisatorisches Zeichen ziemlich wertvoll. Die
Adiadochokinese fehlt häufig bei Kleinhirnerkrankung; ist sie aber an einer
Extremität oder in ungleicher Weise an beiden Seiten vorhanden, so hat sie
eine gewisse Bedeutung für die Lokalisation der Läsion.
Von 34 nachgewiesenen Fällen von Kleinhirntumor und 17 nach¬
gewiesenen Fällen von extrazerebellarem Tumor fand Grey (9) bei 11 Fällen
Tor der Operation keinen Nystagmus bei wiederholten Untersuchungen. Alle
Fälle, in denen er fehlte, erwiesen sich als intrazerebellare Neubildungen,
d. h. er fehlte in 32 % der intrazerebellaren Tumoren. Dies bedeutet, daß,
wenn ein Patient einen Kleinhirntumorsymptomenkomplex ohne Nystagmus
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356 Erkrankungen des Kleinhirns.
darbietet, so weist dies Fehlen des Nystagmus auf 9eine intrazerebellare
Lokalisation bin. In den Gruppen mit und ohne Nystagmus waren deut¬
liche Unterschiede im Grade des intrakrauiellen Druckes vorhanden; in
beiden Gruppen waren Tumoren, die den Wurm befielen, und andere, die
eine oder beide Hemisphären betrafen. Kalorische Prüfungen, die in 6 Fällen
ohne Nystagmus ausgeführt wurden zeigten in 5 Fällen charakteristischen
Nystagmus von beiden Labyrinthen aus. Von 40 Fällen, in denen der Tumor
vor dem Kleinhirn lag, zeigten 8 vor der Operation Nystagmus; von 7 dieser
Fälle, bei denen der kalorische Nystagmus geprüft wurde, ließ er sich in
6 Fällen von beiden Seiten aus auslösen. Hieraus geht hervor, daß in
manchen Fällen von intrakraniellem Tumor das Fehlen des Nystagmus nicht
auf eine Verschlechterung des fundamentalen Mechanismus des Nystagmus
zurückzuführen ist.
Auf die Bedeutung des zerebellaren Symptomenkomplexes für die Be¬
urteilung von Schädelverletzten weist Goldstern (6) besonders deswegen
hin, weil er leicht mit funktionellen nervösen, hysterisch-neurasthenischen
Symptomenbildern, wie sie häufig nach Schädelverletzungen auftreten, ver¬
wechselt werden kann, da die subjektiven Beschwerden oft sehr ähnliche
sind. Es wird vom Verfasser der Fall eines 33 jährigen Mannes mitgeteilt,
der eine Verwundung durch Granatsplitter und Verschüttung erlitten hatte
ohne gröbere Schädelverletzung; 10 Tage nach der Verletzung machte er
einen etwas schläfrigen Eindruck, war leicht ermüdbar und erregbar, zeigte
keine Motilitäts- oder Sensibilitätsstörungen, keinen Nystagmus, keinen
Romberg, dagegen Dermographie, labilen Puls, abnorme psychische Erreg¬
barkeit und Ermüdbarkeit, Wechsel der subjektiven Beschwerden, deutliches
Krankheitsgefühl. Der Patient machte den Eindruck eines funktionell
Nervenkranken. Die genaue Kleinhirnfunktionsprüfung ergab jedoch Neigung,
beim Stehen mit geschlossenen Augen nach rechts zu fallen, beim Gehen
mit geschlossenen Augen nach rechts abzuweichen, Vorbeizeigen nach rechts,
Adiadochokinesis rechts, Störung in der Schätzung von Gewichten auf der
rechten Seite und geringe Ataxie rechts. Alles dies wies auf eine Schädigung
des rechten Kleinhirns hin. Im Röntgenbilde zeigte sich eine deutliche
Fissur am Schädelknochen, so daß als Folge derselben ■ eine Blutung in
der rechten Kleinhirnhälfte mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden
konnte.
Es wird daraus die Lehre gezogen, daß bei jedem Schädelverletzten
eine Funktionsprüfung des Kleinhirns vorgenommen werden sollte, damit
Fehldiagnosen auf funktionelle Erkrankungen vermieden werden. Es werden
die wichtigsten Punkte, die für die Kleinhirndiagnose in Betracht kommen,
zusammengestellt. Als subjektive Störungen treten auf Kopfschmerzen, be¬
sonders am Hinterkopf, Störungen beim Bücken und beim Lagewechsel des
Körpers, Unsicherheit beim Gehen, Gefühl einer gewissen Verlangsamung der
Bewegungen, Neigung nach einer Seite zu fallen, Schwindel; dabei treten
die einzelnen Störungen in verschiedenen Graden auf, je nachdem, ob die
Hemisphären des Kleinhirns oder der Wurm oder tiefere Kleinhirnpartien
betroffen sind. Die gleichfalls je nach der Lokalisation der Schädigung
verschiedenen objektiven Symptome sind zerebellarer Gang mit Schwanken
des ganzen Körpers (Wurmsymptom), abnorme Kopf- und Rumpfhaltung
und allgemeines Schwanken beim Stehen (Wurm), Nystagmus (Schädigung
tieferer Kerne oder dem Kleinhirn benachbarter Gebiete), Ataxie (Hemi¬
sphärensymptom), für die die Einseitigkeit, die Gleichseitigkeit mit dem Herd
und das Betroffensein vorwiegend der Extremitäten charakteristisch ist, leichte
Schwäche und Schlaffheit der Extremitäten, Vorbeizeigen beim Bäränyschen
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Erkrankungen des Kleinhirns.
357
Zeigeversuch, Adiadochokinesis, Störung in der Schätzung von Gewichten
(mangelhafte Unterscheidung schwererer und leichterer Gewichte, Unter¬
oder seltener Überschätzung der kranken Seite), Fehlen des Rückschlags
bei der Widerstandsprüfung. Auf Grund einer eigenen Beobachtung, die
gleichfalls zunächst Hysterie vortäuschte, dann aber als zerebellarer Sym-
ptomenkomplex mit Hysterie erkannt wurde, will Verfasser auch noch die
Augenhintergrundveränderung (Neuritis optica) als charakteristisch hinzu¬
fügen. Verf. weist auch darauf hin, daß auffallend häufig gerade dieser zere¬
bellare Symptomenkomplex mit hysterischen Erscheinungen kompliziert ist,
wodurch die Diagnosenstellung sehr erschwert wird.
LÖwenstein (10) teilt einige Fälle mit, bei denen nach Kriegs¬
verletzungen zerebellare Symptomenkomplexe aufgetreten waren, die auf¬
fallend viele organische und funktionelle Zeichen gemeinsam aufwiesen. Be¬
sonders wertvoll war zur Unterscheidung dieser Symptome die Bäräny-
sche Methode. In dem ersten Falle handelt es sich um eine traumatische
Affektion des rechten nervösen Hörapparates (Labyrinth oder Nervus octavus)
und des Zerebellums. Die Labyrinth- bzw. Oktavusaffektion ergab sich aus
dem Resultat der Ohrprüfung und aus der schweren Herabsetzung bzw. Auf¬
hebung der rechten kalorischen Reaktion; die Läsion des* Kleinhirns ließ
sich aus dem Nystagmus, der Gleichgewichtsstörung und dem Verhalten
der Bäränyschen Reaktionen ableiten; daß der Nystagmus kein labyrinthärer
war, ergab sich aus der langen Dauer seines Bestehens (9 Monate), er war
also als intrakraniell aufzufassen. Als funktionelle Komponenten waren bei
dem Patienten seine Neigung, nach rechts zu fallen, sowie seine ganze Geh-
störung und Sprachstörung, die typisch-psychogen waren, aufzufassen. —
Auch in dem mitgeteilten zweiten Falle waren organische und funktionelle
Symptome nebeneinander vorhanden : Organisch war hier der Nystagmus, die
Herabsetzung der linken kalorischen Reaktion und das Fehlen bzw. die
starke Herabsetzung der Vorbeizeigereaktion nach außen im linken Arm;
auch die nacli der Verletzung bestehende Bewußtlosigkeit und des Erbrechen
weisen auf eine organische Läsion hin. Es lag also hier ein Prozeß am
linken Kleinhirn vor, der auf die Prellung durch ein Schrapnell zurückzu¬
führen war, und bei dem es sich wohl um eine Blutung gehandelt hat. Als
funktionelle Symptome fanden sich daneben außer Angst, Schweißausbruch.
Tachykardie und starker Erregtheit ganz unregelmäßige Fallneiguugen und
vom zerebellaren abweichender unsicherer Gang. — Diesen beiden Fällen
gegenübergestellt werden zwei Fälle von reiner Kleinhirnverletzung. In
dem einen dieser Fälle handelte es sich um eine periphere Verletzung des
N. facialis und des N. octavus links, des letzteren in seinem kochleären wie
in seinem vestibulären Teil; anderseits besteht eine schwere Verletzung des
linken Kleinhirns. Ihre Erscheinungen sind Nystagmus nach links, zerebellare
Ataxie mit vorwiegendem Fallen nach links, Bewegungsataxie im linken
Bein und Adiadochokinesis in der linken Hand. Die Bäranysche Unter¬
suchung ergab im linken Arm spontanes Vorbeizeigen nach außen und Fehlen
der kalorischen Reaktion nach innen; im linken Arm spontanes Vorbeizeigen
nach oben und Fehlen der kalorischen, Reaktion nach unten; damit läßt
sich die Läsion im Lobus biventer am Übergang der vorderen in die seit¬
liche Fläche und am medialen Ende der Lobi semilunares sup. et inf.
lokalisieren. — Bei dem letzten Fall endlich handelte es sich um eine
Affektion des rechten N. octavus bzw. des rechten Labyrinths; außerdem
mußte aber auch eine Kleinhirnaffektion vorliegen, denn weder die starke
zerebellare Ataxie beim Augenschluß noch der starke Nystagmus, die beide
schon ®/ 4 Jahre bestanden, ließen sich durch die Labyrinthaffektion erklären;
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358
Erkrankungen des Eieinhirns.
dies wurde bestätigt durch das Ergebnis der Bäräuyschen Untersuchung,
die im linken Arm spontanes Vorbeizeigen nach innen und Fehlen der kalo¬
rischen Reaktion nach außen ergab, so daß also eine Läsion des linken Außen¬
zentrums (Lobus semilunaris sup. et inf., laterale Partie) vorliegen mußte.
Da es sich hier um die entgegengesetzte Kleinhirnseite handelte, so mußte
wohl eine Blutung in der hinteren Scbädelgrube oder eine indirekte Läsion
durch Contrecoup vorliegen.
Besonders hervorgehoben wird, daß es oft nur durch den Ausfall der
Bäränyschen Rsaktionen möglich ist, organische Kleinhirn- und Labyrinth¬
läsionen innerhalb von funktionellen Störungen zu erkenneu. Anderseits
darf aber ein Vorhandensein funktioneller Störungen neben den durch die
organische Läsion bedingten nicht übersehen werden.
Uber einen Fall von Kleinhirnerkrankung, der sich als Entzündung
herausstellte, berichtet Götz (7). Der 33 jährige Patient erkrankte plötzlich
mit Schüttelfrost, Erbrechen und heftigen Schmerzen im Hinterkopf; es traten
dann Schwindelgefühl und schlechte undeutliche Sprache hinzu. Objektiv
fand sich eine geringe Ataxie an den unteren und oberen Extremitäten,
Adiadochokinese, Steifigkeit und Schmerzhaftigkeit der Halswirbelsäule, Un¬
sicherheit und starkes Schwanken beim Stehen, typischer zerebellarer Gang,
sehr langsame und verwaschene Sprache; die Temperaturen waren inter¬
mittierend. Die Lumbalpunktion ergab einen Druck von 180 mm, leuko-
zytäre Pleozytose; Wassermann war in Blut und Liquor negativ. Die gleich
nach der Aufnahme gestellte Diagnose Kleinhirnerkrankung stützte sich auf
die Symptome der zerebellaren Ataxie, der Asynergie cerebelleuse im Sinne
von Babinski, die Hypotonie bei gesteigerten Reflexen, den vorhandenen
Schwindel, die Adiadochokinesis, das Fehlen von jeglichen Störungen der
Sensibilität. Der Patient konnte nach einigen Wochen ohne jede Beschwerden
entlassen werden. Der Verlauf der Erkrankung zeigte eine Kleinhirnaffektion,
die unter nicht charakteristischem Fieber entstand, in wenigen Wochen mit
dem Abklingen der gesteigerten Körpertemperatur fast völlig verschwand
und so gut wie ganz ausheilte. Da im Liquor Zeichen einer Entzündung
nachzuweisen waren, so ist für die Erklärung des Falles die Annahme einer
Encephalitis cerebelli sehr naheliegend. Als Ätiologie konnten in Betracht
kommeu Trauma, Otitis, Kleinhirntumoren, Lues, Tuberkulose, multiple
Sklerose. Alle diese Faktoren werden unter eingehender Diskussion der
vorliegenden Literatur vom Verf. abgelehnt. Vielmehr nimmt er nach dem
ganzen Verlauf an, daß sich in dem vorliegenden Fall ähnliche Eutzündungs-
erscheinungen am Kleinhirn gefunden haben, wie sie bei Fällen von Enze¬
phalitis nach Infektionskrankheiten und auf rein toxischer Basis auftreten
können. Eine bestimmte Ätiologie konnte nicht nachgewiesen werden,
es konnte keine Infektionskrankheit als Ursache der Erkrankung ermittelt
werden.
Von Newmark (15) wird ein Fall mitgeteilt, der unter okzipitalen
Kopfschmerzen und unter intermittierenden Anfällen von Bewußtlosigkeit
und Erbrechen verlief. Es fand sich Nystagmus beim Blick nach rechts und
nach links, mehr allerdings nach rechts; alle Sehnenreflexe mit Ausnahme
der Achillesreflexe fehlten; sonst waren keine objektiven Symptome vor¬
handen. Die Obduktion ergab etwa in der Mitte des hinteren Randes der
linken Kleinhirnhemisphäre einen dunkelroten, runden Tumor von etwa 5 mm
Durchmesser. Der Tumor bestand aus kapillaren Blutgefäßen von ver¬
schiedener Größe, teils engen, zylindrischen, teils sinusartig erweiterten; der
Tumor stand mit der Pia in enger Verbindung, war aber scharf abgegrenzt
und dehnte sich nicht auf das eigentliche Hirngewebe aus, das er nur durch
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Erkrankungen der Heda 11a oblongata. 359
Kompression etwas zerstörte. Es wurde ein Angiom des Zeberellum dia¬
gnostiziert.
Sterling (20) berichtet über einen 14jährigen Patienten, welcher seit
2 Jahren au heftigen Kopfschmerzen mit Erbrechen leidet. Objektiv: großer,
hydrozephalischer Schädel, gedunsenes Gesicht. Beiderseits Stauungspapille.
Schwankender Gang. Adipositas universalis. Keine Behaarung in den
Achselhöhlen und auf der Symphyse. Das Röntgenogramm erweist eine Er¬
weiterung der Sella turcioa. Es wurde eine Lumbalpunktion ausgeführt.
2 Tage danach Exitus letalis. Die Autopsie erwies eine Blase auf der
Gehirnbasis mit Zerebrospinalflüssigkeit gefüllt (erweiterter 3. Ventrikel).
In der linken Kleinhirnhälfte eine Zyste und außerdem dicht an dem Ver-
mis ein Tumor von der Größe einer Pflaume. Der Verf. erörtert den Zu¬
sammenhang zwischen dem Tumor und der Zyste des Kleinhirns und ist
geneigt, das Syndrom von Fröhlich (Dystrophia adiposo-genitalis) von
dem Druck des erweiterten 3. Ventrikels auf die Hypophyse abzuleiten.
(Sterling.)
Zylberlastdwna (26) befaßt sich in ihrer Arbeit mit einer besonderen
Form von Aplasie des Zentralnervensystems bei Kindern, welche sich klinisch
mit mangelhafter Statik und Kinetik und mit Sprachstörungen kundgibt. Die
Kinder gehen entweder gar nicht, oder sie gehen schwankend und breit¬
beinig und bedienen sich mangelhaft ihrer Hände. Obwohl derartige Kinder
manchmal psychisch gut entwickelt sind, machen sie jedoch auf ihre Um¬
gebung den Eindruck von Imbezillen infolge von mangelhafter Sprache und
ärmlicher Mimik. Das zerebellare Symptom in solchen Fällen weist auf eine
Erkrankung bezw. Aplasie des Kleinhirns. Die Ätiologie der Erkrankung
ist vollständig dunkel: es kommen in Frage die Blutverwandtschaft zwischen
den Eltern, Rachitis und überhaupt allgemeiner schlechter Ernährungszustand
der Eltern. Das Leiden ist angeboren und manifestiert sich bereits in den
ersten Lebensmonaten. Das praktisch wichtigste klinische Merkmal ist eine
Besserung, welche fast in allen Fällen im weiteren Krankheitsverlauf zu
verzeichnen ist. Sie ist wahrscheinlich von der Intervention des Gehirns
abhängig, welches die Funktionen des Kleinhirns übernimmt. (Sterling.)
Erkrankungen der Medolla oblongata.
Ref.: San.-Rat Dr. S. K a 1 i s c h e r - Berlin-Schlachtensee.
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360
Erkrankungen der Medulla oblongata.
Von den mitgeteilten Krankengeschichten sind diejenigen, welche
Taylor bringt, bemerkenswert. Wallenberg bemüht sich um die Dia¬
gnostik der Affektionen des Pons und der Medulla oblongata. Leider fehlt
die Nachprüfung durch die Sektion. Hart bringt einen Beitrag zur Thymus¬
pathologie bei Myasttenie. ( Jacobsohn .)
In dem Falle von Syringobulbie von Joughin (4) wird eine isolierte
Syringobulbie fast ohne Springomyelie beschrieben. Schon früh zeigte sich
eine ausgebreitete dissoziierte Trigeminussensibilitätsstörung, Analgesie und
Thermoanesthesie im ganzen Trigeminusgebiet der einen Seite, während
der motorische Trigeminus intakt war. Es fand sich ferner eine isolierte
Atrophie des Armes mit Astereognosie. Ferner wurden verzeichnet Störungen
des statischen Gleichgewichts und des Ganges, Nystagmus, Dysarthrie,
Dysphagie. Man mußte eine Läsion des Bulbus und der anliegenden Teile
(Pedunculi cerebelli infer.) annehmen.
Bei einem 5jährigen Mädchen sah Erbsen (1) nach einem Trauma
(Aufstoßen beim Schaukeln mit dem Bücken auf dem Boden) das Auftreten
einer Bulbärparalyse mit apoplektiformem Verlauf; gleichzeitig zeigten sich
spastische und spastisch - paretische Erscheinungen an den Extremitäten.
Es bestanden Fazialis-, Abduzeus-, Blicklähmungen. Es wird ein Bluterguß
in den Bulbus durch das Trauma als Ursache der Bulbärparalyse angenommen.
— Ein Zusammenhang der Erkrankung mit der vor einigen Wochen voraus¬
gegangenen diphtheritischen Erkrankung scheint nicht sehr wahrscheinlich.
Taylor (7) beobachtete bei einer Familie (Mutter, Sohn, Tochter) ein
familiäres Leiden, das nach dem 50. Lebensjahre einsetzte, in Ptosis und
Schlucklähmung bestand und zum Tode führte, ohne daß andere Teile des
Nervensystems geschädigt waren. In 2 Generationen trat das Leiden auf,
so daß es zu den familiären, hereditären zu rechnen ist. Nie trat es in
früheren Lebensjahren auf und stets in der gleichen Form; es kann sich
über Jahre hinziehen und einen chronischen Verlauf haben. Obwohl gewisse
Ähnlichkeit mit der Myasthenia gravis vorliegt, spricht doch dagegen das
Fehlen der Ermüdungsreaktion hier, die eigenartige Beschränkung der Lähmung
auf Ptosis und Schlucklähmuug, ferner das hereditar-familiäre Auftreteu. Es
scheint sich um eine eigenartige Kernaffektion zu handeln.
Wallenberg (10) teilt drei Krankheitsfälle mit, deren Symptome auf
das Bestehen einer Läsion des Pons resp. der Medulla oblongata hiuweisen.
1. Dorsomediale Läsion der rechten Brückenhaube in der
Höhe des Abduzens und Fazialis (bei Polioencephalitis haemorrhagica).
44 jähriger Arbeiter, Potator strenuus. Alte Kornealnarbe mit Irisadhärenz
links, Narbe am linken Jochbein. Basch eintretender Insult mit mäßiger
Bewußtseinstrübung ohne Koma. In den ersten Tagen bot Patient, abgesehen
von psychischen Veränderungen, die sich in der Folgezeit mehr und mehr als
Gedächtnisschwäche, Desorientiertheit für Ort und Zeit, Konfabulation, mäßige
Demenz bemerkbar machten, folgende Symptome dar: 1. Ptosis, doppelseitig,
mit Schlafsucht verbunden. 2. Rechtsseitige totale Blicklähmung. 3. Nystagmus
rotatorius, doppelseitig, nach links schneller als nach rechts ausschlagend.
4. Abduzenslähmung rechts. 5. Geringe Parese des rechten Fazialis. 6. Parese
des rechten Gaumensegels. 7. Drehung des Kopfes nach links. 8. Ataxie
der linken Extremitäten (Arm > Bein). 9. Astereognosie der linken Hand.
10. Abschwächung der Berührungsempfindnng (bei intakter Schmerz- und
Temperaturempfindung) auf der linken Körperhälfte von der 3. Rippe
abwärts inklusive der linken Oberextremität. 11. Andeutuug von positivem
Babinski 1 r. 12. Fehlen der unteren Bauchreflexe und Kremasterreflexe.
13. Starke Neigung nach links zu fallen. 14. Zeitweise Dysurie. Von diesen
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Erkrankungen der Mednlla oblongata.
361
Symptomen bleiben bestehen: 1. Die psychische Anomalie. 2. Rascher
Nystagmus heim Blick nach links, weniger nach rechts, dabei normale
Baranysche kalorische Reaktion. 3. Rechtsseitige Fazialisparese. 4. Rechts¬
seitige Gaumenparese. 5. Ataxie der linken Extremitäten, besonders der
oberen. 6. Ganz leichte Abschwächung der BerühruDgsempfindung an der
linken Hand. 7. Wechselnder Babinski (bald positiv, bald negativ). 8. Fehlen
der Unterbauch- und Kremasterreflexe. 9. Schwanken beim Gehen nach
links, zeitweise auch nach rechts.
Ventromediale Läsion der rechten Brückenhaube in Abdu-
zenshöhe. 66jährige Frau (Arteriosklerose) erleidet plötzlich einen mit
Übelkeit und Würgen verbundenen Insult, ohne Bewußtseinsverlust, mit
Parästhesien, die vom linken Fuß aufwärts gehen und bald die ganze linke
Körperhälfte ergreifen, gleichzeitig Schwindelgefühl und angeblich kurze
Zeit hindurch Sprachstörung, dann Schwächegefühl und Schmerzen in der
linken Körperhälfte, Ohrensausen. 10 Tage nach dem Insult findet sich:
1. Rasch vorübergehende Dysarthrie. 2. Kurze Zeit andauernde Ab¬
schwächung des linken Kornealreflexes. 3. Rechtsseitige Abduzenslähmung
mit schnellschlägigem Nystagmus nach links. 4. Ganz geringe Vergrößerung
der rechten Lidspalte, Verlangsamung des Lidschlags rechts. 6. Herab¬
setzung der Hörschärfe beiderseits (1 > r.) Ohrensausen. 6. Motorische Reiz¬
erscheinungen (leichte Spasmen der linken Extremitäten) neben minimaler
Parese der linken Bauchwand und Fehlen der Bauchreflexe auf beiden
Seiten. 7. Starke Ataxie beider linker Extremitäten. 8. Astereognosie der
linken Hand. 9. Herabsetzung der Berührungsempfindung auf der ganzen
linken Seite vom Hals abwärts, besonders am linken Unterschenkel.
10. Hyperästhesie der ganzen linken Körperhälfte mit spontanen Schmerzen.
Dabei normale Temperaturempfindung. 8 Monate nach dem Insult bestanden
von seiten des Nervensystems folgende Symptome: 1. Abduzensparese rechts
nur noch angedeutet. 2. Nystagmus nur beim Blick nach links oben eben
noch bemerkbar. 3. Gehörsverminderung wie vorhin erwähnt (ohne Ohren¬
sausen). 4. Ab und zu auftreteude Schluckbeschwerden und Schwere der
Zunge, für die objektiv kein Anhaltspunkt zu finden ist. 5. Verminderung
der Bauchreflexe. 6. Aufhebung der Berührungsempfindung im linken Hand¬
teller, am linken Fußrücken, der Fußsohle, Verminderung auf der linken
Rückenhälfte. 7. Geringe Hyperästhesie für Schmerz links auf dem Rücken,
der Hand und der Fußsohle. 8. Starke Ataxie der linken Extremitäten.
9. Astereognosie der linken Hand. 10. Schwere Störung des Vibrations¬
gefühls am linken Radius und der liuken Ulna. 11. Geringe Störung des
Kraftsinns, stärkere Störung des Drucksinns an der linken Hand und am
linken Unterarm. 12. Geringe Vergrößerung der Tastkreise am linken Hand¬
rücken und Ellbogen.
Verschluß der Arteria cerebelli inferior posterior sinistra,
Ein öOjähriger Malermeister erkrankte plötzlich mit Unwohlsein, schwerer
Gleichgewichtsstörung, Schwindel, bald darauf Schluckstörung. Zwei Tage
nach dem Insult zeigten sich von seiten des Nervensystems folgende Er¬
scheinungen: 1. Verengerung der liuken Lidspalte mit JPtosis. 2. Äufhebuug
des linken Kornealreflexes. 3. Nystagmus (nach links > als rechts). 4. Leichte
Hypästhesie für Berührung des linken Nasenrückens und seitlicher Nach¬
barschaft, stärkere Störung für Schmerzeindrücke und Kälte am linken
Nasenrücken und angrenzender Teile des Oberkiefers, der Jochbeingegend
und Stirn. 5. Ganz geringe Abflachung der linken Nasolabialfalte. 6. Parese
des Unken Gaumensegels. 7. Totale Schlinglähmung mit reichlichem Speichel¬
fluß. 8. Singultus, schwer und hartnäckig. 9. Totale linksseitige Rekurrenz-
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362
Erkrankungen der Mednlla oblongata.
lähmung. 10. Parese des linken M. bypoglossus. 11. Anfhebnng des linken
Patellar- und Achillessehnenreflexes. 12. Starke Ataxie der linken Extremi¬
täten. 13. Hypotonie des linken Beines. 14. Abnahme des Lagesinns im
linken Bein. 15. Hyposterognosie in der Unken Hand. 16. Aufhebung des
Schmerz- und Kältegefühls auf der ganzen rechten Körperhälfte mit Aus¬
nahme der medialen Stirnhälfte, des Auges und seiner Umgebung, des Ober¬
kiefers, der Nase, des Mundes, der Zunge Dabei vollständig erhaltene Be¬
rührungsempfindlichkeit. 17. Taumeln nach links beim Gehen, stampfendes
Aufsetzen des linken Beines dabei. In den nächsten Wochen verschwand
allmählich der Singultus, der Nystagmus, die Fazialisparese, später auch die
Hypoglossusparese; es kehrte Unker Patellar- und Achillessehnenreflex zurück,
die Ataxie wurde geringer, die Hypostereognosie ließ sich nicht mehr nach-
weiseu, die Neigung, nach links zu fallen, verminderte sich, ohne zu schwinden.
Es veränderte sich auch die Sensibilitätsstörung in der Weise, daß die
Ausdehnung der hypästhetischen Zonen für Berührung, Schmerz und Kälte
sich links konzentrisch gegen den Nasenrücken zu verkleinerten, während
rechts die oberen Grenze der Anästhesie für Kälte bis zur Scheitel-Ohr-
Kinnlinie zurückging, dagegen die Schmerzsinnesstörnng 6 Wochen nach
dem Insult nur noch bis zum Areal des 6.—7. Zervikalsegments reichte.
Der Autor versucht bei den einzelnen Fällen den Distrikt im Pons resp.
Med. obl. zu umkreisen, der von dem Insult betroffen worden ist.
( Jacobsohn .)
Hart (3) teilt zwei Fälle von Myastenia gravis pseudoparalytica mit
Sektionsbefund mit. Der erste Fall betrifft ein 30 jähriges Mädchen, das an
typischer Myasthenie gelitten hatte und bei völlig klarem Bewußtsein und
kräftiger Herzaktion unter suffokationsartigen Erscheinungen gestorben war.
Die Krankheit hatte mit Störungen der Augenmuskeln begonnen und etwa
drei Jahre gedauert Bei der Sektion konnte außer doppelseitigen Broncho¬
pneumonien nur noch Aorta angusta und Thymus persistens als besonderer
Befund notiert werden. Insbesondere war der Befund an Gehirn und
Rückenmark ein durchaus normaler. Die Thymus zeigte die Größe eines
vollentwickelten Organs ohne Zeichen pathologischer oder Altersinvolution,
und das graurote Parenchym wies auch mikroskopisch eine Struktur auf,
die der der kindlichen Thymus entspricht. Der zweite Fall betrifft einen
Rekruten, der an einer schnell verlaufenden Myasthenie zugrunde ging. Als
einziger Befund wurde im Sektionsprotokoll eine tumorartige Veränderung des
Thymus angegeben. Hart hat nun das Präparat und auch Muskeln einer
mikroskopischen Untersuchung unterzogen. Es ergab sich eine weitgehende,
fast vollkommene Übereinstimmung des Befundes, wie er von Weigert in
dem ersten diesbezüglich festgestellten Falle beschrieben wurde. Es handelt
sich aber nach Ansicht des Autors sowohl in seinem, als auch im Weigert-
sehen Falle nicht um ein echtes Neoplasma, ein Sarkom, sondern um eine
besondere Form der Hyperplasie, die eine Tumorform vortäuscht und ihr
histologisch nahesteht. H. hält die epitheloide, die große Thymuszelle für
das spezifische Element des Thymusparenchyms, während die kleine Zelle
ortsfremd und mit den Lymphozyten zu identifizieren sei. Infolge ihres
Gehalts an Lymphozyten muß die Thymus auch als Produktionsstätte dieser
Elemente angesehen werden, die ins Blut abgegeben werden können. Mit
der Vermehrung und dem auffälligen Hervortreten der epithelialen Thymus-
elemente ist eine lebhaftere Funktion verbunden, die zur Wucherung und
Auswanderung der Thymuslymphozyten anregt. Die Zellanhäufungen in der
willkürlichen Muskulatur (resp. an den Gefäßen), auf die Weigert zuerst
die Aufmerksamkeit gelenkt hat, bestehen nach Auffassung des Autors aus-
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Myelitis, Meningitis serosa.
363
schließlich aus lymphoiden Elementen. Sie liegen ausnahmslos perivaskulär.
Nimmt man an, daß die Thymus von irgendwelcher ätiologischer Bedeutung
für das Zustandekommen der Myasthenie ist, so könne unmöglich und selbst
für die schwersten Fälle immer eine sarkomatöse Entartung des Organs in
Frage kommen. Die keineswegs seltenen Beobachtungen einer Besserung
der charakteristischen Krankheitserscheinungen uud einer Heilung des Leidens
wären sonst unverständlich. Zum Belege dafür führt der Autor einen dritten
Fall von Myasthenie an. Die Krankheit bei der betreffenden 39jährigen
Patientin hatte sich bis zu einem Grade entwickelt, daß der Tod nahe
bevorzustehen schien. Aber noch während des fast einjährigen Krankeu-
hausaufenthaltes trat eine Besserung ein, die die Entlassung der Patientin
ermöglichte, der später völlige Genesung folgte. Hart sieht in der ver¬
größerten Thymus den Ausdruck einer pathologischen minderwertigen Kon¬
stitution, auf deren Boden das Leiden sich entwickelt. Die funktionelle Bolle
der Thymus besteht au f der hypotonisierenden, auf das Herz giftig wirkenden
spezifischen inneren Sekretion, von der auch eine Beeinflussung der Lympho¬
zyten des Organismus ausgeht. Diese Funktion kommt sowohl bei Morbus
Basedowii als auch bei der Myasthenie zur Wirkung. ( Jacobsohn .)
Myelitis, Meningitis serosa.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn.
1. Ashby, H. T., Oase of Myelitis in Child. Brit. Joum. of Childrens Di.oase,s. May.
2. Bikeles, G., und Gerstmann, Josef, Versuche mit schweißtreibenden Mitteln bei
einem Falle von kompletter spastischer Paraplegie infolge Karises des 9. Brustwirbel¬
körpers. Neurol. Zbl. No. 20. S. 773.
3. Brun, Gustaf, Eitrige Peripachymeningitis und Myelitis, von außen fortgeleitet»
ohne Beteiligung der Leptomeningen, und mit hohem Gehalt der Zerebrospinal¬
flüssigkeit an Eiweiß. Beiträge z. Klinik d. Infektionskrankh. Bd. 4. H. 2. p. 197.
4. Burley, Benjamin T., Acute Ascending Hemorrhagio Myelitis. The Joum. of Amer.
med. Assoc. 65. (17.) 1448.
5. Clarke, J. Mitchell, The Bradshaw Lecture on Nervous Affections of the Sixth and
Seventh Decades of Life. Part I. Diseases of the Spinal Cord. The Lancet. 189. 1016.
6. Klüpfel, Otto Helmut, Kasuistischer Beitrag zur Lehre von der chronischen Myelitis.
Joum. f. Psychol. u. Neurol. Bd. 22. H. 1/2. p. 48.
7. Lloyd, J. H., Total Transverse Lesions of Spinal Cord. New York med. Journ. July 31.
CII. No. 5.
8. Mayer, Über traumatische Myelitis. Münch, med. Woch. S. 658. (S. Kapitel:
Traumat. Erkrankungen des Rückenmarks.)
9. Salis, 2 Fälle von Querläsion des Rückenmarks. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 45.
1498.
10. Schuster, Paul, Beitrag zur Kenntnis der Anatomie und Klinik der Meningitis
serosa spinalis circumscripta. Mschr. f. Psych. 37. (6.)
11. Sherric k, J. W., ParaplegiaDolorosa Terminated by Apiastic Anemia — Anemic Changes
in Spinal Cord. Michigan State med. Soo. Joum. Jan.
12. Smith, D. C. W., Acute Myelitis Foliowing Varicella; Report of Case. Amer. Journ.
of Dis. of Children. Dec.
13. Starr, M. Allen, Senile Paraplegia. Medical Record. Vol. 87. No. 5. p. 169.
14. Throckmorton, T. B., Early Acquired Spastic Paraplegia, Associated with Hypo-
thyroidism and Johthyosis; Report of Case. Jowa State med. Soo. Joum. Sept.
Burley unterscheidet neben der Poliomyelitis, der Landryschen Paralyse
noch als dritte Form akuter aufsteigender Paralyse die akute hämorrhagische
Myelitis. Von Interesse sind die Beiträge von Klüpfel über chronische
Myelitis, von Schuster über Meningitis serosa circumscripta und von Starr
über senile Paraplegien.
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364
Myelitis, Meningitis serosa.
Bikeles und Gerstmann (2) machen auf das Verhalten der Schweißab¬
sonderung in einem Falle von kompletter spastischer Paraplegie der Beine
spinalen Ursprungs aufmerksam. Es bestand röntgenologisch nachweisbare
Konsumption des 9. Brustwirbelkörpers mit keilförmiger Deformierung des¬
selben. Bei Anwendung schweißtreibender Mittel in diesem Falle (Pilo¬
karpin usw.) versagten diese Mittel au den unteren Extremitäten gänzlich,
während sie am übrigen Körper wirksam waren. Dies Verhalten, meinen
die Autoren, bleibt unaufgeklärt, gleichviel ob man die spinalen Schwei߬
zentren für die unteren Extremitäten proximalwärts oder distalwärts von
der Kompressionsstelle lokalisieren wollte.
Nach Ansicht von Burley (4) gibt es drei sowohl klinisch wie pathologisch
sich voneinander unterscheidende Formen von akuter aufsteigender Paralyse.
Er beschreibt zunächst einen Fall von akuter hämorrhagischer Myelitis.
Es handelt sich um ein 20jähriges Mädchen von zarter Körperkonstitution,
bei der sich ohne besondere Vorboteu im Verlaufe von 5 Tagen eine mit
leichtem Fieber einhergeheude vollkommene Lähmung sowohl sensibler wie
motorischer Natur des gesamten Körpers mit Ausnahme des Kopfes ent¬
wickelte. Schmerzen hatte Patientin nicht. Es waren Blase und Mastdarm
gelähmt, es stellte sich zuletzt Nackensteifigkeit ein, die Respiration wurde
erschwert und Patientin ging ziemlich plötzlich an Respirations- und Herz¬
lähmung zugrunde. Die Lumbalpunktion hatte blutige Flüssigkeit mit Ver¬
mehrung der zelligen Elemente, besonders der polynukleären Elemente er¬
geben. Angestellte Kulturen mit dieser Flüssigkeit ergaben nichts Positives.
Die mikroskopische Untersuchung des Rückenmarks und Gehirns ergab:
Eine akute diffuse Entzündung des Rückenmarks charakterisiert durch aus¬
gedehnte Blutungen, durch perivaskuläre Infiltration von Lymphozyten, durch
amöboide Glia und fettige Degeneration der Nervenfasern des Rückenmarks
und der Wurzeln. Die Nervenzellen selbst zeigten keine Veränderungen. Im
Gehirn fanden sich in Rinde und Marksubstanz leichtere Entzündungszustäude.
Im zweiten Falle handelt es sich um einen 26jähr. Mann, der einige
Wochen vor seiner schweren Erkrankung über Kopfschmerzen und Mattig¬
keit klagte. Dann setzte Taubheit und Schwäche der Beine ein. Diese
Schwäche schritt zunächst bis zur Hüfte fort, dann wurden auch die Arme
ergriffen, die linke Gesichtshälfte und zuletzt die Brust- und Bauchmuskeln.
Es bestand kein Fieber. Anatomisch ergab sich ein ausgebreiteter degene-
rativer Prozeß in den Nervenzellen des Gehirns, Kleiuhirns und Rücken¬
marks, ein pathologisches Bild im ganzen, wie es oft in Fällen von Landry-
scher Paralyse beschrieben worden ist. Das anatomische Bild ist der Aus¬
druck einer reinen toxischen Infektion.
Im dritten Falle handelt es sich um 14jähr. Knaben, bei dem sich
im Verlaufe von 7 Tagen unter Fieber eiue Lähmung aufsteigend über den
ganzen Körper entwickelte, wobei die Sensibilität etwas gestört, aber nicht
ganz aufgehoben war. Nach dem Befunde der Spinalflüssigkeit reiht der
Autor diesen Fall unter die Gruppe der akuten Poliomyelitis.
Der akuten aufsteigenden, hämorrhagischen Myelitis, wie Fall 1 sie
zeigt, scheint nach Ansicht des Autors ein besonderer Platz in der Patho¬
logie zu gebühren. Sie zeigt sowohl Verwandtschaft mit der Hämatomyelie
wie mit der Myelitis, aber sie ist weder mit der einen noch der anderen
Affektion identisch. Ihre klinische Verwandtschaft mit der akuten, auf¬
steigenden Paralyse (sei es dem L an dry sehen Typus oder der Poliomyelitis)
ist unbestreitbar. Indessen macht es die genauere Analyse doch wahrschein¬
lich, daß es eben drei verschiedene Arten von akuter aufsteigender Paralyse
gibt, wie die drei angeführten Fälle sie repräsentieren.
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Myelitis, Meningitis serosa.
365
In dem sehr eingehend dargestellten Falle von Klüpfel (6) handelt
es sich um eine 43jähr. Frau, bei der nach anfänglichen Reizerscheinungen
zunächst im Form von Schmerzen im rechten Bein, zeitweise lanzinierendeu
Charakters, eine spastische Parese folgte, die im weiteren Verlaufe zur
Atrophie führte und schließlich in vollständige schlaffe Lähmung überging.
Im linken Bein stellt sich später ohne neuralgisches Vorstadium, und ohne .daß
spastische Erscheinungen sicher beobachtet werden, langsam progressiv eine
schlaffe atrophische Lähmung ein. Der dann folgenden Lähmung der Rumpf¬
muskeln ging dagegen wieder ein neuralgisches Vorstadium (Kreuz- und
Gürtelschmerzen) voraus. Ebenso war die weiter sich entwickelnde Parese
und Atrophie der Arme eingeleitet durch ausgesprochene Schmerzen und
Parästhesien in den Armen. Blasen- und Mastdarmfunktion waren nicht
gestört. Bulbäre Lähmungserscheinungen führten nach jahrelangem Verlauf
der Krankheit schließlich zum Tode. Das anatomische Bild auf den Rücken¬
marksquerschnitten ist das einer chronischen Myelitis. Wenn auch das
Bild manche Ähnlichkeit mit dem der amyotrophischen Lateralsklerose auf¬
weist, so finden sich ihm gegenüber doch wieder erhebliche Unterschiede.
Es waren Systeme beteiligt, die bei der Amyotrophie nicht betroffen sind,
Dämlich die Ausbreitung der Degeneration in mehr oder weniger starkem
Grade über die ganze weiße Substanz. Namentlich kommt die ausgesprochene
Entartung der peripheren Rückenmarksabschnitte in den Vorderseitensträngen
in Betracht; ferner sind die segmentweisen Markfaserverdichtungen in den
Hintersträngen und die umschriebenen Nekrosen in diesen, das Fehlen des
systematischen Charakters der Faserdegeneration, der diskontinuierliche von
Segment zu Segment wechselnde Charakter des Markausfalls von Bedeutung.
Als differentialdiagnostisch entscheidend muß nach Ansicht des Autors das
starke Ergriffensein der hinteren Wurzeln bezeichnet werden, die in einzelnen
Segmenten bündelweise schweren Markzerfall und fortgeschrittene Grade der
Atrophie erkennen lassen. Nach der Natur des Krankheitsprozesses selbst
unterliegt es keinem Zweifel, daß es sich um einen myelitischen Prozeß
handelt, denn außer den degenerativ atrophischen und sklerosiereuden Ver¬
änderungen bestehen auch solche entzündlicher Art. Die Gefäße zeigten
zwar spärliche, aber unverkennbare kleinzellige Infiltrationsherde teils in den
weichen Häuten, teils in den Gefäßscheiden der Rückenmarkssubstanz: hin¬
zukommen ferner die Hyperämie und Blutaustritte, namentlich in den grauen
Hörnern, die Erweichung im (mittleren) Dorsalmark, die hochgradige zur
Zystenbildung führende Lymphstauung, die Quellung und Auseinander-
drängung der Gliasepten und die Vermehrung der Gliazellen. Im vor¬
liegenden Falle finden sich neben den im Vordergrund stehenden schweren
degenerativen Zerfallsvorgängen an den Markscheiden der weißen Substanz
und dem Untergang fast aller Ganglienzellen in den Vorderhörnern stellen¬
weise auch in den Hinterhörnern echt entzündliche Erscheinungen, aller¬
dings geringgradig und von spärlichem Vorkommen, aber doch unzweideutig
infiltrativer und exsudativer Natur. Das Nebeneinander von herdförmigen
miliaren Nekrosen, von diffusen pseudosystematischen Strangdegenerationen
und von kleinzelligen Infiltrationen weise auf die Verbindung einer dissemi-
nierten herdförmigen Myelitis mit der funikulären Myelitis von Henne¬
berg hin.
Schuster (10) teilt ausführlich die Krankengeschichte und den Sektions¬
befund eines Falles von Meningitis serosa spinalis circumscripta mit Der
Verlauf erstreckte sich auf etwa 3 Jahre. Die Erkrankung begann mit
einem Druckgefühl in der rechten Schultergegend, zu welchem sich später
ein Gefühl von Eingeschlafensein, Kriebeln und Stechen im rechten Arm
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366
Myelitis, Meningitis serös«.
hinzugesellte. Nach einer Erkältung und starkem Schwitzen traten leb¬
hafte Schmerzen im rechten Arm auf. Langsam entwickelte sich dann
eine Bewegungsschwäche und Atrophie der rechten Hand. In der letzten
Zeit bemerkte der Kranke auch Parästhesien in der linken Schulter. Die
Schmerzen in der Schulter und im Oberarm steigerten sich, wenn er den
Kopf nach hinten beugte, z. B. beim Rasieren. Bei der Untersuchung wurde
Verengerung der rechten Lidspalte und rechten Pupille konstatiert, geringe
Atrophie des rechten Oberarms in toto und der Extensoren am Unterarm,
der Interossei, des Daumen- und Kleinfingerballens. Die Sensibilität war
beiderseits für alle Qualitäten intakt. Der Wassermann war im Blut negativ.
Die Diagnose wurde auf einen extraduralen Tumor rechts in der Höhe des
6.—8. Zervikalsegments und 1. Dorsalsegments gestellt.
Bei der Operation wurde kein Tumor gefunden. Es fiel auf, daß der
uneröffnete Duralsack breit und vorgewölbt war. Bei Spaltung der Dura
entleerte sich im Strahl eine beträchtliche Liquormenge. Die Dura war in
der Höhe des 1. Dorsalnerven mit den weichen Häuten leicht verwachsen,
die Oberfläche des Rückenmarks rauh, uneben und faserig belegt. Nach
der Operation trat unter Fieber völlige Lähmung der Beine, Gefühllosigkeit
in ihnen und Blasen-Mastdarmstörungen auf. Nach einigen Tagen trat in
diesem Zustand der Exitus ein.
Bei der Sektion wurde am ganzen Gehirn eine leichte milchige Trübung
der weichen Häute bemerkt. Frische Erweichung des unteren Zervikalmarks bis
zum 3. Dorsalsegment reichend. Verwachsungen der weichen und harten
Hirnhaut im Bereiche des Halsmarks an der hinteren Peripherie des Rücken¬
marks. Das Rückenmark war zwischen Ü e und D x abgeplattet, besonders
in seiner rechten Hälfte. In den Hintersträngen waren Lichtungen vorhanden,
u. z. besonders im 4., 6. und 6. Zervikalsegment, sekundäre Degeneration
einer hinteren Wurzel, ln der Höhe des 6. Zervikalsegmentes fand sich
eine bindegewebige Verdickung der Pia.
Schuster weist nun nach, daß die klinischen Erscheinungen vor der
Operation auf den chronischen Prozeß am und im Rückenmark, der als
Meningitis circumscripta serosa angesprocheu werden muß, zu beziehen sind.
Die Erscheinungen nach der Operation muß man als Folge der Er¬
weichung ansehen.
Verfasser bespricht dann an der Hand der Literatur die Diagnose
dieser wenig bekannten Krankheit und besonders die Differentialdiagnose
gegenüber dem Rückenmarkstumor.
Wichtig für die Diagnosestellung erscheinen dem Autor größere
Schwankungen, Remissionen oder Rückbildungen, Fieber im Verlaufe der
Krankheit, ferner Zeichen, die auf eine gleichzeitige Zerebralerkrankung
hinweisen wie Nackenschmerz, Schmerzbeeinflußbarkeit durch Bewegungen
der Wirbelsäule und schließlich die Untersuchung der Spinalflüssigkeit.
Die Erscheinungen lassen sich zum größten Teil durch den mechanischen
Druck des in der Zyste gestauten Liquors erklären.
Bezüglich der Frage, ob die Meningitis serosa circumscripta immer
eine sekundäre Erkrankung sei oder auch als primäre, selbständige Er¬
krankung auftreten könne, schließt sich Schuster der letzteren Auffassung
an. Allerdings meint er, daß vielleicht in manchen Fällen die zirkumskripte
spinale Meningitis nur Teilerscheinung einer zerebrospinalen Meningitis sein
könnte, wie dies für seinen Fall wahrscheinlich ist.
(Referent möchte darauf aufmerksam machen, daß es bereits gelungen
ist, größere Zysteobild ungen in den Meningen gerade bei einer Krankheit,
zu deren anatomischen Grundeigenschaften die chronische zerebrospinale
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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 367
Meningitis gehört, nämlich der progressiven Paralyse, histologisch genau zu
untersuchen, u. z. von Fischer, Zeitschr. f. d. ges. Neun u. Psych. XXI 5.)
(Sittig.)
Starr (13) weist in einem Vortrage auf die senilen Paraplegien hin,
die sich in zunehmender Schwäche der Beine äußern. Zunächst zeigt sich
Ungeschicklichkeit beim Gehen, beim Stiegensteigen oder bei längerem
Stehen. Die anfängliche Müdigkeit geht dann in Schwäche über. In manchen
Fällen besteht neben der Schwäche Ataxie. Oft sind Schmerzen entweder
bei Bewegung oder beim Stehen oder auch spontan. Außerdem kommen
Parästhesien vor und immer Kälte der Beine. Die Muskeln der Beine sind
atrophisch. Die vasomotorische Tätigkeit liegt danieder. Häufig sind
Blasenstörungen, doch ist an die Möglichkeit der Prostatahypertrophie zu
denken.
Verfasser unterscheidet 3 Grupen dieser senilen Paraplegien: 1. Pri¬
märe Muskelerkrankung. 2. Degeuerative Neuritis, charakterisiert durch
heftige spontane Schmerzen, Druckschmerzhaftigkeit der Nervenstämme und
der Muskeln. Dabei finden sich Stellen von Hyperästhesie neben anästhe¬
tischen. 3. Rückenmarkserkrankungen, durch Ataxie, Sphinkterstörungen,
rasch fortschreitende Atrophie und Dekubitus charakterisiert. Starr meint,
daß meist Zirkulationsstörungen in den unteren Teilen des Rückenmarks,
die zu Erweichungsherden führen, diesen Fällen zugrunde liegen. Er bringt
dann kasuistische Beispiele für diese 3 Gruppen. ( Sittig .)
Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks.
Erkrankungen des Conus.
Ref.: Prof. Dr. L. Jacobsohn-Berlin.
1. Bauer, J., Fall von Kommotio meduUae spinalis. Jahrb. f. Psych. 36. 396. (Sitzungs-
berieht.)
2. Derselbe, Meningitis serosa spinalis nach Schußverletzung der Wirbelsäule. Der Militär¬
arzt. No. 2. p. 32.
3. Benda, C., Ein Fall von Wirbelschuß der Cauda equina. Neurol. Zbl. No. 1. p. 15.
4. Bergmann, v., Hatewirbelzerstörung. Münch, med. Woch. 62. 1762. (Sitzungs¬
bericht.)
5. Bittorf, Über Rückenmarkssohüsse. ebd. No. 27. p. 929. F. B.
6. Borchardt, Zwei Fälle von Rüekemnarkssohußverletzung. Neurol. Zbl. p. 137.
(Sitzungsbericht.)
7. Derselbe, Zur Pathologie der Rüokenmarksschüsse. ebd. p. 324. (Sitzungsbericht.)
8. Bradburn, W. P., Fraoture Dislocations of Cervical Vertebrae. New Orleans M. and.
S. J. Dec.
9. Brandt, Fall von Conus terminalis-Erkrardning. Münch, med. Woch. p. 785. (Sit¬
zungsbericht.)
10. Brown, L, T., and Dodd, W. J., Case of Fracture of Transverse Processee of Fifth
Lumbar Vertebra. Boston Med. a. S. Joum. 173. (25.)
11. Butt, A. P., Destruction of Spinal Cord by Moleoular Vibration. Report of Case.
Surgery, Gynecol. and Obstetrios. April.
12. Chiari, Rückenmarksvorletzung durch einen Schrapnellschuß. Vereinsbeil. d. Dtsch.
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13. Cobb, S., Hemangioma of Spinal Cord. Annals of Surg. 62. (6.)
14. Coenen, Ein typischer Steckschuß des Rückenmarks. Berl. kün. Woch. No. 30.
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16. Derby, R., Gunshot Injuries of Spinal Cord. Annals of Surgery. LXI. No. 6.
16. Dietrich, August, Ein Beitrag zur Kasuistik der Affektionen der Cauda equina. Inaug.-
Dissert. Würzburg. Febr.
17. Engel, Hermann, Zur Diagnose der Wirbelbiiiohe. Medizin. Klinik. No. 24. p. 675.
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368
Traumatische Erkrankungen des Kückenmarks. Erkrankungen des Conus.
18. Finkelnburg, Fibrilläre Muskel Zuckungen nach Schußverletzung des Plexus lumbo-
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42. 433.
19. Fischer, Schuß Verletzungen des Rückenmarks. Münch, med. Woch. 1916. 63. 52.
(Sitzungsbericht.)
20. Fischer, Eduard, Über oinon den Symptomenkomplex dse Tumors vortäuschenden
Fall von atherosklero tischer Erweichung des Conus medullaris. Inaug.-Dissert. München.
Sept.
21. Fraenkei, Ernst, Zwei bemerkenswerte Fälle von Rückenmarksverletzung durch
Gewehrschüsse. Dtsch. med. Woch. No. 19. p. 551.
22. Frangenheim, Paul, Schußverletzungen des Rückenmarks und der Wirbelsäule.
Münch, med. Woch. No. 43. S. 1473. F. B.
23. Frisch, O. v., Schuß Verletzung des Rückenmarks. Wien. klin. Wooh. S. 1239.
(Sitzungsbericht.)
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gegend. Gaz. Lek. No. 23.
24. Gamper, Eduard, Schußvorletzungen der Cauda equina. Wien. klin. Woch. No. 5.
p. 119.
25. Derselbe, Zur Kasuistik der Rückenmarksschädigungen durch Wirbelschuß, obd.
No. 16—17. p. 411. 448.
26. Gerstmann, Josef, Ein auf dem Wege der Heilung befindlicher Fall von Querschnitts¬
schädigung dos Rückenmarkes (langdauernde komplette schlaffe Paraplegie bei Sitz
der Läsionsstelle oberhalb des Lumbalmarkes) nach Schuß Verletzung der Wirbelsäule.
Mitt. d. Ges. f. innoro Medizin und Kinderheilk. in Wien. No. 6. p. 52.
27. Derselbe, Drei Fälle von schwerer Rückenmarksschädigung nach Schußverletzungen der
Wirbelsäule (Brown-Scquardreher Symptomenkomplex) mit günstigem Ausgang,
ebd. No. 1. p. 9.
28. Derselbe, Ein Beitrag zur Lehre von den Erkrankungen der Cauda equina. Wien,
klin. Woch. No. 19. p. 496.
29. Goldstein, Beobachtungen an Schuß Verletzungen des Gehirns und Rückenmarks.
Dtsch. med. Woch. No. 8—9. p. 215, 250.
30. Goldthwait, J. E., Caso of Potts Paraplogia with Complete Paralysis Lasting for Five
Years, with Recovery after Troatment. Amor. Joum. of Orthopedic Surgery. April.
31. Grisson, Fall von Schuß-Commotio medullae spinalis. Neurol. Zbl. p. 409. (Sitzungs¬
bericht.)
32. Henne borg, Erweichung des Sakralmarkcs nach Schuß in die Brustwirbelsäule,
ebd. p. 541. (Sitzungsbericht.)
33. Hör xhoimer, 1. Schußverlotzung des Rückenmarks durch englisches Infanteriegeschoß.
2. Granatsplitterverletzung das Rückonmarkskanals. Münch, med. Woch. p. 358
(Sitzungsbericht.)
34. Herzog, Gg. Kreuzboinschuß. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. S. 1175.
35. Hübotter, 8 leichte und 5 schwere Rückenmarks Verletzungen, ebd. p. 237.
36. Jentzor, Albert, Dos lesions vertebrales dans la Chirurgie de guerre. Revue med. de
la Suisso Rom. 35. (10.) 578.
37. Jona, G.. Ematomielia spontanoa in amenorroia. Gazz. degli Osp. 36. 70.
38. Käst an, Brown-Sequardsche Lähmung bei Halsmarklä&ion. Vereinsbell. d. Dtsch.
med. Woch. 1916. 42. 273.
39. Kutzinski, Eigenartige Halbseitenläsion nach Schuß Verletzung. Neurol. Zbl. p. 537.
(Sitzungsbericht.)
40. Derselbe, Eine eigenartige Halbseitenläsion nach Schuß Verletzung; Läsion in der Höhe
des 8. Zervikalsegmontes nach oben bis in die obersten Partien des Halsmarkes. ebd
p. 614. (Sitzungsbericht.)
41. Kuznitzky, Martin, Bemerkenswerter Fall von Malum perforans pedis nach Prellschuß
der Wirbolsäulo. Münch, med. Woch. No. 23. p. 798.
42. Laspeyres, Rüntgonplatte von Halbseitenläsion des Rückenmarkes. Vereinsbeil
d. Dtsch. med. Woch. p. 575.
43. Leva, J., Über Vorletzungen dos Rückenmarks im Kriege. Münch, med. Woch. No. 27.
p. 925. F. B.
44. Liepmann, Rückenmarks Verletzungen mit späterer Krückenlähmung. Neurol.
Zbl. p. 321. (Sitzungsbericht.)
45. Marburg, Otto, Zwei nicht operierte Rückenmarkssohüsse. Wien. klin. Woch. S. 1240.
(Sitzungsbericht.)
46. Derselbe, Zur Frage der Rückenmarksschüsse. Neurol. Zbl. No. 6. p. 184.
47. Derselbe und Ranzi, Egon. Übor Rückenmarkssohüsse. (Vorläufige Mitteilung.)
Wien. klin. Woch. No. 5. p. 113.
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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 369
48. Mayer, C. f Vorführung von Rüokenmarksverletzungen. ebd. p. 691. (Sitzungs¬
bericht.)
49. Mayer, Wilhelm, Ueber traumatische Myelitis. Münoh. med. Woch. No. 19. p. 658.
F. B.
50. Meyer, E. t Rechtsseitiger Hämathothorax und spastische Parese beider Beine.
Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 994.
51. Michaelis, Rückenmarksverletzung, ebd. p. 841.
52. Muskens, L. J. J., Operationsbefund bei anscheinend kompletter Rüokenmarksquer-
läsion durch Schußwunden. Nourol. Zbl. No. 1. p. 7.
53. Ne ton sek, M., Ein Fall der Brown S^quard’schon, durch traumatische Haomatomyelio
entstandenen Lähmung. Casopis öesk^ch tekruv. 55, 8. 1916. (Böhmisch.)
54. Neutra, Wilhelm, Neue Reflexe an den oberen Extremitäten (Halsschuß). Wien. klin.
Woch. p. 133. (Sitzungsbericht.)
55. Oehlecker, 1. Durch Laminektomie geheilte Fälle von Schußverletzungen der Cauda
equina. 2. Commotio spinalis. Münch, med. Woch. p. 159. (Sitzungsbericht.)
56. Derselbe, Eine einseitige und eine symmetrische Cauda equina-Verletzung. Neurol.
Zbl. p. 411. (Sitzungsbericht.)
57. Oppenheim, H., Krieg*Demonstration zur Kriegsnourologie. Über Hemiplegia
spinalis mit homolateraler Hemianästhesio. Neurol. Zbl. No. 2. p. 49.
58. Derselbe und Borchardt, M., Der Mensch ohne Cauda equina. ebd. p. 538. (Sitzungs¬
bericht.)
59. Ornstein, Beitrag zur Kenntnis der Epiconuserkrankungen. Zschr. f. d. ges. NeuroL
30. (1.) 42.
59a. Podmaniczkv, Baron Tibor, Beiträge zum diagnostischen und therapeutischen
Wert der Lumbalpunktion bei traumatischen submeningoalen Blutungen. Orvosi
Hetilap. No. 33. (Ungarisch.)
60. Rad, v., 2 Fälle von Gehstörungen. 1. Rückenmarksschuß. 2. Funktionelle Störung.
Barl. klin. Woch. p. 777. (Sitzungsbericht.)
61. Raimann, Emil, Zwei Halsschüsse. Wien. klin. Woch. 28. 1331. (Sitzungsbericht.)
62. Redlich, Emil, Kasuistische Mitteilungen zur Kriegsnourologie. Brown-S6quard’sche
Lähmung mit Lähmung des Halssympathicus nach Schußverlotzung. Neurol. Zbl.
No. 5. p. 147.
63. Reinhardt, Durchschüsse und Steckschüsse des Rückenmarks. Vereinsbeil. d. Dtsch.
med. Woch. S. 1175.
64. Röper, Starkes Schwitzon der Hände nach Commotio medullae spinalis. Münch, med.
Woch. p. 232. (Sitzungsbericht.)
65. Derselbe, 2 Fälle von Wirbel Verletzungen mit eigenartigen Ausfallserscheinungen,
ebd. p. 374. (Sitzungsbericht.)
66» Rosenfeld, Symptomatologie der Schußverlotzungon des Rückenmarkes. Vereins¬
beil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 210.
67. Roth mann, Max, Rückonmarksschuß. obd. p. 237.
68. Derselbe, Ül er isolierte Thermanalgesie eines Beines nach Schußverletzung des obersten
Brustmarks. Neurol. Zbl. No. 5. p. 153.
69. Rumpel, Ueber Rückonmarksschüsso. Münch, med. Woch. No. 19. p. 657. F. B.
70. Rumpf, Th., Röntgenbilder von Schußverlotzungon der Wirbelsäule und teilweise des
Rückenmarks. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 575.
71. Derselbe, Über einige Schußverletzungon des Rückenmarks und Gehirns. Medizin.
Klinik. No. 4. p. 89.
72. Schlesinger, Hermann, Caudaläsion nach Schußverletzung. Jahrb. f. Psych 35.
398. (Sitzungsbericht.)
73. Derselbe, Das „Zomingssymptom“ bei Erkrankungen der Cauda equina. Neurol.
Zbl. No. 13. p. 450.
74. Schmidt, A., Schuß Verletzungen des Rückenmarkes und der peripheren Nerven
Münch, med. Woch. p. 785. (Sitzungsbericht.)
75. Schmieden, Verletzungen der Wirbelsäule und des Rückenmarks. Vereinsbeil. d.
Dtsch. med. Woch. p. 995.
76. Schott, Eduard, Schwere Rückenmarksläsion nach loichtem Trauma. Medizin. Klinik.
No. 2. p. 43.
77. Schuster, Brustschuß mit Brown-S6quard’scher Lähmung. Neurol. Zbl. p. 136.
(Sitzungsbericht.)
78. Derselbe, Ein Fall von spinaler Hemiplegie, ebd. p. 615. (Sitzungsbericht.)
79. Scott, O. F., Hyperflexion of Spine with Multiple Spinous Process Fraotures without
Aecompanying Lesions. Illinois med. Joum. March.
80. Sewall, R. J., Caisson Disease or Cuyuma Iron Range. Journal-Lancet. May 15.
81. Spiel meyer, Schußverletzungen des Nervensystems. Vereinsbeil. d. Dtsch. med.
Woch. p. 238.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i9i&. 24
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370 Traumatische Erkrankungen ries Rückenmarks. Erkrankungen des Conus.
82. Storn. Artur, Über einige Beobachtungen boi Schußverletzungon im Umkreis der
Wirbelsäule und des Rückenmarks. Neurcl. Zbl. No. 15. 550.
83. Sternborg, Stockschuß der Wirbelsäule. Wien. klin. Woch. p. 357. (Sitzungs¬
bericht.)
84. Trömnor, Fall Brown-Sequard’tichor Halbseiton-Lähmung ohne Verletzung dorWirbel-
säulrf. Münch. med. Woch. p. 448. (Sitzungsbericht.)
85. Derselbe, Hämatomyolio durch Nackenschr&gschuß. Neurol. Zbl. p. 617. (Sitzungs¬
bericht.)
86. Unger, Ernst, Schußvorlotzungon der Wirbelsäulo. Vereinsbeil. d. Dtsch. mod. Woch.
p. 389.
87. Weber, Vorstellung von Rückonmarksschüssen. Münch, mod. Woch. p. 1222.
(Sitzungsbericht.)
88. Woiss, Epikritischor Boricht. über eine Scbußvorletzung des Rückenmarks, elxl.
p. 303. (Sitzungsbericht.)
89. Wiodomann. Londonwirbolbruch Ixii einom Fohlen. Münch, tiorärztl. Wschr. 66.
(52.) 1010.
90. Wiosingor, Rötgonogrammo bei Schußvorlotzungon der Wirbelsäulo. Miinch. rmxl.
Wschr. p. 198. (Sitzungsbericht.)
91. Williams, T. A., Misdiagnosod Cast's of Compression of Spinal Cord. Florida mod.
Assoc. Jo um. May.
92. Willion, W. T.. Regiert and Clinical Demonstration of Oase of Fiaoturo of Twelfth
Dorsal and First I.umbar Vertebra, Lamiiu'ctomy and Results. Lanont-Olinie. Aug. 21.
CX1V. No. 8.
93. Wolff, A., Wirbolosteomvolitis nach Scbußvorletzung. Dtsch. mod. Woch. No. 17.
p. 498.
Die diesjährigen Mitteilungen aus vorliegendem Kapitel bringen zum
vorliegenden Teile Berichte über Schußverletzungen des Rückenmarks und
liefern wichtige Beiträge zur Rückenmarkserschütterung, zur Segmentdiagnose,
zum Verhalten der Reflexe, zur Operationsindikation bei Wirbel- und Rücken¬
marksverletzungen und zur Symptomatologie der Kaudaaffektionen.
Bauer (2) teilt zwei Fälle mit (Geschoßwirkung auf die Wirbelsäule
und dadurch bedingte große Schmerzhaftigkeit der Beine bei Bewegungen
mit Verlust der Patellar- und Achillessehnenreflexe). Der Autor ist der
Ansicht, daß es sich um eine ohne gröbere Zertrümmerung einhergehende
Verletzung der Wirbelsäule haudelt, die wahrscheinlich zu einer peri-
pachymeningealen Blutung zwischen Dura und Wirbelkanal und im Anschluß
daran zu einer über die untersten Meningealabschnitto ausgebreiteten Menin¬
gitis serosa geführt hat, wodurch die gleich nach dem Trauma vorhandenen
radikulären Reizerscheinungen am ohesten erklärt werden. Mit Rücksicht
auf die nach Wochen aufgetretenen Symptome einer leichten Kompressions-
wirkuug auf die untersten Rückenmarksabschnitte ist die Möglichkeit einer
im Bereiche des ersten Lumbalsegments lokalisierten, zirkumskripten Liquor¬
zyste (Arachnitis fibrosa circumscripta) in Betracht zu ziehen, die einen
operativen Angriff vielleicht notwendig erscheinen lassen wird.
Bei einem Soldaten, der an schwerer Lähmung infolge von Kauda-
schußverletzung daniederlag, uud welcher an Zystitis zugrunde ging, ergab
sich bei der Sektion, wie Bendft (3) berichtet, daß der Schuß ohne erheb¬
liche direkte Zerstörung durch Wirbel und Nervengewebe hindurchgegangen
war, indem er unter ziemlich glücklicher Vermeidung des Knochens wesent¬
lich die beiden Intervertebrallöcher durchschlagen und die Hinterfläche des
Wirbelkörpers nur gestreift hatte. Die Vorderfläche der Dura muß verletzt
worden sein, die Nervenfasern der Kauda scheinen aber im wesentlichen
ansgewicben zu sein, so daß nur dio vordersten entweder durch den Schuß
selbst oder durch Knochensplitter verletzt und zum Teil durchtrennt, die
meisten allerdings gequetscht und gezerrt wurden. Das Präparat zeigt einen
fortgeschrittenen Vernarbungsvorgang der Verletzung. Ob ohne das Hinzu-
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Traumatische Erkrankungen dea Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 371
treten der Urosepsis eine größere Wiederherstellung der Funktion eingetreten
wäre, läßt der Autor dahingestellt sein.
Bittorf (5) berichtet über zwei Fälle von Schußverletzungen des Halses,
der vom Geschoß schräg durchdrungen wird (mit Ausschuß neben den obersten
Brustwirbeldornfortsätzen), ln beiden Fällen führte die Verletzung unmittelbar
zur völligen Lähmung aller vier Extremitäten. Diese totale Lähmung bildet
sichrin beiden Fällen schnell zurück, und es bleibt das Bild einer Brown-
Sequardsehen Lähmung bestehen mit Beteiligung des Sympathikus. Auch
diese geht im Verlaufe von einigen Monaten bis auf geringe Spuren zurück,
selbst Atrophien der Hand bessern sich bis zum bestimmten Grade. Der
Autor ist der Ansicht, daß hier keine bloße Rückenmarkserschütterung ein¬
getreten sei, sondern daß das Geschoß durch das Rückenmark durchgegangen
wäre. (Nach dem Verlauf der Störungen ist das aber wohl recht zweifel¬
haft. Ref.)
Coenen (14) berichtet über zwei Fälle, in welchen das Geschoß quer
aufsohlagend zuerst einen großen Weg durch Weichtoile des Rumpfes nehmend,
sich dann dreht und im Wirbelkanal stecken bleibt. Nach der Angabe
der Patienten konnte erst Wirbelbruch angenommen werden, da sie angeblich
verschüttet waren und vom Eindringen eines Geschosses nichts bemerkt
hatten, bis die Röntgenaufnahme die Sachlage klärte. Entsprechend dem
gleichförmigen Sitze der Markverletzung waren in beiden Fällen die Sym¬
ptome gleichartig. Abgesehen von der Blasen- und Mastdarmlähmung bestand
Paraplegie der Beine mit erloschenen Knie- und Achillessehnenreflexen
und erhaltenen Fußsohlen-, Kremaster und Bauchdeckenreflexen; von diesen
fehlte im Falle II der untere, da hier das Geschoß ein Segment höher lag (im
XI. Brustwirbel); daher reichte hier auch die Anästhesie weiter herauf als im
Falle I, wo die Markläsion in der Höhe des XII. Brustwirbels stattgefunden
hatte. Die Querschnittsläsion war in beiden Fällen im Effekte einer voll¬
ständigen Quertrenuung gleich, wenngleich anatomisch noch dünne Ver¬
bindungsbrücken an den Verletzungsstellen bestanden. Im ersten Falle
war das Mark geprellt und durch akuten Druck zerstört, im zweiten vollständig
durchbohrt. Trotz Operation, die verhältnismäßig leicht war und unter
Lokalanästhesie ausgeführt war, gingen beide Patienten zugrunde, der eine
an eitriger Zystitis, der andere an der Schwere der Verletzung an sich.
Die Mitteilung von Engel (17) betrifft einen Unfallverletzten, über
dessen Verletzung Meinungsverschiedenheiten zwischen Ärzten entstanden
waren. Während ein bekannter Neurologe eine Kompressionsfraktur des
fünften Lendenwirbels (auf Grund einer Röntgenaufnahme, einer angeblich be¬
stehenden Incontinentia urinae, einer Wirbelsäuleusteifigkeit) annahm, waren
andere Ärzte und auch Autor nicht dieser Ansicht. Patient starb au einer
interkurrenten Krankheit. Bej der Sektion wurden am fünften Lendehwinkel
keine Veränderungen wahrgenommen.
Den Ausführungen von Frangenheim (22) liegen 25 operierte Schu߬
verletzungen des Rückenmarkes und der Wirbelsäule zugrunde, und zwar
1 Schußverletzungen der Halswirbelsäule, 13 der ßrustwirbelsäule, 6 der
Lendenwirbelsäule und 2 des Kreuzbeins. Es waren 2 Durchschüsse und
23 Steckschüsse. In 5 Fällen faud sich das Geschoß im Wirbelkanal selbst.
Nur 2 mal fehlten bei den 25 Verwundeten die Erscheinungen der Mark¬
läsion bei grober Prüfung. Fast regelmäßig ist die Halswirbelsäule bei den
öesichtshalsschüssen verletzt. Als Spätkomplikation sah F. einen basalen
Himabszeß; der Autor meint, daß es ratsam sei, jene Rückenmarksschüsse,
die mit einer Lungenverlotzung einhergehen, von der Operation auszuschließen,
wenn eine Lumbalpunktion klaren Liquor ergibt, der Wirbelkörper als Sitz
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372 Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus.
der Läsion erkannt wird und sonst keine Wirbelverletzung nacbzuweisen ist.
Wenn je Zweifel an der Möglichkeit der Rückenmarksverletzung durch
Prellwirkung bestanden, so können sie durch genaue Beobachtung bei der
Operation von Wirbel- und Rückenmarksschüssen für immer beseitigt werden.
Nicht minder häufig sei die Markschädigung durch Kompression, herrührend
von den in den Wirbelkanal eingedrungenen Geschossen oder den zer¬
schossenen Wirbeln. Größere oder kleinere Splitter verengen den Wirbel-
kanal, sind ventralwärts vorgetriebeu oder nach Verletzung der Dura in das
Innere des Lumbalsackes eingedrungen. Die Markzertrümmerung sah F.
nicht so häufig wie die Kompression und die Kontusion des Rückenmarks.
Pachymeningitische Veränderungen, Schwielen, Schwarten, Verwachsungen
wurden in keinem Falle gefunden.
Gajkiewicz (23a) beschreibt einen Fall von Hämatomyelie und Hämato-
bulbie nach einem Schuß in die Nackengegend. Der Fall betrifft einen
24jährigen Soldat, bei welchem sich nach einem Projektilschuß in die Nacken¬
gegend eine linksseitige Hemiplegie ohne Fazialis- und Hypoglossusbeteiligung
(Hemiplegia spinalis), eine Hemianaesthesia alternans (der linken
Gesichtshälfte und der rechten Extremitäten) und außerdem der CI. Bernard-
Hornersche Symptomkomplex (Lähmung des Sympathikus links und Lähmung
des rechten Stimmbandes) eingestellt hatte. Die Anästhesie des Gesichts war
eine absolute und betraf sämtliche Sensibilitätsqualitäten; au den Extremi¬
täten konnte eine Dissoziation der Sensibilität festgestellt werden — und
zwar auf den rechten Extremitäten von dem sog. „Hinterhorntypus“, auf den
linken von dem sog. „Hinterstraugtypus“. (tltrtiug.)
Gamper (24) berichtet über folgenden Fall von Schußverletzung der
Cauda equina: Einschuß links 3,5 cm unter der Crista iliaca, 13 cm von der
hinteren Medianlinie entfernt; Ausschuß 6 cm rechts von der Mittellinie, etwas
nach außen von der Synchondrosis sacro-iliaca dextra, 2 cm unterhalb der
Grenze zwischen 5. Lendenwirbel und Os sacrum. Sofort nach der Ver¬
letzung Zusammensturz und Bewußtlosigkeit von 20 Minuten Dauer. Danach
totes Gefühl in beiden Beinen und Schmerzen in der Gesäß- und Blasen¬
gegend und an der Rückseite beider Beine. Diese Schmerzen schwanden
nach einigen Tagen. Keino Motilitätsstörung, Blasenlähmung. Der Status.
6 Tage nach der Verletzung aufgenommen, ergab einen Symptomeukomplex,
der sich im wesentlichen zusammensetzt aus einer ano-vesikalen Lähmung
und einer schweren Sensibilitätsstörung von reithosenförmiger Umgreuzung,
also das wohlbekannte Bild eines Funktionsausfalles der letzten drei sakralen
Wurzelpaare und der Kokzygealwurzeln bzw. der entsprechenden Kücken¬
markssegmente. Die streifenförmige Hypästhesie, die sich auch noch weiter
distalwärts (wenn auch minder intensiv) auf die Rückseite der linken unteren
Extremität und auf die Fußsohle sowie auf das vordere Drittel des Dorsum
pedis fortsetzte, bedeutet eine Mitbeschädigung auch noch von Sj und S 2
auf der linken Seite. Das Fehlen des linken Achillessehnenreflexes stimmt
gut mit der Annahme einer Läsion von Sj und S 2 überein; daß er auch
rechts nicht auslösbar war, weist vielleicht auf eine leichteste Schädigung
dieser beiden Wurzeln der rechten Seite hin. G. stellt sich vor, daß das
Geschoß etwa in der Höhe der Austrittsstelle des linken S x in den Wirbel¬
kanal eindrang, in schiefer Richtung nach rechts unten innen den Sakral¬
kanal nahe seiner hinteren Wand durchsetzte, ihn etwa unterhalb des Austritts
der rechten S 2 verließ und auf diesem Wege die untersten drei Sakralwurzel¬
paare in ihrem intravertebralen, aber extraduralen Verlaufe durchriß, dagegen
Sj und S 2 links in ihrer intravertebralen, aber extraduralen Verlaufsstrecke
schädigte, erstere nur ganz leicht und wahrscheinlich nur indirekt, letztere
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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 373
erheblicher ohne aber sie total zu durchbrechen. Das schnelle Verschwinden
der anfänglich aufgetretenen starken Schmerzen schloß eine Irritation durch
zersplitterte Knochentrümmer aus. Kleinere wurden allerdings bei der
Operation gefunden und entfernt. Bei der Operation, die besonders zur
Beseitigung der Blasenlähmung 12 Tage nach der Verletzung vorgenommen
wurde, fand sich der Befund im ganzen bestätigt. Durch die Naht wurden
beiderseits die Stümpfe von S 8 vereinigt. Schon 18 Tage nach der Operation
konnte Patient, allerdings mühsam und tropfenweise, gegen 1400 ccm Harn
entleeren; im weiteren Verlaufe kann er, wenn auch unter starkem Pressen,
den Urin in zwar matten, aber kontinuierlichem Strahl entleeren. Ob das
allerdings schon die Wirkung der operativen Vereinigung der durchtrennten
Nervenstümpfe ist, läßt der Autor dahingestellt sein.
Bei dem ersten der drei von Gamper (25) mitgeteilten Fälle finden
sich als Folgeerscheinungen eines Schusses gegen die linke Halswirbelsäule
neben einer leichten Parese der linken oberen Extremität eine ausgedehnte
gleichseitige Empfindungsstörung, welche diese Extremität sowie die gleich¬
seitige Rumpf-, Hals- und Nackenhälfte bis ins Trigeminusgebiet einnahm
und distalwärts noch in das Gebiet der oberen Lumbalsegmente sich erstrekte.
Die Sensibilitätsstörung war eine ausgesprochen dissoziierte; bei nur leichter
Schädigung der taktilen Empfindung ist die thermische und algotische bis
zu regionär vollkommener Aufhebung beeinträchtigt. Eine Störung der Lage¬
empfindung an den Fingern der linken oberen Extremität ist nur andeutungs¬
weise vorhanden. Es fehlten der linke Bauchreflex, und der linke Skrotal-
reflex war abgeschwächt. Der Autor nimmt an, daß die Erscheinungen durch
eine Läsion der grauen Rückenmarkssubstanz der linken Seite bedingt
seien, wobei das linke Hinterhorn in großer Längenansdehnung und schwer
(vielleicht durch eine Blutung zonenweise), das linke Vorderhorn nur ganz
leicht betroffen worden sei (ähnliches Symptomenbild wie in einigen Fällen
von Syringomyelie).
Im zweiten Falle handelt es sich um eine Plexuslähmung von Klumpke-
schen Typus, aber ohne Beteiligung des Ramus communicans der ersten
Dorsalwurzel und leichter Rückenmarkskommotio.
Der dritte Fall ist dem ersten ähnlich. Nach einem Schuß an die Wirbel¬
säule in Höhe des 2. Brustwirbels stellte sich eine gleichseitige ausgedehnte
Sensibilitätsstörung ein, bei welcher die Lage- und Vibrationsempfindung
besonders schwer geschädigt waren. Außerdem bestand leichteste Parese
an der rechten oberen Extremität, vorübergehende Schwäche der Beine, keine
Reflexstörungen. Was die oberflächliche Sensibilität betrifft, so dehnte sich
ihr Ausfall proximal bis ins vierte Zervikal-, distal bis in das Gebiet des
siebenten Dorsalsegments aus, nahm aber keineswegs die dazwischen liegenden
Segmente in vollem Umfange ein. Die intensivsten Ausfälle wiesen das
8. Zervikal- und das 1. Dorsalsegment auf. Während die Störungen der
oberflächlichen Sensibilität sonach vom 8. Zervikal- und 1. Dorsalsegment
oralwärts und kaudalwärts abklangen, erstreckte sich die Störung der Lage-
und Vibrationsempfindung in ziemlich gleichmäßiger Intensität auch noch
über die ganze rechte untere Extremität. Dem segmentalradikulären Aus¬
breitungstyp der Störung der Hautempfindung steht im vorliegenden Falle
der funikuläre Charakter der Lageempfindungsschädigung gegenüber, die G.
ebenso wie die bestehende Ataxie der rechten Gliedmaßen auf eine Läsion
des gleichseitigen Hiuterstranges bezieht.
Die drei von Gerstmann (26 und 27) mitgeteilten Fälle sind folgende:
1. Fall: Hochgradige spastische Paraplegie der unteren Extremitäten,
rechts stärker als links, mit segmentär ausgebreiteter partieller Empfindungs-
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374 Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus.
läbmuDg auf der linken Seite mit fehlenden Bauchdeckeureflexen nach einer
Schußverletzung im Bereiche der mittleren Brustwirbelsäule. Der Röntgen¬
befund der Wirbelsäule war vollkommen normal. Der. ganze Symptomen-
komplex wies auf einen lokal beschränkten Krankheitsprozeß in der Höhe
des 6.—8. Brustmarksegments hin. Unter konservativer Behandlung erfolgte
Heilung nach 4 Monaten.
2. Fall: Steckschuß mit Einschußöffnung knapp unterhalb de9 rechten
Angulus scapulae. Komplette schlaffe Paraplegie der unteren Extremitäten
mit fehlenden Patellar- und Achillessehnenreflexen und Überwiegen der mo¬
torischen Ausfallserscheinungen auf der rechten Seite. Abwechseln von
Retentio und Incontinentia urinae et alvi. Beträchtliche Sensibilitätsstörung
vom Charakter der taktilen Hyperästhesie, Hypalgesie und Thermohypästhesie
auf der linken und einer Hyperästhesie für alle Reizqualitäten auf der
rechton Seite, nach aufwärts bis zum Innervationsgebiet des 1. Lumbal-
segraentes. Über dieser Sensibilitätsgrenze konstante, gürtelförmige Schmerzen.
Fehlen der unteren Bauchdeckeureflexe. Die Krankheitserscheinungen wiesen
auf eine sehr schwere Querschnittsunterbrecbuug im Gebiete des 11. resp.
12. Brustmark- und de9 1. Lendensegments bin. Im Röntgenbilde sah man
eine wenig deformierte Schrapnellfiillkugel zwischen dem 10. und 11. Brust¬
wirbelkörper rechts, zur Hälfte im Vertebralkanal, zur Hälfte im Knochen
liegend. Operative Entfernung der Kugel. Bei der Laminektomie deutliche
Eindellung der Rückenmarksoberflächc und kleiner ausgeheilter Duraschlitz.
Nach der Operation zunächst Stillstand, dann allmähliche Besserung. Lang¬
samer Übergang der schlaffen, degenerativen Lähmung in eine spastische
mit sichtlicher Zunahme der Motilität, völliges Schwinden der Blasen-Mast¬
darmstörungen und Störungen der Sensibilität, in den letzten "Wochen all¬
mähliche Rückbildung dor spastischen Paraparese zu normalen Verhält¬
nissen. Zurzeit — 3 1 / 2 Monate nach der Operation — weitestgehende
Besserung.
3. Fall: Symptomenkomplex der Brown-Sequardschen Halbseiten-
läsion nach Durchschuß der rechten Schultergegend, mit Einschußöffnung
knapp über dem 7. Halswirbeldornfortsatz und Ausschuß rechts vorn in der
Höhe der 2. Rippe. Röntgenologisch normale Beschaffenheit der Halswirbel¬
säule. Spinale Hemiparese der rechten Körperhälfte. Auf der linken Seite
Sensibilitätsstörungen vom Charakter der Dissoziation, scharf abschneidend
in der Höhe des Innervationsgobietes des 2. Dorsalsegments und in seg¬
mentärer Ausbreitung nach abwärts bis zu den Zehen reichend, auf der
rechten hingegen eine Hyperästhesie für alle Empfindungsqualitäten in
gleicher Ausdehnung wie der kontralaterale Sensibilitätsausfall. Tiefenemp¬
findungen im wesentlichen intakt. Weitestgehende Besserung. Wahrscheinlich
meint der Autor, hat das Gewehrprojektil in der Höhe des 7. Halswirbel¬
dornfortsatzes die rechte Wirbelsäulenhfilfte in sagittaler Richtung durch¬
bohrt und auf diesem Wege die homolaterale Rückenmarksseite gestreift.
Gerstmann (28) beobachtete eine Patientin, deren Krankheitserschei¬
nungen ihn die Diagnose auf einen lokalen, raumbeengenden Prozeß an der
Cauda equina in der Höhe der obersten Partie des Os sacrum und der untersten
Lendenwirbelkörper stellen ließen. Das Leiden begann mit intensiven aufalls¬
weise auftreteuden Schmerzen in der Kreuzbeingegend und im Gebiete der
Sakral- und zum Teil auch der untersten Lumbalwurzel der linken Seite.
Dann entwickelten sich allmählich Ausfallserscheinungen im Bereiche dieser
Wurzeln, Atrophien und Paresen entsprechender Muskelgruppen, Areflexie
der Achillessehne, Störungen der Blasen-, Mastdarm- und Geschlechts¬
funktionen. Die Affektion war durchaus einseitig. Bei der Operation wurde
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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 375
in der Wirbelsäule und an der Kauda nichts Krankhaftes gefunden, weder
Tumor noch Entzündung usw. Trotzdem trat eine gewisse Zeit nach der
Operation eine ganz erhebliche Besserung des Krankheitszustandes ein.
Goldstern (29) berichtet über seine bisherigen Erfahrungen bei Schu߬
verletzungen des Gehirns und Rückenmarks. Bei Querschüssen des Schädels,
bei denen beide motorischen Zentren getroffen wurden, hat er die Erfahrung
gemacht, daß an der Körperregion, welche der Einschußöffnung gegenüber¬
liegt, gewöhnlich nur das Armzentrum, an derjenigen aber, welcher der
Ausschußöffnung gegenüberliegt, Arm, Bein und Fazialis betroffen waren.
Es erkläre sich das daraus, daß der Schußkanal nach der Ausschußöffnung
an Umfang zunehme. Seine Erfahrungen führen ihn auch dahin, bei Schädel¬
schüssen früh zu operieren, um eingedrungene Knochensplitter zu entfernen
und um besonders nachfolgende metastatische (mitunter weit von der Ver¬
letzungsstelle entfernt liegende) Eiterungen zu vermeiden.
Was die Rückenmarksschußverletzungen unbetrifft, so sind klinisch die
Fälle, in denen das Rückenmark durch das Geschoß zerstört ist, von solchen,
in welchen das Rückenmark nur indirekt geschädigt ist, kaum zu unter¬
scheiden. G. berichtet über einige bemerkenswerte Fälle. In dem einen
hatte das Geschoß das Rückenmark, ja selbst den Wirbel nicht grob verletzt,
aber indirekt waren Entzündungen der weichen Häute an zirkumskripter
Stelle eingetreten, die zu einer Abschnürung des Rückenmarks geführt hatten;
iu einem anderen Falle war durch ein steckengebliebenes Geschoß die Kauda
verletzt; in einem dritten Falle hat ein im Wirbelkanal liegendes Geschoß
wie ein extramedullärer Tumor gewirkt. G. ist nach den gemachten Er¬
fahrungen der Ansicht, daß wenn bei dem Bilde einer Querschnittsläsion
dieses Bild sich nicht innerhalb weniger Wochen bessert, man in jedem
Falle zur Operation schreiten soll, selbst wenn röntgenologisch oder sonst
lokal an der Verletzuugsstelle der Befund an der Wirbelsäule ein negativer
ist Wo Zertrümmerung des Rückenmarks vorliegt, wird man durch die
Operation nichts schaden, in anderen Fällen aber kann man durch sie den
Zustand erheblich bessern.
Jentzer (36) beschreibt zwei Fälle von Wirbelschußverletzung mit
Beteiligung des Rückenmarks. Im ersten Falle war die Besserung der
spinalen Symptome infolge Resorption des Blutes der Hämatomyolie ein¬
getreten, im zweiten Falle war eine Kompression des Rückenmarkes durch
ein Hämatom eingetreten, nach dessen Resorption eine Besserung eintrat,
die aber wieder einer Verschlechterung Platz machte, als die nach Resorption
des Hämatoms locker gewordene Kugel sich verschob und Wurzelkom¬
pressionen bewirkte.
Der von Kuznitzky (41) beobachtete Patient wurde durch ein Spreng-
stück einer explodierenden Mine verletzt. Einschuß in der Axillarlinie
zwischen der 8. und 9. Rippe, Ausschuß iu der Höhe des zweiten Lenden¬
wirbels, dicht neben dem linken Rande der Wirbelsäule. Außer einer Lähmung
beider Beine hatte sich eine überaus große Empfindlichkeit im Bereich des
Mons veneris, des Penis und Skrotums entwickelt. Neben diesen Symptomen
hatte sich in der ersten Woche nach der Verletzung auf der linken Ferse
eine Blutblase gebildet, die zur Goschwürsbildung führte. Während die
Lähmungssymptome und die Störungen der Sensibilität zurückgingen, blieb
die trophische Störung noch monatelang bestehen. Nach dem Betroffensein
der Wirbelsäule nimmt K. an, daß die zugehörigen trophischen Nervenzentren
in den vordersten lateralen Ganglienzellen des Vorderhorns in Höhe des
2. Lendenwirbels sich befinden.
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376 Traumatische Erkrankungeu des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus.
Leva (43) gibt eiue allgemeine Darstellung der Rückenmarksverletzungen
durch Geschoßwirkung. Auch er erwähnt die schuelle Rückbildung des
zuerst sehr bedrohlich aussehenden Zustandes und greift zur Erklärung
dieser Erscheinung auf die Diaschisistheorie von Monakow zurück. Bei
den vom Verf. beobachteten Fällen von Rückenmarksverletzungen bestand
bei 9 Fällen ein Vorwiegen von Querschnittsläsioussymptomen, bei 5 Fällen
ein Vorwiegen von Halbseitenläsionssymptomen und bei 7 Fällen ein klinisches
Bild, das auf ein mehr isoliertes inselförmiges Befallensein einzelner Zentren
hin wies. Ein Patient, bei dem durch Schuß Wirkung 3 Lendenwirbelbögcn ge¬
brochen waren, zeigte auffallenderweise keine Läbraungssymptome. Dies auf¬
fallende Verhalten wird dadurch erklärt, daß das Projektil vor dem Eindringen
in den Rückeu einen Saudsack durchdrungen hat und dadurch in seiner Kraft¬
wirkung wohl wesentlich vermindert war. Der Autor will ferner gefunden
haben, daß Schüsse durch die Halswirbelsäule (? Ref.) viel weniger intensiv
das Rückenmark schädigen als solche des übrigen Wirbelsäuleubereiches.
Er sucht das physikalisch zu erklären. Die Halswirbelsäule wäre nicht wie
die übrigen Wirbelabschnitte mit Knochen der Umgebung fest verbunden,
wird sie erschüttert, dann wird sie wie ein langer, an seinem Ende fest¬
geklemmter Stab Ausschläge von zwar beträchtlicher Amplitude, aber von
sehr geringer Frequenz in der Zeiteinheit machen. Bei dem anderen Wirbel¬
bereich wird es umgekehrt sein. Man könne nun annehmen, daß die kleinen
und schnellen Schwingungen für die Rückenmarksubstanz weit schädlicher
wären als die großen und langsamen so wie sie ira Halswirbelbereiche statt¬
fänden. Die Mortalität der Verletzten betrug 9,5%.
Marburg und Ranzi (46 u. 47) geben einen Bericht über 35 Fälle von
Rückenmarkschüssen. Von diesen wurden 12 operiert. Von den operierten
Fällen besserten sich 9 Fälle, von den 23 nicht operierten Fällen nur einer.
Nachdem die Autoren die Eigenheiten der einzelnen Fälle kursorisch be¬
sprochen haben, fasseu sie ihre Ansicht über die Indikation zur Operation
folgendermaßen zusammen: 1. Im Gegensatz zu den Hirnschüssen sind wir
bei den Rückenmarkschüssen zunächst für ein gewisses Zuwarten, bis der Zu¬
stand ein stationärer geworden ist. Wenn sich jedoch dann in solchen Fällen
nach zirka vier- bis fünfwöchiger klinischer Beobachtung keine Änderung
des Zustandes zeigt, halten wir die Laminektomie für indiziert. 2. Die
Operation ist kontraindiziert bei pulmonalen und abdominalen Komplikationen,
sowie schweren Eiterungsprozessen in der Nähe des Operationsfeldes (dahin
gehört auch ein schwerer eitriger Dekubitus), ferner auch bei eitriger Zystitis
und aufsteigender Pyelitis. 3. Nicht kontraiudiziert ist der Eingriff jedoch bei
leichter Infektion der Harnwege und granulierendem Dekubitus. 4. Es ergibt
sich aus der obigen statistischen Zusammenstellung, daß die Rückenmarks-
durch- und Tangentialschüsse im Gegensatz zu den indirekten Rückenmarks¬
schüssen kaum anzugehen sind.
Ein 25jähriger Reservist — Beobachtung von Mayer (49) — wnrde
von einer ca. '/» Meter vor ihm auf den Boden sausenden Granate (Blindgänger)
mitsamt einem Haufen Erde mit großer Gewalt auf den Unterleib in der
Nabelgegend getroffen und nach rückwärts geschleudert. Keine äußere Ver¬
letzung, nur der Leib ist an der Stelle der auftreffenden Gewalt verfärbt.
Es entwickelte sich das Krankheitsbild, wie man es bei Myelitis antrifft
Keine Spasmen, keine pathologischen Reflexe. Der Zustand bleibt ziemlich
stationär.
Mnskens (62) beobachtete zwei Fälle mit dem Symptomeubilde der
Querläsion des Rückenmarks durch Schußverletzung. Er riet beide Male zur
Operation, und der Befund zeigte, daß in beiden Fällen das Rückenmark
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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 377
selbst nicht verletzt war. Daraus folgert er, daß die für die Diagnostik
und Operation des Rückgratschusses gültigen Regeln einer Revision zu unter¬
ziehen wären. Hierbei erscheinen dem Autor folgende Punkte vou Bedeutung:
1. Die Diagnostik der Rückenmarksquerverletzungen ist bis jetzt eine sehr
unsichere. Es geht aus den neueren Erfahrungen hervor, daß wir über
kein Diagnostikum bis jetzt verfugen, das uns zu der Diagnose vollständiger
Querläsiou befähigt. Obwohl feststeht, daß bei kompletter Querläsion des
Rückenmarks die tiefen Reflexe sowie auch die oberflächlichen (mit Aus¬
nahme des Plantarreflexes) abwesend sind, kann man nach den jetzt vor-
üegenden Befunden diesen Satz nicht umkehren und beim Verlust der tiefen
Reflexe nach Rückenmarksverletzung nicht auf komplette Querverletzung
schließen. 2. Erst im russisch-japanischen, bulgarischen und jetzigen Kriege
ist man imstaude, die Wirkung des modernen, große lebendige Kraft be¬
sitzenden Projektils zu studieren. Es ist keineswegs ausgeschlossen, daß
wir den neuen Verhältnissen zufolge es mit noch wonig studierten Mecha¬
nismen der Rückenmarksläsion zu tun haben. (Hämorrhachis durch Saug¬
wirkung des Projektils?) 3. Die Verbesserungen der Technik des opera¬
tiven Eingriffs in den Wirbelkanalinhalt sind relativ jungen Datums, und
schon deshalb erscheint eine Revision der bezüglichen Indikationen zeitgemäß.
4. Die Exploration bei zwei hoffnungslos erscheinenden Querverletzungen
des Rückenmarks mit Verlust ungefähr aller Reflexe hat ergeben, daß in
beiden Fällen der Duralsack intakt und jedenfalls, wie das teilweise Zurück¬
gehen der Erscheinungen beweist, die Querläsion des Markes eine nicht
vollständige war.
NetouSek (53) beschreibt einen Kriegsfall, bei welchem durch spontane
Blutung in das Rückenmark infolge plötzlichen Aufstiegs des atmosphärischen
Druckes bei Granatexplosionen (ohne direkte Geschoßverletzung) die Brown-
Sequardsche Lähmung sich entwickelt hat. (J. Stuchlik.)
Der interessante Fall, den Oppenheim (57) mitteilt, betrifft einen
Soldaten, der einen Bajonettstich in die rechte obere Halsgegend bekam,
wonach Patient zusammenbrach und an allen 4 Extremitäten gelähmt war.
Die Affektion besserte sich, aber es blieb das seltene Krankheitsbild der
Hemiplegia spastica spinalis mit homolateraler Hemianästhesie zurück. 0.
erklärt dieses Bild dadurch, daß nach seiner Ansicht die Läsion sich nicht
auf die rechte Rückenmarkshälfte beschränkt hat, sondern daß die Spitze
des Bajonetts auch durch die linke Hälfte hindurchgedrungen ist und hierbei
auf der rechten Seite im wesentlichen den Pyramidenstrang und den Hinter¬
strang, auf der linken fast ausschließlich die gekreuzte sensible Leitungsbahn
verletzt hat. Diese Annahme findet im Röntgenbilde eine gute Stütze.
In dem von Omstein (59) genau untersuchten Falle handelt es sich
um eine angiofibroneuromatöse Neubildung des Epikonus in diffus infil¬
trierender Form, wodurch dieser Rückenmarksabschuitt zur Atrophie gebracht
wurde; Ausbreitung von S 6 bis L a . Im Anschluß entwickelte sich in der
dorsalen Hälfte der erwähnten Segmente, speziell in der Höhe 8,, eine
intensive Gliose, welche in den Hinterhörnern und Hinterstrang stellen¬
weise zur Höhlenbildung führte. Mit der Gliose ging eine Bindegewebs¬
wucherung in der Eorm von welligen Biudegewebsbündeln einher, welche in
diesem Falle das Primäre zu sein scheint. Solches Bindegewebe umschließt
wallartig ein gliöses Gebiet, welches zentral zerfallend, eine syringomyelie-
artige Bildung entstehen läßt. Die klinischen Erscheinungen traten infolge
eines Traumas der Kreuzgegond auf. Symptome waren: Störungen der Blase,
des Mastdarms und der Genitalfunktionen; ferner hochgradiger Muskel¬
schwund der unteren Extremitäten mit fehlendem Sohlenreflex und erhaltenem
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378 Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus.
Patellarreflex; schließlich segmentäre Anästhesie und Analgesie von S 6 bis
L 4 nebst Thermoperversion im Gebiete Sj. Die gegen das Ende der Krank¬
heit aufgetretene absolute Inkontinenz beweist, daß der untere Sympathikus
die Funktionen des Epikonus nicht dauernd übernehmen kann.
Podmaniczky (59 a) schildert zwei Fälle, in welchen die submeningeale
Blutung durch Lumbalpunktion diagnostoziert und durch Wiederholung dieses
Eingriffes behandelt wurde. Im ersten Falle bestand das Bild einer schweren
Rückenmarksverletzung mit Inkontinenz, der zweite bot eher das Bild einer
chronischen diffusen Meningitis. Bei beiden verwies das bei der ersten
Lumbalpunktion nachgewieseue Blut auf den Ursprung, wodurch im ersten
Falle eine Querschnittsläsion, im zweiten eine funktionelle Erkrankung aus¬
geschlossen werden konnte. Bei wiederholten Lumbalpunktionen schwand
wohl der Blutgehalt des Liquors, jedoch ergab sich keine Besserung der
klinischen Symptome. Verfasser empfiehlt deshalb die Lumbalpunktion bei
allen Fällen einer möglichen traumatischen Wirbelsäulen- oder Rücken¬
marksverletzung; auch ist es möglich, daß wiederholte Lumbalpunktionen
eine Besserung hervorrufen könneu. ( Hudoveniiy.')
Redlich (62) beschreibt das Krankheitsbild eines Soldaten, dem eine
Gewehrkugel den Hals von hinten nach vorn sagittal durchbohrte; Ein¬
schußöffnung etwas nach rechts und oben von der Vertrebra prominens,
Ausschußöffnung nahezu in der Mittellinie, querfingerbreit oberhalb des
Pomum Adami. Zuerst Lähmung aller 4 Extremitäten; später Lähmung der
rechten oberen Extremität mit leichter Atrophie speziell der Handbeuger
und Kleinfiugermuskulatur mit Sensibilitätsstörung an der rechten Hand
und dazu Lähmung des rechten Halssympathikus. Außerdem fand sich
bei dem Patienten ein Brown-Sequardscher Symptomeukomplex, Parese
des rechten Beines mit deu Charakteren der Pyramidenläsion und Sensi¬
bilitätsstörung links am Rumpfe und der linken unteren Extremität. Da
letztere bis etwa zu D 4 hinaufreichte, so ist eine leichte Läsion der rechten
Rückenmarkshälfte iu der Höhe des 1. bis 2. Dorsalsegments vorauszusetzen.
Zieht man die Lage der Einschußöffnung am 7. Halswirbel in Betracht, so
sei anzunehmen, daß das Projektil hier den Wirbelkanal an der rechten
Seite durchsetzt hat und die 8. Zervikal- und 1. Dorsalwurzel betroffen und
dabei die rechte Rückenmarkshälfte in dieser Höhe gestreift hat. Auffällig
war nur, daß der Röntgenbefund an der Halswirbelsäule keine deutliche
Verletzung aufwies. Es wäre daher auch möglich, daß die Wurzeln erst
unmittelbar an der Austrittsstello aus dem Wirbelkanal betroffen wurden
und die Rückenmarksverletzung mehr indirekt durch das Aufschlagen des
Projektils an den Wirbelkörper erfolgte.
Bei dem von Rothmann (68) demonstrierten Patienten handelt es sich
um eine Aufhebung des Temperatursinns und um die als „Dysästhesic“ be¬
schriebene Veränderung der Sehnierzempfindung im Gebiete des gesamten
rechten Beines bis herauf zur Grenze zwischen 12. Dorsal- und 1. Lumbal¬
segment. Am linken Bein ist nur eine sehr geringe motorische Schwäche
ohne Bewegungsbehinderung bei positivem Babiuski und Fuß- und Patellar-
klonus vorhanden. Es besteht ferner eine Thermanästhesie des linken kleinen
Fingers und eine Schwäche im Gebiet der obersten linksseitigen Interkostal¬
muskulatur. Dieses Gesamtbild ist ein Residuärzustand einer Rückenmarks¬
beschädigung durch Geschoßwirkung. Das Röntgenbild ergibt mit Sicherheit,
daß die in der linken Supraklavikulargrube eingedrungenen Granatsplitter
dicht neben dem 1. und 2. Brustwirbel liegen und deren linksseitige Quer¬
fortsätze beschädigt haben. Diese Ausfallserscheinungen weisen auf das
1. bis 2. Dorsalsegment als Sitz der Läsion hin; vom Querschnittsfeld der
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Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks. Erkrankungen des Conus. 379
sensiblen Bahn im Vorderseitenstrang wäre nur der laterale Abschnitt be¬
troffen. Rothmann meint, daß hier wohl nicht das Rückenmark vom Ge¬
schoß selbst getroffen wurde, sondern daß nur eine infolge von Erschütterung
entstandene Hämorrhagie resp. Nekrosebildung in dem der Schußverletzung
unmittelbar benachbarten Teile anzunehmen sei, welche den peripherischen
Teil des Rückenmarks partiell zerstört habe. Der Fall stellt nach Ansicht
von Rothmann ein gutes Beispiel dafür dar, daß man auch chirurgisch
deu peripheren Teil des Rückenmarks ausschalten und einen Patienten, der
an unerträglichen, zentral bedingten Schmerzen der Gliedmaßen leidet, von
diesen Schmerzen dadurch befreien kann.
Rumpel (69) bespricht nach den Erfahrungen an 48 Fällen die Er¬
scheinungen der Verletzungen durch Rückenmarksschüsse. In einem Falle
konnte er durch Laminektomie und Entfernung von Knochenfragmenten die
ganz unerträglichen gürtelförmigen Schmerzen des Verletzten mit einem
Sclilage beseitigen. In einem anderen Falle trat profuse Hämaturie auf, an
der der Verletzte zugrunde ging, ohne daß eine Ursache dieser Blutung bei
der Sektion gefunden wurde. Von deu 48 Fällen wurden 10 operiert. Von
den Nichtoperierten betrug die Mortalität 65 %. Von den 10 Operierten
sind 6 gestorben, von den 4 Überlebenden ist einer erheblich gebessert.
Rumpf (71) teilt mehrere Fälle von Querschnittsläsionen des Rücken¬
marks durch Schußverletzung mit, die aber neurologisch kein wesentliches
luteresse haben; ebenso bestätigen die angeführten Fälle von flirnschuß-
verletzungen, daß die Funktion der vorderen Zentralwindung wesentlich
motorischer, die der hinteren wesentlich sensibler Natur ist.
Schlesinger (73) macht auf ein Symptom bei Erkrankungen der Cauda
equina aufmerksam, welches er als „Zerrungssymptom“ bezeichnet. Der
Kranke klagt über heftige bohrende und quälende Sohmerzen im Sitzen,
selbst wenn er beim Liegen, Stehen oder Herumgehen völlig schmerzfrei ist.
Die schmerzhaften Parästhesien werden im Mittelfleische, in der Analgegend,
auch in der Genitalgegend oder im Mastdarm empfunden. Die peinlichen
Empfindungen können so heftig sein, daß die Kranken das Sitzen völlig zu
vermeiden trachten. Das Symptom ist nach Ansicht von Schlesinger ein
Analogon des Kernigschen Zeichens. Sowie das letztere seine Entstehung
der Dehnung von Wurzeln verdankt, welche schon in den Frühstadien meningi-
tischer Prozesse geschädigt sind, so dürfte auch hier eine Zerrung sakraler
Wurzeln die Schmerzphänomene hervorrufen. Beim Sitzen fände ein An¬
spanneu der verwachsenen Nervenwurzeln statt, welches den in der Peripherie
empfundenen Schmerz auslöst.
Der von Schott (76) mitgeteilte Fall betrifft einen bis dahin völlig
gesunden Mann. Dieser trägt in einer nach vorwärts übergebeugten Stellung
einen 1 Zentner schweren Sack wenige Meter weit; er verspürt zunächst
nur Schmerzen im Kreuz, kann noch gehen. 2y 2 Stunden später haben
sich die Symptome einer schweren Läsion des Rückenmarks entwickelt: voll¬
ständige motorische und teilweise dissoziierte sensible Paraplegie der unteren
Extremitäten; es tritt eine Blasenlähmung hinzu, Zystitis, Thrombosen in
den Beinvenen, Lungenembolie. Exitus 16 Tage nach Beginn der Er¬
krankung. Die klinische Diagnose wurde mit einem hohen Grad von Wahr¬
scheinlichkeit auf Hämatomyelie infolge von Trauma gestellt. Die Autopsie
ergab keinerlei Anzeichen einer Blutung, aber einen großen Erweichungsherd
im Lendenmark. Der Autor erklärt den Fall folgendermaßen: Durch die
ungewöhnliche und unzweckmäßige Körperhaltung hat Patient seine Wirbel¬
säule in einer Art belastet, daß es zu einer Distorsion im Bereiche der
Lendenwirbelsäule gekommen ist. Durch die Distorsion ist eines der Arterien-
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380
Syringomyelie.
ästchen gerissen, die als Rami dorsales von der A. lumbalis durch die Inter-
vertebrallöcher treten; hierbei wird gleichzeitig eiu Intervertebralganglion ver¬
letzt und dessen zerstörte Elemente in die arterielle Bahn hineiugespült
worden sein. Nur auf diese Weise ist die merkwürdige Embolie von nervösen
Gewebselementen in die A. vertebralis anterior, die sich bei der mikrosko¬
pischen Untersuchung fand, vorstellbar. Die Ernährungsstörung in dem von
der Arterie versorgten Gebiete hat zu einer Erweichung der Rückenmarks¬
substanz an zirkumskripter Stelle geführt.
Stern (82) berichtet über einen Fall von Brown-Sequardscher
Lähmung durch Schußverletzung. Der Fall ist dem von Redlich (s. p. 378)
mitgeteilten sehr ähnlich, so daß eine Beschreibung sich erübrigt. Die
Röntgenplatte zeigte zwischen dem 1. und 2. Brustwirbel von links her
einen unregelmäßig gestalteten länglichen horizontal gestellten Granatsplitter,
der fast haarscharf mit der Mittellinie abschneidet. Das Geschoß saß dorsal
vom Wirbelkörper, ob aber im Wirbelkanal oder noch weiter dorsal, ließ
sich nicht eruieren. Dann teilt der Autor zwei Fälle von Läsion des Hals-
sympathikus mit. In dem einen war durch Schuß in die Halsgegend der
Sympathikus allein verletzt worden; denn Patient zeigte außerdem Horner¬
scheu Symptomenkomplex keine weiteren Ausfallserscheinungen, im anderen
Falle, in welchem das Geschoß an der Basis cranii eutlang gegangen war,
war es zu einer Schädigung des rechten Halssympatikus, des rechten Vagus
und des rechten Hypoglossus gekommen. Außerdem konnte Stern zweimal
bei Schußvorletzungen mit röntgenologisch festgestellteu Granatsplittern nahe
der Wirbelsäule einen akut auftretenden echten Herpes zoster beobachten.
Auf Grund eiues Falles von Wirbelosteomyelitis nach Schußverletzung
in die rechte Halsseite und nachträglicher Extraktion des Granatsplitters
vom Schlunde aus kommt infolge des letalen Ausganges des Falles Wolff
(03) zur Aufstellung folgender Leitsätze: 1. Schußverlctzungen in der Nähe
der Wirbelsäule mit dem leisesten Verdacht auf Wirbelverletzuug sind mit
Eingipsen oder Streckung zu behandeln. 2. Geschosse und Fremdkörper
aus Schlundverletzungen sind am besten von außen mit Schaffung breiter
Abflußmöglichkeiten zu entfernen. 3. Wirbelosteomyelitis kann noch Wochen
nach der Verletzung auftreten. 4. Für das Frühstadium der Osteomyelitis
gestattet das Röntgenbild keine Diagnose.
Syringomyelie.
Rcf.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
1 Oaudido, »I., Lopmsy in Komi of SyringoinyoHa. Brazil-Mudkxt. Sopt. 15.
2 U;»oS,siii. (i. ]5 , Du, ko, («ortlon, and Nuzum, .lohn. I^oprosv or Nyringomylia? The
dourn of tim Aiiut. mod .Woc Yol. LXV. No. 3. p. 235.
3. Hui,snums, Syringuinyolio (lum hu-sakraler Typo). Münch, mod. VVocli. 1910. 63.
54. (Sitzungsbericht.)
4 Karplus, J. P., Soldat mit horeditüror Syringomyolio. Wien. klin. Wocli. }>. 657.
(Sitzungsbericht.)
5. Dorsel ho, Syringomyolio hoi Viktor und Sohn. Mod. Klin. 11. (49.) 1344.
d. Miktsumoto. T., Jkutrag zur Lohn» von dor syringomyolitisohon Erkrankung clt»r
Hirnnorvon mit Wondoror Horüoksiohtigung do,s Ohms, dor Xaso, das Kohlkopfos und
dos Kohhmdos. Poitr. z. Anal. oto. d. Ohros oto. 8. (4.) 212.
7. Xoumoif tor, Waltor, riiirurgsollt» K, krankungtm, insbosondoro das Mikl porfonmt
und dio Kuoohon- und Eolonkaffoktioiion, als Friihsymptonu» dor Syringoinyolir.
Di, sb. Tims lau. 1914.
S. Konsson. W.. und Sissingh, (-. H., Ein nouropathisohos Ellonbogongolonk. Nid.
Tijdsohr. v. (Jonoosk. 59. (11.) 098.
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Syringomyelie.
381
9. Schenk, A. K., Syringomyolia with Acromogalio Changos, but without Aotnal Acro-
mogaly. Runwky Vraoh. Sopt. 26.
10. Simon», Halsmarkgliome bzw. Syringomyelie im unteren Halsmark. Vereinsbeil. d.
Dtsch. mod. Woch. 1916. 42. 119.
11. Stählo, Eugen, Über Remissionen im Symptomonbild dor Syringomyelie. Dtsch.
Ztschr. f. Nervenheilk. Bd. 63. H. 6. p. 404.
12. Williams, T. A., Case of Syringomyelia. Washington mod. Annals. March.
Hassin, Burke und Nuzum bringen eine Mitteilung zur Differontial-
diagnose zwischen Lepra und Syringomyelie, Karplus berichtet über das
seltene Auftreten einer familären Erkrankung und Stähle über erstaunliche
Remissionen in einem Falle, der als Syringomyelie gedeutet wird.
Hassin, Burke und Nuzum (2) berichten über einen jener Krankheits¬
fälle, die der Diagnose große Schwierigkeiten bereiten, ob man sich für
Syringomyelie oder Lepra entscheiden soll. Es handelt sich um eine
62jährige Patientin, deren Krankheit bis zu ihrem achten Lebensjahre
zuriickreicht Von dieser Zeit an traten während einer Dauer von Jahr¬
zehnten Blasen, Geschwüre und Vereiterungen an Händen und Füßen auf,
die fortdauernd Amputationen von Zehen und Fingern notwendig machten,
so daß sie schließlich nur noch zwei Handstümpfe ohne Finger und zwei
Beinstümpfe ohne Füße hatte. Trotz der vielen Amputationen und Ulze-
ration war niemals eine richtige Vernarbung der Stümpfe eingetreten. Zwei
entfernte Verwandte der Patientin hatten an Lepra gelitten. Bei der Unter¬
suchung zeigte Patientin außer den erwähnten Stümpfen zahlreiche Ver-
breunungsnarben an den Unterarmen, deren Entstehen sie gar nicht gefühlt
hatte; außerdem waren die Unterarme im ganzen abgemagert. Beide Unterarme,
Hände, Unterschenkel und Stirn zeigten kein Gefühl von Schmerztemperatur,
Druck und Berührung. Spezielle Muskelatrophien fehlten. Die Bewegungen
der Extremitäten waren frei. Die elektrische Untersuchung ergab normales
Verhalten. Sehnen- und Hautreflexe fehlten. Am Auge bestand Ektropium
und Konjunktivitis. An den Nervenstämmen waren keine Verdickungen,
Leprabazillen wurden nicht gefunden, Nach eingehender Würdigung der
Symptomatologie des Falles kommen die Autoren zu dem Schlüsse, daß es
sich um Lepra handelt. Dafür spreche die lange Dauer der Krankheit,
der Umstand, daß fast ausschließlich die Extremitäten befallen sind, die
ständig ulzerierenden Stümpfe, an denen keine Narbenbildung stattßndet,
das Fehlen der Sehneu- und Hautreflexe, die Augenerscheinungen.
Den bisher bekannten 5 Fällen von familiärer Syringomyelie kann
Karplns (5) eine sechste Beobachtung anfügen, die in mehreren Punkten
bemerkenswert erscheint. Der 33 jährige Patient berichtet von einem ganz
plötzlichen Beginn seines Leidens: Vor 6 Jahren konnte er auf einmal bei
der Arbeit die Schaufel in der rechten Hand nicht mehr halten. Er mußte die
Arbeit aufgoben, wurde Hausierer, erst nach 2 Jahren hatte sich die
Schwäche wieder etwas gebessert, so daß er wieder in eine Ziegelei ging.
Vom 20. September bis 5. November 1914 war Patient mit auf dem ser¬
bischen Kriegsschauplatz, nach einer stärkeren Anstrengung trat Anschwellung
der rechten Hand bis zum Unterarm auf. Er gab noch an, daß in den
letzten Monaten die Fingernägel rechts nicht mehr gewachsen seien und
daß er seit langem auf der rechten Gesichtshälfte stärker schwitze als auf
der linken Gesichtshaut; Mund-, Nasen-, Rachonschleimhaut bis in den
untersten Pharynx sind rechts hochgradig hypästhetisch mit nachweisbarer
Dissoziierung. Vollständige Anästhesie der rechten oberen Extremität und
Rumpfhälfte bis zur Nabelhöhe, dissoziierte Anästhesie der Unterschenkel,
rechts mehr als links. Starke Schwellung der Weichteile der rechten Hand
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382
Syringomyelie.
bei ungestörter Beweglichkeit, aber herabgesetzter Kraft, EaR. am Thenar
und Interosseis nachweisbar. Leichte Kyphoskoliose. Die Hyperhidrosis
der rechten Gesichtshälfte konnte leicht experimentell durch Pilokarpin, aber
auch schon durch heißeu Tee oder saure Speisen hervorgerufen werden.
Bei dem 62 jährigen Vater begann vor 13 Jahren das Leiden ebenfalls
plötzlich mit starker Schwellung und Schwäche der rechten Hand; als die
Schwellung nach 1 Jahr sich verlor, zeigte sich, daß die Handmuskeln ein¬
gefallen waren. Dazu kam später eine leichtere Atrophie der linken Hand
und der linken Peronealmuskulatur mit EaR. Die Sensibilität ist nur
rechts gestört, aufgehoben an Hand, Unterschenkel, Gesicht, dissoziiert in
den übrigen Gebieten und auf der Mundschleimhaut. — Die weitgehende
symptomatische Übereinstimmung der beiden Fälle ist auffallend, sie wurde
auch in den anderen Beobachtungen familiärer Syringomyelie hervorgehoben.
( Haenel .)
Matsumoto (6) veröffentlicht zunächst einen Fall von Syringomyelie
mit Syringobulbie. Die Haupterscheinungen des Kraukheitsbildes waren
folgende: 1. Degenerative Muskelatrophie und beiderseitige Parese im Gebiet
des Nackens und Schultergürtels. 2. Teils Abschwächung, größtenteils aber
Steigerung der Muskol- und Sehnenreflexe der Arme. 3. Geringe Herabsetzung
des Wärme- und Tastsinnes und starke Herabsetzung des Schmerzgefühls im
rechten Arm. 4. Geringe Hypalgesie der ganzen rechten Körperhälfte. 5. Hyp¬
osmie. 6. Beiderseits Nystagmus horizontalis. 7. Parese der rechten Gaumen¬
muskulatur. Gering ausgesprochene und wechselnde Hypästhesie der rechten
Hälfte der Gaumen- und Rachenschleimhaut. 8. Teilweise Herabsetzung des
Geschmacksinnes. 9. Rechtsseitige Kehlkopflähmung der Öffner und Schließer
bei Intaktbleiben der Sensibilität der Kehlkopfschleimhaut. 10. Spontane
Schmerzen ohne Anästhesie in den Ohren. Erhöhter Druckschmerz in der
Gegend hinter dem rechten Ohr und im Gehörgang. 11. Bläscheneruption
und Pigmentanomalien hinter und unter dem rechten Ohrläppchen, später
(vorübergehende Anfälle von) Anästhesie daselbst. 12. Nervöse Schwer¬
hörigkeit (Akustikusatrophie) beiderseits, rechts mehr als links. In Anlehuung
an diesen Fall bespricht der Autor die Erscheinungen der einzelnen Hirn¬
nervengebiete, welche bei Syringomyelie in der Literatur bisher beschrieben
wurden.
Neameister (7) beschreibt 16 Fälle aus der Breslauer Nervenklinik,
bei denen chirurgische Erkrankungen im Vordergründe der Symptomenreihe
einer Syringomyelie standen, so daß hauptsächlich deshalb der ärztliche Rat
eines Chirurgen in Anspruch genommen wurde. Im Verhältnis zu den an¬
deren im gleicheu Zeitraum beobachteten Fällen von Syringomyelie beläuft
sich die Häufigkeit der chirurgischen Frühsymptome auf 21—22%. Iu
bezug auf die Häufigkeit der einzelnen Erkrankungsformen steht an erster
Stelle das Mal perforant in 9 Fällen, sodann kommen die Spontanfrakturen
und Arthropathien mit je 5 Fällen, sodann 1 Fall von Panaritium, Ver¬
brennung, Erfrierung und 1 Fall von Muskelruptur. Es ergibt sich außer¬
dem aus der Statistik der Breslauer Klinik, daß der Lumbosakraltyp und
damit die trophischen Störungen an den Füßen relativ nicht allzu selten
sind. Letztere Störungen können zunächst allein vorhanden sein und die
Diagnose kaun sich zunächst nicht sicher stellen lassen.
Stähle (11) berichtet über einen merkwürdigen Fall von Syringomyelie.
Der 51jährige Patient erkrankte unter ziemlich rasch sich entwickelndem
Bilde: Peroneusausfall an beiden Beinen, Steppergang. Ataxie und positiver
Romberg, Verlust der Patellarrefloxe, Kraftlosigkeit beider Hände, Gürtel¬
gefühl und reißende Schmerzen in beiden unteren Extremitäten. Infolge
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Tumoren des Rückenmarks.
383
dieses Symptomenbildes wurde die Krankheit, trotz des Fehlens der Pupillen¬
starre, als Tabes aufgefaßt. Knapp drei Monate, nachdem Patient absolut
ungebessert aus klinischer Behandlung entlassen war, stellt er sich wieder
vor mit ordentlichem sicherem Gang ohne jede Spur von Ataxie oder
Romberg, mit neu gewonnenen Patellarreflexen. Diese Besserung hält nun
7 Jahre an, während welcher Zeit Patient Arbeiten wie ein Gesunder ver¬
richtet. Nur gelegentliche mit der Zeit zunehmende reißende Schmerzen
im Kopf und linken Arm sowie eine Schwäche im Kreuz mahnen daran,
daß der Krankheitsprozeß nicht erloschen ist. Patient erwacht in einer
Nacht mit einer Lähmung der linken Hand, Übelkeit; Schwindel und
Erbrechen dauern mehrere Tage an, es tritt wieder Schwäche der Arme
und Beine ein und eine Störung der Blasenfunktion, welch letztere aber
nur wenige Tage anhält. Zum erstenmal wird jetzt bei dem Patienten bei
der Untersuchung eine Sensibilitätsstörung in klassisch dissoziierter Form
konstatiert. Bei fehlendem Ausfall der taktilen Empfindung wird eine kom¬
plette Thermanästhesie in den Segmenten C 5 _C 8 , D,_L i_ 6 , L i_ 4 beider¬
seits, eine starke Hypalgesie bzw. Analgesie in C 4 _ 8 , Dj_i a , L^, Si_ 4
festgestellt, wobei Hals- und Lendenanschwellung vorwiegend geschädigt sind.
Ebenso werden Atrophien der Interossei und kurzen Handmuskeln beider¬
seits, eine Parese der Strecker des linken Unterarms festgestellt. Ferner
bestand Ataxie der Beine und stark positives Rombergsches Phänomen,
und es fehlten Trizeps-, Patellar- und Achillessehnenreflexe. Nun wurde
die Diagnose Syringomyelie gestellt, und es wurden die akuten Schübe auf
HämoTrhagieu bezogen, die in den gliösen Prozeß hinein erfolgt seien.
Patieut wird nach längerem Aufenthalt ungebessert aus der Klinik entlassen.
Dann tritt aber wieder eine erstaunliche Besserung des Zustandes ein, die
jahrelang anhält, so daß Patient seinem schweren Berufe nachgehen kann.
Aber auch objektiv wird nach Verlauf von 10 Jahren die Besserung kon¬
statiert. Diese Besserung betrifft in hervorragender Weise die Gefühls¬
störungen, die nur noch in L 4 _ 6 , L, beiderseits, sowie in V 4 u. 8 , C 7 ._ 8 ,
D, links nachweisbar sind. Die Motilität ist bis auf eine gewisse Trunkus-
parese und Schwäche des linken Armes vollkommen wiedergekehrt. Der Gang
ist normal: die Trizepsreflexe, der linke Patellarreflex und der linke
Kremasterreflex sind zurückgekehrt, die Atrophien der Interossei und
kurzen Handmuskeln sind verschwunden. Neu hinzugetreten sind Parese
des linken Mundfazialis, sensible Schädigung des linken Trigeminus und
Nystagmus rotatorius. (Ob es sich hier ganz sicher um einen syringo-
myelitischen Prozeß handelt, ist doch etwas zweifelhaft. Ref.)
Tumoren des kückenmarke.
Ref.: Dr. W. M i s c h - Berlin.
1. Bassoo, Potor, Two Succossfully Oporated Casos of Extradural Fibroma Oompressing
tho Cord. The Journ. of N. and M. Dis. 42. (11.) 508 730.
2. Bonhooffor, K., Über moningoalo Schoinzyston am Rückenmark. Berl. kl in. Woeh.
No. 39. p. 1015.
3. Collins, tlosoph, and Marks, Henry E., Tho Early Diagnosis of Spinal Cord Tumors.
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4. Eis borg, Charles A., Extramedullary Spinal Tumor with Falso Localizing Signs;
Comploto Relief After Romoval of Tumor. New York Nourol. Inst. Meeting. March 18.
5. Dorsell)e, Extradural Spinal Tumor Prosonting Unusual Symptoms, obd. March 18.
0. Fahr, Extradural gologonor Rückonmarkstumor. Münch, mod. Woeh. p. 375.
(Sitzungsbericht.)
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Original frum
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Tumoren des Rückenmarks.
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8. Kar gor, Paul, Uobor Würze lschmorzen bei intramodullären Neubildungen. Diss.
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9. Kennedy,Foster, IntramedullarySareomaof the[Cor vicaljCord; ExploratoryOperation.
New York Neurol. Inst. Meoting. March 18.
10. Kerston, Hans, Über Zyatizerken im Rückenmark. Inaug.-Dissert. Groifewald.
Juli.
11. Mills, Charles, and Frank, Case of Glioma of the Cervioal Spinal Cord. The Journ.
of Nervous and Mental Disease. Vol. 42. p. 499. (Sitzungsbericht.)
12. Robertson, William Egboit, Case of Cholestoatoma of the Spinal Cord. The Journ.
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13. Rosati, B., Teratoma in Lumbar Region of Child of 2. Pediatria. Juno. XXIII.
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14. Saongor, Fall von Rückenmarksgeschwulst. Neurol. Zbl. 1916. 35. 135. (Sitzungs¬
bericht.)
15. Skoog, A. L., Spinal Cord Compiession from Loptomeningoal Cysts, with a Report
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No. 18. p. 1525.
17. Ziegenweidt, C. F. Th. van, Een geval van gezwel van hot ruggomerg. ebd. No. 3.
]>. 238.
Geschwülste der Wirbelsäule, des Rückenmarks und seiner Häute.
Über meniugeale Scheinzysten im Bückenmark berichtet Bonboeffer (2)
in zwei Fällen, bei denen sich im Operationsfelde zystische Absackungen
der Pia und Arachnoidea gefuuden hatten, während der weitere Verlauf der
Fälle zeigte, daß diesen Zysten eine wesentliche ätiologische Bedeutung nicht
zukam, indem sie offenbar nur Begleiterscheinungen von intramedullären nicht
tumoröseu Prozessen waren. In dem ersten Fall bandelte es sich um eiuen
50jährigen Kutscher, der zuerst mit Schwächegefühl in den Beinen und
Taubheitsgefühl in den Füßen erkrankte; später traten anfallsweise Schmerzen
in der Magengegend auf. Neben einem spastisch paretischen und etwas
ataktischen Gang fiel bei dem Pat. besonders eine starke Anämie auf.
Objektiv fand sich eiue ausgesprochene Pyramidenbahnläsion an beiden
unteren Extremitäten; die unteren Bauchdeckenrertexe fehlten, die oberen
waren vorhanden. Die Sensibilitätsprüfuug ergab eiue Querschuittshypästhesie
für Berührung Schmerz und Temperatur, die etwas oberhalb der Mammillar
gegend begann und Rumpf uud untere Extremitäten umfaßte, abgesehen von
einer Zone um die Genitalien, Hinter- und Innenfläche der Oberschenkel und
die medialen Partien des Gesäßes; das Lagegefühl war in den Beiuen überall
gestört, es bestand Ataxie uud starker Romberg. Subjektiv klagte Patient
über ein gürtelförmiges Brennen im Bereich des 8.—10. Dorsalsegmeuts. Im
Liquor fand sich eiue stark positive Globulinreaktion. Uifferentialdiaguostisch
wurden anämische Rückeumarksveränderungen und eine Neubildung in Betracht
gezogen. Wegen des Quorschnittscharakters des spinalen Prozesses wurde auf
Tumor entschieden und Laminektomie vorgeschlageu. Bei der Operation wurde
eiu sehr starker Liquordruck beobachtet; ein Tumor wurde nicht gefunden,
dagegen zeigten sich an der Pia zahlreiche zystisch geblähte, arachnoidale
Liquorabsackungen, die einzeln durch leichten Druck oder Anstich entleert
wurden; am Rückenmark selbst keine Veränderungen. Nach der Operation
verschlechterte sich das Befinden, und es erfolgte Exitus. Die Sektion ergab
eiue geringe Schwellung des Zervikalmarks, die jedoch bei der Härtung ver¬
schwand; es fand sich das Bild einer funikulären Markscheidendegeneration
uud herdförmige Ausfälle in Lumbal-, Dorsal- und Zervikalmark, vor allem
im Gebiet der Hinterstränge, der Pyramiden- und Kleinhirnseitenstrangbahn.
Der Befund entsprach also im wesentlichen dem Bilde, wie es bei anämischen
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Tumoren des Rückenmarks.
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Rückenmarksprozessen beobachtet wird. — Bei dem zweiten Fall handelte
es sich um einen 49jährigeu Mann, der mit Schwäche in den Beinen und
Blasenstörungen erkrankte; objektiv wurde schon damals ein links fehlender
Bauchdeckenreflex, Babinski links und Patellar- und Fußklonus festgestellt.
Weiter klagte Patient über Gürtelgefühl, ein Gefühl, als ob er auf Kugeln oder
Stacheldraht liege, beim Gehen, als ob er auf Glasscherben gehe. Objektiv
fand sich: Bauchdeckenreflex rechts lebhaft, links fehlend, ebenso Kremaster¬
reflex; am linken Bein deutliche Parese der Dorsalflexion des Fußes und der
Kniebeuger mit geringem Spasmus, links Fuß- und Patellarklonus, Babinski,
Oppenheim, Mendel-Bechterew; Babinski auch rechts; Herabsetzung für
Wärme- und Kälteempfiudung und für Schmerz rechts etwa von oberhalb
des unteren Rippenbogens nach abwärts; Störung der Wärme- und Kälte¬
empfindung an beiden Unterschenkeln; daneben fanden sieb noch verschiedene
inkonstante hyperalgetische Zonen. Es wurde eine Probelaminektomie in
Höhe des D s _ 8 ausgeführt, wobei erhöhter Liquordruck beobachtet wurde;
nach Eröffnung der nicht pulsierenden Dura erschien die Pia etwas getrübt
und verdickt und bildete mehrere pulsierende Säcke um das Rückenmark
herum, die auf Anstich oder Druck ausflossen; am Rückenmark selbst keine
Veränderungen. Nach der Operation blieben die Beschwerden unverändert.
— Verf. neigt dazu, den Befund dieser dünnwandigen zystischen Aufblähungen
im Operationsfelde als etwas im Augenblick des operativen Eingriffs Ent¬
wickeltes zu betrachten; die Voraussetzung der Bildung dieser Scheinzysten
ist wohl immer eine Drucksteigerung im Subduralraum. Verf. weist auf
diesen Entwicklungsmodus von wahrscheinlich klinisch bedeutungsloser
Zystenbildung am Rückenmark besonders deshalb hin, um eine Diskre¬
ditierung der echten Meningealzysten zu verhindern.
Von Skoog (15) werden zwei Fälle von Arachnoidalzysten, die das
Rückenmark komprimierten, mitgeteilt. Der erste Fall betrifft eine 37 jährige
Frau, die allmählich mit Gehstörungeu, heftigen Schmerzen in den Beinen
und Blasen-Mastdarm-Störungeu erkrankte. Es fand sich eine schlaffe Para¬
plegie der Beine mit beginnenden Muskelatrophien, fehlenden Reflexen und
negativem Babinski; auch die Bauchreflexe fehlten. Es fand sich ferner
eine Herabsetzung der Sensibilität rechts vom 10. Dorsalsegment an abwärts,
links in geringerem Grade vom ersten Lumbalsegment an. Es wurde die
Diagnose gestellt auf Rückenmarkskompression mit entsprechender progressiver
Myelitis und Faserdegeneration; es wurde ein extramedullärer Tumor in der
Höhe des 8. Dorsalsegmentes mit wahrscheinlicher Kompression auch des
7. vermutet und Laminektomie in Höhe des 5.—7. Brustwirbels empfohlen.
Die Operation ergab eine mit klarer Flüssigkeit gefüllte Arachnoidalzyste,
die das 8. und 9. Dorsalsegment des Rückenmarks stark komprimierte. Näch
Entleerung derselben fand bedeutende Besserung statt, wenn auch die Geh¬
funktion nicht ganz wieder hergestellt wurde. — Der zweite Fall betraf eine
42 jährige Frau, die ebenfalls mit zunehmenden Gehstörungen, aber ohne
Schmerzanfälle erkrankte. Es fand sich eine leichte Paraparese beider Beine
mit spastischen Reflexen und Sensibilitätsstörung vom Nabel an abwärts.
Der Lumbaldruck war erhöht, doch zeigte das Pnnktat keine Besonderheiten.
Es wurde ein extramedullärer Tumor diagnostiziert, dessen obere Grenze
io Höhe des 11. Dorsalsegmentes lokalisiert wurde, während sich die untere
Grenze nicht genau bestimmen ließ; e9 wurde in Höbe des 7. und 8. Brust¬
wirbels eine Laminektomie vorgesebagen, und es fand sich eine etwa 2 1 / 2 cm
lange, die Rückseite des Rückenmarks bedeckende Zyste der Aracbnoidea
in Höhe des 10. und 11. Dorsalsegmentes, die entleert wurde. Es folgte so
gut wie völlige Restitution.
Jahresbericht f. Neurologie n. PeychUtrie 1#16. 25
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386 Tumoren des Rückenmarks.
Nach Besprechung der vorliegenden Literatur betont Verf. noch be¬
sonders die Leichtigkeit der Segmentdiagnose und die günstigen Erfolge der
operativen Behandlung.
Von Bassoe (1) werden zwei Fälle von erfolgreich operiertem extra¬
duralem Fibrom mitgeteilt, in denen das Rückenmark komprimiert wurde. Bei
dem ersten Fall einer 60jährigen Frau, bei der die Erkrankung mit zunehmen¬
der Schwäche in den Beinen und Schmerzen, Gürtelgefiihl, Gangbeschwerdeu
und Muskelkontraktionen in den Beinen, aber ohne Sphinkterstörungen
begann, fand sich eine komplette spastische Lähmung beider unteren Extre¬
mitäten mit spastischen Reflexen, fehlenden Bauchdeckenreflexen und Sensi¬
bilitätsdefekt bis zu Nabelhöhe; auf Lumbalpunktion wurde kein Liquor ent¬
leert. Es wurde ein intraspinaler Tumor in Höhe des 9. oder 10. Thorakal¬
segmentes diagnostiziert und nach Exstirpation des 8. Brustwirbelfortsatzes
ein grauer, ziemlich fester, extraduraler, mit der linken Wirbelseite ver¬
bundener Tumor entfernt, der sich als einfaches Fibrom herausstellte. Im
Verlaufe der nächsten Monate verschwanden die motorischen und die Sensi¬
bilitätsstörungen, Patient konute wieder laufen, und nur eine geringe Reflex-
steigerung blieb zurück.
Der andere Fall betraf eine 25 jährige Frau, die mit Schwäche, Steifig¬
keit und heftigen Schmerzen in beiden Beinen und wechselnden Sphinkter¬
störungen erkrankte. Es fand sich eine spastische Paraplegie der unteren
Extremitäten mit spastischen Reflexen; die oberen Abdominalreflexe waren
erhalten, die unteren teils schwach, teils nicht vorhanden; die Sensibilitäts¬
störungen reichten bis einige Zentimeter oberhalb der Pubes. Im Liquor
war Nonne stark positiv; die Langesche Goldsolreaktion war deutlich positiv
bei einer Verdünnung von 1 : 640, also in einer wesentlich höheren Ver¬
dünnung als bei luetischen Affektionen. Die Röntgenuntersuchung zeigte
in der Höhe des 10. Brustwirbels eine ausgedehnte bestimmte Masse. Es
wurde laminektomiert und nach Herausnahme der 5 untersten Brustwirbel¬
fortsätze ein mit dem Knochen fest verbundener Tumor gefunden, der
wegen der offenbaren Malignität nicht entfernt wurde, sondern dem nur ein
Weg zum Wachstum in die Lumbalmuskeln hinein geöffnet wurde, um den
Duraldruck zu entlasten. Wider Erwarten ergab sich histologisch, daß ein
Fibrom vorlag, und das Befinden der Patientin besserte sich nach der Ope¬
ration derart, daß schließlich nur eine geringe Gangunsicherbeit und Steifig¬
keit in den Beinen zurückblieb.
Von Collins und Marks (3) werden zwei Fälle von Rückenmarks¬
tumor mit sogenannter atypischer Symptomatologie mitgeteilt. Bei dem
ersten Fall, einem 18jährigen russischen Juden, begann die ErkrankuDg
mit Unsicherheit des Gangs und Gleichgewichtsstörungen, die ständig Zu¬
nahmen, aber es traten niemals Schmerzen oder Parästhesien auf. Objektiv
fanden sich zuerst leichte Paresen au verschiedenen Muskeln der unteren
Extremitäten mit zum Teil spastischen Reflexen: auch die Bauchreflexe
waren sehr lebhaft; es fanden sich verstreute hypalgetische und thermhypästhe-
tische Zonen an beiden Beinen. Im Laufe der folgenden Monate bildete sich
allmählich eine ausgesprochene spastische Paraplegie beider Beine heraus
mit ausgedehnten Sensibilitätsstörungen an den unteren Extremitäten. Nun
wurde die Diagnose eines Rückenmarkstumors gestellt und Laminektomie
im Bereiche des 9.—11. Brustwirbels vorgeschlagen. Es fand sich in Höhe
des 11. Segmentes ein etwa 4 cm langes, zum Teil kalkig degeneriertes
Fibrom, das dorsolateral vom Rückenmark gelegen war und die eine Wurzel
etwas überspannt hatte. Nach Entfernung des Tumors trat klinisch Besse¬
rung ein, indem sich die Spasmen besserten, ohne jedoch ganz zu ver-
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Strang- nnd Systemerkrankungen.
387
schwinden, und die Seusibilitätsstörungen ganz verschwanden. — Bei dem
zweiten Fall handelte es sich um eine 15jährige Russin, bei der sich eine
Schwäche der unteren Extremitäten mit zeitweiliger Blaseniukoutiueuz ein¬
gestellt hatte. Es fand sich eine leichte Hypertonie der Beine mit spasti¬
schen Reflexen ohne Atrophien, spastisch-paretischer Gang, besonders rechts,
und verstreute Zonen von Sensibilitätsstörungen für alle Qualitäten an
beiden Beinen. Der weitere Verlauf war sehr wechselnd, doch bildete sich
allmählich eine schwere spastische Paraplegie mit schweren Sensibilitäts¬
störungen bis etwa in Nabelhöhe aus. Schmerzen waren, außer Stichen in der
Herzgegend, nicht aufgetreten. Es wurde die Laminektomie ausgoführt und
unter dem 3.—6. Brustwirbel, rechts hinter dem Rückenmark liegend, eine
extradurale Zyste gefunden, die das Rückenmark komprimiert hatte. Nach
Entleerung derselben trat völlige Restitution ein.
Aus diesen beiden Fällen geht hervor, daß das erste Stadium des
Rückenmarkstumors, das Stadium der Wurzelschmerzen, ganz fehlen kann
und seine Bedeutung für die frühe Diagnose des Leidens eine sehr be¬
dingte ist. In beiden Fällen waren die wesentlichen Symptome rein
motorischer Art, und Schmerzen fehlten in dem einen Falle ganz, in dem
anderen waren sie gering und ganz untypisch. Auch aus der sich mehrenden
Literatur über „untypische Rückenmarkstumoren“ geht hervor, daß der
Schmerz als Frühsymptom des extramedullären Tumors nicht als charak¬
teristisch anzusehen ist. Charakteristisch für einen Riickenmarkstumor ist
das Bild einer allmählich fortschreitenden motorischen und sensorischen
Spinalparalyse, deren obere Grenze sich so gut wie gar nicht im Verlaufe der
Erkrankung verändert, und deren Fortschreiten nur durch eine wachsende
Intensität der Erscheinungen markiert ist. In allen solchen Fällen von
sogenannter Querschnittsmyelitis sollte die Möglichkeit eines Rückenmarks¬
tumors in Betracht gezogen und in allen zweifelhaften Fällen eine explorative
Laminektomie ausgeführt werden.
Strang- und Systemerkrankungen.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn.
1. Hunt, J. Ramsay, A Case of Unilateral Ascending Spinal Paralysis; Remark,s on the
Unilateral Types of System Disease. New York Neurol. Inst. Meeting. April 29.
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4. Reittor, Karl, Eine neue Familie mit spastischer Spinalparalyso. Dtsch. Zschr. f.
Xervenhoilk Bd. 53. H. 6. p. 470.
Reitter (4) beschreibt zunächst die Nervenstörungen eines 23 jährigen,
an spastischer Spinalparalyse leidenden Patienten. Neben der hauptsächlichen
Schädigung der Pyramidenbahnen bestand eine eben angedeutete Läsion in
den Gollschen Strängen. An der gleichen Krankheit litten noch die Mutter
und deren Schwester; es ergaben die weiteren Nachforschungen, daß auch uoch
andere Mitglieder in der Aszendenz an Nervenstörungen und Entwicklungs¬
anomalien gelitten hatten, deren genaue Natur sich nicht feststellen ließ.
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25*
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388
Poliomyelitis.
Poliomyelitis.
Ref.: Privatdozent Dr. F. Jolly-Halle.
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berieht.)
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12. Halbey, Kurt, Über spinale Kinderlähmung (Poliomyolitis anterior acuta) im Stadt-
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CLXXIII. No. 12.
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Poliomyelitis. 309
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32. Whitman, R. C., Pathology of Acute Anterior Poliomyelitis. Colorado Medicine. Jan.
Der diesjährige Bericht bringt wertvolle statistische Angaben über die
Ausbreitung der Poliomyelitis und ferner Beobachtungen über die Resistenz¬
fähigkeit des als Erreger des Poliomyelitis angenommenen Mikroorganismus.
( Jacobsohn .)
Die akute Poliomyelitis in Norwegen hat eine ausführliche Bearbeitung
durch Leegaard (18) erfahren. Aus dem geschichtlichen Abschnitt ist zu
ersehen, daß der erste Fall wahrscheinlicher Poliomyelitis, über den Mittei¬
lungen in der norwegischen Literatur vorliegen, aus dem Jahre 1820 stammt.
Der zweite Fall wurde im Jahre 1853 demonstriert. Über eine kleine Epi¬
demie wird 1868 berichtet, von einer zweiten 1886. Weiterhin häuften sich
dann die Beobachtungen, wie eingehend uuter Beifügung von Landkarten
nüd Tabellen dargestellt wird; auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen
werden. Das gesamte Material umfaßt 3290 Fälle, und zwar 65,67 % Männer
und 44,43% Frauen. Reichlich 3% sind unter 1 Jahr, darauf steigt die
Zahl rasch auf 10 bis 11% beim Alter von 1 bis 2 Jahren, fällt daun auf
4 bis 5%, um mit Eintritt der Schulpflicht mit 7 Jahren wieder ein klein
wenig zu steigen, der Prozentsatz fällt dann allmählich bis etwa 1% Ende
der zwanziger Jahre. Sichere Poliomyelitis sah Verfasser bis in das Alter
von 60 Jahren. Von sämtlichen Kranken wurden 26,2% geheilt, 56,7%
wurden invalide und 17,1 % starben. Das Sterblichkeitsprozent war in den
verschiedenen Jahren und in den einzelnen lokalen Epidemien sehr verschieden.
Die Sterblichkeit scheint mit dem Alter etwas zuzunehmen. Abortive Fälle
sind in die Zahlen nicht eingerechnet Zweimalige Poliomyelitis bei der¬
selben Person wurde nie beobachtet. Die Verbreitung im Lande beruht, wie
sich bei näherer Untersuchung zeigte, darauf, daß die Poliomyelitis genau
den Linien der Kommunikation folgt. Was die Jahreszeiten betrifft, so trat
das Leiden wesentlich im Sommer und im Spätsommer auf. Poliomyelitis
erscheint nicht sehr ansteckend; ihre Tendenz, sich zu verbreiten, scheint
nicht besonders groß, wenn auch kein Zweifel herrschen kann, daß es sich
um eine kontagiöse Krankheit handelt. Verf. erörtert schließlich, wodurch
die Übertragung erfolgen kann, und betont die Wichtigkeit der allgemeinen
hygienischen Verhältnisse. Er hält Isolierung der Kranken mit eigener
Pflegerin auf 3 Wochen für notwendig, am besten sei Kraukenhausaufnahme.
Bei größerer Verbreitung müßten Zusammenkünfte verboten, Schulen ge¬
schlossen werden usw. Sehr wichtig sei Reinigung der Hände und der
Eßgeräte, sowie der Kleider und endlich der Verkehrsmittel.
Von 1909 bis 1913 wurden nach der Mitteilung von H&lbey (12) im
Stadt- und Landkreis Kattowitz 43 Fälle von spinaler Kinderlähmung ärztlich
gemeldet und amtlich durch den Kreisarzt festgestellt. Die Fälle werden
alle kurz skizziert, auch über katamnestische Erhebungen wird berichtet,
und zwar letzteres bei 38 Fällen. Von diesen waren inzwischen 4 gestorben,
teilweise au einem anderen Leiden. In 14 Fällen, bei denen es sich haupt¬
sächlich um völlige schlaffe Lähmung beider Beine handelte, war keine Spur
von Besserung eingetreten: unter diesen befanden sich aber auch die 4 Fälle
aus dem Jahre 1913. Für die geheilten Fälle berechnet Verfasser einen
Prozentsatz von 13,2%, für die gebesserten einen solchen von 39%.
Lftngermann (17) bringt eine Zusammenstellung über die Erkrankungen
an Kinderlähmung im Großherzogtum Hessen während der Jahre 1909 bia
1914. Von 208 Fällen konnte die spinale Form mit schlaffer Lähmung der
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390
Poliomyelitis.
Extremitäten 166 mal festgestellt werden, während die zerebrale Form nur
44 mal zu beobachten war. Die Inkubation betrug 4 bis 7 Tage. Yerf.
berechnet bei seinen Fällen eine Mortalitätsziffer von 13,46%. Ton den 7 Er¬
wachsenen über 10 Jahre starb nur eine Person, womit die Wickmannsche
Erfahrung, daß die Mortalität bei Leuten über 10 Jahren doppelt so groß
sein soll, nicht bestätigt werden konnte. Eine völlige Genesuug wurde bei
63 Fällen festgestellt, Besserung in 78 und Dauerlähmung in 49 Fällen.
Ein Zusammenhang zwischen Kinderlähmung und ähnlichen Erkrankungen der
Haustiere konnte nicht gefunden werden. Keineswegs war vorzugsweise die
ärmste Bevölkerung befallen. In nahezu 1 / 3 der Erkrankungsfalle konnte
die Übertragung des Leidens von Person zu Person nachgewiesen werden,
aber weniger durch die erkrankten Kinder selbst, als durch gesunde Ge¬
schwister und durch erwachsene Zwischenglieder. Wenn der Infektionsstoff
sich weiter verbreitete, schien seine Virulenz zuzunehmen.
Die Anzahl der 1909 bis 1913 in Oberösterreich beobachteten Fälle
von Poliomyelitis betrug nach Stiefler (29) unter Einrechnung der abortiven
Formen 187. Hiervon waren 98 männlich, 89 weiblich. 3 / 4 der Fälle war
unter 13 Jahre alt. Der spinale Typus zeigte sich bei 79,1% der Fälle.
Heilung trat in 36%, Defektheilung in 62%, tödlicher Ausgang in 13%
ein. Die Mortalität war besonders hoch im schulpflichtigen Alter. Die
Inkubationsdauer wird auf 6 bis 10 Tage berechnet
Halbey (13) bespricht die Literatur über Bauchmuskellähmung bei
Poliomyelitis und führt kurz 2 eigene Beobachtungen an. In dem einen
fand sich eine Lähmung der queren Bauchmuskeln, die sich durch ballon-
artige Vorwölbuug des Bauches iu der rechten Unterbauchgegend dokumen¬
tierte. auch bestand Entartungsreaktion. In dem andern Fall zeigt sich
eine hernienartige Vorwölbung der linken unteren Bauchgegend, der Abdo¬
minalreflex fehlte hier, die elektrische Erregbarkeit war iu den queren Bauch¬
muskeln und in einem Teile des Rectus abdominis im Sinne der kompletten
Entartungsreaktion verändert.
Neustaedter (23) faßt seine Ausführungen über Landrysche Para¬
lyse und Poliomyelitis folgendermaßen zusammen: Landrysche Paralyse
ist eine klinische Einheit mit wechselnden pathologischen Veränderungen.
Diese können zuerst iu den peripheren Nerven auftreten und auf diese
beschränkt bleiben, oder sie können nur myelitisch seiu oder neurozellulär.
Poliomyelitis ist eine pathologische Einheit mit wechselnden Symptomen-
komplexen; es können schlaffe Lähmungen auftreten mit Muskelatrophie
oder spastische Lähmung, oder es können die Gehirnnerven betroffen sein,
es kann Ataxie und Tremor auftreten, oder es können gemischte Typen
Vorkommen.
Neuere Experimente von Flexner, Nogucbi und Amoß (9) brachten
weitere Beweise dafür, daß der als Erreger der Poliomyelitis bezeichnete
Mikroorganismus in ätiologischer Beziehung zu epidemischer Poliomyelitis
des Menschen und experimenteller Poliomyelitis beim Affen stebt. Die Verf.
konnten nachweisen, daß der Mikroorganismus seine Wirksamkeit in Kulturen
mehr als ein Jahr behält. Wenn auch bei der ersten Injektion auf Affen
das Auftreten von Poliomyelitis ausbleibt, so kann dasselbe nach späteren
Injektionen der Kultur erfolgen. Wenn bei Impfungen von Kulturen auf Affen
keine Lähmung auftritt, kann auch das Auftreten von Immunität ausbleiben.
Die bei Affen im Rückenmark, der Medulla und den intervertebralen Ganglien
auf Impfungen mit den Kulturen nachgewiesenen Veränderungen sind dieselben
wie diejenigen nach Injektion von gewöhnlichem Virus.
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Muskelatrophie.
391
Aus den Ausführungen Flexner’s (7) geht hervor, daß sich der
Infektionsträger der Poliomyelitis, den er aufzüchtete und ein ganzes Jahr
beiseite stellte, wieder wirksam war, wenn er ihn einem besonderen Kultur-
verfahren unterwarf. Aus weiteren Versuchen von Flexner und Amoß (8)
geht hervor, daß ein überaus zarter Mikroorganismus der Erreger der Polio¬
myelitis ist. (Jacobsohn.)
Der von Frissel (10) mitgeteilte Fall ist dadurch ausgezeichnet, daß
im Verlaufe einer fieberhaften Bronchitis eine Blasenlähmung auftrat. Irgend¬
welche andere Lähmuugen fehlten. Der zytologische Befund der Spinal¬
flüssigkeit konnte für Syphilis, Tuberkulose und Poliomyelitis sprechen. Für
die beiden ersten Krankheiten fand sich kein Anhaltspunkt, so daß per
exclusionem die Diagnose auf Poliomyelitis gestellt wurde. (Jacobsohn.)
In den Jahren 1911 und 1912 erkrankten nach einer Zusammenstellung
von Kling (16) an Kinderlähmung in den Städten Stockholm und Göteborg
insgesamt 57 erwachsene Individuen. Von diesen standen 52 in dem Alter
von 15 bis 30 Jahren, die übrigen 5 gehörten älteren Jahresklassen an.
Von den Erkrankten waren 24 eingeborene Stadtbewohner und 33 auf dem
Lande geboren und aufgewachsen, dann aber nach Stockholm bzw. Göteborg
übergesiedelt. In Stockholm und Göteborg zusammen fanden sich zu Ende
des Jahres 1910 95 700 Personen im Alter von 15 bis 30 Jahren, die in
der Stadt geboren waren und 59200, die auf dem Lande geboren und
später in die Stadt gezogen waren. Die Morbidität an Kinderlähmung betrug
demnach bei den erwachsenen eingeborenen Stadtbewohnern 25 pro 100000
und bei den vom Lande zugezogenen 55 pro 100000. Bei den eingeborenen
Stadtbewohnern hat die Kinderlähmung in der Mehrzahl der Fälle einen
gutartigen Verlauf gehabt, ja in einem großen Prozentsatz trat restitutio ad
integrum ein. Bei den zugezogenen Landbewohnern dagegen hat die Krank¬
heit in der überwiegenden Anzahl von Fällen einen bösartigen Charakter
gezeigt, und nur ausnahmsweise kam es zu vollständiger Heilung. Diese
Tatsachen scheinen dafür zu sprechen, daß die erwachsenen eingeborenen
Stadtbewohner relativ genommen, eine größere Resistenz gegen die Kinder¬
lähmung besitzen als die zugezogenen Landbewohner. Dieser refraktäre
Zustand der eingeborenen Stadtbevölkerung ist aller Wahrscheinlichkeit nach
als eine Immunität aufzufassen, erworben durch eine vorausgehende, meistens
während der Kindheitsjahre durchgemachte, leichte, nicht diagnostizierte
Infektion, die ihrerseits durch die reichen Möglichkeiten eines Kontaktes
mit Infektionsträgern, wie sie in den größeren Städten vorliegen, begünstigt
gewesen ist. (Jacobsohn.)
Maskelatrophle.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn.
1. Browning, W., A Family Form of Progressive Muscular Atrophy (Myelogenic Type)
Beginning Late in Life. Neurographs. Vol. I. No. 1. p. 68.
2. Br unk, Franz, Beitrag zur angeborenen einseitigen Dofoktbildung der Ripjxm und
der Muskulatur. Diss. Kiel.
3. Drever, Angeborener Defekt des linken Poktoralis major. Vereinsbell. d. Dtseh. med.
Woch. 1916. 42. 92.
4. Gardiner, John, Congenital Absence of Right Pectoralis Major and Minor Musclos.
The Joum. of the Amer. med. Assoc. Vol. LXIV. No. 6. p. 508.
5. Granholm, Ragnhild, Fall af infantil progressiv spinal muskolatrofi. Finska
Lakaresällakapets Handlingar. Bd. 57.
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392
Muskel&trophie.
6. Grinker, Julius, Demonstration of Several Types of Muscular Atrophy. The Journ.
of Nerv, and Mental Disease. Vol. 42. p. 570. (Sitzungsbericht.)
7. Gr über, Georg B., Zur Kasuistik und Kritik der umschriebenen Muskelverknöcherung
(Myositis ossificans circumscripta). Münch, med. Wschr. No. 12. p. 398.
8. Derselbe, Beobachtung von Muskelverknöcherung in der Umgebung eines sogen, trau¬
matischen Aneurysmas. Zbl. f. allg. Pathol. Bd. 26. No. 7. p. 193.
9. Guilleheau, Ein Fall von Atrophia musculorum pseudohypertrophica beim Rind
(Pßeudohyportrophia lipomatosa). österr. Wschr. f. Herheilk. 40. 139.
10. Hatch, F. F., Progressive Neuromuscular Atrophy; Report of ThreeCases in Family.
Without Heredity. Boston med. and Surg. Journ. March 18.
11. Mc Connell, J. W., Unusual Distribution of Muscular Atrophy. The Journ. of Nerrous
and Mental Disease. Vol. 42. p. 497. (Sitzungsbericht.)
12. Michaud, Cas d’atrophie muscul&ire progressive d’Erb. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte.
1916. 46. 536. (Sitzungsbericht.)
13. Mockerjee, K. T., Progressive Muscular Dystrophy. Indian med. Gazette. Aug. L.
No. 8.
14. Muggia, A., Distrofia musculare ed albuminuria lordotica nei bambini. Gazz. degli
Ospedali. June 6. XXXVI. No. 23.
15. Murphy, Dennis J., A Contribution to the Study of Progressive Muscular Atrophy and
A Report of Four Cases with Mental Discorders. The Alienist and Neurol. Vol. 63.
No. 3. p. 215.
16. Prochäzka, F., Zwei Fälle von spinaler Amytrophie, die auf Unfall bezogen wurden. —
Uasopis Seekych tekarüv. 54. 861.
17. Rad, Carl v„ Zur Kenntnis der Myatonia congenita. Festschr. 50 jähr. Bestehen des
Knopf.sehen Kinderspitals. Nürnberg. 1914.
18. Sala, Guido, Die pseudo-hy^pertrophische Paralyse. Klinische und histopathologische
Bstrachtungen. Arch. f. P8j r eh. 55. p. 489.
19. Stephenson. Junius W., Syphilitic Mubcular Atrophy. The Journ. of Nerv, and
Mental Disease. Vol. 42. p. 503. (Sitzungsbericht.)
20. Strauch, A., Pathology of Myatonia Congenita (Oppenheim). Necropsy Report.
Amer. Journ. of Diseases of Children. X. No. 1. July.
21. Taendler, J., Sechs Fälle von Myositis ossificans. Mschr. f. Unfallheilk. 22.
(11.) 325.
22. Vor mann, Zur Kasuistik der myopathischen Muskelatrophien. Uber einen Fall von
DyBtrophia muscularis progressiva. (Erb.) Dtsch. militärärztl. Zschr. No. 3/4.
p. 70—72. (Mitteilung eines diesbezüglichen Falles.)
23. Yudelson, Albert B., Progressive Muscular Atrophy, Acute Form. The Journ. of
N. and M. Dis. 42. 759. (Sitzungsbericht.)
Granholm (5) berichtet über zwei bei Geschwistern — einem 4jährigen
Mädchen und einem Knaben von J Jahr und 8 Monaten — beobachtete Fälle
von progressiver spinaler Muskelatrophie des Werdnig-Hoffmhnnschen
Typus. Bei dem Mädchen hat die Krankheit schon im ersten Lebensjahre
begonnen, so daß sich die Patientiu niemals hat auf die Beine stützen können.
Auch Kriechen hat sie nie gelernt. Während der ersten Lebensmonate hat
sie die Beine besser bewegen können als jetzt. Die Bewegungsfahigkeit der
Arme hat im Laufe des letzten Jahres merkbar abgenommen. — Der Knabe
konnte im Alter von 6 Monaten sich auf die Beine stützen und 3 Monate
später mit Stütze gehen, hörte aber bald damit auf und hat seit dem Alter
von 1 Jahre lind 3 Monaten nicht einmal zu kriechen vermocht.
Die Eltern sind gesund, der Vater zeitweise Alkoholiker gewesen. Lues
wird verneint. Ein Cjähriger Bruder der Kinder ist gesund. Ein Bruder
und zwei Vaterbrüder der Mutter sind geisteskrank gewesen, ein Mutter¬
bruder der Mutter ist Idiot. Lähmungen sind in der Familie nicht vor¬
gekommen.
Die beiden Kinder befinden sich in gutem Ernährungszustände, die
geistigen Fähigkeiten sind normal. Bei dem Knaben sind die Symptome
weniger weit vorgeschritten als bei dem Mädchen. Die Atrophie macht sich
an den Schultern und am Nacken am stärksten bemerkbar. Um das Becken
und an den Beinen reichliches Fettgewebe, das die Muskelatrophie bis zu
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Huakelatrophie.
393
einem gewissen Grade maskiert Oie Kinder können nicht ohne Hilfe sich
im Bette umdrehen, auch sich nicht in sitzende Stellung erheben. Sie
können nicht den Kopf aufrechthalten. Die Lähmungen sind in beiden
Körperhälften ziemlich gleich. Von seiten der Gesichts-, Augen-, Zungen-
und Schlundmuskeln ist nichts Abnormes zu bemerken. Die Sehnenreflexe
lassen sich nicht auslösen. Sensibilität intakt. Die elektrische Reizbarkeit
ist herabgesetzt, in den am stärksten gelähmten Muskeln erloschen; in einem
Teil der Muskeln erfolgen die Zuckuugeu langsam. ( Kahlmeter .)
Sala (18) beschreibt 13 Fälle der hypertrophischen Form der Dy¬
strophia muscularis progressiva. Auf Grund der von ihm studierten Fälle
ist er der Ansicht, daß man dem hereditären Faktor bei dieser Erkrankung
den Wert eines pathognomonischen Zeichens beimessen kann. Bei 9 der
Fälle waren die genauesten und sorgfältigsten Forschungen auf Erblichkeit
verneineud; die hereditäre Anlage der Krankheit fehlte vollständig. Auch
die familiäre Anlage hat keinen großen Wert; fast immer, mit Ausnahme
von zwei Fällen, waren es isolierte Fälle. Die elektrische Reaktion der dem
dystrophischen Prozeß preisgegebeuen Muskeln wies beständig quantitative
und qualitative Veränderungen verschiedenen Grades je nach der Zeitperiode
der Krankheit auf. Die histologischen Veränderungen an den erkrankten
Muskeln, die der Autor an seinem Material feststellen konnte, stimmen in
ihrem Aussehen und Wesen mit denjenigen überein, die von anderen
Autoren bisher beschrieben worden sind, nur hat Sala auch an den Muskel¬
spindeln Veränderungen gefunden. Mit Strychninkuren (2—6 mg pro die
subkutan) will der Autor gewisse Erfolge bei der Krankheit erzielt haben.
Prochizka (16) teilt einen Fall von chronischer Poliomyelitis und einen
von spinaler Atrophie (amyotrophische Lateralsklerose kombiniert mit bulbärer
Paralyse) mit. Eingehende Kritik der in der Literatur verzeichueten Fälle
gleicher Erkrankungen mit Angaben über traumatische Ätiologie. Der Zu¬
sammenhang der Amyotrophie mit dem Unfall ist nur dann möglich, wenn
direkt das Rückenmark geschädigt werden konnte. (Jar. Siuc/iUk.)
An Stelle der einseitig fehlenden Mm. pectoralis raajor und minor in
dem von Gardiner (4) beschriebenen Falle war nur ein fibröser Strang sicht-
und fühlbar. Die Klavikularpartien des M. Deltoideus und des Subklarius
waren hypertrophiert, wodurch die Kraft des Armes der betroffenen Seite
nicht nur nicht geringer, sondern nach Angabe des Patienten sogar stärker
sein soll als die der normal ausgebildeten Brustseite.
Taendler (21) teilt 6 Fälle mit, in denen sich nach Frakturen und
Verrenkungen Ossifikationen der umliegenden Muskulatur gebildet hatten,
welche die Heilung und Gebrauchsfähigkeit der Gliedmaßen verhinderten.
fn dem von Grabfir (8) mitgeteilten Falle handelt es sich um eine
auf entzündlichem Boden (nach Schutzverletzung) entstandene Verkuöcherung
im Bereiche der quergestreiften Muskulatur, speziell im Bereiche einer
jugendlich bindegewebigen Matrix, die auf Kosten des myogeneu Anteils iD
anmittelbarer Nachbarschaft einer sogenaunten Blutgeschwulst sich aus¬
gebildet hatte. Es handelt sich um eine Ummauerung der Blutgeschwulst
in der Muskulatur, die jedoch dem Drucke des pulsierenden Blutes vielfach
nicht gewachsen und vom Blutwirbel wiederum unterhöhlt und zerstört worden
war. Die Muskelknochenbildung konnte schon 24 Tage nach einem genau
abzugrenzenden Tianma histologisch festgestellt werden. Eine Gewehrkugel
zerriß die Adduktoren und verletzte die großen Schenkelgefäße. Es entstand
ein arterio-venöses Hämatom. In seiner Umgebung kam es, ohne daß eine
Knochenverletzung im Spiele war, zur Knochenbildung. G. meint, daß das
junge, so gut mit Gefäßen versorgte, zwischen degenerierender, absterbender
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394
Krankheiten der peripherischen Nerven.
Muskulatur liegende Bindegewebe gewissermaßen die Eigenschaft des Kalk¬
fangens aus dem vorbeiströmenden Blute und Lymphsaft zu eigen hat, und
daß hier Kalk nur so weit gebunden wird, als er zur Organisation des neu
zu bauenden Gewebes sofort verwendet werden kann.
Weitere Muskelverknöcherungen nach Schußverletzungen bei Soldaten
teilt Gruber (7) mit. Die Knochenbildung ist das Resultat eines entzünd¬
lichen Prozesses üm den Muskel.
Krankheiten der peripherischen Nerven.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
1. Alexander, A., Einschuß an der rechten Wange; rechtzeitige leichtgradige Fazialis¬
parese, Anästhesie im Ciebieto des rechten 2. Trigeminusastes. Heilung. Mschr. f.
Ohren heil k. 49. 693. (Sitzungsbericht.)
2. Alt, Ferdinand, Neuritis des Hörnerven nach Intoxikation mit Kohlenoxydgas. Arch.
f. Ohrenheilk. Bd. 96. N*>. 3—4. p. 183.
3. Alzona, F., Deila paralisi periferica dellipoglosso. Policlinico. June. Med. Seetion.
No. 6.
4. Anderson, Mc Call, Neuritis, tho Modorn American Disoase. Medical Record. Vol. 88.
No. 13. S. 518.
5. Armbruster, Vom Nervus recurrens und seinen pathologischen Einflüssen. Arztl.
Rundschau. No. 26. p. 201. (Allgemeine Ausführungen.)
6. Ausch, Oskar, Über Schuß Verletzungen der Himnerven. Wien. klin. Woch. No. 42.
S. 1139.
7. Barth, E., Über organische und funktionello Kehlkopf Störungen bei Kriegs verletzten.
Neurol. Zbl. 35. 59. (Sitzungsbericht.)
8. Baschke, Otto, Ein ätiologisch seltener Fall von Kehlkopf pfeifen. Berl. tierärztl.
Woch. 31. 136.
9. Bass, Ein Fall von Sympathicuslähmung und Larynxstenoso nach Schußvorletzung
des Halses. Mitt. d. Oos. f. innero Medizin in Wien. No. 1. p. 5.
10. Beck, Joseph C., and Hass in, O. B., A Case of Combined Extracranial Par^lysis of
Cerebral Nerves. Medical Record. Vol. 88. No. 8. p. 308.
11. Bock, O., Über gekreuzte Cochlear-Vostibularausschaltung nach Streifschuß des
Schädels. Mschr. f. Ohrenheilk. 1916. 50. 67. (Sitzungsbericht.)
12. Derselbe, Totale Taubheit, traumatische Ruptur des Trommelfells, komplette Fazialis¬
lähmung durch Erschütterung des Warzonfortsatzes. ebd. p. 272. (Sitzungsbericht.)
13. Derselbe, Doppelseitige Facialisparoso aus imbekannter Ursache, ebd. p. 441. (Sitzungs¬
bericht.)
14. Bocker, 1. Eigenartige Peroneuslähmung. 2. Schuß voxletz ungen peripherer Nerven.
Arch. f. Psych. 56. 357. (Sitzungsbericht.)
15. Bentelo, E., Peripheral Nerve Diseases and Their Treatment. Michigan State med.
Soc. Aug. XIV 7 . No. 8.
16. Bernhardt, M., Die Kriegsverletzungen dor peripherischen Nerven. Nach eigenen
Beobachtungen und den Berichten anderer Autoren. Berl. klin. Woch. No. 13-—14.
p. 309. 345.
17. Bikoles, G., Polynouritis (toxica) bei Muttor und Tochter. Wien. klin. Woch. No. 36.
p. 976.
18. Derselbe, Ein Fall von symmetrischer Neuritis (rheumatica) des Plexus brachialis mit
besonderem Ergriffonsein dor Nervi suprascapulares. ebd. No. 38. p. 1037.
19. Bittorf, A., Uber Schuß Verletzungen der peripheren Nerven. Neurol. Zbl. No. 15.
p. 556.
20. Bloyl, Zur Kasuistik dor Schußvorlotzungon des Kehlkopfs. Zschr. f. Ohrenheilk.
Bd. 73. H. 1. p. 22.
21. Borchardt, L., Zwei Fällo von Ulnarislähmung. Neurol. Zbl. p. 448. (Sitzungs¬
bericht.)
22. Derselbe, Schuß Verletzung dos Medianus am Oberarm, ebd. p. 617. (Sitzungsbericht.)
23. Borchardt, M. F., Schuß Verletzungen peripherer Nerven. Erfahrungen und Aus¬
blicke (Bericht über 56 operierte Fälle). Beitr. z. klin. Chirurgie. Bd. 97. H. 3. p. 233.
7. Kriegschirurg. Heft. (S, Kapitel; Trauma und Nervenkrankheiten.)
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
393
23a. Br eg man, Zwei Kapitel der Polyneuritis. Gaz. Lek. No. 12.
24. Bruck, Alfrod, Aneurysma der Arteria anonyma mit dopj)olsoitiger Stimmbandlähmung.
Berl. klin. Woch. p. 138. (Sitzungsbericht.)
25. Brumby, Hans, Über Nervenverletzungen bei Exstirpation der Halsdrüsen. Inaug.-
Dissort. Berlin.
26. Campora, Giovanni, Una forma di paralisi isolata dolla branca sensitiva del nervo
trigemino, ad inizio repentino, per probabile lesiono del F arteria piccola meningea.
Riv. ital. di Xeuropatol. Vol. 8. fase. 3. p. 112.
27. Cassirer, Periphere Nervenerkiankungen im Kriege. Zschr. f. ärztl. Fortbildung.
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28. Chrysospathes, John G., Ueber eine Supinations-Extcnsionsbehindorung der Vorder¬
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29. Clarke, J. M., Toxic Polyneuritis of Motor Type. Bristol Medico-Chir. Journ. March.
30. Clavtor, Thomas A., Multiple Neuritis As A Complication or Sequel of Typhoid Fever.
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31. Cohn, Toby, Schußverletzung des Platysma myoides. Neurol. Zbl. p. 282. (Sitzungs¬
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32. Derselbe, Lähmung des Platysma, ebd. 35. 59. (Sitzungsbericht.)
33. Cotton, F. J., Undescribod Ulnar Nerve Trouble, Due to Tension from Scar and its
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34. Curschmann, Hans, Zur Frage der ,,Myohypertrophia kymoparalytica“ H. Oppen¬
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35. Derselbe, Über Muskelhyportrophien hyperkinetischen Ursprungs bei toxischer Polyneu¬
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37. Däwborn, R. H. M., and Byrne, Joseph, Suture of Musculo-Spiral (Splitting Neuro-
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38. Egloff, Radialislähmung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 29.
39. Eijssolstei jn, G., Ein Fall von Polyneuritis. Ned. Tijdschr. v. Geneosk. 59. (I.)
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40. Engolmann, Schußverletzungen peripherischer Norven. Vereinsbeil. d. Dtsch. med.
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41. Fleischhauer, Kurt, Ueber Nervenverletzungen. Berl. klin. Woch. No. 9. p. 212.
42. Fr isch, O. v., Schädelbasisschuß mit Verletzung des Nervus Vagus, Sympathikus,
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43. Fürnrohr, Radialislähmungon. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 996.
44. Derselbe, Ein Fall von Radialislähmung inkl. Supinator longus und Trizeps, ebd.
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45. Gaugele, R., Über Nervenverletzungen im Kriege. Zschr. f. orthopäd. Chirurgie.
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46. Gorhardt, Zwei Fälle einseitiger Phrenikuslähmung. Münch, med. Woch. 62. 1763.
(Sitzungsbericht.)
47. Geßner, A., Schußlähmung des Sympathikus. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch.
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49. Girard, Cas de paralysie des deux bras traumatique. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte,
p. 1043. (Sitzungsbericht.)
50. Gratzl, Franz, Schuß Verletzungen peripherer Nervon. Beitr. z. klin. Chirurgie.
Bd. 97. H. 3. p. 291. u. Inaug.-Dissort. München. Sept.
51. Gross, Direkte Verletzung der Vagusgrupj>o, oine Kriegsverletzung, mit Roflexkrampf
des Vagus. Dtsch. Zschr. f. Chirurgie. Bd. 133. H. 2. p. 159.
52. Grosso, Schußverletzungen peripherer Nervon. Beitr. z. klin. Chirurgie. Bd. 97.
H. 3. p. 306.
53. Günther, Verletzungen der peripherischen Norven. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch.
p. 237.
54. Hahn, Florian, 9 Fälle von Nervonlähmungon nach Schuß vorlot zungen. Münch, med.
Woch. 1916. 63. 131. (Sitzungsbericht.)
55. Hall, G. W., Etiology and Diagnosis of Brachial Plexus Lesions. Illinois med. Journ.
28. (5.)
56. Helbing, Radialislähmung. Schußverlotzung. Operation. Vereinsbeil. d. Dtsch.
med. Woch. p. 238.
57. Henneberg, Lähmung der Bauchmuskulatur, ebd. 1916. 42. 401.
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396
Krankheiten der peripherischen Nerven.
58. Derselbe, Partielle Diszision des Ramus extemus n. accessorii sinistri. Neurol. ZbL
p. 366. (Sitzungsbericht.)
59. Higier, H., Einseitiges Weinen in einem Fall von rheumatischer Facialislähmung.
Verhandlungen der Warschauer ärztl. Gesellsch. CXI. p. 76.
60. Derselbe, Hysterische Simulation einer traumatischen Radialislähmung. ebd. 111*
p. 75.
61. Hirsch, Caesar, Isolierte Neuritis vastibularis nach Typhusschutzimpfung. Dtsch.
med. Woch. No. 34. p. 1005.
62. Hochhaus, 1. Fall von Erbsoher Lähmung. Münch, med. Woch. S. 1508. (Sitzungs»
bericht.) 2. Fall von doppelseitiger Akzessoriuslähmung. ebd. S. 1508.
63. Hoepfl, Alfred, Zur Kenntnis der Schußverletzung des Nervus radialis. ebd. No. 6.
p 203. F. B.
64. Hoeßly, H., Über Störungen der Larynxinnervation im Anschluß an 250 Kropf*
Operationen. Dtsch. Zschr. f. Chir. 134. (5/6.) 521.
65. Ho ff mann, Rudolph, 7 Fälle von Nervenverletzung der oberen Extremität. Borl.
klin. Woch. 1916. 53. 97. (Sitzungsbericht.)
66. Derselbe, Verletzung des Nervus recurrens. Münch, med. Woch. No. 1. p. 35. F. B.
67. Derselbe, Über ein bei Rekurrensparalyse zuweilen zu beobachtendes Phänomen.
Ztschr. f. Laryngol. Bd. 7. H. 5. p. 547.
68. Horwitz, Hugo, Zur Peroneuslähmung. Münch, med. Woch. No. 36. p. 1237. F. B.
69. Huismans, Halbseitige Zwerchfelllähmung, ebd. 62. 1615. (Sitzungsbericht)
70. Hummel, E. M., Ataxie Typee of Polyneuritis Resembling Tabes. New Orleans med.
and Surg. Journ. Jan.
71. Inman, F. C., Nervo Injuries: Their Influence on the Period of Disability. California
State Journ. of med. Vol. 13. No. 10. S. 379.
72. J enckel, Zwei Soldaten mit Schuß Verletzungen des rechten Plexus brachialis. Münch,
med. Woch. p. 302. (Sitsungsbericht.)
73. Joughin, J. L., Polyneuritis or Poliomyelitis. The Journ. of N. a. M. Dis. 42. 706.
(Sitzungsbericht.)
74. Kaelin, Werner, Über Störungen von seiten des Halssympathikus bei einfacher Struma
im Anschluß an deren operative Behandlung. Dtsch. Zschr. f. Chir. 134. (5/6.) 395.
75. Kan, P. Th. L., Ein Fall von Zerstörung des Kanals des Nervus facialis durch Chole¬
steatom ohne Lähmung. Ned. Tijdschr. v. Goneesk. 59. (I.) 1844.
76. Kash, M. C., Sciatic Neuritis, from Personal Experience. Kentucky med. Journ. No. 5.
77. Kastan, Plexusschuß mit Darmverlotzung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916.
42. 273.
78. Kiang, Fung Tschi, SchußVerletzungen der peripheren Nerven mit besonderer Berück¬
sichtigung von Diagnose und Befund. Diss. Berlin.
79. Kirschner, Über Schußvorlotzungen der peripherischen Nerven. Dtsch. med. Woch.
No. 11. p. 313.
80. Klinkert, D., Vorlamming van den rechten nervus phrenicus en van den rechten
halssympathicus. Nederl. Tijdschr. voor Genoeskunde. II. No. 6. p. 804.
81. Knack, Isolierte Schußverlotzung der rechten ersten Lendennerven. Vereinsbeil,
d. Dtsch. med. Woch. p. 993.
82. Königer,l. Funktionelle Gelenk- und Muskel kontrakturen im Gefolge von traumatischer
Neuritis. 2. Geheilte traumatische Neuritiden. Münch, med. Woch. p. 446.
(Sitzungsbericht.)
83. Körner, O., Über Fazialislähmung infolge von Erkrankungen der Ohrmuschel (Herpes;
Perichondritis und Othämatom). Zschr. f. Ohrenheilk. Bd. 72. H. 4. p. 181.
84. Dersolbe, Über Fazialislähmung infolge von Operationen im Mittelohr und am Schläfen¬
bein. ibid. p. 186.
85. Derselbe, Isolierte Lähmung der Mundästo des Nervus facialis infolge einer Schädigung
des Nervenstammes innerhalb des Schläfenbeins, ibid. p. 189.
86. Dorsolbo, Die Stellung der Augenbrauen boi dor poriphoren Fazialislähmung, ibid.
p. 191.
87. Derselbe, Weitere Erfahrungen über Kriegsverletzungen des Kehlkopfs und des Nervus
vagus. ebd. Bd. 72. H. 3. p. 125.
88. Derselbe, Beobachtungen über Schuß Verletzungen des Kohlkopfs, ebd. Bd. 73. H. 1.
p. 27.
89. Derselbe, Ein traumatisches Hämatom im Mediastinum mit starker Verdrängung der
Speise- und der Luftröhre, aber ohne Rekurrenslähmung, ibidem, p. 33.
90. Kraemor, I^ähmungsorscheinungen der Nachhand bei Remonten der Ersatz-Abteilung
des 3. Badi,schon Foldartillorio-Regiments No. 50 infolge Verfüttorung von Gerste.
Zschr. f. Votorinärkünde. H. 10. S. 296.
91. Kramer, Franz, 6 Fälle von partieller Nervenläsion bei Schußverletzung. NeuroL
Zbl. p. 446. (Sitzungsbericht.)
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
397
92. Derselbe, Schußverletzung des N. suralis. ebd. p. 617. (Sitzungsbericht.)
93. Derselbe, Lähmungen des Sohlenmuskulatur des Nervus tibialis. Monatsschr. f. Psych¬
iatrie. Bd. 37. H. 1. p. 11.
94. Kraupa, E., Pathology of Beils Phenomenon. Arch. of Ophthalmology. May.
95. Kreibich, C., Neurodermitis verrucosa. Archiv f. Dermatologie. Bd. CXXI. H. 2.
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«6. Kuiper, T., Über Nervenverwundungen im Kriege. Ned. Tijdschr. v. Geneeek. 59.
(II.) 2295.
97. Kummer, E., Note sur la branche desendante du nerf hypoglosse. Revue m£d. de la
Suisse Romande. No. 7. p. 361.
98. L&an, H. A., Quadricepsverlamming. Nod. Tijdschr. voor Geneesk. 2. Helft. No. 25
S. 2639.
99. Lange]aan, J. W., Ein Fall von multipler Neuritis luetica der Himnerven. Psych.
en neurol. Bladen. 19. 280.
100. Leporsky, N. J., Etiology of Multiple Neuritis. Russky Vrach. 14. (38.)
101. Leppmann, Friedrich, Nervenschußverletzungen. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch.
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102. Leva, Ueber sekundäre Lähmungen nach Trauma. Arch. f. Psych. 56.369. (Sitzungs¬
bericht.)
103. Löffler, Wilhelm, Polyneuritis alcoholica mit einseitiger Zwerchfell- und Stimmband-
lähmung. Dtsch. med. Woch. No. 44. S. 1308.
104. Löwenstein, Läsion der Nn. poronei und Reflexlähmung nach Schrapnellverletzung.
Neur. Zbl. 34. 914. (Sitzungsbericht.)
105. Mann, L., 1. Partielle Lähmung des N. radialis. 2. Affektion des linken neunten bis
zwölften Gehimnerven. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. S. 1235.
106. Derselbe, Über Polyneuritis, als Begleiterscheinung nervöser Erschöpfungszustände im
Kriege. Neurol. Zbl. No. 5. p. 150.
107. Mann, Ludwig, Beobachtungen an Verletzungen peripherer Nerven. Münch, med.
Woch. No. 30. p. 1027. F. B.
108. Martin, William, Report of Case of Polyneuritis of Motor Type. Med. Rec. 88. 810.
(Sitzungsbericht.)
109. Mayer, C., 1. Ein Fall von aufsteigender Neuritis. 2. Zwei Fälle von Radialislähmung.
Wien. klin. Woch. p. 720. (Sitzungsbericht.)
110. Derselbe, Fälle von Neuritis und Drucklähmung nach Kriegsverletzungen, ebd. 1916.
29. 180. (Sitzungsbericht.)
111. Derselbe, Kriegsneurologische Erfahrungen. Medizin. Klinik. No. 37. p. 1017.
112. Mo Kenzie, D., Horpes Zoster Oticus Combined with Recurrent Laryngeal Paralysis.
Joum. of Laryngol. Sept. XXX. No. 9.
113. Metzner, R., und Wölfflin, E., Klinische und experimentelle Untersuchungen über
Halssympathicuslähmung. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. LXXXIX. No. 2. p. 308.
114. Miockloy, Über Bomasohe Krankheit. Berl. tierärztl. Woch. No. 34. p. 403.
115. Miller. H. Eduard. Bilatorale periphere Paralyse der Museuli crico-arythenoidei postici.
Ztschr. f. Laryngol. Bd. Vll. H. 6. S. 685.
116. Moleen, George A., Poripheral Facial Paralysis: Treatment of the Refrigeration Type.
The Joum. of tho Amer. med. Assoc. 65. 1672. (Sitzungsbericht.)
117. Müller-Deham, Albert v., Beobachtungen zur Klinik und Therapie der Dysenterie,
insbesondere der postdysenterischen und postulzerösen Polyneuritis. Wien. med. Woch.
No. 16. p. 653.
118. Neuhäuser, 1. Blasenlähmung. 2. Radialis- und Medianuslähmung. Vereinsbeil,
d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42. 404.
119. Nonne, M., 1. Doppelseitige kortikal bedingte Peroneuslähmung. (Nach 6 Wochen
geheilt.) 2. Isolierte Neuritis des Tibialis anticus. EaR. in den kleinen Fußmuskeln.
3. Trauma der Schulter. Akromialfraktur, isolierte Hypothenarmuskellähmung mit
Paraesthesien im Medianusgebiet. 4. Isolierte Medianuslähmung. Münch, med. Woch.
p. 159. (Sitzungsbericht.)
120. Derselbe, 1. Fall cerebraler Peroneuslähmung. 2. Seltene Verteilung der Paresen nach
Acromialfraktur. 3. Partielle Medianuslähmung. Berl. klin. Woch. p. 225. (Sitzungs¬
bericht.)
121. Derselbe, Über Polyneuritis gemischter Nerven bei neurasthenischen Kriegsteilnehmern.
Dtsch. Zschr. f. Nervenheilk. Bd. 53. H. 6. p. 464.
122. Oppenheim, H., Bemerkungen zur Kriegsneurologie. Neur. Zbl. 35. 62. (Sitzungs¬
bericht.)
123. Derselbe und Borchardt, M, Zur Medianuslähmung, ebd. p. 540. (Sitzungsbericht.)
124. Perkins, Charles E., Facial Contractions Düring the Radical Mastoid Operation.
Ann. of OtoL 24. (3.) 664.
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398
Krankheiten der peripherischen Nerven.
125. Pinczower, A., Zur Kenntnis der Polyneuritis syphilitica. Dermatolog. Z 1. Xo. 6.
p. 82.
126. Quonse 1, 1. Schwofolkohlenstoffpolyneuritis. 2. Kriegsverletzungen des peripherischen
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127. Rad, v., Fall von Kukullarislähmung. Münch, med. Woch. 1916. 63.168. (Sitzungs¬
bericht.)
128. Re ich mann, Frieda, Klinische Erfahrungen an Schuß Verletzungen peripherer Nerven.
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129. Reznicek, Richard, 80 Schußverletzungen peripherer Nerven. Jahrb. f. Psych. 35.
396. ( Sitzungsbericht. )
130. Derselbe. Über die Verletzungen der peripheren Nerven im Kriege und deren Behandlung.
Wien. med. Woch. No. 8. p. 390. (Allgemeine Ausführungen.)
131. Derselbe, Zwei Fälle von einseitigen multiplen Hirnner von Verletzungen. Neurol. Zbl.
No. 11. p. 370.
132. Derselbe, Über vasomotorische und trophisehe »Störungen bei den Kriegsverletzungen
der peripheren Nerven. Wien. klin. Woch. No. 20. p. 545. Militärsanitätswescn.
133. Rhein, J. H. W., Arthritic Neuritis-. Pennsylvania med. Journ. April.
134. Robinson, <«■. C., Caso cf Heait Block Illustrating Mode > f Action of Vagus Nerveon
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136. Röpor. I. Polineuritis ? Landvv; che Paralys e (subakute Form) ? 2. 2 Fälle von Isolierter
Axillarislähnmng durch Schußverletzungen. 3. Fünf Fälle von Lähmung des Nervus
tibialis bei intaktem Peroneus nach Sehußvovletzung des Ischiadicus. Münch, med.
Woch. p. 232. (Sitzungsbericht.)
137. Rumpf, Kombinierte Armlähmung (Erbscher Typus) mit Lähmung des linken N.
phrenicus. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p 661.
138. Russeff, Kosta, Zwei Fälle von Lähmung des Haissyinpathieus mit Augenerscheinungen
boi Kriegs vorletzten. Ztschr. f. Augenhoilk. Bd. 33. H. 5—6. p. 291. (Nichts
Be; onderes.)
139. Butt in, Erich, Rasche Heilung einer operativen Facialislähmung. Monats,sehr. f.
Ohrcnheilk. p. 214. (Sitzungsbericht.)
140. Derselbe, Über Parese des Mundfazialis. Zschr. f. Ohrcnheilk. 73. (3.) 242.
141. Sachs, Rechtsseitige periphere Fazialislähmung. Wien. kl. Woch. 28. 1397.
(Sitzungsbericht.)
142. Santo, L. R., Lead Neuritis from (osmetics, with Report of Two Cases. The Journ. of
tho Amor. med. Assoc. Fol. LXIV. No. 19. p. 1573.
143. Saut er, Richard, Ein Beitrag zur Verletzung i>oriphorer Nerven. Münch, med. Woch.
No. 15. p. 528. F. B.
144. Schoppler, Ernst, Ein Fall von doppelseitiger Entbindungslähmung. Ein Beitragzu
den Armlähmungen der Neugeborenen und deren Behandlung. Inaug.-Dissert.
München.
145. Schlesinger, Hermann, Ein Fall von spontaner Xagolabstoßung nach »SchußVerletzung
des Plexus brachialis. Mitteil. d. (»es. f. innere Med. u. Kindorheilk. z. Wien. No. 1.
146. Derselbe, Dysenterische Polyneuritis bei Kriegsteilnehmern. Medizin. Klinik. No. 14.
p. 383.
147. Schmitt, 1. Einseitige Senatuslähmung vermutlich nach Trauma. 2. Polyneuritbs.
3. Multiple Oohirnnervenvei lotzung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. 1916. 42.
371.
148. »Schönborn, Fall von Polyneuritis. Münch, med. Woch. p. 422. (Sitzungsbericht.)
149. Schräg, Post diphtherische l^ähmung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 996.
150. »Schröder, 1. Fälle von Kriegsverletzungen des peripheren Nervensystems. Münch,
med. Woch. p. 623. (Sitzungsbericht.)
151. Derselbe, Fall von »Schwefelkohlenstoffpolyneuritis. obd. p. 623. (Sitzungsbericht.)
152. Schuster, Paul, Isolierte Lähmung des N. g’utaeus superier durch Schuß Verletzung.
Neurol. Zbl. No. 12. p. 418.
153. »SchwaIbach, Ischiadicuslahmung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch. p. 238.
154. Sei bold, Radialislähmung boi einem Pferde. Münch, tierärztl. Woch. 66. (49.) 948.
155. »Sepp, Enzootischo Sehlundkopflähmung. ebd. No. 35. p. 669.
156. Sc vor, J. W., Paralytic Conditions Rcsulting from Surgical and Obstetric Accidonts.
Boston med. and »Surg. Journ. Julv 1. CLXX1I1. No. 1.
157. Sharpo, Norman, Her])es Zoster Oticus, with Facial Palsy and Acoustic Symptoms.
The Joum. of Nerv. a. Ment. Dis. 1916. 43. 155. (Sitzungsbericht.)
158. Simons, Pigmentierung nach Schußverletzung. Vereinsbeil. d. Dtsch. med. Woch.
1916. 42. 119.
159. Simpson, J. K., Supraclavicular Brachial Plexus Block. Florida med. Assoc. Joum.
Dec.
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
399
160. Snow, Mary Arnold, Different Forma of Neuritis and Their Troatment. Med. Roc.
88. 810. (Sitzungsbericht.)
161. Spielmeyer, W., Zur Klinik und Anatomie der Nervenschußverletzungen. Zschr.
f. die ges. Neurol. 29. (5.) 416.
162. Stein, O. J., Differential Diagnosis of Laryngeal Motor Poralysis. Ann. of Otol. Sept.
163. Stein borg, Friedrich, Beiträge zur Kenntnis der trophischen Störungen bei Schu߬
verletzungen peripherer Nerven. Wien. klm. Woch. No. 31. p. 833.
164. Stiefler, Georg, Klinischer Beitrag zur Schädigung der peripheren Nerven bei den
Erfrierungen infolge Durchnässung. Neur. Zbl. 34. (23.) 882.
165. Stransky, Erwin, Zur Nouritis als Felderkrankung. Wion. med. Woch. No 42.
S. 1553.
166. Synnot, Martin T., A Gase of Beils Palsy. Arch. of Ped. 32. 210.
167. Tasawa, R., Experimentelle Polyneuritis, besonders bei Vögeln, im Vergleich zur
Beriberi dos Memchen. Zschr. f. experim. Pathologie. Bd. 17. H. 1. p. 27.
168. Thöle, Kriegsverletzungen peripherer Nerven. Beitr. z. klin. Chir. 98. (2.) 131.
169. Tho st, Über Halsschüsse. Zschr. f. Ohrenheilk. 73. (3.) 207.
170. Tresling, J. H., A. T., Verwonding van de Gezichtszenuw. Nederl. Tijdschr. v r oor
Goneesk. Eerste Helft. No. 23.
171. Trömner, 1. Schuß durch den Hals am Erbschen Punkt. 2. Brown-Sequard\sche
Lähmung durch Nackenschuß ohne Wirbel Verletzung. Neurol. Zbl. p. 415, 416.
(Sitzungsbericht.)
172. Derselbe, 1. Fall mittlerer Arm-Plexuslähmung. 2. Halsschüsse. ebd. 1916. 35.
93. (Sitzungsbericht.)
173. Tschermak, A. von, Über Herpes zoster nach Schußverletzung eines Nerven.
Arch. f. Dermatol. Berichtteil. Bd. CXXII. H. 4. p. 337.
174. Uh t hoff, W., Fall von Trigeminus Verletzung. Vereinsbeil. d. Dtsoh. med. Woch.
p. 1143.
175. Derselbe, Zwei Fälle von Trigeminusläsion durch Schuß Verletzung. Klin. Monatsbl.
f. Augenheilk. April/Mai. p. 391.
176. Urbantschitsch, Ernst, Fazialisparalyseund Trigeminusanästhesie nach posttyphösem
Drüsenabsceß. Mschr. f. Ohrenheilk. 1916. 50. 76. (Sitzungsbericht.)
177. Derselbe, Disposition zu otogenen Fazialisparesen, ebd. 49. 703. (Sitzungsbericht.)
178. Vermeulen, H. A., Die Hemiplegia laryngis des Pferdes. Berl. tieräiztl. Woch.
No. 19. p. 219.
179. Derselbe, Die linksseitige Kehlkopflähmung beim Pferde (Oornage). Tijdschr. v.
Veeartsenijk. 42. 101.
180. Vomela, S., Beri-beri Neuritis multiplex. Casopis cesk^ch lekaruv. 54. 1035.
(Böhmisch.)
181. Weber, W., 1. Isolierte Axillarislähmung. 2. Nervenverletzungen bei Zerschießung der
A brachialis. 3. Fall von Radialislähmung. Münch, mod. Woch. p. 1086. (Sitzungs¬
bericht.)
182. Wintermute, George, P., Auditory Neuritis. Tho Journ. of tho Amer. med. Assoc.
Vol. LXV. No. 7. p. 608. (Beschreibung des Symptomenbildes an der Hand eines
Falles nach Influenza.)
183. Wolff, Komplette Rekurrenslähmung links nach Schrapnellßchußverletzung. Vereins¬
beil. d. Dtsch. med. Woch. p. 1055.
184. Zabriskie, Edwin G., Case of Ascending Neuritis of the Ulnar Nerve. New York
Neurol. Inst. Meeting. April 29.
185. Zange, Rekurrenslähmungen nach Schußverletzungon. Münch, med. Woch. 1916.
63. 203. (Sitzungsbericht.)
186. Zappert, J., Über ein gehäuftes Auftreten gutartiger Facialislähmungen beim Kinde.
Zschr. f. Kinderheilk. Bd. 13. H. 3—4. S. 135.
187. Zesas, Denis G., Klinik und Therapie der Vagus Verletzungen am Halse. Original¬
mitteilung und Übersichtsreforat. Zbl. f. die Grenzgeb. d. Medizin u. Chir. Bd. 18.
No. 6. p. 587. (Sammelreferat.)
188. Zuelzer, G., Reizung des Nervus pudendus. (Nourologie). Ein häufiges, Blasen¬
katarrh vortäuschendes Krankhoitsbild im Kriege. Berl. klin. Woch. 52. (49.) 1260.
Das Hauptinteresse des diesjährigen Berichtes nehmen die Schuß-
yerletzungen der peripherischen Nerven in Anspruch, welche die über¬
wiegende Mehrzahl aller Nervenverletzungen im Kriege bilden. Der Inhalt
der Arbeiten bringt Angaben über die Häufigkeit des Befallenseins der ein¬
zelnen Nerven, über die Symptomatologie der totalen und partiellen Läsion,
über die pathologisch-anatomischen Vorgänge bei der Narbenbildung, der
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400
Krankheiten der peripherischen Nerven.
De- und Regeneration und über die Indikationen zur Operation resp. kon¬
servativen Behandlung. Von Interesse sind ferner die Arbeiten über Poly¬
neuritis nach der im Felde so vielfach aufgetretenen Dysenterie. Besondere
Aufmerksamkeit erweckt die Arbeit von Tatsawa über experimentelle
Polyneuritis im Vergleich zur Beriberikrankbeit
Kriegsverletzungen.
Bernhardt (16) gibt eine zusammenfassende Darstellung der Schädigung
peripherischer Nerven durch Geschoßwirkung, wobei er die zurückliegende
und die aus dem gegenwärtigen Kriege bereits erwachsene Literatur weit¬
gehend berücksichtigt und zur Illustration eigene Beobachtungen mitteilt
Nach statistischen Angaben bespricht er die Ätiologie, Symptomatologie und
Therapie.
Spielmeyer (161) gibt eine Übersicht über 297 Fälle peripherer
Lähmungen nach Schußverletzungen. Unter diesen waren 22 eine Lähmung
des Plexus (brachialis), 3 eine isolierte Lähmung des Axillaris, 77 des Radialis,
28 des Ulnaris, 32 des Medianus, 2 des Musculo-cutaneus, 3 des Plexus
(sacralis), 42 des Ischiadikus, 36 des Peroneus, 6 des Tibialis, 7 des Femoralis.
Dazu kommen noch vereinzelte Lähmungen anderer Nerven. In 29 Fällen
waren Kombinationslähmungen vorhanden. Von den Lähmungen isolierter
Nerven waren 115 totale und 111 partielle. Von den letzteren waren manche
zunächst auch total gewesen. Die Radialislähmungen waren viel häufiger
totale als die Medianuslähmungen. Unter 36 Peroneuslähmungen hatte 26mal
die Läsion am Oberschenkel stattgefunden, bei den 6 Tibialislähmungen 3 mal.
Unter den partiellen Nervenverletzungen sind eine ganze Reihe, bei denen die
motorische Funktionsstörung wesentlich hinter der sensiblen zurücktritt, oder
bei denen überhaupt nur sensible Ausfalls- und Reizerscheinungen beobachtet
wurden. Über die stärksten Schmerzen klagten die Patienten gewöhnlich bei
Verletzungen des Medianus und Tibialis, hierbei wurden auch am meisten
vasomotorische und trophische Störungen beobachtet. Spielmeyer meint,
daß es zu weit geht, wenn man nach Stoffels Untersuchungen annimmt,
daß gewisse unverbrüchliche Gesetze bestünden, wonach eine säuberliche
Sonderung der Nervenfaserbündel nach scharf umgrenzten Gruppen immer
gegeben sei. Das trifft nur manchmal zu, andere Fälle sprechen direkt da¬
gegen. Der Autor setzt dann auseinander, wie schwierig in vielen Fällen es
sei, zu bestimmen, ob man es mit einer totalen oder partiellen Nervenlähmung
zu tun hat. Er hält es deshalb für notwendig, die Nervenschußverletzungen
3—4 Monate hindurch auf ihr funktionelles und elektrisches Verhalten zu
kontrollieren, da eben während einer solchen Beobachtung sich viele Fälle
als spontan regenerationsfahige oder partielle entpuppen, die zunächst für
totale Durchtrenuungen gehalten wurden. In differentialdiagnostischer Hin¬
sicht können einseitige Verletzungen der Cauda equina gegenüber rein
peripheren zuweilen Schwierigkeiten bereiten, ebenso wenn die organischen
Lähmungen durch psychogen bedingte überlagert sind. Die sog. Reflex¬
lähmung Oppenheims erkennt der Autor an. In 62 Fällen konnte der
Autor au der Durchschußstelle exzidierte Nervenstücke untersuchen. 40 mal
erwies sich der Nerv völlig durchtrennt, 22mal war die Kontinuität des
Nerven nicht vollständig unterbrochen. Es folgt nun eine genaue Beschreibung
der mikroskopischen Präparate vom Zwischenstück zwischen zentralem und
peripherem Ende, speziell der zwischenliegenden Narbe mit den hinein- resp.
auch durchwuchernden Nervenfasern. Die Bilder bestätigen im großen und
ganzen die Anschauungen, welche früher über Degeneration und Regeneration
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verletzter peripherischer Nerven gewonnen worden sind. Die Frage, wann
man operieren soll, beantwortet der Autor dahin, daß es zweckmäßig ist,
3—4 Monate zunächst abzuwarten; länger wie 6 Monate soll man es aber
nicht tun, da dann die Aussicht der Wiederherstellung der Funktion eine
geringe ist.
Cassirer (27) verfügt über ein Material von 300 Fällen peripherer
Nervenverletzungen. Von diesen sind 90 operiert worden. Unter 37 Fällen
von Radialisverletzungen war der Nerv 14 mal total zertrennt, und unter
44 Fällen anderer Nervenverletzungen war dies 22mal der Fall. Auf Grund
dieser Verhältnisse neigt er mehr zur frühzeitigen Operation. Man soll bei
totaler Lähmung nach Ansicht des Autors operieren, wenn die Schußwunde
definitiv geheilt ist. Wenn eine Narbe im Nerven sich gebildet hat, so soll
man sie exzidieren. Man soll dies auch tun, wenn unerträgliche Schmerzen
durch das Narbengewebe erzeugt werden. Bei partieller Lähmung kommt es
auf die Art der Verletzung an. Hier ist eine besonders genaue Beobachtung
und Erwägung notwendig.
Fang Tschi Kiang (78) referiert in seiner Dissertation ausführlich
über 50 Fälle von Verletzungen peripherer Nerven, die Oassirer in der
chirurgischen Universitätsklinik untersucht hat.
Reichmann (128) beobachtete 320 Fälle von Schußverletzungen
peripherischer Nerven. Unter den 237 Armschüssen befinden sich 11 Ver¬
letzungen des Plexus cervicalis sup., 29 Verletzungen des Plexus brachialis.
Unter den einzelnen Armnerven waren 57 mal der Medianus, 51 mal der
N. ulnaris, 37mal der Radialis isoliert betroffen, 4mal der isolierte N. axillaris,
41 mal waren mehrere Armnerven kombiniert getroffen. Unter den Bein¬
schüssen war 5 mal der Plexus lumbosacralis, lmal der N. femoralis, lmal
der N. pudendus isoliert betroffen, lOmal war der N. ischiadicus, 21 mal
der N. peroneus verletzt. In 8 Fällen bestand eine Lähmung des Peroneus
und Tibialis, 1 mal eine isolierte Tibialisparese. Es wurden nun von der
Verf. einzelne Fälle geuauer beschrieben. Die Sensibilitätsstörungen lassen
sich in einer Reihe von Fälleu schwer abgrenzen, weil die organisch be¬
dingten Zonen oft von psychogenen durchkreuzt resp. überlagert werden.
Auch Fälle von Akinesia amnestica (Oppenheim) wurden beobachtet. Auf
alle Einzelheiten in der Symptomatologie der motorischen, sensiblen und
trophischen Störungen, die zum Teil bemerkenswert sind, kann hier nicht
eingegangen werden. Am Schluß gibt die Autorin die leitenden Gesichts¬
punkte, nach welchen die Schußverletzungen peripherischer Nerven in der
Königsberger Klinik behandelt werden.
1. Jede Schußlähmung wird zunächst konservativ behandelt.
Bei der Indikationsstellung werden folgende Momente in Betracht
gezogen:
a) Die Dauer der Erkrankung. Wenn 6 Wochen nach der Verletzung
keine Tendenz zur Besserung eingetreten, wird zur Operation geraten.
b) Nervenoperation geschieht erst nach völliger Heilung der primären
Schußwunde.
• c) Je weiter peripheriewärts lokalisiert und je mehr auf isolierte Nerven-
stämme die Verletzung beschränkt ist, desto besser ist die Prognose
des operativen Eingriffes.
d) Sehr in Betracht kommt die Schwere der Ausfallserscheinungen.
Bei der operativen Freilegung von durch Schuß verletzten Nerven
findet man nach Kirschner (79) folgende pathologisch-anatomischen Befunde:
1. Der Nerv ist in Narbenmasse eingemauert; 2. in Berührung mit dem
Nerven befindet sich ein reizender Fremdkörper; 3. der Nerv ist ganz oder
JahresberichtA^Neurologi«. u. Psychiatrie ms.
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
teilweise zerrissen; 4. der Nerv zeigt eine gleichmäßige oder unregelmäßige
Verdickung; 5. es findet sich trotz fuuktioneller Schädigung kein patholo¬
gischer Befund. Eine operative Therapie soll wegen vorhandener motorischer
Lähmungen nicht vor Ablauf von sechs Wochen einsetzen. Besonders er¬
fordern die Fälle mit zunehnenden, sich bis zur Unerträglichkeit steigernden
Schmerzen eine Operation.
Giatzl (50) führt eine Anzahl von Fällen mit Schußverletzungen
peripherischer Nerven an, bei denen eine mikroskopische Untersuchung der
verletzten Nervenstümpfe stattfand. Im ganzen wurden 9 Nerveuuähte und
6 Neurolysen ausgeführt. Der Gesamterfolg war 73%.
Thöle (168) berichtet über 46 Nerven verletzte, die er operiert hat.
Bei 34 dieser Verletzten war nur ein Nerv beschädigt, und zwar 13mal der
Radialis, 7 mal der Medianus, 7 mal der Ischiadikus, 5 mal der Uluaris,
1 mal der Peroneus und 1 mal der Fazialis. Die anderen hatten mehrfache
Nervenverletzungen, einzelne sogar an verschiedenen Gliedmaßen durch die
gleiche Geschoßwirkung. Die Ursache für die Häufigkeit des Betroffenseins
des N. radialis sieht 1h. im spiraligen Verlaufe des Nerven. Bezüglich der
Art und des Grades der Nervenveränderungen unterscheidet der Autor
1. Abschuß, und zwar vollständigen, nahezu vollständigen uud teilweisen
(durch Rinnen- oder Streifschuß); 2. Spindelförmige Verdickung durch
Durchschuß oder Quetschung, auch durch Steckschuß (d. h. Steckenbleiben
eines kleinen Fremdkörpers im Nerven); 3. Umklammerung und Kompression
durch Narben, besonders durch Nervenscheidennarben; 4. Kommotion ohne
makroskopischen Befund. Bei Verletzungen einzelner Nerven überwiegen
die Abschüsse. Beim vollständigen Abschuß fand Th. den zentralen Stumpf
meist kolbig verdickt, nur bei frischen, bis 4 Wochen alten Fällen noch
nicht; der peripherische Stumpf dagegen war meist verdünnt. Die beiden
Stümpfe lagen 1—3 cm entfernt, oft aus der Richtung verschoben, mit¬
unter verband sie ein dünner oder dicker Narbenstumpf. Der Autor setzt
dann weiter das verschiedene Aussehen des Narbengewebes der Nerven¬
quetschung u8w. auseinander. Neuralgische Schmerzen sind nach Erfahrungen
des Autors kein Boweis gegen Abschuß, gegen völlige Leitungsunterbrechung.
Schwere, mindestens dem Grade der motorischen Störung entsprechende
Sensibilitätsstörungen beobachtete Th. in 17 seiner Fälle, geringe Sensibili¬
tätsstörungen in 16 Fällen, gar keine in 6 Fällen. Auch das vollkommene
Fehlen von Sensibilitätsstörungen sei kein strikter Beweis gegen vollständigen
Abschuß. Th. geht des näheren auf die gesamte Symptomatologie der von
ihm beobachteten peripherischeu Lähmungen ein und stellt zum Schluß
folgende Behandlungsprinzipien auf:
1. Bei vollständiger motorischer Lähmung: mit 1. partieller EaR. noch
6—8 Wochen lang, nach Heilung der Wunden, spontanen Wieder¬
eintritt der Motilität abwarten, mit 2. kompletter EaR. möglichst
früh operieren.
2. Bei partieller Lähmung mit partieller oder kompletter EaR. der
gelähmten Muskeln noch 6—8 Wochen nach Heilung der Wunden
abwarten.
3. Bei Parese (totaler oder partieller) wie unter 2. Paresen kommen
nur zur Operation, wenn sie aus Paralysen hervorgingen und die
eingetretene Besserung nicht mehr fortschritt.
4. Von anhaltenden heftigen Schmerzen und quälenden Parästhesien
soll Patient bald durch Operation befreit werden.
Nach Erfahrungen Bittorf ’s (19) lassen sich die zahlreichen Schu߬
verletzungen der peripheren gemischten Nerven in zwei Gruppen trennen.
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Die erste größere Gruppe umfaßt die weitaus häufigsten Verletzungen des
N. radialis, Plexus brachialis, besonders des oberen Teils und des N. ischia-
dieus und seiner Äste. Hier herrscht die motorische Lähmung vor. Die
Prognose der motorischen Lähmung ist ungünstig, zum mindesten ist die
Heilungsdauer sehr laug. Die zweite, kleinere Gruppe umfaßt die Fälle
mit vorwiegend sensiblen, häufig auch vasomotorischen, sekretorischen, trophi¬
schen Störungen; die motorischen Ausfallserscheinungen fehlen vielfach oder
treten vielfach zurück. Hierher gehört vor alllem die auffallend häutige
Verletzung der N. medianus. Sehr häufig sind hier subjektive Sensibilitäts-
Störungen und sehr quälende Schmerzen. Prognostisch gestalten sich die
Fälle der zweiten Gruppe günstiger. Zur Illustration dieser Gruppe führt
der Autor einen Fall von Medianuslähmung an. Dieser und ähnliche Fälle
beweisen die enge Zusammengehörigkeit der vasomotorischen und sensiblen
Bahuen auch im peripheren Nerven und ferner deren engen Zusammenhang
zwischen Temperatur-, Schmerz- und Vasomotorenlähmuugen und trophischen
Störungen. Bei motorischen Lähmungen ist frühzeitige Operation angezeigt;
besonders angezeigt ist in alleu derartigen Fällen fortgesetzte passive Be¬
wegung aller Gelenke. Bei sensiblen Störungen empfiehlt der Autor Hei߬
luftbehandlung, Dampfbäder, Fangopackungen usw.
Mayer ( 111) geht bei seinem Kriegsmaterial hauptsächlich auf die
Verletzungen der peripherischen Nerven ein. Es können auch bei sicherer
Kontinuitätsunterbrechung des Radialis Sensibilitätsstörungen ganz fehlen,
aber es kommt auch leichte Hypästhesie im Ramus superficialis und in
seltenen Fällen eine schwere Herabsetzung der Sensibilität vor. Ausführlich
teilt der Antor dann zwei Fälle von Neuritis ascendens nach Fingerver¬
letzungen mit. Tonischen Spasmus als Folge einer Verletzung des Nerven-
stammes sah er zweimal im Ulnarisbereich.
Mann (107) gibt einen kurzen Überblick über seine Beobachtungen
au Verletzungen peripherischer Nerven von Kriegsteilnehmern und bespricht
die Indikationen zur Operation.
Reznicek (132) berichtet über vasomotorische und trophische Störungen
in über 2u0 Fällen von Schußverletzungen peripherer Nerven. Von vaso¬
motorischen Störungen zeigten sich, am häufigsten an den distalen Enden
der betroffenen Extremitäten, Zirkulationsstörungen, Ödeme. Sowohl diese,
als auch die trophischen Störungen waren niemals schwerer Natur, und zwar
Verdünnung der Haut, Hyperkeratose. Die von dem Prozeß der Hyper-
keratose betroffenen Gebiete sind fast immer an- oder hypalgetisch, für
gewöhnlich sind sie der Sitz neuralgischer Schmerzen und wahrscheinlich
ist auch der hyperkeratotische Prozeß auf einen Reizzustand im betroffenen
Nerven zurückzuführeu. Von sekretorischen Störungen ist die Hyperhidrosis
im Bereiche der Palma manus und Planta pedis ein sehr häufiges Symptom.
Das Symptom ist als eine Reizerschoinung des sympathischen Systems auf¬
zufassen. Anhidrosis ist ein sehr seltenes Symptom. Neben trophischen
Störungen an den oberflächlichen Gebilden kommen solche auch an den
tiefen Geweben, Sehnen, Gelenken und Knochen vor. Die akute Knochen¬
atrophie ist bei peripheren Nervenverletzungen keine Seltenheit, sie kann in
allen schweren Fälle einige Monate nach der Verletzung röntgenologisch
nachgewiesen werden.
Steinberg (163) konnte unter 70 Fällen von Schußverletzungen peri¬
pherischer Nerven 52 mal Störungen trophischer, vasomotorischer und sekre¬
torischer Natur nachweisen. Die Störungen waren ähnlicher Art, wie sie
von Reznicek (s. dort) beschrieben wurden. Auf Grund seiner Beob¬
achtungen nimmt der Autor die Existenz trophischer Nerven an. Ihre Ver-
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
teilung in den einzelnen peripheren Nerven, die Art ihrer Ausbreitung über
die Haut, die Muskulatur und den Knochen war an dem untersuchten
Material nicht zu ermitteln. Während jede der motorischen oder sensiblen
Nervenfasern ein bestimmtes Gebiet zu versorgen hat, wirken nach Ansicht
von St. die trophischen Fasern in ihrer Gesamtheit als abgeschlossenes
System. Dieses System, welches durch sämtliche trophischen Nervenfasern
einer Extremität, welchen Nerven auch immer sie als Bahn benutzen, re¬
präsentiert wird, reguliert die Trophik der betreffenden Extremität Ist ein
Teil dieser Fasern, welche das System bilden helfen, durch Schuß Verletzung
eines Extremitäteuuerven geschädigt, so muß die Schädigung in der Wirkungs¬
weise des ganzen Systems, d. i. des trophischen Regulierungsapparates dieser
Extremität, zum Ausdruck kommen, wobei es im Prinzipe gleichgültig ist,
ob die lädierten trophischen Fasern im Medianus, Ulnaris oder Radiais ver¬
laufen. Je nach der Bedeutung und Zahl der geschädigten Fasern wird
man in dem einen Falle weniger, in dem anderen Falle mehr trophische
Störungen zu gewärtigen haben. Erholen sich diese Fasern wieder, so
bilden sich auch die trophischen Störungen allmählich zurück. Man könne
sich ferner vorstellen, daß die Funktion geschädigter Fasern im System,
sobald ihre Zahl oder ihre Bedeutung nicht zu beträchtlich ist, durch an¬
dere noch funktionierende Fasern übernommen wird, ln diesem Falle wird
man überhaupt keine trophischen Störungen antreffen. Ein solches vika¬
riierendes Eingreifen gesunder Fasern für geschädigte scheint nur für eine
gewisse Zeit möglich zu sein. Erfolgt innerhalb dieser bestimmten Zeit die
Restitution der geschädigten Fasern nicht, so treten dann trophische Stö¬
rungen auf.
In den von Stiefler (164) beobachteten Fällen aus dem Garnison-
spitale zu Przemysl handelt es sich fast ausschließlich um Erfrierungen der
Füße, als deren Ursache aber nicht Frost und strenge Kälte in Betracht
kam, sondern länger andauernde Durchnässung und dadurch bedingte Ab¬
kühlung der Füße. Gemeinsam ist allen Fällen, auch den leichteu, die
ungewöhnlich lange Dauer der Erkrankung. Zu Beginn der Erfrierung,
bevor sich oft schon Erscheinungen von seiten der Haut zeigten, stellten sich
Empfiuduugsstörungen in den befallenen Gebieten ein, Parästhesien von
großer Intensität, lang fortschreitender, häufig neuralgiformer Art, die der
Autor näher schildert. Ebenso waren konstant objektiv nachweisbare Aus¬
fallserscheinungen vorhanden, die gliedartige Ausbreitung (sandalenförmige
halbschuhförmige Anästhesie usw.) zeigten und noch weit in die gesunde,
von Zerstörungen freie Hautpartie reichten. Der Übergang vom gesunden
ins krankemptiudende Gebiet war stets eine allmählich, distalwärts zu¬
nehmende Hypästhesie. Auch zerstreute anästhetische Inseln traten auf.
In manchen Fällen fand sich die Empfindung für Wärme und Kälte stärker
herabgesetzt als für Schmerz, auch eine Verlangsamung der Empfindungs¬
leitung fand sich in einer Anzahl von Fällen. Nach Ausheilung der Gewebs¬
schädigung und nach Verschwiuden der subjektiven sensiblen Erscheinungen
blieben noch schwere Ausfälle des Empfindungsvermögens bestehen. Gegen¬
über den sensiblen Läsionen treten die motorischen Störungen zurück.
Außer vorübergehenden Crampi waren örtliche, durch die Gewebsstörung
bedingte und echte Lähmungen vorhanden. Nach den Erfahrungen des
Autors läßt sich das Vorkommen echter refrigeratorischer Lähmungen nicht
bestreiten. Von Reflexen fehlte in sämtlichen Fällen der Fußsohlenreflex
und in einigen schweren Fällen auch der Achillessehnenreflex, als Folge
der sensiblen Ausschaltung. Die durch Frost bedingten Schädigungen sind
erheblich geringer, beschränken sich gewöhnlich nur auf die Zehen.
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
405
Hirnnerven.
Die von Uhthoff (175) mitgeteilten Fälle von Trigeminusläsion sind
folgende: Fall I Verletzung an der rechten Schläfenseite durch Granat¬
splitter. Nach 4 Wochen nur uoch eine kleine Narbe an der rechten
Schläfenseite zu sehen; es blieb aber eine Reizbarkeit des rechten Auges
bei äußeren Schädlichkeiten zurück, die zuerst, da sie immer wiederkehrte,
für artifiziell erzeugt angesehen wurde. Die genauere Untersuchung ergab
ein Betroffensein des rechten 1. und 2. Trigeminusastes, zu dem später auch
noch eine Beteiligung der sensibleu Fasern des 3. Astes hinzutrat. Die
Röntgenuntersuchung zeigte das Vorhandensein eines Granatsplitters, der
unmittelbar vor dem Ganglion Gasseri lag. Ein auffallendes Symptom
bestand uoch bei dem Verletzten, daß das rechte Auge die Fähigkeit zum
Weinen eingebüßt hatte. Uhthoff ist aber deshalb nicht der Ansicht, daß
die sekretorischen Fasern für die Tränendrüse aus dem Trigeminus stammen,
sondern daß sie aus dem Fazialis herrühren und wahrscheinlich auf dem
Wege des N. petrosus superficialis major und des Ganglion sphenopalatinum
in das Trigeminusgebiet übertreten. Fall IL. Es handelt sich um eine
isolierte Lähmung des 2. Trigeminusastes durch ein schräg von oben außen
nach innen durch die Orbita gehendes Geschoß. Dabei fehlte eine Sensi¬
bilitätsstörung der Kornea und eine Störuug der Tränensekretion.
In dem ersten von Ausch (6) mitgeteilten Falle handelt es sich um
eine isolierte periphere Lähmung des Trigeminus, Hypoglossus und des
Sympathikus auf derselben Seite. Nach Lage der Ausschußöffnung dürfte
es sich, wie der Autor meint, um eine Verletzung des Ganglion supremum
des Halssympathikus handelu. Iu dem zweiten Falle handelt es sich um
eine periphere Lähmung des Hypoglossus; dazu kommt noch neben der
Sympathikuslähmung, welche uicht so rein zutage tritt, wie im ersten Falle,
eine periphere Glossopharyugeuslähmung, auf welche man aus der vollkommenen
Ageusie schließen muß.
Thost (109) teilt 11 von ihm beobachtete Fälle von Halsschüssen
mit. Von 2 Fällen sah er nur das Leichenpräparat. Die Zahl der mit¬
geteilten Fälle ist nicht groß, weil die Halsschüsse meist sofort tödlich sind.
Entweder wird die Halswirbelsäule und das Halsmark verletzt, oder es tritt
eine tödliche Blutung ein, auch kann Erstickung erfolgen durch Ödeme des
Larynx. Eine sehr häufige Ursache bildet nach Beobachtungen direkt an
der Front das Emphysem sowohl der Haut wie des Mediastinum. Sehr
häufig sind Lähmungen der Rekurrens; es genügt, daß Schüsse nur in die
Nähe dieser Nerven treffen und eine sogenannte Fernwirkung (Körner)
eintritt. Zungen- oder Unterkieferschüsse haben dieselbe Gefahr wie Hals¬
schüsse; entsprechende Fälle werden angeführt. Von sonstigen Nerven¬
verletzungen werden Verletzungen des Vagus berichtet mit Beschleunigung
des Pulses. Auch der Akzessorius war in manchen Fällen mitbetroffen;
Lähmung des Armes, oft rasch vorübergehend, war die Folge. Ein Fall
von Körner, der in derselben Zeitschrift beschrieben ist, zeigte Lähmungs-
erscheinuugeu des Akustikus, Glossopharyngeus, Vagus und Hypoglossus.
Die Kugel fand sich im Röntgenbild in der Kleinhiruhälfte. Im Kehlkopf
fand sich Unbeweglichkeit des rechten Stimmbandes und Sensibilitätsstörung
der rechten Kehlkopfseite. Auf der rechten Zungenhälfte Veränderung der
Geschmacksempfindung.
Thost empfiehlt dringend die prophylaktische Tracheotomie, die
Langenheck schon 184b im Felde vorschlug, und die in seinen eigenen
und den mitgeteilten Fällen fast immer das Lehen rettete. Tritt nach den
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406
Krankheiten der peripherischen Nerven.
Schüssen eine Verengerung des Larynx und der Trachea ein, so gab die
von Thost angegebene Dilatation mit soliden Zinnbolzen gute Resultate.
Die große Bedeutung guter Röntgenbilder wird vom Verfasser hervorgeboben
und an den Fällen ausführlich besprochen. Von einem seiner Fälle ist ein
instruktives Röntgenbild auf einer Tafel der Arbeit beigegeben.
( Autoreferat .)
Brumby’s (25) Dissertation besteht in einer kurzen anatomischen Dar¬
stellung der verschiedenen in der Halsregion verlaufenden Nerven und der
in ihrer Nachbarschaft liegenden Drüsen. Außerdem werden die Ausfalls¬
erscheinungen geschildert, die Verletzungen dieser Nerven bei Exstirpation
der Drüsen bewirken.
Reznicek (131) teilt zwei Fälle von einseitigen multiplen Hirnnerven¬
verletzungen durch Geschoßwirkung mit Im ersten Falle handelt es sich
um Lähmung der vom oberen Ast des Fazialis versorgten Muskulatur, um eine
weitere im Bereich der rechten Zungen-, Gaumen-, Pharynx und inneren
Kehlkopfmuskulatur, sowie eine Lähmung der Geschmacksempfindung im
hinteren Drittel der Zunge. Verletzt sind außer dem oberen Fazialisaste
der N. hypoglossus, N. glossopbaryngeus und N. vagus. Als Ort der
Verletzung ist eine Stelle im Verlauf der Nerven, wo sie in inniger Nach¬
barschaft verlaufen, anzunehmen. Nach der Verlaufsrichtung des Geschosses
— vom äußeren Augenwinkel nach den oberen Partien des M. sterno-
cleidomastoideus derselben Seite — ist die Läsionsstelle im extrakraniellen
Verlaufe der Nerven in der Nähe der Schädelbasis zu suchen. Im zweiten
Falle war eine Lähmung des linken N. hypoglossus, Vagus, Glossopharyngeus
und Akzessorius (Sternokleidomastoideus und Kukullaris) vorhanden. Als
Stelle der Verletzung ist nach dem Gang des Geschosses — transversal
durch den Kopf etwas unterhalb der äußeren Gehörgänge — die Gegend
außerhalb des linken Foramen jugulare und Foramen N. hypoglossi anzu¬
nehmen, an welcher Stelle die genannten Nerven innig benachbart liegen.
Im ersten Falle ist mit der Zeit eine funktionelle Besserung durch Gewöhnung
eingetreten, im zweiten Falle war dies nach mehrmonatlicher Beobachtung
noch nicht geschehen.
Der Patient von Groß (51) erhielt eine Verletzung in der Mitte des
linken Halses. Er verlor sofort die Stimme. Nach einiger Zeit machten
sich bei andauernder Heiserkeit Atembeschwerden geltend mit bis zum Luft¬
hunger gesteigertem Erstickungsgefühl. Nach 3—4 Tagen ließen die Atem¬
störungen nach, dafür stellte sich Hustenreiz mit Brechneigung besonders
nach der Nahrungsaufnahme ein. Diese Erscheinungen klangen nach etwa
2 "Wochen ab. Der objektive Befund um diese Zeit war: Stimme ganz
heiser, monoton, Sprechen mühsam, oft unterbrochen durch Hustenstoß, der
bisweilen etwas Auswurf befördert. Linkes Gaumensregel gelähmt, Uvula
nach rechts stehend, noch stärker beim Intonieren; Anästhesie des linken
Gaumens; Würgreflexe nicht auslösbar. Zuuge stark nach links verzogen.
Taktile Sensibilität der linken Zunge merklich abgestumpft, ebenso ist links
die Gesckmachsempfindung herabgesetzt. Linkes Stimmband gelähmt, Be¬
rührung der linken Epiglottishälfte, der Schleimhaut des linken Sinus pyr.
und der Ary-epigl.-Falten unempfindlich. Das röntgenologisch an der Basis
cranii sichtbare Sprengstück wurde bei der Operation nicht gefunden.
Trotzdem wurde durch die Operation eine fast völlig normale Funktion des
linken M. genio-glossus und eine bedeutende Besserung der Sprache erzielt.
Bemerkenswert ist der Fall noch dadurch, daß eine Reizung der peripheren
Vagusausbreitung lediglich durch Anfüllung des Magens ausreichte, einen
typischen Reflexkrampf auszulösen.
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
407
Bei dem von Hoffmann (66) beobachteten Soldaten hatte das Geschoß
den rechten Jochbogen durchschlagen und war die Fossa pterygopalatina
durcheilend, seitlich parapharyngeal an der Halswirbelsäule vorgedrungen
und hatte den rechten N. recurrens zerrissen, wofür das plötzliche Auftreten
der Heiserkeit spricht. Der Patient zeigte das vom Autor beschriebene
Phänomen der Besserung der Rekurrenzparalysestimme durch gewisse Kopf¬
stellung. Wenn Patient den Kopf über die rechte Schulter drehte, wurde
die Stimme schlechter, wenn er ihn über die linke drehte, besserte sie sich
bedeutend.
Körner (84) hat seine Ohraufmeißelungen auf Fazialisverletzungen
durchgesehen und hat unter mehreren hundert Fällen nur drei Verletzungen
gefunden, die während der Operation entstanden sind. Alle drei entstanden
beim Ausschahen von Granulationen oder Cholesteatommassen an der inneren
oberen Paukenhöhlenwand oder an der Antrumschwelle. Der Nerv war also
bereits vor der Operation durch krankhafte Zerstörung der Wand seines
Knochenkanals bloßgelegt und durch die Granulation oder durchs die Chole¬
steatommassen verdeckt gewesen. Ja, man darf annehmen, daß der Nerv
selber in solchen Fällen oft schon vor der Operation krank ist; wenigstens
hat man ihn hei den nicht operierten Fällen mehrfach post mortem stark
erkrankt gefunden, obwohl er bis zum Tode funktionell intakt geblieben
war. Die viel häufigeren Lähmungen hei der Nachbehandlung sind wohl
auf zu feste Tamponade bzw. Sekretverhaltung hinter dem Tampon oder auf
Atzungen mit Höllenstein oder Chromsäure zurückzuführen.
Körner (83) beobachtete Fälle von peripherischer Fazialislähmung
infolge von Erkrankungen der Ohrmuschel (Herpes, Perichondritis und
Othämatom). Er erklärt die Affektion teils durch Übergreifen des Prozesses,
teils durch die Toxine, die ein perichondritischer Prozeß liefert.
Körner (87) teilt Fälle mit, in denen bei Hals- und Kopfschüssen
Lähmungen des Vagus, Glossopharyngeus, Akzessorius, Akustikus usw. ein¬
traten, ohne daß die Nerven direkt vom Geschoß getroffen worden waren.
Körner (85) beobachtete bei einem Patienten, bei dem wegen Mittel-
ohreiteruug und Labyrinthreizung die Operation vorgenommen wurde, am
Tage nach der Operation eine Lähmung nur des Mundfazialis die nach
10 Tagen wieder verschwand. (Vergl. Ruttin p. 407.)
Körner (86) beobachtete in 2 Fällen von Fazialislähmung ein Tiefer¬
stehen der Augenbraue auf der gelähmten Seite.
Ruttin (140) teilt Fälle mit, in denen er vorwiegend Parese des Mund¬
astes des Fazialis beobachtete, von denen die einen durch Verletzung des
Fazialis in seinem absteigenden Teil, die anderen spontan durch akute Otitis
und Mastoiditis entstanden sind. In allen Fällen handelte es sich um hoch¬
gradige pneumatische Warzenfortsätze mit außergewöhnlich entwickelten
retrofazialen Zellen. Die Fazialisparese war dadurch entstanden, daß durch
Vereiterung dieser Zellen, bzw. durch Auskratzung bei der Operation der
Fazialis im absteigenden Teil schon nahe dem Foramen stylomastoideum in
seiner hinteren Zirkumferenz freigelegt wurde. Bei Verletzung des Fazialis
durch Auskratzung des kranken Knochens an dieser Stelle werden zuerst die
hinteren Querschnittsbündel getroffen. Dasselbe kann auch der Fall sein,
wenn die Eiterung den Fazialis spontan erreicht. Die Tatsache, daß in
diesen Fällen vorwiegend Parese des Mundastes entsteht, findet am besten
darin ihre Erklärung, daß die im absteigenden Teil des Fazialis im hinteren
Teil seines Querschnittes liegenden Bündel den Mundfazialis darstellen.
Zäppert (186) berichtet über 4 Fälle von Fazialislähmungen, die er
kurze Zeit hintereinander bei Kindern beobachtete. Die Lähmung war bei
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Krankheiten der peripheriiehen Nerven.
allen plötzlich ohne sichtbare Vorboten eingetreten, umfaßte alle Äste des
Fazialis, war gutartig nach dem elektrischen Befunde und war in 2 bis
3 Wochen geheilt. Zur Erklärung der Ätiologie gibt Verf. an, daß es sich
möglicherweise um ganz leichte Fälle von Poliomyelitis handele, wobei der
Fazialiskern nur in leichtester Weise betroffen seiu könne.
Bei genauer Untersuchung eines Falles von peripherer refrigeratorischer
Fazialislähmung mit aufgehobener Träneusekrction an der gelähmten Seite
bei Weinen, Schmerzen, traurigen Affekten, psychischen Aufregungen gelangt
Higier (69) zur Ansicht, daß der Gesichtsnerv an seinem obersten Viertel ge¬
litten hat, oberhalb der Abgangsstelle des N. stapedius und der Chorda tympani,
und zwar dort, wo sich das motorische Ganglion des Nerven (G.geniculi) findet,
und wo der N. petrosus superf. major, der anatomische lakrimo-sekretorische
Nerv, den Fazialis verläßt. Der N. petrosus stellt eben physiologisch den
motorischen oder kommunizierenden Ast der Gangl. sphenopalntinum dar,
wogegen der N. lacrymalis conjunctivae den rechten Reflexbogen repräsentiert.
Das Symptom des einseitigen Weinens (Jendrassik. Köster) ist äußerst
selten bei Fazialislähmungen. (Selbsti>ericM.)
Nach Beobachtungen von Hoffmann (67) besteht bei manchen Fällen
von Rekurrensparalyse eine Differenz der Höhenstellung der Stimmlippen,
die besonders bei der Intonation deutlich wird. Sie beruht auf einer In¬
suffizienz des M. cricothyreoideus derselben Seite. Die durch isolierte
Kontraktur des Ringschildknorpelmuskels der entsprechenden Kehlkopfseite
hervorgerufene Höherstellung der gelähmten Stimmlippe bedarf einer be¬
sonderen Darstellung. Ihre Korrektur erfolgt in umgekehrter Richtung wie
bei der Tieferstellung der paralytischen Stimmlippe. Sie läßt sich mechanisch
durch Herunterdrücken des entsprechenden hinteren Ringknorpelteiles, sowie
durch forciertes Drehen und Senken des Kopfes nach der der Lähmungsseite
entsprechenden Schulter ausgleichen. In solchen Fällen wäre das Tragen
einer geeigneten Pelotte zu empfehlen und eventuell eine operative An¬
näherung des vorderen Ringknorpelteiles an den Schildknorpel zu versuchen.
Nach Untersuchungen von Kammer (97) verhält sich der Ramus
descendens Hypoglossi beim Hunde wie beim Menschen. Seine Fasern scheinen
ausschließlich für die Kehlkopfsenker bestimmt zu seiu. Der Nerv führt
zentrifugale und zentripetale Äste, und scheint der obere Abschnitt aus¬
schließlich zentrifugale, der mittlere uud untere beide Faserarten zu ent¬
halten; letzterer kann allerdings zuweilen nur zentripetale Easern führen.
Vermeulen (178) fügt seiner Arbeit „Das Kehlkopfpfeifen des Pferdes“
(s. Jahresb. 1914 p. 606) neue Beobachtungen hiuzu. 1. In einem dritten
Fall von chronischer laryngealer Hemiplegie des Pferdes hat er an der ge¬
nannten Stelle den Nucleus ambiguus deutlich degeneriert gefunden. 2. Ein
D/g jähriges Kaltblutfohlen wurde wegen einer Polyarthritis omphalica
chronica getötet. Die Schilddrüse zeigte die beschriebenen Veränderungen,
und die Verengerer der Stimmritze der linken Seite waren weniger ent¬
wickelt als rechts. 3. Ein l 1 / 2 jähriges Kaltblutfohlen wurde wegen einer
unheilbaren chronischen, eitrigen Entzündung der Nasen- uud Kieferhöhlen¬
schleimhäute getötet. Die Schilddrüse zeigte mikroskopisch herdweise patho¬
logische Veränderungen, welche der Autor vorher niemals gesehen hat, und
die seiner Meinung nach auch noch niemals beschrieben wurden. Der
Musculus posticus der linken Seite war weniger entwickelt als der au der
rechten, die Verengerer der linken Seite jedoch waren deutlich besser ent¬
wickelt als rechts. Der Autor ist danach der Ansicht, daß die betreffende
Nervenkrankheit des Pferdes anfänglich auch zentraler Natur sein kann.
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
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In dem von Beck (10) mitgeteilten Falle handelt es sich um eine
Afiektion des 9., 10., 11. und 12. Hirnnerven, welche durch Druck einer
tuberkulösen Drüse hervorgerufeu war. Die Drüse saß in der Nähe des
Foramen jugulare uud hatte hier die extrakranialen Nerven in Mitleiden¬
schaft gezogen. Nach Exstirpation der Drüse trat eine Besserung der Sym¬
ptome bis zu einem gewissen Grade ein.
Bei der Nachuntersuchung von 250 Kropfoperierten fand Hoeßly (64)
im ganzen 3 definitive Eekurrensschädigungen = 1,2 %. Daneben fanden
sich noch 8 Paresen, welche sich aber im Stadium deutlicher Besserung be¬
fanden. Dieses günstige Resultat beruht anf der Methode von de Quervain
der Unterbindung der A. thyreoidea inferior.
In dem von Miller (115) mitgeteiJteu Falle handelt es sich um eiue
doppelseitige Postikuslähmung, die im Laufe einer Laryngitis auftrat und
sich zweimal in Zwischenräumen von 1—2 Jahren wiederholte. Der erste
Anfall war der schwerste; nach den beiden anderen Anfällen blieb eine
gewisse Verengerung der Stimmritze zurück.
Obers Extremität.
In dem von v. Tschermak (173) mitgeteilten Falle haudelt es sich
um einen Herpes zoster gangraenosus der rechten Hand nach Schußver¬
letzung des Plexus brachialis. Die Erscheinungen waren: lokales dikta¬
torisches Erythem mit Empfindung von Brennen an nicht anästhetischen Haut¬
stellen, ferner gläuzende, prallgefüllte Blasen, Epithelnekrose mit Schorf¬
bildung und vernarbender Substanzverlust. Die Verteilung des Zoster war
an die distale Hautzone des N. ulnaris geknüpft; die Schußverletzung hatte
offenbar zu keiner vollständigen Purchtrennung des gesamten Ulnaris, w r ohl
aber zu Neuritis geführt. Die entzündliche Alteration der Haut war erst
im regenerativen Spätstadium während der Wiederkehr der normalen Sensi¬
bilität und Motilität aufgetreten. Es bestand keine Neuralgie, aber eiue sehr
gesteigerte Schmerzhaftigkeit des Ulnarisstammes für elektrische und mecha¬
nische Reize. Der Autor erklärt den Fall irn Sinne Kreibichs als spät-
reflektorische Angioneurose.
In allen Fällen, in denen komplizierte Frakturen längere Zeit unter
Fieber eitrige Sekretion unterhalten, erscheint nach Erfahrungen von S&uter
(143) an zwei Fällleu von komplizierter Radialislähmung ein Hinausschieben
der Nervennaht bzw. der Neurolysis evtl, bis zu 4 bis 5 Monaten not¬
wendig, weil selbst bei vollständiger Abheilung der äußeren Wunden der
frühere Infektionsprozeß wieder zur Aufflackerung gelangen und dadurch
von neuem Eiterungen auftreten können, die die Operationsaussichten sehr
verringern.
In 5 Fällen vou Radialislähmung, die Hoepfl (63) beobachtete, erwies
sich bei der Operation die Verletzungsstelle des Nerven als annähernd gleich
— sie war nämlich ungefähr in der Mitte einer vom äußeren Rande des
Akromion zur Ellenbogenspitze gezogenen Linie, an dem oberen Ende des
Sulcus nervi radialis, da, wo der Nerv sich um die Außenseite des Humerus
herumschlingt, am obersten Ende des äußereu Trizepskopfes.
Higier (60): Bei einem 14jährigen Fräulein entsteht plötzlich nach
einem Uufall, bei dem die Hand stark hyperextendiert wurde, eine komplette
Lähmung der Extensoren der Hand und der Finger. Die Hartnäckigkeit
des Leidens, das schon mehrere Monate anhält, die traumatische Entstehung
ohne irgendwelche anderen Momente veranlaßte deq Hausarzt, einen Gips¬
verband auf mehrere Wochen anzulegen. Der Zustand verschlimmerte sich.
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
Eine genaue Exploration nach 6 Monaten ergibt atypische Verteilung der
Lähmung an den Extensoren, Abwesenheit von Atrophie und elektrischen
Veränderungen, ausgedehnte und tiefe Sensibilitätsstörungen am Vorderarm
in Manschettenform, paroxysmale und vorübergehende Kontrakturen am
Ober- und Vorderarm. Die posttraumatische Lähmung ist psychogener Natur
und simuliert ausgezeichnet eine Radialislähmung. Der Gipsverband ist bei
hysterischen Lähmungen als Kunstfehler aufzufassen. Verfasser erinnert an
eine ähnlich aussehende Stellung der Eand, die er hei hysterischer Kon¬
traktur beschrieben hat, und die sich bei zwei Schwestern nach einem Affekt
unabhängig voneinander entwickelt hat. {Selbstbericht.)
Chrysopathes (28) führt drei Fälle an, in welchen die Supinations¬
beschränkung des Unterarms nicht in einem Hindernis in den Knochen lag,
sondern die Ursache lag in den Weichteilen des Vorderarms. Es handelt
sich um eine Haltungsanomalie der oberen Extremitäten bei Kindern, deren
Entwicklung in das intrauterine Leben fällt, und auf die Stellung, die
der Embryo in utero einzunehmen pflegt. Der zweite Hauptfaktor, der
hier eine Rolle spielt, ist die schwache Konstitution, mit der diese Kinder
zur Welt kommen. Es ist wahrscheinlich, daß bei diesen von Geburt an
so schwachen Geschöpfen durch die extreme Pronation und Flexion der
Vorderarme bzw. der Hände und Ellenbogen in der Gebärmutter ihre au
sich schwachen Extensoren und Supinatoren durch Uberdehnung weiter so
geschwächt werden, daß die Antagonisten dieser Muskeln, d. h. die von
Natur aus stärkeren Flexoren und Pronatoren das Übergewicht bekommen.
Untere Extremität.
Schuster (152) berichtet über eine isolierte Lähmung des N. glutaeus
superior durch Schußverletzung. Wenn Patient steht, so fällt, von hinten
gesehen, eine erhebliche Vertiefung der Gegend unmittelbar hinter dem rechten
Trochanter auf. Der tastende Finger dringt rechts direkt oberhalb des Tro¬
chanters zwischen diesem und der Crista ossis ilei in eine tiefe Grube ein. Be¬
trachtet man den Patienten von vorne, so macht sich eine deutliche Abflachung
der Gegend des rechten M. tensor fasciae latae bemerkbar. Während die
Streckung, die Auswärtsdrehung und die Adduktion im rechten Hüftgelenk
mit normaler Kraft geschehen, ist die Hüftbeugung, die Abduktion des Ober¬
schenkels und besonders auch die Einwärtsdrehung des im Knie gestreckten
Beines erheblich geschwächt. Bei der forcierten Hüftbeugung und bei der
Einwärtsrotation des rechten Beines wird der normalerweise bei diesen Be¬
wegungen stark vortretende M. tensor fasciae latae nicht sichtbar. Die be¬
merkenswerteste Störung tritt beim Gehen zutage. Sobald der Kranke sich
in Bewegung setzt, sieht man eine auffällige Becken- und Rumpfbewegung.
Während das Becken in normaler Weise feststeht, wenn der Kranke mit
dem linken Fuß auftritt, hebt sich die rechte und senkt sich gleichzeitig die
linke Beckenhälfte, sobald der Kranke mit dem rechten Fuß auftritt Den
Beckenbewegungen parallel gehen entgegengesetzt gerichtete leichte seitliche
Wirbelsäulenbewegungen. Die Analyse der abnormen Beckenbewegung ge¬
schieht im Stehen noch leichter als im Gehen. Läßt man den Kranken
möglichst wenig gestützt auf dem linken Bein allein stehen und das rechte
Bein in der Schwebe halten, so zeigt sich nichts Abnormes. Wechselt der
Patient die Stellung, so daß er auf dem kranken Beine steht und das ge¬
sunde Bein in der Schwebe hält, so sinkt das Becken auf der gesunden
Seite nach unten. Gleichzeitig macht die Lendenwirbelsäule eine kompen¬
satorische Skoliose, so daß der Oberkörper wieder zurück nach der Seite
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Krankheiten der peripherischen NerveD.
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des Standbeins gebracht wird. In dieser Stellung des Patienten, in welcher
das Bein der kranken Seite das Standbein darstellt, macht sich der funk¬
tionelle Ausfall des M. glutaeus medius und minimus durch eine tiefe Delle
der Gegend hinter und oberhalb des Trochanters deutlich bemerkbar.
Außerdem tritt eine sehr starke Anspannuug des M. erector trunci der
kranken Seite in Erscheinung.
Durch eine Reihe ausgewählter Krankengeschichten demonstriert Fleisch-
hauer (41) die verschiedenen Ausfallserscheinungen einer durch Schußver¬
letzung eingetretenen Peroneuslähmung.
Kramer (93) beschreibt 4 Fälle einer Schußverletzung des N. tibialis
unterhalb des Abgangs der Zweige für die Unterschenkelmuskulatur, wo der
motorische und sensible Ausfall sich nur auf den Fuß erstrecken. Die erheb¬
lichen subjektiven Beschwerden des Patienten scheinen zunächst in Wider¬
spruch zu stehen gegenüber dem geringfügigen objektiven Befund. Der
funktionelle Ausfall auf dem Gebiete der Motilität beschränkt sich im wesent¬
lichen auf eine Beeinträchtigung der Zehenbeugung. Die Sensibilitäts¬
störung betraf in drei Fällen das gesamte Ausbreitungsgebiet des N. tibialis
an der Fußsohle (Plantaris ext. und int. N. calcaneus). ln einem Falle
blieb es auf Plantaris ext. und int. beschränkt. Die Patienten klagten einmal
über Parästhesien und Taubheitsgefühl in der Fußsohle und ferner über
Schmerzen in der Fußsohle, die sich besonders beim Auftreten geltend
machen. Der Autor vermutet, daß diese letzteren Beschwerden auf die
Lähmung der kleinen Fußmuskeln und deren Rückwirkung auf die Statik
und Mechanik des Fußes zu beziehen sind.
Sympathikus.
Unter 1196 von 1895—1915 operativ behandelten Patienten mit gut¬
artiger Struma fand Kaelin (74) 12 Fälle (also 1 %), die alle mehrfache
Sympatikuserscheinungen zeigten. Aus der Durchsicht des Materials ergeben
sich für den Autor folgende Schlußfolgerungen: 1. die einfache, benigne
Struma kann durch Druck den Grenzstrang des Sympathikus beeinträchtigen.
2. Nach Extirpation der betreffenden Kropfhälfte bilden sich in einem Teil
der Fälle die Sympathikussymptome zurück, in anderen Fällen bleiben sie
bestehen. Von den Augensymptomen schwindet zuerst die Ptosis und erst
nachher die Miosis. 3. Der Sympathikus kann bei einfacher Kropfoperation
verletzt werden. Derbe, peristrumitische Verwachsungen begünstigen das
Zustandekommen der Verletzung. 4. ln der Regel handelt es sich dabei
um Lähmungssymptome. Auch hier sind sie einer Rückbildung fähig.
Zuerst schwindet die Ptosis und dann die Miosis. 5. Die operative Sym¬
pathikuslähmung bildet eine beachtenswerte Störung, die durch sorgfältiges
Vorgehen im Gebiet der Arteria thyreoidea inferior nach Möglichkeit zu ver¬
meiden ist.
Metzner u. WÖlfflin’s (113) Arbeit ist im wesentlichen ein Referat
über die bekannten nach Sympathikuslähmung auftretenden Erscheinungen.
Neuritis und Poiyneuritis.
Nonne (121) bringt auch zwei Beobachtungen über die Mannsche
Polyneuritis neurasthenica: Fall 1. Ein neuropatisch belasteter, seit Jahren
an ausgesprochener Neurasthenie leidender Mann macht den Feldzug mit,
er ist großen körperlichen und seelischen Strapazen ausgesetzt. Er erhält
eine leichte Verwundung. Seine neurasthenischen Beschwerden nehmen zu.
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
Auf der Höhe derselben erkrankt er subakut an einer Neuritis multiplex
aller 4 Extremitäten. Dieselbe stellt sich als eine solche der gemischten
Nerven dar. Sie heilt gleichzeitig mit dem Abklingen der neurasthenischen
Beschwerden in verhältnismäßig kurzer Zeit ab. Der zweite Fall ist ähnlich.
In diesem ist die Verteilung der Lähmung eine andere als sie den am
meisten in Anspruch genommenen Nerv-Muskel-Gebieten entsprechen würde.
Mann (106) beobachtete 4 Fälle von schweren neurasthenischen Er¬
schöpfungszuständen, die kombiniert waren mit einer ausgedehnten Poly¬
neuritis sensibler Nerven. Es waren in früheren Jahren nervöse Erkran¬
kungen, offenbar von neurasthenischer Form voraufgegangen, die jedoch
durch kurze Erholuugszeiten wieder ins Gleichgewicht gebracht wurden. In
allen 4 Fällen trat nach sehr großen Strapazen uud psychischen Erregungen,
zum Teil auch nach langdauernder Unterernährung ein Zustand schwerer
Erschöpfung ein, welcher das typische neurasthenische Bild bot. Die sen¬
siblen Störungen der Polyneuritis bestanden in Reiz- und Ausfallserschei¬
nungen mit typischer Druckempfindlichkeit. Die sensiblen Reizerscheinungen
gingen allmählich parallel mit dem Nachlassen der neurasthenischen Er¬
scheinungen zurück. Diese Polyneuritisfälle stellt Mann auf dieselbe Stufe
wie die Fälle von Polyneuritis, die man bei dyskrasischcn Zuständen, bei
Karzinomatose, Tuberkulose, Diabetes, im Greisenalter findet. Die allgemeine
Erschöpfung, die Schädigung der gesamten Konstitution durch die Strapazen
und Entbehrungen scheint hier in zwei Richtungen gewirkt zu haben, in
der Auslösung einer Neurasthenie einerseits und einer Schädigung peripherer
Nerven andrerseits. Der Autor gibt der Affektion die Bezeichnung „Poly¬
neuritis neurasthenica“.
Die Polyneuritis dysenterica ist nach Schlesinger’s (146) Erfahrungen
ein häufiger Folgezustand der bazillären Dysenterie; wahrscheinlich ist sie
toxischen Ursprungs, da sie in der Regel zu einer Zeit auftritt, in welcher
in den Fäzes Dysenteriebazillen nicht mehr nachweisbar sind. Die dominie¬
renden Symptome sind Schmerzen, Parasthesien und auch objektiv nach¬
weisbare Sensibilitätsstöruugen, Druckschmerzhaftigkeit der Nervenstämme.
Die distalen Körperabschnitte sind besonders betroffen. Motorische Störungen
treten zurück, ebenso trophische Störungen. Der Verlauf war ein gutartiger.
Müller-Deham (117) bespricht die Symptomatologie und Therapie der
Dysenterie auf Grund von Erfahrungen einer im Reservespital in Kagran
durchgemachten Epidemie. Unter den Symptomen waren besonders auch
neuritische auffallend oft. Der Autor gibt an, daß er alle Formeu der
Neuritis dabei beobachtet hat. Neuritiden, die mit hochgradiger Muskel¬
atrophie und elektrischer Entartungsreaktion verliefen, typische Ischias mit
allen Symptomen, Polyneuritis mit hochgradiger Druckempfindlichkeit und
Verdickung der Nervenstämme, Hauthyperästhesien und Anästhesien, Fälle
ohne anatomischen Befund, aber mit Parästhesien. Akroparästhesien, Gefä߬
krämpfe, trophische Störungen an den Nägeln und an der Haut. Es ist
nach Ansicht des Autors nicht anzunehmeu, daß die Neuritis der Dysenterie
spezifischer Natur sei, d. h. auf gewisso von den Dysenteriebazillen abhängige
Giftstoffe zurückzuführen sei, sondern wahrscheinlicher, daß die Darmläsion
als solche, die unspezifische Geschwürsbildung, der Wegfall der intakten
Darmschleimhaut au einzelnen Stellen durch die Resorption von Darmgiften
der ungeuiigeud abgebauten Nahrungsbestandteile zur Neuritis führt. Dafür
spricht auch der Umstand, daß die Neuritiden mit der Heilung der Dann¬
prozesse abheilen.
Stransky (165) berichtet über einen Fall von Neuritis beider Nn.
femorales, beginnend mit Schmerzen an der Innenseite der Unterschenkel
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
413
IN. sapheaus) und dann zum Oberschenkel aufsteigend. Als einzige Ursache kam
Überanstrengung in Frage.
Curschmann (34) macht darauf aufmerksam, daß er bereits 1905
Fälle beschrieben hat, die dem von Oppenheim beschriebenen Bilde der
Myohypertrophia kymoparalytica sehr nahe stehen. In diesen Fällen waren
auch Muskelhypertrophie, Crampi und Lähmung an einer Extremität vor¬
handen. C. faßt aber die Muskelhypertrophie als Folge von exzessiv hefti¬
gen Crampis .auf und diese motorische Reizerscheinung wiederum als Folge
einer toxischen Polyneuritis. Daß die letztere Annahme zutreffend ist, dafür
sprachen in den von C. beobachteten Fällen außer den klassischen Zeichen
der Neuritis auch die Anamnesen, nämlich diesbezüglich Alkoholismus und
Tabaki ntoxi kation.
Bregman (23a) berichtet über drei seltene Fälle von Polyneuritis. In
dem ersten Falle handelte es sich um eine Diplegia facialis im Verlaufe
von einer sensitiv-ataktischen Form der multiplen Nervenentzündung mit
leichter Andeutung von Korsakowschem Symptome. In dem zweiten Falle
bat sich zu einer Polyneuritis, welche schwer die beiden unteren Extremitäten
und leicht die Gegend des rechten N. radialis betraf, eine schwere Lähmung
des linken M. extensor hallucis longus hinzugesellt, infolgedessen der Hallux
nicht gestreckt werden konnte. In dem dritten Falle wurden im Verlaufe
einer rezidivierenden Polyneuritis unwillkürliche Bewegungen in den Muskeln
der obereu Extremitäten beobachtet, welche an athetotische erinnerten, nach
dem Verf. auf einer mangelhaften statischen Koordination der Muskeln be¬
ruhen und als pseudo-athetotische bezeichnet werden. (Sterling.)
Bei einem Maler — Beobachtung von Curschmann (35), — der vor
13 Jahren zuerst an Bleivergiftung (Koliken) erkrankte und vor ca. 8 Jahren
eine typische rechtsseitige Radialislähmung erlitt, kommt es im Verlaufe
heftiger, seit ca. 8 Jahren häufig rezidivierender, stundenlang dauernder
Streckkrämpfe der Oberschenkel zu einer hochgradigen Hypertrophie beider
llusculi quadricipites femoris. Außerdem finden sich ausgedehnte faszikuläre,
fibrilläre, an Myokymie erinnernde Muskelkontraktionen. Es besteht also das
Syndrom: Neuritische Lähmung (im rechten Radialis), Muskelkrämpfe der
Quadrizepsmuskeln und sekundäre Hypertrophie der hyperkinetischeu Muskeln;
außerdem fibrilläre Zuckungen und Myokymie. Die periphere Radialislähmung
und die Crampi traten zu gleicher Zeit auf, was beweist, daß die Hyper-
kinese ein Symptom der Bleineuritis ist. Daß die Muskelhypertrophie die
ausschließliche Folge des Muskelkrampfes ist, unterliegt keinem Zweifel.
Die Bewegungsstörung und Muskelbypertrophie hat viel Ähnlichkeit mit
derjenigen der Myotoniker, indessen fehlen alle sonstigen charakteristischen
Merkmale der Myotonie, ebenso fehlten die Erscheinungen, die etwa für
Tetanie sprechen konnten. Es handelt sich in diesem wie in wenigen gleichen
Fälleu um Muskelhypertrophien hyperkinetischen Ursprungs bei toxischer
Polyneuritis.
Aus seinen Versuchen mit einseitiger Fütterung mit entschältem und
poliertem Reis bei Hühnern und Tauben schließt T&sawa (167), daß die
durch diese Ernährung erzeugte Krankheit in klinischer und anatomischer
Hinsicht ziemjich verschieden ist von der Beriberikrankheit des Menschen;
eine sichere Ähnlichkeit zwischen beiden bestehe nur in den degenerativen
Veränderungen der peripheren Nerven und Muskeln und den entsprechenden
Lähmuugserscheinungen.
Durch den Zusatz von geeigneten Nebenspeisen zu poliertem Reis
kann man an Vögeln eine Polyneuritis hervorrufen, ohne daß gleichzeitig
die anderen Krankheitssymptome, stärkere Abmagerung usw., auftreten. Aber
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Krankheiten der peripherischen Merven.
auch hier zeigen sich nur die erwähnte Degeneration und Lähmung wohl
als der einzige ähnliche Punkt, und das ganze Krankheitsbild entspricht
keiner Form der Beriberi. Die Yogelkrankheit ist ferner nicht für die
Reisfütteruug spezifisch; Zucker, Weizenbrot, eutschälte Gerste, der Rück¬
stand von ausgekochtem Fischfleisch sind auch imstande, dieselbe Krankheit
hervorzurufen. Aus allen diesen Versuchen, speziell aus der prophylaktischen
Wirkung des Reiskleiextraktes, erkennt man, daß die Krankheit im allge¬
meinen bei Mangel an gewissen Stoffen im Futter eintritt, und man hat
diese als Vitamine bezeichnet. Als kausalen Faktor muß man eine Er¬
nährungsstörung, und zwar eine Störung im Stoffwechsel annehmen. Eine
Vergiftung durch exogene bzw. enterogene Gifte, ist wohl sicher ausgeschlossen.
Daß der Reis in Japan die Hauptnahrung bildet, ist ja allgemein bekanut,
aber es kommen dazu noch verschiedene andere Nahrungsmittel. Wenn
also Beriberi ätiologisch dieselbe Krankheit wäre, so müßte die in den
Nebenspeisen enthaltene Vitaminmenge der Hauptfaktor sein, der den Aus¬
bruch der Beriberi bestimmt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes hat
Tasawa viele Epidemien von Beriberi beobachtet, bei Fischern auf Para-
muschir, einer unbewohnten Insel der Kurilen, und im Küstengebiet von
Sibirien, sowie an Bord von Handelsschiffen. Nach diesen Beobachtungen
schließt der Autor, daß der Mangel an Vitaminen nicht als die direkte Ur¬
sache der Beriberi anzunehmen ist. Die Beriberi tritt nämlich, obwohl die
Bedingungen in bezug auf Nahruug, Arbeit, Lebensweise, Alter, Geschlecht,
Klima, Dauer der Reise usw. anscheinend immer die gleichen sind, nie
konstant auf, sondern nur in gewissen Fällen, dann aber häufig in ganzen
Epidemien. In gewissen Jahren ist die Morbidität besonders hoch, in den
anderen niedrig, und in demselben Jahre und an demselben Orte sind meist
nur gewisse Gruppen von Fischern oder Schiffern von der Krankheit befallen,
während die anderen ganz davon verschont bleiben. Dabei sind oft die
Gerste und die Nebenspeisen, Fisch, Bohnen, Kartoffeln, Zwiebeln usw. gar
uicht unbedingt mangelhafter, manchmal sogar reichlicher vorhanden gewesen
als bei gesund gebliebenen Menschen.
Die Disposition spielt also bei der Beriberi eine große Rolle. Im
Gegensatz dazu gibt es bei Polyneuritis gallinarum keine individuelle Ver¬
schiedenheit in bezug auf Morbidität.
Tasawa hat auch bei den Beriberiepidemien viele Fälle beobachtet,
die unter derselben Nahrung und Lebensweise wie zur Zeit des Ausbruchs
der Krankheit wieder ausgeheilt sind. Das kommt bei der Polyneuritis
gallinarum nicht vor.
Der alkoholische entfettete Reiskleieextrakt zeigt eine als Spezifikum
auzuerkennende Wirkung, sowohl therapeutisch als auch prophylaktisch gegen
die Vogelkrankheit. Wenn Polyneuritis gallinarum ätiologisch identisch mit
der Beriberi des Menschen wäre, so müßte der Extrakt auch gegen Beriberi
günstig wirken. Das ist aber nicht der Fall.
Durch die einseitige Fütterung mit poliertem oder gekochtem Reis und
Wasser ist es bei weitem schwerer bei Hunden und Kaninchen als bei Vögeln
unzweideutige peripherische motorischer Lähmungen festzustellen; die Versuchs¬
tiere magern stark ab und gehen nach längerer Zeit wahrscheinlich an ein¬
facher Schwäche zugrunde. Bei Beriberi, wo die peripherische Lähmung
eines der wichtigsten Symptome ist, ist die Sache ganz anders; die Ernährung
der Kranken leidet anfangs wenig, die Abmagerung kommt erst später
sekundär hinzu, wobei die Verdauungsstörung, der gesteigerte Eiweißzerfall
und die degenerative Atrophie der Skelettmuskeln als Hauptursache auf-
zufassen sind. Ebenso kam es bei den vom Autor gesehenen Beriberiepi-
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Krankheiten der peripherischen Nerven.
415
demien im Gegensatz zu den Verhältnissen bei den Tierexperimenten niemals,
vor, daß neben Menschen, die an typischer Beriberi erkrankt waren, solche
in größerer Menge sich fanden, die nur an starker Abmagerung und Schwäche
litten, ein Krankheitsbild, das an Hunden und Kaniuchen immer beobachtet
worden ist. Auch dieser Funkt spricht gegen die Identität beider Erkran¬
kungen.
Daß der polierte Reis als Hauptnahrung eine gewisse Beziehung zum
Ausbruch der Beriberi haben kann, will Tasawa nicht bestreiten. Der
Vitaminmangel in der Nahrung kann eine gewisse Disposition für Beriberi
schaffen. Aber der Vitaminmangel ist nicht die direkte Ursache der Beri¬
beri, und die durch einseitige Ernährung mit poliertem Reis bzw. durch
Vitaminmangel allein hervorgerufene Krankheit ist nicht mit Beriberi identisch.
Der Reisuährschaden der Säuglinge verhält sich klinisch ganz anders
als die Säugliugsberiberi, dagegen hat er eine große Ähnlichkeit mit der
beschriebenen Krankheit der Vögel und Säugetiere, welche durch Vitamin¬
mangel hervorgerufen wird. Reisuährschaden ist wahrscheinlich identisch
mit Polyneuritis gallinarum.
Der erste der von Alt (2) beschriebenen Fälle bot das Bild einer
multiplen Neuritis mit Beteiligung des Höruerven. Der zweite Fall zeigte
sowohl seitens des kochlearen als des vestibulären Labyrinthanteils weniger
schwere Erscheinungen, die nach kurzer' Zeit zurückgiugen.
Nach der zweiten Typhusschutzimpfung trat bei einem Stabsarzt
ziemlich akut ein im Verlauf von etwa einer halben Stunde sich derartig
steigernder Schwindel auf, daß jede Herrschaft über den Körper ausgeschaltet
war. Heftiges Erbrechen bei jeder Kopfdrehuug, Pulsverlangsannmg. ver¬
langsamte Atmung, Krampgefühl im Kiefergelenk, kalter Schweiß, Ein¬
geschlafensein der Finger, Sausen im Kopf waren die weiteren Erscheinungen.
Vier Wochen danach bestand noch Schwindelgefühl beim Drehen des Kopfes
oder der Augen, besonders nach links, deutliche Ataxie bei raschen Be¬
wegungen. Auf Grund dieser Erscheinungen und des objektiv erhobenen
Befundes schloß Hirsch (61) eine Erkrankung der hinteren Scbädelgrube,
speziell des linken Kleinhirns aus; er führt vielmehr alle Erscheinungen auf
eine Dekomposition des Gleichgewichtsapparates zurück, die durch Reizung
beider Vorhofsnerven zustande gekommen ist.
Im ersten der von S&nte (142) mitgeteilten Fälle handelt es sich um
ein 21 jähriges Mädcheu, welches unter schmerzhaften kolikähulichen Magen-
dannstörungen erkrankte. Diese Koliken wiederholten sich; es kamen
Beinkrämpfe und Anfälle hinzu, die bei auftretender Gelbsucht den Verdacht
auf Gallensteine erweckten, so daß es operiert werden sollte. Patientin
wurde äußerst anämisch, es stellten sich Schwäche und Muskelatrophieu in
Armen und Beinen ein und Druckschmerzhaftigkeit der Nerven. Diese
peripherischen Störungen im Verein mit der Auämiö und deutlichem Bleisaum
führten auf die richtige Spur. Es stellte sich heraus, daß Patientin Blei-
karbouat sei 10 Jahren als Puder benutzt hatte. Nach Weglassen dieses
Kosmetikums trat Heilung ein. Der zweite Fall, der eine 50 jährige Frau
betraf, hatte die gleichen Symptome und dieselbe Ursache.
In der Mitteilung von Bikeles (17) handelt es sich um eine Familien¬
vergiftung durch verdorbene Nahrung. Während zwei Mitglieder nach all¬
gemeinen intestinalen Erscheinungen wieder genasen, stellten sich bei Mutter
und Tochter nachträglich Erscheinungen einer Polyneuritis der distalen Ab¬
schnitte der oberen und unteren Extremitäten ein. Bei der Mutter walten
Akrodynien (Schmerz im Planta pedis und Parästhesien in Vola manus) vor,
bei der Tochter kam es zu Akroparalysen mit bedeutendem Uberwiegen der
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41G
Krankheiten der peripherischen Nerven.
Lähmungserscheinungen an den unteren Extremitäten. Der Autor vermutet,
daß es sich um Arsenikvergiftung handeln kann.
In dem von Bikeles (18) publizierten Falle hebt der Autor hervor,
daß trotz der hochgradigen Atrophie des Muculus infraspinatus Patient ohne
Behinderung lange schreiben konnte; auch das FadeDziehen gelang ihm gut.
Der 32 jährige Patient — Beobachtung von Löffler (103) — war früher
immer gesund. Im August 1913 rasch zunehmende Schwäche beider Berne
und Unfähigkeit zu gehen. Gleichzeitig Ödeme der Füße, Lebervergrößerung
und Aszites. Nach 2 Monaten völlige Wiederherstellung anf Bäder und
Massage. Anfang September plötzliche Unfähigkeit zu gehen, keine Schmerzen
in den Beinen. Beim Eintritt in das Spital konnte das linke Bein nicht
bewegt werden, die Flexion in der rechten Hüfte und im rechten Knie er¬
folgten sehr mühsam, sonst waren keine Bewegungen möglich. Die Hand
zeigt die typische Stellung der Radialislähmung. Die Streckung der End¬
phalangen war bei extendierten und fixierten Endphalangen nicht möglich: eben¬
sowenig konnten die Finger gespreizt werden. Das Medianusgebiet war im
wesentlichen intakt. Die hochgradige Herabsetzung der rohen Kraft der
Beugemuskulatur wies auf das Mitbefallensein des N. musculocutaneus hin.
Im Schultergürtel war keine Innervationsstörung nachweisbar. Alle Sehnen¬
reflexe fohlten. Sensibilitätsstörungen bestanden keine. Es bestand ferner
linksseitige Rekurrenslähmung. Die Stimme war dementsprechend rauh, die
Sprache aber gleichzeitig eigentümlich abgerissen; fast nach jedem Wort
erfolgte ein Atemzug, ohne daß Dyspnoe bestand. Bei der Atmung fiel
die mächtige Ausdehnung der rechten Brustseite gegenüber der fast unbe¬
weglichen linken auf. Lungengrenzen: Rechts vorn oberer Rand der siebenten
Rippe, gut verschieblich links fünfte Rippe, keine deutliche respiratorische
Verschiebung. Hinten rechts proc. spin. XL, verschieblich; links proc. spin.
IX., nicht verschieblich. Bei der Röntgendurchleuchtung war der Zwerchfell¬
hochstand links sehr augenfällig. Die ganze Herzspitze hob sich deutlich
von der hochstehenden Magenblase ab. Links ließen sich deutlich paradoxe
Zwerchfellsbewegungen erkennen. Während bei Inspiration der rechte
Zwerchfellschatten sich auf dem Schirm um ca D/g cm senkte, stieg die
linke Zwerchfellkuppel um ca. 1 cm empor. Gleichzeitig erfolgte eine
deutliche Verschiebung des Herzens und des Mediastinums nach rechts.
Es handelt sich also um eine linksseitige Phrenikuslähmung.
Auffallend ist das Befallensein einer Anzahl von Nerven der linken
Körperhälfte, die auf ihrem Verlauf am Halse auf kürzere oder längere
Strecken nahe beisammen liegen.
Es ließen sich weder an der Wirbelsäule noch an der Schilddrüse
irgendwelche pathologischen Prozesse nachweisen, noch ließen sich Drüsen
palpieren. Ein lokale Affektion wird auch durch das Befallensein beider
unterer Extremitäten unwahrscheinlich. Nachdem die Anamnese noch einen
beträchtlichen Alkoholabusus ergibt, wird die Diagnose einer toxischen Poly¬
neuritis gesichert sein. ( SelbslbericM.)
Bei einem Patienten, der an Lues tubero-serpiginosa litt — Beobachtung
von Pinczower (125) — stellte sich im Verlaufe der Krankheit 2 Tage
nach einer Salvarsaninjektion eine Polyneuritis ein, die ungemein heftig und
hartnäckig war. Ergriffen war Ischiadikus, Plexus brachialis und lumbalis.
Der Autor nimmt an, daß Spirochäten von den Tubera an den Beinen und
Armen in die kleinsten Nervenstämmchen und von da in das Perineurium
und zwischen die Fasern der großen peripheren Nerven gelaugt sind.
Claytor (30) beschreibt einen Fall von multipler Neuritis, welche im
Verlaufe eines Typhus sich entwickelte. Betroffen waren vornehmlich die
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Hysterie und Neurasthenie.
417
nuteren Extremitäten. Aus der Literatur hat der Autor noch 25 ähnliche
Fälle gesammelt.
Anderson (4) scheint bei jeder Neuritis eine schlechte Blutmischung
durch Darmstörungen anzunehmen. Er bewirkt deshalb vornehmlich eine
durchgreifende Reinigung des Darms, und die schmerzhaften Stellen behandelt
er mit Elektrizität und Massage.
Bei einem 60jährigen Mann — Beobachtung von Kreibich (95) —,
der an starkem, die Lokalisation wechselndem Jucken leidet, finden sich
neben breiter, z. B. die Fußrücken einnehmender Licheninfiltration Stellen
mit follikulärer Licheninfiltration und Akanthose. Zugleich sind vitiligoartige
Stellen vorhanden, in welchen aber um die Follikel vielfach die Figmentation
erhalten bleibt, und deren Randbegrenzung sich von typischen Vitiligoflecken
unterscheidet. Weiter finden sich da und dort umschriebene rundliche Herde '
mit Pigmentvermehrung und licheninfizierter Oberfläche. Endlich konstatiert
man zu beiden Seiten beider Genitokruralfalten und in der Skrotalbaut
opakweiße warzig elevierte Herde, die histologisch aus Akanthose über
einer unspezifisch entzündlich infiltrierten Kutis bestehen, in der sich reichlich
eosinophile Zellen finden. Kreibich diagnostiziert nach diesem Befunde
eine Neurodermitis verrucosa.
Hysterie und Neurasthenie.
Ref.: Dr. Hermann Krüger-Buch.
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Ohrapparatos im Kriege. M. m. W. No. 28. S. 957. (Sitzungsbericht.)
Hysterie.
G&upp (27) konstatiert an der Spitze seiner Arbeit, daß sich das Nerven¬
system unseres Volkes in Waffen glücklicherweise im ganzen als kräftig und
gut gezeigt habe. Er geht dann auf die psychogenen Krankheitszustände,
die heftigen Schreck nach Granatexplosion als Hauptursache hatten, eiu.
Nach seiuer Erfahrung sind die akuten Kraukheitszeichen, sowohl psychischer
wie körperlicher Art, nicht in wenigen Wochen oder Monaten zu beseitigeu.
Mit einem Schlage tritt aber ein Teil der Symptome wieder auf, sobald der
Vorschlag gemacht wird, wieder Dienst zu tun, wobei die mehr weniger
bewußte Angst vor der Rückkehr ins Feld ursächlicher Faktor der Ver¬
schlimmerung ist. Verfasser schlägt vor, derartige Leute anstatt wieder
zum Militärdienst, lieber frühzeitig ihrem bürgerlichen Beruf zuzuführen,
da dadurch die Gefahr der „Reutenhysterie“ verringert werde, weil die
Kranken mit diesem Ausweg während des Krieges nicht sehr einverstanden
sind. Den gleichen Vorschlag der Verwendung in „vaterländischer Arbeit„
macht Ga tipp für ältere, bisher ungediente Leute, bei denen bald nach
der Einziehung hysterische Symptome, besonders Schütteltremor, auftreten.
Ein praktischer Vorschlag beschließt die lesenswerte Arbeit.
Binswanger (12) erörtert eine Reihe von Fällen von Kriegshysterie
mit Hervortreten der somatischen Kraukheitserscheinungen, die vor den aus
Friedenszeiten bekannten Fällen die besondere Bedeutung haben, daß einer¬
seits die Pathogenese eine viel klarere ist und sich die Rontenhysterie aus¬
schalten läßt, daß sie andererseits beweisen, daß der emotionelle Schok im
Verein mit anderweitigen Schädigungen hystero-somatische Symptomen-
komplexe bei früher nicht normwidrigen Individuen hervorrufen kann.
Aus der Fülle des Gebotenen seien einige wenige Einzelheiten heraus¬
gehoben, so der Befund, daß die seelische Erschütterung als kortiko-fugale
Erregungs- oder Hemmungsentladung vorwaltend in denjenigen Körper-
absclmitten ihre Wirkung entfaltet, die durch ihre mechanische Einwirkung
betroffen sind, sei es direkt durch Schädigung peripherer Nervenbahnen, sei
es indirekt durch Schädigung spinaler oder zerebraler Inuervationszentren.
Auch eine besondere Ausprägung des Krankheitsbild^s durch vor dem
psychischen Schock vorhandene Schädigungen einzelner Organe oder Nerven¬
gebiete wird angenommen. Bei derartigen Kriegshysterien findet sich eine
verschiedenartigste Vereinigung motorischer, sensorisch-sensibler, angio-neuro-
tischer und sekretorischer Störungen vom Charakter der Reiz- oder Hem¬
mungssymptome. Die Sensibilitätsstörungen waren stets mit motorischen
vergesellschaftet, unter denen wieder der Tremor die häufigste Erscheinung
bildete. Dysbasie und Astasie sind häufig. Unter den therapeutischen
Maßnahmen hebt Binswanger die Erziehung zu zweckvoller Arbeit hervor.
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Hysterie und Neurasthenie.
Nach Zange’s (69) Erfahrungen treten psychogene Störungen des Ge¬
hörs und der Yestibularisfunktionen bei Kriegsteilnehmern in der Regel
doppelseitig, gemischt mit gleichzeitigen organischen Schädigungen des
nervösen Ohrapparates auf. Besonders häufig war die psychogene Komponente
bei Soldaten, die durch Granatexplosionen ohne äußere Verletzung Ohr¬
schäden erlitten hatten. Die „hysterische“ Schwerhörigkeit oder Taubheit
kann in derartigen Fällen aus dem Gesamtbilde der traumatischen Hysterie
sofort erschlossen werden; erleichtert wird sie durch ein spätes Eintreten
der Hörstörung. Schwindel, Gleichgewichtsstörung und etwa vorhandener
Nystagmus können als sicher psychogen nur diagnostiziert werden, wenn
die Vestibularisreaktion normal ausfallt. Bei der Behandlung kommt es
darauf an, neue Schädlichkeiten, besonders psychischer Art, zu vermeiden.
Vor der Rücksendung zum Dienst ist längere Ruhe notwendig, eventuell
ist eine militärische Beschäftigung im Sinne Gaupps angezeigt.
Witte (68) beschreibt einen Fall von mänuiicher Hysterie, bei dem
es nach körperlichem Trauma (Leistenbruch) zu einer funktionellen Ver¬
biegung des Rumpfes kam, die unter Ruhe, Hebung des körperlichen
Allgemeinzustandes und Suggestivtherapie, die sich hauptsächlich auf ge¬
flissentliche Vernachlässigung des Zustandes bezog, geheilt wurde. Be¬
herzigenswert ist die Mahnung, derartige Fälle nicht allzulange in Kranken¬
häusern, besonders in Militärlazaretten zu behaudeln, sondern sie möglichst
bald der dringend nötigen Ruhe in gesonderten Abteilungen bzw. in den
Ruhigenstationen der Anstalten für Nervöse und psychisch Kranke zu-
zuführen.
Sokolowski (59) definiert die Hysterie als den „Willen zum Krank¬
sein“. Er referiert über eine Reihe von Krankheitsfällen, in denen das
hysterische Herbeisebnen und begierige Aufgreifen organischer Erkrankungen
bzw. die Erzwingung mehrmaliger eingreifender Operationen ohne irgend¬
welche organische Ursache bemerkenswert ist. Er betont die Häufigkeit
der funktionellen Phänomene bei Hysterischen und die Intensität derselben,
die durch die stetige Ausbildung, die ihnen zuteil wird, zuwege gebracht
wird. Als Leitmotiv für die Behandlung der Hysterie stellt er den Satz
hin, daß die eventuell aufgesuchte Anstalt den hysterischen Individuen
als Vorbereitungsklasse für das bürgerliche, soziale und familiäre Leben
dienen soll.
Schilling (56) entfernte einer 40jährigen Frau aus der unteren linken
Nasenflügelfläcbe einen viertelbohnengroßon Knoten, der sich bei näherer
Untersuchung als ein Maiskorn ohne Fruchtschale entpuppte. Uber die Art
seiner Implantation war nichts zu erfahren. Objektive Zeichen von Hysterie
bestanden nicht.
Riese (50) beschreibt zwei Fälle von „Oedöme bleu“. In dem ersten
waren die Erscheinungen bei einem 19jährigen Mädchen, das hysterische
Sensibilitätsstörungen, Krampfanfälle usw. bot, erst an der einen, dann auch
an der anderen Hand aufgetreten, während sich au der erstbefallenen Hand
eine starre Kontraktur ausbildete. Im zweiten Falle handelte es sich um einen
Soldaten, bei dem im Anschluß an eine in unmittelbarer Nähe erfolgte
Grauatexplosion eine linksseitige hysterische Lähmung, halbseitige Sensi¬
bilitätsstörungen und eine blaurote Verfärbung und Schwellung der gelähmten
Hand mit Herabsetzung der Temperatur und starken Schweißen eintrat.
Rasch (48) berichtet von einem 17jährigen Mädchen, das außer totaler
Analgesie keine ueuropathologischen Erscheinungen bot, auf dessen Haut
er aber ungefähr 130 streifenförmige Exkoriationen oder pigmentierte Narben
zählen konnte. Patientin hatte, wie sie gestand, dieselben dadurch hervor-
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Hysterie and Neurasthenie.
421
gebracht, daß sie mit dem Daumen an den betreffenden Stellen fest bin
und her rieb. Er weist darauf hin, daß derartige Fälle niemals einen so¬
genannten „hysterischen“ Eindruck machen, sondern ruhig und zurückhaltend,
zuweilen geradezu mürrisch oder verdrossen sind. Er warnt davor, der¬
artigen Fällen zu großes, offensichtliches Interesse entgegenzubringen. Die
Entlassung aus dem Krankenhause muß plötzlich, ohne vorherige Ankündigung
bestimmt werden.
Bieling (10) beschreibt zwei Fälle, in denen sich ueben sicher orga¬
nischen Hiruaffektioneu (in dem einen Falle wies die Autopsie einen alten
Erweichungsherd nach, in dem zweiten bestand eine beginnende progressive
Paralyse) die Erscheinungen einer hysterischen Pseudodemenz fanden. Ob¬
gleich sich z. R. im ersten Falle diese Erscheinungen schon während des
Rentenkampfes im Anschluß an den Unfall, der sicher die Ursache der
Hirnerweichuug gewesen ist, entwickelten, wird doch jeder direkte Zusammen¬
hang zwischen beiden Krankheitssyndromen abgelehnt und eine entsprechende
Reutenfestsetzung befürwortet.
Ames und MacRobert (3) beschreiben einen interessanten Fall von
halbseitigen psychogenen Krämpfen mit Erhaltung des Bewußtseins, die die
unbewußte Wiederholung von Abwehrbewegungen gegen Angriffe einer
Schwester, mit der die Patientin zeitweise mutuelle Masturbation getrieben
hatte, waren. Die Krämpfe waren zuerst im Arger gegen diese Schwester
aufgetreten. Eine Klarlegung des Sachverhaltes, den die Patientin selber
einsah, brachte die Heilung.
Jackson (34) teilt die Krankengeschichte eines 43jährigen Menschen
mit, der an Krämpfen und halbseitiger Lähmung unklarer Ätiologie neben
psychischeu Störungen litt und bei Lebzeiten meist als Hysteriker, bzw. als
flysteroepileptiker angesprochen wurde. Die Autopsie ergab einen syphili¬
tischen Herd in der rechten äußeren Kapsel und dem Linsenkern mit De¬
generation der Pyramidenfasern. Daneben fand sich überall eine Lympho-
zyteninfiltration um die Gefäße, besonders auch in der Hirnrinde.
Collins (20) berichtet ausführlich über einen Fall von hysterischer
Astasie-Abasie, in dem die an eine psychoanalytische Exploration an¬
schließende Suggestivtberapie nach etwa 7 Jahre langem Bestände der
Erkrankung eine an Heilung grenzende Besserung brachte.
Die Patientin, die Marx (39) beschreibt, hatte an der linken Wange
ein nicht ganz fünfmarkstückgroßes, annäherend dreieckiges, scharfrandiges
Geschwür, deren Natur zuerst nicht klar war, das allen Medikationen so
lange trotzte, bis Okklusivverbäude es zur Heilung brachten, nachdem man
den Verdacht geschöpft hatte, daß es artifizieller Natur sein könnte. Patientin
war ohne Beruf; infolge ihrer geistigen und körperlichen Minderwertigkeit
war sie außerstande, dauernd einem Berufe nachzugehen. Früher war sie
Hausmädchen, dann wurde sie Prostituierte. Der Aufenthalt im Krauken-
hause tat ihr wohl, sie war dort versorgt; sie hätte, entlassen, nicht gewußt,
was sie beginnen sollte, nnd so ist ihr der Gedanke wohl gekommen, sich
das Ulkus beizubringen und es künstlich nicht zur Heilung kommen zu lassen.
(Jucobsohn.)
Blässig (13) berichtet von einem Obermatrosen, der im Anschluß an
starke psychische Erregungen (zweimal nach einer Seeschlacht) innerhalb
weniger Monate dreimal aphonisch wurde. Die Störung ging jedesmal in
wenigen Wochen zurück. Laryngoskopisch fand sich Erschlaffung der Stimm¬
bänder, mangelhafter Schluß derselben beim Phonieren, Anästhesie des
Kehlkopfes.
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422
Hysterie und Neurasthenie.
Scholz (57) schildert zwei Fälle von durch Schreckwirkung im Felde
entstandener Sprachlähmung. In beiden Fällen war die Ursache Granat-
explosiou in unmittelbarer Nähe der Betroffenen. Bei beiden bestand voll¬
kommener Mutismus; beide sind geheilt worden, der eine vollständig, bei
dem zweiten, der sich noch in Behandlung befindet, besteht noch ziemlich
heftiges Stottern, sobald er sich aus irgendeinem Grunde erregt. Die
laryngoskopische Untersuchung des ersten Patienten ergibt fast völlige
Unbeweglichkeit beider Stimmbänder, die dauernd in Kadaverstellung stehen,
wie bei Rekurrenslähmung. Bei dem Versuche, die Vokale e und i zu
phonieren, erzittern die Stimmlippen ein wenig, bewegen sich aber nicht
gegeneinander, so daß die Stimmritze stets geöffnet bleibt. Die Versuche,
zu sprechen, strengen den Kranken außerordentlich an, so daß er sehr rasch
einen hochroten Kopf bekommt. Der zweite neuropathisch veranlagte Patient
zeigt stark befangenes Wesen, und einen scheu verängstigten Blick. Die
Sprache ist aphonisch mit dem Stottern nahestehender Intentionshemmung.
Kehlbefund vollkommeu normal, freie Beweglichkeit der Stimmbänder.
( Jacobsohn .)
Das Interessante an dem von Welzel (66) mitgeteilten Falle, der
neben Mutismus, Fehlen des Würgereflexes, Hypästhesie der Konjuuktiven,
Herabsetzung der Sensibilität der rechten Körperseite aufwies, war der auf¬
fallende Temperaturunterschied, der beim gleichseitigen Messen der beiden
Körperseiten konstatiert werden konnte. Sehr eigentümlich war das rasche
Auftreten des Fiebers, das bereits eine Stunde nach einem Unfälle (Patient
wurde durch einen Wagen an eine Mauerwaud gequetscht und dabei um
seine Achse gedreht) 39,5° betrug. Eine innere Verletzung oder eine ent¬
zündliche Erkrankuug lag nicht vor. Unterstützt durch das Vorhandensein
anderer hysterischer Stigmata kam W. zur Annahme einer beträchtlichen
Temperaturerhöhung auf hysterischer Basis. Ein Irrtum oder Meßfehler
war ausgeschlossen. Der Druckschmerz der rechten Schädelhälfte und eine
auffallend niedrige Pulsfrequenz legen den Gedanken nahe, daß Patient
durch den Unfall auch eine Hirnläsion erlitten hat, und daß dies Moment
in hezug auf die Deutung des Phänomens in Rücksicht zu ziehen ist.
( Jacobsohn .)
Neurasthenie.
Unter der von Beard gegebenen Bezeichnung Neurasthenie verbergen
sich, wie Aschaffenburg (5) auseinandersetzt, zwei ganz verschiedene Zustände,
die scharf voneinander zu trennen sind. Der eine umfaßt die psychisch gesunden
Menschen, die infolge von ganz besonderen Überanstrengungen oder körper¬
licher Erkrankungen zusammenbrechen. Durchweg besteht hier ein ganz
durchsichtiges, wenn auch individuell wechselndes Verhältnis zwischen dem
Grade der Schädigung und den Symptomen. Unter diesen sind die wich¬
tigsten : die verminderte Leistungsfähigkeit, Ermüdungsgefühl, großes Schlaf¬
bedürfnis, Denkerschwerung und Entschlußlosigkeit, Merkstörung und Reiz¬
barkeit. Die körperlichen Erscheinungen sind meist nicht sehr ausgeprägt
Der Schlaf ist oft ganz ungestört und zumal dann, wenn der Kranke seine
Tätigkeit eingestellt hat — zuweilen sogar länger und tiefer als in gesunden
Zeiten. Besondere Anforderungen ermöglichen wohl vorübergehend noch
große Leistungen, aber nicht auf lange Zeit. Psychische Beeinflussung hilft
wenig; nur ein wirkliches Ausruhen beseitigt den ganzen Symptomenkomplex,
und zwar recht schnell. Bei der zweiten Gruppe überwiegen die psychischen
Symptome: Erregung, Reizbarkeit, Verstimmung und Angst, Mutlosigkeit
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Hysterie und Neurasthenie.
423
und Zwangsvorstellungen. Für die massenhaften körperlichen Erscheinungen,
die zuweilen das Bild zu beherrschen scheinen, findet sich auch bei sorg¬
samster Untersuchung nur selten eine entsprechend schwere objektive Ver¬
änderung der Körperorgane, meist nur ganz belanglose Kleinigkeiten. Der
Schlaf ist sehr empfindlich gestört und nur ganz ausnahmsweise erträglich.
Stellen ungewöhnliche Ereignisse, besonders solche, die kein Besinnen ge¬
statten, plötzlich solche Kranke vor große Aufgaben, so sieht man zur
eigenen und noch mehr zur Überraschung des Patienten selbst, daß sie
ganz Außerordentliches, auch für lange Zeit zu leisten imstande sind, und
nicht selten, daß sie nach solchen Leistungen frischer und gesunder sind
als vorher. Und im Gegensatz dazu schwindet, wenn die Kranken völlig
ausspauneu, wochen- und monatelang sich aufs äußerste schonen und jede
körperliche und geistige Tätigkeit vermeiden, sehr oft trotz sorgsamster Be¬
handlung, die Erschöpfung nicht; ja sie nimmt unter diesen doch für eine
Beseitigung einer wirklichen Erschöpfung so günstigen Umständen nur noch
zu. Wer etwas genauer das Seelenleben dieser Kranken erforscht, wird
regelmäßig neben Überanstrengungen oder körperlichen Erkrankungen
psychische Erregungen aller Art feststellen, meist solche mit trauriger Affekt¬
richtung: Kummer, Angst (besonders vor der Schwere und dem Ausgang
der Krankheit), Sorgen, Ärger, Aufregungen usw. Für die ersten Zustände
schlägt der Autor die Bezeichnung „akute nervöse Erschöpfung“, für den
zweiten Zustand den von Ciamer gewählten Namen „endogene Nervosität“
vor. Bei der akuten nervösen Erschöpfung gilt es, durch Ernährung, Ruhe
und Erholung dem Körper und Geist die verloren gegangenen Kräfte wieder-
zugebeu, bei der t endogenen Nervosität die Folgen der erregenden Affekte zu
beseitigen, die Uberempfindlichkeit des Gemütslebens zu dämpfen und das
innere Gleichgewicht, das Vertrauen zu sich und der eigenen Leistungs¬
fähigkeit wiederherzustellen. ( Jacobsohn .)
Die idiopathische Herzueurose steht, wie Graul (30) ausführt, nicht nur
allen organisch bedingten Herzkrankheiten gegenüber, sondern sie ist auch
zu scheiden von vorübergehenden, reflektorisch ausgelösten Anomalien der
Herztätigkeit, die unter Umständen auch beim Herzgesunden durch eine
Überschreitung der gegebenen Leistungsfähigkeit oder Immunität gegenüber
Giften irgendwelcher Art (Tabak, Alkohol usw.) entstehen werden. Die
nervöse Herzschwäche, als eigene Krankheitsspezies genommen, erwächst
somit vor allen Dingen auf dem Boden der neurasthenischen Krankheits¬
anlage, so daß man mit Recht von einer Neurasthenia cordis spricht, die
als eine funktionelle Minderwertigkeit des vegetativen Systems, d. h. des peri¬
pherischen (autonomen wie sympathischen) Herznervensystems in Erscheinung
treten kann. ( Jacobsohn .)
Baker (8) stellte im Schneidergewerbe Untersuchungen über Neur¬
asthenie au. Er untersuchte dazu die Arbeite- und Lebensbedingungen dieser
Handwerker. Die Mehrzahl der Neurastheniker waren Juden und das Haupt¬
symptom war die Schmerzhaftigkeit der Wirbelsäule. ( [Jacobsohn .)
Röper (52) weist in einem Vortrag auf den Unterschied in der Prognose
zwischen Erschöpfungsneurasthenikern, die nicht als vollwertige Krieger
wieder ins Feld rücken können und konstitutionellen Neurasthenikern, die
durchweg für den Kriegsdienst unbrauchbar sind, hin. Bei Besprechung der
Kriegshysterien geht er besonders auf die monosymptomatischen Fälle ein,
die am häufigsten zu dem Verdachte der Simulation führen. In bezug auf
die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit hält er im allgemeinen an dem
Grundsätze fest, „daß alles, was auch im geringsten nach Bewußtseins- oder
Seelenstörungen aussieht, felddienstunfähig ist“.
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424
Hysterie und Neurasthenie.
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Pope (45) beschreibt aasfiibrlich einen Fall, in dem eine seit 20 Jahren
kinderlos verheiratete Frau, deren Hymen trotz aller Kohabitationen noch
intakt war, von Erscheinungen einer „Neurasthenia vera“ mit Angstneurose
befallen wurde. Es gelang, durch psychische Behandlung, allgemeine Kräf¬
tigung, Inzisionen des Hymens und Weitung der Vagina, so daß ein normaler
Geschlechtsverkehr möglich wurde, die Frau wiederherzustellen. Verfasser
bespricht im Anschluß an diesen Fall Freud sehe Ansichten und Mecha¬
nismen.
Neurosen.
Drenw (23) beschreibt als Phthirophobie die Zwangsvorstellung, Läuse
zu haben. Hinsichtlich ihrer Behandlung und Beseitigung bieteu die Fälle
ein ebenso unerfreuliches Bild wie die übrigen Phobien. Auch ein exakt
durchgeführter Entlausungsprozeß pflegt nicht zu helfen.
Oberndorf (43) untersuchte einen Fall von Klaustrophobie mittels der
psychoanalytischen Methode. Er fand als infantiles sexuelles Trauma den
zweimaligen Versuch des Patienten, im Knabenalter an gleichaltrigen Mädchen
den Koitus auszuführen, wobei er durch die Einbildung, daß irgend jemand
käme, beide Male im Beginue des Versuches gestört wurde. Oberndorf
faßt die Klaustrophobie als „das Negativ eines unbewußten Wunsches“
(d. h. in diesem Falle: in einem geschlossenen Raume ungestört zu koitieren)
auf. Der Patient wurde durch die Psychoanalyse angeblich geheilt.
Riebeth (49) hebt die Häufigkeit neurasthenischer Krankheitsbilder bei
Kriegsteilnehmern im Gegensätze zu der relativen Seltenheit der eigentlichen
Psychosen hervor. Die Symptomatologie ist im wesentlichen dieselbe wie
bei den Friedensneurasthenien, nur weist er auf das häufigere Vorkommen von
Herzstörungen hin. Die Behandlung ist auch nicht zu lauge Zeit auszudehnen;
auf frühzeitige Erziehung zur Arbeit ist Hauptwert zu legen. Hinsichtlich
der Vorbeugung gegen den Rentenkampf weist auch Riebeth auf die Not¬
wendigkeit einer Zusammenarbeit von Behörden, Ärzten, Arbeitgebern und
-nehmern hin, um derartige Kriegsneurastheniker geeigneten Arbeitsgebieten
zuzuführen.
PelnAr (44) bezeichnet die traditionelle Diagnostik und Prognostik
der klimakterischen Neurose als falsch. Er konnte sich bei seiner Praxis
darüber wundern, wie pauschal man die Sache nimmt, die doch nicht so
einfach sein kann. Um die Frage zu entscheiden, sammelte er seine 90 Fälle
und zieht aus seinen Beobachtungen ungefähr folgende Konsequenzen: Die
Symptomatologie der genannten Störungen ist wohl genug beschrieben, die
Prognostik aber schon stiefmütterlicher behandelt; im Gegensatz zur all¬
gemeinen Ansicht erwiesen sich die Fälle des Autors in der Mehrheit als
ernst, in mehr als der Hälfte konnte er die klimakterischen Beschwerden als
Begleiterscheinungen ernsterer Erkrankungen der Zirkulationsorgane, im
Fünftel der Fälle mußte er die Prognose als unsicher und ungünstig stellen
und nur zirka bei einem Viertel seiner Fälle fand er keine pathologischen
Veränderungen, so daß er die Prognose gut stellen konnte. Was die Patho¬
genese betrifft, so handelt es sich meist um vasomotorische Störungen, wohl
infolge der aufgehörten innersekretorischen Tätigkeit der Ovarien. Der Ersatz,
den der Organismus durch andere Drüsen (Thymus, Thyreoidea, Hypophyse)
leisten kann, genügt in den meisten Fällen nicht. (Jar. Stuchlik.)
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
425
Epilepsie, Konvulsionen, Tetanns, Eklampsie.
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124. Watkins, Victor E., History of a Gase of Jacksonian Epilepsy. Med. Rec. 87. (26.)
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126. Weiss, Schwerer Wundstarrkrampf. M- m. W. p. 304. (Sitzungsbericht.)
127. Widen, John, Blutzucker und Eklampsio. Mschr. f. Geburtsh. 41. (2.) 113.
128. Wigert, Epilepsi vid förvärvad syfilis. Allmänna Svenska Läkartidningen. No. 41.
129. Wintz, H., Untersuchungen übor den Antitoxingehalt im Serum Tetanuskrankor. M.
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130. Wittmann, P., Starrkrampf. Münch, tierärgtl. Wtchr. No. 31. p. 591.
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132. Wrzosek, Adam, und Maciesza. Adolf, Über die Entstehung, den Verlauf und die
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133. Zimmer mann, Richard, Beitrag zur Kenntnis des epileptischen Blutbildes. Zf ehr.
f. d. ges. Neur. 28. (4/5.) 339.
So interessant auch die Resultate sind, die Benedikt bei seinen
kephalometrischen Untersuchungen bei Epileptikern erhalten haben will, so
werden sie doch noch recht starkem Zweifel begegnen. Von Wert sind
die Untersuchungsergebnisse Levys und Pachs, welche bei Epileptikern
im Anfalle stets das Babinskische Zeichen fanden, und die Angaben
von Jaureggs bestätigt fanden, daß man durch Injektion von Kokain in
vielen Fällen den epileptischen Anfall auslöseu kann. Welchen W'ert dies
bei der militärischen Ausmusterung habeu kann, braucht nicht erwähnt zu
werden. Die Kriegsepileptiker waren nach Bonhoeffers Feststellungen
alle disponierte Individuen; aber bei vielen trat der Anfall als Reaktiv¬
erscheinung auf. Friedmaun bringt Beispiele von sog. kleiuen Anfällen,
die nicht, wie manche Autoren wollen, als ein einheitlicher Krankheits¬
begriff aufzufassen sind, soudern verschiedene Grundlage haben können.
Das größte Interesse im vorliegenden Abschnitt nehmen die Arbeiten
über Tetanus ein, über den außerordentlich viele Beobachtungen gemacht
werden konnten, da die Zahl der Erkrankungen im Anfang des Feldzuges
sehr groß war. Dadurch haben unsere Kenntnisse über die Inkubationszeit*
über Symptomatologie, den Angriffspunkt des Giftes, über die Mortalität und
besonders über die Therapie wesentliche Bereicherung erfahren. Die pro¬
phylaktische Seruminjektion wird besonders bei schweren Verletzungen der
Extremitäten als wichtigste Maßnahme zur Verhütung der schrecklichen
Krankheit allseitig empfohlen.
Epilepsie.
Benedikt (7) ist auf Grund kephalometrischer Untersuchungen zu der
Überzeugung gekommen, daß der Epileptiker sich durch besondere Merk¬
male auszeichnet, wodurch man ihn, auch ohne daß man epileptische Anfälle
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
429
beobachtet bat, herausfinden kann. Letzteres ist besonders Air den Krieg
von großer Bedeutung. Im normalen Zustande ist die rechte Stirne niederer
und schmäler, das rechte Ohr rückt weiter nach rückwärts und der rechte
retroaurikuläre Kopfteil des Scheitelbeines und des Hinterhauptes ist stärker
entwickelt. Diese Asymmetrie ist zunächst durch die vorwaltende Entwicklung
der Sprachzentren und auch der Zentren der komplizierten Bewegungen der
rechten Hand bedingt Das Rückwärtsrücken des rechten Ohres deutet eine
Kompensation für die mittlere Schädelgrube und die relative Hyperplasie
der retroaurikulären Kopfteile eine solche für die hintere Schädelgrube an.
Störungen dieses Verhältnisses sind das wichtigste Stigma der kongenitalen
Epilepsie. Die einfachste Form ist der Ausfall der Kompensation und also
durchgreifende Aplasie der rechten Seite. Besonders kompromittierend ist
eine solche Aplasie, die, wenn beiderseitig, die fatale Form eines Keilkopfes
aunehinen würde. Es kann auch Vorkommen, daß gerade die rechte Seite
hyperplastisch ist — besonders deutlich an der hochgradigen Entwicklung
der Tubera frontalia und parietalia. Die hydrozephalische Aufblähung des
rechten Tuber frontale ist ebenfalls ein hochgradig verdächtigendes Stigma.
Ein anders wichtiges Stigma ist die Verkürzung des medialen Scheitelbogens.
In der Regel ist dieser gleich laug mit dem medialen Stirnbogen. Bei den
Epileptikern ist ersterer gewöhnlich um 3—4 cm kürzer. Selten ist das
Umgekehrte der Fall, daß der mediale Stirnbogen kürzer ist. Dies scheint
besonders bei der psychoepileptiscben Form der Anfälle vorzukommen. In
epileptischen Familien kommt ein Kompensationsversuch der Natur dieser
lokalen Aplasie des Schcitelbogens vor. Es entsteht die sogenannte
Scheitelsteilheit, gewöhnlich verbunden mit rückfliegender Stirn. Die meist
kompromittierten Mitglieder haben oine scheinbar normale Konfiguration des
medialen Längsumfanges, und die Verkürzung des Scheitelbogens erreicht
einen hohen Grad. Bei anderen ist die Scheitelsteilheit hochgradig, und der
Fall ist kompensiert, und das Leiden kommt nicht zum Ausbruche. Andere
Mitglieder der Familie haben eine mittlere Form, und die Kompensation
kann je nach den quantitativen Verhältnissen gelungen sein oder nicht. Bei
der Deszendenz der Kompensierten pflegt die Kompensation auszubleiben,
uud die Disposition für das Leiden führt zur vollen Entwicklung desselben.
Exzessive Dolicbozephalie über das Maß der durchschnittlichen Kahnform
bedingt wohl häufig Psychoepilepsie. Makrozephalie ist nicht eindeutig
pathologisch, wenn sie nicht durch Hydrozephalie bedingt ist.
In eiuer zweiten Abhandlung gibt Benedikt (S) noch nähere Finger¬
zeige für die Art der Untersuchung am Kopfe, um die in der ersten Ab¬
handlung beschriebenen Verhältnisse herauszufinden.
Jellinek (56) bespricht die Schwierigkeit, die sich ergab, bei der
Ausmusterung die wirklichen Epileptiker von den Pseudoepileptikern aus¬
zumustern. Die Beobachtung der Verdächtigen fand auf einer besonderen
Station statt. Als bemerkenswerten Befund hebt der Autor hervor, daß
sich in allen Fällen von wirklicher Epilepsie unmittelbar oder wenige Minuten
nach dem Anfalle das Babinskische Zehenphänomen zeigte, welches bald
darauf wieder verschwand. Im Gegensatz zu den Epileptischen konnte es
bei den Hysterischen nur eiumal konstatiert werden. Es wurde auch auf den
Rat Wagner v. Jaureggs versucht, durch Kokaininjektion (0,05 ccm)
Anfälle zu erzeugen, doch gelang das nur in einer ganz beschränkten Zahl
von Fällen.
Da die Feststellung des epileptischen Anfalles, resp. der Epilepsie von
imminenter militärärztlicher Wichtigkeit ist, benützen L6vy und Pach (72)
dazu einerseits die Erfahrung Jellineks, daß im epil. Anfall stets das
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
Babiuskische PhäDomen nachweisbar ist, und die Erfahrung Wagner v.
Jaureggs, daß eine subkutane Injektion von 0,05 Kokain in den meisten
Fällen innerhalb 10—12 Stunden einen epileptischen Anfall auslöst. Die
eigenen Erfahrungen der Verfasser siud bezüglich dieser Untersuchungen: Bei
25 epilepsieverdächtigen Kranken des „ Marie-Valerie-Barackanspitales“ habeu
sie in 13 Fällen nach Injektion von 0,03 Kokain innerhalb 2—60 Miuuten
einen typischen epileptischeu Anfall beobachten könuen. In Vs der Fälle
war das Babiukisehe Phänomen nachweisbar. Darunter waren bloß
2 Fälle, in welchen die Epilepsie bereits früher ärztlich konstatiert wurde;
ein Kranker bekam erst 36 Stunden nach der Injektion einen spontanen
epileptischen Anfall; fast bei allen war eiue konjugierte Deviation der Bulbi
vorhanden. Im Reservespital 5 bekamen 5 Kranke eiue Kokaininjektion,
davon reagierten 4 innerhalb 15 Miuuten mit einem epileptischen Anfall.
Bei 11 Kranken wurden Kontrollinjeklioneu mit Aqua dest. gemacht, ohne
einen Anfall hervorgerufen zu haben, davon waren 3 nachgewiesene Epi¬
leptiker; ebenso wurde auch Injektion von anderen vasokonstriktorischen
Mitteln ohne Erfolg gemacht. (Hudovemig.)
Bonhoeffer’s (12) Ausführungen über Epilepsie im Feldzuge stützen
sich auf ein Material von 33 Fällen. Unter diesen waren es 20, bei denen
die Anfälle schon vor dem Feldzuge bestanden hatten. Bei 10 vou den
letzteren waren die Anfälle erst nach der aktiven Dienstzeit eingetreten, bei
10 anderen hatten sichere epileptische Anzeichen schon vor der aktiven
Dienstzeit bestanden. Als auslösende Faktoren ließen sich in 5 Fällen
starke anstrengende Märsche, siebenmal das Gefecht selbst feststelleu; zwei¬
mal wirkten Granatexplosionen aus nächster Nähe auslösend. 9 Soldaten
hatten mehrere Gefechte, einer sogar 18 mitgemacht, ehe der erste Anfall
auftrat. Häufig wurden psychische Begleitsymptome beobachtet. Bei deD
13 scheinbar als „Feldzugsepilepsie“ sich darstellenden Erkrankungen waren
auch pathologische Antezedentien nachweisber. Der Autor führt dafür
einige Beispiele au und bespricht etwaige Beziehungen zwischen der Epilepsie
und der Typhusimpfung, der Lues bei den zur Beobachtung gekommenen
Soldaten. Im ganzen ergab sich aus dem Material folgendes: Schwere, von
Jugend auf bestehende Epilepsie fand sich nur infolge von Verheimlichung
der Anfälle oder von Versehen bei der Einstellung. Von diesen Fällen ist
keiner bis ins Feld gelangt. Ein großer Anteil gehört der konstitutionellen
Epilepsie mit seltenen Anfällen, besonders der Spätepilepsie an. Bei den im
Feldzug zum erstenmal in Erscheinung getretenen epileptischen Aufällen ist
bemerkenswert, daß sich ausnahmslos der Nachweis der endogeneu, oder
vorher erworbenen Anlage, auf der die Epilepsie erwachsen ist, hat führen
lassen. Es ist also dieselbe Erscheinung, die auch bei den im Kriege zur
Beobachtung gelangten psychopathischen und ueuropathischen Reaktionen
entgegentritt; es sind disponierte Individuen, die betroffen werden. Es hat
sich kein sicherer Fall gefunden, bei dem ausschließlich die Kriegserlebnisse
als Ursache der Epilepsie in Betracht gekommen wären (die Epilepsie nach
Schädeltraumeu wurde bei dieser Untersuchung nicht in Betracht gezogen).
Dagegen ist die Zabl der Fälle nicht gering, bei denen von Reaktiv¬
epilepsie insofern gesprochen werden kann, als ausschließlich anschließend
an bestimmte Kriegsschädigungen Anfälle aufgetreten sind. Daraus ergibt
sich nach Ansicht des Autors eiue im wesentlichen günstige prognostische
Beurteilung dieser Fälle. Neben den epileptischen Anfällen finden sich
Anfälle bei Individuen mit labilem Vasomotorium. Diese haben die Neigung,
psychogen auslösbar zu werden und sich damit der Hysterie zu nähern, ohne
daß sich sonst ein hysterischer Habitus entwickelt.
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
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Ebenso wie der periphere Nerv in seiner Scheide ungehindert gleiten
muß (sonst löst die Summe der durch Narbenfixation bedingten Zerrung
neuralgische Anfälle aus), so muß auch das Gehirn bei seinen pulsatorischen
Ausdehnungen beweglich gegen die Dura sein. Die feste Aufhängung an
einer Schädelduranarbe führt zum epileptischen resp. zephalalgischen Insult
und bei dauernder Wiederholung zum Status epilepticus resp. cephnlalgicus.
Um diese freie Beweglichkeit zu erzielen, schaltet Witzei (131) nach Lösung
der narbigen Fixation zwischen Dura und Gehirn einen freien, dem Ober¬
schenkel des Verwundeten entnommenen Fettlappen ein.
Zimmermann (133) hat methodische Blutuntersuchungen bei Epileptikern
vorgenommen. Es ergab sich: 1. Bei der großen Mehrzahl der Epileptiker zeigt
das Blutbild keine Abweichung von der Norm. 2. Vor dem Anfall treten sehr
häufig Änderungen in dem Verhältnis der weißen Blutzellen zueinander auf und
zugleich macht sich eine starke Vermehrung der weißen Blutzellen bemerkbar.
Die Lymphozyten vermehren sich wohl in jedem Fall. In vielen Fällen
zeigen auch die Mononukleären eine Vermehrung Die Eosinophilen zeigen
dagegen die Neigung, aus dem Blutbild zu verschwinden. 3. Im Anfall
selbst kommt es zu einem mäßigen Rückgang der neutrophilen Leukozyten;
die Steigerung der Lymphozyten hält an. 4. Das Blutbild gleicht sich meist
nach 1—2 Tagen wieder aus.
Stachlik (115) untersuchte an dem Material der Züricher Anstalt die
hereditären Beziehungen zwischen Alkoholismus und Epilepsie. Er kommt
zu folgendem Ergebnis: 1. Unter hereditär belastenden Krankheiten spielt
die Epilepsie selbst keine große Rolle, denn nur 15,3% sämtlich belasteter
Patienten waren gleichartig belastet, direkt gleichartig nur 6,4 % und von
den sämtlichen untersuchten Patienten wiesen Epilepsie nur 9,5 % unter
den Verwandten der Epileptiker auf, unter direkten Vorfahren nur 4,1%.
2. Die anderen belastenden Krankheiten — Hysterie, Dementia praecox,
periodische Erkrankungen, Imbezillität, Idiotie, organische Geisteskrankheiten,
allgemeine körperliche Leiden — stehen in ihrer Bedeutung der Epilepsie
weit nach. 3. Bei starker Heredität scheinen die ersten Anfälle etwas früher
aufzutreten. 4. Unter den hereditär belastenden Krankheiten bei Epilepsie
ist quantitativ der Alkoholismus in erster Reihe zu nennen, denn ca. 40%
aller belasteten Patienten hatten alkoholische Eltern und ca. 43% hatten
unter ihren direkten Vorfahren mindestens einen Alkoholiker. Fast 30%
sämtlicher hereditär belastenden Momente macht der Alkoholismus aus. In
30% der Epilepsien, bei welchen man überhaupt etwas hereditär Belastendes
findet, ist es allein der Alkoholismus, der hereditär in Betracht kommt.
5. 50% aller Fälle, bei welchen die Eltern der Patienten alkoholisch waren,
hatten ganz gesunde Vorfahren und Seitenverwandte; und in 58% solcher
Fälle wurde in der Verwandtschaft keine andere Krankheit als der Alko¬
holismus gefunden. 6. ln den Familien der Epileptiker ohne alkoholische
Erzeuger spielt der Alkoholismus nur eine unbeträchtliche Rolle. Umgekehrt
ist der Alkoholismus der Erzeuger um ein Vielfaches häufiger als der
der Seitenverwandten. Die gegebenen Zahlen machen es äußerst wahr¬
scheinlich, daß der Alkoholismus der Eltern von Epileptikern nicht eine
bloße Ausdrucksform einer Familiendisposition ist, die sowohl Alkoholismus
und Epilepsie erzeugt, sondern daß er eine wichtige Ursache der Epilepsie
bildet.
In Watkins’ (124) Fall handelt es sich um eine Zyste in der vorderen
linken Zentralwindung, welche die Ursache der rechtsseitigen Krämpfe und
Lähmung war. Diese Zyste war ein Residuum einer vor mehreren Jahren
erlittenen Schädelverletzung. Bemerkenswert in dem Fall ist das plötzliche
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
Einsetzen der Krämpfe, die große Anzahl derselben and ihr Verschwinden
einen Tag nach der Operation.
In einem von Wasserfall (123) beschriebenen Falle kam es in einem Falle
von Epilepsie ohne besondere Gelegenheitsursache und ohne irgendwelchen Zu¬
sammenhang mit einem epileptischen Krampfanfalle zu einem überaus lange dau¬
ernden Zustande tranmhaft veränderten Bewußtseins. Kurz vor dem Abklingen
des Dämmerzustandes wird das Krankheitsbild durch einen ausgesprochenen
Zustand von Meningismus, eine Art Pseudomeningitis kompliziert Hobes
Fieber ohne nachweisbare Komplikationen seitens innerer Organe,. Kopf¬
schmerzen, starke Benommenheit, Flattern der Gesichtsmuskeln, Nacken¬
steifigkeit, Hyperästhesie von Haut und Muskeln, Kernigsches und Lasögue-
sches Symptom, Retiexdifferenzen, Paresen der Beine, Inkontinenz von Blase
und Mastdarm lassen zunächst den Verdacht auf eine echte Meningitis auf-
kommen; erst die Lumbalpunktiou, insbesondere das Fehlen jeglichen
Bakterienbefundes im Lumbalpunktat, nehmen dieser Vermutung die Basis,
und der weitere günstige Verlauf bestätigt die Annahme, daß der meningitis-
ähnliche Zustand lediglich eine Steigerung des epileptischen Dämmerzustandes
bedeutet hat, ähnlich wie man dies gelegentlich in atypischen schweren
Alkoholdelirien beobachtet hat. Der Autor glaubt, daß eventuell bestimmte
Autotoxine den Zustand hervorgerufen hätten.
Stuchlik (116) diskutiert im diagnostischen Beitrag den Wert der
Assoziationsmethode für die Diagnose und demonstriert an einem Fall jugend¬
licher Epilepsie ihre gerechte Anwendbarkeit. Ira therapeutischen Beitrag
beschäftigt er sich mit dem Vorschläge von Barakov, die Epilepsie mit der
Borsäure zu behandeln. Auf Grund seiner Kasuistik kommt er zum Schlüsse,
daß die Behandlungsart nicht zu empfehlen sei. Der als Demonstration
veröffentlichte Fall zeigt die schädliche Wirkung so großer Dosen der Bor¬
säure auf den Organismus, und pharmakologisch läßt sich die hierher ge¬
hörende vermutliche Wirkung des Präparates ebenfalls nicht begründen. — Im
dritten Beitrag diskutiert er auf Grund genauen Tagebuches eines Epileptikers
die Periodizität der Anfälle. Er konnte ziemlich regelmäßige Wiederholung
der wechselnden Anzahl der Anfälle konstatieren, so daß eine Vorhersage
auf wenige Tage möglich war. Daneben stellte er auch eine Periodizität, die
die Stunde der größten Anhäufung von Anfällen betrifft. Möglicherweise
stehen diese Periodizitäten im kausalen Zusammenhang mit der Bildung der
unbekannten schädigenden Noxe der Krankheit. ( Jar . Stuchlik.)
Pick (88) macht zu der von R. Amman über das Thema veröffent¬
lichten Arbeit auf seine in der Wiener medizin. Wochenschrift 1899 Nr. 30
erschienene Arbeit aufmerksam, in der er die vorliegende Frage weiter ge¬
fördert zu haben glaubt, als es durch Amman geschehen sei.
Russell MacRobert (99) huldigt der Ansicht, die schon Gowers
ausgesprochen hat, daß die epileptischen Erscheinungen keine Krankheits¬
erscheinungen sind, sondern der Ausfluß einer besonderen Entwicklungs¬
organisation des Gehirns. Die weiteren Epilepsieforschungen müßten sich
daher in dieser Richtung bewegen.
Die Beobachtung von MarCUS (76) ist folgende: Ein nicht hereditär
belasteter, nicht syphilitischer und früher ganz gesunder Mann von 37 Jahren
gebt nach einer Krankheitsdauer von kaum 2 Monaten unter schweren epi¬
leptischen Anfällen zugrunde. Vor dem Ausbruch der Krankheit waren
nur kurze Zeit vorher Kopfschmerzen vorausgegangen. Die Kopfschmerzen
wichen unter Jodkalibehandlung. Die Krankheit verschlimmerte sich aber
wieder, und in dem zweiten epileptischen Anfall, der kaum zwei Monate
nach dem ersten kam, starb Patient Den Anfällen gingen beide Male
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
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voraus oder es folgten ihnen unmittelbar nach sehr lästige Geruchshallu¬
zinationen von süßlich-üblem, intensiv-gräßlichem Charakter. Der Geruch¬
sinn war normal. Eine deutliche Neuritis optica war vorhanden, sonst keine
krankhaften Symptome seitens der Gehirnnerveu. Danach wurde ein Tumor
cerebri angenommen. Das prägnante Symptom der Geruchsaura ließ auf
eine Affektion in der Gegend des Ammonshorns und des Gyrus hippo-
campi schließen. Die besonders starke Stase mit Blutungen im rechten
Auge und das Fehlen irgendeiner Hörstörung oder sensorischen Aphasie
wiesen auf den Sitz des Tumors in der rechten Hemisphäre hin. Bei der
Sektion fand man eine Neubildung (Sarkom), welche den rechten Uncus gyri
hippocampi, die größten Teile des Gyrus hippocampus, lingualis und fusi-
formis samt der gesamten Ammonsformation ergriffen hatte. Auch der
rechte Nucleus amygdalae war mitbeteiligt. Der Tumor war von angio-
kavernösem und angiosarkomatösem Charakter und enthielt zahlreiche kleinere
und größere frischere und ältere Blutungen.
Meyer (81) erläutert an fünf Fällen die Mannigfaltigkeit der Bezie¬
hungen zwischen Epilepsie und Schwangerschaft, und der Beeinflussung des
Krampfzustandes in gutem und schlechtem Sinne durch die Gravidität.
42jährige Patientin Higier’s (50) erkrankte intensiv seit dem frühesten
Kindesalter. Ihr Vater war bis in das späteste Mannesalter Onanist, ihr
Bruder unterlag demselben Laster schon im frühen Kindesalter. Ihre 12jähr.
Tochter ist seit dem 2., ihr 2jähr. Söhnchen seit dem ersten Lebensjahr
Masturbant. Die Pat. ist nicht Potator, raucht nicht und hat keine Lues
geerbt oder akquiriert. Neben dem permanenten nymphomanischen Hyper¬
sexualismus, der sie wiederholt zu manchen agressiven Ausschweifungen
veranlaßt«, hat Pat. seit vielen Jahren epileptiforme Anfälle, im Anschluß an
Schreck entstanden, und die durchaus den Charakter der pseudasthenischen
oder Affektkrämpfe (Oppenheim-Bratz) tragen. Auffallend ist die Tat¬
sache, daß Brom absolut unwirksam sich erweist, und daß die Anfälle, die
über 30 Jahre dauern, während der 5 Jahre, als die Kranke verheiratet war,
ganz fehlten, ungeachtet dessen, daß die Masturbation regelmäßig neben
dem normalen Koitus geübt wurde. ( Selbstbericht .)
In einem Falle von Jacksonscher Epilepsie, dessen Anfälle in der
liuken Schulterregion begannen, fand Orbison (87) bei der Operation eine
Gefäßschlinge im linken Armzentrum. Bei der Sektion (Patient war 2 Tage
darauf gestorben) wurden noch alte meningeale Verwachsungen und ein
hämorrhagischer Herd gefunden.
Wigert (128) teilt die Fälle, in denen Syphilis als Ursache eines epi¬
leptischen Krankheitsbildes betrachtet werden kann, in folgende Gruppen eiu:
I. Fälle mit tertiär-gummösen Veränderungen im Gehirn oder seinen
Häuten (symptomatische Epilepsie).
II. Fälle ohne tertiär gummöse Veränderungen (syphilitische Epilepsie
im eigentlichen Sinne):
a) Fälle mit syphilitischer Endarteritis der feinsten Gehirngefäße
(Nissl-Alzheimer);
b) Fälle, die in Paralyse und Tabes übergehen oder diesen nahe¬
stehen ;
c) Fälle, wo Epilepsie im Sekundärstadium der Syphilis eintritt
(parasyphilitische Epilepsie, Fournier);
d) Fälle von parasyphilitischer Epilepsie bei hereditärepilepüseher
Konstitution;
e) Fälle von parasyphilitischer Epilepsie ohne hereditärepileptiwhe
Konstitution.
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
Verf. hält das Vorkommen von „parasyphilitischer Epilepsie“ für un¬
sicher und nicht bewiesen, besonders was die speziell von Nonne verfochtene
Gruppe Ile betrifft. ( Kahlmeter .)
Balassa (4) beschreibt die Encephalopathia saturnina eines nicht be¬
lasteten 35jähr. Klempnergehilfen ohne Lues, ohne Alkoholmißbrauch, welcher
seit früher Jugend viel mit Blei und in letzter Zeit mit Bleidämpfen in
Berührung kommt, und bereits zweimal an Bleivergiftung erkrankte. Bei
der dritten Erkrankung kam es auch zu epileptischen Anfällen; Pat. zeigt
auch ansonsten die Zeichen einer Bleivergiftung. ( Uudovernig ..)
Nach Erfahrungen von Hebold (48) wird der plötzliche Tod bei Epi¬
lepsie 1. durch den Anfall au sich herbeigeführt (durch Herzschwäche, Herz¬
riß, Hirnblutung). 2. Der Kranke stirbt infolge Sturzes . an der im Anfall
enthaltenen Verletzung sofort (Genickbruch, Wirbelbruch, seltener bei Schädel¬
bruch). 3. Es tritt Erstickung durch die Lage ein, die vom Anfall selbst
herbeigeführt wird (bei Bauchlage im Bett, Einklemmen zwischen Gegen¬
ständen, in Gesichtslage auf dem Boden). 4. Der Eiranke erstickt durch
Einatmen fremder Stoffe (von Speiseresten während oder nach der Mahlzeit,
von Wasser beim Baden oder Fall ins Wasser) oder verbrennt bei Fall
ins Feuer. 5. Im Endzustand des Anfalles, dem Zustande der Bewußtseins¬
störung, kann er Selbstmord begehen (der tödliche Ausgang konnte in der
von H. geleiteten Anstalt bisher stets verhindert werden). Der Tod nach
dem Anfall wird 6. durch den Anfall selbst durch Gehirnblutung (bei Arterio¬
sklerose) oder durch Gehirngeschwulst herbeigeführt. 7. Durch Sturz auf
den Kopf im Anfall, der mit oder ohne Schädelbruch Gehirn- und Hirn¬
hautblutungen verursacht. 8. Durch Fall ins Feuer und heiße Flüssigkeiten
(Verbrennen, Verbrühen). 9. Durch Infektion der im Anfall erhaltenen
Wunden (Tetanus traumaticus). H. bringt sehr viele Krankengeschichten
zur Illustration des Gesagten.
Zum Krankheitsbegriff der „gehäuften kleinen Anfalle“ waren von
Heilbronn er und L. Mann u. a. verschiedenartige Anfallsformen, sofern
sie nur in gehäufter und relativ leichter Art bei Kindern auftraten, gerechnet
wordeu, wobei sich bestimmte Beziehungen, sei es zur Spasmophilie, sei es
zur Hysterie, zu eröffnen schienen. Andere dagegen hatten an der An¬
schauung festgehalten, daß diese Petit-mal-Form doch noch regelmäßig zur
Epilepsie gehöre. Friedmann (38) trat schon vordem dafür ein und tnt
es nach neueren eigenen Erfahrungen um so mehr, daß mit der einfachen
Feststellung eines in gehäuften kleinen Anfällen sich äußernden Leidens
zunächst nur ein Symptomenkomplex oder ein Symptomenbild gekennzeichnet
wird. Manchmal zeigt es sich, daß späterhin, bald früher, bald erst nach
Jahren, doch noch echte epileptische Krämpfe und eine epileptische Degene¬
ration sich einstellen; andere Male sind lange Zeit Konvulsionen im Zeit¬
raum der ersten Kindheit vorausgegangen oder es findet sich noch eine für
die Spasmophilie typische elektrische Übererregbarkeit: in beiden Fällen
scheinen jedes Mal die Absenzen eine besondere Eigenart darzubieten; teils
nämlich sind sie wechselnd und vielgestaltig in dem Anfallsbild, teils zeiebneu
sie sich überhaupt durch das Vorhandensein ausgeprägter Reizerscheinungen
aus. Als dritte Form kommt dazu die auf dem Boden der Hysterie sich
ausbildendo Abart. Im Gegensatz dazu ist nach Ansicht des Autors das
narkoleptische Petit mal ein ganz für sich bestehendes Leiden, das im all¬
gemeinen mit keiner anderweitigen nervösen Störung verbunden ist, oder
zu dem eine solche nur vorübergehend hinzutritt, und das ganz einförmig
stets nur den gleichen Anfallstypus darbietet, in welchem allein der Ausfall
der höheren Denk- und Willensfunktion sich bekundet, gewöhnlich nur von
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
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einer Aufwärtsdrehung der Augen und leichtem Lidflattern begleitet, nicht
selten auch von einer Schwäche der Arme und Beine. So dauert das Leiden,
entweder kontinuierlich oder in mehreren Anfallsperioden verlaufend, eine
Reihe von Jahreu hindurch, um schließlich ohne weitere Komplikation in
völlige Heilung überzugehen. Für diese Form glaubt Friedmann die
wahrscheinlichste Deutung darin zu finden, daß eine eigenartige Gestaltung
der Gehirnmüdigkeit bestehe, welche zu plötzlichem vorübergehendem Ver¬
sagen der höheren geistigen Funktion führt.
Eklampsie.
In drei von acht Eklampsiefällen konnte Wid6n (127) Hyperglykämie
in ausgesprochenem Grade, in vier anderen in weniger starkem Grade nach-
weisen. Man könne deshalb die intermittierende Hyperglykämie bei Eklamp-
tischen als ein recht charakteristisches Symptom aufstellen. Aus dem vor¬
liegenden Material ist ferner ersichtlich, daß die schweren Formen der
Eklampsie keine Hyperglykämie bedingen. Sollte sich dies weiter bestätigen,
dann hätte man in der Blutzuckerbestimmung;, bei Eklamptischen ein pro¬
gnostisches Kriterium von gewissem Werte. Über die Ursache der Hyper¬
glykämie bei Eklamptischen läßt sich nichts Sicheres sagen. Aus weiteren
Versuchen des Autors geht hervor, daß bei bestehender Hyperglykämie der
Mutter das fötale Blut einen normalen Blutzuckergehalt aufweist. Die
Plazenta sei also kein einfacher Filterapparat.
v. Reuß (96) hat darüber Untersuchungen angestellt, ob die intra¬
uterine Schädigung durch das toxische Blut eklamptischer Mütter oder durch
die hypothetische extrauterine durch die Muttermilch auf das weitere Ge¬
deihen des Kindes von Einfluß ist. Auf Grund von 60 daraufhin beob¬
achteten Fällen kommt der Autor zum Schluß, daß wenn das Kind einer
eklamptischen Mutter die ersten Tage überlebt, eine Beeinträchtigung seines
weiteren Gedeihens durch die mütterliche Erkrankung in der Regel nicht
zu befürchten ist, und daß ferner eine toxische Schädigung des Kindes durch
die Muttermilch höchst unwahrscheinlich ist.
Das Interesse des von Eisenreich und Schmincke (29) mitgeteilten
Falles liegt einerseits in dem Auftreten eines raschen Todes im eklampti¬
schen Anfall durch Ruptur einer infolge der chronischen Nephritis vorzeitig
arteriosklerotisch veränderten Hirnarterie bei einer 27jährigen Frau, anderer¬
seits dariu, daß die Eklampsie im vierten Schwangerschaftsmonate auftrat.
Dahlmann (25) erhielt bei Kaninchen bei Leber- und Gallengangs¬
unterbindung klinische Krampfbilder, die kein einheitliches Bild ergaben.
F. Dick und R. Dick (27) stellten Kulturen an aus dem Urin einer
Eklamptischen. Sie hatten den Urin unmittelbar nach dem Tode der
Kranken mittels Katheders unter aseptischen Kautelen entleert. Sie fanden
gramnegative Bazillon, welche ungefähr die Größe der Influenzabazillen
hatten. Intravenöse Injektionen dieser Kulturen bei Hunden bewirkten keine
Krankheitserscheinungen.
Konvulsionen.
Poilok und Holmes (89) fanden, daß Hunde nach Injektionen von
Pikrotoxin die gleichen Krämpfe zeigten, sowohl wenn ihr Gehirn vor der
Injektion intakt gelassen war, als auch wenn man Hemisphären und Thala¬
mus exstirpiert hatte. Sie sind deshalb überzeugt, daß die Krämpfe me¬
dullärer Art sind, und daß Pikrotoxin ein medulläres Krampfmittel ist. Dies
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
suchen die Autoren noch durch die dabei auftretenden Störungen im auto¬
nomen System und in der Blutzirkulation zu erhärten. Da man derartige
Symptome auch bei der genuinen Epilepsie findet, so sind die Autoren der
Überzeugung, daß auch bei ihr Medulla und Pons teil an den Krämpfen
nehmen, ganz gleich, ob der Ausgangspunkt der Krämpfe in dieser oder
einer anderen Region liegt.
Tetanus.
Über die Arbeit Helber’s (49) orientiert folgende Tabelle:
Fälle
Inkubation
Dauer
V erlauf
I
| Komplikation
Behandlung
Schwere des
„ Falles
1
4—5
Tage
1 \i Tage
Exitus
i ,1
; Amputation j
! 1
i Antitoxin
! Morph. Chloral j
| sehr schwer
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Magn. sulf.
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—
1
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1
" 1
! über
1 4 Wochen
1 geheilt
1 Abszesse
Gangrän
i|komb. Behandl. (
schwer
7
10
79
i 17 Tage
1
n
V
8
12
16 „
1 „
1 j Broncho*
(
yy
1 7)
|
j
)' pneumonie
| * r
71
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18
• i
über
4 Wochen
l
,1 *
r
1
n n i
n
(
Antitoxin 1
)
10
18
n
13 Tage
n
-
Morph. Scop. !
> leicht
1
Abszeß
Anaphylaxis
Chloral 1
J
11
15
n
25 „
1
1 V
i i
> komb. Behandl. |
schwer
12
21
n
u n
i
i
Abszesse
Gangrän
j| W n
leicht
Der Autor spricht sich gegen die Behandlung mit Magn. sulf. aus,
weil sie ungemein schmerzhaft sei, weil sie Abszesse verursacht und Zwerch¬
felllähmungen herbeiführt.
Grundmann (43) beobachtete 25 Fälle von Tetanus. Nach seiner
Erfahrung ist die Inkubationszeit um so kürzer, je näher die Infektions¬
quelle dem Zentralnervensystem liegt. Sie schwankte zwischen 3—14 Tagen.
Als Initialsymptome beobachtete er: Schluckbeschwerden (Krämpfe der
Schluckmuskulatur), starke Schweiße, leichtes Erschrecken bei Geräuschen,
Lichtreizen und Luftzug, Schwindel, Zucken und Steifigkeit und Übererreg¬
barkeit der Muskeln (beim Beklopfen). Die Temperatur stieg bei schweren
Fällen auf 38—39° C, bei leichteren Fällen war sie normal. Der Autor
tritt warm für prophylaktische Serumbehandlung ein; Verwundete sollen
nicht auf bloßes Stroh oder unreine Unterlagen gelegt werden. Die Wundeu
sind sorgfältig mit Wasserstoffsuperoxyd zu reinigen. Antitoxininjektioneo
machte der Autor in dreifacher Weise, erstens subkutan resp. intramuskulär,
zweitens intravenös gegen das im Blute kreisende Toxiu und drittens intra-
lumbal. Besonders empfiehlt auch der Autor die Injektion mit Magnesium
8ulfuricum 3—4mal täglich 20 ccm (mit 5 ccm beginnend) einer lOpro-
zentigen Lösung. Wegen der Gefahr der Atemlähmung hält man 5pro-
zentige Chlorkalziumlösung oder Physostigmin (1 mg) bereit. Die Mortalität
aller Fälle betrug 65 %.
Fröhlich und Meyer (39) besprechen kritisch die Arbeiten, welche
über die Fortpflanzungsweise des Tetanusgiftes von der Injektionsstelle
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
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handeln, und suchen experimentell nachzuweisen, daß das Gift von den
Nervenendigungen aufgenommen und im Nerven selbst zu den Ganglien¬
zellen geleitet wird. Daun besprechen sie die für die Tetanusvergiftung
charakteristischen Erscheinungen. Diese sind: 1. die Muskelstarre (Muskel-
verkiirzung) mit Lähmung, 2. die taktile Reflexübererregbarkeit und 3. bei
besonderer Art der Vergiftung der Tetanus dolorosus. Der letztere stellt
ein typisches und konstantes Phänomen dar, das durch Einwirkung des
Tetanusgiftes auf bestimmte Neurone im Rückenmark borvorgerufen wird,
die ausschließlich Schmerzempfindungen vermitteln; diese Neurone werden
hochgradig übererregbar, so daß der allergeringste Reiz einen äußerst heftigen
Schmerzanfall auslöst. Selbst wenn alle von der Peripherie kommenden
Reize durch Zerstörung und Degeneration der hinteren Wurzeln des Rücken¬
marks unterdrückt sind, treten doch die Anfälle periodisch auf, indem
allem Auscheino nach die inneren physiologischen Reize durch Summation
zu jeweilig zureichenden Reizen werden und die heftigen, nach außen proji¬
zierten Schmerzen auslösen. Bei Injektion von indifferenten Flüssigkeiten
in die hinteren Wurzeln oder ins Rückenmark tritt die Erscheinung nicht
ein. dagegeu bei direkter Applikation von Strychnin auf das Rückenmark.
Die taktile Reflexübererregbarkeit ähnelt bis auf die fehlende Erregung der
Vasokonstriktorenzentren ganz der Wirkung des Strychnins. In ihrer Ent¬
wicklung und Ausbreitung jedoch zeigt sie einen wesentlichen Unterschied:
»ach lokalperipherer Vergiftung erstreckt sich die Ubererregbarkoit zunächst
oder auch dauernd nur auf einen dem vergifteten Gliede entsprechenden
Rückenmarksteil. Die in Betracht kommenden Teile des Reflexbogens
können nicht Teilstücke sein der von der Peripherie oder vom Gehirn bzw.
Kopf- und Halsmark kommenden, zu den motorischen Vorderhornzellen
tretenden Axenzylinderfortsätze; denn auch nach völliger Degeneration von
diesen beiden, d. h. wochenlang nach gleichzeitiger Durchtrennung des
Rückenmarks und der in den aboralen Teil desselben tretenden sensiblen
Wurzeln, erzeugt sowohl Strychnin wie auch Tetanusgift im Hintertier
heftige, periodisch auftretende Krämpfe. Es müssen also selbständige, der
experimentellen Degeneration nicht zugängliche Schaltneurone sein, die den
wesentlichen Angriffspunkt des Giftes bilden. Sowohl an Warm- wie an
erwärmten Kaltblütern besteht das erste Symptom des lokalen Tetanus in
einer Parese. Die Katze setzt das vergiftete Bein ungeschickt auf, die
Strecker der Pfote versagen, und das Tier gleitet mit dem Fuß aus; fast
immer ist auch bei anderen Tieren die Parese vorhanden und sichtbar,
wird aber bei zunehmender Verkürzung der Muskeln durch die eintretende
Starre der GFeder leicht verdeckt. Die Entstehung der Muskelverkürzung
aufzuklären, ist den Autoren, wie sie sagen, nicht vollständig geglückt.
Die Muskelverkürzung ist aber nicht das Resultat anhaltender aktiver
Muskelkontraktionen, es kann sich vielmehr nur um eine Störung des
Zentralnervensystems handeln, durch welche die nach jeder Kontraktion
normalerweise einsetzende Rückkehr zur vorherigen Länge schrittweise ver¬
hindert, gesperrt wird, oder aber durch welche der Tonus, d. h. die
inaktive Spannung des .Muskels, allmählich zunimmt, so daß der Muskel
kürzer und kürzer wird.
In seinen Untersuchungen über den Antitoxingehalt im Serum Tetanus-
kranker kommt Wintz (129) zu folgenden Ergebnissen: 1. Das Serum
Tetanuskranker enthält Antitoxin, das in vitro Tetauusgift zu paralysieren
vermag. 2. Der antitoxische Titer ist verschieden je nach dem Stadium
der Erkrankung, gewöhnlich am höchsten in oder kurz nach beginnender
Rekonvaleszenz. 3. Ein Schutzwert für Mäuse kann festgestellt werden,
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
dagegen kein Heilwert. 4. Selbst die höchsten Antitoxinwerte sind so
gering, daß jegliche therapeutische Verwertung aussichtslos ist.
V. Stransky (113) hat bei Tetanus gute Erfolge mit Chloralhydrat
und mit der Desinfektion der Wunde durch Chlorwasser gesehen. Er
beschreibt einen zugehörigen Fall.
Seine Erfahrungen und therapeutischen Erfoge bei Tetanus von Kriegs¬
verletzten faßt Pribram (91) folgendermaßen zusammen:
1. Schlüsse aus einer Mortalitätsstatistik auf den Wert einer Therapie
können beim Tetanus wegen der außerordentlichen Verschiedenheit des zur
Beobachtung gelangenden Materials nur bei genauer klinischer Präzisierung
des Einzelfalles gezogen werden.
2. Die Lokalisation der Krämpfe ist prognostisch von großer Be¬
deutung. Fälle mit Trismus, Opisthotonus und Krämpfen peripherer Muskel¬
gruppen liefern relativ günstige Prognosen, vorausgesetzt, daß pulmonale und
kardiale Komplikationen fehlen, ungünstig ist die Prognose, wenu Zwerchfell¬
und Glottiskrämpfe bestehen, auch wenn die übrige Muskulatur vollständig
unbeteiligt ist. Die düstere Prognose resultiert aus dem Umstande, daß bei
Bekämpfung dieser Krämpfe die üblichen Behandlungsmethoden versagen.
3. Ein sicheres Frühsymptom kommender Zwerchfellkrämpfe ist der epi¬
gastrische Schmerz, der auf einen schon sehr früh sich äußernden erhöhten
Muskeltonus des Diaphragmas zurückzuführen ist.
4. Die alte Regel, daß die Stärke der Infektion immer in der Kürze
der Inkubation ihren Ausdruck findet, hat namentlich für etwas längere
Zwischenzeiten keine ausnahmslose Gültigkeit. Eine Erklärung ist dadurch
gegeben, daß die wahre Inkubation erst vom Momente der Toxinproduktion
der infizierenden Bazillen zu rechnen ist. Diese fällt aber nicht notgedrungen
mit dem Momente der Infektion zusammen.
5. Die Lokalisation der Krämpfe ist unabhängig vom Orte der Ver¬
letzung, unabhängig • von der Intensität der Infektion.
6. Beim Tetanus fehlt regelmäßig das Fazialisphänomen, mag die
Fazies tctanica noch so ausgeprägt sein; niemals nimmt die Hand eine
Zwangsstellung ein, niemals gibt es isolierte Adduktoreukrämpfe. Diese drei
Tatsachen dienen differential-diagnostisch zur Unterscheidung von Krämpfen
der Frühjahrstetanie, als welche sich zwei als Tetanus eingelieferte Fälle
entpuppten.
7. Die häufigste Komplikation beim Tetanus ist die konfluierende
Lobulärpneumonie, die abgesehen von der Erstickung bei den Zwerchfell¬
glottiskrämpfen die meisten Todesopfer fordert. Angesichts dieser Tatsache
wird die Möglichkeit einer spezifischen Pneumonie diskutiert.
8. Bei den unter Zwercbfellkrämpfen gestorbenen Patienten findet
man ziemlich regelmäßig subpleurale Blutungen, oft auch subendo- und
subepikardiale Leber-, manchmal auch aubkapsuläre Nieren- und Zwerchfell¬
blutungen. Man findet ferner Stauungsleber und Stauungsnieren. Alle
übrigen, die nicht unter Erscheinungen von Zwerchfellkrämpfen zugrunde
gegangen sind, haben normal gefüllte oder blutarme Abdominalorgane.
Erklärung findet diese Tatsache im Mechanismus der Zwerchfellkontraktion.
9. Bei auffallend vielen Tetanuskranken und fast allen Tetauusgestor-
benen wurden starkausgeprägte Stigmata eines Status lymphaticus gefuuden,
so daß der Disposition für den Krankheitsverlauf und vielleicht auch für
die Infektion überhaupt eine gewisse Rolle zukommt.
10. In einem Falle wurde ein Tetanusrezidiv im Anschlüsse an eine
septische. Embolie beobachtet.
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
439
11. Die beste Art der Wundbehandlung besteht im radikalen Weg¬
schneiden sämtlicher nekrotischer Gewebspartien, bis in das frisch blutende
Gewebe hinein, das den schlechtesten Nährboden liefert. Schorfbildende
Antiseptika, auch der Paquelin erscheinen nicht so zweckmäßig.
12. Für eine eventuelle Amputation soll man sich im allgemeinen nur
von chirurgischen Prinzipien leiten und sich von der Infektion allein keine
Indikation stellen lassen. Man sieht Tetanus mit schwersten Phlegmonen
ausheilen, solche mit leichter Verletzung perniziös verlaufen, ebenso wie man
nach stattgehabter Amputation erst das Auftreten von letal verlaufendem
Tetanus beobachten kann.
13. Die Ansicht, daß nur schwerste Verletzung mit Gewebszertriimmerung
zu dieser Infektion Anlaß gebe, läßt sich nicht aufrecht erhalten. In einem
Falle waren Schweißrhagaden zwischen den Zehen die einzige nachweisbare
Verletzung. Eine prophylaktische Immunisierung, die sich ausschließlich auf
.Granatverletzungen beschränkt, dürfte daher kaum zum Ziel führen.
14. Bei der Narkose empfiehlt, es sich, einerseits wegen der eminenten
Gefahr der Pneumonie, andererseits wegen der nach Äther sehr oft ein-
setzendeu Glottiskrämpfe jeden Äther zu vermeiden, und nur reines Chloro¬
form zu verwenden, dem außerdem noch ein symptomatischer Wert zu¬
kommt.
15. Von der Serumtherapie sieht man, vorausgesetzt, daß hohe Dosen
zur Verwendung kommen, manchmal entschiedenen Nutzen; bevorzugt wird
die täglich zu wiederholende perkutane intravenöse Injektion von 200 bis
300 A. E. Am ersten Tage empfiehlt sich außerdem noch eine intradurale
von 400 bis 500 A. E. bei Oberkörpertieflagerung.
16. Die Krämpfe der peripheren Muskulatur kann man durch Chloral-
hydrat — bis zu 10 g täglich — durch die subkutane Magnesiumsulfat¬
injektion — 5- bis 6 mal täglich 20 ccm einer 25 proz. Lösung — und durch
Injektionen von Luminalnatrium — 20 proz. Lösung — erfolgreich be¬
kämpfen. Am vorteilhaftesten ist die Kombination der genannten Mittel,
mit denen man sicher zum Ziele kommt.
17. Bei den Zwerchfellglottiskrämpfen versagen die genannten Mittel
vollständig.
18. Nur solche Methoden haben bei Behandlung der Zwerchfellglottis¬
krämpfe Erfolg, die direkt den Atmungsmechanismus beeinflussen. Man
hat eine zweifache Aufgabe zu leisten: a) eine Einschränkung der normalen
Atmung hervorzurufen und b) dieselbe im Bedarfsfälle durch die künstliche
Respiration zu ersetzen und zu unterstützen.
19. Dies Ziel kann erreicht werden: a) durch doppelseitige Phrenikotomie,
kombiniert mit der Tracheotomie, b) durch die iutradurale Magnesiumsulfat¬
injektion bei Oberkörpertieflageruug, c) durch die graduelle Einschränkung
der normalen Atmung durch hohe Morphiumdosen.
20. Morphium wurde in steigenden Dosen bis zu 0,3 g pro Tag angewandt.
Normale Morphiumdosen ohne deutliche Wirkung auf die Atmung haben
ebensowenig Effekt wie Chloralbydrat, Luminal und subkutane Magnesium¬
sulfatinjektionen.
21. Durch die graduelle Einschränkung der normalen Atmung mittels
hoher Dosen gelingt es mit Sicherheit, den Patienten absolut krampffrei zu
erhalten. Die absolute Krampflosigkeit muß als Effekt der symptomatischen
Therapie bei den Zwerchfellglottiskrämpfen unbedingt postuliert werden, da
jeder Krampf den sofortigen Tod nach sich ziehen kann.
22. Wenn man zur künstlichen Respiration gerüstet ist, braucht mau
die hohen Morphiumdosen in keiner Weise zu fürchten.
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440 Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
23. Die künstliche Sauerstoffatmung leistet auch in Fällen, wo sie nicht
unbedingt erforderlich ist, ausgezeichnete Dienste.
Goldscheider (41) sah bei zahlreichen Tetanusfällen nahezu regel¬
mäßig, daß der Tetanus die der Eintrittspforte zunächst gelegenen Muskel-
gruppen zuerst befällt, daß auch bei entwickelten Allgemeitierscheinungen
eine örtliche Bevorzugung derselben erkennbar ist und daß bei den zur
Heilung gelangenden Fällen die örtlichen Tetanussymptome sich zuletzt zu¬
rückbilden. Den Babinskisehen Zehenreflex traf 6. in der Hälfte der
Fälle an teils als lokales Symptom an der verletzten Extremität, teils als
allgemeines Symptom doppelseitig. Die Armreflexe sind weniger häufig
gesteigert als die Sehnenreflexe der unteren Extremitäten. In vielen Fällen
fand sich mechanische Erregbarkeit im Ulnaris und Fazialis wie bei der
Tetanie. Unter den verschiedenen Fällen von Tetanus kann man einen
Gesichtstypus, einen Rumpftypus und einen Extremitätentypus herausheben.
Das Gesagte belegt der Autor durch Anführung vieler Krankengeschichten.
Aus manchen Beobachtungen geht hervor, daß anstrengende Transporte bei
Verwundeten die Entwicklung des Tetanus ungünstig beeinflussen und der
Erkrankung einen stürmischeren und schwereren Verlauf geben können.
Elin deutlicher auf Antitoxiu zu beziehender Heilerfolg trat in keinem Fall
hervor. Die ganz ohne Antitoxin behandelten Fälle verliefen nicht schlechter
als die mit Antitoxin behandelten. Die narkotisierende Behandlung soll
nicht schematisch sein, sondern sich der Individualität des Falles und den
einzelnen Phasen des Verlaufes anpassen. Die Narkotika werden vom
Tetanuskranken in erstaunlicher Weise ertragen. Der Kranke darf zur
Nahrungszufuhr nicht aufgerichtet werden, sondern muß, ohne die Lage zu
ändern, mittels eines dünnen Schlauches die Nährflüssigkeiten einsaugeu.
Die Krankheitsdauer, d. h. das Andauern von Krämpfen und anderen te-
tanischen Symptomen bei den geheilten Fällen, schwankte zwischen 23 und
40 Tagen. Der Schwerpunkt. der Therapie liegt nach Ansicht des Autors
in der prophylaktischen Behandlung. Sie sollte bei allen Schrapnell- und
Granatschußwunden, sowie bei Gewehrschußwunden mit zerfetzten Wund¬
rändern möglichst früh ausgeführt werden; außerdem muß, mehr als bisher
auf die Anfangssymptome geachtet werden, da die Antitoxinbehandlung zur
Zeit der prodromalen Symptome noch wirksam zu sein scheint.
Pribram (92) hatte unter einem Krankenbestand von etwa 8200 Sol¬
daten 28, die an Tetanus litten, also 0,34%. Sehr viele und gerade die
stürmisch verlaufenden Fälle stammten aus den Schlachten in der Gegend
von Krakau und Lemberg; außer zweien waren es alle Fußtruppen. Niemals
war ein bloß lokaler oder aufsteigender Tetanns zu beobachten. Bei einer
größeren Zahl von Tetanusleichen fanden sich nicht die Zeichen von
Tetanus, sondern von Sepsis. Die Hyperämie des Gehirns war gering, die
Milz war akut geschwollen, im Herzblute waren verschiedene Bakterien.
Dio pathologisch-anatomische Diagnose lautete bei mehreren Fällen nicht
Tetanus, sondern Sepsis. Es geht daraus hervor, daß in solchen Fällen,
die gegen den Tetanus gerichtete Therapie versagen muß. Die Gesamt¬
mortalität war 66%; sie war größer bei den Verletzungen der unteren
Extremität als bei denjenigen der oberen. Der Antitoxinwirkung bei Teta¬
nus steht der Autor vorläufig skeptisch gegenüber. Die Hauptrolle in der
Therapie spielen die Narkotika. Als bestes Mittel gegen die Krämpfe
bewährte sich das Magnesiumsulfat, doch sind hohe Dosen wegen der Atem¬
krämpfe zu vermeiden.
Zu ähnlichen Resultaten wie Wintz kamen auch Noegger&th und
Schottelias (86). In 26 Serien von Tetanuskranken und Rekonvaleszenten
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
441
konnten sie Tetanusantitoxin nachweiseh. Der gefundene antitoxiscbe Titer
war sehr niedrig und entsprach in den besteu Fällen etwa einem 1 / 10 fachen
Serum. Eine gesetzmäßige Abhängigkeit des Schutzwertes von vorher
therapeutisch injizierten Antitoxinmengen war nicht nachweisbar; vielmehr
scheint die Annahme begründet, daß es sich in den untersuchten Fällen im
wesentlichen um aktiv gebildetes Antitoxin gehandelt hat. Die Versuche
sprechen gegen eine spezifische therapeutische Verwendbarkeit des Rekou-
valeszentenserums bei Tetanus.
LÖwy (74) untersuchte 19 Patienten mit Tetanus auf Immunkörper.
Er fand, daß manche Tetanuskranke spezifische Immunkörper bilden. Die
Antikörperproduktion ist unabhängig von Schwere, Verlauf, Sitz der Ver¬
letzung und Dauer der Erkrankung. Manchmal scheint die Immunkörper¬
produktion auszubleiben, oder es werden die gebildeten Antikörper (speziell
Antitoxine) wieder rasch ausgesohieden. Es besteht keine Parallelität
zwischen den Mengen einzelner Immunkörper.
Klieneberger (64) berichtet über 31 Fälle von Tetanus, die aus ver¬
schiedenen Lazaretten stammen. In einem neuerbauten Lazarett kamen
keine Fälle vor, dagegen in allen in SchuleD, Fabriken, Kirchen usw. ein¬
gerichteten. Am häufigsten schloß sich der Tetanus den Granatverletzuugen
an (18 Fälle). Auf die Erscheinungen und den Verlauf der Krankheit hat
die Art des Geschosses keinen Einfluß, ebensowenig die Art der Ver¬
letzungen, die sämtlich schwerer Natur waren. An den Extremitäten nahm
der Krampf gewöhnlich von der verletzten Stelle seinen Ausgang. Der Autor
schildert im einzelnen die Krankheitserscheinungen der von ihm beobachteten
Fälle. Die Zeit zwischen Verletzung und erstem Auftreten titanischer Er¬
scheinungen schwankt zwischen 6 und 18 Tagen. Die Zahlen sind aber
nach Ansicht des Autors zu hoch gegriffen, da die ganz ersten Erscheinungen
wohl übersehen werden. Inkubationszeit und Dauer bzw. Verlauf des
Tetanus stehen in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis. Je länger die
Inkubationszeit, um so besser ist die Prognose. Von den 31 Fällen sind
26 gestorben. Es wurden in einigen Fällen vor Ausbruch des Tetanus
Amputationen vorgenommen, sie haben aber den Ausbruch der Krankheit
nicht verhindert. Von den 31 Kranken waren 3 prophylaktisch mit Serum
gespritzt worden. Davon sind 2 gestorben. Die Behandlung bestand in intra¬
venöser und intralumbaler Injektion von Tetanusserum und in intravenösen
Gaben von Magnesiumsulfatlösung (25%). Auch Blntserum von Kranken,
die Tetanus durchgemacht hatten, wurde verabfolgt.
Knippen (67) berichtet über Erfahrungen bei 75 Tetanuskranken.
Die Verwunduugen waren 35mal durch Gewehrschuß (22 letal), 27mal
durch Granatsplitter (21 letal), llmal durch Schrapnellkugel (9 letal),
2mal durch mehrere Geschoßarten verursacht. Die Mortalität betrug im
ganzen 70 %. Die Mortalität war bei Betroffensein der oberen Extre¬
mität etwas geringer (ca. 61 %) als bei der unteren (ca. 76 %). Die
Wunden waren zumeist stark infiziert. Die Inkubation schwankte zwischen
2 und 20 Tagen; bei den Geheilten betrug die Inkubation 6—20 Tage,
bei den Gestorbenen 2—18 Tage. Als Initialerscheinung wurden in
der Mehrzahl der Fälle Trismus und Schluckbeschworden angegeben. In
15 Fällen waren die Prodomalorscheinungen au der vorletzten Extremität,
und zwar kurze Spontauzuckungen. Bei den allgemeinen Krämpfen waren
Zungenbisse häufig. Manche Kranken hatten Angst- und Depressionszustäude,
andere wieder waren auffallend euphorisch. Einmal wurde eine Psychose
im Verlaufe des Tetanus beobachtet. Die Antitoxinbehandlung erwies sich
als unzureichend. Das Magnesiumsulfat nützt in leichten und mittelschweren
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442 Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
Fällen. Das Morphium-Skopolamin orwies sich als souveränes Beruhigungs¬
mittel. Die Obduktion ergab in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle als
Todesursache ausgedehnte Bronchopneumonien.
In Happel’s (46) Mitteilung handelt es sich um einen Mann, der eine
schwere Schrapnellschußverletzung des linken Oberschenkels erlitt, im An¬
schluß daran einen schweren Tetanus bekam und davon genas, nach mehreren
Wochen an einer vou einer kleinen noch offenen Stelle ausgehenden Wund¬
rose und im Anschluß daran an einem schweren Tetanus erkrankte, der zum
Tode führte. Bei der Verwundung waren eine vollständige Schrapnellkugel
und etwa 50 kleine Splitter, jedenfalls Trümmer einer oder mehrerer
Schrapnellkugeln, in den verletzten Oberschenkel eingedrungen und eiu-
goheilt. Der Autor zieht aus der Beobachtung dieses Falles folgende Schlu߬
folgerungen: 1. Lebens- und entwicklungsfähige Tetanusbazillen können in den
Körper einheilen und nach Monaten wieder zum,.Ausbruch des Wundstarr¬
krampfes Veranlassung geben. 2. Weder das Uberstehen des Wundstarr¬
krampfes noch auch die Behandlung mit großen intradural verabfolgten
Gaben von Serum schützen den Körper vor der Wiedererkrankung, wenigstens
nicht für längere Zeit. 3. Zum Wiederausbruch des Wundstarrkrampfes
bedarf es wahrscheinlich eines Anstoßes, wie ihn im vorliegenden Falle die
Erkrankung an Wundrose gab.
Sterling (112) berichtet über einen Fall von Kopftetanus bei einem
19jährigen jungen Mann, welcher ein Trauma in der Gegend der Nasenwurzel
erlitten hatte. Nach einigen Tageu Trismus und rechtsseitige Fazialis-
lähmuug, dann absolute Aphagie und linksseitiger Fazialiskrampf. Die
objektive Untersuchung erwies das Fohlen von Nackenstarre und Opistho¬
tonus, ausgesprochene rechtsseitige Fazialislähmung mit Entartungs¬
reaktion in dem M. orbicularis oris, ausgesprochenen Hemispasmns
facialis sinister mit sog. „paradoxaler Synergie“ und vollständigem Trismus.
Rhinologisch: Fractura septi nasi cum deviationo dextrorsum. Der
Patient wurde mit subkutanen Injektionen von Magnesium sulpburicum,
von physiologischer Kochsalzlösung und mit Chloral behandelt. Der Krank¬
heitsverlauf war anfänglich ein sehr schwerer, der Patieut war unruhig, reizbar,
einmal hat er sogar einen Anfall von epileptischen Krämpfen gehabt.
Nach einem Monat trat eine Besserung auf, welche stets progrediorte bis zur
kompletten Heilung. Verf. hebt die Seltenheit der Heilungen im Verlaufe
von Tetanus hervor und die ungewöhnlichen Symptome des Falles (Fazialis¬
lähmung mit Entartungsreaktion, Hemispasmus facialis, Erregungszustände
und epileptische Krämpfe). (Sterling.)
In dem von Harf (47) mitgeteilten Falle handelte es sich um einen
Musketier, dpr einen Schuß durch den linken Arm erhielt 14 Tage nach
der Verwundung trat ein Tetanus ein, der aber halbseitig blieb. Die Muskel-
starre, die zunächst beim Verbandwechsel bemerkt wurde, ergreift allmählich
den ganzen Arm. Erst danach entwickeln sich halbseitige Spasmen des
linken Fazialis- und des linken motorischen Trigeminusgebietes, an denen
alsdann absteigend sich die linke Hälfte des Halses, des Stammes und in
minderem Grade die linke untere Extremität beteiligen. In umgekehrter
Reihenfolge gehen die Erscheinungen des Krampfes zurück, wobei sie am
längsten und intensivsten an der linken Armmuskulatur, am Ausgangspunkt
der Infektion, anzutreffen sind. Die Krankheitsdauer vom Beginn bis zur
völligen Lösung der Starre betrug 40 Tage. Der Autor nimmt eine ein¬
seitige Beteiligung der motorischen Zentren des Rückenmarks resp. Medulla
ohlongata an. Dafür scheinen ihm auch der Patellar- und Achillessehnen-
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Epilepsie, Konvulsionen, Tetanus, Eklampsie.
443
klonus auf der linken Seite in diesem Falle zu sprechen, während das
Babinskische Zehenzeicben fehlte.
Hammer (45) beschreibt einen Fall von Tetanus, bei welchem die
Krämpfe sich auf die Muskulatur des verletzten Oberschenkels beschränkten.
In dem der Wunde entnommenen Sekret ließen sich Tetanusbazillen in
Masse nachweise'n.
Brandt (14) berichtet über ein Tetanusrezidiv. Zwischen dem ersten
Tetanus und dom Rezidiv bestand ein Zeitraum von 7 Wochen. Eiue
Gelegenheit zur Neuinfektion war nicht gegeben, da der Patient die ganze
Zeit zu Bett lag. Beim Rezidiv traten die Krämpfe von vornherein allgemein
auf ohne Bevorzugung des verletzten Beines wie beim ersten Anfall. Beim
Rezidiv waren auch Atemkrämpfe vorhanden, aber der Allgemeinzustand
war trotzdem besser als im Verlaufe des ersten Anfalles. Beim ersten
Male wurde durch Serum, Magnesiumsulfat, Narkotika Aufhören der Krämpfe
erzielt. Beim zweiten Male trat Heilung unter Choralhydrat- und Salizyl-
medikatiou ein.
An einem größeren Krankenmaterial von der Ostfront werden von
Higier (51) einzelne symptomatologische Typen der im letzten Jahresviertel
1914 beobachteten Tetauusfällo geschildert: Tetanus hydrophobicus, cepha-
licus, b ulbaris, meningitiformis, myelitiformis, diaphragmaticus, psychoticus,
localis. Meist schwer zerfetzte Wunden durch Artillerie-, selten durch
Spitzgeschosse. Der Tod tritt durch Herzkollaps bzw. durch krampfartigen
Atemstillstand ein, ausnahmsweise — spezioll hei mit Magnesium Behandelten
— wird er durch Lähmung des Atemzentrums bedingt. Die systematisch
durchgcführte intralumbale Magnesiumtherapie hat entgegen den günstigen
Angaben von Kocher in schweren Fällen nicht mehr als 26 % Heilfälle
ergeben, was auch bei indifferenter Behandlung nach der neuesten Sammel¬
statistik Stadlers erzielt werden kann. Eingehend geschildert wird
vom Verf. das von ihm wiederholt beobachtete schwere Iutoxikations-
bild, das bei Injektion der wirksamen Magnesiumdosis einzutreten pflegt
(stundenlang anhaltende flasque Paraplegie der Beine mit vorübergehendem
Schwund sämtlicher Reflexe, Inkontinenz der Blase und des Mastdarms.
Gelegentlich tritt bei der Magnesiumbehandlung Lähmung des Atmungs-
zentrums mit Zyanose und Pulslosigkeit ein, die hier und da Tracheotomie
mit intratrachealer Sauerstofliusufflation notwendig machten.
Am Schluß wird ein schwerer Tetanusfall beschrieben, der bei wochen-
langcr intralumbaler Magnesiumbehandlung genas und etwa 2 bis 3 Wochen
nach der Genesung eine sich subakut entwickelnde Myelitis dorsalis aufwies
mit spastischer Paraplegie, schweren Sensibilitätsstörungen, pathologischer
Steigerung der Patellar- und Achillessehuenreflexe, Retentio urinae et alvi.
Verf. erörtert die Frage, ob es sich um eine infektiöse metatetanische Myelitis
handelt oder um eine toxische infolge Magnesiumvergiftung, und meint dieselbe
offen lassen zu müssen, trotzdem sehr vieles dafür zu sprechen scheint, daß
die Myelitis mechano-toxischer Herkunft ist, verursacht durch wiederholte
Aussetzung des Lumbalsackes, der Rückenmarkshäute und des Markes einer
konzentrierten, nicht indifferenten Salzlösung unter hohem Druck. Autopsien
solcher seltenen Fälle dürften ohne weiteres die Rolle des komprcssiven
und toxischen Momentes definitiv klarlogen bei der Entstehung der äußerst
seltenen und nicht weniger theoretisch interessanten spinalen Komplikation.
( Selbslberichi .)
Es handelt sich in dem von Hirsch (52) mitgeteilten Fall um einen
l 3 / 4 Jahre alten Knaben, der zunächst an Kieforstarre erkrankt war, auf
welche dann in der nächsten Zeit auch tetanusartige Krampfanfälle in den
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Chorea, Tetanie, Spasmophilie.
Gliedern mit Ausnahme der Unterarme folgten. Zunächst mit der Diagnose
des Tetanus in die Klinik aufgenommen, erwies es sich jedoch bald, daß
es sich um einen sog. Pseudotetanus handelte. Es bestand kein Fieber,
die Krämpfe traten nie spontan auf, sondern immer nur bei emotionellen An¬
regungen, und man konnte sehr bald das Artifizielle in der Hervorrufung
des ganzen Symptomenkomplexes erkennen. Der Autor ist der Ansicht,
daß zunächst vielleicht die Erscheiuuugeu durch ein leicht wirkendes infek¬
tiöses Gift ausgelöst waren, und daß der dadurch erzeugte Erscheinungs¬
komplex dann von dem Kinde hysterisch längere Zeit festgehalten wurde.
Chorea, Tetanie, Spasmophilie.
Ref.: Dr. Otto Sittig-Prag.
1. Al brecht, Ham, Zur Aotiologio der Chorea gravidarum. Zschr. f. Geb urteil. 76. (.*>.)
077.
2. Ayros, (>., Chorea gravidica. Brazil-Med. March. 22.
3. Bär, Arthur, Beiträge zur Aotiologio und »Symptomatologie der Chorea minor. Piss.
Kiol.
4. Blau, Paolo, Uobor oinon Fall von Tetanie bei einem Landsturm manne kombiniert mit
anfallsweiso auf tretenden Krämpfen in willkürlich bewegten Mur. kein. (Myotonia
congenita? Thomsonsche Krankheit.) W. kl. W. H. 11. S. 299. (Überschrift lesagt
den Inhalt.)
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No. 6.
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lisation of His Cases. Neurographs. 1. (2.) 137.
7. Derselbe, Rev. Charles Rollin Gorman. 1. Porsonal Skotoh. 2. His Relation to the
Chorea Quostion. ibidem, p. 144.
8. Derselbe, Irving Whitall Lyon. M. D. 1. Person;! Sketch. 2. Location of His Cast*,
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9. Dorsolbo, Bibliography of Huntingtons Choroa. obd. 1. (2.) 153.
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Chorea, Tetanie, Spasmophilie.
445
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63. Winfield, James M., A Biological Sketch of George untington. Neurographs.
1. (2.) 89.
Chorea infectiosa and hysterica.
Swift (57) gibt an, daß bei Chorea die Form der Reflexe verändert ist,
und zwar im Sinne einer Steigerung, einer Herabsetzung, oder die Reflex¬
bewegung ist gleichzeitig verbunden mit einer anderen Bewegung. Verfasser
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446 Chorea, Tetanie, Spasmophilie.
erklärt selbst die.se Erscheinung in folgender Weise: Wenn die Streckung
des Beins beim Kniephänomen von choreatischer Streckkontraktion des Beins
begleitet ist, kommt es zur Steigerung, wenn sie von einer choreatischen
Beugekontraktion begleitet ist, kommt es zu einer Hemmung des Reflexes,
oder es kann sich eine andere beliebige Kontraktion hinzugesellen, z. B.
Rotation, Fußstreckung usw.
Vier Bedingungen stellt Swift (58) für die Auslösung der (nach seiner
Ansicht) für die Chorea charakteristischen Reflexe auf: man müsse die
Prüfung oft wiederholen, da die choreatischen Bewegungen unregelmäßig
auftreten, zweitens sei ihre Auslösbarkeit abhängig von der Intensität der
Erkrankung und je leichter der Fall, desto öfter müsse man den Versuch
anstellen, drittens empfehle es sich, Reflexe mit langem Bogen zu wählen
(Knie- und Trizepsreflexe), viertens solle man die Aufmerksamkeit des
Kranken auf die zu prüfende Extremität durch eine entsprechende Auf¬
forderung wie: Stillgehalteu! lenken, weil dadurch die choreatischen Bewe¬
gungen gesteigert werden.
Swift (56) will bei Kindern, die an Chorea leiden, eine Veränderung
in der Stimme gefunden haben, die er als „Voice Sign in Chorea“ bezeichnet.
Wenn man solchen Kindern den Vokal a vorintoniert und diese Intonation
nachahmen läßt, so wird in vielen Fällen durch die choreatischen Kontrak¬
tionen am Stimmapparat oder in dessen Nachbarschaft die Stimme in ihrer
Höhenlage und in der Intensität beeinflußt. ( Jacobsohn .)
V. Hippel (28) schildert einen Fall von Chorea miuor, bei dem eine
Hornhauterkrankung gleichzeitig bestand, die er als Keratitis punctata super¬
ficialis anspricht. Das Serum des Kranken reagierte nach dem Abder¬
halden sehen Verfahren zu der Zeit, wo die Augenerkrankung und die
Chorea auf der Höhe standen, anders als beim Abklingen der krankhaften
Erscheinungen. Mehr vermag Verf. selbst aus den zwei unvollständigen
Untersuchungen nicht zu sagen.
Albrecht (1) gelang es, bei einer rezidivierenden Schwangerschafts¬
chorea durch die von A. Mayer (Tübingen) für Graviditätstoxikosen inau¬
gurierte serotherapeutische Behandlung eine sofortige prompte Heilung der
choreatischen Erscheinungen zu erzielen. Und zwar trat dieser Erfolg durch
Injektion von 20 ccm normalen Schwangerenserums innerhalb 24 Stunden
ein. Er glaubt darin eine Bestätigung der Auffassung zu sehen,' daß die
Chorea gravidarum eine Graviditätstoxikose ist.
Im Anschlüsse daran berichtet Verf. über einen Fall von Chorea minor,
die bei einem 16jähr. Mädchen, das noch nicht menstruiert war, auftrat
Am 5. Tage nach dem Krankenhauseintritt trat die erste Menstruation auf.
Damit erreichten die choreatischen Bewegungen ihren Höhepunkt. Dieser
Zustand dauerte iu gleicher Intensität bis zum Aufhören der Periode. Mit
diesem Zeitpunkt trat eine rasche Besserung ein. Nach etwa 2 Monaten
wurde die Kranke geheilt entlassen.
Verf. glaubt, daß hier die auslösende Ursache fiir die Chorea in die
vor der Menarche einsetzende gewaltige Umwälzung des innersekretorischen
Chemismus zu verlegen sei.
Michels (41) bespricht zunächst an der Hand der Literatur die
Differentialdiagnose zwischen hysterischer und echter Chorea, die in manchen
Fällen große Schwierigkeiten machen kann, besonders wenn man in Betracht
zieht, daß Fälle von Kombination von Hysterie mit echter Chorea Vorkommen.
Verf. berichtet dann über einen Fall mit choreatischen Bewegungen, den er
als hysterisch auffaßt.
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Chorea, Tetanie, Spasmophilie.
447
Chorea chronica progressiva (Huntington).
ln einem von Dost (16) beobachteten und zur Sektion gekommenen
Falle von Huntingtonscher Chorea fand sich eine ausgesprochene Hypo¬
plasie des Gehirns und eine Pachymeningitis haemorrhagica, die sich nach
Ansicht des Autors spontan entwickelt hat. Der mikroskopische Befund
ergibt eine mäßige Lichtung der Tangential- und Supraradiärfasern, ferner
eine Ganglienzellveränderung, welche die gesamte Hirnrinde, den Thalamus,
Streifenhügel, Nucleus ruber, Nucleus dentatus, weniger die Kleinhirnrinde
and das Rückenmark betrifft. Es handelt sich vorwiegend um eine Schwellung
der Zellleiber mit Zerfall der Nisslgranula und reichlicher Ansammlung von
Pigment, das in einem Retikulum gelegen ist. In viel geringerem Maße
findet sich Schrumpfung der Zellen. Weiter findet man außer einer mäßigen
Wucherung der Gliafasern an der Oberfläche der Hirnrinde und besonders
des Thalamus eine Vermehrung der Gliakerne. Öfters finden sich auch
Gliakeme längs der Gefäßwände aufgereiht. ( Jacobsohn .)
Davenport (14) bespricht kritisch die Ergebnisse der Familienforschung
und die Hereditätsverhältnisse bei der Huntingtonschen Chorea. Er weist
besonders auf die verschiedene Vererbbarkeit der einzelnen Symptome hin
and stellt mehrere Typen auf, je nach dem Vorhandensein oder Fehlen der
Symptome: Krämpfe, psychische Störung, Progression, Einsetzen im späteren
Alter.
Fritze (20) bespricht einen Fall, bei dem Heredität sich nicht nach-
weisen ließ; trotzdem sei der Fall zur Huntingtonschen Chorea zu rechnen,
da die übrigen Symptome charakteristisch für diese Erkrankung gewesen
seien: zuerst ganz geringe Muskelzuckungen, die sich allmählich steigerten.
Der Verlauf war schleichend. VerhältnismäJßig spät traten auch die psychi¬
schen Störungen auf.
Der zweite Fall betrifft den Ausgang eines bereits veröffentlichten
Falles (E. Fiedler); es war zu keiner Steigerung der Zuckungen und zu
progressiver Demenz gekommen. Der Fall-endete mit Exitus letalis.
Bruhn (11) berichtet über einen Fall von Huntingtonscher Chorea,
bei dem keine Heredität vorlag. Unter den somatischen Erscheinungen ist
bemerkenswert, daß kurz vor dem Tode eine starke Ungleichheit der Pu¬
pillen aufgetreten war.
Auf psychischem Gebiete war ein fortschreitender Verfall zu erkennen,
dabei fiel aber ein Auf- und Abschwanken der geistigen Fähigkeiten auf.
Bei zunehmender Benommenheit wurden die choreatischen Zuckungen geringer.
Tetanie.
Aus Versuchen von Serman, Tompson, Leighton und Swarts,
ferner von Morel schien hervorzugehen, daß ein Zusammenhang zwischen
Knochentraumen und der Unterdrückung tetanischer Erscheinungen bei para-
thyreoidektomierten Tieren bestehe. Guleke (26) hat nun diese Versuche
einer Nachprüfung unterzogen. Bei 11 Hunden hat er vor der Thyreopara-
tbyroidektomie (3, 7 und 10 Tage vorher) und gleichzeitig mit derselben das
Femur oder die Tibia im Bereiche der Metaphysen aufgemeißelt und das Mark
in Bohnengröße ausgelöffelt, bei einem Hunde hat er die Knochenoperation erst
nach ausgebrochener Tetanie ausgefübrt. Das Resultat dieser Versuche war
folgendes: Trotz der gleichzeitig mit der Epithelkörperexstirpation gesetzten
oder derselben 3—10 Tage vorangegangenen Knochenverletzungen trat bei
allen Tieren schwerste Tetanie auf, die in genau derselben Weise tödlich
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448
Chorea^Tetanie, Spasmophilie.
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verlief, wie bei parathyreoidektomierten TiereD ohne Knochentrauma. Bei
6 Tieren traten wiederholt schwere tetanische Anfälle auf. Der Exitus er¬
folgte bei der Mehrzahl der Tiere etwa 3 Tage nach der Thyreoparathyroid*
ektomie; 7 Tiere verendeten im Anfall. Aus diesen Versuchen geht hervor,
daß ein vorhergehendes oder gleichzeitig mit der Epithelkörperexstirpation
gesetztes Knochentrauma das Auftreten der folgenden Tetanie weder ver¬
hindern noch auch mildern kann. Das Knochentrauma hat demnach keinen
Einfluß auf das Auftreten oder den Verlauf der parathyreopriven Tetanie.
(Jacobsohn.)
Fletscher (19) konnte den Stoffwechsel eines an Tetanie leidenden
Kindes kontrollieren. Die Beobachtungen dabei rechtfertigen nicht die An¬
nahme, daß Kalziumveränderungen allein für die Nervenerregbarkeit der
Tetanie verantwortlich zu machen sind, sondern unterstützen vielmehr die
Hypothese, daß die Tetanie durch eine Störung des Salzgleichgewichts im
Körper veranlaßt wird. Solche Veränderungen sind wahrscheinlich mit
Störungen des gastro-intestinalen Systems und herabgesetzter Leistungs¬
fähigkeit der Niere verbunden, und wenn der Zustand dieser beiden Systeme
sich bessert, dann tritt eine Wiederherstellung des Salzgleichgewicbts ein.
Danach besteht für die Therapie die Indikation, normale Verdauung und
eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Nieren herbeizuführen.
Schilling (49) beobachtete eine ulkuskranke Frau, deren Aussehen
seit Jahren evident anämisch war, und die wahrscheinlich an periodischen
Magenblutuugen litt. Am dritten und am fünften Krankheitstage erneuerte sich
die Blutung und nun traten charakteristische tetanische Krämpfe an den
Händen, weniger deutlich an den Füßen ein: Magenektasie und Stauung bestand
nicht, ebenso war von Resorption etwaiger Toxine keine Rede.
Pfibram (47) berichtet über eine 22jährige Patientin, die unmittelbar
uach der Periode, die stets unregelmäßig und mit Beschwerden verbunden
gewesen sein soll, einen Tetanieanfall hatte. Gleichzeitig bestanden bei der
Kranken Symptome einer Appendizitis; am Tage nach dem Anfall trat unter
Fieber eine Rhinitis, 2 Tage darauf Angina und Otitis mit eitrigem Ausfluß
auf. Verf. möchte den Tetanieanfall als Frühsymptom der nachfolgenden
Infektion, nicht der Appendizitis ansehen. Der Anfall hinterließ keine
Symptome latenter Tetanie.
Klose (36) bespricht zunächst die elektrische Übererregbarkeit bei der
latenten Tetanie und insbesondere das Verhältnis der kathodischen zur ano¬
dischen Übererregbarkeit. Dieses Verhältnis dürfte bloß als ein quantita¬
tiver Unterschied aufzufassen sein, so daß also die anodische Übererregbar¬
keit eine Unterstufe, eine leichtere Form der galvanischen Übererregbarkeit
darstellt. Durch diese Auffassung wird die Grenze der latenten Tetanie
erweitert. Der Zusammenhang der Krampferscheinungen mit der elektrischen
Übererregbarkeit ist dadurch aber nicht geklärt, weil das Auftreten und
die Stärke der manifesten Tetaniesymptome durchaus nicht dem Grade der
elektrischen Übererregbarkeit parallel zu gehen pflegt. Weniger Bedeutung
kommt der mechanischen Übererregbarkeit für die Diagnose der latenten
Tetanie zu. Das Fazialisphänomen ist bei der Säuglingstetanie verhältnis¬
mäßig inkonstant und im späteren Alter kann es überhaupt nicht ohne
weiteres für die Diagnose Tetanie verwendet werden. Dasselbe gilt auch
für das Peroneusphänomen.
Die von Kassowitz behauptete Beziehung der Tetanie zur Rachitis
bekämpft Klose.
Schließlich weist er noch auf die tetanischen Krämpfe glatter Muskeln
hin: Blase, Rektum, Ziliarkörper. Herz, Bronchien.
Original fro-m
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Chorea, Tetanie, Spasmophilie.
449
In dieser vorläufigen Mitteilung bringen Fuchs und Wasicky (22)
weitere Beiträge zur Frage: Ergotismus und Tetanie. Es gelang wieder, in
zwei Fällen von Tetanie Sekale im Stuhl nachzuweisen und durch vollkommen
mehlfreie Ernährung die Krämpfe zum Verschwinden zu bringen. Der eine
Fall ist dadurch bemerkenswert, daß sich hier dio Tetanie auf eine Struma¬
operation im jugendlichen Alter zurückftthren ließ. Offenbar sei darin ein
zur Tetanie disponierendes Moment zu sehen.
Weiterhin haben die beiden Autoren zur Klärung des Problems der
Sänglingstetanie Muttermilch auf Sekalewirkung untersucht, da ja Sekale-
piäparate von den Gynäkologen häufig gegeben werden. Das Resultat dieser
Untersuchungen war positiv.
Fuchs (21) berichtet über einen Soldaten, der aus dem Felde mit aus¬
gesprochener Tetanie kam. Im Stuhle konnte mikroskopisch Sekale nach¬
gewiesen werden und durch vollkommen mehlfreie Diät konnte die Tetanie
geheilt werden. Der Fall beweist zumindest die vollkommene Identität der
klinischen Symptome der Tetanie und des Ergotismus. Yerf. spricht noch
den dringenden Verdacht aus, daß beide Erkrankungen wesensgleich sind.
Munroe (43) teilt die Krankengeschichte einer 26jährigen, an Magen¬
dilatation und Magenkatarrh leidenden Frau mit, die von schweren Tetanie-
anfälleu betroffen wurde. Die Symptome waren überwiegend vagotonische,
was auch die Versuche mit Pilokarpin, Epinephrin, Atropin bestätigten.
Unter kalkreicher Diät, Nebenschilddriisentabletton besserte sich der Zustand
allmählich. Gegen die Intestinalspasmen half Atropin, gegen die Kon¬
vulsionen Chlorepinephrin. Patientin hatte als ein besonderes Phänomen
sehr starke Blutungen aus Pharynx und After als vikariierende Menstruations-
blutungen.
Spasmophilie.
Klose (37) gibt zunächst folgende begriffliche Begrenzung der von ihm
bearbeiteten Zustände:
Es handelt sich um Muskelspannungen bei Säuglingen im ersten Lebens-
jahre,
1. die wochen- und monatelang in fast unveränderter Stärke oder nur
mit geringen Schwankungen der Intensität fortbesteben;
2. die stets bei Säuglingen einsetzen, die in ihrem Stoffwechsel ent¬
weder alimentär oder konstitutionell eine chronische Schädigung er¬
litten haben;
3. für die sich eine anatomisch erkennbar^ Erkrankung des Zentral¬
nervensystems weder uaohweisen oder aus dem weiteren Verlauf
der Erkrankung und der Entwicklung der Kinder wahrscheinlich
machen läßt.
Der Autor macht dann einige physiologische Vorbemerkungen über
die Auffassung der Entstehung des Tonus und gibt eine Übersicht über die
bisherige literarische Bearbeitung dieser Zustände. Dann wendet er sich
der Beschreibung des klinischen Bildes, der Abgrenzung, der Pathogenese
und Behandlung dieser Erscheinung zu.
Die Hypertonien kommen ausschließlich im frühen Säuglingsalter vor,
nach der Statistik des Verfassers hauptsächlich in den ersten vier Lebens¬
monaten. Es überwiegt auffallend das männliche Geschlecht. Ein Einfluß
der Jahreszeit auf das Auftreten der Erscheinung läßt sich nicht feststellen,
ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegenüber den spasmophilen Zuständen.
Das klinische Bild ist je nach Stärke und Ausdehnung der Muskel-
flpannungen ein mannigfaltiges.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»i5. 29
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450
Myotonie, lokalisierte Muakelkrämpfe.
In der Mehrzahl der Fälle sind die Beugemnskeln befallen und da
wieder besonders die der unteren Extremitäten; viel seltener sind die Streck-
hjpertonien der unteren Extremitäten. Bei beiden Formen der Hypertonie
sind Adduktionshypertonien an den unteren Extremitäten, was leicht zur
Verwechslung mit Littlescher Krankheit führen kann. Seltener als an den
unteren sind Beugespannungen an den oberen Extremitäten. Die Hyper¬
tonie kann auch die Nacken- und Rumpfmuskulatur ergreifen und zu
Opisthotonus und Zwangshaltuugen fuhren. Sehr anschaulich wird die
Hypertonie, wenn man das Kind an den Füßen, resp. an den Händen in
die Höhe hebt Durch sehr instruktive Abbildungen wird dieses Verfahren
erläutert
Der Tonus der Bauchmuskeln braucht nicht mit dem Extremitäten¬
tonus übereinzustimmen.
Ein Übergreifen auf die mimische Muskulatur kommt nach den Be¬
obachtungen des Autors nicht vor, was differentialdiagnostisch wichtig ist
Die aktive Beweglichkeit ist in schweren Fällen erschwert in den leichten
Fällen ist sie nicht beeinflußt eher fällt noch eine gesteigerte Agilität auf.
Es besteht keine direkte Abhängigkeit zwischen Stärke der Hypertonie und
Lebhaftigkeit der Sehnenreflexe. Mechanische Übererregbarkeit der Mus¬
kulatur ist ein häufiges, wenn auch nicht konstantes Symptom dieser Zu¬
stände. Das Fehlen der Nervenerregbarkeit ist ein differentialdiagnostisch
wichtiges Moment gegenüber den spasmophilen Zuständen.
Verfasser bespricht dann das Verhältnis der Spasmopbilie zur Hypertonie
und beweist an der Hand der Kasuistik und theoretischer Überlegungen, daß-
man die Hypertonien nicht subsumieren dürfe, also die Hypertonien nicht
als Äußerungen der spasmophilen Diathese ansehen dürfe.
"Was die Ätiologie und Pathogenese anbelangt, so kann man ver¬
schiedene Gruppen unterscheiden, solche Fälle, die offenbar durch Mehl¬
nährschaden bedingt sind oder durch frühzeitige zu hohe Zuckerzugaben,
ferner aber eine Gruppe, bei der ein Einfluß der Ernährung nicht fest¬
gestellt werden kann, und bei der man eine besondere Konstitution, hyper¬
tonische Konstitution, annehmen muß.
Die Therapie läßt meist in Stich, und zwar sowohl die Ernährungs-
therapie als die pharmakologische Beeinflussung. Wichtig ist, daß in der
Chloralhydratnarkose die Hypertonien zurückgehen, resp. völlig schwinden;
wieder ein Unterschied gegenüber der Tetanie.
Zum Schlüsse gibt Klose seiner Arbeit eine reichhaltige Kasuistik bei.
Myotonie, lokalisierte Mnskelkrämpfe.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn.
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Myotonie, lokalisierte Muskelkrämpfe.
451
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19. Krisch, Allgemeine vorwiegend tonische suggestiv beeinflußbare Krämpfe. V. B.
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20. Lehndorff, Arno, Demonstration eines Falles von Myotonia congenita. Fortschr.
d. M. No. 40/41. p. 999. (Nichts Wesentliches.)
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bericht.)
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bericht.)
23. Nonne, Isolierter Platysmakrampf. M m. W. S. 159. (Sitzungsbericht.)
24. Oppenheim, H., Über Myotonoklonia trepidans. M. Klin. No. 47. S. 1279.
25. Rhein, John H. W., Familial Myoelonus. The J. of N. a. M Dis. 1916. 43 . 59.
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30. Stiefler, Georg, Über einen seltenen Fall von Myotonia congenita mit myatrophischen
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31. Stöcker, Acquirierte Myotonia atrophica. V. B. d. D. m. W. S. 1143.
32. Variot, G., et Caillieu, F., Lesions or Deformities Accompanying Hemispasm of
the Lower Lip. Bull. Soc. de P6d. Paris. June. 1914. XVI. No. 6.
33. Vas, J., Erklärung der Entstehungsweise des Spasmus nutans beim Kinde mit Hilfe des
Bedingungsreflexes. Jb. f. Kinderhlk. 82. (2.) 123.
Myotonie.
Stiefler (30) beschreibt einen klassischen Fall von Myotonia congenita
bei einem 22 jährigen Soldaten, dessen Leiden znnächst nicht erkannt und
der für einen Simulanten gehalten wurde. Die ersten Erscheinungen wurden
rom Patienten schon im 6. Lebensjahr wahrgenommen. Die Myotonie war
über die gesamte Muskulatur verbreitet. Die myotonische Reaktion ließ
auch bei wiederholten Muskelaktionen nicht nach, sondern verstärkte sich
weiter dabei. Außerdem bestand bei dem Patienten eine Muskelatrophie,
die sich aber ausschließlich auf die kleinen Handmuskeln erstreckte und
keine fortschreitende Tendenz zeigte. Schließlich war der Fall noch kom¬
pliziert durch myasthenische Erscheinungen, die sich auch im Erlahmen
der Sprache, in Erschwerung des Schlingaktes usw. ausprägten.
Lokalisierte Maskelkrümpfe.
Opp enheim ( 24 ) beschreibt eine Störung bei Kriegsverletzten, die er
nach ihren Haupterscheinungen als Myotonoclonia trepidans bezeichnet.
29*
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452
Myotonie, lokaliaierte Muskelkrämpfe.
Die motorische Störung besteht aus einer Neigung zu tonischer Muskel-
auspannung oder Krampus, zu klonischen Zuckungen und zu Zittern. Diese
Erscheinungen werden gewöhnlich durch aktive Bewegung resp. schon
durch die Bewegungsintention ausgelöst. In der Ruhe sind sio nicht oder
nur in ganz geringem Maße vorhanden. Der tonische Krampf ist das kon¬
stantere Symptom, er zeigt sich vornehmlich im Quadrizeps und Triceps
surae. Der tonische Krampf geht dann leicht in den klonischen über, and
mit diesem verbindet sich der Tremor. Die Sehnenphänomene sind bis
zum Klonus gesteigert, auch die mechanische Muskelerregbarkeit ist erhöht.
Wo das Leiden stark ausgebildet ist, wird der Gang sehr gestört. Diese
motorische Störung ist oft mit hysterischen und neurasthenischen Be¬
schwerden resp. Erscheinungen vergesellschaftet. 0. meint, daß es sich
hierbei nicht um eine psychische durch Autosuggestion verursachte Krankheit
handelt, sondern um eine zentrale Innervationsstörung zerebralen Ursprungs.
Es kann sich seiner Ansicht nach nur um eine feine Schädiguug des zen¬
tralen Innervationsmechanismus handeln, durch welche die einfache Muskel¬
aktion zum tonischen und klonischen Krampf wird. Es handelt sich im
wesentlichen um den von Fürstner und Nonne beschriebenen Symptomen-
komplex der pseudospastischen Parese mit Tremor, die Oppenheim hier
genauer analysiert.
Bei einem 68jährigen Patienten, der an arteriosklerotischen und
brouchitischen Beschwerden litt, konnte von Heß (14) ein eigenartiges
Zucken des Kehlkopfes beobachtet werden. Kehlkopf und Zungenbein
bewegten sich fast rhythmisch nach abwärts. Während 60—70 Pulsen
traten die Zuckungen 25— 30 mal anf. Die Muskelkontraktionen waren
doppelseitig, verstärkten sich hei gemütlichen Erregungen und körperlicher
Anstrengung. Auch im Schlafe hören die zwar verminderten Zuckungen
nicht ganz auf. Im Rachen und Kehlkopf bestehen keine Zuckungen oder
Lähmungszustände. Bei der Untersuchung der Halsgegend des Kranken
fand man etwa an der Teilungsstelle der rechten Carotis communis eine
kleine Resistenz. Bei der Operation fand man den rechten Ramus desc. n.
hypoglossi in leichte Verwachsungen eingebettet; der Nerv ließ sich daraus
leicht lösen. Die Teilungsstelle der Carotis war etwas aneurysmatisch
erweitert und die Gefässe sehr derb und hart. Der Nerv wurde mobilisiert
Gute Heilung der Operationswunde. Bald nach der Operation hörten die
Zuckungen vollkommen auf. Man wird annehmen müssen, so schließt Ver¬
fasser seine interessante Mitteilung, daß von der peripheren Reizstelle aus
eine funktionelle Änderung bis an eine zentrale (spinale oder gar zerebrale)
Kernstelle gelangt ist, durch welche von dort aus bilaterale periodische
Innervationseinflüsse in dio in Frage stehende Muskulatur ausgelöst wurden.
( Bernhardt .)
Bei der ischämischen Muskelkontraktur muß man nach Silbermann (26)
zwei Hauptformen unterscheiden: die ältere bzw. chronische und die be¬
ginnende. Bei der ersteren führt die langwierige konservative Behandlung
mit Massage, Heißluft und Elektrizität zu keinem Erfolge. Es ist daher
empfehlenswert, diese Art der ischämischen Muskelkontraktur nur operativ
anzugreifen. Die andere Art, - nämlich die beginnende kann mit gutem
Erfolge durch starke Extension behandelt werden. ( Hirschfeld.)
Barrach (2) beschreibt ein 8 Monate altes Kind, welches bei der
Geburt schwächlich war, etwas über 2 Kilo wog und mit Klumpfüßen und
Klumphänden geboren wurde. Infolge der Bewegungsstörungen in den Ellen¬
bogen-, Hand und Schultergelenken kann das Kind die Hand nicht zum
Munde führen, auch kann es schwer Gegenstände fassen. Das Röntgenbild
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Myotonie, lokalisierte Muskelkrämpfe.
453
zeigte normale Verhältnisse. Im vorliegenden Falle fand sich eine Kombi¬
nation von Klumpfüßen und Klumphänden mit Kontrakturen in den Ellen¬
bogen- nnd Schaltergelenken.
Clark (4) teilt einige Fälle mit, bei denen er den Tortikollis auf
Verweichlichung von seiten der Mütter zurückführt, die ihre Kinder un¬
rationell erzogen hatten.
Fries (10) berichtet über einen Soldaten, der an schweren Waden-
krämpfen litt, die spontan ohne jede Veranlassung bis 30mal am Tage
eintraten, ca. eine Minute dauerten. Die Krämpfe ließen sich auch durch
Kälteeinwirkung (Auflegen eines nassen Tuches) oder durch den elektrischen
Strom hervorrufen. Myotonische Reaktionen waren nicht vorhanden. Die
Wadenmuskulatur war stark entwickelt. Patient gab an, daß diese Krämpfe
im Verlaufe von Rheumatismus eingetreten seien und daß an dem gleichen
Übel verschiedene Familienmitglieder leiden resp. gelitten haben.
Higier (15): Ein Soldat, der quer durch den Hals auf der Höhe der
letzten 3 Wirbel durch einen Spitzschuß verletzt wurde, hatte Erscheinungen
einer Hämatomyelie der linken Rückenmarkshälfte mit motorisch-sensibler
Lähmung der linken oberen Extremität und Gefühlsstörungen an der gleich¬
seitigen Gesichtshälfte (radix ascendens n. trigemin.). Nach 6 Wochen, als
Patient mit dem Nachlassen der Wirbelschmerzen etwas freier den Hals
bewegen konnte, stellten sich intensive klonische Krämpfe ein, sobald der
Kopf nach links gedreht wurde.- Die Krämpfe von ziemlich breiter Am¬
plitude und querer Verlaufsrichtung sind recht schmerzhaft und dem Kranken
höchst lästig. Sie erinnern teilweise an den tic rotatoire de la tete, die
Salaamkrämpfe und Spasmus nutans, besitzen dennoch eine spezifische Form
und sind nichtpsychogener Natur, wie der Torticollis mental Am meisten
scheinen affiziert zu sein die tiefen Halsmuskeln (Mm. recti capitis ant.,
post, et lateral., longus colli, splenius capitis et colli), viel weniger die ober¬
flächlichen (Obliquus inf. und Sternokleidomastoideus) in Abhängigkeit von
einer tiefen Narbe, die wahrscheinlich von den oberen Halsmuskeln gedrückt
wird. Chirurgisches Eingreifen ist bei der Hartnäckigkeit des Leidens
indiziert (Ausschneiden der vermutlichen Narbe evtl. Durchschneiden der
Muskelsehnen oder der Nerven wurzeln). ( Selbstbericht.)
Simerka (27) gibt zuerst eine Einteilung der bisher beschriebenen
Fälle des Tortikollis. Dann beschreibt er einen Fall, bei welchem sich die
Schiefstellung des Kopfes plötzlich eingestellt hat. Der Muskel war auf Druck
nicht schmerzhaft, keine Anhaltspunkte für sonstige Möglichkeiten des Torti¬
kollis, nur beim Druck auf die Unterseite des Sternokleidomastoideus leb¬
hafter Schmerz. Auf Aspirin und antineuralgisches Liniment Besserung,
nach wenigen Tagen Verschwinden der Symptome. — Es war da kein
Krampf, keine Affektion der Wirbelsäule u. dgl., sondern es handelte sich
um eine bestimmte Muskelsynergie, also um eine bestimmte Haltung der
Muskeln, die infolge eines bestimmten Zweckes zustande kam. Aus der Tat¬
sache, daß durch den Druck auf den Nervus occipitalis minor und Nervus
snbcutaneus colli (also vom Plexus cervicalis) Schmerz hervorgerufen wurde,
schließt Verf., es handle sich um Neuritis, und nennt also diese Haltung
Torticollis neuriticus. Als Ursache der Neuritis ist die Angina, die die
Pat. vor 14 Tagen durchgemacht hat, anzuseben. Die schiefe Lage ist gut
zu begreifen, da dadurch der erkrankte Nerv weniger gedehnt wird, was
wohl zur Erleichterung dient. (Jar. Stuchlik.)
Fitz Simmons (9) gibt eine Analyse von 100 Fällen erworbenen und
angeborenen Tortikollis. Er zählt tabellarisch die Krankheiten auf, die vor
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Qrigiralfrcm
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454
Angio- und Trophoneurosen.
Beginn des Tortikollis bei den Patienten bestanden haben. In einer zweiten
Tabelle registriert er die Affektionen, welche die Patienten speziell in der
Hals- und Nackenregion gehabt haben, ferner berücksichtigt er die erd.
Gebartsschädigungen und schließlich zählt er auch noch andere Anomalien
auf, die eine Anzahl der Patienten aufwiesen.
Vas (33) erklärt den Spasmus nutans bei Kindern mit dem Phänomen des
Bedingungsreflexes (Pawlow). Der Hauptgrund beim Entstehen des Spasmus
nutans ist, daß das Kind aus bestimmten Gründen gezwungen ist, seine kopf¬
bewegenden Muskeln forciert zu innervieren. In dieser Hinsicht ist die
meiste Gelegenheit in der von Baudnitz als Ursache angegebenen finsteren
Wohnung gegeben, wo die Kinder in einer Richtung lagen, daß sie, wenn
sie sich nach einer Lichtquelle wenden wollten, gezwungen waren, immer mit
den Halsmuskeln eine forcierte Bewegung zu entfalten. Dieselbe Situation
kann sich aber auch in einer tadellos beleuchteten Wohnung einstellen, und
zwar in dem Palle, wenn das Kind seinen Blick beständig gegen einen
glitzernden Gegenstand, z. B. gegen einen 8piegel wendet, oder auch, wenn
es z. B. den Kopf beständig nach der Richtung des Tickens der Wanduhr
dreht. In diesen — auf diese Art ständig überanstrengten — Muskeln
treten abnorme Innervationen ein, und bei häufiger Wiederholung (Licht,
Ton) entwickelt sich dann — als pathologischer Bedingungsreflex — die
ständige spastische Bewegung.
AngiO' and Trophoneorosen.
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Vagotonie.
Als klinische Erscheinungen der Vagusreizung faßt Lublinski (29)
zusammen die enge Papille und Lidspalte, Speichelfluß, Schweiße, Akro-
zyanose, ausgesprochene Dermographie, Bradykardie und respiratorische
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456
Angio- and Trophoaearosea.
Arhythmie, Krämpfe in den oberen Wegen und in den Bauchorganen, wahr*
scheinlich auch in den Sphinkteren der Blase. Künstlich lassen sich diese
Erscheinungen bei einzelnen gegen Pilokarpin besonders empfindlichen
Menschen ganz oder teilweise hervorrufen, indem dieses Mittel den Vagus
an seiner myoneuralen Verbindung reizt. Klinisch sind Vagotonien oft sehr
schwer zu erkennen. Doch ist das Atropin ein Mittel, das nachweist, ob
eine vorhandene Störung durch abnorme Vaguswirkung verursacht wird oder
dem Vagus wenigstens ein beträchtlicher Einfluß auf die Auslösung der
Störung zukommt. Durch Atropin läßt sich die Vogotonie auch günstig
beeinflußen, indem es die Erregbarkeit der Vagusendigungen herabsetzt,
doch muß zur Erzielung einer Dauerwirkung die Atropinbehandlung eine
anhaltende sein.
Spitzig (46) gibt eine Zusammenfassung der Erscheinungen der vago-
tonischen Neurose und geht auf die einzelnen Symptome der Vasomotoren¬
unruhe, der neurotischen Herzbeschwerden und Magenbeschwerden, der
Kolonspasmen, der Blasenreizbarkeit und der Neigung zu Depressionen ein.
Auch von Dziembowski (9) bespricht die Symptomatologie der Vago-
tonie ausführlich und weist besonders auf die Wichtigkeit ihrer Erkennung
als Kriegskrankheit hin, da eine ganze Anzahl von Soldaten, die nicht dia¬
gnostizierte Vagotoniker sind, durch geeignete Behandlung von ihren ner¬
vösen Beschwerden wieder ganz geheilt werden können.
Angioneurosen.
Von Hoyne (17) wird der Fall eines 5jährigen Knaben mitgeteilt, bei
dem sich eine symmetrische Gangrän von außergewöhnlicher Schwere einstellte.
Dies Kind hatte vorher nach einander Scharlach mit Otilis media, Masern,
Varizellen und Keuchhusten durchgemacht, und zwar trat der Raynaud auf
46 Tage nach dem Beginn des Scharlachs, 30 Tage nach Beginn der Masern,
9 Tage nach Beginn der Varizellen und 7 Tage nach Beginn des Keuch¬
hustens. Zuerst erschienen große dunkelblaue Flecken an beiden Fußrücken
nahe den Zehen, die im Laufe der nächsten Tage sich auf das gauze rechte
Bein und zum Teil auch auf das linke Bein ausdebnten; ähnliche Flecken
traten an beiden Backen auf. Die verfärbten Stellen waren sehr schmerz¬
haft, geschwollen und hart. Am nächsten Tag waren beide Ohren schwarz;
die Beine sahen nun gangränös aus, ohne daß sich der Prozeß noch weiter
ausdehnte; an den Händen war eine schwarze Verfärbung und abnorme Kälte
von links zwei und von rechts drei Fingern aufgetreten. Es trat eine Broncho¬
pneumonie hinzu. Am nächsten Tag stieß sich die dritte rechte Finger¬
spitze ab, die wie altes Leder anzufühlen war; von den Demarkationslinien
ging ein übler Geruch aus. Allmählich stießen sich alle gangränösen Partien
ab, und es erfolgte der Exitus an Bronchopneumonie und Toxämie. Die
Obduktion ergab, außer einer Thrombose der rechten Vena femoralis, die für
sekundär gehalten wurde, und einer konfluieronden, doppelseitigen Oberlappen¬
pneumonie, nichts als eine allgemeine lymphadenoide Hyperplasie (Drüsen,
Milz, Peyersche Plaques); im Thrombus wurden grüne und hämolytische
Streptokokken gefunden.
Von Gewin (13) wird ein Fall von schwerer Raynaud scher Krankheit
bei einen 43jährigen Farbigen mitgeteilt. Die Krankheit begann 1906 mit
Schmerzen im Ende der rechten großen Zehe, einen Monat später trat hier
ein schwarzer Fleck auf, der größer wurde; nach 4 Monaten mußte die
Zehe amputiert werden. 1907 traten die gleichen Erscheinungen an der
linken großen Zehe auf, die gleichfalls amputiert werden mußte, im Dezember
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Angic- und Trophoneurosen.
457
1908 an der rechten kleinen Zehe, so daß sie ebenfalls amputiert wurde; 1910
derselbe Vorgang an der linken 2. Zehe, 1911. an der linken 3. Zehe, die
beide ebenfalls nacheinander abgesetzt wurden. Januar 1912 Tarsalampu-
tatiou des rechten Fußes, Juni 1912 Absetzung des rechten Beines. Im
Dezember 1912 wurde der 2. Finger rechts befallen, eiterte und heilte wieder
aus. Im November 1914 trat Nekrose der rechten 1. und 3. Finger auf,
die im Dezember 1914 amputiert werden mußten. Zur Zeit der Abschließung
der Mitteilung begann eine Gangrän des rechten 4. Fingers.
Von Montgomery und Calver (34) wird ein Fall von asymmetrischer
Raynaudscher Krankheit mitgeteilt, der recht interessante Blutdruck*
differenzen ergab. Die Erkrankung war eine typische Raynaudscbe an
der einen Hand: zunächst Anfälle von Schwellung und Schmerzhaftigkeit
mit lokaler Synkope, dann Rötung; tiefe Blaufärbung der Nägel und grau¬
gelbe Flecken auf der Volarseite einzelner Finger, die an zwei Fingern in
trockene Gangrän der Fingerspitzen ausgingen, sowie der anfallsweise, schub¬
weise Verlauf sicherten die Diagnose eines einseitigen Raynaud. Der Blut¬
druck betrug anfangs an der befallenen Extremität 170 mm gegen 180 mm
auf der gesunden Seite; erst allmählich wurde er auf beiden Seiten wieder
gleichmäßig, und zwar in dem Maße wie Schmerzen und Beschwerden ab-
nahmen und eine völlige Demarkation der gangränösen Fingerspitzen ein¬
setzte.
Therapeutisch haben Verff. mit innerer Darreichung von Calcium
lacticum 50/300 (dreimal täglich einen Teelöffel) gute Erfolge erzielt.
Von Lisser (28) wird ein Fall von symmetrischer Gangrän der Füße
mitgeteilt, bei dem vier sichere Anfälle von lokaler Asphyxie der Finger
ohne Kälteanlaß beobachtet wurden; Diabetes konnte ausgeschlossen werden,
wenn auch vorübergehende Glykosurie beobachtet wurde. Da Pat. eine Lues
congenita hatte, so ist als Ursache ein spezifische Endarteriitis obliterans in
Erwägung zu ziehen, doch sind die Anfalle an den Fingern so typisch, daß
als Ursache Raynaudscbe Krankheit anzunehmen ist. Die Patientin litt an
drei Erkrankungen: Vaginitis gonorrhoica mit Arthritis, Lues congenita und
Raynaudscher Krankheit. Es wird nun, nachdem eine gonorrhoische Septi-
kämie als unwahrscheinlich abgelehnt wird, erwogen, wie die Lues mit dem
Raynaud zusammenhängt; ob die Spirochäte oder das Luestoxin die Raynaud-
sche Krankheit ausgelöst haben kann oder die Lues vielleicht durch Schwächung
des Gewebes eine Prädisposition geschaffen hat. Die Frage wird offen¬
gelassen.
Uber die Kombination von Angina pectoris mit Raynaudscher Krank¬
heit berichtet Schott (44) an der Hand eines Falles, bei dem es sich um
eine kombinierte Form der uervös-trophischen und der vasomotorischen
Raynaudschen Erkrankung bandelte, kombiniert mit einer ganz außer¬
gewöhnlichen Labilität des Kreislaufapparates, des Herzens, der Aorta und
der Gefäße der Ober- und Unterextremitäten, verursacht höchstwahrscheinlich
durch eine chronische Intoxikation chemischer Natur, nämlich durch das
fortgesetzte Einatmen des Staubes von nitrithaltigem Sprengpulver.
Osboroe (39) rechnet zu den leichten Formen Raynaudscher Krank¬
heit alle mit vasomotorischen Erscheinungen, nicht nur der Extremitäten,
einhergehenden uervösen Störungen und bringt eine Reihe derartiger von
ihm als Raynaudsche Formen benannter Fälle. Er führt den Raynaud¬
schen Symptomenkomplex auf Störungen einer oder mehrerer Drüsen mit
innerer Sekretion, besonders der Schilddrüse, zurück und hält die Schild¬
drüsenmedikation für sehr aussichtsreich. Gegenüber der Annahme einer
primären vasomotorischen Störung der Blutgefäße, nimmt er eine sekundäre
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Angio- und Trophonenroaen.
Alteration im Blutgefäßsystem an, als deren Folgen sich zentrale oder peri¬
pherische Veränderungen offenbaren. (Bendix.)
Bnerger (7) bespricht an der Hand einer reichhaltigen Kasuistik die
yasomotorischen und trophischen Störungen der oberen Extremitäten, und
insbesondere die Thromboangiitis obliterans. Bei diesen Erkrankungen sind
zwei Gruppen streng zu trennen: auf der einen Seite die Fälle, in deneD
die Durchgängigkeit der Gefäße völlig normal bleibt, dazu gehören die neuro¬
genen Formen, wie die Raynaudsche Krankheit; auf der anderen Seite die
Formen, die unter dem Namen Thromboangiitis obliterans zusammengefaßt
werden. Beide Gruppen weisen ähnliche Symptome auf. Die Raynaud¬
sche Krankheit beginnt mit heftigen Schmerzen in irgendwelchen periphe¬
rischen Körperpartien gewöhnlich symmetrisch und anfallsweise; die Symptome
bestehen in Synkope, Asphyxie oder lokaler Röte und schweren trophischen
Störungen gewöhnlich in Form von Gangrän der zuerst befallenen Partien;
der Verlauf ist intermittierend mit zuweilen völlig freien Intervallen; im
allgemeinen fehlen objektive Sensibilitätsstörungen und Lähmungen, während
andere vasomotorische Störungen, Hämoglobinurie, Arthropathie, Vorkommen
können; gewöhnlich werden neuropathische Individuen davon befallen. Die
Thromboangiitis obliterans dagegen befallt hauptsächlich männliche polnische,
galizische oder russische Juden (zu mehr als 99%), und zwar besonders im
Alter zwischen 20 nnd 30 Jahren und beginnt meist in den unteren Extre¬
mitäten unter dem Symptom des intermittierenden Hinkens. Charakteristisch
sind folgende Symptome: das Verschwinden des Pulses, besonders der Art.
dorsalis pedis, tibialis post, und poplitea, seltener der Art. femoralis, radialis
und ulnaris; es entwickeln sich typische Erscheinungen einer schlechten
Zirkulation: Blaßwerden der unteren Extremitäten, wenn sie über die Hori¬
zontale erhoben werden, Hyperämie beim Herabhängen (Erythromelie) und
trophische Störungen, wie Zurückbleiben des Nagelwachstums der Zehen¬
nägel, leichte atrophische Zustände der Haut, Ulzerationen und Gangrän.
Ferner treten echte vasomotorische Erscheinungen vorübergehend auf, wie
wechselnde Synkope, Rötung und Kälte der Glieder und Schmerzen, ent¬
weder unter der Form des intermittierenden Hinkens oder der mit der An¬
wesenheit von trophischen Störungen, besonders von Ulzerationen und gangrä¬
nösen Flecken verbundenen, heftigen Schmerzen. Charakteristisch ist der
langsame Verlauf der Erkrankung, die mit diesen Schmerzen beginnt, bevor
nach Monaten oder Jahren sich trophische Störungen einstellen, die dann
schließlich in der Mehrzahl der Fälle zur Amputation wenigstens einer Ex¬
tremität führen, häufig von beiden unteren Extremitäten und zuweilen auch
von einer oberen. Bisweilen wird eine Phlebitis migrans im Gebiet der
Vena saphena externa oder interna beobachtet, weniger häufig im Gebiet
der Venen der oberen Extremitäten. Es werden zehn Fälle eingehend be¬
schrieben.
Von Bikeles und Radonicic (4) wird ein Fall von Erythromelalgie
mit spontaner Gangrän mitgeteilt. Es handelte sich um einen 22jährigen
aus neuropathischer Familie stammenden Mann, der maßloser Raucher war
und als Schiffsheizer raschen exzessiven Temperaturunterschieden ausgesetzt
war. Er bemerkte zuerst im Anschluß an eine Angina, daß er kälte¬
empfindlich geworden sei; später traten rasche Ermüdungserscheinungen mit
krampfartigen Schmerzen in Beinen nnd Händen bei Bewegungen, dann nächt¬
liche Schmerzen in den Füßen, verbunden mit Rötung, starkem Hitzegefühl
und Hyperhidrosis auf; Wärme, besonders Bettwärme wurden sehr schlecht
vertragen. Nach Sohwinden aller Beschwerden unter Faradisation und
Veroualgebrauch trat durch Kriegsstrapazen eine rapide Verschlimmerung
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Angio- and Trophonearoaen.
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des Leidens mit 'Blasenbildung an den druckempfindlichen geröteten Zehen
ein. Bei der Befundaufnahme fand sich eine diffus hellrote, warme Schwellung
des ganzen vorderen Fußes, dessen Rötung bei Heben des Fußes abblaßte,
bei Senken zunahm. Die Haut war hier hyperästhetisch. Adrenalin brachte
keine Besserung, Ergotin sogar Verschlimmerung. Allmählich trat zyano¬
tische Verfärbung, dann feuchte Gangrän der Zehen auf, die durch Behand¬
lung in trockene umgewandelt werden konnte; schließlich spontane Abstoßung
der Endphalangen dreier Zehen am linken Fuße. An den Fingerkuppen
fand sich Rötung von wechselnder Intensität; nach Ballen der Hand trat
Blässe an den proximalen Fingerphalanuen auffallend und sehr lange an¬
dauernd auf, während eine Rötung an den Endphalaugen, auffallend saturiert,
ebenfalls länger anhielt. Am Rumpf fand sich Dermatographie zunächst in
Form von sehr roten Streifen, deren Stelle später häufig von schmalen,
ausgesprochen bläulich verfärbten Streifen eingenommen wurde. Nach warmem
Handbad trat Blässe der Hand, nach kaltem Handbad einmal eine Rötung
der eingetauchten Hand auf. Erst im Verlauf der klinischen Beobachtung
entwickelte sich eine Differenz im Kaliber der Art. dorsalis pedis zuungunsten
der linken Seite. Psychischerseits war Pat. von höchst labiler Stimmung,
enorm reizbar, öfters zu Suizid neigend. Es wird dann besonders die Diffe¬
rentialdiagnose gegenüber Raynaud und Arteriosklerose erörtert
Der Einfluß vasomotorischer Störungen im Kindesalter auf das Gehör¬
organ wird von Stein und Pollack (47) an der Hand klinischer Beobach¬
tungen besprochen. Die Verf. kommen dabei zu folgenden Schlüssen: Die
vasomotorische Übererregbarkeit im Kindesalter ruft neben Störungen in
verschiedenen Organen überaus häufig auch solche im Gehörorgan hervor.
Die Krankheitserscheinungen von seiten des Ohres resultieren zweifellos aus
der Beeinträchtigung der Zirkulation im Gehörorgane und äußern sich, als
Folge einer Anämisierung des betreffenden Gebiets, in der überwiegenden
Mehrzahl der Fälle im Bereich des Hörnervenapparats. Sie finden ihren
Ausdruck in subjektiven Beschwerden und in objektiven Erscheinungen von
seiten des Ohres. Zu den subjektiven Beschwerden zählen subjektive Ohr¬
geräusche und schmerzhafte Sensationen, zu den objektiven Symptomen
Ermüdungserscheinungen von seiten des Akustikus, Beeinträchtigung der
Funktion des Kochlearpparats, in vereinzelten Fällen des Vestibularapparates.
Der direkte Zusammenhang der vasomotorischen mit den Gehörstörungen
geht hervor aus dem Umstand, daß die Krankheitsorscheinungen von seiten
des Ohres fast immer im Rahmen des charakteristischen Krankheitsbildes
zerebraler vasomotorischer Störungen auftreten, und aus der Tatsache, daß
die Beeinträchtigung der funktionellen Leistungen des inneren Ohres in
überzeugender Weise der Intensität der vasomotorischen Störungen parallel
•geht. Die Frage, ob vasomotorische Störungen auch organische Verände¬
rungen im Hörnervengebiete veranlassen könnten, ist unbedingt zu bejahen,
und zwar besonders für Fälle, in denen das Gehörorgan auf der Grundlage
einer allgemeinen degenerativen Veranlagung von Haus aus minderwertig ist.
Die Hauptaufgaben der Behandlung sind Ausschaltung aller die Vasomotoren
schädigenden Faktoren, Verordnung entsprechend gewählter roborierender
Diät, richtiges Ausmaß der Anforderungen an die körperliche und geistige
Leistungsfähigkeit des Kindes und ganz besonders auch sorgfältige Kontrolle
aller Schuleinflüsse auf sein Nervensystem. Besonderer Nachdruck wird
auf die Tatsache gelegt, daß durch sorgfältige Beobachtungen von krank¬
haften Störungen im Gehörorgan als Folgeerscheinungen vasomotorischer
Übererregbarkeit im Kindesalter schon frühzeitig ein Leiden konstatiert
werden kann, dessen weitere Entwicklung im fortschreitenden Alter unter
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Aagio- nnd Trophoneurosen.
allen Umständen befürchtet werden muß. Einem zielbewußten Eingreifen zu
richtiger Zeit wird es vielleicht doch gelingen, der Entwicklung der krank¬
haften Vorgänge vorzubengen oder wenigstens ihrer raschen Progredienz
Einhalt zu tun.
Von Newburgh (37) wird untersucht, ob als Ursache des Pneumonie¬
todes, wie von vielen Seiten behauptet wird, eine Lähmung des vasomoto¬
rischen Nervenmechanismus anzusehen ist. Für die Hypothese, daß bei der
Pneumonie die periphere Zirkulation gelähmt ist, wurden stets zwei Argu¬
mente angeführt: die Annahme, daß bei letaler Pneumonie der Blutdruck
abnorm uiedrig sei uud daß bei letaler Pneumokokkenseptikämie die Vaso¬
motorenreflexe fehlten. Aus den vom Verf. gemachten Beobachtungen geht
nun einwandfrei hervor, daß beide Argumente durchaus nicht den Tatsachen
entsprechen, so daß zu schließen ist, daß der Vasomotorenapparat bei Pneu¬
monie keineswegs verschlechtert ist.
Kassel (19) berichtet kurz über einen Fall von Rhinitis vasomotoria,
die sich durch einen jahrelang anhaltenden, anfallsweise auftretenden
Schnupfen äußert. Die Schuupfenanfälle traten besonders im Anschluß an
Aufregungen auf. Zuletzt traten während eines Schnupfenanfalles Allgemein¬
erscheinungen auf, die in Mattigkeit, Herzpalpitationen, Appetitmangel be¬
standen. Schließlich entleerte sich unter Würgen aus dem Rachen ein
Spulwurm. In wenigen Tagen verschwanden die Beschwerden, und der
Schnupfen ist seit diesem Tage nicht wieder aufgetreten.
Samberger (43) versucht die sogenannten Angioneurosen der Haut
auf eine ganz neue Basis zu stellen, indem er den bisher herrschenden
genetischen Standpunkt durch den pathologisch-anatomischen ersetzt Ins¬
besondere wird die entzündliche und die urtikarielle Hautreaktion nach
diesem Gesichtspunkt zu erklären versucht: Die entzündliche Reaktion
gipfelt bezüglich der Gefäßsymptome in einer qualitativen und quantitativen
Veränderung der Sekretion des Gewebssaftes; sie wird durch das Zellproto¬
plasma des lädierten Gewebes hervorgerufen und reguliert und geht außer¬
dem mit einer ganzen Reihe vorbereitender Veränderungen einher. Die
lymphatische Reaktion ist der Ausdruck einer quantitativ gesteigerten Sekre¬
tion des Gewebssaftes und ist bedingt durch eine direkte oder eine Nerven-
reizuug der sekretorischen Kapillarzellen. Daraus geht vor allem die.uahe
Verwandtschaft zwischen dem entzündlichen und dem lymphatischen Odem
hervor und erklärt sich ihre auffallende klinische Ähnlichkeit.. Es geht
daraus ferner hervor, daß die entzündliche und lymphatische Reaktion absolut
selbständige Reaktionen sind, von denen jede für sich allein auf der Haut
entstehen und auf derselben besondere klinische Morphcn hervorrufen kann.
Außerdem aber könuen Fälle Vorkommen, bei denen beide Reaktionen an
der Bildung der krankhaften Erscheinungen auf der Haut mitwirkeu können,
die dann die Symptome der entzündlichen und der lymphatischen Reaktion
an sich tragen, ln einem zweiten Teil werden verschiedene andere Haut¬
erscheinungen auf durch Vasomotorenströmung bedingte Lymphhyper- oder
Hyposekretion zurückgeführt.
In einer Reihe von Fällen von Quinckeschem Odem fand Neada (36)
als konstante Kardinalsymptome: akute Milzschwellung, Urinveräuderungen,
insbesondere Urobilinurie und Blutveränderungen mit erhöhtem Sahli und
Färbeindex uud Schwankungen in der Zahl der Erythrozyten, ferner Steige¬
rung der Resistenz der roten Elemente im Anfalle. Es wird das akut«
zirkumskripte Ödem von Quincke aufgefaßt als Symptom und äußere Er¬
scheinung eines tiefer liegenden Vorgangs. Gewährleistet ist es durch eine
Art Hydrämie. die durch Wassersperrung entsteht, wie sie sioh klinisch in
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Angio- and Trophoneuroaen.
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einigen Symptomen äußert, weiter aber durch Änderung des osmotischen
Drucks in Gewebe und Gefäßen, veranlaßt wahrscheinlich durch Blutfarb¬
stoff oder eines seiner Derivate. Exogene Faktoren spielen dabei im Sinne
der Schaffung eines Locus minoris resistentiae eine ziemliche Rolle. Zu¬
grunde liegt jedoch ein hämolytischer Vorgang, der an der Milz beginnt,
sich in der Leber fortsetzt und klinisch in der beobachteten akuten Milz¬
schwellung, in der Urobilinurie, dem hohen Färbewert im Anfall, in Schwan¬
kungen in der Zahl der Erythrozyten und Steigerung ihrer Resistenz zum
Ausdruck kommt.
Über die Entstehung des harten traumatischen Ödems des Handrückens
berichtet Stromeyer (48) im Anschluß an einen Fall, bei dem sich eine
Patientin eine Nadel in die Hand gestoßen hatte, die leicht entfernt werden
konnte. 14 Tage nach dieser Operation war der ganze Handrücken hart
geschwollen und druckempfindlich; die Schwellung setzte an der Handwurzel
ziemlich scharf ab und ging distal in bescheidenem Maße auf das Dorsum
der Finger über; die Funktion des Handgelenkes war unbehindert, während
der Zeigefinger leicht gebeugt gehalten wurde und nicht aktiv bewegt werden
konnte; passive Bewegungsversuche waren sehr schmerzhaft. Erst nach
operativer Entfernung der ganzen Narbe wurde eine vollständig normale
Hand erzielt. Die histologische Untersuchung des exzidierten Narbengewebes
ergab eine chronische Entzündung im Bereiche des Koiiums und des Unter¬
hautzellgewebes von elefantiastischem Charakter. Demnach war anzunehmen,
daß aus der Narbe ein giftiges Produkt abgegeben wurde, das eine chronische
Entzündung der Lymphbahnen bervorrief, und daß es sich hier also um ein
toxisches Odem gehandelt hat.
Zum Schluß schlägt Verf. vor, die harten Ödeme des Handrückens,
ein Krankheitsbild, das, wie er annimmt, wahrscheinlich viel häufiger vor-
kommt, als allgemein angenommen wird, ihrer Ätiologie nach in zwei Gruppen
zu teilen, in solche mit und ohne Verletzung der deckenden Weichteile,
und für die ersteren eine Intoxikation als Ursache anzunehmen, für die
letzteren, vor allem, soweit sie mit Knochenatrophie verbunden sind, bei
der bisherigen Auffassung des trophoneurotischen Ursprungs zu bleiben.
Von Kreibich (27) werden zwei Fälle von Dermatitis angioneurotica
bei zwei dreizehnjährigen Mädchen mitgeteilt, bei denen an beiden Backen
konfluierende borkige Effloreszenzeu symmetrisch aufgetreten waren. Obwohl
die Mädchen noch nicht menstruiert waren, werden diese Fälle zur Gruppe
der Dermatitis symmetrica dysmenorrhoica gerechnet. Besonders charakte¬
ristisch war der zweite Fall, bei dem die Herde in 3- bis 4wöchentlichen Inter¬
vallen auftraten und bereits seit dem 12. Lebensjahr bemerkt wurden. Wird
also ihre Beziehung zur Ovarialtunktion angenommen, so ergibt sich, daß
schon im 12. Lebensjahr, lange bevor die Menses auftreten, periodenweise
innere sekretorische Vorgänge vorhanden sind; der innere Vorgang ist also
nicht an die Ausstoßung des Eies gebunden.
Allgemeine and lokale trophlscbe Erkrankungen.
Von Pershing (40) wird der Fall eines 19jährigen Mädchens be¬
schrieben, bei dem die Extremitäten der rechten Seite dicker als die der
linken waren. Hereditär war nur zu erwähnen, daß die Mutter der Pat. an
Raynaud scher Krankheit gelitten hatte. Auch bei der Pat. selbst war
einmal eine vorübergehende heftige Erblassung des rechten Zeigefingers
aufgetreten, die den Beginn einer Raynaud sehen Krankheit vermuten
ließ, sich aber wieder'ganz zuriiokbildete. Sie hatte seit ihrer Kindheit
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Angio- and Trophooeurosea.
an typischen Migräneanfällen gelitten. Die Differenz der Extremitäten¬
verhältnisse auf beiden Seiten bildete sich allmählich vom 3. Jahre an
aus und steigerte sich besonders im 14. Lebensjahre zu Beginn der Men¬
struation; damals erst war deutlich zu sehen, daß die rechten Extremitäten
abnorm dick waren. Das Haar der Pat. war rauh und trocken und auf der
linken Seite anscheinend länger. Der rechte Arm blutete nicht so rasch
wie der liuke. Die Maße waren für die Umfänge:
Rechts
Links
Oberschenkel .
54
cm
48 cm
Unterschenkel .
39
n
32 „
Oberarm . . .
25
n
22,5 „
Unterarm . .
25
n
23 „
Hand ....
18,8
n
18,3 „
Die Länge der Extremitäten war annähernd gleich. Am Rumpf fanden
sich im allgemeinen keine Asymmetrien. Als einzige Ursache für die
Asymmetrie der Extremitäten •ließ sich nachweiseu, daß das subkutane Ge¬
webe auf der rechten Seite dicker entwickelt ist als auf der linken; das
Gewebe ist von fester Konsistenz, aber auf längeren Druck entsteht eine
kleine Delle, die beträchtliche Zeit bestehen bleibt. "Wegen der Neben¬
befunde dachte Verf. zuerst an Myxödem, doch ließ sich an der Thyreoidea
nichts Abnormes nachweisen. Es handelte sich vielmehr um ein Trophödem
(Meige) oder Hemihypertrophie des Bindegewebes (Rapin und Mabille).
Die Therapie bestand im Anlegen von elastischen Binden.
Ein Fall von Lipodystrophia progressiva wird von Jolowicz ( 18 ) mit¬
geteilt. Die 21jährigo Patientin hatte seit dem 8. Lebensjahre begonnen,
im Gesicht, an Brust und Armen allmählich abzumagern, während sich
gleichzeitig in der Beckengegend und an den Oberschenkeln eine starke
Fettansammlung entwickelte. Mit 16 Jahren litt sie an vasomotorischen
Störungen der Fingerspitzen, ein Zustand, der 2 Jahre anhielt. Zur Zeit
der Untersuchung fand sich folgendes: Im Gesiebt fehlte alles Fettgewebe,
die Waugen waren tief eingefallen, in die Orbita konnte man tief ein-
dringen. Der Nacken war relativ fettreich, über dem Trapezius deutlich
Fettgewebe zu fühlen; an den Armen waren auch zwischen den Muskeln
Fetteile nicht zu fühlen; die Hände waren knochig, der Fettschwund hier
jedoch nicht so deutlich, wie an den proximalen Teilen. Die Brustdrüsen
waren unmittelbar unter der Haut als derbes Gewebe zu fühlen, während
das Fettgewebe auch hier fehlte. An der Vorderseite unterhalb der Inguinal¬
falte, an der Hinterseite etwa an den Cristae iliacae begann eine im Ver¬
hältnis zu dem Fettmangel des Oberkörpers enorme Fettansammlung, die
am Gesäß und unmittelbar unterhalb der Trochanteren am stärksten war.
Es lag also hier ein isolierte trophische Erkrankung des subkutanen Fett¬
gewebes vor, deren merkwürdige Lokalisation es im höchsten Grade wahr¬
scheinlich macht, daß der Sitz der Erkrankung nicht im Fettgewebe, sondern
an einer zentralen Stelle, wahrscheinlich in einer der Drüsen mit innerer
Sekretion zu suchen sei.
Uber kontralaterale Alopezien nach Kopfschüssen berichtet Knack (21)
an der Hand von 3 Fällen. In dem ersten Fall handelte es sich um eine
Ge wehrschuß Verletzung der rechten unteren Stirngegend ohne Verletzung
des knöchernen Schädels; der Mann war fünf Minuten bewußtlos, hatte auch
nach Entfernung des Geschosses dauernd Kopfbeschwerdeo. 6 Wochen
nach der Verletzung trat auf der entgegengesetzten Seite des Kopfes eme
ziemlich ausgedehnte Alopezie ein, die in der linken Scheitelbeingegend begann
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Aiigio- und Trophoneuroscn.
463
und im Verlaufe der nächsten Wochen langsam nach vorn, aufwärts, hinten
und abwärts fortschritt, ohne daß auf der rechten Kopiseite auch nur
die geringsten Spuren von Haarausfall zu entdecken waren; neurologisch
fand sich eine geringe Hyperästhesie der erkrankten Kopfhaut. Bei dem.
zweiten Fall lag eine Gewehrschußverletzung des oberen rechten Schädel¬
daches, etwa entsprechend dem oberen Drittel der hinteren Zentralwindung,
vor, und zwar ein Knochendefekt mit Splitterimpression; ein Tag Bewußt¬
losigkeit; es fand sich eine leichte spastische Schwäche im linken Arm,
Astereognosis und Ataxie der linken Hand, leichte spastische Erscheinungen
mit pathologischen Reflexphänomeneu im linken Bein; 13 Wochen nach
der Verletzung trat eine mäßig starke fleckförmige Alopezie auf der linken
Temporal- und Parietalgegend mit leichter Hypästhesie der beteiligten Kopf¬
haut auf. Der dritte Fall war eine Gewehrschußverletzung der linken,
unteren Parietalgegend mit Knochendefekt, Knochensplittern und Fissur¬
bildung sowie Einsprengung von Geschoßresten in die linke Okzipitalgegend;
4 Tage Bewußtlosigkeit; Aphasie, Alexie, Agraphie, Agnosie, anfangs total,.
daun langsam zurückgehend; leichte spastische Erscheinungen im rechten
Bein mit pathologischen Reflexphänomenen; dauernde Kopfschmerzen; rechte
Pupille weiter und träge reagierend, rechtsseitige Farbenhemianopsie; etwa
6 Monate nach der Verletzung diffuse Alopezie auf der rechten Parietal¬
gegend mit leichter Hypästhesie im Bereich der affizierten Kopfhautpartie.
— Bei diesen 3 Fällen ist hervorzuheben die kontralaterale Lokalisation
des Haarausfalles, die Latenzzeit zwischen Trauma und Auftreten der Alopezie
(6 Wochen, */ 4 Jahr, */s Jahr) und die bei Ausschluß anderer Ursachen
sichere traumatisch-neurologische Grundlage des Leidens. Unter den dis¬
kutierten Ursachen für die kontralaterale Lokalisation der Alopezie schien
es am wahrscheinlichsten, anzunehmen, daß es sich um eine Schädigung von
Rindenzentren trophischer oder sympathischer Bahnen durch das Trauma
handelte, die dann den Haarausfall der gegenüberliegenden Seite bedingte;
dafür spricht das gleichzeitige Bestehen spastischer Symptome der gegen¬
überliegenden Extremitäten in zwei der Fälle, und die leichte Sensibilitäts-
Störung in allen 3 Fällen an der affizierten Kopfhautpartie. Gänzlich unklar
dagegen blieb die Frage der zeitlichen Beziehung des Auftretens der Alopezie
zum Trauma.
In einem Nachtrage hält Knack (22) es für möglich, daß es sich in
diesen Fällen um eine Röntgenalopezie handelt: Da bei Schädelaufnahmen
die erkrankte Seite auf der Platte liegt, wird die gesunde Seite von der
direkten Strahlenwirkung der durchleuchtenden Röhre getroffen, und hier
auf der kontralateralen Seite, kann ein Haarausfall durch Röntgeneinwirkung
entstehen. Dem entgegen steht die Beobachtung des zweiten Falles, bei dem
eine Röntgenaufnahme erst nach dem Auftreten der Alopezie gemacht wurde.
Es müßten also erst noch weitere Beobachtungen an nicht geröntgten Fällen
abgewartet werden.
Auch Klausner (20) kommt zu einer gleichen Auffassung dieser Fälle
als Röutgenalopezien, deren er eine ganze Anzahl gestehen hat. Besonders
beweisend scheint ein von ihm zitierter Fall von Waelsch, in dem ohne
vorausgegangenes Trauma nach einer Röntgenaufnahme nach Verlauf mehrerer
Wochen ein halbseitiger Haarausfall eintrat, der nach einiger Zeit mit
völligem Ersatz der Haare abheilte; dieser Fall beweist, daß eine Schädigung
der Haarpapille durch die Röntgenstrahlen nach Schnellaufnahmen möglich
ist. Es wird demnach darauf hiugewiesen, daß für die angeführten Fälle als
Ursache des kontralateralen Haarausfalles nach Schädelschußverletzungen die
Röntgenstrahlen verantwortlich zu machen sind.
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464
Angio- and l'rophoaearoien.
Über Alopecia areata neurotica nach Schußverletzung berichtet
Pöhlmann (41) im Anschluß an 2 Fälle. Bei dem einen derselben hatte
sich aus Toller Gesundheit heraus nach einer schweren Schußverletzung des
Armes und hochgradiger psychischer Aufregung ein Krankheitsbild entwickelt,
das Ton der Alopecie areata nicht unterschieden werden konnte. Bei dem
zweiten Fall war nach völliger Erschöpfung und beinahe eingetretenem Er¬
frieren das typische Bild der Peliosis circumscripta, und zwar streng halb¬
seitig. aufgetreten. Es werden diese Vorgänge auf durch den Schreck
hervorgerufene vasomotorische Störungen zurückgeführt, und zwar wird
angenommen, daß der psychische Schock eine spastische Kontraktur der die
Haarpapille versorgenden Kapillaren hevorruft und daß eine derartige Unter¬
brechung der Zirkulation genügt, um die Ernährung des Haares derart zu
schädigen, daß es ausfällt.
Zur Nomenklatur der Alopezien werden folgende Vorschläge gemacht:
Als traumatische Alopezien sind nur die Fälle zu bezeichnen, bei denen als Folge
eines Traumas (Schlag, Stoß, Fall, operative Verletzung usw.) des Gehirns oder
peripherer Nerven Haarausfall auftritt. Die Diagnose der Alopecia neurotica
soll dagegen für die Fälle reserviert bleiben, bei denen Haarausfall im
Gefolge lokaler oder allgemeiner Nervenleiden oder bei besonders disponierten
Personen nach einem psychischen Shock sich einstellt. . Diese beiden Formen
sind sich klinisch ziemlich ähnlich, unterscheiden sich aber erheblich von dem
Krankheitsbild der Alopecia areata: sie zeigen unregelmäßig begrenzte
kahle Stellen von rundlicher, strichförmiger, -dreieckiger oder landkarten¬
artiger Form. In ganz seltenen Fällen allerdings sind auch traumatische
und neurotische Alopezien beobachtet worden, die ganz dieselbe Evolution
und dasselbe Symptomenbild wie eine typische Alopecia areata darbieten.
Von Kottmaier (25) werden 4 Fälle mitgeteilt, in denen Dekubitus
in den ersten Tagen des Wochenbetts ausgesprochen oder in seinen Vor¬
stadien auftrat Gemeinsam war in allen Fällen eine gesteigerte Reflexerreg-
barkeit. Erklärt wird das Auftreten des akuten Dekubitus in der Weise,
daß Hand in Hand mit einer intensiveren Weheutätigkeit eine stärkere Ein¬
wirkung auf die Vasomotoren der Hautgefäße stattfäude, die, eventuell be¬
günstigt durch den Druck der Lage, zu Ernährungsstörungen gerade über
den bevorzugten Stellen des Kreuzbeins führen würde. Die Entstehung von
Decubitus acutus und auch sonstiger angion eurotisch er Hautveräuderungen
bei Graviden und Wöchnerinnen als Ausdruck von „Schwangerschafts¬
toxikosen“ wäre somit dem Verständnis näher gerückt, wenn mehr als bisher
die ursächliche Rolle der veränderten inneren Sekretionsverhältnisse bei
deren Auftreten gewürdigt würde.
Flatau und Sterling (12) beschreiben einen Fall von Keratodermie
der Hände und Füße. Der 17jährige Patient bemerkte, daß sich bei ihm
seit 10 Jahren krustenförmige Verdickungen der Haut der Hände und Füße
einzustellen begannen. Objektiv sieht man Hautveränderungen in der Form
von kolossalen Hautverdickungen der palmaren Flächen der Hände, der
Fersen und der äußeren Flächen der großen Zehen. Die Krusten zeigen
eine perlmutterartige Verfärbung, ihr Bau weist konzentrische Schichtungen,
im mittleren Teile mehr dunkel, in den gerippteren Teilen mehr glänzend
auf. Die Verf. betrachten die Keratodermie im vorliegenden Falle als eine
idiopathische, von dem sympathischen System abhängige Erkrankung.
(Sterling.)
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Uorbus Basedow, Hyper- u. Hypothyreoidismus, Infantilismus, Myxödem usw. 465
Morbus Basedow, Hyper* und Hypothyreoidismus, Infantilismus,
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71. Porter, Langloy, Renal Infant-ilism. Arch. of Pod. 23. 85.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Gck igle
Myxödem, Akromegalie, Hypophysenerkraokung.
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95. Zienkiewicz, Morbus Basodowii und die Brustdrüsen. Medycyna. 1914. No. 16.
I. Morbus Basedow!! und Hypertbyreoldismus.
Dannehl (15) bespricht das häufige Vorkommeo von Scbilddrüsen-
erkrankuDgen bei Soldaten. Namentlich im Anschluß an anstrengende
Marschübungen und Infektionskrankheiten tritt nicht selten Basedowsche
Krankheit bei vorher gesunden, kräftigen Individuen auf, gelegentlich auch
im Anschluß an heftige psychische Erregungen.
ln bezug auf die Behandlung tritt Verfasser für operative Verkleinerung
der Schilddrüse ein.
Bei Thyreotoxie schweren Grades ist Militärdienst kontraindiziert, bei
leichten ist versuchsweise Einstellung gestattet, aber regelmäßige Über¬
wachung notwendig, damit etwaige Verschlimmerung möglichst frühzeitig
erkannt wird; am besten werden diese Individuen nicht der Infanterie, sondern
andereu Truppenteilen zugewiesen.
Fahnenflucht und Selbstmord beruhen wahrscheinlich nicht so selten
auf thyreotoxischer Psychopathie.
Caro (13) weist auf die vielfach noch nicht genügend beachtete Häufigkeit
von Schilddrüsenerkrankungen hin; er selbst beobachtete auf der inneren Ab¬
teilung eines Lazaretts unter 600 Kranken 66, bei denen Thyreose den
Hauptbefund bildete, bei 420 wurden leichte Schilddrüseusymptome als
Nebenbefund festgestellt.
# Verfasser weist darauf hin, daß bei Leuten mittleren Lebensalters, bei
denen Tachykardie besteht, statt Thyreose zuweilen Präsklerose diagnostiziert
und Jod verordnet wird, was zu schwerer Schädigung führen kann.
Kahane (38) glaubt, daß häufig Fälle von Hyperthyreoidismus Vor¬
kommen, bei denen die typischen Symptome der Basedowschen Krankheit,
Struma, Exophthalmus, Tachykardie fehlen. Nicht selten sind Abmagerung,
Hitzegefühl, Tremor, Neigung zu Diarrhöen, Reizbarkeit auf Hyperthyreoi¬
dismus zurückzufiihren.
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4(58 Morbus Basedow, Hyper- und Hypothyreoidismus, Infantilismus,
Ob Kriegsanstrengungen bei hereditär nicht belasteten Individuen
zum Hyperthyreoidismus führen könneu, hält Verfasser für unentschieden,
glaubt aber, daß sie bei bestehender Disposition Hyperthyreoidismus aus-
lösen können.
Mittels einer von ihm beschriebenen Methode, der sogenannten Galvano¬
palpation, glaubt Verfasser auch geringe Grade von Hyperthyreoidismus
uachweisen zu können, er glaubt sogar, auf diese "Weise den Grad des
Hyperthyreoidismus feststellen zu können.
Falls das vom Verfasser angegebene Verfahren tatsächlich den Nachweis
you Hyperthyreoidismus gestatten sollte, so wäre das von hervorragender
Bedeutung.
Ortner (64) schildert in seiner klinischen Vorlesung die Symptome der
Basedowschen Krankheit und bespricht hauptsächlich die atypischen Formen;
er weist auf das gelegeutliche Fehlen von Schilddrüseuvergrößerung hin, tritt
für das Vorkommen eines Thymusbasedow ein und meint, daß auch Ovarium
und Nebenniere bei der Entstehung des Leidens ursächliche Bedeutuqg
haben können. Im Anfang der Krankheit handle es sich nicht immer, wie
viele meiuen, um Tachykardie, sondern um Labilität und Irritabilität der
Herzaktion. Gelegentlich werden auch Tremor und Abmagerung vermißt,
Die zuweilen auftretenden subfebrilen Temperaturen, Abmagerung, Schwäche.
Neigung zu Schweißen und dyspeptischen Störungen geben gelegentlich
Veranlassung zu der irrigen Diaguose beginnender Lungentuberkulose. Bei
akut gewordener B.scher Krankheit kommt auch hohes kontinuierliches
Fieber vor, im Eudstadium zuweilen kardiale Insuffizienz. Zum Schluß
bespricht Verfasser die Beziehungen des Leidens zur Lungentuberkulose.
Kellert (41) glaubt, daß bei der Basedowschen Krankheit die wesent¬
lichste Veränderung der Schilddrüse Hyperplasie der Drüseuzellen mit
Schwund des Kolloids sei, im Gegensatz zum einfachen Kropf, bei dem
übermäßige Mengen von Kolloid in der Schilddrüse angehäuft seien. Stets
würde bei der Sektion von Basedowfällen Dilatation und Hypertrophie des
Herzens und fettige Degeneration von Leber und Nieren gefuuden. Tiitt
der Tod im unmittelbaren Anschluß an Schilddrüsenoperation ein, so läge
stets Thymu8bypertrophie vor.
Knudson (43) bespricht kurz die Funktion der Schilddrüse und die
Pathogenese der B.schen Krankheit.
Hawn (31) gibt eine kurze Beschreibung der wichtigsten Symptome
der Basedowschen Krankheit.
Btunsted (12) tritt dafür ein, Basedowsche Krankheit zunächst nicht
operativ zu behandeln, und nur dann zu operieren, wenn die Störungen
lebensgefährlich zu werden drohen, oder wenn der Patient nicht in der Lage
ist, sich genügend zu schonen. Sind außer cler Schilddrüse noch andere
Drüsen mit innerer Sekretion erkrankt, so sollen diese zunächst operiert
werden, und erst, wenn die von ihnen bewirkten Störungen beseitigt sind,
soll die Schilddrüse chirurgisch behandelt werden.
Zienkiewicz (95) berichtet über eine 37jährige Frau mit Basedowscher
Krankheit, bei welcher zwei Jahre nach einer Geburt spontane Milchaus¬
scheidung aus den Brustwarzen eingesetzt und zwei Wochen hindurch an¬
gedauert hat. (Sterling.)
Jones (37) berichtet über einen Fall von Basedowscher Krankheit,
bei dem Pulsus irregularis perpetuens bestand, der nach der Strumektomie
dauernd verschwand: die vor der Operation 160—200 Schläge betragende
Pulsfrequenz ging zurück und die subjektiven Herzbeschwerden hörten auf.
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Myxödem, Akromegalie, llypophysenerkraokung.
4C9
Oswald (65) will zwischen Basedowscher Krankheit und konstitutio¬
nellem Jodismus unterscheiden, obwohl er meiut, daß zwischen beiden Zu-
stäuden Übergänge bestehen und im einzelnen Fall die Unterscheidung schwer
sein könne. Die bei disponierten Individuen durch Jodzufuhr eintretende
Schädigung beruht darauf, daß durch das Jod eine größere Menge von .
Schilddrüsensubstanz resorbiert wird, und daß dadurch die Symptome des
Hyperthyreoidismus hervorgerufen werden. Bringt man durch Röntgen¬
bestrahlung der Schilddrüse diese zur teilweiseu Einschmelzung, so sieht
man das gleiche Symptomenbild wie nach Jodzufuhr. Verfasser möchte
daher statt von konstitutionellem Jodismus lieber von Hyperthyreoidismus
infolge von Jodgebrauch sprechen.
Bei zahlreichen Individuen rufen weder Jod noch Schilddrüsentabletten
Störungen hervor; meist sind es von Haus aus nervöse Individuen, oft auch
aus Verwandtenehen stammende, die auf Jod- und Schilddrüsenzufuhr mit
Krankheitserscheinungen reagieren.
Durch Tierversuche wie auch durch Beobachtungen am Menschen ist
festgestellt worden, daß Vagus sowohl wie Sympathikus nach Jod- und
Schilddrüsenzufuhr stärker als vorher erregbar sind.
Basedowkranke ebenso wie Individuen, bei denen Jodzufuhr Hyper¬
thyreoidismus hervorruft, sind von Haus aus nervöse Individuen; bei Basedow¬
kranken wird die übermäßige Resorption von SchilddrÜ9eusubstanz durch
Erregung der Schilddrüsenuerven bewirkt, und die übermäßige Resorption
von Schilddrüsensubstanz wirkt wieder erregend auf das Nervensystem.
Verfasser glaubt, daß weder histologische noch chemische Unterschiede
zwischen der einfachen und der Basedowstruma existieren. Im Gegensatz
zu den Autoren, welche die Basedowsche Krankheit als Dysthyreoidismus
ansehen, faßt er sie als Hyperthyreoidismus auf. -- Ob noch andere Drüsen
mit innerer Sekretion bei der B.schen Krankheit beteiligt sind, hält Verfasser
für unentschieden; auf jeden Fall würden sie nur eine sekundäre Rolle
spielen.
Hart (29) unterscheidet drei große Formengruppen des Morbus Basedowii:
1. Der reine thyreogene Morbus Basedowii beruht nicht auf einer
pathologischen, hypoplastischeu Konstitution, eine pathologische Thymus
läßt sich bei ihm nicht nachweisen und seine Ätiologie dürfte, soweit die
Störung in Bau und Funktion der Schilddrüse zu erklären ist, eine mannig¬
faltige sein.
2. Der reine thymogene Morbus Basedowii, der auf dem Boden einer
pathologischen Konstitution entsteht, ist selten, kommt aber zweifellos vor
und zeigt dann einen besonders bösartigen Charakter. Daß hier die Thymus
allein das Krankheitsbild beherrscht, lehren die Erfahrungen des Chirurgen,
die Schilddrüsenoperationen ohne jeden Erfolg Vornahmen, dann aber mit
der Resektion der Thymus alle Krankheitserscheinungen wie mit einem
Schlage zum Schwinden brachten. Hier handelt es sich um den reinen
Dystliymismus, und es bestehen die allerengsten Beziehungen zwischen dem
Basedowtod und dem plötzlichen Thymustode. Bei letzterem verfallenden
Individuen treten zu Lebzeiten charakteristische Symptome nicht hervor;
könnte man aber ihr Schicksal vorhersehen und würde man sie eingehend
untersucheu, so käme man vielleicht zu dem Schlüsse, daß sie nach der
geläufigen Auffassung als Basedowkranke zu bezeichnen wären, oder es
kämen die Erscheinungen der Basedowkrankheit zum vollen Ausbruche,
wenn sie nicht einem plötzlichen Herztode verfielen. Offenbar ist bei ihnen
das Herz besonders widerstandslos, so daß es bei an sich schon gering¬
fügigem Anlasse versagen kann.
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470 Morbus Basedow, Hyper- und Hypothyreoidismus, Infautilismus,
3. Der thymo-thyrogene Morbus Basedowii ist die häufigste Form, bei
der Thymus und Schilddrüse in gleicher Weise toxisch auf den Organismus
wirken und entsprechend an der Erzeugung der klinischen Erscheinungen
beteiligt sind. Die Thymus ist das primär veränderte Organ und Stigma
der abnormen Konstitution. In der Intensität der krankhaften Organfunktion
kann jeder nur mögliche Grad gegeben sein, und so könnte man die rein
thyrogene und rein thymogene Form der Basedowschen Krankheit als die
Endglieder einer unendlich langen Reihe ansehen, in der alle nur denkbaren
Kombinationen Vorkommen. Je mehr aber die Thymuswirkung prävaliert,
um so schwerer ist wahrscheinlich das Leiden, um so größer die Gefahr für
den Kranken. Aber auch überwiegend thyrogene Formen können schwer
verlaufen. Will man der Schilddrüse wie der Thymus gleiche Bedeutung
zugesteben, so wird es gut sein, die besondere Gefährdung der Thymusträger
in der Gesamtkonstitution des Organismus zu erblicken und etwa anzu-
nehmen, daß die Thymuswirkung eine um so intensivere ist, je mehr der
hypoplastische Charakter der Körperbeschaffenheit ausgesprochen ist. Je
früher das Krankheitsbild deutlich wird, um so höher dürfte das konsti¬
tutionelle Moment im allgemeinen in seiner Pathogenese zu bewerten sein.
Deshalb kann man auch die rein thymogene Form, besonders bei Jugend¬
lichen erwarten, während die thymo-thyreogene Form in jedem Lebensalter
jenseits der Pubertät eine Bedeutung besitzt.
Vom rein praktischen Gesichtspunkt ist der Gewinn, der sich aus der
Berücksichtigung des Verhaltens der Thymus ergibt, ein ganz außerordent¬
licher. Seitdem man die deletäre Bedeutung der Thymus erkannt hat, sind
die Chirurgen mit vollem Erfolge daran gegangen, bei Basedowkranken auch
dieses Organ operativ anzugreifen. Dieses Verfahren scheint berufen zu
sein, den gefürchteten Thymustol bei der Basedowschen Krankheit aus
der Welt zu schaffen. Indem jetzt der erste chirurgische Eingriff der Thymus
gilt, kann man auch den schwerleidenden Basedowkranken Hilfe bringen,
die man noch vor wenigen Jahren wegen abnorm großer Thymus von jeder
Operation ausgeschlossen wissen wollte, und damit sozusagen ihrem Schicksale
überließ. ( Jacobsohn .)
Rautmann (73) hat in drei Fällen von Morbus Basedowii die Schild¬
drüse und sämtliche anderen Drüsen mit innerer Sekretion sowie auch das
Nervensystem einer genauen Untersuchung unterzogen. Auf Grund seiner
Befunde und der in der Literatur beschriebenen kommt er zu folgenden
Ergebnissen: Bei reinen (unkomplizierten) Basedowfällen pflegen typisch
entzündliche Erscheinungen, insbesondere sofern sie durch das Auftreten
von eigentlichen Phagozyten charakterisiert sind, in allen Organen so gut
wie völlig zu fehlen. Die anatomischen Veränderungen sind entweder
hypertrophisch-hyperplastischer oder atrophisch - hypoplastisch-degenerativer
Natur. In der Hauptsache hypertrophisch-hyperplastische Prozesse werden
angetroffen: in der Schilddrüse, dem Thymus, wahrscheinlich auch in den
Epithelkörperchen und der Hypophyse, ferner im lymphatischen und mye¬
loischen Gewebe, sowie im Herzmuskel. Hauptsächlich atrophisch-hypo¬
plastisch degenerative Veränderungen finden sich: in den Nebenuieren, den
Geschlechtsorganen, in den Verdauungsorganen (Leber, Pankreas), den Nieren,
den Bewegungsorganen (Knochensystem und Muskulatur), in dem autonomen
und vogetativeu Nervensystem, den Sinnesorganen (Auge). Konstant werden
wesentliphe pathologisch-anatomische Befunde nur im innersekretorischen
Drüsensystem erhoben, während sie in allen anderen Organen zuweilen fast
ganz fehlen können. Die Beteiligung der einzelnen innersekretorischen Drüsen
ist eine sehr verschiedene. Konstant scheint die Schilddrüse zu erkranken,
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Myxödem, Akromegalie, Hypophysenerkrankung.
471
sehr häufig jedoch nicht immer, die Thymusdrüse, zuweilen scheinen auch
die Epithelkörperchen und die Hypophyse an der Erkrankung teilzunehmen;
recht häufig werden auch die Nebennieren erkrankt gefunden, öfters auch
die Ovarien nnd manchmal vielleicht auch die Langerhansschen Inseln.
Nach allen bisherigen Beobachtungen ist es für Morbus Basedow» charak¬
teristisch, daß diese Veränderungen in der Schilddrüse, dem Thymus, wahr¬
scheinlich auch in den Epithelkörperchen und der Hypophyse vorwiegend
hypertrophisch-hyperplastischer Natur sind, während in den Nebennieren,
den Ovarien, vielleicht auch den Langerhansschen Inseln atrophisch-hypo¬
plastische Prozesse vorherrschen. Hält man einige pathologisch-anatomische
Veränderungen in den verschiedenen Organsystemen — und zwar gerade
die wichtigsten — zusammen, nämlich diejenigen des innersekretorischen
Drüsensystems, der blutbildenden Organe, des Geschlechtsapparates, so
kommt man zu dem Ergebnis, daß sie alle mehr oder weniger einen infan¬
tilen Typ besitzen, d. h. ihren Status infantilis nachahmen. Allgemein könnte
man also sagen, daß in der anatomischen Grundlage des Morbus Basedow»
eine charakteristische infantile Struktur enthalten ist. Der Morbus Basedow»
ist sehr wahrscheinlich als eine Intoxikation aufzufassen, deren Quelle in
einer Funktionsstörung des innersekretorischen Drüsensystems zu suchen ist.
Nach den bisherigen pathologisch-anatomischen (Jntersuchungsergebnissen
scheint es sich bei dieser innersekretorischen Störuug konstant um eine
Hyperfunktion der Schilddrüse zu handeln, sehr häufig, jedoch nicht immer,
um eine Hyperfunktion des Thymus, zuweilen auch der Epithelkörperchen
und der Hypophyse. Ferner kommt jedenfalls recht häufig eine Hypo-
funktion der Nebennieren vor, öfters auch eine solche der Ovarien, und viel¬
leicht manchmal auch der Langerhansschen Inseln. Wahrscheinlich gibt
es überhaupt keine Basedowsymptome, welche mit Sicherheit nur auf die
Funktionsstörung eines einzigen innersekretorischen Organes, z. B. der Schild¬
drüse, zurückzuführen sind, vielmehr gehört zu ihrem Zustandekommen jeden¬
falls sehr oft, vielleicht immer, eine bestimmte Funktionsänderung mehrerer
Drüsen mit innerer Sekretion. Der Autor zählt zum Schluß auf, welche
Erscheinungen auf die Erkrankung der einzelnen Drüsen zurückzuführen sind.
(Jacobsohn.)
Um die Pathogenese des Morbus Basedowii zu erklären, geht Oswald (66)
vom Hyperthyreoidismus aus. Er umfaßt eine Reihe von Symptomen, deren
Gesamtheit mit dem Basedowsyndrom zweifellos Ähnlichkeit hat, zum min¬
desten als Störung nach der gleichen Richtung aufzufassen ist. Die Symptome
des Hyperthyreoidismus bestehen in Nervosität, Insomnie, Aufgeregtheit,
motorischer Unruhe, Kopfschmerzen, Zittern, Tachykardie, Herzklopfen,
Appetitlosigkeit, Abmagerung, allgemeiner Schwäche, gesteigerter alimentärer
Glykosurie, in seltenen Fällen auch in Exophthalmus und in den deu Basedow
charakterisierenden Lidsymptomen. Die Erscheinungen bleiben dieselben,
ob der Zustand durch Zufuhr von Schilddrüsensubstanz per os, oder infolge
von Einnahme von Jod, oder infolge Verkleinerung der Schilddrüse durch
Röntgenbestrahlung bervorgerufen wird. Nun ist aber von großer Bedeutung,
daß diese Erscheinungen nur bei Personen auftreten, die ein geschädigtes
Nervensystem haben, bei Personen, die man im weitesten Sinne als Neuro-
pathen bezeichnet. Beim Nervengesunden treten sie nicht auf. Berück¬
sichtigt man uuu, daß zwischen dem alimentär erzeugten Hyperthyreoidismus
and dem voll ausgebildeten Basedow ein fließender Übergang besteht, so
liegt es nahe, auch für den typischen Basedow einen extrathyreoidal ge¬
legenen Faktor anzunehmen. Es ergibt sich auch in vielen Fällen von
Morbus Basedow, daß die betreffenden Individuen Jahre vor Ausbruch des
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472
Horbus Basedow, Hyper- und Hypothyreoidismus, Intaotilismus,
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Leidens nervös gewesen sind. Nachdem schon Überempfindlichkeit des
Nervensystems bestanden hat, stellt sich dann die Struma ein. Diese ist
also nach Ostwalds Ansicht ein sekundäres Symptom; die Schilddrüse
kann unter dem Einflüsse nervöser Momente ihr Volumen vermehren. Über
ihre Entstehung gibt der Autor folgendes an: Das Jodthyreoglobulin, der
aktive Bestandteil des Schilddrüsenkolloids, hat die exquisite Eigenschaft,
den Nerventonus zu erhöhen. Wird nuu ein stärkerer Reiz die Schilddrüse
treffen, oder, wie das bei Nerveugeschädigteu der Fall ist, wird das Nerven¬
system auf die gewöhnlichen äußeren uud iunereu Reize intensiver an¬
sprechen und dann in der Drüse einen stärkeren Effekt auslösen, so wird
infolge vermehrter Dilatation der Blutgefäße, also gesteigerter Durchblutung
des Organs, mehr Sekret angescliwemmt werden. Das Nervensystem wird
unter dessen Wirkung seinerseits stärker ausprechen, sein Tonus ist erhöht,
und intensivere Reize treffen wiederum die Schilddrüse. So entsteht ein
Circulus vitiosus. Die entwickelte Auffassung von der sekundären Rolle
stehe auch damit im Einklang, daß es tatsächlich keine einheitlichen ana¬
tomischen Basedowveränderungen in der Schilddrüse gibt. Keines der
histologischen Merkmale hat sich als konstant erwiesen. Was beim primären
Basedow eine sonstige, extrathyreoidal gelegene Schädigung des Nerven¬
systems macht, leistet beim sekundären Basedow die Schilddrüse selbst.
(Jacobsohn.)
In der Beobachtung von Petersen (68) handelt es sich um eine Fa¬
milie, in der sich durch drei Generationen hindurch sowohl bei den männ¬
lichen wie bei den weiblichen Mitgliedern eine Haarerkrankung zeigte, die
überall gleichartig anfing und sich ebenso entwickelte. Dieselbe greift nur
das Haupthaar an, nicht aber die Augenbrauen, Bart usw. Andere krank¬
hafte Zustände sind in der Familie uicht entwickelt. Die Familienmitglieder
werden mit normalem Haarwuchs geboren, auch ist derselbe in den ersten
Lebensjahren regelrecht. Die Veränderung tritt gewöhnlich im Alter von
4 bis 6 Jahren ein; das Haar fällt aus, und der Nachwuchs wird stets heller,
dünner und kürzer, zuletzt ganz farblos. Die Erkrankung endet im Pubcr-
tätsalter oder etwas später mit vollständiger Kahlköpfigkeit. Aus der
schlechten Entwicklung der Glandula thyreoidea bei einigen untersuchten
Familienmitgliedern und aus der erheblichen Besserung des Zustandes nach
Schilddrüsentherapie folgert der Autor, daß Hypothyreoidismus die Ursache
dieser Affektion ist. ( Jacob-ohn .)
Troell (85) zieht anläßlich zweier beobachteten Basedowfälle mit
einseitigen Augensymptomen die Landströmsche Basedowhypothese in Er¬
wägung. Zunächst fand T. bei einer Durchmusterung des ganzen Basedow¬
materials des Seraphiener Lazarettes — 165 Fälle —, daß mindestens
16 dieser Patienten (= 10 %) einseitige Augensymptome darboten. Mit
dieser Tatsache konnte er nun die Landströmsche Theorie nicht in Ein¬
klang bringen. Und zwar nicht, weil der Landströmsche Muskel nicht
existieren sollte, sondern wegen klinisch und experimentell festgestellter Fakta.
Denn einerseits war es nicht zu erklären, warum — nach der Möbiusschen
Schilddrüsentheorie — eine durch die Zirkulation vermittelte Giftwirkung
von der kranken Schilddrüse her zuweilen auf den Halssympathikus nur der
einen Seite beschränkt sein sollte. Und andrerseits ließ sich auch nicht die
zunächststehende Erklärungsraöglichkeit erhalten, daß nämlich die Halssym¬
pathikusreizung (durch welche die Kontraktion des Landströmscheu Muskels
und somit die Augensymptome ausgelöst werden sollten) von einem direkten
mechanischen Druck einer auf der einen Seite des Halses gegen die Tiefe hin
am stärksten ausgesprochenen Vergrößerung der Schilddrüse verursacht
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Myxödem, Akromegalie, Hypopbysenerkrankung.
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würde. Daun, von anderen Umständen abgesehen, wäre es ja unbegreiflich,
warum Pupillenerscheinungen fast wie bei Morb. Basedowii Vorkommen,
während dagegen bei experimentellen, elektrischen Reizungen eines Halssym¬
pathikus stets sowohl Pupillenveränderung als Lidspaltenverminderung auf-
treten. ( Kahlmeter .)
Die ausgedehnten Untersuchungen über Komplementfixation bei Er¬
krankungen der Schilddrüse, welche Miller und Fairbank (56) ausführten,
hatten alle ein negatives Resultat.
II. Hypothyreoidismus. Infantillsmus und Myxödem.
Nach Untersuchungen von Geyelin (27) findet sich eino Hyperglykämie
als häufige Begleiterscheinung des Hyperthyreoidismus. In den mittel-
schweren und schweren Fällen findet man sie iu 90% der Fälle. Ebeuso
ist Glykosurie (spontaue oder alimentärej ein ziemlich konstantes Symptom
bei dieseu Zuständen. Wenn Kranke mit Myxödem mit Schilddrüsenextrakt
gefüttert werden, so zeigen sie oft Hyperglykämie ähnlich den Fällen von
Hyperthyreoidismus, während sie vor dem Schilddrüsengebrauch normale
Blutzuckerwerte darboten. Die diagnostische Bedeutung der verminderten
Kohlehydrattoleranz in Zuständen von Hyperthyreoidismus ist von großer Be¬
deutung, besonders wenn Fieber, Alkoholismus, Asphyxie, Neurasthenie und
Störungen der endokrinen Tätigkeit, bei denen sich das Phänomen auch
zeigt, ausgeschlossen werden können. (Jacobsohn.)
Levy (18) berichtet über den klinischen Befund bei einer 44 Jahre
alten, 103 cm großen Zwergiu, bei der das Ausbleiben der Menses, Fehlen
sekundärer Geschlechtsmerkmale und palpatorisch nachweisbare Ovarien für
gänzliches Fehlen dieses Symptoms sprechen; eine Reihe weiterer Symptome
machen auch das Fehlen der Schilddrüse wahrscheinlich. Verf. glaubt den
Zwergwuchs mit Störungen der inneren Sekretion in Zusammenhang bringen
zu sollen.
Werner f88) gibt eine eingehende Beschreibung einer 125 cm langen
Zwergin mit zahlreichen Mißbildungen; beide Hände haben sechs Finger,
von denen keiner die charakteristische Daumenstolluug hat; die Daumen¬
muskulatur fehlt auf der einen Seite, auf der anderen ist sie andeutungs¬
weise vorhanden. Sehr stark verkürzt sind die Unterschenkel, Tibia noch
kürzer als Fibula, diese ist verdickt und gekrümmt, die Patella nach oben
disloziert. Der linke Fuß hat 8, der rechte 7 Zehen. Yerf. bespricht aus¬
führlich die verschiedenen Theorien, die zur Erklärung dieser Mißbildungen
aufgestellt wurden.
Koch (44) bespricht die verschiedenen Formen des Infantilismus und
schildert einige von ihm beobachtete Fälle.
Korcynski (45) beschreibt ein 15 Jahre altes Mädchen, das körperlich
und geistig sehr zurückgeblieben war; das Befinden des Kindes, das von
einem syphilitisch infizierten Vater abstammte und positive Wassermannsche
Reaktion im Blutserum bot, besserte sich erheblich unter längere Zeit fort¬
gesetzter Behandlung mit Schilddrüsentabletten und zeitweiliger antisyphili¬
tischer Therapie.
Ein junger Mensch von 19 Jahren — Beobachtung von Quadri (72) —,
Kind einer tuberkulösen Mutter, zeigt derartige anthropometrische und psy¬
chische Charaktere, die ihn ohne Bedenken dem Typus des genuinen Infan¬
tilismus mit einem dem Alter von 12 Jahren entsprechenden Entwicklungsgrad
des Körpers zurechnen lassen. Außerdem fand sich bei ihm eine reine
leichtgradige, funktionell ausgeglichene Mitralstenose, eino hämorrhagische
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Morbus Basedow, Hyper^ und Hypothyreoidismus, Iofantilismus,
Diathese (skorbutartige Stomatitis und Zahnfleischentzündung, Anfälle von
Hämaturie), eiu großer chronischer Milztumor ohne Aszites, aber mit
Schmerzanfällen im linken Hypochondrium, eine bedeutende Vergrößerung
der ganzen Leber ohne Ikterus und Cholurie, eine pigmentöse Papilloreti-
nitis. Zwischen dem Infantilismus und den übrigen Erscheinungen bestehen
nicht die Beziehungen von Wirkung und Ursache, sondern sie sind beide auf
eine schwere Schädiguug zurückzuführen, die der Gesamtorganismus in einer
sehr frühen Zeit seiner Entwicklung erlitten hat. ( Jacobsohn .)
Odin (61) konnte in einem Fall von Myxödem, der sich durch eine
ausgesprochene Trägheit in Bewegungen und Sprache auszeichnete, mit
welcher Trägheit die klare Intelligenz kontrastierte, folgende Kleinhirn¬
symptome nachweisen: Katalepsia, Adiadochokinesis, Asynergie, zerebellar-
ataktischer Gang und „mouvements dömesures“ (Babinski). Alle diese
Symptome verschwandeu unter Thyreoideabehandlung gleichzeitig damit, daß
die Myxödemsymptome selbst zurückgingen. In Übereinstimmung mit Söder-
bergh glaubt Verf., daß man in diesen Kleinhirnsyraptomen die Erklärung
für die eigentümliche Art von Myxödempatienten, zu sprechen und sich zu
bewegen, zu suchen hat. Es würde sich dann wahrscheinlich um eine
myxödematöse Intoxikation des Kleinhirns handeln, also um einen rein
somatischen Prozeß und nicht um psychische Veränderungen, wie man sich
die Sache früher vorgestellt hat. ( Kahlmeter .)
Barton (4) berichtet über eine 44jährige Frau, deren Krankheit vor
ca. 4 Wochen mit intermittierend auftretenden Schwellungen an Händen
und Füßen begann; daran schloß sich ein Dickerwerden und steifes Gefühl
an der Zunge, die ihr im Munde vergrößert erschien. Die Haut wurde
trocken, sie hatte eingeschlafenes Gefühl an den Händen. Ihre Sprache
wurde schwer und ihr Gang unsicher, ihr Gedächtnis wurde schlechter und
ihr Vermögen, sich sprachlich auszudrücken, ließ zu wünschen übrig. Die
Untersuchung ergab: Obesitas generalis, dicker Nacken, dicke Lippen, breite
und steife Zunge, Verdickung der Supraklavikularregion, Verdickung der
Hände und Füße und trockene glatte Haut, dickes, breites, ausdrucksloses
Gesicht, etwas verwaschene Sprache; verringertes Gedächtnis für Namen,
sonst keine geistigen Anomalien. Schilddrüsentherapie bewirkte auffallende
Besserung. (Jacobsohn.)
III. Akromegalie und Hypophysenerkrankung.
Meyer (52) bringt eine übersichtliche Beschreibung der bei Akrome¬
galie an der Hypophyse gefundenen makroskopischen und mikroskopischen
Veränderungen und berichtet über einen klinisch und anatomisch unter¬
suchten Fall von Akromegalie; es wurde große Kolloidzyste der Hypophyse
und mikroskopisch außerordentlich starke Vermehrung der eosinophilen
Zellen und Hypophysenvorderlappeu gefunden. Erwähnung verdient auch
die bindegewebige Umwandlung des Hodenparenchyms und das Fehlen jeg¬
licher Spermatogenese. (Patient stand im 37. Lebensjahre.)
Bendell (6) berichtet über einen klinisch beobachteten Fall von Akro¬
megalie; Vergrößerung der Hypophyse ging aus der im Röntgenogramm nach¬
weisbaren Vergrößerung der Sella turcica hervor, der rechte Schilddrüsen¬
lappen war vergrößert; Verdacht auf Beteiligung auch der Nebennieren
wurde durch die übermäßige Hautpigmentierung und die Angabe allgemeiner
Körperschwäche erweckt.
Boyd (10) weist auf das häufige Vorkommen gestörter sexueller Potenz
bei Akromegalie hin.
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Myxödem, Akromegalie, üypophysenerkrankung.
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Leva (47) berichtet über Akromegalieerkrankung bei zwei Vettern, die
er beobachtet hat, berichtet über einige weitere von anderen Autoren be¬
schriebene Fälle von familiärer Akromegalie und bespricht kurz die Patho¬
genese des Leidens; er meint, daß die Ursache nicht in einem bestimmten
Organ (Hypophyse) zu suchen sei, sondern auf neuropathischer, konstitutio¬
neller Anlage beruhe.
Fürth (26) berichtet über das Ergebnis mehrfach ausgeführter Gesichts¬
feldprüfung bei einem Fall von Akromegalie; Verf. fand sehr starken
Wechsel in der Ausdehnung der Gesichtsfeldeinschränkung und meint, daß
große Joddosen, die er einer Patientin gab, das Leiden günstig beeinflußt
hätten.
Adrian (1) beschreibt einen typischen Fall von Akromegalie bei
einem 29 Jahre alten Landwebrmanu, bei welchem sich gleichzeitig mit
dem ersten Auftreteu der landläuflgeu akromegalischen Symptome eigen¬
tümliche Veränderungen der Kopfschwarte in Form von Wulst- und Furchen¬
bildung der Scheitelgegend einstellten. Diese Veränderungen traten bei dem
Kranken ganz spontan auf, ohne daß irgendwelche Ausschläge, schmerzhafte
Eruptionen oder dergleichen auf der Kopfhaut voraugegangen waren, oder
Patient irgendwelche abnorme Sensationen in der Kopfhaut verspürt hätte.
Diese Veränderungen der Kopfhaut glaubt der Autor, trotz ihrer Seltenheit
in seiuem Falle auf Rechnung der Akromegalie stellen zu müssen, weil
beide Affektionen zeitlich genau zusammentrafen, und weil auch beide
Affektionen gleichzeitige Fortschritte machten. ( Jacobso/m .)
Higier (32): 25 Jahre alt, stets gesund, seit einigen Jahren Klagen
über intensive Kopfschmerzen, paroxysmale Amblyopie, Kältegefühl und
allgemeine somatische Hypoplasie. Graziös femininer Körperbau, Gesicht
blaß, pseudoödematös, puerile Höhe und Aussehen entsprechen dem eines
15jährigen Knaben. Keine nennenswerte Abweichung im Bau des Skeletts
und in der Zahnentwicklung. Kein Übergewicht der unteren Körperhälfte
gegenüber der oberen. Breites feminingebautes Becken.
Fettsucht, besonders ausgesprochen am Bauch und den Brustdrüsen
(Gynäkomastia), weniger am Halse. Behaarung am Kopf normal, in den
Achselhöhlen, in der Inguinalgegend und am Mons Veneris minimal. Starke
Aplasie der Genitalien. Facultas coeundi und Libido aufgehoben. Erektion
selten, ohne Ejakulation. Keine bitemporale Hemianopsie, kein Fundus¬
befund, keine Polyphagie und Polydipsie. Harn eiweiß- und zuckerfrei.
Deformation und starke Erweiterung — etwa um das Vierfache — des
Türkensattels. Intelligenz intakt.
Die dystrophischen Erscheinungen, Fettsucht, Behaarungsanomalie,
Genitalaplasie und mangelhaftes Ausgesprocheusein der sekundären Ge¬
schlechtscharaktere lenken die Aufmerksamkeit in der Richtung des Enuchoi-
dismus. Allein das Fehlen der charakteristischen Skelettabweichungen, der
Prädilektionstypus der Fettsucht und der Intelligenzstörungen einerseits, die
genaue Angabe des Auftretens der ersten Krankheitserscbeinuugen und die
intensiven Kopfschmerzen andererseits zwingen zur Diagnose eines Primär¬
leidens nicht iu den Genitalien, wie es beim Enuchoidismus der Fall ist, sondern
in einer anderen Drüse des großen innersekretorischen Systems. Die enorme
Erweiterung des Türkensattels spricht trotz der Abwesenheit hemianopischer
und Fundussymptome mit großer Wahrscheinlichkeit für eine Affektion der
Hypophyse. Das Fehlen in der Anamnese und im Radiogramm eines Hinweises
auf durchgemachte Meningitis serosa (keine Rarefikation und Erweiterung
der Venensulzi am Schädel), die hier und da zirkumskripte Hydrozephalie des
Bodens des dritten Ventrikels mit Ausbuchtung der Infundibulargegend
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476
Cephalea, Migräne, Neuralgien.
hinterläßt, macbt ziemlich wahrscheinlich die Annahme einer benignen Neu¬
bildung in dieser Gegend (Strumahypophysis), die funktionell zu Hypo¬
pituitarismus führt und klinisch die klassische dystrophische Triade ver¬
ursacht, welche von Bartels als Adipositas hypophysaris, von Fröhlich als
Dystrophia adiposogenitalis beschrieben wurde. Trotz der inuigen anta¬
gonistischen Korrelation der endokrinen Drüsen sind hier keine Zeichen einer
pluriglandulären Insuffizienz nachzuweiseu. Bei Abwesenheit schwerer Druck¬
erscheinungen liegt hier vorderhand zum chirurgischen Eingreifen keine
strenge Indikation vor. Patient soll sich in diesen Tagen zum Militärdienst
melden. ( Selbstfwicld .)
In einem von Feer (22) beschriebenen Falle von Lipodysirophia
progressiva haudelt es sich um ein junges Mädchen, welches seit dem 9.
Lebensjahr mehrere Jahre beobachtet werden konnte. Bei diesem Mädchen
fehlte das Fettpolster gänzlich im Gesicht, am Halse, an der Brust, fast
völlig an den Armen, war aber gut entwickelt am Bauch am unteren Teil
des Rückens, auffallend stark in der Glutäalgegend und an den Ober¬
schenkeln in den proximalen lateralen Teilen, auch die Waden waren mit
gutem Fettpolster versehen. Der Übergang der fettlosen Haut des Ober¬
körpers in die fettreiche des Unterkörpers vollzieht sich in einer schmalen
Zone. Vorn reicht die fettarme Haut noch einige Zentimeter über das
Lig. inguinale hinunter, seitlich beginnt die Fettansammluug an den Cristae
ilei, hinten einige Zentimeter über den Cristae ilei. Die Atrophie des Pauni-
kulus ebenso wie die Hypertrophie verhielt sich streng symmetrisch. Die
mikroskopische Untersuchung eines exzidierten Hautstückchens ergab außer
Schwund des subkutauen Fettgewebes nichts Anormales. Auch sonst ergab
die genaueste körperliche Untersuchung keine pathologischen Erscheinungen,
keine Stoffwechselauomalien, keine Veränderungen des Blutes, keine Tuber¬
kulose usw. Der Beschreibung dieses Falles fügt der Autor einen zweiten
von Boissonas beobachteten hinzu. Im ganzen wären bis jetzt 15 Fälle
mit diesem Krankheitsbilde beobachtet •worden, wobei hervorgehoben werden
muß, daß alle 15 Fälle weibliche Individuen betrafen. Der Autor meint,
daß eine Berechtigung bestehe, für die Lipodystrophie eine Erkrankung resp.
eine Beteiligung der Schilddrüse zu vermuten. ( Jacobsohn .)
Cephalea, Migräne, Neuralgien.
Ref.: Dr. Franziska Cordes und Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
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Ceph&lea, Migräne, Neuralgien.
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vortauschendes Krankheitsbild im Kriege. B. kl. W. 52. (49.) 1260.
Cheney (4) gibt Fälle von auf Magenstörungen beruhenden Kopf¬
schmerzen, die sich durch häufig plötzliches Auftreten charakterisieren und
durch Magentherapie genügend beeinflußt waren. Häufig sind sie durch Stuhl¬
trägheit veranlaßt, meist genügt es nicht, nur Abführmittel anzuwenden,
sondern eine eingehende Magenuntersuchung, Regelung der Diät und Lebens¬
weise muß Platz greifen.
Curschmann (6) bringt unter Mitteilung einiger symptomatologischen
Seltenheiten hauptsächlich Belege für die These, daß eine Migräne bisweilen
und wohl selten nur die Teilerscheinung einer allgemeinen vasomotorisch¬
sekretorischen Neurose ist, und daß in manchen Fällen die peripheren
Symptome der letzteren Genese recht stark, den Zerebralsymptomen völlig
koordiniert auftreten können.
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478
Cephalea, Migräne, Neuralgien.
Hunt (12) veröffentlicht eine Anzahl von Migränefällen, in deren
Verlauf Ophthalmoplegien, Hemianopsie, Hemiplegie and Erkrankungen des
Optikus auf traten. (Jacobsohn.)
Rohrer (26) faßt unter Zugrundelegen einer ausführlichen Fall¬
geschichte die Hemikranie als Krankheit auf, die aus dem Zusammenwirken
einer Disposition des Organismus und einer toxischen Noxe entsteht und
unter anaphylaktischen Erscheinungen verläuft.
Prtisik’s (24) Kasuistik zeigt, daß es bei starken Neuralgien des N.
trigeminus nicht nur zu depressiven psychotischen Zuständen kommen kann,
sondern daß sich daneben auch Zustäude der gesteigerten Reizbarkeit, ja
langdauerude Psychosen melancholischen Charakters mit Suizidgedankeu
einstellen können. Es läßt sich denken, daß diese psychotischen Erscheinungen
im engen Zusammenhang mit dem die Neuralgie verursachten Prozesse stehen,
d. h. sie sind entweder gleichen Ursprungs oder ein nebenstehendes Symptom
eines gemeinsamen Grundleideus des Zentralnervensystems. (Jar. Stuchlüc.)
Zur Illustration, daß Inflammationen des paranasalen Sinus heftige
Schmerzen iu der Nasenwurzel, Backe, Oberkieferzähnen, am Processus
mastoideus, Hinterkopf bis in die Schulter verursachen können, wobei sich
auch leichte sensible und Geschmacksstörungen einstellen können, führt Bliss
(3) drei diesbezügliche Fälle au. (Jacobsohn.)
Kaiser (15) berichtet über 6 Fälle von Neuralgie nach Schußver¬
letzungen, und zwar 4 Fälle von Medianus- und 2 Fälle von Ischiadikus-
Verletzung. Die Neuralgien treten peripherwärts vom Schußkaual in den
Nerven auf, der vom Geschoß gestreift ist oder doch im Bereich des Schu߬
kanals freiliegt. Da in keinem Falle eine motorische Lähmung in irgendeinem
Muskelgebiet oder eine anästhetische Zone in der Haut bestand, konnten
die leitenden Nervenfasern bei der Verletzung keinen Schaden genommen
haben. Der Nerv war nicht nur peripherwärts vom Schußkaual in seinem
ganzen Verlaufe, sondern auch noch zentralwärts eine kurze Strecke, bis
zu 5 cm, ausgesprochen druckempfindlich. Außerdem war im Anfänge der Nerv
eine Strecke zentral- und peripherwärts von der Wunde als verdickter Strang
durchzufühlen. Wurde die Stelle, wo der Schußkanal den Nerven kreuzt,
gedrückt, leicht massiert, so entstand ein blitzartig zuckeuder Schmerz in
dem Ausbreitungsbezirk der in dem Netvenstamm geleiteteu sensiblen Fasern.
Die subjektiven Beschwerden, denen gegenüber die Erscheinungen von seiten
der Schußwunde völlig in den Hintergrund traten, bestanden in sensiblen
Reizerscheinungen in den betreffenden Hautbezirken: Parästhesien in Form
von Ameisenlaufen, Gefühl von Pelzigsein, Kribbelu, Taubseiu; stechende,
reißende, bohrende Schmerzen; Hyperästhesie, Wärme und Kältegefühl.
Die Haut zeigte trophische, sekretorische und vasomotorische Störungen:
Rißigwerden, Epidermisschilferung, hydropische Schwellung, Hyperhidrosis
Anidrosis, zyanotische Verfärbung. Diese trophischen Störungen neben der
erwähnten Verdickung des Nerven nahe dem Schußkanal machen es wahr¬
scheinlich, daß neben der einfachen Verwachsung des Nerven mit der Narbe
des Schußkanales, also neben der traumatischen Neuralgie, noch eine vom
Schußkanal aus fortgeleitete leichte Entzündung des Nerven resp. dessen
Scheiden bestand. Dafür spricht auch der Umstand, daß sich die auf die
Neuritis bzw. Porineuritis zurückzuführenden Erscheinungen konstant uud
rascher zurückbildeten als die auf die Nervenverwachsung zu beziehenden.
Der Autor erwähnt noch, daß in allen Fällen die von Kranken spontan
angenommene Entspannungshaltung der Gliedmaßen mit der von Stoffel
für den betreffenden Nerven angegebenen übereinstimmte: bei Affektion
des Medianus Adduktion im Schultergelenk, Beugestellung im Ellbogen-
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Gephalea, Migräne, Neuralgien.
479
gelenk, Pronation des Vorderarms; bei Beteiligung des Iscbiadikus Streckung
im Hüft-, Beugung im Kniegelenk. (.7 acobsohn.)
Deutsch (7) gibt Schutzvorrichtungen für Leute an, die nach Durch¬
schuß der Hand oder des Fußes über außerordentlich starke Narbenschmerzen
klagen, die bei jeder Handberührung (oder Faustmachen) und beim Sieben
aultreten. Die Vorkehrung für die Hand bestand in einer Manschette, in
die ein Aluminiumplättchen eingelegt war, welche die schmerzhafte Höhlung
iiberbrückte; ähnliches wurde an der Höhlung des Fußes durch eine Kork¬
platte erzielt. (Jacobso/m.)
Schüller (31) bezeichnet mit Gamaschenschmerzen häufig bei Offizieren
auftretende rheumatische Schmerzen entlang dem Schienbein, die er auf
Hemmung der Zirkulation im Unterschenkel und Fuß, sowie auf den durch
die Gamasche auf das Schienbein ausgeübten Druck begründet sieht. Die
steife zum Teil noch durch Eisen verstärkte, häufig infolge von Durch-
nässung gefrorene Gamasche dürfte somit eine unzweckmäßige, sogar schäd¬
liche Unterscheukelbekleidung darstellen.
Kronfeld (18) schließt sich in der Deutung der argen Schmerzen,
über welche Soldaten nach langen Märschen und VVitterungseinfiüssen au
den Unterschenkeln zu klagen hatten, ohne daß objektiv etwas Krankhaftes
zu beobachten war, au. Auch er hält diese Schmerzeu für bedingt durch
die unzweckmäßige Bekleidung (Gamaschen). Er schlägt daher eine Fuß-
und Unterschenkelbekleidung vor, wie sie sich für Gebirgstouristen bewährt
hat (Schnürstiefel, wollene Wadenstutzer und Schneebinden). ( Jacobsohn .)
Strasser (35) berichtet über eine Toruisterneuralgie, die im ersten
Drittel des Feldzuges ungemein häufig vorgekommen ist, während sie jetzt
kaum beobachtet wird. Es handelt sich um Leute, die mit „Rheumatismus“
des Rückens eingeliefert wurden. Sio klagten über Schmerzen im Rücken
und in der Lendengegend, und zwar mit folgender Lokalisation: 1. Am 7.
bis 8. oder 9. Dornfortsatz und rechts und links in der langen Rücken¬
muskulatur. 2. Ungefähr 2 cm nach außen von der Synchondrosis sacro-
iliaca rechts und links und 3. läugs des Darmbeiukammes beinahe bis zur
Spina anterior superior. Objektiv sah man am 7., 8 . oder 9. Dornfortsatz
meist eine dunkle, etwa kronengroße Verfärbung der Haut, rechts uud links
davon große Druckschmerzhaftigkeit, die noch von der Längsmuskulatur des
Rückens nach vorn mehr minder weit zu finden war; große Druckschmerz¬
haftigkeit an den unter 2 bezeichueten Stellen rechts und links von der
Synchondrosis und weiter herunter über die ganze Glutealgegeud, dabei in
einigen Fällen ausgesprochene Atrophie des M. gluteus superior und medius,
leichte Herabsetzung der Sensibilität an der Haut daselbst und endlich
Druckschmerz längs des Darmbeiukammes nach vorn. Die Ursache der
gesamten Affektion lag im Druck, den der Tornister mit seinen Knöpfen,
Spangen usw. ausgeübt hatte. Es handelt sich um Druckmyositiden, Druck¬
neuralgien und wohl auch um Druckneuritiden. Der Umstand, daß der Be¬
wegungskrieg der ersten Zeit in den Stellungskrieg übergegangen ist, erklärt
das nahezu völlige Verschwinden der Affektion. ( Jacobfohn .)
Während nach den Erfahrungen von Freund (10) der akute Gelenk¬
rheumatismus bei Kriegsteilnehmern sich selten zeigte, sind typische Neur¬
algien und echte Neuritiden bei ihnen sehr zahleich vertreten. Am häufigsten
sind die unteren Extremitäten betroffen. Die Prognose ist im allgemeinen
günstig, wenn auch die Dauer der Erkrankung verschieden lang ist. Die
große Mehrzahl gehört zur Gruppe des Muskelrheumatismus. Das auf¬
fälligste Symptom ist die Druckempfindlichkeit der Muskeln und des Peri¬
ostes. Schwellungen oder Infiltrate, Verdickungen sind nirgends zu sehen
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480
Cephalea, Migräne, Neuralgien.
oder zn palpieren, zur Entwicklung von Schwielen kommt es nicht Sehr
hochgradig sind in vielen Fällen die Bewegungsstörungen. Die Gelenke sind
meistens frei. In ganz schweren Fällen sind die Kranken ans Bett gefesselt.
Auch im Stadium der Rekonvaleszenz klagen die Patienten über hoch¬
gradige Schwäche und Ermüdbarkeit. Muskelatrophie ist selten; Schmerz¬
attacken fehlen, der Zustand ist ein mehr stabiler, ein Wechseln und Wandern
der Schmerzen tritt wenig zutage, auch fehlt die Abhängigkeit vom Wetter.
Das Allgemeinbefinden ist gewöhnlich nicht gestört. Alle Patienten waren
der Einwirkung von Nässe und Kälte ausgesetzt gewesen. Der Verlauf war
iu allen Fällen ein sehr schleppender. Die wichtigste Komplikation resp.
Kombination war die mit direkten Erfrierungen verschiedenen Grades. Der
Autor glaubt, daß bei diesen Fällen der rheumatischen Erkrankungen eine
Schädigung der sensiblen und motorischen Endapparate stattfindet. Der
Autor bespricht dann noch die therapeutischen Maßnahmen, die bei diesen
Fällen in Anwendung kamen. ( Jacobsohn .)
Bei einer Studentin — Beobachtung von Kyger (19) —, welche an
immer heftiger sich gestaltenden Armschmerzen litt, fand sich eine Halsrippe
als Ursache. Die Operation führte Heilung herbei. (Jacobsohn.)
Podmancizky (23) berichtet Uber im Anschluß an Thoraxschüsse oder
Brustkorbtraumen auftretende Interkostalneuralgien. In der Therapie wurde
neben dem gebräuchlichen mit gutem Erfolg das Emplastrum Belladonnae
verwertet, ebenso die Immobilisation durch gewöhnliche Heftpflasterstreifen.
Jagaet (13) konnte unter 300 Patienten seines schweizerischen Militär¬
lazaretts 35 Fälle sammeln, in welchen die Patienten über eigenartige Ab¬
dominalschmerzen klagten. Die Hauptklage dieser Patienten bilden Schmerzen
im Epigastrium oder in der Nabelgegend. Die Schmerzen treten meist in
wechselnden Anfällen auf. Sie werden als Druck, seltener als Brennen oder
Reißen geschildert. Bei großer Intensität geben die Patienten ein Aus¬
strahlen nach dem Rücken und nach den Seitenflächen des Abdomens aD.
In den Zwischenperioden sind die Patienten nicht vollständig frei, sondern
klagen über ein beständiges, unbehagliches Druckgefühl im Epigastrium.
Ein regelmäßiger Zusammenhang der Schmerzen mit der Nahrungsaufnahme
ließ sich nicht feststellen, ln einer ganzen Reihe von Fällen wurden als
schmerzbegünstigeude resp. -veranlassende Faktoren angegeben: Das Reiten
bei Kavalleristen und Trainsoldaten, das Fahren auf der Protze bei Kano¬
nieren, lange ermüdende Märsche mit voller Packung und der Druck des
Leibgurtes bei Infanteristen. Die objektive Untersuchung ergab in sämt¬
lichen Fällen das Bestehen einer Reihe von fixen Punkten mit lebhafter
Schmerzempfindlichkeit auf Druck. Am konstantesten empfindlich war der
Druck im Epigastrium, ferner ein Punkt in der Linea alba, etwa zwei Finger
breit oberhalb des Nabels, sowie tiefer Druck unterhalb des Nabels gegen
das Promontorium. Ebenso wurde der Druck am äußeren Rande der Mus-
culi recti abdominis im Mesogastrium gegen die Wirbelsäule schmerzhaft
empfunden. In allen Fällen wurden auch mehr oder weniger ausgedehnte
Zonen mit Hyperästhesie der Haut und des Abdomens Hyperalgesie
der Bauchmuskeln gefunden. Die Hauthyperalgesien befanden sich meistens
im Mesogastrium seitlich der Mittellinie, ein- oder doppelseitig und bildeten
Zonen bis zur Handgröße. Außerdem fanden sich Druckspannungen der
Bauch- und Rückenmuskeln. Affektionen des Magendarmkanals lagen in
keinem Falle vor. Der Autor, sich an die Darstellung von Buch haltend,
neigt dahin, diese Zustände als eine Neuralgie des Sympathikus zu halten.
Jaquet stellt sich den Vorgang der Schmerzauslösung folgendermaßen dar:
Der Druck des Gurtes auf die Abdomenmuskulatur ruft reflektorisch einen
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Cephalea, Migräne, Neuralgien.
481
Gegendruck in Form einer vermehrten Spannung der Muskulatur zur Ver¬
hinderung einer Einschnürung uud einer Kompression der Eingeweide
hervor. Ebenfalls erfordert die stramme Haltung eine Fixierung der Wirbel¬
säule durch Anspannung der Rücken- und Lendenmuskulatur. Bei diesen
Retiexen sind sowohl das sensible wie das motorische Neuron tätig. Der
sensible Impuls muß in dem Maße zunehmen, als infolge der Neigung zur
Ermüduug der Muskeltonus nachzulassen droht. Auf diese Weise tritt, wenn
die Anstrengung lange Zeit gedauert hat, ein Überreizungszustand der
spinalen Zentren ein, der schließlich so stark werden kann, daß normale
sensible Reize als Schmerzen empfunden weiden. Das Mitergriffensein des
Sympathikus würde seine Erklärung in der Tatsache finden, daß die Rami
communicantes des Lendensympathikus durch die Musculi psoas uud die
Sehnenansätze hindurchtreten. ( Jacobsohn .)
Randolph (25) berichtet über einen Patienten, welcher an Ischias ge¬
litten hatte, als dessen Ursache ein entzündeter lang ausgedehnter Blinddarm
anzusehen war. Bei der Operation sah man, daß das verdichtete Ende des
entzündeten Blinddarmes bis zur Wirbelsäule reichte und hier den Lumbo-
sakralwurzeln auflag. ( Jacobsohn .)
Die Unilateralität der Ischias bezeichnet Csiky (5) als eine charak¬
teristische Erscheinung der wahren Ischias, die Doppelseitigkeit spricht
gegen die wahre Ischias. Von diesem Grundsätze ausgehend müssen wir an¬
nehmen, daß eine solche Schädigung den Ischiadikus treffen muß, welche
dann wirksam ist, wenn sie deu Nerv bloß halbseitig trifft. Diese Schäd¬
lichkeit ist das schlechte Sitzen, welches namentlich dann schädigt, wenn
das Körpergewicht bloß auf dem einen Ischiadikus lastet. Dies ist der Fall
insbesondere beim schiefen Sitzen, beim Schreiben, wobei eine Kriebelemp-
findung eine ganz akute Ischias andeutet; die öftere Schädigung dieser Art
verursacht einen ncuritischen Prozeß im Nerven; darum sehen wir so häufig
die Ischias bei den auf harter Unterlage schlafenden Kriegern. Unser Be¬
streben muß darauf gerichtet sein, den Kranken zum riebtigeu Sitzen an¬
zuspornen und einen öfteren Sitzwechsel hervorzurufen. Der Sitz des Leidens
ist nicht an einem beliebigen Punkt des Nerven zu suchen, sondern in der
nächsteu Nähe des Tuber ischii. Eine bewährte Therapie ist das gewöhn¬
liche Bügeln des Nerven bei Bauchlage oder Seitenlage (auf der gesunden
Seite) des Kranken. Der mit Leintuch und Decke bedeckte Nerv wird dann
mit einem möglichst heißen Bügeleisen ca. 1 / 2 —1 Minute an einer Stelle
gebügelt, bis ein unerträgliches Gefühl der Hitze entsteht; eine Behandlung
soll 10 Minuten dauern, jeden oder jeden zweiten Tag wiederholt werden.
Am besten ist ein elektrisches Bügeleisen. ( Hndovernig .)
Nach Erfahrungen Blind’s (2) kommen im Kriege reine Ischias¬
erkrankungen häufiger vor, wie iin Frieden, wo mehr die symptomatische
Form beobachtet wird. Die Aussichten der Ischiasbehandlungen im Kriege
sind daher günstiger. ( Jacobsohn .)
Zuelzer (36) beschreibt das klinische Bild der Reizung des N. pudendus,
welches er im Felde sehr oft zu beobachten Gelegenheit hatte. Die Pa¬
tienten klagen über einen außerordentlich häufigen Urindrang, verbunden mit
schmerzhaftem Druck in der Blasengegend und Schmerzen beim Urinlassen.
Der Urin ist ausnahmslos klar, sauer, frei von Eiweiß, ohne Sediment. Die
einzelnen entleerten Urinportionen sind gering (20—100 ccm), kein tropfen¬
weises Entleeren des Urins. Das überempfindliche Hautgebiet, welches mit
der Nadel abgegrenzt werden kann, umgrenzt den Damm rhomboidartig. Die
Vorderspitze des Rhomboids liegt 2—3 Querfinger über der Symphyse. Die
hintere Spitze liegt etwas unterhalb des Os sacrum, etwa in der Mitte der
Jahresbericht f. Neurologie n. Psychiatrie 1916. 31
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482
Trauma und Nervenkrankheiten.
Nates, ungefähr in Afterhöhe. Die seitlichen Spitzen liegen seitlich vom
Damm, etwa handbreit entfernt an der Innenseite des Oberschenkels. Die
Behandlung des Leidens entspricht derjenigen einer Neuralgie. Diese Nervus
pudendus-Neuralgie kann geradezu als eine Schützengrabenerkrankung be¬
trachtet werden. ( Jacobsolm .)
Trauma und Nervenkrankheiten.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
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3. Anton, G., Über psychische Folgen von Kopfverletzungen mit und ohne Gehi ner-
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4. Aronado, Akromegalie nach Schädeltrauma. V. B. d. D. m. W. S. 1356.
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7. Derselbe, Wirkung einor Nahschuß Verletzung des Ohres, ebd. p. 442 (Sitzungs¬
bericht.)
8. Derselbe, Das Romberg-Phänomen bei traumatischer Neurose (Schrapnellneurose)
ebd. p. 209. (Sitzungsbericht.)
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10. Bergl, Klemens, Doppelseitige reflektorische Pupillenstarre nach Schädeltrauma und
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11. Beyer, Ernst, über die Bedeutung der Rentenhöhe bei der Entstehung der Renten¬
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12. Billström, Jakob. Alkoholismus inflytando pä förloppet av olycksfall. Nägra syn-
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13. Bing, Robert, Pathogenese, Prophylaxe und Begutachtung psychonourotischer Unfall¬
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25. Drehschmidt, H., und Leppmann, Friedlich, Vergiftung durch Blausäure und
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26. Engel, Hermann, Gerichtliche Bestrafung eines Unfallverletzten wegen Simulation
und Sachbeschädigung. M. Klin. No. 6. p. 177.
27. Derselbe, Raynaudsche Krankheit nicht als Unfallfolge anerkannt, ebd. No. 27.
p. 757. (Titel besagt den Inhalt.)
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Trauma und Nervenkrankheiten.
483
28. Enge len, Beurteilung der Persuasion. (Unter Bezugnahme auf dio Kriegs neurogen
und Unfallneuroßen.) Ärztl. Sachveret.-Ztg. No. 14—15. p. 157, 171.
29 Derselbe, Untersuchung^hema für Unfallneurosen. ebd. No. 18. p. 207.
30. Derselbe, imd Rangetto, Dio Grundlagen der Assoziationspsychologie. ebd. No. 18.
p. 205.
31. Dieselben, Nachweis von Rentenbegehrungen durch das Assoziation^experiment. ebd.
No. 21.
32. Dieselben, Methodik der Assoziationsversuche bei Unfallneurosen. ebd. No. 20.
S. 229.
33. Dieselben, Das Aufgabebewußtsein bei Simulation, ebd. No. 23.
34. Epstein. Joseph, Diabetes insipidus nach Trauma. Dissert. Leipzig.
35. Fauser, Einige Bemerkungen über Psychosen und Neurosen, die durch Schreck Wirkung,
Granatexplosion, Luftdruck. überhaupt ohne gröberes körperliches Trauma entstanden
sind. Korr.-Bl. f. Württ p. 218. (Sitzungsbericht.)
36. Foilchenfold, Leopold, Über die Mechanisierung der Begriffe in der Unfallversicherung.
Ärztl. Sachvorst.-Ztg. No. 17. p. 193.
37. Ferreri, G., Traumi di guerra delU orecchio. Policlinieo. Aug. 22. XXII. No. 34.
38. Flesch, Julius, Nervöse Störungen nach Kriegsverletzungen mit Simulation und
Aggravation. W. kl. W. p. 192. (Sitzungsbericht.)
39. Förster, Der Krieg und die traumatißchen Neurosen. Mschr. f. Psych. 38. (1/2.) 72.
40. Fr i e d I and er, Bruno Walter, Dio Schädigungen des Gehörorgans durch Schußverletzung.
Dissort. Breslau.
41. Fried.änder, Julius, und Löwenstoin, Kurt, Zerebellare Symptomonkomploxe nach
Kriegsverletzungen. — Erwiderung auf vorstehende Mitteilung. Nourol. Zbl. No. 21.
S. 813.
42. Friedlaender, Walter, Dio Schädigungen des Gehörorgans durch Schußwirkung.
Arch. f. Ohren-, Nasen- und Kohlkopf hlk. 98. (2/3.) 158.
43. Fries, F., Soldat mit apraktischon Störungen nach Schädeltrauma. Jb. f. Psych.
35. 397. (Sitzungsbericht.)
44. F roehlich. E., Über einen Fall von Schreibkrampf als behauptete Unfallfolge. Ärztl.
Sachver. t.-Ztg. No. 14. p. 163. (Nichts Wesentliches.)
45. Fuchs, A., Kriegsverletzungen, tonische und klonische Krämpfe funktioneller Natur
nach Verletzungen. Jb., f. Psych. 35. 397. (Sitzungsbericht.)
46. Fürnrohr, Fall von Schütteltremor infolge Granatexplo, ionsshock. V. B. d. D. m.
W. S. 1176.
47. Garthe, Fälle von Schreckneurosen. Korr.-Bl. f. Württ. p. 219. (Sitzungsbericht.)
48. Gaupp, R., Die Granatkontusion. Beitr. z. klin. Chir. 116. (3 ) 277.
49. Gei pol, P., Tod als Unfallfolge zehn Jahre nach Schädeltrauma. Ärztl. Sachverst.-
Ztg. No. 15. p. 169.
50. Ger vor, A. V., Traumatic W T ar Neurqp.ychos.e.:. Russky Vrach. Oct. 10.
51. Gezelle Meer bürg, G. F.. Quelques ob.ervations sur rinfluence des traumatismes
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52. Goldmann, J., Gehör Verlust durch eine Granatexplosion. Mschr. f. Ohrenhlk. p. 211.
(Sitzungsbericht.)
53. Derselbe, Zwei Fälle von Detonationssehworhörigkcit. ebd. p. 382. (Sitzungsbericht.)
54. Goldmann. R, Streifschuß am Hintorkopf mit beiderseitiger fortschreitender
Akustikusdegeneration und Roaktionsbowogungon nach der weniger betroffenen
Seite, ebd. S. 505. (Sitzungsbericht.)
55. Derselbe, Vollständige Ausschaltung dos Labyrinths als Folge des Kopftraumas und der
chronischen Mittelohroitorung. ebd. S. 505. (Sitzungsbericht.)
56. Derselbe, Schädigung dos. inneren Ohres durch Kopfverletzungen vom militärärztlichon
Standpunkte. I). Militärarzt. No. 15. p. 250.
57. Görres, über Dystrophia musculorum progressiva und Unfall. Mschr. f. Unfallhlk.
22. (3.) 65.
58. Gregor, (Iranatkontusion mit ausgedehntem amnestischen Defekt. M. m. W. p. 1055.
(Sitzungsbericht.)
59. Gumpertz, Karl. Beiträge zur Kenntnis dor Norvonschädigungon durch Kriegsereig¬
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60. Gutzmann, H., Störungon der Stimme und Sprache. V. B. d. 1). m. W\ 41. 1585.
61. Hardenbergh, Daniol B., Traumatic Hystoria; Trauma tho Cause or Uccasion? Med.
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62. Haselberg, von, Die Renten für Augonvorletzto und Erblindete. Wsclir. f. Thor. u.
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63. Haubold, H. A., Cerebral Trauma and Acute Dilatation of Stomach. New York M.
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484 Trauma und Nervenkrankheiten.
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Kortikale Interosseu; lähmung und rogmentale Sensibilitätslokalisation. Verhandl. d.
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65. Derselbe, Vier schwere Schußvorlotzungen der Halswirbolsäule mit Läsion des Rücken¬
markes, der Häute und der Wurzeln, auf konservativem Wege geheilt, ebd. CXI. p. 48.
66. Hi 1 debrandt, Kurt, Zum Streit über die traumatische Neurose. Neurol. Zbl. No. 19
S. 715.
67. Hoff mann, Rudolf, Detonationslabyrintho. en. M. m. W. No. 37. S. 1269. F. B.
68. Hopmann, Fritz, Diabote.; und Trauma. Dis;.. Bonn.
69. Horn, Paul, Uebor die neuere Rechtssprechung bei Unfallnourosen mit besonderer
Berücksichtigung der Entscheidungen des Relchsgorichts und de.j Reichsversicherungs-
amte.'. Berlin. Richard Schootz. u. Ärztl. Sachverst.-Ztg. No. 4—5. p. 37, 52.
70. Derselbe, Über Nervenleiden nach Unfall und Arteriosklerose bei einem tödlich ver¬
laufenen Fallo mit Rontonansprüchen der Hinterbliebenen. Mschr. f. Unfallheilk.
22 . ( 1 .) 2 .
71. Derselbe, über Schreckneurosen in klink.chor und unfallrechtlichcr Beziehung. Dtsch.
Zschr. f. Norvvnhlk. 53. (5.) 333.
72. Derselbe, Zur Heilbarkeit der Schreckneurosen nach Abfindung. Zschr. f. Bahn- u.
Bahnkassenärzte. No. 9.
73. Derselbe, Zur Nutzbarmachung erhaltener und wiedergewonnener Arbeitskraft bei
Unfallneuroson. Ärztl. Sachv.-Ztg. 21. (22/24.) 253, 266, 279.
74. Dorselbo, Zur Begutachtung nervöser Unfallfolgen. M. m. W. 62. (51.) 1745.
75. Derselbe, Über die Prognose der Unfallnouro.on. Fortschi*, d. M. 33. (6.) 53.
76. Derselbe, Über Sonnoastieh mit organischen Symptomen. D. Zschr. f. Nervenhlk.
54. (4.) 269.
77. Homoy, Karen, Ein kasuistischer Beitrag zur Frage der traumatischen Psychosen.
Diss. Berlin.
78. Hosomann, Zur Begutachtung von Schußverletzungon im Kriege. (Selbstverstümme¬
lung!). Ärztl. Sachverst.-Ztg. No. 6. p. 62. (Nichts Nourologisches.)
79. Jontsch, Emst, Die Schrocknouroto Claude Lorraina. Psych.-neur. Wschr. 17.
(39,40.) 227. (S. Kapitel: Allgemeine Symptomatologie der Geisteskrankheiten.)
80. Jelly, Ph., Ueber die Dionstfähigkeit und Rentenfrage bei nervenkranken Soldaten.
M. m. W. 62. (50.) 1714.
81. Josue 0., ot Hoitz, J., Oho- extrasystoliquo.; provoqueos par lai exorcices physique*
chez un roldat prorentant des kVions multiplem der. nerfs craniens, Arch. des mal. du
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82. Joubert, C., Ovganic Paraplegia from Explosion of Large Shell Without Extemal
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83. Kaers, Bilateralo nukleäre Hvpoglosauslähmung und Parese beider Arme m.ch Unfall.
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85. Kavplus, P., über Granatkontusionen. Jb. f. Psych. 35. 397. (Sitzungsbericht.)
86. Derselbe, Ueber Er krank urigen nach Granatoxploaionen. W. kl. W. No. 6. p. 145.
87. Kleeblatt, F., Diabolos insipidus nach Schädel Verletzung. M. Klin. No. 38. p. 915.
88. Kohlhaas, KontiL.ion der linkon Schläfongegond, Erweichung® horde der Rinde des
linken Schläfenlap|)ons. Kon* -Bl. f. Württ. Bd. 85. p. 213. (Sitzungsbericht)
89. Kopfverletzung, Über den Zusammenhang einer psychischen Erkrankung mit oiner
vor längerer Zeit erlittenen Kopfverletzung. Erkenntnis des Schiod? gericht.s d. Arbeiter-
unfallversicherung in Graz vom 22. Juli 1914. Cu 237/14/7. W. m. Bl. No. 13. p. 151.
90. Kortoweg, J. A., Dio Folgen dor Schulter Verrenkung und ihrer Nachbehandlung.
Med. statistische onderzoekingon der Rijksverzeke.ngsbank I.
91. Krauss, Geiste-krankheit und Betriebsunfall, ursächlicher Zusammenhang verneint.
Mschr. f. Unfallhlk. No. 4. p. 101.
92. Derselbe, Sklerodermie und Unfall. Fortschr. d. M. 33. (2.) 17. (Unfallrentensache.)
93. Krebs, G., Ohrbeschädigungen im Felde. M. m. W. No. 10. p. 347. F. B.
94. Laohr, Hans, Ein Fall von Unfallnourose. Allg. Zschr. f. Psych. 72. (2.) 134.
95. Ledderhoso, Funktionelle Lähmung das rechten Peroneus. V. B. d. D. m. W. p. 1056.
96. Leppmann, Friedlich, Symmetrische Gangrän als Unfallfolgo. Ärztl. Sachverst.-Ztg.
No. 8. p. 85.
97. Mann, Ludwig, Funktionelle Störungen nach geringfügiger Schuß Verletzung re»p. nach
Typhus. V. B. d. D. m. W. S. 1235.
98. Derselbe, Über Granatoxplosionsstörungen. M. Klin. No. 35. p. 963.
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Relation to Employers Liabilitv Act and Workmanns Compensation Act. Arizona M.
J. Aug. III. No. 7.
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Trauma und Nervenkrankheiten.
485
100. Mayer, Zwei Fälle phychogen bedingter Kontrakturen nach Verletzung. W. kl. W.
28. 1365. (Sitzungsbericht.)
101. Mayer, Otto, Ein Fall von zerebollaren Ausfallserscheinungen nach Schädeltrauma.
Mschr. f. Ohrhlk. 49. 715. (Sitzungsbericht.)
102. Dorfelbe, Taubstummheit nach Granatexplosion, ebd. 49. 713. (Sitzungsbericht.)
103. Meisner, Anpe^sung Ärztl. Sachv.-Ztg. No 22. S. 257.
104. Meyer, E., Funktionelle Nervenstörungen bei Kriegsteilnehmern nebst Bemer¬
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105. Me vor zum Gott es berge, Das akustische Trauma. Axch. f. Ohren-, Nasen- und
Kehlkopfhlk. 98. (2/3 ) 152.
106. Milligan, M., and Westmacott, F. H., Warfare Injuries and Neuroses. J. of Laryng.
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107. Naogeli, Ueber die Entschädigung der Kriogsnourosen. M. m. W. 1916. 63. 204.
(Sitzungsbericht.)
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J. m£d. de Brux. 1914. No. 11.
109. Neubor, Carl Emst, Übor Neurosen nach elektrischen Unfällen. Diss. Kiel.
110. Nonne. M., Lokale Hysterie: Kombination von organischen Schäden mit Hysterie.
M. m. W. p. 159. (Sitzungsbericht.)
111. Derselbe, Hysterie und Kriegs träumen, obd. p. 375. (Sitzungsbericht.)
112. Derselbe, Traumatircho Neurose als Folgeerscheinung von Kriegsbeschädigungen.
Psych.-neur. Wschr. 17. (33/34 ) 191.
113. Dorsolbe. Soll man wieder „traumatische Neurose* 4 boi Krieg»verletzten diagnostizieren?
M. Klin. No. 31. p. 849.
114. Do;\,elbe, Soll man wieder „traumatische Neurose“ bei Kriegs vorletzten diagnostizieren?
(No. 31 dieser Zeitschrift.) ebd. No. 34. p. 948.
115. Oppenheim, Horm?,nn. Die Neurosen nc>ch Kriegsverletzungen. Neurol. Zbl. No. 21.
S. 810.
116. Derselbe, Bemerkung zu dem Aufsatzo Nonne»: „Soll man wieder ,traumatische Neu¬
rose 4 bei Kriog» vor letzten diagnostizieren ?“ M. Klin. No. 33. p*. 920.
117. Derselbe, Zur traumatischen Neuroso im Kriege. Nomoi. Zbl. No. 14. p. 514.
118. Derselbe, Der Krieg und die traumatischen Neurosen B. kl. W. No. 11. p. 257.
119. Paal, Chronische Gehirnhautentzündung (Pachymeningitis und Unfall) an der Hand
eine» ärztlichen Gutachtens erläutert. Mschr. f. Unfallhlk. 22. (4.) 97.
120. Pfenningor, W.. Verletzungen und Samariterhilfo. Mit einem Kapitel über nervöse
Beschwerden nach Verletzungen. Zürich. Schulthess & Co. (Buch für Kranken¬
wärter. )
121. Pietrzikowski, Eduard, Kriegsverletzte und Erwerbsfähigkeit. Prag. m. W. No. 15.
p. 167. (Nichts Wesentliche».)
122. Piotrowski, Drei Fälle von traumatischer Neurose. Neurol. Zbl. p. 591. (Sitzungs¬
bericht.)
123. Pirie, G. A., Some Injuries Caused by Bullet». Aich, of Radiol. July. XX. No. 2.
124. Poppel reut er, Walther, Über psychischo Ausfallserscheinungen nach Hirnver¬
letzungen. M. m. W. No. 14. p. 489. F. B.
125. Quendel. F. de, Bergmannswohl, Unfall-Nervenheilanstalt der Knappschafts-Berufs-
gonossere chaft Schkeuditz (Bezirk Hallo a. S.). Jber. 1914.
126. Quervain, F. de. Zum Unterricht in der Unfallmedizin. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte.
No. 19. p. 575.
127. Quix, F. H., Gleichgewichtsstörung nach Gewaltwirkung auf den Kopf. Mschr. f.
Ohrhlk. 49. 551. (Sitzungsbericht.)
128. Rieger, Kurt, Zur Symptomatologie der traumatischen Geistesstörung. Dis». Würz¬
burg.
129. Rigler, Ueber die Versorgung Unfallverletzter und da» „Landheim Eberstadt 4 . Zschr.
f. Versichergsm. 1914. 7. (11/12.) 265.
130. Rings, Diabetes und Trauma. M. Klin. No. 16. p. 458.
131. Roemhoid, L., Ueber homolateralo Hemiplegien nach Kopfverletzungen. M. m. W.
No. 17. p. 600. F. B.
132. Römer, C., Ueber die Pathogenoso des Sonnenstichs. Mschr. f. Psych. 37. (2.) 104.
133. Rüge, Karl, Ist Ersticken jodesmal ein Unfall? Eino Reichsgericht.- .Auffassung. Ärztl.
Sachv.-Ztg. 21. (24.) 277.
134. Rülf, Astereognosio nach Schädelverletzung. V. B. d. I). m. W. p. 875.
135. Saengor, Über die Arbeitsfähigkeit nach Schußverlotzungen dos Gehirns. Arch. f.
P>ych. 56. 358. (Sitzungsbericht.)
136. Derselbe, Ueber die durch den Krieg bedingten Folgezu,Stände im Nervensystem.
M. m. W. No 15—16. p. 521, 562. F. B.
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486
Trauma und Nervenkrankheiten.
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139. Schic kl er, Über die Wirkungen des Erdbebens vom 16. November 1911 auf Gesunde
und Kranke in Württemberg. K^rr.-Bl. f. Württ. 85. 48, 49, 50.
140. Schilling, K., Die nervösen Störungen nach Telephonunfällen. Zsohr. f. d. ges. Neur.
29. (3/4.) 216.
141. Schlesinger, Eugen, Uober Schädigungen des inneren Ohres durch Geschoßwirkung.
M. Klin. No. 19. p. 533.
142. Sohle, inger, Hermann, Hochgradige retrograde Amnesie nach Gehimverletzung.
W. kl. W. 28. 1329. (Sitzungsbericht.)
143. Sohmidt, W., Die psychischen und nervösen Folgezuständo nach Granatexplosionen
und Minenverschüttangen. Zschr. f. d. ges. Nourol. 29. (5.) 514.
141. S c h ö n b o r n, Psychogene Lähmung der Hand nach Schuß Verletzung. M. m. W. p. 422.
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145. Schröder, P.. Traumatische Psychosen. Mschr. f. Psych. 38. (4.) 193. (S. Kap.:
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146. Derselbe, Geistesstörungen nach Kopfverletzungen. Für Neurologen und Chirurgen.
Stuttgart. F. Enke. (S. Kapitol: Allgemeine Symptomatologie der Geisteskrank¬
heiten. )
147. Schüller, Artur, Kriege kasuistische Mitteilungen. D. Militärarzt. No. 20. p. 325.
148. Seelert, Hans, Über Neurosen nach Unfällen mit besonderer Berücksichtigung von
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149. Siebenmann, AkurLsohes Trauma und persönlicher Schutz gegen professionelle
Schwerhörigkeit. Cjrr.-Bl. f. Schwoizer Ärzte. No. 13. p. 385.
150. Simon::. Kopfschuß. Verlöt zung der hinteren und vorderen Zentral Windung und des
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151. So liier. 1\, und Chartier, M., Commotion from Explosion and its Consequences for
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152. So uk h ano f f, S. A., Encephalomyolopathia aero-traumatica r. Neuropathia e contusione
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153. Strassmann, Schädel Verletzung oder Trunkenheit? M. Klin. No. 24. p, 667.
154. Studley. F. C., Prognosis in Traumatic Neuroses and Psychoses. Wisconsin M. J.
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156. Derselbe. Progressive spinale Muskelatrophie als Unfallfolge, an einem ärztlichen Gut¬
achten erläutert, ebd. 22. (3.) 72.
157. Derselbe, Tuberkulöse Hirnhautentzündung durch Quetschung eines tuberkulösen
Nobenhodens hervorgerufen. An einem ärztlichen Gutachten erläutert, ebd. No (3.
p. 176.
158. Derselbe. Der derzeitige Stand der Anschauungen über die Ursachen der Schlagader*
wandverhärtung (Arteriosklerose), ebd. No. 7. p. 201.
159. Derselbe, Hirnerwoiehung (Enzephalomalazio) nach einem Schlaganfall, an einem
ärztlichen Gutachten orläutort. ebd. 22. (11,) 338.
160. Derselbe, Unfallheilkunde. Jk. f. ärztl. Fortbldg. Sept. p. 15.
161. Trömnor, Fall lokaler traumatischer Hysterie. Neurol. Zbl. p. 415. (Sitzungs¬
bericht.)
162. Urbantschitsch, Ernst, Spätaffektion des Labyrinths bzw. des Hömerven nach
akustischem Trauma. Mschr. f. Ohrenhlk. p. 269. (Sitzungsbericht.)
163. Wagnor v. Jauregg, Nervöse Störung nach leichtem Schrapnollsohuß am Rücken.
W. kl. W. p. 190. (Sitzungsbericht.)
164. Weber, H., Fall von Motilitätsneurose. M. m. W. 1916. 63.391. (Sitzungsbericht.)
165. Derselbe, Funktionolle ataktische Sprachstörungen bei Tangentialschuß, ebd. 1916.
63. 499. (Sitzungsbericht.)
166. Weber, L. W., Über Granatkontusionen (Gaupp). Ärztl. Sachv.-Ztg. No. 19. p 181.
167. Dorsolbo, Zur Entstehung der Unfallnourosen. M. in. W. No. 12. p. 400.
168. Weil, E., Ueber Kriegs;ohädigungon der Ohren. M. m. W. 62. (48.) 1661. F. B.
169. Weissenfels, Gerhard, Hoine-Medinsche Krankheit und Trauma. Diss. Greifswald.
170. Welz, A., Über den Einfluß von Traumen auf die Entstehung von Glykosurie und
Diabetes. Mschr. f. Unfall hlk. 22. (9.) 257.
171. Westphal, A., Über Augensymptome in einem Falle von traumatischer Hvsterie.
V. B. d. D. m. W. S. 1202.
172. Derselbe, Hysterische Taubstummheit bei Kriegsteilnehmern, ebd. 41. 1561.
173. Westphal, A., Hörstummheit, ebd. 41. 1561.
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Trauma und Nervenkrankheiten.
487
174. Weygandt, Schwerer Berufeunfall durch Zertrümmerung des Schädels, von Himteilen
und des linken Auges durch einen eisernen Maschinenteil. Neurol. Zbl. p. 620.
(Si. zungsbericht.)
175. Derselbe, Psychose auf Grund von Himtrauma und Blutungen, ebd. p. 621. (Sitzungs¬
bericht.)
176. Wiogand, Hertha, lieber Granatkommotionsneurosen. Diss. Freiburg i E.
177. Wiener, E., Hitzschlag und Sonnenstich. W. kl. W. No. 26. p. 721.
178. Wiener, O., Traumatische spastische Hemiplegie. Fortschr. der M. No. 51. p. 1128.
179. Wilde, A., Akute Knochenatrophie nach Unfall. M. Klin. No. 20. p. 569. (Nichts
Neurologisches.)
180. Williams, T. A., Neurotic Disturbances after Accidents in Relation to Workmans
Compensation. New York M. J. Jan. No. 3.
181. Derselbe, Compensation cf W T orkmen and Others for „Neurosis“ Following Accident.
New Orleans M. and S. J. June. LXVII. No. 12.
182. Wellenberg, R., Rumination als angebliche Unfallsfolge. M. m. W. No. 2—4.
p. 41, 77, 112.
183. Derselbe, Über die Wirkungen der Granaterschütterung. Arch. f. Psych. 56. 335.
(Sitzungsbericht.)
184. Zander, Paul, Verlust des Geruchs Vermögens keine Erwerbsbeschränkung. M. Klin.
No. 32. p. 893.
185. Zange, Johannes, Organische Schädigungen des nervösen Ohrapparates im Kriege.
M. m. W. No. 32. p. 1091. F. B.
186. Zanggor, H., Über Katastrophenmedizin. Corr.-Bl. f. Schweizer Arzte. No. 5—6.
p. 129, 181.
187. Derselbe, Ueber Katastrophenmedizin. (II. Fortsetzung.) ebd. No. 21. p. 657.
188. Zollinger, F.. Verletzungen und Samariterhilfe. Mit einem Kapitel über nervöse
Beschwerden nach Verletzungen von Pfenninger. Zürich. Schulthess & Co. (vgl.
No. 120.
Das vorliegende Kapitel bringt die wesentlichsten Aufschlüsse über
die Schädigungen des Nervensystems, welche durch die Geschoßwirkungen
im gegenwärtigen Kriege herbeigeführt worden sind. Es sind Arbeiten dar¬
unter, welche, auf ein großes Material sich stützend, dio Gesamtschädigungen
direkte und indirekte, in den Kreis der Betrachtungen ziehen, andere, die
nur Verletzungen des Gehirns oder des Rückenmarks erörtern, und noch
andere, die wesentlich über die indirekten Einwirkungen, besonders durch
Granatexplosiouen erzeugte, handeln. Da sie alle von großem Interesse sind,
so erübrigt es sich, einzelne besonders zu erwähnen. Der Leser wird sie
wohl alle durchgehen müssen, um ein Gesamtbild zu erhalten.
Was die indirekten Schädigungen anbetrifft, so wird von einigen
Autoren eine Parallele gezogen zwischen den Einwirkungen auf die Psyche,
welche bei großen Katastrophen eingetreten sind, und denjenigen, welche
die Kriegsereignisse hervorgebracht haben. Von Oppenheim wird die
Frage von neuem aufgeworfen, ob es eine traumatische Neurose gibt.
Diese Frage wird von ihm auf Grund der Kriegsbeobachtungen wiederum
bejaht, während andere Autoren (Nonne, Förster, Seelert usw.) sie ver¬
neinen; noch andere nehmen einen vermittelnden Standpunkt ein. Eine
Klärung ist bis jetzt nicht erfolgt und ist auch kaum zu erwarten, da jeder nach
deu Eindrücken urteilt, die er von den Kriegsbeschädigten erhalten hat, da
wohl keiner frei von etwas vorgefaßter Ansicht ist, und da schließlich jeder
sich nur auf klinischer Beobachtung stützen kann, manche auf Grund von
Heilerfolgen und sonstigen Ausgängen ihr Urteil abgeben. Immerhin sind
einige Typen, die Oppenheim anführt, sehr bemerkenswert, aber man
muß doch bekennen, daß sie Ausnahmen bilden, für die eine befriedigende
Erklärung noch aussteht, während die ganz überwiegende Mehrzahl wohl
zur Gruppe der Neurasthenie und Hysterie resp. einer Mischform von beiden
gehört Daß die Kriegserlebnisse vielfach noch besondere Nuancen schaffen,
ist wohl nicht zu verwundern.
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488
Trauma und Nervenkrankheiten.
Von anderen Arbeiten sind diejenigen Horns erwähnenswert, der sich
mit möglichst ausgiebiger und rationeller Nutzbarmachung der verminderten
Arbeitskraft von Unfallverletzten und der zweckmäßigsten Art der Entschä¬
digung zur Vermeidung der Rentenneurose beschäftigt., und ferner diejenigen
von Eng eien und Rangette, die das Assoziationsverfahren bei Unfall¬
verletzten verwendeten, und dadurch wichtige Aufschlüsse über die Gedaoken-
ricbtungen der Unfallbeschädigten erhalten haben wollen.
Allgemeines.
Viele Krankheitsursachen im modernen Kriege sind, wie Zangger ( 186 )
ausführt, in vollständige Parallele zu stellen mit den Wirkungen bei Kata¬
strophen. An diese analogen Wirkungen denkt man gewöhnlich aus zwei
Gründen nicht: Einmal hat mau naturgemäß vorgefaßte Meinungen gegen¬
über den veränderten Bedingungen im Kriege, da die wenigsten Ärzte Ge¬
legenheit hatten, Erfahrungen über die Wirkungen der modernen Mittel zu
sammeln und sie in ihrem Wesen zu überblicken. Wir sind alle mehr oder
weniger nur auf die mechanische Projektilwirkung eingestellt. Ferner sind
viele komplizierende Wirkungen gewissermaßen nur Nebenwirkungen der
modernen Waffentechnik, die deshalb nicht besonders betont oder nicht
vorausgesehen wurden, oder die mindestens nicht in dieser Größenordnung
vorausgesehen wurden, weil deren Wirkung nach unseren biologischen Kennt¬
nissen nicht einen so lückenlosen Kausalzusammenhang darstelleu, wie z. B.
heute Verwundungen, Infektionen, septische Prozesse, Embolien usw. Auch
hier gilt für uns das psychologische Gesetz, daß wir eben nur dasjenige
richtig verstehen, dessen Entwicklungsphasen wir auch in den Zwischen¬
stufen kennen.
Der Krieg, wie er heute geführt wird, treibt viele dieser Eigentümlich¬
keiten auf ein noch nie dagewesenes Maximum. Sowohl die mechanischen
Gewalten und Anwendungsformen, die Zahl derselben, die Komplikationen
mechanischer Art in Festungen und unterirdischen Bauten, Schiffen usw.:
doch ergibt sich bei allen diesen Situationen ohne weiteres eine durch¬
greifende Parallele mit anderen mechanischen Katastrophen in Friedeus-
zeiten: Bei den mechanisch katastrophal wirkenden Ereignissen treten auch
im heutigen Krieg zwangsläufig gewaltige Nebenwirkungen auf, hauptsächlich
die Explosionsgase. Es ist sehr zu befürchten, daß die enorme Bedeutung
und die vielgestaltige Wirkung gerade bei Überanstrengten, psychisch stark
Erregten, speziell in geschlossenen Räumen, stark unterschätzt werden und
vielleicht unterschätzt bleiben, weil man zu wenig Zeit und Gelegenheit hat,
diese Wirkung im Werden zu studieren. Es ist jedem Mediziner gewiß
evident, daß die Summation einer großen Zahl körperschädigender Faktoren
in ihrer Gesamtwirkung verhängnisvoller sind, weil wir im heutigen Krieg
in den langen protrahierten Schlachten ganz ungeheure Daueranstrengungen
vor uns haben. Schon die wenigen Fälle, die Z. als Folge des modernen
Krieges zu sehen Gelegenheit hatte, beweisen, daß das Nervensystem und
vor allem auch das Herz bei den besten Elementen des Heeres, die von
größter Energie und großer Ausdauer waren, bis zum vollständigen „Ver¬
sagen überanstrengt werden. Sehr oft zeigt sich die Wirkung dieser Über¬
anstrengung erst im Anschluß an kleine Verwundungen, oft treten auch
scheinbar inadäquat starke Reaktionen auf körperliche und psychische Er¬
schütterungen hin auf, Herzschwäche, Lähmungen usw. Bei Katastrophen
spielen diese vorhergehenden schwächenden Faktoren im allgemeinen keine
besondere Rolle. Die außergewöhnlichen Anstrengungen folgen meist erst
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Trauma uud Nervenkrankheiten.
489
nach der Katastrophe. Die Katastrophe selbst trifft gewöhnlich keine so
überanstrengten unter langer Spannung und ganz ungewohnten äußeren Ein¬
wirkungen stehenden Menschen.
Die katastrophalen Ereignisse im Kriege sind iu den Einzelheiten Be¬
standteilen tou anderen katastrophalen Ereignissen sehr häufig durchaus
ähnlich. Die Katastrophe hat eben nur die Eigentümlichkeit, daß häufig
eine Reiho von Wirkungen sich iu kurzer Zeit zusamraendrängt, gewisser-.
maßen eiu ununterbrochenes Ereignis ist. Dieses Zusammeudrängen von
verschiedenartigen Ereignissen zu einer Katastrophe in bezug auf kleinere
und größere Gruppen von Menschen ist nun allerdings auch im modernen
Kriege viel häufiger geworden. Es ist also vollständig angebracht, die Er¬
fahrungen unter ähnlichen Bedingungen bei Katastrophen in Friedcuszeiteu
möglichst sachgemäß in die heutige Kriegsmedizin zu übertragen, damit die
vorliegenden Erfahrungen heute mit Mutzen verwertet werden köuucn. Das
scheint besonders deshalb wichtig, weil gerade diejenigen Situationen, in
welchen diese Erfahrungen verwertet werden sollten, schnelles Handeln
fordern und längere Überlegungen vollständig ausschließtMi — auch als
Mediziner ist man solchen Situationen gegenüber doch so stark psychisch
engagiert, daß man nur dann sicher und der Situation adäquat handelt,
wenn man auf Grund der Erfahrung bandeln kann.
Diese Erfahrungen sind nicht nur für die Ärzte wichtig, sondern es
scheint auch notwendig, daß diese medizinischen Kenntnisse einigermaßen
in die Offizierskreise übergehen, da sehr häufig die Arzte eben nicht in der
Linie sind, iu welcher die Ereignisse eintreten, und in welcher schnell sach¬
gemäß gehandelt werden sollte.
Schickler (139) schildert auf Grund vieler ihm mündlich uud schriftlich
gemachter Angaben die Symptome des Vorgefühls, die Erscheinungen während
und die Nachempfindungen auf ein erfolgtes Erdbeben, die viele Gesunde
und Kranke gehabt haben. Die Vorgefühle bestanden in ähnlichen körper¬
lichen Erscheinungen, die Rheumatiker resp. Gichtiker vor Witterungswechsel
haben, die Erscheinungen während des Erbebcns waren z. B. Flammenmeere
am besternten Himmel oder dergl. und die Nachempfindungen waren ner¬
vöse Erscheinungen, bedingt durch den überstandenen Schreck oder die Angst
vor ueuem Erdbeden. •
Donath (24) betont, daß trotz den ungeheuren Anforderungen, welche
an die physischen und geistigen Kräfte jedes einzelnen Kriegsteilnehmers
gestellt werden, das Nervensystem unserer Krieger sich als tragfähiger erwiesen
hat, als von dem für nervös gehaltenen Zeitalter erwartet wurde.
Was die funktionellen Erkrankungen des Nervensystems
(Psychoneurosen) anlangt, so zeigt sich, daß die neuro-psychopathische
Belastung eine überragende Rolle spielt. Verf. hebt jedoch nachdrücklich
hervor, daß er ganz oft rein traumatische Hysterien beobachtet hat. Iu
einzelneu Fällen von Psychoneurosen spielten Potus, Lues, in einem Falle
konstitutionelle Erkrankungen in der Seitenlinie (Leukämie bei 3 Schwestern)
eine prädisponierende Rolle.
Auch Dämmerzustände kamen infolge eines durch Grauatexplosion
bewirkten psychischen Schocks zur Beobachtung. Selbstverständlich können
sich zu Gehirnerschütterungen, schweren Schußverletzungen auch die mannig¬
faltigsten hysterisch-neurotischen Erscheinungen gesellen.
Verf. hat auch auf den psychischen Mechanismus der Gehirnerschütte¬
rungen geachtet, welche die Folge von Schrapnellschüssen sind, die den
Schädel treffen, oder von Granatexplosioneu, durch deren Luftdruck die
Getroffenen fortgeschleudert oder von der aufgewühlten Erde verschüttet
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Trauma und Nervenkrankheiten.
490
werden. Die Verletzten geben an, daß sie, nur das Zischen und Sausen
des Geschosses gehört oder bloß gefühlt haben, daß etwas auf sie fällt, uud
dann nichts mehr gewußt haben. Die Geschwindigkeit des Geschosses und
der dem Hirn mitgeteilten Erschütterungswelle ist also eine viel größere als
die Einpfindungs- und Schmerzleitung, so daß hierbei absolut kein Schmerz
empfunden wird, woraus Verf. folgert, daß auch der Tod, welcher auf diese
. Weise erfolgt, ein schmerzloser sein muß.
Was die bei der Zivilbevölkerung mitunter anzutreffende sog. „Kriegs¬
neurose' 1 anbetrifft, so handelt es sich um neurotische oder durch sonstige
Nervenleideu in ihrer Widerstandsfähigkeit geschädigte Individueu meist der
gebildeten Stände, welche von den Angstvorstellungen vor einer möglichen
Invasiou und all ihren Folgen beherrscht werden und einer psychischen oder
sonstigen ßehandlung wenig zugänglich sind. Es sind dies Angstzustände,
„Angstneurosen“ mit den Erscheinungen der Unruhe, Erregung, Depression,
weinerlichen Stimmung, Arbeitsunlust, Schlaflosigkeit usw., deren Besonder¬
heit nur durch den Anlaß und den Kriegsinhalt des Vorstelluugskreises
gegeben ist.
Betreffs der Schädel- und Hirnschüsse, welche ebenso wie die
Verletzungen der Oberextremitäten in diesem Kriege infolge der Kämpfe
in den Schützengräben so häufig sind, ist es bemerkenswert, welch lange
Bahnen Schädeldurchschüsse oder -Steckschüsse beschreiben können, wobei
nicht nur die Hirnrinde, sondern auch die Pyramidenbahnen, die Capsula
interna oder der Okzipitallappen geschädigt sein mögen, und die Kranken
später doch in einem somatisch und psychisch ganz leidlichen Zustande sich
befinden und nur der betreffende Fuuktionsausfall zu beklagen ist. Was
hier Lebensgefahr briugen kann, ist der nach Wochen und Monaten sich
heimtückisch ausbildende Abszeß. Ein solcher Abszeß verrät sich anfangs
nicht einmal durch Temperaturerhöhung.
Während bei den Schädeldurchschüssen und -Steckschüssen meist eine
konservativ-chirurgische Behandlung (Behebung von Kuochendepressionen,
Egalisierung von Knochenecken und scharfen Rändern, Ausräumung von
Blutgemisch und Gehirndetritus usw.) ausreicht, ist bei TangentialschUssen
eine Bloßlegung durch Trepauation meist unerläßlich, weil bei fast unver¬
sehrter Knochenriude auägebreitete Zersplitterungen der Tabula vitrea, Zer¬
reißen der Dura mater und Eindringen der Knochensplitter in die Hira-
substanz häufige Vorkommnisse sind. Günstig liegt die Sache, wenn bei
der Trepanation die Tabula vitrea unversehrt gefunden wird. Aber selbst
feine Metallsplitter, welche in großer Menge in das Gehirn eingedruDgen
sind, wie es Verf. in einem Falle sah, können ohne besondere Erscheinungen
ertragen werdeu, wenn die Wunde nicht sonst infiziert wurde. Jst aber die
Wunde besonders durch Kleiderfetzen iufiziert, das Sekret übelriechend, dann
kann oft auch durch frühe Trepanation das unter hohem septischen Fieber
erfolgende rasche Ende nicht aufgehalten werden, wenn der Kranke vorher
sich auch eines verhältnismäßigen Wohlbefindens erfreut hatte und bei voll¬
ständig klarem Bewußtseiu war.
Daß nach Hirnverletzungen, besonders der Hirnrinde trotz nicht un¬
erheblichen Verlusten an Hirnsubstauz psychische und motorische Funktionen
sich in weitgehender Weise wieder herstellen können, ist aus der Friedens¬
praxis bekannt; noch mehr gilt dies für die Kriegsverletzungen, wo es sich
meist um junge und gesunde Gehirne handelt.
Schwere Gehirnerschütterungen durch Schrapnellschüsse können
auch vorübergehende Lähmungen aller Extremitäten hervorrufen, welche also
nicht durch gröbere Läsionen bedingt sind.
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Trauma und Nervenkrankheiten.
491
Betreffs der Verletzungen der Wirbelsäule und des Rücken¬
marks hebt Verf. hervor, daß Schußverletzungen der Wirbelsäule mit moto¬
rischer und sensibler Paraplegie der Beine, Blasen- und Mastdarmlähmung
stattfiudeu können ohue gänzliche Durchtrennung oder Zertrümmerung des
Rückenmarks. Es kann eine traumatische Blutung in dem Wirbelkaual
oder unter die Rückenmarkshäute, oder eine Commotio medullae spinalis
durch Erschütterung einer in der Nähe erfolgten Granatexplosion statt-
gefuudeu haben, ohne daß deren Splitter direkt getroffen hätten. Kann ja
doch der Getroffene durch den gewaltigen Luftdruck einer solchen Explo-
t sion auf mehrere Meter weggeschleudert werden. Mit Rücksicht auf. die
Möglichkeit spontaner Besserung, besonders wenu bei erhaltener Sensibilität
der Kreuzbeingegend Dekubitus nicht droht, Zystitis sich nicht ausbildet,
ist konservatives Verfahren angezeigt. Freilich kommt es mitnnter auch so
zum tödlichen Ausgang. So sah Verfasser .einen Soldaten, bei dem infolge
einer Granatexplosiou, die ihn weit weggeschleudert hatte, ohne daß er direkt
getroffen worden wäre, sofort vollständige Paraplegie und Anästhesie der
Beine mit Incoutinentia uriuae et alvi auftraten. Die ständige Blasenblutung
wies darauf hin, daß auch eine intraspinale Blutung stattgefunden batte, in
deren Folge es durch Hämatomyelie zur tödlichen Kompression des Rücken¬
marks gekommen war. Auch Rückenmarkslähmung von Brown-Sequard-
schem Typus zeigen oft bei konservativer Behandlung eine weitgehende
Besserung. Liegt eine offenkundige oder durch die Röntgenuntersuchung
uachgewiesene Wirbelzertrümmeruug vor, daun ist die Laminektomie unver¬
meidlich, weil Knochenfragmente das Rückenmark drücken oder Knochen¬
splitter sich in die Häuto oder in die Rückenmarkssubstanz gespießt haben
können. Mit der Operation warte man 1—2 Tage, bis sich der Kranke
erholt hat, nicht aber über 8 Tage, besonders wenn Zystitis und Dekubitus
drohen.
Was die Verletzungen der peripheren Nerven anlangt, so hebt
Verf. die nicht, selten damit einhergehende Neuritis hervor, die sich durch
große, hartnäckige Schmerzhaftigkeit auszeichnet. In manchen Fällen ist
eine höchst druckempßudliche Verdickung des Nerveustammes uachzuweisen,
in anderen dagegen nicht. Ob es sich bei den letzteren um gleichzeitige
Infektion oder um ejne partielle Läsion des gemischteu Nerven handelt,
welche bloß die nebeneinander liegenden sensiblen Fasern trifft, oder hier
der nicht ganz durchgerissene Nerv schmerzhafte Zerrungen erleidet, ist nicht
entschieden. Daher können Herabsetzungen der Tast- und Schmerzempfin¬
dung, der faradischen und galvanischen Erregbarkeit sowohl im Nerven als
im Muskel oder mittlere Entartungsreaktion vorhanden und die betreffenden
Reflexe ausgefallen sein. Es scheint, daß diese traumatischen Neuritiden
bei diesen Kriegsverletzungen auch relativ viel häufiger sind, als wir sie aus
der Friedenszeit kennen.
Bemerkenswert ist auch die nicht seltene Beobachtung, daß bei Heilung
gelähmter peripherer Nerven noch herabgesetzte Tastempfindung bestehen
kann neben auffallend gesteigerter Schmerzempfiudung, wie es der Vergleich
mit der gesunden Seite in prägnanter Weise ergibt. Es besteht also eine
Ungleichheit in der Regeneration der Empfiudungs- und der Schmerzfaseru.
Bei Schmerzen, welche im späteren Verlaufe der Verletzung auftreten, kann
es sich um Narbenstrangulation oder Kallusdruck, Reizung durch Knochen¬
splitter und dergl. handeln. Hier werden durch die Neurolyse die Schmerzen
behoben.
Für die praktisch höchst wichtige Frage, ob der verletzte Nerv gänz¬
lich durchtrennt ist, um in diesem Falle die Naht sofort auszuführen, kann
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492
Trauma und Nervenkrankheiten.
von der elektrodiagnostischen Untersuchung uur dann eine Entscheidung er¬
wartet werden, wenn sie schon in den ersten Tagen, jedenfalls innerhalb
der ersten Woche nach der Verletzung erfolgt. Ein Erkennungszeichen für
das Erhaltensein der Kontinuität ist die Druckschmerzhaftigkeit unterhalb
der Verletzungsstelle, doch hat es die Unsicherheit eines subjektiven Sym¬
ptoms. Auch spontane Schmerzen im peripheren Nervengebiete können mit
Vorsicht für die Kontinuität verwertet werden. 2 bis höchstens 3 Monate
nach der Verletzung warte man nicht mit der Operation, wenn sich bis
dahin keine Besserung gezeigt hat.
. Höchst interessant sind die infolge der Easauz der Geschosse in diesem ,
Kriege nicht selten zu beobachtenden partiellen Läsionen der Nervenstämme,
besonders des N. ischiadicus. Aber selbst innerhalb kleinerer Nerven konnte
Verf. solche partielle Läsionen beobachten.
Saenger (136) bespricht die Schädigungen des Nervensystems bei den
Kriegsteilnehmern. Unter den peripherischen Nerven war der N. radialis
am meisten betroffen, oft ist dabei nur ein Hautast befallen. Bei Medinnus-
verletzungen findet man besonders häufig trophische und vasomotorische
Störungen (Hautröte, Schwitzen, Blasen- und Geschwürsbildung). Tn einer
Tabelle demonstriert Saenger sehr anschaulich die Verschiedenartigkeit der
Sensibilitätsstörungen bei Läsionen des Plexus brachialis und des Plexus
sacralis. Von Hirnnerven war am meisten der N. facialis verletzt. Saenger
geht dann vielfach auf die Erfahrungen und Ansichten anderer Autoren, be¬
sonders von Oppenheim, ein, die er nur zum Teil bestätigen konnte. — Die
Aufzählung der vielen Einzelheiten würde hier zu weit führen. — Der Vor¬
tragende führt dann eine Reihe von Fällen mit Kopfschüssen an und betont
die überraschende Restitutionsfähigkeit, die die jugendlichen Gehirne nach
schweren Verletzungen zeigten. Nach kurzer Besprechung von 12 Fälleu
von Rückenmarksverletzungen kommt Verf. zum Schluß auf die Kriegs¬
psychosen und traumatische Kriegsneurose zu sprechen. Nach seiner Ansicht
gibt es sowohl keine direkte Kriegspsychose noch auch eine traumatische
Neurose.
Karplus (86) berichtet über Erfahrungen bei Granatkontusioneu. Di«'
schwersten Fälle unter ihnen mit Gehirn- und Rückeumarkserkraukungen be¬
trafen Mannschaften, die durch die Wucht des Luftdruckes zu Boden oder
gegen einen Gegenstand geschleudert waren. Diese Fälle machen aber die
Minderzahl aus. Bei der Mehrzahl findet inan keine schwereren organischen
Störungen am Nervensystem. In manchen Fällen fand überhaupt keine körper¬
liche Verletzung statt, sondern die Granatexplosion spielte nur die Rolle eiues
psychischen Traumas. Alle wurden nach der Erschütterung bewußtlos;
diese Bewußtlosigkeit war von verschiedener Dauer, in einzelnen Fällen
trat zur Bewußtlosigkeit noch Erbrechen hinzu. Alle diese Soldaten waren
nachher erschöpft und erregt. Sie waren schlaflos, matt, ihre Reflexe waren
gesteigert; indessen war das Krankheitsbild keineswegs so gleichförmig, daß
man von einheitlichem Kontusionskrankheitsbilde sprechen könnte. Stärkere
Depressionen zeigten nur einige Psychopathen. Außer vasomotorischen Sym¬
ptomen wurde das ganze Heer von Krankheitserscheinungen gefunden, das
man gewöhnlich bei der sogenannten traumatischen Neurose findet, bald
mehr von uenrasthenischer, bald mehr von hysterischer Färbung. Bei vielen
Patienten handelte es sich um nervöse Belastung aus der Friedenszeit her.
In einigen Fällen sah der Autor ungewöhnliche Komplikationen wie Morbus
Basedowii, Diabetes, Inkoutinenz. In der überwiegenden Mehrzahl der
Fälle war das Krankheitsbild durchaus von psychogenen Faktoren beherrscht.
Daß der Krieg bei einem vorher ganz gesunden Menschen eine schwere
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Irauma und Nervenkrankheiten.
493
Neurose, die auch zweckmäßiger Behandluug trotzte, hervorgerufen hätte,
hat der Autor sowohl bei Granatexplosionen als anderen Verletzungen nicht
gesehen.
Brans (IG) gibt einen kursorischeu Überblick über seine Beobachtungen
an Kriegs verletzten. Er kann im wesentlichen die Angaben Oppenheims
bestätigen. Neue Formen von Psychosen und Neurosen hat er nicht gesehen.
Bruns erwähnt einzelne bemerkenswerte Symptomenkomplexe durch Granat-
kontusioneu oder Gebirnverletzungen. Einmal konnte er bei einem Geschoß,
das im rechten Stirnlappen steckte, auch bei der genauesten Untersuchung
kein Hirnsymptom finden. Die größte Zahl der Verletzungen betrafen die
peripherischen Nerven. Auch Bruns hat Fälle gesehen, bei denen Be¬
wegungsstörungen, z. B. im Radialis- und Ischiadikusgebiete nur durch die
Schmerzen bedingt zu sein schienen. Heftige Schmerzen sprechen für
partielle Läsiou oder für echte infektiöse Neuritis. Heftig sind die Schmerzen
meist, wenn gleichzeitig Aneurysmen vorhanden sind. Heftige Schmerzen
besonders bei Medianus- und Ischiadikusverletzungcn, trophische Störungen
besonders bei Medianusschädigungen. Manchmal bestanden Schmerzen und
Anästhesie als Überreste einer Lähmung. Fand sich solches im Tibialis-
gebiet, so fehlte immer der Achillesreflex, manchmal mit leichter Abmagerung
der Wade. Bruns rät, bald zu operieren.
Gnmpertz (69) berichtet kurz über 15 Fälle von Nervenstörungen
nach Granatcxplosionen, nach Erfrierung bzw. Durchnässung und uacli
Unfällen. Er kommt hinsichtlich des Einflusses der ätiologischen Faktoren
auf das Krankheitsbild zu folgenden Schlüssen: 1. Granatexplosionen er¬
zeugen feinere oder größere Erschütterungen im Zentralnervensystem, bei
größerer Nähe auch Blutungen, die weitgehende Rückenmarksstörungen herbei¬
zuführen geeignet sind. 2. Häufiger kommt es zu Neurosen und Psychosen,
die an traumatische Hysterie erinnern. 3. Zugleich auftretende Basedow¬
symptome lassen an Auomalien der inneren Sekretion denken. 4. Durch-
aässungeu und Erfrierungen greifen in der Peripherie an und führen zunächst
zu einer Mouo- oder Polyneuritis, an welche sich Symptome allgemeiner
Neurose (Myoklonie, Hysterie) anschließen können. Der zeitliche und ört¬
liche Zusammenhang muß ermittelt werden. 5. Kriegstraumen (von Ver¬
letzungen durch Schuß und scharfe Waffen abgesehen) sind schon durch
das Zusammenwirken von Schreck, Strapazen, Entbehrungen geeignet, bei
empfindlichen Personen zu allgemeinen Neurosen zu führen, deren Symptome
sich von den im Frieden beobachteten nicht unterscheiden. 6. Mit Simu¬
lation von Neurosen und Psychosen braucht nicht gerechnet zu werden.
Simulation des Kausalnexus kann Vorkommen, indem Symptome, die schon
vor dem Fehlzuge bestanden, nun auf Kriegsschädigungen bezogen werden.
Weber (166) beschreibt die einzelnen Momente, welche bei den Granat¬
explosionen auf den menschlichen Körper wirksam sind, und gibt an mehreren
Beispielen ein Bild der das Nervensystem kennzeichnenden Störungen. Dabei
kommt er im Verlaufe seiner Darlegungen auch auf den Streit um die
traumatische Neurose zu sprechen. Man müßte, sagt er, unter den nervösen
Erkrankungen, die sich nach einem Unfall entwickeln, den Unfallneurosen,
zwei Gruppen unterscheiden: die traumatische Neurose Oppeuheiins, bei
der mechanischer Insult und psychischer Schock des Unfalls selbst den
charakteristischen Symptomenkomplex auslösen, und die Rentenkampfneurose,
bei der Begehrungsvorstellungeu, Untersuchungen, Prozesse die psychischen
Momente darstellen, welche die Neurose auslösen und ihr eiue eigenartige
Färbung geben. Wenn jetzt die Kriegsneurose mehr Fälle der ursprüng¬
lichen Oppenheimschen Aufstellung zeigt, so muß das auch eiue Mahnung
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494 Trauma und Nervenkraukheiten.
seiu, einschlägigen Fällen der Friedenspraxis den von ihrem ersten Autor
verliehenen Namen zu gewähren.
ln der Arbeit von Schmidt (143) haudelt es sich um die psychischen
und nervösen Schockwirkungen der Granat- und Mineuexplosionen. Das
minderschwere Erlebuis stellt die Granatexplosion dar; dabei ist die Schwere
der Wirkung dem Granatkaliber direkt proportional. Das Maximum der
Wirkung wird bei der Minenexplosion erreicht, wobei zweifellos die oft tage¬
lang vorausgehende Spannung eine wesentliche Rolle spielt. Dieser quanti¬
tativen Verschiedenheit des ätiologischen Faktors entspricht auch im großeu
und ganzen die Reaktionsweise des Eiuzeiindividuums. Während die Granat¬
explosion mehr mit hysterischen körperlichen Symptomen mannigfachster Art
beantwortet wird, bleibt der Minenexplosion die seelische Störung als eigent¬
liche Domäne Vorbehalten. Es gibt natürlich auch Übergänge zwischen diesen
Zuständen. Der Autor schildert zunächst 4 Fälle mit psychischen Störungen
nach Minenverschüttungen. Diese 4 Fälle zeigen viele gemeinsame Züge.
Bei allen Kranken sind keine Verletzungen, vor allem keine Erscheinungen
einer flirnbeschädigung klinisch nachweisbar; sowohl Hirndruck- wie Hcrd-
erscheinungeu fehlen. Im Vordergrund des Krankheitsbildes steht die Merk¬
fähigkeitsstörung, die in allen Fällen zu einer länger oder kürzer dauernden
Desorientiertheit führt. Daneben findet sich eine schwere Störung in der
Reproduktion früher erworbener Gedächtnisspuren. Selbst die einschnei¬
dendsten Daten des früheren Lebens sind der Wiedergabe nicht mehr zugäng¬
lich. Die amnestische Lücke für die Zeit des Schockerlebnisses und die
darauffolgende Zeit war in alleu Fällen gleichmäßig lochartig aus dem
Bewußtsein ausgemerzt. Eine retrograde Amnesie war nicht vorhanden.
Die Besserung war in allen Fällen eine auffallend rasche, wenn auch eine
Restitutio ad integrum fehlte. Die nervösen Störungen nach Granat¬
explosionen konnte Schmidt an 50 Fällen beobachten. Er teilt die Fälle
so ein, daß er zunächst eine kleine Minderzahl von Fällen mit psychischen
Störungen und dann die weitaus größere Mehrzahl mit körperlich hysterischen
Symptomen behandelt. Auch hier ist eine scharfe Trennung nicht möglich.
Während die zweite .Kategorie durch Schlafstörungen, leichte Depressionen.
Amuesie für die Zeit des Schockerlebnisses usw. bewies, daß auch hier
seelische Störungen Vorlagen, zeigten die vorwiegend psychischen Fälle durch
Tremor, Abasien und Sprachstörungen, ebenso ihre Tendenz nach der körper¬
lichen Sphäre. Die Kriegserfahrungen haben nach Ansicht des Autors
einen endgültigen Entscheid in Sachen der traumatischen Neurose nicht
gebracht.
Ähnlicher Art sind die Fälle, die Mann (98) beschreibt.
v. Sarbö (137) schildert 2 klinisch gut umschriebene Bilder von
Explosionsnervenerschütterung. Das eine Zustandsbild wird folgendermaßen
beschrieben: Infolge einer Geschoßexplosion stürzt der Betroffene bewußtlos
zusammen. Beim Erwachen-bemerkt er, daß er schlecht oder gar nicht hört,
er hat Ohrensausen, empfindet Schwindel; in einzelnen Fällen gesellt sieb
zu diesen Ausfalls- und Erregungserscheinungen des Akustikus das Sym-
ptomenbild der Vaguslähmung — unregelmäßige, bebende, aussetzende Herz¬
aktion, doppelseitige Rekurrenzlähmung und entsprechende Aphonie. Der
andere häufigere Symptomenkoinplex wird folgendermaßen charakterisiert:
Unter dem heftigen Luftdruck der Geschoßexplosion stürzt der Mann bewußt¬
los zusammen. Beim Erwachen besinnt er sich nur derjenigen Handlungen,
die er vor dem Eintritt der Explosion vorgenommen hatte, seine Sprache
ist verändert, es fehlen ihm Worte, er kann nur langsam und mühsam
sprechen, er ist halbseitig gelähmt, er zeigt Zuckungen an der Körper-
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Trauma und Nervenkrankheiten.
495
inuskulatur, sein Schlaf ist gestört, er fährt schreckhaft aus traumhaftem
Schlaf; er klagt viel über Kopfschmerzen, Kopfsausen und Schwindel. Die
Untersuchung ergibt rigide Lähmung der Extremitäten ohne Babinskisches
Zeichen, mäßigen Nystagmus, seusible Lähmung kortikaler Natur. Das
ganze Symptomenbild entspricht dem einer kortikalen Lähmung und wird oft
noch erhärtet durch die Kopfempfindlichkeit des der Lähmung entgegen¬
gesetzten Scheitelbeins. Der Autor betrachtet dieses Bild als organisch be¬
dingt und nicht als hysterisches, für welches es oft angeseheu wird. Der
Autor denkt sich, daß in gewissen Fällen von Kommotionen des Nerven¬
systems, welcho durch erhöhten Luftdruck bei Explosionen hervorgerufen
werden, die die molekulären Veränderungen übertreffendeu und die schweren
organischen Veränderungen nicht erreichenden Läsionen eutsteheu können.
Diese Läsioneu beeinträchtigen die zytologische Struktur, den Zustand von
Ganglienzelle und Faser derart, daß es zu Ausfallserscheinungen kommt,
aber die Läsion führt uicht zur Degeneration von Nervensubstanz, und daher
kommt es zur äußeren Form einer organischen Lähmung, ohne daß die be¬
kannten begleitenden Symptome anzutreffen sind. Diese Läsion der Nerven¬
substanz, welche zwischen der sog. molekularen und organischen Platz hat,
und welche wahrscheinlich in Kontusionen des Nervengewebes sowie in aller¬
kleinsten Blutungen bestehen, nenut der Autor mikroorganische Ver¬
änderungen. Dieses Krankheitsbild hat mit dem hysterischen nichts
gemein. Die Prognose der Fälle ist gut.
Karplus (85) berichtet über seine Erfahrungen der nervöseu Störungen,
die nach Granatexplosionen erfolgen. Im wesentlichen stimmen sie mit den
von anderen Autoren gemachten überein. Er sieht in der körperlichen Er¬
schütterung, die durch das schwere Hinfallen des durch den Luftdruck der
Granate Fortgeschleuderten entstehen, einen sehr wichtigen Faktor für die
Erklärung vieler spinaler und zerebraler Symptome. Die Prognose der rein
durch das psychogene Trauma entstandenen Krankheitserscheinungen sei bei
nicht nervös Disponierten eine duraus gute.
Bei einem bis dahin völlig gesunden Menschen — Beobachtung von
Kleeblatt (87) — tritt nach einer schweren Schädelverletzung eine starke
Polyurie und Polydipsie ein, die als Ausdruck eines echten zentralen Diabetes
iusipidus aufgefaßt werden. Die osmotische Gesamtleistungsfähigkeit der
Nieren dieses Patienten ist hochgradig herabgesetzt, auch im Durstversuch
und bei starker Kochsalzbelastung ist eine Erhöhung des spezifischen Ge¬
wichts nicht zu erreichen, jedoch ist die Fähigkeit, Kochsalz und Phosphate
in höherer Konzentration auszuscheiden, in gewissem Umfange erhalten.
Nach Anwendung von Hypophysenpräparaten läßt sich auch die Gesamt-
kouzentrationskraft vorübergehend erhöhen. Dagegen findet keine Ein¬
wirkung auf das Allgemeinbefinden statt. Die Blutkonzentration des Patienten
ergibt für Hämoglobin und Erythozythenzahlen normale Werte, für die Serum¬
eiweißrefraktion Werte an der oberen Grenze des Normalen. Bei der Koch¬
salzzufuhr tritt eine vorübergehende Blutverdünnung ein, während bei negativer
Kochsalzbilanz eine Eindickung stattfindet. Das Körpergewicht steigt bei
Kochsalzzulage an. Das zugeführte Kochsalz wird in 48 Stunden voll¬
ständig ausgeschieden. Im Durstversuch übersteigt die Flüssigkeitszufuhr
erheblich die Einfuhr. Dabei tritt eine starke Bluteindickung ein.
Nach Schilling (140) handelt es sich in bezug auf die Ursachen der
Telephonunfälle um vier Möglichkeiten. Erstens können durch Kurbelstrom
im Fernhörer heftige knackende Geräusche entstehen, die durch die Schall¬
wirkung und durch den Schreck krankhafte Störungen hervorrufen können.
Diese Unfälle wären nicht sehr häufig. Zweitens besteht die Möglichkeit,
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Trauma und Nervenkrankheiten.
daß gelegentlich dieses Induktionsstromes und gleichzeitigen Anlassens
blanker Teile ein zwar verhältnismäßig schwacher, aber doch die physiolo¬
gische Toleranz weit übersteigender Strom in den Körper des Telephonie¬
renden übergeht Drittens aber kann der Kurbelstrom einen induzierten
Strom in dem Körper hervorrufen, und seine Wirkung wird es seiü, die
die Schwere und Eigenart der meisten Unfälle bedingt. Viertens kann
Starkstrom in die Leitung eiudringen, der zwar durch die Sicherungen ab¬
geschwächt wird, aber längst nicht in dem Maße, wie es erforderlich wäre,
um Schädigungen zu verhüteu. Dieser Starkstrom kanu technisch fließender
Strom sein oder aber eine atmosphärische statische Entladung; das erstere
wird verhältnismäßig selten sein, das letztere dagegen häufig. Die Wirkung
dieses Starkstroms kann nun eine dreifache sein. Er kanu lediglich die
Leitung durchlaufen und bewirkt dann einen allerdings sehr heftigen und
wohl immer schädigenden Knall und erzeugt einen induzierten Strom im
Körper des Telephonierenden. Zweitens kann der Telephonierende durch
gleichzeitige Berührung blanker Teile den Strom oder den Funken unmittelbar
in seinen Körper überleiten. Drittens kann, wie Kurella annimmt, bei
atmosphärischen Entladungen in eine Telephonleituug von dem Hörer aus
eine Kondensatorentladung in den Körper des Telephonierenden hinein er¬
folgen. Die nach Telephonunfällen entstehenden Krankheiten setzen sich
zusammen aus einer allgemeinen nervösen Störung uuter dem Bilde der
Neurasthenie, Hysterie und Hypochondrie und zum Teil lokalisierten offen¬
bar neuritischen Prozessen. Die Proguose dieser Erkrankungen ist verhält¬
nismäßig ungünstig.
Schädel* und Gehlrnaffektionen nach Trauma.
Anton (3) teilt neun Fälle von Kopfverletzungen mit, welche erweisen,
daß auch schwere Verletzungen des Gehirns durch Geschosse das seelische
Vermögen und die gesamte Persönlichkeit weniger in Mitleidenschaft ziehen,
als dies scheinbar unblutige Kopferschütterungen bewirken. Die glatt durch¬
schlagenden Geschosse scheinen weniger Komplikationen zu bewirken. Es
scheint, daß dabei dio Symptome der allgemeinen Hirnpressung und deren
Folgezustände weuiger in Erscheinung treten können. Die Tangcntialschüsse,
welche mit Knochenversplitterungen einhergehen, sind wohl für das Gesamt¬
befinden ungünstiger. Es muß im Köntgenbilde danach gefahndet werden,
ob der Tangentialschuß mit oder ohne Splitterung einherging. Die große
Geschwindigkeit der durchschlagenden Geschosse scheint in einzelueu Fällen
eine raschere Heilung zu ermöglichen, wohingegen jene Schüsse, welche mit
allgemeinen Erschütterungen einhergehen, auch noch von Spätfolgen heim¬
gesucht werden. Anton glaubt auch die große Beihilfe und Klärung durch
Röntgenbilder verschiedener Ebenen, insbesondere die Schädelprofilebenen
und Schädelfrontalebenen, auf Grund der bisherigen Erfahrungen als besonders
wertvoll bezeichnen zu können. Für den allgemeinen psychischen Zustand,
für dessen spätere Gestaltung ist das Moment der allgemeinen Erschütterung
von größerer Wichtigkeit als lokale Gewebsdurchtrennungen ohne erhebliche
Erschütterungen.
Poppelreuter (124) fand bei seinen Hirn verletzten in allen Fällen,
die eine Verletzung im Sprachgebiete aufwiesen, die Rechenfähigkeit beein¬
trächtigt, auch dann, wenn eigentliche aphasische Störungen vermißt wurden.
Ferner machte er die Erfahrung, daß bei allen Verletzungen, auch der
rechten Hemisphäre, Störungen des Gedächtnisses, und zwar überwiegend
Störungen der Merkfähigkeit vorhanden waren. Lokalisierte Hirnverletzungen
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Trauma und Nervenkrankheiten.
497
machten nicht nur spezifische Ausfallserscheinungen, sondern schädigten die
ganze Persönlichkeit. Zuerst tritt bei all den Hirnverletzten eine schnelle
erstaunliche Besserung ein, dann aber ist der Fortschritt ein viel geringerer.
Higier (64): I. 45 Jahre alt. Von einer Dreschmaschine am Schädel
getroffen, erleidet Patient eine Hemiplegie mit Dysphasie. Nach 10 Tagen
nachgebliebene komplette Monoplegie der linken oberen Extremität mit
Astereognosie und Tastlähmung daselbst bei wenig beschädigter Sensibilität.
Bei der Trepanation große Kuochensplitter an der frontoparietalen Sutur, in
der Eutfernung von 4 cm von der Sagittalnaht ein subduraler Abszeß. Der
Zustand besserte sich allmählich, es blieb jedoch eine ausgesprochene Parese
der Interossei zurück, speziell des 3. und 4. und Hypästhesie der letzten
2 Finger nach segmentalem Typus. Bei Innervation der paralytischen Hand
werden unangenehme Sensationen an der operierten Hirnstelle empfunden.
II. 27 Jahre ult. Hufschlag am Kopf. Totaler Bewußtseinsverlust,
Bradykardie, obere Monoplegie, posttraumatische Amnesie des stattgefundenen
Unfalls. Bei Lumbalpunktion Blut im Liquor. Bei Trepanation wird fest¬
gestellt unweit vom hinteren Scheitelbeinhöcker in der Gegend der Gyri
postcentralis und supramarginalis gesprengte Lamina vitrea. Parese der
letzten 2 Interossei, Abschwächung des Muskelsinns in den 2 letzten Fingern
als Nachbleibsel der früher bestandenen intensiven Läsion sämtlicher
Sensibilitätsqualitäten von segmentalradikulärem Typus. Pat erkennt keinen
Gegenstand, trotzdem er an demselben ohne weiteres Temperatur, Form
und Konsistenz beschreibt Verf. bespricht eingehend die Stellung Foersters
und Bouhöffers zum Prädilektionstypus und dem elektiven Lähmungstypus
bei Rindenherden, wobei er gleichzeitig das Verhalten der Sensibilitätsvarie-
täten nach Muskens und Valkenburg berücksichtigt, speziell den wenig
gekannten kortikalen und kapsulären Segmentaltypus. ( Selbstbericht .)
Roemheld (131) berichtet über zwei Fälle von homolateraler Hemi¬
plegie nach Kopfverletzungen. Fall 1: Längsverlaufende Schußwunde auf
der linken Schädelhälfte, etwa entsprechend der linken motorischen und sen¬
siblen Rindenzone, Fissüren des Knochens, anfangs Bewußtlosigkeit. Nach
Heilung der Wunde entwickelt sich in wenigen Tagen auf der linken Seite
eine motorische und sensible Lähmung, während die rechte völlig frei bleibt.
Für organische Lähmung sprechen leichte Ataxie links, konstantes Fehlen
des oberen Bauchreflexes links, Steigerung der Sehnenreflexe links, Bathyan-
ästhesie und Astereognosie. R. nimmt als Ursache eine sekundär entstan¬
dene epidurale Blutung auf der rechten Seite an. Fall 2: Ältere Dame,
Arteriosklerose, Schwindelgefühl, Fall auf die rechte Körperseite mit Auf¬
schlagen des Kopfes rechts: Rechtsseitige Lähmung. Es wird die Diagnose
auf Durahämatom links gestellt und eine Operation empfohlen. Vor Aus¬
führung der Operation Exitus. Die Sektion ergibt einen rechtsseitigen
subduralen Bluterguß. Sonst auf Serienquerschnitten durch das Gehirn
nichts Pathologisches gefunden.
Wiener (178) demonstriert einen 16jährigen Jungen mit linksseitiger,
spastischer Hemiplegie, Kontrakturen, gesteigerten Reflexen und Wachstums¬
störungen. Es handelt sich um eine traumatische Störung, da der Junge
im Alter von 9 Monaten die Treppe herabfiel, wobei es zu einer Fraktur
des rechten Parietalbeins gekommen ist. Seit dem 14. Lebensjahr Anfälle,
die entweder im linken Beine oder linken Arme mit Parästhesien beginnend,
auf die andere gleichseitige Extremität übergreifen, worauf klonische Zuckungen
sich einstellen. Es besteht eine handtellergroße Lücke in dem rechten
Parietalbeine, und innerhalb der Lücke sind die Pulsationen des Gehirns
tastbar und sichtbar.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1#15. 32
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Trauma und Nervenkrankheiten.
Bei einem 50jähr. Arteriosklerotiker — Beobachtung von Kaefi (83) —
traten nach Fall vom Trittbrett eines sich in Bewegung setzenden Zuges
Lähmung der Zunge mit Sprach- und Schluckstörung, Lippenparese und
Schwäche beider Arme ein. Der Autor vermutet, daß bei der durch Unfall
erfolgten Erschütterung ein kleines Gefäß an der Basis cerebri in der Nähe
der Hypoglossuswurzeln geplatzt sei.
In der Mitteilung von Paal (119) handelt es sich darum, daß der
eine Obduzent eine Pachymeningitis für die Folge eines Unfalls ansah,
während der Obergutachter sie als zeitlich weiter zurückliegend betrachtete.
Thiem (157) setzt in einem Gutachten auseinander, daß bei einem
Unfallverletzten durch die Quetschung des linken Hodens und Nebenhodens
es zu einem Aufflackern eines alten tuberkulösen Herdes am linken Neben¬
hoden gekommen ist, und daß von diesem Herde aus massenhaft Tuberkel¬
bazillen in das Blut gelangt sind, wodurch eine tödlich verlaufene Hirn¬
entzündung verursacht wurde.
Strassmann's (153) Mitteilung betrifft einen Mann, der vom Fahrrade
gestürzt war und sich dadurch eine Hirnerschütterung und einen Schädelbruch
zugezogen hatte, der aber vom Arzte einer Unfallstation als einfach Be¬
trunkener ausgegeben war. Wenn auch die Diagnose des Arztes eine irr¬
tümliche war, so ist nach Ansicht Strassmanns dadurch der Tod des
Verletzten nicht verschuldet worden, da diese Verletzung bei ihrer schweren
Natur auch so zum Tode geführt hätte, wenn der betreffende Patient statt
zuerst ins Polizeigewahrsam, dann in seine Wohnung und darauf ins Kranken¬
haus, sogleich in letzteres gekommen wäre.
Patient von Bergl (10) wurde durch den Gasdruck einer in der Nähe
explodierenden Granate ca. 16 Schritt fortgeschleudert, wo er bewußtlos
liegen blieb. Danach Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Erbrechen; im
Spital somnolent, apathisch; am Schädel oder Körper keine Verletzungen:
Reaktion der Pupillen auf Licht fehlend, auf Konvergenz und Akkommodation
vorhanden; sonst nur allgemeine Steigerung der Reflexerregbarkeit. Die
Lichtreaktion kehrte nach Verlauf von 3—4 Wochen nach dem Unfall
wieder. Von Lues war keine Spur nachweisbar.
In einem von Geipel (49) ausgestellten Gutachten handelt es sich um
einen durch Unfall erzeugten Scbädelbruch und Gehirnerschütterung, die
sich im Laufe der Zeit besserte, aber deren Folgen nicht ganz verschwanden.
Zehn Jahre nach dem Unfall trat nach Schlaganfällen bedingt durch Throm¬
bose arteriosklerotisch veränderter Gefäße der Exitus ein. Der Autor
bejaht den Zusammenhang zwischen Tod und dem zehn Jahre vorher er¬
littenen Unfall.
Friedländer (41) macht ergänzende Mitteilungen über einen Fall, den
K. Löwenstein in Nr. 17 des Neurolog. Zentralbl. beschrieben hat. F.
war durch die drei Kardinalsymptome, die Patient darbot — hochgradige
statische Ataxie mit Tendenz, nach rechts zu fallen, heftiger Drehschwindel mit
Erbrechen und spontaner Nystagmus nach rechts —, zu der Diagnose trau¬
matische Blutung in das Kleinhirn mit Beteiligung des Wurmes gelangt und
hatte im Hinblick auf die zwangsmäßige Neigung nach rechts, die den GaDg
des Patienten fast zu einer Manegebewegung gestaltete, noch spezieller eine
Läsion des Crus cerebelli ad pontem angenommen. F. führt nun weiter aus,
daß aus dem Verhalten, welches Patient w'ährond einer viermonatigen
Beobachtungszeit dargeboten hat, absolut nicht zu schließen ist, daß das
Krankheitshild aus organischen und funktionellen Symptomen gemischt sein
soll, wie Löwenstein annimmt.
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Trauma und Nervenkrankheiten.
499
Wirbel- and ROckenmarksverletzungen nach Unfall.
Higier (65): 1. Schiefer Querschuß vom 4. zum 7. Halswirbel mit
anfänglicher Tetraplegie, die später in eine obere Monoplegie überging mit
umfangreicher hyperästhetischer Zone und perverser Empfindung, wobei
Stiche als Kälte empfunden wurden.
2. Schiefer Querscbuß zwischen Zitzenfortsatz und gegenüberliegendem
4. Halswirbel. Obere Monoplegie mit gekreuzter Rekurrenslähmung und
Haruretention.
3. Schiefer Querschuß zwischen 5. Halswirbel und kontralateralem
Processus mastoideus. Motorisch-sensible Lähmung beider oberen Extremitäten.
Begleitende schwere Hemianästhesie hysterischer Natur ohne Affektion der
Sinnesorgane.
4. Kleinkalibriger Spitzschuß mit Eingangsöffnung am Unterkiefer¬
winkel und Ausgang am gegenüberliegenden 5. Halswirbel. Spastisch¬
atrophische Hemiparese mit gekreuzter Thermoanalgesie und perverser
Kälteempfindung der ganzen Körperhälfte mit Einschluß des Gesichts. Auf¬
fallend war Lähmung des Phrenikus, Vagoakzessorius und Glossopharyngeus,
Doppeltseheu mit horizontalem Nystagmus und klassischen Non ne sehen Sym-
ptomenkomplex. Die Diagnose lautete: Zentrale Hämatomyelie auf der Höhe
des 4.—5. Zervikalsegments mit aufsteigender einseitiger Röhrenhlutung zur
Oblongata hinauf. Diese Röhrenblutung täuschte sehr präzis das Bild der
Thrombosis art. cerehelli post, infer. vor.
In sämtlichen 4 Fällen lagen Frakturen oder Infraktionen der Hals¬
wirbel vor mit Druck auf das Rückenmark und gleichseitigen extramedullären
resp. intramedullären Blutungen. Die Prognose dieser Fälle ist im allgemeinen
auch bei konservativer Behandlnng günstig. ( Selbstbericht .)
Vgl. hier die Kapitel: Traumatische Erkrankungen des Rückenmarks
und Chirurgische Behandlung der Nervenkrankheiten.
Gebörscbädlgangen nach Unfall.
Zu den nervösen Schädigungen des Gehörapparates im Kriege gehören
nach Zange (185) 1. die Schallschädigung, die durch den Gefechtslärm zu¬
stande kommt. Die Zahl dieser Fälle ist nicht groß; 2. gehören hierher die
Schädigungen nach Granatkontusionen oder großen Explosionen. Diese
letzteren lassen sich einteilen in solche mit lediglicher Hörstörung und in¬
taktem Vestibularapparat und in solche, bei denen neben der Schädigung
der Schnecke eine weitere Schädigung auch des Vorhofbogengangsapparates
besteht. Letztere Gruppe bildet die Mehrzahl, es handelt sich hierbei
wesentlich um eine Commotio labyrintbi; 3. erörtert der Autor die direkten
Verletzungen und Erschütterungen des inneren Ohres. Häufiger als diese
Verletzungen konnte der Autor die Schädigungen des Ohrapparates bei Er¬
schütterungen des Schädels nach Sturz, Schlag oder Prellschuß beobachten.
Letztere werden im folgenden etwas eingehender beschrieben.
Weil (168) beobachtete unter den kriegsgeschädigteu Ohrenkranken
viele, deren Leiden psychogener Natur waren. Außerdem kamen viele mit
Labyrintherschütterung zur Beobachtung. Bei der labyrinthären Kommotio
war der akustische Apparat häufiger und stärker als der Vestibularapparat
geschädigt.
Das akustische Trauma des Labyrinths wird nach experimentellen
Untersuchungen von Siebenmann (149) in der Regel nicht durch Knochen¬
leitung, sondern auf dem Luftwege vermittelt. Es entsteht infolge molekularer
Schwingungen der Flüssigkeitssäule der Skalen und äußert sich zunächt in
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500 Trauma und Nervenkrankheiten.
mechanischer Reizung und Zerstörung des Cortischen Organs und sekun¬
dären Veränderungen im Hörnerv. Stamm und Extremitäten des Menschen
sind so schlechte Schallleiter, daß die Übertragung des Schalls auf diesem
Wege zum Kopf resp. zum Ohr keine Rolle spielt. Zudem ist es überhaupt
experimentell erwiesen, daß bei intaktem Mittelohr die Luftleitung der
Knochenleitung überlegen ist. Infolge dieser Verhältnisse, welche im histo¬
logischen Nachweis durch das Tierexperiment ihre Bestätigung gefundeu
haben, ist die Isolierung der Extremitäten des Arbeiters durch Filzsohlen
und Gummihandschuhe u. a. als Schutz gegen professionellen Lärm wirkungslos,
während eine das Mittelohr nach außen isolierende luftfreie, dichtschließende
Einlage in den Gehörgang einen guten Schutz gewährt.
Krebs (93) gibt eine kurze Übersicht über die Obrbeschädiguugen im
Felde. Er teilt sie ein iu 1. selbständige Ohrenkrankheiten (Otitis externa
circumscripta oder Furunkulose des Ohres und Otitis media). 2. Ver¬
letzungen des Ohres, und zwar a) direkte (Verletzungen der Ohrmuscheln,
des äußeren Gehörgangs, des Mittelohres mit schweren Beschädigungen des
Fazialis und Akustikus), b) indirekte (durch Schädelbrüche, Basisfraktureu,
durch Luftdruck). 3. Akustische Schädigungen ohne Verletzung. Letztere
scheinen häufiger zu sein als die durch Verletzungen bedingten.
Hoffmann (67) berichtet über 50 Fälle von Detonationsverletzungeu
des Gehörorganes. Er konnte in allen Fällen Sensibilitätsstörungen am
äußeren Ohr nachweisen. Die Störungen der Berührungsemptindlichkeit
liefen im allgemeinen dem Grade der Störung der Kochlearisfunktion parallel,
iu den schwersten Fällen bestand völlige Analgesie. Die SensibilitätsstöruDgen
erstreckten sich auf das ganze äußere Ohr, zuweilen noch auf einen finger¬
breiten Bezirk um das Ohr herum, in einzelnen Fällen auch auf die behaarte
Schläfe, mitunter sogar auf Stirnhaut und Wange. Hysterisch war dieser
Zustand nach Ansicht des Autors nicht, suggestiv ließ er sich nicht beein-
fiussen.
Meyer zum Gottesberge (105) berichtet über Kriegsschädigungen,
welche das Ohr durch starke Schalleinwirkungen infolge von ,Luftdruck-
verdichtung erleidet. Von 106 Fällen, die er bis jetzt genauer beobachten
konnte, handelt es sich bei 70 um eine Verletzung des Trommelfells und
Labyrinths, bei 25 war nur das innere Ohr, in 10 Fällen war nur das
Trommelfell verletzt. Die überaus größte Anzahl der Verletzungen entsteht
durch die Wirkung der Granaten (91 Beobachtungen), bei 10 Fällen waren
Schrapnell- oder Gewehrschüsse, bei 4 Fällen Handgranaten die Ursache.
Auch Schlesinger (141) spricht zu demselben Thema in ungefähr
gleichem Sinne.
Goldmann (56) machte auf eigene und von anderen Autoren gemachte
Beobachtungen aufmerksam, daß Kopfschüsse auch dann typische Störungen
von seiten des Gehörorganes zeigen, wenn die Verletzung fern vom Ohre
erfolgt ist, selbst auch dann, wenn es sich um scheinbar unbedeutende Streif¬
schüsse des Schädels handelt. Bei diesen Verletzungen beobachtet man Verlust
des Bewußtseins für kürzere oder längere Zeit, nachher Kopfschmerzen,
Schwindel, Ohrensausen, Herabsetzung des Gehörs auf der verletzten, aber auch
oft nichtverletzten Seite; bisweilen werden auch Störungen des Gesichts- und
Geruchsinns angegeben. Objektiv entsprechen diesen Angaben die Sym¬
ptome reiner Läsion des inneren Ohres.
Friedländer (42) bespricht an der Hand der bisherigen Literatur die
Schädigungen des Gehörorgans durch Schußwirkung und fügt dieser Be¬
sprechung die Schilderungen einiger selbstbeobachteter Fälle an.
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Trauma und Nervenkrankheiten.
501
Trophlsche Störungen nach Unfall.
Leppmann (96) berichtet über einen Fall, in welchem sich an eine
durch Hodenverletzung bewirkte Hodeneiterung langwierige Eiterungen an
verschiedenen Körperstellen entwickelten, an die sich eine brandige Ab¬
stoßung sämtlicher Finger und einiger Zehen anschloß. Diese symmetrische
Gangrän wurde vom Autor und mehreren anderen Gutachtern als Unfall¬
folge begutachtet und schließlich auch als solche anerkannt.
In dem von Krauß (92) mitgeteilten Falle wurde die nach einer Zell¬
gewebsentzündung auftretende Sklerodermie als eine durch den Unfall evtl,
mitbedingte Verschlimmerung der Arbeitsfähigkeit angesehen und rentenmäßig
bedacht.
Ein 35jähriger Kupferschmied — Beobachtung von Bretschneider (16)
— erlitt einen außerordentlich heftigen Schreck durch ein mit furchtbarem
Knall erfolgtes Platzen eines Kupferrohrs. Er wurde dabei 2 Meter zurück¬
geschleudert, verlor auf 10 Minuten das Bewußtsein und erlangte erst nach
2 Stunden seine Sprache wieder. Schon am nächsten Tage bemerkte Patient
einen Haarausfall an seinem ganzen Körper, der in den folgenden Tagen
immer stärker zunahm und nach 8 Tagen den Verlust aller Haare des
Körpers zur Folge hatte. Auch hatte seit dem Unfall jegliche Schwei߬
sekretion aufgehört. Die physiologische Untersuchung stellte fest, daß es
sich um einen dauernden Krampfzustand sämtlicher Gefäße der Haarpapillen
und Schweißdrüsen handelte, der zu einer Atrophie der gesamten Haut
geführt hatte.
Sonnenstich.
In einem Falle, in welchem Thiem (155) über Hitzschlag und Sonnen¬
stich als Ursache des eingetretenen Todes zu urteilen hatte, setzt er die
Theorien auseinander, die bezüglich der Wirkungsweise der genannten Fak¬
toren zurzeit bestehen.
Kasuistischer Beitrag Horn’s (76). Besonders bemerkenswert eine
linksseitige homonyme Hemianopsie beider Augen (Herd vermutlich in der
Gegend des rechten Tractus opticus). Daneben Ataxie des Rumpfes und
der Beine als Folge einer Kleinhirnschädigung, ferner Störungen von seiten
des Nervus oculomotorius, Trigeminus, Fazialis, Akustikus, Vagus und Hypo-
glossus (Dysarthrie). Nach i 1 / 2 Jahren Hemianopsie unverändert, Ataxie
gebessert. Fall früher als „traumatische Neurose“ bezeichnet (!).
{Autoreferat.)
Römer (132) berichtet über drei reine Fälle von Sonnenstich. Im
ersten Fall handelt es sich um eine Störung des Sensoriums. Die Lumbal¬
punktion ergab einen normalen Liquorbefund. Bei der Obduktion wurde
ein mäßiger Hydrocephalus internus festgestellt, ferner eine Vermehrung der
Flüssigkeit im Subarachnoidealraume und eine weißliche Verfärbung der
Pia. Es handelte sieb somit um einen entzündlichen Zustand der Pia. Im
zweiten Falle ergab die wegen Kopfschmerzen ausgeführte Lumbalpunktion
einen ganz erheblich vermehrten Druck bei reichlicher Spinalflüssigkeit.
Die Nonne-Ap eit sehe Reaktion fiel negativ aus, die feinere Pandysche
Reaktion mit verdünnter Karbolsäure ergab einen positiven Befund, womit
der Beweis einer bestehenden entzündlichen Reizung im Zerebrospinalsystem
erbracht sei. Im dritten Falle gelaug es, in mehrfachen Spinalpunktionen
den Ablauf der akuten Hirnhautentzündung (vermehrte Zeilenzahl, positive
Globulinreaktion) zu verfolgen. Man hat sich nach Römer die Entstehung
eines Sonnenstiches folgendermaßen vorzustelleD: Wird der unbedeckte Kopf
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502
Traum» und Nervenkrankheiten.
von der Sonne direkt bestrahlt, so wirken alle Strahlenqualitäten auf die Haut
ein. Die wenigen durch die Atmosphäre zu uns gelangenden ultravioletten
Strahlen rufen in der Epidermis Pigmentbildung hervor und werden von diesem
absorbiert, wahrscheinlich auch in langwellige Strahlen umgewandelt. Die
Strahlen größerer Wellenlängen gelangen durch die oberflächlichste Haut-
Schicht bis zu dem Kapillafnetz der Kutis und Subkutis und erzeugen hier
Gefäßerweiterung, Hyperämie, Ödem, bei stärkerer Einwirkung Thrombosen.
Bei ungestörtem Blutkreislauf dringen durch die Haut nur wenige Strahlen
in die Tiefe, ist aber der Kapillarkreislauf geschädigt (Dilatation, Throm¬
bosen), so gelangen größere Mengen langwelliger Strahlen durch die Haut
hindurch, sogar auch durch das knöcherne Schädeldach. Sie wirken sowohl
als Wärmestrahlen wie auch als Lichtstrahlen in demselben Sinne wie auf
die Blutbahuen der Haut auf die Meningen und ihre Gefäße ein, indem
sie eine reaktive Entzündung mit Leukozytenauswanderung und vermehrter
Flüssigkeitsabsonderung hervorrufen (Meningitis serosa, Meningitis purulenta
sterilis). Ein Teil der direkten Strahlen erreicht schließlich die Hirnrinde
selbst. Die Wirkung dieser direkt zu den Meningen und zum Gehirn
gelangenden Strahlen wird noch ganz wesentlich unterstützt durch die
sekundären Wärmestrahlen, welche durch Leitung der in der Schädeldecke
absorbierten Wärme entstehen.
Neurosen nach Tranma.
Oppenheim (118) gibt zunächst einen kurzen historischen Überblick
über den Kampf, welcher um den Begriff der sog. traumatischen Neurose in
den vergangenen Dezennien geführt worden ist, und kommt dann auf die Tat¬
sachen zu sprechen, die der Krieg uns vor Augen geführt hat. An dem großen
Nervenmaterial des von ihm geleiteten Lazaretts konnte er die Angelegenheit
von neuem einer Prüfung unterziehen. Aus der möglichst genauen Anamnesen-
erforschung ergab sich zunächst, daß die schweren Kriegstraumen auch bei
bis dahin gesunden, nicht belasteten Menschen Neurosen (und Psychosen)
hervorbringen können. Die einwirkendeu Schädlichkeiten bei dem Trauma
sind mechanische, seelische und gemischte, zu denen noch Erschöpfungen
des Körpers treten, welche durch die übermäßigen Anforderungen bedingt
sind, die an ihn gestellt werden. Das Krankheitsbild entspricht selten einem
der reinen Typen der bekannten, wohlabgegrenzten Neurosen, weit häufiger
stellt es eine Mischform dar und wird nun vom Autor im folgenden in
seinen verschiedenen Typen unter Hervorhebung des Wesentlichen skizziert.
Diese Krankheitszustände reihen sich der Mehrheit nach an solche der
Neurasthenie und der Kombination von Hysterie und Neurasthenie an.
Der Tic, die Crampi musculorum und verschiedene Formen des Zitterns
kommen als verhältnismäßig häufige Symptome hinzu. Diese Symptome
zeigten keinen hysterischen Charakter, was sich bei der sog. Krampusneurose
überzeugend offenbarte; ebenso seien auch die Erscheinungen der Akinesia
amnestica nicht hysterischer Natnr. O. führt dann weiter einige Fälle
sog. Beflexlähmnng an, deren Wesen darin besteht, daß nach einem Extremi¬
tätenschuß eine Lähmung und Muskelatrophie der Extremität eintritt, während
der elektrische Befund keine Abweichung vom Normalen zeigt. Aus diesen
neuen Erfahrungen zieht 0. den Schluß, daß es Krankheitszustände gibt,
die mit Recht die Bezeichnung „traumatische Neurose“ führen. 0. konnte
bei der großen Mehrzahl seiner Verletzten, auf die sich seine neueren Er¬
fahrungen basieren, nicht nur die Konstanz der Symptome — auch dann,
wenn 9ie sich unbeobachtet glaubten — feststellen, sondern vor allem auch
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Trauma und Nervenkrankheiten.
603
die Tatsache, daß sie das redliche Bestreben hatten, gesund zu werden oder
doch wenigstens das Lazarett verlassen zu können. Vielfach bestand die
Neurose neben einem oiganisch bedingten Leiden, beide hatten die gleiche
Entstehung. Der Autor schließt unter Hinweis auf seinen vor 25 Jahren
geführten Kampf um die traumatische Neurose: „Es bestätigt sich mir alles,
was ich damals gelernt und gelehrt habe, ich habe nichts zurückzunehmen.“
Der Aufsatz Oppenheim’s (117) über das gleiche Thema im Neurol.
Centralblatt bildet eine Ergänzung zu dem vorhergehenden. Namentlich
setzt er darin auseinander, wie er sich den materiellen Vorgang im Zentral¬
nervensystem vorstellt.
Unter Hinweis auf seine später erscheinende Monographie über „Die
Neurosen nach Kriegsverletzungen“ möchte Oppenheim (115) zunächst eine
kurze Inhaltsangabe machen, einige Leitsätze herausgreifen und so eine Art
von Präreferat der verschobenen Veröffentlichung vorausschicken.
Die Arbeit bringt etwa 70 Krankengeschichten von Neurosen nach
Kriegsverletzungen, die O. in der Nervenstation des Reservelazaretts Kunst¬
gewerbemuseum zu beobachten Gelegenheit hatte.
Sie sind in folgende 5 Gruppen gebracht: I. traumatische Hysterie,
II. traumatische Neurasthenie, III. traumatische Hysteroneurasthenie, IV. trau¬
matische Neurose im engeren Sinne, V. Kombination von organischen Er¬
krankungen des Nervensystems mit Neurosen traumatischen Ursprungs.
O. zeigt an dem Material, daß die Grenzen zwischen diesen Gruppeu
(I bis IV) zwar keine scharfen sind, indem es Fälle gibt, in denen es durch¬
aus zweifelhaft bleibt, zu welcher dieser Unterformen sie gehören, daß aber
im großen und ganzen diese Scheidung zu Recht besteht.
Alle diese Gruppen umfaßt das weite Gebiet der traumatischen Neu¬
rosen. Die Bezeichnung traumatische Neurose im engeren Sinne möchte O.
reservieren für die Mischformen (Gruppe III) und besonders für die in
Gruppe IV zusammengefaßten Fälle. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß
bei ihnen Symptome hervortreten, die weder der Hysterie uoch der Neur¬
asthenie zuzurechnen sind, wie die Tics, die Crampi musculorura und andere
lokalisierte Muskelkrämpfe, gewisse Formen des Zitterns, die weder dem
Bilde des ideogenen, emotionellen noch dem des Erschöpfungstremors ent¬
sprechen, Anfälle von Bewußtlosigkeit von nicht-hysterischem Charakter, das
Graefesche und Chvosteksche Symptom und ganz besonders motorische
Ausfallserscheinungen vom Charakter der „Akinesia amnestica“ und „Reflex¬
lähmung“. Die Lehre von der Akinesia amnestica, deren Beziehungen zur
sog. Gewohnheitslähmuug erörtert werden, hält 0. für eine fest begründete.
Interessante Formen von Akinesia und Dyskinesia amnestica können auch
durch Schußverletzungen peripherischer Nerven, besonders des N. accessorius,
bervorgerufen werden. Die Theorie der Reflexlähmung erfordert noch weitere
Untersuchungen. — Das Hauptgewicht legt O. auf den Nachweis, daß die
psychogene bzw. die ideogene Entstehung der Symptome, der „traumatischen
Hysterie“ im Sinne Charcots, die von der großen Mehrzahl der deutschen
Forscher angenommen worden ist, nur eine ganz bescheidene Rolle spielt.
Der Hauptfehler, der gemacht worden ist und noch gemacht wird, auch von
einer Anzahl unserer hervorragenden Fachvertreter, ist der, daß das, was
Folge der psychischen Erschütterung, des Afiektsohocks ist, als das Produkt
der Vorstellung, als ideogen angesehen wird. Nur dadurch entsteht die
„unglückselige“ Verquickung der traumatischen Hysterie und traumatischen
Neurose mit der Simulation. Denn die von vielen vertretene Auffassung, daß
es zwischen Hysterie und Simulation keine scharfe Grenze gibt, sowie für
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Trauma and Nervenkrankheiten.
die auch aus Nonnes Mitteilangen überall hervorlugende Anschauung, daß
die traumatische Neurose etwas Imaginäres ist, das einfach weggeblasen
(durch eine hypnotische Sitzung beseitigt) werden kann, könnte nur insoweit
Gültigkeit haben, als es sich um ideogene, d. h. in der Vorstellung wurzelnde
Krankheitserscheinungen handelt. Diese Annahme trifft für die große Mehr¬
zahl der Beobachtungen, die 0. im Kriege angestcllt hat, nicht zu. Die
Symptome und Krankheitsbilder, auf die sich seine Erfahrung bezieht, sind
fast durchweg das Ergebnis der psychischen und physischen Erschütterung,
außerdem spielen durch Reizzustände in der Peripherie ausgelöste reflekto¬
rische Vorgänge eine wichtige Rolle. Durch diese werden Veränderungen
im zentralen Nervensystem hervorgerufen, die nicht den Charakter patholo¬
gisch-anatomischer Prozesse haben, sondern in der Lockerung, Verlagerung
der feinsten Gewebselemente, in der Sperrung von Bahnen, in der Ent¬
gleisung der Innervationsimpulse, in der Diaschisis beruhen. In dieser Binsicht
berührt sich die von ihm vor 25 Jahren aufgestellte Erschütterungstheorie
mit Vorstellungen, die in der alten Schocklehre von Goltz enthalten sind
und auch in Monakows Hypothese von der Diaschisis wiederkehren. Gewiß
vermag die psychische Erschütterung allein viele von den Symptomen und
Symptombildern hervorzubringen, auf die O. die Bezeichnung „traumatische
Neurose“ angewandt hat, und die dann von anderen auch unter dem Namen
Schreckneurose, Emotionsneurose geschildert worden sind. Aber selbst wenn
der Nachweis gelänge, daß die seelische Erschütterung alles das zu erzeugen
vermöchte, was als traumatische Neurose beschrieben worden ist, so wird
damit keineswegs der Beweis geliefert, daß die mechanische Erschütterung
in der Genese dieser Krankheitszustände keine Rolle spielt. Es ist durch¬
aus nicht von der Hand zu weisen, daß die seelische und körperliche Er¬
schütterung in gewisser Hinsicht gleichartige Wirkungen auf das zentrale
Nervensystem ausüben und Krankheitszustände von demselben Charakter
hervorzubringen vermögen.
Es gibt Insulte, wie die starken Detonationen durch die schweren
Artilleriegeschütze, in denen diese beiden Faktoren überhaupt schon so ver¬
schmolzen sind, daß sie nicht voneinander zu trennen sind.
Für eine Reihe der von 0. angeführten Symptome, besonders auch
für die Temperatursteigerung, wird das entsprechende Beobacbtungsmaterial
vorgelegt.
Besonders eingehend wird das Wesen der Lähmungszustände erörtert,
auf die 0. die Bezeichnung der Akiuesia amnestica und Reflexlähmung an¬
gewandt hat. Es hat sich dabei die starke Bevorzugung der linken Seite
herausgestellt (O. Kalischer). Ist schon diese Tatsache mit der Annahme
der ideogenen Entstehung so gar nicht in Einklang zu bringen, so gilt das
noch weniger für die von O. festgestellte Tatsache, daß am Bein so gut. wie
immer die Lähmung distalwärts znnimmt und am längsten in den Fußmuskelo
persistiert. Ferner fand O. in der Mehrzahl dieser Fälle eine volle Harmonie
zwischen dem Charakter der Gehstörung und der Lähmung, wie sie sich in
der Rückenlage präsentiert. Wie soll das psychogenetisch zu deuten sein?
Die Reflexlähmung kann sich auf eine Muskelgruppe — z. B. Hüftbenger
bei Verletzung des Oberschenkels — beschränken.
Die eigentümlichen Beziehungen der Schmerzen bei traumatischer
Neuritis zu psychischen Vorgängen und Erregungen der Sinneszentren, auf
die O. zuerst hingewiesen hat, werden eingehender und an der Hand der
Kasuistik besprochen. Die Simulationsfrage wird unter Mitteilung von Beob¬
achtungen erörtert. Das Schlußkapitel behandelt die Frage der Prognose
und Therapie.
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Trauma und Nervenkrankheiten.
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Nonne (113) diskutiert ausführlich die Frage, ob man bei Kriegsverletzten
wieder „traumatische Neurose“ diagnostizieren soll. Er kommt auf Grund
seiner Erfahrungen zu folgendem Ergebnis: I. Es ist auffallend, wie ver¬
hältnismäßig selten bei unsern Soldaten nach schweren Körperverletzungen
Symptome von Neurose auftreten. Die Neurosen, die wir sehen, stellen
sich am häufigsten als lokale Hysterie, als allgemeine Hysterie, als Neur¬
asthenie, als Erschöpfungsneurose und als Kombination dieser Neurosen
dar. Die im Krieg erworbene Hysterie ist auffallend häufig mit vasomoto¬
rischen Erscheinungen verbunden. 2. Das aus hysterischen, neurasthenischen
und hypochondrischen Anomalien verbundene Krankheitsbild mit dem Namen
„traumatische Neurose“ zu bezeichnen, ist objektiv nicht begründet, denn
dasselbe Bild kommt auch ohne Trauma vor. 3. Die häufigste Ursache der
Neurosen nach Trauma im Kriege sind Granatexplosionen. Der psychische
Schock und die Luftdruckwirkung sind die Ursachen der nervösen Störungen,
das erstere Moment ist von größerer ursächlicher Bedeutung als das zweite.
4. Die Möglichkeit, durch geeignete suggestive Therapie in vielen Fällen
plötzliche Heilung auch bei schweren und ganz schweren Komplexen zu er¬
reichen, spricht gegen die Annahme, daß es sich bei diesen Fällen um ana¬
tomische Veränderungen irgendwelcher Art im Zentralnervensystem handelt.
5. Bei der akuten Entstehung des Krankheitsbildes spielen irgendwelche
Begehrungsvorstellungen keine Rolle. Bei der Fixierung resp. Überfüh¬
rung desselben zur Unbeeinflußbarkeit durch ärztliche Therapie spielen
Begehrungsvorstellungen eine Rolle, und zwar in der durch den Krieg be¬
dingten Modifikation. 6. Die Prognose der Neurose ist nicht nur bei nicht
belasteten und konstitutionell vorher gesunden Patienten gut, wenn bei
Fehlen von Begehrungsvorstellungen energisch suggestiv vorgegangen wird;
die Hypnose erzielt auffallend häufig Heilung. Die Prognose ist auch dann
gut, wenn die durch den Krieg bedingten ßegehrungsvorstellungen beseitigt
siud, d. h. nach Entlassung aus dem Frontdienst oder nach Beendigung des
Kriegs. Darüber, ob Rentenbegehrungsvorstellungen die Neurose auch nach
dem Kriege fixieren werden, müssen spätere Erfahrungen belehren. 7. Den
ärztlichen Gutachtern soll die an sich günstige Prognose der im Krieg er¬
worbenen Neurosen bei der Begutachtung und Entschädigungsfrage vor Augen
stehen. Der Name „traumatische Neurose“ soll, weil ihm vielfach bei Ärzten
und Laien der Begriff der Unheilbarkeit auch heute noch anhaftet, vermieden
werden. 8. Das kann auch geschehen, weil auch der Krieg nicht gezeigt
hat, daß es eine durch ein körperliches oder psychisches Trauma (oder beide
iusammen) bedingte charakteristische spezifische Neurose gibt.
An diesen Aufsatz von Nonne schließt dann eine kurze Bemerkung
Oppenheim’s (116) über die von Nonne erzielten hypnotischen Scbnell-
heilungen an, worauf dann Nonne (114) wiederum kurz antwortet.
Unter 1126 Aufnahmen von Offizieren und Soldaten in der Zeit vom
1. August 1914 bis 31. Juli 1915, die Psychosen und Neurosen betreffen,
beobachte Meyer (104) 148 Fälle, die er zu den Psychogenien rechnet,
außerdem 128 Fälle mit psychopathischer Veranlagung und 76 Fälle mit
traumatischer Neurose. Der Autor ist der Ansicht, daß die Begehrungs¬
vorstellungen bei der traumatischen Neurose sowohl in Friedens- als besonders
in Kriegszeiten die eigentliche Ursache der Erkrankung nicht abgeben. Von
den Fällen mit traumatischer Neurose war die Krankheit in 47 Fällen schon
im Frieden und nur bei 29 Fällen durch Kriegsverletzungen entstanden.
Gegenüber den Tausenden von Verwundeten, die Seelert (148) im Felde
gesehen hat, war die Zahl der Neurosen, die er unter ihnen fand, sehr klein.
Nach seinen Erfahrungen kommt das Krankheitsbild der sog. traumatischen
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Neurose bei nicht verwundeten Soldaten und bei solchen, die nur ganz
leichte körperliche Schädigungen davongetragen haben, viel häufiger vor
als bei Schwerverwundeten. Die Krankheitsbilder der nach Unfällen im
Kriege und im Frieden auftretenden Neurosen stellen sich nicht als Er¬
krankungen auf einheitlichem pathologischen Boden dar; sie haben anderer¬
seits in ihrer Symptomatologie nichts Spezifisches, nichts, das nicht auch ohne
vorausgehenden Unfall beobachtet würde. Bei den Neurosen nach Unfällen
ist neben der psychopathischen Veranlagung das wesentliche ätiologische
Moment auf psychischem, auf affektivem Gebiet zu suchen. Die Erfahrung,
daß der körperlichen Schädigung in der Pathogenese der Unfallneurosen
nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, und die Erfahrung, daß
psychopathische Menschen auf ein affektives Erlebnis mit gleichen patho¬
logischen Erscheinungen reagieren, fährt zu der Anschauung, daß die Neurose
nach Unfall die pathologische Reaktion eines psychopathischen Individuums
auf das Erlebnis des Unfalles und die damit verbundenen meist weiter
wirkenden sozialeu Folgen ist. Alle Tatsachen sprechen durchaus gegen
Oppenheims Auffassung der „traumatischen Neurose“ als Äußerung einer
durch den Unfall physikalisch entstandenen Veränderung im Nervengewebe.
Da Seelert die Erkrankung als eine pathologische Reaktion des Indi¬
viduums auf das Erlebnis des Unfalles und seiner sozialen' Folgen auffaßt,
so scheint es ibm angezeigt, sie als reaktive Neurose nach Unfall zu
bezeichnen.
Hildebrandt (66) schätzt die Zahl der Fälle von sog. traumatischer
Neurose, bei denen deutliche neurotische Erscheinungen als vorausgehend
angegeben wurden, oder hereditäre Belastung mit einer Wahrscheinlichkeit
bewiesen wurde, auf knapp die Hälfte der Fälle. In der Annahme einer
neurotischen Disposition wird oft zu weit gegangen. Praktisch stebe fest,
daß eine Neurose durch einen Unfall hervorgerufen werden kann bei einem
Nervensystem, daß bei Durohschnittsbelastuug nie erkrankt sein würde.
Gibt man dies zu, so sollte man den Begriff der traumatischen Neurose
nicht wegdisputieren. Der Autor diskutiert dann die Frage, wieweit ein
nervöser Schock durch die Begehrungsvorstellungen zu einer Neurose ent¬
wickelt werden kann. Oppenheim gehe in der Tendenz, die Begehrungs-
vorstellungen möglichst auszusohalten, andererseits die mechanische Ent¬
stehungsweise zu betonen, zu weit. Man sollte die psychogenen Wirkungen
begrifflich immer streng in zwei Gruppen sondern: in die ideogenen, bei
denen die Vorstellungen entscheidend sind, und die eigentlich psychogenen,
bei denen die Emotion selbst entscheidend ist. * Die ideogenen leiten zuf
Simulation über. Die psychogene Wirkung sei sicher, während die mecha¬
nische (Oppenheim) als unmittelbare Ursache fraglich bleibe. Gegenüber
dem plötzlichen Affekt der traumatischen Neurose, Entsetzen und Schreck,
kommt eine ähnliche Wirkung längerdauernder Erregung vor, die zu den
ideogenen Fällen überleitet. Eine rein ideogene traumatische Neurose kann
es nicht geben. Wenn aber die Neurose vorhanden ist, so können die
einzelnen Symptome ideogen geformt werden. Zwischen psychogener und
ideogener Neurose und da wieder zur simulierten gäbe es eine Grenze nicht.
Oppenheim unterscheidet die hysterischen Symptome auch bei der Krampus¬
neurose.
Förster (39) betont, daß den sog. traumatischen Neurosen kein ein¬
heitliches Material zugrunde liegt und es sich bei genauer Untersuchung
bei allen diesen Patienten nachweisen läßt, daß es sich um Persönlichkeiten
handelt, die auch vor dem Kriege nicht die volle Widerstandsfähigkeit des
Gesunden besessen haben. Bei allen diesen Persönlichkeiten spielten die
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Trauma und Nervenkrankheiten.
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Begehrungsvorstellungen eine große Rolle. Falls eine körperliche Ver¬
wundung vorlag, wurde diese stets für die Beschwerden verantwortlich ge*
macht Am leichtesten ersichtlich und nachzuweisen war dies bei Hyste¬
rischen. Die Kranken betonen zwar oft den Wuusch, wieder an die Front
zarückgeschickt zu werden, aber bei genauer Analyse war gewöhnlich zu
erkennen, daß sie bei sich hoffen, der Arzt würde ihrem Wunsche nicht
nachgeben, sondern würde sie nach Hause schicken, womit sie ihre achtbare
Gesinnung nach außen hin gewahrt meinten. Als erfreuliches, wenn auch
nicht unerwartetes Ergebnis zeigte sich, daß durch die Verwundungen oder
die Anstrengungen, Strapazen und Schrecken des Krieges ein nicht neuro-
pathisch veranlagter Mensch keine traumatische Neurose bekommt, und daß
die Zahl der Patienten, die unter diese Kategorie fallen, eine verhältnismäßig
sehr geringe ist. Die Erklärung, daß Oppenheim bei dem gleichen Material
zu einem anderen Resultat kommt, scheint dem Autor darin zu liegen, daß
Oppenheim seine Fälle nicht mit der nötigen Unbefangenheit beurteilt hat.
Bannemann (17) beschäftigt sich mit der Theorie über die Oppen¬
heim sehe „traumatische Neurose“, mit der sog. Erschütterungstheorie. Er
meint: Einerlei, ob wir die zu deutenden Symptome unter das Bild der
Hysterie oder der Neurasthenie unterzuordnen uns veranlaßt sehen, in jedem
Falle liegt das Wesen der Erkrankung nicht auf der objektiven, sondern anf
der subjektiven Seite. Weder die Sinnesreize beim Unfall, noch diejenigen der
posttraumatischen Zeit können für die Entstehung, den Fortbestand und die
Weiterentwicklung der Krankheit verantwortlich gemacht werden, sondern
erst die Art der subjektiven Verarbeitung derselben ist für das Krankheits¬
bild ausschlaggebend. In einer früheren Arbeit (Monatsschr. f. Psych. Bd. 33)
sagt der Autor: Wir werden da von Neurasthenie sprechen, wo uns Er¬
scheinungen zur Wahrnehmung gelangen, in denen die gesteigerte Subjek¬
tivität untergeordneter Organreaktionen die wesentlichere Rolle spielt, von
Hysterie aber dann, wenn die gesteigerte Subjektivität übergeordneter neen-
zephalischer Funktionen (des Denkens und Wiinschens) in den Vordergrund
tritt. Die Einwirkung der Erschütterung auf die kleinsten Nerventeilchen
kaun man zur Schreckwirkung in Analogie setzen und kann ihre lokale Ver¬
teilung und die entsprechende Verschiedenheit der Symptomatologie als von
verschiedenen lokalen Erregbarkeitszuständen abhängig erachten. Diese
kleinsten Partialerlebnisse werden ebenso auf die psychische Gesamtdisposition
zurückwirken wie durch die Sinnesorgane vermittelte Gesamterlebnisse. Bei
Festhaltung an der Oppenheimschen Theorie sei es nötig, eine besondere
Prädisposition anzunehmen, für eine solche ist aber kein Anhalt zu finden.
An Stelle der körperlichen, strukturellen Prädisposition setzt Bunnemann
die seelische, aus der sich sowohl die vorzugsweise Bildung und Fixierung
gewisser ideeller Komplexe und deren M aßgeb lichkeit für Aufmerksamkeits-
richtung, Phantasietätigkeit, Empfindsamkeit und Wunsch- und Willens¬
richtung als auch eine abnorme organische Reaktivität erklären läßt Sollen
die Veränderungen, die Oppenheim in der Nerven Substanz annimmt, so
lange bestehen wie die Symptome der Krankheit, dann sei nicht einzu¬
sehen, weshalb sich nicht nachweisbare Veränderungen aus ihnen entwickeln.
Bunnemann glaubt daher, daß man zur Erklärung der Symptome der
traumatischen Neurose nicht nur nicht zu einer Annahme der Oppenheim¬
schen physikalischen Folgen der Erschütterung gezwungen ist, sondern daß
Gesichtspunkte gegen eine solche Annahme sich geltend machen lassen von
zwingender Beweiskraft.
Gaupp (48) spricht sich dahin aus, daß das meiste, was auf körper¬
lichem Gebiet als Granatkontusion beschrieben wird, nichts anderes ist als
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traumatische Hysterie. Unter den ätiologischen Faktoren spielt zweifellos
der seelische Einfluß auf den Patienten eine hervorragende Rolle. Die von
Hause aus psychopathische Persönlichkeit liefert den Boden für die Ent¬
stehung. Natürlich ist der psychogene Charakter keineswegs immer eindeutig,
organische Symptome sind dem Krankheitsbild oft beigemengt. Die Behand¬
lung ist im wesentlichen eine suggestive, „gewissermaßen psychologische'.
(Borc/iardt.)
Christoffel (21) berichtet über einen Patienten, der einen Unfall (Fall
auf Rücken und Hinterkopf) erlitten batte, worauf sich ein Krankheits¬
bild entwickelte, das einmal den Symptomenkomplex der „pseudospastiscbeu“
Parese mit Tremor und ferner psychische Störungen (Gedächtnisschwäche,
Konfabulation usw.) aufwies.
Weber (167) legt dar, wie in einem Falle lediglich durch das ärzt¬
liche Eingreifen aus einem harmlosen Vorfall, Fall auf den Leib, ein Unfall
geworden ist, dem erst ganz gewöhnliche dysmenorrhoische Beschwerden zur
Last gelegt werden; bei der Begutachtung verwandeln sie sich mangels
jeden objektiven Substrates in die beliebte Nervosität. Bei dem zweiten
Unfall wird der Fehler gemacht, daß eine Weichteilwunde an der Stirn zu
einer schweren Kopfverletzung mit Gehirnerschütterung gestempelt wird,
ohne dies aus entsprechenden, unmittelbar nach dem Unfall beobachteten
Symptomen oder aus objektiven Folgeerscheinungen zu begründen.
Auf Grund der Beobachtung und Begutachtung eines Falles von Unfall¬
neurose kommt Laehr (94) zu folgendem Schlußergebnis: Die Ablebnuug
auch billiger Vergleichsvorschläge von seiten Unfallverletzter und das hart¬
näckige Streben nach unverhältnismäßig hoher Rente ist vielfach nicht oder
doch nicht vorwiegend auf das Verlangen nach Geldgewinn zurückzuführen.
Mit der Vorstellung der Rente verbinden sich leicht in ungünstiger Weise
zwei andere, stark gefühlsbetonte Vorstellungen, die der eigenen Krankheit
und die der eigenen Person. Die Rente beglaubigt immer von neuem die
Schwere der Krankheit und den früheren, nicht nur wirtschaftlichen, sondern
auch moralischen Wert der eigenen Person. Ist dieser Zusammenhang ein¬
getreten, so erschwert er ein ruhiges Erwägen und kann dem hysterischen
Unfallverletzten den Entschluß unmöglich machen, einem billigen Vergleich
zuzustimmen. Da hier langwierige Prozesse mit ihren unheilvollen Folgen
veranlaßt w r erden, ist auch von diesem Gesichtspunkte aus P. Horns Vor¬
schlag (s. dort) größter Beachtung wert, da dessen Durchführung dem Unfall¬
verletzten auch ohne seine Zustimmung und ohne Prozeß eine angemessene
Entschädigung gewährleisten würde.
Die Schreckneurose, so führt Hom (71, 72) aus, stellt eine besondere
Gruppe der „traumatischen Neurosen' oder Unfallneurosen dar von scharf
umschriebener klinischer Selbständigkeit. Sie ist eine ausgesprochene
Psychoneurose und als solche charakterisiert auf psychischem Gebiete durch
eine allgemeine Exaltation, eventuell mit vorübergehender Verwirrtheit, und
durch fixierte Angstaffekte, auf somatischem Gebiete durch eine Dishar-
mouisierung des vegetativen Nervensystems. Jm Vordergründe der soma¬
tischen Erscheinungen stehen vor allem kardiovaskuläre Symptome (vaso¬
motorischer Symotomenkomplex). Die Schreckreaktion erfordert an sich
keine besondere Disposition, doch besteht praktisch die große Mehrzahl der
Schreckueurotiker aus schon vorher kranken, zum mindesten stark dispo¬
nierten Individuen. Ausschlaggebend für den weiteren Verlauf der Schreck¬
neurose ist einerseiis die spezifische Disposition des Individuums, andererseits
die Gestaltung der Entschädigungsfrage. Bei baldiger Kapitalabßndung ist
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Trauma und Nervenkrankheiten.
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bei mittelschweren nicht komplizierten Fällen in der Regel in 2 Jahren
völlige Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit zu erwarten; RontengewähruDg
uud Prozesse tragen nur dazu bei, das Krankheitsbild zu fixieren und zur
ReDtenkampfneurose umzugestalten. Nur bei bestehender Komplikation mit
schweren organischen Leiden kommt ein abwartendes Verhalten bzw. Renten¬
gewährung in Frage. Die Auslösung bzw. Verschlimmerung von Diabetes
mellitus, Diabetes insipidus, M. Basedowii, progressiver Paralyse und von
manchen anderen organischen Erkrankungen durch Schreck erfolgt auf dem
Wege des vegetativen Nervensystems.
Für die Nutzbarmachung erhaltener und wiedergewonnener Arbeits¬
kraft bei Unfallneurosen stellt Horn (73) folgende Leitsätze auf: 1. Die
Unfallneurosen an sich stellen beim Fehlen komplizierender Momente keine
Erkrankungen dar, die einen dauernden Ansschluß des Patienten vom wirt¬
schaftlichen Leben zur notwendigen Folge hätten. 2. Ausschlaggebend für
die soziale Wiederherstellung des Unfallnenrotikers ist neben dem erforder¬
lichen Willen zur Arbeit eine möglichst baldige, definitive Kapitalabfindung,
soweit es sich um Haftpflichtfälle haudelt. Bei Neurosen nach gewerblichen
Unfällen ist im Interesse einer baldigeu Rückkehr der vollen Erwerbs-
fähigkeit ebenfalls vom Abfindungsrerfahren möglichst Gebrauch zu machen;
Vollrente ist nur in seltenen Ausnahmefällen (beim Bestehen schwerer Kompli¬
kationen) am Platze; die Teilrenten dürfen nur eine mäßige Anfangshöhe (je
nach Lage des Falles 30—60 %) zeigen und sind nach und nach zu entziehen.
3. Die Arbeitswiederaufnahme, die bei Unfallneurosen das zweckmäßigste
Heilverfahren darstellt, hat sobald wie möglich zu erfolgen, und zwar am
besten unter allmählicher Steigerung der Anforderungen; sofortige Voll¬
beschäftigung kann zu Rückschlägen führen. 4. Längere Untätigkeit ist
sowohl in medizinischer wie sozialer Hinsicht für den Patienten nur von
Schaden, führt zu gesteigerter Selbstbeobachtung, erweckt Befürchtungs-
' und Begehrungsvorstelluugen und macht den Patienten zum arbeitsentwöhnten
Rentenkampfneurotiker. 5. Volkswirtschaftliche Schwierigkeiten, die der
Arbeitswiederaufuahme entgegenstehen, sind vorhanden, werden aber meist
zu Unrecht überschätzt. 6. Ein Berufswechsel ist nur in dem kleineren Teil
der Fälle erforderlich; meist ist Wiederbetätigung im bisherigen Berufe,
wenn auch anfangs nur in beschränktem Umfange, möglich und sollte im
übrigen stets zunächst ins Auge gefaßt werden. 7. Bei denjenigen Unfall¬
neurotikern, die dem sozialen Leben verloren gehen, ist die Untätigkeit nur
in Ausnahmefällen, z. B. bei posttraumatischer Demenz, auf die Unfallfolgen
als solche zurückzuführen. Im übrigen handelt es sich zumeist um schon
vorher kranke und widerstandsunfähige Individuen, um Alkoholiker oder um
Simulanten. 8. Hauptaufgabe des Arztes ist es, eine Wiederbetätigung des
Patienten dadurch anzubahnen, daß er durch Aufklärung über die Heil¬
barkeit des Leidens sowie über die Rechtslage etwaigen Befürchtungs- und
Begehrungsvorstellungen entgegenwirkt; auch die Berufsberatung gehört
ins ärztliche Gebiet. 9. Zur Vermittlung passender Arbeitsgelegenheit für
beschränkt Erwerbsfähige ist Errichtung von staatlich organisierten Arbeits¬
nachweiszentralen unter Mitwirkung der Arbeitgeber bzw. Erweiterung be¬
stehender Vermittlungsstellen erforderlich. 10. Sowohl im Interesse der
medizinischen wie wirtschaftlichen Wiederherstellung des Unfallneurotikers
ist zu fordern, daß die Kapitalabfindung bei gewerblichen Arbeitern schon
bei Teilrenten bis zu ^ l li% ermöglicht wird, und daß in Haftpflichtfällen
die Möglichkeit der Abfindung durch Abänderung des § 843,3 BGB. (Ab¬
findung statt Rente soll auch auf alleinigen Antrag des Haftpflichtigen hin
zulässig sein) erweitert wird.
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Trauma und Nervenkrankheiten.
Auf Grund eingehender katamnestischer Untersuchungen kommt Horn
(76) zu dem Ergebnis, daß für die 'Weitergestaltung der Unfallneurosen
einerseits die Handhabung der Entschädigungsangelegenheit, andererseits das
Fehlen oder Vorhandensein von Komplikationen entscheidend ist. Bei bal-
diger Kapitalabfindnng ist in der Regel in wenigen Jahren völlige soziale
Wiederherstellung zu erwarten, während bei langwierigen Prozessen sowie
bei Rentengewährung die Heilung meist ganz erheblich verzögert wird. Bei
Komplikationen mit organischen Erkrankungen richtet sich die Prognose
zum großen Teile nach der Natur des Grundleidens und erfordert vor¬
sichtigere Beurteilung. Notwendig ist, den Namen „traumatische Neurose“,
mit dem vielfach immer noch der Begriff der Unheilbarkeit verbunden wird,
fallen zu lassen nnd ihn je nach dem vorliegenden Krankheitsbilde durch
die differenzierten Bezeichnungen: Scbreckneurose, Kommotionsneurosen
zerebralen und spinalen Typs, Neurosen nach sonstigen lokalen Läsionen,
Intoxikationsneurosen sowie Rentenkampfneurosen (sämtlich Untergruppen
der „Unfallneurosen“) zu ersetzen. (Se/^stbericht.)
Es handelt sich in der Mitteilung von Schüller (147) um einen
Patienten, der durch eine in nächster Nähe erfolgte Granatexplosion einer¬
seits einen allgemeinen Nervenchock, andererseits eine Kontusion des Ab¬
domens erlitt. Letztere hat zu Quetschungen der Bauchorgane geführt, in
deren Gefolge Hämorrhagien und Entzündungserscheinungeu von seiten des
Peritoneums mit wiederholten kurzdauernden Temperatursteigerungen auf¬
traten. Die zahlreichen Symptome von seiten des Nervensystems, bestehend
in hysteriformen Anfällen, Blindheit am linken Auge sowie motorischer und
sensibler Lähmung der rechten unteren Extremität mit Kontraktur der
rechtsseitigen Beckenheber ließen sich durchweg als funktionelle Störungen
erweisen und besserten sich zusehends bei entsprechender Therapie.
Engelen (28) unterzieht das Dubnissche Persuasionsverfahren unter
Bezugnahme auf die Kriegs- und Unfallneurosen einer eingehenden Be¬
sprechung und Kritik. Er kommt zu dem Ergebnis, daß recht viele Sug¬
gestionsmöglichkeilen in dem Persuasionsverfahren enthalten sind. Ob im
Einzelfalle mehr durch klare Verstandesgründe oder mehr durch unbewußte
Vorgänge die Beeinflussung des Kranken bewirkt wird, bängt ab einerseits
von der geistigen Veranlagung des Kranken, andererseits von der mehr über¬
zeugenden oder mehr suggerierenden Persönlichkeit des Arztes. Meist wird
wegen der großen Suggestionsempfänglichkeit der Nervösen die Beeinflussung
durch Erinnerungsvorstellungen, Gefühlsbetonungen, PhantasieerreguDg eine
sehr wichtige Rolle spielen. Auch ist die Behandlung ausschließlich durch
Verstandesgründe für die weit überwiegende Mehrzahl der Nervösen unzu¬
reichend. Nur gebildete und einsichtsvolle und belehrbare und folgerichtig
denkende Menschen sind rein verstandesgemäßer Behandlung zugänglich,
ln der Masse des Volkes sind solche Menschen ziemlich selten anzutreffen.
Unbekümmert um vereinzelnde Lehrsätze sind daher immer alle verfügbaren
Behandlungsmittel, geistige wie körperliche in Anwendung zu ziehen. Bei
Unfallneurosen und Kriegsneurosen ist neben sonstiger Behandlung dio
rücksichtslose Aufklärung des Traumatikers wichtig, darüber nämlich, daß
die Entstehung der Beschwerden als rein geistiger Vorgang anzusehen ist,
daß auf seine Einsicht uud seinen guten Willen die Heilung sich gründen
muß. Diese Belehrung erfolgt sehr zweckmäßig in der von Dubois aus¬
gearbeiteten Gesprächsweise.
Bingelen (29) hat ein besonderes Untersuchungsschema für Unfall¬
verletzte entworfen, das er zur Benutzung durcbgehends empfiehlt, diimit
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Trauma und Nervenkrankheiten.
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wichtige Angaben nicht vergessen werden und der Nachgutachter eine ge¬
nügende Grundlage hat.
Engelen und Rangette (33) benutzen das Assoziationsexperiment zur
Entlarvung von Simulation. Sie unterscheiden je nach der Reaktion zwei
Gruppen von Simulanten, a) Solche, die sich einfach dumm stellen. Bei
diesen hat eine vorausgehende unbefangene Intelligenzprüfung schon das
Unmögliche ihrer zur Schau getragenen Unfähigkeit ergeben, b) Solche, die
mit bestimmter Tendenz und Bewußtseineinstellung an die zu lösenden
Aufgaben herantreten. Bei dieser zweiten Kategorie von Simulanten kommt
es für den Versuchsleiter darauf an, die Aufmerksamkeit von der vor¬
gefaßten Reaktionsrichtung des Simulanten abzulenken. Zu diesem Zweck
dienen Querfragen, welche ein geschickter Versuchsleiter dem SimulatioDs-
verdächtigen stellt. Da der Simulant allen Experimenten verdächtig gegen¬
übersteht, wählt man eine größere Anzahl von indifferenten Reizworten und
streut dann erst kritische Reizworte ein. Es zeigt sich bei diesen Experi¬
menten, daß bei den kritischen Reizworten die determinierende Tendenz der
vorgefaßten Aufgabe nicht ganz erlischt. Es treten bei der Versuchsperson
zwei Aufgaben in Widerstreit: die gestellte Aufgabe, auf ein zugerufenes
Wort zu reagieren, und die vorgefaßte Aufgabe, Unfallfolgen vorzutäuschen.
Dadurch wird hier sehr oft eine Verwirrung eintreten, die sich zunächst
durch Veränderung der Reaktionszeit und dann durch die Art und Weise
der Reaktion kundtut. Es treten ferner bei einer gewissen Gruppe von
Reizworten die herrenlosen, sinnlosen, fortlaufenden Reaktionen ein.
Engelen und Rangette (32) geben die Methodik der Assoziations¬
versuche an, die sie bei Unfallneurosen zur Anwendung brachten. Zunächst
suchen sie sich durch ein zwangloses Gespräch einen Einblick in die
geistige Verfassung des Patienten zu verschaffen. Daran schließt sich eine
kurze objektive Prüfung der allgemeinen geistigen Fähigkeiten. Neben der
psychologischen Anamnese geht eine medizinische einher, die sich haupt¬
sächlich auf erbliche Belastung, auf frühere Krankheiten, insbesondere
Krankheiten des Nervensystems, und Widerstandsfähigkeit gegen Schädigungen
aller Art bezieht. Die hauptsächlichsten Bestandteile des Assoziations¬
experiments sind: 1. das Reizwort, 2. die Reaktionszeit, 3. das Reaktious-
wort, 4. Schilderung der Bewußtseinsinhalte zwischen Reiz- und Reaktions¬
wort. Bei der Auswahl der Reizworte wählen die Autoren zunächst in¬
differente Worte, um die Versuchsperson erst an die Art und Weise der
Versuche zu gewöhnen. Dann folgen Worte, die auf den Beruf der Vp.
Bezug haben. Dann kommen Worte, die sich auf den Unfall beziehen, und
zuletzt Worte, die sich auf die Rentenausprüche beziehen. Diese Versuche
werden mehrmals wiederholt. Bei diesen Wiederholungen macht sich geltend,
daß indifferente Worte meist mit demselben oder einem anderen passenden
Reaktionswort beantwortet werden, ohne daß eine größere Schwankung der
Reaktionszeit eintritt, während bei solchen Reizworten, die dem Unter¬
suchten gefährlich erscheinen, sehr oft eine Abänderung der Antwort und
ein Schwanken in der Reaktionszeit erfolgt, besonders aber auch eine Ver¬
änderung des äußeren Verhaltens eintritt. Die Ursache kann darauf be¬
ruhen, daß mit Bewußtsein die zuerst auftretende Vorstellung unterdrückt,
wird, oder daß durch starke Gefühlserregungen die erstmalige Verbindung
verschwunden ist. Uber die genaueren Gründe der Abänderung gibt die
nachträgliche Bewußtseinsanalyse Anhaltspunkte.
Engelen und Rangette (31) geben nun die Resultate ihrer Versuche
bei Unfallverletzten resp. Kriegsverletzten wieder. Nach Sichtung ihres
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512 Trauma und Nervenkrankheiten.
Beobachtungsmateriales ergaben sich vier Gruppen von Reaktionen, wobei
Fälle von bewußter Simulation nicht berücksichtigt sind.
1. Gruppe: Fälle der fortlaufenden Reaktionen.
Bei indifferenten Reizworteu, wozu bei Simulation auch die auf den
Unfall bezüglichen Worte gerechnet werden müssen, wird der Anweisung
gemäß nur mit einem Wort reagiert. Bei kritischeu Reizworten werden aber
mehrere Reaktionsworte hintereinander gesagt. Der Grund liegt daran, daß
diese Worte einen lebhafteren Denkprozeß auslösen und ein einmal be¬
gonnener Denkprozeß die Tendenz hat, zu einem gewissen Abschluß zn
kommen. Zu dieser Gruppe kann man auch jene Fälle rechnen, wo Versuchs¬
personen mit einem ganzen Satz antworten. Hier ist zu bemerken, daß
einige Versuchspersonen fast stets einen ganzen Satz gebrauchen; hier kommt
es nur darauf an, daß bei gewissen Wortgruppen zum Unterschied gegen
andere Reizworte diese Reaktion sich hervorhebt.
2. Gruppe: Fälle der „herrenlosen“ Reaktionen.
Die Versuchsperson ist nicht imstande, auf ein zugerufenes Wort ein
Reaktionswort zu finden. Ergibt sich, daß gerade bei aus einer bestimmten
Gruppe gewählten Reizworten die Reaktionen häufig ausbleiben, so ist der
Schluß erlaubt, daß es sich hier um kritische Reizworte handelt. Zu dieser
Gruppe rechnen die Autoren auch alle jene Reaktionen, wo die Versuchs¬
person mit dem zugerufenen Reizwort selbst reagiert. Die Versuche haben
ergeben, daß bei Leuten mit einem Intelligenzdefekt diese herrenlosen
Reaktionen besonders häufig auftreten. Jedoch ist bei Intelligenzdefekt zn
beachten, daß schlechtweg auf alle zugerufenen Reizworte entweder keine
Antwort oder dasselbe Wort erfolgt, daß aber für die hier in Betracht
kommenden Fälle nur bei gewissen Gruppen von Reizworten die Reaktionen
ausbleiben.
3. Gruppe: Fälle der widersinnigen Reaktionen bei sonst nor¬
malen Intelligenzleistungen.
4. Gruppe: Gruppe der gemischten Fälle.
Das Gesagte wird durch Anführung einiger Protokolle näher erläutert.
In einem besonderen Aufsatze setzten Engelen und Rangette (30) das
Wesen und die Ziele der Assosiationspsychologie in gemeinverständlicher
Weise auseinander und legen dar, wie diese Methode gemeinsam mit der
klinisch-neurologischen bei Unfallverletzten zu wichtigen Ergebnissen des
Affektlebens, der Begehrungsvorstellungen usw. führen kann.
Beyer (11) empfiehlt uiedrige Rente bei Kriegsverletzten, um möglichst
die Zahl der Rentenneurotiker einzuschränken.
In einem frisch geschriebenen Aufsatz weist Bing (14) noch einmal
auf die Schwierigkeit der Unterscheidung hin, ob in einem gegebenen Falle
von Unfallneurose nur Übertreibung oder Simulation vorliegt. Fast jeder
Kranke übertreibt etwas, besonders der Neurastheniker und Hysteriker, selbst
wenn gar keine Rentenanspriiche in Frage kommen. Er gibt Fingerzeige,
wie man einen Tremor manuum oder pedum evtl, als einen künstlichen er¬
weisen kann. Die Zahl der wirklichen Simulanten sei verschwindend gering.
Auch namhafte Autoren wie Brissaud, Strümpell, Bruns u. a. haben
sich in ähnlicher Weise ausgesprochen.
Unfallbegataclitangen and 'rechtspreebang.
Horn (74) stellt bezüglich der Begutachtung nervöser Unfallfolgen
folgende Leitsätze auf: 1. Bei den Unfallneurosen, deren Häufigkeit nicht
zu überschätzen ist, spielt partielle Simulation mindestens in */ 6 aller Fälle
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Trauma und Nervenkrankheiten.
513
«ine wichtige Rolle. Totale Simulation ist sehr selten. 2. Die Prognose
nervöser Unfallfolgen ist im Falle der Kapitalabfindung eine durchaus gute,
aber auch beim Renten verfahren nicht absolut schlecht, wenngleich ganz
erheblich ungünstiger als bei Abfindung. 3. Die Abfindung zeitigt um so
günstigere Ergebnisse, je schneller sie erfolgt. 4. Voraussetzung für den
Abschluß eiues Falles ist vollkommene Klarstellung in klinischer Beziehung
speziell hiusichtlich der Art der Unfallneurose (Schreckneurose, zerebrale
oder spinale Kommotionsneurose, Neurose nach sonstiger lokaler Kontusion,
Mischform). Auch das Vorhandensein disponierender Momente, kompli¬
zierender Erkrankungen und sekundärer, durch Rentenkampf (Rentenkampf-
neuroseu) bedingter Schädlichkeiten ist in Rücksicht zu ziehen. 5. Bei ent¬
schädigungsberechtigten Privatpersonen ist außer in organisch komplizierten
Fälleu unbedingt Kapitalabfindung anzustreben; in Haftpflichtprozessen ist,
falls Abfindung nicht möglich, dem Gericht Festsetzung einer zeitlich be¬
grenzten, fallenden Rente, nicht Dauerrente vorzuschlagen. Im übrigen
empfiehlt sich in strittigen Fällen Einberufung eines ärztlichen Schieds¬
gerichts aus je einem Vertrauensarzt und einem von diesem zu wählenden
Obmann oder rechtsverbindliche Einigung auf einen einzigen unparteiischen
Gutachter. 6. In organisch komplizierten Fällen, besonders bei posttrau¬
matischer Verschlimmerung von Arteriosklerose, Herzleiden, Tuberkulose,
Diabetes mellitus usw. ist abwartendes Verhalten bzw. Rentenverfahren
gelegentlich am Platze. 7. Die günstigsten Heilungsaussichten bieten die
Schreckneurosen, die in mittelschweren, nicht komplizierten Fällen, im all-
gemeiueu spätestens nach 2 Jahren völlige soziale Wiederherstellung er¬
warten lassen. Bei Kommotionsneurosen ist meist mit einem 3—5jährigen
Verlaufe zu rechnen. Die Neurosen nach sonstiger lokaler Läsion heilen
ebenfalls gewöhnlich in wenigen Jahren aus, .verlangen aber gleich wie alle
übrigen Unfallneurosen strengste individualisierende Beurteilung. 8. Die
durch unberechtigten Rentenkampf bedingten nervösen Störungen sind so¬
wohl bei Privatpersonen als unfallversicherten Arbeitern nicht als Unfall¬
folgen anzuerkennen und fallen juristisch eigenem konkurrierenden Verschulden
zur Last. 9. Die erste Rentenfestsetzung bei Arbeitern mit Unfallneurose
soll sich in mäßiger Höhe halten (etwa 30—60°/ 0 Teilrenten, nur in Aus¬
nahmefällen Vollrente). Wiederaufnahme einer regelmäßigen Betätigung ist
das beste Mittel zur Bekämpfung nervöser Unfallneurosen und vor allem
hypochondrischer Vorstellungen. 10. Übertragung des Abfindungungsver-
fahrens unterschiedslos auf alle Fälle ist bei den gewerblichen Arbeitern
noch verfrüht. Nach den bisherigen Erfahrungen ist aber Erhöhung der
Abfindungsgrenze von 20 Prozent auf mindestens 33 1 / 8 Prozent der Voll¬
rente unbedenklich und im sozialen Interesse geboten.
Horn (69) stellt als Ergebnis eigener und von anderen ausgeführten
Erhebungen fest, daß die Heilungsaussichten der Unfallneurosen im Falle
rechtzeitiger Kapitalabfindung ganz überraschend günstige sind, und daß die
einmalige Kapitalabfindung hei uervösen Unfallfolgen diejenige Entschädigungs¬
art ist, die im Interesse des Patienten sowohl wie ii\ demjenigen des Haft¬
pflichtigen von jedem objektiv urteilenden Gutachter anzustrehen ist. Da
nun nach § 843 BGB. nur der Verletzte berechtigt ist, den Antrag
auf Kapitalabfindung anstatt einer Rente zu stellen, und von diesem Rechte
im Verlauf des Prozesses nur selten Gebrauch gemacht wird, hält Horn
eine Ergänzung jenes Paragraphen dahin für erforderlich, daß auch auf
alleinigen Antrag des Haftpflichtigen hin dem Gerichte die Möglichkeit zur
Zuerkennung einer Abfindung gegeben sein sollte oder die Art des Ent¬
schädigungsmodus (Rente oder Abfindung) ohne Rücksicht auf die Partei-
berieht f. Neurologie u.
b v Googfe
Jahresbericht f. Nenrolog
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anträge vollkommen dem freien richterlichen Ermessen Vorbehalten bliebe.
Üm nun auch die langwierigen Haftpflichtprozesse mit ihren üblen Folgen
für die Unfallverletzten zu verhindern, schlägt er bei Eisenbahnunfällen vor,
in der Art, wie es bereits bei den Unfallversicherungsgesellschaften mit sehr
gutem Erfolg geschieht, die Regelung der Entschädigungsansprüche einem
ärztlichen Schiedsgericht anzuvertrauen, bestehend aus je einem Vertrauens¬
arzt des Patienten und des Haftpflichtigen und einem von beiden Vertrauens¬
ärzten zu wählenden Obmann. Um dies von der freien Vereinbarung unab¬
hängig zu machen, könne in der Eisenbahnverkehrsordnung, die ja u. a. auch
das gegenseitige Vertragsverhältnis zwischen Fiskus und Fahrgast regelt, eine
dahingehende Bestimmung — Unterwerfung bei Schadensfällen unter ein
ärztliches Schiedsgericht — aufgenommen werden.
Hom (70) veröffentlicht ein Gutachten, in welchem die Gutachter hin¬
sichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischon Unfall und Nervenleiden
diametraler Ansicht waren; auch die Natur des Nervenleidens ist bis zuletzt
strittig geblieben (Schädigung des N. cruralis durch Narbenbildung nach
Trauma). Ebenso mußte die bestehende Arteriosklerose in den Kreis der
Betrachtung gezogen werden, zumal der schließlich erfolgte Tod unter den
Zeichen der Kreislaufstörung eintrat.
Feilchenfeld (36) führt aus,, daß die Gegenüberstellung von Möglich¬
keit und Wahrscheinlichkeit in den meisten Fällen von Unfallfolgenbegut-
achtungen vom ärztlichen Gesichtspunkte unzweckmäßig wäre und oft zu ver¬
kehrten Urteilen führe. Sie sei lediglich zulässig für die letzte Entschei¬
dung, ob unter Berücksichtigung aller Umstände eine größere Wahrschein¬
lichkeit für den Zusammenhang mit dem Unfall spricht.
Zander (184) berichtet über einen Fall, in welchem eine nach Hirn¬
erschütterung zurückgebliebene Anosmie als Erwerbsbeschränkung nicht an¬
erkannt wurde.
Es handelt sich in dem von Wollenberg (182) mitgeteilten Falle um
ein durch Genuß von ekelerregendem, verdorbenem Wasser erzeugtes chro¬
nisches Aufstoßen und Erbrechen. Nach dem Gutachten des Autors handelte
es sich aber nicht um die echte Ruminarion, sondern um Pseudorumin&tion,
indem der Beschädigte zu den Individuen gehörte, die willkürlich einen
erheblichen Einfluß auf die Magenentleerung auszuüben vermögen, und er
dies tat, um durch Vortäuschung einer Gesundheitsschädigung eine Geld¬
entschädigung zu erlangen.
Welz (170) entwickelt die Theorien über den sedes morbi beim Diabetes
nnd bei den Glykosurien und behandelt das Trauma als ätiologischen Faktor.
Den Schluß der Abhandlung bildet eine Auseinandersetzung, wann das Trauma
sicher, wann es wahrscheinlich und wann es nicht als Ursache des Diabetes
anzusehen ist.
Ein Arbeiter — Beobachtung von Thiem (158) — erlitt durch Schlag
einer Kuh eine schwere Darmverletzung, wegen der er sich mehrerer ein¬
greifender Operationen unterziehen mußte. Er war dann ziemlich invalide
und litt über 6 Jahre an schweren Ernährungsstörungen infolge der durch
den Unfall bewirkten * Darmaffektion. Er erkrankte dann schließlich an
Herzstörungen und zeigte weiterhin Zeichen von geistiger Entartung, Schwindel,
Gedächtnisschwäche und Verwirrtheit. Beide Leiden wurden auf Schlag¬
aderwandverhärtung der Kranzgefäße der Herzens bzw. der Hirngefäße
zurückgeführt Patient ging schließlich an den Folgen zweier Schlaganfälle
zugrunde. Der Autor, welcher zunächst ein längeres Referat über den der¬
zeitigen Stand der Lehre von der Arterioklerose gibt, hält im vorliegenden
Fall einen Zusammenhang zwischen den direkten Unfallfolgen und dem durch
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Trauma und Nervenkrankheiten.
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Hirnblutung erfolgten Tode für gegeben. Er meint, daß die schweren Er¬
nährungsstörungen, unter denen der Patient über 6 Jahre dauernd gelitten
hat, auch einen ungünstigen, fehlerhaften Ernährungszustand der Schlagader¬
wandungen herbeigeführt haben müssen und demgemäß zur vorzeitigen und
außergewöhnlich schweren Entwicklung der Schlagaderwaudverhärtung wesent¬
lich beigetragen haben. Dazu komme noch eine funktionelle Überanstrengung
des Gefäßgebietes durch nervöse Einflüsse, die sich nach dem schweren
Krankenlager, welches Patient zu überstehen hatte, geltend gemacht haben.
OÖrres (57) erkennt den Zusammenhang eines Unfalls mit dem Leiden
der Muskeldystrophie in dem von ihm mitgeteilten Erkrankungsfalle darin,
daß das Leiden, welches als kongenitale fehlerhafte Anlage bereits vor dem
Unfälle in nicht merklicher Form vorlag, durch den Unfall zu den deutlichen
Erscheinungen der Muskeldystrophie auswuchs.
In einem Fall, wo 13 Jahre nach eingetretenem Unfälle das Bild der
progressiven Muskelatrophie offenbar wurde, hat Thiem (156) den Zusammen¬
hang zwischen diesem Leiden und dem Trauma doch bejaht, weil eine
Muskelabmagerung auch schon 1 Jahr nach dem Unfall beobachtet war,
aber zu jener Zeit als Folge eines bestehenden Magenleidens angesehen
worden ist.
Rage (133) bespricht folgendes Unfallereignis: Ein 34jähriger Mann,
disponiert zu Gesundheitsstörungen infolge von Korpulenz, Abus. spir. und nicot.,
geht beim Baden nach einigen Schwimmbewegungen mit einem Schrei unter;
er wird bewußtlos aus dem Wasser gezogen. Bald nach den Wiederbele¬
bungsversuchen schrie er kräftig, war aber hinterher noch längere Zeit
arbeitsunfähig; er behauptet, seit diesem Badeereignis dauernd um 50 bis
60% in seiner Arbeitsfähigkeit behindert zu sein. Die Unfallversicherungs¬
gesellschaft lehnte Entschädigung ab, da der Betreffende infolge von Krampf¬
anfall untergegangen sei: bei Schlag-Krampfanfallen und deren Folgen ist
Entschädigung ausgeschlossen. Landgericht und Oberlandesgericht bestätigten
das ablehnende Verhalten der Gesellschaft. Das Reichsgericht indessen
warf ein, daß wohl Krampfanfälle und deren Folgen von der Entschädigungs¬
pflicht ausgeschlossen sind, daß aber neben diesen, „im Innern des Körpers"
entstandenen Vorgängen hier noch ein zweites Ereignis hinzukäme: „das
Eindringen des Wassers in die Organe des Betreffenden“. Diesem Ein¬
dringen des Wassers in die Organe stehe der Betreffende unfreiwillig, plötz¬
lich gegenüber; es sei hierin ein entschädigungspflichtiges Ereignis, ein Unfall,
zu sehen. Rüge wendet sich in längeren Ausführungen gegen die Gültigkeit
dieses vom Reichsgericht angenommenen Standpunktes.
Nach einem Unfall — Bruch mehrerer Brustwirbel mit nachfolgender
schwerer Neurasthenie — entwickelte sich bei einem Unfallverletzten Zucker-
hamruhr. Während andere Gutachter einen Zusammenhang zwischen dem Dia¬
betes und dem Trauma teils direkt verneinen, teils für unwahrscheinlich
halten, setzt Rings (130) auseinander, warum er doch in diesem Falle einen
Zusammenhang zwischen beiden für gegeben hält.
Meisner (103) meint, es erscheine geboten, bei der Bemessung einer
Entschädigung für verloren gegangene Arbeitsfähigkeit sich nicht lediglich
nach der Arbeitsfähigkeit des durch einen Betriebsunfall Verletzten in seinem
bisherigen oder neu zu ergreifenden Beruf zu richten, sondern auch die
erreichte oder zu erreichende Anpassung eines nicht durch Betriebsunfall
Verletzten für die Beurteilung seiner Arbeitsfähigkeit in Anspruch zu nehmen
uud, solange eine Aussicht vorhanden ist, daß er die Anpassung eines nicht
im Betriebe Verletzten erreichen kann, ihm die Entschädigung nur auf Zeit
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Allgemeine Therapie.
zuzusprechen und auch da9 unter Umständen nur mit entsprechender jähr¬
licher Abstufung ihrer Höhe. Dieser Leitsatz, wie die Anpassung bei den
einzelnen Verletzungen am zweckmäßigsten erreicht werden kann, wird nun
näher ausgeführt. Am hartnäckigsten widerstreben die Rentenneurotiker der
Anpassung. Bei der Mehrzahl dieser Leute findet die Belehrung einen
dankbaren Boden für die Anpassung, wenigstens dann, wenn es gelingt, sie
den Einflüssen von allerhand unberufenen Aufhetzern zu entziehen. Im
großen ganzen aber werden sich die Bestrebungen nutzlos erweisen, wenn
dem Verletzten nicht die Gelegenheit zur Arbeit geboten wird.
Jolly (80) bespricht die Dienstfahigkeit und Rentenfrage bei nerven¬
kranken Soldaten, und zwar bei solchen mit peripherischen Lähmungen, mit
zentralen Lähmungen, mit epileptischen Krampfanfällen, mit Schädelschüssen,
mit Tabes dorsalis und Paralyse, Lues cerebri, Epilepsie, Hysterie, mit
funktionellen Lähmungen und Zwangshaltungen, bei den Neurasthenikern,
Psychopathen und Alkoholi9ten, Imbezillen und schließlich bei den Geistes¬
kranken. Das Krankheitsbild der traumatischen Neurose als ein besonderes
lehnt der Autor ab.
Allgemeine Therapie.
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Allgemeine Therapie.
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166 Zuelzer, G., Glycerinphosphorsauree Magnesium (Merok) als Ersatz für Magnesium-
sulfat bei der Behandlung des Tetanus. B. kl. W. No. 26. p. 689.
ln der medikamentösen Therapie nehmen die Arbeiten über Mineral*
salze nnd speziell Kalzium und Magnesia einen großen Platz ein. Letzteres
ist namentlich beim Tetanus vielfach mit Erfolg angewendet. Unter den
Nervinis werden von Adalin weiter gute Wirkungen verzeichnet. Einige
neue Morphiumersatzpräparate dürften noch nicht genügend erprobt sein.
Die Arbeiten über Salvarsan bringen nichts wesentlich Neues. Die intra¬
spinale Anwendung salvarsanischen Serums hat noch keine sicheren, ein¬
wandfreien Erfolge gezeitigt.
Nährmittel.
Fehsenfeid (29) berührt kurz die bekannten, enggezogenen Grenzen
des Alkohols als Heil- und Nahrungsmittel. Dann geht er zur Beantwortung
der Frage über, wie weit die alkoholfreien Ersatzgetränke folgende 4 Be¬
dingungen erfüllen:
1. Unschädlichkeit. 2. Nahrungswert. 3. Sind sie Genußartikel?
4. Sind sie nicht zu teuer?
Die beiden ersten Bedingungen sieht Verf. durch die verschiedenen
technischen Methoden (Wasserentziehung und Sterilisierung) erfüllt. Ein
wirksames Nahrungsmittel sind solche Getränke wegen ihres großen Gehalts
an Stoffbildnem: Zucker und Mineralstoffen. — Die Eigenschaft als Genu߬
mittel beeinträchtigt die starke, auf die Dauer dem Geschmack widerstehende
Süßigkeit. — Schließlich müßten die Ersatzgetränke noch verbilligt werden.
Psychologisch käme noch der weit verbreitete Aberglaube in Betracht,
Alkohol gehöre einmal zur Geselligkeit. Dann die Ansicht, mäßiger Alkohol¬
genuß schade nicht, während bei vielen Menschen vom ärztlichen Standpunkt
Alkohol überhaupt zu verbieten sei.
Mit dem Namen „Kaffeol“ bezeichnete zuerst Erdmann die Röst¬
stoffe des Kaffees, die als gleichartige Stoffe neben dem Koffein fungieren
sollen. Grafe (44) hat, nach Ausscheidung des Koffeins, in chemisch-kom¬
plizierter Weise und unter Zuhilfenahme des J. Traubeschep Stalagmo-
meters diese Röststoffe untersucht. Die oberflächenspannungerniedrigende
Wirkung auch der Kaffeezusatzstoffe erhärten nach Verf. Traubes Meinung,
daß nicht das Koffein, sondern die im Kaffeol enthaltenen ätherischen Öle
einen wesentlichen Teil der Wirkung des Kaffees ausmachen.
Mineralsalze, Kalzium, Magnesium.
Grabley (43) hält es für notwendig, den Mengen Eiweiß, Kohlehydrate
und Fett, das unsere Nahrung enthält, noch energieauslösende Mineralsstoffe
hiuzuzusetzeu. Während für Emmerich und Loew die Kalkzufuhr das
Wichtigste darstellt, will Verf. außerdem eine geringe Menge Magnesium¬
superoxyd (als kräftigen Katalysator für den Verdauungsmechauismus) nicht
missen. Er hat ein Gebäck mit einem Mineralsalzgemisch herstellen lassen,
in dem auf 1 kg Teig 10 g des Gemisches entfallen.
Kalisalze und Magnesia sind, wie Loew (83) ausführt, in allen
Nahrungsmitteln überreichlich resp. reichlich vorhanden. Kalksalze Anden
sich nur in Gemüsen und Milch. Deshalb ist besondere Kalkzufuhr von
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Allgemeine Therapie.
Wert. Wichtigkeit der Kalktherapie! Dem Eigenbedarf genügt für ge¬
wöhnlich gemischte Nahrung. Durch Kochsalzzusatz zur Nahrung wird etwas
Natriumbikarbonat für das Blutserum gebildet. Für die Bildung von
Natriumbikarbouat am günstigsten sind Gemüse, Kartoffeln, Obst und Milch.
Der Kalkgehalt der Weichteile, trotz seiner geringen Meuge eine große
Bolle spielend, erklärt sich nach Emmerich und Loew (25) aus dem nach-
gewiesenen Kalkgehalt der Zellkerne. Die Vielseitigkeit der Kalktherapie wird
hierdurch begreiflich. Durch gewisse einseitige Ernährung kann in verschie¬
denen Organen Unterernährung entstehen. — Besonders bewährt unter Kalk¬
verbindungen haben sich Calcium chlorat. ciystallisat. (2—3 g pro die) und
Calcium lacticum (3—5 g pro die). Das erstere Präparat eigne sich, wo
zugleich die Magenverdauung gefördert werden soll, das zweite bei Neigung
zn Azidosis. Erhöhte Kalkzufuhr ist während der Graviditäts- und Lakta¬
tionsperiode der Frauen durchaus geboten.
Diese Arbeit von Loew (82) deckt sich inhaltlich mit der erwähnten
von Emmerich und Loew in der Ärztlichen Rundschau Nr. 3.
Loew (84) macht in dieser Arbeit auf die erstaunliche Vielseitigkeit
der Kalktherapie aufmerksam. Auch für die Weichteile spiele der Kalk¬
gehalt trotz der geringen Quantität eine große Rolle. Zur Erklärung und
Beweisführung zieht Verf. physiologisch-chemische Versuche heran. In der
Tektonik des biologisch so wichtigen Zellkernes spiele der Kalkgehalt auch
eine Rolle, da der Kern bei Zusatz - kalklösender Stoffe (Kaliumoxalat)
schrumpft
Das Mg- und Ca-Ion wird hier von Schütz (130) durch Tierexperimente
in seiner Wirkung geprüft. Diese beiden Jonen bilden das chemische Kri¬
terium der sogenannten erdigen Mineralwässer, die als Heilquellen schon
lange benutzt werden. Das Magnesium Ion ist selbst, wenn cs in geringen
Konzentrationen im Blute vorhanden ist, imstande, einen narkoseähulichen
Zustand hervorzubringen. Die Parese bei der Mg-Narkose läßt sich durch
Strychnin vorübergehend durchbrechen. Es gelingt, die durch die gleich¬
zeitige oder vorherige Ca-Zufuhr bewirkte relative Mg-Festigkeit durch
Natriumoxalat wieder aufzuheben. Das Ca-Ion bewirkt eine deutliche, wenn
auch geringe Herabsetzung der Körpertemperatur.
Chlorkalziumkompretten sind Tabletten, die über den schlechten Ge¬
schmack des Chlorkalziums hinweghelfen. Sfiifert (131) bezeichnet sie als
glücklichste Lösung für die Darreichung des Chlorkalziums.
Über die Erfolge bei nervösem Schnupfen, Heufieber, sowie bei anderen
Krankheiten könne Verf. erst nach längerer Beobachtung seiner Kranken
urteilen.
Hilz (55) räumt ein, die Frage der Magnesiumnarkose' und ihrer Er¬
folge sei für allgemeine Anwendung in der Veterinärpraxis noch nicht genügend
spruchreif. Die reine Magnesiumnarkose (auch bei subkutaner Anwendung)
eigne sich am ehesten für kleine Haustiere bei kurzen, schmerzhaften Ope¬
rationen. In Anbetracht der Kostspieligkeit dieser teuren Mittel könnte die
Tatsache des potenzierten Synergismus bei Magnesium und anderen Schlaf¬
mitteln von Wert sein.
Znelzer ( 166 ) empfiehlt statt des Magnesiumsulfats das glyzerinphosphor¬
saure Magnesium (Merck) bei Tetanus. Es verursacht eine ganz unbedeu¬
tende Blutdrucksenkung. Intravenöse wie intramuskuläre Injektionen werden
gut vertragen (10 ccm einer 25proz. Lösung). Die Wirkung ist eine fast
augenblickliche. Schwere Krämpfe hören sehr sohuell auf, und in mittel-
schweren genügt es, alle 3—4 Stunden je 10 ccm intramuskulär oder
intravenös zu injizieren, um die Krämpfe vollkommen latent und den
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Allgemeine Therapie.
523
Patienten fast schmerzfrei zu halten. In schweren Fällen ist die intralnmbale
Injektion (5 ccm) wirkungsvoller. ( Jacobsohn.)
Die Gesetze des Wirkungsmecbanismus der lähmenden Magnesium-
sulfatwirkung gelten, wie sich Straub (142) überzeugte, auch für den
Menschen, denn 500 ccm = 15,0 g, in 1 Stunde einströmend, sind wirkungs¬
los, aber 10U ccm = 3,0 g derselben Lösung in 2 Minuten sind wirksam.
Die im Krampf befindliche Muskulatur wird vor der normalen gelähmt, und
zwar nicht vollständig, sondern nur bis zu ihrer normalen Funktionsfähigkeit.
St. gibt den Patienten intermittierend das Magnesium. Die nötige Dosis
muß in jedem Falle ausprobiert werden. Es wurdeu bisher Mengen zwischen
50 und 150 ccm in 2 Minuten pro Infusion verwendet. Die Ausscheidung
des Magnesiumsulfats erfolgt durch den Urin vollständig. (Jacobsohn.)
Straub (141) kommt auf Grund experimenteller Untersuchungen über
Magnesiumsulfat zu folgenden Ergebnissen: 1. Die subkutane Injektion (bzw.
die intramuskuläre) einer unvermeidlich hochkonzentrierten Lösung von
Magnesiumsulfat ist die unsicherste Art der Einverleibung der Substanz;
einmal weil die Erreichung der optimalen Resorptionsgeschwindigkeit un¬
sicher ist, dann aber, weil bei der bestehenden leichten Ausscheidbar-
keit des Magnesiumsulfates besten Falles nur ein kurzdauerndes Maximum
des motorischen Innervationsblockes zu erwarten ist. Demnach werden nur
leichte Fälle von spontanbleibendem Tetanus vorübergehend gebessert werden
können. 2. Die intravenöse Infusion des Magnesiumsulfates ermöglicht eine
Dauerwirkung auf die motorischen Nervenendigungen in den Muskeln. Es
steht nichts dagegen, diese Wirkung in gewünschter Tiefe viele Stunden
lang zu unterhalten. Sie hat Aussicht, beim schweren Tetanus zu nützen,
insofern der Patient vor dem Erschöpfungstod durch die Krämpfe geschützt
werden könnte. Damit wird Zeit gewonnen für den natürlichen Heilungs¬
prozeß durch Giftbiudung bzw. Antitoxinbildung. Es ist nicht von der Hand
zu weisen, daß der endliche Herztod der Tetaniker mit den ungeheuren
Muskelleistungen beim Krampfe in Beziehung steht. 3. Die intralumbale
Applikation steht zwischen 1 und 2. Ihr Effekt ist von längerer und gleich¬
mäßigerer Dauer als der der subkutanen Applikation. Beim schweren
Tetanus wird die Ausführung der Lumbalpunktion keine leichte Sache, ihre
systematische Wiederholung noch schwieriger sein. Die Behebung der Folgen
einer Überdosierung ist unsicher. (. Jacobsohn .)
Schütz (129) konnte heim Studium der Magnesiumnarkose bei Kaninchen
eine weitgehende Senkung der Körpertemperatur feststellen. Diese Ein¬
wirkung auf die Körpertemperatur stellte den feinsten quantitativen Indikator
für die Magnesiumwirkuug dar. (Jacobsohn.)
Kocher (70) spricht sich dahin aus, daß die Magnesiumsulfatbehandlung
im Gegensatz zur Serumbehandlung, die der prophylaktischen Indikation
genüge, die kurative Methode sei, daß sie in der jetzigen Anwendungsweise
u. a. kombiniert mit Äthernarkose keine Gefahren mehr biete.
Die Arbeit bespricht eingehend Mengen und Anwendungsweise.
(Cordes.)
Im Gegensatz zu Straub kommt Mansfeld (91) durch seine ex¬
perimentellen Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß die Wirkung des
Magnesiumsulfats eine vorwiegend narkotische ist. Alle Schlafmittel erfahren
ferner durch selbst unwirksame Magnesiumdosen eine gewaltige Verstärkung
ihrer Wirkung und die antagonistische Wirkung von Kalzium versagt bei
diesen kombinierten Narkosen. (Jacobsohn.)
Nach Bürgi (12) wirken die Magnesiumsalze peripher lähmend auf
motorische und sensible Nerven und sie sind auch zentrallähmende Sub-
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Allgemeine Therapie.
stanzeu, mithin eigentliche Narkotika. Beim Tetanus wird Magnesium intra¬
lumbal, intramuskulär oder subkutan angewandt und wirkt symptomatisch
Anzahl und Intensität der Anfälle vermindernd. Neben dem T.-Serum an¬
gewandt, kann M. beim Tetanus richtig lebensrettend wirken, da hier der
Tod u. a. auch durch die. zunehmende Erschöpfung (infolge der Kontraktionen)
herbeigeführt wird.
Reingraber (120) hat einen Fall von Tetanus nach der von Meitzer
angegebenen Methode mit Magnes. sulfur. subkutan behandelt. Es bandelt
sich um einen mittelschweren Fall bei einem 7 jährigen Jungen. Durch
große Dosen Magnesium konnten Zahl und Heftigkeit der Anfälle verringert
werden.
Einzeldose pro kg Köpergewicht 0,21—0,22 g Magnes. sulfur. Es
wurden 20—25% Lösungen (in Wasser) verwendet Außer Magnesium
wurde nur noch Opium gegeben, u. z. wenn seelische Erregung des Knaben
es gebot.
Januschke und Masslow (64) fanden 1. daß Kalziumionen in hohen
Dosen im akuten Versuch nicht fähig sind, die Krampfzentren im Großhirn,
Medulla oblongata und Rückenmark oder die motorischen Nervenendigungen
in der Skelettmuskulatur zu beruhigen. 2. Daß die Kombination von Kal¬
ziumionen und Bromionen im akuten Versuch nicht mehr als Brom allein leistet
(Die durch Bromkalzium beruhigten motorischen Nervenzentren sind die¬
selben wie bei Bromnatrium, und Wirkungsgrad und Wirkungsdauer sind bei
beiden Salzen identisch.) 3. Daß Angriffspunkte für die akute Bromwirkung
gewisse motorische Zentren in Großhirn und Medulla oblongata sind, jedoch
nicht dio geprüften motorischen Zentren im Rückenmark oder die motorischen
Nervenendigungen in der Skelettmuskulatm. (Die sensiblen Zentren der
Reflexbögen werden bei Meerschweinchen durch Bromionen beruhigt, bei
Kaninchen hingegen nicht.) 4. Daß bei den mit Kalksalzen vorbehandelten
Meerschweinchen des öfteren eine Resorptionshemmuug von subkutan inji¬
zierten Krampfgiften zu beobachten ist. (Jacobsohn.)
Issekutz (63) hat Magnesiumsalze bei verschiedenen Tierspezies sub¬
kutan, intravenös und intramuskulär injiziert. Es ergab sich, daß die
Magnesiumsalze bei sämtlichen Tieren sowohl die motorischen Nervenendi¬
gungen, als auch das Zentralnervensystem beeinflussen. Unterschiede er¬
geben sich bezüglich Stärke und Reihenfolge der Wirkungen. Bei den
Fröschen dominiert die Lähmung der motorischen Nerveneudigungen; der
Einfluß auf das zentrale Nervensystem ist so gering, daß diese lähmende
Wirkung überhaupt nicht zustande kommt, weil die wirksame Dosis Herz¬
lähmung verursacht. Bei Kaninchen ist die Wirkung abhängig vom Ver¬
hältnis, in welchem der Kalzium- und Magnesiumgehalt der Nahrung stehen.
Überwiegt der Magnesiumgehalt, so dominiert die lähmende Wirkung auf
die motorischen Nervenendigungen; bei vorherrschendem Kalziumgehalt über¬
wiegt die Lähmung des Zentralnervensystems, und nimmt die Reizbarkeit
der motorischen Nervenenden nur um weniges ab. Bei Katzen und Hunden
überwiegt der Kalziumgehalt der Nahrung, und es kommt stets zu einer
zentralen Lähmung mit geringer Beteiligung der motorischen Nervenenden.
( Hudovemig .)
Tar (146) bat die Injektionen von Magnesiumsulfat bei Scbußverletzungen
der Nerven oder ihrer allernächsten Umgebung versucht, wenn ausstrahlende
spontane Nervenschmerzen oder Druckschmerzhaftigkeit derselben bestand.
In diesen Fällen müssen 10—30 ccm einer 10 prozentigen Lösung injiziert
werden, am besten direkt auf den kranken Nerv; Injektion distal oder
proximal von der Erkrankung des Nerven siud gleichfalls wirksam, doch
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Allgemeine Therapie.
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bleibt jede Wirkung aus, wenn die Injektion an einer anderen Stelle erfolgt.
1—2 Stunden nach der Injektion besteht erhöhte Schmerzhaftigkeit, welche
auf Pyramidon prompt schwindet, und es resultiert eine mehrtägige Schmerz¬
losigkeit. Ebenso applizierte Injektionen von physiol. Kochsalzlösung sind
von viel geringerer schmerzstillender Wirkung. Die Wirkung ist bloß sym¬
ptomatisch, und handelt es sich nur um eine Herabsetzung der Nerveu-
reizbarkeit. Die Injektionen müssen in 2—6 tägigen Intervallen wiederholt
werden. Auch in 5 Fällen von Neuralgie hatte Verfasser gute Erfolge, doch will
er über diese kein endgültiges Urteil abgeben, während seine Beobachtungen
an 66 Schußverietzungen ihn zur Empfehlung des Verfahrens drängen.
(Hndovernig.)
Baldrianpräparate.
Friedländer (35) empfiehlt das Nervagenin (Produkt der Baldrian¬
wurzel, und zwar einer echten Harzer Gebirgswurzel) wegen seiner viel¬
seitigen Verwendbarkeit sowohl für den Nervenarzt wie für den internen
und Frauenarzt.
Ollendorff (108) empfiehlt bei nervösen Zuständen das Valbromid,
welches 40% Bromsalz und 10% Valerinaextrakt enthält. {Jacobsohn.)
Topp (161) empfiehlt das Terpazidbad resp. Einreibungen mit Terpazid
(ein Kampferderivat) bei Muskelrheumatismus, Lumbago, Ischias usw.
{Jacobsohn.)
Brompräparats.
Nach Geyer’s (40) Erfahrungen zeitigt Phenoval ebensowenig bei
längerem Gebrauch Gewöhnung, wie andere gute Brompräparate. — Ferner
ist es ein harmloses Mittel gegen Kopfschmerz; beeinflußt günstig — syste¬
matisch verabreicht — nervöse und neurasthenische Zustände. In je einem
Fall auch guter Erfolg bei klimakterischen Beschwerden und Dysmennorrhöe.
Mayer (96) hat das Sedobrol bei nervösen Krankbeitszuständen als
ein brauchbares Mittel erprobt und ist der Ansicht, daß es in seiner hand¬
lichen, originellen und wirksamen Verwendungsform noch viele schöne Er¬
folge verspricht. Dosierung V-/ 2 — 2 l / 2 Tabletten, Tagesdosis 3 bis höchstens
4 Tabletten.
Gensler (38) experimentierte bei Hunden mit Neuronal (Brom-
diäthylazetamid), weil dieses als Schlafmittel sich bewährt, und von der
Tatsache ausgehend, daß Schlafmittel bei Aufregungszuständen von Patienten
in weit größeren, als normalen Mengen vertragen werden.
0,1 g Neuronal pro Kilo Körpergewicht genügt, um bei Hunden
ruhigen Schlaf von 4—7 Stunden zu erzeugen. Bei 0,26 g Neuronal ist
die Hypnose verschärft, der Narkose genähert. — Analyse des entbluteten
Gehirns — 2 Stunden nach Eingabe des Mittels — ergab auffallend kon¬
stanten Neuronalgehalt.
Bei künstlich hervorgerufenen Aufregungszuständen versagte die hyp¬
notische Wirkung der gewohnten Dosen.
Quantitative Analyse ergab bei Aufregungszuständen höheren Neuronal¬
gehalt des Gehirns; d. h. die Anziehungskraft des erregten Gehirns für
Neuronal verhält sich zum normalen wie 2,6 zu 1,93.
Die Wirkuugslosigkeit ist also nicht durch ein geringeres Eindringen
des Hypnotikums ins Gehirn zu erklären. Der Aufregungszustand ist als
funktioneller Antagonist der Hypnose aufzufassen.
Tierversuche führten Gensler (39) zu folgendem Ergebnis: Das Gehirn
besitzt von allen Körpergeweben die relativ größte Adsorptionsfähigkeit für
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526
Allgemeine Therapie.
die Hypnotika der Fettreihe. Die absoluten, vom Gehirn aufgenommenen
und die Narkose bedingenden Mengen sind dagegen sehr gering; sie be¬
tragen im Mittel 1,4% der resorbierten Menge des Schlafmittels.
Stärkeverhältnis unter den 3 Hypnotika.
0,1 g Neuronal 1 pro kg Körpergewicht erzielten annähernd
0,25 g Bromural und Adalin J gleich tiefe Schlal'dauer und -tiefe.
ln ihren Untersuchungen über den Einfluß der Erlenmeyersehen
Bromidmischung und des Kodeins auf experimentell erzeugte Krämpfe
kamen Januschke und Masslow (65) zu folgenden Resultaten: 1. Die Erlen -
mey ersehe Mischung bewirkt intravenös schon in kleinsten Dosen heftige
Krämpfe und Exitus letalis (Ammoniumwirkung). 2. Die Angriffspunkte für
die krampfstillende Wirkung der Erlenmeyerschen Bromidmischung (Br
Na, BrK, BrNH 4 ) sind mit denen des Bromnatriums nicht völlig identisch:
a) Im akuten Versuch bei subkutaner Injektion werden bloß die Krampf-
zentren des Kampfers in der Medulla oblougata geschützt, die Kokainzentren
des Großhirns hingegen nicht, b) Bei chronischer Darreichung der Erlen¬
meyerschen Mischung per os werden die geprüften motorischen Zentren
der Hirnrinde und der Medulla oblougata geschützt, die Pikrotoxinzentren
des Rückenmarks jedoch nicht, c) Ein hemmender Einfluß auf die sensiblen
Neurone der Rettexbogen und auf die motorischen Nervenendigungen der
Skelettmuskulatur fehlt bei der Erlenmeyerschen Mischung ebenso wie
beim Bromnatrium. 3. Der Schutz der Erlenmeyerschen Mischung auf die
Krampfzentren der Medulla oblongata ist quantitativ nicht größer als bei
Bromnatriura. 4. Die Erlenmeyersche Mischung bietet also im Tier¬
versuch weniger als Bromnatrium. 5. Kodein vermag die Tiere gegen
keines der untersuchten Krampfgifte zu schützen, sondern wirkt eher krampf¬
steigernd. Der günstige Einfluß von Kodein und ßromnatrium bei manchen
epileptischen Menschen ist daher wahrscheinlich auf die Beruhigung von
Unlustaffekten (Angst, Schreck) zu beziehen. {.Jacobgohn.)
Nervlna.
Freund (34) berichtet über 2 Fälle, wo Adalin Monate hindurch, ohne
irgendwelche Störungen hervorzurufen, genommen wurde.
Nach Golm (42) kann man getrost ein Vielfaches der gewöhnlichen
Dosis Adalin (0,6 g) verordnen. 9 g innerhalb einer Stunde genommen,
verursachte 30 ständigen Schlaf, aber keine Schädigungen. Als Haupt¬
domäne des A. werden bezeichnet: Chron. Schlaflosigkeit infolge neurasthe-
nischer Beschwerden, Hysterie, Herzneurosen, motor. Erregungen. Weiter
alle Fälle, wo üble Nachwirkung und Angewöhnung stärkerer Mittel droht.
Diogenal stellt eine Diäthylbarbitursäure mit einer Dibrompropyl-
gruppe dar und ist, wie Streblow (143) bemerkt, viermal weniger toxisch,
als Veronal. Es bewährte sich dem Verfasser gegen viele nervöse Reiz¬
affektionen und als Hypnotikum. Es ließ sich gut und leicht unbemerkt
darreichen. Keine kumulierende Wirkung bei protrahiertem Gebrauch.
Unter anderem führt St. einen durch D. günstig beeinflußten Fall
an, wo Morphium und Veronal versagt hatten.
Becker (7) empfiehlt Luminal (0,2) bei schwerer Epilepsie, wo man
mit Brom keine Wirkung mehr erzielt, ferner hat er gutes von Dial als
Schlafmittel bei Psychoneurosen gesehen. ( Jacobgohn ..)
Ein aus den Orangen blättern in Tablettenform hergestelltes Präparat,
das Foligan, scheint nach klinischen Versuchen von Friedländer (36) leichte
sedative Wirkung zu haben. ( Jacobgohn .)
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Allgemeine Therapie.
527
Narkotika-
Die Ansichten über die pharmakologische Wirkung des Opiums und
seiner Derivate haben, wie Bürgi (13) ausführt, eine Wandlung erfahren.
Wie Verf. annimmt, hat jedes Opiumalkaloid 2 zentrale Hauptwirkungen,
eine lähmende, vom Großhirn nach unten fortschreitende, und eine erregende,
vom Rückenmark nach aufwärts ziehende. Tier und Mensch zeigen im
Morphiumschlaf neben dem lähmenden häufig auch den erregenden Effekt
der Substanz. Für die Praxis wird daraus gefolgert, daß der mit M. be¬
handelte Kranke im dunklen Zimmer unter Fernhalten von Geräuschen usw.
gelassen werden muß. Bürgi behandelt dann im einzelnen die verschiedenen
Wirkungen der Derivate; Kodein, Dionin, Heronin, Peronin und besonders
des Pantopons. Dieses ist ein chemisch reines, von seinen Ballaststoffen
befreites Opium. Da auch morpheinfreies P. erhältlich war, konnten die
Wirkungen 1. sämtlicher Opiumalkaloide, 2. derselben ohne Morphium,
3. das Morphium allein studiert werden. Opium (s. Pantopon) löst den
Brechakt weniger leicht und häufig aus als Morphium; ebenso ist die
Lähmung des Atmungszentrums durch Opium (Pantopon) geringer. Am
stärksten stopfend wirkt Morphium, dann Opium resp. Pantopon, am wenigsten
morphinfreies Pantopon.
Die Kolb’sche (72) Arbeit ist eine Wiederholung der in der Dstcb.
med. Woch. Nr. 29 niedergelegten.
In den hydrierten Morphinverbindungen sieht Kolb (71) wichtige
Ersatzpräparate des Morphins, die diesem deshalb vorzuziehen seien, da
sie gar keine oder nur in sehr geringem Maße Gewöhnung hervorriefen.
Diacetyldihydromorphiu würde in jeder Applikationsart vertragen (0,02 D.
entsprechen 0,01 Morph.), Dihydromorphin nur subkutan (0,01—0,02 D.
entsprechen 0,01 Morph.).
Mekonal ist nach Schmidt (127) eine Zusammensetzung von Morph,
hydr. 0,003, natr. diaethylbarbitur. 0,15 und Acid. acetylosalicyl. 0,3 und
enthält zudem Geschmackskorrigentien.
Mekonal bewähre sich zugleich als Schlaf- wie Beruhigungsmittel, so bei
Tbk., Ca, Tabes, Polyneuritis alkoholica, Asthma bronchiale, Pneumonie.
Keine üblen Nebenwirkungen. Das Aspirin hebe den nach Morph, gewöhn¬
lichen Jammerzustaud auf.
Thomson (149) hat in dem Akonit ein Mittel gefunden, das er zur
Herabsetzung des Blutdrucks für viel geeigneter hält, als z. B. das Amyl-
nitrit und seine Gruppe, dessen Wirkung zu drastisch sei, Attaken von
Angina pectoris herbeiführe und in seiner gefäßerweiternden Wirkung schnell
nachlasse, in weniger als einer Stunde. Akonit, in großen Dosen, setze
den Blutdruck schnell herab, erzeuge einen vollen und leicht zu unter¬
drückenden Puls, wirke nachhaltig und vermehre die Harnausscheidung bei
interstitieller Nephritis.
Thomson gab 10 Tropfen einer 35prozentigen Lösung 4mal pro die.
Thigasin ist eine Thigenolsalbe, der u. a. als anästhesierender Stoff
Azetonchloroform zugesetzt ist Walther (157) hat es in Form von Salben¬
aufschlägen oder Salbenverbänden bewährt gefunden bei Pruritus, speziell
in einem hartnäckigen Fall von Pruritus diabeticus und auch bei Kraurosis
vulvae. Bei Rhagaden am Anus und Hämorrhoiden wirkt Th. schmerz- und
juckstillend.
Serejski (132) empfiehlt das Diogenal (ein Derivat des Veronals, aber
ohne dessen Giftigkeit) als gutes Sedativum 0,5 g und leichtes Hypnotikum
1,0 g. ( Jacobsohn .)
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Allgemeine Therapie.
Spritzt man einem Tiere zuerst N-Allylnarkodein ein, so ist, wie aus
Versuchen von Fohl (114) hervorgeht, Morphin hinterher selbst in außer¬
ordentlich großen Gaben (0,5 g) völlig wirkungslos auf die Atmung; für
Heroin ist das N-Allylnarkodein von gleicher Wirkung. Bei gleichzeitiger
Darreichung von N-Allylnarkodein und Morphin kommt die Morphin Wirkung
nicht zur Entwicklung. Ja selbst die geringe Dosis von 0,005 g N-Allyl¬
narkodein ist imstande, die Wirkung von 0,03 g Morphin zu mindern. Hier¬
mit ist erwiesen, daß die Gefahren auf die Atmung, welche das Morphin
ausübt, durch kleine Dosen von N-Allylnarkodein abgeschwächt werden
können. {Jacobsohn.)
Um über das Wesen potenziert synergischer Arzneiwirkungen Aufschluß
zu gewinnen, prüfte M&nsfeld (92), ob eine Narkose, die durch 2 in unter¬
schwelliger Dosis verabreichte Narkotika erzielt war, auch daun fortbesteht,
wenn man das eine Narkotikum ausschaltet. Nachdem ein potenzierter
Synergismus zwischen MgS0 4 und Urethan nachgewiesen war, konnte gezeigt
werden, daß eine Mg-Urethanuarkose auch dann unverändert fortbesteht, wenn
man die Mg-Wirkung durch CaCl 2 ausschaltet, wenn also eine so geringe
Urethandosis zur Wirkung gelangt, welche, allein verabreicht, niemals eine Nar¬
kose herbeiführen kann. Hieraus schließt der Autor, daß die potenzierende
Wirkung des Mg darauf beruht, daß sie die Verteilung des Urethans im
Organismus derart ändert, daß mehr Urethan iu die giftempfindlichen Ele¬
mente gelangt als in der Norm. Diese Schlußfolgerung fand ihre Bestätigung
in der Tatsache, daß die mit Mg-(-Urethan narkotisierten Tiere durch
CaCl 2 sofort erweckt werden, falls das Mg zu einer Zeit verabreicht wird,
in der das Urethan seinen Platz im Organismus bereits eingenommen hat.
Um zu sehen, ob nach der Ausschaltung der Mg-Wirkung in der Tat sein
Synergist nur mehr allein zur Wirkung gelangt, wurde statt Urethan Chloral-
hydrat in unwirksamer Menge verabreicht, da die Chloralnarkose durch den
sog. „Ohrreflex“ sich von allen anderen Narkosen unterscheidet. Nachdem
ein potenzierter Synergismus auch zwischen Mg und Chloralhydrat nach¬
gewiesen werden konnte, stellte sich heraus, daß die Kombination Mg-Choral-
hydrat zur Prüfung dieser Frage nicht besonders geeignet ist, nachdem
größere Mengen CaCl 2 das Charakteristikum der Chloralnarkose merk¬
würdigerweise hemmen. Die Frage konnte jedoch mit der Kombination
Äther-Chloralhydrat in dem Sinne definitiv gelöst werden, daß die nach
Abdunstung des Äthers bestehende Narkose in der Tat als reine Chloralnarkose
angesprochen werden muß, gekennzeichnet durch jenes Charakteristikum,
welches die Wirkung des Chlorals von allen anderen Narkosen deutlich
unterscheiden läßt. {Jacobsohn.)
Anschließend an die Arbeit von Mansfeld sucht Hamburger (49)
die Frage zu lösen: Wenn man einem mit Äther schwach narkotisierten
Tier .eine unwirksame Menge Morphin gibt und das so narkotisierte Tier nun aus
der Ätheratmosphäre entfernt, bleibt das Tier nach Abdampfung des Äthers
in tiefer Narkose oder nicht? Es ergab sich, daß trotz künstlicher Ventilation
das Tier aus der Narkose nicht erwacht, weshalb man folgern muß, daß das
Morphin allein die Narkose unterhält. Die verstärkende Ätherwirkung beruht
darauf, daß die Morphinverteilung im Organismus durch den Äther derart
beeinflußt wird, daß eine unterschwellige Dosis genügt, um allein volle Nar¬
kose herbeizuführen. {Jacobsohn.)
Die pharmakologischen Untersuchungen Heim&nn’s. (51) über ent-
methylierte Morphine, Kodeine usw. ergaben folgendes: 1. Durch die Ent¬
methylierung wird die Giftigkeit in fast allen Fällen vermindert; in ungefähr
gleichem Maße auch die Wirksamkeit. Besonders geht die typische Beein-
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Allgemeine Therapie.
529
flussung der Respiration durch Morphin verloren. 2. Bei dem Pentamethylen-
dinormorphin und dem Dihydronarkodein war eine besonders ausgesprochene
lähmende Wirkuug auf den isolierten Darm zu konstatieren. Auch das
Benzylkodein war in der gleichen Richtung wirksam. 3. Auf Katzen hatten
die meisten der untersuchten Substanzen, mit Ausnahme des Normorphins,
statt der erregenden eine mehr sedative Wirkung. ( Jacobsohn .)
McGuigan und Ross (99) spritzten einem Hunde 0,5 ccm einer 3proz.
Lösung von Morphiumsulfat in die Gegend des vierten Ventrikels. Statt eine
sedative Wirkung zu zeigen, verfiel der Hund in klonische Krämpfe und ging
in tonischem Spasmus zugrunde. Auch bei Injektion in die Lumbalpartie
des Subarachnoidealraums zeigten sich statt der sedativen Wirkung Tetanus
und erhöhte Reflexe. Nach Injektion von Kodein und Apokodein blieben
diese erregenden Wirkungen aus. ( Jacobsohn .)
Balassa (3) hat das Dial-Ciba auf seine schlafbringende Wirkung in
der Klinik Moravcsik untersucht und faud, daß dasselbe sich bei 45 Kranken
in 224 Fällen in der Dosis von 0,10 und 0,20 als gutes Schlafmittel bewährte
und keine unangenehmen Folgen verursacht; der Schlaf ist dem normalen
gleich, die kumulative Wirkuug ist gering: größere Dosis, 0,20—0,30, be¬
ruhigt auch bei stärkerer Unruhe. ( Hudovernig .)
Racker (123) beschreibt ausführlich seine Behandlungsweise des chro¬
nischen Morphinismus. Er legt besonderen Wert darauf, die gestörten Sekre¬
tionen, Exkretionen, Peristaltik und die Stoffwechselstörungen zu beseitigen.
Aus diesem Grunde gibt er reichlich Abführmittel und Mittel, welche die
Diurese anregen. Die Kur vollzieht er in verhältnismäßig wenigen Tagen,
in welchen die Patienten vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten sind
und möglichst viel schlafen sollen. Die vielen Einzelvorschriften seiner drei¬
phasigen Kur (Vorbereitung, eigentliche Kur, Nachbehandlung) müssen im
Original nachgelesen werden. ( Jacobsohn .)
Jodpräparate.
In einer umfangreicheren Arbeit schildert Oswald (109) den akuten
und chronischen Jodismus. Verf. ist der Ansicht, daß in sehr vielen Fällen
weit kleinere Dosen Jod als die gebräuchlichen zum Ziele führen. Besondere
Vorsicht müsse man in Kropfgegendeu üben (also besonders in der Schweiz,
dem Wirkungskreise des Verf.). Nicht nur bei manifestem Kropf, sondern
auch bei nicht vergrößerter Schilddrüse würden selbst bei kleinen Mengen
Vergiftungserscheinungen ausgelöst, wie ausgesprochene Nervosität, motorische
Unruhe, Gemütsdepression, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Tachykardie,
Herzklopfen, kardiale Dyspnoe, Schwitzen, Bulimie oder Anorexie, Abmage¬
rung, Kräfte verfall. Verf. führt außer, eigenen Krankengeschichten die bis¬
herigen Erfahrungen meist Schweizer Arzte an. Die Erscheinungen rührten
von dem aus den thyreoiden Acini ausgeschiedenen und vom Körper resor¬
bierten Jod her.
Akuter und chronischer Jodismus können nebeneinander hergehen.
Diese Arbeit Oswald’s (110), ist eine Wiederholung der unter gleichem
Titel im „Deutsch. Archiv für klin. Medizin“ 117. Bd. erschienenen.
Unabhängig von Doevenspeck, F. Mendel u. a. hat Klemperer
(69) Jod in Form von Natrium intravenös injiziert. Indikationen: schwere
Fälle von Lues mit Koma, Stomatitis, ulzeröse Pharyngitis, Unverträglichkeit
von seiten des Magens und in vieleu Fällen, wo Patienten die iutravonöse Dar¬
reichung der häufigen per os vorziehen. Trotz großer Dosen bis 50 g Jod¬
natrium (durchschnittlich 5—10 g einer lOproz. Lösung) hat Verf. keine üblen
Jahresbericht.^ Neurologin
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n. Psychiatrie me.
e
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Allgemeine Therapie.
Nebenerscheinungen beobachtet. Das Mittel wurde auch dann oft gut ver¬
tragen, wo per os Kopfschmerzen, Ausschlag, Übelkeit auftraten. — Bei
Lues kombiniert K. Jod gewöhnlich mit Hg, Salvarsan.
Nach pharmakologischer uud klinischer Prüfung von Laders, Emmert
und Better (87) stellt das Alival-Joddihydroxypropal ein unschätzbares
therapeutisches Hilfsmittel zur Heilung der tertiären Lues dar, das allen
bekannten Jodpräparaten in bezug auf Heilkraft und Schnelligkeit des Erfolges
weit überlegen ist. Intramuskuläre Injektionen einer 66 2 / 3 proz. Lösung in
Wasser 1—2 ccm täglich. ( Jacobsohn .)
Häberlin (46) erzählt, daß er bei Verletzungen Eingeborener durch
das Buschmesser, welches stets mit Staub usw. verunreinigt ist, niemals
Tetanus beobachtet hat, weil er die Wunde stets bald nach der Verwundung
mit Jodtinktur reinigt. Nach seinen Erfahrungen hält er die Jodtinktur
deshalb für eius der besten Mittel, um das Einsetzen der gefürchteten Krank¬
heit zu verhindern. ( Jacobsohn .)
Veratram.
Colüns (18) versuchte das Veratrum bei gesunden Menschen und bei
Patienten mit Störungen des Zirkulationsapparates. Er gebrauchte die
lOprozeutige Tinctura Veratri albi. Er gab das Medikameut als Tropfen
mit viel Wasser. Die wirksame Dosis des Veratrum bei Erwachsenen betrug
30 bis 75 minims. Die klinische Wirkung entsprach der pharmakologischen,
in Herabsetzung der Pulsfrequenz und im Fallen des systolischen uud dia¬
stolischen Blutdruckes. Die zirkulatorischen Wirkungen treten unabhängig
von den toxischen (Schwindel, Erbrechen) ein. ( 'Jacobsohn .)
Arsenpräparate.
Karrer (67) geht die verschiedenen Arsenverbindungen der Reihe nach
durch und weist auf die Mannigfaltigkeit ihrer Wirkungen hin. Die richtige
Form jedesmal herauszufinden ist die Aufgabe der Chemotherapie. Kakodyl-
säure, Atoxyl, Salvarsan werden in ihren Wirkungen einzeln besprochen.
Das Diamiuodioxy-arsenobenzol, das Karrer (67a) hier beschreibt,
ist ein Salvarsan-Derivat, das in einer Orthostellung zum Arsen verschiedene
Substituenten aufweist.
Ehrlich und Karrer (23) weisen darauf hin, daß die aromatischen
Arsenverbindungen mit dreiwertigem Arsen auch die Fähigkeit besitzen, mit
Salzen verschiedener Metalle zu komplexen Verbindungen zusammenzutreten,
die durch ihre intensive Farbe und ihre große Beständigkeit charakterisiert
sind. Aus pharmazeutischem Interesse werden hier solche Metall-Additions-
Verbindungen beschrieben.
Karrer (66) berichtet hier über die Zusammensetzung einiger Stilben-
arsinsäuren, die sich aus aromatischen Arsenverbindungen herstellen lassen.
Stuchlik (144) erörtert u. a., daß subkutane Arsenanwendung nament¬
lich bei solchen Arten von Nervenschwäche einen Einfluß haben kann, wo
es sich nicht nur um primäre Anämie handelt, sondern auch dort, wo die
ungewöhnliche Therapieart einen suggestiven Einfluß ausüben kann. Dies-
artige Behandlung der Phobien bei chlorotischem Mädchen mit Arsotonin
(Methyldinatriumarsenat). ( Jar . Stuchlik.)
Salvarsan ond Quecksilber.
Bisherige Beobachtungen lassen nach Hoffmann (58) Salvarsannatrium
als gutes Ersatzmittel für Altsalvarsau erscheinen. Es macht weniger Neben-
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Allgemeine Therapie.
531
erscheinungen, ist sehr einfach anzuwenden und wirkt auf alle Erscheinungen
der Syphilis und die serologische Reaktion ebeuso gut ein. Über den
Dauererfolg ist Bestimmtes noch nicht zu sagen. Immerhin ist nach bis¬
herigen Erfahrungen zu erwarten, daß Salv.-Natr. bei Beachtung der serolo¬
gischen Kurve und Verabfolgung von wenigstens 5 Infusionen in frischesten
Fällen, in allen übrigen 2—3 über das Negativwerden der Wa.R. hinaus,
auch bei der Abortivkur eine ähnlich günstige Wirkung verspricht.
Bei kombinierter Behandlung traten mitunter störende Hg-Wirkungen,
wie Schwindel, Durchfälle, Exantheme, auf, die bei Fortsetzung der kombi¬
nierten Kur teilweise zurückgingen.
Brnhns (10) empfiehlt, syphilitische Patienten bedeutend länger zu
beobachten. Vereinzelte negative Wa.-Befunde, auch in der Spätlatenz der
Lues, bewiesen nichts für ihr Erloscheusein. Viele Jahre lang müßten die
serologischen und klinischen Untersuchungen fortgesetzt werden.
Zum Schluß regt Verf. eine umfassende Sammelforschung dauernd
beobachteter Fälle an.
Smith (136) berichtet über seine Erfahrungen mit der intraspinalen
Injektion von Salvarsan bei 14 Fällen von Nervensyphilis. Er hatte mit der
Swift-Ellisschen Modifikation bessere Erfolge als mit derjenigen von
Ravaut. Den besteu Erfolg hatte er bei Syphilis, weniger guten bei Tabes
und schlechten bei Paralyse. Die Patienten müssen seiner Erfahrung nach
3 Jahre unter ärztlicher Beobachtung und Erfahrung bleiben. Die Behand¬
lung muß so lange fortgesetzt werden, bis die serologische Untersuchung
ein negatives Resultat ergibt, und diese Untersuchungen müssen in der
Folgezeit 1—2 mal im Jahre angestellt werden. ( Jacobsohn .)
Nach Krefting (74) ist die ausschließlich mit Salvarsan streng durch¬
geführte Behandlung der Syphilis ebenso erfolgreich wie die gemischte
Hg-Salvarsanbehandlung. Bei primären Fällen erzielt man durch 3—5 in
14tägiger Zwischenzeit in starken Dosen verabreichten Salvarsaninfusionen
fast ausnahmslos Heilung, ln sekundären Fällen muß die Behandlung ge¬
raume Zeit durchgeführt werden, und zwar auch noch eine Zeitlang, nach¬
dem die Wassermannsche Reaktion negativ geworden ist.
Steiner (139) verfolgt auf Grund der Literatur seit Schaudin dio
biologischen Prozesse im Körper vom Eindringen der Spirochaete pallida an.
Er kommt zu dem Schluß, nur eine Maximaldosis Salvarsan sei zweckmäßig,
einmal, weil kleine Dosen nicht alle Spirochäten töteten, dann auch, weil
sie den Körper nrsenikfest machten, also einen Riegel vor die weitere Be¬
handlung schöben.
Nach dem Altsalvarsan mit seiner komplizierten Anwendungsweise, dem
Neosalvarsan, das einfacher zu handhaben ist, sich aber nur für leichte
Fälle von Lues eignet, ist, nach DreyftlS (21) durch das Salvarsan-
natrium der größte Teil der technischen Schwierigkeiten behoben, während
es chemisch genau dem Altsalvarsan entspricht. Es gestattet auch ambu¬
lante Behandlung. Dreyfus verabreichte durchschnittlich 0,45 g und
insgesamt innerhalb 6—8 Wochen 4 —7,5 g. Schädliche Nebenwirkungen
blieben ans. An Temperatursteigerung sei Zubereitung des Wassers schuld,
fiir dessen Sterilisierung Verf. einen Bergkristallapparat angibt.
Fabry und Fischer (26) beschreiben 10 mit Salvarsannatrium behandelte
Lnesfälle (Einzeldosis 0,45—0,6, Anzahl der Injektionen 3—5) und kommen
zu dem Schluß, daß die sehr bequeme Handhabung bei Herstellung der
Lösungen und intensive Einwirkung auf sämtliche Erscheinungen der Lues
bei relativ geringen Lebenserscheinungen das Präparat sehr empfehlenswert
erscheinen lassen. Dem Altsalvarsan sei es gleichwertig. Für die ambulante
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Original frorn
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532
Allgemeine Therapie.
Praxis reichten die bisherigen Erfahrungen allerdings nicht aus; hier sei
Neosalvarsan in konzentrierten Lösungen, intravenös verabreicht, vorzuziehen.
Fabry und Selig (27) wurde von Ehrlich Kupfersalvarsan zur Er¬
probung übergeben. Es habe den Vorzug, daß mit weit geringeren Arsen¬
mengen mauifeste Symptome (die Verf. gruppieren die behandelten Fälle in
Lues 1, II und III) zum Verschwinden gebracht würden, so daß die Einzel¬
dosen schneller aufeinander folgen könnteu, die Dauer der Behandlung
abgekürzt würde, üble Nebenwirkungen seien ausgeblieben. Ein großer Übel¬
stand liege indes in dem äußerst schwierigen Lösuugsmodus des Kupfer-
salvarsaus, das deshalb nur im Krankeuhause anzuwenden sei. Zudem
erscheine Altsalvarsan in seiner Wirkung intensiver.
Nach MC Garn (101) ist Retention von intravenös appliziertem Sal-
varsan an folgender Encephalitis haemorrhagica und Nephritis degenerativa
acuta schuld. Die Retention wiederum beruhe auf Zurückbleiben gewisser
chemischer Körperchen im Salvarsan. Ein Porzellanfilter halte diese zurück.
So filtriertes Salvarsan schalte alle beobachteten schädlichen Nebenwir¬
kungen aus.
Levison (79) erwähnt, das Versagen älterer Methoden ebenso wie die
neueren intraspinalen Behandlungsmethoden bei Meningitis, Tetanus usw.
hätte zur Behandlung der Lues vom Zentralnervensystem aus geführt. —
Die Zahlung der Zellelemente in der Spinalflüssigkeit könne, weil unbe¬
ständig, als Kriterium der Heilung nicht benutzt werden. Intraspinale In¬
jektionen von Salvarsanserum oder Neosalvarsan in bestimmter Dosis und in
vorsichtiger Hand sei nicht gefährlich. — Besagte Injektionen bannen den
Schmerz und einen großen Teil der Symptome der Syphilis des Zentral¬
nervensystems. — Bei genügend langer Behandlung werden die Labratoriums-
prüfungen der Spinalflüssigkoit in einigen Fällen negativ.
Marinesco (93) fand, daß Salvarsauseium „in vitro“ schneller die
Spirochäten beweguugslos macht als dasselbe Serum „in vivo“. Als Vehikel
für das Medikament benutzte er das Serum des Kranken, inaktiviert und
3 / 4 Stunden unter 37° F. gehalten. Es wurden 6—12 milligr. Neosalvarsan
verwandt und bei Tabes und Lues myelitica in den Spinalkanal bei all¬
gemeiner Paralyse in den Zerebralkanal injiziert. Verf. selbst warnt, die
geringen Erfolge unter 20 Fällen nicht zu hoch zu veranschlagen, da meist
nur 3—8 Wochen beobachtet wurde. Nebenwirkungen, wie ReteDtio urinae
(und im Gefolge Katheter und lufectio vesicae) blieben auch nicht aus.
Ogilvie (107), der seine Methode in einer früheren Arbeit beschrieben
hat, konstatierte bei 13 unter 15 Fällen vollständiges Verschwinden aller
subjektiven Erscheinungen bei Prüfung objektiver Symptome über ein Jahr
hin, ein Fall zeigte begrenzto Besserung, ein anderer trotzte der Behand¬
lung. Von der Gesamtzahl (6 Tabes, 3 Paralysen, 1 Lues myelitica, 1 Lues
cerebrospinalis) ergaben 11 Fälle negativen Wassermann in der Spinal¬
flüssigkeit, 2 blieben positiv und 2 neue Analyseu ergaben unsicheres Resultat.
10 Fälle ergaben Wa. negativ im Blut, 3 blieben positiv, 2 Analysen zeitigten
kein sicheres Resultat. Verf. kommt zu dein Schluß, daß bei der hart¬
näckigen Art dieser Krankheitsarten die intraspinale Methode weit größeren
Erfolg verbürgt als Quecksilber und intravenöse Salvarsanbehandlung allein.
Die Wichtigkeit letzterer unbestritten, habe Verf. doch nur bei 2 % seiner
Fälle, selbst bei intensivster Behandlung, vollständiges Verschwinden der
syphilitischen (Laboratoriums-) Erkennungsmerkmale in der Spinaltlüssigkeit
beobachtet. Frühzeitiges Erkennen und Behandeln sei notwendig, ebenso ganz
genaue Kenntnis der diffizilen und gefährlichen Methode.
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Allgemeine Therapie.
633
Rytiaa und Jndd (124) sind überzeugt, daß Zerebrospinalsyphilis
deshalb antisyphilitischer Behandlung trotzt, weil der Plexus chorioideus der
Dura mater mehr weniger Mittel wie Quecksilber, Jodnatrium, Salvarsan
nicht durchläßt. Deshalb ist intraspinale Behandlung notwendig. — Die
Verfasser erwähnen die heftigen Reaktionen, die den intraspinalen Injektionen
von Neosalvarsan durch Wechselmann u. a. folgten, und daß sie sich
Swift und Ellis anschlossen, deren Methode, Salvarsanserum zu in¬
jizieren, sie befolgten.
Hergang der Methode: Patient erhält eine starke Dosis Salvarsan
intravenös. Nach Verlauf einer Stunde werden 100 ccm Blut abgezogen
uud ins Laboratorium gesandt. Am anderen Tage findet dann die intra-
spinale Injektion des Serums statt.
Die Autoren kommen auf Grund ihrer Versuche zu dem Schluß, daß
intraspinale Injektion mit Salvarsanserum unter besonderen Kautelen eine
zuverlässige Behandlungsmethode darstellt. — Die erhaltenen Resultate be¬
weisen ihre Überlegenheit über die älteren Methoden. — Die Behandlung
muß fortgesetzt werden, bis die Laboratoriumsbefunde negativ sind, unab¬
hängig von den klinisch beobachteten Fortschritten.
Woolsey (164) suchte an 26 experimentellen Versuchen bei Katzen,
Hunden und Kaninchen zu entscheiden, ob die Wirkung subarachnoidealer
Salvarsaninjektion wirksamer ist als die subkutane und intravenöse Ein¬
spritzung. Da die von Edwin Goldmann nachgewiesene chemotaktische
Affinität des Trypanblau zuiu Nervensystem dieselbe ist, wie diejenige des
Salvarsans, so basierte AVoolsey hierauf seine Untersuchungen, ohne
aber, wie Goldmann fand, sohädliche Folgen bei der intralumbalen
Anwendung des Trypanblau beobachten zu können, wenn bestimmte Vor¬
sichtsmaßregeln angewandt wurden. AVoolsey teilt die von ihm mit sub¬
letalen Dosen von Trypanblau nach den verschiedenen Methoden erzielten
makroskopischen und mikroskopischen färberischen Ergebnisse am Nerven¬
gewebe mit. Während die subkutane und auch die intravenöse Anwendung
des Trypanblau fast keine Färbung am Zentralnervensystem bewirkte, erzielte
die subarachnoideale Injektion in allen Fällen sowohl makroskopische am
Rückenmark und dessen Meningen, desgleichen am Gehirn sichtbare Blau¬
färbung, als auch mikroskopisch eine intensive Blaufärbung der Nerven¬
zellen und des interstitiellen Gewebes, besonders der Meningen.
Auf diese Versuche sich stützend, kommt Woolsey zum Schluß, daß
Salvarsan subarachnoideal sicherer das Zentralnervensystem erreicht, als
subkutan und intravenös, und daß bei intraspinaler Anwendung es weniger
sicher die Schädelhöhle erreicht, als wenn es ins Rückenmark selbst oder
nach Trepanation des Schädels direkt in den subarachnoidealen Schädel¬
raum injiziert wird. (Bendix.)
Synnott (146) geht von einer Beobachtung aus, daß bei Tabes und
Syphilis des Zentralnervensystems häufig das Blut eine negative, die Spinal¬
flüssigkeit aber positive Wassermauureaktion ergibt; was daran liegen könue,
daß im Blute zahlreiche Spirochätiziden enthalten seien, in der Spinal¬
flüssigkeit aber nur fehlen. Er hält deshalb in solcheu Fällen die Spinal¬
punktion für sehr empfehlenswert, ähnlich wie durch Eröffnung des Perito¬
neums häufig tuberkulöse Peritonitis geheilt wird. Bezüglich der intraspänalen
Anwendung autogener oder exogener Blutsera hält er bei Fällen mit
negativer Wassermannreaktion des Blutes das autogene Serum für empfehlens¬
wert, da es hohe Werte spirochätizider Substanzen enthält. {Bendix.)
Die Versuche von Stillman und Swift (140) lehrten, daß subdürale
Injektionen einer normalen Salzlösung, normalen Blutserums und von salvar-
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Allgemeine Therapie.
sanisiertera Serum oder von Lösungen von Quecksilberzyanid die Durch¬
lässigkeit des Rückenmarks, des Gehirns für Salvarsau, das im Blute
zirkuliert, nicht wesentlich vermehrt. Zur Zeit der subduralen Injektionen
bleibt die Permeablität der Meningen für Salvarsan unverändert.
Während alle mit konzeutrierten wässerigen Salvarsanlösungen ge¬
spritzten Tiere unter Krampferscheinungen sofort nach der Einspritzung
starben, ebenso bei verdünnten Salvarsannatriumlösungen, zeigten bei den
Versuchen von Roick (121) die mit Serumsalvarsau gespritzten Tiere nach
der Einspritzung nicht die geringsten Krankheitserscheinungen.
(Jacobsohn.)
Powiton (116) berichtet über einen Soldaten, dessen Primäraffekt
durch Hg-Schmierkur beseitigt wurde. Die luetischen Toxine bleibeu aber im
Körper zurück, es entsteht, mit veranlaßt durch Strapazen, eine fortschrei¬
tende Polyneuritis, die zunächst durch Hg-Succinimidinjektionen verschlechtert
wurde und sich erst nach lujektionen von Neosalvarsan besserte.
(Jacobsolm .)
Aus der umfassenden Arbeit von Nägeli (105) über Erfahrungen
mit Salvarsan seien hier nur diejenigen angegeben, welche sich auf das
Nervensystem beziehen. Die Erfolge bei Paralyse waren geringe, nur in
vereinzelten Fällen wurden günstige Remissionen bei energischer Salvarsankur
resp. gemischter Behandlung erzielt. Viel besser waren die Erfolge bei der
Tabes. Die Zahl der Fälle, in denen temporäre Besserungen oder Still¬
stand erzielt wurden, sind bemerkenswert, sowohl bei frischen als auch bei
älteren Fällen. Am auffallendsten war die Beeinflussung der gastrischen
Krisen, der lanzinierenden Schmerzen uud der Ataxie. Wiederauftreten
erloschener Reflexe konnte nicht mit Bestimmtheit konstatiert werden. Der
Autor empfiehlt, stets zuerst mit kleiuen Dosen zu beginnen und die Dosis
von 0,4 g Salvarsan als Einzoldosis nicht zu übersteigen. Die Beob¬
achtungen an Neurorezidiven bestätigen die Auschauungen, daß unzureichende
Salvarsanbehandlung in kausalem Konnex zu ihnen stehe. Deu Schluß der
Abhandlungen bilden die durch Salvarsan bedingten Schädlichkeiten an den
einzelnen Organen. ( Jacobsohn .)
Naegeli (104) bespricht die Modifikationen der endolumbalen Behandlung
mit Salvarsan nach Wechselmann-Marinesco und nach Swift uud Ellis.
Bei Erwägung der Vor- und Nachteile der beiden Hauptmodifikationen faßt
er seine Meinung über ihren Wert folgendermaßen zusammen: 1. Die aus¬
schließliche Anwendung der einen oder der anderen Abart der lokalen
Therapie bei syphilitischen Erkrankungen des Zentralnervensystems ist ver¬
werflich, da die intraspinal verabreichbaren Salvarsan dosen eine Sterilisation
des Gesamtorganismus und damit eine Dauerheilung der Syphilis nicht zu¬
stande bringen können. Es ist auch aus wissenschaftlichen Gründen kaum
erforderlich, die endolumbale Behandlung allein zu verwenden, um ihre Wirk¬
samkeit beurteilen zu lernen. Denn leider sind besonders bei der Paralyse
die Resultate der gewöhnlich geübten kombinierten Therapie so wenig be¬
friedigend, daß eklatante Erfolge eiuer daneben durchgefübrten Lumbal-
behaudlung sich sehr bald zu erkennen geben müßten. 2. Beide Methoden
der endolumbalen Therapie sind brauchbar. Von einer wesentlichen Über¬
legenheit der einen oder anderen Modifikation kann bisher nicht die Rede
sein. Die Unmöglichkeit der Dosierung bei der Methode Swift und Ellis
spielt bei den in Betracht kommenden sehr kleinen Salvarsandosen keine
ausschlaggebende Rolle, bedeutet aber immerhin einen gewissen Nachteil,
besonders gegenüber dem Vorgehen von Gennerich und von Schubert.
Denn bei letzterer Modifikation wird das Salvarsan in einer wohl fast ebenso
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Allgemeine Therapie.
535
unschädlichen Form verabreicht, wie beim Verfahren nach Swift und Ellis.
Es ist fraglich, wieweit bei der Originalmethode dieser Autoren die Ein¬
verleibung der Antikörper in den Lumbalsack eine Bedeutung haben kann.
Eine weitere Vervollkommnung beider Methoden ist wünschenswert. 3. Die
endolumbale Therapie sollte unter allen Kantelen in den Fällen versucht
werden, in denen man mit einer guten spezifischen Allgemeinbehandlung
nicht zum Ziele kommt, also bei gegen diese refraktärer zerebrospinaler
Syphilis, bei Tabes und bei Paralyse. Am meisten sind Versuche bei der
letzteren zu wünschen, weil ihre Behandlung bisher am wenigsten Erfolge
aufweist. ( Jacobsohn .)
Schädliche Wirkungen bei Salvarsangebraucb.
Es handelt sich in dem von Lewinsohn (80) beschriebenen Fall um
einen 41jährigen Tabiker, der nach einer intraduralen Neosalvarsaninjektion
eine schwere, aber vorübergehende Atemlähmung hatte. Aus der Beschrei¬
bung des Krankheitsverlaufs selbst geht hervor, daß das Neosalvarsan als
Kausa zum mindesten zweifelhaft ist. L. selbst betont, daß bei Tabes das
Atemzentrum oft gefährdet ist, und erwähnt Fälle, wo Atemlähmungen
spontan eintraten.
Zadek (165) hat bei einem 41jährigen Tabiker (Wa-j-) eine intra¬
lumbale Neosalvarsaninjektion von 0,0036 g vorgenommen. Unmittelbar nach
der Injektion Benommenheit, deutliche zerebrale Symptome. Nach 3 Tagen
£hütus. Da Sektion verweigert wurde, ist die Diagnose Encephalitis haemor-
rhagica und die Haftbarmachung des Präparats nicht vollwertig. Es sei noch
erwähnt, daß bei dem Versuch, Neosalvarsanreste nach der Injektion durch
Lumbalpunktion (an 2 verschiedenen Zwischenwirbelräumen) zu extrahieren,
kein Liquor zutage gefordert werden konnte!
Labe (86) knüpft an seine Veröffentlichung in der Deutsch, med.
Wochenschr. Nr. 33 „Ein Todesfall durch akute Arsenvergiftung nach
Salvarsaninjektion bei einer Nichtluetischen“ an. Er nimmt Stellung gegen
Bernhard Fischer, der auf Grund des Sektionsbefundes in vorliegendem
Fall auf allgemeine Peritonitis infolge perforierten Ulcus ventriculi erkennt,
dem Arsengehalt der Organe nur sekundäre Bedeutung zuspricht, dem
Salvarsan also jede Schuld an dem Exitus abspricht. Demgegenüber beharrt
Lube bei seiner Ansicht, es liege hier eine gastro-intestinale Form der
Arsenvergiftung vor. Dem Ulcus ventriculi käme nur sekundäre Bedeutung
zu, wenn es nicht gar erst postmortal durch Mazeration entstanden sei.
Fischer (30) betont zuuächst, wie außerordentlich gering prozentualiter
die Fälle sind, bei denen eine schädigende Einwirkung des Salvarsans über¬
haupt in Frage kommt.
Als solche Schädigungen siud bisher festgestellt :
a) Lokale Nekrosen an den Injektionsstellen.
b) Encephalitis haemorrhagica, eine in ihren Entstehungsbedingungen
noch unaufgeklärte Kraukheit.
Daß bei Todesfällen nach Salvarsaninjektion auch Hg-Vergiftung vor¬
liegen kann, beweist ein durch chemische Untersuchungen sichergestellter
Fall angeblichen Salvarsantodes. Salvarsan wirkt nicht toxisch auf Leber¬
zellen. Die akute gelbe Leberatrophie ist durch die Lues selbst bedingt.
Toxische Wirkung des Salvarsans und Arsenvergiftung haben nichts mit¬
einander zu tun. Eine einzige gegenteilige Beobachtung von Lube (s.
Deutsche med. Wochenschr. Nr. 33 und 49) hält nach Fischer wissen¬
schaftlicher Kritik nicht stand.
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Allgemeine Therapie.
Hülst (61) berichtet über folgenden Todesfall nach intravenöser Neo-
salvarsaninjektion: Es handelt sich um eine unverheiratete 38 jährige Frau,
welche an der Portio Uteri eineu Primäraffekt zeigte, der noch nicht aus¬
geheilt war; sie bekam ein makulöses Exanthem und universelle Sklcra-
denitis, die Wassermannsche Reaktion war positiv. Sie erhielt dreimal
in Zwischenräumen von 8— 14 Tagen je 0,2 salizylsaures Quecksilber intra¬
muskulär und wiederum 10 Tage darauf 0,9 g Neosalvarsau intravenös. Ein
paar Stunden nach der Injektion trat Schläfrigkeit ein, mit einer gewissen
Unruhe gepaart, der Puls wurde sehr frequent, klein, die Atmung etwas
intermittierend, und trotz Anwendung mehrerer Exzitantien trat nach un¬
gefähr 10 Stunden der Tod ein. Die Sektion ergab: Blutüberfüllung der
Gefäße des Gehirns mit perivaskulärem Odem und perivaskuläreu Blutungen
in der Umgebung des Bodens des vierten Ventrikels, Hiruödem, geringe
Verfettung der Herzmuskulatur, mäßige Verfettung der Leber, akuter Milz¬
tumor und Nierendegeneration. Nach diesem Bilde hält Hu Ist den Neo-
salvarsantod für einen akuteu Arsentod.
Brown (8) berichtet über einen Salvarsantod bei einem syphilitisch
Infizierten. Er bekam zwei Tage hintereinander intraveuös Neo-Salvarsau,
außerdem war eine Inunktionskur eingeleitet. Er fühlte sich bis auf geringe
Kopfschmerzen wohl. Plötzlich brach aber eiu maniakalischer Zustaud aus,
es traten Krämpfe ein, und Patient ging zugrunde. Der Urin zeigte leichten
Eiweißgehalt. Der Sektion ergab starke Hyperämie der Hirnhäute und
kleine Blutungen unter der Arachnoidea. Der Autor glaubt, daß es sich
um akute Arsenvergiftung handelt. (’ Jacobsohn .)
iDjektionstberapie bei Neuralgien.
Leczynski (78) teilt hier weitere Beobachtungen mit von erfolgreicher
Behandlung der Ischias durch perineurale Infiltration mit physiologischer
Kochsalzlösung. Mehr als 3 Injektionen waren seiten nötig, meist genügte
eine solche. In einigen Fällen bestanden Zeichen von Neuritis und Radi¬
kulitis (Störungen der Sensibilität, Reflexe).
In 7 Fällen von Trigeminusneuralgie, die Hirschei (56) mit Alkohol¬
injektionen in das Ganglion Gasseri behandelte, trat niemals ein Rezidiv
ein, obwohl es sich um Neuralgien handelte, die jahrelang bestanden. In der
Technik folgte Hirschei den Vorschriften Haertels. Die schwere Ope¬
ration dor Ganglionexstirpatiou erscheint Hirschei überflüssig.
Donath (20) tritt noch einmal auf Grund seiner neueren Erfahrungen
sehr warm für die Alkoholinjektionen bei Trigeminusneuralgien ein, deren
Technik er beschreibt. Nur für die allerverzweifelsten Fälle käme noch
eine Operation in Betracht. {Jacobsohn.)
Cadwalader (15) spritzte bei Hunden verschiedenprozentigeu Alkohol
in den N. ischiadicus und untersuchte später die dadurch bewirkte Läsion
anatomisch. Die schwerste Schädigung des Nerven wurde durch 80pro-
zentigen Alkohol bewirkt, eine miuderschwere durch SOprozentigen, und
fast gar keine Veränderung wurde durch 25prozentigeu bewirkt.
(, Jacobsohn.)
Byrnes (14) sah schon von einzelnen Alkoholinjektionen in das Ganglion
Gasseri einen sofortigen Nachlaß des Schmerzes. Die Injektion ist nicht
schmerzhafter als tiefe intraneurale Injektionen. Nie wurden unangenehme
oder gefährliche Folgen nach der Operation beobachtet. Die Freilegung
des Ganglion durch operative Eingriffe (subtemperaler Natur) kommt nicht
oft in Frage. Versagen tiefe Injektionen, dann kann man versuchen, durch
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Hydrotherapie.
537.
das Foramen ovale zu injizieren, ehe man an eine Freilegung des Ganglion
Gasseri geht. Man kann durch experimentelle Versuche feststellen, daß
partielle Injektionen in einem bestimmten Teil des Ganglion nur bestimmte
Nerveuursprünge vernichtet unter Schonung der Korneaäste des Trigeminus:
die obere und untere Hälfte der Kornea scheinen ihre eigene getrennte
Innervation vom Trigeminus zu empfangen. Auch bei bilateraler Trigeminus¬
neuralgie hat die Injektionsmethode Vorteile vor den anderen operativen
Eingriffen. Durch wiederholte Injektionen kann man das Ganglion völlig
zerstöreu.
Horcher (53) hat in einem Falle von Tetanus mit intravenöser Ätber-
kochsalzinfusion Erfolg gehabt. (Jacol>sofyn.)
Watson (159) hat mit Chinin und Ureainjektionen (1—4 c« in einer
30—40 proz. Lösung) bei Hyperiliyreoidismus gute Erfolge erzielt. Die In¬
jektion erfolgt nach vorhergehender Anästhesierung der Haut und wird etwa
jeden dritten Tag wiederholt. Besonders geeignet sind mittelschwere Fälle.
(J acohxohu.)
Hydrotherapie.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
1. Bach, Hugo, Moorbäder und Quarzlichtbostrahlungen bei Enuresis nocturna. Zschr.
f. physikal. u. diätet. Thor. 19. (3.) 75.
2. Derselbe, Beitrag zu Generaloborarzt Dr. Siemons „Kurzen Mitteilungen über Wund¬
starrkrampffälle und ihre Behandlung.“ Zschr. f. ärztl. Fortbldg. 19. (3.) 78.
3. Bennott, W. H., Forty Years of TTialassotherapy. Modem Hosp. March.
4. Bryant, J., Sunshine; its Neglected Analgesie-Sedativo Action. Boston M. and S. J.
Okt. 14. CLXXIII. No. 16.
5. Buoky, Die Diathermie in den Lazaretton. D. m. W. No. 16. p. 467.
6. Csiky, Josef, Zur Aetiologie und Therapie der Ischias. D. m. W. 41. (52.) 1540.
7. Det er mann, W., Die physikalischen Heilmittel in der inneren Medizin. D. Naturw.
1914. H. 12.
8. Drennen, C. T., Hydrotherapy. Arkansas M. S. J. Aug. XII. No. 3.
9. Eisenmeyer, Rudolf, Das physikalisch-diätische Heilverfahren. Selbstverlag.
10. Giomo, Due casi di tabo dorsale trattati eoi raggi X. Boll. della clin. No. 4. p. 170.
11. Glax, Die Thalassotherapie als Heilfaktor bei Kriegsverletzungen und -erkrankungen.
Zschr. f. ärztl. Fortbildg. No. 18. p. 553.
12. Derselbe, Die Soebäder der österreichischen Adriaküste und ihre Bedeutung als Heil-
faktor für erkrankte Kriegsteilnehmer. Zschr. f. Baln. 8. (2/4.) 19.
13. Hamm. Zur Behandlung der Ohrerschütterungen. M. m. W. 62. (48.) 1664. F. B.
14. Hirschfeld, Arthur, Beiträge zur Wirkung der Bäder auf den Kreislauf. Zschr. f.
phys. u. diät. Thor. 19. (1.) 1.
15. Derselbe, Die hydrotherapeutische Behandlung der im Kriege erworbenen Neurasthenie
und Hysterie, ebd. 19. (2.) 59.
16. Jesionok, A., Lichtbehandlung des Tetanus. M. m. W. No. 9. p. 305. F. B.
17. Kienböck, Robert, Über Reizwirkung bei Röntgenbehandlung von Struma und Base¬
dowscher Krankheit. Fortschr. d. Röntgenstr. 22. (5.) 501.
18. Kirc h berg, Franz, Physikalische Heilmethoden im Reservelazarett bei der Behandlung
der Kriegsverletzungen. D. Ther. d. Gogenw. No. 4. p. 121.
19. Küpferle und Szilv, A. v.,.Über Strahlentherapie bei Hypophysentumoren. D. m.
W. No. 31. p ; 910.
20. Laqueur, A., Über die Anwendung der physikalischen Therapie bei Verwundeten und
erkrankten Kriegern. Zschr. f. physik. u. diätet. Ther. Bd. 19. (Allgemeine Aus¬
führung über physikalische Behandlung bei 517 Kriegs verletzten.)
21. Derselbe, Über die Bedeutung der Elektrokardiographie für die Balneologie. Zschr. f.
Baln. 7. (22/24.)
22. Derselbe, Die Nachbehandlung der Kriegsverletzungen dos Bowegungsapparates mit
Bädern, Wärmeanw T endungen und Elektrizität. Zschr. f. ärztl. Fortbildg. No. 5. p. 142.
(Kurzer allgemeiner Vortrag.)
23. Löwy, Max, Richtlinien und Methode für Kohlensäurebadekur bei Nervenkranken*
W. m. W. 65. (51.) 1883.
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538
Hydrotherapie.
24. Meyer, Hans H., Pharmakologische Gesichtspunkte in der Balneologie. Osten*.
Bäderbuch. Wien. Urban & Schwarzenberg.
25. Meyer, Max, Über plethysmographische Untersuchungen in natürlichen Kohlen¬
säurebädern. Zschr. f. Bain. 8. (17/18.) 101.
26. Morse, Fred H, The Physical Treatment ui Reflex Disturbances. Med. Rec. 88.
809 (Sitzungsbericht.)
27. Müller, Otfried, und Hirschfeld, Arthur, Zur Frage der Kreißlaufwirkung künstlicher
kohlensäurehaltiger Solbäder. Bemerkungen zu der in dießer Zeitschrit erschienenen
Arbeit von Arthur Hirsohfeld über die Wirkung der Bäder auf den Kreislauf. Er¬
widerung von Arthur Hirschfeld. Ztchr. f. physik. u. diät. Ther. 19. (4.) 111, 115.
28. Nagelschmidt, Franz, Lioht, Radium, Elektrorhythmik, Diathermie zur Nachbehand¬
lung von Kriegsveretzungen und Kriegskrankheiten des Bewegung&apparates. Zschr.
f. ärztl. Fortbldg. No. 10. p, 300.
29. Richter, Über Vorbeugungsmaßnahmen gegen Hitzschlag: Herzkomprase und
Helmkühler. M. Klin. No. 28. p. 778.
30. Römer, C., Sonnenbäder und Nervensystem. D. m. W. No. 28. p. 832.
31. Rose, A., Das permanente Wasserbad, das rationelle Heilmittel für Tetanus. D. m.
Presse. No. 1. p. 1.
32. Derselbe, Die wirksamste Behandlung von Wundstarrkrampf. Ärztl. Rdsch. No. 13.
p. 97.
33. Salignat, L., Local Steam Bath for Trophic Disturbances. Paris med. 5. (9.)
34. Schaffler, Mikroskopische L T ntersuchungon zur Balneotherapie. B. kl. W. p. 562.
(Sitzungsbericht.)
35. Schmidt, L., Ein einfacher Heißluftapparat, D. m. W. No. 23. p. 680.
36. Staehelin. R., Die Klimathotherapie als Heilfaktor für die im Kriege Verwundeten
und Erkrankten, mit besonderer Berücksichtigung dea Höhenklimas. Zschr. f. ärztl.
Fortbldg. No. 18. p. 549. (Nichts Besonderes.)
37. Steiner, Mich., Das Ozetbad, insbesondere des Ozet-Solbad in der Kriegskranken¬
pflege. Al lg. M. Central-Ztg. No. 44. S. 183.
38. Wassermann, Maxim., Das Ozetbad im Kriegslazarett. Reichs-M. Anz. No. 18.
p. 286,
39. Weber, Einst, Die diagnostisch-therapeutische Ausnutzung meiner Methode zur
Funktionsprüfung der Gefäßnerven. II. Über schädliche Einflüsse der Heißluftbe¬
handlung von Verwundungen auf das Nervensystem und ihre Verhütung. M. Klin.
No. 22. p. 613.
40. Derselbe, Die diagnostisch-therapeutische Ausnutzung meiner Methode der Funktions¬
prüfung der Gefäßnerven. III. Die schädigende W r irkung von Operationen in Narkose
und Lokalanästhesie auf dao Zentralnervensystem und ihre Beseitigung, ebd. No. 36.
p. 991.
4L Weiss, Eugen, und Kommereil, Emst, Über die physiologische Wirkung der Kohlen¬
säure. Studien an Kohlensäure-Wasser- und Kohlensäure-Gasbädem. Samml. klin.
Vortr. Inn. M. No. 243/246. Leipzig. Joh. Ambr. Barth.
Hirschfeld (15) erläutert die hydrotherapeutische Behandlung, die bei
den hysterischen und neurasthenischeu Zuständen der Kriegsteilnehmer in der
Berliner hydrotherapeutischen Anstalt im Gebrauch ist. Entweder durch
Lichtbäder, durch Dampfduschen oder Packungen wird für eine gute Durch¬
blutung der Haut und der peripherischen Körperproviuzeu gesorgt, sodann
folgt die hydrotherapeutisch wichtigere Abkühlung, die durch wechselwanne
Duschen oder Halbbäder erzielt werden kann. Dabei muß man aber beachten,
daß die Halbbäder bis auf 28° C abgokühlt werden, da erst diese Tempe¬
ratur als intensiver Kältereiz wirkt und als solche imstande ist, die hydria-
tische Reaktion hervorzurufen. Variieren kann man die Behandlung durch
Applikation von Kühlschläuchen. Kohlen- und Sauerstoffbäder bewährten
sich gegen Agrypnie. Der Autor warnt vor Polypragmasie.
Kirchberg (18) entwirft ein anschauliches Bild, wie in dem von ihm
geleiteten Lazarett die verletzten Soldaten mit allen Methoden der Physio¬
therapie behandelt werden, um Atrophien, Gelenkversteifungen, Nerven¬
schmerzen und Parästhesien zu beseitigen. Die Augabe der zu diesem
Zweck von ihm konstruierten einfachen Apparate ist sehr wertvoll und der
Hinweis auf die Notwendigkeit, daß sich die Ärzte mit diesen Behandlungs¬
methoden mehr vertraut machen sollen, sehr zeitgemäß.
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Hydrotherapie.
539
Weiss und Kommerell (41) fassen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen
über die physiologische Wirkung der Kohlensäure im indifferent temperierten
Kohlensäure-Gas- und Kohlensäure-Wasserbad dahin zusammen: Im Kohlen¬
säure-Gasbad kommt die perkutane Wirkuug der Kohlensäure zur Entfaltung.
Sie setzt sich aus zwei Faktoren zusammen, aus den physikalisch-sensiblen
und aus dem chemischen Reizfaktor. Der erstere führt iu seiner direkten
Einwirkung zur Hautrötung, die als lokale, kapilläre Erscheinung aufzufassen
ist. Reflektorisch findet durch ihn eine Beeinflussung der Gefäße und des
Herzens statt; die arteriellen peripheren Gefäßbahnen weisen einen erhöhten
Tonus auf, die Blutdruckwerte können dabei schwanken, zeigen aber doch
um so eher eine Tendenz zur Steigerung, je weniger die Kohlensäurewirkung
von thermischen Eiuflüssen verdeckt wird. Der Puls zeigt dabei kein konstantes
Verhalten. Der zweite Faktor bewirkt infolge Resorption der Kohlensäure
durch die Haut auf direktem Wege durch Reizung der wärmeempfindenden
Ncrveneudigungen ein subjektives Wärmegefühl und führt reflektorisch zur
Vertiefung der Atmung. Im indifferent temperierten Kohlensäure-Wasserbad
kommen noch weitere Reizfaktoreu dazu: einmal der sensible Reiz der
aufsteigenden Gasblasen, dann weiter ein thermischer Faktor von seiten
der sich dem Körper anlegenden Kohlensäuregasblasen, endlich noch die
Inhalationswirkung durch Einatmung entweichender Kohlensäure.
Bei Nervenkranken sind, wie LÖwy (23) ausführt, schwerste Blut¬
drucksteigerungen eine Kontraindikatiou gegen CO 2 -Badekuren, ebenso
Erregungszustände bei Manien usw. Vorsicht erfordern erregbare Vasoneu-
rotiker (Basedow usw.). Bei der Einleitung einer entsprechenden Kur
stellt Löwy zunächst durch 2 Probebäder mit eintägiger Pause fest, wie
Patient darauf reagiert. Zu dieser Reaktionsprobe werden erst schwache
Kohlensäurebäder verwendet (Temperatur 26°—28°R, Dauer 10—12 Minuten).
Wenn diese Bäder gut vertragen werden, sich eiu Gefühl der Erfrischung
und Gehobenheit eingestellt hat, dann ist der betreffende Patient für eine
Kur geeignet. Die Bäder wirken sedativ und tonisierend.
Meyer (25) kommt bei seinen plethysmographischen Untersuchungen
bezüglich der Wirkung natürlicher Kohlensäurebäder zu ähnlichen Resultaten,
wie sie Hirschfeld (s. dort) bei künstlichen Kohlensäurebädern erhielt.
Hirschfeld (14) verteidigt zunächst gegen Otfried Müller seine
experimentell gewonnene Überzeugung, daß die Kohlensäure in dem Bade
einen absolut spezifischen Reiz ausübt, indem nämlich in dem Kohlensäure¬
bade im Vergleich zu dem gleichtemperierteu Wasserbade eine Erweiterung
der peripherischen Gefäße statthat. Die gegenteilige Ansicht von 0. Müller,
daß beide Bäder gleich wirken, beruhe auf fehlerhafter Versuchesnordnung.
Aus einer zweiten Arbeit des Verfassers geht hervor, daß das Ent¬
wickeln von Sauerstoff in einem Wasserbade eine Kontraktion der peripheren
Gefäße bedingt. Ein Kohlensäurebad ist dementsprechend subjektiv wärmer
als ein gleich temperiertes Wasserbad, während ein Sauerstoffbad subjektiv
kälter ist.
Müller’s (27) Aufsatz ist eine Polemik gegen A. Hirschfeld (s. vorher).
Wassermann (38) hat bei den Erregungs- und Erschöpfungszuständen
der Kriegsteilnehmer gute Erfolge mit dem Ozetbad gehabt. Der Zustand
der erethischen Kranken mit labilstem Nervensystem und geschwächtem Herz¬
muskel besserte sich sehr schuell. Vor allem eklatant war die Wirkung auf
die Schlaflosigkeit.
Rose (31, 32) führt diejenigen Autoren an, welche das permanente Warm¬
wasserbad gegen Tetanus empfohlen haben, weil sie damit die besten Erfolge
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540
Hydrotherapie.
erzielten. Besonders erwähnt er rühmend Zecbmeier, der vor 50 Jahren
für diese Behandlungsmethode eingetreten ist, aber keine Anerkennung ge¬
funden hat.
Weber (39) untersuchte 25 Kranke, die unmittelbar vor der Heißluft-
behandlung normale Blutgefäßreaktionen besaßen. Nach der Behandlung in
den Hitzekästen war der allgemeine Iunervatiousmechanismus der Blut¬
gefäße des Körpers nur bei einem einzigen Manne intakt, bei einem anderen
war er uur wenig gestört, und bei allen übrigen war eine vollkommene
Umkehrung der Gefäßreaktionen eingetreten. Die schweren Störungen waren
zwei bis drei Stunden und länger nach Beendigung der Heißluftbehandlung
uoch vorhanden. Die Störung ließ sich daran erkennen, daß die Gefäße
bei lokaler Muskelarbeit, anstatt sich zu erweitern, verengt waren. Die
Patienten klagten nach der-Heißluftbehandlung über Mattigkeit, Beschwerden
beim Treppensteigen, leichtes Schwitzen usw. Bei einigen dauerten diese
Beschwerden genau so lauge als die Iunervationsstörung der Gefäße anhielt,
was die graphischen Kurven demonstrierten. Um nun die lokale Heißluft-
behänd lung, die zur Hyperämie der Wundränder und damit zur schnelleren
Heilung der Wunden mit Erfolg in Anwendung gezogen wird, nicht ausru¬
schalten, dabei aber die schädlichen Wirkungen auf das Gefäßsystem zu
vermeiden, wurden Wechselduschen, kalte Vollduschen angewendet, die prompt
die Störungen beseitigten. Es zeigte sich bei den Versuchen, daß scboD
Kälteapplikation auf eiu einzelnes Glied in eioer Dauer vou drei bis vier
Minuten genügten, um den gleichen Erfolg zu erzielen. Es war dabei durch¬
aus nicht nötig, daß dasselbe Glied, das im Hitzekasten behandelt worden
war, mit der Kälteapplikation bedacht wurde, sondern es konnte dazu ein
beliebiges anderes Glied benutzt werden, da es sich ja nur um die reflektorische
Leitung des Kältereizes zum Gehirn handelt, in dem der gestörte Inner¬
vationsmechanismus des allgemeinen Gefäßnervenzentrums und des speziellen
Zentrums für die Hirngofäße durch diesen Reiz wiederhergestellt wird. Auf
die durch die Heißluftbehandlung in dem behandelten Gliede erzeugte
Hyperämie resp. Gefäßerweiterung hatte die Kälteapplikation keine Einwir¬
kung, so daß die lokale Wirkung der Heißluftbehandlung dadurch nicht
beeinträchtigt wird.
In einer zweiten Arbeit beschäftigt sich Weber (40) mit den Störungen
des Gäßapparates bei Lokalanästhesie und Narkose. Er konnte feststellen,
daß nach Lokalanästhesie dauorude Gefäßerweiterung eintrat, welche einen bis
zwei Tage lang dauerte, und daß die Hälfte der Fälle aus Gefäßreaktions¬
störungen bestanden, die einen Tag dauerten, daß nach Chloroformnarkose
dauernde Gefäßerweiterung fünf bis sieben Tage lang bestand uud daß eine
Gefäßreaktionsstörung immer vorhanden war und eine bis sechs Wochen
anhielt. Diese Zustände der zentral verursachten Störungen der Gefä߬
innervation lassen sich in außerordentlich günstiger Weise durch Einwirkung
von Temperaturreizen (besonders Kältereizen) beeinflußen. Besonders geeignet
erscheinen solche Fälle, bei denen noch wochenlang nach dem Verlassen
des Bettes durch den Krauken auffallende Muskelschwäche, Ermattung beim
Treppensteigen, übermäßig starkes Schwitzen bei leichten Anstrengungen und
Kopfschmerz bestehen, und bei deuen sich bei Untersuchung noch die Fort¬
dauer der zentralen Störung der Gefäßinneration bei Muskelarbeit findet
Die vasomotorischen Störungen hält W. für die Folge der Giftwirkung der
narkotischen Mittel.
Die Bäder der Adriaküste können, wie Glax (11 und 12) ausfuhrt,
schon Mitte Mai benutzt werden, also zu oiner Zeit, in welcher die nörd¬
lichen Seebäder noch nicht gebraucht werden können. Das südliche Klim*
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Hydrotherapie.
641
bietet bei seinen hohen Sommertemperaturen auch die Möglichkeit, Kranke,
deren Zustand überhaupt den Gebrauch kalter Bäder verbietet, der Einwir¬
kung des Meereswassers selbst durch längere Zeit aussetzen zu könuen.
Dieser letztere Umstand gewinnt unter Berücksichtigung des hohen Salz¬
gehaltes der Adria eine besondere Bedeutung. G. empfiehlt die Adriabäder
besonders bei Rheumatismus, Gelenk- uud Muskelversteifungen, bei anämischen
Erschöpfungszuständen, bei Erschütterungen des gesamten Nervensystems
und der Psyche, bei Neuritiden und bei flerzneurosen.
Schmidt (35) beschreibt einen für das Feld improvisierten Heißluft¬
apparat, welcher aus einer Konservenkiste, aus dem Knie einer Dachrinne
uud der Wellpappe, in welche die Konservenbüchsen eingehüllt sind, besteht.
Richter (29) hat für die Soldaten, um sie gegen Hitzschlag zu schützen,
eine Herzkompresse und einen Helrakühler anfertigen lassen, die am Hemd
in der Herzgegend und im Inneren des Helms getragen werden, und die
durch Verdunstung des Wassers angenehme Kühlung der Herzgegend und
des Kopfes bewirkeu.
Bach (1) berichtet über gute Erfolge mit Moorbädern und Quarzlicht¬
bestrahlung in zwei Fällen (15- und 20jähriges Mädchen) von Enuresis uoc-
turna. B. macht darauf aufmerksam, daß in manchen Fällen Kinder mjt
zarter Haut bei Kaltwerden der Beine und des Leibes nicht selten Blasen¬
beschwerden bekommen, die sich in Blasenkrämpfen, sowie hauptsächlich in
abnorm häufigem Wasserlassen zu äußern pflegen. B. nahm auch in den
vorliegenden Fällen an, daß Bettnässen durch einen Reflex verursacht würde,
der von der abnormen Hautbeschaffenheit ausgeht. Seine therapeutischen
Maßnahmen, diese Durchkältung der Haut durch die getroffenen Maßnahmen
zu verhindern, führten in beiden Fällen zu gutem Frfolge.
Bucky (5) berichtet über gute Erfolge mit Diathermiebehandlung bei
Nervenentzündungen, Neuralgien und Nervenverletzungen. Die Nervenrege-
neration wurde beschleunigt. Ferner wirkt die Diathermiebehandlung günstig
auf die Stimmung der Patienten, der Schlaf bessert sich, die Nahrungsauf¬
nahme wird günstig beeinflußt.
Die Ischias wird nach Ansicht von Csiky (6) dadurch hervorgerufen,
daß man beim Sitzeu — besonders auf ungeeigneter Sitzfläche — den Nerven
an den Knochen andrückt. Zur Behandlung eignet sich sehr gut das Ver¬
fahren mit dem Plätteisen, dessen Technik folgende ist: Der Kranke liegt
auf der gesunden Seite, wobei er sein Knie anzieht. Der kranke Ober¬
schenkel wird mit einem einfachen oder doppelten Leintuch zugedeckt.
Dann nimmt mau zwei stärkere Decken und legt sie derart auf den Kranken,
daß die eine von oben bis zum Oberschenkel, die zweite hingegen von hier
nach abwärts das Bein warm hält. Die zwei Decken kommen an der Aus¬
trittsstelle des N. ischiadicus zusammen. Man beginnt das Plätten, indem
man das warme Eisen zwischen den beiden Decken auf das Leintuch über
der kranken Stelle anlegt. Wichtig ist, daß das Eisen die richtige Tempe¬
ratur hat; zu diesem Zwecke ist am geeignetsten ein elektrisches Plätteisen.
Aber es gelingt auch mit einem gewöhnlichen Plätteiseu. Diejenige Tempe¬
ratur ist am zweckmäßigsten, bei welcher es möglich ist, das Eisen eine
halbe bis ganze Minute an einer Stelle zu halten; das Wärmegefühl muß
aber sehr intensiv und zuletzt schon unerträglich sein. Dann rückt man
mit einer Plätteisenbreite weiter und richtet die Decken immer so, daß
der Kranke an den übrigen Stellen überall zugedeckt ist und der eben
bestrahlte Teil sofort unter die Decke kommt, damit er noch längere Zeit
unter der intensiven WärmewirkuDg bleibt. Die ganze Behandlung dauert
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542
Hydrotherapie.
etwa 10 Minuten. Die Prozedur wird täglich wiederholt; nur wo sich die
Empfindlichkeit zu sehr steigert, macht man Pausen von 1—2 Tagen.
Bach (2) bemerkt zu Siemons Beobachtung, daß auch nach langer
Bestrahlung mit der künstlichen Höhensonne keine Rötung und Brennen der
Haut auftraten, daß er die Reaktionslosigkeit auf eine Smpathikusstörang
zurückführt und es im Interesse der Kranken liegt, in solchen Fällen die
Bestrahlung entsprechend lange und intensiv fortzusetzeu. (Corde*.)
Da sich die Lichtbehandlung (Sonneulicht, Quarzlampe) zur Reinigung
infizierter Wunden und Granulationsbildung als sehr nützlich erwies, hat
Jesionek (16) diese Methode auch bei W'uudeu, die mit Tetanusbazillen
infiziert waren, angewendet und in 4 Fällen Heilung erzielt.
Kienböck (17) schildert an der Hand mehrerer Krankengeschichten
die Reizwirkungen, welche bei Röntgenbehandlung von Struma und Base¬
dowscher Krankheit entstehen. K. meint, daß es sich um die Folgen einer
initialen Reizwirkung auf das Parenchym der Schilddrüse handelt, wodurch
es zu Hyperämie, Anschwellung des Organs, Steigerung der Zelltätigkeit
und so zu den Allgemeinerscheinungen von Thyreoidismus kommt. Man
soll deshalb sowohl bei Strumen als bei der Basedowschen Krankheit zu¬
nächst mit der Röntgenbehandlung vorsichtig sein, die Maximaldosen ver¬
meiden. Von diesen Reizstörungen abgesehen, hat K. mit der Röntgen¬
behandlung gute Erfolge gehabt und rät, sie jedenfalls vor der Operation
zunächst in Anwendung zu bringen.
Das Bemerkenswerte an dem Krankheitsverlaufe, den Küpferle und
V. Szily (19) schildern, ist, daß bei einem 65jähr. Patienten, der mehrere
Monate nach einer zunächst erfolgreich entlastenden Hypophysenoperation
die Sehkraft durch Rezidiv der malignen Geschwulst vollständig verloren
hatte, nach einer längere Zeit hindurch fortgesetzten Intensivbestrablurg das
Sehen zum größten Teil im früheren Umfange wiedergekehrt ist. Es wuide
kombiniert von außen mit Röntgenstrahlen, vom Munde aus mit Mesothorium
bestrahlt. Infolge dieses Ausganges im oben erwähnten Falle empfehlen
die Autoren das Verfahren nicht nur zur Nachbehandlung nach der Operation,
sondern auch in geeigneten Fällen als selbständiges Verfahren.
Römer (30) teilt zwei Fälle von Sonnenstich durch Sonnenbäder mit.
Es bestanden die Erscheinungen der Meningitis serosa, die nach Lumbal¬
punktion verschwanden. Er warnt eindringlich vor diesem unvorsichtigen
Sport.
Hamm (13) behandelte Soldaten, welche an den Folgen von Obr¬
erschütterungen litten, mit Otothermie und will gute Erfolge dabei erzielt
haben.
Zur Erhaltung resp. Regeneration der Muskelfnnktion wendet Nagel*
Schmidt (28) einen Apparat mit einem dosierbaren Wechselstrom an (Berl.
Klin. Woch. 1912 Nr. 39). Dieser Strom wird rhythmisch durch ein Metro¬
nom unterbrochen. Die besonderen Eigenschaften dieses Stromes sind folgende:
Der sensible Reiz fällt fast vollständig fort. Der Patient fühlt kein Prickeln,
kein Stechen. Es tritt nur bei sehr großer Stromdichte eine Hautreizung in
Form von Rötung auf. Dagegen erzeugt dieser Strom außerordentlich kräftige
Muskelkontraktionen. Der genannte Strom in der richtigen rhythmischen
Unterbrechung ist vollkommen unschädlich auch für den atrophischen und
Entartungsreaktion zeigenden Muskel. Auch zieht sich bei diesem Strom
der Muskel nicht blitzartig zusammen, sondern mehr dem physiologischen
Ablauf entsprechend. Der Apparat stellt nach Ansicht von N. für geschwächte
oder defekte Muskeln zweifellos den unschädlichsten Reiz und die schonendste
Übungsmethode dar. N. beginnt die Übungen möglichst sohon, während das
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Massage.
543
betreffende Glied im Gipsverband liegt oder auch bei durch Schienenverband
festgestellten Gelenken. Eine wichtige Domäne für die Diathermie sind die
Neuralgien, sei es die nach Verwundungen eingetretenen oder die autochthonen
nach Durchnässungen und Durchkältungen. Am schnellsten reagieren Hyper¬
ästhesien und Parästhesien, am langsamsten die tauben Bezirke.
Massage.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn -Berlin.
1. Arnheim, F., Über die Behandlung von Muskelatrophien nach Sohußverletzungen
mit dem „Myoroborator“. Fortsohr. d. M. No. 38/39. p. 981.
2. Auerbach, Siegmund, Einige Anregungen für die Behandlung der Schußverletzungen
peripherer Nerven. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. No. 21. S. 641. (Allg. Vortrag.)
3. Bayer, v.. Orthopädische Behandlung der Spasmen nach Kopfschüssen. M. m. W.
No. 4. p. 135. F. B.
4. Climenko, H., Modem Treatment of Sciatica. New York M. J. CI. No. 4.
5. Colby, J. M., Massage and Remedial Exercises in Treatment of Childrens Paralyses;
Their Differentiation in Uee. Boston M. a. S. J. 173. (19.)
6. Croissant, Zur Frage der Radialislähmung. M. m. W. No. 24. p. 835.
7. Fischer, Mechanotherapeutischer Universalapparat. D. m. W. No. 23. p. 680.
(Beschreibung zur Abbildung eines Universalapparates.)
8. Fittig, Apparate zur Nachbehandlung von Peroneus-Medianus-Ulnaris-Lähmungen.
Vereinsbeil. d. D. m. W. 1916. 42. 120.
9. Franz, Shepherd Ivory, Scheetz, and Wilson, Anita A., The Possibility of Recovery
of Motor Function in Long- Standing Hemiplegia: A Preliminary Report. The J. of the
Am. M. Ass. 65. (25.) 2150.
10. Fuchs, Medikomechanik im Bett. M. m. W. No. 38. p. 1304. F. B.
11. Grünberg, J., Eine Vorrichtung zum Schreiben mit Hilfe des Gebisses bei Verlust
bzw. Lähmung der Arme. B. kl. W. No. 17. p. 431.
12. Hasebroek, K., Schnelle Heilung schwerer Hyperästhesie an erfrorenen Füßen.
M. m. W. No. 40. S. 1377. F. B.
13. Jacobsohn, Leo, Alte und neue Übungsbehandlung der Tabes. D. Thor. d. Gegenw.
Oktober. S. 373.
14. Kirchberg, Franz, Die Blindenmassage. M. m. W. No. 40. S. 1356.
15. Derselbe, Die Aufgaben der medicomechanischen Nachbehandlung der Kriegsverletzun¬
gen und ihre Durchführbarkeit. M. Klin. No. 12. p. 328.
16. Kuh, Rudolf, Blinde Soldaten als Masseure. M. m. W. No. 36. p. 1217.
17. Laqueur, A., Einfache Vorrichtungen zur Mobilisation der Hand- und Fingergelenko.
B. kl. W. p. 731. (Sitzungsbericht.)
18. Derselbe, Zur Mobilisation versteifter Finger- und Handgelenke bei Kriegs verwundeten.
B. kl. W. No. 26.
19. Leri, A., Improvised Apparatus for Mechanical Treatment of Paralysis in the Wounded.
Paris m£d. Oot.
20. Lo vett, R. W., The Treatment of Infantile Paralysis. Preliminary Report, Based on a
Study of the Vermont Epidemie of 1914. The J. of the Amor. M. Ass. 64. (26.) 2118.
21. Löwy, Julius, Ueber die Beeinflussung von Erkrankungen des Nervensystems durch
den Apparat von Bergonie. Zschr. f. physik. u. diät. Ther. 19. (9.) 272.
22. Müller, A, Lehrbuch der Massage. Bonn. Marcus & Weber.
23. Spitzy, H., Hebeapparat für Hand und Finger bei Radialislähmung. M. m. W. No. 6.
p. 203. F. B.
24. Stein, Albert E., Heißluft-Massage, ebd. No. 14. p. 492. F. B.
25. Swift, H. M., Compensatory Exeroises as an Aid in Treatment of Locomotor Ataxia.
Boston M. and S. J. Jan. 21. No. 3.
26. Wächter, Über physikalisch-mechanische Nachbehandlung Kriegsvorletzter im
orthopädischen Institut der chirurgischen Klinik in Innsbruck. W. kl. W. p. 747.
(Sitzungsbericht.)
27. Wolfes, Mediko-mechanischer Turnapparat. D. m. W. 41. (49.) 1461.
Kirchberg (15) stellt folgende Leitsätze auf: 1. Für die mediko-
mechanische Nachbehandlung der Verletzten sind diese in verschiedene
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544
Massage.
Gruppen einzuteilen je nach der Möglichkeit des Grades der Wiederher¬
stellbarkeit. 2. Aus disziplinären, pekuniären und therapeutischen Gründen
sind mediko-mechanische Sonderinstitute mit stationärem und ambulantem
Betriebe notwendig.
Im Gegensatz zu Kuh warnt Kirchberg (14) davor, Blinde zu
Masseuren auszubilden, weil das Heilverfahren doch ein so kompliziertes ist
daß es sachgemäß nur ein Vollsiuniger ausüben kann.
Kuh (16) empfiehlt, blinde Soldaten als Masseure auszubilden, wobei
er auf Japan hinweist, wo die Massage ein Monopol der Blinden ist.
Arnheim (1) empfiehlt den „Myoroborator“ nach Dr. Hergens zur
Behandlung von Muskelatrophien nach Schußverletzungen.
Lovett (20) machte bei Kindern mit infantiler Lähmung (Poliomye¬
litis) die Erfahrung, daß die Muskeln unter Massagebehandlung, statt sich
zu kräftigen, „schwächer wurden. Er meint, daß daran die durch Massage
verursachte Übermüdung Schuld sei.
Löwy (21) empfiehlt den Bergouieschen Apparat bei Kriegsver¬
wundeten. Es sei vom Pflegepersonal leichter zu handhaben wie der In¬
duktionsapparat.
Laqueur (18) gibt einige Vorrichtungen an, wie sie im Virchow-
krankenhaus zur Mobilisation versteifter Finger- und Handgelenke im Ge¬
brauch sind.
V. Bayer (3) übt bei spastischen Lähmungen folgende Behandlungsart.
Er schlingt ein etwa 3 cm breites, unelastisches, sogenanntes Taillenband,
welches mit einer Schnalle versehen ist, um die spastische Extremität. Das
Band soll nur locker anliegen, auf keinen Fall so fest, daß es irgendwie
staut. Die Stelle, wo es am besten wirkt, muß mau durch mehrfaches
Versuchen an verschiedenen Stellen herausfinder. Für die Beugung des
Ellenbogens ist meist der günstigste Ort etwas unterhalb des Trizepsbaucbes.
In vielen Fällen bedarf man mehrerer Bänder. Der Effekt dieses Um-
schlingeus bestand darin, daß entweder eiue Bewegung, die der Kranke
überhaupt nicht mehr machen kounte, wieder zustande kam, oder daß eine
stark gehemmte Gelenkexkursion viel schneller und leichter vonstatten ging.
Croissant (6) gibt folgendes einfaches Verfahren zur Behebung der
Hängehand bei Radialislähmung an: In eine an den Bindetouren der äußeren
Ellenbogengegend befestigte Sicherheitsnadel werden 3—4 lange, mit Häkchen
versehene Spiralfedern eingehakt und ebenso an 2 weiteren Sicherheitsnadeln
in der vorderen Mittelhand befestigt. Eine der Federn soll an der ulnaren,
eine an der radialen Seite sitzen. Ein über die Hand gestreifter Glace¬
oder Wildlederhaudscbuh trägt am Mittelglied je eine kleine Ose; in diese
wird für jeden Finger eine, für den Daumen 2 kleinere Federn eingehakt
und an der Mittelhand in den dort sitzenden Sicherheitsnadeln ebenso
fixiert. Damit wäre eiue elastische und je nach Federspannnng dosierbare
Streckung des Handgelenkes und der Finger erreicht. Der Verletzte
ist in der Lage, alle kleineren Verrichtungen des täglichen Lebens (Halten
von Messer und Gabel, Bleistift) vorzunehmen.
Spitzy (23) gibt für Radialislähmung einen einfachen Schienenapparat
an, der die Hand im Handgelenk gestreckt hält und die Beugung der Finger
in den Grundphalangen hindert.
Grünberg (11) konstruierte einen dreigelenkigen Federhalter und
formierte das Gebiß zum Festhalten und Führen des Halters so um, daß
armlose oder armgelähmte Patienten befähigt sind, mit dieser Vorrichtung
bequem zu schreiben.
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Elektrodiagnostik and Elektrotherapie.
546
Fuchs (10) illustriert einige einfache Vorrichtungen, durch welche
Soldaten, die im Bett liegen, und bei denen eine Gelenkversteifung von
Gliedern durch aktive Bewegungsunmöglichkeit zu befürchten ist, diese
Gelenkversteifung vermeiden können, indem sie die bewegungslosen Glieder
mittels ihrer gesunden Extremitäten (also der unteren durch die oberen,
des Unken Armes durch den rechten usw.) durch Bollenzug in Bewegung
bringen und vor Versteifung schützen können.
Jacobsohn (13) setzt in kurzen Zügen die Prinzipien der Ataxie-
behandlung auseinander, und zwar die ältere von Frenkel ausgearbeitete
und die neuere analytische kompensatorische Übungstherapie. In vielen
Fällen sei es nötig, auf psychischem Wege die Angstvorstellungen der
Patienten, die sich bei ihnen infolge von kleinen Unfällen festgesetzt haben,
zu beseitigen.
Stein (24) empfiehlt die gleichseitige Heißluftmassage. Um dies zu
ermöglichen, d. h. einmal mit beiden Händen zu massieren und den Heißluft¬
strom auf die jeweilig zu massierende Stelle zu leiten, hängt das Ausflußrohr
der heißen Luft über einer Rolle liegend von oben herab und ist durch
einen Kragen am Handgelenk der massierenden Person befestigt, so daß
dieses Rohr immer die Bewegungen der letzteren mitmacht und dadurch
die heiße Luft auf die gerade massierte Stelle ausströmt.
Franz, Scheetz und Wilson (9) wollen durch monatelang fortgesetzte
Massage und passive Bewegungen der kontrakturierten hemiplegisch ge¬
lähmten Gliedmaßen auch noch in veralteten Fällen von Hemiplegie recht
zufriedenstellende Erfolge erzielt haben.
Der von Wolfes (27) konstruierte Turnapparat zeichnet sich durch
möglichste Einfachheit und Billigkeit aus. Außer Bewegungen für die ein¬
zelnen Fingergelenke und den Daumen und außer Rotationsbewegungen des
Armes im Schultergelenk und des Fußes sind alle Bewegungen an ihm
ausführbar.
Elektrodiagnostik und Elektrotherapie.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
1. Achelis, W., und Gildemeißter, M., Ueber die Nutzzeit degenerierender Muskeln.
Ein Beitrag zur Erklärung der Entartungsreaktion. D. Arch. f. kl. M. 117. (6.) 586.
2. Bertolotti, M-, 1 contributi della elettrioitä medioa nella traumatologia di guerra.
Rif. med. Dec.
3. Bonvoißin, P., und Palfray, L., Installation eoonomique d’eleotroth&apie avec des
moyens de fortune. Paris med. 5. (7.)
4. Bordier, H., Altemating Current from Public Mains in Treatment of Neuritis and
Muscular Atrophy. Arch. of Radio 1. and Electrol. Deo.
5. Boruttau, H., Die Elektrotherapie im Jahre 1914/15. Jk. f. ärztl. Fortbldg. 6. Jahrg.
Aug. p. 41. (Allgemeiner Vortrag.)
6. Delherm und Dausset, Neuritis After Wounds and tho Therapeutio Physioal
Meaeures. Paris med. 5. (7.)
7. Hammesfahr, C., Über eine neue Methode der intermittierenden elektrischen oder
mechanischen Reizung von Organen und Nerven im chronischen Versuch bei sonst
normalen Versuchstieren. B. kl. W. No. 6. p. 127.
8. Hasebroek, Schnelle Heilung schwerer Hyperästhesie an erfrorenen Füßen. M. m. W.
No. 40. S. 1377.
9. Kahane, Max, Faradopalpation; Arsofaradisation. Vorläufige Mitteilung. W. kl. W.
No. ,23. p. 619.
10. Derselbe, Über palpatorische Anwendung elektrischer Ströme. M. Klin. No. 42.
S. 1151.
Jahresbericht f. Neurologie tu Psychiatrie i»i&. 35
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546
Elektro di agnoatik und Elektrotherapie.
11. Kobliiek, J., Über die Agrypnie der Neurastheniker und ihre Behandlung mit Hille
der Franklinisation. Revue v neuropeyohopathologii. 11. 440. (Böhmisch.)
12. Kow&rsohik, J., Ergebnisse der Elektrotherapie 1913—1914. Therap. Mh. No. 2.
p. 65. Referat.
13. Laqueur, Elektrizität, Heißluftbehandlung, Diathermie, Bäder. Vereinsbeil. d. D.
m. W. p. 298.
14. Larat, J., und Lehmann, P., Eleetrodiagnosis and Treatment of Wounded Nerves.
Paris m^d. 5. (7.)
16. Leri, A., Direct Electric Tests Düring Operations on Wounded Nerves, ebd. 5. (7.)
16. Marakovic, Die Elektrizität in der Medizin. D. Militärarzt, p. 347. (Sitzungsbericht)
17. Marshai, M-, Elementary Electrotherapeutios. Delaware State M J. Aug. VL No. 9.
18. Perez, 0. M-, Electricity in Medicine. Semana Med. Oot. 21.
19. Beiß, Emil, Über die galvanische Erregbarkeit absterbender Muskeln. Beitrag zu den
Theorien der elektrischen Entartungsreaktion. D. Arch. f. kl. M 117. (4/5.) 482.
20. Sohneller, Albert, Über galvanische Nervenmuskelecregbarkeit in der Schwanger¬
schaft. Dissert. 1914. Erlangen.
21. Seelye, H. H., What Electrotherapy Cures. New York M J. May.
22. Stracker, Oskar, Individuelle Dauermarken für die elektrische Behandlung. JL m.
W. No. 32. S. 1097. F. B.
23. Stubbs, H. J., Static Electrioity. Delaware State M. J. Aug. VI. No. 9.
24. Tobias, Emst, Ueber die Fortschritte der Elektrotherapie im Jahre 1914. (Hoch-
frequenzbehandlung, Diathermie, Bergonisation.) Nebst Bemerkungen über die Ent¬
wicklung der elegischen Heilmethoden. (Kritisches Sammelreferat.) B. kl. W.
No. 27. p. 718.
25. Weil, A., Ce que l’on ne doit pas ignorer en electrotherapie de guerre. Paris nu-d,
5 * < 7 ->
26. Wiener, Hugo, Erwidemng auf die Arbeit von Dr Emil Reiß: „Uber die galvanische
Erregbarkeit absterbender Muskeln.“ D. Arch. f. kl. M. 118. (1.) 121.
27. Wunder, Elektrotherapoutiische Improvisationen. M. m. W. N,. 36. p. 1235. F. B.
28. Zanietowski, Josef, Eloktrotherapeutisoher Apparat. Jb. f. Psych. 35. 397.
(Sitzungsbericht.)
29. Derselbe, Die moderne Elektromedizin in der Kriegstherapie. W. kl. W. No. 30—31.
p. 805, 831. (Allg. Vortrag.)
Hammesfahr (7) demonstriert eine Methode, welche es gestattet, tief¬
liegende Organe und Nerven bei völligem Wohlbefinden des Versuchstieres
beliebig oft zu reizen, so daß die Versuche Wochen und Monate fortgesetzt
werden können. Das Prinzip der Methode beruht darauf, daß in nicht
homogenen Körpern der elektrische Strom diejenige Bahn verfolgt, welche
den geringsten Leitungswiderstand bietet. H. läßt den mit einem Knopfe
versehenen Draht vollständig einheilen, so daß der Knopf unter der Haut
palbabel ist. Die Tiere tragen diesen aseptisch eingeheilten Fremdkörper,
ohne irgendwelche Störungen zu zeigen. Auch das Einlegen der Drähte
ist sehr einfach; mit einer kräftigen Reverdinsehen Nadel sticht mau neben
den zu reizenden Nerven von innen nach außen durch Muskulatur und Haut
hindurch, legt ein blank gemachtes Ende des Drahtes um den Nerven her¬
um, ohne ihn jedoch mechanisch zu lädieren, und versenkt den Knopf durch
einen kleinen Hautschnitt, welcher durch Naht geschlossen wird. Bei der
Reizung wird eine kleine Elektrode durch Heftpflaster exakt über dem
Knopfe befestigt, während die indifferente Elektrode am Bein oder sonst
an einer beliebigen Stelle befestigt wird. Zur Reizung der Hirnrinde hat
H. kleine mit Widerhaken versehene Metallplättchen an einem isolierten
Draht befestigt. Die Plättchen haken sich an der gewünschten Stelle in
der Dura fest; der Drath wird durch eine kleine Trepanationsöffnung nach
außen geführt und mit einem unter der Haut liegenden Metallknopf verbunden.
Zur flächenhafteu Reizung intraabdomineller Organe hat H. dünne, biegsame
Zinnfolie, deren eine Seite isoliert ist, mit einem isolierten Draht verbunden,
die nicht isolierte Seite der Folie an das zu reizende Organ gelegt, mit
einigen Serosanähten befestigt und den Draht andrerseits mit einem unter
der Haut liegenden Metallknopf in Verbindung gebracht.
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Elektrodiagnostik und Elektrotherapie.
547
Nach Ansicht von Reiss (19) kann die Theorie von Wiener, daß die
Umkehr der Polwirkung bei der menschlichen Entartungsreaktion nur eine
scheinbare sei, hervorgerufen durch das pathologische Auftreten relativ hoher
Erregbarkeit an Stellen der sekundären Kathoden, nicht als begründet be¬
trachtet werden. Reiss ist der Überzeugung, daß es eine echte Umkehr
der Polwirkung gibt, hervorgerufen durch physiko-chemische Veränderungen
der Gewebe, im Speziellen der Zellmembran.
Wiener (26) führt aus, daß auch die neuen Versuche von Reiss nicht
geeignet sind, seine Theorie zu widerlegen.
Schneller (20) fand bei Schwangeren eine allmählich zunehmende
Steigerung der galvanischen Nervenmuskelerregbarkeit, die einen immer
größeren Wert annahm, je mehr die Gravidität dem Ende zuneigte. Den
Höhepunkt der Erregbarkeit stellte der Zeitpunkt der Geburt, d. h. der
Zeitpunkt der regelmäßig wiederkehrenden Wehen dar, in einzelnen Fällen
auch die Zeit unmittelbar nach der Geburt Die Abnahme der Erregbar¬
keit nach der Geburt ging schneller vor sich als die Zunahme während der
Gravidität. Der Autor nimmt an, daß die Zunahme der Erregbarkeit in
innigem Zusammenhänge mit der inneren Sekretion der Drüsen steht, daß
es sich also um eine chemische Beeinflussung handelt. Außerdem machte
der Autor weitere entsprechende Untersuchungen nach Injektion von Ovo-
glaodol, Luteoglandol, Plazentol, Thyreoglandol und Tbymoglandol. Die
Präparate wurden intramuskulär injiziert und die Nervenmuskelerregbarkeit
5—10—20—30 Minuten nach der Injektion untersucht. Außer bei Plazentol
hat der Autor ausnahmslos in allen Fällen eine Steigerung, und zwar mit¬
unter eine ganz enorme gefunden, die nach ca. 20 Minnten wieder die Höhe,
wie vor der Injektion oder sogar einen höheren Wert, wenn auch nur in
ganz geringem Grade, erreichte. Nach Injektion von Plazentol zeigte sich
ein vorübergehendes Fallen der Erregbarkeit, das nach ebenfalls ca. 20 Minuten
wieder verschwunden war.
Reizt man einen Nerven oder Muskel elektrisch, so muß der Strom
erstens schwanken, und zweitens muß, damit sich die volle Reizwirkung ent¬
faltet, nach der Schwankung noch eine gewisse Zeit des ruhigen Fließens
folgen. Diese wirksame Dauer der Nutzzeit (N.Z.) ist von Achelis und
Gildemeister (1) bei entartenden Muskeln einer speziellen Untersuchung
unterworfen worden. Die Autoren haben dabei eine starke Verlängerung
(bis auf das Mehrhundertfache) gefunden und suchen daraus den Unterschied
in der Wirksamkeit des faradischen und galvanischen Stromes bei degene¬
rierten Muskeln zu erklären.
Seit kürzerer Zeit beschäftigt sich Kahane (9, 10) mit einer An-
wendungsfonn auch der Faradisation, die kurz als Faradopalpation bezeichnet
wird. Das Wesen besteht in der palpatorischen Anwendung, d. h. in der
wiederholten, kurzdauernden Applikation des Stromes unter Anwendung von
Elektroden mit maximaler Stromdichte, d. h. kleinstem Querschnitte. Dies
wird erreicht durch Anwendung punktförmig zugespitzter oder uadeliörmiger
Elektroden. Besonders wirksam ist diese Faradopalpation auf die glatte
Muskulatur. Die Galvanopalpation ist eine verläßliche Methode, speziell
für den Nachweis von Galvanohyperästhesie, ferner des Hyperthyreoidismus,
besonders latenter Formen durch die gesteigerte Empfindlichkeit im Vagus-
Sympathikussystem. In therapeutischer Hinsicht tritt die Wirkung rascher
ein und ist stärker als bei der gewöhnlichen Anwendung des Stromes. Die
Arsofaradisation (aus Arsonvalisatinn und Faradisation) ist ihrem Wesen nach
eine unipolare Faradopalpation.
35*
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648
Organtherapie.
Um eine elektrische Behandlung auch vom Hilfspersonal durchfuhren
zu lassen und dabei nicht nur eine allgemeine, sondern eine spezielle von
bestimmten Muskeln ausführen zu lassen, hat Stracker (22) die Reizpunkte
durch Tätowierung markiert, damit sie auch vom Wärter bei der elektrischen
Behandlung schnell aufgefunden werden können.
Wunder (27) gibt an, wie man im Felde bei Mangel an elektrischen
Apparaten sich solche leicht improvisieren kann. So verfertigt er die Batterie
aus Batterien der Taschenglühlampen, einen Rheostaten aus einem längs¬
halbierten Notizbleistift, Elektroden durch Umwickeln, von hölzernen Brett¬
chen mit blankem Kupfer- oder Eisendraht und Übernähen mit Gaze-
schichten. Ebenso macht er Angaben zur Herstellung eines solchen Apparates
bei Vorhandensein eines Lichtstromes.
Hasebroek (8) heilte die Hyperästhesie an der Sohle durch Be¬
strahlung mit blauem Bogenlicht und durch galvanische Fußbäder innerhalb
weniger Sitzungen.
Koblföek (11) wandte Franklinisation in einigen Fällen der Agrypnie
auf neurasthenischer Grundlage in Form von Duschen an und erzielte hübsche
Resultate, in einigen Fällen (davon 2 in extenso publiziert) vollständige
Heilung, in anderen wesentliche Besserung. Autor ist der Meinung, daß
es sich bei dieser Art der Therapie nicht nur um Suggestion, sondern um
tatsächliche Wirkung der Elektrizität handelt. ( Jar . Stuchlik.)
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Allgemeines.
Auer (ß) stellte Versuche bei Affen und Hunden über die Toleranz
von intraspinalen Injektionen von Sera an und kam zu folgenden Ergebnissen:
Der Affe verträgt ohne weiteres wiederholte intraspinale Injektionen großer
Dosen von 0,3prozentigem Tricresolantimeuingitisserum. Die spontane Re¬
spiration ist nicht gestört Wenn Veränderungen der Respiration und des
Blutdruckes dabei sich einstellen, so liegt das an einer Erhöhung des
intraspinalen Druckes, denn sowie dieser sich vermindert, lassen die Erschei¬
nungen nach. Die medullären Zentren des Affen sind nach solchen In¬
jektionen widerstandsfähiger als diejenigen des Hundes. Hohe Serummengen
werden vom Duralsack des Affen schnell absorbiert, sie bewirken eine
schnellere Blutgerinnung. Die Hauptgefahr bei Hunden nach intraspinalen
Injektionen von 0,3prozentigem Tricresolserum besteht in einer Respirations¬
lähmung. Die lokale Applikation dieses Serums auf die bloßliegende Me-
dulla hat nicht den gleichen Effekt wie die intraspinale Injektion. 0,3proz.
Chloroform- oder Ätherserum hatte nicht die Wirkung wie das Tricresol¬
serum. ( Jacobsohn .)
Kossel (70) bespricht zusammen fassend das Erreichte in der Serum-
therapie seit den 1890 gemachten ersten Erfahrungen durch von Behring
und Kitasato. (Cordes.)
Tuberkulin.
Schacherl (103) berichtet über ambulatorisch durchgeführte Tuberkulin¬
kuren bei syphilogeneu Nervenkrankheiten, vornehmlich bei Paralyse und
Tabes. In 24 Fällen konnte bisher die Kur vollständig durchgeführt werden.
Die Kuren wurden stets in Kombination mit Quecksilber (!) unternommen.
Die Anfangsdosis betrug 0,0005 Alt-Tuberkulin (Koch). Bei 7 unter 13
Paralytikern trat eine — in einzelnen Fällen weitgehende — Besserung ein.
Fünf Fälle wurdeu wieder enverbsfähig. Bei der tabischen Ataxie wurde
bei 6 unter 8 durchgeführten Kuren eine erhebliche Besserung erzielt. In
3 bei gastrischen Krisen durchgefülirten Kureu hörten die Anfälle bei zwei
Fällen vollkommen auf. Die lauziliierenden Schmerzen steigerten sich regel¬
mäßig im Beginn der Kur, um dann zurückzugehen. Unter 6 Fällen von
Blasenstörungen sind 4 gebessert. (Jacobsolm.)
Wodak (127) konnte bei Tabikern, deren Krankheit noch nicht zu
weit fortgeschritten w r ar, durch Tuberkulininjektionen mit darauffolgenden
Fieberreaktionen den geschwundenen Patellarredex ein- oder doppelseitig
wieder zur Auslösung bringen. Subjektiv war die Besserung allerdings nur
gering, und der zuerst lebhafte Reflex wurde nachträglich auch wieder
schwächer. (Jacobso/m.)
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Organ therapie.
553
Bacigalapo (9) hat in zwei Fällen von tuberkulöser Meningitis durch
intralumbale Injektion mit Tuberkulin Heilung erzielt. Er empfiehlt diese
Anwendung deshalb zur Nachprüfung, da das Verfahren gefahrlos zu sein
scheint. Statt einer Fiebererhöhuug trat nach der Injektion eiue Temperatur¬
erniedrigung um 1° C ein. Die Dosis betrug 1 mg Alttuberkulin.
{Jacobsohn.')
Diphtherleantltoxln.
Kleinschmidt (67) hat Antitoxinprüfungen bei postdiphtherischer
Lähmung vorgenommen und kommt zu folgendem Ergebnis: Über den
Verlauf einer Diphtherie entscheiden so ziemlich die ersten Stunden.
Gelingt es, durch frühzeitige ausgiebige Serumeinverleibung ein Fortschreiten
der Vergiftung aufzuhalten und womöglich vor kurzem an lebenswichtige
Zellen gebundene Giftmeugen wieder loszureißen, so tritt komplikationslose
Heilung ein. Waren jedoch schon einzelne Zellgruppen z. B. des Nerven¬
systems in ihrer Lebensfähigkeit geschädigt, so müssen dem Krankheitsprozeß
im Rachen notwendigerweise die Symptome der Nervendegeneration folgen,
gleichgültig ob Antitoxin vorhanden ist oder nicht. Bei geringem Umfang
dieser Zellschädigung kann auch jetzt noch eine vollständige Heilung ein-
treten, wobei eine Mitwirkung des Antitoxins nicht erforderlich ist. Bei
größerer Ausdehnung aber kommt es zur tödlichen Lähmung oder gar zum
akuten Ende. Toxin, das uach Ablauf der lokalen Erkrankung von im
Körper znrückbleibenden Bazillen abgesondert wird, ist demgegenüber fiir
den Ablauf der Krankheit offenbar ohne Bedeutung. Denn es kann einer¬
seits durch noch vorhandenes heterogenes Antitoxin abgefangen werden,
andrerseits durch seinen allmählichen Übergang in den Körper eine starke
autochthone Antitoxinbildung anregen, genau so wie man dies beim gesunden
Bazillenträger beobachten kann. Nur der plötzlichen Überschwemmung mit
Diphtheriegift zeigt sich der Organismus nicht gewachsen und bedarf der
Nachhilfe durch das künstliche Antitoxin. {Jacobsohn.)
Schumacher (106) untersuchte den Einfluß oxydierender und
reduzierender Substanzen auf Diphtherie- und Tetanotoxin. Das stark
oxydierende Ammooiumsalz der Überschwefelsäure, das Ammoniumpersulfat
eutgiftet Diphtherie- und Tetanotoxin in kurzer Zeit, wie aus den angestellten
Tierversuchen hervorgeht In einer anderen Arbeit (Dermat. Wochenschr.
1915, Bd. 61, S. 684) fand Verfasser, daß Reduktionsmittel, so weder das
Natriumsalz der Amidonaphtholmonosulfosäure, die in der Photographie
auch unter dem Namen Eikonogen bekannt ist, noch unser stärkstes Re¬
duktionsmittel, das Salvarsan, imstande sind, die Bakterientoxine zu entgiften.
Die Tiere starben nur ganz kurze Zeit später als die Kontrolltiere. Die
Ungiftigkeit der oxydierten Toxine beruht auf Veränderungen in der che¬
mischen Konstitution. { Antoreferat.)
Zapffe (129) fand bei einem Patienten, der an hartnäckiger Ischias
litt, im Urin Staphylokokken und einen diphtherieähnlichen Bhzillus. Darauf¬
hin wurden von diesen Mikroorganismen Kulturen angefertigt und ein Impf¬
stoff zubereitet. Nach viermaliger Injektion dieses Impfstoffes war die
Ischias beseitigt. {Jacobsohn.)
MsDingokokkensernm.
Kufrük (71) faßt die bei einer Epidemie von Meningitis epidemica
gemachten Erfahrungen dahin zusammen, daß die Wirkung der Serum¬
therapie auf möglichst frühzeitigem Beginn der Behandlung, dann aber
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Organtherapie.
▼or allem auf den Größen der gegebenen Dosen beruhe, und zwar wurden
3—4 mal hintereinander je 80 ccm (40 ccm intralumbal, 40 ccm intramus¬
kulär) gegeben. ( Cordes.)
Bericht Brach’s (21) über 10 mit Talaufschem Meningokokkenserum
behandelte Fälle unter Betonung der gangbaren Resultate des Serums
(1 Todesfall). (Cordes.)
Stefanowicz (113) hatte in einem schweren Falle von Genickstarre mit
der Autoseruminjektion einen unerwarteten Erfolg. (Jacobsohn.)
Tetanusantitoxln.
Aschoff und Robertson (3) neigen auf Grund ihrer Experimente der
Ansicht zu, daß das Tetanusgift nicht, wie viele Autoren annehmen, mittels
der Achsenzylinder (Fibrillentheorie) zu den Ganglienzellen hinwandert, sondern
daß die Wanderung auf dem Wege der Lymphbahnen vor sich geht. Ihre
Versuche an Meerschweinchen sollen zeigen, daß bei Einspritzung von
Tetanusgift in den unteren Teil des Rückenmarks eines passiv immunisierten
Tieres das Gift in den an sich genügend giftigen Dosen weder lokal wirkt
noch im Rückenmark zu den empfindlichen Zentren der Medulla oblongata
heraufwandert, daß es also nicht von den Achsenzylindern aufgenommen
wird; sie machen es vielmehr wahrscheinlich, daß es durch das Antitoxin
daran verhindert wird, sich längs seines natürlichen gewöhnlichen Weges,
nämlich der Lymphräume zu verbreiten. Beim Vorhandensein von Anti¬
toxin im System wandert das Tetanusgift, ganz gleich, ob in das Bein oder
den unteren Teil des Rückenmarks eingespritzt, nicht weit im Mark, weil
augenscheinlich das Antitoxin, das offenbar in den Lymphräumen des Rücken¬
marks und den Lymphbahnen der Nerven vorhanden ist, Gelegenheit hat,
das weniger konzentrierte Gift völlig zu neutralisieren und so die um- oder
darüberliegenden Nerventeile zu schützen. Die Wirksamkeit dieses Schutzes
ist genau proportional der Konzentration des Gegengifts verglichen mit der
des Giftes. Daraus ergeben sich folgende Schlußfolgerungen für die Praxis:
Bei bereits eingetretener Tetanuserkrankung, d. h. bei der gewöhnlichen
durch Trismus charakterisierten, deszendierenden Form ist eine sofortige
intravenöse Injektion von 20 A. E. geboten. Wenn der Zustand des
Verwundeten es gestattet, kann daran eine subarachnoidale, zervikale oder
lumbale Injektion von 20—100 A. E. angeschlossen werden, welch letzterer
eine Beckenhochlagerung folgen muß, wenn sie überhaupt Bedeutung haben
soll. Alle subkutanen Injektionen, auch in mehrstündlichen Wiederholungen
sind entweder zwecklos oder ersetzen wenigstens die sofortige intravenöse
Injektion in ihrer Wirkung nicht, bedeuten daher, besonders bei Anwendung
großer Dosen, eine nach unsern bisherigen Kenntnissen der Toxin- und
Antitoxinwanderung nicht gerechtfertigte Verschwendung des kostbaren
Materials. Dagegen kann gegen eine etwa in wöchentlichen Zwischenräumen
vorgenommene, wiederholte Injektion von 20 A. E., diesmal subkutan, oder
gegen die Anwendung von Antitoxinverbandstoffen nichts eingewendet werden.
Vielmehr ist eine solche Wiederholung aus prophylaktischen Gründen immer
geboten, wenn etwa ein späterer chirurgischer Eingriff an der verletzten Ex¬
tremität geplant- wird. Für die prophylaktische Injektion des Tetanusanti¬
toxins gilt als erste Vorschrift, daß dieselbe so früh wie irgendmöglich,
wenn angängig noch innerhalb der ersten 24 Stunden, nach der Verletzung
subkutan oder intravenös gegeben wird. Im Notfälle kann die Injektion
durch Begießen des Verbandstoffes mit Antitoxin ersetzt werden. Die
Herstellung und Benutzung von gebrauchsfertigem, trockenem Antitoxinver-
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Organtherapie.
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bandstoff ist wünschenswert und nicht aussichtslos. Sie würde die Wirkung
der späteren Injektion nur unterstützen. Der Schutz eiber prophylaktischen
Antitoxininjektion dauert praktisch eine Woche. Wunden, die sich bis
dahin nicht gereinigt haben, würden am achten Tage mit Antitoxinverband¬
stoff zu verbinden sein. Jedem am achten Tag oder später vorzunehmenden
chirurgischen Eingriff an einer verletzten Extremität mit ungereinigter Wunde
sollte eine erneute Antitoxininjektion von 20 A. E. entweder 24—48 Stunden
oder intravenös kurz vor der Operation vorausgehen. ( Jacobsohn .)
Behring (14) führt an, daß der prophylaktischen Tetanusbekämpfung
keine Schwierigkeiten mehr im Wege steheu wie im Anfänge des Feldzuges,
wo nicht genügende Serummenge vorhanden war. Seit Januar 1916 liefern
die Behringwerke Marburg-Bremen 1200 000 AE. monatlich, welche 60000
Schutzdosen betragen, und die Höchster Werke so viel, daß mindestens
100000 Schutzdosen ä 20 AE. zur Verfügung stehen. Man solle stets das
hochwertige Serum benutzen, da man dabei nur ccm Serum einzuspritzen
habe, wodurch weniger Nachteile aus der Einspritzung selbst entstehen,
(Serumkrankheit). B. hat sich bemüht, das Serum noch weiter zu reinigen.
Begonnen hat er damit bei dem Diphtherieserum und es ebenso bei Anti¬
toxinserum fortgesetzt. Letzteres wird von den Behringwerken als v. Beh¬
rings Tetanusimmunserum bezeichnet. Die ausländischen Sera, die
geprüft wurden, enthalten 5 bis 10 mal mehr Protein wie die deutschen,
eine Ausnahme davon machen nur die amerikanischen Sera, welche den
deutschen nicht nachstehen. Auf dem Gehalt an Antitoxineinheiten in
einem bestimmten ßlutquautum hat B. eine neue Methode der Bestimmung
der Blutmenge des menschlichen Körpers ausgearbeitet. Die Blutmenge
beträgt etwa 8—10% des Körpergewichts. ( Jacobsohn .)
Heile (60) empfiehlt gleichfalls warm die prophylaktische Serum¬
behandlung beim Tetanus und ferner eine energische Serumbehandlung bei
den ersten Anzeichen, die auf Tetanus hindeuten. In den allerfrühesten
Stadien, die charakterisiert sind nur durch örtliche Krampfsteigerung, ziehen¬
des, evtl, anfallsweises Zucken, Unbehagen in Extremitätenteilen, auffallend
starkes Schwitzen von Körperteilen oder des ganzen Körpers, geringe Schluck¬
beschwerden, öfter behindertes Aufsitzen aus liegender Stellung, steiferer
Kopfhaltung und fast immer gesteigerte Reflexe, oft nur örtlich am ver¬
letzten Gliede, muß so viel Antitoxin eingespritzt werden, als zur Verfügung
steht, wenigstens aber täglich 100 AE. Zweckdienlich ist die intraneurale
Injektion. Ist der Tetanus ausgebrochen, so kommt nur die intralumbale
in Betracht. Den Fortschritt der Erkrankung erkennt man am Verhalten
der Reflexe, die sich immer mehr steigern. Außer dem Antitoxin hat H. auch
Magnesiumsulfat verwendet (intralumbal). Er begann mit 0,6—1,0 einer
10—15 proz. Lösung. Die Injektion muß sehr langsam geschehen, damit die
Flüssigkeit nicht soweit aufwärts steigt, wobei schwere Atmungsstörungen
eintreten. Bei der Autopsie von Kranken, die nach zahlreichen intralumbalen
Injektionen von Magnesiumsulfat gestorben waren, zeigte es sich, daß das
Rückeumark bis zur Mitte des Brustmarkes (so hoch war die Magnesium¬
flüssigkeit gestiegen) verändert war. Die Pia war chronisch entzündet, gerötet,
die Konsistenz des Rückenmarks war gegenüber dem oberen Rückenmarksteil
deutlich fester. Das spricht dafür, daß das Magnesiumsulfat auch örtlich am
Rückenmark durch austrocknungsähnliche Wirkung physikalische Erschei¬
nungen auslöst. Man hat also beim Magnesiumsulfat die allgemein narkotische
von der örtlichen physikalischen Wirkung zu unterscheiden. Die örtliche
Wirkung äußert sich eventuell auch darin, daß vorübergehende oder länger
dauernde Querschnittsunterbrechung eintritt. ( Jacobsohn .)
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Organtherapie.
Nach den Erfahrungen von Wolf (128) gewährt die prophylaktische
Tetanusantitoxiniujektion im Kriege einen nahezu sicheren Schutz gegen
Wundstarrkrampf. Es ist nicht nötig, jeden Verwundeten prophylaktisch zu
injizieren, sondern es genügt in Fällen, wo mit den Vorräten an Serum
gespart werden muß, die Impfung der durch Granatsplitter (Handgranaten,
Gewehrgranaten) Verletzten, sowie derjenigen Verwundeten, die durch
Schrapnells getroffen wurden, die im Aufschlag krepiert sind, bzw. eine
Mauer oder Deckung durchschlagen haben. Dem Verwundeten erwächst
kein Nachteil, wenn die prophylaktische Impfung erst nach Stunden, ja erst
am Tage nach der Verletzung vorgenommen wird. Beim Vorhandensein
zahlreicher Wunden, die mit besonders tetanusverdächtigtem Material (Pferde¬
mist) verunreinigt sind, empfiehlt sich die prophylaktische Injektion der
doppelten Dosis Antitoxineinheiten als bisher gebräuchlich. ( Jacobsohn .)
Piorkowski (91) hat anaerob angelegte Reinkulturen des Tetanus-
bazillus, die auf Traubenzucker gezüchtet waren, nachträglich einer Tempe¬
ratur von 42° C ausgesetzt, wodurch ihre Sporenbildung beeinträchtigt wurde.
Dann wurden die Kulturen mehrere Tage einer fraktionierten Erhitzung
unterworfen, und zwar eigneten sich hierfür besonders Temperaturen von 60®
bis 80° C und schließlich 110° C. Asporogene Rassen waren für die Er¬
reichung des Endzweckes besonders passend. Die getrocknete Kultur wurde
dann fein gepulvert, und mit diesem Pulver wurden folgende Vorsuche an¬
gestellt: Zunächst wurde eine Anzahl von Mäusen mit je 0,05 dieses Pulvere
unter die Haut geimpft. Nach 6, 12, 5>4 und 48 Stunden wurde an
anderer Stelle denselben Mäusen eine ebenso große Menge Gartenerde in
derselben Weise eingetragen. Alle diese Mäuse waren nach 12 Wochen
noch völlig gesund; ebenso die nur mit dem Tetanuspulver geimpften Tiere,
während die Kontrollgartenerdemäuse prompt nach drei Tagen unter den üb¬
lichen toxischen Erscheinungen zugrunde gingen. Bei umgekehrtem Ver¬
fahren — zuerst Gartenerde, dann Pulver — gelang die Erhaltung der
Tiere noch bis 16 Stunden nach Einverleibung der Gartenerde. Auch bei
Mischungen von Gartenerde mit Pulver wurden die Tiere erhalten, wenn das
Mischungsverhältnis von Pulver zu Gartenerde nicht größer als 1:3 war.
P. rät nach diesen Vorversuchungen zur prophylaktischen Verwendung des
Pulvers beim Tetanus der Kriegsverletzten, indem man das Pulver, das jeder
Soldat bei sich führen kann, auf die Wunde streut oder es ihm bald nach
der Verwundung injiziert wird. ( Jacolsohn .)
Wintz’ (126) Untersuchung erstreckte sich darauf, Mischungswert,
Schutzwert und Heilwert vom Serum Tetanuskranker festzustellen, vor allem
auch das Verhältnis der einzelnen Werte in den verschiedenen Stadien der
Erkrankung aufzufinden. Als Ergebnis wurde gefunden:
1. Das Serum Tetanuskranker enthält Antitoxin, das in vitro Tetamis-
gift zu paralysieren vermag.
2. Der antitoxische Titer. ist verschieden, je nach dem Stadium der
Erkrankung, gewöhnlich am höchsten in oder kurz nach beginnender
Rekonvaleszenz.
3. Ein Schutzwert iür Mäuse kann festgestellt w’erden, dagegen kein
Heilwert.
4. Selbst die höchsten Antitoxinwerte sind so gering, daß jegliche
therapeutische Verwertung aussichtslos ist. ,
Bezüglich des Verhältnisses des Antitoxintiters zum Stadium der Er¬
krankung wurde gefunden, daß zur Zeit des Ausbruches des Tetanus, wenn
die ersten schweren Krämpfe auftreten, kein Antitoxin festzustellen war.
Bald aber beginnt die Antitoxinproduktion nachweisbar zu werden. Ein
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ürgautherapie.
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starker Aufstieg des Autitoxingehaltes findet in der Zeit der klinischen
Besserung statt, bleibt während der Rekonvaleszenz einige Zeit auf der
Höbe, um daun relativ rasch abzusinken. Doch konnte auch uoch einige
Wochen nach überstandenem Tetanus ein Antitoxingehalt festgestellt werden.
(Selbstberic/it.)
Wienert (125) behandelte von 46 Tetanuskranken 40 mit Serum, die
anderen mit anderen Methoden. Von den 40 wurden 24 geheilt, ein Erfolg,
der sicher nur auf die Serumbehandlung zurückzutühren ist. (Cordes.)
Auch Vogt (123) berichtet über ein 10 Tage nach einer Tetanus¬
antitoxinserumeinspritzung, die prophylaktisch mit 20 A. E. gemacht worden
war, aufgetretenes Exanthem. Die Serumerkraukung war im ganzen leich¬
terer Natur. ( Jacobsohn.)
Tentschlaender (119) untersuchte Gewebs- und Sekretsausstriche ver¬
dächtiger Wunden mikroskopisch und fand vereinzelt Tetanuserreger. Er
schlägt vor, die mikroskopische Untersuchung durch Impfung von Mäusen
zu unterstützen. In zwei Fällen, in denen Tetanusbazillen gefunden wurden,
kam es nicht zum Ausbruch der Krankheit. Es handelte sich also um
latente Erkrankungen.
Die in einem Falle in dem verletzten Glied auftretenden Krämpfe
sieht Verf. als abortive Symptome an.
Auf alle Fälle möchte Verf. indes bei irgendwelchen verdächtigen
Wunden die prophylaktische Behandlung nicht missen. Die Mittel, die er
dazu angibt, sind die bekannten. (Cordes.)
Tentschlaender (120) gibt mehrere Fälle einwandfreien Tetanus an, der
auftrat, nachdem prophylaktisch, in dem einen Fall vor 5, im andern vor
4 Monaten, Tetanusantitoxiu gegeben worden war.
Die Zeit zwischen der prophylaktischen Serumbehandlung und dem
Ausbruch des Tetanus ist ein Beweis für die Wirksamkeit der prophylak-,
tischen Antitoxininjektion, zugleich aber auch für die bloß vorübergehende
Neutralisierung der Schädlichkeit.
Der zweite Fall ist noch besonders interessant dadurch, daß der
Tetanus im Anschluß an eine verheilte, freilich mit eingeschlossenem Splitter
verheilte Wunde auftrat (Narbentetanus). (Cordes.)
Schneider (104) hat bei intravenöser Tetanusantitoxininjektion bessere
Erfolge gesehen wie bei der subakuten. Am wertvollsten aber ist die
prophylaktische.
Ebenso tritt Nicoll (83) für sehr hohe Antitoxindosen ein, die er
intraspinal und daneben intravenös und subkutan gibt. (Jacobsohn.)
Meyer (77) richtet die Aufmerksamkeit auf den oft nur kaum merk¬
baren lokalen Tetanus bei Extremitätenverletzungen, der dem allgemeinen
vorausgeht, und der die sofortige einfache i'ntraneurale Injektion von Anti¬
toxin möglichst zentral (Plexus brachialis, lumbosacralis) in die freigelegten
Extremitäten nerven (nach Hans Meyer) verlangt. Man müßte auch die
Verwundeten darauf aufmerksam machen, daß sie jedes noch so leichte
Zucken oder krampfartige Gefühl in dem verwundeten Glicde sofort dem
Arzt anzuzeigen haben, und wenn die Ärzte und das Pflegepersonal bei
solchen Erscheinungen an Tetanus denken würden, so könnte durch recht¬
zeitiges Erkennen der Tetanus, solange er noch lokal ist, durch die intra-
neuralen Injektionen in der Weiterentwicklung zum generellen Tetanus ge¬
hemmt, und maucher Kranke gerettet werden. ( Jacobsohn .)
Mertens (76) resümiert seine Erfahrungen in der Tetanusfrage dahin,
daß der anaphylaktische Zustand bereits nach 3 X 24 Stunden in der Ent¬
wicklung begriffen sein kann, daß nach dem Auftreten des Exanthems keine
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Organtherapie.
Seruminjektion mehr gemacht werden darf, ferner, daß die intradurale
Magnesiuminjektion kein harmloses Verfahren ist. (Cordes.)
Liebold (72) faßt seine Erfahrungen au 24 Tetanusfallen folgender¬
maßen zusammen: Da das Tetanusserum den Muskelkrämpfen gegenüber
kein spezifischer Hilfsfaktor ist, sondern zur Paralysierung weiterer Gift¬
mengen dient, so mnß man unbedingt sofort — nicht erst nach Tagen —
Mittel anwenden, die ihren therapeutischen Einfluß nach dieser Richtung hin
geltend machen. Dazu scheint als ideales Narkosemittel an erster Stelle
das Magnesium sulfuricum berufen zu sein; doch nicht in Konzentrationen
über 15 % hinaus. Die kombinierte Methode von kleinen Mengen Serum
(200—300 A.E.) und fortgesetzten intravenösen Injektionen von 2— 3 mal
täglich 10 ccm Magnes. sulf.-Lösung erscheint vielveVspechend. Wichtig ist
ferner die Inganghaltung einer ordentlichen Diurese, sowie die lokale Appli¬
kation von Sauerstoff in erhöhtem Maße (Hydrogenium peroxydatum, Ortizon).
Schließlich soll die chirurgische Indikation und Therapie nach Auftreten der
ersten Symptome des Tetanus nicht radikaler werden. ( Jacobsolm .)
Kempf (65) wählt zur Behandlung des Tetanus die endoneurale In¬
jektion und dräuiert die Nerven mittels Kanüle oder schlägt vor, alle zu
dem Infektionsgebiet führenden motorischen Nerven zu durchtrennen, die
Stümpfe in die Hautwunde einzupflanzen.
Nach Abklingen der Erkrankung, meint er, könnten die Enden leicht
wieder vereinigt werden, und die nervösen Störungen seien gering zu achten
im Hinblick auf die Schwere der Tetanuserkrankung. Er belegt seine Aus¬
führungen mit 2 Fallgeschichten. (Cordes.)
Irons (60) tritt für große Dosen von Antitoxin bei Tetanus ein.
(Jacobsohn .)
Hinterstoisser (54) faßt die bekannten Behandlungsmethoden des
# Tetanus kritisch zusammen und schließt damit, daß auch heute noch unser
Kampf gegen diese gefürchtete Kriegsseuche ein ziemlich unsicherer ist.
(Cordes.)
Freund (43) beobachtete in zwei Fällen von Tetanus, nachdem schon
vorher wiederholt subkutan und intravenös Seruminjektionen von Tetanus¬
antitoxin gemacht waren, nach einer solchen das plötzliche Auftreten eines
anaphylaktischen Schocks, der nach Verlauf von ca. 1 / 8 Stunde vorüber¬
ging. Da ein technischer Fehler ausgeschlossen ist, so kann der Autor die
rechte Ursache dieser plötzlichen Überempfindlichkeit nicht ermitteln.
(Jacobsohn.)
Eppenstein (35) beobachtete ca. 10 Tage nach Injektion von 20 A.E.
eine Urtikaria. Er hält den Quaddelausbruch für anaphylaktisches Phä¬
nomen. Merkwürdig bleibt nur, daß das Exanthem erst so lange Zeit nach
der Injektion aufgetreten war. (Jacobsohn.)
Dubs (32) sah u. a. bei einem Kranken trotz prophylaktischer Tetanus¬
antitoxineinspritzung das Auftreten eines Tetanus mit tödlichem Ausgang.
Er glaubt indes die Anwendungsmethode der prophylaktischen Einspritzung
(nur einmalig) verantwortlich machen zu sollen und betont, daß die prophy¬
laktische Einspritzung nur dann als wertlos bezeichnet werden könne, wenn
bei mehrfacher Einspritzung jeder tetanusverdächtigen Wunde in kürzeren
Intervallen bis zur Uberstehung der Gefahr Tetanus zum Ausbruch komme.
(Cordes.)
Eisler (33) unterzog die praktische Verwertbarkeit der Immunisierung
mit Formol-Tetanustoxin einer Prüfung. Einerseits wurde untersucht, ob
sich beim Menschen durch ein- oder zweimalige Injektion geringer Mengen
dieses modifizierten Toxins eine aktive Immunität erzielen läßt, anderseits
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Organ therapie.
559
wurden Pferde zur Gewinnung eiues hochwertigen Serums mit diesem Gifte
behandelt.
In ersteren Versuchen wurde kein Resultat erreicht, wohl aber ergab
sich bei den Versuchen au den Pferden die Möglichkeit, durch Einspritzungen
▼on zirka 250—300 ccm in Abständen von zirka sechs Tagen schon nach
sechs- bis achtwöchiger Vorbehandlung ein brauchbares Tetanusheilserum zu
erhalten. [Cordes.)
Als Ergebnis ihrer au Meerschweinchen und Kaninchen vorgenommenen
Untersuchungen fanden Eisler und Löwenstein (34), daß die Meer¬
schweinchen durch subkutane Injektionen neutraler und überneutralisierter
Tetanustoxin-Antitoxingemische sich mittels zweier Injektionen immunisieren
lassen. Bei Kaninchen konnte schon durch eine einzige Injektion eine
deutliche Antitoxinproduktion hervorgerufen werden.
Die geprüften Organaufschwemmungen von Meerschweinchen waren in
den bisherigen Versuchen nicht imstande, aus einem neutralen Toxin-Anti¬
toxingemisch Gift zu binden, solche Wirkung hatten nur die Leberzell¬
aufschwemmungen des Kaninchens.
Sowohl durch sie als auch durch injiziertes Kaolin wurde eine
Spaltung der neutralen Toxin-Antitoxinbindung in dem Sinne nachgewiesen,
daß Leberzellen und Kaolin Toxin aus der Verbindung an sich rissen.
(Cordes.)
Chi&ri (26) gibt eine Übersicht über 10 mit Antitoxinserum behandelte
Tetanusfälle. Darunter waren 4 schwere, 3 mittelschwere und 3 leichtere
Fälle. Es wurden jeden Übertag je 100 Antitoxineinheiten zuerst intralumbal,
dann subkutan injiziert. Im ganzen wurden bis zu 1000 Einheiten verab¬
folgt Daneben wurde Chloralhydrat per clysma gegeben. Bei dieser Therapie
gelang es, neun Fälle zur Heilung zu bringen.
Callomon (25) beobachtete im Anschluß an das Auftreten eines serpi-
ginösen Exanthems am 13. Tage nach der Tetanusantitoxineinspritzung, völliges
Grünsehen bei einem Soldaten, das auch als Sehstörung an sich selten ist.
Extrakte von wntkranken Tieren.
Fermi (39) gibt eine Übersicht über das Giftigkeitsverhältnis zwischen
dem Speichel, dem Inhalt der submaxillären Drüsen und der Nervensubstanz
von wutkranken Tieren. Die Nervensubstanz wutkranker Tiere ist erheblich
giftiger als der Extrakt der Drüsen und dieser wiederum giftiger als der
Speichel, ln den folgenden Arbeiten beschäftigt sich Fermi (40, 41) mit
der immunisierenden Kraft dieser eben erwähnten Bestandteile.
[Jacobsohn.)
Salvarsanserum.
Swift (117) hat mit intraspinalen Injektionen von Autosalvarsanserum
oder von Serum, dem eine kleine Menge Salvarsan oder Quecksilber hinzu-
geftigt ist, gute Erfolge bei Tabes und Syphilis gesehen.
Stoner (114) hat die Methode von Ogilvie bei Syphilis des Nerven¬
systems mit großem Nutzen angewendet. Man entnimmt dem Patienten
etwa 60 ccm Blut, läßt es kurze Zeit bei Zimmertemperatur stehen und
zentrifugiert es, so daß man ein vollkommen klares Serum erhält. Nun
fugt man zu 16 ccm von diesem Serum 0,25—1,0 mg einer frisch bereiteten
Salvarsanmenge, indem man 1,0 dg Salvarsan in 40 ccm destilliertes Wasser
löst. Die Lösung muß schwach alkalisch sein. Nach der Mischung setzt
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Organtherapie.
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man das Serum für 45 Minuten einer Temperatur von 37° C und dann für
30 Minuten einer Temperatur von 56° C aus. Die Injektion soll erst drei
Stunden nach Anstellung des salvarsanisierten Serums geschehen.
Auf Grund seiner Erfahrungen zieht Smith (109) die Swift-Ellissche
Methode der intralumbaleu Injektion von salvarsanisiertem Serum derRavaut-
schen mit direkter Injektion von Neosalvarsan vor.
Auch Riggs (97) tritt warm für die intraspinale Sal varsanserum kur
nach Ellis und Swift ein. Besonders in Irischen Fällen kann sie ungemein
wirksam sein.
Autoserotheraple bei Pellagra.
Palmer und Lee Secor (87) haben 7 Fälle von Pellagra mit Auto¬
serum behandelt und wollen dadurch alle ziemlich geheilt haben. Sie ver¬
fahren folgendermaßen: Der Kranke bekommt vor dem Schlafengehen ein
Kantharidenpflaster auf die Brust; am Morgen, wenn sich eine Blase gebildet
hat, wird das Pflaster an einer Ecke vorsichtig gehoben, und 1 ccm des
Inhaltes der Blase wird durch eine Spritze aufgesogen und dem Kranken in
den Arm gespritzt. Diese Prozedur wird wöchentlich einmal wiederholt.
( Jacobsohn .)
Gehirnextrakte.
Um die Frage zu entscheiden, ob Extrakt des Paralytikergehirns
mit Paralytikerserum in gewisse spezifische Komplementbindung tritt, hat
Maruyama (75) verschiedene Extrakte des Paralytikergehirns zubereitet und
in einer Reihe von Versuchen als Antigen bei der Wassermannschen
Reaktion erprobt. Es ergab sich folgendes: 1. Alkohol- sowie Alkoholäther¬
extrakt der Gehirnsubstanzen sind als Antigen bei der Wassermannschen
Reaktion unbrauchbar. 2. Azetonextrakt der Gehirnsubstanz kommt als
Antigeu bei der Reaktion in Frage; er gibt Resultate fast gleicher Intensität,
wie die eigentliche Wassermann sehe Reaktion. 3. Bei je einem Fall von
Paralyse und Manie fällt die Reaktion mit Azetonextrakt als Antigen bei
Blutserum ganz negativ aus, während die eigentliche Wassermannsche
Reaktion positiv ist. ( Jacobsohn .)
Hirschfelder (55) stellte folgendes Präparat her: Ein oder zwei
Ochsenhirne werden mit etwa der dreifachen Menge Alkohol übergossen
und zwei- oder dreimal heftig geschüttelt. Der Alkohol wird nun abgegossen
und der Rückstand durch Leinwand unter Vermeidung von besonderer Kraft
ausgepreßt. Große Kraftanwendung macht die Hirnteilchen so klein, daß
sie durch den Filter hindurchdriugen. Der Rückstand wird nun mit der
dreifachen Menge Äther versetzt, heftig geschüttelt und zuerst durch Baum¬
wolle, daun durch Filtrierpapier filtriert. Das klare Filtrat wird auf einem
Wasserbade zum Trocknen gebracht. Man erhält dadurch einen gelben
Rückstand, welcher größtenteils aus .Kephalinen besteht und große hämo-
statische Wirkung besitzt. (Jacobsohn.)
Hypophysin.
Riese (96) meint, daß bei der herrschenden Anschauung vom Wesen
des Asthma, daß dieses durch einen Bronchialmuskelkrampf bedingt sei,
ein Hauptsymptom der Krankheit, das Volumen pnlmonum auctum, uner¬
klärlich erscheint, es müßte denn sein, daß die Lungenalveolen durch den
supponierten Krampf völlig abgeschnürt wären und durch in ihnen sich
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Organtherapie.
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bildende expansive Gase so stark ausgedehnt würden, daß sie die dnrch
Zusammenziehung der Bronchiolen erzeugte Verminderung des Lungen-
yolumens überkompensierten. Diese Möglichkeit ist aus verschiedenen Gründen
nicht annehmbar.
Durch die entgegengesetzte Annahme hingegen, daß dem Asthma eine
Lähmung der Bronchialmuskulatur zugrunde liegt, findet die Lungen-
blähnng eine ungezwungene und einleuchtende Erklärung.
Die günstige Wirkung des Hypophysenextraktes, speziell des Pituglandol
„Roche“, bei Asthma stützt diese Theorie und weist darauf hin, daß diese
Lähmung durch einen mangelnden Tonus des. Sympathikus hervorgebracht
wird, den der Hypophysenextrakt wiederherstellt.
Ein Postulat dieser Theorie wäre demnach die sympathische Innervation
der Bronchialmuskeln. Dieses ist freilich bisher nicht erfüllt, denn die
Physiologen — speziell Langley und Elliot, auf deren Experimeute sich
die Lehre über diesen Gegenstand hauptsächlich stützt — leugnen die Ver¬
sorgung der Bronchialmuskulatur durch den Sympathikus. Dennoch erscheint
es wahrscheinlich, daß eine solche existiert, und diese Vermutung wird durch
die Befunde einzelner Experimentatoren (Brown, Sandmann) gestützt
Die günstige Wirkung des Atropins bei Asthma erklärt sich dadurch,
daß es den Antagonisten des Sympathikus lähmt. Ähnlich wirken die Nitrite,
und das Gemeinsame in der Wirkung der vielfachen Räucherpulver, Ziga¬
retten, der Charta nitrata usw. besteht wahrscheinlich darin, daß sie Nitrite
bilden. Wenigstens konnten solche durch auf Veranlassung des Autors
vorgenommene chemische Untersuchungen in einer Anzahl von Asthmamitteln
(auch im Tuckerschen) nachgewiesen werden.
Die Annahme einer Bronchialmuskellähmung bei Asthma erklärt alle
Symptome dieser Krankheit in befriedigender Weise, speziell auch die Bil¬
dung der Curschm-annschen Spiralen, deren Entstehung nach der Krampf¬
theorie nicht verständlich erscheint ( Selbstbericht .)
Der Extrakt aus dem infundibulären Teil des Hirnanhanges (Pituitrin,
Pituglandol usw.) läßt, wie Pal (86) ausführt, an der normaleu Schilddrüse
sowie gewissen Strumen keinen merklichen Einfluß erkennen. Dagegen wirkt
er auf die hypersezernierende Schilddrüse wie bei Basedowkranken und
Hyperthyroidismus. Es nahmen die thyreotoxischen Symptome ab. Der
Kranke wird dadurch günstig beeinflußt, wenn gleichzeitig die Drüse an
Umfang erheblich zunimmt Diese Volumzunahme scheint durch stärkere
Füllung der Follikel bedingt. Es spricht dies dafür, daß die Ausscheidung
in die Follikel und die Thyreotoxinbildung zwei differente, wahrscheinlich
entgegengesetzte Leistungen der Drüse sind. Der mit Hypersekretion einher¬
gehende Schilddrüsenschwund (Jodwirkung) kann durch subkutane Injek¬
tionen von infundibulärem Hypophysenextrakt aufgehalten werden.
( Jacobsohn .)
Ans Tierversuchen und aus Versuchen am Menschen, die von Kon-
SChegg und Schuster (69) anstellten, ergibt sich, daß durch Injektionen
von Extrakten aus Hypophyse eine ganz auffallende Einschränkung der
Diurese erfolgt Diese Diuresehemmung erreicht die höchsten Werte in
jenen Fällen von primärer Polyurie (Diabetes insipidus idiopathicus), deren
Beziehungen zur Hypophyse schon lange bekannt sind. Es ist daraus zu
folgern, daß ein solches Krankheitsbild mit einer Funktionsstörung der
Hypophyse im Sinne einer Hypofunktion zusammenhängt Die pathologisch¬
anatomischen Befunde widersprechen einer solchen Annahme nicht. Da
auch nach längere Zeit hindurch fortgesetzten Injektionen von Hypophysen¬
präparaten Schädigungen irgendwelcher Art nicht beobachtet werden konnten,
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie me.
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Organtherapie.
erscheint es zweckmäßig, die Therapie bei allen Fällen von Diabetes insi-
pidus anzuwenden. ( Jacobsohn.)
King (66) empfiehlt die subkutane Anwendung von Hypophysen¬
extrakt bei Darmschlaffheit nach Darmoperationen. ( Jacobsohn .)
Kahn und Gordon (63) verwendeten Hypophysenextrakt subkutan als
blutstillendes Mittel bei Nasen- und .Rachenoperationen. Die Gerinnungs¬
zeit des Blutes ist nach Verwendung des Mittels sichtbar verkürzt, daher die
Blutung besonders bei Muscheloperationen wesentlich geringer. Die Wirkung
auf den Blut- und Pulsdruck ist nicht einheitlich, teils erhöhend, teils ernie¬
drigend, teils ohne Wirkung. {Jacobsohn.)
ln einem Falle von Diabetes insipidus konnte Hoppe-Seyler (56) die
prompte Wirkung des Pituitrin beobachten, die jedes Mal nach Injektion
des Mittels eintrat. Die Urinausscheidung wurde vermindert, das spezi¬
fische Gewicht, d. h. die Konzentration des Urins, wurde erhöbt, es ver¬
ringerte sich das Durstgefühl, das Allgemeingefühl hob sich. Schweiß trat
ein und das Körpergewicht nahm zu. Beim Aufhören der Medikation trat
regelmäßig der alte Zustand wieder ein. Die innerliche Darreichung von
Hypophysenpräparaten hatte keinen Erfolg. Die gemachte Erfahrung spricht
nach Ansicht des Autors dafür, daß durch die Pitutitrininjektion ein Ersatz
für ein fehlendes Produkt der Hypophyse im Organismus geschaffen wird,
und daß der Diabetes insipidus als Ausdruck einer ungenügenden Funktion
der Hypophyse anzusehen ist. {Jacobsohn.)
Zu demselben Resultat wie von Konschegg und Schuster kommt
Graul (46) auf Grund eines mit Hypophysin-Höchst erfolgreich behandelten
Falles von Diabetes insipidus. Die Applikation erfolgte als intramuskuläre
Injektion, und zwar jeden zweiten Tag. Es wurde 1 ccm injiziert, d. h. der
Inhalt einer Ampulle der in den Handel gebrachten sterilen einpromilligen
Lösung eines Extraktes aus dem Infundibularanteil der Drüse, der durch
Auskristallisation gewonnen wird. Irgendwelche Störungen lokaler oder all¬
gemeiner Natur wurden nicht beobachtet. Im ganzen erhielt Patient 16 Iu-
jektioDen. Auch nach Aussetzen der Injektionen hielt während der Doch
3 Wochen langen Beobachtung des Patienten die Wirkung an. {Jacobsohn.)
Bandler (10 und 12) empfiehlt zur Abkürzung der Geburtsperiode
das Pituitrin. Er zieht es dem Dämmerschlaf, welcher zur Erleichterung
in der Geburtsporiode oiugeleitet wird, entschieden vor. {Jacobsohn.)
SchllddrQsenprfiparate.
Montgomery (81) versuchte mit gutem Erfolge Thyreoidintabletten
bei einem Patienten mit myxödematösen Erscheinungen gegen eine bei dem
Patienten aufgetretene Alopezie. {Jacobsohn.)
Kohnstamm (68) nimmt für die Entstehung der Neurasthenie, d. h.
von der Gesamtheit der Störungen des Gemütslebens Hand in Hand mit
körperlichen Störungen Veränderungen in der inneren Sekretion an und
schlägt für die Gesamtheit dieser Störungen den Namen Dyskonnonie vor.
Er verspricht sich viel von der Beeinflussung der einzelnen Driisen-
ausscheidungen durch Arsenpräparate und berichtet im Anschluß an diese
Ausführungen selbstgemachte Beobachtungen über die Wirkung des Anti-
thyreosins und Hypophysins in einschlägigen Fällen. {Cordes.)
Beebe (13) bereitet aus menschlichen Schilddrüsen ein Nukleoprotein-
serum und behandelt damit Zustände von Hyperthyreoidismus. Er will damit
in 80 % so gute Erfolge erzielt haben, daß die Patienten ohne Beschwerden
arbeitstähig wurden. {Jacobsohn.)
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Organtherapie.
563
ßenitalprSparate.
Die Transplantationsexperimente mit Eierstock, sagt Bucura (24), lehren
uns, daß sämtliche Folgen, die der Organismus durch den Ausfall der Keim¬
drüsen, also auch durch deren Hypofunktion erleidet, durch Einpflanzung von
Eierstöcken beseitigt resp. verhütet werden können mit Einschluß der Men¬
struation. Dieselben Resultate müßte man bei zweckentsprechenden Präpa¬
raten auch durch die Organotherapie erreichen können. Weiteres lehren die
Transplantationsversuche, daß die Hormonwirkung der Eierstöcke verschieden
ist von denjenigen des Hodens, daß also nur noch durch die gleichgeschlecht¬
liche Keimdrüse bzw. deren Trockensubstanz die Folgen der Kastration
aufgehoben werden können. Auch scheint das nicht streng spezifisch zu
sein; es scheint ferner den bisherigen Tatsachen zu entsprechen, wenn man dem
Follikel die hauptsächlichste Hormonbildung zuschreibt, das Corpus luteum
nur als vom Ei befreiten innersekretorischen Anteil des Follikels anspricht,
in den interstitiellen Drüsen aber, sowie in der „inneren Sekretion“ der
Schwangerschaftsprodukte der Plazenta, Dezidua u. a. nur eine Ovarial-
hormonspeicherung, ein Depot zu sehen. Nur in drei Perioden erachtet der
Autor den Eierstock als arm an Eierstockhormon, und zwar im Puerperium
und in der Laktation, sowie auch in der zweiten Hälfte der Gravidität. Es
kann daher nicht gleichgültig sein, in welchem Alter und Zustaude das
Tier steht, dem die Ovarien zur Herstellung der Eierstockspräparate ent¬
nommen werden, daß es auch im geschlechtsreifen Alter Zeiten gibt, wo
die Hormonmenge des Eierstocks gering ist. Es sei gleichgültig für den
Hormongehalt, ob man nur reife Follikel verarbeitet öder Follikel und Corpus
luteum oder Corpus luteum auch allein, wenn es nur vor Überschreiten
seiner Blütezeit, also vor Beginn seiner Rückbildung verwendet wird; schlie߬
lich ist es wohl auch gleichbedeutend, statt Ovarienpräparate Plazenta zu
verwenden. Aus alledem geht hervor, daß die Kuh zur Fabrikation von
Eierstockpräparaten am ungeeignetsten ist. Es sollten jedenfalls alle Kühe
ausgeschaltet werden, die von Abmelkwirtschaften ins Schlachthaus gelangen.
Besser sind die Verhältnisse beim Schaf; zu junge Tiere sind aus¬
zuschließen. Wegen seiner hohen Fruchtbarkeit dürfte das Schwein zur
Herstellung von Eierstockpräparaten am geignetsten sein, auch hier aber
nur ein- bis vierjährige Tiere. Verf. bespricht dann die einzelnen Krank¬
heitsaffektionen, bei denen die Ovarialtherapie indiziert ist. Jede andere
Indikation der Verabfolgung von Eierstockpräparaten als diejenige, welche
eine A- oder Hypofunktion beheben soll, ist rein hypothetisch. Eine wirk¬
lich kausale Therapie ist demnach nur beim Eunuchoidismus durch Ovarin¬
präparate erfolgversprechend, immerhin kann es bei Infantilismus und Status
thymico-lymphaticus versucht werden, da diese drei Zustände nicht immer
scharf zu trennen sind und das Präparat ja keine schädlichen Wirkungen
ausübt. (Jacobsohn.)
Bab (8) erinnert daran, daß er schon vor 6 Jahren Oophorin-Yohimbin-
Lezithintabletten für langdanernde Kuren gegen infantilistische Sterilität,
genitale Hypoplasie, Atrophie und Dysfunktion, gegen Amenorrhoe, Dys¬
und Oligomenorrhoe, Frigidität, Adipositas etc. empfohlen hat. Bab erwähnt
das gegenüber der Publikation von Iwan Bloch über dessen Testogen-
therapie. ( Jacobsohn .)
Bloch (18) veranlaßte durch die Firma Dr. Gg. Hennig, Berlin, die
Herstellung zweier Mittel zur Behebung der sexuellen Impotenz bei Mann
und Frau, denen hauptsächlich die dem bisher angewandten Yohimbin ab¬
gehende nachhaltigere Wirkung anhängen soll. Es wurden zum Testogen
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564
Chirurgische Behandlung.
Extrakte aus Stierhoden, zum Thelygen solche aus Kuhovarien benutzt
Verf. hatte gute Erfolge mit den Mitteln, betont aber, daß sie eine längere
Anwendung erfordern, wenn sie einen nachhaltigen Dauererfolg garantieren
sollen. (Cordes.)
Vakzineurin.
Syring (118) benutzte zur Behandlung einer schweren Trigeminus¬
neuralgie das Vakzineurin ohne irgendwelchen Erfolg. (Cordes.)
Löwenstein (74) beobachtete unter Vakzineurinbehandlung bei einer
ziemlich großen Anzahl von Patienten mit Schußverletzungen peripherer
Nerven und auch bei einigen Polyneuritiden, daß die lange bestehenden
Schmerzen sich besserten, nachdem sie allen anderen Behandlungsmethoden
getrotzt hatten. Eine Besserung der objektiven Symptome wurde nicht be¬
obachtet. Die von Döllken angegebenen Reaktionen traten oft auf, be¬
saßen aber auch die angegebene Regelmäßigkeit. Vakzineurin soll unter
Berücksichtigung obiger Wahrnehmung nur angewandt werden, wo es sich
um Beseitigung heftiger Schmerzen handelt. Die Injektionen sind dreimal
wöchentlich in steigender Dosis mit 1 / 50 ccm beginnend vorzunehmen. —
Nach 10 erfolglosen V 10 -ccm-Injektionen ist wohl kein Erfolg mehr zu
erwarten. Bei Besserung der Schmerzen sind die Injektionen bis zu fünfmal
Vs ccm, bei völliger Beseitigung der Schmerzen bis zu 3 reaktionslosen In¬
jektionen fortzusetzen. (Cordes.)
Chirurgische Behandlung.
Ref.: Dr. L. Borchardt und Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
1. Abeil, C. E., Caee of Congenital Ptosis and its Correction by H©68 Operation. Michigan
State M. S. J. March.
2. Ahrenß, 1. durch Trepanation geheilter Himschuß. 2. Fälle von Neurolyse und
Nervennaht. B. kl. W. 1916. 53. 231. (Sitzungsbericht.)
3. Albrecht, W., Über Schußverletzungen des Halset*. Aroh. f. Ohr-, Nasen- und Kehl-
kopfhlk. 98. (2/3.) 139.
4. Alexander, A., Steckschuß in der rechten Fossa pterygopalatina nach Durchschuß
der Nase. Mschr. f. öhrhik. p. 260. (Sitzungsbericht.)
4a. Derselbe, Multiple Schrapnollverletzungen der linken Kopfseite; Steckschuß der Ohr¬
region, Durchschuß des Mittelohrs. Heilung. Indirekte beiderseitige traumatische
Innenohraffektion mit linksseitiger Taubheit und Unerregbarkeit des statischen
Labyrinths, obd. p. 368. (S. B.)
4b. Derselbe, Multiple Steckschüsse des Nackens und der Halswirbelsäule. Beiderseitige
Erkrankung des inneren Ohres (des kochloaren und des statischen Labyrinths), ebd.
p. 370. (S. B.)
ö. Derselbe, Russischer Gewehrkugelsteckschuß des rechten Oberkiefers. Mundsperre;
beiderseitige traumatische Erkrankung des inneren Ohres. Operation. Heilung, ebd.
S. 495. (Sitzungsbericht.)
6. Derselbe, Schrapnellkugeldurchschuß des Schädels mit Metallsplittem im aufsteigenden
Unterkieferaste. Splitterfraktur des Paukenbeines und eitrige Entzündung des Mittel¬
ohres. Radikaloperation. Heilung, obd. S. 498. (S. B.)
7. Derselbe, Gewehrkugeldurchschuß dos Kopfes (linkes Ohr, rechte Nasenöffnung).
Linksseitige Innono hraffektion mit bedeutender Herabsetzung der Hörschärfe und
periodisch auftrotenden Reizerscheinungen von seiten des statischen Labyrinths. Mund¬
sperre. Heilung der labyrinthären Reizerscheinungen und der Mundsperre. ebd. S. 499.
(Sitzungsbericht.)
8. Derselbe, Schrapnellfüllkugeldurohschuß des Schädels mit direkter Verletzung des
knöchernen äußeren Gehörganges. Rechtsseitige Taubheit und Unerregbarkeit des
rechten statischen Labyrinths. Radikaloperation. Heilung, ebd. S. 500. (Sitzung»-
bericht.)
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Chirurgische Behandlung.
565
8a. Alexander, A., Traumatische Durchlöcherung beider Trommelfelle infolge Granat¬
explosion. Leichtgradige traumatische Erkrankung des linken inneren Ohres. Menin -
geales Trauma, ebenda. 8. 501. (S. B.)
9. Derselbe, Beiderseitige traumatische Erkrankung des inneren Ohres nach Gewehrkugel -
durchschuß des Schädels mit Durchschuß des Schläfenbeines, ebd. 49. 692. (Sitzungs¬
bericht.)
10. Derselbe, Traumatische Erkrankung des rechten inneren Ohres; rechtsseitige Taubheit
und Unerrogbarkeit des rechten statischen Labyrinths, ebd. 49. 695. (Sitzungs¬
bericht.)
11. Dcr.elbe, Sogenannte symptomlose Verkürzung der Kopfknochenleitung nach trau¬
matischer Verletzung des Schädels, ebd. 49. 697. (Sitzungsbericht.)
12. Derselbe, Indirekte traumatische Verletzung beider inneren Gehörorgane, ebd. 49.
698. ( Sitzungsbericht. )
13. Der-elbe, (Jewehrkugehchuß des Kopfes; beiderseitige traumatische Innenohraffektion,
normale statische Labyrinthe, ebd. 49. 700. (Sitzungsbericht.)
14. Derselbe, Beiderseitige traumatircho Erkrankung des inneren Ohres mit rechtsseitiger
Taubheit; linksseitige, hochgradige Schwerhörigkeit und Verminderung der Reflex-
erregbarkcit beider statischer Labyrinthe, ebd. 49. 701. (Sitzungsbericht.)
15. Derselbe, Zur Klinik und operativer Entfernung von Projektilen in Fällen von Steck¬
schüssen der Ohrgegend und des Gesichtsschädels. W. kl. W. 28. 1397. (Sitzungs¬
bericht.)
16. Allen, C. W., Removal of Gasserian Ganglion. New Orleans M. and S. J. May.
17. Angeror, Albert, Schwere Schädel Verletzung. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 329.
18. Derselbe, Schädelplastik. ebd. 41. 454. 1504.
19. Derselbe und Fürnrohr, Nervennaht vom chirurgischen und neurologischen Stand¬
punkt aus. ebd. S. 1204, 1236.
20. Appel, Kriegschirorgische Erfahrungen aus den Reservelazaretten Brandenburgs.
Reichsm.-Anz. No. 18—19. p. 302.
21. Auerbach, Siegmund, Zur Behandlung der Schußverletzungen peripherischer Nerven.
D. m. W.' No. 9. p. 255.
22. Derselbe, Galalith zur Tubulisation der Nerven nach Neurolysen und Nervennähten.
Münch, med. Woch. No. 43. S. 1457.
23. Derselbe, Sohußverletzung des Plexus brachialis. Naht. Heilung, ebd. No. 46.
S. 1590. F. B.
24. Axhausen, Die Behandlung der Schädelschüsse. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. 12. (15.)
464.
25. Derselbe, Zur operativen Behandlung irreparabler Radialislähmungen. B. kl. W.
52. 1246. (Sitzungsbericht.)
26. Babiö, über Schädel verlöt zungen. D. Militärarzt, p. 348. (Sitzungsbericht.)
27. Baker, Davis, The Treatment of Brain Tumors. Albany M. Ann. 36. (5.) 230.
28. Ball, Charles R., Focal Disease of the Brain; A Clinical Report of Eight Ca&es. The
J. of the Am. M. Ash. 65. (7.) 594.
29. Bancroft, Froderic W., Section of the Posterior Roots of the Sixth to Tenth Thoracic
Nerves for the Relief of Severe Gastric Crises in Locomotor Ataxia. Med. Rec. 88. 696.
(Titel besagt den Inhalt.)
30. Bäränv. Robert, Primäre Wundnaht bei Schuß Verletzungen speziell des Gehirnes.
W. kl. W. No. 20. p. 525.
31. Derselbe, Die Drainage der Himabszosse mit Guttapercha nebst einigen statistischen
Bemerkungen zur operativen Behandlung der Hirn- und Ohrschüsse. Münch, med.
Woch. No. 4. p. 134. F. B.
32. Derselbe, Die offene und geschlossene Behandlung der Schuß Verletzungen des Gehirns.
Beitr. z. klin. Chir. 97. (4.) 397.
33. Baumei, J., Importance of Lumbar Puncture in Gares of Nervous Shock and Wounds
of the Skull in War. Lyon chir. Sept.
34. Becco, R., Mastoiditis cronica; flebitis supurada del reno lateral; ligadura de la yugular
interna; curotaje del seno; oxploration del cerebro; hemia cerebral. Cura. Semana
Med. Jan. No. 2.
35. Beck, O., Ein operierter Fall von Schläfenlappenabszess. Mltt. Ges. inn. M. Wien,
p. 8
36. Derselbe, Vestibularbofund bei Stirnhirnverletzung. Boideneitige Taubheit. Mschr.
f. Ohrhlk. p. 439. (Sitzungsbericht.)
37. Derselbe, Blutung durch Fraktur um die Pyramidenspitze, ebd. 49. 710. (Sitzungs¬
bericht.)
38. Derselbe, Fall von Steckschuß, ebd. p. 443. (Sitzungsbericht.)
39. Derselbe, Weiterer Bericht über den mit Kleinhirnerscheinungen einhergehenden Fall
von Kompression des Stimlappens. ebd. p. 207. (Sitzungsbericht.)
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566
Chirurgische Behandlung.
40. Beck, O., Taubheit nach Durchschuß durch den Warzenfortsatz mit Wiederkehr des
Gehörs, ebd. p. 210. (Sitzungsbericht.)
41. Derselbe, Statische und akustische Erscheinungen bei isolierter Verletzung der hinteren
Zentralwindung, ebd. p. 379. (Sitzungsbericht.)
42. Derselbe, Kompression des Stimhims, unter Kleinhirnsymptomen einhergehend.
(SchrapnellVerletzung der Stirn.) W. kl. W. p. 191. (Sitzungsbericht.)
43. Beck, Rudolf, und R^ ither, Eduard, Überraschend schneller Erfolg einer Nerven-
Operation, ebd. 28. (49.) 1351.
44. Beckmann, E. H., Recovery from Paralysis Following Decompreesion of Spinal Cord.
Journal-Lanoet. Sept. 1. XXXV. No. 17.
45. Bednarski, A., Decompression Operations in Diseases of Optio Nerves. Arch. of
Ophth. Jan.
46. Berdiarelf, A. T., Craniosoopy for Locating Foreign Bodies (Bullets) in the HeacL
Russky Vrach. XIV. No. 24.
47. Bibergeil, Eugen, Kasuistische Beiträge zur orthopädischen Nachbehandlung Kriegs¬
verletzter. Zschr. f. orthop. Chir. 35. (3.) 518.
48. Bickel, 20 operierte Nervenfälle. VereinsbeiL d. D. m. W. 1916. 42. 243.
49. Bier, August, Über Kriegsaneurismen. D. m. W. No. 5. p. 121.
50. Biesalski, Konrad, Meine Erfahrungen mit der Försterschen Operation bei der Litt le¬
se hon Krankheit. Zschr. f. orthop. Chir. 35. (1.) 56.
51. Bing, Jacob, Kastration wogen Osteomalazie und Schwangerschaft. Dissert. Bonn.
52. Bittrolf, Umscheidung der Nerven nach der Naht. Vereinsbeil. d. D. m. W. 41.1588.
53. Blahd, E. M., Resection of Posterior Roots for Cure of Littles Disease. Lanoet Clinic.
March.
54. Biegvad, N. Rh., Bemerkungen zur Behandlung von Schädelwunden. Münch, med.
Wooh. No. 31. p. 1065, F. B. (Ohne Interesse.)
55. Blind, Ischias und Krieg. Münch, med. Woch. No. 52 . S. 1788. F. B.
56. Blumenthal, A., Anatomische Beiträge zur endo nasalen Hypophysisoperation.
Zschr. f. Ohrhlk. 1914. 71. (1/2.) 123.
57. Boerner, Ein operatives Verfahren zur Verhütung des Himprolaps nach Schädel-
schüssen. Münch, med. Woch. No. 17. p. 599. F. B. (Ohne Interesse.)
58. Boettiger, 1. Fall von Kopfschuß. 2. Fall von Halsschuß. Neurol. Zbl. p. 409.
(Sitzungsbericht.)
59. Bogart, A H. f Surgical Significanco of Intestinal Angioneurotio Edema. Ann. of
Surg. March.
60. Boldt, Hermann Johannes, Spinale Anästhesie. Zbl. f. Gyn. No. 20. p. 337.
61. Bondy, G., Operativ geheilte otogene Streptokokkenmeningitis. Mschr. f. Ohrhlk.
1916. 50. 74. (Sitzungsbericht.)
62. Borchardt, M., Schußverletzungen peripherer Nerven. Kriegschir. H. d. Beitr. zur
klin. Chir. 2. (7.)
63. Derselbe, Ersatz der Deltawirkung durch andere Muskeln. Neurol. Zbl. p. 283.
(Sitzungsbericht.)
64. Bo um an, K. H., Die Behandlung der Himgeschwulst. Psych. ©n neur. Bl. 19. 579.
65. Brenner, A., 1. Luxatio vertebrae. 2. Schuß Verletzung am Schädel. W. kl. W.
p. 748. (Sitzungsbericht.)
66. Brodmann, R., Zur Neurologie der Stirnhirnschüsse. Psych.-neur. Wschr. 17.
(33/34.) 193.
67. Brunn, W. von, Zur Beurteilung der Kopfschüsse. D. m. W. No. 46. S. 1371.
68. Bruns, L., Über die Indikationen zu den therapeutischen, speziell den chirurgischen
Maßnahmen bei den Kriegsverletzungen des Nervensystems und über die Prognose
dieser Verletzungen an sich und nach den verschiedenen Eingriffen. B. kl. W. No. 38.
p. 989.
69. Brunzel, BL F., Über die Behandlung der Ischiadikusneuralgie nach Schu߬
verletzung mit Nervenlähmung. Münch, med. Woch. No. 26. p. 901. F. B.
70. Bull, P., Erfaringer om sakralanaestesi. Norsk Mag. for Laegevid. No. 7. p. 857.
71. Büller, Georg, Die Nachbehandlung des Himabszesses mit besonderer Berücksichti¬
gung des Kleinhimabszosses. Arch. f. Ohr-, Nasen- und Kehlkopfkrkh. 98, (1.) 58.
(Ohne Interesse.)
72. Cadenat, F. M., Prognosis of Fracture of the Skull by Projectile. Paris med. Oct. 23.
73. Cadwalader, Williams B., Traumatic Separation of the Nerve Roots from the Spinal
Cord. Report of a Case. The J. of the Am. M. Ass. 65. (21.) 1793.
74. Cahen, Fritz, Kriegs Verletzungen der peripheren Nerven. M. Klin. No. 9. p. 237.
75. Canestro, Corrado, Über die Hypophysoktomio. Fortsohr. d. Rontgenstr. 23. (l.)46.
76. Cannaday, R. G., Laminectomy for Removal of Spinal Cord Tumor, and Subsequent
Posterior Root Section for Relief of Spasticity. New York Neurol. Inst. Meeting.
March 18.
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Chirurgische Behandlung.
567
77. C&nnaday, R. G., Laminectomy for Dorsal Paohymeningitis. ebd. March 18.
78. Canon, Über Sohädelverletzungen aus Leiohtkrankenzügen und den Transport Sohädel-
verletzter. D. m. W. No. 32. p. 949.
79. Cardanus, Franz, Über die Behandlung der traumatischen Epilepsie, mit besonderer
Berücksichtigung ohirurgircher Eingriffe. Dissert. Bonn.
80. Carstens, J. H., Conservative vs. Radioal Treatment of Eclampsia. Lancet-Clinio.
No. 20. May 15.
81. Cassirer, R., Die operative Behandlung der Kriegsverletzungen der peripherischen
Nerven. D. m. W. No. 18. p. 520.
82. Cates, B. B., Egg Membrane Substitute for Bone Grafts, in Traumatio Defects of
Skull. Tennessee State M. Ass. J. 8. (7.)
83. Chandler, H. M., Diffioulties Attending Treatment of Fraotures in Epileptio. New
Jersey M. S. J. 12. (11.)
84. Chiari, Gewehrschuß am Kopf aus unmittelbarer Nähe. Vereinsbeil. d. D. m. W.
p. 724.
85. Derselbe, Gewehrschuß an der linken Schläfe mit spät entwickeltem Himabszeß. ebd.
S. 1295.
86. Church, J. R., Case’of Gunshot Wound of Head. Milit. Surg. Vol. 36. No. 4.
87. Cohn, Max, Über die dem Willen des Trägers unterworfene Kunsthand des Cames-
Armes. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. 12. (24.) 743. (Ausführliche Schilderung der Be¬
wegungsmöglichkeiten mit der Cameshand.)
88. Cole, H. P., Case of Deoompression Under Local Anesthesia. Ann. of Surg. 62. (6.)
89. Cords, R., Prognose und Therapie der Stimhim-Orbita-Schüsse. Zschr. f. Augenhlk.
34. (3.) 133. (Niohts Besonderes.)
90. Cranmer, K. R., Vaginal Hysterectomy Under Spinal Anesthesia. Joum.-Lanoet.
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91. Crosbie, A. H., Field for Local Anesthesia and of Spinal Anesthesia in Genito-Urinary
Surgery. Boston M. and S. J. Febr.
92. Cushing, Harvey, Conceming the Results of Operations for Brain Tumor. The J. of
the Am. M. Ass. 64. (3.) 189.
93. Davidson, Arthur J., Bone Transplantation in Potts ParalyBis. The Therap. Gaz.
39. (11.) 761.
94. Dawbarn, R. H. M., and Byrne, Joseph, Excision of Brachial Portion of Ulnar Nerve
for Multiple Neuro-Fibromata, with Rociprocal Grafting of the Ulnar Nerve Into the
Median Nerve, and of A Portion of the Median into the Ulnar; Hyperalgesia of Median
Area; Mechanism; Paroxysmal Neural Pains. The J. of N. a. M. Dis. 1916. 43. 153.
(Sitzungsbericht.) 1
94a. Dej^rine, Mr. et Mme, Über Verletzungen peripherischer Nerven. La Presse m£d.
1915. No. 20.
95. Dimitriadis, Dimitrios Styl., Über Verwundungen an den Ohren, der Nase und dem
Kehlkopf in den letzten beiden Kriegen Griechenlands 1912—1913. Mschr. f. Ohrhlk.
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96. Doessohate, G. ten, en Kleijn, A. de, Voortschrijdende oogzenuwaandoening na
schedelbasisverwondingen. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. No. 13. p. 982.
97. Döpfner, Karl, Zur Methodik der Naht an peripheren Nerven. Münch, med. Woch.
No. 15. p. 526. F. B. (Niohts Besonderes.)
98. Dowd, C. N., Preservation of lliohypogastric Nerve in Operation for Cure of Inguinal
Hemia. Ann. of Surg. Febr.
99. Drees mann. Einzelne interessante Fälle von Gehimschußverletzungen. Münch, med.
Woch. S. 1363. (Sitzungsbericht.)
100. Drüner, Über die Chirurgie der peripheren Nerven, ebd. No. 6. p. 205. F. B.
(Niohts Besonderes.)
101. Duken, John, Über zwei Fälle von intrakranieller Pneumatocele nach Schußverletzung,
ebd. No. 17. p. 598. F. B.
102. Eastman, Permanent Partial Compression of Both Commun Carotids in Epilepsy.
Am. J. of the M. Sc. Vol. CL. No. 3. S. 365. (s. Kapitel: Spez. Therapie.)
103. Edinger, Eine neue Methode der Nervenvereinigung. Münch, med. Woch. 62.
1761. (Sitzungsbericht.)
104. Eiseisberg, Freih. v., Über Schädelschüsse. W. kl. W. No. 7. p. 194. (E. ver¬
weist in seiner Mitteilung im wesentlichen auf die Arbeit von Marburg und Ranzi.
W. kl. W. 1914. No. 46.)
105. Eider, Head Injuries. New Mexico M. J. April.
106. Eisberg, Charles A., Craniotomy and Removal of Multiple Brain Tumors. New \ork
Neurol. Inst. Meeting. March 18. *
107. Derselbe, Punoture of Corpus Callosum in Hydrccephalus. ebd. March 18.
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568
Chirurgische Behandlung.
108. Eisberg, Charles A., Puncture of the Corpus Callosum with Speoial Reference to
its Value as a Decompressive Measure. The J. of Nerv, and AL Dis. 42. (3.) 140.
109. Derselbe, Pain and other Disturbances in Diseases of the Spinal Cord and Their Surgic&l
Treatment. The Am. J. of the Al. Sc. 149. (3.) 337.
110. Enderle, Walter, Epidurale Injektion. D. m. W. No. 33. p. 972.
111. Enderlen und Knauer, Zur Nervenpfropfung. Atünch. med. Woch. 62. (49.) 1693.
F. B.
112. Engelhardt, Zur Prognose der Schädelschüsse, ebd. No. 32. p. 1097. F. B. (Ohne
Interesse.)
113. Engelmann, Gehimschüsse. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 238.
114. Erdelyi, 18 operierte Kopfschüsse mit Gehimverletzungen. D. Alilitärarzt. No 26.
S. 424. (Sltsungsbericht.)
115. Erenfeld, H. AL, Spina Bifida with Alyelomeningocele; Removal of MyelomeningocGc
and Closure of Spinal Cleft by Transplantation of Animal Bone. Joum.-Lancet.
Jan.
116. Erlacher, Philipp, Experimentelle Untersuchungen über Plastik und Transplantation
von Nerv und Muskel. Arch. f. klin. Chir. 106. (2.) 389. u. Zschr. f. orthop. Chir. 35.
117. Derselbe, Direct and Muscular Neurotization of Paralyzed .Muscles. Am. J. of Orth.
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118. Eschweiler und Cords, Über Schädelschüsse. D. m. W. No. 15. p. 431.
119. Evans, C. A., Fractures of Skull. Wisconsin AL J. April.
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[der Nerven. Neue Dt sch. Chir. 14. 55.
121. Derselbe, Schuß Verletzungen des Schädels, ibidem, p. 85.
122. Derselbe, Schußverletzungen des Gesichtes, ibidem, p. 125. (Allgemeine Aus¬
führungen. )
123. Derselbe, Schuß Verletzungen des Halses, ibidem, p. 130. (Allgemeine Ausführungen.)
124. Derselbe, Schußverletzungen des Rückenmarkes, ibidem, p. 135.
125. Fassett, Fred J., Late Results < f Excisim of the Transverse Process of the Fifth
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137. Friedenw ald, Harry, and Downey, J. W. jr., Decompression for the Relief of Choked
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139. Frommbergor, Erich, über die praktische Bedeutung der postoperativen Ausfalls¬
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141. Derselbe, 4 Fälle von Schußverletzungen der Stirnhöhle. W. kl. W. S. 1174. (Sitzungs¬
bericht.)
142. Fuchs, Einigo Kriegsverletzungen. Jb. f. Psyeh. 35. 397. (Sitzungsbericht.)
143. Derselbe, Elastische Verbände für Spitz- und Klumpfußstellung sowie Radiaiislähmung.
Vereinsbeil. d. D. m. W. 41. 1503.
144. Funke, Zur Frage der Deckung von großen Schädoldefokten mittels Zelluloidplatten.
Zbl. f. Chir. No. 16. p. 257.
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Chirurgische Behandlung.
569
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147. Gallie W. E., Tendon Fixation in Infantile Paralysis. Ann. of Surg. Okt.
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beil. d. D. m. W. 1916. 42. 465.
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156. Giordano, Giuseppe, La cura chirurgica della blefaroptosi p'aralitica con speciale
riguardo al metodo Angolucci. Giom. di M. Mil. 63. (2.) 81.
157. Girard, Cas d’h^matome sus-dure-merien traumatique op6re. Corr.-Bl. f. Schweizer
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161. Goldzieher, W., Über orbitale Schußverletzungen. Wien. m*d. Woch. p. 1083.
(Sitzungsbericht.)
162. Gradenigo, G., Sull’impiego doll’ encofaloscopio nel trattamento psstoperativo degli
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163. Grisson, 1. Operationen am Plexus brachialis. 2. Fall von Tangentialschuß der Stirn.
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165. Grünwald, L., Schußverletzungen der pneumatischen Schädelhöhlen. Münch, med.
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166. Guleke, Ueber Therapie und Prognose der Sohädelschüsse. ebd. No. 29. p. 989. F. B.
167. Gundermann, W., Kriegeehirurgis c her Bericht aus der Gießener Klinik über die ersten
5 Monate des Krieges. Beitr. z. klin. Chir. 97. (5.) 479.
168. Haberer, H. v., Kasuistisches zur Frage therapeutischer Mißerfolge bei Morbus
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169. Derselbe, Zwei durch Operation geheilte Fälle von Himschüecen. ebd. p. 692, 747.
(Sitzungsbericht.)
170. Derselbe, Fall von Radialislähmung. geheilt durch die Nervennaht. ebd. 28. 1334.
(Sitzungsbericht.)
171. Derselbe, Kriegsverletzungen des Schädels und Gehirns, ebd. 1916. 29.115. (Sitzungs¬
bericht.)
172. Haberland, H. F. O., Die direkte Einpflanzung des N. Hypoglossus in die Gesichts«
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465.
173. Haeberlin, J. B., Surgical Treatment of Hyperthyroidism. New YorkM. J. CI. No. 22.
174. Haehner, Beobachtungen und Erfahrungen eines Truppenärzte?. Münch, med.
Woch. No. 40. p. 1375. F. B. (Kurze Vorschriften bei Schädel- und Rückgrats-
Verletzungen durch Geschosse.)
175. Hall, C. L., Caw> of Brain Surgery. Southwest J. of M. a. S. Dec.
176. Hammersohlag, Albert, Fall von Schädelschuß. W. kl. W. p. 163. (Sitzungsber.)
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178. Hans, Hans, Naht durchtrennt er Nerven mittels Einhülsung in Eigengewebe. Zbl.
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179. Harbin, R. M., Trcphining for Relief of Jncreased Pressure of Cerebrospinal Fluid.
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180. Harris, M. L., Nerve-Blocking. Surg., Gyn. and Obst. Febr.
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(8/12.) S. 127, 159, 187, 219, 243.
182. Haynes, Irving S., Hyclrocephalus — Later Experiences in its Troatment by Cisterna
Drainage. Med. Reo. 87. (751.) (Sitzungsbericht.)
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570
Chirurgische Behandlung.
183. Hay ward, E., Beitrag zur Klinik der Schädelschüsse nach den Erfahrungen im Heim-
lazarett. B. kl. W. No. 46—47. S. 1186, 1212.
184. Head, J. W., Important Symptoms which Boquire Labyrinthine Operation; Report
of Cases. Texas State J. of M. 11. (7.)
185. Heile und Hezel, Unsere bisherigen Erfahrungen bei der Behandlung im Kriege ver¬
letzter peripherer Nerven. Beitr. z. klin. Chir. 96. (3.) 299.
186. Helbing, Schädelschüsse (Diapositive). Vereinsbeil, d D. m. W. p. 238.
187. Henne borg, Demonstration von Kriegs - Nervenkranken. 1. Schuß durch das Stirn-
hiro. 2. Peripherische Verletzungen, ebd. S. 1235.
188. Derselbe, Schuß durch den rechten Scheitellappen, ebd. 1916. 42. 401.
189. Henne mann, Carl, Zur Behandlung der Spina bifida. Münch, med. Woch. No. 7.
p. 222.
190. Herzog, Gg., Tangentialsohuß des Scheitelbeins. Vereinsbeil. d. D. m. W. S. 1175.
191. Heymann, Arnold, Apparate zur Kriegsorthopädie. 3. Arbeitsschiene für Radialis-
lähmung. Münch, med. Woeh. No. 42. 1447. F. B.
192. Higier, H., Nichtchirurgische Behandlung in der Feldchirorgie. Medyoyna. 1914.
193. Derselbe, Vorurteile auf dem Gebiete der Krieg.meuroohirurgie und deren Statistik.
Verhdlgn. d. Warschauer ärztl. Ges. CXI. p. 65.
194. Derselbe, Die nicht ohiruigisohe Behandlung in der Feldohirurgie. Pam. Tow. Lek.
p. 28.
195. Hilgenreiner, Operierter Fall von Plexuslähmung nach Schußverletzung. W. kl. W.
1916. 29. 116. (Sitzungsbericht.)
196. Hippel, E. v.. Erfolgreiche Operation bei posttraumatischer Netzhautablösung. Kl.
Mbl. f. Augenhlk. 55. 146.
197. Hirsch, 1. Erfolgreiche Naht des Nervus ulnaris. 2. Freilegung bei Lähmung des
Nervus radialis. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 389.
198. Hirsohel, Georg, Kriegschirurgische Erfahrungen aus dem Völkerkriege 1914. Er¬
fahrungon über Schuß vorlot zungon der Nerven und die Verwendung von präparierten
Kalbsarterien zu ihrer Umhüllung. D. Zschr. f. Chir. 132. (5/6.) 567.
199. Hofer, lg.. Über Kriegsverletzungen des Ohres. W. kl. W. No. 45. S. 1225.
200. Hoffmann, O., Über eine Methode den Erfolg einer Nervennaht frühzeitig zu kon¬
trollieren. Aroh. f. Psych. 56. 377. (Sitzungsbericht.)
201. Hoffmann, Paul, Ueber eine Methode, den Erfolg einer Nervennaht zu beurteilen.
M. Klin. No. 13. p. 359. (Ohne besonderes Interesse.)
202. Hoffmann, Paul, Weiteres über das Verhalten frisch regenerierter Nerven und über
die Methode, den Erfolg einer Nervennaht frühzeitig zu beurteilen, ebd. No. 31.
p. 856.
203. Hofmeister, v., Zur Lokalisation der Fremdkörper (Geschosse) mittelst Röntgen¬
strahlen. Beitr. z. klin. Chir. 96. (1.) 158. (Hat nur chirurgisches Interesse.)
204. Derselbe, Über operative Entfernung von Geschossen und Granatsplittern mit beson¬
derer Berücksichtigung des olektromagnetischon Verfahrens, ebd. 96. (1.) 166.
(Nichts Neurologisches.)
205. Derselbe, Über doppelte und mehrfache Nervenpfropfung bei Schußverletzungon der
Nerven, ebd. 96. (3.) 329. u. Korr.-Bl. f. Württ. 85. (12.) 117.
206. Hohmann, Nervenoporationen. Münch, med. Woch. p. 1224. (Sitzungsbericht.)
207. Hohmoier, 4 Fälle von Schiidolschüj son ebd. p. 551. (Sitzungsbericht.)
208. Hoko. M., and Hodg, on, F. C., Caios Illustrating Orthopodic Treatment of Someof
Disabilitios Kosulting from Infantile Paralysis. Southern M. J. Sept.
209. Hörhammer, Operativ entfernter Hirntumor. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 1083.
209a. Horwitz, Hugo, Zur Peroneuslähmung. M. m. W. p. 1237. F. B.
210. Hosemann, Dio chirurgische Frühbehandlung der Schädelschüsse. D. m. W. No. 21.
p. 607.
211. Hoyt, W. A., Reeection of Gasserian Gangbon for Trifacial Nouralgia Complicatod
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212. Hubeney, M. J., Koontgonography of Skull. Illinois M. J. 28. (5.)
213. Huismans, L., Ueber Schuß Verletzungen am peripheren Nerven. Münch, med.
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215. Jameson, T., Indications for Surgical Treatment of Hyperthyreoidism. New York
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(Sitzungsbericht.)
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Chirurgische Behandlung.
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221. Jones, H. E., Some Consideration whioh Determine Extent of an Operation in Septio
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223. Judd, E. Starr, und Pemberton, J. D., Resulta of Oporations for Exophthalmio
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224. Kaelin, Werner, Über Störungen von feiten des Halssvmpathicus bei einfacher Struma
und im Anschluß an deren operative Behandlung. D. Zsohr. f. Chir. 184. 395.
225. Kafka, Gehimsohuß (linkes Okzipitalhim). Neurol. Zbl. p. 623. (Sitzungsbericht.)
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228. Kappelmeyer, Eduard, Die Dauerfolge der extrakraniellen chirurgischen Behandlung
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232. Kehrer, E., Erfahrungen über Sakralanästhesie besonder.; bei gynaekologischen
Operationen. Msohr. f. Geburtsh. 42. (2.) 95.
233. Kenyon, J. H., Cerebral Surgery. Ann. of Surg. Jan.
234. Key, Einar, Über Operationen wegen primärer Wirbelkörpertumoren. Nord. Med.
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236. Klapp, B., Ueber Bückenmarksschüsse und Behandlung der im Gefolge der Lamin-
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237. Klose, Heinrich, Über Thymusoperationen und deren Folgen für den Organismus.
Ther. Mh. No. 1. p. 6.
238. Kocher, Operierte Fälle von Tumor cerebri. Corr.-Bl. f. Schweizer Ärzte. 1916. 46.
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239. Kölliker, Klink, Merkel. Peripherische Nervenverletzungen und deren Behandlung.
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240. König, Ueber Sohädelschüsse. Münoh. med. Woch. 1916. 68.501. (Sitzungsbericht.)
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(Sitzungsbericht.)
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247. Derselbe, Die intrazerebrale Pneumatokele nach Sohußverletzungen. ebd. No. 36.
p. 649.
248. Kreuter, Tangentiabchuß des Schädels. Münoh. med. Woch. p. 267. (Sitzungs¬
bericht.)
248a. Derselbe, 9 Fälle von Nervennaht. ebd. p. 267. (Sitzungsbericht.)
249. Kroh, Fritz, Schädel-Gehirn-Schüsse, ebd. p. 969.
250. Derselbe, Kriegschirurgisohe Erfahrungen einer Sanitätskompagnie. Beitr. z. klin.
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254. Lange, Fritz, Kriegsorthopädie. Zcchr. f. orthop. Chir. 35. (3.) 381. (Allg. Aus¬
führungen; nichts Neurol )
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572
Chirurgische Behandlung.
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257. Läwen, A., 2 geheilte Patienten, die 14 Kopfschüsse erhalten hatten. Münch, med.
Woch. p. 357. (Sitzungsbericht.)
258. Derselbe, Einige Beobachtungen über Sch&delschußverletzungen im Feldlazarett,
ebd. No. 17. p. 589. F. B.
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Nav. M. Bull. July.
260. Ledderhose, G., Ueber die operativ*, Deckung von Schädeldefekten. Straßb. M. Ztg.
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261. Leipen, Otto, Schußverletzung am Kopfe. Mschr. f. Ohrhlk. p. 102. (Sitzungs¬
bericht.)
262. Derselbe, Schußverletzung des Kopfes mit Labyrinthaffektion durch Erschütterung,
ebd. p. 210. (Sitzungsbericht.)
263. Lengfellner, Karl, und Frohse, Fritz, Bedeutung des N. ischiadicus, N. obturatorius
und N. femoralis bei Norvenüberpflanzungen. Mod. M. No. 9. p. 86.
264. Dieselben, Norvenüberpflanzungen im Halsbezirke, ebd. No. 10. S. 100.
265. Leric he, K., Des ]»titos placos du cräne par eclats d’obus et de bombes sans penetration
du projectile, et des lesions nerveuses, qui les accompagnent. Lyon chir. Sept.
266. Derselbe, Des lesions cerebrales et medullaire3 produites par l’explosion ä faible dißtance
des obus de gros calibre. ebenda.
267. Derselbe, Necessity for Double Trephining when Projectile Has Trans vor red the Skull,
ebenda.
268. Leser, Nervenplastik. Vcreinsbell. d. D. m. W. 41. 1588.
269. Levy, Ludwig, Kriegsgemäße Orthopädie der Extremitäten. D. m. W. No. 15.
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270. Levy, William, Osteoplastischer Ersatz des Infraorbitalrandes nach Kriegsverletzungen.
Zbl. f. Chir. No. 28. p. 489. (Ohne neurol. Interesse.)
271. Lewis, Dean D., Fascial Tubulization in Repair of Nerve Dcfects Med. Rec. 88.39.
(Sitzungsbericht.)
272. Lichtenauer, Operation bei Epilepsie nach Schuß Verletzung des Schädels. B. kl. W.
1916. 52. 97. (Sitzungsbericht.)
273. Lief mann, H., Zur Behandlung der Rückenmarksverletzungen im Kriege. Münch,
med. Woch. No. 11. p. 390. F. B.
274. Löfberg, Otto, Zur Deckung von Kranialdefokten. D. Militärarzt. No. 17. p 273.
275. Lorentz, Behandlung der Nervenverletzungen. Vereinsbeil. d. D. m. W. 1910. 42.
242.
276. Lot heissen, Georg, Kopfschuß mit Thyreoiditis. Münch, med. Woch. p. 856.
(Sitzungsbericht.)
277. Lovett, R. W., Use of Silk Ligaments at Ankle in Infantile Paralysis. Amer. J. of
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278. Mac Kenzie, K. A. J., Value of Deoompression Operations in Disorders of Brain.
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279. Mao Lean, Ueber Schädelschüsse. Münch, med. Wcch. p. 338. (Sitzungsberieht.)
280. Mac Mi 11 an, K. H., Case of Division of Vagus, Hypoglossus and Sympathetic Nervus by
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281. Madelung, Kleinhimschuß. Vereinsbeil. d. D. m W. 41. (48.) 1443.
282. Mammen, E., Bulled Roinovcd from Brain After Six Years. Surg., Gyn. and Obst.
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283. Manasso, Paul, Persönliche Erfahrungen über Kopfschuss». Straßb. M. Ztg. No. 4.
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284. Derselbe, Zur Therapie des Himabszesses. Münch, mod. Woch. No. 43. F. B. (Allg.
Behandlungsregeln mit Anführung einiger Fälle.)
285. Mann, Indikation zur Operation bei Nervenverletzungen. Vereinsbeil. d. D. m. W.
41. 1588.
286. Derselbe, Bemerkungen über die Indikationen zur Operation bei Nervenverletzungen.
Münch, med. Woch. 1916. 63. 537. (Sitzungsbericht.)
287. Marburg, Otto, Ein Fall von Schuß Verletzung im Gebiete der Art. vertebraliß doxtra.
(A cerobelli inf. post.) W. kl. W. S. 1175. (Sitzungsbericht.)
288. Derselbe und Ranzi, Egon, Zur Frage der Schuß Verletzungen der peripheren Nerven.
Vorläufige Mitteilung, ebd. No. 23. p. 611.
289. Maresch, Marian, Über Schädelschüsse, ebd. No. 38. p. 1028.
290. Mars hall, H. W., and Osgood, R. B., Late Results of Operations for Correction of
Foot Deformitios Resulting from Poliomyelitis. Boston M. and S. J. Sept, 9.
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Chirurgische Behandlung.
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292. Martin, R. V., Treatment cf Cerebrospinal Meningitis by Drainage of Lateral Ventricle.
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293. Massey, A Y. f Spinal Analgesia in Native Practice. J. of Trop. M. April 15.
294. Mayer, C., Verletzungen am poripheren Nervensystem. W. kl. W. p. 692. (Sitzungs¬
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295. Mayer, E., Neurolyse des Nervus medianus. Münch, med. Wcch. S. 1395. (Sitzungs¬
bericht.)
296. Mayer, Leo, Die orthopädische Behandlung der alten Hemiplegikor. B. kl. W. No. 23.
p. 606.
297. Derselbe, Die Lagerungsbehandlung der Nervenverletzungen. D. m. W. No. 25.
p. 739.
298. Mayer, Otto, Fall von Schußverletzung in der Umgebung des Ohres. Mschr. f. Ohrhlk.
p. 381. (S.txungsbericht.)
299. Derselbe, Über die plastische Deckung von Duradefekten nach Abtragung von Him-
prolapsen in der Otochirurgie. Zschr. f. Ohrhlk. 73. (1.) 37.
300. Derselbe, Fall von Ligatur der Carotis interna wegen Blutung aus dem Ohre. Mschr. f.
Ohrhlk. 49. 737. (Sitzungsbericht.)
301. Derselbe und Mollenhauer, Gehirnverletzung. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 873.
302. Mo Eaohern, C. G., Tendon Transplantation Following Infantile Paralysis. Colorado
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303. Mehler, L., Neurolyse des Plexus brachialis. D. Zschr. f. Chir. 133. (3.) 299.
304. Merhaut, K., Die Resultate operativer Behandlung Basedowscher Krankheit.
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305. M6traux, A., Contribution au traitement chirurgical de la sciatique chronique rebelle
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306. Meyer, Arthur II, 1. Zur Chirurgie des zentralen und peripheren Nervensystems.
2. Zur Behandlung von Wirbelbrüchen. Münch, med. Woch. 1916. 63. 94, 95.
(Situngsberieht.)
307. Meyer, E., Die Frage der Laminektonie bei Schußverletzungen vom neurologischen
Standpunkt. B. kl. W. No. 12. p. 282.
308. Mills, Lloyd, Projeotile Wounds of the Head. Experiences Düring Recent Service in
Austria, with Particular Reference to Wounds of the Eyes. The J. of the Am. M Ass.
65. (17.) 1424. (Nichts Besonderes.)
309. Mitchell, H. C., Injuries of Head. Illinois M J. March.
310. Mix, Charles Louis, Laminectomy for Traumatio Compression of the Spinal Cord.
The Clinies of John B. Murphy. 1914. 3. (1.) 161.
311. Moore, J. Walker, Fracture of the Base of the Skull with Escape of Cerebrospinal
Fluid from the Ear. The Effect of Atropine and Epinephrin upon the Secretion.
The Am. J. of the M. Sc. 149. (4.) 580.
312. Moore, R., Trifacial Neuralgia; its Succesful Treatment without Major Operation.
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313. Moreno, S. F. M., Ruptures de la dure-m6re cranienne ohez les nouveau-n6s. Aroh.
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314. Moskowicz, Schädeldefekte naoh Operationen. W. kl. W. 1916. 29. 24. (Sitzungs¬
bericht.)
315. Muck, O., Gestaltveränderungen einer Himwunde, durch Kopfdrehung hervorgerufen.
(Ein weiterer Beitrag zur Beeinflussung der Blutzirkulation im Sohädelinnem durch
Stemokleidostellung.) Münch, med. Wooh. No. 25. p. 845.
316. Müller, Schädelschüsse. B. kl. W. p. 566. (Sitzungsbericht.)
317. Müller, Emst, Zur Behandlung der Radialislähmung. Beitr. z. kl. Chir. 98. (2.) 263.
318. Müller, Paul, Beitrag zur Diagnostik und Therapie der Schußverletzungen des Gehirn-
sohädels. Beitr. z. klin. Chirur. 97. (2.) 103.
319. Müller, W. B , Verletzungen des Gehirns und deren chirurgische Behandlung. Aroh.
f. klin. Chir. 107. (1.) 138.
320. Murphy, John B., Traumatio Division of Flexor Tendons and Median Nerve. Teno-
plasty and Neuroplsty. The Clinies of John B. Murphy. 1914. 3. (3.) 517.
321. Muskens, L. J. J., Drei restlos geheilte Patienten, mehrere Jahre nach einer Him-
operation. Psyoh. en neurol. Bl. 19. 281.
322. Derselbe, Psychiatrie, Neurologie und Neuro-Chirurgie. Mschr. f P&yoh. 37. (6.) 726.
u. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (II.) 726. (Ohne besonderes Interesse.)
323. Derselbe, Neurologie en Neurochirurgie. Psyoh. en neurol. Bl. No. 4/5. S. 492.
324. Derselbe, Resultat des Balkenstiches beim Hydrozephalus mit Sehstörungen, und
andere Dekompressionsmaßregeln. Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (II.) 1640.
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574
Chirurgische Behandlung.
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326. Neubert, Über kriegpchirurgisohe Erfahrungen im Lazarett. Münch, med. Wooh
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327. Neuhof, Harold, Sequelae of Minor Injuriee Inoompletely Severing Nerves of the Hand.
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328. Nie den, Fall von Schläfenbeinschuß. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 575.
329. Noe h te, Über die operative Behandlung der Rückenmarks Verletzungen im Feldlazarett.
D. m. W. No. 1. p. 15.
330. Derselbe, lieber Streifschüsse an der Schädelkapsel, ebd. No. 8. p. 217.
331. Nonne, Über die Kriegsverletzungen der peripheren Nerven. M. Klin. No. 18—19.
p. 501, 527.
332. Nordmann, 0., Kriegschirurgifche Erfahrungen im Feldlazarett, ebd. No. 1—2.
p. 3, 29.
333. Obal, Franz, Transplantation der Glandula parathyreoidea bei postoperativer Tetanie.
Orvosi Hetilap. No. 37. (Ungarisch.)
334. Ochsner, A. J., Surgical Treatment of Exophthalmic Goiter. The J. of the Am. AL
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335. Oehlecker, Exstirpation des 2. Spinalganglion bei Okzipitalneuralgien. Adünoh.
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336. Derselbe, Eine Reihe geheilter Schädelschüsse. Neurol. Zbl. p. 410. (Sitzungsbericht)
337. O ppenhoim, Hermann. Über Kriegsverletzungen des peripheren und zentralen Nerven¬
systems. Zschr. f. ärztl. Fortbildg. No. 4. p. 97.
338. Derselbe, Beitrag zur Beurteilung und Behandlung der Schußverletzungen peripherer
Nerven. D. Ther. d. Gegenw. Juni. p. 201.
339. Orr, H. Winnett. Orthopedic Treatment Düring the Pericd of Spontaneous Improve-
ment of Infantile Paralysis. Med. Reo. 88. 894. (Sitzungsbericht.)
340. Orth, Oscar, Zur Behandlung von C^ehimprolaps nach Sohädeldefekten. M. Klin.
No. 1. p. 10.
341. Derselbe, Zwei interessante neurologisch-chirurgische Beobachtungen. Münch, med.
Wooh. 62. (51.) 1777. F. B.
342. Owen, W. Bamott, Some of the Deformitios Following Infantile Paralysis, witb
Espociai Reference to Treatment. Am. J. cf Surg. 1914. Vol. 28. No. 12. S. 457.
343. Derselbe, Treatment cf Most Frequent Deformities Following Infantile Paralysis. Ken¬
tucky M. J. Febr.
344. Page, J. R., ( Ve < f Tempo rosphonoidal Absoeß, Discovered by Exploration Trough
Multiple Small Incirions in Dura. Draiued and Cured. Surg., Gyn. and Obst. June.
345. Part 6s, Alexander, Ein Extensionsapparat für Oberschenkelfrakturen und Rücken¬
marks verlöt zungen. M. Klin. No. 44. S. 1211. (Umständliche Beschreibung eines
Apparates.)
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347. Patry, Georges, Le traitoment chirurgical des orises gastriques du tabes. Rev. med.
de la Slüste Rom. No. 6. p. 297.
348. Payr, Erfahrungen über Schädolschüs; o. Jk. f. ärztl. Fortbldg. 6. (12.)
349. Derselbe, Sohädelschüsse. Vereinsbeil. d. D. m. W. 42. 493.
350. Derselbe, Plastik am Solüldknorpel zur Behebung der Folgen einseitiger Stimmband-
lähmung. I). m. W. No. 43. S. 1265.
351. Derselbe, Ojierierte Roourronslähmung. Münch, med. Wooh. 1916. 63.244. (Sitzungs¬
bericht.)
352. Pelz, Tangontialor Schädelschuß. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 842.
353. Peritz. Zwei Fälle von Gelümschüsten mit Lagegefühlsstörungen, Astereognosis,
trophisohen Veränderungen und halbsei f igor Blutdrucksteigerung. Neurol. Zbl. p. 140.
(Sitzungsbericht.)
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355. Perrier. Charles, Cinq nmis de Chirurgie dans los höpitaux militaires de Chalon-sur*
Saoue. Rev. m<d. de la Suiste Rom. No. 7. p. 373.
356. Perthes, G., Über Laminoktomio bei Steckschüssen des Rückenmarkes. Boitr. z.
klin. Chirur. 97. (1.) 76.
357. Derselbe, Schonende Entfernung von Knochensplittern und Fremdkörpern bei Schädel -
Schüssen und Himabszesson. Münch, med. Wooh. 62. (49.) 1706. F. B.
358. Peters, Gehimschüsse. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 330.
359. Pettavol, Charles A., Schädelschüsse, NervonVerletzungen. Corr.-Bl. f. Sohweüar
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360. Pinous, W., Diagnostische und therapeutische Ergebnisse der Himpunktion. Stuttgart.
F. Enke. u. Berlin. A. Hirschwald.
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Chirurgische Behandlung.
575
361. Pribram, Bruno Oskar, Erfolge und Mißerfolge bei der operativen Behandlung der
Sohädelschüsse, besonders der Durohßchüsse. W. kl. W. No. 38. p. 1025.
362. Quervain, F. de, Die Vorteile der Bauchlage in der Nachbehandlung der Laminektomie.
Zbl. f. Chir. No. 46. S. 817. (Ohne Interesse.)
363. Quincke, H., Über die therapeutischen Leistungen der Lumbalpunktion. Therap.
Mh. 1914. 28. H. 7. p. 469.
364. Quix, F. H., Ein Fall von operierter Geschwulst des Gehörnerven mit Demonstration
mikrophotographischer Lichtbilder und Besprechung der Operationstechnik. Ned.
Tijdschr. v. Geneesk. 59. (I.) 1831.
365. Raison, T. W., Compound Comminuted Fraoture of Skull. United States Nav.
M. Bull. Jan.
366. Ransohoff, J., Status of Cerebral Surgery. Lancet-Clinio. May 15. No. 20.
367. Banzi, Egon, Fall von operiertem Hypophysentumor. W. kl. W. p. 133. (Sitzungs¬
bericht.)
368. Derselbe, Über operierte Bückenmarksverletzungen, ebd. S. 1239. (Sitzungsbericht.)
369. Bavaut, P., Le emorragie interne prodotte dalla scossa vibratoria delT esplosione.
Boll. delle olin. No. 5. p. 224.
370. Baddan, M. W., Treatment of Old Brain Injurios. New Jersey M. Soc. J. Oct.
371. Bedlic h, Emil, Zur Frage der operativen Behandlung der Schußverletzungen peripherer
Nerven. Mschr. f. Psych. 37. (6.) 333.
372. Derselbe und Frisoh, O. v., Zur Frage der operativen Behandlung der Schußverletzungen
peripherer Nerven. W. kl. W. p. 512. (Sitzungsbericht.)
373. Beichard, Hans, und Moses, Hermann, Ein interessanter Fall von Kopfschuß.
Münch, med. Wooh. 62. (52.) 1793. F. B.
374. Reichmann, Frieda, Ueber Schußverletzungen peripherer Nerven. D. m. W. No. 23.
p. 668.
375. Reik, H. O., Case of Cerebral Abszeß, Secondary to Chronic Suppurative Otitis Media,
Cured by Surgical Intervention. Southern M. J. Aug. VIII. No. 8.
376. Beinhardt, Tangentialschlüsse, Durchschüsse und Steckschüsse des Gehirns. Vereins¬
beil. d. D. m. W. S. 1175.
377. Derselbe, Kriegsverletzungen des Zentralnervensystems. Münch, med. Wcch. p. 1055.
(Sitzungsbericht.)
378. Bernsen, Charles M., Surgical Measures in Apoplexy. The J. of the Am. M. Ass. 65.
(2.) 162.
379. Riedel, Über Schädelschußverletzungen. Münch, med. Woch. 62. 1727. (Sitzungs¬
bericht.)
380. Biedl, Franz, Heilgeräte für Folgen nach Kriegsverletzungen. W. kl. W. No. 43—44.
S. 1165, 1199.
381. Riehl, Zur Tetanusbehandlung. M. Klin. No. 2. p. 31.
382. Bitschi, A., Aus den chirurgisch-orthopädischen Erfahrungen einer 6monatigen
Tätigkeit im Freiburger Gamisonlazarett und der orthopädischen Universitätsklinik
nebst Anweisungen zur Anfertigung einfacher und billiger Bewegungsapparate. Zschr.
f. orth. Chir. 35. (3.) 466. (Hat ausschließlich chirurg. Interesse.)
383. Ritter, Carl, Zur Prophylaxe des Tetanus. Ein Vorschlag. B. kl. W. No. 6. p. 126.
384. Rodman, J. S., Surgery of Spinal Cord. Pennsylvania M. J. Febr.
385. Rosenberg, Zur Nachbehandlung der Kriegsverwundeten mit einfachen Mitteln.
Zschr. f. ärztl. Fortbldg. No. 18. p. 558. (Improvisierte Apparate zur Bewegungs¬
therapie. )
386. Rosenfeld, Chirurgisch-orthopädisch behandelte Fällo. Vereinsbeil. d. D. m. W.
p. 964.
387. Rosenstein, P., 1. Operierter Gehimschuß. 2. Wirbelschuß, ebd. p. 391.
388. Derselbe, Arteriem und Nervennaht. ebd. p. 330.
389. Rothfuchs, 6 Fälle operativer Behandlung der Tangentialschüsse des Schädels.
Münoh. med. Woch. S. 1508. (Sitzungsbericht.)
390. Ruttin, E., Einbruch eines Cholesteatoms von oben her ins Labyrinth. Abgrenzung
durch Knoohenneubildung. Kompensation. Radikaloperation. Mschr. f. Ohrhlk.
p. 213. (Sitzungsbercht.)
391. Derselbe, Breite Verwachsung zwischen Dura der mittleren und hinteren Schädelgrube
wegen Schrappnellverletzung, Operation, ebd. 49. 726. (Sitzungsbericht.)
392. Derselbe, Zur Operation der mit Otitis komplizierten Basisfraktur, ebd. 49. 722.
(Sitzungsbericht.)
393. Rydygier von Ruediger, Ludwig R., Über Wundbehandlung in den Kriegsspitälern.
W. kl. W. No. 25. p. 671.
394. Ryerson, Edwin W., Recurrent Spondylolisthesis, with Paralysis; Bono-Splint Trans¬
plantation. The J. of the Am. M. Ass. 64. (1.) 24.
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576
Chirurgische Behandlung.
395. Sache, B., and Eisberg, C. A., A Brief Review of a Years Neurosurgical Work,
with Special Reference to Spinal Cord Lesions. The J. of N. and M. Dis. 42, 743.
(Sitzungsbericht.)
396. Sachs, E., Factors That Make for Better Results in Cranial Surgery. Missouri State
M. Ass. J. Dec.
397. Sadolin, F., Er ublodig Nervestraekning mulig? Ugeekr. for Laeger. June 24.
No. 25.
398. Saenger, Mit Röntgenstrahlen behandelte Rückenmarksgesohwulst. VerelnsbelL
d D. m. W. 41. 1586.
399. Sauer, Franz, Welche Erfolge hat die operative Behandlung der Tangentialschüsse
des Schädels. B. kl. W. No. 18. p. 463. (Nichts Besonderes.)
400. Saxl, Alfred, Federstreckapparat für Hand und Finger bei Radialislähmung. W. kl.
W. No. 43. S. 1163.
401. Scandola, C., Death from Intraspinal Injection of Novocain. Gazz. degli OspecL
Jan. No. 4.
402. Soharff, A., Mitteilungen über kriegschirurgische Erfahrungen auf dem Gebiete der
Orthopädie und Extremitätenchirurgie. Zschr. f. orthop. Chir. 85. (3.) 434. (Hat
nur Chirurg. Interesse.)
403. Sc hei dl. Über Schädelschüsse. W. kl. W. 28. 1400. (Sitzungsbericht)
404. Sohepelmann, Emil, Neben- und Nachwirkungen der Kulenkampffschen Plexus¬
anästhesie. D. Zschr. f. Chir. 183. (5/6.) 558.
405. Schick, Übor zwei trepanierte Fälle. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 996.
406. Schiller, Tod durch Kopfschuß ohne wesentliche Verletzung des Schädelskeletts.
D. Militärarzt. S. 443. (Sitzungsbericht.)
407. Schlesinger, Arthur, Über Versuche, den Plexus lumbalis zu anästhesieren. Zbl. f.
Chir. No. 22. p. 385.
408. Schlesinger, Hermann, lieber erfolgreich operierte Rüokenmarkstumoren und über
das ,,Kompressionssyndrom“ des Liquor cerebrospinalis. W. kl. W. No. 18. p. 463.
409. Schloff er, H., Über einzelne Fragen bei der Behandlung von Kriegsschußwunden.
Prag. m. Wschr. No. 5. (vgl.: Jahrgang 18. S. 865.)
410. Sohmidt, G. B., Chirurgische Behandlung der Kriegsverletzungen peripherischer
Nerven. VereinsbeU. d. D. m. W. S. 1263.
411. Schmidt, Hugo, Geheilter Kopfstreifschuß, ebd. p. 844.
412. Sohmiegelow, E., Beitrag zur translabyrinthären Entfernung der Akustikustumoren.
Zschr. f. Ohrhlk. 73. (1.) 1.
413. Derselbe, Bidrag til den translabyrintaere Fjemelse af Acusticustumores. Hospitalstid.
LV1II. No. 8—9.
414. Schönbeck, O., Die Gefahren der Lumbalpunktion. Arch. f. klin. Chir. 107. (2.) 309.
415. Schoppe, Walther, Die operative Therapie bei Ischias. Zbl. Grenzgeb. d. M. 19.
(1/2.) 1.
416. Schröder, Segmentalartige kortikale Sensibilitätsstörung von ulnarem Typus. Münch,
med. Woch. p. 623. (Sitzungsbericht.)
417. Schröder, H. S., Die Erfolge der operativen Behandlung des Morbus Basedowii.
Therap. Mh. No. 4. p. 193. (Zusammenfassendes Referat.)
418. Schüller, Artur, Kriegskasuistische Mitteilungen. D. Militärarzt. 1914. No 23.
419. Schultz, J. H., Fünf neurologisch bemerkenswerte Himschüsse. Mschr. f. Pfcych.
38. (6.) 319.
420. Schum, Heinrioh, Zur Behandlung der Rückenmarks Verletzungen im Felde. Münch,
med. Woch. No. 5. p. 168. F. B. (Ohne Belang.)
421. Schuster, Kriegsneurologisohe Demonstrationen. Neur. Zbl. 34. 914. (Sitzungs¬
bericht.)
422. Schwartz, A., Traitement des ooups de feu du cräne, dans les ambulanoes de l’avant
Paris m£d. 5. (9.) 165.
423. Scruton, W. A., Accidental Injuries of Sigmoid Sinus Inflicted in Simple Mastoid-
octomy. Ann. of Otol. 24. (2.)
424. Seidel, O., Ueber Verletzungen und Erkrankungen der Nase und ihrer Nebenhöhlen
im Kriege und ihre Behandlung. Münch, med. Wooh. No. 24. p. 825. F. B.
425. Sewall, Ceoil., Operation on the Hypophysis According to HirBohs Method. Presen-
tation of a Case with Brain, Eye and Other Symptoms. The J. of the Amer. M. Ass.
65. (8.) 681.
426. Sharpe, William, The Operation of Cranial Deoompression. The Am. J. of the Med.
Sc. 149. (4.) 563.
427. Derselbe and Farrel, Benjamin P., A New Operative Treatment for Selected Cases of
Cerebral Spastic Paralysis. The J. of the Am. M. Ass. 64. (6.) 482.
428. Sick, P., Zur Diagnose und Therapie der Schädel- und Gehimsehüsse. Unterscheidung
der Tangcntialsohüsse. Münch, med. Woch. No. 40. S. 1371. F. B. (Ohne Belang.)
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Chirurgische Behandlung. 577
429. Siegel, Förstersche Operation wegen gastrischer Krisen. Münch, med. Woch. p. 866.
1254. (Sitzungsbericht.)
430. Simpson, C. Augustus, Roentgen Ray Treatment of Exophthalmio Goiter. Med. Reo.
88. (10.) 391.
431. Singer, Schrapnellsteckschuß. Msohr. f. Ohrhlk. p. 362. (Sitzungsbericht.)
432. Derselbe, Durchschuß (serbische Gewehrkugel) durch den Munclhöhlenboden mit beider¬
seitiger Hypoglossus- und linksseitiger Lingualislähmung. Extraktion des Geschosses.
Heilung, ebd. p. 364. (Sitzungsbericht.)
433. Derselbe, Steckschuß (Granatsplitterstück) des linken Oberkiefers, Fazialislähmung.
Traumatische Erkrankung des akustischen Labyrinths mit linksseitiger Taubheit.
Statisches Labyrinth normal, ibidem, p. 363.
434. Sittig, H., Streifschuß des Schädels in der Scheitelgegend. Münch, med. Woch. 62.
1728. (Sitzungsbericht.)
435. Skrowaozewski, Beitrag zur Behandlung der otitisohen Sinuserkrankungen. Msohr.
f. Ohrhlk. 49. 514. (Bericht über 11 Fälle.)
437. Smoler, F., Kriegschirurgische Eindrücke und Erfahrungen aus einem mährisohen
Etappenspital. Beitr. z. klin. Chir. 96. (1.) 25. (Hat wesentlich chir. Interesse.)
438. Spielmeyer, W., Zur Kriegsneurologie. Münch, med. Woch. p. 1156. (Sitzungs¬
bericht.)
439. Derselbe, Zur Frage der Nervennaht. ebd. No. 2—3. p. 58, 99.
440. Derselbe, Zur Behandlung „traumatischer Epilepsie“ nach Himsohußverletzung.
ebd. No. 10. p. 342. F. B.
441. Spitzy, H., und Hartwich, A., Orthopädische Behandlung Kriegsverwundeter.
Berlin-Wien. Urban u. Schwarzenberg.
442. Spoerl, Robert, Über das nächste und weitere Sohicksal der Rückenmarks Verletzungen;
ein theoretischer Vorschlag zur Beeinflussung desselben. Münch, med. Woch. No. 33.
S. 1137. F. B. (Ohne Interesse.)
443. Starck, Hugo, Indikationen zur Operation des Morbus Basedowii und Operations¬
erfolge. D. m. W. No. 28. p. 822.
444. Steel, W. A., Spinal Anesthesia Pennsylvania M. J. March.
445. Stegmüller, Walter, Über Sohädelsohüsse, insbesondere über Tangentialsohüsse auf
Grund der in der chirurgischen Universitätsklinik zu Freiburg i. Br. beobachteten Fälle.
Dissert. Freiburg i. Br.
446. Steindler, A., Method of Direct Neurotization of Paralyzed Muscles. Am. J. of Orth.
S. July. XIII. No. 1.
447. Derselbe, Direct Implantation of Motor Nerve on Muscle Tissue (Neurotization). Jowa
State M. S. J. Okt.
448. Steinthal, 1. Steckschuß des Gehirns. 2. Nervennähte und Sehnenplastiken. Ver¬
einsbeil. d. D. m. W. S. 1414.
449. Derselbe, Nervennaht des Nervus ulnaris und Medianus. Corr.-Bl. f. Württ. 85.
213. (Sitzungsbericht.)
450. Derselbe, Die Deckung größerer Nervendefekte durch Tubulamaht. Beitr. z. klin.
Chir. 96. (3.) 295. (Ohne Interesse.)
451. Derselbe, Die Prognose der Nervennaht bei Verletzungen des peripherischen Nerven¬
systems, insbesondere bei Schußverletzungen. Münch, med. Woch. No. 15. p. 527.
F. B. (Nichts Besonderes.)
452. Stenger, Die kriegschirurgischen Kopfverletzungen, ihre Behandlung und Begutachtung
vom ohrenärztlichen Standpunkt. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 993.
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verletzungen. ebd. No. 26. p. 889. F. B.
458. Derselbe, Über die Technik der Neurolyse. D. m. W. No. 42. S. 1243.
459. Streißler, Eduard, Duraplastik bei Rinnensohuß am Schädel. Münch, med. Woch.
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Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1 » 16 . 37
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578
Chirurgische Behandlung.
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480. Voe Icker, F., Operative Befunde bei Schuß Verletzungen peripherer Nerven. D. Zichr.
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482. Vulpius, Kriegsorthopädisches. D. m. W. No. 27—30. p. 785, 819, 881.
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bericht.)
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Chirurgische Behandlung. 579
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Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 1055.
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Endooarditis. Boston M. and S. J. Sept. 2.
506. Zange, Translabyrinthäre Operation von Akustikus- und Kleinhimbruokenwinkel-
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507. Zdrodovsky, P. P., Plastic Surgery of Dura Defeots. RusskyVraoh. Febr. 7. No. 6.
508. Zeller, O. Zur operativen Behandlung der Nervenverletzungen im Kriege. Jk. f. ärztl.
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509. Zondek, Schuß duroh die linke Schläfe. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 238.
510. Zuliok, J. D., und Pf ahler, George E., Treatment of Exophthalmio Goiter by Roentgen
Therapy. The J. of the Am. M. Ass. 65. 1670. (Sitzungsbericht.)
Die Zahl der Arbeiten, welche die chirurgische Behandlung von Kriegs¬
verletzten zum Gegenstände ihrer Besprechung haben, ist im diesjährigen
Bericht eine so große und so überragende, daß alle anderen dagegen voll¬
kommen zurücktreten. Alle Anschauungen, die über die zweckmäßigste Art
und Zeit des chirurgischen Eingriffes vorgetragen werden, beruhen auf großer
Erfahrung und sind auch im großen und ganzen einheitlich. Bei der Ab¬
wägung dieser zunächst unsicheren Verhältnisse sind den Chirurgen die
Ratschläge der gründlich voruntersuchenden Neurologen wohl von unschätz¬
barem Nutzen gewesen, und dem Zusammenarbeiten beider ist der große
Erfolg, der im allgemeinen erzielt wurde, zu danken. Diese Kriegserfahrungen,
welche uns in Hunderten und aber Hunderten von Fällen zeigen, was das
Gehirn, die Nerven und selbst das Rückenmark an Verletzungen und chirur¬
gischen Eingriffen ertragen können, und wie groß die Restitutionsfähigkeit des
Nervensystems im ganzen und in seinen einzelnen Teilen ist, werden auch
für die Friedenspraxis von bleibendem Werte sein. ( Jacobsohn.)
Anästhesieriingsverfahren.
Auf Grund der Trendelenburgschen Versuche mit Abkühlung und
Erhitzung schlägt Spielmeyer (440) bei traumatscher Jackson scher Epilepsie
mit Schädeldefekten eine regelmäßige Abkühlungstherapie vor. Die Erfah¬
rungen sind zwar noch zu gering, um schon ein Urteil abzugeben; immerhin
ist ein Versuch am Platze. Für diejenigen Fälle, iu denen eine operative
Behandlung indiziert ist, zumal bei Lähmungserscheinungen, dürfte vielleicht
auch die Methode der Tjendelenburgschen Rindenunterschneidung in Frage
kommen. ( Dorchardl.)
Nach der Ansicht von Watt (486) bewährt sich die intratracheale
Äthernarkose besonders bei Operationen an Kopf, Nacken und Wirbelsäule.
Die Resultate sind am klarsten bei Zerebellaraffektionen. Die Methode ist
sicherer als die Tropfenäthermethode; die Anästhesie ist milder und unter¬
liegt besser der Kontrolle; es erübrigen sich dabei fast alle besonderen Ma߬
nahmen der künstlichen Respiration. Der Vergleich zwischen 35 Fällen
von beiden Methoden zeigt, daß der Puls bei der intratrachealen Methode ,
regelmäßiger ist, und daß Blutungen und Zyanose auf ein Minimum reduziert
sind. Diese intratracheale Methode sollte daher noch allgemeiner angewendet
werden, als es bisher geschehen ist. (Jacobsohn.)
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580
Chirurgische Behandlung.
Schepelmann (404) hat in 300 Fällen von Arm Verletzungen die
Kulenkampffsche Plexusanästhesie gebraucht und beschreibt die Neben-
und Nachwirkungen, die sich bei dieser Methode einstellten. Abgesehen von
dem harmlosen Hornerschen Symptomenkomplex in einem Falle, beob¬
achtete er viermal mehr oder weniger starke Atemstörungen infolge Pleura¬
verletzung, einmal die recht ernsthafte und gefahrvolle Komplikation des
Pneumothorax und zweimal im ersten Augenblick sehr beängstigende, aber
stets rasch und günstig ablaufende zerebrale Störungen (Angst- und Ver¬
wirrtheitszustände). Doppelseitige Plexusanästhesie soll man wegen eventl.
beiderseitiger Verletzung des Phrenikus, der Pleura, der Lungen unbedingt
unterlassen. ( Jacobsohn ..)
Ähnlich wie für den Plexus brachialis gibt es nach Schlesinger (407)
auch für den Plexus lumbalis eine Stelle, von der aus sämtliche Fasern
desselben gemeinsam getroffen werden können. Die Wurzeln des Plexus
liegen in der Höhe des Lumbosakralgelenks zusammen. Einen Anhaltspunkt,
die Stelle zu markieren, gibt oft der bei nicht zu fetten Leuten meist deutlich
palpable Querfortsatz des 1. Kreuzbeinwirbels. Medial oberhalb gelangt man
in eine Lücke. Weiter ist der Dornfortsatz des V. Lendenwirbels fühlbar;
4—5 cm lateral, etwas oberhalb desselben, wird die Nadel, die Spitze etwas
nach medial gerichtet, eingestochen. Meist stößt man beim Einstechen auf
Knochen, den Bogen des V. Lendenwirbels. Tastet man nun mit der Nadel
vorsichtig nach lateral, so gleitet die Nadel in die Tiefe. Man muß die
Nadel genügend nach vorn führen. Der Autor hat die Methode zunächst
am Leichenmaterial ausgearbeitet, aber an klinischem Material noch nicht
erprobt. ( Jacobaohn .)
Enderle (110) empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen die epidurale
Injektion von 20 ccm steriler physiologischer Kochsalzlösung bei alten
Ischiasfällen, bei gastrischen Krisen und bei funktionellen Erkrankungen
des Urogenitalapparates. ( Borchanlt .)
Röntgenverfahren.
Joseph (222) empfiehlt möglichst ausgedehnte Anwendung des Röntgen¬
verfahrens bei Schädelschüssen. Die Einteilung der Schüsse nach dem
Verlauf des Schußkanals ist unzweckmäßig, man sollte bei der Einteilung
lieber die Mitverletzung der Dura bzw. des Hirnes berücksichtigen. Die
Indikationsstellung läßt sich auf diese Weise klarer formulieren.
(Borchardt)
Waters (485) beschreibt die Technik der Röntgenbehandlung der
Schild- und Thymusdrüse bei Morbus Basedowii. Man kann einzelne Fälle
damit vorübergehend heilen. Intensive Bestrahlung hat keinen Nachteil,
wenn man Vorsichtsmaßregeln an wendet. (Jacobsohn.)
Simpson (430) hat bei Basedow und Status lymphaticus durch die
Röntgenbehandlung nicht nur eine Verkleinerung der Schilddrüse und Thymus,
sondern auch eine Besserung aller nervösen Beschwerden, unter anderem
auch der Tachykardie und des Tremors erzielen können. (Bendix)
Allgemeine Obersichten.
Bruns (68) berichtet über 687 Fälle von Kriegsverletzungen des
Nervensystems. Davon betrafen 376 Verletzungen der peripheren Nerven,
89 solche des Gehirns und Schädels, 37 solche des Rückenmarks und der
Wirbelsäule. Die übrigen Fälle setzen sich zusammen aus den großen
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Chirurgische Behandlung.
581
Gruppen der Neurasthenie, Hysterie und Psychosen, aus Fällen von Tetanus
und aus Fällen, die nur indirekt oder gar nicht mit den Kriegsschädi-
gungen Zusammenhängen. Am Arm waren es die Radialis-, am Bein die
Ischiadikusverletzungen, die an Zahl alle übrigen Nerven übertrafen. In
19 Fällen waren nur Gefühlsstörungen und Schmerzen vorhanden, am häufig¬
sten fanden sich die rein sensiblen Störungen im Medianus- und Tibialis-
gebiet. 19 Fälle betrafen Hirnnervenläsionen, in einer Anzahl davon waren
mehrere Hirnnerven verletzt.
B. teilt die Verletzungen der peripherischen Nerven in mehrere Gruppen.
Am häufigsten war folgende: Es besteht eine Leitungsstörung auf dem
ganzen Querschnitte der Nerven an der Stelle der Verletzung und damit
eine Lähmung aller derjenigen Muskeln, deren Nervenäste distal von der
Verletzungsstelle abgehen; in den gelähmten Muskeln besteht komplette
Entartungsreaktion und die Sensibilität ist im Nerveugebiet mehr oder weniger
gestört. Bei dieser Art von Lähmung stellt sich B. auf den Standpunkt
von Lewandowski, daß man hier operieren soll, sobald die Wunden ge¬
heilt sind, etwaige Knochenbrücbe konsolidiert sind und jede Sepsis ver¬
schwunden ist. Die zweite Gruppe umfaßt diejenigen Fälle, bei denen nur
ein Teil der unterhalb des lädierten Abschnittes des Nervenkabels aus¬
tretenden Nervenbündel gelähmt ist. Iu diesen Fällen läßt sich nicht immer
entscheiden, ob es von Anfang an eine partielle Lähmung war, oder ob
schon eine teilweise Heilung eingetreten ist. In diesen Fällen kann man
mit operativen Eingriffen länger warten. Die dritte Gruppe besteht aus
solchen Fällen, bei denen die gelähmten Nerven und Muskeln partielle Ent¬
artungsreaktion zeigen. B. fand diese Form 20 mal. In diesen Fällen trat
ohne chirurgischen Eingriff Besserung resp. Heilung ein. Man wird also in
diesen Fällen meistens von einer Operation absehen können. Eine chirur¬
gische Intervention kommt noch bei andauernden, auf andere Weise nicht
zu lindernden Schmerzen in Frage. Eine Heilung resp. weitgehende
Besserung ohne Operation sah B. bisher in 33 Fällen. Nach Neurolysen
trat in 13 Fällen Besserung ein, mitunter auffallend rasch nach der Ope¬
ration. Nach Nervennaht sah B. 10 Erfolge, die frühesten Besserungen
traten 4 Monate nach der' Norvennaht auf. Die Kriegsverletzungen der
Nerven werden oft durch ausgedehnte Muskelverkürzungen und Gelenk¬
versteifungen kompliziert und in ihrer Prognose getrübt.
Von Rückenmarksverletzungen sah B. 6 totale und 18 partielle. Bei
den letzteren waren in vielen Fällen die Verletzungen der Wirbelsäule keine
sehr schweren, in nicht so seltenen Fällen ließen sie sich überhaupt nicht
feststellen, zweitens zeigten sie, auch wenu im Anfang für kurze Zeit schwerste
Paraplegien bestanden hatten, eine erfreuliche Heilungstendenz. Man hat
also in diesen Fällen keinen Anlaß zur chirurgischen Intervention zu geben.
Die Segmentdiagnose in diesen Fällen ist sehr erschwert, oft geradezu un¬
möglich. Auch ist es unmöglich, in diesen Fällen über die Art der Verletzung
etwas Sicheres auszusagen. Von den Verletzungen mit vollkommener Querläsion
betrafen alle das Dorsalmark. Von diesen gingen drei bald zugruude, während
zwei sich erholten, ohne aber, daß die Lähmungserscheinungen sich änderten.
Ob man in diesen Fällen operieren soll oder nicht, wird vou besonderen
Umständen abhängen. In einzelnen Fällen sind auch hier noch Erfolge
erzielt worden. Unter den Schädelschüssen waren 65 Sagittalschüsse.
Zwischen Sagittal- und Durchschüssen bestehen fließende Übergänge. Jeder
Schädelverietzte ist für lange Zeit ein Gefährdeter und bedarf der sorg¬
fältigsten Überwachung. Von nachträglichen Hirnabszessen sah B. 12. Die
Prognose der oberflächlich sitzenden Abszesse ist nicht so schlecht.
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Chirurgische Behandlung.
Was die Prognose der durch Rindenverletzung hervorgerufenen Ansfalls¬
erscheinungen anbetrifft, so läßt sich nach £. Erfahrungen folgendes sagen:
Wenn die Verletzungen nicht so ausgedehnt waren, bildeten sie sich in vielen
Fällen erfreulich zurück. Namentlich auffällig gut waren die Besserungen bei
im Anfang oft schweren Aphasien, manchmal vollkommen, oft bis auf leichte
Artikulationsstörungen ohne Lese- und Schreibstörungen. Es handelte sich
eben, wie B. meint, um rüstige Gehirne und um mehr oder weniger reine Rinden¬
läsionen ohne Verletzung wichtiger Assoziationsbahnen. Auch bei Monoplegien
rein motorischer oder sensibler Natur trat oft weitgehende Besserung ein,
restlos war aber diese Besserung nie. Im Anfang vorhandene totale Erblin¬
dungen nach Hinterhauptsverletzungen bildeten sich zu vollständigen oder
Quadrantenhemianopsien zurück. Eine größere Zahl der Hirnverletzten wird
jedenfalls nicht zu arbeitsunfähigen Krüppeln werden. ( Jacobsohn .)
Kroh (25ü) gibt an, daß die Prognosenstellung in Fällen von Commotio
cerebri durch Geschoß erschwert ist, daß vor allem die Unversehrtheit des
Knochens im Bereiche der Geschoßwirkung die Begutachtung des Falles
irreführen kann. Bei Unversehrtheit der äußeren Knochenschicht können
kleinere oder größere Splitter sich vou der Lamina vitrea ablösen nnd
kurze oder weite Strecken in das Gehirn geschleudert werden. Selbst aus¬
gedehnte Fissuren des Schädels können durch Geschoßaufschlag in geringer
oder größerer Entfernung von der Augriffsstelle des Insultes entstehen, ohne
daß diese selbst makroskopisch sichtbare Veränderungen aufzuweisen hätte.
Des weiteren verbreitet sich der Autor über Schädelimpression, Tangential¬
schüsse, Steckschüsse, Durchschüsse, Kalottenschuß und Meningitis und gibt
diejenigen chirurgischen Maßnahmen an, die sich als die rationellsten erwiesen
haben. Dann bespricht der Autor einige Schußverletzungen des Rücken¬
marks. Einige Fälle sprechen für die Annahme, daß durch die Verletzung eines
Bogenfortsatzes auch der Wirbelbogen selbst mehr weniger stark erschüttert
werde, daß also je nach Größe der indirekt angreifenden Gewalt schließlich
eine über den ganzen Bogen sich ausbreitende Erschütterungswelle auf-
kommen kann, die im gegebenen Falle zu einer plötzlichen Gestaltverände¬
rung des Bogens und konsekutiven Erschütterung des Rückenmarks führt
Zum Schluß geht Verf. auf die Tetauusinfektion ein, die er zumeist durch
bis ins kleinste gehende chirurgische Säuberung der Wunden verhüten konnte.
(Jacobsohn.)
In der statistischen Übersicht, welche Gundermann (167) aus der
Gießener chirurgischen Klinik gibt, befinden sich auch 17 Verletzungen des
Hirnschädels, 11 Wirbelsäulenverletzungen und 56 Verletzungen der peri¬
pheren Nerven. Die Beleuchtung der einzelnen Fälle geschieht aber mehr
vom chirurgischen als vom neurologischen Standpunkte aus. (. Jacobsohn .)
Körber (242) teilt die bisherigen Feldlazaretterfahrungen mit, die teils
im Bewegungskriege, teils während des langdauernden Stellungskarupfes
gewonnen wurden, und legt die besonders wichtig gewordenen Gesichtspunkte
dar. Er geht dabei auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen Infanterie-
uud Artillerieverletzungen ein. In praxi müsse man die Granatsplitterver¬
letzung, einerlei welchen Körperteil sie getroffen hat, ebenso die Verletzungen
durch Fliegerbomben, durch Gewehrgranaten, Handgranaten und Minenwerfer
als infiziert ansehen und danach handeln. Die Schrapnellverletzungen hielten,
was Infektionswirkung anbelangt, die Mitte zwischen Granat- und Infanterie¬
geschoß. K. beschreibt nun die chirurgischen Maßnahmen, die im Feldlazarett
bei Granatverletzungen des Gehirns getroffen wurden, und geht im besonderen
auf die Beziehungen der Artillerieverletzungen zur Tetanusinfektion und zur
Gasgangrän ein. (Jacobsohn.)
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Chirurgische Behandlung.
583
Kayser (231) bespricht die gesamten Kriegsverletzungen; darunter ist
auch ein Abschnitt den Schädelschüssen gewidmet. Auch er ist für strikte
operative Behandlung der Tangentialschüsse, gibt das Operationsverfahren
näher an und beschreibt einen Improvisationsschädelverband, der sehr viel
Verbandzeug spart und die trepanierte Stelle vor allen Schädigungen behütet.
{Jacobsohn.)
Higier (194) bespricht verschiedene Unzuträglichkeiten des Verfahrens,
welche sich auf den chirurgischen Abteilungen und in den Lazaretten wieder¬
holen, (Jnzuträglichkeiten, welche die Behandlung der verwundeten Soldaten
betreffen. Er unterwirft u. a. einer Kritik die Methode der Segregation der
Kranken, das frühe Operieren unmittelbar nach der Ankunft im Kranken¬
haus, die Methoden der Vorbereitung des Operationssaales und des Patienten
zu der Operation, das System des gemeinsamen Verbandes der Patienten in
dem Verbandsaale, das Operieren bei offenen Türen, die ungenügende indu-
viduelle Behandlung der Verwundeten, das absolute Nichtbeachten der Psycho¬
therapie. (Sterling.)
Auf Grund eigenen Krankenmaterials, das über 100 Fälle Hirn- und
40 Rückenmarksschüsse vom ersten Kriegssemester umfaßt, werden von
Higier (193) besprochen: 1. Die herrschenden Vorurteile in den Ansichten
und der ärztlichen Behandlung seitens der chirurgischen Abstinenten und
Interventionisten auf dem Gebiete der Hirn- und ßückenmarkskrankheiten
der Feldchirurgie, 2. die wichtigsten und häufigsten Fehler bei der Diffe¬
rentialdiagnose der Erkrankungen des Zentralnervensystems, 3. die Haupt¬
unterschiede in der Semiotik, Prognostik und Technik der Friedens- und
Kriegschirurgie, 4. die aktuellen Fehlerquellen der feldchirurgischen Statistik
(Fehlen einer statistischen Vergleichseinheit toxigraphischer, symptomato-
logischer und prognostischer Natur, Heterotopie und Heterochronie des
Krankenmaterials, Nichtberücksichtigung der Inkubationszeit, der Einrichtung
und Lagerung der Feldlazarette, der lokalen Transportbedingungen usw.).
( Selbstbericht.)
Spitzy und Hartwich (441) geben auf etwa 200 Seiten in übersicht¬
licher Weise und anschaulicher Darstellung eine kurze orthopädisch-chirur¬
gische Anleitung für den nicht spezialistisch vorgebildeten Arzt. Den
Neurologen interessieren in dem Buch nur einige Kapitel, die über das
Nervensystem handeln. Was die Verletzungen des peripheren Nervensystems
betrifft, so kann man mit den für ihre Therapie gegebenen Prinzipien
durchaus einverstanden sein, dagegen dürfte der S. 144/45 vorgeschlagene
Versuch, hysterische Kontrakturen mit Gipsverbänden zu behandeln, schwerlich
die ungeteilte Zustimmung der neurolgischen Fachgenossen finden.
(Borchardt.)
Oppenheim (337) gibt im Rahmen eines Vortrages einen Überblick
über seine Erfahrungen an Neurosen im Kriege und berichtet über die
Verletzungen des Rückenmarkes und des peripheren Nervensystems mit
zahlreichen interessanten Details. (Borchardt.)
Schädel und Gehirn.
von Brunn (67) berichtet über 68 Patieuten, die Schädelschüsse mit Hirn¬
verletzung hatten. Von diesen sind 42 gestorben, 24 genesen. Von ersteren sind
sterbend eingeliefert 17, in schlechtem Zustand eingeliefert, operiert und
einen Tag darauf gestorben sind 12, später nach der Operation nach 6 bis
15 Tagen an Enzephalitis und Meningitis 11. Unter den Genesenen befinden
sich 8 Unoperierte (sämtlich Durchschüsse) und 16 Trepanierte. Es war
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Chirurgische Behandlung.
immer ein günstiges Zeichen, wenn bald nach der Operation ein Hirnprolaps
eintrat nnd einige Zeit anhielt; sie retrahierten sich ganz von selbst mit
fortschreitender Heilung. In Fällen von eingetretener Meningitis hat von
Brunn noch manchen durch oftmalige (mitunter zweimal an einem Tage)
Lumbalpunktion gerettet. ( Jacobsolm .)
Bäräny (32) konnte in der von den Bussen eingeschlossenen Festung
Przemysl das Sckicksal von mehr als 60 Fällen von Hirnverletzten vom
Anfang bis zum Ausgang genau verfolgen. Er kommt zu folgendem Ergebnis
bezüglich der Behandlung solcher Verletzter: 1. Kommt ein Hirnschuß noch
vor Entwicklung einer groben Infektion, d. h. im allgemeinen innerhalb der
ersten 24 Stunden nach erfolgter Verletzung in die Hände des Chirurgen,
so ist er sofort zu operieren. Ein- und Ausschuß sind zu exzidieren, die
Knochensplitter und eventuell Fremdkörper sind aus dem Gehirn zu ent¬
fernen, die Blutung ist sorgfältig zu stillen, sodann* ist die gesamte Wunde
ohne jede Dränage sorgfältig zu vernähen. 2. Besteht bei der Einlieferung
ein Hirnahszeß, so ist dieser zu eröffnen und lediglich mit Guttapercha¬
streifen zu dränieren. 3. Die richtige Behandlung von Schußverletzungen
des Gehirns, die bereits infiziert sind, ohne daß sich jedoch schon ein Hirn-
abszeß entwickelt hat, mit anderen Worten, die richtige Behandlung der
Enzephalitis ist noch zu finden. ( Jacobsoh ».)
B&riny (30) befürwortet die primäre Vernähung der Schußwunden
des Schädels, da er damit bei seinen Fällen gute Erfolge erzielt hat.
( Jacobsohn .)
Frey und Selye (136) fassen ihre bisher gemachten Erfahrungen über
die Behandlung der Kriegsverletzungen des Schädels und Gehirns in folgen¬
den Sätzen zusammen: 1. Schußverletzungen des Schädels und Gehirns sind
so rasch als möglich von der Front in Spitalbehandlung zu bringen, um
sie der sofortigen Operation zuzuführen. Eine wesentliche Schädigung durch
den Transport erfolgt nicht. 2. Als erste Wundversorgung genügt der ein¬
fache Okklusivverband, der bis zur definitiven Übernahme ins Spital nicht
gewechselt werden soll. 3. Aus dem äußeren Aspekt der Wunde lassen sich keine
verläßlichen Folgerungen auf die Ausdehnuug der Zerstörungen in der Tiefe
ziehen. 4. Es sind demnach alle Fälle zunächst operativ zu explorieren; bei etwa
intakt befundenen Knochen ist dann kein weiteres Vorgehen indiziert; ist
der Knochen verletzt, so muß unbedingt an der betreffenden Stelle das
Schädeldach eröffnet werden. Der Knochen ist soweit abzutrageu, bis nach
allen Richtungen normale Dura sichtbar ist. 5. Nach Entfernung von
Fremdkörpern, Knochensplittern und zerfallenem Hirngewebe ist die Dura
bis an den Knochenrand kreuzförmig zu inzidieren. 6. Die Operationswunde
ist so zu versorgen, daß weder durch den Verband noch durch die natür¬
liche Bedeckung ein Druck auf die freigelegten Hirnpartien ausgeübt wird.
7. Während der Nachbehandlung auftretende Hirnprolapse sind nur dann
von Bedeutung, wenn die Hirnpulsation aufhört. Iu diesem Falle müssen
die Prolapse abgetragen und das Gehirn von neuem exploriert werden. Ist
die Hirnpulsation erhalten, so ist der Prolaps ohne Bedeutung und kann
der spontanen Rückbildung überlassen bleiben. 8. Die Prognose ist, wenn
den vorstehenden Anforderungen Rechnung getragen wird, nach der bisher
gemachten Erfahrung eine überwiegend günstige; die Mortalität betrug in
den von den Autoren operierten Fällen bloß 8%; Lähmungen und andere
Herderscheinungen bilden sich rasch zurück. 9. Über Dauererfolge kann
vorläufig kein Ürteil abgegeben werden. ( Jacobso/m .)
Es wird von Pribram (361) auf die Schwierigkeit der Prognosestellung
hingewiesen. Der Charakter der Infektion bestimmt den Verlauf. Während
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wir bei den Infektionen der übrigen Gewebe diesen sehr gut beurteilen können,
haben wir bei den Infektionen des Gehirns kein Kriterium, das uns Benigni-
tät oder Malignität des Prozesses verrät. Verf. empfiehlt auf Grund großen
Materials systematische Operation jedes Tangentialschusses, bei Durchschüssen
ein tunlichstes Abwarten bis zum Abklingen der Sekundärinfektionen am
Ein- und Ausschuß. Bei sofortiger Operation besteht die Gefahr, daß man
erst durch diese den ursprünglich asept. Schußkanal infiziert. Verf. weist
an der Hand zweier Fälle auf das Auftreten von Spätspasmen hin, die
noch drei Monate post op. das ursprünglich ausgezeichnete Operationsresultat
beeinträchtigen können. Mitteilung eines Falles, bei dem eine rein moto¬
rische Aphasie kongruent mit der Halbseitenlähmung sofort nach der
Operation mit einem Schlage verschwand. ( Selbstbericht .)
Bezüglich der Therapie der Schußverletzungen geht die Ansicht Müller’s
(318) dahin, daß wenn eine Knochenverletzung bei Kopfschüssen durch
Röntgenbild oder durch genauere Wundrestitution nachgewiesen ist, alle
sichtbaren und erreichbaren losen Knochensplitter und Fremdkörper entfernt
werden müssen, auch eingedrückte Knocheustücke müssen gehoben bzw.
weggenommen werden. Außerdem ist für freien Sekretabfluß zu sorgen.
( Borchardt.)
Goetjes (159) konnte 18 Granatsplitterverletzungen operieren und
längere Zeit klinisch beobachten. Er empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen
operative Behandlung jeder Granatsplitterverletzung des Schädels, und zwar
muß in den ersten 24—48 Stunden operiert werden, vorausgesetzt allerdings,
daß die Operierten nachher nicht bald weiter transportiert werden müssen.
( Borchardt .)
Wilms (496) faßt seine Arbeit in folgende Schlußsätze zusammen:
Die Tangentialschüsse verlangen eine ausgiebige Frühoperation. Die Punktion
zur Feststellung eines Hirnabszesses sollte vermieden werden; Hirnabszesse
müssen durch Inzision gesucht werden. Bei gefährlichem Prolaps muß Ent¬
lastung durch ausgedehnte Trepanation erfolgen. Spätstörungen werden durch
langes Offenhalten des entzündlich veränderten Hirnteiles vermieden.
(Borchardt.)
Canon (78) empfiehlt, weitere Transporte bei Schädel Verletzungen nach
Möglichkeit einzuschränken; wo irgend angängig, ist ein Transport zu Wasser
dem Bahntransport vorzuziehen. (Borchardt.)
Manasse (283) hat sämtliche Kopfschüsse mit nur wenigen Ausnahmen
mit weiter operativer Freilegung und Offeuhaltung behandelt. (Borchardt.)
Auf Grund seiner Erfahrungen an 12 Fällen warnt Thiemann (469)
vor dem langen Transport der Schädelschüsse bis in die Heimatlazarette.
Sie sollten, abgesehen von den sehr ausgedehnten Verletzungen, die ganz
dringlich operiert werden müssen, mit gröbster Reinigung und Verband bis
in die nächsten Krankenhäuser gebracht werden, in denen sie nach der Ope¬
ration verbleiben können. Der chirurgische Eingriff ist vor allem bei den
Tangentialschüssen erforderlich, und zwar sollte der Knochen möglichst aus¬
giebig, ohne Rücksicht auf den entstehenden Defekt, freigelegt werden. Die
Tamponade der Wunde ist unzweckmäßig, Dränage ist vorzuziehen.
(BorcJiardt.)
Gebele (150) teilt 12 Krankengeschichten von Tangential-, Steck- und
Durchschüssen des Schädels mit. Frühzeitiges operatives Verfahren ist vor
allem bei Tangentialschüssen erforderlich. Bei Steck- und Durchschüssen
kann man zurückhaltender mit dem chirurgischen Eingriff sein. ( Borchardt .)
Nach den Erfahrungen von Müller (319) ist ein aktives chirurgisches
Vorgehen in allen Fällen von Schädel Verletzung indiziert. Die beste Pro-
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Chirurgische Behandlung.
gnose geben die Tangentialschüsse, allerdings kommt der größte Teil der
Hirnverletzten überhaupt schon vor der Einlieferuug ins Lazarett zum Exitus.
( Borchardt .)
Eschweiler und Cords (118) geben einen kurzen Überblick über die
von ihnen beobachteten Fälle bezüglich der Indikationsstellung zum opera¬
tiven Eingriff. Sie sind der Ansicht, daß jeder nicht ganz desolate Fall
möglichst bald trepaniert werden solle. {Jacobsohn.)
Hayward (183) berichtet über seine Erfahrungen und Beobachtungen
bei 55 Kopfverletzungen. Was die Indikation zum Eingriff betrifft, so
müssen Weichteilschüsse, Steck- uud Durchschüsse konservativ behaudelt
werden, falls sie keine Hirnsymptome zeigen und fieberfrei bleiben. Auch
bei Segmentalschüssen kann man in diesem Fall evtl, ohne Operation aus-
kommen; die Tangentialschüsse dagegen müssen einer Operation unterzogen
werden. Die operierten Fälle müssen nachrevidiert werden, wenn Zeichen
eines Hirnabszesses auftreten oder wenn Knochensplitter zurückgeblieben
sind. — Was die Prognose betrifft, so ist sie bei allen Schußverletzungen
dubiös. Die Operation bietet jedoch eine verhältnismäßig günstige Aussicht.
( Jacobsohn .)
Exner (121) faßt seine Erfahrungen über Schädelschüsse folgender¬
maßen zusammen: Die Verwundeten, die an der Schwere der Hirnläsion
zugrunde gehen, sterben in den ersten 2—3 Tagen nach der Verletzung.
Therapeutisch steht man ihnen machtlos gegenüber. Die Verwundeten, die
später zugrunde gehen, sterben fast ausnahmslos an der Infektion, und die
Bekämpfung bzw. Verhütung dieser ist fast die einzige Aufgabe der Kriegs¬
chirurgie bei diesen Verletzungsformen. Tangentialschüsse zeigen die größte
Neigung zur Infektion, ihre grobe Splitterung, die ausgedehnte Zertrümmerung
der Hirnsubstanz und dio oberflächliche Lage der Wunde begünstigen die
Infektion besonders. Den Tangentialschüssen am nächsten stehen dieSegmental-
schüssc, bei welchen ebenfalls die Splitterung häufig eine ganz bedeutende
ist. Hier empfiehlt es sich, nur da einzugreifen, wenn der Verdacht oder
der Nachweis grober Knochensplitterung die Indikation zur Operation geben.
Schädelverletzte sind möglichst nicht zu transportieren. {Jacobsohn.)
Quieke (16*3) konnte monatelang den Verlauf von über 200 Fällen
von Schädelverletzungen beobachten. Er stimmt mit anderen Beobachtern
darin überein, daß Tangentialschüsse sofort zu operieren sind, daß man bei
Durchschüssen abwarten kann, und daß man bei Steckschüssen, wo das
Geschoß lokalisierbar und erreichbar ist, und wo deutliche Impressionen vor¬
handen sind, gleichfalls mit der Operation nicht zögern soll. Der momentane
Erfolg der Operation ist oft eiu überraschender, aber das Bild ändert sich
leider später nur zu oft. Ein großer Teil bekommt meningitische Er¬
scheinungen und geht daran zugrunde. Von 75 Tangentialschüssen mit Ver¬
letzung der Dura starben 35 (46,6 %). Bei den frühzeitig operierten Fällen
kommen Hirnabzesse viermal seltener vor als bei den nicht operierten.
Mit der Prognose der Hirnschüsse muß man selbst noch nach längerem Ver¬
lauf vorsichtig sein. {Jacobsohn .)
Hosemann’s (210) Erfahrungen stützen sich auf 79 Schuß Verletzungen
des Gehirnschädels. Auch er tritt für möglichst frühzeitige Operatiou ein.
Das Gehirn hat eine große Abwehrkraft gegen Infektion, aber der operativ
versorgte Kopf und Körper des Verletzten brauchen unbedingte Ruhe. Ein
ruhiges Liegen auf Strohlager ist deshalb selbst dem besten Transport vor¬
zuziehen. Durch rechtzeitigen Verbandwechsel und Schaffung von Abflu߬
möglichkeit des Blutes, Hirnbreies usw. ist dem Hirndruck zu begegnen.
Der klassische Üruckpuls ist nur in der Minderzahl der Fälle vorhanden.
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Chirurgische Behandlung.
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Eine plastische Deckung des Hirnprolapses ist nicht Sache des Feldlazaretts,
sondern wird zweckmäßig erst später vorgenommen. {Jacobsohn)
Perthes (357) empfiehlt, zur Aufsuchung von Knochensplittern im Ge¬
hirn lieber den tastenden Finger als Sonde und Kornzange oder dergl. zu
verwenden. Zur Entfernung solcher Knochensplitter kann man aus Zeige¬
finger und einem an diesen angelegten und zangenmäßig zu öffnenden und
zu schließenden schmalen Blechstreifen ein sehr geeignetes Instrument her-
s teilen. {Jacobsohn.)
Seine Erfahrungen über Streifschüsse an der Schädelkapsel faßt Noehte
(330) folgendermaßen zusammen: Solche Schüsse sind meist mit organischen
Veränderungen des unter der Wuude liegenden Gehirnteiles verbunden. Wenn
die Streifschüsse die motorische Region affiziert haben oder eine andere
Gegend mit greifbaren peripherischen Störungen (Nystagmus, Sprachstörung
usw.), so kann man die Gehirnveränderung objektiv feststellen. Die Streif¬
schüsse machen aber nicht nur lokale Erscheinungen, sondern, wie die kli¬
nische Beobachtung lehrt, auch Störungen allgemeiner Art, Puls-Temperatur¬
anomalien, Apathie. Die Feststellung der lokalen und allgemeinen Stö¬
rungen ist wichtig für die Behandlung und zur richtigen Beurteilung von
später bleibenden nervösen Beschwerden, welche Versorgungsansprüche be¬
dingen können. Die Streifschüsse der Schädelkapsel dürfen also nicht als
leichte Verwundungen behandelt werden, sondern bedürfen der Bettruhe und
klinischer Beobachtung. Die Frage nach der Dienstfähigkeit von Leuten,
die einen Streifschuß am Kopf erhalten haben, läßt sich nicht generell
beantworten. Wenn alle Beschwerden und alle objektiven Erscheinungen
einer Gehirnverletzung verschwunden sind, dann brauchen keine Bedenken
gegen den Wiedereintritt in die fechtende Truppe geäußert werden.
{Jacobsohn.)
Maresch (289) ist nach seinen Beobachtungen im Feldspital der An¬
sicht, daß jeder Schädelschuß sofort operiert werden muß. Ob es sich um
Tangential-, Steck- oder Diametralschuß handelt, die Indikation zur Ope¬
ration sei immer gegeben, denn die Möglichkeit, daß Knochensplitter im Gehirn
stecken, die dann zu den unangenehmsten Erscheinungen Anlaß geben, ist
vorhanden, wenn an der Tabula externa nur eine Fissur sichtbar ist, und
diese Fremdkörper müßten immer entfernt werden. Das Debridement sei
ein so einfacher, wenige Minuten dauernder Eingriff, daß er bei fast jedem
Schädelschuß ausgeführt werden darf. Einen Patienten, der sich in Agonie
befindet, wird niemand operieren; in allen anderen Fällen aber ist der
Eingriff nicht nur gerechtfertigt, sondern direkt geboten. Daraus ergibt sich
naturgemäß, daß die Operation sobald als möglich (im Feldspital) ausge¬
führt werden muß, denn jede Verzögerung, jede Erschütterung durch den
Transport läßt die Gefahr der Infektion größer werden. {Jucobsohn.)
Reichard und Moses (373) berichten über einen leichten Streifschuß
mit geringer Impression am Scheitelbein, der starke epileptische Anfälle zur
Folge hatte. Bei der Operation zeigte sich ein epidurales und subdurales
Hämatom. Erst nach vollständiger Entleerung der Blutmassen trat Besserung
und Heilung ein. Es sei daher, wie aus solchen Beobachtungen hervor¬
gehe, Pflicht, in allen Fällen von Schädeldachverletzungen, sollte dieselbe
auch noch so gering sein und auch klinisch zunächst keine Erscheinungen
zeigen, sofort zu trepanieren. {Jacobsohn.)
Läwen (258) beobachtete 37 Schädelschüsse, darunter 31 mit Ver¬
letzung des Gehirns. Von den letzteren sind 22 im Feldlazarett gestorben;
13mal erfolgte der Tod innerhalb von 24 Stunden nach der Einlieferung,
ln Wirklichkeit ist die Mortalität wohl bedeutend höher, weil ein Teil der
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Chirurgische Behandlung.
Verwundeten abtransportiert wurde. Bei den meisten waren die Schüsse
aus 400—1000 m Entfernung abgegeben. Es waren in der Mehrzahl
Durchschüsse. Es kamen darunter Zertrümmerungen ganzer Hirnlappen, z. B.
des Stirnlappens, vor. Je eher die Operation zur Entfernung der Knochen¬
splitter ausgeführt werden kann, um so besser ist es für den Verletzten,
am besten also während der ersten 24 Stunden. Der Autor gibt dann
noch Verhaltungsmaßregeln für einzelne Hirnoperationen an. ( Jacobsohn .)
Im Verlauf von Schädelschußverletzungen kommt es häufig nach Beob¬
achtungen von Stern (453) zu vorübergehenden Erscheinungen einer Meningitis
serosa (Stauungspapille, Hirndrucksymptome); besonders bei gleichzeitigem
Hirnprolaps ist die Lumbalpunktion indiziert. In der Diagnose des meist
latent verlaufenden Spätabszesses nach Hirnverletzungen ist 1. das Fort¬
schreiten, 2. die Inkongruenz zwischen nervösen Ausfallserscheinungen uod
örtlicher Läsion von Wichtigkeit. Bei der Indikation zur Operation der
Tangentialschüsse entscheiden neben den klinischen Erscheinungen chirurgische
Erwägungen (Entfernung der Knochen-, Geschoßsplitter usw.). Die Ausfalls¬
erscheinungen der Hirnschußverletzungen sind 1. entweder mit dem Ort der
Läsion übereinstimmend, oder 2. auf begleitende Schädel-, speziell Basis¬
fissuren zu beziehen, oder 3. (uicht übereinstimmend mit dem Ort der Läsion)
einer Komplikation (Blutung, Abszeß) verdächtig. Erscheinungen der trauma¬
tischen Neurose, speziell vasomotorische Störungen, auch subfebrile Tempe¬
raturen sind häufige Begleiterscheinungen der Schußverletzungen des Schädels,
auch nach ihrer örtlichen Heilung. (Jacobsohn.)
Kalkhof (227) rät zu folgender Behandlung der Schädelschüsse:
1. Bei Schädelverletzuugen ist die Stelle der Verletzung stets und möglichst
frühzeitig nach Reinigung der äußeren Wunde freizulegen und nachzusehen.
2. Bei Knochenverletzungen sind die Splitter zu entfernen, die Bruchränder
zu glätten. 3. Geht die Verletzung noch tiefer, dann ist die meist schwer
geschädigte Diploe, soweit erreichbar, auszukratzen. 4. Bei Verletzungen auch
der Tabula interna ist besonders Aufmerksamkeit angezeigt, die Tabula vitrea
splittert mit Vorliebe weit in die Umgebung, die Splitter dringen oft weit
in die Dura hinein und setzen schwerste Verletzungen und ungünstige Narben.
6. Auch bei leichteren Herderscheinungen ist — selbst wenn die Schädel¬
decken intakt erscheinen — Trepanation empfehlenswert zur Freilegung der
geschädigten Stelle und Vermeidung späterer Komplikationen. 6. Die
Eingriffe sind hei einiger Vorsicht ohne besondere Gefahr für den Patienten,
kürzen die Zeit der Heilung und verbessern die Prognose. (Jacobsohn.)
Grünwald (165) teilt sieben Fälle von Schußverletzungen der pneuma¬
tischen Schädelhöhlen mit. Sie haben wenig neurologisches Interesse.
(Jacobiohn.)
Kahle (226) empfiehlt, zur Deckung von Schädeldefekten Rippenteile
mit Periost in der Größe des Defektes vom operierten Patienten zu ver¬
wenden. Der Erfolg in einem solchen Fall war ein ausgezeichneter.
(Jacobsohn.)
Löfberg (274) zieht die autoplastische Methode zur Deckung von
Schädeldefekten der heteroplastischen vor. Als Knochenmaterial für größere
Defekte wählt er Knochensubstanz aus der Tibia. (Jacobsohn.)
Funke (144) hält nach seinen gemachten Erfahrungen das Zelluloid
für die Heteroplastik zur Deckung von großen Schädeldefekten für ungeeignet.
Es ist nur als Interimsprothese brauchbar, da es sich mit der Zeit erweicht
und zersetzt. Als Ersatz für das Zelluloid empfiehlt F. das Invelit (Pollak),
ein Kunstprodukt aus Phenol und Formaldehyd. Ein kurzes Eintauchen
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Chirurgische Behandlung.
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solcher Platten in heißes Wasser von mindestens 60° C macht sie so weich, daß
man ihnen mit den Fingern jede beliebige Form geben kann. ( Jacobsohn .)
Karplus (230) beschreibt einen sehr komplizierten, diagnostisch durch¬
aus ungeklärten Fall mit Dysarthrie und Dysbasie, die er auf eine Läsion
des Hirnstammes bezieht. (Borchardt.)
Syring (463) kann über 16 Schädelstreifschüsse und 40 Hirnschüsse
berichten. Von den letzteren sind Tangential- und Bindenschüsse operativ
anzugreifen, Steck- und Durchschüsse nur bei zunehmendem Hirndruck, bei
Depression in der Gegend der motorischen Region oder bei Hirnprolaps.
( Borchardt .)
Bei einer linksseitigen granulierenden Hirnwunde der Hemisphäre konnte
Mack (315) bei linksseitiger Kopfdrehung eine Verkleinerung des Wund¬
trichters, bei rechtsseitiger Drehung eine Vergrößerung desselben feststellen.
Dieses Verhalten konnte dann an mehreren Fällen gleichfalls konstatiert
werden; es erklärt sich wohl durch einseitig behinderten Abfluß des Blutes
aus der gleichseitigen Vena jugularis int., der eine venöse Stauung dieser
Seite des Schädels zur Folge hat. ( Borchardt .)
Nach Axhausen (24) sind gerade Durchschüße und die Steck- und
Segraentalschüsse ohne Zertrümmerung konservativ zu behandeln. Die Steck-
und Segmentalschüsse mit Zertrümmerung dagegen ebenso wie die Tangential¬
schüsse verlangen ein operatives Vorgehen. Später sollte nach Möglichkeit
noch eine Schädelplastik zur Deckung des Knochen defektes vorgenommen
werden. ( Borchardt .)
Orth (340) macht den Vorschlag, Hirnprolapse nach schwerer Schädel¬
dachverletzung sofort prophylaktisch zu decken. Er meint dadurch der
Infektion Vorbeugen zu können. ( Borchardt .)
In dem von Streißler (459) mitgeteilten Fall handelt es sich um einen
annähernd sagittal verlaufenden Binnenschuß am Vorderschädel mit einem
beträchtlichen Knochen- und Duradefekt und einer Verletzung der Hirn¬
rinde, die mit der Hautnarbe verwachsen war; hierdurch ist es zum
Auftreten einer traumatischen Epilepsie gekommen. Sollte der Mann durch
Bestehen der minderwertigen, jeder weiteren Verletzung zugänglichen Stelle
in den Schädeldecken sowie der durch Reizung der Hirnrinde hervor¬
gerufenen Krampfanfälle nicht einem traurigen Lose für später preisgegeben
werden, so mußte an eine operative Behebung seines Defektes gedacht
werden. Die Aufgabe bestand demnach in der Lösung der Verwachsungen
zwischen Hirn und Dura und im Ersatz der Narbe in dieser zur Behinderung
neu auftretender Verwachsungen. Zweitens mußte ein Ersatz des Knochen¬
defektes geschaffen werden. Zur Duraplastik benutzte Streißler die Fascia
antibrachii. Der Erfolg war ein vorzüglicher. ( Jacobsohn .)
Anknüpfend an den Aufsatz von Bäräny, worin dieser die primäre
Naht der Schädelschußwunde ohne Dränage usw. empfiehlt, ist Jeger (216)
noch einen Schritt weitergegangen und hat in einschlägigen Fällen der
primären Naht der Schädeldecken noch eine Duraplastik aus Fascie hinzu¬
gefügt. Diese Plastik wurde nur in solchen Fällen ausgeführt, in denen infolge
Fehlens eines großen Durastückes die Gefahr eines Gehirnprolapses besonders
groß war. In drei Fällen, die der Autor näher anführt, kam es per primam
zur Heilung. ( Jacobsohn .)
Lederrhose (260) meint, daß Knochen defekte am Schädel ein ernstes
Leiden darstellen, das durch Plastik zu beseitigen ist. Die Plastik soll
nach Anicht des Verf. imstande sein, sowohl funktionelle, wie organische
Reiz- und Ausfallserscheinungen auf motorischem und psychischem Gebiet
günstig zu beeinflussen. ( Borchardt .)
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Chirurgische Behandlung.
Käppis (229) empfiehlt zur Deckung von Schädeldefekten die Rippen,
besonders die zwölfte. ( Borchardi .)
Bei einem Fall von Hirnabszeß Mayer’s (299) im Hinterhauptlappen
war es zu einem kleinapfelgroßen Hirnprolaps gekommen, der sich nach'
Rückgang sämtlicher entzündlichen Erscheinungen trotz Kompression und
Lumbalpunktion nicht zurükbildete. Es wurde deshalb der Stiel des Prolapses
freipräpariert und glatt durchtrenut, wobei der Ventrikel eröffnet wurde.
Der Defekt der Dura wurde durch einen gestielten und umgeklappten Periost¬
lappen nach v. Hacker gedeckt und die Haut darüber vernäht. Heilung
per primam. Keinerlei Funktionsstörung. ( Selbstbericht .)
Schnitz (419) teilt einige interessante Fälle zur Kasuistik mit.
( Borchardi .)
Dakeil (101) berichtet über zwei bemerkenswerte Fälle von Kopf¬
schußverletzungen mit Luftausainmlung und Exsudatbildung im Gehirn.
( Borchardi .)
Kredel (247) beschreibt einen seltenen Fall von Luftansammlung im
Gehirn nach Schußverletzung. Die Operation hatte Erfolg. (Borchardi.)
Bei der intrakraniellen Pneumatozele besteht, wie Wodarz (501) an
einem Falle demonstrieren kann, eine Hirntrümmerhöhle. Ein Splitter der
Lamina vitrea legt sich platt, vor die Schädelöffnung. Granulationen schließen
die Höhle ab. Eine kleine Öffnung, ventilartig verschließbar, bleibt bestehen.
Bei ausgiebigem Senken und Heben des Kopfes streicht die Luft aus der
Höhle und in sie hinein mit einem so großen Druck, daß ein hörbares
Geräusch erzeugt wird. Falls der die Grannlationen stützende Splitter nicht
entfernt wird, schließt sich das Ventil, und die Luft ist gefangen. Bemerkens¬
wert ist, daß schon, wie der beobachtete Fall zeigt, durch Senken und
Heben des Kopfes eine nennenswerte Druckschwankung im Schädelinnern
auftritt. Sie ist aber nicht zu erklären durch Gesichtsverlagerung der Hirn¬
masse, sondern dadurch, daß beim Anziehen des Kinns der Abfluß der
Halsvenen behindert wird. (Jacobsohn.)
Der ron Schüller (418) mitgeteilte Fall ist dadurch bemerkenswert, daß
ein im Nacken eingetretenes, dicht unterhalb der Schädelbasis verlaufendes,
in der Nähe der Nasenspitze austretendes und somit die ganze Länge des
Kopfes durcheilendes Projektil keinerlei Allgemeinsymptome verursacht hat;
auch von Lokalsymptomen blieb bloß eine halbseitige Gaumensegelläbmuug
zurück. (Jacobsohn.)
Cushing (92) gibt eine Übersicht der von ihm in den letzten zehn
Jahren operierten Hirntumoren. Die Zahl 500 ist eine erstaunlich große,
und der Prozentsatz der Mortalität von 8% ist noch erstaunlicher.
(Jacobsohn.)
Sharpe (426) empfiehlt die häufigere Anwendung der Schädelkom¬
pression bei Hirntumoren, Schädelbrüchen, Hirnabszessen, angebornen spasti¬
schen Paralysen usw. Er hält die subtemporale Dekompression für die beste,
die Mortalität infolge der Operation ist eine geringe. (Jacobsohn.)
Der erste der beiden von Westph&l (492) beschriebenen Fälle betrifft
eine 38jährige Frau. Bei letzterer traten zuerst vor 4 Jahren in einem
Wochenbett Schwindelanfälle auf, die sich in einem späteren Wochenbett
steigerten. Es gesellten sich Kopfschmerzen, Parästhesien im rechten Trige¬
minusgebiet, vorübergehende Augenmuskellähmungen und schwere Störungen
des Körpergleichgewichts hinzu. Der objektive Befund ergab: Ausgesprochene
zerebellare Ataxie, Lähmung des Fazialis und Akustikus rechts, Sensibilitäts¬
störungen im rechten Trigeminus, Areflexie der Kornea rechts, Nystagmus,
rechtsseitige Bewegungsataxie, Andeutung von Adiadochokinesis rechts, beider-
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Chirurgische Behandlung.
591
seits Stauungspapille, rechts > links. Auf Grund des Befnndes wurde die
Diagnose auf Kleinhirnbrückenwinkeltumor rechts gestellt und die Operation
ausgeführt. Es wurde ein kleinapfelgroßer Tumor (Fibrom) an der vermuteten
Stelle gefunden und exstirpiert. Bald aber nach der Entfernung des Tumors
ging die Patientin an Atemlähmung infolge des plötzlich veränderten Hirn-
druekes zugrunde.
ln einem zweiten Falle handelt es sich um einen Tumor (Gliom) des
Stirnlappens, dessen Sitz nur durch eine lokale starke Schmerzhaftigkeit am
Parietalbein als in dieser Gegend sitzend angenommen werden konnte. Die
Operation bestätigte die Richtigkeit der Vermutung. Der Tumor, der bis
in den Ventrikel reichte, wurde entfernt. ( Jacobsohn .)
Baker (27) gibt einen Überblick über die in der letzten Zeit bei
den verschiedenen Hirntumoren ausgeführten chirurgischen Eingriffe und
erzielten Resultate. Gegenwärtig sei die Chirurgie der Hirntumoren so weit
vorgeschritten, daß sie der Chirurgie an anderen Organen gleichwertig sei.
Vor allem komme es darauf an, den Tumor so früh als möglich zu
diagnostizieren und zu operieren; in den Fällen von inoperablen Tumoren
müsse aber die Dekompression ausgeführt werden. {Bendix.)
Bei Kiudern mit spastischer Hemi- oder Paraplegie, bei denen An¬
zeichen eines erhöhten flirndrucks bestanden — nach Ausweis des Augen¬
hintergrundes und des Druckes der Spinalflüssigkeit —, machten Sharpe und
Farrell (427) die dekompressive Schädeltrepanation am Schläfenbein. Unter
201 Fällen fanden sie 65 für diese Operation geeignet und haben durch die¬
selbe erhebliche Besserungen erzielt, die sich auch an der Intelligenzzunahme
der operierten Kinder wahrnehmen ließ. Ein abschließendes Urteil läßt
sich aber wegen der zu kurzen Zeit nach der Operation noch nicht abgeben.
( Jacobsohn .)
Remsen (378) führte in einem Falle von Apoplexie mit Lähmung der
linken Körperhälfte die Schädelöffnung aus. Patient hatte schon 6 Tage im
Koma gelegen und der Augenhintergrund sprach auch für Hirndruck. Es
fanden sich zwischen Gyrus centralis post, und Gyrus temporalis superior
aus der Tiefe vorgedrungene Blutmassen. Diese Massen wurden entfernt
und Patient erholte sich bis auf die Läbmungserscheinungen im linken Arm
und Bein, die nur wenig Veränderung erfuhren. {Jucobsohn.)
Die gewöhnliche Dränage mit Gazestreifen ist für Hirnabszeße, die
sich nach Hirnschüssen bilden, nicht ausreichend, da die Gaze anklebt
und dadurch der Eiter im Innern weiterfrißt. Aus diesem Grunde führte
Bär&ny (31) in die Höhle nichts als ein Streifchen von Guttapercha ein.
Dieses hält die Wunde offen, es gleitet nicht hinein, der Eiter kann ent¬
lang diesem Streifchen frei abfließen. Liegt der Streifen glatt in der Höhle,
so dräniert er ausgezeichnet. Durch dieses einfache Verfahren sind viele
geheilt worden, die bei dem sonst üblichen sicher zugrunde gegangen wären.
{Jacobsohn.)
Ball (28) führt eine Anzahl von Beispielen an, daß zwar oft bei
Hirnoperatiouen der erwartete pathologische Prozeß nicht gefunden wird,
daß aber deshalb doch die Operation dem Patienten großen Nutzen
bringen kann, indem sie ihn von quälenden Beschwerden befreit. So wurde
im ersten Falle zwar der vermutete Tumor in den Zentralwindungen nicht
gefunden, aber der Patient nach Exstirpation der Rindenzone von quälenden
epileptischen Krämpfen befreit. Im zweiten Falle trat das Symptomenbild
des Hirndrucks mit Veränderungen am Augenhintergrund, Nackensteifigkeit,
Schwindel, Erbrechen und unerträglichen Kopfschmerzen auf. Die Dekom¬
pressionsoperation der hinteren Schädelgrube beseitigte alle Erscheinungen.
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592
Chirurgische Behandlung.
Die Erscheinungen des dritten Falles deuteten auf einen Tumor der Unken
Kleinhirnhemisphäre resp. in deren Nachbarschaft. Bei der Operation
wurde im Recessus lateralis ein walnußgroßer sarkomatöser Tumor gefunden
und so viel, wie es möglich war, von ihm entfernt Sowohl die subjektiven,
wie auch einzelne objektive schwanden resp. verringerten sich nach der
Operation, so daß die Aufnahme beruflicher Tätigkeit wieder mögUch wurde.
Im vierten Falle handelte es sich gleichfalls um Jackson sehe Epilepsie:
die Ausfallserscheinungen wiesen auf die hintere Zentralwindung hin. Dort
saß auch ein flacher sarkomatöser Tumor, welcher die Dura durchbrochen
und in den Knochen gewuchert war. Der Tumor konnte nicht ganz ent¬
fernt werden. Die Patientin lebte fast zwei Jahre nach der Operation ohne
Beschwerden. Im fünften Falle handelte es sich um einen abgekapselten
Abszeß an der Unken motoren Rolandoschen Windung, der wahrscheinUch
schon lange bestanden, aber erst seit kurzer Zeit Jacksonsche Anfälle ver¬
ursacht hatte. 4 Tage nach Entleerung des Abszesses starb Patient an
Meningitis. Im sechsten Falle handelte es sich um einen 48jährigen Patienten,
der im 11. Lebensjahr einen Hufschlag auf den Kopf bekommen hatte und
bei dem sich jetzt nach einem Fall auf den Fußboden eine langsam
eintretende Hemiplegie aushildete. Die Operation ergab das Bestehen
einer Blutzyste unterhalb der Dura in der Rolandoschen Gegend. Der
siebente Fall hat das größte Interesse. Dieser Fall betrifft einen 19jährigen
Patienten, welcher bis zum 11. Jahre gesund war. Dann verlor er in lang¬
samem Fortschritt das Gehör beiderseits. Fünf Jahre später wurde er
überaus fett und bekam einen weiblichen Habitus (Brüste, Falsettstimme usw.).
Außerdem traten Augenmuskellähmungen und Sehstörungen sowie Diabetes
auf. Das Röntgenbild ergab eine enorme Vergrößerung der Sella turcica. Bei
der Operation wurde eine hämorrhagische Zyste, im Zentrum der Hypophysis
gelegen, gefunden. Nach Entfernung dieser Zyste, soweit es ging, besserten
sich die Erscheinungen bedeutend, die Falsettstimme wich einer normalen
männlichen, die Sehstörungen gingen bedeutend zurück, auch der Diabetes
wurde geringer, wenn er auch nicht vollkommen schwand. Im achten Fall
entwickelten sich bei einem 14jährigen Mädchen nach einem starken Stoß
an die Stirn, den es erlitten hatte, die Allgemeinerscheinungen einer Er¬
krankung der Hypophysis; vorauf gingen ihnen und begleiteten sie schwere
Krisen vom Charakter, der Migräne. Da die Sella turcica aber auf dem
Röntgenbilde keine Vergrößerung zeigte, wurde von einer Operation abgesehen.
( Jacobsohn .)
Eisberg (108) hat sehr günstige Erfolge mit der v. Bramannschen
Balkenpunktion beim offenen Hydrozephalus der Blinder und bei inoperablen
Hirntumoren, sowie in solchen Fällen von Hirntumoren erzielt, bei denen
drohende Druckerscheinungen auftraten und zunächst zu einer Entfernung
des Tumors nicht geschritten werden konnte. Eisberg hat in den letzten
2 Jahren 37mal die Balkenpunktion ausgefuhrt, ohne einen einzigen Mi߬
erfolg bei diesem an sich unbedeutenden Eingriff. Als palliativer Eingriff
bei nicht lokalisierbaren oder inoperablen Tumoren führte er in über der
Hälfte seiner Fälle eine erhebliche Besserung dör Drucksymptome herbei;
der Kopfschmerz verschwand, die Stauungspapille ging zurück oder schwand
vollständig. Zwei Komatöse kamen schon während der Operation zum
Bewußtsein und gaben Antworten, und ein Patient mit vorgeschrittenem
Mittelhirntumor besserte sich über 6 Monate lang derart, daß er seinem
Beruf nachgehen konnte; es war der Kopfschmerz vollständig geschwunden,
die Stauungspapillen gingen zurück, desgleichen die Augenmuskellähmungen.
(Bendix)
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Chirurgische Behandlung.
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Id einem von Wiemers (493) mitgeteilten Falle von entzündlicher
Hirnzyste (klinische Erscheinungen im wesentlichen: epileptische Anfälle)
gelang die Einheilnng eines Netzhauttransplan tat^es, wie die spätere mikro¬
skopische Untersuchung ergab. ' ( Jacobsohn .)
Wirbelsäule und Rückenmark.
Im Falle Vigyazö's (479) entwickelte sich bei einem 17jährigen
Jungen nach einem Rückenschuß Paraplegie mit Blasen- und Mastdarm-
inkontinenz, heftige Schmerzen bei Bewegung des rechten Beines, ebenda
fehlender Achilles- UDd vermindertes Kniephänomen; letzteres links etwas
gesteigert; Hyperästhesie der Haut am rechten Schenkel, Haut über dem
Becken anästhetisch, zeitweise Ischuria paradoxa. Drei Einschußwunden:
links vom Proc. spin. von D. XI, an der Linea scapularis der rechten Rippe,
und 5 mm links vom ersten Lumbalwirbel. Lokalisierung der Läsion auf
L. 5—S. 3. Bestätigung durch Röntgen. Bei der Operation am 6. Tage
wurde das Rückenmark unversehrt gefunden, Liquor floß unter großem
Drnck ab; das Geschoß wurde eingekeilt zwischen Rückenmark und
Dura in der Höhe der II. Wurzel gefunden und leicht entfernt. Sukzessive
Besserung, nach zwei Monaten bloß mehr eine halbseitige Reithosenanästhesie.
Nach der Ansicht des Verf. ist jeder operative Eingriff bei stärkerer Rücken¬
marksbeschädigung zwecklos; der Kranke geht operiert oder nichtoperiert
zugrunde. Bloß bei neurologisch und röntgenologisch genauer Lokalisation,
und wenn die Läsion eine Besserung als wahrscheinlich erscheinen läßt, ist
der operative Eingriff angezeigt. Es ist noch fraglich, ob Druckerscheinungen
oder teilweise Zerstörung allein die Operation als angezeigt erscheinen lassen.
(Hudovervig.)
Nordmann (332) rät von Rückenmarksoperationen im Feldlazarett ab,
wenigstens in aseptischen Fällen könne man nur schaden; eine Laminektomie
im Feldlazarett wäre nur indiziert, wenn die Schußverletzung an der Wirbel¬
säule infiziert ist. ( Jacobsohn .)
Von den 20 Patienten mit Wirbelverletzungen, dieNoethe (329) behandelt
hat, besserten sich 2 ohne Operation, 9 starben an verschiedenen Komplikationen
ohne Operation. Von 9 Operierten besserten sich 2, einer besserte sich,
nachdem ein Abszeß eröffnet war, einer besserte sich, doch blieb die Lähmung
wenig verändert, 3 blieben unverändert, einer starb an Meningitis, einer an
Atemlähmung (es handelte sich um eine Zertrümmerung des unteren Hals¬
marks mit aufsteigender Erweichung). Noethe stimmt deshalb Guleke
zu, wenn er die prinzipielle Frühoperation der Rückenmarksverletzungen
für ein berechtigtes Verfahren hält. Die Laminektomie soll, wie der Autor
meint, am dritten Tage nach der Verletzung im Feldlazarett ausgeführt
werden. ( Jacobsohn .)
Liefmann (273) schlägt vor, bei Kriegsverletzten, bei denen nach
Rückenmarksschuß eine Infektion des uropoetischen Apparates besteht, Kul¬
turen aus dem Bacterium coli des Verletzten anzulegen, daraus einen Impf¬
stoff zu verfertigen und den Kranken zu injizieren. Denn die meisten In¬
fektionen der Harnwege seien dnrch das Bacterium coli bedingt.
(Jacobsohn.)
Klapp (236) schlägt vor, die im Gefolge der Operation von Rücken¬
marksschüssen auftretende Meningitis mit Halsstauung nach Bier und häu¬
figen großen Lumbalpunktionen zu behandeln. Durch die Halsstauung wird
der Liquordruck erhöht. Die Stauungshyperämie des Gehirns drückt den
Liquor in den Wirbelkanal abwärts, so daß ein der aufsteigenden Infektion
Jahresbericht f. Neurologie n. PeyoMatrie ms. 38
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Chirurgische Behandlung.
entgegengerichteter Liquorstrom oder besser Liqnordruck stattfindet. Die
häufige uud reichliche Punktion entleert infektiöses Material in größerer
Menge. ( Jacobtolm .)
Exner (124) beobachtete 16 Fälle von Rückenmarksschuß Verletzungen;
davon waren 12 totale (mit Aufhebung der Reflexe) und 4 partielle. Von
diesen 16 Fällen starben 15. ( Jacobtolm .)
Von den 3 von Albrecht (3) mitgeteilten Schußverletzungen des Halses
hat der zweite dadurch Interesse, daß trotz Streifung des sechsten Hals¬
wirbels von der quer durch den Hals gehenden Kugel und der folgenden
Sequestrierung des Wirbelkörpers nur vorübergehende Störungen von seiten
des Rückenmarks auftraten. Im dritten Falle stellten sich 10 Tage nach
der Verwundung schwere spastische Vorgänge im Gebiete der Halsmuskeln
ein, und zwar vor allem Spasmos des Ösophagusmundes, der zu einem
totalen Verschluß der Speiseröhre führte und bis zum Tode (14 Tage lang)
andauerte. Der Autor deutet deu Fall dahin, daß hier eine beginnende
Tetanusintoxikation vorlag mit ungewöhnlicher lokaler Infektionsquelle.
( Jacobsohn )
Perthes (356) hat 6 Fälle von Steckschüssen des Rückenmarks operiert.
4 mit ungünstigem Ausgang, 2 mit weitgehender Besserung (allerdings
konnten sie nur 8 bzw. 12 Tage post operationem beobachtet werden). Es
handelte sich bei diesen beiden um vollständige Querschnittsläsion, so daß
Verf. vorschlägt, Steckschüsse mit unvollständiger Querschnittstrennung unbe¬
dingt und möglichst frühzeitig zu operieren. ( Borchardt .)
Meyer (307) kommt auf Grund seiner Erfahrungen zu dem Ergebnis,
daß in allen Fällen von Wirbelschuß Verletzungen mit spinalen Symptomen,
falls nicht sehr bald weitgehende Besserung eintritt, ein frühzeitiger opera¬
tiver Eingriff in Frage kommt. (/ iorchardt .)
Goldstein (160) empfiehlt die Operation für alle Fälle, bei denen die
Lähmung dauernd eine schlaffe bleibt — trotz über dem Reflexgebiet liegender
Läsion —, bei denen also die klinischen Zeichen einer totalen Quertrennung
vorliegen; denn diese Symptome zeigen nicht mit Bestimmtheit eine grobe
Kontinuitätsunterbrechung des Rückenmarks an. In einem vom Verf. zur
Operation gebrachten Fall fand sich extradural ein Geschoß, das das Rücken¬
mark komprimierte wie ein Tumor. Nach der Operation trat Besserung ein.
Bei der sonst absolut schlechten Prognose derartiger Fälle ist schließlich
auch nichts riskiert, wenn die Operation einmal nutzlos ausgeführt wird.
( Borchardt.)
Davidson (93) empfiehlt bei Lähmungen durch Wirbeltuberkulose die
autogene Knocheneinpflanzung nach Albee. ( Jacobsohn .)
Eisberg (109) teilt seine fünfjährigen Erfahrungen auf dem Gebiete
der Rückenmarkschirurgie mit unter Berücksichtigung der von ihm gelegent¬
lich der Operationen gefundenen anatomischen Verhältnisse.
Sehr häufig waren Riickenmarkstumoren vorher übersehen und erst
nach eingehender neurologischer Untersuchung erkannt worden. Hin¬
sichtlich der Sensibilität der Meningen und des Rückenmarks gelang es ihm.
festzustellen, daß die Außenfläche dor Dura unempfindlich, dagegen die
Innenfläche sehr schmerzempfindlich ist.. Das Ligamentum dentatum ist
gefühllos. Dio Oberfläche des Rückenmarks ist nur schmerzempfindlich im
Gebiete der hinteren Rückenmarksstränge, und zwar besonders an der Durch¬
trittsstelle durch die Dura. Eine Erklärung für die bei gewissen Rücken¬
markstumoren auftretenden Veränderungen des Brown-Sequardschen
Komplexes fand er darin, daß der Tumor das Rückenmark nach der ent¬
gegengesetzten Seite gedrängt hatte, so daß durch die Kompression die
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Chirurgische Behandlung.
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sensorischen Störungen an der Seite des Tumors, die motorischen Störungen
aber an der entgegengesetzten Seite aufgetreten waren. ( Bendix.)
In besonderen Fällen von Meningomyelitis, von denen vier ausführlich
mitgeteilt werden, halten Taylor und Stephenson (466) ein chirurgisches
Vorgehen für ratsam. Es sind besonders solche Fälle, in welchen die klini¬
schen Erscheinungen eine Segmentdiagoose gestatten. Die Behandlung besteht
in der Laminektomie, in der Spaltung der Dura und auch in einer Inzision in
die Hinterstränge, wenn das Rückenmark deutliche Infiltration und Schwellung
zeigt. Diese Operation, wenn exakt ausgeführt, schadet dem Patienten jeden¬
falls nicht, kann aber den Heilungsprozeß sehr befördern. Die Dekompression
bewirkt wahrscheinlich eine bessere Blutzirkulation und damit eine schnellere
Absorption der Entzündungsstoffe. Diese Inzision in das Rückenmark er¬
leichtert die Dränage. (Jacobsohn.)
Hennemann (189) versucht, die Spina bifida durch Punktion mit
nachfolgender Einspritzung von Jodtinktur günstig zu beeiuflussen.
(Borchardt.)
Schlesinger (408) berichtet über zwei einschlägige Fälle und rät zu
häufigerer Vornahme einer Probelaminektomie bei nicht feststehender Dia¬
gnose auf Tumor. * (Boi'chardl.)
Ryerson (394) berichtet über ein junges 15jähr. Mädchen, welches bei
Rückwärtsbiegungen der Wirbelsäule Schmerzen, Taubheitsgefühl und Läh¬
mungen in den Beinen bekam, die bei Vorwärtsbeugen verschwanden. Es
ergab sich, daß der fünfte Lendenwirbel auf dem Rreuzbeiu sich verschob.
Durch Knochentransplantation von der Tibia auf Lenden- und Kreuzbein¬
wirbel und dadurch bewirkte Fixation wurde die Verschiebbarkeit des Wirbels
verhindert. (Jacobsohn.)
Biesalski (50) berichtet über die von ihm operierten Fälle — es sind
9 an der Zahl— und zieht aus den Resultaten den Schluß, daß die Förster-
sche Operation für eine kleine ganz bestimmte Gruppe von Fällen ein wert¬
volles therapeutisches Hilfsmittel darstellt; und zwar sind es diejenigen Fälle
von schwerer Paraplegie ohne choreatische bzw. athetotische Bewegungen, bei
denen der Spasmus so im Vordergründe steht, daß er die Lähmungskompo-
ueute verdeckt. (Borchardt.)
Lumbalpunktionen und SplnalflQsslgkeit.
Quincke (363) gibt eine Übersicht über die Indikationen zur Lumbal¬
punktion. Er stellt folgende Grundsätze für ihre Anwendung auf: 1. Die
L.-P. ist grundsätzlich anzuwenden resp. zu versuchen überall da, wo bei
einer lebenbedrohenden zerebrospinalen Drucksteigerung ein Flüssigkeitserguß
als Ursache oder als mitbeteiligt vermutet oder als möglich angenommen
werden darf. 2. Auch bei minder schweren Drucksymptomen gleichen Ur¬
sprungs ist von der L.-P. Linderung der Beschwerden (Kopfschmerz, Be¬
nommenheit, Erbrechen) sju erwarten. 3. In akuten Fällen einfacher seröser
Transsudation (entzündlich oder nicht entzündlich) wird oft schon durch
eine L.-P. auffällige Besserung und eine entschiedene Wendung des Krank¬
heitsverlaufes herbeigeführt. 4. Wo die Besserung vorübergeht, muß die
Punktion wiederholt werden, in akuten Fällen täglich (oder noch öfter), dann
allmählich seltener, in chronischen Fällen in Intervallen von 3 bis 10 Tagen,
selbst monatelang. 5. Bei diesen fortgesetzten Panktionen sind bei der
Indikation für den einzelnen Eingriff ebensowohl der Krankheitsverlauf wie
die einzelnen Symptome und die Ergebnisse der früheren Punktionen zu
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Chirurgische Behandlung.
berücksichtigen. 6. Bei jeder L.-P. sind die technischen Regeln bezüglich
Ausführung und Nachbehandlung genau zu beachten, sind Anfangs- und
Enddruck sowie die entzogene Flüssigkeitsmenge zu messen. 7. Bei eitriger
bazillärer Zerebrospinalmeningitis wird durch methodisch wiederholte Punk¬
tionen sicher sehr häufig günstiger Ausgang ermöglicht, bei tuberkulöser
wenigstens in seltenen einzelnen Fällen. 8. Hirntumoren oder der Yerdacht
darauf bilden keine Kontraindikation gegen L.-P., wenn dieselbe mit gehöriger
Vorsicht ausgeführt wird. Die Punktion kann, wiederholt, Besserung der
Symptome für längere Zeit, selbst bis zum Verschwinden der Stauungspapille
zur Folge haben. ( Jacobsohn .)
Aus einer Durchsicht der bei Lumbalpunktion eingetretenen fatalen
Zufälle ergibt sich nach Schönbeck (414), daß die Lumbalpunktion einen
nicht ungefährlichen Eingriff darstellt, so zwar, daß sie einen vollkommen
Gesunden zu schädigen vermag, unter pathologischen Umständen aber direkte
Ursache des Exitus letalis werden kann. Absolute Kontraindikationen sind
nicht aufzustellen. Man unterläßt die Lumbalpunktion am besten ganz bei
Blutungen in der Schädelrückgratshöhle und bei intrakraniellen, raumbeschrän¬
kenden Prozessen, namentlich bei Tumoren der hinteren Schädelgrube. Große
Vorsicht ist geboten bei Tumoren innerhalb des Wirbelkanals, bei Urämie,
entzündlichen Affektionen des Zentralnervensystems, Hirnabszessen, Arterio¬
sklerose und auch bei Meningitis purulenta. Will man bei intrakraniellen,
raumbeschränkenden Prozessen trotzdem punktieren, so muß man strenge
Vorsichtsmaßregeln anwenden. Als solche kommen in Betracht: 1. vorherige
24stiindige Bettruhe. 2. Punktion bei tiefliegendem Kopf in Seitenlage.
3. Genaueste Beobachtung der Druckhöhe und der Druckschwankungen,
permanent oder nach Abfluß von je 2 ccm. 4. 24—48 Stunden Bettruhe
nach der Punktion, die ersten 12—24 Stunden mit tiefer liegendem Kopf.
5. Vermeidung von Alkohol und geistiger Aufregung nach der Punktion.
6. Allmählicher Übergang aus der liegenden in andere Stellungen. Voll¬
kommen zu verwerfen ist jede Aspiration und die ambulante Lumbalpunktion.
Die Gefährlichkeit der Lumbalpunktion wird in erster Linie durch die mit
ihr verbundene Druekorniedrigung bedingt, die wiederum sekundär zu ver¬
schiedenartigen unheilvollen Mechanismen Veranlassung geben kann. Die
praktisch wichtigsten üblen Folgen der Lumbalpunktion sind Blutungen ex
vacuo und Kommunikationsverlegung. ( Jacobsohn.)
Fla tau (129) berichtet über eine neue Methode der Behandlung der
Zerebrospinalmeningitis, die er als „Methode der Spülung des Subarachnoidal-
raumes“ oder „Lumbalspüluug“ bezeichnet. Er stützt sich auf eine ganze
Reihe eigener Experimente, aus welchen hervorgeht, daß die subarachnoidal in
der Gegend des untersten Lumbosakralteiles injizierte Flüssigkeit in die
Räume des Rückenmarks auf seiner ganzen Höhe eindringt, danu sich in
die große Zisterne der Basis cerebri ergießt, um schließlich bereits
mit geringerer Kraft in die die Gehirnheraisphären umgebenden Subarach¬
noidalräume einzudringen. Die Methode der „Lumbalspüluug“ besteht darin,
daß mau mittels der Lumbalpunktion 10—30 ccm Zerebrospinalflüssigkeit
entnimmt, um unmittelbar daran dieselben Mengen von erwärmter physio¬
logischer Kochsalzlösung zu injizieren. In einer Sitzung wurden im Durch¬
schnitt 200 ccm Zerebrospinalflüssigkeit entnommen und gleiche Mengen
physiologischer Kochsalzlösung eingeführt. Die Methode, welche von den
Kranken vorzüglich vertragen wird, bewährt sich am besten bei eitrigen
Meningitisformen, indem sie mechanisch große Mengen eitriger Zerebrospinal¬
flüssigkeit entfernt und die Wirkung des spezifischen Serums erleichtert.
[Sterling.)
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Boldt (60) empfiehlt die spinale Anästhesie mit Novakain. Er läßt
zuvor etwas mehr Spinalfiüssigkeit abfließen, als er nachher von der medi¬
kamentösen Lösung einspritzt Das auf die Haut zur Desinfektion gepinselte
Jod entfernt er nachher mit Alkohol. Er versetzt jeden Patienten, bei dem
er die Spinalanästhnsie ansfiihrt, vorher in tiefen Dämmerschlaf mit Morphium
und Skopolamin. ( Jacobsolm .)
Moore (311) beobachtete ein 6jähriges epileptisches Kind, das beim Ball¬
spiel rücklings die Treppe runtergefallen war und sich eine Schädelbasisfraktur
zugezogen hatte. Unmittelbar nach dem Fall kam, nach Beobachtung der
Mutter des Kindes, abwechselnd Blut und klare Flüssigkeit aus dem linken
Ohr geflossen, später nur klare Flüssigkeit. Aber diese Flüssigkeit floß nun
fast unaufhörlich tagelang bis zu dem Tode des Kindes, welcher unter menin¬
gitisähnlichen Symptomen (Nackensteifigkeit, Kernigsches Symptom) eintrat.
Während der Krankheitsdauer hat d$r Autor Versuche angestellt, um zu
erweisen, daß die Zerebrospinalflüssigkeit auf echter Sekretion beruht. Ferner
wurde eine Steigerung des Ausflusses nach Atropin und Epinephrenin kon¬
statiert. ( Jacobsohn .)
Peripherische Nerven und Muskeln.
Marburg und Kanzi (288) besprechen eingehend die Schußverletzuugen
der peripheren Nerven, die sie zu beobachten und zu operieren Gelegenheit
hatten. Sie stellen für den operativen Eingriff folgende Indikationen auf: Wenn
nach einer Schußverletzung sich die motorischen und sensiblen Ausfalls¬
erscheinungen einer Nervenverletzung mit völligem Fehlen elektrischer Reak¬
tion verbinden, dann ist nach der Wundheilung der sofortige Eingriff indiziert.
Wenn bei einer Nervenverletzung mit motorischer und sensibler Ausfalls¬
erscheinung die elektrische Reaktion, welcher Art immer, eine progressive
Verschlechterung aufweist, dann ist der Eingriff gerechtfertigt. Wenn bei
einer Nervenverletzung mit motorischen und sensiblen Ausfallserscheinungen,
die sich nicht bessern, die elektrische Entartungsreaktiou durch mehrere
Wochen stationär bleibt, dann ist üfer Fall zu operieren. Gegeuindikationen
sind: Bestehende Eiterungen, deretwegen mau am besten auch nach völliger
Abheilung noch mehrere Wochen zuwartet, und zweitens Krampfzustäude
bestimmter Nervengebiete. ( Jacobsohn .)
Die günstigste Zeit für die Nervennaht liegt nach Spielmeyer (439)
etwa 3—n Monate nach der Verletzung. Die hoch gelegenen Nerveuläsionen
geben ceteris paribus schlechtere Prognose als die peripherer gelegenen,
vielleicht wegen der intensiveren retrograden Zellveräuderung im Zentral¬
organ. Ist der Nerv in seiner Kontinuität noch erhalten, so sollte man
Resektion und Naht nur vornehmen, wenn der Nerv vom Narbengewebe
durchsetzt, auffallend verhärtet oder knollenartig aufgetrieben erscheint.
( Borchardl.)
Die Mitteilungen von Pett&vel (359), welche sich auf Schädelschüsse,
Rückenmarksläsionen und Verletzuugeu peripherischer Nerven erstrecken, sind
außer wegen der eigenen Erfahrungen, über die der Autor berichtet, auch
noch deshalb von Interesse, weil er eine Arbeit von Mr. und Mme D6j6rine
(94a) über Verletzungen peripherischer Nerven aus der Presse mödicale 1915
Nr. 20 referiert, die uns sonst vorläufig nicht zugänglich ist. Mr. und Mme
Dejerine unterscheiden bei den Nervenverletzungen vier Symptomenkomplexe,
die sie unter den Bezeichnungen von: Syndrome d’interruption, Syndrome
de compression, Syndrome d’irritation, Syndrome de restauration beschreiben.
Zur Diagnose der vollständigen Unterbrechung sei neben der vollständigen
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Chirorgische Behandlung.
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motorischen Paralyse die Schmerzlosigkeit beim Druck der Muskelmassen
sehr charakteristisch, während man sich nicht vollständig auf die E. R. ver¬
lassen kann, da diese erst nach einiger Zeit eintritt und nur allmählich ver¬
schwindet im Falle einer Regeneration. Man findet auch eine vollständige
E. R. in Fällen von bloßer Nervenkompression. Die sichere Diagnose der
vollständigen Unterbrechung ohne Regenerationserscheinungen nach mindestens
sechs Wochen stellt nach Dejerine die Indikation zum operativen Eingreifen.
Der Reizungssymptomenkomplex, der sich durch Schmerzen und trophische
Störungen auszeichnet, verlange kein operatives Eingreifen, da die Erschei¬
nungen, allerdings häufig erst nach langer Zeit, spontan zurückgehen. Ana¬
tomisch sind häufig die Läsionen, seien sie endo- oder perineural, sehr gering,
ja makroskopisch nicht erkennbar. Praktisch wichtig ist ferner, zu wissen,
daß der Drucksymptomenkomplex sich vom Unterbrechungssymptomenkomplex
durch die Schmerzhaftigkeit der Muskelmassen und der Nervenstämme auf
Druck sowie durch das Fehlen einer vollkommenen Stichanästhesie unter¬
scheidet Wenn keine deutlichen Regenerationszeichen vorhanden sind, so
besteht die Indikation zur Neurolyse. Bei den Fällen mit klinisch totaler
Unterbrechung soll man das Nervencheloid und die bindegewebige Narbe
resezieren und eine Nervennaht der beiden Nervenstümpfe ausführen.
Von weiterem Interesse ist aus der Mitteilung Pettavels zu entnehmen,
daß die erste Schule für verstümmelte Soldaten in Lyon im Dezember 1914
dank der Initiative des Bürgermeisters M. Heriot eröffnet wurde. Seither
sind solche in großer Zahl in Frankreich gegründet worden. Es werden da
sowohl Bureauangestellte wie Gärtner, Schneider, Schreiner, Buchbinder,
Spielzeugfabrikanten gebildet. Die Leute werden sehr rasch zu ihrem
neuen Berufe ausgebildet. Die Schüler werden in der Anstalt beherbergt,
erhalten einen täglichen Sold von 1,25 Fr., dazu noch den Verkaufspreis
der fabrizierten Waren. Diese Schulen sind sehr populär geworden. Allen
Schülern ist eine gute Stellung im Zivilleben vor ihrer Entlassung zugesichert.
Die Gründung dieser „Ecoles des mutiles“ hat die traurige und ökonomisch
höchst wichtige Frage der Fürsorge der ^Kriegsverstümm eiten in einer sehr
befriedigenden Weise gelöst. ( Jacobtohn .)
Borchardt (62) hat 70 Fälle operiert und teilt die Krankengeschichten
von 56 Fällen unter Beifügung erläuternder Abbildungen mit Er hat nur
schwere Fälle chirurgisch in Angriff genommen, d. h. solche, bei denen
entweder eine Zerreißung des Nerven oder eine schwere narbige Zerstörung
auf Grund der neurologischen Untersuchung angenommen werden mußte.
Die Operation sollte möglichst früh vorgenommen werden, denn erstens ist
sie in diesen Fällen technisch leichter, und zweitens wird durch Zuwarten
die Ausbildung der durch die Lähmung bedingten Kontrakturen befördert;
auch erholt sich der Nerv um so langsamer, je länger er leistungsunfäbig
gewesen ist.
Was die Resultate betrifft, so scheinen sie nicht so günstig zu sein,
als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist, andererseits stiftet die Operation
an sich im allgemeinen keinerlei Schaden. ( Borchardt .)
Oppenheim (338) weist auf die Schwierigkeit in der Beurteilung der
peripheren Nervenschußverletzungen hin, die häufig mit gleichzeitigen Läh¬
mungen anderer Genese (psychogenen, dynamischen) oder mit lokalen Pro¬
zessen in den Muskeln kompliziert sind. ( Borchardt .)
Redlich (371) empfiehlt die Operation der verletzten Nerven neuer¬
dings häufiger als früher, denn erstens ist die Zahl der durchtrennten Nerven
im ganzen doch größer, als man bisher im allgemeinen annahm, zweitens
aber ist auch bei erhaltener Kontinuität der Nerv oft im Innern so schwer
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Chirurgische Behandlung.
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durch Narbengewebe zerstört, daß trotz der bestehenden Kontinuität eine
spontane Restitution unmöglich ist. Man kann übrigens ohne Schaden mit
der Operation 3—4 Monate nach der Verletzung warten. ( Borchardt .)
Voelcker (480) empfiehlt frühzeitige operative Behandlung der Schu߬
verletzungen peripherer Nerven, zumal die Gefahr der Operation eine mini¬
male ist. ( Borchardt .)
Nonne (331) sah unter 264 Fällen 61 Fälle von Neurose, 30 Hirn¬
fälle, 21 Rückenmarksfälle und 152 Fälle von Verletzungen des peripheren
Nervensystems. Was diese letzteren betrifft, so war der Radialis am häufig¬
sten betroffen, ebenso auch der Plexus brachialis. Verf. erörtert dann die
anatomischen Verhältnisse bei der Nervenverletzung und bespricht weiterhin
die Symptomatologie unter Anführung zahlreicher interessanter Einzelheiten.
Am Schluß der Arbeit wird auf die Differentialdiagnose und die Therapie
genauer eingegangen. ^ (Borchardt.)
Exner (120) gibt eine Übersicht über 43 Schußverletzungen peripherer
Nerven. Frische Verletzungen werdeu expektativ behandelt. Man soll sich
zu Operationen entschließen, die langwierige Eiterungen schneller bekämpfen,
weil es darauf ankommt, die Nerveuoperation innerhalb der ersten drei
Monate auszuführen. In einer großen Anzahl (bei Exners Material in über
25%) tritt innerhalb eines Monates Spontanheilung ein. Treten während
dieser Zeit Symptome auf, die eine Einbettung des Nerven in Narbeugewebe
wahrscheinlich machen, dann ist sofort operativ einzugreifen. Erholt sich
die Nervenfunktion nach 2 Monaten nicht, dann ist die Nervenoperation
indiziert. ( Jacobsohn .)
Mehler (303) berichtet über eine Schußverletzung des Plexus brachialis,
bei der durch Neurolyse eine Besserung erzielt wurde. ( Jacobsohn .)
Nicht zu operieren sind nach Auerbach (21) alle leichteren Ver¬
letzungen peripherischer Nerven, alle schweren sind zu operieren; bei den
mittelschweren kann man 6—8 Wochen abwarten. Hat sich in diesem
Zeitraum keine Besserung eingestellt, so sind sie auch zu operieren. Ferner
sind solche Fälle zu operieren, in denen dauernde Schmerzen vorhanden
sind. Die elektro-mechanische Weiterbehandlung kann auch unter Belehrung
und Aufsicht des Arztes vom Pflegepersonal ausgeüht werden. (Jacobsohn.)
In der mit zahlreichen guten Abbildungen versehenen Arbeit wird von
Heile und Hezel (185) über 40 operierte Fälle berichtet. Was die Erfolge
betrifft, so ist bei der Kürze der Beobachtung bisher noch kein definitives
Urteil abzugeben. Operiert wurden alle schweren Fälle, d. h. solche mit
ausgesprochener Entartungsreaktion. Als bester Zeitpunkt zur Vornahme des
Eingriffs erwies sich die Zeit nach Ablauf des dritten Monats. (Borchardt.)
Bei einer Gesamtzahl von 37 Operationen an peripheren Nerven, die
Große (164) ausführte, erzielte er 12 mal guten, 7 mal teilweisen und 18 mal
keiuen Erfolg. (Jacobsohn.)
Gängele (148) berichtet über verschiedene Sehnenverletzungen des N.
radialis, medianus usw. Die Arbeit ist wesentlich chirurgischen Charakters.
Er ist für sofortige Operation. (Jacobsohn.)
Huism&ns (213) berichtet über Schußverlotzungen peripherer Nerven.
Er meint, diß die völlige Durchtrennung des Nerven sehr selten ist, und
befürwortet eine möglichst konservative Behandlung. (Borchardt.)
Auerbach (23) berichtet über einen operativ geheilten Fall von Plexus¬
lähmung durch Schußverletzung. Die Heilung durch Naht ist nach Ansicht
■des Autors deshalb zustande gekommen, weil der Verletzte schon 17 Tage
nach'der Verletzung operiert wurde. (Jacobsohn.)
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Chirurgische Behandlung.
Müller (317) geht auf die Ersatzoperationen näher ein, wenn die
Wiederherstellung des geschädigten N. radialis nicht eintritt. Besonders
notwendig sei die Feststellung im Handgelenk, dann wäre der zu praktischen
Zwecken nötige Faustschluß gewährleistet. (Jaeobsokn.)
Saxl (400) beschreibt einen einfachen Apparat, der den Ausfall der
Streckmuskeln bei der Radialislähmung ersetzt und die Wiederkehr der
Funktion durch Entspannung der überdehnten Muskeln begünstigt.
( Borchardt .)
Im ersten der von Orth (341) mitgeteilten Fälle handelt es sich um
einen Schuß, der in den Leib links unter dem Rippenbogen hinein- und
handbreit über der Spina iliaca rechts binausging. Es bestand bei dem
Verletzten eine Perforationsperitonitis, eine partielle Verletzung des Plexus
ileolumbalis (Hebung des Beins und Streckung des Unterschenkels nicht
möglich). Patient hatte nach der Verletzung 4 Tage absolut gefastet und
erhielt auch im Lazarett zunächst nur Knochensalzklysmen. Erst vom nennten
Tage ab erhielt der Verletzte Nahrung per os. Die Zerreißung des Plexus
lumbalis chirurgisch anzugreifen, war unmöglich. Es wurde eine Sehnen¬
plastik (Oberpflanzung des intaktgebliebenen Bizeps auf den gelähmten Qua-
drizeps) gemacht, die zu vollem Erfolge führte.
Im zweiten Falle war die Haltung der Hand an der verletzten Extre¬
mität diejenige, wie man sie bei der Radialislähmung zu sehen gewöhnt ist
Die elektrische Untersuchung ergab aber für den Radialis nur eiue quanti¬
tative Herabsetzung der Erregbarkeit, während die Erregbarkeit für den
Ulnaris vollkommen aufgehoben war. Bei der Operation zeigte sich auch
der N. ulnaris eiugeschnürt im Narbengewebe. Nach Isolierung des N.
ulnaris setzt drei Tage nach der Operation die vorher gelähmte Bewegung
im Radialisgebiet ein, so daß es den Anschein hat, als sei durch Freilegung
des Ulnaris die quantitative Schädigung des Radialis behoben worden. Eine
sichere Erklärung dieses merkwürdigen Befundes kann der Autor nicht geben.
( Jacobsohn .)
Der von Beck und Reither (43) mitgeteilte Fall ist folgender: Ein
Mann, welcher am 2. August 1915 einen Gewehrschuß mit Verletzung des
rechten Nervus ischiadicus erlitt, trug eine vollkommene schlaffe Peroneus¬
lähmung davon. Der Befund blieb unverändert bis zum 28. September.
Bei der Operation ergibt sich, daß der laterale Teil des Ischiadikus mit der
strangförmig durch die Muskulatur ziehenden Narbe verwachseu ist. Nach
der Isolierung des Nerven ergibt sich, daß nur die drei lateralst gelegenen,
ca. 2—3 mm dicken Nervenbündel auf eine Strecke von 2 cm durch eine
Schwiele ersetzt sind. Andere Nervenbündel sind in das schwielig verdickte
Perineurium eingelagert. Erstero werden reseziert und durch Naht wieder
vereinigt, letztere aus dem derben Gewebe befreit und letzteres reseziert,
das ganze in einen Fettfaszienlappeu eingescheidet. 22 Tage nach der
Operation ist die Peroneuslähmung so gut wie beseitigt. Patient kann das
Sprunggelenk bis auf 90° strecken, bann ohne Stock gut gehen; die fara-
dische Reaktion, sowohl indirekt als direkt, ist zurückgekehrt.
( Jacobsohn .)
Stoffel (458) betont, daß bei der Neurolyse neben dem perineuralen
Narbengewebe das sogenannte endoneurale Narbengewebe die gleiche Aufmerk¬
samkeit erfordert. Bei jeder Neurolyse sollte man den narbig veränderten
Nerven in der Längsrichtung einschneiden und die einzelnen Bahnen, we¬
nigstens die motorischen, aus dem sie umgebenden Narbengewebe befreien.
Die Kenntnis der Nervenquerschnittstopographie ist dabei natürlich uner¬
läßlich. ( Borehardt .)
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Chirurgische Behandlung.
601
Die Funktion des resezierten und dann genähten Nerven in dem von
Thiemann (468) mitgeteilten Fall begann nach den Angaben des Patienten
schon in der zweiten Woche. Drei Wochen nach der Operation wurde sie
vom Verfasser selbst einwandfrei konstatiert. Die vollständige Funktions¬
fähigkeit hatte sich nach kaum drei Monaten bereits eingestellt.
( Borchardt .)
Wenn eine Nervenläsion festgestellt ist und nach den ersten Wochen
keine Besserung der Symptome eintritt, muß nach Hirschei (198) die Ope¬
ration vorgenommen werden. Die Nahtstelle bzw. die vom Narbengewebe
befreiten Nerven sind in Faszie oder Fett einzuhüllen. Gute Dienste leisten
auch in dieser Hinsicht präparierte Kalbsarterien. (Borchardt.)
Cassirer (81) schlägt abweichend von dem im Frieden geübten Ver¬
fahren möglichst frühzeitige operative Freilegung der verletzten Nerven in
schweren Fällen vor, allerdings erst dann, wenn die Wunde verheilt ist.
Natürlich ist in vielen Fällen auch ohne Operation eine Restitution zu er¬
warten, so daß der chirurgische Eingriff nur nach genauer vorheriger neuro¬
logischer Untersuchung vorgenommen werden darf. (Borchardt.)
Kredel (246) hat in einem zufällig gewonnenen Präparat festgestellt,
daß die zur Einscheidung des Nerven benutzte, hei der Operation ganz
locker herumgelegte Faszie dem Nerven ganz fest anlag und ihn gewisser¬
maßen umklammerte. Gegen die Faszienumhüllung bestehen demnach auf
Grund dieser Erfahrung doch einige Bedenken. (Borchardt)
Schmiegelow (412) hat in zwei Fällen einen Akustikustumor auf dem
Wege durch das Labyrinth hindurch mit Erfolg entfernt. Die Operation
ist verhältnismäßig ungefährlich und sollte bei frühzeitig gestellter Diagnose
unbedenklich versucht werden. (Borchardt)
Die Gesetze der Nervenmechanik sind nach Stoffel (456) von Be¬
deutung für die Möglichkeit der Nervenverletzungen überhaupt, für ihre
speziellere Art und ihre Schwere. Sie sind aber auch für die Vorbehandlung
vor der Nervenoperation ausschlaggebend, indem durch richtige Stellung
der Extremitäten ein Klaffen der Stümpfe nach Möglichkeit zu vermeiden
ist. Die Operation selbst sollte am besten im Kriegslazarett ausgeführt
werden. Über die Einzelheiten der Nervenoperationen und über das am
besten anwendbare Instrumentarium gibt Verfasser wertvolle Hinweise.
( Borchardt.)
Wilms (499) empfiehlt, wo irgend möglich, die frühzeitige Nerven¬
operation, eventuell in diagnostisch zweifelhaften Fällen eine Probeinzision,
die ja in keinem Fall etwas schaden kann. Der operative Eingriff ist um
so nötiger, als die durch den Schuß bedingten anatomischen Veränderungen
am Nerven für die Spontanheilung — auch bei Anwendung der Stoffel-
schen Entspannungsmethode — ungünstig sind. (Borchardt.)
Cahen (74) fand am häufigsten den Ischiadikus bzw. seine Ver¬
zweigungen betroffen, ebenso den Radialis. Der chirurgische Eingriff sollte
nicht länger aufgeschoben werden, al9 es zur Gewinnung eines sicheren
Urteils über die Art der Nervenläsion und eines aseptischen Operations¬
terrains erforderlich ist. Bei Besprechung der Technik erwähnt C. seine
Methode zur Ausfüllung von Nervendefekten durch einen sensiblen Nerven
(Cutaneus antibracbii medialis zur Defektdeckung am Ulnaris).
(Borchardt.)
Nach den Erfahrungen Reichmann’s (374) sind an der oberen Ex¬
tremität die Plexusschüsse sehr häufig, dagegen ist der Radialis nicht so
oft befallen, wie es von den meisten Autoren angegeben wird. Die Sym¬
ptomatologie und die einzuschlagende Therapie wird kurz besprochen. Über
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(J02 Chirurgische Behandlung.
die Erfolge der operativen Behandlung ist ein Urteil bisher nicht recht ab*
zugeben. ( Borehardt .)
Stoffel (457) hat durch experimentelle Untersuchungen an Affen fest*
gestellt, daß die Extremitätennerven durch ganz bestimmte Stellungen des
betreffenden Gliedes entspannt bzw. gespannt werden, und daß bei Durch¬
schneidung je nach dem augenblicklich bestehenden Spannungsgrade ver¬
schieden große Diastasen entstehen. Die Diastase läßt sich auch noch
längere Zeit nach der Verletzung durch geeignete Stellung der Extremitäten
beeinflussen. Indem Verfasser die zur Vermeidung großer Lücken zwischen
den Stümpfen erforderliche Gliedstellung für die einzelnen Extremitäten¬
nerven mit allen Details beschreibt, empfiehlt er nachdrücklich die Be¬
rücksichtigung seiner experimentellen Untersuchungen für die Nervenver¬
letzungen des Menschen. ( Dorchardt .)
Enderlen (111) schnitt am Plexus axillaris eines Hundes ein 3 cm
langes Stück aus dem N. radialis aus und pfropfte sowohl das zentrale wie
peripherische Ende des durchschnittenen Nerven in den N. medianus ein.
Nach 3 Wochen erholte sich die Funktion des aufangs gelähmten Nerven
auffallend rasch. Eine spätere Biopsie ergab, daß die beiden Stümpfe des
Radialis vollkommen mit dem Medianus verwachsen waren, und daß sich
sowohl vom zentralen wie peripheren Stumpfe elektrisch typische Radialis-
bewegungen auslösen ließen. ( Jacobsohn .)
v. Hofmeister (205) hat in 24 Fällen, deren Krankengeschichten mit¬
geteilt werden, Nervenpfropfuugen ausgeführt. Die Beobacbtungszeit ist im
ganzen noch zu kurz, um über die Ergebnisse schon ein Urteil abgeben zn
können. Immerhin aber beweisen einige Fälle, bei denen bereits eine
Besserung eingetreten ist, den Wert der vom Verfasser angewandten Me¬
thode der Doppelpfropfung, die darin besteht, daß der gesunde Nerv nicht
als Neurotiseur, sondern nur als Brücke benutzt wird. Die Technik wird
genau angegeben. ( Dorchardt)
ßerulanos (151) hat in einem Fall von traumatischer Serratuslähmung
den Pectoralis major mit gutem Erfolg zum Ersatz herangezogen. Ein
zweiter Fall betraf eine ausgedehnte Schultergürtellähmung beider Seiten,
bei dem 4 Operationen vorgenommen wurden. Auch dieser Fall ergab ein
befriedigendes Resultat. Die Krankengeschichten werden mitgeteilt.
( Borehardt .)
Auerbach (22) empfiehlt zur Tubulisation der Nerven nach Neurolysen
und Nervennähten Röhrchen aus Galalith, einem Kaseinpräparat, zu ver¬
wenden. Sie werdeu in kochendem Sodawasser so weich, daß man sie der
Länge nach aufschneiden und um den Nerven herumlegen kann. In der
Körperwärme verharrt das Galalith in einem mittelweichen Zustande.
( Jacobsohn .)
Bei einem 23jährigeu Soldaten mit typischer Radialislähmung fand
Lang (252) bei der Inzision im Sulcus bicipitalis einen 6 cm laugen Defekt
des Radialis, welchen er in der Weise ersetzte, daß er den proximalen und
distalen Nervenstumpf in den N. musculo-cutaneus einpfropfte, u. z. mittels
zweier halbförmiger Inzisionen in den Nerv. Die keilförmige Inzision be¬
zweckt eine innigere und ausgedehntere Fibrillenberührung beider Nerven.
Erste Anzeichen eiuer Nervenleitung bereits 24 Stunden nach der Operation,
und nach drei Wochen fast vollkommene Fuuktionsherstellung. Der ver¬
nähte Nerv wurde mit einer Faszienhülle versehen. Bloß auf aseptischem
Boden ist ein Erfolg einer solchen Operation zu erwarten. ( Hudoveniig .)
Hoffmann (202) hat eiue Methode angegeben, nach der es möglich
ist, festzustellen, ob ein genähter Nerv auswächst, noch bevor eine motorische
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Chirurgische Behandlung.
603
oder sensible "Wiederherstellung zu finden ist. Die Methode besteht darin,
-daß man die auswachsenden sensiblen Fasern des Nerven distal von der
Nahtstelle durch Druck oder Beklopfen („Klopfversuch“) reizt, wodurch
man im positiven Fall eine Empfind ung (Parästhesie) auslöst, die in das
sensibel gelähmte Gebiet des unterbrochenen Nerven verlegt wird. Das
Klopfen muß möglichst lokalisiert werden. Die durch das Klopfen ausge¬
löste Empfindung überdauert den Reiz ziemlich lange Zeit. Mit dieser
Methode kann sehr gut das Fortschreiten der Regeneration verfolgt werden,
insofern nach und nach das Reizungsgebiet, das zunächst nahe der Naht¬
stelle gelegen ist, sich immer weiter distalwärts ausbreitet, bis es das End¬
gebiet erreicht hat. Auch die Geschwindigkeit der Regeneration läßt sich
danach feststellen. Es wäre vielleicht auch möglich, mit Hilfe dieser Methode
die Stelle der Verletzung zu bestimmen. ( Jacobsohn .)
Je peripherer mau einen motorischen Nerven durchschneidet, um so
rascher und sicherer tritt — nach experimentellen Untersuchungen von
Erlacher (116) — seine Regeneration ein, die von einer außerordentlichen
Überproduktion von Fasern begleitet ist. Schon in kürzester Zeit (16 Tage)
ist oft vollständige Wiederausbildung der motorischen Endplatten erfolgt.
Ein abgetrennter Muskellappen kann von dem darunter liegenden gesunden
Muskel ausreichend mit nervösen Elementen versorgt werden. Ein abgetrennter
Muskellappen, der mit seiner gesunden Unterlage, wenn auch nur in binde¬
gewebiger Verbindung bleibt, geht rasch eine degenerative Veränderung ein,
die sich hauptsächlich in teilweisem bröckeligem Zerfall der Muskelfasern
kundgibt, die sehr schmal, aber parallel angeordnet sind, deren Konturen meist
verwischt erscheinen bei stärkerer Vermehrung der Kerne, dabei ist die
Längsstreifung deutlich, die Querstreifung nur eben noch angedeutet, jedoch
fand Erlacher nie das Bild hochgradigster Degeneration. Unter dem Ein¬
fluß der regenerierten motorischen Nervenfasern geht aber eine lebhafte
progressiv regenerative Umbildung vor sich, so daß man nach 6 Wochen
das Muskelgewebe als funktionell und anatomisch wiederhergestellt betrachten
kann. Alle Nerven in der abgetrennten Partie degenerieren in kürzester
Zeit und werden resorbiert. Es gelingt, einen gelähmten Muskel dadurch,
daß man ihn breit mit einem gesunden in Verbindung bringt, von diesem
aus, das ist muskulär, zu neurotisieren. Es gelingt ferner den frei trans¬
plantierten Muskellappen reaktionslos zur Einheilung zu bringen, ferner das
Transplantat durch Ernährung von außen her so lange vor der Nekrose zu
schützen, bis nutritiver Neuanschluß erfolgt. Es zeigte sich, daß unter
rasch eintretendem nervösem Anschluß Muskelgewebe selbst aus den Stadien
höchster Degeneration sich wieder zu funktionsfähigem Muskelgewebe rege¬
nerieren kann und nicht durch Bindegewebe ersetzt wird, daß aber dazu
die doppelte Zeit notwendig ist, weil erst nach der Regeneration des Nerven
die Regeneration des Muskels erfolgt. Erlacher ist überzeugt, daß man
auch beim Menschen mittels Autotransplantation ein funktionell und ana¬
tomisch gutes Resultat erzielen würde, wenn man z. B. bei einem trauma¬
tischen Muskeldefekt, vorausgesetzt, daß noch ein mit seinem Nerven in Zu¬
sammenhang stehender Rest des Muskels erhalten geblieben ist, diesen durch
einen freien Lappen eines gesunden anderen Muskels decken und dabei das
Transplantat mit seiner angefrischten Seite breit mit der erhaltenen Unter¬
lage vernäht. ( Jacobsohn .)
Kirk und Lewis (235) haben an Hunden Stückchen aus peripherischen
Nerven exzidiert und nun zwischen dem zentralen und peripherischen Stumpf
eine röhrenförmige Brücke aus Faszien gemacht, wobei die glatte Fläche
der Faszie die Innenwand der Verbindungsröhre bildete. Sorgfältige Ver-
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Chirurgische Behandlung.
nähung der Faszientabe mit dem zentralen und peripheren Ende der rese¬
zierten Nerven, Vermeidung aller Zerrung der Nervenstiimpfe und sorgfältigste
Blutstillung ist zum Gelingen der Nervenregeneration erforderlich. Diese
Nervenregeneration haben die Autoren nun schrittweise in der Verbindungs¬
röhre beobachtet und anatomisch kontrolliert, indem sie in regelmäßigen
Zeitabständen die Faszienröhre untersuchten. Die neugebildeten Fasern,
und zwar fiir eine lange Zeit die Achsenzylinder, wachsen nur aus dem
zentralen Stumpfe aus und in ein pulpöses Gewebe hinein, welches sich
vorher im Tubus gebildet hat. Dieses Auswachsen geht langsam weiter
nach dem distalen Ende zu. Eine Strecke von 1 cm Länge wurde in ca.
9 Wochen überbrückt. Erst sehr spät bilden sich die Markscheiden.
{Jacobsohn.)
Lengfellner und Frohse (263) besprechen die Überpflanzungsmöglich¬
keiten des N. femoralis, obturatorius und ischiadicus und die Technik dieser
Überpflanzungen. ( Jacobsohn .)
Cadwalader (73) berichtet über einen Patienten, der in eine Maschine
mit dem linken Arm geriet, wo letzterer so stark gezerrt wurde, daß dauach
eine vollkommene motorische und sensible Lähmung der linken oberen Ex¬
tremität eintrat. Nur die Rhomboidei funktionierten noch; auch die sym¬
pathischen Fasern des Ram. communicans der ersten Dorsalwurzel waren
betroffen. Neben der Anästhesie bestanden starke neuralgische Schmerzen
in der linken Hand. Bei der Freilegung des Plexus sah man, daß die
Wurzeln in Narbenstränge eingebettet waren, und daß sie vollständig dege¬
neriert waren. Die Loslösung aus dem Narbengewebe führte keine Besserung
der Lähmung oder Schmerzen herbei. ( Jacobsohn .)
Woods (504) berichtet über eine schwere Verletzung beider Nn. ischi-
adici durch Sturz von einem Baum auf dio Gesäßgegend. Ein Jahr nach
der Verletzung war eine Schwäche in den vom Ischiadikus versorgten Mus¬
keln vorhanden. Außerdem bestanden Sensibilitäts- und trophische Störungen
im Gebiete des N. cutaneus femoralis posterior mit Einschluß seines glutä-
alen und pudendalen Astes und mit Einschluß des N. saphenus ext. auf der
rechten Seite. Da die Schädigung schon so lange Zeit zurücklag, wurde
in operativer Hinsicht nichts mehr unternommen. ( Jacobsohn .)
Perkins (354) macht darauf aufmerksam, daß bei Radikaloperationen
am Ohr man leicht gröbere Schädigungen des N. facialis dadurch ver¬
meiden kann, wenn man denjenigen, welcher die Narkose leitet, auf Zuckungen
in der Gesichtsmuskulatur des Operierten achten läßt Solche Zuckungen
sind gleichsam Warnungssignale, welche anzeigen, daß man den Nerven
schon mit dem Instrument gereizt hat und man nun vorsichtig sein muß,
um ihn nicht schwer uud dauernd zu schädigen. ( Jacobsohn .)
Neuhof (327) teilt eine Auzahl von partiellen Lähmungszuständen der
oberen Extremität mit, die oft schwere funktionelle Störungen verursachten
und mit gutem Erfolge operiert wurden. ( Jacobsohn .)
Orthopädische Behandlung.
Vulpius (482) behandelt in allgemeinen Ausführungen die orthopädische
Prophylaxe und Therapie im Kriege. ( Jacobsohn .)
Heymann (191) hat für Radialislähmungen folgenden Hilfsapparat
konstruiert: Er besteht aus einer gewalkten Ledermanschette von 12: 15 cm
Breite, auf dereu Streckseite eine Feder aufgenietet ist. Diese Feder liegt
dem Handrücken bis etwa zur Mitte der Metakarpi auf, teilt sich dann
und zieht die Metakarpophalangealgelenke freilassend zur Handfläche, wo
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Chirurgische Behandlung.
605
sich entsprechend der Falte am Grunde der Finger der Ring schließt. Die
Feder ist aus Bandstahl geschmiedet und auf dem Handrücken nur so stark,
daß durch sie das Gewicht der Hand und der Zug der Flexoren aufgehoben
wird. Wird die Hand aktiv gebeugt, so wird nach Aufhören des Muskel¬
zuges durch die Feder die Hand passiv wieder in die Strecksteilung gebracht.
Die Spanne der Handfläche ist so schmal, daß sie, in der Fingergrundfalte
liegend, den Faustschluß nicht stört. Es können mit dieser Schiene auch
dünne Gegenstände fest ergriffen werden. Die Abduktion des Daumens
besorgt ähnlich wie bei dem Spitzyschen Apparat eine Drahtfeder. Der
Apparat wird bei G. Wildschütz, Düsseldorf, Kölner Straße 279 a, angefertigt.
( Jacobsolm .)
Levy (269) beschreibt einfache Apparate a) zum Beugen der Finger
im Mittelgelenk, b) zum Beugen der Finger im Grundgelenk, c) zum Strecken
der Finger im Mittel- und Grundgelenk, d) zum Handbeugen, e) zum Hand¬
strecken, f) zur Pronation und Supination, g) zum Beugen und Strecken
im Ellenbogengelenk, h) zum Armheben im Schultergelenk. Der rascheste
Weg, die Mannschaften mit Ankylosen und Kontrakturen felddienstfahig zu
machen, ist die Wechselbehandlung, d. h. nachts passive Korrektur, wozu
die angegebenen Apparate dienen, und tags fleißige Übungen. ( Jacobsohn .)
Für die Nervenverletzung ist, wie Mayer (297) ausführt, eine Schiene
gerade so wichtig, wie für eine Knochenverletzung. Für die Radialisbehand-
lung wird dabei die Hand extendiert und supiniert. Für die Axillarislähmung
wird der Arm mindestens bis zum 90. Grad abduziert, für den N. medianus
werden die Finger und Hand stark flektiert, für den N. ulnaris werden die
Finger gespreizt, flektiert in dem proximalen, extendiert in den beiden di¬
stalen Gelenken. Sind Flexoren und Extensoren gelähmt, wie bei einer
Ischiadikus- oder bei gleichzeitiger Radialis- und Medianusverletzung, dann
benutzt man die Mittelstellung. Gewöhnlich erholen sich die Flexoren rascher
als die Extensoren. Dementsprechend muß man die Lage ändern, sobald
eine Muskelgruppe überwiegend kräftig wird. ( Jacobsohn .)
Riedl (380) baute für Kriegskrüppel folgende Heilgeräte: einen Finger¬
beuger für versteifte Finger, einen Fingerstrecker, einen Unterarmdreher,
einen Armstreckstuhl, einen Kniebeugestuhl, einen Kniestrecker, eine Bein¬
beugebank, einen Fingerkrafttisch, einen Schulterkreisel, ein Schulterrad,
eiuen Fußdreher, einen Kraftüber, einen Daumenkreisel, einen Fingerspreizer.
(< Jacobsohn .)
Welty (489) hat eine Fußstützmaschine konstruiert, durch welche bei
Peroneuslähmung die Dorsalflexion des Fußes sich ganz beliebig variieren
und so der Stärke der vorhandenen Lähmung und der Schlaffheit des Gelenks
anpassen läßt. Auch soll der Apparat die Möglichkeit besitzen, in geeig¬
neten Fällen auf den äußeren Fußrand stärker hebend einzuwirken, wie auf
den inneren und umgekehrt. Der Apparat wird vom Autor näher beschrieben.
( Jacobsohn .)
In zwei Fällen von hemiplegischer Kontraktur hat Mayer (296) nach
der Methode von Biesalski durch achtwöchige Behandlung die Deformi¬
täten fast korrigiert und den Gang sehr verbessert. Die überdehnten,
scheinbar gelähmten Streckmuskeln der Hand und des Fußes haben sich
nach richtiger Einstellung erholt Um den Fuß aus der Spitzfußstellung zu
bringen, wurde tagsüber die Biesalskische Spiralfederschiene benutzt, nachts
wurde eine entsprechende federnde Metallschiene angewandt. Für den Arm
und die Hand wurde eine leichte Stahlschiene, welche zu gleicher Zeit die
Pronation des Armes und die Flexion der Hand und der Finger korrigiert,
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606
Chirurgische Behandlung.
yerwendet. Dazu kamen einfache Übungen, welche die Patienten zu Hause
ausführten. Mayer tritt warm für systematische Frühbehandlung der Hemi¬
plegie ein. Dadurch verhütet man die Entstehung von Deformitäten und
ermöglicht eine Erholung der gelähmten Muskeln. ( Jacobsohn .)
Horwitz (209 a) schildert eine besondere Schnürvorrichtung am Stiefel,
wodurch es gelingt, den gesunkenen Fuß bei peripherischer Peroneuslähmung
so zu heben, daß der Gang ohne Störung vonstatten geht und der Fuß
selbst bei größeren Märschen nicht ermüdet. ( 'Jacobsohn .)
Aoge, Ohr and Schildknorpel.
In dem von v. Hippel (196) mitgeteilten Falle handelte es sich um
eine vor 16 Jahren erfolgte doppelte Perforation des Bulbus durch ein
Schrotkorn; die Flugbahn desselben durch den Glaskörper war von einem
runden Bindegewebsstrang ausgefüllt, der vorne und hinten in fester Ver¬
bindung mit der Bulbuswand stand. Man mußte annehmen, daß Schrumpfung
dieses Stranges die letzte Ursache einer bei dem Patienten eingetretenen
Netzablösung war. Es ergab sich die Notwendigkeit: möglichst sichere
und möglichst schonende Durchschneidung des ophthalmoskopisch sicht¬
baren drehrunden Stranges. Die Durchschneidung gelang, die Netzhaut
legte sich danach wieder an und Patient war vor Erblindung gerettet.
( Jacobsohn .)
Hofer (199) berichtet über 6 Fälle von Schußverletzungen in der
Nähe des Ohres. Im ersten Falle (Durchschuß des Processus mastoideus)
und im zweiten Falle (Zertrümmerung und Steckschuß der Schläfenbein¬
schuppe) trat, trotzdem die Schußverletzuug in unmittelbarer Nähe des
inneren Ohres erfolgte, keine Läsion desselben ein (Schnecke und statischer
Teil desselben funktionierten normal); im dritten Falle (Schußfraktur der
Schläfenbeinschuppe und des Bodens der mittleren Schädelgrube) und im
vierten Falle (Schädelsteckschuß in der hinteren Schädelgrube) trat nur eine
teilweise Läsion der Schnecke bei lntaktbleiben des statischen Teiles des
Ohrlabyrinthes auf; im fünften Falle (Durchschuß des Warzenfortsatzes mit
Fissurierung desselben) erfolgte eine Ausschaltung des kochlearen Teiles
(Schnecke) bei Intaktheit des vestibulären (statischen) Teiles; die Taubheit
besserte sich allerdings bis zu höhergradiger Schwerhörigkeit; im sechsten Falle
(Tangentialschuß der Schläfenbeinschuppe mit Fissurierung des Felsenbeins)
wurde das innere Ohr gänzlich und bleibend ausgeschaltet. Schußverletzungen
werden das innere Ohr um so mehr schädigen, je näher der Felsenbein¬
pyramide der Schußkanal gelegen ist, und je mehr er durch kompakte
Knochen geht. ( Jacobsohn .)
Haymann’s (181) Arbeit besteht in einer allgemeinen Erörterung der
Schußverletzungeu des Ohres an der Hand der bisherigen Literatur.
(Jacobsoh «.)
Es gelingt nach Payr (348) durch einen der Stimmbandlage entsprechend
aus dem Schildknorpel ausgeschnittenen U-förmigen Knorpellappen, der auf
der gelähmten Seite gegen Stimmuskel und wahres Stimmband in die Tiefe
gedrückt und in dieser Lage testgehalten wird, dieses in Medianstellung zu
bringen. Durch die in ihrer Lage und Form als unveränderlich anzusehende
„Knorpelprothese“ erhält das gelähmte Stimmband einen festen Halt und
ermöglicht den bis dahin fehlenden Glottisschluß. Der mit dem Verfahren
erzielte Erfolg wäre ganz vorzüglich. (Jacobsolui.)
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Chirurgische Behandlung.
607
Neuralgie.
In zwei Fällen von Schußverletzungen des N. ischiadicus, in deren
Verlauf heftige Neuralgien auf traten, die ins ganze Bein ausstrahlten, wurde
von Brunzel (69) die stumpfe Nervendehnung in Narkose ausgeführt und
dadurch sofort Heilung erzielt. ( Jacobsohn .)
Blind (55) meint, daß reine Ischias im Felde öfters zur Beobachtung
kommt als in Friedenszeiten, wo der Symptomenkoraplex häufig sekundärer
Art ist. Er empfiehlt therapeutisch die unblutige Nervendehnung, durch
welche er in vielen Fällen die Ischias schon nach mehreren Stunden ge¬
heilt hatte. ( Jacobsohn.)
Schoppe (415) unterzieht die bisher üblichen Methoden der Iscbias-
operation bezüglich ihrer Erfolge einer Kritik, die nicht zugunsten des
operativen Eingriffs ausfällt. Über die Neurolyse und die neuerdings von
Stoffel vorgeschlagene partielle Resektion ist allerdings ein definitives
Urteil noch nicht abzugeben. ( Borchardt .)
Drüsen.
Die Mitteilung von Klose (237) ist eine kurzo Darstellung über die
Funktion der Thymusdrüse, über mechanische Störungen einer zu großen
Thymusdrüse, über Indikation zum chirurgischen Eingriff, über direkte Ope¬
rationen an der hyperplastischen Thymusdrüse, über Thymushämorrhagien
bei Neugebornen, über metastatische Entzündungen der Thymusdrüse, über
Vergrößerung der Thymus- und Schilddrüse, über Thymushyperplasie und
Morbus Basedowii, über Operationserfolge der Schilddrüsen- und Thymus¬
exzision bei Basedowscher Krankheit, über Thymustumoren. (Jacobsohn.)
v. Haberer (168) teilt einen Fall mit, der nach der Operation ge¬
storben ist. Bei der Operation fand sich eine sehr große Thymus, von der
der Operateur offenbar zu wenig entfernt hat, da man eine so überaus
große Thymus — sie wog 70 g — nicht vermuten konnte. Aus diesem
Fall erhellt wiederum die schon oft betonte Bedeutung der Thymus für die
Pathologie der Basedowschen Krankheit. ( Borchardt .)
Starck (443) berichtet über 69 Fälle von Operationen bei Basedow¬
scher Krankheit. Die Mortalität beträgt 9 %,. die Heilung 30 %. Besserung
wurde in 35—40% erzielt. Das Blutbild ist durch die Operation in keiner
Weise beeinflußt worden. Die persistierende Thymus scheint eine Gefahr
bei der Operation zu bedeuten. Der Chirurg sollte sich daher in jedem
Falle vor der Resektion der Struma überzeugen, ob eine Struma vorhanden ist.
(Borchardt.)
Merhaut’s (304) Erfahrungen (die Statistik beigegeben) gehen dahin:
1. Es existieren tatsächlich Fälle, die sich konservativ heilen lassen; aber
eine beträchtliche Prozentzahl stirbt daran. 2. Operative Therapie hat
bessere Resultate, namentlich geringe Mortalität. Die Symptome verschwinden
sehr bald, was namentlich von sozialer Bedeutung ist. 3. Die Nichterfolge
sind der unrichtigen Indikation — akute und subakute Formen — oder
unrichtiger Ausführung der Operation zuzuschreiben — ungenügendes Ent¬
fernen des Drüsenparenchyms usw. (Jar. StuchUk.)
Die Resultate der Arbeit von Kaelin (224) sind folgende: 1. Die
einfache benigne Struma kann durch Druck den Grenzstrang des Sympa¬
thikus beeinträchtigen. 2. Nach Extirpation der betreffenden Kropfhälfte
bilden sich in einem Teil der Fälle die Sympathikussymptome zurück, in
anderen Fällen bleiben sie bestehen. Von den Augensymptomeu schwindet
zuerst die Ptosis und erst nachher die Miosis. 3. Der Sympathikus kann
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608
Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems.
bei einfacher Kropfoperation verletzt werden. Derbe, peristramitische Ver¬
wachsungen begünstigen das Zustandekommen der Verletzung. 4. In der
Kegel bandelt es sich dabei um Lähmungssymptome. Auch hier sind sie
einer Rückbildung fähig. Zuerst schwindet die Ptosis und dann die Miosis.
5. Die operative Sympathiknslähmung bildet eine beachtenswerte Störung,
die durch sorgfältiges Vorgehen im Gebiet der Arteria thyreoida inferior
nach Möglichkeit zu vermeiden ist. ( Jacobsohn .)
Bei einer 36jährigen Patientin Obdl’s (333) zeigten sich bereits am
zweiten Tage nach einer Strumaresektion Erscheinungen der Tetanie, welche
rasch zu voller Ausbildung gelangten, mit psychischer Unruhe. Schilddrüsen-
und Nebenschilddrüsentabletten ohne Erfolg. Am 24. Tage Transplantation
von Epithelkörperchen in das subfasziale präperitoneale Bindegewebe; bereits
am 2. Tage lassen die krampfhaften Erscheinungen nach, sukzessive Besserung,
Heilung; während einer dreimonatigen Beobachtungszeit keinerlei Tetanie¬
erscheinungen. ( Huäovernig .)
Canestro (75) hält die endouasale Operationsmethode, die er gelegent¬
lich eines operierten Falles von Hypophysentumor beschreibt, für die beste
zur Entfernung derartiger Geschwülste. ( Jacobsolm .)
Blamenthal (56) hat an Schädeln die Lage der Keilbeinhöhle zum
Türkensattel durch Sondeneinführung in die Höhle und nachherige Röntgen¬
aufnahme festgestellt. Es zeigte sich, wie außerordentlich variabel das Lage¬
verhältnis beider Gebilde ist. Er schlägt vor, ein analoges Vorverfahren
vor jeder Hypophysenoperation einzuschlagen, um tödliche Blutungen oder
Verletzungen wichtiger Hirnabschnitte zu verhüten. ( Jacobsolm .)
Der Titel der Arbeit von Sewall (425) besagt im großen und ganzen
den Inhalt der Arbeit. ( Jacobsolm .)
Tetanusbehandlung.
Riehl (381) schlägt vor, alle verunreinigten, namentlich durch Artillerie¬
geschosse verursachten Wunden mit Chlorverbänden — 1 Teil Chlorkalk,
9 Teile Bolus alba — zu versehen, um der Tetanusgefahr vorzubeugen.
Da Chlor Kobragift vernichtet, ist eine ähnliche Einwirkung auch auf das
Tetanusgift zu hoffen, die freilich erst erwiesen werden müßte. ( Cordet)
Ritter (383) betont, daß die prophylaktische Tetanusbehandlung haupt¬
sächlich in einer Wundbehandlung besteht, da aber die Exzision der Wund¬
ränder sich nicht immer rechtzeitig genug im Feld bewerkstelligen lasse,
müsse eine Verätzung eintreten. Die hierzu geeigneten Mittel seien noch
nicht einwandfrei gefunden, seien aber sicher unter den balsamischen zu
suchen. ' (Cordes.)
Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems.
Ref.: San.-Rat Dr. S. K a 1 i s c h e r - Schlachtensee.
1. Adler, Alfred, und Furtmüller, Carl, Heilen und Bilden. Ärztl. pädagog. Arb. d.
V. f. Individual-psyohol. München. Reinhardt.
2. Adler, Hilde, Erfahrungen mit der MagnesiumBulfatbehandlung des Tetanus bei
Kriegsverletzungen. Dissert. Freiburg i. Br.
3. Alter, W., Epilepsie und Koohsalz. Psyoh.-neurol. Wsohr. 17. (1/2.) 1.
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5. Anton, G., Wohlfahrt und Wiedergenesung der deutsohen Rasse. Pöych.-neur. Wsohr.
17. (15/20.) 85, 95, 105.
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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 609
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p. 97.
7. Auer, J., und Meitzer, S. J., Magnesium Treatment of Tetanus. Med. Beo. Vol. 87.
1006. (Sitzungsbericht.)
8. Aulde, J., Treatment oi Pellagra. Lancet-Clinio. No. 24.
9. Bab, Zur medikamentösen Behandlung der innersekretorischen Ovarialinsuffizienz.
M. Klin. No. 15. S. 429.
10. Balassa, Ladislaus, Beiträge zur Behandlung der genuinen Epilepsie. Gyögyaszat.
No. 33. (Ungarisoh.)
11. Ball, C. R., Treatment of Nervous Syphilis. New York M. J. Aug. 14. CII. No. 7.
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13. Becker, Zur Therapie der Schlaflosigkeit. Mod. Med. No. 6. p. 51.
14. Beer, Berthold, Zur Pathologie und Therapie des Tetanus. W. kl. W. N. 14. p. 368.
15. Bellazzi, Luigi, Rioerohe sperimentali sull’azione del solfato di magnesio nel tetano.
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192. Volpino, G, e Bordoiii, E. F., Sempra il nostro metodo di terapia eziologica della
ptllagra. Pathologica. No. 153. p. 130.
193. Waas, F. J., Eclampsia and its Treatment. Florida M. Ass. J. Aug. II. No. 2.
194. Weber, Emst, und Noubert, Die Behandlung der Folgezustände von Gehirnerschütte¬
rung. — Bemerkung zu der vorstehenden Abhandlung. M. Klin. No. 17. p. 474, 476.
(Siehe Hydrotherapie.)
195. Weiland, W., Gesichtspunkte zur Behandlung des Morbus Basedowii. Die Therap.
d. Gegenw. Mai. p. 187.
196. Wendkos, S., Diagnosis and Treatment of Gaetric Neurosis. Med. Rec. 88. (14.)
564.
197. Werner, Paul, Über moderne Eklampsietherapie. Ther. Mh. 29. (11.) 589.
198. Williams, R. R., and Saleeby, N. ML, Experimental Treatment of Human Beriberi
with Constituents of Rice Polishing. Philippine J. of Sc. March. X. No. 2.
199. Williams, Tom A., The Treatment of Psychoneurotic Patient«. The Cleveland. M. J.
14. (1.) 11.
200. Derselbe, The Treatment of Epilepsy from Metabolie Disturbancos in Adolescence.
Med. Rec. 87. (19.) 772.
201. Derselbe, Epilepsy in Young Adults and Adolescents, with Reference to New Treatment
Based on Pathogcnosis. Washington M. Ann. May. XIV. No. 3.
202. Derselbe, Management of Functional Nervous Affections. Southern M. J. July. No. 7.
203. Derselbe, The Cause and Cure of Night Terrors in Children. Arch. of Ped. 1914. 31.
906.
204. Williamson, W. D., Treatment of Faoial Neuralgia with Deep Injection of Alcohol.
Maine M. Ass. J. Deo.
205. Wilson, I). W., Stearns, T., and Jannet, J. H., The Effect of Acid Administration
on Parathyroid Tetany. The Arch. of Int. ML Vol. 16. (1.) 169.
206. Winter, G., Die Behandlung der Eklampsie durch den praktischen Arzt. M. Klin.
11. (49.) 1337.
207. Wölbling, Paul, Die Gewinnung der Kriegsbeschädigten für die Ansiedelung. Arch.
f. Inn. Kolonisation. 7. (8/9.) 225.
208. Wolff, Georg. Der Versuch einer neuen Meningitisbehandlung mit Silberpraparaten.
D. m. W. 41. (50.) 1486.
209. Wolff heim, Nelly, Einige Fragen aus dem Gebiete der Nervenpflege. Ztschr. f.
Krankenpflege. No. 12. S. 404.
210. Wollenberg, R., Lazarettbeschäftigung und Militämervenhoilstätte. D. m. W. No. 26.
p. 757.
211. Young, F. B., State Hospital for Nervous Diseases. Arkansas M. Soo. J. Okt.
In der speziellen Therapie der Nervenkrankheiten ist die Hochflut der
Schriften über Psychotherapie anscheinend in der Abnahme begriffen. Die
Behandlung der Kriegsverletzten wie der Einfluß des Krieges auf den
Nervenzustand nehmen einen nicht geringen Anteil an der diesjährigen
Literatur.
Therapie der funktionellen Neurosen nnd Krampfznstände.
Engelhom (51) geht hier näher ein auf die Behandlung der in den
Wechseljahren der Frau (Klimakterium) einsetzenden nervösen Störungen:
Allgemeine diätetische Vorschriften, Neurine, organo-therapeutische Präparate,
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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems. 615
Vorziehen der pflanzlichen Ernährung, Blutentziehungen kommen hier in
Frage. Engelhorn hat in letzter Zeit in dem Aderlaß ein rasch und zuver¬
lässig wirkendes Mittel gesehen. Es genügt meist eine Blutentziehung von
100 ccm; unter Umständen ist dieselbe ein- oder mehreremal zu wieder¬
holen.
Blutdrucksteigerung findet man nach Strauß (178) meist bei Nieren¬
sklerose, Arteriosklerose des Splanchnikusgebietes, echter chronischer Nephritis.
Auch bei der sogenannten Präsilense (Initialarteriosklerose) findet sie sich.
Zur Vermeidung der Blutdrucksteigerang kommen in Betracht Regelung
der Lebensweise, psychische Ruhe, Erholungsruhen, Ausspannung von der
Berufstätigkeit, Ruhepausen bei Tage, Maßhalten auf sexuellem Gebiete, in
der Ernährung, Milchkuren, doch nur vorübergehende, Bettruhe, reichlicher
Schlaf, Abführmittel, Brunnenkuren, Nitroglyzerin, Nitrite.
Goldscheider (67) ventiliert die Ursache der Schmerzgewöhnung bei
Fortdauer der schmerzerregenden Ursache. So die Tatsache, daß beim
Kneifen einer Hautfalte der Schmerz mit der Zeit geringer wird, um bei
plötzlichem Loslassen der komprimierenden Finger oder der Klemme wieder
aufzutreten. Ferner die Gewöhnung der Haut an Berührung heißer
Gegenstände, der Muskeln bei Ermüdungsschmerz (Adduktorenschmerz beim
Reiten) usw.
WendkOS (196) gibt hier eine Anleitung zur Behandlung der gastrischen
Neurosen. Dieselbe bietet nichts wesentlich Neues.
Taylor (183) rät zur Heilung der Krankheiten des Nervensystems und
der Neurosen möglichst alle Faktoren des Organismus zu berücksichtigen und
zu beeinflussen, um durch vielseitige Therapie den Organismus zu heben,
schlummernde Kräfte zu wecken, bestehende Hindernisse zu beseitigen.
Dazu müssen alle neuen Hilfsmittel der Medizin und alle Methoden Zusammen¬
arbeiten (Psychotherapie, Mittel der inneren Sekretion, Massage usw.).
Macy (104) weist darauf hin, daß in den verschiedenen Fällen
von Morbus Basedowii bald das, bald jenes Mittel eine günstige Wirkung
ausüben. Am meisten von Nutzen hielt er geistige und körperliche Ruhe.
Oft wird die Krankheit in den ersten «Jahren verkannt und als Hysterie
Neurasthenie angesehen. Der Hyperthyreoidismus ist die primäre Ursache.
Oft wirkt der Schock und Schreck indirekt vom Nervensystem auslöseud
auf den Hyperthyreoidismus und seine Folgen für den gesamten Organismus.
Nicht in einer geringen Zahl von Fällen von Basedowscher Krankheit
hat nach Hensel (83) die Dysfunktion der kongenital hypoplastischen Thymus
Einfluß auf die Krankheit, diese Fälle führen leicht zu plötzlichen Todes¬
fällen und heilen auch nicht nach radikalen Thyreoideaoperationen. Fälle
ohne Thymusbeteiligung entwickeln sich oft erst in späteren Jahren und
nehmen einen günstigeren Verlauf; sie heilen durch medikamentöse und
andere Mittel und gelegentlich auch durch die Thyreoidektomie.
Weiland (195) sah selten nur ein Verschwinden aller Symptome bei
dem Morbus Basedowii, sowohl bei intern wie chirurgisch behandelten Fällen.
Von Heilung kann man jedoch sprechen, wenn der Kräftezustund gut bleibt,
das Herz keine Störungen mehr aufweist, Unruhe, Tremor, Schwäche ge¬
schwunden und die Leistungsfähigkeit wieder eingetreten ist. In dieser
Richtung ist die Zahl der intern Behandelten und Geheilten nicht so selten.
Die Röntgenbehandlung kann diese Zahl noch erhöhen, sie ist auch zur Nach¬
behandlung rezidivierter und operierter Fälle zu empfehlen. Ein Allheil¬
mittel für die verschiedenen Formen der Basedowschen Krankheit gibt es
nicht. Für die Beurteilung der Notwendigkeit einer Operation sollen nur
■objektive Symptome maßgebend sein.
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Spezielle Therepie der Krankheiten dea Nervensystem».
Corning (36) rät) beim Basedow besonders in den ersten Stadien
alle Eeizwirknngen zu verhüten und für Buhe, vorsichtige Diät und regel¬
mäßige Verdauung zu sorgen. Die medikamentöse Behandlung soll sym¬
ptomatisch wirken und individualisiert werden. Ein Spezifikum gebe es
nicht, und auch die Organtherapie und Chirurgie erreicht nur in bestimmten
Fällen gute Resultate. (Bendix)
In der Klinik Moravcsiks wurde neben den Bromsalzen längere
Zeit hindurch das Luminal als Epilepsiemedikament verabreicht; über
dasselbe berichtet s. Z. Vörtes, daß Epileptiker, welche früher Brom nicht
nahmen, bei 0,20—0,30 Luminal gut reagieren; wurde aber bisher mit Brom
behandelten Kranken dieses plötzlich entzogen, um auf Luminal überzugehen,
so häuften sich die Anfälle. Da wegen der kriegerischen Verhältnisse
Luminal nicht zu bekommen war, mußte bei den mit Luminal behandelten
Epileptikern diese Behandlung unterbrochen werden. Dabei fand Balassa
(10), daß auch der Übergang von Luminal auf Brom mit einer Häufung
der epileptischen Anfälle verbunden war, also daß der Organismus der
Epileptiker auch eine gewisse Gewöhnung an Luminal zeigt Wurde statt
Luminal Dial-Ciba verwendet, so zeigten sich Anfalle kaum gehäuft, was
seinen Grund wohl iu der chemischen Verwandtschaft der beiden Präparate
findet. (Hudovemig.)
Eastman (47) konnte durch Kompression der Karotiden in 6 Fällen
von Epilepsie bei 3 Fällen die Schwere der Anfälle herabsetzen.
(Jaeobtohn.)
Tsiminakis (188) führte bei 30 gesunden Individuen im Alter von
18—30 Jahren die Karotidenkompression aus, bei denen dieselbe möglich
war, aber ohne sie je über eine Minute auszudehnen. Sobald Bewußt¬
losigkeit eingetreten war, wurde sofort der Daumendruck gehoben. Bei
allen Gesunden trat nach Verlauf einer gewissen Zeit, meistens nach einer
halben Minute momentane Bewußtlosigkeit ein, die sofort nach dem Auf¬
heben des Daumens verging, wonach kein anhaltender, sondern nur ein
momentaner Schwindel zurückblieb. Die Bewußtlosigkeit hatte keine Zuckungen,
sondern eine völlige Erschlaffung der ganzen Muskulatur zur Folge, wobei
der Kopf sofort zur Seite auf die Schultern oder nach vorne sank. Ferner
wurde die Karotidenkompression zur Hervorrufung von Epilepsieanfällen bei
116 größtenteils an genuiner Epilepsie leidenden Personen angewandt. Bei
7 Fällen bestand traumatische Epilepsie (Jackson) infolge von Kopf¬
verletzungen. Bei den meisten an genuiner Epilepsie leidenden Patienten
zeigten die spontan auftreteuden Anfälle bei. einem und demselben Patienten
verschiedenen Typus. Die Bewußtlosigkeit trat bei allen Epilepsiekranken
schneller ein als bei den Gesunden, und zwar immer in bis spätestens
30 Sekunden. Der Bewußtlosigkeit folgten außer bei den Fällen, bei denen
es sich um ein epileptisches Äquivalent handelte, sofort allgemeine oder
einseitige Krämpfe; die Krämpfe waren meistens Strampelbewegungen. Auf
diese Krämpfe von 10 bis höchstens 30—40 Sekunden Dauer folgte Be¬
wußtseinstrübung mit dem charakteristisch starren Blick. Die Trübung
dauerte 1—6 Minuten, worauf der Patient zu sich kam und über Schwere
ira Kopf, Schwindel und Ermattung von verschiedener Intensität klagte-
Bei den Hysterischen, von denen der Autor 42 Fälle untersuchte, trat sofort
ausnahmslos durch die Karotidenkompression der hysterische Anfall oder
das Äquivalent ein, genau so, wie bei den spontan auftretenden. AufP ruC
anderer Punkte (neben den Karotiden, auf Ovarien, Schmerzpunkte) tra
kein Anfall ein. Der Autor meint, daß diese Versuche zur Diagnostik der
Epilepsie und Hysterie beitragen. ( Jacobsohn .)
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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems.
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Reed (146) ist der Meinung, daß die Ursache der Epilepsie ein Bazillus
ist, und zwar von der gaserzeugenden Art. Die Infektion geschehe vom
Darm aus und von hier durch das Blut. Daher müsse man besonders für
eine gute und regelmäßige Darmfunktion Sorge tragen. ( Jacobsohn .)
Mönch (115) faßt die Epilepsie als eine Stoffwechselkrankheit auf und
stellt sie in Parallele mit der harnsauren Diathese. Wie hier von Zeit zu
Zeit Entladungen des mit schädlichen Stoffen überschwemmten Körpers statt¬
finden, so auch dort Aus dieser Erwägung heraus macht er bei der Epi¬
lepsie intravenöse Injektionen von Formaldehyd-Natriumbisulfit 5—10 ccm
mehrere Wochen lang täglich. Er will damit in einer Anzahl von Fällen,
die einer anderen Medikation trotzten, Erfolge erzielt haben. (Jacobsohn.)
Williams (200) sieht die Ursache der Epilepsie in Stoffwechselstörun¬
gen und in einer Unfähigkeit, Proteine, Eiweißstoffe zu verarbeiten. Man
soll nicht mehr als 50 g Eiweiß pro Tag diesen Kranken geben und die
fehlende Menge durch reichliche Süßigkeiten, Fette und Kohlehydrate ersetzen.
Ferner sind reichliche vegetabilische Salze (in Früchten und Gemüsen) zu¬
zuführen. Dann ist durch reichliche Bewegung die Oxydation der Stoffe
zu befördern.
Bei Epilepsie bewährt sich nach Topp (187) besonders gut das Pulvis
antiepilepticus Weil oder „Nervinum Dr. Weil“, das aus 5% Hämoglobin,
5% Acid. alp., 84% Fer. alkalibromid., 6% Enzianbitterstoff besteht. In
mittelschweren Fällen genügen 1—2, in schweren 3—4 Pulver längere Zeit
hindurch. Appetit, Blut, Gewicht, Spannkraft des Organismus bessern sich
dabei. Bromismus ist nicht zu befürchten. — Auch das Spasmosan Dr.
Heinrichs (3% Kalk, 5% Brom, 16% Valeriana) hatte in leichten Fällen
guten Erfolg bei Epilepsie.
Steiger (174) wendet sich hier gegen das operative Vorgehen bei be¬
stehender Schwangerschaftsniere zur Verhütung der Eklampsie. Er spricht
sich gegen die Durcbschneidung der Uretheren und spätere Vereinigung der
Harnleiterenden nach der Geburt aus. • Eine Eklampsie kann in diesen Fällen
auch ohne dieses operative Vorgehen verhütet werden.
Veit (191) empfiehlt bei der Eklampsiebehandlung in erster Reihe die
sofortige schnelle Entbindung, die je nach dem Zustande der Weichteile
nach irgendeiner Methode vorgenommen werden soll. Sie ist der An¬
wendung der Narkotika und dem Aderlässe vorzuziehen oder mit diesen
gelegentlich zu verbinden.
Gessner (63) rät, bei Eklampsie durch die sofortige Entleerung der
Gebärmutter für eine alsbaldige Entspannung der betroffenen Organe Sorge
zu tragen; uud kein Mittel, wie die Entbindung, bringt die Anfälle so sicher
zum Schwinden. Um den Ausbruch der Eklampsie bei Schwangerschafts¬
nieren vorzubeugon, rät Gessner, eine Niere vor der Entbindung ganz den
Dehnungs- und Spannungsverhältnissen zu entziehen, indem man den Ureter
einer Seite durchschneidet und den renalen Stumpf in das Kolon oder in
den Proc. vermiformis einpflanzt.
Gessner (64) wendet sich gegen die Streckelsche Entgegnung und
Einwände gegen die von ihm vorgeschlagene Methode und Behandlungs¬
weise der Schwangerschaftsniere und der Eklampsie. Namentlich die Zug-
und Spannungsverhältnisse der Blase, Niere, des Blasenhalses und Zervix
werden eingehend besprochen, ebenso die Einflüsse der Harnorgane auf die
Geschlechtsorgane und umgekehrt.
Nach Angaben von Werner (197) wird in der Frauenklinik zu Wien
bei Einbringung einer Eklamptischen folgendermaßen verfahren: Die Frau
wird sofort in einem verdunkelten Zimmer isoliert, alle Reize von ihr mög-
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Spezielle Therapie der Krankheiten de* Nervensystems.
liehst ferngebalten; unter leichter Narkose wird die geburtshilfliche Unter¬
suchung vorgenommen, sowie der Harn mittels Katheder entnommen und
untersucht. Dann folgt sofortiger ausgiebiger Aderlaß von 400—600 ccm sowie
Injektion von 0,02 g Morphin, und nach 2 Stunden 3 g Chloralhydrat per
Klysma. Läßt sich die Entbindung leicht bewerkstelligen, wird mittels
Forzeps oder Extraktion entbunden. Lassen die Krämpfe nicht nach, wird
eventuell der Aderlaß wiederholt oder die Morphin- und Chloralgaben fort¬
gesetzt. Bei Schwangeren wird gegebenenfalls die Geburt durch Einlegen
.einej ßougie eingeleitet, oder die Wehentätigkeit durch einen Ballon ver¬
stärkt. Bei daniederliegender Diurese wird Euphyllin 0,24 1—2mal intra¬
muskulär gegeben. Bei Wöchnerinnen ist die Behandlung die gleiche, mit
Ausnahme der nicht mehr in Betracht kommenden entbindenden Maßnahmen.
( Jacobsohn .)
Blodgett (20) empfiehlt zur Prophylaxe der Eklampsie strenge Diät,
Verminderung der Harnsäure. Das Auftreten von Albumen ist von sekun¬
därer Bedeutung bei der Eklampsie und nicht ursächlich, ln den letzten
6 Monaten der Schwangerschaft sollten Fisch und Fleisch vermieden werden.
Stoeckel (176) wendet sich hier gegen die Theorien und operativen
Vorschläge Gessners bei der Schwangerschaftsniere und Eklampsie. Er
sucht nachzuweisen, daß dieselben auf falschen Prämissen beruhen. Er be¬
trachtet das Vorgehen Gessners als ein therapeutisches Attentat anf
Menschenleben.
Nach Winter (206) kann der praktische Arzt auf Grund unserer Er¬
fahrungen mit der aktiven und mit der Stroganoffscben Behandlung der
Eklampsie mit vollem Recht und gutem Gewissen die Eklamptische in seine
Behandlung nehmen und im richtigen Zusammenwirken mit dem geburts¬
hilflichen Fachoperateur vorzügliche Resultate erzielen.
Da der Stoffwechsel der Schwangeren verändert ist, hält Rissm&nn (151)
Diätetik in jedem Falle für nötig, Einschränkungen von Fleischgenuß, Gewürzen,
Alkohol, Kaffee. Gut ist reichliches Trinken und die Verhütung von Magen¬
überladungen. Die Initialerscheinungen der Stoffwecbselstörungen sind zu
beachten, so Ohnmächten, Mattigkeit, Blässe. Bei größeren Störungen ist
die Eiweißzufuhr bis unter das Eiweißminimum herabzusetzen. Das Heil
der Eklampsie liegt nach Rissmann in der diätetischen Prophylaxe.
Beer (14) erinnert au die Ähnlichkeit des Tetanuskrampfes mit dem
Gähnakt, die zuerst von Gowers gefunden wurde, und empfiehlt daraufhin
eine symptomatische Therapie, um den Krämpfen Einhalt zu tun.
(Jacobsohn.)
Roth fuchs (159) empfiehlt warm die kombinierte Behandlung des
Tetanus durch Salvarsan und Antitoxin. Verf. erwähnt, daß seine und
anderer (Jacobsthal) Tierversuche gleichfalls zu dieser Behandlungsmethode
ermutigen. R. injiziert jetzt Salvarsan gleich am ersten Tage, zitiert aber
auch einen Fall, wo ein schon aufgegebener Tetaniker am 6. Tage durch
0,3 Salvarsan sprunghaft gebessert und geheilt wurde.
Eichler (48) warnt vor Verwechslung in Diagnose und Behandlung
zwischen spastischer und atonischer Obstipation. Daher bei spast. O. keine
Abführmittel, sondern von Arzneien, höchstens „Atropin; im übrigen Diät
(fleischarm, reizlos), Elektrisieren (Diathermie), Ölklystiere.
Emmerich und Loew (50) empfehlen hier noch einmal die Kalk¬
therapie bei Heufieber. Die Chlorkalziumdosen werden schon im Magen¬
darmkanal in phosphorsaures Kalk umgewandelt. Die dargereichte Kalk¬
menge, die 1 / 4 — 1 / 2 Liter Milch entspricht, ist durchaus unschädlich. Selbst
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Spezielle Therapie der Krankheiten dea Nervensystems.
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jahrelanger Gebranch von täglichen Dosen von 2—3 g krystallisiertem Chlor*
kalzium ist für die Nieren unschädlich.
Browning (27) sieht in dem Stammeln und Stottern nicht ein primäres
Leiden des Zentralnervensystems, sondern er sieht die Ursache in einer be¬
sonderen Körperkonstitution, und zwar in Hyperthymismus, übermäßiger
Thymusfunktion. Die Thymus ist bei diesen Patienten vergrößert oder
persistent. Zirkulationsstörungen sind häufige Begleiterscheinungen ebenso
wie Erkrankungen des Nasenrachenraumes. Auch rachitischer Knochenwuchs,
muskuläre Hypotonie sind oft dabei. Die geringere Beteiligung des weib¬
lichen Geschlechts hängt mit der selteneren Störung des thyreo-lymphatischen
Systems bei diesen zusammen. Die Behandlung muß eine allgemeine und
lokale sein.
Arnheim (6) empfiehlt bei Ohrensausen, welches auf nervöser Basis
beruht, das Otosklerol. Das Mittel besteht aus Cimicifugin 6,66%, Brom
36,3% und Phosphorsäure 13,52%. Man muß es längere Zeit geben. Es
bewährte sich besonders gut bei Schlaflosigkeit infolge von Ohrgeräuschen.
( Jacobsohn ,)
Die Sonderelementarklasse für sprachkranke Kinder in Wien hatte nach
Rothe (158) im ersten Jahre ihres Bestehens gute Erfolge sowohl in sprach¬
licher wie in erziehlicher und unterrichtlicher Hinsicht. Von 30 Stamm¬
lern wurden 21 geheilt Kompetenzkonflikte zwischen Lehrer und Arzt
traten nicht hervor. Rationelle Atemübungen wurden bei den Stotterern
systematisch geübt. Der angepaßte Leseunterricht ‘leistete außerordentliche
Hilfe. Je früher die Therapie einsetzte, um so besser waren die Erfolge.
Gerade beim Übergang vom bäuslichen Leben zum Schulunterricht ist der
Sprachunterricht in der Sonderklasse von großer Wichtigkeit.
Fröschels (69) erörtert hier die vielfachen Beziehungen der Sprache
und ihrer Fehler zu den einzelnen Organen des Körpers, so zu dem Nerven¬
system, zur Atmung, zu Erkrankungen des Nasenrachenraumes, des Ohres,
Gaumens, Mundes, Kehlkopfes usw.
Unter Fröschels’ (CO) Leitung wurde eine sprachärztliche Abteilung ver¬
wundeter Krieger gebildet, über die der Autor nun berichtet. Aus der
Arbeit, in welcher die üblichen Methoden der Sprachbehandlung kurz er¬
wähnt werden, ist erwähnenswert, daß von den Stotterern der größte Teil
den Sprachfehler erst im Kriege erworben hat. Nur bei einigen handelte
es sich um eine Verschlimmerung eines schon von Jugend auf bestehenden
Sprachfehlers. (Jacobsolm.)
Psychotherapie.
Um ebenbürtig neben der forschenden Schwesterdisziplin der Psycho¬
pathologie zu stehen, muß nach Schultz (163) die Psychotherapie erst von der
Symptombehandlung zur Behandlung der ganzen Persönlichkeit aufsteigen.
Die Quintessenz aller anderen Psychotherapie ist, den Kranken „Wege
vom Ich“ zu führen. Anlage, Umgebung, Schicksal, psychische Entwicklung,
Interessenkreise und Fähigkeiten sind im einzelnen Falle zu berücksichtigen
und bestimmend für die Wahl der Methode der Psychotherapie.
Mclntire (107) wendet sich hier gegen die zu strengen schablonen¬
mäßigen Vorschriften in den Aufnahmebedingungen für die medizinischen
Studienanstalten und gegen die zu beschränkten Grenzen der Studiendauer,
der Examina usw.
Solomon (172) will den Gebrauch des Ausdrucks „Psychoanalyse“
auf den Sinn beschränkt wissen, wie ihn die Freud sehe Schule anwendet.
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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems.
Sonst soll man statt Psychoanalyse den Begriff Psychognosis oder geistige
resp. seelische Analyse vorziehen.
Parker (128) vertritt die Anschauung einer gesunden psychologischen
Behandlung der Neurosen und besonders die Berücksichtigung des Zusammen¬
hangs und der Verflechtung der bewußten und unbewußten Vorgänge. Ancb
die Träume sind zur Aufklärung der Persönlichkeit zu verwerten.
Habermann (73) sieht in dem Freudismus gerade so wie in der Chri¬
stian Science ein isoliertes Sekten wesen. Die Psychotherapie hat weitere Auf¬
gaben, sie ergreift die gesamte Persönlichkeit und soll mit Suggestion,
Persuasion und Reedukation arbeiten und im ganzen mehr erzieherisch wirken;
sie ist Sache des Seelenarztes.
Kisch (93) weist nach, einen wie großen Nutzen die Psychotherapie
bei Diabetes erzielen kann durch Aulklärung, Ablenkung, Zerstreuung, Bade¬
reisen, Bekämpfung hypochondrischer Vorstellungen, Beeinflussung in Sana¬
torien usw.
Bei den hysterischen Zuständen nach Grauatexplosionen sah Bittorf
(18) selbst noch in veralteten Fällen gute Erfolge durch ernste strenge psycho¬
therapeutische Aufklärung und Behandlung. Man suche das Pflichtgefühl,
den Willen zu wecken, indem man einen neuen vollwertigen Gedanken an
Stelle der übermächtigen, krankhaften Vorstellung setzt Man handle zeitig,
zielbewußt, streng. Personal und Umgebung müssen über das Behandlungs¬
ziel aufgeklärt sein. Man heile nicht nur, sondern schaffe gesunde, seelisch
wertvolle Menschen aus den Kranken.
Nonne (121) ist überzeugt, daß diejenigen Beobachter, die in den
ersten Monaten des Krieges glaubten, die jetzt zur Beobachtung kommenden
Neurosen seien „rein“, weil die sekundären Momente, insbesondere die viel¬
genannten Begehrungsvorstellungen fortfielen, inzwischen zu einer Revision
ihrer Anschauung gekommen sind. Der Prozentsatz der Neurosen ist unter
der Zahl der allgemein Kriegsverletzten ein geringer. Hysterie, besonders
lokale Hysterie wird oft verkannt, wofür der Autor Beispiele anführt N.
macht auf die Häufigkeit vasomotorischer Störungen bei hysterischen Läh¬
mungen aufmerksam, die häufig recht schwerer Art sind. Sie gehen gewöhn¬
lich gleichzeitig mit den motorischen Störungen zurück. Die hysterischen
Störungen waren meist monosymptomatisch, die größere Hälfte der Fälle
betrafen Individuen, die früher nicht nervös gewesen sind oder neuropathisch
belastet waren. Der Krieg hat gelehrt, daß der durch somatische oder psychische
Traumen resp. durch beide zusammen auslösbare hysterische Symptomen-
komplex viel auslösbarer ist, als man früher glaubte. N. hat von Anfang
Oktober 1914 bis Mitte September 1915 in stationärer Behandlung 63 Fälle
von Hysteriekomplex in Behandlung gehabt. Von diesen 63 Fällen wurden
51 Fälle geheilt, d. h. von ihren Störungen befreit. In 28 dieser Fälle
kam eine Schnellheilung zustande. In allen Fällen, in denen die Entwick¬
lung des Krankheitsbildes eine allmähliche gewesen war, war auch die Heilung
durch Hypnose nur eine allmähliche. In allen Fällen war die Hypnose
eine tiefe, d. h. mit Aufhebung des Bewußtseins und mit Amnesie einher¬
gehende. Tiefe Hypnose ist aber noch keine Gewähr für Eintritt der Heilung.
Die häufigsten Ursachen der Entstehung der hysterischen Symptomenkom-
plexe waren Granatexplosionskatastrophen. Der Autor meint, daß die Hypno-
tisierbarkeit eine normale Funktion des Menschen mit normalem Nervensystem
ist. In den Fällen von motorischer Lähmung war eine Störung der Sensi¬
bilität fast ausnahmslos vorhanden. Die Begrenzung der Sensibilitätsstörung
entsprach fast immer der funktionellen Einheit der Extremitäten. Die Hypnose
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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensysteme.
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ist ein Hilfsmittel für die Diagnose, sie unterstützt die Beurteilung bezüg¬
lich der Rentenabfindung in hohem Maße. Die Behandlungserfolge durch
Hypnose waren in der ersten Zeit vorzügliche, sie wurden aber geringer,
seitdem die Soldaten von Kameraden schon vorher darauf vorbereitet oder
beeinflußt waren. ( Jacobsohn .)
Therapie der organischen Nervenkrankheiten.
Bei Harnverhaltungen nach Rückenmarksschüssen empfiehlt Goldberg
(65) innerlich reichlich Salol, Urotropin oder ein Ersatzpräparat. Nach
Eintritt einer Urosepsis sind diese Mittel ohne Wirkung. Dann entleere
man dreimal täglich die Harnblase mit einem mittelstarken Nelaton; man
unterlasse jede Einspritzung und Spülung. Ausgekochte Weichgummikatheter
in steriler Gaze können in den Verbandskästen geführt werden und auch
von intelligenten Sanitätern angewendet werden.
Petraschky (134) legt zur Vorbeugung der epidemischen Genickstarre
besonderen Wert auf die Desinfektion der Taschentücher von Mannschaften,
die irgendwie verdächtig sind, Keimträger zu sein. ( Jacobsohn .)
Bökay (22) hat in der ganzen Literatur 29 geheilte Fälle von zweifel¬
loser Meningitis tuberculosa gefunden; darunter war keiner unter dem zweiten
Lebensjahre, die meisten zwischen dem 5. und 14. Alle diese Fälle er¬
wiesen sich nicht als tatsächliche Heilungen, denn nach 10 Monaten bis
57a Jahren kam es zu einer neuen menigealen Attacke. Doch ergaben
oft die nach 1—3 Jahren vorgenommenen Kontrolluntersuchungen eine
effektive Heilung. Verf. selbst teilt zwei geheilte Fälle mit: Im ersten
typische Erscheinungen bei einem 11jährigen Knaben, im Liquor keine
Bazillen, aber positiv Impfversuche, Rückbildung der Erscheinungen nach
2 Monaten, nach einem Jahre absolut negativer Befund. Die Erkrankung
des anderen, 12jährigen, Knaben ging auch mit schweren zerebralen Er¬
scheinungen einher, Liquorbefund und Impfversuch positiv. Langsame
Besserung in mehreren Monaten; die nach dritthalb Jahren vorgenommene
Untersuchung ergab eine gewisse psychische Defektuosität, aber sonst keinerlei
Erscheinungen. — Im Anschluß an diese Fälle untersucht nun Verf., welche
Bedingungen die Heilung der Meningitis tuberculosa ermöglichen. Er be¬
zeichnet als wichtig, daß neben der tuberkulösen Meningenerkrankung
sonst kein weiteres Organ tuberkulös erkrankt sei; selbst eine isolierte miliar¬
tuberkulöse Erkrankung der Meningen gibt die Möglichkeit einer Heilung.
Pathologisch anatomisch neigen die je kleineren Exsudationen eher zur
Heilung, weil dieselben den intrakraniellen Druck kaum steigern. • Gerade
dieser Umstand der Druckverminderung spricht auch für den Heilwert der
systematischen Lumbalpunktionen. Pathologisch-anatomisch sind auch geringe
primäre Veränderungen, geringere Virulenz und Fehlen der Granulationen
günstigere Symptome. Fälle einer Meningite diffuse congestive, wo es sich
um eiufache Hyperämie der Meningen handelt bei anwesenden Tbc-Bazillen,
sind auch günstig für einen Ausgang in Heilung. Die Fälle von Meningismus
und Pseudomeningitis hält Verf. auch für milde Fälle einer Meningitis
tuberculosa. — Therapeutisch erwartet Verf. bloß von der Lumbalpunktion
und der Resistenz des Organismus einen Erfolg. ( Hudovemig .)
Die Meningitis epidemica ist im Gegensatz zur tuberkulösen und durch
Pneumokokken hervorgerufenen Hirnhautentzündung der Typus einer Lokal¬
infektion, wenn man die maßgebenden Untersuchungen Westenhoeffers
über die Verbreitung der Meningokokken vom Nasenrachenraum aus auf dem
Lymphwege zusammen mit dem typischen Sektionsbefund am Gehirn und
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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems.
Rückenmark zugrunde legt. Nur in einer verhältnismäßig kleinen Zahl von
Fällen konnten Meningokokken im Blut gefunden und die Krankheit somit
als eine Bakteriämie mit besonderer Bevorzugung der Hirnhäute charakte¬
risiert werden. Deshalb erscheint es nach Wolff (208) als aussichtsreich
und am meisten rationell, am Herde der Infektion selbst mit möglichst
spezifischen Mitteln anzugreifen. Nachdem die intralumbale Serumtherapie
bisher keine ausreichenden Erfolge gezeitigt hat, dürfte der Versuch gerecht¬
fertigt sein, chemische Agentien zur Lokalbehandlung der Meningitis anzu¬
wenden. Wolff spritzte zuerst 5 ccm einer 0,5prozentigen Tropakokainlösung
und danach, ca. 10 Minuten später, 10 ccm einer sterilisierten 0,2prozentigen
Protargollösung in den Lumbalsack. Jeder Einspritzung bat eine Ent¬
leerung von Liquor (40—60 ccm) voranzugehen. Die Protargollösung wurde
2—3mal in Zwischenräumen von mehreren Tagen wiederholt, ln der Zwischen¬
zeit zwischen 2 Einspritzungen wurden nur Entleerungen der Spinalflüssig¬
keit vorgenommen. Unter dieser Behandlung kamen 5 Fälle zur Heilung.
( Jacobsohn.)
In ausführlicher Weise verbreitet sich Nonne (122) über die spezifisch
verschiedenen artiluetischen Wirkungen von Jod und Hg. Sodann geht er
auf die neue, durch das Salvarsan eingeleitete Periode über. — Fälle werden
genannt, in denen Operation eines Stirntumors am Platze ist, und allgemein-
hin betont, daß die Lues cerebrospinalis die besten Erfolge bei spezifischer
Behandlung verbürgt. Bei Tabes und Paralyse warnt Verf. vor großen
Dosen. In nicht zu weit vorgeschrittenen Fällen von Tabes bleibe der Zu¬
stand nach spezifischer Behandlung (Hg und nachfolgend Salvarsan) häufig
stationär.
O’Neil Ireland und Stuart (125) empfehlen das Quecksilberchlorid
intradural bei syphilitischen Affektionen des Nervensystems. Die Serum¬
reaktionen sind etwas stärker als bei der Methode von Ellis und Swift
Eine klinisch bemerkbare Besserung erscheint nach ca. 5. Injektionen. Die
Autoren konnten solche Besserung in 75% ihrer Fälle feststellen. Aller¬
dings gibt es unter letzteren wieder zahlreiche Rückfälle. Serologisch ist
weniger eine Veränderung feststellbar. Endgültige Resultate können die
Autoren noch nicht geben. ( Jacobsohn .)
Nach Bigelow’s (17) Erfahrung ist der Zellgehalt der Spinalflüssig¬
keit, den man regelmäßig kontrollieren muß, der beste Indikator für den
Fortschritt bei syphilitischen Affektiouen des Nervensystems. Quecksilber
und Jod reichen zur Behandlung der Nervensyphilis nicht aus. Salvarsan
und Neosalvarsan, kombiniert mit Quecksilber, führen gewöhnlich einen Still¬
stand dieser Krankheit herbei. Kombinierte intraspinale und intravenöse
Injektionen führen mitunter zum Erfolge, wo es die intravenöse Injektion
allein nicht erzielt. Bei der Tabes muß man mit der intraspinalen Injektion
vorsichtig sein. (Jacobsohn.)
Draper (44) tritt sehr warm für energische Salvareanbehandlung bei
Syphilis des Nervensystems ein. Besonderen Einfluß batte diese Behandlung
auf Schmerzen und auf psychische Störungen. Er gibt Einzelheiten der
Behandlungsweise, um möglichsten Nutzen und keinen Schaden zu stiften.
(Jacobsohn.)
Eastman (46) empfiehlt die intrathekale Injektion von Salvarsan
nach der Ogilvieschen Methode bei Syphilis des Nervensystems.
(Jacobsohn.)
Gennerich (62) gibt Einzelheiten über die endolumbale Salvarsan-
hehandlung bei Syphilis und Metasyphilis des Nervensystems.
(Jacobsohn.)
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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems.
623
Goidon (69) berichtet über einen Syphilitiker mit Gehirn- und Rücken-
marksymptomen. Er erhielt zunächst 7 intraspinale Injektionen von Auto-
salvarsanserum. Darauf verschwanden die spinalen Symptome, die zere¬
bralen aber nicht. Besonders der intensive Scheitelkopfschmerz blieb be¬
stehen. Eine Druckentlastungsoperation brachte auch nur vorübergehenden
Erfolg. Der Knochen an der trepanierten Stelle war verdickt. Erst
die subarachnoidale Injektion von Autosalvaroanserum brachte endgültige
Besserung. ( Jacobsohn .)
Hftssin (80) behandelte die Nervensyphilis mit intralumhalen Salvarsan-
infektionen nach den Methoden von Generich (Münch, med. Woch. 1913
Nr. 52) und nach Schubert (Münch, med. Woch. 1914) und referiert die
Handhabung dieser Methoden. Er behaudelte damit 29 Patienten, ohne
einen nennenswerten Erfolg zu erzielen. ( Jacobsohn .)
In der Hauptsache beschäftigt sich Fröschels (58) mit der Methode
Foment-Bonot, die von der optisch-taktilen oder „pädagogischen Methode“
der Behandlung der motorischen Aphasie etwas abrückt resp. sie ergänzt.
Verschiedenes. Eugenik. Jugendfürsorge. Krlegseinflüsse.
Ratner (145) rät hier zur Vorsicht mit dem Abstinenzgelübde; Alkohol
ist ein nicht zu entbehrendes Arzneimittel und im mäßigen Gebrauch mit¬
unter den Nerven mehr dienlich als schädlich.
In ausführlicher Weise erörtert Determ&nn (42) die Prinzipien der
vegetarischen und fleischarmen Ernährung. Determann bespricht zunächst
die chemisch-psychologischen Unterschiede der pflanzlichen und tierischen
Nahrungsstoffe, beleuchtet die ökonomischen Differenzen beider Gruppen und
die Bedeutung der Pflanzenkost für die Verhütung von Krankheiten. —
Ferner wird die praktische Durchführung der fleischlosen Kost erörtert,
dann werden die einzelnen Krankheiten abgehandelt, in denen vegetarische
resp. fleischarme Ernährung von Bedeutung ist: Gicht, Diabetes mellitus
Arteriosklerose, Nierenkrankheiten, Fettsucht, Morb. Basedow», funktionelle
Nervenerkrankungen', Magen-Darmkrankheiten, Herz-, Blut- und Haut¬
erkrankungen.
Porter, Huffaker und Ritter (139) fanden unter den scheinbar nor¬
malen Kindern über 2 x / 2 Jahre ungefähr 33 %, die eine verlangsamte geistige
Entwicklung aufwiesen, und 9%, die in der körperlichen Beschaffenheit
Fehler zeigten, und zwar tracheo-bronchiale Drüsenschwellungen. Diese
Kinder sollten wie tuberkulöse behandelt werden.
Von den beiden Arten der Eugenik oder Rasseveredelung, der posi¬
tiven, die die Produktivität der hochwertigen Menschheitselemente fördern
will, und der negativen, verspricht sich Rohleder (156) nur von der letzteren
praktischen Erfolg. Diese zielt auf Sterilisierung, Unmöglichmachung der
Konzeption hin. Die Sterilisierung habe vor der Kontraktion, die durch
den Ausfall der inneren Sekretion der Samenbläschen den Organismus
schädigt, auch den Vorteil, daß sie in gewissen Fällen vorübergehend ge¬
macht werden könne, nämlich durch das Röntgenverfahren, welches Verf.
für das geeignetste hält. Auch manche Juristen, die vor der Kastration
— als schädigenden Eingriff — zurückschreckten, würden sich, so hofft
Rohleder, zu dieser Methode bekennen.
Anton (5) sieht in der Kultur eine große Heilkraft, die zur ver¬
edelnden Körperpflege, zur vernünftigen moralischen Lebensweise und zur
Bedachtnahme auf die künftigen Generationen führt. Sie soll auch die
Nachkommenschaft veredeln. Die Auslese von Mann und Frau, Mutter-
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624
Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems.
schütz, Fürsorge für Wohnungen, Milderung der Armut, Kampf gegen
Alkohol und Syphilis, Säuglingsfürsorge, Eindämmung der Kindersterblich¬
keit, Höherzüchtung der ganzen Nation müssen in Betracht kommen, um
die Wohlfahrt der deutschen Basse zu heben.
Hanauer (78) gibt hier eine ausführliche Übersicht und kurze Inhalts¬
angabe der Arbeiten über Bassenhygiene. Unter ihnen finden sich solche
über die Kinder der Tuberkulösen, über Verwandtenehen, über Zeugung
im Bausche, über die Heredität bei Geistesgesunden und Geisteskranken,
über die Vererbung von Krankheiten, über erbliche kongenitale Krankheiten,
über die Gefahren der Kultur, über konstitutionelle Anomalien und Krank¬
heiten, über medizinisch-biologische Familienforschung, über asthenischen
Infantilismus usw.
Altschul (4) will der Jugendfürsorge im Kriege mehr Aufmerksam¬
keit geschenkt wissen. Auch dieser Faktor trägt dazu bei, die Wehrkraft
des Volkes zu heben. Mutterschutz, Säuglingsfürsorge, schulärztliche Auf¬
gaben, körperliche Jugenderziehung, Waisenpflege, Verhütung der Verwahr¬
losung, Schutz vor Tuberkulose und epidemischen Krankheiten, Krüppel¬
fürsorge, Kinderschutz kommen hier in Frage. An jedem Ort sollten
Jugendfürsorgeausschüsse mit diesen Fragen sich eingehend beschäftigen.
Rittershaus (152) betont die Wichtigkeit einer ausführlichen Anamnese
und die große Bedeutung von fachärztlich geleiteten psychiatrisch-neurolo¬
gischen Untersuchungsstationen möglichst dicht hinter der Front, wo zunächst
das Material gesichtet werden könne.
Ratner (144) hebt hier die günstige Wirkung des Krieges auf nervöse
Menschen und Neurastheniker hervor. Einmal kommt der Fortfall schäd¬
licher Einflüsse aus dem Frieden und bürgerlichen Leben in Betracht wie
übermäßiger Alkoholgenuß, Überernährung, unsolider Lebenswandel, geistige
Überarbeitung, dann wirken die Ungemächlichkeiten des Dienstes stählend,
abhärtend, erziehend. Dann kommt die seelische Erhebung und Begeisterung
der nationalen Bestrebungen in Betracht, die einen gewaltigen Eindruck
nnd Umschwung der seelischen Stimmung bewirken.
Goldscheider (66) sieht in einer Beihe präzis zusammengefaßter
Momente die Ursachen für den günstigen Gesundheitszustand unserer Truppen:
1. Einfaches Leben in der freien Natur, fern von den zahlreichen
Kulturschädlichkeiten in den Großstädten und Fabrikorten.
2. Fehlen kranker Bevölkerungselemente und des Kontaktes mit ihnen.
3. Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen einwirkende Schädlich¬
keiten durch Strapazen, Anpassung, Abhärtung.
4. Hygienische Fürsorge.
5. Hebung der Stimmung und dadurch Verdrängung der Krankheits¬
gefühle.
6. Voraussetzung sei die Ausschaltung schwächlichen Menschenmaterials,
dem die Anpassung unmöglich sei. Hier hätten die Arzte, die die
ins Feld zu Sendenden prüften, ausgezeichnet gesichtet und dadurch
vorgearbeitet.
Lewandowsky (99) tritt für frühzeitige Operation bei Verletzung
peripherischer Nerven ein und klagt darüber, daß die von ihm und anderen
Nervenärzten gemachten diesbezüglichen Vorschläge von seiten mancher
chirurgischer Ärzte noch zu wenig Beachtung finden. Viele von den teil¬
weise Bückenmarksverletzten könnten durch sorgfältige Behandlung des
Dekubitus im Dauerbade gerettet werden. Die Gefahr der ins Heimatgebiet
verbrachten Schädel- und Gehirnverletzungen liegt wesentlich in der un¬
bemerkten Entstehung von Gehirnabszessen. Bei Anzeichen, die auf das
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Spezielle Therapie der Krankheiten des Nervensystems.
635
Bestehen eines solchen hindeuten, sollen sofort operiert werden. Bezüglich
der fnnktionellen Erkrankungen wendet sich der Autor mit Nachdruck
gegen Oppenheim, die Fälle von traumatischer Neurose, Hysterie usw. den
organischen Fällen anzunähern. Die Ursachen der sogenannten funktionellen
Erkrankungen soien durchaus psychische. Diese Auffassung sei wichtig be¬
sonders für die Bemessung der Entschädigungsansprüche durch Dienst¬
beschädigung. Die Rente sollte bei den funktionellen Erkrankungen sehr
gering festgesetzt werden, weil bei Gewährung hoher Renten diese zur Er-
'haltung des nervösen Zustandes beitragen. In Ländern, wo keine Renten-,
sondern Kapitalabfindung erfolgt, komme die sogenannte traumatische Neurose
so gut wie nicht vor. Diese funktionell Kranken sind eine Gefahr für die
anderen in den Lazaretten sich befindenden Soldaten. Solche Kranke
müßten von den anderen streng abgeschlossen werden; die Ansammlung
solcher Kranken in gemeinsamen Räumen sei durchaus schädlich. Solchen
Kranken diene mehr eine militärische Wiedererziehung zur Arbeit
( Jacobsohn .)
Hellpach (81) setzt in anschaulicher und verständnisvoller Weise ans¬
einander, warum die Lazerettdisziplin ein nicht zu entbehrender Faktor ist,
der die verwundeten und kranken Krieger vor einer leicht eintretenden Ver¬
weichlichung schützen soll und ihren Willen stärken muß, wieder nach erlangter
Genesung ohne zu große Seelenkämpfe an die Front zurückzukehren.
Anstalt«- and Hellstättenwesen.
Wollenberg (210) weist nach seinen Erfahrungen an Kriegslazaretten
darauf hin, daß im allgemeinen in den Lazaretten zu Vieles und Kompliziertes
an Kunstgenüssen geboten wird. Einfache Onterhaltungsabendc, welche die
Kranken unter sich veranstalten, wirken mehr als stilvolle ernste oder sen¬
timentale Konzerte. Wichtiger ist die Sorge für die Beschäftigung der
Kranken. Die Arbeit muß in die militärische Ordnung des Hauses hinein
passen, soll nützlich, der Eigenart des Kranken entsprechend sein; sie soll
den ganzen Menschen in Anspruch nehmen. Dazu gehören Turnübungen,
Feldarbeit, Hobelbänke, kaufmännische Kurse. Am besten ist es, wenn dem
Lazarett eine in der Nähe gelegene ländliche Kolonie oder Militärnerven-
heilstätte angegliedert wird, in der Werkstätten neben landwirtschaftlichem
Betrieb Platz haben.
Hartmann (79) empfiehlt hier die Gründung von Übungsschulen für
Gehirn verletze, d. h. solche Verwundete, die chirurgisch bereits an Gehirn¬
verletzungen behandelt sind, aber funktionell nicht als geheilt anzusehen sind,
sei es, daß Herderscheinungen oder psychische Allgemeinerscheinungen Zurück¬
bleiben. Ein solches Gehirn, wenn es strukturell nicht allzu geschädigt ist,
ist sehr restitutionsfähig, und der Wiederersatz der verloren gegangenen Teile
muß durch die Heilung angestellt werden durch Lernen, Üben, selbständiges
Erarbeiten, Erlernen eines ..neuen Berufes. Hartmann hat für diese
Zwecke schon lange eine Übungsschule für Sprachkranke und Gehirn¬
verletzte in seiner Klinik eingerichtet mit systematischem aber individuali¬
sierendem Unterricht. Dazu gehört die Mitarbeit geschulter Pädagogen.
Die Übungsschulen für Gehirnkrüppel sind am besten an Kliniken für Nerven¬
kranke anzugliedern.
Fröschels (57) erwähnt hier die Übungsschule von Hartmann an
der Grazer Universitätsklinik für Sprachkranke und Gehirnverletzte. Er
rät jedoch, mit dieser Therapie nicht erst dann zu beginnen, wenn der
Chirurg eingegriffen hat, sondern die Verwundeten möglichst bald am Kranken¬
jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 . 40
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626
Ptyehologie.
bette vor und nach dem operativen Eingriff psychisch nnd sprachlich zu
behandeln.
Rigler (160). Die Herstellung des Verletzten zur Arbeit ist Dach
Rigi er das Hauptziel für die durch Betriebsunfälle Geschädigten, nicht aber
die Geldentschädigung oder Rentenzahlung. Die Gewöhnung an die Arbeit
io den Landheimen ist deD Unfallverletzten das beste Heilmittel.
Wie die erblindeten Soldaten in der Blindenschrift sollten nach
Haenlein (74) die Ertaubten und hochgradig schwerhörig Gewordenen im
Ablesen des Gesprochenen vom Hunde des Sprechenden unterrichtet werden.
Der teilweise Verlust des Gehörs kann durch das Auge ausgeglichen werden.
Höhrrohre usw. leisten nur in manchen Fällen Gutes, versagen in anderen ganz.
Haenlein (75) beschreibt hier die Einrichtungen der neuen König¬
lichen Taubstummenanstalt, welche die einzige königliche in Preußen ist, Beit
1798 in Berlin besteht und jetzt zum erstenmal geeignete, allen hygienischen
Anforderungen genügende Räume und Bauten erhalten hat.
Tucker (189) rät zur Entziehung des Opiums oder Morphins, beim
längeren Gebrauch des Mittels Isolierung, Bettruhe. Hach einer präli-
minatorischeu Behandlung folgt die spezielle und dann die Nachbehandlung.
Kalomel, Strychnin, Belladonna, Bäder, Schlafmittel unterstützen die Ent¬
ziehungskur.
Psychologie.
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263. Derselbe, Über die Entwicklung dor Vorstellungen bei Erwachsenen und Kindern.
Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 59. (I.) 2113.
264. Weber, L. W., Die Bedeutung der Suggestion und anderer psychischer Momente im
Sexualleben. Arch. f. Sexuaifschg. 1. (1.) 10.
265. Derselbe, Zur psychologischen Beurteilung der Zeugenaussagen. Vrtljschr. f. geriohtl.
M. 3. F. 50. (1.) 73.
266. Wells, F. L., A Note on the Retention of Acquired Capacities. The Am. J. of Psyohol.
26. (1.) 58.
267. Wertheim Sa 1 omonson, J. R. A., Beitrag zur Kentnis des psyohogalvanisohen Reflex
Phänomens. Verslag Kon. Acad. v. Wet. (afd. Wis-en Natuurk.) 24. Dez.
268. Wieg Wickenthal, K. Edler v., Psychologische Betrachtungen über Intellekt und
Willen und deren Bedeutung in normalen und pathologischen Bewußtseinszuständen.
Zsch. f. die ges. Neur. 28. (2/3.) 129.
269. Williams, T. A., Origin of Supematural Explanation. J. of Abn. Psychol. 10. (4.)
270. Winkler, C., Das Verhalten der Psychologie zur Physiologie des Nervensystems.
Utrecht. I. van Druten.
271. Wittmann, Johann Über die rußenden Flammen und ihre Verwendung zu Vokal- und
Sprachmelodie-Untersuchungen. Arch. f. die ges. Psychol. 1913. 29. (4.)
272. Derselbe, Neuer objektiver Nachweis von Differenztönen erster und höherer Ordnung,
ebd. 34. (2.) 277.
273. Wolff, G., Die Denkfähigkeit der Tioro. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 306, 903.
274. Woods, Eiizaheth L., An Experimental Analysis of the Process of Reccgnizing The
Am. J. of Psychol. 26. (3.) 313.
275. Yerkes, Robert M, A Point Scale for Measuring Mental Ability. Proc. of tho Nat.
Acad. of Sc. 1. (2.) 114.
276. Derselbe, Color Vision in the Ring-Dove (Tutur Risorius). ibidem, p. 117.
277. Ziegler, H. E., Die Widerlegung der Zeichenhypothese. Mitteil. d. Ges. f. Tiorpsychol.
2. (1.) 7.
278. Derselbe, Über das Rechen vermögen der Elborfelder Pferde. Naturwiss. Wschr No. 16.
p. 241.
279. Ziehen, Th., Beitrag zur Lehre vom absoluten Eindruck (nebst Beobachtungen über
taktische Längentäuschungen). Zschr. f. Psychol. 71. (3—4.) 177.
280. Derselbe, Die Grundlagen der Psychologie. 1. Buch: Erkenntnisthooretischo Grund¬
legung der Psychologie. II. Buch: Prinzipielle Grundlegung der Psychologie. (Autoch-
thone Grundlegung.) Leipzig-Berlin. B. G. Teubner,
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631
Psychologie.
Allgemeines.
Kriegspsychologie.
Ad die Spitze der psychologischen Kriegsliteratar möchte ich einen
Vortrag von Hoche (115) stellen, der in meisterhafter Weise, klar and karz
die Beziehungen zwischen „Krieg und Seelenleben“ erörtert. Wir sind ein
„nachdenkliches Geschlecht“ geworden, schon während des Erlebens reflek¬
tieren wir und versuchen unsere Gemütsverfassung zu analysieren. Da steht
in vorderster Linie die Frage nach den „Kriegspsychosen“. Wir verstehen
zunächst darunter sämtliche geistigen Erkrankungen, die mit dem Kriege in
irgendeinem Zusammenhänge stehen, im engeren Sinne solche, die in direkter
räumlicher Berührung mit den Kriegsereignissen zum Ausbruch kommen.
Zu der ersten Gruppe müssen wir die Psychosen rechnen, die während der
Mobilmachung auftraten und die Zahl der Aufnahmen in die Freiburger
Klinik rasch emporschnellen ließen. Hierunter fanden sich die verschie¬
densten psychischen Störungen: neben nur zufällig um diese Zeit entstandenen
Phasen periodischer Erkrankungen zahlreiche Fälle von Alkoholdelir, von
Verwirrtheit und Erregung meist hysterischen Charakters und ziemlich häufig
Psychopathen, die infolge ihrer abnormen Veranlagung in militärische Kon¬
flikte geraten waren. Auffällig war der frühe Zeitpuukt des Einströmens
dieser Fälle. Unter den Kriegspsychosen i. e. S fiuden sich ebenfalls viele,
die der Krieg nur auslöste, wie sie etwa auch jedes andere psychisch ein¬
greifende Ereignis zum Ausbruch hätte bringen können. Nur wenige er¬
krankten infolge der Kriegsereignisse an sich: „ein reifer psychisch gesunder
Mensch wird infolge von Gemütsbewegungen allein nicht geisteskrank“.
Dagegen hat die Natur einen Selbstschutz in Gestalt von Sicherungen ge¬
schaffen, die erstens in der qualitativ beschränkten Empfänglichkeit des
Menschen für äußere Eindrücke besteht. Wir bezeichnen sie als Gewöhnung:
hätten wir die ganze Entwicklung der verflosseneu Kriegsmonate in einer
kurzen Tagesspanne erleben müssen, so wäre ihre Wirkung eine ungleich
gefährlichere gewesen. Zweitens ist die Anspannung im Erleben keine
dauernd gleichmäßige, sondern immer wieder schieben sich Pausen ein, die
dem Gemüt die Elastizität wiedergeben. Die Todesgefahr ist kein dauernd
wirksamer Gemütsfaktor, mit ihr findet sich der Mensch je nach Alter und An¬
lage ab; verderblicher sind die Wirkungen des rein passiven Ertragenmüssens
eines Trommelfeuers, neben dem auch die mechanischen Wirkungen der
Erschütterung, des Begrabenwerdens in Betracht kommen. Hierbei entstehen
nicht selten rasch vorübergehende Geistesstörungen mit Erregung, Gewalt¬
tätigkeit und Selbstmord. Als chronische Wirkung tritt dagegen das Bild
der Neurasthenie zutage mit stark depressiver Stimmuugslage, seltener die
akute Erschöpfung. Zu befürchten ist eiue starke Zunahme der nervösen
Dauerfolgeu der Kriegswirkungen nach dem Friedensschluß, vor allem, weil
dann die jetzt erhöhte seelische Spannung nachlassen wird, insbesondere
aber weil die schädlichen Momente der Entschädigungsansprüche usw. sich
geltend machen werden. Deshalb gilt es schon jetzt, Vorsorge zu treffen,
um diesen schwierigen Fragen und ihrer raschen Erledigung in befriedigender
Weise gerecht werden zu können. Hier harren der Ärzteschaft große und
wichtige Aufgaben. Weder beim Militär noch beim Zivil gibt es eine
spezifische Kriegspsychose, im Gegensatz zu manchen pessimistischen Ver¬
mutungen hat sich unser Volk auf der Höhe der Leistungsfähigkeit erwiesen
trotz manchen Schädigungen, die mit den großen Ereignissen verbunden
sind, vor allem der Massensuggestion, die viel sonderbare Blüten getrieben
hat. Wenig erfreulich ist der Ausblick in die Zeit nach dem Kriege: wie
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Psychologie.
635
nach 1870, so werden auch jetzt wohl „die Bäche unseres bürgerlichen
Lebens noch lange Zeit recht trübe fließen“.
In mehr programmatischer Weise hat Sommer (237) in einer Gießener
Rektoratsrede Krieg und Seelenleben behandelt Er untersucht den Anteil
und die Beziehungen der einzelnen Psychosen zum Kriege und erörtert den
Einfluß der Ereignisse auf das normale Seelenleben bei den Truppen und
bei den Daheimgebliebenen. Besonders groß sind die Anforderungen im
Rückzugskampf. Im Anschluß an eigene Untersuchungen beleuchtet S. nament¬
lich die Rolle der Anlage, ihrer Genese, wie sie in der Abstammung des
Einzelnen zutage tritt: Bei Hin den bürg führt er die Begabung auf eine
von seinem Vorfahr, dem Mathematiker Hindenburg, ererbte mathematische
Anlage in Verbindung mit lebhafter Phantasie zurück. Neben der Indivi¬
dualpsychologie tritt die Kollektivpsychologie besonders in den Vordergrund.
Die „Technik der Lüge“, die falsche Anschuldigung, die Gerüchtbildung
und ähnliche Produkte der Massenhysterie erinnern an die Gefahren des
Herdentriebes. Demgegenüber sind aber auch die guten Instinkte gewachsen,
die Gebebereitschaft, die Opferfreudigkeit zur Bekämpfung der Armut, die
Leistungsfähigkeit auf dem Gebiete der Erfindung hat sich gesteigert; es
ist aber eine staatliche Organisation der Erfindertätigkeit im sozialen und
biologischen Sinne als wichtigste Aufgabe nach Kriegsschluß zu erwarten.
Der Krieg hat seine auch früher beobachtete steigernde Wirkung auf
Religiosität wieder erwiesen, daneben aber auch die Kehrseite, den Aber¬
glauben, gewaltig gefordert. Auch S. betont, daß der Krieg im großen
und ganzen ein hoffnungsvolles Bild von unserer psychischen Leistungs¬
fähigkeit zutage gefördert hat: Das Überwiegen der Regeneration gegenüber
den gefürchteten degenerativen Tendenzen ist voll hervorgetreten. „Das
Kriegsziel vom psychologischen Standpunkt muß folgendes sein: Die Orga¬
nisation der gewaltigen geistigen und sittlichen Kräfte, die sich während
des Krieges in unserm Volk offenbart haben.“
„Aktuelle Massensuggestionen“ bespricht Stelzner (243) auf Grund der
in unserer Bevölkerung während des Krieges beobachteten Erscheinungen.
In dem kurzen Zeitraum der ersten 14 Kriegstage spielten sich hinterein¬
ander die vier krampfhaft gesteigerten Massenbewegungen des Spionage¬
verdachtes, der Furcht vor Hungersnot, des Mißtrauens gegen die öffentlichen
Kassen und des Goldgeizes ab. Dagegen war das mächtige Anschwellen der
Vaterlands-, Nächsten- und Familieuliebe eine gesunde Reaktion auf die
Kriegserklärung. Das Entstehen derartiger Reaktionen ist verständlich auf
dem Boden der durch die plötzliche Umwälzung erschütterten Volksseele.
Die scheinbare Steigerung der psychischen Leistung des einzelnen in der
Summe der Leistungen der großen Menge ist nicht, wie manche Autoren
annahmen, auf neue unbekannte Kräfte zurückzuführen, sie kommt lediglich
durch den suggestiv bewirkten Fortfall aller Hemmungen zustande, wodurch
ungeahnte, latente Kräfte frei werden.
Gegenüber den sozusagen akuten Massenreaktionen unseres Volkes im
Beginne des Weltkrieges steht eine Massenpsychose, die ausschließlich Eng¬
land angehört: der Suf fragettenwahu. Nicht eigentlich dem Gebiete der
Frauenkämpfe gehört diese aberwitzige Bewegung an, die mehr auf den
Überdruß und die Tatenlosigkeit des großen englischen Frauenüberschusses
zurückzuführen ist. Es sind auch nicht soziale Motive, denn die Mehrzahl
gehört den wohlhabenden, ja reicheu Volksschichten an. Reizhunger, Lust
an Sensation und au der Gefahr verbrecherischer Taten sind die treibenden
Kräfte. Die Untaten der Suffragetten lassen sich in der Ausübung groben
Unfugs, in Verbrechen und Vergehen einzelner und in Massenvorbrechen
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Psychologie.
einteilen. Die Bewegung beruhte einerseits auf planvoller Werbearbeit und-
andererseits auf den momentanen Massenbetätigungen, die im Augenblick:
aus der Situation heraus entstehen. Es ist nicht berechtigt, in den Suffra¬
getten lediglich Hysterische oder Geisteskranke zu sehen, viele unter ihnen-
sind zielbewußte Führerinnen, andere gehören den gelangweilten, genuß- und
sensationslüsternen Mitläuferinnen an, es kommen hinzu die mehr oder
minder schwachsinnigen Individuen, die jeder Suggestion zugänglich sind,
und schließlich die große Masse, die läuft, wo sie andere laufen sieht.
Eigentümlich ist, daß außerhalb Englands die Bewegung nirgends Fuß ge¬
faßt hat; die Bedingungen zur Entwicklung einer derartig ungesunden,
abschreckenden Bewegung müssen anscheinend nur jenseits des Kanals¬
gegeben sein.
Lesenswertes berichtet uns Everth (57) von der Seele des Soldaten
im Felde. Als Kriegsteilnehmer, der offeneu Auges und Herzens seinen
Kameraden nähergetreten ist, gibt er Eindrücke wieder, an deren Echtheit
uns kein Zweifel kommt. Wie sein Gewand, so schlicht ist auch die Psycho¬
logie des modernen Kriegers: Nichts von Pose, von einer tmnatürlichen Be¬
geisterung, nichts von Todesfurcht und doch auch nichts von effekthaschender
Waghalsigkeit! Kurz ein unendlich weit von der aus Zeitungen bekannten
Schilderung des Schützengrabenkämpfers mit seinem Humor, seiner fast
grotesken Opferfreudigkeit, seiner Poesie und Sentimentalität verschiedene»
Bild! Dieser falschen Idealisierung gegenüber hebt E. den Ernst und die
Einfachheit der Leute da draußen hervor, die nicht als „uusere braven
Jungen“ bezeichnet werden sollten, denn weit in der Überzahl stehen an
schwerster Stelle gereifte Männer, die nicht „brav“ sind, sondern viel mehr
und größer. Sie haben sich ihren eigenen Lebensstil gebildet, der weder
Pessimisten duldet noch Optimisten, sondern zu einer ruhigen, zuversichtlichen
Gesinnung geführt hat, die nicht an dem guten Fortgang und Ausgang ihrer
Sache zweifelt, sich aber der Schwere der Aufgabe wohlbewußt ist. Viel trägt
zu diesem psychischen Gleichgewicht das psychische Wohlgefühl eines durch
das Leben in der Natur gestählten Körpers bei. Zu dieser inneren Ruhe trägt
auch der fast dauernd vorhandene Zwang zum verantwortungsvollen Handeln
bei. Schwer ist es dagegen, untätig zu verharren, vor allem im Trommel¬
feuer, doch leistet der deutsche Soldat auch das, während der Russe in
solchen Lagen oft zu versagen scheint. Am Schluß streift E. die religiösen
Probleme. Wohl mit gutem Recht meint er, die sogenannte Zunahme an
Religiosität dürfe nicht allzuhoch gewertet werden, ob sie den Krieg über-
daure, sei fraglich. Dadurch sei der Satz, nur Religion könne den letzten
Halt geben, durch den Krieg ad absurdum geführt worden: jede ernste,
innerlich gereifte Weltanschauung sei dazu imstande. Auch die stete Mög¬
lichkeit der Vernichtung bringt Würde und bildet den Charakter, dazu be¬
darf es keines Glaubens an übernatürliche Güter.
Hirschfeld (112) versucht die Frage zu beantworten, warum die
Völker uns Deutsche hassen. An die Spitze seiner Ausführungen stellt er
naturgemäß England, auf dessen Boden sich die Ansteckungskeime des
Deutschenhasses, einer echten geistigen Epidemie, zuerst und am ergiebig¬
sten vermehrten. Durch die Einkreisungspolitik Eduards des VII. wurde
der Lügenfeldzug eingeleitet, der allmählich das ganze englische Volk, ja
darüber hinaus den größten Teil der Welt eroberte. Unter Englands Einfluß
verstrickte sich Frankreich aufs neue in die Revaucheidee, aus der es nun
nicht mehr herauskommt. Rußland endlich haßt uns nach H., weil ihm der
Ukas des Zaren den Haß befahl (wer Rußland kennt, wird hier bedenklich
den Kopf schütteln!). „Die echt russischen Leute hassen den deutschen
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Psychologie.
637
.Kulturbringer, wie schlechte Schüler den Lehrer.“ Ferner deutet H. auf
die rasche Entwicklung Deutschlands hin, die Englands Besorgnisse wach¬
rief und den Wunsch, den Konkurrenten, der im friedlichen Wettbewerb
siegte, im Kampf zu vernichten. Zum Schluß weist H. darauf hin, daß
«unsere Feinde nicht eigentlich Deutschland bekämpfen, sondern ein Phan-
tasieprodukt, ein Barbarenvolk, das gar nicht existiert.
Über Feindschaftsgefühle im Kriege schreibt Schnitz (227). Schon
im Frieden kennt man die Gefühle Abneigung, Zorn, Groll, Haß und Wut.
Manchmal mögen sie von Sinnesempfindungen abhängen (Gerüche!), oft von
sozialen Gegensätzen (Klassenhaß!) diktiert sein. Sie können dauernd und
episodisch auftreten, bald mehr der Urteils- und Wertungssphäre, bald mehr
den Trieben und Affekten angehören. Im Kriege ist das Gefühl dem Feinde
gegenüber vielfach von der Situation abhängig: Das Bewußtsein der Unter¬
legenheit, des überstarken Gedrücktwerdens, der Anblick hilflos zurück¬
bleibender verwundeter Kameraden lassen den Haß auflodern. Ganz anders
einem ahnungslosen, verhältnismäßig harmlosen Feinde gegenüber, wie bei
-einer herankommenden feindlichen Patrouille, die aus sicherer Deckung ab¬
geschossen wird; da kann man oft ein Wort des Bedauerns hören. So
hängt die Entwicklung des Feindschaftsgefühls sehr wesentlich von der
Stimmung ab, aber auch von Bildung und Veranlagung. Der Offizier scheint
dem Gegner oft neutral gegenüber zu stehen. Im ganzen darf man sagen,
daß der Krieg geringeren Anlaß bietet zur Entwicklung der Feindschafts¬
gefühle, als der Friede; dies scheinbare Paradoxon gilt für deutsche Truppen
namentlich auch dem Feinde gegenüber.
Binswanger (19) schildert in einem allgemein gehaltenen Vortrage die
erhebende Wirkung des Krieges auf die Volksseele und auch die Ver¬
wüstungen, die er andererseits in der Volksseele angerichtet hat.
( Jacobsohn .)
In enger Beziehung zu den Kriegserfahrungen bespricht Voß (261) die
Beziehungen zwischen Psyche und Gefäßsystem. Die großen Anforderungen
des Krieges auf affektivem Gebiet, die Verbreitung der gerade für die
Vasomotoren so gefährlichen Reizmittel (Alkohol, Nikotin) rufen überaus
häufig schwere Störungen auf dem Gebiete des Gefäßsystems hervor. Vor
allem aber sind es die Schädel- und Hirnverletzungen, die das vasomoto¬
rische Nervensystem aus dem Gleichgewicht bringen und zu schwer zu besei¬
tigenden Erscheinungen führen.
Die jetzt durch den Krieg gebotene Gelegenheit zu psychologischer
Beobachtung an Amputierten gibt Pick (191) Veranlassung zu interessanten
und lehrreichen Ausführungen. Die bisher bekannten Haupterscheinungen
an Amputierten sind: 1. die nach der Absetzung mehr oder weniger
lange andauernde Empfindung des amputierten Gliedes, 2. die in diesem
lokalisierten Bewegungsempfindnngen, nicht selten mit Schmerzen verknüpft,
3. die Empfindung der allmählichen Annäherung der distalsten Partien
(Hund, Fuß) an-den proximalen Stumpf. Es ist anzunehmen, daß in un¬
serem Gehirn jeder Körperteil gewissermaßen durch ein Schema vertreten
ist, in dem wieder die wichtigeren Teile stärker sich hervorheben, so an
der oberen Extremität die Hand, ferner der Arm gegenüber dem Bein usw.
Diese Tatsachen geben uns ein Verständnis für die Erscheinungen in der
Psychopathologie, bei der Hysterie, besonders aber bei Psychosen, unter
ihnen am meisten bei der Katatonie. Etwas Vorsicht wird man bei der
Verwertung der Angaben Amputierter anwenden müssen, da bei ihnen vielfach
psychogene Beimischungen zu finden sind, doch trifft dieser Zweifel für die
hier mitgeteilten Beobachtungen nicht zu. Nur kurz streift P. die von an-
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Psychologie.
derer Seite gemachte Annahme, daß die Empfindungen auch peripher ent¬
stehen könnten, das sei schon durch die Erfahrung nahegelegt, daß kinästhe-
tischo Halluzinationen durch lokale Anästhesie beeinflußt werden. Diesen
Einwand weist P. zurück, indem er daran erinnert, daß auch die zweifellos
zentral entstehende, epileptische Aura durch periphere Eindrücke beeinflußt
werden könne.
Schickler (221) will bei dem im Jahre 1911 in Württemberg statt¬
gefundenen Erdbeben acht unzweifelhafte Fälle Ton Vorgefühl des Erdbebens
bei Menschen festgestellt haben, denen sich noch mehrere andere von Dritten
eruierte zugesellen. Unter den von Sch. registrierten Fällen sind solche, die
sowohl hierzulande als im Ausland solches Vorgefühl empfunden haben.
Vorgefühl des Erdbebens bei Tieren ist in und außerhalb Württembergs
vielfach konstatiert worden. Die Erklärung des Vorgefühls steht dahin: ob
es die Wahrnehmung feiner Erderschütterungen, der sog. Vorbebeu ist, für
die gewisse Menscheu bereits ein ausgesprochenes Empfindungsvermögen
haben und gewisse Tiere noch in weit höherem Maß; ob dabei der sinkende
Barometerstand und die hochgradige elektrische Spannung in der Atmosphäre
mitspieleu, ebenso wie die Veränderung der magnetischen Ströme an der
Erdoberfläche, ist unbestimmt. Eine Anzahl Todesfälle durch den Schreck
wurden beobachtet. Traumatische Neurose als Folge der Schrecklähmung
sind mehrfach konstatiert. Sie haben meist mehrere Tage nach dem Erd¬
beben eingesetzt und sind der Intensität nach äußerst verschieden. Die
heftige Schockwirkung erscheint geradezu als Idiosynkrasie bei sonst nerven¬
starken, mutigen Menschen. Geisteskranke haben ganz entsprechend der
Natur ihres Leidens von dem Erdbeben keine Notiz genommen, ausgenommen
Melancholiker. Geburtshilflich interessant sind mehrfache Frühgeburten und
Aborte, aber auch auffällige Verschleppung der Dauer rechtzeitiger Geburten.
Offenbar beides ganz im Verhältnis zur Schwere der psychischen Alteration
und beides im Verhältnis zur räumlichen Entfernung vom Herd des Erd¬
bebens. ( Jacobsohn .)
Legahn (14S) hat eine Entwicklungsgeschichte des Bewußtseins ge¬
schrieben. Der Titel des Buches ist sehr vielversprechend, und man geht
mit Spannung au die Lektüre. Indessen man wird sehr bald ernüchtert.
Der Autor nimmt das Wesentliche als gegeben an und bemüht sich, das
Komplizierte aus dem Einfacheren auf Grund der Organisation des Nerven¬
systems herzuleiten. In diesem Bemühen freilich, das muß man anerkennen,
steckt viel redliche Arbeit, und derjenige, welcher zum ersten Male sich mit
den allgemeinen Körperfunktionen und den besonderen des Zentralnerven¬
systems beschäftigt, wird reichen Stoff und viel Anregendes darin finden.
Von der Reichhaltigkeit des Dargebotenen geben die Kapitelüberschriften
genügend Zeugnis. Es sind folgende: 1. Einleitung. Differenzierungen in
der Zellsubstauz. 2. Entstehung der Nervenelemente der Sinnesorgane.
Der Reflex. Die Gemeiugefühle. 3. Entwicklung der Körperform. Differen¬
zierung der Muskeln und ihrer motorischen Zentren. 4. Existenzbewußtsein
mit positivem und negativem Beiklang. Lokalisierung und Differenzierung
desselben. 5. Die Erinnerung. Die Erinneruugszellen (E. Z.). 6. Die
motorische Sphäre. Die koordinierten Bewegungen. Modifizierung derselben
durch äußere Einflüsse. 7. Wirkung des bekömmlichen und des nicht be¬
kömmlichen Reizes im Magen und im* Mund. Sonderung der Geschmacks¬
empfindung und -erinnerung, sowie entsprechender antagonistischer Muskel¬
zentren. Hunger, Reizhunger, Reizmüdigkeit 8. Zusammentreten der Erinne¬
rungen von Sinn zu Sinn. Wunsch; Befriedigung. Treibende Wünsche.
Die Zielbewegung. 9. E. Z. E. Z.-Gruppen und E. Z.-Systeme; vom Auge
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Psychologie.
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geführt. Gefühle in ihnen, angenehme und unangenehme. 10. Erinnerungs¬
systeme in Tätigkeit. Erkennen. Unsicherheit. Gruppierung nach der Ähn¬
lichkeit 11. Verhalten des Mundes zu aufgenommenen Speisen. Leitung
seiner Bewegungen vom Geschmackssinn und dem Gefühl der Mundschleim¬
haut aus. 12. Die Seherinnerung. 13. Gefühlssinn. Wunsch nach Reizen
und nach Ruhe. Erstrebende, vermeidende Handlungen. 14. E. Z. der
Lokalisation und E. Z. der Lage. 15. Lagegefühl im bewegten Körper.
16. Das Netzhautbild. 17. Augenbewegungen mit sekundärer Orientierung
in der Außenwelt. 18. Unverrückbarkeit des Bildes der Außenwelt trotz
Augen- und Kopfbewegungeu. Richtstäbe. Augenbewegungen iu bestimmten
Richtungen.Sensumotorische Ganglien (smg). 19. Feinere Richtungsvor¬
stellungen. Übung in Bewegungen. 20. Kopf- und Rumpfdrehungen. Einfluß
von Schwere, Temperament. 21. Ergänzung von E. Z. der Lokalisation und
E. Z. der Lage durch Richtungsvorstellungen. Kratzbewegungen. 22. Ent¬
fernungsschätzung (für Körperteile). 23. Lagebewußtsein der Hand. 24. Die
motorische Sphäre. Ihre Aufgaben. Antagonismus in den Körperbewegungen,
im Kau- und Speiakt 25. E. Z. der Gefühlsintensität. Zentralisierung der
Gefühlserinnerungen durch das Auge. Zusammenschluß negativ betonter
Objekterinnerungen. Positiv betontes und negativ betontes Zentrum der
Erinneruugen (Trieb- und Gefahrzentrum). 26. Einfluß des positiven uud
negativen Zentrums auf die vorstreckenden bzw. zurückziehenden Muskeln.
27. Schräge Vorstreckung. Einschlag der Entfernung. Maßsystem springender
Tiere. 28. Zielbewegungen der Hand. 29. Fußverscbiebungen. Gleichgewicht.
Gehen. Vorwärtsbewegungen. Feinere Rückzugsbewegungen. Seitliche Be¬
wegungen. Rückzugsbeweguugen der Hand. Zielbewegung derselben nach
Körperteilen hin. Richtungsvorstellungen vom Ohr aus. 30. Maßvorstellungen.
Formerinnerung. 31. Oberflächenbeschaffenheit. Feinere Greifbewegungen.
32. Vorempfindung der Härte der Körper durch das Auge. Plastisches
Leben der Körper. Körper und leerer Raum. Maßvorstellung der lichten
Weite. 33. Regelung tierischer Handlungen durch die genannten Faktoren.
Verhalten zu teils begehrten, teils gefürchteten Objekten. 34. Die Gemüts¬
bewegungen. Weiterentwicklung der E. Z.-Zentren und entsprechender Hand¬
lungen bei Tieren und primitiven Menschen. 35. Hörerinnerung. Tierlaute.
Erinnerung der eigenen, der fremden Laute. Erkennen am Laut. Einfluß
dieses Erkennens auf die Handlungen. Handeln nach Erinuerungsreihen,
nach Plänen. Mitteilung durch Liebeslaute, durch Warnungslaute. Auto¬
matische Begriffsbildung. 36. Stimmbegabte Tiere. Nachahmung gehörter
Laute. Schwatztrieb bei Vögeln. Einfluß auf die Hörerinnerung. Onoma-
poetische Wortbildung. Tiernamen. Worte für Sinnfälliges (Dinge, Tätigkeiten,
Eigenschaften). Reden und Handeln. 37. Entwicklung der Bezeichnungen
für räumliche, für zeitliche Verhältnisse. Erinnerungsserien. Zahlen; Maße.
Steigerung; Vergleich. Pronomina. 38. Verstehen des Gesprochenen. Beein¬
flussung der Handlnngen durch Mitteilung. Erziehen zum Überlegen, Denken,
zum Zurückhalten der Gedanken, zu sinngemäßer, richtiger Anwendung der
Worte. 39. Ausstrahlen der Gemütsbewegungen in Miene, Geste, Tonfall.
Ihr konventioneller Ausdruck. Ekel; Bewunderung. Freude; Traurigkeit;
Stimmung. Schauspielerische Darstellung der Gemütsbewegungen. Echter
Ausdruck derselben. Beeinflussung des letzteren' ohne feste Bahn. Lachen.
40. Bestimmte, unbestimmte Anregung der E. Z. Neugier. Fragende, be¬
jahende Betonung; Fragelaute; ja, nein. Richtig, falsch. Einzel- und Sammel¬
bezeichnungen. E. Z.-Systeme. Worttypen zur Erläuterung dieser Systeme.
Ausdrücke für logische Verhältnisse der E. Z. zueinander. Automatisches
Wachsen der Systeme. Praktisches Erlernen derselben. Theoretisches Erlernen
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«40
Psychologie.
nur vom Ohr aus. Das Erkennen bei Tieren und bei Kindern. Erkennen
beim denkenden Menschen. Urteil. Vergleich. Begründetes Urteil; Schlüsse.
"Weitere Entwicklung des logischen Zentrums. 41. Einfluß der Sprache auf
die Handlungen. Gebot; Verbot. Erziehung zur Höflichkeit Lüge. Be¬
sonderheiten des Gesprächs. 42. Tierische und menschliche Handlungen.
Plan. Vorbedacht. Absicht (Wille). 43. Schriftliche Sprachwissenschaft
Logik. Andere Wissenschaften. Abstufung des Wachzustandes in ver¬
schiedenen Hirngebieten. Bewußtsein und Zellprozeß.
Von Bedeutung ist der Schluß des Werkes, den ich hier wiedergebe:
Die organische Natur bringt das Neue der Entwicklungsfähigkeit im Sinne
des Wachstums und damit seine Folgeerscheinungen, die Organisation und
die organisierte Fortpflanzung. Einflüsse der Umgebung schaffen zwei neue
Bewegungsarten der Zellsubstanz in entsprechenden Geweben, die von vorn¬
herein eng zusammengehören, dem Muskel- und dem Nervengewebe. Beide
Bewegungsformen sind gegenüber dem langsamen, stetigen Prozeß des Wachs¬
tums durch momentane Stoffwechselschwankung ausgezeichnet, deren eine
Ausstrahlung in noch unbekannter Weise zu jener neuen Erscheinung wird,
welche den Charakter der Kontraktion trägt — ein einförmiger Prozeß in
einförmigem Gewebe. In der zweiten Ausstrahlung im Nervengewebe be¬
deutet die Stoffwechselschwankung in den Zellen, der Zellausschlag, viel
mehr. Die Fähigkeit des ursprünglichen, im Wasser suspendierten Proto-
plasmaklümpchens, alle Bewegungsformen der Umgebung wie kein anderes
Gebilde passiv mitzumachen und aktiv darauf zu reagieren, ist gleichsam
reingezüchtet. Die Labilität des Protoplasmas, auf der leichten Oxydierbarkeit
seiner Grundstoffe beruhend, wird in der phosphorreichen Nervensubstanz
aufs höchste gesteigert. Deren Fähigkeit, die äußeren Energieformen auf¬
zusaugen und in einer eigenen, eigentümlichen Form mitzumachen, hat in
der Natur nichts ihr Vergleichbares. Durch Einstellung auf die fünf Arten
äußerer Einwirkungen, ihre Qualititäts- und Intensitätsdifferenzen, die den
Zellen in verschiedenem Grade bekömmlich oder nicht bekömmlich sind,
resultiert eine ungemeine Mannigfaltigkeit dieser zweiten neuen Bewegungs-
form in Zellen, die verschieden sind nach Substanz und Struktur. — Wie
die Fähigkeit zur Bildung von Zellen in der Art der Stoffe, welche sie zu¬
sammensetzen, begründet liegt, so birgt die Embryonalzelle die Fähigkeit zur
Bildung verschiedener Organzellen, der Leberzelle wie der Muskelzelle. In
dieser letzteren ist nur die Bewegung der Materie in eine besondere Form
gezwungen, eine Bewegungsform von bestimmtem Charakter, wie andere den
der Flammenbildung, der Elektrizität usw. tragen. Wenn nun dem gegen¬
über die Pirscheinung, welche man an Nervenelementen beobachtet und als
Empfindung, Bewußtsein bezeichnet, als etwas so Eigenartiges erscheint, daß
man sie kaum mit den oben genannten in Parallele zu stellen wagt, so ist
zu bedenken, daß man sich leicht durch die große Mannigfaltigkeit täuschen
läßt, welche man an ihren ausgebildeten Formen beobachtet. Dieser ent¬
spricht aber eine ebenso große Mannigfaltigkeit der äußeren auslösenden
Vorgänge. Und umgekehrt kann man den sublimsten Gedanken am Fern¬
sprecher in Luftschwingungen und elektrische Ströme verwandeln. Ver¬
gleichend kann man nur dem stets gleichförmigen Prozeß der Muskel¬
kontraktionen die einfachste Form der Pimpfindung gegenüberstellen. Denkt
man sich ein Auge isoliert in ein homogenes Nebelmeer versenkt, so müßte
es bald nicht nur das Gefühl, daß es weiß belichtet ist, sondern auch das
Gefühl, daß es belichtet ist, verlieren. Nur durch die Differenzen existiert
das Bewußtsein. Was bliebe von einer Bewegungsempfindung, wenn man
ihr Intensitätsdifferenzen und lokalen Charakter nimmt? Was wäre eine
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Psychologie.
641
reine Weiß- oder Blauempfindung, die mau sieh bequem, das ganze Gesichts¬
feld ausfüllend, mit weißem Papier oder dem unbedeckten Himmel hervor-
rufen kann. Man sehe von allem ab, was uns dabei unsere Erinnerungen
an Vorstellungen bezüglich Entfernung, Intensität, Farbennuancen, Wort¬
bezeichnungen geben, von jedem Gedanken, der sich uns bei einer solchen
Betrachtung aufdrängt; man suche sich in die Seele eines Tieres zu ver¬
setzen, dem sich an diesen reinen, unvermischten Eindruck keine Erinne¬
rungen anschließen, dem diese Farbe nichts ist — und man möchte fragen:
gibt es denn bei diesem Vorgang so etwas wie Empfindung, Bewußtsein?
Oder: sind dies die richtigen Ausdrücke? Täuscht uns hier nicht die
Sprache, an höheren Formen erzogen, ein Mehr vor? Brauchen wir für
das, was dem Tier hier gegeben ist, einen neuen Ausdruck? Hat man
nicht hier einzig und allein eine Fortsetzung des äußeren Vorganges in
seinem Innern, die entsprechend der neuen Bewegungsform in neuer Substanz
einen spezifischen andersartigen Charakter trägt als jener? Ist es nicht
formell falsch und erweckt falsche Vorstellungen, wenn man sagt: dieser
Prozeß wird empfunden oder ist mit Empfindung verknüpft? Muß man
nicht korrekter sagen, wenn man diese Ausdrücke beibehalten will: Dieser
Vorgang trägt den Charakter der Empfindung oder des Bewußtseins? —
Man soll auch Empfindung und Zellprozeß nicht trennen, wie es durch obige
übliche aber ungenaue Ausdrucksweise geschieht. Nicht verknüpft mit Emp¬
findung ist der Zellprozeß, sondern mit jeder Phase mit ihr identisch, so
wie die Vorgänge in einem Leitungskabel den Charakter elektrischer Er¬
scheinungen tragen, Elektrizität sind. — Das Bewußtsein ist eine natürliche
Erscheinung, von deren Nutzen man so wenig sprechen kann, wie von der
Farbe des Windes oder gar vom Nutzen und Zweck des Lebens selbst.
Man kann nur fragen: Welche Aufgabe fallt im Körperhaushalt den bewußt
tätigen Zellen und Zellkomplexen zu? — Mit der feineren Differenzierung
der Zellvorgänge muß sich auch der Empfindungscharakter derselben
schärfen. So erklärt sich die Tatsache, daß fein abgestufte Reaktionen nur
in bewußt tätigen Nervenzellen möglich sind, und die Frage, ob denn nicht
dem Bewußtsein eine besondere Bedeutung für die Ermöglichung dieser
feineren Differenzierung der Sinneszellen zukäme, wird gegenstandlos. Da¬
durch, daß man geneigt ist, Zellvorgang und Bewußtseinsvorgang zu sondern,
findet man schließlich in dem ersteren gar keine Erklärung für den letzteren.
Das Bewußtsein schwebte nach wie vor in der Luft. Daß der Bewußtseins¬
effekt in jeder kleinsten Nuance von dem Zellvorgang abhängig und doch
mit ihm identisch, doch etwas von ihm Getrenntes sein sollte, wäre nicht
zu verstehen. Beide sind vielmehr völlig eins. Es bedarf demnach die
Erscheinung des Bewußtseins überhaupt keiner Erklärung. Man kann wohl
versuchen, noch besser in das Wesen der Zellvorgänge einzudringen, aber
man darf dies nicht in der Annahme tun, daß man hierdurch noch weitere
Gesichtspunkte zur Beurteilung der Erscheinung des Bewußtseins gewinnen
müßte. (Jacobsohn.)
Von einem neuen Lehrbuch der experimentellen Psychologie, das
Fröbes (80) herausgibt, liegt die erste Abteilung des ersten Bandes vor.
F., ein Schüler G. E. Müllers, ist Professor der Philosophie an der philo¬
sophisch-theologischen Lehranstalt zu Valkenburg und gehört dem Jesuiten¬
orden an. Aus der Behandlung des Stoffes und der Verarbeitung der Lite¬
ratur darf man den eingehenden Forscher erkennen, dem es vor allem darum
zu tun ist, seine Disziplin in klarer Form dem Verständnis möglichst vieler
näherzubringen. Das erfordert ja auch die wachsende, immer mehr ins
Leben übergreifende Bedeutung der experimentellen Psychologie. Wenn
Jahresbericht f. Neurologie n. Psychiatrie 1916. 41
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Psychologie.
man aus der Stellung des Verfassers eine Gefahr für die Objektivität seiner
Darstellung vermuten könnte, so ist man schon durch die Ausführungen im
Vorwort angenehm enttäuscht: F. hat sich in betreff der metaphysischen
Seelenlehre und ihrer Grundfragen eine prinzipielle Beschränkung auferlegt.
Soweit eine Durchsicht des vorliegenden Bandes gestattet, hat er seine
Absicht hier durchgeführt: er wird allerdings in den weiteren Bänden damit
schwereres Spiel haben.
In der Einleitung bespricht F. kurz die Ziele und Wege der empi¬
rischen i. e. experimentellen Psychologie. Recht objektiv verteilt er sein
Urteil über die Selbstbeobachtung und das Experiment, wobei er freilich
einen leicht absprechenden Unterton in der Einschätzung der Selbstbeob¬
achtungsmethoden, namentlich der vermeintlichen Reminiszenz und auch des
Gedankenexperiments durchklingen läßt. Kurz wird die Entwicklung der
Psychologie gestreift und die Berechtigung der alten Psychologie noch von
Aristoteles herstammend neben der neuen, experimentellen Richtung voll
anerkannt. Der erste Abschnitt handelt von der Empfindung im allgemeinen,
sie wird behandelt als psychisches Element, dann werden ihre Vorbedingungen,
die Reize und das Sinneszentrum besprochen. Eingehend wird der Satz von
den spezifischen Energien und das Axiom vom psychophysischen Parallelismus
erörtert. Der zweite Abschnitt enthält 7 Kapitel, in denen die einzelnen
Empfindungen und sonstigen Elemente behandelt werden.
Eine eingehendere Besprechung des vielversprechenden Werkes behalten
wir uns vor und wünschen, daß die Herausgabe sich nicht allzusehr in die
Länge ziehen möchte.
Jakobi (121) behandelt in einer Jenaer Dissertation „das Zwangs¬
mäßige in Goethes Schaffen“. Er gebt davon aus, daß mancherlei Züge
in Goethes Leben an Hysterie denken lassen. Freilich will er nicht so
weit gehen, wie Stekel, der ihn für einen schweren Neurotiker und
Hysteriker hält. Die Stütze seiner Anschauung findet J. hauptsächlich in
den Hinweisen Goethes auf seine hypochondrischen Anwandlungen und den
raschen, oft ins Gegenteil - umschlagenden Wechsel der Stimmung. Sehr
bekannt sind ja die Selbstmordgedanken, mit denen sich Goethe im Aufang
der 70er Jahre trug. J. erörtert sogar die Möglichkeit, daß der Blutsturz,
den Goethe in Leipzig hatte, hysterischer Natur gewesen sei! Schließlich
sucht J. die Frage zu ergründen, wie sein, gewissermaßen im Anfall, fast
uubewußt erfolgendes Schaffen zu erklären sei. Dazu holt er zahlreiche
Aussprüche Goethes heran, die über sein Schaffen Auskunft gehen. Er
weist auf den Unterschied gegenüber Schiller hin, der vielmehr intellektuell,
nach sorgfältiger Durcharbeitung des Stoffes und nach fertigem Vorentwurf
schuf. Will mau Goethes anfallsweises Schaffen mit den hypnoiden Zu¬
ständen Hysterischer im Sinne Breuers (nicht Bräuers) und Freuds ver¬
gleichen, so überzeugt man Bich, daß bei den hysterischen Zuständen eine
deutliche Denkhemmung besteht, während wir bei Goethe gerade entgegen¬
gesetzt im unbewußten Schaffen die höchste Entfaltung seiner dichterischen
Kraft vor uns haben. Trotzdem findet J. Berührungspunkte zwischen den
beiden Zuständen, denn auch Goethe sucht darin eine Entladung innerer
Spannungen, wie das der Hysterische auch tut. Am Schlüße seiner Er¬
örterungen mahnt J., man möge es lassen, die Dichter durch präzise dia¬
gnostische Klassifizierung zu gruppieren. Der Ref. fragt sich, wozu denn dann
die vielen Worte? Daß Goethe nur für Stekel und seinesgleichen ein
Hysteriker gewesen ist, versteht sich doch von selbst, und daß dichterisches
Schaffen nicht nach Stundenplan und Uhr sich zu richten pflegt, wußten wir
ohne den Verfasser. Wenn ein Moebius seinen Geist und seine Divinations-
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Psychologie.
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gäbe uns lieh, um dem Geist unserer Großen näh erzutreten, so können wir
ihm nur danken. Seine Nachahmer mögen immerhin Jakobis Mahnung
beherzigen.
Haberman (96) bespricht die Beziehungen der klinischen Psychologie
zur Schule und zur sozialen Medizin. Er setzt in überzeugender Weise aus¬
einander, daß die jetzt so beliebte Intelligenzprüfungsmethode Binet-Simon
nicht die geringste Bedeutung für die Einschätzung der mehr oder weniger
schwer abnormen Kinder habe. In Deutschland sei der Versuch gemacht
worden, durch Spezialklassen (Förderklassen, A- und B-Klassen für unter-
und übernormal begabte Kinder) die bestmöglichsten Entwicklungsbedin-
gungen zu schaffen. Es fragt sich nun, inwieweit die klinische Psychologie
zu erkennen vermag, ob und in welcher Hinsicht die Kinder sich in ab¬
normer Weise entwickeln werden, um dann vielleicht vorbeugende Ma߬
regeln ergreifen zu können. Von größter Bedeutung ist die Aufnahme einer
genauen Vorgeschichte der untersuchten Kinder. Um diese zu erleichtern,
empfiehlt H. die Anwendung eines Fragebogens, den er mitteilt und der
wegen seiner Vollständigkeit vor allem in der Berücksichtigung der leichten
psychischen Abweichungen der Kindheit warm empfohlen werden kann.
Die vorliegende Arbeit von Forel (71) entbehrt nicht eines weh¬
mütigen Beigeschmacks. Unser vielgenannter und hochverdienter Fach¬
kollege berichtet mit der ihm eigenen Sorgfalt und Eindringlichkeit über
seine Selbstbeobachtungen der psychischen und nervösen Tätigkeit nach
Hirnthrombose. Kurze psychologische und anatomische Vorbemerkungen
zeigen uns, daß F. entschieden auf dem Boden der modernen Arbeiten von
O. Semon und C. Vogt steht „Alles im Gehirn ist mnestisch, sowohl
Empfindungen wie Gefühle, Wille und Bewegung. Was nicht bewußt er¬
innerlich ist, ist doch unterbewußt engraphiert.“ Die Vererbung erworbener
Eigenschaften ist nach F. erwiesen. Die Introspektion wird durch diffuse
Erkrankungen des Gehirns schwer beeinträchtigt, während Herderkrankungen
die Möglichkeit der Selbstbeobachtung und hochqualifizierter geistiger Arbeit
nicht zu beeinträchtigen brauchen. F. schildert eingehend seinen Krank¬
heitsfall, weist auf die von der Mutter ererbte Disposition zu Hirnarterio¬
sklerose hin. Die ersten Vorzeichen des Schlaganfalls machten sich bereits
9 Tage vorher bemerkbar: Es trat Prickeln und Einschlafen im rechten
Arm auf, außerdem eine Erschwerung der Wortfindung. Der Anfall
selbst führte nicht zu schwerer Bewußtseinsstörung, aber zu ausgesprochener
Lähmung des rechten Armes und der rechten Gesichtshälfte. Trotzdem
konnte F. seine psychische Tätigkeit fortsetzen. Allerdings war ein einige
Tage nach dem Anfall verfaßtes Gedicht recht mangelhaft. Auch die ersten
Arbeiten waren „entschieden etwas schwach“. Zeitweilig bestand eigen¬
tümliche Sehstörung: Bald wurde das rechte, bald das linke Auge wie von
einem gelben Schleier bedeckt. Die psychischen Fähigkeiten waren stark
beeinträchtigt: Das Rechnen, besonders das simple Addieren war äußerst
beschwerlich. Beim Schreiben trat Auslassen einzelner Buchstaben, Wieder¬
holen von Worten und ähnliches hervor. Vor allem aber hatte die Merkfähigkeit
gelitten. Diese Störungen erklärt F. durch mangelhafte Ekphorie der En¬
gramme, nicht solcher, die im Zentralpunkt der Aufmerksamkeit liegen,
sondern die mehr der flüchtigen Peripherie seines Engrammvorrats angehören.
Etwa 5 Monate nach dem ersten Anfall trat eine Verschlimmerung ein, die zu
einer noch stärkeren Beeinträchtigung der bis dahin wieder ziemlich leistungs¬
fähig gewordenen Hand führte. Von Januar 1913 an ist der Zustand sich
annähernd gleich geblieben: Dysarthrie, Parese und Störung der Ekphorie
bestehen nach wie vor, nur zeigten sie mitunter Schwankungen, die vom
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Psychologie.
Allgemeinbefinden abhängeu. Trotz seiner Krankheit hat F. seit Juli 191-j
mehr als 16 Arbeiten über Ameisen veröffentlicht, er hat Neuauflagen seiner
Bücher besorgt und Broschüren herausgegeben. Das ist ihm möglich ge¬
wesen durch das Aufgeben seiner ärztlichen Tätigkeit und durch den Über¬
gang zu einer langsamen Art der Arbeit. Am Schlüsse bringt F. noch
einige Bemerkungen über das Unterbewußte und die Mneme. Er schlägt für
die Verworrenheit des Denkens und Sprechens im Traume und in psycho-
pathologischen Zuständen statt des früheren Ausdrucks Dissoziation für
alles momentan Dissoziierte das Wort Parekphorie vor. Die nicht ver¬
gessenen Amnesien sollte man als Anekphorien bezeichnen.
Wir wünschen dem verehrten Verfasser, daß ihm die Fähigkeit zu
solch gründlicher und fruchtbarer wissenschaftlicher Arbeit noch viele Jahre
erhalten bleibe und nicht durch Auftreten neuer, wenn auch gewiß inter¬
essanter Erscheinungen gestört werde!
Barr (31) behandelt die Psychologie des Geizhalses. An der JEtaud
der Lebensgeschichte solcher, mehr oder weniger bekannt gewordener
Fälle weist er auf ihre psychischen uud physischen Besonderheiten hin.
Es fallt auf, daß es nur wenig weibliche Geizhälse gibt. Die meisten
erreichen ein sehr hohes Alter, entstammen den verschiedensten sozialen
Schichten. Habsucht ist nicht immer mit Egoismus identisch: Viele Geiz¬
hälse sparen, um ihre Reichtümer wohltätigen Stiftungen zu Unterlassen.
Der Geisteszustand dieser Menschen ist pathologisch, sie sind aber nicht
als eigentliche Geisteskranke zu betrachten, denn ihr Geiz ist nicht durch
Wahnvorstellungen, arm zu sein und verhungern zu müssen, bedingt. Ihr
Äußeres scheint im allgemeinen den Typen der religiös Paranoischen oder
schwerer Psychopathen aus dem Grenzgebiet geistiger Störung sich zu
nähern.
Kronthal (145) verbreitet sich über die Frage des Seelensitzes. Er
geht dabei von eigenen früheren Arbeiten aus, die im wesentlichen zu folgenden
Ergebnissen führten: Alles Lebende reagiert. Ist die Seele die Summe der
Reflexe, so muß alles Lebende beseelt sein. Je zahlreicher Bahnenkreuzungen
existieren, desto höher muß die Summe der Reflexe, die Seele sein, weil
dann beide Körperhälften an desto mehr Reflexen beteiligt sind. Wir wissen
aus der vergleichenden Anatomie, daß die Seelenhöhe mit der Zahl der
Bahnen korrespondiert. Ist die Seele die Summe der Reflexe, so müssen
wir Seelenkrankheit als eine pathologische Summe der Reflexe definieren
können. Diese Definition trifft den Begriff der Psychose vollkommen, denn
etwas anderes als eine krankhafte Reaktion des Individuums, des Gesamt¬
organismus, können wir nicht konstatieren. ... Reflex hat keinen Sitz, es
wird keinem Menschen einfallen, zu sagen: Der Reflex sitzt im Muskel. Der
Reflex ist ein Geschehen, wie das Feuer ein Geschehen ist. ...
Weil die Seele die Summe der Reflexe ist, und weil die Nervenzelle
durch Aufheben der Fibrillenisolierung die Höhe der Reflexsumme bestimmt,
sind die Beziehungen der Nervenzelle zur Seele sehr enge. Die alte Er¬
fahrung, nach der die Nervenzelle kausal mit der Seele verbunden ist,
entspricht der Wirklichkeit, aber nicht in dem überlieferten Sinne, daß die
Nervenzelle die Seele produziert, sondern ganz allein in dem Sinne, daß
die Nervenzelle die Höhe der Seele bestimmt. (Eine Kritik dieser An¬
schauungen soll hier nicht gebracht werden. Sie sind eine Einkleidung vi-
talistischer Prinzipien, die mehr physiologisches als psychologisches Interesse
haben. Ref.^
Sonnenberger (239) bespricht in der Hauptsache das hier bereits
referierte Buch Krukenbergs „Der Gesichtsausdruck des Menschen“.
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Psychologie.
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Hall (100) erörtert in geistreicher Weise die Begriffe Todesfurcht
und Unsterblichkeit. Er geht von dem Satz aus, daß unser ganzes
Denken und Fühlen sich zwischen den beiden Polen Liebe und Tod, mit
anderen Worten Fortpflanzung und ihre Negation, bewegt. Er schildert
die ersten Anfänge der Todesfurcht im Kinde, die anfänglich völlig fehlen,
ja, der Tod kann beim Kinde sogar Lustgefühle auslösen, daher das so
häufige Beerdigungsspiel! Im Sinne Freuds wird die Nekrophilie be¬
handelt. Dann versucht H. die Gespensterfurcht zu erklären, indem er zeigt,
daß die Gespenster stets an den Tod erinnern, auch durch ihre Unkörper¬
lichkeit Schrecken einflößen, schließlich indem sie sich für erlittenes Unrecht
rächen und ihre Feinde strafen. Der Begriff der Unsterblichkeit im kirch¬
lichen Sinne ist den gebildeten Schichten heutzutage völlig verloren gegangen;
wir leben so, als wenn mit diesem Leben alles zu Ende ginge. Daher ver¬
suchen wir auf andere Weise in den Besitz der Unsterblichkeit zu gelangen.
Durch Stiftungen, wissenschaftliche und andere große Werke, die unseren
Namen verewigen sollen. Der natürlichste Weg zur Unsterblichkeit ist, die
Fackel des Lebens seinen Nachkommen weiterzureichen. Die übrigen An¬
schauungen sind mehr philosophischer Natur.
Starke seelische Spannungen und Affekte, sagt Schwalbe (230), ver¬
stärken oft die Wesenseigenschaften der Menschen und lassen dadurch
manche Charakternote, die unter gewöhnlichen Bedingungen kaum be¬
merkbar ist oder doch nicht zu den wichtigen Komponenten der Persönlichkeit
zu gehören scheint, in ihrer wahren Bedeutung hervortreten. Insofern der
Charakter eines Yolkes sich als Summe der hauptsächlichen Eigenschaften
seiner Individuen darstellt, ergibt sich in der Gegenwart eine stärkere Be¬
tonung der Sondermerkmale, die den einzelnen Völkern ihre Stellung im
psychologischen System aufweisen. Wertvolleres Material als die Tagespresse
bieten hierfür die Kundgebungen, die von Wissenschaftlern und Künstlern
verfaßt und als tendenziös, insbesondere als nicht verbogen von der Absicht,
auf die Massen zu wirken, angesehen werden können. Durch sie äußert
sich die Volkspsyche in einer durch Kultur veredelten Form, rein von den
ungebändigten Instinkten. In solchen Geistesoffenbarungen findet man für
die Beurteilung des Volkscharakters Unterlagen, die auch von den Gegnern
als einwandfrei angesprochen werden müssen. Der Autor führt dann
einen Aufsatz an zum Beweise, wie sehr auch französische Arzte durch die
Kriegswirren nicht nur in ihrem Verhältnis zu deutschem Geistesleben,
sondern auch in ihrem logischen Denken beeinflußt sind. ( Jacobsohn .)
Münzer (179) spricht über die Schockwirkung bei Schwerverwundeten.
Sie besteht in einer Hemmung der wesentlichsten Hirnfunktionen. Durch
die schwere Verletzung würden eine ganze Reihe sensibler Nerven getroffen
und hierdurch eine Fülle mannigfacher Reize an das Zentralnervensystem
weitergeleitet. Die Summation all dieser fremden Reize mag wohl den
Ablauf der Hirnfunktionen wesentlich beeinflussen. Andrerseits bedingt
der Blutverlust tiefgreifende Veränderungen der Zirkulation. Die Schock¬
wirkung hält ca. 12—24 Stunden an. Der Seelenzustand danach ist dann
verschieden. Die einen Verwundeten zeigen einen ruhigen, die anderen
einen neurasthenischen Zustand. Letzteren treffe man im Verhältnis öfters
bei Offizieren als bei Mannschaften. (Jacobsohn.)
Forel (70) kennzeichnet in seinem Aufsatz das Wesen und die Be¬
deutung der Psychologie als Wissenschaft. Es besteht nach seiner Ansicht
keinerlei Gegensatz zwischen Subjekt und Objekt. Alles, was wir kennen,
haben wir durch die Brille unseres Subjektes kennen gelernt, d. h. durch
unsere psychologische Introspektion. Die Psychologie gehört in das Gebiet
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Psychologie.
dessen, was unserer Kenntnis durch direkte und indirekte Introspektion er¬
reichbar ist. Alle wissenschaftliche Psychologie muß notwendigerweise ver¬
gleichend sein, keineswegs ist die Psychologie die Wissenschaft der reinen
direkten Introspektion. Das könnte sie nur sein, wenn sie die Psychologie
eines Menschen wäre, der allein auf der Welt lebend, nicht einmal mit
Tieren Umgang hätte, und der nie gelesen und gesprochen hätte. Die gegen¬
teilige Ansicht einzelner Autoren (Bethe, Uxküll u. a.), daß es eine ver¬
gleichende Psychologie gar nicht geben könne, sei falsch. Um im Bereich
der Wissenschaft zu bleiben, müsse man zu gleicher Zeit beobachten und
experimentieren, sowohl mit Hilfe der direkten Introspektion unseres „Ich 1 *,
das wir als Maßstab der Vergleichung benutzen, wie auch mittels der in¬
direkten Kombinationen der Resultate unserer Introspektion, d. i. der
Phänomene der äußeren Welt, die wir bei anderen Menschen und bei den
Tieren beobachtet haben. Um uicht dabei in einen irreführenden Anthro¬
pomorphismus und Mechanismus zu geraten, soll man sorgfältig und ohne
Voreingenommenheit die Handlungen und Gebärden der im Naturzustände
lebenden Tiere beobachten, ferner muß man den Instinkt ausschalten, um
feststellen zu können, inwieweit das Tier seine persönlichen Erfahrungen,
mit Hilfe der Erinnerungsbilder und ihrer Assoziation verwendet, andrerseits
was das Tier aus erblichem Instinkt, ohne es gelernt zu haben, tut. Es gilt
zu beobachten, welche Sinnesorgane jede Tierspezies besitzt, und wie es
diese Organe verwendet, es gilt ferner zu beobachten, welchen Gebrauch
jede Spezies von ihren Sinneseindrücken macht, und bis zu welchem Grade
sie imstande ist, diese Eindrücke aufzuspeichern und sie später als Erinne¬
rungen zu verwerten. Im ganzeu ergeben sich aus der Beobachtung drei
Hauptgesetze: 1. Die geistigen Fähigkeiten eines Tieres hängen von dem
relativen Volumen seines Gehirnes, d. h. des mächtigsten höheren Nerven¬
zentrums ab. 2. Das absolute Hirnvolumen kann nicht den Maßstab für
die Kompliziertheit der geistigen Fähigkeiten abgeben, da bei den großen
Tieren jedes einzelne Organ (Muskel, Drüse, Haut usw.) zur Erledigung der
einfachsten Funktionen einer viel größeren Anzahl nervöser Elemente bedarf,
als bei den kleinen Tieren. 3. Die ererbte automatische Auslösung einer
Serie sehr komplizierter, jedoch determinierter Handlungen, die sich bei
den Individuen desselben Geschlechts und derselben Spezies immer gleich
bleiben und sich in der nämlichen Weise und zu dem gleichen Zwecke
wiederholen, also alles das, was man unter Instinkt versteht, erfordert eine
weit weniger beträchtliche Zahl von Neuronen und daher viel weniger
Gehirn Substanz, als das plastische psychische Vermögen (individuelle In¬
telligenz), welches die Erinnerungen assoziiert und kombiniert, und sie in
dieser Weise verwendet, um die Handlungen des Tieres neuen unvorherge¬
sehenen Situationen anzupassen, und um mittels der Erinnerungskombinationeu
neue Handlungen vorzuber’eiten. Die angeblichen besonderen Seelenfähig¬
keiten, die man dem Menschen allein zuschreiben wollte, sind nur höhere
Komplikationsgrade, insbesondere auf dem Gebiete der plastischen Kom¬
binationen. Der Autor geht dann zur Lehre von der Mneme über, er führt
Hering an, der den Instinkt als das Gedächtnis der Art definierte und
damit uns das Wesen des Instinktes treffend charakterisierte. R. Semou
begriff, daß sich darunter ein wichtiges Gesetz des organischen Lebens
verbarg, welches er als das Gesetz der Mneme bezeichnete, und welches
nach den Erläuterungen, die Semon gegeben hat, sich kurz folgendermaßen zu¬
sammenfassen läßt: Die Mneme stellt die der lebenden Substanz innewohnende
Fähigkeit dar, die von außen kommenden Reizkomplexe, welche sie erregen und
sich ihr als Eugramme (d. h. als Komplexe latenter Energie) einprägen, als solche
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Psychologie.
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und in ihren zahlreichen subtilen Verbindungen zu bewahren, um sie dann,
durch den Vorgaug der Ekphorie, vielfach unter gleichzeitiger Herstellung
neuer Verknüpfungen, wieder in Tätigkeit treten zu lassen (zu reaktivieren)
mit Hilfe (bzw. auf Veranlassung) einer teilweisen oder abgeschwächten
Wiederkehr gleicher oder ähnlicher Reizungen. Die mnemischen Vorgänge
können von uns sowohl durch direkte Introspektion wie auch durch die
indirekte Methode der Beobachtung und des Experiments wahrgenommen
und untersucht werden. Das Gesetz der Mneme stellt die komplizierte Ent¬
wicklungsform der Gesetze von der Erhaltung der Energie bzw. der Arbeit
und von den Transformationen derselben dar für das Gebiet des or¬
ganischen Lebens.
Als Hauptergebnis des kurzen Überblicks stellt sich nach Porel die
Erkenntnis dar, daß nichts, kein psychologischer Rest irgendwelcher Art,
bleibt, der uns erlaubte, die Existenz einer vom lebenden Gehirn unab¬
hängigen Seele, einer Freiheit unseres Urteils oder Willens zu bejahen.
Was diesen letzten betrifft, so wird er in jeder Sekunde bestimmt durch die
Gesamtheit unserer ererbten und erworbenen bewußten und unterbewußten
Mneme. Aber das ist auch das einzige, was wir wissen können, nämlich
mit anderen Worten, daß im ganzen Gebiete der Beziehungen zwischen den
durch unsere Sinne uns übermittelten, durch unser Gehirn verarbeiteten
Erscheinungen und Symbolen, jeder Vorgang durch irgendwelche Ursachen,
jede Reaktion durch irgendweiche Einwirkung bedingt ist. Die vorgeblichen
metaphysischen Fragen, die nach Forels Ansicht gar keine Fragen oder
Probleme sind, bleiben nach wie vor in ihrem absoluten Dunkel, dem
einzigen Absoluten, das wir kennen, gleichbedeutend mit der Absolutheit
unserer Unkenntnis hinsichtlich des Unerkennbaren. ( Jacobsohn .)
Von der interessanten Abhandlung von Frankhauser (72) sei nur
der letzte Abschnitt wiedergegeben: Was das Verhältnis von Motiv und
Handlung betrifft, so ist es von Schopenhauer für ein kausales gehalten
worden: „Die Motivation ist die Kausalität von innen gesehen.“ Das Motiv
ist eine Empfindung, die Handlung eine Energieentladung; es ist also danach
ohne weiteres klar, daß zwischen Motiv und Handlung kein kausales Ver¬
hältnis bestehen kann. Die Energieentladung einer Handlung steht in kausalem
Zusammenhang zu einer vorhergehenden Energiespannung, einem Energie¬
gleichgewichtszustande. Die Handlung steht ferner zu dem mit dem Motiv
gleichzeitigen Energiezustande in einem Reizverhältnis, d. h. dieser Energie-
zustand steht in einem kausalen Verhältnis nur zu einem oder einzelnen
Energieträgern des mit der Handlung kausal verbundenen Gleichgewichts¬
zustandes. Von den bisher betrachteten Beziehungen kommt also dem Motiv
und der Handlung die eines indirekten Reizverhältnisses sowie die der
Sukzession zu, welch letztere aber nicht charakteristisch ist, da alle Zu¬
standsänderungen entweder gleichzeitig oder nacheinander erfolgen müssen.
Ein Motiv ist eine Willensregung, also eine Empfindung. Eine von dem,
dem Motiv gleichzeitigen Energiezustand als Reiz ausgelöste Energieentladung,
Reaktion, Handlung ist entweder dieser Willensregung gemäß oder nicht
gemäß, d. h. sie ist zweckmäßig oder nichtzweckmäßig. Die zweckmäßigen
Reaktionen werden entwicklungsgeschichtlich und erfahrungsgemäß fest¬
gehalten. Auf welche Weise dies geschieht, ist ein Problem für sich. Jeden¬
falls beweisen aber die unzweckmäßigen Handlungen, daß das Zweckmäßig¬
keitsverhältnis zwischen Motiv und Handlung kein ursprüngliches ist. Das
Verhältnis Motiv und Handlung ist demnach, wenn es mehr ist als ein
indirektes Reiz- oder ein sukzessives Verhältnis, kein kausales, sondern ein
teleologisches. Der Praktiker richtet sein Augenmerk auch nur auf dieses
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Psychologie.
teleologische Verhältnis. Er glaubt eine Handlung zu verstehen, wenn er
ihren Zweck erkennt. Die Erkennung des Zweckmäßigkeitsverhältnisses
von Motiv und Handlung ist aber Sache der inneren Erfahrung. Er versteht
daher das Handeln außer ihm auf Grund seines eigenen Handelns nur
dann, wenn er den eigenen Motiven gleiche auch bei anderen voraussetzt.
Auch zwischen den Motiven unter sich besteht kein kausales Verhältnis, wohl
aber zwischen den ihnen gleichzeitigen Energiezuständen. Sind zwei Motive
entgegengesetzt, so siegt das stärkere Motiv, d. b. dasjenige, dessen gleich¬
zeitige Energie die stärkere ist. Die gleichzeitige Energie des schwächeren
Motivs wird durch die des stärkeren gebunden, und es bleibt nur auf der
Seite des letzteren ein Plus über, welches als Reiz auf eine Energieentladung,
eine Handlung wirken kann. Darauf beruht das Wesen der Hemmung.
Wenn aber auch die Motivation nicht die „von innen gesehene“ Kausalität
ist, so gibt es dennoch eine solche von innen gesehene Kausalität. Am
klarsten und unmittelbarsten kommt uns nämlich das Kausalitätsverhältnis
zum Bewußtsein im Kräfteaustausch mit äußeren Objekten. Ein jeder, der
einen Wagen schiebt, empfindet, daß die von ihm aufgebotene Energie dem
Wagen mitgeteilt wird, daß also das Handanlegen und die Bewegung des
Wagens keine bloße Sukzession ist. Zur Bewegung des Wagens genügt
eben das Handanlegen nicht. Wer sich von einer bergabrollenden Karre
schieben läßt, weiß genau, daß er um so mehr geschoben wird, je weniger
Kraft er dem Fahrzeug entgegensetzt, und um so weniger, je mehr er das tut.
Er empfindet es ganz genau, daß zwischen ihm und dem Fahrzeug ein
Energie-, ein Kräfteaustausch stattfindet. Das Kausalitätsverhältnis im
Kräfteaustausch mit äußeren Objekten ist daher in der Tat die von innen
gesehene oder richtiger gefühlte Kausalität, und dabei ist sich jeder ihres
innersten Wesens instinktiv bewußt. Dieses innerste Wesen des Kausalitäts¬
verhältnisses entgeht sogar dem vernunftlosen Tier nicht, ohne daß es jedoch
einen verstandcsmäßigeu Begriff davon hätte. Es entwickelt im Kampf,
im Kräfteaustausch mit den äußeren Objekten instinktiv um so mehr Energie,
je mehr ihm entgegengesetzt wird. Daher hat auch der Kausalitätsbegriff
als der einer notwendigen Sukzession noch niemandem im Ernste genügt.
Es hat von jeher ein jeder instinktiv empfunden, daß noch etwas anderes
dahinter stecken müsse; dieses Etwas ist aber nichts Apriorisches, es hat
eine schwere Grundlage, nämlich das instinktive Bewußtwerdeu der Wechsel¬
wirkung im Energieaustausch mit äußeren Objekten Jaspers, dessen Stand¬
punkt L. Binswanger bekämpft, läßt sich leiten dnrch die Grundvorstellung.
daß alle kausalen Zusammenhänge, daß der ganze außerbewußte Unterbau
des Seelischen irgendwie in körperlichen Vorgängen ihre Grundlage habeu.
Jaspers verwirft demnach eine rein psychische Kausalität. Der Autor ver¬
folgt in der vorliegenden Abhandlung, diesen Jasporsehen Standpunkt aus¬
führlicher zu begründen und zu erörtern. ( Jacobsohn .)
Die Grundgesetzlichkeit, die alles psychische Leben gegenüber sonsti¬
gen beliebigen Vorgängen des Lebens auszeichnet und die sich häufig über
ganze Reihen von Vorstellungen, Gefühlen und Wallungen hinwegspannt,
ist nach Darlegungen von Conrad.. ('$»>) der ewige Kreislauf zwischen
Aufnehmen, Verarbeiten und Äußern, der wie jeder Lebeusvor-
gang als Ganzes dazu dient, den psychischen Organismus zu erneuern
und zu verjüngen, und all das Alte und Absterbende zu ersetzen, das dieser
— neuerungsdurstig — in das Unterbewußtsein und in die Vergessenheit hinab-
stößt. Jeder der drei Teilprozesse kann durch ein Zuviel oder ein Zuwenig
eine Störung hervorrufen. Wenn dadurch ein gewisses Maß überschritten
wird und die Selbstregulierung versagt, und wenn es dabei zu einer Ver-
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Psychologie.
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kehrung der natürlichen Gefühle und Bedürfnisse kommt, werden die Stö¬
rungen für die Erhaltung des Organismus gefährlich und bedürfen des päda¬
gogischen Eingriffs.
Ungenügend ist das Maß des Äußerns dann, wenn sich mehr und mehr
verarbeitetes psychisches Material ansammelt, das als Affekt oder Wunsch
oder Wille zur Äußerung drängt, ohne wegen irgendwelcher Hemmungen
zur Äußerung und Entladung gelangen zu können; überreichlich ist dieses
Maß, wenn es die zunehmende Erschöpfung und Verarmung des psychischen
Lebens und seine Erschlaffung dadurch zur Folge hat, daß es keine irgend
erhebliche Spannung mehr aufkommen läßt. Als Beispiele für die erste Klasse
führt der Autor die religiösen Fanatiker an, die sich in die Einsamkeit uud
ein möglichst äußerungsloses Innenleben zurückziehen, sich aber doch nicht
an dieses Leben anpassen und dann dem psychischen Zusammenbruch ent¬
gegengehen. Bei anderen liegt irgendeine andere Hemmung vor, welche
die notwendige Äußerung in zu hohem Maße beschränkt. Unter denen, die
sich an den Psychoanalytiker wenden, sind nicht wenige, die gerade unter
solchen Hemmungen des Sichäußerns leiden, Hemmungen, die ihnen natür¬
lich besonders bewußt und quälend werden, wenn sie mit ihrem Beruf,
mit ihren gesellschaftlichen und Familienvorpflichtungen in Konflikt geraten
(Schauspieler, Pfarrer, Offizier usw.). Alle diese gequälten und sich gegen¬
seitig quälenden Menschen leiden an dem gleichen: der Hemmung der
Äußerungsfunktion.
Der andere Fall, die Maßlosigkeit des Äußerns aus irregeleiteten In¬
stinkten, scheint im Leben, d. h. in dem heutigen Kulturleben nicht die gleich
große und gefahrvolle Rolle zu spielen. Mau sieht zwar täglich die Ver¬
flachung, die stets die unmittelbare Folge übermäßiger Äußerung ist, aber
verhältnismäßig selten scheint sich hieraus eine selbstgefährliche, d. i. den
Organismus bedrohende, krankhafte psychische Tendenz zu entwickeln. Hierher
gehören z. B. diejenigen, die sich in Spiel, Alkohol und Geselligkeit, in
großen jahrelangen Weltreisen usw. betäuben und über ihre innere Leere
hinwegzutäuschen suchen.
Der Autor wendet sich alsdann den beiden anderen Gruppen zu, die
auf einem Zuviel oder Zuwenig des Aufnehmens oder Verarbeitens beruhen.
Einem Zuviel des Aufnehmens entspricht ein Zuwenig des Verarbeitens und
umgekehrt. Im ersten Fall hat man eine unnatürliche Erweiterung des
psychischen Lebenskreislaufes, im zweiten Fall eine unnatürliche Verengerung.
Im ersten Fall entsteht eine zunehmende Beängstigung, ein zunehmendes
Kleinheitsgefühl angesichts des nicht zu bewältigenden Stoffreichtums, der
nicht zu bewältigenden Anforderungen; und es häufen sich von anderen
übernommene Anschauungen, Wünsche und Lebensziele auf, die mit der
eigenen Natur und den eigenen wahren Bedürfnissen in Widerspruch stehen,
es entstehen Konflikte in den Lebenswegen und Lebenszielen. Es entstehen
überdies aber Konflikte mit der Wirklichkeit und dadurch ständige Ent¬
täuschungen. Bei der Sensibilität und leichten Ermüdbarkeit des Neur¬
asthenikers kann sich alles dies ins ungemessen Krankhafte steigern; leicht
werden hier aus Menschen, die früher die großen Optimisten waren, schlie߬
lich die ärgsten Pessimisten, erleiden einen vollkommenen seelischen Zusammen¬
bruch, der zum Selbstmord führen kann.
Noch wichtiger aber als diese Erweiterung des Lebenskreislaufs bei
ungenügender Verarbeitung ist die Verengerung desselben. Sie beruht
darauf, daß zu wenig aufgenommen wird und im Verhältnis hierzu der \ er-
arbeitungsprozeß zu lebhaft ist. Ein solcher Mensch sei dem zu vergleichen,
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Psychologie.
der sich in eine kleine Stabe sperrt und gezwungen ist, die Luft wieder
einzuatmen, die er ausgeatmet hat. Die Hysterischen seien das krasseste
Beispiel für diese Selbstvergiftung. Freud und seine Schüler haben die
Verdrängung sexueller Wünsche, also ein Zurückdrängen wichtiger Äußerungs¬
triebe als eine bedeutsame und überaus häufige Quelle jener Störungen auf¬
gedeckt. Aber wichtiger ist die Erkenntnis durch Jung, daß nicht die
Verdrängung an sich für solche Störungen verantwortlich gemacht werden
kann, sondern die Verengerung des Lebensprozesses, die aus dem Perse-
veriereu solcher nie erfüllten Wünsche und dem Perseverieren solcher nie
gelösten Konflikte hervorgeht. Die Wunschziele haben nicht wie irgendein
beliebiges Vorstellungselement die Teudenz, von den nachfolgenden in das
Uuterbewußtsein zurückgedrängt und des unmittelbaren Einflusses auf den
psychologischen Gesamtzustand von da an beraubt zu werden, sondern sie haben
die Tendenz, im Bewußtsein oder in Bewußtseiusnähe zu perseverieren, bis
dieses Ziel erreicht ist, jedenfalls aber dauernd wirksam zu bleiben. Nicht
die egoistische Einstellung als solche ist nach Ansicht des Autors das lebens¬
feindliche Element bei den Hysterischen und zahllosen anderen Kranken,
sondern die ungesunde Verengerung, die ein zu nahe gestecktes unerfüllbarer
Wuuschziel hervorbringt. Ebenso wie die egoistische, so wird auch die
altruistische Lebenseinstellung, wenn sie zu eng in ihren Zielen ist, ungesund
und lebensfeindlich. Als Beispiel wählt der Autor die junge Witwe, die
nur ganz allein für ihr Kind lebt, wobei der enge Betätigungskreis nicht
nur auf die Mutter, sondern auch ganz besonders auf das Kind verderblich
einwirkt. Ebenso wie die Liebe kann auch der zu Furcht, Trotz und Haß
gesteigerte Zwiespalt zwischen dem Kind und einem der Eltern zu einer
Bindung und Entwicklungshemmung werden, das Bild der Außenwelt ver¬
zerren und zu einer falschen Einstellung ihr gegenüber führen. Wie das
Familienleben, so kann auch das Berufsleben Anlaß zu solcher Verengerung
des Restitutionsprozesses werden und vor allem die Form der Störungs¬
symptome bestimmen, denn der Beruf wird in der Regel nicht nur nach
der vorhandenen Anlage, sondern auch mehr oder weniger nach der vor¬
handenen Anlageschwäche ausgewählt. So entwickelt sich beim Schneider
die Furchtsamkeit, beim Fleischer die Roheit, beim Beamten die Pedan¬
terie usw.
Die pädagogische Behandlung aller dieser Fälle, die der Autor durch¬
gesprochen hat, besteht zunächst in der Psychoanalyse und in der darauf
sich aufbauenden Aufklärung des Patienten über den Ursprung und die
Schädlicbeit seines Verhaltens. ( Jacobsoha .)
Bunnemann (:10) bemüht sich, eine Formel zu finden, um idealistische
und mechanistische Weltanschauung zu vereinigen. Er ist der Ansicht, daß
ein klares Denken ohne Substanzbegriff nicht möglich ist. „Unser Denken“,
meint der Autor, „braucht etwas Festes. Alle unsere Begriffe sind im Zeit¬
punkte ihrer Anwendung feststehend. Wenn wir aber das Seiende stets nur
in seinen Beziehungen erfassen sollen, wie Petzold, Misch und Avenarius
es wollen, so bleibt das Denken ruhelos und immer unklar. Wir müssen,
wenn wir klar deuken wollen, das Seiende als etwas im festen Zusammen¬
schluß im Zeitpunkte des Erlebens Vorhandenes betrachten, und diesem
Postulat entspricht der Substanzbegriff. Die Substanzvorstellnng aber können
wir dahin in uns abändern, daß wir sowohl dingliche als ichliche Attribute
in ihr vereinigt sehen. Dem Objektiven der Bewußtseinsinhalte entspricht
das räumlich Beziehliche der Realität. Dem Realen kommt also das
Attribut der Räumlichkeit zu, vermöge dessen es in räumlicher Beziehung
sich zu äußern und in un9 die objektive Seite unserer Bewußtseinsinhalte
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Psychologie.
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zu schaffen vermag. Weiter müssen wir ihm das Attribut der Zeitlichkeit
zuerkennen, vermöge dessen es in einer Folge von Znstandsbildern sich zu
äußern imstande ist und in unserm Bewußtsein eine Folge von Erschei¬
nungen erkennbar macht. Wenn wir in dieser Folge von den zeitlichen
und dinglichen, objektiven Unterschieden absehen, so bleiben die Erschei¬
nungen an sich noch auf ein Attribut des Seienden zurückzuführen. Wir
können sie als solche als ichliche, subjektive bezeichnen, und demgemäß der
Realität des Attributs der Ichlichkeit, der Subjektivität zuerkennen. So
erscheint uns, da weitere Seiten an den Erscheinungen unseres Bewußtseins
nicht zu unterscheiden sind, die Substanz einheitlich in seinen drei Attri¬
buten der Räumlichkeit, der Zeitlichkeit und der Ichlichkeit zu erfassen.
Dabei muß man festhalten, daß das Seiende nur infolge der Rückbezüglich-
keit seiner Attribute sich einheitlich dem Betrachter darzustellen und nur
in der Rückwirkung derselben aufeinander sich zu äußern, zu funktionieren
vermag. Diese Rückbezüglichkeit der Attribute ist aber nicht diejenige
einer einfachen Relation, sondern sie ist eine solche, daß die Realität seine
Räumlichkeit nur in ideell beziehlicher Weise geltend zu machen und daß
dieselbe, als Ich betrachtet, auf ein andoros nur durch räumliche Verände¬
rungen zu wirken vermag. Darin ist das Relativitätsprinzip infinitesimal
gewahrt. Denke ich mich selbst oder jedes andere Ding in der Zeit in
dieser Rückbezüglichkeit inneren und äußeren Seins bis ins unendlich Kleine
verfolgt, so komme ich zu dem einheitlichen Begriff der Substanz, als eines
Etwas, das sozusagen in allem Seienden drinsteckt, in seinem Zusammen¬
wirken aber zu den verschiedenen Äußerungen in räumlicher Beziehung
und je nach den vorhandenen Abstimmungen, zu verschiedener ideell bezieh¬
licher Verarbeitung der räumlichen Anregungen befähigt ist. So können
wir verstehen, wie strukturelle und geistige Entwicklung nebeneinander her¬
geht und mit der Kompliziertheit der einen die Variabilität der anderen
wächst.“ (Die eben wörtlich angeführten Sätze bilden wohl den Kern der
außerordentlich schwer verständlichen Arbeit, die ihrem ganzen Inhalte nach
zu referieren unmöglich ist. Ref.) (Jacobsohn.)
Von der umfassenden Arbeit Giese’s (90) sei hier nur die Vor¬
bemerkung wiedergegeben, aus welcher das gestellte Thema ersichtlich wird.
Nachfolgende Untersuchung bringt den angekündigten ersten Versuch, mittels
experimenteller Psychologie Grundprinzipien für die Differenzierung der Ge¬
schlechter wie die Typisierung der Individuen aufzufinden. Die Festlegung
solcher allgemeingültigen Prinzipien, welche das Vorkommen psychischer
Qualitätsverbindungen ähnlich regeln möchten, wie es chemische Verbiudungs-
gesetze in der Welt der Materie tun, erfolgt auf dem Wege der in der
Experimentalpsychologie neuerdings vertraut gewordenen Korrelationsmethode
und auf Grund vieltausendfacher Experimente, die G. mit 22 Versuchs¬
personen beiderlei Geschlechts in mehrsemestriger Arbeit anstellte. Von
ähnlichen Bemühungen, durch Korrelationen charakterologische Prinzipien
anfzudecken, unterscheidet sich Gieses Arbeit vor allem in einem Aus¬
gangspunkt der Berechnungen, ist nicht etwa ein philosophisch prädestiniertes,
a priori genommenes Typenschema, in das man die Vpp. zunächst für die
Bewertung ihrer Experimentalleistungen einordnet, sondern nur eine Experi¬
mentalleistung ihrem objektiven Rohwerte nach, und nichts weiter. Daß
trotz Vermeidung subjektiver Schematisierung objektive Endprinzipien mittels
Korrelationen — rein rechnerisch — erschlossen werden können, ergibt die
nachfolgende Ausführung. Diese Ausführung und ihr Endresultat ist nur
für den Spezialfachmann verständlich, weshalb von einem eigentlichen Referat
hier abgesehen werden muß. (Jacobsohn.)
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Psychologie.
Die Aufgaben der Phänomenologie sind, wie Baade (4) ausführt, die¬
selben wie die der darstellenden Psychologie. Die Objekte der Phäuome-
nologie decken sich zum großen Teil mit denen der darstellenden Psychologie.
Der Hauptunterschied besteht darin, daß die Phänomenologie es auch mit
solchen pathologischen psychischen Ereignissen zu tun hat, welche im Seelen¬
leben des geistig gesunden, zu wissenschaftlicher Arbeit befähigten Menschen
nicht auftreteu. Zwischen der Arbeitsweise der darstellenden Psychologie
und der der Phänomenologie besteht bis zu einem gewissen Grade Über¬
einstimmung. insoweit nämlich, als beide sich der darstellenden Vergegen¬
wärtigung und der darstellend fundierten Repräsentakte bedienen. Der
methodologische Unterschied zwischen beiden Disziplinen beruht zum Teil
auf der Verschiedenheit ihrer Objekte: die Phämenologie hat es auch mit
solchen psychischen Ereignissen (von geistig Erkrankten) zu tun, welche
sich der wissenschaftlichen Selbstbeobachtung entziehen, und kann sich zu
ihrer Beobachtung nur der augleichenden Einfühlung und zu ihrer reprä¬
sentierenden Vergegenwärtigung nur der augleichenden Repräsentakte bedienen
(dieser Unterschied ist unaufhebbar). Zum Teil beruht der Unterschied
noch darauf, daß die darstellende Psychologie die verschiedenen in bezug
auf ein psychisches Ereignis möglichen Arten der Vergegenwärtigung nach
bestimmten Prinzipien wertet und den wertvolleren möglichst den Vorzug
vor den geringwertigeren gibt, während Jaspers entsprechende Prinzipien
und Tendenzen für die Phänomenologie nur erst teilweise und noch nicht
mit aller wünschenswerten Präzision proklamiert hat. Indessen besteht kein
Hindernis dagegen, daß die Phänomenologie die näher entwickelten Prinzipien
und Tendenzen der darstellenden Psychologie sich noch aneignet (resp. die
ihrigen entsprechend ausbaut). Damit würde dieser zweite Teil des methodo¬
logischen Unterschiedes verschwinden. ( Jarobsohv .)
Die eingehenden Untersuchungen über Vererbung psychischer Fähig¬
keiten, welche Peters (188) angestellt hat, basieren auf einer Vergleichung
der Schulzeugnisse von ganzen Familien und auf Versuchen, die an Schul¬
kindern ausgeführt wurden. Die Haupttitel der Arbeit sind: 1. Das Problem
der psychischen Vererbung und die Aufgabe vorliegender Untersuchung
2. Literatur über psychische Vererbung. 3. Das Zeugnisraaterial und seiue
Verarbeitung. 4. Die Zeugnisnoten, ihre Verteilung und ihr Durchschnitt.
5. Die Abhängigkeit der Kinderleistungen von den Leistungen der Eltern.
6. Geschlecht und Vererbung. 7. Der Erbeinfluß der Großeltern. 8. Die
Geschwisterähnlichkeit. 9. Psychologische Versuche über Geschwisterähnlich'
keit. 10. Gedächtnisversuche an Geschwistern. 11. Versuche über Be¬
wegungsgeschwindigkeit an Geschwistern. 12. Versuche über Kombiuations-
fähigkeit an Geschwistern. 13. Ergebnisse der Versuche über Geschwister¬
ähnlichkeit. 14. Milieu und Vererbung. 15. Zusammenstellung des Korre¬
lationskoeffizienten. Am Schluß faßt der Autor seine Resultate dahin
zusammen, daß die nachgewiesenen psychischen Ähnlichkeiten zwischen
Eltern und Kindern, Großeltern und Enkeln, zwischen Geschwistern in der
Hauptsache nicht auf die Wirksamkeit des gleichen Milieus bei den An¬
gehörigen derselben Familien beruhen, sondern Vererbungserscheinungen sind.
( Jarohsohn.)
Bauch (9) spricht über die Seelenverfassung Tuberkulöser und führt
einige Beispiele an. Nicht die Besonderheit der Krankheit, sondern die
langsame und mitunter schmerzvolle Aufzehrung gibt den Uuterton für die
psychische Verfassung des Kranken ab. ( Jacobsohu .)
Lehmann s (149) Arbeit ist eine kritische Besprechung des neuesten
Weikes von Wilhelm Wundt, „Sinnliche und übersinnliche Welt“ und die
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Psychologie. 653
Gegenüberstellung der darin gegebenen Gedankengänge zur Erkenntniskritik
von Kant. (Jacob»olin.)
Schulhof (225) bringt Psychologisches aus Kants Schriften, und zwar
reine Auszüge ohne kritische Bemerkungen. Die Auszüge beziehen sich auf:
Sinnlichkeit und Verstand (Apperzeption), Ich (als Intelligenz), Einbildungs¬
kraft, Apprehension, Urteilskraft, (reine) Vernunft, Idee, praktische Vernunft,
Wille, Freiheit, Imperativ, Gefühle (Lust, Unlust). (Jacobsohn.)
Senslbte, sensorische und motorische Vorgänge.
Wichtige Beobachtungen über Schmerzqualitäten, die auch für den
Arzt von Bedeutung sind, veröffentlicht Becher (11). Die zugrunde liegenden,
zahlreichen Versuche hat B. an sich selbst angestellt, weil er die z. T. recht
qualvollen Manipulationen niemand anders Zutrauen wollte. Bisher sind vou
der Psychologie meist nur zwei Arten von Schmerz unterschieden worden:
Der helle Oberflächenschmerz und der tiefe dumpfe Schmerz. B. fragte
sich nun, ob mit diesen beiden Qualitäten alle Möglichkeiten erschöpft wären.
Zur Erzeugung von Schmerz benutzte er feinste Nähnadeln, Messingdraht,
Pinzetten, kneifende Fingerspitzen und Fingernägel, Menschen- und Roßhaare
zur Reizung der Hornhaut, Stoß oder Schlag mit Fingerknöcheln oder leichtem
Eisenhammer usw. Geprüft wurde fast die ganze Körperoberfläche, auch
die Schleimhäute, der Gehörgang, die Glans penis. Außer den mechanischen
kamen auch chemische (Ätzen mit Kalilauge) und thermische Reize zur Ver¬
wendung. Nach einer genauen Mitteilung der Ergebnisse an den verschie¬
denen Körperstellen faßt B. das Gesamtresultat dahin zusammen: Außer
den von Thunberg und Alrutz festgestellten beiden Schmerzarten, dem
hellen oberflächlichen und dem dumpfen tiefer sitzenden Schmerz, gibt es
noch andere qualitativ verschiedene Schmerzarten, z. B. den im äußeren
Gehörgang auslösbaren Schmerz. Auf der gewöhnlichen äußeren, stark,
schwach oder nicht behaarten Haut ist der oberflächliche Schmerz überall
von gleicher Qualität.
Boring (24) hat eingehende und vielseitige Untersuchungen über die
Sensibilität der Verdauungsorgane angestellt. Uber die gut ausgearbeitete
Technik muß das Original nachgelesen werden. Die Ergebnisse der Ver¬
suche, die an 8 Personen angestellt wurden, sind folgende: Die Speise¬
röhre ist in ihrer ganzen Länge für Wärme- und Kältereize empfindlich.
Bei 60 Grad entsteht eine Hitzeempfindung. Schmerzempfindungen werden
oft in den Kopf verlegt. Mechanische Reizung durch Spannung der Speise¬
röhre geringeren Grades ruft Schmerzgefühl hervor. Bipolare faradische
Reizungen werden überall in der Speiseröhre empfunden; die Empfindlich¬
keit wächst nach dem Rachen hin. Alkohol und Salzsäure werden wahr¬
genommen; Senf, Pfeffer und Pfefferminzöl dagegen nicht. Alle Empfindungen
der Speiseröhre werden entweder unter das Brustbein oder in die Haut
verlegt.
Kälte- und Wärmereize rufen im Magen die entsprechenden Empfin¬
dungen hervor, ähnlich wie in der Haut; es ist aber möglich, daß sie nicht
dem Magen entstammen, sondern der Haut. Hitze ruft Schmerz im Magen
hervor. Spannung des Magens erzeugt dumpfe Druckempfindung, sie ist, wenn
sehr hochgradig, schmerzhaft. Die elektrische Reizung wird nur bei sehr
starken Strömen empfunden, so daß es fraglich ist, ob sich nicht die Haut
dabei beteiligt. Konzentrierter Alkohol, Pfefferminzöl und Senf empfindet
der Magen, Salzsäure ruft Hungerschmerz hervor. Die Lokalisation starker
elektrischer Reizung ist im Magen viel genauer als in der Speiseröhre. Der
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Psychologie.
Anus ist empfindlich für warm und kalt, das Rektum anscheinend nicht,
doch ruft Wasser von 60 Grad Schmerz, Aufblähung des Rektums, Defä-
kationsdrang, in hohem Grade Schmerz im Unterleib hervor. Elektrische
Reizung wird im Rektum wahrgenommen, stärker nach dem Anus hin, auch
Alkohol, dagegen nicht Pfefferminzöl, Pfeffer und Senf. Im Dickdarm
scheinen heiß und kalt keine entsprechenden Empfindungen hervorzurufeu,
dagegen wohl Schmerzempfindung.
Bei Gelegenheit von Untersuchungen nach der Konstanzmethode, welche
sich mit dem Vorgang des Vergleichen und den räumlichen Empfindungs¬
eigenschaften beschäftigen, ergab sich, wie Ziehen (280) ausführt, eine er¬
hebliche Beteiligung des sog. absoluten Eindrucks au dem Zustandekommen
des Urteils, d. h. sehr oft sprach sowohl die Selbstbeobachtung wie die
rechnerische Analyse der Ergebnisse dafür, daß die Vp. sich bei ihrem
Urteil nicht nur durch den Vergleich zwischen den beiden sukzessiv dar¬
gebotenen Reizen V! (1. Reiz) und V 2 (2. Reiz) hatte leiten lassen, sondern
auch durch den Eindruck, den V x oder V 9 oder auch V x und V 2 auf Grund
irgendwelcher früheren Erfahrungen machten: Statt des erwarteten und
verlangten direkten Vergleichs von V x mit V 2 war also ein Vergleich von
V x bzw. V 2 mit älteren Erinnerungsbildern zustande gekommen, und auf
Grund dieses instruktionswidrig eingetretenen Vergleichs erst indirekt durch
ein Schlußverfaliren ein Vergleichsurteil über V x und V 2 gebildet worden.
Auch war nicht festzustellen, daß viele Urteile gemischten Ursprungs waren,
d. h. daß bei denselben der direkte Vergleich und der absolute Eindruck
(der indirekte Vergleich) zusammenwirkten. Um die Versuchsergebnisse für
den Hauptzweck der Untersuchungen verwerten zu können, suchte Ziehen
den Grad und die Richtung des Einflusses des absoluten Eindrucks durch
weitläufige Zwischenuntersuchungen zahlenmäßig festzustellen. Im folgenden
werden dann die Ergebnisse über taktile Streckenvergleichungen, über aku¬
stische Intensitätsvergleichungen, über Selbstbeobachtungen mitgeteilt Die
Einzelheiten der Ergebnisse sind im Original einzusehen. ( Jacobsohn .)
Der einfachste Bewegungsinstinkt ist nach der Definition von Swindle
(260) die Fähigkeit eines Tieres, auf einen chemischen oder physikalischen
Reiz ein einziges unermüdetes Körperglied so oft zu bewegen, bis eine be¬
stimmte Zahl, d. h. eine Gruppe von ähnlichen Muskelreaktionen von ihm
in einem bestimmten Tempo, einer bestimmten Richtung oder Amplitude
ausgeführt worden sind. Nach den Versuchen, die der Autor nun an ver¬
schiedenen Tieren angestellt hat, scheint das Beibringen eines neuen Instinkt-
komplexes sowohl tvie das Vermehren der Elemente der ursprünglichen
Gruppen eines Instinktkomplexes unmöglich zu sein. Möglich ist nur, die
Häufigkeit des Vorkommens einer gegebenen ursprünglichen Gruppe zu ver¬
ändern. ( Jacobsohn ,.)
Hagemann (97) referiert die Arbeiten von Fließ über die Beziehun¬
gen der Nase zur Geschlechtssphäre. ( Jacobnohn .)
Soweit man heute sehen könnte, meint Grünbaum (93), fällt die
psychophysiologische Bestimmung des primitiven Bewegungseindruckes in das
Gebiet der im Bewußtsein unzutreffenden, physiologisch unmittelbar und
elementar bedingten rein sinnlichen Erlebnise mit spezifischen Qualitäts- und
Intensitätsrichtungen und mit einer zwingenden intimen Gegenständlichkeit,
als eines Kriteriums der psychischen Realität, die wir — eine einfache
Empfindung nennen. (. Jacobso/ut,)
Henuig (108) beschreibt eine optische Täuschung, der man an Holz¬
gittern und Gartenzäunen, bei denen aufrecht stehende Holzlatten angewendet
sind, unterliegt. Voraussetung ist, daß zwei solche Zäune entweder im
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Psychologie.
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Winkel zueinander oder sehr nahe aneinander stehen, und daß die Breite
der Latten den Zwischenräumen zwischen ihnen etwa entsprechen. Wenn
man außerhalb dieser Zäune vorbeigeht, so gewinnen die Latten des hinteren
Gitters und ebenso die zwischen ihnen befindlichen Zwischenräume für den
Beobachter scheinbar eine etwa um das Dreifache gewachsene Breite, wäh¬
rend das vordere Gitter sein natürliches Aussehen unverändert bewahrt.
Steht vor dem Holzgitter ein Drahtgitter mit spitz sich kreuzenden Draht¬
linien, so entsteht für den Beobachter ein Mosaikmuster aus hellen und
dunklen Feldern. Der Autor versucht eine Erklärung der optischen Täuschung
zu geben, ist aber selbst von dieser Erklärung noch nicht vollkommen über¬
zeugt. ( Jacobsohn.)
Sch&efer (220): Bekanntlich verschwindet ein passend kleines und
lichtschwaches weißes Feld, das bei tiefer Dämmerung mit gut dunkeladop¬
tiertem Auge betrachtet wird, vollkommen, sobald man es schart fixiert,
und taucht hell leuchtend wieder auf, wenn es auf die Seitenteile der Netz¬
haut wirkt. Verf. zeigt nun experimentell, daß ein schwarzes oder irgendwie
gefärbtes Objekt auf andersfarbigem Hintergrund unter den gleichen Um¬
ständen sich ebenso verhält. Nach der, besonders durch v. Kries und
seine Schüler entwickelten, „Duplizitätstheorie“, derzufolge der Stäbchen¬
apparat der Netzhaut uns nur Helligkeitswahrnehmungen vermittelt, während
der Zapfenapparat speziell der Farbenperzeption dient, würden diese Er¬
scheinungen so zu erklären sein, daß die stäbchenfreie Netzhautgrube inner¬
halb des Stäbchenapparates einen „blinden Fleck“ darstellt. Dies führt
Verf. zur Anstellung einer Reihe vergleichender Versuche über das optische
Verhalten des blinden Fleckes im Hellen und der Fovea centralis in der
Dämmerung, welche die vollkommene Kongruenz in dem psychophysiologischen
Verhalten dieser beiden besonderen Netzhautstellen ergeben: Die Versuche
und deren Erläuterungen sind einerseits psychologisch interessant, anderer¬
seits rein physiologisch als eine Stütze der Duplizitätstheorie zu bewerten.
(Selbstbericht.)
Henning (lfO) kritisiert die Theorien von Jaensch und Hering zur
Erklärung des sog. Panumschen Phänomens und stellt sich auf Grund
seiner eigenen Versuche auf die Seite der Heringschen. ( Jacobsohn.)
Die Arbeit von Koffka (137) ist eine psychologische Auseinander¬
setzung mit Benussi über die Arbeit von Keukel (Untersuchungen über den
Zusammenhang zwischen Erscheinungsgröße und Erscheinungsbewegung bei
einigen sogenannten optischen Täuschungen) und von Koffka (Einleitung zu
den Beiträgen zur Psychologie der Gestalt- und Bewegungserlebnisse. Ztschr.
f. Psychol. Bd. 67). Zusammenfassend möchte Koffka die Leistung der
Keukel sehen Arbeit so aussprechen: indem Keukel gezeigt hat, daß die
„optischen Größentäuschungen“ zwar real sind, aber nicht auf psychischer
Vermittelung beruhen, hat er die erste Anwendung von Wertheimers all¬
gemeiner Gestalttheorie auf experimentelle Fragen geliefert. Der Nachweis
der Realität bestätigt die von Benussi und der Grazer Schule längst ver¬
tretene Lehre, die Widerlegung der psychischen Vermittlung bedingt aber
einen schroffen Gegensatz zu eben dieser Lehre und führt ein neues Prinzip
in die Theorie der Täuschungen ein. (Jacobsohn.)
Die Versuche von Viqueira (259) ergaben, daß Silben, die mit einer
bestimmten Anordnung in einem Tableau simultan exponiert worden sind,
nach gewisser Zeit als einzelne vorgezeigt, mehr richtige Wiedererkennungen
und kürzere Wiedererkennungszeiten zeitigen, wenn sie bei diesem Vorzeigen
ihre früheren Stellen im Tableau behalten, als, wenn ihre Stellen bei diesem
Vorzeigen andere sind als vorher. (Jacobsohn.)
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Psychologie.
Fischer (66) kommt uacli ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis,
daß für das unmittelbare Wiedererkennen ein ganz geringer Grad von
unterschwelliger Reproduktion wahrscheinlich notwendig, sicher aber förder¬
lich ist. ( Jacobsohn .)
Ferree (03) gibt selbst einleitend folgendes Referat über seine Arbeit :
Zuerst (1) setzt der Verfasser das Problem auseinander, mit dem er sich
beschäftigt hat: er wollte die Wirkung verschiedener Beleuchtungssysteme
auf das Auge studieren. Dann wird besprochen (II) das allgemeine Maß
für die Leistungsfähigkeit des Auges bei verschiedenen Beleuchtungssystemen
mit kurzen Erörterungen über die üblichen Proben darauf, nämlich a) Farben¬
unterscheidung, b) Helligkeitsunterscheidung, c) Sehschärfe. Es wird fest-
gestellt, daß die letzteren Proben mit gewissen Modifikationen geeignet sind,
die Leistungsfähigkeit des unermüdeton Auges zu bestimmen. III. Verlast
au Leistungsfähigkeit als das Resultat einer Arbeitsperiode — hier wird fest¬
gestellt, daß keine der obigen Proben zu ihrer Bestimmung ausreicht, und
es wird eine ueue Untersuchungsmethode beschrieben. Die Arbeit schließt
(IV) mit einer kurzen Erörterung über einige Gründe für das in den Augen
unter verschiedenen Bedingungen empfundene Unbehagen und mit der Be¬
schreibung einer Methode, dieses vergleichend abzuschätzen. ( Jacobsohn .)
Man hat vielfach die Erscheinungen studiert, die bei der Verdunkelung
des Gesichtsfeldes nach der Fixation von buntgefärbten oder neutralen
Flächen auftreten. Baley (8) bewirkt diese Verdunkelung durch Zukneifen
der Augen und beschreibt nun die Farbenveräuderngen, die dabei mit den
fixierten und nichttixierten gefärbten Streifen ointreten. ( Jacobsuhu.)
Nach Versuchen von Baley (6) liegen die Verhältnisse beim dicho-
tischen Hören ähnlich wie beim gewöhnlichen diotischen, ja sogar beim
monotischen Hören. Mit der qualitativen Trennung geht beim dichotischen
und diotischen Hören auch die räumliche einher, indem solche auf Grund
ihrer Klangunähnlichkeit auseinander gehaltene Töne als rechts und links
lokalisiert erscheinen. ( Jacobsohn .)
In weiteren Versuchen über die Lokalisation beim dichotischen Hören
zeigt Baley (7), daß es möglich ist, beim dichotischen Hören die vou rechts
und von links kommenden Töne ohne Hilfe von Kopfbewegungen richtig zu
lokalisieren, auch wenn eine größere Anzahl von Tönen gegeben ist, die
genau gleichzeitig in die Ohren gelangen. Selbstverständlich gilt die Be¬
dingung, daß die zu lokalisierenden Töne der Höhe nach im Zusammenklang
deutlich unterscheidbar sind. Sie müssen daher einen gewissen Höhen¬
abstand voneinander und eine hinreichende relative Intensität haben. Im
Auschluß an diese Arbeit macht Stampf (246) ergänzende Bemerkungen
darüber, welche Wahrnehmungen er an sich selber bei den Versuchen
Baleys gemacht hat. ( Jacobsohn.)
Kerppola und Walle (134) haben an des Gesanges ungeübten und
geübten Personen Versuche über die Genauigkeit der Tonwiedergabe auf
Anschlag durch eine Stimmgabel geprüft. Sie geben die Resultate in vielen
Tabellen wieder. Das Vermögen, durch Gesang einen Ton wiederzugeben,
muß nach Ansicht der Autoren als wesentlich angeboren angesehen werden.
Hierbei kommen zwei verschiedene Faktoren in Betracht, nämlich ersteus das
Vermögen, die richtige Höhe des Tones mit dem Ohr zu erfassen, und zweitens
das Vermögen, durch die Sprachorgane den richtigen Ton tönen zu lassen.
Daß diese Fähigkeiten nicht immer Hand in Hand gehen, folgt daraus, daß
ein Mensch die Reinheit eines gegebenen Tones ziemlich befriedigend be¬
urteilen kann, ohne daß es ihm möglich ist, einen Ton einigermaßen rein
zu singen. Hier funktioniert also die verbindende Bahn zwischen dem Gehör-
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Psychologie.
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organ und den Zentren der Larynxmuskulatur nur mangelhaft, und es ist
fraglich, ob sie durch irgendwelche Übung tatsächlich verbessert werden
kann. ( Jacobsohn .)
In einem früheren Abschnitte seiner Untersuchungen machte Köhler
(138) darauf aufmerksam, daß bis in die neueste Zeit die musikaliche Ton¬
höhe fast als gleichbedeutend mit dem Wesentlichen eines Tones überhaupt
galt Alles Interesse war auf Tonhöhen konzentriert, bei keinem Problem
fast suchte die ältere Tonpsychologie die Lösung in anderer Richtung.
Köhler sucht nun nachzuweisen, daß den Tonhöhen dieser Yorzugsplatz
nicht zukommt, denn 1. die Schallphänomene, welche bei sehr langwelligen
und sehr kurzwelligen, sowie bei sehn kurzdauernden periodischen Reizungen
des Ohres auftreten und z. T. von Ton, z. T. von Geräuschcharakter sind,
besitzen keine Tonhöhe. 2. Das eigentümliche Hören von extrem Un¬
musikalischen läßt kaum eine andere Deutung zu, als daß es für sie keine
Tonhöhen gibt. Vom Mindermusikalischen bis zu solchen Extremen dürften
Abstufungen der angeborenen „sensorischen Amnesie“ Vorkommen, bei denen
progressiv seltener die Reizbedingungen günstig genug für Tonhöhen¬
entstehung ausfallen. Manche pathologische Fälle legen eine ähnliche
Deutung nahe; es bleibt zu prüfen, ob nicht die Mehrzahl der (überhaupt
hörenden) Tiere, sowie Kinder der allerersten Lebenszeit in ähnlicher Lage
sind. 3. Die Geräusche pflegen zweierlei Behandlung zu finden: Entweder
sieht man in ihnen eine besondere Qualitätenklasse und sondert demgemäß,
um ein „reines“ Geräusch zu erhalten, etwaige Tonhöhen ab. Die beson¬
deren Geräuschqualitäten werden hierbei nicht besonders beachtet. — Oder
man behauptet, alle Geräusche ließen sich auf Konglomerate oder dgl. von
Tonhöhen zurückführen und kommt in offenbaren Konflikt mit der einfachsten
Phänomenologie der Geräusche. Denn tatsächlich lassen sich Geräusche
so nicht beschreiben, und in Wirklichkeit dürfte man nur behaupten, Ge¬
räuschreize beständen aus gleichartigem Material wie Töne und Klänge. —
Beide Betrachtungsweisen kommen aber darin überein, daß sie kein wesent¬
liches Interesse an den Geräuschen haben; die eine, weil keine Tonhöhen
dazu gehören, die andere, weil Geräusche auch nichts anderes als Tonhöhen
sind. Es ist deshalb an der Zeit, nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß
die überwiegende Mehrheit aller akustischen Phänomene zu den Geräuschen
gehört. Da nun in der Tat dem phänomenalen Charakter der Geräusche
als solcher Tonhöhen fremd sind, so folgt, daß von den Empfindungen und
Wahrnehmungen, die das Gehör vermittelt, nur ein geringer Bruchteil die
angeblich fundamentale Eigenschaft des Schalles, also der Tonhöhe aufweist.
4. Bei weitem das wichtigste Schallphänomen, mit dem der Mensch zu tun
hat, die natürliche Sprache, verläuft ohne Tonhöhen. Man kann die Sprache
zu den Geräuschen rechnen und insofern diesen Satz unter den vorigen
ohne Sinnverletzung unterbringen. Das ist jedoch deshalb nicht geschehen,
weil wegen des oben erörterten Nebensinnes des Wortes Geräusch niemand
bei dem Satze „Geräusche haben keine Tonhöhen“ an die bedeutendste
Sohallfunktion denkt. Dadurch, daß die Sprache hinzukommt, erreicht die
Mehrheit des tonhöhenlosen Schalles der Menge und der Bedeutung nach
ein gewaltiges Übergewicht. 5. Aber die Häufigkeit der Tonhöhen ist bis
in ihr eigenstes Gebiet, das der Musik, hinein stark überschätzt worden.
Die ältere Tonpsychologie schreibt implizite dem Klang und Zusammen¬
klang so viel Tonhöhen zu, als „Komponenten“ vorhanden (heraushörbar) sind,
und in einem Klavierdreiklang mittlerer Lage würde man nach dieser An¬
schauungsweise zum mindesten 30 Tonhöhen zu gleicher Zeit hören. Aber
ein Klang ist phänomenal nicht eine Anzahl nebeneinander hörbarer Teil-
J&hresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»is. 42
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Psychologie.
töne mit ebenso vielen Tonhöhen, ein Zusammenklang, nicht ein Neben¬
einander von Klängen mit zugleich gehörten Tonhöhen; nur eine Tonhöhe
hat in der ßegel einen Klang und ebenso einen Akkord; selbst wo die Analyse
zustande kommt, setzen sich dem Auftreten mehrerer Tonhöhen zu gleicher
Zeit die stärksten Schwierigkeiten entgegen. 6. Auch wo Tonhöhen vor¬
handen sind, ist ihre Bedeutung vorsichtig zu beurteilen; so wurde bisher
als natürlich angenommen, daß absolutes Tonbewußtsein ein Erkennen von
Tonhöhen'sei. Köhler sucht zu zeigen, wie geringe Wahrscheinlichkeit
dieser Annahme gerade für die häufigste Form von absolutem Tonbewußt¬
sein zukommt Der tonhöhenlose Schall behält ungestört seine Tonkörper¬
inhalte. Eine Helligkeits- resp. Dunkelheitsnuance findet sich wohl stets,
ferner unter geeigneten Umständen, und man kann sagen, in der Mehrzahl
der Fälle Vokalqualitäten (das Wort im weiteren Sinne genommen, so daß
die Qualitäten der sog. Halbvokale und der Konsonanten mitgemeint sind),
wenn schon in verschiedenen Graden der Ausgeprägtheit Zu den Ton¬
körpereigenschaften müssen ihrem phänomenalen Charakter nach auch die
Rauhigkeit und die Knallerscheinungen (Explosivlaute) gerechnet werden;
auch diese können bei Fortfall der Tonhöhe bestehen bleiben. Daß die Ton¬
höhe zu Unrecht im Mittelpunkt jeder akustischen Betrachtung steht und
die übliche Gruppierung des akustischen Symptoms modifiziert werden muß,
bedarf hiernach keines besonderen Hinweises. Aber merklicher werden die
Konsequenzen noch, wenn man die Ergebnisse der vorliegenden Unter¬
suchungen ins Physiologische übersetzt. Es besteht kein Grund, mehr als
einen Aufnahmeapparat für Schall im Ohr anzunehmen. Im Gegenteil
zwingt die physikalische Untersuchung der Schallreize wie die phänomeno¬
logische der Eigenschaften gehörten Schalles, wie endlich die entwicklungs¬
geschichtliche der Bedingungen, unter denon das Hörorgan sich ausbildet,
zu der Annahme, daß aller Schall in nur einem Aufnahmeapparat rezipiert
wird. — Nun wird als reguläre Hauptleistung des peripheren Hörapparates
das Entstehen von Tonhöhenerregung angesehen; die Vorstellungen, die man
sich von der Physiologie der Schnecke macht, werden demgemäß vor allem
den Beobachtungen an Tonhöhen angepaßt. Müssen nun weitere Schall¬
eigenschaften (Tonkörper) anerkannt werden, so dürfte man zunächst ver¬
sucht sein — wenn es nur den einen Rezeptionsapparat gibt —, die Theorie
der Schnecke nach wie vor als solche von „Tonhöhenerregungen“ oder ihrer
Entstehung zu behandeln, und die übrigen Schalleigenschaften als psychische
Korrelate sekundärer zentraler Erregungen aufzufassen. Demgegenüber folgt
aus Feststellungen des Autors zweierlei: 1. Die reguläre Hauptleistung des
peripheren Ohres ist das Entstehen von Tonhöhenerregung nicht, da nur in einer
kleinen Minderheit von Fällen Erregung des peripheren Ohres überhaupt zu
Schall mit Tonhöhe führt. 2. Die übrigen Schalleigenschaften (Tonkörper)
können nicht als Sekundärempfindungen, zentralen Sekundärwirkungen
peripherer Touhöhenprozesse entsprechend, aufgefaßt werden, da die Be¬
ziehungen der Tonhöhen zu den Reizen sich verschieben können, ohne daß
die übrigen Scballeigenschaften davon überhaupt berührt werden (normales
Falschhören) und ferner wiederum die Tonhöhen in den meisten Fällen
überhaupt fehlen, ohne daß deshalb der Tonkörper zugleich verschwände.
Danach scheinen in der Hauptsache noch zwei Möglichkeiten zur Diskussion
zu stehen: Entweder sind die Tonhöhenprozesse zentrale Folgeerscheinungen
von peripheren Tonkörperprozessen oder die peripheren Prozesse haben unter
seltenen günstigen Umständen eine den Tonhöhen entsprechende Eigenschaft,
die, wenn vorhanden, wesentlich modifiziert werden, aber zumeist ganz fehlen
kann, ohne daß die peripheren Prozesse im übrigen davon betroffen werden
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Psychologie.
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müßten. Um diese Frage zu entscheiden, hat man zunächst die Gegenüber¬
stellung von „peripheren und zentralen Empfindungen“, die gegenwärtig eine
so große Bedeutung erlangt, in klarere Form zu bringen. Vorläufig wurde
vom Autor angenommen, daß das Bestehen periodischer Aktionsströme im
N. cochlearis die Vorbedingung des Tonhöhenhörens überhaupt sei, und daß
von der Frequenz jener Ströme die gehörte Tonhöhe abhänge.
( Jacobsohn .)
Das ron Marbe angegebene Rußverfahren zur Aufnahme von Schall¬
schwingungen wird von Wittmann (271) geprüft. Die gegen die exakte
Verwertbarkeit desselben von Nagel, Marbe u. a. geäußerten Bedenken
werden als unzutreffend dargetan.
Die Ausmessung der Vokal-Rußaufnahmen — auf 2 Tafeln sind solche
mitgeteilt — führt zu Ergebnissen, die mit denen von Hermann und Jaensch •
in wesentlichen Punkten übereinstimmen.
Die Höhen der in den Aufnahmen als charakteristisch hervortretendeu
Teiltöne der Vokale (Formanten) werden bestimmt für:
U als dis 1 —f 1 und als dis*—e*(f*)
O „ g 1 —a 1 „ „ c*—e*
A „ dis*—gis*
E „ fis 1 —c*
T r c 1 —g 1 ( Selbstbericht .)
Es wird von Wittmann (272) gezeigt, 1. daß mit Hilfe des von
Forchhammer angegebenen stroboskopischen Verfahrens bei Benutzung
von Appunsehen Pfeifenapparaten nicht nur die Klänge, d. h. eine große
Anzahl ihrer Teiltöne, sondern auch die bei deren Zusammenhang zahlreich
auftretenden D-Töne in großen Massen objektiv sichtbar gemacht werden
können. Diese D-Töne können in beliebiger Ordnung, zugleich, und zwar
unterhalb, zwischen und oberhalb zweier oder dreier primären Grundtöne
liegend demonstriert werden.
2. Die Untersuchung des objektiven Charakters dieser D-Töne mit
Hilfe eines Interferenzapparates ergibt, daß dieselben auf die gleichzeitige
Anwesenheit aller ihrer Komponenten (nämlich der Grundtöne bzw. der
Obertöne) angewiesen sind, also nicht individuell objektiv sind.
3. Ebenso lassen sich Schwebungen der D-Töne untereinander oder
der D-Töne mit primären Tönen demonstrieren, wie auch umgekehrt durch
Vernichtung eines ihrer Komponenten wieder objektiv sichtbar beseitigen.
4. Diese objektiven Befunde wurden subjektiv übereinstimmend fest¬
gestellt.
6. Nach einer methodologischen Analyse des von Schäfer früher ge¬
machten Versuches, die subjektiven Kombinationstöne im Labyrinth objektiv
entstehen zu lassen, deutet der Verfasser die obigen experimentellen Ergeb¬
nisse im Sinne der von Martius geforderten analytischen Psychologie.
(Selbstbericht.)
Bewusstsein, Gedächtnis, Aufmerksamkeit. Assoziationen, Gefühle, Wille-
Rackhaber (213, 214) baut seine Gedäohtnislehre auf der Annahme
auf, daß alle Erinnerungen an motorische Vorgänge, und zwar an Augen¬
bewegungen gebunden seien. Hieran schließt er sehr zahlreiche praktische
Folgerungen, ans denen sich wieder praktische Ratschläge ergeben. Diese
Ratschläge schließen sich eng an sonstige mnemotechnische Hilfsmittel, deren
Sinn ja im wesentlichen die Verstärkung des Aufgenommenen durch Auf¬
merksamkeitssteigerung ist.
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Psychologie.
MÜller-Freienfels (178) unterscheidet drei Arten des Gedächtnisses:
1. Das allgemein orientierende Gedächtnis, das sich nicht im Reproduzieren
von intellektuellen Inhalten oder motorischen Mechanismen äußert, sondern
in bestimmten Stellungnahmen, sei es in Gefühlen oder in Tätigkeiten.
2. Das reproduzierende Gedächtnis, wobei wieder ein Unterschied zu machen
ist, ob die Reproduktionen sensorischen oder motorischen Charakters sind,
d. h. ob wir Wahrnehmungsinhalte reproduzieren oder motorische Funktionen,
wozu vor allem die Worte gehören. 3. Das schöpferische oder produktive
Gedächtnis, welches zwar sich auf gewisse, durch Reproduktion gewonnene
Elemente stützt, in der Hauptsache jedoch frei kombinierend verfährt, und
das sich nur durch seine Richtung auf ein Rekonstruieren von der schöpferisch
freien Phantasie des Künstlers unterscheidet. Hier handelt es sich nicht
• um ein Kopieren von Inhalten, sondern um ein freies Schalten mit frei
gestalteten Elementen. Das orientierende Gedächtnis findet sich auch hei
Tieren, das sensorisch-reproduzierende wahrscheinlich auch bei höheren Tieren,
das motorisch-reproduzierende Gedächtnis, speziell das verbale, ist ein Kunst¬
produkt, das der Mensch eingeführt hat Die höchste und schwierigste
Gedächtnisleistung ist die frei schöpferische produktive Funktion. Diese
wird in der Regel meisterlich nur von Erwachsenen, und zwar intellektuell
hochstehenden Erwachsenen, geleistet. Die vornehmste Aufgabe der Pädagogik
ist es, dieses produktive Gedächtnis zu fordern. Für ein gutes Gedächtnis
genügt es nicht, daß möglichst viel behalten wird, sondern daß möglichst Zweck¬
entsprechendes behalten und im rechten Augenblick ins Bewußtsein gebracht
wird. Nicht die Masse, sondern die Verfügbarkeit der Inhalte macht den Wert
des Gedächtnisses aus. Um einen Inhalt zu möglichster Verfügbarkeit zu
bringen, gilt es, ihn vor allem mit Interessen zu verknüpfen, mit anderen
Worten, seine Gefühlsmomente frisch und lebhaft zu erhalten. {Jacobsohn.)
Mann (166) liefert Giundlagen für die psychographische Be¬
trachtung der Aufmerksamkeit. Ausgehend von den Arbeiten W. Sterns
versucht er zunächst eine Definition der. Aufmerksamkeit zu geben, obwohl
er zugibt, daß ihrer klaren Erfassung noch große Schwierigkeiten im Wege
stehen. Er spricht vom „aufmerksamen“ Menschen, „der Mittel ins Spiel
setzt und spielen läßt, die ihm dazu dienen, sich etwas klar und deutlich
zu machen“. Zur Vereinfachung führt er den Begriff der „Attention“ ein,
sowie „attendieren“, Fähigkeiten und Apperzeptionsmassen auf das zu er¬
kennende Objekt richten. M. behandelt weiter die Aufmerksamkeitsmotive,
worunter er hauptsächlich das Bewußtwerden des Strebens nach einer neuen
Erkenntnis verstellt, aber auch das Verlangen, bei einem bereits erreichten
klaren und deutlichen Erkennen zu verweilen. Die eigentliche Aufmerk¬
samkeitsaktion setzt sich aus Konzentration (Einstellung) und Attention zu¬
sammen. Dazu kommen zahlreiche unterstützende Nebenmittel, die meist
motorische Entladungen sind. Diese äußerlich warnehmbaren Nebenmittel
sind oft ein objektiver Maßstab für die Intensität einer augenblicklichen
Aufmerksamkeitsaktion. M. unterscheidet zwischen einfachen und komplexen
Aufmerksamkeitsaktionen, bei letzteren spielt vor allem das sogenannte
„Aufpassen“ eine Rolle, z. B. wenn ein Autolenker einen belebten Platz
durchquert, ordnet er alle Eindrücke dem einen Ziel unter, ohne sich und
andere zu gefährden, die freie Straße zu erreichen. An den Schluß der
Arbeit stellt M. ein psychographisches Aufmerksamkeitsschema und ein aus¬
gearbeitetes Beispiel eines Aufmerksamkeitspsychogramms, aus dem man die
Anwendung der Methode in der Praxis gut ersehen kann.
Mit der Frage nach dem Haften der Assoziationen beschäftigt sich
Claparöde (36). Wenn man Assoziationen reproduzieren läßt, fällt es auf.
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daß die spontanen viel besser haften, als die fremden. Das erklärt C.
durch die bei der spontanen Assoziation entstehende aktive Tätigkeit, ob¬
wohl er darin offenbar nicht die einzige Ursache sehen will, vielmehr be¬
trachtet er die vorliegende Arbeit mehr als eine Problemstellung, die
von mancherlei Gesichtspunkten aus von Interesse ist, so vor allem für die
Pädagogik.
Der Wille ist, nach Auseinandersetzungen von v. Wieg-Wickenthal
(268), einerseits als aktives Prinzip in unserem Psychismus tätig und leitet
in diesem Sinne als Apperzeption unsere ganze Bewußtseinstätigkeit, andrer¬
seits ist er seiner Entwicklung nach ausschließlich von unserer Affektivität
abhängig, stellt nichts anderes dar als die zum aktiv treibenden Moment
gewordenen Affekte und ist in letzter Linie auf die beständig wechselnden
Veränderungen in unserer Körperlichkeit und auf die äußeren Sinneseindrücke
zurückzufübren, auf welche unser Ich vermöge seiner Wesenheit mit einer
Gefühlsreaktion im Sinne von Lust und Unlust antworten muß. Diese
jeweiligen Reaktionen des affizierten Ichs werden uns als Stimmungslage
oder, in gesteigertem Maße, als Affekte bewußt. Unter intellektuellen Pro¬
zessen möchte der Autor die bewußten Wahrnehmungen und das be¬
wußte Vorstellungsleben verstanden wissen, wobei es sich beim Vorstellungs¬
leben nicht nur um Vorstellungen von Objekten der Außenwelt und abstrakte
Begriffe, sondern auch um ein Vorstellen von Affekten handelt, so daß also
bereits vorgestellte Affekte ebenso unserii Willen anregen wie Vorstellungen
anderer Art. Auf dieser Grundlage lasse sich für die Störungen psy¬
chischer Natur eine generelle Einteilung in Intellekt- und Affekt- bzw.
Willenspsychosen schaffen. Wenn man den Ausdruck Affektpsychosen bei¬
behält, so soll man darunter nicht nur die reinen affektiven Störungen des
Seelenlebens, sondern ebenso auch die Störungen der Willensfunktionen im
engeren Sinne des Wortes verstanden wissen, insofern eben unsere Gefühle
und Affekte zum treibenden, zur Aktivität drängenden Momente in unserem
Bewußtseinsorgan werden. ( Jacobsolm .)
Die bisherige psychologische Prüfung der Assoziation und Reproduktion
hatto nach Ansicht von Poppelreuter (195) den Fehler, daß die Ordnung
der Reproduktion, der zeitliche Verlauf durch die Willensvorgänge beeinflußt
wird. Als undetenninierte Vorgänge der Assoziation und Reproduktion
haben diejenigen zu gelten, in denen ein auf eine bestimmte Ordnung
zielender Einprägungs- und Reproduktionswille fehlt und durch das passive
Verhalten der Versuchsperson ersetzt wird. Die Fragestellung muß demnach
folgendermaßen lauten: Ein Geschehnis, das aus den sukzessiv verlaufenden
Empfindungen A, B, C, D, E, F besteht, sei ohne Einprägungswillen
wahrgenommen worden. Wie verläuft die passive Reproduktion, wenn etwa
A später als Reproduktionsmotiv wiedergegeben wird? Die Reproduktions¬
tendenz geht dann nicht sukzessiv von Teil zu Teil in der kontiguitiven
Ordnung, sondern sofort auf die Totalität der jeweiligen Geschehnisvorstellung.
Das Reprodukt entwickelt sich zwar in einzelnen Stadien aus dem Unan-
schauiichen heraus sukzessiv zur größeren Anschaulichkeit und Differenzierung
der Teile, zu größerer Vollkommenheit; es ist aber stets das Erlebnis in
allen seinen Stadien ein Ganzes, eine mehr oder weniger vollständige Ge¬
schehnisvorstellung. Die sukzessive Reproduktion eines Gliedes nach dem
anderen ist nicht das elementare Verhalten, sondern Produkt willensmäßiger
Determinierung, also im Sinne des Beweisens eins von den willensmäßigen
Kunstprodukten, an deneu die Psychologie leider so reich ist. Im folgenden
sucht nun Verfasser zu erweisen, daß die unmittelbare Grundlage der Re¬
produktion nicht gesucht werden kann in den Empfindungen resp. deren
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Psychologie.
Nachwirkungen, sondern in den Auffassungen, daß die Gesetze des Asso-
ziierens die Gesetze des Auffassens sind. ( Jacobsohn .)
Das Phänomen des Willens ist nach Nießl Y. Mayendorf (184) von
der Beschaffenheit der Gefühle abhängig, wenn es nicht in den Gefühlen selbst
aufgeht. Es werden demnach die physischen Grundlagen der Gefühle auch
als Organ des Willens gelten können. Eigenschaften der Gefühle sind,
daß dieselben 1. keinen sinnlich faßbaren Charakter haben, 2. nicht als
Außenwelt projiziert werden, 3. wie immer geartet, stets von bipolarer
Richtung sind, 4. eines plötzlichen Wechsels fähig sind, 5. zu den Funktionen
aller Sinnessphären, dem Wahrnehmungs- und Reproduktionsvermögen, in
inniger einflußnehmender Beziehung stehen. Es können demnach nur
solche Organbestandteile des Gehirns in Frage kommen, welche ihrem Bau
und ihren Funktionen nach imstande sind, Erscheinungen hervorzurüfen,
deren subjektive Kehrseite die angeführten Eigenschaften der Gefühle be¬
gründen kann. Diesen Postulaten entspricht nur das Arteriensystem des
gesamten Großhirns. Vortragender führt dies im einzelnen aus. Er bringt
ferner Beispiele aus dem Gebiete der Geisteskrankheiten, welche einen
Parallelismus zwischen Arterienerkrankung und Störungen des Gefühlslebens
beweisen. Es sind dies Zustände von Verblödung, bei denen entweder
stürmisch, wie bei der progressiven Paralyse, mit charakteristischem Leichen¬
befund an den Gefäßen und deren Scheiden oder allmählich, wie bei den
juvenilen Formen mit chronischen Krampfzuständen an den palpablen End-
arteriolen, somit auch an den Endarterien des Gehirns die Gefühle sich
verändern und erlöschen, während Ausfallserscheinungen des Denkens und
Wahrnehmens sich erst sekundär bemerkbar machen.
(Selbstbericht.)
Giese (89). 22 Versuchspersonen, Herren und Damen, erhielten einen
schematisierten Schmetterling zur kurzen Ansicht. Unverhofft — das Zwischen¬
experiment wurde in einer Versuchsreihe gänzlich andereu Inhalts vor¬
genommen — mußten nach 8 Tagen, 4, 8, 16 Wochen dieselben Personen
den Schmetterling aus dem Gedächtnis zeichnen. Es stellten sich drei
Typen heraus: Konstante (nur 5%), Verkleinerer und Vergrößerer, letztere
überwiegend. Außerdem periodisches An- und Abschwellen nach Höhe und
Breite, wobei nach 4 resp. 8 Wochen ein Optimum hinsichtlich richtiger
Angabe vorzuliegen scheint. ( Selbstbericht .)
Kritik Giese’s (88) (an Hand des praktischen Falles der von Hey man s
geplanten „Aufmerksamkeit“) an der Bevorzugung der „Tests“ bei psycho¬
logischen Versuchen, die uugleich exaktere Resultate mit Apparatenbenutzung
verheißen. Beispiele dafür angegeben. (SelbstberichU)
Die in der päd. Abt. des Leipziger psychol. Instituts der Universität
an 20 Versuchspersonen — Herren wie Damen — durchgeführte Arbeit
Giese’s (87) benutzt vorzüglich die auch in der Psychiatrie bekannten
Tests (z. B. Kurvenausfüllen nach Ebbinghaus, Sätzebilden nach Ziehen,
Kombinations- und Abstraktionsversuche, Dynamometer, Kraepelinsche
Rechentabellen, Äthesiometer (Raum- und Unterschiedsschwelle) usw.). Es
soll festgestellt werden, wieweit das Geschlecht und die Persönlichkeit
des Versuchsleiters mitspricht im Resultat. Es zeigt sich, daß alle logisch
und KombinatioDsarbeit höherer Art fordernden Tests stark durch das
Geschlecht beeinflußt werden! Zumeist im hemmenden, seltener im an¬
regenden Sinne. Ungleich wichtiger ist indessen die Wirkung der „Per¬
sönlichkeit“ nach Sprachmelodie, Auftreten, Arbeitsrbythmik usw. Ein
nervöserer Versuchsleitertyp erbrachte gesteigerte Resultate bei denselben
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Versuchspersonen. Ein ruhiger, kühler Typ, Aufmerksamkeitsschwankungen
und Arbeitsgleichheit trotz Übung.
Auf die zahlreichen Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden.
( Selbstbericht .)
Müller (174) analysiert an der Hand eines Falles das Wesen der
reduplizierenden Paramnesie (Pick). Es handelt sich um eine 77jährige
Patientin, deren Mann vor 4 Jahren gestorben war. Sie war in der Wohnung,
wo sie vorher mit 6 Kindern und ihrem Manne gelebt hatte, allein zurück¬
geblieben. Vor 1 Jahr äußerte sie Klagen über den Kopf, sie hatte das
Gefühl, daß der Kopf ab und zu dicker wurde und Beklemmungsgefühle.
Zu gleicher Zeit sank die Merkfähigkeit, und sie begann, die Kinder und
Enkel zu verwechseln und wurde reizbar. In letzter Zeit fiel es auf, daß
sie manchmal aus dom Hause Weggehen wollte mit der Begründung „sie
gehe nach Hause“; sie packte dann einige Sachen unter den Arm und
drängte hinaus. Als-man ihr dann sagte, sie sei doch zu Hause, erwiderte sie
„dies scheine nur so, da die Zimmer und Einrichtung so aussähe, in Wirk¬
lichkeit wäre es aber ein anderes, es gäbe anscheinend 2 ganz gleiche Häuser“.
Der Autor aualysiert den Fall folgendermaßen: Das Interesse der Kranken
ist wesentlich der Vergangenheit zugewendet, ist sie sich allein überlassen,
so versinkt sie ganz darin; wenn sie sich mit der Gegenwart befassen soll,
zumal wenn es kompliziert ist, so bekommt sie einen heißen dicken Kopf,
wird unruhig, und es kommt zu ängstlichen Sensationen. Sie projiziert das
Vergangene immer in die Gegenwart und gewinnt für letztere wenig Inter¬
esse, zumal ihre Merkfahigkeit gesunken ist. Dieses macht sich nun auch
in der Auffassung der Örtlichkeit geltend. Es sind ja dieselben Bäume
wie früher, mit denselben Möbeln, aber ohne Mann und ohne Kinder und
ohne die gewohnte Bewegung und Lebendigkeit von früher. Infolge ihrer
geistigen Verarmung wird sie sich über „die Veränderung die in ihrem Leben
eingetreten ist, nicht klar, hat sie der Örtlichkeit gegenüher das Gefühl des
Fremden und kommt bei der Gleichheit der Möbel und Einrichtung, die
ihr auffallen, zu dem Gefühl, daß es 2 Häuser mit gleicher Einrichtung
gäbe, daß aber das, in welchem -sie sich befindet, nicht das ihrige, d. h.
das altgewohnte sei. Bei inneren Erregungen kann es hierbei zu einer
deliranten Verkennung der Situation kommen. Dies war auch zeitweilig bei
der Patientin zu beobachten, indem sie zuweilen meint, ihr Mann und ihre
Kinder seien im Nebenzimmer, und beide mitunter auch im Nebenzimmer
hört. Demnach glaubt Verfasser über die Genese des örtlich-reduplizierenden
Paramnese sich folgendermaßen äußern zu können: „Die örtlich reduplizierende
Paramnese ist eine Phase auf dem Wege der Evolution eines deliranten
Zustandes oder der Revolution nach Bestehen eines solchen.“ Diese Auf¬
fassung mache es verständlich, warum diese Erscheinung immer bei Krank-,
heiten gefunden wird, wo auch delirante Zustände Vorkommen (Paralyse,
Delir, tremens, Korsakoff, Presbyophrenie uach Trauma usw.).
(Jacobsohn.)'
Mayer (162) stellt die Merkmale des Glücksaffekts denen des Glücks¬
rausches gegenüber: Das Gefühl im Glücksrausch wird in Innenkonzentration
erlebt, es hat das Bestreben, das ganze Bewußtsein zu erfüllen, alle anderen
psychischen Inhalte daraus zu verdrängen. Phänomene des Gegenstands-
bewußtseihs finden daher in der Seele des Glücksberauschten keinen Platz.
Der Glücksrausch ist frei von jeder inneren Bewegung, sein Gefühl ist von
stillstehender, ruhiger Eigenart. Das Gefühl im Glücksrausch hat die
Tendenz, das Ich in sieb aufzulösen, während das Ich entsprechend zur
Hingabe an das Gefühl neigt. Das Bewußtsein im Glücksrausch ist ein
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Psychologie.
klares dnrch Lebendigkeit uod Erinnerungsfähigkeit des Erlebten, ein ge¬
trübtes durch den Unterschied von der apperzeptiven Haltung gegenüber
der Außenwelt. Die Körperhaltungen des Glücksrausches betonen durch
ihre Unlustqualität die Gefährdung der Existenz des Ich.
Das Gefühl im Glücksaffekt wird in Innenkonzentrationen erlebt, es
strebt danach, alle psychischen Inhalte mit seinem Gefühlston zu färben.
Der Gefühlscharakter des Glücksaffekts strahlt auf die Gegenstände aus,
ohne daß das Gefühlserlebnis in Außenkonzentrationen übergeht. Die Ge-
fühlscharaktere gehen Verbände mit Bewußtheiten zu Ahnungen ein. Der
Glücksaffekt enthält Strebungen, mit denen sein Gefühl Verbindungen
von der Form eines Fähigkeitsgefühls eingeht. Für den Glücksaffekt ist
eine starke, selbstsichere Behauptung des Ich charakteristisch. Das Be¬
wußtsein im Glücksaffekt ist klar durch die Lebendigkeit, Erinnerungs¬
fähigkeit und apperzeptive Haltung, es ist abnorm in bezug auf die Störung
der Apperzeption durch die Gefühlscharaktere. Die -Körperempfindungen
geben der Gefühlsfarbe des Glücksaffekts sinnliche Frische und betonen die
Ichbebauptung im Glücksaffekt.
Bei der Analyse der beiden Erlebnisse ging Mayer einigen Zusammen¬
hängen nach. Er konnte auf die Mitwirkung von Gefühlen bei ekstase¬
artigen Icbphänomenen hinweisen. Als Ahnung stellte er ein noch näher
zu untersuchendes Gefühls-Gedanken-Erlebnis heraus, das sich durch eine
eigenartige Verbindungsweise seiner beiden Teile auszeichnet. Die Ver¬
bindung eines Gefühls mit einer Strebung nannte er Fähigkeitsgefühl, wenn
das Gefühl nicht nur die Triebfeder der Strebung ist, sondern sich auch
aus ihr wieder erneut. Das Gefühl des Klarsehens ist seiner Struktur nach
ein Fähigkeitsgefühl, sein Gefühlsbestandteil ist dem des Glücksrausches
ähnlich. ( Jacobsohn .)
Das Gesetz des momentanen Interesses sagt, daß es in jedem Augen¬
blicke nur ein Trieb ist, der die Aktivität des Tieres beherrscht. Da alle
Aktivität beim Menschen nach Kollarits (142) ihre erste sichtbare Etappe
in den Gefühlen findet, so muß dieser Satz auf die Gefühle anwendbar sein.
So kann man sagen, daß in jedem Augenblick die Aktivität des Menschen
von einem Gefühl beherrscht wird, und zwar von jenem Gefühle, welches
den momentan größten Interessewert besitzt. Das Verhalten des momentanen
Interesses bei Nervösen wird sich je nach der Art des nervösen Charakters
und seiner Lustbetonung verhalten. ( Jacobsohn .)
Kollarits (143) führt Stellen aus Schopenhauers Werken an, die über
positiven Schmerz und über negativen Genuß oder negatives Glück handeln.
Schopenhauer entwickelt da dieselben Ansichten, die man von vielen
Neurasthenikern hört, die Schopenhauers Werke nie gelesen oder etwas
davon gehört haben. Die Übereinstimmung zwischen beiden besteht aber
nicht nur in Worten, denn so hoch auch Schopenhauer beteuert, daß er
a priori von der Metaphysik ausgehend zu seiner Meinung gelangt ist, und
dje Erfahrung erst nachträglich die vorgefaßte Wahrheit bestätigt hat, so
muß man doch wohl das Gegenteil annehmen. Seine erbitterten Äußerungen
sprächen klar dafür, wie tief er das menschliche Elend fühlt, und wie be¬
deutungslos für ihn alles Glück, jeder Genuß ist. Der große Unterschied
zwischen dem Philosophen und Neurastheniker ist der, daß der erste auf
sein Gefühl ein ganzes Metaphysikgebäudo aufbaut, während der letztere
sich meist mit der Konstatierung der Gefühle begnügt, höchstens, daß es
zu bedeutungslosen Grübeleien kommt. Ob der depressive Charakter Schopen¬
hauers krankhaft ist, wie Möbius meint, ist eine Frage, die nicht leicht
zu beantworten wäre. Schopenhauer und die Neurastheniker urteilen
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Psychologie.
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nach ihrem deprimierten Charakter, welcher auch hier und da einen Sonnen*
strahl durchläßt. Was sie behaupten, ist richtig für alle, die denselben
Charakter haben, wenn man die Worte über positiven Schmerz und nega¬
tives Glück so auffaßt, daß der Schmerz auf sie einen starken Eindruck
macht, das Glück aber relativ wirkungslos, also negativ bleibt. ( Jacobsohn .)
Jede Konzentration der Aufmerksamkeit ist, wie Bickel (17) ausführt,
von einer Innervation der Vasokonstriktoren der äußeren Körperteile be¬
gleitet, während eine intensivere Innervation des Herzens in erster Linie
der Ausdruck für Gefühle und Affekte ist. Der Autor untersucht, welche
Veränderungen die psychophysiologischen Reaktionen des Gefäßsystems unter
abnormen und pathologischen Bedingungen darbieten. Bei den Unter¬
suchungen an Geisteskranken und Nervösen fand B. die Innervationsstörung
der Vasokonstriktoren prozentualiter am häufigsten bei der progressiven
Paralyse, und ferner bei einigen Neurasthenikern, welche ihre Beschwerden
auf eine vorangegangene üirnerschütterung zurückführten. Bei zentral
bedingter Störung tritt die Störung hei intellektuellen Bewußtseinsvorgängen
stärker zutage als bei sensoriellen, während bei peripherer Läsion die Stö¬
rung bei den verschiedenen Arten psychischer Vorgänge eine gleichmäßigere
ist. Die Ursachen, welche zu einer zerebralen Innervationsstörung der vaso-
konstriktorischen Nervenbahnen führen, können sehr verschiedener Art sein.
Ermüdung, progressive Paralyse, Hirnerschütterung, toxische und infektiöse
Gifte usw. Die durch die Lähmung der Vasokonstriktoren bedingte Reten¬
tion aktueller Energie in der Hirnriude äußert sich zunächst in dem Sym¬
ptom der psychischen Erregung oder auch nur einer gesteigerten Erregbar¬
keit, wie sie z. B. dem Neurastheniker eigen ist. Sammelt sich die aktuelle
Energie in stärkerem Maße in der'Hirnrinde an, dann sucht sie nach einem
Auswege durch andere Bahnen, und als solche kommen die motorischen
Zentren der Hirnrinde in Betracht (motorische Unruhe). Schließlich ergreift
die Erregung auch die Sinneszentren und es kommt zu Sinnestäuschungen,
zu dem Krankheitsbilde des Deliriums. Dieselben Schädlichkeiten, welche
die kortikale Innervation der Vasokonstriktoren und damit die Energieent¬
ladung der Hirnrinde stören, schädigen freilich auch die Hirnrinde in ihrer
Gesamtheit, d. h. auch diejenigen Bahnen, welche dem psychischen Geschehen
unmittelbar dienen, und rufen auf diese Weise Lähmung resp. Ermüdungs¬
erscheinungen auf psychischem Gebiete hervor. So handelt es sich um eine
doppelte und zugleich entgegengesetzte Wirkungsweise ein und derselben
Schädlichkeit. Die eine Wirkung geht dahin, den Energiegehalt der Hirn¬
rinde zu steigern und Reizsymptome auszulösen. Die andere Wirkung be¬
steht darin, daß die Hirnriude in ihrer Gesamtheit geschädigt wird und
Ermüdungssymptome auftreten. Das gleichzeitige Auftreten von Reiz- und
Ermüdungssymptomen auf psychischem Gebiet ist für das Krankheitsbild
der Neurasthenie besonders charakteristisch und ist auf diese Weise in
vielen Fällen verständlich. ( Jacobsohn .)
In einer Besprechung des Gefühlsbegriffs, der Lust- und Unlustelemente
kommt Becher (10) unter Berücksichtigung der verschiedenen Theorien zu
folgendem Ergebnis: Lust und Unlust sind von den algedonischen Gefühlen
wesentlich verschieden; während letztere verschmolzene Empfindungen, for¬
male Besonderheiten des Bewußtseinsverlaufes und intellektuelle Bewußtseins¬
bestandteile in dieser oder jener Verbindung darstellen, bilden Lust und
Unlust Elemente des Bewußtseins, und zwar fundierte Elemente, die sich
von allen anderen ßewußtseinselementen unterscheiden durch die Eigenart
ihrer Qualität, ihre Nichtgleichgültigkeit, und damit durch ihre einzigartige
Funktion im Willensleben und durch ihre Beziehungen zum Gedeihen der
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Psychologie.
physisch-psychischen Organisation, durch ihre biologische Bedeutung. Damit
wären die algedonischen Elemente von den anderen Bewußtseinstatsachen,
insbesondere auch denjenigen, die man sonst noch Gefühle genannt hat, ab¬
gegrenzt Nun bleiben aber jene anderen, neben Lust und Unlust als Ge¬
fühle bezeichneten Bewußtseinstatsachen bestehen; z. T. enthalten sie alge-
donische Elemente, wie z. B. die Sorge, z. T. nicht oder doch nicht immer,
wie z. B. die Verwunderung. Diese Bewußtseinstatsachen, die sich von Lust
und Unlust bereits durch ihre nichtelementare Natur unterscheiden, bilden
immerhin eine durch manche Merkmale zusainmengehaltene, wenngleich nicht
scharf begrenzte Gruppe: Man kann sie durch eine Reihe jener Merkmale
charakterisieren, die zur Abgrenzung des Gefühlsbegriffes vorgeschlagen sind;
insbesondere werden die in Frage stehenden komplexen Bewußtseinstatsachen
als Zustände des Subjektes, des Ich, aufgefaßt; sie sind, was damit zu¬
sammenhängt, nicht oder nur vage lokalisierbar, überhaupt etwas ver¬
schwommen. Eis liegt sehr nahe, auf die Gruppe vou Bewußtseinstatsachen
nun die Bezeichnung Gefühl anzuwenden und von ihr die algedonischen
Elemente auszuschließen. Gefühle wären dann komplexe, als Zustände des
Subjektes sich darbietende Bewußtseinstatsachen, bestehend aus verschmolze¬
nen Empfindungen, algedonischen Elementen, intellektuellen Bestandteilen,
eventuell auch Willensregungen, und aus Besonderheiten des Bewußtseins¬
verlaufs, wobei diese oder jene der genannten Komponenten vorherrschen
oder fehlen kann. Man mag erwägen, ob man die fraglichen komplexen
Bewußtseinstatsachen nicht treffender als Gemütsbewegungen bezeichnet;
immerhin paßt diese Bezeichnung für das Spannungsbewußtsein der Auf¬
merksamkeit, das doch auch jener Gruppe angehört, nicht recht. Wie man
auch die nicht unwichtige Bezeichnungsfrage lösen mag, wesentlicher ist es,
die sachliche Unterscheidung streng durchzuführen zwischen den einfachen
algedonischen Elementen und den komplexen zuständlichen Bewußtseins¬
tatsachen, die jene enthalten können, nicht müssen, im übrigen aber ganz
anderer Natur sind. (Jacobsohn.)
Das Verhalten des einzelnen zur Musik ist, wie Bemfeld (16) meint,
nicht restlos verständlich aus der Art und dem Maß seiner psychophysischen
musikalischen Anlagen. Es wird in bestimmtem Umfange beeinflußt von
dem Willen, musikalisch oder unmusikalisch zu sein. Der „Wille“ ist zu¬
weilen eine Verallgemeinerung, Spezifikation und Verschiebung heftiger
Affekte in früher Jugend. Er bleibt so lange bestehen, als die gesamt¬
psychische Konstellation ihn erfordert, um im Gleichgewicht zu bleiben.
Handlungen, Meinungen, Mimik usw. können diese Zeit überdauern und er¬
zeugen so Widersprüche im Verhalten der betreffenden Person gegenüber
der Musik. Es ist darum auch dann, wenn eine genaue Prüfung aller ele¬
mentaren musikalischen Anlagen einer Person positiv ausfällt, nicht mit
Bestimmtheit vorauszusagen, ob sie imstande sein wird, zu befriedigenden
musikalischen Leistungen zu gelangen, denn es ist möglich, daß in ihr eine
Gefühlshemmung mit rückwärts wirkender Tendenz gegen Musik besteht,
ein Wille, unmusikalisch zu sein, oder wenigstens vor sich und den andern
zu scheinen. ( Jacobsohn .)
Kinder' und Tierpsychologie.
Ziegler (277) faßt in einem kleinen Aufsatz die Tatsachen zusammen,
die eine Widerlegung der Zeichenhypothese darstellen.
1. Schon von Osten hat festgestellt, daß der kluge Hans auch mit
verhangenem Kopf richtige Antworten gab, Krall hat das blinde Pferd
Berto mit Erfolg unterrichtet.
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Psychologie.
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2. Die Antworten sowohl der Elberfelder Pferde als auch des Mann*
heimer Hundes sind dem Inhalt nach mitunter völlig unerwartet, sie weisen
auf selbständige Denkvorgänge bin. Die Schreibweise der Tiere ist phone¬
tisch und weicht von der üblichen völlig ab.
3. Die Pferde haben oft Rechenaufgaben gelöst, deren Lösung den
Anwesenden unbekannt war. Auch haben sie gerechnet, nachdem alle Per¬
sonen den Stall verlassen hatten. Sie lösten Aufgaben, die Dr. Haenel
«teilte, ohne die Aufgaben selbst zu sehen. Ebenso hat der Mannheimer
Hund oft den Inhalt von Karten und Bildern angegeben, die Erau Dr.
Mo ekel nicht kannte. (Die neuerdings mitgeteilten Versuche von Neumann
mahnen zu großer Vorsicht in der Beurteilung des Hundes Rolf! Ref.)
Moekel (169) liefert einen Beitrag zu den sogenannten unbewußten
Versuchen. Sie berichtet, wie der Hund Rolf ihr in seiner Zeichensprache
den Inhalt eines Pakets mitteilte, daß soeben eingetroffen war, uud von dem
sie keine Kenntnis haben konnte.
Zwei Arbeiten befassen sich mit der im Biolog. Zentralblatt abge¬
druckten Kritik C. Schröders, in der er sich gegen die Wirklichkeit der
Rechenleistungen der Elberfelder Pferde wendet. Schneider (223) erörtert
die Präge, ob die mathematische Begabung angeboren oder erst später ent¬
wickelt sei. Er betont, daß das Vorhandensein von Spezialtalenten die
erstere Annahme nahelege. Die Erfahrung an den Elberfelder Pferden sei
von größter Bedeutung und Krall habe sich ein Verdienst erworben durch
seine genauen Untersuchungen. Der Einwand, daß im Gegensatz zum
Menschen, die Pferde so bald an der Grenze ihrer Leistungen angekommen
seien, beweist eher die Selbständigkeit der Tiere, denn wenn sie nur auto-
matenhaft das Können ihrer Lehrer wiedergegeben hätten, so wäre es nicht
oinzusehen, warum sie erlahmten.
Schneider betont, daß Schröder annähernd auf dem gleichen Boden
stände in der Anschauung, daß die Befunde an den Pferden für die Ent¬
wicklungslehre nichts beweisen. Er ist ferner mit dem Kritiker darin einig,
daß die Pferde nicht denken können. Zum Schluß wendet sich Schneider
scharf gegen den berüchtigten Protest, den so viele Zoologen mitunter¬
schrieben haben.
Ziegler (278) hält das Rechnen nicht zu den ererbten Eigenschaften,
os beruht weder beim Menschen noch bei den Tieren auf einer Selektion
dieser Fähigkeit. Deshalb sprechen auch die geistigen Leistungen der Pferde
nicht gegen die Selektionstheorie. Die Ansicht Schröders, die richtigen
Antworten der Pferde beruhten lediglich auf Zufälligkeit, ist ganz unhaltbar,
wie die Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung zeigt: Die Wahrschein¬
lichkeit, durch Zufall eine zweistellige Zahl richtig zu finden, ist nur 1 :90.
Bei dreistelligen Zahlen ist das Verhältnis 1 :900. In seinen weiteren
Ausführungen versucht Ziegler, aus den Rechenleistungen der Pferde vor
allem beim Wurzelausziehen den Beweis zu erbringen, daß sie auch in ihren
falschen Antworten stets ein gewisses System erkennen ließen. Je genauer
man die Antworten der Pferde studiert, um so mehr überzeugt man sich
von der Denkfähigkeit der Tiere.
Sehr vielseitige Beobachtungen über die Vogelpsyche hat Bretscher
(28) gemacht. Auf ihre Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden,
nur auf einige prinzipiell wichtige und gut begründete Forderungen will ich
hinweisen. Die Vögel sind scharfe Beobachter 'ihrer Umwelt. Irgend¬
ein neuer, wenn auch kleiner Gegenstand macht sie scheu und mißtrauisch.
B. hatte überhaupt den Eindruck, als ob die Vögel hauptsächlich die Kleinig¬
keiten ihrer Umgebung sich einprägten, während wir diese mehr in großen
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668
Psychologie.
Zügen auffaasen, ohne uns nm die Einzelheiten zu bekümmern. Dieser
wesentliche Unterschied in der Erfassung der Außenwelt muß berücksichtigt
werden, wenn wir die geistigen Eigenschaften der Vögel — und wohl aller
Tiere und Naturmenschen — ergründen wollen. Einige Beobachtungen
schienen darauf hinzu weisen, daß vier bis fünf Monate zurückliegende Er¬
eignisse aus dem Gedächtnisse der Vögel nicht verschwunden waren. Die
Vögel sind fähig, zu lernen, Erfahrungen zu sammeln und sie auch zu
verwerten; es dürfte bewiesen sein, daß sie nicht durchaus auf Ererbtes an¬
gewiesen sind.
Shepherd (231) prüfte die adaptive Intelligenz bei Affen und verglich
ihre Leistungen mit denen von Hunden und Katzen. Er versteht unter
adaptiver Intelligenz einen niederen Grad der Überlegung. Die Versuchs¬
anordnung war folgende: Ein Stück Banane wurde so weit vom Käfig auf¬
gehängt, daß es der Affe mit seinem Arm nicht erreichen konnte. Ein
Holzstäbchon war in die Banane hineingesteckt, daß im Greifbereich sich
befand, der Affe brauchte nur das Stäbchen zu ergreifen, um die Banane
zu nähern und ergreifen zu können. Von 11 Versuchstieren lösten 10 die
Aufgabe fast unmittelbar, nur eines versagte völlig. Auch ein zweiter ähn¬
lich angelegter Versuch zeigte die Fähigkeit der Affen zu sofortiger An¬
passung an die gegebenen Umstände. Dagegen erwiesen sich sowohl Hunde
als Katzen sämtlich als unfähig, die Lösung der gleichen Aufgaben zu finden,
was Sh. als eine geringere adaptive Intelligenz beweisend betrachtet. Zwar
erhebt er den sehr naheliegenden Einwand, daß der Affe durch die vor¬
zügliche Ausbildung seinor Greifhand von vornherein für derartige Versuche
mehr geeignet ist, trotzdem aber schreibt er ihm eine höhere Intelligenz zu
als den Hunden und Katzen. (Mir scheint der gewählte Versuch aus dem
obigen Grunde ungeeignet zu einer Entscheidung dieser Frage. Es lassen
sich genügend Beispiele adaptiver Intelligenz beim Hunde anführen, man
lese nur die Schilderung Edingers, vgl. diesen Jahresber. 1914. Ref.)
Einleuchtend und prinzipiell wichtig sind die Versuche von Cometz
(37) über das Orientierungsvermögen der Ameisen. Nach den bisherigen
Anschauungen orientieren sich die Ameisen nach der Beleuchtung. C. prüfte
nun das Verhalten der Ameisen in der Dunkelheit, und zwar nach einigen
Vorversuchen, in denen sie sich an die Dunkelheit gewöhnten. Die Ver¬
suche verliefen so: ein Knochen wurde in einer bestimmten Entfernung vom
Nest der Gattung Tapinoma erraticum nigerrimum niedergelegt und mit
einem Metalldeckel vom Licht abgeschlossen, nur unter dem Rande blieb
ein 2 mm breiter Spalt, um den Eintritt zu gestatten. Im Hauptversuch,
der bei dunkler Nacht vor sich ging, verlegte C. den Knochen, auf dem
sich wie sonst etwa 3—400 Ameisen eingefuuden hatten, auf eine andere,
der ersten völlig gleichende Stelle des Gartens, wobei er ihn um seine
Achse, um etwa 90—120 Grad, drehte. Er konnte nun feststellen, daß die
Ameisen beim Verlassen des Knochens die analogen, d. h. in der entgegen¬
gesetzten Himmelsrichtung gelegenen (waren sie von Südosten gekommen,
so verließen sie den Raum in der Richtung Nordwesten), Stellen wählten
wie bei ihrem Eintritt an der ersten Stelle. Damit war bewiesen, daß die
Ameisen sich ohne jede Hilfe des Lichtes im Raume orientieren können.
Wenn wir das Licht als Orientierungsfaktor fallen lassen müssen, fragt es
sich, wie die richtige Orientierung sich sonst erklären kann. C. nimmt mit
großer Wahrscheinlichkeit einen auf kinästhetischen, statischen Empfindungen
beruhenden Sinn an, ohne auf dieser Erklärung bestehen zu wollen. Von
anderen interessanten Einzelheiten sei noch erwähnt, daß nicht alle Ameisen
dieser Gattung diesen Sinn zu besitzen scheinen, sondern nur wenige, die
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Psychologie
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stets die Rolle der Aufklärerinnen und Führerinnen übernehmen. Es sind
das besonders große Exemplare. ’
Descoeudres (44), der wir schon manchen wichtigen Beitrag zur
Psychologie des Kindes verdanken, hat die Binet-Simon-Prüfung als
Maß der psychischen Entwicklung abuormer Kinder benutzt. Sio unter¬
suchte 26 Kinder im Alter von 7—16 Jahren mehrfach in Zwischenräumen
von annähernd einem Jahr. Zur Berechnung der Ergebnisse bediente sie
sich des Intelligenzquotienten nach Bobertag, Intelligenzstufe: Lebens¬
alter = Intelligenzquotient, der sich als sehr brauchbar erweist. Die einzelnen
Kinder zeigen ein durchaus charakteristisches Verhalten, die Mehrzahl weist
Fortschritte auf, manche bleiben stehen oder zeigen selbst einen leichten
Rückschritt. D. hat sich der Tests vom Jahre 1908 und der von 1911
bedient: ein Vergleich lehrt, daß die letzteren weit schwieriger sind.
Zweifellos ist die Bin et-Simon-Methode sehr geeignet zu derartigen ver¬
gleichenden Versuchen, wie den hier geschilderten.
Descoeudres (43) hat auch die Frage experimentell geprüft, welches
gegenseitige Verhältnis zwischen den Faktoren Farbe, Zahl und Form in der
Schätzung durch Kinder und Jugendliche besteht. Sie konnte feststellen,
daß Kinder bis zu 6 Jahren und Zurückgebliebene der Farbe vor der Form
den Vorzug geben, Kinder zwischen 7 und 13 Jahren schätzen die Farbe
höher als die Zahl, während Jugendliche bis zum 18. Jahr die Zahl bevor¬
zugen. Über das Verhalten der beiden Geschlechter konnten keine eindeutigen
Hinweise erzielt werden. Versuche an 30 Lehrerinnen und 30 anderen
Frauen zeigten, daß mit der bei ersteren vorliegenden stärkeren Ausbildung
des Verstandes die Bevorzugung der Zahl vor der Form und der Farbe
sich schärfer herausarbeitet.
Bobertag (21) hat korrelationsstatistische Untersuchungen über die
Unterrichtsleistungen der Schüler auf Grund der Verarbeitung der Zensuren¬
listen eines Charlottenburger Realgymnasiums angestellt. Im allgemeinen
ergaben sich Zusammenhänge, die man auch a priori erwarten durfte. So
stellte sich der Korrelationskoeffizient zwischen Deutsch und Latein als der
höchste heraus, umgekehrt war der K.-K. Euglisch-Naturkunde der geringste.'
Auf Grund seiner Statistik, die auf breiterer Basis wohl noch wertvollere
Aufschlüsse gewähren dürfte, konnte B. feststellen, daß die Schulnoten
durchaus nicht in ihrem Zustandekommen so vom Zufall abhängen, wie
das mitunter behauptet wird. Doch darf die Korrelationsstatistik der Schul¬
noten nicht zu summarisch vorgeheu, sondern sie muß die Verschiedenheiten
der Unterrichtsbedingungen, etwa in den gleichen Klassen oder auf verschie¬
denen Stufen, berücksichtigen.
Oberlehrer Margis (158) macht zu dem vorstehenden Aufsatz
einige treffende Bemerkungen vom Standpunkt des Praktikers aus. Er
glaubt, daß die von Bobertag als Maßstab gewählte Osterzensur einen
weit weniger zuverlässigen Schluß auf die wirklichen Leistungen der Schüler
gestattet als beispielsweise die Oktoberzensur. Zu Ostern steht der Lehrer
bekanntlich unter dem Drucke der Versetzungsnot und urteilt deswegen zu
milde. Ein weiterer, triftiger Einwand ist, daß die hohen K.-K. einzelner
Fächer, z. B. Latein-Deutsch, wohl zum Teil darin begründet sind, daß die
beiden Fächer von einem Lehrer unterrichtet werden! Es ist für den
Lehrer außerordentlich schwierig, die Beurteilung des Schülers in einem
Fache von der Beurteilung im anderen Fache ganz unabhängig zu machen.
Zur Intelligenzprüfung verwendet Schulhof (226) 100 Fragen; diese
sind in ■> Gruppen eingeteilt zu je 20 Fragen, die alle zusammen zwei
Reihen darstellen; die eine dieser Reihen wird allemal eingeleitet mit
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670
Psychologie.
„was ist ein“ (z. B. Tisch, Wagen, Messer, Kalender, Bettler, Stolz, Faulheit,
Verbrechen, Lied, Volk usw.), während die zweite eine verschiedene Frage¬
stellung enthält, wie „was ist für ein Unterschied zwischen“ (z. B. Wein und
Wasser, Hand und Fuß, Tag und Nacht, Stadt und Land, Messer und
Nadel, Zeit und Stunde, Tier und Pflanze, Neid und Haß, Dienen und
Arbeiten usw.) oder „warum“ (z. B. kocht man, bekleidet man sich, ißt man,
lernt man usw.) oder „wozu“ (ist die Polizei da, ißt man, forscht man usw.)
oder wieder „was ist“ (z. B. ein Diebstahl, ein Mord, Strafe, Ordnung, Sünde,
Erfolg usw.). Die Gruppen der Fragen sind so eingeteilt, daß die erste
Gruppe einfachste, die letzte ziemlich schwere bedeutet; in der ersten sind
bloß konkrete Hauptwörter enthalten, während die letzte in der Mehrzahl
abstrakte enthält. Je nachdem nun der Gefragte die Frage mit einem
Spezialfalle oder allgemeingültig beantwortet, und je nachdem es nach ein¬
gelernter Schablone oder auf selbst gefundenem Wege geschieht, wird die
Intelligenz niedriger oder höher eingeschätzt. ( Jacobsohn .)
Man kann, wie Ruttmann (215) ausführt, von rein physiologisch-
psychologischen Gesichtspunkten aus die Ausdrucksformen der Schularbeit
gliedern in linguale und kinematische. Erstere umfassen alle jene unter-
richtlichen Reaktionen, welche als mündlicher und schriftlicher Gedanken¬
ausdruck bezeichnet werden, und die mehr anschaulichen Produkte, wie sie
in Zeichnung, Plastik und Geste zum Ausdruck kommen. Die Fähigkeit
nach der einen oder anderen Richtung kann nur erfolgen auf Grund ausge¬
dehnter Proben und Untersuchungen. Eine Prüfungsmethode nach der rein
intellektuellen Richtung besitzen wir nach Binet-Simon, nach der kine¬
matischen Richtung aber nur unvollkommen. Ruttmann stellte nun an
Schulen beide Prüfungen gemeinsam an durch Beschreibenlassen dessen,
was auf einem Bilde gesehen wurde, und durch Nachzeichnenlassen des
Bildes selbst, nachdem letzteres eine bestimmte Zeit (ca. 5 Minuten) von
den Kindern betrachtet war. Es ergaben sich dabei interessante Kurven,
je nachdem die Mehrzahl der Kinder mehr nach der lingualen oder mehr
nach der kinematischen Richtung veranlagt waren. ( Jacobsohn .)
Die Untersuchungen über die Urteilsbeständigkeit von Schulkindern,
die im vergangenen Jahre an Knaben begonnen wurden (s. darüber den
Jahresbericht 1914 p. 919), setzt Lode (153) nunmehr an Mädchen fort.
Die Methodik ist die gleiche. Ein Vergleich mit den Urteilen der Knaben
zeigt, daß die beliebten und unbeliebten Bilder bei beiden ziemlich in der
Auswahl übereinstimmen, wenn auch die Rangordnung der einzelnen Bilder
nicht übereinstimmt. Bei den Mädchen scheiden Bilder wie Indianerkampf
und Stierkampf aus der Reihe der beliebten aus und treten mit den
höchsten Prozentzahleu an die Spitze der unbeliebten Bilder. Das Rohe,
Blutrünstige, das in Bildern dargestellt wird, weisen die Mädchen entschieden
ab. Darin, daß sie die Bilder, die an das Gemüt appellieren, mit großer
Stimmenzahl bevorzugen, tritt weibliche Eigenart zutage. Die Beständigkeit
iui Urteil über ein einzelnes Bild ist bei dem gleichen Mädchen, ebenso wie
es bei dem Knaben war, eine recht schwankende, kaum mit der Altersklasse
zunehmende. Im allgemeinen brachten die Mädchen die Beliebtheit wie die
Unbeliebtheit der betrachteten Bilder entschiedener zum Ausdruck als die
Knaben. ( Jacobsohn .)
Haberm&nn (95) bespricht kritisch die bisher existierenden Schemata
zur Prüfung der Intelligenz bei Kindern und gibt dann ein eigenes Schema.
( Jacobsohn .)
Mit Ausnahme der Menschenaffen ist nach Erfahrungen von Sokolowsky
(234) in der höchsten Säugetierordnung ein sogenannter Nestbau nicht nach-
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Psychologie.
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zuweisen. Dieser Nestbau, der jede Nacht frisch angelegt wird, wird nun
nach den Erzählungen von Forschungsreisenden von S. geschildert. Da
sich diese Gewohnheit des Nestbauens bei den anderen Affen nicht findet,
so hält der Autor diese Gewohnheit für eine Neuerwerbung der Anthropoiden.
In diesem Sinne ist diese Gewohnheit als eine Vorstufe des Obdachbaues
des primitivon Menschen anfzufassen. ( Jacobsohn .)
Müller (177) veröffentlicht einen Brief des berühmten Taschen Spieler-
künstlers F. Faustinus (Kopenhagen), der auch längere Zeit mit den
Elberfelder Pferden arbeitete, ln diesem Briefe teilt F. mit, daß die Pferde
die Anfgaben immer uur dann lösten, wenn der Stallknecht, zugegen war,
sonst versagten sie. ( Jacobsohn .)
Stnchlik (246) untersucht analytisch die Teilnahme der Geschlechter
bei den nicht pflichtigen Impfungen. Er konnte feststellen, daß bei kleinen
und Schulkindern die Teilnahme beider Geschlechter gleich war, in den Jahren
von ca. 17 bis 35 die Frauen zweiundeinhalbmal so zahlreich waren als
die Männer, in noch reiferen Jahren glich sich das Verhältnis wieder aus,
und im Greisenalter überwogen beträchtlich die Männer. Er setzt auseinander
und beweist ziffermäßig, daß die geringere Teilnahme der Männer erwähnten
Alters nicht eine Folge der Einrückung derselben sein kann (die Ein¬
rückung würde nur einen Bruchteil erklären können) oder andersartigen,
genau und vollständig aufgezählten Momenten sein dürfte, und kommt zn
dem Schlüsse, daß die — nach allen Eliminationen — doch doppelte An¬
zahl der Frauen innere Gründe haben muß, Gründe, die der Beschaffenheit
der Frauen als solchen angehören, also psychischer Natur sind. Die Ursache,
warum die Männer weniger sich impfen ließen, sieht er als eine unbewußte
Äußerung des männlichen Prinzips, das im Grunde auf Heroismus, d. i.
Verschwendung der Energie, binauszielt — d. h. im Übermut desselben, sich
vor der drohenden Gefahr nicht schützen zu wollen. Dies würde aber nur die
männliche Absenz erklären, also die Mehrzahl der Frauen, insofern sie durch
diese Absenz verursacht werden kann. Daneben aber haben die Frauen
aktiv mehr teilgenommen; und die Ursache läßt sich einerseits im weiblichen
Prinzip, im Prinzip der größtmöglichen Sparsamkeit, Schützen vor allen Unheilen,
andererseits im Impfakte selbst konstatieren. Denn der Akt, durch welchen
an dem weiblichen Körper eine Veränderung entsteht, drückt symbolisch
den Urakt solchen Charakters, den Koitus, aus. — Dadurch läßt sich auch
erklären die siebenmal geringere Teilnahme alter Frauen gegenüber männlichen
Greisen sowie andere, in der Mitteilung näher auseinandergesetzte Er-i
scheinungen. (StuchUk.)
Schlaf. Traum, Suggestion. Hypnose, Freuds Lehre u. ähnl.
Grünbaum (94) wendet sich in seinen Traumuntersuchungen gegen
die Freudschen Hypothesen. Er sieht im Traum- und Wachdenken nur
graduelle Unterschiede. Er weist darauf hin, daß der auf die befragte
Person ausgeübte Zwang des Immer-weiter-Assozierens schließlich zu Er¬
gebnissen führt, die nur mit der Theorie der unterdrückten Wünsche uud
infantilen Sexualerlebnisse etwas zu tun haben, aber nichts mehr mit dem
wirklichen Trauminhalt, der sich viel mehr nach der Gegenwart zu orien¬
tieren scheint als nach der Vergangenheit. Recht hat Freud mit der Be¬
tonung des Symbolismus im Traumleben. Es geht die Bedeutung des gegen¬
wärtigen Erlebens für den Traum ganz unzweideutig hervor aus den Bei¬
spielen, in denen Lösungen von Aufgaben, die uns im Wachen beschäftigen,
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672
Psychologie.
im Traum gefunden werden. So leistet der Traum zweifellos auch produk¬
tive Denkarbeit
Henning (109) bespricht kritisch die Leistungen des von Schottländer
geschilderten Gedankenlesers (vgl. diesen Jahresbericht 1914). Er weist
darauf hin, daß die Versuchsanordnug in mancher Hinsicht die Möglichkeit
eines Betruges offen lasse, beispielsweise könne man bei einiger Übung
leicht auch mehrfach gefaltete Zettel lesen. Ferner sei das Papier
mitunter durchsichtig; auch könne von einer eventuell benutzten Schreib¬
unterlage dor Inhalt des Schriftstückes abgelesen werden, wovon sich
Henning durch eigene und an anderen Personen angestellte Versuche über¬
zeugt hat. Die gewöhnliche Bleistiftschrift kann schließlich durch Tasten
gelesen werden nach Art der Blindenschrift. Bevor man also endgültig
irgendeine Form des Hellsehens annimmt, müssen sämtliche Fehlerquellen
durch eine einwandfreie Versuchsanordnung ausgeschaltet sein.
Hier kann nur mit einigen Worten auf die äußerst interressante
Arbeit von Floumoy (69) eingegangen werden, in der er eine moderne
Mystikerin ausführlich schildert. Auf Grund ihrer eigenen, in extenso mit¬
geteilten, Niederschriften legt er die Psychologie ihrer Ekstasen dar, die in
einem Rhythmus von einer Woche wiederkehren und erotogen entstanden
zu sein scheinen, wobei aber die völlige sexuelle Reinheit der Cecile Ve
feststeht. Lehrreich ist, daß durch die Selbstbeobachtung der Mystikerin
ein ganz moderner, objektiver Zug geht, daß ihre Beschreibungen sich
von allen übernatürlichen Erlebnissen, die in den Ekstasen früherer
Mystiker eine so große Rolle spielten, freihalten. Ebensowenig sind an
Cecile Ve krankhafte Züge zu entdecken, auch ihre Familie ist frei von
psychopathischer Belastung.
Hitschmann (114) berichtet über eine 16jährige Kranke, die eklatant
das von Freud herausgehobene und psychoanalytisch gedeutete Bild der
„Befürchtung, es könnte der Mutter etwas geschehen“ und gleichzeitig An¬
deutungen von Todeswünschen auf die Mutter verriet (aus deren mißlungener
Verdrängung die neurotische Befürchtung entspringen soll). ( Jacobsohn .)
Sadger (219) bemüht sich, durch vielfache Belege nachzuweisen, daß
es eine Kindersexualität und Kindererotik nicht nur gibt, sondern daß sie
einfach etwas Alltägliches darstellen. (Man muß gestehen, daß die Aus¬
führungen recht viel Überzeugendes haben, nur läuft die Sache schließlich
darauf hinaus, daß überhaupt jede Lustempfindung sexueller Natur ist
Sollte man diese Grundlage anerkennen, dann wäre ja der endlose Streit
geschlichtet. Ref.) ( Jacobsohn.)
Placzek (193) bringt zuerst interessante Dokumente von Freundschafts¬
beziehungen und -beteuerungen aus der Zeit der Romantiker und ferner
auch Stammbuchdokumente von offener oder versteckter Sexualität Er
erörtert dann das Problem, welche tatsächlichen Beziehungen zwischen Freund¬
schaft und Sexualität bestehen, und zwar in der Freundschaft zwischen
Männern, zwischen Frauen und zwischen Mann und Frau. Zweifellos
kann nach Ansicht des Autors Männerfreundscbaft der tiefsten, innigsten
Art ohne jeden sexuellen Unterton vorherrschen und herrscht auch vor.
Untrügliche Unterscheidungsmerkmale zwischen Liebe und Freundschaft
existieren allerdings nicht und können bei einem so komplizierten psychi¬
schen Geschehen nicht existieren. Es kann daher das Urteil des Kritikers
nur subjektiv sein und kann nur je nach seiner persönlichen Stellung aus-
fallen. Auf der anderen Seite ist es aber unbezweifelbar, daß die erwachen¬
den Geschlechtsregungen junge Menschen oft zusammenführen und aus ihnen
nach Abklingen der sexuellen Regung tiefe nachhaltige Freundschafts-
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Psychologie.
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empfindungen erwachsen. Der Antor unterscheidet jene Lebensspanne, wo
sexuelle Regungen erwachen und die heterosexuelle Betätigung noch fehlt
oder zielbewußt gemieden wird, und weiter jene Lebensspanne, wo die hetero¬
sexuelle Betätigung möglich ist und auch besteht. Die zur ersten Kategorie
Gehörigen finden, ganz gleich wie sie zur Freundschaft gelangten, sofern sie
normal sexuell geartet sind, früher oder später den Weg zur Betätigung.
Auch wenn ältere Männer, denen die Möglichkeit normalen Sexualverkehrs
gegeben ist, aus Freundschaftsgefühl zur homosexuellen Betätigung schreiten
oder umgekehrt von der männlichen Sexualbetätigung zur Freundschafts¬
empfindung gelangen, ist Vorsicht im Verdacht auf Homosexualität am
Platze, da zweifellos seelische Kontakte tiefgehender Art auch unter älteren
Männern bestehen können, ohne jede homosexuelle Neigung und hei voll
erhaltener Heterosexualität. Auch bei der Frauenfreundschaft jeder Lebens-
spanne ist es unbezweifelhare Tatsache, daß sie auch ohne jeden sexuellen
Unterton bestehen kann. Zwischen Mann und Frau dürfte Freundschaft ohne
sexuelle Neigung nur dann existieren, wenn Mann und Frau in abgeklärten
Jahren sind, oder wenn abnorme sexuelle Artung des einen Teiles gerade
zu derartiger reiner Freundschaftsbetätigung drängt.
Es ist nicht verwunderlich, schließt der Autor, wenn die Sexualforscher
auch in der Wertung des Freundschaftsproblems einseitig die sexuelle
Komponente suchen und oft erspäht zu haben meinen, wo nur die unmittel¬
baren Kontakte seelischer Artung zur Verschmelzung der Persönlichkeiten
führten. Solche Forschungsweise sei auch begreiflich, da sie zweifellos recht
oft zu Recht besteht. Sie wird erst dann beklagenswert, wenn sie Allein¬
gültigkeit beansprucht und ideale Lebenswerte zu stürzen sucht
( Jacobsohn.)
Der Musiker ist nach den ausgedehnten Untersuchungen von Pannen-
borg ( 186 ) weit überdurchschnittlich emotionell, er ist eher primär- als
sekundärfunktionierend, während seine Aktivität wenig vom Durchschnitt
abzuweichen scheint er gehört zum nervös-cholerischen Typus. Auf dem
Gebiete des Handelns findet man beim Musiker Impulsivität, Ungeduld,
Resolutheit, alle in hohem Grade anwesend und wachsend mit dem Grade
des musikalischen Talentes. Als Eigenschaften, die mit der Emotionalität
des Musikers Zusammenhängen und fast immer mit der Vermehrung der
musikalischen Begabung an Intensität wachsen, findet man einen hohen Grad
von Sensitivität, Reizbarkeit und Heftigkeit, Leichtsinn und Frivolität. Die
Stimmung ist abwechselnd heiter und trübe, jedoch überwiegt die Heiter¬
keit ein wenig. Die Musiker wechseln sehr leicht den Gegenstand ihrer
Aufmerksamkeit, sie sind schnell getröstet, leicht versöhnlich, veränderungs¬
süchtig, wechselnd in ihren Sympathien, Projektenmacher, sie arbeiten nicht
für eine ferne Zukunft, sondern für sofortige Resultate. Ihre Person ent¬
behrt der Konsequenz und Harmonie, ihre Entwicklung ist ruckweise. Ihr
Interesse ist umfangreich und ihre Begabung vielseitig. Sie lesen viel und
neigen zur Spekulation, besitzen eine Vorliebe für fast sämtliche Schulfächer:
Sprache und Literatur, Geschichte und Geographie, Mathematik, Natur¬
geschichte und Zeichnen, sie haben eine leichte Auflassung, besitzen reiche
Phantasie, sind romantisch, schwärmerisch und abergläubisch, sie sind offen,
gesprächig und wortreich, geistreich und witzig, sie halten viel auf Tisch¬
genüsse, sind sehr erotisch veranlagt, sie sind gesellig und lieben Ge¬
selligkeit sehr. Von egoistischen Neigungen findet man hei ihnen Eitel¬
keit, Gefall- und Ehrsucht, Lust zu Vergnügungen und Zerstreuungen, sie
sind henschsüchtig, aber leicht zu überreden und besitzen ein hohes Maß
von Selbstbewußtsein, sie sind flott in Geldangelegenheiten, mitleidig und
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915.
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Original frorn
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Psychologie.
hilfsbereit, sie sind gute Freunde und warme Patrioten. Politisch sind sie
gleichgültig, sie sind unordentlich, nicht pünktlich, nicht gewissenhaft, weder
systematisch noch methodisch. Sie besitzen ein starkes Familiengefühl; ihre
körperliche Gesundheit ist gut, dagegen leiden sie oft an psychischen Stö¬
rungen (Neurasthenie und Hysterie). ( Jacobsohn .)
Aus Beispielen, die Koll&rits (141) gibt und die aus dem Leben nach
der Erinnerung entnommen sind, kommt er zur Überzeugung, daß Scherze,
in welchen jemand sich selbst in den Mittelpunkt stellt und sich selbst ge¬
wissermaßen persifliert, mit Mißtrauen angesehen werden dürfen. Solche
Scherze müssen nicht, aber können Selbstbekenntnisse sein. Die Perversion,
die Koprophilie, das Liebesieben usw. müssen meist geheim gehalten werden,
sonst würden sie die vitalsten Interessen des Betreffenden, von dem solche
Angelegenheiten bekannt werden, schädigen. Es ist aber immer mit einem
Unlustgefühle verbunden, wenn jemand etwas, das er in seiner Abnormität selbst
für durchaus natürlich hält, etwas, das einen Bestandteil seines alltäglichen
Lebens ausmacht, unterdrücken soll. Diese Unlustgefühle abrüttelD und
einmal ohne Zwang seine Gefühle ausdrücken zu dürfen, könnte ein Grund
des Vergnügens sein, das jemand fühlt, wenn er mehr oder minder verdeckt
sich doch aussprechen kann. Der Autor skizziert darauf verschiedene Typen
von Witzbolden und untersucht die Frage, warum man lacht, wenn
sich jemand ungeschickt benimmt.. Die Kenntnis all dieser Erscheinungen
scheint dem Autor auch für die Arzte, die sich mit nervösen Patienten be¬
fassen, wichtig. Die Ansicht, daß die Nervosität keine Krankheit, sondern
eine Charaktereigenschaft ist, daß die Nervositätsarten Charakterarten —
endogene Variationen — sind, wird sich immer mehr verbreiten. Oft werden
von Nervösen die Klagen schamhaft vertuscht oder mit Scherzen bemäntelt.
Alle diese Dinge hätten großes psychologisches und ärztliches Interesse.
( Jacobsohn .)
Der Vorgang der Suggestion zeichnet sich nach Flat&ll (68) vor anderen
seelischen Beziehungen der Individuen dadurch aus, daß die erzielte Wirkung
in einem besonderen Verhältnisse zu dem angewandten Reize steht. Für die
Besonderheit des Verhältnisses findet der Autor keine bessere Formulierung,
als das Inadiquate von Reiz und Wirkung zu betonen. Eine genaue
Analyse wird auch in Fällen, wo das scheinbar nicht zutrifft, zeigen,
daß eine suggestive Einwirkung Vorgelegen hat. Die Erklärung der oftmals
Überraschenden Wirkung wird gegeben durch die Annahme einer seelischen
Bereitschaftsstellung des Individuums mit aktivem oder passivem Verhalten
gegenüber der suggestiven Einwirkung. ( Jacobsohn .)
Hellwig (104) bringt eine Anzahl von Beispielen von Leichen¬
schändungen aus Aberglauben. Dieser Aberglaube sei weit verbreitet und
auch im 20. Jahrhundert noch durchaus lebenskräftig. Der Gerichtsarzt
müsse jedenfalls in jedem solchen Falle daran denken, daß der Tat aber¬
gläubische Motive zugrunde liegen. ( Jacobsohn ..)
Kanngießer (128) hat einen Freund, der imstande ist, mittels einer
Uhr oder eines Zweiges verborgene Wasseradern und Quellen zu finden,
und hat sich von dieser Tatsache selbst überzeugen können. Der Betreffende
hat nach einem Schädelbruch, der Taubheit des einen Ohres zur Folge
hatte, an sich die Beobachtung gemacht, nach einem Besuch bei einem
Quellsucher, daß auch ihm diese Kraft innewohne. K. schildert den Vorgang,
den er bei seinem Freunde beobachtete, so daß eine von jenem an der
Kette zwischen zwei Fingern pendelnde Uhr über dem entdeckten unter¬
irdischen Flußlauf in starke Schwingungen geriet. Hielt der Quellsucher
einen Zweig mit beiden Händen über fließendem Wasser, so gerieten die
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Psychologie.
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Hände in Windungen, die uicht passiv zu hemmen waren und dem Laufe
des Wassers entsprachen. Der Freund gab an, daß er bei längerem Wasser¬
suchen ein leichtes Kribbeln am Unterarm und der Hand empfinde. K.
glaubt an eine Übertragung der Bewegungskraft des Wassers auf den
Körper, die von ihm auf die in der Hand befindlichen Gegenstände aus¬
strahlt, und bringt diesen Vorgang mit der Echolalie und Echopraxie in
Parallele. (Sollte nicht der ganze Vorgang auf Selbsttäuschung beruhen
und in das Reich der Phantasie zu verweisen sein?) {Bendix.)
Stekel (241) bringt mehrere Beispiele, wo der Orgasmus durch Fliegen¬
berührung ausgelöst resp. gesteigert wurde. (Jacobsohn.)
Forenslscbe Psychologie und Psychologie anderer komplexer Vorgänge.
Weber (266) bringt einen wertvollen Beitrag zur psychologischen Be¬
urteilung der Zeugenaussagen. Er weist darauf hin, daß dem psychiatrischen
Sachverständigen nicht selten vor Gericht die Aufgabe gestellt wird, in
seinem Gutachten über das eigentliche Gebiet der Psychiatrie hinauszugehen.
Es sei zweifellos besser, wenn der psychiatrische Sachverständige sich einer
solchen Erweiterung seiner Funktionen nicht entziehe, als daß, wie das mit¬
unter geschehen ist, ungeeignete Personen zur Beurteilung herangezogen
werden. Diese Gefahr sei um so größer, als neuerdings bei Geistlichen und
Lehrern die Neigung besteht, sich mit der Freud sehen „Tiefenpsycho¬
logie“ zu befassen und damit Gebiete zu betreten, zu deren Beurteilung ihnen
jede Vorbildung und Befähigung fehlt.
Als Beispiel dieser mehr psychologischen als psychiatrischen Begut¬
achtung berichtet W. über den Fall eines jungen Mädchens, das als Zeugin
in einem Alimentationsprozeß vernommen werden sollte. Es waren vor
Gericht Zweifel darüber aufgetaucht, inwieweit den Aussagen des Mädchens
Glauben geschenkt werden könne. Sie hatte angegeben, von ihrem früheren
Dienstherrn geschwängert worden zu sein, nachdem sie anfänglich behauptet
hatte, von einem Unbekannten überfallen worden zu sein. Die Zeugin war
weder schwachsinnig, noch hysterisch, und dennoch gelangte W. zu dem
Schluß, daß ihrer Aussage keine zu große Glaubwürdigkeit beizumessen sei,
da jugendliches Alter, geringe Wahrheitsliebe und große Bestimmbarkeit
durch andere ihren Wert als Zeugin sehr fraglich machten.
von KArmän (130), ein ungarischer Bezirksrichter, will den mehr
theoretischen Fortschritten in der Beurteilung der Zeugenaussagen, die in
den letzten Jahrzehnten erreicht wurden, eine praktische Grundlage geben, um
dem Richter die Beurteilung im Einzelfalle zu erleichtern. Er entwirft
deshalb ein Schema, das von zwei Gesichtspunkten ausgeht: Von der per¬
sönlichen Vertrauenswürdigkeit des Zeugen und der objektiven Wahrheit.
Bei ersterem Punkt wäre dann noch die Bestimmtheit (Exaktheit) der
Wahrnehmung und der Aufmerksamkeit und die Richtigkeit der aus dem
Gedächtnis hervorgerufenen Aussagen für sich zu prüfen. Daraus ergeben sich
drei Gesichtspunkte zur Prüfung einer Zeugenaussage: 1. die Bestimmtheit,
2. die Richtigkeit und 3. die Wahrheit der Aussage. Der Verfasser er¬
örtert nun diese einzelnen Punkte in bezug auf den Einfluß, den die Be¬
schaffenheit des Zeugen in körperlicher und geistiger Beziehung auf sie
ausübt. Nicht nur von den intellektuellen Fähigkeiten und von den affek¬
tiven Zuständen, sondern auch von der Art der Wiedergabe in Worten
hängt die Aussage ab.
Es ergibt sich als Schlußfolgerung, daß auch im günstigsten Falle aus
der Aussage nicht mehr gefolgert werden kann, als die größere oder
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Psychologie.
geringere Wahrscheinlichkeit der in Frage stehenden Tatsachen, da der
Gegenstand der Aassagen keine begriffsmäßige allgemeine Wahrheit, sondern
nur eine einzelne Tatsache bildet.
Auch Sturm (248) beschäftigt sich mit der psychologischen Beweis¬
schöpfung. Er weist darauf hiu, daß von der Zeugenaussage keine absolute
Richtigkeit gefordert werden darf, sie hat deshalb nur eine relative Be¬
weisstärke, ähnlich wie im Zivilprozeß zwischen Beweis und Glaubhaft¬
machung unterschieden wird. Es ist Wert zu legen auf eine stärkere
Berücksichtigung der „individuellen Seelenschwingungen des einzelnen
Menschen“: Daher erfordert die Vernehmung Berücksichtigung der Art und
des Alters des Zeugen. Kinderaussagen sind nicht ohne weiteres zu ver¬
werfen, weil sie zwar besonders leichtgläubig und beeinflußbar sind, aber im
allgemeinen weniger zu lügen pflegen als Erwachsene. Neben dem Inhalt
der Aussage ist auch stets die Erscheinung des Aussagenden von Be¬
deutung: „Das Antlitz ist die sichtbare Seele“, ebenso auch die übrigen
Ausdruckbewegungen. Verschlucken von Wörtern und Räuspern, auch
Leisesprechen und Steckenbleiben sind oft ein Ausdruck der Ungewißheit,
aber auch der UnWahrhaftigkeit. Nicht nur die Zeugen können Aussagen,
sondern auch die Parteien. Im allgemeinen wird nach Ansicht des Ver¬
fassers der Aussage der Parteien zu wenig Gewicht beigelegt.
Sturm (247) ziehtauch die Psychologie des Richters in den Kreis
seiner Betrachtungen, sie ist nicht weniger wichtig als die Psychologie der
Zeugen und der Verbrecher. Er zeigt, daß die juristische Bildung nicht
allein ein Vorzug, sondern nach mancher Richtung auch ein Nachteil sein
kann. Der Richter denkt moralisch oft anders als die übrigen Menschen.
Zur Ausübung seines Berufes bedarf er des inneren Halts der Selbstsicher¬
heit, die ihn aber nicht zur Uberhebung verleiten darf. (Die Arbeit irt
ein dankenswerter Versuch, der nach mancher Richtung hin anregend wirken
kann! Ref.)
Feingold (58) hat den Einfluß der „Suggestion“ auf die Einbildungs¬
kraft (Phantasie, Imagination) untersuchen wollen. Er ließ seine Vp. zunächst
eine bestimmte Zeit einen Tintenfleck betrachten und ihm dann berichten,
welche Vorstellungen beim Betrachten aufgetaucht seien. Der zweite Versuch
verlief folgendermaßen: Erst wurde eine illustrierte Postkarte mit sehr aus¬
gesprochenem Charakter betrachtet, dann erst erfolgte das Anschauen des
Tintenflecks und nachher der Bericht über die aufgetauchten Vorstellungen.
Es ergab sich, daß durch die suggestive Beeinflussung der Reichtum an
Vorstellungen entschieden abnahm, und zwar um so mehr, je komplizierter
das vorher angeschaute Postkartenbild war. Hieraus zieht F. einige, ziemlich
weitgehende Schlüsse für die individuelle und soziale Entwicklung. Er
meint, durch vielseitige Beeinflussung des Individuums werde sein Reichtum
an eigener schöpferischer Kraft, seine Fähigkeit zur Selbsthilfe geschmälert
Daher kommt es, daß Dichter und hervorragende Persönlichkeiten meist
vom Lande stammten! So sei auch der die Phantasie beeinträchtigende Einfluß
der modernen Spiel waren zu erklären, die der Vorstellungskraft des Kindes
keinen Raum mehr gäben. Auch zeigen die Versuche vom soziologischen
Standpunkt aus, wie groß der Einfluß des heutigen, so viele Eindrücke bie¬
tenden Lebens auf die individuelle geistige Entwicklung der Völker sein
muß. Es ist freilich zu berücksichtigen, daß wohl ein Teil der Reize sich
gegenseitig aufheben, neutralisieren wird.
Kanda (127) gibt einen kurzen zusammenfassenden Überblick über
den Geotropismus bei tierischen Lebewesen vom Einzelligen bis hinauf zum
Menschen. Er zeigt die Analogie des statischen Organs bei den verschiedenen
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Psychologie.
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Tierklassen und führt seine Bedeutung auf hauptsächlich physiologische
Einflüsse zurück, denen gegenüber die Bewußtseinsvorgänge stark zurück¬
treten.
Martin, Pani und Welles (159) haben Versuche über die Schwan¬
kungen des Schwellenreizes für die Erzeugung des Blinzelreflexes angestellt,
erstens durch direkte faradische Beizung des unteren Augenlides, zweitens
durch sensorische Reize. Zwei "Werte wurden gemessen, der Reiz, der not¬
wendig war, um die erste Zuckung des Lides hervorzurufen, und der Reiz,
der Lidschluß bewirkte. Es ergab sich, daß die beiden Reizkurven ziemlich
parallel verlaufen. Die Verfasser schließen aus ihren Versuchen, daß die
Aufmerksamkeit eine Funktion der höheren Hirnzentren sei, der Schwellen¬
wert sensorischer Reize sei ein Maßstab für den „Nervenzustand“ (nervous
state).
Downey und Anderson (49) legten sich die Fragen vor, unter welchen
Umständen automatisches Schreiben zustande kommt, und welche Verände¬
rungen die Schrift aufweist, wenn sie automatisch wird. Die Antwort wurde
auf experimentellem Wege gesucht: 1. Die Vp. schrieb nach Diktat und
beantwortete schriftlich Fragen, während sie für sich las. 2. Vp. mußte
einen auswendig gelernten Vers niederschreiben während des Lesens. 3. Vp.
schrieb den Vers nieder und addierte gleichzeitig fortlaufend Zahlenreihen.
4. Der Vers wurde während lauten Lesens niedergeschrieben. 5. Es wurde
während lauten und leisen Lesens nach Diktat geschrieben. Die Vp. mußten
ihre Erlebnisse während des Versuches introspektiv schildern. Aus den
Ergebnissen hebe ich hervor, daß durch die Zerstreuung die Leistungen in
sehr verschiedenem Maße herabgesetzt wurden, mitunter erreichten sie fast
die Norm. Die Zahl der Fehler und ihre Art änderten sich je nach der
Form der Zerstreuung, so schienen sich Wiederholungen im Schreiben be¬
sonders während des lauten Lesens zu häufen. Die grundlegende Frage
nach der Gleichzeitigkeit der beiden Leistungen läßt sich anscheinend dahin
beantworten, daß trotz größter Übung eine völlige Mechanisierung des
Schreibens nicht erreicht wird. Introspektiv entsteht der Eindruck der
Gleichzeitigkeit, aber es ist nicht zu entscheiden, ob die Vp. nicht einer
Täuschung unterliegt.
Pick (190) wendet sich gegen die Behauptung Heverochs, der Be¬
ziehungswahn entstamme weder dem Verstände noch dem Gefühle. Er geht
davon aus, daß der Kranke überall in der Umwelt „Zeichen“ sieht oder
eine „Bedeutung“ merkt, die alsbald eine Beziehung zu ihm erlangen.
Was versteht man unter Zeichen? Sie sind entweder schon vorhanden,
real, oder vom Zeichengeber geschaffen, final. Der Kranke sucht nun in
allem finale Zeichen, und dieses Suchen entspringt seiner veränderten
Geistesverfassung. Die Zeichen können aber auch einen Wunsch, einen
Befehl ausdrücken: sie werden zu emotiven oder interesseheischenden Zeichen.
Der Affekt ist es, der beim Kranken die Aufnahme der Zeichen als emotiv
bedingt. Der Stimmungsgehalt des Perzipierenden wird aber auch ma߬
gebend für den Inhalt des Wahrgenommenen. So müssen wir sagen, daß
im allgemeinen wohl der Affekt die Disposition zur Eigenbeziehung schafft,
aber auch die Wahrnehmung kann verändert sein. Dahin gehört das, was
Wernicke unter Transit!visraus versteht, daß nämlich Geisteskranke sich
selbst für gesund, die anderen für geisteskrank halten.
Kohnstamm (139) will einen biologischen Begriff der Willensfreiheit
schaffen, um auf diesem die ärztliche uud erziehliche Willlensbeeinflussung
aufzubauen. Er geht von der Antinomie Naturnotwendigkeit, Freiheit und
Zwecktätigkeit aus, die er auch als Kausalität und Finalität einander gegen-
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
überstellt, und sieht in diesen beiden nur eine Form der Antinomie. In
der Willensbandlang setzt der Mensch sich über die Kausalität hinweg, er
fühlt sich als Subjekt der lebendigen Finalität. K. geht nach weiteren
philosophischen Erörterungen auf eine Anwendung der Finalitätslehre für
das Wesen von Gesundheit und Krankheit ein, schildert die Gemeinschaft
als wichtigste Voraussetzung der Verantwortlichkeit, in der er die Bedingung
sieht, die dem einzelnen auferlegt wird, wenn Gemeinschaftsleben möglich
sein soll. Zum Schluß kommt K. auf seine Wortidee des Außerzweck¬
haften zurück, deren Außerzeitlichkeit ihre Göttlichkeit so fest begründet
wie das Leben selbst. Damit glaubt K. den biologischen Idealismus —
gleichbedeutend mit deutschem Idealismus — auf eine gesicherte Grundlage
gestellt zu haben.
Auf den Aufsatz v. Bechterew’s (12) einzugehen, scheint wenig
lohnend. Er enthält eine breite Schilderung seines Gutachtens in der be¬
rüchtigten Ritualmordaffäre Jutschinsky, die sich in Kiew 1913 abspielte
und ganz Rußland in Aufregung versetzte, v. B. konnte gegenüber recht
mittelalterlich anmutenden, hauptsächlich von Geistlichen gelieferten Gut¬
achten seine Meinung durchsetzen, daß kein Ritualmord vorlag.
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and Diagnostik
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stehende Psychosen. Arch. f. Psych. 55. (2.) 353.
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besonderer Berücksichtigung der im Kriege beobachteten psychischen Störungen,
ebd. 56. (1.) 244.
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
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684
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
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216. Sterne, A. E., Neurology and P&ychiatry. Indiana State M. Ass. J. Jan.
217. Stier, Abgrenzung und Begriff des neuropathischen Kindes. D. m. W. S. 794.
(s. Kapitol: Idiotie.)
218. Stover, Charles, The Definition of Insanity. Albany M. Ann. 36. (6.) 283. (Nichts
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219. Stransky, Erwin v., Lehrbuch der allgemeinen und speziellen Psychiatrie. I. All¬
gemeiner Teil. Leipzig. F. €. W. Vogel.
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222. Stuchlik, Jar., Zum Begriffe „Psychose“. Rev. v. neuropsych. 12. 185. (Böhmisch.)
223. Derselbe, Über pathologische Heredität. Ziva. 24. 282. (Böhmisch.)
224. Taussig, L., Uber moderne Biologie in der Psychiatrie, öasopis lekafüv öeskyeh.
53. 1273. (Böhmisch.)
225. Theunissen, W. F., Ein Fall von präseniler Demenz. P&ych. en neur. Bl. 19. (6.) 525.
226. Thomas, G. E., The Value of the Mental Test and its Relation to the Service. Unit.
States Naval M. Bull. 9. (2.) 200.
227. Tischbein, Peter, Über die Bedeutung der Degenerationszeichen, besonders der
Ohrmißbildungen bei Geisteskranken. Diss. Kiel.
228. Tode, Günther, Über die im Gefolge der perniziösen Anämie auftretenden psychischen
Störungen. Diss. Kiel.
229. Travaglino, P. H. M., Bijdrage tot de kennis der amnesie. Nederl. Tijdschr. v.
Geneesk. No. 20. p. 1669.
230. Vedder und Hough, Prevalence of Syphilis Among the Inmates of the Government
Hospital for the Insane. The J. of the Am. M. Ass. 64. (12.) 972.
231. Wallenberg, Adolf, Ludwig Edinger zum 60. Geburtstage. Arch. f. Psych. 55. 997.
232. Derselbe, Goldstein, Kappers, An Herrn Professor Edinger in Frankfurt a. M. zum
13. April 1915. D. Zschr. f. Nervenhlk. 53. (6.) 423.
233. Warburg, Betty, Über dio im Jahre 1909 in der Kieler psychiatrischen und Nerven-
klinik beobachteten Fälle von Genera tionspsychosen. Diss. Kiel.
234. Weber, L. W., Die Fähigkeit der freien Selbstbestimmung bei der Wahl des Aufenthalts¬
ortes. Allg. Zschr. f. Psych. 71. 252. (s. Kapitel: Gerichtl. Psychiatrie.)
235. Weber, Richard, Ueber die Bedeutung der psychischen Hemmungen für die Beurteilung
durch Schul- und Gerichteärzte. Zschr. f. M. Beamte. No 5. p. 129. (s. Kapitel:
Geriohtl. Psychiatrie.)
236. Wender, L., Applicability of Binet-Simon Intelligence Tests in Psychoses of Senium.
New York M. J. 101. (10.)
237. Weston, P. G., und Darling, J., Value of Routine Laboratory Work in Psychiatry.
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238. Dieselben and Newcomb, P. B., Colloidal Gold and Other Tests Applied to Spinal
Fluid in Psychiatry. ebd. No. 4.
239. Westpha 1, A., und Hübner, A H., Über nervöse und psychische Erkrankungen im
Kriege. M. Klin. No. 14—15. p. 381, 413.
240. Weyert, Militär-Psychiatrische Beobachtungen und Erfahrungen. Samml. zwangl.
Abh. aus d. Geb. d. Nerven- u. Geisteskrankh. Bd. XI. H. 2/4. Halle. Carl
Marhold.
241. Weygandt, W., Psychosen bei Soldaten. Münch, med. Woch. p. 159. (Sitzungs¬
bericht.)
242. Derselbe, Kriegseinflüsse und Psychiatrie. Jk. f. ärztl. Fortbldg. Mai. p. 15.
243. Dersolbe, Kriegspsychiatrische Begutachtungen. Münch, med. Woch. No. 37. p. 1257.
F. B.
244. Dorselbe, Kriegspsychiatrische Begutachtungen. Psych. neur. Wschr. 17. (37/38.)
215.
245. Wickel, Über Geisteskrankheiten im Kriege. D. Irrenpfl. 1914. No. 9.
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Diagnostik der Geisteskrankheiten. 685
246. Wiersma, E. D., Geistesabweichungen im Lichte der Psychoanalyse. Groningen.
J. B. Wolters.
247. Williams, B. F., Observations in Psychiatry. Illinois Med. J. Oct.
248. Wittermann, Emst, Kriegspsychiatrisohe Erfahrungen aus der Front. Münch,
med. Wcch. No 34. S. 1164. F. B.
249. Ziehen, Theodor, Die Geisteskrankheiten des Kindesalters. Einschließlich des Schwach¬
sinnes und der psychopathischen Konstitutionen. 1. Hälfte. Berlin. Reuther u.
Roiohard.
Unter den Arbeiten dieses Kapitels haben die kriegspsychiatrischen in
wissenschaftlicher Hinsicht kein sehr großes Interesse. Alle Autoren sind
darin einig, daß es eine sog. Kriegspsychose nicht gibt. Den größten
Prozentsatz der Befallenen machen die von Hause aus psychopathischen
Naturen aus. Die Geisteskranken in den Irrenanstalten, selbst wenn die
Anstalt im Feuer gestanden und die Insassen schnell evakuiert werden
mußten, standen den Kriegsereignissen ziemlich teilnahmslos gegenüber.
Unter den übrigen Arbeiten sind nur einzelne, die besonderes Interesse
beanspruchen und von größerem Werte sind. Zu diesen rechne ich die¬
jenigen, welche das Seelenleben einzelner Kranken zu analysieren versuchen
(Schneider, Pick, Gruhle), ferner ist die Arbeit Birnbaums erwähnens¬
wert, der einen höchst anregenden Aufsatz über den überwertigen Symptomen-
komplex und über dessen Verhältnis zur Wahnidee geschrieben hat. Er¬
wähne ich noch die Arbeiten von McDonald über das Vokabolarium von
Gesunden und Geisteskranken,' resp. Gehirnbeschädigten, die Arbeiten
Schröders und Fischers über Kommotionspsychosen und diejenige von
Krüger über die Kraepelinsche Paraphrenie, so ist das Wenige, was
dieses Jahr auf diesem Gebiete geleistet worden ist, hervorg£hoben.
Allgemeines.
In dem Meinungsstreit, ob die Neurologie als selbständiges Fach von der
Psychiatrie zu trennen sei, wofür Erb, Oppenheim, Rothmann u. a. ein¬
getreten sind, ergreift nun auch Bonhoeffer (25) das Wort. In seinen
Ausführungen beschränkt sich der Autor auf die Frage der Vertretung der
Neurologie an den Hochschulen. Die Schwierigkeit besteht zunächst in der
scharfen - Abgrenzung beider Gebiete. Eine solche ist nicht möglich. Der
Student soll vor allem für die allgemeine Praxis vorgebildet werden. Das
diesbezügliche Material, welches dem Arzte in den Sprechstunden zufließt,
besteht in der Mehrzahl nicht aus rein neurologischen Fällen, d. h. orga¬
nischen Fällen, sondern aus funktionell neurotischen Zuständen und Psycho¬
pathien. Der überwiegende Teil dessen, was dem Neurologen in seiner
praktischen Tätigkeit zufällt, sind Fälle, die das psychische Gebiet zum
mindesten stark berühren oder ihm ganz angehören. Es sei ein Irrtum, zu
glauben, daß die Aufgabe der Psychiatrie sich mit der Erforschung, Be¬
handlung und der forensischen Beurteilung der Geisteskrankheiten, die sich
in den geschlossenen Anstalten finden, erschöpfe. Neurologie und Psych¬
iatrie sind nur in gewissen Endgliedern, z. B. Erkrankungen der peripheren
Nerven oder des Rückenmarks auf der einen, Querulantenwahu auf der
anderen Seite gut zu trennen, in der Mitte der langen Kette überdeckt das
eine Gebiet das andere aber in weitgehendem Maße. Die Forderung, wegen
der Verschiedenheit dieser Endglieder eine Scheidung im Unterricht für die
Studierenden durch Schaffung besonderer Lehrstühle für die peripheren und
spinalen Erkrankungen eintreten zu lassen, scheint dem Autor nicht berech¬
tigt Gegen die Erteilung von eigentlichen Lehraufträgen an in dem Fach
besonders tätigen Dozenten sei nichts einzuwenden. Das Gegebene wird
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
aber immer sein, daß sie im Rahmen der psychiatrischen and Nervenklinik,
die das Material innerhalb ihres Lehrgebietes braucht, eingerichtet werden.
Hier soll der Studierende ror allem, weil besonders wichtig, das Verständnis
für die Psychopathologie, der Lehre von den gesetzmäßigen Zusammenhängen
in der Pathologie der psychischen Vorgänge erhalten und damit ein Gegen¬
gewicht gegenüber den Disziplinen des objektiven Befundes. Die psychia¬
trische Klinik soll demnach für den Studierenden nicht nur der Ort sein,
wo er einen Einblick in das aus dem sozialen Körper zur Ausscheidung
gelangte Anstaltsmaterial bekommt, sondern sie soll ihm auch das Auge
schärfen für die mannigfache Durchdringung der dem allgemeinen Arzte
und dem Nervenärzte zufließenden Klientel mit psychopathologischen Faktoren.
Ohne einen Überblick über die Pathologie des gesamten Zentralnervensystems
kann das nicht vermittelt werden. Die wissenschaftliche Auflösung einer
Disziplin in einzelne Spezialgebiete ist als ein natürlicher und notwendiger
Vorgang der Forschertätigkeit zu betrachten. Es ist begreiflich und be¬
rechtigt, daß jeder Dozent innerhalb seines Spezialgebietes auch lehrtätig
sein will. Diese Lehrtätigkeit in den Spezialgebieten hat sich aber nicht
auf die Gesamtheit der klinischen Studenten, sondern auf einzelne besonders
Interessierte und auf die im Spezialfach sich Weiterbildenden zu erstrecken.
B. kann demnach auch für die Fortentwicklung der neurologischen und der
psychiatrischen Wissenschaft keinerlei Nachteile, sondern nur Vorzüge in der
Vereinigung von Psychiatrie und Neurologie in der Klinik erblicken.
Jacoby (98) spricht sich entschieden gegen eine Trennung von Neuro¬
logie und Psychiatrie aus. Man sollte eigentlich nicht die Ausdrücke
Psychologie und Psychiatrie gebrauchen, sondern vielmehr von Nerven- und
Gehirnphysiologie und -pathologie sprechen. Es sei ganz unmöglich, eine
Grenze z. B. zwischen Neurosen und Psychoneurosen zu ziehen. Beide
Gebiete — Neurologie und Psychiatrie — sind so miteinander verschmolzen,
daß eine Trennung unmöglich ist. Als exakte Forschungsmethoden in diesem
gemeinsamen Gebiete betrachtet der Autor die klinische Beobachtung, ferner
die anatomisch-mikroskopische Methode, die Methoden der Blut- und Serum¬
untersuchungen usw., während er die Freudsche Methode als eine ganz
unexakte verwirft.
Gau pp (73) gibt eine historisch-sachliche Darstellung der Bestrebungen,
die Geistestörungen zu klassifizieren, wobei er nach eigener Erfahrung kritisch
zu Werke geht. Er schließt folgendermaßen: „ln Weruickes Schule wurde
ich einst gelehrt, mit einer anatomisch-physiologisch orientierten Psychologie
den geisteskranken Menschen zu studieren und meine Befunde in ein kunst¬
reiches Schema einzutragen. Ein plastisch erfaßtes Augenblicksbild war der
Gewinn, aber was vorher war und nachher kam, blieb im dunkeln. Von
der Psychologie des geistvollen Gehirnpathologen unbefriedigt, suchte ich
eine festere Basis in der ätiologischen Betrachtungsweise eines Magnan
und Möbius. Aber da verschwammen mir die Grenzen zu bald unter der
Hand. Die sorgfältige klinische und auf exakter Psychologie fundierte
Sammelarbeit Kraepelins mit ihrem Prinzip, die Krankheitsgeschichte eines
Menschen von Anfang bis zu Ende im Auge zu behalten, schien mir eine
verläßlichere Grundlage für die erst in der Zukunft zu lösende Aufgabe, ein
natürliches System der Psychosen zu schaffen. Der Weg, den Kraepelin
einschlug, erscheint mir auch heute noch im Prinzip richtig, wenn auch das
Ziel noch in weiter Ferne sein mag. Dieses Ziel wird rascher erreicht
werden, wenn sich der Sammlung und Gruppierung der empirischen Tat¬
sachen und ihrer zeitlichen Folgen die feinere Analyse ihrer Zusammen¬
hänge hinzugesellt.“
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
68?
Stnchlik (222) erörtert, daß die heutige Auffassung der Psychosen,,
wie sie in den Lehrbüchern der Psychiatrie üblich ist, eine sehr oberfläch¬
liche Konvention ist. Denn für Psychosen wurden solche Erkrankungen
gehalten, bei welchen die psychischen Anomalien überwiegen. Ob diese
Anomalien dabei eine Folge der Veränderungen im Gehirn, oder ob sie
bloß funktionell (ein Begriff älterer Psychiatrie, der die Unkenntnis der
wahren Grundlage maskieren sollte) waren, blieb vollkommen gleich. Von
der klaren Tatsache ausgehend, daß neben den organischen, d. h. den Körper
betreffenden Erscheinungen, auch ganz anders geartete psychische Eigen¬
schaften bestehen, daß also, wie die ersteren, so auch die letzteren eine
Gestalt annebmen können, die wir nicht mehr als normal zu bezeichnen im¬
stande sind, müssen wir den Begriff Psychose ganz anders fassen, d. h. die
Psychosen in wirklichem Gegensatz zu den Körpererkrankungen setzen. So¬
gewinnen wir eine andere Definition der Psychose. Die Psychose wird uns
dann eine Erkrankung der Seele (diese letztere mag man sich dabei vor¬
stellen wie man will, oder braucht sich überhaupt nicht vorstellen, denn an
der Tatsache, daß psychische Erscheinungen existieren, und daß es infolge¬
dessen auch einen Komplex dieser Erscheinungen gibt, ändert jedwelche
Auffassung nichts) darstellen, eine Störung im Mechanismus psychischer
Elemente und ihrer gegenseitigen Beziehungen. — Im Gegensatz zu den
somatischen Erkrankungen, die eine pathologische durch Sektion nachweis¬
bare Veränderung des Körpers, d. i. seiner Organe darstellen, ist die Psy¬
chose eine Äußerung des gestörten Gleichgewichts psychischer Elemente,,
möge sie sich schon nur psychisch, oder auch dabei somatisch, oder vielleicht
nur somatisch äußern. Also nach dieser Auffassung wird die Mehrheit der
Psychosen heutiger psychiatrischer Lehrbücher keine Psychose sein, denn
es sind reine somatische Erkrankungen mit vielleicht überwiegenden psychi¬
schen Merkmalen; an der anderen Seite haben wir aber bis heute fast keine
Psychosen in meinem Sinne; nur zwei, abgesehen noch von der großen, bis
jetzt undifferenzierten Gruppe der „Neurosen“, nämlich die Schizophrenie
von Bleuler und die Ichtumsstörungen von Heveroch. Über die Rolle
der Psychoanalyse sowie eine gründlichere Darstellung der hier skizzierten
Ideen wird eine besondere, auch deutsch zu publizierende Arbeit Vorbehalten-
( Stuchlik.)
Hezel (86) bespricht in ausführlicher Weise all die Beziehungen,
welche die Tuberkulose zum Nervensystem hat. In einzelnen Abschnitten
werden Tuberkulose und Psychosen, Tuberkulose und Psychoneurosen bzw.
Neurosen, Pathologische Anatomie und Pathogenese der tuberkulösen psychi¬
schen und psychoneurotischen Störungen, forensische Bedeutung der durch
die Tuberkulose bedingten psychischen Veränderungen, Einfluß des Nerven¬
systems auf Entstehung und Verlauf der Tuberkulose, Behandlung der psychi¬
schen und psychoneurotischen Störungen der Tuberkulösen, Tuberkulose und
periphere Nerven und im Anhang Morbus Addisonii und Basedowsymptome
bei Tuberkulösen abgehandelt.
Hitschmann’s (93) Artikel ist eine Entgegnung auf einen gleich¬
lautenden Aufsatz von Pilcz in den Jahrb. f. Psych. Bd. XXXIV 3. H.
und enthält eine Besprechung der sexuellen (resp. homosexuellen) Betätigung
und der Sublimierung sexueller Handlungen im Klosterleben von seiten der
Geistlichen und Nonnen.
Die Abhandlang von Hoch (94) befaßt sich mit dem Studium der
psychischen Erscheinungen beim manisch-depressiven Irresein, für welche
der Verf. auf der Grundlage der Freudschen Lehre ein besseres Verständ¬
nis zu gewinnen sucht.
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688
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
Jelliffe’s (101) Studie ist ein Auszug aus Friedreichs Werk über
die Geschichte der Psychiatrie. Er bringt Auszüge aus den Schriften von
Celius Aurelianus, Galen, Marcellus und Oribasius.
Mc Carthy (140) gibt eine kurze Darstellung der Psychosen und Neu¬
rosen der Puerperiums und der Laktationsperiode, bespricht die Ätiologie,
Heredität, moralischen Einflüsse, die Symptomatologie, die verschiedenen
Formen der geistigen Störungen, die Prognose und Therapie.
Wohin man in dem weiten Gebiet nervöser und psychischer Störungen
blickt, überall ist, wie Meyer (145) resümiert, die größte Vorsicht bei Ein¬
gehen der Heirat wie bei Beförderung der Konzeption in der Ehe geboten,
sowohl im Interesse des kranken Individuums selbst wie in dem der Nach¬
kommenschaft.
Rosanoff (180) berechnet die Atrophie des Gehirns nach der Größe
des Zwischenraumes, welcher zwischen Schädel und Gehirnoberfläche besteht.
Die Berechnung geschieht nach der Formel
8 8
Schädelkapazität
-V-
Gehirngewicht
LÖ37
wobei die Zahl 1,037 für das spezifische Hirngewicht angenommen wird.
Er hat diesen Index, d. h. den Grad der Gehirnatrophie in 452 Fällen von
Geistesstörungen,* die zur Autopsie kamen, bestimmt und kam zu folgendem
Resultat: Die Hirnatrophie nimmt mit dem Alter zu; ebenso ist sie bei
Erschöpfungszuständen etwas größer. Bei Geisteskrankheiten verhält sich
die Atrophie je nach der Art der Geistesstörung verschieden. Sie ist am
größten bei der Arteriosklerose des Gehirns, sie ist bei der progressiven
Paralyse und bei der Dementia senilis größer als bei der Dementia praecox.
Herabsetzung der geistigen Fähigkeiten im Verlaufe einer Geisteskrankheit
drückt sich stets in entsprechendem Grade durch Hirnatrophie aus. Auch
zwischen der Dauer der das Gehirn in Mitleidenschaft ziehenden Psychose
und der Atrophie besteht eine nahe Beziehung. Der Hirnprozeß bei der
Dementia praecox führt zur Hirnatrophie.
Das Buch von Ziehen (249) über die Geisteskrankheiten des Kindes¬
alters ist eine erweiterte Auflage seiner Abhandlungen über den gleichen
Gegenstand, die er schon vor einem Jahrzehnt herausgegeben hat. Die
vorliegende erste Hälfte umfaßt die Defektpsychosen, die in zwei Abschnitten,
die angebornen und erworbenen, behandelt werden. Während der zweite
Abschnitt etwas kurz gehalten ist, um Wiederholungen zu vermeiden, ist der
erste Abschnitt eine ganz ausgezeichnete ungemein klare, gut disponierte
und erschöpfende Darstellung der angeborenen Imbezillität, wie sie in besserer
Form gar nicht gedacht werden kann. Der Verfasser hat sich einer mög¬
lichst einfachen Beschreibung befleißigt, weil das Buch auch besonders dem
Pädagogen das Eindringen in das Wesen dieser Krankheitszustände ermög¬
lichen soll, da nur ein medizinisch-psychiatrisch vorgebildeter Pädagoge
diese ihm zur Überwachung und Erziehung anvertrauten Kinder mit wirk¬
lichem Verständnis behandeln und, soweit es möglich ist, geistig und ethisch
fördern kann. Die wenigen, aber ausgewählten Abbildungen geben von einzelnen
Typen eine gute Anschauung. Das vortreftliche Buch wird wegen seiner
allseitigen Vorzüge sicher weiteste Verbreitung finden, wozu auch der mäßige
Preis (6,50 Mark) wesentlich beitragen dürfte.
Enge (59) bespricht die Beziehungen zwischen körperlichen Erkran¬
kungen und Geistesstörungen, und zwar bei den Infektionskrankheiten (Fieber¬
delirien, Infektionsdelirien oder Infektionspsychosen, Initialdelirien beim
Typhus, Pneumonie, Influenza, Erysipel usw., postfebrile oder postinfektiöse
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
689
Geisteskrankheiten) bei den dyskrasischen Krankheiten (Tuberkulose, Syphilis,
Karzinose), bei den Nierenkrankheiten, beim Diabetes, Gallenblasenerkran-
kungen, thyreogenen Erkrankungen, bei Herzleiden, Ohrenleiden, bei Magen¬
darmerkrankungen. Den Schluß bilden die Beziehungen der Geisteskrank¬
heiten zu den Sexualleiden.
Inauguraldissertationen haben in vielen Fällen nur den Wert, daß
durch sie Krankengeschichten veröffentlicht werden, die sonst in den Jour¬
nalen verborgen geblieben wären. Diesen Zweck erfüllt auch die Arbeit
von Warburg (233) über Generationspsychosen.
Untersachangsmethoilen.
K&fka (110) berichtet über die großen Meinungsverschiedenheiten, die
noch über den Wert der Abderhaldenschen Methode für die Psychiatrie
herrschen. K. selbst ist der Ansicht, daß sich trotz aller Kämpfe die A. R.
für den Psychiater als sehr bedeutungsvoll erwiesen hat. Er bespricht
nun das Neue, was in den letzten zwei Jahren nach dieser Richtung hin
geleistet worden ist; ebenso führt er kurz znsammenfassend die Arbeiten
an, die in dem angeführten Zeitraum auf dem Gebiete der Wassermann¬
reaktion, der Luesreaktionen, der Liquorforschung, der Hautreaktion mit
Luetin erschienen sind.
Kafka (111) faßt die Bedeutung des Dialysierverfahrens nach Ab¬
derhalden für die Psychiatrie zusammen. Er betont mit Nachdruck, daß
die Anstellung des Verfahrens heute immer noch einen wissenschaftlichen
Versuch darstellt, der nach vielen Richtungen hin Unbekanntes bietet Er
muß daher von in der Beantwortung biologischer Fragestellungen Geübten
ausgeführt worden. Es war von vornherein nicht anzunehmen, daß in der
Abderhaldenreaktion jede Psychose ihren bestimmten Typus hätte; ein Fall
von manisch-depressivem Irresein mit Basedow kann ein ähnliches Bild bieten,
wie eine Dementia praecox; eine Epilepsie, eine Paralyse kann ebenfalls
den gleichen Abbau zeigen wie ein schizophrener Prozeß. Ohne genaue
klinische und anderweitig serologische Untersuchungen läßt sich also nicht
auskommen. Sind solche aber vorbanden, dann wird die Abderhaldenreak¬
tion auch heute schon in der Lage sein, manche Lücke auszufüllen. Vor
allem wird in vielen Fällen die Diagnose zwischen Dementia praecox und
unkomplizierten Fällen von manisch-depressivem Irresein oder Psychoneurosen
gesichert werden können, ferner jene zwischen Epilepsie und Hysterie,
zwischen Paralyse und Lues cerebri, zwischen organischen Erkrankungen
des Zentralnervensystems und Neurosen. Ganz besonders werden die Fälle
glandulärer Imbezillität uud Idiotie besser erkannt werden.
Mayer (139) veröffentlicht Resultate mit der Abderhaldenschen
Methode bei verschiedenen Geistesstörungen. Im ganzen wurden 25 Fälle
untersucht. Es wurde die Vorsicht gebraucht, daß dem Untersucher die
Diagnose des einzelnen Falles nicht mitgeteilt wurde. Die erhaltenen nega¬
tiven Resultate bei Normalpersonen, bei der Hysterie, bei der Myotonie,
bei dem Delirium, bei der traumatischen Demenz stimmen ganz mit früheren
Beobachtungen überein. Die verschiedenen Resultate bei den zur Gruppe
der Dementia praecox gehörigen Kranken fallen auch aus den von früher
her gewohnten Ergebnissen nicht heraus; auffallend ist das negative Resultat
bei den beiden Paralysefällen, noch auffallender zwei mit verschiedenen
Organen erhaltenen positiven Reaktionen bei ein und demselben Fall von
Depression.
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 .
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
Loeb (132) meint bezüglich der Abderhaldenschen^Reaktion: Was
uns aber trot^ der aufgezeigten Schwierigkeiten und geringen Übereinstimmung
Mut machen muß, auf diesem Gebiet weiter zu arbeiten, sind folgende, auch
beute schon beachtenswerte Ergebnisse: 1. ln der Lumbalflüssigkeit lassen
sich mit der A. R. keine Abwehrfermente nachweisen. 2. Die funktionellen
Neurosen und Psychosen weisen zum allermindesten weniger häufig Abwehr-
fermente auf als organische Erkrankungen. 3. Im Abbau der Geschlechts¬
drüsen besteht Geschlechtsspezifität.
Bundschuh (31) setzt die großen Schwierigkeiten des Abderhalden-
schen Verfahrens auseinander und die überaus großen Vorsichtsmaßregeln,
die man dabei befolgen muß, um nicht zu falschen Schlüssen zu kommen.
Nach Alter (6) besteht kein Zweifel, daß das, was nach Abderhalden
auch im Bereiche der Psychiatrie Abwehrferment genannt wird, genetisch
jenen provozierten Abwehrfermenten, die nach parenteraler Zufuhr art¬
fremder Stoffe aus unbekannten Werkstätten (Leukozyten, Darmzellen,
Organzellen) ins Blut geworfen werden, durchaus nicht analog ist. Die
Substanzen, die aus dem Serum Geisteskranker Hirnrinde abbauen, sind
vielmehr produzierte Gruppen, nicht Abbauagenten, sondern Abbauprodukte,
Zellabkömmlinge, die lediglich destruktive Vorgänge An Gehirnzellen oder
eine Überhastung ihres Stoffwechsels offenbaren: ihre Nachweisbarkeit be¬
deutet nichts anderes, als daß die autolytischen Fermente, die einen inte¬
grierenden Teil des Zellorganismus bilden, aus ihrem Zellverbande heraus¬
treten und im Säftestrom frei wirksam geworden sind: eben infolge eines
zur Unvollkommenheit überhasteten Stoffwechsels oder durch destruktive
Prozeße. Unbekannt bleibt dabei allerdings das eigentlich Ursächliche, die
Wirkung, die jene fermentativen Komplexe aus den Zellen frei werden läßt,
der Anlaß, der die Zellen zu einem überhasteten Stoffwechsel zwingt oder
so destruiert, daß jene autolytischen Gruppen austreten können. Es ist
sehr wahrscheinlich, daß das gleichzeitige Auftreten von Abwehrfermenten
aus anderen Organen nur ein Syndrom aus gleicher Ursache darstellt, nicht
daß das eine die Ursache des auderen ist. Die Einflüsse, die hier
wirksam sind, sind nach der Meinung des Verfassers toxischer infektiöser
Natur.
Mitzewski (150) untersuchte 85 Geisteskranke der Anstalt Drewnica
bei Warschau auf die Abderhalden sehe Reaktion und kommt zu folgen¬
den Schlüssen: 1. In der überwiegenden Anzahl der Fälle von Dementia
praecox besitzt das Serum des Blutes die Eigenschaft der Spaltung des Ei¬
weißes der Keimdrüsen, in etwas geringerem Grade der Gl. thyreoidea und
in späteren Stadien der Erkrankung des Eiweißes der Stirnrinde. 2. Da¬
gegen besitzt in den Fällen von manisch-depressivem Irresein — unabhängig
von der Kraukheitsphase — das Serum des Blutes keineswegs die Eigenschaft
der Spaltung von Keimdrüsen- und Hirnrindeeiweiß, was von großem differential¬
diagnostischem Wert sein kann. 3. In den Fällen der Epilepsie uuterliegt
der Eiweißumwaudlung in erster Linie die Gl. thyreoidea, dann die Keim¬
drüsen, während bei der Dementia praecox der Eiweißspaltung auch die
Stirnrinde unterliegt. 4. Bei der progressiven Paralyse unterliegt der Spaltung
das Eiweiß der Hirnrinde, der luetischen Leber und einiger äußerer Organe.
{Sterling.)
Potter (172) hat in 126 Fällen zumeist von progressiver Paralyse
Nachuntersuchungen mit der Langeschen Goldreaktion gemacht. Nach
den gewonnenen Resultaten ist er der Ansicht, daß diese Methode bei größt¬
möglichster Vorsicht bei ihrer Anstellung eine sehr schätzenswerte Ergänzung
der Wassermann sehen Reaktion usw ist.
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
691
Torday und Wiener machten die Erfahrung, daß alle Blutsera durch
Zugabe von Gold-Zyan-Aldehyd-Gemisch starke Niederschläge bilden, welche
Bich besonders bei luetischen Seris durch Zugabe von konzentrierter Essig¬
säure wieder mehr und weniger klären, dagegen das nichtluetische Serum¬
gemisch nach Zugabe von Essigsäure zwar ebenfalls etwas heller wird, je-
dooh in der Regel trüber und niederschlagreicher bleibt als die luetischen
Proben. Gleich den luetischen Sera verhalten sich auch öfters die von
Karzinomkranken stammenden, während Sera von tuberkulösen Personen
in der Regel sich nicht aufklären. Die Nachprüfungen, welche Fabinyi
und Haj6s (61) anstellten, führten zu folgenden Resultaten: 1. In dem Ver¬
halten der nach der Torday-Wi euer sehen Methode untersuchten Blutsera
sind entschiedene Differenzen vorhanden, deren Ursache bisher nicht bekannt
ist. 2. Der Liquor cerebrospinalis ergibt keine T.-W. sehe Reaktion. 3. Die
Resultate der Reaktionen sind nur in 59% mit denen der Wassermann sehen
Reaktion gleichlautend, daher der Ausweis der Lues nach T.-W. die W.-R.
nicht ersetzen kann. Im Falle einer Vervollkommnung dieser Reaktion
wären vielleicht die zweifelhaften Resultate auch noch in positive umzu¬
wandeln (wie bei der W.-R. bei der Auswertungsmethode), aber auch in
diesem Falle wäre die Reaktion zufolge der in einem Dritteile entgegen¬
gesetzten Resultate zur Diagnose der Lues kaum verwendbar. Das unbe¬
kannte Wesen der Reaktion bildet jedoch eine Indikation zu einer gründ¬
lichen chemischen Untersuchung, welche möglicherweise zur Kenntnis einer
neuen besonderen chemischen Beschaffenheit des Blutserums führen kann.
Statistik.
Büdul (30) gibt interessante statistische Aufklärungen über das Kran¬
kenmaterial der Dorpater Psychiatrischen Universitätsklinik für den Zeitraum
18H6—1913. Das Material besteht aus 3180 Krankengeschichten (64%
männliche, 36 % weibliche). Darunter waren 54 % Esten (ugro-finnisches Volk),
22,6% Letten (Indogermanen), 10,4% Russen (Slawen), 8,3% Deutsche
(Germanen), 4,7 % Juden (Semiten). Esten und Letten sind auf dem Lande
politisch und kulturell fast gleich gestellt; die Russen, Deutschen und Juden
haben in der Provinz fast keinen Bauernstand. Das Gros unter den estni¬
schen und lettischen Patienten bilden die landbearbeitenden Bauern. Am
meisten Erkrankungsfälle an Melancholie geben die Esten (auch größter
Prozentsatz an Suizidversuchen bei ihnen, besonders bei den Frauen). Der
größte Prozentsatz der Erkrankungsfälle an Imbezillität und Idiotie ist bei
den Esten und Juden zu verzeichnen. Weiter haben die Esten ausgespro¬
chene Neigung zu protrahierten Affektschwankungen. Die Juden stehen in
dieser Beziehung den Esten ziemlich nahe. Bei Letten sind die Wahnvor¬
stellung bei der akuten und chronischen Verrücktheit mit Überschätzung,
bei Esten mit Unterschätzung der Persönlichkeit verknüpft. Die Letten
sind mehr aktiv, die Esten mehr passiv; die religiösen Wahnvorstellungen
spielen bei den Esten eine viel größere Rolle als bei den Letten. Organische
Nervenkrankheiten kommen bei den Letten häufiger vor als bei Elsten. Am
meisten Erkrankungsfälle von Alkoholismus geben die Russen, dann folgen
die Esten, am wenigsten daran erkranken die Juden. Syphilitische Erkran¬
kungen des Nervensystems sind unter den Esten, Letten und Juden weniger
verbreitet als unter den Russen. An Dementia praecox, manisch-depressivem
Irresein, Hysterie erkranken besonders häufig die Juden.
Rosanoff (182) sucht nachzuweisen, daß man zu falschen Schlüssen
kommt, wenn man eine Vermehrung der Geisteskrankheiten aus dem Um-
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
stände folgert, daß der Prozentsatz von Geisteskranken, die sich gegen¬
wärtig in den Anstalten befinden, ein höherer ist, als vordem. Er weist
nach, daß die Fürsorge für die Geisteskranken in den verschiedenen Staaten
Amerikas recht verschieden ist, so daß evtl., wenn in einem Staate pro¬
phylaktisch viele Kranke in Anstalten aufgenommen sind, der Prozentsatz
dieser Kranken zur Gesamtbevölkerung des betreffenden Staates doch geringer
sein kann, als der Prozentsatz in einem anderen, in welchem weniger Insassen
in den Irrenanstalten sich befinden.
Rosanoff (181) stellt fest, daß die in den Vereinigten Staaten Ge¬
hörnen weniger an Geisteskrankheiten leiden, als die Eingewanderten. Es
hat das verschiedene Ursachen. Die Eingewanderten haben um ihre Lebens¬
existenz stärker zu kämpfen als die Eingebomen, auch bevölkern die Ein¬
gewanderten in höherem Maße die Städte und weniger das Land. Man findet
ein ähnliches Verhältnis auch unter den Eingebornen, wenn sie z. B. vom
Osten nach dem Westen ausgewaudert sind. Im ganzen ist aber der Unter¬
schied zwischen den beiden Menschenkategorien ein verhältnismäßig geringer,
so daß eine Gefahr nach dieser Richtung von der Einwanderung nicht zu
befürchten ist.
Die Untersuchungen über den Wandertrieb, die von Davenport (45)
angestellt wurden, ergaben, daß sich unter seinem Material 171 männliche
und 15 weibliche Personen befanden, die zum Nomadenleben tendiert hatten.
Bei bestehender Heredität gehe diese Wesenseigenschaft vorwiegend auf die
männliche Nachkommenschaft über.
Davenport (44) machte ausgedehnte Studien über Charaktereigentüm-
lichkeiten von Gliedern solcher Familien, aus denen junge Mädchen mit
launenhafter Charakteraulage stammten, und die sich deswegen in staatlichen
Erziehungsanstalten befanden. Die Nachforschungen erstreckten sich auf
165 Familien. Die Untersuchung ergab, daß sich in der Hälfte der Fälle bei
der Familienforschung nachweisen ließ, daß eine derartige Charaktereigen¬
tümlichkeit bei mehreren Familienmitgliedern bestand. Diese Eigentümlichkeit
zeigte sich bei den Mädchen in regulären oder periodisch auftretenden Aus¬
brüchen, oder sie war verknüpft mit Epilepsie, Hysterie oder Manie. Der
Autor neigt der Ansicht zu, daß diese krankhaften Temperamentausbrüche
nicht dio Folge der Epilepsie, Hysterie und Mauie sind, sondern daß sie Äqui¬
valente dieser Affektionen darstellen, die aus der hereditären Grundlage
entstanden sind.
Burr’s (32) Aufsatz beschäftigt sich mit der prozentualen Zunahme
der Geisteskranken und mit den allgemein zu treffenden Maßnahmen, die
dagegen getroffen werden müssen.
Barr (12) führt seinen Landsleuten die enorme Zahl der Geisteskranken
und geistig Defekten vor Augen und die Unsummen, welche deren Unterhaltung
dem Staate kostet. Von Jahr zu Jahr wird die Zahl größer. Er empfiehlt
dringend die Separation, Sequestration und Asexualisation der Degenerierten.
Vedder und Hougll (230) fanden an einem Material von 1283 Geistes¬
kranken auf Grund der Syphilisreaktionen, die sie vorgenommen hatten, daß
die Syphilis unter den Frauen (weißer Rasse) verhältnismäßig selten war, daß
sich unter den Männern 20% ergaben uud daß 10% der Geisteskrankheiten
direkt ihre Ursache in der Syphilis hattten.
Ursachen.
Horavczik (155) bespricht seine 20 jährigen Erfahrungen, welche er
als Gerichtspsychiater und Leiter der justiziellen Landes-Beobachtungs-
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
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abteilang sammelte. Nach einem literarischen Rückblick betont er, daß die Ge¬
fangenschaft viele solche psychische and physische Momente hervorbringt, welche
geeignet sind, die Funktion des Nervensystems in ihrem Gleichgewichte za
stören. Verändertes Milieu, Ernährungsverhältnisse, strenge Disziplin, ver¬
hinderte Wünsche, Bestrebungen and Pläne, moralische Rückwirkung der
Straffolgen, Bewußtsein des Freiheitsverlustes, gebrochene Hoffnungen und
Besorgnisse können die allgemeine Ernährung, den Schlaf, das vasomotorische
Gleichgewicht stören, Blutarmut, mangelnde Ernährung des Gehirns, funk¬
tionelle Störungen verursachen, namentlich bei bestehender Disposition, bei
degenerierten Personen. Wenn wir aber den Einfluß der Strafhaft auf
den psychischen Zustand werten, dürfen wir nicht vergessen, daß das Zu¬
sammenwirken vieler schädlicher Momente seine kumulierte Wirkung be¬
tätigt. Solche können sein: Lues, Alkohol, Trauma, Epilepsie, Hysterie uud
Folgen eines unruhigen stürmischen Lebens. Bei den während der Detention
geistig Erkrankten fand Moravcsik in 42,8 % erbliche Belastung, bei 48,5%
Schädeltrauma, bei 22,8 % Syphilis, bei 35,7 % Alkoholmißbrauch, bei 15,5%
war geistige Schwäche mit Verminderung der moralischen Empfindung nach¬
weisbar, körperliche und geistige Degenerationszeichen bei 62,8%. Von den
Fällen bezogen sich 85,7% auf Männer, 14,3% auf Weiber. Die über¬
wiegende Zahl, 72,7 % stand zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Ebenso
stand die Mehrzahl wegen Verbrechen wider das Leben und wegen Körper¬
verletzung (Mord, Totschlag, gefährliche Körperverletzung, 45,7 %) oder wegen
Diebstahls und Unterschlagung (30%) unter Untersuchung oder in Urteils¬
vollstreckung. Rückfällig wareu 50%.
Bei 42,87 % der Gefangenschaftspsychosen handelte es sich um eine
Verschlimmerung einer bereits bestehenden Psychose (Dementia praecox,
Dementia paralytica) und bei 16,99% entwickelten sich die psychotischen
Erscheinungen auf dem Boden der Hysterie oder Epilepsie. Nur bei einer
geringen Anzahl der Fälle war die ausschließlich während der Strafhaft ent¬
standene psychische Erkrankung nachweisbar, und zwar in manisch-depressiver,
halluzinatorischer und paranoischer Form; die zwei ersteren zumeist im Be¬
ginne der Strafhaft mit ziemlich günstigem Verlaufe, hingegen die letztere
erst in einem späteren Stadium (z. B. bei einem wegen Mord zu lebens¬
länglichem Zuchthaus verurteilten Mann erst im 8. Jahre der Haft). Nament¬
lich erhalten durch die Gefangenschaft eine spezielle Färbung die paranoischen
Erkrankungen, wobei die Kranken über ungerechte Strafe klagen, und zwar
entweder in dem Sinne, daß sie sich als freigesprochen betrachten, oder
daß sie meinen, ihre Strafzeit wäre bereits abgelaufen, oder schließlich klagen
sie darüber, daß sie die Strafe eines anderen abbüßen müssen. In Be¬
gleitung von Verfolgungs- und Vergiftungswahn und derartigen Sinnes¬
täuschungen tritt ein hartnäckiger quärulanter Zug in den Vordergrund,
aber auch Größen- und religiöser Wahn können Vorkommen. So behauptete
ein Mann, die Wachen ermordeten allnächtlich einen Mann in der Neben¬
zelle, er höre dessen Wehgeschrei, sein Todesröcheln, ebenso auch die
Stimmen der Wachen, daß sie nun auch bald mit ihm ein Ende machen
wollten; man habe auch eine Hexe auf ihn gehetzt, welche ihm unflätige
Worte zurufe. Zumeist zeigen sich die Sinnestäuschungen auf akustischem
Gebiet, diejenigen der anderen Sinnesorgane kommen seltener vor. Kon¬
fabulation und bei Hysterischen auch das Gans ersehe Symptom pflegen
vorzukommen.
Verf. erblickt in der Strafhaft bloß eine Gelegenheitsursache, die die
Psychose auf Grund einer angeborenen oder erworbenen Disposition zum
Ausbruch bringt. ( Hudovemig.)
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694
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
Von Jolly (106) wird einmal der Einfluß der Menses auf Entstehung und
Verlauf der Psychosen und andererseits der Einfluß der Psychosen auf die
Menstruation untersucht. Es ergibt sich daraus, daß es eine eigene Men-
strationspsychose als klinische Einheit ebensowenig wie eine eigene Graviditäts-,
Puerperal- oder Laktationspsychose gibt. Dagegen gibt es Fälle, die eigen¬
artige Beziehungen zur Menstruation darbieten, indem sie in ursächlichem
Zusammenhang mit der Menstruation, und zwar meist prämenstruell auf-
treten. Manchmal handelt es sich nur um einen Anfall einer geistigen Störung,
manchmal um mehrere; der Zusammenhang mit den Menses ist in der Regel
wechselnd, in der großen Mehrzahl der Fälle verliert sich derselbe später.
In seltenen Fällen finden sich derartige Psychosen schon vor der ersten
Menstruation. Sie scheinen an vierwöchentliche Termine gebunden zu sein
und endigen meist mit Eintritt der ersten Menses. Die mit Eintritt der
ersten Menses beginnenden Psychosen bieten den auch sonst in der Pubertäts¬
zeit vorkommenden Geistesstörungen gegenübar nichts Besonderes. Auch
nach Eintritt des Klimakteriums sind einige wenige, den Menstruationspsychosen
an die Seite gestellte Fälle beschrieben worden, doch kann ihre Analogie
zu diesen nicht anerkannt werden. Es handelt sich bei den Menstruations¬
psychosen um die auch sonst vorkommenden geistigen Störungen, und zwar
häufig um Manien, um in einzelnen Anfällen verlaufende hebephrenische und
katatonische Psychosen, um Fälle von Amentia, von Hysterie, seltener um
melancholische Geistestörungen; auch die Dipsomanie kann deutliche Be¬
ziehungen zu der Menses zeigen. Die Häufigkeit der Menstruationspsychosen
wird oft übertrieben. Bei genauerem Zusehen ist in vielen der mitgeteilten
Fälle der Zusammenhang mit der Menstruation ziemlich gesucht, besonders
da auch oft nur die Angaben der Angehörigen und der Patientinnen selbst
dem angenommenen Zusammenhang zugrunde liegen; vor allem ist deshalb
bei forensischen Fällen Vorsicht geboten. Die als sogenannte epochale Menstru¬
ationspsychose beschriebenen Beobachtungen können als besondere Form nicht
anerkannt werden. In Übereinstimmung mit Burger wird vorgeschlagen,
nicht von Menstruationspsychosen schlechthin zu sprechen, sondern zu der
Grunddiagnose in den betreffenden Fällen die Angabe hinzuzusetzen, daß
es sich um einen menstruellen Typus handele. In Fällen, in denen die
Psychose einen Zusammenhang mit den Menses zeigt, erscheint es wünschens¬
wert, Untersuchungen auf Abwehrfermente vorzunehmen.
Der Einfluß von Geisteskrankheiten auf die Menstruation zeigt sich im
wesentlichen in Amennorrhöe. Ein mindestens zweimaliges Ausbleiben der
Menses fand sich besonders bei akuten bzw. akut beginnenden Psychosen,
kommt aber auch im Beginn und späteren Verlauf chronischer Psychosen
vor. Wenn auch in prognostischer Beziehung die alte Erfahrung bestätigt
werden kann, daß im allgemeinen Wiedereintritt der Menses mit gleich¬
zeitiger physicher Besserung günstig ist, dagegen ohne Besserung einen
ungünstigen Ausgang befürchten läßt, muß man im einzelnen Fall doch vor¬
sichtig sein, da die Menses sich sehr verschieden verhalten können, z. B. der
Wiedereintritt der Menses der Besserung um mehrere Monate vorausgehen
kann. Häufig fand sich Amenorrhoe, in Übereinstimmung mit den spär¬
lichen Literaturangaben, bei Paralyse und besonders bei Taboparalyse; sehr
häufig (in */* der Fälle) fand sich Amenorrhoe bei Amentia, ein Umstand,
der bei dem akuten, oft stürmischen Verlauf dieser Psychosen und der
häufig schweren Beeinträchtigung des Organismus nicht auffällig ist; nächst
häufig, etwa in der Hälfte der Beobachtungen, wurde das Zessieren der
Menses bei den katatonen und hebephrenen Psychosen beobachtet; selten
dagegen war dasselbe bei den paranoiden Psychosen und trat überhaupt
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
695
nicht ein bei der chronischen Paranoia; hei der Melancholie fand sich
Amenorrhoe etwa in der Hälfte, bei Manie etwa in einem Drittel der Fälle;
Imbezillität, Hysterie und Epilepsie zeigen gar nicht oder sehr selten
Zessieren der Menses. Bemerkenswert ist, daß das Symptom der Amenorrhoe
nicht nur bei solchen Psychosen beobachtet wird, die wie Paralyse auf einer
schweren Vergiftung des Körpers beruhen, oder wie die katatonen und hebe-
phrenen Geistesstörungen mit Störungen der inneren Sekretion in Zusammen¬
hang stehen, oder wie Amentia meist auf eingreifende Stoffwechselstörungen
zurückzufuhren sind, sondern auch bei Manie und Melancholie, die doch als
rein funktionelle Psychosen betrachtet zu werden pflegen. Da eine länger
dauernde Amenorrböe bei vorher regelmäßig Menstruierten wohl als auf irgend¬
einer direkten oder indirekten Störung der Funktion der Ovarien und der
in denselben erzeugten Hormone beruhend anzusehen ist, auf jeden Fall Ver¬
änderungen des inneren Chemismus anzeigt, so sind auch in den Fällen
von Manie und Melancholie, in denen Amenorrböe eintritt, derartige Ver¬
änderungen anzunehmen. Es ist das Symptom der Amenorrhoe anzureihen
den auch bei diesen Psychosen häufig sehr weitgehenden Störungen der Er¬
nährung, des Schlafs usw. und unterstützt im Verein mit denselben die An¬
nahme, daß auch bei diesen Geisteskrankheiten einmal eine organische Grund¬
lage sich feststellen lassen wird. Warum, und zwar bei allen davon be¬
troffenen Psychosen, nur in einem Teil der Fälle die Menses ausbleiben,
darüber läßt sieb zurzeit, abgesehen davon, daß vorwiegend akute Fälle
amenorrhoisch werden, noch nichts aussagen; es ist zu erwarten, daß spätere
Untersuchungen, und zwar besonders der inneren Drüsensekretion, darüber
Aufschluß geben werden. {Misch.)
Nach einer Zusammenstellung von 22 Fällen von postoperativen Psy¬
chosen (Genitaloperationen bei Frauen) kommt Kr&ntz (124) zu dem Er¬
gebnis, daß im großen ganzen diese Psychosen bzw. Neuropsychosen durch
psychische Momente bedingt sind. Meist sind es psychisch labile Personen,
die in solcher Weise auf den operativen Eingriff reagieren. Angst vor der
Operation UDd die Schockwirkung müssen als ursächliche Momente in Betracht
gezogen werden. Bei solchen von Hause aus stark nervösen Personen soll
der Gynäkologe daher nur dann operieren, wenn die Operation unbedingt
erforderlich ist.
An der Hand von 5 selbstbeobachteten Fällen und der Literatur weist
Müller (158) auf die relative Häufigkeit des Krebses in Irrenanstalten und
auf Beziehungen zwischen bösartigen Geschwülsten und Geisteskrankheiten bin.
Kemp (116) hat gefunden, daß bei allen Störungen in der Funktion
der Glandula pituitaria, wenn psychische Störungen auftraten, diese para-
noidalen Charakter hatten; er meint nun umgekehrt, daß man bei allen para¬
noiden Erkrankungen an Störungen der Hypophysis denken und daraufhin
die Therapie einrichten soll.
Dercum (51) meint, daß exogene Schädlichkeiten nicht nur direkt
schädlich auf das Nervensystem wirken, sondern vielleicht noch mehr indirekt,
indem sie eine Störung im Gesamtstoffwechsel hervorrufeu, wodurch eine all¬
gemeine BlutschädigUDg eintritt, die dann auf das Nervensystem wirkt. Sind
die inneren Organe, Leber, Niere, Schilddrüse usw. gesund, so werden sie
die schädlichen Stoffe bald eliminieren oder unschädlich machen, sind sie aber
krank und defekt, so sind sie es nicht imstande, und die allgemeine Infektion
des Körpers ist die Folge. Der Autor mißt demnach dem gestörten Stoff¬
wechsel eine große Bedeutung für die Entstehung von Geistesstörungen bei.
Dies wird dann noch näher an der Hand der serologischen Prozesse, die
sich im Körper abspielen, veranschaulicht.
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696
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and
Paulsen (167) bebt anter Anführung zahlreicher Einzelfälle die Wich¬
tigkeit der Familienforschung für die Bedeutung und Behandlung einer
körperlichen und seelischen Anomalie und für Krankheitszustände hervor.
Diese Forschung würde von den Ärzten vielfach vernachlässigt gegenüber
der verfeinerten Diagnose der einzelnen Organerkrankungen. Sie sei aber
besonders in prognostischer üinsicht von unberechenbarer Bedeutung. Hier
sei ein großes Feld, in dem sich besonders die Hausärzte betätigen können.
Von Eliassow (58) wurden an Geschwistern von Hilfsschülern Unter¬
suchungen augestellt und so im ganzen die Stammbäume von 50 Familien
auf die Erblichkeit psychischer und intellektueller Minderwertigkeit unter¬
sucht. Insbesondere wurde geachtet auf die Belastung durch psychische
und Nervenkrankheiten, Alkoholismus, Syphilis, Tuberkulose, auf Krimina¬
lität, Selbstmord in der Familie, Blutsverwandtschaft der Eltern, Kinder¬
sterblichkeit, soziales Milieu; ferner wurden noch die Erhebungen aus der
Vorgeschichte und dem Untersuchungsbefund der Kinder selbst statistisch
zusammengestellt. Verf. sucht aus den gewonnenen Ergebnissen auf die
Momente zu schließen, die eine ätiologische Bedeutung für die Entstehung
des Schwachsinns haben. In der Familienauamnese stehen 2 Erscheinungen
im Vordergrund: Der Alkoholismus, dessen Prozentsatz sehr hoch ist, und
die Tuberkulose, deren Vorkommen recht erheblich erscheint. Die persön¬
liche Vorgeschichte weist solche besonders ins Auge fallenden Faktoren nicht
auf: Bei dem einen Kinde sind es diese Schäden in der individuellen Ent¬
wicklung, bei dem andren jene, die das Zurückbleiben bewirkt haben. Be¬
sonders hoch schätzt Verf. endlich den Einfluß des sozialen Milieus ein; alle
Schädigungen angeborener und erworbeuer Art kommen um so mehr zur
Geltung, je ungünstiger das soziale Milieu ist, in dem das Kind aufwächst;
meist sind diese Schädigungen mehrfache. Die Voraussetzung, von der
Verf. ausging, daß die Untersuchung von Geschwistern unter den Hilfs¬
schülern besonders viel von erblicher Belastung zutage fördern würde, hat
sich als. falsch herausgestellt. Im Gegenteil kommt, wie es auch schon
frühere Untersucher festgestellt haben, der erblichen Belastung keine allzu
große Bedeutung zu; vielmehr sind die schädlichen Einwirkungen in der
eigenen Entwicklung und die unheilvollen Einflüsse des sozialen Milieus
mindestens ebenso hoch, wenn nicht noch höher einzuschätzen. (Misch.)
Trauma und Psychose.
Nach Ansicht von Schröder (191) lassen sich aus der Gesamtheit der
Psychosen diejenigen, welche als Kommotionspsychosen uns entgegentreten,
als eine symptomatologisch wie klinisch einheitliche Gruppe leicht erkennen.
Die Kommotionspsychose ist nur das protahierte Durchgaugsstadium von
der Bewußtlosigkeit zur endgültigen Aufhellung, ein Durchgangsstadium von
sehr verschieden lauger Dauer und Intensität. Die Vielgestaltigkeit der
Kommotionspsychosen ergibt sich einmal aus ihrer verschieden langen Dauer
und Schwere, sodann aber aus der nicht unbeträchtlichen Variabilität be¬
stimmter Symptomgruppeu. Die Symptomgruppen selber sind stets die
gleichen: Benommenheit, Delirien, epileptische Erregungen, Verworrenheits-
zustände sowie der amnestische Zustand, zusammen mit gewissen Affekt¬
anomalien. Der Autor skizziert dann kurz die einzelnen Krankheitsabschnitte
in solchen Fällen, die sich über Wochen und Monate erstrecken. Die
typische Kommotionspsychose ist ihrem Wesen nach eine in ihren Symptomen
regressiv verlaufende Erkrankung. Es fehlt der Kommotionspsychose an
sich der Charakter des Fortschreitens. Ein solches Fortschreiten ist stets
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Diagnoatik der Geisteskrankheiten.
697
durch Komplikationen oder durch besonders ungünstige Verhältnisse be¬
dingt, dahin gehören Kachexien, Senium, Arteriosklerose, Tuberkulose,
Infektionskrankheiten usw. In schweren Fällen bleiben Reste zerebraler
Schwäche zurück, welche als Ausdruck der akuten Schädigung des Gehirns
zu betrachten sind. Diese zerebrale Schwäche bildet in schweren Fällen
den Kern der echten traumatischen Demenz. Oft können sich grobe Herd-
und Allgemeinerscheinungen des Gehirns infolge von Hirnzertrümmerung
hinzugesellen; es können traumatische Epilepsie und ihre Defekterscheiaungen,
hysterische Pseudodemenz usw. daraus hervorgehen.
Denselben Gegenstand behandelt Schröder (191a) in weiterer Fassung
iu einer kleinen Broschüre.
Unter Anführung von Krankengeschichten aus der Würzburger Klinik
bespricht Rieger (179) zunächst die nach Hirnerschütterungen auf tretenden
geistigen Störungen. Bei weitem am häufigsten begegnet man einem dem
Korsakowsehen gleichenden oder nahe verwandten Symptomenkomplex
(Störungen der Merkfähigkeit, der Orientierung und der positiven Er-
innernngstäuschungen in Form von Konfabulationen). Außerdem werden die
klinischen Symptome bei der akuten Hirnerschütterungspsychose beherrscht
durch eigenartige Störungen im Gebiete der räumlichen Hirnfunktionen, wobei
sich diese Störungen in einem Verluste der räumlichen Empfindungen oder
der räumlichen Erinnerungsbilder zeigen. Das Resultat ist hier auch eine
räumliche Desorientiertheit, aber sie kommt in anderer Weise als die durch
Störung der Merkfähigkeit bedingte, nämlich durch Herderscheinungen
im Gebiete des Okzipital- und Parietalhirns zustande. Eiuen psychotischen
Charakter erhalten diese Störungen dadurch, daß die Kranken ihren Defekten
-völlig einsichtslos gegenüberstehen. Wenn auch bei den einzelnen Kranken
sich im Symptomenbilde Unterschiede finden, so zeigen die klinischen Bilder
in zahlreichen Fällen doch so große Ähnlichkeit, daß man nach Ansicht des
Autors die nach Hirnerschütterung zu beobachtenden akuten Geistesstörungen
nicht nur ätiologisch, sondern auch klinisch in eine Gruppe vereinigen darf.
Im zweiten Teil seiner Arbeit behandelt der Autor die chronischen Geistes¬
störungen im Gefolge einer Birnerschüttenmg. In solchen Fällen ist es zu
dauernder anatomischer Hirnschädigung gekommen und außer einzelnen, in
jedem Fall verschiedenartigen Symptomen zeigen alle gemeinsam die post¬
traumatische Demenz.
Gezelle Meerbarg (75) gibt eine Übersicht über die Geisteskranken
unter den Flüchtlingen, welche nach dem Bombardement von Antwerpen
über die holländische Grenze nach Bergen op Zoom kamen und in die
Anstalt dort aulgenommen waren. Im ganzen waren es 53 Kranke. Unter
diesen waren 21 Demente. Letztere waren durch die Ereignisse in ihrem
Wesen und ihrer Stimmung nicht verändert, bei den andern kamen mannig¬
fache Störungen dos Affektlebens zur Beobachtung, die durch die furcht¬
baren seelischen Erlebnisse ausgelöst waren.
In dem von Krauß (125) mitgeteilten Falle handelt es sich um einen
Zustand von Melancholie, der durch einen Unfall, Heruntersausen in einem
nicht betriebssichern Fahrstuhl, erzeugt sein soll. Auf Grund mehrfacher,
in Universitätskliniken ausgestellten Gutachten wurde ein Zusammenhang
zwischen der Geistesstörung und dem Unfälle verneint.
Ein 27jähriger Mann — Beobachtung von Horney (95) —, wahr¬
scheinlich Arteriosklerotiker, fällt bei Glatteis auf den Hinterkopf. Keine
Verletzung des Schädels, geringe Kommotionserscheinungen, nur Kopfschmerz
und Benommenheit, die bald vorübergehen; 8 Tage später Anfall von Be¬
wußtlosigkeit nach stärkeren Kopfschmerzen; danach Reizbarkeit und leicht
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
veränderte Stimmung; 2 Monate nach dem Tranma Ausbrach einer akuten
Psychose unter dem Bilde der Manie mit hochgradiger Merkschwäcbe bei
gleichzeitiger Aufmerksamkeit, mit Erinnerungsdefekt, retrograder Amnesie,
Konfabulationen und zeitlicher wie örtlicher Desorientiertheit, also mit dem
Korsakowschen Symptomenkomplex; Abklingen dieser akuten Erschei¬
nungen in den nächsten Wochen; danach allmählich zunehmende geistige
Verarmung und gemütliche Gleichgültigkeit; etwa ein Vierteljahr vor dem
Exitus bewirken zahlreiche Herde im Gehirn und Rückenmark einen be¬
schleunigten Verfall. Die Verfasserin stellt sich den Verlauf des Prozesses
etwa folgendermaßen vor: Durch das Trauma sind zerebellare Regulierungs¬
vorrichtungen gestört worden, die das Gehirn früher trotz schon bestehender
seniler Veränderungen instand gesetzt hatten, annähernd normal zu funk¬
tionieren. Nach deren Wegfall hätte danu das Gehirn versagt, und die
Krankheit wäre in den verschiedenen Symptomen zum Ausbruch gekommeu.
Ein solcher Krankheitsverlauf wäre auch bei einer senilen Psychose gut
denkbar. Der ganze klinische Verlauf der vorliegenden Krankheit würde am
meisteu der von Alzheimer beschriebenen atypischen Form der senilen
Demenz mit Herdorscheinungen entsprechen. Das Trauma hat wahrschein¬
lich den Eintritt der Krankheit beschleunigt und das Symptomenbild etwas
modifiziert
Heredität.
Tischbein (227) berichtet über einen Fall, der in seiner Verbindung
von ausgesprochener Imbezillität mit einer sehr ausgeprägten Mißbildung
des Ohres (statt der linken Ohrmuschel besteht nur ein kleiner Hautwulst,
und es fehlt der äußere Gehörgang) und einer Gaumenspalte eine gewisse
Seltenheit bildet.
He gar (82) hat 400 weibliche Geisteskranke auf Anomalien des Haar¬
wuchses untersucht und unter der angegebenen Anzahl 16 Individuen ge¬
funden. Am meisten war der abnorme Haarwuchs im Gesicht vertreten,
dann an den Extremitäten, aber auch am Sternum, an der Linea alba fand
er sich. Bei allen 16 Beobachtungen mit anomalen Haarwuchs verlief die
Menstruation vollständig regelmäßig. Der Autor schließt daraus, daß es
nicht angängig sei, den Bartwuchs der Frau mit einer Störung der Sekretion
der Keimdrüsen in Verbindung zu bringen. Es handelt sich wahrscheinlich
um eine ererbte Entwicklungsstörung, dafür sprechen auch andere konträre
Merkmale, die man bei manchen dieser Kranken findet, wie tiefe Stimme,
männliche Gesichtsbildung usw.
Ganter (72) beschreibt Haarbautfalten, die er unter 108 Epileptikern
und 70 Idioten der Anstalt in je einem Falle antraf. Es sei hier die Be¬
schreibung dieser Falten in einem Falle gegeben. Hinter der Kranznaht
beginnend, laufen über das Hinterhaupt weg nach unten sechs tiefe Falten.
Am ausgeprägtesten sind sie am hinteren oberen Teil des Kopfes. Die 3.
und 4. Furche gabelt sich nach uuten, die 6. nach vorn, wo sie seitlich bis
gegen das Stirnbein entlang zieht. Die Furchen lassen sich nur wenig ver¬
streichen, die zwischen ihnen liegenden Wülste fühlen sich dick und derb
an. Die Kopthaut ist in mäßigem Grade verschieblich. Der zweite Fall,
bei dem die Faltung noch angedeutet war, bildet den Übergang zu einer in
fünf Fällen beobachteten Haarstellung (Haarliuien, Haarstraßen), bei der
keine Faltenbildung mehr zu sehen war. Der Autor erklärt die Erscheinung
als eine Anlageanomalie der Hautelemente und reiht sie in die Gruppe der
Degeneratiouszeichen ein.
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
699
Symptomatologie.
Das Bestehen von Halluzinationen ist für die Diagnose der alko¬
holischen Halluzinose oder des Delirium tremens unerläßlich, aber die Art
der Halluzinationen ist nach Stearns’ (213) Untersuchungen kein sicheres
Kriterium zur Unterscheidung zwischen beiden Affektionen. Das häufige
Auftreten von Halluzinationen bei der Dementia praecox und ihre Seltenheit
beim manisch-depressiven Irresein ist für die Differentiadiagnose von
Wichtigkeit. Ob überhaupt beim manisch-depressiven Irresein wirkliche
Halluzinationen vorkämen, sei zweifelhaft Halluzinationen bei Psychopathen
seien selten.
Die Gehörshalluzinationen können, wie die Experimente Sokolow’s (201)
ergeben, durch akustische und auch andere Reize ausgelöst werden, wobei
die erstereu zur Auslösung dieser Halluzinationen mehr geeignet sind. Es
besteht zwischen der Tonhöhe, der Reize und der Tonhöhe der akustischen
Halluzinationen eine gesetzmäßige Abhängigkeit, und zwar ist die Tonhöhe
der Halluzinationen um so höher, je höher die Tonhöhe des dargebrachten
Reizes ist und umgekehrt. Der Rhythmus der Halluzinationen entspricht
dem Rhythmus des Reizes. Die Farbenskala der halluzinierten Gegenstände
ist unabhängig von der Tonskala der auslöseuden Stimmgabel. Die Aus¬
lösung der Gehörshalluzinationen durch elektrische Reize ist von der Art
des Stromes unabhängig. Zwischen der Intensität des elektrischen Stromes
und der Tonhöhe der halluzinierten Worte besteht keine Abhängigkeit.
In einer zweiten Arbeit über den gleichen Gegenstand bestätigt
Sokolow (202) die aus der ersten Arbeit sich ergebenden Thesen mit der
Einschränkung in dem Sinne, daß zwischen der Tonhöhe der akustischen
Reize und der Tonhöhe der ausgelösten Gehörshalluzinationen eine gesetz¬
mäßige Abhängigkeit besteht, wenn die betreffende für die Experimente
dienende Person ein gewisses musikalisches Gehör besitzt. Je besser das
musikalische Gehör entwickelt ist, desto genauer ist diese Abhängigkeit.
Zu den Thesen der ersten Arbeit fügt dann S. dio neue hinzu, daß die
künstlich ausgelösten Halluzinationen durch die Suggestion beeinflußbar
sind, d. h. daß der Inhalt der Suggestionen eine innige Beziehung zu den
ausgelösten Halluzinationen hat.
Das Halluzinieren ist nach Schröder (192) kein einheitlicher, stets
gleich zu bewertender Vorgang; deshalb wird auch nicht eine Theorie für
alle Halluzinationen passen. Den Charakter eines sinnlichen Erlebnisses
haben die einzelnen Halluzinationen in sehr verschiedener Gradabstufung;
den Alltagswahrnehmungen in jeder Beziehung gleich sind die Sinnes¬
täuschungen für den Kranken nur in einem kleinen Teil der Fälle; die
Ausscheidung der voll leibhaftigen und den normalen Wahrnehmungen für
völlig gleichwertig gehaltenen Halluzinationen als der echten ist künstlich
und praktisch nicht durchführbar; es gibt bestimmte Arten von Sinnes¬
täuschungen, die erfahrungsgemäß niemals oder selten den Alltagswahr-
nehmungen gleich sind; häufig sind die Kranken nicht imstande, mit Be¬
stimmtheit anzugeben, vermittels welches Sinnesorgans sie wahrzunehmen
vermeinen; durch Wahrnehmungstäuschungen und durch Erinnerungsfälschungen
bekommt für die Kranken sehr vieles den Wert von Wahrnehmungen, was in
keinem Moment den Charakter einer Wahrnehmung gehabt hat.
Nach Untersuchung von van der Scheer (187) kommt bei normalen
Menschen die Anisokorie viel öfter vor, als bisher angenommen wurde. Der
Autor fand sie in 40%, wenn auch oft nicht besonders scharf ausgeprägt.
Bei gesunden Menschen fand er ferner in 34,5% der Fälle Adrenalinmy-
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700
Allgemeioe Ätiologie, Symptomatologie und
driasis. Die Mydriasis ist meistens nicht sehr stark, aber deutlich, tritt
nach und nach auf. In einzelnen Fällen kommt Adrenalinmiosis vor. Die
Adrenalinmydriasis tritt bei verschiedenen Psychosen etwas häufiger auf
als bei Normalen. Sie ist einzelne Male sehr stark und dauert lange, na¬
mentlich bei der Katatonie und bei der Epilepsie. Der Adrenalinmydriasis
kommt als differentielles Diagnostikum funktioneller oder organischer Psy¬
chosen bislang keine praktische Bedeutung zu.
Löwy (134) berichtet über einen 16jährigen Lehrling, der mit allen
Symptomen einer inkompensierten Insuffizienz und Stenose der Mitralklappe
als Folge eines Gelenkrheumatismus in der Klinik aufgenommen wurde. Die
Insuffizienz war so groß, daß Patient auch den geringsten körperlichen An¬
strengungen nicht gewachsen war, und es ihm nicht möglich war, auch nur
wenige Schritte ohne Hilfe zurückzulegen. Dieser Patient nun hatte sich
in einer regnerischen Nacht in einem noktamhulen Anfalle vier Stunden
lang im Freien herumgetrieben, war aus dem Fenster der Krankenstube
aufs Dach gestiegen und war dort, wer weiß, wievielmal herumgeklettert.
Als er in der Nacht endlich bemerkt wurde, klagte er nur über Kälte und
schlief sofort ein. Am nächsten Morgen wußte er von dem ganzen Vorfälle
nichts. Eine Untersuchung des Herzens kurz nach seinem nächtlichen
Spaziergang ergab kaum eine Änderung des bisherigen Befundes. Nach
Ansicht des Autors scheint hervorzugehen, daß Körperbewegungen, die unter
dem Einfluß des Willens und mit Zuhilfenahme der Aufmerksamkeit zu¬
stande kommen, an ein geschädigtes Herz viel höhere Anforderungen stellen
als jene Körperbewegungen, die unter dem Einfluß einer Suggestion erfolgen.
Die die Herzerkrankungeu öfters begleitenden Störungen nervöser Natur
sind im Zustande der Suggestiou eliminiert. Es ist daher wahrscheinlich,
daß dadurch die Summe der vom Herzen zu leistenden Arbeit eine wesentlich
geringere ist Die Erleichterung der in diesem Falle vom Herzen zq
leistenden Arbeit ist so denkbar, daß in derartigen Zuständen bei fehlender
Aufmerksamkeit jede überflüssige und unzweckmäßige Körperbewegung
wegfällt und von der Körpermuskulatur sowie vom Herzen selbst eine weitaus
geringere Arbeitsleistung verlangt wird, als dies normalerweise im Wach¬
zustände der Fall ist.
Sprache und Geisteskrankheiten.
Eine 44jährige, bis dahin gesunde Witwe ohne nachweisbare neuro-
oder psychopathische Belastung, begeht nach einer tiefen Gemütsbewegung
und wahrscheinlich unter der Wirkung derselben mehrere Wortverwechs¬
lungen in einem Briefe an ihre Schwester, was früher bei ihr nicht vor¬
gekommen war. Diese wurden von ihr nach dem Durchlesen korrigiert. In
den folgenden Briefen werden die Verwechslungen immer häufiger und
schwerer, erfolgen in beiden Sprachen, in welchen sie schreibt (deutsch
und kroatisch) und wirken auf die Briefschreiberin immer beunruhigender.
Sie schämt sich der massenhaft verdorbenen Briefe, verbrennt sie und ver¬
heimlicht ihren Zustand vor jedermann, um nicht bei ihrer Umgebung
als verrückt oder behext zu gelten. Nur ihrem Arzte trägt sie bekümmert
ihr Leid vor. Eine Zeitlang will es ihr auch beim Sprechen so gehen,
doch gelingt es ihr immer noch beizeiten, das unrichtige Wort zu unterdrücken.
Deshalb mied sie auch nach Tunlichkeit das Sprechen. Um ein Lebens¬
zeichen von sich geben zu können, reist sie zu ihrer besorgten, fern woh¬
nenden Schwester.
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
701
Die Untersuchung Donath’s (53) ergab, daß sowohl Spontan- als
Diktatschreiben und Kopieren nicht gelingt, es werden andere Worte oder
-sinnlose Wortfügungen, sowohl von Buchstaben als Worten oder Zeichnungen
produziert. Diese Schreibstörung gilt ihr als Unglück. Allmählich wird
ein einzelner Buchstabe zu wiederholten Malen richtig nachgeschriehen,
später ein kurzer Satz, doch wird das letzte Wort, auch bei Wiederholungen
des Satzes, als Gekritzel wiedergegeben. Das Endwort wird häufig mit einem
Schnörkel versetzt, wobei die Hand in der Luft herumgeführt wird. Dies
wird als Zwangsbewegung empfunden, welche sie zu unterdrücken sich
bemüht. Beim Zahlenschreiben (Diktat- und Spontanschreiben) treten die
Verwechslungen weniger hervor, während Nachzeichnen oder #> auf Auf¬
forderung erfolgendes Zeichnen gut ausgeführt werden. Durch Übung und
gleichzeitige psychotherapeutische Behandlung gelingt allmählich das richtige
Kopieren, während beim Spontanschreiben noch einige Zeit unsinniges Zeug
produziert wird; schließlich gelingt auch das Spontanschreiben. Dabei fühlt
sie schon beim Schreiben der ersten Buchstaben ein „Ziehen“ in der Hand,
welches sie mit starkem Willensaufwand überwinden muß, um keine unge¬
hörigen Bewegungen zu machen. Diese Zwangsbewegungen der Hand waren
eine Zeitlang so intensiv, daß sie nachts, im Bette liegend, mit der Hand
in der Luft herumfährt und sich mit dem Kopf auf dieselbe legt, um diese
unwillkürlichen Bewegungen zu verhindern. Es handelt sich also um
eine anankastische (auf Zwangsvorstellungen beruhende) literale und
verbale Paragraphie, zu welcher eine Emotion und die damit
einhergeheude mangelhafte Konzentration der Aufmerksamkeit
den Anstoß gab.
Differentialdiagnostisch waren anatomische Läsionen (Mangel von
Lähmungserscheinungen, suggestive Beeinflußbarkeit), aber auch Migräne,
Epilepsie und Hysterie auszuschließen. Namentlich gegen letzte sprach
außer dem Mangel klinischer Erscheinungen der ganze psychische Habitus
(kein Posieren mit ihrem Leiden, welches sie im Gegenteil vor ihrer Um¬
gebung ängstlich verbarg, sich unglücklich darüber fühlte, aus diesem Anlaß
eine weite Reise zu ihrer Schwester unternahm, ferner intellektuelle Intaktheit,
kein Stimmungswechsel und keine Unbeständigkeit, tadelloses Benehmen,
Arbeitsfreudigkeit). Dagegen stand sie in der Beurteilung stets über ihrem
Leiden und gab selbst das Zwangsmäßige ihres Zustandes an.
(SelbstbericJit.)
McDonald (141) hat besondere Studien angestellt über das Vokabu-
latorium, also den Wortschatz bei Normalen (Erwachsenen und Kindern)
und bei Personen, die an Krankheiten des Genirns litten. Er wählte zu¬
nächst 10 Personen aus, die in verschiedenen Berufen tätig waren und ver¬
schiedene Bildungsgrade aufwiesen. An der Spitze standen solche Personen,
die dem höchsten ßildungsstande angehörten und die besonders sprachge¬
wandt waren und am anderen Ende der ausgewählten Personen solche von
begrenzter Bildung in dienender Stellung. Sie alle wurden aufgefordert,
ihre Lebensgeschichte zu erzählen, die von einem geübten Stenographen auf¬
geschrieben wurde. Von jeder Lebensbeschreibung wurden die ersten 500
Worte einer genauen Durchsicht unterzogen. Es ergab sich folgendes: Bei
den Spachgewandtesten fanden sich 262 verschiedene Wörter unter 500
(52,4%), bei den am wenigsten Sprachgewandten 198 Wörter (39,6%), im
Mittel ergaben sich 226,9 (45,38%). Was die einzelnen Wortarten an¬
betrifft, so stehen an Zahl die Nomina voran, ihnen folgen dann die Verba,
Adjektiva, Adverba, Pronomina, Präpositionen, Konjunktionen, Interjektionen
und Artikel. Die Zahl der gebrauchten Nomina war geradezu ein Index
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702
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
für die Bildungsstufe, die der Betreffende einhielt, und die Verschieden¬
artigkeit der Nomina war regelmäßig proportional der Anzahl der Nenn¬
worte. Die auf der niedersten Bildungsstufe stehenden brauchten dagegen
die größte Zahl Ton Verben. Aus Nomina und Verba bestand zu Zwei¬
drittel der ganze Sprachschatz. Die anderen Sprachbestandteile traten da¬
gegen zurück. Die Anzahl dieser letzeren werden anch vom Autor im
einzelnen angeführt. Der hervorstechendste Zug der angestellten Analyse
war der, daß die Personen nach ihrem Sprachschatz in zwei bestimmte
Gruppen gesondert werden konnten a) in die Nomina-Adjektiva-Präpositions-
Gruppe und b) in die Verba-Adverbia-Pronomina- Gruppe. Zwischen den
beiden Gruppen gibt es natürlich auch Übergänge.
Der Autor geht nun auf die Erlernung der Sprache bei kleinen
Kindern ein und gibt einen kurzen literarischen Überblick über die von
andern Forschern darüber festgestellten Tatsachen. Von 10 Kindern im
Alter von 26 Monaten bis zu 5 Jahren und 5 Monaten besitzt der Autor steno¬
graphische Aufzeichnungen. Unter 600 gebrauchten Wörtern fanden sich
117—202 (im Mittel 170,2) verschiedene; die Zunahme der Wörter geschieht
proportinal mit dem Alter. Nomina uud Verba zusammeu betragen in der
Sprache des Kindes 68,3 %, im Vokabulatoriura des Erwachsenen 35,7 %.
Im Sprachschatz des Kindes finden sich zwar weniger verschiedene Verba
als Substantiva, aber es gebraucht erstere viel häufiger als letztere. Der
Autor bespricht dann den Anteil der verschiedenen Wortarten im Sprach¬
schätze des Kindes und stellt dabei wiederum Vergleiche mit dem Vokabu-
latorium der Erwachsenen an.
Den dritten Teil der Abhandlung bildet das Vokabularium der Geistes¬
kranken. Die Grundlage bildet auch hier die stenographische Aufnahme.
Untersucht wurden Fälle von Dementia praecox, manisch-depressives Irresein,
Kranke mit groben Hirnläsionen, mit seniler Demenz und progressiver Paralyse.
Ausführliche Analysen werden nur für die drei letzten Gruppen gegeben,
ln diesen Gruppen mit organischen Läsionen des Gehirns waren eine Anzahl
von Patienten, deren Wortschatz so gering war, daß sich 500 Worte steno¬
graphisch nicht fixieren ließen. Bei diesen bedeutete der größere Verlust
des Wortschatzes keineswegs immer auch den größeren Intelligenzverlust,
immer aber war des Verlust an Substantiven größer als derjenige der
Verba. Bei der andereu Abteilung dieser Klasse, bei welcher 600 Worte
aufgezeichnet werden konnten, fanden sich im Mittel 164,3 verschiedene
Worte in dem von ihnen Dargeboteuen; sie standen also hinter dem
2—5jährigen Kinde zurück. Besonders groß war bei diesen Kranken der
Ausfall der Substantiva, während sie einen übermäßigen Gebrauch von Verben
machten. Dieser Verbengebrauch steht nur um ein geringes hinter dem¬
jenigen normaler Menschen zurück. Ebenso wie bei den Normalen geht
nun der Autor auch hier die einzelnen Wortklassen durch und kommt zu
dem Resultat, daß diese Kranken in ihrem Wortschatz nur 1 / 3 Substantiva-
Adjektiva im Verhältnis zu den Verba-Adverba besitzen. Sie stehen in
diesem Verhältnis noch hinter dem Kinde. Die Resultate über den Sprach¬
schatz der Kranken aus der Dementia-praecox-Gruppe und der Manisch-
Depressiven und ihre Veränderungen gegenüber demjenigen normaler Men¬
schen sollen später veröffentlicht werden.
Analytisches.
Schneider (189) berichtet über folgenden Fall: Es handelt sich um
ein Mädchen, das aus einer zu nervösen Erkrankungen zweifellos stark
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
703
disponierten Familie stammt. Die Kranke selbst, ein ungewöhnlich kluger
und feinempfindender Mensch, wird seit ihrer frühesten Kindheit, soweit sie
zurückdenken kann, von Zwangsvorstellungen zum Teil ganz typischer Art
gequält. Schon als kleines Kind leidet sie unter der Vorstelluug, die ihrer
Obhut anvertrauten noch kleineren Geschwister könnten im Kinderwagen
ersticken, sie fühlt sich gezwungen, wenn sie über Steinplatten geht, ständig die
Grenzlinien zu vermeiden, sie singt bei Tisch trotzt besserer Einsicht Lieder,
die sie nicht singen darf, sie wird mit ihren Abendgebeten nicht fertig, sie
steht dauernd unter dem peinlichen Eindruck, an ihrer Kleidung sei irgend¬
etwas unordentlich oder lächerlich, sie muß Wörter bis zur Erschöpfung
herumdrehen, Sätze in eigenartigster Weise abzählen und vieles mehr. Alle
diese Dinge sind ihr schon in der Kindheit nicht gleichgültig, sondern fast
mit allen verbindet sich ein Affekt des Unbehagens, der Angst. Schon als
Kind hat sie auch ein ungewöhnlich entwickeltes Verantwortlichkeits- uud
ein unbegründetes Unsicherheits- und Insuffizienzgefühl. Fast alle die
Zwangsvorstellungen der Kindheit dauern, wenn auch teilweise in der Form
etwas verändert, auch im späteren Leben fort, dazwischen kommen nur
selten Jahre, in denen sie, wie auch die depressive Grundstimmung, zurück¬
zutreten scheinen. Gegen das 30. Lebensjahr begiunt eine besonders schlimme
Zeit, nicht nur quälen die alten Zwangsvorstellungen mehr denn je, auch
das Insuffizienzgefühl nimmt immer mehr zu. Sie glaubt immer mehr, nichts
recht zu machen, keiner Pflicht zu genügen, überall zu versagen. Unter
der nun einsetzenden ärztlichen Behandlung werden diese Ideen immer wieder
als krankhaft erkannt und immer wieder zurückgedrängt, ln dieser Zeit
beginnt aber schon ein peinliches Empfinden der dauernden Verstellung,
Übertreibung und Wichtigtuerei. Als sie zur Erholung ein halbes Jahr ins
Ausland geschickt wird, steigert sich dieses Empfinden. Dauernd geht sie
unter dem Druck einer ungewissen Schuld, so daß sie ständig nach dessen
Ursprung uud Gründen sucht. Es ist ihr selbst nicht klar, welches Ziel
eigentlich ihre vermeintlichen Schwindeleien haben könnten. Bald genügt
der vom Arzt befohlene Urlaub dazu nicht mehr, sie denkt, sie habe sich
verstellt, um irgend einmal, wenn sie irgendetwas Schlimmes begehen würde,
als unzurechnungsfähig angesehen zu werden. Es dauert nicht mehr lange,
dann weiß sie solche Delikte, sie will vor vielen Jahren einmal anonyme
Briefe geschrieben, sie will in letzter Zeit Schulkinder mißbraucht haben.
Obwohl ihr die Unmöglichkeit dieser Vorgänge nachgewiesen werden kann,
obgleich sie selbst stets wechselnde Angaben darüber macht und nur selten
etwas ganz Positives weiß, schwindet die Kritik immer mehr. Schwerste
Angstzustände, Absehen, Verzweifelung. ernste Selbstmordgedanken bestehen
monatelang. Später kommen noch Erinnerungsfälschungen dazu: sie sei
während ihres Aufenthalts im Auslande im Bordell gewesen oder habe ge¬
boren; irgendetwas Schreckliches sei in der Zeit geschehen. Nach teil¬
weise monatelangem Festhalten dieser Ideen tritt völlige Krankheitseinsicht
ein, doch treten sofort andere, zum Teil alte Selbstvorwürfe dafür auf: sie
hat geschwindelt, hat die Geschichten aus Sensationslust erzählt, hat sich
wichtig machen wollen. Und selbst dann, wenn sie alle diese Dinge als
krankhaft einsieht, hat sie immer den Gedanken, sie sei eben schließlich
durch all das Schwindeln krank geworden. Verf. meint, daß man diese
Quälereien, von denen die Kranke verfolgt wird, als „Zwangsvorgänge“ be¬
zeichnen muß. Der Endzustand sei schleichend aus ihrer ganzen Konstitution
herausgewachsen. Was in dem Krankheitsbild am allermeisten auffält, sind
die ausgeprägten Erinnerungsfälschungen. Man kann im vorliegenden Falle
sagen, daß ihnen in der Vergangenheit kein Erlebnis entspricht, daß es
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704
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and
sich am Halluzinationen der Erinnerung, und zwar um die einfachen oder
freien Erinnerungsfalschungen Kraepelins handelt Die Dinge werden nur
verständlich, wenn man für die Zwangsvorstellungen eine affektive Grund¬
lage nimmt Ihr fast ausschließlich auf depressiver Basis beobachtetes Auf¬
treten und ihre in den letzten Jahren so sehr klar gewordenen Beziehungen
zum Manisch-Depressiven legen diese Grundlage recht nahe. Beobachtungen,
wie die vorliegende, ließen eine andere Erklärung überhaupt nicht zu.
Auf Grund vielfacher Beobachtungen von Kranken, bei denen die krank¬
haften Vorstellungen von einer solchen Sinnlichkeit waren, daß sie leib¬
haftige Körperempfindungen davon hatten, die denjenigen bei halluzinierenden
Kranken sehr ähnlich sind, neigt Pick (170) mehr der Ansicht Rülfs zu,
daß es zwischen Pseudohalluzinationen und Halluzinationen Übergänge gäbe
und verwirft den Standpunkt Jaspers, der beide Zustände durch einen
Abgrund getrennt sein läßt.
Bei einem Kranken — Beobachtung von Pick (169) — hatte sich
aus Anlaß der Mobilisierung ein schwerer Angstzustand entwickelt, der später
zurücktritt, währeud ein Zustand von gewisser Ratlosigkeit noch lange be¬
stehen bleibt. Bei diesem Kranken zeigen sich nun gewisse Hemmungs¬
erscheinungen, wie z. B. folgende: Er soll eine Kerze auslöschen. Statt
dessen dreht er den Leuchter beständig in der Hand herum; aufgefordert,
die andere auf dem Tische stehende Kerze auszulöschen, nimmt er sie und
macht wie zuvor eine halbkreisförmige, langsame, horizontale Bewegung und
behält dann die Kerze längere Zeit hindurch in der entsprechenden End¬
stellung. Es wird ihm der Leuchter mit der zweiten brennenden Kerze in
die andere Hand gegeben, zunächst hält er längere Zeit beide Kerzen in
den horizontal seitlich aasgestreckten Händen, dreht dann stehen bleibend
beide Arme nach rechts, dann setzt er sich in Bewegung und geht, beide
Kerzen in den Händen vor sich ausgestreckt haltend, unter leicht drehenden
Bewegungen bis zum Waschtisch. An letzteren setzt er beide Kerzen nieder
und beginnt sich ganz korrekt zu waschen. Als er fertig ist, bringt er die
Kerzen wieder zum Tisch, wo er sie hinsetzt. Als die eine ausgelöscht
wird, zündet er sie wieder an. Der Aufforderung, die Kerze auszulöschen,
kommt er nicht nach, fragt, warum soll ich sie auslöschen? Dann steht er
plötzlich auf, nimmt eine hochfahrende Pose an, wirft sich in die Brust und
bleibt so stehen. Es wird ihm eine Pfeife gereicht, er nimmt sie und ver¬
sucht, sie an der brennenden Kerze anzuzünden; da das nicht gleich gelingt,
nimmt er die Zündholzschachtel und zündet an, sitzt dann da und pafft
vor sich hin. Auf Aufforderung, die Kerze auszulöschen, tut er es jetzt
Pick führt dazu folgendes aus: Unser geordnetes Verhalten zur Um¬
welt hängt von einem bestimmten Gleichgewicht zwischen Impulsen und
Hemmungen ab; es werden ebensowenig durch alle Sinneseindrücke ent¬
sprechende Handlungen ausgelöst werden dürfen, wie andrerseits nicht
Hemmungen die normalen, auch durch Sinneseindrücke ausgelösten Reaktionen
beeinträchtigen.dürfen. Sähe man nun bei dem beobachteten Kranken einen
ungehemmten Übergang zu entsprechender Aktion bei ihm gewohnten Hand¬
lungen eiufach durch den Sinneseindruck ausgelöst, so wäre es, wie Pick
meint, vielleicht zu weit hergeholt, anzunehmen, daß die „Hemmung“ nur
eine scheinbare sei, die Grundlage derselben vielmehr das Ausbleiben oder
die Unwirksamkeit jener Anreize wäre, die normalerweise zu einem geord¬
neten Wechsel von Reaktionen fuhren, sei derselbe durch Reize aus der
Umwelt oder durch Denkvorgänge bedingt.
Gruhle (78) versucht eine Analyse dessen zu geben, was unter Ein¬
fühlen in die seelischen Erscheinungen eines anderen zu verstehen ist,
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
705
besonders ciues Geisteskranken. Ich habe, sagt der Autor, einen Kranken
vor mir, dessen schwermütiger Gesichtsausdruck seine tiefe Niedergeschlagen¬
heit verrät; er verweigert die Nahrung; von Zeit zu Zeit verläßt er das
Bett, tritt zum Fenster und macht eine eigenartige Bewegung, flüstert etwas
Unverständliches und sucht das Bett wieder auf. — Bemühe ich mich,
diesen Zustand zu verstehen, mich einzufülileu, so werde ich etwa folgender¬
maßen verfahren: Wäre ich selbst so traurig, daß mir das Loben leid wäre,
so würde ich vielleicht auch nicht mehr essen. Vielleicht ißt H. deshalb
nicht? Ich frage ihn, und er antwortet leise, er äße nicht, weil es zu viel
koste. Ich habe einen verständlichen Zusammenhang fälschlich vermutet,
er nennt mir einen anderen, dessen Sinn ich sehr wohl vollziehen kann.
Aber warum mag er immer am Fenster diese gleiche eigenartige, doch ein¬
förmige Bewegung ausführen? Ich frage ihn: er redet vorbei. Es ist nicht
möglich, etwas Sicheres zu erfahren. Ich gehe von der Bewegung aus, be¬
trachte sie genau: sie scheint keine Ausdruckshewegung zu sein und auch
keinen Zweck zu haben. Ich kann sie nicht „verstehen“. Ich weiß aus
meiner Erfahrung, daß ich solche Bewegungen zuweilen bei Halluzinanten
sah, die mir als Sinn der Bewegung nannten: sie vollführten einen durch
Stimmen ihnen eingegebenen Befehl. Ich frage H., ob es bei ihm auch so
sei — ich erhalte keine Antwort. — Ich erinnere mich, Leute gekannt zu
haben, hei denen eine ursprünglich zweckmäßige Bewegung (z. B. ein Ab¬
schütteln beider Arme, um die eingebildeten, darauf haftenden „Schleuder¬
blitze“ zu beseitigen) im Laufe der Jahre immer abgekürzter, immer ange¬
deuteter wurde, bei denen diese (schließlich ganz korrupte) Bewegung noch
bestand, als die Kranken selbst den ursprünglichen Zwecksinn ganz vergessen
hatten. — Ob hier wohl bei H. eine solche „symbolische“ Bewegung vorliegt?
Er gibt keine Auskunft: ich habe nun die Wahl, mich für eine der sich
mir darbietenden Sinnmöglichkeiten zu entscheiden, wenn ich die eigenartige
Bewegung deuten will. Und so wird es mir, führt der Autor weiter aus,
bei jeder Analyse bzw. Deutung eines psychotischen Verhaltens gehen, ich
werde erhalten:
1. Die vom Kranken spontan angegebenen Sinnzusammenhänge, dar¬
unter:
a) Die von mir affirmativ vollziehbaren; diejenigen, die ich kenne
oder die mir „einleuchten“; die sinnvollen.
b) Die von mir als sinnmöglich erlebbaren; die sinnhaften, deren
Sinn ich selbst aber nie erlebte; in die ich mich auch „nicht recht“
einfühlen kann.
c) Die von mir negativ vollziehbaren; diejenigen, deren Sinnhaftig-
keit ich zugeben, deren Sinnerfüllung ich leugnen muß: „Ich
finde da keinen Sinn.“
d) Die von mir überhaupt nicht vollziehbaren, bei denen es Unsinn
ist, überhaupt von einem Sinn zu sprechen.
2. Die von mir vorgeschlagenen und vom Kranken angenommenen
Sinnzusammenhänge.
3. Die von mir (auf Grund allgemeiner oder persönlicher Erfahrung)
konstruierten Sinnzusammenhänge, zu denen der Kranke keine
Stellung nimmt.
Das Hauptinteresse bei der Erforschung krankhafter verständlicher
Zusammenhänge erstreckt sich auf die Fälle, in denen die Erkrankten selbst
Auskunft zu geben fähig sind, sei es, daß sie sich spontan äußern, sei es,
daß sie zu den Vorschlägen des Untersuchenden Stellung nehmen. Und so
wendet sich die Forschung mit Vorliebe den gebildeten Kranken zu und
Jahresbericht f. Neurologie tu Psychiatrie 1915 .
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
hält vor allem deren mündliche und schriftliche Äußerungen, zumal die
Tagebücher, Lebensläufe usw. für reiche Erkeuntnisquellen. Daran an¬
schließend bringt der Autor die Lebensbeschreibung eines Mädchens resp.
ihrer Krankheitserlebnisse, das nach des Verf. Ansicht an einem schizo¬
phrenen Prozeß erkrankte und schließt eine ausführliche Analyse dieser
Selbstschilderungen an.
Manche Sinnestäuschungen, die wir Halluzinationen zu nennen gewohnt
sind, entstehen, wie Repond (176) ausführt, durch Umdeutungen von orga¬
nisch bedingten Parästhesien, so besonders die Gesichts- und Tasthalluzina¬
tionen des Delirium tremens, ein großer Teil der Körperhalluzinationen der
Schizophrenie, in einzelnen Fällen Halluzinationen hei organischen Hirn¬
krankheiten. Damit solche Umdeutungen zustande kommen, muß in der
Regel eine Störung der Kritik mitwirken. Bei der Schizophrenie scheint
die charakteristische Assoziationsstörung schon in „besonnenen“ Zuständen
zu genügen, um die Kritik aufzuhoben. Im übrigen sind es meistens deli-
riöse oder dämmerige Zustände oder ähnliche „Trübungen des Bewußtseins",
die der falschen Deutung Vorschub leisteu. Der kausale Zusammenhang
zwischen Parästhesien und Sinnestäuschungen läßt sich in manchen Fällen
dadurch naehweisen. daß Parästhesien, die bei klarem Bewußtsein als solche
erkannt werden, während des deliriösen Zustandes, nach außen projiziert
werden und ganz andere psychische Reaktionen auslösen, also sich in „Hallu¬
zinationen“ umwandeln. Die Vermutung ist berechtigt, daß die zahlreichen
Parästhesien, die vor allem bei den toxischen Delirien Vorkommen, diesen
Delirien ihr besonderes Gepräge verleihen, und nicht direkt die Noxe, welche
als primäre Ursache der Krankheit angesehen werden muß (Alkohol, Kokain,
Morphium usw.). Es ist sehr gut möglich, daß die psychologische Armut
der toxischen Delirien auf die während deren Verlauf vorkommenden Par¬
ästhesien zurückzuführen ist, und zwar weil ihre dauernde lästige Einwirkung
und die an sie gebundenen massenhaft auftretenden Halluzinationen die
Aufmerksamkeit der Patienten vollauf beschäftigen und daher einen psycho¬
logischen Aufbau nicht zulassen.
Den überwertigen Vorstellungskomplex definiert Bimb&nm (21) als
einen solchen, der durch überstarke Gefühlsbetonung eine dominierende
Stellung, ein beherrschendes Übergewicht im seelischen Leben erhalten hat.
Das charakteristische Mißverhältnis zwischen auslösendem Reiz und dominie¬
render Aftektreaktion könne man zur Unterscheidung der physiologischen
und pathologischen Überwertigkeit heranziehen. Neben dem Mißverhältnis
zum Affektwert des auslösenden Erlebnisses uud der Tatsache der patholo¬
gischen Sekundärerscheinungen dürfte zur Kennzeichnung des pathologischen
Charakters der Uberwertigkeit auch die nachweislich abnorme Grundlage,
auf der sich der Vorgang erbebt, heranznziehen sein. B. geht in seinem
Aufsatz nur auf diejenigen Uberwertigkeitsformen ein, die in den Mechanis¬
mus des seelischen Lebens wirksam eingreifen, indem sie als gleichberech¬
tigte resp. als übergewichtige Komponenten in den seelischen Gesamtbetrieb
eingehen uud diesen in charakteristischer Weise beeinflussen. Denn nur
dadurch, daß sie in den engsten Zusammenhang mit den sonstigen Bestand¬
teilen des Seelenlebens treten, können sie solche Wirkungen entfalten, wie
sie mit den hier angehenden Wahnbildungen gegeben sind. Die isoliert
bleibenden, speziell den Zwangsvorstellungen nahestehenden Überwertigen
Ideen, fallen aus der Betrachtung aus. Die Erscheinungs- und Wirkungs¬
formen der Überwertigkeit, die hier in Betracht kommen, lassen sich in
folgende ziemlich charakteristische und differente Typen zerjegen, und zwar
in 1. assoziative Uberwertigkeit, d. h. also beherrschendes Übergewicht bei
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
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der assoziativen Tätigkeit, 2. logische Überwortigkeit, beherrschendes Über¬
gewicht in logischer Hinsicht bei_ Urteil und Schlußfolgerung, 3. Wertungs-
übcrwertigkeit, beherrschendes Übergewicht im Wertungsbereiche, bei der
Einschätzung beim Werturteil.
Aus Überwertigkeit im Wertungsbereiche ergeben sich: unberechtigte
Überschätzung von Wert und Bedeutung des Komplexes bei gleichzeitiger
Unterschätzung sonstiger Werte; allgemeine Wertverschiebung im Sinne des
überwertigen Komplexes, unrichtige Wertverteilung zu dessen Gunsten und
dadurch Verlust des wertenden Augenmaßes für alle Dinge und der Fähig¬
keit zu richtiger Einschätzung von Wert und Bedeutung der Erscheinungen
der Umgebung und der persönlichen Beziehungen zu ihnen; Wertüber¬
schätzung des eigenen Ichs durch Identifikation der eigenen Person mit dem
überwertigen Komplex und als dessen natürlicher Ausdruck im Vorstellungs¬
leben Größenwahn; Erklärungswahnideon speziell im Sinne der Beeinträchti¬
gung infolge des Widerspruchs zwischen übertriebener Selbst- und geringer
Fremdeinschätzung resp. objektiven Verhaltens der Umwelt.
Aus Über Wertigkeit in logischer Beziehung ergibt sich: Unberechtigte
Steigerung des Wirklichkeits-, Wahrheits- und Richtigkeitswertes und der
logischen Geltungskraft des überwertigen Komplexes und der ihm ent¬
sprechenden Vorstellungen bei gleichzeitiger Herabsetzung der logischen
Wertigkeit der Gegenvorstellungen; daraus hervorgehend herabgesetzte Kor¬
rekturfähigkeit der überwertigen Vorstellungen. Einsichtslosigkeit in ihre
Mängel und Verständnislosigkeit für das Gewicht widersprechender Tatsachen;
unberechtigtes Übergewicht des überwertigeu Komplexes im Rahmen der
Gesamterfahrung, daher Ausgestaltung, Orientierung und Rovidierung de*
gesamten Erfahrungsmaterials im Sinne der überwertigen Vorstellungen (lo¬
gisches Delirium; positive und negative Erinnerungsfälschungen usw.).
Aus der assoziativen Überwertigkeit ergibt sich: Einengung des Asso¬
ziationsbereichs zugunsten des überwertigen Komplexes durch Auswahl der
Assoziationen in diesem Sinne (Förderung der adäquaten, Fernhaltung der
Gegenvorstellungen); daraus wieder hervorgehend Herabsetzung der Korrek¬
turmöglichkeiten und ^Verstärkung der Überzeugungskraft der überwertigen
Idee; unberechtigtes Übergewicht des überwertigen Komplexes bei jeder Art
geistiger Tätigkeit, daher Wahrnehmungs-, Auffassungs-, Urteils- und Er-
innerungsfälschungen im Sinne und zugunsten der überwertigen Idee; Er¬
weiterung der assoziativen Beziehungen durch unberechtigte Beziehungskon¬
struktionen (vermehrte Eigenbeziehungen, Beziehungswahn), Bedeutungs-
Steigerung indifferenter Dinge, Außenprojizierung der eigenen seelischen
Inhalte. Aktivität des überwertigen Komplexes bei der assoziativen Tätig¬
keit (Suchen im Sinue der herrschenden Idee).
Aus dieser Zusammenstellung gehe als wichtigstes und für die weiteren
Erörterungen grundlegendes Ergebnis hervor, daß die Überwertigkeit der
Vorstellungen vermöge der ihr innewohnenden gesteigerten (logischen, asso¬
ziativen usw.) Geltungskraft an sich genügt, um von sich aus, ohne weitere
Mitwirkung besonderer Hilfskräfte, Wahnmechanismen und Wahnvorgänge
der verschiedensten Art hervorzurufen. Das kann nicht weiter w'undernehmen,
wenn man bedenkt, daß dieso Uberwertigkeit zum gut Teil die gleichen Er¬
scheinungen mit sich führt, die überhaupt den Wahnbildungen zugrunde
liegen.
Der Autor sucht nun an der Hand von Beispielen die dargestellten
psychologischen Zusammenhänge zu veranschaulichen. So bringt er Bei¬
spiele aus der Gruppe der sogenannten pathologischen Erfinder, Religions-
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie and
Stifter und Weltverbesserer, aus der Gruppe der querulatorischen Wahn¬
bildung und aus der Gruppe der hypochondrischen, erotischen und Eifer¬
suchtsideen.
Was das Verhältnis der überwertigen Idee zur Wahnidee anbetrifft,
so hat man zu unterscheiden einmal die Wahngebilde, die mit den über¬
wertigen Ideen selbst gegeben, mit ihnen identisch sind, d. b. also die über¬
wertigen Vorstellungen von wahnhaftem Inhalt, zum anderen die an die übet-
wertigen Vorstellungen sich anschließenden, aus ihnen hervorgehenden sekuu-
dären Wahngebilde. Die überwertigen Ideen haben zwar nicht immer, aber
doch mit Vorliebe einen wahnhaften Inhalt. Trotzdem darf man überwertige
Idee und Wahnidee nicht ohne weiteres identifizieren. Die gemeinsamen
Seiten, die Berührungspunkte dieser beiden Gebilde sind auf formalem
Gebiete zu suchen. Überwertige Idee ohne wahnhaften Inhalt und Wahnidee
ohne Überwertigkeitscharakter zeigen an, daß beide pathologische Erschei¬
nungen sich trotz aller Berührungspunkte weit voneinander entfernen können.
Die sekundären, erst aus den überwertigen Vorstellungen sich ergebenden
und sich an sie anschließenden Wahngebilde stellen Erscheinungen dar. die
in das allgemeine Gebiet, nicht in eine bestimmte Spezialsphäre der Wahu-
bildung fallen. Ihrem Auftreten liegen durchaus natürliche psychologische
Triebkräfte, Bedürfnisse und Notwendigkeiten zugrunde. Voraussetzung für
sie ist unversehrte Beschaffenheit des sonstigen Geisteslebens oder wenigstens
der intellektuellen Funktionen. Es scheint dem Autor nicht berechtigt zu
sein, die zirkumskripten Wahngebilde so streng von den progressiven zu
trennen, als es Wernicke tut. Er meint, daß gewisse Formen von überwertigen
Ideen ihrer Natur nach mehr zum Zirkumskript- oder Stationärbleibeu
tendieren, andere dagegen mehr zum Progessivwerden. Am geringsten für
eine Wahnbildung sind solche überwertigen Komplexe geeignet, die einfach
erledigte Tatbestände wiedergeben. Am günstigsten liegen für eine sekun¬
däre Wahnbildung, sowohl was den Umfang wie die Ausprägung betrifft,
jene Fälle, in denen Erlebnisse oder Erfahrungen mit sozial bedeutungsvollen)
Inhalt zum Anlaß resp. Gegenstand der Überwertigkeit werden. Nicht
minder von Bedeutung ist die psychische Eigenart des Trägers der über¬
wertigen Vorstellungen für die Entstehung und Gestaltung dieser Überwertig¬
keitswahnbildungen. Ebenso wie für die Wahnbildung auf Grund pathologischer
Überwertigkeit muß auch für die Entstehung der überwertigen Idee selbst
eine besondere Eignung sei es des Erlebnisses, sei es der Persönlichkeit
herangezogen werden. Der Autor meint, daß die grundlegenden Bedingungen
für die Entstehung der überwertigen Vorstellungen weniger im Erlebnis als
in der Person selbst, und zwar in ihrer psychischen Reaktionsart gelegen
sind. Wenn auch die überwertige Idee mit wahnhaftem Inhalt als Symptomen-
komplex bei den verschiedensten Psychosen vorkommt, so gibt es doch
Erkrankungen, für die dieser Erscheinungskomplex geradezu charakteristisch
ist; diese Art von Fällen kann man deshalb auch mit Recht als besondere
Krankheitsformen betrachten, ß. stimmt der Ansicht Bonhoeffers zu, daß
man diese Gruppe bei den psychogenen Krankheitsformen unterbringen muß.
Aus dem Angeführten, so schließt der Autor seine interessante Ab¬
handlung, läßt sich ersehen, daß es trotz aller charakteristischen Eigenheiten,
welche sich an diesen Überwertigkeitswahnprozessen auffinden lassen, doch
Schwierigkeiten macht, das ganze Krankheitsbild so eindeutig zu kennzeichnen,
wie es Wernicke bei seiner Darstellung der zirkumskripten Autopsychose
aus überwertiger Idee getan hat. Das von ihm entworfene Bild in allen
Einzelheiten aufrechtzuerhalten, dürfte daher im Hinblick auf die hier
angedeutete ungewöhnliche Mannigfaltigkeit der möglichen Erscheinungsformen
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
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bedenklich sein. Die psychisch bedingten, durch psychologische Mechanismen
entwickelten psychotischen Prozesse siud eben in allen ihren Wesenszügen
viel stärker variationsfähig und durch äußere Einflüsse modifikationsfähig,
als es nun einmal die echton Psychosen sind.
Becker (16) veröffentlicht den Brief eiuer Patientin, die Stimmen
hört, aber gegen die Stimmen ankämpft und ihnen noch kritisch gegen-
übersteht.
Allen’s (4) Gedankengänge sollen es wahrscheinlich machen, daß Ver¬
folgungswahnideen eine Art Verteidigungsreaktion sind, deren Spuren auf
den ererbten Instinkt zur Selbstverteidigung zurückgeführt werden können.
Kriegspsycblatrlscbes.
Bonhoeffer (26) streift zunächst kurz die Wirkungen der Massen¬
suggestion zu Beginu des Krieges. Die Einwirkung des Krieges auf das
Affektgleichgewicht der Masse zeigt sich in einer akut entwickelten Dis¬
harmonie zwischen der affektiven und der intellektuellen Seite der Psy¬
chose. Die im Gefolge des Krieges beim einzelnen innerhalb des Heeres
auftretenden psychopathologiscben Reaktionen lassen sich nach B. in ihrer
überwiegenden Mehrheit gleichfalls auf affektive Desequilibrierung, wenn auch
anderer Symptomgruppen, zurückführen. In den ersten Mobilmachungstagen
sind der psychiatrischen Klinik besonders viele Alkoholdeliranten zugegangen.
Es waren alles Reservisten, aber kein einziger aktiver Soldat war unter
ihnen. Die Strapazen des Krieges hatten manche latente Epilepsie zum Aus¬
bruch gebracht. Bemerkenswert war die große Zahl der psychopathischen
Konstitutionen unter den Aufgenommenen. Der Krieg war ein eminentes
Reagens zur Ausscheidung dieser Elemente. In der Friedenszeit werden
diese Elemente sorgfältig vom Heere ferngehalten, jetzt bei den Massen¬
meldungen war eine solche genaue Ausmusterung nicht möglich. Der Krieg
bringt unter Umständen auch die leichten Fälle psychopathischer Konstitution,
die im Friedensbeer noch anpassungsfähig bleiben, aus dem Gleichgewicht.
Die psychischen Störungen, welche die einzelnen Individuen darboten, hatten
nach keiner Richtung etwas Pathognomonisches für den Krieg. Sowenig es
eine Wochenbettpsychose im Sinne einer psychiatrischen Entität gibt, ebenso¬
wenig gibt es eine Kriegspsychose. Krankheitsbilder, in denen psycho¬
pathische Anlage mit eigentlichen Erschöpfungssymptomen sich vermengen,
entsprechen am ehesten dem, was man als Kriegsspychose bezeichnen könnte
(neurasthenische Psychosen von Awtokratow). Aus den Statistiken, die B.
über Häufigkeitsverhältnisse psychischer Störungen bei verschiedenen Armeen
früherer Feldzüge im Frieden und Krieg gibt, geht hervor, daß eine Zu¬
nahme psychischer Störungen erst gegen Ende und nach dem Kriege kon¬
statiert wurde.
Es gibt nach den Beobachtungen von Singer (198) keine Psychose,
die einzig und allein durch die Besonderheiten des Kriegslebens, der Kriegs¬
arbeit bestimmt würde. Der größte Teil der Geisteskranken und Nervösen,
die in den Lazaretten zur Beobachtung kommen, haben ihre Psychose oder
Anlage zur Psychose schon vor der Ausmusterung in sich getragen. Den
Einfluß des Krieges auf die Psyche sah man nicht nur während der Zeit
der Operationen, sondern schon in der Mobilmachungsperiode. Selbst die
Normalen sind um diese Zeit in Affekte geraten, die im allgemeinen selten
gesehen werden. Der Autor geht dann auf die verschiedenen Reaktionen
ein, die bei den meisten nervös Veranlagten in die Erscheinung traten.
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710 Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie uud
Wittermann (248) schildert die Seeleustörungen, die besonders infolge
der grausigen Wirkungen der schweren Artillerie ausgelöst werden. Der
Nervengesunde reagiert darauf zunächst mit großer allgemeiner Erschlaffung,
während der Präformierte akute Geistesstörungen aller Art darbieten kann.
Aber auch aus dem Nervengesunden kann allmählich durch alle Strapazen.
Anspannungen und Erregungen ein Neurastheniker werden, der das Bild der
Überreiztheit des Nervensystems darbietet. Der Autor meint, daß alko¬
holische Getränke, trotz der Gefahren, die im Genuß derselben stecken, an
der Front nicht gut entbehrt werden können. Als Gründe dafür führt er
an, daß unsere Bevölkerung noch nicht so aufgeklärt ist, daß sie die
Vorschrift der gänzlichen Enthaltsamkeit verstehen würde. Ferner hat der
Soldat soviel Unlust, ja Ekelgefühle zu bekämpfen, daß nur die Belebung
durch etwas Alkohol darüber hiuweghilft. Da man es an der Front ganz
in der Hand hat, die Alkoholquantitüt, die der einzelne Soldat zu sich
nehmen darf, zu bestimmen, und davon weitgehendster Gebrauch gemacht
wird, so könne ein Übermaß nicht eiutreteu.
Weygandt (243) behaudelt die Fragen der Diensttauglichkeit, der
Dienstbeschädigung und der Zurechnungsfähigkeit. Bezüglich der ersten
Frage meint er: Vergegenwärtigen wir uns, daß tatsächlich Deutschland
immer noch dienstfähige Leute braucht, so ist es ratsam, das Prinzip der
absoluten Dienstuutauglichkeit jedes psychisch Abnormen einer Revision zu
unterziehen. Manche Fälle von Schock und Erschöpfung können wieder
vollkommen dienstfähig werden, und recht zahlreiche Fälle von Hysterischen,
auch Epileptischen und manchen anderen Störungen leichterer Art könuen
sich doch so weit erholen, daß sie wenigstens als garuisondiensttauglich zu
bezeichnen sind; unter Umständen vermögen sie auch in der Etappe und
Armieruugsarbeit noch gute Dienste zu leisten. Auf manche, wie Hysterisch-
Pseudologistische, könnte der Dienst bei den Armierungstruppen geradezu
therapeutische Wirkung ausüben. Was die zweite Frage der Dienstbeschä-
digung betrifft, so würde der Autor als zweckmäßigste Formulierung der vom
Arzt zu beantwortenden Frage folgende empfehlen: ,.Ob sich ein Zusammen¬
hang des krankhaften Zustandes mit der Kriegsteilnahme annehmen läßt,
nicht aber, ob der Zustand durch die Kriegsteilnahme mit Gewißheit oder Wahr¬
scheinlichkeit verursacht ist.“ Die Bedeutung der Begehrungsvorstellungen bei
den Unfallversicherten kann durch die Beobachtungen an den Kriegsverletzteu
nicht abgeschwächt werden. Wir dürfen uns keiner Täuschung hingeben, daß
auch für letztere die Zoit bald kommen wird. Die Kriegsrentenueurosen
werden voraussichtlich einen ganz ungeheuren Umfang aunehmen. Zum
Schluß führt der Autor Fälle an, die auf Zurechnungsfähigkeit zu begut¬
achten waren.
Weygandt (242) gibt in seinem Vortrag zunächst eine historische
Übersicht aus früheren Feldzügen, wobei er auf den Feldzug 1870/71, auf den
russisch-japanischen und auf den Balkanfeldzug nähereingeht. Dann schildert
er die Erregung der Volksseele zu Beginn des gegenwärtigen Krieges, die
bei der Mobilmachung bei einzelnen Eingezogenen auftretenden Psychosen
uud Neurosen, den kriegsgefärbten Inhalt ihrer Gefühlsregungen uud Wahnvor¬
stellungen. Die Beeinflussung war bei vielen ähnlich wie durch katastrophale
Ereignisse in Friedenszeiten. Der Autor kommt dann auf einzelne die
Psyche des Soldaten bedrohende Faktoren zu sprechen wie Sonnenbestrahlung,
Hirn- und Scbädeltraumen, Hirnerscliüttcrungon ohne direkte Verwundung,
Erschöpfung und die sich dabei offenbarenden Veränderungen der Psyche.
Die überwiegenden V eränderungen sind hysterisch - neurasthenischer Art.
Gegenüber diesor übergroßen Gruppe treten die klinischen Psychosen im
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
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engeren Sinne zurück. Letztere werden dann eingehend gewürdigt. Ein
abschließendes Urteil über die psychiatrischen Einflüsse des Krieges läßt sich
noch nicht geben. Alles in allem sei aber die Gesamtzahl der Fälle ent¬
schieden geringer, als auf Grund früherer Erwägungen anzunehmen war,
ferner seien die Krankhoitserscheinuugen bei den weitaus meisten Fällen
leichterer Art, und drittens sei die Prognose der Störungen im ganzeu als
vorwiegend günstig zu bezeichnen.
Weyert (240) gibt einen Überblick über die Tätigkeit der Posener psych¬
iatrischen Abteilung während eines Jahres. In Betracht kommen 106 Sol¬
daten. Davon gehörten dem Offiziorstande 7, dem Unteroffiziorstande 16 und
dem Mnnnschaftsstando 83 an. Die Hauptkrankheiton waren Dementia praecox
(23 Fälle), Epilesie (11 Fälle), Imbezillität (20 Fälle) und psychopathische Kon¬
stitutionen (2ö Fälle). Die Neurastheniker und Hysteriker wurden zumeist auf
der inneren Statiou behandelt. Die größere Prozentzahl wurde bereits im ersten
Dienstjahre als psychisch krank ermittelt und entlassen. Besonders be¬
teiligt sind die freiwillig sich Stellenden, weil sie bei der Einstellung manche
Gebrechon verschweigen, auch sind es oft Leute, die im bürgerlichen Lehen
Schiffbruch gelitten und sich zum Militär melden, weil sie durch die glän¬
zende Außenseite bestochen sind und nun, dem inneren Dienste nicht ge¬
wachsen, mehrfach Bestrafungen unterliegen. Der Autor bespricht nun die
einzelnen Psychosen etwas eingehender, so die Dementia praecox. Bei
der Mehrzahl dieser Fälle konnte der Beginn der Erkrankung schon vor
Eintritt ins Heer festgestellt werden. Eigentlich schwere Fälle wurden nicht
beobachtet, was ja auch natürlich ist. In manchen Fällen waren Remissionen
eingetreten, und die Leuto hatten iu dieser Zeit anstandslos ihren Dienst
versehen. Bei einigen Kranken (9 Fälle) konnten deutliche Züge von
jahrelang zum Teil bereits in der Kindheit bestehendem Schwachsinn nacli-
gowiesen werden. Der Autor neigt der Ansicht zu, daß es sich bei ihnen
um Dementia praecox auf dem Boden von Imbezillität, gleichsam um Pfropf-
hebephrenien handelt. Die Differentialdiagnose zwischen beiden Affektionen
sei nicht immer ganz leicht. Was den angeborenen Schwachsinn
betrifft, so ist eine scharfe Grenze zwischen ihm und der (physiologischen)
geistigen Beschränktheit nicht zu ziehen. Eine erbliche Belastung konnte
bei 12 von 20 dieser Soldaten nachgewiesen werden. In Fürsorgeerziehung
hatteu sich 6 befunden, ein gelernter Arbeiter findet sich nicht unter ihnen.
Bei 15 Soldaten dieser Gruppe war ein schwebendes oder drohendes Gerichts¬
verfahren der mehr oder weniger unmittelbare Anlaß zur Einweisung. Von
den 11 Epileptikern waren 7 erblich belastet. Ein Fall von traumatischer
Epilepsie war damnter. ln vielen Fällen ist es schwer nachweisbar, ob die
Epilepsie schon vor Diensteintritt bestanden hat. Trotzdem wurden alle
11 Manu ohne Versorgung aus dem Heeresdienste entlassen. Unter der
Zahl der psychopathischen-Konstitutionen waren 13 erblich belastet.
Eine auffallend hohe Zahl von Soldaten dieser Gruppe hatte in der Anamnese
Selbstmordversuche. Von den 11 hierhergehörigen Fällen sind 8 als dienst¬
unbrauchbar bezeichnet worden. Sein kleines Material der psychopathischen
Konstitutionen teilt der Autor in folgende Gruppen ein: 1. die erblich de-
generativeu psychopathischen Konstitutionen im gewöhnlichen Sinne, 2. die
epileptoiden Charaktere, 3. die Haltlosen. 4. die sexuell Perversen, 5. De¬
generierte, mit konstitutionellen Verstimmungszuständen. 6. die traumatisch-
psychopathischen Konstitutionen. Die einzelnen Gruppen werden nun be¬
sprochen und Beispiele mit Krankengeschichten angeführt. Das letzte
Kapitel behandelt die Kriminalität. Von 81 Soldaten, welche sich beim
Militär als geistig defekt heransstellten, waren 26 gerichtlich vorbestraft.
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Es verteilen sich auf die 26 Vorbestraften im ganzen 86 Vorstrafen, also
durchschnittlich auf jeden 3,3 Strafen. Unter den Straftaten, welche die
geistig defekten Soldaten während der Militärzeit begingen, steheu an erster
Stello die unerlaubte Entfernung bzw. Fahnenflucht, Nachlässigkeit im Dienst
und Ungehorsam. Um möglichst alle untauglichen Elemente ans der Armee
auszuschließen, fordert der Autor, daß dem ausmusternden Militärarzt die
Führungslisten des auszumusternden Soldaten vom ganzen bisherigen Leben,
Schulzeit, Lehrzeit, Fürsorgeerziehung, Gefängnis usw. vorliegen müßten.
In zweifelhaften oder verdächtigen Fällen müßte zunächst eine Einreihnng
in eine Soldatenarbeiterabteilung erfolgen. Um dieser Maßnahme das Schroffe,
Ehrgefühlsverletzende zu nehmen, wäre eine grundsätzliche Trennung der
Arbeiterabteilungen in Mannschaften der 1. und 2. Klasse des Soldaten-
standes zu fordern. Am zweckmäßigsten wäre die Trennung auch räumlich
vorzunehmen, um den prinzipiellen Unterschied bereits äußerlich zu kenn¬
zeichnen. Der Truppenarzt dieser Abteilung müßte grundsätzlich ein
Psychiater sein. Bestehen nach genauerer Beobachtung keine Zweifel über
die geistige Gesundheit eines solchen zunächst in die Arbeiterklasse Ein¬
gereihten, zeigt er Eifer und offenkundigen guten Willen, dann müßte seine
Versetzung in die Truppe erfolgen. Haben sich anderseits Mannschaften
bei der Truppe strafbar gemacht und haben die militärischen Vorgesetzten
in den Festungsgefängnissen den Eindruck gewonnen, daß keine genügende
erzieherische Beeinflussung erzielt ist, eine Haltlosigkeit besteht, die bei der
Truppe erneute Konflikte voranssehen läßt, dann müßte gleichfalls die Über¬
weisung des betreffenden Soldaten in die vom Autor vorgeschlagene For¬
mation erfolgen können. Die zweite Klasse des Soldatenstandes würde nur
aus Soldaten bestehen, deren geistige Gesundheit resp. deren Dienstfähigkeit
zweifelsfrei ist, und auf welche die ganze Strenge der militärischen Disziplin
zwecks nachhaltiger erzieherischer Beeinflussung anzuwenden wäre.
Nach dem Material, welches Westphal und Hübner (239) in der psych¬
iatrischen Klinik in Bonn zu sehen Gelegenheit hatten, kommt die sogenannte
traumatische Neurose bei den Kriegsteilnehmern nicht selten vor. Die ner¬
vösen Störungen pflegen fast durchweg bei von Hause aus Disponierten auf¬
zutreten. Von auslösenden Momenten scheint die Wirkung von in der
Nähe platzenden Granateu vornehmlich in Betracht zu kommen. Sämtliche
Fälle zeigten neben hysterischen auch neurasthenische Symptome. In diesen
Fällen von sogenannter Granatkommotion war eine bald allgemeine, bald
mehr lokalisierte sensible und sensorische Hyperästhesie eine auffallende und
langanhaltende Erscheinung. Die Prognose der traumatischen Neurose
des Krieges scheint günstiger als die Renteuhysterie. Die Formen der
Kriegspsychosen sind dieselben wie die im Frieden zu beobachtenden, aber
die Symptome erhalten mitunter eine bestimmte Färbung durch den auf die
Kriegserlebnisse eingestellten Gedankengang. Besonders scheint das der Fall
bei den Manisch-Depressiven zu sein. Dementia praecox-Fälle wurden selten
beobachtet. Es wurden 3 in akuter Weise tödlich verlaufende Psychosen
beobachtet, für welche die Sektion bisher keine Grundlage gegeben hat
Der Krankheitsverlauf entsprach dem Delirium acutum. Es ist möglich, daß
einzelne dieser Fälle atypischen Alkoholdelirion entsprechen. Im zweiten
Teil der Arbeit bespricht Hüben er das Problem der Dienstfähigkeit, die
Beurteilung nach der Berechtigung gestellter Versorgungsansprüche und nach
der strafrechtlichen Verantwortlichkeit.
Stransky (220) betont wie sämtliche anderen Beobachter, daß es eine
besondere Kriegspsychose nicht gibt. Kriegserlebnisse wirken in psycho¬
genem Sinne in doppelter Weise, indem sie einmal psychische IVaumen
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
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setzen, und ferner indem häufig auch als solche nicht eigentlich psychogene
Krankheitszustände eine der Kriegssituation konforme psychogene Note in
Ausdruck uud Inhalt anzunehmen scheinen. Dem ersten Moment entsprechen
die Fälle von pathologischem Affekt, von „Kriegsknall“. Bei sonst be-
sonueneu Menschen tritt episodisch ein Zustand von furchtbarer zornmütiger
Erregung mit sinnloser Schimpferei und Aggression gegen andere, auch Vor¬
gesetzte aus verhältnismäßig geringfügigem Anlaß ein. Das Gegenstück zu
ihnen bilden viele Verwundete, die einen auffälligen Gleichmut, eine ab¬
norme Apathie an den Tag legen. Im folgenden bespricht dann der Autor
dio psychologische Reaktion des einzelnen im Kriege. Er kennzeichnet die
Übermüdungs- oder Erschöpfungserscheinung, die gleichsam als Reaktion
auf die lang erzwungene, heroische Zurückdrängung. der natürlichen Re¬
gungen der Ermüdung und des Krankheitsgefühls zurückzuführen ist. Die
hemmungslose, gleichsam zur alltäglichen Selbstverständlichkeit werdende
Hingabe so vieler an die gefahrvollsten Pflichten des Kriegsdienstes erklärt
der Autor einmal aus der Häufung oder mächtigen Intensität von ein¬
dringenden Sinnesreizen, deren geistige oder gemütliche Verarbeitung gleichsam
negativkompensatorisch die Aktionsenergie auf anderen sensorischen und
assoziativen Gebieten abstumpft, wozu noch in besonderen Situationen die
durch expansive Affektwellen bedingte Einengung des Vorstellungslebens
kommt. Für andere Fälle reichen die „Abblendungs- und die Einengungs¬
theorie“ nicht aus, vielmehr müsse man da an eine Art Adaption der Lust¬
betonungen denken, wie man sie bei der Erlernung und Ausübung gewisser
gefahrbringender Sportübungen erlebt
Von Steiner (214) wird über die in einem Kriegslazarett gemachten
neurologisch-psychiatrischen' Erfahrungen berichtet. Die Einrichtung einer
Nervenabteilung erwies sich in dem betreffenden Lazarett als notwendig,
und zwar wurde dieselbe abgelegen von den übrigen Lazarettabteilungen an¬
gelegt, was sich als nützlich erwies; aus der gemeinsamen Unterbringung
von Nervös-, Psychisch-Nervös- und Psychischkranken haben sich keine Un¬
zuträglichkeiten ergeben, besonders auch weil für die wenigen erregten Geistes¬
kranken ein vom Hauptgebäude getrennter Absonderungsraum geschaffen
werden konnte. Aus den Beobachtungen läßt sich urteilen, daß die psy¬
chischen uud nervösen Erkrankungen der Kriegsteilnehmer in keiner Weise
ein anderes Aussehen haben wie die in Betracht kommenden Erkrankungen
in Friedenszeit. Kriegspsychosen und Kriegsneurosen gibt es nicht. Auch
die Erkrankungshäufigkeit ist eine geringe. Die Häufigkeit der einzelnen
Geistes- und Nervenkrankheiten im Vergleich zueinander mag gegenüber
Friedenszeiten verschieden sein, was hauptsächlich auf die körperliche und
seelische Anspannung und die Einwirkung von schweren seelischen Traumen
(Minen- und Granatexplosionen) zurückzuführen ist. Auf Grund der ge¬
machten Erfahrungen wird das Urteil abgegeben, daß der Zustand der
Nerven und der Psyche im Heere vorzüglich ist. (Misch.)
Resch (177) bespricht die Beziehungen des Krieges zu den Geistes¬
krankheiten. Er weist zunächst darauf hin, wie auch in den vorhergegangenen
Kriegen nach 1870, im russisch-japanischen, im Burenkrioge usw. die Zahl
der Geisteskranken erheblich zugenommen hat, und so wird es noch mehr
in dem gegenwärtigen sein, der an Gewalt alle bisherigen übertrifft.
Er schildert die Momente, welche in ätiologischer Hinsicht in Betracht
kommen, zunächst die Spannung unmittelbar vor der Mobilmachung, die
seelischen Erregungen beim Abschied von der Heimat, die Strapazen des
Feldzuges, die körperlichen und seelischen Erschütterungen im Stellungs¬
und Bewegungskrieg. Dann analysiert er die Fälle, welche in der Heil-
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714
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
und Ptlegeanstalt Bayreuth zur Beobachtung kamen. Unter diesen befanden
sich noch 7 Kriegsteilnehmer von 1870/71 und einer von der Chinaexpe¬
dition. Die Kranken aus dem gegenwärtigen Kriege gehören zumeist fol¬
genden Gruppen an: Manisch-Depressive, Jugendirresein, Epileptiker, Imbe¬
zille und Psychopathen, Hysteriker und Neurastheniker bzw. zur Klasse
der traumatischen Neurose Gehörende. Zum Schluß bespricht er die Be¬
handlung und Versorgung dieser Kranken, wobeier auf die von der Militär¬
verwaltung getroffenen Vorkehrungen eingeht.
Moravcsik (1Ö4) betont, daß bei Würdigung des Einflusses, welchen
der Krieg auf die nervösen und psychischen Erkrankungen ausübt, auch ver¬
schiedene endo- und exogene Faktoren berücksichtigt werden müssen. Gewisse
Momente, wie Ambition, patriotisches Gefühl, Pflichtbewußtsein, Begeisterung
können sowohl die körperliche als auch die psychische Leistungsfähigkeit
steigern. — Verf. findet keine besondere Zunahme der psychischen Erkran¬
kungen, auch bringt der Krieg keine neuen charakteristischen Geistes¬
krankheiten hervor. Eine starke Zunahme zeigen die Nervenleiden, sowohl
organische als auch funktionelle. Da die meisten Verletzungen sich auf die
Extremitäten beschränken, sind auch die peripheren Nervenverletzungen be¬
sonders häufig. Häufig sind aber Herderscheinungen von seiten des Gehirnes
und des Rückenmarkes. Unter Schockeinwirkung kommt es oft zu paraple-
gischen Erscheinungen der Beine, doch ohne Blasen-, Mastdarmstörungen
und ohne Dekubitus. Oft sah der Verf. eine plötzlich auftretende Taub¬
stummheit, ähnlich dem Charcotschen Typus bei Hysterie, wo die Kranken
überhaupt keinen Versuch machen, zu sprechen; bei diesen Fällen fand
Moravcsik oft Einengung des Gesichtsfeldes mit Inversion der Farben und
mit fehlender Suggestibilität; diese letztere scheint ihm dadurch bedingt, daß
die Furcht vor einer abermaligen Erkrankung bei neuerlichem Felddienste
eine antisuggestive Wirkung ausübt. — Bei den Psychosen handelt es sich
entweder um die Verschlimmerung eines bereits bestandenen Leidens (Paralyse,
Dementia praecox, Alkoholismus) oder um akute halluzinatorische Formen,
welche aber zumeist rasch heilen. Häufig sind einfache nervöse Erschöpfungs¬
zustände mit Neigung zur Heilung, oft aber kommt es auch zu stürmischen
neurasthenischen Depressionen mit vasomotorischen Erscheinungen. — Unter
dem Einflüsse des Kriegsausbruches und seinen Vorbereitungen kommt es
auch bei weder direkt noch indirekt betroffenen Personen zu schweren Er¬
krankungen, wenn eine gewisse Disposition vorhanden ist: Hysterie. Neur¬
asthenie, Arteriosklerose. Personen letzterer Kategorie zeigen oft flüchtige
paranoide Wahnbildungen: Beobachtungs-, Verfolgungswahn, Gefühl der Ver¬
dächtigung wegen Spionage: auch diese Formen haben eine gute Heilungs¬
tendenz. ( Hudovn-nig.)
Moll (172) hat die Lazarette des westlichen Kriegsschauplatzes besucht
und Studien über Kriegspsychosen gemacht. Seine erworbenen Erfahrungen
faßt er in folgende Sätze zusammen: 1. Psychosen sind auf dem westlichen
Kriegsschauplatz bisher nicht in großer Zahl aufgetreten. 2. Alkoholische
Geistesstörungen, desgleichen reine Imbezillität sind in ganz besonders ge¬
ringer Zahl aufgetreten. .!. Manche Geisteskrankheiten, besonders posttyphöse,
hängen nur mittelbar mit dem Krieg zusammen. 4. Die meisten anderen
Krankheiten sind durch den Krieg höchstens beschleunigt, nicht aber hervor¬
gerufen worden. .1. Schwere psychische Symptome neurastheuischer oder
hysterischer Natur kommen auch ohne erbliche Belastung und ohne frühere
Neurasthenie oder Hysterie vor. 6. Erkrankungen der letzteren Art behandle
man so schnell als möglich, um das Chronischwerden zu verhindern, sei es
in der Heimat, sei es in der Etappe. Und zwar lege man auf die psychische
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
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Behaudlung einen besonderen Wert. 7. Erscheinungen von Massenpsychose
wie in der Heimat gibt es im Felde nicht.
Meyer (148) berichtet über die gleichzeitige psychische Erkrankung
einer Familie, Matter und zwei Töchter, unter dem direkten Einfluß des
Krieges. Durch den Einfall der Hussen in die Memeler Gegend wurde die
Familie vertrieben und nahm ihren Weg über die an zusammenhängenden
Ortschaften wie an Bewohnern arme Kurische Nehrung. Bei allen drei
Familienmitgliedern lag das gleiche Krankheitsbild vor: Eine traumhafte
Bewußtseinstrübung mit sehr zahlreichen äußerst lebhaften Sinnestäuschungen
auf allen Gebieten, mit besonders vielfachen illusionären Andeutungen und
Wahuideen, starker Angst und Erregung. Besonders bezeichnend war die
eigenartige wahuhafte Verfälschung der gesamten Vorkommnisse, alles erschien
ihnen geheimnisvoll, voll dunkler Andeutungen und Beziehungen, verändert,
wie weit entfernt, wirklich und doch unwirklich wie auf der Bühne. Dabei
haben die wahnhafteu Andeutungen im Verein mit den Halluzinationen
und Illusionen sich zu einem Wahnsystem zusammengeschlossen, in dem
alle die an sich rätselhaften Vorkommnisse für die Kraukeu innerlich
zusammenhängend und logisch begründet erschienen. Daboi war an¬
scheinend stets die Orientierung zur Person, meist auch die über Ort
und Zeit erhalten und das äußere Verhalten, abgesehen von zeit¬
weisen Erregungen, im wesentlichen geordnet. Das Bild entspricht nach
Ansicht des Autors am ersten dem Bilde der Halluzinose, wie sie am be¬
kanntesten bei Trinkern in die Erscheinung tritt, aber auch bei körper¬
lichen Erkrankungen oft beobachtet wird. Es sei aber nicht auszuschließen,
daß hier auch ein psychogenes Moment in Frage kommt.
Meyer (147) ist der Ansicht, daß die Differentialdiagnose der psycho¬
genen Reaktion der Psychopathen gegenüber ähnlichen Bildern der Dementia
praecox aus dem Nachweis eiues stark affektbetonten Erlebnisses, einer
Situation (wie sie jetzt im Kriege so vielfach auf den Menschen ein-
dringen) nicht angängig ist, sondern daß sie in den Krankheitsbildern selbst
fußen muß.
Meyer (146) war in der Lage, etwa 70 weibliche Kranke einer Anstalt
zu beobachten, die eine ganze Reihe von Tagen den Schrecken des Krieges
besonders preisgegeben waren, insofern die Anstalt während dieser Zeit in¬
folge ihrer Lage dem Feuer russischer Geschütze ausgesetzt war. Die
Anstalt war mehrfach von Granaten getroffen, eine Anzahl Kranke waren
getötet oder verwundet, die Kranken mußten in den Kellern sich vielfach
aufhalten. Bei ihrer Ankunft in der Universitätsklinik sprachen nur einzelne
Kranke vom Schießen, einige wollten abends unter die Betten kriechen. Im
übrigen machten die Kranken bei der Aufnahme wie am anderen Morgen
und weiterhin in keiuer Weise eiueu anderen Eindruck, als wenn sie einer
beliebigen anderen Ursache wegen nach stundenlanger Bahnfahrt eingetroffen
wären. Zumeist handelte es sich um ältere Fälle von Dementia praecox.
Die Untersuchung mehrorer Kranken, insbesondere solcher, die vom Kriege
gesprochen oder sich unter den Betten zu verstecken gesucht hatten, ergab,
daß sie von der Beschießung wußten und auch zum Teil Einzelheiten dar¬
über angeben konnten; auch ein wenig über den Krieg unterrichtet waren.
Im übrigen zeigten sie keinerlei Beeinflussung des Krankhoitsbildes. Ebenso
hatte sich bei den sonstigen Insassen des Klinik eine Beeinflussung be¬
stehender Psychoson durch den Krieg oder Kriegsausbruch nicht ergeben.
Mendel (142) hebt das verhältnismäßig seltene Aufgetreten der Psychosen
im gegenwärtigen Kriege hervor (es war das noch im Beginn des Feldzuges).
Eigentliche Kriegspsychosen gäbe es nicht, hingegen könne der Krieg —
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
wie das Trauma — der Psychose ein besonderes Gepräge geben. M. sah
eine Anzahl von Fällen von Dementia praecox, dagegen keinen Fall von
manisch-depressivem Irresein. Viele chronische Alkoholisten kamen wegen
Achtungsverletzung gegenüber dem Vorgesetzten mit dem Strafgesetz in
Konflikt. Im zweiten Teil des Aufsatzes führt der Autor einzelne
Hirnverletzungen an, deren Ausfallserscheinungssymptome fast wie experi¬
mentell erzeugt erschienen. In 5 Fällen, bei denen die A. femoralis unter¬
bunden war, fand sich eine typische Peroneuslähmung, ohne daß durch den
Schuß oder durch Lagerung der Peroneus verletzt war. M. hält daher diese
Lähmung für eine ischämische. Der Autor konnte zahlreiche Fälle von
Morbus Basedowii und besonders viel Fälle von akuter Neurasthenie beob¬
achten. Als prämonitorisches Symptom des Tetanus erwähnt M. erhöhte,
allgemeine Reizbarkeit und Stimmungswechsel; er hat das Leiden niemals
im Anschluß an leichtere Verletzungen beobachtet.
LÖwy (136) berichtet, daß bei seiner Mannschaft (Engländern) unter
etwa 1000 gewohnheitsmäßigen teils mäßigen, teils starken Biertrinkern nach
wochenlanger Abstinenz unter sonst für das Delirium tremens disponierenden
Momenten, wie Darmstörungen, Fieber, Pneumonien usw., kein einziges Ab¬
stinenzdelir vorgekommeu ist. Er glaubt, daß die günstige Wirkung der starken
Bewegung und dem ständigen Aufenthalt in der frischen Luft zuzuschreiben
ist. Auffällig war ihm ferner ein besonderer Gesichtausdruck bei den dem
Artilleriefeuer lange ausgesetzt Gewesenen (Kanonengesicht). Es zeigte sich
ein Ausdruck düsterer Spannung im Gesicht, der bei einzelnen auch etwas
Weltschmerzlich- Ironisches hatte. Es traten ferner bei der Mannschaft nach
schwerer Beschießung gehäufte Klagen über Parästhesien und Schwäche¬
gefühl in den Beinen auf; diese Sensationen fixierten sich bei einer Anzahl
und bestanden dann tage- und wochenlang, auch wenn die Truppe aus dem
Feuerberoich war. Bei einer Anzald stellten sich psychopathische Episoden
von Erregung und reaktiver Depression ein. Bald überwog die Apathie,
bald die Erregung, am häufigsten war eine Mischung von Depression, Er¬
regbarkeit und Apathie vorhanden.
Nach Laudenheimer (130) ist die Disposition das ausschlaggebende
Moment für die psychisch-uervösen Erkrankungen im Felde. Als disponierend
im weiteren Sinne hat auch die Zugehörigkeit zu den höheren oder gehobenen
Berufen zu gelten. Am stärksten disponiert sind die ängstlich-depressiven
Konstutionen. Die sehr seltenen Fälle, wo anscheinend bei Nichtdisponierten
durch Kriegsereignisse psychoneurotischc Störungen entstehen, äußern sich in
hysteroiden Symptomen und schließen sich vorwiegend an Granatenexplosionen
an. .Für die Wiederherstellung der Felddienstfähigkeit ist die Prognose bei
den Ängstlich-Depressiven am schlechtesten, bei den einfachen Neurasthenikern
(= Erschöpften) am günstigten. Epileptoide Konstitutionen, auch ohne
epileptische Anfälle, sind, weil zu Konflikten mit der Disziplin neigend, im
Felde bedenklich. Diese Punkte sind für den bei der Aushebung tätigen
Arzt besonders wichtig.
Juliusburger (108) bespricht drei Fälle von Kriegsneurose bei Personen,
bei denen ein starker femininer Einschlag im Seelenleben und auch in den
körperlichen Ausdrucksbewegungen hervortrat, und die außerdem ausgesprochen
infantile Züge aufwiesen. Die psychosexnello Indifferenziertheit dieser
Individuen, wodurch der feminine Zug in ihrer psychophysischen Konstitution
bedingt war, muß nach Ansicht des Autors als der Ausdruck einer Ent¬
wicklungsstörung angesehen werden. ln dem femininen Charakter der
Patienten kommt nicht ein Stück weiblichen Wesens rein und unverfälscht
zum Ausdruck, sondern es erscheint gleichfalls nicht rein entwickelt, es gibt
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
717
sich mehr verzerrt und getrübt. Das Fehlen der aktiven und aggressiven
(männnlicheu) Komponente in den vorliegenden Fällen kann nicht einfach
und ausschließlich aus dem femininen Grundzuge abgeleitet werden, sondern
in jener Ausfallsstörung hätte man gleichfalls eine Störung in der Ausreifung
und Ausbildung jener psychophysischen Mechanismen und Energien zu
erblicken, welchen der Drang zur Aktivität, der Wille zur Macht und Stärke
entsprechen. Der Mangel an Begeisterung zum Kriege, die völlige Kritik¬
losigkeit den großen Ereignissen gegenüber, das in allen derartigen Fällen
wiederkehrende Verlangen nach Frieden um jeden Preis ist sicher im
Zusammenhänge mit dem verzerrten und überweichen Mitleid 'anzusehen
als der Ausdruck einer Entwicklungsstörung der höheren seelischen Betätigung.
Derartige Individuen zeigen häufig Erscheinungen in ihrem Seelenleben, die
anf sehr tiefliegenden Entwicklungsstörungen boruhen und in das Gebiet
des Atavismus gehören. Von diesen ausgeprägten Fällen von psychosexueller
Indifferenziertheit mit starkem Hervortreten der femininen Komponente
sieht man fließende Übergange zu denjenigen Individuen, wo die Entwicklnngs-
störung nur einen geringen oder wenigstens keinen beträchtlichen Grad erreicht
hat, immerhin aber soweit gediehen ist, daß manche Krankheitserscheinungen
hierdurch hervorgerufen und bestimmt werden oder aber eine eigenartige
Färbung und Prägung erfahren. Man wird die infantilen, femininen Züge
in der psychosomatischen Konstitution zahlreicher Fälle von Kriegsneurose,
Psychasthenie nicht vermissen. Man wird diese Fälle leicht von den Fällen
echter traumatischer Neurose im Sinne Oppenheims unterscheiden; bei
diesen fehlt vollständig die Entwicklungsstörung von dor gekennzeichneten Art.
Gerade das Fehlen derselben ist dem Autor ein Beweis für die Richtigkeit
des Krankheitsbildes der traumatischen Neurose durch Oppenheim. (Damit
setzt sich der Autor allerdings in einen Gegensatz zu denjenigen Forschern,
und das ist wohl die überwiegende Mehrzahl der Neurologen, die gerade auch
bei der sog. traumatischen Neurose erkannt haben, daß es sich fast aus¬
nahmslos um Personen handelt, deren Konstitution eine minderwertige, und
zwar eine angeboren minderwertige ist, ohne daß sie allerdings gerade eine
feminine zu sein braucht. Ref.) Der Autor führt dann noch ein Beispiel an, daß
man solche infantilen Charaktere auch unter dem weiblichen Geschlecht findet.
Jolly (107) gibt eine Übersicht über 319 Nervenkranke, die er in
ca. Vj Jahr im Lazarett zu beobachten Gelegenheit hatte, ln 13 Fällen
handelte es sich um angeborenen Schwachsinn, auch eine große Reihe von
Psychopathen fand sich unter dem Material. Für die güte Auslese, welche
bei den militärischen Musterungen getroffen wird, spricht der Umstand, daß
sich nur unter den Ersatzreservisten, nicht aber unter den Rekruten Leute
fanden, bei denen die Diagnose auf allgemeine Körper- und Nervenschwäche
zu stellen war. Ein großes Kontigent zum Material der Station stellten
die Neurastheniker (etwa 80 an Zahl). Fast alle waren schon vor dem
Feldzug, in der Regel schon seit langen Jahren nervös gewesen. In einer
auffallend großen Anzahl von Fällen (etwa 60) lautete die Diagnose auf
Hysterie. Aus diesem Kapitel bringt der Autor einige Einzelbeobachtungen,
die manches Interessante bieten. Epilepsie war nicht häufig. Einer ge¬
sonderten Besprechung unterzieht der Autor die Fälle von nervösen Folgen
nach Granatschock. Hier wirkt einmal das Bewußtsein der Gefahr, dann
der scheußliche Tod von Kameraden, dann der immense Luftdruck und
die giftigen Gase der Granate, wobei die Mannschaften oft zu Boden oder
gegen Bäume geschleudert werden usw. Fast immer tritt Bewußtlosigkeit
ein, die kürzere oder längere Zeit dauert. Die ins Lazarett gekommenen
Mannschaften klagten über Schwiudelerscheinungen, Kopfschmerzen und
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Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
Hörstörungen. Es ließ sich fast immer eine gesteigerte Erregbarkeit der
Herztätigkeit, Lebhaftigkeit der Kniephänomene, gesteigerte mechanische
Muskelerregbarkeit, ausgesprochenes vasomotorisches Nachröten und deut¬
liche Erregbarkeit des Gemüts feststellen, ln allgemeinen kann man
dieses Krankheitsbild als neurasthcnisches bezeichnen, wobei aber auch
mannigfache hysterische Erscheinungen mit hinzu!raten. Den Schluß der
Übersicht, die der Autor gibt, bilden die nervösen Störungen nach Kopf¬
schüssen und die peripherischen Lähmungen.
Higier (88): Der Soldat, in dessen Nähe eine Granate explodierte,
fiel sofort um. Die ersten (> Wochen nach dem Unfall sind dem Gedächtnis
ganz entschwunden, im Lazarett, dem er Mitte der 5. Krankheitswoche
zugeführt wurde, lag er halbbewußt, in einem Dämmerzustand, aus dem er
sehr schwer zu erwecken war. Die Augen waren ganz geschlossen oder
über der Norm geöffnet und vor sich vag hinsehend. Die Sensibilität war auf¬
gehoben, Bewegungen und Rellexe intakt. Die Pupillen reagierten träge. Auf
äußere Reflexe und Ansprechen reagierte er wenig oder gar nicht. Urin ließ er
unter sich. Nahrung nahm er zu sich, insofern man sie ihm in den Mund schob.
2—3 Wochen später war er bedeutend regsamer, erweckbarer, setzte sich
auf, öffnete die Augen, nahm selbst den Löffel in die Hand und Nahrung
von dem Teller, verließ das Bett, wich auf dem Wege Hindernissen aus,
alles jedoch noch im Halbschlafe. Keine Laute gab er von sich, Fragen beant¬
wortete er nicht. Von Anfang an führt der Kopf langsame pendelartige
Bewegungen in horizontaler und vertikaler Richtung aus, seltener nahm an
denselben der ganze Rumpf teil. Nach den ersten kalten drei Abreibungen fing
er an zu erwachen, brachte einzelne unartikulierte Laute hervor, allmählich
produzierte er leise und undeutlich einzelne Worte. Er ist aber auch jetzt,
nachdem die Sprache ganz zurückgekehrt ist, für die ersten Wochen noch
ganz amnestisch, vergißt auch sehr vieles von dem, was ihm vor ein paar
Stunden gesagt wurde. Der Zustand bessert sich mit jedem Tag. Hallu¬
zinationen waren nie vorhanden. Auffallend war die die ersten 2 Monate
ohne objektiv nachweisbare Ursache anhaltende subfebrile Temperatur
(36,8—37,6). Der noch am meisten an den altbekannten hysterischen
Somnambulismus erinnernde Zustand ist von Milli&n unlängst als Kriegs¬
hypnose beschrieben worden. ( Selbstbericht.)
Gemeinsam ist den von Fuchs (69) beobachteten Mobilmachungspsy¬
chosen: 1. Die Ätiologie: kongenitale Entartung und Mobilmachungserregung.
2. Der akute Beginn. 3. Die Stellung des Ich im Gefahrenmittelpunkt-. 4. Die
Todesangst mit äußerstem Affektausdruck. 5. Dio das Subjektive der Situation
ergänzenden und gewissermaßen beweisenden Halluzinationen; erst jeweils
mit deren Eintritt wurde die Psychose vollständig. 6. Somatische Symptome
7. Der rasche Verlauf der akutesten Periode. 8. Die relativ günstige Pro¬
gnose baldiger symptomatischer Besserung. 9. Die Gefahr paranoider Weiter¬
entwicklung. 10. Die Mobilmachungspsychoseu weisen die verschiedenste
Ätiologie auf. Immer aber besteht eine gewisse Degeneration. 11. Die
echte Mobilmachungspsyehose im engeren Sinn ist ätiologisch eine reine
Angstpsychose. 12. Sie entsteht auf dem Bodeu einer besonders gefärbten
Degeneration. 13. Die individuelle Disposition besteht in oiner angeborenen
Erlebnisunfähigkeit. Diese Minderwertigkeit ist eine Korrelation von vaso¬
motorischer Übererregbarkeit und von apperzeptiver Schwäche, von Mangel an
Willenskraft. 14. Der Abgang dieser unheilbar Minderwertigen ist für die
Armee ein Glück.
Consiglio’s (39) Arbeit gibt in einer sehr umfassenden Art eine Statistik
der wegen psychischer Krankheiten, Neurosen oder psychischer Abnormitäten
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
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aus dem italienischen Heere ausgemusterten Soldaten. Es werden die ein¬
zelnen Abarten psychischer Anomalie beschrieben und der Anteil genannt,
den die einzelnen Provinzen Italiens zu diesem Kontingent der Ausgemusterten
liefern. Außerdem wird neben einer Statistik der verbrecherischen Elemente
des Heeres den Erscheinungen, in welchen sich diese Verbrechen offenbaren,
nachgegaugen. Zum größten Teil sind es Elemente, die trotz sorgfältiger
Musterung in ihrer psychischen Anomalie nicht erkannt wurden.
Bickel (19), sich auf Experimente von Mosso über Vasokonstriktions-
erscheiuuugen an der Körpertiäche bei geistiger Anstrengung stützend,
sucht nachzuweisen, daß körperliche Überanstrengungen und Entbehrungen,
Alkoholmißbrauch usw. solche Störungen auszulösen vermögen, die auf
eine gesteigerte Erregung der Großhirnrinde oder einzelner Hirnrindeu-
zontren hinweiseu. Diese Wirkung, welche durch die Funktionsstörung
der Vasokonstriktoren hervorgebracht wird, summiert sich zu dem Einfluß
der Erregung, welche psychologisch motiviert ist und sich allenthalben
in Kriegszeiten geltend macht. Dieselben Schädlichkeiten, welche die zere¬
brale Innervation der Vasokonstriktoren stören und dadurch den Energie¬
gehalt der Hirnrinde steigern, schädigen andererseits aber auch die Hirn¬
rinde in ihrer Gesamtheit, d. h. auch diejenigen Bahnen, welche dem
psychischen Geschehen unmittelbar dienen, und rufen so Lähmungs- bzw.
Ermüdungserscheinungen auf psychischem Gebiete hervor. Aus dieser ver¬
schiedenartigen Wirkungsweise derselben Schädlichkeit resultiere ein Gemisch
von Reiz- und Ermüdungssymptomeu, wie es die auf Erschöpfung beruhenden
Neurasthenien charakterisiert.
Aschaffenburg’s (10) Aufsatz stellt in gedrängter Kürze eine An¬
weisung dar, wie Kricgsverletzte in neurologisch-psychiatrischer Weise zu
untersuchen und zu behandeln sind. Sie ist auf Ersuchen des Generalstabs¬
arztes der Armee ausgearbeitet, und durch das Kriegsministerium den Chef¬
ärzten der Eestungs- und Reservelazarette der Heimat zugeschickt worden.
Sie enthält: 1. allgemeine Vorbemerkungen, 2. spezielle Diagnosen, 3. Be¬
handlung, 4. Dienstfähigkeit. Da sie aus der Erfahrung eines berufenen
Fachmauns stammt, so ist hier in Kürze in sehr zweckmäßiger Form das
Wesentliche kurz zusammengefaßt.
Krankheitstypen.
Bleuler (23) schildert zunächst die Störungen, welche den senilen
Psychosen gemeinsam sind. Zunächst geht er auf den Gedächtnisdefekt ein.
Besonders die Erlebnisse der letzten Zeit werden sehr rasch, in den schweren
Fällen unmittelbar, vergessen. Leider beschreibt man, sagt B., seit Wernicke
diese Art Gedächtnisstörung unter den Namen eines Defektes der Merk-
fähigkeit und des.Korsakowschen Symptomenkomplexes. Eine Störung der
Merkfähigkeit wäre aber nicht das Wesentliche an dem organischen Ge¬
dächtnisdefekt. Abgesehen von den höchstgradigen Fällen werden die Er¬
lebnisse doch gemerkt, sie können kurze Zeit, minuten- oder tagelang noch
reproduziert werden, verlieren aber rasch ihre Ekphorierbarkoit. Die Ver¬
legenheitskonfabulation zur Ausfüllung des Gedächtnisdefektes sei für diese
Kranken pathognomonisch. Daß diese Konfabulationen aber lenkbar sind
und daß sie eine Leere ausfüllen, unterscheidet sie scharf von den Gedächtnis¬
halluzinationen der Schizophrenie, die plötzlich auftauchen, in eine Ver¬
gangenheit hineingesetzt werden, die im übrigen gut erinnert wird, und die
durch äußere Einflüsse kaum zu verändern sind, höchstens wie paranoide
Wahngebilde mit der Zeit etwas umgebildet werden. Die Assoziationen bei
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720 Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
den Senilen werden eingeschränkt, und zwar nicht wie beim Idioteu in dem
Sinne, daß das Kompliziertere und das weniger Gewohnte nicht gedacht
werden kann, sondern deutlich in der Weise, daß das, was gerade einem
aktuellen Affekt, einer Strebung entspricht, gut oder leidlich gedacht wird,
das Gleichgültige und das der Strebung Widersprechende gar nicht hinzu¬
gezogen werden kann. Durchgehend ist eine egozentrische Einengung bei
den Senilen nicht, sie fehlt vor allem bei allen manisch Erregten. Charakte¬
ristisch sei die Neigung zur Perseveration, sie beruht auf der Gedächtnis¬
schwäche und auf der Verlangsamung des zeitlichen Verlaufes der Asso¬
ziationen. Eine weitere wichtige Störung ist die Labilität der Affekte, der
Affekt steigt rasch an, verliert sich aber auch wieder sehr rasch. Die Be¬
hauptung, daß bei den Senilen die feineren Regungen, die ethischen Gefühle
zugrunde geheu, sei nicht richtig. Die Kranken fassen vieles nicht auf,
worauf die Gesunden reagieren; dann können sie natürlich auch nicht die
entsprechenden Affekte haben. Bei den nicht seltenen sexuellen Verbrechen
Seniler bandelt es sich nicht um eine eigentliche ethische Störung, sondern
die Beschränkung der Assoziationen läßt die Kranken in einem Kinde nur
noch das Weib sehen, während alle anderen Assoziationen nicht mehr herbei¬
gezogen werden können. Die sog. Gleichgültigkeit des Organischen sei
also gar keine eigentliche Affektstörung, sondern eine normale Gefühlslage
bei eingeschränkten Assoziationen. Die auffälligsten Charakteristika des
oiganischen Blödsinns sind affektive Inkontinenz, die Kritiklosigkeit und
die große Vergeßlichkeit bei relativ besser erhalteuer Erinnerung der früheren
Erlebnisse. Nachdem der Autor noch die akzessorischen Symptome be¬
sprochen hat, skizziert er kurz das arteriosklerotische Irresein, die Dementia
senilis und die Presbyophrenie.
Nach Auffassung von Frey (68) ist die Alzheimersche Krankheit,
von der er zwei Fälle klinisch und anatomisch untersuchen konnte,
trotz der eigentümlichen Sprach- und praktischen Störungen keine selb¬
ständige Krankheit, sondern eine atypische Form der senilen Demenz. Sie
kommt nicht nur im präsenilcn Alter zur Ausbildung, sondern wird auch
im vorgeschrittenen Alter beobachtet, obzwar ihr Vorkommen im präsenilen
Alter ein viel häufigeres ist. Bezüglich der anatomischen Veränderungen
besteht ein Unterschied zwischen den beiden Formen nur in ihrer Loka¬
lisation und ihrem Grad. Die schwersten anatomischen Veränderungen der
AIzheimerschen Krankheit sind im Gyrus angularis und Schläfeulappen zu
beobachten. Die Alzheimersche Krankheit ist anatomisch durch hochgra¬
digen Hirnschwund, Drusenbildung, Ganglienzellen- und Fibrillendegeneration
gekennzeichnet. Die Drusen sind allem Anschein nach pathologische Stoff¬
wechselprodukte, welche sich im verdichteten Gliaretikulum cinlagern, zwischen
denen gliöse Abraumolemente erscheinen. Die Achsenzylinder weisen an der
Peripherie und im Innern der Drusen zum Teil degenerative Veränderungen,
zum Teil proliferative Reizerscheinungen auf. Das umgebende Gliagewebe
reagiert auf die Einlagerung der pathologischen Stoffwechselprodukte durch
Bildung großer faserbildender Gliazellen, deren Fasern den Herd eiukapseln.
Die Ganglienzellen neigen zur fettig-pigmentösen Degeneration; ein Teil der
fettig entarteten Zellen geht zugrunde, der andere sklerosiert. In den in tieferen
Schichten liegenden Zellen gibt sich der Untergang der Zelle in einer fein¬
körnigen Umwandlung des Zellprotoplasmas kund, welche daun zu Vakuolen¬
bildung führt. Dio Fibrillendegeneration besteht in einer Verdickung der
Fibrillen, welche dadurch entsteht, daß sich die feinen Fibrillen durch eine
Kittsubstanz verkleben und klumpig werden. Die verdickten Nervenfibrillen
neigen zu Schlingeubilduugen. Die verklebten Fibrillen zeigen eine große
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
721
Affinität za Silberstoff. Bei der Alzheimerschen Krankheit hat die Archi¬
tektonik der Rinde gelitten.
Krueger ( 126 ) meint, daß der Schnitt, mit dem Kraepelin die para¬
noiden Erkrankungen seiner Paraphreniegruppe von der Dementia praecox
schied, nicht an der richtigen Stelle angelegt, ist. Die Paraphrenia phan-
tastica gehöre unbedingt zur Schizophrenie. Über die Paraphrenia confabu-
latoria möchte Krueger kein sicheres Urteil fallen, doch scheine sie der
■ersteren sehr nahe zu stehen. Unzusammenhängende, wechselnde, unsinnige,
phantastische Wahnideen in Verbindung mit katatonen Symptomen und
dem Ausgang in Verblödung lassen nach unserer heutigen Kenntnis eine
Dementia praecox als sicher annehmen. Jedenfalls müßten diese Fälle
von dem Symptomenbilde der Paraphrenia systematica und expansiva im
Kraepelin sehen Sinne getrennt. werden. Krueger führt nun Kranken¬
geschichten hierherg?höriger Fälle an. Wahnideen, persekutorische wie
•expansive, beherrschen in allen beschriebenen Krankheitsfällen die Menschen,
Wahnideen, die in einem Alter entstanden sind, wo ein genügender Schatz
von Erfahrungen, von gefühlsbetonten Vorstellungskomplexen erworben ist,
aus dem die krankhaft gereizte Psyche schöpfen kann. Demgemäß sind die
krankhaften Vorstellungen, da nebenbei keine Lockerung des Ablaufes der
Verstandesfunktionen statthat, logisch aufgebaut, zum größten Teil auch
für den Geistesgesunden in ihrer Ausgestaltung durchaus verständlich, vor
allem die Verfolgungs- und Beeinträchtigungsideen. Als „unsinnig“ kann
man keine der erwähnten Vorstellungen bezeichnen; alle sind Abbilder tat¬
sächlicher Vorgänge oder wenigstens Möglichkeiten, wenngleich sie ent¬
sprechend den zugrunde liegenden pathologischen Prozessen extrem ver¬
größert bzw. krankhaft verzerrt sind. Die Sinnestäuschungen sind es zweifel¬
los, die die Kranken am meisteu belästigen; keiner der Kranken ist
ganz frei davon; domiuierend sind die Gehörstäuschungen, ln der Regel
ist wohl die Wahnidee das primär entstandene Symptom, und erst auf dem
durch sie krankhaft vorbereiteten Boden entstehen Sinnestäuschungen. Die
Reaktion auf diese Sinnestäuschungen ist ebenfalls eine durchaus verständ¬
liche. Da die Erkrankung die Lebensdauer nicht abkürzt und meist erst in
einem Alter beginnt, wo ein großer Teil der dem Leben drohenden Gefahren
überstanden ist, so ist es kein Wunder, daß die Patienten, die demnach
fast ausnahmslos zu den langlebigen Menschen zu rechnen sind, in der letzten
Lebenszeit den Veränderungen, die das Alter für Körper und Geist mit
sich bringt, eine günstige Angriffsfläche bieten. Abgesehen von der im
letzten Stadium eintretenden Abschwächung erleidet die Intelligenz dieser
Kranken keine Einbuße. Ebensowenig wie die Intelligenz ist die Ethik
dieser Kranken von der gesunder Menschen verschieden. Das Leiden ist
ein exquisit chronisch-progressives und unheilbares; es kommen Remissionen
vor, die aber nie so weit gehen, daß eine völlige Heilung eintritt. Frauen,
besonders unverheiratete und Witwen, worden häufiger von der Krankheit
•ergriffeu als Männer. Die hereditäre Belastung spielt eine große Rolle. Der
Autor tritt nun der Frage näher, als ob man diese Fälle zur Paranoiagruppe
hinzurechnen muß, oder ob sie im Kraepelinschen Sinne eine besondere
Gruppe bilden, die mit der Gruppe der Schizophrenen zusammen als endo¬
gene Verblödungen bezeichnet werden solleu. Nach seiner Auffassung haben
•die vorher skizzierten Fälle mit der Dementia paranoides, d. h. mit der Gruppe
<ler Dementia praecox, nichts Wesentliches gemein. Eine längere Beobachtung
wird beide Gruppen gut voneinander unterscheiden lassen. Übergänge
zwischen beiden kann es nicht geben, da sie ihrem innersten Wesen nach
grundverschieden sind. Es scheint dem Autor daher nicht angängig, beide
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1 * 15 .
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722
Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie und
Formen von Krankheiten in einer Gruppe als „endogene Verblödungen“
zusammenzufassen, weil der Begriff der Verblödung auf die oben beschriebenen
Krankheitszustände keineswegs anwendbar ist. Was Kraepelin als Para-
phrenia systematica und expansiva angibt, gehört zu denjenigen Psychosen,
die in der Literatur seit Jahren als Paranoia beschrieben sind.
Bei der Beobachtung von Plahl (171) handelte es sich um einen Fall,
bei dem im 5. Monat der Gravidität eine Polyneuritis nach vorhergegangener
Hyperemesis auftrat. Im Anschluß daran bei gleichzeitigem Aufhören des
Erbrechens entwickelten sich psychische Störungen in Form der Korsa-
ko ff sehen Psychose: Mangel an Orientierungsvermögen bezüglich Ort und
Zeit, Verminderung der Merkfähigkeit, retroaktive Amnesie, Konfabulation.
Zur Zeit der voll entwickelten Psychose trat spontaner Abort eines schon
längere Zeit toten Fötus ein. Bei der Nachuntersuchung nach einem Jahr
findet sich eine völlige Amnesie an die Erkrankungszeit und Verminderung
der geistigen Leistungsfähigkeit Als ätiologischer Faktor kommt nach An¬
sicht des Autors einmal eine neuropathische Grundlage in Betracht, ferner
sei die schwere Inanition zu berücksichtigen, die bei der Patientin nach
wochenlangem, fortwährendem Erbrechen aufgetreten ist. Man könnte von
einer Polyneuritis alimentärer Ätiologie sprechen, vielleicht ähnlich jener, die
hei Beriberi auftritt.
ln dem von Pötzl und Hess (173) mitgeteilten Falle handelt es sich
um eine rekurrierende Katatonie mit akuten Attacken, die zumeist in die
prämenstruelle Zeit fallen und dann besonders schwer verlaufen, wenn die
erwartete menstruelle Blutung ausbleibt. Im ersten Jahre der Erkrankung
entwickelt sich während einer besonders heftigen Attacke dieser Art eine
Albuminurie, die, zunächst zyklisch an die akuten Phasen gebundeu, wieder¬
kehrt, schließlich aber, gleichzeitig mit einer immer mehr zunehmenden Blut¬
drucksteigerung, zu einer chronischen Nierenerkrankung führt. Den aknten
Attacken der Psychose und der mit ihnen verbundenen vermehrten Eiweißaus¬
scheidung geht regelmäßig eine Erhöhung der Erythrozytenzahl parallel.
Die Kranke zeigte eine infantilistische Konstitution, die anscheinend auf
hereditäre Lues zu beziehen ist: auf der gleichen Basis steht vielleicht eine
angeborene Minderwertigkeit der Nieren, die sich später in den besonderen
Krankheitserscheinungen äußerte. In Erwägung aller in diesem Falle auf¬
getretenen Erscheinungen kommen die Autoren zur Annahme einer gleichen
Grundursache, nämlich eines relativen Sauerstoffmangels im Körpergewebe,
der besonders stark in den akuten Phasen der Katatonie vorherrscht, während
er in den intervallären Zeiten geringer ist. Die Eigenschaft des Ovarial-
extraktes, Polyzythämie zu bewirken, legt es nahe, die menstruelle Polyzyt¬
hämie als eine der Hormonwirkungeu des Ovariums aufzufassen. Die all¬
gemein bestehende Analogie der Hormonwirkungen mit pharmakodynami-
schen Wirkungen macht es wahrscheinlich, daß sich diese Wirksamkeit eines
Hormons nach Art des Effektes der oxydationshemmenden Medikamenten-
gruppe vollzieht. Dieser Anschauung folgend, erblicken die Autoren in der
chemischen Koordination des weiblichen Organismus einen Apparat, der auf
pharmakodynamischem Wege zyklisch wiederkehrende und in der Norm
regelmäßig ablaufende Schwankungen der Oxydationen in Geweben des
Körpers bewirkt. Durch den Einfluß der kombinierten Hormonwirkungen,
unter denen zu dieser Zeit eine wahrscheinlich an das Ovarium geknüpfte
Komponente prävaliert, erreichen die Oxydationen einen zyklisch wieder¬
kehrenden Tiefpunkt, der in die prämenstruelle Zeit fällt. Solange er inner¬
halb der physiologischen Schwankungsbreite variiert, führt er nur zu einem
Bildungsreiz in Körpergeweben. In extremen pathologischen Graden aber.
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Diagnostik der Geisteskrankheiten.
723
sei es für sich allein, sei es im Zusammenwirken mit gleichgerichteten
Momenten, führt er zur Überladung der Gewfebe mit Kohlensäure, Säure¬
bildung, Anhäufung von Ermüdungsstoffen nnd damit zu einer Tendenz der
Gewebe zur Schwellung. Es kann für den vorliegenden Fall angenommen
werden, daß die an die krisenhafte prämenstruelle Zeit gebundene gesteigerte
Tendenz der Gewebe zur Schwellung sich zunächst gegen zwei ihrer Anlage
nach minderwertige Organe richtete, gegen das Gehirn und gegen die Nieren,
und daß es so zu zyklisch wiederkehrenden, in ihrer Heftigkeit sich steigern¬
den akuten Erkrankungen kam, deren Residuen schließlich zu einer chroni¬
schen Krankheit führten.
Redlich’s (174) Fall von Narkolepsie ist folgender: Bei einem 19jähr.
Patienten, Sohn eines Trinkers, sonst aber hereditär nicht belastet, bestehen
seit mehreren Monaten Anfälle, die man nach der Schilderung und Beob¬
achtung als Schlaf anfäll e bezeichnen muß. Eingeleitet von Kopfschmerzen
und einem Gefühl von Schläfrigkeit treten diese Zustände auf, in denen
Patient ganz den Eindruck eines Schlafenden macht Kopf und Lider
sinken herab, das Gesicht ist leicht kongestioniert und die Respiration Hach.
Patient spricht auch von Traumzuständen, weil er, wie er behauptet, wäh¬
rend dieser Zustände des öfteren träume. Patient ist nur selten und dann
nur vorübergebend imstande, das plötzlich auftauchende Schlafbedürfnis zu
unterdrücken, wohl aber kann er meist durch Anrufen oder Rütteln geweckt
werden, ist dann wie beim Erwachen aus dem natürlichen Schlafe kurze
Zeit etwas schwer besinnlich, dann aber wieder ganz in Ordnung. Die An¬
fälle kommen mehrmals des Tages während der Arbeit, auch auf der Straße
beim Gehen vor, mit Vorliebe aber dann, wenn Patient ohne Beschäftigung in
ruhiger Umgebung sitzt. Die Dauer der Schlafanfälle ist kurz, einige Mi¬
nuten, aber auch eine halbe bis mehrere Stunden. Patient macht trotz
guten Nachtschlafes doch immer einen schläfrigen Eindruck. Gemütsbewe¬
gungen haben auf die Anfälle keinen Einfluß. Beim Lachen hatte Patient
das Gefühl, als müsse er zusammensinken, knickte dabei in den Knien ein,
ließ auch gelegentlich einen Gegenstand, den er in der Hand hielt, fallen.
Epileptische und hysterische Symptome fehlten. Die Behandlung war voll¬
kommen erfolglos. Über die Ursache der Erscheinung ist sich Redlich
vollkommen im unklaren, ebenso wie sie bei den bisher in der Literatur
mitgeteilten Fällen nicht aufgeklärt werden konnte.
Smith (199) beschreibt einen Patienten, der in mehreren Anfällen
von manisch-depressivem Irresein als erstes Symptom einen akut einsetzenden
katatonischen Zustand zeigte.
Strecker (221) berichtet über eine Psychose, welche 17 Jahre anhielt
und dann in ziemlich vollkommene Genesung überging. Es handelt sich um
eine Frau, die einige Monate nach einer schweren Geburt erkrankte; zuerst
war ein ruheloser Verwirrtheitszustand vorhanden mit leichtem Fieber, dieser
ging in einen Zustand von Teilnahmslosigkeit für die eigene und für fremde
Personen, für Kleidung, Nahrung usw. über, so daß die Kranke das Bild
der Demenz darbot. Letzterer Zustand blieb nun jahrelang unverändert,
bis allmählich eine Besserung eintrat. Die Diagnose ist unsicher; möglicher¬
weise hat es sich um einen infektiösen Prozeß gehandelt.
In Theunissen’s (225) Fall handelt es sich um einen 47 Jahre alten
Patienten, der das Krankheitsbild der präsenilen Demenz darbot. Außer¬
dem bestand wahrscheinlich eine Leukämie. Der Autor nimmt an, daß ein
toxisch wirkendes Agens den zerebralen Prozeß verursacht hat. Histopatho-
logisch war der Prozeß durch eine chronische und schwere Zellenkrankheit
charakterisiert, die sich diffus über die ganze Rinde ausgebreitet hatte. Ob
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724 Allgemeine Ätiologie, Symptomatologie u. Diagnostik der Geisteskrankheiten.
das toxische Agen3 zuerst die Veränderung des Blutes ergriffen hat und
die Hirnrinde daun sekundär befallen wurde, oder ob beide gleichzeitig von
derselben Noxe befallen wurden, darüber kann der Autor kein sicheres
Urteil abgeben.
Es bandelt sich im Falle, über den Tode (228) berichtet, um eine
auf dem Boden der perniziösen Anämie entstandene amentiaartige Geistes¬
störung bei einer 54jährigeu Frau.
Borchardt (27) nimmt an, daß in dem von ihm beobachteten Falle
folgende Annahme die größte Wahrscheinlichkeit hat: Bei einem vou Hause
aus an den Körperorganen (Status asthenicus) und speziell am Nervensystem
(Migräneanfalle) minderwertigen und widerstandsschwachen Individuum ist
als endogene Nervenkrankheit eine multiple Sklerose aufgetreten, und im
Verlauf dieser multiplen Sklerose machen sich vielleicht ausgelöst oder be¬
günstigt durch interkurrente exogene Faktoren (Durchfalle usw.) psychische
Störungen geltend, die unter der ungewöhnlichen Form eines paralytisch
ausselienden Symptomenkomplexes in Erscheinung treten.
Psychiatrisches von berühmten Persönlichkeiten.
Ebstein (55): Ernst Platner gehört zu jenen tatkräftigen Männern,
denen die Universität Leipzig die Existenz ihrer medizinischen Klinik ver¬
dankt. Seine Lehrtätigkeit beschränkte sich nicht auf Medizin, sondern er
las Physiologie, Psychologie, Logik, Metaphysik, Anthropologie, Moralphilo-
sophie, Ästhetik, Staatsarzneikunde und gerichtliche Medizin. Dieser hervor¬
ragende Gelehrte, zu dessen Füßen das ganze gebildete Leipzig gesessen
hatte, war im späteren Alter geisteskrank geworden. Die Psychose ist ge¬
kennzeichnet durch Verfolgungs- und Größenideen, Angstzustände, körper¬
liche Erregung und nächtliche Unruhe, Verwirrtheit, Mangel an Orientie¬
rung bei erhaltener Erinnerungsfähigkeit für läugst Vergangenes, starke
affektive Schwankungen und illusionäre Erscheinungen.
Jentsch (104) gibt ein Lebensbild des berühmten Forschers Faraday,
wobei er besonders eingehend über die Gedächtnisschwäche handelt, die
Faraday an sich selbst schon verhältnismäßig früh wahrgenommen hat,
und die ihm in seinem Schaffen sehr hinderlich gewesen ist. Zum Belege
für diese Gedächtnisschwäche führt der Autor viele Stellen aus Briefen von
Faraday selbst und von anderen Persönlichkeiten, die mit ihm verkehrten,
auch von seinem Arzte, der ihn in den letzten Jahren behandelt und eine
Biographie über ihu geschrieben hat, an. Über die Natur des Nervenleidens
von Faraday läßt sich nach Ansicht des Autors etwa folgendes sagen:
Faraday war ein geborner Neuropath. Er zeigte schon in der Jugend große
Erregbarkeit, später nervöse Empfindlichkeiten, teilweise erhöhte Affektivität,
reizbare Schwäche, große Erschöpfbarkeit, Wunderlichkeiten; er litt an Kopf¬
weh. Der Typus seiner nervösen Veranlagung war vornehmlich der neur-
asthenische, wahrscheinlich mit leichtem hysterischen Einschlag. Während
eines au starken geistigen Strapazen reichen, aber sonst gesundheitlich
vorsichtig verbrachten Lebens erkrankte er zu Beginn seines fünften Jahr¬
zehnts an Gedächtnisschwäche, Schwindel, größerer Ermüdbarkeit, andauern¬
dem Kopfweh. Der Autor hält das Auftreten dieser Erscheinungen nicht
für eine Steigerung seiner Neurasthenie, sondern für ein besonderes Leiden
und glaubt, daß die Grundlage dieses Leidens in einer Arteriosklerose des
Gehirns bestand. Dieser Prozeß war anfangs leicht und schleichend, nahm
dann in den letzten Lebensjahren erheblich zu und führte zu völligem gei¬
stigen Siechtum.
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Idiotie, Imberillität, Kretinismus, Infmntilismus, psychopathische Konstitution. 725
Jentsch (103) schildert den Lebensgang und die Eigenart des be¬
deutenden Landschaftsmalers Claude Lorrain. Dieser Künstler laborierte
an einer Schreckneurose — er hatte einen Arbeiter vom Gerüst fallen sehen,
ihn aber noch retten können —, welche nach dem Vorfall es ihm unmöglich
machte, wieder ein Malergerüst zu besteigen. Es handelt sieb, wie der Autor
am Schlüsse zasammenfassend sagt, bei CI. Lorrain am eine einseitige be¬
gabte Natur, bei der die Gabe früh und mächtig hervortritt, und welche,
wenn auch intellektuell nicht eben abnorm, so doch einigermaßen geistig
schwerfällig außerhalb einer ganz ungewöhnlichen Anlage zur Malkunst bei¬
nahe kein anderes Interesse besitzt. Der Künstler ist von weicher, sanfter
Sinnesart, nachsichtig, wohlwollend, freigebig, dienstwillig, voll Achtung für
seine Mitmenschen, dabei ernst, selbstbewußt, auch im kleinen gewissenhaft
und sorglich, jedoch die Einsamkeit liebend und dem Verkehr und den Ver¬
wicklungen mit den Nebenmenschen abhold. Er bleibt unvermählt. Seine
Initiative ist schwach, nur die Verletzung seiner unmittelbaren und größten
Lebensinteressen ist imstande, ihn in zornige Erregung zu versetzen. Sein
infolge der disharmonischen Gesamtanlage bereits durch abnorme Hemmun¬
gen beeinträchtigtes Seelenleben erfahrt allmählich weitere Schädigungen
durch eine immer stärker sich geltend machende gichtische Diathese, welche
namentlich die bereits durch die ursprüngliche psychische Verfassung ge¬
gebene Disposition zu depressiven Stimmungen immer mehr verstärkt. Die
abnorme Anlage in Verbindung mit den Lebensschicksalen gibt Anlaß zur
Entstehung störender zwangsartiger psychischer Zustände. Solche drängen
sich bereits in die noch unabgeschlossene künstlerische Entwicklung hinein,
so daß er ungeachtet seiner den Durchschnitt hoch übersteigenden Gabe
sich bei verhältnismäßig geringen Schwierigkeiten von sonst weit untergeord¬
neten Fachgenossen unterstützen lassen muß (z. B. in der Darstellung der
Menschen- und Tiergestalten). Dem Autor erscheint es danach begreiflich,
wie auf solch vorbereitetem Boden infolge des schreckhaften Eindrucks
auf dem Gerüst während der Arbeit an den Fresken in der Carmeliterkirche
in Nancy auch die Phobie aufschließen konnte, von welcher zu Beginn des
Referates die Rede gewesen ist.
Dees (49) sucht zu erweisen, daß die Hauptfigur des Shakespeareschen
Dramas „Timon von Athen“ ein geisteskranker Mensch gewesen ist. Und
zwar würde man die Krankheit Timons nach der heutigen psychiatrischen
Lehre als manisch-depressives Irresein bezeichnen.
Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus,
psychopathische Konstitution.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
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726 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution.
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Idiotie, Imbezillität, Kretinismus. Infantilismus, psychopathische Konstitution. 727
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Idiotio. Zschr. f. Schwachs. 35. (1—2.) 2, 21.
Die psychologische Erforschung der schwachsinnigen Kinder erfährt in
Arbeiten dieses Kapitels manche Förderung. So prüfte Bloch den Fort¬
schritt, den solche Kinder an geistigen Fähigkeiten im Verlaufe eines Jahres
gewonnen hatten; Lomer beschäftigt sich mit der Schrift der Schwach¬
sinnigen und stellt mauches Charakteristische in dieser Beziehung für die
■Geistesschwachen fest; ebenso interessant ist die Arbeit von Weigl über
das apperzeptive Lesevermögen von Hilfsschulkindern und die Methode, die
^r angibt, ihnen das Lesenlernen zu erleichtern resp. erst zu ermöglichen.
Lazar und Peters zeigen an zwei Kindern, die sie genau untersuchten,
daß es eine isolierte Rechenbegabung und andererseits einen isolierten Rechen¬
defekt nicht gibt. Wittig beschäftigt sich mit der einseitigen Begabung
vieler Hilfsschulkinder. Von allgemeinem Interesse sind die Untersuchungen
Römers über Assoziationen bei geistig zurückgebliebenen Kindern. Be¬
merkenswert ist auch die Arbeit Wasners über den Verlauf der Dementia
praecox resp. anderer Geistesstörungen bei Schwachsinnigen im Gegensatz
zu Vollsinnigen. Erwähnenswert sind ferner die Arbeiten von Eliassow
über die erbliche Belastung bei Hilfsschulkindern und von Hoffmann über
das weitere Schicksal und den Werdegang solcher Kinder. Beachtung ver¬
dienen die Aufsätze Juliusburgers über die charakteristischen Züge des
psychischen Infantilismus; sehr anregend ist die Arbeit Stiers, der die
Neuropathie der Kinder auf eine fehlerhafte Anlage der phylogenetisch
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728 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantiliemus, psychopathische Konstitution.
ältesten Teile des nervösen Apparates zurückführt. Sehr bedeutungsvoll ist
alles das, was sieb aus dem Bericht Monkemöllers über die in den Für-
sorgeanstalten Hannovers uutergebrachten Fürsorgezöglinge enthüllt, auch
die gründliche Arbeit von Barth über 40 weibliche Fürsorgezöglinge ist
der Beachtung wert.
Idiotie and Imbezillität.
Wolfsohn und Oliver (59) beschreiben einen Fall von amaurotischer
Idiotie, der in seinen klinischen Erscheinungen und im histologischeu Be¬
funde mit den bisher beschriebenen übereinstimmt.
Über die Entstehung der mongoloiden Idiotie bestehen die verschie¬
densten Theorien: Sie wird zurückgeführt auf die mütterliche Erschöpfung,
auf irgendeinen Druck auf die basalen Gehirnganglien, auf eine Agenesie
des Cortex cerebri und endlich auf Lues congenita. Letzterer Theorie geht
Stevens (52) nach. An 20 Fällen von Mongoloiden wurden die Wassermann-
sche Reaktion im Blut und Liquor, Zellzählung im Liquor, Globulinbe¬
stimmung im Liquor nach Ross-Jones, Nonne und Noguchi und die
Langesche Goldsolreaktion angestellt. Es ergab sich, daß die Wasser-
mannsche Reaktion im Blut der Mongoloiden iu 10% der Fälle, im Liquor
in 25 % der Fälle sicher positiv war, während sie in 2 Fällen im Liquor
zweifelhaft blieb; Pleozytose fand sich in 20% der Fälle, Globulinvermehrung
in 90%, die Goldreaktion war ebenfalls in 90% der Fälle verändert, und
zwar lagen die Farbänderungen derselben in der luetischen Zone. Globulin-
und Goldsolreaktion gingen parallel. Bei zwei Geschwistern, deren Vater
sicher luetisch war, fand sich von allen Reaktionen nur eiue Pleozytose und
eine zweifelhafte Goldreaktion. {Misch.)
Hi gier (21): 20 Jahre alt. Von Geburt an physisch gut entwickelt Aus¬
gesprochene Akromegalie, besonders der Extremitäten. In geistiger Hinsicht
leichte Minderwertigkeit. Es scheint sich hier nicht um zufällig sich kom¬
binierende Krankheiten, sondern um zwei Symptomenkomplexe zu handeln,
die von derselbeu Grundursache abhängig sind, wahrscheinlich auf dem
Boden des Dysglandulismus entstanden (Dyspituitarismus). Für das An¬
geborensein der Akromegalie spricht hier zunächst die Tatsache, daß sie aus¬
schließlich die Extremitäten affiziert, die sonstigen Skelett- und Weichteile
beinahe gar nicht in Anspruch nimmt, was bei der gewöhnlichen Spätakro¬
megalie der Fall zu sein pflegt, 2. daß an den Extremitäten intensive vaso¬
motorische Erscheinungen vorhanden sind, 3. daß große Dehnbarkeit der
Bänder und Gelenke besteht und Ernährungsstörungen in der subkutanen
Schleimschicht, die sich klinisch kundgeben in Relaxation und enormer
Elastizität der Haut, so daß zentimeterlaDge Falten am Gesicht und Hals
gezogen werden können (cutis laxa). Diese vasomotorisch-trophischen Störungen
an vielfachen Geweben (Haut, Bänder, Gelenke, Knocheu) können nur von
einer schweren Läsiou der innersekretorischen Tätigkeit einer Drüse ab¬
hängig sein. Die akromegalische Imbezillität gehört zur großen Seltenheit.
Weygand erwähnt kurz in seiner neuesten Abhandlung über Idiotismus
eineu diesbezüglichen Fall. ( Selbstbericht ..)
Die Geistesstörungen, die von BuU&rd (9) bei Schwachsinnigen beob¬
achtet wurden, bestanden in einem plötzlichen Erregungs- und Gewalttätig¬
keitsausbruch ohne jeden genügenden Grund. Dieser Zustand hielt gewöhnlich
einen Tag oder mehrere an, dann kehrten die Patienten wieder in ihren
früheren Zustand zurück. Die Anfalle traten in verschieden langen Zwischen¬
räumen auf, meist in Abständen von mehreren Monaten. Gewöhnlich konnten
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Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 729
bestimmte Prodromalsymptome beobachtet werden, die in Gleichgültigkeit, Er¬
regbarkeit und Unruhe bestanden und kurze Zeit bis 24 Stunden vor dem
Anfall auftraten, so daß der Anfall vorausgesehen werden kann und Vor¬
sichtsmaßregeln getroffen werden können. Anschließend wird eine Anzahl
von einschlägigen Fällen mitgeteilt. (Misch.)
Bloch (7) prüfte nach der Methode von Bin et-Simon, wieviel ein¬
zelne Hilfsschulkinder in einem Jahre an geistigen Fähigkeiten zugenommen
hatten. Er fand einen Intelligenzstillstand bei 14, eine Zunahme von
1 / 2 Intelligenzjahr bei 10, eine Zunahme von 1 Intelligenzjahr bei 23,
von 2 Intelligeuzjahren bei 6 Versuchspersonen. Man komme bei Hilfs¬
schulkindern nicht über das 10. Intelligenzjahr hinaus bei einem Lebens¬
alter von 13—15 Jahren. Der Autor prüfte noch besonders bei Schwach¬
sinnigen die Angabe über leichtere und schwerere Gewichte und über das
Vermögen, aus einem etwas größeren Geldstück nach Abzug einer bestimmten
Summe richtig herauszugeben.
Lomer (35) hat in der Schrift der Schwachsinnigen folgende Merk¬
male gefunden: 1. Große Getrenntheit der Schrift. Sie ist in sämtlichen
Fällen unverkennbar. Die Getrenntheit der Schrift geht parallel mit der
Stärke der Verblödung. Diese Getrenntheit muß, da sie in sämtlichen
Fällen absolut konstant ist, als ein Kardinalsymptom der Schriftgestaltung
bei Demenz angesehen werden. Sie ist auch geradezu ein Gradmesser für
das Fortschreiten des Krankheitsprozessos. 2. Tremor und Ataxie finden
sich überaus häufig. Der Tremor kauu feiner und grobschlägiger sein.
Zuweilen steigert er sich zur Ataxie, die nach L.s Meinung nicht als qualitativ
besondere Bewegungsstörung zu gelten hat, sondern lediglich ein Maximum
der Koordinationsstörung bedeutet. 3. Schulmäßiger Schriftduktus ist mehr
oder weniger in sämtlichen Schwachsinnsfällen nachweisbar. Ganz rein zeigt
sich der schulmäßige Schriftcharakter nur in den tiefstehenden Formen. In
den etwas höherstehenden sind bereits Ansätze zu individueller Buchstaben¬
gestaltung vorhanden, wenngleich die Formenarmut ins Auge fällt. Das
Gesamtbild lehrt, daß mit wachsendem Schwachsinn auch die Neigung,
schulmäßig zu schreiben, wächst, während zunehmende Intelligenz mit Not¬
wendigkeit eine individuellere Schriftgestaltung zu bedingen pflegt. 4. Ab¬
weichungen von der geraden Linie in Zeilenführung und Buchstabenbildung
sind iD sämtlichen Proben die Regel. Die Buchstaben bevorzugen die ge¬
wundene, kurvige Linie und erhalten dadurch oft etwas Unfestes, etwas Kraft-
und Haltloses. 5. Ataxie der Satz- und Wortelemente, bestehend in Wieder¬
holungen oder Auslassungen von Buchstaben teilen, Silben, Worten sowie
in unverständlichen Worten oder wortähnlichen Gebilden ist eine bemerkens¬
werte Erscheinung. 6. Interpunktionsmängel sind gleichfalls sehr häufig.
7. An auffälliger Schriftgröße sind besonders die niederen Schwachsinns¬
formen beteiligt. 8. Unordentliche Aufmachung des Schriftstückes fand
sich* 8mal unter 19 Fällen. Der Autor macht auf einen ihm besonders
wichtig erscheinenden grapho-psychologischen Komplex aufmerksam, nämlich
auf graphische Äquivalente für Heuchelei und Verlogenheit; diese prägten
sich aus in geschlossenen Formen, Arkaden, doppelter Bogenbindung und
Fadenschrift. Diesen Symptomenkomplex faßt er als 9. Gruppe zusammen.
Nur die psychischen Werte von 1—4 scheinen konstant zu sein, die Werte
der Gruppen 6 und 6 schwächen sich mit relativ zunehmender Intelligenz
ab und werden mehr und mehr durch die Gruppen 7—9 ersetzt. Mau könne
demnach wohl von den konstanten Gruppen als von primären Schrifteigen¬
schaften sprechen, während Gruppe 6 und 6 als sekundär, Gruppe 7—9 als
tertiär bezeichnet werden könne.
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730 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infaotilismus, psychopathische Konstitution.
Weigl (55) schildert die Mängel des apperzeptiven Lesevermögens bei
manchen Schülern, besonders Hilfsschülern. Um diese Mängel herauszufinden,
verwendet er eine Reihe von Wörtern, in Großantiquabuchstaben dargestellt,
bei denen darauf geachtet ist, daß die Wörter trotz teilweise gleicher Buch¬
stabenfolge in den übereinstimmenden Teilen verschiedenen Sinn haben
und verschiedene Betonung notwendig machen. Weiter werden längere
Wörter verwendet, die zerrissen sind, in ihren einzelnen Teilen einigen Sinn
besitzen, aber erst in der Vereinigung das sinnvolle Wort geben. Endlich
werden direkt einige rätselhafte Inschriften zugefügt, z. B. Gebetbuch, Ge¬
bether, Vertrauen, Verslein, Versehen, Bettruhe, Bettag, Hir Schang er,
Komm Union An Zug, Sol Lund Hab En, Bewe Gunga Nort. Bei vielen
Schülern wurde durch fortlaufende Übungen das apperzeptive Sehen sehr
gefördert Ein Hilfsschüler aber, der intellektuell nicht so tiefstehend war,
daß er nicht das Lesen hätte erlernen köuneu, kam trotz aller Mühe und
Hilfeu über die Schwierigkeit des Zusammenlesens nicht hinaus. Bei
diesem und noch bei anderen Hilfsschülern zeigte sich der Mangel der
Apperzeption auch daran, daß sie zusammengehörige Körperteile von Tieren
nicht richtig zusammensetzen konnten. Weigl machte nun mit solchen Kindem
zunächst Versuche und Übungen, eiufache Bilder, die eine Person, ein Tier usw.
darstellten, in Teile zu zerschneiden und dann wieder zusammenzusetzen und
nachher einen Gegenstand aus seinen einzelnen Abschnitten zu rekonstruieren.
Nachdem dies monatelang geübt war, ging er daran, das gleiche Spiel auch
mit Buchstaben zu treiben, und nun gelang in verhältnismäßig kurzer Zeit
das Lesen ganz leicht.
Dem Psychiater und Heilpädagogen, so führen L&z&r und Peters (34)
aus, werden manchmal Kinder vorgefübrt, die als geistig zurückgeblieben
oder nicht schulfähig bezeichnet werden, die aber doch eine einseitige, schein¬
bar völlig isolierte Begabung für Rechenoperationen (insbesondere Kopf¬
rechnen) haben sollen. Auf der anderen Seite wieder bekommt er mitunter
Kinder zu sehen, deren psychische Entwicklung sonst scheinbar normal ist,
die jedoch in ihren Rechenleistungen weit hinter der Norm Zurückbleiben.
Aus der flüchtigen Beobachtung solcher Fälle könnte man schließen, daß es
eine isolierte Begabung für das Rechnen gibt und einen isolierten Mangel
einer solchen Begabung, einen isolierten Rechendefekt. Indem nun die
Autoren je ein Kind mit Rechenbegabung und eins mit Rechendefekt ge¬
nauer prüften, die beide ungefähr gleichaltrig waren, kommen sie zu dem
Resultat, daß bei dem einen Kiude weder eine einseitige Rechenbegabung,
noch bei dem anderen Kinde eiu einseitiger Rechendefekt vorlag, vielmehr
war die Begabung des einen eine ziemlich vielseitige, der Begabungsmangel
des anderen Kindes auch.
Die Resultate der Assoziationsversuche an geistig zurückgebliebenen
Kindern faßt Römer (46) folgendermaßen zusammen: 1. Geistig zurück¬
gebliebene Kinder haben zum Teil andere bevorzugte Assoziationen als nor¬
male Kinder. 2. Die Abweichungen treten am häufigsten bei Adverbien und
Pronominen als Reizworte zutage, am seltensten bei Adjektiven und Nume-
ralien als Reizworten. An den Abweichungen dürfte die mangelhafte Sp* ac “‘
beherrschung der geistig Zurückgebliebenen und das mangelhafte Verständnis
für den Sinn der Reizworte schuld sein. 3. Die geistig zurückgeblieb enen
Kinder haben weniger bevorzugte Assoziationen als die normalen Kiu ( ^ e^ •
4. Die geistig zurückgebliebenen Kinder haben auch teilweise andere bevor¬
zugte Assoziationen als die normaleu Kinder. 5. Unter den Assoziationen
der zurückgebliebenen Kinder sind Klangassoziationen und Wortergänzung 60
sehr zahlreich, es finden sich daneben vielfach egozentrische Reaktionen,
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Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 731
Perseverationen, Fälle von Beharren im Bedeutungskreis eines Assoziations¬
wortes, ferner Wortneubildungen. Das Auftreten einzelner Arten dieser
Reaktionen ist für manche geistig zurückgebliebenen Kinder charakteristisch.
6. Bei der überwiegenden Mehrheit der zurückgebliebenen Kinder gilt das
Marbesche Geläufigkeitsgesetz der Bevorzugung von Assoziationen. 7. Das
Ergebnis früherer Untersuchungen, daß abnorme Kinder längere Assoziations-
zeiteu haben als normale, wurde bei den in dieser Arbeit verwendeten Reiz¬
worten nicht bestätigt. 8. Klangassoziationen haben bei zurückgebliebenen
Kindern durchschnittlich eine kürzere Reaktionszeit als andere Assoziationen.
9. Bei geistig zurückgebliebenen Kindern nimmt die Häufigkeit der be¬
vorzugtesten Assoziationen mit znnehmendem Lebensalter nicht zu, hingegen
nimmt sie mit zunehmendem Intelligenzalter, bestimmt nach der Staffel¬
methode von Bi net und Simon, deutlich zu. 10. Die dem Lebensalter nach
ältesten zurückgebliebenen Kinder haben kürzere Assoziationszeiten als die
dem Lebensalter nach jüngsten, ebenso haben die dem Intelligenzalter nach
ältesten kürzere Assoziationszeiten als die jüngsten. 11. Die Korrelation
zwischen dem Lebensalter und der Häufigkeit bevorzugtester Assoziationen,
gemessen durch den Pearson sehen Korrelationskoeffizienten, ist bei normalen
Kindern bedeutend größer als bei geistig zurückgebliebenen. 12. Berechnet
man auf Grund von Versuchen an normalen Kindern eine Normalmindest¬
leistung an bevorzugtesten Assoziationen für die einzelnen Altersstufen, so
zeigt sich, daß die überwiegende Mehrheit der geistig zurückgebliebenen
Kinder unter der Normalmindestleistung ihres Lebensalters zurückbleibt.
Vergleicht man aber die nach ihrem Intelligenzalter gruppierten Zurück¬
gebliebenen mit der Normalmindestleistung des entsprechenden Intelligenz¬
alters der normalen Kinder, so seigt sich, daß die überwiegende Mehrheit
der Zurückgebliebenen diese Normalmindestleistung erreicht oder über¬
schreitet. Die Häufigkeit der bevorzugtesten Assoziationen im Assoziations-
versuch kann demuach als Symptom geistiger Zurückgebliebenheit und als Maß
der Größe der Retardation in einer abgestuften Testserie verwendet werden.
Wildmann (57) gibt eine kurze Charakteristik der unsozialen, geistig
minderwertigen Elemeute, die nicht leicht herauszuerkennen sind, und die
eine große Gefahr für die menschliche Gesellschaft bilden durch den Schaden,
den sie selbst anrichten und durch die defekte Nachkommenschaft, welche
sie hinterlassen. Sio scheinen sich nach Beobachtungen der Autors be¬
sonders zahlreich unter den Seeleuten zu befinden.
Wildmann (56) beobachtete an einem großen Materiale von Schwach¬
sinnigen folgende Psychosen: Amentia, manisch-depressive Zustände, De¬
mentia praecox, Epilepsie mit Erregungszuständen, Psychoneurosen und
Moral insanity. Die Psychosen bei den Imbezillen werden dann kurz
charakterisiert.
Wasner (54) behandelt eine Anzahl von Fällen von Pfropfpsychosen,
die er unter dem Material der Kückenmühler Anstalten zu Stettin zu beob¬
achten Gelegenheit -hatte. Außer Epilepsie, die nicht besprochen wird, sind
es 10 Fälle von Dementia praecox inkl. eines Falles von Dementia para¬
noides, zwei Fälle von manisch-depressivem Irresein, ein Fall von periodischer
Manie, die auf dem Boden des Schwachsinns entstanden sind. Von den
11 beobachteten Fällen von Dementia praecox zeigen 5 einen leichten Verlauf
ohne wesentliche Beeinträchtigung der psychischen Persönlichkeit, ein Fall
bietet einen schweren Verlauf mit Schädigung des psychischen Habitus.
Bei drei Fällen ist eine solche Schädigung zu erwarten, ein Fall ist bereits
im Stadium der Verblödung in die Anstalt aufgenommen worden. Ein be¬
sonders schwerer Verlauf der Dementia praecox bei Schwachsinnigen im
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732 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution.
Gegensatz zu den Vollsinnigen ist demnach nicht festzustellen gewesen.
Unter den beobachteten Fällen herrschte die stupuröse (torpide) Form der
Dementia praecox vor. Als diagnostisches Merkmal für das Vorhandensein
einer echten Dementia praecox oder eines echten manisch - depressiven
Irreseins auf dem Boden des angeborenen Schwachsinns die Forderung auf¬
zustellen, daß der Ausgang der Psychose keine Beeinträchtigung des psy¬
chischen Gesamthabitus verursachen dürfe, erscheint dem Autor im Hinblick
auf die schweren psychischen Schädigungen, die diese Psychosen bei Voll¬
sinnigen hinterlassen können, nicht haltbar. Fälle, die im Sinne von
Kraepelin als infantile oder fötale Formen von Dementia praecox auf-
zufassen wären, sind nicht beobachtet worden. In bezug auf die Psychosen
scheint der Schwachsinn insofern einen Einfluß auszuüben, als bei den para¬
noiden Formen der Dementia praecox eine gewisse Beschränktheit uud
Armseligkeit des Gedankeninhalts der Wahnvorstellungen zutage tritt; bei
den sonstigen Fällen von Dementia praecox ist eine für den angeborenen
Schwachsinn charakteristische Färbung der Psychose nicht zu beobachten.
Bei den manisch-depressiven Fällen macht sich eine starke Beeinflussung
durch äußere Anlässe und eine Ärmlichkeit und Einförmigkeit der Affekte
und des Ideeninhalts bemerkbar, die wenigstens in den drei vom Autor beob¬
achteten Fällen der Psychose eine so charakteristische Färbung gaben, daß
man auch ohne Anamnese aus dem Zustandsbild der Psychose auf eine
geistig minderwertige Grundlage schließen könnte. Ob dies in allen Fällen
von manisch-depressivem Irresein auf dem Boden des angeborenen Schwach¬
sinns zutrifft, ist unentschieden.
Berkeley (6) schildert zunächst die körperliche und geistige Ent¬
wicklung der höheren Gattung der Imbezillen bis über das Pubertätsalter
hinaus. Die bei ihm vorkommenden Geisteskrankheiten teilt er in folgende
Gruppen: 1. die Dementia praecox-Gruppe: 2. die alternierenden Psychosen;
3. die Dementiagruppe; 4. Fälle mit speziellen Störungen des Gehörs,
Gesichts und Geschmacks (akute und chronische Halluzinosen): 5. Fälle,
welche durch das Bestehen von Wahnideen charakterisiert sind; 6. Fälle mit
triebartigen Handlungen pathologischer Natur.
Hampel (17) beschreibt einen schwachsinnigen Jungen, der eine
ungewöhnliche Begabung im raschen Erfassen einer ungeordneten Menge von
Gegenständen, im raschen Zählen und in der Abschätzung der Länge und
Breite von Gegenständen hatte.
EliftSSOW (13) hat bei Hilfsschulkindern über die Frage nach der
erblichen Belastung Untersuchungen angestellt, indem er Familieunach-
forschungen anstellte. Die Nachforschungen wurden nur in solchen Familien
angestellt, aus denen zurzeit mehrere Kinder die Hilfsschule besuchten.
Das Ergebnis, welches aus ca. 60 Familien gewonnen wurde, war folgendes:
In der Familienanamnese stehen zwei Erscheinungen im Vordergrund, der
Alkoholismus, dessen Prozentsatz sehr hoch ist, und die Tuberkulose. Die
persönliche Vorgeschichte der Hilfsschulkinder weist nicht-solche Faktoren auf,
die besonders ins Auge fallen. Bei dem einen Kind sind es diese Schäden
in der individuellen Entwicklung, bei dem anderen jene, die sein Zurück¬
bleiben bewirkt haben. Besonders hoch schätzt Verfasser den Einfluß des
sozialen Milieus ein. Alle Schädigungen angebornor oder erworbener Art
kommen um so mehr zur Geltung, je ungünstiger das soziale Milieu ist,
in dem das Kind aufwächst. Die Voraussetzung, von der der Antor aus¬
gegangen war, daß die Untersuchung von Geschwistern unter den Hilfs¬
schülern besonders viel von erblicher Belastung zutage fördern würde, bat
sich nicht bestätigt. Es hat sich keine besonders starke Belastung ergeben.
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Idiotie, Imbezillität, Kretiuismus, Infan tilismus, psychopathische Konstitution. 733
Daraus wäre die Folgerung abzuleiten, daß der erblichen Belastung keine
so große Bedeutung zukommt, als man im allgemeinen auzunehmen geneigt
ist Zum mindesten ebenso hoch, wenn nicht noch höher, sind die schäd¬
lichen Einwirkungen in der eigenen Entwicklung und der unheilvolle Einfluß
des sozialen Milieus einzuschätzten.
Hoffmann (23) gibt einen Bericht über das Schicksal und den Werde¬
gang von 83 Hilfsschulkindern nach deren Entlassung aus der Schule. Er
bespricht ihr weiteres Verhalten im Erwerbsleben, ihre weitere körperliche,
geistige und sittliche Entwicklung. Bemerkenswert sind unter den Angaben,
daß sich 38 Kinder geistig besserten, daß 33 Kinder auf der gleichen geistigen
Stufe stehen blieben und daß 10 Kinder geistig zurückgingen. Vor Gericht
wegen straffälliger Handlungen kamen 10 Kinder.
Kirmße (30) erwähnt, daß mehrere Zöglinge der Anstalt Idstein auch
in den Krieg gezogen sind und sich gut bewährt haben. Daran anknüpfend
lenkt er die Aufmerksamkeit auf Volkssagen und Volkslieder, in denen
Schwachsinnige eine Heldenrolle spielen.
Wittig (58) berichtet über geistige Fähigkeiten von 14jährigen Hilfs¬
schulkindern beim Unterricht. Häufig ist das Auftreten einseitiger Be¬
gabungen. Einige Schüler hatten eine besondere Gedächtnisbegabung, bei
anderen wiederum war das Gedächtnis auffallend schlecht Bei einem dritten
Typus war der Sinn für das Sprachliche mangelhaft entwickelt, beim vierten
Typus war Zahlen- und Raumsinn kärglich, zu diesen kommen als fünfter
Typus die schlechten Rechner. Unter 143 Schülern waren 64 beständig in
ihrer Neigung für ein bestimmtes Fach, die übrigen wechselten in der Wahl.
Hierbei war uach Ansicht des Autors der Vorstellungstyp für die Wahl ma߬
gebend. Es ließen sich folgende Gruppen herauslösen: Gruppe 1: Das akustische
Moment herrscht vor (Geschichte-Religion); Gruppe II: Das akustisch¬
optische Moment herrscht vor (Erdkunde, Naturkunde usw.); Gruppe III:
Das motorische Moment herrscht vor (Lesen, Rechnen, Singen); Gruppe IV:
Das optisch-motorische Moment herrscht vor (Zeichnen-Lesen, Lesen-Schreiben,
Rechuen-Arbeitsunterricht usw.); Gruppe V: Besondere Fälle; Gruppe VI:
Die Unbeständigen. Den Schluß der Arbeit bilden Beobachtungen über
Werturteile bei Hilfsschülern, wie sie aus kleinen Aufsätzen, aus der Lektüre
usw. zu ersehen waren.
Zimmermann (62) bespricht zunächst die Entwicklung und normale
Anlage, Ausbildung und Stellung der Kiefer und Zähne. Er geht dann auf
die verschiedenen Anomalien ein, die sich in der Ausbildung und Stellung
zeigen, und bespricht ausführlich deren Ursachen. Zum Schluß kommt er
auf die Zahn- uud Kieferanomalien bei Idioten resp. Schwachsinnigen zu
sprechen, bei denen sich Abweichungen besonders häufig finden. Die ver¬
hältnismäßig starke Prädisposition der Schwachsinnigen zu Biß- und Kiefer¬
deformitäten erkläre sich aus der häufigen anomalen Entwickeluug der ganzen
Schädelbasis. Nach den von verschiedenen Forschern angestellten Statistiken
ist die häufigste Kieferdeformität bei den Idioten der V-förmige Kiefer mit
hohem spitzbogenartig gewölbten Gaumendach, es folgt sodann an Häufigkeit
der Prognathismus des Oberkiefers. Außer der Entwicklungshemmung der
Schädelbasis kommen als ursächliche Momente Konstitutionskrankheiten,
namentlich Rachitis, Skrofulöse und angeborene Syphilis in Betracht; in
neuerer Zeit ist auch auf den Einfluß der Drüsen mit innerer Sekretion
hingewiesen worden, die ja bei Idioten vielfach in ihrer Wirksamkeit gestört
sind. Wesentlich für die Deformitäten der Zähne und Kiefer sei auch die
Schwerbeweglichkeit der Zuuge, die sich bei Idioten, besonders den Kretins
findet. Den Schluß der Arbeit bilden Bemerkungen zur Therapie.
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734 Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution.
Büttner (10) setzt nach den Definitionen yon Gutzmann, Liebmann
u. a. das Wesen der Hörstummheit auseinander und hat auf eine Anfrage
bei Üilf8schullehrern, wohin diese Kinder eingeschalt werden sollen, yon der
Mehrzahl die Antwort erhalten, daß hei dem Mangel spezieller Anstalten
für solche Kinder die Hilfsschule noch die relativ beste und geeignetste
Schale wäre.
Kretinismus-
Der Aufsatz über Kretinismus von Scholz (50) bringt in gedrängter
Kürze und vortrefflicher Darstellung das über Kretinismus Wissensnötige.
Die beigegebeneu Abbildungen sind außerordentlich instruktiv. Die Darstellung
stützt sich auf vielfache eigene Untersuchungen und Erfahrungen.
Kraus, Rosenbusch und Maggio (32) unterziehen die Frage der
Chagas-Erkrankung und ihre Beziehungen zum endemischen Kropf und
Kretinismus einer eingehenden Besprechung. Sie gelangen zu dem Schluß,
daß eine chronische Erkrankung, bedingt durch Schizotrepanosoma Crusi,
die mit Kropf, Myxödem, Idiotie, Diplegie einhergeht, bisher nicht ein¬
wandfrei erwieseu ist.
Infantillimus.
Juliusburger (25) entwirft ein Bild von den wesentlichen und charak¬
teristischen Zügen des psychischen Infantilismus. Er hebt den kindlichen
Gesichtsausdruck und den Mangel an Expressivbewegungen hervor. In gei¬
stiger Hinsicht fehlt das Zielbewußte, dabei jagen die Gedanken bunt hin
und her. Bezeichnend auch für den infantilen Typ der Psyche ist das
Uberwiegen des okkasionellen primitiven Denkens und das mehr oder weniger
erhebliche Zurücktreten der innerlichen kausalen Verbindung der Vor¬
stellungsreihen. ln weitgehendem Maße ist die Affektivität betroffen, die
Labilität der Stimmungen geht bis zur Zyklothymie, das Affektleben ist
flach; häufig besteht Gefiihlsverarmnng, welche sich bis zu den Erscheinungen
der Moral insanity steigern kann. Mit diesen Störungen des Affektlebens
steht die Neigung zu Angst und Furcht in Verbindung, ferner die Schüch¬
ternheit und Unbeholfenheit, der Hang zum Lügen, Stehlen, zur Imitation
usw. In Übereinstimmung mit Eulenburg und Bloch sieht Juliusburger
in einer dauernden und unbeeinflußbaren Frigidität und in der Parallel-
erscheinuug, der Impotenz, einen Mangel der psychosexuellen Entwicklung,
eineu Ausdruck des Infantilismus. Die bleibende Masturbation, besonders
beim Wegfall von allopsycbischen Sexualphantasien und ausschließlicher
autopsychischer Einstellung, der Exhibitionismus, das ganze Gebiet der
Schaulüste sind unverkennbare Überbleibsel aus einer Kindheit, die nicht
über sich hinausgehen konnte. Es gibt Fälle, in denen die infantilen Züge
und Betätigungen periodenweise auftreten resp. zu diesen Zeiten besonders
sinnfällig sind; der Autor führt einzelne derartige Beispiele an. Immer
finden sich bei all diesen Infantilen bei näherem Zusehen auch entsprechende
somatische Erscheinungen, die in vielen Fällen in Störungen der inneren
Sekretion ihre Grundlage haben (ausgesprochen bei der Lipodystrophie).
Man habe es bei den Infantilen mit Defektmenschen zu tun, bei ihnen bleibt
alles in der Entwicklung stehen, verharrt auf der Stufe der Indifferenzierung,
ohne daß es zu einer Synthese, zu einer Sublimierung kommt. Die Personen
von infantilem Typ zeigen in charakteristischer Weise die disharmonische
gespaltene Persönlichkeit. Da in hervorragender Weise und charakteristischer
Eigenart bei ihnen besonders die Gefühlsspähre in allen Fällen verändert
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Idiotie, Imbezillität, Kretinismus, Infantilismus, psychopathische Konstitution. 735
erscheint, könnte man auch von Parathymie sprechen, und mit Rücksicht
darauf, daß es sich in den hierher gehörigen Fällen um ontogenetische und
phylogenetische Entwicklungsstörungen und Rückschläge handelt, könnte man
auch von regressiver Psychopathie reden. Eine außerordentliche Zahl
von Kranken, die man der Neurasthenie und Hysterie zuschreibt, gehören
wahrscheinlich in diese Gruppe. Die Fälle sind natürlich auch in forensi¬
scher Hinsicht von großer Bedeutung.
In die Reibe der soeben geschilderten Zustände gehören auch zwei
Fälle, die Jaliusbarger (26) ausführlich (von seiten der Patienten selbst¬
biographisch), beschreibt. Besonders der erste Fall ist außerordentlich in¬
struktiv. In diesem Falle handelt es sich um eine disharmonisch veranlagte
Persönlichkeit, die gleichsam in einen zurückgebliebenen infantilen und in
einen fortgeschrittenen reifen Anteil gespalten war, wobei der letztere nicht
imstande ist, die infantilen Züge auszulöschen und die aus der Kindheit
stammenden Triebe und Lüste niederzuhalten.
Psychopathische Konstitution.
Als neuropathisch zu bezeichnen sind nach Stier (53) diejenigen Kinder,
bei denen in intensiver oder gehäufter Form auf einer fehlerhaften Anlage
beruhende Funktionsstörungen der phylogenetisch ältesten Teile des nervösen
Apparates sich zeigen, die als Steigerung der reflektorischen Erregbarkeit
des zentralen oder vegetativen Nervensystems angesprochen werden müssen.
Die so entstehenden Störungen manifestieren sich entweder im Gebiet der
unbedingten Reflexe als erleichterte, verbreiterte oder abnorm intensive
motorische Reaktionen auf leichte bzw. mittelschwere Reize, oder als ein
verfrühtes Auftreten von Unlustgefühlen bei den gleichen Reizen oder, im
Gebiet der bedingten Reflexe, als abnorm langes und intensives Festhaften
sogenannter häßlicher Angewohnheiten.
Mönkemöller (38) erstattet einen ausführlichen Bericht über die im
Dezember 1913 uud im ersten Quartal 1914 vorgenommene psychiatrisch-
ueurologische Untersuchung der in Anstalten untergebrachten, schulpflichtigen
Fürsorgezöglinge der Provinz Hannover. Es wurden im ganzen 816 Zög¬
linge an 14 verschiedenen Anstalten untersucht. Die Untersuchung erstreckte
sich auf das Alter, Geschlecht, Heimatgebiet (Stadt oder Land), auf Beruf
der Eltern, erbliche Belastuug, Milieu im Elternhause, ursächliche Faktoren,
körperliche Krankheiten, nervöse und psychische Abnormitäten und Erschei¬
nungen, kriminelle Vorgeschichte, Iutelligenzprüfung, Verhältnis der Normalen
zu den Minderwertigen, auf die klinische Diagnose bei den geistig Kranken
usw. Von Besonderheiten ist folgendes anzuführen. Das ländliche Für¬
sorgematerial stammte aus Orten, in denen sich die Industrie entwickelt
hat. Besseren Berufen gehörten nur 9 von den Eltern an. Die erbliche
Belastung war eine sehr starke. An erster Stelle steht die Trunksucht, der
zwei Drittel der gesamten Erzeuger verfallen waren; daraus geht auch schon
das ungünstige Milieu hervor, in dem sich die Mehrzahl der Kinder vorher
befand. Über ein Viertel der Elten» waren vorbestraft, gegen 200 waren
Prostituierte oder Zuhälter, viele Kinder waren in dem Milieu an Bier-
und Schnapsgenuß gewöhnt worden; 316 Eltern arbeiteten außer dem Hause.
Für die körperliche und geistige Minderwertigkeit des Materials spricht die
große Zahl besonders der allgemeinen Konstitutionskrankheiten wie Skrofu¬
löse, Rachitis, Blutarmut, allgemeine Körperschwäcbe, wie die große Zahl
der nervösen Erscheinungen, die sie zeigten oder früher gezeigt hatten. So
war die Hälfte der Zöglinge früher Bettuässer gewesen. Wie die äußeren
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736
Funktionelle Psychosen.
Faktoren auf die kindliche Psyche eingewirkt hatten, spricht sich in der
kriminellen Vorgeschichte aus, insofern 648 von den unter 14 Jabreu Stehen¬
den schon mit dem Strafgesetze in Konflikt geraten waren. An erster Stelle
steht auch hier der Diebstahl, aber auch sonst, so führt der Autor mit Recht
an, beweist die Vielgestaltigkeit der kindlichen Kriminalität — die sich 21mal
mit der Brandstiftung befaßte, die die Sittlichkeitsvergehen in recht bedenk¬
licher Mannigfaltigkeit zeigt, die sich bis zum Raube, zum Versuche der
fahrlässigen Tötung verstieg —, daß sie nicht ernst genug genommen werden
kanu. Die Zahl der geistig Minderwertigen betrug ungefähr die Hälfte der
Insassen, die psychopathischen Konstitutionen waren reichlich vertreten. Die
Mädchen stellten ein höheres Kontingent zur Minderwertigkeit als die Knaben.
Der Autor erkennt aus dem Material wieder die beklagenswerte Tatsache,
daß die Fürsorgeerziehung viel zu spät einsetzt, nämlich erst dann, wenn
die Verwahrlosung mit der jugendlichen Kriminalität identisch geworden
ist. Den Schluß der bemerkenswerten Abhandlung bilden praktische Vor¬
schläge für die weitere Ausgestaltung der Fürsorgeerziehung.
Kronfeld (33) verbreitet sich in tiefgründiger Weise über die logische
Struktur psycbopathologischer Typenbildung und über die theoretischen
Probleme des sogenannten moralischen Schwachsinns.
Barth (3) gibt sehr detaillierte Aufzeichnungen über 40 weibliche
Zöglinge eiuer Fürsorgeanstalt. Die Darstellung hält sich an das Muster,
welches Gruhle gegeben hat, indem zunächst statistische Angaben über
Aszendenz, Vorleben, Straffälligkeit, körperlichen und psychischen Zustand
nsw. gebracht werden und zum Schluß die Lebeusläufe der einzelnen Zög¬
linge folgen. Aus den Schlußfolgerungen, die die Autorin zieht, sei folgen¬
des angeführt: Etwas über die Hälfte der Fürsorgezöglinge konnte als abnorm
veranlagt betrachtet werden. Bei Normalen werden die früheren Schädi¬
gungen des Milieus durch mehrjährigen Aufenthalt in der Erziehungsanstalt
ausgeglichen. Anders aber ist es bei den Abnormen; hei letzteren ist das
zu erwartende Erziehungsresultat zweifelhaft. Da sie für die anderen Nor¬
malen aber eine Gefahr bilden, so ist es zweckmäßig, sie von vornherein
von ihnen abzusondern. Zu diesem Zwecke sollten alle einer gewissen psych¬
iatrischen Untersuchung unterzogen werden. Für die psychisch Abnormen
sind besondere Vorkehrungen zu treffen; das dürfte auf die spätere Bewäh¬
rung der Fürsorgezöglinge von großem Einfluß sein. Je nach dem psychia¬
trischen Befunde wären die Zöglinge einzuweisen: a) in eine Anstalt für
nicht Abnorme und leicht Abnorme, die nach den allgemeinen gültigen
Erziehungsgrundsätzen von Pädagogen unter ärztlichem Beistand geleitet
wird, b) in eine Anstalt für Schwachsinnige, c) in eine Anstalt für abnorme
Psychopathen, Hysterische, Neurasthenische usw., die dauernd unter psychia¬
trischer Überwachung stehen und für die sich evtl, die Einleitung des Ent¬
mündigungsverfahrens empfehlen würde. Die betreffenden Anstalten müßten
Staatsanstalten sein.
Funktionelle Psychosen.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin und Privatdozent Dr. Jolly-Halle.
1. Alzheimer, Fall psychogener Depression. Vereinsbeil. d. D. m. W. S. 1143.
2. Bahr, Max A., Ziehens Conception of Acute Hallucinatory Paranoia (Amentia). The
Alien, a. Nour. 38. (4.) 414.
3. Birnbaum, Karl, Zur Paranoiafrage. Zschr. f, die ges. Neur. 29. (3/4.) 305.
4. Bonhoeffer, K., Die Differentialdiagnose der Hysterie und psychopathischen Kon¬
stitution gegenüber der Hebephrenie im Felde. M. Klin. No. 32. p. 877.
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Funktionelle Psychosen.
737
'S. Crinis, M. de, Das Symptom des Leberabbaues als Teilerscheiuung des melancholischen
Symptomenkomplexes. Fermentfschg. 1. (4.) 334.
6. Grabfield, G. P., Variation» in Sensory Threshold for Faradio Stimulation in Pßyoho-
pathic Subjects. II. Manie Depressive Insanity. Boston M. and S. J. 173. (6.)
7. Gregory, Menas S., Transient Attacks of Manie-Depressive Insanity. Med. Reo. 88.
(2ö.) 1040.
8. Haberlandt, Friedrich, Zur Symptomatologie der endogenen Depressionen. Inaug.-
Diss. Berlin.
9. Hauptmann, Alfred, Die Beschleunigung der Blutgerinnungszeit bei Katatonie.
Zschr. f. die ges. Neur. 29. (3/4.) 323. (s. Kapitel: Organ. Psyohosen.)
10. Higier, W., Fall von schwerer Psychasthonie mit Berührungsfurcht und Ueberexakt-
heitsmaiiie. Verhandl. d. Warschauer ärztl. Gesellschaft. CXII. 1916.
11. Hirschfeld, Ueber sexuelle Hypochondrie und Grübelsucht. Ärztl. Ges. f. Sexual-
wiss. 21. Ma\
12. Krambach, Reinhard, Ueber chronische paranoide Erkrankungen (Paraphrenie und
Paranoia). Arch. f. Psych. 55. (3.) 911.
13. Leonard, Edward F., Report of a Case of Paranoia. The J. of N. a. M. Dis. 42. 700.
(Sitzungsbericht.)
14. Lind. John E., Combined Psychoses. The J. of N. and M Dis. 42. (4.) 217.
15. Derselbe, Statistical Study of Hallucinations in the Manie-Depressive Type of Psychoses,
ebd. 42. (11.) 727.
16. Nuß bäum, Robert, Zur Lehre der chronischen Paranoia. Dies. Kiel.
17. Parhon, C., Über das Vorkommen von verworrener Manie bei einer Kranken mit Schild¬
drüsenhypertrophie. Schnell erzielter Hoilerfolg durch Thyroidektomie. Wien. med.
Woch. No. 1. S. 18. (Überschrift besagt den Inhalt der Arbeit.)
18. Reed, R., Manie-Depressive Episode Presenting a Frank Wish-Realization Construction.
Lancet-Clinic. May 22.
19. Reuter, Fritz, Beitrag zur Lehre vom Eifersuchtswahn auf nichtalkoholischer Basis.
Diss. Kiel.
20. Ru off, Tony, Kasuistischer Beitrag zur Genese paranoider Symptomkomplexe im
Verlauf des manisch-depressiven Irreseins. J. f. Pöych. u. Neur. 21. (3—4.) 122.
21. Schwarz, Erhard, Zwangsvorstellungen bei einem Hebephrenen. Msohr. f. Pjsyoh.
38. (2.) 172.
22. Singer, H. D., So-Called Mixed States and Atypical Form» of Manie-Depressive Insanity.
Amer. J. of Insan. No. 4.
23. Smith, Joseph, Catatonic States in Manie Depressive Insanity. Med. Rec. 87. (8.) 311.
24. Stransky, Paranoia mit Transitivismus. Wien. klin. Woch. 1916. 29.148. (Sitzungs¬
bericht.)
25. Straßburger, Hugo, 25 Fälle von Querulantenwahnsinn. Dissert. Berlin.
26. Tucker, B. R., Mild Cases of Manie-Depressive-Psychosis. Old Dominion J. of M.
and S. 21. (2.)
27. Wegener, Erich, Zur Differentialdiagnose zwischen Paranoia und Dementia paraly-
tica auf Grund des Abderhaldenschen Dialysierverfahrens. Fermentfschg. 1. (3.) 210.
28. Westphal, Über paranoide Erkrankungen. Allg. Zschr. f. Psych. 72. 179. (Sitzungs¬
bericht.)
Paranoia.
Das Ergebnis der Betrachtungen Bimb&um’s (3) über die Paranoia¬
frage ist folgendes: Die Bedenken, die sich gegen die bisher aofgestellten
Kennzeichen der Paranoia (besonderer Verlauf, Auslösungsart usw.) erheben
lassen, legen es nahe, von diesen abzusehen und nach neuen pathognostischen
Momenten zu suchen. Hierfür scheint am geeignetsten der eigenartige
paranoische Wahnmechanismus, der besondere paranoische Wahntyp. Als
Paranoiagruppe lassen sich demgemäß solche Krankheitsfälle zusammenfassen,
bei denen es auf einem pathologisch vorbereiteten Boden von bestimmter
psychologischer Eigenart (Verschiebung der seelischen Gleichgewichtsver¬
hältnisse) zu einseitig fixierter Gefüblsbetonuug, und damit zu ständiger
Heraushebung und inhaltlicher Verfälschung gewisser Vorstellungskreise
kommt, jede weitere logische und assoziative Gedankenarbeit nun im Sinne
und zugunsten dieser einseitig herausgehobenen Pehlanschanungen erfolgt
und so mit psychologischer Folgerichtigkeit sich immer weitgehende Urteils-
J&hresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1»15. 47
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738
Funktionelle Psychosen.
fälschungen entwickeln, ohne daß der Krankheitsprozeß während seines
ganzen Verlaufs durch Elemente beeinträchtigt würde, die seiner eigenartigen
Grundlage und seinen Mechanismen wesensfremd sind. Ein bestimmter Ver¬
lauf und Ausgang liegt nicht im Wesen dieser Krankheitsform, ebensowenig wie
eine bestimmte degenerative Grundlage und das Bestehen oder Fehlen eines
auslösenden psychischen Faktors zu den unbedingten Voraussetzungen der
Erkrankung gehören. Gewisse Differenzen bezüglich der allgemeinen Grund¬
lage und des äußeren Anstoßes kommen im Rahmen dieser Krankheitsgruppe
vor, ebenso wie solche bezüglich des Verlaufs und Ausgangs. Ihnen wäre
durch weitere Untergruppierungen und Varietätenaufstellung Rechnung za
tragen. (< Jacobsohti .)
Wegener’s (27) Untersuchungen betreffen vierzehn Fälle von sicherer
Paranoia chronica ohne Intelligenzdefekt und ebensoviel Fälle von sicherer
Dementia paranoides mit deutlichem geistigen Verfall. Bei letzteren zeigte
das Serum durchweg den Abbautypus des Jugendirreseins, d. h. es wurde
stets Geschlechtsdrüse und Gehirn oder Schilddrüse und Gehirn abgebant
Dies Ergebnis spricht dafür, daß die Dementia paranoides mit Recht in die
schizophrene Gruppe gerechnet wird. Im Blutserum der Kranken mit chro¬
nischer Paranoia fand meist kein Abbau von endokrinen Organen und
niemals vom Gehirn statt. In einem Fall wurde Schilddrüse abgebaut, was
durch Bestehen einer Struma erklärt wird, in einem anderen Leber, was mit
chronischem Alkoholismus, in einem ferneren ebenfalls mit Schilddrüse, was
mit vasomotorischen Störungen in Zusammenhang gebracht wird; Thymus¬
abbau in 2 Fällen ließ sich klinisch nicht erklären. Die Krankengeschichten
der Fälle, auf denen die Arbeit beruht, sind auszugsweise mitgeteilt.
(Jolly.)
Reuter (19) teilt 12 Krankengeschichten der Kieler Klinik mit, in
denen es sich um Eifersuchtswahn auf nichtalkoholischer Basis handelt. Die
geringfügigsten Vorgänge dienten den Patienten — es waren alles Männer —
dazu, auf die Untreue der Ehefrau zu schließen und einen systematisierten
Wahn darauf aufzuhauen. ( Jolly.)
Auch in dem einen der beiden Fälle von Nußb&um (16), die als chro¬
nische Paranoia bezeichnet werden, standen Eifersuchtswahnideen im Vorder¬
grund des Kraukheitsbildes, Alkoholmißbrauch spielte mit. ( Jolly .)
Bahr (2) gibt eine eingehende Schilderung der Symptomatologie, der
Verlaufsformen und der Prognose der Ziehenschen akuten halluzinatorischen
Paranoia. {Jolly)
Krambach (12) berichtet Über 50 Fälle von sog. Paraphrenie aus der
Anstalt Dösen. Er faßt die Ergebnisse seiner Beobachtungen dahin zusammen,
daß bei den Fällen, die er als Paraphrenien im Sinne Kraepelins auffaßt,
kein Merkmal im Verhalten des Intellektes zu finden ist, welches sie grund¬
sätzlich von den anderen chronischen paranoiden Erkrankungen der Dementia
praecox unterscheidet. Es ließen sich in allen Fällen der beobachteten Para¬
phrenien, teils noch gegenwärtig, teils in früheren Phasen, Symptome der
Dementia praecox von verschiedener Ausdehnung und Valenz nacbweisen.
So scheint die Paraphrenie nur ein Zustandsbild einer protrahierten (schizo¬
phrenen) Erkrankung zu sein, in der die Erscheiuungeu von gemütlichem und
Willensstörungen vor denen der paranoiden schizophrenen VorsteOungs-
tätigkeit zurücktreten. ( Jacobso/m.)
Bei der Kranken, die Ruoff (20) schildert, handelt es sich nach An¬
sicht der Verfasserin um einen echten Fall von manisch-depressivem Irre¬
sein mit voller Ausbildung der charakteristischen Symptome: depressive
Stimmung, assoziative und psychomotorische Hemmung einerseits, gehobene
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Funktionelle Psychosen.
739
Stimmung, Ideenflucht, motorische Erregung andererseits. Zwischen den
beideu vollentwickelten Phasen macht die Kranke einen Miscbzustand durch,
in dem neben der gemütlichen Depression ausgesprochene Reizbarkeit und
Unzufriedenheit mit der Umgebung, Neigung zum Räsonnieren und Queru¬
lieren besteht; dann folgt rascher Wechsel depressiver und manischer Zu¬
stände, die schließlich in die typische Manie übergehen. Ungewöhnlich ist
in dem klar ausgeprägten Krankheitsbild die Erscheinung, daß im Über¬
gang der typischen Depression in den Mischzustand plötzlich ein paranoides
Bild sich entwickelt mit ganz bestimmten Wahnideen, die längere Zeit
das ganze Denken und Handeln beeinflussen, und die über die Zeit des
depressiven Affektes festgehalten werden; ja die Kranke vermag sie nach
erlangter Genesung noch lange Zeit nicht als „nur wahnhaft“ zu erkennen,
darunter Ideen, die auch inhaltlich beim zirkulären Irresein nicht allzu häufig
Vorkommen, so die Idee körperlicher Beeinflussung durch Drähte, durch
Hypnose. Der beobachtete Zustand kann als Beispiel dafür dienen, daß durch
besondere Kombination der manisch-melancholischen Symptome in Ver¬
bindung evtl, mit äußeren Erlebnissen, z. B. auch Trugwahrnehmungen, körper¬
lichen Mißempflndungen und mit vielleicht unbewußten Erinnerungen und
nicht genügend verarbeiteten Eindrücken aus der Zeit vor dem Ausbruche
der Psychose, besonders bei sehr feinfühlenden und empfindsamen Patienten,
Zustandsbilder entstehen können, die der Krankheit ein paranoides Gepräge
geben, die sieb aber gerade dadurch, daß sie sich „in verständlicher Weise
auf Affekte, Triebe, Befürchtungen, Trugwahrnehmungen zurückführen lassen
und keine dauernde Veränderung der Gesamtpersönlichkeit zur Voraussetzung
haben“ vom echt paranoischen Wahn unterscheiden. ( Jacobsohn .)
Straßburger (25) stellt die Aufzeichnungen Strassmanns über
25 Querulanten und üDer die gerichtliche Begutachtung dieser Fälle zusammen.
Die Diagnose „Querulantenwahn“ wurde stets erst dadurch sichergestellt,
daß sich noch Symptome anderer Störungen zeigten. Die einen hatten schon
in der Jugendzeit oder doch wenigstens vor dem Prozesse Symptome geistiger
Störung, bei den anderen waren in der Familie Geisteskrankheiten vorge¬
kommen. ln 12 Fällen konnte mit Sicherheit Paranoia chronica diagnostiziert
werden. Es zeigte sich die langsame Entwicklung von Verfolgungs- und
Größenideen auf dem Boden einer Urteilsschwäche. In andereu Fällen
handelte es sich um paranoide, wenn auch nicht systematisch aufgebaute
Ideen. Bei einigen hatte sich der Schwachsinn auf Grund des Alkohol-
abusus entwickelt. In einzelnen Fällen handelte es sich um Psychosen im
Anschluß an das Klimakterium. (Jacobsohn.)
Melancholie and Hypochondrie.
In seinem Aufsatz über sexuelle Hypochondrie und Skrupelsucht be¬
spricht Hirschfeld (11) die Syphilidophoben, die Tripper-, Masturbations-,
Pollutions-, Kohabitations-, Impotenz- und Deflorationshypochonder. Nach
seiner Ansicht ist die auf sexueller Hypochondrie und Skrupelsucht be¬
ruhende Unentschlossenheit neben den sexuellen Perversionen eine der häufig¬
sten Ursachen der Ehelosigkeit. Zum Schluß bespricht er von ihm als
sexuelle Selbstquälereien bezeichnete Zustände. (Jolly.)
De Crinis (5). untersuchte zunächst 27 Sera von Patienten, bei denen
ein melancholischer Symptomenkomplex vorlag, mittels des Abderhalden-
schen Dialysierverfahrens. Es wurden 9 Fälle von Dementia praecox, 3 von
Gehirnerkrankung im Klimakterium, 1 Fall von Gehirnerkrankung in der
Laktation, 5 von idiopathischem Auftreten des melancholischen Symptomen-
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740
Funktionelle Psychosen.
komplexes, 7 von progressiver Paralyse, einer von manisch-depressivem
Irreseiu, einer von konstitutioneller Neuropathie untersucht. Leber wurde
ausnahmslos abgebaut Bei einer Laktationspsychose fehlte im amenteo
Stadium Abbau von Leber, um dann im melancholischen Stadium aufzutreteu;
hei einer Paralyse wurde während eines dementen Zustandsbildcs keiu Abbau
festgestellt, dagegen später, als noch melancholische Symptome dazu getreten
waren: in einem Fall ron manisch-depressivem Irresein bestand Leberabbau
während eines melancholischen Zustands, dagegen nicht mehr, als Patientin
manisch geworden war. In 25 weiteren Fällen, von denen eines kein Geistes¬
kranker war, die anderen verschiedene nichtmelancholische Symptomen-
komplexe boten, fiel Leberabbau nur in einem Fall von Lues cerebri positiv
aus und ließ sich in diesem durch allgemeine Kachexie erklären. Bei
5 weiteren Patienten mit Angstpsychose war kein Leberabban nachzuweisen.
Es wurde ferner der Urin der 16 Patienten mit Leberabbau auf Gallen¬
farbstoffe untersucht, ohne daß solche nachgewiesen wurden. Während
Leberabbau also bei anderen Symptomenkomplexen nicht vorkam, war der¬
selbe eine ständige Erscheinung beim melancholischen Symptomenkomplex.
Letzterer wird folgendermaßen charakterisiert: Erhaltene Perzeption, primäre
unkorrigierbare und dauernde depressive oder depressiv-ängstliche Stimmungs¬
lage, Fehlen von Sinnestäuschungen, wahnhafte systemisierte Vorstellungen von
subjektiver Insuffizienz, Kleinheitsideen, Versündigungsideeu usw., intra-
psychische Afunktion, Denkhemmung und intrapsychische Akinese, seltener
Hypokinese, Hypertenazität und Hypovigilität der Aufmerksamkeit bei formal
erhaltener Urteils- und Kombinationstätigkeit. ( Jolly .)
Bei dem Kranken von Schwarz (21) hat sich aus einem hypochon¬
drischen Depressionszustand mit ausgesprochenem Krankheits- und In¬
suffizien zgefühl, sowie Lebensüberdruß eine fortschreitende hebephrene Psy¬
chose entwickelt. Nach Abklingen des akuten depressiven Stadiums traten
episodisch echte Zwangsvorstellungen auf. (Jolly)
Haberlandt (8) bringt die Krankengeschichten von 14 Zyklothymie¬
fällen. Die Mehrzahl darunter sind Frauen. Es handelt sich überwiegend
um Depressionszustände, die bei den Patienten entweder zweimal, zur Zeit
der Pubertät und vor Eintritt des Klimakteriums eintraten. Ein Teil der
Patienten war dreimal von Depressionen heimgesucht, wobei beachtenswert
war, daß der folgende Anfall von längerer Dauer und stärkerer Intensität
war. Die Fälle sind sämtlich dem poliklinischen Material der Charite ent¬
nommen. Am Schluß der Arbeit zählt der Autor die hervorstechenden körper¬
lichen funktionellen Beschwerden auf, welche die Patienten hatten (Kopf¬
schmerzen. Zirkulations- und Digestionsbeschwerden und solche des Sexual¬
apparates). Klagen und Zeichen einer harnsauren Diathese, wie sie Lange
bei Manisch-Depressiven hervorgehoben hat, waren bei den Kranken nicht
vorhanden. ( Jacobtolm .)
Manisch-depressives Irresein.
Der Patient, über den Smith (23) berichtet, machte mit 16 Jahren
eine Psychose durch, die sich in einem depressiven Zustand mit Verfolgungs¬
ideen und darauffolgendem Stupor äußerte. 3 Jahre später trat ein psycho¬
motorischer Erregungszustand mit Größenideen und sich anschließender
Hemmung auf, der mit Krankhoitseinsicht endete. Verf. betrachtet den Fall
als manisch-depressives Irresein mit katatonen Zügen. Manieren, Tics,
Flexibilitas cerea oder dergl. werden nicht beschrieben. (Jolly)
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Fuuktionelle Psychosen.
741
Aas statistischen Berechnungen schließt Lind (15), daß bei manisch-
depressivem Irresein Halluzinationen etwas häufiger beim weiblichen Ge-
schlocht Vorkommen als beim männlichen, und ungefähr doppelt so häufig
bei Negern als bei Weißen. Ungefähr */ 6 aller weißen Manischen und
1 / 3 aller farbigen Manischen hatte Halluzinationen. Er erklärt dies so, daß
die unbewußten Vorgänge beim Neger leichter an die Oberfläche kommen
als beim Weißen und bei der Frau leichter wie beim Mann. ( Joüy .)
Nach Erfahrungen, die Gregory (7) machen konnte, sind Perioden
von manisch-depressivem Irresein, welche nur wenige Stunden bis einige
Tage dauern, sehr häufig. Sie sind zahlreicher als länger dauernde, welche
Anstaltsbehandlung erfordern; aber sie sind schwer zu diagnostizieren, weil
sie oft mit anderen exogenen Faktoren vermengt sich finden. Diese fiiich-
tigen Anfälle werden oft als Folgezustände dieses exogenen Faktors ange¬
sehen, während gerade umgekehrt der exogene Faktor die Folge des manisch-
depressiven Zustandes ist. Unter diesen exogenen Faktoren steht an erster
Stelle der Alkohol, und die große Mehrzahl aller periodischen Trinker sind
in Wahrheit Beispiele von solchen kurz dauernden Anfällen von manisch-
depressivem Irresein, der sich im Alkoholabusus manifestiert. Diese flüch¬
tigen Attacken, wenn sie milder Natur und nicht mit Alkoholismus kompliziert
sind, werden oft irrtümlich als Hysterie, Epilepsie, Migräne, Neurasthenie usw.
angesehen, auch, wenn sie mit somatischen Erscheinungen verknüpft sind,
als nervöse Dyspepsie, nervöse Herz-, Leber- und Darmstörungen usw. Für
die Behandlung des Leidens ist die Erkennung des Wesens sehr wichtig;
ebenso auch für die Beurteilung in forensischer Beziehung. ( Jacobsohn .)
Higier (10): Patient 40 Jahre alt. Ex stirpe bona. Vor einigen Jahren
Depression mit suizidalen Ideen und Grübelsucht auf religiös-philosophischem
Gebiet. Vor D /2 Jahren entwickelten sich allmählich ohne äußere Ver¬
anlassung Zwangsvorstellungen und Zwangshandlungen, die am meisten an
die Uberexaktheitsmanie, Genauigkeitsmanie, Skrupelsucht und an die Manie
de l’andela der Franzosen erinnert. Die Übertreibung äußert sich besonders
stark auf dem Gebiete der Reinheit: er fürchtet, in die elektrische Bahn
einzusteigen, um keinen Fremden zu berühren, beim Spucken erschrickt er
unter Herzklopfen, da ein Tropfen des Speichels ihn beschmutzen könnte,
er vertreibt seine jungen Kinder vom Hause, damit sie nicht stauben, seine
Toilette beim Urinlassen dauert über 2 Stunden, die bei der Defäkation bis
8 Stunden und wird gefolgt von wiederholten Abreibungen, Sitzbädern,
Exploration des Orifiziums durch den Bedienten, Umkleidungen usw. Die
Träume sind meist beunruhigenden Inhalts aus dem Gebiete des Anankasmns,
des Zwangsirreseins, der Berührungsfurcht. Als Techniker ist er infolge
seiner Furcht ganz arbeitsunfähig geworden. Je mehr er bei den rekto-
vesikalen Verrichtungen an absolute Reinheit der Orifizien denkt, desto
länger dauert die Entleerung der Harns und Stuhlgangs, was übrigens leicht
verständlich ist, weun man in Betracht zieht den enormen Einfluß der Ge¬
fühle, Vorstellungen, Stimmungen und Affekte auf das sympathische und
autonome System. Bei Darreichung von Methylenblau in Oblaten beruhigte
sich Patient, als zunächst der Harn und nach einer Woche der Kot blau¬
gefärbt entleert, ihm desinfiziert und steril zu sein schienen.
Jeder Zwangsvorstellung des Patienten wohnt ein Gefühl subjektiven
Zwanges und eine emotive Grundlage inne; jede Vorstellung wird begleitet
von Angstgefühl mit Herzklopfen, der Kranke ist sich bewußt des unlogischen
Inhalts seiner Zwangsgedanken uud empfindet dennoch Erleichterung,
wenn er denselben nachgibt oder dieselben erfüllt. Im Anschluß an die
Hypothesen Löwenfelds, Bonhoeffers, Heilbronners, Friedmans,
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742
Psychosen und Neurosen.
Busches und Stöckers negiert Verf. in seinem Falle den Konnex mit
dem manisch-depressiven Irresein, wenngleich er das Primäre der depres¬
siven Stimmung zugibt Auch teilt er nicht die Ansicht derjenigen Autoren,
die prinzipiell trennen wollen die permanente, stereotype, konstitutionelle
und unheilbare Zwangsideenkrankbeit von den angeblich heilbaren perio¬
dischen, zyklischen, rezidivierenden, episodischen Formen. ( Selbstbericht.)
Kombinierte Psychosen.
Unter den Kranken, welche mehrfach in seine Anstalt aufgenommen
wurden, konnte Lind (14) 36 Fälle sammeln, in denen er eine Kombination
von Psychosen annimmt, außerdem fand er 5mal in Fällen von Dementia
praecox manieartige Episoden. Mit Dementia praecox fand er bei einem und
denselben Kranken alkoholische Psychosen, Imbezillität, arteriosklerotische
Demenz, Erscböpfungspsychosen, Hysterie. Mit manisch-depressivem Irresein
konstatierte er senile Demenz, alkoholische Psychosen, arteriosklerotische
Demenz und einmal Erschöpfungspsychose. Außerdem fand er noch eine
Reihe anderer Kombinationen, darunter nur einmal Paralyse und einmal
Lues cerebri, und zwar mit einer Gefängnispsychose bzw. einem paranoiden
Zustand. Einige Fälle werden kurz skizziert. ( Jolly.)
An interessanten Fällen weist Bonhoeffer (4) auf die Schwierigkeiten
bei der Unterscheidung von hysterischem Delir und hebephrener Erregung,
von hysterischer Pseudodemenz und hebephrener Hemmung von hysterischen
Wachträumen und hebephrenen Zuständen, sowie von psychotischen Zu¬
ständen bei Psychopathen und beginnenden Hebephrenien hin. {Jolly)
Psychosen und Neurosen.
Ref.: Prof. L. Jacobsohn-Berlin.
1. Biel in ff, Richard, Organische Erkrankungen mit hysterischer Ppeudodomonz. Mschr.
f. Psvch. 38. (5.) 268.
2. Gorclon, A., Epiloptic Dementia. Am. J. of Insan. 71. (3.)
3. Heinrichs, Carl Ludwig, Chorea minor und Psychose. Diss. Kiel.
4. Kühl, Christian, Über Chorea minor mit Psychose. Diss. Kiel.
5. Niessl v. Mayendorff, Fall von hysterisch-choreatischer Störung mit Delirien nach
Schreck. Wien klin. Woeh. p. 660. (Sitzungsbericht.)
6. Raecko, Über hysterische und katatonische Situationspsychosen. Arch. f. Psvch.
55. (3.) 770.
7. Schumacher, Fall psychischer Epilepsie (Fahnenflucht). M. Corr.-Bl. f. Württ.
p. 219. (Sitzungsbericht.)
Schwerer Fall von Chorea — Beobachtung von Kühl (4) auf endo-
karditischer Grundlage. Das psychische Krankheitsbild stellt sich als eine
weitgehende Hemmung dar, der stupurösen Form der Amentia am nächsten
stehend. Halluzinationen und Wahnvorstellungen fehlen, die örtliche und
zeitliche Orientierung bleibt erhalten. Geringes Krankheitsgefühl.
Heinrichs (3) beschreibt zwei ähnliche Fälle aus der Kieler Klinik.
Im ersten waren die Krämpfe von epileptoider Form, der zweite Fall zeigte
hysterische Züge. In beiden Fällen, die zur Sektion kamen, bildete die
Grundlage eine Endokarditis. Über Hirnbefund ist nichts erwähnt.
In drei Fällen, die Raecke (6) mitteilt, traten psychische Störungen
auf, die den Anschein erweckten, als seien sie durch die Situation (Haft)
erzeugt gewesen, und deshalb als hysterische Symptomenkomplexe imponierten.
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Infektionspsychosen.
743
Der Verfolg der Kranken zeigte aber, daß es sich um Dementia praecox
handelte. Aus diesen und ähnlichen Beobachtungen belehrt, stellt der Autor
folgende Schlußsätze auf: Im Verlaufe einer Dementia praecox können wie
bei der Hysterie exquisit psychogen entstandene Symptomenkomplexe auf-
treten, die allein durch die Situation geschaffen und erhalten zu sein scheinen
und dem gemäß mit derselben zunächt verschwinden. Da die somit differential¬
diagnostische Abgrenzung allein nach dem Verlauf lange Zeit auf Schwierig¬
keiten stoßen kann, sollte man wieder mehr bestrebt sein, durch Vertiefung
unserer Kenntnis von der Symptomatologie des Zustandsbildes weiter zu
kommen. Die zu allgemein gehaltene Bezeichnung „Degenerationspsychose“
für psychogene üafterkrankungen ist unzweckmäßig, weil sie den möglichen
Verschiedenheiten der klinischen Bilder ungenügend Rechnung trägt
Das Charakteristische des Ganserschen Syndroms, der Pseudodemenz,
bilden, wie Bieling (1) ausführt, weniger die mehr oder weniger variablen
Erscheinungen als vielmehr die sie auslösende Ursache, als welche immer
ein aus einer unangenehmen Lage heraus entstandener Wunschkomplex an-
zuseheu ist. Stets nämlich befinden sich die Kranken in irgendeiner mi߬
lichen Lage, welche ihnen das Vorhandensein einer körperlichen oder geisti¬
gen Krankheit zum Zweck der Befreiung daraus wünschenswert erscheinen
läßt. Die krankhaften geistigen Erscheinungen entwickeln sich also unter
dem Einfluß einer bestimmten Willensrichtung und einer bestimmten Wunsch¬
vorstellung. Dementsprechend hören die Störungen dort und dann auf,
wenn entweder der Kranke aus der unangenehmen Lage befreit ist, oder
wenn doch für ihn ein Zusammenhang mit dem, die krankhafte Reaktion
auslösenden Vorstellungsinhalt nicht mehr zu erkennen ist. Da demnach
das Syndrom entsteht und aufhört zusammen mit dem Entstehen und Auf¬
hören bestimmter Willensrichtungen und bestimmter Wunschvorstellungen,
so charakterisiert es sich als hysterisch. Die theoretisch ätiologischen sowie
die praktisch gutachtlichen Probleme, die diese Fälle bieten, bespricht der
Autor an der Hand von zwei Krankengeschichten. Bei dem einen Patienten
handelt es sich um einen Willensschwächen Menschen, der einen Unfall er¬
litten hat, bei dem andereu Patienten handelt es sich um einen Psychopathen,
bei dem durch den Anklagezustand eine Pseudodemenz ausgelöst wurde.
Infektionspsychosen.
Ref.: Prof. L. W. W e b e r - Chemnitz.
1. Bielugin, T. H., Mental Derangement from Mushroom Poisoning; Agarioua Muscarius.
Rußßkv Vrach. 14. (46.)
2. Brodßky, Emanuel S., Symptomatic Psychcßis cf Renal Type with Report of Two
Cases. Med. Rec. 88. (21.) 868.
3. Flußßer, Emil, Über Pßvchoßen beim Kriegstyphuß. Wien. med. Woch. No. 39.
p. 1448.
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Würzburg aus den letzten 20 Jahren kommt Marx (14) zu folgendem Er¬
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von Lues und Alkoholismus, ätiologisch nur eine sehr untergeordnete Rolle
(1,2%). 2. Am häufigsten kommen bei den akuten infektiösen und toxischen
Psychosen Delirieu und Verwirrtheitszustände vor. Jedoch beobachtet man
gelegentlich auch Zustandsbilder, wie sie sonst vorwiegend nur bei endogenen
Krankheiten Vorkommen (wahnhafte Ideen usw.). In solchen Fällen läßt
sich aus dem psychischen Zustand allein eine Diagnose im Sinne der spe¬
zielleren Psychiatrie nicht stellen. Vielmehr wird die Diagnose dann nur
durch eine genaue körperliche Untersuchuug gesichert. 3. Es besteht stets
die Möglichkeit des rein zufälligen Zusammentreffens zwischen endogener
Psychose und exogener Infektionskrankheit bzw. Organerkrankung (Niere),
ohne daß beide Arten von Krankheiten ursächlich in irgendwelchen Be¬
ziehungen stehen, ja ohne daß sie sich in ihrem Verlauf gegenseitig zu be¬
einflussen brauchen. ( Jacobsohn .)
Flusser (3) hat in einem österreichischen Lazarett unter 750 Typhus-
kranken 24 Fälle von Psychosen beobachtet; damit sind nicht die Fieber¬
delirien gemeint, sondern die nach Abklingen des Fiebers auftretenden psy¬
chischen Störungen. Der Prozentsatz (3,2%) ist also ein höherer als bei
den Typhuserkrankungen der Friedenszeit, was Verfasser durch die voraus¬
gegangenen körperlichen und seelischen Strapazen erklärt. Die Schwere
des somatischen Krankheitsbildes scheint keinen Einfluß auf das Auftreten
psychischer Störungen zu haben. Dagegen wurden Wahnideen und delirante
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Infektionspsychosen.
745
Symptome, die während des Eieberstadiums auftraten, häufig der Ausgangs¬
punkt für die in der Rekonvaleszenz auftretenden psychischen Störungen.
Auch eine durch die Erkrankung bedingte körperliche Entkräftung begün¬
stigte das Auftreten von Psychosen. Alle Fälle psychischer Störung ver¬
liefen gutartig. Hereditäre Belastung war nicht nachzuweisen. Die klinischen
Bilder der Psychosen waren wechselnd; die größte Rolle spielten delirien¬
artige Erkrankungen mit lange Zeit festgehaltenen Wahnideen. Dazwischen
waren einzelne Fälle mit psychischer Stumpfheit von katatonem Charakter;
einmal ein epileptiformer Erregungszustand.
Seige (24) schildert die von ihm bei einer Typhusepidemie im Felde
beobachteten psychischen Störungen. Initialdelirien wurden fast gar nicht
festgestellt, vielleicht weil Kranke der ersten Typhuswoche nicht zur Beob¬
achtung kamen. Unter den Psychosen - des Fieberstadiums überwogen die
einfachen Delirien, bei denen neben geringer Bewegungsunruhe lebhafte
wohnhafte Erlebnisse, meist Feldereiguisse im Vordergrund standen; die
halluzinatorische Suggestibilität war gering. Einmal trat ein katatones Zu¬
standsbild, einmal ein Bild schwerer organischer Erkrankung mit menin-
gitischen Symptomen auf. Bei einem Psychopathen wurde ein epileptiformer
Erregungszustand beobachtet und der Ausgang war nicht völlige Heilung,
sondern andauernde Affektschwankungen, die Entlassung nötig machten.
Sonst war Prognose und Verlauf günstig. Einmal trat ein Korsakowscher
Symptomenkomplex auf, der aber nach längerer Krankheitsdauer sich auch
zu bessern scheint Psychopathische Kraukheitsbilder waren selteu, was dem
Verfasser für die gute psychische Beschaffenheit und den guten Geist im
Heere zu sprechen scheint.
Munk (16) berichtet, daß er zu einer Frau gerufen worden sei, um
sie amtsärztlich wegen Geistesstörung zu untersuchen; sie war vorher bereits
zweimal von einem praktischen Arzt gesehen worden. Die Frau war vor
3 Wochen eutbunden. Sie hat ängstlich gefärbte religiös-ekstatische Wahnideen,
war verwirrt und motorisch erregt. Als er sie körperlich untersuchen wollte,
fand er eine vollausgebildete Blatternerkrankung. Die 21jährige Frau war
seit der Kindheit nicht wieder geimpft worden.
Herschmann (7) führt drei Fälle mit akut verlaufenden Psychosen
an, die sich am Ende einer überstandenen Cholera asiatica resp. im Rekon¬
valeszenzstadium entwickelten. Zwei Patienten gingen zugrunde, während
einer zur Genesung kam. Die Sektion hat die Natur der Psychose resp.
deren Ursache nicht aufzuklären vermocht. Alle drei Fälle zeigen in den
wesentlichsten Punkten eine so auffallende Gleichheit, daß mau nach Ansicht
des Autors berechtigt ist, sie als ein und dieselbe Krankheit anzusprechen.
Von der Gleichartigkeit der Anamnese abgesehen, fällt zunächst die starke
Abhängigkeit von der Fieberkurve auf. In allen drei Fällen setzten die
psychischen Störungen unmittelbar nach der Erhöhung der Körpertemperatur
ein und bei dem dritten Kranken, welcher genas, kehrte die psychische
Norm in dem Augenblick wieder, als das Fieber geschwunden war. Im
Vordergründe der Erscheinungen standen bei allen Kranken die nächtlichen
Delirien, welche durch optische Halluzinationen und starken Angstaffekt ge¬
kennzeichnet waren. Für diese zum Teil ganz aufregenden Szenen bestand
am nächsten Morgen keine oder nur spärliche Erinnerung. Tagsüber waren
die Kranken in leicht euphorischer Stimmungslage. Bei im ganzen intakter
Orientierung war die Tendenz zum Vorbeireden in der sonst wohlgeordneten
Konversation unverkennbar. Wahrscheinlich war die Krankheitsursache in
allen drei Fällen die gleiche, und die gleichen toxischen Einflüsse schufen
das gleiche Krankheitsbild.
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( Jacobsohn .)
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746
InfektiüDspsychosen.
Melzer (15) teilt einen Fall Ton Verwirrtheitszustand bei Diphtherie
mit. Der Zustand der halluzinatorischen Erregung dauerte nur wenige
Tage an.
Geistesstörungen kommen nach Beobachtungen von Singer (25) in etwa
40% der Fälle von Pellagra vor. Diese Störungen wiederholen sich in
mehreren Attacken. Kinder halten sich fast frei davon. Bei Männern trifft
man sie zumeist im Alter zwischen 21 und 40 Jahren, bei Frauen zwischen
41 und 60 Jahren. Fast 95% der geistigen Störungen sind direkt durch
die pellagröse Vergiftung ausgelöst Wenn die Krankheit Überstunden wird,
heilt auch die Psychose aus. Die übrigen 5% stellen Geisteskranke dar,
deren Geistesstörung von der Pellagra nicht verursacht ist. Die Pellagra
ist eine Krankheit, für die Geisteskranke besonders disponieren. Chronische
Nerven- und Geisteskrankheiten sind nach Pellagra sehr selten.
( Jacobsohn .)
Pick (18) gibt eine ausführliche psychologische Analyse der Denk¬
störungen bei einem durch Meningitis bedingten Korsakow, der schwere
Merkfähigkeitsdefekte und Konfabulation als Hauptsymptome zeigt Den
Gegenstand der Untersuchung Picks bildet aber die Tatsache, daß der
Kranke zwei inhaltlich völlig unvereinbare Behauptungen mit vollem Be¬
wußtsein direkt nebeneinander ausspricht, ohne ein Gefühl für das Unmög¬
liche dieser Zusammenstellung zu haben. Er sagt z. B. nebeneinander, er
sei 17 Jahre alt, sei verheiratet und habe 4 Kinder. Der Widerspruch
wird nicht gemerkt, und erst später kommt es zu seiner Korrektur. Die
Ursache dieser Denkstörung ist weder in Defekten der Merkfähigkeit oder
des Wissens, noch in allgemeiner Urteilsschwäche zu suchen. Zur Erklärung
dieser psychopathologischen Erscheinungen werden Hypothesen der „Funk¬
tionspsychologie“ herangezogen, auf die hier im einzelnen nicht eingegangen
werden kann.
Frowein (4) berichtet über 15 Beobachtungen von akuter Halluzinose
bei zehn Patienten. Sie betreffen acht Männer und zwei Frauen. Das
Durchschnittsalter der Patienten betrug 40,3 Jahre. Neunmal findet sich
sicher voraufgegangener alkoholischer Exzeß, zweimal Unfall, einmal Mi߬
handlung, dreimal ist eine Ursache nicht ersichtlich. Hereditäre Belastung
bestand in vier Fällen. Das hervorstechendste Symptom waren Gehörs¬
täuschungen. Mit letzterer verbindet sich das Gedanken lautwerden. Die
Halluzinationen auf anderen Sinnesgehieten sind nicht so häufig. Die Patienten
wiesen mehr oder weniger die übrigen charakteristischen Symptome auf
(Wahnideen, Beziehungswahn, Größenideen usw.). Der Autor berichtet dann
noch ausführlich über einen Fall von chronischer Halluzinose, die sich über
D /2 Jahre hinzog und keine Tendenz zur Besserung zeigte.
Jörger (9) hat bei chronischen Alkoholikern Assoziationsversuche mit
dem Jung-Riklinschen Schema angestellt; ohne auf die klinischen Formen
näher einzugehen, in denen sich in seinen Fällen der chronische Alkoholismus
äußerte, faßt er seine Resultate in folgenden Sätzen zusammen:
I. I)ie Störungen bei den Assoziationen der Alkoholiker lassen sich in
zwei Gruppen zerlegen:
1. Eine Verlängerung der Reaktionszeit, eine Neigung zu Wieder¬
holungen von Reizworten und Reaktionsworten, eine erhöhte Zahl
innerer Assoziationen und eine entsprechende verringerte Zahl
sprachlich-motorischer Assoziationen.
2. Eine Vermehrung sinnloser Reaktionen und Perseverationen, ver¬
minderter Reproduktionsfähigkeit, Neigung zu Reaktionen in Satzforra.
Vermehrung von Klangassoziationen.
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II. Die unter 1. aufgezählten Ergebnisse zeigen sowohl in der ein¬
zelnen Assoziationsreihe als in der Serie von Experimenten während der
Erholung unter Abstinenz eine Zunahme oder zum mindesten die Tendenz,
-ausgesprochen zu werden. Die unter 2. aufgezählten Zeichen nehmen im
Gegensatz dazu ab.
III. Die letzteren Ergebnisse mit der verlängerten Reaktionszeit gehen
parallel den Resultaten Brunschweilers bei organischen Kranken.
IV. Die unter 1 aufgezählten Ergebnisse lassen sich mit einer Auffassungs¬
störung am besten erklären.
Higier (8): Nach mehrmonatlichem Erbrechen und Herunterkommen
im Ernährungszustand entwickelte sich ziemlich akut nach der Früh¬
geburt die bis zurzeit bestehende Krankheit. Unmittelbar gingen derselben
schwere Magendarmstörungen und absolute Bewußtlosigkeit voran, die
mehrere Stunden anhielt und den Eindruck eines hysterischen oder epilep¬
tischen Anfalls machte. Der nun jetzt bestehende Zustand wird charakte¬
ristisch durch Gedächtnisstörungen, die zwar mit den Jahren bedeutend ab¬
genommen haben, jedoch noch so ausgesprochen sind, daß sie die früher
arbeitsame lebenslustige Kaufmannsfrau zur völligen Ruine machte. Verlust
der Erinuerung, beinahe der ganzen Vergangenheit, speziell des nach
der Frühgeburt stattgehabten, weniger die der vorangegangenen Zeit. Sie
vergißt alles aktuell schon nach wenigen Minuten, mag es sich um Ein¬
drücke auf optischem, akustischem oder anderem Sinnesgebiete handeln. Sie
vergißt Leute, Daten, Empfindungen, sie vergißt den Tod der nächsten in
der Familie, sie erkennt nicht das Haus, in dem sie seit mehreren Jahren
wohnt. Sie ist nicht imstande, im Gedächtnis Eindrücke, Empfindungen und
Vorstellungen zu reproduzieren, trotzdem sie sich für dieselben interessiert
und durch vielfache Assoziationen zu fixieren sucht. Konfabuliert gern, ohne
zu halluzinieren; Dys- und Paramnesien. Apathische Stimmung infolge er¬
haltener Krankheitseinsicht. Sieht, hört und versteht alles, erkennt Gegen¬
stände und deren Gebrauch, keine Dysphasie, Parese, Hemianopsie, kein
Potus, Lues, Neuritis. Sehr viele hysterische Stigmata (Globus, Hemianästhesie,
konzentrische Gesichtsfeldeinengung, hysterische Anfälle). Wegen Abwesenheit
von Alkoholismus und neuritischer Erscheinungen, wegen des Ausbruches der
retroanterograden Amnesie im Anschluß an einen Krampfanfall, der den Ein¬
druck eines hysterischen machte uud wegen der vielen begleitenden hysterischen
Stigmata liegt der Gedanke nahe, an eine hysterische Amnesie zu denken,
wie sie die Charcotsche Schule klassisch geschildert hat. Allein die ge¬
naue Analyse der speziellen Symptome: Störung der Merkfähigkeit, Orien¬
tationsverlust, Konfabulation infolge der Erinnerungslücken spricht für das
Bestehen neben der Hysterie einer -amnestischen Psychose nach dem
Korsakoffschen Typus. Daß jedoch sämtliche Konfabulationen ebenso wie
Desorientation, wie die neusten Autoren annehmeu, ausschließliche Folge des
fehlerhaften Gedächtnisses und der Merkfähigkeit sei, ist schwer anzuuehmen,
da sie zuweilen bedeutend abnehmen, trotz des Bestehenbleibens der Störungen
auf dem Gebiete des Gedächtnisses und der Merkfähigkeit. Ebenso ver¬
führerisch war die frühere Ansicht, daß die Psychose nur in Begleitung von
Neuritiden vorkommt, wie die neuere, der zufolge Potus als einzelne Ur¬
sache aufgefaßt wird. Auch nicht ganz zutreffend ist die überall herr¬
schende Ansicht von der absolut schlechten Prognose, ja von Unheilbarkeit
derselben. Richtig ist letzteres nur bei Potatoren, wo das Leiden auf
psychopathischem Boden mit zumeist im arteriosklerotisch veränderten Gehirn
sich entwickelt. Nicht zu vergessen ist die seltene, schwer diagnostierbare
autointoxikatorische Form — eine eigene Beobachtung wird geschildert —,
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748
Infektionspsycbosen.
die foudroyant beginnt mit Bewußtseinsverlust, epileptischen Anfällen,
Albuminurie, leichte Temperatursteigerung aufweist und relativ gutartig
endet. Die Diagnose lautet dann meist Urämie oder Insult Interessant ist
in diesen Fällen eine gewisse Elektivität in den intellektuellen Störungen:
es leidet zuweilen nur das optische Eriunerungsgebiet, oder es werden von
der Amnesie spezielle Gebiete verschont (bei einem Arzt Rezeptur, Anatomie).
Die neuesten anatomopatbologischen Untersuchungen haben in den akuten
Fällen Entzündungserscheinungen in den tiefen Rindenschichten (Encephalitis
subcorticalis acuta) ergeben.
Beachtenswert ist im beschriebenen Falle die über 20 jährige Dauer.
( Higxar.)
Bei einem Fall von Bauchschuß mit Sepsis und fünfmaligem operativen
Eingriff mit schließlicher Heilung nach 6 Monaten schildert Radv&nszky
(20) einen 3 Monate anhaltenden psychotischen Zustand, welcher durch fast
ununterbrochene Verwirrtheit, Wahnbildungen, Illusionen und Halluzinatioaen
gekennzeichnet ist. Neben den massenhaften Sinnestäuschungen dominierte
die Befürchtung eines Zugrundegehens. Nach psychischer Aufhellung bestand
vollkommene Amnesie, und erschienen einzelne lebhafter gefärbte Sinnes¬
täuschungen noch in Form von Traumbildern. Bemerkenswert ist, daß die
stärksten Verwirrtheitszustände nicht bei dem höchsten Fieber (bis zu 40),
sondern bei der stärksten Herzschwäche auftraten; deshalb muß angenommen
werden, daß dieselben nicht wie beim Typhus durch die Inanition, sondern
durch das gleichzeitig auf das Herz einwirkende septische Virus verursacht
wurden. Als prädisponierendes Moment muß im vorliegenden Fall ein
neurasthenisch-debiler Nervenzustand angenommen werden. Die psychische
Krankheit wurde also durch die im Blute kreisenden und auf das Zentral¬
nervensystem einwirkenden Toxine hervorgerufen. ( Hudovernig .)
Weicht (28) berichtet in einer Dissertation aus der Kieler psychia¬
trischen Klinik den Fall einer 48 jährigen, von Haus aus schwächlichen
Frau, die seit vieleu Jahren immer wieder rezidivierenden Gelenkrheumatismus
hatte. Im Frühjahr 1914 trat im Anschluß an eine neue fieberhafte rheu¬
matische Erkrankung ein deliranter Verwirrungszustand mit optischen Hallu¬
zinationen auf, der nach einer Woche mit dem Abklingen des Fiebers ver¬
schwand. Es handelt sich also um ein Fieberdelirium.
Brodsky (2) berichtet über zwei Fälle von Angstpsychose als sympto¬
matische Zustandsbilder bei chronischer Nephritis. Die Niereuerkrankung
bestand schon längere Zeit, als die Psychose einsetzte. Die psychische Er¬
krankung verlief in beiden Fällen mit ausgesprochenen Angstzuständen, ängst¬
lichen Sinnestäuschungen, Verfolgungs- und Vernichtungsideen bei teilweise
erhaltener Orientiertheit. Heilung des psychischen Krankheitbildes nach
Nierenbehandlung: Milchkur und hydrotherapeutische Maßnahmen. Verf.
macht darauf aufmerksam, daß körperliche Symptome der zerebralen Ver¬
giftung durch die Nierenfunktionsstörung in ganz geringem Grade bestanden,
und daß das klinische Bild dieser symptomatischen Psychosen nicht das für
Nierenerkrankuugen gewöhnliche des „exogenen Symptomenkomplexes“, etwa
in der Form eines Deliriums gewesen sei.
Sittig (26) schildert die eklamptische Psychose einer 20jährigen Erst¬
gebärenden. Außer den gewöhnlichen delirauten Symptomen bot diese Psy¬
chose folgende Besonderheiten: Es bestand eine vorübergehende Amaurose,
dann folgten lebhafte optische Halluzinationen. Als die Kranke im übrigen
schon wieder orientiert und psychisch fast ganz frei war, war sie noch nicht
imstande, sich an Örtlichkeiten zu erinnern, die ihr von früher her wohl
bekannt sein mußten, oder sich diese vorzustellen. Sie konnte auch bei der
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I n fe kt ionspsy chosen.
749
Entlassung den Weg nach Hanse nicht finden. Verfasser erklärt diesen
Ausfall als eine Herderscheinung, hervorgerufen ebenso wie bei Amaurose
und die optischen Halluzinationen durch transitorische doppelseitige Ver¬
änderungen im Hinterhauptlappen. Die Amaurose stellt in diesem Falle
eine Ausfallserscheinung dar, während die Halluzinationen Reizerscheinungen
sind; die Orientierungsstörung wäre dann das Endstadium dieser funktionellen
lokalen Störung.
ln dem von Schneider (22) mitgeteilten Falle von Veronaldelirium
handelt es sich um eine aus belasteter Familie stammende und selbst zweifellos
psychopathische Frau, die mit 44 Jahren infolge von Schlaflosigkeit und
klimakteriellen Unruhezustäuden beginnt, gewohnheitsmäßig Veronal zu
nehmen. Anschließend an ein schmerzliches Ereiguis in der Familie steigert
sich der Veronalmißbrauch, und sie beginnt auch zu trinken. Der Alkohol¬
konsum geht zwar wieder etwas zurück, doch bleibt sie nun schon 6 1 / 2 Jahr
lang bei einem täglichen Veroualquantum von durchschnittlich iy 2 g, das
in allerletzter Zeit auf 2 g ansteigt, ln den letzten Jahren werden Sprache
und Gang schlechter, die nervösen Erscheinungen nehmen zu, der Allgemein¬
zustand geht immer mehr zurück. In der Klinik wird das Veronal sofort
entzogen. Am Abend des dritten Tages beginnen deliriöse Erscheinungen,
die rasch zu eiuem ausgebildeten Delirium führen mit zahlreichen Sinnes¬
täuschungen auf dem Gebiete des Gehörs und Gesichts, Desorientiertheit,
Personen Verkennungen, lebhaftem Verlangen nach Veronal und Alkohol.
Es fehlt ein uenneswerter Tremor, auch von einem richtigen Beschäftigungs¬
delirium ist keine Rede; fast jede Nacht schläft die Kranke einige Stunden.
Am fünften Tage # des Deliriums erfolgt ein isolierter epileptischer Anfall,
am Abend des achten Tages tritt fast plötzlich Schlaf ein, aus dem die
Kranke nach etwa 36 Stunden erwacht. Es ist alles vorüber. Zunächst
besteht noch eine Amnesie für die Zeit des Deliriums, die retrograd noch
einige Tage zurückgreift. Die retrograde Amuesie hellt sich nach einem
Tage völlig auf, dagegen bleibt die Erinnerung an die deliriösen Erlebnisse
sehr mangelhaft. Nach wenigen Tagen stellt sich auch natürlicher Schlaf
ein, und es erfolgt rasche Genesung. Der Autor stimmt mit Laehr darin
überein, daß es sich um ein Abstinenzdelirium handelt. Die Fälle kommen
selten zur Beobachtung, weil der Veronalismus selten so hochgradig ist,
daß eine Entziehung notwendig wird. ( 'Jacobsohn .)
Kläsi und Roth (11) beschreiben den Verlauf einer akuten Vergiftung
mit Safrol, einem ätherischen ul, das in Java als Hautreizmittel gebraucht
werden soll. Ein Arbeiter trank aus Versehen aus einer Flasche, die eine
Mischung von Safrol und Wasser enthielt. Die Vergiftungserscheinungen
setzten schon 10 Minuten später ein und dauerten so lange, als die Exspi¬
rationsluft noch Safrolgeruch aufwies. Als Vergiftungserscheinungen traten
zunächst Schwindel, Störungen der Orientiertheit, Benommenheit, später ein
delirantes Verhalten mit Halluzinationen akustischer Art auf; aber Sym¬
ptome der Schizophrenie waren beigemischt: Somatische Wahnideen, Auto¬
matismen, Verbigeration.' Am peripheren Nervensystem bestanden nur einige
sensible Störungen wahrscheinlich neuritischen Ursprungs. Von seiten der
übrigen Körperorgane nur Magendarmstörungen. Die Ausscheidung des Giftes
erfolgte hauptsächlich durch die Lungen. Mit dem Verschwinden des anis¬
ähnlichen Geruches aus der Atmungsluft traten die deliranten Symptome
zurück; nach mehrtägiger Depression erfolgte vollkommene Heilung. Nach¬
teilige Folgen blieben nicht zurück.
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750
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36. Moravcsik, E. E., Atypische Formen der Dementia paralytica. Gyögyaszat. 1914.
No. 51. (Ungarisch.)
37. Morse, M. E., Thalamic Gliosis in Dementia Praecox. Amer. J. of Insan. 72. (1.)
38. Neubert, Richard, Ein Beitrag zur Lohre von Ophthalmoplegien bei progressiver
Paralyse. Disc. Kiel.
39. Neubürger, Carl, Über die Wirkung subkutaner AdrenalininjekUonen auf den Blut¬
druck bei Dementia praecox. Arch. f. Psych. 56. (2.) 521.
. 40. Nießl von Mayendorf, Die Krankheiten des Rückbildungsalters und des Seniums.
Fortschr. d. Med. 33. (4/5.) 33, 41. (Fortbildungsvortrag.)
41. Orth, Dementia praecox. Vereinsbeil. d. D. m. W. p. 936.
43. Pilcz, Alexander, Zur Aetiolegie und Behandlung der progressiven Paralyse nebst
einigen krieg.sp3ychiatrischen Erfahrungen. Wien. klin. Woch. No. 22. p. 1633.
(Referat.)
44. Remertz, Otto, Statistischer Beitrag zur Paralysefrage bei Mittel- und Unter¬
beamten, mit besonderer Berücksichtigung der Militäranwärter. Bonn. A. Marcus u.
E. Weber.
45. Repond, A., Ein Fall von Katatonie nach Sonnenstich. Mschr. f. Psych. 38.
(1—2.) 98.
46. Rice, W. F., Some Difficulties in the Diagnosis of General Paralysis cf the Insano.
Med. Rec. 88. (3.) 107.
47. Ricks her, Charles, The Onset cf General Paralysis. Bull, of the Johns Hopkins Hosp.
26. 174. (Nichts Besonderes.)
48. Roth, Hans, Die Plasmazellon in den Hirnhäuten und der Hirnrinde bei progressiver
Paralyse. Beitr. z. patli. Anat. 60. (3.) 544. u. Diss. Leipzig.
49. Rubensohn, Emanuel, Einig© statistische Betrachtungen über Dauer, Verlauf und
Todesursache der progressiven Paralyse. Disuurt. Bonn.
51. Scheer, W. M., van der, Dementia praecox en inwendige afscheiding. Nederl. Tijdschr.
Geneesk. No. 25. p. 2168.
52. Schlicht, Josef, Kasuistische Beiträge zur Lehre von der juvenilen Paralyse. Dissert.
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53. Schneider, Max, Ein Beitrag zur Frage der manisch depressiven Erscheinungsformen
bei Dementia praeoox. Dissert. Würzburg.
54. Schultz, J. H., Beiträge zur somatischen Symptomatik und Diagnostik der „Dementia
praecox“. Mschr. f. Psych. 37. (4.) 205.
55. Schumacher, Fall von klassischer Paralyse. Corr.-Bl. f. Württ. p. 219. (Sitzungs¬
bericht.)
56. Serejski, Über die Syntesen bei der progressiven Paralyse. Gaz. Lek. 1914. No. 8.
57. Southard, E. E., Topographie Distribution of Cortex Lesions and Anomalien in
Dementia Praecox, with Some Account cf Their Functional Significance. Am. J. < f
Insan. 71. (3.)
58. Steindl, J. K., Differentialdiagnostik zwischen beginnender progressiver Paralyse und
Neurasthenie. Prag. m. W. No. 24. p. 285. (Fortbildungsvortrag.)
59. Stocks, A. L., Dementia Praecox. Oklahama State M. Ass. J. April.
60. Strasser-Eppelbaum, Vera, Das autistische Denken in der Dementia praecox.
Zschr. f. die ges. Neur. 28. (1.) 68.
61. Swalm, 0. J., and Mann, A. L., Colloidal Gold Test on Spinal Fluid; in Paresis and
Other Mental Diseases. New York M. J. 101. (15.)
62. Travaglino, P. H. M., Demence precoce k un äge assez avance. Psych. en neuro 1.
Bl. 1914. No. 6.
63. Derselbe, Klinisch© und pathologisch-anatomische Betrachtungen über die ver¬
schiedenen Formen der senilen Demenz. Psych. en neurol. Bl. 19. 508.
64. Treadway, Walter L., Some Observations on Dementia Praecox. The J. of N. and
M. Dis. Vol. 42. 300. (Sitzungsbericht.)
65. Walter, Richard, und Krambach, R., Vegetatives Nervensystem und Schizophrenie.
Zschr. f. die ges. Neur. 28. (2/3.) 232.
66. Weber, Wundinfektion als Unfall und progressive Paralyse. Ärztl. Sachverst.-Ztg.
No. 13. p. 150.
67. Widmann, Franz Josef, Gibt ec bei Dementia praecox Schädeldeformitäten und
welcher Art? Eine psychiatrische Studio. Dissert. Gießen. 1914.
68. Wigert, V., Lues-paralyBläran i dess nuvarande läge. Hygiea. No. 8.
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752
Organische Psychosen.
Progressive Paralyse-
Enge (12) behandelt das Problem der Bedeutung der progressiven
Paralyse, deren Differentialdiagnose gegen andere nervöse Zustände uüd die
kausale und symptomatische Therapie in Form eines Vortrages für praktische
Ärzte.
Rabensohn (49) fand statistisch, daß der Verlauf der progressives
Paralyse im höheren Alter durchschnittlich kürzer ist als im jugendliches.
Eine vorausgegangene antiluetische Therapie verhindert weder den Ausbruch
der Paralyse noch hat sie wesentlichen Einfluß auf Inkubationsdauer usd
Länge der Erkrankung. Es gibt keine zum Bilde der Paralyse gehörige,
einwandfreie makroskopisch-pathologische Veränderung des Hirns und seiner
Häute. Beim Paralytiker besteht eine gewisse Disposition znr Erkrankssg
an Pneumonie, eine auffällige (?) Immunität gegen Tukerkulose.
Haymann (21) lenkt die Aufmerksamkeit auf einige im Vorstadium
der Paralyse zu beobachtende Symptome, die von den üblichen abweiches.
Dahin gehört einmal im Gegensatz zu der häufigen ethischen Abstumpfusg
eine Verfeinerung des ganzen Wesens auf dem Gebiete der Ethik und Ästhetik.
Ferner hebt er die häufige Angabe des Verlierens kleiner Gegenstände, des
Zustandes des „döjä vu“, ungewöhnlich zahlreicher und wirrer Träume hervor.
Er weist darauf hin, daß auch beim Paralytiker Schreib- und Sprach¬
störungen Vorkommen, die subjektiv als krankhaft angesprochen werden.
Endlich erwähnt er von rein körperlichen Zeichen die frühzeitige Into¬
leranz gegen Gifte, besonders auch gegen Nikotin, die Häufigkeit der Magen-
Störungen, lästiges Hautjucken, übergroße Empfindlichkeit für Kitzel, Zabn-
leiden, Überempfindlichkeit gegen grelles Licht.
Neubert (38) beschreibt in einem Falle von Dementia paralytica
Erscheinungen, „die auf eine nukleäre externe und periphere interne Ophthal¬
moplegie rechts hinweisen, während auf der linken Seite nur erst die Akkom¬
modationshemmung eingetreten ist, d. h. eine Schädigung der Kerne, so daß
die normale Roizübertragung durch die Kollateralen von den Kernen nicht
mehr vollwertig empfunden und weitergegeben werden kann und eine Inko¬
ordination der Akkommodation eintritt“. Ein makroskopischer Befund wurde
nicht erhoben.
Rice (46) bringt einige Fälle, in denen die Differentialdiagnose zwischen
Dementia paralytica und zerebraler Syphilis Schwierigkeiten bereitete, wobei
er die chemischen Untersuchungen der Blutes und besonders des Liquor
cerebrospinalis ausschlaggebend bewertet.
Förster (15) berichtet über einen Fall klinisch und anatomisch dia¬
gnostizierter Paralyse, der negative "Wassermann sehe Reaktion im Blute und
Liquor bei starker Eiweißvermehrung und Lymphozytose im letzteren auf¬
wies. Eine Deutung des Befundes wird nicht versucht; die Theorie, daß die
Spirochäten, die im Gehirn nicht gefunden wurden, zugrunde gegangen seien und
dadurch der negative Wassermann zustande gekommen wäre, wird abgelehnt
Roth (48) zieht aus seinen eingehenden Untersuchungen den Schluß,
daß die Plasmazellenbildung bei Paralyse im wesentlichen von den Adven-
titialelementen der Gefäßscheiden ausgeht, einmal, weil innerhalb der Gefäße
nie eine Vermehrung der Lymphozyten nachweisbar war, ferner nie bei
Paralytikern Plasmazellen im Gefäßlumen sich fanden, eine wesentliche
Beteiligung des Blutes an der Produktion dieser Zellen also unwahrscheinlich
sei, andererseits stets eine starke Vermehrung der Adventitialzellen, speziell
der der Kapillaren mit Mitosen zu ersehen ist und sich alle Übergänge
Ton diesen Adventitialzellen in Plasmazellen finden.
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Organische Psychosen.
753
Lemchen (31) bereichert die Zytologie des Liquor cerebrospinalis
am eine neue Übergangszelle, die er nach sich selber benennt und nur bei
Dementia paralytica gefunden haben will. Er färbt mit Pikrinsäure und
Benzidin. Die Plasmazellen nehmen nach ihm ihren Ursprung in den blut¬
bildenden Organen.
Bahr und Potter (2) veröffentlichten einen Fall, in dem sich bei
einem Paralytiker im Anschluß an die Lumbalpunktion, zuerst auch in engstem
örtlichem Zusammenhang damit, ein bullöser Ausschlag entwickelte, der sich
über die ganze Körperoberfläche verbreitete und unter Pigmentfleckenbildung
abheilte. Die bakteriologische Untersuchung des Blaseninhaltes ergab den
Staphylococcus aureus.
Von Haskell (19) werden etwa 140 Fälle von Paralyse statistisch
zusammengestellt, die verheiratet waren, und bei denen der andere Ehegatte
entweder sicher syphilitisch war oder aus der Anamnese auf Lues geschlossen
werden konnte. Es ergab sich, daß 38,18 % der Ehegatten von Paralytikern
mit Lues infiziert waren; bei den meisten derselben verlief sie als Lues
latens ganz unbemerkt; nur eine ganz verschwindende Zahl von ihnen wurde
behandelt. Die Zahl solcher von Paralytikern infizierten Ehegatten, die
später selbst eine Paralyse bekommen, scheiut größer zu sein, als die Zahl
derer, die ihre Infektion von nichtmetasyphilitischen Quellen erhalten haben.
Die Zahl der völlig sterilen Ehen in syphilitischen Familien, bei denen später
der eine Ehegatte eine Paralyse bekommt, ist abnorm hoch, sie beträgt
32,5 %, und zwar ist die Zahl höher bei solchen Eben, bei denen der weib¬
liche Ehegatte später die Paralyse bekommt. Ebenso ist die Zahl der Ehen,
bei denen statt Geburten nur wiederholte Aborte auftreten, sehr hoch. Von
86 Ehen von Paralytikern waren 45,3% ganz kinderlos; von 167 Geburten
waren 42 Aborte, Fehlgeburten uud Frühgeburten. Von 123 lebendgeborenen
Kindern starben 20 vor dem 11. Lebensjahr. Die Zahl der lebenden
Kinder pro Familie ist sehr gering. Bis zu 25% der Kinder haben manifeste
Lues, und bei einer etwa ebenso großen Anzahl fanden sich Degenerations¬
symptome und psychopathische Neigungen ohne positive Wassermann sehe
Reaktion. (Müc/i.)
In Übereinstimmung mit Pick und Mendel kontastiert auch Moravcsik
(36), daß in letzterer Zeit die gewohnten Formen der Paralyse starke Ver¬
änderungen zeigen. So fand er häufig Fälle, wo die expansive und depressive
Form 24 stündlich alternierte; die einfachen dementen Formen pflegen sich
auf überaus lange Zeit zu erstrecken. Nach den Erfahrungen von M. findet
man jetzt bei der Paralyse sehr häufig Halluzinationen, welche im Anfaugs-
stadium isoliert auftreten, d. h. sich bloß auf einzelne Worte, Laute, Geräusche,
Töne erstrecken, später verallgemeinern, um schließlich im dementen Stadium
abermals stereotypen Charakter aufzuweisen. Die Halluzinationen der Para¬
lytiker haften zumeist an einen äußeren, die Aufmerksamkeit besonders
fesselnden Reiz (Wanduhr, Schlüsselloch, Wasserleitungshahn). Der Grund¬
ton der betreffenden Paralyse, wie Hypochondrie, Größenwahn, gelangt in den
Halluzinationen meist zum Ausdruck. Verf. bespricht mehrere Fälle atypischer
Paralyse, darunter einen, welcher aufangs ohne Lähmungserscheiuungen
den Eindruck einer Halluzinose erweckte, und erst sukzessive, dann rasch
in die typische Paralyse überging. Weitere Fälle zeigten die Erscheinungen
der Huntington sehen Chorea, der multiplen Sklerose, ein anderer jenen
der Athetose, mit amöboiden Bewegungen der Arme und Finger.
(Hudorernig.)
Weber (66) teilt einen Fall mit, bei welchem nach einer Wundinfektion
der Hand infolge eines Unfalles eine progressive Paralyse bei dem betreffenden
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie isi6. 48
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754
Organische Psychosen.
Patienten eintrat, und erörtert den Zusammenhang zwischen beiden Affektionen
resp. die verschlimmernde Rolle, welche evtl, die erste Affektion auf die
zweite ausgeübt hat. ( Jacobsokn .)
Höpfner (27) teilt zwei gelehrte Ausarbeitungen aus Dr. Hartmann
Schedels Praxis mit, welche letzterer für zwei höherstehende Kranke seiner
Klientel als Lebensregel verfaßt hat. Schedel hat mit Eifer die alten
medizinischen Schriftsteller studiert und schöpft einen großen Teil seines
Wissens aus ihnen. In geschickter Weise bietet er das Wichtigste über
die Entstehung und Verhütung der Paralyse und gibt außer Diätvorschriften
auch solche über die Art der Wohnung, des Schlafens, der täglichen Übungen,
der Bäder usw. ( Jacobsohn .)
Schicht (52) bringt die Krankengeschichten von 14 Fällen juveniler
Paralyse, die in der Münchener Klinik beobachtet worden sind, und
skizziert die Unterschiede, die sie gegenüber der progressiven Paralyse der
Erwachsenen zeigen. Dies sind folgende: 1. In einer Reihe der Fälle
wurden ausgeprägte syphilitische Krankheitszeichen und im Zusammenhang
damit eiu Zurückbleiben oder ein Stillstand der körperlichen Entwicklung
gefunden. 2. Bisweilen trat Hirnlues schon als Vorläufer der juvenilen
Paralyse auf, wodurch es zu einem Rückgang oder Stillstand der geistigen
Entwicklung kam. Die Inkubationszeit dürfte bei der Paralyse des Er¬
wachsenen und der juvenileu Form ziemlich die gleiche sein. 3. Die Be¬
teiligung des Geschlechts an der juvenilen Paralyse war ziemlich gleich (bei
den Erwachsenen 2—6 mal soviel Männer als Frauen). 4. Das klinische
Bild ist bei der juvenilen Paralyse wesentlich farbloser, man beobachtet
größtenteils eine einfache Verblödung. 5. Bei der jugendlichen Paralyse
fällt die in manchen Fällen außerordentliche Anzahl von Anfällen von
rindenepileptischem Gepräge meist ohne Lähmungserscheinungen auf. Be¬
merkenswert ist ferner das relativ häufige Vorkommen von Optikusatrophie
ohne tabische Symptome und der häufige Ausfall des Babinskischen
Zeichens bei juveniler Paralyse. 6. Ferner bestand eine größere Häufigkeit
der absoluten gegenüber der reflektorischen Pupillenstarre. • 7. Dauernde
Remissionen wurden nicht beobachtet. 8. Die Dauer der Erkraukuug ist
bei der jugendlichen Paralyse im Durchschnitt doppelt so lange wie die der
Erwachsenen. ( Jacvaohn .)
Serejski (56) kommt auf Grund seiner chemischen Untersuchungen zur
Überzeugung, daß bei der progressiven Paralyse sogar die kleinen Quanti¬
täten von Acidum bacto’icum sich nicht mit Glykochol verbinden können,
da es bei dem Eiweißzerfall unter dem Einfluß der Reizung mit Ac. bac-
toicum nicht zu einer Ausscheidung des sämtlichen Glykocholgehalts der
Moleküle kommt. (Sterling.)
Wigert (68) gibt eine kritische Übersicht der statistischen, klinischen
und experimentalpathologischeu Erfahrungen, die sich mit der Lues-Paralyse-
Frage beschäftigen, sowie der verschiedenen Theorien, die über dieses Gebiet
aufgestellt worden sind. Wigert ist der Ansicht, daß aus den zugänglichen
Angaben kein bestimmter Schlußsatz betreffs der Rolle, welche die durch¬
gemachte Behandlung bezüglich der Entstehung von Paralyse und Tabes
spielt, gezogen werden kann; man kann nur als berechtigt anführen, daß
kein Beweis dafür erbracht worden ist, daß die vor 15—20 Jahren gewöhn¬
liche Hg-Behandlung irgendwelchen Wert als relatives Schutzmittel gegen
Paralyse und Tabes besessen habe. Um mit Bestimmtheit zu ergründen,
welche Rolle die beiden Faktoren, Syphilisverlauf und antisyphilitische Be¬
handlung, spielen, ist Zugaug zu einem großen statistischen Material erforder¬
lich, geordnet in Gruppen mit gleichförmigem, klinischem Verlauf und ungleicher
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Organische Psychosen.
755
Behandlung sowie mit gleichförmiger Behandlung und ungleichem Verlauf.
Aber ein solches Material fehlt. Auch die Frage, ob die Behandlung die
Latenzzeit zwischen Infektion und Ausbruch von Paralyse und Tabes ver¬
kürzt, etwas, was aus verschiedenen Statistiken hervorzugehen scheint, erfordert
für ihre endgültige Beantwortung ein neues, auf dieselbe Weise gruppiertes
M aterial. ( KaJdmeter .)
Dementia praecox.
Ernst (13) bespricht die Maßregeln, die zu einer Verminderung der
physischen Erkrankungen, vor allem der Schizophrenien fuhren können. Er
schlägt vor, einmal aufklärend über die hauptsächlichsten ätiologischen Fak¬
toren, wie die Schädlichkeit des Alkoholismus, die Gefahr der erblichen
Disposition zu Geisteskrankheiten usw., zu wirken, dann aber vor allem
eine den Geisteskräften des einzelnen Individuums angemessene Erziehung
in Schule und Haus zu inaugurieren.
Breiger (8) kommt zu dem Resultat, daß die Diagnose der Dementia
praecox im Frühstadium in alleu Fällen einzig und allein durch den charak¬
teristischen psychischen Zustand ermöglicht wird. Die beobachteten körper¬
lichen Symptome sind Begleiterscheinungen des jeweilig bestehenden psychi¬
schen Zustandes. Bei Lebhaftigkeit der affektiven und Vorstellungstätigkeit
waren auch auf körperlichem Gebiete gesteigerte Reaktionen wahrnehmbar,
bei Hemmung des affektiven und intellektuellen Geschehens das umgekehrte.
Auch das Fehlen, bzw. die Verringerung der Psychoreflexe an den Pupillen
(an sich ein differentialdiagnostisch wertvolles Zeichen) scheint im Früh¬
stadium der Erkrankung nur sehr selten vorzukommen.
Schultz (54) prüfte unter Innehaltung bestimmter Technik — inner¬
halb 5 Minuten dreimalige Einträufelung von je 2 Tropfen einer l%o Lösung
von Suprareninum hydrochloric. synthet. Hoechst in den Konjunktivalsack —
das Verhalten der Pupillen auf eine derartige Installation. Er fand, daß
Adrenalinmydriasis bei organischen Hirnaffektionen nicht selten vorkommt,
bei Neurosen und funktionellen Psychosen außer Dementia praecox fehlt.
Bei der letzteren war in 50% sehr deutliche, in 15% fragliche, in etwa
15% negative Adrenalinmydriasis nachzuweisen, etwa 15% zeigten paradoxe
Reaktion. Eine deutliche Beziehung der Adrenalinmydriasis zu den sympto¬
matischen Bildern und dem Verlaufe der Dementia praecox war dabei nicht
nachzuweisen. Das Blutserum Schizophrener zeigte auffallend geringe Mengen
Adrenalins, dagegen waren im Liquor cerebrospinalis bei organischen Hirn¬
affektionen und funktionellen Psychosen erhebliche Mengen gefäßverengernder
Substanzen nachweisbar.
Holmes (25) schließt auf Grund von Literaturstudien, daß die Wirkung
des Adrenalins auf Schizophrene von dessen Wirkung auf Gesunde abweicht
und der Wirkung auf Tiere, die mit Ergotoxin vergiftet sind, gleicht. Er
hält das Fehlen der Blutdrucksteigerung auf Adrenalininjektion und die
abnorme Erweiterung der Pupille auf Adrenalininstillation in den Konjunk-
tivalsack für wertvolle differentialdiagnostische Kriterien.
Neubürger (39) untersuchte 100 Fälle (normale und psychisch er¬
krankte), von denen mehr als die Hälfte der Gruppe der Dementia praecox
angehörte, auf Blutdruckveränderungen nach subkutaner Injektion von 0.4 mg
Adrenalin. Es ergab sich, daß bei reichlich 80% aller untersuchten Kata-
toniker und Hebephrenen gar keine oder nur geringe Blutdrucksteigerung
auf Adrenalin eintritt, während dieses Verhalten sich bei den übrigen Ver¬
suchspersonen „immerhiu nur relativ selten“ konstatieren ließ. Auch normale
Personen (Frauen besonders während der Menses) zeigten gelegentlich keine
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756
Organische Psychosen.
derartige Blutdrucksteigerung, auch schwankten die Resultate bei wiederholter
Prüfung des einzelnen.
Cotton (10) untersuchte die Gehirne an den verschiedensten Psychosen
verstorbener Individuen auf ihren Fettgehalt mittels der Herxheimerschen
Methode. Er fand, daß alle zu Demenz führenden Psychosen eine Vermeh¬
rung des Fettgehaltes der Ganglienzellen der Hirnrinde hervorbringen. Am
reichlichsten scheint diese Vermehrung der lipoiden Stoffe bei der Dementia
senilis und der Dementia praecox vorzukommen, ßei der letzteren ist die
Fetteinlagerung in der 2. und 3. Rindenschicht am stärksten; sie verbreitet
sich dabei im Gegensätze zu der Dementia senilis ungleichmäßig über die
Hirnrinde, scheint besonders die Zellen des Stirnhirns mehr als die der
Zentralgegend zu befallen. Daneben fanden sich die betreffenden Zellen
in sklerotischer Umwandlung begriffen.
Strasser-Eppelbanm (60) zerlegt einen Fall von Schizophrenie, in
dem die psychische Grundkonstruktion im Strebertum nach Macht, im Wunsch,
sich emporzuarbeiten, lag, aus dem heraus alle anderen Erscheinungen zu
folgern waren. Verfasserin faßt die Dementia praecox auf „als das Resultat
der vollen, ausgiebigen Reaktion eines Menschen auf das ganze Weltempfin¬
den, das aber zu keiner Harmonie der beiden Weltkomponenten geführt
hat, sondern zu einem Abschluß von der Welt“. Die Abwendung vom Realen,
die Rückkehr zum eigenen Ich scheint ihr der Mechanismus der Dementia
praecox zu sein.
Im Anschluß an die Fürstsche Arbeit über die familiäre Überein¬
stimmung im Reaktionstypus bei Ungebildeten untersuchte Lang (30) die
Mitglieder von II Familien, in denen ein Glied schizophren war, mittels
der Assoziationsprüfungsmethode. Er fand, daß die große Mehrzahl aller
Versuchspersonen dem Prädikattypus angehörten. Von den kranken Familien¬
mitgliedern schienen die kranken Männer die größere psychologische Ver¬
wandtschaft mit den normalen Frauen und umgekehrt zu haben, d. h. es
schien eine „Umkehrung der psychosexuellen Einstellung“ gegenüber dem
Experimentator bei der Dementia praecox stattzuhaben. Der Dementia
praecox-Kranke hat die geringste mittlere Abweichung von allen Familien¬
mitgliedern. Wenn der Kranke Verfolgungsideen bekommt, so werden jene
Familienmitglieder als Verfolger gewählt, mit denen er die größte Überein¬
stimmung im Reaktionstypus hat.
Repond (45) berichtet über einen Fall von typischer Katatonie, der
nach Einwirkung starker Sonnenbestrahlung zum Ausbruch kam. Der Beginn
der Erkrankung war ungewöhnlich, insofern die Symptome des ersten Tages
gar nicht auf eine Psychose hindeuteten, sondern eine Hirustörung allgemeiner
Natur vermuten ließen (Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Muskel¬
schmerzen, Fieber, Erbrechen, Gesichtsröte, Infektion der Augen). Patient war
bis zum Auftreten der Krankheit vollständig gesund gewesen, hatte keinerlei
Eigentümlichkeiten in Gemütsverfassung oder im Verstand dargeboten, die
sonst dem eigentlichen Ausbruch einer Schizophrenie vorauszugehen pflegen.
Dieser Mangel an prodromalen Symptomen ist etwas ungeheuer Seltenes, und
fast ebenso selten ist es, daß eine Katatonie aus bloß inneren funktionell
psychotischen Gründen so rasch zu einer solch fortgeschrittenen Verblödung
führt. Es sei also nach Ansicht des Autors nicht bloß die zeitliche Folge
der beiden Krankheiten, die einen ursächlichen Zusammenhang annehmen
läßt, sondern die ganze ausnahmsweise Art und Schwere des Bildes, die
darauf hinweist, daß hier eine ganz besonders starke Hirnschädigung in
einem Tage aufgetreten ist, während eine solche sonst Jahre und Jahrzehnte
zu ihrer Entwicklung braucht. (Jacobsohn.)
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Organische Psychosen.
757
Hauptmann (20) hat die Blutgerinnungszeit in Fällen von Katatonie
bestimmt. Die Methode war folgende: Man läßt das durch Venenpunktion
gewonnene, möglichst im Strahl entleerte Blut in eine Hohlperlenkapillare
fließen; in Intervallen von 1 / 2 Minute bricht man eine Perle ab, wirft sie
in ein mit physiologischer Kochsalzlösung beschicktes Reagenzglas, schüttelt
und beobachtet nun, wann sich die ersten Gerinnselchen zeigen. Nach
einiger Übung gelingt es so sehr leicht, den Beginn der Gerinnung zu er¬
kennen. Fehlerquellen sind natürlich zu vermeiden, z. B. Temperaturunter¬
schiede. Aus diesem Grunde wurden alle Untersuchungen stets bei der
gleichen Temperatur von 20° C vorgenommen. Es wurden 101 Fälle unter¬
sucht. H. faud nun, daß die Gerinnungszeiten bei Normalen zwischen 7%
und 9 Minuten liegen. Bei der Katatonie war die Gerinnung ganz erheb¬
lich beschleunigt, sie trat iu manchen Fällen schon nach 5Y 2 Minuten ein,
und die höchste Grenze lag bei T 1 /^ Minuten. Unter die Kolumne der
Katatonie reichten nur diejenigen der Hebepbrenie, Manie und Paralyse.
Auf Grund dieser Resultate müsse man, wie der Autor meint, eine Ände¬
rung in der Blutzusainmensetzuug bei der Katatonie annehmen, die im
Sinne einer Hypofunktion der Schilddrüse gedeutet werden kann.
( Jacobsohn .)
Walter und Krambach (65) stellten Funktionsprüfungen des vegeta¬
tiven Nervensystems bei Schizophrenikern an. Sie injizierten 0,75 mg Adre¬
nalin, 7,5 mg Pilokarpin und 0,5 mg Atropin. Bei jedem Versuch wurden
Puls, Blutdruck, vasomotorische Erregbarkeit der Haut und Aschnersche
Reflexe (Reaktion auf Bulbusdruck), bei einigen auch dio Atmung vor und
nach der Injektion verzeichnet. Die Fälle wurden in 1. akut Katatone,
2. chronisch Katatone und 3. Paranoide gesondert. Als Kontrollfälle dienten:
Normale, ferner Alkoholiker, die psychisch intakt waren, und eine Patientiu
mit Zeichen von Herzneurose. Die Resultate waren folgende: Die Disso¬
ziation der verschiedenen Wirkungsweisen des Adrenalius, auf die Falta,
Newsburgh und Nobel aufmerksam machen, und die auf zweieilei Ur¬
sachen zurückgeführt werden kann, erstens auf die verschieden stark anta¬
gonistische Hemmung, zweitens auf den Zustand der Erfolgsorgane, die
verschieden erregbar sein können, trat nach Adrenalininjektion bei den
Normalen deutlich hervor. Der Unterschied der ersten Gruppe der Schizo¬
phrenen bestand darin, daß die Dissoziation der Wirkungen nicht deutlich
war; d. h. die Wirkung auf den Blutdruck ging in der größeren Anzahl
der Fälle der Wirkung auf den Puls parallel. Die Wirkung auf den Blut¬
druck entsprach in der Zeit und in der Intensität bei der ersten Gruppe
der Kranken der der Normalen. Dagegen war die Wirkung auf den Puls
viel intensiver. Die Pulssteigerung übertraf die der Normalen um das Doppelte.
Der Unterschied der Akut- und der Chronischstupurösen ist eklatant. Die
Chronischstupuröseu ließeu jegliche Einwirkung auf Blutdruck und Puls ver¬
missen. Wie nach der Adrenalininjektion, so tritt auch nach der Pilokarpin¬
injektion der Unterschied zwischen den akuten und chronischen Fällen hervor.
Bei den akuten deutlicher Schweißausbruch mit Ausnahme eines Falles;
bei den 5 chronischen Fällen fehlt jegliche Reaktion, nur in einem Falle
Schweißausbruch. Die Fälle der paranoiden Gruppe verhalten sich wie die
der Akutkatatonen. Es besteht jedenfalls ein deutlicher Unterschied, was
Adrenalin- und Pilokarpinwirkung anbetrifft, zwischen diesen Gruppen uud
den chronisch stupurösen. ( Jacobsohn .)
Nach Untersuchungen von Biller (6) spielt bei den einzelnen Psychosen,
auch bei Dementia praecox, die Empfindlichkeit auf Adrenalin differential¬
diagnostisch vorläufig noch keine Rolle. (Jacobsohn.)
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758
Kriminelle Anthropologie.
Schneider (53) führt sechs Fälle auf, aus denen hervorgeht, daß es
Formen der Dementia praecox gibt, die einen Symptomenkomplex bieten,
welcher einer der zirkulären Erkrankungsformen täuschend ähnlich ist,
ohne aber mit dem zirkulären Irresein irgend etwas gemein zu haben. Da¬
durch können in der Diagnosen- und noch mehr in der Prognosenstellung
schwere Irrtümer unterlaufen. ( Jacobsolm.)
Widmann (67) konstatierte in 39 Fällen von Dementia praecox 28mal
Ungleichheit der Lidspalten, 22mal Schiefstellung der Augen, 13mal ungleichen
Haaransatz, 29mal Schiefstellungen des Mundes, 31 mal ungleichen Höhenstand
der Nasenöffnungen, 30mal Ungleichheit in der Ohrstellung zur Schädel¬
fläche, 21mal Ungleichheit der Helixränder, 32mal Verwachsungen der Ohr¬
läppchen, 23mal Ausbildung des Darwinschen Knötchens, 20mal Ungleichheit
der Ohren bezüglich ihrer Größe, 39mal tiefe Querfaltenbildung der Stirn,
38mal ungleiche Stirnhälften, 33mal Gesichtsasymmetrien, ferner oftmals
Zungen-, Gaumen- und Zäpfchenasymmetrien resp. Schiefstellungen. Das
Charakteristische der Geisteskranken im Gegensatz zu den Gesunden war,
daß zwei bis fünf Anomalien durchschnittlich bei den Kranken vorhanden
waren. Anomalien des Schädeldaches fanden sich in 34 Fällen.
( Jacobsohn .)
Kriminelle Anthropologie.
Ref.: Dr. L. M. Kötscher -Zschadrass b. Colditz.
1. Abbott, E. M., Employment and Ccmpensaticn cf Prisonere (Report of Committee A
of the Institute). J. of the Am. Inst, cf Orim. Law. 5. (6.) 880.
2. Abbott. Grace, Immigration and Crime. (Report of Committee „A“ of the Institute.)
ebd. 6. (4.) 522.
3. Abels, Kriminalistische Giftstudien. Groß’ Archiv. 62. 383.
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Am. Inst, of Crim. Law. 5. (6.) 840.
7. Ballantine, Henry Winthrop, L'nconstitutional Claims of Military Authority. ebd.
Vol. 5. (5.) 718.
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172. (7.)
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Kriminelle Anthropologie.
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Kriminelle Anthropologie.
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124. Lonhard. Zuchthausstrafe an Minderjährigen. Mschr. f. Krim. Pfcych. 11. (7.) p. 375.
125. Derselbe, Die Sicherungsmaßnahmen gegen liederliche und arbeitsscheue Rechts¬
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künftiges Deutsches Strafgesetzbuch. Zschr. f. die ges. Strafrechtswiss. 36. 473.
126. Letulle, Maurice, La Jutte contro Talcoolisme en France. Rev. d’Hyg. 37. (1.) 25.
127. Liebe, Georg, Eugenik. Übersichtsreferat. M. Klin. No. 28. p. 784.
128. Lieber mann, Hans, Die eregenen Zonen (mit besonderer Berücksichtigung der Freud -
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129. Lindsay, Edward, Indeterminate Sentence, Release of Parole and Pardon. Report of
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164. Derselbe, Zur Pseudologia phantastica. ebd. 62. (3/4.) 376.
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166. Reiß, Eduard, Über verminderte Zurechnungsfähigkeit von Schwerverbrechern.
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167. Reue kauf f, H., Motiviertes Gutachten über den „Lustmörder Max Dietze“. Groß*
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169. Römer, Kurvon über die Einwirkung des Kriegs auf die Zahl der Alkoholikeraufnahmen
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174. Sadger, J., Neue* Forschungen zur Homosexualität. Borl. Klin. No. 315. Berlin.
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175. Derselbe, Die Bedeutung des Vaters für das Schicksal der Tochter. Arch. f. Frauenk. u.
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688 .
192. Vernier, C. G., The Fourth Annual Meeting of the Illinois Branch of the Institute,
ebd. 4. (3.) 426.
193. Welsch, Ein Fall von Diebstahl aus Gegenstands-Fetischismus. Groß’ Arch. 62.
3—4.) 371.
194. Werthauer, Über Sittlichkeitsverbrechen. Zschr. f. Sexualwiss. 2. (1.) 1.
195. Whitman, John L., Jails, Lockups and Police Stations. J. of the Am. Inst, of Crim.
Law. 6. (2.) 240.
196. Williams, T. A., Prevention of Suicide. Am. J. of Insan. 71.. (3.)
197. Wittig und Günther, Die „jonische Sprache“. Groß’Arch. 64. (3/4.) 296. Forts.
198. Wolff, G., Der Fall Hamlet. Ein Vortrag mit einem Anhang: Shakespeares Hamlet
in neuer Verdeutschung. München. 1914. E. Reinhardt.
199. Woodhull, J. B., Drug Habit and Legislation. New York M. J. 101. (1.)
200. Zafita,H., Konträre Strebungen. Anlässlich der Abhandlung „Zur Psychologie kon¬
trärer Strebungen“ von Wilhelm Horstmann in: Zschr. f. die ges. Neurol. Groß’ Arch.
62. (1.) 70.
201. Derselbe, Eine kriminalogische Frage, ebd, 1914. 61. 61.
202. Derselbo, Zur Theorie des polizeilichen Erkennungswesens, ebd, 62. 351.
203. Derselbe, Die psychischen Voraussetzungen des verbrecherischen Entschlusses, ebd.
64. (1/2.) 54.
204. Zopf, Ludwig, Die Mystikerin Margarete Ebner. Leipzig. 1914. B. G. Teubner.
Einleitung.
Weiter ging das keuchende Ringen der Völker um den „Platz an der
Sonne“ und weiter also auch die vorübergehende Umwertung der Werte,
welche rechtliche, vor allem so viele völkerrechtliche Errungenschaften,
als der Gewalt des Feindes gegenüber schädlichen Plunder zum alten Eisen
zu werfen schien.
Eine neue und doch so uralte „Brachialgewalt“, neu nur durch die feinsten
Feinheiten einer wunderbaren Technik, die den Arm des Kämpfers zum
massenmörderischen, kilometerweit reichenden Sprenggeschoß wandelte, zur
Bombe aus dem Flugzeug, zum Torpedo aus dem Unterseeboot, verdrängte
brutal uud doch majestätisch die Zähmung der Zivilisation, die die Instinkte
der europäischen Kulturvölker jahrzehntelang in Bann zu halten vermochte.
Wie bei einer Götterdämmerung sinken der Helden Leiber zu tausen¬
den, ja hunderttausenden, um doch, wie wir alle zuversichtlich hoffen, aus
dem Chaos wieder eine Kultur, befreit vielleicht von alten Schlacken, neu
erstehen zu lassen. Und währeud so das, was Recht und Unrecht genannt
wird, sich schier in unentwirrbarem Knäuel zu verschlingen scheint, je
nachdem die eine oder die andere Mächtegruppe ihren Standpunkt zu be¬
gründen sucht, je nachdem die Herrschaft von gewaltig ausgelösten Affekten,
von Sym- und Antipathien sich der Völker henoächtigt, um so versöhnlicher
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764
Kriminelle Anthropologie.
erscheint uns — fast in alter priesterlicher Würde — die Medizin, die ob
aller Feindschaft erhabene Linderin der großen Nöte, die Hüterin vor
Seuchen, Heilerin Ton Wunden, — eine stolze Säule der alten Humanitas,
die Freund und Feind gleich liebevoll menschlich behandelt —, ein Zeichen,
daß der Zusammenbruch so vieler Kulturgüter nie und nimmer ein dauernder
bleiben wird, und daß einst wieder neues Leben blüht aus den Ruinen.
Jetzt schon mitten im Kampf, ja gerade durch ihn, vermag die Medizin auch
als Wissenschaft zu wachsen, vermag sie sich auf fast allen ihren Gebieten
zu betätigen und zu bereichern. Ihre Kriegsarbeit ist eine gewaltige, sie ruht
und rastet nicht. Nur manche Grenzgebiete, dort, wo Medizin sich mit
soziologischen Problemen berührt, also auch die Kriminalantbropologie und
-Psychologie können noch nicht so unmittelbar aus dem Brunneu der Er¬
fahrung der Kriegszeit schöpfen. Die Einzelheiten verwirren noch, sie sind
noch nicht gruppierend zu fassen, es fehlt die Perspektive dafür, der Ab¬
stand ist noch zu gering, die Statistik, auch im nicht kriegsüberzogenen
Hinterland, noch nicht abgeschlossen, geschweige denn in ihren Resultaten
durchschaubar. So lange der furchtbare Krieg selbst dauert, wird sich an
dieser Tatsache wenig ändern. Die Früchte können gerade auf unserem
Gebiet nur langsam reifen. Sie werden aber dann in ihrer Art nicht
weniger wichtig sein, wie auf den Gebieten, die schon jetzt mit vollen Händen
schöpfen können. Heute ist unser Kapitel wieder verhältnismäßig klein,
später wird es dafür um so reicher werden.
Im großen positive Auslese der Völker, im kleinen leider eine nega¬
tive der Volksgenossen, als solche hat man die Wirkung eines großen Krieges
mit Recht charakterisiert. Die Tapfersten, die Jugend fallt in den vordersten
Reihen, um so schmerzlicher ist es, wenn auch weit hinter den Fronten
die Reihen der Hervorragenden sich lichten. Da kam uns denn unver¬
mutet Kunde, daß einer unserer Altmeister im Kriegsjabr 1915 verschied.
Hans Groß, der Gründer und Herausgeber des ausgezeichneten Archivs für
Kriminalanthropologie, der Verfasser grundlegender Werke wie „Kriminal¬
psychologie“, „Handbuch für Untersuchungsrichter als System der Krimi¬
nalistik“, „Enzyklopädie der Kriminalistik“ und sonstiger kriminalistischer
Arbeiten wird nie mehr die Feder ergreifen, um seine zahlreichen stets
tiefgründigen kriminalogischen Aufsätze zu vermehren, um in seinen Be¬
sprechungen der viel erfahrene Führer und Anreger der Jungen auch
weiterhin zu sein. Zu Ende seines Lebens hat er noch die Freude gehabt,
daß unter seiner Leitung ein k. u. k. Kriminalistisches Universitätsiustitut
in Graz erwuchs und gedieh, ein Anfang und Vorbild für seine größere
Planung eines so sehr zu begrüßenden kriminalistischen Reichsiustitutes, in
dem auch das Studium aller Fragen, die mit dem normalen und anormalen
verbrecherischen Menschen irgendwie in Zusammenhang stehen, seine frucht¬
bare Stätte finden sollte.
Auch den herrlichen kriegerischen Aufschwung seiner geliebten öster¬
reichischen Völker konnte er noch erloben. Stolz auf seine geleistete Arbeit,
stolz auf sein Vaterland, konnte er von hinnen scheiden. Auch er war ein
Kämpfer und Wegebahner neuer Zeiten. Und wenn die junge Generation
im Studium der Schädlinge der Gesellschaft und in der Bekämpfung von
Verbrechen und Kulturlosigkeit vielversprechende erreichbare Ziele vor sich
sieht, so hat sie es ihm zu danken. Erst späteren Generationen, denen die
Früchte seiner von ihm inaugurierten Studien in den Schoß fallen werden,
wird der Wert seiner scharfsinnigen und menschenliebenden Pionierarbeit so
recht zum Bewußtsein kommen. Der schönste Lohn seines arbeitsvollen
Lebens werden ihm aber dann diese Früchte selbst sein.
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Kriminelle Anthropologie.
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I. Verbrechen and Verbrecher.
Mittel der Verbrechensbekämpfung. Degeneration und abnorme
Geisteszustände in ihrem Zusammenhang mit den Verbrechen.
Mac Donald (134) gibt die Hauptpunkto der Kriminalanthropologie
folgendermaßen wieder: Sie ist eine neue Untersuchungsform und schließt
ein das geistige, moralische uud physische Studium des Menschen und
beruht auf den Resultaten vieler Wissenschaften. Sio ist synthetischen
Charakters. Die Kriminalanthropologie bietet fäbigeu Personen mehr Gele¬
genheit, die höchsten Ideale auszuführen, als jede andere Art der Forschung.
Hauptpunkte:
1. Der Grad der Kriminalität ist zu bemessen nach dem Schaden,
der dem Staat oder der Allgemeinheit zugefügt wird. Von diesem Gesichts¬
punkt aus ist das internationale Verbrechen, der Krieg, bei weitem das
größte aller Verbrechen.
2. Geschichte ist hauptsächlich Geschichte des Anormalen, besonders
ist es der Krieg; und eine Aufgabe der kriminellen Anthropologie ist
es, Kriege zu vermindern oder zu verhüten. Montaigne sagt: „Es ist eine
größere Barbarei, einen lebeuden Menschen zu töten, als einen toten zu
braten uud zu essen.“
3. Das größte Studium ist der Mensch, der Mensch als Individuum,
als Einheit des sozialen Organismus.
4. Wenn das Studium des zivilisierten Menschen eine Wissenschaft
werden soll, muß es sich auf die Untersuchung einer großen Zahl von Indi¬
viduen stützen, und die Methode muß für alle Klassen die gleiche sein,
wenn wir zwischen normal uud anormal unterscheiden wollen.
5. Die beste Methode ist die des Laboratoriums in Verbindung mit
soziologischen Daten.
6. Die gründliche Erforschung eines menschlichen Wesens mit allen
der Wissenschaft verfügbaren Mitteln gäbe einen Band für sich.
7. Alle Fakta über menschliche Wesen sind vom wissenschaftlichen
Standpunkt wichtig, ob diese im Augenblick zu erlangen sind oder nicht.
8. Beim Studium des Menschen sind Namen nicht nötig und Fest¬
stellung von Tatsachen ist nicht Kritik, denn die Wissenschaft ist vollständig
unpersönlich.
9. Ansichten zu haben ist wertvoll je nach den Kenntnissen, besonders
Kenntnissen erster Hand, und Wissenschaft ist kondensierter, gesunder
Verstand. Dennoch ist
10. Die Grundlage der Wissenschaft Wahrheitsliebe um ihrer selbst willen.
11. Alles Kranke ist abnorm, aber nicht alles Abnorme ist krank. So
ist eine Hand mit 6 Fingern anoimal, aber nicht notwendigerweise krank.
12. Wir müssen das Normale kennen, um das Anormale zu be¬
greifen, denn
13. wenn der Normale in unangemessener Weise handelt, oder zur
Unrechten Zeit oder am Unrechten Ort, so kann es abnorm sein. Der Funda-
mentalbegrift des Abnormen ist der Exzeß des normalen; aber
14. der Gradunterschied zwischen normal und anormal kann so groß
sein, daß er ein ganz anderes Resultat gibt; gerade so wie zwei Flüssigkeiten
eine gewisse Mischung ergeben, die ganz anders ist als die Ingredienzen,
aus denen sie zusammengesetzt sind.
15. Der abnorme Mensch kann in guter Art abnorm sein, wie das
Genie, das Talent oder der Staatsmann, oder in falscher Richtung, wie der
Verbrecher, Bettler oder Minderwertige. Es sind alles Menschen, und das
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Kriminelle Anthropologie.
Studium dieser verschiedenen Klassen kann man als Anthropologie der
Lebenden zum Unterschied von prähistorischer Anthropologie ansprechen.
16. Das Studium der Medizin ist das Studium der Zukunft. Die
Geographie des Körpers zu kennen ist wichtiger als die Kenntnis der
Geographie der Welt. „Kenne dich selbst“
17. Von allen Formen der anormalen Menschheit kommt das Verbrechen
dem Normalen am nächsten; das Studium der Verbrecher ist daher in der
Hauptsache Erforschung des normalen Menschen, und die so gewonnenen
Kenntnisse können im allgemeinen auf das Ganze angewendet werden. Daher
18. kann Gefängnis und Besserungsanstalt als humanitäres Laboratorium
zum besten der Gesellschaft dienen. Da die Umgebung der Insassen die
gleiche ist, sind die Umstände für die wissenschaftliche Untersuchung günstig.
19. Wie wir bei Maschinerien zuerst die schadhaften Teile reparieren,
so in der Gesellschaft zuerst den Verbrecher, Bettler, Geisteskranken,
Schwachsinnigen und sonst Defekten, die 1% der Allgemeinheit bilden. Aber
20. warum sollten wir 1 % erlauben, den übrigen 99% soviel Sorge
und Ausgaben zu verursachen, da das Verbrechen allein jährlich eine
1 / s Million Dollar kostet? Das Verbrechen kommt hauptsächlich daher,
daß die Jugend vernachlässigt wird, wo das Menschenstudium eigentlich zu
beginnen hätte; denn
21. es ist wenig Aussicht, soziale Übel zu beseitigen, wenn wir nicht
von der Wurzel ausgehen.
22. Kein Obel kann für die Dauer vermindert werden, wenn man die
Ursache nicht kennt.
Es gibt auch kaum je nur eine Ursache, sondern eine Kette von
Umständen.
23. Trunksucht (Alkoholmißbrauch) ist nicht nur eine Hauptursache des
Verbrechens, sondern auch der größte Feind der Menschheit, da sie so vielen
unschuldigen Menschen Leiden bringt.
24. Wir können nicht zum Unrecht verführt werden, wenn nicht etwas
in uns vorhanden ist, das darauf reagiert; dieses Etwas ist ein Teil unserer
selbst, der sich von unserer Umgebung unterscheidet, deshalb
25. verlangt unser Menschenstudium eine Untersuchung sowohl des
Individuums wie auch seiner Umgebung, denn letztere kann anormaler sein
als das Individuum selbst.
26. Reizbare (Minderwertige), die sich am Leben hochgestellter Per¬
sonen vergreifen, sind sehr wichtig infolge des enormen Schadens, den sie
der Gesellschaft zufügen und müssen genau studiert werden.
27. Wie der Arzt seinen Patienten studiert, um ihn richtig zu behandeln,
so muß auch der Verbrecher studiert werden.
28. Die erschöpfende Untersuchung eines einzigen Verbrechers illustriert
genau, wie und in welcher Art das Milieu und die innere Anlage ihn zu
dem Verbrechen führen. Menschliche Wesen sind sich viel mehr ähnlich als
unähnlich.
29. Verbrecher, Bettler und andere Minderwertige sind soziale Bazillen
und bedürfen ebenso gründlicher Erfahrung wie Krankheitsbazillen.
30. Niemand sollte für die ersteu 15 Jahre seines Lebens verantwortlich
gemacht werden, noch ist irgendjemand verantworlich für die von Vorfahren
ererbten Anlagen. Da der Würfel gewöhnlich gefallen ist, ehe das mannbare
Alter erreicht wird, kann Verantwortlichkeit nur sehr schwer festgestellt
werden, und ist oft nur von minimalem Gewicht. Deshalb
31. soll man bei Prüfung menschlicher Wesen die guten Seiten mehr
betonen als die Defekte. Alles verstehen, heißt alles verzeihen. Dennoch
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Kriminelle Anthropologie.
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32. maß jedes Individuum, das der Allgemeinheit schadet, ob geistes¬
gestört, kriminell oder defekt, untergebracht, aber nicht unbedingt gestraft
werden.
33. Das zeitlich begrenzte Urteil gestattet leider die Freilassung Ge¬
fangener, die moralisch sicher wieder dem Verbrechen anheimfallen, das un-
determinierte Urteil dagegen gibt den Gefangenen die Möglichkeit, sich zu
bessern, ohne die Gesellschaft unnötiger Gefahr auszusetzen; aber
34. die Gesellschaft hat nicht das Recht, zu erlauben, daß Gefangene,
die wahrscheinlich wieder dem Verbrechen auheimfallen, entlassen werden, denn
35. wo es sich um Gerechtigkeit gegen das Individuum oder die
Gesamtheit handelt, sollte letzterer der Vorteil zukommen.
36. Das Gefänguis sollte eine Besserungsanstalt, die Besserungsanstalt
eine Schule sein; das Ziel beider sollte Erziehung zu guten, geistigen,
moralischen und körperlichen Gewohnheiten sein. Beide Anstalten müßten
ausgesprochen erzieherisch wirken. Es sollte ein Minimum Verführung
zum Schlechten und ein Maximum Anregung zum guten Handeln bestehen.
37. Anstalten zur Besserung menschlicher Wesen sollten soviel als
möglich Lebensbedingungen wie die der Außenwelt haben, damit der zu
Entlassende sich besser anpassen könne und nicht zu einem für die Außen¬
welt Ungeeigneten werde.
38. Jeder hat das Recht und den Anspruch auf ordentliche Er¬
ziehung, und
39. die Zeit ist gekommen, wo ein Kind ebenso studiert werden muß,
wie die chemischen Elemente eines Steines oder die Masse eines Berges im
Mond.
40. Ein Zweck der Kriminalanthropologie ist der, die Jugend und die
Schwachen auf Grund wissenschaftlicher Kenntnisse zu beschützen, bevor
sie befleckt und gefallen ist, nicht ein Schließen der Stalltür, nachdem das
Pferd gestohlen wurde.
41. Die Behandlung der jungen Kriminellen sollte das Prototyp zur
Behandlung Erwachsener bilden, und das Verfahren gegen sie sollte möglichst
wenig öffentlich sein.
42. Publikation krimineller Einzelheiten in Zeitungen sind schädlich
für die Allgemeinheit wegen des Nachahmungstriebes, außerdem macht es
den Verbrecher stolz auf seine Berühmtheit, erweckt die krankhafte Neugierde
des Volkes, und wirkt besonders auf die Schwachen.
43. Zeige dem sogenannten schlechten Jungen Vertrauen, wecke seinen
Ehrgeiz und lehre ihn das Gute um des Guten willen tun.
44. Faße den Verbrecher bei seiner Ehre. Ein solcher sagte mir ein¬
mal: „Wenn man mir doch nicht glaubt, wenn ich die Wahrheit sage, kann
ich doch ebenso gut lügen.“
45. Nichts hiudert die Entwicklung der Jugend mehr, als die Aussicht
auf viel Geld, ohne arbeiten zu müssen; Müßiggang führt oft zum Verbrechen.
46. Es ist wichtiger zu wissen, was gut, als was wahr ist; denn Moral
ist wertvoller als Kenntnisse.
47. Zunehmende intellektuelle Entwicklung ist nicht notwendigerweise
auch zunehmende Moral, und eine Erziehung, die den Verstand schärft,
aber nicht den Willen, ist eine fragwürdige.
48. Je älter wir werden, um so mehr schätzen wir den ehrlichen
Durchschnittsmenschen im Vergleich zum unehrlichen Talentierten.
49. Jedem Beobachter des Lebens wird das Unpraktische des Pessimismus
und die Vorteile des Optimismus kar. Es ist auch festgestellt, daß
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Kriminelle Anthropologie.
50. die meisten unserer Gedanken, Gefühle und Handlungen gleich¬
gültiger Natur sind; ron den haftenden sind */ 4 angenehmer und nur l / 4
schmerzlicher Art, was andeutet, daß es mehr Lust als Schmerz in der
Welt gibt.
51. Handle so, wie du handeln würdest, wenn alle Folgen deines
Handelns sofort in Erscheinung träten.
V. Th 6t (188) gibt in höchst verdienstvoller Zusammenstellung ein
fast vollständiges Repetitorium vor allem der romanischen Strafrechtsschulen
der achtziger und neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, wie sie sich,
angeregt durch die umstürzenden Lehren Lombrosos, zu epochemachenden
Arbeiten erhoben, deren Wirkung erst heute so recht fühlbar ist, wo ihr
Einfluß in den neuen Gesetzentwürfen und ihren gedanklichen Grund¬
lagen auch praktisch in Erscheinung tritt. Die „Einleitung“ bietet zuerst
einen Rückblick auf die sogenannte „Neuere klassische Strafrechtsschule in
Italien“ und bespricht dann „die neue Richtung im allgemeinen“. Daran
anschließend führt Verfasser die Forschungsergebnisse der modernen Schule
vor und legt dann seinen eigenen Standpunkt dar. Im ersten Teil behandelt
er eingehend die kriminalanthropologische Schule, die das biologische, psycho¬
logische und psychopathologische Studium des Verbrechers zum Inhalt hat.
Ein großes Kapitel davon bildet „Lombrosos Beobachtungen“ und „Lom¬
brosos System“. Eiu zweiter Abschnitt beschäftigt sich mit der „kriminal¬
psychologischen Richtung“ als natürliche Folge der anthropologischen Rich¬
tung. Die Lehre von den psychischen Merkmalen der Verbrecher wird
rekapituliert, die Studien über spezielle Verbrecherkategorien besprochen
(Verbrecher mit Mangel an moralischem Sinn, das Kollektiv- oder Massen¬
verbrechen, die Neurasthenie, der Alkoholismus, der Hypnotismus, die Sexua¬
lität und die Prostitution), und die philosophische Grundlage der Kriminal¬
psychologie initgeteilt. Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit der kriminal-
psycho-pathologischen Richtung, teilt die Untersuchungen über Psychopatho¬
logie und Strafrecht mit und bespricht den geisteskranken Verbrecher. Hier
bleibt v. Thöt als Berichterstatter und Kritiker leider bei schon recht
veralteten Anschauungen stehen. So scheint er noch die Lehre von der
Monomanie als einen Hauptpunkt dieser Disziplin auch für die heutige
Zeit anzuerkennen. Im zweiten Hauptteil schildert Verfasser die literarische
Entwicklung der kriminal-soziologischen Schule, vor allem Ferris altes
System. Mit Recht verwirft v. Thöt die Lehren, die die Ursachen der Krimi¬
nalität fast ausschließlich in der Gesellschaft selbst suchen. Das Verbrechen
sei eben ein Produkt verschiedener innerer und äußerer Faktoren. Ein sehr
interessantes Kapitel ist das über „Camorra und Maffia als kriminal-soziolo¬
gische Erscheinungen“, ferner über: „Feminismus und Strafrecht“ und
„Anarchismus und Strafrecht“. Im dritten Hauptteil werden die positivisti¬
schen Strafrechtsschulen in Skandinavien, England, Holland, Rußland und
Griechenland kurz skizziert. Ein vierter Hauptteil beschäftigt sich mit der
sogenannten „Dritten Schule“ der romanischen Länder, die zwischen der
positivistischen und der klassischen Schule zu vermitteln sucht. Man nennt sie
auch die „Schule des kritischen Positivismus“, „Kritische Strafrechtsschule“
und „Kritisch-naturalistische Schule“. Die meisten Autoren der „dritten
Schule“ suchen die Grundlagen der beiden widerstreitenden Schulen zu ver¬
schmelzen, während die Mitglieder der reformierten klassischen Schule (v. Thöt
nennt als deutsche Vertreter der letzteren von Liszt, Bär, v. Calker, Finger,
Heimberger, Seuffert, Wach, Delagius und Rosenfeld) einen Aus¬
gleich dieser Prinzipien herbeizuführen trachteten. Ein weiterer Abschnitt
faßt die strafrechtlichen Grundlagen der positivistischen Schule zusammen.
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Kriminelle Anthropologie.
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Der nächste bespricht die Gegner der positivistischen Schule. Das Schlu߬
kapitel gibt die Ansichten des Verfassers selbst wieder.
Das Recht zu strafen hat nach v. Thot als Zweck nicht nur die Auf¬
rechterhaltung einer durch die Meuschen geschaffenen Ordnung, sondern auch
den der Verwirklichung einer höheren Idee, die dem Menschen angeboren
sei, und der er genugtun müsse; es sei dies das Gerechtigkeitsgefühl, welches
fordere, daß die verletzte „moralische“ Ordnung wieder versöhnt wäre, damit
werde das Recht zu strafen ein „göttliches“ Recht. Die moralische Ordnung
umfasse die edleren Offenbarungen der menschlichen Seele, wie z. B. die
Liebe, die gegenseitige Billigkeit, vor allem auch das Gefühl der Achtung
vor unseren Mitmenschen, das sich auf ihr Leben, ihr Vermögen, ihre Ehre
usw. erstrecke. Diesem moralischen Gefühl komme insofern strafrechtliche
Bedeutung zu, als dessen Verneinung ein Verbrechen darstelle. Der Grund
des Strafrechts liege also auf dem Gebiete der Ethik und leite sich nicht
nnr aus dem Interesse der Gesellschaft ab. Daher müßten die Normen
des Strafrechts nicht auf Grundlage der Kriminalsoziologie, sondern einer
Kriminalpolitik bestimmt werden, die wieder auf ethischer Grundlage aufzu¬
bauen sei. Grundlage und Resultate der Kriminalsoziologie seien egoistisch,
daher unmoralisch, wie am besten die (mitgeteilten) Theorien der anarchisti¬
schen Kriminalisten bewiesen, die fast das ganze Strafrecht illusorisch zu
machen trachteten. Die Kriminalpolitik müsse aber die von der Kriminal¬
anthropologie, der Kriminalpsychologie, der Krimiualpathologie und der
Kriminalsoziologie gesammelten Tatsachen berücksichtigen. Die Kriminal¬
politik habe die Aufgabe, die zweckmäßigsten Mittel zur „moralischen“ Be¬
urteilung der Verbrechen und der Verbrecher festzustellen, sie müsse sich
dabei der deduktiven Methode bedienen, da „moralische“ Erscheinungen keine
„wahrnehmbaren“ Erfahrungen bildeten. Es gäbe nun altruistische und
egoistische Verbrechen je- nach dem abnormen Überwiegen altruistischer oder
egoistischer Empfindungen; beim Überwiegen letzterer bilde das Eigeninteresse
den Keim zum Verbrechen. Dieser Keim gehöre auf das Gebiet der Moral,
er werde aber sicher auch durch andere Umstände kriminalanthropologischer
oder -soziologischer Art beeinflußt, kurz, das Verbrechen sei eine durch
psychologische Emotion bzw. durch das Zusammenwirken gewisser anthro¬
pologischer oder sozialer Ursachen herbeigeführte moralische Erscheinung.
Demnach müsse die Strafe eine der Individualität angepaßte moralische
Erziehung sein. So sei die Kriminalpolitik der Zukunft dazu berufen, die
moralische Individualisierung zu verwirklichen.
ln einem Anhang schließt sich v. Thot ganz den Leitsätzen der von
Ferri 1913 begründeten Societä d’Anthropologia, Sociologia e Diritto Cri-
minale in Rom an, die lauten:
1. Das Verbrechen ist als ein Produkt der (angeborenen oder erworbenen,
ständigen oder vorübergehenden) somatisch-psychischen Verhältnisse des
Individuums zu betrachten und ergibt sich aus der Einwirkung der Bedin¬
gungen des physischen und sozialen Mediums.
2. Alle Verbrecher sind der Sanktion der sozialen Verteidigung unter¬
worfen ohne Unterschied ihres Alters und Geschlechtes und gleichviel, ob
sie physisch oder psychisch gesund sind oder nicht.
3. Die soziale Verteidigung muß gegenüber der Kriminalität durch
Rechtsnormen verwirklicht werden, deren Aufgabe es ist, die der Prävention
und Repression dienenden, den individuellen Verhältnissen des Verbrechers
angepaßten Vorkehrungen zu treffen.
Das Motiv, sagt Kleemann (115), bildet eines der wichtigsten Kapitel
der Psychologie und Kriminalistik. Steht es doch als innere psychische
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie i»is 49
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Kriminelle Anthropologie.
Ursache in ständiger Beziehung zum Wollen und zum Handeln. Die vor¬
liegende Studie will einen Überhlick über die diesbezügliche Literatur von
Aristoteles an bieten, die dabei gewonnenen Resnltate zusammen stellen und
praktische Winke und Anwendungen bringen, kurz in das psychologische
Problem des Motivs einführen. Im allgemeinen hält es der Verfasser mit der
Philosophie Wundts. Nach Kleemann ist das Motiv determiniert von der
Umgebung des Ich im allgemeinen, vom Charakter, sowohl dem angeborenen
(Temperament) als auch dem erworbenen (dazu gehört eine Summe von
Willenshandlungen mit Motiven usw.) und vou der augenblicklichen Stimmung
(Vorstellung8- und Gefühlslage). Das herrschende Motiv löst die Willens¬
handlung aus. Dabei ergeben sich neue Vorstellungen und Gefühle, unter
Umständen eine veränderte Stimmung, so daß das Motiv nicht nur eiu in
Bewegung gesetztes, sondern auch ein in Bewegung setzendes Moment der
Willenshandlung ist, je nach dem Standpunkt der Begutachtung, ob man
rückwärts auf seine Entstehung, seine Ursachen oder vorwärts auf Zweck,
Ziel, Erfolg blickt. Seine Gefängniserfahrung an mündlichen Äußerungen
von Verbrechern haben Kleemann gezeigt, daß bei vielen von ihuen (nicht
allen) ein Mangel im Vorstellungs- und Gefühlsleben besteht, so daß diese
Vorstellungen und Gefühle auf das unum necessarium, das (uns) nötig
Erscheinende eingestellt sind. Gewisse Motive sind natürlich vorhanden,
erweisen sich aber als verkehrt oder mangelhaft. „Mangelndes Triebleben“
könnte man es nennen („Trieh“ im populären Sinne gebraucht) — und wie
man an einer nun einmal verkehrt gehenden Uhr vergeblich herumdoktert,
so mag es oft ein fruchtloses Bemühen sein, Menschen neue, mannigfaltigere,
bessere, edlere Motive ein- oder aufzupHanzen, damit dementsprechende
Willenshandlungen ausgelöst werden. Verf. belegt seine Erfahrung mit
Beispielen immer wieder geäußerter, also typischer Verbrecherphrasen und
Entschuldigungen.
Lenhard (124) plädiert in bekannter Weise dafür, die noch nicht in
vollem Sinne-mannhafte Jugend von der Zuchthausstrafe auszuschließeD, eine
Strafe die ohne weiteres Unwürdigkeit, Unfähigkeit zum Heeresdienst zur Folge
hat. Gerade der Militärdienst vollende erst noch die Mannhaftigkeit. Warum
soll eine Zubilligung des Strafmilderungsgrundes der Jugend einen Tag, Woche,
Monat oder Jahr nach dem 18. Lebensjahre völlig unanwendbar werden,
uud die Härte der Zulässigkeit von Zuchthausstrafe mit der Unwürdigkeit für
den Vaterlandsdjenst hinzutreten, wo doch gewiß mancher 19- und 20jährige
nicht bewußt ehrlos handeln wollte, sondern nur vom Ungestüm und der
Gärung der Jugend fortgerissen wurde? Möchte doch deshalb im künftigen
Strafrecht eine Bestimmung eingeschaltet werden, „daß die Erkennung anf
Zuchthausstrafe gegen Minderjährige nicht zulässig ist, au deren Stelle an¬
gemessen erhöhte Gefängnisstrafe zu treten hat“. Die Statistik lasse erkennen,
daß dann eine ganze Anzahl von der Zuchthausstrafe Verschonbarer resultieren
werde, die es rechtfertige, der aufgeworfenen Frage Beachtung zuzuwenden.
Der Gefangnispraktiker Lenhard (125) unterzieht die neuen Strafrechts¬
entwürfe einer Kritik, insoweit sie sich 1. auf die durch schlimme Veran¬
lagung, schlechte Erziehung, dem Erwerb durch Arbeitabgewendeten, dem
Leichtsinn, der Mißachtung von Ordnung, Sittlichkeit und hieraus sich er¬
gebenden Lastern aller Art zugewendeten, auf den Pfaden zur ünverbesser-
lichkeit wandelnden Menschen beziehen, und 2. auf die schon zu gewerbs-
und gewohnheitsmäßigen Verbrechern ausgearteten Rechtsverletzer. Die für
die erste Gruppe vorgeschlagene Sicherungsverwahrung im Arbeitshause be¬
grüßt er als großen Fortschritt. Leider sei die Voraussetzung für die Sicherung:
„Liederlichkeit und Arbeitsscheu“ zu eng. Er möchte hinzugefügt haben:
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„oder nach Veranlagung und Vorleben des Angeschuldigten dessen Abfall
hierzu und zum Gewohnheitsverbrechertum befüchten lassen“. Auch, daß als
Voraussetzung „Arbeitsfähigkeit des Verurteilten“ im Entwurf vorgesehen
sei, sei schade. Gerade vor jenen Arbeitsscheuen, die ihre Körperdefekte
übertrieben ausnutzten, bedürfe man als Gesellschaftsschutz sichernder Ma߬
nahmen. Das Strafhaus verschließe sich ihnen ja auch nicht, also brauche
es auch nicht das künftige Arbeitshaus. Auch die Vorbedingung, daß die
Arbeitshausverwahrung erforderlich erscheint, um den Verurteilten wieder an
ein gesetzmäßiges und arbeitsames Leben zu gewöhnen, sei in vielen Fällen
eine nicht mehr erreichbare und würde die Anwendbarkeit des Gesetzes schäd¬
lich beschränken. Auch sei es schade, daß bei Feststellung der in Betracht
kommenden Verbrechensfälle jene gegen die Sittlichkeit im Sinne des § 244
Ziff. 3 StG. übergangen worden seien.
Bei der zweiten Gruppe sei scharf zu differenzieren zwischen gewerbs¬
mäßigen Verbrechern (internationale raffinierte Berufsverbrecher) und gewohn¬
heitsmäßigen Verbrechern (entartete, willensschwache Menschen, auf der Grenze
psychischer Gesundheit und Krankheit pendelnd). Art und Richtung der
Unrechtsbetätigung wichen bei beiden Untergruppen sehr voneinander ab.
Die „Gewerbsmäßigen“ seien gefährlichste Menschen und bedürften deshalb
sicherster Verwahrung im Zuchthaus auf die längste zulässige Dauer. Die Straf¬
taten der Gewohnheitsverbrecher dagegen zeigten fast durchweg die Merk¬
male der Bedeutungslosigkeit, ja oft den Zweck, eingesperrt zu werden mit
Geneigtheit zum Verbleiben in der Anstalt, weil sie sich bewußt wären, den
Anforderungen der freien Außenwelt auf die Dauer nicht gewachsen zu sein.
Bei ihnen nütze auch alle Fürsorge für Entlassene wenig oder nichts, es sei
schade um die dazu aufgewendeten Mittel. Auch die „urteilsmäßigen Straf¬
verschärfungen“ würden ihnen gegenüber wirkungslos bleiben, ebenso wie kurz
bemessene Strafen, hier helfe nur augemessene lange Sicherungsbewabrnng.
Da auch hier als zukünftige gesetzliche Voraussetzung „die Gefährlichkeit“
für die „Verwahrung“ ausschlaggebend sei, müsse der Nachweis dieser „Gefähr¬
lichkeit“ dem Richter möglichst erleichtert werden, das könne aber besonders
geschehen durch die Strafvollzugsstationen; dort kenne man die Psyche,
Führung, Krankheit usw. des betreffenden Mannes am besten Der Richter
müsse diese Erfahrungen bei seinem Urteil in Betracht ziehen. Sicherungs¬
verwahrung ohne zeitliche Beschränkung sei nicht zu empfehlen, sie verleite den
deutschen Verbrecher zum ständigen Querulieren oder zur Gleichgültigkeit und
Mutlosigkeit. Die Entlassung dürfe aber immer nur eine vorläufige sein;
darin liege eiue erziehliche Kraft. Alle diesbezüglichen Entscheidungen über
den Einzelfall müßten in der Hand des Richters liegen; sein Spruch allein
erzeuge abschließende beruhigende Wirkung.
Seine Erfahrungen haben Zaflta (202) dahingeführt, festzustellen, daß
der eigentliche Verbrecher, d. h. das wirklich kriminell veranlagte Indi¬
viduum, die Strafe und ihre Folgen nicht aus sozialen Rücksichten fürchtet,
wie es der Durchschnittsmensch tut, sondern ausschließlich aus persönlichen
Gründen, aus Furcht, erwischt zu werden und dann dem Übel der Strafe
persönlich zu verfallen, — daß er nicht durch moralische Autorität, sondern
nur durch geistige Überlegenheit eingeschüchtert werde. Stehe er doch meist
schon an sich außerhalb der Gesellschaft und habe eine ganz andere „Ehre“.
Als Generalpräventiou werde die Strafandrohung nur gegen die uneigentlichen
(Augenblicks-) Verbrecher wirksam sein können, gegen die eigentlichen (Zu¬
stands-) Verbrecher dagegen nur die staatliche Bereitschaft, wie sie vor allem
im polizeilichen Erkennungsdienst gegeben sei, den allein diese Individuen
fürchteten. Als Spezialprävention werde beim uneigentlichen Verbrecher die
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Strafe als Besserungs* und Kräftigungsmittel in Betracht kommen, dem
eigentlichen Verbrecher gegenüber können sie nur zur Unschädlichmachung
dienen.
Wie Hurwicz (103) sagt, ist nach Tarde unter dem Begriff der „Berufs-
kriminalität“ eigentlich die Verletzung der „Berufsethik“ zu verstehen.
Die Statistik der So/ialkriminalität führt aber über diesen Begriff hinaus.
So haben z. B. Alkoholdelikte der Arbeiterbevölkerung mit den der Berufs¬
tätigkeit entspringenden Anreizungen und Gelegenheiten nichts zu tun. Die
Kriminalität der Berufe muß eben auf die Gesamtheit der Lebensbedingungen
des betr. Standes bezogeu werden. Verf. untersucht nun den gegenwärtigen
Zustand der Statistik der Sozialkriminalität in den einzelnen Kulturländern.
Als zu fordernde äauptideen dieser Statistik stellt er auf: „innerhalb der
Gesamtkriminalität eines Landes die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen
miteinander vergleichen, sodann die Resultate dieser Vergleichung denen eines
analogen, auf die Kriminalität eines anderen oder einiger anderer Länder
angewandten Verfahrens gegenüberstellen“. Bestätigt dieser zweite Vergleich
die für die Sozialkriminalität eines Landes gewonnenen Ergebnisse, so
komme diesen eine internationale und universelle Bedeutung zu; sei das
nicht der Fall, so gewähre er uns eineu Einblick in die territorialen und
nationalen Eigentümlichkeiten der Kriminalität. Der Versuch einer ein¬
gehenden Durchführung dieser Gedanken an der Kriminalität einer Gruppe
sollte am Schlüsse der kritischen Arbeit in einem der Klasse der Dienst¬
boten gewidmeten Exkurs gemacht werden, wird dann aber einer zweiten
Arbeit Vorbehalten. Angesichts der von der Gruppe der „Arbeiter und
Tagelöhner“ auf allen Gebieten dargebotenen Maximalkriminalität muß es
nach flurwicz als eine ebenso lohnende wie dringende Aufgabe bezeichnet
werden, deren soziale uud anthropologische Zusammensetzung, Grad der
beruflichen Ausbildung, wirtschaftliche und soziale Lebensbedingungeu mög¬
lichst zu erforschen und sodann der Verquickung der Kriminalität mit all
diesen Ursachen nachzugehen. Fehlen tut uns noch sehr eine Statistik des
Berufsverbrechertums und ferner der Prostitution. Sehr gelobt wird die
italienische Statistik. Alles in allem bilden die Ergebnisse der statistischen
Erfassung der Sozialkriminalität nach Hurwicz einen der stärksten Be¬
weise der Wirksamkeit des sozialen Verbrechensfaktors und damit der sozio¬
logischen Verbrechenslehre. Die scharfen Unterschiede in der Kriminalität
verschiedener sozialer Gruppen sind durch die Gesamtheit der äußeren und
inneren Lebensbediugungen derselben bedingt. Besonders unterscheidet sich
scharf die Kriminalität der Selbständigen und der Abhäugigen, der Ver¬
mögenden und der Vermögenslosen. Vorschläge zur Verbesserung der Statistik
beenden die mit interessanten Tabellen ausgestattete Arbeit.
Bischoff und Lazar (15) untersuchten 224 Insassen der Zwangs¬
arbeitsanstalt Kornenburg auf ihren somatischen und psychischen Zustand
hin, um so in die Ursacheu des sozialen Verfalles dieser Individuen ein¬
zudringen. Diese Ursachen wareu in 10% der Fälle körperliche Erkran¬
kungen, in über 20% Verwahrlosung, in annähernd gleicher Prozent¬
zahl neuropathische Konstitution, in Stimmungsanomalien (etwas weniger),
in genuinen moralischen Defekten (5 Mäuner), in Schwachsinn (15 Männer),
in Psychosen (20 Männer) — Wandertrieb (etwa 10% aus allen Gruppen
zusammen). Bemerkenswert ist eine von den Verfassern besonders aufgestellte
Gruppe der konstitutionellen Psychopathen, die der sexuell Nervösen, — Indi¬
viduen, deren Sexualität sich spät entwickelte, und deren Libido auf eine
Person eingeschränkt sei. Verlören sie aus irgendeinem Grunde ihre SexuaJ-
objekte, also den Anschluß an eine bestimmte weibliche Person, so gehe ihnen
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Kriminelle Anthropologie.
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eine wichtige Stütze verloren, und sie bekämpften dann ihre Unlustgefühle mit
Alkohol, daraus folge dann der weitere soziale Verfall.
Im Frühjahr 1914 ergoß sich über Chikago eine Hochflut von Ver¬
brechen, so berichtet Merriam, die den Stadtrat einzugreifen zwang.
Merriam (139) und eine Kommission wurden mit der Untersuchung über
die Ursachen der Verbrechen beauftragt und mit dem Studium der Mittel,
sie zu verhüten. Sein sehr interessanter Bericht liegt nun vor. Unter
vielem anderen hebt er hervor, daß nur ein kleiner Prozentsatz der vielen
in Chikago festgenommenen Personen ernster Verbrechen angeschuldigt
wurde, die Mehrzahl der vor Gericht gebrachten Personen wurden ohne
Verurteilung wieder entlassen, nur sehr wenige kamen ins Zuchthaus, mehr
schon in die Arbeitsanstalt, die allermeisten davon aber nur wegen Zahlungs¬
unfähigkeit geringer Strafgelder. Die meisten Verurteilten waren Männer,
sehr viele davon wieder Jugendliche unter 13 Jahren. (Verfasser führt
Prozentzahlen an.) Trunk, Prostitution und Spielsucht waren von großem
Einfluß auf die Verbrechensbegehung. Ganz amerikanisch aber ist es, daß
besonders die Geheimpolizisten, aber auch die Detektivs oft mit den Ver¬
brechern unter einer Decke steckten, ja die Opfer den Verbrechern erst be-
zeichneten. Vertrauenspersonen der Kommisson, die sich verhaften ließen,
wiesen dies einwandfrei nach.
.. Als Schäden der Strafrechtspflege wurden außerdem festgestellt: Mangel
an Öffentlichkeit der Polizeistatistik, Mangel des Untersuchungssystems bei
kriminellen Anklagen, Mangel an genügender Überwachung der Geheim¬
polizisten selbst und der Detektivs, und Mangel an Disziplin und gutem
Willen.
Als Hauptursachen für das Verbrechen konnte das Komitee feststellen
vor allem eine defekte physische und psychische Anlage des Individuums,
nervöse Störungen, Infektion, Psychose und Schwachsinn, in zweiter Linie
ungünstiges Milieu, schlechtes Heim, Mangel an Schulerziehung, unregel¬
mäßige Arbeit und endlich Armut. Auf gewisse Arten von Verbrechen hat
der Druck der ökonomischen Zustände unendlich größereu Einfluß als auf
andere Arten.
Die Arbeiten des Komitees beschränkten sich aber nicht nur auf die
Kriminalstatistik, Polizeiorganisation und Korruption; es ging auch von
Anfang an darauf aus, die vorbeugende Polizei- usw. Arbeit zu betonen, die
ein erfolgreiches System zur Herabsetzung der Zahl der Verbrecher ergeben
solle. Die Mittel dazu werden im einzelnen angeführt, sie sind die üblichen
fortschrittlichen amerikanischen: Probation, Individualisierung und darnach
Zuteilung in entsprechende Sonderanstalten, Farmen und ländliche Irren¬
anstalten, alles unter ausschlaggebender Mitwirkung des Arztes, bei Ein¬
gewanderten des Dolmetschers usw., wie es im einzelnen in den hier gleich
folgenden Berichten von anderen Berichterstattern betont wird.
Abbott (2) berichtet: Es sind wohl 3 Theorien, auf die besondere
Aufmerksamkeit bezüglich der Beziehung von Einwanderung zu Verbrechen
gegründet werden könnte:
1. Daß der Umfang des Verbrechens in den Vereinigten Staaten durch
die Einwanderung ganz unverhältnismäßig gesteigert wird, und daß demnach
die Einwanderung herabgesetzt werden muß, wenn man die Verbrechen
vermindern will.
2. Daß infolge der Rassen- und Milieuuuterschiede die Art der Ver¬
brechen und Versuchungen beim Einwanderer und beim Einheimischen ver¬
schieden sind und ein Programm zur Verhütung von Verbrechen von diesem
Gesichtspunkt ausgehen muß.
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3. Daß den Auswärtsgeborenen nicht dieselbe Gelegenheit geboten ist,
ihr Recht zu sichern wie den Einheimischen, und daß ein spezielles Programm
für deren Schutz nötig ist.
Es soll hier nur darauf hingewiesen werden, in welcher Richtung eiue
Untersuchung geboten scheint
Unter dem Einwanderungsgesetz vom Februar 1907 ist die Ein¬
wanderung verboten, solchen, die verurteilt waren oder zugeben, daß sie
Felonie, oder anderes Verbrechen oder moralische Vergehen begangen haben.
Die Schwierigkeit besteht aber darin, daß die Vereinigten Staaten keine
Voranzeige über den Charakter des Emigranten haben und von ihm selbst
ein Eingeständnis nicht erwarten können.
Das Verbot des Landens liegt bei der sogenannten Board of Review
mit ihren Inspektoren, die das Recht haben, an den Sekretär der Arbeits¬
kommission zu appellieren.
Solche, die hereingelassen wurden, aber innerhalb 3 Jahren als zu den
ausgeschlossenen Klassen gehörend, befanden werden, können abgeschoben
werden.
Der Delinquent darf Einsicht nehmen in alle gegen ihn vorgebracbten
Beschuldigungen und erhält rechtlichen Beistaud beim Verhör, daher ist
die Ausweisung schwieriger als das Landuugsverbot durchzuführen.
Es wird dann eine Aufstellung der Abgewiesenen uud Ausgewiesenen
aller Nationen gegeben für das Jahr 1914, wobei ein größerer Prozentsatz
Verbrecher bei den Einwanderern aus Westeuropa als unter denen aus Süd¬
oder Osteuropa festgestellt wird, es sich aber auch ergibt, daß die Zahl der
aus vorgenannten Grunde Ausgeschlossenen eigentlich sehr klein ist.
Es wird allgemein angenommen, daß die Ausweisung und Landungs¬
verweigerung unter dem Gesetz die Auswanderung europäischer Verbrecher
unmöglich macht, obgleich der einzelne Missetäter nicht immer erwischt wird.
Verbrechen oder Vergehen werden von den Einwohnern aus Unkenntnis
der Gesetze begangen.
Nationale Gebräuche, harmlos im ländlichen Distrikt, sind in der Stadt
gefährlich und verboten.
Unschuldige werden bei den Ausländern leichter arretiert als bei den
Einheimischen infolge des allgemeinen Vorurteils bezüglich ihrer Kriminalität.
Ungerechte Freiheitsberaubung bedeutet für ihn aber Entmutigung, Verlust
der Ideale oder Verachtung amerikanischer Einrichtungen, die zu Gesetz¬
widrigkeiten führt.
Dolmetscher sind nötig, der Richter lerut die näheren Umstände nur
durch Dolmetscher kennen. Besonders müßten in den unteren Gerichten
mehr Dolmetscher sein.
Vorschläge:
1. Die Gerichtsakten in Kriminalfällen müssen Mitteilungen enthalten
über Rasse, Geburtsort, Geburtsort der Eltern zur Erlangung zuverlässiger
Auskunft über die Beziehung von Auswanderung und Verbrechen.
2. Alle erreichbare Kriminalstatistiken müssen dazu benutzt werden,
um festzustellen, wie eine Anpassung an unsere sozialen und erzieherischen
Einrichtungen möglich ist, um Versuchungen bei den verschiedenen Nations¬
gruppen zu vermeiden.
3. Kompetente, gut von der Stadt bezahlte Dolmetscher müssen bei
allen kriminellen Verhandlungen zugegen sein, wo es sich um Nicht-englisch-
Sprechende handelt.
4. Modifizierung dos gegenwärtigen Systems der Einsperrung derer, die
die Geldstrafe nicht bezahlen können, Ausdehnung des Probationssystems,
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das gute Resultate zeitigen wird bei Emigranten, die häufig nur aus Un¬
kenntnis der Gesetze und schwere Anpassung an neue Verhältnisse zu
Vergehen geführt werden.
5. Muß bei der Hilflosigkeit des nicht englisch sprechenden Emigranten
die Stellung eines öffentlichen Rechtsbeistands als ganz besonders notwendig
angesehen werden.
ßemmill (71) bespricht das Für und Widor der Beschäftigung der Ge¬
fangenen und ihrer Entschädigung dafür in Geld in den Vereinigten Staaten.
Fast die Hälfte der Staaten haben entsprechende Gesetze erlassen zur
Zahlung von 1,50 Dollar pro Tag (bis zu 1—5 Cents die Stunde), zahlbar
an den Gefangenen oder seine Familie. Das große Hindernis für die Ge¬
fangenarbeit bilden aber die organisierten Arbeiter, die wollen, daß Ge¬
fängnisarbeit nicht auf den Markt komme. Alle müßten dazu beitragen,
diesen Druck zu beseitigen. Wo der Druck der Organisation abgeschwächt
ist, sind gute Erfolge gezeitigt und können sich die Gefängnisse selbst er¬
halten, wie das Minnesota-Staatsgefängnis in Stillwater. Nach Abzug von
75 Pf. pro Tag für den Unterhalt des Gefangenen wurden jedem Gefangenen
oder dessen Familie 25 Pf. pro Tag ausgezahlt
Was Minnesota kann, sollten doch auch andere Staaten können, wenn
sie sich von dem Druck der Arbeiterorganisation freizumachen vermöchten.
Viele Entlassene werden nach 24 oder 48 Stunden wieder arretiert, weil
sie ohne Geld entlassen, aus Verzweiflung und Not rückfällig wurden; daher
muß gesorgt werden, daß Verdienst da ist. Also:
1. Alle müssen arbeiten.
2. Für die Arbeit muß auch Zahlung geleistet werden.
3. Wo abhängige Familienmitglieder sind, die gerechten Anspruch
auf Unterhalt haben, ist es nötig, daß mindestens 50 Dollar Verdienst über¬
schüssig sind für die Gefangenen selbst, worüber Buch zu führen ist, und
keiner sollte entlassen werden bis diese Summe für ihn voll ist.
Die Arbeit der Gefangenen gehört dazu, um sie moralisch und physisch
zu heben.
Viele Gefangenenfarmen zeitigen gute Resultate.
Verfasser führt all die verschiedenen Staaten an, die gute Einrichtungen
dieser Art besitzen, z. B. zahlt Dakota nicht unter 10 Cents und nicht über
50 Cents pro Tag.
4. Wenn durch einen kriminellen Akt des Gefangenen die Familie
seines Opfers unterstützungsbedürftig geworden ist, sollte diese Familie ebenso
wie seine eigene eine entsprechende Kompensation aus dem Verdienst des
Gefangeneu erhalten.
5. Wenn der Gefangene selbst die Kompensation erhält, sollte sie ihm
unter Aufsicht seitens des Parolebeamten ausgezahlt werden, der Vollmacht
hat, über den Verbrauch zu bestimmen.
6. Um durchführbare Kompensationsgesetze zu schaffen, ist es vor
allem nötig, daß der Gefangene „sich selbsterbaltend“ gemacht wird.
7. Die Gefängnisleitung sollte das gesetzliche Recht haben, arbeiten
zu lassen und zwar nicht nur lukrativ, sondern wie es für die Gefangenen
am besten paßt, um sie für die Zeit ihrer Entlassung zum Erwerb ihres Unter¬
halts tüchtig zn machen.
8. Die Bewirtschaftung von Farmen seitens der Gefäugnisse und Ar¬
beitshäuser ist nicht nur für den Staatsäckel, sondern auch für die Ge¬
sundheit und Disziplin unter den Gefaugenen am allerbesten.
9. Jedes Gefängnis sollte permanent für Wegearbeiten gewonnen werden
and dafür Gefangene auswählen dürfen, bei denen die Gefahr des Ent-
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Kriminelle Anthropologie.
fliehens nicht allzugroß ist. Alle diese Arbeiten müßten dann entlohnt
werden.
Der Berichterstatter Linds&y (129) hebt hervor, daß es noch eine
große Anzahl Staaten gibt, die die sogenannte unbestimmte Verurteilung
nicht eingeführt haben. Er geht daun die einzelnen Staaten und ihre An¬
ordnungen in dieser Beziehung durch und behandelt daran anschließend
Fragen wie:
1. Wer kann unter die unbestimmte Verurteilung gestellt werden?
2. Vorkehrungen für Höchst- und Mindesttermine.
3. Parolekomitee.
4. Pflichten desselben.
6. Regelung der Petition und ihre Begründung.
6. Gefangene geeignet für Ehrenwortentlassung (Probeentlassung).
7. Gesichtspunkte der Entlassung.
8. Bedingungen derselben.
9. In welchen Handlungen ist ein Verstoß gegen die Probeentlassung
zu sehen ?
10. System der Verhaftung wegen Verstoßes gegen Probeentlassung und
entstehende Kosten.
11. Strafe für den Verstoß.
12. Bedingungen für endgültige Entlassung der Gefangenen aus der
Probeentlassung.
13. Wie der Ehrenwortgefangene entlassen wird.
14. Zahl der Verstöße gegen Parole.
15. Ausdehnung des Parolesystems.
16. Zahl der jetzt unter Parole stehenden Gefangenen.
Antworten. Als Beispiel die des Staates Kentucky:
Zu 1. Alle Personen, die für Verbrechen oder Vergehen nicht mit
Tod oder lebenslänglichem Zuchthaus bestraft werden.
Zu 2. Richterspruch, wie er durch Gesetz für solche Vergehen vor¬
gesehen ist
Zu 3. 3 Kommissionäre, die vom Gouverneur auf 4 Jahre ernannt
werden.
Zu 4. Untersuchung und Gewährung von Probeentlassungen mit Zu¬
stimmung des Gouverneurs. Allgemeine Überwachung der Strafanstalten.
Untersuchung und Aufhebung von Probeentlassungen.
Zu 5. Schriftlicher Bericht der Fakta durch Untersuchungsbeamte und
von allen Petitionen der Angehörigen. Keine bezahlten Anwälte dürfen
eingreifen.
Zu 6. Alle Gefangenen, die Minimaltermine abgebüßt und mindestens
9 Monate gute Führung haben. Lebenslängliche können nach 8 Jahren
petitionieren.
Zu 7. Einzelheiten über Verbrechen, vergangenes Leben des Indi¬
viduums und Gefängnisbericht.
Zu 8. Anständige Beschäftigung bei angesehener Firma während
6 Monaten und fortgesetzter ehrlicher Wille. Monatlicher Bericht über
Betragen, Tätigkeit, Lohn und Umgebung.
Zu 9. Unfähigkeit zu friedlichem, gesetzlichem Verhalten oder die
Unfähigkeit, einen 30 tägigen Bericht über Betragen, Beschäftigung usw.
zu geben.
Zu 10. Verhaftbefehl von der Gefängnisbehörde, genehmigt vom Gou¬
verneur.
Zu 11. In die Anstalt zurück, um den Rest der Strafe abzubüßen.
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Kriminelle Anthropologie.
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Za 12. Begnadigung durch Gouverneur.
Zu 13. Durch Gouverneur.
Zu 14. Ungefähr 10—12%.
Zu 15. Staatssystem.
Zu 16. 3200.
Auf dieselbe "Weise sammelt Verfasser noch Daten über Ohio und
Rhode Island, die mit kleinen Abweichungen dieselben Auskünfte geben wie
Kentucky.
Hunter (102) teilt mit: Seit dem ersteu Bericht 1914 sind iu zwölf
Staaten Gesetzes Vorlagen, die Sterilisation betreffend, eingereicht; zwei Staaten
hatten bereits Sterilisationsgesetze. Die Gesetze betreffen:
a) Die Personen, die der Sterilisation unterliegen, und
b) die Beamten, die mit der Durchführung zu betrauen sind, die Aus¬
wahl der Individuen, die zu operieren sind, und Ausführungsbestimmungen,
endlich
c) die gesetzliche Form der Operationstypen.
Zu a. Teils haben Staaten die Sterilisation als „Strafe“ nur auf habi¬
tuelle Verbrecher beschränkt, bei den meisten anderen wird sie aus eugeni-
schen Gründen verfügt, vor allem zum Schutz des Staates. Mehrere Staaten
schließen auch geistig defekte Anstaltsinsassen ein und verbinden Eugenik
und Therapeutik.
Zu b. Die Washington Bill, die nur Verbrecher in Betracht zieht und
als „Strafe“ gilt, sieht vor, daß der Gerichtshof, der den Verbrecher verurteilt,
auch eine Operation anordnen kann, die die Fortpflanzung verhindert.
Die Zusammensetzung der Prüfungskommission ist in den verschiedenen
Staaten auch verschieden, aber überall sind Ärzte und Chirurgen dabei, in
Ohio und Pennsylvania auch Neurologen, ln einzelnen Staaten ist der Be¬
schluß dei Kommission endgültig, in anderen kann bei geistig Minderwertigen
an eine höhere Instanz appelliert werden. Die Einwilligung des Betreffenden
oder naher Verwandte ist dann zur Operation notwendig.
Kansas sieht vor: Vasektomie oder Oophorektomie iu sicherer und
humaner Weise.
Missouri läßt Sterilisation zu, „mit Rücksicht auf physische, geistige
und moralische Besserung der Insassen und zum Schutze des Friedens, der
Gesundheit und Sicherheit des Staates“.
Montana verlangt „die beste und sicherste Art der Operation“.
Die Washington „Hausbill“ Nr. 23 bestimmt Vasektomie oder Kastration
für Männer, die
Washington „Straffbill“ Sterilisation oder Ovariektomie für Frauen.
Die Washington Hausbill Nr. 24 „Operation, um Fortpflanzung zu
verhindern“.
Penusylvania Hausbill 420 spricht von einer „dem Zwecke angepaßten
Operation“.
Pennsylvania Hausbill 431 von der „von der Prüfungskommission als
beste befundenen Operation“.
Keine der 1915 eingereichten Bills sind bei der Legislatur durch¬
gegangen. Die einzigen Staaten, die jetzt gesetzlich die Operation zulassen,
sind Nord Dakota und Kalifornien, und zwar nach Dr. Hotchkiss’ Bericht
„an scheinbar geheilten Geisteskranken beim Verlassen der Anstalt, auf
Wunsch der Individuen, nachdem ihnen die Sache nahegelegt wurde“.
Im Bericht 1914 (Juni) heißt es, „die Mitglieder des Komitees erhielten
noch keine endgültig gründliche Übersicht über die eventuellen Vorteile oder
Nachteile der Operation für das sterilisierte Individuum“.
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Kriminelle Anthropologie.
Das Komitee verlangte daher eine große Beobachtungszahl, um die
nötigen wissenschaftlichen Regeln feststellen zu können.
Da 12 Staaten Sterilisationsgesetze angenommen und weitere 6 Staaten
solche eingereicht haben, sind genaue Erforschungen notwendig. Über In¬
diana, Kalifornien und Dakota hat man ja einige Berichte, alle Erfahrungen
müssen aber gesammelt werden nnd in allen legislativen Bibliotheken vorliegen.
Die Meinungen über Vererbung der Kriminalität gehen so weit aus¬
einander (an sich dürfte sie nicht erblich sein), daß es kaum ratsam scheint,
Gesetze zur Sterilisierung von Verbrechern aus eugenischen Gründen zu
befürworten. Auch über den therapeutischen Wert und das spätere Benehmen
der Patienten sind die Forschungen lange nicht abgeschlossen.
Die gegenwärtige rechtliche Lage ist sowohl für die Gegner als auch
Verteidiger der Sterilisation noch recht wenig zufriedenstellend.
Bis 1915 haben 12 Staaten Sterilisationsgesetze geschaffen, in 2 ?on
den 12 sind aber die Gesetze nicht in Kraft infolge Gerichtsentscheidung.
In 8 anderen werden sie nicht ausgefiihrt, weil die Behörde die Konstitutio-
nalität der Gesetze und Ratsamkeit, sie durchzuführen, bezweifelt.
Das Komitee macht daher folgende Vorschläge:
1. Genaue Erforschung durch medizinische Körperschaften außerhalb
der betreffenden Staaten, wo die Sterilisation im Gauge ist, aber nicht ohne
die völlige Einwilligung, Zustimmung und Mithilfe der Behörden desjenigen
Staates, wo die Forschungen vorgenommen werden.
2. beantragt es, daß, weil das Komitee H. des American Institute für
Criminal Gesetz und Criminologie nicht so gut ausgerüstet sei, wie viele an¬
deren Körperschaften, die wohl organisiert sind, daher vom Exekutivkomitee
des amerikanischen Instituts für Kriminalgesetz und Kriminologie eine solche
wissenschaftliche Vereinigung ersucht werde, die Behandlung und Erforschung
in ausgedehntem Maße zu übernehmen.
3. Daß, wenn eine solche die Sache übernimmt, Komitee H. gern jede
Hilfe leisten werde.
4. Daß keine weiteren Gesetze zur Sterilisation aus eugenischen oder
therapeutischen Gründen durchgehen, ehe nicht genauere Grundlagen und
größere Übereinstimmung der Meinungen bezüglich der Vererblichkeit der
Kriminalität und über den definitiven therapeutischen Wert der Sterilisation,
der nicht auch auf andere Weise erreicht werden könne, erzielt worden ist.
Eine sehr übersichtliche Tabelle über die „Sterilisation Bills“, die in
einzelnen Staaten eingebracht, aber schon zurückgewiesen oder noch nicht
durchgegangen sind, schließt den interessanten Bericht.
Fehlinger (50) gibt den Inhalt der Gesetze der Einzelstaaten der
Amerikanischen Union kurz wieder, die sich mit der Sterilisation von Ver¬
brechern usw. beschäftigen. Bisher seien erst verhältnismäßig wenig Steri¬
lisationen ausgeführt worden, so daß weder von einer rassehygienisch günstigen
Wirkung noch von einer sozialen oder biologischen Schädigung etwas zu merken
sei, sagt Verfasser. Das Sterilisationsprogramm der American Genetic Asso¬
ciation ging allerdings so weit, daß es bei seiner Durchführung, die bei dem
herrschenden Puritanismus nicht ausgeschlossen sei, ' die tiefgreifendsten
Folgen haben müßte. Ob die Häufung solcher asexualen Individuen sozial
nicht weit größere Schäden nach sich ziehen werde, als die, die durch die
Entmannung beseitigt werden sollten, sei eine offene Frage.
Au dem Beispiel eines Gutachtens, in dem die Fragen zu uutersnchen
waren: „Rühren die in Gips abgenommenen Fußspuren von den eingesendeten,
den Verdächtigten gehörenden Schuhen her?“ — 2. „Läßt sich dartun, daß die
Rillen an den mitfolgenden Rebenstücken gerade von dem mitgesendeten Reben-
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Kriminelle Anthropologie.
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messer herrühren, d. h. stimmen die Rillen auf dem Holze mit den Scharten
des Messers zusammen?“ zeigt Zafita (901) in einer eingehenden „kriminal¬
logischen“ Studie, daß selbst bei Bejahung derartiger Fragen die Täter¬
schaft des Verdächtigen noch keineswegs unumstößlich erwiesen sei. In den
weitaus häufigsten Fällen — wenn nicht immer — werde ein Gewißheits¬
urteil entweder logisch unrichtig oder psychologisch unmöglich sein. Eine
Verurteilung setze nun aber Gewißheit über das Geurteilte voraus. Es sei
folglich keine andere Möglichkeit vorhanden, diese für die Erkenntnis not¬
wendige Gewißheit zu schaffen, als durch eine „Gewißheitsannahme“. Der
Richter „nimmt an“, daß das, was er im hohen Grade für wahrscheinlich
hält, auch wirklich zutreffe. Diese gewissermaßen logische Fälschung könne
nur gerechtfertigt werden durch den Begriff des Zugeständnisses, das die
Gesellschaft, der Staat der menschlichen Unvollkommenheit, dem über Sein
und Nichtsein erkennenden Richter mache. Dieses Zugeständnis sei not¬
wendig, um den Gang der sozialen Auslese nicht zu hemmen oder aufzu¬
halten. Würde man ein volles „Gewißheitsurteil“ als Voraussetzung einer
Entscheidung verlangen, dann würde wohl niemals eine Verurteilung und
Ausscheidung verdächtiger oder gefährlicher Individuen stattfinden — oder
aber der Prozeß niemals zum Abschlüsse gelangen.
Zafita (200) schließt seine Arbeit an die Untersuchung W. Horst¬
manns über die „Psychologie konträrer Strebungen“ an und behandelt das
aufgeworfene Problem in kriminalwissenschaftlicher und sozialethischer Rich¬
tung. Horstmaun hat den Satz aufgestellt, daß ein Gefühl in uns nur
lebhaft wird, wenn es im Gegensatz zu einem anderen Gefühl tritt, nur in
seiner Kontrastwirkung am konkreten Seelenvorgange, nicht selbständig
als Objekt, werde es uns bewußt. Sogar das Wollen gehe erst als Resultie¬
rendes von Strebung und Kontraststrebung mit Überwindung letzterer hervor.
Demgegenüber hebt Zafita hervor, daß man Wollen und Wünschen nicht
einfach verwechseln dürfe, es seien das generell ganz verschiedene psychische
Vorgänge. Der Willensakt sei unmittelbar kausiert, sei motorische Handlung
schlechthin, sei ein aktiver psychischer Vorgang, der sich bedingt durch
einen in den Erlebnissen zum Ausdruck gelangenden psychischen Gesamt¬
zustande realisiere, während die Begehrung ein Bewußtseinsphänomen sei,
das ein Objekt zum Gegenstand habe. Der höchste Grad des Begehrens
sei der Entschluß. Dieser sei ein urteilsbetonter Begehrungsgedanke, dessen
Verwirklichung dann evtl, durch das (motorische) Wollen verwirklicht werde.
„Nicht weil man wüuscht und sich entschlossen hat, eine Handlung auszu¬
führen, will man es, sondern weil der psychische Gesamtzustand „so beschaffen
ist“, wie er auch in dem Wunsche und Entschlüsse zum Ausdruck kommt.“
Man will, nicht weil man begehrt usw., sondern man will, was man begehrt.
In dem Problem der Kontrarität auf den Gebieten der Ethik und Kriminal¬
soziologie sei eine neue Grundlage für die werttheoretische Beurteilung aller
hier in Betracht kommenden Vorgänge und Tatsachen gegeben. Wir
werden den positiven Wert in der Bedeutung des Guten und Sozialen aus
seiner Gegensätzlichkeit zum Negativen beurteilen müssen, und daher das
Schlechte nur als Kontrapositivum des Guten und Sozialen in Betracht
ziehen — eine Umwertung aller Werte.
Nach Zafita (203) bedeutet der „Entschluß“ den Eintritt jenes Stadiums,
in welchem der höchste Intensitätsgrad des „Begehruug“- bzw. „Sollungs“-
erlebnisses erreicht ist. Nach ihm sind innerhalb der Wollungsgedanken
nämlich die „BegehruDgs-“ und „Sollungsgedanken“ zu unterscheiden. Jene
beruhen auf dem persönlichen, diese auf dem generellen Egoismus (jener der
Ausdruck des absoluten Ichs und dieser des relativen Ichs, des Ichs als
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Kriminelle Anthropologie.
Teil eines universellen Ganzen, z. B. der Gesellschaft). Während ein Be¬
gehrungserlebnis durch das konträre Begehrungserlebnis in seinem höchsten
Intensitätsgrade völlig aus dem Bewußtsein verdrängt werden müßte, ebenso
ein Sollungserlebnis höchster Intensität durch ein ebensolches konträres, so
höben sich Begehrungserlebnisse und ein gegenständlich konträres Sollungs¬
erlebnis (bzw. umgekehrt) keineswegs auf. Letzteres könne fortbestehen,
obgleich ersteres den höchsten Iutensitätsgrad erreicht und somit den Ent¬
schluß als innere Willensentäußerung nach sich gezogen hätte (z. B. Kon¬
flikt zwischen Wünschen und Nichtdürfen). Der Entschluß selbst ist nach
Verfasser ein Denkerlebnis, das einerseits die zeitliche Differenz zwischen
Entschlußfassung und Realisierung, andererseits die Überwindung des kon¬
trären Wollungsgedankens durch den ursprünglichen voraussetzt, wenn die
Wollungsgedanken ein und derselben Art emotionaler Denkerlebnisse ange¬
hören, — aber dann, wenn jene verschiedener Art sind, schon bei der relativ
höchsten Intensität des einen Wollungsgedankens ohne Rücksicht auf den
anderen eintritt. Der Entschluß ist aber deshalb nicht selbst eine Wollung,
diese ist voraugegangen; er selbst ist ein Urteil, ein Gewißbeitsurteil über
eigenes künftiges Tun. Der verbrecherische Entschluß ist ein Gewißheits¬
urteil über eigenes künftiges Tun, das zum Tatbestand eines Verbrechens
gehört, sei es, daß das Tun selbst oder der hierdurch verursachte bzw. an¬
gestrebte Erfolg strafbar ist. Die psychischen Voraussetzungen des ver¬
brecherischen Entschlusses aber sind die im Begriffe analytisch enthaltenen
oben erwähnten Momente, nämlich die zeitliche Differenz zwischen Entschlu߬
fassung und Realisierung einerseits und die Lösung des Wollungskonfliktes
andererseits, wobei die Lösung für gleichartige Wollungsgedanken in der
Überwindung des einen durch den anderen, bei verschiedenen in der Er¬
reichung des relativ höchsten Intensitätsgrades Begehrungs- bzw. Sollungs-
elementes besteht.
Nach Travers (189) hat die heimatliche Kriminalität während des Krieges
bedeutend abgenommen. Abgesehen von äußerlichen Einflüssen dürfte doch
auch der Ernst des Krieges die Moral gehoben, Einfachheit und nüchterne
Lebensweise im Volke wieder zu Ehren gebracht und damit auch eine
segensreiche Seite gezeigt haben.
Reichel (162) hatte schon im Septemberheft der „Akademischen
Rundschau“ 1914 S. 625 in einem Aufsatz die mannigfachen Erscheinungs¬
formen und Tricks des Priifungsschwiudels, sodannn auch die gesetzgebe¬
rischen und verwaltungstechnischen Handhaben zu seiner Bekämpfung er¬
örtert. Hier wiederholt er vor allem die Forderung nach einem sicheren
Identitätsnachweis des Kandidaten durch Beibringung einer behördlich be¬
glaubigten Photographie. Im Anschluß an ein französisches Gesetz vom
23. Dezember 1901 macht er dann Vorschläge, wie besonders die gewerbs¬
mäßigen Helfer bei Prüfungsschwindeleien streng unter Strafe zu nehmen
wären. Der deutsche Vorentwurf zweiter Lesung behandele die Materie merk¬
würdigerweise in dem Abschnitt über Urkundenfälschung, österreichischer
und Schweizer Vorentwurf enthielten gar keine einschlägigen Bestimmungen.
Sträflinge der Männerstrafanstalt Graz hatten auf eigenes Ansuchen
eine ansehnliche Summe für das „Rote Kreuz“ gesammelt. Hofrat Amschel
konnte ihnen den besonderen Dank des Kriegsministeriums mitteilen. Die
Gespräche der Häftlinge waren von hohem Patriotismus erfüllt. Groß (80)
knüpft daran eine Erinnerung, wie es allein Sträflinge wagten, aus einem
brennenden glühheißen Raum wertvolle Fässer zu retten, ohne dabei
Fluchtversuche zu machen. „Die einzigen Sozialen unter uns waren die
„Antisozialen“!“
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Wittig (197), der das vorliegende Wörterbuch der „jeniscben Sprache“
zusammenstellte, ist selbst unter umberziehenden Handelsleuten und Zigeunern
aufgewachsen (wenn nicht gar ein geborener Zigeuner), außerdem bat er
sieb auf dem Gebiete der Zigeunerkunde autodidaktisch gut weitergebildet,
so daß seinen Mitteilungen ein großer Wert beigemessen werden muß. Den
Kommentar, den der unglaublich kenntnisreiche Prof. Dr. Günther zu der
Arbeit gibt, erhöht ihren Wert noch außerordentlich. Wen also das „Jenisch“,
die immer mehr schwiudende Sprache der „fahrenden Leute“, der fahrenden
Bürstenbinder, Schirmhändler, Sieb- uud Korbmacher, Kesselflicker, Scheren¬
schleifer u. dgl. interessiert, muß auch unbedingt vorliegende Arbeit kennen,
besonders da das noch gebräuchliche Wortmaterial in fortwährender Um¬
gestaltung sich befindet und auch die Wörter selbst sich verändern, z. B.
abgekürzt werden.
DÜck (45) wehrt sich gegen den Vorwurf, der auch den Schriftsach¬
verständigen öfter gemacht werde, sie seien von vornherein schon zuun¬
gunsten des Angeklagten beziehentlich Beklagten eingenommen und träten
deshalb in die Prüfung der Entlassungsmomente gar nicht oder weniger ein.
Dabei habe er selbst allein 34 % seiner Fälle für unschuldig erklären können. In
5 Fällen von 200 hätten seine Gutachten nicht nur den Angeklagten ent¬
lastet, sondern auch unmittelbar auf die Spur des wirklichen Täters geführt.
Gerade auch die Akteneinsicht sei für den Schriftsachverständigen oft sehr
wertvoll. Nicht so selten fände sich dann eine gewisse Perseveration, d. h.
die auffallende häufige Wiederkehr psychologischer Eigentümlichkeiten, be¬
sonders bei fingierten Namen und bei Schriftverstellung, die dann, photo¬
graphisch nebeneinander gestellt, ein recht überzeugendes Bild ergäben (es
folgen hier in der Arbeit schöne Beispiele). Zeige es sich doch auch hier,
daß die Verbrecher gewöhnlich über eine nicht allzu abwechslungsreiche
Phantasie verfügten, indem sie für ihre Kunstnamen meist den gleichen
Vornamen, oft ähnliche Wortklänge und Wortverwandtschaften wählten, eine
Eigentümlichkeit, die sich auch bei verstellter Schrift zeige. Selten verfüge
eiu Fälscher über mehr als zwei, höchstens drei Fälschertypen.
Reichel (164): Täuschung eines Reporters durch eine Dame, die
ihm einen phantastischen Bericht über ein nie geschehenes Dampfer¬
unglück gab. Der Reporter wurde wohl mit Unrecht, wie Reichel hervor¬
hebt, von seiner Zeitung sehr scharf getadelt.
von Liszt (130) teilt ein offenbar paranoisches Produkt eines Pam-
phletisten mit, der in schwülstigen Worten Buße und Weltuntergang predigt.
Eiu sonst ganz gesunder, alkoholabstinenter Rechtsanwalt läßt nach
Türkei (190) auf der Hochzeitsreise seine im Morgendämmer aus dem Hotel¬
zimmer gegangene Frau nicht wieder in die Stube u. a. mit den Worten;
„Seheu Sie denn nicht, daß sie sich in der Zimmernummer geirrt haben; hier
wohne ich mit meiner Frau.“ Erst als die Gattin ihn angstverzerrt anrief,
ob er verrückt geworden, erkannte er sie, aus der Schlaftrunkenheit erwachend.
Hätte man einem Angeklagten eine ähnliche Erzählung geglaubt, fragt
Türkei mit Recht.
Nach Sadger (176) sind Nachtwandeln und Mondsucht Erscheinungen,
die einen motorischen Durchbruch des Unbewußten darstellen, und, wie der
Traum, der Erfüllung heimlicher verpönter Wünsche dienen. Die Befallenen
weisen erhöhte Muskelerregbarkeit und Muskelerotik auf, sind meist erblich
belastet, doch nicht etwa selbst durchaus Hysteriker. Wie der Mond dabei
wirke, sei nur zum geringsten Teile bekannt.
„Die Seherin von Genf“ ist die erweiterte deutsche Ausgabe von
Floumoy’s (55) Buch: „Des Indes ä la planöte Mars, Etüde sur un cas
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de somnambalisme avec glossolalie“, das zuerst 1896 erschien nud eine sen¬
sationelle somnambule Hysterika mit ihrer „Mars-“ und „Ultramarssprache“
eingehendst schildert, ein Beispiel der Spaltungsphänomene, wie sie die neu¬
zeitliche Hysterieforschung aulzudecken versucht hat.
Kanngießer (106) bejaht die Frage: „War Napoleon Epileptiker?“
an Hand weiteren historischen Materials; vergleiche auch seine Abhandlung
über das gleiche Thema ebendort 1913 Nr. 32 und 1912 Nr. 27 und 37.
(Autoreferat.)
Bei den kriminalistischen Mitteilungen Höpler’s (96) handelt es sich
erstens um deu 18jährigen Realschüler W., der auf der Wachstube meldete,
er sei von zwei Strolchen angeschossen worden. Bald danach starb er an
Bauchfellverletzung infolge eines Nahschusses. Mord? — Selbstmord? —
Das ärztliche Gutachten konnte nachweisen, daß ein Schuß losgegangen, als
W. seinen Revolver in die rückwärtige Hosentasche hatte einsteckeu wollen.
Zweitens schildert Verfasser eine junge verleumderische Magd, die den
Haß zweier Familien dadurch schürte, daß sie allerhand gefährlichen
Schabernack anstellte und den Verdacht gegen ein Mitglied der feindlichen
Familie lenkte. Vor allem Wichtigtuerei, dann gekränkte Eitelkeit und
verschmähte Liebe waren ihre Beweggründe, nicht etwa von vornherein
Rachegefühle.
In der Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin und öffentliches
Sanitätswesen 3. Folge, XLVII. Suppl. hatte Kalmus (105) über die Zu¬
rechnungsfähigkeit der degenerativen Phantasten berichtet. Hier teilt er
ausführlich einen Fall von Dokumentenfälschung und anscheinende Hoch¬
stapelei mit, der — sozusagen ein Gegenstück zu den damals beschriebenen
Fällen — zeigt, wie auf pathologischer Grundlage infolge bestehender Wahn¬
vorstellungen, welche zum großen Teile paranoisch systematisiert sind, kri¬
minelle Handlungen entstehen können, welche auf den Laien gewiß den
Eindruck wohlüberlegter Schwindeleien machen müssen, die aber bei ent¬
sprechender psychiatrischer Untersuchung sehr bald ihre krankhafte Moti¬
vierung erkennen lassen und zur Exkulpierung des Beschuldigten führen
müssen. Der Fall zeigt, wie leicht einem sicher pathologischen Schwindler
(Dokumentenfälscher) schweres Unrecht zugefügt werden kann.
Hellwig’s (90) Studien sind immer lehrreich. In den vorliegenden
behandelt er 1. den „Arsennachweis in der Asche der Mutter Hopfs“, wobei
Hellwigs Bedenken gegen die Feuerbestattung in der Praxis bestätigt zu
werden scheinen. Der zweite Aufsatz behandelt Justizirrtümer in Bagatell¬
sachen, die besonders bedenklich seien, weil hier kleinen Vergehen gegen¬
über ein Fehlurteil sehr bös in das Leben des Verurteilten eingreifen könne.
Deshalb seien gerade in solchen Fällen nicht junge Assessoren, sondern
erfahrene Richter nötig. Mit einem Prozeß des tapferen Dr. med. Aigner
beschäftigt sich der Aufsatz: „Ein Lourdeswunder vor Gericht“. Kinemato-
graphenverordnungen behandeln die Artikel: Ein interessanter Prozeß über
das „Kinderverbot“ in Bayern, „Zulässigkeit der Kinderzensur“ und „Zur
Frage der Konzessionspflicht in Elsaß-Lothringen“.
„Suggestivfragen an Sachverständige“ erörtert Hellwig im Anschluß
an Rechtsanwalt Lepmans Buch: „Die Fehlerquellen böi Ermittelung des
Sachverhalts durch Sachverständige“ (Mannheim, Leipzig 1912, Verlag
Bensheimer). Instruktiv, auch für den Psychiater sind die Aufsätze: „Ein
Beitrag zum Aberglauben“, „Eid und Schwangerschaft“, „Krimineller
Aberglaube in Sachsen“ (nach Dr. L. Seifarths Buch, Leipzig 1913,
Wilhelm Heims) und „Krimineller Aberglaube in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika“ nach dem Buch von Knortz: „Amerikanischer Aberglaube
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der Gegenwart“ (Leipzig 1913, Th. Gerstenberg), ferner „Krimineller
Aberglaube in Deutsch-Ost-Afrika“ nach Dr. Karstedt (Dar-es-Salaam
1913). „Feuerbestattung und Virginität“ bespricht Aufsatz XII. Aufsatz
XIII äußert sich „Zur Frage von Spezialrichtern“, Aufsatz XIV be¬
handelt die „Notwendigkeit der Prüfung der bei der chemischen Analyse
verwendeten Materialien“, XV „Die Bibliothek des Giftmörders Hopf“. Es
folgt: „Historische Miszellen über Schundliteratur als Verbrechensanreiz“,
danu: „Ein Rekognitionsirrtum“. Abschnitt XVIII behandelt: „Aktenein¬
sicht zu wissenschaftlichen Zwecken“, Abschnitt XIX: „Zum Treiben der
Gesundbeter“. Artikel XX bricht eiue Lanze für den „Sühnegedanken im
Strafrecht“ nach Prof. Münsterbergs Werk: „Grundzüge der Psycho-
technik“ (Leipzig 1914). An dieses Werk knüpfen auch die folgende^ Auf¬
sätze an, nämlich XXI: „Zur Psychologie der Urteilsfindung“, XXII:
„Forensische Psychologie und Prozeßordnung“ und XXIII: „Erfahrungs¬
psychologie und wissenschaftliche Psychologie“. Ein kurzer Schlußartikel
spricht über den „Beweiswert von Mord Werkzeugen“.
In der „Stiria“ (Beilage der Grazer Zeitung), die in den Jahren 1843
bis 1848 erschien, fand Method Dolenc (49) Berichte aus Rohitsch (llnter-
steiermark), die das Schicksal der Barbara Jeritsch, der „Hellseherin aus
Sibika“, beschrieben. Die in magnetischen Schlaf verfallende Person pre¬
digte kommendes Unheil und Buße auf himmlische Eingebungen hin. Als
mit der Zeit die erst gewaltigen Pilgerfahrten nach ihrem Hause nacb-
ließen, durchbohrte sie sich mit einem Messer Hände und Püße und am
Ostersonntag 1845 kroch sie in die Gluten des Backofens, wo sie sich so
verbrannte, daß sie — herausgezogen — nach wenigen Stundeu starb.
Boas (19) bespricht in seineu Aufsätzen über „Alkohol-Kriminalität“
u. a. die Arbeit Lundborgs: Medizinisch-biologische E'amilienforschungeu
innerhalb eines 2232köpfigeu Bauerngeschlechtes in Schweden (Jena 1913,
Verlag G. Fischer), hebt ferner nach C. Hotter: „Alkohol und Verbrechen
in der bayrischen Rheinpfalz“ hervor, daß Bayern seit Jahrzehnten in bezug
auf die Häufigkeit der Verbrechen uDd Vergehen den Reichsdurchschnitt
und die sämtlichen übrigen Bundesstaaten ganz auffallend übertrifft, bezüg¬
lich der gefährlichen Körperverletzungen sogar um das Vier- bis Sechsfache.
An der Spitze marschiere in dieser Beziehung die weinreiche Rheinpfalz.
Dabei schiene es unter der ackerbautreibenden Bevölkerung verhältnismäßig
mehr kriminelle Alkoholiker zu geben als unter der Industriearbeiterschaft.
Nach Rupprecht: „Die Alkoholkriminalität der Jugend Bayerns“ (Münch,
med. Woch. 1914 Nr. 13, S. 717) zeige auch die Alkoholstraffälligkeit der
bayrischen Jugendlicheu von Jahr zu Jahr eine Zunahme, die stärker sei als
die Zunahme der Straffälligeit der Jugendlichen überhaupt, und zwar zeige
sich dies in den kleinen Städten noch mehr als in den Großstädten. Weiter¬
hin berichtet Boas über die Arbeit von Lagriffe: „Considerations sur
quelques documents concernant l’alcoolisme dans la Finistöre (1826—1906),
Aunales mödico-psychologiques Bd. LXX, S. 129, worin dargetan wird, daß
der Alkoholismus iu der Bretagne schon sehr lange besteht und von der
modernen Zivilisation unabhängig ist, daß der Alkoholkonsum aber ständig
stieg und damit auch die Zahl der Gewaltdelikte und geistigen Erkran¬
kungen. Pu pp eis Arbeit, Friedreichs Blätter für gerichtl. Medizin, die sich
vor allem über Alkoholvergiftungen vom gerichtsärztlichen Standpunkt aus¬
spricht, wird erwähnt, ferner die Arbeit von Hugo Deutsch (Wien. klin.
Woch. 1913, Nr. 3), der einen Bisexuellen schildert, dessen homosexuelle
Komponente nur bei Alkoholgeuuß zutage tritt. Professor Gallis Briefe aus
Italien (Münch, med. Woch. 1913, Nr. 3) heben hervor, daß auch dort der
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Alkoholismus eine ganz bedeutende Rolle als Selbstmordursache spielt.
Pappenbeim schildert die Dipsomanie (Ztschr. f. d. ges. Neurol. u. Psych.)
als eine Konstitutionsanomalie mit Verstimmungszuständen teils reaktiver,
teils primärer Natur. Boumann: Neue Ziffern über Alkobolismus, Kriminalität
und Psychosen nach den Erfahrungen des medizinischen Konsultationsbureans
für Alkoholismus in Amsterdam. Verlag der Psychiatr.-Jurist. Gesellschaft,
Amsterdam 1913, teilt die 300 alkoholischen Männer in die Gruppen:
„1. kriminelle ( 1 / 4 ), 2. mit psychischen Störungen ( i / 6 ), 3. mit psychischen
Störungen und Kriminalität ( s /s) und ohne psychische Störungen und ohne
Kriminalität ( l / 7 ). Bauer spricht sich besonders für bedingte Begnadigung
nach dem „Pollard-System“ aus. Am interessantesten ist aber die Mitteilung
des Alkoholerlasses des russischen Kriegsministers, dessen Entstehung schon
auf die Lehren des Russisch-Japanischen Krieges zurückgehen soll, und der,
falls er nicht nur auf dem Papiere stehen bleibt, von allergrößter Bedeutung
sein kann. Aufmerksamkeit verdient auch die Arbeit des Pinnen Brotherus:
„Über die Einwirkung des Alkohols auf Psychopathen, einige Alkoholver¬
suche“, weil darin die Ergebnisse anderer Forscher umzustoßen versucht
werden. Negativ ausgefallene Alkoholversuche bei Finnen zeigten, daß kom¬
plizierter Rausch doch gar keine notwendige Folge des Alkoholgenusses bei
Psychopatheu sei; diese Leute seien öfter sogar sehr alkoholtolerant. Auch
die psychische Produktion werde nicht unbedingt, sogar durch größere
Dosen erniedrigt, auch halte die Alkoholwirkung nicht so lange an, wie
Fürer und Rüdin beobachtet hätten. Wichtig dagegen sei die Bedeutung
der — eine vorübergehende Intoleranz bedingenden — Momente für die Art
der Alkoholreaktion.
Dobrick (41) jubelt: „Wir haben in diesem Kriege bereits einen großen
Sieg erfochten — einen Sieg über den Alkohol. Zum ersten Male in der
Kulturgeschichte sei in größerem Maßstabe eine Ausschaltung des Alkohols
Wirklichkeit geworden. Während der Mobilmachung, also auf Wochen, habe
es jm Vaterlande Millionen abstinenter Männer gegeben, und sicherlich werde
diese Tatsache für viele dieser Männer bleibende Nachwirkung für ihr ferneres
Leben haben. Nichts wäre bei der Mobilmachung auch wohl peinlicher
empfunden worden, als der Anblick eines betrunkenen Soldaten, nichts
lächerlicher als der Bierbankstratege am Stammtisch.“
„Haben Selbstmorde zugenommen unter den Opiumsüchtigeu seit An¬
nahme des Harrison-Gesetzes, und wenn ja, warum?“ fragt Pearson
(154). Unter dem Wort Opium versteht Verf. auch Morphium, Heroin,
Laudanum, Opiumrauchen und andere ähnliche Gewohnheiten. Unter Opium¬
psychose versteht er geistige und moralische Symptome durch Opium, nicht
Wahnsinn oder geistigen Zusammenbruch, der selten direktem Opiumismus
folge, sondern meist eine Folge von Opiumsucht, kombiniert mit Alkoholismus,
Kokainismus, Chloralhydrat und anderen Gewohnheiten sei, wovon Tabak,
Alkohol, Opium, Kokain am häufigsten beim amerikanischen Volk sind.
Die letzteren täuschen über die Sorgen und Mühen des Lebens hinweg
und geben ein Gefühl von Behaglichkeit, Kokain besonders gibt eine faszi¬
nierende Art Rausch und verführt leicht zu gewohnheitsmäßigem Gebrauch,
Alkohol macht selbstherrlich, unachtsam und rücksichtslos gegen anderer
Meinung, Opium dagegen setzt das Selbsvertrauen herab; der Opiumsüchtige
schämt sich, daß er in Fesseln ist, zieht sich zurück, ist scheu.
Die Zeitungsschreiber haben keine Ahnung von dem wahren Sachverhalt.
Verf. kennt nichts, das den Menschen so vollständig allen Vergnügens beraubt
als Opium. Furcht und Zittern jagen ihn durchs Leben, persönlicher Mut
geht verloren. Und jetzt durch die Harrisonvorlage werden seine Ängste
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Kriminelle Anthropologie.
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naturgemäß gesteigert. Daß er an Selbstmord denkt, liegt nahe. Ja, sagt
der Leser, bei den vielen Sanatorien, Krankenhäusern und Irrenhäusern, die
für ihn sorgen können, braucht er nicht an Selbstmord denken. Die Er¬
wägungen des Opiumgenießers sind aber nicht die eines Gesunden. Wenn
der normale Mensch am eigenen Körper die Qualen der Opiumentziehung
kenne, würde er nicht darüber erstaunt sein, daß der Opiumsüchtige die Qual
fürchtet.
Beispiel: Ein normaler Mensch auf offener See im Boot ohne Nahrung.
Wird er bis zum natürlichen Ende ausharren im Boot? Wird er delirieren
und in die See springen? Oder wird er überwältigt von den aktuellen Leiden
und freiwillig ins Wasser gehen? Oder werden die Intensität seiner Angst
und quälende Strapazen ihn wahnsinnig machen und ins Wasser treiben?
Das einzig nichtige wäre ja, auszuharren, da ja immer noch ein
Schiff in Sicht kommen kann. Hier haben wir aber einen normalen, ge¬
sunden Menschen mit normalem Mut, bei dem Opiumsüchtigen ist der per¬
sönliche Mut aber seit Jahren unterminiert. Der Opiumsüchtige ist nicht
heimlich und scheu, weil er so sein will, sondern weil das Opium ihn dazu
zwingt.
Scharfe Methoden der Behandlung dienen nur dazu, diese Menschen
zu erschrecken, zu verhindern, daß sie selbst den Versuch machen, geheilt
zu werden. Man kann sie wirklich während der größeren Hälfte der Kur in
leidlich behaglichem Zustand erhalten.
Verf. glaubt, daß die Furcht, das Betäubungsmittel zu verlieren, manche
dieser Leute temporär wahnsinnig machen und zum Selbstmord treiben kann.
In anderen Fällen wird die Selbstverachtung, Scham und Heimlichkeit so
groß sein, daß Selbstmord der Preisgabe des Geheimnisses vorgezogen wird.
Bei denen, wo die psychologischen Veränderungen extrem sind, oder bei
denen, die verschiedene Drogen nehmen, oder wo der Zusammenbruch schon
vorliegt, brauchen wir wohl Selbstmord nicht erwarten, auch bei den Reichen
nicht, die sich in ein anderes Land begeben können, wo die Gesetze nicht
so streng sind. Weniger Heimliche werden sich informieren, wie und wo
für sie gesorgt werden kann. Die Lasterhaftesten stehen sich gegenseitig
bei, kennen Quellen oder wissen, wo sie Unterkommen können. Jetzt nach
dem Vorliegen des Barrison-Gesetzes ist der erste Schrecken vorbei, und
nun werden die Selbstmorde kaum mehr zunehmen. Die Opiumsucht kann
geheilt werden. Die Ärzte müssen aufklärend wirken.
Kellner (110) gibt eine zusammenfassende Übersicht über die neueren
Erfahrungen bezüglich des Selbstmords, beleuchtet seine ständige Zunahme
mit wachsender Kultur, eine Zunahme leider auch im Kindes- und Jugend-
alter, betont die Wichtigkeit des Volkscharakters, besonders die Selbstmord¬
neigung der germauischen Rasse und den Gipfelpunkt ihrer Häufigkeit
in den sächsischen Landen. Außer dem Volkscharakter wirkten noch
Faktoren mit wie Indnstriealismus, religiöse und kulturelle Einflüsse. Auf¬
fallend immun gegen Selbstmord seien u. a. die christlichen Sekten — wohl
infolge der gegenseitigen sittlichen Überwachung und werktätigen Hilfe. Von
Interesse ist auch die Beobachtung, daß dort, wo die Zahl der Selbstmorde
eine geringere ist, die Häufigkeit der Gewalttaten gegen fremdes Leben
steigt (Niederbayern, Slawen). Bevölkerungsdichte, Jahreszeiten, Alkoho¬
lismus, gewisse Perioden im männlichen, andere im weiblichen Geschlechts¬
leben (Militärzeit, Pubertät, Alter, Menstruation, Klimakterium usw.) sind
bezüglich des Selbstmords von Bedeutung. Meist ist er ein Ausfluß von
geistiger Unfreiheit, in vielen Fällen auch von geistiger Erkrankung. Nicht
das Motiv ist ausschlaggebend, sondern die affektive Reaktionsweise des
Jahresbericht t. Neurologie n. Psychiatrie ms. SO
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Individuums. Yerf. geht die einzelnen Geisteskrankheiten bezüglich ihrer
Selbstmordgefahr durch, betont die Haltlosigkeit der „schlecht äquilibrierten
Menschen“ oder eine „insoziale“ sexuelle Veranlagung als häufigen Selbst¬
mordgrund, die Familienerblichkeit des Suizids und endlich die nicht so
selten pathologischen Befunde bei Sektionen von Selbstmördern. Bei jugend¬
lichen Selbstmördern fände man oft das Fortbestehen kindlich embryonaler
Verhältnisse, eine Unterentwicklung des Blutgefäßsystems oder die sog.
lymphatische Konstitution. Endlich werden die Selbstmorde im Heer und
die sog. Schülerselbstmorde nach den neueren Untersuchungen beleuchtet.
Ein kurzer rechtlicher und versicherungsrechtlicher Exkurs schließt die
Arbeit, die immer wieder betont, daß die Zunahme der Selbstmordneigung
nicht Degeneration an sich bedeute, sondern eine unvermeidliche Begleit¬
erscheinung der Schattenseiten der Kultur sei.
Placzek (158) gibt zunächst eine historische Darlegung der Ansichten
über die Ursache des Selbstmordes. Er hält die Anschauung vieler Psych¬
iater, jeden Selbstmörder als geistig krank anzusehen, für irrig. Diese
Anschauung käme nur daher, daß die Anstaltspsychiater dem Begriff des
Normalen zu enge Grenzen ziehen. Nicht von einer Massenzäblung, nicht
von Registrierung angeblicher Ursachen und Motive, sondern nur von einer
speziell erschöpfenden Durcharbeit jedes Einzelfalles könne man Aufklärung
erhalten. Diese Durcharbeit solle sich auf alle Hilfsquellen der Ausforschung
über die zur Tat führenden Motive, auf genaueste somatische und psych¬
iatrische Erfahrung erstrecken. Der Autor ist auf Grund eigener Erfahrung
der unerschütterlichen Überzeugung, daß es Situationen im Leben gäbe, aus
denen auch der vollwertigste Mensch keinen anderen Ausweg findet. Eine
Selbstmordtat könne sehr wohl von einem vollwertigen Gehirn geplant,
durchaus folgerichtig durchdacht und konsequent durchgefiihrt werden. Es
würden wohl zweifellos zahlreiche Selbstmord taten von Geisteskranken be¬
gangen, aber auch viele Selbstmord taten von Gesunden ausgeführt. Der
Autor skizziert nun kurz das krankhafte Gennitsleben des geisteskranken
Selbstmörders. (Leider findet sich zu wenig Analytisches über die Psyche
des geistesgesunden Selbstmörders gesagt, wenigstens in einem Aufsatze „Die
Selbstmörderpsy 7 che“, Zeitschr. f. Psychotherapie und med. Psychol. Bd. VI,
welcher die Gedankengänge des zitierten Buches wiedergeben soll, und
welcher dem Referenten zur Besprechung Vorgelegen hat.) ( Jacobsohn .)
Lazar (123) untersucht, unter welchen Umständen der Elternhaß jugend¬
licher Personen bei abnormen und unter normalen Verhältnissen entstanden
ist und sich weiter entwickelt, und ferner wie die Liebe zu den Eltern unter
normalen und abnormen äußeren und inneren Verhältnissen gehemmt wird,
und ob die Hemmung nicht ebenso gefährlich für das psychische Gleich¬
gewicht des Jugendlichen werden kann. Die Fälle, die angeführt werden,
sind außerordentlich lehrreich. Fall 1: Es handelt sich um ein Kind mit
nervöser Konstitution. Der Vater von aufbrausendem Charakter erzog mit
äußerster Strenge, die Mutter mit ständiger Nachsicht und Überredung.
Die Mutter begeht den Fehler, daß sie ihr eigenes kompliziertes Seelenleben
in gleicher Art auch beim Kinde voraussetzt; da das nicht der Fall ist, so
findet sie keinen Widerhall und kein Verständnis; sie wird auf diese Art
dem heranwachsenden Kinde unendlich langweilig. Diese Langeweile steigert
sich schließlich zur Mißachtung und zum Haß. Der Vater wiederum verdient
sich den Haß des Kindes durch das fortwährende Nörgeln und Nachträgen
und durch das brutale Niederhalten der kindlichen Eigenart Fall 2: Es
handelt sich gleichfalls um einen von Kindheit auf nervösen, leicht reizbaren,
zu Wutausbrüchen gegen die Eltern neigenden, an Verstimmungen leidenden
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und sich von der Welt abschließenden Jungen. Der Vater wird als ein
widerwärtiger, im höchsten Grade langweiliger, pathetischer und ungeduldiger
Mensch geschildert, der dem Sohne zu oft zu verstehen gibt, wie lästig er
ihm ist, wie er ihm die Zeit raube, Geld koste usw. Die Mutter, eine schon
ältliche Frau, will sich die Liebe des Kindes mit Gewalt erringen und
erreicht damit gerade das Gegenteil. Da der Junge zu Hause durch das
Verhalten der Eltern immer reizbarer wird, so bleibt nichts übrig, als ihn in
eine Erziehungsanstalt zu geben, wo er sich gut und ruhig verhält. Fall 3:
Es handelt sich um den einzigen Sohn einer Witwe, deren Mann früh ver¬
storben ist. Die Mutter verzieht den Sohn. Das tyrannische Benehmen
des Bandes ist die natürliche Folge, und mit der Zeit stellt sich die Abwehr
gegen die erzieherische Überfütterung ein. Hinein spielt noch beiderseits
eiu starkes erotisches Moment, welches beiderseits eine erhöhte Reizbarkeit
schafft. Im Fall 4 und 5 handelt es sich um zwei unehelich geborene
Mädchen. Obwohl auch hier vielfach verkehrt in der Erziehung gehandelt
wurde, ist doch der Haß gegen die Mutter nicht so sehr darin be¬
gründet, als vielmehr in einer schwärmerischen Liebe zu dem unbekannten
Vater, als deren Feind die Mutter betrachtet wird. Um diese Liebe zum
unehelichen Vater als Keim gruppieren sich die Aggressionsakte gegen die
Mutter, die mit entsprechenden Reaktionen antwortet. D ami t ist der Konflikt
dauernd fundiert. Man findet dieselbe Konfliktstimmung auch hei Kindern,
deren Eltern in schlechter Ehe leben. Die Folgen sind soziale Entgleisung
oder neurotische Erkrankung. Anders verhalten sich Kinder, die tatsächlich
Gründe haben, ihre Eltern zu hassen, weil sie schlecht und lieblos behandelt,
körperlich und seelisch mißhandelt wurden. Trotz aller Flüche und Ver¬
wünschungen, trotzdem die Kinder als Kläger gegen ihre Eltern aufgetreten
sind, die Erbitterung die schwersten Grade erreicht und zu allen denkbaren
Ausschreitungen führt, bleibt doch kein Rest zurück, der für immer die
Wiedervereinigung verhindern könnte. Dort, wo der Haß einen ordentlichen
Grund hat, reagiert er energisch und macht den dominierenden Liebes-
gefühlen zu den Eltern wieder Platz; dort, wo die einzelnen Handlungen
der Eltern nur geringe Grade des Hasses verursachen, muß eine große
Summierung abgewartet werden, bis die Reaktion stürmisch erfolgt. Auch
hier wird dann erst das primäre Liebesempfinden frei. Solange dies aber
nicht der Fall ist, die Liebe sich aus äußeren oder inneren Gründen nicht
entfaltet, solange besteht der innere Zwiespalt und mit ihm im Zusammen¬
hänge bleibt die eigentliche Konfliktstimmung, die je nach den Verhältnissen
und nach ihrer Stärke zur Neurose, zur Dissozialität nnd zur Kriminalität
führt. Das hat nach Ansicht des Autors die Liebe zu den Eltern mit der
Erotik gemeinsam. Sie treibt nach Entfaltung, und wenn sie nicht befriedigt
wird, dann wirkt sie schädlich. ( Jacobsohn .)
In der Amerik. Neurolog. Gesellschaft wies Dr. George Walton auf
Grund einer großen Anzahl von Fällen seiner Erfahrung darauf hin, daß
des Mordes angeklagte Personen alle Erinnerung an die Mordtat leugnen,
obgleich sie sich auf Vorkommnisse bis kurz vor und nach der Tat besinnen
können. Diller (40) bestätigt diese Beobachtung. Auch seine Erfahrung geht
dahin, daß in einer beträchtlichen Zahl von Fällen Leugnen der Tat selbst
erfolgte. Bei Dr. Waltons Untersuchungen handelte es sich hauptsächlich
darum, ob dieser Gedächtnisschwund echt oder fingiert sei. 2—3 der Redner
behaupteten, man könne nie wissen, ob diese Amnesie echt oder fingiert sei.
Verfasser dagegen hält sie nicht für fingiert:
1. sei es unwahrscheinlich, daß die Amnesie an die Tat so allgemein
von Mördern fingiert werde,
50*
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Kriminelle Anthropologie.
2. hätten Kreuz- und Querfragen und Drohungen aller Art nicht ver¬
mocht, diese Behauptung der betreffenden Mörder zu erschüttern, obgleich
sie sonst über alles andere mitteilsam wurden.
Dill er folgert so: Der Mord wird auf dem Höhepunkt einer großen
Erregungsstörung begangen, und infolge der großen Intensität wird die Tat,
werden die Gedanken dieser Zeit nicht im Gedächtnis festgehalten, wie der
photographische Film, auf den ein zu scharfes Licht fallt, nur verschwommen
bleibt. So erinnern sich Menschen, die heftige Zornausbrüche haben, oft
nicht an die Worte und Handlungen während ihres Paroxysmus. Im Hinblick
hierauf bespricht Verfasser zwei Fälle von Mord, einen vor 4 Jahren, einen
im vorigen Jahr geschehenen. Er erklärte die Täter für an paranoider
Dementia praecox Erkrankte. Beide Personen wurden freigesprochen auf
Grund von Geistesstörung und dem Dixmont-Asyl zugeführt. Verfasser ging
später nach Dixmont und prüfte nochmals beide Fälle nach. Beide Männer
leugneten wieder jedes Erinnern an die Tat an sich, ebenso wie sie es leugneten,
als er sie vordem im Gefängnis befragte. „Ich machte sie darauf auf¬
merksam, daß ihr Fall erledigt sei, sie also nichts mehr zu fürchten
hätten, und versuchte auf alle mögliche Weise, ihrem Gedächtnis nachzuhelfen.
Beide machten genau dieselben Angaben wie vor der Gerichtsverhandlung
und konnten sich auf weiter nichts besinnen. Die zwei Fälle zeigen jeden¬
falls, daß die Gedächtnislücke echt war.“
Abels (3) behandelt in interessanter Weise Arzneimittel, die zur
Erregung des Geschlechtstriebes dienen sollen.
In eingehender Weise behandelt Abels (4) in diesem Teil seiner
„Giftstudien“ die „Schlangengifte als Mordmittel“. Er kommt zu dem
Schluß, daß, wenn die Schlangengifte auch keine so unzuverlässigen Gift¬
körper darstellten wie manche pathogenen Bakterien, sie doch für den Gift¬
mord nicht als besonders geeignet zu betrachten seien, wenigstens nicht für
unsere Verhältnisse. Die sensationellen Erzählungen von heimlicher Bei¬
bringung von an einer Nadelspitze angetrocknetem Schlangengift seien iu
das Reich der Fabel zu verweisen.
Photokakis (157) hat durch Tierversuche feststellen können, daß nach
Lufteinspritzungen in den Uterus von Kaninchen, neben Exophthalmus,
Pupillenerweiterung und Vorwölbung der Herzgegend mit tympanitischem
Klopfschall, sich auch in den Gefäßen der Hirnhäute Luftblasen finden.
Während geringe Luftembolien häufig resorbiert werden und wenig Er¬
scheinungen machen, enden starke Luftembolien unter Pupillendilatation,
Erlöschen der Reflexe, Krämpfen mit Opisthotonus und Herzstillstand
schnell letal. (Bendix.)
Dolenc’ Fall (Groß’ Archiv 1911, S. 315), in dem ein Angeklagter
zweimal, das zweite Mal in Wiederaufnahmeverfahren, zum Tode verurteilt
wurde, gibt Reichel (161) Anlaß zu einer Untersuchung, ob der Täter iu
solchem Falle, wie behauptet worden, zweimal mit der Todesstrafe, d. h. mit
der Qual der Todeserwartung, belegt worden sei. Er verneint dies und meint
etwas abstrakt, irreparabel sei jede Strafe und jede Strafangst, nicht nur
die Todesstrafe. Notwendig sei allein, alles zu tun in der kriminalistischen
und psychologischen Durchbildung unserer Strafrichter, um möglichst den
ungerechtfertigten Verurteilungen den Boden zu entziehen.
II. Sexologle. Perversitäten einschliesslich der Homosexualitit.
Fehling er (49) gibt die Mendelsohen Vererbungsregeln kurz wieder
und hebt als kriminell bedeutsam u. a. hervor, daß in Legitimitätsfragen
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die Reinheit der rezessiven Merkmale sehr wichtig sei. Entstammten z. B.
der Ehe eines blauäugigen Paares auch braunäugige Kinder, so habe man
einen Anhaltspunkt für Illegitimität. Viel wichtiger aber sei noch, daß
auch körperliche und geistige Abnormitäten, die ja die häufigsten An¬
lässe verbrecherischer Handlungen seien, sich nach den Mendel sehen Regeln
vererbten. Damit müsse Kriminalistik und Eugenik rechnen.
„So lauge hatte ich Gelegenheit und so eng waren meine Beziehungen
zu den Indianern“, sagt Shufeldt (180), „daß es für mich keinerlei Schwierig¬
keiten gab, ihre intimsten sexuellen Gebräuche und ihre Ansichten über Moral
genau kennen zu lernen“. Eine der besten Arbeiten über dieses Thema ist
bekanntlich in Ellis’ „Studies of the Psychiologie of Sex“ enthalten. Aber
in dem Buch, das speziell vom Schamgefühl handelt, sind es nur zwei Dutzend
Zeilen, die dem wichtigen psychisch sekundären sexuellen Charakter der
Ureinwohner Nordamerikas nördlich der mexikanischen Grenze gewidmet
sind, und es, weist nur darauf hin, daß „der Rock der Frauen länger ist als
der der Männer“, womit jedenfalls ausgedrückt werden soll, daß die Indianer
einschließlich der Eskimos ein schamhaftes Volk sind. Nun ist aber der
lange Rock keineswegs ein Zeichen der Seham, in manchen Weltteilen sogar
gerade das Gegenteil. Wie wir wissen, sind viele Eskimofrauen nichts
weniger als keusch und schamhaft. Ein merkwürdiges Beispiel von Moral¬
auffassung der Sioux erlebte Verf. vor einigen Jahren. 4—5 Häuptlinge
kamen nach Washington, um dem Präsidenten ihre Aufwartung zu machen.
An einem warmen Tage unternahmen sie auch eine Dampfschiffahrt auf dem
Potomac. In ihrem Aufputz machten sie nicht geringes Aufsehen, und
manche Frauen legten es darauf an, mit ihnen zu kokettieren. In ihren
leichten Sommerkleidern, dem nahen Beieinander, der Ausdünstung wirkten
sie aufreizend auf die Indianer, die schon längere Zeit von ihren Squaws ge¬
trennt waren; besonders ein hervorragendes Exemplar barbarisch-physischer
Entwicklung schien anzunehmen, daß das vor ihm stehende hübsche junge
Weib absichtlich Vorteil aus seiner augenblicklichen Lage zöge. Er verlor
die Selbstbeherrschung und machte schlecht verhehlte, wenn auch schwache
wiegende Bewegungen. Die Frauen schienen nichts davon zu ahnen, daß
ihre bloße Gegenwart schon genügte, ihn zum Siedepunkt zu bringen, bis er
plötzlich wie der Blitz seine Hand unter der Kleidung des Weibes ver¬
schwinden lies und mit einem Ruck einen Büschel Haare von ihrem Mons
Veneris rupfte. Alles ging schneller als ein Gedanke. Trotz des Schreies
des Opfers und der allgemeinen Aufregung verteilte er die Trophäe unter
seine Gefährten, und dann besahen sich alle fünf die Landschaft in aller
Seelenruhe weiter.
1906 erhielt Shufeldt von einem Freund die in der Arbeit abgebildete
Photographie einiger Hopi-Kinder. „Diese Kinder hängen sehr an mir“,
schrieb er, „und kommen immer zu mir ins Lager, wenn ich dort bin. Die
Knaben sind nackt, aber das kleine Mädchen trug immer ein kurzes Röckchen,
aber als ich den Kopf unter dem Focustuch beim Photographieren hatte,
warf es schnell sein Röckchen ab und stand nackt zwischen den Brüdern.
Wie Sie wissen, ist es noch nicht sehr lange, daß Knaben oder Mädchen
vor der Pubertätsperiode Kleider trugen.“ Verf. teilt dann noch weitere
Beispiele für die unschuldige Naivität z. B. bei den Pueblos mit.
Was reines geistiges und psychisches Wohlbefinden betrifft, sagt er
zusammenfassend, habe die normale Sexualität der Indianer eine weit bessere
Rasse, reiner im Geist und kräftiger im Körper, gezeitigt als unsere eigene,
die unter unnatürlichen und verzerrten Regeln leide. Wie Verf. die Sioux
seit 30 Jahren kennt, vollzogen sie offen und ohne Sehen die Bedürfnisse
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des normalen Sexualtriebs, während die Weißen, beschützt durch Steinmauern
nnd hundert andere Plätze absoluter Verborgenheit, sich unabsehbaren ab¬
normalen sexuellen Praktiken hingeben so gemeiner Art, daß ein Nero vor
Scham erröten würde, gar nicht zu reden von den nachteiligen Folgen für die
geistige und körperliche Organisation der Rasse als Ganzes.
Shufeldt hat manchen Siouxjüngling und manche Sqnaw bei dem
Geschlechtsakt beobachtet, beide gingen einfach hinter eine Büffelhaut oder
Decke mitten im Lager und verrichteten stehend den Akt, ohne daß dem
irgendwelche Beachtung geschenkt wurde, dann trennten sie sich und gingen
ruhig weiter oder an ihren alten Platz.
Spät nachts rauchte Shufeldt die Pfeife in einem ihrer großen Wig¬
wams, wo einige junge Eheleute und 6—8 alte „Böcke“ saßen. Erleuchtet
wurde der Ort durch ein kleines Feuer. Wollte sich irgendein Paar kopu¬
lieren, ging es hinter eine Decke oder ein Fell. Die ersten Male war der
Zuschauer entsetzt, dann aber erschien es auch ihm natürlich; — bei alledem
waren die Leute sehr schamhaft und anständig. Wie der Indianer durch
Syphilis, Rum und Tabak infolge des Kontaktes mit der weißen Rasse ge¬
litten hat, so auch in seiner Schamhaftigkeit und Moral. Verf. berichtet
über entsprechende Erlebnisse, die die sittliche Verwilderung solcher Indianer
kennzeichnen.
Auch seine Mitteilungen über das naive Schamgefühl bei den mexi¬
kanischen Indianern sind interessant, noch dazu wenn man bedenkt, daß die
Frauen dort meist Prostituierte sind. Die Siouxweiber dagegen seien meist
tugendhaft.
Die Art des Auftauchens der künstlerischen Idee, die Besitzergreifung
des Fühlens und Wollens durch die Idee vollzieht sich beim Künstler nicht
wesentlich anders als bei dem in seinen Traumzuständen sich künstlerisch
betätigenden Medium, sagt Freimark (58), doch hat das Medium nicht wie
der Künstler das Bestreben, die Idee im Stoff zu meistern, sondern gibt sich
widerstandslos dem Strömen hin, das aus ihm quillt. Auf dieser hemmungs¬
losen Hingabe beruht es wohl, daß die malenden Medien — es sind vielfach
Frauen — anstandslos Zeichnungen vorweisen, die von sexuellen Symbolen
wimmeln. Sie sehen darin freilich nur „Jenseitsblumen“ oder „Blumen der
Sphären“, und doch liege in ihren unbewußten Talentäußerungen das Gebiet
der erotischen Wünsche der Beobachtung ganz bloß. Mediumistische Talent-
äußerung verhalte sich eben zur bewußten künstlerischen Äußerung wie Märchen
zur Mythe. Genau wie im Märchen nähme bei den Medien der fremde
Prinz oder die fremde Prinzessin den Hauptplatz ein. Verf. illustriert diese
seine Thesen durch Beispiele bekannter Mal- und Zeicheumedien. Ihrer Kunst
lege man oft eine Bedeutung bei, die ihr tatsächlich nicht innewohne. Die
Erregung heim Schaffen von Kunstäußerungen im Traume werde von den
Medien selbst häufig den Empfindungen beim Orgasmus gleichgestellt. Auch
hier würden eben meist Wunschverkörperungen, die das uralte Inkubus- oder
Sukkubuserlebnis wiederholten, geliefert. In den spiritistischen Kreisen seien
diese Erscheinungen (auch phantastischste Halluzinationen) ziemlich alltäglich,
ohne daß die von ihnen heimgesuchten Individuen in stärkerem Grade geistige
Anomalien aufwiesen. Betrogene Sehnsucht bilde sich in so manchen
Phantasien der Medien ihr Leben, und vielleicht würde so manche Frau,
wenn sie Mutter geworden wäre, kein Medium geworden sein. Die Welt
hätte nichts daran verloren! Andere Medien gehörten zum Typ der sexuell
Frigiden, die von Hause aus zu dem gewöhnlichen sexuellen Verkehr keine
Neigung hätten, und deren Erotik andere Weisen der Auslösung brauchte.
Dabei hielten sich diese Personen meist für etwas Besseres, für unterge-
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schobene hochgeborene Kinder usw., ein Glaube, zu dem sie die mangelnde
Übereinstimmung mit ihrer gewöhnlichen Umgebung, große Reizbarkeit und
Spott oder Gleichgültigkeit der eigenen Familienglieder leicht verführe.
Gewöhnlich falle auch die Blütezeit der Medialität mit dem Erwachen und
dem Erlöschen des Geschlechtstriebes (die vierziger Jahre) zusammen. Im
Unterbewußtsein verlange eben das Geschlechtsleben mit seiner brachliegenden
Kraft nach seelischen Gestaltungen. Der Mann sei dann für solche Frauen
meist erledigt. Ihre künstlerisch gestimmte Natur flüchtete sich eben in das
Träumeschaffeu. Lebhaft zu beklagen sei die Ausnützung derartiger Naturen,
die traurigen Mißbräuche, die teils in gutem Glauben, teils aber auch in
bewußter Spekulation mit den Seelen- und Herzensbedürfnissen vieler ge¬
trieben werden. Für das Allgemeine dienlicher würde es sein, die Menschen
würden nach dem Wesen der Dinge trachten und nicht wie heute noch
meistens nach ihrer Gestalt.
Die Eigentümlichkeit, von vornherein den Verdacht auf ungewöhnliche
resp. pathologische Täterschaft wachzurufen, teilen „Falschanzeigen“ noch
mit manchen anderen Ausnahmedelikten: Majestätsbeleidigungen, anonyme
Schmähbriefe, perverse Sittlichkeitsverbrechen u. dergl., sagt Birnbaum (14).
Immerhin heben sie sich auch von diesen in gewissem Sinne noch ab; sie
weisen deutlicher und bestimmter als andere Vergehen zugleich auch schon
auf die psychische Störung hin, die für sie speziell en Frage kommt, die
Hysterie. Verf. zeichnet nun zuerst ein Bild der Wesensart der Hyste¬
rischen (abnorme Affektivität, abnorme Phantasielebhaftigkeit, Suggestibilität
und Autosuggestibilität, große Exzentrizität, Hang zum Lügen, Intrigieren,
Verläumden, Vorstellungens- und Erinnerungsfälschungen, Erfinduugsdrang,
oft stark hervortretende Sexualität). Hysterie kann einmal als habitueller
Dauerzustand zu sexuellen Falschbeschuldigungen führen schon allein durch
einen pathologischen Moraldefekt, dann aber auch durch die auf den) Boden der
Hysterie auftretenden transitorischem psychotischen Ausnahmezustände von
leichten Dämmerzuständen bis zu halluzinatorischen Wahnpsychosen. Diese
Falschbeschuldigungen sind natürlich sehr gefährlich und können, nicht als
solche erkannt, größtes Unheil anrichten. Untersuchung des objektiven Tat¬
bestandes und psychiatrische Begutachtung des Beschuldigers werden oft
schweren Intentionen Vorbeugen können. Herauswachsen der sexuellen Falsch¬
beschuldigungen aus ausgeprägten psychotischen Erscheinungen, sei es Sym¬
ptomen oder Krankheitszuständen, sei es akuten und episodischen oder
chronischen Prozessen, gibt in jedem Falle die Grundlagen für eine volle
Unzurechnungsfähigkeit ab, Hervorgehen aus dem bloßen hysterischen Durch¬
schnittszustand im allgemeinen nur die für eine verminderte Zurechnungs¬
fähigkeit, die im übrigen je nach Art, Grad und Zahl der im pathologischen
Sinne wirksamen Faktoren mehr oder weniger ausgesprochen sein wird. Für
falsche geschlechtliche Selbstbeschuldigungen Hysterischer, wie sie auch Vor¬
kommen, gilt dasselbe.
Werthauer (194) bekämpft mit Recht den Geist, der sich in der
falschen Benennung: „Sittlichkeitsverbrechen“ für die Verbrechen, die mit
geschlechtlichen Attentaten einhergehen, äußert. Als ob die Sittlichkeit
nur in geschlechtlichen Vergehen "beleidigt würde! Mittelalterliche Vor¬
stellungsweise beherrsche im Grunde immer noch das ganze Kapitel von
den Sittlichkeitsverbrechen. Immer noch stände das ganze Gebiet unter der
verächtlich machenden Anschauung, als ob der Sexualtrieb an sich mindestens
nichts Schönes oder zu Billigendes, sondern das „Unsittliche“ sei. Objekt
einer Strafvorschrift könne doch nur die geschlechtliche Betätigung sein,
nie der zur Erhaltung der Art dem Menschen gegebene Geschlechtstrieb
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selbst Unrechte Betätigung könne aber auch geseztlich nur geahndet werden
je nach dem zu schützenden Gut, das zur Befriedigung des Triebes verletzt
werde, also nur deshalb, weil sie den Tatbestand irgendeiner strafbaren
Handlung ausmache, nie als Trieb an sich, also nur, wenn das Rechtsgat
eines anderen verletzt werde. Das Objekt des Triebes sei immer nur Anreiz¬
mittel: indem der Geschlechtsvorgang vom Beginn bis zum Ende sich uur in
dem handelnden Individuum abspiele. Dieser innerliche Vorgang gehe das
Gesetz nichts an, nur die Zuhilfenahme anderer Okjekte könne für ein
etwaiges Strafeinschreiten in Betracht kommen. Das Ergebnis dieser Be¬
trachtung sei, daß es geschlechtliche Verbrechen nicht geben könne, sondern
nur strafbare Eingriffe in die Rechtssphäre anderer, die im konkreten Falle
bei der Verwendung von Anreizmitteln zur Auslösung des Geschlechtstriebes
benutzt würden. Das geltende Strafrecht entspreche dem jetzt ebensowenig,
wie der Strafgesetzentwurf dies für die Zukunft beabsichtige. Immer noch
würden eine Reibe von Formen unter Strafe gestellt, die nach vorstehendem
natürlichen Empfinden einen Eingriff in die Rechtssphäre nicht bildeten.
Dahin gehöre insbesondere die Strafe des Ehebruchs, ferner die des frei¬
willigen homosexuellen Verkehrs unter Erwachsenen. „Niemals darf die von
der Natur in einen Menschen hineingelegte Empfindung als Laster bezeichnet
werden.“ Die homosexuelle Betätigung dürfe nur genau so bestraft werden
wie die Betätigung des heterosexuellen Verkehrs, nämlich wenn sie mittels
Gewalt, Drohung u. dgl. vorgenommen werde. Alle sonstigen hervor¬
gesuchten Strafgründe in dieser Hinsicht seien Scheingründe. Und nun
wolle man noch in Zukunft gar die Homosexualität der Frauen unter Strafe
stellen! Allerdings wegen der Erpressunsgefahr durch Bestehen des betreffenden
Paragraphen dürfe man eine Strafbestimmung nicht abschaffen. Denn auch
andere Paragraphen würden zu Erpressungen benutzt (z. B. der über Unzucht
mit Kindern). Und doch sei hier die Strafandrohung berechtigt. Nur der
Natur der Sache entnommene Gründe dürften bei einer Kritik des Para¬
graphen 176 in Betracht kommen, und sie lägen in genügendem Maße vor,
nie aber etwaige vereinzelte ungültige Folgen. Ganz auffallend sei es, daß
die sicher erwünschte Bestrafung des Mißbrauchs eines Abhängigkeits¬
verhältnisses nicht eingeführt werde, wenn es sich um heterosexuellen Ver¬
kehr, wohl aber wenn es sich um den viel geringer, vorkommeuden homo¬
sexuellen Verkehr handele. Auch bezüglich der „Öffentlichkeit“ käme es
nicht auf die Geschlechtshandlung an, sondern auf die Störung „der Öffent¬
lichkeit durch irgendwelche Handlungen, die eben nicht in die Öffentlichkeit
gehören, möge es Trunksucht, Ausübung des Geschlechtsverkehrs, Ausklopfen
von Teppichen oder sonst etwas sein. Alles in allem sei also der besondere
Abschnitt über Verbrechen gegen die Sittlichkeit zu streichen. Diejenigen
strafbaren Handlungen, welche bisher darunter verstanden worden seien und
sich auf das Geschlechtsgebiet bezogen, seien ohne Rücksicht auf das letztere
in die Tatbestände der strafbaren Handlungen, die sich gegen Leben, Leib,
Ehre, öffentliche Ordnung u. dgl. richteten, einzureihen, soweit eine Straf¬
sauktion für erforderlich gehalten werde.
Unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Unzucht wurde aber
heute sogar häufig das künstlerisch Nackte angegriffen. Zu verbieten sei
allerdings als anstößig jede besonders hervortretende Darstellung des rein
Geschlechtlichen. 'Es müsse aber durch diese engste Grenze des direkt
Geschlechtlichen das Verbot eingeschränkt werden, damit Kunst und Industrie
vor jedem unrichtigen Angriff gewahrt seien.
Marcuse (136) stimmt in seiner schönen, erschöpfenden Arbeit über
den Inzest denen zu, die wohl nicht an eine unbegrenzte Promiskuität der
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Menschen der Urzeit glauben, aber doch meinen, daß die anfängliche Form
der Sexnalbeziehungen inzestuöser Natur gewesen und daß — was nach
dieser Richtung hin heute fast allgemein verfehmt und verboten ist, — in
früheren Zeiten der Menschheitsgeschichte selbstverständlich, nach Freud
sogar „intensiv lustbetont“ war. Die Inzestscheu sei kein eingeborener
Instinkt, sondern sie sei unzweifelhaft erst innerhalb des Menschengeschlechtes
als eine Reaktion auf böse Erfahrungen oder als ein Gebot äußerer Not¬
wendigkeiten oder Zweckmäßigkeiten oder als ein Niederschlag volks- und
völkerpsyschischer Vorgänge entstanden — also ein Kulturprodukt. Verfasser
untersucht nun die Einflüsse, die zu ihrer Entstehung geführt haben dürften.
Als solche möchte Marcuse schlechte Erfahrungen in gesundheitlicher Be¬
ziehung nicht allzusehr betont wissen, er nimmt vielmehr mit Westermarck
an, daß die sexuelle Abneigung zwischen Nächstverwandten ontogenetisch durch
die Gewohnheit des dauernden Zusammenlebens in der Kindheit und Jugend
sich entwickelt, und daß die Inzestabneigung auch im Leben der Menschheit
uud der Völker mindestens zum Teil aus sexueller Nichtschätzung und
Gleichgültigkeit resultiert. Eine große Rolle spielt aber auch eine ökono¬
mische Gruppe von Ursachen für die Entstehung des Inzestwiderwillens und
-Verbotes. Es sollte die Aufrechterhaltung und Förderung zu enger Inter¬
essengemeinschaften verhindert werden, die durch Verschwägerung usw. ent¬
stehen. Nachträglich kam auch die Aufrechterhaltung der Familienreinheit
in Betracht. Die Sexualgeschichte der Menschheit ist doch vor allem eine
Geschichte der Wirtschafts- und Gesellschaftsformen, die erst nach ihrer
Herausbildung durch Moral, Religion und Recht zu Forderungen erhoben
werden. Wo liegen aber nun die individuellen Wurzeln, wo die Ontogenese
der Inzestscheu bei dem normalen Menschen der Gegenwart. Das Kind
hat offenbar noch keine Inzestscheu, andererseits erkennt Marcuse aber auch
die angebliche positive infantile Inzestneigung (Ödipuskomplex usw.) beim
krankhaften Kind nicht an. Ihre Begründung mit den Ergebnissen der an
nicht Neurotikern unternommenen Psychoanalysen ist wegen deren falschen
Methode vollends hinfällig. Auch bei der Mutter ist die Mutterliebe nicht ein¬
geboren, sie entwickelt sich erst als persönliche Beziehung aus einem allge¬
meinen Brut- und Fürsorgeinstinkt. Wie gesagt ist es die Gewohnheit des
dauernden Zusammenlebens, das sinnliche Reize und Wünsche zueinander hei
Familiengliedern gewöhnlich gar nicht aufkommen läßt. Von der Inzestgleich¬
gültigkeit bis zum Inzestwiderwillen ist es dann gar nicht weit. Ursachen des
Inzestes sind vor allem bei Kindern meist harmlose Spielereien und Unarten, —
selten das Zeichen grober Verwahrlosung, psychopathischer Konstitution oder
gar einer psychischen Erkrankung. Voraussetzung ist oft in schlechten
Wohuungsverhältuissen zu suchen und in anderen wirtschaftlichen Nöten.
Übrigens steht auch hier das Volk dem Sittenkodex ziemlich naiv gegenüber,
fühlt sich durch inzestuöse Handlungen in seinem Gewissen nicht sehr beschwert.
Es bedarf also bei weitem nicht immer pathologischer Grundlagen für Inzest¬
delikte. Neben sozialen und wirtschaftlichen Nöten spielt auch die sexuelle
Not, z. B. beim Zusammensein in der Einsamkeit, eine Rolle. Weitere Gründe
können sein „ungezügeltes Variationsbedürfnis“, ja sogar der Aberglaube,
endlich psychische Störungen, vor allem der chronische Alkoholismus, natürlich
auch Schwachsinn aller Art. Ist bei alledem der inzestuöse Geschlechts¬
verkehr mehr Gelegenheits- und Zufallsereignis, so findet man doch auch
manchmal eine wirkliche inzestuöse Liebe, wenn auch vielleicht nur im Traum
oder der Phantasie. Das Gefühl der Eifersucht ist kennzeichnend für eine
solche Liebe (z. B. Eifersucht des Bruders gegenüber dem Schwager). Über¬
haupt ist inzestuöse Geschwisterliebe nicht selten, natürlich ohne daß es
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immer za Handlungen kommen müßte. Auch aus Lust am Verbotenen kann
der Inzest entstehen, ferner aus sadistischen, masochistischen, ja homosexuellen
Motiven. Wenn Marcuse auch nicht Freud und Stekel ganz zustimmt,
daß die Homosexualität die neurotische Abwehr des infantilen Inzestgedankens
sei, so meint er doch, daß bei psychopathischer Konstitution der leicht be¬
einflußbare Geschlechtstrieb recht wohl durch die mütterliche oder väterliche
Erziehung und Beziehung in die homosexuelle Richtung gedrängt werden
könne. Von vornherein dürfe man aber Inzestdelikten gegenüber bei weitem
nicht grundsätzlich auf eine allgemeine psychische Erkrankung schließen,
ja nicht einmal auf eine allgemeine sittliche Entartung. Verfasser bespricht
dann noch den mittelbaren Inzest (z. B. zwischen Schwieger- und Stiefeltern
mit den Schwieger- oder Stiefkindern und umgekehrt). Nicht so selten ver¬
liebt sich ja die Schwiegermutter durch Einfühlung in den Schwiegersohn.
Abschnitt V behandelt dann das Vorkommen und die Verbreitung des
Inzestes (in gewissen Epochen und bei gewissen Völkern mehr als bei
anderen). Die Krimalstatistik sagt natürlich über die wirkliche Häufigkeit
oder das Wesentliche des Deliktes nur sehr wenig. Nur die Kasuistik kann
Aufschlüsse geben. Im Abschnitt VI wird die Geschichte der strafrechtlichen
Behandlung nach Wulffen skizziert und ferner werden die gesetzlichen Be¬
stimmungen gegen das Delikt besprochen, dabei festgestellt, daß ein ein¬
heitlicher Gesichtspunkt in der Tatbestandsfeftsetzung durchaus fehlt. Sogar
deutsches Zivil- und Strafrecht sind darin nicht einheitlich. Die Einbeziehung
der in gerader Linie Verschwägerten in das Eheverbot z. B. beweist, daß den
Gesetzgeber nicht nur die Rücksicht auf die Nachkommenschaft geleitet haben
kann; er wollte offenbar die Familienreinheit schützen und rein moralischen
Erwägungen Rechnung tragen, überhaupt ist die Auswahl der Personen,
zwischen denen geschlechtlicher Verkehr als inzestuös gebrandmarkt wird,
gewiß nicht sinngemäß und folgerichtig. Bedenken hat Verfasser auch
gegen die Strafloslassung der jugendlichen Deszendenten bis 18 Jahren, die
immer als verführt gelten sollen, während sexuelle Verführung jeglicher Art
gerade ungeheuer oft von dem jüngeren, und da namentlich von dem weib¬
lichen Teile ausgehe. Gerade die Verschiedenheit der Gesetzgebung in
den einzelnen Ländern zeigt, daß die Strafwürdigkeit des Inzestes zum min¬
desten sehr problematisch sein muß. Verlangen nach Schutz des Familien¬
lebens ist wohl das Hauptmotiv der entsprechenden Gesetzgebung. Aber
die Familienreinheit durch Strafen aufrechterhalten zu wollen, ist ein un¬
vernünftiges und erfolgloses Beginnen. Diese Strafverfolgungen stellen oft
erst den gewaltsamen Eingriff in einen ungestörten’Familienfrieden dar. Auch
die allgemeine Sittlichkeit wird durch die Strafbestimmungen nicht geschützt,
denn sie wird intra muros durch das Delikt nicht verletzt. „Im Hinblick
auf das Mißverhältnis zwischen dem außerordentlichen Aufgebot des Polizei-
und Gerichtsapparates zu der Nachweislichkeit der Tat und wegen der
Verleitung zu den widerlichsten Denunziationen verdient der § 173 kurzer¬
hand ausgemerzt zu werden“, sagt Marcuse und schließt: „So notwendig
also der Ausbau unseres sozialen Für- und Versorgsystems und der sog.
sichernden Maßnahmen gegenüber dem Inzest sich erweist, so unbegründet
und nutzlos sind strafgesetzliche Maßnahmen gegen ihn. Wo aber mit dem
Inzest Notzucht, Mißbrauch eines Treueverhältnisses, Verführung u. dgl. Zu¬
sammentreffen, da ist für angemessene Ahndung dieser Delikte durch andere
Paragraphen des StGB, hinreichend gesorgt.“
Kanngiesser (107) fand auf Gruud statistischen Materials, daß die
Gefahr, geistesschwache Nachkommen zu erzeugen, in blutsverwandten Ehen
doppelt so groß ist als in nicht blutsverwandten Verbindungen. {Autoreferat.)
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Porosz (159) bestreitet, daß die Tagespollutionen einzig und allein
durch gestörte Nervenfunktionen hervorgerufen werden. Die Mehrzahl der
Fälle leidet an Prostataatonie oder hat ein solches Vorleben geführt, nach
welchem sich die Atonie der Prostata zu entwickeln pflegt. Solche ätio¬
logischen Momente bilden der Exzeß in Coitu, die Onanie, die gehäuften
Schlafpollutionen, teilweise auch die Blennorrhoe. Die Prostatamuskulatur
geht durch Überanstrengung einer Ermüdung, einer Erschöpfung entgegen,
besonders der Sphinkter spermaticus. Er wird atonisch und verrichtet eine
mangelhafte Funktion. Und wenn die Arbeit der antagonistischen Musku¬
latur der Samenblasen von den erregten Zentren in Funktion gesetzt wird,
ist es ihr leicht möglich, den leisen Widerstand zu bekämpfen.
( Jacobsohn .)
Kurzer Bericht Oilbert’s (75) über einen Fall, der seiner Eigenart
wegen Erwähnung verdient:
Ein Knabe von 10 Jahren masturbiert seit seinem dritten Lebensjahr,
eigentlich von Geburt an. Mit 5 Jahren ist er physisch total herunter.
Auf Kopf und Füßen sich stützend (im Bogen), den Leib nach unten, ver¬
schaffte er sich durch Längsbewegung (wiegende) des Körpers Befriedigung.
Die Hände wurden nicht gebraucht. Diese rhythmische Bewegung erschütterte
das Bett und das Zimmer so sehr, daß die Eltern davon erwachten. Danach
war er vollständig erschöpft und schweißgebadet. Nicht nur nachts geschah
das, auch soundso oft am Tage. Mit 5 Jahren legte der Knabe sich auf
den Rücken und rieb mit der Hand. Von da hoben sich die körperlichen
Kräfte, trotzdem blieb er 3 1 /* Zoll unter Normalhöhe und 13 Pfund unter
Normalgewicht. Mit 4 Jahren Notzucht an kleinem gleichaltrigen Mädchen
auf der Landstraße. Mit 9 Jahren desgleichen an etwas älterem Mädchen
hinter Büschen. Einmal benutzte er sogar die Vagina einer Hündin. Die
Familie konnte weder Hunde noch Katzen halten, auch der kleine 2 1 / 2 jährige
Bruder wurde benutzt und wundgerieben, wenn man ihn einen Augenblick
ohne Aufsicht ließ. Einmal fand man den Jungen auf dem Rücken einer
bösartigen Bulldogge der Nachbarschaft, an die niemand sich heranwagte.
Nur D/g Jahr besuchte er die Schule, weil er links und rechts die Kinder
ansteckte. In Gegenwart der Eltern sogar masturbierte er, später jedoch mehr
im geheimen. Keine Tasche blieb ganz, immer langte er durch nach dem
Penis. Weder Ärzte noch Eltern konuten es verhindern. Man sandte ihn
aufs Land unter Aufsicht, dort benutzte er die Hühner. Ärztliche Behand¬
lung half nichts, Suggestion auch nicht. Der Direktor einer Irrenanstalt
versuchte mechanische Applikationen und lokale Irritation, alles ohne Erfolg.
Güte, Strafe, körperliche Züchtigung, Belohnung, alles war umsonst.
Die Schwachsinnigenschule in Oregon wollte den Knaben nur nehmen,
wenn er kastriert würde. Sonst ist er ein gutes folgsames Kind. Die Eltern
waren in Verzweiflung und wandten sich um Hilfe an das Jugendgericht.
Der Junge wurde dem Verfasser überwiesen. Er war gutgenährt und doch
unterentwickelt, nervös und hatte abgebissene Fingernägel. Sein Benehmen
war höflich, wohlerzogen und zeigte gute Kinderstube.
Als Palliativmittel nahm Gilbert die Beschneidung vor. 2 Tage
darauf neue Befriedigung, indem er den Kopf des Penis mit der hohlen
Hand schützte. Die Sache wurde jetzt noch schlimmer. Die Eltern bean¬
tragten Kastration zum Besten des Knaben und der Allgemeinheit. Die
Testikel waren unentwickelt. Zum Orgasmus war es noch nie gekommen.
Gilbert weigerte sich lange, wollte aber dann doch die Operation vollziehen,
nachdem er viele Kollegen, Richter und Sachverständige zu Rate gezogen
hatte und die Eltern schriftlich nochmals dazu aufgefordert hatten.
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Kriminelle Anthropologie.
Der Fall wurde dann der Portland Medizin. Akademie überwiesen:
Nur eine Stimme war gegen Kastration. Der Gouverneur des Staates, dem
das Resultat mitgeteilt wurde, riet zur Kastration. Gilbert nahm sie vor.
Die kleinen Einschnitte zur Entfernung der Testikel, das Skrotum und ein
großer Teil des Penis wurden mit weichem Kollodium vor Infektion gesichert
Das war dem Knaben unbehaglich, hinderte aber nicht, daß er gleich nach der
Operation wieder masturbierte, 4 Tage nach der Operation 6mal in einer Nacht,
am darauffolgenden Morgen noch 7 mal. Die Operation hatte keinen augen¬
blicklichen Erfolg. Die Wunden heilten gut. Der Vater berichtete, es bedürfe
jetzt größerer Anstrengung des Jungen, um bis zur Befriedigung zu gelangen.
Bald darauf berichtete die Mutter, der Knabe sei zu seiner Anfaugsgewohn-
heit zurückgekehrt und stütze sich wieder auf Kopf und Füße. Die an¬
gewendete Kraft wäre so groß, daß der Kopf, wo er ans Sofaende stieß,
kahl würde. Er war immer in Gefahr, den Hals dabei zu brechen. Er verlor
durch die Anstrengung wieder an Gewicht. Zu Hause mußte man ihn ein¬
geschlossen halten zum Schutze des eigenen Bruders und aller anderen. Der
Bruder war normal. Er ist ein Halbbruder, da der Vater in zweiter Ehe lebt.
Endlich wurde ein Platz für ihn frei in der Schwachsinnigenschule.
Anfangs trieb er immer noch Masturbation, nach und nach jedoch weniger.
1915 war er 13 Jahre alt, von gesundem Aussehen, beliebt bei den Beamten.
Der Direktor hält ihn für leicht schwachsinnig, meint aber, er stehe weit
über dem Durchschnitt der Knaben seiner Klasse und er sei hier nicht am
Platze. — Die Kritik über die Kastration war scharf und unangenehm,
aber die Schwierigkeit des Falles und das Endresultat rechtfertigen nach¬
träglich die Operation. Die Verantwortung war eine schwere. Der Verfasser
schließt mit einer gewissen Befriedigung — jedenfalls ohne Bedauern, daß
der Fall so behandelt wurde, wie es geschehen.
Den Spiritisten, meint Freimark (59), fällt es schwer, sich mit der
Tatsache abzufinden, daß die Medialität durchgehends mit sexueller Eigenart
der Medien vergesellschaftet auftritt oder doch vorzugsweise in den Perioden
des erwachenden und des abebbenden Geschlechtslebens sich geltend macht.
Die mediale Betätigung wäre durchaus erotisches Ersatzmittel. Das Ver¬
hältnis, in dem die Medien zu ihren Schutzgeistern stehen, gleicht oftmals
einem richtigen Liebesverhältnis; mitunter leidet das Medium unter diesem
Verhältnis. Bemerkenswert ist, daß sexuell abnorme Frauen das Haupt¬
kontingent zu den Medien stellen. Unter den männlicben Medien linden
sich viele, die homosexuell sind, oder ihr Wesen weist einen stark femi¬
ninen Einschlag auf. (Jacobsohn.)
Am 21. Juli 1914 wurde die ca. 7jährige Tochter eines Gutsbesitzers
aus Grobsdorf ermordet und brutal an den Genitalien verletzt aufgefunden.
Fünf Tage später wurde der Täter im wandernden Arbeiter Max Dietze fest¬
gestellt. Dieser gestand bald, daß er den ernstlichen Widerstand des Mädchens
gegen eine geschlechtliche Vergewaltigung mit Gewalt gebrochen habe; mit
dem Messer habe er ihren zu engen Geschlechtsteil „behutsam“ erweitert
und ihr, um das Schreien zu verhindern, die Kehle zugedrückt Töten habe
er das Kind nicht wollen. Nach Reuckauff (167) war Dietze ein schwer¬
fälliger, psychisch etwas gehemmter Mensch, ein manueller und psychischer
Onanist, dessen Geist erst unter Alkoholwirkung lebhafter wurde. ® et
„Gefühlsmensch“ sei bei ihm weit mehr ausgebildet als der Mensch <tes
Wissens und Wollens! Geisteskrank und eigentlich pervers sei er nicht- bs
handele sich überhaupt nicht bei seiner Tat um einen Lustmord im str e °8 eß
Sinne des Wortes, er sei einfach als Willensschwächling seinen stark 00 ß e
schlechtlichen Trieben anheimgegeben. Wollüstige Mordgier bandele fl- o0ers-
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Kriminelle Anthropologie.
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Täter wurde hingerichtet. Hans Groß meint in einer Nachschrift, daß es
sich doch wohl um echten Lustmord handele. Dietze habe offenbar das
Kind gewürgt, um seine eigene Geschlecbtslust zu erhöhen und sich am
Zucken und Strecken der Erstickenden zu ergötzen. Diese Ansicht ist aber
mindestens fraglich.
Boas (21) macht mit Recht darauf aufmerksam, daß auch die Sexual¬
wissenschaft um kasuistische sexualpathologische Beiträge aus dem Kriege
bitten muß. Er selbst bespricht 2 sehr interessante Fälle. Der erste be¬
handelt einen Fall von „eunuchoid-psychopathischer Konstitution“, wie er
in der Deutsch. Med. Wochenschrift 1914, Nr. 47, S. 2000 nach einem tür¬
kischen Vortrag iu Gülhane-Stambul mitgeteilt wurde. Es handelt sich dabei
um die Frage, ob Kastration das militärische Verhalten (bei einem vor
4 Jahren doppelt Kastrierten Regimentsschreiber) beeinflussen kann. Die
Frage, ob ein Nichtfolgeleisten des Befehls zum Ausrücken mit dem psychi¬
schen Zustand des Kastrierten zu entschuldigen sei, mußte in bejahendem
Sinne beantwortet werden. Boas bespricht im Anschluß an den Fall die
(auch durch Kriegsverletzung usw.) mögliche Kastration und ihre Folgen.
Er schildert, wie ein derartiger, in den funktionellen Mechanismus sämtlicher
vitalen Blutdrüsen eingreifender Verlust beider Hoden zu einer völligen
Invertierung der Vita sexualis führe. Es entstünde ein somatisch und psychisch
femininer und infantiler Typus mit weibischem Denken, Fühlen und Be¬
nehmen, Transvestitismus, Pseudohomosexualität und sonstigen sexuellen
Perversitäten als Teilerscheinung einer psychopathischen Konstitution mit
großer Stimmungslabilität, Launenhaftigkeit, Reizbarkeit, Depression, Zwangs¬
lachen und dergleichen mehr. Auch die Logik stünde auf der Stufe eines
Kindes, deshalb sei auch der vollständige Kastrat zivilrechtlich einem Kinde
gleichzustellen, Zeugnis- und Testierfähigkeit müsse ihm abgesprochen werden.
Strafrechtlich sei einer Pseudohomosexualität gegenüber § 51 anzuwenden.
Militärischerseits dürfte man wohl am besten die Vollkastraten vom Heeres¬
dienst ausschließen, denn Konflikte dürften sonst unvermeidlich sein. Viel¬
leicht werde man später von türkisch-ärztlicher Seite gerade über diese
Punkte noch Näheres erfahren.
Im zweiten Fall handelt es sich um einen im Tornister eines franzö¬
sischen Offiziers aus Orleans gefundenen großen Phallus aus Gips, den
Gaupp demonstrierte und vou dem er berichtet (Münch. Med. Wochenschrift
1914, Nr. 46, Feldärztliche Beilage Nr. 14), daß es sich weder um ein Ulk¬
objekt noch um ein Instrument für päderastische Zwecke handeln dürfte,
eher vielleicht um eine Art Talisman oder um den Ausdruck einer Form
des Exhibitionismus, bei der sich der sexuell Perverse an der Scham und
Verlegenheit durch den Anblick des Riesenphallus erschreckter und verletzter
weiblicher Personen geschlechtlich erregt. Auch Boas glaubt in diesem
Falle an eine Art Phalluskult. Vielleicht habe ein Urning einem vielgeliebten
„Freunde“ einen derartigen Phallus als sexuelles Symbol mit auf den Weg
gegeben. Der Gegenstand solle dann wohl den Besitzer einmal., vor dem
Verlust der Genitalien behüten und ihm in zweiter Linie ein Äquivalent
für den Ausfall des homosexuellen Geschlechtsverkehrs sein. Vielleicht sei
der Phallus auch ein Fetisch, der gerade im Kriege mit Inbrunst verehrt
werde, da ja in solcher Zeit das Risiko, das Merkmal der Männlichkeit, die
Genitalien zu verlieren, besonders groß sei.
ln einer dritten Studie liefert Boas „Beiträge zur Psychopathologie
der Fetischisten“, und setzt sich dabei vor allem mit Stekels Arbeit: „Zur
Psychologie und Therapie des Fetischismus,“ Zentralblatt für Psychoanalyse
und Psychotherapie 1914, Bd. IV, Heft 3—6, auseinander.
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Kriminelle Anthropologie.
Stekel hat vor allem den männlichen Fetischmus im Auge, da er
überhaupt eine „Männerkrankheit“ sei. Echt sei der Fetischismus nnr, wenn
für die perverse Person in erster Linie der Fetisch komme und erst in
zweiter Linie dessen Besitzerin. Nach seinem innersten Kern handele es
sich beim Fetischismus um ein Abrücken vom Weibe, vielleicht sogar um
eine Flucht vor dem Weibe. Damit sei zugleich gesagt, daß es einen
angeborenen Fetischismus nicht gebe. Hingegen glaubt Boas an an¬
geborene Perversionen, vor allem bei der Homosexualität. Doch sei es
eine der schwierigsten Fragen, in einem bestimmten Fall zu entscheiden:
War der Fetischismus des Herrn X angeboren oder erworben? Fetischische
Delikte seien vor allem Diebstahl bis zum Charakter des schweren Raubes
zwecks Erlangung sinnlich verehrter Gegenstände. Auch bei Sittlichkeits¬
verbrechen bis zum anscheinenden Lustmord könnten fetischistische Motive eine
Rolle spielen (z. B. gewaltsame Angriffe auf ein Weib, um deren Unterwäsche
zu erlangen). Da der Fetischist stets ein schwerer Psychopath sei, könne
auch in solchen schweren Fällen der § 51 in Betracht kommen, mindestens
aber bedürfe es einer klärenden Beobachtung in einer Irrenanstalt, ln
dem früher von Boas besprochenen Fall Walther (Schürzenfetischist) dürfte
es sich jedenfalls um eine angeborene Perversion handeln, bei der die vor¬
handen gewesene Anlage durch gewisse äußere Momente zum Durchbruch
gekommen sei. Stekels Busenfetischisten seien nur Pseudofetischisten, denn
ihnen komme es eben doch schließlich auf das Weib als solches au. Das
(psychische) Verhältnis zwischen Fetischismus und Potenz (bzw. Impotenz)
scheint Boas trotz Stekel noch sehr ungeklärt. Richtig seien Stekels
Hauptsymptome des Fetischismus: es wird ein Fetisch gewählt, der eine
nur entfernte Beziehung zum Sexus hat, manchmal auch gar keine, und es
wird dann mit Hilfe dieses Fetischs der Koitus umgangen. Der Fetischis¬
mus sei wohl am ehesten noch als Zwangsneurose aufzufassen, sagt Stekel,
er ist eine Krankheit, kein „Fatum“. Charakteristisch ist der Sammeltrieb
der Fetischisten, den Stekel als „Haremskult“ bezeichnet. Der Fetischist
sei ein verkappter Don Juan, er sammele statt der Frauen seine fetischisti¬
schen Objekte. Walther führte sogar Buch über seine Aquisitionen. Diese
sexuell ganz bestimmt abgestimmte Sammelwut ist sicher krankhaft. Zwischen
Fetischist und Fetisch besteht meist ein reger zärtlicher Verkehr, öfter wird
mit seiner Hilfe masturbiert. Manche Männer fühlen sich zu abstoßenden
Frauenspersonen mit körperlichen Fehlern hingezogen, was sich eher vom
Mitleid aus als vom Fetischismus aus erklären lassen soll. Die meisten
Fetischisten leben keusch. Stekel führt die Perversion auf frühe kaum
mehr bewußte Kindheitserinnerungen zurück; solche Jugendberichte sind aber
öfter nur entschuldigende Erfindungen oder Selbsttäuschungen. Ungünstiges
wird verschwiegen oder falsch dargestellt. Eine generelle Anzweiflung solcher
Autoanamnesen ist aber nicht immer berechtigt, besonders auch da nicht,
wo unbeteiligte Zeugen die Angaben bestätigen können.
Boas (22) untersucht die Fälle de Clerambaults und Langlois,
wie ersterer sie unter dem Titel: Passion erotique des Stoffes chez la femme
in den Archives d’anthropologie criminelle et de medecine legale, Jahrgänge
1908—1910, letzterer unter der Überschrift: Une observation de fetischisme
des Stoffes chez la femme, These de Montpellier 1912, Nr. 51 veröffentlicht
hat, kritisch. Stekels „Schmuckfetischismus“, wie dieser Autor ihn in
seinem Aufsatz: Zur Psychologie und Therapie des Fetischismus, Zentral¬
blatt für Psychoanalyse und Psychotherapie 1914, Bd. IV, Heft 3—6 bes.
S. 166 erwähnt hat, scheint Boas kasuistisch noch gar nicht gestützt So
bleibt also der „Stoff-Fetischismus“ die einzige bis jetzt festgestellte Form
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des weiblichen Fetischismus überhaupt. In Betracht kommen hauptsächlich
Seidenstoffe, so bei allen vier Fällen de Clerambaults, Samtstoffe, so bei
dem Fall von Langlois, ferner auch Pelzwerk. De Clerambaults 1. Fall
ist nach Boas weder ein Fall echten noch Pseudofetischismus, wohl aber
einer passsion örotique des etoffes. Er vermißt sein Kriterium des wirk¬
lichen Fetischismus, nämlich einmal die völlige Loslösung von jeder geschlecht¬
lichen Verbindung mit einer anderen Person und dann das Fehlen der Be¬
herrschung des Sinnens lind Denkens in geschlechtlicher Hinsicht allein
durch den Fetisch, Patientin stahl immer wieder Seidencoupons; nur der
Diebstahl, nicht Kauf löste bei ihr ein wollüstiges Gefühl aus. Mit
den Stoffen trieb sie dann Onanie, teils durch Frottieren der Klitorisgegend
und der Scheide mit den Stoffen, teils durch manuelle Maßnahmen. Die
Onanie war ihr also die Hauptsache, trotz Verkehrs mit Ehemann und Lieb¬
haber, wobei sie 17 Schwaugerscbaften durchmachte.
Die 2. Patientin wird innerhalb 20 Jahren 22mal wegen Seidendieb¬
stahls verhaftet. Auch sie onanierte mit Hilfe des Stoffes. Sic scheint eine
typisch-hystero-neurasthenische Person zu sein, die infolge von Zwangs¬
impulsen bei ihren Diebstählen willensunfrei handelt, war aber nach Boas
keineswegs eine echte Fetecbistin.
Im 3. Fall de Clörambaults trat der Seidenstehltrieb angeblich unter
Angst und bei Mißbrauch stärkster narkotischer Mittel in den Wechseljahren
auf. Boas mißtraut den Angaben dieser Frau, weil sie auch sonst eine
Warenhausdiebin gewesen zu sein scheine; vielleicht hätte ein Alkoholver-
such die Frage ihrer Zurechnungsfähigkeit klären können.
Auch im 4. Falle handelt es sich um eine Äthertrinkerin, die Seiden¬
roben in Warenhäusern stiehlt angeblich, weil nur Besitz und iYottieren mit
Seide sie sexuell befriedigt. Boas hält sie für eine Simulantin, die unter
der Flagge der Perversion Diebestouren unternimmt.
Der Fall von Langlois wurde nicht kriminell. Bei ihr bestand solche
Sucht nach durch Samt ausgelöstem Reiz, daß sie sogar ihren Mann beim
Koitus am liebsten mit Samt bekleidet gefühlt hätte. Besonders regte sie
Samt von schwarzer Farbe auf. Boas sieht in ihr eine hysterische Phan¬
tastin, keine echte Fetischistin in seinem Sinne.
In allen diesen Fällen von „Hephephilie“ (Clerambault) beruht der
Orgasmus allein auf einer kutanen Berührung. Anhänglichkeit an den jedes¬
mal gebrauchten Stoff fehlt. Vorliebe für Samt und Seide habe aus Eitel¬
keit fast jedes Mädchen. Es handelt sich also um keine echte Perversion,
um kein dem männlichen Fetischismus entsprechendes Äquivalent. So fehlt
z. B. hier der beim Mann so ausgeprägte Sammeltrieb geliebter Gegenstände.
Die Frauen schützten aber eine Perversion vor, wenn sie beim Warenhaus¬
diebstahl, für den sie sich teilweise rafßniert vorbereitet hatten, erwischt
wurden. Leider hätten sich die französischen Autoren über die forensische
Seite der Sache zu wenig ausgesprochen. Alles in allem erkennt Boas im
Gegensatz zu den französischen Autoren weder einen wirklichen Fetischismus
der beschriebenen Frauen sui geueris an noch die Hephephilie als eine
Abart desselben. In kriminellen Fällen will Boas die Hepbephileu inter¬
niert wissen, vielleicht in Zwischenanstalten, denn der Schutz des § 51
StGB, dürfte meist eine Bestrafung verhindern. Die Prognose hält er für
schlecht.
Welsch (193): Ein 24jähriger Kunstgewerbeschüler stiehlt immer
wieder Frauenunterhosen, onaniert manuell, wobei er sie vor sich liegen hat,
und zerstückelt sie dann als nun für ihn interesselos, ja ekelhaft geworden.
Frauen ziehen ihn nie an. Bei dem Anblick der Wäsche denkt er auch
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nie an Frauenkörper. Die Hosen müssen sogtft extra geschlossen sein, aller¬
dings auch schon getragen, sonst regen sie ihn nicht auf. ln seinem 20. Jahre
ist diese Perversion spontan beim Anblick von Frauenbosen an einer
Wäscheleine zum ersten Male in Erscheinung getreten. Verurteilt als „ver¬
mindert zurechnungsfähig“.
Senf (179) analysiert den Ursprung eines Fetischismus bei einem
Manne, der mit einer Anzahl Unterröcken im Besitz in den Verdacht des
Diebstahls geraten war. Der Mann erzählte: Im Alter von 6 Jahren habe
er sich mit gleichaltrigen Knaben und Mädchen die Geschlechtsteile gezeigt.
Wenig später, so im 8. Lebensjahre seien bei ihm Erektionen aufge¬
treten. Dann habe er stets eine Zudecke, die mit Federn vollgestopft war,
umarmt und dabei auf ihr phantasielos onaniert: mit etwa 13 Jahren sei
er, ohne zu wissen warum, plötzlich darauf verfallen, Unterröcke von seiner
Mutter oder Schwester mit ins Bett zu nehmen, diese Röcke zwischen die
Beine zu klemmen und darauf zu onanieren. Das habe er bis heute
fortgesetzt. Samenerguß sei bei ihm spät, etwa erst im 16. Jahre auf¬
getreten. Zu jener Zeit sei er in eine Fabrik gegangen, habe aber zu
Hause gewohnt und habe jeden Tag mit einem Frauenrock in der beschrie¬
benen Weise geschlechtlich verkehrt. Der Frauenrock sei nun für ihn, was
dem anderen ein Mädchen sei, das ihn geschlechtlich errege. Die bei ihm
gefundenen Frauenröcke habe er von Hause heimlich mitgenommen und
trage sie nun seit Jahren mit sich herum. Als er beim Militär gewesen,
habe er keine Röcke gehabt, da habe er faute de mieux wieder die Zudecke
umarmen müssen. Der Fall ist ein sehr lehrreiches Beispiel für die Ent¬
stehung des Fetischismus. ( Jacobsohn .)
Müller-Schürch (145) berichtet ausführlich die interessante Geschichte
eines Transvestiten, eines verheirateten Kaufmanns, der bei der zuständigen
Polizeibehörde darum ansuchte, sich in Frauenkleidern bewegen zu dürfen,
da er sich in Männerkleidern unglücklich und vollständig insuffizient fühle,
so daß es für ihn eine Existenzfrage geworden sei, sich ständig als Weib
zu kleiden. Die Begutachtung wies keinerlei Störungen auf intellektuellem
Gebiet bei ihm nach, wohl aber lagen Störungen im Gebiete der Affektivität
und des Trieblebens, eben der Drang, als Weib gekleidet zu gehen. Dabei
ist das übrige sexuelle Verhalten des Mannes nicht pervers. Homosexueller
Verkehr ekelt ihn an. Mit der Ehefrau führt er normalen heterosexuellen
Verkehr, wenn auch seine Begehrlichkeit eine geringe ist. Poteuzstörungen
zeigen sich nicht. Doch blieb der Verkehr steril. Er liebt seiue Ehefrau
und hoffte durch eine Neigungsheirat von seinem damals schon bestehenden
Übel befreit zu werden. Genitalien normal. Er ist ein guter Bürger und
Hausvater und erzieht ein angenommenes Kind ohne jede Beihilfe. Will
man die Anomalie verstehen, muß man von der Psychologie der Kleidung
ausgehen. Hose und Rock sind zu Symbolen für eine bestimmte Geschlechts¬
würde geworden. Auch für Kleiderfeteschisten ist dieser Symbolismus wichtig.
Verfasser hält deshalb den Transvestismus für einen gesteigerten Fetischis¬
mus. Der Transvestit hüllt sich in seine Fetische und vermag sich dann
mit Lustgefühl zur Schaffung subjektiver und objektiver Werte zu konzen¬
trieren. Verfasser untersucht dann die soziale Rolle der Fetischisten und Trans¬
vestiten im besonderen, auch die eigenartige Stellung weniger der Frau als
einem eigenen oder angenommenen Kinde gegenüber. Müller hält ein®
Schädigung des Kindes in seinem Falle nicht für beträchtlich. In die
Armee paßt natürlich ein ausgesprochener Transvestit nicht. Zur Vennei¬
dung starker neurasthenischer Depressionen muß einem sonst ethisch hoch¬
stehenden Transvestiten nach medizinischer Auffassung die Bewilligung zur
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Verkleidung erteilt werden. Im vorliegenden Falle sagte die Polizei wedor
ja noch nein, stellte aber in Anssicht, nur einznschreiten, wenn der Mann
seine Verkleidung zu unlauteren Zwecken benutzen sollte.
Aus der Armee wurde der Perverse als geistig abnorm entlassen. —
Bekanntlich lehrt Freud, daß die Hysterie und die Zwangsneurose
durchaus auf geschlechtlichen Triebkräften beruhen und ihre Symptome
nichts anderes darstellen, als die Sexualbetätigung der Kranken, daß die
neurotischen Phänomene dabei keineswegs ausschließlich auf Kosten des sog.
„normalen“ Geschlechtstriebes entstehen, sondern zu einem größeren oder
geringeren Teil auch auf Kosten des perversen. Ja bei sämtlichen Neuro*
tikera sollen sich im unbewußten Seelenleben mindestens Regungen von
Inversion, daneben aber meist noch eine größere Anzahl perverser Triebe,
ja in der Regel Spuren von allen mit Ausschluß höchstens des Fetischismus
finden. Die Freud sehe Schule konnte so behaupten, daß der Streit, oh
Perversionen angeboren oder erworben, müßig sei, da allen geschlechtlichen
Verirrungen ein Angeborenes zugrunde liege, das aber dann sämtlichen
Menschen zukomme. Nur die Stärke der Anlage wechsele von Fall zu
Fall und ferner die Auslösung der Perversionen durch Lebenseinflüsse. Die
Perversen hätten die eingeborene Anlage zur Betätigung entwickelt, die
Psychoneurotiker ihre Triebe ungenügend verdrängt, so daß sie auf dem
Umwege über Krankheitssymptome wieder erschienen, während in günstigen
Fällen durch wirksame Einschränkung und sonstige Verarbeitung der ge¬
schlechtlichen Triebe das sog. „normale“ Sexualleben entstehe. Die Kinder
seien „polymorph-pervers“, brächten also eine Dispositon zu allen Geschlechts¬
verirrungen mit. Normaliter erfolge erst zur Zeit der Reifung die Zu¬
sammenfassung und Unterordnung der verschiedenen sexuellen Teiltriebe
unter das Primat der eigentlichen Geschlechtsorgane. Genital und sexuell
seien also durchaus nicht synonym. Der jeweils stärkste Teiltrieb werde
seine evtl, perverse Betätigung durchsetzen, besonders bei spontaner sexueller
Frühreife der Personen und bei einer erhöhten Haft- und Fixierbarkeit aller
Eindrücke des geschlechtlichen Lebens. Von diesen Voraussetzungen aus
untersucht Sadger (174) die wichtigste und häufigste aller Perversionen, die
konträre Sexualempfindung. Jeder Mensch habe die allgemeine bisexuelle
Anlage, auch der absolut invertierte. Die Psychoanalyse zeige bei Konträren,
•daß hinter den gleichgeschlechtlichen Liebesobjekten nicht nur gleichge¬
schlechtliche Urbilder von früher sich bargen, sondern in einer noch tieferen
Erinnerungsschicht andersgeschlechtliche Gefährten ihrer Kindheit, deren
Eigenschaften sie bei den Gleichgeschlechtlichen dann wiederfanden. Nicht
also den Mann begehre der Homosexuelle in Wahrheit, sondern Mann und
Weib zusammengenommen in einer Gestalt. In einer Frühperiode sei der
Urning ausnahmslos dem Weibe eifrigst nachgelaufen und übertrage diese
Erlebnisse auf sein männliches Ideal. Wie aber kommt es zur Fixierung
der urnischen Libido? Die endgültige Objektwahl erfolge nach einem Zustand
der Indifferenz zur Zeit der Reife. Der horror feminae, der dann den
Urning ergriffe, weise geradezu auf eine starke Verdrängung des Gegen¬
teils. Horror sei nur der Abscheu für das früher aufs innigste Gewünschte.
Der Mann habe nun zwei primäre, ursprüngliche Sexualobjekte: Die Mutter
(oder 1. Pflegerin) und die eigene Person. Narzismus sei ein nie fehlendes
Entwicklungsstadium beim Übergang vom Autoerotismus zur Objektliebe.
Im Geliebten ersehne der Urning die ihm einst von ihr nicht zuteil gewordene
sexuelle Belehrung durch die eigene Mutter. Welche Art von geschlecht¬
licher Betätigung ein Urning bevorzugt, hängt nach Sadger von der ver¬
schiedenen konstitutionellen Anlage der erogenen Zonen ab. Zur aktiven
Jahre*bericht f. Neurologie u. Psychiatrie ms.
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Gerichtliche Psychiatrie.
und passiven Päderastie z. B. gelange er über eigene ausnehmend große
Analerotik, zur Pellatio durch eine besondere Erogenität der Lippen- und
Mundschleimhaut, wobei häufig die Harnerotik eine Rolle spiele. Endlich
fehle bei keinem Urning die Überschätzung des Penis, daher wohl als häufigste
Praxis die mutuelle Masturbation. Seine „neuen Erfahrungen“ über männ¬
liche Inversion faßt Sadger dann in folgende Sätze zusammen:
1. Der Urning verhält sich weiblichen Sexualobjekten gegenüber genau
wie der psychisch Impotente, der nicht leistungsfähig ist, weil er an die
Mutter, selten die Schwester verlötet ist.
2. Ein Stück seiner spezifischen Konstitution läßt sich dahin definieren,
daß einerseits seine Muskelerotik von Baus aus herabgesetzt, andererseits
die genitale Libido und die sexuelle Schaulust — diese letztere vornehmlich
auf die Geschlechtsorgane — erheblich gesteigert ist Es besteht ferner
3. sehr häufig eine besondere Verstärkung jener ohnehin erhöhten geni¬
talen Libido durch Reizung von seiten des Vaters, der seinen Sprößling
übertrieben liebt;
4. eine Überschätzung des männlichen Gliedes, welches manchen Urning
wie ein Dämon verfolgt;
5. endlich aus dem nämlichen Grunde eine besondere Lust zum Hin¬
greifen ad membrum. Die typischen „Verderber“ sind meistens „absolut“
homosexuell. m
6. Die Überbetonung der genitalen Libido führt ausnahmslos zu früher
Verliebtheit in das andere Geschlecht, vor allem in die Mutter (oder deren
frühe Vertreterin), auf welche der Urning grobsinnliche Gelüste nährt.
7. Deren scharfe Zurückweisung bedingt dann seine erste Enttäuschung,
die zweite das Fehlen des Penis bei der Mutter, die er weit stärker und
schwerer empfindet als der normale Junge.
8. "Wenn dann in der Reifung wieder durch die Mutter eine Enttäu¬
schung in sexualibus erfolgt, kommt es zur Fixierung ans eigene Geschlecht
auf dem Wege der Regression zur urgeliebten Mutter mit dem Penis und
der steten Überschreibung vom Weibe auf den Mann.
9. Diese Regression ermöglicht es ihm, die beiden stärksten Liebes-
empfiudungen jegliches Menschen zu Mutter und Ich gleichzeitig zu geben
und zu empfangen, daher die Hartnäckigkeit, mit der die Fixierung an den
Mann vom Urning festgehalten wird.
Gerichtliche Psychiatrie.
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117. (3.) 332. (s. Kapitel: Morbus Basedow, p. 473.)
51. Reichel, Hans, Zur Pseudologia phantastica. Groß’ Arch. 62. (3—4.) 376. (vgl.
Kapitel: Kriminalanthropol.)
52. Richter, Die Frage der Dienstfähigkeit und Zurechnungsfähigkeit bei der erethischen
Form des angeborenen Schwachsinns. D. militärärztl. Zschr. No. 1/2. p. 13—25.
(Allg. Besprechung.)
53. Rosanoff, A. J., A Program of Psychiatric Progress. Med. Rec. 87. (8.) 299.
54. Schlapp, Max G., and Hollingworth, Leta Stetter, The Mentally Defective as Casee
in the Courts of New York City. Med, Rec. 87. (9.) 337.
55. Schuurmans Stekhoven, J. H, Unsere Irrengesetzgebung. Psych. en neur. Bl.
19. 550. •
56. »Sicard, J. A., Simulation of Nervous Affections; Simulation Continued After Recovery
from Actual Affections; Simulation of Deaf and Dumbness. Paris m^d. Oct. 23.
57. Slingenberg, J., Über die forensische Bedeutung des Krieges. Verslag PBych. jurid.
Gez. 27. März.
58. Simons, D., und Bouman, L., Die Bedeutung K. Heilbronners für die forensische
Psychiatrie. Psych.-j urist. Ges. 16. Jan.
59. Specht, Zur Psychopathologie der Fahnenflucht. Münch, med, Woch. p. 267.
(Sitzungsbericht.)
60. Straß mann, Neuere Erfahrungen über Kindesmord. Zschr. f. ärztl. Fortbldg. 12.
(24.) 737.
61. Susini, T., and Aquino, P. B., Medicolegal Testimony in Case of Dementia Praecox.
Semana Med. Jan.
62. Sutherland, W. D., Note on Two Thousand, Six Hundred and Forty-Three Medico*
Legal Cases, in which Six Thousand, Five Hundred and Sixty-Six Articles, Suspected
to be Blood Stained w'ere Exaxnined. Indian J. of M. Res. Oct.
63. Thumm, M., Beitrag zur Kasuistik und Bewertung der Heimwehdelikte. Zschr.
f. die ges. Neur. 28. (1.) 80.
64. Többen, Heinrich, Ueber die individualisierende Behandlung der vermindert Zu¬
rechnungsfähigen im Strafvollzug. Zschr. f. M. Beimte. No. 6. p. 161.
65. Vogt, Adolf, Über hysterische Psychosen und ihre forensische Beurteilung. Diss. KieL
66. Wassermeyer, M., Übersicht über die in der Psychiatrischen und Nervenklinik zu
Kiel in den Jahren 1901—1910 einschließlich behandelten und begutachteten Marine-
angehörigen. Arch. f. Psych. 55. (3.) 713.
67. Weber, L. W r ., Die Fähigkeit zur freien Selbstbestimmung bei der Wahl des Aufent¬
haltsortes. Allg. Zschr. f. Psych. Bd. 71.
68. Weber, Richard, Über die Bedeutung der psychischen Hemmungen für die Beurteilung
durch Schul- und Gerichtsärzto. Zschr. f. Medizinalbeamte. H. 5.
69. Westphnl und Hübner, Über die Objektivierung von Bewegungon und sprachlichen
Äußerungen zu klinischen und forensischen Zwecken. Allg. Zschr. f. Psych. 71. 171.
(Sitzungsbericht.)
70. Wilhelm, E., Die forensische Bedeutung der männlichen Impotenz. Zschr. f. Sexual-
wiss. 2. (3.) 73.
71. Williams, F. E., Legislation for Insana in Massachusetts, with Pärticular Reference
to Voluntary Admission and Temporary Care Laws. Boston M. a. S. J. 173. (20.)
72. Wolf fensperger, W. P., Ein Fall von Dämmerzustand mit Vergehen wider die Kriegs¬
disziplin. Milit. geneesk. Tijdschr. 19. 42.
Allgemeines.
Moeli (39) bespricht die neuerdings in dieser Frage ergangenen Ent¬
scheidungen des Oberverwaltungsgerichts. Fiir eine große Anzahl von
Kranken, insbesondere für diejenigen, die sich ohne jeden Zwang in die
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Gerichtliche Psychiatrie.
805
Anstalt begeben, liegt keineswegs die Notwendigkeit vor, die Bestimmung
über die Aufnahme im voraus der Polizei zu übertragen. Es würde dem
praktischen Bedürfnis entsprechen, in solchen Fällen die Entscheidung durch
ein Gericht herbeiführen zu können, sobald irgend ein Einspruch gegen
die Aufnahme erhoben wird. Schwieriger ist es, die Klageberechtigung für
diejenigen Anstaltskrauken zu ordnen, bei denen eine Änderung der Ge¬
schäftsfähigkeit nicht gerichtlich festgestellt ist. Die Verwahrung in Anstalten
durch Gerichtsbeschluß anläßlich eines Strafverfahrens als sichernde Ma߬
nahme steht in Aussicht; indessen werden daneben auch weiterhin An¬
geschuldigte etwa auf Grund des § 203 StPO, in die Anstalten eingeliefert
werden. Bei diesen Kranken könnte durch Ausbildung der jetzigen Ge¬
setzesbestimmungen und der Vorschriften über die Tätigkeit der Polizei
dem Rechtsschutze wohl genügt werden. Bei derartigen Neuordnungen wäre
eine einheitliche Regelung für das ganze Reichsgebiet dringend erwünscht.
{Marx.)
Im Anschluß an^die Mitteilung eines Gutachtens dos Luzerner Sani¬
tätsrats und dessen Überprüfung durch Professor v. Monakow vertritt
Meyer v. Schauensee (38) seine Auffassung, daß Krankheit, Verbrechen
und Sünde der gleichen Wurzel entstammen, und daß es daher eine gemein¬
same Aufgabe der Ärzte, Juristen und Theologen sein müsse, für die Ent¬
fernung dieser Fremdkörper aus dem Organismus der Menschheit zu sorgen.
{Mara :.)
Többen (64) kommt zu dem Ergebnis, daß ein vorschriftsmäßiger
Strafvollzug und eine individualisierende Behandlung sich wohl miteinander
vereinigen Tassen. Praktisch ist dieses Prinzip in dem neuen Jugendgefängnis
zu Wittlich mit Erfolg durchgeführt. Die Stellung eines Gefängnisdirektors
fordert vor allem, nach den Worten Charpentiers, einen erfahrenen Geist,
der unter den verschiedenen Verbrecherklassen zu unterscheiden weiß.
{Marx.)
Hughes (23) bespricht die Vorteile und Nachteile des Harrisonschen
Gesetzes gegen den Mißbrauch narkotischer Mittel. Dabei vermißt der Ver¬
fasser Warnungen vor den üblichen Folgen solcher Mittel, andrerseits über¬
sieht das Gesetz die Schwierigkeiten und Gefahren, die mit der plötzlichen
Entziehung solcher Mittel bei gewohnheitsmäßigem Gebrauch derselben ver¬
bunden sind.
Engel (15) teilt eine gerichtliche Entscheidung mit, die den Gutachter
gegen die so häufigen unsachlichen Angriffe und persönlichen Verdächtigungen
seitens der Parteien in Schutz nimmt. {Marx.)
Engel (14) veröffentlicht 4 Atteste eines Hausarztes, die er zum
Zwecke der Rentenerlangung ausstellte, und die in der Tat den ominösen
Charakter des Gefälligkeitsattestes tragen. {Marx.)
Die Resultate der außerordentlich gründlichen Studie über die Ge¬
meingefährlichkeit werden von GÖring (19) folgendermaßen zusammengefaßt:
Es erscheint angebracht, einen Unterschied zu machen zwischen Individuen,
die gemeingefährlich im engeren Sinne, gemeinschädlich und gemeiustörend
sind. Diese Gruppierung hängt nicht nur von der Handlung als solcher,
sondern auch von der Art und Häufigkeit ab; ferner sind die Gesinnung
des Täters bei Geistesgesunden und der krankhafte Zustand bei Geistes¬
gestörten zu berücksichtigen. Bei vielfach Vorbestraften ist es nicht
schwer, die Gesinnung zu erkennen, desto schwerer bei erstmals Bestraften.
Hierbei spielen die Delikte als solche keine ausschlaggebende Rolle.
Die Beurteilung der Jugendlichen ist besonders schwierig, da sie leicht
beeinflußbar sind; von manchen Jugendlichen kann man aber schon sicher
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Gerichtliche Psychiatrie.
behaupten, daß sie gemeingefährlich sind. Geisteskranke können ganz
plötzlich gemeingefährliche Handlungen begehen, ohne daß etwas vorher
darauf hindeute. Diese Fälle sind selten; in anderen Fällen hat man den
dringenden Verdacht, weil Dämmerzustände, Anfalle und Erregungszustände
voraufgegangen sind. Warnende Krankheitssymptome sind Sinnestäuschungen,
Verfolgungs-, depressive und Eifersuchtsideen und auf die Sinnestäuschungen
beruhende Abwehrreaktionen. Viele gemeingefährliche Handlungen werden
nur durch oinen Reiz von außen hervorgerufen, einen besonders gefährlichen
Reiz übt der Alkohol aus. Die Dauer der Gemeingefährlichkeit ist schwer
zu bestimmen, sie kann aufhören mit der Genesung resp. Besserung des
Kranken, mit Hinzutreten körperlicher Gebrechen, mit Fortfall der aus¬
lösenden Reize, durch Änderungen auf sexuellem Gebiete. Es gibt daher
Menschen, die nur zeitweise gemeingefährlich sind. Es gibt Menschen, die
nur gegen bestimmte Personen gemeingefährlich sind.
Im zweiten Abschnitt bespricht der Verfasser die Behandlung und
Bekämpfung der Gemeingefährlichkeit. Das wichtigste und einschneidenste
Mittel ist die Internierung; sie muß nur da angewendet werden, wo sie
unbedingt erforderlich ist. Die Internierungsmöglichkeit soll für gemein¬
gefährliche Verbrecher und geistig Minderwertige von unbeschränkter Dauer
sein. Die Internierung braucht nicht in festen Häusern zu geschehen.
Die Aufnahme in die Irrenanstalt erfolgt sehr oft zu spät. Eine be¬
sondere Vorsicht ist bei der Entlassung für die Alkoholisten am Platze.
Alle Entlassungen sollen nur auf Widerruf erfolgen. Die Mitwirkung
der Verwaltungsbehörde oder des Gerichts bei all diesen Maßnahmen
ist sehr zweckmäßig, da alle Verhältnisse dadurch besser geklärt werden.
Entlassene Gemeingefährliche sollten stets entmündigt sein. Statt der Inter¬
nierung wird man in vielen Fällen mit der Aufenthaltsbeschränkung der
Entfernung aus der Familie, der Unterbringung der Kinder in einer fremde
Familie oder Erziehungsanstalt auskommen. (Jacobsohn.)
Die Unterbringung von gemeingefährlichen Geisteskranken in einer Heil¬
anstalt auf Grund des § 31 der preußischen Novelle vom 11. Juli 1891 hat
eine Reihe von Streitigkeiten zwischen den Landarnienverbänden und der
Polizei hervorgerufen, die das preußische Oberverwaltungsgericht zuungunsten
der Landarmenverbände entschieden hat. Diese oberverwaltungsgerichtiichen
Entscheidungen stehen hinsichtlich der Hilfs- und Anstaltspflegebedürftigkeit
gemeingefährlicher Geisteskranker im Widerspruch mit der ständigen Recht¬
sprechung des Bundesamtes für das Heimatwesen. Hoffarth (22) untersucht
in vorliegender Arbeit, ob die Landarmenverbäude in Preußen verpflichtet
sind, eine gemeingefährliche Person auf Grund der oben angeführten Novelle
in Fürsorge zu nehmen. (Jacobsohn.)
Hellwig (20) führt aus, daß bei Handlungen, die aus abergläubischen
Motiven begangen werden, die Psychiater in ihren Gutachten zu großes
Gewicht auf diese Motive legen und daraufhin den Angeklagten für geistes¬
krank erklären. Das sei aber ein Fehler, denn es uuterliege keinem Zweifel,
daß selbst krasse abergläubische Vorstellungen keinerlei Rückschluß auf die gei¬
stige Verfassung des betreffenden Individuums gestatten, daß sie jedenfalls
es nicht ermöglichen, hieraus allein auf eine pathologische Veränderung des
Geisteszustandes zu schließen. Daraus folge, daß auch das Handeln gemäß
diesen abergläubischen Vorstellungen an und für sich noch nichts Psycho¬
pathisches ist, daß infolgedessen also das abergläubische Motiv einer Straftat
als Symptom einer geistigen Erkrankung des Verbrechers nicht verwertet
werden kann. Als Beleg kritisiert der Autor einen in den Jahrbüchern für
Psychiatrie Bd. 3 von 0. Schwartzer mitgeteilten Fall. (Jacobsohn.)
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Gerichtliche Psychiatrie.
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Für die psychiatrische Bewertung des Begriffes der freien Selbst¬
bestimmung bei der Wahl des Aufenthaltsortes sind nach Weber (67) fol¬
gende Gesichtspunkte maßgebend: Der Sacherständige muß von der an¬
fragenden Behörde genau zeitliche Angaben verlangen und in seinem Gut¬
achten genau angeben, für welchen Zeitabschnitt der von ihm angenommene
Geisteszustand gilt. Die geistige Reife dos normalen 16 jährigen Durch¬
schnittsmenschen (armenmündiges Alter) kann als Maßstah für den Geistes¬
zustand gelten, der eben noch ausreicht, um die freie Selbstbestimmung bei der
Wahl des Aufenthaltsortes zu ermöglichen. Die Unfähigkeit zur freien Selbst¬
bestimmung ist nicht ohne weiteres identisch mit einer der anderen gesetzlich
festgelegten Formen oder Grade von Geisteszuständen (Willensunfreiheit,
Geisteskrankheit oder Geistesschwäche, Geschäftsunfähigkeit). Auch wenn
von anderen richterlichen Behörden ein Mensch wegen seiner geistigen
Störung als unzurechnungsfähig oder geschäftsunfähig bezeichnet, oder wenn
er durch Richterspruch entmündigt ist, kann daraus allein noch nicht die
Frage seiner Unfähigkeit zur freien Selbstbestimmung in der fraglichen Zeit
sprechen. Der Sachverständige kann aber weiter als Maßstab für seine Be¬
urteilung die Tatsache benutzen, daß zu der fraglichen Zeit der Geistes¬
zustand im Sinne des § 6 des BGB. Entmündigten gleich war; denn diese
Zustände stehen der geistigen Entwicklung eines Kindes unter 7 Jahren
gleich, schließen also auch die geistige Reife des armenmündigen Alters
aus. Entmündigung wegen Geistesschwäche oder Trunksucht oder beschränkte
Geschäftsfähigkeit reicht für sich allein noch weniger aus, um die Unfähigkeit
zur freien Selbstbestimmung nachzuweisen, wenngleich auch hier diese Un¬
fähigkeit gelegentlich bestehen kann. Keine klinisch umschriebene Form
der Geistesstörung schließt prinzipiell die Fähigkeit zur freien Selbstbe¬
stimmung aus. Es muß jeder Fall einzeln geprüft werden. Neben den er¬
wähnten Altersstufen, die hierfür als Maßstäbe dienen können, muß das
richtige Erkennen und Wollen bezüglich der Wahl des Aufenthaltsortes
geprüft werden, d. h. ob der Kranke ein Verständnis für den Unterschied
der beiden Orte hat und danach selbständige Entschlüsse treffen kann,
welche der Lage der Verhältnisse und dem Zwecke entsprechen. Der
Nachweis, daß diese Fähigkeit aufgehoben ist, läßt sich führen, indem man
zeigt, daß ausgesprochen krankhafte Vorgänge das Erkennen und Wollen
stören, oder indem man an konkreten Tatsachen zeigt, daß der Kranke dazu
unfähig ist. Ein durch Geisteskrankheit bedingte wirtschaftliche oder so¬
ziale Unselbständigkeit schließt allein schon die Fähigkeit zur freien Selbst¬
bestimmung aus. Außer durch den inneren Vorgang einer geistigen Er¬
krankung kann die freie Selbstbestimmung auch durch äußeren Zwang auf¬
gehoben sein, dahin gehören alle die Fälle, in denen eine Anordnung einer
öffentlichen Behörde, z. B. der Polizei, den Aufenthalt eines Menschen be¬
stimmt, auch Unterbringung eines Geisteskranken wegen Gemeingefährlichkeit
in einer Irrenanstalt auf polizeiliche Anordnung, wenn dieser Kranke auch
vermöge seines Geisteszustandes noch die Fähigkeit der freien Selbst¬
bestimmung besitzt. Dagegen ist die durch einen Vormund veranlaßte
Unterbringung eines entmündigten Geisteskranken oder Trinkers in eine
Anstalt zum Zweck der Heilung kein Zwang im Sinne des Gesetzes.
( Jacobsohn.)
Auch bei psychisch normalen Menschen beobachtet man, wie Weber
(68) ausführt, eine große Zahl von zweckwidrigen, unsinnigen verbreche¬
rischen oder gar verrückten Trieben. Der Mensch an und für sich ist zu
jedem Verbrechen veranlagt. Alle Triebe werden durch die psychischen
Hemmungen geregelt, entweder ganz unterdrückt oder in einer dem Charakter
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Gerichtliche Psychiatrie.
des einzelnen angepaßten Weise zur Ausführung gebracht. Die psychischen
Hemmungen beruhen auf der physiologischen Tätigkeit anatomisch vor¬
gebildeter Organe, die in hohem Maße entwicklungsfähig sind. Alle Hem*
mungen dienen in letzter Instanz der Erhaltung der Art und der Person;
sie sind entwicklungsgeschichtlich aus den Urhemmungen (Fortpflanzung und
Selbsterhaltung) abzuleiten. Die Kenntnis dieser Tatsachen ist wichtig, sowohl
für die Erziehung der Kinder, als für die Beurteilung der Verantwortlichkeit
bei Straftaten und Verbrechen, besonders Jugendlicher. ( Jacobsohn .)
Rosanoff (53) bespricht die gesetzgeberischen Maßnahmen, welche für
die Geisteskranken und Schwachsinnigen im Laufe der Zeit in den Ver¬
einigten Staaten erlassen worden sind, und welche Wirkungen diese Ma߬
nahmen ausgeübt haben. (Jacobsohn.)
Leppm&nn (33) bespricht die Geistes- und Nervenkrankheiten im
Kriege vom Gesichtspunkte der ärztlichen Sachverständigentätigkeit Von
gutachtlichen Fragen kamen 1. die Diensttauglichkeit, 2. die Dienst¬
beschädigung und 3. die Verantwortlichkeit für disziplinwidrige oder nach
dem Militärstrafgesetzbuch strafbare Handlungen in Betracht. Interessant
ist die Erfahrung, die der Autor gemacht hat, daß die geistig Minderwertigen
sich im Kriege besser bewährt haben, als es nach ihrer mangelhaften Be¬
währung in Friedenszeiten vorauszusehen war. L. teilt die geistig Minder¬
wertigen in drei Gruppen: erstens diejenigen, bei denen der Verstand im
allgemeinen mangelhaft entwickelt ist, also die im allgemeinen geistig
Schwachen. Die zweite Gruppe bilden diejenigen, die zwar ein genügendes
Quantum an Verstandeskraft haben, aber bei denen gewisse qualitative
Störungen dieses Verstandeslebens die Minderwertigkeit bedingen, also Bi¬
zarrerien des Gedankenganges, Überwuchern der Phantasie, einseitiger Fana¬
tismus, also Paranoide, die, wie das Volk sagt, halb verrückt sind. Die
dritte und größte Gruppe sind die Minderwertigen, bei denen geistige Mangel¬
haftigkeit sich hauptsächlich im Gemütsleben zeigt, also die chronisch Ver¬
stimmten, die Reizbaren und infolgedessen auch im privaten Leben die
Unsteten, die Stimmungswechselnden. Von diesen haben im Kriege die zur
ersten und zweiten Gruppe gehörenden am besten ausgehalten, während
die zur dritten Gruppe gehörenden zum Toil elend gescheitert sind.
Besonders gute Erfahrungen will L. mit den Epileptikern gemacht haben,
natürlich mit solchen, die nur selten, aber dann typische Anfälle haben.
Viele geistig Schwachen und auch die minderwertigen Epileptiker reifen
nach der Pubertätszeit nach und können sich dann gut bewähren. Zu den
Geisteskranken, bei denen eine Dienstbeschädigung oft ausgeschlossen werden
konnte, gehörten Katatoniker, Paralytiker und Alkoholiker. Bezüglich aller
der wirklich infolge des Krieges entstandenen Seelen- und allgemeinen
Nervenstörungen hält L. die vergangene Zeit noch nicht für ausreichend,
um schon ein Gutachten über die Dauer und den Umfang der Dienst¬
beschädigung abzugeben. Manche Fälle genesen zwar schnell, doch soll man
gewisse Vorsicht üben und diese Leute nicht zu schnell wieder an die
Front schicken. Ein großer Teil der kriminell Gewordenen gehört den
geistig Minderwertigen an. Zu den Delikten gehörten die Aneignung von
Militärdekoration und betrügerische Manipulation damit, das Wegbleiben
von der Truppe und Widerstand gegen Vorgesetzte. Es handelte sich oft
um Triebzustände auf dem Boden eines ausgesprochenen Schwachsinns, oder
um Minderwertige mit Stimmungsschwankungen, oder um Alkoholiker. Den
Schluß der Abhandlung bilden kurze Bemerkungen über einzelne bei Homo¬
sexuellen vorgekommene geschlechtliche Vergehen und ihre krankhafte Be*-
Wertung. (Jacobsohn.)
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Gerichtliche Psychiatrie.
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Die Arbeit von Lieske (34) ist eine kurze Besprechung der wesent¬
lichsten Bestimmungen der Strafrechtsreform über verminderte Zurechnungs¬
fähigkeit, wie sie von hervorragenden Juristen und Psychiatern für das neue
Strafgesetzbuch vorgeschlagen worden sind. ( Jacobsohn .)
Nach Erfahrungen, die Kindlmann (29) in Sprachkursen bei Er¬
taubten gewann, kam er zu der Überzeugung, daß der hartnäckigste und
geriebenste Simulant bei den Übungen im Absehen vom Munde ehestens
sich verraten muß. In sprungweiser Reihenfolge soll er 1. stimmlos Ge¬
sprochenes mit richtigen Mundstellungen. 2. halblaut Gesprochenes mit rich¬
tigen Mundstellungen und 3. halblaut Gesprochenes mit falschen Mund¬
stellungen ablesen. Hat er letzteres auch nur einmal fertig gebracht, so
hat er sieh als Simulant erwiesen. ( Jacobsohn ..)
Kinberg (28) plädiert dafür, daß der Ausdruck Zurechnungsfähigkeit
gänzlich ans dem kriminalistischen Sprachgebrauch entfernt werden soll.
Dieser Ausdruck ist gemäß uraltrigem Sprachgebrauch mit vielen Vor¬
stellungselementen teleologisch-metaphysischer Natur verbunden (Willens¬
freiheit, Schuld, Vergeltung u. a.). Dieser Begriffsinhalt ist auf der Annahme
eines autonomen psychischen Zustandes beim Menschen gegründet, dessen
Nichtvorhandensein an und für sich ohne Rücksicht auf praktische Zweck¬
mäßigkeitsgesichtspunkte die Anwendung der sozialen Reaktivmaßnahmen
gegen Kriminalität, welche als Strafe bezeichnet werden, ausschließen
würde. Vom deterministischen Standpunkte muß das Vorhandensein eines
solchen Zustandes bestritten werden. Nimmt man mit dem Indeterminismus
diesen Zustand an, so läßt er sich doch im konkreten Fall nicht feststellen.
Ein Erkennen des Zurechnungsfähigkeitszustandes in diesem Sinne ist aber
unmöglich. Durch neue Definitionen der Zurechnungsfähigkeit läßt sich ihr
durch den Sprachgebrauch fixierter Inhalt nicht entfernen, sondern es
werden nur reiche Möglichkeiten der Enthaltung einer für die Lösung hierher
gehörender Fragen gefährlichen Begriffsverwirrung gegeben. Der Ausdruck
Zurechnungsfähigkeit ist also sowohl für wissenschaftlichen wie für prak¬
tischen Gebrauch untauglich.
Seines teleologisch-metaphysischen Inhaltes wegen unterhält dieser Aus¬
druck die gefährliche fehlerhafte Anschauung, daß es gewisse psychische
Ausnahmezustände gäbe (Geisteskrankheiten, toxische Zustände, psychische
Abnormitäten und Defekte), welche die soziale Verantwortlichkeit aufhöben.
Es ist .doch nicht der Fall. Alle Menschen, die in einer Gesellschaft leben,
gesunde und kranke, normale und abnorme, sind in gleich hohem Grade für
ihre Handlungen vor der Gesellschaft verantwortlich, in dem Maße wie ihre
Handlnngen gesellschaftliche Interessen angreifen. Psychische Ausnahme¬
zustände sind in bezug auf die soziale Verantwortlichkeit nur insoweit von
Bedeutung, daß sie bei der Wahl der gesellschaftlichen Schutzmaßnahmen
beachtet weyden sollen, damit diese die größtmögliche Zweckmäßigkeit er¬
reichen mögen. ( Kahlmeter .)
Strassmann (60) berichtet über seine Erfahrungen über Kindesmord (bei
oder nach der Geburt), die er in den letzten 6 Jahren gemacht hat. Er hat
den Eindruck gewonnen, daß diese Fälle häufig zuungunsten der Beschuldigten
unrichtig beurteilt werden, und zwar beruhe diese unrichtige Beurteilung
hauptsächlich darauf, daß man die Erfahrungen an ärztlich geleiteten Geburten
ohne weiteres auf die heimlich zustande kommenden überträgt. Bei diesen
ist das Kind viel größeren Gefahren ausgesetzt und kann Verletzungen auf¬
weisen, die zunächst unnatürlich erscheinen, sich aber oft aus der Situation und
dem unzweckmäßigen Verhalten der aufgeregten Kreißenden erklären. Der
Aufregungszustand während der Geburt bei Kreißenden mit psychopathischer
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Gerichtliche Psychiatrie.
Anlage kann eine solche pathologische Höhe erreichen, daß nicht selten
krankhafte Bewußtseinstrübungen Vorkommen, in denen Gewalttaten aus¬
geübt werden, von denen die Angeklagte nachher keine klare Vorstellung hat
(Jacobsohn.)
Kasuistik.
Eis&th (13) kommt auf Grund seiner Beobachtungen an dem Material
der Irrenanstalt Hall zu dem Resultat:
„Es gehören zu jenen paranoiden Erkrankungen, welche keine Ver¬
blödung im Gefolge haben, nicht bloß der Querulantenwahn und die Paranoia
Kraepelins, sondern auch Paraphrenia systematica ohne Schwachsinn. Die
beiden letztgenannten Krankheitstypen, das sind die Paranoia Kraepelins
und die nicht zu Schwachsinn führende systematische Paraphrenie, sollen
durch Erweiterung des Paranoiabegriffes zu einer einheitlichen Krankheit
zusammengezogen werden. Das ist nicht etwa eine neue Entdeckung dessen,
was verschiedene Psychiater schon wiederholt mit anderen Worten zum
Ausdruck gebracht haben. Im vorausgehenden wurde mit Rücksicht auf
eine praktische und leicht faßliche Diagnostik und Systematik, welche nicht
nur von den Fachkollegen, sondern auch von den praktischen Ärzten und
den Studenten unschwer erfaßt und gehandhabt werden könnten, für die
Vereinigung der Paranoia Kraepelins mit der Paraphrenia systematica ohne
Verblödung eingetreten. Das wäre ein Vorschlag, der zufolge gesammelter
Erfahrungen für die Schlichtung der schwierigen Paranoiafrage gemacht
wird, aber schon wegen der geringen Zahl der beobachteten Fälle noch
keineswegs eine endgültige Entscheidung bedeuten kann. Sollte es sich in
der Folge ergeben, daß eine Verschmelzung dieser beiden Krankheitstypen
nicht zulässig wäre, „so könnte die Paranoiafrage auch in dieser Weise aus¬
getragen werden, daß man schlechthin sagt, zu den paranoiden Geistes¬
störungen, die nicht in Schwachsinn ausgehen, gehören der Querulauteuwahn,
die Paranoia Kraepelins and die systematische Paraphrenie ohne Ver¬
blödung. Dabei würden die Paranoia Kraepelins und die nicht zur Ver¬
blödung führende Paraphrenia systematica nicht miteinander vereinigt, sondern
nur als einander beigeordnete Psychosen aufgefaßt werden. Diese letztere
Einteilung würde aber dieselben erklecklichen differentialdiagnostischen
Schwierigkeiten in sich schließen, welche nach den vorausgeschickten Dar¬
legungen zwischen der Paranoia der Münchener Schule und der Paraphrenia
systematica ohne Ausgang in Verblödung obwalten.“
Eisath fügt hinzu, daß in dieser Beziehung ein ganz einwandfreies
Ergebnis nur dann zu erzielen wäre, wenn auch die übrigen klinischen Hilfs¬
facher wie die pathologische Anatomie, die Bakteriologie und die Serologie
zur völligen Klärung der Krankheitsbilder nutzbar gemacht seien. Das sei
aber trotz mannigfacher Versuche in befriedigender Weise bisher nicht ge¬
lungen, und so müsse man sich einstweilen damit bescheiden, einzelne
Gruppen nach der Ähnlichkeit des klinischen Verlaufes und des Krankheits¬
ausganges zu vorläufigen Krankheitsbildern zusammenzufassen. (Mari-)
An der Hand eines großen Materials führt Mönkemöller (40) in einer
auch für den Juristen verständlichen Weise die Gesichtspunkte vor, die fij r
die Frage der Simulation geistiger Erkrankungen von Bedeutung sind, br
weist gebührend darauf hin, daß besonders das Jugendirresein gelegen^ 6 * 1
Formen anuimmt, die leicht den Eindruck des Gekünstelten machen. Üb er ’
treibungen kommen dabei nicht selten vor. Eine besondere Rolle spiel* 1 das
Vorbeireden bei der Simulation; jedenfalls darf das Symptom des Vorbei-
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Gerichtliche Psychiatrie.
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redens niemals allein als beweisend für eine geistige Erkrankung gelten.
Großartige Simulationsleistungen beobachtet man gelegentlich bei der Pro¬
duktion von Krampfanfällen. Immer muß man daran denken, daß auch der
wirklich Geisteskranke nicht aufhört zu lügen, namentlich wenn er vor seiner
Erkrankung ein Stammgast der Gefängnisse gewesen ist. Nie darf man ver¬
gessen, auch neben einer nachgewiesenen Simulation nach krankhaften Zügen
zu forschen, die man selten vermissen wird. Im übrigen werden diejenigen
Krankheitsformen namentlich gemacht, die simuliert zu werden pflegen.
(Marx.)
Gadelius (18) teilt zwei Fälle von „simulierter Simulation“ bei Geistes¬
kranken mit. Der erste Fall betrifft einen Gewohnheitsverbrecher, der bei
mehreren Gelegenheiten, wo er im Gefängnis gesessen, eine akute unzwei¬
deutige Psychose bekommen hat. Verwirrtheitszustand mit Halluzinationen
und verschiedenen der Katatonie verdächtigen Symptomen (Nahrungsver¬
weigerung, Unsauberkeit). Während einer solchen Krankheitsperiode in die
psychiatrische Klinik übergeführt, klärte sich dort sein Zustand rasch auf,
und er erklärte nun bestimmt, er habe seine ganze Krankheit simuliert, um
einer Bestrafung zu entgehen. Er gab auch an, daß er die Nahrungsaufnahme
in der Absicht verweigert habe, um dadurch krank zu werden. Gadelius weist
darauf hin, daß in diesem Falle die Krankheit sich gewisseimaßen durch einen
Willensakt einstellt, der „das ganze in Gang, nicht aber in Szene setzt“.
Dieser Willensakt ist wie der Druck auf einen Knopf, der ein Schützen¬
wehr in die Höhe gehen läßt; das hervorbrechende Wasser ist eine Sache
für sich, so auhh die Geisteskrankheit,, die aus Anlage und Disposition
durch einen Willensakt zur Entwicklung kommt. Der Patient hatte all¬
mählich die Erfahrung gemacht, daß die Psychose jedesmal ausbrach, wenn
sein Ernährungszustand herunterging, und dieser Tatsache bediente er sich,
um, wenn nötig, die latente Psychose auszulösen. Die Diagnose in diesem
Falle ist nach Gadelius unzweideutig: es ist eine hysterische (Opportunitäts-)
Psychose.
Der andere Fall betraf einen Rekruten, der, ohne vorher den mindesten
Anlaß zu Beschwerden gegeben zu haben, eines Tages ein disziplinarisches
Versehen beging, dessentwegen er Arrest erhielt. Im Arrestlokal führte er
sich eigentümlich auf, zeigte sich immer verwirrter und wurde in die psychia¬
trische Klinik übergeführt. Bei der Ankunft dort erklärte er seinen Vor¬
namen nicht zu wissen, sich auch seines Alters oder des Namens seines
Heimatortes oder des Namens seiner Eltern nicht zu erinnern. Am folgenden
Morgen bat er, mit den Ärzten allein sprechen zu dürfen, zeigte sich nun
vollständig klar und erklärte, seine ganze Krankheit simuliert zu haben, um
von dem Militärdienst loszukommen, der ihm in hohem Grade mißfiel. Auch
dieser Fall stellt nach Gadelius eine unzweifelhafte hysterische Psychose
dar, die sich auf der Unterlage einer angeborenen Affektlabilität entwickelt.
Der Patient hatte die militärische Laufbahn betreten, getrieben von Ehrgeiz
und um in der Welt vorwärts zu kommen, fühlte sich aber bald bezüglich
der Vorteile, die er erwartet hatte, enttäuscht und wurde außerdem von
starkem Heimweh erfaßt. Unter zunehmender Verstimmung bängt er ver¬
zweifelten Plänen nach, sich um jeden Preis aus seiner gegenwärtigen
Lage zu befreien, wobei der Ausweg, den Geisteskranken zu spielen, seine
Phantasie beschäftigt. Nach einer Periode der Überreizung kommt die
Psychose zum Ausbruch. Obwohl die hysterische Geisteskrankheit in einer
ihrer typischsten Formen ihrer Natur nach eine Opportunitätspsychose ist,
die sich dem Anschein nach auf Bestellung einfindet, ist sie nichtsdesto¬
weniger eine wirkliche Geisteskrankheit, und von Simulation kann nicht die
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Gerichtliche Paychiatrie.
Rede sein, wenngleich unterbewußte Willensfaktoren, die sich an einen instinkt-
artig aufgefaßten Vorteil anknöpfen und daher schicksalsbestimmend wirken,
mit wünschenswertester Deutlichkeit beim Ausbruch der Krankheit wirksam
sind. ( Kahlmeter.)
Wassermeyer (66) hat 234 in der Kieler Psychiatrischen Klinik beob¬
achtete Fälle durchgearbeitet. Gegenstand einer besonderen Bearbeitung
waren diejenigen Fälle, in denen die Alkoholfrage eine entscheidende Rolle
spielte. 24 Fälle sind es, in denen ein pathologischer Rauschzustand mit
mehr oder minder großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden maßte.
Diese 24 Fälle werden eingehend dargestellt. Unter den 20 Fällen, bei
denen die Diagnose als hinreichend sicher gelten konnte, befanden sich
7 Offiziere und 13 Mannschaften. Bei den Offizieren handelte es sich
dreimal um Neurastheniker, einer war Hysteriker und zwei Psychopathen;
drei waren ausgesprochen chronische Trinker. Von den 13 Mannschaften
waren fönf epileptisch, drei hysterisch, zwei schwachsinnig und drei Psycho¬
pathen. (Marx.)
Borchardt (3) berichtet über einen interessanten Fall, den auch der
Referent als Arzt am Untersuchungsgefängnis zu Berlin mitbeobachtet hat.
Ein 21 jähriger Mann hatte sich der versuchten Erpressung schuldig gemacht
und wurde nach längerem Suchen verhaftet. Im Gefängnis zerschlug er
zunächst sein Glas, zerbrach seinen Löffel und gab an, Stücke dieser Gegen¬
stände verschluckt zu haben. Dann brachte er sich eine schwere Verletzung
am linken Auge bei, und schließlich trieb er sich eiuen 4 cm langen Nugel
in den Schädel ein. Das linke Auge ging zugrunde. Die* Eintreibung des
Nagels hatte einen Gehirnabszeß zur Folge, der chirurgisch geöffnet wurde.
Der Tod des Mannes konnte durch den Eingriff aber nicht verhiudert
werden. Borchardt hält einen psychischen Krankheitszustand für vor¬
liegend und denkt in erster Linie an Hysterie bei einem von Haus aus
schwer degenerierten Menschen. (Marx.)
Die Inauguraldissertationen von Prasse (49), Vogt (65) und Brüggemann
(8) liefern interessante kasuistische Beiträge zur Kenntnis der im Thema
genannten Psychosen. Prasse behandelt den alkoholischen Eifersuchtswahn,
Vogt die hysterischen Psychosen und Brüggemann den Querulanten wahn.
Patschke (47) gibt eine Darstellung der arteriosklerotischen Seelen¬
veränderung. Die wesentlichsten Erscheinungen sind: Die eigenartige Ge¬
dächtnisschwäche, die Schädigung der Merkfähigkeit, der Aufmerksamkeit,
des Gedankenablaufs, die Beeinträchtigung der Kritik und Urteilskraft ver¬
bunden mit schneller Ermüdbarkeit, wahnhafte Gedankengänge mit Beein-
trächtigungs- und Verfolgungsideen, Bewußtseinstrübungen, Halluzinationen
und Illusionen. In gemütlicher Hinsicht interessieren besonders: Die depres¬
siven und melancholischen Zustände, die Ungleichmäßigkeit der gemütlichen
Ansprechbarkeit, der mitunter sehr ausgesprochene Egoismus, das Sinken
der ethischen Gefühle, das Fehlen von Hemmungen uud eine beträchtliche
Reizbarkeit; andrerseits der Mangel au Initiative und die Bestimmbarkeit des
Willens. Dazu kommen Veränderungen der Schrift und Sprache, sowie die
mannigfachen körperlichen Begleiterscheinungen. Von Wichtigkeit ist ferner
der wechselnde von Remissionen unterbrochene, schubweise Verlauf. Der
Autor betrachtet dann die Bedeutung der arteriosklerotischen Psychosen in
zivilrechtlicher und strafrechtlicher Beziehung. (Jacobsohn.)
Kuhlgatz (32) berichtet über 142 Fälle von Melancholie, die in den
Jahren 1901 bis 1905 in der Psychiatrischen Klinik in Kiel aufgeuonmien
wurden. Auffallend ist, daß von den 103 Frauen und 39 Männern nur
2 Männer mit dem Strafgesetz in Konflikt gekommen waren. Dagegen haben
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Gerichtliche Psychiatrie.
813
50 Frauen und 10 Männer Selbstmord versucht; 4 Frauen führten mit Erfolg
Selbstmord aus. Besonders auffällige Formen des Selbstmordes wurden nicht
beobachtet. In 27 Fällen kam es zu zweimaliger, und unter diesen in
8 Fällen zu drei- und mehrmaliger versuchter Selbsttötung. Von den Selbst¬
mördern waren 40% Arbeiter, 60% aus dem Mittelstände und 10% Ge¬
bildete. Die Untersuchungen Kuhlgatz’ zeigen, wie dringend die Melan¬
choliker der Anstaltsbehandlung bedürfen. (Marx.)
Amschi (1) berichtet von einem Wichtigmacher, der ausnahmsweise
etwas Gutes stiftete. Er befreite einen sonst angesehenen Mann von dem
Verdachte, einen auf ihn ausgeübten Baubanfall erdichtet zu haben, indem
er den Täter zur Anzeige und Bestrafung brachte. (Marx.)
Thnmm (63) teilt einen von ihm beobachteten Fall von Heimweh-'
delikt einer Dreizehnjährigen mit. Das Mädchen legte einen Brand an, um
aus ihrer Dienststelle entlassen zu werden. Das Mädchen stand kurz vor
dem Eintritt der Pubertät. Es handelte sich bei der Angeklagten um eine
empfindsame Übertreibung neuropathischer Züge, die sich auch bei deren
Mutter und Geschwistern fand. Für solche Fälle, wie den vorliegenden,
empfiehlt Thumm die Heranziehung des § 56 an Stelle des § 51 StGB.
(Marx.)
Becker (2) weist darauf hin, wie außerordentlich selten in den Irren¬
anstalten die Frage geprüft wird, ob der Verfall in Geisteskrankheit auf
ein Verbrechen zurückzuführen ist. Unter diesem Gesichtspunkt hat Becker
die Insassen der Irrenanstalten Weilmünster und Herborn untersucht. Er
fand im ganzen 7 hierher gehörige Fälle, die er ausführlich mitteilt, nebst
einem 8. Fall, den er selbst in eigener Praxis im zivilrechtlichen Verfahren
beobachtete und begutachtete. (Marx.)
Aus Kastan’s (25) Beobachtung ergibt sieb der von ihm selbst ge¬
zogene Schluß, daß die verbrecherischen Handlungen im Felde eine große
Eintönigkeit zeigen. Es handelt sich um Achtungsverletzungen oder tät¬
lichen Angriff, oder, beim Fehlen stärkerer Affektbetonung, um Entfernung
von der Truppe, die übrigens nie im Gefecht stattfand. Meistens waren
die Delinquenten Psychopathen, hei denen gewöhnlich der Alkohol eine
auslösende Rolle spielte. (Marx.) '
Wilhelm (70): Die männliche Impotenz hat im Strafrecht eine
weit geringere Bedeutung als im Zivilrecht. Eine besondere Bedeutung für
die forensische Psychiatrie weist die Arbeit nicht auf. (Marx.)
Ken (27) berichtet von einem schwachsinnigen 19 Jahre alten Mörder,
der geistig auf der Stufe eines 11jährigen Knaben steht, auf Grund einer
defekten Konstitution. Der Mörder war zur Tat angestiftet und mußte,
kraft seines Defektes, der Beeinflussung leicht unterliegen. Die Erkenntnis
für die Strafwürdigkeit seiner Handlung fehlte. In dieser Beziehung besaß
er nicht mehr Einsicht als ein Kind von 4 Jahren. Gleichwohl verurteilte
die Jury den Angeklagten als schuldig des Mordes. Kerr kritisiert ein
derartiges Gerichtsverfahren, das die Würdigung eines Zustandes geistiger
Schwäche unmöglich machte. Der Mörder sollte zwar nicht in Freiheit
gesetzt, er sollte bestraft werden, aber nicht mit einem tötenden, sondern mit
einem heilenden Strafmittel, mit lebenslänglicher Verwahrung. (Jacobsohn.)
Von den beobachteten Fällen, die Schlapp (54) mitteilt, waren 58%
geistig Minderwertige, die in entsprechende Anstalten verwiesen wurden.
Die Mehrzahl der 520 Untersuchten gehörten dem Pubertätsalter an. Natur¬
gemäß waren die weiblicheu Delinquenten an Delikten gegen die öffentliche
Sittlichkeit stärker beteiligt als die männlichen, umgekehrt hei den Gewalt¬
tätigkeiten. 68% der Untersuchten besuchten zur Zeit ihrer Straffälligkeit
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814
Therapie der Geisteskrankheiten.
Schulen. Nur 28 von 520 wurden für ganz normal befunden. Unter den
Schulpflichtigen waren 48 % geistig defekt. Die große Mehrzahl zeigte
körperliche Mängel oder Krankheiten. ( Jacobsolm .)
Der bei einem Entmündigungsgutachten beschriebene Fall Meltzer’s
(35) ist nur deswegen von Interesse, weil hier eine präzise Diagnose ge¬
fordert und doch nicht gestellt werden konnte, weil es bei dem kriminell
gewordenen Geistesschwachen zweifelhaft war, ob er unter die Kategorie
Dementia praocox oder unter die der psychopathischen Minderwertigkeit mit
Debilität eingereiht werden konnte. In einem Zustande leichter Bewußtseins¬
hemmung und Angst," der mit einem durch Gelenkrheumatismus erworbenen
Herzfehler zusammenhing, hatte der Betreffende seinen erst vor kurzem ge¬
pachteten Gasthof in Brand zu setzen versucht, um sich auf diese Weise
von allen drückenden Verpflichtungen zu befreien. — Da es dem Richter
weniger auf eine medizinische als auf eine das Wesen des zu Entmündigenden
kennzeichnende kurze praktische Diagnose ankam, wurde er als „gemein¬
gefährlicher Schwachsinniger“ bezeichnet. ( Autoreferat .)
Möring (42) führt vier Krankengeschichten an, um zu zeigen, wie
häufig gerade die Depressionszustände und der mit diesen verbundene Affekt
es sind, die die Straftat und den Konflikt mit dem Strafgesetzbuch zur
Folge haben. ( Jacobsohn ..)
In der Mitteilung von Darand (12) handelt es sich um zwei Mädchen,
die wegen verschiedener körperlichen Beschwerden vom Arzt zwecks Heilung
hypnotisiert wurden, und die nach dem Erwachen aus der Hypnose den Arzt
beschuldigten, in der Hypnose verbrecherische sexuelle Delikte gegen ihre
eigene Person verübt zu haben. Da es sich um hysterische Mädchen handelte,
so wurden die Aussagen der Mädchen als unglaubwürdig bezeichnet.
( Jacobsohn .)
In der Arbeit von Frerich (16) handelt es sich um Kindesmord von
seiten der an Melancholie leideuden Mutter. ( Jacobsohn .)
Therapie der Geisteskrankheiten.
Ref.: San.-Rat Dr. B. Asch er-Berlin.
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Therapie der Geisteskrankheiten.
815
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8X8 Therapie der Geisteskrankheiten.
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120. Wouden, J. J. C. von der, Daß Delftsche Schulsystem. D. Mijs. Tiel.
Während in den letzten Jahren die Zahl der Arbeiten, welche sich auf
die Therapie der Geisteskrankheiten bezogen, eine enorm große war, ist sie
im letzten Berichtsjahr erheblich zusammeugeschrumpft. Neue Mittel, ins¬
besondere Schlaf- und Beruhigungsmittel sind von den Fabriken kaum auf
den Markt gebracht worden, während gerade in den letzten Jahren auf
diesem Gebiete eine fast fieberhafte Tätigkeit geherrscht hatte. Anderseits
sind durch den Krieg an die Ärzte andere Pflichten herangetreteu, so daß
die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten sich gemindert hat. Daß wir aber
gerade auf dem hier zu besprechenden Gebiete bald nach dem Kriege vou
den Erfahrungen, die ärztlicherseits gesammelt sind, viel vernehmen werden,
ist recht wahrscheinlich. Hört man doch mit Betrübnis, daß die Zahl der
nervösen und auch der geistigen Erkrankungen unter dem Einfluß der Kriegs¬
schrecken lawinenhaft anschwillt. Dieser Tatsache gegenüber ist es beruhigeud,
zu sehen, wie überall in Deutschland hinreichend für die nervösen und
geisteskranken Kriegsinvaliden gesorgt wird, und daß die Prognose für den
Verlauf der Kriegsneurosen und -psychosen im allgemeinen eine günstige ist.
Irrenwesen im allgemeinen-
Raecke (87) skizziert in übersichtlicher Weise den Stand der heutigen
Irrenpflege. Es wird dabei auch der Entwicklung der Familienpflege ge¬
dacht. Die Bedeutung der Hilfsvereiue wird gewürdigt, auch die Beratungs¬
stellen für Gemüts- und Nervenkranke, wie sie jetzt in Berlin, Essen und
Frankfurt a. M. bestehen, werden angeführt. Erörtert werden auch die Auf¬
gaben der Trinkerfürsorge, die Probleme, welche die Verwahrung geistes¬
kranker Verbrecher bieten; endlich wird auch von den Jugendstationen ge¬
sprochen und von der Fürsorge für Idioten und Epileptiker. Der in einer
Monatsschrift, welche der Fortbildung des Pflegepersonals dient, veröffent¬
lichte Aufsatz bringt eine Übersicht über die vielfachen Ziele, welche die
Irrenpflege hat, in einer auch für Ärzte lesenswerten Weise.
Müller-Schürch (80) teilt mit, daß seit Jahrzehnten in der Schweiz
die Forderung einer Irrengesetzgebuug erhoben worden ist ^Bisher haben
nur einzelne Kantone Irrengesetze erlassen. Verf. gibt einen Überblick über
die Irrengesetzgebung im Großherzogtum Baden und bemerkt dazu, daß das
Gesetz im großen und ganzen befriedigen soll. Der Erlaß eines Irrenfür¬
sorgegesetzes wird für notwendig angesehen. Die Wissenschaft vom geistes¬
kranken Menschen ist in ihrer Entwicklung so weit vorgeschritten, daß maD
eine umfassende Gesetzgebung inaugurieren kann.
Fraenkel (39) hat mehr als 200 Geisteskranke gynäkologisch unter¬
sucht. Nur 18mal war der Befund vollkommen normal. Es ergab sich aber,
daß die drei hauptsächlichsten ätiologischen Faktoren für erworbene Frauen¬
krankheiten Schwangerschaft, Coitus impurus und längere Zeit fortgesetzte
Selbstbefriedigung keine besondere Rolle spielten. Aus diesem Grunde muß
ein Zusammenhang zwischen Psychose und akquirierter Genitalinfektion negiert
werden. Bei den Kranken mit jugendlichem Irresein oder Schwachsinn waren
die Anzeichen des Infantilismus genitalium meistens vorhanden. Es sind
Frauen- und Geisteskrankheit als Folge derselben Grundkrankheit, des Zurück¬
bleibens auf der unterentwickelten Stufe, anzusehen. Therapeutisch ist darauf
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Therapie der Geisteskrankheiten.
819
hinzuwirken, daß die Funktion des Eierstocks gehoben wird. Von der Ver¬
vollkommnung der Organtherapie ist ein Erfolg zu erwarten. Verf. tritt mit
diesen Ausführungen der neuerdings mehrfach ausgesprochenen Ansicht ent¬
gegen, daß durch die Gynäkotherapie eine Heilung von Psychosen erzielt wird.
Bonhoeffer und Moeli (3) erörtern in einem Obergutachten die Ver¬
antwortlichkeit des Irrenarztes für den Selbstmord einer Geisteskranken.
Es war zur Frage gestellt, ob es als ein Verstoß gegen die anerkannten Grund¬
sätze der ärztlichen Wissenschaft anzusehen sei, daß die betreffende Kranke
in eine offene Station übergeführt sei, und ob die Beschaffenheit der offenen
Station den Anforderungen entsprach, welche an die Unterbringung von
Kranken der betreffenden Art zu stellen sind. Verff. weisen in ihren Er¬
örterungen besonders darauf hin, daß die offene Station gerade deshalb ge¬
schaffen ist, um in dieser alles zu vermeiden, was nach Freiheitsbeschränkung
oder Geisteskrankenbehandlung aussieht. Im vorliegenden Fall war der
Arzt nach Kenntnis der Vorgänge der Krankheitsgeschichte usw. berechtigt,
die betreffende Kranke der offenen Abteilung zuzuführen. Auch dies wird
durch Gründe belegt. So gelangen Verff. zur Verneinung der gestellten Fragen.
Mohr (77) zieht einerseits Fälle in Betracht, bei denen die körper¬
liche Sphäre vorwiegend beteiligt ist, bei denen z. B. große Erschöpfung,
abnorme Ermüdbarkeit, Schlaflosigkeit, Zittern, Herzklopfen, Parästhesien,
Schmerzen der verschiedensten Art bestehen, andererseits Fälle, mit haupt¬
sächlicher Beteiligung der psychischen Sphäre in Form von Gemütsver¬
stimmung, psychomotorischer Hemmung, Angst- und Beklemmungsgefühlen,
allgemeiner Reizbarkeit, Zwangsvorstellungen, Phobien usw. Die Entstehung
derartiger nervöser Zustände führt Verf. darauf zurück, daß durch die
Macht furchtbarer Ereignisse, dauernder höchster geistiger Anspannung
und großer körperlicher Strapazen das feste Gefüge des Seelenlebens
auseinandergerissen wird und daß der so betroffene Mensch instinktiv
erfassend, daß zur Abwehr von Unlustgefühlen Schmerzäußerungen und
Krankheiten bestimmter Art ein treffliches Mittel sind, „sich in die Krank¬
heit flüchtet“. Tritt der Widerstreit zwischen Pflicht und Tendenz zur
Unlustverminderung als solcher besonders lebhaft auf, so ist das Ergebnis
dieses Kampfes die Depression, das Gefühl inneren Gehemmtseins, eines
Unwerts der eigenen Leistungen, einer Unfähigkeit zur Arbeit. Jede
leiseste Organempfindung, jedes an sich schon vorhandene Gefühl einer
gewissen Minderwertigkeit wird in abnorm lebhafter Weise empfunden, und
es entsteht das, was vom Verf. als abnorme Reizverwertung bezeichnet
ist. Alle diese Vorgänge können sich unter der Schwelle des Bewußtseins
abspielen. — Solange der Krieg dauert, ist die Prognose ungünstig. Sie
läßt sich verbessern durch eine die physische und die psychische Seite be¬
rücksichtigende Behandlung, deren wichtigster Teil die psychische ist. Für
sehr wertvoll hält Verf. Erholungsheime in der Etappe, da die Heimat mit
der die Angst der Kranken steigernden Angst der Angehörigen, mit der Ver¬
weichlichung durch die heimatliche Umgebung, mit der Verhimmelung der
Zurückkehrenden ungünstig einwirkt. Die Behandlung hat in einer konsequent
durchgeführten Psychotherapie zu bestehen; vor allem muß der Kranke über
die Entstehung seines Zustandes Aufkläruug erlangen. Es bandelt sich
darum, der Nerven Herr zu werden, durch eine konsequente, ius Innerste des
Menschen eindringende, die unbewußten Regungen schonungslos aufdeckende
Selbsterkenntnis und eine daran sich anschließende Selbsterziehung unter
verständiger Würdigung der körperlichen Faktoren.
Treiber (111) prüfte nach, welche Erfahrungen die Anstalt Landsberg
mit den gegen den ärztlichen Rat Entlassenen gemacht hat, und untersuchte,
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Therapie der Oeuteskrankheiten.
ob sich hieraus irgendwelche allgemeine Lehren für die Entlassung der
Kranken aus der Anstalt ergeben. Es ergab sich, daß von den 120 ent¬
lassenen Patienten (Männer und Frauen) nach kürzerer oder längerer Zeit
35 zurückgebracht werden mußten. Unter diesen mußten 15 schon innerhalb
des ersten Vierteljahres die Anstalt aufsuchen, während die übrigen sich
länger hielten. Von den anderen nicht wieder zur Anstalt zurückgekehrten
73 Persouen wurden 40 roll arbeitsfähig und 12 teilweise erwerbsfähig.
Wenn man bedenkt, so führt der Autor aus, daß eigentlich nur Schwer-
kranke gegen Revers entlassen werden, solche, die sich in hochgradigen
Erregungszuständen befinden, Neigung zu Gewalttätigkeiten zeigen, stark unter
dem Einflüsse von Sinnestäuschungen und Wahnideen stehen, oder aber
hochgradig ängstliche Patienten, die selbst mordverdächtig sind bzw. schon
ernstgemeinte Suizid versuche gemacht haben, so muß man sich immer wieder
wundern, wie gut es mit vielen solchen Kranken draußen geht. Aus alledem
müsse man folgern, daß man vielfach bei der Entlassung der Kranken einen
zu strengen Maßstab anlegt. {Jacobsohn.)
JSalmon (93) teilt mit, daß die Kosten der Irrenpflege in New York
sich auf 6 400000 Dollar belaufen. Verf. weist darauf hin, daß diese Aus¬
gaben notwendig sind, und gibt einige Beispiele, wie viel mehr Ausgaben
entstehen würden, würde man an eine Einschränkung dieser denken. Nicht
hinreichend ist, daß nur 2 Personen sich in der Irrenkommission, welcher
das Irrenwesen untersteht, befinden. Da es sich um 35 000 Kranke pro Jahr
handelt, um einen Zugang von 6000 pro Jahr, muß man zumindest die
Forderung aufstellen, daß 5 Ärzte sich in die Pflichten der Beaufsichtigung
teilen.
Stedman (103) befürwortet klinische Beobachtung bei Verbrechern,
die irgendwie verdächtig auf Geisteskrankheit oder geistigen Defekt sind.
(. Jacobsohn .)
Trunksucht
Crothers (20) bringt einige geschichtliche Bemerkungen über die
Entwicklung der Trinkerasyle in Amerika. Inauguriert ist die Fürsorge
bereits im Jahre 1809 durch den Arzt Rush in Philadelphia. Im Laufe
der Jahre ist eine größere Anzahl von Anstalten eingerichtet worden. Es
ist aber erforderlich, daß von ärztlioher Seite den Alkoholisten größere
Fürsorge gewidmet wird. Ganz besonders betont Verf., daß bei derartigen
Anstalten der richtige Mann an der Spitze steht, welcher hinreichenden
Einfluß auf die Kranken hat.
von der Porten (86) fordert in bezug auf die Behandlung des Delirium
tremens, daß die Zentren der Medulla oblongata der Einwirkung des anzu¬
wendenden Mittels am wenigsten zugänglich seien, daß die anfängliche Reiz¬
wirkung auf die motorischen Zentren möglichst gering ist, daß die den Blutdruck
herabsetzende Lähmung der Vasomotorenzentren möglichst spät oder gar nicht
eintrete, daß keine oder nur geringe allgemeine Zellgiftigkeit vorliege und
endlich daß keine anderen unangenehmen Nebenwirkungen vorhanden seien.
Diesen Forderungen entspricht das Veronal am meisten, welches Mittel zu¬
dem von unangenehmen Nebenwirkungen frei ist. Verf. macht für diese
Ansicht auch seine klinischen Erfahrungen geltend. Er sah einen Rückgang
der Mortalität von 9 % auf 3,4 % auftreten, nachdem das früher ange¬
wandte Cbloralhydrat durch VeronaJ ersetzt wurde und Morphium und Hyoszin
aus der Behandlung des Delirium tremens verbannt wurde.
Die Erfahrungen, welche SteinebftCh (104) mit der Lumbsdpunktion
bei Alkoholikern machte, waren folgende: 1. Der Druck der Zerebrospinal-
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Therapie der Geisteskrankheiten.
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flüssigkeit ist in den meisten Fällen von Delirium tremens absolut und in
vielleicht allen Fällen relativ gesteigert. 2. Der häufig vorhandene Alkohol*
gehalt des Liquors steht in keiner Beziehung zum Delirium. 3. Die Lumbal¬
punktion kürzt die Dauer des Deliriums bedeutend ab und gestaltet den
Verlauf der Krankheit viel milder. 4. Die günstige Wirkung der Lumbal¬
punktion ist zum Teil wohl die Folge der Druckentlastung; wahrscheinlich
aber spielt die Verringerung einer in der Zerebrospinalflüssigkeit enthaltenen
Giftmenge die Hauptrolle. ( Jacobsohn .)
Nach kurzem Hinweis auf die Alkoholpsychose als solche streift
Waldschmidt (113) die verschiedenen Unterkunftsstätten für die Alkoho-
listen vom allgemeinen Krankenhaus bis zur Korrektionsanstalt, um schließlich
der sog. Trinkerheilstätte, besser: Spezialanstalt für Alkoholkranke das Wort
zu reden; er fordert offene und geschlossene Sonderanstalten unter psych¬
iatrischer Leitung. Unter Betonung der Tatsache, daß der Vorentwurf zum
neuen Strafgesetzbuch dankenswerterweise die Heilbehandlung der Triuker
ihrer Bestrafung voraustellt, ist es bedauerlich, daß angesichts der Unzu¬
länglichkeit der vorhandenen Maßnahmen gegenüber trunksüchtigen Personen
das mehrfach angestrebte Trinkerfürsorgegesetz scheinbar keine Aussicht
auf Verwirklichung hat. Der allgemeinen Trinkerfürsorge gedenkend, hebt
Yerf. den Standpunkt des Leiters der Königsberger Fürsorgestelle hervor,
welcher als beamteter Arzt die Fürsorge für Trunksüchtige mit derjenigen
für Geisteskranke, wie sie dem Kreisarzt gesetzlich obliegt, identifiziert
Dies ist leider nicht überall der Fall, obwohl der Alkoholismus doch zu
den Psychosen rechnet. Ara Schluß seiner Ausführungen wünscht Verf. inten¬
siveres Eintreten für die Trinkerheilstätten, welche den Ausgangspunkt der
erweiterten Trinkerfürsorge bilden sollen, und zwar allgemein als auch ins¬
besondere von seiten der Provinzialverbände, von dem Standpunkte ausgehend,
daß durch zweckentsprechende Repressiv- wie Prohibitivmaßnahmen im
Kampfe gegen die Trunksucht mit ihren verheerenden Folgezuständen erheb¬
liche Gefahren für den einzelnen abgewendet, bedeutende wirtschaftliche
Vorteile für Provinz und Gemeinde erwirkt werden können. {Autoreferat.)
Hudovernig (56) behandelt die Alkoholiker mit Pilokarpin und Di¬
gitalis. Das erste soll die toxisch saturierten Gewebe der Alkoholiker rasch
durchwaschen, das zweite soll das Herz kräftigen. Das Behandlungsschema,
welches H. anwandte, war folgendes: Absolute Bettruhe in allen Fällen,
selbst bei scheinbar intakter Herztätigkeit, ein Digitalispräparat, ferner
während 8—10 Tagen täglich eine Injektion von salzsaurem Pilokarpin,
dessen Anfangsdosis am ersten Tage 0,005 g, danu 0,01 g beträgt. Ferner
bekommen die Kranken iu der ersten Woche leichte, zumeist flüssige Diät.
Schlaflosigkeit usw. wird besonders bekämpft, Bäder werden nur ausnahms¬
weise gegeben. Diese Behandlung hat bei den Patienten (H. hat 15 im ganzen
in dieser Weise behandelt) die Gesamtdauer der Anstaltsbehandlung be¬
deutend verkürzt, die psychische Aufhellung trat viel schneller ein und die
prozentuale Zahl der Heilungen stieg von 58% auf 80%, die relative Zahl
der Todesfälle sank von 28,5 % auf 6,7 %. Die Digitaliskur stellt eine
Präventivmaßnahme gegen die bei den Alkoholikern stets drohende Herz¬
schwäche dar und verhindert Todesfälle, namentlich im deliranten Stadium.
( Jacobsohn .)
Anstalten.
Weygandt (116) hat am Tage des 50jährigen Bestehens der Anstalt
Friedrichsberg-Hamburg .in kurzen Worten die Entwicklung der Anstalt
skizziert. Nachdem er die Lage der Irrenpflege im Hamburger Staatsgebiet
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Therapie der Geisteskrankheiten.
ror Eröffnung der Anstalt geschildert hat, behandelt er die Schwierigkeiten,
mit welchen die Absicht der Errichtung einer Irrenanstalt in Hamburg zu
kämpfen hatten. Am 17. November 1864 wurde die Anstalt eröffnet. Es
bestand zunächst eine Zentralanstalt mit 200 Betten für heilbare und besse¬
rungsfähige Kranke und ein Pensionat mit 40 Betten. Der erste Leiter
der Anstalt war Ludwig Meyer, dem jm Jahre 1866 Wilhelm Reye
folgte. Die Anstalt litt sehr schnell an ÜberfUllung, trotz Hinzufügung von
verschiedenen Bauten. Die Zahl der Kranken stieg manchmal auf mehr
als 1500. Das Bedürfnis nach einer Neuerung machte sich geltend. Es
wurde ein Umbau vorgenommen. Die Anstalt, die jetzt 1500 Kranken
Platz bietet, kann als eine mustergültige angesehen werden. Einrichtungen
für jegliche wissenschaftliche Forschung sind vorhanden. Für die Be¬
schäftigung der Kranken ist eine Reihe von Betrieben vorgesehen. Zum
Schluß wird der Forderungen gedacht, welche der jetzige Weltkrieg an die
Anstalt und deren Personal gestellt hat.
Fischer (37 a): Au? dem Jahresbericht der Anstalt Wiesloch, welche
einen Krankenstand von 1294 aufweist, ist zu erwähnen, daß ein ge¬
sichertes Haus in Betrieb genommen wurde und an neuen Bauprojekten ein
Infektionshaus, ein Operatioussaalanbau, eine Liegehalle, ein Festsaalgebäude,
eine Kirche, ein Wasserpumpwerk und ein Beamtenwohngebäude in Betracht
kommen. Durch den Mangel von 148 Mitarbeitern hat sich der Weltkrieg
sehr bedeutsam für den ordnungsmäßigen Betrieb der Anstalt geltend
gemacht.
Das Verwahrungshaus zu Göttingen ist eine einer Irrenanstalt ange¬
gliederte Abteilung für unsoziale Geisteskranke. Mit einer kriminellen Ver¬
gangenheit an sich hat die Aufnahme in das feste Haus nichts zu tuu, sie
wird allein bedingt durch die Unmöglichkeit, den betreffenden Kranken in
den freieren Verhältnissen einer Heil- und Pflegeaustalt zu behandeln. In
praktischer Hinsicht liegen die Dinge freilich so, daß es sich bei der über¬
wiegenden Mehrzahl um verbrecherische Irre handelt. Von den 104 Kranken
der Göttinger Anstalt, über welche Tintemann (110) berichtet, waren nur
10 nicht oder nur in unbedeutendem Maße mit dem Strafgesetzbuch in
Konflikt geraten. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um Schwach¬
sinnige. Durch die nicht frühzeitige Sicherung solcher Kranken wird großes
Unheil angericbtet, wie T. mit mehrereu Beispielen belegt. 20 von den
Insassen waren schon früher in Fürsorge- oder Zwangserziehung gewesen.
Das frühzeitige Auftreten krimineller Neigungen ist das Kennzeichen einer
ganzen Reihe von Insassen des Hauses. 59 der Insassen waren schon vor
Vollendung des 20. Jahres bestraft, 27 % waren mit Zuchthausstrafen, z. T.
mehrmaligen bestraft, 23% waren Vagabunden. Vortragender verbreitet sich
noch eingehend über Geisteszustand, Art der psychischen Erkrankung der
Insassen des Göttinger Verwahrungshauses. ( Jacobsohn .)
Jackson (59) empfiehlt für jede Irrenanstalt eine Isolierbaracke und
alle sonstigen bekannten sanitären Maßnahmen, um Infektionskrankheiten
unter den Irren zu verhüten, resp. w r enn ausgebrochen, so bald und so gut
als möglich zu unterdrücken. ( Jacobsohn .)
Schultz (98) versucht zunächst eine kurze begriffliche Abgrenzung
des Bazilleuträgertums zu geben. Aus einer Zusammenstellung von diesem
Gegenstände gewidmeten Arbeiten ergibt sich, welche Bedeutung der
Nachweiß von Bazillenträgern für die Irrenanstalten hat. Verfasser bespricht
allsdaun die verschiedenen in Betracht kommenden Infektionskrankheiten:
Typhus, Paratyphus, Dysenterie, Cholera, Diphtherie, Meningitis cerebrospiualis,
Tuberkulose und Syphilis, um über die Maßregeln gegen die Bazillenträger in
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Therapie der Geisteskrankheiten.
823
■den Anstalten Klarheit zu gewinnen. Um den Anforderungen gerecht zu
werden, bedarf eine jede Anstalt eines bakteriologisch-serologischen Labo¬
ratoriums.
Dees (22) veröffentlicht eine Korrespondenz, in welcher es sich darum
handelt, die Ruhr- und Typhusbekämpfung in Anstalten zu ermöglichen. Es
wurden die Krankheiten auf Bazillenträger zurückgeführt und angenommen,
daß die Verbreitung dadurch stattfinde, daß das Eß- und Trinkgeschirr nicht
hinreichend desinfiziert werden könne. Das hygienische Institut zu München
gab nun einige Ratschläge, um diesen Zweck zu erreichen. In bezug auf
die Einzelheiteu muß auf die Originalarbeit verwieseu werden.
Haberkant (47) berichtet über die Einrichtung des im Jahre 1912
eröffneten Bewahrungshauses, das für 42 Kranke eingerichtet ist und im
Notfall 60 Kranke aufnehmen kann. Das Haus hat 4 Abteilungen, eine
Wachabteiluug, eine Lazarettabteilung und zwei Abteilungen für ältere In¬
sassen mit je einem Arbeitsraum für Beschäftigungszwecke. Als besondere
Sicherheitseinrichtung hat sich das Abschrägen der Ecken an sämtlichen
Krankenräumen bewährt. Ein Verstecken neben der Tür zu etwaigen tät¬
lichen Angriffen ist unmöglich gemacht. In der abschrägenden Wand liegen
die Eingangstüren mit kleinen Beobachtungsfenstern, durch die beim Durch¬
blick der ganze Raum gut übersehen werden kann. Der Wachdienst ist des
Nachts als Doppelwache eingerichtet. In 10 Minuten ist der Rundgang
zu beenden. Bei Überschreitung der Zeit alarmiert der Kontrollapparat
selbsttätig. Die Eßgeschirre, Trinkbecher und Nachtgeschirre bestehen aus
Papiermasse. An der Kleidung ist alles weggelassen, was zur Herstellung
gefährlicher Gegenstände Gelegenheit geben kann. Die Bettstellen sind von
der Firma Maquet in Heidelberg in zufriedenstellender Weise geliefert. Von
den Beschäftigungsarten wird ungefährlichen der Vorzug gegeben. Die
Kosten des Hauses betrugen 126000 M., die der inneren Einrichtung 4000 M.
Das Verhältnis der Wärter zur Kraukeuzahl ist das übliche 1 : 3.
Therapie.
V. Bremen (9) hat in einet Reihe von Fällen von progressiver Paralyse
festgestellt, welche Abweichungen von der Norm der Liquor aufweist, und zwar
in bezug auf Druck, Zellzahl, Qualität und Quantität der Eiweißmenge und
die Wassermannsche Reaktion. Ferner sucht er die Frage zu beantworten,
ob und wie die Lumbalflüssigkeit durch intravenöse Salvarsandarreichungen
beeinflußt wird, und ob etwaige Veränderungen klinisch im Sinne einer
Besserung oder Verschlimmerung der Krankheit zum Ausdruck kommen.
Nur einige der Resultate können hier erwähnt werden. Erhöhter Druck
war bei 36,5%, stark erhöhter bei 15,4% vorhanden. Stark pathologisch
erhöhte Werte des Eiweißgehaltes fanden sich bei 28,1% der Fälle.
Wassermann war in 93,7 % der Fälle positiv. Nach Salvarsanbehandlung —
hier kommen 8 Fälle in Betracht — wurde in 5 Fällen die Wassermannsche
Reaktion im Liquor nachuntersucht. Zweimal war das Resultat unverändert,
dreimal war das Resultat negativ. Einen Einfluß auf den weiteren Verlauf
der Paralyse hatte die Veränderung nicht. Eine bestimmte Prognose kann
aus der günstigen oder schlechten Beeinflussung des Liquors nicht gestellt
werden.
Friedländer (40) hat bei schweren Erregungs- und Angstzustäuden
Trivalin und Trivalin-Hyoszin absolut unzuverlässig und außerdem schou
in mäßigen Dosen nicht ungefährlich gefunden. Dagegen ist das Morphium-
Skopolamin in einer Dosis von 0,050 bis 0,03 Morphium und 0,0005 bis
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Therapie der Geisteskrankheiten.
0,001 Skopolamin das wirksamste nnd relativ ungefährlichste Mittel zur
raschen Conpierung dieser Zustände. Morphium und Skopolamin werden
am besten, in 50proz. Alkohol gelöst, intramuskulär injiziert, da diese Lö¬
sungen absolut steril lange haltbar sind und der Alkohol gleichzeitig günstig
auf die Herztätigkeit wirkt. In manchen Fällen ist außerdem eine gleich¬
zeitige Kampherinjektion zu empfehlen.
Fischer (37) regt an, die Beschäftigungstherapie, wie sie in den ge¬
schlossenen Anstalten besteht, den Kriegsinvaliden zugute kommen zu lassen.
Erstens können hier Invalide sich zu ihrem seitherigen Handwerk und Beruf
nach Möglichkeit einüben und die alte Festigkeit zu erlangen suchen.
Zweitens können Invalide, die wegen ihrer Verstümmelung zu einem anderen
Beruf überzutreten gezwungen sind, hier gute Gelegenheit finden, in neuen
Berufsarten angelernt und ausgebildet zu werden. Der Hauptvorzug liegt
in der leicht möglichen Anpassung. 2000—3000 Krieger könnten bei der
Menge von Anstalten in Deutschland untergebracht werden. Bedenken gegen
das Zusammenarbeiten der geistig gesunden Krieger mit den Anstaltskranken
dürften kaum bestehen. Eine besondere Abteilung könnte wobl in jeder
Anstalt zur Verfügung gestellt werden. Verfasser betont auch noch den
Liebesdienst, den die Krieger dem Irrenwesen erweisen können, indem sie
nämlich aus eigener Kenntnis richtige Anschauungen über Geisteskranke,
das Anstaltsleben und das Wirken der Irrenärzte verbreiten, Vorurteile zer¬
streuen helfen und so einer gesunden Aufklärung des Publikums die Wege
öffnen.
Die von Donath empfohlene Paralysenbehandlung mit Natrium nu-
cleinicum, deren Wesen nach D. eine durch Hyperpyrese und Hyperleuko-
zyt.ose verursachte stärkere Oxydation und damit bedingte Nervenzellen¬
regeneration ist, hat Szedläk (106) bei 50 ohne Auswahl behandelten
Paralytikern versucht. Bei 5—7 tägigen Injektionen wurde die Dosis von
1 g bis zu 5 g gehoben; später wurde das Präparat Phagozytin verwendet.
Nach der Injektion zeigte sich während 4—5 Stunden eine Hypoleukozytose,
danach eine auffallende Temperatursteigerung mit Hyperleukozytose, bei
welcher die Temperatur bis zu 40°, die Zahl der Leukozyten bis zu 30000
bis 40000 anstieg. Die Temperatursteigerung war im allgemeinen geringer
als bei der Tuberkulinkur, demgegenüber kam es häufiger zur Abszeßbildung.
Wassermann in Blut und Zerebrospinalflüssigkeit wurden vor und nach der
Kur untersucht, zeigte häufige Besserung (d. h. negativen W.) aber ebenso
wie bei den Tuberkulinkuren bloß in jenen Fällen, welche gleichzeitig mit
Quecksilber behandelt wurden. Verf. hat die Nukleinkur bei 25 Kranken
ohne, bei den anderen 25 mit gleichzeitiger Hg-Kur angewandt. Nach¬
stehend die vergleichenden Ergebnisse der zwei Behandlungsarten, bemerkend,
daß in Klammern stehende Zahlen sich auf die Erfolge der mit Quecksilber
kombinierten Nukleinkur beziehen: arbeitsunfähig wurden 0 (4)%, bedeutend
gebessert 8 (36)%, geringe Besserung 24 (24)%, keine Besserung 31 (16)%,
aus äußeren Gründen unterbrochene Kur 4 (4)%, gestorben 33 (16)%. —
Wegen Kürze der Beobacbtungszeit kann sich Verf. über die Dauer der
Remissionen nicht äußern. ( Hudoveruig .)
ln Konsequenz seines in den ersten Vorlesungen über die spezielle
Therapie der Geisteskrankheiten vertretenen Standpunktes, daß die Persön¬
lichkeit des Arztes die Hauptrolle bei der Behandlung des Geisteskranken
spiele, bespricht Niefil v. Mayendorf (82) eingehend das Verhalten des
Arztes gegenüber den einzelnen Typen der erkrankten senilen Psyche. Eine
senile Geisteskrankheit ist ebensowenig heilbar als eine in der Jugend oder
Reifezeit entstandene. In erster Linie trachte der Arzt den Ausbruch einer
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Therapie der Oeiateskankheiten.
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Geisteskrankeit durch eine zweckmäßige Hygiene zu verhindern. Ist der
Geisteskrankheit so nicht vorzubeugen gewesen, so kann man nur mehr
Symptome beeinflussen oder beseitigen. Gegen die arteriosklerotischen Psy¬
chosen sind die in der inneren Medizin üblichen Maßnahmen anzuwenden.
Dieselben führt Verfasser skizziert vor. Die Internierung des Kranken in
eine geschlossene Anstalt bedeutet für den Autor nur eine Sicherung des
Kranken gegen sich selbst und gegen seine Umgebung. Wo es die Ver¬
hältnisse der Kranken gestatten, ist eine Belassung in den gewohnten Ver¬
hältnissen von therapeutischer Wichtigkeit. Nur dort, wo dieselben einer
Besserung der krankhaften Erscheinungen direkt im Wege stehen, ist die
Anstaltsbehandluug indiziert. Wie sich der Arzt gegenüber dem kriminell
gewordenen, geisteskranken Greis zu verhalten habe, konnte nur gestreift
werden. (Autoreferat.)
Jackson (60) beschreibt die allgemeinen bei Geisteskranken anzu¬
wendenden hydrotherapeutischen Prozeduren und stellt die Kontraindikationen
auf, welche evtl, gegen deren Anwendung im gegebenen Falle sprechen.
( Jacobsohn .)
Hughes (57) empfiehlt, für Geisteskranke die größtmögliche Sorgfalt
darauf zu verwenden, daß ihre Verpflegung nicht nur eine ausreichende sei,
sondern daß man sie ihnen auch in jeder Hinsicht angenehih gestaltet, weil
das auf die Besserung ihres Zustandes von größtem Einfluß ist.
( Jacobsohn .)
Die intraventikuläre Injektion von Neosalvarsan halten Hammond und
Sharpe (50) für die beste Methode der Behandlung der progressiven Paralyse.
Sie ist besser als die intraspinale und auch als die subdurale Methode. Sie
ist bei Beherrschung der Technik gefahrlos und zeitigt besonders im An¬
fangsstadium der Krankheit sehr gute Erfolge. ( Jacobsohn .)
Grzywo-Dybrowski (46) berichtet über Erfolge der Luminalbehandlung
bei epileptischer Demenz. Das Mittel hat die beträchtliche Verminderung
der epileptischen Anfälle zur Folge auch dann, wo die Erkrankung mehrere
Jahre oder sogar Jahrzehnte andauert. Auf den psychischen Befund übt
das Luminal weder günstigen noch ungünstigen Einfluß. Besonders günstig
wirkt Luminal in den Fällen von angeborener, mit Epilepsie kombinierter
Imbezillität. Es sind bisher keine Kontraindikationen gegen Luminaldar-
reichung zu verzeichnen. (Sterling.)
Ausgehend von den Ergebnissen der Abderhaldenschen Unter¬
suchungen nimmt H&jdu (49) an, daß eine Störung, Insuffizienz der inneren
Hoden-, Ovarien- und Schilddrüsenfunktion die Entwicklung der Dementia
praecox erleichtert, aber nicht verursacht. Aus diesem Grunde hat Verf.
in der Klinik Moravcsik 20 an Dementia praecox leidende Kranke mit
Injektionen behandelt. 7 Männer, davon 5 unter, 2 über dem 20. Jahre, er¬
hielten abwechselnd täglich je eine Injektion von Hoden- resp. Schilddrüsen¬
extrakt, die 13 Frauen (davon 9 unter, 4 über 20 Jahre) je eine Injektion
von Schülddrüsenextrakt und Glanduovin. Von den Männern wurde über
die Hälfte gebessert entlassen; von den Frauen 6 gebessert, 1 geheilt
entlassen, 3 stehen unter Behandlung, 3 unverändert. Obwohl die Ver¬
suche noch nicht abgeschlossen sind, so berechtigen doch die bisherigen
nicht schlechten Erfolge zu weiterer Verfolgung der Therapie, um so mehr,
da ja das Leiden selbst eine ziemlich ungünstige Prognose besitzt.
(Hudovemig.)
Seit dem Fuchs (42) nach Staroperation" bei alten Leuten das nicht-
operierte Auge nur für den Tag der Operation verbindet und bejahrten
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826
Therapie der Geisteskrankheiten.
Kranken, falls sie nicht Abstinenten sind, etwas Alkohol in Form von Wein
gibt, kommen Fälle von Delirium senile nach Staroperation in seiner Klinik
nicht mehr vor. Außerdem berichtet der Autor über zwei hochbetagte
Patienten, die infolge beiderseitigen Stares völlig erblindet, aber dabei auch
teilnahmslos und halb verblödet erschienen. Nach der Operation, die in
beiden Fällen ein gutes Sehvermögen erzielte, besserte sich allmählich der
geistige Zustand beider Kranken in unglaublicher Weise. Die Fälle zeigen,
daß Verlust des Gesichtsinnes bei alten Leuten zu geistiger Stumpfheit
führen kann, weil das gealterte Gehirn den Verlust des Gesichtsinns nicht
durch Mehreinsatz der anderen Sinne so ausgleichen kann, wie das jugend¬
liche Gehirn. {Jacobsohn.)
In ihren therapeutischen Betrachtungen gehen Fabinyi und Selig (35)
von der Erfahrung aus, daß sich die Verlaufsdauer der Paralyse zusehends
verlängert, die expansive Form zugunsten der dementen stets abnimmt. Dies
weist auf eine Verlangsamung des anatomischen Prozesses hin, und eine
Therapie kann derzeit auch nur eine solche anstreben. Wichtig ist die je
frühere Behandlung des Leidens. Nachdem die Erfahrungen der letzten
Forschungen darauf hinweisen, daß die autiluetische Behandlung kombiniert
mit einer Hyperpyrese die besten Erfolge verspricht, haben Verf. ihre Ver¬
suche mit dem Hydrargyrum uatrio-nucleinicum durchgeführt. Insgesamt
wurden 21 nicht ausgewählte Fälle behandelt. Anfangsdosis 1 Kubikzenti¬
meter von der ßprozentigen und später 2 vou der 2 I /2P rozeut >g en Lösung;
bei nicht zu hohem Fieber wurde die Gabe auf 6 resp. 8 Kubikzentimeter
sukzessive erhöht. Insgesamt wurden 5 resp. 10 Injektionen gemacht, in 5-,
bei starker fieberhafter Reaktion in 7tägigen Intervallen. Lokale Erschei¬
nungen: zumeist Infiltration uud Schmerz, Eiterung niemals. Allgemeine
Reaktion: Fieber bis zu 39°, welches bis zum Ende der Kur auhielt; starke
Lymphozytose, mit größter Zahl der Leukozyten am Tage nach der Injektion;
in manchen Fällen wurde die anfängliche Leukopenie vou einer ständigen
Leukozytose abgelöst. Die häufige Gewichtsabnahme während des Fiebers
wurde später durch reichliche Gewichtszunahme eingebracht. Keine nennens¬
werte Veränderung in psychischer Beziehung, Wassermann blieb zumeist
positiv, ebenso auch die Liquorreaktionen. Gesamtergebnis der Statistik:
längere und anhaltendere Remissionen, namentlich bei beginnender Erkran¬
kung, Abnahme der Todesfälle um 50%. Es gelingt also, deD Krankheits¬
prozeß zum Stillstand zu bringen. (Hudovernig.)
Dercum (23) gibt einen allgemeinen Überblick über die Behandlung
der Geisteskrankheiten nach der ätiologischen und symptomatischen Richtung.
{Jacobsohn.)
Brown (14) unterstützt die Ernährung bei Geisteskranken besonders
durch warme Magenpackung, von welcher er in vielen Fällen erstaunliche
Erfolge gesehen haben will. {Jacobsohn.)
Heinicke und Künzel (55) versuchten an 8 Paralytikern die von
v. Wagner, v. Jauregg inaugurierte kombinierte Tuberkulin-Quecksilber-Kur.
Einen um den anderen Tag wurde die Tuberkulininjektiou (von 0,001 g be¬
ginnend und bis 1,2 g steigend) gemacht, und an den Zwischentageu eine
Injektion von Hydrargyrum succini midatum in wäßriger Lösung ohne
Kokainzusatz in die Giutäalgegend gemacht. Die Tuberkulininjektiönen
wurden bis zu 12 Temperaturanstiegen gemacht und von den Quecksilber¬
injektionen wurden ca. 25 Spritzen gegeben. Nach den Resultaten halten
es die Autoren für berechtigt, die Versuche weiter fortzusetzen.
{Jacobsohn.)
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Therapie der Geisteskrankheiten.
827
Schwachslnnigenfürsorge.
Schnitzer (96) hält die Errichtung von Sonderanstalten oder Sonder¬
abteilungen für schwer erziehbare Pürsorgezöglinge krankhafter Beschaffenheit
für notwendig. Sie sind entweder als selbständige Anstalten oder im Anschluß
an Erziehungs- oder Schwachsinnigenanstalten einzurichten. Nur für schul¬
entlassene Fürsorgezöglinge sind Sondereinrichtungen notwendig. Der bau¬
liche Charakter und die innere Organisation haben psychiatrische und päda¬
gogische Maßnahmen zu berücksichtigen. Die Disziplin der Sonderanstalt
hat bei Beobachtung erzieherischer Grundsätze den Charakter der Kranken¬
anstalt zu wahren. Auch für schwer Erziehbare ist als Endziel und Über¬
gang in die volle Freiheit Familienerziehung anzustreben. Zur Gewinnung
und Ausbildung eines geeigneten Erzieherpersonals sind die erforderlichen
Maßnahmen zu treffen, auch ist auf die äußere Sicherstellung des Personals
Bedacht zu nehmen.
Büttner (16) empfiehlt, Kreishilfsschulen für Schwachbegabte Kinder
auf dem Lande zu gründen. Er geht dann die Maßnahmen durch, welche
für diese Kinder auf dem Lande bestehen. Besonders bespricht er das
Buch von Schreff und Steinhaus: Das schwachsinnige Kind in der nor¬
malen Volksschule, welches den Lehrern auf dem Lande als Anleitung zur
zweckdienlichen erziehlichen, unterrichtlichen und fürsorglichen Behandlung
schwachsinniger Kinder empfohlen wird. ( Jacobsohn .)
Selbstmord.
Placzek (85) hat sich ein besonderes Verdienst dadurch erworben,
daß er die Ursache des Selbstmordes und die Wege, ihn zu verhüten, zu
einer breit angelegten Studie gemacht hat. Eine eingehende historische
Einleitung des Selbstmordproblems verrät den belesenen Autor. Die anato¬
mische Forschungsrichtung verspricht nicht allzuvieles, zu der Lösung des
Selbstmordproblems beizutragen. Indes wird es als berechtigt erachtet, mit
gewisser Einschränkung die Sektionsergebnisse zu bewerten. Es wird dabei
auf teils angeborene, teils erworbene Anomalien und Krankheitszustände
hingewiesen. Von ganz besonderem Interesse ist der Rückblick, den Verf.
über die Anschauung der Völker, über die Rechtsanschauung und Aufklärungs¬
literatur der Lehre vom Selbstmord gibt. In dem Gesetz Moses ist der
Selbstmord überhaupt nicht erwähnt. In den attischen Gesetzen ist eine
Bestimmung, daß derjenige, welcher nicht länger leben will, es dem Senat
anzuzeigeu hat. Nach erhaltener Erlaubnis scheidet er aus dem Leben.
Die römische Gesetzgebung betrachtet den Selbstmord als Unrecht gegen
andere, nicht aber als Unrecht an sich. Das Gesetz sagte: Der, welchem
es gefällt zu leben, darf sterben, wenn nicht etwa einer im Bewußtsein eines
Verbrechens lieber sterben als verurteilt sein will. Die christliche Lehre
verdammt den Selbstmord. So kam man zur Vermögenskonfiskation, zu
einer bürgerlich infamierenden Begräbnisart des Selbstmörders, zur Exekution
am Leichnam und zu einer Bestrafung des Selbstmordversuches.
Der Verf. spricht des weiteren vom physiologischen Selbstmord. Er
ist der Ansicht, daß ein solcher vorkommt; hierzu gibt er aus seiner reichen
Erfahrung einige Beispiele.
Recht häufig ist bekanntlich der Selbstmord bei Geisteskrankheiten
und Melancholie. Einen ganz besonderen Anteil zum Selbstmord liefern
die Zwangsvorstellungen, bei denen der Kranke zwar von der Unrichtigkeit
seiner Idee überzeugt ist, sie aber nicht abschüttoln kann. Hingewiesen
wird auch auf die affektiven Handlungen der Hysterischen, die zuweilen so
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828
Referate ans der englischen Literatur.
impulsiv handeln, daß ein vielleicht gar nicht beabsichtigter Effekt zustande
kommt Mit Recht wird deshalb zu größter Vorsicht bei Hysterie gemahnt.
Gefährdet sind auch die von Sinnestäuschungen betroffenen Geistes¬
kranken, da nie zu wissen ist, was die Stimme den Kranken aufträgt
Bei Verhütung des Selbstmordes kommen zunächst die gleichen prophy¬
laktischen Maßregeln in Betracht, wie bei Verhütung geistiger Krankheit
Verf. wünscht zu dem Zwecke unter anderem die Eheschließung unter Kon¬
trolle zu stellen; da aber dahingehende Gesetze nicht zu erwarten sind, so
schlägt er vor, Beratungsstellen für Heiratbegehrende zu schaffen, die an
Wohltätigkeitszentralen anzugliedern wären. Besonders ist auch der Kampf
gegen den Alkoholmißbrauch aufzunehmen. Die Religion hält Verf. für
geeignet, einen Halt zu wahren, so daß sie im Kampfe gegen aufreibende
Selbstmordtendenzen unbewußt oder bewußt wirksam werden kann.
Nicht ganz folgen wird man dem Verf. über seine Ansichten, die er
in bezug auf die Verbreitung der Kultur äußert, wenn er auch mit Recht
die Gefahren, die in dem immer stärker werdenden Konkurrenzkämpfe auf
allen Gebieten wogen, für die Entstehung zur Selbstmordneigung erwähnt.
Auch die Schilderung über die unerwünschten Folgen der deutschen Sozial¬
politik ist wohl als etwas zu schwarz ausgefallen zu bezeichnen. Es hat
uns der Krieg gelehrt, daß unser Volk jedenfalls durch das Versieherungs-
gesetz nicht ungünstig beeinflußt ist. Erziehung und Schule müssen dazu
beitragen, daß das schwer erblich belastete Kind ungefährdet durchs Leben
gehen und ersprießliche Arbeit leisten kann. Um den Selbstmord bei Sexuell-
perversen zu verhindern, verlangt Verf. die Änderung der Gesetze. Es soll
die homosexuelle Betätigung nur strafbar sein, wenn sie öffentliches Ärgernis
erregt, wenn sie mit Gewalt erfolgt und wenn sie an Kindern unter 14 Jahren
geschieht. Den Selbstmörder zu strafen, hält Verf. für eine Sinnlosigkeit.
Ein Abschreckungsmittel bedeuten die Versagung eines kirchlichen Begräb¬
nisses und ähnliches nicht. Im Schlußkapitel über praktische Durchführung
der Selbstmordprophylaxe verlangt Verf., daß die bereits vorhandenen Ideen
der Selbstmordseelsorge folgerichtig ausgestaltet werden. Da eine über¬
wiegende Zahl von Selbstmordsüchtigen geisteskrank ist, muß ein nerven-
ärztlicher Berater vorhanden sein. Jede größere Kommune hat ein ent¬
sprechendes Fürsorgebureau zu schaffen.
Soviel über den reichen Inhalt der vorliegenden Studie, sie bietet dem
Leser manche Anregung, und es ist zu erwarten, daß die Hoffnuug des Verf.,
daß er durch sein Werk Mitkämpfer gegen den Selbstmord wirbt und zu
weitergehender Forschung anregt, in Erfüllung geht.
Referate ans der englischen Literatur.
Ref.: Prof. Bleuler und Dr. Brun-Zürich.
a) Referate aus “The Anatomical Record”. Vol. 8. 1914.
1. Glaser, On the mochanism of morphological Differentiation in the Nervus System,
p. 525.
2. Harvey, R. \V., A brain macrotome. p. 507.
3. Shinkishi Hatai, On the weight of so me of the ductlese glands cf the Norwav and
of the Albino rat aceording to sex and rarioty. p. 512. u. The Joum. of Coniparat.
Neuro 1. Vol. 25.
4. Smith, P. E., The development of the Hypophysis cf Amia Calva. p. 499.
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Referate aus der englischen Literatur.
829
5. McKibben, P. S., Mast cells in the meninges of neoturus, easily mißtaken for Nerv
cells. p. 475.
6. Bean, R. B., A racial pecularity in the Sole of the temporal lobe of the negro brain.
p. 479.
Glaser (L) hat seine Stadien an Embryonen von Cryptobranchus
allegheniensis gemacht Die Zählung von gleich dicken Querschnitten der
Nervenplatte zu Zeiten, da sie noch dach ist, da sie halb gebogen ist und
da sie vor der Schließung des Nervenrohres steht, ergab keine Zunahme
der Zellkerne (da die Schnitte alle 10 ja dick sind und während dieser Zeit
die Nervenplatte an Länge zugenommen hat, müssen doch wohl die Kerne
sich vermehrt haben?). Während der Faltung wandert eine große Zahl von
Nervenkernen von der ventrikulären Hälfte in die äußere (der Konvexität
näher liegende) Seite des Bogens, und zwar in viel stärkerem Maße, als der
relativen Zunahme des Querschnittes dieser äußeren Hälfte entsprechen
würde. Die Volumzunahme geschieht, wie an Eiern von Rana pipiens und
Amblystoma punctatum nachgewiesen werden konnte, durch Wasseraufnahme,
die hauptsächlich das Nervensystem betrifft, indem am fünften Tage nach
der Befruchtung das ganze Ei etwa 68%, das Nervensystem allein aber
etwa 80% Wasser euthält. Durch Verbringung von Asteria-Eiern in hypo¬
tonisches Seewasser glaubt Verf. nacbgewiesen zu haben, daß die Größe der
Kerne ein Index für die Größe der Wasserabsorption abgebe. Glaser
diskutiert dann die Theorien der Faltung und vergleicht diese mit der
Gastrulation. Die Wasserabsorption ist wahrscheinlich ein einseitiges Ober¬
flächensymptom, wobei die äußere dem übrigen Embryo anliegende Membran
die veränderte wäre. Daher möchte Verf. den engeren Ausdruck Rhumblers
„Oberflächenspannung“ durch „OberflächenWirkung“ (surface effect) ersetzen,
der noch Raum läßt für andere Möglichkeiten als die Spannung, z. B.
Verflüssigung der Membran. Solche Untersuchungen sind ja notwendig, um
allmählich den Lebensprozessen näherzukommen. Aber die totale Igno¬
rierung dieser letzteren und die Voraussetzung eines einzigen wirksamen
physikalischen oder chemischen Prinzipes gibt doch der Diskussion immer
etwas Schiefes, wie wenn man die Atmung damit fertig erklären wollte, daß
man sagt, die Lunge erweitere und verengere sich und sauge und presse
damit die Luft aus und ein. Wenn eine Zelle einseitig Wasser auf nimmt
oder ihre Membran einseitig ihre Durchgängigkeit ändert, so ist das doch
nicht „die“ Ursache der Faltung, sondern eine Teilerscheinung, die mit der
Faltung verbunden ist. {Bleuler.)
Harvey (2) beschreibt ein einfaches und billiges Makrotom für gleich¬
mäßige Hirnscheiben. Als Messer dient eine geschärfte Uhrfeder. {Bleuler.)
McKibben (5) beschreibt in der Pia des Necturus maculosus sich ver¬
zweigende Zellen, die der Form nach Ganglienzellen zum Verwechseln
ähnlich sind, aber Mastzellen sein sollen. {Bleuler.)
Nach Untersuchungen von Bean (6) ist der Temporalpol beim Neger
schmäler und absolut wie relativ zum übrigen Gehirn kleiner als beim
Weißen; beim Negerweibe ist er noch kleiner, aber verhältnismäßig breit.
Wahrscheinlich ist der Hippokampus beim Neger größer als beim Weißen.
{Bleuler.)
b) Referate aus “The Anatomical Record”. Vol. 9.
1. Mc Cotter, R. E., A note on the couree and distribution of the nervous terminalis in
man. p. 243.
2. Addison, W. H. F., The rhinencephalon of the delphin- (delphinus delphis). p. 45.
s. auch The Joum of Comparat. Xeurol. Vol. 25. p. 497.
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830 Referate aus der englischen Literatur.
3. Baldwin, W. M., The action of ultra-violet rays upon the Frog's egg. I. The artifica!
production of spina bifida p. 365.
4. Bätes, G. A., The development of the »ympathetic nervous System in elasmobranchs.
p. 49.
5. Black, D., Notes on the endoeranial casts cf Ocapia, Giraffa, Samotherium. p.56
s. auch The Joum. of Ccmparat. Neurol. Vol. 25. p. 329.
6. Coghill, G. E., Salient features of the medulla oblongata of Amblvstoma embrvo«.
p. 68.
7. Barthelmez, G. R., Some ©ffects of mammalian-thyroid and thymus-glands upon
the development of Amphibian larvae. p. 47.
8. Gudernatsch, J. F., Feediig oxperiments on rata. p. 78.
9. Herrick, C. J., u. Coghill, G. E., The development of reflex mechanisms in Ambly-
stoma. p. 80. s. auch the Joum. of Coinparat. Neurol. Vol. 25. p. 65.
10. Moodie, R. L., On the anatomy of the brain and ear c f a fjßh from the coal measuresof
Kansas. p. 107. 8. auch the Joum. of Comparat. Neurol. Vol. 25. p. 135.
11. Schocket, S. S., On the gross morphology, topographical relations, and innervatiou
of the human parotid gland. p. 120.
12. Uhlenhut, E„ Is function and functional Stimulus a factor in producing and preserving
morphological structures? p. 170.
13. Dockeray, F. C., Volumetrie determinations of the pari« of the brain in a human fetus
156 mm long (erown-pump). p. 207,
14. Reveley, J. L., The pyramidal tract in the guinea-pig (cavia aperea). p. 297.
15. Lineback, P. E., A simplo method of brain dissection. S. 387.
16. Horrax, G., A Study of the afferent fibers of the body wall and of the iiind lege to the
cerebellum of the dog by the method of degeneration. p. 307.
17. Werber, E. J., Experimental Studies aiming at the control of defective and monßtrous
development, p. 529.
18. Kunkal, B. W., The paraphisls and pineal region of the garter Snake, p. 607.
19. Malone, E. F., Application of the Cajal method to tissue previously sectioned. p. 791.
Der „Nervus terminalis“, dessen Vorhandensein beim Menschen erst¬
malig durch Johnston und Brockover nachgewiesen wurde, ist von
Mc Götter (1) bei zahlreichen menschlichen Föten von der zehnten Woche
an, sowie bei zwei daraufhin untersuchten Leichen Erwachsener makroskopisch
aufgefunden und in seinem Verlaufe uäher studiert worden. Der Nerv ent¬
springt an der Gehirnbasis in der Gegend des Trigonum olfactorium und
zieht zunächst längs der Medialseite des Tractus olfactorius zum Bulbus olf.,
woselbst er sich in einen engmaschigen Plexus auflöst, dessen Fasern aufs
engste mit den Fila olf. kommunizieren. Dann sammelt er sich wiederum
zu mehreren untereinander verbundenen Faszikeln, die über die laterale
Oberfläche der Crista galli (etwas dorsal von der Lamina cribrosa) hinziehen
und senkt sich schließlich als geschlossenes Bündel durch die letztere in die
Nasenhöhle ein. Sein Endgebiet liegt in der Schleimhaut des vorderen oberen
Randes des Septum, nach vorn von den Nn. vomero-nasales. ( Brun .)
Addison (2) untersuchte beim Delphin, bei welchem Tractus und
Bulbus olfactorius vollständig fehlen, die als „Riechhirnanteile“ geltenden
Strukturen des Groß- und Zwischenhirus. Im Zusammenhang mit dem
Verluste der primären Olfaktoriusendstätten fehlt hier auch die Riechrinde
an der Basis des Frontallappens, so daß an der entsprechenden Stelle das
Corpus Striatum bloßliegt. Dagegen ist der Lobus parolfactorius, welcher
von Edinger mit dem ,,Oralsinn“ in Beziehung gebracht wird, deutlich
nachweisbar, wenn auch stark reduziert. Von den verschiedenen olfakto-
und purolfaktorischen Verbindungen zum Hippokampus ist nur das Zucker¬
kand Ische Bündel deutlich. Die Fimbria entspringt als zartes Band vom
Hippokampus, der rudimentär und zvtoarchitektonisch nur schwer mit dem
entsprechenden Gebilde der Geruchstiere zu identifizieren ist. Echte Fornix-
fasern fehlen. Die Corpora mammillaria sind hochgradig reduziert. Dagegen
ist das Psalterium sehr wohl entwickelt, enthält also zweifellos nicht lediglich
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Referate aas der englischen Literatur.
831
Kommissurenfasem aus den Hippokampi. Auch die Taenia thalami und
Taenia semicircularis sind vorhanden. Starke Reduktion der vorderen
Kommissur infolge Fehlens ihres olfaktorischen Anteils. (Brun.)
Baldwin (3) gelang es, vermittels ultravioletter Strahlen, bei 10 bi»
30 Sekunden langer Exposition, kleinste Areale der Oberfläche des befruchteten
Froscheies zu zerstören. Er fand mit Hilfe dieser Methode, daß die sogenannte
„Proanlage“ (das organbildende chemische Material des ungeteilten Eis) für
das Neuralrohr weder in der Dotterhalbkugel noch im Äquator, sondern an
der Oberfläche der Pigmenthemisphäre gelegen ist und seine endgültige Lage
und Ausdehnung durch Wanderung nach rückwärts erhält. Diese Wanderung
erfolgt synchron mit der Lage Veränderung der dorsalen Lippe des Blastoporus,
so daß, wenn der Ablauf dieses letzteren Prozesses durch die Gegenwart
eines abgetöteten Dotterareals gestört wird, eine Teilung des Neuralrohrs
in zwei getrennte Anlagen eintritt, welche später nicht mehr verschmelzen.
Die Rouxsche Mosaiktheorie der Keimesanlagen erfährt durch diese Ex¬
perimente beiläufig eine Bestätigung. (Brun.)
Bates (4) fand bei Squalusembryonen keine Anhaltspunkte für die
Theorie, daß die neben der Aorta gelegenen chromaffinen Zellen zu sym¬
pathischen Nervenzellen werden. Die sympathischen Ganglien entwickeln
sich vielmehr direkt aus den hinteren Wurzeln. Die Mitbeteiligung von
Material aus den vorderen Wurzeln bleibt zweifelhaft, wenn auch nicht
unwahrscheinlich. (Brun.)
Barthelmez (7) erzielte bei Amphibienlarven durch Fütterung mit
Thyreoidextrakt nur eine geringe Wachstumshemmung. Dagegen wurde so¬
wohl durch Thymus- als Lymphdrüsenfütterung (bei Froschlarven) die Ent¬
wicklung beschleunigt. (Brun.)
Gadernatsch (8) fand bei Ratten, daß durch Tbyreoidfütterung beider
Eltern in subtoxischen Dosen die Befruchtung noch mehrere Wochen nach
Aussetzen der Behandlung verhindert wurde. Trat schließlich Gravidität
ein, so endete dieselbe entweder in Abort, oder die Jungen starben bald
nach der Geburt oder sie blieben im Wachstum zurück. (Brun.)
Von der Überzeugung ausgehend, daß das Studium der funktionellen
Hirnmechanismen von den primitivsten Verhältnissen, unter enger Berücksich¬
tigung der Anatomie, ausgehen sollte, untersuchten Herrick und Coghill (9)
die fortschreitende Entwicklung der Reflexmechanismen bei Amblystoma-
larven. Einer der am frühesten auslösbaren Reflexe ist der „Schwimmreflex“.
Derselbe beruht auf dem Ineinandergreifen dreier Neurongruppen: 1. Peri¬
pherer sensorischer Neurone, deren Dendriten in der Haut und in den
Myotonien entspringen und deren Neuriten, T-förmig in auf- und ab¬
steigende Äste gegabelt, das Rückenmark in seiner ganzen Länge durch¬
ziehen; 2. motorischer Zellen, deren Axone einen absteigenden Tractus
anterolateralis bilden und die Myotome durch Kollateralen inuerviereu und
3. ventralen Kommissurenfasern von den sensiblen Zellen der einen zu den
motorischen Zellen der anderen Seite. Der Schwimmreflex ist eine so¬
genannte „Totalreaktion“, ohne besondere reflexogene Zone: auch sind die
sensiblen Fasern noch nicht in exterozeptive und propriozeptive differenziert.
Die ersten „zentralen Bahnen“ bestehen aus kettenförmigen Gliederungen
zahlreicher relativ kurzer Neurone. — Bei halberwachsenen Larven, wo die
Spinalganglien- und Vorderhornzellen voll ausgereift sind, kommen schon
zahlreiche gekreuzte und ungekreuzte Teilreflexe zustande. Infolge Vor¬
handensein langer Bahnen, welche von spezifischen Sinnesorganen angetrieben
werden, sind hier auch die Auslösungsmöglichkeiten schon erheblich mannig¬
faltiger. ln der Oblongata der Amblystomalarven sind die primären sensiblen
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Referate aus der englischen Literatur.
Zentren funktionell noch nicht spezifisch, sondern können mit mehreren oder
sämtlichen sensiblen Hirnnerrenwurzeln Synopsen eingehen. Infolgedessen
funktionieren dieselben auf dieser Stufe nicht allein als Rezeptions-, sondern
zugleich auch als Koordinationszentren. (Brun.)
Im N. auriculotemporalis fand Schochet (11) nahe der Teilungsstelle
des Nerven in seine zwei Hauptäste konstant eine kleine, gangliöse An¬
schwellung, welche er als „Ganglion parotidis“ bezeichnet. Die peri¬
pheren Aste der Zellen dieses sympathischen Ganglions scheinen größtenteils
in der Parotis zu endigen. Dasselbe dient wahrscheinlich als gemeinsame
Endstätte viszeraler efferenter Axone des N. glossopalatinus (N. intermedius),
welche Axone es durch Vermittlung des N. petrosus superficialis minor er¬
reichen. (Brun.)
Uhlenhuth (12) transplantierte die Augen von öber 100 Larven von
Salamandra maculosa. Es erfolgt dabei, nach einer initialen Degenerations¬
periode, eine weitgehende autogene Regeneration der Retina, und zwar tritt
die Regeneration eher rascher ein, wenn die Larven im Dunkeln gehalten
werden, als wenn sie dem Lichte ausgesetzt bleiben. Der funktionelle Reiz
kann somit für diesen Regenerationsvorgang in keiner Weise verantwortlich
gemacht werden. (Brun.)
Die von Lineback (15) angegebene Methode der Gehirnsektion ist in
erster Linie für ünterrichtszwecke geeignet, insofern als durch die Schnitt¬
führung, welche lediglich Inzisionen vorsieht, keine Kontinuitätstrennung der
Teile stattfindet und ein möglichst vollständiger Einblick in die vom Pallium
bedeckten tieferen Hirnteile ermöglicht wird. (Brun.)
Einseitige Durchschneidung der Tract. spiuocerebellares in der Höbe
der 6. Dorsalwurzel hat nach Horrax (16) beim Hunde nur vorübergehenden
Verlost des Tonus und des Muskelsinnes, und zwar in beiden hinteren
Extremitäten, zur Folge. Die aufsteigende Degeneration im Rückenmark
und im Zerebellum ist stets doppelseitig und symmetrisch. Der Fase, spino-
cerebellaris dorsalis endigt in der kaudalen Hälfte des Wurmes und der
angrenzenden medialen Partie der Seitenlappen; der Tr. spinocerebellaris
ventralis erreicht das Zerebellum via Bindedarm und ist der vorderen Wurm¬
hälfte zugeordnet. Nur das vorderste und das hinterste Wnrmläppchen
nehmen keine spinozerebellaren Fasern auf. Ein besonderes zerebellares
Assoziationszentrum für die Hinterbeine ist beim Hunde nicht nachweisbar.
(Brun.)
Werber (17) unterwarf Fischeier (Fundulus) der Einwirkung gewisser
Substanzen, welche bei menschlichen Stoffwechselkrankheiten im Blute Vor¬
kommen (Buttersäure, Azeton). Er erhielt auf diese Weise eine große Menge
monströser Mißbildungen, die den bei Säugetieren vorkommenden Entwick¬
lungsstörungen vollständig an die Seite zu stellen sind: Zyklopie, Synoph-
thalmie, Monophthalmia asymmetrica, Anophthalmie, Mißbildung der Gehör¬
bläschen, der Riechgruben, des Maules, des Zentralnervensystems, der inneren
Organe, der Gliedmaßen sowie der gesamten Körperform (Hemiembryonen
und andere meroplastische Formen). Es fanden sich Eier, wo von dem
ganzen Keim nur ein kleines Fragment der Medullarplatte erhalten geblieben
war, welches sich zu einem isolierten Auge entwickelt hatte. Was die ver¬
schiedenen Grade der Zyklopie und der entsprechenden Entwicklungsstörungen
des Vorderhirnbläschens betrifft, so sprechen Werbers Befunde zugunsten
der Speeman-Lewissehen Fusionstheorie. — Die Mißbildungen sind auf
blastolytische Fragmentation des Keimes zurückzuführen, deren Eintritt von
noch unbekannten Faktoren abhängig ist. Der blastolytische Prozeß setzt
wahrscheinlich auf sehr früher Stufe, vor Bildung der Embryonalscheibe ein.
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Referate aus der englischen Literatur.
833
— Die Vermutung, daß monströse Keimesentwicklung auch beim Säugetier
auf (elterlicher) Stoffwechseltoxämie beruht, erhält durch Werbers Resultate
eine wesentliche Stütze. (Brun.)
Kankers (18) Befunde beziehen sich auf 10—100 mm lange Embryonen
von Thamnophis radix. In bestimmten Embryonalstadien ist bei den Ophidiern
ein Parietalorgan vorhanden, welches aber, im Gegensatz zu den Echsen,
nicht oberflächlich zu liegen kommt und von der Epiphysis von Anfang au
weit getrennt, als eine Ausstülpung des Zwischenhirndaches imponiert. Diese
Befunde bei Schlangen sprechen somit dafür, daß Epiphysis und Parietal¬
organ voneinander vollständig unabhängig sind und aus zwei getrennten
Anlagen entstehen. Auch die Innervation beider Organe ist eine verschiedene:
der Parietalnerv tritt durch die obere Kommissur nach vorn von der Epi¬
physis ins Gehirn ein, der Pinealnerv dagegen durch die hintere Kommissur.
(Brun.)
Malone (19) hat die Cajalsche Methode mit Erfolg zur Paraffin-
Schnittfärbung modifiziert. Die Methode soll, bei strenger Beobachtung
aller von ihm angegebener Kautelen, sehr schöne Bilder liefern. (Brun.)
c) Referate aus “The Journal of Comparative Neurology”. Vol. 25 .
1. Berkelbach van der Sprenkel, The central relations of the cranial nerves in Silurus
glanis and Mormyrus caschive. p. 5.
2. Bartelmez, G. W., Mauthner’s cell and the nucleus motorius tegmenti. p. 87.
3. Johns ton, J., A tractus olfacto-tegmentalis in the human fetal brain. p. 283.
4. Tilney, F., The morphology of the diencephalic floor: a contribution to the study of
craniate homology. p. 214.
5. Black, Davidsohn, A note on the sulcus lunatus in man. p. 129.
6. Poynter C., and Keegan, J., A study of the American Negro brain. p. 183.
7. Ranson, W. L., The vagus nerve of the snapping turtle (Chelydra serpentida).
p. 301.
8. Moodie, R. L., A further contribution to a knowledge of the lateral line System in
extinct amphibia. p. 317.
9. Johnston, J. B., The cell masses in the forebrain of the Turtle, cestudo Carolina,
p. 392.
10. Strong. O. S., A case of unilateral cerebellar agenesia. p. 361.
11. Jefferson, G., Cortical localisatiou and furrow formation. p. 291.
12. Hook er, Davenport, Studies on regoneration in the spinal cord. p. 269.
13. Ross, L. S., The trophospongium of the nerve cell of the crayfish (Cambarus). p. 523.
14. Arey, L. B., The oceurence and the significance of photomechanical changes in the
vertebrate retina. An historical survey. p. 535.
15. Herrick, J. C., and Coghill, G. E., The development of reflex mechanisms in Ambly-
stoma. p. 5.
16. Moodie, R. L., A new fish brain from the Coal Measures of Kansas, with a review of
other fossil brains. p. 135.
17. Black, Davidsohn, A study of the endocranial casts of Ocapia, Giraffa and Samotherium,
with a spezial reference to the convolutional pattem in the family of Giraffidae.
p. 329.
18. Addison, W. H., On the rhinencepalon of Delphinus Delphis, p. 497.
19. Hatay, Sh., On the brain weights of rat« descended from the cross between the wild
Norway (Mus norwegicus) and the domesticalod albino (Mus norwegicus albinus). p. 555.
Beim Wels (Silurus). der ein Geschmacksfisch ist, sind nach Berkel*
bach (1) die motorischen Kerne des Quintus und Fazialis stark ventral-
wärts in die Nähe des sekundären (vorderen) „Geschmackstraktus“ gerückt.
Die sensorische VII. Wurzel ist hypertrophisch, die Augenmuskelkerne rudi¬
mentär. Bei Mormyrus dagegen, wo die sekundäre Geschmacksleitung
kümmerlich entwickelt ist, sind auch die motorischen Kerne des Quintus
und Fazialis an ihrer ursprünglichen Stelle dorsal geblieben. Dagegen ist
Jahresbericht f. Neurologie u. Psychiatrie 1915 .
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834
Beferate aoa der englischen Literatur.
hier das Seitenliniensystem anßerordentiich mächtig entwickelt und im Zu¬
sammenhang damit der Lobnlus lateralis valvulae cerebelli hypertrophisch.
(Br im)
Bartelmez (2) hat die Mauthnersehen Riesenzellen in der Fomatio
reticularis der Teleostier an Serienschnitten studiert Dieselben sind als
besonders hochdifferenzierte und medialwärts gegen die Akustikolateralis-
kreuzung gewanderte Solitärzellen des Nucleus motorius tegmenti zu be¬
trachten. Durch Aussenduug eines enormen Seitendendriten haben sie
jederseits eine direkte Verbindung mit den Wurzelfasern des Akustikus her-
gestellt und sind so zu Assoziationszellen zur Übermittlung des sogenannten
„Dreineuronreflexes“ mit kurzer Latenzzeit geworden. Es enden aber noch
andere (mindestens 12 verschiedene) Faserarten im perizellulären .Netz der
Mauthnersehen Zelle. Ein Teil dieses Netzes — die „Axonkappe“ —
ist besonders reich differenziert (primäre Akustikolateralisverbindung). Die
Endigungen der VIII. Wurzelfasern an dem kolossalen Seiteudendriten treten
überaus klar zutage und bieten somit ein günstiges Objekt zum histologischen
Studium der Neuronsynapse; man kann hier z. B. ganz deutlich die beiden
Plasmamembranen in Kontakt sehen. (Brun.)
Johns ton (3) konnte bei einem menschlichen Fötus von 145 mm ein
markloses Bündel verfolgen, welches, aus der olfaktorischen Portion oder
vorderen Kommissur hervorgehend, längs des Innenrandes der inneren Kapsel,
sodann (im Hypothalamus) zwischen dieser und dem Fornixbündel am Corpus
mammillare vorbei zum dorsomedialen Pedunkulusrande zieht. Dort liegt
es zwischen Nucleus ruber und Subst. nigra und spaltet sich schließlich in
verschiedene kleine Faszikelchen, die teils in der dorsalen Partie des Brücken¬
graus, teils weiter dorsal in der Formatio reticularis zu enden scheinen. Es
handelt sich somit um eine direkte olfakto-tegmentale Verbindung.
(Brun.)
Poynter und Keegan (6) analysierten die feinere Oberflächengestaltung
von 13 Negergehirnen vergleichend und kamen dabei zu folgenden Schlüssen:
Das Negergehirn weicht in ziemlich konstanter Weise von dem mittleren
(idealen) Windungstypus des Kaukasiergehirnes ab, doch liegt der so kon¬
struierbare „Negertypus“ durchaus uoch innerhalb der normalen Variations¬
breite des letzteren. Die bezüglichen Differenzen sind somit nicht absolut,
sondern nur relativ charakteristisch, auch bedeuten dieselben an sich noch
keineswegs alle eine Inferiorität etwa im Sinue einer näheren Verwandtschaft
mit den Affen. Immerhin dürften die folgenden Eigentümlichkeiten doch
als morphologisches Stigma einer gewissen Inferiorität zu betrachten sein:
1. das durchschnittlich etwas niedrigere Hirngewicbt; 2. der im ganzen etwas
einfachere, leichter übersehbare Furchungstypus und 3. das Verhalten der
Frontalregion: größere Breite des Gyr. frontalis 1, relative Schmalheit des
Gyr. frontalis II, kümmerliche Entwicklung des Sulcus frontalis medius
und unregelmäßige Furchung des Sulcus frontalis inferior. Dagegen herrscht
im Gebiete des „hinteren Assoziationszentrums“ (Lobus parietalis inf.) eher
eine erhöhte Wachstumsaktivität, was sich in dem Verhandensein eines
akzessorischen Sulkus in der Regio postsylvica sowie in der. starken all¬
gemeinen Prominenz dieser Gegend (deutliche Tendenz zur Überdachung,
„Operkulation“ der umgebenden Windungsbezirke) ausprägt. (Brun.)
Der Fall von Strong (10) betrifft ein im Alter von 37 a Jahren an
Bronchopneumonie verstorbenes Kind, das klinisch Unsicherheit des Ganges,
sehr langsame, kraftlose Bewegungen, bilateralen Nystagmus, undeutliche
Sprache und zurückgebliebenen Intellekt aufgewiesen hatte. Bei der Sektion
zeigte sich fast vollständiges Fehlen des linken Kleinhirnseitenlappens mit
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Referate aus der englischen Literatur.
835
Ausnahme eines Teils der Flocke; der Wurm war erhalten und auch ein
Rudiment des Nucleus dentatus war vorhanden. Dorsal von diesem Rudi*
ment fand sich eine große Rindenheterotopie. Von den Kleinhirnanteilen
zeigte namentlich die rechte untere Olive (und Nebeuolive) eine enorme
Reduktion bei teilweiser Erhaltung der Zellen. Der linke Brückenarm, das
rechte Brückengrau fehlten nahezu, Fibrae rectae waren dagegen beiderseits
vorhanden. Nahezu völliges Fehlen des linken Bindearms und des rechten
Nucleus ruber, starke Volumreduktion des rechten Pedunkulus. (Keine
Untersuchung des Großhirns.) ( Brun .)
Hooker (12) durchtrennte das Rückenmark von Froschembryonen im
Stadium knrz nach Schluß des Medullarrohres. Sofern die durchschnittenen
Enden miteinander in Kontakt erhalten werden, so erfolgt Heilung per
primain. Wenn die Wunden klaffen, so kommt eine Wiedervereinigung
und Wiederherstellung normaler Verhältnisse auf folgende Weise zustande:
a) durch Auswachsen von Nervenfasern bzw. Neurofibrillen aus der mo¬
torischen Kernregion der beiden Enden; b) durch Auswachsen sensibler
Fasern von der Oberfläche des hinteren Stumpfs; c) durch Auswachsen von
Gliafasern aus den Ependymzellen des Zentralkanals von beiden Enden her;
d) durch Einwanderung von Neuroblasten in das so entstandene Fasernetz;
und endlich e) durch Proliferation der Ependymzellen des Zentralkanals,
dessen Enden sich so eutgegenwachsen und sich schließlich wieder vereinigen.
Das umgebende mesodermale Gewebe beteiligt sich nicht an diesem Heilungs¬
prozeß. Sobald die motorischen und sensiblen Verbindungen wiederhergestellt
sind, zeigen die Kaulquappen auch wieder das normale physiologische Ver¬
halten. Die vollständige Wiedervereinigung kann durch zu großes Klaffen
der beiden Stümpfe oder durch Interposition mechanischer Hindernisse ver¬
hindert werden. {Brun.)
d) Aus dem “British Medical Journal”. Vol. 1.
1. Mackenzie, W., A lecture on the treatmcnt of infantile paralysis. p. GO.
2. Turby, A. H., Remarks on cases of nerve concussion due to bullet and »hell
wounds. p. 57.
3. Bradburne, A., A case of bilateral optio neuritis due to sphenoidal sinusitis. p. 109.
4. Ewart, J. H., A case of tetanus; recovery, p. 156.
5. Osler, W., Remarks on cerebrospinal fever in camps and baracks. p. 189.
6. Edwards, C. R., Aortic Aneurysm: paraplegia death. p. 113.
7. Mott, F. W., The diagnosis and treatment of. parenchymatous Syphilis, p. 192.
8 Pottr., W. A., Certifications undür the mental deficiency act. p. 283.
9. Simon, M.» A cace cf Menierf/a disease, p. 282.
10. Coli ins, R., Treatment of cerebrot pinal meningitis by antimeningococcus scrum
combined with autogenous serum. p. 287.
11. Hobhouse, E., The diagnosis cf cerobrospinal fever, p. 419.
12. Newbolt, G., A case of tetanus; recovery, p. 333.
13. Ledingham, J., Epidemie cerebrospinal meningitis. p. 465.
14. Arkwright, J., Cerebrospinal meningitis: The interpretation of epidomiologioal
observations by the light of bacteriological knowlodge p. 494.
15. Foster, M., Cerebrospinal fever: diagnosis and treatment. p. 543.
16. Gullau, G., Clinical notes on epidemic cerebrospinal meningitis p. 756.
17. Lundie, A., Thomas, D., u. Fleming, S., Cerebrospinal meningitis: diagnosis and
prophylaxis. p. 466 u. 493.
18. Dierelben, Cerebrospinal meningitis: diagnosis and prophylaxis. p. 628.
19. Dieselben u. Maclagan, P., Cerebrospinal fever: its recognition and treatment.
p. 838.
20. Hort, E., Lakin, C., u. Benians, F., Epidemic cerebrospinal fever: The place of the
meningococcus in its etiology. p. 541 u. 715.
21. Shaw, E., Epidemic cerebrospinal fever: A note on pleomorphism of tho responsiblo
micru-organism. p. 675.
22. Ashby, H., Eight cases of epidemic cerebrospinal meningitis in infants. p. 838.
53*
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Original fro-m
UMIVERSITY OMAHFORNIA
836
Referate aus der englischen Literatur.
23. Fearis, W., A method for the bacteriologioal examination of the naao-pharinx in
epideniic oerebrospinal meningiti# contacta. p. 927.
24. Roberts.H., Ford, F. A., A caae of cerebroapinal fever simulating acute nephritiß with
convulßions. p. 998.
25. Joneß, A., u. Mott, F. W., A case of hypothyroidism. p. 804.
26. Gurnoy, H. M., Exophtalmic goitre. p. 924.
27. Horßley, V., On the alleged responsability of the medical profession for the reintro*
duction of the rum ration into the British Army. p 203.
28. Derselbe. Remark# on gunshut woundß of the head. p. 321.
29. Sarge nt. P., u. Holmes, G., Preliminary notes on the treatment of the cranial
injuries of warf a re. p. 537.
30. Platt, H., A elinical lecture on Birth palsy. p. 793.
31. Turner, W., Remarkß on cases of nervous and mental shock; observed in the War
hospitals in France, p. 833.
32. Drummond, W., On idioglossia: with an aciount of a case. p. 670.
Die von Mackenzie (1) geübte Behandlung der spinalen Kinderlähmung
geht von der Beobachtung aus, daß bei diesem Leiden die betroffenen
Muskeln kaum je eine vollständige Lähmung aufweisen; eine feinere Methodik
der Funktionsprüfung läßt vielmehr fast stets erhaltene Mnskelreste erkennen.
Die Funktion dieser Reste wird aber durch sekundäre Momente, Antago-
nistenkontraktur, falsche Gelenkstellungen usw., gehemmt Es gilt daher in
erster Linie, die Ausbildung dieser sekundären Schädigungen zu verhindern.
Das gelingt am besten durch möglichst frühzeitige Fixierung der erkrankten
Glieder iu „anatomischer Ruhestellung“, vermittels geeigneter Schienung.
Nach Ablauf des akuten Stadiums wird sodann mit der Reedukation der
paretischen Mukeigruppen begonnen — durch aktive Übungstherapie, die,
graduell steigernd, von der anatomischen Ruhestellung („Nullposition“) aus¬
zugehen und sich zunächst nur mit minimalen Effekten zu begnügen hat
Massage soll nicht zu früh, jedenfalls nicht vor Wiedererlangung aktiver
Beweglichkeit angewendet werden. Es gelingt auf diese Weise, die Aus¬
bildung von Kontrakturen und Deformitäten fast vollständig zu verhindern
und damit die später eventuell notwendig werdenden orthopädischen Ein¬
griffe auf ein Mindestmaß zu beschränken. ( Brun.)
Turby (2) betont die Wichtigkeit der Aufnahme eines stereoskopischen
Radiogramms in allen Fällen traumatischer Nervenläsion. Vorhandensein
von Geschoß- oder Knochensplittern in unmittelbarer Nähe großer Nerven-
stämme indiziert stets einen operativen Eingriff; im übrigen empfiehlt er, bei
nur partiellen, unregelmäßig verteilten, nicht mit trophischen oder schweren
sensiblen Störungen einhergehenden Paresen Zurückhaltung, namentlich so¬
lange mit Elektrotherapie noch Fortschritte erzielt werden. Er legt ferner
großes Gewicht auf kunstgerechte Schienung der gelähmten Muskeln in
Relaxationsstellung. (Brun.)
Ein von Bradburne (3) mitgeteilter Fall von retrobulbärer Neuritis
optica ist interessant durch die Vergesellschaftung mit Abduzensparese und
Ptosis sympathica. (Brun)
Der von Edwards (6) mitgeteilte Fall betrifft einen 34jährigeu Mann,
bei dem unterhalb der linken Skapula allmählich eine große runde Geschwulst
zutage getreten war. Plötzlich schlaffe Paraplegie der Beine; Tod nach
3 Wochen. Es war ein tuberkulöser Prozeß angenommen worden — die
Sektion erwies jedoch ein kolossales Aneurysma der Brustaorta, welches
die Wirbelsäule arrodiert und das Rückenmark auf eine beträchtliche Strecke
freigelegt hatte. (Brun.)
Mott’s (7) Standpunkt in der Frage der parenchymatösen Nerven-
syphilis läßt sich kurz wie folgt zusammenfassen: Nachdem in den letzten
Jahren Spirochäten im Zentralnervensystem auch bei Tabes und Paralyse
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Referate aus der englischen Literatur.
837
wiederholt nachgewiesen wurden, müssen Bezeichnungen für diese Erkran¬
kungen wie „Para-, Meta-, quaternäre Syphilis“ fallen gelassen werden. Das
Weson derselben besteht darin, daß hier, im Gegensatz zur Hirnlues, nicht
das interstitielle Gewebe, -sondern das Nervenparenchym, die Nervenzellen
und -faseru selbst, primär ergriffen sind. Diese besondere histologische
Angriffswirkung des spezifischen Virus erklärt sich wahrscheinlich einerseits
aus biologischen Veränderungen, welche die Spirochäten infolge eines lang¬
jährigen Aufenthaltes im Körper erlitten haben, und anderseits aus gewissen
damit parallel gehenden komplementären Veränderungen in den Nerven-
elementen, im Sinne einer Hypersensibilisierung oder Allergie derselben
gegenüber dem Syphilisgift. Die letztere Annahme ist notwendig in An¬
betracht der progressiven und verheerenden Wirkung der Erreger trotz
ihrer geringen Anzahl und abgeschwächten Virulenz. Die kausale The¬
rapie der parenchymatösen Syphilis des zentralen Nervensystems scheitert
— hauptsächlich bei der Paralyse — an der chemischen Filterwirkung der
Chorioidalplexus; sie erscheint so lange aussichtslos, als es nicht gelingt,
die wirksamen Substauzen in genügender Menge direkt an die im Gewebe
eingenisteten Erreger heranzubringen. ( lirun .)
Newboldt (12) behandelte einen an Tetanus erkrankten Soldaten er¬
folgreich mit sehr häufig wiederholten Karbolinjektionen (13 Tage lang alle
2 Stunden etwa 0,8 ccm einer öprozentigen Lösung!) in Kombination mit
Tetanusantitoxin (17 Dosen zu 1500 IE innerhalb 6 Tagen!). (Brun.)
Ledingham (13) macht auf die relative Häufigkeit von „Bazillen¬
trägern“ während der englischen Genickstarreepidemie von 1915 aufmerksam.
Das gerade bei dieser Krankheit besonders auffallende sporadische Auf¬
treten der Fälle, ohne nachweisbaren Zusammenhang der einzelnen Herde,
dürfte durch diesen Umstand eine teilweise Erklärung Buden. (Brun.)
Lundie, Thomas und Fleming (17, 18) hatten in den Isolierbaracken
von Aldershot Gelegenheit, eine große Zahl von Genickstarrefällen bei
Soldaten zu beobachten. Sie unterscheiden drei Stadien der Krankheit: Ein
katarrhalisches, ein septikämisches und das meningitisebe. Das katarrhalische
Stadium verläuft unter dem Bilde einer Influenza mit Pharyngitis superior,
leichtem Fieber und Kopfschmerzen; es ist sehr häufig abortiv und liefert
das Hauptkontingent der gefährlichen „Bazillenträger“. In Epidemiezeiten
sollten daher alle Pharyngitiden, namentlich bei Truppenkörpern, bakterio¬
logisch untersucht werden. Bei positivem Meningokokkenbefund sind die
Leute zu isolieren und lokal sowie mit autogenem Serum zu behandeln. —
Das septikämische Stadium dauert kurz; es ist kaum als solches zu dia¬
gnostizieren und endet fast stets in Meningitis. ( Bmn.)
Die Ergebnisse der Untersuchungen von Horst, Lakin und Benians (20)
scheinen darauf hinzudeuten, daß der Meningekokkus Weichselbaums nur
eiue, und zwar nicht die primär infektiöse Phase in der Biologie des Genick¬
starreerregers darstellt, daß vielmehr die Rolle der Krankheitsübertragung
einer ultramikroskopisch kleinen Vorstufe dieses Organismus zu¬
kommt. Die Autoren filtrierten steril gewonnenen Uriu sowie Blutserum
und Zerebrospinalflüssigkeit von Meningitiskranken durch sterile Berkefeld-
filter und säten das Filtrat auf Agarplatten aus. Nach Verlauf von 4 Tagen
zeigten sich auf den Platten winzig kleine Kolonien, welche nicht weniger
als vier morphologisch verschiedene Organismen beherbergten, nämlich
a) zahlreiche gramnegative Diplokokken nebst einigen grampositiveu Formen;
b) kleine, den Influenzaerregern ähnliche gramnegative Bazillen; c) gram¬
positive und negative Diplokokken, die den Jaegerschen Organismen
glichen; d) gramnegative stabförmige Bazillen, deren Inneres perlschnur-
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838
.Referate aa* der eoglisehen Literatur.
artig gereihte gramnegative Diplokokken enthielt. Es ist wahrscheinlich,
daß es sich bei allen diesen Formen um ein und denselben polymorphen
Organismus handelt, der aus einer noch nicht entdeckten sehr kleinen Vor¬
stufe entsteht. (Brun.)
Shaw (21) fand in einer älteren Meningokokkenkultur auffallenden
Polymorphismus, nnter anderem auch Stäbchenformen. (Brun.)
Gurney (26) bringt statistische Erhebungen über Heredität, Geschlechts¬
und Altersverteilung, Symptomverteilung, Prognose und Verlauf bei 93 Fällen
von Morbus Basedowii. (Brun.)
Horsley (27) protestiert energisch gegen die während des gegenwärtigen
Krieges erfolgte Wiedereinführung der berüchtigten historischen Rumration
bei der britischen Armee und Flotte. Er zählt eine große Reihe verderb¬
licher Wirkungen auf, welche diese „Reform“ bereits im Heere gezeitigt
hat, Wirkungen, die durch Beobachtungen von Offizieren in einwandfreier
Weise festgestellt wurden: Moralischer Verfall, Erzeugung von Reibereien
und Unordnung; Trunkenheit, Strafen, Degeneration, Abnahme der Beob¬
achtungsgabe und des Urteils, Hervorrufung von Irrtümern und Unfällen,
Verlust der Ausdauer und Abnahme der physischen Kraft; Ermüdung und
Schlappheit; Verlust der Widerstandsfähigkeit gegen Kälte und gegenüber
Krankheiten; Verlust der Treffsicherheit beim Schießen (schon durch die
halbe Rumration) bis 40—50 Proz. bei der Infanterie, bis 30 Proz. bei
der Artillerie. Die einschränkende Bestimmung des neuen Reglements,
wonach die Rumration nur ausnahmsweise, auf besondere Empfehlung eines
Stabsarztes, zu verabfolgen ist, sei rein illusorisch; iu Wirklichkeit hänge
die Abgabe desselben ganz von den persönlichen Ansichten des betreffenden
Kommandanten ab und erfolge bei vielen Einheiten in Frankreich schon
ganz regelmäßig, oft sogar zweimal täglich. (Bnm.)
Horsley (28) hat auch bei nicht penetrierenden Schädelschüssen wieder¬
holt tödliche Wirkung iufolge Commotio cerebri beobachtet, namentlich dann,
wenn die Gewalt in der sogenannten „Frontobulbärachse“ (Duret) einwirkte.
Der Tod erfolgt in solchen Fällen an bulbärer Respirationslähmung infolge
plötzlicher intrakranieller Drucksteigerung, die sich vermittels des Liquor
nach dem 4. Ventrikel und auf die Vaguszentren am Boden der Rauten¬
grube fortpflanzt. Bei septischer Meningitis hat Horsley durch ausgiebige
Eröffnung und Ausspülung des Subduralraums in Verbindung mit häufig
wiederholten Lumbalpunktionen öfters Heiluug erzielt. Septische Hiru-
hernieu nekrotisiert er mittels absoluten Alkohols und trägt sie nach ein¬
getretener Schrumpfung mit dem Messer ab. Von Interesse ist ein von ihm
näher geschilderter Fall, wo ein Mausergeschoß den Schädel in temporo-
okzipitaler Richtung durchschlagen hatte. Es bestand anfänglich totale
doppelseitige Amaurose; in der Folge erholten sich die beiden rechten
oberen Gesichtsfeldquadranten allmählich wieder bis zu annähernd normaler
Sehschärfe. Nach vollständiger Zerstörung der Armregion des Gyr. cen¬
tralis ant. trat stets dauernder Verlust der Prinzipalbewegungen der Hand
ein, wogegeu zum Verluste der Ortszeichen die Zerstörung der Armregion
sowohl der vorderen als der hinteren Zentralwindung erforderlich zu sein
scheint. (Bnm.)
Sargent und Holme? (29) berichten über kriegschirurgische Erfahrungen
bei Schädelschüssen. Sie bet«men die Wichtigkeit einer genauen neurologi¬
schen Untersuchung vor der operativen Indikations- und Prognosenstellung;
bei der letzteren ist das Moment der Diaschisis (v. Monakow) stets in genaue
Berücksichtigung zu ziehen. Kommiuutivzertrümmerungen des Knochens
finden sich am häufigsten am Os frontale und sind um so schwerer, je näher
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Referate nug der englischen Literatur.
839
Ein- und Ausschuß beieinander liegen. Derartige Verletzungen sind fast
ausnahmslos septisch; sie erfordern radikales Vorgehen (ausgedehnte Krani-
ektomie). Überhaupt ist zu großer Konservatismus in der Kriegschirurgie des
Schädels bei der modernen Geschoßwirkung von Übel und rächt sich ge¬
wöhnlich schwer. Bei der Größenbemessung dekompressiver Trepanationen
soll stets Rücksicht genommen werden auf die in den ersten Tagen nach
der Operation gewöhnlich noch eintretende weitere Zunahme des intra¬
kraniellen Druckes. Bei septischen Hirnhernien, die auf andere Weise gar
nicht zu bewältigen waren, hat sich den Verff. die kontralaterale Trepanation
gut bewährt. ( Brun .)
Turner (31) hatte während 3 Monaten Gelegenheit, in französischen
Militärspitälern die Frühsymptome bei nervösem und psychischem Schock
nach Granatexplosionen zu studieren. Er unterscheidet folgende Haupt¬
typen: 1. Den vorwiegend psychischen Schock: Ein schwerer, aber gewöhn¬
lich nur wenige Tage dauernder und dann plötzlich weichender Stupor, oft
mit kataleptischer Gliederstarre, ungleichen oder erloschenen Pupillen¬
reaktionen, Fehlen aller psychischen Schutz-, Abwehr- und Orientierungs¬
reflexe. Diese Form fand sich nur bei jugendlichen, nicht über 23 Jahre
alten Individuen. Die Prognose ist absolut gut. Nach Aufhören des Stupors
besteht Amnesie für die betreffende Zeit. Andere Fälle dieser Art im¬
ponieren mehr als Dämmerzustand. 2. Der sensorische Schock. Vorüber¬
gehende Taubheit (mit oder ohne Stummheit) fand sich meist bei Leuten,
die längere Zeit schwerem Granatfeuer ausgesetzt waren. Bei Blindheit war
immer eine kurze Bewußtlosigkeit (Verschüttung) vorausgegangen. 3. Der
psychomotorische Schock. Hierher gehören die lokalisierten Tics (meist
Blepharospasmus) und Lähmungen. Ein voräusgegangener lokaler Insult
(z. B. Versandung der Augen) ist in allen Fällen nachweisbar. 4. Der
spinale Schock verläuft unter dem Bilde einer schlaffen Paraplegie, meist
der Beine, oft mit Incontinentia urinae. Babinski ist niemals vorhanden,
oft aber Abschwächung oder Fehlen der Plantarreflexe. Die Paraplegie
weicht gewöhnlich in längstens 3 Wochen. Neben dieser leichten Form
scheint es aber noch eine schwere, „organische“ zu geben, mit Sensibilitäts¬
störungen, wie sie für spinale Läsionen charakteristisch sind. Der spinale
Schock findet sich meist bei Verschütteten mit Rückentrauma. (Brun.)
Unter „Idioglossie“ versteht Druminond (32) das Vorhandensein
einer schwerverständlichen Sprache (Dysarthrie) ohne organische Grundlage
bei normaler Intelligenz, normalen Sinnesfunktionen und fehlenden neuro¬
tischen Symptomen (Stottern oder dgl.). Der Zustand beruht nach Verf. auf
mangelhafter Entwicklung des „Worthörzentrums“, also auf einer Störung
analog der sogenannten „kongenitalen Wortblindheit“. Er ist durch an¬
gemessenen Ableseunterricht (Ersatz der fehlenden Kontrolle der Hörsphäre
durch die optische und kinästhetische Sphäre) weitgehend korrigierbar.
(Brun.)
e) Referate aus “The Lancet”. Vol. 92. 1914.
1. Bond, H. C.. The position of psychiatry and the röle of general hospitals in its improve
ment. p. 935.
2. Gordon, M. H., Traumatic Tetanus, p. 1030.
3. Westmacott, F. H., Oculo-motor para'ysis of otitie origin. p. 1143.
4. Dick. L.. On sorae signs and Symptoms of hypothyroidism in school children. p. 044.
5. Smith, Mc. C., Acase of acute exophthalmbg utre simulating acute obstruetion p 894.
6. Goodall, E., Modem aspects of eertain problcms in the pathologv of mental disorders.
p. 1287, 1343, 1397, 1451.
7. Pronger, E., Insomnia and suicide. p. 1356.
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840
Referate an« der englischen Literatur.
8. Mark, L., A caee of aoromegaly 200 years ago. p. 1412.
9. Parkinson, P., Caee of Friedreich'b dieeaee with spaetic phenomena. (Demonstr.
Royal Soc. of Med., seot of chilJren. 27 tb Novomb 1914.) p. 1415.
10. Roynten and Davioe. Caer of cleido-cranio-dysoetosie with preesnre of the brachial
plesars. (1) jnion. Royal Soc. of Mod., seot. of children, 27Novemb. 1914.) p. 1416.
11. Hawthorne, Caee of paramyoclonns multiplex. (Demonstr. Royal Soc. of Med., sect.
of children, 27*b Novemb. 1914.) p. 1417.
Die Psychiatrie ist nach Bond (1) das „Aschenbrödel“ der englischen
Medizin — eine Ungunst der Lage, die sich vor allem in zwei Tatsachen
ausdrückt: 1. ln der mangelhaften finanziellen Unterstützung der psychiatri¬
schen Forschung (kaum 0,2 % des gesamten Budgets für Irrenpflege werden
in Eugland für wissenschaftliche Zwecke verwendet) und 2. in der zu¬
nehmenden Unbeliebtheit ärztlicher Tätigkeit in den Irrenanstalten. Letzteres
hat seinen Grund vor allem darin, daß die Zahl der gut bezahlten ärzt¬
lichen Lebensstellungen — im umgekehrten Verhältnis zur rapiden Zunahme
der Anstalten und der damit nötig gewordenen Schaffung neuer Assistenten¬
stellen — gegen früher sehr abgenommen hat, so daß jeweilen nur eine
beschränkte Zahl der jungeu Arzte hoffen kann, jemals in eine solche ge¬
sicherte soziale Position vorzurücken. Die Folge ist, daß die Assistentenstellen
in zunehmendem Umfauge durch psychiatrisch ungeschulte und durch keine
festeren Bande an die Anstalt gebundene Volontärärzte besetzt werden
müssen. Als Mittel zur Abhilfe schlägt Bond, neben der ökonomischen
Besserstellung der Anstaltsärzte, namentlich die Schaffung psychiatri¬
scher Kliniken und Polikliniken vor, welche den größeren allgemeinen -
Universitätsspitälern als Abteilungen anzugliedern wären. Im Zusammen¬
hang mit den so verbesserten Unterrichtsgelegenheiten soll die Psychiatrie
als obligatorisches Prüfungsfach erklärt, eventuell ein Spezialdiplom geschaffen
werden. Für die Patienten hätte die Zugänglichkeit der IrrenabteiluDgen
durch die Tore des allgemeinen Spitals den Vorteil, daß einem vorüber¬
gehenden Aufenthalt auf denselben jenes Stigma der geistigen Minder¬
wertigkeit, welches im Volksbewußtsein damit verknüpft ist, genommen würde.
(ürun.)
Gordon (2) macht auf die relative Häufigkeit der Mischinfektion
bei den mit kurzer Inkubationszeit tödlich verlaufenden Tetanusfällen auf¬
merksam. Die direkte Todesursache sei in solchen Fällen meist nicht die
Tetanustoxämie, sondern Septikäinie. (Brun.')
Der Westmacott’sche Fall (3) betrifft eine Dame mit altem Chole¬
steatom des rechten Mittelohrs, bei der plötzlich eine komplette Lähmung
des rechten Okulomotorius eintrat. Keine Protrusion, keine Druckschmerz¬
haftigkeit des Bulbus. Abduzens und Trochlearis frei. Bei der Radikal¬
operation (Ausräumung) des Mittelohrs erwies sich das Tegmen tympani
arrodiert durch einen Abszeß, der subdural längs des Sin. petrosus sup. bis
in die Gegend der Fissura orhitalis sup. vorgedrungen war. (Brun.)
ln dem Falle von Smith (5) handelte es sich um ein 23jähriges
Mädchen, das mit flikulentem Erbrechen nach achttägiger Stuhlverstopfung
(anfänglich Diarrhöe) ins Spital eingeliefert wurde. Sichtbare Peristaltik,
Puls 150—200, mäßige Leukozytose (10000). Dabei auffallend guter Kräfte¬
zustand, keine Fazies Hippocratica usw. Dies machte eine organische Darm¬
obstruktion unwahrscheinlich und legte den Verdacht einer atypisch be¬
ginnenden akuten Thyreotoxikose nahe. In der Tat gingen die bedrohlichen
Erscheinungen auf Ruhe, Darreichung von Belladonna und Nebennieren¬
extrakt sehr bald zurück; dagegen blieb der Puls andauernd hoch, und
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Referate aus der englischen Literatur. 841
es entwickelte sich im Laufe der nächsten Wochen das klassische Bild des
Morbus Basedowii. (Brun.)
Die Arbeit Goodall’s (6) ist ein sehr sorgfältiges und gründliches
Übersichtsreferat über die neueren Fortschritte auf dem Gebiete der
Histopathologie, Pathogenie, Bakteriologie, Hämologie, Serologie und Therapie
der Geisteskrankheiten. (Brun.)
Pronger (7) verteidigt mit mehr Wärme als Kritik die alte Lehre
eines angeblichen Kausalzusammenhangs zwischen Neurose und leichten
unkorrigierten Brechungsanomalien der Augen und zählt eine Reihe von
Dauererfolgen auf, die er bei schweren Psychoneurosen durch Korrektur
solcher Fehler erzielt haben will. Sein Schlußsatz, daß die „ Grundursache“
jeder Neurose schlechthin ein Refraktionsfehler sei, dürfte von Neurologen
kaum ernst genommen, werden. (Brtin.)
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Sachregister.
Die feit gedruckten Zahlen bedeuten Kapitelüberschriften.
A.
Abderhaldensches Ver¬
fahren in der Psychiatrie
XXIX, 689, 690. 0. 31.
— Differentialdiagnose zwi¬
schen Paranoia und Paralyse
mit Hilfe des 738.
— bei Glaukom, Keratokonus
und Sehnervenerkrankun-
gen 253.
Abdominale Erkrankun¬
gen und vegetatives Ner¬
vensystem 213.
Abdominalschmerzen
480.
Aberglauben und Leichen¬
schändung 674.
— und Zurechnungsfähigkeit
806.
Abszeß 343.
Achond roplasie 179.
A dal in 526.
Addisonsche Krankheit
und Haarausfall 231.
Adenoide Vegetationen
und Zähneknirschen 231.
Adipositas dolorosa 220.
Adrenalin 82 ff.
— Ursache der blutdruck¬
steigernden Wirkung des
durch Hypophysen extrakt
76.
— Wirkung des auf den Blut¬
druck bei Dementia praecox
755, 757.
Adrenalinfieber 85.
Adrenalin mvdriasis bei
Geisteskranken 699.
Ather-Kochsalzinfusio-
nen bei Tetanus 537.
Äthernarkose, intratra¬
cheale 579.
Ätiologie, allgemeine der
Geisteskrankheiten 678.
Affen, Intelligenz der 668,
670.
Agn osien, optische 105.
Agraphie 701.
Agrypnie, Franklinisation
bei 548.
Digitized by Gougle
0. M. = Original-Mitteilung.
Akonit 527.
Akromegalie 465, 474.
— angeborene mit Imbe¬
zillität 728.
Aktinomykotische eitri¬
ge 31eningitis 319.
Alexie 234, 236.
Alival 530.
Alkohol, Wirkung des auf
die Zirkulation 99.
Alkoholabstinenz 623.
Alkoholeinspritzungen
ins Ganglion Gassen 536.
Alkoholfreie Ersatzge¬
tränke 521.
Alkoholismus 299, 300,
820.
— hereditäre Beziehungen
zwischen Epilepsie und 431.
— pellagröse Symptome bei
310, 311.
— Halluzinose bei 746.
— und Kriminalität 783, 784.
— forensische Bedeutung des
820.
Alkoholpsychosen, Be¬
handlung der 82J.
Alopecia neurotica trauma¬
tica universalis 501.
Alopezie nach Kopfschuß
464.
— kontralaterale 462, 463.
— angeborene familiäre auf
Grund eines Hypothyreoi¬
dismus 472.
- Thyreoidin gegen 562.
Alzheimers che Krank¬
heit 720.
Amblyopie, sympathische
254.
Ameisen, Orientierung der
48 , 668 .
I Ameresia, Heverochsche
I 238.
Amnesie bei 3Iördern 787.
! Amyotrophische Late-
j ralsklerose 272, 275.
| Anämie, perniziöse, Zen¬
tralnervensystem bei 171.
— Geistesstörungen im An-
| Schluß an 724.
Anaphylaktischer
Schock nach Tetanus¬
serum 558.
Anästhesierung 579.
Anatomie des Nervensy¬
stems 6, 828 ff.
Anenzephalus 155.
Aneurysma der Hirnarte¬
rien 325.
Angina pectoris und Ray-
naudsche Krankheit 457.
Angiom des Kleinhirns 166.
Angioneurosen 454, 456.
Anosognosia und Anoso-
diaphoria 209.
Anstaltswesen 625.
Antagonistische Nerven
121 .
Anthropologie, kriminelle
758.
Antipyretika, Unwirksam¬
keit der gegenüber dem
Adrenalin 83.
Antisoziale Elemente
780.
Aortenaneurysma, Para¬
plegie infolge von 836.
Aphasie 232.
— Behandlung der motori¬
schen C23.
Apnoe, Bedeutung des Va¬
gus für die Entstehung der
127.
Apocynum, Wirkung des
auf den Herzmechanismus
138.
Apoplexie 343, 346.
— Lungenstörungen bei 222.
— chirurgische Behandlung
der 591.
— als Ursache von Ischias
481.
Appendizitis, Beziehungen
der zu nervösen Spasmen
223.
Appetit und Sinneseindruck
59.
Apraxie 208.
Arachnoidealzysten,
Rückenmarkskompression
durch 385.
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Sachregister.
843
Arbeitskraft, Nutzbarma¬
chung erhaltener und wie¬
dergewonnener bei Unfall¬
neurosen 509.
Arm r eg io n, Anatomie der
25.
Arsen, Wirkung des 81.
— in der Spinalfliissigkeit 93.
Arsenpräparate 580.
— Wirkung der auf die Neben¬
nieren 85.
Arsenvergiftung 305.
Arsofaradisation 547.
Arterien, Spontanbewegun¬
gen überlebender 126.
Arteria vertebralis, ge¬
platztes Aneurysma der 347.
Arteriosklerose 322.
— frühzeitige 325.
— Ursache der 514.
— Differentialdiagnose zwi¬
schen urämischen und art.
Zerebralstörungen 206.
— art. Psychosen in gerichts-
ärztlicher Beziehung 812.
Arythmia perpetua 137.
Assoziationen 660, 661.
Assoziationsversuche
bei Unfallneuroseh 511,512.
— bei geistig zurückgeblie¬
benen Kindern 730.
— bei Schizophrenen 756.
Astacus fluviatilis, Ner¬
vensystem von 21.
— Muskulatur von 43.
Astasie-Abasie 421.
Asthma bronchiale, Wir¬
kung desHypophysisextrak-
tes bei 560.
Asymmetrie 192.
Ataxie, Friedreichsche 279.
— zerebellare mit Neuritis
optica bei Keuchhusten 267.
Athetose, progressive late¬
rale ohne Lähmung 210.
Atembewegungen der Fi¬
sche, Einfluß des Sauer¬
stoffgehalts des Wassers auf
die 55.
Atmu ngslahm ung nach in¬
traduraler Neosalvarsan-
injektion 535.
Atmungszentrum 94.
— Schwankungen in der Tä¬
tigkeit des 92.
Atrioventrikularfasern
des Kaltbliiterherzens 138.
Atropin, Wirkung des auf
das Katzenauge 254.
Aufbrauchstheorie 202.
Aufmerksamkeit 660.
Auge. Regeneration des 38.
— Wirkung verschiedener
Beleuchtungssysteme auf
da9 656.
Augenabstand, photogra¬
phische Messung des bei
Bewegungen der Augen 256.
Augenbewegungen, re¬
flektorische kompensatori¬
sche bei beiderseitiger Aus¬
schaltung des N. vestibu-
laris 248.
Au gen druck, Abhängigkeit
des von der Blutbeschaffen¬
heit 253.
Augenhintergrund, Ver¬
änderungen des nach Schä¬
delverletzungen 267.
Au gen leuchten, Geschich¬
te des 143.
Augenmuskel lähm ungen
352.
— bei Tabes 278.
Augenstörungen und Ner¬
vensystem 240.
Augenverletzungen im
Kriege 248 ff.
Ausdrucksprüfungen 670.
Ausfallserscheinungen
bei Schußverletzungen des
Gehirns XIV. O. M.
— Behandlung der 614.
Automatisches Schrei¬
ben 677.
Autoserotherapie bei Pel¬
lagra 560.
Avitaminose als Ursache
der Nachtblindheit im Felde
270.
B.
Babinskischer Reflex
219, 226.
Baining, Schädel der 180.
— Wirbelsäule der 190.
Balken, Fehlen der inter¬
hemisphärischen Balken¬
verbindung bei Affen 158.
Balkenstich 592.
Bäränysches Symptom
2i9.
— bei Schußverletzungen des
Schädels 204.
Basedowsche Krankheit
465, 467 ff, 838.
— fäkulentes Erbrechen bei
840.
— Behandlung der 615, 616.
— Röntgenbehandlung der
542, 580.
— operative Behandlung der
607.
Basedowstruma, histolo¬
gische Veränderungen bei
i75.
Bastiansches Gesetz und
Querläsion des Rücken¬
marks 111.
Bauch muskellähm ungen
bei Poliomyelitis 390.
Bazillenträger, Maßnah¬
men gegen die in Irren¬
anstalten 822.
Bedingu ngsref lex und
Spasmus nutans 454.
Behaarung, abnorme bei
weiblichen Geisteskranken
698.
Behandlung, allgemeine
516.
— spezielle der Krankheiten
des Nervensystems 608.
— der Geisteskrankheiten
814.
— chirurgische 504.
Beleuchtungssysteme,
Wirkung verschiedener auf
das Auge 656.
Baliadonna, ungewöhnliche
Toleranz gegen 303.
Benzinvergiftung, akute
mit nachfolgender spinaler
Erkrankung 304.
Bergonie-Apparat 544.
Beriberi 311.
— und Pnlyneuritis 413.
Berührungsfurcht 741.
Beschäftigungstherapie
für Kriegsinvalide 824.
Bettnässerfamilie 192.
Beweisschöpfung, psycho¬
logische 676.
Bewegungseindruck, der
primitive optische 654.
Bewegungsinstinkt 654.
Bewegungsstörungen,
extrapyramidale 107.
Bewußtsein, Entwicklungs¬
geschichte des 638.
— und Innervation des
Gefäßsystems 665.
— vom eigenen Körper 637.
Bienen, Farben- und For¬
mensinn der 49.
Bindege websgeschwulst
retropharyngeale mit Ein¬
schlüssen von Ganglien¬
zellen 168.
Binokulares räumliches
Sehen 142.
Biologie 52.
Bjerrumsche Methode
der Gesichtsfelduntersu¬
chung 247.
Bleivergiftung 305.
— epileptische Anfälle bei
434.
— Neuritis bei Bl. durch
Kosmetika 415.
Blendung, Schädigung des
Auges durch 248.
Blendungserscheinun¬
gen im Felde 272.
Blickreflex 261.
Blindenfürsorge, Kriegs-
B. 256.
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846
Sachregister.
thode mit Messung des
Körper Widerstandes bei der
XXXV. 0. M.
Galvanometrische Mes¬
sung bei Messung von
Hand zu Hand 56.
Gamaschen schmerzen
479.
Gangiienschwellung,
histologische Charakteristik
der 147.
Ganglienzellen. Anatomie
der 22.
— pathologische Histologie
der 146.
Gauglioglioneurom am
Boden des dritten Ventrikels
165.
Ganglioneuroblas tome
163, 164.
Ganglion spirale, Wir¬
kung von Chinin undSalizyl
auf das 306.
Gangrän, symmetrische
456 ff.
— nach Unfall 501.
Ganserscher Sympto-
menkomplex XIII.
Gasoli n Vergiftung, En¬
zephalitis bei 324.
Gaumenbein der Anthro¬
poiden 18».
Gedächtnis 659, 660.
Gefälligkeitsgutachten
805.
Gefangene, Beschäftigung
der 775.
Gefangenschaft, Bedeu¬
tung der für die Entstehung
der Geisteskrankheiten 692.
Gefäßneryen, sensible 125.
— diagnostisch - therapeuti¬
sche Ausnutzung der
Weberschen Kunktionsprü-
fung der 510.
Gefäßsystem, Beziehungen
zwischen Psyche und 637.
— Innervation des und Be¬
wußtsein 665.
Gefühlsbegriff 665.
Gehirn, Serienpräparate des
von kleinen Tieren 1.
— Maß- und Gewichtsvcrhält-
nisse des 10
— Physiologie des 102.
— Regulierungdes Blutstroms
im 204.
— Atrophie des bei Geistes¬
krankheiten 688.
— Schußverletzungeu des
583 ff.
— Meningitis bei Schu߬
verletzungen des 319.
— Ausfallserscüeinungen bei
Schußverletzungen desXI V.
O. M.
Gehirnabszeß 848, 348.
— Dränage mit Guttapercha
bei 591.
Gehirnarterien, Aneurys¬
ma der 325.
Gehirnblutung 848, 346.
Gehirnextrakte als An¬
tigen bei der Wassermann-
schen Reaktion 5H0.
Gehirngeschwülste 828*
— Operation der 590, 591.
Gehirnhäute, Durchlässig¬
keit der für Salvarsan 533.
Gehirn krankheiten, trau •
matische 496 ff.
— Augen Veränderungen bei
268.
Gehirnkrüppel, Übungs¬
schulen für 625.
Gehirnlipoid als Hämo-
statikum 560.
Gehirn nerven, Entwick¬
lung der 12.
— Erkrankungen der 405 ff.
Gehirnnervenlähmung,
einseitige multiple infolge
von Endotheliom an der
Schädelbasis 3<0.
Gehirnrinde, Fettdegene¬
ration in der bei Dementia
praecox 756.
Gehirnrindenschich-
tung 24
Gehirn Schwellung, intra-
vitale und postmortale 174.
Gehirn Sektion 832.
Gehirnsyphilis 282, 287.
— Behandlung der 622.
Gehirnzellen, Differenzie¬
rungsvermögen der 22.
| Gehör, hysterische Funk¬
tionsstörungen des 420.
— traumatische Schädigung
des 499, 5U0.
! Gehörorgan, Einfluß vaso¬
motorischer Störungen auf
das 459.
I Gehörshalluzinationen
I 699.
G ei steskran kheite n,funk¬
tionelle 786.
— organische 750.
— und Neurosen 742.
bei multipler Sklerose 274.
— allgemeine Ätiologie, Sym¬
ptomatologie und Dia¬
gnostik der 678
— Behandlung der 814.
Geizhals, Psychologie des
644.
Gelenke, symmetrische Kon¬
traktur der 452.
Gelenkrheumatismus,
Psychosen bei 748.
Gelenkversteifungen,
Mobilisation der 544.
Gemeingefährlichkeit
805, 806.
Genera tionspsy chosen
689.
Genitale rkrankungen
und Drüsen mit innerer
Sekretion 73.
Genitalorgane, Wachstum
der weißen Ratten nach
Entfernung der 86.
Geotropismus 676.
Gerichtliche Psychia¬
trie 802.
Gerichtliche Psycholo¬
gie 675ff.
Gerinuungsre&ktion bei
Syphilis 282.
Geruchsaura und Epilepsie
432.
Geruchsmengen, kleinste
noch wahrnehmbare beim
Hunde 142.
Geruchsvermögen, Ver¬
lust des und Erwerbsfähig-
keit 514.
Geschmacksempfindun¬
gen, Kompensation derl44.
Geschwülste, pathologi¬
sche Anatomie der 165ff.
Gesichtsfeld Unter¬
suchung, Bjerrumsche
Methode der 247.
Gesichtsmuskeln, die mi¬
mischen eines Mikrozepha¬
len 190.
— des Schimpause 41.
Gesichtsschädel, Mitbe¬
teiligung des bei Syphilis
hereditaria tarda 189.
Gesichtsulkus, Simulation
von bei Hysterie 421.
Gestaltsgedächtnis 662.
; Gewichtsschätzung 59.
Giftdrüsen in den Ohr¬
wülsten der Kröte 39.
Giftstudien, kriminalisti-
1 sehe 788.
G1 a u k o m, Abderhaldensche
Reaktion bei 253.
Gleichgewicht, psychi¬
sches 648.
G leich ge wichtssinn, zen¬
trale Lokalisation des bei
den Fischen 109.
| Glioma retinae,Histologie
! des 149.
— Abstammung des vom Pig¬
mentepithel der Netzhaut
174, 263.
, — Rückbildung eines 256.
— und intraokulare Strahlen¬
therapie 246.
Gliomatose 160, 161, 165.
| Glücks ge fühle, abnorme
663.
Glutäalklonus 225.
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Sachregister.
847
Glykogenbildung, Ein¬
fluß des Vagus auf die 128.
Glykogenmobilisieru ng
an schilddrüsenlosen Tieren
78 .
Goethe, das Zwangsmäßige
in Goethes Schaffen 642.
Goldreaktion, kolloidale
227.
— bei Paralyse 690.
Granatexplosion, Erkran¬
kungen nach 492 ff.
— Dämmerzustand nach 718.
— Behandlung der nach G.
auftretenden Neurosen 620.
Granatkontusion 507.
Großhirn, Physiologie des
105.
— Geschwülste des 831 ff.
Grundmembran der quer¬
gestreiften Muskelfaser 48.
Gutachten 805.
— Benennung nervöser Zu¬
stände in 229.
Gynäkologische Opera¬
tionen und Psychosen 695.
H.
Haarausfall und Addi-
sonsche Krankheit 281.
Haarlinien 698.
Halluzinationen 699, 704,
706, 709.
— bei manisch-depressivem
Irresein 741.
Halluzinose bei Trinkern
746.
Halsdrüsenexstirpation,
Nervenverletzungen bei 406.
Halsmuskulatur, kloni¬
sche Krämpfe der tiefen
nach Schußverletzung 4*3.
Halsreflexe auf die Glie¬
dermuskulatur 109.
Halsrippen 192.
— als Ursache von Arm¬
schmerzen 4N0.
Halsschüsse 405.
Halssympathikus, Läh¬
mung des 411.
Hals Wirbelsäule, Verlet¬
zung der 499.
Hämatomyelie und Hä-
matolbulbie nach Schuß
in die Nackengegend 372.
Hämolysinreaktion bei
Meningitis 819.
Hämorrhagie 343.
Handmuskeln, isolierte
Atrophie der kleinen 170.
Harnbestandteile, Gehalt
des Blutes und der Spinal¬
flüssigkeit an 93.
Harnblase, Störungen der
bei Soldaten 222, 223.
Harn verhaltung, Behand¬
lung der bei Rückenmarks¬
schüssen 621.
Hatteria punctata, Vor¬
derhirn der 26.
Haut, Schichtung der Ner¬
venenden in der 127.
— Hyperästhesie der bei
Herzneurosen 229.
— Empfindlichkeit der für
Adrenalin und Pituitrin 83.
Headsche Zonen 212.
Hebephrenie, Differential¬
diagnose zwischen Hysterie
und 734.
— Zwangsvorstellungen bei
740.
Heilstätten wesen« 625.
Heimwehdelikte 813.
Heißluftapparat 541.
Heißluftbehandlung von
Verwundungen, schädlicher
Einfluß der auf das Ner¬
vensystem 540.
Geißluftmassage 545.
Hellseher 672.
Helmkühler gegen Hitz-
schlag 541.
Hemiauästhesie, Topo¬
graphie der Sensibilitäts¬
störungen am Rumpfe bei
der zerebralen 208.
— homolaterale bei Hemi-
plegia spinalis 377.
Hemianopische Ge¬
sichtsfeldstörung nach
Schädelschüssen 246, 253,
269.
Hemianopsie, Gesichts¬
feldverwertung bei der
kompletten homonymen
Rechts-H 263.
Homiopie 263.
Hemiplegia laryngis des
Pferdes 408.
Hemiplegia spinalis mit
homolateraler Hemianä-
sthesie 377.
Hemiplegie, homolaterale
nach Kopfverletzung 497.
— orthopädische Behand¬
lung der 605.
Hemmungserscheinun-
pen 704.
— bei Reflexen 114.
Hephephilie 799.
Heptadaktylie, symme¬
trische beider Füße 193.
Hermann - Peru tzsc he Sy¬
philisreaktion 287.
Herpes zoster bei Erkran¬
kung verschiedener Gan¬
glien 220.
— nach Schußverletzung
eines Nerven 409.
Herz, Physiologie des 136ff.
Herz, Störungen des im
Kriegsdienst 221, 222.
Herzkompresse gegen
Hitzschlag 541.
Herzmuskelentzündung
bei Meningokokkenmenin¬
gitis 292.
Herzneurose 423.
— mit Hauthyperästhesie 229.
Heteropoden, Nerven¬
system der 20.
Heufieber, Behandlung
des 618.
Hilfsschulkinder, Beob¬
achtungen an 732, 733.
— erbliche Belastung bei 696.
Hinterhauptlappen, ver¬
gleichende Anatomiedes 24.
Hinterhirn, Anatomie des
29 ff.
Histologie, pathologische
145.
Hitzschlag 57, 501.
— Folgezustände des 229.
— Vorbeugungsmaßnahmen
gegen 541.
Homosexualität 801.
Hornhaut, degenerative Er¬
krankungen der 270.
— Erkrankung der bei Cho¬
rea 446.
Hörschärfe zu verschiede¬
nen Tageszeiten 143.
Hörstummheit 784.
Hunger 141.
Hungerempfindung 54,
60.
Hydrotherapie 587.
— bei Geisteskrankheiten 826.
Hydrozephalus 322, 324.
Hyperästhesie, elektrische
Behandlung der bei Er¬
frierung 548.
Hyperthyreoidismus465,
467 ff.
— Chinin- und Ureainjek¬
tionen bei 537.
— Serumbehandlung des 562.
Hypertonie 449.
Hypertrophie, einseitige
der Extremitäten 461.
Hypnose bei Kriegsverlet¬
zungen 620.
— hypnot Strafrechtsfalle
814.
Hypochondrie 739.
Hypophvsis, Physiologie
der 74 ff.
— Erkrankung der 465, 474.
— Verhalten der bei Dia¬
betes insipidus 230.
— Veränderungen der bei
Hydrozephalus 326.
— Veränderunpen der zen¬
tralen bei Lymphosarkom
des Nasenrachenraumes!68.
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848
Sachregister.
Hy pophy Bis, Störungen der
bei Geisteskrankheiten 695.
— Operation der 608.
Hypo physisextrakt
660 ff.
— Einfluß des auf die Spi-
nalfliissigkeit 93
Hypophysisgesch wölste
340.
— Gesichtsfeldstorungen bei
254.
— Strahlenbehandlung bei
642.
Hypothyreoidismus 465,
473.
Hysterie 417, 419ff.
— virilis 420.
— Chorea hyst. 446.
— Differentialdiagnose zwi¬
schen Hebephrenie und
734.
Hysterische Situations¬
psychosen 742.
Hysteroepilepsie 421.
L
Idioglossie 839.
Idiotie 725, 728ff.
— familiäre amaurotische 728.
Imbezillität 725, 728ff.
Impfungen, Statistisches
und Psychologisches bei 671.
Impotenz, forensische Be¬
deutung der männlichen
813.
— Behandlung der 563.
Infantilismus 465, 473,
725, 734.
Infektionskrankheiten
des Nervensystems 295,
306 ff.
— Bekämpfung der in Irren¬
anstalten 823.
Infektionspsy chosen 748.
Injektionstherapie bei
Neuralgien 536.
Innere Sekretion, Phy¬
siologie der 71 ff.
Innervation, falsche 211.
Insufficientiavertebrae
191.
Intel lekt 661.
Intelligenzprüfung 669,
670, 729.
Interkostalneuralgien,
traumatische 480.
Intoxikationskrank¬
heiten des Nervensystems
295, 299 ff.
Intraspinale Einsprit¬
zungen von Sera, Wirkung
der 552.
Inzest 792.
Irradiation der Schmerzen
213. I
Irrenanstalten 821, 840.
Irrenwesen 818ff.
Ischämische Muskelkon¬
traktur 452.
Ischias 481.
— Behandlung der 541.
— Injektionstherapie bei 636.
— autogenes Vakzin zur Be¬
handlung der 553.
— operative Behandlung der
traumatischen 607.
J.
Jenische Sprache 781.
Jod, Verteilung des in den
Zellen nach Aufnahme or¬
ganischer Jodpräparate 98.
Jodismus und Basedow469.
Jodothyrin, Einfluß des auf
die Spinalflüssigkeit 93.
Jodpräparate 529.
Jüdische Kinder, anthro¬
pologische Untersuchungen
in Jerusalem an 182.
J ugendf ürsorge und Krieg
624.
Jugendliche, Kriminalität
der XXXI. O. M.
J ustschinsky, psychiatri¬
sche Untersuchung über den
Ritualmord J. 678.
K.
Kaffeol 521.
Kalium, Steigerung des
Herzvagustonus durch 187,
138.
Kalkbehandlung522, 524.
Kalziummangel, Einfluß
des auf das autonome Ner¬
vensystem 125.
Kant, Psychologisches aus
Kants Schriften 653.
Karotis, Wirkung des Ver¬
schlusses der auf die vaso¬
motorische Erregbarkeit
125.
— Kompression der bei Epi¬
lepsie 616.
Katastrophenmedizin
488.
Katatonie nach Sonnenstich
756.
— Beschleunigung der Blut¬
gerinnungszeit bei 757.
KatatonischeSituations-
psychosen 742.
Katatonusversuch 210.
Kaumuskeln, vergleichende
Anatomie der 40.
Kausalität 647.
Kehlkopf, Innervierung des
bei den Vögeln 36.
— Innervationsstörung des
408, 409.
Kephalea 476.
Kephalop öden au ge, Ana¬
tomie und Physiologie des
39.
Kephaloskopie bei Epi¬
leptikern 429.
Keratodermie der Hände
und Füße 464.
Keratokonus, Abderhal-
densche Reaktion bei 258.
Keuchhusten, Lähmung bei
810.
— Neuritis optica mit zere¬
bellarer Ataxie bei 267.
Kiefer, Anomalien des und
Idiotie 733.
Kinderlähmung, spinale
888, 836.
— Behandlung der 544.
— zerebrale 851.
Kinderpsychologie 666 ff.
Kindesmord 809.
Klaustrophobie 424.
Kleinhirn, Anatomie des
29, 30, 832.
— Physiologie des 110.
— Fehlen des linken Seiten¬
lappens des 834.
— Erkrankungen des 854.
— Differential di agnose zwi¬
schen Erkrankungen des
Labyrinths und des 215.
Kleinhirnbrückenwin¬
kelgeschwülste 337ff.
— pathologische Anatomie
der 166.
— translabyrinthäre Entfer¬
nung der 601.
Kleinhirn ge sch wülste
165, 166, 335 ff., 355, 358,
859.
Klimakterische Neurose
424.
Klimakterium, Behand¬
lung der Ausfallerscheinun¬
gen im 614.
Knie phänomen, paradoxes
224.
Knocheneinpflanzung
bei Wirbel tuberkulöse 594.
Knochensystem in seinen
Beziehungen zu Erkran¬
kungen des Nervensystems
176.
Knochentrauma, Tetanie
nach 447.
Kodein, Einfluß des auf
Krämpfe 526.
Kohlenhydratstoffwech-
8 e 1 bei Hyperthyreoidismus
473.
Kohlenoxyd gas Vergif¬
tung, Neuritis des Hör¬
nerven bei 415.
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Sachregister.
849
Kohlenoxydhaltige Ex¬
plosionsgase, Vergif¬
tung durch 804.
Kohlensäurebäder 539.
Kokain, Empfindlichkeits¬
steigerung des Gefäßsy¬
stems gegenüber Adreualin
durch 84.
Kolobome am Sehnerven¬
eintritt 266.
Konträre Strebungen
779.
Konus medullaris, Eigen¬
apparat des 113.
Konus terminalis bei den
Haustieren 82.
— Erkankungen des 867.
Konvulsionen 425, 435.
Konzeption bei Geistes¬
und Nervenkranken 688.
Kopfhautfalten undHaar-
linien 698.
Kopfschmerzen 476.
— syphyiitische 283.
Kopfschwarte, Verände¬
rung der bei Akromegalie
475.
Kopftetanus 442.
Kopfverletzungen, psy¬
chotische Erscheinungen
nach XU, 0. M.
Körpergröße und Hirn¬
gewicht 11
Körpertemperatur, ein¬
seitige Steigerung der 422.
Körperwiderstand, Sta¬
bilisierungsmethode mit
Messung des bei der gal¬
vanischen Behandlung
XXXV. O.-M.
Korsakoffsche Psychose
722, 746, 747.
Kosmetika, Bleivergiftung
durch 305.
— Neuritis bei Bleivergiftung
durch 415.
K raftsi n n, von Vergleichung
Gewichten mit Hilfe des 50.
Krämpfe 425, 435.
— psychogene, XI, O M. 421.
— Einfluß der Erlenmeyer-
scheu Bromidmischung und
des Kodeins auf 526.
Krampfgifte, Wirkung der
108.
Kreatin, quantitative Be¬
stimmung der 91.
Krebs, Einfluß der Hypo-
physis auf das Wachstum
des 74.
— und Geisteskrankheiten
695.
Kremasterreflex 224.
Kretinismus 725, 734.
Krieg und Nervensystem 203,
204, 48h ff., 624.
Jahresbericht f. Neurologie u.
Krieg und Kriminalität 780.
Kriegspsychiatrisches
709 ff.
Kriegspsychologie 634fif.
Kriminalität der Jugend¬
lichen XXXI, O.-M.
Kriminelle Anthropolo¬
gie 758.
Kropf 78, 79.
— Störungen von seiten des
Halssympathikus bei 411.
— Röntgenbehandlung des
542.
Kugeleinheilung nach
Enukleation 259.
Kultur und Hirngewicht 10.
Kupfersalvarsan 532.
L.
Labyrinth, Wirkung von
Wärme und Kälte auf die
einzelnen Ampullen des 144.
— Erkrankungen des 216,
218, 219, 220.
Labyrinthreflexe auf die
Gliedermuskulatur 109.
Lagophthalmus, angebo¬
rener in 4 Generationen 261.
Lähmung, familiäre perio¬
dische 281.
— akute bei Tabikern 278.
Lähmungstypen, das Ge¬
setz der 202.
Laminektomie 593, 594.
Landrysche ParalyseöOÖ,
307.
— pathologische Anatomie
der 174.
— Beziehungen der zur spi¬
nalen Kinderlähmung 390.
Lateralsklerose, amyotro-
phische 272, 275.
Lazarettbeschäftigung
625.
Lazarettdisziplin als
Heilmittel 625.
Leichenschändung aus
Aberglauben 674.
Leitungsgeschwindig-
k e i t im motorischen Nerven
122 .
Len den mark, Anatomie des
33.
Leontiasis ossea 190.
Leptoineningitis, hämor¬
rhagische bei Milzbrand 154.
Leuchtorgane tropischer
Käfer 39.
Licht, Wirkung des auf die
lebende Substanz 56, 58.
Lichtbehandlung des Te¬
tanus 542.
Lichtsinnbei Echinodermen
52.
Lidschluß, Sehfunktion bei
249.
Psychiatrie I9if>.
Linkshändigkeit 192.
Lipodystrophie pro¬
gressiva 462, 476.
Lipoide, Biochemie der 85.
— Gehalt des Gehirns an bei
morphiumgewöhnten Hun¬
den 100.
Lokalanästhesie. Störun¬
gen des Gefäßappar&tes bei
540.
Lorrains Schreckneu¬
rose 725.
Luetinreaktion 284.
Luftdruck, Netzhautschä-
digung durch erhöhten 260.
Luftembolie durch Gebär¬
muttereinspritzungen 788.
Lumbalpunktion 595, 596.
— bei traumatischen subme-
ningealen Blutungen 378.
— bei Delirium potatorum 820.
— bei progressiver Paralyse
823.
Luminal 526.
— bei epileptischer Demenz
825.
Lust, negative bei Schopen¬
hauer 664.
Lustelemente 665.
Lymphosarkom des Nasen¬
rachenraums, Veränderun¬
gen der zentralen Hypo¬
physe bei 168.
M.
Magen, Physiologie des 141.
— Sensibilität des 129.
Magengeschwür und Teta¬
nie 448.
Magenstörungen, Kopf¬
schmerzen bei 477.
Magensymptome bei Sy¬
philis 282.
Magnesium 522ff.
Magnesium neuronalhyp-
nose 99.
Magnesiumsulfat, Wir¬
kung des auf den Darm 141.
Mais, Folgen einseitiger Er¬
nährung mit 311.
Makrotom 829.
Makula, traumatische Er¬
krankung der 260.
Maladie ankylosante
progressive ctchroni-
que 191.
Mal um perforans pedis
nach Wirbelschuß 375.
Manisch-depressives Ir¬
resein 740.
— bei Dementia praecox 758.
— paranoide Nymptomenkoin-
plexe im Verlaufe des 738.
Markscheidenentwick¬
lung im Tractns opticus,
Chiasma und Sehnerv 35.
54
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850
Sachregister.
Massage 548.
Massensuggestionen 635.
Masturbation 795.
Mastzellen in der Form von
Ganglienzellen 829.
Mauthnersche Riesen¬
zellen im Nucleus moto-
rius tegmenti 834.
Medikomechanik im Bett
545
M e d u 11 a o b l o n g a t a, Phy-
siologie der 109.
—- Sensibilitätsleitung in der
112 .
— Erkrankungen der 359.
Mekonal 527.
Melancholie 789.
— Selbstmord und Verbre¬
chen bei 812, 814.
Melan ome, multiple der
Haut 164.
Melanommetastaseu in
der Wirbelsäule 164.
Meningismus ira epilepti¬
schen Dämmerzustand 432.
Meningitis cerebrospi¬
nalis 288, 847, 848.
— Vorbeugung und Be¬
handlung der 621. 622.
Meningitis purulenta
816, 319 ff.
Meningitis serosa 316,
319, 363.
Meningitis serosa cir¬
cumscripta spinalis
155.
— nach Schubverletzung des
Rückenmarks 370.
Meningitis tuberculosa
infolge Quetschung eines
tuberkulösen Nebenhodens
498.
— Behandlung der 621.
— intralumbale Tuberkulin¬
injektionen bei 553.
Meningokokken, Nachweis
der in der Zerebrospinal¬
flüssigkeit 290. 294.
Meningokokkenserum
553.
Meningomyelitis, chirur¬
gische Behandlung der 595.
Meningozele, mehrfache
156.
Menschenaffen Station
auf Teneriffa 46.
Menstruation und Psychose
694.
Me nstruationspsy chosen
722.
Mesothorium und Gefä߬
nervensystem 98.
Methylalkoholvergif¬
tung, Sehstörungen bei
257, 267, 26*.
Migräne 476.
Mikrogyrie 156.
Mikrozephalus, die mimi-
| sehen Gesichtsmuskeln bei
j 190.
; Milchsäure, Bildung von
| im Muskel 91, 92.
| Milchzahn, Nervenfasern
im 36.
Milzbrand, hämorrhagi¬
sche Leptomeningitis und
Lymphadenitis bei 154.
Mi nenexplosion, zerebrale
Symptome nach XXVI,
O.-M.
Minenverschüttung, ner-
j vöse Folgezustände nach
| 494.
| Mineralsalze 521 ff.
I Mineralstoffwechsel 521.
| Mißbildungen, Entwick¬
lung der 832.
! Mittelhirn, Anatomie des
| 28.
] Mobilmachungspsycho¬
sen 718.
Momentanes Interesse
664.
Mondsucht 781.
Mo ugoloide Idiotie und
Syphilis 728.
Moorbäder gegen Enuresis
nocturna 541.
Morphinismus 301.
— Behandlung des 529.
Morphinpräparate, hy¬
drierte 527.
Morphium, intraspinale An¬
wendung des 529.
— fördernde Wirkung des
auf die heterotrope Reiz¬
bildung im Herzen 137.
Morphiumentziehung
626.
Morphium ge wöhnung 99,
100 .
Morphium-Skopolamin
bei Angst- und Erregungs¬
zuständen 823
Motiv 769.
Motorische Symptome
209 fl.
Musculi crico-arytaeno-
idei postici, Lähmung
der 409.
Musculi intercostales,
Beteiligung der bei der
Hemiplegie 212.
Musculus pectoralis m a -
jor und minor, einseitiges
Fehlen des 393.
Musculus sterno-costa-
lis, Anatomie des 42.
Musiker, Psychologie des
673.
Muskeln, Anatomie der 40 ff.
— Physiologie der 116,130ff.
Muskeln, Gaswechsel des
tätigen 91.
Muskeln, Bedeutung der
tonischen Innervation für
die Funktion der querge¬
streiften 123, 125. *
Muskelarbeit, Verhalten
des Blutdrucks bei 138.
Muskelatrophie 391.
— lokalisierte bei Tabes 278.
— progressive spinale als Un-
falltolge 515.
Muskelhypertrophienbei
toxischer Polynenritis 413.
Muskelkontraktion 47.
Muskelkraft, Messung der
204.
Mu8kelkrä rupfe, lokali¬
sierte 450.
Musk elmaschine 63.
Muskelschwellung 101.
Muskelsinn 55. 130.
Muskelüberpflanzuug
602.
— bei Serratuslähruung 602.
Myasthenia gravis pseu-
doparaly tica, Thymus¬
befunde bei 362.
3Ivelitis 363.
Myelitis tetanica 443.
Myelitis traumatica 376
Myohypertroph i a kymo-
paralytica 413.
Myoroborator 544.
Myositis ossifieans 393
Myotonie 456
Myotonoclonia trepi-
dans 451.
Mystik 672.
Myxödem 465. 474.
N.
NachbewegungsPhäno¬
men 210.
Nach hir n, Anatomie des31.
32.
Nachtblindheit im Felde
247, 248, 260, 270.
Nährstoffe, akzessorische
90.
N-Allylnarkodein 528.
Napoleon als Epileptiker
782.
Narben schmerzen. zir¬
kumskripte bei Durch¬
schüssen an Hand und Fuß
479.
Narkolepsie 723.
N arkose 94 ff.
— Störungen des Gefäßappa¬
rates bei 540.
Narkotika, Einfluß der auf
die Permeabilität der roten
Blutkörperchen 98.
— Gesetz gegen den Mi߬
brauch der 805.
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Sachregistrr.
851
Nase und Geschlechtssphäre
654.
Natrium nucieinictim bei
progressiver Paralyse 824.
Nebenhoden, tuberkulöse
Meningitis infolge Quetsch¬
ung eines tuberkulösen 498.
Nebenniere, Physiologie
der 82 ff.
— maligner Tumor der 168.
Nebenschilddrüse, Phy¬
siologie der 81.
— Regenerationsfähigkeit der
174.
— Adenom der 164.
— Transplantation der bei
postoperativer Tetanie 608.
Neger, Gehirn der 834.
— Rasseneigentümlichkeit des
Temporallappens beim 829.
Negrische Körperchen
150.
Neosalvarsan, intraventri¬
kuläre Injektion von bei
Paralyse 825.
— Todesfälle nach 535, 536.
Nephritis, Psychose bei 748.
Nervagenin 525.
Nerven, peripherische.
Physiologie der 116, 121 ff.
— Anatomie der zerebrospi-
nalen 34 ff.
— Krankheiten der 894.
— chirurgische Behandlung
der Krankheiten der 597.
Nerven, sensorische, Be¬
ziehungen der zur Entzün¬
dung 173.
Nervenfasern, pathologi¬
sche Histologie der 148.
Nervenraechanik 602.
Nerven muskolerregbar-
keit, galvanische in der
Schwangerschaft 547
Nervennaht 597, 601, 602.
Nervenpfropfung 602.
Nervenschußverletzun-
gen XX, O.-M.
Nervensystem, Untersu¬
chungsmethoden des 1.
— Entwicklung des 11 ff.
Nervenüberpflanzung,
histologische Veränderun¬
gen nach 148.
Nervenverletzungen 836.
Nervus abducens, ange¬
borene doppelseitige Läh¬
mung des 354.
Nervus acusticus, Neuritis
des bei Kohlenoxydgasver¬
giftung 415.
— syphilitische Erkrankung
des 283, 286.
Nervus cutaneus anti-
brachii medialis, Ana¬
tomie des 37.
Nervus electricus von
Mormyrus 37.
Nervus facialis, Lähmung
des 407, 408.
— angeborene doppelseitige
Lähmung des 354.
— Verletzung des 407.
Nervus glutaeus Superi¬
or, isolierte Lähmung des
durch Schuß Verletzung 410.
Nervus hypoglossus,
Kern des 31.
— Ramus descendens des 408.
— isolierte Krämpfe im Ra¬
mus descendens des 452.
— bilaterale nukleäre Läh¬
mung des nach Unfall 498.
Nervus ischiadicus, trau¬
matische Durchtreunung
des 604.
— Eosinophilie nach Resek¬
tion des 174.
Nervus medianus, Anato¬
mie des 36.
Nervus musculocutane-
us, Anatomie des 37.
Nervus ocu lomotorius,
Lähmung des infolge von
Otitis 840.
— Lähmung des als erstes
Zeichen eines Stirnhirnab¬
szesses 350.
Nervus pudendus, Rei¬
zung des 481.
Nervus radialis, Schu߬
verletzung des 409.
—hysterische Simulation einer
traumatischeuLähmung des
409.
— Behandlung der Lähmun¬
gen des 544.
— chirurgische Behandlung
der Lähmung des 600.
— Apparat für Lähmung des
600, 604.
Nervus recurrens, Läh¬
mung des 408.
— Verletzung des 407.
Nervus terminalis 830.
Nervus tibialis, Schußver¬
letzung des 411.
Nervus trigeminus,Schuß-
verletzuug des 405.
— Neuralgie des 478.
— Injektionstherapie bei
Neuralgie des 536.
Nervus ulnaris, Anatomie
des 37.
Nervus vagus, Kern des
31, 32.
— Bedeutung des für die
Entstehung der Apnoe 127.
— Einfluß des auf die Gallen¬
absonderung und anf die
Glykogenbildung 127, 128.
— Verletzung des 406.
Nervus vestibularis, re¬
flektorische kompensatori-
scho Augenbewegungen bei
beiderseitiger Ausschaltung
des 248
— isolierte Neuritis des nach
Typhusschutzimpfung 415.
Nestbau der Menschenaffen
670
Netzhaut, peripherische
Saftströmung in der 84.
— Schädigung der durch er¬
höhten Luftdruck 260.
Netzhautablösung, Ope¬
ration der posttraum&ti-
schen 606.
Netzhautreiznng durch
kurzdauernde Lichtblitze
und Lichtlücken 142.
Neugeborene, intrakrani¬
elle Blutungen der 346
Neuralgien 476.
— Injektionstberapie bei 536.
Neurasthenie 417, 422.
— Polyneuritis bei 411, 412.
Neuritis 411 ff.
- Behandlung der mit Vak¬
zineurin 564.
Neuritis optica mit zere¬
bellarer Ataxie bei Keuch¬
husten 267.
— infolge von Sinusitis sphe-
noidalis 836.
Neuritis retrobulbaris,
im Ghiasma lokalisiert 263.
— Beziehungen zwischen mul¬
tipler Sklerose und 274.
Neuroblastome 163, 164.
Neurodermitis verru¬
cosa 417.
Neurofibrillen, Entste¬
hung der 22.
Neurofibromatose 162,
163, 164.
Neuroglia, Anatomie der22.
— Färbung der 4, 5.
— pathologische Histologie
der 149.
Neurolyse 599, 600.
Neurome, benigne unaus-
gereifte 162.
Neuronal 525.
Neuropathisches Kind
735.
Neurosen und Psychosen
742.
— und Trauma 502ff.
— Behandlung der funktio¬
nellen 614 ff.
Niere, Innervation der 129.
Nierenfunktion, Abhän¬
gigkeit der vom Nerven¬
system 109.
Nikotinvergiftung 301.
Ninhydri n. Giftwirkung des
99.
54*
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852
Sachregister.
Ninhydrinreaktion bei tu¬
berkulöser Meningitis 322.
Noktambulismus 700, 781.
Nor-Morphinderivate
528.
Nucleus lentiformis,
Gliom im 334.
Nucleus motorius teg-
menti, Mauthnersche Rie¬
senzellen im 834.
Nymphomanie, Affektepi¬
lepsie bei 433.
Nystagmus hereditärer 251.
— einseitiger 264.
— der Bergleute 258.
— photographische Messung
desAugen- und des Pupillen¬
abstandes bei 256.
— labyrinthärer bei Gehirn-
kraukheiteu 214.
— bei Verletzungen des Fußes
der II. Stirnhirnwindung
106.
— und Stottern 229.
Oberschenkel, Einfluß der
Muskelarbeit auf die Form
des 193.
ödem, hysterisches 420.
— das harte traumatische des
Handrückens 4M.
— Quinckesches 460.
Ohr, Kriegsverletzungen des
606.
Ohrensausen, Behandlung
des 619.
Ohrerschii t terungen, Be- I
handlung der 542.
Ohrmißbtlduugen bei
Geisteskranken 698.
Oktopoden, Nervensystem
der 20.
Oleum Pulegii, Verände¬
rungen des Zentralnerven¬
systems bei 171. »
Olive, Entwicklnngsstürung !
der unteren 15h.
Ol ivo-zerebellare Atro¬
phie 169.
Ophthalmia m e t a s t a - S
tica, plötzliche Pupillen- !
lähmung als erstes Zeichen
der 261.
Ophthalmoplegien bei
progressiver Paralyse 752.
Opium 527.
Opiumentziehung 626
Opi um sucht und Selbst- i
morde 784.
Optische Agnosien 105.
Optische Täuschung 654.
Orbitogenor Hirnabszeß
349.
Organische Psychosen
750*
Organtherapie 548*
— bei Dementia praecox 825.
Orieutierungsproblem
48.
Orientierungsvermögen
der Ameisen 668.
Orthopädische Behand¬
lung 604 ff.
Osteogenesis imperfecta
178.
Otitis media, Hirnabszeß
nach 349.
— Meningitis nach 321.
Ovariotomie, Fettembolie
nach 347.
Ozetbad 5H9.
Pachvmeningitis und Un¬
fall 498
j Palpatorische Anwen¬
dung elektrischer Ströme
547.
Panumsches Phänomen
655.
Papille, primäre Tumoren
und tumorartige Gebilde
der 259.
Paralyse. progressive
752 ff.
- Ursachen der 277.
— Beziehungen der Syphilis
cerebrospinalis zur 285.
— Großhirntumor unter dem
Bilde einer 329
— Differentialdiagnose zwi¬
schen Paranoia und auf
Grund des Abderhalden-
schen Verfahrens 738.
Behandlung der 823. 824,
826.
Paralysis agitans 812.
Paranmesie, reduplizie¬
rende 663.
Paramyoklonus, olivo-
zerebellare Atrophie unter
dem Bilde des 169.
Paranoia 737 ft.
— in gerichtsärztlicher Be-
zi hung 810.
Paraphrenie 721, 738, 810.
Paraplegie, senile 367.
— infolge von Aortenaneu¬
rysma 83*».
Parasiten des Gehirns 326,
341.
Parästhesien und Hallu¬
zinationen 706.
Parietalorgane von Pe-
tromyxon fluviatilis 38.
Parotis 832.
Patellarreflex, Wieder¬
kehr des bei hoher Hücken-
marksdurchtrennung 224.
Pathologische Anato¬
mie, spezielle 151.
Pathologische Histolo¬
gie 145.
Pellagra 310.
— Autoserotherapie bei 560.
Pemphigus bei Paralyse 753.
Permanentes Bad bei Te¬
tanus 539.
Peroneuslähmung 606.
Peroneus-Tibialisläh-
mung, Fußstützmaschine
für 605.
Persuation 510.
Perversitäten T 4 *8ff.
Pferde, rechnende 667, 671.
Pfortad er gef äß kapilla¬
ren der Frosc leber 98.
Pfortaderunt erbindun g,
Krampfe nach 435.
Phagozyten und Atemzen¬
trum 95
Phänomenologie 652.
Phenoval 525.
Phosphorsäure, Bildung
von im Muskel 91, 92.
Phosphor vergift u n g,
Veränderungen des Zen¬
tralnervensystems bei 171.
Phthiropl obie 424.
Physiologie, al Igemeine 44.
— des «Gehirns 102.
— des Rückenmarks 111.
— der peripherischen Nerven
und Muskeln 116.
— des Stoffwechsels 64.
Pikiotoxinvergiftung,
Krämpfe nach 435
Pituitrin, Empfindlichkeit
der Haut für 83.
Plaques, der gliöse Anteil
der senilen 149.
Plasmazelleu in den Hirn¬
häuten und der Hirnrinde
bei Paralyse 752.
Platners Krankenge¬
schichte 724.
Plazenta, wirksame Sub¬
stanz in der 86.
Plexus brachialis, sym¬
metrische Neuritis des 416.
— Neurolyse des 599.
Plexus c h o r i o i d e u s, re-
sorptive Funktion des
Epithels des 110.
— Teratom des 335.
Plexus lumbalis,Anästhe¬
sierung des 580.
— isolierter Tetanus des 443.
Plexusanästhesie, Kulen-
kampffsche 580.
Pneumatozele, intrakia-
nielle nach Sehußverlet-
zung 590.
Pneumonie, der vasomoto¬
rische Mechanismus bei 460.
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Sachregister.
85
Pneumonie, Spinalflüssig-
keit bei 227.
— nach Apoplexie 222.
Pneumokokkenmeningi¬
tis nach Pneumokokken -
appendizitis 320.
Pocken, Geistesstörung bei
745.
Polioenzephalitis 322.
Poliomyelitis 388.
Pollutionen, Tages-P. 795.
Polynearitis 411 ff.
Potenz, Störung der bei
Akromegalie 474.
Processus frontali® des
Schläfenbeins 183.
Prüfungsschwindel 780.
Ps e u d o d e m e n z, hysterische
743.
— hysterische mit organischer
Hirnerkrankung 421.
Pseudoglioma retinae
252.
Pseudologia phantastica
781.
Pseudomeningitis bei
tuberkulösen Kindern 322.
Pseudosklerose 314, 316.
Pseudotetanus 443.
Psychiatrie, gerichtliche
802.
Psychoanalyse 619.
Psychogalvanischer Re¬
flex 51.
Psychologie 626.
Psychopathische Kon¬
stitution 725, 735.
Psychoreflex 105.
Psychotherapie 619fl.
Pulsus irregularis per-
petuus bei Basedow 468.
Pupille, physiologische Un¬
ruhe und Psychoreflexe der
251
Pupillenabstand, photo¬
graphische Messung des bei
Bewegungen der Augen
256.
Pupillenlähmung, plötz¬
lich auftretende bei meta¬
statischer Ophthalmie 261.
Pupillenspiel, verglei¬
chende Physiologie des 143.
Pupillenstarre, reflek¬
torische, alkohologene
257, 258.
— vorübergebende bei Dia¬
betes 250.
— beiderseitige naoh Schä¬
deltrauma 498.
Purkinjesches Phäno¬
men im zentralen Bezirke
des Sehfeldes 253.
Pygmäenschädel 181.
Pyramide, zerebellare 29,30.
Pyramidenbahn 33.
— Anatomie und Physiologie
der 25, 26.
Q.
Quarzlicht gegen Enuresis
nocturna 541.
Quecksilber - Salvars an -
behandlung 530.
Querulantenwahnsinn
739, 810, 812.
Quinckesches Ödem 460.
B.
Rassenhygiene 624.
Rassenpsychiatrie 691.
Rautenhirn von Acanthias
31.
Rechenbegabung und
Rechendefekte bei ab¬
normen Kindern 730.
Rechnende Pferde 667,
671.
Rechtshändigkeit 59.
Reflexe 223ff.
— paradoxe 224, 225.
— Hemmungserscheinungen
bei 114.
— Form der bei Chorea 445,
446.
Reflexbogen, Refraktär¬
stadium im 50.
Reflexlähmung 211.
Reflexmechanismus, Ent¬
wicklung des bei Amblyo-
stoma 831.
Refraktärstadium im Re¬
flexbogen 50.
Religiöser Wahnsinn,
Selbstverbrennung im 783.
Rentenneurose 511, 512.
Reproduktion 661.
Rhabdomyome des Her¬
zens bei tuberöser Hirn¬
sklerose 162.
Rheumatische Erkran¬
kungen im Kriege 479.
Rhitinis vasomotoria,
verursacht durch Spul¬
wurm 460.
Richterpsychologie 676.
Riechhirnanteile beim
Delphin 830.
Riechlappendefekt, par¬
tieller 158.
Röntgenbehandlung der
Schilddrüse und Thymus
bei Basedow und Status
lymphaticus 542, 580.
Röntgen verfahren bei
Schädelschüssen 580.
Rossia makrosoma, Ner¬
vensystem der 20.
Rotgrünblindheit, Über¬
gänge von normalem Far¬
bensinn zu angeborener 254.
Rückenmark, Anatomie
des 32 ff.
— Physiologie des 111.
— Regeneration im 835.
— Geschwülste des 883.
Rücke n marksk rank -
heiten, traumatische 867,
499.
— chirurgische Behandlung
der 593
Rum. Einführung der histo¬
rischen Rumration bei der
britischen Armee 838.
Rumination als Unfalls¬
folge 514.
Rußverfahren zur Auf¬
nahme von SchaÜBchwin-
gungen 659.
8 .
Safrolvergiftung, Psy¬
chose bei 749.
Salizylsäure, Wirkung der
auf das Ganglion spirale
306.
Salvarsan 580 ff.
Salvarsannatrium 530.
531.
Salvarsanserum 532, 533,
559, 560.
Sarkom, glioblastisches des
Kleinhirns 165.
SauerstoffgehaltdesWas-
sers, Einfluß des auf die
Atembewegungen der Fi¬
sche 55.
Scalenussystem, Morpho¬
logie des 42
Schädel 180 ff.
— Deformitäten des bei De-
meutiu praecox 758.
— Schußverletzungen dei
583 ff, 838.
Schädeldefekte, Deckung
der 588.
Schädel crkrankungen,
traumatische 496 ff.
Schädelverletzungen,
Augenhintergrundsver¬
änderungen bei 267, 269.
— Diabetes insipidus nach
495.
Schädelwachstum 186.
Schallschwingungen,
Rußverfahren zur Aufnah¬
me von 659.
Sch edel, zwei Konsilien des
Dr. Hartmann Sch. 754.
Scheitellappen, Tumoren
des 332.
! Schiefhals 453.
Schilddrüse, Physiologie
der 76 ff.
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854
Sachregister.
Schilddrüsenextrakt,
Wirkung des auf Amphi-
bienlarven 831.
Schilddrüsenpräparate
562.
Schildknorpel, Plastik am
606.
Schizophrenie, Assozia¬
tionsversuche bei 756.
— vegetatives Nervensystem
bei 757.
Schläfenbein 183.
Schläfenlappen. Rassen-
eigentümlichkeit des beim
Neger 829.
— Sarkom des 336.
Schläfenlappenabszeß
mit Durchbruch in den
Seitenventrikel 349.
Schlafmittel, Verände¬
rungen der Blut- und Hirn¬
zusammensetzung bei chro¬
nischem Gebrauch von 96.
Schlafstörung, kindliche
231.
Schlaftrunkenheit 781.
Schmerz, positiverbei Scho¬
penhauer 664.
— Behandlung des 615.
Schmerzfasern, zentraler
Verlauf der 114.
Schmerzqualitäten 653.
Schock, nervöser und psy¬
chischer 839.
— und Nebenniere 86.
— anaphylaktischer nach Te¬
tanusserum 558.
Schockwirkung bei
Schwerverwundeten 645.
Schopenhauer, positiver
Schmerz und negative Lust
bei 664.
Schreckneuro-se 508.
Schreiben, automatisches
677
— mit Hilfe des Gebisses 544.
Schrift der Schwachsinni¬
gen 729.
Schriftsachverständige
und Beeinflußbarkeit 781.
Schulterblatt höch¬
st and, angeborener 192.
Schwachsinn 728, 729.
Schwachsinnigenfürsor-
ge 827.
Schwangerschaft, galva¬
nische Nervenmuskelerreg-
barkeit in der 547.
— Psychosen und Neurosen
in der 688.
— und Epilepsie 438.
Schwan gerschaftsniere,
Behandlung der 617, 618.
Schweiß absonderung,
Verhalten der bei spinaler
spastischer Paraplegie 364.
Schweißabsonderung,
vermehrte auf der gelähm¬
ten Seite bei kortikalen
Läsionen 209.
Schweißdrüsen, Innerva¬
tion der 126.
Schwindel 215.
Schwindler, geisteskranke
782.
Sedobrol 525.
Seebäder an der Adriaküste
540.
8eeleublindheit mit
Apraxie 208.
Seelensitz 644
Sehbahnen, Lokalisierung
in den 106.
— Schußverletzungen der zen¬
tralen 249.
Sehen der Fische 61.
Sehnenreflexe, Verhalten
der bei inneren Erkrankun¬
gen 226.
Sehnerv, parenchymatöse
Saftströmung im 34.
— Hypoplasie beider 266.
Sehnervenbahnen, Ana¬
tomie der 28.
Sehnervenerkrankung,
Abderhaldensche Reaktion
bei 253.
Sehnervenverletzungen,
direkte und indirekte 265,
268.
Sehrindenzentrum 106.
Sehstörungen bei multipler
Sklerose 278.
Sehzentren der Knochen¬
fische 28.
Seiten Ventrikel, resorp-
tive Funktion des Epen-
dyms des 110.
Selbstschilderung 704.
Selbstmord 784ff., 827.
Sei bstv erb re nnungim re¬
ligiösen Wahnsinn 783.
Selbstverletzungen, hy¬
sterische 420.
— am Schädel und Gehirn 812.
Senile Plaques, der gliöse
Anteil der 149.
Senile Psychosen 719.
Sensibilitätsleitung im
Rückenmark und in der
Medullaoblongata 112,114.
Sensibilitätsstörungen
bei Hirnrindenläsionen nach
Schußverletzungen 106.
— Topographie der am Rum¬
pfe bei der zerebralen Hemi-
anästhesie 208.
Sensible Symptome 212.
S e p 8 i s, toxämische Psychose
bei 748.
Septum interfrontale
186.
Serienpräparate der Ge¬
hirne kleiner Tiere 1.
Serologische Arbeiten
XXIX, O. -M.
Serumbehandlung 552.
Serumexanthem nach Te¬
tanusserum 558. 559.
Sexologie 788ff.
Sexualität 672, 673.
Simulation psyehischerStö-
rungenXll.O.-M.,810.811.
— beiünfallneurosen 511,512.
Sinneseindruck und Appe¬
tit 59.
Sinnesorgane, Anatomie
der 38 ff.
— Physiologie der 142 ff.
— im Vorderarm der Sela-
chier 41.
Sinus cavernosus 43.
Sinus paranasalis, Be¬
deutung des für die Ent¬
stehung von Gesicbts-
schmerzen 478.
Sinuseiterung, plötzliche
Erblindung bei 267.
Sinusphlebitis, kombi¬
niert mit Hirnabszeß 350.
Sinusthrombose 348.
Situationspsychosen,
hysterische und katatoni¬
sche 742.
Sittlichkeitsverbreche n
791 .
Sklerodermie und Unfall
501.
Sklerose, multiple 272.
— tuberöse 161, 162.
Skopolamin, Wirkung des
auf das Katzenauge 254.
Sohlenmuskulatur, Läh¬
mung der durch Schußver¬
letzung des N. tibialis 411.
Solaninvergiftung 804.
Somali, anthropometrische
Messungen an 181.
Sonnenbäder 542.
Sonnenstich 57, 501.
— Katatonie nach 756.
Sozialkriminalität 772.
Spannungstuß, atavisti¬
scher als Ursache von Fu߬
beschwerden 212.
Spasmen nach Kopfschüs¬
sen, orthopädische Behuud-
lung der 544.
Spasmophilie 444, 449.
Spasmus nutans und Be¬
dingungsreflex 454.
Spaß, Psychologie de« 674.
Speicheldrüsen bei Toll¬
wut 309.
Spina bifida 192.
— Behandlung der 595.
Spinalgan glienzellen,
Struktur der 22.
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Sachregister.
855
Spinalparalyse, eineFami-
lie mit spastischer 887.
Spiritistische Medien,die
vita sexual is der 796.
Spondylolisthesis 695.
Spontanfrakturen bei Ta¬
bes 278.
Sprachärztliche Kriegs¬
abteilung 619.
S p r a c h e, der zentrale Mecha¬
nismus der 284, 287.
— und Geisteskrankheiten
700, 701.
Sprachkranke Kinder,
Sonderklassen für 619.
Sprachstörungen 229,280.
Sp ul wurm als Ursache einer
Rhinitis vasomotoria 460.
Squama temporalis 184.
Stabilisierungsmethode
mit Messung des Körper¬
widerstandes bei der gal¬
vanischen Behandlung
XXXV, O.-M.
Staroperation, Einfluß der
auf die Intelligenz 825.
Stammeln 619.
Stauungspapille, Histolo¬
gische Veränderungen bei
experimenteller 262.
— bei Hirntumoren 214.
Sterilisation der Verbre¬
cher 777, 778.
Stimme, Veränderungen der
bei Chorea 446.
Stimmbandlähmung,
funktionelle 230.
— im Felde 421, 422.
— einseitige bei Polyneuritis
alcoholica 416.
Stirnhirn, Geschwülste des
831, 332.
Stirnhirnabszeß, Okulo¬
motoriuslähmung als erstes
Zeichen eines 350.
Stirnhirnwindung, Nys¬
tagmus bei Verletzung des
Fußes der zweiten 106.
S t o ffw e c h s e 1, Physiologie
des 64, 90 ff.
Stottern 619.
— und Nystagmus 229.
Straf re chtsschule, die
positivistische 768.
Strahlenbehandlung, in¬
traokulare bei Glioma reti¬
nae 246.
— bei Hypophysisgeschwül¬
sten 542.
Strangerkrankungen887.
Strompuls, Änderung des
unter dem Einfluß vasokon-
striktorischer Mittel und
nach Lähmung der Gefäße
100 , 101 .
Strychnin, Einwirkung des
aut die Reflexe 115.
Subarachnoidealblu-
tung, spontane 846.
Subarachnoidealraum,
Physiologie und Pathologie
des 172.
— Spülung des 596.
Suggestion 674
— Einfluß der auf die Ein¬
bildungskraft 676.
S up in at io ns-Extensio na¬
hes chränkung derUnter-
arme beim Neugeborenen
410.
Sutura coronalis, senile
Einsenkung der Schädel¬
knochen in der 188.
Sutura occipitalis trans¬
versa 185.
Sympathikotonische
Symptome bei Gesunden
213.
Sympathikus, postganglio¬
näre Bahnen des für das
Auge 143.
Sympathisches Nerven¬
system, Anatomie des 37.
— Entwicklung des 831.
Symptomatologie, allge¬
meine des Nervensystems
194.
— allgemeine der Geistes¬
krankheiten 678.
Synergische Arzneimit¬
tel 528.
Syphilis, parenchymatöse
Nervensyphilis 836.
— Polyneuritis syph. 416.
— und Epilepsie 483.
— und Geisteskrankheiten
692.
— und mongoloide Idiotie
728.
— und Paralyse 753, 754.
— und Raynaudsche Krank¬
heit 467.
— Erkrankungen des Schä¬
dels bei 189.
— Behandlung der 531 ff.
— Behandlung der syphilo-
genen Nervenkrankheiten
622, 623.
Syphilis cerebrospinalis
279.
Syringobulbie 360.
Systemerkrankungen
887.
T.
Tabes dorsalis 275.
— Beziehungen der Syphilis
cerebrospinalis zur 285.
— Tuberkulinbehandlung bei
552.
Tabes, Übungsbehandlung
bei 545.
Tachykardie, Wirkung des
V agus bei paroxysmaler 140.
Tagespollutionen 795.
Taubheit, Entlarvung simu¬
lierter 809.
Taubstummenanstalt
626.
Teleangiektasie, intra¬
kranielle 325.
Telephonunfälle, nervöse
Störungen nach 495.
Temperaturfasern, zen¬
traler Verlauf der 114.
Terpazid 525.
Testdiagnose 662.
Tetanie 444,447 ff., 837,840.
— Transplantation der Para¬
thyreoidea bei postoperati¬
ver 608.
Tetanotoxin, Entgiftung
von 563.
Tetanus 425, 436ff.
— der Skelettmuskeln 132.
— Behandlung des 608, 618.
— Aether- und Kochsais¬
injektion bei 537.
— und Jodtinktur 530.
— Behandlung des mit Mag¬
nesiumsulfat 523, 524.
— permanentes Bad bei 539.
— Lichtbehandlung des 542.
Tetanusantitoxin 554ff.
Tetrachloräther, Vergif¬
tung durch 304.
Thalassotherapie 540.
Thermanalgesie, isolierte
eines Beines nach Schuß-
verletzung des obersten
Brustmarkes 878
Thermische Muskelrei¬
zung 132.
Thigasin 527.
Thrombose 848, 348.
— psychische und nervöse
Tätigkeit nach 643.
Thymusdrüse, Anatomie
der 43.
— Physiologie der 82.
— Einfluß der auf das Wachs¬
tum von Anurenlarven 80.
— Befunde an der bei My¬
asthenia gravis pseudopara-
lytica 362.
Thymusextrakt, Wirkung
des auf Amphibienlarven
831.
Thymu soperation 607.
Thyreose ira Heere 467.
Tierpsychologie 666ff.
Timon von Athen 725.
Todesfurcht 645.
Todesstrafe, ein Beweis¬
grund gegen die 788.
Tollwut 308, 309.
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856
Sachregister.
Tollwut, Giftigkeit des
Speichels, der submaxilla-
ren Drüsen und derNerven-
substanz bei 559.
Tonhöhe 657.
Tonsillitis, Abszeß der hin¬
teren Schädelgrubq nach
eitriger 350.
Tonus 133.
Tonwiedergabe, Genauig¬
keit der 656.
Tornisterdruckneural-
gien 479.
Totenstarre 62, 133.
Totstellreflex der Arthro¬
poden 53.
Toxine, Einwirkung antige-
ner auf die Hypophysis 75.
Tractus olfacto-tegmen-
talis 834.
Transvestismus 800.
Trauma und Nervenkrank¬
heiten 482.
— und Psychose 696, 697.
— akustisches 500.
Traumatische Erkran¬
kungen des Rückenmarkes
867.
Traumatische Neurose
502 ff.
Träume 671.
Trepanation, dekompres-
sive 591.
Trophische Störungen
nach Unfall 501.
— bei Kriegsverletzungen der
peripherischen Nerven 408.
Trophoneuresen 454.
Trunksucht 820 (s. auch
Alkoholismus).
Tuberkulinbehandlung
552.
Tuberkulin-Quecksil¬
berbehandlung bei pro¬
gressiver Paralyse 826.
Tuberkulose und Nerven¬
system 68 7 .
— See len Verfassung der Tu¬
berkulösen 652.
Turmschädel 187.
Turnapparat, medikome-
chanischer 545.
Typhus, Lähmungen nach
80«.
— Meningitis nach 319.
— multiple Neuritis bei 416.
— Psychosen beim Kriegs-T.
744, 745
Typhusschutzimpfung,
isolierte Neuritis vestibu-
laris nach 415.
U.
Über exaktheitsmanie
741.
Überwertigkeit, patholo¬
gische und Wahnbildung
706.
Übungsbehandlung bei
Tabes 546.
Ultraviolette Strahlen,
Wirkung der auf das Frosch¬
auge 831.
Unbewußte Versuche 667.
Unfallbegutachtung und
-rechtsprecbung 512ff.
Unlustelemente 665.
Unmusikalische, Psycho¬
logie der 666.
Unsterblichkeit 645.
Untersuchungsmetho¬
den des Nervensystems 1.
Urämie 312.
— Differentialdiagnose zwi¬
schen arteriosklerotischen
und ur. Zerebralstorungen
206.
Urea, Einspritzungen von bei
Uyperthyreoidismus 537.
Urethan, schlafmachende
Wirkung des 109.
UrteilBbeständigkeit
von Schulkindern 670.
Urtikaria 460.
V.
V«g otonie 455.
Vagotonische Sympto¬
me bei Gesunden 213.
Vakzineurin 564.
Valbromid 525.
Vasomotorische Erreg¬
barkeit, Wirkung des
Karotidenverschlusses auf
die 125.
Vasomotorische Störun-
en bei Kriegsverletzungen
er peripherischen Nerven
403.
Vegetarische Ernährung
623.
Venezolanische Schädel
181.
Ventrikel, Tumor des
dritten 335.
— Papillom im vierten 340.
Veratrum 530.
Verbrechen und Ver¬
brecher 765ff.
Verdauungsorgane, Wär-
meempfindung in den 653.
Vererbung erworbener
Eigenschaften 50.
— psychischer Fähigkeiten
652.
Vererbungsgesetze 63.
— Mendelsche und die Krimi¬
nalität 788.
Veronal gegen Delirium
tremens 820.
Veronaldelirium 749.
Veronal Vergiftung 301,
302.
Verstopfung, Behandlung
der spastischen 618.
Verurteilung, unbestimmte
776.
Vesals Anatomie des Ge¬
hirns 14
Vestibuläre Fallbewe¬
gungen 215.
Vibrationsgefühl 51.
Vitalscharlach 3.
Vitamine 90.
Vogelpsyche 667.
Völkerpsychologie im
Kriege 645.
Vorderhirn, Anatomie des
22 ff.
Vo r s t e 11 u n g, pathologische
und Halluzination 704.
W.
Wadenkrampf 453.
Wahnbildung und patho¬
logische Überwertigkeit
706.
Wandertrieb 692.
Wärmeempfindungin den
Verdau ungsorganen 653.
Wärme lähm ung des Kalt¬
blüternerven 122.
Wärmeregulation 87ff.
Warzenfort satz Operati¬
onen, Vermeidung der
Fazialislähmung bei 604.
Wassermannsche Reak¬
tion 282.
— Gehirnextrakte als Antigen
bei der 660.
— positive im Liquor bei
Meningitis 322.
Wassersucher 674.
Weinen, einseitiges bei rheu¬
matischer Fazialislähmung
408.
Wichtigmacher 813.
Widmark-Niclouxsche
Probe 206.
Wiedererkennen 656.
Wille 661, 662.
— ärzliche und erziehliche
Beeinflussung des 677.
Willeustätigkeit bei Hy¬
sterischen 420.
Wilsonsche Krankheit
812, 314.
Winterschlaf, Herzmecha¬
nismus im 188.
— und Hypopbysis 74.
Wi r b e 1, Osteomyelitis der
nach Schußverletzung 380.
Wirbelbrüche 371.
Wirbelsäule, Veränderun¬
gen der 190, 191.
— Geschwülste der 384
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Namenregister.
857
Wirbelsäule, Erkrankung
der bei Syphilis 189, 286.
— chirurgische Behandlung
der Erkrankungen der 598.
Wochenbett, Psychosen
und Neurosen im 688.
Wortbiindheit, angebo¬
rene 289.
Wundinfektion nach Un¬
fall und Paralyse 758.
X.
Xanthinderivate,
Wirkung der 184.
Z.
Zahnbildungen im Vor¬
derarm der Selachier 41.
Zähne, Anomalien der und
Idiotie 788.
Zähneknirschen und ade¬
noide Vegetationen 281.
Zahnerkrankung, Hirn¬
abszeß nach 849.
Zeichenhypothese,
Widerlegung der 666.
Zelle. Chemie der 2.
Zelluloidlack, Vergiftung
durch 804.
Zentralnervensystem,
Aplasie des 859.
Zerebronsäure 100.
Zerebralsymptome 208ff.
Z erebrospinalflüssig-
keit, Untersuchung der 93,
172,227, 228, 284, 286, 286.
— Färbung der Zeilen in der 6.
— Nachweis der Meningo¬
kokken in der 290, 294.
— Zuckergehalt der 206.
— bei Delirium potatorum
820.
— Untersuchung der bei Hirn¬
tumoren 329.
— Untersuchung der bei Para¬
lyse 752, 753.
Zerrungssymp tom bei Er¬
krankungen der Cauda
equina 379.
Zeugenaussagen 675.
Zigarettenrauchen 301.
Zinkhütten, Bleivergiftung
in 805.
Zirbeldrüse, Physiologie
der 76.
Zirkulationsstörungen,
zerebraler und kardialer
Typus der 220.
Zuchthausstrafe an Min¬
derjährigen 770.
Zucker, Gehalt der Zerebro¬
spinalflüssigkeit an 206.
Zungenpapillen der Pri¬
maten 40.
Zurechnungsfähigkeit,
verminderte 805, 809.
Zwangsdenken, Erinne¬
rungsfälschungen bei 702.
Zwerchfellähmung, ein¬
seitige bei Polyneuritis al¬
coholica 416.
Zwergwuchs 473.
— achondroplastischer 179.
Zystizerken des Gehirns
842.
Namenregister.
* bezeichnet Arbeiten, welche sich im Literaturverzeichnis befinden, aber nicht referiert sind.
A.
Aaser 548*.
Abbott 758*, 773.
Abeil 564*.
Abels 788*.
Abrahamson, J. 272*.
Abramson 388*.
Abt 151*.
d’Abundo 326*.
Achelis 547.
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Adam 240*.
Adams 295*.
Addison 830, 833*.
Adler, A. 608*, 626*.
Adler, H. 608*.
Adler, S. H. 303.
Adolph 222.
Adrian 475.
Agduhr 36.
Ager 322*.
Agosta 326*.
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Ahrens 564*.
Aiken 678*.
Albert, H. 295*.
Albertini 295*, 814*.
Albrecht, H. 446.
Albrecht, W. 194*, 594.
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Alessandri 454*.
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Alexander, A. 394*, 564*,
Alexander, G. 151, 343*,
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Alter 5, 608*, 690.
Altmann 758*.
Altschul 624.
Alvarez 116*.
Alzheimer 417*,482*, 736*
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Amato 309.
Arnes 312*, 420.
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I Amoss 390, 391.
Amschi 813.
Anchersen 678*.
| Anderson, H. M. 279*.
I Anderson, J. F. 548*, 677.
Anderson, M. C. 417.
Anderson, V. V. 678* 758*.
Andrews 343*.
Anfimoff 417*.
Angerer 565*.
Anschütz 626*.
Anton 194*, 300, 496, 623.
Antoni 219.
Appel 565*.
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Archambault 328.
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Armbruster 89, 194*, 394.
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Arnheim 544, 619.
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Aronsohn, H. 290.
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Aschaffenburg 240*, 422,
719.
Ascher, L. 64*.
Aschoff 425*, 548*, 554.
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Asher 129.
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Auer, E. M. 116*, 194*, 209,
282
Auer* J. 548*, 552, 609*.
Auerbach, S. 202, 543, 599,
602.
Aulde 609*.
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Austregesilo 295*, 678*.
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858
Namenregister.
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Ax hausen 565*, 589.
Ayer 151*, 275*, 328.
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Baade 626, 652.
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Babak 102*, 123.
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Balassa 434, 529, 616.
Baldwin 286, 831.
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Namenregister.
859
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Brown, G. E. 536.
Brown, 8. 627*, 826.
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Callomon 559.
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Camp, C. D. 279*, 316*,
609*
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Namenregister.
Campbell, C. M. 679*.
Campbell, W. C. 228.
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Canavan 153*.
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Cinffini 450*.
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Clark, G. H. 176*.
Clark, H. C. 280*
Clark, L. P 76, 425*, 453,
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Clarke, J. M. 363*, 395*.
Claude, H. 454*.
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Olimenko 232*, 326*, 332,
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Cloetta 85, 88, 89,
Clonting 240*.
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Cohn, F. 65*.
Cohn, L. 183.
Cohn, M. 65*, 92, 567.
Cohn, T. 395*.
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Collins, J. 282, 386, 421,
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Collins, K. R. 288*.
Collins, R. J. 530, 835*.
Colmant 332.
Colombo 241*.
Comby 323*, 444*, 549*.
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Conrad 36, 648.
Conroy 467*.
Consiglio 718.
Consoli 152*.
Constantino 288*.
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Cook 425*.
Copenhaver 64*.
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Cords 249, 567, 586.
Coriat 418*, 679*, 726*.
Cornell 679*.
Corning 616.
Cornwall 425*, 549*.
Corso 609*.
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Costa 609*,
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Cotton 395*, 756, 815*,
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Courtellemont 425*.
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Crain 465*.
Cramer. E. 241*
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Cranmer 567*.
Crenshaw 679*.
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Croissant 544.
Crosbie 567*.
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Crozier 44*.
Crzellitzer 759*.
Csiky 210, 335, 481, 541.
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Cummer 195*, 280*, 609*.
Cuneo 425*.
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Cushing 74. 93, 195*, 590,
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Darkshevitch 418*.
Darling 280*, 684*, 750*.
Dauber 627*.
Daugherty 482*.
Dausset 545*.
Davenport 447, 679*, 962.
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Davidson 594.
Davies 840*.
Davis, B. F. 176*, 759*.
Davis, N. 395*.
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DeeB 823.
Deelman 116*.
Dees 725.
Dejerine 597.
Delacroix 627*.
Delfino 759*.
Delherm 545*.
Demole 327*, 425*.
Derby 367*.
Dcrcum 679,695, 816*, 826.
Derlien 815*.
Derujinsky 610*.
Descoeudres 669.
Determann 537*, 623.
Deuchler 627*.
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Deutsch 152*, 479.
Deutschmann 241*.
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Dewey 280*, 815*.
Dexter 195*, 609*.
Dick, F. 435.
Dick, L. >39*.
Dick, R. 435.
Dieden 126.
Diefendorf 444*.
Diekmann 549*.
Dietrich 367*.
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Diller 787.
Dimitriades 567.
Dimmer 249.
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Dobrick 679, 784.
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Dodge 627*.
Doesschate 241*. 567*.
Doleno 783.
Don 117*.
Donaldson 11.
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Namenregister.
861
Donath 84, 4 9, 536, 701.
Doncos 174.
van Dongen 99.
Döpfner 567.
Dorland 176*, 610*.
Dorn 679.
Dornblüth 627*.
Dorner 304.
Dorsay 295*.
Dost 447.
Dowd 567*.
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Downey 568*, 677.
Draper 622.
Dreesmann, T. 567*.
Drehschmidt 482
Drennen 537*.
Drenw 424, 610.
Dreyer 391*.
Drevfus, G. L. 531.
Droi 323*.
Drummond 839.
Drtiner 567.
Drysdale 726*.
Dubois, Oh. 152*.
Dubois, E. 11.
Dubois, P. L. 317*.
Dubois-Reymond 117*.
Dubs 558.
Dück 759*, 781.
Duel 117*.
Dufour 352*.
Dukes 627.
Duken 590.
Dummire 351*.
Dunker 176*.
Dünn 152*, 465*.
Dünner 250.
Durand 814.
Durante 145.
Dürr 627.
Dürrbeck 465*
Dusser de Barenne 102*.
Dutoit 73, 241*.
Dutrow 241*.
Dziembowski 456.
E.
Eastman 425*, 616, 622,
759*.
Ebeler 176*.
Eberty 517*.
Ebstein 724.
Eckardt 759*.
Edberg 81.
Edel 679*.
Edgar 220.
Edinger 567*.
Edmunds 66*, 117*.
Edsall 231.
Edwards 627*, 836.
Egloff 396*.
Ehret 221, 680*.
Ehrlich, P. 530.
Ehrmann 221.
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Eich 324.
Eichholz 50.
Eichhorn 628*.
Eichhorst 320.
Eichler 618.
Eiger 117*, 127, 128, 140
Eijsselsteijn 395*
Eisath 810.
v. Eiseisberg 567*.
Eisemann 759*.
Eisenmeyer 537*.
Eisenreich 435, 610*.
Eisler 558, 559.
Eider 567*.
Eliassow 696 732.
Ellikon 815*.
Elliott, R. M. 628*.
E11 i s, A. W. M. 93, 280*, 283.
Ellis, C. C. 815*.
Eisberg 326*, 383*, 567*,
576*, 592, 594.
Elschnig 250.
Elsner 195*.
Ely 295*, 317*.
Emanuel 227, 241*.
Emden 92.
Emerson 295*, 517*.
Emmerich 522, 618.
Emmert 450*, 530.
Emsheimer 444*.
Enderle 680.
Enderlen 578*, 602.
Enge 688, 752, 815.
Engel, H., 371, 482, 805.
Engelen 510, 511,512,628*.
Engelhardt 251, 568.
Engelhorn 614.
Engelloch 121.
Engelmann 395*, 568*.
Eppenstein 558.
Epplen 354*.
Epps 549*.
Epstein 454*, 476*, 483*.
Erb 680.
Erben 451*.
Erbsen 360.
Ercolani 418*, 815*.
Erdelyi 568*.
Erenfeld 568*.
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Ernst 133, 152*, 726, 755.
Eschweiler 568.
Espana 628*.
d’Espine 327*, 351*, 465*
Evans 568*, 815*.
Everth 636.
Ewald 425*.
Ewart 835*.
Exner 568, 586, 594, 599.
Evgman 815*.
Eyster 83, 119*, 120*
F.
Fa her, A. 425*.
Faber, L. A. 241*.
Fabinyi 691, 826.
Fabry 196*, 531, 532.
Fahr 152*, 383*, 465*.
Fahrenholz 41.
Fairbank 473.
Falk, E. 192.
Falta 444*, 465*, 549*,
680*.
Farbach 196, 517**
Farr 295*.
Farrell 591.
Fassett 568*.
Fauser 454*, 465*, 483*,
680*.
Faust 425*.
Fawcett 66*.
Fearös 836*.
Fearnsides 196*, 280*,
351*.
Fedeli 7*.
Feer 196*, 476.
Fehlinger 759*, 778, 788.
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Feingold 676.
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Feldhof 815*.
Fellner 680*, 750*
Felton 227.
Fenger 74.
Fennel 628*.
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Ferenzi 628*.
Ferguson 425*.
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Ferrannini 465*.
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Fine 68*, 90.
Finkelnburg 368*, 568.
Fiore 66*.
Fiori 117*.
Fischei 22, 84.
Fischer, A. 628*, 656.
Fischer, B. 535.
Fischer, C. S. 141, 295*,
317*, 465*, 543. 822.
Fischer, E. 368*.
Fischer, E. D. 306.
Fisc her, G. 179.
Fischer, J. 66*, 152*.
Fischer, L. 531, 568*.
Fischer, M. 824.
Fischer-Nielsen 628*.
Fisher, E. M. 815*.
Fisher, G. C. 610*.
| Fisher, M. K. 568*.
I Fisk 295*.
Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
862
Namenregister.
Fittig 543*.
Fitzgerald 549*.
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759*.
Fleck 295*.
Fleischer, B. 241*.
Fleischhauer 411.
Fleissig 11.
Fleming 837.
Fieseh 82, 465*. 483*, 517*.
Fletsch 425*.
Fleischer 425*. 448.
Flexner 288*, 388*, 390,
391.
Fliedner 176*.
Floret 295*.
Flournoy 672. 781.
Flusser 744.
Foerster. (). 568*.
Ford 836*.
Forel 643, 645.
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Förster 42, 251, 506, 752.
Fossier 610*.
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Fourman 292.
Foutche 425*.
Fowler. H. S. 384*.
Francavigliu 425*.
France 221.
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Frangenheim 371.
Frank. E. S. 317*. 384*,
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Frank. .1. 568*.
Frank, I\ 156.
Franke 241*.
Frankel, E. 2<M>, 368*.
Frankel, L. 818.
Frankel, M. 610*.
Frankhauser 647.
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Franz, S. 102*, 545, 680*.
Franz, V. 50.
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Frayer 295*.
Frazier 66*, 93. 196, 329,
568.
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Freiberg 568*.
Freifeld 162.
Freimark 628*. 790, 796.
Frerieh 814.
Freud 517*, 628*, 760*.
Freund, E. 479, 760*.
Freund, H. 526.
Freund, P. 558.
v. Fre v 44*, 50, 51, 127,
584.
Frey» E. 720.
Frey, R. 426*.
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Friedenwaid 327*, 568.
Friedjung 760*.
Friedländer, B. W. 483*.
Friedländer, E. 823.
Friedländer. J. 498, 525.
F r i e d 1 ä n de r, R. 526.
Friedländer, W. 500.
Friedmann, G. A. 66*.
Friedmann. H. M. 726.
Friedmann, M. 434.
Fries 453, 483*.
v. Frisch 368*, 395*. 575*.
Frissel 391.
Fritsch 568*. 628*.
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Frizzi 190.
Frohen 641.
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Fröhlich. A. 99, 436.
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Frost 815*.
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Fuchs, A. 445*, 449, 455*,
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Fuchs, E. 825.
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| Füll ne r 101.
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Gasser 117*.
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1 Gates 628*.
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686.
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Giene 395*. 651, 662.
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Gilbert 252, 795.
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Gislason 517*.
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Glaser 829.
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Godefroy 426*, 680*.
Original from
UNIVERSITY 0F CALIFORNIA
Namenregister.
863
Goebei 291.
Goerdt 349.
Goetjes 585.
Goetsch 74.
Goldberg 621.
Goldenburg 241*.
Goldman 760*.
Goldmann, A. XXVI, 51,
196*.
Goldmann, J. 483*.
Goldmann, R. 483*, 500.
Goldscheidor 440, 615,
624,
Goldstein, K. XIV, 145*,
234, 355, 375, 594, 610*.
Goldthwait 368*.
Goldzieher 569*.
Gölkel 320.
Golm 526.
Golowinski 117*, 133.
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Good 549*.
Goodall 841.
Goodhart 232*, 272*, 332.
Goodman 176*.
Gordinier 196*.
Gordon. A. 232*, 280*,
296*. 344*, 742*.
Gordon, L. E. 562, 610*,
623.
Gordon, M. H. 840.
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Gottschalk 121.
Götz 220, 358.
Gough 196*.
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Gourdon 465*.
Gourlian 323*.
GrabfieJd 737*, 750*.
Grablev 521.
Graee 68*.
Gradenigo 569*.
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Graham 196*, 348.
Gram 296*.
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Greeo 760*.
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Greeman 7*.
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Greer 296*.
Gregor 483*, 629*.
Gregory 741.
Gressing 272*.
Grev 355, 549*.
Griesbach 92.
Griffith 279*.
Grink^r 392*.
Grisson 368*, 569*.
Groat 296*.
Grob 426*.
Grober 288*.
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Grendahl 327*.
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Gross, H. 760*.
Gross, O. 309, 406.
Grosse 599.
Grossman 451*.
Grosßmann, J. 388*.
Grossmann, M. 275*.
Grossmann, O. 760*.
v. Grosz 252.
Gruber, G. B. 291, 292, 393,
394.
Gruber, K. 629*.
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Grulee 196*, 445*.
Grünbaum 118*, 142, 654,
671.
Grünberg 544.
Grundmann 436.
Grüne wald 193.
Grünwald 588.
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670.
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Hajös 691.
Halbey 280*, 305, 325, 389,
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Hali.’ C. L. 569*.
Hall, G. 93,344*, 395*, 517*,
629*, 645.
Hall, J. K. 743*.
Haller 31.
Hallich 611*.
Hamburger 66*, 95, 231,
339, 528.
Hamill 611*, 750*.
Hamma 542.
Hammer 443, 454*.
Hammers 227.
Hammerschlag 569*.
Hammes 280*.
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Hammond 825.
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Hanauer 624.
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Harris. A. W. 280*.
Harris, M. L. 569*.
Harrison 296*.
Hart 362, 469.
Hartort 454*.
Hart mann, F. 625.
Hart wich 177*, 583.
Harvov 829.
Hasebroek 212. 543*, 548.
Haselberg 483*.
Hashimoto 87.
Haskell 753.
Haskins 465*.
Hassin 275*. 381, 623, 680.
Hatai 11, 67*, 86, 92, 828*,
833*.
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Haupt mann 152*, 757.
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Havmann 606, 752.
Harnes 549*, 569*.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
864
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Heard 296*.
Hebberd 726*.
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Heiberg 296*.
Heilberg 280*.
Heilborn 242*.
Heile 555, 599.
Heim 760*.
Heiman 317*, 348.
Heimann 528.
Heine 242*.
Heinicke 826.
Heinitz 629*.
Heinrichs 742.
He inzo 517*.
He Iber 436.
Helbing 395*, 570*.
Held 549*.
Heller, R. 221, 296*, 629*.
Hellpach 625.
Hellwig 629*. 674, 760*,
782, 806.
Helmbold 242*.
Helmholz 611*.
Helmick 550*.
Henderson 743*, 760*.
Henneberg 242*, 317*,
368*. 395*, 570*, 680*.
Henneinann 595.
Hennig 629*, 654.
Henning 655, 672.
Henninger 427*.
Hensehen 166.
Hensei 615.
Herbert 177*.
Here her 537.
Herderschee 680*, 726*.
Hering 137. 138, 253.
Hermann, E. 86.
Hermann, G. W. 67*.
Hernandez 418*.
Herriek 831, 833*.
Herrman, 0 . 317*.
Herrmann, Gh. 726*.
Herseh mann 745.
Hertel 242*, 253.
Herter 331.
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Herxheimer 289*, 368*.
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Herzig 680*.
Herzog 154, 232*, 289*,
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Hess, 0. 52, 143, 242*.
Hess, L. 722.
Hess, O. 291. 452.
Heubner 550*.
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327*.
Heymann, A. 604.
Hezel 599, 687.
Hibben 680*.
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Hickson 803*.
Higier 190, 191, 208, 236,
307, 352, 408, 409, 433,
| 443, 453, 475, 497, 499,
| 570*, 583, 718, 728, 741,
I 747.
Hilber 177*.
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Hildebrandt, K. 506.
Hilgenreiner 570*.
Hilger 517*.
Hill, H. 283.
Hiller 760*.
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Hindman 680*.
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H i r k e h f e 1 d, A. 538, 539.
Hirschfeld. M. 636, 680*,
739.
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687.
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Hoff mann, A. 733.
Hoff mann, E. 530.
Hoff mann, 0. 570*.
' Hoffmann, P. 118*. 137,
570, 602.
Ho ff mann. R. .396*. 407,
408. 500.
Hol'mann, H. 152*.
I v. Hofmeister 570, 602.
i Hohmann 570*.
' Hohmeier 570*.
Hoisholt 750*.
Hoitz 484*.
Hoke 570*.
Holl 14.
Holland 275*.
Hollenkamp 426*.
Holmes J. 275*, 426*,
750*, 755.
He lmes, E. M. 102*.
Holmes, G. 838.
Holmes, W. H. 435.
Hoimgren 317*.
Holtzmann 296*.
Holzapfel 518*.
Holzmann 196*.
Honig 350.
van der Hoog 289*.
Hooker 835.
Hoover 197*, 242*.
Hopfner 754.
Hopkins 135, 206.
Höpler 782.
Hopmann 484*.
Hoppe -Key ler 562.
Horch 760*.
Hörhammer 465*, 570*.
Horn 500. 508, 509. 510.512,
513, 514.
1 Hornev 484*, 697.
! Horrac 832.
; Horsley 838.
Horst 837.
Hörwitz 396*, 606.
Hose mann 484, 586.
Hoskins 67*, 125, 289*,
518*.
Hough 692, 817*.
Houghton 465*.
Honst' 242*.
Hovorka 726*.
Howard 388*, 629*.
Ho well 550*.
Howland 17*.
Howlett 3 7*.
| Höver 177*.
! Hoyne 456
Hoyt 516*, 570*.
Hryntschak 320.
Hubeney 570*.
Huber 760*.
Hübner 712, 760*, 804*.
Hübotter 344*, 368*.
Hudovernig 821.
Huffaker 623.
Huffmann 550*.
Hug-Hellmut h 629*, 760*.
I Hughes, C. H. 805. 825.
Hughes, R. 0. 550*, 681*.
Huguenin 629*.
Huismans 380*.396*. 445*.
599.
Hüll 477*.
Hulshoff 102*.
Hülst. 536.
Hummel 396*.
Hunt, E L. 681.
Digitized by
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Original from
UNIVERSITY 0F CALIFORNIA
Namenregister.
865
Hunt, J. R. 7*, 327*, 387*,
451*, 478.
Hunter, A. 78.
Hunter, J. D. 777.
Huntington 445*.
Hunziker-Schild 79.
Hurd 816*.
Hürthle 100, 101.
Hurwicz 772.
Husemann 301.
Hutcheson 275*.
Hut her 629*.
I.
Indelicato 197*.
Ingebrigtsen 148.
Inglis 629*.
Ingram 197*, 750*.
Inman 284, 396*.
Inouye 118*.
Irons 558.
Isham 518*.
Issekutz 524.
Iverson 465*.
Iycr 549*.
J.
Jabionowski 570*.
Jackson, J. A. 421,822, 825.
Jacobsohn, L. XXXI.
Jacobsohn, Leo 197*, 545.
Jacobsthal 197*. '
Jaeoby, G. W. 197*, 686.
Jadassohn 310.
de Jager 197*.
Jäger 102*.
Jahnel 322.
Jahrmärker 681*.
Jakobi, W. 642.
Jakobj 197*, 204.
Jameson 570*.
Jancke 192.
Jankovich 350.
Jannet 614*.
Janney 81, 91.
Jansma 133.
Januschke 524, 526.
Jaquet, A. 480.
Jebens 681*.
Jefferson 833*.
Jeger 589.
Jekels 629*.
Jelgersma 102*.
Jelliffe 445*, 688.
Jellinck 429.
Jemraa 550*.
Jenckel 396*, 570*.
Jenkins 803*.
Jensen 132.
Jentsch 629*, 724, 725.
Jentzer 375.
Jerusalem 570*.
Jesionek 542.
Jess 242*.
Jahresbericht f. Neurologie u.
Joachmioglu 254.
Jobson 477*.
Joel 98.
Joest 323*.
Johnson, E. J. 571*.
Johnson, J. C. 296*.
Johnson, W. 451*.
Johnston 427*, 445*, 833*,
834.
Joll 571*.
Jolly 516, 694, 717.
Jolowicz 462.
Jona 368*.
Jones, E. 629*, 761*.
Jones, H. E. 571*.
Jones, J. H. 201*, 836*.
Jones, R. 468.
Jones, W. A. 280*, 451.
Jörger 746.
Josefson 83, 254.
Joseph, D. R. 67*.
Joseph, E. 580.
Josselin de Jong 296*.
Josue 484*.
Joubert 484*.
Joughin 360, 396*, 550*.
Joyner 426*.
Juarros 426*.
Judd 533, 571*.
Julius 132.
Juliusburger716, 734, 735.
Jung 629*.
Jungmann 611.
Jurak 196*.
K.
Kaelin 411, 607.
Kaess 498
Kafka XXIX, 197*. 227,
272*, 284, 317*, 322, 445*,
484*, 571*, 681*, 689.
Kahane 467, 547.
Kahle 588.
Kahlmeter 230, 231, 340,
466*.
Kahn 562.
Kaiser 139, 478.
Kakels 237.
Kalb 477*.
Kalkhof 588.
Kalmus 782.
Kämmerer 52.
Kan 344*, 396*.
Kanda 676.
KanngieBser 296*. 674.
782, 794.
Kantorowicz 761*.
Kaplan, L. 629*.
Kappelmeyer 571*.
Käppis 590.
Kapsenberg 426*.
Karehnke 611*.
Karger 384*
v. Kdrman 675.
Karpas 629*, 681*.
Psychiatrie 1916 .
Karplu8 380*,381, 492, 495,
589.
Karrer 503.
Karshner 550*.
Kash 396*.
Kaspar 334.
Kassel 460.
Kastan 368*, 396*. 750*,
813.
van de Kasteele 288*.
Kästner 466*.
Kathariner 426*.
Kayser, P. 583.
Kedroff 114.
Keedy 761*, 803*.
Keegan 834.
Kehoe 426*.
Kehr 630, 726*.
Kehrer 571*, 681*.
Keim 21.
Kellert 468.
Keiley 426.
Kellner 726*, 785.
Kellock 761*.
Kemp 695.
Kempf 558, 681*.
Kendall 77. 275*, 816*.
Kenefick 223.
Kenna 681.
Kennedy 273, 327*, 384*.
Kennel 630*.
Kenyon 571*.
Kern 344*.
Kerppola 656.
Kerr 296*, 726*, 813.
Kersten 384*.
Kessler 611*.
Keup 611*.
Ke ute 1 254.
Key 571*.
Keyser 272*, 351*, 466*.
Kiang 401.
Kickh 761*.
Kieffer 445*.
Kiely 518*, 681*.
Kienböck 542.
Kiernan 630*.
Kinberg 809.
Kindlmann 809.
King, C. 744*.
King, E. H. 562.
King, H. D. 11, 761*.
Kirchberg 538, 543, 644.
Kirk 603.
Kirmsse 733, 816*.
Kirschner 401, 426*.
Kisch 197*, 620, 761*.
Klapp 593.
Klarenbeck 33.
Kläsi 749.
Klausner 463.
Kleeblatt 495.
Keemann 769.
de Kleijn 109, 197*, 241*‘
242*, 567*.
Kleiner 65*.
55
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
866
Namenregister.
Kleinschmidt 553.
Klemperer, F. 529.
Klestadt 110.
Klien 445*.
Klieneberger 441.
Kling 391.
Klinger 79, 292.
Klingmann 275*, 418*.
Klink 426*, 571*.
Klinkert 396*.
Klose 448, 449, 607.
Klotz 630*.
Klump 297*.
Klüpfel 365.
Knack 396*, 455*, 462, 463.
Knapp 222, 744*, 803*,
816*.
Knauer, J. 426*.
Knippen 441.
Knowles 311.
Knox 681*.
Knuckey 761*.
Knudson 468.
Kober 69*.
Koblfiek 418*, 548.
Koch, M. L. 296*.
Koch, R. 75, 278, 473.
Kocher, Th. 523, 571*.
Koefod 200*.
Koegel 242*.
Koelsch 304.
Koeppen 19.
Koffka 655.
Kohlhaas 484*.
Köhler, W. 657.
Köhlisch 289*.
Kohlrausch 118*.
Kohnstamm 209, 562, 677.
Kolb 527.
Kolisch 630*.
Kolisko 152*.
Koll 426*.
Kollarits 664, 674.
Kölliker 571*.
Köllner 254.
Kollock 726*.
Kolter 816.
Kommerell 539.
König, E. 38, 571*.
König, F. 681*.
Königer 396*, 418*, 571*.
v. Konchegg 561.
Konkie 761*.
Kooy 7*.
Kopczynski 213.
Kopetzky 344.
Koplik 445*.
Koppen 242* 352*.
Koppong 455*.
Körbel 571*.
Körber 582.
Korcynski 473.
Koren 761*.
Körner, O. 396*, 407.
Kornfeld 38.
v. Körösy 101.
Digitized by Google
Körte 630*.
Korteweg 484*.
Kosaka 28.
Kossak 761*.
Kossel 552.
Kosti 6 571*.
Kottmaier 464.
Kowarschik 546*.
Kraepelin 681*.
Kraft 611*.
Kräger 455*.
Krambach 738, 757.
Kramer, F. 197*, 279*, 313,
396*, 411.
Kramer, O. M. 803*.
Kramer, S. P. 571*.
Krämer 181, 396*.
Krantz 695.
Kraupa 242*, 397*.
Kraus, R. 734.
Kraus, W. M. 466*, 518*.
Krause, K. 280*.
Krauss,R. B. 78, 484*, 501,
697.
Kräuter 152*.
Krebs 500.
Krecke 152*.
Kredel 590, 601.
Krefting 531.
v. Krehl 197*.
Kreibich 417, 461.
Kreuter 426, 571*.
Kreutzer 297*.
Krikortz 67*.
Krisch 451*.
Krivonosoff 297*.
Kroh 571*, 582.
Kroneckcr 144.
Kronfeld 479, 736.
Kronthal 644.
Krückmann 256.
Krüer 164.
Krüger, H. 278, 721.
Krüger, W. 289*.
Krumholz 272*.
Krüse 681*.
Kruska 153*.
Kufs 342.
Kuh 544.
Kühl 742.
Kuhlgatz 812.
Kuhlmann 289*, 761*.
Kuile 119*.
Kuiper 7*, 397*.
Kümmell 426*.
Kummer 408.
Kunicke 181.
Kunkel 833.
Kunz 256.
Kunze 22, 40.
Künzel 681*, 826.
Küpferle 246, 542.
Kurak 553.
Kuroda 518*.
Kurtz 571*.
Küster 611*.
y. Kutschera 293.
Kutter 611*.
Kutvirt 321.
Kutzinski 242*, 368*.
Kuznetzoff 297*.
Kuznitzky 375.
Kyger 480.
L.
Laan 397*.
La Cava 297*.
Lackner 317*.
Lacoste 317*.
Ladwig 67*.
Laehr 508.
Lafora 149.
Lagerlöf 611*.
Lakin 837.
La mb 242*.
Lambert 299.
Landau, E. 24.
Landauer 109.
Lanfranchi 6*.
Lang. A. 602.
Langdon 242*, 681*.
Lange, F. 571.
Lange, J. 630*, 756.
Langelaan 327*, 397*.
Langermann 389.
Langford 761*.
Langstroh 212.
Lannois 445*.
Lanza 761*.
Lapinsky 477*.
Lapointe 572*.
Laquer 91.
Laqueur, A. 119*, 537,
543*, 544, 546*.
Larat 546*.
Laspeyres 368*.
Lassen 344*.
La Torre 145*.
Laudenheimer 716.
Laurent 572*.
Lawen 572*, 587.
Läzar 730, 772, 786.
Lazell 518*.
Leake 548*.
Leber 243*.
Ledere 630*.
Le Count 280*, 295*.
Leczynski 536.
Ledbetter 572*.
Ledderhose 484*, 589.
Leder 21, 33.
Lcdingham 837.
Leegaard 389.
Lee Secor 560.
Le Feber 243*.
Legahn 638.
Lehm 816*.
Lehmacher 153*.
Lehmann, H. 630*, 652.
Lehmann, K. 611*.
Lehmann, P. 546*.
Original from
UNIVERSITY 0F CALIFORNIA
Lehmann-Nitsche 177*.
Lehndorff 451.
Leighton 319.
Leipen 572*.
Lerne he n 5, 197*, 753.
Lengfeld 297*.
Lengfellner 572*, 604.
Lenhard 770.
Lent 344*.
Lenz 102*.
Leonard 737*, 750*.
Leopold 317*.
Lepage 445*.
Leporsky 397*.
Leppmann 397*, 482, 484*,
501, 681*, 808.
Lerch 518*.
L6ri 543*, 546*.
Lericke 426*, 572*.
Lermoycz 197*.
Leroux 750*.
Leser 572*.
Le8ure 550*.
Leszynsky 327*.
Letalle 761*.
Leva 376, 397*, 475.
Levin, H. 138.
Levison 532.
Levy, L. 429, 605.
Levy, M. 473.
Levy, W. 572.
Lewandowsky 451*, 624.
Lewin, L. 304.
Lewinson, J. 535.
Lewis, D. D. 572*, 603.
Lewis, E. P. 243*.
Lewis, P. A. 78.
Lewis, W. H. 466*.
Lichtenauer 572*.
Lichtenstein 297*.
Lichtwitz 319.
Lieb 99, 119*.
Liebe 761*.
Liebermann 761*.
Liebold 558.
Liefmann 593.
Liepmann 232*, 368*.
Lieske 809.
Lillie 344*.
Lind 741, 742.
Lindbom 319.
Lindhard 136.
Lindner 630*.
Lindsay 197*, 776.
Lineback 832.
Linenthal 297*.
Link 339.
Linow 278.
Lipschütz 222.
Lisser 457.
Lissmann 611*.
v. Liszt 630*, 781.
Litterer 518*
Little 466*, 611*.
Livingstone 477*.
Liwschitz 346.
Digitized by Google
Namenregister.
Lloyd, J. H. 109,327*, 363*,
744*.
Lobedank 761*.
Lobsien 257.
Lode 670.
Loeb 243*, 690.
Loew, J. 319.
Loew, O. 99, 521, 522, 618.
Löfberg 588.
Löffler 416.
Lohmann 119*.
Löhner 53.
Lombroso 67*.
Lomer 729.
London 153*.
Long 681*.
Longley 426*.
Looney 289*.
Lorentz 572*.
Lorenz 225, 761*.
Loreta 630*.
Lotheisen 550*, 572*.
Loughram 317*, 344.
Lovett 204, 544, 572*.
Löwenstein, E. 559.
Löwenstein, K. 357, 397*,
498, 564.
Löwenstein, P. 388*.
Löwenthal, N. 119*.
Löwy, J. 325, 544, 700.
Löwy, M. 539, 716.
Löwy, O. 441.
Lube 535.
Lublinski 455*.
Lubosch 40.
Luckett 577*.
Lüders 530.
Ludlujn 611*, 682*, 751*.
Luk&cs 133, 210, 278.
Lukin 297*.
Lumi6re 548*, 611*.
Lundie 837.
Lydston 189, 334.
Lyon 761*.
M.
Maas, O. 276*.
Mabön 816*.
Macht 518*.
Machwitz 312.
Maciesza 428*.
Mackenzie 81, 312*, 836.
Mackie 289*.
Maclachlan 153*.
Maclagan 835*.
Macy 615.
Madelung 572*.
Maestrini 65*, 92.
Mager 289*.
Maggio 734.
Maglione 198*.
Magnus, R. 109.
Magnus-Aisleben 137.
Main 426*.
Maixner 198*.
867
Makuen 630*.
Mailet 318*.
Malone 833.
Malovichko 68*.
Mammen 572*.
Manasse 572, 585.
Mangelsdorf 293.
Manley 119*.
Mann, A. 660, 751*.
Mann, L. 8*, 135,198*, 345*.
397*, 403, 412, 484*, 494,
572*.
Mann, R. H. T. 345*.
Mansfeld 76, 83, 133, 523,
528.
Maragliano 318*.
Marakovic 546*.
Marauyama 560.
Marburg 198*, 208, 312*.
348, 359*, 368*, 376, 572*,
597.
Marchand 153*.
Marchiafava 761*.
Marcinowski 198*.
Marcus 432.
Marcuse, M. 630*, 792.
Marös 102*, 204.
Maresch 587.
Margis 669.
Margulies 204.
Marina 54.
Marine 68*, 78, 119*.
Marinesco 68*, 532.
Mark 840*.
Marks 279*. 280* 354*, 386,
388*, 549*.
Marshai, M. 546*.
Marshall, G. 451*.
Marshall, H. W. 572*.
Martin, A. 484*.
Martin, E. G. 68*, 204.
677.
Martin, H. H. 573*.
Martin, J. R. 276*.
Martin, L. J. 630*.
Martin, R. 573*, 761*.
Martin, W. 397*.
Martini 198*.
Marx 421, 744.
Massarotti 816*.
Massey 573*.
Masslow 524, 526.
Mast 45*.
Materazzi 297*.
Matsumoto 382.
Matti 427*.
Matusewicz 257.
Matz 519*, 630*.
May, J. V. 816*.
Mayer, A. 119*, 198*, 346,
363*, 611*.
Mayer, C. 369*, 397*, 403,
455*, 466*, 485*, 573*.
Mayer, E. 573*.
Mayer, F. 525.
Mayer, L. 605.
55*
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
868
Namenregister.
Mayer, O. 318*, 327*, 485*,
519*, 573*, 590.
Mayer, P. 427.
Mayer, W. 257, 376, 663,
682*. 689.
Mayor 519*.
Mayrhofer 519*.
Mazikin 68*.
Mazzetti 298*.
Me Cabe 816*.
Mc Caffertv 816*.
Me Carthy 688*, 816*.
Mc Clanahan 323*.
Mc Conne 11 392*.
Me Cord 76.
Mc Cotter 830.
Mc Coy 297*, 427*.
Mc Cready 611*.
Mc Curdv 518*, 611*, 682*.
Mc Donald 701, 765.
Mc Dougall 816*.
Mc Eackern 573*.
Mc Guigan 519*, 529.
Mc Guire 68*.
Mo Gurn 532.
Mo Intire 619.
Mc Intosh 198*.
Mc Kay 726*.
Mc Kennan 427*.
Mc Kenzie 397*, 572*.
Mc Keown 153*.
Mc Kibben 829.
Mc Lean 98, 572*.
Mc Mi 11 an 572*.
Mc Xally 297*.
Mc Robert 421.
Mc Whorter 119*.
Meads 630*.
Means 68*, 231.
Meara 200*.
Meek 83, 117*, 119*, 120*.
Mefford 519*.
Me hier 599.
Meinke 327*.
Mcinong 630*.
Meisncr 515.
Melchior 816*.
Meller 258.
Meitzer 141, 609*, 611*,
814.
Melzer 746.
Mendel 715.
Mendelsohn 611.
Mendes 198*.
Meredith 297*.
Merhaut 607.
Merkel 153*, 571*, 682*,
726*.
Merriam 761*.
Mertens 198*, 557.
Merz 168.
Messer 630.
Metheny 177*.
Mötraux 573*.
Mettenleiter 91.
Mettler 682*.
Metzner 411.
Meyer, A. 519*, 557, 573*,
612*, 630*.
Meyer, C. 433.
Meyer, E. XI, 369*. 418*,
427*, 505, 550*, 594, 688,
715.
Meyer, F. S. 280*.
Mever, H. 436, 474, 538*,
803*.
Meyer, M. 86, 539.
Meyer, R. 65*.
Mever-Pantin 243*.
Mever zum Gottesberge,
500.
Mever v. Schauensee 761*,
805.
Meyers, A. E. 318*.
Me yers, F. S. 198*, 318*,
345*.
Meyers, J. L. 110.
j Meyr 466*.
I Michaelis 369*.
Michalek 612*.
Michaud 276*, 392*, 451*,
466*.
Michels 446.
Mieckley 318*, 397*.
Mijsberg 8*.
Mikels 815*.
Mi keil 762*.
Milian 550*.
Miller, D. F. 550*.
Miller, H. E. 409.
j Miller, L. 682*.
i Miller, S. R. 227, 280*,
473, 762*.
Milligan 354*, 485*.
Mills, C. K. 19, 198*, 327*,
384*.
Mills, H. P. 280*.
Mills, L. 573*.
Milner 318*.
Mingazzini 237, 313, 454*.
Mircoli 198*.
! Mitamura 354*.
| Mitchell, E. W. 445*.
| Mitchell, H. C. 573*.
j Mitzewski 690.
Mix 153*, 573*.
j Moblev 682*.
I Mücke 1 612*.
Mockerjee 392*.
Modell 630*.
Moekel 631*, 667.
Moeli 804, 816*, 819.
Mohr 819.
Moleen 388*, 397*.
Moll, A. 714.
Molle 612*.
Mollenhauer 573*.
Mollison 11.
Molnar 631*
v. Monakow 25.
Monchy 466*.
1 Mongiardino 8*.
Mönkemöller 682*, 735,
810.
Monlevade 455*.
Monrad-Krohn 328*.
Montanari 387*.
de Mont et 328*.
Montgomery 280*, 455*,
457, 562.
Montigel 79.
Moodie 830*, 833*.
Moodv 196*, 198*.
Moore, A. E. 243*.
I Moore, J. W. 597.
! Moore, R. 224, 573*.
j Moore, W. H. 119*.
Moravcsik 692, 714, 753,
| 803*.
j Moren 388*.
| Moret 466*.
| Morgan 289*.
! Morgenstern 293.
Morgenthaler 816*.
Mori 78, 466*.
Möring 814.
Morita 82, 98, 99, 108.
Morono 573*.
Morris 297*, 631*, 682*.
Morse 170, 538*. 751*.
Morton Prince 198.
Moses 289*, 587, 762*.
Mosher 682*, 816*.
Moskowicz 573*.
Mott 836.
j Motte 803*.
Motzfeld 68*.
MouId 631*.
Mouriquand 298*.
Moussaud 318*.
' Mover 612*.
| Moyle 762*.
| Muck 589.
i Muggia 392*.
Mulder van de Graaf
345*.
Mul hall 631*.
Müller 663.
Müller, A. 543*.
Müller, D. 631*.
Müller, E. 232*, 573*, 600,
695.
Müller, F. 631*.
Müller, G. E. 671.
Müller, J. 272*.
Müller, L. R. 54, 198*.
Müller, O. 289*, 539.
Müller, P. 585.
! Müller, R. 345*.
Müller, W. B. 585.
v. Müller-Deham 412.
Müller-Freienfels 660.
Müller-Schürch 800, 818.
Münch 617.
Mundie 762*.
Mundt 280*.
Munk 745.
Münnioh 122.
Difitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Namenregister.
869
Munroe 449, 612*.
Muns 455.
Münzer 645.
Muratori 177*.
Murlin 68*.
Murphy 392*, 427*, 573*,
631*.
Murri 198*.
Murschhauser 116*.
Muschallik 726.
Muskens 328*, 376, 573*.
Myers 68*, 90, 631*, 762*.
Myerson 762*.
Mygind 198*, 321.
N.
Nabarro 289*.
Xachmansohn 762*.
Nack 682.
Naegeli 198*. 485*, 534.
Nagel. A. 274.
Nagel, C. S. G. 243*.
Nagelschmidt 542.
Nash Curtins 631*.
Nathan, P. W. 574*.
Nazari 151*.
Neal 317*.
Neary 297*.
van Neck 485*.
Nedrigailoff 297*.
Neff 612*, 816*.
Neisser, A. 285.
Ness Dearborn 631*.
XetouSek 377.
Netter 550*.
Neu 276*.
Neubeck 804*.
Neuber 485*.
Neubert 574*, 752.
Neuburger 755.
Neuda 460.
Neuhäuser 397*.
Neuhof 68*, 604.
Neumann 289*.
Neumeister 382.
Neurath 726*.
Neuschloss 81.
Neustädter 390,477*, 726*.
Neutra 369*, 418*.
Neve 519*.
Newboldt 837.
Newburgh 68*, 460.
Newcomb 682*, 684*.
Newlin 612*.
Newmark 166, 358.
Nicoll 557.
Nie den 574*.
Xiero 612*.
Niessl v. Mayendorff 103*,
198*, 237, 455*, 662, 742*,
751*, 824.
Nieuwenhuijse 297*.
Ni kitin 198*.
Niklas 178.
Xiles 612*.
! Nissl 682*.
Nitescu 311.
Nobel 139, 198, 322.
Noble 427*.
Noeggerath 198*, 440.
j Noethe 106, 587, 593.
! Noguchi 390.
! Noll 119*.
Nonne 174, 198*, 258, 285,
328*, 397*,411,418*,451*,
466*, 485*, 505, 599, 612*,
620, 622.
Norbury 682*.
Nordentoft 550*.
Nordmann 593.
North 682*.
Nöthen 804*.
Xovello 610*.
Xovikoff 550*.
Novose lsky 762*.
Nowicki 289*.
Xoyes 726.
Nussbaum 738.
Nuzum 163, 347, 381.
j Nyström 192.
O.
Oakley 762*.
Ob 41 608.
Oberndorf 424.
Obersteiner 202.
Oohsenius 427*.
Oehsner 574*.
O’Day 612*.
Oden 325.
Odin 474.
Oeconomakis 333.
Oehlecker 369*, 574*.
Oehmig 243*.
Oetter 817*.
Oftedal 199*.
Ogilvie 532.
Ohm 256, 258.
öhrwali 55, 130.
Oinuma 198*.
Oliver 728.
Olivier 466*.
Ollcndorff 525.
Oliino 68*.
Oloff 259.
Olson 682*.
O’Xeill 466*, 622.
Onodi 186.
Oppenheim, H. 198*, 204,
211, 369*, 377, 397*. 451,
502, 503, 505, 583, 598.
Orbison 433.
Orlandi 199*.
Omstein 377.
Orr 574*.
Orth 589, 600, 751*, 804*.
Ortner 468.
Orton 682*.
Osborne 457.
Osgood 572*.
| Osler 445*, 835*.
I Osinond 612*.
Osokin 68*.
Oswald 73, 77, 90, 469, 471,.
529.
Otto, F. 300.
I Ovazza 612*.
Owen 574*.
1 Owerbeck 682*.
. Ozorio 127.
I Paal 498.
Pach 429.
; Page 311, 574*, 762*.
, Pagenstecher 259, 260.
j Pal 561, 631*.
Palfrey 545*.
| Pälich-Szantö 243*, 260.
j Palmer 560.
| Pannenborg 673.
t Panse 199, 218.
! Pape 230.
| Parhon, C. J. 312*, 737.
; Parhon, M. 312*.
j Park 551*.
| Parker 620.
Parkinson 840*.
Parnas 130.
Partös 574.
I Pascale 345*.
j Pasetti 243*.
| Pasini 762*.
Pässler 551*.
Pas so w 574*.
| Passtoors 280*.
Pastine 199*.
Pate 612*.
| Paton 8*, 103*.
; Patrick 199*, 612*.
Patry 574*.
Patschke 812.
I Paul 260, 677.
: PauIsen 696.
Paulson 612*.
Paulus 323.
Paviot 445*.
Paver 574*.
Pavne 519*.
I Payr 345*, 606.
| Pearce 85.
Pearson 784.
Pechstein 131.
Peet 66*, 93.
Pehu 323*.
Pel 345*.
Pellacani 612*.
Pelleohia 612*.
P61n&r 199*, 238,424.
Pelz 574*.
Pemberton 571*.
Pepere 69*.
Perdue 297*.
Perez 546*.
Perimoff 467*.
Digitized by Google
Original frorn
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
870
Namenregister.
Peritz 574*.
Perkins 397*, 604.
Perrier 574*.
Perrucci 551*.
Pershing 461.
Perthes 328*, 587, 594.
Perutz 199*.
Peter, L. C. 199*, 276*.
Peters. A. W. 727*.
Peters, H. 517*.
Peters, J. Th. 466*, 574*.
Peters, K. 261.
Peters, W. 631**, 652, 730.
Petersen, H. 472.
Petersen, J. 817*.
Petrik 55.
Petruschky 294, 621.
Pettaval 597.
Pettev 297*.
Pettit 744*.
Pevton 762*.
Pfahler 569*, 579*.
Pfefferkorn 20.
Pfeiffer. J. A. 69*, 171,
445*.
Pfeiler 297*.
Pfenninger 485*.
Pfingst 682*.
Pfingsten 345*.
Pfister 225, 631*, 762*.
v. Pfungen 56.
Photokakis 788.
Piazza 519*.
Pichler 261.
Pick, A. 106, 238, 261, 432,
631*. 637, 677, 704, 746.
Pick, H. 243*.
Pietro 232*.
Pietrowicz 612*.
Pietrzikowski 485.
Pighini 69*.
Pignot 289*.
Pike 214, 215.
Pilcz 751*.
Pilcher 69*, 519*.
Pillsbury 297*.
Pincus, W. 574*.
Pinezower 416.
Pinner 278.
Piorkowski 556.
Piotrowski 485*.
Pirie 485*.
Placzek 672, 786, 827.
Plahl 722.
Platt 836*.
Plesch 552.
Podmaniczkv 346, 378,
480.
Poelman 631*.
Pohl 528*.
Pöhlmann 464.
Pol 177*.
Polimanti 103*.
Politzer 318*.
Pollack 459.
Pollak 5.
Pollock 322*, 325, 335
612*.
Pollok 435.
Polon 466*.
Ponirovsky 119.
Pontano 427*.
Pontieaccia 612*.
Pope 318*, 424.
Popo ff 466*.
Popp 144.
Poppelreuter 496, 612*,
661.
Porak 454*.
Porosz 631*, 795.
von der Porten 820.
Porter, L. 115, 354*, 466*
623.
Porter, M. F. 612*.
Porter, W. B. 612*.
Porteous 804*.
Posadas 519*.
Posev 262.
Posner 612*.
Possek 243*.
Post 280*.
Postma 759*.
Potter 690 753.
Potts, 0. 8. 324.
Potts, W. A. 835*.
Pötzl 232*, 243*, 631*.
722.
Pou 199*.
Powers 297*.
Powiton 534.
Pöy 177*.
Povnter 834.
Praeger 347.
Prager 418*.
Prasse 812.
Preston 445*.
Pribram 438, 440, 448, 584.
Price 359*, 427*.
Priesaek 289*.
Pringle 319.
Pringsheim 427*.
Prochazka 272*, 393.
Pronger 841.
Proscurin 551*.
Provera 199*.
Prusik 478.
Pulay 274.
Purjesz 83.
Putnam 631*.
Q.
Quadri 473.
Quagliariello 119*.
Quarta 281*.
Quensel 199*, 398*, 485*.
de Quervain 485*, 575.
Quincke 595.
Quix 119*, 281*, 318*, 328*,
345, 485*, 575*.
R.
v. Rad 273*, 369*, 392*,
398*, 744*.
R&dl 289.
Radlauer 181.
Radonicic 458.
Rados 262.
Radvanszky 748.
Raecke 742, 818.
Rahe 66*.
Raimann 369*.
Raison 575*.
Rand 418*.
Randall 612*.
Randolph 297*, 481.
Rangette 511, 512, 628*.
Rank 631*, 762*.
Ransohoff 575*.
Ranson 518*, 833*.
Ranzi 348, 376, 575*. 597.
Rasch 420.
Rat he 297*.
Ratner 623, 624.
Ratterman 318*.
Raubitschek 189, 310.
Rauch 243*.
Rautmann 470.
Ravaut 575*.
Ravine 199*, 519*.
Rawiszer 551*.
Ray 69*.
Read 286.
Rebizzi 103*.
Redlich 203,208, 378, 575*,
598, 723.
Reed 199*, 297*, 617, 737*.
Reeder 683*.
Reeves 427*.
Reformatsky 817*.
Rehbein 101.
Rehorn 122.
Reichard 587.
Reichardt, A. 174.
Reiche 289*.
Reichel 780, 781, 788.
Reichmann 354*, 401, 601.
Reid 173, 466*.
Reik 575*, 631*, 762*.
Reines 455*.
Reingruber 524.
Reinhardt244*, 369*.575*.
Reinking 613*.
Reis 174, 263.
Reisinger 109, 147, 159.
Reiss 547, 762*.
Reit her 600.
Reitsch 263.
Reitter 387.
Rejnertz 197*, 751*.
Reinsen 345, 380*, 591.
Renner 613*.
van Renterghem 631*.
Rentz 244*.
R6pond 706, 756.
Rese 215.
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Namenregister.
871
Resch 713.
Retzius 10.
Reuckauff 796.
Reusa 330, 435.
Reuter 738.
Reveley 830*.
Reynolds 199*.
Reys 131.
Reznicek 398*, 403, 406.
Rhein 69*, 153*, 168, 398*,
451*, 683*.
Ribbert 162, 175, 466*.
Ribble 427*.
Ribeth 424.
Rice 752.
Rieh 630*, 631*.
Richard 351.
Riehe 68*.
Richter, H. 115, 541, 804*.
Ricksher 751.
Ried 519*.
Riedel 575*.
Riedl 605.
Rieger 485*, 697.
Riehl 608.
Rieker 98.
Riese 420, 560.
Riggs 560, 613*.
Rigler 485*, 626.
Rings 515.
Rissmann 618.
Ritschl 575*.
Ritt 762*.
Ritter, A. 623.
Ritter, C. 608.
Rittershaus 624.
Rizzardo 318*.
Rizzuto 312*.
van Rijnberk 120*.
Rivers 631*.
Robbins 632*.
Roberts 836*.
Robertson, F. B. 74.
Robertson, H. E. 163, 165,
425*, 548*, 554, 804*.
Robertson, W. E. 384*.
Robin 632*.
Robinson, G. C. 140, 398*.
Robinson, G. W. 305, 613*,
727*.
Robinson, J. 318*, 427*.
Robson 289*.
Rochat 289*.
R öchling 242*.
Rockwell 177*.
Rodman 575*.
Roels 120*.
Roemheld 497.
Rogalla 263.
Rogers 66*, 141, 199*,613*,
817*.
Roh de 203.
Rohdenberg 227.
Rohleder 623.
Rohrer 478.
Roick 534.
Rolleston 289*, 398*.
Roman 319.
Romeis 80.
Römex 418*, 501, 542, 613*,
730, 762*.
Rönne 244*, 263.
Röper 345*, 369*, 398*,423.
Rosanoff 632*, 683*, 688,
691, 692, 808.
Rosati 384*.
Rose, A. 539.
Rosenbaum 294.
Rosenberg, M. 312, 575.
Rosenbloom 297*.
Rosenbusch 734.
Rosenfeld 263, 369*, 575*.
Rosenstein, P. 575*.
Rosenthal 466*.
Rosenow 199*.
Ross, E. L. 519*. 529.
Ross, G. W. 549*.
Ross, L. S. 833*.
Rösser 125.
Rossi, O. 8*.
Rossie 177*.
Roth, E. 90, 632.
Roth, H. 752.
Roth, L. J. 551*.
Roth, O. 749.
Roth, R. 519*.
Rothe 619.
Rothfuchs 575*, 618.
Röthig 3.
Rothmann 104, 199*, 210,
279, 369*, 378, 613.
Rothschild, B. 297*.
Roux, C. 388*.
Rovatti 612*.
Rowland 551*.
Rowley 125.
Roynton 840*.
Royster 817*.
Rubensohn 752.
Rubenstone 199*.
Rücker 519*, 529.
Ruckhaber 659.
Rueck 165.
Ruediger 551*.
Rüge 515.
Rülf 485.
Rumler 727.
Rumpel 379.
Rumpf, Th. 369*, 379,398*.
Ruoff 738.
Rupprecht 762*.
Russeff 398.
Russell, G. 328*, 418*, 427.
Russell, Mc R. 432, 744*.
Rutelli 318*, 551*.
Rutenburg 142.
Rütte 817*.
Ruttin 199*, 232*, 244*,
248, 281*, 318*,328*, 345*,
398*, 407, 575*.
Ruttmann 670.
Rydygier 575*.
Rytina 533.
Ruysch 318*.
Ryerson 595.
S.
Sachs, B. 576*.
Sachs, E. 325, 398*, 427*,
576*.
Sachs, H. 632*.
Sadger 672, 683*, 762*, 781,
801.
Sadler 519*.
Sadolin 576*.
Saenger, A. 199*, 270, 271,
323*, 354*, 384*, 418*,
485*, 492, 576*.
S&enz de Santa Mariä y
Marrön 477*.
Säger 264.
Saison 466*.
Sajin 297*.
Sala 393.
Saleeby 614*.
Salignat 538*.
Salis 276*, 363*, 388*.
Salxnon 820.
Salomon, W. 318*.
Salus 319.
Salzer 265.
Samberger 460.
Sandelin 445*.
Sanders 122, 297*.
Sanfelice 150.
Sanguineti 8*.
Santerneccki de Fran¬
cony 318*
Sante 415.
Santee 519*.
Sanz 281*, 418*, 683*,817*.
v. Sarbo 494.
Sargent 838.
Sattler 35, 244*.
Sauer 345*, 576.
Saut er 409.
Sawyer 388*, 683*, 817*.
Saxl 600.
Scaglione 73.
Scandola 576*.
Sceleth 299.
Schabelitz 302.
Schacherl 552.
Schäfer, F. 97.
Schäfer, K. L. 655.
I Schaffer 22, 29, 30, 147,
| 318*.
! Schafir 125.
Schaller 355, 486*.
Schanz, A. 191.
Schanz, F. 56, 57, 58.
Scharff 576.
Schauffler 613*.
! Schaumann 311.
I Schauss 762*.
van der Scheer 107, 328*,
1 699, 751*.
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
«72
Namenregister.
Scheetz 545.
Scheffler 538*.
Sc hei dl 570*.
Scheltema 199*,298, 407**.
Schenk, A. K. 381*.
Schenk. F. 30.
Sehepelmann 341, 580.
Scheppler 398*.
Sc herber 289*, 294.
Scheremezinskaina 297*.
Sc her me rs 312*.
Schick 570*.
Sc hi ekler 489, 038.
Schieck 244*.
Schier 083*.
Schiff 182.
Schiller 570*.
Schilling, F. 420, 448.
Schilling, K. 495.
Schilling, V. 298*.
Schlapp 727, 813.
Sehlaps 244*.
Schleip 58.
Schlesinger, A. 580.
Schlesinger, E. 251, 500.
Schlesinger, H. 289*,309*,
379. 398*, 412, 427*, 480*,
595.
Schlicht 754.
Schlifka 153*.
Sehloessynann 477*.
Schloffer 570*.
Schlomovitz 120*.
Schloss, O. M. 09*.
Schluttig IMS.
Schmidt, A. 309*.
Schmidt, CI. B. 570*.
Schmidt, H. 570*.
Schmidt, P. 205.
Schmidt, W. 43, 388*,494.
527, 541.
Schmidtmann 205.
Schmieden 309*.
Schmiegelow 570*, 001.
Schmineke 105, 435.
Schmitt 153*, 270*, 398*,
477*, 032*.
Schmitz 92.
Schneider, E. 282.
Schneider, K. 007, 702,749,
702*.
Schneider, M. 520*, 758.
Schneider, R. 153*, 557.
Schneller 547.
Schnitzer 827.
Schnitzler 788*, 817*.
Schochet 832.
Scholz, W. 422, 734.
Schönbeck 590.
Schönborn 09*, 398*,445*,
480*.
Schoondermark 013*.
Schoppe 007.
Schott, E. 200*, 379, 457.
Schott, M. 200*.
Schotteliu8 440, 083*.
I Schräg 398*.
Schreiber, L. 200.
! Schröck 239.
Schröder, H. S. 570,
j Schröder, K. 551*.
Schröder, L. C. 09*.
! Schröder, P. 153*, 200*,
t 285, 300, 398*. 570*, 090,
I 097, 099.
I Schröder, R. 427*.
! Schröder, Th. 632*.
j Schulhof 477*, 053, 609
Schüller 189. 467*. 479,510,
| 590.
Schultz, A. 184, 185.
Schultz, J. A. 590. 019.
Schultz.J. H. 037,755,822.
Schulz. B. 032*.
Schum 570.
Schumacher 418*. 553.
080*. 633* 727*. 742*,
751*.
Schumann 032*.
j Schürhoff 273*.
Schuster, E. 561.
I Schuster,P.318*,365,309*,
410, 576*.
Se h ii t z, J. 522, 523.
Schuurmans Stekhoven
804*, 817*.
Schwab 083*.
Schwa Ibach 398*.
Schwalbe 645.
Sehwartz, A. 58, 570*.
Schwartz, G. 200*.
Sehwartz, M. 199*.
Schwarz, E. 740.
Schwarz, O. 206.
Schwerz 59, 183.
Seinicariello 281*.
Scott, O. F. 369*.
Scruton 576*.
Sec her 135.
Sedgwick 445*.
Seefelder 200.
Seelert 505.
Seelye 546*.
Seffrin 142.
Seibold 328*, 398*.
Seidel, O. 576*.
Seifert, 0. 522.
Sei ge 745.
Scitz 551*.
Selig, A. 221, 826.
Selig, J. 532.
Seilers 613*.
Selling 281*.
Selter 177*.
Selye 584.
Senf 800.
Sepp 398*.
Serejski 527, 754.
Sergi 183, 190.
Sever 398*.
Sewall 369*, 608.
Sexton 477*.
Shabed 613*.
Shambaugh 215.
Shanahan 427*, 013*.
Shapiro 244*.
Sharpel 177*, 200*, 220,
398*, 590, 591, 825.
Sharps 298*.
Shaw 838.
Sheehan 683*.
Sheffield 445*.
Shepherd 668.
Sheppard 345*.
! Sherrick 363*.
I Shimer 298*.
! Shindo 43.
Shinkle 200*.
Shionoya 69*.
Shufeldt 789.
Shumwav 273*.
I Shy 388*!
Sicard 200*, 804*.
Sick 477*, 576.
Sidis 683*.
Siegel 577*, 763*.
Siegelbauer 190.
Siegmund 136.
Sights 083*.
Silbergleit 200*, 289*.
Silbermann 452.
| Silberstein. A. 613*.
Silvestri 318*.
Simerka 453.
Simmonds 520*.
Simon 835*.
Simons 323*, 381*, 398*,
451*. 486*, 804*.
I Simpson. C. A. 580.
Simpson, J. 345*, 398*.
Simpson, S. 78.
Sinding-Larsen 178*.
Singer 477*, 577*, 709.737*,
744*.
Sinigaglia 427*.
Sissingh 380*, 759*.
Sit tig 224, 273*, 577*, 748.
Sivori 65*.
Sjölander 43.
Skoog 385, 613*.
! Skrowaczewski 577.
Slingenbcrg 804*.
Sloan 345*.
Sluder 200*, 455*.
Slusher 520*.
SmetaÄka 348.
Smith, A. 613*.
de Smith, B. 281*.
Smith, D. C. W. 363*, 551*.
Smith, D. O. 295*, 632*
Smith, F. H. 200*.
Smith, J. 288*, 612*, 632*,
740.
Smith, L. 281*, 531. 560.
Smith, M. 520*, 840.
Smith, P. E. 828*.
Smith, S. E. 683*, 723.
Smith, Th. 632*.
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Original frorn
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Namenregister.
873
Smith, W. A. 551*.
Smoler 577.
Snead 244*.
Snow 399*, 551*.
Snowball 354.
Socin 143.
Sohlberg 200*.
Sokolow 699.
Sokolowsky 200*, 420, 670.
Solle 817*.
Sollier 486*.
Sollmann 69*.
Solomon 200*, 281*, 418*,
451*, 619, 632*, 683*.
Sommer XXXV, 632*, 635.
Sonnenberger 644.
Sörensen 310,
Sormani 289*, 551*.
Soukhanoff 427*, 486*,
683*.
Southard 153*, 683*, 684*,
751*.
Spät 200*, 294.
Spaulding 763*.
Specht 630*, 804*.
Speier-Holstein 684*.
Spencer, T. R. 200*.
Spielmeyer XX, 369*, 400,
577*, 579, 597.
Spi 11er 114, 278, 312*, 352.
Spitzig 456.
Spitzy 544, 583.
Spocrl 577.
Spratiing 427*.
Staehelin 290*, 538.
Staemmler 78.
Stähle 382.
Stanley 301.
Starck 607.
Stargardt 244*.
Stark 267.
Stärka 308.
Starkey 520*.
Starr, M. A. 367.
Statler 684*.
Stearns 81, 614*, 699, 815*,
817*.
Stedefeder 318*.
Stedman 820.
Steel 577*.
Stefani 613*.
Stefano 323*.
Stefanowicz 554.
Stegmüller 577*.
Steiger 617.
Stein, A. E. 545.
Stein, C. 459.
Stein, O. J. 399*.
Steinach 427*.
Steinberg 403.
Steinbügler 244*.
Steindl 751*.
Steindler 577*.
Steinebach 820.
Steiner 281*. 531,538*,713.
Steinmetz 298*, 632*.
Steinsberg 427*.
Steinthal 577*.
Stekel 613*, 632*. 675.
Stelzner 635.
Stendell 37.
Stenger 577*.
Stephenson, C. V. 427*.
Stephenson, J. W. 200*,
273*, 328*, 392*, 595.
Stepp 817*.
Sterling, W. 179, 267, 359,
442, 464.
Stern, A. 200*, 380, 588,
684*.
Stern, W. 632*.
Sternberg, W. 59, 370*.
Sterne 684*.
Stevens 728, 763*.
Stevenson, H. N. 173.
Stewart, G. N. 214.
Stewart, W. H. 577*.
Stheeman 200*, 445*.
Stiefler 204, 223, 390, 404,
451.
Stier 735.
Stigier 69*.
Stillman 533.
Stimmei 248.
Stirling 244*.
Stirrett 549*.
Stock 244*.
Stöcker 451*.
Stocks 751*.
Stoeckel 618.
Stoecker 577*.
Stoerk 290*.
Stoffel 600, 601, 602.
Stokes 286.
Stone 220.
Stoner 559, 613*.
Stover 684.
i Strandberg 43.
I Stransky 412, 438, 684*,
j 712, 737*.
Strassburger 739.
' Strasser 479.
Strasser-Eppelbaum 756.
j Strassmann 498,763*, 809.
j Straub 92, 120*, 200*, 523.
! Strauch 392*.
j Straus, H. 206, 312, 615.
I Strauss, J. 318*,445*, 613*.
Strauss, O. 43.
Strebei 187.
Streblow 8*, 526.
Strecker 723.
Streissler 589.
- Streuli 71.
j Strickland 613*.
, Stromer 330.
Stromeyer 461.
I Strong 834.
Strother 427*.
; Strümpell 267, 314, 445*.
i Stuart 622.
Stubbs 546*.
Stuchlik431,432,530,551*,
613*, 671, 684*, 687.
Studley 486*.
Stümcke 763*.
Stumpf 656.
Sturdivant 298*.
Sturm 676.
Stuurman 1, 107, 147,328*.
Stüven 577*.
Suchanek 200*.
Summers 69*.
Sundvall 69*.
Susini 804*.
Sustmann 428*, 455*.
Sutherland 804*.
Sutton 551*.
Svestka 294.
Svindt 577*.
Swalm 751*.
Swan 467*.
Swanberg 191.
Swift 224, 232*, 276*, 283,
445, 446, 533, 543*, 559,
613*, 633*.
Swindle 22, 654.
Sylvester 388*.
Synnot 399*, 533.
Sy ring 564, 589.
Szanojevits 203.
Szedläk 824.
v. Szily 267, 542.
T.
v. Tabora 290*.
Taddei 154*.
Taendler 393.
Tal bot 44*, 103*.
Tandler 11.
Tanner 633*.
Tar 524.
Tarassevitch 318*.
Tarle 274.
Tasawa 413.
Tashiro 120*.
Tatillo 318*.
Tausk 633*.
Taussig 684*.
Taylor, A. S. 578*, 595.
Taylor, E. J. 817*.
Taylor, E. W. 360.
Taylor, J. D. 178*
Taylor, J. M. 520*, 615.
Taylor, R. T. 578*.
Tello 1*.
Tepper 302.
Terni 9*.
Terrasse 290*.
Terril 281*.
Terry 244*.
Teutschiänder 557.
Theunissen 722, 817*.
Thibault 298*.
Thiem 486*, 498, 501, 514,
515.
Thiemann 601.
Difitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
874
Namenregister.
Thieraueh 329.
Thies 213.
Thöle 402.
Thom 428*.
Thoma 60, 186.
Thomas, C. T. 428*.
Thomas, I). 837.
Thomas, G. E. 684*.
Thomas, H. G. 244*.
Thomas, H. M. 201*.
Thomas, R. E. 318*.
Thomson, A. 520*.
Thomson, W. H. 527.
Thorndike 633*.
Thost 201*, 405.
v. Th6t 768.
Throckmorton 345*, 363*.
Thulin 43.
Thnmm 813.
Thurlow 81.
Tietze 82, 276*.
Tiger st edt 115.
Tiimann 578*.
Tilnev 154*, 201,312*, 359*,
445*. 520*, 614*, 833*.
Timme 105, 201*, 445*,
455*, 467*, 614*.
Tintemann 822.
Tischbein 698.
Titchener 628*, 633*.
Tizzoni 298*, 551*.
Többen 805.
Tobias 546.
Todde 328*.
Tode 724.
Tomasineili 152*.
Topp 520*, 525, 617.
Torrev 551*.
Turrini 352*.
Town 633*.
Traver 578*.
Travers 290*.
Traube 69*, 95, 96.
Travaglino 684*, 751*.
Travers 780.
Treadway 682*, 751*.
T re ad well 631*.
Treiber 819.
Tremmel, 201*.
Tresling 268. 399*.
Treupel 201*.
Trible 345*.
Trnka 319.
Troell 472.
Trbinner 178*, 201*, 359*,
370*, 399*. 486*.
Trott er 578*.
Trott i 176*.
Trout 578*.
Truesdell 578*.
Trzebinski 171.
v. Tsehcrinak 61, 409.
Tsimi na ki s 616.
Tueker 2SL*. 418*. 626,
737*.
Tüder 614*.
: Tullio 295*.
Tumbelaka 9*, 158.
Tumlirz 633*.
Tumpowsky 141.
i Turbv 836.
1 Türkei 781.
Turner, E. D. 419*.
Turner, J. S. 201*.
Turner, W. 839.
TT.
Uckermann 345*.
v. Uexküll 120*.
Uffenheiiner 419*.
Uhlenhuth 832.
Uhthoff 245*, 268, 269, 270,
399*, 405.
Ulrich 426*.
Umber 290*.
Unger, E. 370*, 578*.
Unger, L. 26.
Unna 2, 3, 201*.
Urban 633*.
Urbantschitsch201*,354*.
i 399*, 486*.
Vaehnadze 578*.
Vagi io 69*, 178*.
Valk 298*.
van Valkenburg 328*,
428*, 578*.
Vallette 428*.
Van<sek 1*, 69*, 204.
Variot 451*.
Vas 454.
Vasoin 298*.
I Vastarini-Cresi 9*.
! Vaughan 763*.
j Vavrouch 201*.
| Veasev 318*.
' Vedder 692, 817*.
i Veen 120*.
Vecr 227.
Veit 617.
V r eith 455*.
Verebelly 578*.
Vermeulen 9*, 31, 32, 37,
103*, 399*, 408.
Vernier 763*.
Verse 154*, 345*, 467*.
Versilova 520*.
! Vervloet 201*.
. Vorworn 45*.
Viereck 613*.
Vignolo-Lutati 178*.
Vigyazö 578*, 593.
Villaverde 354*.
| V T iqueira 655.
Virehow 41.
Vitek 520*.
Voegtlin 296*, 298*.
Voeleker 599.
Vogt, A. 812.
I Vogt, (\ 26.
| Vogt, E. 557.
Vogt, O. 26.
Volk 223, 578*.
Vollmann 519*.
Volpino 298*, 614*.
Vomela 298*. 399*.
Voortheujsen 633*.
Vora 455*.
Vormann 392*.
Voss, G. 201*, 637.
de Vries 155, 384.
Vries Reighlin 467*.
Vulpius 604.
W.
Waardenburg 245*.
Waas 614*.
Wächter 543.
Wacker 62.
v. Wagner 744*.
Wagner v. Jauregg 486*.
Waldscbmidt 821.
Walker 201*, 245*, 520*,
578*.
Walko 201*.
Walle 656.
Wallenberg 26, 360, 684*
Wallfield 445*.
Walter, R. 757.
Walther 527.
Wangerin 63.
War bürg 689.
Wardner 298*.
Warfield 520*.
Waser 85, 88, 89, 96.
Washburn 389*, 578*,
628*, 631*, 632*.
Wasicky 445*, 449.
; Wasner 731.
Wassenaar 120*.
I Wasserfall 432.
! Wassermann, M. 539.
I Wassermeier 812.
Waters 580.
I Watkins 298*, 431, 552*.
| Watson 537.
I Watt 579.
, Walters 201*.
1 Wayenburg 633*.
I Weber, E. 540.
1 Weber, H. 486.
Weber, L. W T . 9*, 370*, 493,
508, 633*, 675, 753, 807.
Weber, R. 684*.
Weber, W. 399*, 817*.
Weed 93, 195*.
Wegelin 319.
Wege ne r 185, 738.
I Wegner 578*.
I Wehner 354*, 419*.
| Weibel 178*.
1 Weiblo 578*.
| Weichselbaum 154*.
1 Weicht 748.
| Weichsel 201*.
I Weiden reich 158.
| Weid man 347.
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Namenregister.
875
Weigl 730.
Weil, A. 540*.
Weil, E. 419*, 499.
Weiland 015.
Weill, E. 290*, 298*.
Weinrich 328*.
Weintraut 428*.
Weinzweig 750*.
Weise 332.
Weiaenburg 201*, 276*,
335.
Weiss, E. 201*, 370, 428*,
539.
Weitzner 327*.
Weizsäckel 63.
We Icker 455*.
Weid 628*.
Weller 298*.
Welles 200*, 677.
Wells 633*.
Welsch 799.
Welty 605.
Welz 514.
Welze 1 422.
Wender 684*.
Wenderowic 105.
Wendkos 615.
Werber 832.
Werner, P. 473, 617.
Werthauer 791.
W e r t h e i m - S a l o in o n s o n
578*, 633*.
Wesselv 245*.
West 578*.
Wester 323*.
West erhoff 154*.
Westmacott 485*. 840.
Weston 201*, 684*.
Westphal 201*, 486*, 590,
712, 737*, 804*.
Weyer 467*.
Weyert 711.
Wevgandt 487*, 684*, 710,
817*, 821.
Wheeler 290*.
White, R. L. 298*.
Whiteside 290*.
Whitman 389*, 763*.
Whitney 286.
Whooley 328*, 520*.
Wickel 684*, 818*.
Wid6n 435.
Widmann 758.
Wiedemann 370*.
Wieder« he im 246.
v. Wieg-Wickenthal 661.
Wiegand 487*.
Wieland 94.
Wieiner 593.
Wiener, E. 487*.
Wiener, H. 547.
Wiener, M. 244*.
Wiener, O. 497.
Wienert 557.
Wi ersinn 085*.
I Wiese 578*.
: Wieser 144.
| Wiesinger 370*.
Wietfeldt 270.
Wigert 433, 754.
Wiki 519*.
Wilbrand 270, 271.
Wilcox 178*
Wilde mann 731.
Wile 281*, 286, 520*.
Wilhelm 813.
Willard 467*.
j Willcutt 286.
t Willetts 520*.
, Willhite 295*.
Williams, B. F. 685*.
Williams, C. 245*.
Williams, E. H. 298*.
Williams,T. E. 804*, 818*.
Williams, R. R. 614*.
Williams, T. A. 201*, 273*,
318*, 370*, 381*, 419*,
467*,487*, 614*, 617,633*,
763*.
Williamson, W. D. 614*.
Willien 370*.
Willis 578*.
Wilins 323*, 578*, 585. 601.
W 1 '>n, A. A. 545.
Wilson, 1>. W. 81, 614*.
Wilson, F. N. 120*.
Wilson, J. G. 214, 215.
Wilson, R. N. 298*.
Winfield 445*.
Winkler, A. 20.
Winkler, C. 633*.
Winter 618.
Wintermute 202*, 399.
Winterstein 94.
Wintz 437, 556.
j Wise 455*.
Wiseman 520*.
j With 281*.
Witte 420.
Wittermann 710.
■ Wittig 733, 781, 818*.
Witt mann 428*, 659.
i Witzei 431.
Wodak 552.
| Wodarz 590.
Woorkmn 202*.
| Wohl 309.
i Wohlgemuth 245*.
| Wöbling 611*, 614*.
Wolf, W. 556.
Wolfes 545.
| Wolff, A. 380.
! Wolff, G. 202*, 232*, 399*
| 622, 633*, 763*.
I Wolff, H. J. 579*.
Wolffbe rg 245*.
, Wolffensperger 804*.
, Wolff he im 614*.
Wölfflin 411.
Wofsohn 728.
I Wolfstein 281*.
1 Wollenberg 487*, 514, 625.
Wood, C. A. 245*, 298*.
Wood. G. H. 298*.
i Wood bürg 355.
! Woodhull 763*.
Woodruff 245*.
Woods, A. H. 604.
Woods, C. L. 354*.
Woods, E. L. 633*.
Woolsey 533.
Work 335.
Wo ro bi eff 467*.
Wouden 818*.
j Wright, H. 352, 467*.
| Wrzosek 428*.
I Wunder 548.
I Würde mann 245*.
Wyn 70*.
Wyss 351*.
| Wyssmann 202*.
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Yerkes 633*.
Young, F. B. 614*.
Young, J. E. 727*.
Young, J. H. 579*.
YudeIson 392*.
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Zabriskie 245*, 273*, 281*,
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Za de 272.
Zadek 287, 309, 535.
Zafita 771, 779.
Zagorovsky 145*.
Zander 514.
Zange 399*, 420, 499, 579*.
Zangger 488.
Zanietowski 546.
Zapffe 553.
Zappert 407.
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Zdrodovsky 579*.
Zeller 154*.*
Zentmayer 245*.
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Ziegler 183, 666, 667.
Ziehen 633*. 654, 688, 727.
Zienkiewicz 468.
Zimmermann, F. 733.
Zimmermann, R. 431.
Zoller 579*.
Zollinger 487*.
Zondek 287. 579*.
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