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Full text of "Kawerau Schriften Des Vereins"

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Cutters 6<$riften 


nad) ber Stdbenfoige ber 3 a()re Deraeidjnef, 
mit 9iad)tr>d5 tfjres gunborfes in ben }e%t 
gebräuchlichen Ausgaben 


‘öoti 


D. ©uftao Staroerau 


Celpsig 

herein für $ieformattons0e|d)tci)te 
(ttubolf ßaupt) 

1917 


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SJoroorf. 


$1(8 jtoeitc ißubtifotion bc8 Serein8 für fRefortnation8gefchichte 
geht bö8 nadjfotgenbe Serzeicfjni8 ber ©Triften £uther8 öu8. @8 
war bie $lbfi<ht geroefen, unfern ÜÄitgliebern in biefern 3ubi(äunt8- 
jaf)r etwa8 ganz befonbere8 ju bieten, ober e8 (ag ein fe(tfome8 
3 Ri§gefd^icE borouf. (Sine dor längerer ßeit un8 jngefagte Arbeit 
fonnte tnegen ernfter (Srfranfung be8 Serfaffer8 nicht zum $lbfch(ufj 
gebracht werben. @8 fonb ftd^ ein onbrer, ber un8 zum (Srfafc 
eine fteftfdljrift $u fc^reiben übernahm. Stbcr wieber würbe bie 
Ausführung unb Soflenbung burch Kranfheit befjinbert. 

2 >a bin ich mit ber dorliegenben Schrift o(8 (Srfabmann 
eingetreten. Sie derbanft ihre (Sntfte^ung einer bringenben Sitte 
au8 afabemifchen Greifen, idf) möchte im Sntereffe ber SDojenten 
wie ber ©tubenten eine ftberfidfjt über afle8, wo8 wir in nnfem 
£utf)erau8gaben an (iterarifchem üßachlafj ßutherS befifcen, zufammen* 
[teilen unb babei bie je|t am meiften gebrauchten Ausgaben be* 
nufcen. A(8 fotdje fommen in Setradjt 

bie SEBeimarer Ausgabe — mit W bezeichnet (W TR E£ifcf)« 
reben, W Bibel bie Sibe(bänbe), 0 

bie (Srlanger föranffurter] Ausgabe — in ben beutfehen 
Sänben mit (Sr(. bezeichnet, in ben (oteinifchen mit Erl. 
unb ber näheren ^Bezeichnung Gal., va. .unb el. (bie 
Kommentare an bie ©alater, opera varii argumenti 
unb opp. exegetica latina), 


*) 23ei ben (Seitenangaben wolle man beamten, bajj bie erfte, in 
ttammern gefegte 3al)l bie Seite angibt, auf bet bie Einleitung beginnt, 
bie jweite, nid)t eingenammerte, bie Seite, wo ber Sejt anf>ebt. 

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bie ©onner StubentenauSgabe öon 0. (Siemen in 4 ©änbeit, 
1912/13 — mit CI bezeichnet, 

unb bic Ausgabe fürs c^riftticfje §auS öon Nabe u. @en., 
8 ©änbe unb 2 Suppiementbänbe, in ©raunfchmeig, 
fpäter ©erlin, erfhienen — mit Br. bezeichnet; f»ier bie 
iateinifchen ©Triften in Überdüng. 

Aufjer biefen tourben für bie Disputationen bie Ausgabe öon 
©. DremS, ©öttingen 1895, für bie ©riefe neben ber (Sri. 
Ausgabe (Deutfrfje ©riefe) bie Ausgabe oon (SnberS unb 
ftamerau, bisher 16 ©änbe, unb nur für bie bort noch nicht 
erfcf)ienenen bie Ausgabe öon be SBette notiert. Aufjerbem 
mürbe bie Sutherbiographie öon Äöftlin unb Äamerau, 5. Stuft., 
bei allen Schriften angemerft, beren bort fürjer ober ausführlicher 
(Srmähnung gefcfjief)t (mit K bezeichnet). 

©ebarf es eines derartigen NachfdhlagehefteS, um eine Schrift 
ßutljerS aufjufinben? Seber Äunbige meifj, meldhe Unbequem* 
tichfeiten bei ©enuj&ung ber (Sri. AuSg. für bie Iateinifchen ©änbe 
baS fehlen eines ®efamtregifterS bereitet, unb bei ben beutfdhen 
bie Deilung in f)omiletifcf)e, fatedEjetifche, reformationSl)iftorifche, 
polemifdhe, e£egetif<he unb öermifdhte Schriften. 28er mürbe $.©. 
bie Schrift an ben <hriftli<hen Abel unb bie an bie NatSherrn 
aller Stabte unter ben fatechetifdhen Schriften Suchen, unb nicht 
pnächft unter ben reformationShiftorifchen? unb mieberum Schriften 
über bie 10 (Gebote unter ben ejegetifchen? Die ©Weimarer AuS* 
gäbe befolgt im ganzen baS chronologifdhe ©rinjip. Aber mer 
eine Schrift fudht, höt uidht immer auch baS Sohr, in bem fte 
erfchienen ift, gegenmörtig, ober baS Saljr ift ftrittig. Sinb öon 
©ortefungen ober ©rebigten Na<hf<hriften unb ein ober mehrere 
Satire fpäter erschienene Drude öorhanben, fo finb teuere bei 
einem früheren Saht 5U fudhen als fte gebrucft finb. Neue 
$unbe h a t>en mieberljolt ju Nachträgen genötigt, bie auS ber 
<hronoIogifcf)eu Anorbnung herauSf allen, fittbeit mir bodh bie 
älteften uns befannten Aufzeichnungen SutherS erft in SBeimarer 
Ausgabe 9. Suttner mieber führten prattifdhe Nücffichten baju, 
Sachlich 3 u f ammen 9ri)örigeS audh juSammen herauszugeben, auch 
menn eS auS üerS<hiebeheu Saljreu ftammt. So ift tatsächlich baS 


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djronologifche Rrinjip t>ictfacf) burchbrocf)en, unb wie bcr Renu|er 
im Eebraudj erfährt, macht baS Stuffinben einer Schrift in fo 
manchem $aH SCRüfje. $afj bie für ©tubenten berechnete Elemenfche 
Ausgabe in StuSwahl mit oufgenommen ift r bebarf feiner be= 
fonberen Rechtfertigung; ber Refiner biefer oortrefftichen unb 
honbtidhen Ausgabe fonn aber aus unferm Rer$ei<hniS leicht 
erfehen, welche Schriften Aufnahme gefunben höben, unb welche 
ftüHe ooit Schriften er üergeblich in biefer SluSgabe fudhen würbe. 
2)ie Rraunfchweiger Ausgabe ift gleichfalls berücffichtigt, weil 
man, ehe bie Elemenfche StuSgabe oorlag, ben Stnbenten, Äanbi* 
baten ober Eeiftlidfjen, ber fid) eine SutherauSgabe aitfdhaffen 
wollte unb hoch oor bem greife ber Erlanger SluSgabe jurücf- 
fehreefte — bie SCBeimarer ift unerfchwinglich —, an bie Rraun* 
fhweiger oerweifen mufjte, bie aufierbem bur<h Einleitungen unb 
Slnmerfuitgen ihre befonbern Ror^üge hot. Unb wenn es Sefer 
gibt, bie SutherS (ateinifche Schriften nur in Überfefcung lefen 
fönnen, ober gar, wie mir neulich ber gaß oorfarn, auch SutherS 
beutfehen Schriften ratlos gegenüber ftehen unb nadh einer „Über* 
fefcung ins #o<hbeutfche" oerlangen, wirb biefe Ausgabe auch 
weiterhin einem RebürfniS bienen. 

Seiber ift bie SSeimarer Ausgabe noch riic^t ooHenbet. SEBie 
oiel fie uns noch bringen foU, läfjt baS RerjeidjniS erfennen. 3cf) 
habe überall, wo fie noch nicht eine Schrift gebracht hot, baS W 
eingefept unb Raum gelaffen, bafj ber Renufcer biefeS RerjeichniffeS 
nach &em Erfdfjeinen eines neuen Raubes bie Süden auSfüflen fann. 

Eine Rorarbeit lag junächft in bem RerjeichniS bei Äöftlin» 
ÄaWerau 5 (II 718—727) oor; biefeS berücffichtigt aber nur bie 
in ber Riograpfpe länger ober fürder befprod&enen Schriften unb 
notiert nur Ranb unb Seite im Ruche felbft; wo bie Schriften 
in ben SBerfen ju finben finb, muji an anbrer Stelle nach* 
gefchlagen werben. Etwas ooUftänbiger unb mit Angabe beS 
ftunborteS in Weimarer unb Erlanger Ausgabe oerfehen ift baS 
RerjeichniS, baS ^ßeter Sinthern (S. 3.) bem 3. Ranbe ber 
£>. Erifarfchen Sutherbiographie S. 932—952 beigegeben hot. 
2)iefeS jähit 426 Schriften auf, wobei aber Rrebigten, Rriefe, 
Ribelüberfefcung unb Sieberoeröffentlichungen nicht mitgejählt finb. 
Rieht RerjeichniS bietet weit über 600 Rummern. 


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$)ie Arbeit ift müljfamer, als man auf ben erften SBltcC 
meinen mag. $)aj$ beim Übertragen fo bieter ßaljlen SSerfetjen 
unterlaufen, ift faum bermeibbar. Unb wer miß bie ©e^auphtng 
wagen, bafj er bei ber fjüße beS 9?ad)taffe$ SutfyerS nichts über¬ 
fein fjabe! fßiödjten fotdje bem ©enu|er etwa aufftofjenben 
hänget nid)t f)inbern, baft baS SJerjeidjniS bieten wißfommene 
3 )ienfte teifte! 

Söertin, «ßfingften 1917. 


©. Äamerau. 


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1507 

1 . ©riefe: @nber$ 1, 1—6. SDegering in ßentralblatt für 
©ibliotljefStüefen 33, $eft 3/4, 88.*) 

1509 

2. SRanbbemerfungen $u Augustini opuscula. 

W9, (2)5—15. KI, 88 f. 

3. ? SRanbbemerfuitgen ju Augustini de trinitate u. de 
civitate dei. 

W 9, (15) 16—27. K I, 88 f. 

1510 

4. unb 1511. SRanbbemerfungen ju ben ©entenjen be« ©etru« 
SombarbuS. 

W 9, (28) 29—94. KI,88f. 95. 

1512 

5. ©riefe: (SnberS 1, 7—10. (Sri. 53,1. 

1513 

6 . —1515. ©falmenborlefunfl: Dictata super psalterium. 
Glossa [beutfdj 1743; lat. nur bie 7 ©ufjpfalmen 1874], 
unb Scholae [1880]. 

W 3, (1) 11—652 (— ©f. 83); 4,1—462; ba$u W 9, 
116—121; 793—795; 31,1 (462) 464—480. K 1,104 ff. 
120. 125.2) 


*) ©6enba Briefe öon 1501 u. 1503, bie $egering ©. 78 u. 84 2. bei¬ 
legen will — o^ne au3retd)enben (Ktunb. 

a ) ©n wiebet aufgefunbene$ Statt be3 $re$benet tßfatteri (Scholae) 
erföeint bemnäd)ft in ©tub. u. ftrit. 


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7. —1515. fltanbbemerfungen $u Faber Stapulensis, Quin- 
cuplex Psalterium 1509. 

W 4, (463) 466—526. 

8 . —1516. Sftanbbemerfungen $u Anselmi Opuscula unb 
Joh. de Trittenhem Liber lugubris de statu et ruina 
monastici ordinis. 

W 9, (104) 107—114. 

1514 

9. —1517. Sateinijdje Älofterprebigten über bic ©erifopen 
[1720, eine baüon (W 1,130) fd^ott 1703]. 

W 1, (18) 10—141; ba*u 9, 763—768. Erl. va. 1, 
41-214. K I, 116. 118f. Ulf. 277. 401. 

10 . —1520. «Sermone (aus «ßroidauer $önbfdfjriften). 

W 4, (587) 590—717; bö$u 9, 795. K 1,116. 

11. ©riefe: @nber8 1,14—25. 

1515 

12 . ? Sermo praescriptus praeposito in Litzka [1708]. 

W 1, (8) 10—17; ba$u 9, 763. Erl. va. 1, 29—41. 
K 1,124. 

13. —1516. ©orlefungen über ben SRömerbrief [ljrSg. bon 
3o§. gitfer 1908]. 

W KI, 106 f. 125. 

14. —1520. (Sintragungen 2.8 in$ SBßittenb. tf)eof. $)efanat$bud). 

W 9, (305) 306—309. 

15. SRanbgloffen jum äRarienpfatter beS 2Rarfu$ oon SBeibo. 

W <Stub. u. Ärit. 1917, 81—87. 

16. ©riefe: (SnberS 1, 26 f. 

1516 

17. Quaestio de viribus et voluntate hominis sine gratia, 
2 )ifputation8tf)efen für ©artljot. ©ernljarbi. 

W 1, (142) 145—151; baju 9, 768. Erl. va. 1, 235 f. 
246—254. KI, 129f. 


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18. Borrebe ju ß.3 Ausgabe oott ©ijn getyftlicf) ebteS Budj* 
letynu ($)eutfdje Geologie). 

W 1, (152) 153. ©rl. 63, 238. K I, 110 f. 

19. ? Borlejuitg über ba8 Bud) ber Stifter ($toetfe1f)aft, ob 
ober wieweit oon ßutf)er) [1884]. 

W 4, (527) 529—586. K 1,168. 

20. Banbbemertungen $u XaulerS Brebigten. 

W 9, (95) 97—104. 

21. —1520. Banbbemerfungen $u bem f)ebr. Xeyt ber Bfafaten. 

W 9, (115) 115. 

u. 1517. Sßrebigten über bie 10 ©ebote, ögl. 1518 Br. 43. 
u. 1517. Borlefung über beit ©ataterbrief, ögt. 1519 Br. 73. 

22. Briefe: ©nberS 1, 28—78. 

1517 

23. [Tractatus de bis, qui ad ecclesias confugiunt, ol>ne 
Berechtigung ß. beigelegt]. 

W 1, (1) 3—7; baju 9, 762. K I, 753. 

24. ®ie fiebert Bujjpfatmen (erfte Bearbeitung; Ogi. unten 1525 
Br. 261). 

W 1, (154) 158—220; ba*u 9, 768. (Sri. 37, 340—442. 
K 1,116. 

25. Disputatio contra scholasticam theologiam (Siefen für 
ffranj ©üntljer). 

W 1, (221) 224—228; ba^t 9, 768 f. Erl. va. 1, 315 
—321. K 1,130. 

26. Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum 
(95 Sljefen). 

W 1, (229) 233—238; ba$u 9, 769. Erl. va. 1, 285 
—293. CI. 1,1—9. Br. 1,97—108. K 1,116. 152 ff. 

27. Borlefung über ben ^ebröerbrief (nod^ ungebnuft). 

W KI, 107. 

Bwbigten über ba8 Baterunfer, f. 1518 9fr. 54; 1519 Br. 62. 

28. Briefe: ©über» 1, 79—137. ®rt. 53,1. 


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10 


1518 

29. (Sin «Sermon oon bem Slblajj unb ©nabe. 

W 1, (239) 243—246; 9, 769. (Sri. 27, 4—8. CI. 1, 
10—14. K 1,169 f. 

30. (1519 ?). Protestatio. 

3)eutfd): ßß® 26, 246; lateinifc^: W 2, (619) 620 
[tnS 3.1519 gefteflt]. Erl. va. 1, 293. 

31. 2)ie jefjn ©ebote ©otteS mit einer fur$er Auslegung ifyrer 
(SrfüÜuitg unb Übertretung. 

W 1, (247) 250—256; baju 9, 769. (Sri. 36, 86—89. 
K 1,117. 878. 

32. Instructio pro confessione peccatorum abbrevianda. 

W 1, (257) 258—265; baju 9, 769. Erl. el. 12, 
219—230. 

33. 3mei *eutfdje gaftenprebigten [1702]. 

W 1, (266) 267—277. (Sri* 16, 3—18. 

34. Asterisci Lutheri adversus obeli§cos Eckii [1545]. 

W 1, (278) 281—314; baju 9, 770—779. Erl. va. 
1,410—456. KI, 186 f. 

35. SBormort (in Briefform) $u 3of>. «SpfoiuS (SgranuS, Apolo- 
getica responsio. 

W 1,(315)316. (SnberS 1,181 f. 

36. Sermo de poenitentia. 

W 1, (317) 319-324. Erl. va. 1, 331—340. K 1,170. 

37. Sermo de digna praeparatione cordis pro snscipiendo 
sacramento eucharistiae. 

W 1, (325) 329—334. Erl. va. 2, 313—320; beutfdj 
/ (Sri.*16, 21—31. 

38. Duo sermones de passione Christi [1723]. 

W 1, (325) 336—345; bö$u 9, 779. Erl. va. 1, 214 
—226; 2, 321 f. 

39. Fragmentum lectionum Lutheri [1703]. 

W 1, (346) 347-349. Erl. va. 1, 236—240. 


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40. Disputatio Heidelbergae habita, gefeit nebft pro- 
bationes [1545] unb explicatio conclusionis VI [teils 1545, 
teils 1703]. 

W 1, (350) 353—374; 9,170; ügt. aud) 9,160—109. 
Erl. va. 1, 387—404; 240—245; el. 21, 252-266. 
K 1,174. 

41. SBorrcbc jur öoUftönbigcn Sluggabe ber „$)'eutfcf)en Geologie". 

W 1, (375) 378-379; baju 9, 779f. (Sri. 63, 238 

—240. K 1,111. 

42. ©ine $reiljeit beg ©erntong päpftlidjeit Slblafj unb ©nabe 
belangenb. 

W 1, (380) 383—393; ba$u 9, 780. ©rl. 27,10—25. 
K 1,187. 

43. Decem praecepta Wittenbergensi praedicata populo 
[gel>. 1516/17]. 

W1, (394) 398—521; baju 9, 780 f. Erl.eL12,1—218. 
(1. ©ebot:) Br. 7, 41—106. K 1,116. 120. 139 f. 

44. Eesolutiones disputationum de indulgentiarum virtute. 

W 1, (522) 525—628; baju 9, 781. Erl. va. 2,126 
293. CI. 1,15—147. K 1,169. 177 ff. 

45. Pro veritate inquirenda . . . conclusiones. 

W1, (629) 630—633; baju 9,781 f. Erl. va. 1,378—382. 

46. Sermo de virtute excommunicationis. 

\V 1, (634) 638—643; ba*u 9, 782. Erl. va. 2, 306 
—313. KI, 194ff. 

47. Ad dialogum Silvestri Prieratis de potestate papae 
responsio. 

W 1, (644) 647—686; ba$u 9, 782—786. Erl. va. 1, 
344—377. KI, 193f. 

48. Sluglegung beg 109. (110.) ißfalmg. 

W 1, (687) 689—710 ($ru<f); baju 9, (176) 180-202 
(£anbfdjr.); 786 f.; ©rl. 40,1-38. K 1,197. 

49. Acta Augustana. 

W 2, (116—126; baju 9, 787. Erl. va. 2, 367—392; 
354—361. K I, 217 f. 

(bag ge[d)tt)är$te ©tücf W 2, 25 f. W 9, 205. K1,217). 


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50. Appellatio a Caietano ad Papam. 

W 2, (27) 28-83; ba*u 9, 787f. Erl. va. 2, 397 
—405. 

51. Appellatio ad Concilium. 

W 2, (34) 36-40; ba$u 9, 788. Erl. va. 2, 438-445. 
K I, 217 f. 

52. Sermo die S. Michaelis [gebr. 1556]. 

Erl. va. 1, 226—231. K I, 201. 

53. Sermo de triplici iustitia. 

W 2, (41) 43-47. Erl. va. 2, 322—329. K I, 278. 

54. StuSlegung unb Deutung beS fjcil. »aterunferS (Ausgabe 
öon 3ot). ©chneiber [Wgricola]). 

W 9, (122) 123—159; baju 804 (ögl. unter 151991t. 62 
SutherS eigne SluSgabe). K 1,116 f. 220. 291. 

55. Disputatio circularis über remissio poenae unb culpae 

W Erl. va. 1, 378—382. 

56. Disputatio de circumcisione. 

f. 1520 9ir. 91. 

57. Stufjeidfjnung für eine »rebigt. 

W 9, (203) 204. 

58. »riefe: W 9, 171—175. (SnberS 1,138—337; 5, 1—4. 
Sri. 53, 3—5. 

1519 

59. Verausgabe ber Keplica F. Silvestri Prieriatis. 

W 2, (48) 50—56; ba$u 9, 788. Erl. va. 2, 68-78. 
K I, 226. 

60. ©ine furje Unterroeifung, rnie man beizten foH. 

W 2, (57) 59—65; ba$u 9, 788. (Sri. 21, 245—253. 
K I, 278. 

61. Unterricht auf etliche SIrtifel, bie ihm non feinen 5Ibgönnern 
aufgelegt unb jugemeffen merben. 

W 2, (66) 69—73; baju 9, 788f. (Sri. 24’, 5-11. 
CI. 1,148—153. K I, 226 f. 


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62. Auslegung beutfcf) be$ SSaterunjcr für bic einfältigen ßaien, 
ßutfjerS eigne Ausgabe (ogl. 1518 9tr. 54). 

W 2, (74) 80—130. ©rf. 21, 159—227; 45, 204—207. 
K I, 220. 291. 

63. ©errnon non ber ^Betrachtung beS ^eiligen ßeibenä ©hrifti. 

W 2, (131) 136—142. Sri. 11 * 154-163. CI. 1,154 
—160. K I, 279. 

64. Sermo de duplici iustitia. 

W 2, (143) 145—152. Erl. va. 2, 329—339. K 1,278f. 

65. Disputatio et excusatio adv. criminationes D. Job. Eccii. 

W 2, (153) 158-161; ba^u 9, (206) 207—212. 
Erl. va. 3,12-17. K I, 232. 

66. ©errnon oon bem e^etic^en ©tanb. 

W 2, (162) 166—171; 9, 213-219; ba*u 9, 789f. 
©r(. 16 2 , 60-67. Erl. va. 3, 446—453. K I, 278. 

67. ©errnon oon bem ©ebet u. Sßrojeffion in ber Äreujtooc^e. 

W 2, (172) 175—179. @rt. 162, 69—76. Erl. va. 3, 
442-446. K I, 279. 

68. Resolutio Lutheriana super propositione sua decima 
tertia de potestate Papae. 

W 2, (180) 183—240. Erl. va. 3,296—384. K 1,235 f. 

69. ©errnon geprebigt $u ßeip$tg auf bem ©dijtofj am Xage 
fßetri unb $auti. 

W 2, (241) 244—249. ©rl. 15 2, 437—444; 65, 269 
—274. Erl. va. 3, 217—224. 

70. Disputatio Joh. Eccii et M. Lutheri Lipsiae habita 
(nach ben 9luf$eichnungen ber Notare burd) 3oh* Sang [?]). 

W 2, (250) 254—383; ba$u 9,790. Erl. va. 3,23—217. 

71. Scheda adv. Jacobum Hochstraten. 

W 2, (384) 386-387. Erl.va. 2, 295-297. KI,251. 

72. Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis 
Lipsiae disputatis. 

W 2, (388) 391-435; baju 9,790. Erl. va.3,228—292. 
K I, 255 ff. 


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73. In epistolam Pauli ad Galatas commentarius. 1. unb 
2. Bearbeitung (1523). 

W 2, (436) 443-618; baju 9 f 790 f. Erl. Gal. 3,121 
—485. K 1,107. 197. 271. 274 f. 

74. Contra malignum Joh. Eccii iudicium defensio. 

W 2, (621) 625—654. Erl. va. 2, 472—514. K1,257 f. 

75. Ad aegocerotem Emserianum additio. 

W 2, (655) 658-679. Erl. 4,13-45. K I, 260 f. 

76. Sermon oon ber Bereitung jum Sterben. 

W 2, (680) 685—697; 9, 791. (Sri. 21, 255-274; 
Erl. va. 3, 453—473. CI. 1,161—173. Br. 6, 61—80. 
K I, 281 f. 

77. Ad Joh. Eccium M. Lutlieri epistola super expurgatione 
Ecciana. 

W 2, (698) 700—708. Erl. va. 4, 47—58. K I, 262. 

78. Sermon oon bem Saframent ber Bufje. 

W 2, (709) 713-723. (Sri. 16 2 , 35-48; 53, 30. 31. 
CI. 1, 174-184. KI, 282 f. 

79. Sermon oon bem ^eiligen fjocfjnriirbigen Saframent ber Saufe. 

W 2, (724) 727—737. (Sri. 21, 229—241. Erl. va. 3, 
394—410. CI. 1,185—195. KI,282f. 

80. Sermon oon bem fjocfjnmrbigen Saframent be» Zeitigen 
magren SeidjnamS (St)rifti unb oon ben Brüberfdjaften. 

W 2, (738) 742-758; baju 9, 791-793. (Sri. 27, 28 
—50. CI. 1,196—212. Br. 3,259-290. K I, 282 ff. 312. 

81. —1521. Operationes in Psalmos. Bi-1—21 (22). 

W 5, (1) 19-673; baju 9, 796. Erl. el. 14-16. 
K I, 272. 275. 401. 

82. (kleiner) Sermon oon bem Sßucfjer. 

W 6, (1) 3—8; bap 9, 798. (Sri. IC 2 , 113—117. 
K I, 279. 

83. (Sine furje 3form, ba8 B Q ternöfter ju oerfte^en u. gu beten. 

W 6, (9), 11—19. (Sri. 22, 21—32. K I, 291. 


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84. ©ne furje unb gute Auslegung be« SSaterunfer« bor fidj 
unb hinter ftdj. 

W 6, (20) 21—22. ©1. 54, 208-211. Br. 6, 121 
—125. K I, 291 f. 

85. Dispnt&tio de lege et fide. 

W 6, (23)24. Erl. va. 4,332 f. 

86. Conclusiones de Christi incarnatione et humani generis 
reparatione. 

W 6, (25) 26. 27. Erl. va. 4, 334 f. 

87. Conclusiones tractantes, an libri philosophorum sint 
utiles aut inutiles ad theologiam. 

W 6, (28) 29; boju 9, 798. Erl. va. 4, 335 f. 

88. Theses de excommunicatione [1890]. 

W 9, (310) 311 f. 

©jriftltdje SSorbetradjtung, jo man tbitt beten bai Ijeit. 
SSaterunfer, SlmSborfS Stu8$ug aus ß.3 SS. U. Sßrebigten). 
W 9, (220) 223—225; baju 804 f. 

89. —1521. Ißrebigten, gejammelt bon 3. ^olianber [gebr. 1893]. 

W 9, (314) 329-676; baju 805 f. K I, 277. 

— 1521. Sateinijdje SlbbentSpoftitle j. 1521 92r. 137. 

90. SStiefe: ©tber$ 1, 338—494; 2,1—289; 5, 4—8. ©1.53, 
5-34. 56,1-VH. 

1520 

91. Disputatio de circumcisione. 

W 6, (30)31. Erl. va. 1,382 f. 

92. Quaestio theologica de naturali potentia voluntatis 
hominis. 

W 6, (32)33. Erl. va. 4,336 f. 

93. (©vojjer) Sermon bom Söudjer. 

W 6, (33) 36-60. ©1. 16 2, 79—110. K I, 279. 

94. ©ernton bon bem SSann. 

W 6, (61) 63. 75; baju 9, 798f. ©1. 27, 61—70. 
CI. 1, 213—226. Br. 3, 291—314. K I, 282. 285 f. 


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95. SBerflärung etlicher Slrtifel in feinem ©ermon bon bem fjetf. 
©aframent. 

W 6, (76) 78—83; bflju 9, 799. (Sri. 27, 70—77. 
K I, 295. 

96. Disputatio de Me infosa et acquisita. 

W 6, (84) 85. 86. Erl. va. 4, 389 f. 

97. Resolutio disputationis de Me infnsa et acquisita 
[beutfdf 1702, lat. 1702]. 

W 6, (87) 88-98. Erl. va. 5, 271—285. 

98. Tessaradecas consolatoria pro laborantibus et oneratis. 

W 6, (99) 104—134. Erl. va. 4,88—135. Br. 6,1—60. 
K I, 280 f. 287. 

99. Antwort auf bie ßettel, fo unter be3 Dffi$iat8 ju ©totpen 
©iegel ift auSgangen. 

W 6, (135) 137—141. (Sri. 27,78—84. K I,296f. 

100. Ad schedulam inhibitionis sub nomine episcopi Misnensis 
editam. 

W 6, (142) 144—153. Erl. va. 4,138—151. 

101. Confitendi ratio. 

W 6, (154) 157—169. Erl. va. 4,154-171. K 1,278. 

102. Condemnatio doctrinalis librorum M. L. per quosdam 
Magistros nostros Lovanienses et Colonienses. Responsio 
Lutheriana. 

W 6, (170) 174—195. Erl. va. 4,176—205. K 1,298. 

103. SBon ben guten SSetfen. 

W 6, (196) 202—276 ($rucf); 9, (226) 229—301 
(#anbfdjr.); 800. (Sri. 16 2 , 121—220. CI. 1, 227—298. 
Br. 1, (XIII) 1—96. K I, 287 ff. 299. 

104. öon bem ißapfttum ju SRont ttriber ben ^octjberü^mten 
Ütomaniften ju Seidig. 

W 6, (277) 285—324. (Sri. 27, 86—139. CI. 1, 323 
—361. Br. 1,109—164. K I, 299 ff. 

105. (©itbefter SßrieriaS) Epitoma responsionis ad M. L. (mit 
£A SSormort, SRanbbemerfungen unb Sftadjmort). 

W 6, (325) 328—348. Erl. va. 2,79—108. K 1,392 f. 


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17 


106. «Sermon öon bem neuen Xeftament, b. i. oon ber Zeitigen 
ÜUteffe. 

W 6, (349) 353—378. (Sri. 27, 141—173. CI. 1, 299 
—322. KI, 335 ff. 

107. Conclusiones XVI de fide et ceremoniis. 

W 6, (379) 379. 380. 

108. Sin ben djrifttidien Stbel beutfdjer Nation öon beS djriftlidjen 
©tanbeS Söefferung. 

W 6, (381) 404—469; ba$u 9, 801. (Sri. 21,277—360. 
CI. 1, 362—425. Br. 1, 197—290. K I, 315 f. 819 ff. 

109. Quaestio circularis de signis gratiae. 

W 6, (470) 471. Erl. va. 4, 338 f. 

110. Disputatio de baptismate legis, Johannis et Christi. 

W 6, (472) 473. Erl. va. 4, 341 f. 

111. De sacramentis disputatio in dist. 2 Libri 4 Sententiarum. 

W 9, (312) 313. 

112. (Srbieten (Oblatio sive protestatio). 

W 6, (474) 476—478 (nadj (Serien); 9, (302) 303 
—304 (§anbfdjrift); 6, 478—481 ($rucf); baju 9, 801; 
lat. 6,482. 483. (Sri. 24’, 14—16; 12—14; lat. Erl. va. 5, 
4—6. K I, 339. 

113. De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium. 

W 6, (484) 497—573; baju 9,801. Erl. va. 5,16—118. 
CI. 1, 426—512. Br. 2, 375-511. K l 338. 341 ff. 

114. Disputatio de non vindicando etc. 

W 6, (574) 575. Erl. va. 4, 340 f. 

115. SBon ben neuen (Sdtfdjen S3uHen unb ßügen. 

W 6, (376) 579—594. (Sri. 24 ’, 17—31. K I, 372. 

116. Adversus execrabilem Antichristi bullam. 

W 6, (595) 597—612. Erl. va. 5,134—153. K1,372 f. 

117. Söiber bie 93uUe beS (Snbd)rift8. 

W 6, (613) 614-629. (Sri. 24 38—55. Br. 3, 315 

—342. K 1,372 f. 

©$r 35. f. 9t. 35, 129. 2 


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18 


118. ©enbbrief an ißapft ßeo X. 

W7,(1)3—11. ©rt.53,41—52. Cl.2,1—10. KI,355f. 

119. öon ber fjret^eit eines ©Ijriftenmenfdjen. 

W 7, (12) 20—38. @rl. 27,175—199. CL 2,11-27. 
Br. 1, 291—316. KI, 335 ff. 

120. Epistola Lutheriana ad Leonem Decimum. Tractatus 
de libertate Christiana. 

W 7, (39) 42—73. Erl. va, 4, 210-255. K I, 355 ff. 

121. Appellatio D. M. Lutheri ad Concilium a Leone X 
denuo repetita. 

W 7, (74) 75—82. Erl. va. 5,121—131. K I, 373 f. 

122. Slppettation ober ^Berufung an ein frei Concilium 

— Oerneuert unb repetirt. 

W 7, (83) 85—90. ©rt. 24 *, 31—37. K I, 373 f. 

123. Assertio omnium articulorum M. Lutheri per bnllam 
Leonis X. novissimam damnatornm. 

- W 7, (91) 94—151. Erl. va. 5, 156—237. K I, 374. 
376 ff. 394. 

124. SEBarum beS ißapfteS nnb feiner jünger 93ücE)er oon D.9R.S. 
oerbrannt finb (beutf<§ u. tat.). 

W 7, (152) 161—182 (beutfd) u. lat.). @rl 24*, 151 
—166 (beutfd); Erl. va. 5, 257—270 (tat.). ^Beigaben: 
W 7, 183—186. Erl. va. 5, 253—256. CL 2, 28—37. 
Br. 4, 97—116. K I, 376. 

125. Sermon oon ber ©eburt ©fjrifti, geprebigt auf ben ©fjrifttag 

TO- 

W 7, (187) 188—193. @rl. 16*, 501—508. 

126. ©ine furje fjorm ber 10 ©ebote, beS ©taubenS, beS 
SBaterunferS. 

W 7, (194) 204—229. ©rt. 22,1—32. CI. 2, 38—59. 
K 1,292. 

127. Quaestio, utrum opera faciant ad iustificationem. 

W 7, (230) 231. 232. Erl. va, 4, 337 f. 

128. Disputatio de excommunicatione. 

W 7, (233) 236. Erl. va, 4,343. 
ißrebigten f. 1519 9?r. 89. 


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129. Sortoort $u (Sifd)of Ulrtdjg öon Sluggburg) Epistola adv. 
constitutionem de cleri coclibatu. 

W $au|teiter in Seht. j. baier. $©. 6,121 ff. 

K I, 766. 

130. Sriefe: (Snberg 2, 290—536; 3,1—37. Sri. 53, 54—55. 

1521 

131. ©ermon an bem Ijeil. brei Röntge Xag öon beut 9teidj 
(5f>rifti unb ^erobtg. 

W 7, (237) 238—245. (Sri 16*, 232—241. 

132. Sermon am Oberften (6. Januar). 

W 7, (246) 248—258. (Sri 16 «, 221—232. 

133. Sin ben 33o<f ju Seipjtg. 

W 7 (259) 262—265. (Sri 27, 200—205. Br. 4,1 
—10. K I, 395 f. 

134. Sluf beg Socfg ju Seidig Slntmort. 

W 7, (266) 271—283. (Sri. 27, 205—220. Br. 4, 11 
—28. K I, 396. 

135. Unterricht ber Seidjtfinber über bie oerbotenen Südjer. 

W 7, (284) 290—298. (Sri. 24 2, 204—213. Br. 4, 85 
—96. K 1,394 f. 

136. ©runb unb Urfach aller Strtifel D. 3R. &g, fo burdj römifäe 
Süße unred)tlidj oerbammt finb. 

W 7, (299) 308—457 ($anbfd)r. u. ®rucf). (Sri 24 2 , 
55—150. CI. 2, 60—132. K I, 374. 376 ff. 394. 

137. Enarrationes epistolarum et evangeliorum, quas postillas 
vocant (Slböentgperifopen). 

W 7, (458) 463—537. SBibmunggbrief (Snberg 3,94—97. 
K I, 277. 

138. 3)a3 Magnificat öerbeutfdjt unb aufgelegt. 

• W 7, (538) 544—604. (Sri. 45, 212—290; SBibmungg- ' 
brief auch 53, 58-61; (©ebet ©atomog) 52, 432—434. 
CI. 2,133—187. Br. 6,161—248. K I, 374. 401 f. 404. 

139. M. L.i responsio extemporaria ad acticulos, quos Magistri 
Nostri ex Babylonica et Assertionibus eins excerpserant, 

2 * 


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20 


quos venienti Wormatiam obiicerent tanqnam haereticos 
[1557]. 

W 7, (G05) 608—613. Erl. va. 6, 24—30. KI, 770. 

140. Über baS übertriftlit, übergeiftlit unb überfünfttit 93ud£> 
93ocfsS (SntferS $u 8eip$ig Antwort. $)arin aut aJhtrnerS 
feines ©efeßen gebaut wirb. 

W 7, (614) 621—688. (Sri. 27, 221—308. K I, 396. 

141. ©ernton non ber toürbigen ©mpfahung beS Zeitigen roafjren 
SeitnamS <$6jrifti, getan am ©rünbonnerStag. 

W 7, (689) 692—697. (Sri. 16 *, 241—249. K I, 404. 

142. Ad librum eximii Magistri Nostri Mag. Ambrosii 
Catharini, defensoris Silvestri Prieratis acerrimi, 
responsio. 

W 7, (698) 705—778. Erl. va. 5, 289—394. K 1,398 f. 

143. STröftung für eine Sßerfon in fjoljen Einfettungen [1544]. 

W 7, (779) 784—791 (£anbftr. u. $rucf). (Sri. 54,116. 
117; 64, 294—297. 

144. ©ermon oon breiertei gutem ßeben, baS ©etoiffen $u unter* 
ritten. 

W 7, (792) 795—802. (Sri. 16 2 , 291—300. 

145. ©ermon auf bem Hinweg gen SßorrnS ju (Srfurt getan. 

W 7, (803) 808—813. (Sri. 16», 249—257. Br. 5,3—9. 

146. SSertianblungen mit D. 2R. 8. auf bem SReitStage ju SBormS. 

W 7, (814) 829—887. Erl. va. 6, 5—23. 

147. ©eutfte Auslegung beS 67. (68.) ^ßfalmS oon bem Dftertag, 
Himmelfahrt unb Sßfingften. 

W 8, (1)4—35; baju 9, 801 f. (Sri. 39, 178-220- 
K I, 437. 444 f. 

148. Rationis Latomianae pro incendiariis Lovaniensis 
scholae sophistis redditae Lutheriana confutatio. 

W 8, (36) 43—128; baju 9, 802. Erl. va. 5,395—521. 
K I, 448. 

149. $Bon ber S3eitt, ob bie ber Sßapft 9Äatt habe ju gebieten. 
3)er 118. «ßfalm. 

W 8, (129) 138—204; ba$u 9, 802. (Sri. 27, 318—379; 
41,92—115. K 1,446 f. 773 f. 


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- 21 


150. 2)er 36. (37.) »falm, einen cpiftlidjen Sföenfdjen ju teuren 
miber bie SRütterei ber böfen nnb freoeln ©teifjner. 

W 8 , (205) 210—240; ba$u 9,802. (Sri. 38,373—396; 
39, 123—136. K I, 447. 

151. SBiberfpradj D. ßutljerg feineg Srrtumg, errungen burd) 
ben aßerIjocf)geIeI)rteften ^rieftet ©otteg $err |»er. (Srnfer. 

W 8 , (241) 247—254. (Sri. 27, 308—318. K I, 397. 
448 f. 

152. Urteil ber $fjw>fogen 3 U $arig über bie Selfre D. SuttjerS. 
©egenurteil D. ß.g. ©djufcrebe ißlj. 2Retandjtf)ong toiber bag- 
felbe ißarififdje Urteil für D. & 

W 8 , (255) 267—312 ($rucf); 9, (716) 717—761 
($anbfd)r.); baju 802 f. (Sri. 27, 379—410 (nur bag 
Sßarifer Urteil mit »or* n. SRadjmort S.g). K I, 449 f. 

153. Jndicium M. L.i de votis, scriptum ad episcopos et 
diaconos Witebergensis Ecclesiae (Xljefen). 

W 8 , (313) 323—335; baju 9, 803. Erl. va. 4, 344 
—360. K I, 465 f. 

154. (Soangelium non ben 10 flugfähigen oerbeutftfjt unb aug* 
gelegt. 

W 8 , (336) 340—397. (Sri. 16 *, 257—291; 14 2 42—87; 
53, 77—81. K I, 447. 454. 

155. De abroganda missa privata M. L.i sententia. 

W 8 , (398) 411—476. Erl. va. 6,115—212. K 1,475f. 

156. »om ÜOtipraucf) ber SReffe. 

W 8 , (477) 482-563; baju 9, 803. (Sri. 28, 28—141; 
53, 92—95. Br. 2,175—288. 

157. De votis monasticis M. L.i iudicium. 

W 8 , (564) 573—669; böju 9, 803. Erl. va. 6 , 238 
—376. (Sri. 53, 86—92. CI. 2,188—298. Br. (Srg. 1,199 
—376; 2 ,1—202 (beutfdj mit Kommentar). K I, 468 f. 
»rebigten f. 1519 SRr. 89. 

159. ßßaffional (Sljrifti unb ftntidjrifti.) 

W 9, (677) 701—715; gaffimile in ben Beilagen 3 U W9. 
Überfehung beg SReuen Xeftomentg f. 1522 SRr. 179. 

lßO. »riefe: (Snberg 3, 38—268. (Sri. 53, 55—103. 


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1522 

161. ©reue öermahnung ju allen ©Triften, ftd) ju hüten oor 
Stufruhr unb (Smpörung. 

W 8 (670) 676—687; baju 9, 803. (Sri. 22, 44-59. 
CI. 2, 299—310. Br. 7, 203—222. K I, 478 ff. 

162. Bulla coenae domini, b. i. bie 9BuHe öorn Stbenbfreffen be8 
aHerheitigften $errn be3 *ßapfte8, öerbeutfdjt. 

W 8, (688) 691—720; baju 9, 803 f. (Sri. 24’, 166 
—204. K I, 450. 

163. ÄirchenpoftiHe, SffieüjnadfjtSpoftille. 1 ) 

W 10, I, 1 (VH), 1—739. (Sri. 7 134—369; 

10’, 133—482. K I, 454 ff. 466. 478. (©arin ber Älein 
Unterricht, ma8 man in (Soangelien fudE)en foH: W10,1,1, 
8—18. (Sri. 7 2 , 6—13. K I, 455.) 

164. Sßon beiber ©eftalt be3 ©aframentS ju nehmen. 

W 10, n, (1) 11—41; 502f. (Sri. 28, 285—318. 
CI. 2, 311—334. K I, 503. 512f. 

165. SDGifftoe an £artmut oon (Sronberg. 

W 10, II, (42) 53—60; 502f. (Sri. 53, 119—129 
K I, 515 f. 592. 

166. S3on üßenfdjenlehre ju meiben. Antwort auf ©prüche, fo 
man führet, 3Renf<henIehre $u ftärfen. 

W 10, n, (61) 72—92. (Sri. 28, 318—343. Br. 2,289 
—314. K I, 516. 

167. SEBiber ben fatfch genannten geiftlichen ©taub be8 sßapftS 
unb ber 33ifd)öfe. 

W 10, n, (93) 105—158; 504. (Sri. 28, 141—202; 
24 2 213—220 (SutherS S3uHe). Br. 2, 315—374. KI, 
517. 553. 

168. (Spiftet ober Unterricht üon ben ^eiligen an bie Äirdje ju 
(Srfurt. 

W 10, H, (159) 164—168; 504. (Sri. 53,139—144. 
K I, 514 f. 


*) ÄuSgewfiljtte Sßrebigten unb Stüde au$ iljnen Br. 5,115—543. 


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23 


169. (Schreiben an bic böhntifdjen ßanbftänbe [1546]. 

W 10, H, (169) 172—174 (lat.). (Sri. 53, 144—148 
(beutfch). K I, 630. 

170. Contra Henricum Regem Angliae. Slnttoort beutfch auf 
Äönig §einric§ non Englanb SSuch- 

W10, H, (175) 180—222; (223) 227—262; 504—506. 
Erl. va. 6, 385—448. Erl. 28, 343—387. K I, 641 ff. 

171. SBeldje Sßerfonen oerboten finb ju ehelichen. 

W 10, n, (263) 265—266. (Sri. 16*, 542 f.; 53,156 f. 
CI. 2, 335 f. 

172. SBont ehelichen Seben. 

W 10, n, (267) 275—304; 506. Erl. 16 2 , 510—541. 
CI. 2, 336—359. K I, 553. 

173. SBortoort ju 9Mand)tf)on3 Annotationes in Epist. Pauli 
ad Rom. et Corinth. 

W 10, n, (305) 309. 310. Erl. va. 7, 490—492. 

174. SSortoort $u Wesseli epistolae. 

W 10, n, (311) 316. 317. Erl. va. 7, 495—497. 
K I, 647. 

175. (Sin ©enbbrtef über bie $rage, ob auch jentanb ot)n ©tauben 
oerftorben fetig »erben möge. Sin $an8 0 . ffted^enberg. 

W 10, H, (318) 322—326. (Sri. 22, 32—38. 

176. SBorrebe jtt Gochii fragmenta. 

W 10, H, (327) 329. 330. K I, 647. 

177. ißetbüdjlein. 

W 10, H, (331)375—495; Strang ©patatinS ©ebet» 
büd^lein 495—501. K I, 544. 574; II, 635. 

177 a. Ermahnung, SBarnung unb Erinnerung, bie Verachtung be8 
beS göttlichen SBorteS betreffend 
W Erl. 64, 262—265. 

178. Sßrebigten. 

W 10, m (IX—CLXXV) 1—435, Sinnt. 436—447. 
Erl. 53, 99—103; 28, 203—251. 252—288; 17*, 19—26. 
13—19; 16 2 ,304—308; 22,38—48; 16*, 309—320. 
Erl. va. 6,449-458. Erl. 16 *,320—337; 15 *, 358—360. 
364—367; 17*, 114—119; 16*, 338—344; 12*, 184—202. 


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24 


238—250. 282—294. 338—349. 373—385. 408—420; 
15*, 368—377; 16*, 344-354; 13*, 1—19; 15* 378 
—388; 13*, 19—26. 47—56. 127—137; 15*, 463—473; 
16*, 354—364; 13*, 161—173. 197—206. 227—239; 
16 *, 364—374; 15* 484-494; 13*, 286—297. 297—311. 
334—347. 368-380; 15*, 495—504; 16*, 399—411; 
14*, 14—20; 15* 505—515; 16*, 420—436.461—501; 
436—448. 448—461; 15*, 517—534; 14*, 223—233. 
249—260; 15*, 165—182; 17 *,68—72; (bie 8 Wittenberger 
(Sermone in ben haften: Br. 1, 317—362). Br. 5, 23—32. 
K I, 502 ff. 

179. 9fate8 Seftament beutfd) (<September*©ibet). 

W Bibel 2, 201—205; . K I, 457 ff. 

©orreben: (Sri. 63,108—115.119—138.141—158.169 f. 
Br. 7,14—24. 

SRanbgtoffen: (Sri. 64,185—256. 

©rebigten über 1. ©etri f. 1523 Ufr. 209. 

—1523. Überfe^ung be8 1. Seils be8 Sitten Seftamente. 
K I, 569 ff. f. 1523 9fc. 213. 

180. ©riefe: (SnberS 3, 269—447; 4,1—52. (Sri. 53,103—157. 

1523 

181. ©on weltlicher Oberfeit, wie weit man t|r ©ehorfam 
fchulbig fei. 

W 11, (229) 245—281. (Sri. 22, 59—105. CI. 2, 360 
—394. Br. 7, 223—274. KI, 582 ff. 

182. ©orwort $u Ad Gasparis Schatzgeyri plicas responsio 
per J. Brismannum pro Lutherano libello de votis 
monasticis. 

W 11, (282) 284—291. (Snberg 4, 103—118. 

183. Adversus armatum yiram Cokleum. 

W 11, (292) 295—306. Erl. va. 7, 44—60. K I, 644. 

184. Safj SefuS ein geboraer 3ube fei. 

W 11, (307) 314—336. (Sri. 29, 45—74. K I, 648 f. 


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25 


185. ©öpfttid) ©rief bem 9tat $u ©amberg gefanbt toiber beit 
Suther. 

W 11, (337) 342—356. (Sri. 64, 410—420 (beutfch). 
Erl. va. 6, 466—477 (lat.). K I, 589. 

186. Deutung ber jmo greulichen Figuren, ©apftefets $u 9tom 
unb SRönchfatbS $u ^reiberg funbett. ©fj- SWctanchthon. 
D. 2R. Suther. 

W 11, (357) 369—385. (Sri. 29, 1—16. K I, 646. 

187. Urjacf) unb Slntmort, bafj Jungfrauen Ätöfter göttlich öer- 
taffen mögen. 

W11, (387) 394—400. (Sri. 29, 33—42. Br. 4,49—60. 
K I, 559. 

188. Stofj eine djrifttidje ©erfammtung ober ©emeine ©echt unb 
aJtacht habe, äße Sehre $u urteilen ufm. 

W 11, (401) 408-416. (Sri. 22,140—151. CI. 2, 395 
—403. Br. 7,139—150. K I, 518. 

189. ©om Slnbeten beS ©aframentS beS SeidjnamS (Shrifti. 

W 11,(417)431-456. (Sri. 28, 388—421. KI,636ff. 

190. ©orrebe ju SambertS öon SÄüignon Evangelici in Minori- 
tarum regulam Commentarii. 

W 11, (457) 461. Erl. va. 7, 498 f. (tat.). (Sri. 63, 
248 f. (beutfch). KI, 597. 

191. ©on zweierlei ßftenfchen, toie fie fich in bem ©tauben hatten 
follen unb ma$ ber fei. (©ictjt oon Suther.) 

W 11, (462) 467—475. (Sri. 22,130—139. 

192. Drbnung eines gemeinen ÄaftenS (SeiSniger Äaftenorbnung). 

W 12, (1) 11—30. (Srt. 22,105—130. CL 2,404—426. 
Br. 7,107—138. K I, 550 f. 

193. ©on Drbnung ©otteSbienftS in ber ©emeine. 

W 12, (31) 35—37. (Sri. 22,151—156. Br. 7,154 
—158. K 1,522 f. 529 f. 

194. 2)a8 Saufbüchtein Oerbeutfcht. 

W 12, (38) 42—48. (Sri. 22,157—166. K 1,543f. 622. 

195. [2Bie man recht unb oerftänblich einen ßftenfchen jum 
(Shriftengtauben taufen fott. ©icht oon Suther]. 

W 12, (49) 51 f. (Sri. 22,166—168. 


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26 


196. Begleitbrief au 2Mandjtfjon3 Annotationes in Evang. 
Johannis. 

W 12, (53) 56 f. SnberS 4,149—152. 

197. Söiber bie Berfeljrer unb golf^er faiferlidjS 9Äonbot$. 

W 12, (58) 62-67. (Sri. 53, 182—190. K I, 590f. 

198. Begleitbrief ju Sol). SIpelS Defensio pro sno coniugio. 

W 12, (68) 71 f. Erl. va. 7, 500—502. SnberS 4 , 
180-183. K I, 597. 

199. Brief on bie Sljriften in SJtieberlonb. 

W 12, (73) 77—80. (Sri. 53, 180—182. SnberS 4, 
196—198. KI, 606 f. 

200. Begleitbrief au ber ©djrift beS SonaS Adv. Johannem 
Fabrum. 

W 12, (81) 85—87. SnberS 4, 204—207. 

201. 2>aS fiebente Kapitel ©. ißauli au ben Äorintfjern (l.Äor.7). 

W12, (88) 92—142. (Sri. 51,1—69. K I, 553 ff. 

202. Brief on bie Sljriften in Biga, Sftebal unb 2)orpat. 

W 12, (143) 147—150. Sri. 53, 190—194. SnberS 4, 
198 f. KI, 624. 

203. ©enbbrief an bie ©enteinbe ber ©tobt (Sfjtingen. 

W 12, (151) 154—159. Sri. 53, 213—217. SnberS 4, 
242 f. KI, 613. 

204. De instituendis ministris Ecclesiae. 

W 12, (160) 169—196. Erl, va. 6, 494—535. 
SnberS 4, 259. K I, 518. 630 f. 

205. Forarala Missae et Communionis pro Eccl. Wittemb. 
(lateinifdje ÜJteffe). 

W 12, (197) 205—229. Erl. va. 7,1—20. SnberS 4, 
260 f. CI. 2, 427—441. K I, 524. 531 ff. 

206. Sroftbrief on bie Stiften au SlugSburg. 

W 12, (221) 224—227. Sri. 53, 223—227. SnberS 4, 
264 f. KI, 613. 

207. Sin bie Herren beutfcf>eS OrbenS, bafj fie falfdje Äeufdjljeit 
meiben ic. 

W 12, (228) 232—244. Sri. 29, 16—33. Br. 4, 29 
—48. K I, 621 f. 


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27 


208. Begteitroort ju ©aöonarotag Meditatio pia. 

W 12, (245) 248. Erl. va. 7, 497 f. K I, 648. 

209. ©piftel Sßetri geprebigt unb aufgelegt (1. Bearbeitung, 
begonnen 1522). 

W 12, (249) 259—399. ©rt. 51, 324—494. K I, 577. 

210. ©enbbrief an bie 3 $ofjungfrauen. 

©rt. 53,172—174. ©nberg 4, 161. K I, 616. 

211. ©enbbrief an bie (Sänften ju SBormg. 

©rt. 53,197—201. ©nberg 4, 216. K I, 614. 

212. Ad Carolum Sabandiae ducem epistola. 

©rt. 53, 205-212. ©nberg 4, 222—229. K I, 627. 

213. SM alte £eftament beutfdj (©rfter £eil). 

W Bibel 9tanbgtoffen ©rt. 64,1 ff. 

214. ÜRieberfdjrift beg anbern $eitg beg alten SCeftamentg. 

W Bibel 1, (XIII) 1—391. 

215. 1524. 9£ieberfdjrift beg britten Weites beg 3Uten Xeftamentg. 

W Bibel 1. 393—639. 

216. Sßrebigten. 

W 12, 400—702 (einzelne gehören ing 3at}r 1522) unb 
11, (1) 9—228 (barin Sßrebigten über bie ©ebote, ©tauben, 
Baterunfer unb Stoe äRaria 11, 30—62. K I, 578). ©rt. 
152,193—208; 11 2 ,1—15; 15*, 259—269; 17*, 1—12; 
33,21—38; 17 2 ,13—19. 19—26. 26—39. 39—47; 11 2 , 
197-212. 243—256. 275—294. 324—335; 12 2 , 1—17. 
95—109. 169—184. 269—282; 17*, 87—92; 152, 368 
—377; 12 2,408—420; 172,48—56; 13 2 ,19—26; 15*, 
445—454; 13 *, 174—183. 197—206; 17*, 56—58; 14*, 
1—14. 279—294; 15* 165—182; 11 *,52—60. 84—90. 
90—100; 172,80-87; 11*, 139—143. 

217. Sieber: ©in neueg Sieb wir fyeben an; Üftu freut eud) liebe 
©Triften gentein. 1 ) 

K I, 607 f. 553 f. 

218. Briefe: ©nberg 4,53—272; 5,8f. ©rt. 53, 158—230 
56,166 f. Yllf. 64, 277—280. 


0 «He Sieber Sujets in W 35. ®rl. 56,291-370. Br. 8, lff. 


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28 


1524 

219. —1526. Praelectiones in prophetas minores, teiltoeife 
gebrucft: #ofea 1526; 3oel, SlmoS, Dbabja 1536; 

1542; $ofea 1545; Soel 1547. 

W 13, (1) 2-703. Erl. el. 24, 7—142; 25, 5—125. 
313—481. 487—527; ,26, 7ff. 83ff. 151 ff.; 27,7—50. 
61 ff. 117 ff. 171 ff. 225 ff. 285 ff. 355 ff. 419 ff.; 28, 7 ff. 
289 ff. K I, 579; H, 150. 588. 

220. S5ie anber (Spiftel ©. $etri unb eine ©. SubaS geprebigt 
(bie Sßrebigten 1523 gegolten, erfdjienen 1524). 

W 14, (1) 14—96. (Sri. 52,212—287. K I, 577 f. 

221. sßrebigten über ba8 1. Sud) SRofe (gehalten 1523/24); 
ögl. unter 1527. 

W 14, (92) 97—488. K I, 578. 

222. SBorlefung übet ba8 Deuteronomium 1523/24. Deutero¬ 
nomium cum annotationibus 1525. 

W 14, (489) 497—744. 745-753. Erl. el 13,5—351; 
beutfdj (Sri. 52, 400—432. K I, 578 f. 623. 

223. ÜBortoort ju 83ugenl)agen$ In librum Psalmorum inter- 
pretatio. 

W 15, (1) 8. Erl. va. 7, 502 f. K I, 580. 

224. Sin bie iRot^erren aller ©täbte beutfd)e2 SanbS, bafj fie 
dpriftlidje ©deuten aufri<f)ten unb galten füllen. 

W 15, (9) 27—53. ®rl. 22, 168-199. CI. 2, 442 
—464. Br. 3,1—34. K I, 546 ff. 

225. (Sin djriftlidjer Xroftbrief an bie üftiltenberger ... au$ 
bem 119. Sßfalm. 

W15, (54)69-78. (Sri. 41,113-128. (SnberS 4,298 f. 
K I, 618. 572. 

226. (3efd)id)te, toie (Sott einer Älofterjungfcau auSgeljolfen Ijat. 
3)?it einem ©enbbrief. 

W 15, (79) 86-94. (Sri. 29,102—113. (SnberS 4,302. 
K I, 559 f. 


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^9 

227. Siber baS blhtb unb toll SsBerbamtnniS ber 17 2trtitet üon ... 
Sngolftabt auSgangen. 

W 15, (95) 110—140. Sri. 29, 75—92. K I, 617. 645. 

228. Duae episcopales bullae super doctrina Lutherana 
et Romana. 

W 15, (141) 146—154. Erl. va. 7, 63—73. K 1,622. 

229. 2)afi Sltent bie Äinber $ur Sf)e nic^t jtotngen itod^ fjinbent, 
unb bic Äinber oljne bcr SItern Stilen fict) nid)t üerloben 
fotlen. 

W 15, (155) 163—169. (Sri. 53, 236—244. Snberä 4, 
331 f. KI, 553. 

230. Siber ben neuen Abgott unb alten Teufel, ber $u üüteijjen 
foU erhoben werben. 

W 15, (170) 183—198. Sri. 24 2 , 247—268. Br. 4, 
61—84. K I, 645 f. 

231. Sin 99rief an bie dürften ju ©adjfen öon bem aufriiljrifcfjen 
©eift. 

W 15, (199) 210-221. Sri. 53, 255-268. SnberS 4, 
372—375. K I, 677 f. 

232. ©enbbrief be§ $errn Solfen öon ©attjaufen an ben 
9Hartinu8 unb Antwort 9W. ß.3. 

W 15, (222) 226—229. Sri. 53, 248—251. SnberS 4, 
367—370. 375. 

233. ©enbbrief an SBiirgermeifter, 9tat unb gan$e ©emeine ber 
©tabt ÜRü^aujen. 

W 15, (230) 238—240. Sri. 53, 253-255. SnbetS 4, 
377 f. K I, 678; n, 316. 

234. ßtoei faiferlidje uneinige unb toiberwärtige ©ebote ben 
ßutljer betreffend 

W 15, (241) 254—278. Sri. 24 2 ,220—247. K 1,599 f. 

235. 83on ÄaufSljanblung unb Sudjer. 

W 15, (279) 293—322. Sri. 22, 119—226. CI. 3, 
1-46. Br. 7,493—540. KI,692f. 

236. Sa3 fid} D. SlnbreaS Sobenftein öon Äarlftabt unb 
D. 2K. ßutljer berebet ju 3ena. . Stern bie ^anblung 


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30 


D. 9ft. fi.3 mit bem SRat unb ©emeine ju Drtamünbe... 
[Acta Jenensia]. 

W 15, (323) 334—347. ©rt 64, 384—404. 

237. 2>et 127. ©fatm aufgelegt an bie ©giften $u SRiga in 
Sieflanb. 

W 15, (348) 360-379. (Sri. 41,128—150. KI,624f. 

238. SÖricf an bie ©tjriften ju ©trapurg toiber ben ©djtoärmer* 
geift. 

W 15, (380) 391—397. ©rt 53, 270—277. ©nberS 5, 
83. K I, 684. 


239. StlteS Xeftament beutftf). SCeit II. 


W Bibel 2, 272—275; 

K 1,572. 

240. SHteS Xeftament. Xeil in. 

* 

W Bibel 2, 276—278; 

K 1,573 f. 

241. 2)er ©falter beutfdj. 


©rt 37,104—249.») K I, 572 f. 


242. ©rebigten. 



W 15, (398) 409—810. (Sri. 11 2 , 164-187. Erl va. 3, 
419—442 (lat), ©rt 12 57—69; 17 2 , 223—253; 93 

—97; 14* 2 ,190—205; 17 2 , 97—186; 14 2 , 368—384; 
17 2 , 107—115; 73-80. (Über Slpgfd). 15 u. 16 [gebr. 1526] 
W 15, 571 ff. ©rl. 17 2 , 223 ff. K II, 141). 

143. ©nbe 1524—1527. ©rebigten über baS 2. ©udj 3Jiofe, 
barauS einzeln gebnuft: Unterrichtung, mie fidj bie ©fjriften 
in SRofe füllen fäiden. 1526. Auslegung ber 10 ©ebote 
aus bem 19. u. 20. Äap. beS anbern ©ud)S üftofi. 1528. 
SlurifaberS ©earbeitung 2. 9Jtofe 1—18. 1564. 

W 16, (XD 1-654. @rt. 33, 1—21. ErL va. 7, 
90—112. ©rl. 36,1—144; 55,1—392. K I, 578; H, 151. 

244. Sieber unb ©efangbudjöorrebe (S.S ßirdjentieberjatir!). 

W 35. ©rt 56, 291-371. Br. 8, 1-96. KI,537f. 

245. ©riefe: ©nberS 4, 273-383; # 5, 10—99. ©rt 53, 230 
—281; 56, 167 f. 


*) $aju ögt. aber W Bibel 2,339 f. 


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31 


1525 

246. ©enbbrief an Sartf). ü. ©tarfjenberg. 

W18, (1)5—7. (Sri. 53, 202—204. (SnberS 5,10—14. 
K I, 609 f. 

247. ©om ©reuel ber ©tiHmeffe. 

W 18, (8) 22—36. (Sri. 29,113—133. K I, 528. 

248. Sßiber bic fjimmlifdjen ^ßropf)eten, öon bcn ©ilbern unb 
©aframent. 

W 18, (37) 62—214. (Sri. 29, 134—297. Br. ®rg. 
1 (XI) 1—198. K I, 685 ff. 

249. ©on ©ruber $enrico in 2)itmar öerbrannt famt bcrn 
10. ©falmen auSgelegt. 

W 18, (215) 224—250. (Sri. 26*, 400—426; 53, 347 
—354. (SnberS 5, 112 f. Br. 7, 275—302. K I,619f. 

250. ©apft (Siemens VH jrnei ©utlen jum Subeljaljr mit SutljerS 
©orrebe unb Unmerfungen. 

W 18 (251) 255-269. (Sri. 29, 297—318. K H, 141. 

251. (S^riftlidje ©djrift an SBoIfg. 9teifeenbuf(^, fid) in ben 
eljetidfen ©tanb ju begeben. 

W 18, (270) 275—278. (Sri. 53, 286—290. (SnberS 5, 
145 f. KI, 558. 

252. (Srmaljnung jum grieben auf bie 12 Strtifel ber ©auerfdjaft 
in ©djmaben. 

W 18, (279) 291—334. (Sri. 24 *,269—299. CI. 3,47 
—68. Br. 7, 303—340. K I, 702. 

253. ©ertrag jmif^en bem lobt, ©unb ju ©djroaben unb ben 
jmei Raufen ber ©auem öom ©obenfee u. Allgäu. 

W 18, (335) 336—343. Sri. 65,1—12. K I, 706. 

254. Söiber bie räuberifdjen u. mörberifcf)en Lotten ber ©auern. 

W 18, (344) 357—361. (Sri. 24*, 300—309. CI. 3, 
69—93. Br. 7, 341—352. K I, 711 f. 

255. ©djredftidje ©efdfidjte unb ein ©eridjt ©otteS über XfjomaS 
3Jtünjer. 

W 18, (362) 367—374. (Sri. 65,12—22. K I, 714. 


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\ 


256. ©enbbrief bon bem garten Büchlein toiber bic dauern. 

W 18, (375) 384—401. ©rl. 24», 309—334. ©nberS 5, 
219 f. Br. 7, 353—382. KI, 715 ff. 

257. ©enbbrief unb ©rmafjnung an bcn ©rjbifdjof Sltbredjt. 

W 18, (402) 408—411. Sri. 53, 308—311. ©nberS 5, 
186-188. 

258. ©hriftlidje Bermaljnung bon äußerlichem ©otteSbienfte unb 
©intrad)t an bie in ßieflanb (ß., Bugenl)., §ofntann). 

W 18, (412) 417—430. (Sri. 53, 315—321. ©nberS 5, 
198; 206-218. K I, 625. 

259. Borrebe ju ÄarlftabtS „(Sntfdjulbigung be8 fallen Samens 
beS 2lufrut)r8". 

W 18, (431) 436—446. ©rl. 64, 404—408. K I, 718 f. 

260. Borrebe $u „2Bie Äarlftabt feine ßeljre bom ©afrantent... 
geadjtet ßaben will" 

W 18, (446) 453-466. (Sri. 64, 408—410. K 1,719. 

261. 2)ie 7 Bußpfalmen. 2. Bearbeitung. 

W 18, (467) 479—530. ©rl. 37, 340—442. Br. 6, 
249-274 (1. u. 6. Bußpf.). K I, 573. 

262. Sin ben 9tat ju ©rfurt. ©utadjten über bie 28 Strtifet. 

W 18, (531) 534—540. ©rl. 65, 238—247; 56, XII 
— XVin. ©nberS 5,243 f. KI, 721 f. 

263. Brief D. ÜJt. ßutßer an bie ©ßriften ju ßtntorf (§tnttt>erpen). 

W 18,(541)547—550. ©rl. 53,341—346. ©nberS 5,151 f. 

264. De servo arbitrio ad D. Erasmum Roterodamum. 

W 18, (551) 600—787. Erl. va. 7,113—368. CI. 3, 
94—293. Br. ©rg. 2,203—550 (beutfcf) mit@rläuterungen). 
KI, 660 ff. 

265. Sßrebigten. 

W 17, 1, (IX) 1-523. ©rl. 17 *, 116-140; 51, 275 
324; 17 9 ,140-153.179—192. 202—211; 39,106—122; 
12», 155—164; 15 *, 389—423; 13 \ 239—260; 13 •, 
312—328; 14», 87—102. 119—131; 9*, 253—276; 14», 
261—279. 295—301. 332—349. Br. 5, 33—53 («ßrebigten 
über 1. $im. K 1,577). 


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33 


266. ßirdjenpoftille II (Spipf>.—JDftern). 

W 17, H. Sri. * 8. 11. KI, 453. 575 ff. II, 19.153. 

267. »riefe: SnberS 5, 100—297. Sri. 53, 281—857; 56, 
168—170. VIII—XVIII. 


1526 

268. ©a8 »apfttum mit feinen Sliebern gemalt nnb befdjrteben. 

W 19, (1) 7—43. Sri. 29, 359—378. K II, 144. 

269. ©eutfdje SReffe unb Drbnung SotteSbienftS. 

W 19, (44) 72—113; baju Sln^ang 667—669. Sri. 22, 
226—244 unb !Rotenanf)ang. CI. 3, 294—309. Br. 7,159 
—202. K H, 16 ff. 

270. $tntoortfd)reiben an bie Stiften $u Reutlingen. 

W 19, (114; 118—125. Sri. 53, 359—364. SnberS 
5, 302 f. 

271. ©ie Stiftet beS Propheten Sefaia, fo man in ber Sljrift- 
meffe liefet 

W 19, (126) 131—168. Sri. 15 *,69—115. EH, 152. 

272. ©er Sßropljet Sona aufgelegt. 

W 19, (169) 185—251. SrL 41, 324—414. KD, 153. 

273. Sßiber ben ... Ratfdflag ber ganzen SRainjifdjen ißfafferei 
Unterricht unb SBarnung. 

W 19, (252) 260-282. Sri. 65, 22—46. K H, 7. 

274. Antwort auf etliche fragen, Ätoftergelübbe belangenbe. 

W 19, (283) 287—293. Sri. 29, 318—327; 53,379 
k n, i4i. 

275. ©er 112. »falnt ©aoibs ... geprebigt. 

W 19, (294) 297—336; 20, 436. 443. 445. Sri. 40, 
240-280. K n, 154. 

276. ©er »ropljet #abafu! aufgelegt. 

W 19, (337) 345-435. Sri. 42,1—108. E D, 153 f. 

277. Ratfdjlag, toie in ber dfrifttichen Semeine eine beft&nbtge 
Drbnung folle öorgenommen toerben (»ebenfen, toie ... 
Aufruhr $u ftiHen toäre). 

W 19, (426) 440—446. Sri. 26», 1—8. K H, 4. 

«$r. 8. f. 9t. 86/ 8. 3 


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34 


278. (Srftc Sorrebe jum ©djmäbifdjen ©gngramma. 

,W 19, (447) 457-461. @rt 65,179—185. K II, 82 f. 

279. ©djreiben an 3of>ann $ermagen. 

W 19, (462) 471-473. ©nber? 5, 384—392. 

280. ©emton öon bcm ©aframent be? Seibe? nnb Stute? ©fjrifti, 
totber bie ©dfjmarmgeifter. 

W 19, (474) 482—523; 20,102. Sri. 29, 328—359. 
K H, 83. 

281. $tt>eite Sorrebe jum ©djmäbifdjen ©Qngramma. 

W 19, (523) 529. 530. ©rl. 65,185 f. K H, 88 f. 

282. 2>a? Xaufbiidjlein auf? 9teue augericfjtet. 

W 19, (531) 537—541. ©rl. 22, 291-294. CI. 3,310 
—316. K H, 21. 

283. Sier tröftlidje ißfalmen an bie Königin p Ungarn. 

W 19, (542) 552-615. ©rl. 38, 369—453. ©nber? 5, 
402 f. K n, 105. 154. 

284. Ob Ärieg?teute aucfj im fetigen ©tanbe fein fönnen. 

W 19, (616) 628—662. ©rl. 22, 244—290; 53, 391 f. 
©über? 5, 414f. CI. 3, 317—351. Br. 7 , 383—432. 
KII,9f. 

285. Sortefungen über ben ißrebiger ©alomo (gebrueft 1532 
Annotationes in Ecclesiasten). 

W 20, (1) 7—203. ErL el. 21,1—248. K H,150. 

286. ißrebigten. 

W 20, (204) 212—591. ©rl. 15 2 , 237—258; 269—289; 
(11 * 107—121. 127—137. 137—143); 17 * f 153—167. 
168—179; 35, 87—98; 15 2 , 334-358; (12*, 427-460); 
17 2, 254-267; 41,186—219. K H, 151. 

287. 2)er XXIII. Sfatrn, über $i[cf) au?getegt. 

W 51, (265) 267—295. ©rl. 39, 61—105: 

288. Sriefe: ©nber? 5, 298—418. ©rl. 53,357-394. 

289. Sieb: Sefaja, bem $ropf)eten, ba? gefdjaty. 


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35 


1527 

290. äßortefung übet beit 1. SoIjanniSbrtef (in Überarbeitung 
gebr. 1708 unb 1797). 

W 20, (592) 599—801. K II, 151. 

291. Sßorrebe p „Xie SEBeiffagung 3of)- ßicfjtenbergerS beutfd) 
pgeridjtet 4 '. 

W 23, (1) 7—12. (Sri. 63, 250—258. K II, 144. 

292. SBorrebe p 2ReniuS: „Sßiber ben t)od}berü{)mten Söarfü&et 
p Erfurt D. Äoitrab Äting". 

W 23, (13)15 f. (Sri. 53, 411—413. (Snberö 6,15 f. 

293. Stuf be3 ÄönigS p (Snglanb ßäfterf<f)rift Xitel ÜR. ß.S 
Stntwort. 

W 23, (17) 26—37. (Sri. 30,1—14. K II, 139 f. 

294. Xajj biefe SBort (Stjrifti „X)a8 ift mein ßeib" ttod) feft 
fielen, toiber bie <Sd|toarmgeifter. 

W 23, (38) 64—320. (Sri. 30,14—150. Br. 4, 325 
—480. K II, 84 ff. 

295. JBorrebe p äReniuS, „(Stlidjer ©ottlofen unb SBiberdjriftlidjen 
ßetyre bon ber papiftifdjen SReffe." 

W 23, (321) 322. (Sri. 63, 258 f. 

296. Db man bor bem (Sterben fließen möge. 

W 23 (323) 338—386. (Sri. 22,317—341. (SnberS 6, 
96 f. Br. 6,81—106. K II, 158. 171 f. 

297. SBorrebe p <Stepf). SRotlj« SBerbeutfdjung, „X)a8 erfte Xetl 
ber lat Stillegung be3 SßfalterS D. ER. ß.$." 

W 23, (387) 389. 

298. Xröftung an bie (Sfjriften p ^alte über $err ©eorgen, 
iljreS $ßrebiger$, Xob. 

W 23, (390) 401—434. (Sri. 22,294—316. (SnberS 6,96. 
K H, 106. 

299. Octonarius David ßßf. 119). 

W 23, (435) 437—442. K n, 106. 

300. EJon #ertn ßen^arb Äeifer in RJatern um be8 (Süangelit 
willen berbrannt. 

3* 


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36 


W 23, (443) 452-476. ©nber« 6,156—160. K H, 
104 f. 171 f. 

301. 2)er ©ropljri ©o^orja aufgelegt (1527 oottenbet, am ©djlujj 
1528). 

W 23, (477) 485—664. Sri. 42,108—362. K II, 153 f. 

302. ©ortefung über bic ©riefe an $itu$ unb ©f)tf emon (teil», 
gebrueft 1797). 

W 25, (1) 6—78. K II, 151. 

303. —1529. ©orfefung über Sefaia (In Esaiam Scholia ex 
D. M. L.i praelectionibus collecta. 1532 unb 1534). 

W 25, (79) 87—401. 518—522; 31, H (VI), 1-585. 
Erl el. 22; 23,1—296. K II, 150. 

304. Sßrebigten. 

W 23, (665) 679—757. (M 17*, 168—287; 302—322. 

305. In Genesin Declamationes. Über ba$ 1. ©ud) ÜRofe 
©rebigten. 

W 24, (I) 1—737. (Sri. 33 unb 34. 

306. u. 1528. ©rebigten über baS 3. unb 4. ©udfj Sföofe. 

W 25, (403) 411-517. K II, 151 f. 

307. Äirdjenpoftitte, Dftern bis Stbnent, unb ^eftpoftitte. 

W 21 n. 22. (Sri. 8, 173—323; 9,1—375; 11,191 
—386; 12,1—460. 

308. ©riefe: (SnberS 6, 1—172. (Sri. 53, 395—416; 56,170 
—176. 

1528 

309. Sorlefung über ben 1. XimotbeuSbrief (einige ©tüde barauS 
gebr. 1797). 

W 26, (1) 4—120. K n, 151. 

310. ©orrebe ju Commentarius in Apocolypsin ante Centnm 
annos aeditns. 

W 26, (121) 123 f. Erl. va. 7, 506-508. K II, 144. 

311. (Sin ©efidjte ©ruber ©laufen in bet ®<f>mei$ unb feine 
Deutung. 

W 26, (125) 130—136. (Sri. 63, 260 —268; 54, 58. 
(Snber3 6,170 f. K H, 144. 


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37 


312. Statt ber Söiebcrtaufe an jtoei ^farr^errtt. 

W 26, (137) 144—174. Sri.* 26, 281—321. (Snberg 
6,204. KII, 146 ff. 

313. Unterricht ber SSifttatorcn an bie ^fn^rherrn im Äur- 
fürftentum $u ©achfen (in ^er^og Heinrichs $u ©achfen 
giirftentum 1538/39.; im Sligtum Naumburg 1545). 

W 26, (175) 195—240. Sri. 23, 1—70. K H, 29. 
34 ff. 437 f. 569. 

314. Stam Slbenbmaht S^rifti, Slefenntnig. 

W 26, (241) 261—509. (Sri. 30,151—373. CI. 3,352 
-516. Kn, 98 ff. 

315. De Digamia Episcoporum Propositiones. 

W 26, (510) 517—527. Erl. ya. 4, 360—373. K H, 
161. 

316. Starrebe $u „Stan ^ßrieftere£»e beg toiirbigen $. ßic. ©teph- 
Älingebeil". 

W 26, (528) 530—533. (Sri. 63, 271-277. 

317. SReue 3eitung bon ßeip$ig. Sine neue gäbet $fopi neulich 
berbeutfcht gefunben: Stam ßötoen unb (Sfet. 

W 26, (534) 539—554. (Sri. 64, 324—337. K H, 145. 

318. SJericht on einen guten greunb bon beiber ©eftott beg 
©aframentg auf« SHfchofg ju SReifeen SRanbat. 

W 26, (555) 560—618. (Sri. 30, 373—426. K H, 142f. 

319. Starrebe ju g. Staenj, „2)er ^rebiger ©olomo mit Slug¬ 
legung". 

W 26, (619) 621 f. (Sri. 54, 59 f. (Snberg 6, 202 f. 
K n, 150 (unter 1529). 

320. SRachtoort ju Urfula ^erjogin $u ÜRünfterberg, „(Sfjeiftt. 
Urfach bcg bertöffen Älofterg ju greiberg". 

W 26, (623) 628—633. (Sri. 65,131—169. K n, 111. 

321. Starrebe ju „Sion ber fatfchen SJettler Söiiberei". 

W 26, (634) 638—654. (Sri. 63, 269—271. 

322. Sßrebigten (i- gebrucft 1884 burch Stochtoalb). 

W 27, (I) 1—540. 


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38 


323. u. 1529. SBodjenprebigten übet SWattlj. 11—15 (teiltoeife 
1529 gebructt). 

W 28, (1) 6—30. Erl. 18 *, 124—135. 

324. u. 1529. SBodjenprebigten über Sol}. 16—20. (©rebigten 
über Sol). 17 gebr. 1530, 3oIj. 18-20 1557). 

W 28, (31) 43—500. Ert. (Sol). 17) 50, 155—167; 
(Sol). 18—20) 50,266—441. Br. 6,377—410 (auS Sofj. 17). 
K H, 152. 

325. 3 9teif)en ÄatedjiSmuSprebigten (veröffentlicht 1894). 

W 30, I, (1) 2—122. K H, 52. 

326. 9fäeberfd)rift ber Überfefcung ber ©ropfjeten (Sefaja8). 

W Bibel 2, (XI) 1—39. K II, 155. 

327. u. ff. Eintragungen in ß.8 |>anbe£emplar beS beutfdfjen 
©falterS. 

W Bibel 3, (LI) LIH—LXII. 

328. Sßeue Überfefcung be« fßfalterS. 

©orrebe: Erl. 63, 27—32. Br. 7, 5—9. KII, 155. 245. 

329. Scfaja beutfdj. 

©orrebe: Erl. 63, 52—59. 

Erfter 2)rucE ber Überfefcung be8 ©acf)arja f. 1527 9tr. 301. 

330. ©riefe: EnberS 6, 173—399; 7, 1—38. Erl. 53, 416 
—452; 54, 1-60; 56,176—180. XIX. 

1529 

331. $>eutfdj EatedjiSmuS (ber grofje ÄatedjiSmuS). 

W 30, I, 123—238 (426—536). Erl. 21, 26—147. 
CI. 4,1—99. Br. 3,121—258; 6, 149-156. K H, 50 ff. 

332. [Enchiridion] 2)et Weine Äated)i8ntu8. 

W 30, I, 239-425 (537—819). Ert. 21, 1—25. 
Br. 3,75—120. K II, 50 ff. 

333. ©on f)eimficf)en unb geflogenen ©riefen. 

W 30, H, (1) 25—48. Erl. 31, 1—30; 54, 48f. 
EnberS 7,13 f. K II, 114 f. 


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39 


334. SBorrebe ju 3uftu8 ÜJteniua, „Oeconomia (S^riftiana, b. i. 
öon djriftl. $au$hnltung". 

W 30, II, (49) 60—63. (Sri. 54, 117—121; 63, 277 
—282. (SnberS 7, 73. K n, 158. 

335. SBorrebe ju 2Kelanchthon8 „giftet ©. ißauli jun (Soloffern, 
üerbeutfdjt burch 3*3onam". 

W 30, n, (64) 68 f. Erl. va. 7, 493 f. K Et, 158 f. 

336. SBorrebe ju $h. SScnotoriug, „®ur| Unterricht ben fterbenben 
SWenfchen gana tröftlidj". 

W 30, n, (70) 79 f. (Sri. 63, 284—287. K II, 158. 

337. 93om Kriege toiber bie Gürten. 

W 30, II, (81) 107—148. (Sri. 31, 31—80. Br. 7,433 
—492. K H, 116 f. 

338. 4?eerprebigt toiber ben dürfen. 

W 30, n, (149) 160—197. (Sri. 31, 80—121. KII, 188. 

339. Sortoort ju bem Libellus de ritu et moribns Turcorum. 

W 30, H, (198) 205-208. Erl. va. 7, 514—519. 
(Sri. 63, 248—254 (beutfdj). K II, 190. 

340. SBorrebe $u SuftuS 9Weniu8, „3)er SQBiebcrtöufer Sehre“. 

W 30, H, (209) 211-214. (Sri. 63,290—296. K E, 148. 

341. SSorrebe ju (©pengler), „Äurjer ?lu^ug au8 ben päpftlidjen 
Stedten". 

W 30, H, (215) 219. (Sri. 63, 287—290. K H, 143f. 

342. $)eutfche Sitanei unb Latina Litania correcta. 

W 30, m, (1) 29—42. (Sri. 56, 560—566. K D, 21 f. 

343. Xraubüchlein für bie einfältigen Sßfarrhernt. 

W 30, m, (43) 74—80. (Sri. 23, 207—213. CL 4, 
100—103. K IE, 56. 60 f. 

344. ©djjfeabacher Ärtifel. 

W 80, m, (81)86-91. ((Sri .2 24, 334—344). K II, 
179 f. 199. 

345. SJtarburger ©efpräch unb SWar&urger Strtifel. 

W 30, m, (92) 110—171. (Sri. 65, 88—91. K H, 132f. 


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346. 2)er 119. ißfalm, bafe un$ ©ott bei feinem SBort erhalt. 
Stern bet 83. ißfalm famt bec Auslegung. 

W 31, I, (1) 2—33. (Sri. 41, 92—11$. 

347. (Schotten jum 118. Ißfalm. 

W 31, I, (34) 49—64. K II, 154. 

348. JBorrebe ju bem SBittenberger ©efangbu<h. 

(Sri 56, 298 f. K H, 587. 646. 

349. ^ßrebigten (einige baöon 1730 gebr., anbre 1884). 

W 29, (IX), 1—717. (Sri. 14 2, 206—221; 17 2 , 458 
—472. 

350. SBocfyenprebigten über baS 5. ©uch SRofe (ein ©tficf 1530 
gebr., baä @an$e 1564). 

W 28, (501) 509—763. (Sri. 36,164—411. K H, 151. 

351. SRieberfchrift ber Überfefcung ber SBeiS^eit ©alomoniS. 

W Bibel 2,163—195. ©orrebe (Sri. 63,93—98. KII, 155. 

352. 3teöibierte lat. ©ibel (umftritten, ob öon Sut^er). 

W Bibel 5, (IX) 1—804. K II, 157. 

353. »riefe: (SnberS 7, 39—212. (Sri. 54, 60—121; 56,181. 

xix—xxvn. 

354. Sieber: (Sin fefte »urg (oieKeicht fchoit 1528). »erleid und 
grieben gnäbiglich- |>err ©ott, bich loben mir. 

K H, 646 f. Sude in „Sutfjerftubien" 1917,103 ff. 

1530 

355. (Stliche öffentliche SRotbriefe (in Sachen $ontung8). 

(Sri. 54,122-130. <Snber$ 7, 225 ff. K II, 108. 

356. 2)a$ XXXVm. unb XXXIX. Äaj). $efefiel oom ©og. 

W 30, H, (220) 223—36. (Sri 41,220-231. K 11,200. 

357. »ermahnung an bie ©eiftlichen, oerfammelt auf bem fReichftag 
$u Augsburg. 

W 30, n, (237). 268—356. (Sri 24 2 , 356—407. 
CL 4,104—143. Br. 3, 343—402. KII, 197 ff. 

358. Sn ber Äirche (Shrifti forbert man biefe nachgefchriebene 
©tücfe. 

W 30, n, 249-255 (256—267). (SnberS 7,244—278. 


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359. ©Hoffen jurn ©cfolog. 

W 30, H, (357) 358 f. K II, 226. 

360. äBiberruf bom Fegefeuer. 

W 30, H, (360) 367—390. ©rl. 31,184—213. K II, 

221 . 

361. Brief an ben Äarbinat ©rjbifdjof $u äftainj. 

W 30, H (391) 397—412. ©rl. 54,159—168. ©nberS 8, 
84—87. K H, 218. 

362. Propositiones adversus totam synagogam Sathanae. 
Ärtifef toiber bie ganjc ©atanSfcbufe. 

W 30, H, (413) 420—427. Erl. va. 4, 373—377. 
©rl. 31,121—125 (beutfcb). K H, 221 f. 

363. Sott ben ©djlüffeln (1. Bearbeitung gebr. 1795). 

W 30, n, (428) 435-507; 30, HI, 584—588. ©rl. 31, 
126—184. Br. 1,363-420. KH,222f. 

364. ©ine ißrebigt, bafi man Äinber jur ©deuten galten fotte. 

W 30, II, (508) 517-588. ©rL 17 2 , 377—422. 
CI. 4,144—178. Br. 5, 544—565. K II, 223. 

365. Sermabnung junt ©aframent be$ ßeibeS unb Blutes ©brifti. 

W 30, H, (589) 595-626. ©rt. 23,162—207. K n, 240. 

366. ©enbbrief 00 m $)olmetfcben. 

W 30, n, (627) 632—646. ©rl. 65, 102—123. 
©nberS 8, 257. GL 4,179—193. Br. 7,25—40. KII, 240. 

367. Sortoort $u 3- Brenj, In prophetam Amos expositio. 

W 30, n, (647) 649—651. Erl va. 7, 510—514. 
©nberS 8, 222—226. 

368. ©nttoürfe: De iustificatione (gebr. 1907). 

W 30, n, (652) 657—676; 34, H, 557. 

369. De potestate leges ferendi in ecclesia (gebr. 1907). 

W 30, n, (677) 681—690. 

370. SBeitere ©nttoürfe. 

W 30, H, (691) 692—696. 

371. ©prüdje, mit benen ficb Sutber getröftet bat (beröffentl. 1549, 
nach ©fernen ßufammenftettung oon SlaciuS aus ß.8 Briefen; 


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42 


ttad) §au|(eiter 91. Ätrcfjl. geitfdjr. 1917, 149 ff. üon ß. 
felbft ftantmenb). 

W 30, n, (697) 700-710. (Sri. 23,154-162. Br. 6, 
107—114. K H, 220. 

372. gfeitte cbriftlidje ©ebanfen, ... bafc eilt Steift baS Äreuj 
... mit ©ebulb tragen foff. 

(Sri. 64, 298—300. K II, 220. 

373. ©elenntniS d)riftlicf)er ßefjre unb djriftlidjen ©taubenS 
(17 Slrtifel). 

W 30, IE, (172) 178—182. ((Sri. 24**, 338—344.) 

374. Stuf baS ©freien etlid^er ^ßapiften über bie 17 Ärtifet 
$lnttoort. 

W 30, HI, (183) 194—197. (Sri. 24 *, 334—344. 
K II, 200. 

375. SBon (Sl)efad)en. 

W 30, m, (198) 205—248. (Sri. 23,91—154. KII, 160. 

376. 2)a8 fd^öne (Sonfitentini, an ber ßatjl ber 118. ißfalrn. 

W 31,1, (36—42) 65—182. (Sri. 41,1—91. (SnberS 8, 
71 f. K II, 200 f. 204. 

377. 35er 82. Sßfaltn aufgelegt. 

W 31, I, (183) 189-218. (Sri. 39, 224—265. 

378. S)er 117. ißfaltn aufgelegt. 

W 31,1, (219) 223—257. (Sri. 40,280—328. K 11,239. 

379. Auslegung ber 25 erften unb einiger anbrer Sßfalmen 
(gebr. 1559). 

W 31,1, (258) 263—383. Erl. el. 17,1—304. (Sri. 38, 
1—36§, (beutfef)). K H, 201. 219 f. 

380. 2)er 111. ißfalnt aufgelegt. 

W 31,1, (384) 391—426. (Sri. 40,192—240. K 11,245. 

381. —1531. SSorlefung über ba8 $otjelieb (gebr. 1539). 

W 31, n, (IX-XIII) 586-769. Erl. el. 21, 267 
—368. K II, 150 f. 264. 

382. (Stlid&e fabeln au8 (gebr. 1557, früher ins Saljr 1538 
gefegt). 

W 50 (432) 440—460. (Sri. 64, 349—361. CI. 4, 
229—238. K H, 201. 208. 


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383. ißrebigten (teiltoeife gebrutft 1717, 1730, 1884), einzelnes 
in gleichzeitigen 2)nufen). 

W 32, (IX—LXXIY) 1—298; (545) 547—555; 34, 
n, 557—566. (Sri. 17*, 323—338. 339—350. 350—359. 
360—370; 19*, 375—378. 379—383; 17*, 370—376; 
18*, 6—28; 17*, 422—436; 18*, 62—78; 17*, 436—441; 
6*, 167—183. 196—209; 17*, 441—449. 449—458; 
64, 298—300. K H, 671. 

384. —1532. 2Bocf)enprebigten über ÜJtottf). 5—7 (gebt. 1532). 

W 32,1LXXV—LXXXV) 299—544. (Sri. 43,1—368. 
Br. 6, 275—326. K H, 245. 

385. —1532. äöodjenprebigten über 3oh- 6—8 (gebr. 1565). 

W 33, (VII) 1—675. (Sri. 47, 226—394; 48, 1—409. 
K H, 245. 

386. Sfäeberfdjrift ber Überfefcung öon Jeremias, £>efefiel, Äleine 
Propheten. 

W Bibel 2, 40—162. K II, 200. 239. 

387. 2)er ^ßrop^et Daniel beutfdj. 

(Sri. 41, 232—294. K II, 156 f. 

388. »riefe: (SnberS 7, 213—391; 8, 1—334. (Sri. 54, 122 
—209; 56,181—183; XXVII—XXIX. 

1531 

389. SBamung an feine lieben 3)eutfcf)en. 

W 30, m, (252) 276—320. (Sri 25*, 1—49. 01. 4, 
194—278. K II, 251 f. 

390. ©loffa auf baS oermeinte faiferlidje (Sbift. 

W 30, HI, (321) 331—388. (Sri. 25*, 49—88. Br. 3, 
408—446. K n, 248. 

391. De energia Augustanae Confessionis. 

W 30, ID, 389. 

392. 9lotizzettet ju „SSarnung unb ©loffa." 

W 30, ID, (390) 392—399; 583. 

393. Notizen zu einem offenen »rief an bie (Sfjriften in $aHe. 

W 30, m, (400) 402 f. 


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394. Vorreben ju SllejiuS ÄroSner, „©ernton oon ber Ijeil. 
djriftl. fördje" u. „(Sermon oora fpdjto. ^eit. ©aframent". 

W 30, III, (404) 407—412. (Sri. 63, 302—305. 

395. äßiber ben 9tteucf)Ier ju 2)re8ben. 

W 30, HI, (413) 446—471. (Sri. 25*, 108—128. 
K JU, 252. 

396. Vorrebe gu #gibiug gober, „$)er $fatm SRiferere, beutfcff 
auSgelegt". 

W 30, HI, (472) 477 f. (Sri. 63, 309—312. 

397. Vorrebe ju 3. Vrenj, „SBie in ($f)efa<$en dfriftlid) ju 
fyanbeln fei". 

W 30, HI, (479) 481—486. (Sri. 63, 305—309. 

398. Btanbbemerfungen ju äMandjtljong Stpologia. 

W 30, DI, (487) 489—493. 

399. Exemplnm theologiae et doctrinae papisticae. 

W 30, IE, (494) 496—509. Erl. va. 7, 21—43. 
K 1,782; n,657f. 

400. —1533. Summarien über bie Sßfalmen unb Urfadje beS 
2)oImetfdjen3. 

W 38, (1) 8—69; Vorarbeiten baju 31,1,483—514. 
(Sri. 37, 250—339. K D, 246. 

401. ? (Sjegetifdje ©tubien ju ben ^falnten. 

W 31, I, (514) 515—537. 

402. ff.? (Snttoürfe ju SßfalntenauSlegungen. 

W 31, I, 538—549. 

403. ff.? ^ßfalmen über Xifdje aufgelegt. 

W 31, I, (549) 550—577; ügl. Erl. el. 17, 232 ff. 
K II, 263. 

404. Sluglegung über ben 19. Sßfatm (beutfcf) burdj ©palatin). 

W 31, I, (578) 580—586. 

405. —1533 (gebr. 1540) In qaindecim Psalmos Graduum 
commentarii. 

W Erl. el. 19,155—289; 20,1—306. 

K n, 265. 

406. Sßrebigten. 

W 34, 1,1—584; 34, H, 1-556. 567; (32, 504—514. 


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514—523). ®rl. 4*, 178—191. 191-200; 18 »,89—104. 
1_6 ; 4 *,264—277; 6 *, 323—334; 4 *, 466—486; 2* 
167—179; 11*, 306—315. 295 — 305; 5*, 77—91. 
104—116; 2 »,248—262; 8 *,290—315; 18«, 78—88. 
23-31. 32—61; 19*, 55—86; 18*, 220—270. 361—384; 
6*, 253—265; 4 *,92—103; 6*, 266—275. 275—284. 
284-295/295—305; 4*, 149—163. 

©orlefung über ben ©alaterbrief f. 1535 9lr. 460. 

407. SRemftonS-Sßrotofott junt Raiter. 

W Bibel 3, (XVIII) 1—166; XXX—XLH. 

408. —1533. $ifcfjreben, ‘) SSeit $)ietrid)8 «Sammlung. 

WTR1, (XXVI) 1—308. 

@rfte £älfte ber breifeiger 3a^re: 9lif. ÜWebler8 Otadjfdjriften 
1, (XXXEH) 309 — 330, ©. 2)ietrid)8 unb 91 9Rebier8 
Sammlung 1, (XXXVII) 331-614. 

—1533. Solj. Sd)laginl)aufen8 Sßadjfdjriften (gebr. 1888) 
WTR 2, (IX) 1—249. 

S)reifjiger 3al)re: Submig ©abe8 Sammlung 
W TR 2, (XVHI) 251—272. 

— 1534. Äonrab ©orbatuS' Sammlung (gebr. 1885) 

W TR2, (XXI) 273—672; 3,1—108. «nfjang 309—333. 

409. ©riefe: @nber8 8,335—400; 9,1—135. ®rl. 54,209—265; 
56,183. 

1532 

410. ©rief D. 9Jl. 8.8 ©on ben Scf)letcf)ern unb SSinfelprebigern. 

W 30, m, (510) 518 — 527. @rl. 31, 213 — 226. 
K II, 318 f. 

411. ©orrebe $u ©ugenljagen8 Ausgabe non Athanasii libri 
contra idolatriam. 

W 30, m, (528) 530—532. Erl. va. 7, 523— 525. 
K ü, 323. 


*) Xifdjeeben in fadjti<f)ee Dehnung (nad> Äneifabee) Sei. 57—62; in 
anbrer Dehnung, als Seinneeungen an fein Sehen ufto. unb in ftuStoal)! 
Br. 8,98-808. 


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412. Sorrebe $n 3. Srenj, Homiliae yiginti duae sub in- 
cursionem Turcarum. . . 

W 30, HI, (533) 536 f. Erl. va. 7, 519—521. 

413. Sorrebe gu Suft. ÜReniuS, In Samnelis libmm priorem 
enarratio. 

W 30, HI, (538) 539 f. Erl va. 7, 521—523. 

414. ©enbbrief on $er$og SUbredjt öon Sreufcen. 

W 30, IH, (541) 547—553. (Sri 54, 281—289. 
(SnberS 9,157—160. K H, 255. 

415. ©enbfd)reiben an bie $u ^wnlfurt a. ÜR. (erfc§. 1533). 

W 30, III, (554) 558—571. (Sri 26“, 370 — 389. 
(SnberS 9, 251 f. K H, 316. 

416. SDer ©egen, fo man nad) ber 9Reffe fprid^t über ba$ Sol!, 
ans 4. ÜRofe 6, aufgelegt. 

W 30, IH, (572) 574—582. (Sri 36, 155—163. 

417. 2)er 147. Lauda Jerusalem, aufgelegt. 

W 31, I, (427) 430—456. (Sri 41,151—185; 54,260. 
(SnberS 9,132 f. K H, 263. 

418. Enarratio Psalmi secundi (gebr. 1546). 

W 40, H, (187) 193—312. Erl. el. 18, 1—127. 
K H, 265. 

419. Enarratio Psalmi LI (gebr. 1538). 

W 40, H, (313) 315—470. Erl. el. 19, 1—154. 
K H, 265. 

420. Praelectio in Psalmnm XLY (gebr. 1533/34). 

W 40, n, (471) 472—610. Erl. ek 18, 128—260. 
K n, 265. 

[SluSlegung über baS Sieb 2Rofe, ®eutero 32. (Sri 52, 
400—432, ift Überlegung beS 3. 3ona$ au8 Deuteronom. 
Mose f. 1525 9tr. 222.] 

421. (StUd^e fdjöne $rebigten au$ ber 1. (Spiftel ©. 3olj. Son 
ber Siebe (gebr. 1533). 

W 36, (XXXI f.) 416—477. (Sri 18“, 304—361. 
K II, 265. 273. 


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422. —1533. 5Dad 15. Äap. ber 1. (Spiftel ©. <ßauli an bie 
Äorintljer (gebr. 1534). 

W 36, (XXXH—XXXVI) 478—696. (Sri. 51,70—275. 
K H, 285. 

423. ©rebigten. 

W 36, (I—XXXI) 1-415. (Sri. 4», 214—222; 6*, 
335—345; 5*, 1—17. 168—175. 203—212. 212—222. 
236—247, 275—285. 294—305. 364—377. 321—334; 
6*, 395—413; 5*, 368—376. 376—384. 393—401. 409 
—419. 425—432; 18*, 189—205.206-220; 13*, 56—89; 
6*, 31—40. 50—57. 63—71. 431—444. 80—90. 122 
—132. 216—225; 4*, 363—370; 18*, 270—304; 4*, 
1-9. 23-30. 46—57. 66—74; 1*, 51—54. 69f. 72—76. 
4*, 117—129. Br. 5, 54—82. K H, 287. 

424. —1534. §au§prebigten ($audpoftiUe 1544, 1559). 

W 52. (Sri. 1—6. KH,294f. 

425. ©ieberfdjrift ber Übergebung non Sefud ©irad). 

W Bibel 2,196—200. K II, 292 f. 

426. 3)ie $ropljeten alle beutfdj. 

©orreben: (Sri. 63, 59—64. 74—80. 82 f. 85-87. 88 f. 

427. ©riefe: (Snbetd 9, 136—258. (Sri. 54, 266—348; 56, 
184 f. 187. 

1533 

428. ©orrebe $u Äadpar Slquila, „Sermon non Älmofengeben". 

W 38, (70) 72—74. (Sri. 63, 323—327. 

429. ©orrebe ju „©edjenfdjaft bed ©taubend... ber ©rüber in 
öö^men unb ÜUtäljren." 

W 38, (75) 78—80. (Sri. 63, 319-323. K H, 357 ff. 

430. ©orrebe &u ©altf). ©aiba, „SBiber bad Säfter- unb Sügen* 
büdflein Agricolae Pbagi, genannt ©. äBifcel". 

W 38, (81) 84 f. (Sri. 63, 316—319. K H, 314. 

431. ©erantmortung ber aufgelegten $tufrul)r ... famt Xroftbrief 
an bie (Slpiftat ... aud Seipjig ... oerjagt. 

W 38, (86) 96—127. (Sri. 31,227—269. (Snberd 9,318. 
K D, 305. 


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48 


432. ©orrebe $u 2Igib. f^ber, „©on bem fatfdjen ©tut unb 
Slbgott im 2)om ju ©djmerin." 

W 38, (128) 130f. (Sri. 63, 312-316. 

433. ©orrebe jurn (SataIogu8 ober tRegifter alter SBöc^er unb 
©Triften D. ß.8 (oljne ß.3 ©orrebe fdjon 1528). 

W 38, (132) 133 f. (Sri. 63, 327-329. 

434. kleine STnttoort auf £. ©eorgen näc^fteS Sud). 

W 38, (135) 141—170. (Sri. 31,269—307. K II, 305 f. 

435. ©on ber SStnfelnteffe unb ©faffenmeilje (nebft (Snttoiirfen 
baju). 

W 38, (171) 185—195,195—256. (Sri 31, 307—377. 
CI. 4, 239—291. K II, 307 ff. 

436. Sßrebigten. 

W 37 (IX) 1—248. (Sri. 4*, 242 —251. 252 —264. 
376-373. 373—381. 502—513; 28, 408—415; 5*, 17 
—29. 45—55; 19*, 1—54; 5*, 91—96. 116—124. 149 
—167. 247—253; 6*, 377—380; 5*, 285 — 294; 6*, 
413—421; 5 *,305—313. 334—341. 351—360. 385—393. 
401—408. 432—441. 441—448; 6*, 1—12. 23—31. 
57—63. 444—448. 72—80. 91—100. 110—122. 132 
—140. 152—158. 210—216. 225—234; 4*, 9—16. 
30—39. 58—66. 74—83.129—134. 134—140.141—149. 

437. 3efu$ ©iradj öerbeutfdjt 
©orrebe (Sri. 63,100—102. 

438. SKaflabäer, ©ufanna, ©et unb $)rad)e $u ©abel. 

©orrebe (Sri. 63,104—106. 

439. ©riefe: (SnberS 9, 259—370. (Sri. 55, 1-33; 56,185 
—191. XXIX—XXXV. 

1534 

440. ©rief D. SDt ß.$ non feinem ©udj ber SBinfelmeffen. 

W 38, (257) 262-272. (Sri. 31,377—391. KII, 810. 

441. ©orrebe $u ttnt. (SorüinuS, Quatenus expediat editam 
recens Erasmi de sarcienda Ecclesiae concordia 
rationem sequi 

W 38, (273) 276—279. Erl. va. 5,526-531. K 11,312. 


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442. Convocatio concilii liberi Christiani; beutfdfj 1535 (ß.g 
SBerf aff er f c^af t umftritten). 

W 38, (280) 284—289. Erl. ya. 7,369—372. (Sri. 31, 
411—416 (beutfdj). K H, 361. 

443. ßlagefdjrift ber SBöget gegen Sßolf. ©ieberger (gebt. 1565). 

W 38, (290) 292 f. (Sri. 64,346—348. (SnberS 10,74. 
K H, 492. 

444. Glossae super sententias patrum de controversia coenae. 

W 38, (294) 302—310. 

445. SSorrebe ju §uberinu8, „SBont ßorn unb ber ©üte 
©otteg" (of)ne ß.g »orrebe juerft 1529). 

W 38, (315) 325. (Sri. 63, 282—284. 

446. —1535. 2)er CI. »fatm, burdj D. SW. ß. aufgelegt 

W 51, (197) 200—264. (Sri. 39, 265—364. K H, 295ff. 

447. —1535. Enarratio Psalmi XC (gebt. 1541). 

Erl. el. 18, 284—334. K II, 300. 

448. »rebigten. 

W 37, (XXIX—XLY) 249 — 672; 41, 740 — 762. 
(Sri. 4*,223—232. 232-242; 6 a , 316—323; 4*,293—300. 
309—317. 300—308. 317—328. 328—338. 338—346. 
346—393. 392—410. 381—386. 410—428; 6*, 346 
—351; 4*, 429—448. 386—392. 486—502. 449—466. 
5*, 29—45; 8 a , 209—222; 5 a , 55—70. 70—77. 97-104. 
124—132. 133—149. 176—192. 192-203. 222—295; 
39,137—178; 19 a , 168—188; 5 a , 313—320. 341—351. 
361—368. 419—424; 13 a , 381—392; 6*, 12—22. 41—50. 
100—110. 140—152. 158—166; 14 a , 309—330; 4 a , 
16—22. 39—46. 83—91; 19 a , 103—167; 5 a , 222—235; 
20, I a , 120—133. K II, 288. 320. 

449. ©efanttauSgabe ber »ibet. 

W Bibel 2, 545-553. KII, 294. 

450. »riefe: (Snberg 9,371—384; 10,1—117. (Sri 55,36—81; 
56,191—196. 

S$r. 8. f. 3t. 36,3. 4 


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1535 

451. ©orrebe ju ßajarug ©pengler, „©efenntniS". 

W 38, (311) 313 f. (Sri. 63, 329—331. 

452. ©orrebe ju „Sine ttmI)rbaftige#iftorie, gefdjefjen ju ©tafjfurt". 

W 38, (326) 328—335. (Sri. 55, 86—91. (SnberS 10, 
127 f. Kn, 299. 

453. ©orrebe $u U. 9tljegiu8 „©Überlegung be$ ©efenntniffeS ber 
SJtünfterifdjen neuert ©alentintaner unb SDonatiften." 

W 38, (336) 338—340. (Sri. 63, 331—336. K H, 322. 

454. ©orrebe jur 9ieuen ßeitung öon ^ en äßiebertäufent in 
SWünfter. 

W 38, (341) 347—350. (Sri. 63, 336-341. K H, 322. 

455. (Sinfäflige SBeife ju beten für einen guten gteunb. 

W 38, (351) 358— 375. (Sri. 23, 214—238. Br. 6, 
125—148. K H, 297 f. 

456. ©orrebe ju Querela de fide pii et spiritualis cuius- 
piam parochi. 

W 38, (376) 379—385. Erl. va. 7, 531. 

457. (Stlidje Slrtifel, fo öon ben Sßapiften ifct neulid) öerfätfdjt... 
©amt einem ©riefe (©enbfdjreiben on bie Sßrebiger in ©oeft). 

W 38, (386) 393—400. (Sri. 63, 95—102. (SnberS 10, 
262—264. K H, 365. 

458. n. ff. DrbinattonSformular. 

W 38, (401)423—433. Sri. 64, 290—293. KH,384. 

459. ©orrebe ju Stnt. (SorötnuS, „Äurje Auslegung ber (Soangetien... 
öon Slboent big auf Dftera." 

W 38, (436) 441 f. (Sri. 63, 347. K H, 299. 

460. In epistolam S. Pauli ad Galatas Commentarius (na<f> 
©orlefung oon 1531). 

W 40, I, (1) 1—32 (Vorarbeiten), 33—688; 40, H, 
1—184. Erl. Gal. 1; 2; 3,1-120. K H, 265, 300. 

461. —1545. ©enefiS* ©orlefung (erfd). in 4 Tomi 1544—1554). 

(Snttourf: W 42, XIX—XXV. 


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»oriefung: W 42, (VH—XYHT) 1—673; 43 unb 44, 
(VH—XXXVII) 1—825 Erl. el. 1—11. K H, 300. 
424 f. 613. 

462. ? 1536. ©pridjmörterfammlung (gebt. 1900). 

W 51, (634) 645—662; böju ©rttärungen 636—731. 

463. Disputation de concilio Constantiensi. 

Drews 1—3.i) Erl. ya. 4, 402—410. K II, 301. 

464. (Sttidje ©prüdje toiber baS (Soncilium Dbftantienfe, wollt 
fagen (Sonftantienfe. (ftreie, erweiternbe Überfefcung o. 91r. 463.) 

W (Sri. 31,391—411. KH,361f. 

465. Disputation oon $einr. SBeHer unb 91. SJlebler. 

Drews 4—32, 908f. Erl. ya. 4, 377—389. 411 f. 

K H, 301. 

466. ißrebigten (barunter 8 ^ßrebigten über $f. 110). 

W 41, (VH), 1-492. 762 f. (Sri. 4 2 , 163-177; 19», 
168-179; 40, 38-192; 92,19—37; 2\ 366-384; 13 2 , 
26—46; 52,254—274; 92,94—109; 109—119; 132,105 
—126; 9M42—157. 157—169. 170—181. 181—197. 
197—200.220—244; 192,189—199.199—210.210—220. 
221—231. 232—242; 9* 298—311. K II, 426. 

467. »riefe: (SnberS 10, 118-282. (Sri. 55,81—117; 56,196 
—198; XXXV f. 

468. Sieber: »om §itntnel fjod), ba fotnnt icf) Ijer. ©ie ift mir 
lieb, bie werte SDtogb. Slü Sob unb (Sf)r fotl ®otteS fein (?). 

1536 

469. »orrebe $u 91. »arneS, Vitae Romanorum pontificum. 

W 50, (1) 3—5. Erl. va. 7, 532—536. K II, 369 f. 

470. Da& weltliche Oberfeit ben SBiebertöufern mit leiblicher 
©träfe gu wef>ren fc^ulbig fei, (Stlicfjer »ebenfen. 

W 50, (6) 8—15. (SnberS 10, 345—348. 

471. SSorrebe $u Tres epistolae Joh. Hussii. 

W 50, (16) 23—34 (baju 676-688). Erl. va. 7, 536f., 
beutfdj mit 9tocf)Wort S.S 1537: (Sri. 65,59—83. K II, 397. 


') 5)iefe unb bie fotgenben Disputationen in W 39. 

4* 


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472. »orrebe $u Slmbr. SWoibanuS, „Der 29. ^ßfalm." 

W 50, (40) 42—44. (Sri. 63, 341—344. K II, 432 f. 

473. Disputation de iustificatione. 

Drews 33—66. Erl. ya. 4, 389—394. 

474. Disputation über Sut. 7, 47. 

Drews 66 f. Erl. va. 4,398—402. 

475. Disputation contra missam privatam. 

Drews 68—89; 910—915. Erl. va. 4, 413. 

476. Disputation de homine. 

Drews 90—96. Erl. va. 4, 413—116. 

477. Disputation öon 3af. Scfjenf unb Sßljilipp ÜRotfy. 

Drews 97—109; 915—917. Erl. va. 4, 417—419. 

478. Der 23. $ßfalm auf ein Stbenb über Difdj auSgetegt. 

W 51, (265) 267—295. @rl. 39, 61—105. K II, 426. 

479. Sßrebigten. 

W 41, (XXX) 493—739. ©rl. 19 2 , 243—259; 12 2 , 
202—238; 6 2 422—431; 9 2 , 244—251. 287—298. 298 
—311. 336—350. 350-371. K H, 426. 

480. u. 1537. Difcfjreben: 51nt. SauterbacfjS unb §ier. SEBeßerS 
9tocf)fd)riften. 

WTR3 (XI), 335—496; Stnfjang 497—524. 

481. 1536—1543. Diföreben, (Sammlung Ätjummer. 

W TR 4, (XXI) 473-548; Slnljang 549—556. 

482. »riefe: ©nberS 10, 283—384; 11,1—151. @rl. 55,117 
—167; 56, 196—206. XXXVIIf. 

1537 

483. (öor 1537?). »iet faft nüfctidjer »unft ausgewogen aus 
etlichen »rebigten (gebr. 1702). 

W 45, (XXXVII) 363-420. ®rl. 19 2 , 292—383. 

484. $ßad)mort ju Stgricola „@ttid)e »riefe 3ot). £>ufj" (ogt. 1536 
9Gr. 471). 

W 50, (16) 34—39. @rf. 65, 59—83. 


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485. SSorrebe gu So!}. ÄptnäuS, „©in alt c^rifttic^ Äongitium 
gu ©angra gehalten. 4 ' 

W 50, (45) 46 f. ©rl. 65, 56—58. K n, 397. 

486. Die ßügenb dort @t. Spanne ©Ejrpfoftomo. 

W 50, (48) 52—64. ©rt. 25 2 , 232-249. K H, 396 f. 

487. (Sitter aus ben fjo^ett Strtifetn beS päpfttiefjen ©laubenS, 
genannt Donatio Constantini. 

W 50, (65) 69—89. ©rl. 25 *, 206—232. Br. 1,165 
—196. K H, 396. 

488. Pauli divina providentia papae tertii bulla pro- 
rogationis ss. generalis concilii, mit Sßorrebe unb SRanb* 
gloffen ß.8. 

W 50, (90) 92—95. K II, 397. 

489. Johaunis Nannis de monarchia papae disputatio mit 
ß.3 Sßadjmort. 

W 50, (96) 98—105. Erl. va. 2,110—121 [irrig in3 
S. 1520 gejefct]. KH,670f. 

490. SSorrebe ju Slnt. ©ordinuS, ©piftelauSlegung. 

W 50, (106) 109 f. @rl. 63, 350—354. 

491. Bulla papae Pauli tertii de indulgentiis contra Turcam 
mit SRadjtöort unb Btanbgloffen ß.S. 

W 50, (111) 113—116. 

492. SBorrebe ju Slrnbr. 3Koibanu8, „Da§ tjerrlidje äftanbat 3efu 
©fjrifti. 44 

W 50, (117) 119 f. ©rl. 63, 344—347. 

493. SSorrebe gu Epistolae quaedam piissimae et eruditissimae 
Joh. Hus. 

W 50, (121) 123—125. Erl. va* 7,537—540. K 11,397. 

494. Söeelgebub an bie fjeilige päpftlidje Äircfye. 

W 50, (126) 128—130. 

495. ftrage be8 gangen ^eiligen DrbenS ber ßartenfpieler dom 
Äarnöffel (SBerfafferfd^aft ß.8 gtoeifefljaft). 

W 50, (131) 132—134. 


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496. Aliquot nomina propria Germanorum ad priscam ety- 
mologiam restituta (8.S SBerfafferfdjaft jtocifel^aft). 

W 50, (135) 146—159. K II, 435. 

497. ©dfjmalfalbifdje ßtrtifel (niebergefärieben Dezember 1536, 
gebrucft 1538). 

W 50, (160) 192-254. (Sri. 25 *, 163—205. CL 4, 
292—320. Br. 3, 35—74. K II, 380 ff. 394. 397. 

498. SRanbbemetfungen ju bcn ©ummarien beS 3. Slgricola 
(gcbr. 1851). 

W 50, 674 f. 

499. Disputation oon *ßattabiuS unb Difemann. 

Drews 110—160; 917—922. Erl. va. 4, 394—397. 

Oratio Lutheri in promotione Palladii. 

Erl. va. 4,315—321; ba$u Drews 906—908. K 11,409. 

500. Disputation de veste nuptiali. 

Drews 161—245; 922 f. Erl. va. 4,419. 

501. (Srfte Disputation gegen bie Stntinomer. 

Drews 246—333; 923—925. Erl. va. 4, 420—427. 
K H, 458. 

502. —1538. Auslegung beS 1. unb 2. Kapitels beS 3otjanneS= 
eöangetiumS (erfd;. 1565). 

W 46, (XXXII) 538—780. @rt. 45, 290—422; 46, 
1 — 252 . K n, 427. 

503. —1540. ätfattlj. 18—24 in Sßrebigten auSgelegt (gebt. 1796. 
1817. 1847). 

W 47, (IX) 232-627. (Sri. 44; 45,1—202. EH, 427. 

504. Conciunculae quaedam amico cuidam praescriptae 
(erfdj. 1537, oerfa&t 1534?). 

W 45, (XXXVHI) 421—464. Erl. va. 7, 373—433. 
K n, 426. 

505. DaS 14. unb 15. Äapitet ©. 3of)anniS geprebigt. 

W 45, (XXXIX) 465—733. @rt. 49,1—391. Br. 6, 
327—376. K II, 426 f. 


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506. $rebigten (barunter über $f. 8, erfd). 1572 b$to. 1579; 
Diele gebracht 1885 burc§ 83ud)toalb). 

W 45, (IX) 1—362. (Sri. 23, 239—251; 19 2 , 260 
—292; 9*, 1—19; 14*, 178—189; 19 * 404—415; 39, 
1—61; 14 *,385—400; 19*, 427—435. 435—444. 444 
—456. 456—466. K D, 426. 

507. ©riefe: (Snber« 11, 152—320. (Sri. 55, 167—195; 56, 
206—209; XXXIX f. 

508. Sieber: (Srljalt un«, $err, bei beinern SBort. ©ater unfer 
int £ttntnelreid). 

1538 

509. Annotationes in aliquot cap. Matthaei (feit 1536 int 
SDracf). 

W 38, (443) 447—667. K n, 425 f. 

510. 2)ie brei ©tjmbola ober ißetenntni« be$ glaubend (Sljrifti. 

W 50, (255) 262—283. Sri. 23, 251—281. K H, 396. 
398. 

511. fltatfdflag eine« SluSfdjuffe« etlicher Äarbinäle mit ßutljer« 
SBorrebe. 

W 50, (284) 288—308. (Sri. 25 *, 249—278. K II, 398. 

512. ©rief toiber bie ©abbatljer an einen guten fjreunb. 

W 50, (309) 312—337. (Sri. 31,416—449. K H, 430 f. 

513. Epistola S. Hieronymi ad Evagrinm de potestate papae. 
Cum praefatione Lutheri. 

W 50, (338) 339—343. Erl. va. 7, 541—543. 
K n, 398. 

514. SBorrebe ju Suftu« äReniu«, „SBie ein jegtidjer (Sfjrift gegen 
allerlei ßefjre fid^ gebütjrlid) galten foft.“ 

W 50, (544) 546 f. (Sri. 63, 357—360. 

515. (Srflärung gegen ©inton ßentniu«. 

W 50, (348) 350 f. (Sri. 64, 322—324. K II, 422. 


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516. Sortebe, SKadpoort unb SRanbgtoffen gu Legat io Adri&ni 
papae ad conventum Nurembergensem unb SBaS auf 
bem ^Reichstag $u SRuremberg. . . 

W 50, (352) 355—363. Erl. va. 7, 544—547. @rt. 63, 
393—396. 

517. Praefatio $u ben Symphoniae iucundae. 

W 50, (364) 368—374. Erl. ya. 7,551—554. (SnberS 12, 
58-61. KD, 503. 

518. Sorrebe ju Confessio fldei ac religionis baronum ac 
nobilium regni Bohemiae. 

W 50, (375) 379 f. Erl va. 7, 547—551. K H, 359. 

519. SBorrebe ju £iftoria ©aleatii SapeUe. 

W 50, (381) 383—385. (Sri. 63, 353—357. K H, 433. 

520. 3meite Disputation gegen bie Slntinomer. 

Drews334—418; 925f. ErLva. 4,427—430. KD,462. 

521. Dritte Disputation gegen bie Slntinomer. 

Drews 419—484. Erl. va. 4, 436—441. K H, 464. 

522. Die D^efen contra Antinomos, über bie nicht biSputiert 
mürbe. 

Erl va. 4, 430—436. 

523. DaS 16. Kapitel SofjanniS geprebigt unb auSgelegt. 

W 46, (TO) 1—111. (Sri. 50, 1—154. K n, 426 f. 

524. —1540. Auslegung beS 3. u. 4. Äap. So^anniS (gebr. 1847). 

W 47, (Yn) 1—231. (Sri. 46, 253—378; 47,1—226. 

525. Sßrebigten (oiele gebnuft 1885 burch SBudjmalb). 

W 46, (IX) 113—537. (Sri. 20, I*, 1—12. 12—20. 
20—29. 29—37. 38-44. 45-54. 55—65. 66—74. 75 
—85. 85—92. 93—102. 103—110. 110—120; 112,223 
—242; 62, 352—363. K n, 672. 

526. SEifdjreben: Sauterbadjs Dagebudj aufs 3-1538 (gebr. 1872). 

W TR 3, (XXVH) 525—699; 4, 1—199; Strang 
200—218. 

527. Unterricht ber SSifitatoren, reoibierte Ausgabe Ogi. SRr. 313 
(1528). 


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528. »riefe: (SnberS 11, 321—400; 12,1—61. (Sri. 55,195— 
—216; 56, 209—220; XL—XLIV. 

529. @ebid)t $rau SWufifa. 

W (Sri 56, 295 f. KII,502f. 

1539 

530. SBiber ben ©ifdjof ju SRagbebnrg Stlbrecpt Äarbinal 

W 50, (386) 395—431. (Sri. 32, 14-59. K II, 422. 

531. SBiber bie Slntinomer. 

W 50, (461) 468—477. (Sri 32,1—14. (SnberS 12,81. 
K n, 462. 

532. (Sine »ermaljnung an alle Sßfarrijerrn. 

W 50, (478) 485—487. Sri 55, 220—223. (SnberS 12, 
99—101. K n, 402. 

533. »on ben ÄonjiluS unb ftirdfjen. 

W 50, (488) 509—653. (Sri 25’, 278—448. Br. 2, 
1—174. K II, 462. 

534. »orrebe jurn 1. »be. ber SBittenb. SfaSgabe ber beutfdjen 
©Triften. 

W 50, (654) 657—661. (Sri 63,401—406; 65, 261; 
12,1—6. Br. 1, IX ff. KH, 429. 

535. »orrebe ju griebr. SOtyconiuS, „SBie man bie Einfältigen 
unb fonberlich bie Äranfen im (S^riftentum unterrichten foÖ." 

W 50, (662) 664. (Sri 63, 363—365. K H, 433 

536. »orrebe ju Sol). ©utel, „Das (Soangeltum non ber .. 
ßerftörung SerujalemS." 

W 50, (665) 666 f. (Sri. 63, 360—363. 

537. S3on bem gemeinten SBaffer unb beS ißapftS KgnuS Dei. 

W 50, (668) 670—673. (SrL 32, 59—63. 

538. 3)i2putation de sententia: Verbum caro factum est. 

Drews 485—531. Erl va. 4, 458—461. K H, 592 

539. Disputation über SRattlj. 19, 21. 

Drews 532—584. Erl. va. 4, 442—449. 


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540. ®er CX. Sßfalm Dixit Dominos geprebigt unb ausgelegt. 

W ©rl. 40, 38—192. K II, 427 f. 

541. <ßrebigten (teilroeije gebrucft 1618, ferner burd) ®ud)tt>alb 
1881, 1888 unb 1905). 

W 47, (X) 628—875. Sri. 20, 12, 220—230; 8*, 
263—275; 20, I 2 , 230—241; 8 2 , 290—300. 301—308; 
20, I 2 , 242—252; 8 2 , 308—315; 9 2 , 38—50. 54—94; 
20,12 253—264. Br. 5, 83—93. K II, 415. 672. 

542. —1541. SfteöifionSprotofoH unb fjanbfrfjrifttidje ©inträge 
ins Sl. Z. 

W Bibel 3,167—577. KII, 428. 585 f. 

543. $ifdjreben: fiauterbadjS SCagebud; aufs 3.1539. 

WTR 4, (Xm) 219-448. Strang 449—470. 

544. ©riefe: ©nber« 12, 62—334. ©rl. 55, 217—269; 56, 
221—223; XLIY—L. 


1540 

545. Sin bie Sßfarrljerrn miber ben SBudjer ju ptebigen. 

W 51 (325)331-424. ©rL 23,282-338. EH,432. 

546. SBiber ben ©isteben (gebr. 1549). 

W 51, (425) 429—444. ©rl. 32, 64—73. ©nberS 13, 
39-49. 

547. SBorrebe ju Robert 93arne$ SöefenntniS beä ©laubenS. 

W 51, (445) 449—451. ©rl. 63, 396—400. K H, 400. 

548. SSorrebe ju Epistola de miseria Curatorum seu Pleba- 
norum. 

W 51, (452) 453. Erl. va. 7, 554 f. 

549. ? ©in für$er Xroftjettel für bie ©Triften, bojj fie im ©ebet 
fid) nidjt irren taffen (gebr. c. 1550). 

W 51, (454) 455—457. 

550. 1541 ? Duodecim consilia evangelica papistarum 
(gebr. 1550). 

W 51, (458) 459 f. Erl. va. 4, 450—452. 


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551. Slbfjanblung über bialeftifc^e »egriffe, gebr. 1726. Ob oon 
ßutfjer? 

SBald) 14,1309 ff. 

552. £)i$putation De divinitate et humanitate Christi. 

Drews 585—610. Erl. va. 4, 461—466. 

553. Disputation oon Soacf). üRörlin Contra Antinomos. 

Drews 611—636; 926—929. Erl. ya. 4, 441 f. 

554. sßrebigten (teilweise gebr. burcf) »udpoalb 1905). 

W 48, (VH—XVII) 1—190. ©L 20, I, 266—361. 
372—383. 384—393. 393—408. 408—422. 423—435. 
435—442. 442—455. 455-468. 469—504; 112,355 
—386. 350—386; 6 2 , 305—315. 

555. Difdjreben-Sßadjfdjriften oon 3of). 3Katf)efiu8 (gebr. 1903). 

WTR 4, (XXVH) 557—705; 5,1— . 

556. »riefe: (SnberS 12,335—400; 13,1—240. 393 f. (Sri. 55, 
269—295; 56, 223—227. 

1541 

557. SBiber $an8 SBorft. 

W 51, (461) 469—572. ©I. 26 2 ,19—93. CI. 4, 321 
—378. Br. 4, 249—324. Kn, 558 f. 

558. »orrebe ju Urban SftegiuS, „äöiber bie gotttofen, blutbürftigen 
Sauliten unb Doegiten... Der 52. Sßfalrn auSgelegt." 

W 51, (573) 574—576. (Sri. 63, 365-368. K n, 559. 

559. »ermaljnung jum ©ebet toiber ben Dürfen. 

W 51, (577) 585—625. (Sri. 32,74—99. K H, 568. 

560. »orrebe $u „Sermon D. Äafp. ©üttetS, auf bem ©otteSacfer 
gu ©Sieben getan." 

W 51, (626) 629—633. ©I. 55, 341—343. (SnberS 14, 
135—138. 

561. Suppntatio annomm mundi. 

W 53 K H, 588. 

562. DaS 12. Kapitel DanieliS mit ber Auslegung D. 9K. ß.S. 

W ©1.41,294—324. K H, 586. 


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60 


563. »orrebe $u (Sjedpel, (Srflärung beS DentpelbilbeS. 

W (Sri. 63, 64—74. K H, 586. 

564. Biblia ... aufs neu $ugerid)t. 

W Bibel 2, 634—640. 

565. Sßrebigten (eine gebrucft 1565). 

W 49, (XXIV) 191—254. (Sri. 46, 31—48. 

566. »riefe: (SnberS 13, 241—392; 14, 1—146. (Sri. 55, 
2, 95—343; 56, 277—232. L. 

567. ßieber: (Sljrift, unfer |>err, junt Sorbon fam. 2BaS fürd)tft 
bu, fjfeinb $erobeS. 

1542 

568. Disputation oon 3of). 2Jtacf|abäuS ©cotuS. 

Drews 637—683 (Corp. Bef. 12, 526 ff.). 

569. Disputation oon fceinridj ©djmebenftebt 

Drews 684-698. Erl. va. 4, 452—455. 

570. ©d)rift roiber bie »igarnie (unoollenbet), gebr. 1749. 

W Sri. 65,206—212. CI. 4,379—385. 

571. 9ieu Beitung oorn Sftljein. 

W (SnberS 15, 3—6. CI. 4, 386 f. 

K n, 550 f. 

572. (Stempel einen regten djriftlidjen »ifdjof ju meinen. 

W 53, (219) 231—260. (Sri. 262,94—128. KD,557. 

573. »on ben Snben unb iljren Siigen. 

W (Sri. 32, 99—274. K H, 589 f. 

574. »orroort unb Überfepung beS Sllcoran »ruber Otidjarbi. 

W 53? (261) 272— (Sri. 65,190—205. K H, 591. 

575. »ortoort ju (SraSnt. SllberuS, „Der »arfiifjer ÜRöndje (Sulen- 
fpieget unb Dilcoran." 

W (Sri. 63, 373—376. K II, 692. 

576. Droft ben SBeibern, welchen es ungerabe gegangen ift mit 
Äinber gebären. 

W (Sri. 23 , 338— 343. (SnberS 15, 

52—57. K n, 587. 


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'61 

577. ©or* uitb Sfcadjwort $u „(£f)riftticf)e ©efäng ßateinifcf) unb 
Deutfd), $um Begräbnis." 

W (Sri. 56, 299—306. K n, 587 f. 

578 ©ermatjnung D. üJt S. in Slbtoefen D. ©omerani. 

W 53, (209) 211 f. (SnberS 14,184—186. 

579. ©rebigten (eine gebr. 1836 unb 1892). 

W 48, (XXVI), 255—270. Sri. 12 *, 82—95. 

580. »riefe: ©über« 14,147—361; 15,1—81. 357 f. (Sri. 56, 
1—43. 232—238; LI—LXII. 


1543 

581. 2)i3putation oon Sodann 9Karbad). 

W Drews 699—727 (Corp. Ref. 12, 

524 ff.). 

582. Disputation oon fjriebr. ©ad)ofen unb $ier. SKoppuS. 

W Drews 728—748. Erl. ya. 4, 468 

—470. 

583. Disputation oon (SraSntuS SllberuS. 

W Drews 748—752. Erl. va. 473 

—476. K 11,409. 

584. ©om ©cfjem $ampljoraS unb oont ©efdjlecfjt (St)rifti. 

W (Sri. 32, 275—358. K H, 589 ff. 

585. ©on ben le&ten Sorten DaoibS. 

W (Sri. 37,1—104. K n, 589 f. 

586. ©orrebe ju ©iblianberS Ausgabe beS Äoran. 

W ©tub. u. Ärit. 1913, 129—134. 

587. ©oriefung über 3ef. 9 (erfdj. 1546). 

W Erl. el. 23, 303—438. 

588. ©anbgloffen ju (SraSmuS, Apophthegmatum opus, 1541. 

3eitfdjrift für fir<pd)e Siffenfdjaf* X (1889) 599—604. 

589. ©rebigten. 

W 49, (XXXI) 271—293. (Sri. 20, I*, 513—523. 
(SnberS 15,157—159. 


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62 


590. ^auSpoftille (in SB. $)ietri<$8 $ta8g. 1543, in ©. Sftörer81559). 

W 52, (VH) 1—733. Sßaffio (1545) 734—827; öu8 
«Rörer:-828—842. (Sri. 2 1—3 ($ietri<$), 4—6 (SRörer). 

591. «Briefe: <Snber8 15, 82—305. 359—361. (Sri. 56, 43—72. 
238—242. LVTI—LXI. 

592. ßieber: 2)er S)u bift brei in (Sinigfeit. SBom Fimmel fam 
ber (Sngel ©djor. 

1544 

593. 2)i8putotion öon £I)eob. $abriciu8 u. ©tani8l. Sftappagelanu8. 

W Drews 752—781; (Corp. Ref. 12, 

529-532. 520-524). 

594. 3)i8putation öon ©eorg 9Kajor unb 3olj. ^aberiu8. 

W Drews 781—830. Erl. va. 4, 470 

—473. K H, 592. 

595. SBorlcfung über 3»ef. 53 (erfd). 1550). 

W Erl. el. 23, 443—536. K II, 588. 

596. u. 1545. $ur$e8 S8efenntni8 öom I)eil. ©afratnenf* 

W (Sri. 32, 396—425. K n, 583. 

597. Sßrebigten (j. %. gebr. 1564). 

W 49, (XXXII) 294—651. (Sri. 20, II 2 ,1—49. 49—81. 
86—104. 313—334. 334—355. 81—86. 105—161. 
161—211.218—243.244—266. K II, 573 f. 

598. SBriefe: (Snber815,306—361; 16,1—156. (Sri. 56,72—122. 
242—244. 

1545 

599. ®i8putotion öon Sßetru8 Hegemon. 

W Drews 831—902. Erl. va. 4, 476—480. 

600. SEBelfdje ßügenfdjrift öon D. 9K. ßutljer8 Stob, $u SRom 
au8gangen. 

W (Sri. 32,426-430. CI. 4,388—391. 

K n, 602 f. 


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63 


601. Contra X X XTT articulos Lovaniensium theologistaram 
(bgl. Erl. va. 4, 480—486). 

W Erl. va. 4, 486—492; beutfd): (Sri 

65,169—178. CI. 4, 392—398. K II, 609. 

602. SBotrebe ju 93b. I bcr Opera Latina ber Sßittenberger 

Sluggabe. 

W Erl. va. 1,15—24. CI. 4,421—428. 

K 1,186; II, 593f. 

603. Söorrebe ju Valentin 93abftg ©efangbud). 

W (Sri. 56, 366—368. 

604. 9leue 93orrebe $utn Sßfalter. 

W Bibel Sri. 63, 32—34. 

605. Siber ba8 ^ßopfttum ju 9tom, öont teufet geftiftet. 

W (Sri. 26 J , 131—152. Br. 4, 117 

—248. KH, 600 f. 

606. 93erfe ju (Sranadjg ©pottbilbern. 

W 2)enifle*2Beifj, Sutfjer unb Cutter tum 

1,836 ff. K 11,602. 

607. 93orrebe ju „^apfttreuc ^abrtant VI. unb Sllejanberg III. 
gegen ßaifer griebrid) 93arbaroffa." 

W (Sri. 32, 358—396. K H, 602. 

608. 2)tSputationStf)efen de unitate essentiae divinae. 

W Erl. va. 4, 472—476. K II, 592. 

609. Sin Äurftirften ju ©a<f>fen unb ßanbgrafen $u Reffen öon 
bem gefangenen $er$og $u 93raunfdjtoeig. 

W (Sri. 26 2 , 251—281. CL 4, 399 

—420. be Sette*©eibemann 6, 385—410. K II, 612. 

610. 93orrebe jur neuen Sluggabe beg 93ifitatorenunterricf)tg. 
f. 1528 SRr. 313. 

611. 93orrebe ju 93b. II ber 2)eutfd)en ©Triften (erft 1548 er* 
fdjienen). 

W (Sri. 63, 407—417. 


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64 


612. ©rebigten. 

W49, (XLYI)652—805; 51,(VII) 1—106. (Sri. 2011*, 
267—303. 303—312. 330—334.350—363. 363—375. 
375—393.409—426.427-436.437—454; 19*,416—426. 

613. ©riefe: (SnberS 16,157—364. (Sri. 56,122—147. 244f. 
LXI—LXV. 

1546 

614. ©rebigten (eine gebr. 1549). 

W 51, (XI) 107—196. (Sri. 20, II*, 455—470. 482 
—501. 471-482. 501—574. Br. 5, 94—114. 

615. Sefcte unöoHenbete ©treitfdjrift gegen bie ©orifer unb 
Sötoener (tjerouggegeben non ©udjtoalb 1882). 

W KU, 609. 

616. ©riefe: (SnberS 17,1— . (Sri. 56,147—165. 2)e ©Jette 5, 
773—798. 


©prüdje in ©ibeln unb ©oftitten getrieben. 

W (Sri. 52, 287—398. 399 f. Br. 6, 

411—419. 

©eiftlidje Sieber. 

W 35 (Sri. 56, 241—370. 

©riefe in ©uSttwljl Br. 8, 309—468. 


©eridjtigung. 

S)ie Disputatio circularis Ohr. 55 ift biefelbe toie Ohr. 45 
Pro yeritate inquirenda; baljer ift Ohr. 55 ju ftreidfjen. 


®rud oon ©jrljatbt ÄatraS ©. m. b. £>. in §aUe (©aale). 


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3ttici 6trafoburger 'Heben 

$ur 

Heformationsfubelfeter 


ßuö>er 1517 

Hon Sobannes Sieber 

S)ic Straßburger Deformation 

Hon fi« Hnricb 


Öetpjig 

Herein für Heformattonsgefcbicbte 

(Dubolf ßaupi) 

1918 


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©djriften 

be$ 5Berein§ für ffteformatioti8gefcf)id)te 
«Kgaim XXXVL 1 ; @tücf 
9h. 130 


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©ebädjtnisfeiern begehen wir, nicht um ßeblofeS ju einem 
flüchtigen $)afein in unfere ©ebanfen ju rufen. $)eS Sebenbigen 
gebenfen mir, baS einft in ber ©efd}icf)te neufchaffenb gemorben 
ift unb ba$ mie ein lebenbiger Strom baher fließt. $aS ßebenbige 
grüßen mir, um uns ber ©emeinfehaft mit bem Seben ju oer= 
ftchern unb um uns ber Urfprünge beS Seften, maS mir in uns 
tragen, bemußt ju merben. hinauf menben mir ben Stid, bort* 
hin, mo aus ben fjirnen quettenb reine SBaffer fich in unergrünb* 
lieh tiefen, ftillen ©een fammetn, in bie ber #immet unb ber 
Serge Häupter eintauchen bis auf ben tiefften ©runb. 2Bir feiern 
baS ©roße, um uns oon ihm emportragen ju taffen ju ben emigen 
Urfprüngen unb um $ag unb SSerl mit frifchem Obern ber ^ötje 
unb beS Urfprünglichen bureßbringen ju Iaffen. SSann hoben 
mir uns fehnfüchtiger banach als in biefem Saßre? Niemals 
fiel bie Saßrhunbertfeier ber ^Reformation in fotche lampfburdhtobte 
3eit, mie ©chmereS auch unferem Solle bei ber erften beoorftanb 
unb bei ben anberen noch nadjjitterte. 

Serfcßieben bie 3eiten, öerfeßieben audh wie bei allem jum 
SBefen ber SRenfcßßeit gemorbenen ©roßen unb IReicßen, maS 
jeher ßeit als baS Eigentümliche unb baS SCBicßtigfte ber ^Reformation 
erfeßien. Unfer ßeitalter, baS bie gefchichtlichc SEBirflicßleit in ber 
gorm beS SßerbenS ju begreifen fudht, h at begonnen, bie $Re* 
formation aus ihren gefchicßtlicßen SorauSfefcungen $u oerftehen. 
2)arum ift auch bem SEBerben ihres SegrünberS eiferüolte unb 
gefeßtoffene Slufmerlfamfeit jugeroenbet morben. $>ie 3 eu 9 niffe 
über ben ^Reformator oor ber ^Reformation, in ben lefcten Igaßr- 
jeßnten mieber belannt gemorben, beleuchten heller bie erften 3aßre 
feines geiftigen ©dhaffenS unb feine einem erften Slbfcßluffe ju* 
ftrebenbe Entmidlung. ÜRocß finb fie nicht alle mieber erfeßtoffen. 

l* 


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4 3of)<wine3 grider, 

KuS bcr Sorlefung, bic er im 3af)re beS SeginneS ber Deformation 
hielt, mag fyeute ^ier eine Dei^e feiner Sorte jum erften 2Me, 
feit er fie oor feinen $örern gefprodjen ^at, rnieber taut merben 
unb öerftefjen Reifen: fintier 1517. 

Km Knfange beS 3at)re§ 1517 fcfjtofj baS lefcte mittelalterliche 
Äonjit. ©§ h at bie ^öc^fte ©emalt unb bie §eil8notmenbigfeit beS 
SapfttumS, fo tote eS einft auf ber $öt)e beS SRittelalterS feft* 
gelegt morben mar, in oottfter fjorm erneut. ®ie beiben Sßäpfte 
finb bie Setter beS $on$il$ gemefen, bie bie Denaiffance ju 
glänjenbfter ^enfdjaft geführt t)aben. KlteS unb DeueS ift t)ier 
jufammen unb ftarfe ©egenfäfce ftofjen auf einanber. ©o ift es 
auf ben oerfchiebenen ©ebieten beS ftaatlicfjen unb mirtfd)aftttcf)en 
Sebent, in ©täbten unb ©tänben, in Siffenfchaft unb Äunft. 
©o ift e$ in ber Äirdje unb grömmigleit. ©in auf$ f)öd)fte ge» 
fteigerter ©ifer treibt bie ßeit: „ein jebermann molt gen Ijimt." 
Unüberfehbar ber Deichtum an Sauten, Süchern unb Silbern, 
ber $um größten Slett t)ieraug gemachten ift. Deue Knbachten unb 
©ebete, ^eilige unb Reliquien genügen taum bem Sebürfniä nach 
Serficherung be$ ©migen. ©chroerer ©rnft breitet ficf) auS. S)ie 
SßaffionSbilber fte^en ooran, an ßat)t unb in gefteigerter ©chilberung. 
®ie SWutter, bie ben toten ©ot)n auf ihren Änien liegen ^at, ift 
ba$ eigentliche ©nabenbitb gemorben. ©hrifti Seiben erfc^eint 
immer umfaffenber als ber ©runb unb baS ÜJiittel beS |>eile$, 
unb in beS ©rlöferS Sarmt>er$igfeit Oerfentt fidj innige ftrömmig» 
feit. 2)aS Silb beS ©efreu$igten mar oor bem Kltar unb auf 
ber Äanjel, in ber $eHe unb an Segen aufgerichtet, unb bas 
Sunber ber Sanbtung, ber unmittelbaren Sereinigung mit bem 
©öttlid)en, murbe fidjtbar in ber ©rfcheinung beS ©chmer$en8manne3 
auf bem Kltare. 3)em ©terbenbeu mürbe ber ©efreujigte in 
Sort unb Silb oorgehalten, unb an bem Ringer beS Säufers, 
ber auf ben am Äreuje meift — fo erfchütternb oon bem elfäffifchen 
SReifter ber Äreujigung gemalt — lp n 9 ber Slicf ber frommen. 
KtS Süjjer oor bem Äreu$e bargefteUt, meifen Zeitige ben Seg, 
unb baS alte f )oty unb tyxbe Sort erneut füh im ÜRunbe beS 
großen ©trapurger SWünfterprebigerS: baj? baS ganje Seben ber 
©hriften Sufje fein müffe. 


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Sutljer 1617. 


5 


9licpi? aber, Wa? in ben lebten üftenfcpenaltern bes SJiittel* 
alter? fo an Umfang unb SBirfung gewonnen patte, wie bie $16« 
(äffe, ©ie untjogen unb burepgogen ba? gefamte Sehen in Äircpe 
unb Älofter, in Säubern unb ©täbten, im $aufe. 3Rit ihrer 
$ilfe finb bie meiften größeren ©auten errietet worben, Äircpen, 
Spitäler, audp Teicpe unb ©rüden, ©ebet unb ©etradptung oon 
©ilbern, ©efwp oon ©rebigten unb Slnbacpten war mit ihnen 
oerfnüpft. ©epte unb unechte Slbläffe oon teilweife ungeheurer 
$tn?bepnung werben in ©ebetbüdpern unb ©ilgerbücpern, auf 
Flugblättern unb ©rabfteinen oerfünbet. ©ie hatten mit ber 
$tu?bepnung burch bie ©äpfte auf ba? ^egfeuer jept ihre pöcpfte 
ßraft erlangt. Tie großen ©äpfte ber SRenaiffance oon bem @r* 
bauer ber ©ijtinifcpen Kapelle an paben gerabe mit ihnen ihre 
religiöfe äRadptfteHung gefteigert unb überall wie gegenwärtig ge* 
macht; fie hoben ben SReicptum ber ©naben fortbauemb gemehrt. 

©on 9tom war, wie wir jept erft wiffen, Sllbrecpt oon 
©ranbenburg für feine firdplidpen ©ebiete — faft palb Teutfdp* 
lanb — ber Subelablajj gum ©au ber ©eter?fircpe angeboten 
worben, um ipm bie ©ntrieptung ber Tajen für feine neugewonnene 
fircplidpe SBürbe ju erteiltem, ©ine bi? bahin einzige öeftimmung 
be? Slblaffe? unb in einer ungewöhnlichen seitlichen unb — in 
ber ©iltigfeit für gaplreicpe Territorien — nodp niept bagewefenen 
geograppifepen $Iu?bepnung. 3n ber $tnweifung be? Äurfürften für 
feine Slblaftfommiffiare war gegenüber ber bi?per fepon übliepen 
©rafi? bie SBirfung be? Slblaffe? auf? pödpfte gefteigert: er gewährt 
bie pödpfte ©nabe, bie oolle ©eligfeit; ben ©eelen im Fegfeuer wirb 
burdp bie ©elbfpenbe mit ooHer Sicherheit geholfen; hierfür unb für 
bie ©ewinnung be? größeren Teile? ber anberen überfcpwenglicpen 
©naben, ift SReue unb ©eiepte niept erforbert, nur bie oorgefepriebene 
©elbfpenbe. Tamit war ber SBeg gur ©eligfeit noep mepr erleichtert. 
Sßo ber Subelablafj oerfünbigt würbe, trat bie orbnung?mäfjige 
©rebigt be? ©oangelium? gurüdf ober oerftummte gang, unb ba? 
babei aufgerichtete Slblafjfreug galt al? wirfung?fräftiger al? alle 
anberen Sfreuge. ©erabe im $luguftinerflofter gu ©rfurt patte 
ber $lblafj feinen gelehrten Anwalt unb eifrigften fcpriftfteUerifcpen 
©erbreiter gefunben. Tie Ttbläffe beftimmten aHmäplicp fo um* 
faffenb ba? Seben, bajj jene? 3eitalter oon einem ber ßeitgenoffen, 


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6 3olj«nne£ Arider, 

bcr beit SKeltlauf nach bcr ßahl bcr ©djöpfuugltage in Epocheu 
überblidt, bal bcr Slblajjgnaben genannt wirb. 

9tof)e ftanben bie ©egenfäfce beicinanber. Sie fdjolaftifdje 
5:^eotogie tag üielfad) mit fidj im «Streite. Sei bem fdjo« 
laftifcpen ßehrer ßutherl felbft ftanb bie alleinige SBiflenS* 
entfdjeibung ©ottel über ben äHenfchen jufatnmen mit einer 
ftarfen ©chäjjung ber Eigenfraft unb bei freien SBittenl bei 
SDtenfdjen. Sluguftin hatte f)ier fdjon toieber eine Stätte gefunben, 
unb fcfjon begann bie Stbel, bie in jahlreidhen Überfe|ungen 
oerbreitet war, fid) oerein^elt toieber eine ©teile in ben Sorlefungen 
neben ben f<f>oIaftifcf>en $u fiebern. Slber ber Stulgang bei ÜKittel« 
alterl brachte auch Serbote, bie Sibel ju überfepen unb Über« 
fefeungen in ber SoIflfprad)e ju bruefen. 2Bie innerlich bie Geologie 
unb grömmigfeit ber ÜERpftif! SDät intern praftifd)en ßebenljuge 
hat fie toieber ben einfachen fittlichen Pflichten bei ßebenl Sin« 
erfennung gegeben. 2Bie üerperfönlidjt fid) toieber bie Religion! 
SIber bie Äirdje hat auch bal ganje ßeben an bie ©aframente 
gebunben, all an unumgängliche, bie perföntidje ©idherheit gebenben 
SUtittet ber ©nabe, butdj bie bie ©ünbe jerftört unb bal neue 
ßeben eingegoffen wirb. SGBie fjängt gerabe bie mtjftifdje grömmigfeit 
mit ihrem Srange nad) fonfreter Stnfdjauung auf bal engfte mit 
ber Serfinnlidjung unb Seräufjerli<fjung jufammen! 333te ftarf in 
bem oielen Sun ber ßeit bal $ufjerliche unb Sttechanifche! Söie 
beherrfchenb ber Serbienftgebanfe! Unb gerabe bie Slbläffe bringen 
ftarfe Söiberfprüche. Ser ©ebanfe ber Einheit unb ber ©emeinfdjaft 
ber ©täubigen toar it)r feierlicher ^intergmnb. Suttner ftärfer 
trat aber bal $ufjerlid)e in ber Slblafjprafil fierüor. Serjtoeiflung 
erfaßte mannen Ernften im Slicfe auf ben ftrengen iftichtergott. 
Shr toirfte entgegen, ^odjgepriefen, bie grofje Erleichterung, bie 
bie Äirche ben ©Triften in ben Slbläffen gemährte; aber auch bem 
Seidhtfinn unb ber ßeichtfertigfeit toar bamit bie Sure geöffnet. 
Um fo mehr all bal Solf, irregeführt noch befonberl burd) bie 
Übertreibungen ber Slblafjprebiger, bie üerfchiebenen, in ihrem 
©ebrauche unb ihrer Sebeutung toechfelnben Slulbrücfe bei ber 
Slblafjgetoährung bahitt oerftanb, all fei ber Stblafj nicht nur 
Sfnrecht auf ©ünbenoergebung, fonbern felbft Vergebung ber 
©ünbe. Um ©elb! Sie Serbinbung ber fachlichen ©naben 


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fiutljer 1517. 


7 


mit bcm ©etbe, ber ^abjüd^tige ÜRifjbrauch, bet hierbei getrieben 
mürbe, hotte fchon feit alter $eit tjeftigften Unmillen gegen bte 
Ablafjfpenber erregt, ©erabe in 2)eutfd)lanb, mo feine ftarfe 
DeichSgematt gegen bie Ausbreitung ber Abläffe auSreidjenb 
fchüfcen fonnte, erhoben fidj erbitterte Älagen gegen bie Abläffe 
unb brohenbe Sortierungen. Uub bo<h maren zugleich mit bem 
Abtaffe für St. Bieter mieber eine ganje Anzahl anberer in 2)eutfdfj* 
taub auSgefchrieben. 9C8ät)renb man öor bem ißapfte mit ^o^er 
©^rfurd^t ficf| beugte, mürben gegen bie fpri<hmörtli<h gemorbene 
römifdfje @elbfucf|t unb bie ©elbauSbeutung 2)eutfchlanb3 bie 
jornigften Stimmen taut. 2)iefe Stimmen maren immer leiben* 
fd£)aftlicf>er, bie ©egenfäfce immer fcf|ärfer gemorben, fie fpannten 
fi<h jefct aufs äufjerfte, unb mä^renb jugenbfrifdf) unb gegenmartS* 
froh Denaiffance unb Humanismus ben jungen £ag grüßten, 
breitete fiel) eine fernere, fdjmüte Stimmung in ben firdjlidjen 
Greifen auS, mie nur je am Dorabenb größter ©rfchütterungen. 
$)ie alten unb bie mittelalterlichen Propheten fteljen mieber auf, 
in ununterbrochener S°^9 e »wben gerabe in ben Satiren öor 
1517 bie alten SBeiffagungen mieber öerbreitet. Seit ©enerationen 
mar in ber Äirche Deformation geforbert morben, auch jenes 
lefcte Äonjil hotte eingeftimmt. 2Bar bie $eit bis in ihre liefen 
erfd£)üttert, fo fonnte aber bie Deformation, bie not mar, nur 
auS ben lebten liefen beS SebenS, auS bem religiöfen ©runbe 
herauffteigen. Sene fßroph^eiungen miefen auf beftimmte Kröger 
ber Deformation hin: einen Äönig, einen ^ßapft, baS befi|tofe 
Settelmön<htum, unb in Dom felbft ging bie Debe, bafc ber 
Deformator ein Auguftinermönch fein merbe. 

Dirgenb ftanb am beginne beS neuen SohthnnbertS fooiet 
unb oöHig DeueS hrcaufmachfenb mit bem Alten jufammen mie 
in äBittenberg. An Stelle ber alten ärmlichen Stabt erftanb htet 
eine neue, fteinerae: bie tanbeSherrliche Defibenj follte fich mürbig 
barfteUen, fie follte aber auch religiöfer, geiftiger unb fönftlerifcher 
ÜJtittelpunft SachfenS merben. ©in neues Schloff entftanb; halb 
mürbe es noch öergrö^ert. 3)aS Atterheiligenftift erhielt einen 
großen Äirchbau. S)ie erfte Schöpfung beS SatjrhunbertS mar 
bie Uniöerfität. ®ie erfte beutfdje Hodfjfchute, bie ohne 9Dit* 


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8 


$of|anne$ gfidter. 


wirfung ber geiftlicfeen ©ewalt gegrünbet worben ift; erft nach* 
fraglich Hefe Äurfürft ftriebriefe ftc non ber Äircfee betätigen. Stucfe 
fte mufete halb oergröfeert werben. SSeitere Neubauten entftefeen. 
©erabe 1517 war bie Stuguftinerfircfee bis auf bie fjunbamente 
niebergelegt, rrm neu aufgebaut ju werben. (Srfte Äünftler hatte 
ber SanbeSfeerr für bie SluSfcfemücfung beS ©cfelofeeS feerangejogen. 
Salb Hefe [ich ßufaS ©ranaefe in SBittenberg nieber, unb feine 
SBerfftatt würbe eine ^ftegeftätte für bie oerfefeiebenften fünft* 
lerifcfeen ©ebiete. Sluch ber Sucfebrucf begann ftefe feier einjuriefeten. 
©ie IRenaiffance war in Sacopo be' Sarbari perfönlicfe an ber ©Ibe 
erjefeienen, unb ihre Äeime waefefen allmählich burefe bie reifen 
fpätmittelalterlicfeen formen feiuburefe. Slucfe ber Humanismus 
hat fefeon frühe fchücfetern feine ©timme erhoben. ©ie Unioerfität 
war aber ganj mit ber überfommenen Sßiffenfcfeaft oerfnüpft: alle 
brei fcfeolaftifchen ^Richtungen finb feier oertreten gewefen, unb mit 
ben Älöftern unb bem JlHerfeeiligenftift gehört fte in ber gunbierung 
ihrer ßeferftellen jufammen. ©ie fjerjöge fjriebricfe unb Sofeann 
pflegten in ber ftrengen ©ewiffenfeaftigfeit ihrer ßtrt bie tirchlicfee 
fjrömmigfeit in ber ererbten SBeife. ©ie bereicherten üor allem ben 
SRarienbienft mit neuen Stnbacfeten unb mit Silbwerf; ja bie 
Sereferung aller ^eiligen würbe $u einem faft nicht $u überbietenben 
Umfange gefteigert: ber niete taufenbe Reliquien umfaffenbe ©tfeafe 
würbe nur noch non ber fReliquienfammlung beS ©r^bifcfeofS SUbrecfet 
in £alle übertroffen; in bem Saferjefent bis 1520 würbe er in 
unauSgefefeter ©ammeltätigfeit noch um baS Sierfacfee oermehrt, 
©amit war ber Stblafe in höcfefter Blüte. 3Ran meinte angefiefets 
foldher ©nabenfcfeäfce, in IRom felbft ju fein, ©er ßlbtafe ftanb ge* 
wiffermafeen auch an ben Anfängen ber ^ocfefcfeule. 3 ur Betreibung 
beS HbtaffeS war ber Segat nach ©eutfchlanb gefommen, ber bie 
©rünbung ber Unioerfität beftätigte. (Sr oerlieh auch ber Silier* 
feeiligenfirche neue ©naben, unb in ber fjfolge betrieb ber SanbeS* 
feerr unabtäffig bie ©ewinnung weiterer unb erlangte im Safere 1516 
eine neue, ungewöhnliche StuSbefenung ber Slbläffe. ©afür würben 
anbere ferngefeatten. ©er Vertrieb beS ßtlbrecfet oon 3Rain$ über* 
laffenen SlblaffeS würbe für baS fäcfefifcfee ©ebiet niefet genehmigt. 
Sn ben ©ienft ber Slblafegnabe [teilte fiefe auefe ©ranacfeS Äunft. 
©eine ©arfteßungen SohanneS beS ©äuferS unb anberer ©üfeer 


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utljet 1517. 


9 


führen bie |>errfcgaft beg Buggebanteng oor Äugen. 2)ec auf» 
fteigenbe SBeg jum -pimmet felbft mirb. oerbitbticgt, auch bie 
anbäcgtige Betrachtung beg ©efreujigten allein. SMe Beregrung 
beg ®efreu$igten ^atte ffriebricg mit neuen Äbläffen fteigem 
rooüen, unb im Sagre 1517 lieg er auf feine ÜRünjen bagßreuj 
fegen mit ber llmfcgrift: 2)ag Äreuj Sgrifti unfer #eit. Schon 
aber taffen füg fritifcge Äeugerungen gegen bie Beliquienoeregrung 
gören, unb aug bem Streife beg $umanigmug mären auch ftüge 
Angriffe gegen bie Unmiffengeit in ber Kenntnis ber Bibel unb 
ber biblifcgen Sprachen erfolgt: fie erneuern fug gegen bie 
fcgolaftifcge Bgitofopgie unb Xgeologie unb forbern gleichzeitig 
bag fiefen beg Soangetiumg. Sutger mar an biefen in bie 
literarifcge Deffentticgfeit getragenen Angriffen nicgt beteiligt. Äber 
er ift bocg fcgon 1517 im Borgegen gegen bie Scgotaftif unb in 
ber ffürforge für bie geilige Schrift bie fügrenbe unb ftügenbe 
^erfönticgfeit gemefen. 

3ln öielfeitigfter, gefteigerter unb feine Äräfte oöQig an* 
fpannenber Sätigfeit trat Sutger in bag 3agr 1517 ein. lieber 
feine gelle ginauS gatte er im Ätofter unb im Drben Pflichten 
übernommen. Sr mar Settor im Ätofter unb Begeng ber Stubien; 
er prebigte in ber Keinen Bötlinge ber Äuguftiner; er mar 
Bifar beg Drbengbiftriftg, unb ju feiner atabemifcgen unb feiner 
Orbengtütigfeit mar igm bag Ämt atg fßrebiger an ber ^ßfarrfircge 
übertragen morben. geitmeitig prebigte er täglich, i a megrmatg 
am $age. ^erfönticge Berbinbungen nach äugen pflegt er in 
regem, fachlich unb perfönticg tebgaft eingegenbem Äugtaufcge, fcgon 
bamatg einer ber erften Brieffcgreiber aller geiten. 2>er SDojent 
ift in feiner SBirtfamfeit ftetig in bie £öge geführt morben $u 
oolter miffenfcgaftticger Sicherheit, in ber SBetgobe ber Äugtegung, 
in felbftänbiger Bermertung ber alten unb ber neuen $ifgmittef. 
aucg bie neueften ffortfcgritte ber SGBiffenfcgaft nügenb, mit 
macgfenber Begerrfcgung ber ©runbfpracgen ber Bibel; er ermeitert 
ftetig fein ©eficgtgfelb: fegt fagt er über bag ©ebiet ber lateinifcgen 
Scgriftfteller ginaug nocg fefter gug in öer griecgifegen tireg* 
liehen ßiteratur. 3)amalg gräjifiert er — oorübergegenb — 
feinen Barnen. Sieger fegreitet er aueg in ber firegtiegen B^;tg 


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3o$anne8 gicfer, 


oorWärtS: einfacher werben bie fräftigen Sßrebigten, auf baS, was 
innen unb außen not ift, gerietet; barunt fjatte er auch alSbalb 
begonnen, pfammenfaffenb über bie (Steinente beS retigiöfen unb 
fütlichen Unterrichts ju prebigen, über bie je§n ©ebote, bann 
über baS Vaterunfer. 2)er Sßrebiger wirb $um @r$ieher. 3Äit 
ben ©rfotgen feiner $ätigfeit unb in ber Serbinbung ber wiffen* 
fchaftlichen unb praftifdjen Arbeit fügen fidf) bie äußeren Vor- 
auSfepungen für feine große ttHiffion jufamnten. ßugfeidj aber 
fließen fiel) bie inneren $u wadffenber Klarheit in einanber. 
Sn bie großen ©ntf(Reibungen feines SebenS war er gegen feinen 
Sitten geführt worben, ©erabe in bent Siberftreben, baS er 
entgegengefept, hatte er ben fydtytm Sitten erfannt, ber ihm 
gegenüber ftanb. Sm SBlifc unb Setter hatte ©ott ihn ins 
Ätofter berufen. 2)ie Dbebieng, bie er bem Drben gelobt hatte, 
ging mit ihm als ©tücf feines SefenS, feines ©taubenS. $lu$ 
©ehorfam gegen feine OrbenSobern würbe er nach h e fti9 ein ©träuben 
$oftor ber £h eo I°9i e » unb bem ©ebote beS DrbenS fich nur mit 
Siberftreben fiigenb, hat er bie Vortefungen über bie heilige Schrift 
begonnen, benen er fich nicht gewachfen glaubte. Stud) mit bem 
«ßrebigtamte im Ätofter wie in ber Stabt ift er gegen feinen Sitten 
betraut worben, tttun erwädjft ihm aus bem Verufe als Sßrofeffor 
ber Schrift unb 2)o!tor ber Schrift wie atS Vrebiger bie befonbere 
Verpflichtung an baS ©otteSwort, aber wie er baS ©otteSwort 
oerftanb: als wirfenbe SebenSmacht. Stuf baS ßeben hatte er baS 
Schriftwort in feiner wiffenfchaftlichen Arbeit angewenbet, um biefeS 
ganj oerftänblich ju machen. S)ie Stnwenbung auf baS ßeben 
im großem Umfreife gebot unmittelbar fein neues Statt. Snnete 
tttotwenbigfeit unb äußere Nötigung trafen jufammen. ttton 
oott§ief>t fich mit bem äußeren gortfehritt ber innere, fiuther ift 
mit bem Vewußtfein in baS entfeheibenbe Sah* eingetreten, baß 
ihm perfönlich bie große Stufgabe an bie $eit gegeben ift. „Sch 
bin überzeugt, baß ich bem $erm ben $ienft fchulbe, jur ^eiligen 
Schrift ju führen, ©in anberer würbe fich fürdfften ober er 
fänbe feinen ©tauben." „2Rein Statt ift: ju fagen, was ich 
nicht redht finbe, auch bei ben mir Uebergeorbneten." StamatS 
nahm er fein Sieget an, baS fprechenbe „SWerfjeichen feiner 
Theologie". 


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üutljer 1517. 


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$)ag ©epräge beg SRanneg unb feineg SEBerfeg fleht fcßon 
in fixeren ßinien ba. Elber bie ßinien Ratten ficfj bocß nur 
»erlieft unb »erftärft. ©o unbeugfam feftgejogen wie bie etfigen 
Konten feine« gewaltigen Äopfeg ift »on Einfang an beftimmt 
umwogen bie Etrt unb Elufgabe biefeg religiöfen ©eniu«: mit ber 
in« ©roße gefteigerten ©infeitigfeit beg ©eniug ift bei ißm alleg 
auf bag ©ine fonjentriert: bag |>eil, bag abfolute ©erftänbnig 
ber Religion, bag ©»angetium »on ber unbebingten ©nabe ©otteg, 
©briftug; unb bamit fdjließt fich feine EJatigfeit jufammen in ber 
©ibel. 9Kit bem tarnen Sefu öberfd^reibt er feine ©riefe. Sn 
feinem fßetfd>aft ift bag Äreuj als (Siegel bem auf bem ©runbe 
ber SRofe rufjenben $er$en aufgelegt $ur fortbauernben ©rinnerung 
an ©briftug, alg Zeichen beg ©cßupeg, jugleich aber and) beg 
EBornenwegeg, auf bem ber GIjrift geben muß. SEBenn er alg 
SJtann ber Drbnung in feiner Orbengtätigfeit auf «Strenge unb 
©eljorfam hält, fo fpricfjt bocE) bie SDienftbarfeit an ©ott in ber 
ßiebe bag lefcte SEBort, unb* bie fucßenben ©rüber meift er auf 
ben @efreu$igten allein, ©eit er fßrofeffor War, lag er nur über 
biblifcße ©ücßer. ©r wählte bie, in benen er feine ^eilganfcbauung 
am beftimmteften auggefprodben fanb, näcbft ben fßfalmen bie unter 
ben ©riefen beg Elpofteig fßaulug, bie ©erecßtigfeit unb ©lauben 
am fd^ärfften unb fiarften barftellen. Sn feinen fßrebigten be* 
banbette er nur noch bie ©ibet. Unb in feiner wiffenfdf)aftlicf)en 
Elrbeit an ber ©dbrift ift bag religiöfe ©erftänbnig bag eigentliche, 
bag leßte. ©ein ftarfer unb feiner ©inn, im Zeitlichen formen 
unb £>inweife auf bag ©wige ju erfennen, finbet f)ier feine 
fich felbft aber immer fixerer eingrenjenbe Elufgabe. SCBobl ift 
ihm grammatifcbe ©rftärung unerläßlich. Elber ©wige« ift nur 
au« ber religiöfen ©rfaßrung $u »erflehen, ©hriftug unb ©otteg 
©nabe in ber ©dbrift erfennen, fann nur ©ott geben, ber fein 
SEBort felbft gegeben bat- „©laube bag mir, ber’g erfahren bat.“ 
©on fotch feftem SEBege aug lehrt fich ber gefdhärfte ©lidf in« 
SEBeite. 2Rit ftarfer Äraft fucßt, fieht unb jiebt er an fich bag 
ihm ©leicbartige bei ben Theologen beg Elltertumg unb beg 
SKittelalterg. fßaulug unb Eluguftin finb ihm gan$ jum 
innerften ©efifce geworben. Sn feinem ßebrer ©taupifc h ft t *r 
neben fich ben lebenben ©ewährgmann. Sn Xauler, bem großen 


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12 


Soljanne* gicfer, 


Strafjburger fßrebiger, lote in ber Meinen granffurter Schrift, bie 
er eine „bcntfd^ Theologia" nannte, erfat> er bie ©runbgebanfen 
be§ SoangeliumS. TaS beutle (Schrifttum mirb ihm tebenbig. 
Sr forgt für bie Verbreitung biefer ÜEBerfe, auch ber ©Triften Dort 
Staupip. SS oerftärft ftch ihm bie Sicherheit feines VemufjtfeinS 
unb feiner reformatorifchen Slufgabe. Sr tritt heraus in ben 
UmtreiS ber geiftigen Sßirffamfeit beS TrucfroorteS, in bie Öffentlich* 
feit, gmeimal in turjer grift, auf bem Titelblatt baS Vilb Shrifti, 
gab er jenes Vüdjlein h^auS. SS mar ber erfte beutfche Sitten- 
berger Trucf. 2Jiit frohem Stolze erfüllte eS ihn, bafj eS ein 
beutfcheS Serf mar. Teutfdj mar biefeS fein erfteS Trucfmerf. 
SS mar mie ein Verfuch, mit bem er feine ßurüdhaltung über 
manb, auch Schriftlich mit ben Sorten ber Vibel jutn Volte 5 « 
reben. Teutfch ift feine erfte eigene Schrift, fürs Volt getrieben: 
bie Überlegung nnb Srflörung ber fieben Vufjpfalmen. Ter 
Anfang ber beutfchen Vibel SutherS, feine Sprache fdjon in be- 
ginnenber SDteifterichaft, noch in ©ebunbenheit an ben Vudjftaben, 
aber mit üoüer Äraft unb Snnigfeit. TaS ©anje ganj im Tone 
beS Voltes, eine .ßmiefprache jmifchen ©ott unb SKenfd), grofj 
unb einfach, gonj nur aus Schrift unb Srfahrung gefprochen, 
baS erfte Stücf reformatorifchen Schrifttums. 

Ter fo feine Slufgabe an fein Volt ju erfüllen beginnt, mar fchon 
ber führenbe 2Rann an ber Unioerfität gemorben. Sr trat in baS 
Srbe öon Staupi| ein, au<h in ber Sorge für bie ^odjfchule. 2Rit 
ftarfem Vachbruc! fe|t er fid) für bie Turchführung feiner Theologie, 
ber Vibel im afabemifchen Sehrptan ein. 9J?it fidlerer Äritif an 
fdjolaftifchen Trabitionen, mieberum gerabe an ber Vufjlehre hatte 
er ftch i> en gebahnt. Schon ift auch in einer oon ihm ge¬ 
führten afabemifchen TiSputation ber erfte gefdjloffene Vorftofj gegen 
bie $eitstehre ber fdjolaftifchen Theologie erfolgt, unb mit teiben- 
f^aftlicher Sntrüftung geht er baran, in befonberer Siberlegung 
SlriftoteleS, ben pjtlofopjifdjett ©emährSmann ber bisherigen Siffen- 
fdjaft, für bie Theologie unmöglich ju machen. Sr leibet gerabeju 
barunter, bafj er mit anfehen mu&, mie bie Veftbegabten an foläje 
Stubien Äraft unb ßeben oerlieren muffen, unb jornige Älage 
erhebt er, bah man bafür an ben Unioerfttäten gute Vächer Der- 


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ßutfjet 1517. 


13 


bamnte unb Derbrenne. @r rnadbt aucb nicht Halt öor beit Häuptern 
beS Humanismus, mo fie öor feinem abfoiuten religiöfen SNafc 
ftabe nid)t beftanben. (Siher nach bem anbern unter ben SEBitten- 
berget ®o$enten fällt ihm ju, auch Äarlftabt, ber bis babin mit 
leibenfdbaftlidbem ©ifer bie ©dbolaftif vertreten Hatte; in feiner 
ungeftümen Art menbet biefer ficH iept fogleicH sunt Eingriffe gegen 
bie fcbolaftifdbe SC^ologie. SSoU greube unb ©iegeSpöerficbt 
fann ßut^er im SRai non ber ^errfcHaft ber neuen Geologie 
berichten. $)aS ©nbe ber ©djolaftif in Wittenberg mar jefct fcboit 
befiegelt, bie Deformation beS UniöerfitätSunterricbtS eingeleitet. 

2 >er junge 3)oftor mar boeb angefe^en in allen Reifen äöitten* 
bergS unb jept fdjon über Wittenberg hinaus. S)ie Dorlefungen 
beS »ergangenen Sabres Hatten ibn auf bie Höb c afabemifeben 
Erfolges geführt. Seid) unerfcböpfltcbe ffüUe ber ©ebanfen 
perfönlicber Urfprünglicbfeit, unmittelbaren religiöfen ßebenS unb 
grübelnben ©cbarffinnS quillt oon Anfang an in biefen Aus¬ 
legungen ber b^iliq^n ©ebrift ju feinen Hütern! SNäcbtig mirfte 
bie Äraft, mit ber er fie anjog. 2)ie ©tubenten hörten ibn gern 
unb beiten feine 2)iftate überaus b»<b; fie folgten ibm mit 93e- 
munberung; er oerftanb eS, mie lein anberer SDojent, aucb in 93er- 
menbung beutfeber AuSbrüde, mit lebenbigfter 2)eutlicbfeit ju reben. 
(Sine Anjabl älterer ©cbüler bereitete fidb unter feiner Leitung 
für bie afabemifeben SBürben öor, unb in feinem greunbe&freife 
ermuntert er gur afabemifdben tbeologifcben Saufbabn. 52Die 
ßoUegen fdjäpten ebenfo feinen @b aTa ^er mie feine ©elebrfamfeit 
unb bie grunbfäfelicbe Klarheit feiner $b eo *°9i e - galt öiel 
beim Äurfürften. Sn religiöfen unb miffenfcbaftlicben fragen 
mirb er für ben H°f um SRat gefragt. SSBieberbolt fdbenfte ibm 
fein SanbeSberr ein neues OrbenSfleib. AIS erfter ber 933itten- 
berger ^b^ologen mirb er auSmärtS genannt, als ßierbe unb fötone 
ber Unioerfität gepriefen. 3)er Sßrebiger mürbe fleißig gehört, 
©ein febarfer @ifer erregte SBiberfprucb, fanb aber audb ßu- 
ftimmung, ba er „ohne Unterfcbieb unb gorebten" ftrafte. ©cbon 
Anfang 1517 öffnete ficH ibm ber Nürnberger ÄreiS. ©eine 
Sreunbfcbaft marb oon belehrten gefudbt. Aber er, ber in 
innigfter ©emeinfebaft unb rüdbaltlofem AuStaufcb ben ffreunben 
lebt, aueb fie gaftlidj in feinem Äloftcr bei fid) fie^t, läfft boeb feinen 


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14 Spannes girftr, 

gweifel über feine innerfte Stellung: alles Sob oerfdjntäijt er. 
333a« ift if)m ©unft? ©otteS ©unft gilt allein. „ ©ott aber 
will allein uns Sreunb f c * n ober garnicht." 

Sn ben wenigen erften Sauren feines SBirfenS h°tte Suther 
bie grofjen ©runblagen einer neuen religiöfen Slnfchauung unb tfjeo* 
logifchen ©rfenntniS in üoHen Umfange gelegt, üon bem gnäbigen 
©ott, oon ber Aufnahme beS SünberS in bie perfönlidje ©emeinfchaft 
©otteS, oon ber Äircfje als ber Stätte beS ©oangeliumS unb ber 
unfichtbaren ©emeinfchaft ber ^eiligen unter bem Raupte ©fjriftuS. 
Schon ift ber ©ebanfe eines allgemeinen fßrieftertumS lebenbig, unb 
bie näcfjften, bie natürlichen fittlichen fßflidjten beS SebenS be* 
ginnen in it»r fjoE»eS 3tetf)t mieber eingutreten. Von bem neuen 
VerftänbniS ber Vufje als Oon ©ott geteufter innerer Umtoanblung 
hatte er ben erften, immer forttoirfenben Anfang genommen, unb 
bafj ©otteS ©erechtigfeit als ©nabe gu uns trete, hotte ihm hctleS 
Sicht gegeben. $)ie abfoluten 9ftaf$ftäbe finb ihm aufgegangen. 
9Rit ber ßufammenfaffung in ber Vufje gab er in feinem erften 
Schriftwerfe bem Volfe baS, toaS er getoonnen hotte, ©otteS ©nabe 
allein, ©h^ftuS allein als Summe unb Sinn ber tilgen Schrift; 
unb bie Stubenten führte er in ben Vorlefungen über ben Hebräer* 
brief, bie er in biefem Sahre ^iett, in gortfefcung ber über ben SRönter* 
unb ben ©alaterbrief, üor baS grofje St^emo, baS er ihm gab: 
©hriftuS unb nichts anbereS foH ber Snholt aller Sehre fein. 
Se^t oerooUftänbigen unb oerftärfen fi<h bie ßüge feiner @r* 
fenntniS; oöHiger meidet alles fftelatiüe gurüdf; baS religiöfe @rb* 
gut ber Vergangenheit, baS er herübernimmt, toirb noch be* 
ftimmter in abfolute Beurteilung aufgenommen: alte formen 
erhalten oöHiger ben neuen Snhalt, ober bie alten füllen fallen 
noch mehr ab, unter benen baS üßeue gefeimt hatte. Sn fchrofffter 
Sfasfchliefjlichfeit ber ©egenfä|e. ©otteS ertoählenbe ©nabe, bie 
SUleS toirft, baS neue Seben oom Slnfang bis gu feiner VoÜenbung. 
„$)u wilt erbarmen ... bu toilt nit anfehen, wie frnm wir fetjn 
wollen, Sunbern wie frum wir aus bir werben wollen . . . baS 
wir bir nichts geben, funbern aHein oon bii> nehmen gerechtig* 
feit, Weisheit, Wahrheit, oerbienft, gute wert", „©ott wirft über 
unfere Äraft, über bie Sinne, über SBolIen unb alle ©ebanfen." 
3)er SJWenfcf) ift ffichtS oor ©ott. „S«t 9Jienfchen ift nichts, was 


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SSutper 1517. 


15 


nicpt 9Zieptigfeit unb Süge ift." „$)ie lugcnbcn oller Sßienfepen 
ftnb in SBirflicpfeit nur Safter". „@S ift bem ülKenfepen unmöglich, 
aus irgenbmeleper ©ünbe fiep emporaupeben." 

SlUeS Siept fließt jufammen in ©priftuS unb bem ©üangelium. 
©priftuS ift allein ber ©runb unferer ©rlöfung. ©epon tritt 
gurücf hinter ber S33irfung beS einmaligen Opfers auf ©olgatpa 
beffen fircpliepe S03ieberpolung auf bem Elitäre. „9lur in ©priftuS 
ift SBerftänbniS beS ©efepeS unb ber S03ei8peit ©otteS." „9£ur 
in ©priftuS ift Xroft unb ©rquiefung." „©otteS SBort ift über 
Sittern, aufjerpalb unb innerhalb non Sittern, oor Sittern unb naep 
Sittern." „2)urep feine anbere ©emalt regiert ©ott bie Äircpe als 
burep baS S03ort." Unb „ ©ott mirft auf ben 3J2enfd^en nur 
burep baS SBort." 55aS Siept glänjt pell über bem ©lauben, 
unb üöüiger als bisper fammelt Sutper in ipm bie ©traplen. 
©ott miß ben Stttonn, er fiept niept bie SBerfe, fonbern bie fßerfon 
an. ©r miß bie ©ntfepliefjung beS $er$enS. „$)er ©laube ift 
baS Seben beS ^erjenS", „baS Seben in ©ott", „baS Seben ber 
©priften." „©in gutes ©emiffen ift allein ber ©laube, ber bie 
©ünben oergeben meifj." „2)er ©laube ift allein ©otteS SQßerf.“ 
3a, „er ift bie ©nabe ©otteS felber, bie gereept maept." „SluS 
$er$ unb ©ott mirb bur<p ben ©lauben ©in ©eift". „Allein 
ber ©laube oerbinbet mit ©ott". „Sein äufjereS S33erf, auep niept 
95 eicpte unb ©ebete, fonbern ber ©laube allein maept rein." 
„3)urep ben ©lauben ift alles unfer: ©ott, GpriftuS, Äircpe, 
^eilige." „SluS bem ©lauben fließt gan$ oon felber bie fittlicpe 
'Jätigfeit." „Unglaube ift bie größte ©ünbe." SÖBie einfach unb 
leiept ift jept baS Seben gemorben! „Sluf ein einiges SBerf 
befdpränft fup jept SlUeS — baS allein maept ben ©priften auS: 
baS |>ören beS SöorteS ©otteS, ber ©laube." üKit biefer reiepen, 
jufammenfaffenben Slnfcpauung beS ©laubenS füprt Sutper jur 
oollen §öpe ber ooQen perjönliepen ©emifepeit: fie ftept ipm jept 
im SKittelpunfte unb ift ipm jelbftoerftänblicper als oorper gemorben. 
„Ungemifjpeit ift größtes Übel." „803er ©ott glaubt, ift gan$ fieper." 
„©in ©prift muff immer fieper fein" — „ganj gemifj, bafj ©priftuS 
für ipn eintritt." „Niemals fann ber gottgegebene, perfönliep 
gemiffe ©laube auSgelöfcpt merben, fo menig mie baS ©onnettliept 
oon irgenbmelcpen ©türmen." Stomit mirb auep unfere Arbeit 


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16 


3oljanue& gider, 


und fieser. „©ie tun übet", bamit toeift et auf ben Stpoftel 
Sßautud unb jugteidj nimmt er ein SBort bed Zeitigen Sernbarb 
auf, „bie ifjre ©ebete unb ©tubien öeradjten unb atd unficber 
oermerfen". $tud fotzen ©taubenben beftebt bie Äircbc. „SRicbtd 
Äujjered unterfebeibet bie ©briften öon einanber, nur $erj 
unb ©emiffen." ©erabe in ben ©aframenten, bie bie ©naben* 
»erbeifjung ©brifti barbieten, jeigt ficb $rt unb Äraft bed ©laubend 
©enn „bad ©aframent mir ft nur benen, bie in üoUern ©tauben 
berantreten." Unb über $lflem in ber Äircbe ift ber ©taubenbe 
frei gemorben. „©taube ift Freiheit, Äübnbeit." 

SBer fo über ficb fetber emporgeboben morben ift, ben erachtet 
©ott ald feiner ©emeinfebaft mert, ben fiebt er atd geregt an. 
©er ÜKenfcb ift ed, um nun geregt ju merben, um in bie 
©emeinfebaft mit ©ott tjinein^uioac^fen bureb ©rfüttung feined 
SBitlend. £ocb in unenblidjem Stbftanbe fiebt er ©ott oor 
ficb. ®er Siebe ju ©ott ftebt bad anbere gegenüber: ,,©ie 
©ottedfurebt ift ber böcbfte ©ottedbienft." 3n ber bed 
©taubend oetmögen mir nicht bauemb in biefem Seben $u bleiben, 
„©er ©taube ift bad ©cbmerfte, mad ed gibt." ©ie Unoott* 
fommenbeit, ber ©etbftfinn jiebt und b^rab. „©ie fernere Arbeit 
bed ganzen Sehend ift ed, biefen Äampf ju fämpfen." „@d 
mufj bed ©fjriften einziges ©emüben fein, täglich biefem Seben 
abjufterben", an feinem eigenen können ju oerjmeifetn, um ©otted 
gemife ju fein, ©o ift’d in biefer ©oppelbeit unfered Sebend 
eine fortbauernbe ©pannung: „jmifeben |>immet unb ©rbe febmebt 
ber ©täubige, mie ein Stbbilb bed ©efreujigten." ©d ift ein fort* 
möbrenbed Sfteuanfangen; ein ftetiged Söerben ift bad (£^riftcn=* 
tum. SRicbtd aber, mad und fo förbert mie bad ©cbmere. ©er 
göttliche SEBiberfinn mufj und ©rtebnid merben, um ficb u «d 
atd bö#cr ©inn aßed Sebend ju erfebtiefjen. ©erabe bad 
©ebreeftiebe, auch ber ©ob, ift atd Übung und gegeben. Subelnb 
mirb bad $iet, fc Q g |>öcbfte, bad Seben gepriefen: „©ad Seben 
ift ©otted eigenttidjed Söerf", jubetnb ber ©ieg: ber ©ob ift 
übermunben; nicht fürsten, oielmebr münfeben fott ihn ber ©brift; 
bann mirb er frei oon ber ©ünbe unb ©ined mit bem ©migen. 

SBie prätubieren hier ©ebanfen unb Söorten fpäteren @ti<^* 
morten unb ^auptfTriften Sutberd! Unb mie ift tyvc bie geiftige 


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ßutljer 1517. 


17 


Religion beS $er$enS unb ber fitttidjen SebenSarbeit, bcr perfön- 
liefen ©emeinfct)aft mit bem (Swigen, bie großen Ütätfel beS SebenS 
in fidj aufnefjntenb unb auflöfenb, auf fixere unb einfache ©runb- 
$fige jurücfgefüf)rt! 

3e nteljr Sutfjer bie üoHe innere ©idjerfjeit gewonnen f)at 
unb bie $öf)e feiner Stnfdfjauung erreicht, befto umfaffenber unb 
ftarer fteigt oor iljm bie SSirflit^feit beS SebettS auf unb befto 
beftimmter feine ©fliefjt an baS Sehen. ©tetig Ijat ftd^ ber Um* 
frei? ber 2Birflid)feit, feit er fie ^eranjujie^en begonnen tjatte, 
erweitert. @rft waren eS bie SKöndje unb baS Älofterleben, 
bann bie &irct)e, ©riefter unb ©rebiger, Etffeologen, Söifdjöfe, 
and) bie ©äpfte; baneben bie Suriften, bie dürften, unb früije 
fdjon baS SSolf, bie Säten: über ben fird)licben ÜRifeftänben 
werben audf) bie ber ßeit überhaupt fid>tbar, im öffentlichen 
wie im ©njetteben, auc§ bie ©egenfäfce in ben wirtfdjaftlidjen 
©erfyältniffen. CSrftauntich fein ©tief für bie ©oltsfeele, baS 
©olfsteben unb feine Üftöte, unb nmfaffenb bie grünblictye 
©rfatjrang, bie er über Ätofter unb Äirdje gewonnen f)at. Sind) 
geograpljifd) Ijat fich ber ÄreiS über SEBittenberg unb feinen DrbenS- 
bewirf fyinauSgefdjoben: 9iorb- unb ©übbeutfcfjlanb, Italien, SRorn 
unb ©enebig, wirb über bem §ortjonte fid|tbar. 25ie ©fjpfio- 
gnomien anberer ©ölfer blidten tierein. Unb jept wachen bie 
©efdfjefyniffe oergangener 3at)re auf, and) feine ©lebniffe in ©om. 
$>ie früheren (Srfatjrungen werben itjrn je|t oerftänbtic^ im grofjen 
ßufammen^ange. Sutfjer gewinnt ben ßufammen^ang feiner ©r- 
Iebniffe unb bie ©inljeit feines äußeren unb inneren SebenS. 

j)er Ston, IjeU wie ber ®Iang feiner ©timme, üon Anfang 
an fdjon fäarf, wirb fdjärfer. SBirb anfänglich nur allgemein 
gefprodjen unb wirb baS ©injelne — oft überfcharf — oer- 
allgemeinen, fo wirb auf beftimmte ©erfönlid)!eiten mit ootler 
Deutlichkeit fjingejeigt; ber ©ranbenburger ©ifdjof, Jperjog ©eorg 
oon ©adjfen werben mit tarnen genannt, wie auef) ©apft 
SutiuS II., ber ©ewattige, ber, wie furdjtbar er it)m auch erfepien, 
oon i§m nid)t weidet; ja Suti)erS eigener f^ürft wirb ehrfürchtig, 
aber bod) mit Freimut erwähnt unb mit fritifd^em SEBorte 
bebad&t. ©d^on ruft er bie Saien ju ßeiigen gegen bie Äircf)en* 
männer. Die ©chärfe beS Urteils fteigert fich ju jornigem 

S$r. 95. f. 9t 36. l. 2 


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18 3of}attne$ Sfitfet, 

Ser bitte: SollSöerführer ^ci|en Sßrtcfler; Sapft unb SBifc^öfe 
führen ba« Soll auf Srrmege, ab »om mähren ©otte«bienfte. 
3Rit Dotter Älarfjeit fteigen bie grofeen ©runbgebanlen herauf: 
bie abfoluten SWafjftäbe auch gegenüber ber SBirflichleit. 2)ie 
Sonne be« SBorte« ©otte« ift »erbunlelt unb toirft nicht mehr 
als ungebrochene Äraft in ber &ird)e. S)ie Wahrheit ifi oon 
ben SKenfchen felbft »erfiimmert morben mit ben ungezählten 
tirdjjlichen ©efefcen unb Statuten, beren budhftäblichfte Sefolgung 
»erlangt toirb. „Saroen unb ^uppenwer!" h ot man ftatt beS 
®otte«mori« aufgerichtet. S)amit ift bie Siebe »erloren gegangen. 
SQtit futchtbar fcharfen SBorten ftraft Suther bie ^riefter, „beren 
gefalbte Jpänbe gegen ©hrifttn bie SGBaffen führen, mit einer 
Ärieg«mut, bie fchlimmer ift al« ©ift". 2)er friegSfurd^tbare 
$apft, ber bie Reiche ber ©hriftenheit gegen einanber führte, ift 
e« Wieber, ber oor ihm ftel>t. $)ie Suben oerbrennt man, bie 
f«h am Satramente »ergriffen haben, aber „fiebenmat mehr finb 
jene be« geuer« unb jeben £obe« wert, bie bie ©^riften^eit fo 
teuflifch »erfolgen". „SDiefe Sifchöfe finb »ielmehr au« ber Schar 
ber Dämonen genommen unb fielen als Dämonen gegen ©hnftuS 
unb bie Shriften." Über bie Äirchenpflidhten erhebt er bie ein¬ 
fachen fittlichen Pflichten ber Siebe: erft ben Seinen, bann ben 
traten geben; „jept freilich 9^* man mehr für tote Steine unb 
$o!j". @r felbft nimmt feine« Solle« fidh an. SGBie er für 
arme Stubenten bittet, fo wenbet er fidh freimütig an ben 
fiurfürften mit ber Sitte, eine beabfichtigte Steuer bem Solle 
nicht aufjulegen; er kneift ihn an ©otte« ^Bitten. 

«Rieht meniger fdhlimm aber ift in ber ©hriftenheit bie 
Sauheit, bie Halbheit, bie Selbftgenügfamleit unb Selbfificherljeit 
©ott gegenüber. Son Anfang an hat Suther jornig ununter¬ 
brochen mit ber »ollen Schärfe gegen bie Selbftgerechten unb 
bie ©igenmeifen gefprochen, im $örfaal, auf ber $an$el, jept 
in feinen Schriften. 3a, ba« ift bie größte ©efahr. S)a« ift 
ber Suin ber Kirche, ©ott mitt bie Serfönli^leit ganz, ba« 
ganze $erz in »oller freubiger ©ntfchloffenheit, er mitt ba« 
ganze Seben. ®ie Äird)e aber hat fiep felbft mit fchmerer Schulb 
hieran beloben: fie hat e« ben ©hriften 5 U Incht gemacht unb 
fie trögt felbft in ihrem Suhezuftanbe unb in ihrer ^errfepaft 


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Sutljet 1517. 


19 


auf ©rben bic Betten ait fid), bie auf bie Ie|te Verfolgung ber 
Äircfje Anbeuten, benn „Voll (S^rifti fein, fjeifjt oielnteljr Ver= 
bannung, Sterben, ©cfeanbe tragen müffen". 

SEBie fcf>arf auch bag Urteil geworben ift unb wie frei er 
ftd) auch bon aßen dufteren weife, ßutljer bat bod) nicht einen 
©ebanfen gehabt, bie $ird)e felbft anjutaften ober ftch in ©egenfafc 
ju ihr ju fteflen. ©r betrachtet ftcb alg gebunben an bie ©ebote 
unb ©inrichtungen ber Äirdje, an bie ©elübbe, in Sichtung bor 
bem gefcfeichtlich ©eworbenen unb allgemein ©ültigen unb in ber 
ßiebegpflicfet ber Vücfficht auf bie anberen. Dag ©aframent ift 
üjm „Droft unb ©egengmittel in jeber Slnfechtung“. „6bnftu8 
lommt täglich im ©aframent $u ung unb ift unfere tägliche ©peife.“ 
Die Vorrechte ber ißriefter befteben ju btecbt: „fie finb bie Slugen 
beg #errn, bie bie Äirche feiten unb bie ficb burcb ^ö^ere 
$eiligfeit unb ©erecbtigfeit augjeichnen foßen." @r hält feft an 
ben ^eiligen unb rühmt ihre SBidjtigfeit für bag fromme ßeben. 
©r ermahnt jum Vefud)e ber orbentfichen Vfarrfirchen unb ©otteg- 
bienfte. SRicbt ein SEBort gegen bie ^Reliquien. 3a, ©ebulb, herauS- 
wachfenb auS bem unbebingten Vertrauen auf bie SEBirfung beg 
©ottegwortg, mifbert allmählich ben brängenben ©ifer beg fcharfen 
VrebigerS. @r fennt aus genauefter ©elbftbetracf)tung ÜRenfdj unb 
Seele; er weife, wie langfam bie SRenge geiftige ©ebanfen ergreift 
unb nur ©chritt für Schritt grofeem $iele jugeführt werben fann. 
Die erjieherifche SBirfung beg ©ottegworteg oerlangt ßeit. Unb fern 
ift er oon aßent ©chwärmertum. @r hat immer bie Volfgfirdje oor 
Slugen gehabt. Den ©ebanfen einer äufeeren Sbealfirdje weift er 
afö häwtifch ab. 3h m ftcht ganj aufeer ftrage bie Unumgänglichfeit 
unb SrrtumSlofigfeit ber Kirche. Die Äircfee beruft jum ißrieftertum. 
Dag Slmt ber ßehre beg ©oangeliumg fteht nur ber Äirche ju, unb 
wag er fd)on früher auggefprochen, wieberholt er mit afler Ve** 
ftimmtheit: „aufeerhalb ber Äirche ift feine Vufee unb Vergebung.“ 

Die Uebereinftimmung mit ber Äirche unb ihren Dheologen 
beg Slltertumg fteßte er ausbrücflich feft, alg er je^t ben Äampf 
gegen bie $eilglehre ber fcholaftifchen Dheologie auf bie $öf)e 
führte, in ber er bag fchwerfte #inbernig für bie Dh c °i°Ö^ unb 
bag $eil ber Vrüber unb ber ©tubierenben erfannt hatte. 3m 

2 * 


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20 $o$aitne8 gider, 

$erbfte beä Satzes bifputierte ein Schüler Cutter« unter feinem 
Borfipe über 2^efen, bie bie ©egenfäpe in fc^roffftcr gorm 
einanber gegenüberftellen unb fcpärffte ©erbitte auSfprechen: 
meitauSholenb unb in ftrenger innerer ©inheitlidhfeit jufammen« 
faffenb, [teilen biefe 97 Säpe bie abfotute religiöfe Beurteilung 
ber relatioen gegenüber, bie augfdjliefjtidE) religiöfe X^eologie ber 
mit bem ©runbfäpen ber antilen ^ilofopffie oerroachfenen 
fcholaftifcpen: bie Unfreiheit, Bosheit unb Unfähigleit beS menfch- 
liehen SBiUenS; bie ©nabe ©otteS in üoUer Slbfolutheit, alles 
mirfenb: bie unfehlbare unb einzige Deponierung jur ©nabe mie 
bie ©rfüüung be$ göttlichen SBillenS im fittlichen ßeben; baS 
auSfchliefjliche göttliche 3iel im SEÖiHen beS ÜKenfcpen: „©ott lieben 
heifet [ich felbft Raffen unb nichts lennen aufjer ©ott", „nur baS 
rnollen, maS ©ott min." @8 war bie erfte gefchloffene Darlegung 
ber ^eilSlehre ßutherS. ßuther mar ber geiftige Bater, ja ber 
Schöpfer biefer Dhefen, unb er ftellte fie unter feine Berantmortung. 
@r hatte bod) feit feinem erften ausführlich begrünbeten Angriffe 
auf bie fcholaftifcbe |>eilSlef)re ein oolleS 3af)r oerftreichen taffen 
unb jept mieber SUtonate, bis er ÄarlftabtS Singriff jur Seite trat. 
Unb mährenb biefer fogleich eine öffentliche Disputation oerlangt 
hatte, oermieS ßuther bie StuSeinanberfepung in bie afabemifchen 
Scpranfen. Slber mit ben ausgereiften Säpen feiner Schule, feiner 
Brägung trat er felber barüber hinaus. 2BaS hier jur Berpanblung 
ftanb, ging fchon lange nicht mehr allein bie Sßittenberger Unioerfität 
an. @r oerfanbte bie Dpefen an auSmärtige ©eiehrte: auch feinen 
alten ßehrern in ©rfurt legte er fie $ur Bnifung oor unb ftellte 
fiep felbft bereit über fie $u biSputieren, fei eS auch öffentlich unb 
fei eS in ©rfurt. @S mar im September 1517. greubiger SBieber* 
haß antmortete. „ ©rneuerung ber Dh e °l°9i e * Hingt eS 

aus Sübbeutfchlanb prücf. SDton fieht baS 3«1 fchon oor [ich- 
9hir noch Monate unb ßuther hatte erreicht, maS ber Humanismus 
nicpt hatte burtpfepen fönnen: bie Ummanblung beS UnioerfitätS- 
unterrichtS in SBittenberg, ftatt ber nun hier abgetanen Scpolaftif 
bie Bibel, bie humaniftifchen Stubien. Otoch im Frühjahr 1518 
mürbe aWelancpthon berufen. 

9hir noch einige SCBochen — fchon ber folgenbe 9Jtonat 
brachte baS, mo$u jene Dpefen bie BorauSfepung, ©runblage 


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Öutljet 1517. 


21 


unb Stammen unb rooju fie baS SSorfpiet geworben finb, unb 
bamit beit Abfchlufj ber ©runblegung, bie fiel) f)ier öoßjog. ®ie 
95 ©treitfäfje, nicht nur feinet ©eifteS Serf, auch feiner £anb 
unb gezeichnet mit feinem eigenen Stamen, nicht für ben $örfaat, 
fonbern für bie wiffenfchaftlidje Deffentlichfeit beftimmt; unb 
nicht in ©rfurt — in Sittenberg, auf feinem eigenen Boben ftettt 
fiuttjer fich ju Siebe unb ©egenrebe: „einzig unb allein fucfjte 
ich, bafj bie Sahrheit öffentlid^ funbgetan werbe." 

2)ie Ablafjprebigten für ©t. ^ßeter, bie an ben ©renjen 
©achfenS gehalten mürben, Ratten bie geftfefcungen, bie ber Äarbinal 
oon SWainj gegeben hotte, bis ins ungemeffene oergröbert unb 
fernere Beunruhigung erregt, mie auch baS Auftreten beS BrebigerS 
felbft großes Ärgernis fjeroorgcrufen h atte - Schon Sahre juoor 
hatte Suther geflagt, bafj burch bie Abläffe ber Seg jum Fimmel 
ju leicht gemacht merbe. @r fommt bann ftetig barauf jurücf, 
unb fein Urteil über bie Abtäffe mirb jufehenbS fritifcher. 9Jiit 
fdjarfen Sorten [traft er ^ßapft unb Bifchöfe, bafj fie oer- 
fcf>wenberif<h ©naben gewähren unb bafj fie fie um ©eib geben — 
Berführer beS BotteS finb fie. @r warnt, bafj bie Abläffe nicht 
bie Urfadje für ben ÄrebSfchaben ber ©hriftenljeit werben, ber 
©elbftfi<herheit unb Siachläffigfeit. ©ie finb {ebenfalls eine fernere 
©efahr. @r fieht bie fdjlimmen folgen beim Botte. ©ewiffenS* 
Pflicht gebot, jumal oiele barum gebeten hotten, wieberholt ben 
Ablafj öor ber ©emeinbe in ber Brebigt ju behanbetn. Über 
Sittenberg hinaus wies ihn alSbalb biefelbe Bflicht- Sir hören 
oon feinem Spanne ber Äircfje, ber jenen Ablafjprcbigten entgegen¬ 
getreten Wäre. 3u Suther (amen bie Klagen, auch non auswärts, 
man oerlangte fein Urteil; er hörte auch fritifdje ©inwürfe oon 
Saien, ja rücffidjtstofe ©tirnmen über ben Bopft. Sn ben ©äfcen 
ber Ablafjprebigten, wie fie ihm berichtet würben, hörte er baS 
©chlimmfte, unb fchwerfte Anftöfje gab bie Anweifung beS @rj- 
bifchofS Wibrecht felbft. ©r fah h* cr gerabeju Irrlehre. Über ber 
©eelen ©eligfeit! $ier fprach feine Bfli<ht olS ®oftor ber 
Rheologie; fie fprach umfo ftärfer, als er oiele Unficfjerheiten unb 
Siberfprüche ber fcholaftifchen Rheologie in ber Abtafjtehre 
feftftellte unb bie jefct oerbreitete Theorie unb Bro^iS in ooßetn 
©egenfafje $u feinen eigenen Autoritäten erfannte. Unb baS 


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22 


3o$antte$ gider, 


würbe als feftfte^enbe Seljre oerfünbet! Unb auf foltf) UnfidhereS 
gränbete ftd^ ^eitSficherfjeit! (Sr felbft hatte bie Unfidjerheit 
fdjon fdhwer entpfunben. (Sr brauste wiffenfdhaftlfdhe unb religiöfe 
Klarheit um feinetwillen, aber auch um feinen £>örern, ber SSitten? 
berger ©emeinbe, ber öffentlidjfeit Älarheit $u geben; ber Sßrofeffor 
unb ber Sßriefter — ber Reformator ntufj Klarheit fdhaffen. So 
fdfjritt er auf bem SBege ber $ei(SerfenntniS Weiter. (Sr f>at auch 
biefen Stritt mit forgfältigfter Überlegung unb nur nach genauerer 
Vorbereitung getan. Sange hatte er einft gefudjt mit ganjer 
Seele unb in jdjarfem Rachbenfen, bis fich ihm in (Sinem Sinne 
bie heilige Schrift gan$ auffdhlofj unb bem um baS $eil Ringenben 
frohe, felige Klarheit gab. Sange fctjob er jept fein Vorhaben 
hinaus, Über ein 3at)r $urüdt liegt eine Darlegung, bie er über 
ben 9tblaft gegeben hat. (SingeljenbeS fortgefehteS Stubium täfet fidE> 
an ben Dhefen erfennen. (Sr oereinigt in ihnen eigene Behauptungen 
mit ben Sähen, fragen unb Bebenfen früherer. DaS ©efühl 
feiner Verantwortung hält ih n ab> gültige Behauptungen auf* 
jufteflen. (Sr befdhreitet ben Sßeg ber Disputation. Die Sähe 
enthalten ebenfo theologifch SehrmäfngeS als Behauptungen aus 
ber firdfjlidhen ^ßrajiS. Sie alle fotten erft oon ben ©eiehrten 
in unb nahe Sßittenberg geprüft werben, anerfannt ober beftritten, 
um banadh auSjugehen ober §n üerfdhminben. Rieht fürs Voll 
ftnb biefe abfichtlich fchwierig geformten unb fdharf jugefpi^ten, 
{(^roffft gegenfä|li^en lateinifchen Sähe beftimmt gewefen. Slber 
hoch beftimmt, bem Volte unb ber gefamten $ird)e, auch bä# 
fßapfte $u bienen. SluSbrüdtlidj rufen fie bie oerfchiebenen Stänbe 
in ber Kirche auf, benen bie Sorge für baS Volt befohlen ift: 
fßapft, Bifchöfe, Pfarrer, Dheotogen. Unb in wudhtiger ©leid)» 
förmigfeit folgt Sah auf Sah, worin bie (Shriften belehrt werben 
müffen. DaS le|te ßiet ber Dhefen ift hoch, feftjufteöen, was 
not ift in ber (Shriftenfjeit ju wiffen unb ju tun in ber fjrage 
beS Seelenheils, foweit bie Ülbläffe bamit feft oerftochten worben 
waren. 

Rieht ein Reformationsprogramm wie ßwingliS erfte Dhefen, 
ein Bau oom $unbament bis jur Spi|e fertig geführt, auch 
nidht eine gtänjenbe Darftellung ber reformatorifdjen Sehre, wie 
(SaloinS erfteS theologifcfjeS SEBerf — biefe hartgepanjerten Sähe 


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Sutljer 1517. 28 

SutherS haben ein gana befonbereS £h cma: oon ber SBirfung 
beS SXbtaffeS. 

3)ie jornigen, aus beforgtem unb empörtem ©ewiffen ge*« 
fprodhenen ©ä|e gegen beit Slbtajühanbet, wie gegen bie babei 
oerbreiteten Sehren finb niemals ganj oerflungen. ?tm ftärfften 
fragen fie jufammen in jenen SBorten, bie, aus innerften liefen 
bringenb, wie fernere eherne ©chläge oon ©turmglodfen flingen. 
„3n Sroigfeit rnerben bie mit ihren SWeiftern oerbammt werben, 
bie Durcp SCblafcbriefe fidler $u jein glauben ihrer ©eligfeit." 
„$üten foU man fidh jehr oor jenen, bie jagen, jene Slbläffe beS 
^apfteS feien jene unfehlbare ©abe ©otteS, burd) bie ber ÜKenjch 
mit ©ott oerjöhnt wirb." 

S)er Slblafj ift auf ein jehr geringes ältofj eingejehränft. 
Äber ihn felbft läfjt Sutfjer noch gelten, auch feine Berfünbigung, 
er jpricht nicht gegen baS ffegfeuer. 5tu<h beS SßapfteS Slblafc 
gemalt grenzt er ftarf ein. ®o<h ^ätt er auch ihre Berechtigung 
feft, jelbft in ihrer Sßirfung auf baS gegfeuer. Slber bie abjoluten 
SKafjftäbe finb grofj unb flar aufgerichtet, ©egen alle ©elbft* 
jicherheit im eigenen $un unb äußeren SGBerfe baS gan$e Seben 
einer inneren unb äußeren Ummanblung burch baS, was ©ott 
wirft unb fdjicft, ift bie h^h e Sorberung. SCBenn h^r oon ber 
regten Bufce $u reben war — baS lepte SBort ber $h e l c *t ift 
boef) baS beS ©laubenS, unb baS erfte SEßort ber $hefen ift* Unfer 
#err unb Üöieifter. 2)aS (Soangelium leuchtet in feiner unbebingten 
Roheit unb ©ewifcheit über SlUem: ©otteS ©nabe, bie allein 
unb umjonft ©ünbe oergibt. 35aS anbere: oberfteS 8te<ht uub 
Pflicht ber SiebeSmerfe an bie üftächften gegenüber allen anberen 
SBerfen. 2)ie 2Sahrf)eit unb bie Siebe! SDarnit hebt fidh baS 
allgemeine Sßrieftertum empor — bie Saien treten in gejchlofjener 
ffteihe baher, fragenb, tropig Antwort heiffheub; fie oertangen 
ihr 8tedht in ber Äirdje unb forbern begrünbenbe Belehrung ftatt 
bloßer Autorität: perfönlicher ©taube! 

9todh ftehen ^ier Pfeiler ber ererbteu firdhtichen Religion 
9to<h rührt ßuther nicht an jie felber. Slber fein geiftiger Neu¬ 
bau ift jdhon weitergeführt, feine Unterbauten unterfangen jdhon 
bie Sßfeilerfunbamente. SRoch ift eS ihm felbft oerborgen, fo wie 
berganjiehenb SWorgennebel ben emporfteigenben SBanberer nur 


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24 


$oijanneft gidet, 


gufammenhanglofe Steile in ber (tiefe flauen (affen. Slber hi« 
waren eg nicht nur Sehrmeinungen fdjolaftifcher Geologen, bie er 
gur Erörterung fteflte, nic^t blofj bie gerate in feinem Drben ber* 
breiteten, bie bamalg auch a(g bie offigiöfen römifchen galten, 
fonbern Stüde beg fachlichen Sebeng unb ber fachlichen (Religion 
felber. (Rieht blofj bie (Berechtigung beg $b(affeg für ben (Bau 
ber (ßetergfirdje unb bamit bie bifcf)öflicf)e unb päpftliche Autorität, 
unter ber jener bertünbet würbe, ©ä^e ber Slblajjinftruftion Erg* 
bifc^of ftlbrechtg, ja päpftlic^e Sehrentfd)eibungen felbft unb bie 
Sicherheit ber päpftlichen ©nabenfpenbung waren hier im ßroetfel ge¬ 
zogen in gang fategorifchen (Behauptungen, Suth« wufete aug (EBort 
unb (Bitb, bafj Angriffe auf ben Slblafj bon bem ©ewährgmann ber 
Slbläffe in feinem Drben a(g (teufelgwerf gebranbmarft waren, 
unb bie Sßarnung bor bem ^Iblaffe mnjjte ben (oftbaren ©d}a$ 
ber Schlofjfache unb feinen fürftlichen $errn felbft treffen. Er 
aber tritt, feiner Pflicht folgenb, mit ben (tiefen oor bie (irchliche 
©ewalt felber: feinem oberften (irchlidjen (öorgefepten in $)eutf<h* 
(anb felbft, bem Präger beg Slblaffeg, überfdjiit er feine ©äpe, 
ehrerbietig bittenb, bafc bie Slblafjprebiger gehalten werben füllen, 
anberg gu prebigen. Pflicht beg (Bifdjofg ift eg, bag Ebangelium 
nicht fchweigen, fonbern reben gu lafjen. 2)ie Erfüllung ber 
Aufgabe, bie Suther fich gegeben fah, h a * begonnen, (tag gibt 
ihm über äße ßweifel h^®eg bie oofle ©ewifeheit. Die alte 
©eneration wirft ihm (Bermeffenheit unb Hochmut oor. Sn 
ferneren inneren Kämpfen, bie ihn aufg ftärffte immer wieber 
erfchüttern foßten, h^t er hoch bie Antwort gefunben. Er weift 
auf Ehriftug, bie (Btärtprer unb bie großen Seiner in ber Kirche 
— „Wann hot je bag (Reue in ber SBelt nicht ben Schein ber 
(Bermeffenheit tragen unb bie (Berfolgung burch bie Anhänger beg 
Ulten leiben müffen?“ „SEBenn bag SCßerf aug ©ott ift, wer wirb’g 
hinbem? (EBenn eg nicht aug ©ott ift, wer fann eg förbera?" 
©rojje lat macht innerlich frei. $rei geworben ift er innerlich, 
fo nennt er fich felbft in feinen Unterfchriften, aber gugleich: ge* 
bunben unb Unecht beg (EBißeng ©otteg. 

(£)ie gortfepung beg Sßerfeg gab bie üoße (Betätigung. (Die 
(öjefen (amen gang gegen feine ftbficfjt oor bie Öffentlichfeit ber 
gangen Äirche, auch b« Saien. (ftnehbruefe würben oon Seipgig, 


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JSutyer 1517. 


25 


Dürnberg, SBafct aus Derbreitet. 3 u ftimmung lam aus ftrengft 
fachlich * tonferoatiöen Streifen. $er$og ©eorg Don Sachfen fchtug 
bem ©ifthof Don üflerjeburg üor, um bie armen Seute Dor De|el8 
Treiben ju warnen, in bem er ©etrug fah, fiutljerS Xijefen an 
Dielen Orten analogen ju laffen. Jtathotifche Äirchentnänner 
rühmen ben wahren Eifer um bie Religion, aus bem Sutljer baS 
SBerf begonnen habe, ober übernehmen felbft ßutherS ©ä|e in 
ihre Schriften. 9Jtan nahm bie ©ü|e nicht als ©treitfäpe, 
fonbern als gültige ^Behauptungen. Auf ihn richtete jtch bie Er- 
wartung beS ©otteS. (SS war für ihn bie Nötigung, jum chrift* 
liehen Solle nun felbft beutfeh ju reben Don Ablafi unb Don 
©nabe. 

Aber auch leibenfchaftlicher SEBiberfpruch trat ihm entgegen. 
„Aßein weife ju fein unter allen, ja gegen alle gilt als höchfte 
iorheit". „SS gibt wohl leinen fchwereren Stampf", fprach er 
bamalS. es galt ihm als Anertennung. (Sr fteQt fich allein 
auf fich f«lbft. Unb baf$ bie ©egner baS nicht Derftanben, was 
ihm fidler geworben war unb alles ungeftört beftehen liefen unb 
oerteibigten, was er als irrig, ja als ©runbübel erlannt hatte, 
baS war ihm bie ©eftätigung, bafj bie 3rit großer Sendung für 
bie Kirche getommen fei. „3e|t ift bie 3«*, bafj baS ©ericht 
Dom #aufe ©otteS getommen ift“, fo fprach er am ©chluffe feiner 
©orlefung. „An meinem Heiligtum beginnet" — eS ift ber Spruch 
alter äBeiffagung. „3e$t gedieht baS SBort beS Propheten: 
„Siehe, im Trieben ift meine ©itterleit am bitterften.“ Denn nicht 
wie ein ©ater, fonbern wie ein Dichter ftraft er bur<h ben ^rieben: 
in 3ont unb Strenge läfjt er äße Übel ftart werben unb baS ©ute 
abnehmen“. ßJlit ben Stimmen ber alten unb mittelalterlichen 
Propheten erhebt fich bie neue SBeiSfagung; ein anberer, ein 
lebenbiger Prophet ift auferftanben, unb bie 3 e *t ber Erneuerung 
fteht beoor. 3 ur felbeit 3eit fpricht et: „Die Stirche braucht bie 
Deformation. Aber nicht bie äufjere Stirche lann fte bringen. 
Dicht ift eS bie Aufgabe beS einen ÜWenfchen, beS ißapfteS, unb 
Dieler Harbin öle, fonbern ber ganzen Erbe, nein, ©otteS aßein. 
Die 3«t weifj er aßein, ber bie3«iten gegrünbet hat“. Auch Suther ift 
angeweht Dom ßebenShauche ber aufgebtühten Frühlingszeit. Aber 
fchwarjeS ©ewblt bedt bie 3ulunft. Die fchwere Stimmung fenlt 


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3oIjannei gider, 


fi# auch auf feinen 83&eg. 2)er bleiche Dtönch aber, angefpannt auf 
baS äufcerfte unb förperlich jufamntengefaHen, jieht ftracfS unb un* 
aufhaltfam oorwärtS, tote XürerS DitterSmann, unbefümmert, wa$ 
neben unb hinter ihm ftd) an ihn heranbrängt, 3m ftarfen, fteten 
©oranfchreiten ift er unaufhaltfam üorwärtS geführt worben, ge» 
hoben im refttofen Xarangeben ber innerften, ber ganzen perfönlichen 
Äraft unb im SBachStum harter, gcfchioffenfter Slrbeit, unb nun 
in bem Sah« beS ©nbeS unb ber neuen |>öhe ber mittel¬ 
alterlichen $irdje bor bie ©ntfcheibung geführt, ©ein ©lief, wie 
©terne aus tiefen klugen unb ©rauen blinfenb unb zugleich 
fchwermütig wieberfdjeinenb ben ©runb feiner ©eele, fieht hinauf 
ins Xunfet, aber er weifc, bafj bor ihm in ber §öhe bie 
bie ewige ©urg fich hebt, in ber er baheim ift. „Xeffen", fo 
fpra<h er bamatS, „rühmt fich ber ©taube: nicht ju wiffen, 
wohin bu gehft, was bu tuft unb wag bu erbulben rnufct, alles 
gefangen ju geben: ©inn unb ©inficht, Äraft unb Sßitten, ber 
btofjen ©timme ©otteS ju folgen unb mehr geführt werben unb 
getrieben werben, als felbft $u treiben". 

Sn ben Xiefen innerften ©rtebenS beS ©wigen hat bie 
Deformation ihren lebten ©runb. fjrei unb freubig befennen 
wir uns ju ihr. 2öir erfehen in ihr wie an anberen großen 
Deuanfängen beS religiöfen SebenS eine ebenfolche grofje ©er« 
innerlichung als tiefe ©ereinfadjung ber Detigion; Wir haben 
in ihr eine ©rneuerung beS ©oangeliuntS. 3m perfönlichen 
ßeben offenbart fich «nS unmittelbar baS ©wige. SQBir befennen 
frei unb freubig, bafj Seben unb Äraft beS ©wigen, in bieXiefe 
ber ©erfönlichfeit unb in bie innerfte ©ewegung ber SDenfchheit 
wirfenb, fich unS überwättigenb bezeugt in bem ©egrünber bet 
Deformation. 

UnS umraufchen bie fchwarjen ftittiche eines furchtbaren, un¬ 
geheuren ©efchefjenS, baS alles menfchüchen ©egreifenS fpottet unb 
baS alle unfere gewohnten SDa^ftäbe ^erbricht. X)afj boch in uns 
mit bem Deubewufjtwerben großer ©rinnerungen bie $raft beS 
©harafterS fich erneue, bie mit bem ©infefcen beS ganzen Sehens 
gerabe burcf) baS ©chmerfte unb Unbegreifbare fich emporheben 
labt gu bem unbebingten SBirfenlaffen beS ©wigen. X)enn baS 


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Sutper 1517. 


27 


ift bie Äraft ßutfjer« unb feilte« Söerfe«, tote fie in bent 
SBefenntniffe teuftet au« bem @nbe jenen 3al)re« großen 
©ebädjtniffe«: „au« un« oermögen mir nichts f au« bet ©nabe 
©otte« aber oermögen mir alle«." 


ßlnmerhungen. 


Sie ^tet gebrucfte Siebe habe id) am 31. Oft. 1917 bei bet oon 
bet eoangelifch - theologifdjen gafultät oeranftalteten UnioerfitStSfeier in 
©trafjburg unb am 4. Slot), mit einigen entfprechenben Anbetungen in bet 
fiubwigSfircpe ju fjfreibutg im 93reiSgau gehalten, beibemal mit Kürzungen, 
befonberS in ben wörtlichen Anführungen. 

3m folgenben finb ju ben ©8|en beS SortragS nur einige cpata!« 
teriftifche 93elege aus ben Duellen wie auS bet Sitetatur auSgew&htt. 
SutijerS 93orlefung übet ben Vebräerbrief ift ausgiebiger netwenbet worben, 
weil fiep i^re Verausgabe burd) ben Krieg oerjögert hat. Angeführt ift fie 
nach bet im SSatifane aufbewahrten Vanbfchtift aus ber alten $eibelberger 
©ibliothel, mit einigen 93effetungen aus anbetet Siachfchrift in ® eff au. 
(Etliche ©teilen hat Senifle, ßuthet unb Suthertum, mitgeteilt, nacpbem ich 
in bem tömifchen Stejte baS Stutherfcpe Kolleg erfannt hatte (Anfänge 
reformatorifcher 93ibelauSlegung 1, 1908, ©.Ylllf.) 

Sem Sorte (EarlpleS, an baS bie (Erinnerung in bet Siebe burdj 
Hingt, habe ich f<h° n in bet (Einleitung ju bet Ausgabe beS Vohenlohefchen 
ftteujbüchleinS ben allgemeinen ©inn gegeben, in bem eS mit für bie ge- 
famte Sieformation wichtig erfcpien. 

©. 4 3-15. „Sin jebermann wolt gen html", ©chaiter, SaS teligiöfe 
SolfSleben am AuSgang beS SJtittelalterS nach Augsburger Duellen, 1914, 
©. 136 (Beiträge jur Kulturgefchichte beS SJlittelalterS unb bet Slenaiffance. 
VerauSgeg. t>on ©alter ®oep, 93b. 13). 

4,20. 3 U ben $affion3bilbem, befonbetS auch ä“ bem SBefperbilbe f. 
meine Ausgabe beS KteujbüthleinS oon @raf ©igmunb oon $obentohe 
(Duellen unb gorfchungen jut Kirchen« unb Kulturgefchichte oon Eljafj unb 
Sotljringen, V-1)» 1913, Einleitung @. XXVL Sie fich baS 93efperbilb 
unb feine Anbadjt auSbreitet, f. &. 93. Sßalfc in bet Vtmelifchen guntgrub, 
1512, 931. b 5b: „Satnach ju SSefperjeit gebent, wie fh ben leichnam oon 
bem cteüp theten unb legten in für bie mutter gojj. Alfo mo<ht fptecpen 
bie mutter gotteS, als it liebes finb warb oon bem cteüfc genommen unb 


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Johanne* gider, 


tob auf tx fdjoß gelegt, afö etlid) anbächtigen mengen miltigflich getaubeu 
unb alfo gefchriben haben. Der anbadjt ich nit oerwitf, funbet aQ^te ein- 
füre." SluS bet unüberfehbaten ftüHe oon Silbern, wie fie fßrebigten, 
©ebete, Dichtungen unb bie fünfte bargefteflt haben, fei nut erinnert an 
bie ©chübetungen beS ©djmerjenSmanneS, an beten Verbreitung im Starben 
wol bie gtaujiöfaner ben größten Anteil haben. (Sine bet frühesten Dar- 
fteHungen bet Sßlaftit ift bie ©tatue an bet fHußenfeite bet Stinoritenürche 
in SRothenburg o. b. Dauber. SBie baö Sefperbilb längft fchon bot 9Jti<hel« 
angelo feine fefte gornt angenommen hatte, fo geht auch baä Silb be§ fogen. 
„©nabenftuhlS" feht h»«h in ba8 Sßittelalter hinauf. Dürer gibt auch hin 
nicht bie äußerlich, fonbern bie innerlich unb fünftlerifcp abfchließenbe unb 
gefteigerte Darfteflung. Die SDtaifter ber JRenaiffance haben öiet mehr al8 
allgemein belannt unb als erfannt ift, fefte Dqpen, befonberö ©nabenbilber 
mieberholt. 2lu<h barauf fei oertoiefen, baß je^t ba3 gronicabilb bie güge 
beö fieibenS annimmt unb bie Seronilalegenbe jept erft bie SBenbung auf 
bie Vaffion erhält, f. Dh e °logifche fiiteraturjeitung 13, 1888, ©p. 176f. 
Ölberge unb ©räber ©htifti werben barnalS häufig errichtet unb Kapellen 
beS heiligen Slute3 in oerfchiebenen ©egenben; auch ©rfurt hatte eine feit 
langet Qcit. 

4.28. Da8 SJleßopfer ift immer häufiger in ber gorm ber ©regorSmeffe 
abgebilbet worben. SJtit ben Slbläffen tritt ©regor ber ©roße in ©ebeten 
unb Silbern immer mehr hnoor. 

4.29. SDtan erinnere fich ber Snweifungen unb ber (auch beutfehen) 
Formeln j. S. in ©urgantS Manuale curatorum n, Consid. XU de exhor- 
tationibus circa extreme unctionis administrationem, in ber 2fo$gabe Safil. 
1606, Sl. S 2bff.: Deinde sacerdos infirmum blandeleniterquealloqnatur, 
benigne monens nt omnem spem suam in deum ponat et nt infirmi- 
tatem seu flagellum dei patienter ferat. Et nt hec ad pnrgationem snam 
provenire credat et nt de dei misericordia nnnquam diffidat ant desperet. 
Et tnnc porrigat infirmo imaginem crncifixi. fiutper fpricht hierüber in 
ben Difcpteben, SB. 21. Sb. 2, 9ta. 1644. ©ebete gleichen Inhalts im Manuale 
enratornm unb im Hortulus animae, SBie man fol leren fterben, Sl. 199 ff. 
$<h benupe oon lefcterem bie fchöne, 1517 geraffene beutjepe SluSgabe, mit 
ben ^oljfdjnitten Oon ©pringinSflee, erfchienen im SRai 1518 in Stürnberg. 
SReiftenS tritt $u bem Hinweis auf ©ott unb ©hriftuä bie Anrufung ber 
SOtaria unb ber ^eiligen hiuju. 

Son ben bilblichen DarfteDuugen fei hin nur auf bie in ber Ars 
moriendi unb auf ba* folche §oInfchnitte oerwenbenbe Silb ©ranadjö (1518) 
im Seipjiger SDtafeum oerwiefen: bet ©terbenbe (gflecpfig, Die Dafelbilber 
SufaS ©ranachö b. &., 1900, Daf. 32). 

4,31. Die ©rflnewalbfche DarfteHung iß bie braßifchfte unb in ihrer 
Sßarabofie größte; über bem Ringer, ber auf ben wie fepon oerwefenben 
Körper ©hrißi weift, fiept getrieben: Illnm oportet crescere, me antem 
minni (3op. 3,30]. Die große ©efte ift auch in ben ©ebeten feftgepatten. 


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ßutljer 1517. 


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3m Hortalas animae h«6t c8 in bet Antifone auf ben laufet (8t. 99 b): 
$epliget Ijttt fant Solang, bet ... mit ben ginget gejepget ^aft ein lamp 
on majjen. ßuther, bet ben Hortalas animae benufet bat — baS 8u<h wirft 
auch im Sitel in bet SBittenberger ^Reformation nach — nimmt baS auf in 
ben Scholien jum fcebräetbriefe, ©oroll. ju $ebr. 7,10 [81.110]: Joannes 
Baptista... digito ostendit et dicit: Ecce agnas dei, qai tollit peccata 
mnndi (auch fonft fdjon in früher 3eit, f. bie $rebigt SB. 21.4, @.629). 
Aud) hier b°ben, wie fonft nielfach bie bramatifchen Spiele bie 8otfteQungen 
weitergeffihrt unb ben beftimmteu AuSbrucf geprägt. 

4,34. Stuf ein ähnliches SBott weift auch fiutljer bei Auguftin bin (in 
bet Antwort ad dialogum Silvestri, SB. St. 1, ©. 649), wieberbolt nariiert non 
©eilet, befonberS in bem „Schiff bet penitenfc unb bufjwürfung", 1514, bei 
§afaf, bet chrifttiche ©taube beS heutigen 8otfe8 beim Schluffe beS SRittet- 
atterS, 1868, ©. 443: „baS fdjiffUn... nüt anberS ift webet bufjwütfung, 
ein gecreü$iget leben... baS gan| teben eins cbriftenmenfcben nüt anberS 
fep bann ein creüp. 

5,5. ©. 8.8. Schutte, Sie gugger in fRom 1495—1523, 1904, 8b. 1, 
S.74, 178f. Abläffe für beftimmte gefte unb Anbauten j. 8. im Manaale 
curatorum II, Consid. 14. Siefelbe fabelte in 8iel8 Sermones, 1510, 
81.275 b. AuS ben ©ebetbücbetn fei bet Hortalas animae herausgegriffen, 
auS ben ©rabfteinen bet mit bet Sarfteflung bet ©tegotSmeffe im Äreuj- 
gange beS SRegenSburger SomeS, weftlicher gtüget. gasreiche fßroben geben 
8.8. bie ©inbtattbrucfe beS fünfzehnten galjrhunbertS, herauSgeg. non $eip 
©. auch fiebert, 8eiträge jur öorreformatorifchen ^eiligen* unb ^Reliquien» 
»etehtung ((Erläuterungen unb (Ergänzungen §u ganffenS ©efdjichte beS 
beutfchen 8ol!eS), 1907, ©. 32 ff., unb bafetbft eine Stimme bet geit gegen 
„alte, bie unbefcheibentlidje Abläffe not etttiche ©ebetter fchteiben". Am nott* 
ftänbigften gefammett unb am forgfältigften unterfucpt finb bie — für bie 
Anfänge bet 8ud)brucferfunft wichtigen — Ablaßbriefe beS cpprifchen Ab* 
taffeS, beffen 8ettrieb im SRorben übrigens auch mm SRainj aus erfolgte. 
S. gebier, ®ic SRainjer Ablaßbriefe bet gaßre 1454 unb 1455 in ben 
8eröffentlichungen bet ©utenberg*©efeHfchaft XII—XIII, 1913, @. lff. 3 U 
ben Abweichungen in ben Seiten bet getriebenen ©jemplate f. bafetbft ©. 9. 

5,9. Übet bie Abläffe in ben $ilgerbü<hern f. fßautuS in gtfchr. für 
fatholifdhe 2$eoIogie 24, 1900, ©. 30ff. fßeraubi „lieg auch einen notariell 
beglaubigten 3«ttel nerbreiten, auf welchem fünf römifche Äirchen nerjeichnet 
waten... non benen bamalS auSgefagt wutbe, baff man barin, namentlich 
oermittelft bet prinilegierten AUäte, Abläffe für bie atmen Seelen gewinnen 
ttnne" CßautuS ebenba ©. 258). Ser SBiberruf unechter Abläffe ift erft 
fpät unb nur teilweife erfolgt. ©. *. 8. Amort, De origine, progressa, 
valore ae fructu indalgentiarum, 1735, 11,44. 47 f. 50 ff. Sen glug* 
blättern war fogut wie gar nicht beiftulommen. @. auch 8etinget, Sie 
Abläffe 14 , 1.8b. 1915, ©.149ff.; füt frühere Abläffe: IßauluS, 8erühmte 
hoch unechte Abläffe, im $ift. gahrb. ber ©örreSgefeöfchaft 36,1915, ©.481 ff. 


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BO 


Johannes gftder. 


5, 12. .ßufammenftellung oon Äbläffen für befHmmte Gelegenheiten aus 
ber erften $älfte beS 15.Fäljrhunbert« bei ©urgant a.a.D. $5ie non ben 
Neformfonjilen öerfudjten Hemmungen finb öom lebten ©iertel bei Fahf- 
hunberts ab ganj befeüigt gewefen. ©ijrtuS IV., ber tljeologifch höher fleht 
als feine nächften Nachfolger, f)at auch in ben Nbläffen entfdjeibenb bie 
{Richtung angegeben unb fie in einem Neich turne auSgefpenbet, ber l|ö<hflen3 
oon SeoX. noch fibertroffen wirb, ©ein Änbenlen ifl in ber religiöfen 
Siteratur, auch in ben Formfchnitten fehr reich feflgehalten. ©. bie einzelnen 
Nachweife bei Slmort a. u. £>. unb baju Lea, A history of auricular con- 
fession and indulgences in the latin church HI, 1896, p. 358 u. öetfchie* 
bentlich. ©djulte a.a.D. ©.55ff. Nbläffe in Grfurt, befonberS im 
Nuguftinerllofler, f. Äolbe, ®aS religiöfe ßeben in Grfurt am NuSgange beS 
SNittelalterS (Schriften beS Vereins für NeformationSgefchichte Nr. 63) 
1808, ©.33. 

5.17. $ie Gefehlte biefeS „fimoniftifchen ftaufgefdjäftS" f. Schulte 
a. a. D. @. 97 ff. 2)aS Ungewöhnliche biefeS NblaffeS ebenba ©. 127. 

5,20. 2)ie SKainjer Nblaßinftruftion bei ffiöhler, Stofumente jum ülblafj* 
ftreit oon 1517, 1902, @.104 ff. Nuf ben Sufammenhang mit ©eraubiS 
Snmmaria declaratio hat ©auluS hingewiefen (§iftor. Ffahebuch ber GörreS- 
gefellfchaft a. a. D. ©. 652). Nud) ©alp h«t bie hi« genannten Gnaben in 
ber ©elifobina oerjeidhnet, in ber 9luSg. Grfurt 1502, 391. D 6. 

5,24. 3)ie Nblaßinftruftion NlbrechtS unterfcheibet fich an einer Neihe 
oon ©teilen teilweife fehr erheblich Oon ber NrcimboIbS, bei Äapp, Äleine 
Nachlefe 3, 1730, ©. 176 ff. 

5,31. „SBähtenb ber Stauer beS NblaffeS [1502] würbe in ber Sieb* 
frauenlirche [ju $alle] täglich geprebigt, an ben Feiertagen auch no( h iw 
einer anbern Sfitche; bagegen mußten in ben filöftem bie ©rebigten unter¬ 
bleiben", nach bem ©erichte eines Feitgenoffen wiebetgegeben oon ©auluS 
im #iftorif<hen Jahrbuch ber GörreS * Gefellfchaft 21, 1900, @.675. @ielje 
bie ©eftimmungen ber Nblaßinftruftion NlbrechtS, S?öl)ler, ®ohtmente ©. 107 f. 

5,33. Talis crnx est efficacior Omnibus aliis crucibus non in signi- 
ficando commnni significatione [ba finb alle Äreuje gleich], sed “ fructi- 
ficando, ©alp, Snpplementnm Celifodinae ©1. a3. 

6,2. statns ecclesiae remissivus, in ©firftingerS Onus ecclesiae c. 14; 
f. Nrt. „©firflinger" in ber Nealencpll. für proteft. Rheologie unb Äirche, 
@. 312; am @nbe biefeS SapitelS: Jesus Christus, qui . . . concedere 
consuevit largifluas nostrarnm culparum indulgentias ac debitarum 
poenarum remissiones. 

6,15. ©gl. hierju auch ©taupip' Äußerung in feinen Neben, SBerfe, 
herauSgeg. oon Änaafe I, 1867, ©. 41 ogl. ©. 33. 

6.18. Feh benle hierbei befonberS an ben oon ©alp in ber Celifodina 
in ben ©orbergrunb geteilten Gebanfen, ben er in ber Formulierung beS 
Aegidius Bomanus bringt: Si vis certus esse, quod tua attritio sit con- 
tricio, confuge ad sacramentnm (1. c. de penitencia exeuntium ©1. L3). 


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Sutljer 1517. 


31 


6 , 29. Sec desperatio wirb mit großem Dachbrucf entgegenjumirfett 
gefilmt unb gecabe ü)r werben häufig bie 2 lblfiffe entgegengefteHt, f. Calfc, 
Celifodina, de septem confortativis peccatoris ne desperet in extremis, 
CLft2bff., unb SnppL Celifodine, in ber ÄuSgobe Seipjig 1516 CI.bSbff. 
(Cratfe, ßutljerb 95 Sljefen unb ihre bogmenhiftorifchen Coraubfefeungen, 
1884, @.134ff.); bie mit ihnen gefchaffene ©rleichterang wirb ebenfo 
beröorgeboben, alb bie Seichtigfeit, fte ju erlangen: est facillimns modns 
satisfaciendi via indnlgentiarnm, fagt Cal| in Snppl. Celifodine CI. ® 6 , 
unb CI. c3b: est facile redimere tales litteras (Cratfe @.133). 

6,30. Cei ben Slblafwerljeifjungen ift auf bie gotbetung non Reue unb 
Ceid)te Cebadjt genommen, bod) fehlt fte auch, j. C. im Hortulus animae 
bei ben ©ebeten bor bem Cilbe ber heil. 9lnna, CI. 137; bei anbem ift nur 
„mit anbadjt" erforbert, 3 . C. bei bem @eelengebete $iub II., CI. 223, bei 
ben Crigittengebeten, CI. 235. 

6 .34. Clan benfe an bie flblidjen Certaufebungen öon poena unb culpa, 
peccatum unb poena im firchticben Sprachgebrauch, $aulub in 3eitfchr. 
für fatb- Sbeologte 23, 1899, ©.431, „gnab" = «blafc, «tbtajjbrief („wer 
auf bie römtfdjen gnab bot • • • gebeitbtet", 3 . C. in ber $immlifchen 
guntgrub, 1512, CI. c 8 ); an ben Sinwurf in ber Celifodina CI. 03: Sed 
diceret quis: communiter dicitnr, quod in inbileo absolvitur qnis a pena 
ct culpa, an bie Untertreibung jraifcben einem eigentlichen Stbtafj unb 
einem im weitem Umfange, womit auch $alfe hierauf antwortet. 

6 .35. ©. aud) ©eeberg, Sehrbud) ber Sogmengcf drehte m, 1913, ©. 558. 

7,5. 3tn bie ©raoamina fei erinnert, „laicis contra Clernm murmu- 

rantibus“, ©iefeler, SHrchengefchichte H» 4, 1835, ©. 186. 

7,7. ©cbulte a.a.D. @.67 ff. 

7,22. 3u ber Corftellung Aber „Deformation" fei hier angemerft, wab 
bab Manuale cnratornm ©urgantb alb erforberlicb be^eid^net: quod pastor 
iuxta canonicas sanctiones visitet diligenter et crebro suum gregem 
aut per seipsum aut per vicarios doctos ... Hie est enim cardo totius 
reformationis ecdesiastice (Ct. 127 b). 

7,24. Jgn ben SEBeiffagungen beb Dtethobiub, heraubgeg. tton @eb. Crant 
1497, BasiL 1515, heifet eb, bafj ein röntijdjer Äönig bie ftirche reformieren 
werbe ober ein devotus et iustus papa gemeinfam mit ibm (CI. f 3 b); im 
„Äufejug etlicher fßractica uub fßrophecia ©ibiöe, Crigitte ic.", Seip 3 ig 1516, 
ift bie Deformation mit ber alten ftaiferfage in 3uf<unmenbang gebracht 
Cei Joachim finb bie befiplofen ©piritualiften, befonbetb bie 3 iftet 3 ienfer 
bie Xt&ger ber (Erneuerung: 3 ur poenitentia werben fie führen, Magnus 
Abbas Joachim .. super Hieremiam, Yenet. 1516, Äap. 24. 30. 

7,26. Sutherb Streben, 88.91. 3. Cb., Dr. 3593, ogt 1. Cb. Dr. 147 
unb Dapebergerb Ijanbfcbriftlicbe ©efdpchte, ed. Deubeder, 1850, @. 45. 

7,30 ff. Über SSittenberg unb bie Unioerfitdt in jener 3eit f. griebettb« 
bnrg, @efdeichte ber Unioerfitfit SBittenberg, 1917. Denbauten ber Uni« 
»erfität 1515—1516, f. ©.81. Über bab ©d)lofj, über feine 9tubftattung 


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32 Spanne# Arider, 

mit antifen Silbern ogl. Saud) im Depertorium für Äunftwiffenfd)aft 17, 
1894, @.426 ff. 

8,4. Stpconiu#’ ©cbitberung über ben 3uftanb ber Huguftinerfircbe 1517 
in feiner Historia reformationis, berauSgeg. non Spprian 1718, @. 24 f., 
jept aud) £aulfuß*Siefcb, Sa# Sud) ber Deformation, 1917, ©. 459f. 

8,7. @. 2Rid)aeIfon, ©ranad)# be# Älteren Seaiebungen jur $laftit, 
im 3 a btb. ber $reug. Äunftfammlungen 21, 1900, ©. 271 ff. 

8.9. 8um Sucbbrud f. Q. Sutber in ben üutberftubien ber SRitarbeitet 
ber SBeimarer SutberauSgabe, 1917, @.261 ff. 

8,17. ©. (aud) für ba# golg.) Äatfoff, «Mag unb DetiquienOerebrung 
an ber @cbloßfird)e j U Sittenberg unter grtebricb bem SBeifen, 1907, @.8f. 
11. 12 ff. 65 f. ©d)eurl betreibt in feinem, eine fnappe, aber reichhaltige 
©chUberung ber ©tabt bietenben Libellas de sacerdotum et rernm eccle- 
eiasticamm praestantia, 1511, ba# Sitb SJtarien# mit bem Äinbe; ba# au# 
©ranacb# SBerfftatt beroorgegangene Äunftwerl ift gewiß ba# im SBitten- 
berget $eiligtum#budb Sl. i3b wiebergegebene (ogl. ben H°tsf$nitt bei 
Sippmamt, Sufa# ©ranad), 1895, Saf. 84). 

8,26. 3 m Siatogu# be# Steiidjarbu#, 1507, §außleiter, Deue firdjl. 
8eitf<brift 14, 1903, ©. 103. 

8, 32. 3um 2lblaß non 1516 f. §u ©(butte a. a. 0. I, ©. 68 bie 2tu#« 
fübrung non Äalfoff a. a. 0. ©. 38. 

8,36. ©ranad)# Silber im SBittenberger HeiligtumSbud); fein Hotafänitt 
ber Serfünbigung mit Slbtaßoerbeißung, abgeb. Sipptnann a. a. 0. Saf. 41; 
tßrebigt Qobanne# be# Säufer# ebenba 49; ^ieronpmu# nor bem Ärujifij 
ebenba 26; ©palatin nor bem ©etreujtgten ebenba 48. 2lu<b Wibrecht 
non Sranbenburg b Q l ftcb nor bem ©efreujigten malen taffen (©emälbe 
in SlugSburg, bei SBorringer, ©ranad) ©. 89). ftriebricb# be# SBeifen 
Serebrung be# ©efreujigten, f. Äalfoff ©.21; ba# Äreuj auf feinen Stünden 
non 1517 an f. SRicbaelfon a. a. 0. @. 281. Sie fogen. Himmelsleiter 
Sonanentura# bei Sippmann, Saf. 51. 

9.9. Saucb im Deuen ©äcbfifcben Stdjio 18, 1897, ©. 327. 380. 

9,34. Sn ber Auslegung be# Hebräerbriefe# ift am bäuftgften ©brpfo- 
ftomu# oermenbet, tantus doctor Graecus doctissimus, ©d)olien, St. 92 b. 

10,14. Siefe Sinie läßt fiep weit jurüdnerfolgen. SJtan öergleicbe j. S. 
SB. 9t. 4, ©. 405: Iustitia est solum humilis obedientia ... Nullua est 
iustus nisi obediens. ©. 688 (aumeift oorn Sriefter): Dominus iussit 
te sic lncere. Dömerbrieffcbolien ©. 289: oratio est opus obedientiae. 
S. ©nber#, Siutber# Sriefwetbfel 1, 1884, ©.68. Slu# früher 3eit (1509): 
jubente vel permittente Deo, ©nber# ©. 6. Somit tritt auch ba# SBort 
in 3ufammenbang, ba# au ihm einft gefproeben worben ift: nescis, quod 
ipse dominus iussit nos sperare? (©(beet, Sofumente au ßutber# ©nt- 
widlung, 1911, @. 38). Sen ©egenfap bierau rügt Siutber a- S. ©über# 
©. 51, unb bei ben Hfcetifem, bie ihrer eigenen ®infid)t unb bem eigenen 
Bitten folgen. 


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üutljer 1517. 


38 


10,18. ®ie Nötigung ju beit elften biblifdjen ©orlefungen, }. bie Prae- 
fatio ju ben ©falmenfcbolien, SB. St. 3,14. Stn ba$ SBort in bec SBibntung 
bet jweiten ©fatmenoorlefung fet erinnert (SB. St. 5,20): Neque enim me in 
officio verbi retinet nisi alienae immo divinae voluntatis obedientia; 
mea volnntate, sicut semper abhormi, ita nnnqnam in hanc nsqne 
horam accessi. 

10, 32 ff. ®ie (hier getürjten) Stufjerungen in ber ©otlefmtg über ben 
©ömerbrief 1515—16, ©djotien, ©. 199. 301, bgt. bie Einleitung ©. XCIX. 

10.36. Über ben 3ettpun!t, ju bem Sutljer fein ©ieget angenommen bat, 
f. bie borläufige ©emerfung in ber 3eitf^r. für bie ©efdjid)te beS Ober- 
tbeinS, 91.2f. 33, 1918, ©. 15, Stnm. 2. 

11,12. ©anbgloffe ju §ebr. 12,3: Nihil efficacius contra peccatam et 
tentationes quam memoria Christi . . . Petrus pronuncians memoria« 
Christi esse armaturas animarnm ... Et sponsus in Canticis 8, [6]: 
Pone me ut signaculum super cor tuum, signaculum super brachium 
tuum i. e. super cogitationes et opera, ein öon Suttjer häufig herwenbeteS 
SBort, mie baS anbere: inter spinas conversatio tua erit (im ©riefe üom 
8. Slprit 1516 mit bem ©orberfafce: si es lilium et rosa Christi, EnberS, 
@. 30). 

11,14. EnberS ©. 29f. 99. 

11,27. EnbetS ©. 142 unb ©. 141: ut theologus non ut grammaticus 
loqui debeo. ©gl. ©. 88. 

11.37. ©ömerbriefftbolien ©. 205. EnberS @. 55. 75. 90. 

12,4. EnberS @. 110. SBetle SluguftinS fc^itfte SuÜjer SlmSbotf in? 
tpauS, Äöftlin-fiawerau, SOtartin Sutber I, ©. 134. 

12.9. & SuÜjer a.a.£).©.264. 2)a3 Xitelbitb ber „Eteutfdjen Geologie" 
in ber unootlftänbigen StuSgabe non 1516 ift ber ®efreujigte (SB. St. 1,153), 
bie ber oottftfinbigen üon 1518 jeigt baS ©egräbniS SlbamS (nicht Ebrifti, 
wie SB. St. 1,376 ju tefen ift) unb ba8 ©itb be$ Stuferftanbenen. Stuf ber 
lebten ©eite beS ©tödelfcben 5>rude$ ift (a. a. £>.) auch bie ftteujigung 
beigegeben. E i ift aufjerorbentticb ju beflogen, bafc bie Weimarer Stubgabe 
ber SBerfe SuÜjerS bie SBiebergabe beS ©UbmaterialS, baS unumgänglich 
nötig ift jum hotten ©erftönbniS ber ©cbriften, junädjft gänjltch auö« 
gefcbaltet unb auch i« ben fpfiteren ©änben nur unoottftänbig berüd- 
ftdjtigt bat. 

12.10. Taulerum in lingua teutonica, ©ömerbrieffcbolien a. a. D.; in 
Germanica lingua effusum, EnberS ©. 75. ©on ber „$eutfcben Xtyo* 
logie" im ©orwort 1518 (SB. St. 1,379): ,,3d) band ®ott, ba8 ich b n beutfcher 
jungen meinen gott alfco höre unb finbe, als ich unb fie mit mqr alljer 
nit funben haben, SBibber in tatebnifcher, fridjfcher noch b^reifdber jungen, 
©ott gebe, baS bifjer pudjlebn mehr an tag fumen, ha werben wqr fhtben, 
baS bie sieutfcheit Geologen an jwebffett bie besten Theologen fetjn, Simen." 
9Äan meint hier eine Slntwort ju büren auf ©timmen, wie bie hon ©cbeurl, 
bec in feinem Libellus de laudibus Germanie et ducum Saxonie, 1508, 

Cd) t. 8. f. 9». 3«, 1. 3 


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34 


QoljanneS Arider, 


auS Bologna gefd)rieben hotte (931. 93 3): Libet enim mihi imprimis lamen- 
tari et deflere, iniquam maiorum nostrorum conditionem: et apud Ger- 
manos reperti sint, qui egregia facerent plurimi, qui scriberet nullus. 
Hoc conqueror hodierno die apud vos, viri Germani, Germanis nostris 
nunquam animos, sed semper scriptores defuisse. Hoc me in lachrimaa 
prorumpere cogit. 

12,12. 93orrebe zu ben 93ufjpfalmen (28.21.1,158): „SJlepn »otmeffen* 
hept aber, bie pfalmen aufczulegen, funberlid) pnS beutfche, befilp id) frep in 
epnS iglidjen gutbunden". 

12,14. 2Jlan benfe an bie befonbere Stellung, bie bie 93uf}pfalmen im 
©ebetSleben bet Stirne, im offiziellen wie im einzelnen ©ebraucpe einnepnten, 
»ie fie befonberS ben Äranfen empfohlen »erben unb »ie auf 2luguftin 
»ermiefen »irb: „bo er an feinem tobbet lag, bo lief} er bie fpben fßfalm 
fcpteiben unb betet bie" (z. 93. in ber guntgrub 931. d.). 

12, 27. EnberS @. 55. 

12,28. 2>ie Siefen gelbftrdjS über bie natürlichen Kräfte beS SUlenfcpen, 
2B. 21.1,145 ff. 

12, 33. EnberS ©. 86: Pars crucis meae vel maxima est .... 

13,1. EnberS ©.63. 88. 141 ff. 

13, 7. EnberS ©. 100 f. 

13.22. EnberS ©. 102. Sang weift er auf bie theologifdje Sizenziaten» 
»ürbe im 2luftrag hon ©taupip, EnberS ©.104. 

13,25. 2lufter bem belannten geugnis DlbecopS fei auf baS hon ftarl- 
ftabt oerwiefen, bei 93arge, 2lnbreaS 93obenftein oon ffiarlftabt, 1905, II, 534. 
536, auS ben Erläuterungen zu 2tuguftinS de spiritu et litera, in ber 
93orrebe an ©taupip oom 18. !Ko». 1517; unb zu ©cpeurlS Urteil (oom 

14. 3 fl n. 1517 im 93riefe an Ed, Söriefbud) ©d^eurl’S, IjetouSgeg. oon 
».©oben unb Änaafe, II, 1872, ©.2) fei hinzugefügt baS beS 93enebif- 
tinerS iß. Song im Chronicon Citizense, fßeueS ©äcpf. 2lr<fji» 13, 1892, 
©. 309. 

13, 27. EnberS @. 90 f. 95.121 f. unb 21nm., @. 123.127.131 ff. 135 ff. 

13,30. Olbecop in feiner Eljronif, 93ibl. beS literar. 93ereinS in 
Stuttgart 93b. 190 ©. 36. 

13, 34. EnberS ©. 105. 

14, 3. EnberS @. 83. 

14,20. Suther IaS über ben Hebräer»rief, fo fcpeint es, »on Dftern 
1517 bis Dftern 1518. 

14.22. $ie einleitenbe ©loffe: Monendum in bac epistola, quod Paulus 
gratiam extollit adversns superbiam legalis et humanae iustitiae, pro¬ 
bans quod ... omnia in Christum futurum instituta et facta fuerint 
Omnino igitur solum Christum docendum proponit. 

14,32 ff. 93u|pfalmen 928.21. 1, ©.193. Scholien zum §ebräetbrief 931.78: 
hoc ipsnm veile, petere, quaerere seu pulsare donum est praevenientis 
gratiae. 


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üutljet 1517. 


35 


14,35. 931.89: Deus supra vires, supra sensum, supra intentiouem 
et supra omnem cogitationem operatur. 

14, 36 f. 931.129 b: Nihil est in homine, quod non sit vanitas et 
mendacium. 931.156: Omnium .. virtutes .. specie quidem sunt virtutes, 
re vera autem vitia. 

15,2. 931.104b: impossibile homini de quocunque peccato surgere. 
931.122 b (gu |>ebr. 9,24): Quod a nobis offertur quotidie, non tarn oblatio 
quam memoria est oblationis illius .. . oblatio [Christi) perfecta est et 
cessavit omnino, spiritualis autem [Ecclesiae] offertur de die in diem, 
dum assidue moritur cum Christo ... seil, concupiscentiis mortificatis. 

15,3 ff. 931.117: Nec ab his angustiis liberatur nisi per sanguinem 
Christi... Ad hanc munditiam nulla lex, nulla opera et prorsus nihil nisi 
unious hic sanguis Christi facere potest. 931.113 b: Neque potest intelligi 
lex et sapientia Dei nisi in Christo .... • In Christo solo est animae 
consolatio et recreatio. 931. 76 b: hypocrisin agere ... Talis est omnis 
homo, qui est extra Christum. 931. 96: Sermo Dei .. . supra omnia, 
extra omnia, intra omnia, ante omnia, post omnia ac per hoc ubique. 
931. 75: Nulla potestate alia regit Christus £cclesiam quam verbo. 

15,12. ©djolien 931.88 b: ipse non nisi verbo operatur omnia. 

15.15. 931.123: ‘Bespexit Deus ad Abel’, sc. propter fidem primo, non 
propter opus ... hoc est bivium, quo digrediuntur ab invicem vere iusti 
et hypocritae. Vere enim iusti per fidem et gratiam ad opera; hypocritae 
perverso studio per opera ad gratiam nituntur i. e. ad impossibile. 

15.16. 931.130b: fides Noe non fuit quieta illa ‘qualitas animae’ 
(ut somniare solemus de fide), sed vita cordis. 

15,17 ff. 931.128b: Tanta res est fides i. e. vita in Deo. SRanbgloffe gu 
$ebr. 10,38: fides i. e. vita Christiani. 931.117b: Conscientia bona, munda, 
quieta, jucunda est non nisi fides remissionis peccatorum. SRanbgloffe gu 
,fjebr. 11,30: sunt omnia opera fidei impossibilia naturae, facillima autem 
gratiae, quia fiunt nobis patientibus, Deo autem solo operante. 931.109 b: 
fides iam est gratia iustificans. 9$gl. 931.107: 'iustitia’ est ipsa gratia, 
qua iustificatur homo i. e. fides, spes, charitas. 

15,21. 931.107b: fides ita exaltat cor hominis et transfert de se ipso in 
Deum, ut unus spiritus fiat ex corde et Deo ac sic ipsa divina iustitia 
sit cordis iustitia. (Stoffe gu $ebr. 3,12: sola increduütas separat a Deo, 
sicut sola fides coniungit. 

15, 22. ©djolten 931.100: haec sola fides facit eos puros et dignos, 
quae non nititur in operibus illis, sed in purissimo, piissimo, firmissimo 
verbo Christi ... 

15, 24. SRanbgloffe gu §ebr. 12,22: per fidem id effici, ut nobiscum 
sint, immo nostra sint Deus, Christus, Ecclesia, angeli, sancti et omnia 
prorsus. ©d)olien 931.113 b: propter fidem Christi, in qua habet omnia 
Christi. 

3 * 


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36 


Qoljanneä ffirfer, 


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15,25. ©djolien ©1. 77: sua spqpte flaunt opera foras ex fide. ©1.104 b. 
summum seil, infidelitatis peccatom. 81. 92: Fidea Christi est omnis 
virtus et incredulitas omne vitium. 

15,27. ©1.124 b: Adeo sunt omuia in facilem vivendi modum redacta. 
Nam si quaeras ex Christiano, quodnam sit opus, quo dignus fiat nomine 
Christiano, nullum prorsns respondere potent nisi anditnm verbi Dei 
i. e. fidem. 

15, 32. ©I. 85 b: in timore et incertitndine aguntur non habentes 
veram pacem seenndum illud Esaiae [48,22; 57,21]: ‘Non est pax impiis’. 
©loffe ju 10,22: plenitndo d. i. certitudo (fidei). 

15,33 f. (Stoffe ju §ebr. 6,17: credens in enm tutissimus est. ©djolien 
©1.102: Christiannm ... oportet ... semper seenram esse. ©(. 121b: 
Oportet Christiannm certum esse, immo certissimnm, Christum pro se 
apparere et pontificem esse -apud Deum. 

15,34. ©1.129 b: Demus ad utramque fidem [fides de Deo unb fides 
in Deum, jener credit, quod Deus sit et remuneret inquirentes, non 
tarnen credit, nos esse de numero eorum, quibus Deus sit et remune- 
rator sit] similitudinem. Ut candela vento exposita non solum radios, 
sed totam lucem amittit, sol autem desursum radians nulla vi vento rum 
turbari nec in radiis nec in se potest, sic fides prior extinguitur, posterior 
nunquam. 

16,1. ©1.122: Pessime faciunt, qui suas orationes et studia ipsa 
contemnunt ac velut incerta proiieiunt. 

16,4. ©I. 109 b: ... breviter nihil nisi peccatum, quod conscientiam 
polluit, distinguit Christianos ... Sacramenta gratiae iustificando cor 
discernendo inter cor et cor, inter conscientiam et conscientiam, inter 
fidem et fidem, inter spem et spem, inter amorem et amorem. ... Causa 
omnium haec est, quia in sacramentis gratiae habemus promissionem 
Christi . . . sacramenta gratiae nulli prosunt, imo Omnibus obsunt, 
nisi in plenitudine fidei accedant. 

16,10. ©1. ju 10,19: fiducia=libertas, audacia. gfür bie unmittelbar 
»oraufgeljenbe 3 e ü f- in ber 3^$*- f öc Geologie unb Äirtfie 20, 
1910, ©.245 ff. 

16,16. ©dfjolien ©I. 102b: Timor Dei summus est cultus Dei (timor 
im fjolgenben mit reverentia erläutert). 

16.19. ©I. 89: res omnium difficillima fides in Deum. ib.: arduissima 
res est fides Christi. 

16.20. ©1.95b: „Christianorum unicum debet esse Studium, ut 
cotidie magis ac magis moriantur huic vitae.“ 9tanbgloffe $u §ebr. 12,8: 
Verissimus cultus Dei est sui ipsius abdicatio et proprii commodi. 

16,22. Stanbgloffe ju $ebr. 13,9: Initium propriae desperationis de 
propriis operibus initium est fiduciae verae et stabilitatis. 

16,24. ©dfolien ©1.125: Vita praesens et mors officinaest, in qua 
duae sibi pugnant aliae vitae et aliae duae mortes. ©1. 106: fldelis 


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Siutber 1617. 37 

inter coelom et terram peudet et... in Christo in aere suspensus cruci- 
figitur. 

16,26. 331.75 b: Christiani hominis est incipere odisse iniquitatem et 
diligere iustitiam. 

16.29. Sie non Sutyer mit 9?atbbrucf oerwerteten fßarabogien 1. Kor. 
1,26 ff. lehren and) ^ier wieber. Slufjerbem fei hier angeführt, 33L 106 b. 107: 
Qnare homo per se non possit intelligere volnntatem seu legem Dd, 
quanquam est ineffabile inexpertis, tarnen ntcunque conandnm est. — 
Cum coeperjt — volnntatem ((Sott ju lieben) implere, exuit hominem 
et nudat ab omni opere suo intus et foris ... Breviter: adeo confunditur 
et perturbatur, ut sit impossibile eum persistere ac in voluntate Dei 
perseverare ... hanc invisibilem Dei volnntatem intelligere in tantis 
tenebris non est nisi spiritns officium. 

16,31. 331.84: Sunt illa horrenda obiecta nihil aliud quam exereitia, 
per quae fides fiat fortis. 

16, 32. 331. 82b: Proprium opus Dei est vita. 

16,33. 331.84: Mors optanda est propter peccata (quia sola mors est, 
quae finit et occidit peccatum. Ergo mors, interfectrix peccati, tantum 
est amanda, quantum peccatum timetur. 

17,5. giim golgenben f. für (Sinjelneb au d) EoU, Sie (gntftebung oon 
fiutberb Kirchen begriff in „ftorfcbungen unb 83erfucbe jut <Sefd)idjte beb 
SJlütelalterb unb ber SReujeit" (fjeftfcbr. für Sietrid) ©chäfer), 1915. 

17,22. 3EBenn bie an erfter ©teile in ber 3EBeimarer Slubgabe (1, ©. lff.) 
abgebrudte 3Jbljanblung wirllicb Oon fiutijer fein follte, fo würbe ihre 33er« 
öffentlidjung in jener 3^it burd) biefeb 3urfidgreifen auf Sfrfibereb unb bie 
fortfdpeitenbe 33eurteilung öffentlicher 33ortommniffe $u erfl&ren fein. 

17.30. ©. bab fReaifter jum Kommentar über ben SRömerbrief. 

18,8 ff. Eebräerbrieffcfiolien 331.128 b: Multiplicavit traditio illa 
infinita humanorum decretalium, decretorum, statutorum etc., et sic ob* 
scuravit nobis solem purissimae fidei ut ‘diminutaesunt veritates a filiis 
hominum’ [3ßf. 11,2]. 331.105 b:... dilectionis. Contra faciunt hi, qui pietate 
dominanter charitate non serviente importune et impadenter. Et fere 
fit, ut qui nolint ullam syllabam sui sermonis praeteriri, nullam serva- 
verint ipsi. 331.99: Nunc sacratae illae manus et inuncti digiti tinguntur 
atrodoribus omni veneno furiis, ita ut arma et bumbardas tractent .. 
combnrere fesdnantes aliquot Judaeos, qui hostias sacramend lanceolis 
confodiunt aut cultris inddunt [bie ©panbauer Einrichtungen oon $uben, 
1510]. Ipsi vero non hosdas, sed rem ipsam [sacramend, b. i. populum 
Christi] nec lanceolis, sed bumbardis et omni armorum fragore et im* 
petu ocddunt. Et in his Omnibus non intelligunt esse monitorium 
figurale, quod in Judaeis Dominus operatur, ut sdrent se septies esse 
digniores igne et omni morte ... Igitur bi pontifices ex daemonibus 
podus assumpd etiam pro daemonibus constitnuntur contra Christum et 
Christianos ... Ad has igitur insanias et infernalia portenta iuste 


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38 


gobanneS gider, 

perducti sumus, dam relictis sacris et divinis literis humanas’prae- 
elegimas. Quod enim genus furiae non introduceret in Ecclesiam diabolus, 
quando id obtinuit, ut versatilis ille et sibi omni inferno terribilior gladius, 
qnod .est verbum Dei, poneretnr et in rnbiginem sineretur marcescere, 
et rem nos gerere cemeret stuppis, plumis stipulisque humanarum rationum 
et constitutionum i. e. larvis et lamiis opinionum levissimarum. 

18,20. gn ben Decem praecepta 353. '21.1, @.460. 

18, 23. be 3EBette, ßutber’S «Briefe 1.77. (SnberS @. 94. 

18,34. f>ebrfierbrieffd)oIten 931.90: tepiditas spiritus omnium peri- 
cnlornm periculosissimum. ®aju 353. 31.1 @.136: mihi videtur, hanc 
tertiam novissimam (persecutionem) esse tepiditatem. 3tm ^äufigfteri ift 
bie gewöhnlich bamit oerbunbene securitas genannt. 

18.36. S3gt. 333.3t. 4,320: Quantum vis enim doctus sit aliquis et illu- 
stratus fide, nisi et affectu eadem velit et operetur, nondum vivit. Que 
Vita nostro tempore rarissima est. 

18.37. @<pon in ber erften SSortefung über bie ißfalmen 333.31.3,433. 
424. 447. 

19, 2. ©djotien pm §ebtäerbrief 331. 74 b: (populus Christi).. non 
esse regnum, sed exilium, nec vivere, sed semper mori, nec in gloria, 
sed in ignominia ... 

19.11. 33t. 113: Vere enim nec consolatio nec victoria est in quacunque 
tentatione nisi accedamus ad sacramentum ... Christus ad nos quotidie 
in sacramento venit. 

19.13. 33t. 112b: Oculi Domini dicuntur sacerdotes ecclesiarum. 
Nam sicut oculus dirigit corpus, ita sacerdos ecclesiam. 33t. 109: sacerdos 
differt populo ... excellentia sanctitatis et iustitiae. 

19, 31. 33t. 126: extra Ecclesiam nulla sine dubio est poenitentia 
aut remissio. 

19,36. pro re theologica et salute fratrum haec facio, @nberS @. 67. 

20.12. 353.31.1, @. 228 om @(bluffe ber Disputatio contra scholasticam 
theologiam. 

20.14. $iefe finb, fo fcpeint mir, für ben gerichtliche« 3u- 

fammenbong nicht fo, wie fie eS öertangen müffen, üerwenbct worben. SBenu 
Sutber, wie aus alten 3eugniffen ber borgebt, bie 3tuSeinanberfefcung über 
ben 3tbtafe tange geplant unb borbereitet b«t, fo gebührt ihnen auch bie 
oben im folgenben turj umriffene 33ebeutung; bamit wirb auch bie ohne 
fie auffällige enge (Stngrenpng ber 3tbtagtf>efen erttärt. 3tud) äußerlich 
tritt eine 3ufammengebörigfeit berbor, nämlich in ber 3abt ber ©äfce. 2>er 
unter ben erhaltenen ^befenbrudten jefct als ber ättefte erfannte, ber Seip* 
jiger, jäbtt, wie auch SocbläuS bon ber „prima schedula“ berietet, eben¬ 
falls 97 (SB. 31. 1, @.231). SDiit ber offenbar langen S3orbereitung ber 
95 Üpefen gebt übrigens ein sulefct nötig geworbener rafdjer Slbfcblufc febr 
wobt jufammen, ber fiep an betriebenen ©teilen bemerfbar macht. 3tu<h 
in 33tiegerS Stuffap über bie — m. @. ju weit ins einzelne geführte — 


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Suttjer 1517. 


39 


©lieberung bec Siefen in ber geftfchrift für Senj (©tubien unb 
SSetfuche jur neueren ©efchichte), 1910, ©. 1 ff-, ftnb einige in biefem ©imte 
oerftanben: @. 24. 25. 26. 

20,26. Enber? ©. 106. 110 f. (@d)eurl fott fie auch an Scf geben). 

20, 29. Enber? ©. 119. SB. St. 1, ©. 222. 

21,3. Dedi me ipsam, Enber? @. 23. 155.166. SSgt. SB. St. 1, ©.529 
„Catholicae et Apostolicae veritatis amantissimus“ (non griebricf) bem 
SBeifen). 

21.12. Über bie exorbitant tjotje S3eja^tung, bie Üejjet erhielt, fietje jefct 
fttofer im ßutherljeft be? Streitig für SReformation?gef<h., 1917, ©. 109 (269). 

21,13ff. SB. St. 3, ©. 416; 4, @. 424; SRömerbrieffäoIien ©. 123. 243. 
324; baju bie SSrebigten in SB. St. 1. 

21,20. S3gt. SB. St. 1, ©. 136: Contra tepiditatem nemo pugnat nisi 
vigiles et exhortatores, quorum spiritus a Domino snscitator. ©. 573: 
Cum 8int in ecclesia et doctissimi pariter et sanctissimi viri, ea tarnen 
est nostri saeculi infoelicitas, ut etiam tanti non possint ecclesiae suc- 
currere. 

21, 23. Quia id multi petiernnt, SB. St. 1, @. 98. 

21.28. 2)ie Opposition gegen bie Stbtdffe h a * fchon $at| in feinen Stblafj* 
werfen oor fid»: in beiben fe|t er fi<h fortrofihrenb mit it)r au?einanber. 

21.29. SB. St. 1, ©. 528. Enber? @. 148. 

21, 32. Impiissima haereticaque, SB. St. 1, ©. 527. 621. Slbgefeljen 
noch baoon, wie Sutljer feine SJerpfticptung anfal), tourbe im SBittenberger 
2)oftoreib getobt:, doctrinas ab ecclesia damnatas et piarum aurium 
offensivas ... denunctiabo, f. ©teintein in Sieue fircht. geitfdirift 23, 1912, 
©. 762. Mei studii et officii, Enber? @. 149; facnltas a tue Beatitudinis 
potestate concessa, SB. St. 1, ©. 528. 

21, 34. SB. St. 1, ©.571: Quomodo populus per seipsum intelliget, 
quod tarn obscure et large loqueris? ©. o. ju ©. 6,34. 

21,35. 3)ie Unfidjerljeiten unb SBiberfprüdje in ber Stbtafjleljre treten 
allein fchon in SM&’ ©Triften entgegen. 

22.12. Diu iam distuli, Enber? ©. 115. Dissimulabam aliqnamdiu, 
©. 148. ©. im übrigen bie Ouettenfteüen in ber Einleitung O. Sternen? 
ju ben 2befen in ber 89onner 2utherau?gabe 1, ©. 1 ff. 

22.13. ßuttfer? au?füljrliche Darlegung über ben Slblafj, bie in be 
SB. St. an bie Sßrebigt oom 10. ©onntag nach Srinitati? 1516 angefcf)loffen 
ift, ^at Ärüger in ben ©tubien unb Äritifen 1917, ©. 507 ff. neu betau?» 
gegeben. Sn ihrer Stnfefcung ftimmt er $errmann ju, 3eitfchr. f. Äirchengefch. 
28, 1907, @.370 ff. 93Wr fcheint, bajj 2utljer? Stu?füt)rungen ben SSrebigt* 
d)ara!ter noch burchffeinen taffen, unb ein iperaufrücfen an bie Siefen 
hatte ich nic^t für richtig; trofc ber grofjen Übereinstimmung mit ihnen, bie 
übrigen? wie auch bi* mit tßath noch gröfjer ift at? in bem Stuffajje an* 
gegeben ift. $afj ßuther fie mit ben Siefen an ben Erjbifchof SUbrecht 


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40 3ot)<mne3 gider, 

überfd)tdt Bat, ift um fo maBrfdjeinlicBer, ba ec gerabe in Ujnen ba8 Un- 
fiebere bec «BlagtBeorie feBr Betont Bat. 

22,14. Xer reiche ©toff, ben öratfe gesammelt Bat (SutBerS 95 Siefen 
unb Ü)te bogmenBiftorifcBen SorauSfefcungen, 1884), ift Bei iBm unb Bei 
fpStecen bec ©rflärung bec ©fi&e nidjt cecbt gugute gefommen, unb in ftöBlecS 
Ausgabe (CutBerS 95 XBefen fantt feinen «efolutionen, 1903) tritt bie 
Stufe bec Siefen Bintec bec bec SRefolutionen gurüd. SRan mich föc bie @r- 
ftfirung bec ©ä{je nod) meBc im eingelnen auf öalfc unb baS Don iBm bec* 
menbete SRaterial gurüdgreifen möffen. |>iec fei nuc auf einiges beewiefen. 
3u XB- 31 f. Celifodina »I. «6b (öratfe <3. 121); 3$. 37 f. XBomaS bei 
öratfe ©. 72; gu XB- 40 f. ©eefon Bei öratfe ©. 161; gu XB- 42 SijtuS' IV. 
©rlfiuterung beS „per modum suffragii“ (Bei ÄöBler, Xofumente gum «Blag* 
jtceit ©. 40); gu XB- 62 f. «alfc, Celif. öl. 05 unb Suppl. Celif. öl. B6: 
Papa habet tres thesauros spirituales. Primus thesanrus est sacrarum 
scripturarum; biefec ScBafj toicb bann aber guc öefeitigung bec Beiben 
obstacula, bie ben ©ingang in ba$ §immelrei(B becfpeccen, culpa unb 
pena, auSgefdjaltet bued) ben thesanrus sacramentorum: ‘per sacrameutum 
penitenciae’, unb ben thesanrus indulgentiae; gu XB- 79 f. ißalfc, Suppl. 
Celif. öl. a 3 (f. o. gu ©. 5,33); gu XB- 82: biefe erfte grage becSaien ift au<B- 
aufgewoefen Bei $at|, Celif. ÖL X5b (f. ÄöBler, 95 XBefen, gu XB. 26, 
©.88); XritBemiuS, Annales Hirsaugienses Bei $auluS, gritfdjc. ffle fatB- 
XBeologie 24, 1900, ©. 258); gu XB- 8J f. öalfc, Celif. ÖL ö 4b. Hu<B in 
SutBecS Befanntem SBort bom Anfänge bec «Blagprebigt: ecce subito 
coeperunt circum nos strepere, immo clangere nova indulgentiarum 
dassica et remissionum buccinae (SB. 91. 1, ©. 526, bgl. @. 621) Hingen 
öalB’ SSBorte mieber, Suppl. Celif. ÖL a2: Bucdnate in neomenia ... 
ps. 80 [9]. Solent principes et magni domini tubis clangere. 3 U ^B- 27 
fei augerbem barauf becroiefen, bag 1516 bie ©oebonne bie öecurteilung 
biefeS ©afce$ erneuert Bat (Lea ©. 347). Xag ec in Xeutfölanb beetflnbigt 
mürbe. Betätigt aud) ©taupifc in einer Nürnberger öcebigt, SBerfe ©. 18. 

22,22. Ob8curius pro more et enygmaticos positae, SB. 91.1, @. 528 f. 

22, 28. Docendi sunt Christiani — docendi sunt Christian i, XB^fe 42 
big 51. 

23,6. XBefe 32. 3a ögL öratfe ©. 271. öriegec ©. 87. 3u SutBere 
Stellung bergteidie bie Beiben «ugerungen auS ben näcBften ötonaten, an 
©taupifc, 15. fjebr. 1518: mihi in indulgentiis hodie videri non esse nisi 
animarum ülusionem, unb an ©d)eurl, 5. SRärg 1518: mihi sane non est 
dubium decipi populnm, non per indulgentias, sed usum earum, ©nber$ 
©. 155. 166. 

23, ia XB- 8: Charitas unb veritas (b. L baS ©bangelium). 

23,29. Xie £aien, f. o. gu ®. 7,5. «udj Beim «Blag Batte SutBer bie 
iiaien fdjon aufgerufen, 333. «. 1, ©. 66. 

24,13. Ignis comminatio et haeretici nominis opprobrium, SB.«. 1, 
S. 528. Stan fege ben ©<Blug bec ©eüfobina unb bie biefen ermeitemben 


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üutyer 1517. 


41 


NuSfüljrungen in Supplementnm Celifodine unb bagu in bec leiteten 
Schrift ben !£iteIholgfcbnitt: bie feftc öurg, bec Sucm DaöibS, non ben 
gegen bie Slbläffe angeljenben höflifcpen ©eiftern bestürmt, t>on (Engeln unb 
©efdjüfcen oerteibigt. 

24,17. 2>em Begleitbriefe gu ben Resolutionen an ben Bifc^of öon 
©ranbenburg, CEnber« 6.148 ff., fgnn nach feiner Raffung ein anberer, mit 
bem etwa bie £ljefen überfcf)icft worben wären, nicht noraufgegangen fein. 

24,37. ®ie erhaltenen 2^efenbru(fe finb jefct fieser beftimmt, f. ©ünther 
in ber jeitfdjr. für ©üchetfreunbe, 1918, Januarheft. ®er ältefte ber er¬ 
haltenen, B, begeidjnet in ber SB. 51. 1, ©.230, ift bei Jänner in Seipgig 
gebrudt, A ift Nürnberger ^»erfunft (£>ölgel), was fchon Proctor, Index to 
the early printed books in the Brit. Museum P. II. S. I, 1903, n. 11017 
erfannt hatte; C flammt au« ©afel (©etri). ®afj bie %$z\tn frühe in 
Seipgig nachgebrudt finb, ftimmt gut gufammen mit bem ©orfdflage 
be8 §ergog$ ©eotg, ber noch im Noöember 1517 gemacht würbe, 
f. ©efj in ber Seitfdjt. für IHrchengefcp. IX, 1888, ©. 590 f., banach 
©rieger, ®a8 SBefen be$ Slblaffe« am StuSgange bed SWittelalterS, unter« 
fucht mit Rficffuht auf Seither« Xhcfett, 1897, ßeipgiger ©rogramm, 
©.2. Unter ben guftimmenben SNännern feien ber 8lug$burger Johann 
Jaber unb ber Bifd^of öon ©hiemfee, ©ertholb ©ürftinger, herborgehoben, 
jener mit feinem fdjarfen Urteil über bie ©rebiger be3 Nblaffe« unb ber 
©apftgewalt: ut, quod ad huius tumultus initium attinet, Lutherus 
videri possit Studio zeloque Christianae religionis incitatus fuisse (im 
„Ratfchlag" 1520, neuerbingS bei Schulte I, ©. 162 f.); ©ertholb ©ürftinger 
hat ßutherfdje ©ebanlen unb ©dfce im Onus ecclesiae, c. XV de indul- 
gentiis et remissionibus aufgenommen unb ftimmt im Urteile über bie 
Slbldffe, im einzelnen wie im gangen, befoitber« über ihre ©djftbtichleit für 
bie fiirche, ßutljer noch an apofalqptifdjer ©chdrfe fibertreffenb, mit ihm 
gufammen. ©o fchliefjt er ba« Äapitel übet bie SCbläffe: Necessarium 
itaque fuit, ad reducendam ecclesiam et ad reformandum populum 
Christianum, sextnm erigi statum, ne ipsa ecclesia in suis membris per 
remissiones in quinto statu abusive permissas penitus pereat. 

25,14. Qua pugna vix ulla maior est, cum sapere unum inter omnes, 
immo contra omnes summa insipientia iudicetur, Scholien gu §ebt. 11,7, 
von Noah gefprochen. 

25,21. Nanbgloffe gu $ebr. 12,6:1. ©etri [©. 17]: Nunc tempus incho- 
andi iudicii a domo Dei. Quod ex Ezechiele 9. c. [©. 6] sumptum est: 
Et a sanctuario meo incipite. Ju festerem ©chriftworte ift g. ©. gu Der¬ 
gleichen Magnus Abbas Joachim gu Sap. 4 ©1.11b (am Nanbe: Eze. 9): 
Necesse est ut gladius regis Babylonis seil, impii usque ad animam 
corpore transfixo proveniat: ut a praelatis, a quibus processit malitia 
veluti a sanctuario cedes afflictionis emergat. Unter bem ©ilbe auf 
ber Nüdfeite Don ©ürftinger« Onus ecclesiae (bet ©atan eine ftirche gu- 
fammenfchlagenb) fteht ebenfall« bie ©teile au« ©gedj. 9. 


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42 


3oljanne3 Arider, Sutljer 1517. 


25,24. SRanbgloffe ju $ebr. 12,6: Ecclesia tempora martirum erat 
florentissima, quia dilectissima, hoc est disciplinis Domini exercitatissima. 
Nnnc illud agitnr Ezech. 28 [b. i. Qef. 38,17]: ‘Ecce in pace amaritudo 
mea amarissima.’ Qnia non sicnt pater, sed sicut index corripit per 
pacem i. e. in fnrore et severitate sinens invalescere omnia flagitia et 
virtutem imminui. 

25,31. Ecclesia indiget reformatione, fogt Sutljer in ben Resolutiones 
ju ben X^efen (SB. 91. 1, ©. 627), jugleidj mit SBiberfprodj gegen bie 9te* 
formattondbefe be8 Sßifaner unb be8 5. SateranfonjilS: qnod non est 
nnia8 hominis Pontifids nec mnltorum Cardinalium officium, sicut pro- 
bavit utrumque novissimum concilium, sed tocius orhis, immo solius 
den Tempus autem huius reformationis novit solus ille, qui condidit 
tempora. 

25,36. Nostro florentissimo saeculo, quod pro sua in literis et ingeniis 
foelicitate etiam Ciceronem cogere possit ad angulum, in bem Söegleit- 
fdireiben nn 2eo X. ju ben SRefolutionen ber X^efen (SB. 91. 1, ©. 529). 

26,1. „mit tiefen fdjmarjen ogen unb Bramen, blinjenb unb jmi&erlenb, 
mie ain ftern, ba8 bie nit mol mögenb angefecfien merben." ®ie 83efd)reibung 
au8 bem 3aljre 1522 oon 3o^anne8 Regler, ©abbata, IjerauSgeg. bom 
$ijtorifd)en SSerein beö ftantong @t. ©allen, 1902, ©. 65. ®en fdjmermfitig 
innerlichen 9lu8brud gibt ergreifenb 6ranad)8 erfteg SutljerbilbniS mieber, 
ber Änpferftid) oon 1520, jugleidj auch baS, mag Sutljer felbft über feinen 
förderlichen Quftanb fd^retbt, Sötai 1518, ®nber8 ©. 199. 

26,13. Schotten ju f>ebr. 11,7, 931.131b: Haec est gloria fidei-r 
nesciie sc. quo eas, quid facias, quid patiaris, et captivatis Omnibus, 
sensu et intellectu, virtute et voluntate, nudam Dei vocem sequi et 
magü duci et agi quam agere. 

27, 3. ©nberg ©. 128: ex nobis nihil possumus, ex gratia Dei 
omnia possumus, Sutljer an ©palatin, 11. Stfoüember 1517. 


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3>ie 6!rafeburger Deformation 


Dortrag 

gebalten in öer 6 t. Dibolais&trcbe 31 t öfrafjburg 

3um 

Def ormafionsjubiläum 1917 

Don 

©uffao Stnrid) 

^rofeffor öer ßird)engefd)icf)te in Strafeburg 


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SBeitn wir mit bcm gefamten proteftantifcben Seutfcglanb 
uns anfcgiden, bic Subeifeiet ber Deformation $u begehen, fo ift 
nur felbftoerftänblicg, bag unfer Sölirf junäcgft auf ben SDann 
ficg richtet, ber als igr #eroS unb religiöfer ©eniuS Sertörperung 
unb ©gmbol ber Deformation geworben ift, beffen. Sgefen» 
anfcglag Sagr unb Sag unferer freier beftimmt. Sft bocg, was 
ÜHartin ßutger in feinen großen Sauren aus fcgöpferifcgem ©rieben 
mit neuen jungen auSgefprocgen, bie gemeinfame religiöfe ©runb* 
tage ber gefamten Deformationsbewegung geblieben, Wie eS SSBucgt 
unb ©inbrucf feiner ißerfönlicgteit unb feines ©griftentumS waren, 
bie anbere ernfte Dtänner $u reformatorifcger Äraft, Äügngeit 
unb ©efcgtoffengeit emporwacgfen liegen. 

S)ocg nicgt minber felbftoerftänblicg ift, bag, wenn wir in 
ben ^Dauern ber alten DeicgSftabt ©tragburg DeformationS* 
jubiläum feiern, uns baS ergebenbe Sewugtfein nicgt oerlägt, 
auf gefcgicgtlicg geweigtem ©oben ju ftegen. ©teilt borg bie 
3eit ber Deformation ben ©ipfel bar in ©tragburgS ©eifteS* 
leben wie in beffen ©inftug unb Sebeutung für bie Umwelt bis 
über SeutfcglanbS ©rennen ginauS. ©o gaben wir allen ©runb, 
jene an ©eift, ©cgöpfertraft unb Eingebung fo reifen Sagte 
oor uns lebenbig werben $u laffen. Sft es bocg nicgt gulegt bie 
Serfenfung in bie grogen ßeiten ber Sergangengeit, bie bie 
$er&en ergebt unb bie ©eelen ftäglt inmitten ber Kämpfe unb 
laftenben fragen ber ©egenwart. Dicgt bie ©injelgeiten beS 
äugeren Verlaufs ber ©tragburger Deformation wollen wir unS 
oor klugen fügten. Sßir fragen oielmegr nacg igren $auptjügen, 
Wir fucgen fie $u begreifen als Sat beS reicgsftäbtiftgen Sürger* 
tumS, wir fucgen in bem Silbe ber fügrenben Dtänner igre 
©igentümlicgteit ju erfaffen, wir fragen nacg bem, was gier 
erftrebt unb gefcgaffen worben, wir fragen oor allem aucg nacg 


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46 (Suftab Änrid), 

ber Stellung ber elfäffifchen DeidhSftabt in ber ©efamtenttoidttung 
beS sßroteftantiSmuS. 

1 . 

2)urdj jeine Sage am Dljein, ber bamaligen SelthanbelS- 
ftrafje, gu SDacht unb 2öof)Ihabenheit empor gehoben, §at ftdj 
Strafjburg im 13. Safjrfyunbert aus einer bifdjöflichen Stabt in 
eine freie DeichSftabt gemanbelt. 3n ber Stabt felbft, beren 
tarnen er trägt, nur noch firdjlicfier SBürbenträger, refibiert ber 
einftige Stabtherr, ber Söifc^of oon Strasburg, tängft nicht mehr 
im Statten feiner Äattjebrate, fonbern auf ben feften Sdjlöffern 
feines ©eiten bifctjöflichen ßanbgebiets. So gählt benn Strafj- 
bürg im Zeitalter ber Deformation gu ben angefehenften freien 
DeichSftäbten 3)eutfchlanb8. 2)a8 gibt ber Stabt itjr ©epräge 
unb toeift iljr ihre Stelle im üielgeftaltigen Deiche. Dicht 
^ßrooingialhauptftabt, mie jpäter, fonbern felbftänbige Stabt- 
republit, fieht fte ftd) burd) ihre gange innere Struftur, ihre 
Politiken, toirtfd^aftlid^en unb geiftigen Sntreffen oon oornfjerein 
eingegtiebert nicht in bie fte umgebenbeu geglichen, fürftlidjen, 
ritterfdjaftlichen unb fleinftäbtifdhen ©ebiete, fonbern in ben ÄreiS 
ber anbern größeren DeichSftäbte. Ulm, SlugSburg unb Dürn¬ 
berg unb bie grofjen Stabtftaaten ber Sdpoeig finb ihre nächften 
Slnoermanbten. 

Sin Deidjtum unb äufjerem ©lang oon Dürnberg unb StugS- 
burg beträchtlich übertroffen, an äufjerer SDa^tfteHung bie Dadfj- 
barn meniger überragenb als jmeitjunbert Sa^re guoor, f)at 
Strasburg ben Sorgug einer fd>on bamalS als Shmftmer! ge- 
priefenen Derfaffung. Deben bem jährlich gur $älfte neuergängten 
Dat mit bem bürgerlichen Slmmeifter unb ben abligen Stätt- 
meiftern an feiner Spifce fteht als ftabileS (Element bie $reigehner- 
fammer, baS Organ ber äufjeren ißolitif, als lepte Snftang aber 
für bebeutfame ©ntfcheibungen bie DoHoerfammlung ber brei- 
hunbert oon ben ßünften abgeorbneten Schöffen. Snbem auf 
bemofratifcher ©runblage baS patrigifdhe unb baS bürgerliche 
©lernent, baS bteibenbe unb baS jährlich mechfelnbe Degiment in 
harmonifdheS ©leichgeraicht gefegt erfcheint, ift ber gmifchen SSotf 
unb ©efdhtedhtern eiuft mit (Erbitterung unb unter getoaltfamen 


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Sie Straßburger Deformation. 


47 


2lu8brüchen geführte Äampf um bie 3Kad)t beenbet, ber innere 
Triebe gefiebert. Sieben bem öftererbten Deichtum be8 £)om* 
fapitetö, be8 oomehmften oon gang ©eutfdjtanb, ber fachlichen 
Stifter unb Älöfter fteht längft felbftbewußteS ©ürgertum, ba$ 
oor nicht tanger 3eit bie 9J?ünfterppramibe als ragenbeS SEBafjr* 
geilen ber Stabt getürmt unb bamit ben at$ SSerf ber Äircfye 
begonnenen 83au at$ SGBerf ber 33ürgerfct)aft ooßenbet ^atte. 
©effäbig berbe bürgerliche Äuttur ift tonangebenb unb tritt in 
©eilerS öotfötümticher unb freimütiger Sßrebigtweife wie in 
Sebaftian Srantg unb Xhomaö DturnerS beutfeher Dichtung in 
etfäffifch-atemannifcher ©igenart gu Sage. 2Rit ihr oerbinbet 
fich in günftigen ©eiehrten wie in eingetnen ©liebem beS Sßatrigiatö 
bie neue ©roßmacht ber humaniftifchen 23itbung. Sie weift im 
©Ifaß gunächft fehr !onferoatioe$ ©epräge auf, nicht als wett* 
frembe Stubengeteljrfamfeit, fonbern mitten im ßeben ftehenb, 
in ihren ^auptoertretem burdjauä oaterlönbifch unb burchauS 
firchtich empfinbenb, mit ßeibenfdjaft auf Reformen brängenb in 
Äirche, Staat unb 3ugenbergtef)ung. ®er oielumgetriebene, gu 
Strasburg in nahen Segtehungen ftehenbe Schlettftäbter Qtofob 
Söimpfeting ift h^r ber tonangebenbe ©eift. 

Deicf)8ftäbtifch bürgerliche ßlrt hat benn auch bie Straßburger 
Deformation. Seit ben Stagen, ba eine rafch wa<hfenbe ®e= 
meinbe fich um Bette Gonget im SDünfter gejehart unb bie 
entfchloffene Gattung ber töürger ein burdjgreifenbeS ©infehreiten 
ber fachlichen Obrigkeiten gegen ben erften $erotb eoangetifcher 
ßehre gu oerhinbera gewußt h°tft, ift bie löürgerf djaft bie 
eigentliche Trägerin ber reformatorifchen Bewegung, ba8 oorwärte* 
treibenbe ©tement. @2 waren bie ©artner oon St. Sluretien, bie 
©emeinbegtieber oon St. 3homa$ unb 3ung*St. ^ßeter, bie 1524 
bie Änftettung eoangetifcher ©emeinbepfarrer unb bamit ben 
entfeheibenben Schritt ber Deform burchfefcten; e8 waren bie 
breihunbert Stbgeorbneten ber fünfte, bie 1529 bie lange unb 
ftürmifch begehrte enbgittige unb oöflige Stbfchaffung be8 fatho- 
tifchen ©otte$bienfte8 auSfpracßen. 

©rftauntich fd^nett hat fich Slbfehr oom alten Äirdjentum 
oottgogen. ßangoerhattene SDißftimmung über bie fchweren firch* 
liehen SDißftänbe unb bie fittlichen Schüben in SBett* unb Ätofter* 


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@ufitat> Snrid), 


geiftlichteit ^abctt biefen 3ufantmenbruch mit herbeigeführt. SBemt 
man inbeS biefe Abfehr jo gebeutet hat, als ob bamit eine längft 
ftd^ üorbereitenbe, oon fachlichem ©mpfinben unb religiös be* 
ftimmter SEBeltanfchauung fic^ löfenbe, neue unb neuzeitliche freie 
Saientultur jum Durchbruch gefommen fei, fo trifft baS für jene 
3eit nur in fehr bebingtem ÜDtafje zu. Sin Vertretern folcher ©inneS* 
art hat eS z roar in ©trafjburg nicht ganz gefehlt; tonangebenb ftnb 
folche ©pituräer, mie Vucer fie nennt, nicht geworben. SBenn 
oielmehr bie breiljunbert ©djöffen bie ootte Unterbrücfung beS 
SRefjgotteSbienfteS grabe in politifch gefährlicher 3eit, trop brohenber 
Abmapnungen oon Vifdjof, ^ßapft unb SfteichSregierung aus* 
fpreepen tonnten, wenn zwanzig 3ap*e fpäter bie Vürgerfcpaft 
eher bem Äaifer Drop bieten als feine SReligionSorbnung, baS 
Interim, annehmen wollte unb nur mit SRüfje in lepter ©tunbe 
für ben öom ÜRagiftrat oorgefcplagenen 9RitteIweg zu gewinnen 
war, fo z^igt folche Haltung mit aller Klarheit, bafj bei tpr 
leptlicp bie religiöfe ©inbrucfSfraft ber neuen Votfcpaft aus* 
fchlaggebenb gewefen ift unb baS ©efüpl ber Verpflichtung gegen» 
über bem heiligen ©otteSgefep, fo wie jene 3eit eS oerftanb. 
Unb wenn einige Sapre hinburch bem eüangelifchen Äircpentum 
wie bem gefamten ©emeinwefen barauS eine neue ©efapr erftanb, 
baff bie täuferifche Vewegung in ben unteren VolfSfepicpten be= 
beutenben Anhang fanb, fo ift gerabe biefe Datfacpe ber VeweiS 
für bie allgemeine religiöfe ©rregung unb ©ärung ber 3eit. ©inb 
eS bocp nach VucerS 3eugniS oielfach bie fjrömmften unb ©rnfteften 
gewefen, bie ben ©eften zufielen, weil fie in ipre3 $erzenS ©in* 
falt pier We wahre ©emeinfepaft ber ©otteSfinber, bie gott* 
gewollte Trennung oon ber fünbigen SEBelt, bie wirtliche 9te* 
formation zu finben oermeinten. 

©in ©egenfap aber zwifepen SJtagiftrat unb Vürgerfdpaft 
beftanb ^öc^ftend infofern, als bie ©tabtobrigteit, für bie baS 
Vorgehen gegen baS alte Äircpentum immer zugleich eine politifcpe 
Angelegenheit bebeutete, Übereifer zu mäßigen, ©igenmächtigteit 
Zu oerhinbern, Vilberftürmerei zu unterbieten, politifch gefährliche 
©ntfeheibungen pinauSzufcpieben fuchte, im übrigen aber fiep zur 
VoUftreäerin beS VoltSroiUenS machte, auf ben fie fich ben tirch* 
liehen äRacpthabern gegenüber berief. Abbau unb Neubau 


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®ie «Strafjburget Deformation. 


49 


mürben batnit in georbnete Sonnen geleitet. Sßaren bodj grabe 
bie heroorragenbften ©lieber beS SRagiftratS, ein SRatthiS Pfarrer, 
ber oftmalige Ämmeifter, ein DtfolauS ÄniebiS, ber ÜRann beS 
allgemeinen Vertrauens, oon Safob ©türm nodj ganz ju fchmeigen, 
ausgezeichnet burcf) ihre herzliche ftrömmigfeit unb ihr entfc^iebeneS 
©intreten für bie Deformation. 

Dant ber ©ntfchloffenheit unb Vefonnenheit beS DtogiftratS, 
banf bem Sinken ber Rührer unb ber (Sin^eUigfeit ber Sürger- 
fchaft, in ber bie altfirchliche gartet balb zur VebeutungSlofigfeit 
herabfanf, fonnte fich bie Durchführung ber Deformation rafch 
unb glatt unb ohne fdjmere ©rfchütterungen ooüziehen. ©chon 
©nbe 1524 ift ©trafeburg, was bie Vürgerfchaft betrifft, im 
toefentlichen eine etmngelifche ©tobt. Dann leeren fich allmählich 
bie Älöfter burch freimiiligen Austritt ihrer Snfaffen. Debft 
brei $rauen!löftern behaupten fich nur baS Domfapitel unb zwei 
weitere geiftliche ©tifter als für bie gufunft nicht ungefährliche 
altgläubige Äörperfdjaften, währenb in ihren Kirchen einfchliehlicfj 
beS ÜRünfterS wie in ben übrigen ©otteShäufern ber. ©tabt 
eoangelifcher ©otteSbienft gehalten wirb. SBaS folcher fchneHe 
©ieg ber Deformation befagen miß, fpringt in bie Äugen, wenn 
mir uns ber fchweren Sßarteifämpfe unb gewaltfamen ÄuSbrüche, 
ber Vcrquicfung oon religtöfen unb ftabtpolitifchen ©egenfäpen, 
beS Sßibereinanber oon DatSpartei unb ßünften erinnern, bie in 
Vafel unb ÄugSburg unb mannen norbbeutfchen ©täbten ben ©ieg 
ber Deformation begleitet hoben. 

©S mar ber entfcheibenbe ©chritt in ber Vegrtinbung beS 
neuen ÄirchenmefenS, bah, ots bie Jirchlichen ©emalten oerfagten 
unb bei ber ©rregung ber Vürgerfchaft allgemeine SBirrniS brohte, 
ber Dat nach bem Sßillen ber ©djöffen roiber bisheriges Decht 
bie Vefepung ber Pfarreien mit eoangelifchen Sßrebigern an fich 
Zog. @r muhte bann ihre ©infünfte regeln in Äampf unb Ser** 
einbarung mit ben firchlichen ©tiftern. ©r muhte, als bie 
Älöfter fich leerten, zwecfS Verhütung feiner Verfchleuberung bie 
Verwaltung beS ÄloftergutS übernehmen, beffen ©rträge aus** 
fchiiefjlich Schul- unb Ärmenzmecfen zugewanbt würben, ©r 
muhte baS Ärmenmefen neu regeln unb ein neues ©chulmefen 
fchaffen. ©o hot mit innerer Dotmenbigfeit bie Dot ber $eit ber 

®$r. 8. f. ». 3«, l. 4 


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50 (Stuftet) Änrid), 

©tabtobrigfeit alg bet einzig feftftehenben Autorität bie Kirchen- 
unb bie ©chulljoheit jufoücit laffen. ©ie freie Deid)gftabt ©trafj- 
bürg mar bamit ein eoangelifcheg ©emeinmefen gemorben. 

2 . 

©ab aber biefe eoangelifche Deidf)gftabl ein befonberg bebeut- 
fonter URittelpunft ber Deformation mürbe, ift baburch bebingt, bafj 
hier ein fo reifer unb oielgeftaltiger Äreig oon ^eroorragenben 
Scannern fid) jufammenfanb, mie ihn nicht leicht eine eoangelifche 
©tabt ber DeformationSjeit if)r eigen genannt hot. 

©ag Derbienft, burch feine ißrebigt unb feine in ©rucf 
gegebene SUeranttbortung feit 1521 ber Deformation in ©trafjburg 
eine ©affe gefdjaffen ju hoben, gebührt bem äJtünfterpfarrer 
SDatthoeugßeli ougÄapfergberg. Äeineeigentlich bebeutenbe, 
aber big jule^t bie üolfgtümlichfte ©eftalt unter ben ©trafjburger 
Deformatoren, fd)ticf)t unb grabe, gemütood unb bulbfam, mar 
er ein SJtann beg praltifdjen ©hriftentumg, nicht ber gelehrten 
$h*ologie noch ber ing SBeite gehenben SBulfamfeit. SBenn bag 
©omfapitel nicht blofj gegen biefeg Seutpriefterg feperifche Sßrebigt 
leinen entfcheibenben ©chritt unternahm, fonbern eben in biefen 
fahren ben ©abener ©afpar §ebio alg ©omprebiger auf 
©eiletg Äanjel aug 9Dainj berief, ber fehr halb aug bem Säger 
beg ©ragmug in bag Säger Sutherg äbertrat, fo bjängt folche 
oermittelnbe ©tellung bamit jufammen, bafj fein ©e!an, ©raf 
©iegmunb oon Hohenlohe, ein überzeugter Anhänger Sutherg 
mar unb ber reformatorifchen öemegung in jeher SBeife S3or- 
fchub leiftete. #ebio mar ber oon ben fytytun ©tänben be- 
oorjugte Sßrebiger, ein gebiegener ©elehrter unb Sehrer, alg 
einer ber erften auf bem fjelbe ber Äirchengefchichte burch Über¬ 
felungen unb eigene Arbeiten eifrig tätig; feine bebeutenbe 
Drganifationggabe ift namentlich bem ©trafjburger ©chulroefen, 
gelegentlich auch ben Kirchen feiner babifchen £eimat zugute ge- 
fommen. 

©ie eigentlichen Deformatoren ©trafjburgg finb zwei anbere 
Dtänner, ©apito unb Sucer. 

SBo 1 fgang ©apito aug $agenau mar, big ihn 1541 bie 
grofje ißeft hinraffte, bag $aupt ber neuen eoangelifchen ©eiftlich* 


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®ie ©ttafjburger Deformation. 


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feit. ©efeprter .^umanift auS bem Soffer Greife beS ©raSmuS, 
nomf)after Kenner beS §ebräifcf)en, Soffer unb SRaiitger ®om= 
prebiger, gufept bertrauter fRat beS ®urfürften*@rgbifcpofS 9ffbred)t 
bon 2Raing, genojj er fefjon fjopeS 9lnfef)en, als er fidj, ein gereifter 
SRann bon 45 3af)ren, als 3nf)aber ber ©tiftSpropftei bon 
©t. Skontos 1523 naef) ©trafjbum gurüefgog. $luS einem Ser= 
mittler marb er f)ier bafb ein entfepfoffener Sorfämpfer ber fRefor* 
mation. Surcf) feinen SRuf, feine meftmännifefje ©emanbtf)eit unb 
©efepäftsfenntnis mie feine oornepm berbinbfietje Sfrt rafcf) ber 
SertrauenSmann beS SRagiftratS, bafb auef) Pfarrer ber größten 
©tabtgemeinbe 3ung*@t. ißeter unb tf>eofogifcf)er Sefjrer, mürbe 
©apito in ben nädjften 3af)ren ber anerfonnte $üf)rer in fircf)* 
ficken Gingen, ©in 3Rann beS griebenS, eine mifbe, innige, 
gur ©cfjmermut iteigenbe SRatur, in feiner ef)er unbogmatifdjen 
5frt ber meitfjergigfte unter offen beutfefjen ^Reformatoren, ber 
Sefcpüper ber Serfofgten unb Unterbrächen, foft gu meiep für 
jene tjarte ßeit, mar er gum fjüprer niept eigentlicp gefepaffen, 
biefmefjr fefber gugeiten ber fttnfepnung bebürftig. 

©o fiel bie tatfäcpficpe Sprung je länger je mepr einem 
breigepn 3apre jüngeren 3Ranne gu, ber foft gleichzeitig mit ©apito 
naep ©trafjburg gefommen unb mit ipm bafb burep engfteS Ser* 
trauenSöerpäftniS oerbunben mor, bem ©cplettftäbter 9R a r t i lt 
Sucer, bem ÜRann, beffen ©enfmaf mir in biefen Sagen bei 
©t. Stornos enthüllen gu fönnen gehofft hatten. 3ft er bo<h bic 
überragenbe ©eftaft, ber Äircpenmann unb Speofoge, bem bie 
©trafjburger ^Reformation oor offen anbem ipre Orientierung, 
ipren ©igengepaft unb ipre Sßirfung in bie SSßeite üerbanft. 

3m ßlofter gu §eibelberg oon ben neuen ©eifteSmäcpten 
ftürmifcp erfaßt, ein ebenfo begeifterter jünger beS „göttlichen“ 
©raSmuS mie beS SBittenberger 9RöncpS, beffett Auftreten in ber 
SRecfarftabt ipn bfipartig gemonnen hatte, bann als fffeuerfopf 
ImttenS $reunb unb ©idfingenS ©cpüpfing, manbte fich ber epe* 
mafige ©ominifaner naep jäp abbreepenber Sätigfeit in Sanbftupf 
unb SBeifjenburg naep ©trafjburg, ein ftettenfofer ^tichtfing unb 
gebannter ^ßrieftcr, unb fanb hier ©cpup, Seacptung unb Stellung. 
3n ben erften 3apreu ber jugenblicp füpne Sefämpfer beS alten 
ÄircpenmefenS mit bem 3beaf eines ©otteSbienfteS ber Sruber* 

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©uftoö fforidj, 


liebe, ber fokalen ©eredjtigfeit unb ber Anbetung ©otteg im 
©eift an ©teile öon ßeremonien, prieftertic^em Sun unb SBerf- 
geredjtigfeit, ift er auf ber |)öhe feineg Sebeng ber gelehrte Sljeofoge 
non umfaffenbem SBiffen unb weiten Horizonten unb ber SRann 
ber fachlichen VMrffamfeit großen ©tilg. Vtg zulefet in lebenbiger 
©ntwicflung, allen großen ©ebanfen zugänglich, überall bag 28ert- 
notte unb Verbinbenbe betonend unb bag Srennenbe, manchmal 
Zu Unrecht, zurüdffchiebenb, oerfc^iebenartige Strömungen in eigen¬ 
artiger SBeife in ficf> oerbinbenb unb auggleidjenb, Ijat er, ohne 
fpftematifchen ßufammen^ang, fruchtbare unb zufunftreidje tljeo- 
iogifcf)e ©ebanfen entroicfelt. Sut^erg unb ßminglig Sbeenwelt, 
bie Slufftetlungen ber Säufer unb bie Sljeotogie ber Äirchenöäter 
finb für ihn mistig, ©runbgebanfen beg Urchriftentumg bei ihm 
in eigenartiger SSeife lebenbig geworben. 

Ser Verfaffer tiefgrünbenber Sßerfe aber würbe baheirn 
unb braufeen ber geborene fachliche Drganifator unb entfaltete 
barum auf biefem ©ebiete feine ganze Satfraft, weit ifem gegen¬ 
über bem engherzigen 223infeld)riftentum ber ©eften beftimmenb 
geworben war ber ©ebanfe ber Äirche alg ber einheitlichen, 
aUumfaffenben, gottgewollten unb gottgewirften lebenbigen @e* 
meinfchaft beg ©laubeng, ber Siebe unb ber ßucfet, unb gegen¬ 
über ber SEBeltfludjt unb Äulturoemeinung ber Säufer nicht 
minber beftimmenb geworben war ber ©ebanfe beg chrifttichen 
©taateg. 3n ber Verbinbung ber beiben ©röfeen fah er bag 
chriftlicfee ©emeinwefen, bie Res publica christiana, oerwirflicht. 

©in fchlagfertiger Sialeftifer, ebenfo biegfam unb anpaffungg* 
fähig wie fing berecfenenb unb unermüblich in Verfolgung feiner 
ßiete, warb er ber SBortführer auf bebeutfamen Sagungen, ber 
geborene Unterhänbler unb Vermittler unb bamit je länger je 
mehr ein füljrenber Äirdjenpotitifer öon anggebehnteften Ver¬ 
binbungen unb weitreichenbem ©inftufe unb ein Hauptoertreter 
einer grofezügigen proteftantifchen Sßolitif. Sodj nicht fßolitif zu 
treiben War fein ©hrgeiz, fonbern bem ©oangelium zu bienen, 
unb er war textlich etwag ganz anbereg alg ber fcfelaue Rechner 
unb fRealpolitifer, ber er manchmal zu fein fcfeeint. SBenn er in 
ben Verhanblungen über bie Slbenbmahlglehre unter bem ßwange 
non Sutfjerg ©igenart bie Verfd)iebenheit ber 9Iuffaffungen burch 


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3>ie Strafs&urger Deformation. 


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mehrbeutige ftormetn ju überbrücEen unb bomit bie Spaltung zu 
beben fuchte, fo banbeite eS fich für ben ‘ffanatifer ber ©intraebt* 
um Oberes als politifdfje ©ewinne unb ©ünbrnSfidjerungen. 3h m 
ersten es eben als greoel, um eine« Sehrunterfchiebe« jmtf^eu 
irrenben ©tenfchen wißen bie (Stntradjt ju gefährben, einem chrift* 
licben SKitbruber bie ©emeinfchaft zu üerfagen, bamit ben Siege«* 
jug be« ©oangelium« ju ^emmen unb fcbulbig ju werben an 
Dielen taufenb Seelen. 3)er 2Kann, ber manchmal gewunbene 
unb gefährliche ©ahnen gegangen ift unb barob ©erfennung unb 
©erbäd)tigung reichlich erfahren hat, er ift burdj feine Gattung 
bem Interim gegenüber öor bem ©orwurf charafterlofer ©ach* 
giebigteit gefiebert, er erfebeint um fo lauterer unb felbftlofer, je 
mehr fich un« fein SBefen erfchtiefjt. 2)enn ihn beherrfchte nur 
eine grofje ßeibenfehaft: bah SbnfüiS jur fjjerrfchaft gelange in 
ber ganzen SEBelt. „Slßen wirb er äße«, um ba« ©eich ®h r ifti 
fo weit al« möglich auSjubreiten, unb bie« burch böfe ©erüdjte 
unb gute ©erüchte, burch gahUofe Schmähungen unb ©orwürfe, 
unerträgliche ©erleumbungen unb ©efchimpfungen; unb mag 
er baburch noch fo $u ©oben gebrüeft werben, immer wieber 
erhebt er fich 3U noch größerer £>öhe, fo bah auch feine 
©egner geftehen müffen, bah ©otte« Äraft in ihm fei": fo 
urteilt ber Äonftanjer Slmbrofiu« ©laurer, ber ihn auf« genauefte 
fannte. 

Unb ebenbürtig neben bem groben Theologen, wie er angefeljen 
über ®eutfchlanb« ©renjen hinau«, fteht at« Staatsmann Straf** 
bürg« gröfjter Sohn, Safob Sturm, bie ebelfte ©ertörperung 
be« ftäbtifchen ©atrijiat«. 3fm ©eformationSjahr 1524 in ba« 
Stabtregiment eingetreten, warb er rafch bie Seele ber auswärtigen 
©olitif feiner ©aterftabt, bie ihm oor aßen ihren glänjenben 
Schwung oerbanft, auf zahlreichen Tagungen ber Sprecher ber 
proteftantifchen Stäbte, ber ©erater ber dürften. SBeitblicf unb 
$atfraft be« Staatsmann« finb in ihm geabett oon ooßenbeter 
Selbftlofigfeit unb innerer ©ornehmf)eit, humaniftifche ©ilbung 
unb SBeitherjigfeit mit bem ftttlichen (Srnft reformatorifchen 
©htiftentum« in feltener Harmonie oerbunben. 3n grohzügiger 
fförberung be« Sdjulwefen« feiner ©aterftabt hat ber einftige 
Schüler SBimpfeling« feine banfbarfte Aufgabe erblicft. 


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®ujta» 9tnricf), 


Unb tote toirb nun biefer ÄreiS oon ortSftänbigen ©roßen 
erweitert burcß planmäßige ^eranzießung bebeutenber 9J?änner 
Sn (Straßburg fonnte SoßanneS ©turnt feine berühmte ©cßule 
grünben unb ben ©lanz feiner Serebfamfeit entfalten, fonnte 
©aloin als Pfarrer ber glücßtlingSgemeinbe unb gefeierter fießrer 
brei für fein SebenStoerf ßocß bebeutungSüolle Soß*e zubringen 
ließ fid^ bann ber geleßrtefte ber italienifcßen fßroteftanten, ^ßetruS 
Sttartpr Sermigli, Sußre ßinburcß als $ierbe ber ^ocßfcßule feft= 
ßalten, toäßrenb gleichzeitig als Nachfolger ©apitoS auf Äanjel 
unb Äatßeber ber fßfälzer fßaul gagiuS aus Sfnß berufen tourbe 
einer ber fäßigften SNänner ber zweiten ©eneration, bem ein 
früßer £ob im fernen ©nglanb bie oofle ©ntfaltung feiner ©oben 
öerfagt ßat. Sn ©traßburg enblicß oerfaßte am Slbettb beS 
großen ^Reformationstages wie feines eigenen furzen ßebenS 
SoßanneS ©leibanuS baS große ©efcßicßtswerf, baS ztoei Soßt> 
ßunberte ßinburcß bie flaffifdße ©arfteHung beS NeformationS* 
Zeitalters geblieben ift. 

Überßaupt aber: wie oiele für bie ©efcßicßte jener ßeit bebeut* 
fame ©eftalten feßen wir in ©traßburg auftaucßen! güßrer ber 
franzöfifcßen Neformbetoegung wie ber große §umanift Sef&ore 
nnb ber ungeftüme garet; Häupter beS XäufertumS, üon bem 
feurigen ^ubmaier unb bem feinen Nürnberger Neftor £>anS 2)encf 
bis zu bem apofalßptifcßen fßßantaften ÜMcßior $ofmann, beffett 
©tut in SNünfter oerßeerenb aufloberte, wäßrenb er felbft in 
©traßburg in $aft gehalten tourbe; eigenartige ©eftalten wie 
ber ©panier ©erüet, ber fpätere ©enfer üNärtprer, Wie ©afpar 
©cßtoencffelb, ber fcßlefifcße ©beimann, ber ßier jahrelang für 
fein mpftifcßeS Äonüentifelcßriftentum toirfte, wie ©ebaftian grancf, 
ber große ©infame beS Saßrßunberts, ber in ©traßburg fein geift- 
üoßeS ©efcßicßtSwerf oerfaßte: alle zießen fie ßier an unferm Üluge 
oorüber. ©o finben bie oerfcßiebenen geiftigen SNäcßte, ©trebungett 
unb ©trömungen ber ßeit in ber elfäffifcßen NeicßSftabt fei’S 
SEBiberßaU, fei’S befonberS fräftige ©ntfaltung. Unb wie ©traß* 
burgS ißreffen unb SucerS lateinifdße ©cßriften unb toeitreicßenbe 
Serbinbungen ben ©amen ber Deformation ßinauStragen ßelfen 
nacß granfreicß, ©nglanb unb Stalien, fo fucßen eoangelifcßc 
glüdßtlinge aus granfreicß unb Srabant fo zäßlreicß in ©traß* 


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Die @tra|butget Deformation. 


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bürg 3uffad)t, baß fie eine befonbere franzöfifcße ©emeinbe hüben 
tönnen, flehen bie Raufer ber Reformatoren Heimatlofen unb 
Vertriebenen oon überallher als Verbergen ber ©erecßtigfeit offen. 


3. 

3n einem folgen ÜJiittelpunfte tonnte ©elbftänbigeS unb 
©igenartigeS entftehen. 

~ SDie erfte bebeutfame ©Köpfung ift ber beutfdje eoangelifche 
©otteSbienft. Roch tönnen mir fein SBerben unb SSachfen oer= 
folgen oon jenem 16. Februar 1524 an, mo $edS Reifer Rigri 
in ber SohanneSlapede beS SRünfterS bie SReffe zum erften SRale 
in beutfdjer Überfefcung, oon uneoangelifchen Veftanbteilen gereinigt, 
unter Austeilung beS SÄbenbmahlS in beiberlei ©eftalt gefeiert hat. 
$)iefe ©otteSbienftfolge ber SReffe, bie ben gegebenen SluSgangS« 
punft bilbet, mirb aber halb oiet entfchloffener getürmt unb 
gemanbelt als in lutherifchen Sanben. ©o entftehen Orbnungen 
oon eoangelifcher Schlichtheit, burch Sßucht unb SGBürbe ber Sprache 
ausgezeichnete ©ebete, unb faft alles, jebenfaHS baS Vefte, ift origU 
naleS Straßburger ©ut. 

3)azu fommt fehr halb, in ©traßburg mit am frühesten unb 
oon bebeutungSooder Vorbilblid)feit, ber ©emeinbegefang. 
«ßfalmen unb biblifche ©tücfe merben baju in Verfe gefept; foH 
hoch auch in biefer Hinficht nur baS Vibelroort im ©otteSbienfte 
Raum haben, Sluch ©igeneS ift bann bazugefommen. ©glicht 
unb aus tiefer ©mpftnbung, menn auch an bichterifchem ©chmung 
mit fiuther ober Vlaurer nicht entfernt zu oergleichen, reben 
©apüo, VucerS treuer Reifer ©onrab Hubert unb anbere in 
ihren Siebern zu uns. Vor allem märe auch einiger Straßburger 
ionfäfce aus jener ßeit zu gebenfen, bie zu ben perlen unfereS 
eoangelifdhen SRelobienfchabeS gehören. 

3n adern Äußern aber ift größtmögliche Schlichtheit bie 
ßofung. ©od hoch nichts ©innenfädigeS oon ber Anbetung 
©otteS im ©eift abüehen. ©o hat man benn h^r mie in ber 
©chrneiz oiel meitgehenber mit alter gotteSbienftlicher Übung auf« 
geräumt als meiter im Rorbett. S)ie ÜReßgeroänber oerfchminben, 
an ©tede beS Hochaltars tritt ber einfache ttbenbmahl$tif<h ohne 


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<8ujtao Stand), 


Aufbau unb ßidjter, bie Orgel fdjroeigt, bie Heiligenbilber, bie 
,©öpen’, werben entfernt, ben ©ilberfchmud ber SBänbe bedt weiße 
Xünche. Sogar bie finnige Sptnbolif beS Kirchenjahres Derblaßt; eS 
oerfdjtDinben {amtliche, auch bie größten fjefte. Karfreitag unb 
Himmelfahrt finb baS ganje Sa^r^unbert hi n & ur£ tj nicht gefeiert 
worben, toährenb bie feftliche ©egehung beS SBeihnachtStageS fchon 
nach ^nem 3ahr$ehnt wieber eingeführt mürbe, ©leibt fomit als 
Feiertag auSfchließlid) ber Sonntag, fo ift burch tägliche ©Jochen- 
gotteSbienfte bem ©rbauungSbebürfniS reichlich ©enüge getan. 

S)ie StbenbmahlSfeier ift in ben erften 3ahren oor adern als 
lebenbige ©ergegenmärtigung oon Sefu KreujeStob oerftanben. 
„©ebenfet, glaubet, oertünbiget, baß ber Herr für euch geftorben 
ift!" fo lautet bie SpenbeforraeL 2)er Kinber taufe gegenüber, 
bie ftdj übrigens in fthlidjteften formen ooUjieht, ift bie Stellung 
ber Reformatoren junächft recht unficher gemefen. @rft ber 
©egeufap jum Xäufertum hot fie mieber ju einem feften ©eftanb* 
teil ber tirchtichen Drbnung werben taffen; auSfcßlaggebenber als 
bie nicht eben glüdlicße neue theologifdie ©egrünbung war babei 
baS richtige ©efühl, baß mit ber Kinbertaufe eine ber ©runb- 
lagen ber ©olfsfirche preisgegeben würbe. SDoch hotte ber ©in» 
manb ber Seftenleute, baß burch Kinbertaufe bie Rfotfchen 
ohne ©erlangen, ©etenntniS unb ©erpflichtung in bie ©h^ften- 
gemeinbe aufgenommen würben, auf ©ucer fotchen (Stnbrud 
gemacht, baß er, auf entfprechenbe ©rgänjung bebacht, in 
Hnfniipfung an altchriftliche Kultfitte unb ben urchrifttichen ©rauch 
ber Honbauflegung ber Stopfer ber eoangetifchen Konfirmation 
geworben ift. Slufgefaßt unb geftaltet als öffentliches ©efenntniS 
wie als firchtiche ©tnfegnung h°t er fie guerft in Reffen, bann 
in ben Diesiger Saßren in Straßburg eingeführt ÜKerfmürbig 
genug ift hi« ih r ©cßidfaL 5)aS ftrenge ßuthertum hat fie, als 
bie ©oHgültigfeit beS SCauffaframentS in fffrage fteüenb, wieber 
abgefchafft Unb als man bei SBieberaufrichtung beS gotteSbienft» 
liehen ßebenS nach ben SEBtrren ber franjöfifchen Reoolution bie 
im glatter beS ©ietiSmuS fiegrcich burchgebrungene Konfirmation 
nach fiembem ©orbilbe wiebereinführte, war baS ©ewußtfein 
abhanben gefommen, baß man bamit jurüdgriff auf eine Schöpfung 
©ucerS, auf altftraßburgifcheS ©ut. 


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$>ie Straßburger Deformation. 


57 


3)er cßriftlicßen Unterweifung bcr Sugenb in Äirdje uub 
Scßute ßat man in Straßburg ftetS große Sorgfalt gewibmet. 
2)ie fonntäglicße Äinberleßre warb ßier früher als faft überall 
fonft eingefüßrt. ©apito, bann Vucer, juteßt aueß ßett ließen 
ÄatecßiSmen erfeßeinen; grabe auf fateeßetifeßem ©ebiete ßerrfeßte 
ein überaus regeS unb in ßoßem SDtaße originales ßeben. 

SBie VucerS ÄatecßiSmen bie eoangetiftße ßeßre im ©egen* 
faß, nießt jum alten ©tauben, fonbern jum Käufer tum entwiefetn, 
fo ßat bie fRotwenbigfeit, biefer ©efaßr §err ju werben, aueß 
ben weitern Ausbau ber fireßtießen Verfaffung bebingt, naeß- 
bem, wie feßon erwäßnt, ber äftagiftrat im Saßre 1524 bie 
Pfarreien ber Stabt mit eüangetifeßen ©entließen befeßt unb 
bamit baS Äircßenregiment an fid) $u jießen begonnen ßatte. 
Vucer war ßier bie treibenbe Äraft. 3ßm feßwebte t>or eine 
$ircße, bie als gefcßtoffeneS ©ebilbe in ißrem geifttießen SßirfungS- 
freis felbftänbig baftänbe, aus ©emeinben befteßenb, bie atS 
lebenbige, aftionSfäßige ©rößen fieß betätigen fännten. Sie 
foflten naeß Vorbilb unb Vorfcßrift beS SReuen SeftamentS ißre 
ßeitung unb Vertretung in gewäßiten $tteften finben, bie burtß 
feelforgerliiß-brüberlicßen ßufprueß bie Srrenben unb Verfüßrten 
jurecßtbräcßten, offenbare Verölter unb ßafterßafte ju ßeitfamer 
Vuße auSfcßtöffen. -Rur teilweife unb unter Umbiegungen ift ber 
SRagiftrat auf biefe ©ebanfen jeingegangen. S)ie ©emeinben 
erßietten, jugleicß als Vertretung unb als SlufficßtSorgan über 
Vforter unb ©emeinbegtieber, je brei oon fRatSwegen ernannte 
Äireßfpietpflegsr, bie mit weitern Vertretern ber ©emeinbe autß 
bei ber SBaßt beS ©emeinbepfarrerS unb feiner Reifer mitju= 
fpreeßen ßatten. $)ie ©eiftlicßcn ber Stabt würben jum regel¬ 
mäßig tagenben Äircßenfonoent jufammengefcßloffen, beffen 
Sißungen je brei Äircßfpietpfteger in feftem SBecßfel beijuwoßnen 
ßatten. $atte berfetbe aueß altes Söicßtige ber ©ntfeßeibung beS 
SRateS ju unterbreiten, fo ßatte bureß biefe Äörperfcßaft bie Stra߬ 
burger Äfircße unb ©eiftlicßteit boeß einen bebeutfameren 3 Ue 
fantmenfcßluß unb eine feftere Stellung atS in ben meiften 
anbern Stäbten. $n ben üierjiger Saßren enbtieß warb baS 
9fatt beS Superintenbenten gefeßaffen unb Vucer übertragen. 


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58 


©uftaö Nitrid), 


4. 

Sinmer mirb eS ein fRu^meStitel ber ©trafjburger SRefor* 
matton bleiben, baS fie ben ©rmtb gelegt f>at ju ber 
fd)ule, bie burd) SaSrSunberte «Strasburgs <Stot$ unb Äleinob 
bleiben fottte. 2)en erften 9tnftofj gab bie Sftotmenbigfeit, für 
bie plöfclidj eingegangenen ®om*, ©tiftS* unb Älofterfdjulen 
©rfafc ju Raffen, mie baS fofort fid) £jerau§ftetlenbe SebürfniS 
na<S Untermeifung ber ©eiftlic^en in «Sprache unb HuStegung 
ber Heiligen ©cSrift. Stber maS oormärtS brängte unb jur ßnt= 
faltung trieb, mar ein tieferes ÜRotio. Sn ben fü^renben Scannern 
oerbanb fidj mit bem ©eifte beS ©oangeliuntS ber ©eift beS 
Humanismus unb barnit bas tiefe ©efüfyl für ben SBert ber aus 
ben ©d)äfcen ber Stntife ju geroinnenben SÜburtg. Unb ein 
SBiberftreit jmiftSen ben beiben ©röfjen mürbe üon beit einftigen 
Süngern beS ©raSmuS nid)t empfunben. ©einem ©cSriftprin^ip 
faft jum £rofc fjat fid) S3ucer in ber ^Beurteilung ber Slntife 
etmaS oon bem UnioerfatiSmuS ber größten ©eifter ber SRenaiffance 
mie ber alten $ircf)e bemalt. St)nt tjanbett es fid) nicf)t btofj 
um formal *fpradjticSe ©djulung ober um bie, atterbingS grunb= 
legenb midjtige Erlernung ber UrfpracSen ber SBibet, fonbern um 
intjattti^e SBerte, um ben 23erfeJjr mit ben grofjen ©eiftern ber 
SRenjdjSeit. ®enn and) in b.er Heibenmett mirfte ©otteS ©eift, 
tjat eS fettige SDtenfcSen, sancti ethnici, gegeben, ©inb bodj 
bie SSaSrSeiten ber ^ß^Uofopb)ie ©efc^enfe unb Offenbarungen 
©otteS unb Sßtato ber SCRofeS ber Heibenmett. S93e,r bas ©tubium 
ber antifen ©djriftfteHer oerbietet, oerfünbigt fid) gegen ©ott, 
fd)äbigt ficS fetbft, bie 9Äenfd)t)eit, ja bie Äirc^e ßtjrifti. 

SEBir begreifen nun, mie 93ucer ein fo eifriger görberer beS 
©d^utmefenS merben tonnte, ba|j er grabeju als H^P^S^er 
unb Segrünber ber ©trafcburger geteerten ©d)ule bejeicHnet 
mürbe. @r b)at oor altem aud), in entf^loffener 2)urcSfüSrung 
beffen, maS ßapito im ©inüerftänbniS mit ben ftäbtijdjen J0e= 
Sorben in bie SBege geleitet Satte, baS eoangetifcS gemorbene 
©tift oon ©t. $SontaS, beffen SDefan er in feinen testen SaSren 
gemorben mar, baSin umgebitbet, baf$ beffen Sßfrünben bie micStigfte 
finanzielle ©runbtage für bie HodtjfcSute abgaben. StucS H^ 08 


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Eie Straßburger Deformation. 


59 


OrganifationStalent fanb auf biefem ©ebiete ein banlbareS gelb 
bet Betätigung; er ift infonber^eit ber Bater beS Alumnats für 
arme ©chüler, baS als 5£fjeologtfc^eS ©tubienftift nodj ^eute 
beftefjt. Über bem ganzen Neubau aber waltete, feit 1528 als 
£aupt ber brei ftäbrifchen ,©<hull)erren‘, ber ©tättmeifter ©türm. 
(Sine auf gemeinfame Koften ber eoangelifchen ©tänbe errichtete 
große roiffenfchaftliche Anftalt, an ber, ungeachtet ber Unterfchiebe 
üon Elation unb Konfeffion, ade ©rößen ber SEBiffenfchaft wirfen 
foHten, baS war fein lefcteS $iel, unerreicht jwar unb feit bem 
©chmallalbifchen Kriege oottenbS unerreichbar, aber ein ftrahlenbeS 
ßeugniS ber ©roßzügigleit unb geiftigen greißeit beS erften 
©traßburger ©djotarchen. 

(Sben Safob ©türm war es, ber fchon 1524 (Sapito unb 
Bucer ju theologifchen Vorträgen aufgeforbert hotte. (Sinzeine 
fprachliche, mathcmatifdhe, juriftißhe Borlefungen famen bazu 
£)rei fleine ftäbtifdje Sateinjchulen würben im Sauf ber ßeit 
bon ben ©cßolarchen eröffnet. (Sin jufammenhängenbeS ©anje 
entftanb aus bem adern erft, als man in Johannes ©türm, 
bem aus ißaris fommenben SKieberbeutfchen, ben enbgültigen 
Drganifator beS ©cpulwefenS fanb. 

©traßburg hotte mit ihm eine neue Berühmtheit gewonnen, 
eine bornehm*feIbftbewußte, oom £aucf)e beS Klaffifchen umwobene 
(Srfdjeinung, als Ißrofeffor ber Bhetorif burch ben ©lanz feiner 
ihm natürlich bon ben Sippen fließenben ciceronianifchen SRebefüde 
über $)eutfchlanbS ©renjen bewunbert, als ©chutmann mehr burd) 
ben großen $ug feiner (Sntwürfe als bie ©orgfalt ihrer Ausführung 
unb bie nachhaltige Kleinarbeit beS SCageS ßetoorragenb. SBopl 
fonnte er hochfahrenb unb reizbar fein, bon bem (Shrgeij befeelt, in 
biplomatifchen Bezahlungen unb burch perfönliche Berbinbungen 
eine politifcße Bode zu fpielen, bie er weit überhöhte, ftolz auf bie 
ihm reichlich jufließenben Auszeichnungen wie auf feine bor* 
nehmen Beziehungen, bie übrigens nicht bloß Buhm unb (Sinfluß 
ber ©djule mehrten, fonbern in fritifd^er ßeit baS SEhomoSftift 
für ben B c °(eftantiSmuS retten halfen. Unb boef) fteht er an 
feinem SebenSenbe als ©haraltergeftalt bor uns, ein chriftlicher 
©toifer, ber, innerlich ungebeugt, mit SBürbe bie Unbill ber 
Abfefcung trug, bie ihm, nicht ohne eignes Berfdjulben, ein 


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60 (Suftab Slnrid), 

©pigonengefdf)Iedf)t jugefügt §atte, bem er innerlicf) fretnb ge= 
worben war. 

ÜRännet $u bilben, bie burcß bie ©eßerrfdjung ber fftebe* 
formen unb bie Äunft einbrudfSboflen Auftretens ein umfaffenbeS, 
mit ebter grömmigfeit gepaartes SBiffen in ben ©ienft ber 
Öffentlichkeit ju [teilen bermöctjten: baS war fein 83ilbungSibeal, 
mit d)ri[tlicf)em @infdf)Iag wefentlicf) aus ©icero gefd^öpft, unb 
bod^ wie eine Spiegelung feiner eignen fßerfönlidtjfeit. $)iefeS 
3iel bef)errfd)te feine Stopfung, bie große, 1538 eröffnete Sdjule. 
©pmnafium unb §od)fcf)uIe jugleidj, oereinigle fie bie borfjanbenen 
flehten Sateinfdjulen unb bie weiter ausgebauten SBorlefungen $u 
einer einzigen großen Anftalt, bie, objwar ber alabemifd^en @e* 
redjtfame oorerft entbehrenb, an ßatjl unb SSebeutung ber Seßr* 
fräfte halb ben SBoflunioerfitäten faurn nacbftanb. fftafcf) warb 
bamit Straßburg ju einem aufblüljenben ÜHittelpunfte gelehrter 
Stubien, bem ber Ütuf bon SturmS rebnerifdfjer üReifterfdjaft 
bis aus fßolen unb Ungarn ßujug braute, bem infonbertjeit audf) 
bie mit Straßburg in Sßerbinbung ftetjenben oberbeutfdjen Stabte 
if>re lünftigen ©eiftlidjen jur AuSbilbung juwiefen. 233eitf)in 
fjaben bie ©inridfytungen biefer Schule oorbilblicf) unb anregenb 
gewirft, unb feine Sefjrbüdjer [teilten ben Straßburger ffteftor 
fßlelancßtljon an bie Seite. 

5. 

$amit rietet fidf) unfer Sölicf nacf) auswärts. Unb mit 
s J2otwenbig!eit. Stritt bodj StraßburgS S5ebeutung erft bann !Iar 
in Xage, wenn man bie Stellung ber Stabt unb if>rer ^üf>rer 
in ber ©efamtentwidflung beS fßrotcftantiSmuS in SBetradjt jieljt. 

2)ie ©ewißljeit, baß ber Äaifer, fobalb er nur freie $anb 
l)ätte, bie gewaltfame Unterbrücfung ber neuen Sefjre als feine 
Triften» unb ^errf^erpflid^t betrauten würbe, brängt feit ÜJiitte 
ber jwanjiger Safyre ju einem Politiken 3ufammenfcf)luß ber 
ebangelifdjen ©ebiete. Unb nirgenbS ift mit fo biet poütifcfjem 
SEBeitblidf unb ebangelifcfjem ©emeinfinn, mit fo biel S8ef)arrlidf)= 
feit unb ©ntfagung für biefen ©ebanfen gewirft unb geworben * 
worben als bon StraßburgS füfjrenben SRännern. / 


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Sie Strapurger Steformation. 


61 


Sei bet oöttig ifotterten ßage bet ©tabt inmitten fatbolifdjer 
©ebiete mürben Schiebungen junäcbft gefugt unb Serbanbtungen 
geführt mit ben fübbeutfeben ReicbSftäbten, infonberbeit ben 
febmäbifeben, einerfeitS, ben eöangelif^en ©cbmeiher ©täbten 
anberfeitS. Sot allem nöbern ficb für einige Sabre ©trafjburg 
unb Büricb, bie beiben miebtigften Sftittelpuntte bet Reformation 
im ©üben, oermanbt in religiöser ©timmung unb tbeotogifeber 
Sluffaffung. ßluf ber grofjen Serner Disputation oon 1528 ftebn 
©apito unb Sucer neben gmingli, unb ber burdjgreifenbe ©rfolg 
biefer miebtigften Seranftaltung ihrer Strt ift mit bureb SucerS 
Schlagfertiges ©ingreifen errungen. 

SEBeiter führt ber ©peprer Reichstag beS folgenben SabreS. 
$tn bem guftanbefommen ber berühmten fßroteftation gegen bie 
Sefdblüffe ber altgläubigen üßebrbeit b attc ©trafjburg bureb 
Safob ©türm beroorragenben Anteil. Run jmingt bie ©efabr 
ber ßage ben Rlan eines ©efamtbünbniffeS ber eoangelifeben 
dürften unb ©täbte auf. Reffen, unb ©trafjburg ftebn babei als 
bie treibenben Äräfte in oorberfter ßinie. ßmifepen ©türm unb 
bem ßanbgrafen fßbiftW* bem einzigen eüangelifeben dürften oon 
politifehern Slicf unb, menigftenS in biefen Sabren, oon frifebem 
SEBagemut, fnüpfen ficb nabe unb bauernbe Schiebungen. 

Der gufamntenfcblufj ber fßroteftanten aber mar bebrobt 
bureb einen fcblimmen innern Rifj, ben leibenfcbaftlicben Äampf 
nm bie SlbenbmablSlebre; bebrobt beSbalb, meil ßutber, in biefem 
fßunfte ein SRann beS ÜRittelalterS bleibenb, mit niemanbetn 
©emeinfebaft hoben mollte, ber ficb niept hür mirllicben ©egen* 
rnart beS §errn in ben StbenbmablSelementen belennen fonnte, 
unb ber unfelbftänbige Äurfürft oon ©aepfen feines DoftorS 
©tanbpunft blinblingS teilte. 

Der ©aepe nach ftanben in biefem Kampfe bie ©trafjburger 
in ben erften Sapren auf ©eiten ßroingliS, oon ßutberS ßorn 
getroffen, ben fie umfonft üerföpnlicb h“ Stimmen oerfuept butten; 
ihre Haltung unb ©timmung inbeS mar oon Anfang an niept 
bie beS gäriger Reformators. Der {ampfeSfrope ßroingli moHte 
ooüe Freiheit in ber ©eltenbmacbung feines ©tanbpunfteS, meil 
er ihn unb bamit feine Reformation unb feine fßolitif auch in 
Deutfcblanb hnm ©iege h« bringen hoffte. $>ie ©trafjburger 


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62 


©ujtab Slnrid), 


aber münfchten nichts fehntidfjer atS Veitegung beS .ßmifteS um 
ber ©inheit ber ©oangetifchen, tun beS gtücfltc^en Fortgänge« ber 
Deformation mitten; «nb ba nach ihrem ©mpfinben bie Un* 
ftimmigfeiten nicht bie ©runbtagen eoangetifdhen ©laubenS, fonbem 
bie theologifche Raffung einer einzelnen Sehre betrafen, fo meinten 
fie, too ein anbrer 2Beg fid) nicf)t böte, fetbft burdj Stnpaffung 
ober Äompromifj in ber Raffung ber 9tbenbmaf}tStehre ben grieben 
erfaufen gu bürfen. ©o mürben fie, nicht aus ©dhmäche, fonbem 
um t)öd)fter ©üter mitten, bie gemiefenen Vermittler. Vermittler 
halb auch in anberem unb tieferem ©inne, fofern nach einigen 
Sauren Vucer feine befonbere Stbenbmat)töte^re ju entmidfetn 
begann, bie, oon ßmingti abrüdfenb, oiet eher eine Vergeiftigung 
oon SutljerS ©runbauffaffung barftettte, fofern fie ben ©ebanfen 
eines geiftigen ©eniefjenS, b. h- eines mpftifchen, innern ©inSmerbenS 
ber gläubigen ©eele mit ihrem ^immlifd^en $errn jum be« 
tjerrfchenben machte. 

Dun bas VünbniS ins Stuge gefaxt mar, fottte ein Geologen* 
gefprädh ju Marburg biefen innern ©treit begleichen. SBieber 
maren es ber Sanbgraf oon Reffen unb bie ©trafjburger, benen 
baS ßuftanbelommen ber Stttorburger Tagung ju banfen mar. 
©ie brachte jmar bie erhoffte Verftänbigung nicht, bafiir aber 
eine enge potitifche Fühlungnahme gmifchen ©trafjburg, Reffen 
unb Zürich. $>iefe führte im Sanuar 1530 jum VünbniS 
©trafjburgS mit Zürich unb Vafet, bem etmaS fpäter audh Reffen 
beitrat. 

2)a fomit bie VorauSfefcungen für ein ©efamtbünbniS fidh 
nicht hotten fdhaffen taffen, fanb ber Deichstag oon Augsburg 
bie eüangetifdhen ©tänbe noch ungeeint, ©adhfen backte burdh 
Preisgabe ber ,©aframentSfeinbe' ben Rieben ju erfaufen; jumaf 
ber ©tabt ©trafjburg, als mit DeidjSfeinben oerbünbet, marb 
bie ÜDitunterjeichnung beS oon SDetandhthon ausgearbeiteten 
VefenntniffeS fdhroff oermeigert. Sn biefer ^erfahrenen unb ge« 
fährtid^en Sage hot ©türm fein ganzes ftaatSmännifdbeS können, 
Vucer feine ganje Äunft ber Vermittlung eingefe^t. ©efltffenttidh 
fchtofe fich baS ©trafjburger VefenntniS, baS er, heimlich berufen, 
in atter ©ile mit ©apito ausarbeitete unb bem bann noch Äonftanj, 
Diemmingen unb Sinbau beitraten, mögtichft eng an baS üort 


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$)ie Straßburger Deformation. OB 

ben dürften überreizte SttugSburgifZe SefenntniS. au. Unb 
wirfliZ warb erreiZt, was barnit bereift war. ?tls ein gleiZ 
harter ReiZStagSabfZieb fämtlkßen eoangelifZen ©tänben broßte, 
jtoang fuß ber ©ebanfe eine? ©efamtbünbniffeS mit innerer Rot- 
wenbigfeit non neuem auf unb tonnte nun beSwegen weiter 
oerfolgt werben, weit baS SefenntniS ber oier ©täbte ben ©aZfen 
©enüge bot. 

©o tonnte nun Sucer ju Sutßer naZ ber Äoburg reiten, 
tonnte bann ©türm für ©traßburg bie güßruttg ber potitifZen 
Serßanblungen mit ben Oberlänbern unb ©ibgenoffen, Sucer bie 
9lnbaßnung einer religiösen ©inigung ber oerfZiebenen ©ruppen 
übernehmen. Stuf einer großen Runbreife wußte er in Ulm, 
SRemmingen, Sfnß, Sinbau, Äonftanj bie füßrenben SßerfönliZ* 
feiten für feine ©efußtspunfte $u gewinnen, ßwingli freiltZ 
wollte üon einem um ben SßreiS üermittelnber unb oerfZleiernber 
Formeln gefZloffenen SünbniS nkßts wiffen, unb feine Haltung 
beftimmte bie ber ©Zweijer. Sn Sitterfeit trennten fkf) barnit 
bie SBege ber beiben Saßre ßinburZ engoerbunbenen ÜRänner. 
®aß aber wenigftenS bie meiften reiZSbeutfZen eoangelifZen 
©ebiete, lutßerifZe wie oberbeutfZe, ju bem ©Zuß« unb £ruß- 
bünbnis oon ©cßmalfatben pfammengefZloffen werben tonnten 
unb barnit bem beutfZen SßroteftantiSmuS ein Saßr^eßnt unge¬ 
hemmter ©ntwictlung gefZenft würbe, war ju einem beträZtliZ en 
Xeile mit ein Sßerf ber ©traßburger ^olitif. 

©traßburg war barnit in DberbeutfZlanb füßrenb geworben 
unb würbe eg halb um fo mehr, als mit ber Äataftropße oon 
Pappel unb bem $obe ßroingliS unb beS Safeler Reformators 
Defolampab ber ißroteftantiSmus ber ©Zwei$ niZt bloß fürs 
erfte ber füßrenben üftännet entbehrte, fonbern, unter Aufgabe 
ber auswärtigen Sünbniffe, fiZ oöllig auf fiZ jurücfyog unb 
barnit feines ©influffeS unb feiner werbenben $raft in ©üb- 
beutfZlanb oerluftig ging. 9tuZ int übrigen 2)eutfZlanb war 
©traßburgS Slnfeßen gefeftigt, als eS Sucer naZ unenbliZen 
SRüßen unb unter entfagungSooller ©elbftbefZeibung im Saßre 1530 
gelang, burZ eine gewunbene formet bie enbgültige ©inigung mit ✓ 
Sutßer in ber ftbenbmaßtsfrage juftanbe ju bringen unb barnit 
ben ©ZntalfalbifZen Sunb weiter ju fußern. 


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64 (BuftaD ttttrid), 

Sn öictfac^cr auswärtiger Betätigung tritt jefct baS Stnfeljen 
©trapurgS unb feiner Geologen jutage. 3m 3ob« 31 ift 
Bucer mitbeteiligt an ber Drbnung beS ÄircbenroefenS in Ulm, 
Lemmingen unb Biberacb. 3n ben ReujabrStagen 33 finben 
mir Sapito in Bern als Seiter unb §aupttoortfüf)rer ber ©pnobe, 
bie ber Berner Äirdje ben ^rieben unb bie enbgiiltige ©eftaltung 
gab; wie benn audj in ber ftolgejeit bie ©trapurger Reformatoren 
in Bern unb Bafel, im Unterziehe oon ßüricb, oon ©influfj unb 
Slnfeben geblieben finb.. SRebrere 3Zre ^intereinanber ift bann 
Bucer, Dom Rat ber ©tabt berufen, auf SBodjen unb ÜRonate 
in Augsburg tätig; nur burdj feine Bermittlung tonnte bei betn 
SEBiberftreit ber Meinungen im Sabre 37 bie entfebeibenbe Ren* 
orbnung juftanbe fommen. 

3m folgenben 3at)re toarb er itacb Reffen berufen. 2)ie 
©unft beS Sanbgrafen unb feine (Srfolge in ber ©ewinnung ber 
täuferifdjen fjübrer febufen ibm b^r eine fotc^e Stellung, bafj er 
einiges Don feinen fircfflicben Sbealen auf biefem Boben in höherem 
ÜRafce Derwirflidjen tonnte als in ©traPurg felbft. 2)ie unter 
feiner Seitung Don befftfeben ©pnoben bef^Ioffene $ucbt- unb 
^tlteftenorbnung, ganj fein geiftigeS Eigentum, b°t ib m Öen 
Ramen beS ^weiten Reformators beS $effenlanbeS eingetragen. 
Bor allem fnüpfte fidb bamalS baS engfte BertrauenSoerbäitniS 
#oif<ben Bucer unb bem Sanbgrafen; feinen Dertrauteren Be¬ 
rater bat biefer Sabre hmbureb in tircbticben wie politifcben 
Gingen gehabt als ben ©trapurger Theologen, ben er gar 
£U gerne ganj nach Reffen gezogen hätte, ©o ftep nun Bucer, 
zugleich SBortfübrer ber ©trapurger Äircbenpolitif unb Ber- 
trauenSmann beS Sanbgrafen, ba« eine SRal ©trapurger, baS 
anbere beffifeb^ Slbgeorbneter, in ben $u SßormS unb RegenS- 
burg ftattftnbenben ReligionSDerbanblungert mit ber tatbolifeben 
Bortei neben SRefancbtbon in Dorberfter Sinie. @S folgen ein 
3abr barauf bie ebrenooHen Berufungen bureb ben Äurfihften- 
©rpiftbof Don Äöln unb ben Bifdjof oon SRünfter, bie in ihren 
©ebieten bie Reformation burcb&ufübren beabfiebtigten. Reun 
ÜRonate b°t Bucer in Bonn gewirft unb mit ÜRelancbtbon, 
beffen Berufung er Deranlape, bie Kölner ReformationSorbnung 
entworfen. 


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$ie Straßburger Deformation. 


♦>5 


©Welche ©ebeutung bot bomit Strasburg in ber ©efamt* 
gefehlte ber ßcit! $)aS eine {ebenfalls ergibt fidf) flar: Strafe* 
burgS Staatsmann unb StrafeburgS Reformator, auf fo %af)U 
reichen Reichs* unb ©unbeStagen, in dielerlei ©erhanblungen, 
Outacfiten unb $)enffchriften bebeutfam h^dortretenb, (euerer 
überbieS fieberhaft tätig als firc^enpotitifd^er ^fWublijift unb in 
umfaffenber Korrefponbenj, fie finb in biefen Sohren weit mehr 
als bie ßeiter ihrer Stabt, fie gehören zu ben füferenben ©röfeen 
beS gefamtbeutfchen ffWroteftantiSmuS. Äonnte hoch ßuther, als 
er im Safere 37 fein @nbe nahe glaubte, ©ucer bie Sorge für 
bie gefamte Kirche anbefehlen. 

3u entfcfeeibenbem ©urcfegreifen fehlte freilich einem Stabt* 
floate wie Strafeburg bie innere SRacfetfteflung. ©ei allem poli* 
tifc^cn ©Weitblicf unb burch olle Ratfehläge unb Mahnungen der* 
mochte man don hier aus bie fßolitif beS Schmalfalbifdfeen ©unbeS 
nicht zu beftimmen, feinen burch perfönlicfee wie fachliche ©rünbe 
bebingten inneren 3^011 nicht ju feiubern. ©rfcfeütternb tauten 
Jdtftefelich ©ucerS ©orauSfagungett. 
f Unb baS Unheil brach feerem, ols ber Kaifer enblicfe in ber 
Sage zu fein glaubte, ben ftets geplanten unb ftets aufgefdhobenen 
©Waffengang mit ben ^Wroteftanten ju wagen. Rad) wenigen 
©Wocfeen fchon, im $erbft 1546, war er banf ber 3 er foferenfeeit 
in ber ßeitung beS proteftantifefeen ©unbeS $err über Süb* 
beutfchlonb. Sange blieb Sirafeburg tapfer, auch uad) ber Kapitu* 
tation ©Württembergs unb ber fefewäbifefeen Stäbte. Erft als auch 
ber ßembgraf der zweifelte, tat Salob Sturm ben fjufefatl dor bem 
Kaifer. ®ie Stabt würbe junächft fcfeonenb befeanbelt, um fie 
fjranfreicfe nidjjt in bie Slrme zu treiben, ßtber mit bem 3ufammen* 
brudf) beS ©unbeS, ber mit ihr ©Wert gewefen war, war ihr poli* 
tifcher Rüdffealt bahin. 

Unb weit Schlimmeres folgte nach SofereSfrift. Ülucfe Strafe* 
bürg warb bie Einführung ber faiferlicfeen ReligionSorbnung, 
beS fog. Snterim, anbefohlen; Katholizismus mit ßaienfeldfe unb 
fßriefterefee war ihr wefentlicfeer Snfealt. Unb ber Kaifer blieb 
unerbittlich- ©ewaltig war bie Erregung in ber Stabt. $)ie 
©eiftlicfeen erflärten baS Interim für unannehmbar; im SfaUe 
ber Radfegiebigfeit beS StabtregimentS brofete ber Slufftanb ber 

S«$r. ». f. 9i. 38 , 1 . 5 


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(flufta» Slttrid), 


tili 

Bürger. 2>a forberte ber ftaifer bic Entlaffung oon Bucer uub 
oon <$apito§ Dadjfotger ftagiuS, um burch bie Entfernung bcr 
beiben führenbeit Äirchenmönner beit SBiberftanb ju brechen; mar 
bodj ohnebieg Bucer bei bem Äaifer iti gan$ befonberer Ungnabe, 
feitbeut er, £>eimltd) ita<f) 9lug$burg berufen, fid) gemeigert hatte, 
baS Interim mit feinem tarnen §u becfen. mar ein tragifd^er 
Äugenbtict, als im Februar 1549 Satob Sturm ben beiben ©et¬ 
lichen bie Beurlaubung anfünbigeti mufite. Bon Dielen ©eiten 
untmorben, in Englanb mit hohen Epen aufgenommen, ift Bucer 
$mei Satire barauf al§ fßrofeffor in Eambribge geftorben. Sn 
©trapurg aber fanb ©turmg 2öei3f)eit ben $ugmeg. (Sr erreichte, 
bafe ber Äaifer, jroar nicf)t bemittigte, aber roenigfteng litt, bafc 
ba§ SJtünfter nebft brei meiteren $irc§en bem Bifd^of übergeben, 
in ben übrigen aber eoangelifcher ©ottegbienft meitergeljatten 
mürbe. Unb burdfjmeg ift bie Bürgerfcfjaft bem eoangetifchen 
BefenntniS treu geblieben, ba$ nach einem Sapjehnt mieber in 
fämtlidhen Kirchen geprebigt merben tonnte. 

ßmei Satire nad) Bucer fchlofj auch ber grofje ©tättmeifter, 
ber fo oft bemäf)rte ©teuermann, bie Stugen, nachbent fd>on ein 
Sap juoor auch |>ebio bapngegangen. ©trapurgg Deformationg- 
epodp geht bamit jur Düfte, ©ie bricf)t um fo jäf»er ab, als 
©trapurgg Stellung oor altem burdf) bie Bebeutung feiner füp 
renben SRänner beftimmt mar. SSeber im firdhticpn, noch im 
ftaatlichen Seben finb ihnen ebenbürtige Dadfjfotger ermachfen. | 

6 . 

©chöpferifcp $eiten fetten äußerlich glüdticf) unb 
friebtich, Diet öfter fturm- unb farnpfbemegt unb Dotter fragil 
unb grabe auch für bie füpenben ©eifter Dotter Enttäufchung unb 
Bitterteit. Se höhet gar retigiöfe unb fittlicp ßiete, um fo 
fchmerjlicpr ber $bftanb jmifdfjett Sbeat unb SBirftid^teit, bie 
Spannung jmifc^en ben Bebingtpiten, Dotmenbigteiten unb UnooH- 
fommenheiten ber Erbenmett unb ber Unbebingtpit ber religiöfeti 
fjorberung. 

©rabe in feinen testen ©trapurger Sauren hatte Bucer basS 
mannigfach erfahren müffen. ÜJtit bem Erreichten mar er nur 
halb jufrieben. Er mollte größere ©elbftänbigfeit unb roirf- 


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2>ie tötraB&urger Dieformation. 


67 


" ließe ©etbftregierung ber Kird)e; er münfeßie einen organifeßen 
ßufantmenfcßluß ber SanbeSfircßen. burdß ein großzügiges ©ßnobat« 
mefen; er oerlangte oor aßent in Übereinftimmung mit ben meiften 
feiner AmtSgenoffen immer mieber unb immer bringenber eine 
umfaffenb auSgebaute fircßlidße Disziplin, bie aßein eine gebeiß- 
ließe ßufunft oerbürge. Dur menigeS baooit ift, unb auch bieS 
ni<ßt auf bie $>auer, SBirflicßfeit gemorben. ®S mar nießt bloß 
bie eiferfücßtige SBaßrung beS obrigfeittießen KircßenregimeutS auf 
©eiten beS SDagiftratS unb ni<ßt bloß ber ‘©pifureiSmuS’, mie 
Vucer eS nannte, gemiffer ^atrijiertreife, fonbern ein richtiges 
laienhaftes unb bürgerlich- freiheitliches ©mpfinben, bas biefen 
Veftrebungen entgegenftanb, meil bamit ein ‘neues ißapfttum’, 
eine neue ©efeßließfeit broße. peinliche ©pannungen iu bem Ver¬ 
hältnis oon ©tabtherren unb ©eiftlicßfeit maren bie $olge. 

Augenfäßiger uoeß mar in ber fjrage beS Interims ber 
©egenfaß jmifdhen ber ©tabtobrigfeit unb ben V rc ^9 ern - 
mar ber ©egenfaß jmif^en politifeßer Dotmenbigfeit unb retigiöfer 
©emiffenSforberung. ©türm unb Vucer ftanben auch bieSmal 
in öerfeßiebenen Sägern. Veibe tonnten fie nicht anberS: Vucer 
ber religiöfc Sbealift, ber lieber aßeS aufs ©piet feßen als ruhig 
gefeßeßen iaffen miß, maS itacß feiner Überzeugung miber ©ott 
ift; ©türm ber ©taatSmamt, ber in ber ©rfenntniS ihrer Dot¬ 
menbigfeit z« fcßmerzlicßen ßugeftänbniffen bereit ift, um oon 
ftaatlicher unb retigiöfer Freiheit überhaupt ettoaS zu retten. 

35aß aber Vucer bie ©tätte langjähriger Sßirffamfeit oer- 
Iaffen unb, heimmehfranf unb fcßaffenSfreubig zugleich, fein Seben 
in ber grembe befdhließen mußte, ift ein ©innbitb für bie eigentliche 
Xragif ber ©traßburger Deformation, ©ie liegt barin, baß bie Aus¬ 
prägung eoaitgelifcßen ©ßriftentumS, bie VucerS unb feiner 9Dit- 
arbeiter SebenSmerf barfteßt, in ber $eimat nidht Veftanb gehabt 
hat, meber in ©traßburg noch überhaupt in Oberbeutfcßtanb. 
Dach einem ÜDenfdjenalter fchmerzlidher Übergangszeit ßerrfeßt auf 
©traßburgS Kanzeln unb Sehrftühten baS reine Suthertum, bas 
im fotgenben Saßrßunbert ßier ßeroorragenbe Vertreter, finben 
foßte. $>aS VierftäbtebefenntniS ift ebenfo abgetan'mie bie ein- 
heimifdhen Katechismen oerfeßmunben finb, unb maS einft an 
biefer ©tätte an ©ignem unb Urfprünglidhem heroorgetreten mar, 

6 * 


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68 (Suftaö 9teridj, 

ift oerfehmt ober oergeffen. 9tur in ber fird)ltcf>en Serfaffung unb 
ben fdhlpteren Formen be® ©otteSbienfteS liegt fürberhin ber 
Unterfdhieb gegenüber ben oon $auS aus lutherifchen ©ebieten. 

biefe SEBanblung ift gefdfjidhtlich $u oerftehen. SucerS 
Geologie t)at bei ollem 9teicf}tum an ©ebanfen etmaS ^tiejjenbeS, 
SBepeS, UnjufammenhängenbeS. Sei feiner öermittelnben Slrt 
entbehrt fie nach mancher ©eite ber fcljarfen gegenfä|lichen §erauS* 
arbeitung. ©ie entbehrt Haffifcher ©rägung unb Formulierung 
mie einbrucfSöoller fyftematifdjer ßufammenfaffung. ©ie entbehrt 
oor ollen Gingen Hörer betenntniSmäfjiger Feftlegung in einer 
$eit, bo nur eine in ben ^auptpunften $um geltenben Se^rgefe| 
erhobene Apologie als jurn SEBefen eines ÄirchentumS gefjörenb 
fid) behaupten tonnte. 2)aS eben ift bie trogifdje Ftißwig, 
bajj grabe bie unter fo oiel ©elbftoerleugnung mit Sut^er ge« 
ploffene Äonforbie bie offene Sertretung beS eigenen ©tanb« 
puntteS in ber barnalS entfd^eibenben F ra 9 e unmöglich machte. 
Unb fo f)at bie in ber ßonforbie gipfetnbe Äirchenpotiti! ber 
©trajjburger bie elfäffifdje SReicpftabt nebft anberen eöangelifdhen 
©täbten Dberbeutfcf)tanbS ben urfpritnglitf) lutherifchen ©ebieten 
ttpt blofj politip angegliebert, foitbern, auch maS baS SefenntniS 
betrifft, bem Suthertum ebenfo oöllig geöffnet mie bem ©roteftantiS* 
muS ber ©chmei$ gegenüber abgefcfjloffen. 

9EBaS im reformatorifc^en ©trapurg gebaut unb gefdjoffen 
morben, ift barum mit nickten oerloren gegangen. ,3n ©trajjburg 
hat ßaloin in brei bebeutungsoollen Fahren junt erften äftale 
innerhalb eines mohlgeorbneten ÄirchentumS gemirtt, nod^bem 
t^m fcpn juoor Sucer in feinen lateinifchen ©Triften ein mp* 
tiger ©emittier oon SiutljerS ©runbgebanfen gemefen. Son 
©traPurg aus ift ber lange unb flehentlich Ummorbene mieber 
nach ©enf jurüdtgefehrt, mo er, faft als unumfdhränfter ©ebieter 
maltenb, ungehemmter als irgenbeiner feiner $eitgenoffen feine 
Fbeate in bie äöirHpfeit umaufefcen oermocht $at. ÜDttt Staunen 
nehmen mir mahr, mie meit ©trapurger Dränungen hierbei map 
gebenb gemorben finb, in mie bebeutfamer SBeife ber grojje 
Drganifator unb ©pftematiter, ber hoch, maS bie retigiöfen 
©runbgebanten betrifft, ein 9J?onn ber jmeiten ©eneration ift, 
auf SucerS Schultern fteht. 


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$te Strajjbutget Deformation. 


69 


3 ft e« bodfe, um ba« ©reifbarfte boranjufteflen, bie ©träfe» 
bürget ©otte«bienftorbnung, bie ©aibin in ©enf eingefüfert feöt. 
ßtotfe ©trafeburger SBorbitb unb im ©egenfafee ju Beriefe bilbet 
ber ©falmengefang einen grunblegenben SBeftonbteil beS ©otte«» 
bienfteS. Da« ©erfefeminben fämtlidjer f$efte, ba« ftarfe ©erblaffen 
beS Äircfeenjafer« entfpriefet ©trafeburger Übung. Stuf bent ©ebiete 
ber Äircfeenberfaffung ift niefet blofe äufeerlicfe ba« ©enfer Äon» 
fiftorium eine SBciterbilbnitg be« ©trafeburger Äircfeenfonbent«, 
fottbem ©albin« Sluffteffungen über ba« Sefen ber Äircfee, ifet 
©erfeälhti« jnm ©taat, ifere ©elbftregierung nadfe göttlicher, im 
SReuen Deftamente borgefeferiebener ©erfaffung finb Sucer« ©ebanfen 
nädfeftbertoaubt. $udfe für fonftige ©lemente bon ©albin« Dfeeo» 
togie befteht ein äfenlidfee« ©criuanbtftfeaftöberfeältni«. ©inb boefe 
jtoei iferer fennjeicfenenbften ©eftanbteite, bie $ßräbeftination«lefere 
unb infonberfeeit bie §lbenbmafel«lefere, bi« in be^eiefenenbe ©injel» 
feeiten feinein bei ©ucer borgebifbet. 

ftreiliefe fällt niefet minber in bie Stugen, toie ©ucer gegen» 
über in mefer al« einer ©ejiefeung ©albin ber ©oßenber ift. Der 
©efeerrfefeer ©enf« feat ju bertoirttidfeen bermodfet, toa« ©ucer 
unerreitfebar blieb, bie felbftänbigere ©teßnng ber Äirdfee unb bor 
aßen Dingen bie ftraffe Äircfeenjudfet, niefet ofene bafe bei bem 
3Rann be« eifernen Sißen« ftdfe ^itgfetdfe alle« feärter unb fdferoffer 
geftaltete. Unb erft ©albin« energifefee fjrolgeriefetigfeit feat ©ucer« 
©ebanfen bon aßen ©cfetoanfitngen befreit, toie feine fpradfjlidfee 
9Reifterfdfeaft fie auf iferen lefeten StuSbrudf gebraefet, feine ffefte» 
matifdfee ©egabung fie ju einem gefdfeloffenen ©au gefügt feat. 

Sebenfaß« aber: ber ©iege«$ug bon ©albin« jum ßefergefefe 
erfeobener Dfeeologie unb bon ©enf« borbtlblidfe toerbenben firefe» 
lidfeen Drbnungen ift jugletcfe ein SeitertoUlen bon ©ebanfen 
unb ©cfeöpfungen be« reformatorifefeen ©trafeburg in bie Seite 
ber feroteftantifefeen Seit. 

♦ * 

♦ 

©o bleibt e« ein bebeutung«boßer 2 tu«fcfenitt au« ber 9 te» 
formation«gefdfeidfete, ber eben unfer Sluge auf fi(fe 50 g. SRefer al« 
ßofalgefcfeicfete unb jugleicfe eine toaferfeaft grofee, bießeiefet bie 
gröfete $eit in ©trafeburg« roetfejelbofler ©ergangenfeeit. liefet 


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70 


©uftao 3lnridj, 2>te Straßburger Deformation. 


blcnbenb burd) äußeren ©lanj, nod) erfolgreich burd) äußere 
9Jtod)tentfaItung, fampfbemegt unb ooUer Xragif, aber grofj burd) 
jufunftreidje 9teufd)öpfungen; grofj oor allem burd» bebeutenbe, 
freue, f)tngebenbe ÜRöttner; grofj burd) ©d)affen$fraft unb ©erneut* 
finn, burd) fyoty unb toeite £>orijonte; grofj, meil ÜDtenfdjen, 
oon ber ©otteSfraft beS ©üangeliumS ergriffen, um ba8 $öd)fte 
ringen, oon einem höheren [ich getragen unb einem höheren ftdj 
oerpflichtet fü^Icnb. 

©old>er ßeiten $u gebenfen, ift Erhebung unb SRatjnung. 


i>on <$brfmrbt ,ftarra$ ft. m. b. tn £>nUe (Saalf). 


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SBotter r»on Plettenberg 

uni) ber Untergang bes S)eutfd)en Orbens 

in 'Ureu&en 


(Sine 6fubie aus ber Qfleformaftonsaeif ßtolanbs 

Don 

Dr. ßeonib Ülrbuforo 

CRifla) 


ßeip3tg 

herein für StcformaUonsgefdjicljfe 
(«ubolf üaupt Vertag) 

1919 


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©djriftert 

be§ SSeretn§ für $fteformatiou§ge[($idjte 
3af)rgang XXXVI. 2. ©tücf 
9h\ 131 


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2)ie Zeitige Söirgitte ju SBabftena Ijatte einftmatö öon ben 
©rübern be3 2)eutfchen DrbcnS geweiffagt: (S^riftuS fyabe ihr 
offenbart, ba| int Saufe ber ßeiten ihr $ahn auägebrodjen, ihre 
redete £anb oerftümmett unb if)t redetet $ufi gelähmt werben 
würbe. S)a3 follte, in ganz anberer SBeife freitid^ als bie Seherin 
ahnen fonnte, int 9tefomtationSjeitatter in ©rfüttung gehen. 

®a§ angebrochene 16. 3fa^rt)imbert jeigte alte (Schöpfungen 
be§ 3ftittelalter§ in weit oorgefcfjrittener Sluflöfung begriffen. 
Seine oon ihnen h atte öern SSedhfet ber ßeiten ftanbgehaiten, 
mochten audh oiele traft be8 ihnen innewohnenben religiöfen 
9Koment3 ben Stnfprudh auf ewige ®auer erheben. 3)ie fRömifd^e 
Sirdhe wollte auf einem Reifen erbaut fein, bodj bie ©ewalt beS 
fßapfte3 War nadh oieten ©eiten hin abgebröcfelt, bie als utt= 
öerbrüchtich eingeführten tirdhlichen Sa&ungen waren üielfach 
burchlödfjert, unb plöplicf) fah man fogar ben «Stuhl Sßetri felbft 
erbittern. S)enn in SBittenberg war baS beutfdhe ©ewiffen er* 
Wacht. Suther rüttelte an bem geglichen ßttmng über bie «Seelen 
unb ©eifter, aber audh an bem ganzen geiftlich =* weltlichen §err* 
fdhaftsfpftem, baS bie chriftlidhe ÜEßelt mit bem Slnfprudh auf un* 
bertefclidhen Seftanb überspannte. ©a§ fettige Dömifclje Speich 
©eutfdfjer Nation hotte fcpon lange ben SSeg beä DiebergangS 
befcpritten; bie Sonbergewalten ber unzähligen einzelnen dürften* 
tümer unb |jerrf(haften, au§ benen es fich zufommenfefcte, teilten 
bie ©efamtmaffe feiner Vorrechte unb §errli^feiten allmählich 
unter fich au f un b öergröfjerten ihre Sßacht unb Söefugrtiffe auf 
Soften beS SaifertumS. Sebodf) foweit eS geiftli^e ^errfdjaften 
waren, brohte ihnen wieberum ber Untergang burdj bie Deformation. 

*) 2>er 3)arfteltung liegt jugrunbe ein in bet 779. ©ijjung bet (Stefeü* 
fdjaft für <Sefd)id)te unb Slttettum8funbe ju SRigo am 11. September 1918 
gehaltener SSorttag über „Stettenberg unb bie 9tad) folge int $o^meijtertum 
be3 .SDeutföen DrbenS." 

®$r.». f. ». 86,2. 1 


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2 


Seonib 3frbufoh>, 


Tie allgemeinen Äennjeidjen ber Sluflöjung: bie Schwächung 
ber monardjifdjen ßentralgewatt, baS (Streben ber Teile nach 
Serfelbftänbigung unb Unabhängigfeit, jeigten fid^ aud) an bem 
Staat beS Teutfdjen StitterorbenS. @r war eins ber edjtefteu 
©rjeugniffe beS ÜRittelatterS — mittelalterlich troß fte^enber 
äRilitärmadht, mobern anmutenber jentratifierter Seamtenüerwat* 
tung unb geregeltem ginanjwefen. Tie SBerwelttid^ung war in 
ber unter bem befonberen Patronat ber Jungfrau SWaria fielen* 
ben Sruberfdhaft non Stittermöncfyen fd£)on lange eingeriffen, 
nad^bem fie, größtenteils auf bem ÜBege ber Eroberung ßeibnifd^er 
Sauber unb burd) Sdf)enfungen, ein eigenes Territorium unb 
einen in ganj Europa berühmten, jeßt freilich ftarf gefcßwunbenen 
Steichtum erworben unb im SRorboften Teutfdf)IanbS einen Staat 
begrünbet hatte. Teffen Regierung unb ©rhaltuug war bie 
Hauptaufgabe ber ©otteSritter geworben, anftatt, wie ißre Sieget 
oerlangte, allein ben Äampf gegen H c ^ en unb untere fjeinbe 
©otteS unb ber Äircfje unb ^Beobachtung ber mönchifdjen ©efiibbe, 
Stammterritorium unb Hmiptbefiß beS OrbenS nad) feiner Ser* 
brängung aus bem SRorgentanbe war baS ben Häten ab* 
gewonnene unb feitbem burd) ihn mit beutfd&en Safaüen, Bürgern 
unb Säuern befiebelte Sanb Preußen, wo fid) feine ßentrat* 
regierung unter bem ©roß* ober Hodfjmeifter befanb. ÜRur bem 
Sapft unb bem Äaifer unmittelbar war er unterteilt; banf feinem 
geiftticßen ©harafter überwog babei bislang ber ©influß beS 
erfteren bei weitem. 3m Sanbe Sßreußen war ber Drben fouoeräner 
SanbeSßerr, inbem aud) bie bortigen SiStümer ißm inforporiert, 
ihre Sifdjöfe feine SRitbrüber utib ben Unterfaffen gegenüber 
ohne Staatsgewalt waren, ©r hatte aber auch, als ber oom 
3tigafcf)en Sifdfjof SUbert ins Seben gerufene Sdjwertbrüberorbeu 
in Siolanb oor gänzlichem Untergang burcf) bie £eiben Rettung 
fucßte, einen ßroeig nad) ben liotänbifcßen Sanben entfanbt (1237), 
wo er als ©rbe ber Sdjwertbrüber aUmäßtid^ ben Söwenanteil 
beS ©ebietS erwarb, jebodh, anberS als in Sßreußen, nicht bie 
ungeteilte Staatshoheit über ben ganzen Sanbftridh befaß, fonbern 
nur über fein eigenes bortigeS Territorium. Seine Vorgänger 
in ber ©roberung, Äotonifierung unb Seherrfcßung beS SanbeS, 
ber ©rjbifchof oon Stiga unb bie Sifcßöfe oon Torpat, öfel unb 


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Plettenberg. 


3 


Seüal, bie in ihren Stiftern SattbeSherren waren unb blieben, 
batten betn Teutfchen Orben nicht einmal bie Sortjerrfdhaft über 
„alle Siolanbe" jugeftanben, obwohl ber Orben fie als ftärffte 
üttfilitärmadht unb einziger befähigter Serteibiger SiolanbS gegen 
Litauen unb Muffen auch f)i er beanfpruchte unb ju erringen 
trachtete. Stber feinem gewalttätigen SormadhtSftreben pflegten 
bie Prälaten ben Sömifchen Sann unb bie partifulariftifchen 
(Segeninterreffen ber reifigen Safattenfdhaften ihrer Stifter unb 
ber grofjen Stäbte S^iga unb Torpat (Seüal beherrfchte ber 
Orben) entgegenjuftetten. (Sine auSgefprodhene Unterorbnung er¬ 
reichte ber Orben nur mit bem ihm inforporierten SiStum ®ur- 
lanb; bie (Sr^bifdhöfe oon Siga liefen fich oon ihm nicht mehr 
aufnötigen, als fein auch nur murrenb getragenes fd^war^eS Äreuj 
unb weijjeS ©ewanb; bie anberen, in ihren Territorien ebenfo 
fouoeränen Sifdfjöfe (oon benen nur ber Seoalfche feine weltliche 
^jerrfcfjaft befafc) untergaben fidh bem Orben nidht einmal fo weit 
Trop enblofer erbitterter Kämpfe befanb fidh bie SJtochtöerteilung 
innerhalb beS altliolänbifchen StaatenbunbeS meift im ßuftanbe 
beS unseren (Gleichgewichts; erft am (Snbe beS ÜRittelalterS 
neigte fidh baS ßünglein ber SBage bauernb auf bie Seite beS 
OrbenS. Slufjer ^ßreufjen unb Siolanb hotte ber Teutfdhe Orben 
auch noch jerftreut liegenbe Sefifjungen im Seich, in Süb- unb 
SBeftbeutfchlanb unb in Öfterreich, Tirol, Statten. Tie beutfchen 
unb welfdhen Sefifcungen unb baS OrbenSgebiet in Siolanb unter- 
ftanben jebeS einem befonberen Sanbmeifter ober „oberften ©e- 
bietiger", oon benen ber Teutfdfjmeifter nach Statuten unb OrbenS- 
brauch bem liolänbifdhen ÜReifter im Sange oorging, obwohl fein 
SerwaltungSgebiet jerfpfittert unb unbebeutenber war. Sitte beibe 
aber waren bem §o^meifter in ißreujjen untergeben unb in 
gleicher SBeife jum ©eborfam oerpflichtet: anberS hätte ber Teutfche 
Orben fidh nadh ben Sorftettungen beS StittelalterS, baS oon ber 
unbebingten Sorjüglidhfeit monardhifdher SerfaffungSformen tief 
überzeugt war, als ein „breiföpfigeS Ungeheuer" bargeftettt. Slber 
gerabe biefeS urfprünglich ftrenge UnterorbnungSoerhältniS ber 
Teile unter bem oberften £aupt war im Saufe ber ßeit ber Er¬ 
weichung oerfatten. Tie beiben „oberften ©ebietiger" ftrebten 
eine immer größere Selbftänbigfeit unb Unabhängigfeit oom 

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4 ßeontb fflrbufott), 

^ochmeifter an. Ser Seutfdjnteifter, bet jcfjon »egen ber räum» 
ticken (Entfernung feine« Gebiet« bem 0rben«$entrum in ißteufeen 
freier gegenüberftanb, fiatte fic^ einmal fogar für getoiffe gälte, 
auf ©runb gefäifdhter «Statuten, bie Überorbnung über ben $ocfj= 
meifter jufprechen taffen, toa« freilich nur fotange aufrecht ju 
ermatten mar, al« ber ütteifter in Siötanb foldhe Übergebung unter» 
ftüfcte. Sa« mar blofe gan$ öorübergehenb im 15. galjrhunbert 
einmat ber galt gemefen. Ster tiötänbifdhe ©ebieter blieb im 
übrigen mit feiner unmittelbar an ißreufeen angrenjenben ißroötn$ 
in ben engften Beziehungen ju bem oberften $anpt; lange ßeit 
ftanb ber tiötänbifdhe 0rben«zmeig überhaupt ganj unter bem 
©inftufe ^5reu|en«. Beibe Seite mareit bi« jute|t megen ihrer 
geographischen Sage unb ber allgemeinen potitifdjen Berhättniffe 
Storbofteuropa« in Ärieg unb grieben, ©tüct unb UngtücE (teptere« 
übermog feit bem Sage öon Sannenberg) aufeinanber angemiefen, 
mochten auch beftimmte ©onberintereffen au«einanberget|en. Sa« 
aber mar, feit bie Sbeate be« ®otte«|treitertum« öerblafet maren 
unb ißreufeen fidh nur noch mit !att)otifdfjen, ßiölanb menigften« 
mit lauter <t)riftlidf)en ©egnern au«einanberjufeben hatte, immer 
ftärter ber galt; ^aupttanb unb ißroüing oerfotgten immer häufiger 
oerfdhiebene politifctje ßiete. Sa« ©enteinfante mürbe babei oft 
genug au« bem Sluge gelaffen. Sie £oc£)meifter in ^ßreufjen öer» 
fugten jmar mieber^ott, ihren fd^minbenben ©inftufe über ben 
liütänbifdhen Orben«jmeig in früherem Umfang miebertjerjuftetten. 
$anbhaben ba$u gab e«. Saren bodf) bie 0rben«tanbe Partien 
unb SEBiertanb famt Sieöal nicht bem tiolänbifdjen SReifter, fonbern 
bem ^oefjmeifter in ißreufeen unterftettt unb gehörte bodfj biefem 
bie Betätigung be« in ßiölanb öon ben 0rben«fontturen unb 
»öögten gemähten fianbmeifter«, mobei er bie SBaf)t jmifd^en 
$mei ihm üorjufteltenben 9Keifteramt«!anbibaten hatte. Sem tiö» 
tänbifc^en 0rben tonnte atfo bei jeber Sieumahl oom £>o<tjmeifter 
ein ihm ergebener nnb öon ihm abhängiger Stieifter öorgefe|t 
merben. Surch bie junehmenbe Schmädhe be« £odfjmeiftertum« 
unb ißreufeen« tiefe fief) aber biefer Brauch nicht fefthatten unb 
feit 1470 mähtten bie ßiölänber immer nur nodh einen einzigen 
Äanbibaten, ben ber $odhmeifter bann zu betätigen hatte. 

Sie allgemeine ©ntmiitung öertief feit ber Stätte be« 


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Plettenberg. 


5 


15. SührfjunbertS überhaupt in ber fftidpung einer immer größeren 
©elbftänbigfeit beS liülänbifchen OrbenSpeigeS. 2)aS entfpradj 
bem longfamen jDafiinftechen beS DochmeiftertumS, baS nach bem 
unglücflicken breijetjnjäfjrigen Kriege baS halbe ßanb preufjen 
an Polen oerforen hatte unb in ßehnSuntertänigleit oom polni» 
fcfjen Könige geraten mar (1466). iie Perljältniffe mußten fid) 
nod) ftärfer jugunften ber ßiülänber manbeln, feit SEBoIter oon 
Plettenberg, ber größte ÜDteifter, ben ber Orben in ßiolanb 
gehabt pt (1494—1535), ber berühmte Puffenfieger beS 3ape8 
1502, im üöteifterfcfjfofj ju SEBenben über feine OrbenSprooinj 
regierte unb im allgemeinen auch baS ©efdjid beS übrigen ßanbeS 
lenfte 1 ), mäpenb bamals ber OrbenSftaat in preufjen unter bem 
jungen |joct)meifter Sllbredp ton Pranbenburg rafd) auf ber Pap 
beS Unterganges pnabglitt. P5ie feine Vorgänger fträubte fich 
auch ^tlbrecfit gegen ben ehrenrührigen ßehnSeib an ben Äörtig 
oon Polen. @r moHte ben unlösbaren Quoten mit bem ©chmert 
burchpuen. ©egen ben bringenben 9tat beS öfteren unb er¬ 
fahreneu äJteifterS pfettenberg — ber bann hoch, getreu ber 
OrbenStrabition, mit einigen Gruppen unb oief ©elb unb Äorn 
aushotf — ftürjte fich ber |>ochmeifter in ben auSficpSfofen 
Ärieg mit Polen (1519), ber im 3ape 1521 nach gräflicher 
Permüftung Preußens burdh einen oierjährigen SBaffenftiffftanb 
abgebrodhen mürbe, affe Perhältniffe in fdhlimmfter Permirrung 
prüdfiaffenb. ^ülfefudhenb jog feitbem ber £ocf)meifter im Peidj 
unb an ben gitrftenhöfen umher, überall um Peiftanb für feinen 
Orben bittenb, bei Papft unb Äaifer burdh feine Peooflmädhtigten 
ben biplomatifchen Äarnpf gegen bie Sfnfprücp Polens auf Unter* 
merfung unter ben Pertrag oon 1466 meiterfüpenb. 3m Kriege 
hatte er mehrfach ©elbuuterftüpngen aus bem beutfdfjen mie 
namentlich aus bem liolänbifdjen OrbenSgebiet bezogen unb feine 
$ülferufe hörten nicht auf. 2 ) 2)ie beiben oberften ©ebietiger 


*) Übet Plettenberg unb feine $eit Dgl. £. Ärbufon» sen.: „®ie in» 
2)eutfd)en Orben in Sinlanb Dertretenen ©ef(blechtet", int 3al|rb. f. (Sen., 
fcetalbif unb ©pljragtftit 1899, amtau 1901, ©. 83 f., unb 1907/08, amtan 
1909, ®. 48 f., unb „©runbrifi ber <Sefd>id)te Sin», ©ft- unb ÄurlanbS", 
4. Hufl., 3Hga 1918, ©.127-167. 

2 ) ®fll-jum folgenben £. airbuforo sen.: „Sodann d. b. Sroele gen. 


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6 


ßeottib gftbufoto, 


aber ftctttcn für iljre ßeiftungen ©egenforberungen, bap beftimmt, 
ifjre Setbftänbigfeit gegenüber bem £odfjmeifter p erpöpen ober 
p fidfjern. 2)ie ßiotänber Ratten f<$on einen bebeutenben ßufdfjufi 
an ©etb unb ©etreibelieferungen prn Kriege beigefteuert, als im 
Suli 1520 ein preufjifdjer DrbenSperr, ©bewarb oon ^reiberg, 
mit einem neuen UnterftüpungSgefudf) 5llbrecf)te in Söenben er* 
fepien. Slber Plettenberg erflärte in ©egenwart feiner ÜJtit* 
gebietiger, bafj oon ßiolanb nid(jt ntef|r geleiftet, aber aud) nietjt 
rneljr oerlangt werben fömte, als bie jüngft an ben $ocf)meifter 
abgegangenen 20000 £oragulben unb trat halb feinerfeite mit 
©egenforberungen f>eroor. @r „oertangte nidfft etwa neuerbingS 
auSgeljecfte, bem ^od^meifter abgejwungene unb oon iljm in feiner 
prefären ßage p teiftenbe ßugeftänbniffe, fonbern für ben 
©eutfepen Drben in ßiolanb äufjerft wichtige, ipm fdffon früher 
pgefagte, teite fogar oerbriefte SRecpte". SDiefelben betrafen bie 
Stellung Partien=SßierlanbS famt SReüal, ben bislang bei ben 
liotänbifctjen SReifterwafjlen beobachteten Söraucf), enblitf» baS 
ftaatSredjtliche PerljältniS beS IDrbenS in ßiolanb p Äaifer unb 
SReici). S)er bereite im Sapre 1459 üom $odf)meifter ©rlidhSljaufen 
nrfunblidh gewährte ÜBerjid^t auf bie Ober^errlid^feit über ©ftlattb 
pgunften beS liülänbifchen ÜKeifterS patte nämlich aus un* 
befannten ©rünben bisher feine faftifdEfe ©eltung erlangt, wäljrenb 
bie ©ewohnheit, bem $ochmeifter einen, oon ifjrn unbebingt p 
beftätigenben äReifteramtSfanbibaten p präfentieren, ben ßio* 
länbern mahrfcheinlidf} überhaupt noch nie oerbrieft worben war: 
jept follte beibeS gefiltert werben, ©benfo entbehrte baS Per* 
hättniS beS liolünbifdfjen DrbenSpjeigeS prn Ütömifcpen SReich 
nodf) jeher feften ©runblage. 2)a3 gefamte ©ebiet beS SDeutfcpen 
DrbenS galt jwar ftaatSrechtlich als Peftanbteil beS SReidfjeS, 
aber eine Selepnung beS /pochmeifterS unb beS UReifterS in ßio* 
tanb burdf) ben Äaifer war bisher nicht erfolgt. Plettenberg aber 
erftrebte angeficptS ber immer broljenber anwachfenben SRuffen* 
gefaxt bereits feit feinem ^Regierungsantritt eine möglidjft enge 
Anlehnung feines DrbenS ans SRömifcpe SReidfj, biefe eprfurept* 

Klater im 5)eutfd)en ßrben in ßiolanb", 3a^cb. f. ®en., £er. u. Spljwg. 
1905/06, äßitau 1908, bef. <S. 154 —158 unb bie bafelbft jitiexten Quellen. 


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Plettenberg. 7 

gebietenbe, burd) HKter unb ©rabition geheiligte SDZad^t, auf beren 
Veiftanb er auch nur als IReichSfürft rechtlichen Anfprudh h a ^tc. 
@<hon mit Sttbred^tS nächften Vorgängern gufammen hatte er fich 
um ben gemeinfamen Empfang ber Regalien, ber Velehnung non 
SleichS wegen, beworben, wobei &önig föta? ihm fiberbieS baS 
blecht auf (Srljebung eines breijährigen ÄriegSzoUeS für bie Ver* 
teibigung SiolanbS gegen bie bluffen gewährt hatte. Vorbebingung 
bafür war gleicfjfaflS ber fRegalienempfang. Auf Plettenbergs 
©rängen hatte ihm ber $ochmeifter Albrecht auch wieberholt zu- 
gefagt, für fich fowohl wie für ben tiölänbifchen ÜJleifter um bie 
Velehnung oom bleich nadhjufuchen, aber fein Verbrechen nicht 
gehalten, bie Angelegenheit oielmehr h°ffuuugSloS oerfchleppt. 
©abei waren ber ©rjbifchof oon bliga unb bie Vifchöfe oon 
©orpat unb Öfel oon jeher dürften beS bleiches unb liefen fich 
ihre blegalien gerabe in biefer $eit oom Äaifer neu beftätigen 
(1518/21), wobei auch t> er Vifdjof oon bleoal unb fogar ber 
ganz unter bem Orben ftehenbe Vifdhof oon Äurlanb reiche- 
unmittelbar würben 1 ): ein ©runb mehr für Plettenberg, fich in 
ben bleichsoerbanb aufnehmen ju laffen. (Sr oerlangte jept oon 
Albrecht mit gutem ©runbe baS blecht, baff ein liolänbifdfjer 
Sbleifter für fidh allein unb ohne Verücfficf)tigung beS £ochmeifterS 
bie blegatienoerleihung oon Äaifer unb bleich erbitten bürfe, falls 
baS oberfte £aupt beS DrbenS folcljeS binnen beftimmter fjrift 
nicht tue. Über biefe wohlberechtigten fjorberungen, bie Albrecht 
gegenüber burchgefämpft werben mufften, entfpannen fich »un 
jahrelange ärgerliche Verhanblungen, währenb gleichzeitig baS 
Verhältnis zwifefjen Plettenberg unb bem £>ocf)meifter burdh beffen 
Praftifen in ßiolanb noch toeiter getrübt würbe. 

©enn feine Vebürfniffe hatten Albrecfjt befto mehr ju Ver- 
fuchen angefpornt, in Siotanb fefteren gufj zu faffen unb bort 
feinen ganz gering geworbenen (Sinflufj zu fteigern, als bie ßio* 
länber fich $u ben Sntereffen unb -Koten beS preufjifdhen DrbenS 


*) Dgl. S. Ärbuforo: „$ie (Einführung ber Deformation in SJit>v (Eft- 
unb äurlanb", frorfchungen jur ©efcf)i<hte ber Deformation 3, 1918, ©. 1, 
132 f. 186. ©. weiter auch Plettenberg an Äleen, SBenben 1521, ©ept. 10 
<©taat#ard)io ju ©tuttgart, Abfcprift in ber Dibliotpet ber £io(änbif<bett 
Ditterfchaft, oetj. Mitteilungen au# ber liol. (Befd). 2, ©. 503, Dr. 6). 


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Seonib SIrbuforo, 


füt)l »erhielten unb fet>r geringe Neigung ju Opfern zeigten. Sltg 
feine Sntereffenoertreter fudjte ber #odf)meifter junädjft ©ifdfjöfe 
in bie liotänbifdjen Stifter ju bringen, bie feiner ©erfon ergeben 
tnoren. ®en beften meinte er in Soljann ©lanfenfeib gefunben 
ju fjaben, bem ©ertiner ©ürgermeiftergfoljn, ber atö oberfter 
^ßrofurator (ftänbiger ©efanbter) beg Orbeng in 9tom ben $odj* 
meifter in gefctjicfter äöeife gegen ©ölen öertreten f)atte . l ) 3 um 
©ifdjof oon SReoal unb Dorpat beförbert (1524 follte er audff 
©rjbifdfjof öon SRiga werben), jog er fidf) aber in fritifc^er ßeit 
oon Stlbredf)tg Sacf)e jurücf, bodf) befielt iljn biefer aud) weiter 
im Sluge. $)entnä<$ft warf ber §od)meifter feine Singet nad) bem 
©igturn Äurtanb au£, um bei eintretenber ©afanj aud) biefeg 
burdfj ben ©apft mit einem preufjenfreunbtidtjen Prälaten befepen 
ju laffen, unb ungefähr jur felben ßeit fpann er aud) in tiefftem 
©efjeimnig feine $äben nad^ ber widjtigften unb mäd^tigften 
Stabt Siotanbg, nad) 9tiga. SRiga war ber Sd)lüffel jum Sanbe, 
unb wer eg befafs, ju beffen ©unften entfdjieb fidf) bie 3fa*ge btt 
©ort)errfdf)aft in Siolanb. ßwifcfien @rjbifdf)of unb Orben war 
bafyer mancher Strauß um IRiga auggefod^ten, bie grage bei ber 
Unmöglidf/feit einer entfdjeibenben ßöfung aber fcfjliefelic^ fo ge* 
regelt worben, bafj beibe Herren fid) im $irdf)l)olmer ©ertrage 
(1452) in bie Stabtljerrfdf)aft teilten, SRiga jebem oon itinen jU 
falbem Slnteil gültigen mufite. Slber bie tropige Stabt, bie ben 
Orben feiten gerabeju tjafjte, ben (Sr^bifd^öfen äbrigeng au<$ 
nidf)t geneigt war, fobalb biefe iljre ftabttjerrlidfjen $Re(J)te etwag beut* 
lieber ju betonen wagten, trug bie ©oppeltjerrfdjaft nur grotlenb. 
|)ier fdf)ien üerljeifjunggooller ©oben für ben |>od)meifter ju fein. 
3m tiefften ©etjeimnig liefe er fidf) im Sommer 1520 burdj ben 
fdfjon erwähnten Orbengf)erro (Sberfjarb oon ^reiberg ber Stabt 


0 Über 58tan!enfelb f. £. Wrbufoto sen.: „SiölanbS ©eiftKdjfeit öon; 
ffinbe be$ 12. bis in$ 16. Qaljrljunbert'', im Qa^rb. f. ©en., £er.u. ©p&rag; 
1900, 1902 unb 1911/13, SRitau 1902, 1904, 1913; Sltejonber SBerenbtS 
„gob. SBfonfenfelb, @rjbifd)of öon SRiga, SBifd^of öon Dorpat unb Steöal", 
in ber »altifdjen SJtonatSfcprift 53f., 1902, 6. 408 — 27. 29 — 60; 
SBüIjelm ©djmöring, „3olj. Slaufenfelb, ein SebenSbilb aus ben Anfängen 
ber IReformation", ©Triften beS SSereinS für SteformationSgefd}. 23,1,1905; 
S. «rbufoto, Die @inffiJ)tung ber Deformation ©.140—152. 332-336. 349. 


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Plettenberg. 


9 


alg ©d)u$!jerrn gegen etwaige Söebrücfungen oon feiten beg ®r$* 
bifdjofg Wie beg üReifterg anbieten. Slber bie oier tBürgermeifter, 
benen bet Antrag gemalt würbe, hotten noch feine redete 93er» 
wenbung für ihn unb befdfjränften fidh auf einen ©anf für bie 
gnäbige ©efinnung beg ^od^meifterS. 1 ) Stettenberg^ oerföhnticheg 
^Regiment £>atte auch tyte* wandte ©egenfäpe ju ntitbem oer» 
ftanben. $)odh Sttbrec^t fjatte feine 9lbfidfjten nur für gelegenere 
feiten aufgefdhoben. 

2) ie (Stimmung jwifchen ben SRadfjbam würbe nicht freunb- 
tidjer, afö ber §od)meifter in feinen üftöten ein tepteg ÜRittet 
anwanbte, um aug Siotanb mehr ©etb heraug^upreffen: er üer» 
pfünbete eg für 35000 ©utben an feinen fetter, ben Äurfürften 
Soadhint oon SBranbenbutg. Stettenberg erfannte ben $wedf beg 
URanöoerg: jwar nicht infolge ber eigenmächtigen „©erfdhreibung", 
wohl ober als Äaufgetb für bie oben erwähnten fßftoilegien bot 
er bem ^odjmeifter 20000, jutept 24000 §orngutben an, aber 
bie Sache jögerte fidh hw* Sefonbereg Sttifjtrauen hotte in 
Sttbredht Stettenbergg gorberung nadh fetbftänbigem (Smpfang ber 
SReichSbelefinung wadhgerufen. @r erfannte barin bagfelbe Streben 
nadh mbgtidhfter ßoglöfung oon ber Oberhoheit beg preufjifchen 
^odhmeiftertumg, wie eg in berfetben $eit unb auf ähnlicher 
©runblage auch & er ®eutfdhmeifter ©ietricf) oon Äteen hetoor* 
feprte, ber gerabe bamalg eine SReihe oon ebenfotdhen ober ähn« 
ticken gorberungen bei ihm burdhfepte, wie bie Siotänber für 
ihren Drbengjweig. 5)afj fidh bamalg über ben Äopf beg |>och* 
meifterg unmittelbare SBejiehungen jwifdhen ben beiben ÜReiftern 
in beutfdhen Sanben unb in ßiotanb bestellten, bie in ber 
Sntereffengemeinfchaft gegenüber ber rücfficf)tgtofen ^ßolitif unb 
ben fdfweren Slnforberungen S reu l e ng wurzelten, 2 ) fteigerte 
Sjllbredhtg Argwohn gegen Plettenberg. Sn biefe Unftimmigfeiten 
jwifdhen bem §odhmeifter unb ben beiben oberften ©ebietigern 
brangen nun auch nodh, bie fdhwüten SSerhättniffe oerf^ärfenb, 
immer beftimmtere ©erüdhte über ben beoorftehenben Slbfatt 

*) Strbuforo, ®ic (Siufütjrung bet ^Reformation, ©. 141,143 f., 257,259. 

3 ) Pgl. Plettenberg an Äleen, SBenben 1518, 9Rai 11 unb 1521, Sept. 10 
(©taatöardjiö ju Stuttgart, Pbf driften in bet Pibl. b. Uni. 9?itterfd)aft, 
oprj. SÄitteilungen aug ber Hot. ®efd|. 2, 502 f. 9tr. 4. 6). 


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10 Seonib Arbufow, 

AtbrectjtS öom tömifdjen ©tauben unb bie ©äfularifation beS 
DrbenSftaateS. 3)ie grofce, alte ©ernüter erregenbe unb alte be> 
ftetjenben guftünbe erfdhütternbe grage bet ®irchenreformation 
unb ©taubenSerneuerung trat, fein AuSmeictjen geftattenb, immer 
näher auch an ben $)eutf<hen Drben heran, bem Suttjer in jenen 
Sagen (SBinter 1523/24) in einer eigenen ©ctjrift feine auf gott- 
mibrige unb unerfüllbare, bafjer tjeuc^terifd^e ©etübbe begrünbete 
S)afeinSberecf)ttgung abgefprocf>en fjatte. 2Ble mürben bie Jpäupter 
beS JDrbenS in fßreufjen, Seutfdfjlanb unb ßiötanb auf bie grage 
antmorten? 

Ser |)ocf)meifter ^atte tangere $eit bie meiften äRenfctjen 
über feine maf|re Meinung ju tauften öerftanben. (Sr hotte bie 
ßiülänber — aber nur, um fie öon ber ©eltenbmadfjung itjrcr 
$orberungen abjufdljrecfen — mamenb auf bie ©efa^ren für ben 
ganzen Drben in biefer $eit fjtngetoiefen, „mo ohnehin fRetigion 
unb ©eiftlicfifeit allenthalben angetaftet unb oerfolgt mürben", 
unb fidj öon feinem böfen ©eift Sietrich ©ctjönberg raten taffen, 
ben SReifter in Siötanb brofjenb an bie Ausbreitung ber tuttjeri* 
fdfjen ßet)re ju erinnern. 1 ) (Sr hatte fogar öom ißapft befonbere 
Vollmachten miber fotd^e DrbenSritter öertangt, bie fidf) unter 
SuttjerS (Sinftufj etma öerehelichen mürben — baS fottte ihm ein 
SRadfjtmittel gegen SBiberfpenftigfeit 33. in Siötanb an bie 
§anb geben — unb gleichzeitig an fßlettenberg abmahnenb megen 
ber Verheiratung lutherifd) gefinnter JDrbenSglieber gefdfjrieben. 2 ) 
Aber alles baS gef<hah nur, um ben ©dfjein $u magren, benn 
innerlich neigte ber ^odjmeifter bereits zur ^Reformation unb 
beförberte mit Unterftüfcung beS gteichgefinnten VifcfjofS fßotenz 
öon ©amtanb heimlich ihre Ausbreitung in fßreufjen. 8 ) Aber in 
Siölanb hielt man bie Augen offen, unb auch ön &er fRömifchen 
Äurie ermactjte gegen AtbrechtS Äirdpchfeit ein SRifjtrauen, baS 


*) ©rieb Qoa^tm, ®ie Sßolitif be8 lebten $od)meifter8 in ^teuften 
Albtest bon 93ranbeitburg, 3,1895, Ar. 99.102, ©.237 (1523 SOtai—^uni);' 
vgl. Ar. 67. 81. 

*) Qoacbim a. a. D. Ar. 104 unb @. 64, Aittn. 1 (1523 Quni 8. u. 15). 
») ,$aad)im a. a. D. Ar. 102.154.178; $aul Sfd>a<fert> Urhmbenbud* 
^ur Aeformation8gefd)icbte be$ $erjogtum$ ^reufjeii, 1, 1890, ©infeitiutg« 


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^ßtettenfterg. 


11 


bann feinerfcitS oetfcbärfenb auf bie ohnehin unerquicftidben Sc¬ 
hiebungen htmfdjen if>m unb Stettenberg hurücfrotrfte. 2>amat3 
mar ber furlänbifd^e SifdbofSftubt üafant gemorbeu, unb beibe 
2Reifter bemühten fid^ beim Sapft um eine ihren 3ntereffen ent- 
fpredbenbe ÜReubefepung. S)em in 9tom tebenben Sruber be« 
|)odbmeifter3, 3obann Wbxttyt, gab man aber im 9Kärh 1524 ju 
öerfteben, bafj bie über Sttbredjt nmtaufenben ©erüdbte ben ^ßapft 
perantajjt hätten, ftatt feiner biejenigen ju begünftigen, bie treu 
bei ber Ätrdje oerbarrten: bamit mar Stettenberg gemeint. Unb 
ferner teilte man ibm mit, bafj ber S^Pft barum bie Serleibung 
ÄurtanbS an ben ßanbibaten beä tiotänbifeben SKeifterS beftätigt 
Unb hiermit ba§ «Stift ber Verfügung beS imdbmeifterS, ber b«fe 
bonad) ftrebte, entzogen bube: unb Stettenbergs Äanjter $ermamt 
SRonneberg mürbe Sifdbof oon Äurlanb. SDie ßiotänber fd^einen 
bann öerfudjt ju haben bie Stimmung ber Äurie auch noch meiter 
für ihre SetbftänbigfeitSbeftrebungen auSjunupen, benn Sttbred^t 
mürbe bureb feinen Sruber auch benachrichtigt, bafj ber S°Pft 
bamit umgebe, Stettenberg bie ^Befreiung oon ber Dberberrlidbfeit 
beS |jodbmeifterS ju gemähten. 1 ) damals meitten jmei Sefretäre 
beS SDteifterS in Sachen ber furtänbifdjen Sifdbofsmabl in Sftom; 
oielleidbt mar jene Nachricht mabr. 3m September 1524 beftagte 
ficb auch ber römifd^e DrbenSprofurator ©eorg Sufdb, ba§ 
Stettenberg unb ber 2)eutf<bmeifter (beibe gingen ja bamatS §u» 
fammen) oiete ©efdbäfte an ber Äutte betrieben, er aber nichts 
Oerbinbem fönne, ba ihnen ber päpfttidbe 2)iätar, Äarbinat ßorenjo 
Sncci, febr gemogen fei. SltbredbtS madbeS 9ftifjtrauen bemirfte 
fofort bie Stnmeifung an Suf<fj, ihn über bie Unterhaltungen 
ber beiben oberften ©ebietiger in SRom untgebenb $u unterridbten, 
bamit er etmaigen Angriffen gegen feine Oberleitung fogteicb 
entgegentreten fönne. Salb barauf öerfudbte er oom Äaifer einen 
©eborfamSbefebt an bie Sfteifter in 3)eutfdbtanb unb ßiütanb 
auSjumirfen. 2tuS S reu 6 en t° ar ib m jurn Überftup Stnfang 
Üluguft 1524 noch bie SRadbridbt jugefommen, bafj Stbet unb 
Stabte bafetbft unter bem 2)rucf ber unerträglichen Serbältniffe 

*) 3oad)im a. a, D. 9fr. 161. 170. 184. 192 f. 197. 236, 2. Öfter 
©ijcbof Hermann SRontteftetg t»gl. ß. Sfrftufo» sen., Sittt. ©eiftlidjfett. . 


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12 


Seonib ©rbufow. 


mit Siofanb liebäugelten. 1 ) 9lI6recl)tg Erbitterung gegen pietten* 
berg unb Äleen, bie if)n oljneljin feiner SWeinung naclj burdO ifjre 
Folterungen bebrängten, mufjte burdf) bieg alleg toatfjfen. 

©eine ©ebanlen fpielten immer beftimmter mit bem ©taatg* 
ftreid^ im Orbenglanbe preufjen unb Siölanb. Plettenberg erhielt 
jiemlid^ frül) Äunbe baoon unb fal) bie tommenbe Umtoäljung 
mit ©idfjerfjeit öoraug, ber SDeutfd^meifter oiefleidjt ebenfattg. 
SBie auf ©erabrebung — oermutlid) gab eg eine foldje in ber 
$at — fteUten bie beiben oberften ©ebietiger Enbe 1524 unb 
Anfang 1525 ben §o<f)meifter toegen ber F^berung ber 3te= 
formation in Preußen unb toegen feiner ©äfularifationgabficljten 
jur ©ehe. Äleen tat bieg fdf)riftlicf) am 11. Sejember 1524, alg 
er oon Stlbred^t eine ©erfcf>reibung toegen ber freien 2Saf)l ber. 
S)eutfdf)meifter, beg Ütegalienempfangg ufto. burcf)fe|te. 2 ) pietten* 
berg aber erflärte in Sßenben am 4. Januar 1525 bem toegen 
ber entfpredfjenben liolänbifcljen Folterungen unb jum Empfange 
jener 24000 ©ulben für Sllbredjt erfdfjienenen preufjifdjen Drbeng* 
fyernt Sttic^ael oon SDralje o^ne Umfdjtoeife: „Sieber #err£aug* 
fomtur, man fagt ung, nnfer ^odfjmeifter toill ein SBeib nehmen, 
unb ber Sübec%r 3tat toarnt ung, ung oorgufe^en. ÜDton get>c 
bamit um, bafj man ein Fürftentum aug Siolanb machen unb 
ung augtilgen toill, toie bie Templer, unb bag foH tun ber äKarf* 
graf (toar Sllbred^tg jüngerer ©ruber 2BiIf)elm gemeint? 3 )), unb 

0 Soacbim a. a. D. 9tr. 194. 200. 211; 182. fcföacfert a.a.D. 9h:. 274, 

2 ) $oa<bim a. a. D. 9ir. 201. 204 (1524 Scjembet 11—16), ogl. 205, 

8 ) ®er 90?ar!graf SBilbelm oon ©ranbenburg bähe noch leine feinen 
s ünfprüd)en a!4 gürftenfohn entfprechenbe Stellung gefunben unb lag feinen 
©rübent, namentlich bem $od)meifter Sllbredjt, auf ber Xafdfe. 9)ian fuchte 
nach einem paffenben Unterfommen für ihn, unb er fpielte and) in beu 
politifcgen Kombinationen ber 9iachbarmädjte bereite eine fRotfe: im 
9iooember 1522 hatte König ©igiSntunb üon ©ölen Hoffnung, bafj 9IIbre<f|t 
refignieten unb SBilljelm |>ochmeifter werben würbe (Aeta Tomiciana 6,161), 
$ie 9Ibfid)t, itjn jutn Koobjutor beö (Jrjbif^ofö oon 9ttga ju madjert 
unb il>n auf biefem ©lege in Siolanb bineinjubringen, lägt ficb für 1524 
bodj nicht belegen, benn bie bei Slbrabam, Collectanea ex Archivo Collegii 
hist. Cracoviensis 9 (9h:. 61), Krafau 1902, <S.18 angeführte Urfunbe (ogl, 
auch ©ifcungSber. ber ©efeüfdj. f. ©efchichte unb ©ItertumSfunbe ju 9tiga 
1904, ©. 283) oon angeblich 1524 ift *= Ubeiner, Vet. Mon. Poloniae 2, 


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Plettenberg. 


18 


ber ftürft fofl unfet |>err £odfjmeifter fein. Sollte aber ein 
gfürft in Siblanb regieren, fo will er alle« unter fidfj l)aben; 
man würbe wenig Soll galten, unb wenn bann baS Sanb oon 
ben umliegenben fftuffen, Litauern ober Samaiten plöfclidj über* 
fallen würbe, fo fönnte man (eine $ülfe an Serien erhalten, 
aufjer aus ©eutfdjlanb: aber elfe bie (amen, Wäre baS Sanb ber* 
loren. SBir jebodfj wollen bawiber fein, folange wir leben, unb 
efje biefeS Sanb $u einem f^ürftentum gemalt wirb, wollten wir 
lieber alle bie §älfe berlieren! Sieber §err $auS(omtur, l)abt 
3fyr audf) etwas babon gehört?" 1 ) 2)raf)e berteibigte feinen 
#erra, fanb aber gewifj ebenfowenig Olauben, wie dtbred&tS 
eigene ^Beteuerungen gegenüber bem 2)eutfcljmeifter. Plettenberg 
braute nun ben Sdf)acf)er mit bem $ocfymeifter 3« mögtidjft 
taffem d6fd)Iufj; man jaljlte baS ©elb unb erhielt bom 
meiner bie gewünfdfjten urhtnblic^en ßufidjerungen. ®er lib* 
länbifd^e DrbenSjweig gewann freie Saljn für bie angeftrebte 
dnlel>nung an baS 9fteid§ unb ein genügenbeS ÜJlafi bon ©etbft* 
ftänbig(eit, um gegen ein üöfttgeriffenwerben in bie noclj boH* 
ftänbig bunde unb berworrene gulunft Pteu^enS gefiebert 
ju fein. 

3n zwölfter Stunbe Ijatte Plettenberg baS erreidfft dlbredf)t, 
ofjne duSfid()t, ficf> irgenbwie gegen Polens dnfprüd)e galten $u 
(önnen, bon allen berlaffen, bem ©bangeüum gewonnen, baS in* 
jwifcljen faft gan$ pteufjen erobert fyatte, warf ben Drben ab. 
dm 10. dprtl 1525, in Äralau, fjutbigte er als erblicher SeljnS* 
|erjog bon preufjen bem polnifdjen Äönig. SDer ®eutfcf>e Drben 
unb baS £odjmeiftertum in Preußen Waren $u ©rabe getragen. 
SBie bie fjeilige Sirgitte pro^e^eit liatte, war fortan bem Drben 

Pr. 510, @. 467 (unb = Acta Tomiciana 12, Dt. 87, ügl. $ur Datierung 
D?t. 426), b. f). bon 1530, dpril 12, unb bejieljt ftdj auf bie 3«ü be# ©rj- 
bifdjof# 23)onta# Schöning (bie 3atjl 84 bejie^t fid) auf ba# {Regierung#* 
jaijr Äönig ©igi#munb#). 

*) Seridjt ®ralje# an ben $od)meiftei^ 1525, Januar 26. Staat#* 
arebib ju Königsberg, dbfdjrift in ber SBibt. ber libl. SRitterfd^aft ju {Riga, 
berj. bei SRapierSftj, Index corporis hist-dipl. Liv., Est., Cur., {Riga 1835, 
3h. 2923 (jitiert: i3nbej); SluSjug bei Soadjim a. a. 0. Dt. 209. — Über 
Plettenberg# Berljältnig $ur Deformation bgl. ß. Drbufoto, ©inffiljrung ber 
Deformation in ßib«, ©ft« unb Äurlanb ©. 314 f. 321 ff. 330. 


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14 


SJemtib Sltbufotu, 


bie rechte ©eite gelähmt, bemt bie Umwälzung in preufjen be* 
beutete für ben ©efamtorben eine Äataftropfje. Ter widjtigfte 
territoriale Äomplej, baS ßentrum beS ©anjen war auSgefdjiebeit, 
Tie jerftreuten Defifcungen beS TeutfctfmeifterS bebeuteten wenig,. 
Ter liülänbifcfje OrbenSftaat fonnte naef) ber ©röfje beS ©ebietä 
wof)I Slnfprucf) auf fetbftänbige 3Seiterer!)aItung beS DrbenS er* 
fjeben, wenn er ben äußeren $einben SitßanbS geworfen war* 
wenn er baS ganje ßanb bef>errfdf)te, wenn nicf>t bie Deformation 
über fur$ ober lang audf) an feinen Söurjeln nagte unb ifpn ben 
Doben abgrub: gefdjaf) biefeS, wofjer foßte er bie für feine 
©jiftenj nötige Tragfraft einer 3bee nehmen? SBo boct) bie 
ganje pofition beS SattbeS fcfjwacf} war. Tie ungeheure äßaffe 
ber recf)tlid(j nnb futtureß inferior gebliebenen unbeutfdjen, rein 
bäuerlichen Deöölferung unter ber bünnen beutfdffen Dberfdtjicfjt 
bot gar fein SJtoterial, Weber für genügenbe miütärifcfje 5luS* 
rüftung, nodf) jur 9tufrecf)terf)a!tung einer (Staatsgewalt. Dfjne 
Dücf!)a!t unb $ü!fe am 2J?utter!anbe, waS bislang preufjen ju 
fiebern fjatte, fonnte ber liolänbifdfje Drben, baS „Doßwerf ber 
©f)riftenf)eit M naef) Often, auf bie Tauer bem Stnfturm ober bem 
ftiU wirfenbeit Trucf ber Dacfjbarmädffte niefjt wiberftefjen. Slber 
Preufjen war nicf)t nur niefjt als ©tü|e ober wenigstens Der* 
binbungSbrüdfe mit ber fat^olifdjen (5^riften!jeit fortgefaßen* 
fonbent naljm oon ©tunb an eine feinbfelige Haltung gegen 
ben Drben in Siolanb ein unb fcf)!of 3 fo ben ÄreiS ber ©egner, 
Ter tiolänbifdffe SKeifter war feineSwegS ^err über baS ganje 
£anb, in bem fein Territorium etwas über ein Tritte! einnafjm; 
bie inneren ©egner, bie Difcf>öfe unb ©tänbe, gönnten if)nt nid(jt 
me§r, als bie ©teßung eines ©!eicf)berecf)tigten in bem tiöIänbU 
fdjen geift!icf>en ©taatenbunbe. Tie trofjbem aßmäf)ticf| erfämpfte 
Dormadfjtfteßung blieb umftritten unb muffte aßein aus eigener 
Äraft gehalten werben, ßufammenfd&fafj fämtüctjer Kräfte ju 
einem gegen aße geinbe gewappneten einigen ©anjen unter 
^üffrung beS DrbenS Ifäfte ©id>erf)eit gewährt. Tiefes war 
Plettenbergs ßiel. Slber ju bem unenbttcfjen altliotänbifd^en 
$aber jwifdjen ben fünf Territorien unb innerhalb berfelben. 
jwifc^en fianbeSfjerren, Dafaßenfdfjaften unb ©täbten gofj nun 
auch nodj bie beginnenbe ©laubenSfpaltung neues £)I ins fjeuer. 


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^Jletten&etg. 


15 


ba bie gemaltfameh firtpd)en Neuerungen ber ©tobte nicht nur 
bie religiöfen ©efühle, fonbem auch bie Sefip* unb ^errfdjaftg* 
rechte ber 91Itfir<hlichen oerlebten. Purdj bie Deformation broljte 
bag gan$e ftaatttdje Gefüge §lltliülanbg aug ben $ugen $u gehen 
— ober mettn nun ber Drbenimeifter felbft bie güh r ung ber 
neuen Söemegung ergriff, ber Orben in ßioionb fidf) eoangelifdh 
reformierte, b. tj. einging unb onftette ber jufammenfchruntpfenbeit 
geiftlidjen ©tifter ein ein^eitlicfje^ neueg eoangelifcheg ©taatg* 
mefen fctjuf, tonnte bann nicht bag Sonb gesotten merben? 
bodh, bie Rottung piettenbergg geigte fdf)on, baff er oon einer 
Nachahmung beg preufjifchen Seifpielg für fici) unb feine Orbeng* 
proüinj nidfjtg miffen moUte. Perfönlid} mar er ber neuen Sehre 
nicht im geringften geneigt. 3$re.9lugbreitung mufjte er bulben, 
bo bog ©oattgelium in ben felbftänbigen unb trojjigen ©täbten, 
mo eg längere $eit feine ^auptfifce hatte, f)ödjfteng nur noch mit 
offener ©ernalt unterbricht merben tonnte, bie Slnmenbung ber* 
felben ober ben SBürgerfrieg bebeutet hätte. 2)er innere $rieg 
aber hätte bog in fid) jerfpoltene Sanb, gefdfjmädht unb fraftlog, 
jur ßerftücfelung ben ringgum lauernben geinben, polen, Nuffen, 
oon ben norbifdjen SNäd&ten ju fchmeigen, in bie §änbe geliefert 
J)ie fooiel fchmierigere innere unb äußere Sage Siolanbg fchlofi, 
felbft menn Plettenberg bofür $u hoben gemefen märe, für ihn 
ben ©chritt aug, ben Wibrecht foeben oottjogen hotte; audfj ber 
Stnggang oon beffen mogholfigem Unternehmen mar noch gamicht 
objufehen. Stuf men hätte Plettenberg fidh überhaupt ftüfcen 
tonnen, um einerfeitg im ©egenfafc $u ben Sifcfjöfen unb ihrem 
Knhong unter ben ©tänben, onbererfeitg gegen SNogfau, Sitauen, 
Polen unb ©fonbinooien auf $u jerfdhlogenben alten ©runblagen 
ein neueg meltlidheg ©taatggebilbe aufjurichten ? Studj bie 3ugenb 
$tlbrecf)tg befafj er nicht. 

®r fah feinen SBeg gemiefeit in engftem ^Infchliefjen an bie 
alten SNädhte ber ©h^iftenheit, papft unb Äirdjje, Äaifer unb 
Neidf), feine Aufgabe in ber Erhaltung beg S)eutfdhen Orbeng, 
beffen michtigfte Proüinj er je^t regierte (freilidh parlamentarifdh 
befdhränft burdj ben ©ebietigerrat unb bag liolänbifdje Orbeng* 
fapitel), unb in ber Äonferoierung beg altliolänbifc^en Sanbeg** 
ftaateg, mie er ihn oorgefunben hatte, jebocf) unter feiner Rührung 


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16 


Seonib Tltbufow, 


geeint jum SEBiberftanbe nach aufjen. 35ie Slufredhterhattung be£ 
DrbenS erforberte, ebenfo wie bie anberen Aufgaben, ba$ Sftieber- 
galten ber neuen umftürjlerifd^en Sbeetr. Sludj in biefer ©e- 
^ietjung war in bent eüangetifchen £er§ogtum Sßreujjen eine neue 
©efahr für baS alte Siolanb entftanben: ba§ ©eifpiet fc^on war 
gefährlich; aufjerbent bitbete baS neugtäubige ^erjogtum ben 
natfirtidjften Stnjiehungäpunft für alte intänbifchen ©egner beS 
OrbenS unb für äße biejenigen, bie fid) burdh ihn in ihren 
retigiöfen Überzeugungen ober potitifchen ©eftrebungen bebrücft 
unb nicht befriebigt füllten. Stach allen Dichtungen ^in war 
atfo für Stettenberg ber unüberbrücfbare ©egenfafc gegen bie 
preufjifdfje Umwälzung gegeben. 35a auch bie 3)eutfHerren, 
wenngleich fie nicht fo oiete oerfchiebenartige Stntäffe baju hotten 
wie bie Siolänber, bie hcftigften ©egner be§ abtrünnigen $och s ■ 
meifterä waren, fo ergab fidh ein gemeinfameS Raubein oon felbft. 

35en erften SBorftojs gegen bie Deugeftattung ber 35inge in 
©reuten führten bie beiben oberften ©ebietiger bort, wo fowoht 
bie natürtidhfte Erbitterung über itbredfjts Slbfatt wie ein Sntereffe 
für ben fctjwer gefdhäbigten geifttidhen Ditterorben oorau§zufe|en 
war: in Dom. 35ie h^ r tyttffynbt 'Stimmung war fdhon er- 
wühut. 3m Januar 1525 hotte Sttbrectjt ouf neue ©orwürfe 
be8 ©apfteä feinen ©tauben&oechfel noch einmal in Stbrebe ge- 
[teilt, aber im SDärz hotte Element YII. oon bem reformationä- 
feinbtichen Söifd^of 9Jiori| fjerber oon Ermtanb abermals eine 
SBarnung oor bem brohenben Stbfatt ©renfjenS erhalten. Seboch 
man überließ fich an ber ßurie immer noch Xäufdfjungen über 
bie wahre Sage; oon einer ©erbinbung beS ^odhmeifterS mit 
bem potnifetjen Könige, ber als ©erteibiger beS ©laubenS gatt, 
ahnte man überhaupt noch nichts* 35efto größer war bann bie 
©eftürzung. 1 ) im 17. 3Jtai tiefen ÄleenS unb ©tettenbergS 

>) ® 0 t. ß.$aftor, ©erlebte bet «ßäpfteIV,2,1907, @.403. 3oa<him 
a. a. D., ®. 93 f. $ß. Äalfoff,' gorfchungen ju SutherS tömif ehern fßrojefj, 
iQibl. be 8 pteufc. ^ift. SnftitutS, Korn 1905, @. 90, bod) ift fytx, nach gef. 
SRitteitung oon fßrof. Äatfoff, ftatt „SSormatien" natürlich „SBatmien" ju 
emenbieren; ben -Kamen be 8 jweiten, a a. D. erwähnten bifchöflidjen 
SBametS aber hat ber berftänbniSlofe Schreiber beS SßrotofottS auSgelaffen. 
Über bie Stimmung in Korn Anfang SKai 1525 tigl. Acta Tomiciana, ed. 
Stanislaus Goraki 7, Kr. 48, @. 282 f. 


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Tettenberg. 


17 


Profuratoren in einer ©ipung beS ÄarbinalfoHegiumS einen ge- 
harnifdjten Proteft gegen bie ßerftönmg beS DrbenS in preuBen 
eintegen: burdj ein ©erficht, oielmehr aus fixerer Äunbe, wäre 
ihnen gu D^ren gefommen, baB ber $ochmeifter in Preußen, ber 
immer, fooiel er fonnte, bie lutherifdje ©efte begünftigte, mit 
bem Äönig oon Polen wegen ber fchon lange gwifchen ihnen 
ftrittigen ©cf)Iöffet abgemacht ^abe, baB biefer bem #ochmeifter 
gu beffen nnb feiner ©öf>ne ©unften nadjgäbe, ber $ochmeifter 
aber aus ben iljm untergebenen Sänbent ein #er$ogtum bitbe 
unb bie $odjter beS ÄönigS gur $rau neunte, ©ie. beantragten 
baher bei ©einer $eiligfeit unb bem ^eiligen Kollegium, biefen 
Paft in feinem SGBege gu betätigen, wenn Sllbredfjt barum beim 
apoftolifdjen ©tuhl einfommen füllte. J ) folgen ^atte biefer 
©d^ritt nicht. 3)er Papft war ein wanfelmutiger unb leidet 
beeinflußbarer $err, ber auBerbem aus gebotener SRüdfficht auf 
ben mächtigen polenfönig unb baS furfürftlidje £auS ©ranbenburg 
bie peinliche preußifche Slffäre nur mit $ßorftcf)t anfaffen burfte. 1 ) 
35ie DrbenSangelegenljeiten Ratten infolgebeffen an ber ßurie 
unter ftarfer ©erfcf)leppung gu leiben. Stach einiger $eit aber 
würbe ber Papft burch gewaltige politifche ©reigniffe faft gang 
üom ©d^aupia| gurüdfgebrängt. ©ang folgerichtig legten aisbann 
auch bie $)eutfchherren fein fo großes ®ewicf)t mehr auf fein 
©erhalten gu ben Gingen, bie fich aus bem preußifchen Umfturg 
ergaben. — 

©ei jenem erften proteft wirb eS fich, fd) on im ^inblicf auf 
bie bamaligen ßuftänbe beS SRachrichtenoerfehrS, um einen bereits 
üorher gwifdhen Äteen unb Plettenberg oerabrebeten ©chritt ge¬ 
handelt haben. Plettenberg war oon Einfang an entfcf)loffen, bie 
Agitation gegen ben neuen $ergog in Storn unb am Äaiferhofe 

*) Stalfoff a a. £). ©. 91. 3 U bet ungef^idteit gaffmtg biefe8 TotofoUä 
ift ju bemetfen, baß bie ^onfiftorialpTotofoOe bon untergeorbneten ©Treibern 
»erfaßt »urben. — ®te T°f uratoren bet beiben 9Jteifter »erben leiber 
md)t genannt. ®et ben Antrag ftellenbe ^fb^anne^ ©abifta be ©ent8 war 
91bt>o!at ant bfipftlicßen ftonfiftorium. 8118 foldjer erfdjeint et 1&23/24. 
Sgl. ©alttfäe ©tubien, 9i. %. 16, 1912, ©. 71. 

*) Sgl. baju aud) ©ajtor a. a. £). ®. 403 unb ©aul Äatge, ©reußen 
unb ber ®eutf<ße Drben, 8lttbreußifdje 9Äonat8fd)tift, 9t. 5- 39, 1902, 
@.392-395. 406 f. 

£$r. ». f. 9». 36,8. 2 


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18 


Seonib Hrbufo», 


« 

ju SRabrib meitergufüljren. Stber gleichzeitig f)at er, beforgt um 
bie Sßeiterejiftenj beS burd) 9tlbrechtS Abfall in ber SBurjet ge= 
troffenen $)eutfchen DrbenS, freilich aud) im engeren Sntereffe ber 
il)m felbft unterteilten ^ßromn$, fortan alle feine Bemühungen 
barauf gerietet, bafj ber Drben ttrieber ein neues |)aupt ermatte 
(mobei bann auch baS Behältnis ßiölanbs ju bemfelben eine 9leu* 
regelung erfahren fotlte). 2Rit biefen Slbfichten richtete er abermals 
feinen BlidE nach 9tom. S)em auf meiter SSaHfatjrt begriffnen Äorntur 
ju Rettin, Robert @raoe, beffen SRücHehr aus Sßaläftina über 
Italien in abfehbarer ßeit ermartet mürbe, 1 ) muff er bamalS ben 
Auftrag nach SRom entgegen gef d) i(ft ^aben, beim ^ßapft unb fobann 
auch beim Äaifer gegen eine Söeftätigung beS $rafauer Vertrages 
ju mirfen unb audh ÜDtafjnahmen jum SBieberaufbau beS §odfj= 
meiftertumS anzuregen. 

damals fchmebten, namentlich bei ben tjöchft erbitterten 2)eutfcl)= 
Herren, auch Släne zu einer Sßiebereroberung beS fianbeS Stuften 
für ben 2>eutfdf)en Drben in ber ßuft, moran im Stnfang auch 
Stettenberg beteiligt gemefen fein muff — oorauSgefe^t, baff er 
unb ber 2)eutfcf)meifter beim Äaifer unb im fReich entfprechenbe 
Prüfte in Bemegung ju fefjen oermodhten. 3)aS @rfte mar freilich 
für Stettenberg, gegen ben fortan aus Stuften ju gemärtigenben 
$)ru<f ©egengemidhte zu fchaffen. ßu biefem ftmd fuchte er 
Anlehnung an bie £>anfe unb lieft beim nüchftfotgenben $anfetag 
ZU ßübecf ein BünbniS mit ber ©ftifce gegen SUbredfjt beantragen. 2 ) 
©teichzeitig mar er beftrebt, ben SBiberftanb beS 2)eutfchmeifterS 
gegen SltbrechtS fatalen ©cf>ritt anzufeuern unb unter biefem 
©efidhtspunft audh ÄteenS Unterftüfcung für bie anberen Sntereffen 
ßiotanbS ju geminnen. bereits im Stoni 1525 erhob er beim 
2)eutfcf)meifter Borftellungen megen ÄtbrecfttS Stbfatt unb beS 

x ) Über ben SEomtur ju gfeHin Dobert be ©raoe unb feine SBaHfahrt 
nad) Qerufatem (ftrühjahr 1524—1528) ögt. 2. Slrbufoto sen., ®te im 
$eutf<hen Drben in 2ioIanb üertretenen ©efthlecfyter, im 3 a h*&- f. ®en., 
£>er. u. ©ph r °0- 1899, ©.63 unb 1907/08, ©.40, unb 2. Dlrbufo», 2>ie 
©infütjrung ber Deformation, ©. 102. 

s ) 3u ©lettenbergS üetgeblichetn STnfnüpfungSüetfuch mit ber #anfe unb 
i^rem ©erhalten gegen bie Deformation in 2i»Ianb t»gl. fcanfetejeffe HI, 
©b. 9, Dr. 131,13 f., 98, 175—177,181. 2. Drbufow sen., «Wten u. Dejeffe 3, 
3tr. 231, 2 f., 237, 27. 


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Plettenberg. 


19 


SerluftS öon Preußen, was leidet junt Untergang beS ganzen 
DrbenS, ber ßuflucht beS gemeinen beutfchen SlbelS, führen lönne, 
wenn ftdj bie beiben nachgebliebenen DrbenShäupter, an benen 
jefct alles fyänge, nicht über URaßregeln jur ®rt)altung beS DrbenS 
oerftänbigten. @ine foldje regte er als unerläßlich an. Slber 
in biefer 93e$iehung fei auch bie Unterftüfcung ßiölanbS wichtig, 
baS öon fjeinben umringt unb burcß bie preußifdje Sperre jeßt 
oon aller £ülfe abgefchnitten fei: h^r möge Äleen 9tat fcßaffen. 
Unb enblich bat er ihn um feinen SBeiftanb jur (Srlangung ber 
faiferlidjen Regalien. 1 ) üftach bem SluSf^eiben beS ^ochmeifterS 
war ber 2)eutfchmeifter (ber feit alters SReichSftanb war) ber 
einige gegebene Reifer. Plettenberg aber lag jefct mehr benn je 
an einer feften Regelung feines SSerhältniffeS jum Utömifchen 
fReid). hierin bewies ber 2>eutfchmeifter fid) ober äußerft lau. 
25enn bie ©iferfucht gegen Plettenberg war bei ben Peutfcßen 
Herren erwacht. SRod) traten bie $lbfid)ten, bie fie nach bem 
Scßwinben beS preußischen |>ochmeiftertumS hegten, nicht beutlich 
ßeroor: aber jebenfaHS waren fie gegen jegliche Stärfung öon 
Plettenbergs Stellung.*) SDoch in ber Sinnahme einer fchroffen 
Haltung gegen Sllbrecht waren fie mit ben ßiölänbern einig. 
3m Dftober 1525 berieten fie ju Speier über bie geeigneten 
SBege, baS Sanb Preußen wieber an ben Drben ju bringen unb 
biefen zugleich bei Papft, Äaifer, SReidj unb befonberS bem 
25eutfchen Slbel öor bem SSerbacßt ju fchüfcen, als wäre SllbrechtS 
£at mit SBiffen unb burd) bie Scßulb ber beiben oberften 
©ebietiger in 2)eutfd) s unb ßiölanb gefcheßcn. ÜRan faßte bie 
©rwirfung ber Sicht gegen ben abtrünnigen ^ocfjmeifter ins Sluge; 

*) Aufträge Plettenbergs für feinen ©efretär griebrid) ©djneeberg 
(aus Sübecf ftammenb), SEBenben, 1525, Quni 1, üorgetragen #eibelberg, 
3uti 25: Sentral'$lrd)iö beS ECeutfdjen SflitterorbenS ju SBten; Slbfdjrift in 
^ermann $ilbebranb$ Sammlung oon Urfunbenabfdjriften für bad Sit»*, 
@ft* unb Äurlftnbifdje Urfunbenbud), im Pefifc ber @efeüfd)aft für ©efd). 
u 2Ht. ju 9iiga (weiterhin jiiiert: SBien-$ilbebranb). SBgl. baju Sftitteilungen 
aus b. Iitrt. ©efdj. 2, ©. 503, 9tr. 7. 

*) Sgl. ben Pertdjt über baS „©efpräd)" ju Jiapfenburg, 1523, Slug. 23; 
Slnmeifung ftleenS an ©djneeberg, 1525 [Slug. 23 ober 26]; ©djneeberg an 
ben DrbenSfanjler ®orelin [1525 eor ©ept. 21]; Plettenberg an ftleen, 
9Kga, 1525, Olt. 10 (PJien^ilbebranb). 

2* 


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20 Seottib ÄtbufotD, 

Sapft, Äaifer, dürften, befonberS ber ©cfjwäbifcbe Sunb foUten 
jur §ülfe aufgerufen werben, ba bie eigenen Strafte jur SEBieber- 
erlangung ißreu|enS nicf)t auSreicf)ten; in SRorn nnb am Äaiferfjofe 
wollte man bie Unfctyulb beS ©efamtorbenS an bem Abfall beS 
preufjtf<f)en EEeilS burd) ben ißrofurator unb burefj Briefe ÄleenS 
beweisen taffen. SefonbereS ©eWidfjt würbe auf bie üftitbeteiligung 
Stettenbergs bei allen biefen Stritten gelegt, bamit bie ganje 
ßaft nicf)t allein auf ben beutfdfjen DrbenSjweig falle. 2)odf) 
regte fiel) au<b fcljon einige SeforgniS bor bem Unmut beS 
furfürftlidfjen Kaufes Sranbenburg, beffen ©lieb ber Abtrünnige 
ja war, unb bie ©orge, bafj baS ©<f)icffat beS DrbenS nicf)t gan$ 
in bie £>änbe oon ^ßapft unb Äaifer gerate. AlbredfjtS ©ntfefcung 
müffe bafjer oon ben beiben Häuptern auSgef)en. ©aS betonten 
befonberS bie beutfdjen, b. f). beS 2)eutfcf)meifterS eigene ßanbfomture. 
©ine wefentlidfje $nberung in ber grage wegen beS üafanten 
£>odt)meifteramtS erfolgte aber auf biefer Serfammlung, inbem 
bie ©ebietiger befcfjloffen, bafj fie ben 2>eutfcf)meifter Äleen „laut 
Statuten unb Sudf) beS DrbenS für baS oberfte £aupt beS 
2)eutfcf)en DrbenS bis jur SBa^t eines anbern |jo(f)meifterS 
achten, ef)ren unb galten wollten.'' hierfür ftimmten nicht 
nur bie beutfdjen ßanbfomture, fonbern aud(j bie fogenannten 
„preufjifchen", b. h* bie ßanbfomture an ber ©tfd) unb in 
öfterreid(j, ©tfafj unb Äoblenj, bie als Sorfteher ber hodjmeifter- 
liehen Äammerbatleien bisher bem ^od^meifter in Sofien unter* 
geben waren, unb ber aus S rcu B cn P Äleen übergegangeite 
oberfte OrbenSmarfcfjall ©eorg o. ©Ifc. Später fteUte ftd^ freilief) 
^erauS, bafi bie bier „preufjifdhen" ßanbfomture gegen Äleen in 
Dppofition traten. Slätenbecg aber würbe oon jenem S3efdf)luf$ 
nicht unterrichtet 1 ) — 

2Bäf)renb fo, unb $war oon ßiotanb aus, ber biplomatifche 
$ampf gegen baS abtrünnige $aupt beS OrbenS mit aller 
©df)ärfe aufgenommen war, bewegten fich bie unmittelbaren Sc¬ 
hiebungen jwifdhen S^Ucnberg unb bem neuen eüangclif^en 

*) ÄteenS ©eridjt für <Sd)neeberg über bie £anbluttg juSpeier 11525, 
ca. Oft. 21]. $ter ift ber Sefd)lujj über Äleenä @tl)ebung jum vorläufigen 
ipaupt bei DrbenS nid^t erwähnt, bgl. aber Äronberg an ben faif. ©ije- 
fanjler SBalbfircp, 1525, @ept. 20 (SBien-^ilbebranb). 


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Plettenberg. 


21 


^erzöge natürlidp in biplomatifdp gefälligen formen, pittter benen 
ftdp bie beiberfeitige Abneigung, aber audp bie gurdpt ooreinanber 
oerbarg. 2)ie erfte offizielle Äunbgebung toar am 4.3uni 1525 
erfolgt, Plettenberg patte bamalS bem immer nodp als £>ocp* 
meifter titulierten Sllbredpt mitteilen laffen, er pabe gerücfjttoeife 
oentommen, bafj er ben Drben abgelegt pabe, motte eS aber 
-nidpt glauben. Sollte eS aber mirflidp ber gaß fein, fo 
poffe er bennoep, baj$ jener ein $teunb unb görberer beS DrbenS 
in Siolanb bleiben merbe.') 3)er SReifter bjatte freilidp ©runb 
ju ber gegenteiligen Slnnapme. ?llbredpt aber mottte feine geheime 
ttReinung, bie er pegte, niept bem Zapfte anoertrauen. (Sr (teilte 
eine SBotfdpaft in 5luSfidpt. (Sr fjatte gehofft, audp baS ÜRadpbar* 
lanb in bie Ut^mälzung pineinzuziepen. $m '21pril 1525 
patte er beim Äaifer bie Söelepnung mit Siolanb unb audp ben 
beutfdpen ©ebieten beantragen laffen, bamit er neben bem SBefip 
beS polnifdpen SepnfürftentumS preufjen audp ein $ürft beS 
SReidpeS fein lönne. 2 ) $)iefe ßumutung ift bodp nur oerftänblidp, 
menn er bamalS nodp mit einer Slnerfennung feines SdpritteS 
unb ber Hoffnung auf ©äfularifation beS ©efamtorbenS geredpnet 
pat. SMe ßuftimmung ber oberften ©emalten erfepien ipm aber 
bodp fo fraglidp, bafj er, menigftenS Siolanb gegenüber, einen 
anberen SBeg oerfudpte. 3)urdp feine Sotfdpaft, bie im Suli 1525 
oor Drben unb ©tänben SiölanbS feinen StaatSftreidp zu rerfjt** 
fertigen patte, benfelben z* %• übrigens audp auf bie rüdtfidptslofe 
^(uSnupung feiner prefären Sage im polnifcpen Kriege burep bie 
beiben oberften ©ebietiger zurüdfüprte, lieft er bem liülänbifcpen 
SReifter in tiefftem ©epeimniS baS 21nfinnen ftetten, feinem SBeifpiel 
Zu folgen: Plettenberg fottte fiep, gleidp ipm, ebenfalls unter bie 
Ärone Polens begeben, bie Siolanb meit beffer zu fdpirmen Oer* 
möge, als Äaifer unb SReicp. darauf bezog fiep mopl ber fßunft 
ber öffentlidp in SBenben oerlefenen Snftrultion beS Herzogs, laut 
meldpent er fidp „zu allem, maS cpriftlicp unb göttlicp fei", erbot. 
Slber Plettenberg mieS biefen Sorfdplag als eine ßumutnng meit 

‘) Plettenbergs Snftruftion für ben Pogt ju Kanbau, 1525, Suni 4. 
©taatSardjitt ju Königsberg, Slbfcprift in ber Pibl. ber Siül. SRitterfctyaft p 
JRiga, oerj. Qnbej Pr. 2925,1. 

2 ) Karge a. a. 0. ©. 372. 


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22 


Seonib SItbufom, 


oon fkh- Unb wenn in fpöteren öffentlichen Untcrtjanblungen 
mit Preußen unb polen oorn äReifter erflärt worben ift: bie 
ßiolänber münfdjten ben beiben Äralauer ißerbünbeten gegenüber 
nichts weiter, als in fdjulbigent ©ehorfam bei Papft, Äaifer unb 
fReicf) gu bleiben, unb hofften, man werbe nichts oerlangen, was 
bem wiberfpräche: jo bebeutete baS wohl nur eine 2Bieberf)olung 
oon Plettenbergs erfter Antwort, beren geheimer ©inn auf beiben 
©eiten gewiß richtig oerftanben würbe. — $llbrecf)ts SBorwürfe wegen 
beS eigennüßigen Verhaltens beS liolänbifcljen OrbenSgweigeS gegen 
Preußen im lebten polnifdjen Kriege riefen einen energifchen 
fjßroteft Plettenbergs b erüor , nnb baS erfte unmittelbare ßufammen« 
treffen oon ^ermöglichen unb DrbenSliülänbern liefi bei allen 
frönen SBorten, bie geiuetfjfelt würben, nur gefteigerte ©ereilt* 
beit auf beiben ©eiten nach- Sllbredbt bliel? bie ffeinbfeligfeit, 
bie fidb im ganzen Drben gegen ibn erhob, unb bie ftarfe 93e= 
teiligung Plettenbergs baran natürlich nicht oerborgen. (Sr war 
enbgültig oon ber ©egnerfchaft ber ßiolänber übergeugt, unb 
wäbrenb er oom 5T)eutfch nteifter bie Slufhefcung oon Äaifer unb 
SReicf) gegen fein illegales poInifcheS ßehnSherjogtum beforgte, 
oerf ab er fidb feitenS beS liolänbifchen ©rbenS eines militörifchen 
Eingriffs mit Unterftüßung beS fpergogS (Sridb oon Vraunfchweig, 
ÄomturS gu Äobleng, ber gu ben erbittertften ©egnern ber 
preußifdjen Umwälzung gehörte. SllS ©egenmaßregel waren fortan 
alle ©tragen im §ergogtum unb in bem oon Sllbredfjt beeinflußten 
Polen gefperrt, fo baß eS mit militörifchen Verftärfungen für 
Siolanb aus bem SRutterlanbe ein für alle mal gu (Snbe war. 1 ) 
©leidjgeitig erwies fidb noch an einem anberen punft, baß baS 
eoangelifcße $ergogtum für Plettenberg üiel gefährlicher werben 
fonnte, als ber gange fReft beS DrbenS für jenes. 

*) ÜübredjtS Qnftruftion für ©e^bedf, 1525 [iguli 4], SIntwort Ißlettcn- 
bergS, 1525 Quli 20, unb anbre 2Iften im ©taatSardno ju Königsberg; 9Lb* 
fetyriften in ber 33ibl. ber Siel. Ütitterfd^aft, berj. Snbej 3h. 2925, 3. 2927. 
2929. ©upplif KronbergS an ben Kaifer, SlugSburg 1530, 3funt, bei Sota, 
®er Untergang beS preußifeben DrbenSftaateS, 1911, @. 358—360. Pletten¬ 
bergs SIntmort an bie polnifdjen unb preußifdjen ©efanbten, 1526, 3uU 17, 
©taatSardjiö ju Königsberg, Wbfc^rift in ber 93ibl. ber liülänb. SRitterfdjaft, 
oerj. Snbej 9fr. 2942, ogl. 3h. 2941. SRejeß ju Sfdjenbad), 1527, 3uni 16 
(Sßten-^ilbebranb). 


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ißtetteubeig. 


23 


2)ie ©reigniffe in Preußen hatten reootutionierenb auf bic 
ebangelifcfye Partei in Siölanb gemirft, beren §aupt unb ^ührerin 
bie ©tabt üiiga mar. ©dljon Ejatte man bcm fütjttdj zur Regierung 
gelangten ©rzbtfchof Slanfenfelb, einem unnadfjfichttichen Ütömting, 
bie Store gesperrt unb, bie alte $einbfcf)aft gegen ben Drben ber* 
geffenb, ben nachgiebiger unb auSgletcfjenb üorgetjenben Stteifter 
um Übernahme ber SiQeint)errfc^aft unb be§ ©<f)u|e§ miber ben 
bro^enben £)ierarchen gebeten. *) Um baS Sanb nicht ju zerfprengen, 
hatte Plettenberg abgelebt. Stemnäd^ft mürbe StanfenfelbS 
i>errfcf)aft auch in feiner jmeiten ©tiftsftabt S)orpat unter milben 
Unruhen bewirtet. 2 ) Unter bem Slnftofj ber in preufjen ber* 
mirllichten neuen Sbeen aber mudjs in IRiga bie fjeinbfdjaft 
gegen ben geiftlidjen ©tabttjerrn ju einem auf ganz ßiblanb 
au^ubetjnenben allgemeinen Umfturjprogramm auS: ficherlich int 
(SinberftänbniS mit bem regierenben üftagiftrat forberte ber ©tabt* 
fchreiber So^tnüüer ben ÜReifter unb feinen Drben auf, bie gott* 
mibrigen 93ifdC;of§E>errfd^af ten ju zertrümmern, als einziger natürlicher 
Sanbe§f)err fich an bie ©pifce oon ganz Siblanb zu ftellen unb bem 
(Soangelium freie Sahn zu geben. Stber Plettenberg mitfamt ber 
ganzen auSfchlaggebenben Safaflenpartei ftanbeu auf boUfommen 
anberer Safis. ÜRan mieS baS reoolutionäre ©tabtprogramm 
Zurütf; Drben, Prälaten, SafaUenfchaften fchloffen auf bem 3uK* 
lanbtage 1525 zu SBolmar ein SünbniS zur Slufred^terhaltung 
ber alten SanbeSberfaffung, zur gurüefmeifung ber firchenftürmer* 
ifd^en ©täbte in ihre ©chranfen. 3 ) 35er (ginf»errfchaftögebanfe mar 
gefcheitert; in ben ©täbten griff (Snttäufchung über bie reformotionS* 
feinbliche Haltung Plettenbergs pta|, oor allem in 9tiga. ©erabe 
jefct mürben E)ier preufjifcherfeits bie alten fltänfe mieber an* 
gewonnen: fie fanben unter lebhafter ^Beteiligung beS rabifat 

0 S. Strbufow, ®ie ©inführung ber SReformatiori @. 259. 336. 

2 ) ©benba. 

8 ) ßohmütlerS ®entfd)rift gegen bie weltliche $errfd)aft non ißapft, 
9Hfd)öfen ufw. bon 1525 [ca. guni 12], ©taat$ar<hi» ju Königsberg, nach 
ber SKbfcbrift in ber SBibt. ber Siölanb. SRitterfchaft, berj. Snbej 9lr. 2928 a, 
im SluSjuge gebt, bei ©. Üaubenljeim, ©inigeS aus bem Seben igol). £oh* 
müüerS, 9iiga 1830, ©. 15 f. IRejeb beS üanbtageS ju SBolmar, 1525 Quli 
2—10, bei £. Slrbufow sen., Sitten unb 9iejeffe bet Siölänbifdjen ©tönbetage 3, 
SRiga 1910 5Rr. 207, 208. 


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24 Seonib Sltbufow, 

eoangelifdf) gefilmten StabtfdEjreiberS ©ntgegenfommen. 1 ) Um 
IRiga ni^t gerabewegS in preufjenS Strme ju treiben, griff 
Plettenberg $u. 2tm 21. September 1525 übernahm er bie 
2lHeinf>errfd)aft über bie Stobt, fidjerte it»r Sdjufc gegen 
ölanfenfelb unb greifet ber eöangelifcfyen ßetjre ju 1 ) unb 
jerri| bafj Sntrigengewebe mit Königsberg. ©leidfijeitig freilich 
audf) baS SBanb mit bem fegt enbgültig aus feiner eignen 
SRetropole auSgefperrten ©rjbifdfjof, beffen Streit wegen beS gemalt* 
fom befegten S)orpoter Söifd^offd^toffeS ebenfalls bem SReifter jur 
©ntfdgeibung übergeben mar. 3 ) Slber ber mar fegt nadfj SBtanfen* 
fetbs ÜReinung fein böfefter ^ e mb geworben. ®ie 2But beS oor 
ber SBernidjtung ftegenben Prälaten übermannte jebe Überlegung. 
@r braef) mit Plettenberg unb bem Drben, ber einzigen fraftoollen 
Stüge, bie er unb bie alte Kirche im Sanbe nod) befaßen, inbem 
er ben ©rofsfürften oon 9RoSfau um £ilfe anrief, 4 ) um burdg 
it>n feine SReftitution in IRiga unb SDorpat erzwingen ju laffen. 
So WenigftenS mufj man fein im §erbft an ben ©rojjfürften 
abgefdgicfteS ^itfegefu^ gegen ben liolänbifd^en 9Reifter erflären, 5 ) 

‘) ©gl. Sc^milüet an ©ifdjof ©eorg ©olenj, 1525 guli 22, an griebrid) 
o. $et)bec!, unb bie Antwort oon ©ifdjof ©olenj, int ©taatSarcgiü ju 
Königsberg, nach Slbfcgriften in ber ©ibl. ber Siol. ©itterfdjaft, oerj. gnbej 
2928 a—c; ber erfte ©rief im SluSfluge gebr. bei £auben!jeim a. a. D. 

©. 12 ff. 

*) 2. Slrbufow sen., Sitten unb ©ejeffe ber liolänb. ©tfinbetage 3, Sir. 212. 

») ©benba Sir. 207, 41. 211. 213. 281, 5. 21. 91. 237, 1—4. 237, 
38. 248, 3. 

4 ) ©otlftönbige Sammlung SRuffifd^er Sljroniten (ruffifeg) ©b. 4, 
©t. ©eterSburg 184$, @. 295, ©b. 6 , 1853, ©. 29: I. ©flowfdje ©jronif unb 
[banadj] I. ©opbietid)ronit junt galjre 7031, b. f). 1523. Slber bie im 
gleiten gufammenljang erwähnte ©Reibung beS ©rofjffirften Saffili (Sloo. 
1525, ogl. bie aBoSfreffenStidjronil, a. a. 0. ©b. 8 , ©.271, unb bie II. ©opffien* 
djronif, a. a. 0. ©b. 6 , ©. 264, jum galjre 7034) jeigt, bafj 7034= 1525 
gelefen werben muß; unb in ber Xat fanben nach aßen liolänbifdjen Duellen 
©lanfenfelbS legte ©erganblungen mit ben Shtffen im ©pfttljerbft 1525 ftatt. 

6 ) SBäljtenb beS „©efprädjs" $u (Sfcgenbad) 1527 guni 16 gab ©lanfen* 
felb ben 2 )eutfd)l)erren u. a. eine münblidje $)arftetlung bet ©efigoerljältniffe 
jwifdjen Drben unb ©rälaten in Siülanb oon ©ifcgof SJleinljarbS (!) geilen 
an, um bann auf feine eignen ©djwierigleiten in ben galjren 1525/26 über« 
jugegen. Seiber ift bieS alles in ©lanfenfelbS fcbriftlicb eingereidjter 
©ropofition weggefallen unb nur bie nad) bem ©eljör gemachte Sluf jeidjnung 


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'Plettenberg. 


25 


baä oon einer unparteiijcfjen Duette ju beftimmt überliefert ift, 
um beftritteu ju werben, beffen le|te SRotiöe unb ßwecfe freilief) 
nicht in aßen (Sin^elljeiten fidjer oufju^etten finb. ©o braute 
ber bom SReifter infolge ber preufjifdjen piäne übernommene 
Vefifc SRigaS ben uralten Streit jtoifchen ©rjbifchof unb Orben 
ju ^eftigftem 9lufflammen. ©enn Vlanfenfelb tnufcte jefct un* 
fchäblicf) gemacht werben. Sluf energtfc^eS ©rängen beS 2Reifter3 
unb namentlich be$ Sanbmarfchattä piater nmrbe Vlanfenfelb 
im ©ejember 1525 oon feinen erjftiftifdjen Vafatten auf tttonneburg 
in #aft gefegt, ohne bafj fie fief) jebod) oon ihrem $errn loSfagten. 
2Rocf)ten auef) bie wutentbrannten ©täbte unb bie gleichgeftimmten 
eftlänbifchen DrbenSüafatten bem lanbeSoerräterifchen Vifchof mit 
bem ©djlimmften brohen, ben Antrag an Plettenberg auf Über* 
nähme ber Sltteinfjerrfcfyaft erneuern: e3 war nur eine Partei, bie 
baS wollte, bie anbere hielt entweber $u Vlanfenfelb, ober wollte 
fich wenigftenS nicht unter ben Drben begeben. 1 ) Plettenbergs 
Slugfid^ten, auf ber ©runblage oon VlanfenfelbS Vernichtung bie 
übrigen ©tänbe um fich ju fdfjaren, gingen in ber allgemeinen 
Uneinigfeit unter. ©3 rnufjte cin.anbrer Sßeg jum ßufamnten* 
fdjlufj aller Kräfte be3 SanbeS gefunben werben, unb rafcf), benn 
fc^on benufcten Preußen unb Polen ben neuen $aber in ßiolanb 
ju gefährlichen Snterbentionen. 2 ) S)en Slu3weg au3 ber allgemeinen 
Verwirrung wies bem SReifter überafchenber SBeife ber gefangene, 
aber nicht ju oemichtenbe ©rjbifchof felbft. @r unterwarf fich 

beS DtbenSlanjlerS ©orelin erhalten, £>ier Reifet eS: „Siiga etc.: mitlßolen, 
Litauen, §etjog in Steufjen unb 9tuffen in SünbniS fteljn, bie ungeljorfamen 
Stabte Siiga unb $orpat flu überfallen" (SBien-$ilbebranb). (Sine anbre, 
ben (Stjbifdjof entlaftenbe Slnfdjauung oertritt SerenbtS, Saltifd)e SJionatS- 
fdjrift 54, 1902, S. 56 unb S. 354—364. 

*) Sßgl bie Slnflagen beS Sleuten Schöning oon 1529 Slug. 3, 
Monomenta Livoniae antiqua 5, Sir 6, S. 139f. unb Sir. 3, S. 132; Stetten¬ 
berg an SHbred)t, 1526 3an. 2, ebba S. IVf. Sinnt.; 2. Slrbufoto sen., Slften 
unb Slejeffe ber Siolfinbifdjen Stänbetage 3 Sir. 214—227. 229—232; 
„Orunbrifj", 4. Slufl. S. 157—159. 

*) Sgl. bie polnifcb-pteujjifdjen Slntrfige unb bie Slnttoort Stettenbergs 
Dom 3uli 1526 bei 2>ogiel, Codex dipl. Lithuaniae et Poloniae 5 Sir. 
CIV— CVI, unb im StaatSardjiü ju fiönigeberg, nad) SlbfTriften in bet 
Sibl. ber 2i0. Stitterfdjaft oetj. Snbej: Sir. 2938, 2. 2941. 2942. 2946. 
S. auch 2. Slrbufom sen., Sitten unb Slejeffe 3, Sir. 235,3. 


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26 


Seontb Sltbufon?, 


auf bem ßanbtage ju SBotmar im Suni 1526 bem SReifter, 
berpftidhtete fidf) mitfamt feinen ©tobten eibtid), it)m Bei ber 
Rerteibigung beg Sanbeg mit all feiner ÜRacht beijuftetjen. 
Tagfetbe taten auf fein betreiben auch bie anbren Prälaten. 
Tafür, fixierte ber Drben ihnen unb bem gangen geiftlidjen 
©tanbe feinen ©djufc unb ©d^irm ju. SBtanfenfetb übernahm 
eg auch, für biefen Vertrag bie SBeftätigung bon ^ßapft unb 
Äaifer ju erwerben, aber er foHte autf) ohne beren ©anftion 
gültig fein, ©eine Unterwerfung üerfcfjaffte bem Prälaten bie 
grei^eit unb feine' Rechtfertigung wegen beg auf ihm liegenben 
SBerbadhtg beg Sanbegöerratg. Stettenberg Ejatte gwar nicht bie 
(Sinherrfdhaft beg Sanbeg, woht aber feine (Einigung unb bie 
©dhirmhoheit über fämtlidtje geiftlidfje Territorien mit beren 
$eeregfoIge erlangt; bie grottenben ebangetifdjen ©täbte ftanben 
freilich obfeitg, unb bie Sßafattenfdhaften bon Torpat unb Öfel 
hatten ben $aft nodh nidht unterfdhrieben. *) Tie noch nicht 
bagewefene Erhöhung ber Orbengmacht war freilich nur ein 
Trugbitb, bon SÖIanfenfelb ju feiner Rettung erfonnen. (Sr 

gebadhie Weber ben Unterwerfungsbertrag ju hatten, nodh feine 
Jöeftätigung burdh bie Häupter ber (Shriftenheit ä u bewirten. 2 ) 
Slber er h°tte bem SReifter fogar ein nodh höh ereg Anerbieten 

gemacht: nicht nur bei ber (Srtangung ber Regalien für ihn 

mitjuarbeiten, fonbern ihm audh bie Radhfolge in ber bafanten 
Ipochmeifterwürbe ju berfdjaffen. 

©dhon beiStantenfelbg erftem, geheim gemachten Unterwerfungg= 
borfdhtage im April 1526 hotte ^Stettenberg auf bie ©dhwierigfeiten 
hingewiefen, bie fich aug ber (Sibegteiftung ber geiftlidjen Reidjg* 
fürften Sibtanbg an ihn ergeben müfjten, ba er felber bie 
Reidhgunmittelbarfeit noch nidht befipe. Aber ber (Srjbifdhof 
hatte erwibert: auch onbere Prälaten, $. 83. bie tBifcfjöfe bon 

©trapurg unb ©peier, teifteten, obwohl f^wrften beg Reidjeg, 
bem iJSfatjgrafen bei Rhein, bie SBifdhöfe bon Regengburg unb 

>) £. 2trbu)'ott> sen., mitten utib Stejeffe ber liölänbifdjen Stänbetage 3, 
Sit. 233 - 239. 

s ) S3gt. ©djnöring a. a. £). ©. 78 unb Sinnt. 336; 2. Slrbufotu sen., 
Sitten unb 9ftegeffe 3, Sir. 245. 375. 638 f. unb Sit. 281, 31; Stettenberg 
an 33tanfenfelb, 1527 <Sept. 20 (SBien <= ^ilbebranb). 


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Plettenberg. 


27 


^tcifittg bettt ^jerjog oon kapern, uttb bie SBifd^öfe oon Naumburg 
unb 9Reißen bern $er$og oon Saufen bie SflatSpflic^t uttb 
©efolgfcfjaft. 1 ) ©iefe getreu rnaren fReidjgfürften. ©ag toar 
für bett äReifter itt ßiolanb ebenfalls erreichbar. ©ie ftaatSred^ttid^e 
Erörterung jtoifchen Slanfenfelb unb Plettenberg jeitigte aber 
nod) meitergeljenbe piäne. ©ie Unterorbnung ber ltülänbifd>ett 
Prälaten unter ben OrbenSmeifter fdfjuf nämlich ein Staatggebiibe, 
bag bent SBerfaffunggjuftanbe preußeng oor ber Säfularifation 
einigermaßen ähnlich toar. ©ort hotte eg ftetg eine ©ruppe oon 
unter bem Sanbegoberßaupt fteßenben S8if<f)öfen gegeben, freilich 
©liebem beg Drbeng. ©er jmeite |>auptunterfchieb oon bem 
neuen SRed^uftanbe ßiolaitbg aber mar (abgefeßen natürlich 
oon ber ben preußijeßen SBifdjöfen mangelnben reicßgfürftlichen 
Dualität), baß biefeg Oberhaupt ber fouüeräne, nur unter bem 
Papft unb Äaifer fteßenbe ^odjmeifter beg ©eutfd)en Drbeng 
gemefen mar, aug beffen SBürbe fiel) mit größerer Berechtigung 
ein SBorrang felbft oor bem ©rgbifcßof non iRiga ableiten ließ, 
alg aug ber Stellung eineg oerfaffunggntäßig noch einem höheren 
Sßorgefeßten untergebnen 9Reifterg in ßiolanb. ©er £oct)meifter 
Sllbrecht hotte in ber ©at eine entfpredjenb hohe Sluffaffung oon 
feiner SGBürbe bertreten: gelegentlich eineg Seffiongftreiteg am 
©eutfeßen $Retd)gtage, mo bag Drbenghaupt Si| unb Stimme 
befaß, hotte er alg foldheg einen Vorrang oor gemiffen anbren 
dürften beanfpmdht, augbrüdlidh geltenb mad^ettb, baß einem 
|>ochmeifter ©eutfeßen Drbeng nicht nur mehrere Söifchöfe, fonbern 
fogar audh ein Erjbifcfjof oon SRiga unterftänben. 2 ) Seßt mar 
bag ^ochmeifteramt burch Sllbrechtg Abfall oafant, bie liolänbifdhen 
Prälaten aber piettenbergg 9tatggejdf)morene, auch hotte SBtonfen* 
felb, ber (Srjbifd^of oon SRiga unb SBifcßof oon ©orpat, bei feiner 
Untermerfung enblidh ben ©eutjdjen Drben angenommen (moju 
er alg SRigafcljer ©rjbifchof oerpftichtet mar: 3 ) oon hier aug führte 


*) ß. Krbufow sen. a. a. 0. Kr. 234,1. 

*) Soadjim a. a. D. 3, Kr. 78 (©. 48). 79. 80 (1522). 

*) 2>a3 Wat, nadjbem ber Drben eine fol^e Perfügung beS PapfteS 
bereite 1392 auSgewirft batte, in einem Pertrage jrotfeben ©rjbifcbof unb 
Drben im igabre 1451 aufs neue bekräftigt unb feitbem öom Drben, trofc 
öerfebiebener ©treitigfeiten, bis jum KegierungSantritt PlanfenfelbS (1524) 


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28 üeonib Slrbufow, 

bic lögifche Schlußfolgerung oon felbft weiter jur Übertragung 
beS $o<hmeiftertumS aus bem ber Äeperei oerfallenen Preußen 
nach fiiotanb. SBer ber erfte Urheber biefeS planes war, wirb 
fidh fchwerlidj feftfteUen taffen. SSietteic^t t»at Tettenberg ben 
©ebanfen gefaxt, aber bie ganje Angelegenheit erfd^eint in ber 
Überlieferung nur als ein felbftänbigeS Unternehmen beS @r$* 
bifchofS. 1 ) $>enn Plettenberg wollte nadh feinen eignen Eluierungen 
nicht mehr erreichen, als unmittelbar unter papft unb Äaifer 
ftehn, ber SBotmäßigfeit beS $)eutfchmeifterS jeboch leineSfaUS 
unterworfen fein. 2 ) $>ie ©rwählung eines neuen £>o<hmeifterS 
hat er aHerbingS befürwortet unb betrieben, alles Nähere aber 
unbeftimmt gelaffen. @r hat aber auch behauptet, baß bie Über* 
tragnng beS §ochmeiftertumS auf ihn 931anlenfelbS eigner plan 
gewefen fei, baß ber ©rjbifdhof ihm entfprechenbe SSorfchläge 
gemacht, er biefelben jeboch ^nrüdgewiefen unb an ben weiteren 
Schritten beS Prälaten in biefer Dichtung leinen Anteil mehr 
gehabt habe. 3 ) Aber biefe, allerbingS in beftimmtefter ^orm 
gegebnen ©rflärungen finb erft nachträglich gemalt worben, unb 
eS erfcheint annehmbar, baß ber liolänbifche SUteifter, nach kt 
©ewinnmtg IRigaS, nach & em Triumph über bie geglichen 
fperrfdjaften in ßiolanb unb ber gufammenfaffung aller 3Jtä<hte 
bafelbft unter feiner Rührung, im Anfang auch biefe grunbftürjenbe 
Anberung in bem bisherigen Aufbau beS $)eutfdjen OrbenS für 
möglich gehalten hat. 4 ) 2)er (Srjbifchof hat fidh allerbingS niemals 
auf einen bireften ober inbirelten Auftrag Plettenbergs in biefer 
^Richtung berufen: aber baS ließe fidf) auch burch naheliegenbe 
politifche fRücffichten erllären. SDagegen hat er ben plan, 
Plettenberg jum ^ochmeifter jn machen, mit aller erbenfliehen 
(Snergie oetfolgt. Sollte er audh nicht, wie bie anbren eS bodh 

auch burdjgefejjt worben; auch Slantenfelb tjatte e8 fd)on 1524 berfprodjen. 
»gl. S. Slrbufow, @tnfül)tung ber ^Reformation ©. 28 f. 333. 

») »gl. ©cgnöring a. a. 0. ©. 78. 83 f. 

*) »gt. Ä. Slrbufoto, Sitten unb fRejeffe ber Siülänbifdjen ©tänbetoge 3, 
9?r. 245 ©. 636. 

8 ) »gl. ©djnöring a. a. 0. ©. 78. 84. 

4 ) 2>iefe SOteinung oertritt ©djnöring a. a. 0. ©.84, ber für 
»tanfenfelbs »erhalten aber audf) teine rechte Srtlärung finbet. 3b>eifetnb 
äußert fid) 8. Slrbufoto sen., ©runbrifj, 4. Stuft. ©. 161. 


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Plettenberg. 


29 


behaupteten, ber Urheber bcS ©an$en gemefen fein: rötfelhaft 
erfcheint bocf) biefer ©ifer PlanfenfelbS, einen SÖtomt, ber ihn 
unb feine geiftlid)en ©tanbeSgenoffen in eine brücfenbe Abhängig* 
feit gebraut hatte, noch ä u erhöhen. 2)ie Söfung biefeS IftätfelS 
aber lag oielleicht in ber furcht beS Prälaten oor bent SSerluft 
beS ©tiftS Dorpat einerfeits, unb in feinem $lbfcheu oor ber 
Sßolmarer UntermerfungSafte anbrerfeitS. SDenn toährenb Planten* 
felb im (Srjftift noch auf öie Slnhänglichfeit feiner Sßafallen jählen 
fonnte, tooßten ihn im ©tift 2)orpat feine beiben meltlichen ©tänbe 
nicht mehr jum Pifdjof haben. (Sr mar alfo hier ganj auf ©unft 
unb Söeiftanb beS äfteifterS angemiefen, 1 ) p bem er belegen 
aus Sftont unb ©panien auch nid^t mit ganj leeren ^pänben 
jurücffehren burfte: aber biePeftätigungbeSUntermerfungSoertrageS 
burch Papft unb Äaifer mar hoch ein Preis, ben er für Plettenbergs 
SBohlmollen in SBirflichfeit nicht zahlen mollte, mochte er es auch 
gelobt haben. 3n biefem Dilemma mag ihm eine $rt SCäufchung 
oorgefdhmebt haben, inbem er Plettenberg, anftatt ber Äonfirmation 
jener $fte burch bie Häupter ber (Shriftenf)eit, menigftenS bie 
ehrenooUe, aber praftifch meniger befagenbe (Srmählung unb Pe= 
ftätigung jum ^odjmeifter beS SDeutfchen DrbenS oorlegen mollte, 
hoffenb, ber SWeifter mürbe fich aisbann jum Perjicht auf ben 
unbequemen SBolmarer paft bereit finben. 2)enn auch aus bem 
^odhmeiftertum liefen fich immerhin ähnliche Folgerungen für 
baS PerhältniS jmifchen bem DrbenSoberhaupt unb ben SanbeS« 
bifchöfen jiehen, mie aus jenem Vertrage, nur maren fie nicht 
ausgesprochen, noch in binbenber SBeife formuliert, unb baljer 
leichter ju umgehen. SDiefe (Srflärung für PlanfenfelbS Fntereffe 
an piettenbergS äSaljl jum ^ochmeifter ift nicht ungefünftelt, 
aber eine anbere bietet fich ni^t. F e f* 3 ul ^alten ift, baf? bei biefem 
plan ber f>o<hmeiftermahI ber Prälat als ber ftärfer Sntereffierte 
erfcheint, maS oielleicht auch ein Si<ht auf bie F r °ge ber erfteu 


*) Planlenfelb hat im 3lj)ril 1526 ernftlich mit bem Perluft beS Stifte 
®orbat gerechnet (bgl. S. 3trbufom a. a. £). 3ix. 233, 3). dagegen ift 
tböh re u& bet ßanbtagSberhanblungen im 3uli bon einem SRücftritt nicht 
mehr bie SRebe, unb ben UntertoerfungSbertrag bom 15. jQfuti fchlojj Planten« 
felb als ©tjbifdiof bon 9Uga unb Pifdjof bon $orpat. 3lber bie @ntfd)eibung 
übet baS @<hlob ju Dorpat behielt Plettenberg in feiner $anb. 


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30 


Seonib Slrbufow, 


Urheberfdfjaft merfen fönnte, unb baB bem SNeifter an ber Pe* 
ftätigung beS SBolmarer Pergleicf)S, obwohl er auch ohne eine fotd^e 
in $raft treten foßte, fetjr nie! gelegen t)at: man hielt if)n gemiB 
auf allen ©eiten ofjne bie tjöljere SBei^e für meniger öerbinblich. 
Pon ben meiften tt>ettlicf>en ©tänben mar er audj noch nicf)t be* 
fc^rooren morben. 1 ) @8 gab fornit PorauSfepungen, bie 3 . %. ben 
ermähnten $auf<h erfcljmerten, mährenb anbere i£)n in PlanfenfelbS 
Augen möglicher SBeife als ausführbar erfdf)einen liefjen. 3n ber 
Dppofition gegen ben UntermerfungSöertrag tonnte er jebenfaßS 
auf ben Peiftanb aller Prälaten unb ©tänbe mit Sicherheit rechnen. 

Nad) ber Beilegung ber inneren ©treitigfeiten mit Planfenfelb 
mar eS l)ol)e $eit für Plettenberg, fiel) ben burdf) AlbredjtS Abfall 
entftanbenen fragen ber äußeren Politif, ebenfo ben Angelegenheiten 
beS DrbenS unb ben fonftigen, im Neidje bereits angetnüpften 
Untertianblnngen mieber aujufehren, nad^bem äße biefe 2 )inge 
längere $eit Rotten ruhen müjfen. SBiel ©orge bereitete baS 
SSerhöltniS ju polen. S)enn Albred^t oerftanb eS, feinen SehnSfprrn, 
ben polnifchen Äönig, jum Peften beS jungen ^erjogtumS auS= 
junufcen. @r mar über bie Abfichten ber 2 )eutfd^)^erren, Äaifer 
unb Nei<h gegen ben Ärafauer Pertrag in Pemegung ju fe|en, 
unterrichtet unb fiel) ebenfo über piettenbergS feinbfeligeS Perhalten 
im klaren. Um beS PeiftanbeS Äönig ©igiSmunbS fidler ju 
fein, oergrö^erte er aber bie ©efafjr unb hi f ft jenen burdj 
alarmierenbe Nachrichten über militärifebe Lüftungen ber Siotänber, 
über ein AngriffSbünbniS berfelben mit §erjog ©rieh unb über 
baS oerbächttge Treiben beS $eutfcbmeifter 8 fortmährenb in Atem. 
Plettenberg h fl U c aflerbingS gerüftet: gegen bie üon Ptantenfelb 
aufgehepten Puffen. Aber baS oerftärfte bie preuBif<h s poinifchen 
Pefürcptungen. S5urdh gemeinfcpaftliche Anfragen bei Plettenberg 
juchten $er$og unb Äönig eine Neutralitätserklärung beS ÜNeifterS, 
ja fogar 0 . rbinblidf)e Abmachungen mit ihm ju erreichen für ben 
gafl, baB preuBen unb polen megen ber ©äfularifation beS 
DrbenSftaateS angegriffen mürben. 2)ie beiben Nachbarn miefen 
ben SNeifter brohenb barauf hin, baB ber Drben in ©rutfdhlanb 
mit ^ineinjiehung beS ÄaiferS unb NeichS aßei hanb piäne gegen 


*) SSgt. baju audj 2. Ärbufom, Elften u. 9te$effe 3, 243. 


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Plettenberg. 


31 


EHbredjt fchmiebe, att beiten Plettenberg beteiligt fei, unb bafj er 
aud) mit bem angriffsluftigen Komtur ju Äoblen$ gegen preufjen 
in Serbinbung ftetje. 3n gefdpcfter EBeife mengte SigiSmunb * 
auch bie ^Religion in biefe Sache hinein, inbem er bro^enb ein 
Singreifen in bie Sßerhältniffe SiolanbS in EluSficht ftellte, wo 
Plettenberg mit ben aufrütjrerifcben Sutheranern offenbar nicfjt fertig 
werbe, unb erllärte, er werbe ben oon ben Äefcem bebrängten Prälaten 
oon fftiga unb ®orpat, ÜBlanlenfelb, mit allen SRitteln unterftüfcen: 
alles bieS, um feinen ßeljnSmann SlIbredE)t oor Eingriffen beS 
DrbenS ju fiebern. 1 ) 

2)er EReifter erllärte feine friebferbigen Elbfichten, betonte 
aber zugleich, bafe er papft unb Äaifer geljO'fam bleiben muffe 
unb werbe: b. h-, bafj er fidj bei einem Eingriff beS Reiches 
gegen baS abtrünnige Preußen in leinen gutl auf beffen unb 
Polens ©eite fteßen lönne. Elber obwohl er feine Lüftungen 
burd) bie SRuffengefaljr genügfam begrünbet ju haben meinte, 
fdjwebte er in ©orge, bafj polen fidf) mit feiner SReutralitätS* 
erllärung hoch nicht begnügen, fonbern eine auSgefprodjen Wohl* 
wollenbe Stellungnahme für ben $er$og, im ©egenfafc jum Äaifer 
unb jum Seich, oerlangen würbe, iobalb biefe ben Äralauer Sertrag 
ernftlich beftritten. SBenn Plettenberg überhaupt bie piäne wegen 
einer EBiebereroberung preujjenS für ben Drben oolllommen geteilt 
hat, fo war fortan hoch Har, bafj baS für Siolanb nur mit ber 
größten ©efaljr oon feiten Polens oerbunben war. Elber auch 
bei frieblidjem Verhalten hegte er ^Befürchtungen für bie Sicherheit 
beS SanbeS im £tnblid auf baS SSühlen §er$og EllbrechtS. ®iefer 
hielt trofc wieberholter Sinfprachen unb Sitten alle ©troffen nach 
Siolanb gefperrt unb üeriuchte unauSgefefct, bem Äönige äftifjtraueu 
gegen Plettenbergs griebenSliebe einjuflöfjen. 2)eS EReifterS be= 


*) Sitten (^nftruftionen für 93otfd;aften Plettenberg«, Sllbredjt« unb 
König SigiSmunb« unb Antworten barauf, 1526 Januar ff.) im ©taat«ard)ib 
ju Königsberg, nach Slbfchriften in ber Sibl. ber fliüt. 9litterfd)aft, oerj. 
gnbeg Sir. 2932—2936. 2941—2943. 2944; »gl. Wetter Karge a. a. £). 
©.377— 379. 382 f. 426—429. 430—431, Sfc&atfert a. a. 0. 2, Sir. 147, 
Acta Tomiciana 8, Sir. 35, ©. 49 f., SSota a. a. 0. ©. 239. 344. 347; aud) 
®ogiel Sir. CVI unb Steiner 2 Sir. 475 unb enblid) ben Siejefj ju ©f^en« 
bad), 1527 3uni 16 (SBien*$übebranb). 


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32 Seonib tÄtbufow, 

rufftgenbe (Srflärung erftärte er für „eine Püdjfe, aufjen öergolbet, 
innen ober mit ©ift gefüllt," unb blieb bei feinen Sßarnungen, 
fo bajj Sigigmunb fid) beftänbig öon einem Eingriff aug ßiolonb 
bebroljt füllte. AHeg bieg wieg ben SReifter bringenb auf Anfdhtujj 
an ben Deutidhmeifter wie bag Sfteid). Die fRegalienfrage muffte 
enblich jurn Abfeh lufj gebraut werben, unb fefjon baher wie auch 
wegen ber fonftigen Drbengangetegenlfeiten war eg nötig, ben 
liülönbifdfen Drben bei ben Häuptern ber (Sffriftenbeit alg unfdfjulbig 
an Wtbrecfftg Abfall öom iReich unb öon ber Kirche ju erweifen. 
Die allgemeinen Perhältniffe beg Drbeng, öor allem bie $rage 
ber SBafit eineg neuen ^oc^meifterg, erforberten gleidffallg bringenb 
eine fiöfung, unb zwar eine folche, bei ber bie Stellung beg liö* 
länbifd)en 9Reifterg unb bie Selbftanbigfeit feineg Drbengjweigeg 
öolt gewahrt blieben (faUg Plettenberg nidjt fogar noch weiterge^enbe 
Abfidften öerfotgte). Scifon feit fahren war überbieg eine 
„Reform" beg ganzen Deutfchen Dibeng ©egenftanb öon Per* 
hanbtungen gwifdien Plettenberg unb ben lebten ^ochmeiftern 
gewefen. Sie tonnte urfprünglidf) nicht fe^r tiefgeljenb geplant fein, 
hatte aber jefct an SEBidftigfeit zugenommen, benn alle Perhältniffe 
beg Drbeng befanben fidf) nach ber Äataftroph* in Preußen in 
größter Perwirrung. Plettenberg war entfefftoffen, biefe Reform 
gemeinfam mit bem Deutfchmeifter enbtidfj in $lufi ju bringen, 
umfomefjr, alg fie jweifelgolfne auch bie allgemeine Stellung beg 
liölänbifdfjen Drbengjweigeg im ßufammen^ang mit ber SBieber* 
aufrichtung beg ^odtjmeiftertumg einfc^lojj. ÜRicfft an leffter Stelle 
ftanb enblich bie grage, in welker SBeife bie fRefte beg ©efamt* 
orbeng gegen ben abtrünnigen Albredht nörgeln fotlten, unb wie 
Siütanb öor beffen fjeinbfeligteiten ju fd£)üfcen wäre. 

Die meiften biefer Angelegenheiten erforberten ein einigeg 
gufantmengeljen ber beiben ÜReifter, aber Plettenberg hatte er* 
fennen müffen, bafj fidh bereitg Differenzen anbahnten. Ijinfidfjttich 
ber ^Regalien für ben liülänbifdhen SReifter war öon Äleen 
offenbar nur wenig Unterftüfeung ju erwarten, er warf nur 
Augftüdjte unb ^inberniffe auf: benn bie Deutfehherren wollten 
feine Stärfung beg Drbeng in Siölanb, wiberfprachen baher auch 
piettenbergg SBünfchen nadh Erhöhung feiner ÜRachtooHfommen* 
heiten gegen ungehorfame Prüber. Die Abführung ber 


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Stettenberg. 


33 


©peirifcfjen ©efchlüffe gegen 5llbrecht hotte man gang gurücfgefteßt, 
aug SRücffidht auf bie branbenburgifdhen dürften unb Äönig 
^etbinanb, ber in bagfelbe Horn btieS — benn er Brauste bie 
Äurftimme ©ranbenburgg — unb fidf) gu einer SBiebereroBerung 
©reufjeng für ben Drben aBIef)nenb öertjielt. @g ift baS SSafjr* 
fdjeinlichfte, bafj ©lettenberg ohnehin feine großen Hoffnungen 
auf biefen ©lau fe|te, aber ein üftadjlaffen beg ©rucfeg auf Wibrecht 
muffte ihm jebenfaflg im Sntereffe ßiötanbg unlieb fein, 

um fo mehr, atg bie Hanfe fidh feinen ©ünbnigabfidhten oerfdhlofj. 
Sie mar oon jeher bem Drben nid^t gemogen, unb obmof)t man 
in bem ergfonferoatioen ßübecf jeben ^ortfdhritt ber Steuerung 
unb bie Urnmälgurtg in ©reufjen nur mijjtrauifchen 2lugeg oerfotgte, 
fo hotte hoch ber allgemeine Honfetag gu ßübedf im 3uli 1525 
bie angeregte engere ©erbinbung mit bem Drben in ßiolanb 
abgelehnt. 3n ©lettenbergg gefäpbeter Sage mar eg für ifjn 
nötig, baf* ber H er 3°9 burdE) ben Äaifer unb oom ^Reiche aug in 
©dfjadh gehalten unb beunruhigt mürbe. — ©ang bebenflid) machte 
ihn bag ©erlangen ber ©eutfdhherren, grnei beooßmädhtigte 
©ebietiger aug ßiolanb gur ©efdhtufjfaffung über „bie fünftige 
^Regierung beg Drbeng, bamit berfelbe in feinem Sßefen erhalten 
merbe" gu ihnen gu entfenben, ober fidh felbft gu biefem ßmedf 
in ©eutfdhlanb eingufinben. ©ag mar ein gang ungemöhnlidheg 
Hnfinnen unb geigte beutlidh, baf? ber ©eutfdhmeifter eine über* 
georbnete ©teßung gegenüber bem ÜReifter in ßiolanb geltenb 
madhte. ©ie ©inge maren aber ermähntermafjen nodh oiel meiter 
gebiehen, inbem Äteen fidh 5 um oorläufigen ^aitpt beg gangen 
Drbeng hotte erflären taffen unb je|t auch tüe Slnerfennung burd| 
bie ßiolänber anftrebte, gteidhgeitig au<h bie ©eftätigung beg 
Äaiferg ermartete: mahrfdheinlich hoch, um bereinft anftefle beg 
nicht mehr oorhanbenen H oc ^ me ^f ter§ ft® Stbminiftrator bie 
Regierung beg Drbeng gu übernehmen, ©ine gemiffe ©üdffüht 
auf bie ßiolänber hotte er freilich S u üben, ba er ihre finangieße 
©eihülfe für bie ©erhonbtungen beim Äaifer unb für bie be* 
abfichtigten 9Jta|regeln gegen Sllbredht brauchte, bie übrigeng nadh 
Umftofjung ber früheren ©efdhtüffe in einer rein biplomatifdhen 
Slftion beim fommenben ^Reichstage beftehen foßten. Slber bie 
oon ben ©eutfchprren beabfidhtigte ^Regelung ber Nachfolge im 

®$r. SS f. M. 36, 2 3 


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34 Seonib Strbuforo, 

^ocfjmeifteramt entfpractj, fo wie fic eingeleitet worben war, 
burcf)aug nid^t ben Slnfdjauungen ©lettenbergg, ber jum ntinbeften 
bie liolänbifdfje Stimme hierbei öon Anfang an gehört tjaben 
wollte.') 

2)a8 ©erf}ättnig jroifcfjen ben beiben Herren füllte fid^ rtocf) 
weiter ab, als in ©om wie in 2>eutfdf|lanb bag ©erücljt auffam: 
ber liolänbifdje SKeifter wanfe ebenfaflg in ber Xreue gegen ^ßapft 
unb ßircf)e, neige ber luttjerifc^en Äefcerei $u unb get)e bamit um, 
Stfbredt)tg böfern ©eifpiel $u folgen, ben Drben in ßiolanb ju 
fäfularifieren unb, ganj wie fein abtrünniger ©orgefe|ter, ein 
weltlid^eS gürftentum ju begrünben. Sin ber Äurie ju SRom mosten 
frühere Intrigen ©lanfenfelbg, ber ©ölen unb aud^ ber beiben 
bafelbft lebenben ©rüber beg preufjifdfjen ^erjogS, ®untprecf|tg 
nnb Äafimirg, mit im Spiele fein. 3)er Umfang ber ©et* 
bädf)tigungen fteHte fidf) t)eraug, als ber Komtur $u Rellin Robert 
be ©raoe im Stuftrage ©lettenbergg bei ©apft unb Äarbinälen 
bie Slgitation gegen £>er$og Sllbrecf)t aufnaljm, bie in ©ont non 
ben 2>eutfdjljerren jiemliclj oernacf)läffigt würbe. Soweit fie 
be$we<fte, bie Segalifierung ber oon bem abtrünnigen $odjmeifter 
unternommenen Stritte ju (jintertreiben, lag fie auf berfelben 
©aljn, bie ber 2)eutfd)meifter wie Plettenberg nodj im 3Jtai 1525 
gemeinfam befdfjritten fjatten. fDocij feitbem fjatte fid£) manches 
geänbert. Slufjerbem fotlte ©raoe aud) bie SBafjl eineg neuen 
$odfjmeifterg in $lufj bringen. 2>ag war ein fetbftftänbiger ©tan 
beg liolänbifdjen SJteifterg. Sllg ber Komtur ©nbe 1525 auf bem 
©ücfwege aug ©aläftina in Sftorn eintraf unb nad^ ben wat>r* 
fdjeinlidf) Ijierfelbft oorgefunbenen Stnweifungen aug SBenben $u 
ijanbeln begann, fpürte er algbalb ben ©egenwinb. S)ie beiben 
Äarbinäte SSilljetm ©ncfenooirt unb ©aUig, oon benen jener bem 
alten £>errn bie erfte Slubienj beim {(eiligen ©ater oermittette. 


x ) Sgl. Stettenberg an Äleen, fRtga 1525 Oft. 10 nebft 2 Seifagen 
(2Bten'$ilbebranb); Seridjt ÄleeitS an ben Äaifer über bie '^ertjaltniffe ira 
Drben, 1525 $ej. (Sota a. a. D. ©.346 nad> Sßiener Sitten); ÄteenS 
Slntmort an Stettenberg auf beffen 3)ej. 7 erhaltene« Schreiben oom 
10. Oft., Äonjefjt 2>oreltn$ unb Srief, 1526 3an. 2, »gl tjierju ftarge 

а. a. D. ©. 406; Stettenbergs Antwort an ftleen auf beffen ©Treiben »om 

б. ©ef)t. 1526, SBenben 1526 SRo». 18. 


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Plettenberg. 


35 


cröffnctcn ihm: ber ^apft fei zrnar über Atbrecßt ^öd^ft aufgebracht, 
aber ebenfofehr auch über Stettenberg, ba er auch Nachrichten 
über beffen Anfdfjluß an bie lutherifche Äeßerei haüe. ©raoe 
miberfprach entrüftet unb oermochte auch toirftidj, Si etten ü cr 9 g 
Nuf beim Sopft felbft oötlig mieberherzufteHen. @r ^interlie^ 
audh einen ausgezeichneten perföntichen ©inbrut! bei ©lernenS. 
Die ©unft beS einflußreichen ©rzbifchofS oon ©apua NifolauS 
©djönberg, ber an ber Äurie als Autorität für beutfdhe An¬ 
gelegenheiten galt unb namentlich in allen fragen beS beutfdhen 
OrbenS baS Ohr beS S°Pfte8 h a ^ e # ermarb er fich ebenfalls, unb 
banf Scf)önbergS Unterftüpung nahm ©raüeS SNiffion einen üiet- 
oerfpredhenben Anfang. Denn als er in einer Aubienj, bie Unfchulb 
SlettenbergS unb feines OrbenS an ber preußifdfjen Ummälzung 
erflätenb, AlbrecptS Abfall zur Sprache brachte, brach ber ßorn 
beS lebhaften ©Jemens in ben t^eftigften AuSbrücfen gegen 
ben Abtrünnigen los. Der heilige Vater fdfjtug oor ©rregung 
beibe Hänbe jufammeu unb rief: „Seine Dat unb Hanbtung foH 
uns leib fein, fotange mir leben unb ^ßapft finb!" ©r manbte 
auch, ß® ©raüe ihn um SJiaßnahmen zum beften beS zerrütteten 
OrbenS bat, biefer Sache lebhaftes Sntereffe zu. ©r entmicfelte 
bem Äomtur ben S^n, baß bie beiben berzeitigen OrbenShäupter 
mit ben gehorfam gebliebenen OrbenSbrübern zufammenlommen 
unb fich über bie Atopl eines neuen HodhmeifterS einigen follten, ben 
er aisbann zu beftätigen oerfpradh; er oerhieß fogar pefuniäre 
Unterftüpung. Auch tu anbren Gingen mar ber ^ßapft fepr gnäbig. 
Das römifeße OrbenShauS, bie äöopnung ber Oberften Srofura- 
toren, baS Herzog AlbredhtS trüber in ihren Vefip z u bringen 
tradhteten unb auf baS fich fogar ber ©rzbifdhof oon ©apua Hoff¬ 
nungen machte, fieberte ©lentenS bemOrben als rechtmäßigem Vefiper 
Zu unb übertrug feine Vermattung bis auf meitereS bem OrbenS- 
proturator Vufcf). ©in meitereS ©rbe beS hutöjertrümmerten 
OrbenS mar bamit ben £änben ber Vranbenburger entgangen. 

Der bigotte alte Herr mar oon ber ©unft beS SapfteS 
gegen ben Orben entzücft. Der entflammte ©ifer beS unbeftänbigen 
ÜKebizäerS hielt menigftenS fo lange oor, bis er feine münblidhen 
^Besprechungen in eine Neipe oon Sreoen umgefept putte, bie 
bem ©efanbten Stettenbergs am 81. Sanuar 1526 auSgeftetlt 

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ßeotttb Strbufotu, 


würben. Ron ber SBaf)f eine« neuen £jodf)meifterS toor f)ier nur 
oerfdfßeiert bie ßtebe, inbem ber ^ßapft ben SDeutfdjmeifter unb 
ben ÜReifter in ßiolanb unter lebhaften 2)anfeSäufserungen für 
if)re Reftänbigfeit im (Glauben unb heftigen Ausfällen gegen 
SllbredjtS Sreulofigfeit ermahnte, ftd^ mit ben onberen ©ebietigern 
über gwecfmäjjige äRafena^men gegen ben non 2lttrecf)t angeftrebten 
Untergang beS ©eutfdjen JDrbenS gu einigen unb i§re Rorfcf)täge 
if)m eingureidfien, wobei er if)re 9luSfüI)rung gu unter ftü£en'oerfprad). 
$)a ©raüe im fetten Sinne aucf) beim Äaifer gegen bie preufjifcf)e 
Umwälgung gu wirten beabfidfftigte — er woßte fidf) biefeS SluftrageS 
auf feiner weiteren SBaßfaljrt gum ^eiligen Safob in Sompofteßa 
in Spanien entlebigen —, fo ebnete Siemens VII., trop feiner 
gefpannten Regierungen gum ßatferfjof, bem Siolänber aucf) bort 
ben 2Beg. Sin Rreoe an ®art V. enthielt bie Ritte, 9IIbrecfjtS 
etwaigem ©efncfj um Reftätigung feines neuen $ergogtumS in 
feiner SEBeife gn wißfafjren, bie Reränberung in Rreufjen nicf)t 
gut gu f)eif3eit unb überhaupt in ber DrbenSangelegenljeit nichts 
oorgunet)men f ef)e er bie beiben treugebliebenen ätfeifter in 
2)eutfdf)tanb unb Öitlanb angefjört fyaht, bie, bem Rapfte 
unmittelbar unterfteßt, Slttred^ts £at öerabfcf)euten. Siemens 
fcf)Iofj mit ber Ritte, bafj ber Äaifer bem liolänbifc^en Komtur 
bei aßen feinen ©ef<f)äften nnb Aufträgen gewogen fein möge. 
Sn entfpredf)enber SCBeife inftruierte ber Rapft feinen ©efanbten 
am faif erlichen §of, ben Äarbinal be SaloiatiS, unb empfahl 
RIettenbergS Stbgefanbten aucf) bem Äangler ©attinara unb bem 
am ^oflager ÄarlS V. weilenben ftrenggläubigen ©rafen §einridf) 
oon Stoff au. ©raoe fonnte fidf) rühmen, bie Sacf)e beS DrbenS 
gegen ben preufjifdf)en §ergog tüchtig geförbert gu fjaben. Seine 
Reftrebungen gingen, wie aus biefen Srlaffen fidfjtbar wirb, 
einmal barauf, eine SInerfennung beS auf ben Krümmern beS 
preufjifdfjen DrbenSftaateS errichteten eoangetifdf)en ^ergogtumS 
burcf) bie Häupter. ber Sfjriftenf)eit gu fjintertreiben. Slufjerbent 
gießen fie auf bie Rornafjme einer neuen $odjmeifterwaf)I, bie, 
wie es audfj ben Statuten entfpradf), oon ben beiben oberften 
©ebietigem ins SSerf gefegt werben foßte. SDie §ocfjmeifterwaf)I 
war bisher ftetS eine gang interne Slngelegenfjeit beS OrbenS 
gewefen: jejjt aber war bem Rapft ein majjgeb lieber Sinfluf) 


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Plettenberg. 


37 


habet eingeräumt worben, unb zu ©leidem füllte aucl) nodfj ber 
Äaifer bewogen werben. 2)aS log genau in ber Stiftung üon 
Stettenbergs S 0 ^» &i e Regelung ber burcf) 2tlbrecf>tS Slbfatl 
entftonbenen fragen in engftem 9lnfcf)lufj an SRorn unb an ben 
Äaifer erzielen wollte, fdjon um fie nidfjt bem ©utbünfen beS 
S)eutfcf)meifterS allein ju überlaffen, fonbern ben Siütänbem babei 
bie gebüljrenbe Stellung ju magren. Sn biefe 2)inge jefct fogleid^ 
einzugreifen, ffinberte bie ÜKeifter bie brofjenbe ©ntwicElung, bie 
bie ^Reformation in Siolanb gerabe in biefer $eit naljm. S)aS 
follte aber für feine Slbfi^ten in ber OrbenSfaclje oerfjängniSüoll 
werben, benn bereits Ratten bie 3)eutfct)Ijerren it)r eigenes Ober» 
fjaupt oorgefcljoben unb aucl) ben Äaifer fd^on in biefer SRicfjtung 
in ©efd&tag genommen. SBielfagenber Seife fjatten fie babei ben 
Sapft z« 9ftom ganz übergangen. Sie tarierten ganz richtig, bafj 
feine Meinung in ber ^od^meifterfrage gegen eine Jaiferlidje 
@ntfReibung wenig wog. S)ie liülänbifcljen öeftrebungen gingen 
ben umgefet>rten Seg. Sie becEten fiel) mit benjenigen ber 
®eutfdE$erren nur in bem Siberfprucf) gegen Sllbrec^tS Staats* 
ftreiclj. Slber au<$ hierbei befjanbelte man in $ornedE unb 
9Rergentf|eim bie Äurie als SRebeninftanj. ÜRan fyielt fogar eine 
Söotfc^aft bortt)in, bie ben ©efamtorben als unbeteiligt an ber 
pveufjifcijen Äataftrophe zu erweifen §ätte, für überftüffig unb 
berief fiel) fpäterfyin barauf, baff biefeS burcf) ben Sollizitator 
(Sfyriftmann fcJjon meljrfacf), einmal audl) in ©egenwart ©raüeS, 
in ganz genitgenber Seife gef(f»e£jen fei. 2)em tiülänbifcfyen 
SReifter rief man z ur Segrünbnng biefeS SSerfyaltenS ins 
©ebädjtniS, ba| Äaifer unb S°Pft fid) gegenfeitig anfeinbeten. 
üRatürlidj, fidE) unter folgen Umftänben zu oiel mit bem Supf* 
ZU befaffen, f)iefj: ben Äaifer oerftimmen. 1 ) 


*) $Berid)t übet ba8 (Sefpräd) be3 fjfeüiner ÄomturS mit Stronberg 
unb ®lfc ju Poppatb, 1526 SJtai 19; Kopien ber päpftlid)en Pretjen öon 
1526 Sa«- 31 (3Bten»$ilbebranb), bgl. auch Xljeobor ©djiemann, 9tegeften 
öerlotener Urfunben au8 bem alten 9Kitaufd)en DrbenSardjiü, 3RUau 1873, 
©. 28 9tr. 81. 2)a3 Sreüe an Plettenberg ift aud) gebr. im 9lrd)iD f. b. 
@efd). £iö», Sjt* unb Äurlanb$ 8, 1861, ©. 335, baSjenige an Sleen ift 
öerj. bei Petenegg, „S)ie Urfunben be$ 3)eutfcporben8^entraIarcbiö8 ju 
SBien“ 9tr. 2341, ogl. aud) Sarge a. a. £>. ©. 394. $a8 fjierfelbft angeführte 


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38 


Scoitib Sftbufott), 


2)en branbenburgifcf)en Greifen in SRont, oertreten burdf) bic 
beiben jüngeren ©rüber StlbredhtS, ber überbieS in ber ^erjon 
SDietrid^3 oon !R£)ebcn noch immer einen eignen römtfdjen ©oHijitator 
unterhielt, blieb bie Stätigfeit beS ongereiften SiolönberS nicht 
verborgen, ©d)on am 8. Januar 1526 hatte SKarfgraf ©umprecf)t 
nach £>aufe gemetbet: bie DrbenSteute praßten in 9tom, fie 
würben Leib unb ©ut baran fe|en, um bem Drben wieber altes baS 
äurücfyugewinnen, was 9tlbrecf)t iijm entfrembet habe, unb natürlich 
auch Sreufjen. 1 ) S)ie ©egenftrömung, bie woljt auch oon t)ier 
gegen Stettenberg auSging, hatte ©raoe aber ju überwinben oermod^t. 

SttS er jebodt) nach ®eutfdhtanb fam, fdhtug if)m bie Sßefle 
ber ©erbäctjtigung noch ftärfer entgegen: er mujjte oon fircfjtidjen 
Unruhen in feinem eigenen Äomturfi| Rettin, oon Stettenbergs 
unjuläffiger 35utbfamfeit gegen bie neue Äefcerei, ja fogar baoon 
hören, bafj ber SD^eifter fid) ganj ben Lutheranern in bie Sinne 
geworfen, ben ©rjbifdhof in lebenslängliche $aft gefegt h a be! 
@r war entfett, fah fcfjon bie mühfant wiebererrungene ©unft beS 
SapfteS für ben liülänbifdjen Drben fich in Ungnabe üerfef)ren 
— unb ber alte Äomtur gab noch oiet, fefjr oiet auf römifcfje 
©timmungen — unb glaubte felber alte bie wilben ©erüchte 
über feinen ©orgefefcten. 2)urch einen befcfjwörenben ©rief fudjte 
er ihn oor ber fe^erifthen ©erführung ju retten unb eröffnete 
fidh in feiner ©ewiffenSbebrängniS fogar rücfhalttoS bem grantfurter 
Komtur ©Satter oon Äronberg unb bem oon ben S reu B en jant 
$)eutf<hmeifter übergegangenen oberften DrbenSmarfdhalt ©eorg 
oon ©Ifc. @r war an bie Rechten geraten! Slts er $u ©opparb 
mit ihnen gufammenfam, teilte er ihnen feine Slngft oor einem 
©efinnungSWechfel beS SapfteS als S°^9 e öon S^ttcnbergS 
Slbfatt mit unb oertangte, Äteen fetbft fotte auf ben SJteifter ein* 
wirten, bamit er oon ber $e|erei taffe, ©r oerfid^erte, oon ber 
betrüblichen SSanbtung S^ttenbergS nodh nichts gewufjt ju haben, 


©rette ttom 21. Januar = ©etenegg 9h;. 2340 gehört jebocb erft in baS 
1527, Ogi. Paftor a. a. D. IV 2, 6. 404, Sinnt. 1. 33gl. weiter Sarge a. a. 6. 
< 5 . 392. 402—407, audj Paftor a. o. £). IV 2, ©. 403 nad) SRatjnalbuä, 
Annales eccl. ad ann. 1526, 9tr. 121). Steen tut Plettenberg, ©rief unb 
Sonjept, 1526 Qon. 2 (2BienȤilbebranb). 

*) Sarge a. a. 0. @. 406. 


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Plettenberg. 


39 


atö er bereit ßathotyität oor bem $apft ins f>eUfte Sicht ftettte. 
$)ie geriffenen beutfdjen Herren tooDten fid) innertief» üor Sachen 
über biegen naioen otten SBeftfalen aus Siotanb mit feinen ©frupetn 
auSfchütten, ber Dom SBohtmotten ober 9Jtifcmut beS ^ßapfteS ein 
fo ungeheures SBefen machte. Stber ber Komtur toar bei alter 
Bigotterie, unb obtooht er feinen Brübern oom Drben ein nicht 
gerechtfertigtes Bertrauen entgegenbrachte, ein tüchtiger unb ernft 
ju nehmenber Bertreter ber tiolönbifchen Sntereffen. 2)aS merften 
jene, als er ihnen ftopien ber Breoen megen Bomahme einer 
neuen |>ochmeiftermahI übergab. S)a mürben fie fehr aufmerffam 
unb intereffierten fich in gleicher SEBeife für feine Aufträge $u 
Berhanbtungen beim Äaifer in ber DrbenSfadje. 2>enn baS Stuf* 
rotten ber $ochmeifterfrage pafjte gamicht ju ben Slbfichten ber 
2>eutfchherren, bie hierin ihren eignen unb burchauS abmeichenben 
SBeg gingen — ohne bie Siotänber. ©benfo intereffant maren 
ihnen baher auch ©raoeS unoorftchtige 9Ritteitungen über ^ßtetten* 
bergS Abfall oom ©tauben: benn ber tiotänbifche ÜReifter mar 
ein Äonfurrent, unb man fonnte baS neu erlangte ÜJtittet gegen 
ihn anmenben. ÄronbergS Beriet über baS ©efpräch ju Bopparb 
machte auch Äteen ftu|ig. @r oertangte oon bem tiolönbifchen 
Äomtur, ber feine Steife nach ©panien fortfepte, bah er feine 
Berhanbtungen mit ÄarIV. im ©inoemehmen mit ihm führe. 
Stber ju HJtahregetn im ^inbtief auf Stettenbergs angebliche 
©taatSftreichabfichten mar ber fchmädjtiche unb bereits alternbe 
S)eutfchmcifter boch nicht $u bemegen, obmotjt einige feiner Komture 
ju fotchen rieten, ©r begnügte fich öorerft bamit, gteichfam ats 
Unterpfanb für unoorhergefehene ßmifchenfätte beim tiolönbifchen 
SJteifter, baS oon biefem in Stürnberg für ben Stegatienermerb 
hintertegte ©etb mit Befdfjtag $u betegen. 1 ) 

2)er Berbacht gegen ^Stettenbergs ürchtiche 3 ut>er ^fftgfcit 
mudhS aber auf unb unmittelbar nach bem Reichstage $u ©peier 


’) Peridot über &t aöe« ©efptäd» ju ©opparb, 1526 SRat 19. Sleen 
an ben Komtur Kronberg ju grantfurt, 1526 2Rai 22; an fämtlicbe Sanb- 
fomture, SDtai 23. Komtur ju Kapfenberg an Kleen [1526 nach 2Jiai 23J. 
®lfc an Kleen, 1526 3uti 10. Kleen an ben Srejjler ju Nürnberg, 1526 
3uH 31 (9Bien*$ilbebranb); bgl. au<b SOtitteilungen an« ber liolänb. ©efchtdpe 
2, <3. 503, 9h. 8. 


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40 


fieoitib Slrbufo», 


im Stuguft 1526 noch mehr an. 2)ort wirb bcr oon bcn 
©oangetifctjen aus Stiga oertriebene unb fein Stecht fudjenbe 
$)omintfanerprior Sonrab SBetber *) mit ©efdhrei über bie lutfjerifdje 
©erwüftung in ßiotanb unb mit Stagen über bie ©aumfetigfeit 
beS ÜJteifterS bei ©erteibigung ber Stetigion nicht gefargt haben. 
©otcfjeS muffte auf empfänglichen ©oben fallen. 2)enn bafe ber 
ringsum oon äufeeren geinben umlauerte Iiütänbifcf>e ÜDteifter 
unmöglich mit ©ewatt gegen bie Sutherifchen im Sanbe oorgef)en 
lonnte noch burfte, fah niemanb ein; feine 5)utbfam!eil unb 
Stadhficf)t aber ftanben unzweifelhaft feft, unb baran fdhtofe fidh 
auch Qteich bie ffotgerung an, bafe, wenn baS |jaupt beS DrbenS 
in S reu fc en ben fefeerifdhen ©taatsftreidh oorgenommen habe, fein 
Untergebner ihm wotjt nachfotgen werbe, ober es gar bereits 
getan habe. 2)ie Unruhe unter ben fatfeolifchen ©tänben wegen 
Stettenbergs rnufete fidh unter bem ©inftufe beS SteidfjStagSabfchiebeS 
nodh fteigern, ber burch feine oietbeutige Formulierung ber ©ornalpne 
oon firdjlichen Steuerungen gerabeju ©orfefeub zu teiften fdhien. Unb 
fein Vertreter beS SJteifterS, ber bodh fdhon um ©erleihung ber 
Stegatien eingefommen war, war auf bem SteidjStage erfefeienen, ben 
©erbächtigungen entgegen ju treten. — ©S fönnte fein, baff einem 
gewiffen Steil ber beutfdhen DrbenSfreife bie ©eforgniS ber SteichS* 
ftänbe üor einer lutherifcfjen Umwälzung in ßiotanb in ihren 
Srant pafete, ba fidh biefe ©timmung gegen Stettenbergs Stäne 
unb Stbfidhten auSnufeen liefe. SDocf) ber 5Deutfdhmeifter fetbft, ein 
£err oon oorfiefetigen ©runbfäfeen, begab fidh wenigftenS nicht 
offen auf biefe ©ahn. Slber er f)iett eS boef) für nötig, burch 
einen eignen Stbgefanbten bie ßuftänbe im liütänbifchen Drben 
erforfdhen zu taffen unb Stettenberg zu warnen unb zu ermahnen. 
©S berührt eigentümlich, bafe er fidh 5 U biefem ßweef eines ßaien 
bebiente (Slnfetm Stenninger). 

©egen Herzog 2ltbrecf)t war oom Drben ber biptomatifdhe 
Fetbzug auf bem SteichStage in heftigfter SBeife aufgenommen 
worben, namentlich beim Stbet unb beim ©dhwäbifdjen ©unbe, 
unb ber SDeutfchmeifter erwartete bazu bringenb bie SJtitwirfung 


0 SSgt. 2. Slrbufoto, Elften unb 3iejeffe bet liolänbifd)en ©tänbetage 
3, 1910, 9tr. 231, ©.585, 2tnm. 3. 


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Plettenberg. 


41 


unb pefuniäre ©eifjülfe ber Siolänber, aber fie blieb aus. @r 
fürchtete bamatS audf} für feine eigene Stellung. Denn ber 
ehemalige üttemeler, jefct Äoblenjer Komtur @ricf> oon ©raunfefpoeig 
(berfelbe ©egner SUbredfjtS, bem ein gegen preujjen gerichtetes 
©ünbniS mit Plettenberg jugefdjrieben mürbe) ftrebte feinerfeitS 
nacf) bem bafanten $od)meifteramt unb mürbe babei non feinem 
©ruber, bem bei Äaifer Äarl V. in t)of)er ©unft ftefjenben $er$og 
|>einricf), unterftüfct. ‘) Slber Plettenberg gegenüber mad>te 
$leen fein £>ef)l me^r aus ben it>m laut ©efcfflufc ber Deutfcfy* 
Herren übertragenen ©efugniffen eines borläufigen oberften 
|>aupteS. @r l)atte einen ©eridjt über bie Sage beS DrbenS 
nacf) Sllbredf)tS Abfall, aud) über bie fird)licf)en Sdfpbierigfeiten 
in Siolanb nacf) Spanien abgefanbt. Unb jept, im September, 
teilte er bem SDtofter ben ergangenen faifertiefjen ©efcf)eib mit, 
ber bem Deutfcf)meifter forgfältige Sluffid)t über ben oerbädfjtigen 
liblänbifcfjen DrbenS$meig anempfaf)!. 2 ) Das pafjte bortreff lief) 
ju ber SorgefeptenfteUung, bie Äleen jenem gegenüber bean= 
fprucfjte. 

©on biefer ©ntmidlung ber Dinge mufjte Plettenberg aber 
noef) nid£)tS, als er Anfang Sluguft 1526 feine beboümädjtigten 
©oten ins SluSlanb fanbte, um ben Slnfdf)lufj an baS ©eicfj unb 
bie Regelung ber JDrbenSangetegenpeiten ju bemerfftelligen. 3Kit 
beiben Stufgaben mürben ber ©ifdjof |>ermann Ronneburg oon 
ftürlanb unb beS SJteifterS ®an$ler griebridj Scpneeberg betraut, 
©tanfenfetb foßte in erfter Sinie baS ©erfjältniS gum polnifcfjen 
Äönig ins ©eine bringen unb bann gmeds ©eftätigung beS 
SBolmarer UntermerfungSoertrageS gum Papft unb gunt Äaifer 

*) Äleett an Plettenberg, 1526 ©ept. 6, »gl. aud) ein unbatierted Äu8» 
fdjreiben bedfelben an feine ©ebietiger aud berfelben 3eit. Pifdjof ^ermann 
non Äurlanb an Plettenberg, ^ilbedljeim, 1526 Stob. 15 (3Bien unb 9teid)d« 
ardfib ju ©todljolm, §ilbebranb). Über bie Agitation ber ®eutfd)l)erren 
gegen Sllbredp auf bent {Reistage ju Speiet bgl. @. Poigt, @efd)id)te bed 
2)eutfd)en Siitterorbend in feinen gioölf Palleien, 2, © 25 f., unb Äarge 
a. a. £>. ©. 378. 383—387. 390 f. — ©. »beiter Poigt a. a. D. ©. 24. 

*) ß. Slrbufow, Qob- b. b. Ptoele, gen. piater, im 5)eutfd)en Dtben 
in Siblanb, a. a. D. ©. 158, Sinnt. 111, unb Slnfelm Stenningerd 
Peridjt an Sleen, aufgefept in ßiolanb [1526 Cft./Stob.], bem $eutfd)meijitet 
erftattet [1527 San.] (SBien -§ilbebranb). 


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42 Seonib Slrbufow, 

meiterreifen, ftc^ aber audj ber Stegalienfrage annetymen unb in 
ber Drbengfacfje gteic^ bem 93ifdE)of »on Äurlanb ! ) baf)in mirfen, 
baB an Sttbredjtg ©teile ein neuer §od)meifter gemäht merbe, 
„barnit ber 0rben ©ott ju ßobe, bem gemeinen Stbel ju Stufc 
unb ©ebenen mieberum auggebreitet unb gemehrt merben möge." 
Sie ermähnt, ift ber genaue Umfang unb Snfjatt biefer SIntoeifung 
nidf)t feftjuftetten. 0b fte nun aber audj bie Äanbibatur ^letten* 
bergg einfcfjIoB, ober nicf|t: fie toiberfprad) ben $Ibficf)ten Äleeng 
unb ber SDeutfdjljerren, bie auf eine SBermaftung beg ^od^meifter* 
amtg burdf) ben 2)eutfd(jmeifter, nt<f)t auf bie Satyl eineg neuen 
Drbengfjaupteg Ijinaugtiefen. 9tucf) auf bie übrigen Sünfdfje 
Äteeng ging ber ÜJteifter fo menig mie mögtidf) ein, lernte aucf) 
bie ©ntfenbung oottmädEittger Orbenggebietiger aug Siölanb ab: 
ber Komtur ju Rellin, erflärte er, befinbe ftd) bereig mit Aufträgen 
im Slugtanbe, unb bie übrigen ®efd)äfte mürben bie beiben 
beöoHmädfjtigten Prälaten gemä| feinem Sillen betreiben, 
©lanfenfetb unb SBifcfyof ^ermann traten auf berfctjiebenen Segen 
if)re Steife an. SDiefer futjr mit ©cfjneeberg über ßübedf, ber 
©rjbifcfjof aber naf)m im Aufträge fßlettenbergg ben ungemöfjnticljen 
Seg über ßitauen unb fßolen. ®enn er füllte $ier bie ©cfymierig* 
feiten tjeben, bie ftdj für ßittfanb aug ber engen SBerbinbung 
jmifd^en Äönig ©igigmunb unb SUbrecfjt ergaben, (Sr erhielt 
aucf) öom Äönig beruljigenbe (Srflärungen in ber preuBifcfjen 
©ad)e. ©igigmunb moUte fidj mit ben SBerficfjerungen fßtettenbergg, 
baB feine Stüftungen nur ben Stuffen gölten unb feinegmegg 
gegen ben $er$og gerietet feien, jufrieben geben, obmof)! iljn 
Sllbredf)t in entgegengefe|ter Stiftung fd^arf ju machen oerfudfjte. 

*) S3gl. 2. Slrbufot» sen., Sitten unb Stejeffe 3, Str. 240. 245, €>. 635 
unb Sinnt. 5 Streben* Plettenbergs für ©cbneeberg, SSenben, 1526 Slug. 2, 
SJtitteilungen aus ber littlänb. ©efdj. 2, €>. 503, 3tr. 9. Snftruftion Kletten* 
bergS für SBifdjof ^ermann Don Äurlanb unb für <5d)neeberg, Sßenben, 1526, 
Slug. 10 (Fragment, betrifft nur Stegolten unb 3®Ü); SBetbung ©djtteebetgS 
on Stleen [1526 Slug.], bemfelben »orgetragen [oor Oft. 21|. Stejefj ju 
©fdfenbod), 1527 Qunt 16. Planlenfelb on Plettenberg, SRegenSburg, 1527 
Styril 16—18. SRenningerS ©ertd)t on Äleett (nur ljier ftnbet ftd) ber im 
Segt »iebergegebene Stuftrag), obgeftottet 1527 San. (SBien unb Stetig« 
ardjttt ju ©tocfljolm, §Ubebranb); SRittetlungen au3 ber liülfinb. ©efdj.17, 
<5. 93. 


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Sßtetten&erg. 


43 


(Er jagte auch $u, bafc er ben §erjog „rniber bie Neligion" nic^t 
unterftüfcen »erbe — Plettenberg hotte ftcf( auf fein ©ehorfamS* 
oerhältniS gegen ben päpftlidjen ©tuhl berufen, baS iljm feine 
Haltung jum Ärafauer Pertrage ftar öorfdjreibe —, aber er 
formulierte feinen ©tanbpunft im übrigen fefyr beutlidj: baS 
potnifch^preufufche Slbfommen ju Ärafau einerfeitS unb SUbrecijtS 
Slbfatt oom ©tauben feien jtoei ganj getrennte unb oerfdfjiebene 
2)inge, aber im gatte eines Angriffs auf ben ^erjog »egen 
beffen ßehnSöerbinbung mit Polen »erbe er feinen Pafatten mit 
aller feiner 9ftadf)t oerteibigen. 35aS mar ein Söinf gegen alle 
oon ben 3)eutfchherren ober oon Plettenberg etma beabfidjtigten 
geinbfeligfeiten gegen ben abgefattenen §oct)meifter unb legte ben 
ßiölänbern ftrifte militärifche Neutralität auf. $>er (Erjbifchof 
unterljanbette mit ©igiSmunb unb ben ©rojjen ber ß'rone polen 
auch toegen ber Nachfolge im ^od^meifteramt, - mobei ber Äönig 
feine Unfd^ulb an ber „Peränberung" beS OrbenS in Preußen 
beteuerte. SBie meit Planfenfelb auf biefem ©ebiet Stufträge beS 
SNeifterS erfüllte, fteljt mieberum nicht feft; bocf) feine Priefe an 
Plettenberg aus biefer $eit ftrömen über oon Ergebenheit gegen 
feine Perfon. ptettenbergS Äanbibatur mirb ber (Srjbifchof faum 
ermähnt, moht aber bem Äönig jugefagt hoben, bafj er bei ber 
Regelung ber £>ocf)meifterfrage eine öffentliche Slbfepung beS 
abtrünnigen Sllbrecht unb eine faiferliche Stcf)terflärung hinter* 
treiben unb überhaupt bafür forgen motte, bafj bem ehemaligen 
^odfjmeifter bei ber Neumahl nicht gu nahe getreten merbe. 
©igiSmunbS $auptintereffe in biefer Slngetegenljeit gipfelte in 
ber Perhinberung einer förmlichen fdfjmachootten Slbfehung feines 
ßehnSmanneS unb Permanbten. Sin Unternehmungen gegen 
Sllbrecht, bie bie ©egner nur noch me h r teilen mußten, mar mohl 
auch &em ÖI >n jrnei ©eiten bebrohten liotänbifdhen SNeifter nicht 
gelegen, mätjrenb bie ®eutfchherren in biefer Nietung feine 
NüdEficht $u nehmen brauchten, ©eftimmt nicht in Plettenbergs 
©imt mar eS aber, bafj Planfenfelb oom Könige ben Stuftrag 
entgegennahm, ihn in Nom unb beim Äaifer megen feiner Per* 
binbung mit bem feperifd^en §erjoge $u oerteibigen unb audh 
Sllbrecht biefen $)ienft ju leiften. Pon bem ootten Pertrauen 
©igiSmunbS begleitet unb mit potnifdjen (Empfehlungsbriefen oer* 


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44 Seonib Slrbufom, 

fehen, langte Plettenbergs jmeibeutiger Vertreter etma im Sftooember 
in fftorn an. 1 ) 

®ie beiben anberen ©ejanbten ftanben injtnijc^en in lang** 
nnerigen SJer^anbtungen mit bem SReichSregiment ju Gelingen 
megen ber ^Regalien für ben tiotänbifc^en ÜReifter unb mit ben 
2)eutf(^^erren megen berfelben Angelegenheit unb ber ^Regelung 
ber DrbenSfachen. S3eim ^eutfchmeifter mürbe ihnen fofort mit 
bem üielbefchtienen allgemeinen SBerbacht gegen Plettenbergs 
Äatholijität aufgemartet: fie entfchulbigten ihn, ber Pifdjof 


v 0 Pgl. Planfenfelb an Plettenberg, SBilna, 1526 Slug. 7 (PeichSatd)iö 
ju ©tocfholm, fulbebranb) unb ben Sfchenbachet Pejefj non 1527 guni 16 
(2Bien»|>iIbebranb) unb 2)ogiel 5, Pr. CIII (1526 ©ept. 7), Karge a. a. D. 
©. 425, Sinnt. 1, Pota a. a. 0. ©. 343 unb baju Act» Tomiciana 8, Pt. 35, 
©. 49 f. [1526] 9Jtai 15, fornie über bie allgemeine bamalige Haltung König 
©igiSmunbS Pierlitfg S. J., La Russie et le Saint-Sifege ©.299. 307 ff. 
Übe«berget, Öfterreicf) unb Pufjlanb, 1, 1906, ©. 187. 195. 204 —208. 
209—211. — Unterljanblungen PlanfenfelbS mit ©igiSmunb megen bet 
$od)meifterfrage finb belegt burd) ben ©fchenbacher Pe§efj, Priefe PlanfenfelbS 
an Kronberg non 1527 gebt. 19 unb 20 unb ®ietTid)S non fiafjlach an 
Kronberg non 1527 gebt. 28 (SBien unb Peid)Sarchiö ju ©todbolm, §übe* 
branb; ©d)nöting a. a. D. ©. 78. 114, Sinnt. 339) unb baS Schreiben eines 
SlnoupmuS [aus SSenebig ?] an^ietridj öonftafjlach [1527 ca. gebr./SPärj], 
(2Bien*$ilbebranb). Sin m. 9P. n. nici>t jutreffenbeS Urteil über ben ©inn 
non PlanfenfelbS bamaligen Perljanblungen mit ©igiSmunb betreffs 
PufjlanbS fallt Sl. PerenbtS, Paltifche SPonatSfchrift 54, 1902, @. 360. 

gnbepg auf baS rüdhaltlofe Vertrauen, baff man in Polen feitbem 
auf Planfenfelb fefcte, finb folgenbe Priefe äufjerft fennjeid)nenb: König 
©igiSmunb an Siemens VII. unb florenjo Pucci (feiner 2, Pr. 478, ©. 446, 
SBatfdjau, 1526 ©ept. 9; ein anbreS Schreiben im PeichSardjib ju SPoSfau, 
jpilbebranb). Karbinal Sorenjo Pucci an König ©igiSmunb, Pom, 1526 
2>ej. 7 (jugleid) ein Peleg für PlanfenfelbS Slnfunft in Pom) unb Sornidi 
an Planfenfelb [1527 gebr. 18—24] unb 1527 Slpril (befonberS djarafteriftifch). 
Acta Tomiciana Pb. 8, Pt. 99, ©. 136, Pb. 9, Pr. 51. 116. ©. auch <StQiö- 
munbS gnftruftion für SlnbreaS ©orfa, poln. ©efanbten an ben beutfdjen 
PeichStag [1527 grühjahr]: megen ber Sntfchulbigung beS Königs inbejug 
auf bie Ummäljung in Preußen foü er fich an Planfenfelb hatten unb 
beffen Unterftüfcung erbitten, Acta Tomiciana 9, Pr. 115. 177. Padj $erjog 
Sllbred)tS Perbächtigung foü Planfenfelb fid) auf bem PegenSburger Peid)S- 
tage freilich gerabe in entgegengefefcter Pichtung betätigt hoben (ogl. Stlbrecht 
au ben polnifchen König, 1527 Oft. 18, Acta Tomiciana 9, Pr. 312): aber 
biefer PeichStag hotte überhaupt nicht ftattgefunben. 


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Plettenberg. 


45 


^enttarnt jebod) nur mit geteiltem Derben. 2>emt er gehörte ju 
ben fanatifdjften SRömlingen in Siolanb, bie, mie audfj ber Äorntur 
$u Rellin, oor einem Umfall Plettenbergs nad) ber lutfjertfdjen ©eite 
gitterten unb if>n burdf) Sitten uttb §albe 3>rof>ungen gegen fe^erifefje 
Serfüljrung feft ju machen fugten, ©in überflüffigeS Seginnen, 
baS aber geigte, maS man in ber allgemeinen ©rregung über ben 
Abfall beS £>ocf)meifterS aud) bem SJteifter in Siolanb jutraute. 1 ) — 

Sei ben Unterkühlungen megen ber $Reid)3belef)nung mar 
non Äleen menig Seiftanb $u erlangen, unb fjinjtctjtlid) ber 
DrbenSangelegenkit [teilte fid) jefct als fieser lje raug , bofe ber 
®eutfd)meifter, obrnot)! bie oier ekmate preufjifdjen Kammer* 
baUeien nod) nid^t enbgültig in bie neue Drbnung gefügt 
Ratten, als oorläufigeS Oberhaupt beS ganzen OrbenS aufgefteflt 
mar unb auf bie Anerfennung ber Siolänber nebft einem Seitrage 
bon 3000 ©ulben für ben biplomatifd)en $ampf gegen Albredtjt 
rechnete, fobafj alfo betreffs ber Sftadjfolge im 4>odf)meiftertum bie 
55Deutfcf)t)erren ben Abfidjten plettenbergS fd^on meit juoorgefommen 
maren. Sifcfjof Sftonneberg, obmot)! eine Äreatur plettenbergS, 
fteßte fief) aber auf einen gan$ anberen «Stanbpunft als fein 
Auftraggeber, inbem er bem 2)eutf<f)meifter non oornljerein in 
ber ©rneuerung beS $od)meifteramtS unb in allen fonftigen 
DrbenSfadjen bie erfte «Stimme unb ^auptentfd^eibung überliefj. 
®ieferl>alben unb $ur Sornaljme oon Änberungen im DrbenSbudj 
— hierauf gingen plettenbergS Abfidjten megen einer „Reform" 
beS ©eutfd&en OrbenS — fdjlug er Äleen eine Serfammlung 
beutfd&er unb liolänbifdjer DrbenSoertreter in Sübed oor. 3)eren 
Sefdjlüffe foUten bann oon papft unb Äaifer beftätigt unb fomit 
ber ganje Drben auf erneuerten ©runblagen gefidjert unb befeftigt 
merben. hinter ber Antmort ber 5E)eutfc^^erren, bie im allgemeinen 
juftimmenb lautete, ben Termin ber Serfammlung aber IjinauS» 
fdfjob, ftanb boclj nur ber Sßunftf), bie unbequemen Anträge auf 
bie lange San! ju fdtjieben, bis bie DrbenSfadfje oom ßaifer nad^ 

0 Pgl. 93ifcf)of Hermann an Plettenberg, §ilbe3ljeim, 1526 SJi oö. 15 
(8teid)$ard)iö ju ©todfjolm, §ilbebranb; togt. beSfelben: Arbeiten für baS 
Siö-, <£ft- unb Surlänbifcfje Urlunbenbucb 1875/76, Stiga 1877, @.30); 
SBetbung ©djneebergä beim 3)eutfdjmeifter unb beffen Antwort, Rotenburg 
1526,0tt.25, tigt. auch Plettenberg an Steen, 1526 9tot>.18 (SBien»$itbebranb). 


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46 


Seonib Sltbufow, 


ifircnt ©inn erlebigt würbe. 1 ) $)enn gerobc bamatS befdjlojj ein 
Äapitel gu 2Rergentf)eim (16. 3)eg. 1526), ben faifcrlid^ctt §errn 
gu bitten, bajj er bie Slbminiftratur beS $o<hmeifteramtS, gernäfi 
ben DrbenSftatuten, fortan auf ben jeweiligen 3)eutfchmeifter 
übertrage, benfelben als Stbmintfirator bestätige unb alle ÜDtitglieber 
beS DrbenS gum ®ef)orfant gegen it>n antjalte — alfo aucl) ben 
SKeifter in ßiölanb unb feine ©ebietiger. 3n berfetben 3 e ^ 
trat ber wenig energifdje Äleen, ber fid) ber allgemeinen Sage, 
wof)I aucl) ben SReformationSwirren gegenüber, nidfjt geworfen füllte, 
oom 5tmt gurüdE, unb an feiner ©tatt würbe ber gielbewufjte 
unb fraftüoUe Sßalter oon Äronberg gum 2)eutfd^metfter unb 
Slbminiftrator beS ^>odf|meiftertnm§ gewählt.' 2 ) SefctereS bebeutete 
aber eine Kare Sßerlefcung ber ÖrbenSftatuten unb ber $Recf)te 
ber ßiolänber, ba baS £ocf)meifteramt oon jetjer nur oon allen 
brei DrbenSgweigen gemeinfant, auf einem ©eneralfapitel, Befefct 
werben burfte. SRidEjtig war frei lief), bajj nach ben ©tatuten ber 
3)eutfchmeifter ben erften Slnfprucf) auf bie ©tellöertretung beS 
oberften Raupte? tjatte. 35er StmtSantritt ÄronbergS bebeutete 
für baS §ergogtum 3llbrecf)t£ {ebenfalls eine (Srfwhung ber (Gefahr, 
für ^lettenbergS Slbfid^ten aber ebenfalls eine Peränberung ber 
Sage gum Schlechteren. 

SRur bie Erwerbung ber Regalien fam bamals gum glüdftidfjen 
Slbfchlujj. 3)aS ^^Xitiger SReichSregiment erteilte fte bem lit>länbif<f|en 
äReifter am 24. SDegember 1526, bie feierliche Belehnung beS neuen 

*) Pgl. bie Porfchlfige be$ S3tf(^ofö ^ermann öon Slurlanb unb 
Sfriebrid^ ©d)neeberg3 an Äleen, gelingen 1526 S)ej. 8; „§anblung be$ 
ÄapitelS ju SJtergentheim," 1526 ®ej. 17. SBift^of non Äurlanb an ben 
®eutfcf)meifter Stleen, ©fjlingen 1526 ®ej. 29 (erfährt üon StleenS Pücftritt 
erft int lebten SDtoment). ®eutfchtneifter ftronberg an SBifd^of Hermann, 
1527 3an. 10 (in ber Drbenöfadhe bürfe nid)t3 übereilt werben). Söifc^of 
fiermann an Plettenberg, fiilbe^eim 1527 ÜDlärj 15 (um bie Drbengfadjen 
„ba§ oberfte fiaupt belangenb" hat er fid) nicht mehr gefümmert, aber fein 
Pat fei fo, wie ©chneeberg ben Weiftet injttiifchen unterrichtet haben wirb; 
möchte gern in fein Stift jutfief unb alle Sachen bem ©r^bifchof Planten* 
felb überlaffen, hat auch eine genügenbe Pollmacht ufto.) — SEßien unb 
SReidjSarchto flu ©todljolm, fiilbebranb. 

*) Poigt a. a. D. 2, ©. 28 f., ogl. Sarge a. a. D. ©. 407. £>. fiamacf, 
ßiotanb als ©lieb be8 ®eutfd)en PeichS, fßreufj. Saljrbb. 1891, ©.385, 
unb banach Sarge a. a. £5. ©. 410 haben ba8 unrichtige 2>atum 1$27 ®ej. 24. 


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Plettenberg. 


47 


ifteichgfürften blieb ober bet nächften Stnwefenheit beg Äaiferg in 
2)eutfcf)lanb oorbehalten. 2)er engfte ftaatgredjtliche Slnfchtufj beg 
liolänbifd£)en Drbengjweigeg an bag Sftömifche Sfteicf) war aber nun 
bewirft, unb Plettenberg burfte feine Hilfe $um Söeftcn beg Sanbeg 
in Slnfpruch neunten, greitidh war auf realen SBeiftanb non 
bem oerfaHenben, frafttofen ©eich in jener $eit nur ferner 
ju rechnen. 3)o<h bei piettenbergg ©eftrebungen larnen, 
neben ibealen SSorfteHungen, bie mit ber geheiligten ©eicljggewalt 
immer noch jufammenhingen, auch ©ücffidhten auf feine «Stellung 
in Siolanb, gegenüber ben Prälaten, fowie auf jenen ÄrieggjoU 
oon Äönig 3Raj in Betracht. Neffen Umwanblung in einen 
„ewigen" gelang jebodfj nicht: man wieg bie ©efanbten an ben 
Äaifer. ©ie erlebten übrigeng noch e we ©nttäufdhung. 2)enn 
bie Regalien füllten in ber SBeife oerteilt werben, bafj ber ÜReifter 
bie bem ©eicf)e als beffen gürft fchulbigen 2>ienfte in Siolanb 
felbft, burch bie Abwehr ber Ütuffen, ableiften bürfe. Slber in 
ber SluSfertigung beg ©eicf)gregimentg fanb fich trofc aller protefte 
hoch bie ©eftimmung, bafj Plettenberg ju allen ©eidf)3auflagen 
unb »aufgeboten in berfelben SBeife, wie bie übrigen ©eicf)gftänbe, 
verpflichtet fei, unb bie Slbänberung biefer Älaufel rnufjte weiteren 
Bemühungen oorbehalten bleiben. 1 ) — 

©in ©ingreifen ber oberften Rauptet ber ©hriftenheit in bie 
Ungetegenheiten beg Orbeng $u oeranlaffen, war bie Hauptaufgabe 
beg gelliner Äomturg ©raüe, ber fid) nach feinem erfolggefrönten 
Sluftreten in ©om jum faiferlichen Hoflager in Spanien auf* 
gemacht hotte. H* er muffte er aber in ber perfon beg oielgewanbten 
polnifchen ©efdf)äftgträgerg Johann glad}Sbinber gen. ©antifeug 
auf einen hcwtnäcfigen ©egner treffen, glachgbinber oertrat, in 
Übereinftimmung mit ber feit bem $rafauer ©ertrage beftehenben 
polnifdh-’preufjifchen 3>ntereffengemeinf<haft, neben ben Singelegen* 
heiten ber ßrone polen auch biejenigen beg preufjifdhen H cr 5°9^ 
greilicfj war ÄarlV., feit Paüia auf bem Höh^punft feiner ©focht, 
nnb burchbrungen oon ber Slufgabe, ber Schirmherr ber ganzen 
fatholifchen Sache ju fein, über ben fefcerifchen Sltbrecht h^dlft 


>) Seiten im SBienet Strrfjio, #ilbebranb. Sgl. aud) SRitteilungen 
auS bet Itolfinbifdjen <Sefct)id}te 2, <5. 508f. Sfr. 10—12. 


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48 


Seontb Ülrbufow, 


aufgebracht. Neffen ebenfalls üerbädjtigem polttifchem SehnSherrn 
burfte er feboch im £>inblicf auf bie Stellung feines SruberS 
$erbinanb, tro| SigiSmunbS SSKacfjcnfaften in Söhnten unb 
Ungarn, aud) nicht ju nahe treten. 1 ) immerhin mar bie 
Stimmung beS ÄaiferS gegen $er$og Sttbrecht fd^Ied^t genug, 
unb um fo gnäbiger gegen ben treugebliebenen Xeit beS 2)eutf<hen 
DrbenS — nur, bafe ßartS SBohtmolten fcfjtie^tich hoch nid^t in 
einer fjörberung ber ßrnede ber ßiotänber jurn SluSbrud fam. 
SDenn mit Stettenbergs Seftrebungen, Einftufj auf bie ©eftaltung 
ber S)inge im Drben unb bie ifteumaht eines £od)meifterS ju 
erreichen, fonfurrierten erfolgreich bie ©eutfchhcrren, bie in bem 
banaler Salthafar üflterllin, ißro’pft oon SBalbfird), if)r Sprachrohr 
hatten, SUeen hatte, oon ben Stbfidjten beS liolänbifchen ÄomturS 
unterrichtet, am Äaiferhof rechtzeitig oorgebaut. 3tu<h mar 
Stettenberg megen feiner angeblich unfidjeren firchlidjen Haltung 
bort fo oerbädjtigt morben, bafc ber Äaifer bem 2)eutf<hmeifter 
ermähntermafjen eine befonbere Stufficht über ben Drben in 
Siotanb anbefohten hatte. Stuf Intrigen biefer Strt fpiette 
Sifdjof Hermann oon Äurtanb mahrfcheinlich an, menn er 
Stettenberg fchrieb: ber 2)eutf<hmeifter überfenbe ihm moht 
(Srtaffe oon S a Pft «ob Äaifer, fage babei aber nicht, auf metdje 
SEBeife fie auSgemirft unb mie bie beiben Häupter ber ©haften* 
heit informiert morben feien. 2 ) SDer Jetliner Äomtur muffte alfo 
mit ftarter Voreingenommenheit regnen. S)ie marme päpftttd>e 
Empfehlung nü|te ihm moht menig, ba baS Verhältnis jmifchen 
EtemenS VII. unb bem Äaifer fich feit bem Stbfd)tu| ber Siga 
oon Eognac beftänbig oerfd^Ied^tert ^atte unb in Italien atSbatb 
ber Ärieg auSbradh- 2)antifcuS fah ber Stnfunft beS neuen 
ffeinbeS oon. §erjog Sttbredft mit großer SRuhe entgegen. 3)ie 


*) 3SgI. Äarge a. a. £>. ©. 414 f. 

*) SBifd^of Hermann ott Plettenberg, §ilbeSheim 1526 ÜJtoö. 15. 2>iefe 
SDtanbate waren wohl bie „Äopien", bie Plettenberg in feinem Schreiben 
an Äleen non 1526 S?ot>. 18 (Antwort auf ÄleenS Schreiben Oom 6. ©ept.) 
als eingetroffen erwähnt. (2Bien»$ilbebranb). Über biefe im $ejt er« 
»ahnten SDtanbate ÄarlS V. unb (£Iemen3 VJ3. tonnte ich nichts feftfteHen. 
Unter bem päpftlichen ©rlafj »irb man bo<h taum baS oben erwähnte ©reoe 
oon 1526 Qan. 21 wegen ber Sßahlfrage oerftehn bürfen. 


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Plettenberg. 


49. 


erften 5Kad)ridjten erlieft er, etma nod) SUiitte Oftober 1526, üon 
einem feiner Wiener aus Sufignan (ber Komtur reifte alfo über 
ftranfreitf), um, etma oon Sa fRod^eHe, ben Seemeg nach Spanien 
ZU nehmen): „eS fei ein ©reis aus Siolanb auf bem Sßege, um 
über Sllbrecht unb ben polnifchen Äönig Älage ju führen; biefer 
habe Sttbredjt, ben Stedten beS Steiges jumiber, jum ^erjog 
gemalt, toaS bodj allein beim Äaifer ftef)e." Studj beS §erjogS 
©ruber, ber SDtarfgraf Sodann Sllbrec^t, ber feit bem Safjre 1525 
Zur ©ertretung ber branbenburgifcf)*preufnfcfjen Sntereffen am 
Äaiferhof rneifte unb mit bem polnifchen Stefibenten enge 
©emeinfd^aft unterhielt, befam eine Sßarnung, freilich aben= 
teuerlich entfteflt: „ber neu. ermählte SDteifter (!) beS DrbenS 
rnerbe mit Älagen über ^erjog Sllbrecht nach ©ranaba fommen." 
So fonnte fich alfo bie ©egenpartei rechtzeitig oorbereiten. 1 ) 
ffach betzögerte fich ©taoeS Stnfunft beim Äaifer noch minbeftenS 
bis in ben Slnfang beS SahreS 1527, fobafj er fchliefjlich crft 
etma im Februar in ©aHabotib eintraf. Unb bann fonnte er 
mit feiner SDtiffion gegen bie eifrige Xätigfeit garnid)t auffommen, 
bie bie ®eutf<hhrcren mit Unterftüfcung ber faiferlidjen State unb 
einiger ftreng fatholifcher beutfcher dürften, n. a. Heinrichs bon 
Staff au, ihrerfeitS gegen Sllbrecht entfalteten. SDem gegenüber 
hatte Äart V. natürlich menig Suft, in ber fchmierigen preufjifchen 
grage unb erft recht megen ber $ochmeiftermahl, mo bie ©eutfdj* 
herren ihre befonberen $iele bem 5lnfu<hen beS SiblänberS 
entgegenftellten, eine ©ntfcheibung zu fällen. 3h m toaren bie 
liblänbifchen ßuftänbe nur in gefärbter ©arfteUung befannt, unb 
er befai für bieS meit abgelegene Sanb, menn überhaupt, nur 
ein minimales Sntereffe. @r lieh baljer ben SDteifter nur feines 
SBohfmoHenS berfichern unb berfprach baS ©efte für bie ßufunft, 
fobalb er mieber nach 3)eutfchlanb fomme, moran ihn ber Sßapft, 
$ranfrei<h unb anbere $einbe bisher gehinbert hätten. 2 ) Über 


*) $>anti3cu3 an Jtönig ©igiSmunb, ©ranaba (1526) ®ej. 6. 
Acta Tomiciana 8, 9fr. 258, ©. 374. 

*) Xljeobor ©djiemann, 9iegeften öerlorenet Urfunben au§ bem alten 
liblänbifchen OrbenSardjiö, 9Kitau 1873, ©. 29 f. 9fr. 86, ögl. ebba 9fr. 
83—85, SJaHabolib, 1527 [2Rärj 1?]. Sögt, übrigens aud) £. Slrbufo» sen., 
9t!ten unb SRejeffe 3, 9fr. 247, ©. 643 unb 9fr. 248, 5 (ein anbereS faiferlicbeS 

«$r. o. f. SR. 8«, 2. 4 


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$0 Seontb Slrbufoto, 

$aS SRefultat öon ©raöeS 3Jiiffion urteilte nach feiner Greife im 
Anfang beS 2Rärg ber polnifche ©efanbte: „er hat überaus fernere 
Auflagen gegen ben $ergog oon ißreußen oorgebraeßt unb mancherlei 
$ilfSforberungen an ben Kaifer geftellt, jebodf) nichts ermatten. 1 * 
35aS mar richtig. Sßotgebrungen glaubte ber Komtur fid) fogat 
mit Empfehlungsbriefen beS 3)antiScuS, ber bodf> fein politifcßer 
Eegner mar, für freien 35urdf)gug bureß bie fianbe beS polnifdfjen 
Königs öerfehen gu müffen, ba ihm ber Sßeg burdh Sßreußet* 
oerfcßloffen mar. |jier hat man ihm feine Anliegen beim Kaifer 
gegen Albrecßt nodh 3ahre lang nadfjgetragen unb fie als gegen bie 
ÜKajeftät beS potnifchen Königs gerichtet bargeftellt unb auSgenupt. 1 ) 

3n IRom, baS als potitifdher ©renrtpunft beS AbenblanbeS 
bamals bo<h nur an gmeiter ©teile ftanb, hatte ingmifdhen ißletten* 
bergS britter ©efanbter, Ergbifcßof ©lanfenfelb, eine fieberhafte 
$ätig!eit entfaltet. Er mar h^r in feinem Element. ES fiel 
ihm nicht fdijmer, gute alte ©egiehungen mieber aufgufrifdhen. 
9Kit $ßapft ElemenS VII. hatte er, als jener nodh Karbinat*©ige=> 
tangier unb ©rotettor beS 2)eutfd£)en DrbenS gemefen mar, in 
nahem häufigem ©erfehr geftanben. 3n lebhafte Unterhanblungen 
trat er auch mit üerfdhiebenen Karbinälen, u: a. auch mit bem ihm 
gleichfalls mohlbetannten unb einflußreichen pöpftlichen 2)atar 
ßorengo Sßucci, Sßroteftor beS Königreichs Sßolen. Auf beffen 
^reunbfdhaft tat er fi<h offen etmaS gugute, mie biefer feinerfeitS 
in ©riefen nach $ofen auch ©lanfenfelbs großen Eifer für König 
©igiSmunbS Angelegenheiten rühmte, obgleich « bem Ergbifdhof 
im bergen „fpinnefeinb" gemefen fein fall. 2 ) ®a bie Sntereffen ber 

Dlanbat). $ie Bei ©ebnöting o. a. 0. @. 87 unb @. 115, Sinnt. 873 erwähnten 
Sßanbate Äarl$ V. an ißlettenberg Don 1528 ©ept. 8 unb an bie ©tobt 
dtiga oon 1527 ftuli 5 ftnb mir unbelannt, unb id) tarnt nichts über fie 
feftftetten; ti fällt aber auf, baff fie anfdjetnenb beibe auf ben „neuen (Stj» 
bifdfjof" SBejug nehmen f ollen, wäljrenb ©lanlenfelb erft im ©ept. 1527 
geftorben ift. 

*) 3»h- ®anti8cuS an König ©igiSntunb, ©aflaboltb, 1527 SJlai (». 
Acta Tomiciana 9, 5Rr. 149, Dgl. ©b. 12, Ar. 419, ©. 393 (CSnbe 1530). 

*) {ßueei an König ©igiSmunb, {Ront, 1526 2)ej. 7, Acta Tomiciana 8, 
Ar. 99, @. 136. AmbrofiuS Don ©umppenbetg an Dietrich Don &afjtad), 
[Aom?J 1527 SRärj 1 (SBien«#iIbebranb. ©gl. ©iftungöber. b. Oefett» 
fäaft f. ©efö. u. «ltertum$funbe ju {Riga 1912, ©. 355 {Rr. n. 


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Plettenberg. 


51 


beiben Auftraggeber, für welche ber liolänbifc|e ©efanbte arbeitete, 
einanber juroiberliefen, uralten Äonflilte freilief} nafjeliegen 
2Bä|renb er mit pucci jufammen beim Papft feine polntfdjen 
Aufträge erlebigte, unterljanbelte er an ber Äurie gleicfijeitig über 
ein Abfontmen, baS bem 2)eutfc|en Orben feine Raufer in fRont 
unb in anberen italienifdjen ©täbten, feine römifefjen Arcfjioalien 
fotoie gewiffe, bem «Statthalter ber DrbenSballei ßombarbien 
Dietricfj oon |>a|tacf} entfrembete Pefipungen raieber oerfefjaffen 
feilte, unb bgl. m. Äurj, er umgab fic| mit einem bidfjten SRebet 
oon (Sefcfjäften, bie alle baju beftimmt waren, feinen ^auptjmecf 
j. X. ju beförbern, 3 . %. ju oerbeefen. 9lur für bie Peftätigung 
ber SBolmarer Unterwerfungsafte tat er nichts, ja, er fall einer 
folgen fogar entgegengearbeitet laben. 1 ) 3 n ber i|n am meiften 
intereffierenben fjrage ber Nachfolge im £>oc|meifteranit aber 
gelang eS ©lanfenfelb in ber iat, bie natf) jebem biS|erigen 
Anfto| aus ßiölanb immer raieber in ßet|argie oerfaHene Shtrie 
abermals aufourfitteln unb ju ©(|ritten $u oeranlaffen, bie o|ne 
fein Antreiben nie gefc|e|en raären. ©eine entfdf)etbenbe Aubienj 
beim Papft fanb furj oor bem 28. ÜRoüember 1526 ftatt. §ier 
bat ber (Srjbiftlof um ÜJ?a|tegeIn jur Rettung beS SDeutfcfyen 
OrbenS oor oöUigem Untergang unb rairb babei, feinem Auftage 
gemä|, bie !irc|Iic|e £reue Plettenbergs unb feine ooUfommene 
©c|ulblofig!eit an bem Abfall beS $odQmeifterS ins befte Sicht 
gerürft |aben, raorin i|m ber Komtur ju $eHin bereits oor* 
gearbeitet |atte. 2)ie Porwürfe gegen ben Iiolünbifc|en äWeifter 
|aben fich auc| ni(|t me|r wieber|oIt, aber genau raie feinerjeit 
©raoe, fo rief auc| SBlanfenfelb burc| bie @rwft|nung beS 
abtrünnigen Albrecfjt einen heftigen $ornauSbruc| beS lebhaften 
papfteS |erOor: „9Bie |at boc| euer $oc|meifter @|re unb Abel 
raenig bebaut/ rief er auS; „wir raiffen leinen befferen Ütat, 
als einen gro|en dürften in ben Orben ju fepen; ber möge i|n 
er|alten"! SRic|tS lonnte Planlenfelb weniger paffen. ©r 
erwiberte, ber 5£itel laffe fich oüetbingS oerlei|en, ber ©tanb 
eines $odfjmeifterS bagegen nicht, ba baS DrbenSlanb Preu|en, 

*) ©djnöring a. a. 0. ©. 78 unb @. 113 Änm 336. Jriefe roidjtige 
Utfunbe (Snfhruftion Plettenberg« für ©raöe unb ©djneeberg, 1528 grüb« 
labt) ift mir letber nid>t jugönglid). 

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52 Seoitib Ärbufo», 

att bcm er bisher gegangen habe, nic^t mehr üorhanben fei: „3h r 
meint alfo, fragte ber Sßapft, man tönne feinen $odhmeifter ein* 
fefcen, meit man fein Sanb als ©i| für ihn habe? Slber ment 
übertragen mir bann baS Slmt?“ Btanfenfelb führte barauf auS: 
es gebe noch jmei SDfeifter beS OrbenS, einen in $>eutfd£>tanb, ben 
anberen in Siotanb; aber tnbejug auf ben erfteren hege er Be* 
benfen, ba biefer fein eigenes $ffrftentum unter fid^ habe, feine 
Bedungen oielmehr unter ber ©cf)irmf)of)eit üerfefpebener dürften 
unb ©tänbe jerftreut tagen. Stufjerbem müffe er inbejug auf 
bie ßiütänber beforgen, bafj fte, mie frühere Borfälle genugfam 
teerten, einen auSmärtigen ^oc^meifter überhaupt nicht bei ficb» 
aufnehmen mürben. ^Darauf fragte Siemens, ob ber Imlänbifcfye 
äfteifter fetbft bie SBürbe beS |>ochmeiftertumS aufrecht ju ermatten 
oermöge. Btanfenfelb fagte: „©eine Sage ift fdjmierig: baS Stmt 
bringt biet S^re, SBürbe, 9ftüf)e, aber feinen Sftupen," aber er 
erftärte meiter: menn ber ißapft in biefer fjrage mit bem faifer 
übereinfäme, mürbe ber fünftige ^od^meifter baran eine ©tüfje 
haben. ©efcf}icft informierte er barguf ben ^eiligen Später, mie 
ber 2)eutfd(je Orben jum Qmtd beS Kampfes miber bie Ungläubigen 
geftiftet unb aus biefem ©runbe feinerjeit nach Breufjen oertegt 
morben fei. Sefct begriff ber ^ßapft. „@o hat alfo," liefe er fich 
oerne^men, „jept ber SJieifter in ßiolanb mehr Stnrecfjt auf baS 
§ocf>meiftertum, atS ber Steiftet in $Deutfcf)tanb!"') 2)aS mar 
gerabe bie Meinung, ju ber Btanfenfelb ben ^ßapft bringen 
moltte. 2)iefer übermieS barauf bie ftrage an baS ÄarbinalS* 
fonfiftorium unb befteltte $u ihrer Bearbeitung in ber ©ifcung 
oom 28.0looember eine ©pe^iatfommiffion, beftetjenb aus ben 
brei farbinäten Stntonio ÜKaria be SKonte, Bifdfjof oon B orto 
unb Stubitor ber apoftolifd^en Äammer, Sorenjo Sampegi, 
BreSbpter an ©t. ST^omaS, bem befannten ehemaligen Segaten, unb 
BautuS be SefiS, 2)iafon an ©t Suftadfjii unb päpfttidjem Broto* 
notar. 2 ) Btanfenfelb ftüpte fich befonberS auf ben Äarbinal 
be ÜJtonte, ber bie ?ßropofition ber ©adfje oor bem fonfiftorium 

l ) Sufjeic^nung be§ OrbettSfanjlerS Soreltit nadj ÜJittteitungen 
931anlenfelb$ beim ju ®fdjettbad), 1527 Suni 16 (SEBien*§ilbebrattb). 

•) Sgl. «Paftor a. a. D. IV, 2, 1907, 6. 404 «nm. 1. 


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Stettenberg. 


53 


hatte, 1 ) babei einßeitgenoffe unbSefannter aug feiner eignen römifchen 
^rofuratorjeit war, ebenfo wie Sßaulug be ©ejig. 3m Äonfiftorium 
oom 14. Sanuar 1527 braute ber Äarbinal be SDtonte bag ©ut* 
achten ber Äomntiffion ein: ba ber $ocf)meifter Sttbrec^t ßaie 
geworben fei, fief) jum £er$oge gemalt, fogar ein SBeib genommen 
i>abe, worin ihm Diele Komture nachgefolgt wären, fo fei bag 
fpodhmeifteramt alg üafant anjufehen unb einem onberen $u oer* 
teilen. 35er sßapft oerwieg bie ©ad)e an bie Äommiffion jurücf, 
um ihm, nach erneuter SRücffpradje mit ölanfenfetb, bef>ufg 
Söefdjlufjfaffung abermalg $u berieten. 2 ) ©in Seil ber ßarbinäle, 
oor allem bie juriftifdjen Öeud)ten, oertraten nun ben ftrengen 
©tanbpunft, baf$ Albredht im SSege 9ftecf)teng oorjulaben unb ju 
oerf)ören, ober aber, falls er nidf)t erfdjetne, in contumaciam feineg 
Amteg oon fRed^tg wegen für oerluftig ju erflören fei, et>e ein Sfatch* 
folger mit feiner Sßürbe prooibiert werben !önne. Sarauf aber 
tonnte SBlanfenfelb fief» fchon Wegen feiner Abmachungen mit Äönig 
©igigtnunb, ber feinem Sehngmann bie ©darnach einer förmlichen 
Abfefcung erfparen wollte, auf feinen $atl einlaffen. 3n biefer 
^inficht h otte er wahrfdheinlidh auch ^ en Äarbinalproteftor ber 
Ärone ißoten, ben fchon erwähnten Äarbinal $ucci, fidherfteHen 
mtiffen, eg aber anbererfeitg oieUeidht felber hinter trieben, bafj 
biefer an ber ^ochmeifterfache ju fehr intereffierte SBürbenträger 
in bie Äommiffion hioeinfam. Ser ©r-jbifchof ftetlte ^ßapft unb 
Äarbinäten oor, baft ein fo rigorofeg Verfahren nadh bem Such* 
ftaben beg ©efefceg nur bag furfürftlidhe £>aug Sranbenburg fdhwer 
oerlefcen, bem Seutfcfjen Drben nur SBiberwärtigfeiten bereiten 
unb für bie fianbe Siotanb nur allerlei ©efahren nadh ftch jiehen 
würbe, ©r liefj feinerfeitg (wohl burd£> be 2Ronte) beantragen, 
bafj ber ^ßapft aug eigner Sewegnig unb fraft feiner oberften 
©ewalt, bie ihm über ben geglichen SRitterorben juftehe (alfo 
ohne förmlichen Sßrojefj gegen Albrecht) bie SEBaht eineg neuen 


*) «itS Sroponenteu berjeicf)net iljn ©umOpenbetgS Schreiben an 
$aj}lad) öon 1527 SKärj 1 (SBien«$ilbebranb. ®gl. ©ifcungSber. b. ©efetlfd). 
f. @efd>. u. Mit. 1912 a. a. £>.). 

*) «tu$ bem S3ati!anifct)en Streit) ju 9tom, Acta Cand. 2 fot. 125 a, 
mitgeteilt üom Steu|ifc^en §ift. Snftitut in 8tom (1913), im «tuSftuge auch 
gebr. $ei Äalfoff a. a. 0. @. 192. 


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54 


Seontb Ärbufom, 


4?odjmeifterS anorbnen möge. (Sr berief ftdf) bafür auf bie am 
31. Januar beS ©orjafjreS bom Äomtur $u Rettin auSgemirften 
Söreben, bie er beit ßarbinäten in Äopie borfteUte. 1 ) SBafjrfdjein« 
tiefe gelangte bie ©adfee in einer ©ifcung beS ÄonfiftoriumS am 
21. Januar 1527 jttr abfcfeliefeenben ^Beratung, 2 ) too bie Äarbinäle 
bie SBreben prüften, aber entfliehen, bafe fie ficfe nur auf eine 
ßufammenfunft ber treugebliebenen ©ebietiger jmecES Rettung beS 
2)eutfdfeen OrbenS bor bem Untergang bezogen, aber nicfet aus* 
brüdlicfe bie äßafel eines neuen $odfemeifterS anbefafelen. 

SDaS Sßeitere jeigt, bafe baS Äonfiftorium, mie es meiftenteils 
$u gefcfeefeen pflegte, bem ^ßapft felbft bie te$te (Sntfdfeeibung 
anfeehnftellte, unb biefe fiel gan$ in SBlanlenfelbS ©inne aus. 
tim 21. Sonuar erliefe (Siemens VII. brei bie $od)meifterfrage 
regelnbe ©reoen an beit 2)eutfcfemeifter, ben SWeifter in Siblanb 
felbft nnb ben faiferlicfeen ©tattfeatter Äönig gerbinanb. bereits 
einmal, erflärte ber fßapft barin, feabe er bie ©ebietiger aufgeforbert, 
9Kafenafemen jur (Srfealtmtg beS $>eutfcfeen OrbenS $u ergreifen 
(nämticfe auf tlntrag beS gefltner ÄomturS ©rabe), aber immer 
nocfe nicfet bernommen, bafe fie einen &odfemeifter ermäfett feätten. 
tlber er molle nid(jt, bafe ber Orben ofene ein oberfteS $aupt 
bleibe unb »eiteren ©cfeaben nefeme. 2)arum ermafene er hiermit 
bie SDJeifter in 3)eutfcfelanb unb ßiblanb bon neuem, ficfe fobatb 
mie möglich über bie Söafet eines neuen #ocfemeifterS $u einigen, 
©einer Meinung nacfe — unb bieS mar ber $unft, auf ben 
alles anfarn — folle aber nur ein fotdfjer gemäfelt merben, ber 
$ur Übernahme unb tlufrecfeterfealtung ber feocfemeifterlicfeen SBürbe 
bie genügenbe äftadfet unb aufeerbem feinen ÜBefife in einem folgen 
ßanbe l>abe, mo er gemäfe ben ©etübben beS OrbenS miber 
^Barbaren unb Ungläubige ftreiten unb Kräfte fomie aucfe ©elegen» 
* feeit finben tönne, baS ffteicfe (Sferifti nicfet nur $u berteibigen, 
fonbern aucfe ju ermeitern. 3)iefeS. bor allem füllten bie OrbenS» 
oberen bei iferer SBafet im tluge bemalten, ßum ©cfetufe aber 
brofete ber ißapft, bafe er, menn fie feinen abermaligen bäterlidfeen 


>) 93gt. ben oft erioüJjnten ©f^enbot^et Stejefj oon 1527 gunt t6. 

*) Stad) bem <5. 53 Sinnt. 1 jitierten Schreiben ©um|)|)enbetfl$ tft 
in 3 Stonfiftorien über bte 91n$elegentjeit berljanbelt toorben. 


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Stettenberg. 


55 


SKatynungen feine gölge leiften foUten, genötigt fein würbe, $wecf$ 
Rottung beS DrbenS „ju anberen SDlittetn" greifen. 1 ) 2)eut= 
lieber, atS eS nunmehr gefdjefjen war, fonnte ber Sßapft ben 
Stteifter in ßiolanb nidjt als feinen Sanbibaten für baS £>ocf)= 
meifteramt bejeic^nen. Stber eS fant nun barauf an, wieweit 
feine Sorte ©efjör fanben, unb ob if)r broljenber ion überhaupt 
nodf) eine Sirfung Ijatte. 

Sei bem gekannten ©er^ältniS gwifdjen Sßapft unb Saifer 
fonnte Sari V. in einer fo Wichtigen ©acf)e oijnc Staben für 
biefelbe natürlich unmöglich übergangen werben, unb fo würbe 
feftgefept, bafj bie ßuftimmung beSÄaiferS ^injufommen müffe. 2 ) 
©lanfenfelb felbft Ijatte ba$u geraten, unb ebenfo Waren SßlettenbergS 
©eftrebungen barauf gerietet, bie DrbenSangeIegenf)eiten ber 
©egelung ber oberften Häupter ber (S^riftentjeit ju unterteilen, 
wäfjrenb in ben beutfdjen DrbenSfreifen gerabe bie ffurd£)t ob« 
waltete, ber Drben würbe in feiner oerworrenen Sage mefir, als 
lieb fdjien, unter ben (Sinflufj oon Sßapft unb Saifer geraten. 

$tm 24.3anuar erwirfte ©lanfenfelb, ber injwifdjen oon Steens 
9tücftritt unb SronbergS (grwäfjlung gehört fjatte, ein weiteres 
©rede, in welchem ber fßapft bent jeweils ätteften SanbeSfomtur 
in S)eutfcf)lanb bie Gewalt üerliel), einen gewühlten ©eutfdfjmeifter 
int ülrnt ju beftätigen, wie bieS bislang burefj ben $od(>meifter 
gefdjefyen fei. 3 ) Saf)rfcf)einltcf) fottte biefe ©rljötjung ber ©etbftänbig* 
feit beS beutfdjen DrbenSjweigeS benfelben mit bem Übergang 
beS £odjmeiftertumS nacl) Siolanb auSföfjnen — er füllte fortan 
felbftänbig hafteten —; aufjerbem war offenbar bejwedft, eine 
faiferlidje ©eftätigung beS SDeutfdjmeifterS unnötig ju madjen 


>) ©teidföeitige Äopie be§ SBrebeS bon 1527 San. 21 an ben 3>utfd)= 
meifter im ßrbenSatdjib ju SEBien (£ilbebranb), berj. bei Setenegg a. a. £). 
Kr. 2340 (hier unb bei Äarge a. a. D. ©. 394 mit bem falfdjett S<*l)* 1526). 
SBegeit beS gleidjjeitigen SörebeS an Äönig gerbinaitb bgt. S a ß°t a. a. £>. 
IV, 2, 1907, <§. 404 Slnm. 2. 2)a8 Srebe an Stettenberg fdjetnt fid) nidft 
erhalten ju Ijaben. 

a ) S)a8 fte^t in bem eben ermähnten ©rief ©umppenbergS nnb »irb 
ridftig fein. 

3 ) Sttenegg a. a. £). Kr. 2343 (1527 San. 24), bgt. Äarge a. a. £)., 
aud} SSlanfenfelbS ©rttärungeii im Sfd)enbad)er Keje| bon 1527 Suni 16. 


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56 


ßeonib Slrbufoto, 


bcnn wenn bie 3)eutfd^^erren auf bie Seftätigung ihres SJSeifterS 
am Äaiferbof angewiefen waren, fo fonnten fie bei berfelben 
(Gelegenheit bie SBege ber Siülänber gar ju leidet burebfreujen. 

Diefe Srfolge öerbanfte ber liölänbifcbe Unterfjänbter natür* 
lieb nicf»t allein ber perfönticben ©unft Siemens VII., fonbern 
er füllte bem ^ßapft bafür einen wichtigen Dienft teiften. 1 ) Schon 
längere ßeit nämlich bro|te ©efabr öon ben Gruppen ÄarlS V., 
bie injwifdjen in SRorbitalien ben gelbjug gegen bie antifaiferlicbe 
Siga aufgenommen Ratten, nnb nacfjbem am 30. Januar ber 
Sonnetabte non Sourbon mit ben (Spaniern aus Sttailanb aus* 
geriieft war, um ficb in ber Umgegenb öon pacenja mit ©eorg 
^runbSbergS SanbSfnecbtSbeer ju bereinigen, fd^webte Siemens VH, 
in bitter Stngft um fein glorenj. Son bortber beftürmte man 
ibn febon feit Anfang Januar mit Sitten um Rettung. „Sinem 
auf bob^r See bin* unb bergeworfenen Schiffe öergleicbbar“, fann 
ber $apft auf SJtittel, um $loren$ bureb einen Sergleicb mit ben 
Äaif erlichen öor einem Singriff ju bewahren, unb bat in biefer 
SRot ben f lugen Diplomaten Slanfenfelb, mit grunbsberg $n 
öerbanbeln. SltS Deutfdjer erfd^ien ber Srjbifcbof befonberS geeignet 
baju unb war feinem (Gönner auch ju ©egenbienften üerpfliebtet, 
Siemens beauftragte ipn alfo, feine jur ßeit in glorenj weilenbe, 
bamalS achtjährige Seichte Katharina ÜJZebici neben anberem bem 
berühmten $tev fübrer als ©emablin für feinen Sohn Äafpar an* 
jubieten, ber als Dbrift in äftaitanb ftanb, unb Slanfenfelb über* 
nahm ben Stuftrag wohl ober übel. Stuf feiner ÜJtücfreife rnufjte 
er fowiefo fttorenj paffieren. Stwa Slnfang Februar öerlief* er 
9tom, wo er, wie bisher ftetS, alles erreicht fyatte, was ficb bort 
erreichen liefe. Slber in ^lorenj angelangt, fudjte er ben päpft* 
lieben Sluftrag abjuwäl^en: nicht aus fleinmütiger g^ebt öor 
grunbSbergS freilich fanatifdj Pfaffen* unb papftfeinblicben SanbS* 
fneebten, fonbern eher, weit ihn feine eignen Stngelegenbeiten 
weitertrieben unb ihm überbieS auch feine äftiffion feit ber in* 


') ^unt folgenben »gl. 2. Slrbufoio, „Slmbroftuä non ®untypenbergft 
93ericf)t über eine 9Jtiffion be3 @rjbifd)of3 Sodann Slanfenfelb oon Sigq 
»or ber (Eroberung Som8 (1527)," in ben ©ifcungäber. b. ®efeHf<b- f- ®efdj. 
n. 2llt. ju Siga 1912 ©. 346—366. 


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Stettenberg. 


57 


ZWif<$en noßzognen ^Bereinigung bet beiben faifertic^en ^clb^eere 
(unweit ^iocenjaS, jwif^en bem 7. unb 13. gebruar) mit SRecf)t als 
auSfichtStoS erfcheinen muffte. 

©tanfenfelb war nun in Sftorn mit einem gewiffen AntbrofiuS 
non ©umppenberg jufammengetroffen, einem jugenMicfjen baprifchen 
©lüctSritter unb Äurtifan non feljr jweibeutigem Sf)ara!ter, bet 
nor furjem bei ben furifdjen ©ehörben als ©oßizitator (juriftifdfjer 
Agent) feine zufunftSreiche ^frünbenjäger^artiere begonnen tjatte. 
®r war auch für ben Statthalter ber 2)eutfchorbenSbaßei Sombarbien 
tätig. Auch ©lanfenfelb hotte, mit einem ganz beftimmten gwecf, 
fidt) ber Angelegenheiten Hofetochä angenommen unb über beffen 
italienifcfje ©efipungen, bie jwifctjen Äurie unb Drben ftrittig 
waren, einen ©ergleid) guftanbegebra^t. 2)abei hotte er fich wohl 
mit bem eiferfüdfjtigen unb eitlen ©umppenberg überworfen; er 
war auch mit bem langjährigen ©oßizitator beS DrbenS, Sohann 
©hriftmann, ben er bei feinen ©erljanblungen mit bem Sßapft 
wegen ©lettenbergS Saht gebraudht hotte, aneinanbergeraten. F ür 
biefe Angelegenheit fottte es aber nicf)t ganz bebeutungStoS bleiben, 
baff ©lanfenfelb nunmehr jwei $etnbe im Sftüdfen hotte. — 
3n glorenj traf er irgenbwie wieber mit bem oielgefchäftigen 
©umppenberg jufammen, oerfudhte gemeinfam mit ber Florentiner 
©ignorie unb bem päpfttichen Segaten ©tiaS non ßortona, feine 
SJtiffion an F ru nbSberg auf biefen Äurtifanett abzufchieben, unb 
eilte weiter, nach ©enebig. 

©umppenberg hot ben Auftrag ebenfalls nicht ausgeführt, 
hoch blieb Florenz, nodh rechtzeitig non ben Gruppen ber Siga 
befefct, non ber Äataftrophe nerfdhont, bie bann am 6. 9Jiai 1527 
in fo entfefclidher Seife über bie ©wige ©tabt hweinbradf) unb 
ben Sßapft jum ©efangenen ber faiferlidjen Heerführer machte. 
3Jtit bem tiefen Foß beS ©apfttumS zerbrach auch ein* ©tü|e 
©lanfenfelbS unb beS SßrojettS, ben liülänbifdhen 2tteifter jum 
Hochmeifter ju madhen. $)ie SDeutfdarren, bie fiep mit ber 
Hodhmeifterfdhaft rechtzeitig an ben Äaifer gewanbt hotten, hotten, 
wie fidh erwies, ftug gehanbelt. ©ie waren überhaupt ftetS im 
©orteil, ba fie bie Seittage aus bem Herzen 2)eutf<htanbS heraus 
natürlich beffer überfehen unb äße in F ro 9 e tommenben ©ewalten 
für ihre ßwecfe weit leister auSnupen tonnten, als bie ßiolänber. 


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58 


Seonib ©rbufom, 


3« Sßenebig fniipfte ©lonfenfelb fogleith mit bett ®eutjch= 
Herren an. (Sr benachrichtigte Äronberg, bafj er mit bem Äönig 
non $olen, bem Sßapft unb mehreren Äarbinälen über bie fdfjwierige 
Sage beS DrbenS oertjanbelt ^abe. daraufhin wünfchte er mit 
bem 2)eutf<hmeifter unb feinen SRatSgeBietigem fowie einigen 
anberen anfel)nli<hen DrbenSherren eine Unterrebung abjutjatten 
„oon $änbetn unb «Sachen, woran bem ganzen Drben merflich 
gelegen fei," unb ^ierju ben üon 2llbre<ht abgefallenen Dberften 
OrbenSmarfdEjaU ©eorg oon E% ben ©rafen SBil^elm oon Sfenburg, 
ebenfalls einen ehemals preufjifchen ©ebietiger, unb bie beiben 
Sanbfomturen oon Öfterreich unb ©tfdh, Heinrich oon Änorjingen 
unb Sobft Sruchfefj, ^injujujie^en. (Sr bat ben 2)eutfdjmeifter 
um Einberufung einer folgen Sßerfammlung, ju ber er gleichzeitig 
auch ben in ©eutfdjlanb weilenben Sifd^of ^ermann oon Äurlanb 
oerfdfjrieb. ®en DrbenSftattf)atter Imfjladj in SSenebig gewann 
er burch feine Eröffnungen über baS erwähnte günftige Slbfommen, 
baS ihm nebenbei auch als Sörücfe jum ieutfdjmeifter $u bienen 
hatte, ootlfommen für feine Slbfichten, unb berfelbe riet Äronberg 
angelegentlich, auf bie oon SBlanfenfetb gewünfdhte SSerfammtung 
einjugehen. Stm 21. gebruar reifte ber Erjbifdjof weiter, jum 
Äarbinal*Erjbifd^of SJtathäuS Sang oon «Salzburg unb jurn faifer* 
licken (Statthalter $önig gerbinanb nach $rag. |>ier war er 
am 24. SOtärg. Er begab fich auch nach SRegenSburg jum Reichs* 
tage, ber jebodh nicht juftanbefam. 1 ) Unterwegs berichtete er aus 
SBiUach nicht nur bem SÜieifter in ßiolanb Oon bem «Stanbe feiner 
SBerhanblungen, fonbern geigte oon ba aus am 27. Februar auch 
bem potnifchen Sijefan^ler SßetruS JomiciuS unb anfehetnenb auch 
bem Äöuig ©igiSmunb „offenfunbig an, wohin feine fowie auch 

’) 3utn folgenben ogl. Sdjnöring a. a. 0. <S. 79, worauf audj bie 
$arfteHung im }. %. beruht. 3 U ben bon ©djnöring benupten ttrfunben 
fommen noch folgenbe ©riefe binju: ba« in ben ©Mitteilungen au§ b. libt. 
©efd). 2, ©. 504, 9Mr. 13 üerj. ©Treiben ©lanfenfelbö an ftronberg, ©enebig 
1527, gebt. 19, weiter: ein Ungenannter an 2)ietrid> oon £afjlad), [©enebig] 
1527 (gebt. 6nbe] (Sßien - ^Ubebranb); eine gleichzeitige Siopie beS 
©Treibens ©lantenfelbä an fironberg, ©enebig 1527 gebr. 20, unb Slanfen- 
felb3 an ©ifdjof Hermann üom felben 2>atum (SRei<h$ard)ib ju ©tocfholm* 
Jpilbebrattb); SlmbrofiuS oon ©umppenbetg an #afjlad), [JRotn?] 1527 
9R5rjl; §afjlad> an ft'ronberg, 1527 ©März 11 (SBien * .fpilbebtanb). 


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Plettenberg. 


59 


beS liblänbifchen SReifterS SBeftrcbungen gelten“: eS ^anbelte fid) 
mohl um Mitteilungen über bie Nachfolge im ^odjmeifteramt, 
u. a. um bie ©emahrung SllbredhtS bor bem Schimpf einer formeßen 
öffentlichen Slbfepung, bie SBtanfenfetb in SRom ^intertrieben hatte, 
benn $omiciuS münfchte bem liblänbifdfjen ©efanbten in feiner 
Slntmort, „bafj ©ott fein fo frommeS©orhaben begünftigen möge, 
bamit baS gemünfchte ßtefultat erreicht metbe.“ 1 ) 

$infidf)tlich ber ongeftrebten ßufammentunft beim 2)eutftf)= 
meifter log bem (Srzbifcljof bor aßem an ber Slntoefen^eit ber ehe* 
maligen „preufjifchen" ©ebietiger: benn menn noch bie beutfdjen 
ßtatSgebietiger, unb fchliefjlich ©lanlenfelb, ber Söifd^of bon Äurlanb 
(beibeS ©rüber beS DrbenS) unb ber Äomtur ju $eßin, ber feljr 
ermattet mürbe, als Vertreter beS liblänbifchen DrbenSzmeigeS 
hinzufamen, fo mar ber ©efamtorben bereinigt, unb bie ©erfantmlung 
fonnte, anftatt eines ©eneralfapitelS fungierenb, eine neue |>odj= 
meiftermahl boßjie^en. freilich mar eine ©orauSfepung bafür, 
bafj bie Sibtänber bon Plettenberg auSbrütflicfj Ijierju beboß= 
mächtigt maren: maS nicht ber $aß war, ba ihre ^nftruftion 
nur ganz aßgemein bie Regelung ber Nachfolge im ^odjmeifter* 
tum betraf. 2)och b)atte ©lanlenfelb eine auSbrüdliche SöißenS* 
erflärung beS papfteS zur ©oroahme ber 2öal)l in ^jänben, morin 
audb ber Äanbibat beutlidf) genug bezeichnet mar. (Sr rechnete 
offenbar auch barauf, bafj bie „preufjifchen" ßanbfomture bom 
®eutfdhmeifter abtreten unb ber Erhebung Plettenbergs jum §och« 
meifter gufaflen mürben (morauf nur noch bie ßuftimmung beS 
ÄaiferS einzuholen mar). 2)em (Srzbifchof mar natürlidh belamtt, 
bajj bie ©ebietiger ber hier ehemaligen „preufjifchen" Kammer* 
baßeien, mie z* ©. (Srich bon Äoblenz, fidh immer noch gegen bie 
Slnerfennung beS S)eutfdhmeifterS als oberften OrbenShaupteS 
fträubten: er hatte alfo einigen 91nlafj, bei Sluffteßung ber 
' ßanbibatur Plettenbergs auf biefe ©ebietiger zu zätyku. ©etreffS 
SfcnburgS miffen mir nur, bafj $ronberg ihm ftarl mifjtraute: 
im ?lpril äußerte er, ba Sfenburg in ©ertretung (SrichS bon 
©raunfdfjmeigS, beS ermähnten ehrgeizigen ßomturS zu Äoblenz, 
nadh ßtegenSburg gehe, mo ©lanlenfelb bereits anmefenb fei unb 


') Üomttfi an SBlanfenfelb [ 1527 ^tprif 4ff ActaTomiciana 9, 9lt.ll6. 


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60 


Seonib Slrbufoto, 


Sifchof fjermann ermattet merbe, fo fei gu befürchten, bafj „fte 
feltfome praftifen gegen ben Drben in SDeutfdjlanb angugettetn 
gebüchten." 1 ) 5luf bie Unterftüfcung ©eorgS öon ©tfc gu gählen 
mufj Slanfenfelb jebenfatls barnalS auch ©riinbe gehabt haben: 
üietleicht meinte er, bie $reunb[tf)aft bei OrbenSherren ermorbett 
gu bjabeit, atS fie ȟhrenb SlanfenfelbS profuratorgeit gufammen 
in 9tom biplomatifdj gearbeitet hatten. 

S)ie SJeutfdhherren begegneten StanfenfetbS Stnfuchen mit 
grofjem üßtijjtrauen. 2 ) Äronberg, ber feine Sitte um ein „©efprädj" 
famt ^jafjlachS Sefürmortung am 9. 2flärg erhalten hatte, mar 
anfangs rattoS. (Sr hatte ftarfe Sebenfen gegen ben „gefährlichen 
prafticierlidjen Äurtifan", ber fdfjon als profurator bie Ungelegen* 
heiten beS beutfehen OrbenSgebietS hinter feinen eignen gurücf» 
gefteßt habe unb jefct öerntuttich nur etmaS öornehme, maS ihn 
beim liolänbifchen Sfteifter mieber in ©unft fefce. (SS mar auch 
gmeifelhaft, ob bie „preufjifchen" ©ebietiger feiner Sabung folgen, 
b. h- fi<h baburdh in feinen ©ehorfant begeben mürben. Stüber- 
feits miffe man hoch nicht, ob ber (Srgbifchof nidht etma in Soll¬ 
macht unb Stuftrag Plettenbergs hanble. Unb biefeS feftguftetten 
mar, mie fid) halb geigte, für bie SDeutfchherren ein fpringenber 
Punft, um fich jenem gegenüber banadh eingurichten. SDie um 
!Rat befragten beutfehen Komture unb ber DrbenStangler 3)oretin 
trauten bem Prälaten aus Siölanb auch nichts ©uteS gu, fürchteten 

Ätonberg an ben ffomtur ju ©lumenthal Sturmfebet, 1527 Steril 28, 
unb an ©eorg non @1$, 1527 2Rai 3. ©turntfeber an ftronbetg, 1527 Stpril 
26. ©gl. aufjerbem Äronberg an SBilhelnt oon ÜJieuIjaufen, fianbfomtur iu 
granfen, 1527 SKärg 10 (SBien «$ilbebranb)," unb ©oigt a. a. 0. 2 @. 24 
(inbejug auf Heinrich öon Änorringen: „einer ber treueften Slnljänger 
SllbredjtS")- SSoigt fagt ©. 43 f.: Qfenburg, @lf}, Änortingen unb 3obft 
Srud)fe& b att en fid; nod) 1529 nict)t für ben Seutfdjmeifter erllärt. 5ür 
(Sl$ fann ba8 aber nidjt ftimmen. ©gl. ©. 61 Sinnt. 2. 

2 ) 3um folgenben bgl. ©djnöting a. a. 0. <3. 80—82 uttb bie weiter 
unten jitierten ©riefe, öon benen ein Seil auch ber Sarftellung ©d>nöringS 
jugrunbe liegt. $ierju fomnten junädjft nod) folgenbe, anfdieinenb nod> 
nic^t benufjte ©tiefe, inbetracht: SBolfgang öon ©ibra, ftomtur jit ©iergent- 
heim, an Äronberg, 1527 SOtärj 8. Äronberg an Sieuljaufen (unb alle SRatS- 
gebietiger), 1527 SRärj 10; an Sorelin, öom felben Sage (hierzu Dgl. 
©d)nöring a. a. 0. @. 114 Slum. 350). Sorelin an ffronberg, SDlarj 18 
(SBien * #ilbebtanb). 


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Stettenberg. 


61 


feine ßiften unb überlegene biptomatifdfje ©emanbttjeit. ©chtimrn 
für feine Slbfictjten mar eg bor ollem, bafj er fict) in ©tfe boll* 
tomnten töufd^te. tiefer anfefynlidfje ©ebietiger 1 ) mar nämtidh 
bon Äronbetg burd) bie Sßerleitjung ber großen ftomturei 9Jtain$ 
gan$ ouf feine ©eite fyinüberge^ogen morben, mag ©tanfenfetb am 
Anfang mof)l noef) nidjt mufite. 2 ) ©tfj naf)m bon bornfjerein 
eine if)m ungünftige Spaltung ein: atö 2)oretin if)m ©tanfenfelbS 
©efuctj jeigte, urteilte er, „ber ©rjbifdEjof fei ein gefctjminber 3Jiann, 
ber fidj in biete S)inge menge, bie it)m nicht befohlen feien"; au8 
befannten ©rünben müffe man fiel) befto mehr bor ihm hüten. 
Sn allen SRatfcfylägen ber ©ebietiger an Äronberg lehrte bem= 
gemäfj immer ber ©ebanfe mieber: man müffe auf irgenbeine 
Strt heraugbefommen, mag ©tanfenfetb eigentlich beredte. 3 ) ©injelne 
ahnten eg bereits, ©o {teilte ber Äan^ter SDoretin bie ^jppothefe 
auf, bajj ber ©r^bifdEjof auf ber erbetenen ßufammentunft bietteidht 
©rünbe für bie 2ßaf)l ©lettenbergg jum §odE)meifter borbringen 
merbe, meit nur biefer bie üülittet jum SBiebergeminn ©reufjeng 
befipe. 4 ) ©chliejjtidh mar eg aber ein tjäfjticfjer ©errat, ber ben 
Prälaten beg bermuttidh beabfictjtigten Überrafdhunggmomentg 
(inbem er bie 2)eutfd^^erren burdh ©ormeifen ber päpfttidhen ©nt* 
fetjeibung bor eine bottjogene Statfache fteltte) bon bornfyerein 
beraubte unb eg ber ©egenpartei ermöglichte, fidj borjufehen. 
$afjtadlj nämlich, ber ebenfallg ber Meinung mar, bafj ber 2tteifter 
in ßibtanb „gern oberfter SDJeifter merben motte", t>atte bag in 
einem ©riefe an jenen Slmbrofiug ©umppenberg angebeutet. 2)er 


‘) Über ba8 ©ewidp, ba§ bie 3>eutfd^^erren ©tfc beilegten, Ogi. $. 9. 
Sturmfeber unb ®oreIin an Sronberg, 1527 SRärj 15 unb 18 (SBien- 
fjilbebranb). 

*) SSon ber ©ewinnung ©eorgS bon @1$ burd) Äronberg fpricht ein 
Sörief SSIanfenfelbS unb Söifdjof Hermanns an IJStcttenberö, 1527 SUtai 8 
(8leid)gard}ib ju Stocfbolm * ^ilbebranb). 

•) Sgl. Sdjttöring a. a. 0. unb befonbetS ©turmfeber an Äronberg, 
1527 SOiärg 15, Äronberg an benfelben, SRärj 29, Äomtur $u SitnbSbutg 
an ftronberg, 3Äfir$ 21; bgl. weiter Sturmfeber an Äronberg, Slpril 5, unb 
ftronberg an benfelben, Slpril 10 (SBien»ftilbebranb). S. auch 9Jttt* 
tcilungeit au8 bet Iibtänb. ©efd). 2 S. 501 9ir. 14. 

*) DrbenSfanjler ®ore!in an Ätonberg, 1527 9)tärj 18 (Sßien* 
fcitbebranb). 


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02 Seoitib Strbufow, 

Äurtifan aber ergriff fogleicf) biefe (Gelegenheit, um bem @rgbif<hof 
aus bem Hinterhalt einen oerräterifchen Pfeil nachgufenben: maS 
Hafjlad) ihm wegen beS liölänbifchen EWeifterS mitgeteilt höbe, 
antwortete er bem «Statthalter, fei aUerbingS nicht ohne. (St 
bürfe ftdh burd) ©lanfenfelbS angeblichen ®ifer für bie Ungelegen* 
heiten feiner ©allei (ben erwähnten ©ertrag mit ber Äurie) nur 
ja nicht tauften laffen, benn in 2Bir!licf)feit fei eS „lauter ©überei," 
womit jener umgehe. -Wicht in HafclachS Angelegenheiten reife 
ber (Stjbifchof gum 3)eutfchmeifter, fonbern wegen gang anberer 
$inge: in Wom höbe er in brei Äonfiftorien für bie ©rhebung 
Plettenbergs gum ^od^meifter agitiert unb bom Papft bieSbegüg* 
liehe Aufträge fowie bie ßufage erhalten, bah « eine foldje EBahl 
beftätigen werbe, aber auch bie ßuftimraung beS ÄaiferS müffe 
babei fein. Auf biefem SQ3ege, erflärte (Gumppenberg, wolle 
©lanlenfelb in ben Eöieberbefib feines Stifts Dorpat gelangen/ 
was Plettenberg ihm oerfprochen höbe, falls er wirtlich Hoch* 
meifter würbe. Johann ©hriftmann wiffe um alles, bodj h°be 
ihm fein 2)ienfteib an ©lanfenfelb ftrengeS Schweigen gegenüber 
ben 2)eutfchherren auferlegt. Aber eS wäre gut, wenn Äronberg, 
beffen Efteinungen ber (Srgbifcf>of je|t auSfunbfdjaften wolle, recht* 
geitig alles erfahren würbe, bamit er fid) mit ©lanfenfelb nicht 
gu tief einlafje, benn biefer Eftann „achte Weber $reu noch 
(Glauben" unb werbe ihn gu betrügen fudjen. UnoerhüKt 
geigte fich (GumppenbergS feige ©enungiantennatur, beren Un* 
lauterteit auch oon ßeitgenoffen erfannt worben ift, 1 ) in ber 
©itte an Haf}lach, feine Söarnung nur ja nicht gu oerraten 
unb ben ©rief gu gerreifeen, bamit er nicht in anbere $änbe 
falle. „$)enn", fdjloh (Gumppenberg, „ich »iH ftreunb* unb 
nicht fjfeinbfchaft hoben." (Gleichgeitig befteüte er auf ©lanfenfelbS 
©itte für biefen ein Duartier gum Jommenben Weichstage in 
WegenSburg. 2 ) 


*) ©gl. 3olj. ©IjoteruS, Stopft Oon Sljur, an (StaSmug, Augsburg, 1585 
gebt. 8: SBarnung oor ©umppenbetg, einem 9Kenfd)en, bet ftd) b äu f*9 gu 
oetfaufen unb baraug ©orteil gu gieren pflege, gorftemann« ©üntfjer, 
©riefe an (£ra$mu3, Seipgig 1904, ©. 260 9hc. 218. 

a ) ©umppenberg an$af}Iadj, SRom [?], 1527 SRärgl (SBien-ftilbebtanb, 
ogl. 9lrbufon» a. a. £>. ©. 355 91t. ET. 


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Stettenberg. 


63 


fDtefe SBamung bewirfte einen votlftänbigen ÜÄeinungS» 
umfchtag bei $aßla<h, ber ben Singeber für einen ber vertrauteren 
$reunbe unb Wiener ©lanfenfelbS anfah unb feine üttitteilungen 
nidfjt angugweifeln vermochte. Slnt 11. 2Rärj überfanbte er ben 
©rief bent S>eutf<hmeifter, ber ißn am 29. in §änben hotte. 1 ) 
$aßlach »amte ißn auch feinerfeits bringenb vor ©lanfenfelb, 
„melier in röntifdjer ©ubtilität, branbenburgifcljer £>ofgefcf)eutheit 
unb liülänbifdjer ©robljeit nicht allein erfahren fei, fonbern bie* 
felben auch gu gebrauten unb gu mißbrauchen roiffe." ©eine 
frühere (Empfehlung von ©lanfenfetbS ©orfdfjlage nahm er je|t 
auSbrüdflich guritcf: ©untppenbergS SBamung, fo motivierte er 
feine ©inneMnberung, übergeuge ihn je länger befto mehr von 
ber SBahrheit beS ©prichwortS „Nusquam tuta fides“. Umfo*> 
mehr müffe ^ronberg fich oor bem (Ergbifdfjof in Sicht nehmen. 2 ) 

®a3 ohnehin rege Mißtrauen $ronberg3 unb feiner 9tat3= 
gebietiger würbe burch biefe SBamungen fo oerftärft, baß bet 
2)eutfchmeifter ©lanfenfelbS ©itte um ba3 „©efprädj" ablehute 
unb ißn ftatt beffen aufforberte, feine Stbficfjten bem Komtur gu 
©lumenthal münblich, ober ihm fetbft fchriftlich mitguteiten. 3Ran 
hielt eS je^t für gang unerläßlich, biefelben auf unverfängliche 
Strt aud bem verfdhlagenen unb nunmehr boppelt verbädfjtigen 
liolänbifchen Prälaten herauSgubefomnten, ehe man fidh auf irgenb 
etwas mit ißm einließ, unb man mußte auch $ ur Klarheit barüber 
gelangen, ob unb wie weit ©lettenberg fetbft hinter ben geheimniS* 
vollen Stnträgen ftanb. SluS ©untppenbergS 2)enungiation war 
nur hervorgegangen, baß bie Übertragung ber ^ochmeifterwürbe 
an ben liolänbifchen SWeifter betrieben würbe, ber ben 3)eutfdj* 
herren in mandherlei ©egiehungen verbächtig geworben war. 3 ) 

©lanfenfelb hotte fein Slnliegen ingwifdjen beim ©tatthatter 
Äönig gerbinanb vorgebracht, war aber von ihm bloß an baS 
SReichSregiment unb von biefem „an bie beiben oberften Häupter" 

*) ftrottberg an ©turtnfeber, 1527 «Rät j 29 (Sßien -jpitbebranb). 

*) §a&Iad) an ftronberg, Senebig, 1527 SRärj 11, $eutjd)orben$*3entral* 
ard)iö ju SBien, Original, j. %. gebt, bei «Irbufott», ©ifjungSber. b. ©efetlfd). 
f. ®efd). u. «Kt. p SRiga 1912 ©. 355 SRr. UI. 

•) fttonbetg an ©turmfeber, 1527 2Rfirj29, »gt. beffen ©djreibeH an 
Äronberg t»om felben Sage, unb ftronberg an Stanfenfelb, «fyril 10. 


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64 


Seonib Strbufot», 


gewiefen worben. 1 ) 9luS ÄronbergS ÄuSweithmanöoem fpürte er 
ehr Wohl baS SDttjjtrauen gegen fich unb oor allem bie 9lbfid)t, 
„bafj baS SBorljaben gewiffer ßeute inbejug auf baS |jochmeifter- 
amt nicht berfjinbert werbe", b. h- baf} Äronberg fein ©treben 
nach ber Stbminiftratur beS |) 0 <hmeifteramtS fidfj nicht oon ben 
ßiütänbern burd^freujen taffen wollte. 3)er ©rzbifdEjof unterrichtete 
auch Stettenberg über ben SEBiberftanb ber 2)eutf<hherren, aber er 
fudhte ihn bei bem einmat eingeleiteten Unternehmen feft- unb 
um jeben S*ei3 baoon jurüdtjuhatten, fich auf irgenbwetdje 91b* 
machungen mit bem 2)eutfcf)meifter einjutaffen, bie bem oon ihm 
fo eifrig oerfotgten Sion wiberftrebten. @r riet auch, bafj bie 
ßiülänber fich otS Sftücfhalt gegen bie alte §ebel in ^Bewegung 
fepenben ®eutf<hherren gleichfalls einen einflußreichen Anhang im 
tReid) „zweefs ©rtangung ewiger Freiheit ihres ßanbeS" erwerben 
unb ihre Sntereffen überhaupt nach Äräften oerteibigen müßten, 
benn eS fei baS Seftreben oortjanben, fie „um beS ©eprängeS 
anberer ßeute", nämlich Zum beften beS ehrgeizigen 2)eutfchmeifterS, 
um baS gan§e ßanb ju bringen. §ierju nupten bie 2)eutf<hherren, 
meinte er, bie augenblicflicfj burdtj S*eußenS unb S°lenä ^einb- 
fetigfeit gefd^affene ßage ßitlanbs aus. @r fudhte ^Stettenberg 
auch ö on ber ©tatutenwibrigfeit ihres SBorgehenS in ber ^och* 
meifterfrage ju überzeugen: „©tliche", fd^rieb er bem SDteifter, 
„wollen ©roh ffunbament machen auf beS DrbenS SBuclj. 2)aS 
fott enthalten, bah nach bem $obe eines ^od^meifterS, bis zu* 
SCBahl eines neuen, ber SDeutfchmeifter baS oberfte Daupt fein foll." 
liefen S a *agraphen tootten fie jept anwenben unb ßiotanb ganz 
übergehen. 9tber er ftammt aus einer geit, wo ßiotanb noch 
unfräftig War unb oietteidht noch 9 ar feinen 9Keifter hotte; aber 
biefer galt läßt fich für bte gegenwärtige ßage garnicht anziehen. 
„®enn wegen ber 9luSreißung S*eußenS fann man fo leicht auf 
einen neuen ^od^meifter in S*eußen nicht rechnen." 2 ) 

aftan erfennt aus altem, wieüiel bem @rzbifdf)of an ber Über¬ 
tragung ber fjocfimeifterwürbe auf Stettenberg tag, unb wie er 

l ) 2)oreltn8 9?ad)fdjrift nad) S31anfenfelb3 münblidien ©rHärungen ju 
©fdjenbad), 1527 3uni 16 (2Bten-$tlbebranb). 

*) ©lanlenfelb an Plettenberg, ÜiegenSburg, 1527 Slprit 16 unb 18 
(IReidjSardjfo ju ©tocffjolm * ^ilbebtanb). 


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Plettenberg. 


65 


barum bongte, ber SJteifter werbe ftd^ oon biefem plan abbringen 
laffen. Stad) allem ju urteilen, fann Plettenberg feinerfeitg fic^ 
feljr tief nic^t barauf eingelaffen haben, auch wenn wir feine anfäng* 
liehe Übereinftimmung bamit annehmen wollen. — 3)em 2)eutfd)= 
meifter gegenüber beftanb Sölanfenfelb auf ber erbetenen ßufamnten* 
tunft mit ben bejeidjneten ©ebietigern, namentlich ben preujjifdjen. 1 ) 

Angefichtg biefer Söe^arrlid^feit begannen bie 35eutf^errett 
$u fürsten, bah ber Prälat, wenn man feinen Sßunfdj nicht erfülle, 
ihnen beim Papft unb bei Äönig gerbinanb Ungelegenheiten 
bereiten ober aud) mit ben preufjifchen ßanbfomturen ©onber= 
oerhanblungen gegen Äronberg anjetteln werbe. Sefonber» beben!» 
lieh ftimmte fie bie Augfidf)t, bah 33lanfenfetb Sfenburg unb @tp 
auf feine ©eite jiefjen fönnte, „biefelbigen abjurichten unb bahin 
$u bringen, bah fie ihm ju feinem Vorhaben oerhülfen“ (benn @lp 
war nun einmal ein Überläufer). 2)er Äomtur $u Plumenthal, 
griebridh ©turmfeber, riet baher bringenb, (Slfc bodf) ju ber ©ad)c 
hinjujiehen: „eg ginge, welchen 2Beg eg wolle, fo mühte er hoch mit 
bem $)eutfcf)meifter unb un£ allen unter einer 2)ecfe liegen." Unb 
aüerbingg war (Slfc im eigenen Sntereffe an Äronberg gefeffelt. 
Auf ©turmfeberg 9tat holte ber 3)eutfd)meifter fchliehli<h ©Ifcens 
(Gutachten ein: er fenne ja 93lanlenfelb gut unb werbe barum am 
beften wiffen, wie man ihm auf fein unabläffigeg drängen 
antworten folle, um ihn nicht oor ben Äopf ju ftohen unb $u 
Intrigen mit Sfenburg unb anberen gegen ben beutfdjen Drbeng» 
jweig ju oeranlaffen . l ) 

Snjwifchen war Söifchof Hermann oon Äurlanb, ber fi<h 
fthon fefjr nach feinem heimifchen ©tift jurüeffehnte, am 26. April 
auf 83lanfenfelbg Verlangen bei ihm in Stegengburg eingetroffen. 
(Sr hotte fid> bigher ju ben Seftrebungen beg 2)eutfchmeifterg 
juftimmenb oerhalten unb ihm ohne weitereg ben (ftatutengemähen) 
Vorrang oor Plettenberg jugeftanben. Aber Planfenfelb, burdj 
ben er offenbar erft jefct in biefe ganje Angelegenheit eingeweiht 


>) Slanlenfelb an ftronberg, PegenSburg, 1527 SHprü2, 2lptil24, 
ögl. Shonberg an ©turmfeber. Stpril 26 (SSBien«#ilbebranb). *Ugl. 
teilungen au$ ber Itöl. ®efd). 2 ©. 505 Pr. 15. 

*) fttonberg an ©turmfeber, 1527 Ppril 26. ©turmfeber an Ärouberg, 
Slbrtl 2G unb 27. Sftonberg an ©1$, SPai 3 (Sßieh <* Jptlbebranb). 

S4t. 8. f. SR. 8ü, 2. 5 


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66 fieonib Slrbufott), 

würbe, gewann ihn üottfontmen für bie Sinfdhauung, bafj Stettenberg 
3 «m $odhmeifteramt gelangen ntüffe. ®ie beiben Salaten 
bearbeiteten nunmehr ben tiütänbifdhen Meifter in Vriefen, ba| 
bie 93ert)anblungen in ber $odjmeifterfrage in jebem goß mit 
(Eifer fortgefe|t werben müßten, „weit bie Sache beim Sopft, 
faiferlidhen «Statthalter unb hier beim SReidhSregiment burch ben 
(Erjbifdhof angebracht unb barinnen atterlei, wie Skttenberg fdhon 
erfahren höbe, gefjanbelt unb geförbert unb erlangt fei." (Ehre 
unb SBürbe beS tiütänbifdhen MeifterS ftänben auf bem Spiet: 
Söriefe beS SDeutfdhmeifterS, bie ber SSifd^of gef eben, unb worin 
Stettenberg einfadh „unfer gmtnb", ftatt, wie herlömmtich, „unfer 
|>err unb greunb" tituliert werbe, bewiefen, bafj Äronberg fidh 
bereits bie Stellung eines Vorgefefcten anmafje unb bewußter* 
weife bie SSSürbe beS liülänbifdhen MeifterS herabbrücfe. SBenn 
(EI| üon Äronberg bie Äomturei Mainj erhalten höbe, fo fei baS 
jebenfatts nidht allein jwedES Unterftüpung üon ÄronbergS SBahl 
junt ©eutfchmeifter gefchehn — fonbem, mufj man hw$ufügen, 
um fidh feine Stimme für bie ^odfjmeifterwahl ju fidhertt. 1 ) ®aS 
Mißtrauen ber ßiülänber gegen (Slfc war in ber SEat ebenfo 
berechtigt, wie ^ronbergS Vertrauen, benn (Elp gab ben (Er$» 
bifdhof rüdßjoltSloS preis unb üerbarb ihm feine S^öne. „3dh 
fenne ben Mann", antwortete er bem ©eutfdhmeifter, „unb auch 
jum 5£eil feine §änbel; unb audh üon allen, bie mit ihm umgehn, 
höre ich, bojj er eine tjoffärtige Veftie, untreu, liftig unb ein auf* 
fäffig böS Menfch ift." (Er erfannte fogteidh, baff Vlanfenfetb 
fidh ou f bem üon Äronberg üerfudhten SBege feine ©eljeimniffe 
niemals entlüden taffen, ber 5E>eutfcf)metfter aber in ben ftfilimmen 
SRuf geraten Würbe, fdhon im Anfang feiner Regierung bie DrbenS* 
intereffen burch Verweigerung ber ©ebietigerüerfammtung üernadh* 
läffigt ju hoben. (Er riet baher, auf biefetbe wohl einjugehen, 
aber nicht bie üon Vlanfenfetb gewünfdhten, fonbern nur feine 
eigenen ©ebietiger aufeuforbera: ben Sanbfomtur in fronten, bie 
Komture ju Mergentheim, Vtumenthat ufw., auch ben DrbenS* 
langer SDorelin. §luf biefe SBeife fottte ber S^ötat jur S^ciSgabe 


*) SManlenfelb unb 5Bifd)of ^ermann an Plettenberg, SRegenSburg, 
1527 SEHat 3 (SReic^Sard^iö ju (StodEIjolm * §tlbebranb). 


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Plettenberg. 


67 


feiner, ober beS äKeifterS $läne — benn in biefer $ittfid)t fjerrfd^te 
bei ben Teutfdfjljerren bolle Ungewißheit — oor einer befcßtuf** 
unfähigen SBerfammlung oeranlaßt werben, in ber bie Dppofition 
gegen Äronberg garnidjt oertreten Wäre unb bon ber man fidf) 
bequem auf ein fünftigeS ©eneralfapitel berufen uub gurücfgiet)en 
tönne.') Tiefes ÜDtittel, hinter bie Slbfid^ten SBtanfenfelbS ober 
beS tiolänbifcßen ÜUteifterS gu fommen, fanb ÄronbergS ^Beifall, 
©r berief gurn ©onntage Trinitatis, ben 16. Suni, bie gemünzte 
SBerfamntlung nacf) ©fcfjenbaclj bei £eilbronn ein (wo er ot>nef)in 
gum ©rnpfang ber ^utbigung Ijinroollte) unb geigte bem ©rgbifcf>of 
an, bafj er feinem SBorfdjIage gewittfabirt §abe. 2 ) 5lm feftgefefcten 
Tage fanben fidf) SBlanfenfelb unb ber SBifdjof oon Äurlanb in 
©fdjenbadf) ein; ber nocf) nicht nacf) Teutfcfjlanb gefommene Komtur 
gu Rettin fehlte aber, ©ine wie wertüofle Unterftüßung fölanfenfelb 
baburd) miffen mußte, beweift am beften bie Stngft ber Teutfdj* 
ßerren oor biefem alten Iiolänbifcßen ©ebietiger: in einer ÜJttt* 
teilung ©turmfeberS, beS Komturs gu SBtumentfial, an ben 
Teutfcfjmeifter aus biefer $eit 3 ) Reifet eS oietfagenb, baß „ber aus 
ßiolanb getommene S3rief an ben Äomtur gu Rellin bem ©rg* 
bifcfjof aus beweglichen Urfacfjen nicf)t gugefdfjidtt, fonbern mit 
bem ©chriftftüct fo oerfahren worben fei, wie Äronberg es angeorbnet 
habe" — b. t>., baß eS erbrochen, gelefen unb hierauf wafjrfcfjein* 
lieh oerbrannt worben fei. 9Jtan arbeitete nämlich mit allen 
SRitteln. 

©dhon ein 93li<f auf bie SBerfammlung mußte ben ©rgbifcßof 
übergeugen, baß fie feineSwegS baS repräfentierte, was er gewollt 
hatte: außer bem Teutfd^meifter waren nur ber Sanbfomtur in 
fronten, SBil^elm oon S^eutiaufen, unb bie (fröntifd^en) Komture 


’) ©eotg uon ®lfc, Äorntur gu SRoing unb Oberfter SDhtrfdjall, an 
Sfronbetg, 1527 9Jtai 7 (3Bien - $ilbebranb. Pgl. ©d)nöring a. a. £). ©. 81 
unb 6.114 Sinnt. 353). 

2 ) ftronberg an ben Sanbfomtur 9teu!)aufen in Uranien unb bielRatS* 
gebietiger, $eibelberg 1527 EJtai 13. 9teuljaufen an ftronberg, ©Ibtngen, 
1527 9Rai 15 (2Bien - $tlbebranb). SBIantenfeib an Sfronberg, Steumarft, 
1527 SJtai 29, SJiitteilungen auS bet liölfinb. @efd). 2 ©. 505 9h:. 16. 
9teubaufen an Ätonberg, 9Rai 31 (SSten-^tlbebranb). 

•) ©turmfebet an Jtronberg, 1527 Stpril 5 (SBien * £ilbebrattb). 

5* 


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68 


ßeonib s Jtrbufoto, 


$u äftergentheim, gieitbronn, Stumenthat, Virnb«berg unb Söinnenfcett 
unb bet Äan$ter 2)orelin anwefenb. i) Vor btcfcr Vertretung au«- 
fdjtiefjlich be« beutfdf)en DrbenSjweige« füllte Vtaufenfelb alfo 
feine harten aufbecfen, ohne StuSfidht, einen gültigen Vefdhtujj in 
ber ^odjmeifterfrage zuwege bringen ju fönnen. E« !ann fein 
ßweifet fein, bajj er feine Eröffnungen banadh eingerichtet hot. 
Er entwickelte junödhft bie bebröngte Sage ßiülanb« jtoifd^en ben 
feinblichen SKaiibarmädhten ^ßreu^en unb Voten, , berichtete, tt»ie er 
ben ©tanbpunft ber Siotänber: fidh feinegfalt« gugnnften Vfeufeen« 
unb be« ^rafauer Vertrage« wiber Vopft, Äaifer unb ffteicf) mit 
Voten ein^utaffen, bem $önig ©igi«munb im tarnen Vtettenberg« 
mit aller Entfd^iebenheit bargelegt habe, unb bat bie 2)eutfch* 
herren im $inbli<f auf bie ju beforgenbe Stufhefcung Voten« burdj 
Vreujjen unb etwaige Sftepreffalten be« Äönig« namen« be« Drben«, 
ber Herren unb ©tänbe in ßiülanb um fftat unb Veiftanb. Söeiter 
erzählte er, wie er, jtoecf« ^Rechtfertigung ber Siotänber wegen 
ber ohne ihre ©dhutb erfolgten ©äfutarifation V rcu l enS fowie 
Zur Erforf^ung ber ^tbfidjten oon Vopft unb Äaifer betreff« ber 
tutherifctjen Vewegnng, nadh 9tom gereift fei. |>ier höbe er mit 
bem Vopft, ot« bem gewefenen V r °teftor be« Drben«, in feiner 
Eigenfdhoft at« ehemotiger V^ofurator be«felben, über oerfchiebene 
Orben«angetegenheiten üertjanbelt, u. a., unb zwar auf Ütufforberung 
be« Vopfte«, auch über bie Sßadhfolge im $odhmeifteramt SDen 
Inhalt biefe« Eefpräd^«, in beffen Veitauf ber heilige Vater fa 
ganz beuttidh ben tiotänbifdhen SKeifter at« ben Sßächftberechtigten 
auf bie ^odjmeifterwürbe bezeichnet hotte, gab Vlanfettfelb aber 
nur münblich wieber, wie e« fcheint, audh nur oor Äronberg unb 
bem Drben«fanzter. Sn feiner fdfjrifttichen Eingabe, bie er ber 


l ) Über bie ©erljanblungett $u ©fdjenbacb 1527 Suni 16 ejiftiert eine 
flüchtige 9tad)|d)rift 2)orelin8 nad) ©lanlenfelbS münblidjen ©rKäruitgen, 
aufjerbent ein SRejefj, toeld)em ©lantenfelbS Don anberet (feiner eignen?) 
$attb gefd^riebene Anträge beigefögt finb (SEßien * §Ubebranb). ©. and) 
©oigt a. a. £>. 2 6. 33 f. ©djnöring a. a. £>. ©.82, ber ba8 ©efptäd) ju 
(Sfdjenbadj irrtümlich auf ben 23. Sani »erlegt. 2>a§ bafelbft ©. 114, 
3Tnnt. 358 erwähnte SBerl »on Säger „Cod. dipl. ord. Theut. 5" ift eine 
&anbfcljrift im ©taatSardjiü jju Königsberg, bie über baS ©efpräcb ju 
©fdjenbad) nur eine furje untuefentlicbe 9iottj enthalt. 


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Plettenberg. 


69 

ganzen ©erfammlung übergab unb bie biefe jur ©runblage für 
ifjren ©efcf)Iufj machte, finbet ficf) baüott fein SBort. Slber er 
übergab betn SDeutfcfjmeifter baS für biefen beftimmte ©rebe 1 ), 
in bem Siemens VII. bie 2)eutfcf)f)erren ganj einbeutig aufforberte, 
Plettenberg jum §ocf)tneifter ju ermäßen, unb erflärte, er Ijabe 
entfprcdfjenbe Srlaffe an ben liblänbifcfyen SJteifter unb $önig 
^erbinanb. 9?ur über Plettenberg felbft, beffen Haltung unb Slb* 
fickten fcfymieg er ficf) ootffommen aus. ßum ©dfjlufj fam beS 
PubelS Äern, inbent ©lanfenfelb erflärte: nacfjbem er mit ben 
päpftlidf)en Srfaffen ben faiferlidPh' ©tattfjalter unb baS ffteidfjs* 
regiment aufgefndfjt f)abe, l>alte er eS jefct für nötig, bie Meinung 
öeg 2)eutfdjmeifterS unb feiner $RatS= unb anberer (Sebietiger ein« 
Sufjoten unb, falls man eS begehre, ifjnen „mit allen Umftänben 
jn eröffnen, mag burdfj papft, ®arbinäle, unb einige anbere 
©önner beS DrbenS beratfdEjlagt, betrautet unb ermogen morben 
fei“: nämlicf) bie Übertragung beS |jocf>meiftertumg nadj Siülanb. 
$ie ßuftimmung ber $)entfcf)f)erren eracfjte er für notmenbig, 
bamit ber ©efctylufj in biefer ©acfje „mit befto meljr ©egünftigung 
unb ©cfiufc get)anbf)abt merben möge." 3Die bom 2)eutfdjmeifter 
angeftrebte Slbminiftratur beS ^odfjmeifteramtS überging ©lanfenfelb 
alfo mit boflfommenem ©tillfcftroeigen unb erflärte inbireft, bafj 
bie grage ber ÜJiacfjfolge in biefem $lmt grunbfä|licf) bereits ofjne 
ßutun ber $)eutfcf)f)erren bom ^eiligen ©ater entfliehen morben 
fei. Sr moUte nur, bafj fie jefct burcf) if)re ßuftimmung biefe 
2Baf)l petfeft malten. 2)a Äronberg fcfjon burcf) ©umppenbergS 
Intrige unterrichtet mar, morum eS ficf) bei ©lanfenfelbS ©emüf)ungen 
fjanbelte, unb bieS ans bem päpftlidjen ©reoe, baS bodfj in jebem 
$aUe an feinen Slbreffaten gelangen rnujjte, ebenfo flar fjcibor« 
ging, fo ift eS nicht ganj richtig, bafj ©eorgS bon Slfc fluger 
3tatfcf)lag ben Prälaten genötigt habe, bor einer befdf)Iufjunfäf)igen 
©erfammlung „feine harten aufjulegen." 2 ) 3)enn ob unb miemeit 
Plettenberg felbft hinter feiner Äanbibatur ftef)e — morüber bie 
$)eutfcf)f)erren gern inS Älare fommen mollten —, gerabe baS 
erfuhren fie eben nicht; ©lanfenfelb erzählte il)nen bon bem 

*) befinbet fi($ int DtbenSardjiD Ge$t in 28ien). 

*) ©tfynöring a. a. C. ©. 83. 


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70 


Seonib 3trbufott), 


©tanbe ber ©a<he nur fobiet, wiebiet er für nötig f)ielt. Unb 
wäre ©umppenbergS Serrat 1 ) nid^t gewefen, fo Ratten fie noch 
weniger ©runb für bie Einnahme gehabt, in ber Übertragung 
beS ^ochmeiftertumS nach Sibtanb ein ©piet ©tanfenfetbs auf 
eigene |janb ju wittern; unb auch in biefer Annahme blieben fie, 
wie fidb jeigen wirb, nach wie bor unfic^cr. SBoht aber brachte 
bie überlegene Ätugheit beS Oberften äRarfcIjatlS bie Slbfichten 
93tanfenfetbS barin ju bafj er feinerlei Sefdjfafjfaffung wegen 
ber SReuwahl eines §ocf)meifterSjuwege braute. 2)enn Äronberg, 
ber nur nocf) auf bie faiferttd0S3eftätigung $um ^tbminiftrator 
beS §odjmeiftertum8 wartete unb ficf> feine Äreife burch bie 
©egenbeftrebungen ber Siblänber nicht ftören taffen wollte, wich 
ber unbequemen Anregung jur 93ornaf)me einer neuen $o<hmeifter* 
wa^t unter ^Beteiligung beS tibtänbifchen OrbenSjWeigeS auS: 
entfprechenb bem fRatfdtjtag ©t^enS berief er fidf) auf ein alt* 
gemeines Äapitet. Ohne ein fotdfjeS taffe fid) ber SBefchtufj $u 
©peper bom Oftober 1525 nicht umftofcen, wonach bie Sanb* 
fomture beS beutfd^en ©ebietS unb bie hier „preufjifchen", taut 
©tatuten unb Such beS OrbenS, „ben 2)eutfdjmeifter Äteen für 
baS oberfte $aupt beS OrbenS bis jur Sßaljt eines anberen |joch s 
meifterS achten, ehren unb Ratten wollten" (bie iljn fetbft betreffen* 
ben 9Jfergentf)eimer $apitetSbef<htüffe bom SDejember 1526 gab 
Äronberg natürlich nicht preis, bodfj war Stanfenfetb barüber 
unterrichtet). Unb gegenwärtig, erftärte er, fönne bie OrbenS* 
angetegenheit überhaupt nicht enbgüttig geregelt werben, Weit baS 
Iutf)erifche SBefen unb bie ©efangennahme beS SßapfteS burdh bie 
faifertidjen Gruppen in SRorn a(Ie Serhättniffe in $rage ftettten 
unb man ganj im Ungewiffen fchwebe, was für eine ^Reformation 
unb Orbnung alter ©tänbe, bietleicht inbe^ug auf Sßreufjen, ber 
$aifer im ©inn höbe. $iefer War jefct ber Trumpf, auf ben 
bie mit ber $eit fortfdhreitenben Sßotitifer fepten: bie in ihrem 
fernen unb abgelegenen Sanbe nach früheren Serhättniffen 


') Sollte SBfaitfenfetb injtoifc^en au<h barü6et unterrichtet tootben 
fein? 31m 16. Sfyril batte et „©tiefe Bon SRom" Bom 27. SJtärj in $dinben, 
morauS et unter bem $atum be8 16. 9Iprit bem 3Reifter aber nurpolitifdje 
flteuigfeiten mitteilte (SBien * ^i(bebtanb). 


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Plettenberg. 


71 


fallulierenben ßiölänber Rotten auf bie falfcfje Äarte gefegt, ober 
fie menigftenS in falfdjer Reihenfolge auSgefpielt. 2BaS befagten 
fe|t Pergamentbriefe beS in ber ©ngelsburg ^ülfloS fipenben 
^ßapfteö, bie Urteile ber efjebem fo oieloerntögenben Äarbinäle! 
Sn ©umma !am in (äfdjenbach ein {»in^altenber Söefc^tu^ heraus: 
man müffe ben Sauf ber 2)inge abmarten unb lönne erft fpätertjin 
an eine Rerfammlung aller inbetracht lommenben ©ebietiger benlen, 
meldjer ber ©eutfdfjmeifter bie Anträge IBlanlenfelbS, falls er 
barin oont SReifter in ßiölanb beauftragt fei, üorlegen 
mürbe, liefern mürbe man bie Söefdjlüffe fdjon mitteilen. 
©lanfenfetb mar abgefpeift. (Sr mar auf ihm gemachfene ©egner 
geftofjen. 

Sür bie ©chmierigleiten, bie ben ßiölänbern aus bem Unter* 
gang beS DrbenS in preujjen unb burdj bie Haltung Polens 
unb SitauenS ermuchfen, befunbete bie Rerfammlung natürlich gar 
lein Sntereffe unb oermieS, um etmaS jn antmorten, auf ben 2Beg 
berRadjgiebigleitunb gütlicher Unterhandlungen, für ben fchlimmften 
Sali auf ben ju erbittenben Peiftanb beS Reiches. 

SBäljrenb ber Söifcfjof oon Äurlanb fich nach biefer refultat* 
lofen Tagung eilig nach ßiölanb jurüefbegab, badete Plantenfelb 
nicht baran, bie S ra 9 e megen Plettenbergs Rachfolge im £och* 
meiftertum unb alles, maS für ihn felbft bamit jufammenhing, 
mutlos fallen ju laffen. Rod) blieb bie Hoffnung auf eine (Snt* 
fcheibung ber ©a<he burch ben Äaifer, an ben ihn auch bie Sin* 
orbnung beS papfteS, ber äSefcpeib beS ©tatthalterS Äönig Serbinanb 
unb bie allgemeine SBeltlage miefen. UntermegS üerfuchte er nodh 
beim ReichSeralanjler, bem Äarbinalerjbifchof unb Äurfürften 
Sllbrecht oon SRainj, an beffen Stufftieg er einft in Rom mit* 
gearbeitet hatte, Plettenbergs Stngelegenheiten $u förbern, namentlich 
ben liolänbifdjen Drben oon ber ihm mit ben Regalien auferlegten 
allgemeinen ReicfjSmatrilel ju befreien. 2)ie böfe $unge feiner 
©egner tabelte fein „grobes unb bacchantifdjeS" Benehmen am 
$ofe beS prad^tiiebenben unb lebensluftigen hohen Prälaten: in 
SBirflichfeit fiefjt man, bafj SSlanfenfelb feinem $iel mit unbeug* 
famer Energie juftrebte. 2)ie Reifeloften gingen meit über feine 
SRittel: ba oerpfänbete er für 2000 gfL bei SRainjer Suben feine 
Äleiber (b. \ ©tücfe feines Ornats) unb Äleinobe. 3)enn loftbare 


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72 ßeonib ftrbufow, 

Pelze, fdhon aus ßiblanb mitgebradht, ju ©efdhenfen, richtiger 
©eftedfjungen, am Äaifcrtjofc beftimmt, burften nicht angerührt 
werben. Durch fie foüte wohl oor adern auf ben SBijefanjler 
2Balbfir<h eingewirft werben. Um ben 22. Suli fcfyiffte ber @rz* 
bifdf)of ficfj in ©alaiS nach Spanien ein. ©orljer fanbte er ©eridhte 
an Plettenberg über ben Staub aller Sßerfjanblungen. 

Stber bie ntifctrauifdhe Sßadjfamfeit feiner (Gegner lieft nicht 
ab, ben gefährlichen Diplomaten aus ßiblanb z« oerfolgen, faum 
baft feine Steife zum Äaifer ruchbar geworben war. 

Sdhon bie Erfahrungen ju ©fcftenbach h Q tten Äronberg ber* 
anlaftt, am Äaiferlwf feine ©eftätigung jum Slbminiftrator beS 
IjwdhmeifteramtS ju befdhleunigen. Sßalbfirdh war für biefen ßwecf 
gewonnen worben unb hotte fein SöefteS oerfprodhen. Da ftürjte 
bie ftortfepung beS SßettlaufeS um bie Stadhfolge im £>o<f)meiftertum, 
ben ©lanfenfelb, aßen ©rwarhutgen ber Deutfdhhcrren pwiber, 
bodh nicht aufgab, biefe in neue ©eforgniffe, baft ihnen ber Sieges* 
preis noch in leftter Stunbe nach ßiolanb entgleiten fönnte. 9lm 
20.Sluguft melbete ber Komtur juSJtergentheim SBolfgang bon ©ibra 
bem Deutfdhmeifter, baft ber ©rjbifdhof jum Äaifer reifen werbe, 
um baS, was er in Stom nicht erlangt höbe, beim Äaifer zu ber* 
fudhen. DaS müffe man beherzigen unb „bie Dinge unb baS 
Steffript", nämlich bie faiferlidhe ©eftätigung für Äronberg, aus* 
wirfen, ehe ©lanfenfelb bem juborfomme. $u ben unerbittlidhften 
©egnern ber Dodjmeifterwahl im Sinne ber ßiotänber gehörte 
ber ganj bont Deutfdhmeifter gewonnene ©eorg bon ©Ift. ©on 
ihm erhielt Söalbfirdh bie erfte Söarnung bor ben ©egenminen 
©lanfenfelbS unb bie beftimmtefte Slnweifung, fidh nur ja nadh 
ben leftten ©efeftlen unb SBünfdhen ÄronbergS unb ©IftS zu ridhten. 
©leichzeitig trieb @lft ben Deutfdhmeifter zu energifdhen üftaft* 
nahmen an. Slm 20. September erneuerte biefer infolgebeffen 
feine Aufträge an SBalbfirdf) betreffs ber faiferlidfjen ©eftätigung 
Zitm Stbminiftrator beS ^odjmeifteramtS unb warnte ihn, fidh nur 
ja nicht burdh ©lanfenfelbS Agitation zum beften beS SDteifterS 
in ßiolanb beirren zu laffen. Ratten bie Deutfdjherren SBalbfirdh 
für ©efdhenfe nicht unempfänglidh gefunben,-fo fürchteten fie je|t 
©egenbeftedhungen. Der Erzbifdjof, fo erflärte ihm Äronberg, 
hanble auf eigne ^auft, unb nicht auf ©efehl Plettenbergs, benn 


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Plettenberg. 


73 


er weigere fid), ftd> ber OrbenSftatuten unb beS OrbenSbudheS gu 
erinnern, wonach bie oberfte Seitung beS OrbenS gurgeit an ben 
$eutfchmeifter unb nicht an ben liotänbifdhen ÜReifter heimgefallen 
fei. SllleS, waS Planfenfelb unternehme, gefdjefje blof gu eignem 
Vorteil, um fidj in ßiotanb wieber gu befeftigen, unb nicht bem 
Orben gugute. ©r höbe auch t* 9tom einige SBreoen erwirft, bafj 
man einen neuen §o<f)meifter erwählen wolle, aber te|hin beSwegen 
in ©fchenbadh einen auSweichenben Pefcheib erhalten. SDennoch fei 
er barauf nicht nadh ßiotanb gurüdfgefehrt, unb ba er in ber 
furzen ßeit feither auch feine Snftruftionen oon bort erhalten 
haben fönne, fo fei gu urteilen, bafj „er biefen £ang allein pfeife." 
ilber felbft wenn er oom liolänbifchen SReifter befehle gu feinem 
Vorhaben befifce — barüber hatte fief) eben bis gur ©tunbe feine 
Sicherheit erbringen taffen — fo miiffe eS bennoch bei bem 
©peirifchen Pefdhlufj oom Oftober 1525 bleiben, wonach *>ie 
beutfdhen unb preuf$if<hen ©ebietiger ben SDeutfdjmeifter gum 
oberften §aupt beftimmt hätten: in biefer ©adje eine „riicflinge 
^anblung" tun unb auf PlanfenfelbS drängen gur freien SEBahl 
eines aubren |) 0 <hmeifterS gu fdhreiten, würbe bem SDeutfchmeifter 
unb beS OrbenS „Obrigfeit" nicht wenig abträglidh fein. SDaljer 
fei beim Äaifer ÄronbergS 3ftecf)t auf bie Slbminiftration beS 
^o^meiftertumS gu erhärten, ©teichgeitig würbe Plettenberg felbft 
nahegelegt, oon ber Äanbibatur auf bie t)öd)fte SBürbe abgufteheu. 
^>atte fich auch nicht feftftellen lafjen, oon wem fie benn eigentlich 
ausgegangen war, fo War eS boef) ber flügfte 2öeg, ©lanfenfelb 
als ben unbefugten Urheber biefeS planes barguftellen unb ihn 
beim tiotänbifchen SReifter angufdfjwärgen. 3)aS tat ©Ifc: ber 
©rgbifdfof, melbete er nach Sßenben, unternehme atlerhanb in 
©acf)en ber ^ochmeifterwahl, aber er betreibe babei gang äugen* 
fdheinlich nicht beS OrbenS, fonbern nur fein eignes Sntereffe. 
2)iefe Slnflage bebeutete gugteidh eine oerfappte Slufforberung an 
Plettenberg, bie Stnfprüdhe ÄronbergS anguerfennen unb ben bagegen 
arbeitenben ©rgbifdfjof abgurufen. ‘) ©egen biefen waren aber oom 

*) Pgl. Plettenberg an Plantenfelb, 1527 ;3uli 6, gebt, bei 2. Slrbufon» 
sen., 21ften unb {Regele ber Siolänbtfcljen ©tänbetage 3, 1910 9h:. 245, unb 
1527 ©ept. 20 (SBien * £ilbebranb). Stomtur ju SRergentbetn an Äronberg, 
1527 9lug. 20. ®Ip an SBalbKrd), 1527 ©ept. 10; an Ittenberg, oom felben 


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Üii iral ftom 

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74 Seoitib Slrbufow, 

£)eutfchmeifter auch nodj anbre, geheime ÜKittel in ^Bewegung 
gefegt Worben, ba$u beftimmt, feine Xätigfeit $u tarnten, ja, 
anfdfeinenb fogar, il)n für immer unfdjäbüdj ju machen. 9ia§e 
feinem $iel, bem faifertichen |>oflager in Spanien, ftarb er 
am 9. September in Storquemaba, einem Stabilen nicht weit 
non Valencia. AIS SCobeSurfacpe galt bie bantals in 9iorb* 
fpanien graffierenbe 9tuhr. 5)aS ©emunfel, baS fid) fpäter^in in 
fiiolanb bei ben bortigen Äatholifchen über feine Vergiftung erhob, 
traf {ebenfalls in ben Sutheranern beftimmt nicht bie wirtlichen 
Urheber (falls eS foldje gegeben hot): SlanfenfelbS fdjlimmfte 
fjeinbe waren bie 2)eutfd)herren. 0 — 

Aber ihre $ngfte waren unnüp, benn Plettenberg batte fiel) 
bereits felbft oon bem grunbftürjenben plan einer Übertragung 
beS 4?od()meiftertumS ouf ben liolänbifcfien DrbenSjweig jurüdE* 
gezogen, freilich offne uns ju enthüllen, wieweit eigentlich feine 
eigne ^Beteiligung baran gereicht hot. 

(Sine fReifje oon ^Briefen SBlanfenfelbS, noch oor bem (Sfclfett* 
badffer ©efprädj gefdjrieben, 2 ) ^atte ihn über baS SBiberftreben 
beS 2)eutfd^meifterS nicht nur gegen biefen plan, fonbern auch 
gegen bie oerfaffungSmäfjigen Rechte unb bie gleichberechtigte 
Stellung beS liolänbifdhen 2J2eifterS unb feines OrbenS unter* 
richtet, daraufhin hotte Plettenberg in einem wohlburdbbachten 
Schreiben an Vlantenfelb (oom 6. 3uli 1527) feinen Stanbpunft 
in ber DrbenSfadfe nach &em Ausreiten Preußens bargelegt. 3 ) 
(Sr ftimmte ber Argumentation ber oon SBlanfenfelb auSgewirften 
(Sntfdheibung beS papfteS innerlidh $u, baff (Shre onb 93efteS beS 
jwedS „Übung ber Vitterfcpaft unb SBefchirmung beS chriftlichen 

Jage. Äronberg an Süalbttrd), 1527 ©ept. 20 (SEßien«£>itbebranb). 
Stettenberg an SBalbtirch, 1527 ©ept. 20 (mir nid)t juganglicb, ögt. 
©cf)nöring @. 113f. Sinnt. 338. 339. 340). @. weiter ©djnöring a. a. O. 
©. 85 f. 

‘) X. Srebenbad), Belli Livonici historia, Coloniae 1564 p. 23 f. 
Äronberg an Seter ©eper, 1527 9?o».29 (2ßien*$ilbebranb). Über ben ©terbe- 
ort (Torquemada) f. Act» Tomiciana 9, 9?r. 326. 

*) SlanlenfelbS Sriefe an Stettenberg waren aus Sittach (1527 gebr.), 
©atjburg (SDtfirj 7), Stag (SDlärj 24), SegenSburg (Slpril 16, SÄai 2, 3, 7, 
16, 18) unb Seumarlt (Slai 29), boep hoben fie fith nicht alle erhalten. 

*) ß. Slrbufow sen., Sitten unb SRejeffe 3 Sr. 245. 


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Plettenberg. 


75 


Vtuteg unb Samens" gegifteten rittertic^en ®eutfcf)en Drbeng eg 
Wobt erforbere, ihn unb feine Stadbfotger, bie tiütänbifdhen SJteifter, 
„bie am ©nbe ber ©t)riften§eit gegen bie graufamen Muffen" auf 
ber SBadjt ftünben, jum |>aupt beg Orbeng ju ermäßen, feit 
berfelbe burcf) bie Umwälzung in ^ßreu^en beg oberften #aupteg 
beraubt fei. (Sr mar au<f> in feinem lebhaften ©efiibt für feine 
SKeifterwürbe unb feine unb feineg Orbengjweigeg SRecfjte unb 
Stellung butdh bag anmafjenbe Vorbrängen beg 2)eutfrf)meifterS 
unb ber beutfefjen ©ebietiger tief gefränft, bie fidb burdj Stidbt- 
anerfennung jener Sachlage unb „mit Verfeinerung beg alten 
©ebraudbg beg SJteiftertitetg" gegen eine folcfje SEBa^t fträubten 
unb eine Oberleitung beanfprudfjten, mit bem ßweef, ben liü» 
tänbifdhen Orben ganj oon ber SÖBa^I ju oerbrängen. (Sr jebodb 
wollte bie Verfammtung ju 3Jtergentt)eim oont 16. ®e$entber 1526, 
bie unter glatter Übergebung ber ßiütänber unb Verlegung beg 
Drbengberfommeng nicht nur einen 2)eutfcf)meifter gewählt, fonbern 
auch einen fünftigen ^odhmeifter „aufgeworfen" bjatte, feinegwegg 
alg ©eneratfapitel anerfennen, ba Vertretung ober Äonfeng ber 
Siolänber gteidberweife gefehlt Ratten. SBenn aber ßronberg fidb 
trofcbem jum ^oebmeifter habe wählen taffen, fo brauche er boeb 
feinerfeitg, entfpredbenb ber beseitigen (Sachlage mit ßiötanb, 
feiner anbren Obrigfeit, benn atlein ^ßapft unb Äaifer, wie 
Vtanfenfetb febr wobt wiffe, ©eborfam unb Untertänigfeit ju 
leiften, bamit bie ßanbe ßiötanb nicht burdfj „mannidbfattige 
Obrigfeit, oietfättige nnteibticbe Vefcbwerung unb Unterbrürfung" 
ju ewigem Untergang unb Verberben gebracht würben. SDag würbe 
jur 5tugrottung beg Orbeng unb ber beutfdben Station in ßiötanb 
führen, bem beutfefjen Slbet, Stömifdhen Steidb unb gemeiner ©haften* 
beit $u unwiberbringtidbem Schaben, wag ©ott oerbüten möge. 
Plettenberg erwartete, bap Vtanfenfetb juftänbigen Ortg fotdhem 
oorgebaut unb' auf bem geplanten ©efprädh ju (Sfdbenbadb bie 
2)eutfdbberren wegen ihrer orbnunggwibrigen 2Babt eineg befferen 
belehrt höbe. aber atteg oergebtidh geblieben fein unb eg 

auf „greüel, febwere 2J?üf)e, SJiifjmut unb Stedhtgang" b^ nau ^ 
taufen füllte, jo fab Stettenberg für fief) unb feinen Drben in 
ßiötanb baraug boct) nur Vefdbwerben, Unfoften unb Staben 
erwadhfen, benn bie ©eutfebberren fönnten banf ihren günftigen 


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76 


SJeonib 2lrbufow, 


Umftänben beim SReichSregiment unb wo fonft nötig mit 10 obei 
20 Bulben metjr erregen, als er aus feinem obgelegnen Sifc 
mit 1000. (Sin hortnädfiger Bedfjtgang würbe boneben auch für 
ben gonjen Drben „unerhörten ßwift, ßwietradjt, $aber unb 
Verfolgung mit fi<h bringen, was bonn weiter ju einer ßertrennung 
unb Verftörung beS ganzen DrbenS führen würbe." Unb nähme 
auch bie (Sache einen für ben liolänbifchen äfteifter günftigen 9luS* 
gong, fo würbe man aisbann — b. h-, wenn ihm baS Hoch* 
meiftertum jufiele — ben gongen oberbeutfdhen Stbel gegen ihn 
aufhe^en unb ihm bie (Sinfünfte ber oier Äommerbotteien (Stfch, 
Öfterreich, (Slfafj unb Äoblenj, bie ben Unterhalt eines HochmeifterS 
ju tragen hotten, abljänbig machen unb entfremben. £>ie Sache 
aber je^t unbeenbigt abjubrechen, würbe bo<h befchämenb unb 
öerädjtlich fein. 2)aher müffe man oon jwei Übeln baS Heinere 
wählen. Unb ba wegen ber allgemeinen Unorbnung unb 21ufruhr3 
in ber beutfdjen Station unb ganzen (Shriftenheit wie wegen 31b- 
wefenheit beS ÄaiferS auch in nie! wichtigeren fragen, bie ©lauben 
unb Seligfeit beträfen, fidt) feine Regelung erzielen laffe, auch 
Äoften bringenb $u oermeiben feien, fo wies Plettenberg feinen 
Beauftragten an, mit allen redf)tsfräftigen Mitteln unb Garantien 
beim faiferlidhen Statthalter unb Regiment, bei ben 9teid;8ftänben 
unb bem SDeutfdfjmeifter felbft einen 21uff<hub ber ganzen H 0 <h* 
meifterwahlfrage ju bewirfen, fo bah feine Partei etwas barin 
oornehmen bürfe. 2)amit unb mit allen anbren DrbenSfacfjen 
foHte eS fo lange anftehn, bis bie beiben 9J?eifter in ®eutfdhlanb 
unb fiiolanb ober ihre BeooHmächtigten an gelegener Stätte, 
j. B. in Sübecf, gemeinfchaftlidt) alle burdh bie preufjifche Um¬ 
wälzung eingeriffenen Übelftänbe abftellen unb im Drben ein 
einträchtiges, beftänbigeS unb chriftlidheS SBefett unb Regiment 
einführen würben. ®en Strauß mit bem $)eutf<hmeifter in gegen¬ 
wärtiger ßeit bis jum (Snbe burdhjuführen, hielt Plettenberg für 
’ unmöglich- (Sr forberte ben (Srjbifchof auf, fid> noch währenb beS 
Sommers nach ßtolonb jurüdfjubegeben; nur wenn fidE) aus bem 
Verlauf beS (Sf<henba<her OefpräcfjS Hoffnungen auf ein (Sinlenfen 
. ber 2)eutf<hhenen ergeben foUten, foHte er fich nebft bem Komtur 
ju Rellin noch länger mit ber Sache befaffen. — $)afc in feinem 
ber Briefe bie Betätigung beS SBolmarer Vertrages auch nur 


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Tettenberg. 


77 


mit einem Söort ermähnt mar (jehr begreiflich), fiel bem SDteifter 
beredjtigtermeife ftarf auf. @r legte bem Prälaten bringenb naf& 
feinem. ©etöbniS genugjutun, unb juchte ihn auch burch ben 
£inmeiS auf bie fird^tidtjen SBirren in Sibtanb unb bie unficheren 
SBerhättniffe in feinen beiben Stiftern ju balbiger Sftücffprache $u 
berantaffen. Aber er bertraute ihm t»öUig: jmecfS Ausfertigung 
einer neuen Sßottmacht fteUte er bem ©rjbifdhof fogar fein eignes, 
im AuStanbe neu ju ftechenbeS Sieget $ur Verfügung! Offenbar 
hielt er 33tanfenfetb burdh feine (Srrettung bor ber Anftage auf 
SanbeSberrat mit ben Stuffen >) unb burch 3 u f*änbe in feinen 
liblänbifdjen Kirchen für feft genug an feine ißerfon unb beS 
DrbeitS 2Bof>t unb 2Bet)e gefettet. 3m übrigen muhte fidh ihm 
bie ©rfenntniS aufbrängen, bah er Abneigung ber ©eutfdj* 
herren gegen ßugeftänbniffe hinfi^ttidh ber Stellung eines Iib= 
tänbifdjen üKeifterS unterfchä|t h at te. SCBenn eine Sßerabrebung 
jmifdhen ihm unb iötanfenfetb megen Übertragung beS ^odhmeifter* 
amtS nach Siölanb tatfächtich efiftiert hat, fo mar ber ißtan unter 
unjutreffenben SorauSfepungen erbacht. ÜberbieS hatte fi<h freilich 
bie SBerfdjiebung ber Sftachtberhältniffe jmifchen ißapft unbftaifer 
nicht borauSfehen taffen. SDtan mar bisher gemohnt gemefen, jenen 
atS auSfchtaggebenbe 3aftanj für atte OrbenSfachen ju betrachten. 
2)en 2)eutf<hhcrren aber imponierte er tängft nicht mehr. 

Am 15. Auguft erhielt ißtettenberg burch ben jurüdfgefehrten 
SBifcfjof bon $urtanb ben erften genauen Bericht über ben refuttat* 
tofen Verlauf ber (Sfchenbacher ißerhanblungen (ein mit entfprechen* 
ben Sßachrichten an ben SEReifter abgefanbter SDiener beS SrjbifchofS 
mar, bielleicht bon ben ©eutfchherren abgefangen, picht nach Sib= 
taub gelangt). 2)a ißtettenberg barauS ftar erfannte, bah Dönberg 
bon feinen Abfidtjten nicht abjubringen mar unb bie SBahlfrage 
nur ^in^ööerte, um bie Nachfolge im §ocf)meifteramt rnitttermeite 
nach feinem SBitten ju regeln, unb ba batb barauf bie marnenben 
SOtitteitnngen ©eorgS bon @tp über SötanfenfetbS eigenmächtige 
unb eigenfüchtige ^anbtungSmeife eintiefen, fo berftanb ber SDteifter 

•) Übet biefc (üermutlid) im 8 u fammettljang mit einet SDtoSfaufcben 
Öeianbjcbaft an ftarl V. ober Siemens VII.) batte ölanfenfelb übrigens, 
bem SReifter in einem leibet nidjt erhaltenen ©rief eine Tarnung gefehlt, 
wofür ihm Tettenberg banlte. ?lrbufom a. a. D. 9?t. 245. 


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78 


fieonib Strbufon», 


ben fe^r beuttidjen Sßinf. @r mieberholte am 20. (September feine 
nötigen Anmeifungen an ben ©tjbifdjof, einen förmlichen blecht* 
gang mit Äronberg $u öermeiben: ßmift unb Uneinigfeit jmifchen 
ben beiben Häuptern mürbe bem tiölänbifdjen DrbenSjmeige nur 
ju fernerem ©(haben gereichen unb ju „emiget Ausrottung“ beS 
ganzen Seutfdjeit DrbenS führen; 23lanfenfelb bürfe Siolanb unb 
ben Drben bafelbft auf feinen gaß mit bem Seutfdjmeifter in 
Streit bringen unb foße fidf), menn ein frieblicher AuSmeg fi<h 
nid>t finbe, nach ßiolanb jurüdfbegeben, borljer aber natürlich bic 
oon ihm felbft „erbachte" Sßolmarer Untermerfung betätigen 
taffen, faßS baS mirftidh bisher noch nicf)t gefd^ehen fei. 1 ) $ur 
@inficf)t gelangt, bajj eine Äonfurrenj mit bem Seutfchmeifter aus 
ber meiten (Sntfernung unb mit ben oerfügbaren fchmacheu ÜRitteln 
unburchführbar mar, trat er öor ber Partei ber Seutfchherren 
ben ßtütfjug an, bie ihm oon @lp gebaute SBrücfe benujjenb unb 
SBlanfenfelb beSaüouterenb. Am fetben Sage, mo er ben ©rjbifdjof 
jum jmeitenmat jum Abbrecf)en ber auSfichtStofen ©ache unb jur 
9tü<ffehr aufforberte, fteßte er in einem (Schreiben an ben SSije* 
fanjter Sßalbfirch feine eigne ^Beteiligung an ölanfenfelbs Abficht, 
bem Drben ein oberfteS §aupt ju geben unb mit aßen SRittetn 
auf bie SBaht eines neuen |jochmeifterS hinjuarbeiten, beftimmt 
in Abrebe: mie er erft burdh @tp informiert morben fei, betreibe 
SBlanfenfelb garnicht beS DrbenS, fonbern fein eignes Sntereffe; 
noch in Siütanb habe er bei ihm bie 2öal)I eines neuen £o<h* 
meifterS (anftatt ber ©teßbertretung burch ben Seutfchmeifter) 
angeregt, fei aber abgemiefen morben, unb an feinen meiteren 
Schritten in biefer Dichtung habe er, ber liotänbifche äReifter, 
feinen Anteil. Sßenn 93tanfenfelb $um Äaifer gereift fei, fo fei 
baS gegen SßtettenbergS SBißen unb S3efehl gefdjehen, unb er habe 
baS mof)t nur megen eignen Vorteils getan. 2 ) Sie ^Behauptung, 
ber (Srjbifdhof habe feinen SBefehf megen einer SReumahl 
gehabt, mar jebod) nicht richtig, benn ein Sßunft in feiner unb 
SBifchof Hermanns Snftruftion hatte ihnen bie ©orge bafür auf¬ 
getragen. 


*) Plettenberg an Planlenfelb, 1527 ©ept. 20 (SBien»£ilbebranb), 
*) ©erbring a. a. 0. @. 78. 81. 


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Plettenberg. 


79 


Plettenbergs ©riefe an ©lanlenfelb waren, ba auch ber erfte 
ifjn nicht mehr erreicht hat, an einen ioten gerietet, ©ie ftranbeten' 
im 91r<hio ber $)eutfcf)f)erren, bie barauS freilich aud) nicht ben 
wirflidf)en Anteil beS liolänbifdhen SReifterS an ber ihnen fo mifj* 
liebigen Überführung beS £>o<hmeiftertumS nach ßiolanb erfennen, 
aber wohl erfefjen fonnten, in meinem ©egenfap er fi<h ju ihren 
eignen ©eftrebungen befanb: ber Obergewalt beS 2)eutfchmeifterS 
miberftrebte er, bie ©efdfjlüffe ber beiben Numpflapitel ju ©peier 
unb ÜRergentheitn betreffs ber 2ßaf)I beS S)eutfd^meifterS jum 
oberften DrbenShaupt unb Slbminiftrator beS §ochmeifterS ertannte 
er nicht als rechtsgültig an, wollte ftattbeffen eine unabhängige 
unb gleichberechtigte ©tellung für feinen OrbenSjweig wahren, 
jum allerminbeften eine Regelung ber Nachfolge im §ocf)meifter* 
tum nur mit ftatutengemäjjer unoerlürjter ©eteiligung ber ßio* 
länber julaffen — aber ba fiel auch fäwn, vielleicht jur felben 
ßeit, wo biefeS ÜRaterial in ÄronbergS ^änbe gelangte, in ©urgoS 
am 6. $)ejember 1527 bie langerftrebte (Sntfdheibung beS ÄaiferS. 
Nadfjbent ©lanfenfelb oom ßampfplap abgetreten war unb SBalbfirdhS 
ßuverläffigleit nidht mehr burch loftbareS peljwerf, „womit man 
bisweilen lauft, was billig nicht feil fein füllte", in ßweifel gefe|t 
werben lonnte, war ein glücflidher SluSgang für bie SDeutfchherren 
ficher. ®art Y. übertrug, unter heftigen Ausfällen gegen ben 
abtrünnigen Sllbrecht, bie Slbminiftration beS ^odhmeifteramts 
auf ben $)eutfdhmeifter Äronberg unb befahl bem OrbenSmeifter 
in ßiolanb unb allen feinen ©ebietigern fowie ben früher $u 
Preufjen gehörigen ßanbfomturen, ihn unb feine Nachfolger an^u* 
erfennen unb ihm gehorfam ju fein, bis baft ein orbentlidher 
^ochmeifter geforen fei. 1 ) Sn ßiolanb fomtte biefeS ÜRanbat freilich 
erft fpät befannt werben. 

Sn welcher Sßeife aber fchon oorher ber ooHe Umfdhwung 
bei Plettenberg fidh oottjogen hot, wiffen wir nidht; er gab jeben- 
faUS alle bisherigen Slnfprüche auf. ®ber baS §auptmotio leuchtet 
ijerüor: bei ber 9tuSfi<htSlofigfeit einer wirffamen ©erfedhtung ber 
liolänbifdhen Sntereffen ben Neft beS ©efamtorbenS nidht burch 

’) De Geer tot Oadegein, STtdjiöen ber 9HbbetUfen 2)uit|d)e orbe 1 
3.194 92r. 181 (§ilbe6ranb). SSotgt a. a. £). 2 ©. 35 f. ftarge a. a. D. 
©. 409. $a3 Snftrument mag ooit SBalbftrd) gegengejeidjnet. 


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80 


Seonib Strbufow, 


oergeblicheS eiferfüdjtigeS Sßiberftreben gegen bie ehrgeizigen Ab» 
' fickten beS ©eutfchmeifterS jit entjtoeien unb ju galten, nadhbem 
feine SEßeitereEiftenz fdijon burdj ben Ausfall preufjenS in ^rage 
gefteßt mar. — ©en Sftmfzug bei Äronberg einzuleiten, mar mohl 
bie Beglaubigung oon Plettenbergs Kanzler ©chneeberg als Über« 
bringer einiger Briefe an Blanfenfetb unb gemiffer Aufträge an 
ben ©eutfehmeifter oont 11. nnb 17. üftoöember 1527 beftimmt. 1 ) 
©es ©rzbifdjofs Stob mar bamatS in ßiolanb noch nicht befannt. 
©aS (Sinoernehnten mit Äronberg burfte Plettenberg bamals nur 
als burdj BlanlenfelbS Begebungen geftört anfehen, aber als er 
fpäterhin, etma im Januar 1528, bie $unbe oon beffen Abfeheiben 
erhielt, mufjte er fid) fagen, bafj feine lebten offenherzigen ©ar« 
legungen an bie falfche Abreffe geraten, ben ©eutfehherren in bie 
$änbe gefallen feien unb ben ßmiefpalt nur ftarf ermeitern 
fönnten, unb halb banach mirb mohl auch bie !atferliche ©ntfdheibung 
Zugunften $ronbergS eingelaufen fein. Sefct ging Plettenberg mit 
©ifer baran, baS (Sinoernehmen mit bem neuen oberften OrbenS« 
haupt mieberherzuftellen unb baS Verhältnis beS liolänbifchen 
OrbenSzmeigeS zu ih m uuf einer fieberen ©runblage zu regeln, 
©er einzige SBeg bazu mar, BlanfeitfelbS Bemühungen als baS 
©egenteil oon ben Anfdjauungen beS ÜMfterS barzufteden, ben 
(Srzbifchof ganz fußen zu laffen. ©aS gefchah- ©chneeberg unb 
ber inzmifchen mieber in ©eutfdhlanb erfdhienene Komtur zu Rellin 
mürben auSerfehen, bie ©ache mit Äronberg ins Steine zu bringen. 
3n feiner Snftruftion 2 ) erflärte Plettenberg: Blanfenfelb hübe 
feine Stufträge nicht auSgeführt; in 9tom fei er ber Betätigung 
beS SBolmarer Vertrages nicht nachgegangen, hübe fie üietmebr 
hintertreiben mollcn, hübe feine frühere ©tetlung mieberzugeminnen 
getrachtet, fich baneben auch uiit anberen Angelegenheiten, benen 
beS ©eutfdhen OrbenS, befdjäftigt unb babei „meitläufige, milbe 
unb fernere |>änbel oorgenommen, moburdj ber Orben in 
unerhörten ßmift unb SBiberroilligfeit gebraut morben fei"; aber 

*) SBiett (£>ilbe&ranb) unb äRitteilungen aus bet libl. ©efd). 2 
©. 505 Ar. 18. 

1528 gtttljialjt bejtt». SJiätj, tigl. ©d)nöting a. a. 0. ©. 75. 78. 84, 
©.113 Slnm.318, 336f. unb ©.114 Sinnt. 362f. 9Äir ift bie toid)tige 
Utfunbe nidjt jugänglid). 


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Plettenberg. 


81 


baju tjobe er feinen SBefetjt gehabt. Plettenberg leugnete bielmehr 
jeben Anteil an PfanfenfelbS „fonberlichet ^anbtung", bie er 
ohne jein SÖßiffen unb Sßotlen borgenommen. ©r hübe, ats er 
babon gehört, bern ©rjbifchof babon abgeraten unb if)n jur fftücf= 
fehr nach ßibtanb aufgeforbert: bod^ umfonft, er jei junt $aifer 
gereift. ©leicfföeitig erhielten bie Unter^änbler bie Anweifung, 
gegen Sicherung beftimmter, freilid^ nur noch geringer Porredhte 
beS Itölänbifcfjen DrbenSjWeigeS ben 2)eutfd)meifter als Abmini* 
ftrator beS ^od^meiftertumS anjuerfennen. — ®em ©inne nach 
waren ptettenbergS Peljaup tungen inbe^ug auf feine Abneigung 
gegen „fdf>were |>änbel" richtig: er f)atte ben ©rjbifdhof auf baS 
Peftimmtefte angewiefen, eS in feinem 3 U „Spaltung unb 
Stedhtgang" mit Äronberg ju treiben, unb ihn fogleicf) jur Stüd* 
fehr aufgeforbert, als fic^ befanb, baff bie 2)eutfd)|erren auf ben 
©tanbpunft ber Siblänber feineSfallS einjuge^en gebadeten. Aber 
aus ber Steife jum Äaifer fonnte Planfenfetb toenigftenS infomeit 
fein Porwurf erwachfen, als ihn Plettenbergs Aufforberung fcf)on 
aus seitlichen ©rünben nicht mehr ju erreichen berntodhte; unb 
bafj bis junt $erbft wirflich ein tiefgefjenber ©egenfajj jwifchen 
Plettenbergs ©tanbpunft unb bem ©ebaren ber ®eutfd)f)erren 
beftanb, befräftigen gerabe beS ÜJieifterS lepte Priefe. Stur bafj 
biefer ©egenfafc nadh feinem Sßilten auf feinen galt in einer 
für ben ©efamtorben fd^äblidjen Söeife geltenb gemacht werben 
follte. hierin war Planfenfetb weitergegangen, als es ben $16* 
fidf)ten feines oorfidtftigen Auftraggebers entfprad). SDiefer war 
umfo eher berechtigt, ben ©rsbifcljof preiSjugeben, als er burd) 
fein f|intertiftigeS Perhalten ju bem bon tljm felbft borgefdfjlagenen 
SBolmarer UnterwerfungSbertrage tief betroffen “war. 

Unter Opferung bon PlanfenfelbS Unternehmen, aber auch 
beS eignen bisherigen ©tanbpunftS, fdhritt Plettenberg jur ©inigung 
mit bem SDeutjchmeifter. SDie bon ©rabe unb ©dhneeberg geführten 
Unterhanblungen fanben unter Peteiligung @l|S im SJtai 1528 ftatt. 1 ) 

*) Priefe unb Sitten üoit 1528 SDtai 22 unb 30 unb Qnni 9 int ©taat3* 
ardjiö ju (Stuttgart, nadj Slbfctyriften in ber Pibl. ber Siblänb. s Jlitterfct)aft 
ju 9tiga »erj. SRitteilungen au§ bet liül. ©efet). 2 ©. 506 Ar. 19. 20, 
©. 522 Ar. 10. 33gl. aud) @1$ an Plettenberg, 1528 ^uni 17 (Aeid)3ard)iö 
ju ©totfl&olm * fcilbebtanb). 

6<$r. 0. f. «.36,3, 6 


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82 


Seonib 9Irbufoto, 


(Sine 4?ouptbebingung, bie bie fiiblänber, neben einer ©eneral* 
fonfirmation oller ihrer Privilegien burdj ben Kaifer, bitrdjfe^en 
wollten, war bie auSbrüdlidje ©idherftellung ber freien äSaljlen 
ihrer ÜJteifter nach bent bisherigen ©rauch, um ihren Orben in 
biefem wesentlichen punft felbftänbig unb unabhängig oon bem 
neuen oberften $aupt ju erhalten. Plettenberg erflärte fein ©er* 
langen nach & er faiferlichen Konfirmation — üom Papft war 
nicht mehr bie ©ebe — burdh „ben ©ewinn ju SRonta": b. h-, man 
hatte in ßiölanb bie richtige SBertung ber augenblidlidhen Stellung 
oon Kaifer unb Papft gefunben. 3lber Kronberg ging auf eine 
allgemeine priöilegienbeftätigung unmittelbar burch baS Sfteidh 
nicht ein: er felbft wollte, als oom Kaifer über ben ©efamtorben 
gefegte „orbentlidje Oberfeit", ben fiiolänbern eine ©eneralfonfir* 
mation auSfteHen, bie baS SReichSregiment alsbamt beftätigen möge, 
unb fträubte fich fogar gegen bie Aufnahme ber Klaufel über ihre 
freie üDieifterwahl. £>ier aber gaben bie Unterhänbler natürlich 
nicht nach- $>er Komtur ju gellin machte ben £)eutfd)meifter 
auf bie ©efaljren feitenS beS unruhigen Komturs ju Koblenj, beS 
§er$ogS (Srich oon ©raunfdfjweig, aufmerffam: biefem genüge 
vielleicht feine Stellung nicht, unb ba ihm nun ber 893eg jum 
livlänbifcfjen ÜJteifteramt wie audh jur Slbminiftratur beS §od)= 
meifteramtS oerfchloffen fei unb er je^t nebft feinem ©ruber in 
Italien im ®ienfte beS KaiferS ftehe, fo wiffe niemanb, auf waS 
für praftifen er benfe; aber ba Plettenberg ein alter abgelebter 
SJtann fei, fönnte jener fidj vielleicht mit $ülfe beS KaiferS in 
Siolattb einbrängen, unb bem würbe man burdh eine faiferliche 
Konfirmation beS 2Bahlredf)tS begegnen fönnen. gwar nicht fyn» 
fi^tiidh biefer, wohl aber wegen ber SBaljlredhtSflaufel gab Kronberg 
nadt): oon einer abfdhlägigen Antwort auf biefen punft befürdhtete 
er, fie würbe neue „grrung" erzeugen, bie Siülänber oerantaffeu, 
oon feiner Obrigfeit ab^ufpringen unb bie Konfirmation unmittel* 
bar oom Regiment auSjuwirfen. 2lm 9.guni 1528, in äJiergentheim, 
oolljog er bie ©eftätigung aller Rechte nnb priüilegien beS lio* 
länbifdhen OrbenS, befonberS ber freien ÜÜteifterwahlen, 1 ) „traft 

*) Sluffaüenberroeife Ijeijjt e8 barüber in bem Sßrtoileg Don 1528 
3uni 9: ber Orben in Siolanb ljabe feit unöorbenfücfyen geiten „mit S8or» 
toiffen unb Xulbuitg be8 §od)meifter8" bie freie SBa^I feiner SJteifter 


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Plettenberg. 


83 


orbentlicfjer Obrigfeit, ba ber Äatfer bie taut DrbenSbucf) unb 
Statuten nad) 9ltbredjt§ Stbfatt an ben ®eutfdjmeifter fjeimgefaUene 
Stbminiftration be§ §ocf)meifteranitS iljm übertragen t)abe." 3n biefer 
Urfunbe war bie Slnerfennung oon ÄronbergS neuer SCßürbe unb 
oberfter Stellung feitenS beS liotänbifdjen OrbenS^weigeS befcf)toffen. 

Stuf einen mistigen *ßunft f)atte ber Äomtur ju gellin, 
gewifj bocf) in Stettenbergs Auftrag, ben $)eutfcf)meifter nocf) t)in= 
gewiefen unb tf)n gebeten, bafj in ber Urfunbe „aucf) S reu B en 
nicfjt oergeffen werbe", ittbent nämlicf) Äronberg fotgenben Stitet 
gebrauten foKte: „Slbminiftrator beS §ocf)meifteramt3 unb ber 
Sanbe ju S^cu^en als oon wegen beS ganjen DrbenS.“ fDaburdf), 
tjatte ©raoe erftärt, würbe bem ÜDteifter in Siotaub unb bent 
gangen Orben ein befonberer ©efatten gefdjeljn. 2)aS bebeutete 
feitenS S^ü en bergS unb ber äftafjgeblidjen beS DrbenS in Siütanb 
bie rü<ff)atttofe Stnerfennung für ben unwiberruftidjen Übergang 
alter ©erecfjtfame unb 93efi^anfprücf>e beS §ocf)metftertumS auf 
ben 2)eutfcf|meifter unb äugfeicf) bie fßerfidjerung, baf$ ber tiü= 
tänbifcfye OrbenS^wetg auf bie ©ettenbmacfjung irgenbwelcf)er eigner 
Stbfidjten f)inficf)tlicf) S reu B en§ oerjicfjten, aber aucf» Stnfprüdfje 
oon Dritter Seite auf S reu B en ober bie ^odjmeifterwürbe nic^t 
anerfennen wollte. ©S war nicfjt nur eine neue 2lbfage an 
ben ^erjog, fonbern offenbar aucf) an biejenige S orte i lto s 
tänbifd)en Orben, bie an eine Ütöiebergewinnung S reu B eng burtf) 
ben SKeifter in Siotanb badjte, 1 ) unb baju beftimmt, innerhalb 

gehabt, bergeftalt, baß bei Palanjen bie liolänbifchen ©ebietiger „jtoeevt 
Stitterbrüber, nemlid) einen für ben roegften, unb nod) einen ju inte, ju 
SReifter erwe^let, unb biefelben eint ^odjmeifter ober 3lbminiftrator ange^eiget, 
unb ber einen ju confirmieren gebeten, u>ie ban gefächen." ®a? hat u. 
833. nur bi? 1450 gegolten. 33gl. Joachim a. a. 0.2 ©. 854 unb 2. Prbufom 
sen. im Saljrb. f. ©en., §er. u. ©plfrag. 1899 ©. 40. 

*) $a? Porljanbenfein folget 9lnfd)auungen in Siülanb fteHt ftd) 
gelegentlich be? 9tei<h?tage? §u 9tug?burg betau?. $ier belehnte ber SJaifer 
am 26.3uli 1530 ben SJeutfchmeifter Äronberg feierlich aud) mit Preußen 
unb erteilte auch bem liolänbifcßen SReifter (in ©tetlüertretung) bie Regalien 
für Siülanb (Vota a. a. £). <5. 365). Plettenberg? Pertreter, ber SHeüaler 
&au?lomtur Dietrich ü. b. Paten (Paßlen), äußerte fid) nach ber Zeremonie 
in üertrautem Streife mißmutig über bie Peleßnung Stronberg? mit Preußen: 
ber ffiaifer hätte llüger getan, wenn er Preußen bem liolänbifchen 
SJteifter $u Sehen gegeben hätte, ber ba? Sanb mit Seidjtigfeit erobern, aud) 
bie !atl)olif<he Religion bafelbft mieberherftellen mürbe (®anti?cu? au Stönig 
©igi?munb, 3lug?burg, 1530 Quli 30, Acta Tomiciana 12,5Rr. 213, ©. 207) 

6 * 


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84 üeottib itrbufow, 

beS DrbettS ßwiftigfeiten unb ©pattnngen beit Söoben $u ent= 
gieren. 

Sie Hauptfrage, bie fidp au§ bem Untergang beS Seutfcpen 
DrbenS nnb beS HocpmeiftertumS in ißreufjen erhoben patte, war 
burdp Stettenbergs (Sinficpt unb ÜHadpgiebigfeit $u einer friebtidpen 
ßöfung gelangt, $u feinen Ungunften, jugunften beS an wirtlicher 
9Jtadpt fooiet nnbebeutenberen SeutfdpmeifterS. Sie faifertic^e 
(Sntfcpeibmtg, bie junädpft audp nur „bis gut S33at»t eines orbent* 
ticpen HodfjmeifterS" ergangen war, patte bie 9tufredpterpaltung 
eigener 9lnfprüdpe inunerpin ertaubt unb pätte felbft, wie baS int 
Steicp öfter gefcpap, beftritten werben fönnen. Slber ber SKeifter pat 
nicpt nur baöon abgefepen, fonbern audp fcpon oor ber faiferticpen 
SSißenSerltärung burdp Ütücftritt öon eignen Seftrebungen unb 
©onberintereffen einer weiteren ßerfptitterung beS fdpwer barnieber* 
tiegenben DrbenS einen ßtieget öorgefcpoben. StuS ber Äataftroppe 
beSfetben in S reu ften nutzte er ©dpaben unb neue ©efapren für 
Siötanb pimtepmen. (Gewinn für eine (Srpöpung feiner eigenen 
©tettung jog er nicpt barauS. (SS war ber zweite grofje Sßer^icpt 
in ?ßtettenberg§ Seben. (Einmal patte er, um ben öeftanb beS 
feiner Seitung in fdpwerer $eit anöertrauten SanbeS nicpt ju 
gefäprben, bie ipm t»on einer rabifaten Sßartei angetragene SUtein* 
perrfcpaft auSgefdptagen. Sept wies er bie, burdp feine Äarnpf* 
fteßung im Dften gerechtfertigte unb bereits öom Sapft gutgepeifjene 
(Srpebung jur pödpften Sßürbe feines DrbenS jurüdt, um fidp mit 
bem anbren Seit beSfetben nidpt $u entzweien. (SS ift wapr, bie 
entgegenftepenben praftifdpen ©cpwierigteiten waren unüberwinbtidp 
grofj: aber in beiben fjäßen war es bodp ein ©idpbefdpeiben, bei 
bem audp ibeate Seweggrünbe mitfpradpen. (Sin (Sprfüdptiger 
pätte, opne ßtüdffidpt auf baS ©dpicffat ber Sanbe Siötanb wie 
beS Seutfdpen DrbenS, ben ßarnpf um bie oberfte ©tettung 
aufgenommen unb eigener Sntereffen wegen ben jerrüttenben 
Sarteifampf entfadpt. 3tber Stettenbergs einficptSüotte 233eiSpeit 
refignierte um beS allgemeinen SBeften eines größeren ©an$en 
wißen, baS burdp ©treit unb ßwietradpt nur nodp rafdper unb 
früper jufammengeftürjt wäre. SaS ©efcpicf patte ipn auf teitenbe 
Soften öon ©ebitben gefteßt, bie ben (Sinbrang neuer, bie alten 
formen fprengenber Sbeen unb grunbftürjenbe Anbetungen nicpt 


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85 


»ertrugen, bereu (Snbe aber burch weife ©Rottung beS Über» 
fommenen noch t)inau^ufc^ieben war. SDer 3)eutfcf)e Orben unb 
ber aftltolänbifdje ßanbeSftaat, beibe auf geifttid^welttichen ©runb* 
tagen beS SDiittetatterS errietet, waren überlebt unb würben burdj 
bie Deformation unterbötet. Stber ber Stuffc^ub tfjreä Untergangs 
burdf) Stettenbergs (SrljaltungSpotitif f>at für baS ßanb bie 
SBebeutung gehabt, bafj ficf) bis bafjin noch bie ©runbtagen unb 
jufünftigen «Sicherungen feiner eöangetifchen ßanbeSfirdfje unb 
feiner beutfdfjen Kultur auSbitben unb feftigen tonnten unb für 
eine fernere gufunft aufbewahrt blieben. 


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©rucfe oon <£f)rt>arj>t ßarras ©. m. b. ß. in ßalle (Saale). 


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Verlag von Rudolf Haupt in Leipzig 


Neue Schriften 

des Vereins fUr Reformationsgeschichte. 

Kammer 

101/02. Winter, Julius. Johann Arndt, der Verfasser des 
„Wahren Christentums". Ein christliches Lebensbild. 
(116 S.) 80. 1911. [XXVIII, 1/2] Jb 1.80 

103/04. Schiess, Traugott. Johannes Kesslers „Sabbata“. 

8t. Galler Reformationschronik 1523—1539. (8. 1—114.) 

— Meyer von Knonau, Gerold. Die evangelischen Kantone 
und die Waldenser in den Jahren 1663 und 1664. 
(8.115—178). 80. 1911. [XXVIII, 3/4] Jb 3.— 

105. Kawerau, Gustav. Luther in katholischer Beleuchtung. 
Glossen zu H. Grisars Luther. (71 8.). 8°. 1911. 

[XXIX, 1] Jb 1.20 

106/07. Ney, Julius. Pfalzgraf Wolfgang, Herzog von Zwei¬ 
brücken und Neuburg. (S. 1—124.) 

— Krone, Rudolf. Lazarus von Schwendi, Kaiserlicher 
General und Geheimer Rat. Seine kirchenpolitische 
Tätigkeit und seine Stellung zur Reformation. (8. 125 
bis 167) 80. 1912. [XXIX, 2/3] Jb 2.40 

108. Rogge, Christian. Luther und die Kirchenbilder seiner 
Zeit. (29 8.) 80. 1912. [XXIX, 4] Jb 0.60 

109/10. Köhler, Walter. Luther und die Lüge. (212 8.) 8°. 

1912. [XXX, 1/2] Jb 2.80 

111/12. KÖrber, Kurt. Kirchengüterfrage und Schmalkaldischer 
Bund. Ein Beitrag zur deutschen Reformations¬ 
geschichte. (192 8.) 80. 1913. [XXX, 3/4] Jb 2.40 

113. Lang, August. Der Heidelberger Katechismus. Zum 

350 jährigen Gedächtnis seiner Entstehung. (68 8.) 
80. 1913. [XXXI, 1] Jb 1.20 

114. ’ Gauss, Karl. Reformationsversuche in der Basler 

Bischofsstadt Pruntrut. (83 8.) 8«. 1913. [XXXI, 

2] Jb 1.20 

115/16. Bürckstiimmer, Christian. Geschichte der Reformation 
und Gegenreformation in der ehemaligen freien Reichs¬ 
stadt Dinkelsbühl (1524 — 1648). I. Teil. (167 S.) 
80. 1914. [XXXI, 3/4] Jb 2.40 

119/20. — II. Teil. (103 S.) 8«- 1915. [XXXII, 3/4) 

Jb 1.60 


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Verlag von Rudolf Haupt in Leipzig 


117/18. Loesche, Georg. Zur Gegenreformation in Schlesien 
(Troppau, Jägerndorf, Leobschfitz). Neue archivalische 
Aufschlüsse. I. Troppau — Jägerndorf. (253 S.) 8°. 
1915. [XXXII, 1/2] Jb 2.40 

123. — II. Leobschtttz. (96 S.) 8». 1916. [XXXIII, 3] 

Jb 1.50 

121/22. Albrecht, Otto. Luthers Katechismen. (VIII, 196 S.) 

80. 1915. [XXXIII, 1/2] Jb 3.— 

124. Schubert, Hans von. Luthers Frühentwicklung (bis 
1517/19). Eine Orientierung. (S. 1 — 34.) 

— Kawerau, Gustav. Luthers Gedanken über den Krieg. 
(S. 35—56) 8®. 1916. [XXXIV, 1] Jb 1.— 

125/26. Waldenmaier, Hermann. Die Entstehung der evan¬ 
gelischen Gottesdienstordnungen Süddeutschlands im 
Zeitalter der Reformation. (VIII, 143 8.) 8°. 1916. 
[XXXIV, 2/3] Jb 2.40 

127/28. Köhler, Walter. Wie Luther den Deutschen das Leben 
Jesu erzählt hat. (VI, 154 S.) 8». 1917. [XXXV, 

1/2] Jb 3.— 

129. Kawerau, Gustav. Luthers Schriften nach der Reihen¬ 

folge der Jahre verzeichnet, mit Nachweis ihres Fund¬ 
ortes in den jetzt gebräuchlichen Ausgaben. (64 S.) 
80. 1917. [XXXV, 3] Jb 1.20 

130. Ficker, Johannes. Luther 1517. Rede zum Vier¬ 
jahrhundertgedächtnis der Reformation. (S. 1 — 42.) 

— Anrich, Gustav. Die Straßburger Reformation. Vortrag 
gehalten in der St. Nikolai-Kirche zu Straßburg. (S. 43 
bis 70) 80. 1918. [XXXVI, 1] Jb 2.40 

131. ArbuSOW, Leonid. Wolter von Plettenberg und der 

Untergang des deutschen Ordens in Preußen. (85 S.) 
80. 1919. [XXXVIJk2] Jb 3.— 


Druck von Ehrhardt Karras G. m. b. H. in Halle (Saale)* 


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€rasmus, 

Cutfyer unb Sriebrid) ber Weife 


(Sine reformafionsgefd)icbfttd)e StuMe 

von 

Paul Ralhoff 




Ceip3ig 

Verein für Reformationsgefd)id)te 
(Rudolf Raupt Verlag) 

1919 


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X 


©Triften 

be§ SBereirtg für 9fteformationägefd)icfyte, ^ ^ 1 

3af)rgang XXXVII. 1. ©tücf 
9fr. 132 


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Vorwort. 


Die oorliegenbe Arbeit bilbet bett 9lbfdhluß meiner Unter* 
fudjungen über bag SBerhältnig beg (Sragmug jur Deformation, 
obrnot)! fie bem gefcf)id)tlicf)en Dertauf nach ben erften Seil bar* 
ftedt. (£g t)ängt bieg mit ber rücf roärtgf cf)reitenben ÜWettjobe 
jufammen, bie auch für „bie ^orfdjungen ju £utf)erg römifrfjem 
sßrojeß" unb fo in mancher anbem |>infidjt für biefe Stnfangg* 
periobe ber Deformation einjufd^lagen mar, meil erft für bie $eit 
beg SSormfer Deidjgtagg bie Quellen reichlicher fließen unb oor 
adern erft bie Depefchen 5lleanberg bie Söfung ntandjeg Dätfelg 
ber ooraufgeßenben ^oßre ermöglichen. SBefonberg gilt bieg aucf) 
oon ber (Stellung, bie (Sragmug Sutßer unb feinem SBerfe gegen* 
über eingenommen unb in meittragenben fircf>enpolitifchen $unb* 
gebungeu oerfocpten f)at. ^Inberfeitg fjaben fidf) für manche 93e* 
tjauptungen §tleanberg, für bie er ung bie Semeife fdfjulbig 
geblieben ift, aug ber $8orgefcf)ic^te überrafdhenbe Belege beibringen 
taffen, mie für bie fidjer burcf) ben Duntiug beeinflußte SDelbung 
eineg oenetianifdhen Diplomaten oom Äaiferßofe (30. Dezember 
1520), „oiete oerfixierten, baß Sutfjer — biefe fcf)limme Sßeft, 
biefeg fchier unheilbare Übel — mit ©ragmug im (Smüernefjmen 
ftehe". 

©erabe biefe entfdheibenben Saßre im Seben beg (gragmug 
merben in ben bigfjerigen Darftedungen fe£)r bürftig beßanbelt, 
benn fie ftanbeu unter bem hoppelten (Einfluß einer bem gefehlt* 
liehen ©adhoerhalt abträglichen Überlieferung, ber fpäter oon 
beiben firdf)lichen Parteien oertretenen Segenbe unb ber oon ihm 
felbft betriebenen Dertufdhung. Demgegenüber ließen ft<h junächft 
am leidjteften unb fi<herften bie lepten heftigen Kämpfe beg ferner 

a* 


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IV 


Vorwort. 


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gefäprbeten ©efeprteit mit ben Söroener Geologen, ben ttieber* 
fänbifdpen Sftöncpen unb Snquifitoren, bie erbitterten 9fuSeinattber= 
jungen mit Sffeanber, bent Boflftrecfer ber Bannbulle unb Ber= 
faffer beS SBormjer ©biftS, eingepenb oerfolgen, liefern jugleid) 
auf ben miffenfcpaftlicpen Stuf beS ©raSmuS neibifdtjen geinbe 
gegenüber, ber bie SDladtjtmittet ber fö'ircpe unb beS SanbeSperren 
rüdfficptSfoS in Slnmenbung ju bringen bropte, btieb feine anbere 
Rettung als bie glucpt naep ber Scpmeig unb bemnädpft ber 
Übergang jn einer äuperlicp neutralen Haltung im firmen* 
politifdpen Kampfe, fo lange fidf» eine folcpe eben noep behaupten 
Xieü- SDamit erreichte bie gefcpicptlidp bebeutfamfte ^eriobe im 
Seben beS großen ^ßubtijiften ipren Sfbfcpfup. 

3)ie in biefen Sohren oon 1517 bis 1521 fiep abfpiefenben 
Be^iepungen beS ©raSmuS gu ber großen fircf)li<f)en Unnoäljung 
bitben ben Sßenbepunft feinet SebenS, aber fie feigen ipn auep 
in ber ganzen ©röpe feiner gefcpidptlicpen Bebeutung. $aS ipm 
oorfepmebenbe $iel fann man jept bapin untfepteiben, bap er bie 
Summe feiner gelehrten Slrbeit, bie queHenntäpige Befeftigung, 
Steinigung unb Vertiefung ber dpriftlicpen Steligion, ben miber= 
ftrebenben Sötäcpten ber Scpolaftif unb ber romanifepen |)ierarcpie 
gegenüber ju breitefter äöirfung ju führen fuepte burep Berbinbung 
mit bem füpnen unb oolfStümlicpen Söirfen SutperS, toobei er 
bie aus ber ©igenart feines Berbünbeten fiep ergebenben ©efapren 
burcf) finge Beeinfluffung ber SRaeptpaber mit £>ilfe ber öffent= 
fiepen üDteinung aus bem SBege ju räumen fuepte. 

$)er ©efamtüerfauf beS 2)ramaS ftettt fidp nun fo bar, bap 
junäepft nadp Überminbung eines retarbierenben .ßttnfcpenfafleS bie 
Bermieffung beS gelben in ben Streit ber firdplidpen Parteien, 
feine feefifäpe unb politifdpe Beteiligung an bem ScpieffalSgange 
ßutperS ju oerfotgen mar. 2)emgemäp bepanbeln biefe Blätter 
gemiffermapen als erften Sfft bie SteUungnapme beS ©raSmuS 
afS beS $üprerS ber pumaniftifepen ©emeinbe 2)eutfcplanbS ju 
bem ©rgebniS beS erften römifepen ^rojeffeS gegen Sutper. ®ie 
Arbeit über „bie BermittfungSpotitif beS ©raSmuS" braepte ben 
^öpepunft ber ^anbfung, baS offene ^eroortreten beS ©raSmuS 
afS beS Berbünbeten ßutperS unb griebriepS oon Saepfen auf 
bem Kölner ÄUrfürftentage (©nbe 1520) unb feine perfönfidpe 


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Vorwort. 


v 


Beteiligung an- bem oon ifjm geleiteten pubtijiftifd^en getbpge 
pr @infd)üc^temng ber Äurie: ber fdjärffte, trefffid^erfte Sßfeit in 
bem Satirenfturm jener £age ftammt auä bem $öcf>et be§ Dotter* 
barnerä. 2)et Urnfdjmung, ba$ Übetmiegen be§ oon Slteanber ge* 
führten Gegenfpiet§ unb enbticf) bie fdjon angebeutete Äataftroptje 
mürbe in ben „Anfängen ber Gegenreformation in ben Sßieber*» 
tauben" gefcfjilbert. Unb menn ba§ SSefen be» Xragifcfyen m ber 
Eingabe beä gelben an eine ibeate Stufgabe gefunben mirb, irt 
ber (Sinfefcung ber gangen $ßerfönticf)feit unb in feinem Unter* 
liegen infolge ber Übermacht mibriger Bertjättniffe, fo ift biefe 
Beriobe im Seben be3 (SraämuS at§ ein Borgang oon ergreifenber 
Sragit anpertennen. £>a3 oerföt)nenbe SRoment — bei alter 
Verbitterung, bie er nadjmatg p burcfjteben tjatte, bei aller Ge* 
t)äffigfeit, bie if)m oon beiben Seiten nadjgetragen mürbe — liegt 
barin, bafj ber unoergängticfie Gewalt feinet £eben§merfe§ boct) 
unlösbar mit ber Sad)e ber Deformation oerbunben mar unb, 
oon itjr getragen, in ber Dacfjmett fortmirft; unb fo gilt aucf) 
oon if>m ba§ SBort: „benn er mar unfer"! 

Breslau, Oftern 1919. 


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Inl)Qltsüberfid)t. 


&er Sricftoccpfel beS GrraSmus mit £utper unb ^riebrtcp Dem 
2öelfeit unb ipr 23ünbni§ in ben (Sntfcpeibungsjaprcn 1519 
unb 1520. 

(Einleitung: SDie Mängel ber bisherigen 2luffaffung. 

Sie einfcplagigen Sörtefe lägen fdjon in ber Sepbener Ausgabe non 
1703 oor; bie fritijepe Bearbeitung beS „Opus epistolarum“ beS ©raSmuS 
burep B- S. Sillen ift wichtig bur<p bie Drbnung ber gefamten Äorrefponbenz, 
borlaufig bis ©nbe 3uni 1519; boep finb ^ier bie Vorlegungen übet bie 
SlnfangSperiobe ber Deformation notp ni<pt benujjt, beten ©rgebniffe auch 
für bie Bedienungen ber brei füptenben Berfonen unb bie Bebeutung ihrer 
fcpriftlicpen Äunbgebungen mafjgebenb finb 1. „Ser Briefwecpfel jwifchen 
tJriebricp bem Söeifen unb ©raSmuS" ift burep St. Hartfetber oon einfeitig 
literargefcpicptlitpem Stanbpunfte unb auf ©runb ber oerfepUen Sluffaffung 
Sh- Stolbe’ä oon bem BerpältniS griebricpS zu Sutper unb jut Deformation 
behanbelt morben 2. griebriep pat Suther oom Beginn feines Kampfes 
gegen ben Slblafj aus Überzeugung oon ber Sßaprpeit feiner Sehre befepüpt, 
- fo bafj er ni<±»t aus „Singftlicpfeit" ben Dat beS ©raSmuS einholen wollte 
unb biefer SutperS Stellung nicht ju „feftigen" brauchte 2 f. ©raSmuS lief} 
in jenen ^opren bie gemeinfamen BerüpruitgSpunfte ftärfer peroortreten: 
fein Saiencpriftentum entfpraep bem pietiftifepen 3 u ge, feine moraliftifche 
Dichtung bem V n O a tt ber oolfStümlicpen Schriften SutperS, mit bem er 
auch in ber fonferoatioen Behanblung beS äußeren ÄtrcpenwefenS fiberein» 
ftimmte; baju fam beiber Slbpangigteit oon ber Scpolaftil, wobei ©raSmuS 
burch feine Hinneigung zu SpontaS Oon Slquino gegenüber bem SfotiSmuS 
mit ber ©nabenlehre beS BuuluS enger oerbunben ift. Slufeet ber bisher 
fdjon anerfanntett Schälung ber pumaniftifepen ©eifteSarbeit burch Suther 
führte fie auch bie gemeinfame ©egnerfepaft HocpftratenS unb ber Sömener 
Sominifanet jueinanber 3 f. Ser gelbjug beS ©raSmuS jur Herbeiführung 
eines gelehrten ScpiebSgericptS unter SuSpenbierung ber BerbammuitgSbulIe 
Zeigt ipn im Spätjapre 1520 in perfönlicper Berührung unb im firepen» 
politifepen ©inoernepmett mit griebtiep; er ziept ipm bie rüdficptSlofe fteinb» 


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VIII 


^nhaltgüberficht. 


fd)aft Slleanberg unb ber Jturie ju, fo baft er fid) im $erbft 1521 bet 
Slnwenbung beg Wormfer ©biftg oon feiten ber nieberlänbifdjen ^nquifitiori 
nur burd) bie gfud)t nat^ Safel entziehen !anu 4 f. Schon für bie frühere 
Shafe in bem Serljältnig .beg ©rasmug ju ben Wittenbergern ift aud) biefe 
feine gefährliche Sage in Sömen ju berüdfidjtigen; baher bie giftion, baß 
er-Suttjers Schriften gar nid)t ober nur teiltoeife gelefen habe 6f. 

I. Äopitel: 3)a§ ergebnislose SSorfptel be3 ^at»reS 1516. 

Nad) bem ©rfcheinen beg ;pierom)mug*$ommentar§ beg ©ragmug richtet 
Suther am 19. Oftober 1516 gegen ihn ben Sorwurf, bafs er bie paulinifche 
Sehre oon ber atleinfeligmachenben ©nabe mifjoerftanbeit habe, auch ben 
©influfj ber ©rbfünbe nicht berüdfichtige; er tabelt bie qlg Unterbau beg 
fdjolaftifd)eit Stjfientg benagte ©thif beg Slriftoteleg unb bie Rheologie beit 
§ieront)mug, ju beren (fünften ©ragmug bie beg Sluguftinug surfidfege, 

©r proteftiert alg getoiffenhafter Seelforger, um einer Irreführung ber 
Seelen burch bie Autorität eineg ©ragmug oorjubeugen, unb forbert oon 
bemSefretär beg fiurfürften bie Übermittlung feineg Sd)reibeng 8 ff. Spalatiu 
gibt (am 11. ©ejember 1516) beffen Inhalt in feiner fachlichen Schärfe un* 
gemilbert »ieber, üerfdjweigt aber ben Namen beg unäuftiebenen Slugufüner« 
mönd)g unb fucht ©ragmug burch überfchtoengliche Sobegerhebungen ju einer 
— oon Suther nicht oerlangten — ©egenäufjerung über feine Slfjeologie 
unb feine nächften literarifchen ißläne su oeranlaffen 10 ff. ©ragmug mnfete 
burch bett Wiberfprud) beg £oneg abftofjenb berührt unb burd) bie ein« 
fegneibenbe Äritif beg Unbefannten mit Mijjtrauen erfüllt toerben: taftootf 
beantwortete er Sgalating S3rief nicht' unb erwähnt auch ipäter ben ©mpfang 
nicht 12. Sgalatin Wieberholt nur feine Sitte um literarifche Mitteilungen 
am 13. Nooember 1517 in einem unbebeutenben Sd)teiben, bag §artfelber 
ju Unrecht mit Sutljerg Auftreten gegen ÜEegel in Serbinbung fegt 13 f, 
©ragmug hat aud) bag erfte Schreiben erhalten, wie Sillen aug bem Sricf* 
buch oon ©eüenter nachweifen fann, aber nur bag jweite in feiner Sricf* 
fammlung oon 1519 oeröffentlicht 13 f. Noch fuchte „man am furfürftlichen 
&ofe" feinegwegg eine fird)enbolitifd)e Serbinbung mit ©ragmug in Sutljerg 
Sache, im ©egenteil läßt Sbalating jweiteg Schreiben bie Serftimmuug 
erfennen, bie Sutgerg Singriff auf ben Sltferheiligenublaf} junädjft beim 
fturfürften h erl,or 8 ei:u f cn hatte H- $ag Schreiben war nur oeranlafjt 
worben burch bie Südfegr beg burgunbifchen Slgenten Sierre Sa Mire nach 
ben Nieberlanben, ber bie Sitte fjriebrichg um Neliquien ber Statthalterin * 
Margarete übermitteln foüte, aber ben Srief Sbalating aug Nadjläffigfcit 
erft im Sluguft 1519 ablieferte 15 f. ©r hatte ben münblichen Sluftrag, 
©ragmug ju gelegentlicher Mitteilung intereffartter Nachrichten an ben ftur» 
fürften aufjuforbern 16. ©ragmug würbe im 3 a h*e 1519 alg offijiöfer 
Sublijift benugt, um — nad) bem Scheitern ber oon Seo X. begünftigten 
Äanbibatur ^riebriegg — beffen freiwilligeg unb felbftlofeg ©intreten für 
bie Saiferwagl "beg Sbanierg glaubhaft ju machen 16. Slufjer biefcin 


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gnbaltSüberfidbt. 


ix 


Sunfdje erfüllt ©raSmuS in bem Schreiben an ©palatin Dom 7. 21uguft 
1519 and) bie Sitte um literarifdbe SReuigfeiten 17. Stuf ein ©djreibett 
iperzog ©eorgS Dom Stnfang beS gabreS 1517 ^atte ©raSmuS biefem am 
5. guni 1517 bie 21uSgabe ber ®aifer»Viograpbiett beS ©uetoniuS ungeeignet; 
bei ber Verzögerung beS $)rudfeS bi« guni 1518 entfdjliefjt er fid) auf 
©palatinS erfteS Schreiben ^in ben Äurfürften in bie SBibmung einju» 
beziehen, mooon er erft im £>erbft eine 9iad)ric^t nach ©rfurt gelangen 
lägt 17f. SutberS Stngelegenfjeit ift in ber $ebifation noch nicht ermähnt; 
eine Dott tpartfetber auf ihn gebeutete ©teile ift eine pazififtifche Vermaurung 
gegen bie Sänbcrgier unb bie friegerifche StabinettSpolüif ber dürften: 
©raSmuS münfdbt üertragSmäfjige geftlegung be$ territorialen VeftanbeS 
jur ©rbaltung beS griebenS in ber djriftlidjen ©taatenmelt 18 f. 

Vor bem griibjabr 1519 ift fein Verfug ber SBittenberger Streife 
nacbmeisbar', ©raSmuS für Sutber ju intereffieren; Sjartfelbcr bat auch 
überfeben, bafj baS erfte ©dbreiben, baS ©raSmuS am 14. Slpril 1519 an 
griebrid) richtete, ben Vrief SutberS üom 28. Sfärz unb eine Dom Sturfürften 
unb SutberS greunbeit mobt Dorbereitete fird)enpolitifcbe Slftion jur Vor« 
auSfejjung bat 19 f. 

II. Kapitel: 2)ie Stnnäfjerung gtoifcfjen @ra§ntu§ unb Sutfjer an= 
geftdjtö ber Seipjiger 2)iSputation, oermittelt burcf) £$of). Sang 
unb eine furfürftlicfje ©efanbtfcfjaft. 

3u ber oon Sutber oorgefcblagenen 2>iSputation fcbob ber $ominifaner« 
orbeu an ©teile SefcelS Drf @d oor; gleichzeitig forberte Sutber feit ©r* 
Öffnung beS erften römifcben V ro ä e ffe3 ein gelehrtes ©d)iebSgeridbt unter 
ber Vürgfcbaft mehrerer UniDerfitäten 21. ®er .fturfürft unterftüfcte biefe 
gorberung in ber oon ibm an bie Äurie gerichteten ©rflätung Dom 
18. Dezember 1518; man fudbte nun bie mit Dr. ©d oerabrebete 5)iS* 
putation bementfprecbenb auSzugeftalten unb bem Urteil ber ^odjfcbulen 
burcb Slnmerbung gelehrter VunbeSgenoffen Dorzuarbeiten 22 f. ®er ©rfurter 
2luguftiner gob- Sang lägt ©raSmuS burdb ©obanuS £effuS münblicb oom 
©tanbe beS SlblagftreiteS unterrichten; barauf erflärt ihm ©raSmuS am 
17. Dftober 1518 feine guftimmung zu SutberS Sähen, fagt aber DorauS, 
bafj bie Sturie ben Singriff auf baS gegefeuer megen bet! mit biefer Sehre 
oerbunbenen ©eminneS niemals Derzeibeu merbe; er oermirft baS ©utacbten 
beS päpftlicben ^3atafttt)eologen VtieriaS, ber bie Autorität beS fßapfteS, 
beS unfehlbaren 9tid)terS in ©laubenSf ragen, als entfcheibenbeS Sftoment 
gegen SutberS Sehre geltenb gemacht batte, beffen Verurteilung burcf) baS 
VreDe üom 23. 21uguft inzmifd^en erfolgt mar; ©raSmuS etflärt baraufbin 
ben V*imat beS VapfteS für baS Verberben ber ©briftenbeit 
befonberS in feiner bogmatifcben Übertreibung burcp bie 2>ominifaner (Sutber 
felbft fpridbt erft am 11. Dezember 1518 Dom fßapfte als bem SBerfzeug beS 
2lntichriftS). ©raSmuS ermißt zugleich, bafj SutberS, beS „greigefinnten", 


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X 


gnhaltSüberficpt. 


Kräfte ju biefem Äampfe nid^t auSreicßen würben, ber bie Aufgabe ber 
weltlichen dürften fei, bie eS aber auS ©ewinnfucßt mit bem ßSapfte 
batten würben, wie SÖtajimilian I. es in feiner Denunziation oom 5. Sluguft 
fcßon getan ^atte (Sutper üerfucpt biefen erft im ßJtai 1520) 24 ff. 

gugleicß wirlten SDlelancßthon unb Sapito auf bie Serftänbigung ber beiben 
bin: Sapito übermittelte Uütper baS beifäßige Urteil beS SraSmuS über 
feine „Srläuterungen ju ben 9lblafjtpefen" unb warnte ißn in beffen Auftrag 
oor aßzu tübnem S3orgeßen; bie „breifacße SJlauer" ber ©egner fei neben 
ber Unfebtbarfeit beS ißapfteS unb ber ©unft ber Weltlicßen aftacptpaber aucp 
ber Starrfinn ber tpeologifcßett gatultäten (4. September 1518) 27. @r 
bittet SraSfituS am 8. s lpril 1518, baS 5lnfepen SutperS bei ber ftubierenben 
Sugenb §u heben unb nachteilige 33efcf»lüffe ber SöWener Dpeologen Z u 
oerpinbern, bie gleichseitig fcßon bem Segaten Uajetan, bem in SutperS 
Sache belegierten fRic±)ter, bie auS beffen Schriften ausgezogenen „Webereien" 
unterbreiteten; er rät bem SraSmuS, ftcp mit ben SBittenberger ©eleprten 
ju oerbünben, bie am Äurfürften unb an Schweizer Prälaten einen ftarfen 
SRücfpalt bitten 28 f. 

Der Äurfürft pat nochmals Sutper im Februar 1520 su ben Söe* 
fcptoicptigungSbriefen an bie Sifcpöfe oon 9Jtaütz unb SJlerfeburg oeranla&t, 
um fie oon ber 33erpängung beS QnterbiftS im päpftlicpen Aufträge abju* 
palten 29 f. 93eim ^erannapcn ber Disputation mit- Dr. Scf über ben ßJrimat 
beS fßapfteS befunbet Sutper fein Vertrauen auf bie religiöfe Überzeugung 
beS Äurfürfte^t in ber SBibmung beS ißfalmenfontmentarS oom 27. SDlärj 
1519 unb banft ihm für feinen aufopfernben Schub im erften römifchen 
ißrojeh; fiutper rühmt bie fßflege ber brei antifen Sprachen an ber Uni* 
oerfität SBittenberg, bie er wie SraSmuS in bem SBerfe „über baS Stubium 
ber Dpeotogie", baS ßutper foeben erhalten patte, als beffen ©runblage 
betrachtet 31. 2lm 28. SKärj führt er fiep burep Überfenbung ber „Opera- 
tiones in Psalmos“ bei SraSmuS als ßJtitarbeiter an ber $8ibelerflärung 
ein unb bewirbt fiep um feine SBunbeSgenoffenfcpaft im Kampfe gegen 
ihre gemeinfamen SBiberfacper, bie fdpolaftifcßen Dpeologen ber furialiftifcpen 
9Ucptung; er banft für ben feinen Schriften jum Slblafjftreit gejoßten 33eifaß 
unb erflärt eS für feine ^fließt, fiep angeficptS beS bcOorftepenben größeren 
ÄampfeS mit bem älteren ©eleprten ju oerftänbigen 32 f. 

Die Überbringung beS 93riefeS übernapm ber Erfurter ^uftuS gonaS, 
ber fiep fepon im fterbft 1518 burep fcpriftlicpe §ulbigung bei SraSmuS 
empfohlen hotte unb am 19. Oftober oon biefem jur Beihilfe gegen bie 
Äritifer ber zweiten 9luSgabe beS ßfeuen DeftamentS aufgeforbert worben 
War, mit feinem Begleiter Sfafpar Scpalbe auS ber mit Siutper befreunbeten 
gamilie in Sifenacp 33 ff. Der Äurfürft gab einen fonft bei biplomatifcpen 
Senbuttgen gebrausten ©eleitSmann bei, ber ein ©efeßenf für bie Sßibmung 
beS SuetoniuS unb ein (oon SraSmuS nach ber SBeifung griebricßS oer* 
nicßteteS) Schreiben zu überbringen patte 36. Diefem gibt SraSmuS feine 
beiben Antworten an ben Sfurfürften mit, bie umfaffenbe fircßenpolitifcpe 


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3nhaltSüberfi<ht, 


XI 


(lateinifch) oom 14. Stpril unb baS furje förmliche ©egleitfchreiben (beutfd)) 
oom 18. ftpril’ 34 f. Sei bet SKiicfreije „nach anbertljalb ©lonaten" nimmt 
3onaS ben ©rief beS SraSmuS an findet, für ben Kurfürften nur ein furjeS, 
feine ©erbienfte um bie ©Kffenfchaften im Kampfe mit ben fcholaftifchen 
Geologen preifenbeS ©Treiben oom 30. SDlai mit 36. 

®aS ^auptfchteiben an grtebrid) mar ebenfo jur ©eröffentlidjung 
beftimmt wie baS an ben @rgbifdt)of oon SHainj gerichtete SDtanifeft oom 
1. ÜRooember 1519, benn mit wörtlichen 9Inflängen äufjert fich SraSmuS 
ebenfo über feine Stellung ju Suther in bem für baS englifd^e ©ublifum 
beftimmten Schreiben an Katbinal SBolfet) Oom 18. üftai, baS er felbft im 
Dftober 1519 herauSgab 36 f. ®ie SEBittenberger brucfett fein Schreiben fofort 
ab mit ben Seitfäfcen ber ©isputation jwifthen Äarlftabt unb Scf 37. ®ie 
ffiftion, bah SraSmuS SutherS Schriften nid)t gelefett habe, war burch 
beffen recptSfräftige ©erurteilung als Kefcer unb SdjiSmatifer notwenbig 
geworben 38. SraSmuS erwähnt bie widjtigften Schriften SutherS jum 
Slblafsftreit, beren SZachbrucf er nur auS Sorge um bie SRücfwirfung beS 
Streites auf bie wiffenfchaftliche Arbeit wiberraten höbe 38 f.„ Sin öffent¬ 
liches Urteil über baS SQSerf eines fo tüchtigen ©Ideologen h°be er fich 
nicht jugetraut (Siachwirfung ber Kritil SutherS oon 1516) 39. ffüt weitere 
Streife hebt er als ©eweiS ber fchriftgentäfjen Sehre SutherS beffen heiligen 
SBanbel, als ungünftigeS ©orurteil für feine ©egner beren unftttliche ©eweg- 
grünbe heroor 39 f. ftartfelber hot bie Stnfpielungen auf ben ©erlauf beS 
erften röntifchen ©rojeffeS unb ben Anteil Kajetans nicht eerftanben 40 f. 
®ie gemeinfamen Söwener ffeinbe haben bie über Suther üerhängten Kirchen- 
ftrafen öffentlich auSgebeutet unb fich um bie nachträgliche ©egrünbung beS 
päpftlichen Urteils bemüht, inbem fie einzelne Sä^e SutherS als feierlich 
jenfierten: SraSmuS holt ihnen benfelben Sinwanb entgegen wie Kajetan: 
„non quivis error haereais est“ — „sint errores, non haereseß“, unb ben- 
felben ©otwurf wie Suther, bie oielen ähnlichen Streitigfeiten über bie 
fcholaftifchen Shfteme; biefe ©Ideologen greifen Suther an wegen Sehren, 
bie fie bei SluguftinuS (tn ben »fragen ber IpeilStehre) unb bei ©erfon (in 
benen ber Kirchenoerfaffung) unbeanftanbet laffen, alfo nur aus Sorge um 
ihre eigene unb bie päpftliche 9Jta<htfte3ung 41 f. Scharfe Kritif beS römifchen 
©rojeffeS, beffen gurüefnahme SraSmuS burch t)ie ffiftion oon ber „fölilbe" 
SeoS X., ber bie ©erfolgung eines Unfdjulbigen nicht gewollt haben fönne, 
oorbereitet 42. Sr oerfpottet bie nachttägliche ^Rechtfertigung beS Urteils 
oont 23. Sluguft burch bie Slblafjbefretale KajetanS oom 9. SUooember 1518 42 f. 
Sr befämpft baS über Suther perhängte Urteil um fo entfehiebener, als bie 
Söwener ihn ber Urheberschaft an beffen ftejjerei befchulbigten, währenb 
Dr. Scf auch ih n wegen feiner Arbeit am Dieuen ©eftament angegriffen 
hatte 43 f. ©er oon bem graufamen ^nquifitor fjochftraten geleitete ffelbjug 
war für SraSmuS fo bebrohlich, bafj er fich Glitte ©iai eine $ufluchtftätte 
■' in Snglanb ju fichern fuchte burch Schreiben an Heinrich VIII., SBolfep 
unb ben bortigen Segaten Sampegto; bei ber Umgebung ber Statthalterin 


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XII 


3nhaltgfiberfid)t. 


Margarete fanb er leinen SRüdfjalt 44 ff. ©leidjwohl forbert (Sragmug ben 
Surfürften auf, bem päpftlid)en Machtfprud) ju trogen, ba ißm feine S^re 
gebiete, einen Unfd)ulbtgen nicht bet JRachfudjt ^eu^Ietifc^et ©egner auf* 
juliefem 46. griebtid) antwortet am 14. Mai juftimmenb; ba Suttjerg 
Sefjre burd) bie beutfd)en wie bie nieberlänbifchen ©elefjrten (Eragmugl 
gebilligt werbe, lönne er bag Verbrechen ber $eßerei nicht "für erwiefen 
anfehen unb h a & e fcf)on bem Segaten bie Vertreibung Sutfjerg oerweigert; 
mit ben ©Sorten beg Eragmug betont er alg ©flicht feineg 2lmte§, nid)t 
burd) ©reiggeben eineg Unfchulbigen <an feine t>erbred)etifd)en ©egner eine 
' Schulb auf fid) ju laben 46 f. ©ragmug teilt am 17. Dltober 1519 ben 
englifdjen Verbünbeten ber Söwener biefeg mit ffriebrid) jum Sd)u|e 
Sutlferg abgefd)loffene Vünbnig mit 48. 

2)ie Stntwort beg Eragmug an Suther oerfünbete bie ©emeinfamleit 
ihrer Qntereffen im Kampfe mit ben fcholaftifdjen ^^cotogen, bie ihnen bie 
tiefere Vegrünbung ihrer 2Biffenfd)aft auf bie fprad)tid)' , gefd)i<htli<hen ©tubien 
gum Verbrechen machen, unb fcfjlägt ®runbfäf)e für bie fünftige Vertretung _ 
ihrer Sache üor; ein geugnig zugleich gegen bie lanbläufige ©uffaffung oou 
feinem felbftfüchtigen Guietigmug 48 ff. 3lud) biefeg Schreiben war für bie 
Cffentlidjfeit beftimmt: befonberg feierlich befannt gegeben burd) beit Erag* 
mianer betrug Mofellanug mit feiner Eröffnunggrebe gur Seipgiger 5)ig* 
putation 49. 

Eragmug fteHt feft, bafc bie Söwener ihn für ben Verfaffer ber burch 
feineg Verlegerg groben Sammlung (bie „Lucubrationes“) weit oerbreiteten 
Schriften Sutljerg jum ©blaffftreit halten, um mit ben humaniftifd)en Stubien 
auch bag bortige „Collegium trilingue“ §u oerberben; ihm felbft broht 
burch ben „befignierten ^rtquifitor" ÜRilolaug oon Egmonb biefelbe Ver* 
folgung, wie fie Sutljer erleibet 50 ff. Eragmus h at gegen beffen öffentliche 
Verteuerung Einfprud) erhoben, ehe fie feine Sehre literarifch ober in einer 
atabemifchen Sigputation wiberlegt^ hätten. Er felbft hat gegen bie gleiche 
Verbächtigung fid) beg Sd)ufceg ber weltlichen Machthaber unb beg 3Bohl* 
wolleng ber Vifd)öfe &u oerfichem gefud)t, bag aud) Suther jugute lommen 
würbe 52 f. Sie Vemerlung über bie günftige Haltung beg fjürftbifdhofg 
oon Süttid) Eberlfarb oon ber Mart, war ber gewagtefte Sajj in biefer 
firct)enpolitifd)en giltion, burd) bie Eragmug ber Surie eine ben 2Sünfd)en 
beg gpiglopatg entfprechenbe SReoifion ihres Urteilg erleichtern wollte 58. 
Sr fchlägt oor, bafj er felbft einer Verfolgung burch bie 3 nc l u »fition tunlichft 
oorbeugen werbe, um feine wiffenfdiaftliche Aufgabe förberu ju lönnen, unb 
ba§ fie beibe baran arbeiten wollen, bie Soßungen ber Sird)e wieber mit 
eoangelifchem ©eifte ju erfüllen, wobei bie unoermeiblichen Sümpfe nicht 
gegen ben ©apft felbft, fonbern gegen bie ©erfonen gu rieten finb, bie 
feine Mad)t mißbrauchen; eg empfiehlt fid), nicht bie fd)olaftifchen Spfteme 
alg folche angugreifen, fonbern ben atabemifchen 91a<hwud)g für bie pofitioe 
Mitarbeit auf bem ©oben ber humaniftifdjen Vilbung hetanjujiehen; rüd= 
ftänbige tird)lid)e Einrichtungen finb burch h artn ädige ©olemit in ber öffent* 


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3nhaltgüberfid)t. 


XIII 


(id)en SWeinung gu erfdjüttern, nid)t butd) Sehrfäfce, für bie ein attgemeineg 
©erftänbnig noch fefjtt; ben SRat gur 9ftäfjigung in ber gor nt erteilt ©ragmug 
gugleidf) fidf) felbft im gufammenhang mit einer bernidjtenben ©Ijaraftetiftif 
ber §auptgegner Sutlferg (©r'ieriag unb @d), bte man am gwedmäfjigften 
mit ftiüfdjroeigenber Verachtung behanble 54 ff. Sutljerg ©falmenlommentar 
hat feinen boHen ©eifatl; in Antwerpen lehrt nur Sutlferg Schüler galob 
©ropftg im ebangelifdjen (Seifte 57. 2lu<h an 9Mand)tljon unb SÖiofeDan 
richtet er ben ®orfdl)lag engen 3ufammenfchluffeg 57 f. , 

III. Äapitet: SDer Aufruf be§ (SroämuS an bie beutfdjen §umaniften 
für eine (Sntjcfjeibung in ßutfjerä (Sadje burd) bie Unioerfitäten 
unter üiieberfdjtagung be§ päpftlidjen Urteile. 

©ragmug geht aug bon ber gemeinfamen ©egiterfchaft ber fd)olaftifd)en 
Ideologen, bie oergeffen, bafj Sutljer aug ihren eigenen Steifen Ijetbor« 
gegangen ift; bod) l)at biefer bie grud)tbarfeit ber Verbinbung ber Geologie 
mit ben fpradüid)*geidüd)tlid}en ©tubien anerfannt; ©ragmug wünfd)t, bafj 
fid) aud) ber gurift Qonag burd) feinen Übergang gur J^eologie unb im 
befonbern alg ©rebiger betätige, unb gibt in bem Slbfchiebgfdhreiben an if)n 
feinen längft besprochenen Beitrag gur §omiletif, bie bon. ber fd)olaftifd)en 
Ideologie oemad)läffigt ober mifjoerftanben worben fei: aud) bieg in weit« 
gehenbet Übereinftimmung mit Sutljer 59 ff. gonag übergibt bie Schreiben 
beg ©ragmug an ben fturfürften unb an ©palatin in granffurt unb be» 
förbert ein geheim gu Ijaltenbeg Schreiben an gol). Sang, in bem ©ragmug 
rüdfjaltlofeg ©inberftänbnig mit Sutljerg ©eftrebungen äufjert unb iljm nur 
etwag meljt Sßeltflugljeit im Kampfe mit ben „©apiften" wünfeht; er 
fd)liefjt aug ber Sage wäljrenb beg SBaljlfampfeg nicht mit Unrecht auf einen 
bon ber Kurie gewünfd)ten lir^enpolitifdjen SSaffenftiüftanb, ber für bie 
allmähliche ©ewinnung ber ©emüter benufjt werben müffe, ba fid) bie 
„Xprannei beg rßmifdjen ©tuljleg unb feiner Trabanten, ber 
©ettelorben", nidljt ohne grofje ©rfdhütterungen befeitigen laffe 62f. 21 ud) 
Sutljer unb feine greunbe wollten bamalg nodj fein @d)igma ^erbeifü^ren; 
feine Sicherheit unb fpäter bie teilweife Durchführung feineg SSerfes war 
bei ber nodj wenig berminberten Wa^tfteHung beg ©apfttumg nur ber 
©olitif griebridjg gu berbanfen 63 f. Die ©efriebiguttg ber SBittenberger 
über bie Haltung beg ©ragmug, beffen 93rief an Sutljer £od)ftraten alg 
hinlänglichen ©eweig ifjreg ©inberneljnteng würbigt, wie Sutl)er bag 
Schreiben beg ©ragmug an 9llbred)t bon üftaing bom 1. Ulobember 1519 65 f. 

Die ©ebeutung biefer Kunbgebung liegt in ber Stellungnahme beg 
©ragmug gu bem päpftlichen Urteil bom 23. Sluguft 1518, bie ben Übergang 
bilbet gu feinem aftioen Vorgehen gegen bag ©rgebnig beg gweiten römifdjen 
©rogeffeg im 33ijnbe mit bem Kurfürften bon ©achfen 66. 

©inleitenb berweift er auf bie ©unft ber Katbinälc bon ©ranbenburg 
unb bon ©rot); bie bon ben Söwener Theologen im Frühjahr 1519 fcheinbar 


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XIV 


3nhatt!überfidht. 


mit tf)m erneuerte gteünbfchaft ift infolge feine! Briefe! an Suther toieber 
in bie Vriidhe gegangen; jene bereiten bie Sßieberaufnatjme ber Verfolgung 
Suther! üor; ©ra!mu! ruft bagegen bie beutfdje §umaniftengemeinbc ju 
£ilfe, bie baju üerpftichtet ift, ba ber Sampf ber. Sominitaner gegen Suther 
nur bie gortfejjung ber geiubfctjaft f>ocpftraten! gegen SReuctjlin ift 66 f. 

@ra!mu! fcpilbert feine Stellung ju Suther! Sache ähnlich wie in 
ben Briefen an f^riebricti unb an SBoIfet): SutheV! ©Triften oertreten bie 
fiepte be! ©oangelium! unb haben allgemeinen SBeifaU gefunbeit; er roirb 
unfdjulbig »erfolgt oon Seuten, bie unter bem Vorwanbe ber Unterbrfidung 
ber Äefcerei bie gefamte wiffenfchaftlidje Vilbung öernichten möchten 68 f. 
$a! Verbammung!urteil beruht auf bem ©utachtep oon Sßiberfadjern, bie 
feine Schriften nicht gelefen ober mifjoerftanben haben 69. $a! Veifpiel 
ift ber „Magistralis condemnatio“ ber Söwener gafultät oom 7. Sioüember 
1519 entnommen, bie im (Sinoemeljmen mit fjodhftraten unb ben Kölner 
Geologen oorbereitet worben mar uitb nach SRont gefanbt »urbe, um al! 
wiffenfdhaftliche Unterlage in bem neuen Vrojeffe gegen Sutfjer ju bienen; 
e! betrifft einen Sajj Suther! über bie Dfjrenbeidjte im „Sermo de poeni- 
tentia“, ben bie Söwener baljin oerbreht Ratten, al! ob SutE)er nicht einmal 
ba! Vefemttni! aller $obfünben forbere 69 ff. ©eine ©egner haben ferner 
bi!Ijet unangefochtene Sehren be! hl- Sluguftinu! unb Vernharb oerbammt 
72. ®ie SSarnungen be! @ra!mu! finb ju ber Verbädhtigung benujjt worben, 
bajj er felbft biefe ©driften berfafit habe 72. -@r proteftiert (wie Suther) 
gegen bie 9lnwenbung ber $obe!ftrafe in ©lauben!ftreitig!eiten („ba! helfet 
ben genfer fpielen unb nicht ben $h eo ^°9 en '') 72. ©r billigt audh bie oon 
ben Söwenern öerfefcerte Slufierung Suther!, bafj bie Äurie fidh mehr um 
bie burch bie Slblafjmoral gefteigerte ©ittenoerberbni! befümmern füllte al! 
um Swrfenfrieg unb Äreu^ugsfteuern 73. @r wieberholt bie förmliche 
Verwahrung Suther!, fein widhtigfte! 3ted)t!mittel im Vrosefj be! Saljre! 
1518, bajj er nur theologifche fragen nach alabemifctjem Siecht jur (Erörterung 
gebracht, fich bem Urteil be! Vapfte! unterworfen unb fidh babei auf ba! 
©utachten oon Unioerfitäten berufen habe 73 f. Suther! Sehre ift burch fein 
Sehen gerechtfertigt, bie Slnflage wegen bet unlautern Veweggrftnbe feiner 
©egner oerbfidhtig 74. ®er eigentliche ©runb ift bie fterrfctjfucht ber Vettel« 
orben, bie felbft bem oon ihnen geftüfcten Sßapfttum gefährlich werben: ber 
Oon ihnen üergötterte ißapft ift ihnen gegenüber tatfächüd) ohnmächtig; bie 
Sehre ©h^fti wirb burch bie ©pijjfinbigfeiten ber fcpolaftifchen 2h e °f°Qi e » 
bie dhriftliche ©ittlichteit burdh ihre Safuiftif, ihre Veicptmoral unb Slblafj» 
prajn! fowie ba! ^etemonienwefen erftidt 74 f. @ra!mu! rechtfertigt Suther! 
Slblajjthefen mit ben Verirrungen feiner ©egner, feinen Eingriff auf ba! 
Vopfttum mit ber Übertreibung be! römifdhen Slbfoluti!mu! burch bie 
ffiljrenben ®omini!aner Äajetan, Eßrieria! unb ben fpäteren Äarbinal» 
Qtiquifitor ^uan Vloarej be Solebo, ©ohn be! fjerjog! oon Sllba, ber in 
ber Umgebung ber Statthalterin gegen @ra!mü! Partei ergriffen unb ihm 
fd)on mit bem Vanne.gebroht hatte 75f. @ra!mu! empfiehlt bie epiftopale 


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gnpaltSüber fiept. 


xv 


ißerfaffuüg ber ©efamtfircpe, greift alfo auf bie ©uperiorität beSÄonjilS 
jurücf, an baS Sutper appelliert patte, unb bereitet bie gurüclnapme beS 
päpftlicpen Urteils öor burcp bie giltion feiner mangelpaften ©egrünbung 
unb Übereilung; ber leptere SSorrourf war bfcrcp- ben Übergang jum 
fununarifcpen SSerfapren SDJitte Auguft 1518 begrünbet; (EraSmuS bropt mit 
dntpüllung ber SBeeinfluffung beS IßapfteS burcp bie ®ominifaner, beren 
Sölacpenfcpaften in bem ^rojefj beS QapreS 1518 feinen Anbeutungen boUauf 
entfprecpen 77 ff. 3)aS lepte 3iel ber gegen IReucplin, Sutper unb (EraSmuS 
gerichteten gntrigen fei bie UnterbrücEung beSwiffenfcpaftlicpen gortfcprittS; 
ber Ablafjftreit werbe als Anlafj benupt, biefe brei ju oeröerben, was eben¬ 
falls burcp baS Aerpalteit iprer geinbe in ben näcpften gapten befiätigt 
wirb 79. 3)ie Auflage auf Äeperei ift um fo friboler, als fie — im (Siegen- 
fap ju bent Serfapren ber altcpriftlicpen .geit — gleicpbebeutenb ift mit bem 
Üobe auf bem ©cpeiterpaufen unb erpoben wirb nicpt wegen Abweicpung 
bon ben ebangelifcpen Qkuitbroaprpeiten, fonbern bon ©epulmeinungen unb 
weil bie gnquifition bon ben $ominifanern jur SBefriebigung niebriger 
Seibenfcpaften benupt wirb 80. (EraSmuS bietet bamit facplicpe AnpaltS« 
punlte für bie Sieoifion beS ißrojeffeS bon 1518; als gorm bafür empfieplt 
er bie Anerfenttung ber burcp bie Seipjtger Disputation gefcpaffenen Sage 
mit bem Abfommen ber Parteien über baS ©cptebSgericpt ber Unioerfitaten 
IßariS unb (Erfurt, ba biefe Vorgänge opnc baS „tolerari potest“ beS IßapfteS 
bocp nicpt möglicp gewefen feien 81 f. 

(Eine SSerftänbigung über biefen 33orfcp(ag mit bem fturfürften ift 
nicpt nacpweiSbar; biefer beruft fiep Einfang ®ejember 1519 ber Äurie 
gegenüber auf baS angeblicp bem (Er jbifcpof oon Xrier burcp Äajetan über¬ 
tragene ©cpiebSricpteramt: biefer aber patte baS ©utacpten non Unioerfitaten 
benupen müffen 82 f. $ie Überfenbung beS SRanifefteS an ben (Srjbifepof 
oon 9Jiainj läuft auf ben 9tat pinauS, bafj biefer fiep ber SSoDjiepung 
päpftlicper groangSntajjreqelu gegen Sutper oerfagen möge 83. 2)effen Ant¬ 
wort an Sutper öom 26. gebruar 1520 ift baS ©er! ber (EraSmianer in 
feiner SKagbeburgifcpen Regierung, eine SBieberpolung biefer Äunbgebung 
beS (EraSmuS, beffen 9tat mit bem beS ©amaliel ibentifijiert wirb 84 f. 

IV. Kapitel: 2)ie erneute SBerftänbigung jntifdjen (SraätnuS unb 
bem Surfürften angefidjtS ber fBerbammungäfmüe oon 1520 
jur Herbeiführung eine§ gelehrten ©chieb3gericht§. 

$>ie geit, bie (EraSmuS für bie S)urcpfüprung feines planes nötig 
patte, waren Dr. (Ecf unb feine SUerbünbeten entfcploffen ipm nicpt ju laffen, 
inbem fie burcp einen neuen Ißrojefj eine fcpnelle unb unwiberrufliepe (Ent- 
fepeibung perbeijufüpren fuepten 86. 3>er Äurfürft pat bie fircpenpolitifcpeu 
SRecptSmittel burcp S3ürgf<paften beS SReicpSrecptS ergänzt unb gept burcp 
Aufwerfung ber grage ber Äircpenreform jur Offenfioe über: auf feine 
Anregung pin forbert Sutper ftaifer unb SReicpSftänbe jur „Söefferung beS 


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XVI 


^npaltSüberficpt. 


cprtftlicpen ©emeinwefenS" auf 87. fjugteicp l&fet griebricp bic gorberung 
ioiffcnfct>aftItc^cr Prüfung ber Sepre SutperS burep bic pubtijiftifcpe SEätigfeit 
beS (SraSmuS unterftüßen 87. (Sine ber Don ber fpanifcp » burgunbifcpen 
Regierung nacp SEBittenberg entfanbten SBotfc^aften benußt er, um burep ben 
Smmaniften 3- 51- VrafficanuS im Quni 1520 bem (SraSmuS ein ©pren» 
gefreut unb wichtige Mitteilungen ju übermitteln: in ben neuen römifcpen 
Vrojeß mar gtiebrid) fetbft als „geinb ber Netigion" einbejogen morben 
87 f. ©raSmuS erftärt eS (6. 3>uti 1520) für eine $flid)t ber ©anfbarfeit, 
baß bie beutfcpen ©eteprten für ben ©rünber ber Uniuerfität SBittenberg 
eintreten; jur ^Begegnung mit bem Äurfürften im ^erbft ift er bereit; ber 
Vefucp in Wittenberg ift für ipn ju gefäprticp wegen feiner niebertänbifepen 
©egner, bie im Dftober fepon feine AuSfcpIteßung auS ber tpeotogifepen 
^afuttät burepfeßten 88 f. (Sr war fepon bon ber in Nom (@nbe Mai) ge» 
fattenen ©ntfepeibung unterrichtet, ba er auep bie Vorgänge im Äonfiftorium 
bei ber Beratung über bie VerbammungSbuUe fennt 89 f. @r witt troßbem 
bie Mögticpfeit einer Nachprüfung ber wiffenfepafttiepen ©runblagen beS 
Urteils unb bamü beS 3 e ^9 eh, ^ nng füt Ausbreitung ber Sepre SutperS 
offen patten; ju biefem gmed fuept er in ben für Sutper beftimmten 
Schreiben an Spatatin unb Metancptpon einer unüorficptigen Haltung beS» 
fetben borjubeugen 90 f. 3fn bem geheim ju pattenben Schreiben an Metan» 
eptpon billigt er gteicbmopl SutperS peftige SSampffcprift gegen bie Kölner 
unb Söwener ©peologen; biefer weiß, baß ©raSmuS bereu ©utaepten nicp't 
sugeftimmt pat, äußert fiep aber ungebutbig über bie bon ipm in bogma» 
tifepen fragen (ber NecptfertigungStepre) beobachtete ,3 ut üdpattung 91 f. 
tiefer Vorwurf mar um fo ungerechter, als ©raSmuS im grüpjapr 1520 
erneuten gefäprlicpen Angriffen ber niebertänbifepen unb engtifepen ©peologen 
unb bem Vorgepen beS Qnquifitorä £ocpftraten auSgefeßt war, bie ipn als 
VmtbeSgenoffen SutperS mit rüdfieptstofer Verfolgung unter Veipitfe ber 
niebertänbifepen Negierung unb beS jungen ÄaiferS Äart bebropen 92 f. 
©ennoep pat SraSmuS foeben ben Vetfucp ber Verbrennung ber Scptiften 
SutperS in Sonbon, bie einen fß*ääebenjfatl für bie Vottftredung ber Ver» 
bammungSbulle fepaffen foltte, burep feinen Sinfluß auf SBoIfet) üereitett 93 f. 
©iefer tabte nur SutperS Angriff auf baS fßapfttüm, ben ©raSmuS troß* 
bem unterftüßt burep bie Vepauptung, baß bie Söwener (wie bie 

Varifer) auf bem Voben ber fonjiliaren ©peorie ftepe, fomie burep feine 
Anfechtung beS neuen päpftlicpen Urteils 94. Vei biefer aufopfernben Mit» 
arbeit beS (SraSmuS mar fein Nat ju politifcp Dorficptiger güprung ber 
Votemit berechtigt 94 f. Sutper pat feine VeforgniS, baß er fiep burep feine 
„©emiffenpaftigteit" jugrunbe riepten fönne, als freunbfepafttiepen Nat ge» 
cpäpt unb in einem Schreiben an (SraSmuS bie entfpreepenbe Nüdficpt» 
napme auep auf beffen gefäprbete Sage jugefagt 95 f. (Sr bejeugt bieS 
(17. Nooember 1520) in einem Schreiben an bie gebannten greunbe in 
Nürnberg (Spengler unb ißidpeimer), bie er barüber berupigt, baß im eigenen 
Säger feine germürfniffe beftepen 96 f. ©er ©jefutor ber Vuüe im wefttiepen 


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guhaltSüberficht. 


XVII 


Seutfd)lanb (Aleanber) tonnte, wie Dr. gd fed)S Hterarifche ©erbünbete 
SutljetS gebannt ^atte, aud) gegen ©raSmuS oorge^en 97. SutlferS Sörief 
an ©raSmuS entlieft 9Ritteilungen über bie Sattit beS Sfurfürften gegen» 
über bem an iljn gerichteten Ultimatum ber Jhirie; bie gorberung beS ge* 
lehrten ©chiebSgerichtS joH auch publijiftifch oertreten werben 97 f. Siefen 
oon ©raSmuS oerabrebecter ©Seife üemichteten ©rief übermittelte ber fturfürft 
felbft bei feiner ©nbe Auguft angetretenen {Reife nach ftöln, noch ehe 
©raStnuS ©nbe Dftober bort eintraf 98.' 3n ber AbfchiebSaubienj bom 
5. {Rooember teilte ihm griebrich mit, ber ßaifer habe ihm am 1. {Rooember 
perfönlidj jugefagt, bah Suther oor ©oEjiehung beS ©anneS gehört toerben 
foHe 98 f. Ser Äurfürft forbert nun, baff baS ©djtebSgericht nur auf ©runb 
ber hl. Schrift urteilen bürfe, unb ©raSmuS arbeitet baran, bie Äurie jur 
©uSpenbierung ber ©erbammungSbufle ju nötigen, bie erfd)Ii<hen unb unter* 
gefchoben fei 99 f. 

@$tuPetrad)tung: (£ra8muä al8 ®or!ätnpfcr ber beutfefjen 
forntatioit. 

Sie oon perfönlidjer Seilnahme für Suther jeugenbe fjlugfchrift 
„Acta academiae Lovaniensis“ ift ber ©eitrag beS ©raSmuS gu bem 
Oon ihm entfeffelten ©atirenfturm; Suther hat fie mit ben „Axiomata“ 
beS ©raSmuS unb bem Oon biefem angeregten „Consilium“ ftaberS als 
3eugniffe ihrer bamaligen ©erbinbung in feine gefammelten ©Serie auf* 
genommen 101. Sie Äölner Sage waren ber $öhebun!t biefeS ©erljältniffeS, 
ba ©raSmuS nun burch baS rttdfichtSlofe gingreifen AleanberS in bie 
Sefenfioe gebrängt würbe; biefer würbe oon ber Äurie gur Anwenbung 
ber fdjärfften SRittel gegen ©raSmuS ermächtigt 102. Suther war nur in 
ber erften $eit be§ AblahftreiteS in perfönlicher ©efaljr; auch jefet würbe 
bie SReidjSacht oon ber altfirchlichen 2Rehrheit beS {Reichstages oerweigert 
unb war auf ©runb beS erblichenen ©Sormfer ©bittS nicht burchführbar; 
in ben {Rieberlanben würbe es fofort als SanbeSgefefc auSgeführt, fo baf} 
©raSmuS fich nur burch bie glucht retten tonnte 102 f. 

Suther unb graSmuS waren in biefen fahren auf ©runb ihres 
©trebenS nach ,8 ux Ucffu^rung ber religiöfen grtenntniS auf ihre erften 
Duellen gu gegenfeitigem ©chujje oerbunben; Suther übernahm auch ben 
bisher oon ©raSmuS geführten $ampf gegen bie äußeren SRifjftänbe ber 
Stirche, als biefer fich gurüdgiehen muhte, um fich Surchführung feines 
wiffenfchaftlichen Arbeitsplanes gu erhalten 103 f. Abgefeljen oon ben bamalS 
burch perfönliche greunbfehaft gemilberten Unterfchieben beS ©hatatterS, 
überfah ber weltfunbige ©raSmuS beffer als Suther bie SRöglichfeiten einer 
ber Hierarchie aufgunötigenben {Reform, bie ©inflüffe ber weltlichen ©olitif 
unb bie Haltung ber romanifchen ©ölfer 104 f. gr ertannte auch, bah ber 
©chufc f^riebrichS nur einen Teilerfolg fichem tonnte 105 f. Sie tjingebenbe 
Seilnahme, bie er gleichwohl für SutljerS ©Serf betätigt hat, wurgelte auch 
in feinem, {Rationalgefühl: trofj feiner ©egieljungen gu ber oomehmen weft* 

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XVIII 


^inljaltlüberfidjt. 


europäifdf>en ©efettfdtyaft füllte er fid) oll d£)eutfd)er unb all Vertreter bei 
burd) feine Mitarbeit ju füfjrenber Stellung erhobenen beutfdjen ^untonilmul, 
bejfen Söünbntl mit ber fird)lid)en ^Reformation aud) nad) bem 3 e ugntl 
feiner fteinbe wefentlid) burdt) ipn öerlörpert würbe 106 f. 3 n bent intimen 
SBriefe bei ©ralrrtu! an ©apito oom 6. ©ejember 1520 weift et bie itjrn 
fcfion bamall sugemutete 93e!ämpfung fiuttjerl jurßcf unb empfinbet beffen 
S33er! atl eine ©rofjtat ber beutfdjen Sßiff enfdjaft: er fat) sugleid) barin bie 
grudtjt feiner eigenen Slrbeit unb ljat ber ^Reformation für ben 5Reft feinel 
£eben! fd)Werere Opfer gebraut all Sutljer 107 ff. 

^ßerfonenber^etd^ntS. 


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(Einleitung. 

Die Mängel öer bisherigen fiuffaffung. 


2)ie ©ejidjungen jwifdjen ben füfjrenben ÜÜiännern in 333itten= 
berg unb bem Dbertjaupte ber $umaniftengemeinbe finb oft unb, 
foweit man fid^ an bcn Sßortlaut ber nicfjt eben jat)treiben ©riefe 
biett, aud) im roefentlid)en jutreffenb befjanbelt worben. (Sinjelne 
©tüde biefer Äorrefponbenj würben ber nod) oon Suttjer felbft 
borbereiteten SSittenberger Ausgabe feiner lateinifdjen SBerte bei* 
gegeben, anbere waren fdjon oorfjer in ben öerfcfjiebenen ©rief* 
fammlungen beS DotterbamerS erfdjienen unb finb julept in ber 
8et)bener Ausgabe (1703) burd) bie©d)reiben beS Äurfürften oon 
©adjfen unb feines ©etretärS fowie bie entfprecfyenben Antworten 
beS (SraSntuS foweit ergänzt worben, bafj aud) bie neuefte fritifdje 
©earbeitung beS „Opus epistolarum Des. Erasmi Roterodami“ 
burd) ben (Snglänber ©. mitten *) nichts 2öefentlid)eS t)at t)inju* 
fügen fönnen. £)dd) fjat fid) unfere (Sinfid)t in ben ©ang ber 
©reigniffe wüfjrenb ber AnfangSperiobe ber Deformation neuer* 
bingS burd) Ausfüllung bebeutenber Süden unb Aufbedung 

') 3n tom. II (1514—15l7 i unb tom. III (1517—1519), Oxonii 1910. 
1913. Sie «umgäbe reicht oorlaufig bis ©nbe ^uni 1519. 3Son meinen 
^orjdjungen über ©raSmus unb 2utf)er ^at Sitten nod) feine SRotij ge* 
hommen, ba er ben „SambertuS ©runniuS", bem ©raSmuS baS ©efud) 
um geroiffe Sispenfe mit ber berühmten Sarftetlung ber ÖebenSgefdhidjte 
oes „Jlorentiuö", 5. h- feiner eigenen empfiehlt (1516), nod) atteö ©rnfteS 
als „päpftlid)en ©efretär für ben perfönlidjen 93erfefjr mit bem fßapfte" 
begegnet unb ü)n für ben SSerfaffer ber in fc^erj^aftem Sone gehaltenen 
«ntwort nimmt (II, 9ir. 447, ©.291.312), ohne bod) einen berartigen 
Äurialen nachtoeifen ju fönnen; ogl. baju Slrchio für SReformationSgefd)id)te 
(«SR©.) I, 3 «nm. 

3#r. S. f. S». »7,1. 1 


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2 


s £au( Äalfoff, 


mistiger ßufammenhänge fo~ oertieft, bafe luir über bie ©nt* 
ftepunggfituation bcr einzelnen Abfchnitte beg Sörieftncd^fel§ hoch 
minbefteng oiel genauere Angaben machen fönnen. 

3m befonberen mar bag 3Serf»ältni§ zmifcf>en „griebridh bem 
SEBeijen oon ©acpfen unb $efiberiug ©ragtttug oon Dotterbam" 
oon bem früh oerftorbenen $arl ^artfelber 1 ) befjanbett morben,. 
ber zwar richtig tjeroortjob, baf$ „man am turfürftlidjen |>ofe eine 
Derbinbung mit bem berühmten ©elehrten fudhte", menn er autfy 
bat beginn biefer 93eftrebungen oiel zu früh anfepte, unb ber 
auch treffenb urteilt, bafj „ohne $riebridhg ©unft Suttjer fich* 
fdjmerlidh gegen biefe SEBelt ton geinben behauptet tjätte". Aber 
er nahm ju menig auf ben parallel laufenben Söriefmechfel zmifdfjen 
Suttjer unb ©ragmug fomie auf bie terfdjiebenen Degleitfchreiben 
Dücffidht, meil er, unb bieS ift ber grunblegenbe 9KangeI feiner 
Arbeit, oon einem einfeitig literargefdhidjtlichen ©tanbpunfte aus* 
ging. Überbieg beruht feine Auffaffung ber firdjettpolitifdhen Sage 
auf bem 33ucpe über „^riebrid) ben SBeifen unb bie Anfänge ber 
Deformation" *) oon Jt)- Ä'olbe, ber burdj feine oerfehlte 
urteiluttg ber Sßolitif beg Äurfürften fiel) oon oornherein ben 
SBeg jum Derftänbnig ber michtigften Vorgänge abgefd^nitten 
batte. 3)a ^Jriebric^ nun eben nicht aug ben oon Äolbe an* 
geführten SBetoeggrünben nur eine mohtmollenbe Neutralität beob= 
adEjtet, fonbern fdjon bei beginn beg Ablafjftreiteg aug eigenfter 
Überzeugung oon ber eoangelifd^en Söa^rtjeit in ßutf)er§ grunb» 
legenben Sehren i()n mit hütgebenber streue unb unter ©infefcun'g. 
feiner reichen ftaatgmännifdjen ©rfaprung oerteibigt tjat, fo ift eg 
auch nidbjt richtig, bafj er „bie SBittenberger Semegung mit einer 
gemiffen $ngftlicf)feit beobachtet“ unb begfjalb ben ©ragmug alg 
„Datgeber in folcf) mid^tiger Angelegenheit habe geminnen" moUeit. 
©emifj mar „bag freunblidhe Urteil beg ©ragmug eine bebeutenbe 
^örberung für Sutperg 9Berf", aber „eine fjeftigung feiner Söitten* 
berger Stellung" 3 ) h atte er ih m uidht zu oerbanfen aug bem 

r i 3n bcr 3 e it|c^rift für oergletd)enbe 2itteraturgejd)id)te unb 94e* 
naiffance«2itteratur, ljr3g. oon 9Jt. Äod) unb 2. feiger. 9t. %. IV, 203—2ti 
(Berlin 1891). 

-) ©rlangcn 1881. 

3 ) §artfelber ©. 207. 213. 


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/ 


©rasmuS, Suther unb Jriebrid) bcr SBeijc. 3 

einfachen ©runbe, tuet! eS bereit nid)t beburfte, jo toenig wie 
Sutfjer ben ©djufc ber aufbringfidjen unb unauoerfäffigen fRitter 
oon ber ©bemburg nötig fjatte ober gefugt fiat. 1 ) 

Sor allem aber ift Diel ju toenig bie Xatfacfje beamtet 
toorben, bafj ©raSmuS in jenen Anfangsdaten ber futfjerifcfien 
Setoegung fidj ber gemeinsamen Seriif)rung3punfte in feiner unb 
ßutfjerS Geologie toeit ftärfer bemüht gemefen ift als fpäter; 
baS „Saiendjriftentum", baS ©raSntuS forberte, mit feinem ftarfen 
§intoeiS auf bie ißerfönlidfjfeit ßfjrifti als beS ©efefcgeberS unb 
SorbifbeS einer ©ittenfefjre oon f)öcf)fter Neinfjeit unb SoHenbung, 
ftanb ben pietiftifdjen Überlieferungen, in beren Sanne Sutfjer 
ficf) füfjlte, nidjt all^ufern; feine morafiftifc^e Otidfjtung lief) if)n 
bie ooffStiimfidjen ©Triften SutfjerS nad) ©ebüljr fdjä^en, unb 
auch ber ©runbfap beS ©raSntuS, bafe man bie toiffenf<f)aftficf)en 
©treitfragen bem Söffe fernfjalten unb nur bie übertriebenen 
Zeremonien ber Äirdje mit bem ©eifte djriftfidjer Neligiofität 
erfüllen müffe, offne ju tumuftuarifdjen Neuerungen ju fcfjreiten, 
ift gfeicfjjeitig oon Sutfjer oieffadfj in SBort unb £at oertreten 
toorben. ÜberbieS fjaben neuerbingS bie f£f)eofogen toieber mefjr 
bie ftarfen $äben beachtet, bie ßutfjer mit ber ©cfjofaftif oer= 
banben unb bie fi(f) ebenfalls in ber ©pefulation beS ©raSntuS 
nadjtoeifen taffen; aucf) biefer läfjt fid) in ber grunbfegenben 
$rage nacf) bem SerfjäftniS jtoifd^en menfcfjficfjent äBiflen unb 
göttfid^er ©nabe, bie er feineStoegS $u föfen imftanbe ift, ODn 
paufinifcfien Jbeen beeinffuffen unb neigt bei ber SBafjf gloifdjen 
ben mafsgebenben fdjofaftifcfien Autoritäten in biefem fünfte 
fdfjliefjlicf) auf bie ©eite beS StfjomaS oon Aquhto, ber einem 
©fotuS gegenüber bie ©nabenfefjre beS ApoftefS ^ßaufuS Der* 
tritt. 2 ) Jn jenen betoegten SCagen ber erften Kämpfe fünfte fid) 


*) Bgl. meine Slrbeit über „Ulrich Bon Jputten unb bie Deformation, 
©ine fritifche ©efchichte feiner roichtigften SebenSjahre". §alle 1919. 

*) $>ie3 eine ber roertnollften Jeftftetlungen in ber Arbeit Johann 
Bon SBalter’S, ®ie nenefte Beurteilung beS ©raSntuS. Jahresbericht ber 
fchlefifchen ©efeQfdhaft für Baterlänbifche Äultur. 1911, V. 9tbt.; (Sonber* 
abbrud BreSlau 1911. ipier wirb mit Decht baS webet ben Theologen 
noch ben £>iftoriter befriebigenbe ©chriftchen oon Btaj: Dichter (5)efiberiu» 
CraSmuS unb feine «Stellung ju Suther. Seipjig 1907) beifeite gelaffen, 

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4 


$aut ftalfoff, 

s ©raSmuS überbieS burdj bic heftigen Angriffe ber Sömener “Xfeeo* 
logen oon ber Partei ^ocbJtraten^, ber mönefeifefeen ganatifer 
aus bem Orben ber 3)ontinifaner, auf bie 33unbeSgenoffenfcfeaft 
ßutfeerS feingemiefen, beffen Haitptgegner bemfetben Orben an= 
gehörten. 1 ) ©& ftnb alfo niefet nur bie Söegiefeungen ber beiben 
füferenben SKänner $ur gelehrten SEBett, bie geiftige ©emeinfefeaft 
mit bem Humanismus, bie 2öertfdfeii|ung feines miffenfefeafttiefeen 
SRüfoeugS, maS ßutfeer unb (SraSmuS eine ©treefe meit Danb in 
H>anb gefeen liefe, fonbent gerabe ber 2öunfcfe r gegen gemeinfame 
Gegner einen SRücffeatt $u fuefeen, ber nocfe baju auf feiten bes 
©raSrnuS ftärfer fein mufete als bei bem SBittenberger Sßrofeffor. 

3)enn eS feat fiefe bartun taffen, bafe eine bringenbe feerfön= 
ticfee ©efafer für ßutfeer nur in ben erften SDßonaten beS Slbtafe* 
ftreiteS beftanben feat, efee er beS unbebingten ©dfeufeeS feines 
SanbeSfeerrn oerfiefeert mar; ©raSrnuS aber feat unter bem 
grimmigen Haffe feiner ßömener ©egner, im Stftadfetbereicfe ber 
bigotten ©tattfeatterin ÜJtargarete unb beS oon einem ©tapion 
unb Slteanber befeerrfdfeten jungen ÄaiferS fiefe in meit gröfeerer 
©efafer befunben, naefebem er ben ßorn biefer (Gegner unb bie 
ernfttiefee ^einbfefeaft ber Äurie burefe ben SBerfucfe feerauSgeforbert 
featte, 'ben $apft jur ßurücfnafeme ber SerbammungSbutte $u 
nötigen unb fo noefe naefe güttung beS enbgüttigen UrteitS über 
Sutfeer bie 23afen für baS oon biefem unb feinem Sefdfeüfeer ge= 
forberte ©dfeiebSgericfet freijumaefeen. ©raSmuS feat fiefe in biefem 
oon ifem im engften ©inoernefemen mit ^riebrkfe bem SBeifen 
gefüferten getb^uge nidfet btofe feiner umfangreidfeen Sejiefeungen 
ju ©taatSmännern unb ©eteferten, ju metttidfeen unb geiftlicfeen 


leiber aber and} alles, roas bie gefcfeidjtlicfec Jorjcfeung über baS füfene unb 
felbftlojb ©intreten beS ©raSmuS für ßutfeerS ©aefee in ben Saferen 1519 
bis 1521 feftgefteHt feat. 

*) SJgl. ju biefer Xatfacfee aujjer meinen Unterfucfeungen in ber fyü* 
Üferift für Äirdjengefcfeicfete (3$©.) XXXI u. XXXII neuerbingS auefe meine 
Ulbfeanblung über „baS imeefete Srene JpabrianS VI. an ben Äurfürftcn uon 
©aefefen — eine glugftferift §ocfeftratenS" im ^ubiläumSfeeft ber Xfeeolog. 
©tubien unb ft'rititen. ©otfea 1917, befonberS ©.242 ff. unb bie „kleinen 
Beiträge jur ©efcfeiifete JpabrianS VT." im £iftorifcfeen Saferbucfe ber ©örreS* 
©efeöfefeaft, ^afergang 1918, ©. 44 ff. 


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©ra§mu§, Sutber unb ftriebricb bet SBeife. 


5 


dürften bebient, fonbern auef) bep literarifcfjen Äampf gegen 
bie rötnifefje ©laubenStbrannei unb bie SBerfoIgungäfudjt ber 
moncf)ifcfyen SBerf^euge be3 fßapfttumä organifiert unb mit feinen 
^reunben, mie hier befonberä bem tapfern ^ermann non bem 
üöufdje, burcf) eigene Slbfaffung einer ber ge^altoottften $Iug* 
fefiriften gemetteifert. J ) @r mürbe bann non Slleanber jmar fd)on 
■für geit be§ SBormfer fReid)§tag£ in bie 3)efenftt>e gebrängt, 2 ) 
erfdjien aber bem 9Zuntiu§ and} jefct noef) fo gefäfjrlicf), baff biefer 


') 33gl. meine Untersuchung über „bie SJermittlungSpolüi! be§ ©raSmuS 
unb feinen Anteil an ben f^lugfcbriften bet erften SteformationSjeit" SISt®. 
1,1 ff. (Serlin 1904) unb bie (Einleitung ju meiner Arbeit übet „®ra3mu§ unb 
feine Scpicler SB. Siefen unb Sit!, non tperjogenbufd) im Kampfe mit , ben 
Söwener Geologen", in „jpulbreicb Zwinglis fämtUcben SBerfen", bräg. non 
©. ©gli unb ®. ginSler. Seipjig 1905. Briefe I, 402 ff. 

'*) Stuf wie febroaepen baS Urteil mancher nielberufenen Slutori» 

täten über be§ (ErasmuS Verhalten ber lutf>erifd)en ^Bewegung iener ^apre 
gegenüber beruht, seigt etwa bie SieweiSfübrung f$r. ißaulfenS (©efebiebte 
be* gelehrten Unterrichte. 3. Sluflage, btSg. oon IR. ßebmaun, üeip^ig 1919. 
1,185ff.), ber fid) barauf befebränft, einen SSrief beS ©elebrten an feinen 
römifeben Äorrefponbenten fßetr. SfarbiriuS oom 23. Stuguft 1521 (Erasmi 
opera omnia. Lugduni Batav. 1703. III, col. 653) anjufübren, ber barauf 
beregnet ift, ihm bei ber brobenben Haltung ber bortigen SJiad)tbaber ben 
'Stücten ju beefen. $a flagt er oftentatin barübet, bah Luthers Slnljänger 
ficb non i£»m abgewenbet hätten, roährenb fie ihn früher mit ihrer Zubring* 
lidbfeit beläftigten; er aber höbe an SutberS Sache non oornherein nicht 
teilnehmen wollen, weil er febon aus ben erften blättern, bie er non Sutber 
gelefen höbe, gemerft höbe, bah bie Sache in einen Sumult auSlaufen werbe; 
Zwietracht aber fei ihm fo oerbafjt, „nt veritas etiam displiceat seditiosa“. 
$iefe unb ähnliche SJerficberungen müffen auS ber augenblictlidjen Sage beS 
tsBrieffdjreiberS b crau8 nerftanben werben. SJiit Siecht aber führt fßaulfen 
für bie fpätere Stellungnahme beS ©raSmuS fein SSerbienft um bie Stubien 
an unb erflart eS für oertefjenben s $batifäi3mu3, wenn „bie heutige ©eiehrten* 
weit ficb über ihn mit hochmütiger ober herablaffenber SJtiene ju ©ericht 
fept" (S. 189). — Sei Sfefpredjung neuerer Schriften, bie einer gerechten 
SBütbigung beS ©raSmuS gewibmet finb (barunter SB. Äöbler, ©raSmuS in 
SluSjügen auä feinen Schriften. Älaffifer ber Sieligion. SBb. 12. 13. Berlin 
1914), begrünbet ©uft. ©onrab feine Stnficbt, bah für ihn ©raSmuS „als 
ebenbürtiger Theologe an SutberS rechter Seite ftehe, wäprenb Zwingli ben 
'•ßlap jur Sin!en einnimmt“. „©raSmuS als gricbenStbeologe“. ©hriftliche 
SBelt, brSg. non SK. Stabe. Qahrg. 1918, Sp. 219 f. Zm folgenben bürfte ficb 
ergeben, bah ©raSmuS babei feineSwegs einen faulen ^rieben gewollt hot. 


izsa 


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V 


$aul ftatfoff, 


ftd^ oom papft unb oom 93ijefatt^ler ÜRebici bie Ermächtigung 
p fdhonungSlofem tßorgeljen gegen biefen fauchen „fjreunb" er* 
mirfte: pteifelloS mürbe er ihn auf bie proffriptionSlifte gefegt 
haben, als er im £>erbft 1521 oom faiferlichen Kabinett bie $Ber= 
brennung „eines h a ^ en 2)n^enbS" ber niebertänbifchen Sutljeraner 
forberte. 9>hir burdj feine atSbalb mit §ilfe ©idütgenS bemerk 
ftelligte gtucfjt aus Sömen nach S5afet tonnte; EraSmuS [ich ber 
ÜSorlabung burch baS SnquifitionStribunal entziehen, bie feine 
$eittbe minbeftenS p einer grünblidhen pb)^fifcf>en unb moralifchen 
Folterung beS unbequemen ©eiehrten benupt hoben mürben. 1 ) 

83ei ber SBürbigung ber fdjriftlichen Äunbgebungen beS 
EraSmuS über Suther unb fein SBerf mufj man alfo einmal bie 
Statfadje berüdfidjtigen, bafi EraSmuS fich in jenen fahren mit 
bem merbenben Reformator in einem ©rabe folibarifd) gefühlt 
hat unb für ihn mit einer ©etbftüerleugnung eingetreten ift, bie 
man feinem fonft fo öorfidjtigen, ja ängftlichen SSefen faum p= 
getraut hätte. 2 ) ^Daneben rnufj man audh ftetS bebenten, bafj er 
in Sömen, gang anberS als ßuther in ber furfürfttichen 3tefibenj, 
oon fcharffichtigen, unermüblichen geinben umgeben mar. Er 
hatte in ber Xat allen ©runb, ben ©efretär beS Äurfürften pr 
größten SSorfidht p mahnen: ganj mie im Kriege lägen bie 
$einbe ber SBiffenfdjaften beftänbig auf ber Sauer, um SBrtefe 
aufpfangen, bie man baher nicht bem erften beften anoertrauen 
bürfe. ©erabe ber $ürftbifd)of oon Sütticf), Eberharb oon ber 
3Rarf, ber baS Schreiben JriebrichS an EraSmuS einpfehen 
gemünfcht nnb bann nicht prüdgegeben hotte, 3 ) mar ein ehr* 
geiziger ©emattmenfch, ber im ©treben nach ^ cr ßarbinalsmürbe 
aud) bie theologifchen Parteigänger SftomS begünftigte unb beffen 
SRäcenatentum nur oon Eitelfett unb ^errfchfudjt eingegeben mar. 4 ) 

*) SSgt. in meinen „Anfängen ber (Gegenreformation in ben lieber» 
tanben" (£>aUe 1903) bie Äapitel III („$er Äampf ber Sanbe#unit>erfität 
gegen Sutljer unb @ra#mu#"1 unb V („2>ic SSerbrängung be#' @ra#mu# 
au# ben Stieberlanben"). 

*) SBgl. meine einleitenbe ©Ijaratteriftif im SIÜR®. 1,1—6. 

3 ) (JraSmu# an ©palatin, 29. SDtai 1519. Stilen III, 603 f. Erasmi 
opera III, col. 443 sq. 

4 ) SSgl. über it)n aufjer ben ?1nmerfungen $u meiner Überfefjung ber 
?((eanberbepeicben (2. 9lufl. £>aüe 1897 nadj bem ^erfonenberseidjni#) eine 


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©raSrauS, üutljer unb f£riebrich bet SEBeife. 7 

Ulan muß baßer bie regelmäßige SBerficßerung be£ @raäntu3, 
baß er mit SutßerS ©adje nichts $u tun haben wolle unb t>on 
feinen ©Triften feine einzige ganj, fonbern nur gelegentlich ein 
£aar ©ä|e gelefen habe, ebenfo als notgebrungene giftion aitf= 
faffen, toie bie ähnlich lautenben ©rflärungen beS ßurfürften 
bon ©acßfen, baß er „fich SutljerS gänzlich entflogen'habe", 
ober wie bie feiner biplomatifcßen Xaftif J ) geläufigen Senbungen 
fonft lauten mochten. 

©abei mußte (SraSmuS, als bie Sittenberger am SBorabenb 
einer wichtigen ©ntfdjeibung [ich um feine greunbfdjaft bewarben, 
oergeffen fuchen, baß Sutßer einige Stoßre oorßer ihm in einer 
Seife in ben Seg getreten war, bie eher als ÄriegSerflärung 2 ) 
benn als ^reunbfcßaftSbeweiS aufgefaßt werben fonnte. 

biographifd)e ©fijjc tu einer Arbeit „3ur (Sejdjid)te beS äBormfer SReich«» 
tag«", beren ©rfcheinen bisher burdj ben ftrieg Derpinbert mürbe. 

*) Über biefe »gl. etwa 3®®- XXV, 456. 529 Sinnt. 3. ®aju meinen 
Sluffap im Qubiläumäljeft beS 311R©. über „griebrid) ben Sßeifen al« ©e* 
trüget Sutljer« unb beS fReformationStuerfeS" fomie meine Slrbeit über „3)a§ 
HBormfet ©bift unb bie ©rlaffe be« SReid)8regiment$ unb einzelner Steigs* 
fürften". »tünchen u. ©erlin 1917 (§ift. ©ibl., ©b. 37) ©ortoort ©. Vm f. 

*) ©3 ijt baljer »erfehlt, wenn ein junger franjbfifcher ©^Üologe in 
tiner burch umfaffenbe« ©tubium unb befonneneS Urteil ausgezeichneten 
©eminararbeit (Slnbre' 2Ret)er, Etüde critique sur les relations d’Erasme et 
de Luther. Stach feinem Xobe mit einer ©orrebe herausgegeben »on feinem 
Cehrer ©h- Slnbler in ber „BibUotheque de Philologie et de Litteratnre 
modernes“. Paris 1909) »on „les humbles critiques de' Luther“ fprid)t, 
ber fchon „de fort bonne heure“ baran gebacht höbe, fidj ©ra3mu3 ju 
nähern. @r nimmt an, bah @ra3mu3, beffen Antwort mir nicht befäfjen, 
über biefe »on fo unbefannter ©eite herrüljrenben ©ormürfe fith nicht be» 
fonberS erregt hoben roerbe. ©om V. Äapitel an roirb bie „action pacifica- 
trice dfErasme“ im 2lnfd)lufj on meine „©ermitttungSpolitif" be3 ®ra3mu3 
Zutreffenb gefchilbert. Slbgefehen »on ber erften ©eriobe, ift bie Schrift 
allen älteren arbeiten ftanjöfifchet unb englifcher ©eiehrten burd) bie grünb* 
liehe unb »erftänbige ©enufcung ber beutfehen Literatur überlegen. / 

SBelche 2Bertfd)ä|ung Suther in jener 3 e it bei aller SBaljrung feiner 
theologifchen ©elbftänbigfeit ben fritijehen ©orarbeiten be3 ®ra3mu« gejoQt 
hot, läfct fich neuerbingS an ber &anb ber muftergütigen auSgabe ber 
„©orlefung £utljer3 über ben ©alaterbrief 1516—17" »on £>anS »on ©chubert 
tfceibelberg 1918. ©. V. XII f.) »erfolgen. 


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L Kapitel. 

Das ergebnislofe Vorfpiel des Jafyres 1516. 


öS trdf fiep im Saufe beS ^atjreS 1516, bap Sutper fiep 
eingepenb mit ben ©riefen ^auli befcpäftigt fjatte, mäprenb er 
im ©ommer bie HieronpmuS * Ausgabe beS öraSmuS erhalten 
patte, in beren Kommentar ber Herausgeber eine ©eringfcpäpung 
Zugleich fler paulinifcpen Set) re oon ber feligmacpenben ©nabe tote 
ber barauf berupenben Geologie beS ^(uguftinuS ju befunben 
fcpien. Stm 19. Dftober 1516 griff nun Sutper furz entfcploffen 
§ur ^eber unb pielt bem berühmten Siteraten in fcparfen, prä* 
gnanten ©äpen bie ©runbfebler feiner bogmatifcpen Stellung* 
nähme oor: 1 ) er pabe bei fernen lu^erungen über 91uSfprücpe 
beS 5ty>oftelS gegen „bie ©eredptigfeit ber 2Berfe ober beS ©efepeS" 
biefe nur auf bie äufjerlicpen unb förmlichen Seiftungen beS 
Üßfenfcpen bezogen, burcp bie man ben eigentlichen fittlicpen 
^orberungen ©ottes nictjt entfpredpe, alfo auch nicpt zur Seligfeit 
gelangen !önne, wie bieS bie lanbläufige firrfjltdje ^ßrajiS oerpiefj, 
Slucp pabe ÖraSmuS bie Stnficfjt beS SßauluS über ben öinflufj 
ber örbfünbe auf ben SBert ber menfchlicpen Seiftung nicpt berücE* 
ficptigt. 2)ie Selbftgeredptigfeit auch ^ beften SebenS reiche jur 
©enugtuung oor ©ott nicht aus, fonbern erft toenn mir burcp 
bie ©nabe ©otteS gerecht gemorben ftnb, oerntögen mir im ©eifte 
©otteS ju hobeln, ör führte baS aus unter gleichzeitigen 91uS* 
faßen gegen bie als Unterbau beS fcholaftifchen ©tjftemS benupte 
ötpif beS SlriftoteleS unb ergänzte eS burcp fritifcpe ^Betrachtungen 


*j @nber£, SutljerS S9riefroe<±)iel I, 62 ff. . üliirfUer 5 ff, ÄöftHn- 
Ämuerau, Suttfer. 5. Stuft. 1,107. 133. 


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©raemuä, üuther unb griebrith bet Seife. 


9 


über bie gierabe im Zeitalter ber fUetioiffance oon ben ©egnertt 
bet ©djolaftif gepriefene Xljeologie beg |ueron9mug, bie audj 
©ragmug ber beg Stuguftinug gegenüber mit Unrecht beoorjuge.') 
2Bie man leicht fietjt, berührte Sutber mit biefer Äritif bie tiefften 
©runblageii ber jpeilgleljre unb bie entjd)eibenben ©egenfäfce 
^mtfeben feiner eigenen immer flarer Ejerciuggearbcitcten fRec^t* 
fertigun ggtef»re unb bem beerf^enben ©Aftern ber Äirdje. $ludb 
in biefem fjaüe beroog if>n wie bei bem Auftreten gegen bie oer= 
fübrerifd^en ©cblagmörter ber Slbtafjprebiger bie ©orge „um bag 
Seelenheil ber ©rüber", bag fcbliefjlidf) bon ber fcbriftgemäfjen 
Orientierung ber 2b e °i°9^ e abhängig mar; eg eriebien ibm alg 
(Sbnftenpflicbt in biefem gälte um fo bringlicber, nicht länger $u 
febmeigen, alg bei bem gemaltigen unb meitberbreiteten ^Infeben 
beg ©ragmug bie ©efabr um fo größer fei, bafj baraufbin jabl* 
reiche Theologen fi<f> bemogen feben mürben, biefe budbftäblicbe, 
aber rein äu^erticfjc unb tote, ben mabren £eilgmeg oerfperrenbe 
'äuffaffung ber ©ebrift ju bertreten. 35er ©emeggrunb ßutberg mar 
alfo auch in biefem $alle feinegmegg gelehrte (Sitelfeit unb Streit« 
fuebt, fonbern jene fein gan^eg SBefen burdbbringenbe ©emiffen« 
baftigfeit, 2 ) bureb bie er fief» für oerpfliebtet hielt, jebem ©erfud) 
entgegenjutreten, ber bie ©egnungen beg ©rlöfunggmerfeg ju ber« 
bunfeln, bie ©eeten ber ©laubigen auf Srrmege ju führen brobte. 

') Dem 9luguftiner ^o^.^ang, bet ji<h bamalS fc^ou um eine '21 n* 
näljerung jwifchen Suther unb (SraSmuS bemüht ju fyabtn fc^eint, oerfichert 
Luther am 1. SJlärj 1517, bafj et bie Schriften beS ©raSmuS lefe, aber fich 
nur ihre« tiefgetjenben <$egenfa|je3 mehr bemüht geworben fei, ben er in 
bie Sorte jufammenfajjt: „humana praevalent in eo plus qnam divina“. 
Dabei gebentt er wiebet bet W^nlic^feit beS ©raSmuS mit bem Ortanjofen 
Jabet StapulenftS unb ber Inferiorität be§ §ieronhmu$ im Vergleich mit 
bem SchriftberftänbniS fttuguftinS. ©nberS 1,88,20 ff. Den le&teren fßunft 
berührt er wieber, bod) mit größter Schonung für ©raSmuS in bem 
Schreiben an Spalatin bom 18. Januar 1518 über bie Slutorität ber 
Äirchenbäter. *. a. D. S. 141. 

*) DiefeS SJiotib ift, fobiel ich felje, bei biefem Slnlafj noch nicht ge» 
nügenb herborgehoben worben, obwohl ßuther eS in feinem Schreiben an 
Spalatin beutlich genug betont. 33g(. mein Schriftchen, „fiutherS Jpelben- 
jeit" mit bem 2. Stapitel: „fiutherS Dat als ©rgebniS beS ÄampfeS jwifdjen 
beulfchem ©ewiffen unb römifchem äJtachtmiUen". Segweifer für ba8 wer!» 
lätige Bolf. SütonatSfchrift bei fReichSberlagS. Berlin 1917. Oftoberheft. 


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10 


$au( Äalfoff, 


3nbem er furz nod) anbeutet, baf? er bie falfdje Stiftung 
beg (Sragmug burcfj bie gefamte nadbauguftinifche SBiffenfctjaft, 
Zumat bie „Kommentare", b. tj- bie Postillae perpetuae beg 
ißitotaug oon Spra t>ig ju ben «Schriften beg jeitgenöffifd^en ©e= 
teerten Le Fbvre d’Etaples ju oerfolgen fidt) getraue, gibt er 
in biefen wenigen feiten bie ©runbzüge für eine wiffenf<hafttid)e 
Stugeinanberfepung, roie er fie ad^t Safjre fpäter ber „Diatribe 
de libero arbitrio“ gegenüber burdjjufütjren hotte. 

3n bem ruhigen Setbftgefüf)l, bag ihm bie miffenfdjaftliche 
Überzeugung unb bie Setbfttofigteit feiner Slbfidjten üertieh, oer* 
fdjmä^t eg Suttjer, fein Sintiegen mit ben üblichen |>utbigungg* 
formein unb (Sntfdfjutbigungen einzuführen, fonbern bemertt nur, 
um ben guten |>offapIan ju beruhigen, bah biefer eg oietteidjt 
oertoegen finben möchte, wenn Suther einem (Sragmug gegenüber 
ben Striftardj fpieten motte, oerweift it»n aber zugleich mit ernftem 
tRadjbrwf auf bie (Shnftenpftidjt. 

®er ©runb, warum er fid) nicht unmittelbar an (Sragmug 
wanbte, fann in erfter Sinie nur bar in gefunben werben, bah 
i^m teine äftittel z ur ©eförberung feineg @d)teibeng zu (Gebote 
ftanben, währenb am §ofe fidf) über furz ober taug bazu ©etegen= 
heit finben muhte. (Sin höfticheg 23egteitfd)reiben beg turfürfttichen 
Sefretärg 1 ) war babei felbftoerftänbtid) unb fonnte an fidh nicht 
fchaben. Slber nun hat ber beoote Spalatin einmal beg ©Uten 
Zu oiet getan, 2 ) inbem er fid) in feinen ßobfprüdjen bazu oerftieg, ' 
Sragmug atg ben „Apollo Pythius“ zn feiern, beffen ent* 
fdffeibenben Stugfprudf) man in biefen tljeotogifchen fragen erwarte, 
unb z u 0tei<h beteuerte, bafs man nur in ber reinften StbfidEft, 
„benevole“ unb ohne „malignitas“, fict) an ihn wenbe. ©erabe 
bag aber muhte ben oon möndhifdhen Intrigen umlauerten ©e* 
lehrten mihtrauifdf) machen. SDazu fam, bah ©pntatin ben Krittler 
nidf)t nannte, fonbern nur oon einem „sacerdos ober coenobita 
Augustinianus“ fpradh; wie leidet aber tonnte unter ber bie 

•) datiert „Dom ^agbfdbtoffe in ber Sodjauer $>etbe" (ex arce Lochana), 
bem jefcigen Slnnaburg, Dom 11. ®ejember 1516. (Snberä 1,65 9lnm. 5. 

a ) SSenn ftct> ©palatin auf gemeinfame Beziehungen zu Bh* ©ngentinuä 
unb WtutianuS SRufuS beruft, fo fann man beSwegen noch nidü fögen, bafc 
er mit UraSmuS „befreunbet" war. Äöftlin 1,107. 


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(SraämuS, Cutljer unb griebrid) ber Seife. 11 

fcproierigften fragen ber SDogmatif fctüfyrenben Anfrage eine« 
Unbefannten ein f^attftricf oerborgen fein. SDenn ©palatin patte 
ben etgenmäcptigen ©omn|, um eine Slntwort ju erfucpen, bie 
fintier nicpt begehrt patte, geroifc aus bem lanblöuftgen 
©eroeggrunbe, mit einem Schreiben beS großen ©eleprten prahlen 
ju. fönnen. 3)abet mar eS gerabeju naiö, über ein Xpema Pon 
biefer StuSbepnung unb Tragweite eine „fürje" — „quantum- 
libet breviter“ — Antwort für möglicp gu galten, bie ©raSmuS 
leiften follte wegen ber ©ereprang, bie Spalatin unb fein Äurfürft 
für (SraSmuS, fReucfjlin unb jeben ©eleprten überhaupt fegten; 
in ber ©efcpwinbigfeit follte SraSmuS bann aucp angeben, waS 
er nacp bem |>teronpmu§ perauSbringen werbe unb was er äugen* 
blidlicp unter ber geber pabe; bafür werbe benn ber ilurfürft, 
ber fcpon alle SBerfe beS (SraSmuS in ber „pergoglicpen ©ibliotpef" 
befi|e, aud) bie fiinftigen anfdpaffen laffen. 

Unb gu biefdr Seiftnng einer parmlofen ©ebientenfeele fommt 
nun bie «Spilflofigfeit in ber |>auptfacpe, in ben gu übermittelnben 
tpeologifcpen Streitfragen. SSenn man fcpon nad) anbern Sin* 
getcpen bie tpeologifcpe ©ilbung beS £>offapIanS l ) gum minbeften 
als fragwürbig, fein ©itbungSbebürfniS inmitten ber ipn fpäter 


*) ©gl. meine Machweife int SlfRöJ. IX, 165 unb „{Miltijjiabe" (Seipjig 
1911) ©.31, Sinnt. 3. ©an§ abgefehen bon ben bilettantifchen Arbeiten 
@. ©erbigS begegnet man oielfad) nod) ber Sluffaffung, als ob ber braoe 
©efretär als „©erater" be« Äurfürften in ber ürd)tid)en grage eine etnflufj- 
reiche {Rolle gefpiclt habe. Slber foweü griebridh überhaupt geneigt war, 
neben feinen abligen unb juriftifd) gebübeten {Räten unb feinem ftanjler 
nod) anbe,re {Mitarbeiter ju befragen, ftanb it)tn ber ©efretär §ietonpmu§ 
Mubloff weit näher als ber Ipoffaplan (Ogi. 3$©. XXVII, 332 Sinnt. 3; 
„{Miltifjiabe" ©. 31 f.). ©palatin ift bisher aud) bielfad) beSIjalb für ben 
SSerfaffer mancher Denffdl)tiften, ©utadfjten ober fonftiger Slftenftüde gehalten 
worben, weil bie ^anbfdjrift SRubloffS ber feinigen jum ©erwechfeln ähnlich 
ift. ©ei ©rfifung eines umfangreichen SHtenbanbeS beS Seimarer Sird)ibS 
würbe mir bon ben Herren üoßegen beS ©reSlauer ©tabtardhibS beftätigt, 
baff ©palatin einen paläographifcpen Doppelgänger hat, eben biefen in ben 
wid)tigften ©efdjäften erprobten {Rubloff, ben {Ric. {Müller tn feiner nü|Ud)en 
©ammlung bon „©erfonalien" ju ber „Sittenberger ©ewegung bon 1521 
1522" (Sl{R®. VI — VIII) leiber nur mit einer furzen Slnmerfung (VI, 187) 
bebadpt hat. @r war einer ber erften ©tubenten ber Uniberfität Sittenberg, 
ftarb aber fepott im Qahre 1523. 


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12 


Baut Stalfoff, 


täglich umbrängcnbcn fragen als erftaunlich gering bezeichnen 
muh, wenn er auch feine Unfähigfeit felbft mit bem Sprichwort 
anbeutet, baf$ ber gelehrte $reunb it>m biefen Auftrag zugemutet 
habe, wie man bem Dcfjfen ben ©aumfattet auflegt, 1 ) fo über* 
rafc^t bocf) bie fehlerhafte Hnbef)ilftic£>feit, mit ber er SutherS 
©^reiben ju zwei dritteln buchftäblich wiebergibt. 2 ) @r jeigt 
babei eine gemiffe ©etbftänbigfeit nur, inbem er einen mittleren 
Abfa| auSläfjt, in bem ß«tf»er gegen bie Überfärbung ber 
ejegetifdjen SSerbienfte beS §ieronbmu§ burd) ©raSmuS Ber* 
roabrung einlegt unb betont, bah gerabe im ©dhriftüerftänbnis 
AuguftinuS jenem überlegen fei. $)aS glaubte ber geiftlidf)e Höf¬ 
ling bem Herausgeber beS Hieronymus nicht bieten ju bürfen, 
bem er eben oerfichert hat, bah er burdE) feine Bemühungen 
gerabeju einen neuen Hieronymus geraffen habe. 

®a fich ber bienfteifrige 9J?ann alfo oöllig auherftanbe fühlte, 
ÖutherS ©ä|e in ben eigenen oerbinblidhen Briefftil gu übertragen, 
fo ftehen fie nun in ihrer epigrammatischen ©c^ärfe unb unerbitt* 
liehen ^olgeridjtigfeit fo unoermittelt zwifefjen ben glatten Bh r °fen 
unb Schmeicheleien ©palatinS, bah baS ©ange auf ein fein emp* 
fhtbenbeS ©emüt einen unerquicftichen (Sinbrucf machen muhte. Sßadh 
aUebem war eS für (SraSmuS baS iRi^tigfte, biefeS ©dhreiben un* 
beantwortet ju laffen, wie er benn auch getan hat, unb eS war 
wieber nur taftöoll, bah et bei ber fpäteren Annäherung ber SBitten* 
berger einfach in Abrebe ftellte, biefen Brief erhalten zu haben. 3 ) 

’) 93gt. ju ber SRebenSart „ut bovi clitellas“ „Die Sprichwörter ber 
Börner" oon A. Otto (fleipjig 1890, 8. 57). Qn bem noch für ben mobemen 
©etebrten „grunblegenben unb bemunbertiSwürbigen SBerfe beS ©raSmuS, 
ben Adagia ober Proverbiorum chiliades, fehlen in ber fct|on fehr ftatttid^en 
Bearbeitung oon 1515 (Bafel) bie beiben oon ben SBittenbergem gebrauchten 
AuSbrücfe noch, fowotjl biefet Oon Spalatin wie bet oon Sutljer (Snberö 
8.64,41) gebrauchte: „non plus sapiunt iustitiam quam sorba ficum“. 

5 ) Unter ben Autoritäten beS AuguftinerS läßt er ben BhetiäuS au$, 
aber nicht, toie GcnbetS oermutet, weit ihm gerabe biefer unbefannt war, 
ba er bie anbern jehwertid) genauer lannte, fonbem wohl nur oeriehentlicb. 
Dabei Witt er bem @raSmu§ ju oerftehen geben, bafj ihn» baS ©ried)ifd)e 
nicht fremb fei, ba er ßuttjerS „simulatorie“ mit „vnoxQixix&q“ miebergibt, 
SnberS I, 64,43. 66,1. 

*) Dreffenb ift an ben Ausführungen Aliens (I, 415), bah @taSmu$ 
ben Brief jebenfattS erhalten hat, wie fchon feine Überlieferung bureb baS 


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gtaömuä, ßutljer unb gttebrid) bet SBeife. 

/ \ 

'Äuf baSfelbe ©eftreben beS oielgefcBäftigen ©elretärS, einen 

©rief beS ©raSmuS ju erpreffen, ift nun aud) fein jroeiteS 
©cBreiben zurüdzufüBren, baS er oom „Schlöffe SUtenburg" am 
13. 9?ooember 1517 auSgeBen liefe.') ©S ift batjer griinblirf) »er- 
feBlt, fefjon biejes in^altüd) ganz unbebeutenbe ©tüd mit ben grofjen 
firc^enpolitifd^en fragen in ßufammentiang ju bringen, bie fid) 
an bie oon fiut-fjer am 31. Dltober an ben ^Ibtafeprebiger erlaffene 
£>erauSforberung zur Disputation anfc^liefeen foüten, Wenn |jart= 
felber, auf nichts weiter geftüpt als auf biefe beiben Daten, oratett, 
eS fei „geroifj lein Zufall“ gewefen, baB öier^efjn Dage nadj bem 
Dtjefenanfc^lag ein zweites ©cBreiben an SraSmuS abging, beffen 
Don „laum weniger oerbinblidj" gewefen fei: SraSmuS werbe 
„als bie einzigartige ßierbe ganz DeutfdjlanbS, beS gemeinfameit 
©aterlanbeS" angerebet unb erneut um eine Antwort gebeten, 
bie er ber unbegrenzten ©erefyrung beS ©djreibetS unb ber Sftücl* 
fic^t auf beffen „oortrefflidEjen dürften, ben Herzog $riebricB oon 
©adjfen, Äurfürften beS ^eiligen römifdjen 9fteid)S, ber alle ©ücBer 
beS ©raSmuS in feiner ©ibliotljel Babe, bie er ftetS auf bem 
laufenben zu erhalten wünfdje, fdjulbig fei". StuS ber 9lrt, wie 
©palatin an ben Sntjalt feines erften ©riefeS erinnert, get)t 
beutlicB fjeroor, baB SutfjcrS ©ewiffenSbebenlen für itjn nur 
SJtittel zum ßroed gewefen waren: wenn ©raSmuS biefen ©rief 
erhalten fjabe, fo werbe er barauS erfeljen Baben, baB er meljr aus 
einem allgemeinen als bem perfönlidjen ^utereffe beS ©Treibers 
Beroorgegangen fei; aber biefer Babe in feiner unbegrenzten £>in= 
gebung an bie ©erfon unb bie literarifc^e ©röBe beS ©raSmuS, 
ber er nadjzuftreben eifrigft befliffen fei, fcBon längft auf eine 
©elegenBeit gepaBt, an ben SUteifter zu fdjreiben, bis i^n jener 
Ungenannte bazu genötigt Babe — (priusquam extitit, qui me 
alioquin scribendi cupidissimum ad hoc officii impelleret 
pene). ©palatin erwartet benn aucB leinen ©efcfieib meBr auf 

iöriefbudj Dott $eoenter beweift. 9lber er f>at it>n and) beftimntt nid)t be¬ 
antwortet, roa$ aud} |>artfelber ©.207 unentfdjieben lab 1 , unb bat it>n 
aud) nicht in feinen gerabe in jener $eit ^aljr für 3 a hr oermehrten 93tief- 
laramlungen oeröffentlicf)t. 

*) Men III, 9?r. 711, ©. 140 f. $on @ra$mu§ fdjon in ber Farrago 
»ova epistolarum (Safe! 1519) mitgeteilt. 


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14 


<ßaut ftalfoff, 


bie ipm fclbft ficf)ttic^ unbequeme Anfrage jeneg „Eluguftiner* 
möndpg", fonbern mieberpott nur bie aufbringlicpe Sitte, zu oet* 
melben, roo unb mie (Sragmug lebe, mag er an populären, mag 
an ftreng miffenfdpaftlicpen Arbeiten oorbereite. 

Sei ber S^id^tigfeit biefeg ©cpreibeng ift eg alfo feinegmegg 
„ftar", bafc man jept fcpon „am furfürftlicpen |>ofe eine Ser* 
binbung mit (Sragmug juckte". Die üon iiuttjer beabficptigte 
roiffenfcpafttidje Etugeinanberfepung mit Depel mudpg fiep ^mar 
meit fcpneller, atg man bigper anzunepmen pflegte, ju einer 
firepenpolitifcpen Elftion oon ber größten Xragmeite aug; aber 
baff fcpon @nbe Sftooentber 1517 eine Denunziation beg ©rjbifdfjofg 
oon SJtainj bem Zapfte oorliegen merbe, baff bie Dominifaner 
algbalb gefcploffen iprent Drbengbruber zur ©eite treten unb bie 
Elnflage auf Äeperei bei bem Dberpaupt ber Äircpe anhängig matten 
mürben, tonnte man in Söittenberg Eftitte Etoöember nocp nicpt 
apnen; oon „Üngftlicpfeit" tann alfo trop ber tatfäcplicpen Etäpe 
einer furdptbaren Ärifig feine Siebe fein. Sietmepr pat ber ^urfürft 
einige ßeit fpäter feine grunbfäplicpe ^uftimmung ju ßutperg Sor* 
gepen unb feine unerfcprodtene Haltung bamit befunbet, bafj er für 
bie Deputation in Sßitl^nberg ben (Regnern Sutperg frei ©eleit 
unb freie Verberge zufagte. $ür ben erften (Siitbrucf, ben ber Ein* 
griff auf ben Elblafj gerabe am Sorabenb beg in ber ElUerpeiligen* 
firdpe abzupaltenben großen ©nabenmarfteg auf ^riebricp gemacht 
paben fönnte, mar bigper nur bie Einbeulung Sutperg, bafj ber 
Äurfürft fein ©tift fepr liebte unb feine Etugftattung mit Reliquien 
unb geiftlidpen Sorrecpten ipm fefjr am ^erjen lag, perangejogen 
morben. Elber man braucht mirflicp nicpt bag ©rag macpfen pören 
ju motten, um äug ber füllen Eiicptadptung, mit ber ber Höfling 
pier über ben Snpalt beg erften ©cpreibeng unb bie $erfon feineg 
Urpeberg pinmeggleitet, auf eine Serftimmung „am furfürftlicpen 
.fjjofe" zu fdpliefjen. Sßein, bicfeg ©dpreiben beg ^offaplang unb 
©efretärg bebeutete nidpt ben Serfudp, offiziöfe Seziepungen mit 
bem grofjep ^ublijiften zum Seften Sutperg unb zur fjörberung 
feiner tpeologifcpen Ein liegen perzuftetlen. 

Überbieg täfjt fiep ber Elnlap, ben ©palatin zur Eluffrifcpung 
feiner banalen Elbfidpten benupte, beutlidp genug erfennen. Der 
Srief fcpliefjt mit ber Semerfung: „bag Übrige mirb unfer Pierre 


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(SralmuS, üutljer unb gfriebrid) bcr SBeife. 15 

Iia Mire (Hlamire) mitteilen“. DiefeS „noster“ ift iebod) nur 
eine f)öfifd)e Sßenbung be$ felbftgefäUigen ©Treibers. Denn biefer 
flanbrif<f)e Mufifer, ber in ber Kapelle beS ©r^erjogg Äarl 
angefteHt roar, mar oor allem ein politifcf>er Hgent oon großer 
9tüf|rigfeit unb Sielfeitigfeit; gelegentlich biente er bem Äönig 
oon ©nglanb als ©pion in auSlänbifdjen unb inlänbifchen ©e= 
fcf)äften, mürbe aber meift oon ber nieberlänbifcf>en Regierung 
mit Hufträgen unb Steifen in ^eutfd)Ianb unb granfreich be* 
fcffäftigt; über ben Äurfürften oon ©achten äußerte man fid), 
gemifj aud) auf ©runb feiner Berichte im fjrüfjja^r 1518, bafj 
er ein fjeinb beS Kaufes Sranbenburg fei unb auch nicht immer 
feine Pflicht gegen ben Äaifer getan höbe; jept aber höbe er fich 
gebemütigt unb fchide feinen Äanjler an ben faiferlichen ^of. 1 ) 
SEBie man fieht, mar biefer Mann nicht eben geeignet, ihm michtige 
- Mitteilungen aufjutragen, bie man bem Rapier nicht anoer= 
trauen mochte, unb bie Diplomaten „am furfächfifchen $ofe", 
ju benen ber gute ©palatin nicht gehörte, merben ihrem ohnehin 
oorfichtigen dürften auch nie baju geraten hoben. Huf ihn 
paffen oielmehr bie SBarnungen beS ©raSmuS,- bafj man in ber 
2Baf)l ber Soten nicht behutfam genug fein fönne; bafj er 
biefeS jmeite ©Treiben ©palatinS erft faft nach jmei lohten 
(im Huguft 1519) bem Hbreffaten übergab, 2 ) !ann bei feinen 
Äreuj* unb CUter^ügen nicht munbernehmen. ©elbft ber ba= 
malige Huftrag beS Äurfürften gelangte erft nach Monaten jur 
HuSführung; benn Sa Mire füllte ber SRegentin ber lieber» 
lanbe ein Schreiben mit ber Sitte $riebrid)3 um Überlaffung 
oon Reliquien überbringen, baS biefe erft am 10. 3funi 1518 

*) ©. Sretoer, Leiters and Papers ... of the reign of Henry VIII. 

Sionbon 1862 —75. II, ©. 1274. Ulatnire fyabe foeben bie franjöfifdjen 
Lüftungen überwacht. SgL bie 9lnm. in ben ®eutfd|en JReichStagSaften 
unter Äatl V., I. Sb. non 9t. ftludtjotyn. (SJotlja 1893, ©. 416. SRad) Srewer, 
s Jir. 2419 (9(Iamiie an SBoIfet)) war er int Oftober 1516 in 2)eutfd)lanb 
unb granfreidj, im ©ejentber wieber mit bem beutfehen 9lgenten $ansc 
'Hagel auf bem SBege nach Srrantreidj. Ob er aber fd)on ben erften ©rief 
©Palatino beforgt hat» lägt fich nicht feftfteflen. 

*) Sgl. 9ttten II, 415. III, 140. 2epb. 9lu8g. III, col. 481 sq. mit ber 
humorvollen ©chitberung be3 ©raämuS, wie biefer gemiffenhafte ©ote ihm 
ein. ganjeS ©üttbel veralteter ©riefe eingeljänbigt habe. 


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16 


$aul ftatfoff, 


oon Antwerpen aus 1 ) beantworten fonnte. $)er münbliche Auf* 
trag, ben man einem foldjen Voten an GraSmuS mifgegeben 
haben fann, mar alfo meber oon bringlicher nod) geheimer Art. 

üftan fann t^n fd^on aus ben fonftigen Gepflogenheiten im 
Verfehr ber fürftlichen ^Regierungen jener Xage mit ber Gelehrten* 
weit erfdhliejjen: eS war burcfjauS gewöhnlich, bah bie fprftett 
angefehene ^umaniften als Ä'orrefponbenten anwarben, bie ihnen 
allerlei ÜReuigfeiten übermitteln unb fich gleichzeitig bemühen 
mußten, ben IRuhm beS betreffenben Gönners z u erhöhen unb 
bie Grfotge feiner Sßolitif zu preifen. 3)iefe offijiöfen ^ubti^iften 
ber Ütenaiffance würben feiten feft befolbet, fonbern nur gelegen!* 
lieh *ttit Gefdjenfen bebadjt. Sn einem berartigen Verhältnis muh 
auch ©raSmuS nachmals $u ben beiben wettinifchen £>öfen ge* 
ftanben haben, ba ber Äurfürft am 19. Sfamember 1520 auf ber 
fRücfreife oon Äöln, wo er perfönlid) mit GraSmuS über SutfjerS 
Angelegenheit oerhaitbelt hatte, feinem Vetter Georg fdjrieb, „was 
ßeitung oorljanben, fei ihm Wohl fcf)on burch GraSmuS gefdf)rieben 
worben". 2 ) So h fl t GraSmuS zweifellos fpäter einen Sßinf er* 
halten, bie Xatfache in baS rechte Sicht ju rüden, bah bei ber 
Äaiferpjahl oon 1519 bie höchfte SBürbe ber Ghtiftenljeit in erfte? 
Sinie unb noch »»am $age ö or ber SBahl" ÄarlS oon Spanien 
oon allen Äurfürften bem Sad)fen angetragen, oon ihm aber 
grohherjig auSgefdhlagen worben fei, fowie bah er jebe Vergütung 
für bie SBahl beS Habsburgers abgelehnt unb auch feinen fftäteu 
bie Annahme oon Gefdjenfen unterfagt habe. So berichtete 
GraSmuS am 17. Oftober 1519 an ben Vifdjof ^iföer oon 
fRodjefter; aber fd^on in ben zwei Schreiben an Spalatin oom 
7. Auguft 1519 unb wieber am 6. Suli 1520 fdjlägt er biefen 
%on an: bah fjnebrich bie Ä'aiferfrone mit gröberem Sobe aus* 
gefchlagen habe, als fie oon anbern erftrebt worben fei; bah er 
in mehr als helbenhafter Seelengröhe baS Swperium znrücf* 
gewiefen unb baS angebotene Golb üerfchmäf)t habe. 3 ) 

*) ÄaXfoff, 21blab unb 9teUquienöerrt)rung an ber ©d)lofftird)e *u 
Wittenberg, ©otba 1907, ©.71 ff. 73 «nm. 2. 

2 ) g. St- b. Sangenn, Familienleben ber jperjogin Sibonie, in SJtitteit. 
be3 ©äefff. 9lltertunt3öerein§. ®re§ben 1852. 1, 135. 

*) iieqbener 9lu3gabe III, col. 482. 512. 559. üfcatjädfficb rnadjte' ffctj 


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(Sraimui, Suther unb gttebrid) ber SBeife. 

/ 

3m ©tunbe liefen alfo bie Eröffnungen, bte Sa ÜJtire feinem 
gelehrten SanbSmanne. machen follte, auf baSfelbe hinaus, ma3 
©patatin in feinem Begleitfchreiben begehrte, 1 ) ba man fid^ bod) 
öön EraSmuS im mefentlichen nur SluSfünfte Iiterarif<f)et 9trt 
besprechen fonnte; au§ ber ©efliffent)eit, mit ber fefjon in bem 
erften ©^reiften bon 1516 ba§ 3«tereffe be§ ^urfijrften an ben 
fünftigen fßubltfationen be§ EraSmuS betont mürbe, mar nun 
aber unfrfjmer ^erau^u^ören, bajj griebrief) bie SBibmung einer 
feiner ©Triften mit ©emtgtuung entgegenneljmen mürbe, unb 
biefe Anregung ift jenem gerabe noch rechtzeitig zugelommen, um 
beim Erfcf)einen ber feit ÜJtitte 1517 oorbereiteten SluSgabe ber 
Äaifer* Biographien beS ©uetoniuS noch berüdfitfitigt ju merben. 

Herzog ©eorg ^atte etma in ber erften Hälfte be§ 3oh re ^ 
1517 bie Entfenbung feines gelehrten $Rate§ Dr. Dietrich bon 
SBerthern an ben £>of be§ bamatö in ben Sßieberlanben meilenben 
$aifer§ benupt, um in einem felbft entmorfenen ©chreiben bon 
einer aüerbingS „trüben Satinität" bem berühmten Siteraten feine* 

Urtiebrid) für feine Stimme befahlt, inbem er fid) bie Slnerfeitnung unb 
Sluijaljlung feiner Sdjulbfotberungett an bte tjabäburgifcf)»nieberlanbifcbe 
Regierung auibebang foroie bie eheliche SSerbinbung feinei Steffen, bei 
Äurprinjen 3»b ann Sriebrid), mit einer Sdjroefter bei Äoiferö. @i ift 
beachtenswert, bafj ©raintui jene gütion auch in bem untergeorbneten 
fünfte Dertreten mufjte, bafj aud) bie State feine SJereljrungen für bie 3Bal|l 
batten annehmen bürfen; fie erhielten foldje bennod), wie bie burgunbifche 
'SBablfoftenredjming auiweift (6. ü. £öfter, ißapft Wbrtan VI. SBien 1880. 
S. 268), aber nach ber treffenben Vermutung bet 2)9131. (I, 797 Sinnt. 4) 
unter bem Söorwanbe ihrer SSerbienfte um bai jgeiratiabfommen: bie beiben 
bornehmften Unterhänbler erhielten 4000 bejw. 2000 ©ulben. Spalatin hat 
ficb bann mieber in feiner 2ebenibefdi)reibung gjriebrichS bie SBenbung bei 
©raimui angecignet, bah ber Sur für ft „bai römifche 9teid) mit mehr ©hte 
nicht angenommen, benn etliche batnad) getrachtet hatten", ©lj. ©• Steubecfer 
unb 2. greller, §iftor. 9ta<hlafc unb SBriefe Spalatini. 3ena 1851, S. 41. 

l ) 3a bem Schreiben Dom 7. Sluguft 1519 fud)t ©raimui biefe« 
3Bünfd)en, bie ihm foeben erft befannt geworben waren, nachjufommen, -ba 
ja injwifdjen im gtühjahr 1519 bai Krd^enpolitifcfje ©inDernehmen jwifdjen 
ihm unb ben SSittenbergem juftanbe gefommen war. ®a bietet er benn 
aufjer politifdjen 9tad)richten unb ber ihm Don furfächfifcher Seite fug* 
gerierten 2)arfteHung ber fiaifermaljl auch SJtitteilungen über feine gelehrten 
Arbeiten, bamali eine Derbefferte Sluigabe bei ©pprian. 2epb. Stuigabe 
III, 482 sq.; Dgl. baju SHR©. 111,66 9tnm. 

'' ®($r.C.f.3». 37, l. 2 


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<ßaul Äaltoff, 


©erehrung auSzubrüdfen; 1 ) bicfer toteber tjatte fid^ erfenntlich ge* 
Zeigt, inbem er bie am 5. guni 1517 in Slnttoerpen dollenbete 
SBibntung jene? SßerfeS fdjrieb, in ber er an bie ©erbienfte beS 
SllbertinerS um baS benachbarte grieSlanb erinnerte, mo er bie 
don feinem friegerifchen ©ater überfommene Grbftatthalterfchaft 
dermaltet hotte. 2)a nun ber $>rudE ber „Scriptores historiae 
Augustae“ fich noch um gahr unb j£ag dergögerte, fo nahm 
GraSmuS bie Gelegenheit mafjr, zugleich bem Grneftmer eine 
9lufmerff amfeit ju enoeifen, inbem er.biefen in bie SEÖibmung 
einbezog. 2 ) So mürbe baS 5öud6> im Sunt 1518 bei groben in 
93afel gebrucft; bodh bot fich bem Herausgeber dorerft unb noch 
auf längere ßeit feine Gelegenheit, bem Äurfürften bie ihm zu* 
gebadete §ulbigung jur Kenntnis ju bringen. 3 ) 9fur als er ben 
nach ßxfurt jurücffehrenben Joelen GobanuS §effuS, ber ihn 
im H er 5f* 1518 aufgefudht h°tte, mit ©riefen an bie bortigen 
greunbe, an SJlutianuS 9fufuS, an gohann SDraco, guftuS gonaS 
unb anbere auSgerüftet entlieh, bemecfte er in bem Schreiben an 
goh- Sang, ber ihm eine Schaumünze mit bem ©ilbe beS $ur* 
fürften gefdhidft hotte, bah er biefem bie Sueton* Ausgabe ge* 
mibrnet höbe. 4 ) 

üftun hot Hartfelber ganz richtig beobachtet, bah io ber 
Ziemlich umfangreichen SDebifation „don bem Hanbel SutherS mit . 
feiner Silbe bie SRebe ift "; ba er aber eine frühere ©erftänbigung 
ber beiben gaftoren in biefer grage dorauSfefct, fann er bie ©er* 
mutung nicht unterbieten, bah bie Sd^rift am Schluffe hoch 
rnohl „eine Spt|e gegen bie ©orgänge in Söittenberg" enthalten 
müffe, menn „GraSmuS bem grieben unb ber fRuhe baS SBort 

*) Men II, 9tr. 514, <3.431. gelic. ©efe, Sitten u. Briefe jur Sirenen» 
politif §ers'og ®eorg£, Seip^ig 1905. 1,351. 

2 ) Sitten ^at II, ©. 579 genauer nad)gewiefen, wie bie ©puren biefer 
Umarbeitung im SKanuffript unb im erften $rucf ju »erfolgen finb. 

3 ) 3weimal; fomofjl im ©djreiben an gtiebrid) oom 14. Slpril, wie 
in bem an ©palatin oom 29. SDfcai 1519 weift ©raSmuS auf biefe Schwierig- 
feit f)in (Sitten III, 528,12 ff. 603,3 ff.) unb auf bie Siotwenbigfeit, fiel) nur 
ganj ^uoertäffiger SBoten ju bebienen. 

4 ) Stilen III, 410,26 f. ®a ber Äurfürft im grühjafer 1519 if)m burd> 
feinen 33oten eine gotbene ©efeaumünje überbringen liefe» ergibt ftd> bie 
Folgerung, bafe Sang niefet in beffen Stuftrage geljanbelt batte. 


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@rasmu$, Sutljet unb ^rriebrict» ber Steife. 19 

rebct unb Neuerungen oerwirft, welche fich nur in Begleitung 
oon Unruhen burchführen taffen". 1 ) 5tber er befunbet bamit eine 
arge Dberfläd)licf>feit, ba biefer 9tbfdt)nitt tebiglich eine Berwahrung 
gegen bie friegerifdjen Neigungen ber ^eitgenöffifc^en dürften, 
gegen bie unruhige Sänbergier unb frioole $abinettSpolitif ber 
europäifchen enthält; oorn Stanbpunfte ber chriftlichen 

@tf)if bezeichnet er eS als BW* ber dürften, fiel) mit bent er* 
erbten ©ebiet zu begnügen unb banaef) ju ftreben, toie fie eS 
nidt)t ffWoht gröfjer, als beffer gepflegt bem Nachfolger tjinter* 
laffen möchten. Unb gerabe bie mijjoerftanbene (Stelle 2 ): „Equidem, 
si quid novari possit absque rerum tumultu ..enthalt baS 
Programm beS bamatigen ^ßagififten: ©raSmuS meint, wenn baS 
angebeutete ßiel fich überhaupt erreichen laffe, fo würbe es feiner 
SNeinung nach für bie öffentliche Nufje ber chriftlichen Staaten* 
weit oiel nüfcen, wenn auf ©runb fefter Bünbntffe unb gemein* 
nüfciger Beiträge jeber SNacfjt ein genau begrenztes ©ebiet ju* 
gewiefen würbe, baS bann burch feine ^amilienberbinbungen ober 
«Sonberoerträge berfteinert ober bergröfjert werben bürfe, inbem 
man bie beratteten Nec^tSanfprüd^e, bie bei friegerifcf)en 9tbfidjten 
als Borwanb gebraust ju werben pflegten, für böllig ungültig 
erftäre. SBenn hier alfo „Spipen" borljanben finb, fo fefjren 
fie fich gegen bie §eiratSprojefte beS Kaufes §absburg, bie @rb* 
anfprücfje ber BatoiS auf baS Königreich Neapel, ben enblofen 
Streit um baS NeidfjSleljen SNailanb unb ähnliche s 2luSwüchfe 
ber Nenaiffancepoltif. 

©S bleibt alfo babei, bafj bis in baS grüfjjafyr 1519 hinein 
fein Berfuch Sut^erS ober beS Äurfürften nachweisbar ift, eine 
Parteinahme beS ©raSmuS ober auch nur eine Äunbgebung zu*' 
gunfteti Sut^erS z« erwirfen. ©in weit fchlimmerer SNifjgriff 
fjartfelberS aber war eS, bei Befprecffung beS Schreibens, baS 
©raSmuS am 14. 2lpril 1519 3 ) oon Antwerpen aus an ben 
Äurfürften richtete, za überfehen, baf er bamalS baS Schreiben 

*) Ä. a. C. @.207 f. s Dtit einigen nü^Uc^en literarifctyen 9?adjweifen. 

’) Men @.586, 8-245 ff. 

*) 9Hd)t am 14. SJiai, wie §artfelber ®. 208 fagt; oon biefem Sage 
ift bie Antwort be$ fturffitften au$ ©timnta batiert, bie §attfelber @.200 
alpte iöea^tung beS ®atnm§ erwähnt. Sei Men m, 9h. 933. 939. 963. 

2 * 


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20 


<ßaul Äalfoff, 


Sutfyerg an ifyn oorn 28. 9J?är$ 1519 fdjon .in §änbeif gehabt 
Ratten mufj. Unb erft burdj beffen ©mpfang mürbe er an bie 
ältere ^ßflidjt erinnert, bem fürftlidjen 33efdtjü|er ßutljerg fidj 

brieflich ju nätjern. Sßeldje mistige Vebeutung ßutfjer felbft 
biefen beibeit erften jmifdfjen ©ragmug unb bem $urfiirften ge* 
medjfelten Briefen beilegte, fonnte ,£>artfelber fdjon baraug ent= 
nehmen, bajj nur biefe beiben an fid^ nidjt befonberg mistigen 

€>d£jreiben in bie gefammelten lateinifdjen SEBerfe ßutfjerg auf* 

genommen mürben, beren erfter 23anb noch unter feinen 9lugen 
Ijerauggegeben mürbe. 1 ) 

3n ber Xat 'Ijanbelte eg fid^ in biefem fjaüe um eine non 
langer £>anb oorbereitete, oom Äurfiirften mit feinem <3dtjü|ling 
längft in ben ©runbjiigen oereinbarte fircfjenpolitifc^e Slftion 
beren Vorgefdjidjte im 9tafjmen beg erften römifdjen Sßrojeffeg 
gegen Sutljer fidt) je|t genau oerfolgen läfjt unb jugleict) fidj 

ben umficfjtigen Vorbereitungen ber SBittenberger Greife auf bie 
Seliger $)igp^tation einorbnet. 

l ) Editio Witebergensis, tom. I, 237 sq. (1545). SBgl. meine Arbeit 
über „$ie 2tnfang§periobe ber 9teformation" ufro. in ber £|citfdjrift für bie 
<$efdjid}te be3 OberrljeinS, 9t. g. XXXII, 319. 


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II. Äapitel. 

Die Annäherung 3 \vifd)en Crasmus unä Cutfyer 
angefid)ts öer Ceip 3 iger Disputation, vermittelt 
öurd) Jol). Cang unä eine fourfürftl. 6efanäfd>aft. 


@3 brauet t)ier nur in aller Äürje angebeutet ju werben, 
wie fiep bie fircpenpolitifcpe Sage bis bapin entwidelt hatte. Von 
oornperein hatte Sutper ben ©ebanfen oerfolgt, feine ©egner 
bepufS Älärung ber wiffenfcpaftlicpen fragen ju einer Disputation 
$u nötigen, bie fie ipm woplweiSlicp oerweigerten; als ipm fein 
eigener Orben baju in ^eibelberg bie Gelegenheit bot unb b'er 
Äurfürft biefen ^ßlan unterftüpte, fteüten fich swar bie bortigen 
Dotninifaner jur SluSfpracpe über SutperS SftecptfertigungSlepre 
ein; ber Orben aber fdpob an ©teile feines üerantwortlicpen 
SftitgtiebeS Depel allmäplicp bcn Dr. (5<f als Singreifer oor, ber 
planmäßig barauf hinarbeitete, ftatt feines urfprüngtidfjen ©egnerS 
Äarlftabt oielmepr ben Urheber ber Slbtafjtpefen auf ben $ampf= 
plap ju Io<fen. ©cpon babei fpielte bie SöapI ber Unioerfitäten 
eine widptige SRotle, oor beren 3 orum ber ©treit auSgefocpten 
ober benen bie ©ntfdpeibung über ben SluSgang übertragen werben 
foKte. Daneben trat feit ber Eröffnung beS römifcpen SßrojeffeS 
gegen Sutper beffen gorberung, baf; ber Sßapft jum minbeften 
mit ber Unterfucpung, bem Verpör, eine für ihn in Deutfcplanb 
erregbare Snftanj'betrauen möchte, unb Wieber oerbanfte er eS 
nur ber (Sinwirfung beS Äurfurften, ba| ber in SlugSburg weilenbe 
Segat als Ütidpter belegiert würbe. Slucp biefem patte Sutper bie 
Söfung ber ^rage burdp eine Disputation oorgefcplagen, aber 
oergeblidp. SIIS bann Kajetan feine SluSlieferung ober Vertreibung 
oom Äurfürften forberte, erbot fidp Sutper in feinem jugleidp für 


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B<*ul Sattoff, 


,ben Legaten beftimmten AntWortfc£)reiben bom 19. SRooember 
1518, fid) bern fchiebSrichterlidjen Urteil ber hier aitgefe^enften 
Uniberfitäten p unterwerfen. 1 ) Der Äurfürft ober eignete fid) 
biefe gorberung an unb bertrat fie mit bem t)öct)ften (Srnft in 
ber einzigen bon itjrn in biefer Angelegenheit ber $urie fdfriftlich 
übermittelten (Srllärung bom 18. Dezember 1518: ba Supers 
Sadje noch nich* h in ^ngltch unterfudjt worben fei, fo bürfe 
feine Sehre nicht als unchriftiicf) unb leperifch oerworfen werben, 
ehe ihm nicht fein Irrtum nachgewiefen unb fdjriftlich bargelegt 
fei: p biefem grned erbiete er fich p einer Disputation unter 
freiem Geleit unb wolle fiep bem Urteil einiger Uniberfitäten 
unterwerfen. 2 ) 

$sm ^ufammenhang mit biefem bon griebrid) noch 3»oh re 
lang auSgenufcten SBerteibigungSmittel war man in SBittenberg 
barauf bebaut, einmal bie Disputation mit Dr. ©d, fobalb fie 
greifbare ©eftalt gewann, mit aßen 33ürgf<haften ber Sicherheit 
für bie fßerfon ber beteiligten, ben pberläffigen ©ang ber ber= 
hanblung unb bie binbenbe Äraft beS p erplenben Urteils aus* 
pftatten. ©leichpitig aber fudhte man auch in ber gelehrten 
SCBelt greunbe p werben, bereu wiffenfdiaftlicher Stuf für bie 
Haltung ber mafsgebenben ^nftanjen, bor allem ber pr gättung 
beS Urteils beftellten §o<hfchulen bon ©influfj fein lonnte. Der 
Äurfürft felbft wollte in feiner Antwort an Seo X., bie er an* 
fänglich bem Äommiffar SDUltip mitpgeben beabfichtigte, ben 
^ßapft barauf hibweifen, in welchem Anfehen Doltor 2J?artinuS 
bei ben ©eiehrten 3 ) wie ben Saien ftefje, fobafj man feine Sache 

1 ) ©nberS I, 297, 457 ff. 

2 ) (SnberS I, 311, 46 ff. 3t®. XXVII, 325. Die bon ben Wittenbergern 
felbft als böllig wertlos betrachteten Berljanblungen mit Atiltifc, bie ber 
Äurfürft bann ju ber ginte benufete, baff ber @r*bif<hof oon Drier oon 
ber Ü'urie als (ScfjiebSrictiter befteüt worben fei, fönnen fjiet beifeite 
gelaffen werben. 

*) Welche Bebeutung bie (Gegner biefen Beziehungen beS Sfurfürften 
Zur £>umaniftengemeinbe beimafjeit, geht auch au§ ben Bemühungen SlleanberS 
herbor, ber nach 2ut£)erS 5lbreife bon WormS fogar ben ©rzbifchof bon Dricr 
Zu einem Bruch beS BeichtgeheimniffeS zu beftimmen gebachte, um bon ihm 
Näheres über SutljerS geheime literarifche Berbinbungen zu erfahren; war 
hoch ber Nuntius feft überzeugt, bafj 2utf)erS übelfte Schriften bon föraSmus 


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Gragmug, Sutper unb griebricp ber SSBeife. 23 

burcp einen äJiachtfpruch, fonbern nur auf bem oor* 
gefchtagenen Sßege entleiben bürfe, wenn man nid)t bie 
©efatjr einer ber Äirdje höchft nachteiligen Empörung herauf* 
befchmören motte. 1 ) 

©teid^eitig Ratten auch SutherS greunbe ihr Slugenmerf auf 
bie Anbahnung eines perfönlidjen ©erhättuiffeS jmif^en Sutf)er 
ttnb ©raSmuS gerietet, baS ber gemeinfamen ©adje ber ©er* 
teibigung ber eöangetifchen Sat)rt)eit unb ber miffenfdhafttidjeu 
©Übung gegen bie Parteigänger fRomS unb ber fdt>otaftifcf)en 
Geologie nur förberlid) fein tonnte, ©or attem mar ber Erfurter 
Sluguftiner Johann Sang in alter ©title bemüht, Suttjer ju einem 
erften ©dritte in biefer 9tid)tung §u bemegeu, mie es if)m als 
bem jüngeren bod^ mot)t gufam. .ßunädhft tiefe er eS fiep an* 
gelegen fein, ben SRiebertänber über bie gefäprbete Sage feines 
OrbenSgenoffen, ben bisherigen ©ang beS SlbtafeftreiteS unb beS 
erften römifrfjen projeffeS aufeuftären, unb ba ifem in ©obanuS 
|)effuS ein unbebingt juoertäffiger ©ote jur Verfügung ftanb, 
tonnte er bie Umtriebe ber SDominifaner, ifer ©ünbttis mit Dr. ©d, 
baS überftürjte unb rüdfidptstofe ©orgepen ber römifcpen ÜRacpt* 
paber maprpeitSgetreu fepitbern. 2Ran t)at bie burep biefe 2Rit* 
teitungen peröorgerufenen Urteile beS ©raSmuS bisher menig 
beamtet, 2 ) meit ihre ©ejicpung auf bie bamalige Sage SuttjerS 
nic^t hinlänglich erfannt merben tonnte. ©raSmuS erflärte alfo 
am 17. Oftober, bafe Suther, ben er mie Sang mit bem nur 
im oertrauteften greunbeSfreife üblichen tarnen „©teutheriuS" 

perrüprten. Gr fürstete nur, bafe ber Grjbifdpof aug 9tüdfi(pt auf ben 
Äurfürften bon ©aepfen fdpweigen würbe, wenn bie Gntpüflungcn biefen unb 
feine mit ber ©efte ber berfcpworenen Slfabemifer gepflogenen SSerpanblungen 
beträfen. SBie fiep im folgenben jeigen wirb, war Stleanber bamit burepaug 
auf ber richtigen gäprte. $)ep. Slleanberg ©. 240. 

x ) SS. ßöfeper, SSoöftänbige Steformationg-Slcta. ßeipjig 1720—1728. 
III, 16. Stuf bem SBormfer Steicpgtage erflärten bie Grneftiner bor ben 
dürften, bie SEBaprpaftigfeit ber ßepre Sutperg gepe auep baraug peroor, 
bafe Gragmug auf feiner ©eite ftepe. $ep. Siteanberg ©. 106. 

*) ©o erwäpnt Stöftlin (I, 270) nur bie beifällige Stufeerung über bie 
Slbtafetpefen unb Iäfet bei ber SSemertung über bag Fegefeuer, bag man in 
{Rom niept werbe aufgeben wollen, noep bie bittere SBegrünbung weg, bafe 
biefe üepre freitid) bag meifte ©etb einbringe. Sitten III, 409 f. 


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s }5aut Ä'alfoff, 


nannte, 1 ) ben Beifall aßer ®utgefinnten, alfo ber fyumanifttfdjen 
©emeinbe, befi|e; bod) f)öre man au$ (aiunt), baff er in feinen 
©d^rjften nicht wieberguerfennen fei (sui dissimilem esse). @8 
ift bie erfte ©pur ber fpäter t>on Sutfjerä Gegnern mit Vorliebe 
oerbreiteten Behauptung, baff er bie meiften feiner Schriften nicht 
felbft oerfafft t)abe; unb ba man bamit gu oerftetjen geben moßte, 
baff Era£mu8 ber geheime üßtitarbeiter Suttjer^ fei, fo ift eä 
bebeutfam, baff gerabe biefem guerft eine berartige Auäftreuuug 
gu Df)ten gefommen ift. Sene ©äpe (über ben Ablaff) feien 
oon aßen, b. f). ben Söwener $f>eotogen, gebißigt morben mit 
Aufnahme ber wenigen über ba£ Fegefeuer, weil man gerabe 
in biefem fünfte einen fjeftigen SBiberftanb ber Äurie (isti) 
oorau§fe^e, bie au§ biefer Selfre bie beften Einnahmen giehe. 
®ie plumpe Antwort be8 fßrieria3 f)abe er gefef>en. ? ) ^wetfeßoä 
mar er nun burcf) Sang baoon unterrichtet morben, baff biefe 
Erwiberung be8 Ißatafttfjeotogen auf Sutf)er3 A&Iaffthefen ber 
am 7. Auguft in SBittenberg eingelaufenen Borlabung nach SR°m 
-- beigelegen hotte, ba fie urfprünglicf) al§ fßrogeffgutachten abgefafft, 
aber gugteich oon bem hochmütigen SSerfaffer ab§ ©treitfchrift 
oeröffentlicht morben mar. 3 ) ©ie bilbete alfo bie wiffenfcfjaftUche 
©runbtage für bie gegen Suther erhobene Auflage wegen Äeperei, 
bie in feiner Auflehnung gegen bie päpftliche Autorität unb 
,<perabwürbigung ber. ©c£)tüffelgematt erblictt mürbe. £>en Beweis 
hatte ftch ber ^ofbominifaner befanntlid) fehr leicht gemacht, 
inbem er oon feinen gunbamentalfäpen au3 jeben SBiberfpruch 
gegen ben fßapft, ben unfehlbaren Sftidjter in EtaubenSfragen, 
al§ unheilbaren Abfaß oon ber qßgemeinen Kirche branbmarfte. 
®ie „Erläuterungen" gu ben Ablaffthefen hotte er überhaupt 

’) ©eit bem Üljefencmfd)tag hatte Suther biefe üßamensform bis in 
ben ©ommer 1518 hinein bei ber Unterzeichnung feiner Briefe gebraucht, 
feboch eigentlich nur ©patatin unb Qoh- Sang gegenüber (tigt. (SnberS 
I, 122. 126 2c.). 

*) Bermutlich in bem fd)on ©nbe 2Iuguft oon Suther mit feiner 6r- 
wibernng oerfanbten 9tad)brud (SnberS 1,221,42 ff.), ben bie (Srfurtet 
fgreunbe ihm übermittelt hatten. 

3 ) 3®@5. XXXIII, 23 ff. ober in ber Buchausgabe (gu SuttjerS 
römifchem B r °S c Ü5- beS $$ahre$ 1518. ©otha 1912) ©,154 ff. 


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(SraämuS, Sutljer unb griebrid) ber 2Beife. 


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feiner ©eacßtung gemürbigt, burchauS in Übereinftimmung mit 
ben Gepflogenheiten beS ^eperprojeffeS. Damit mar SutljerS 
©chicffal, fomeit ber ©prucf) beS t>ödf)ften IRicfjterö in $rage fam, 
fdjon befiegelt. Unb nun begreift man, baß GraSmuS nicht nur 
jenen „DialoguS" ein „ungefalzeneS" Madjmerf nennt, fonbern 
fidE) ju ber entrüfteten (Srflürung hinreißen läßt, „er fefje mohl, 
baß ber Primat beS römifdjen ©ifcßofS, 1 ) mie eS nun 
einmal mit ber Äurie jeßt beftellt fei, baS ©erberben 
beS (ShriftentumS (pestem Christianismi) bebeute; feine 
Macht fei burd) bie fcpamlofe Siebebienerei ber Dominifaner in 
jeber |>infi<f)t noch gefteigert morben. GraSmuS h atte alfo öon 
Sang erfahren, baß bie Dominifaner im Stblaßftreit öon oorn» 
herein gefchloffen gegen Sutßer aufgetreten maren unb nun fcßon 
breimal burch ihre Denunziationen ben ©erlauf beS römifchen 
fßrozeffeS befdjleunigt, ben ©prud) ber römifchen Machthaber 
oerfdjärft hatten. Suther felbft mar mit feiner Stnfidjt über baS 
Sßapfttum bamalS noch nid)t fo meit gebiehen: erft nacf)bem baS 
furchtbare ©erfäumniSurteil oom 23. 2luguft über ihn ergangen 
mar, als er fidj infolge ber Haltung beS belegierten Richters 
hatte überzeugen müffen, baß eine ©erufung auf bie beffere 
@inficf)t SeoS X. fruchtlos fein mürbe, fam er zu ber (SrfenntniS, 
bafj ber Sßapft für bie Shriftenheit fchlimmer. als ber Dürfe unb 
üietleicht jogar baS SBerfzeug beS SlnticpriftS fei. 2 ) Slber mäßrenb ‘ 
Suther, zmar zögernb, aber hoch unerfchrocfen ben Äarnpf gegen 
bie oerberblidje Madjtftellung beS ißapfttumS aufnahm, ben 
Dr. @<f ihm aufzubrängen feßon am SBerfe mar, äufjerte (SraSmuS 
Zmar feine Mißbilligung, baß biefer gegen einen „greigefinnten" 3 ) 
mie Sntßer ben ®ampf eröffnet fyabt, unb geißelte mit einer 
bittern SSenbung ben ffrupellofen (Shtgeiz, ber jenen oerführt 
habe. 3n ber ^jauptfadje aber urteilte er in borfidjtiger Slb= 
mägung ber beiberfeitigen Kräfte, eS fei hoch oieKeicht nicht 


*) @r fdjreibt griecßifd): „bie 2Jtonard)ie be§ römifchen @rjpriefterä" .. . 
*) Sin 28. Sin!, 11. ®ej. 1518. ©nberS 1,316,16 ff. Wer erft am 
11. Stob. 1520 fdjreibt er, bafj er nun enblidj beffen gewiß fei, baß ber 
Sßapft ber Sinti djrift fei. II, 491, 29. . 

3 ) ffltit fidjtlicßem SBoßlgefaHen roenbet Sraeimuö aud) ßier baS SBort 
„(Sleutperiug“ auf Sutßer an. 


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$aul ftaltoff. 


StüecEmäfng, „biefeg ©efchmür öffentlich anjutaften"; bcr Stampf 
beg armen 2Jtöncf)g gegen bag ^Sapfttum fdjien ihm — unb mer 
mottte it>n be§t)alb tabeln! — attgfichtglog. ®ieg fei bie 9luf= 
/ gabe ber dürften, atfo ber meltlichen Sflacht, in erfter Sinie 
beg $aiferg, aber man müffe feljr fürsten, baf) biefe mit bem 
Zapfte gemeinfame ©adje machen mürben, um fidE» ihren Anteil 
an ber Veute $u fidlem. 1 ) Unb mieber ift biefeS Urteil fo 
treffenb, baff man faft tiermuten möchte, baf* Sragmug auef) baoon 
fdjon Äunbe hatte, mie ÜDtajimilian unb fein habgieriger SQUnifter, 
ber ©r^bifdhof oon ©aljburg, ärgerlich über bie 9lugficf>tgIofigfeit 
beg $reusjuggab(affeg, ben fie in bie eigenen Saferen leiten 
moflten, am 5. Sttuguft 1518 ben unbequemen Sluguftiner ihrerfeitg 
in Ütorn oerffagt unb mit ber ffteichgadht bebroht hatten. $ucf) 
biefe politifd^e Folgerung au§ ber hoffnunggtofen Sage, in bie 
ber oon ben SDontinifanern theotogifdf) geftüpte päpfttidhe 2tb* 
fofutigmug bie reformbebürftige Kirche oerfept hatte, jog ber melt* 
frembe Sluguftiner tiiel fpäter afg Eragmug: erft als er aug ber 
fpäteren (Entgegnung beg Sßrieriag, ber „Epitome", erfehen mufjte, 
bafi auch Öffnung auf bag oon ihm angerufene ®on$iI ju= 
fefjanben merben muffte, menn nach ber Sehre biefer Ütömlinge 
feine Entfcfjeibungen ber SBitlfür beg fßapfteg preiggegeben maren, 
erhob er fidj im 9J?ai 1520 ju einem jürnenben SlppeH an bie 
melttiche Dbrigfeit, bie bag ©Strafgericht ©otteg an biefen tier« 
berblidhen Verführern ju tioUsiefjen tierpflichtet fei. 2 ) (Er füllte 
bamit junädhft feine befferen Erfahrungen machen, atg fie 
Eragmug oorauggefehen hatte, inbem fiel) Start V. jmar gunächft 
bebingungglog in ben ®ienft beg ißapfteg fteflte jur ,$tugrottung 
ber ftaatggefährlichen ©efte, aber gleichseitig um bie ßrieggljilfe 
Seog X. gegen granfreid) marb. 


0 Über ba3 oon @ra§mu§ nur $u treffenb eingefdjäßte ^ntereffe ber 
dürften an bet Slufredjterfjaltung ber tird^lid^en guftänbe ogt. ©. o. SBeloto, 
$te Urfadjen ber ^Reformation, $tft. Seitfdjr.116/ 410 ff. unb meine $lu3* 
füljrungen in bem Sluffajj „2utljet4 |»elbenjeit" im „SBegweifer für ba§ 
werftatige SSoI!", 4. Jahrgang ©. 171 f. 

*) SSgt. meine Unterfucfjung über biefe üiel mißbrauchte ©teile in ber 
„©ntfteljung beS SBormfet ©biftö" (Seipjig 1913) ©. 55 ff. unb 
©tubien u. Ärititen, 3 a Ö r 9 an 0 1917/ ©■ 253 ff. 


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•graSmuS, Sutlier unb gttebttd} ber SBetfe. 27 

@o Ratten benn bie ©emüt)ungen ^ot>. ßangS toefentlitf) 
baju beigetragen, 1 ) ben beiben SDenfern itjre Sdhitffatägemeinfchaft 
in jenen entfdjeibenben Sauren gunt ©ettmfitfein gu bringen, unb 
gerabe biefem ffreunbe glaubte batjer Suttjer im Slprit 1519 über 
bie Befolgung feinet 9tate§ ffted^enfcfjaft abtegen gu füllen. 2 ) 
fttuf ben gleichen gtoecf ihrer Annäherung roirfte auch ba§ beiben 
feitige oertrautiche Verhältnis gu bem jugenblidhen 9Ketand^tt)on, 
ber fdjon notier mit (SraSmuS in ©rieftoechfel ftanb. Vor allem 
aber fjatte ein feiner unb weitblicfenber ©eift wie (Sapito bie 
SSBichtigfeit einer folgen Verftänbigung erfannt unb fie taftoolt 
angebahnt. (Sr mirfte bamalS in ©afel als StiftSprebiger, 
hauptfädhlidh aber als baS wiffenfchaftlidje „alter ego“ be§ 
(SraSmuS in ©eforgung ihrer metjr ober meniger gemeinfdjafttidjen 
geteerten Arbeiten bei ben bortigen 3)ru<fereien. So tjatte er 
ßutljer über bicfe Veröffentlichungen auf bem ßäufenben erhalten 
unb ihm etwa um bie ÜDtitte be§' Wahres 151 8 baS lXrteit be§ 
©raSmuS über bie bisherige theologifche ^auptfcfjrift ßutljerS, bie 
„SRefolutioneS" gu ben Ablafjthefen, übermittelt, benen (SraSmuS 
eine ehrliche unb ehrenootte ©ewunberung gotle. 2)ie Sßarnung, 
bie ber ttuge ©olitiler am 4. September baran fnüpfte, bap 
ßuther fidt) nicht allgufühn fjeröorwagen unb feine Kräfte im 
Kampfe gegen bie oon breifacf)er Sftauer gefchirmten ^einbe üor* 
zeitig- oerbrauchen möchte, bejeietjnete er in einem ©riefe 00 m 
18. Februar 1519 als „im Sinne beS (SraSmuS" (ex sententia 
Erasmi) gegeben, 3 ) bod) werbe ßuther bie ßage ohnehin befannt 


*) Völlig üerfeljlt ift bps llxteit 93t. 98- BertramS (Dr. Sol). Sang, 
©rfurtS Stirdjenreformator. (Srfurter 2utf)erbud), ^r§g. öon 9llfr. Sturj, 
(Erfurt 1917. ©. 144 f.) über bie fRotle, bie Sang (SraSmuS gegenüber 
gefpielt Ijat; baSfelbe gilt bon ber Beurteilung beS Briefes beS graSmuS 
an Sang in ber Siffertation beS cand. theol. 9R. Burgborf über ,,3oI). Sange, 
ben «Reformator grfurtS." Staffel 1911. ©. 25. 

2 ) Sutljer an Sang, 13. Slpril 1519: Scripsimus ad Erasmum, 
Philippus et ego. gnberS II, 13,116, 100 ©. 17 jutreffenb bermutet wirb, 
bafj Sutljer t)ier einen fpäteren Brief 9fteland)tl)onS als ben bom 5. Januar 
meint (Stilen II, 9tr. 910), in bem nur für* ber Bereitung SutljerS für 
graSmuS gebaut wirb. 

*) (SnberS I, 157, 5ff. 228,1 ff.: „quam honorifice, quam candide 
tuam veniarum istam disputationem miratur.“ 'Somit finb nid)t bie 


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ißaul ftaltoff, 


fein. Söenn er als britte tiefer dauern, hinter benen Xe^el, 
®cf unb ©enoffen fidh geborgen fügten, neben ber Unfehlbarkeit 
beg Sßapfteg unb ber golgfamfeit ber meltlicf)en ÜDtacfithaber auch 
bie' einmütig abteh.nenbe Haltung ber Uniüerfitäten (omnium 
scholarum pertinax consensus) nannte, fo mar, tiefen SSiber» 
ftanb befämpfen ju halfen, bie SBunbeggenoffenfdjaft eineg (Sragmug 
oor allem geeignet. 

Gapito bemühte ftd) benn auch gleichseitig, eine günftige 
(Stimmung auf Seiten beg (Sragmug üorjubereiten. 2lm 8. 5lpril 
1519 bat er tiefen, Sutljerg Unternehmen menigfteng oor ber 
Öffentlichkeit jebenfaUg nicht h^rabjufe^en. @g fei mistig, bafj 
beffen 9tnfefjen madhfe, bamit bie ftubierenbe Sugenb für eine 
freiere Sluffaffung ber theologifdjen fragen gemonnen merbe. 
S)ag Urteil beg (Sragmug tönne üiel baju beitragen. SSor allem 
möge er bie Unioerfität Sömen üon fcfjäblicJjen Sefchlüffen ab¬ 
halten. (Sapito h^tte atfo bei bem regen SBerfefjr, ber bamalg 
jmifdhen ßömen unb Safe! herrfchte, in Erfahrung gebracht, bafj 
bie nieberlänbifdien Jfjeologen, bie am 7. ÜTCooember 1519 bie 
Sßerbammung ber üon ihnen aug Sutfjerg Schriften auggegogenen 
Sä^e befchloffen, 1 ) fchon bamalg auf biefeg ßiel hinarbeiteten. 
Unb in ber $at h°&en fte fcfjon im Slpril bem in $oblen$ 
meilenben Segaten jene in Safe! gebrucfte Sammlung lutherifcher 
Stiften, bie ; r Sucubrationeg" mit ben üon ihnen alg $e|ereien 
beanftanbeten Stellen üorgelegt. 2 ) SDafiir üerfpricfjt Gapito, in 
2)eutfcf)Ianb unb befonberg in Äurfachfen tag 2lnfef)en beg 
(gragmug förbern ju halfen, mo ber Äurfürft alg mächtiger 

urfprünglicben Slblafjtljefen, jonbern jenes. grunbtegenbe SBerf gemeint. 
©. 425, 23 ff. Slm 5. SRärj 1518 fd)idte GraSmuS bie „Conclusiones de 
veniis Pontificum“ an ÜtiomaS SWornS (Sillen III, 239, 37). Gr erhält 
bann atlerbingS erft mit bem ©djreiben beS fi. HottoniuS bom 5. 3)ej. 1518 
ben bon groben gebrudten ©ammelbanb mit SiutljerS ©Triften, boran ben 
IRefotutioneS; bod) ift il)m biefe mistige ©djrift fidjer fd)on früher burd) 
ben 93ud)l)anbel jugefüljrt worben. Sillen III, 445,18 ff. 

*) Slnfänge ber Gegenreformation I, 73. 104 f. 

2 ) 3Ä®. XXV, 115. XXXII, 31. 3)er Vorgang ift jugleid) ein S8e- 
roeiS für bie SRic^tigfeit be$ bon bem erften Herausgeber beS SSriefeS 
Gapito3, Slbr. ©cultetuS (Annales evangelii renovati. §eibelberg 1618. p. 45) 
mitgeteilten ©aturnS. $u Sitten III, 526 f. 


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©taSmuS, Sutljer unb grtebrid} bcr SBeife. 

©efdfjüper ßutljerä unb gafjtreidje SWitglieber bcr blütjertben <£)ocf)= 
fc^ule öon gleicher ©eretyrung für @ra§mu3 unb Sutfier erfüllt 
feien. $£)ie gemeinfamen ©egner iöünfdjten baf)er nidjtä lebhafter, 
all ben (Sraämuä gegen Sutfjer in 4?arnifdj gu bringen, toätjrenb 
biefer mit feinen greunben if>m bie größte Zuneigung entgegen« 
bringe. fei alfo für (Sra3mu3 rättic^er, ficf) mit allen 
fcfjolaftifc^en Geologen al§ mit ben Slnfjängern ’SutljerS gu 
befet)ben; unb überbieS feien einige dürften, Äarbinäte, 93ifcE)öfe, 
überhaupt bie öorneljmften ^rälaten im ,£>ergen auf ber ©eite 
ßuttjerS. @r meinte bamit in erfter Sinie bie ©dfjroeiger ©önner, 
bie. fcf)on im SBinter bereit gemefen waren, ßutfjer ©elbmittel 
unb eine ßufludjtftätte angubieten, *ben Äarbinal 2Jlattf)ctu§ 
©dfjiner, ben 93ifc£)of öon ©afel ©£>riftopt> öon Utenfjeim, ben 
$reunb SßimpfelingS, unb ben ©rafen öon ©erolbsfed, 2tbmini» 
ftrator be§ StofterS (Sinfiebeln;') aber bei feinen engen ©e= 
giefjungen gu ben @ra§mianern am ^ofe 9ltbredfjt§ oon Sftaing, 
bie fd^on im ©ommer 1519 bie Berufung (SapitoS atö 2)om= 
prebiger in 2lu3ficf)t genommen fjaben, 2 ) burfte er fdjon öon 
mehreren Äarbinäten fprecfyen, bie ßutf)er3 ©adfje mit einem 
gemiffen SEBofytmonen öerfolgten. SD'tit feiner Kenntnis ber Keinen 
©dt)iüäcf)en be§ (Sra3mu§ benufcte er alfo biefe ©egieljungen, um 
bem öorfidjtigen ©elefjrten ba§ SRücfgrat gu ftärfen; unb @ra8mu§ 
t)at benn auctj nid£)t öerfet)lt, feinerfeitö auf biefe ©egünftigung 
8ut^er§ burcf) mächtige ^reunbe t)inguweifen. 3ttte§ in adern 
triufi man fomit feftftetten, baf$ (Sapito getan fjat, ma§ in feinen 
Kräften ftanb, um ben ©oben für eine ©erftänbigung gtoifdljen 
@raSmu§ unb ßuttjer öorgübereiten, ofjne bocE» ben festeren gu 
feinem ©dfjreiben üom 29. SJtärg 1519 gerabegu „öeranlafit" 
gu tyaben. 3 ) 

Um nun ben inneren 3ufamment>ang, ber fdjon burtf) ba§ 
geitfidje ßufammentreffen ber im grüt)Iing 1519 gwifdjen (SraämuS 
unb beit SSittenbergern gewedjfetten ©djreiben natjegelegt wirb, 
oon öornljerein richtig gu mürbigen, möge man fidj eine gang 

*) ©nberS I, 424. Qm. XXVII, 330 2lnm. 1. 

2 ) Salfoff, ©apito im $ienfte SHbre^tg öon SJtainj. 33erlin 1907. @. 1 f. 

*) @o ©nbetS I, 488. 


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s J5aul Äatfoff, 


ähnliche bom Äurfürften fefljft angeregte unb bis in bie (Singet- 
feiten ber Ausführung geleitete Stftion bergegenwärtigen. @S 
war um bie näcfjfte S^te^wenbe, afS ficf) bie Anzeichen eines 
neuen römifdfjen ^ßrogeffeS bemerfbar malten, bei bem man in 
SBittenberg ficf) auf fd)arfe SJJa^regefn (baS Snterbift) ber bon 
9tom aus requirierten ©ifdf)öfe beS furfäc^fifdbjen ©ebietS gefaxt 
machen rnufjte: ba hatte griebricf) juerft perföntief) auf ben (Srg= 
bifefjof bon 9J?aing eingewirft unb befcEjieb bann Sutfjer nad) 
Sod£)au, um i^m münbfich bie nötigen (Eröffnungen machen unb 
feine fftofle borfd)reiben ju taffen, wonaef) 2utf)er bie bom 4. Februar 
1520 batierten ©efchmidhtigungSbriefe an Af6recf)t bon 9J?ainj 
unb Aboff bon SfJterjeburg richten muffte.') 

Sn ben erften Monaten beS SahreS 1519 fjatte ficf) gegeigt, 
bafj bie |jerauSforberung Dr. (EcfS biefme^r gegen Sutfjer afS 
gegen Äarfftabt gerichtet war; Sutfjer hatte feine eignen ©egen» 
tfjefen beröffentficf)t, unb ber iti ber festen enthaltene Angriff auf 
ben papftfidhen Primat hatte fdf)on fofcfjeS Auffehen erregt, bafi 
fidf) leidet borauSfeljen fiefs, bafi biefe $rage bei ber berabrebeten 
Disputation im ©orbergrunb ftehen werbe. 2 ) Die ©eforgniffe, 
bie ihm ©pafatin aus ber Umgebung beS Äurfürften übermittelte, 
erwiberte Suther junächft mit ber furzen ©rffärung, bafj er 
ohnehin auf bie Sage feines SanbeSherrn unb ber Uniberfität 
affe mögliche SRücffidfjt nehme unb überbieS nadf) wie bor 
bereit fei, Sßittenberg ju berfaffen, wenn fein S3Ieiben bem Äur» 
fürften ©efahr bringe. Sn einem ^weiten ©riefe beruhigte 
er biefe $reunbe über bie wiffenfd^afttidhe ßuberfäffigfeit feiner 
©dflfufifotgerung. 3 ) Daraufhin berftümmten biefe ©ebenfen, bon 

*) i8gl. üftiltijjiabe, Äapitel III. ©erabe aug biefem 93eifpiel !ann 
man entnehmen, bafj, felbft wenn ung bie Briefe ©palating erhalten wären, 
wir nod) mancf)eg alg münblicf) bereinbart anne^men biirften, fobalb bie 
fad)lid)en unb perfönlid)en $oraugfe|ungeit gegeben finb. SD?an war aud) in 
fBittenberg !lug genug, manche 2>inge nidjt bem Rapier ansubertrauen. 

*) ÄöftUn*Äawerau I, 232 f. §. Sarge, Slnbreag SBobenfiein bon 
Starlftabt. Seipjig 1905. I, 143 ff. 2>ie Entgegnung Edg bom 14. SKärj 
mit ber ergänzten 3?eif)e feiner liefen unb bem SSorwurf ^ufitifefjer 
Äefcerei batte fiutljer Enbe SRärj noch nid)t ju ©efidjt befommen (Enberg 
n, 51,13 ff. »arge S. 146 9lnm. 36). 

*) Enberg n, 2, 20 ff. 43 ff. 4, 4 ff. 


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@ra3tnu8, Sutljer unb gfriebridj ber SBeife. 

betten man bet ber feften unb ruhigen Haltung U r iebri(i>S taurn 
annefjnten barf, baß fte don if»nt fetbft auggegangen maren. 
SSielmetjr mirb bag unerfdjütterlict)e 9Serf)ältni§ gegenfeitigen 23er* 
trauend im gemeinfamen Kampfe baburcf) begeügt, baß ßutßer 
am 27. 9J?ärg 1519 bie SEBibmung gu feiner Auslegung ber fünf 
erften ißfaltnen fdjrieb, bie er bem Äurfürften atg einem über* 
geugten 23erelfret ber Zeitigen Schrift gueignete. ©r erinnerte 
baratr, mie biefer einft ©taupip gegenüber bie SRid^tigfeit ber 
fd)olaftifcf)en Slugtegunggfünfte gegeißelt unb ben ©pißfinbigfeiten 
berartiger ^ßrebigten gegenüber bie fdjtidjte Äraft unb SBürbe 
ber (»eiligen ©dffrift in ißrer begmingen^ft ©röße f»erdorgef)oben 
pabe; baßer füb»lt Sutßer, ber ficß gu berfetben Abneigung gegen 
bie fcfjolaftifd^e Xßeologie unb bentfelben ©ifer für bag Sßort 
©otteg befennt, ficß gebrungen, ißnt biefe ©dßrift gugueignen, bie 
in bag 23erftänbnig beg don ©ott un» atg dorbitbtic£)e§ ©ebet* 
budß gefcfjertftert 'pfalterg einfüßren motte, üöenn er babei ber 
SBoßttaten gebenft, bie er biefem feinem fürftticßen 23efdßüßer 
oerbanft, unter beffen gürforge an ber Uniderfität SBittenberg 
bie freien fünfte gepflegt mürben unb auf ©runb ber griedßifdßen 
unb ßebräifdßen ©tubien eine don ben ©ntftettungen ber fdßo* 
taftifdßen ©eften gereinigte Geologie erblüht fei, fo munbert 
man ficß, mie angeficßtg beg fotgenben geugniffeg über bie 
Äirdßenpotitif $riebridßg feine 23erbienfte um bie ©acße Sutßerg 
in neufter ßeit berartig geleugnet merben tonnten. „Sßetdße 
©orgen, ttflüßen unb Unfoften, ja metdße ©efaßren feien bem 
dürften aug ben ungeßeuertidßen folgen beg 2tbtaßftreiteg etf 
madßfen! $ag gange Sanb miffe eg, baß ber Äurfürft nteßr 
Sötüßfat um feinetmitten gehabt ßabe atg er felbft; er ßabe 
ficß ntcßtg 23effereg gemünfcßt, atg bei biefem 2tntaß feinem 
Seßramt entrücft unb ber ftöftertidßen 2tbgefcßiebenßeit gurüct* 
gegeben gu merben, mäßrenb feine ©egner ißnt fdßimpfticßen 
Xob gugebacßt ßätten.' 5)ie ^ßfticf)ttreue $riebricßg ßabe 
beibeg dereitett. 3e|t fugten bie ©egner ißrer tttadßgier S3e* 
friebigung gu derfcßaffen, inbem fie bie ununtfcßränfte ttftacßt 
beg ^ßapfttumg unb bie Autorität Seog X. gegen ißn aug* 
gubeuten uub burcß offentunbige Sügen gur 23ernicßtung eineg 
armen ttJtöncßeg gu mißbrauchen fucßten." ©g mar ber ©pitog 


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32 $cml ftaßoff, 

junt 5tblafjftreit, bie Stnfünbigung ber neuen Kämpfe um ben 
päpftlidfjen Primat. 

2lm nädjften SToge ging Sutljer bar an, für biefen gelbjug 
fid^ um bie mofjftooUenbe ©efinnung be§ (SraämuS ju bemerben. 1 ) 

ift oft ljert>orgef)oben toorben, toie Sutljer feinen SEßunfdfj 
freunbfcljaftlicfier SBejieljungen nicfjt ofjne feine ©dEjmeidfjelei, aber 
bocij mit „tüürbigem @elbftgefüf)l" 2 ) oorträgt. 5lbet über ben 
tmfcigen Sßenbungen, in benen Cutter fidlj bem Söriefftil be§ 
fRotterbamer§ anjubequemen fucljt, tjat man überfein, n?ie er 
gleicljrooljt mit toenigen fdjarfen ©tridtjen baSfelbe £3ilb ber 
firdfjenpolitifcfjen Sage ,#idjnet wie in bem 2Bibmung§fdjreiben 

*) Äurj oorher tjatte Suther öon bem SBuchbruder groben baS im 
ganuar gebrudte SBerf beS ©raSmuS über baS ©tubium ber Geologie 
ermatten, tote er ©palatin am 13. Märj mitteilte (@nber§ 1,450,55): in 
biefer „Ratio seu methodns etc.“ (bgt. o. SBalter a. a. 0. ©. 12 f.) forberte 
©raSmuS für baS VerftänbniS ber 23tbel als Vorbebingung eine, leibliche 
Vertrautheit mit ben brei antiten Sprachen, beren pflege an ber uAiüerfität 
VBittenberg Suther felbft am Stacpbrüdltchften geförbert hat. 

*) Äöftlin=Äamerau 1,270. 33ea<htenSmert ift aud), baß er, um fi(f> 
bei ©raSmuS, ber bisher nur feine ©treitfchriften jur Ablaßfrage fannte, 
als Mitarbeiter an bem SEBerfe ber Vtbelerflärung einzuführen, bie 
„Operationes in psalmos“ beigetegt haben muß, bie ©raSmuS in feiner 
Antmort ermähnt. Denn fchon am 22. März mar minbeftenS ein anfeljtt» 
lieber Seit beS überhaupt i. g. 1519 herausgegebenen AbfchnitteS im Drud 
erfepienen. Strit. ©efamtauSgabe ber SBerfe SutljerS. SBeimar 1892. V, 4f. 
— 3u metchen Mißbeutungen man gelangen fonnte, inbem man biefeö 
Schreiben SutßerS ohne bie jutreffenbe SBürbtgung feines AnlaffeS be= 
raeptete, jeigt SB. Steinbeil in feiner forgfältigen STrbeit „Suther, ©rotuS 
unb Jütten, ©ine queßettmäßige Darfteßung beS VerhältniffeS SutfjerS 
jum Humanismus". Marburg 1890 ©. 16 f. ©r öerfemtt zmar bie Stimmung 
SutherS, menn er oon einem „äng ft liehen SSermeiben aßet Seljrbifferenzen" 
fpricht, fteßt aber jutreffenb feft, baß fief) barin bie Abfid)t SutherS jeige, 
„in feinen ©laubenSfäjjen auch einem ©raSmuS nicht entgegenjutommen", 
unb erlennt mit Maurenbrecher als gmed beS ©Treibens, „bie einflußreiche 
gürfpradje beS gürften ber Siteratur" ju gemimten. Mit Stecht lehnt er 
jebod) bie Unterfteßungen ÄampfchulteS unb Dp. ÄolbeS (Sonjil unb Kirche 
©. 59) ab, bie Suther einer gleifnerifchen Annäherung auf Sloften feiner 
Überzeugung ober „einer gemiffen Unehrlichfeit unb Schmeichelei" be* 
fchulbigen, meit er „niept bie ganze SBaprpeit gefagt", bie theologifchen 
Differenzen abficptlicp berpfiBt habe. Steinbeß meift bieS jurüd unb erinnert 
an ben ©influß MelancptponS unb ©apitoS, bem Suther gefolgt fei. 


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@ta§mu3, Sutljer unb griebtid) bet SBetfe. 

t 

an ben $urfürften. Slucfj ©ragmug fätnpfe gegen eine Un$af)I 
Oon feinten, beren |jafe ber befte ©emeig bafiir fei, bafe er fid^ 
auf bem rechten SEBege befinbe: eg feien biefelben fjerrfcfyfücfetigen 
Unb redfjtfeaberifdjen Geologen, mit benen er fefbft im $lblafe* 
ftreite ju tun gehabt fjabe. ©ragmug feabe feine au§ biefem an 
ficf) geringfügigen Sfnlafe erfcfeienenen ©Triften fennen gelernt 
unb ficf) fogar ^ine ober bie anbere Sßenbung Sutfeerg angeeignet. 1 ) 
tiefer fdt)ä^t in ©ragmug ben tüdjtigften unb erfolgreicfjften 
Vertreter berfetben auf bem ©dfjriftoerftänbnig aufgebauten 
Stiftung, wie er halb barauf audfj öffentlid^ im Kommentar 
$um ©alaterbriefe bezeugte: in beffen ©orrebe erffärte er, bafe 
er gern bie öon ©ragmug oerfprocfeene Stugfegung abgemartet- 
fjaben mürbe, ba biefer ficf) burcf) fein ©tubium ber {»eiligen 
©cfjrift unb feine $enntnig beg ©riecf)ifcf)en bie größten ©erbienfte 
um bie cferiftficfee Geologie ermorben fjabe. 2 ) 3ft biefe Sin* 
näf)erung fcfjon um begmiUen eine ^ßfti^t ber SDanfbarfeit für 
ben jüngeren ©efäferten auf bemfefben ©ebiet, ber bigfjer fidt» 
nidf)tg ©effereg gemünfd)t f)at, afg im ftilfen Sßinfel beg Äfofterg 
ju leben unb gu fterben, fo fiet»t er ficf» jefct oor neue größere 
Kämpfe geftefft, unb eg mürbe eine gröbfidje üftacfjfäffigfeit fein, 
fid) nicfjt mit ben 9Könnern in ©erbinbung ju fefcen, bie fiel» 
jefct unb fünftig notgebrungen mit ifjm befdfjäftigen müßten. 

Snbem Sutfjer furj ber 2Kitteifung ©apitog gebenft über 
bie günftige ^Beurteilung feiner 9lbfafetf)efen burcf) ©ragmug unb 
biefen bittet, ben eifrigen SD?eland^tl»on oor Überanftrengung ju 
, marnen, fennjeicfjnet er ben ^reunbegfreig, ber if»n ju biefem 
©dritte ermutigt Ejatte, unb inbern er fcf)fiefeticf) audfj Äarfftabtg 
afg eineg ©ereljrerg ber „eferiftfidjen" Geologie beg ©ragmug 
gebenft, beutet er auf bie firdjenpolitifdje Sage f>in, bie fie beibe 
naef» ©unbeggenoffen Umfdjau galten liefe. 

SGBie umfiefetig unb oorfiefetig aber biefer ©erfudf) einer ©er= 
binbung mit ©ragmug vorbereitet unb augfeidj opm Äurfürften 
gebilligt unb geförbert morben mar, geigt bie Übermittlung biefeg 
.©riefeg, ben man jrnei juoerfäffigen greunben anoertraute, bie 


*) ber neuen Bearbeitung beS Enchiridion militis christiani. 
*) SBetntater Ausgabe II, 449, 21 ff. 452. 

€<S> v. 8. f. K. 37,1. 3 


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34 <ßaul ftalloff, 

eben bamafS eine Pilgerfahrt nach bem Mufenfifc beS ©raSmuS 
unternahmen. 2)er Erfurter Surift unb nachmalige £h e °f°9 e 
SuftuS SonaS, ber halb als einer ber tüchtigften Mitarbeiter 
beS Reformators nach Wittenberg überfiebefn fottte, hatte T<i>on 
im ^erbft 1518 burdh eine überfchtoänglidje briefliche |>utbigung, 
bie ©obanuS §effuS bem Meijter überbrachte, bie ©unft beS 
©raSrnuS gemomten unb mar üon biefem burdh fein Schreiben 
oom 19. Oftober pr RunbeShiffe gegen bie mifjgünftigen ^ritifer 
ber peiten SluSgabe beS Reuen £eftamentS eingefaben morben. 1 } 
@r mufe feitbem biefe Reife geplant haben, auf ber er fidh burdh 
einen gleichaltrigen §umaniften, ben ©ifenadher ßaSpar Sdhafbe, 
begleiten tiefe, mit beffen gantilie Suther feit feiner Sugenb 
banfbar oerbunben mar. 2 ) SonaS mufe fidh aun zeitig mit bem 
SBittenberger Greife in Rerbinbung gefegt haben, benn audh ber 
Äurfürft erhielt oon feinem Rorf)aben Kenntnis unb befdfjtofe^ 
bie ©efegenheit p einer erneuten Stnfnüpfung mit ©raSrnuS p 
benufjen. tiefer hatte par aus Mangel an 33oten es bisher 
unterfaffen, feine bem Äurfürften gemibmete SfuSgabe beS Sue* 
toniuS ihm p überfenben, 3 ) aber man fannte fie in SSittenberg 
unb fo benu|te man biefe Rerbinblichfeit, um ein Schreiben beS 
Äurfürften an ©raSmuS p motibieren, in bem er fief) für foldje 
^fufmerffamfeit bebanfte. Ob in biefem Segleitfcf)reiben auf bie 
§auptfatf)e, auf SutherS Rrief, Repg genommen mürbe, miffen 
mir nicht, ba biefeS Schreiben nicht erhalten ift 4 ); bafj fein Inhalt 
aber über ben angebeuteten Slnfajj erhebfidh hinausgegangen fein 


*) Stilen III, Sir. 876. $ag ®otum bei ®. ft'aroerau, $)er 33riefmedf>fet 
best $. ;gonag (@ef<f)ict)tgquellen ber Sßroo. Saufen XVII, 1) $aüe 1884. 
1,16 öerfeljenttid) mit bem 17. £>ft. aufgetöft. 

-) Stilen III, 602. ftöftlin-Äamerau I, 28. 0. ©lernen in ben ÜJleuen 
SJtitteit. beg ti)üring.»fäd^f. SSereing, §aHe 1901. XXI, 83. 

3 ) 93ei Äöfttin-Äamerau I, 271 Ijat eg ben Slnfdjein, atg ob Sragmus 
mit feinem ©d)reiben „an ben tturfürften bom 14. Steril, bem er bamatg 
ein Söucfy bebijierte," bie ;gnitiatibe ergriffen Ijätte. 

4 ) Qn feiner Stntmort bom 14. SJtai 1519 auf bag ©Treiben beg 
©ragmug bom 14. SIptil (Stilen III, SRr. 939. 963) erinnert griebrid) an 
ben erften Sörief, ben er bem jum S3efud)e beg ©ragmng aufbredjenben 
3onag mitgegeben Ijabe: er ljabe fd)on bamatg fid) für bie SBibmung beä 
©uetoniug unb ber anberen §iftoriter ber Äaiferjeit bebanft, motte aber 


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©raSmuS, Sutßer «nb griebrid) ber ©Seife. 

mufj, wirb bic weitere Uttterfudjung lehren, jebenfaßS trug es 
ba$u bei, bern 9äeberlänber zu beweifett, in welkem ^tnfetjen 
Sutfjer bei feinem dürften ftanb, jumat ber SBote gleichzeitig 
eine gofbene ©dfjaumünze mit bem SBilbe tJriebridjS ju übergeben 
hotte. 1 ) SBei biefen 9?ebenumftänben fann e§ feinem ßweifel 

nun auf baS Schreiben beS ©raSmuS auS Antwerpen tom 14. Slpril 
antworten, liefern umfangreichen, bie Sage SuttjerS unb feine eigene 
betjanbetnben ©riefe hatte ©raSmuS ein tiitjereS, rein förmliches Schreiben 
in beutfdjer Sprache auS Sötoen oom 18.Slpril beigefugt, baS er nur 
unterjeicßnet hatte. ©tochte bieS nun auS ^öftfd^en ©üdfidjten gefchetjen 
fein, bamit ber Äurfürft ben 3)ant beS Schreibers auch bequem in ber 
eigenen Sprache lefen fömte, ober um bem Überbringer ju ermöglichen, im 
Notfälle ein harmtofeS Schreiben an ben Surffirften oorjeigen ju fönnen, 
gerabe in biefem beutfcßen ©riefe erwähnt ©raSmuS als Slnlaß bie „aller« 
freunblicßfte Schrift" beS Sturffirften^ tn ber er ihm bafür bante, baß ©raSmuS 
ihm „ber römifhen Staifer Seben jugeßhrieben habe" (Men III, ©. 528). 

S)aS uns nicht erhaltene „lateinifche Schreiben" beS Slurfürften, baS 
3onaS ju überbringen hatte, erwähnt biefer auch in einem furjen ©ericfjt 
über feine „anbertljalb SRonate" bauernbe ©eife, ben er nach ber ^eimfehr, 
auS ©rfurt am 24. ^uni, einem gteunbe, bem ©atsfdjreiber üon ©orb* 
häufen, abftattete (Stawerau 1,24f.). ©raSmuS habe biefeS Schreiben be* 
antwortet, unb er habe biefe Antwort bem Sturfürften auf bem ©SaßUage 
in gfranlfurt übergeben. $amit ift, wie auch fiawerau oermerft, baS furje 
Schreiben auS Söwen, oom 30. SKai (Riffen 111,604) gemeint, in bem 
©raSmuS nur in fchwungootlen Porten bie ©erbienfte gtiebrichS um bie 
©Siffenfdjaften feiert, bie in ihrem Stampfe mit ben „veteris inscitiae 
patronis“ feines SchupeS fich erfreuen bürfen. ©Senn QonaS bann ben neu¬ 
gierigen fragen ber ©rfurter „Sophiften" gegenüber, bie über baS bürftige 
©rgebniS feiner ©eife fpotteten, betont, baß er in ber 2at Weber auf ©er» 
abrebung noch um beS ©raSmuS willen, fonbern einzig junt ©ebraud) ber 
heißen ©äber (ton Stachen) in jene ©egenb gereift fei, unb überbieS noch 
um ©tittfchweigen bittet, fo fußt man, baß bie ©Sittenberger biefem Schritte 
bie größte ©ebeutung beilegten unb minbeftenS junächft abwarten wollten, 
wie bie Äußerung beS ©raSmuS über Suther unb fein Unternehmen aus* 
fallen würbe. 

’) ©raSmuS erwähnt biefeS ©efcßeut in ben beiben Schreiben an 
Spalatin oom 29. 2Jtai unb 7. Sluguft wegen ber fatalen Satfache, baß er 
baS ehrenöoüe Slngebinbe oon bem ©tfcßof oon Süttich famt bem ©riefe 
beS Sturfürften nicht jurüderljalten hatte, fobaß griebrich es burd) eine 
jweite Senbung ju erfefcen fiep bewogen faß. Sillen ©. 603. §artfelber, 
ber hier nicht einmal bie $aten ber ©riefe berüdfichtigt, gibt ein ganj 
terworreneS unb unjuoerläffigeS ©ilb. 

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Vaut Satfoff, 


unterliegen, bajj bie betben Erfurter greunbe in offijiöfer ©enbung 
bei (SraSmuS/erfreuen; fie reiften auch int ©chupe eines für* 
fiirftlidjen (MeitSmanneS *) unb auf Äoften ^riebric^S, ber fomit 
in unauffälliger, aber für (SraSmuS feijr fdhmeichelhafter gornt 
eine ©efanbf^aft an baS Oberhaupt ber ©etehrtenrepublif ab* 
georbnet hatte. Unter biefer VorauSfe|ung wirb eS auch erftärtid), 
wie (SraSmuS in ber Sage war, fdjon äftitte Stptit feine beibeit 
Slntwortfchreiben an ben Äurfürften ju beförbern, wä^renb er bie 
fdjwierigfte Aufgabe, bie (Srwiberuttg auf SutfjerS SBrief bis auf 
bie Sftücfreife ber beiben (Mehrten auffcf>ob, benen er bann weitere 
$af)Ireidje ©djreiben an bie üRitftreiter in 2)eutfc£)tanb anoertraute. 
5)abei gelernte eS fidf), bent Äurfürften felbft balbmöglichft SRebe 
unb Antwort ju fielen, alfo fchon bent ju fcfmeHer ^»eimfetjr 
üerbunbenen ©eteitSmann ein bie Hauptfrage berüfirenbeS 
Schreiben mityugeben, bem ein fürjereS, oon ^onaS ent* 
worfeneS, 2 ) im beutfctjen $urialftil gehaltenes Söpgleitfcfjreiben 
beigefügt würbe. 

ßweifetloS war baS lateinifdje ©chreiben oon (SraSmuS für 
bie Veröffentlichung beftimmt wie nachmals baS berühmte firmen* 
pofitifdhe üftanifeft, ba"S er im (Sinoernehmen mit feinen Sin* 
hängern am SRainjer ^ofe als einen am 1. SRoüetnber 1519 an 
bie Slbreffe beS (SrjbifchofS Sllbredjt gerichteten Sörief entwarf. 3 ) 
SBenn man bei beffen Veröffentlichung oon einer SnbiSfretion 

*) Slud) biefer Umftanb läßt fid) quellenmäßig belegen: am 11. Stob. 
1520 richtete (Sragmug aug Äöln ein furjeg Schreiben an i^onag, in bem 
er iljm bie bon Slleanber für ben folgenben Sag geplante Verbrennung 
ber SBüc^er Butljerg anlünbigte; ber Stuntiug fei gegen Üjn felbft nicpt 
weniger ergrimmt alg gegen Butter, ba er iljn befcßulbige, bie Slugfüljrung 
beS päpftlidien Urteile ßintertrieben ju paben, wag burcpaug richtig war. 
@r wagte biefe SJtitteüung aber nur, weil iptn ein fixerer SBote jut Ver¬ 
fügung fiepe, berfelbe, betjgonag auf feiner Steife begleitet pabe; 
babei gebaute er aucp beg Äagpar ©dpalbe (Stawerau 1,45 f.). Ser Äur- 
fürft ßatte alfo bei feiner am 7. Stob, erfolgten BIbreife einen Kurier in 
Äöln jurüdgelaffen, ber ipm bie fcpon borbereiteten unb weitere ©rflärungen 
ber faiferlidpen Staatsmänner bom 8. unb 10. Stob, nadjbringen füllte. 
Steicpgtaggaften II, 102. 108, Sinnt. 1. 464, Sinnt. 1. 3®®- XXV, 550 f. 

*) ©ragmug war ber „fäcpfifcpen" ©pratpe, wie er bag §o<pbeutfcpc 
*u nennen pflegte, nidpt Ipnlängtid} mädptig. 

*) Sepb. Slugg. III, 513 sqq. 


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©ra$mu3, Suttjer *unb griebrid) bcr SBeife. 37 

UtrtcfjS ooit glitten rebet, fo übcrfiefjt matt — abgefehen oon 
bem, ganzen ßf)ora!ter beS (Schreibens —, bajj biefer §ofjunfer 
ficf> in einer oiel ju untergeorbneten Stellung befanb, um oon 
Urfunben, bie man ernftlid) geheim haften mottte, Kenntnis ju 
betommen ober fie ungeftraft oerbreiten zu bürfen. 1 ) Vielmehr 
haben bie leitenben ÜUtänner in ber Umgebung beS bamats gegen 
bie föurie arg oerftimmten ^ringen bamit ihrerfeitS ju SutherS 
©ad)e Stellung nehmen motten, unb ihre ©efinnungSgenoffen in 
ber magbeburgifdjen Regierung h a ^ en MeS in bem 2lntmort* 
^reiben ihres ©rzbifdjofS an Suther oom 26. gebruar 1520 
nachgehoft. 2 ) ©inen braftifdjen VeloeiS aber liefert bafiir ber 
Umftanb, bafj ©raSmuS nicht nur in zahlreichen Briefen an 
gelehrte greunbe, bie ebenfalls jur Veröffentlichung, menn nidf»t 
burch ben 2)rud, — maS er übrigens felbft gemöhntid) halb 
barauf in feinen Vrieffammlungen beforgte —, fo bod) burd) 
Umlauf im Greife ber Vefannten beftimmt maren, fonbern in 
einem an eine h°h e fttd>ltd)e ©teile gerichteten ©Treiben fid) 
mit mörtüchen 5lnflängen ebenfo über feine Stellung zu SutherS 
Verfon unb Unternehmen auSliefj: eS ift baS Schreiben oom 
18. üttiai 1519 an ben Äarbinat SBolfet), alfo an §of, ©piSfopat 
unb ©elehrtenmelt oon ©nglanb, baS bann fdjon im Oftober in 
ber „Farrago nova“ erfd|ien. 3 ) SDie Söittenberger hüben bie 
ihren SBünfchen entgegenfommenbe Slbfidjt beS ©raSmuS auch 
fehr mohl oerftanben unb baher nicht gezögert, feine $unb* 
gebung burch ben $)rud zu oerbreiten, mobei Me ßufammen* 
ftettung mit ben zttÜKheu unb Äarlftabt oereinbarten 

*) ©gl. boju meine Slrbeit über „Ulrich bon §utten unb bie Stefor- 
rnotion", Äap. III. 

*) SWilti^iabe ©. 45,Slnm. 1. ©treng oertraulid)e SBriefe beS ©raSmuS, 
wie er fie nur mit ben intimften SRitarbeitern, alfo bor allem mit ©apito, 
metzelte, würben überbieS in einem alles rfyetorifcfje ©etroerf berfdjntäljenben 
Stil abgefafjt, wie etwa ber ©rief bom 6. ©»ej. 1520 (©apito im ©Henfte 
SllbredpS ©. 41 ff.), ©ie fehlen natürlich in' ben bon ©raSmuS felbft 
beranftalteten Srieffammlungen. ©gl. oben ©. 25 f. baS Schreiben an 
3ol). Sang. 

*) Stilen 9tr. 967., befonbetS ©. 589,78 ff.: „Lutherus tarn ignotus est 
mihi quam cui ignotissimus“ = ©. 530,66 ff. Unb fo an ©ampegio 
©. 574, 31 f. unb an SUbrecpt bon URainj 1. c. 514 B. 


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38 


Sßaul ftalfoff, 


Seitfäpen ber beöorftepenben Disputation auf bie Sage pinbeutet, 
bie ipnen beS (SraSmuS SunbeSgenoffenfcpaft gu fuepen nape* 
gelegt patte. 1 ) 

v Set ber ^Beurteilung biefer Äunbgebung beS (SraSmuS an 
bie beutfepen greunbe unb ©önner SutperS pat man nun ferner 
einer fiftiöen (Srflärung eine bucpftäblicpe Sebeutung beigelegt, 
bie fie, toenn man ein toenig gmifepen ben geilen gu lefen oer* 
ftept, für ben $unbigen gar niept paben follte. Da Sutper 
bereits burep baS Urteil oom 23. Sluguft 1518 als Äeper unb 
©cpiSmatifer gebannt, 1 morben mar, fo fonnte bie Settüre feiner 
©epriften nur burep päpfttiep beooHmäcptigte ©teilen auSnapmS* 
meife unb nur bepufS SBibertegung feiner notorifepen Srrlepren 
geftattet merben; baS (SingeftänbniS, fiep mit ipnen befepäftigt gu 
paben, fonnte jept fepon als SemeiS eines tobeSmürbigen Ser* 
breepenS benupt merben. (SraSmuS betont alfo ftetS, baß er 
faum ein paar ©eiten flüeptig angefepen pabe; aber mie fann er 
nun in einem Sltemguge ben ©egnern SutperS oorpatten, baß fie 
beffen Sepre leichtfertig unb bösmiüig oerfepert patten! Unb 
fcpließlicp pebt er bie SBirfung jener Serfieperung oöllig auf, 
menn er feftftettt, baß in feiner §eimat alle ©ebilbeten (optimi 
quique) SutperS Sücper mit ber größten Segierbe lefen. Sn 
bem ©tpreiben an SBolfep fpriept er fiep in biefer $inficpt noep 
beutlicper aus. (Sr pabe SutperS Sücper noep niept gelefen, aber 
feineSmegS meil er eS oerfepmapt pabe, fonbern nur eben aus 
äftangel'an geit. (Sr ermäpnt bann gunäepft bie 95 Stblaßtpefen 
unb oon ben fotgenben ©epriften ben „Sermo de poenitentia“ 
unb eine „de confessione“, momit er boep mopl bie „SefolutioneS" 
gemeint pat. (Sr oerfiepert nun gegenüber bem fepon in Sömen 
laut gemorbenen Sormurf, baß Sutper oon ipm abpängig, oon 
ipm beeinflußt morben fei, baß fein ©ap beS SnpaltS oon ipm 
perrüpre. (Sr fennt aber beffen Dragmeite fo gut, baß er aus 
gurept, bie tpeologif(pe fjepbe fönne ben miffenfcpaftlicpen Arbeiten 
fepaben, feine unb SutperS gemeinfame gfreunbe, bie Safeler 

*) Über ben $rucf ögl. bie Angaben bei ftartfelber ©. 209 Sinnt. 1 
unb bie SJermutung Slüenä <S, 527, baff er bei 3Weld). ßottber in Seipjig 
erfdjienen fein fönnte. Sine ttjpograp^ifc^r Untcrfudfung nrnre l)iet 
ertt)ünfd)t. 


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ßraSmuS, ßutljer unb griebridj bet SBeife. 39 

^jumaniften unb SWitarbeiter ^robenS, öor aUju eifrigem Sftach* 
brucf gewarnt ^abe. Unb nun wagt er fogar bie (Srtlärung, 
bah er felbft bei auSreidhenber üftufje fid^ nicht angemaht t)aben 
würbe, über bie ©cfjriften eines fo tüchtigen Theologen 
(„tanti viri“) öffentlich ein XXrteit abzugeben; er fei fogar in 
feiner iöeforgniS, bie hoch auch für bie offiziellen Vertreter ber 
Kirche, für fßriefter unb 9flöncf)e, erfpriefjlichen ©tubien benacf)= 
teiligt jn feijen, gegen Sutfjer fye unb ba ungerecht gewefen. 
Unb hier bürfen wir wohl eine ÜTCachwirfung jenes ©cf)reiben3 
non 1516 erblidfen, baS burch bie ©efchloffenheit unb Söucht beS 1 
tljeologifchen ©pftemS auf (SraSmuS einen tiefen (Sinbrucf gemacht 
haben muh; benn wäljrenb biefer boef) erft fpäter in ber 3tu3* 
einanberfepung mit ßutfjer baju gebrängt würbe, einen fdjärfer 
abgegrenzten ©tanbpunft einzunehmen, war er pt)üol°gifd) unb 
tirchengefdhidhtlidh hinlänglich auSgerüftet, um ßutherS fritifche 
(Sinwenbungen zu refpeltieren unb feine gefamte fßofition als 
wiffenfchaftlich wohl begrünbet anzuerrennen. ®ie oolfStümlichen 
©Triften ßutherS tonnten ihm nidht mehr fagen, unb bie 93e= 
rechtigung feiner ©treitfehriften beftätigt draSmuS mit jebem ber 
Zahllofen Ausfälle, bie er in biefen wie in nieten anbern ^Briefen 
gegen bie gemeinfamen ©egner richtete. 

3ben JBittenberger $reunben ßutherS, wie überhaupt feinen 
gelehrten Anhängern in SDeutfchlanb brauchte er baS nicht zu 
fagen. 2Bol)I aber h^t er nun auch in biefer für bie gebilbete 
SBelt beftimmten ßunbgebung einen Umftanb h erö °r, ber in 
feiner* firdjenrechtlichen Söebeutung gewöhnlidh nidht hinreichenb 
berüdtfichtigt wirb: eS war eine altehrwürbige Überlieferung, bie 
aus ben tiefften SBurzeln mittelalterlicher SReligiöfität entfprungen 
war unb gerabe bei ber angeregten religiöfen ©timmung beS 
auSgehenben ÜUiittelalterS erneute Geltung gewonnen hotte, bah 
bie fRechtgläubigfeit fidh in bem heiligen SBanbel ihres Prägers 
offenbare unb burch ihn ifjre öeftätigung erfahre. 1 ) ©o h at 

*) 2>al)et Ijat mau fiel) auf bet ©egenfeite befleißigt, ßutßerS ©riöat- 
leben 5 u »erbäeßtigen, bod) wagen fid) bamit anfangs nur bie Stalienet 
ßeroor, juerft SUeanbet jur 3«t be§ SBormfer 9teid)3tage3, ber tyn aU 
Urinier ßinfteHen möchte (S)ep. SUeanber* ©. 172, 2lnm. 193). ‘Üljnüdie* 
betam Sontarini fdjon ju tji'ien (Äalfoff, ©tiefe, 5)epefcßen u. ©eridjte. 


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40 


/ 


Saut Salfoff, 


auch ein praftifcher $h e °t°9 e oon ber oolfstümlichen Nietung 
eines Stimpfeling nicht unter taffen, biefen Sßunft ju SutherS 
(fünften fjeröorjutjeben, als er jenes ürdjenpolitifche SJtanifeft 
beS ©raSmuS, baS «Schreiben an Sllbrecht oon SJtainj, feinem 
gleichgefinnten greunbe, bem Söifchof oon 93afel, in einem ©cf)lett» 
ftäbter Nachbrucf jueignete. 1 ) Unb fo gibt benn (SraSmuS bei 
jeber biefer ©elegenheiten $u oerftehen, bafj SutherS Setjre feines» 
falls fo gottlos fein fönne, mie bie ©egner eS tjinfteltten, benn 
feine ßebenSfüfjrung merbe fo allgemein gelobt, bafj fetbft bie 
©egner ihm nichts Nachteiliges anhängen fönnten; er fei oon 
. ben beiben Hauptfehlern feiner geinbe, bem ©igennup (eines 
Xe^e!) mie bem (Sfjrgei^ (eines Dr. (Sc!) gleich meit entfernt; 
unb bie Neinfjeit feiner ©itten müfste felbft bei ben 
Slnerfennung finben, fie müffe alfo unter Sfjriften ein ftarler 
SöemeiS („non leve praeiudicium“) für bie ©üte feiner 216* 
fidEjten unb feiner Sehren fein.“ 1 ) 

2)er Hauptmangel ber bisherigen 2lnfcf)auung liegt jebocf>, 
mie fdhon angebeutet, barin, bafj man ben Verlauf unb 2tuSgang 
beS erften römifdhen jßro^effeS gegen Sutljer nicht fannte unb 
fomit bie beuttichen Slnfpielungen beS (SraSmuS unb bie £rag» 
meite feiner (Srflärung nicht entfprechenb mürbigen fonnte. 2)ie 
ganje ^ilflofigfeit H art f e ^ er§ offenbart fich in ber oerfchmommenen 
SSiebergabe eines marfanten ©afceS, in bem feftgeftellt mirb, bafj 
Suther megen feiner ©Triften über Slblafj unb Sann oon 
Kajetan, als ftetloertretenbem dichter jum Sßiberruf genötigt, 
im gälte ber Steigerung als notorifdjer unb fefjon in con¬ 
tumaciam oerurteitter Äeper oerhaftet unb mit bem Xobe beftraft 

$alte 1898. @. 57). Salb bavauf würbe fdjon in 9lom bie Sarote aus« 
gegeben, bafj Suther „ein £>urer unb Säufer", überhaupt aber „ber 
Vorläufer beS AnticbriftS" fei. 319?©. III, 70. 

’) Äalfoff, 28impfeting u. bie- ©rbaltung ber fat^ol. ftircfje in @ct)lett« 
fiabt. 3tfchr. f. b. ©efep. beS DberrpeinS. N. F. XIII, 112 ff. 117. 

2 ) Men @.530,69 ff. 590, 85 ff. 2)a8 etwas wunbertidje Argument, 
bafj SutperS (Sparafter felbft „apud ethnicos“ getobt werben würbe, ift 
eine feine Anfpielung auf bie Äritif ber fitttiepen Anfcpauung teS Alter¬ 
tums unb ber ariftotelifen ^ßhtlofop^ie in SutperS ©Treiben oom 19. Oft, 
1516: „etiamsi faciant Fabricios, Regulos“ . . . ©nberS II, 64,38 ff. 


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©raömuS, Sutljer unb griebrich bet SBeife. 41 

werben joUte: bieg haben bie ßöwene'r 2)dminifaner, unterrichtet 
burdj ihren Orbenggenoffen |>ochftraten, elfer unb beffer gewußt 
unb „in ihren ^ßrebigten unb Vorlefungen, ihren fjufultätg- 
fiffungen unb $ifchge[präd)en" oller Seit oeriünbet. 1 ) „(Sie 
haben fid) gefreut," meint £artfelber, „baff Sutlfer wegen einiger 
Veröffentlichungen burd) einen römifdjen Legaten Sßerbrie^tidjfeiten 
befommt." *) Slber (Sragmug tjebt bie entfdfeibenben fünfte fo 
beutlid) h eröor , bah man wolfl fietjt, wie er nicht erft bur<h 
Sonag über bie Sage ßutherg aufgeflärt ju werben brauchte, 
wenn biefer ihm auch gewifj bie lebten genauen Angaben be= 
fonberg über bie geplante ®igputation unb bag (Gebaren Dr. @<fg 
hinterbracht hat. (Sr Weih, bah Sutlfer fein Angebot einer 2>i§* 
putation ftetg aufrecht erhalten hat, bah er fid) bem Urteil feiner 
fircf)ftchen Dbrigfeit wie einiger Unioerfitäten („quorum oportuit 
et quorum non oportuit“) unterwerfen wollte, üorauggefej 3 t, 
bah ih m in wiffenfchaftlidjer fjorm Belehrung unb Siberlegung 
zuteil werbe. 2)ieg würbe ihm oerweigert, bagegen würbe er oon 
$ejjel, bann oon ©cf, ißrieriag unb ^podjftraten 3 ) ohne weitereg 
ber Äe^erei befchutbigt unb mit bem Scheiterhaufen bebroljt. 
Vefonberg bie Söwener äftöndje hatten fid) in biefer §inftd)t 
heroorgetan unb eine 9teihe oon Söffen aug Sutfferg Schriften 
alg fefferifch bezeichnet, worauf ihnen felbft Äajetan ben Unter* 
fcf»ieb zwifeffen Verftöfjen gegen bag tlfeologifche Stjftem ber Kirche 
unb Verleugnung ber ©runbwahrheiten beg ©laubeng faft mit 
benfelben Sorten entgegenhalten muhte, wie hier (Sragmug: „non 
statim quivis error haeresis est.“ 4 ) ©anz wie Sutffer in 
feiner ©rflärung auf bie erfte offizielle gorberung beg Siberrufg 5 ) 
weift (Sragmitg barauf hin, bah flerabe bie fcholaftifchen Xh eo i°9 en 


>) SSörtlid) roieberfjolt Stilen 3. 529,51 ff. unb 590,113 ff. 

8 ) 21. a. £). 3. 208. 

*) 2)iefe Scanner werben beutlid) bezeichnet mit ber SInfpielung, baff bie 
einen bem ©elbgewinn, anbere ihrer $errfd)fucht (tyrannis) frönen, anbere 
baS 2lmt beö ©laubenöricffterö, be§ ^nquifitorö (fidei negotium) oorfeffüffen. 
Sillen 3. 530,84 f. 92 ff. 

^ Sillen 3. 539,81 f. SBgl. ju Äajetanö Pufferung: „Sint errores, non 
haeresis,“ oben 3. 28 Slnm. 2. 

*) ©nberä 1,176,20 ff. »om 31. SKärj 1518. 


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42 «aul Äaffoff, 

fid^ in bcr StufftcHung einanber wiberftreitenber ßehrfäfce unb in 
bcr $eftigfeit ber fidj anfchtiefjenben gehben nie genug tun 
tonnten: „Sobiet Selten, als Äöpfe," fagt fintier; „an ber 
(Sorbonne finb nid^t zwei Geologen berfetben Meinung," fagt 
(SraSmuS. Diefer wirft ihnen gleichzeitig bie gnfonfequenz bor, 
bte barin liegt, bajj fie bei lebenben Sdhriftftetlern Stnfi^ten 
ber feiern, bie fie bei 2tuguftinuS ober bei ©erfon unbeanftanbet 
taffen, unb beutet bamit an, baff fie SutfjerS Geologie nur beShatb 
berbädjtigen, weit er ihnen anberweitig unbequem geworben fei. 

üftit ber Stnftage auf $e£erei f)ätte man in btefem gatte 
aber um fo borficfjtiger fein müffen, als „ein Sfjrifti würbigeS 
ßeben", wie Suttjer eS füEjre, fcfjon ben btofjen ©erbaut ber 
Äefcerei hätte auSfdjtiefüen, atfo ben Übergang bon ber „in- 
quisitio famae“, ber Vorunterfudjung, jum förmlichen Äe|er= 
prozef? t)ötte berbieten müffen. Vor allem müfjten bie Stnftäger 
felbft ihre VefugniS burch ein wahrhaft chrifttidjeS Verhalten 
bewähren, wie eS fdhon ber offizielle StuSbrucf für bie einleitenben 
Schritte beS Denunzianten, bie „admonitio caritativa“, *) bor= 
auSfe^e. Soweit nun bie fßerfon beS fßapfteS in Vetracht tommt, 
ber ja fct)on als Üticf)ter in ßutherS Sache gefprodhen hatte, fieht 
fidj ©raSmuS je^t fdhon zu ber giftion genötigt, bie er noch & er 
VerbammungSbulle bon 1520 gegenüber aufrecht zu erhalten 
fuct)te, baf} Seo X. in feiner angeborenen ÜDiübe unb bätertichen 
SBürbe bie Verfolgung eines Unfdhutbigen nic^t beabfidhtigt haben 
fönne, bafj man feinen tarnen zur Verbammung ßutherS mif$= 
braucht fyabt unb bafj er biefe Intriganten berteugnen würbe, 
fobatö ihm bie Ungeredhtigfeit ihres Vorgehens nachgewiefen 
werbe; hoch fönne er nicht wiffen, wie man in SRom über 
Suther benfe. 2 ) 

Dabei weifj er aber ganz 9 en au, baf} Kajetan fidt» bewogen 
gefühlt hat, baS übet begrünbete römifche Urteil nachträglich burch 
bie bon ihm fetbft berfafjte 5tblaf}befretale „Cum, postquam“ 

>) $iefe «nfpielung liegt in bern «u§brud; „caritatem in ad- 
monendo“ . . . «Den ©. 531,108. «gl. Ä. SRüDer in Qm. XXIV, 55. 
82, «ntn. 2. 

2 ) «Den ©. 531,122 ff. 


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graSmuS, Sutfjer unb gtiebrid) ber SBeife. 


43 


Dom 9. Stooemher 1518 ju ftü^en: 1 ) „Nunc quidam nova 
comminiscuntur fundamenta, sic enim vocant, hoc est, 
novas leges condunt, per quas doceant. haereticum esse, 
quicquid non placet.“ 2 ) 2>iefed ©erfahren fei nicht nur gegen 
ben ©eift fonbern auch fjärter, ald ed ber Äirdjenöater 

Sluguftinud felbft ben 2)onatiften gegenüber beobachtet habe, Oon 
beren Solchen er täglich bebroht Würbe unb bie er hoch nur 
burch Belehrung, nicht burdf 3 lüan 9 gewinnen wollte. 3n bern 
Schreiben an Söolfep äußert fich ©raduiud begreiflicher SBeife 
oorfichtiger über bad Urteil bed Sßapfted: er erwähnt nur, bah 
„fchliehlicf) bad Ergebnis ber über Sutherd Schriften angeftellten 
Unterfuchung befannt gegeben worben fei (tandem prodiit 
examen libellorum);" er habe e§ nicht gelefen unb baffer fich 
Weber in juftimmenbem, noch in mihbiHigenbent Sinne bernehmen 
laffen — aber er weih, bah Suther Wegen Äeperei eftommunijiert 
worben ift unb aud jeber ßeile bed Schreibend flingt bie ent* 
rüftete ÜUtihbiUigung biefed Urteild h erQ ud. 

Unb ferner geht aud bem ©riefe an ben $urfürften wie 
aud aßen gleichzeitigen ®unbgebungen bed ©radmud beutlich 
heroor,, bah er biefed erbarmungdlofe ©orgehen tyntylttifätt 
unb rachfüdjtiger ©egner nicht nur fachlich mihbißigt, fonbern 
auch perfönlich aufd tieffte mitempfinbet, aud bem triftigen 
©runbe, weil ed fein eigened Schicffal anzufünbigen fdhien. Sie 
©efcfjulbigungen, bie Sutherd ©egner erhoben, wenn fie biefen 
in ihren ^ßrebigten öor „©etfdhweftcrn unb einfältigen Seuten 
(apud mulierculas et indoctam plebeculam)" 3 ) einen „Äeper 

*) SSßt. meine Unterfucbungen im 319t©. IX, 142 ff. unb XI, 161 ff. 

?) 9lCen ©. 531,103 ff. 2>a e3 nid)t bie Slrt beS ©ra§mu8 war, bie 
Söriefe fürftlidjer ©önner ungebrueft im ^ulte aufaubewabren, fo mufj f)iex 
bie Vermutung geftattet fein, bafj ba£ öon ihm unterbrüefte lateinifdje 
©ebreiben be£ Ä'urfürfien eingeljenbe Angaben über ben ©ang be£ römifdjen 
Ißrojeffe^ unb bie üölajjregeln ftriebridjä enthielt, bie man felbft bem QonaS 
nicht mitjuteilen für gut befunben batte- @raSmu3 würbe angewiefen, 
biefed Schreiben ju oerniebten, unb war einfid)tig genug, ben 28inl ju 
befolgen. 

3 ) Sin 8iebling3au§brucf be§ gra§mu4 über ba3 Treiben ber ßöwener 
SKöndhe. Sillen ©. 529, 54. 590, 114. Unb weiter auSgefübrt in bem 
©djreiben an SDtofeHan ©. 542, 32. 


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44 


$aul Äatfoff, 


unb SlntichriftuS“ nannten, mürben gleichzeitig auch gegen ihn, 
* ben Vertreter ber „breifaradjigen" ©ibelforfchung erhoben, atö 
ob er mit Sicher gemeinfdEjaftlicJje ©ache gemalt hätte ober aus 
berartigen ©tubien fernen entftehen müßten. 

2)ie thnlichteit feiner Sage mit ber SutfjerS muhte ihm in 
jenem Slugenbtid auch baburdh lebhaft jum SBettmjjtfein fommen, 
meit beffen ©egner, Dr. @<f, auch ih n wegen feiner „Stnmerfungen 
jum üfteuen Seftament" angegriffen hotte, unb gerabe bie Erfurter 
Verehrer beS (SraSmuS, mie SuftuS SfpnaS, ereiferten fich bantate 
über biefe „freche Slnmafeung" (ScfS mehr als über feinen 3«* 
fammenftoft mit Suther. 1 ) 

Stber bie Sage mar eben bamals für (SraSmuS oor allem 
beSmegen meit fchmieriger als bi^fyer gemorben, meit feine Sömener 
©egner, bie an (Sbuarb See in ©ngtanb einen ©unbeSgenoffen 
fanben, in bem (Srfcheinen ber zweiten Ausgabe be§ ifteuen 
XeftamentS neuen ©toff zu ©eforgniffen für bie SUIeinE)errfcEjaft 
ihre§ f^otaftifchen ©hftemS unb ihrer eigenen Autorität' gefunben 
hatten. (Sine gehbe mit SatomuS trat oor ber ^eftigfeit beS 
neuen, befonberS oon bem Äarmetiten ÜTCifotauS ©aecf)em oan 
©gmonb, oon Johann ©riarb unb oon §ocf)ftraten geleiteten 
getbjugS guxriicf. 2 ) (SS genügt nun für unfern ßwed, in aller 
Äürje barauf hinzuweifen, bah ©raSmuS fidh infolge biefer jefct 
mit unerhörter £>eftigfeit unb ©oSIjeit einfejjenben Eingriffe, bie 
er bem ^urfürften oon ©adhfen mit faft benfetben SBorten 
fdjitbert, wie bem föarbinat oon 2)orf unb anberen fj-reunben, 3 ) 
in Söwen fehr unficher fühlte; bie ©erfdhwörer freuten nicht 
baoor zurücf, auch ih m wit ben ©trafen ber ®e|erei zu broljen, 
ihre „mit töbtichem ©ift getränften SBaffen" gegen ihn zu richten. 

*) Qona3 an Sang unb fötofettan, $uli unb Sluguft 1519, 
ftatoerau I, 27 ff., befonberS ©. 28, Slnm. 2. 

2 ) SBgt. meine Anfänge bet Gegenreformation I, 68 ff. unb baS burdj 
fein bibIiogtabf)if<f)e3 Material unb breite SBetjanbtung ber totalen SSor* 
gange nfifjtid)e, aber fetjr einfeitige 93ud) oon be igongl), L’ancienne 
faculte de Theologie de Louvain (1432—1540). Siouüain 1911, mit 
meiner 33eff>rect)ung in ber 3St®. XXXIII, 132 ff. 

3 ) Stilen @.529, 32 ff. 590,115 ff. $er oft mieberfe^renbe SiebUngS* 
auSbrud lautet tjier: „veteris inscitiae tyrannis“ ... @o aud) an 
SOtofettan @. 541,16. 


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@ra§mu$, Sutßer utib ^riebticß ber SBcifc. 45 

©raSrnuS befdhöftigte fidE> bafjer gerabe 2ftitte SJlai, ehe er bie 
wohl üorbereiteten ©riefe an Sutfjer unb feine greunbe richtete, 
mit bem ©tane, nach ©ngtanb überjufiebetn, wo ihm feine t>or= 
nehmen ©önner ©aftfreunbfcfjaft unb bauernbe ©erforgung in 
StuSfictjt gefteüt hotten. 1 ) liefern $wede bienten bie (Schreiben 
an ben ßönig, an mehrere engtifche ©roße unb befonberS an 
SBotfep, bem er ftagte, mit metdj lächerlichen ©erbäcf)tigungen 
man biefe bebrot)tid^en Angriffe eingeleitet habe. ®aSfetbe Xfjema 
f>attc er etwas fürder in bem Schreiben an ben päpfttidjen 
ßegaten in (Sngtanb, Soren^o ßampegio, üom 1. SOßai befjanbeft, 2 ) 
bem er üorfjiett, wie nicht einmal bie SBibmung ber neuen ©ibet= 
auSgabe an ben ©apft unb beffen öorgebrudteS ©reöe feine 
Arbeit oor bem in amtlicher ©erteibigung beS ©taubenS er* 
tjobenen ©orwurf ber Äeperei habe fdjüpen fönnen. Sßenn if>m 
nebenbei nod) bie Urßeberfdhaft an ben „Epistolae obscurorum 
virorum“, an £>uttenS „9?emo" unb an £utl)erS „SRefotutioneS" 
jugefdhrieben werbe, fo . tennjeidjne bieS bie ^ampfweife feiner 
cbenfo grimmigen wie ffrupettofen ©egner, bie fdjon behaupteten, 
au<h ben päpftticf)en ©efanbten für ihre 2tuffaffung gewonnen 
ju hoben, baß bie SSerte beS SraSmuS bie Duette atteS Übels 
unb fo auch ber lutherifdhen $eßerei feien. SDiefe Söwener 
fotogen waren bann freitidh fo ftug, im ^erbfte 1519, atS fie 
ihren großen Schlag gegen Sutljer führen wollten, mit QraSmus 
noch einmal förmlich Ofrieben §u fdhließen 3 ); im öoraufgehenben 
Frühjahr aber hotte biefer alte Urfadhe, fidh nach einem Stfpt 
umjufehen, wo er fidh öor bem ©eiergriffe beS 3nquifitorS 

*) 3?gl. 2ltlen3 föemerfungen ju bem ©<ßreiben an ^eittrieß VIII. üom 
15. 5Rai 9h:. 964. 

2 ) Sitten 9h:. 961. 2tnt ausführlich ften unb unter beutlicßer ftenn* 
leicßnuttg ber einzelnen fgerfonen in bem Schreiben an SRofeDanuS Dom 
22. 2lprtl. 9?r. 948. 

*) 2tnfänge I, 71 f. (SraSmuS hatte fid) gleichzeitig bemüht, in bem 
einflußreichen fcfiferlicßen ©efretar .Sacopo Sanniffio, ber bamalS mehrere 
^aßre am §ofe ber fRegentin weilte, einen Sürforecßer gegen feine tßeo» 
logifdjen f^etttbe ju gewinnen; boch war er auf fühle .gurücfßaltung 
geftoßen. -lögt, über biefe SSerßältniffe meine 2trbeit „3ur ©efeßießte beS 
üiWrmfer fßeic^Stagcö", wo bie SebenSgefcßicßte biefe# Dalmatiners, be# 
Dechanten öon 2lntwerpen unb Orient, gegeben wirb. 


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46 


$aul Äalfoff, 


|>ochftraten fieser füllen fonute, ber erft wenige 3 ah re oortjer 
(1512) ben ^oHänbijd^en 5lrjt Hermann oon SRhgwtjf wegen 
rtieffättiger Äe^erei unb Vtagphemie hatte oerbrennen laffen. 1 ) 

Unb fo begreift man benn, wie ©ragmug in jenem Stugen* 
btief mit ber Sage £utf>er§, beS gebannten §ärenferg unb 
Schigmatiferg, bag tieffte SRitgefüf)! haben muffte, unb ermißt 
bie $üf) n f)eit, mit ber er ben $urfiirften in feinem (Sntfcfjtuffe 
beftärfte, bem ÜRadjtfpruch beg ^ßapfteg ju trofcen. ©ein 
Schreiben gipfelt in bem ©afje: wie eg bie Pflicht beg dürften 
fei, bie djriftftcf)e ^Religion 311 fchüpen, fo fei eg gleichermaßen 
burd) bie „Klugheit", atfo bie fRücffidjt auf bie eigene ÜRadjt 
unb geboten, nicht jujutaffen, baß ein Ungültiger beg 
©chupeS ber eigenen ©erichtgbarfeit beraubt unb unter religiöfem 
Vorwanbe ber SRachfudjt feiner geinbe geopfert werbe. 5 ) 2)er 
^ßapft fetber fönne bieg nicht wollen — aber (gragmug wußte 
fo gut Wie ber $urfürft, bah bie $urie bereite alle äRittel ber 
©ewalt unb Sift, ber Drohung unb Schmeichelei in Bewegung 
gefept hatte, um beg Verurteilten habhaft ju werben. 

2 )aß biefe ßuftimmung ju ber fird^enpoütifcfjen Haftung beg 
Äurfiirften ber ßernpunft beg ganjeng ©cfjreibeng ift, 3 ) ergibt 
fid> nun weiter mit größter jDeutlicfjfeit aug beffen Slntwort, bie 
feßon am 14. SRai, alfo halb nach ©iugang biefeg Vriefeg abgefaßt 
würbe. Vermutlich hatte ^riebrid), ber fiel) fdjou jum Aufbruch 
nach ber Stätte ber ^aiferwaßl rüftete, ohnehin einen Kurier 

>) Sgl. meine Untersuchung über „©raSmuS unb feine Schüler 
SB. Siefen unb 91. üon ^erjogenbufdf) im Kampfe mit ben Söwener $h co ' 
logen", wo fidh auch weitere Slngaben über bie Sage be£ ©taSmuS im 
grühiaht 1519 finben. 3wingli§ SBerfe h^9- üon ®. ©gli unb ©. fJinSler. 
Sb. VII (Sriefe Sb. I) <S. 411, Sinnt. 2 unb ©. 405 f., wo ber Srief an 
Sol). Sang oom 30. »toi 1519 (Slflen III, 609, 9ir. 983) noch nach bem 
Sorgange ber ©raSmiana oon 31. §orawip mit ber Sahre^aljl 1518 
benufct worben ift. 

2 ) „non committere, ut quisquam innocens, te iustitiae praeside, 
sub praetextu pietatis aliquorum impietati dedatur.“ @. 531,120 ff. 

*) Sn ber SBittenberger Sluägabe werben üon bem Sriefe be§ ©ra$mu4 
nur biefe beiben lebten Slbfdjnitte mitgeteilt bon bem <3afje an, bafc ein 
©hrifti würbigei Seben (Optima Chriatianismi para . ..) ben Serbacht ber 
Äefcerei au£fcf)Uefje. Tom. I, fol. 237. 


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©ra$mu3, £utt)er unb f$riebrid) ber SBeife. 


47 


nad) bem SBcften abjufertigen, unb jo erhielt ©rafrnuf um* 
gefyenbe ©ewifjljeit bariiber, bafj man feine wertooße ©rflärung 
nad) ©ebüfp: ju würbigen wiffe. 

©f beftetje, fo toirb t)ier bem (Srafmuf beftätigt, in ber 
$at eine ungeheure Verfdjwörung aller 3teinbe ber 2Biffenfd)aften 
mit bem einzigen ßwed, tüchtige unb fromme ©elefyrte ju be* 
feitigen unb ju unterbrüden. £>ie nieberlänbifdjen ©elef)rten 
aber ertennen bie päpftliclje Verbammung ber fatfjerifdjen fieijre 
nid)t an; feine ©dfjriften werben oielmefyr oon iJjnen rüdljaltlof 
gefd^ä^t, toie aucf) bie beutfdjen ©eleljrten feine wiffenfdfjaftlidje 
Vebeutung unb bie Sfteinfjeit feiner Abfidjten einmütig gelten 
laffen. 5Der $urfürft fjat feine Auflieferung wie aucf) bie oon 
bem Legaten Kajetan alf 9Äinbeftleiftung geforberte Vertreibung 
auf feinem ©ebiet bifljer oerweigert, weniger um ber <ßerfon, 
alf um ber ©adje Sutfyerf wißen, 1 ) alfo weil er baf tirdjlidje 
Verbrechen ber Äefcerei alf nid)t hinlänglich bewiefen anfiefjt 
unb bie offenfunbige Ungerecfjtigfeit ju begehen ableljnen mu§, 
„einen SJiann beftrafen, ber oielmeljr Veloljnung oerbient l)at". 
®en §auptfa£ bef ©rafmuf eignet fid) ber $urfürft bafjer mit 
nodj fdjärferer Vetonung feiner obrigfeitli^en $ßflid)ten an: „SÄit 
©ottef, bef Aflmädljtigen, £>tlfe werbe idf) nidfft julaffen, bafj 
burd) meine ©d^ulb (nostra culpa) ein Unfdfulbiger ber Vad)= 
fudjt unb bem ©igennup feiner $einbe („sua quaerentium im- 
pietati“) geopfert werbe." 2 ) 

3)amit ^atte ber Äurfürft für feine in Suttjerf 6ad)e oon 
Anfang an befolgte Sßolitif eine oon ©tafmuf geprägte fjormel 
übernommen unb bamit iljre Vunbefgenoffenfdljaft befiegelt, bie 
ipre wid^tigften folgen auf bem Kötner ^ürftentage (üßooember 
1520) im perfönlidjen ßufammenwirlen beiber ÜRänner zeitigen 


l ) „Quod enira hactenus in Saxonibus nostris degit, non tarn homini 
quam causae dedimus“ .. . Stilen ©. 578,17 f. 

*) Sitten ©. 578, 20 f. S19J65. I, 8. 3n ber SBittenberger SluSgabe 
mürbe biefeö n>id)tige Schreiben mit ollem urlunblidjen SBeiroert mitgeteilt. 
1. c. fol. 237 sq. 3ur Äennjeidjnung ber Slrbeit&oeife $artfetber$ biene 
feine 93emerfung ©.209: ber Sörief griebridjä an ©rasmuS f d)eine nid)t 
ermatten ju fein, bod) teile ©raSmuS feinen ^ntjalt bem Job. episcopus 
Roffensis mit. 


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48 


©aul SEattoft 


füllte. 2Bie fef)t fitf> ©raSmuS ber öebeutung. biefeS ©inoer* 
nehmenS bemüht war, jeigt auch ber Umftanb, bah er am 
17. Dftober 1519 bem ©ifefjof ^iff>er üon fftochefter, alfo ber 
englif<f)en ©elehrtenmett unb fßrälatur, bie j£atfad£>e, bah Sutf)er 
immer noch bem päpftlichen Urteil STrop bieten tönne, mit ben* 
feiben SBorten erflärte. „®er Äurfürft üon ©ad)fat — bem. 
foeben bie Äaifermürbe Angeboten mürbe, bie nur ban! feinem 
SSerjid^t unb feinem SBoturn bem ©panier ^gefallen fei — ^abe 
gmeimat an ihn gef Trieben, als Slntmort auf ein unb benfelben 
SSrief beS ©raSmuS; huius unius praesidio substitit Lutherus. 
Id ait se causae dedisse verius quam personae. Addit, non 
commissurum sese, ut in sua ditione opprimatur innocentia 
eorum malitia, qui sua quaerunt, non quae Jesu Christi.“ 1 ) 
$>a mm baS ©Treiben beS ©raSmuS an grtebrid) oom 14. 9tprit 
bereits im $>ru<f üorlag, fonnten tünftig bie ©egner beS ©raSmuS, 
ju benen ber englifdje Geologe gleichfalls gehörte, mit urtunb* 
lid)er ©enauigleit nachmeifen, bah ®raSmuS bett $urfürften in 
feiner miberfpenftigen Haltung beftärlt unb ihm fogar bie heraus* 
forbernbe gorrn feiner ©rmiberung fuggeriert höbe. 

Unb mit biefen jmifchen bem Äurfürften unb ©raSmuS 
auSgetaufdhten ©rflärungen, in benen gerabe^u ein S3ünbniS $um 
©«hupe SutfjerS gegen bie Unterbrücfung feiner fßerfon unb 
feiner £el)re burdh bie ftrcf)lidhen Machthaber gefdhloffen mürbe, 
fteht nun beS lepteren ©dhreiben an Sutffer im engften fachlichen 
ßufammenhang. ©S ift bie öffentliche 5tnKinbigung über bie 
©emeinfamfeit ihrer Sntereffen gegenüber einem gemeinfamen 
geinbe, ben Theologen, bie ihnen beiben bie tiefere SBegrünbung 
biefer SBiffenfchaft auf bie fprachlichen unb titerarifdhen ©tubien 


*) Sepb. 2lu$g. III, col. 512 B. $ie SBemetfung: „bis ad me scripsit, 
eidem meae respondens epistolae“ bürfte einen leisten Irrtum be§ 
GraSmuS enthalten, benn bah er auf feinen ©rief bom 14. 91pril aujjer 
ber Antwort bont 14. Mai feinen weiteren ©rief be$ Surfßrften erhalten 
hatte, geht aud) barauä h eröor , bofc auf ben am 29. Mai gentelbeten 
©erluft ber ©dhaumünje erft im nädhften grühjahr bei Gelegenheit einer 
neuen wichtigen Mitteilung ©rfajj geleiftet würbe (bgl. unten). SSBahr- 
fcheinlid) meint ©ra£mu3, bah er überhaupt fepon jwei fiutper betreffenbe 
©dhreiben beS Äurfürften erholten habe. 


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©raSntuä, Sutfjer unb griebrid) bet SBeife. 


49 


$um Verbrechen machen unb ihrer betbcr ©dpdfat noch enger 
berfnüpfen, inbem fie EraSmuS als ben eigentlichen Urheber ber 
8 <f)riften ßutfjerS anflagen. 2)iefer fdjlägt bafjer nach furjent 
ifjinmeiS auf gemeinfame VunbeSgenoffen ©runbfä£e für eine 
gemeinfd£|aftüdE)e Rührung beS Kampfes t>or. 

Entgegen ber bisherigen 9luffaffung biefeS (Schreibens alS # 
einer junädhft priüaten Entgegnung auf bie ftarf perföniitfj ge* 
fjaftene ^ufcijrift 2utl)erS ift nebenbei gu beamten,. baft EraSmuS 
am Schluffe betont, bei Slbfaffung biefeS Schreibens. t)abe itjm 
ßutf)erS SSrief nicht oorgelegen. Er nimmt auf biefen unb 
ßutfjerS Sßerfon eigentlich nur $ejug mit ber furjen Vemerfung 
im Eingang, bafj er barauS ßutljerS fdharffinnigen ©eift unb 
feine djriftliche ©efinnung erfannt f)abe, unb fReibet öon if)m 
mit bem feierlichen SegenSmunfche, bafj EfjriftuS if)m feinen 
©eift immer reichlicher mitteilen möge ju feinem 9tul)m unb 
" §um §eile ber Eijriftentjeit. SBaS er ihm fonft etwa mitjuteilen 
hatte, tonnten bie beiben Vertrauensmänner übermitteln, bie fiel) 
Enbe ÜDiai jurn 5lufbru<he rüfteten unb aujjer biefern Schreiben 
bor allem §roei fitr^e VegleitfdEjreiben an ben föürfürften unb an 
Spalatin erhielten: inbem griebrief) l)ier nodt) einmal als ber 
Patron ber bebrängten ©etehrten im Kampfe gegen bie geinbe 
ber SSiffenfc^aft gefeiert mirb, 1 ) fteUt ihm EraSmuS baS an 
ßutfjer gerichtete äJianifeft jur Verfügung: eS mürbe benn and) 
üonfeiten ber SüSittenberger halb barauf veröffentlicht unb in 
befonberS feierlicher unb bebeutfamer SCBeife oon bem ßeipjiger 
^umaniften ^etruS SftofellanuS (<Sd£>abe) in Verbinbung mit ber 
Sftebe, mit ber er am 27. ßfuni bie Disputation auf ber Sßleifjen* 
bürg eröffnet hatte (De ratione disputandi), unb mit bem um* 
fangreidf)en Vriefe, ben EraSmuS am 22. Slprit für ihn felbft. 
oerfafjt hatte.-) ÜberbieS erfcE)ien es fdjon im Dftober 1519 in 
ber nädjften Ausgabe ber Vriefe beS EraSmuS, ber Farrago nova. 

') £>artfelber (©. 209) [teilt feft, baf} auch in gtoei neuen Briefen beS 
©raSrnuS an ftriebrid) unb (Snalatin Sutber nid)t erwähnt werbe! ftaum 
baf) bie „©önner ber alten Unwiffenbeit einen £ieb erhielten, ben man 
nicht unbebingt auf SutberS ®egner $u belieben brauche". 

2 ) SSgl. Men3 (Einleitung ju ?tr. 948, III, 540 f. unb ju 9tr. 980, 
©. 605; ferner bie genaue Überficht ber ®rude bei ©übers? II, 64 ff. 28enn 

©tfr.B. f. St. 87,1. 4 


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50 


^aul Äaltoff, 


©benfo geht jc^ort aus ben bi䣻erigen Beobachtungen fjeröor, 
baß manche Autoren in ihrem ärger bar über, baß ©raSmuä 
„für bie beftimmt ausgeprägten bogntatifeffen Slnfdjauungen SutherS 
unempfänglich blieb",*) ihm einen felbftfüchtigen, hochmütigen 
Quietismus beilegen, 2 ) ber feinem innerften SBefen fremb ift unb 
pen er gerabe in jenen ©ntfcheibungSjahren, fomeit er ihm fonft 
auch als SJtaSle ober Scfjilb bienen mochte, zu SutherS ©unften 
beifeite gefept h at - „@in tiefes, fcfjarfeS, entfcheibenbeS unb 
fampfbereiteS ©inbringen in bie religiöfen unb fird^lichen fragen 
fei überhaupt nicht feine Sache getoefen: er liebte für feine 
SSiffenfchaften unb für feine Sßerfon eine anftänbige 9tuf)e." 
SBenn nun als ©runb bafür bie gurd^t beS ©raSmuS angeführt 
mirb, bur<h eine „©emeinfdhaft zmifdjen ben bon ihm gepflegten 
Stubien unb bem ungeftümen SBirfen eines Sutfjer" jene bei 
feinen bornehmen ©önnern berbäc^tig gu machen, fo geht aus 
allen jenen ©rflärungen f) erö or, baß er in feiner bamaligen 
Sage menigftenS fid) bon ber Unabmenbbarfeit biefeS ScßicffalS 
überzeugt hotte unb entfchloffen mar, ben gefjbehanbfchuh auf* 
gunetjmen. 

©r beginnt mit ber ff-eftftellung, baff SutherS Schriften bie 
Sömener j£h e °f°9 eu in ungeheure Aufregung (quas tragoedias 
hic excitarint) oerfeßt haben unb baff fie feitbem fict> nicht bon 
bem Verbucht abbringen laffen, baß SutherS „Lucubrationes“ 
mit Beihilfe beS ©raSmuS, beS Bannerträgers biefer Dichtung 
(factionis), oerfaßt feien. BeadjtenSmert ift babei, baß biefe 
Bezeichnung ber bisher erfeßienenen Schriften SutherS bem Stitet 
ber bon Johann $*oben in Bafel oetanftalteten unb im gebruar 


SraSmuS fid) am 10. 90tai 1521 in einem Schreiben an Sonag (ftaroerau 
1,58) über bie 33eröffentlid)ung biefeS Briefes betlagt, fo muß man oe« 
benten, baß et bamalS fdjon oon Slleanber auf bag fdjroerfte öerbädpigt 
unb bebroßt worben war, fo baß er ernftlidi) barauf bebadjt fein mußte, 
ftd) ben bilden ju beden, fo lange er noch im 9Jiad)tbereid) §od)ftrateng meilte. 

i) Äöftlin, 5. Stuft. I, 271. 

■-) Seijr ftart ift bag Urteil über bie fßerfönlid)!eit beg Grrasmus aud) 
burd) bie <5d)mäf)fd)tift $utten8 unb bie Darfteüungen oon 2). gr. Strauß 
unb % öapm beeinflußt worben. SSgl. baju meine 3lrbeit über „U. o. .fp, 
unb bie Deformation", $ap. VI unb XV. 


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GraSmuä, Sutger unb griebrid) ber SBeife. 


51 


1519 §um erften 2ftale fjerouögegebenen Sammlung entlehnt 
ift,‘) bie don tiefem greunbe unb ÜDJitartieiter beS (SraSmuS in 
|>unberten don (Sjemplaren in 5 ra nf reich, Spanten unb Italien' 
derbreitet morben mar: mie er Sutljer am 24. gebruar 1519 der» 
melben tonnte, Ratten felbft füprenbe Geologen an ber Sorbonne 
ertlärt, bafj fie läftgft bei ber 23ebanblung ber ^eiligen Schrift 
eine berartige Unab^ängigfeit don ber fctjolaftifd^en SUiet^obe 
gemünfcbt batten. 2 ) ©runb genug für bie nieberlänbifcben SDomini* 
taner unb ßarmeliten, ihre ^errfdjaft auch in Sömen bebrobt ju 
feben, unb ©emcifeS genug, um bem (SraSmuS bie 9lutorfcbaft an 
Schriften mie bie „Resolution^“, bie in ^ ro ^ en ^ Sammlung 
doranftanben, in bie Scbube §u fliehen: maren bocf» für biefe 
Seute noch meit geringfügigere $ufjerticbfeiten gut genug, um felbft 
baS tbeotogifd)e ^auptmerf SutberS, baS don ber babtjlonifcben 
©efang&tfcbaft ber ^irdje, auf (SraSmuS guriicfjufübren. 3 ) 

SDiefer fd^ilbert nun mit ben ibm don ben früheren Schreiben 
an ben $urfürften, an SBolfep u. a. geläufigen Söenbungen, mie 
bie Xbeologen in biefer Unterteilung ein geeignetes Mittel er» 
fannt hätten, um zugleich bie — befonberS feit ber ©rünbung 
beS Collegium trilingue 4 ) — ÜMßömen aufblübenben Stubien 
unb ihn felbft ju derberben: bie mieberbolte Älage über ihr 
Sptopbantentum meift auch b^ er auf bie faum det^üUte Slbfidjt 
eines (Sgntonban als „iuquisitor designatus“ hm, im (Sinder» 
nehmen mit .gjocbftraten auch auf bem ^rojefjmege gegen ihn 
dor^ugeben. SDiefeS derberbliche Treiben, baS mit bem Berufe 
beS Theologen in fchroffem SBiberfprucb ftebe, fei anfangs don 
menigen ausgegangen — dott (Sgntonban, Sean S3riarb, (Sbuarb See, 

*) mitten hätte alfo aud) an biefer Stelle baä dort? mit grofjen 
s ?lnfang§bud)ftaben fegen follen, mie in bem ©^reiben an griebricg: 
„I’rodiere nuper Lucubrationes aliquot Martini Lutheri“ .... ©. 529,44. 

2 ) Gnberl I, 420 f. 

®) Anfänge ber Gegenreformation H, 42 f. 47. ®aju lam bie £erau3» 
gäbe ber Sammlung burd) ben greunb unb Berteger be§ @ra§mu§. 

*) Bgl. ju ben non GraSmuä beflagten Umtrieben unb ben non igm 
angebeuteten ^Jerfonen bie Unterfudjuug oon £>. Giemen über bie fatirifdje 
Betätigung ber beibeu Brüber Befen im Stampfe gegen biefe Söwener 
Dbffuranten: „Ser Dialogus bilinguium et trilinguium." 5lrd). f. 9ief.*G. 
I, 355 ff. unb 3roingli3 SSerfe, Briefe I, 402 ff. 

4* 


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52 


'.ßcntl ftatfoff, 


Safob SatomuS —, habe fid) bann aber mie ein anftedenbeS 
®ift eines großen Teiles ber jatjlreid^en afai>emijd)en ©efetlfchaft 
bemächtigt, ber Tat hat fetbft ein jo bejonnener (gelehrter 
wie Martin T>orp jidh erjt feit bem ©ommer 1519 mieber gn 
einer freunblicheren Gattung gegen EraSmuS bejtimmen taffen, 1 ) 
bodh ftanb er bamit in ber theologifchen gafultät allein unb 
mürbe nun fetbft heftig angefeinbet. 

EraSmuS hat ihnen erftärt, baß ihm Sutßer unb feine 
©cßriften unßefannt feien, fo baß er fich jebeS Urteils enthalte, 
unb fie jugteirf» ermahnt, Suther nicht oor bem Sßotfe in fo 
gehäffiger SBeife gu oerrufen, ehe fie feine ©djriften getefen 
hätten, gurnal fein untabetigeS Seben bem SSormurf ber Äejjerei 
miberfpreche. ES fei oietmehr ihre roiffenfchaftlicf)e Pflicht, guoor 
SutherS 2lnfidften gu mibertegen, fei eS ''burd) Verausgabe oon 
©egenfdhriften, fei eS burch TiSputation oor einer Uniüerfität: baS 
maren atfo bie gorberungen, bie Suther unb fein SanbeSljerr 
mieberhott unb förmlich erhoben unb fetbft bem päpfttidjen Urteil 
gegenüber aufrecht erhalten hatten, ©enau ebenfo, fügt EraSmuS 
hingu, habe man ihn fetbft behanbett: obmoht er mehrmals 
frieblidjen Ausgleich mit ihnen gejucht habe, merbe er auS flein» 
liehen SBerbadjtSgrünben immer aufs neue angegriffen! 3n biefer 
gefährlichen Sage tröftet er fich mit ber ^Beobachtung, baß bie 
Treibereien biefer Strt oon Theotogen oon ben maßgebenben 
^erfonen in ©taat unb föirche (aulicis) feineSroegS gern gefehen 
mürben: aber auch legten bie (Gegner ihm gur Saft. T)ief e 
mufften atfo nur gu gut, mit melier ©orgfatt EraSmuS gerabe 
in jenen Tagen bei einflußreichen SJiännern am englifchen unb 
am nieberlänbifchen V°f e fid) Sftüdenbedung gu oerfdjaffen gefugt 
hatte, 2 ) mie er bei bem Mangler Thomas SftoruS, bei bem T>iplo= 
,maten 9tid)arb $ace, ben Vofleuten Sorb SJiountjop unb ©ir 
Venrt) ©uilbforb fich m Erinnerung braute, mie er laiferlidje 
SRäte, Satob S3anniffiuS, ben SBorfteßer ber lateinifdjen Äanglei, 
ober SlegibiuS SöuSleiben, für feine Ausgabe beS Sfteuen TeftamcntS 
gu ermärmen unb befonberS bei ben ihm erreichbaren SBifcßöfen 

*) ©lernen 6. 359. Anfänge I, 69. 78 f. 

2 ) $gl. junt golgettben Men III, 9Zr. 936—974. 


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Gra3mu3, Üutljet unb IJriebrid^ bet SEBeife. 53 

feinen ©egnern bag SBaffer abjugraben fidb bemühte. Sßenn er 
baber fortfäbrt, bie Sifdfjöfe feien ifjm alle tt?of>Igeftnnt, fo 
fpridft baraug bie Hoffnung, in erfter ßinie bei ben englifdfen 
Sifdföfen, bie er foeben mit 3 ufd£)riften bebaut batte, bei Sßolfep, 
$ift)er, ffoj unb (ben Sifcböfen oon fRodtjefter, Sßin* 

djefter unb SDurtjam), bie fßolemif beg ©buatb 2 ee unwirffam 
51 t machen, benn er [teilt nun feft, baff bie ©egner an ber 
Sirfung ifjrer Süd)er oerjweifeln unb ben ©rfolg aßein oon 
ifjren Angebereien erwarten, bie er aber im Sewufjtfein feiner 
Unfdbulb oeracbte. ©Ieicf)tt>ot)I b°tte er eg für nötig befunben, 
aud) ben Segaten ©ampegio anguge^en unb auf ben mädfftigften 
SJZann am Zpofc Äönig Äarlg, fperrn oon ©bieoreg, einjuwirfen, 
inbern er feinem jugenblidjen SRepoten, Sßilfjelm oon ©rot), bem 
©rjbifcbof oon £o!ebo, in einem längeren (schreiben ^ulbigte. 
Xem ©rjbifdjof oon SRainj melbete er gleichseitig, baff in ©ng= 
lanb beibe ftarbinäle (SBoIfet) unb ©ampegio) unb „faft alle 
Sifcböfe" auf feiner (Seite ftünben unb feinen ©egnern im tarnen 
beg $önigg Sd^toeigen auferlegt hätten: ebenfo möge nun ber 
fßrimag oon S)eutfdt)Ianb if)m bort gegen bie Umtriebe feiner 
[feinbe, bereu Angebereien bag Aufferfte befürchten liefen, Sdbu$ 
gewähren. 1 ) SJiefe feine guten Schiebungen ju ben englifd)en 
©rofjen fämen nun auch Sutber sugute, über beffen Sdbriften 
gerabe bie einflufcreicbften ein günftigeg Urteil faßten. Auch in 
ben ÜRieberlanben feien ibm manche geneigt, barunter ber Sifdjof 
oon Süttid): leptereg eine febr gewagte Sebauptung, bie fi<b 
oorerft nur barauf ftüpen tonnte, baff ©bewarb oon ber 9Rarf, 
wo fein ©brgeis un b feine Habgier, jumat bei Serforgung feiner 
üRepoten oon ber Äurie nicht genügenb berücfficbtigt würbe, [ich in 
frechen Augfäßen gefiel, 2 ) unb baff ©ragmug feinem SReffen, einem 
oierunb^wanhigfabrigen Prälaten, bem Sobne beg gefürchteten 
Sanbenfübrerg fRobert oon ber 9Rarf, bie fßarapbrafe jum ®alater= 
brief mit Sobfprüdjen auf ben ffürftbifcljof gewibmet batte. 3 ) 

») willen ©. 594, 11 f. 

2 ) Stalfoff, $epefd)en be£ 9Zuntiu§ Stleanber Dom ÜSormfer Aeidistage 
1521. 2. STufl. §alle 1897. ©.43; über bie folgen biefer (Srtoäfntung Gber» 
IjarbS Dgl. ebenba ©. 220 Anm. 1. Anfänge ber Gegenreformation I, 88. 

3 ) Aßen Ar. 956. 


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54 


$aul Äaltoff, 


3)iefe SluSfühtungen bebeuten nicEjtö anberes als eine firdjen* 
politifdje ^iftion, bie ben SBerbünbeten nach gmei ©eiten §in 
günftigere iöebingungen für bie Fortführung be§ Kampfes tiefem 
fottte: einmal ber öffentlichen Meinung unb bann ber Äurie 
gegenüber, bie fich bei folcf)er Gattung beS ©piSfopatS bemogen 
fühlen fonnte, auf bie über Suther »erhängten ßenfuren ftill= 
fchtneigenb ju »erdichten, tnie bann auch F^übrid) ihr burch 
günftige ©rflärungen ber nächftbeteitigten 93if<höfe bie SBieber* 
aufnahme beS SßrojeffeS ju erfahrneren fuchte. 

SluS bem britten Steile beS ©Treibens h°t man bisher nur 
bie Ermahnung herausgehoben, bah Suther fein hi|i 0 eS £empera= 
ment jügetn möge, ba man „mit SRäfjigung mehr ausrichte" unb 
fich ffOor bem Schein beS Hochmuts hüten, baS ^ejcj oor ßorn, 
|wh unb ©hrfudjt betoahten" möge; man fanb biefen' etmaS 
fchutmeiftertidhen #tat hinlänglich gemitbert burch ben ßufafj bes 
©raSmuS, er „meine nicht, bah Suther bieS je|t erft befolgen 
folle, fonbern bah er es, mie er eS mirflich tue, auch ohne 
Untertafj beachten möge." l ) Statfächlich h Qt ~ntt;er auch an 
biefer Äritif, fomeit fie ihn überhaupt berührte, feinen Slnftofj 
genommen; aber er tuirb roohl auch richtiger als mancher neuere 
Ausleger biefer geilen oerftanben hoben, bah ber fdjärffte ©a| 
oielmehr einen ©eitenljieb auf bie gemeinfchaftlichen ©egner be= 
beutete: benn er finbet fich er ft ani ©djluh ber 9tatfd)läge für 
eine im gegenfeitigen ©inoernehmen §u beobadjtenbe $antpfmeife. 

2>abei fteUt nun ©raSmuS ben Sßorfchlag ooran, bah 
felbft, fomeit es bie ©egner julaffen mürben, fich o° r einer 
^erauSforberung ber firdhlichen ©trafgemalt in Sicht nehmen 
merbe (Ego me, quoad licet, integrum servo), um feine frucf>t= 
bare Stätigfeit auf miffenfchaftlichem ©ebiet fortfe^en ju fönnen^) 
unb meit er glaube, bah man innerhalb ber bem Untergebenen 
gezogenen ©rennen (civili modestia) mehr leiften fönne als 

») ftöftlin I, 272. 

2 ) ®abei ift ju berütfftc^tigeu, bafj ©raSmuS im gälte einer Skr* 
folgung burd} bie Qtiquifitiün mit ber jofortigen Skrtiaftung unb weiterhin 
mit ber erbarmungSlojen Siofljieljung beS Urteilt burd) bie roeltlidjc SJtadjt 
regnen mufcte, mäljrenb Sut^er oor ben folgen be§ SBanneS flunäd)ft unb 
foioeit bie 9Jtacf)t ber (Srneftiner reifte, gefiebert mar. 


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©raSmuS, Sutljer unb ^friebtic^ bet SBeife. 55 

bei einem Äonflilt mit ben SÜtochthabern (quam impetu). Stud) 
biefe ©teile enthält alfo eigentlich feinen dabei be§ bi§f)er non 
ßutfjer beobachteten Verhaltens, fonbern nur bie geftftellung, baß 
SutßerS jSdjicffal ben Vorfaß nahe legen ntüffe, baä genteinfame 
t ,giel womöglich oßne ©roch mit bem ^ßapfttum ju erreichen. 
Sßach biefem (Srunbfaß h a ^ e ©hnftuS felbft jeine ^errfdjaft über 
bie §er^en ber Sttenfchen errichtet unb $aulu§ bie binbenbe 
$raft beS alten VunbeS aufgehoben, ktbem er, ben Vucßftaben 
beS (SefeßeS umbeutenb, eS mit bem neuen (Seifte erfüllte. ©S 
fei bei biefer Aufgabe, bie ©aßungen ber Kirche Wieber mit bem 
(Seifte beS ©öangeliumS burdjbringen, flüger, bie unter* 
georbneten (Segner anjugreifen, bie bie päpftliche äKachtfteUung 
mißbrauchten, als ben fßapft felbft; üon ber gleichen j^iftion 1 ) 
pflege man ja auch in ©treitigfeiten mit ber weltlichen Dbrigfeit 
(Sebrauch $u machen, inbem man nicht ben $önig, fonbern feine 
Ratgeber hefcßulbige. ferner empfehle eS fid), iw Kampfe gegen 
bie fdjolaftifche Rheologie nicht bie einzelne ©<hule £)erunter= 
^umachen 2 ) — wie Sutßer feinem Sngrimm gegen bie ©efte ber 
dljomiften freien Sauf gelaffen hotte —, fonbern fie ju pofitioer 
Sftitarbeit (ad studia magis sobria) §u bewegen, alfo, wie 
©raSmuS e§ felbft anftrebte, ben afabemifchen Üfta<hwu<h3 für bie 
fpra<hli<hen unb ejegetifeßen ©tubien ju gewinnen, diejenigen 
firchlichen ©inrteßtungen unb (Sewoßnßeiten, bie burch äußere 
Umftänbe (wie im f^alle beS SlblaffeS burch ben Vorteil ber 
$lerifer, bie drägßeit ber Waffen) fich fo befeftigt hätten, baß 
fie nicht mit einem ©<hlage aus ben köpfen ju entfernen feien, 
müßten erft burd) eine ßartnäcfige unb braftifeße ißolemif erfchüttert 
Werben, ftatt baß man unoermittelt Seßrfäße aufftetle, für bie 
ba§ VerftänbniS noch nicht hinlänglich borbereitet fei: 3 ) eS ift 


') Sßgl. bie planmäßige 2luSnu|ung biefer gittion in bem genüge 
beS ©raSmuS gegen bie SSerbammungSbulle 219t®. 1,49 ff. 

a ) #ljnlict) empfiehlt er in bem Briefe an 3 onfl 3 über bie geiler ber 
möndjififjen s $rebiger, weniger bie fdjolaftifcfjen Stiftungen (publicas scholas) 
als folf e anjugreifen, als ju jeigen, was iljnen feljle ober was fie ju 
ttteiben hätten. 2111m ©. 613,105 f. 

3 ) De rebus receptioribus, quam ut subito possint exanimisrevelli, dis- 
putandum est argumentis densis et efficacibus potius quam asseverandum. 


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$aul ftatfoff, 


50 

baS eigene Verfahren, baS EraSmuS fdfon längft in feinen 
fatirifcf>en ©driften, befonberS in ben SoHoquia, gegen firdjliche 
Sftifcbräuche oolfStümlicher Strt angewanbt hatte: ben Erfolg 
hatte ihm ber grimmige $afj ber rücfftänbigen nieberen ©eiftlid)* 
feit bestätigt. %n ber $olge f e * e§ bann rötlich, bie giftigen 
Eingriffe einer getoiffen Slrt oon Gegnern lieber mit neräcfjttidjem 
©chweigen als mit bem frucf)tlofen SSerfucf) einer SBibertegung 
ZU beantworten: ein fcf)öner Sftatfchlag, ber auf SutfjerS 9Sert)ättni5 
ju Defcel unb fßrieriaS rec^t wohl gepafjt haben mürbe, wenn 
beren ©Triften nicfjt einen ganz beftimmten offiziellen 3 rocc f 
gehabt Ratten, bie eine als 83egrünbung ber Denunziation, bie 
anbere als gerichtliches ©utacfjten. Sluch mar EraSmuS mit bem 
bisherigen Verlauf beS ©treiteS ^inlänglicf) befannt, um zu miffen, 
bafj biefe (Gegner SutfjerS mit blutigen Drohungen unb plumpen 
©cf)mäf)ungen über if)n hergefallen waren, unb er fetbft war 
nicht ber 9J?ann, unberechtigte Singriffe ruhig hinzunehmen. 9?ur 
baf; er bie Daftif oerfolgte, untergeorbnete Vollerer, bie er felbft 
feiner Entgegnung mürbigte, bafür befto fcfjärfer burch feine 
©chüler unb greunbe abfertigen z u taffen. 1 ) Söenn atfo bie 
folgenbe Sßenbung eine ÜJiahnung für Sutljer enthält, fo muffte 
er ben ©cfjein anmafjenber SBeoormunbung fernzuhalten, inbem 
er fie zugleich an fich felbft richtete: „Überhaupt gilt eS fich 
oorzufehen, bamit mir nie aus ©elbftüberhebung ober fßartei* 
lichfett reben ober hunbeln, fonbern ftets bem ©eifte CSfjrifti 
gernäfj. 9Kan mufj eben bie nötige ©elbftzudjt üben, um fich 
nicht burch 8 0rn °& er 4?afj ober Eitelfeit (gloria) fortreifjen 
ZU taffen; benn gerabe biefer $ e hl er Pflegt bem Dljeologen leidet 
anzuhängen" (nam haec in medio pietatis Studio solet in« 
sidiari). ©erabe bie festere Slnfpielung, bie unberfennbar auf 
Dr. Ed gemünzt ift, 2 ) mährenb Defcel unb ißrieriaS fich iu bie 

*) 9teben ber fdjon erwähnten 6d)rift Siefen» tommt I)ier befonberS 
bie literarifd>e 3üd)tigung (£gmonban§ burd) StifolauS non £>erjogenbufcb 
in 93etrad)t (ßnünglig SBerfe, Söriefe 1,378ff. 404ff.), fotoie ber int fetbft 
^oon ffiöln aus betriebene fatirifdje getbjug, unter ÜJUttoirfung befonberS 
jpermamtS non bem 93ufd)e. 

*) 2utt)cr t)at bie* “mb feh* wobt oerftanben; er oermerft in einem 
Briefe an ©taupijj (3. 0tt. 1519. ©nberS II, 184,51 ff.) mit ©enugtuung, 


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©ro^mug, Sutfjet unb Friedrich ber SBeife. 


57 


beiben anbern teilen mochten, geigt, bafj (SraSmuSt weit badon 
entfernt war, ßutfjer eines berartigen Verhaltens ju berichtigen 
ober ernftticfj für fätjig ju galten. «Soweit aber eine leife @r= 
matjnung jur Mäßigung im 2Sortgefed)t barin liegen follte, be* 
fleifjigte ficf) (SraSmuS felbft in biefem Schreiben einer merflidjen 
©elbftjud^t, ba er bie nämlidjcn ©ebanfen in ben übrigen gleich 
zeitigen ^unbgebungen mit weit fcfjärferen 9tuSbrü<fen dorjutragen 
unb mit boshaften äBenbungen ju derbrämen fid) nidjt der* 
fagen fonnte. 

3 um ©djlufj erfreut er Suttjer bitrcf) jwei Mitteilungen 
fad)lidber ?trt: er fjat feine ©rftärung ju ben ^fatmen ganj dor* 
trefftid) gefunben unb derfpridjt fid) don biefem SCÖert reichen 
©egen. £)em DrbenSgenoffen SutljerS, bem $rior Safob Sßropfts 
in Antwerpen, ber fid) rüf)mt, ein ©djüler SutfjerS ju fein unb 
ber mit ber größten Siebe don ifjm fpricfjt, gibt er baS ßeugnis, 
bafj er ein wahrhafter jünger ßtjrifti fei unb bort faft ber 
einzige, ber im ©eifte C£t)rifti prebige,*) wätjrenb bie übrigen 
it)re fcfjotaftifd^en ©emeinpläfce unb ©pifjfinbigfeiten teuren ober 
ben Söeutet ju füllen fuc^en. 3 u 9^ e ^ entbecft uns bamit ©raSrnuS 
eine weitere Quelle, aus ber er genaue unb günftige Vetehrung 
über SutfjerS ißerfon unb fein Sßirfen gewonnen fjatte’: bie 
fläntifdjen 5tuguftiner, bie in jenen fahren fleißig nach Sßitten» 
berg pitgerten, wohin auch ^ropftS noch einmal jur Vertiefung 
feiner ©tubien jurüdfef)rte. 2 ) 

©raSntuS oergtfjt nicht ju bemerfen, ba| er aud) nad) Sutpers 
SBunfdj fdjon an Metand)tf)on gefdjrieben ^abe, unb in ber £at 
frfjlie^t ber bereits oom 22. Stprit batierte Vrief mit ber liebenS* 

tote aud) ©raSmuä ben bün!elf>aften, unaufrichtigen, drahletifdjen SDiann 
treffend gefennjeichnet habe, inbem et bemerfte, @d Ijabe einen SBudjftaben 
feinet eigentlichen !Jtamen§ unterlagen, ba er tton Siechte wegen ,,©ed" 
heifce. • Sutljer findet ben $ieb treffend befonberä wegen ber JRuhmrebigfeit, 
mit ber Dr. @d feinen Seidiger ©ieg au§dofaunte. 

») $iefe 93emerfung machte Stleanber noch i. 3-1521 unter genauer 
Anführung be§ SSortlaute bem (SraSmuS jum SSorrourf. Bericht an ben 
SBijefanjler SJiebiei bei £h- 23rieger, ®ie öerooQftänbigten Slleanber-Sedefchen 
<3. 263,2 f. 

*) Stalfoff, $epef<hen SlteanberS,®. 110 Stnm. 1. Anfänge ber ©egen» 
reformation I, 51 ff. u. ö. 


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58 


fßaul Äalfoff, 


mürbigen Mahnung, feine nicht gerate eiferne ©efunbljeit z u 
fronen, bamit er ben 2Biffenf<f)aften auf bie ®auer toertöoQe 
2)ienfte leiften !önne. Slud) tiefes Schreiben gipfelt aber in bent 
ÜSorfdflag engen 3 u f ammc wf c ^tuffe§ gegenüber bem -fpaffe ber 
gemeinfamen geinte. gnbern er fi(f) auf feine in bem Schreiben 
an ben ßurfürften enthaltene (Srllärung über Sutljer bezieht, hebt 
er nur furz h^öor, baff bei ber $Berfcf)iebenheit beS Urteils über 
feine Schriften ihm baS ungeteilte Sob feines öormurfSfreien 
ÜSBanbelS zugute fornmen müffe. Manche feiner SluSftettungen 
feien jutreffenb unb man müffe beteuern, bah er fi<h burd) feinen 
greimut ein fo hartes Sdjicffal zugezogen höbe. 1 ) 

tiefem Schreiben, baS mohl nocf) bem lurfädjfifchen ©eleitS= 
manne mitgegeben »erben tonnte, mürbe bie ebenfalls am 22.Slpril 
gefdfriebene Slnijoort an *ßetruS SKofetlanuS auf beffen 33rief oom 
6 . ganuar beigefügt, in bem fich ber gülfter ber Seipjiger 
£>umaniften über bie Eingriffe ber bortigen Xljeologen befefjmerte, 
bie feinen (Sinflufj auf bie Stubentenfchaft unb bamit ben gort= 
fdjritt ber fprad^Iid^en Silbung ju untergraben fucf)ten, intern fie 
ihn als einen unzulänglichen Vertreter beS ©riedjifchen öer« 
bächtigten, 2 ) ba bisher (SraSmuS nicht einmal oon ihm 9totij 
genommen höbe, gür tiefen mar baS ein mitllommener Slnlafj, 
feinerfeitS über bie Singriffe feiner ©egner in Sömen, in Straft 
bürg unb in (Snglanb Älage zu führen unb fomit bie SRotmenbigfeit 
eines engeren 33ünbniffeS ber §umaniften barzutun, baS nun auch 
Suther zugute lommen fottte. 

_i_ 

*) Quaedam admonuit recte, sed utinam tarn feliciter, quam libere. 
9tßcn ©. 540, 34 f. 

2 ) Sitten @. 468 f. Sie Seidiger Geologen waren bann burd) it»re 
Söwener greunbe oon biefern ©dritte i^re§ Äoüegen, ber fidb habet ba§ 
SBortfpiel be§ SraämuS oon ben „theologi mataeologi“ ( 3 . 93. au<b im 
93riefe an ben Äurförften 530,63) angeeignet batte, unterrichtet worben 
unb batten ibn bei §erjog ©eorg benunjiert, ber ibn am 28. SRai warnen 
liefe, bafj er bei 93erluft feiner ©teüe fid) nicht wieber beifommen taffe, ficb 
wie in bem 93 riefe an (SraSmuS „mit 9 Borten ju oergreifen". ®efj a. a. 0 . 
©. 122 f. SJtan fiebt, wie (SraSmuS aüe Urfadje batte, jur äufjerften 93or ficht 
im brieflichen Skrfebr ju mahnen. 


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III. Äapitel. 

Der Aufruf Oes €rasmus an Me deutjdjen 
ßumaniften für eine €ntfd>eidung In Cutters 
Sad)e durd) die Univerfitaten unter Hieder- 
fcfylagung des päpftlid)en Urteils. 


$ud) in biefem für weitere Greife ber beutfdien ^umaniften 
beftimmten ©riefe an SDtofellan, 1 ) in bem (EraSmuS ©eifpiele 
für baS pgleich lächerliche unb boshafte ©ebaren befonberS ber 
tnöncfjifdjen ©egner ergäbt, fteflt er beren Eingriffe auf feine 
SluSgabe unb feine (Erläuterungen beS üfteuen STeftamentS in ben 
©orbergrunb unb fjebt bann befonberS baS Xreiben eines Sötoener 
5t)eotogen ^erüor, ber ßutfjerS £et)re unb ©cfjrtften oor bent 
©ölte auf baS gefjäfftgfte öerbäcf)tigt, it)n als „Äefjer, Slnticfjrift 
unb ©erberber beS cf)riftlid)en ©iaubenS" getäftert habe, um bann 
$u behaupten, bafj bie fprarf)üc^en ©tubien bie Quelle fotd^er 
ßepereien mären: mäljrenb bod) oon jeher bie rechtgläubigen 
Xfjeotpgen mit eben biefen Äenntniffen auSgerüftet, bie Urheber 
Don $e|ereien bagegen finblid) unmiffenbe unb fpradjlict) un= 
gebilbete SD?enfdf»en gemefen feien; auch f e i Suther felbft hoch nicht 
oon ben humaniftifchen ©tubien, fonbern oon ber fcholaftifchen 
^h e ologie au§gegangen. 2 ) 

*) Über tiefe 2lrt ter fßubltjipif im allgemeinen ögl. ÄSR©. 1,4 f. unb 
meinen 2luffa| über „ben Journalismus im SReformationSjeitalter" in ber 
§albmonatSfd)rift „2)eutfdje Stimmen" 29. Jahrgang, Serlin 1917, 0. 654 
bis 658. — $aS ©djreiben an ben ©rjbifctjof non SÜtainj unb bie fid> baran 
jdgießenben Äußerungen SllbredjtS unb SutßerS aud) bei Jr. ^errmann, 
2>ie ebangelifdje Bewegung ju fbtain^ im fReformationSjeitalter. 2Rain^ 
1907. 6. 67 ff. 

s ) Men 6. 543 f. 


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00 


$aui «alloff, 


Eragmug war fidj alfo ber weittragenben ^atfache wot)l 
bewußt, bafj er, wie bisher f<f»on feyre gefamte wiffenf^aftlic^e 
SEätigfeit auf bie innige Verbtnbung ber tfjeologifdjen mit ben 
fpradjlidjen unb fyiftorifdjen ©tubien abjielte, fo im oorliegenben 
$aße einen ^ßaft mit einem fdjotaftifdjen Geologen abgefc^Ioffen 
tjatte, ber ft<f) btgfjer nocl) feinegwegg alg „trilinguis“ erwiefen 
f>atte, wof)I aber mit ben bebeutenbften Vertretern biefer fftidjtung 
eng oerbunben war, Unb Sragmug oertiefte biefe oielüerfprec£)enben 
Slugfidjten nod), inbent er in bem Slbfdjtebggrufj an Suftug 8ona§ 
biefen ermahnte, ficf) !ünftig ganj ber Geologie jn wibmen unb 
bei feiner tjeroorragenben rtjetorifcfjeir Vegabung, ficf) oor allem 
bie pflege ber ^ßrebigt angelegen fein ju taffen, tiefer Vrief 
oom 1. Suni 1519, ber barnalg fdjon für bie neue Sluggabe ber 
Vrief fammlung beftimmt war, würbe ju biefem ßwedte nodt) be* 
beutenb erweitert unb fottte ben ffreunben eine Slbfdjlagg^ablung 
auf bie üon ifjnen gewünfdjte „Institutio evangelici conciona- 
toris“, 1 ) ba§ üon if)m geplante „Opus concionandi“ bieten; er 
wollte alfo bie oolfgtümlidje ^ßrebigt Sutfjerg burd) eine für bie 
gebilbeten Greife beftimmte Äan^elberebfamfeit ergänzen, alg beren 
berufenen Vertreter in 3)eutf<f|Ianb er Sutljerg ffreunb itjm an 
bie ©eite ju fteßen hoffte. Slucf) babei würbe bie gemeinfame 
Vflicfjt, bem oon ben ©egnern oerfc^nlbeten nnwürbigen ßuftanb 
ein Enbe ju madjen, nic^t oergeffen. 2)ie fdjolaftifdf)e ^^eotogie 
tjabe gerabe biefe praltifdje Slufgabe fdjwer oernadjläffigt ober 
oielmetjr gänglitf) mifsoerftanben: bie einen tragen bem unwiffenben 
Volle bie ©pi^finbigfeiten ber flotiftifdjen ®ogmatil oor, wobei 
fie nodj baju befonberg oerjroidte fragen beoorgugen, um iljre 
naioen 3ul)örer 3 U oerblüffen; anbere bringen fdjolaftifd^e Sehr* 
fä^e §ur Erörterung, bie laum ben ©elefyrten intereffieren fönnen, 
anbere enblich bieten jur Unterhaltung itjreg ^nbltfumg ein 
©atnmelfurium oon ©teilen aug bem römifdljen unb bem lano* 
nifd^en fitest unb aug ben entlegenften ©chriftftellern, um mit 

i 

*) 3?gl. baS <5d)mben feines SanbSmanneS San üöeedet bei Sillen 
©. 515,16 ff- SraSmus Ijat noch gegen (Snbe feines ÄebenS t>erfud)t, biefeS 
SSerforedjen einjulöfen butd) bie 1535 ücröffentlidite <3d)rift: Ecclesiastae 
sive de ratione concionandi. 


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ßraSntuS, Sutljer unb ber SBctfe. 


61 


i^rer 93etefenheit gu prunfen. J ) 9Bie oft t>at Sutßer biefetbe 
Ütnflage erhoben, am fdjärfften oietteidjt ein 3at>r oorßer in 
feinem Schreiben an ben SÖifdjof oon Söranbenburg in ©rweiterung 
feiner $8efd)toerbe über baS Xreib^n ber Slbtaßprebiger! 2 ) ©raSmuS 
oerwirft aud) bie beliebte Spanier ber gaftenprebiger, über bie 
Safter unb gefjter ihrer aftitmenfchen hergugießen, unb legt SonaS 
bie Aufgabe ans §erg, oietmeßr „bie ^hdofophie ©hrifti", bas 
„liebenSwürbige S3ilb ber maßren grömmigfeit" ben Seeten ein= 
guprägen. SKancße fcßmeicheln aucf) ben Snftintten beS nieberen 
SBolfeS, oon bem fie fid) als Zeitige preifen taffen, weil fie 
leibenfcßaftlich über bie Safter ber Söifc£|öfe unb dürften fcßelten; 
hier merbe man mit taftooHer, befcßeibener (Ermahnung mehr auS= 
richten; unb wenn nun auch ber fdßärffte Stabet (saevitia) nicht 
gefreut merben fotte, fo müffe er oietmehr gegen bie gerietet 
werben, bie bie $0tad)t beS ^apfteS, ber Q3ifd)öfe unb dürften 
gur Söefriebigung ihrer fftadjgier unb -fberrfdgucßt mißbrauchten, 
ats gegen bie ©roßen felbft. SDamit aber war eine nachbrüdticße 
Sättigung auch ber fdjärfften ^otemit in jenen „Sermonen" 
auSgefprocßen, mi # t benen Sutßer feinen ©egnern im 9tbtaßftreit 
gu Seibe gegangen war. 2lud) bie gerabe ben üotfStiimtichen 
*ßrebigern aus ben 93ettetorben geläufige $orm ber Satire auf 
alle Stäube (ordines hominum) fei nicht gu empfehlen; üielmeßr 
feien biefe felbft gu fchetten, bie ihre ehebent berühmten Qrbett 
(ordines) burch ihre Safter entehrten, inbem man geige, wie weit 
fich biefe Senebütiiter, ^rangiSfanet, üluguftiner burch SErunffudßt, , 
Spötterei, ©fjrgeig unb §gbgier oon bem ©eifte ber wahren 
Ütetigion entfernten. 23or altem aber müffe ber tüchtige ^ßrebiger 
feine Stoffe aus ber heiligen Schrift fcßöpfen unb feine Sehre 
burch bie eigene oorbilbtidje SebenSführung beträftigen, fo baß 
er über ben ißerbacht ber ©itetfeit ober ©ewinnfucht erhaben fei: 
gerabe baS aber hatte ©raSmuS au Sutßer als ben beften ©eweiS 
auch für bie SBaßrheit beS ^nhatts feiner s $rebigt gerühmt, 
fo baß atfo auch biefe ®unbgebung ßeugniS gibt oon ber 


») löcn ©. 612. 

3®®- XXXII, 590 f. ober in ber Buchausgabe: fatfoff, 3 U Sutfier* 
tömijchem ißrogefe. 35er ^roseft be§ ^a^reS 1518. ©otlja 1912. 3. 126f. 


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(32 


Baul Äalfoff, 


\ 


meitgehen&en Übereinftimmung bcr betben füijrenben Scanner in 
jener fd^icffat§fc^it>eren Sage. 

©ie gehörte fd^on ju ber Gruppe üon Briefen, mit benen 
@ra§mu§ bie furfäcfrfifdje @efatibtfcf)aft bei Antritt ber £>eimreije 
auSrüftete: *) bie beiben Jurten Schreiben an ben Äurfürften 
itnb an feinen Sefretär füllten bie§mat nur ber t»öfifc£)en Pflicht 
ber £)anlbarfeit eutfprechen; auch ©(halbe erhielt einen fcfjmeirfjel* 
haften fchriftltdhen SDanf, nadhbem er mie 3ona3 noch eine über* 
fdjmengliche ^ulbigung an (Sraämuä h atten richten bürfen, bie 
beftimmt mar, ihre tarnen in ber nächften Sluägabe ber ©rief* 
fammlung ju üeremigen; ber biebere Sßoet (SobanuS mürbe mit 
einigen fteunbf<haftli<hen, aber fonft unbebeutenben ßeilen ab* 
gefunben unb im übrigen auf bie münbtidjen üJritteiluugen ber 
f^reunbe üermiefen; ba§ midhtigfte Stücf aber, ba§ (Sraömuä 
mieberum nur biefen junerläffigen Überbringern anüertrauen fonnte, 
mar bie furje Qsrllärung an 3of). Sang, bie ebenfo mie ba§ ©eiten* 
ftücf, jener Srief üorn 17. Dftober 1518, nidf»t im 3)ritcf erfreuen 
ift, ber (Spilog gu bem üon bem Erfurter $luguftiner eingeleiteten 
Söerfe ber Sßerftänbigung. 

l ) Sitten Sir. 977—983. Uepbener SluSg. III, col. 443 sqq. $ic ®e* 
fanbten waren burd) ben Sturier, bet griebridjS Schreiben Dom 14. SJtai 
überbrachte, baüon oerftänbigt worben, bafc fie ihn auf ber SRücfretfe an 
ber SSaljlftatt, in granffurt, treffen würben, wobin ber Sturfürft am 25.9Ö?ai 
oon Sittenburg aufbrach, um am 11. 3uni eingutreffen. (SRei<h3tagSaften 
I, 746 Slnm. 3 u. 4. XXV, 412 Slnm. 1.) Baib barauf muff 3ona§ 

bie Slntwort beS SraSmuS bort (in comitiis istis principum Francofordiae) 
übergeben haben, ftawerau a. a. 0. 6. 24. $oria§ batte babei, wie eigentlich 
felbftoerftänblich ift, bie Slufgabe, bie Sthfichten beS SraSmuS auch münblicb 
barjulegen. S)ieS wirb gewiffermafcen gu feiner Beglaubigung oott ©raSmuS 
in bem näcbften Schreiben an Spalatin oom 7. Sluguft betont, in bem er 
bie ©rwartung auSfpricht, bajj ber oortrefflicbe BlittelSmann unb fein Be* 
gleitet „et literas et animum nostrum“ binterbrad)t haben Würben. — 
2)aS hier ausführlich gefebilberte BorfommniS mit bem Briefe uub ber 
Senlntünge beS Äurfürften, bie ber Bifchof Oon Uüttid) bei feinem eiligen 
Slufbruch Oon SJtecheln, wo er mit ber Statthalterin SJtargarete Konferierte, 
mit ficb genommen habe, läßt fid) giemlid) genau batieren, ba ein nieber* 
länbifdher Staatsmann am 12. SJiai oon bort berichtet, ber Bifchof werbe 
in oierjehn Sagen bort erwartet, um bann gum 2Baf)ltage nach Seutfchlanb 
^u gehen (9teicf)StagSaften I, 686f.); am 29. SJtai betlagte fich ©raSmuS gum 
erften Biale barüber: eS war alfo foeben erft gefchehen. £et)b. SluSg. III, 482, 


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grasmug, Sutljer unb griebrid) ber Seife. 


03 


t t 

©raärnug beteuert ^ter nochmals feine fpodhachtung für ben 
im (Seifte magrer cfjriftficfyer grömmigfeit fjanbetnben greunb 
unb münfcf)t feinen unb aller ©leichgefinnten, alfo oor allem 
ßutf)er§ Seftrefmngen ben ©egen ßtjrifti. SDie ©egner, bie er 
f)ier bebeiÄfam als „ s ^af)iften" beneid)net, hätten fidt) frfjon über 
bebrohlicfje ©chritfe geeinigt, feien über jejjt etmaS milber geftimmt. 
$UIe ©utgefinnten effren ben Freimut, mit bem Suttier feine ©acfje 
oertritt; ©raSmuS roünfdtjt it)m nur bagu bie nötige Söeltflugfjeit, 
mit ber er einen unheilbaren 93rud) gu oermeiben beftrebt fein 
müffe. ©raSmuS nahm alfo offenbar an, baff bie Äurie, nachbem 
fie fo lange gefdfjmiegen hatte, ben über öuther oerhängten ßenfuren 
feine tueitere ffolge geben mürbe, falls biefer meiterhin ben ^ßapft 
unb bie öffentlichen ©inridhtungen ber Kirche unangefochten laffe. 
Unb in ber £at fcfjienen mamhe 91ngei<hen mährenb biefer $eit 
ber „firdhlichen SSaffenruhe", J ) bie auf ben trften römifdhen 
sßrogefj gefolgt mar, bafür gu fprechen. ©r fcfjöpft barauS bie 
Hoffnung, bie auch öon ©apito in ftitter htngebenber Mitarbeit 
noch jahrelang aufrecht erhalten mürbe,?) baff eS fo gelingen 
merbe, „ben ©eift ©hrifti ben ©eelen einguträufeln", bie ©emüter 
für bie gereinigte eüangelifdhe fiehte gu geminnen, mährenb man 
bei fortgefefctem $ampf mit biefen ©dfjeindhriften fchmerlidh auf 
einen ©rfolg rechnen fönne, menn nicht guöor „bie ^hrannei 
beS römifdhen ©tuhleS unb feiner Trabanten, ber $>ominifaner, 
Äarmeliten unb äftinoriten geftürgt merbe: ein Unternehmen, baS 
nicht ohne eine grofje Ummälgung oor fi<h gehen fönne." 3 ) 

Unb gernifj beftanb in jenem Slugenblicfe auch barüber bei 
2 utf)er unb feinen greunben öoHe Übereinftimmung, baf[ man 

*) Sgl. Äapitel VII meiner „(Sntfcheibungsjahre ber Deformation". 
Dlünchen 1917. 

2 ) Sgl. ftalfoff, Sapito im ©ienfte (grjbifchof 2Hbred)tg oon Sflainj. 
Serlin 1907. , 

8 ) Sgl. meine Arbeit in 3roinglig Sriefen I, 405, tno biefer Srief an 
Sang noch mit bem $atum 1518 benufjt mürbe. @g ntufj alfo < 5 . 406 
heifjen, bafj bie Slnflänge in ber „Epistola de magistris nostris Lovaniensi- 
bus“ an briefliche Suälaffungen be§ ©ragmug fid) big in ben $erbft 1518 
jurüdoerfolgen Iaffen. 3n bag grühiahr 1519 aber »ermeift bag am 
Schluffe ber (Spiftola abgebrucfte Saturn (©. 389) „Anno 1518 menso 
Aprili“, ba man nun öon bem Umftanbe ©ebraud) machen fann, bajj in 


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©aut Äalfoff, 


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bie Befferung ber tircJjticfjen ßuftänbe nicht auf gewaltfame 
Sßeife, mit ber ©efafyr eines Scf)iSma§ anftreben bürfe, urtb ber 
„werbenbe Reformator" *) »erlangte nichts weniger als fofortige 
21 bfteüung fircf)licher Einrichtungen, beoor bie Eemüter mit ber 
gereinigten £ef)re beS EüangeliumS oertraut geworben feien. 
Selbft am Borabenb ber Seidiger 2)iSputati8n unb auf bem 
Boben feiner neu gewonnenen ErfenntniS über bie gefd^ic^ttic^e 
Entwicklung be§ ^ßapfttum§ hatte er bie Folgerungen für beffen 
konkrete MachtfteUung in ber Kirche fich fo wenig War gemacht, 
wie man in neuerer $eit öielfacf) bie barnalS noch wenig er= 
fchütterten ©runblagen biefer «Stellung unterfdhäpt h at - $lber 
gerabe bie beiben großen Bettelorben ber Dominikaner unb 
Franziskaner bedeuteten für bie Behauptung aller religiöfen nnb 
Politiken Slnfprüdfe beS römifchen Primats nod) immer fetjr 
oiel, 2 ) unb EraSmuS h°We baS Richtige getroffen, wenn er in 
erfter Sinie biefe Kongregationen als Bollwerk beS B^f^umS 
anführte. Daj 3 aber audh bie weltlichen Mächte, baS F ür fi entum 
in Kirche unb Staat, ficf» auf bie Seite ber kurialen Machthaber 
fchiagen würben, hatte er fch on früher angebeutet, unb wenn 
nicht F^toich ber SBeife fich m aufopfernber ÜberzeugungStreue 
unb mit ftaatSmännifdher Erfahrung an SutlferS Seite gefteÜt 
hätte, würbe fich bie Stuffaffung be§ EraSmuS nur allju buch* 
ftäbfich bewahrheitet hüben. Sutkjer unb feine F reun be waren 
jebenfallS noch auf Junge $eit mit biefer Beurteilung ber firch* 
liehen Sage unb biefem Borfdjlag einer nachhaltigen, aber oor- 


öen Dieberlanben nad) bem stilus Gallicanus (ogl. QS®- XXV, 555 91ttm. 2) 
ba« mit bem Ofterfefte begann, ©erabe 1519 aber fiel Dftern auf 
ben 24. SIpril. ©Ieid)>öohl bleibt, e« au« anbern ©rünben bei ber gefi* 
fteüung, bajj bie gtugfehrift erft ©nbe 1519 entftanben fein fann. 

*) 9Sgt. Äapitcl VIII ber „©ntfdfeibunggjalire". 

<l ) ©gl. meine in ©rgänjung ber Arbeit ©. 0. ©elom« über „Sic 
Urfadjen ber Deformation" (§ift. |}eitfchr. 116, 392—408) gemachten ©e» 
merlungen in bem Sluffafc über Suther« .fjclbenjeit S. 169 f. $u ber fßolemi! 
be« @ra«ntu« gegen bie Übertreibung ber päpftlichen äHadjtfteHung »gl. 
meine Arbeit in groingli« fämtl. Sßerlen, ©riefe I, 405. 407, unb bie ©er* 
fpottnng biefe« Sreiben« in bem 91bfd)nitt ber oon Defeit henuhrenben 
„Vita Stalti Nicolai“, ber Oon ber „Fides S. Nicolai“ hanbelt, <3. 399f. 


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'*6raämu», üutljet unb ^ttcbric^ bet Seife. 

ftd)tigen Vertretung it>re§ religiösen Sbealä einöerftanben, jumat 
ber Verbünbete gegen eine entfdjloffene Verteibigung beS miffen* 
■fd^afttid^en ©tanbpunfte§ nid)t§ eingumenben batte. 

©omeit nun bie SBittenberger greunbe Stntafj Ratten, fic^ 
Brieflich it)re Stnfid^ten über biefe 2tntmorten be§ @ro§mn§ mit* 
.jut eiten, fpradjen fie it>re rücft>atttofe Vefriebigung au3. Über 
ba§ erfte intjattreicffe ©Treiben an ben Äurfürften äußerte Sutber 
am 22. S0?ai, baf) eS U)m unb ben ©einen aufjerorbentlicfj gefalle, 
nur baf$ er ficf) befd)ämt füt)te burd) bie Vebeutung, bie it)m 
<Sra3mu§ beilege, unb ba§ Sob, ba§ er itjm fpenbe. 1 ) 9lm 30. SJiai 
lünbigte SftofeHan biefe§ ©d)reiben bem Erfurter Vertrauten, 
Sotjann Sang, an unter 5tnfpietung auf bie entfcbeibenbe ©teile, 
ben SSunfd) be§ (Sra3mu3, bafj ber Äurfürft bie Unterbrütfung 
?ine§ Unfd)utbigen nid)t jutaffen möge. 2 ) 9Iucf) 9J?etanct)t|on 
bob in einer Stntmort an ©palatin öom 21. ÜDiai b^rbor, bafj 
<5ra§ntu§ bet ©ad^e SutberS eine ungemöbnlid) nad)brüdticbe 
llnterftüfjung juteit merben taffe. 3 ) 2)af) un§ über ba§ ©cbreiben 
be§ ($ra3mu§ an Sutber fetbft feine gleichzeitigen Stuwerungen 
bortiegen, ift mobt aud) barauf jurücfjufübren, bafj bie SBitten* 
berger (Mehrten mie bie ^reunbe Sutberä in ber Umgebung beö 
$urfürften nod) nadb beffen 9tüdffebr bom SBabltage burd) bie 
folgen ber Seidiger SDi§putation in Sttem gehalten mürben; 
man batte burcb bie Veröffentlichung aud) biefer (Srftärung bin* 
tängtid) befunbet, mie febr man mit ibr jufrieben mar unb 
melcbe günftigen SBirfungen man fid) bon it)r berfpra^. ü£)aft 
fie bie gebübrenbe Veacbtung fanb, gebt beutliä) genug au£ bem 
$rger ber ©egner b^rbor: batb rnufjte ©raämuS ficb bei SipftuS 
beftagen, baf) ^ocbftraten, ber perföutid) in Sömen gegen ibn 
unb Sutber arbeite, biefen feinen Vrief an Sutber at§ einen 
bintängtidben Vernein bafür anfebe, bafj @ra§mu§ e§ mit Sutber 
batte/ obmobt er bocb barin erftärt habe, baff er mit biefem 


*) (SnberS n, 57,4 ff. 

2 ) „qua vir ille Martini innocentiam Friderico heroi prudentissime 
commendat.“ %$. Jfolbe, Analecta Lutherana. ©oflja 1888. <5. 8. 

*) „non gregarium vel ... suftragatorem pedarium“ ... Corpus 
Reform. I, 80. SBgt. aud) |>artfelber3 $intt>ei3 (©. 209 2lnnt. 1) auf einen 
53rief 93ufjer3 an 93eatu3 $R^enanu3. 

©<$r. s. f .% 37 , i. 5 


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66 


$aut ffölfoff, 


uicht? gemein habe. 1 ) 9113 bann (SraSrnu? in feiner berühmten 
Äunbgebung an ben ©rgbifchof oon 2Jiaing oom 1. 92ooember 
1 1519 auf feinen Briefmechfel mit Sut^er gurüdlant unb u. a. auch 

ausführte, bah er nur beabfidjtigt höbe, 2utt)er gur SKähigung 
unb gur fchulbigen SRüdficljt auf ben papft gu ermahnen, 2 ) unb 
unter ber mieberfiolten Beteuerung, baft er feinesmeg? für Suther 
Partei nehmen motte, ba? Borgehen feiner ©egner, befonberä 
ber $üh rer be? 2)omini!anerorbenS unb ber Äurie im Stbtafjftreit 
einer fWarfen $ritif untergog, fjat Suttjer mit feinem banfbaren 
Beifall nidf)t gurüdgehalten; am 26. Januar 1520 fdjrteb er au 
Sang: in biefem ©(^reiben, ba? hoffentlich batb gebrudt merbe, 
geige ficf) (SraSmu? fetjr beforgt um ihn unb nehme ihn mirtfam 
in ©djuh, mobei er mit ber ihm eigenen ©emanbtheit 'ben ©cheiu 
ber Parteinahme gu oernteiben miffe. 3 ) 

2 )ie ©teile geigt beutlidj, mie bie beiben greunbe fich be? 
geheimen (Sinoernehmen? mit @ra?mu3 moht bemüht maren unb 
feine SBorte banach gu bemerten oerftanben. 9lber bie Bebeutung 
jenes Sftanifefte? geht über biefe? perföntidtje unb miffenfdhaftlidhe , 
BunbeSüerhättni? meit hinauf; auch feine STragmeite muh nad) 
feiner Begiehung auf ben bamaligen ©tanb be? röntifchen Ber* 
fahren? unb bie Xaftif be? Äurfürften oon ©adhfen bemeffen 
merben; es ergibt fidh bann, bah hiermit ber Übergang gu bem 
altioen Borgehen be? (SraSntu? gegen ba? päpftlid^e Urteil im 
Progeh be? Jahres 1520 oorliegt, ba? mieber im engften Sin» 
oernehmen mit 2utf)er3 SanbeSljerrn erfolgte. 

$)ie ©dhrift tft ein Heine? ÄUnftmer!: bie bebeutfame %aU 
fadhe, bah bie hödhften fachlichen SSürbenträger auf ©eiten be? 
(SraSmuS ftehen, oermittelt er feinen ßefern burch bie anmutige 

>) 9t. .fporawifj, (SraSmuS unb Sipfiu§. <Si|ung3berict)te ber SBiener 
9lfabemie, ppof.-bift. ©taffe, »b. 100 (1882), ©. 689. 

2 ) Setjb. 9lu8g. 111, 514. 

3 ) ©nber8 II, 68 f. 305,19 ff. Sie ©djrift würbe in Sßittenberg ge* 
brucft (9iote 6) unb fpäter nod) einmal oon ben <Sd)tettftäbter SBereljrern 
be3 6ra3mu3 mit einer gufcfjrift 2Bimpfeting8 an ben SBifdfof oon 93afet 
oom 1. ©ept. 1520, in ber er biefen feinen greunb aufforberte, ftd) beim 
ißapfte pgunften 2utper§ ju oermenben. Äalfoff, SBimpfeling u. bie -@r* 
Gattung ber fattjot. Äird>e in Scplettftabt. 3tfd>r. f. b. ©efd). be8 Ober« 
rljeinS. 9t. % XIII, 117. 


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©raSmuS, Suttjer unb gäebrid) ber SBeife. 67 

©r^älilung, roie ber Äarbinat t>on Vranbenburg ipm burdj Jütten 
einen oergolbeten Vecfjer fjabe überfenben taffen J ) alg „pocnlum 
amoris seu Gratiis sacrum“, ber bie magifdfje Äraft befi|e, bie 
barauf STrintefiben burcf) fefte greunbfcf)aft $u oerbinben: fo fjabe 
er neultdj bent Äarbinal öon ©roty, ber it)n in feiner iöibtiottjef 
befugte, barauf jugetrunfen. Seiber fei ber „Siebe§bedf)er" 5 « 
fpät in feine f)änbe gelangt, um iljn nodl> bei bem Belage 5 « 
benufjen, mit bem ber jmifdjen iljm unb ben Sömener Geologen 
gefcljtoffene Triebe 2 ) eingemeifjt mürbe — benn biefen Senten 
ift nichts Zeitig, alg mag burclj eine Xrinferei bekräftigt mirb—; 
nun aber ift infolge eineg übel öerftanbenen unb nod^ fdfylimmer 
aufgelegten Vriefef (feineg Vriefef an Sut|er) bie fdt)lecf}t geflickte 
greunbfd^aft mieber in bie SBrüdfje gegangen, bie ©ratien finb 
entflogen: gmeifellof ein 338er! bef Satanf, bem nidf)tg oerfjafjter 
ift alf ber ruhige $ortfdfjritt ber SBiffenfdjaften im Sdf)U$e 
cfjrifttidlier ©intracfft, ben er am mirtfamften unter ber SRaffe 
ber fffrömmigfeit aufeuljalten meifj. Vielleicht foHte nun audj ber 
(Srgbifd^of ficfi um biefef 3 ^ fümmern, baf bem ©rafrnuf am 
§erjen liegt, unb jebenfaUf füllten in biefem ®ampf um bie 
gufunft ber 333iffenfd£)aft alle (Mehrten fiel) gegen bereu $einbe 
jufammenfd^lieBen! 3 )iefer Stppell ift alfo bie erfte Stufgabe ber 
fflugfcf)rift, bie fiep nun an bie alte ißf)atan£ ber Veudtjliniften menbet. 

SDie gegenmärtigen Angriffe auf Suttjer finb nur eine $ort= 
fepung ber Verfolgung, bie fReucljtin bon «Seiten ^od^ftratenf 
erbulben mufjte; bieg mirb mit ber burcf)ficf)tigen fjiftion öorauf* 
gefclfictt, baf$ ©rafmuf mit beiben gel)ben nidjtf ju fRaffen pabe; 
baff er „für ©abbala unb Xatrnub" niept biel übrig §abe, ift 
eine fteine Vofljeit, bie bei manchen ber „viri illustres“ ein 
berftänbuifbolleg Säcpeln auglöfen mochte. Unb nun fenn$eicf>net 
Sragmug feine Stellung gu Sutperf Sad£)e im mefentlktjen mit 


*) 2tm ©ctjtuffe fünbigt ©raSmuS at§ (Gegengabe eine oerbefferte unb 
oetmefyrte Ausgabe feiner bem @rjbifd)of getoibmeten Schrift über baS 
Stubium ber Geologie (ber „Ratio seu methodus“ etc.) an. 

2 ) Anfänge ber (Gegenreformation I, 72 ff. Jütten fttnbigt baS patt» 
lid)e (Gefdjenf an in bem ©^reiben an ©raSmuS 00 m 5. 3uni 1519. ®er 
©edjer ging als $Bermäcf)tni3 be§ ©raSntuS an §ieron. groben über unb 
befinbet fidb beute im SBafeler SDtufeum. eitlen 9tr. 986. III, 614. 

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tJJaul Äalfoff, 


benfelben fiftiüen Vorbehalten unb benfelben pofitiüen ©rflärungen 
wie in bem ©Treiben an ben $urfürften unb -ben $arbinal 
SBotfep; nur bafj ^ier bie enifdjeibenben ©djlagworte üon einem 
reiferen Setwerf geifiüotler 5lntitf)efen unb fatirifcfjer ©eitenfjiebe 
begleitet werben, ©r felbft Ijat Supers ©Triften nur flüchtig 
eingefefjen, aber fein frommer unb gebitbeter 3Kann fjat an ihnen 
im geringften Slnftofj genommen: man wirb beSWegen nid^t alle» 
auSbriicftidh gutfjeifjenj aber mit bemfelben Vorbehalt lefen wir 
auch ben ©pprian ober ben §ieronpmu3, ja fetbft ben ^ßetru§ 
SombarbuS,— beffen „©Sentenzen“ ben ©runb« unb ©elftem 
ber fdjolaftifdjen Geologie bilbeten, obwohl man fcfjon i. 3.1300 
eine Sfteifye üon ©äpen nidfjt als allgemein aiterfannt bejeictjnet 
hatte. 2Bie er fdjon üortjer bie atlju weitgreifenbe Verbreitung 
ber ©dhriften Suttjer§ (burdh 5 r0 ^ cn ) wiberraten fjabe, 2 ) um 
einer* ftörenben Aufregung ber ©ernüter üorjubeugen, jo habe er 
audh auf 2ut|er§ Vrief — beffen „cfjriftlicfjer" ©eift herüor« 
gehoben wirb — mit ber ©rmaljnUng ju 9J?äfjigung unb weiterer 
Verfünbigung ber eüangelifdfjen Sehre in aller Sftitbe geantwortet. 
S)ie einfache ^eftftellung, baft Sutljer in ben 9?ieberlanben manchen 
©önner habe, fjaben einige (£)odhftraten) baljin üerbref)t, als ob 
er felbft Sutfjer begünftige. $WerbingS, er allein fjabe it)n er« 
mahnt, wä^renb feine SInfläger fid) biefer Pflicht entzogen haben. 
2llS 9tid)ter über Sutfjer ficf) aufjufpielen, liege ifjrn fern, jumal 
nur ein üerwerfenbeS Urteil üon ihm erwartet werbe. 2Bof)l 
aber fönne er Sutljer feine Teilnahme nicht üerweigern einmal 
Wegen feines untabeligen SßanbelS, ben aucf) feine geinbe an« 
erfennen müßten, fobann weil er ju Unrecht üerfolgt werbe üon 
ßeuten, bie unter ber ÜDtaSfe ber ^römmigfeit bie wiffenfdhaftlidje 
Arbeit ftören wollen. $>aS ift SDtenfdjen«, eS ift üor allem, 
©hriftenpflidht, bem Unfd^ulbigen beijufteljen, ber burdj bie 
Umtriebe ber ©ottlofen unterbrücft ju werben in ©efaljr ift, 


l ) SSgl. bie ©teile ber Acta acad. Lovan. 2131©. 1,43. 

*) SBgl. boju 2lHen III, 445, 2lnm. ju. 3- 19- unb 527. ©ra4mu4 
fürchtete mol}! auch, bajj groben^ 2)rucferet in 9DlitIeibenfd)aft gejogen unb- 
baburd) bie 93emältigung ber umfangreichen ttrbeiten, bie er biefer Offijm 
anoertraut hatte, leiben fönne. 


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SraSmuS, Sutljer unb griebrid) bet 9Beife. 69 

umfomehr alg er in vßutherg Sehre ben Sebengfunfen beg (Süan* 
geliumg erfenne. * ' 

©tatt itjn nun ju belehren ober ju ermahnen, fjaben bie 
mohlbefannten Jfjeologen itjn oor bent S3otfe oerläftert, ihn mit 
unfinnigen unb giftigen SBerleumbungen oerfolgt unb nur oon 
feinen $e|ereien gef proeben, it)n als ©rjfe^er, ©chigmatifer unb 
Stnticf)riftu§ bejeichnet: biefer SSormurf mirb alfo tjier nicht nur 
gegen bie Sömener SJfönche, fonbern auch gegen bie SSiberfac^er 
Sutherg im Elblafcftreit erhoben, unb mer in ®eutfcf)Ianb bie 
©egenthefen £e|elg, bie Obeligci Dr. (Scfg unb bag ©utacfjten 
beö Sßrieriag fannte, mufjte, bafj (Sragnutg feinegmegg übertrieb. 
Stuf ben nnffenfcf)afttidf)en Urteilen biefer SHänner aber beruhte 
ber oerbammenbe Spruch beg ‘jßapfteg im erften römifc^en fßrogefj. 

SDen Sömener Geologen mirb bann im befonbern ber SBor* 
murf gemalt, bafj einige oon ifjnen Sutherg Seljre öffentlich 
oerfejjert hätten, offne feine ©driften getefen ju tjaben; anbere 
hätten Säfte oerbammt, bie fie gar nicht oerftanben hätten. ®ie 
Sebeutung biefer Auflage erhellt erft recht aug ber Xatfacfte, baft 
eg fich bei bem nun angeführten Seifpiel nicht um bie getegent* 
liehe Elufterung eineg roiffenfchaftlict) nicht maftgebenben Mangel* 
rebnerg f)anbelt, fonbern um eine Sßrobe aug ber „magistralis 
condemnatio“, ber feierlichen Urfunbe, in ber bie tfjeotogifche 
^afultät am 7. ÜJfooember 1519 oierunb^manjig aug eben jener 
Sammlung lutherifcher Schriften, ben „Lucubrattones“. aug* 
gezogene Säfte alg „falfdfj, Elrgernig erregenb, fefterifcft ober 
nach ^efterei fcftmecfenb" oerbammte. >) tiefer Schritt mar oon 
tanger §anb oorbereitet unb im engften (Sinüernehmen mit ber 
Kölner ^afultät burchgeführt morben, bag (pocftftraten perfönlicft 
oermittette, ber foeben im Oftober in Sömen erfd)ienen mar. 
$)ie rheinifchen Theologen hotten ihr Urteil bereite im Etuguft 
abgegeben, bocft ohne Einführung einzelner Säfte Sutfterg. (Sragtnug 
moUte alfo fchon im ooraug bie Seichtfertigfeit unb Oberflächlichfeit 

•) P.Fredericq, Corpus documentorum inquisitionis ... Neerlandicae. * 
Gent 1889 ff. IV, nr. 26, p. 15. $>eutfdj bei 3- £>ergenrötf)er, Äoitjilieu- 
gefcbict)te. gteiburg 1887. IX, 156 ff. (in bem t>on £. Q. §efele begonnenen 
3Berfe.) SJtäljereg über bie Sömener Vorgänge in ben Anfängen beT ©egen- 
reformation I, 72 ff. 104 f. 


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70 


$aut Äoöoff, 


fenn$eichnen, mit ber man bei Aufftellung eines ©utadjtenS »er¬ 
fahren mar, »on bem leicht »orauS$ufehen mar, bah eS bei ber 
»on ben 3)ominifanern angeftrebten SSieberaufnaf)me beS römifchen 
^ßro^effeS eine micfjtige 9totte fpielen mürbe. Sn ber %at mnrbe 
eS batb barauf gebrucft unb »orf|er fdjon nach ütom beförbert, 
mo biefe Sifte fdjon Anfang $ebruar 1520 »on ber mit ber 
Ausarbeitung ber SerbammungSbulle betrauten Äommiffion be= 
nufct unb in eilfertiger Abftimmung gutgetjei^en tnurbe: 1 ) in 
biefem erften AuSfdjuffe maren freilich bie Häupter berfelben 
Settelorben »erfammelt, bie auct) in ßömen baS grofje Sßort 
führten. Unb nach einigem Schmanlen mürbe benn auch mirftich 
bie (Sammlung ber in ber Sülle „Exsurge, Domine“ »om ^ßapfte 
»erbammten Artifet aus biefer unb einer ^weiten Arbeit ber 
ßömener fomie aus ben »on Dr. (Scf beigefteuerten SKoti^en ju* 
fammengefeht. 2 ) 

Sei biefem Sorftofj gegen bie auf SutherS Serberben ab* 
^ielenben 9ttad)enfchaften mahlte (SraSmuS nun fehr gefchidt nidht 
einen ber ferner öerftänblidEjen Sä^e aus SutherS SRedhtfertigungS* 
lehre, auch nicht bie Spi|finbigteiten über ben ßuftanb ber (Seelen 
im gegefeuer, fonbern eine $rage ber (Seetforge, bie mit SuttjerS 
eüangelifdher Auffaffung ber Sufje eng jufammenhing, aber §u* 
gleich jebem Saien oerftänblich fein muhte. Auch fonft h atte 
©raSmuS fich gegen ben mit ber Dh re nheicf)te getriebenen ÜDtifp 
brauch erflärt unb befonberS auch ih ren »erberblichen Gsinftuh 
auf bie Sßriefter felbft h^norgehoben; fo muhte eS benn auch 
feinen SeifaU finben, menn Sutljer in bem fchon im Seginn bes 
1518 »eröffentlichten „Sermo de poenitentia“ 3 ) anS* 
führte: „ber jmeite Xeil ber Sufje fei bie faframentale Seichte: 
babei aber müffe man fi<h »on »ornherein flar machen, bah e * 
gan$ unburchführbar fei, — mie bie tirdjliche ißrajis forberte — 
alte löblichen ober auch nur alle Xobfünben jn beichten, meil es 
unmöglich fei, fi<h if)ier aller bemüht ju merben. $u Unmöglichem 

’) ftalfoff, (fntidjeibungSjabre < 5 .137 f. 

2 ) 3&®- XXV, 99. 107 ff. Äalfoff, gorfdjungen SJuttjerS römtfd)era 
'.ßroaefe. 9tom 1905. S. 188 ff. 

*) ©d)on tm Dftober 1518 in ber (Sammlung JrobeitS nadjgebrudt. 
.t»ergenrötf)er IX, 134. ftöftlin^Äawerau 1,170 f. 


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(SraSmuS, ßutper unb griebricp ber SQBeife. 71 

über fei niemattb oerfjfticljtet, baf>er man benn in ber urfprüng* 
litten $trcf)e nur bie offenfrtnbigen Sobfünben befannte.*) (SrasmuS 
gibt bie je ©teile mit ben Sorten mieber: Sutfjer tjätte geschrieben, 
mir feien nicf)t oerpflidjtet (non tenen), SEobfünbeit gu befenuen, 
aufjer ben offenfuitbigen, inbem er barunter bie ©ünben oerftelje, 
beren mir bei ber 33eidf)te uns bemufjt feien. ?ludf) er oerfcf)ärfte 
ülfo bie Meinung £utf)er§ fdt)on im Sinne feiner ©egner, 2 ) ba 
Sutfjer ja nur einen 9tat "für ba£ bebrängte ©emiffen geben 
mofite, bas er oor bem fetbftquälerifcfjen ©udjen nad) möglicher* N 
meife begangenen ©ünben, fomie oor bem pfjarifäifdjen Hüntel 
bemaljren moffte, atö tjabe e§ über bie bem Sßriefter aufgewühlten 
©ünben fjinauS feine meiteren gu oerantmorten. ©er Mitarbeiter 
ber Sömener gafultät fjatte bie ©teile aber baf)in öerftanben, 
afö ob ßutfjer mit „offenfunbigen ©ünben nur foldje meine, bie 
öffentlich begangen mürben", ijnb hatte nun aus biefem Mifj* 
oerftänbniS bie unge^eüerlidjften Folgerungen gezogen. 

Über bie gefamte • SIrbeit biefer Geologen bemerft nun 

*) Strit. ©efamtauSgabe (SBeimarer) bet SBerfe ßutperS 1,322, 22ff.: 

-... nullo modo praesamas confiteri peccata venialia, sed nec omnia 
mortalia, quia impossibile est, ut omnia mortalia cognoscas. Unde in 
primitiva ecclesia solum manifesta mortalia confitebantnr (geile 19). 
93ei ben ßöroenern treten biefe ©äpe im 13. unb 14. Slrtifel auf mit ber 
moplberecpneten S3erfcpärfuttg: „Non sunt confitenda omnia mortalia,“ ... 

$n bie 93uüe „Exsurge“ mürbe bie betreffenbe ©teile aus ßutperS ©eprift 
als 8. Slrtifel aufgenommen. — Sftan fönnte bei biefem Ärititer an ßatomuS 
benfen, bem biefe fjrage befonberS am §erjen lag, ba er fpäter eine ©eprift 
„de confessione secreta“ gegen ÖfolampabiuS rieptete, aber aus SB. SJiefenS 
„Epistola de magistris . . Lovan.“ erfahren mir, bafj ber Äarmelit 
ffgmonbanuS aufjer. anberen miitenben SluSffiüen gegen ßutper auep biefe 
feefepulbigufig ju ergeben pflegte. @r mar eS auep, ber bie „Condemnatio“ 
jum ®rucf beförberle. gmingliS SBerfe, 93riefe I, 384 f. 

2 ) Sluep Dr. @<f pat in feiner gufammenftellung lutperifcper grrlepren 
biefett ©ap öerbrept unb jmar noep breifter als bie ßömener: „Negat 
omnia mortalia confitenda sacerdoti, sed solum maiora et manifesta; 
alia confitenda deo. $ie 93uÖe pielt fiep bann, ber SRapnung beS ÄarbinalS 
Slbrian non Utreept unb ber gemiffenpaften SDtitarbeit JfajetanS jufolge 
mieber ftreng an beit SBortlaut ßutperS. 3)ie SSorlage Dr. @dS finbet fiep 
In feiner ©eprift: „Contra Martini Ludder obtusum propugnatorem An- 
dream Eodolphi Bodenstein Carlstadium,“ mit Slaepftprift auS gngotftabt 
bom 3. 5)ej. 1519, auf Bl. Aij 


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72 


$aul Äalfoff, 


dragmug, 4 eg Jjabe fi<h feftftellen taffen, baff fie aug Sutherg 
Süd^ern ©äfje herauggeljoben unb alg !e|erifcf) oerbammt hätten, 
bie aug ben ©driften beg heiligen ©ern^arb unb beg Stuguftinug 
alg rechtgläubig, ja alg ber ^lugbruct echter ffftäntmigfeit befannt 
feien. 1 ) dr habe fie bafjer oon allem Anfang an ermahnt, ftch 
berartiger Slnflagen gu enthalten ober fie in miffenfchaftlicher 
gorm, in ^Deputationen ober SDrucJfchriften gu oertreten, benn 
man bürfe nicht öffentlich oerbammen, mag man Jaum gelefen 
unb jebenfallg nidht hinlänglich ermogen, um nicht gu fagen, gar 
nicht oerftanben habe. Stlg Theologen müßten fie überbieg bei 
ber Sragmeite eineg auf $e|erei lautenben Urteilg befonberg 
oorfichtig fein, gumal SutherS Sebengführung thren ©pruch ent« 
träfte; auch fei eg bebenflicf), berartige fragen üor bern niebereu 
SSolfe gu oerhanbeln, bem ohnehin bag Sefenntnig ber geheimen 
©ünben miberftrebe, bem bie gange (Einrichtung ber Dljrenbeichte 
oerhafjt fei, alfo in ßufunft gang überflüffig erfcheinen !önne, 
®ag habe ben SSerftänbigen unter ihnen auch völlig eingeleuchtet, 

' aber fie hätten nun aug biefer freunbfchaftlichen Söarnung ben 
SSerbacht gefdjöpft, baff Sutlferg ©djriften gum großen Xeil üon 
dragntug herrührten unb gerabegu in Söraen oerfafjt morben * 

feien, unb hätten ihn nun, ohne iljn barüber gur Ütebe gu ftellen, 

in oielen fällen auf bag mütenbfte angegriffen. SDUt ber fcfion 

in bem Briefe an ben ßurfürften gebrauchten Slnfpielung auf 
bag Verhalten 3lugufting gegenüber ben SDonatiften geißelt er 
nun bie blutbürftigen $e|ereien gegen Suther: ihr gangeg ©innen 
unb brachten fei barauf gerichtet, bah biefer gefangen unb oer* 
brannt merbe: „bag h e i|t, ben genfer fpielen unb nicht ben 
Theologen.“ *) SSergegenmärtigt man ficf> aber bie ben mütenben 
Seflamationen Stetig burchaug entfprechenben Intrigen unb 
SDenungiationen, mit benen bie SDominifaner bag gange. Saht 1518 
über ihrem 3 ie ^ e / & er Einrichtung Sutherg, näher gu Jommen 
fugten, fo erfcheint biefeg Urteil beg dragmug feinegmegg übertrieben, 
Sltg „grofje Theologen" fänben fie ein ihrer mürbigereg 


*) SSßl. ju biefetn Oon graSmug oft loieberljotten (Sefidjtgpunft meine 
Arbeit über „$ie Sßermtttlunggpolttif beg gtagmug", SHR®. 1,34 Sinnt. 3. 
*) SBgl. SISR®. I, 45. 


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grasmuä, Sutljer unb gtiebrid) bet SSeife. 


73 


$iel in ber ©efehrung bcr Suben ober ber §ebung ber arg 
oerfattenen öffentlichen ©ittlicf)feit, mit ber eg !aum bei ben 
dürfen übler befteHt fein fönne: eine 9lnfpielung barauf, bafj 
bie Sömener „magistri nostri“ an ber $ufserung Sutherg in 
ben „(Erläuterungen zu ben Stbla^tfjefen" Ülnftof; genommen 
Ratten, in ber er bte Äurte tabelte, bafj fie über ber Agitation 
für ben Jürfenftieg bie ©efäntpfung ber ©ittenüerberbnig oer= 
fänme, für bie (Satt uog eben burdf) bie Xürfennot ftrafen motte; 
menn man ba^er biefe ©erberbnig burdt} bie laje Ülblafjtnoral 
nocf) fteigere unb ätte Kräfte auf ben 2ürfen!rieg len!e, miber- 
ftrebe man ber ^eitfamen Slbfidfjt (Sotteg ... Sn Sörnen fdjob 
man ifjm barauftjin furjmeg unter, er erftäre ben Äampf gegen 
bie Ungläubigen für eine fünbige Sluflehnung gegen (Sott: bag 
aber fei anftöfjig, fcfimecfe nach $e|erei, ja eg fei fcf)Iect)tt)in 
felerifd^. 1 ) (Eragmug ftettt fid) atfo aud) in biefer $rage an bie 
©eite Sutherg, benn menn bie ©itten ber ßtjriften fo fetjr ber 
©efferung bebürfen, fo ift eg atterbingg bie ©flicht ber (Seiftticf)» 
feit, oor attem biefe Urfacije be§ göttlichen gorrteg z u bekämpfen, 
ftatt Xürfenfteuern aug^uf(^reiben nnb Äreu^uggabläffe ju oer* 
treiben. 2tudh biefer ©orftofj traf atfo einen Äernpunft ber oer* 
meltlichten päpftticfjen ©olitif, unb auch biefer ©a| Sutherg 
mürbe in ber ©ulte oom 15. Suni 1520 augbrüdlich oermorfen 
(Slrt. 34), morauf SJtefert unb Jütten bie oon (Eragmug geübte 
®ritif gerabe in biefem fünfte fräftig fortfefcten. 2 ) 

ülber morin befteljt nun eigentlich Sutherg ©erbrechen, für 
bag er jum ©dheiterhaufen geführt merben fott, menn er meiter 
nidjtg getan hat, alg zunädhft einmal ©ä£e zur (Erörterung §u 
ftetten, über bie an allen theologifdjen gafultäten oon jeher 
bigputiert morben ift; im meiteren ©erlauf hat er um ©elehrung 
gebeten unb fich bem Urteil beg römifdhen ©tuhleg untermorfen, 
inbem er gleichzeitig feine ©adhe bem (Gutachten ber Unioerfitäten 
anheimgegeben hat. 25ag mar in ber Xat ber formelle SRedhtg* 

’) Errores excerpti, 9trt. 1. gotfcfyungen 6.194. 

-) 3»ingliä SBerfe, ©tiefe I, 401. 408. gSt®. XXV, 524 f. §iet ift 
atfo bie ®runblage gefdjaffett für bie fpätere gittion, bafj bie ©etbammungö- 
buDe untergefcboben unb uned)t, roeit in Sötoen oon fiuttjerS ©egnern ob» 
gefajjt, fei. 919t®. I, 35 f. 


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74 


Ißaul ftalfoff, 


ftanbpunft, lauf bcn fi<f> £utt)er fdtjon bei ber Veröffentlichung 
ber Stbta|tt)efen gefteUt hatte, ben er bann mit alter geierticf)feit 
in ben ©rttärungen an feinen DrbinariuS, ben Vifcfjof don 
Vranbenbnrg, unb ben ißapft (dom 22. nnb 30. SJtai 1518) unb 
in ber feiner 9fte<fjtfertigung3fcf)rift, ben Resolutiones, doran= 
gefteUten „Vermattung", enbticf) in bem gleichzeitigen beutfchen 
Flugblatt geltenb gemalt hatte, 1 ) bajj er es als fein fRed)t unb 
feine'^flicht in Slnfpruct) neunte, als gefdhmorener $)oftor ber 
heiligen Schrift über noch offene fragen feiner SBiffenfchaft jn 
bisputieren. Stuf ba§ derbammenbe Urteil dom 23. Stuguft 1518 
hin fjatte er in feinen Slppellationen biefen Stnfprucf) aufrecht 
ermatten, unb ber ßurfürft hatte it)n barin unmittelbar bem Zapfte 
gegenüber unterftüpt. SraSmuS aber erflärt e§ für dotlfommen 
gerechtfertigt, bafs er fidf> nicht ber Sßiflfür don (Gegnern ausliefern 
motte, bie ofjne 3tücf[icf)t auf feine fittlidhe Unantaftbarfeit feine 
Vernichtung anftrebten. 

Unb bamit fommt er auf ben tieferen ©runb biefeS böfen 
JpanbelS, bie eigentliche Duette be» Übet» ju fpre<hen, mie er fie 
bann auch in feiner gemattigen $tugfcf)rift, ben „Acta academiae 
Lovaniensis“, nnb in ben epigrammatifchen „Axiomata“ fenn* 
zeichnete 2 ): bie §errfchfucf)t ber Vettelorben, 3 ) biefer $oIzeitruppe 
be§ pöpftti(hen SlbfolutiSmuS, bie alte SEBett mit ben menfdt)tichen 
Bähungen be§ fanonifd^en Vedt)t§ tjeimfucfjen, bie burd) bie 
Spipfinbigfeit unb Vedijthaberei ber. fcfjolaftifcfjen Geologie noch 
unerträglicher finb unb don ben SJtenbifanten fo tprannifdE) auS= 
genufct merben, bafj biefe, bei allem jur Schau getragenen ©e=. 
horfam gegen ben römifchen Stuhl, burch ihre Stnma|ung unb 
bie ÜÜRadht ihrer Drganifation ben ißäpften mie ben mettlidhen 
SKädhten fnrdhtbar merben. 9Han glaubt bie 3>anfeniften ober 
bie fatholifdjen Staatsmänner beS achtzehnten SaljrhunbertS zu 
hören, mie fie bie SRotmenbigfeit ber Sluffjebung beS SefuitenorbenS 

0 ®nber§ 1,151. 202 f. 3t®. XXXII, 112. 125 u. ö. 

2 ) 2T3t®. I, 41. 79. 

s ) 33gl. meinen für uttramontane £>iftoriter (9t. $aulu3) nod) ^eute 
unbequemen 9tad)n>ei3 über „ben Anteil ber Sominifaner an ber 33e= 
fämbfung Sutfjerä", 3$®- XXXI, 3; XXXII, 1 unb meine SSerteibigung, 
Geolog, ©tubien u. Äritifen, ^a^rgattg 1917, ©. 242 ff. 


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SraämuS, fiutljer unb grriebrtc^ ber Steife. 


75 


begrünten. SBenn ber ^ßapft ihnen mittfahre, ift er ihnen mehr 
at£ ©ott fetbft; 1 ) Ijanbte er aber gegen ihren öorteit, fo fei eS 
mie ein ©d)Iag in§ SSaffer. Unb tote Sutt)er fetbft int Slbtafj» 
ftreii fo oft über bie Irreführung ber ©emiffen geflagt hatte, fo 
erhebt auch ©raSrnuS bie 9tnftage, bah fk teils auS ©etüinnfucf)t, 
teils au§ $errfchbegier bie ©etoiffen mit ben ^aüftricfen ihrer 
Äafuiftif, ihrer Seichtmorat bebrängen. SRit ber größten Un= 
öerfchämtheit unb unter Söeifeitetaffung ber ©runbtefjren ©h^ifti 
prebigen fie nichts als ihre neuen unb immer bebenfticheren 
©taubenSfäjje. 2 ) Über bie Stbtäffe rebeten fie 2)inge, bie bem 
einfättigften SOZenfc^en anftöfjig erfdheinen müßten. 2)abei müffe 
ber ©eift ber eöangetifchen Sehre oöHig oertoren gehen; ber gunfe 
ber djrifttichen ^römmigteit unb SRäcfjftentiebe toerbe jubem erlieft 
burch ben SBuft ber fetbft baS Subentum überbietenben ßere» 
monien, 3 ) in benen man ba§ SBefen ber SReligipn erbtiefe. 

SDiefe Übetftänbe, bie oon oieten frommen üftännern, auch 
oon ben jEh eo ^°9 en f wenn and) nur öon wenigen äRöndjen unb 
oon biefen nur unter oier klugen, beftagt toerben, haben Suther 
beftimmt, in oöttig fetbfttofer SBeife junächft gegen baS fdhamtofe 
©ebaren ber 3tblaf$prebiger aufeutreten. Über bie einzelnen 
Prüfet, bie fie ihm baraufhin jurn Sortourfe machen — in ber 
magistralis condemnatio — motte er nicht ftreiten — obmoht 
er e§ foeben fchon getan hatte —; nur bie Strt ihres Vorgehens 
unb ben Stnlafj müffe er rügen. Suther habe Sebenfen gegen 
bie ^tbtäffe geäufjert, über bie jene aUju gemagte Sehren auf» 
geftettt hätten; er habe babei etmaS unoorfichtigi über bie ©emalt 
beS fßapfteS gefprochen, bie aber jene mafjtoS übertrieben hätten, 
an ber <Spi|e bie brei SDomiitifaner, $uan Sttoare^ be Xotebo, 4 ) 


1 ) SSgf. ju biefen SluSwüctyfen. ber ^öfifc^eu Ideologie XXXII, 
ö4f. XXXHI, 263 f. 

2 ) Slnipielung auf bie Slblafjtljeorie Kajetans in ber neuen $efretale 
»Cum, postquam“ unb auf bie Sieblingäleljre ber granjpSfaner oott ber 
unbeflecften ©mpfängnig SJiariaS. 

3 ) ®gl. über biefeS SieblingStljema be3 (SraSmuS Slüft#. I, 29, Sinnt. 

4 ) 2)iefer „SHoaruS" wirb mit ben beiben anbern 'Dominifanern aud) 
erwähnt in ber oon SBilh- Siefen, bem SieblingSfdjüler be3 (SraSmuS h cr * 
rü^renben „Epistola de magistris nostris Lovaniensibus“; nur wirb in 


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76 «ßaui Stalfoff, 

ber ©alafttfjeofoge be§ ^ßapfteg, ©ifoefter oon ©rierio, unb bet 
Äatbinal ßajetan. ferner fjabe Sutfjer gewagt, bie Geologie 
be§ Zeitigen f£f)oma§ oon Stquino anjugteifen, bie oon ben 
jDominifanern ben ©üangeften üorgejogen werbe. @r fjabe in 
ber grage faframentqlen ©uf?e einige ftreitige fünfte erörtert, 
mit benen biefe SCRöncEje bie ©ewiffen bedrängen; er fjabe £ef)r* 
jä^e ber fd^otaftijdfjen Xfjeologen für unwichtig ertlärt, über bie 
ot)net)in feine Übereinftimnmng unter ifjnen fjerrfcfje, bie aber 

ber Sinnt. 13 in SwingliS SBerlen, 93riefe I, 382 fälfd)Iid) an ben berühmten 
Minoriten be§ 14. SafjrbunbertS - gebaut. EraSmuS meint aber einen Seit¬ 
genoffen, ben Sohn beS §erjogS oon Stlba, ber früher ju bem greife beS 
reformeifrigen ÄarbitialS SimeneS gehörte unb in ben ©efidjtSfraS beS 
EraSmuS getreten war, feit er ftcE) am $ofe ber Siegentin ber SRieberlanbe, 
Margarete üon Öfterreid), ber folgfamen «Schülerin biefer mönd)ifd)en 
ganatifer, aufljielt. 2lflen (II, Sir. 506) fennt iljn nur als SSetfaffer eines 
bisset in feiner polemifd)eu Pebeutung noch nid^t erfatmten ©ebid)teS unb 
oermutet nur, bafj biefer „SllOar" ein Spanier gewefen fein müffe. DaS 
<Üebid)t bebanbelt bie Erhebung beS ergberjogtidien ßeibarjteS ßuigi 
Marliano jum 50ifd)of oon Dut) unb würbe bem EraSmuS überfanbt mit 
ber jd)einbar barmlofen Slufforberung, jenem ju feiner neuen SBürbe §u 
gratulieren. Marliano aber batte, offenbar im Einüernebmen mit ben 
mönebifdjen ©egnern beS EraSmuS, biefen Oerbä<f)tigt, bas erfte Pud) ber 
„Utopia“ oerfafjt ju b a 6en; als EraSmuS biefem ©erebe entgegentrat 
(ßepb. SluSg. III, 189. 1857 sq.), rächten fid) feine geinbe burd) jene $u» 
febrift, in ber Slloarej ibn böbnifd) barauf aufmertfam machte, baff Mar» 
liano als SBifdjof nun bie Polfmadjt habe, baS Slnatbem über ibn jn 
oerbätigen (ügl. meine Darlegungen über bie Stellung MarliauoS im 
Stampfe gegen ßutber in ber Schrift „3ur ütefd)id)te beS SBormfer SReichS* 
tagS“). Cb Slloarej fid) fonft nod) literarifd) betätigt bat, oermag id) nicht 
nachjuweifen; bod) bat er fid) wobl in erfter ßinie burd) feinen böfifc^en 
Einflufj als Parteigänger ber fcholaftifcben Db e °f°9 en am Kampfe gegen 
ßutber unb EraSmuS beteiligt. Stuf biefem gelbe ftanben ibm überbieS 
noch glänjenbe äufjere Erfolge in SluSficpt: ber oornebme Pettelmönd) 
würbe 1623 Pifdjof Oon ßorbooa unb erhielt baju bie Stftersienferabtei 
OScra unb 1537 baS Erjbiftum PurgoS mit taEmäfjigem Einfommcn oon 
20000 Dufaten, worauf ihm Paul III. 1538 ben ÄarbinalSbut oerlieb; er 
oertrat in ben fpäteren gabtjebnten feines ßebenS bie gntereffen ber 
fpanifd)en Sirone unb StarlS V. an ber fiurie, wobei er fid) mehrmals in 
fcharfen ©egenfafc jum Papfte felbft fteüte, befonberS in ben Ston^ilSfragen 
(ß. o. Paftor, Eefch- ber Päpfte V, 497. 527. 610. 645. 654). ßugleid) Oer» 
focht er in fRom bie ftrengfte gegenreformatorifche SRid)tung fowobl in ber 
SReformfommiffion ber Starbinäle Wie befonberS in ber 1542 auf ^Betreiben 


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©ra$mu$, fiutffer unb 3rricbrid^ ber SSeife. 77 

$um ElrgerniS aller frommen §erjen in Unterricht unb Sßrebigt 
bie fchtichte Veljanbtung beS (SoangeliumS nach ber Sluffaffung 
ber alten Äirdjenlefjrer oerbrängt hätten. SBenn man immer 
nur oon berartigen ©treitigfeiten höre, oon ber Verherrlichung 
beS ^apfttumS, oon ben einträglichen ülbläffen, fo werbe bie 
©chärfe einzelner Eluierungen ßutherS nur ju oerftänblich. SBenn 
man ftatt beffen baran feftlfalten wollte, baß äße Vtfchöfe ©tatt* 
halter Shtifti finb unb ber $apft unter ihnen nur einen @hten= 
oorrang behauptet, J ) ben er am fdhönften betätigt, wenn er bie 
8 ehre ©hrifti oerbreitet, fo erweife man ihm einen befferen $>ienft, 
als wenn man ihm eine Slßgewatt auf (Srben unb im §immel 
beilege, bie er felbft nicht anertenne unb bie ber ßhriftenheit nur 
fdhaben !önne. ©erabe bie Urheber beS SlblaßftreiteS aber tun 
bieS weniger bem ißapfte zuliebe, als um ihre eigene Sftacht unb 
ihren ©ewinn ju fteigern. 

Unb nun wirb ber Voben für einen Umfchwung in ber 
Haltung ber $urie, für bie ftißfchweigenbe Burüdnahme beS 
Urteils im erften römifchen Eßrojeß oorbereitet burch fräftige 
Vetonmtg ber ^iftion 0011 bem teils (über baS SSefen beS 
©freiteS) mangelhaft unterrichteten, teils einfeitig beeinflußten 
^apfte: biefer fei zweifellos ein frommer SDiann, aber bei ber 
herrfchenben Verwirrung fei oieleS nicht zu feiner Kenntnis ge* 
langt, anbereS höbe er nicht nach feinem SBiüen burchfüljren 
fönnen, ba bie ©reigniffe fidh überftürjt hätten unb ihm fo bie 
Bügel entfaßen feien. 2 ) ßtach unferer früheren Kenntnis beS 


£opota3 gebilbeten „allgemeinen Snquifition": er ttiar eineö ber Häupter 
ber jut fleitung biefer päpftücpen Qnftitution berufenen Sommiffion oon 
\cdß ft'arbinäten (inquisitor generalis), ber 3 cntr ulbe^örbe $ur 2lufred}t» 
erfyaltung bei 65lauben§reinl)eit (a. a. £). <B. 347. 403. 709). 2)urd) taifer* 
liehe ^räfentation würbe er 1549 ©rjbifdjof oon ©ompofteßa unb ftarb 
1557 an ber ftutie. (©übel» oan 6)utif, Hierarchia catholica III, 28. 194. 
157. 189.) 2>ie ältere fiiteratur über iljn bei 33. 3Ä. gontana, Theatrum 
Dominicanum. 93om 1666. p. 33 sq. 63 sq. 68. 332. 539. 

*) 3 U biefer »tätigen ©rflärung ogl. bie Ißolemif beS @ra§muS gegen 
bie Sßertreter ber furialiftifcfycn üluffaffung beS Primats 21936). I, 46 f. 

*) Unter Ülnfüfyrung be$ SSerfeS au§ S3ergilS 6)eorgica I, 514. @r 
trägt biefe 2luffaffung fogar oor in bem Schreiben an £eo X. felbft oom 
23. ©ept. 1520. 21936). I, 36 f. unb in ben Acta acad. Lot., ebenba ©. 49. 


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78 


Sßaul Äalfoff, 

römifdhen Verfahrens log eS nahe, in biefer Sefyauptung beS 
(SraSmuS fine ftarte Übertreibung p erblicfen, ba Seo X. öiel* 
metjr bie 9tn!tage beS ‘StbtaßfrämerS ziemtief) leicht genontme» 
unb pm minbeften ben Sßropfj feljt tangfam betrieben p ^aben 
fdjien; feit mir aber miffen, bafe im 9luguft 1518 unter bem 
(Sinbruct einer britten Denunziation ber Dominifaner unb einer 
gleichzeitigen Vefcfjmerbe beS ÄaiferS baS orbentticfje Verfahren 
abgebrochen unb mit unerhörter ©ilfertigfeit unb §ärte im fum* 
marifchen Verfahren ein VerfäumniSurteil gefaßt mürbe, baS 
montäglich nod) in biefem 3at)re burd) bie Verhaftung SutherS 
ooflftredft merben foßte, lann man ihm nur 9facf)t geben. DaS 
feitherige ßögern ber Ältrie fd£)ien aber nun bie SÜ^ögtid^feit einer 
SReoifion biefeS ^rozeffeS ober feiner üRieberfchlagltng näher ju 
rüden, mie ja and) in ber Sache 9teudhtinS burdh baS „man-, 
datum apostolicum de supersedendo“ eine für ben 5lngeftagten 
günftige SSaffenruhe eingetreten p fein fdhien. 1 ) 

DaS Verbienft, baS man fidh fomit um ben s $apft ermerbe, 
menn man ihn z u einer beS Statthalters Glpifti mürbigeu 
Gattung ermahne, mirb ferner baburdh nahe gelegt, baff gemiffe 
sßerfonen ihn gegen Süttjer aufhepen mie gegen jeben, ber ihren 
Sehren auch nur leife p miberfprechen magt. 2Ran müffe aber 
mie ben meltlichen dürften gegenüber 2 ) mehr banacf) fragen, mal 
bie grunbfähtidhe SBißenSnteinung beS SßapfteS fei' atS maS ein 
burdh böfe 9tatgeber ihm abgebrungeneS ßugeftänbniS befage. 
Die Urheber biefeS unheitooßen VefcfftuffeS tonnte er nun nach- 
(Gebühr btofjfteßen, menn er nidht fürchten müfjte, baff gerabe 
bie mahrheitSgemäpe Schitberung ben (Sinbruct ber Übertreibung 
madhen mürbe, benn einige fenne er perföntidf), anbere hätten fidh 
fetbft burdh it)re Sdhrifteu hinlänglich getennpidpet. Diefe 


*) SEatfächlid) war biefer Schritt bei ißapfteS Don bem einflußreichen 
dominifaner Sßif. t>on <Scf)önberg erwirft worben, um bie 9?ie£erlage feine! 
OrbenS burch ben Spruch ber römifdfen fitommiffion gu berhinbern. 3^®- 
XXXI, 204, Sinnt. 1. 

2 ) £>ier miiffen in ber fiept. SluSg. col. 516 C ein paar SBorte aus» 
gefallen fein, fo baß etwa ju lefen ift: „Sed [ut dej maximis principibu* 
magis spectandum“ ... (£S ift biefelbe Qbee wie in bem Söriefe an Sutper, 
Sitten ©. 606,41 f.: „idem de regibus facinndum.“ SUR®. I, 38. 


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(Stasmtuä, Sutljer unb §tiebrid) bet SBeife. 79 

9Jtänner, bie fid^ ba ju 3tid)tern über ßuttjer aufgeworfen unb 
itjn mit Sann unb £obeSftrafe belegt ^aben, finb in ihren 
häßlichen Seibenfchaften weit oon bem ©eifte ßljrifti entfernt: er 
fönne in biefer §infidjt bem ©rjbifchof merfwfirbige SDinge mit= 
teilen, bie er über baS Treiben ber Stblafjfrämer in Erfahrung 
gebraut fjabe. 

©chtiefetidj aber habe bie ©egnerfdjaft aller biefer Greife gegen 
Steüdjlin, Sut^er uno ihn felbft 1 ) ein unb baSfelbe, wenn auch 
gel)eimgel)altene $iel (mysterium), bie UnterbrüdEung ber gerabe 
in lefcter ßeit. aufblüljenben SSiffenfdfjaften. 2 ) ©ie fehen mit 
Sngrimm, wie bie flaffifc£>en ©praefjen gepflegt werben, wie bie 
antifen ©chriftfteUer, bie oorbem, oon ben Spotten oer^ehrt, im 
©taube oerlamen, ju neuem Seben erwägen, wie bie üftenfdhen 
5U ben erften CueUen ber ©rfenntniS geführt werben. $a 
fürchten fie für baS Stnfeljen ihrer lüdfenlfaften ©<f»ulwci§t)eit. 
$)em bisher mühfam oerbef)lten $rger Ratten nun biefe ebenfo 
unwiffenben als bösartigen 2>ominifaner unb $armetiten Suft 
gemacht, als SutljerS Sücf)er erfd^ienen: ba fjabe man fiel) ent* 
fStoffen, bie brei ©egner mit einem ©dtilage ju treffen, ohne 
fich um bie bod) recht oerfdf)iebenen SorauSfefjungen gu fümmern; 
benu was litten bie pf)tlologtfcf)en ©tubien mit ber ©laubenS* 
frage ju tun. Unb wie ungerecht fei es, aus biefem ©runbe 
gerabe über Sutfyer Einfällen, ba bodf) bei jebem ber älteren 
wie ber tebenben Geologen fidt) Srrtümer nachweifen liefjen, 
burdf beren nacfjbriicflidje Unterfuchung man ihn gum Äefcer 
machen fönne: einem 9ttoareg, fßrieriaS ober Äafetan fönne eS 
nur beSljalb nid)! paffieren, weil fie 2)ominifaner feien. $>em 
SReucf)lin aber mache man feine Kenntnis beS |jebräifdf)en, 2utl)er 
feine ©eringfehäfcung ber tl)omiftifd)en ©d)‘ule gum Verbrechen, 
bagu ben SRücfgang beS ittblafjgefchäftS, feine Angriffe auf bie 
Settelorben unb auf bie fdjolaftifdjen ©pifcfinbigfeiten, benen 
er baS ©oangelium öorgiefjt. 5£)aS finb für fie unerträgliche 
$efcereien. 


*) Über biefeit gufammenljang im »orgeljen bet $>omintfaner »gl. 
gm XXXI, 5 ff. 

2 ) »gl. SKR®. 1, 41 ff. 


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80 


Saut Jtolfoff, 


3n bem oon itjnen angeftrengten $eherpro$efj, burdj bcn fie 
Suttjer ju oeraichten gebauten, tjabcn fie biefe Xatfadjen wohl* 
weislich oertjüHt unb if>n beim Zapfte wie üor ber Öffentftdjfeit 
gan$ onberer get)äffiger Verbrechen angeflagt, ber Auflehnung 
gegen bie Ijödjfte firdjliche Dbrigfeit unb ber §erabttmrbtgung 
ber heilfamen Schtüffelgewalt beS ißapfteS. 

Vun ober ift bie Anflage wegen $e|erei in unferen 3^ ten 
eine weif gefährlichere Sache als in'ber alten $ir<he: bo würbe 
ber Äefcer mit oller Achtung für feine Überzeugung angef)ört 
unb, wenn er Vufje tot, freigefprodjen; wenn er tro| SBibertegung 
bei feiner Anfid)t oerharrte, fo. beftanb bie äufjerfte (Strafe in 
ber AuSfchliefjung oon ber firchlichen ©emeinfdjaft. ^e|t bebeutet 
baS Verbrechen ber Äefcerei ben Stob auf bem Scheiterhaufen, unb 
bennoch finb fie bei jebem leichten Anlafj mit bem Vorwurf bei 
ber |>anb: „SDaS ift Weberei." früher würbe für einen $e|er 
gehalten, wer ben (Soangelien unb ben ©IaubenSartifeln ober ben 
ihnen gleich geachteten ©runbwaljrheiten wiberfpracf);*) je£t wirb 
jebe Abweichung oon ben Anfichten* beS SthomaS oon Aquino 
ober irgenb eines fchotaftifchen Stheologen als $e|erei oetf<hrieen, 
ja fchliefjlicf) bie blofje ^nntniS beS ©riechifcfjen, ein gef<hntacf= 
ootler Stil, furz alles was ihnen oerfagt ift unb was fie je|t 
bem (SraSmuS jurn Verbrechen machen. 

9Jtit allem (Srnft wenbet fi<h biefer aber nun gegen ben in 
SutherS gall plage getretenen SÖftprauch ber Snquifition: ber, 
Abfall üom (Glauben fei gemifs ein ferneres Verbrechen, aber 
beShalb fei eS noch nid)t nötig, jebe ÜEßeinungSoerfchiebenheit als 
©laubenSfrage p oerfolgen. Unb bie Scanner, benen bieS h®h c 
Amt anoertraut fei, müßten über jebe Anwanblung oon ©h r Ö e ^ 
©ewinnfucht, fpafj unb Vachgier erhaben fein. Aber gerabe biefe 
Seibenfdjaften würben oon ben befannten Rührern beS Sominifaner* 
orbenS offen pr Schau getragen, fo bah, wenn man ihnen noch 
weiter Spielraum gewähre, felbft bie Veften nicht üor ihrem 

*) 2Cud) bie beutfcben Aeid)3ftänbe in 2Borm§ wollten bie Verurteilung 
SutberS als Steuer nur infofern anerfennen, al§ er ficE» oon ben „jtoölf 
©IaubenSartifeln", b. b- bem apoftotifcben SefenntniS loSgefagt b fl be. 
Äalfoff, $a3 SBormfer ©bift unb bie ©rlaffe beS Aeid)3regiment3 unb 
einzelner 9teid}Sfürften. §ift. Sibliotbet Sb. 37. 2Jlünd)en 1917. < 5 . 88 ff. 


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(SraSmug, Siutljer unb griebridj ber SBeife. 81 

t 

SBüten fieser fein würben; fic würben fidf) babei auch über ben 
Sßillen ber Vifcßöfe, ja beS $apfteS felbft ßinwegfeßen, wie einige 
feßon äftiene malten, *) Unb weffen ber SDominifanerorben fößig 
fei, baS Ießre feßon bie Xat eines ©aoonarola ober ber Sefcer’fcße 
$anbel im Verner Älofter. 

®amit ift nun bent Zapfte ein beuttic^er gingergeig gegeben, 
wie er oßne ©cßäbigung feiner Autorität ben übereilten unb 
ungerechten ©prueß gegen Sutßer gurüdneßnten fönne: bie Äurie 
brauste in ber 2at nur im ©inne ber oon Sutßer am 30. ÜUtai 
1518 erhobenen SBiberflage baS Treiben SEe^elS gu unterfuchen 
ober bie oon ben 5)ominilanern aus SutßerS ^ßrebigt über ben 
Sann aufgefangenen ©äße, bie als ©runblage für baS fumntarifeße 
©erfahren gebient hotten, mit ber gebrudten Raffung gu Dergleichen, 
ober nach bem Urfprung beS ihm gleichzeitig untergefeßobenen 

Epigramms gegen ben fßapft gu forfd^cn, 2 ) um hinlänglichen 

©toff für eine SReoifion beS Urteils gu gewinnen unb ben SRüd* 
gug bureß fachliche ©rünbe ehrenooH gu oerbeden. 2Sie ernfttidh 
biefer 9tat gemeint war, geht einmal aus ber fpäteren firdEjen« 

politifcßen Xaftif ßeröor, bie (SraSmuS noch in ber ungleich 

fchwierigeren Sage nach bem ©rlaß ber üom ÄarbinalSfollegium 
feierlich gebilligten ©erbammungSbuüe befolgte; eS wirb aber 
auch burdh weitere Vemerfungen über bie Opportunität feines 
VorfcßlagS erhärtet. ©raSmuS weift barauf hin, baß ber ^ßapft 
nur ben ©rogeß SReucßlinS oor feinen Vicßterftußl gegogen höbe, 
SutßerS Angelegenheit fei bagegen ben Uniüerfitäten gur ©nt= 
fdheibung übertragen worben; ihn felbft treffe für bereu ©nt= 
fdßeibung feine Verantwortung, ba er ftd) ftets in feiner ©cßrift= 
ftellerei ber äußerften Vorficßt befleißigt, alfo bie ^ocßfcßulen 
feineSwegS beeinflußt höbe. 3 ) (SraSmuS fdhidt alfo wieber feine 
beliebte fiftioe Verwäßrung oorauS, baß er felbft fidß OöKig 


>) »gl. I, 46 f. 

2 ) 93gl. bie Kapitel VI (SutherS ^Rechtfertigung unb SBibertlage), 
IX (®ie fteftfteHung ber üRotorität) unb X ($)a3 fummarifche Verfahren) 
in 3Ä®. XXXII u. XXXIII ober in ber »nchauSgabe, ©ottja 1912. 

*) Cansam Capnionis Romanos pontifex ad se recepit; Lutheri 
negotium delegatum est academiis; quiequid hi pronuntiabunt, citra 
meom periculum fuerit. col. 517 D. 

®<$r.S. f.!K. 37,1. 6 


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82 


$aul Äalfoff, 


neutral »erhalte, macht fid^ aber gleichzeitig baran, ber Äurie 
eine oon ihrer bisherigen Haltung gegenüber bem notorifdhen 
unb bereits oerbammten Äe|ermeifter grunboerfäfiebene *ßolitif 
öorzufcfjreiben. ^nbem er annimmt, bah eS bem ^ßapfte nur 
angenehm fein tönne, ben nun hoch einmal abgebrochenen ^ßrojefj 
oon 1518 in aller (Stille faßen zu laffen, fdjlägt er ihm üor, 
bie burch bie Seliger Disputation gefdhaffene Sage auSjunu|en, 
Unter ber VorauSfepung, bah'biefe eigentlich ohne bie abfidhtliche 
Dulbung beS ißapfteS — fein „tolerari potest“ — nicht hätte 
ftattfinben tonnen, füllte ber heilige (Stuhl baS Slbtommen ber 
Parteien über baS fcf)iebSri(f>terti(f»e Urteil zweier Unioerfitäten 
(©rfurt unb $ariS) förmlich beftätigen unb bamit sugteich bie 
Vrüde zu einem ©inoernehmen mit Sutf)erS SanbeSherren fdE)lagen, 
ber eben biefe goeberung in bem einzigen oon ihm an bie $urie 
gerichteten Sitte oom 18. Dezember 1518 mit aller Veftimmtheit 
erhoben hotte unb auch ferner baran feftzuhalten entfchloffen mar. 

©ine Verftänbigung jmifd)en ©raSmuS unb bem tofürften 
ift bei biefem Vorfchlage nicht nachtoeiSbar, tonnte aber fehr mohl 
burdh SonaS oermittelt morben fein. Dann aber ift man in 
SBittenberg mohl infolge ber übermütigen Haltung beS Dr. ©cf, 
ber fich noch oor bem ©rfdjeinen ber atabemifdhen Gutachten als 
(Sieger gebärbete, oon biefem ^lane abgetommen. Denn in ber 
Dezember 1519 oon griebrid) mit feinen Sftäten auSgearbeiteten 
Denffchrift, in ber man angefichtS ber brohenben SEBieberaufnahme 
beS römifchen Verfahrens gegen bie Verhängung oon Vann unb 
Snterbift auch über ben Äurfürften unb fein Sanb Vortehrung 
ju treffen fudjte, mirb jmar auch ertlärt, bah ßuther noch un* 
miberlegt, aber ber Velehrung gemärtig fei; bann aber mirb 
baS oorgeblid) bem ©rjbifdhof oon Drier burdh Delegation beS 
heiligen Stuhles be^m. feines Veooßmächtigten Kajetan über* 
tragene SdhiebSgericht angerufen. 1 ) Der ©rjbifdhof mürbe fich 
bann freilich aU( h ouf baS (Gutachten oon Sadhoerftänbigen, alfo / 
ber angefehenften theologifdhen gatultäten hoben ftüpen müffen. 
Unb audh in biefem $aUe hotte ber SBittenberger ÄreiS bafür 
(Sorge getragen, bah biefe feine Sluffaffung burdh einen führenben 

') 3$t®. XXV, 438ff. .SJffltifciabe 8. 31 ff. 


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®ra$mu3, Sutljer unb gftiebtid) bet SBeife. 83 

- i 

$umamften gehörig betanntgegeben würbe; J ) boep war ©ragrnug 
oon biefer $iftion niept unterrieptet worben; wopi aber beutet eg 
auf bag gepeime (Sinoernepmen mit ipm pin, wenn ber Äurfürft 
bem Zapfte entgegenpiett, bafj Sutperg Stnfiept „oon oielen ®e» 
lehrten unb ©prbaren" niept für irrig, foubern für woplbegritnbet 
gepalten werbe. 

Der ft'urfürft wanbte fidp bamatg auf bie Dropung, bie in 
einer angebtiep oon ben juftänbigen Söifcpöfen betriebenen Slttion 
ber Äurie lag, gunäepft an ben Sifepof oon HJterfeburg mit ber 
Sßerwaprung, bafj Sutper nodp niept wibertegt worben fei, fiep 
aber gu güttieper Seteprung unb geriepttieper ©ntfepeibung erbiete^ 
Unb ebenfo patte (Sragmug begriffen, wie wieptig eg für bie 
Durepfüprung ber oon ipm ber $urie gugemuteten ^olitit beg 
©inlenfeng fein müffe, wenn bie beutfepen 33ifepöfe, allen ooran 
ber ^ßrimag, ©rgbifepof ^übreept oon ftftaing, fiep einem gewatt= 
famen SSorgepen gegen ßutper oerfagen würben. ©benfo wie 
f^riebriep ipn Anfang Januar 1520 auf bem Sage in ßerbft 
perfönlicp bearbeitete, 2 ) fo feptofj nun ©ragmug feine für weitere 
Greife beftimmten Darlegungen mit einem 3tppeH an ben ©rg= 
bifepof: er pabe ipm aÜe§ bieg üorgetragen, niept um ipn gu 
beeinfluffen ober ipm oorgugreifen, fonbern nur bamit ber Äircpen- 
fürft über biefe ©erpättniffe unterrieptet fei, wenn bie $einbe ber 
Söiffenfcpaften oerfudpen füllten, feine 3KacptfteHung für ipre 
.ßweefe gu mipbrauepen. Unoertennbar btieft babei bie Sorge 
peroor, baff ^oepftraten fein §tmt alg Snquifitor audp gegen 
©ragmug gettenb maepen tönnte. Unb mit feiner äftenfepen* 
tenntnig gibt er feptiefftiep bem genufjfücptigen, oberftäcplidpen 
^ringen gu oerftepen, baff er fiep oiele Aufregung unb $rger 
erfroren werbe, wenn er mit Sutperg Saepe mögtiepft wenig gu 
tun pabe. @g war bieg genau ber oberfte ©rnnbfafc, oon bem 
fiep Sttbreept feit bem ^Beginn beg Slblafjftreitg patte leiten taffen, 
jo baff eg biejer SBarnung beg (Sragmug faum beburft pätte, um 
ipn gu ben berupigenben (Srftärungen gu beftimmen, bie $riebricp 

') $>urct) s JJloieUan in einem Schreiben öom 6. $ej. gft®. XXV, 440, 
Slitmetfung 3. 

2 ) SWiltfriflbe S. 35. 40. 

6 * 


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84 


SauI ffalfoff, 


halb barauf in ßerbft üon itjm erhielt unb bte $um minbeftcn 
baljin gingen, ba§ er baö römifdje SBetfaljren nidjt unterftü|en 
unb ebenfo toenig fetbft gegen Sutljer ettoaä unternehmen toerbe. 1 ) 
©eine SRagbeburgifdjen SRäte aber tjabcn ftdj itt ihrem mofyU 


J ) $)ie am 26. gebruar 1520 Don 3llbreChtd 95Iagbeburger SRäten 
an 2utl)er abgefanbte Antwort ift bad getreue ©djo biefeS bebeutfamen 
Schreibend. 95Mlti&iabe S. 45, 21nm. 1. 3Bie man fieht, tritt bte ^erfön* 
lichfeit bed eitetn unb oberftä^tid^en ißtinjen für ©radmud Dößig juritrf 
hinter bem großen pubti^iftifd^en gweef beö (Schreibend, bad Don ben 
humaniftifchen SRäten in feiner Umgebung angeregt worben ift. SBie neben» 
iächliCh ihnen babei ber junge Äarbinat fetbft erfdjien, geht aud ber wenig 
beachteten Satfache heroor, baft man ed gar nicht für nötig hielt, ed ihm 
oorsulegen, offenbar in ber ©rwägung, baft ihm bie Seftüre bed umfang» 
reichen Schriftftücfed nur unbequem fein würbe. 2lld bann bie Süße im 
Sommer 1520 erfdjien (3$®. XXV, 522 ff.) unb Slleanber mit fd)arfen 
Sreoen audgerüftet würbe, in benen ber fß“bft ben ©rsbifChof bringenb an 
feine firchlichen Pflichten mahnte unb u. a. bie ©ntlaffung §uttend forberte 
(^ep. 3Ueanberd S. 23), ^a&en beffen unb Sutljerö ©egner fCpon oor bem 
©intreffen bed fJIuntiud bem unjuoedäffigen ftirdjenfürften wegen ber Ser» 
öffentlidjung biefed Sriefed bed ©radmud Sorwürfe gemacht. 3llbreCht lieft 
daraufhin an ©radmud fChreiben unb ihm biefen 95iiftbrauch feined 9?amend 
Dorhalten. darauf erfolgte am 8. Dftober (2et)b. Sludg. III, 584) eine h ö f® 
UChe ©ntfChulbigung, in ber ©radmud alle Sd)ulb auf Jütten wälgte, bem 
er fein Schreiben in einem oerfiegelten SBriefe habe sugeljen laffen mit ber 
SSeifung, ed nur su überreichen, wenn er ed für opportun halte; im anbent 
gaße ha&e er ed unterbrütfen ober auch DerniChten foßen. ©r fönne nlfo 
nur feine Serwunberung auftern, baft ed in bie 2>rucferei gewanbett fei, 
ehe ber Srjbifchof ed erhalten habe, unb ben unglüdliChen 3nfaß 
ober bie böfe Sbfidjt, bie etwa babei im Spiele war, bebauern. 2)ied 
hinbert ihn aber nicht, bem ©rsbifdjof gleichseitig feinen Serbünbeten, ben 
®ominifaner gäbet, mit ben roarmften 2obfprücpen über beffen Serebfam» 
feit unb ftaatdmännifchc Segabung, feine ebeln 3lbfi<hten unb fein s Uj 
treffenbed Urteil ju empfehlen, afto bie Umgebung bed ©tjbifchofd s UT 
Unterftüfcung ihred gemeinfamen gelbsuged gegen bie Serbammungdbuße, 
biefen „gefährlichen ©rfolg ber herrfc^fiic^tigen ©egner" („video tyrannideni 
quorundam nimium succedere“), aufsurufen. 2)ie ^erfömmlic^e 3luf» 
faffung Don bem „geheimen fRechtfertigungdbrief" bed ©radmud unb ber 
„gnbidfretion füllend" (©nberd II, 68) fehlt natürlich nicht unter ben 
Dielen SBerfeljrtheiten in ber Schrift 951. fRicpterd S. 16. S)er Srief bed 
©radmud an Solfep, ber noch in ber 2epb. 3ludg. III, 321 sqq. fälfcplidi 
in bad galjr 1518 oerlegt wirb, ift bedljalb nicht ohne weitered „gleich¬ 
seitig mit bem Sriefe an 3llbrecht s u batieren" (fRicpter S. 17), fonbern 


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(EraSmuS, Siutljet uHb griebtid) ber SBeife. 85 

burcfybadtften ©Treiben an Sutfyer baS ©erbienft ertoorben, ben 
flugen 9tat beg (SraSmuS in eine ber ergbifdf)öflicf)en SBiirbe 
entfpredjenbe $orm jn fleiben, inbern fie ifjrern ijerrn bie Söorte 
($amaliel§ in ben SÄuttb legten. 

Dom 18. SDtai 1519, wie ei 'Men benn auch getan ^at (III, 587). Über 
Die ausführliche Xarfteüung, bie (EraSmuS 1523 in ber „Sbongia" (Sötfing 
II, 311, 20sqq.) non bem ©thidfal feines Schreibens an '2llbred)t gibt, 
ogl. meine Slrbeit über „Ulrich ütm §utten unb bie Deformation", 
Äap. XV.; ju ber erneuten Veröffentlichung burd) 3- SBimpfeling mit 
beffen ^nfchrift an ben SBifchof oon SBafel Dom 1. Sept. 1520 meine 
llnterfmhung über „SBimpfelingS lefcte lutljerfreunbliche Äunbgebung" in 
ber $tfchr. für bie ©eid}. bei OberrheinS. N. F. XXXIV. 


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IV. Äapitet. 

Die erneute Verftänöigung 
3 Wifd)en Crasmus und dem Rurfürften angeficfyts 
der Verdammungsbulle von 1520 3 ur Derbei- 
fuhrung eines gelehrten Schiedsgerichts. 

tiefer Aufruf beg ©rasmug an bie gebilbeten Greife, ben er 
in feinem auggebel)nten $rtefmed)fel mit greunben unb ©egnern 
$u oertreten eifrig bemüht mar, tonnte ähnlich mie bie ®unb= 
gebungen ber ©elehrtenmett im ^ßro^effe 9teud)ling nur bann 
einen ©rfolg hüben, menn unter ber gleichfaUg oon ©rasntus 
empfohlenen Äonnioenj ber potttifcfjen äftächte, ber dürften unb 
Sifdhöfe, bie öffentliche Meinung jugunften Sutfeerg unb feiner 
Sehre fid) fo burd)fefeen unb befeftigen fonnte, bafe fie einen 
fühlbaren £>rud auf bie Haltung ber Äurie augjuüben imftanbe 
mar. 2)a§ erforberte $eit unb mieberum geit. $ber Dr. @<f 
unb feine ^ßerbünbeten maren entfdjloffen, ihren oorgebtidjen ©ieg 
rüctfichtglog .augjunufeen unb burd) SBieberaufnahme beg römifdfen 
^ßro^effeg batbigft eine unmiberrufliche unb burchgreifenbe @nt= 
fdjeibung ber hofften ©teße fjerbei^uführen. ©leichjeitig tonnte 
ber $urfürft aug ben an ihn gelangten Drohungen unb 2ln= 
beutungen bie ©ntmidlung beg neuen SBerfalfreng, bag unmittelbar 
nach ©ingang feiner im SDe^ember 1519 aufgefefeten, SBermahrung 
(am 9. Januar 1520) förmlidh unb feierlich eröffnet mürbe, fo 
genau oerfolgen, bafe er im Frühjahr 1520 fiep ju ernften 
/ * ©egenmaferegeht gebrängt fafe. ©nbe Slprit liefe er fid) burefe 
feine fRechtggelehrten ein ©utaefeten erftatten, 1 ) bag mir nicht 


*) XXV, 448 ff. 


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®ra$mu§, SuÜjer unb griebricb bcr ÜBeife. 


87 


befifeen; bod) mürben jtoeifelloä bie bisherigen 9ted)tSmittel auf 
fachlichem rnie reichSpolitifdhem ©ebiet gutgeheifeen unb üielleicfjt 
auch ber JpinmeiS griebricfeS auf bie Sßotmenbigfeit einer um* 
faffenben Kirchenreform für ein zmedmäfeigeS Kampfmittel erflärt. 
Denn gerabe auf bie ihm burch 9tmSborf übermittelte Anregung 
unb mit bem oon ber furfürftlicfeen Regierung gelieferten Material 
fdjritt ßuther nun zur Stbfaffung feiner gemattigen Kampffdhrift 
„oon beS <hriftli<hen StanbeS 93efferung". Unb toie ber Kurfürft 
gleichzeitig bie Söürgfdjaften nicht aus ben Slugen liefe, bie er 
fich unb feinem Schübling in ber SBafeloerf^reibung beS neuen 
KaiferS gefiebert hatte, fo mar er auch barauf bebaut, bie gäben 
Weiterzufpinnen, bie er behufs ©eeinfluffung ber öffentlichen 
Meinung mit bem grofeen ^ßubliziften angelnüpft hatte. 

Denn auch baS «Schreiben an Spalatin, in bem ©raSrnuS 
am 6. guli 1520 oon Sömen aus fich ueuerbingS über SutherS 
Sache äufeerte, mar burdj eine Senbung beS Kurfürften oerantafet 
morben, bie zweifellos oon oertraulichen Mitteilungen über ben 
Stanb ber Dinge begleitet mar. Unb mieber hatte man bie 
Gelegenheit benufjt, bie fidh burdh bie Steife einer zuoerläffigen 
^ßerfönlidhteit bargeboten hatte. 

@S maren überhaupt feit Januar mehrere ®otf «haften oom 
fpanifch=nieberlänbifchen £>ofe in Sßittcnberg eingetroffen, fo zu* 
nächft ber 33urghauptmann oon dreifach, ^ieronpmuS Brunner, 
ber mertoolle ©rtlärungen Karls V. über bie Beirat feiner 
Sdjmefter mit bem Neffen griebricfeS unb bie befriebigenbe 
Söfung finanzieller gragen überbracht hatte; auch btefe ©elegen* 
heit hatte ber Kurfürft benufet, um burdh perfönliche Sefanntfchaft 
beS angefehenen Diplomaten mit bem ©rzfefjer einen für Sutljer 
günftigen ©inbrud bei bem jungen $errfcher oorzubereiten. x ) 
©nbe 2lprit lief ein Schreiben ber Statthalterin Margarete ein, 
in bem fie für bie guten Dienfte griebrichS bei ber Serföhnung 
beS KaiferS mit feinem Sdjtoager, ©hriftian II. oon Dänemart, 
banfte. 5lm 13. Mai erhielt man Briefe beS KaiferS unb feines 
teitenben MinifterS, in benen er feine 9lbfafjrt oon Spanien an* 
Zeigte, unb am 9. guni erfdhienen oier SBoten unb ebenfo oiele 

>) 3Ä«. XXV, 514, 9lnm. 2. gnberS II, 305 f. 


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88 


Ißaul ffalfoff, 


©riefe oon $arl V. unb feiner Umgebung über bie glücflicf)e 
Sanbung in (Sngtanb. 1 ) ©ei einer biefer ©otfdjaften frfjeint nun 
ein junger beutfcfjer $ßoet bef<f»äftigt gemefen ju fein, ber Xübinger 
ÜKagifter unb fpätere ©rofeffor in Sfngolftabt unb ©Wien, Sodann 
SÜejanber ©rafficanuS; biefer ftanb feit ÜDtai 1519 im SDienfte 
beS burgunbifdjen Staatsmannes äJiajtmilian oon ©ergtjeS, £>erm 
oon ßeoenbergfjen, ber an ber Regierung ©Württembergs beteiligt 
mar. Of)ne eigentlich in körnen ftubiert ju haben, mar ber ge» 
manbte unb begeifterungSfäljige Jüngling in nähere ©ejieljungen 
ju (SraSmuS getreten; 2 ) bei ber ©erbrennung ber lutf)erifd)en 
©üctjer in Sömen (8. Oftober 1520) gab er feiner (Sntrüftung 
über baS fdjamlofe Gebaren, beS ßarmeliten (Sgmonban fo 
energifdfjen ©uSbrucf, bajj man mol)I fietjt, mie er ihn als ben 
geljäffigften geinb beS QsraSmuS fannte. SluS ber §anb biefeS 
„guoerläffigen Jünglings" (juvenis longe candidissimus) fjatte 
(SraSntuS oor bem 6. 3uli 1520 ein ihm feljr miHfommeneS 
Schreiben SpalatinS erhalten, ba$u eine ftlberne unb eine golbene 
Schaumünze mit bem ©ilbe beS Äurfürften, als @rfa| für baS 
oerlorene ©efd^enf beS ©orjaljreS. 3 ) (SraSmuS ermiberte eS, in» 
bem er feiner 5lntmort eine bronzene URebaille mit bem eigenen 
^ortrait beifügte unb bie erhabenen Stugenben griebridjS feierte, 
bie er burdfj bie ljocf)l)erjige Slbleljnung ber Äaiferfrone unb 
burdt) bie ©rünbung einer Unioerfität bemiefen habe; biefe habe 
burdh ihre in jüngfter $eit erfolgte (Sntmicflung auch ber $h eo * 
logie bie größten ®ienfte geleiftet. @r fei babei aber mit folcfjer 
Sponung oorgegangen, bafj bie gegen ihn gerichteten ©ormürfe 
ber fcfjolaftifdhen Theologen (veteris doctrinae patroni) 4 ) für 

') Spalatins (£f)ronif in J. B. Menckenii Scriptores rerum Germania 
caruin. Lipsiae 1728. II, col. 599 sqq. 2tm 6. $uli erfd)ieit SBrunner nod) 
einmal unmittelbar oom :pofe in glanbern au§. 

-) ®ie Siteratur in ben Anfängen ber Gegenreformation I, 22. 95 f. 108, 

3 ) 3)a am 10. ^uli ein furfädjfifdjer Gefanbter mit mehreren Grafen 
bem Äaifet in Graoelingen fid) oorfteHte (SRenden col. 601), fo fönnte 
biefer audj oom burgunbifd)en §ofe auä ben SBtafficanuS ju Gra$mn8 
gefd)idt Jjaben. 

*) 3)ie SBorfid)t, beren fid) Gta3mu3 bei bieder ioid)tigen Ulnbeutung 
befleißigt, geljt aud) barauä ^eroor, baß er feinen alten ÖteblingSauSbtud: 
„veteris inscitiae patroni“ gemilbert l)at. 


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©taSmus, Sutf|er unb griebtid) ber Sßeife. 89 

unberechtigt erttärt werben müßten. @S waren alfo in bem 
Schreiben SpalatinS Andeutungen barüber gegeben worben, baß 
ber neue in SutljerS Sache eröffnete Prozeß fich auch gegen bie 
^ßerjon beS $urfürften richte, ber fid) burcf) SBefdhüfcung beS 
ÄehermeifterS als „$einb ber Religion" erwiefen hoben füllte. 1 ) 
©raSmuS erflärt eS bemgegenüber für eine Pflicht ber ®an!bar= 
feit, baß: bie ©eiehrten für bie ©hre Strichs eintreten, bem 
bie Sßiffenfchaften noch viel mehr oerbanfen als ber einzelne, ber 
fich, wie ©raSmuS, burch ißn geförbert weiß. 2öahrfd)einlich 
hatte Spalatin auch eine ®inlabung griebridhS übermittelt, benn 
©raSmuS erflärt er wünfche nichts fehnlicf)er, als ben 

ruhmreichen dürften an ber Stätte feiner blüßenben ^>od)fct)uIe 
ZU febjen: ba er im beoorfteßenben §erbft nach ®eutf<hlanb 
fommen werbe, fo hoffe er bie greunbe in SBittenberg ju be= 
fuchen, wenn ihm bie nötige Sicherheit bagu gewährt werbe 
(si modo tuto liceat). ®a nun bie öffentliche Sicherheit beS 
Reifens in ®eutf<hlanb trofc mancher örtlichen Übelftänbe hoch 
nicht mehr fo tief im Argen lag, baß ein berühmter ©elehrter 
nicht hätte oom SBeften nach bem Dften pilgern fönnen, fo !ann 
fich owh biefe Anfpielung nur auf ben burdh bie 2Bieberaufnahme 
beS römifdhen ^rojeffeS oerfdhärften ©rnft ber Sage beziehen: 
©raSmuS mußte bamit rechnen, baß ihm auf betreiben ber 
ßöwener ^»eißfporne, bie halb barauf feine AuSfcßließung aus 
ber theotogifcßen gotuttät burdhfeßten, ein SBefud) beS ©rzfefcerS 
oon ber bigotten 9tegentin ber ÜRieberlanbe fchwer oerbadht 
werben würbe. 

*ÜberbieS h at fi<h noch au f ©runb einer anbern Duelle 
nacßweifen taffen, baß ©raSmuS, ber in fftom über zahlreiche 
SSerbinbungen oerfügte unb mit feinen boitigen Äorrefponbenten 
einen regen SBerJefjr unterhielt, oon ben in SutherS zweitem 
Prozeß erfolgten SRaßnahmen genaue Sunbe hotte. Über bie 
Vorgänge, bie fich bei ber Beratung über bie SßerbammungSbuUe 
am 25. 3M im ÄarbinalSfoHegium abfpielten, ^atte er einen 


*) SSgl. bie 9tad)iDeife über bie halb nach betn Äonfiftorium Dom 
9. Qanuar 1520 an ben Äurfürften gerichtete 3ufchrift beS italienifrfjen 
^Diplomaten ©erralonga, 3®®- XXV, 442, 9lnm. 1. 569. 


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90 


«Paul ffattoff, 


Umftanb erfahren, beffen Kenntnis uns nur burch iljn in feiner 
^lugfdfrift über „bie §anblung ber Uniüerfität Söwen" überliefert 
worben ift.*) Unzweifelhaft fjatte er Anfang $uft fchon -Rachricht 
oon ber in jftorn getroffenen Entfcheibung, bie einen Eingeweihten, 
ber mit bem Verlauf beS erften SßrojeffeS oertraut war, zwar 
nid(}t überrafdjen tonnte, aber bodh aufs neue zu äufjerfter SJSorftcht 
mahnte. SRod) bürfte fi<h EraSmuS über ben fühnen ^ßlan, audh 
angefichtS ber wieberljotten, bieSmat burch bie föarbinäle unter» 
ftüfcten Entfdheibung beS ^ßapfteS eine fReoifton ber wiffenfchaftlidfjen 
©runbtagen ber Stnflage anzubahnen, nicht fdtjlüffig geworben fein, 
obwohl er bie Vorbereitungen baju fchon in feinen bisherigen 
$unbgebungen getroffen hotte. 5lber man begreift, bajj ihn ju» 
nädhft unb oor adern bie (Sorge beherrfdjte, bah Sutt)er nicht 
burch 9tuSbrücf)e beS ßorneS un b ber Entrüftung über ben ihm 
nun unabwenbbar brohenben (Schlag ben an fiel) fdf)on gewagten 
Verfudj noch wehr erfchweren möchte. 

SDiefe unjweibeutigen SCatfad^en oorauSgefe^t, barf man in 
ben nun folgenben Mahnungen beS EraSmuS, bie er turj bojfher 
auch burch SManchthon an Suther gerichtet hotte, nicht mehr 
einen StuSbrucE ruhfetiger ©elbftfudht ober füt)ler Überhebung 
erblidEen, fonbern bie aufrichtige ©orge eines alle folgen ber 
Sage Har überblidcnben ^reunbeS, ber fich burch bie bisher 
geteiftete VunbeShilfe fchon ein $lnrecf)t auf eine beratenbe ©timme 
erworben hotte, jumal bie SBittenberger eS gewefen waren, bie 
ihn inS Vertrauen gezogen, bie feine Unterftüfcung gefudht hotten. 

SBenn er fe|t in bem «Schreiben an ben furfürftlichen 
©efretär fortfährt, er höbe fürjtich fchon an Sötetanchthott ge» 
fdjrieben, 2 ) aber fo, bah er fich bamit eigentlich on Suther fetbft 
gewenbet höbe, fo ift bieS nun auch nicht als oornehme ober gar 
mifjgünftige ßurücfhaltung, fonbern als einfache, fchon burch ben 

») 2191®. I, 35. 78. Qm. XXV, 120 f. (SntfdjeibungSjaljre @. 146. 

2 ) Ph. Melanchthonis opera ed. C. G. Bretschneider. Halle 1834. 
(Corp. Reform.) I, col. 204sqq. 2Iudj biefe toertraulidjen Sftitteilungen tjattc 
®ra§mu3 nur gewagt, »eil fidj jufdttig ein fixerer 99ote gefunben batte, 
wabrfdjeinlid) einer ber in SBittenberg ftubierenben Sluguftiner. $er SBrief 
ift nur in einer Slbfcfyrift oljne Saturn überliefert, gehört aber in biefelbe 
.Beit »ie ber an ©palatin. 


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®ra$mu$, £utljer unb griebrid) bet SBeife. , 

Sttipraudj feines crften Briefes an Sutfjer nafyegelegte 58orfi<f>t 
aufgufaffen. SBieber ptte er ba üerfidjert, baf) nadj wie oor alle 
©utgefinnten auf SutprS ©eite ftänben, aber bafj fie gugleidj 
wünpten, er tjätte feine ©Triften mit mef)t üßiäjjigung oerfap: 
freüid) fei e§ jept gu fpät gu folgen ©rmatjnungen. @£ fei 
unoerfennbar, bafc e§ gu einem ferneren Äonflift fommen werbe, 
lfnb er fann nur beten, bafj er. gurn SBo^Ie ber dpiftlicpn $ircp 
auSfdjlage. Sßießeidp fei eS notmenbig, baf? Ärgernis fomme, 1 ) 
aber er wolle nidjt ber Urheber fein, ©leicf)Wof)l foU. biefe 
biblifdp formet feinen Ausfall gegen fintier bebeuten, bem er 
feinen ©ruf? entbietet mit, ber SBetnerfung, baf? ifym SutfjerS 
Antwort 2 ) auf baS SßerbammungSurteil ber Kölner unb Söwener 
Jpologen auf?erorbentlicf) (mire) gefaßen t»abe; nur §ätte er 
gewünfctjt, baf? Sutpr feinen Flamen nidp genannt tjätte, ba ifjm 
baburd) feine Aufgabe erfcpoert merbe, ope baf? Sutpr entlüftet 
merbe. Sn biefem oertraulidpn ©djreiben, baS uns benn audj 
nur aus SMandjtpnS Sftacljlaf? befanut geworben ift, gibt er 
alfo ofjne weiteres gu, SutprS ©cpift, unb gwar eine aus* 
gefprocpne $ampffdpift, gelefeu gu pben unb erftärt feine riid> 
tjattlofe ßuftimmung. 5tnberfeitS pt Sutpr mit ber Söemerfung, 
er miffe, baf) nidjt aße üßiitglieber ber Söwener f^afultät bem 
Urteil gugefjtimmt Ratten, nidp blofj ben Üßartin SDorpiuS felbft 
gemeint, auf beffeu Sörief er fiel) begiep, 3 ) foubern in erfter Sinie 
ben ©raSmuS. Unb bei biefem 93ewupfein gegenfeitigen ©in= 
üerftänbniffeS fjätte Sutfjer aßerbingS eine ©emerfung unterbriideu 
fönnen, bie fidt) auf bie gögernbe Haltung beS ©raSntuS begog, 
ber gu ßutprS Sßerbruf? in ben grunblegenben fragen nod) ^ e ^ ne 
fefte ©teflung eingenommen fjatte: bei 5lufgäl)lung ber oerbienten 
©elepten, benen burcl) bie pprifäifdp fftecf)t£)aberei unb bie 
IBerfolgungSwut ber Xpologen Unredp gefetjetjen fei, nennt er 
jdjliepid) neben Sodann oon SBefel unb $abre oon dtapleS aud) 


>) ®tatt$. 18, 7. £uc. 17,1. 

4 ) £utl)er batte bie Grrflärungen ber beiben gatultäten im UJtärj 
toieber abbruefett laffen unter Beifügung einer „Responsio Lutheriana“. 
fiöftlin * Sfaroerau I, 298. (JnberS II, 362 f. 359 f. 

3 ) Stöftlin a. a. C. $u ber ©teile ber Defensio, £utt)er3 SSerfe. Strit. 
©efamtauSgabe VI (SBeimar 1888), 182, 28 ff. 


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92 


^aut ftalfoff, 


(SraSmuS, bcn er mit bem nod) mit ben Römern in ber |>ede 
fjangenben Wibber 1 ) üerglich. 

Über biefe IRüdfichtsfofigfeit SutherS burfte fich (SraSmuS 
mit umfo größerem ©echte bettagen, als er feit bem $rühjah r 
1520 wieber ben fjeftigften Angriffen ber SDominifaner auSgefefct 
war, bie ebenfalls über ben ©tanb ber ®inge in ©om .genau 
unterrichtet waren unb nun unoerfentibar barauf binarbeiteten, 
ben i^nen unbequemen ©eierten ins ©erberben zu ftürjen unter 
bem fd)on fattfam begrünbeten ©orwurf, bafj er ber eigentliche 
lieber ber lutfjerifdjen Äe^erei fei. Sn oielen gleichzeitigen 
©riefen bedt ©raSmuS biefe für ihn in ber Xat hödjft gefährlichen 
Webereien auf, 2 ) unb auch ben Wittenberger $reunben gegenüber 
weift er auf biefeS Treiben h* n: bie ©erfdjwörung biefer „Oer* 
brecherifdhen" 9Renfcf)en richte fi<h gleichzeitig gegen bie oon 
ßuther oertretene „christliche" Geologie wie gegen bie fpracf)tichen 
unb literarifdhen ©tubien. (Sr weift bieSmat befonberS auf bie 
engtifchen ©tönche l)iu, bie feinem bortigen (Gegner (Sbuarb See 
ZU £>ilfe geeilt ftnb, ben foeben zum ©ifcfjof erhobenen Sftinoriten 
Sohann ©tanbiSh unb einen &'artf)äufer, 'fobann auf bie weit 
fchlintmeren (insaniora) Slbficfjten |) 0 <hftratenS, ber, weil er fich 
bem literarifchen Kampfe, wie ihn See unb (Genoffen betrieben, 
nicht gewadhfen fühle, feine ©efugniffe als Snquifitor gegen 
(SraSmuS z u fehren brohte. (Snblid) war ber eitle ff-ranzofe 
SatomuS als Wortführer ber ßöwener Theologen zugleich gegen 
ßuther unb gegen (SraSmuS auf getreten, 3 ) ber alfo wieber mit 
gutem (Grunbe zu bebenten geben fonnte, wie bei jeher (Gelegenheit 
feine ©a<he mit ber ßutherS oerfnüpft werbe. (Sr müffe babei 
erfennen, bafj „bie Slnfdhläge biefer (Gegner fd)led)thin teuflifch" 
feien unb auf nichts geringeres abzielten, als „mit Unterbrüdung 
beS wahren d^riftlid^cn (GeifteS bie unbebingte §errf<haft ber 
©riefterfafte aufzurichten: unter bem ©orwanbe ber ©erteibigung 
beS «hriftlichen (Glaubens" werbe man alfo gegen bie ©erfünbiger 

*) 1. SlJtofe 22,13. SBeirn. 2lu4g. VI, 184,24 f. 3)abei mufjte @ra4mu4 
beutltd)er al$ ßuther ben otninöfen SRebenfinn feinet $öergleid)4 empfinben, 
bafj biefer SBibber bann an Stelle SfaafS geopfert würbe. 

-) Anfänge ber Gegenreformation I, 76 ff. 

8 ) Anfänge I, 70 f. 104 u. ö. m®. I, 32, Slnm. 


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EraStnuS, Suther unb griebrid) ber SGßetfc. 98 

«öangclifdjer SBat)r£)eit rüd£fitf)t§lo§ mit Bann unb Scheiterhaufen 
borget)en. Sie Sätigfeit 9lteanber3 unb ber unter feiner 3Jlit= 
mirfung neu errichteten Ianbe§herrli<hen ^nquifition follte balb 
baranf biefe Befürchtungen 6ucf)ftäblich rechtfertigen. Slucf) bie 
Bemerfung, bafj am §ofe be§ &’atferS, mie in ber Umgebung beä 
@rjher^og§ ^erbinanb unb ber Statthalterin bie Bettelmönche 
einen mafjgebenben (Sinflufj auSübten, 1 ) mar feineäfatte übertrieben. 

Schon tonnte er auch ben Söittenbergern Äunbe geben oon 
bem erften Berfud) biefer $einbe, ba§ päpftlictje Urteil junächft 
an Luthers Schriften ju ooUjiehen: bei bem regen Sepefdjen* 
mechfel jmifchen 9tom unb Sngtanb mar man am bortigen £ofe 
über bie (Sntmicflung be§ gmeiten fßro^effeg fchnetl unb genau 
unterrichtet, unb fo mar e§ nahe baran, bafj fchon im 5 r ühi a h r 
ßuther§ Bücher in ßonbon oerbrannt mürben: aber ($ra3mu3 
hatte fich atäbalb an ben Äarbinat SBoIfep gemanbt, ber fi<h 


') 2luf biefe ©teile be3 Söttefeö beließt fid) 2utljer, wenn er am 
11. Oftober unter genauer Einführung ber ©orte be$ Era§inu$ (Erasmus 
scribit, aulam Imperatoris esse mendicotyrannis occupatam . . . Enber§ 
II, 491,32 ff.) erflärt, baß er bemnad) feine Hoffnung auf ben Äatfer fejjen 
föitne. Er ^atte foeben ©palatin mitgeteilt, baß bie Perbammung§bulle 
ber Unioerfität oon Dr. Ed übermittelt worben fei unb babei auSgerufen: 
0, baß hoch ftarl ber -Dlann wäre, im ®ienfte Eljrifti biefe Teufel an* 
jugreifen! immerhin bürfte barauS ^eroorge^en, baß biefer Prief be£ 
Era£mu§ an SRelandjtljon erft furj oorljer an feinen PeftimmungSort 
gelangt war. — ©ie fef)t bie ©ittenberger fid) bi§ baljitt mit bem ®e» 
banfen gefcßmeichelt Ratten, an bem jungen Sfaifer einen fRüdljalt gegen bie 
Parteigänger beS PapfttumS gewinnen ju fönnen, jeigt eine merfwürbige 
hanbfchriftliche Eintragung in bem h ö( bft feltenen 2)tud ber beutfchen 
Raffung oon Suttjerä „Oblatio sive protestatio“ in „®octor SDfartinuS 
Putzers Eluguftinerä Erbieten" (©ittenberg bei ©runettberg. 2 Plätter). 
Pgl. ©. Äawerau, Sutljetg Schriften ufw. (Sehr. b. Per. f. 9fef.*©efch. 
9fr. 129) Seipjig 1917. ©. 17. Peefenmeper erflärte in ben £f>eoI. ©tub. 
u. ftritifen 1828, ©. 370 bie §anbfd)rift für bie 2uther§, wäljrenb fawerau 
(Äatalog oon SRub. £aupt Sfr. 12. ipaHe 1906. ©. 103) e§ für möglich f)ält, 
baß ©palatin ber (Schreibet ift; ber Elulruf lautet: „3tem, baß idj al§ 
fclig toär’, baß ich ben jungen römifd)cn ftüitig funt warnen oor ben 
8fomaniften, baß ba§ jung ebel Plut nit oorfüljtt würb’!" 21m 27. gebruar 
1521 fommt Suther auf bie ißn lebhaft befchäftigenbe SDfitteilung be# 
EraSmuS („nihil esse spei in Carolo sophistis et papistis obsesso“) jurüd. 
EnberS III, 90, 39 ff. 


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94 


^aul Äaljfoff, 

bamalS nod) in ber Stoße eines ©efct)ü|erS ber 2Biffenfd)aft 
gefiel, unb biefer fjatte nicfft nur ben frönen ©laubenSaft oer* 
Ijinbert, fonbern jugteicf» jenem SDtinoriten unb feinem Slnfjang 
bie „töridjten" §epereicn auf ber Äanjel unterfagt. SDer fjerrfdj* 
füdfjtige Äirdtjenfürft, ber fiel) mit bem ©ebanfen trug, fetbft eines 
StageS ben ©tut)! $ßetri ju befteigen, tjabe an ßuttjerS £ef)re 
fonft feinen Stnftofj genommen: nur, baft biefer baS „göttliche 
Stedjt" beS SßapfttumS geleugnet tjabe, a!fo SuttjerS Singriffe auf 
bie bem päpftlidfjen Primat angeblich innemoljnenbe reügiöfe 
Soßgematt, tjabe itjn ftu|ig gemalt. SDocf) moßte ©raSmuS 
bamit SutljerS grunbfäplidje ©teßungnafjme in biefer f^rage 
feineSmegS tabeln, ba er gleicfj^eitig bei anbern ©elegenfjeiten 
tjeroorfjob, bafj fetbft bie ttjeotogifcfje ^afultät oon Sömen in 
biefer ^infidt)t auf fiuttjerS ©eite ftetje, alfo bie fonjitiaren 
Überlieferungen t)odf)f)alte. *) Unb er felbft mar ja eifrig am 
Sßerfe, bie ©ntfcfjeibungen, bie ber ^ßapft als tjödjfter Stifter 
unb Sefjrer ber Äircfje in SuttjerS ©ad)e getroffen fjatte, ben 
S3annfprud) mie bie Slblafjbefretale, ats feineSmegS unfehlbar ober 
unabänberticf) anjufedjten. 

tiefer „amiculus humilis, sed in tempore vigilans“, 2 ) 
ber foeben oon Sutfjer bie it)m in (Sngtanb gugebacf)te ©cfjmad) 
abgemenbet tjatte, mar alfo rootjt befugt, in jenem fritifcfjen 
Slugenblicf feine marnenbe ©timme ju ergeben. Sßenn er aud) 
gegen ©palatin 3 ) bemerfte, er bete ju SpriftuS, baf} er Sutljer 
metjr Stufje beS ©emüts unb ber ©cfjreibmeife oerlei^en möge, 
bamit er ber dtjriftlidtjen ^römmtgfeit nod) mertooße ®ienfte 

*) Anfänge I, 80. SHSR®. I, 42 f. 79 f. 

s ) @o beutet ©raSmuS feinen ©d)tttt befcfjeiben an in bem Schreiben 
an DfolampabiuS öom 14. 3)uni 1520. Sietyb. 9lu3g. III, col. 555. 2l s Jt®, 
I, 52, s £nm. 3. 

3 ) ©igentlid) mar aud) biefer 33rief für ben fturfürften befßmmt; »ie 
felfr aud) bie SEBittenberger greunbe barauf bebaut maren, baf} ber Sturfürft 
non ben für Sutljer günftigen Äunbgebungen erfuhr, geigt ber SBrief 
SDtelandplfonS an ©palatin, bem et baS foeben ermähnte (Schreiben beS 
©raSmuS unb ben 33rief &utten§ an £utl)er oom 4. Jguni beilegte: aus 
beiben ge^e Ijeroor, meldje oortrefflid)e Meinung beibe über Sutljer lfättei» 
— alterum orbis universi, alterum nobilitatis decus. $er SBrief ift 
ebenfalls nod) in ben ^uni jn fefcen. Corp. Reform. I, 262 sq. 


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C£raSmu3, Sutfjer unb griebricfy bcr SBcife. 


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leiftcn fönne, fo fjoffte er gleicher SBeife auf bie göttliche $ilfe 
gegen bie fßtäne feiner (Gegner, bie burch feine Vernichtung ihre 
©itelfeit unb Habgier ju befriebigen fuchte«: ein fdEjarfer §ieb 
auf Dr. ©d, ber fid) als Urheber unb halb auch als VoUftreder 
ber VerbammungSbuHe gebärbete unb reich an fRuhm, fßfrünben 
unb (Golb aus flfiom jurüdjufehren gebachte. ©raSmuS macht 
nun barauf aufmerffam, bafj Suther burd) bie Schärfe feiner 
Streitfctjriften berartigen (Gegnern einen mitlfommenen Vormanb 
*u ihren 2tnfcf)Iägen tiefere. 2)a^u fomme bie (Gefahr, bafj bie 
miffeni<haftli<he Arbeit bei ben 9Kad)thabern in ÜUftfjfrebit gerate, 
ohne bafj Suther baoon Vorteil höbe, unb bafj bie nieberen 
Seichten beS VoIfeS in ihrer ohnehin beflagenSmerten fittlidhen 
fftoheit unb (Gleidhgiltigfeit beftärft mürben, ©r beutet bamit 
auf feinen fonft mit Vorliebe oertretenen (Grunbfafc hin, baff es 
nicht angebradjt fei, bie ©rörterung über fchmierige bogmatifdEje 
fragen in baS Vot! hineinjutragen, mie Suther fetbft eS für 
bebenftich erachtete unb mieberhott abgelehnt hotte. Unb nur in 
biefem ßufammenhange tommt er ju ber $ufjerung, bie man ihm 
oft oerbacht hot: 1 ) nec semper est proferenda veritas; obmoht 
er fie fofort burch ben ßufajj erläutert: auf alle gälte hänge fehr 
öiel baoon ab, mie man babei ju SBerfe gehe. Unb fo burfte er 
mohl barauf rechnen, bafj ber meife fftat menigftenS nicht mifj* 
oerftanben merben mürbe: Suther möge hoch eine flehte SBeile 
über bie fßolemif ruhen laffen unb fidh nur mit ber Vertiefung 
unb Vefeftigung feiner eoangelifchen Rheologie befd^äftigen. Viel* 
leicht merbe eS bann mit feiner Sache halb beffer fteljen. 2 ) 

Unb Suther hot biefen mohtgemeinten fftat ohne jebe Ver= 
ftimmung aufgenommen, ba er fomoht feine Verechtigung unb feine 
^medmäjjigfeit anerfennen, mie bie freunbfchaftlidhe (Gefinnung beS 
Urhebers aus beffen ganzem Verhalten herausfühlen rnufjte. ©r 
hatte baS im Vorjahre befunbet, als er mit (Genugtuung bie 
fpöttifdje Vemerfung beS ©raSmuS über ben triumpf)ierenben 
Dr. @d oerjeichnete; eS mar ihm gleichzeitig beffen Söort ju 

') 93ßt. bemgegettübet bie frönen SBorte beS (SraSmuS über ben 
enblidjeit Sieg ber 2Baljrt|eit (9HR®. I, 54, 9lnm.) unb baS Verlangen btr 
9Jienfd)en nad) 23af)rf)eit (<S. 55 3Inm. 2). 

*) fietjb. «u3g. III, col. 559. 


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"Tt * 


06 ©aul Äattoff, 

t 

Ot)ren gefommen, „er fürste, baf; SKartinuS an feiner ©emiffen* 
' haftigteit (probitate) jugrunbe gehe". *) ßuttjer enthält fid) jeber 
, ©emerfung baju, ba er mohl empfanb, baf$ (SraSmuS bamit ju= 
gleich baS ijöd^fte Sob unb baS treffenbfte Urteil über bie innerften 
Xriebfebern feines ^anbelnS auSgefprodjen unb zugleich auf ben 
gefährlichen Freimut § ingebeutet hatte, ber non jenem (£f)arafter= 
juge unzertrennlich ift. 2 ) Unb fo t)at er benn nicht nur ben 
©rief an 9Kelancf)tt)on als für if)n felbft beftimmt aufgenommen 
unb fi<h ju einer freunbfcfjaftUd^en Stntmort oerbunben erachtet, 
fonbern er f>at auch bem geheimen ©erbünbeten barin zugefagt, 
it)n nicht mieber burcf) e ^ ne berartige (Srmähnung im 3ufamnten= 
hang mit bem fird) liehen Äonflilt blofjjufteUen. 

(Sr teilt bieS bem Nürnberger NatSfchreiber Spengler mit 
in einem Schreiben oom 17. Üjooember 1520, in bem er biefem 
gleichfalls non Dr. (Sd mit bem ©anne belegten/'Slnhänger feiner 
Sehre anfünbigt, bah er gegen bie ©ulle mit ihrem unöerfdjämten, 
antid^rifttidjen ©erbammen erneute Slppeüation eingelegt höbe. 3 ) 
SDabei bemühte er fid), bie ©eforgniS ber Nürnberger ^reunbe zu 
Zerftreuen, als ob ein bebenflidjer ßroift im eigenen Säger auS= 
gebroden fei, maS oermutlich auf SNitteilungen jurüdjuführen 
ift, bie etma an SBenjeSlauS Sin! ober an (Sljriftoph Scheurl als 
bie fleifcigften Äorrefponbenten ber SBittenberger in Nürnberg 
borthin gelangt maren unb bie, fomeit fie bie $lage beS (SraSmuS 
betrafen, mohl noch mehr auf beffen greunb ^irfheimer (Sinbrurf 
gemacht h atten , bem Spengler in jenen Xagen burdh baS 
gleite Sdjidfal eng öerbpnben mar. Suther beruhigt fie nun 

*) Gnberl II, 184,51 ff. 

*) ©gl. meine Gbarafteriftit 2utf)er3 in „ßutberS §elbenjeit". Oftober* 
/ fjeft be3 „SegweiferS für baS werftätige ©olf". ©erlin 1917. ©. 175. 

*) S. 9JI. 2. be Sette, 2ut^er§ ©riefe, ©enbfebreiben unb ©ebenfen. 
©erlin 1825. I, 525 f., auf ben @nber§ n, 527 nicht berweift. Gin bebeut* 
fantet |>inwei3 auf bie Salti! be§ Äurfürften liegt in ber ©emerfung: „Sir 
roiffen nicht, ob bie ©ifd)öfe e^equieren werben." ©orerft fuchte man fidj 
in Sittenberg mit ber giftion ju behelfen, bafj bie ©ulle ber Uniberfität 
„nit mit restlicher Sei3 überantwortet fei", (©gl. jur ©ad)e 8®®- XXV, 
536. 602 f. XXXV, 189 ff. 919?©. 1,7. 2)e Sette hat bie falfäe 2e3art: 
„mit rechtl. Sei3", bie richtige 3- ft- Stmtfcher in ßutljerä farnmtl. Serien. 
Gelangen 1853. 53, 54. 


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CSraSmuS, Sutljer unb gfttcbricf) ber Sßeije. 


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burdf) bic Berficherung, bah er mit 9ttelan<hthon unb Äarlftabt 
im beften Einoernehmen ftefje unb baff eg ihm felbft „nie in ben 
©inn gefommen fei, Berbrufj ober Untuft miber Eragmum ju 
hoben". Er fönne eg nur billigen, bah biefer oon ihm nicht 
genannt fein motte, jo, er tjabe ihm baraufhin gefcfjrieben unb 
öerljeihen, „fein nicht mehr otfo $u gebenfen", mie auch ber 
anbern guten greunbe nicht, 1 ) „biemeil eg fie befchmeret": eine 
9lnfpielung auf bie fd^mierige Soge, in bie fich bie beiben Nürn* 
berget burch ihre ttterarifche Parteinahme für ihn bem racfjfüchtigen 
Dr. Edf gegenüber gebracht hatten. Ja fomit bie Befürchtung nahe 
lag, bah ber anbere päpftliche E^efutor ber Butte für ben SBeften 
Jeutfchlanbg, Stleanber, auf bag Betreiben §odE)ftrateng unb ber 
Sömener üöiöndhe ihrem literarifcfjen SBiberfadEjer bie gleite Je= 
mütigung zufügen tonnte, fo mar öutfjer barauf bebaut gemefen, 
biefen barüber ju beruhigen, bah -er ihm feine meiteren Sdhmjerig= 
feiten gu bereiten gebenfe. Jie Nürnberger bittet er alfo, fich 
berartigeg ©erebe nicht anfechten ju laffen: „EraSmitS unb ich, 
mitt'g ©ott, motten mohl eing blejben." So toerficfjert er im 
ruhigen ©efüht einer oon beiben Seiten burch unjmeibeutige 
Bemeife gegenfeitiger Achtung gefeftigten ^reunbfchaft. 3>ene ge= 
brucfte $luSlaffung erläutert er gleichzeitig aig ben Nieberfchlag 
feiner mit ÜNelanchthon gepflogenen Unterhaltungen über bie 
theologifdfje Stellung beg EraSntuS: „eg fei mohl mahr, bah er 
im geheimen zumeilen mit Ph^PP bigputiere, mie nahe ober mie 
meit EragmuS oon bem SCBege fei". SBenn biefer ober anbere 
biefelbe Erörterung über ihn anftettten, merbe er eg niemanbem 
berübeln; jebenfattg h a & e bie 9tbfid)t, ihn anzugreifen, bei jener 
Ermahnung oölltg ferngelegen; fie mar ihm eben nur alg bas 
mehrfach mieberhotte Ergebnig jener oertraulichen Befpredfjungen 
aug ber $eber gefloffen. 

9Nan barf banach mohl annehmen, bah öiefe Slntmort ßutherS 
an EragmuS in befonberg herzlichem Jone gehalten mar unb 
bah anher ber Berficherung treuen ßufammenhalteng auch 
$uherungen über bie beiberfeitige Sage enthielt foroie über bie 


*) ©iefer @ntfcf)lufc ber Sßittenberger ift beifpieismeife bem 9Jlojettau 
zugute gefommen. 2131®. I, 32, 2tnm. 

©ehr. 93. f. 9H. 37 , l. 7 


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98 üßaul Äalloff, 

Xaftif, bie man in SBittenberg bcm erneuten päpftlidjen Urteil 
gegenüber ju befolgen gebaute. S)er Äurfürft t>atte ja auf baS- 
it)tn am 6. Suli ^gegangene Ultimatum ber Äurie, enthalten in 
ben Vriefen beS ÄarbinalS Stiario unb beS furmain^ifdfjen @e* 
fanbten Stetleben, im engften (Sinoerneljmen mit Sultjer alle Vor¬ 
bereitungen getroffen, um nid^t nur bie Volljietjung beS Urteile 
aufjuljalten, fonbern aucf) ben Sßapft jur Slnerfennung ber alten 
gorberung ßutfjerS ju nötigen, ber Prüfung feines tljeologifdjen 
StanbpunlteS burdj unabhängige gelehrte Stidfjter: auf bie burdE) 
ben ßurfürften oorbereiteten reidl)Srecf)tli<f)en Vürgfcijaften geftüpt, 
fotlte fie in aller gorm nodj oor Eröffnung beS StetdhStagS bem 
$aifer unterbreitet unb jugleidf) ber Öffentlichkeit übergeben unb 
mit allem ÜftadhbrucE geltenb gemalt werben; alle politifcfjen 
Verlegungen beS ßurfürften wie alle Mittel ber ^ßubligiftif mürben 
baju aufgeboten.*) 2>af$ nun audf) ber Vrief SutljerS an ben 
grofjen ScfiriftfteEer oertraulid^e Mitteilungen über ein gemeinfameä 
Vorgehen, eine Vitte um Unterftüfcung biefer $läne enthalten 
fjat, mirb aucf) burcl) bie Statfadje nafjegetegt, bafj gerabe biefe 
Urfunbe üon bem ©mpfänger nic^t oeröff entließt, ja anfd^einenb 
mit Vebadjt oernidjtet morben ift. $ür bie Übermittlung ftanb 
bieSmat ber allerfidjerfte SBeg jur Verfügung: am 27. Sluguft 
bract) ber Äurfürft oon feinem ^agbfd^loffe in ber fiocfjauer 
§eibe bei SBittenberg auf, um fiel) in langfamer Steife über Gaffel 
unb $ran!furt nadfj fööln ju begeben, 2 ) angeblich um an ber 
Krönung in Stadien teitrune^men, ber er fid£) bann bocl) ju ent- 
gieren wufcte. Slnt 25. (September traf er in ber rheinifdhen 
SJtetropole ein, etwa einen üftonat efjer als (SraSmuS, ber ficf) 
oon ©nbe Dftober an minbeftenS jmei 2öocf)en fjinburcf) bort 
aufgehalten l)at. 3 ) ÜBenn er erft furj oor ber am 7. Stooember 
erfolgten Slbreife beS Äurfürften, am 5. nach ber ÜUteffe ju ber 


*) Sögt. ftap. V meiner Unterfucpungen „3u Sutperö römifcpem 
^rojeb“, befonberS 3®@. XXV, 509 f. 515 ff. 546 ff. 550 f. 

2 ) Über ba3 Qtinerar Ogi. bie ©rgänjung ber Angaben ©Palatino 
3Ä®. XXV, 517, Stnm. 3 unb Sf. (Siliert, SBriefwedjfel be§ ©onrab 
SJiutianuS (®ef<f)id}t3quel(en ber I(5 toö. Saufen XVIII.) Jpalle 1890. <3. 270 
{(Schreiben ©palatinS au3 granffurt, 21. ©ept.). 

3 ) 3191®. I, 25, 2tnm. 


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©raSmuS, Sutfjer unb griebrich ber SBeife. 99 

befannten Utfterrebung in beffen 2Bol>nung befd)ieben mürbe, *) 
fo ijt nach unferer Unterjochung flar, bah griebricf) nicht erft 
gegen Enbe feinet Aufenthaltes oon ihm 9*otig nahm; vielmehr 
hat jeine Umgebung bie gange $eit über mit ihm in Verbinbung 
gejtanben unb enbtidfj hat auch & er j° n ft jc^tuer Zugängliche gürft 
nicht unterlajjen, ihn irt einer AbfdjiebSaubieng berfönlicf) angu* 
hören unb barauf burch ein ©efdhenf gu ehren. @3 lag aüerbingS 
nahe, bei ber argtuöhnijchen, Übermachung aller Anhänger SutherS 
burch Nuntien unb ihre Kölner Vertrauensmänner, ^och=. 
ftraten unb Arnolb oon Tongern, auch biejen ©dfjritt gu oer* 
meiben: baf? er tro^bem getoagt mürbe, ijt ein VemeiS für bie 
Entfdjloffenheit, mit ber beibe 9J?änner baS üereinbarte $iel oer= 
folgten; ihr meitgehenbeS Einoernehmen aber geht audf) barauS 
heroor, bah wir aus einem feiner oertrauten, oon EraSmuS jelbft 
nicht oeröffentlidhten Vriefe bie midhtige Xatfache erfahren, bah 
Äarl V. ben Nuntien bie jofortige Votlftrecfung ber VerbammungS* 
bulle abjchlug, beoor er fiel) mit $riebridh oerftänbigt habe unb 
biejem in einer (am 1. -Koüember ftattgeljabten) Unterrebung gu* 
jagte, bah Sutfjer, feinem „Erbieten" gemäh, guoor gehört 
merben jolle. 2 ) 

2)iefe§ Verhör gu einem mit allen reicfiSredhtlichen Vürg* 
jehaften auSgeftatteten ©chiebSgeridht oor unabhängigen ©eiehrten 
auSgugeftalten, bie nach SutherS Vebingung nur auf ©runb ber 
heiligen ©chrift entfefjeiben bürften, mar ber Seil ber Aufgabe, 
bem ber ßurfürft fidt) oorbehielt unb für ben er barnalS fchon 
bie faijerlidhe ßufage ber Verufung SutherS auf ben beoorftehenben 
Reichstag ermirfte. EraSmuS, 3 ) bem nadh Erreichung biefeS ßieleS 

') ©palatin »erjeidjnet bie3 in {einer befannten' überfd)t»englichen 
Spanier: „Plioenicem illum omnibus saeculis admirabilem“ (a. a. £). 
col. 604). SSon ftöln au§ h at te ber Äurfürft im Dftober einen regen SSetfehr 
mit bem faiferlichen .{jofe unterhalten, ber fid) bamalä in Slntwetpen, 
Sömen, üüttich unb SJtaaftridht aufhielt. Über bie Unterrebung unb bie 
Drude ber „Axiomata“ »gf. §artfetber a. a. £>. @. 203 ff. 219t®. I, 9. 
©nber§ III, 90 f- 

2 ) 3W. XXV, 548 f. 583 f. 

3 ) Qu ber ißaraphrafe über ben SBrief. an bie (£ph e fet entmidefte 
©ra§mu§ Anfang 1520 feine Qbee bahin: SutherS Serbienft beftehe barin, 
baff er bie unter bem ©influff ber ©djofaftif »ergeffene biblifche SBahrljeit 

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100 <ßaut ftatfoff, ©raSrnuS, Suttjer unb griebrid) ber SBeife. 

zweifellos eine wichtige Atolle unter ben ju berufenben ©acp* 
oerftänbigen oorbepalten blieb, fottte je|t junäd^ft baS tircpm* 
^»olitifd^e fjinberniS beS fcpon erfolgten päpftlicpen Urteils über 
SutperS Sepren aus bem SJöege räumen,') unb er patte fiep biefer 
peifeln Aufgabe fcpon oor ber ßufammentunft in Äöln mit bem 
größten (Sifer unb einer an SSerwegenpeit grenjenben fftücfficpts* 
lofigteit in ber Sßapt feiner Mittel unterzogen. ÜJiidpt nur, baff 
er einer erften bemonftratioen ©efanntmaepung ber Söutte burep 
bie S3ücperoerbrennung in Sowen entgegengearbeitet patte, er patte 
bann auep biefe Urfunbe fetbft als oon ben ßöwener Xpeologen 
untergefepoben pinjuftellen gefuept unb bie SefugniS 2tteanberS 
ZU iprer SSoüziepung angezweifelt, weil er als geborener Sube 
niept mit bem Slrnte eines SftuntiuS pabe betleibet werben fönnen. 
(Sr pat biefe fjiftion, bie ber Äurie einen leibtiepen ütUdtjug er* 
mögtiepen fottte, fetbft in einer üon teibenfepafttieper Xeitnapme 
für SutperS ^ßerfon 2 ) jeugenben gtugfeprift oerfoepten unb ipr 
burep bie oon ipm angeregten ©pottfepriften feiner greunbe 
Sfacpbrud: zu oerteipen gefugt, oor allem aber unter ÜÜtitwirfung 
beS bei ber biSperigen taifertiepen Umgebung einflupreicpen 
©ominifanerS Sopann oon Augsburg einen umfaffenben 

gelbzug in. ben Greifen ber dürften unb Staatsmänner eröffnet, 
ber ben Nuntien fdpon in töln als pocpgefäprlicp aufgefatten ift. 


unb ben rechten ©tauben lieber jur ©ettung gebraut tjabe; aber fein 
attju heftiger ©ifer Ijabe bewirft, bafj SDtöndje unb ©dfulgetetjrte itjn als 
feperifdj angegriffen Ratten. Ser griebe fönne nur roiebertjergefteftt werben, 
Wenn beibe Seite »orn Zapfte aufgeforbert würben, itjre Meinungen fdprift* 
tidj aufjufefcen, unb man fidj barüber in mitber unb fdjonenber gorm unter* 
Ijiette. gr. 0. ©tidjart, ©raSmuS öon 9t. ©eine Stellung ju ber ftirdje 
... feiner 3eit- Seif)jig 1872. ©. 326 f. Ser fpatere ißlan beS ©raSmuS 
219t®. I, 20 f. 

*) S3gt. bie „SSermitttungSfjotiti! beS ©raSntuS", 3t9t®. I, Äap. 2: 
„@d)ieb3gerid)t unter ©uSpenbierung ber SßerbammungSbutte", befonberS 
©. 8f. unb 46 ff. 

2 ) S3gt. bie ergreifenben SBorte, bie idj beStjatb an ben ©d)lup meiner 
„©ntfdjeibungSjaljre" geftellt tjabe, 319t®. I, 54. 81, 3lbfa| 14. 


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©cfetufebetracfetung. 

s 

Crasmus als Vorkämpfer der öeutfdjen 

Reformation. 

__ 0 

Somit ift bic ißerbinbung ber öorliegenben Unter jucfeung 
mit ben (Srgebniffen meiner früheren Arbeiten über baS 58er* 
feättnis beS (SraSmuS ju ber non Sutfeer angeregten ©emegung 
in Seutfdjfanb feergeftettt. Sie gemeinfame Slttion beS (SraStnuS 
unb beS Äurfürften jugunften SutfeerS unb feines WerfeS ftellt 
ben ^ötjepunft in ber Sßerbinbung ber beiben füfjrenben ©eifter 
bar; bafe mir feine meiteren fdjriftticfeen ^eugniffe für ifer freunb* 
fcfeaftticfeeS Sinoernefjmen in jenen fdjicffatSfcfjmeren Sagen be= 
fi|en, barf fjinfort nictjt befremben. *) fintier feat am ®nbe 
feines SebenS, als ber fdjarfe ©egenfafe ber nädjften Safere meit 
hinter ifent lag, ber 93ebeutung ifereS bamaligen SünbniffeS 
SRecfemtng getragen, inbem er unter bie reformationSgefcfeidfetticfeen 
©cferiften ber Wittenberger StuSgabe audfe bie „Axiomata“ beS 
ßraSmuS aufnefemen tiefe, jene epigrammatifdfe gefafeten Seitfäfee 
für ben mit bem Shirfürften nereinbarten fircfeenpotitifcfeen gdb= 
$ug. 0b er gemufet feat, bafe aucfe bie gteicfefattS feier abgebrucften 
$tugfcferiften, „Acta academiae Lovaniensis“ unb baS „Con¬ 
silium cuiusdam etc.“ Werfe beS (SraSrtfUS maren,*) mufe bafein* 
geftettt bleiben, bocfe geminnt eS gerabe burdfe biefe iöerücfficfetigung 
an Waferfdfeeinlicfefeit; aucfe feaben bie ^eitgenoffen ben ©tit beS 
SraSmuS minbeftenS ebenfo gut miebererfennen müffen, mie mir 
Sßacfetebenbem 

') SSgl. etwa bie ©d)rift Bon 2Jt. 9iicf>ter <5. 24 u. ö., in ber bie big* 
tierige 9luffaffung treulief) roiebergegeben wirb. 

*) »gl. m®. 1,6 ff., Sfap. II u. III. Wittenberg. Stugg. II, 35.115. 118. 


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102 


Vaul ftalfoff, 


SDafj bie bisherige ^tuffaffung bes ®ert)ättniffe§ jtoijdjen 
öutfyer unb ©raämu£ fidt) auf eine „gunetjmenbe $ngftticf)feit", 
eine ftet§ madjfenbe ßurüd^altung be3 teueren berufen fonnte, 
liegt nun meiter baran, bafj biefer £)öf)epunft ber Kölner $age 
^ugteich einen SBenbepunft bebeutet, jmar nicht in ber Über* 
Beugung beä ©ra§mu3 unb in feiner immerhin noch einige 
Sftonate feftgefjaltenen Xaftif gegenüber * bern päpftltdhen Urteil, 
mof)t aber in feiner perfönticf>en Sage, bie fidf) infolge be§ fdjon 
in ßötn mit aller ©djärfe einfepenben SBorgetjenS 9lteanberS fo 
bebrofjftdj geftattete, bajj ©raärnuä nach einem fetjlgeferlogenen 
Söerfud), fictj in fRom über ben SßuntiuS ju befeueren, noch 
mätjrenb be§ Sßormfer $fteict)3tag§ fidt) in bie SDefenfiöe gebrängt 
fab). 4 ) $>ie Seftimmtfieit, mit ber itjm SHeanber feine gegen bie 
©djtheit unb ®erbinblict)!eit ber 93uHe gerichteten Umtriebe auf 
ben ßopf jufagte, mit ber er itjn ber Söegünftigung ber tuttjerifdhen 
Äeperei berichtigte, mirb um fo erflärtidher, menn mir un§ au§ 
bem ©ange biefer Unterfudtjung erinnern, baf^ bie Äurie fdljon 
längft burcf) bie Sömener ©egner be§ ©etefjrten oon feiner Oer* 
nichtenben Äritif be§ erften jömifc^en fßro$effe§ unterrichtet fein 
fonnte, ober beffer, bafj fie biefe Stritif au§ feinen nun fcf)on feit 
3at)r unb Stag gebrueften „©piftetn" t) atte h erau 3lefen müffen. 
Unb menn auch Seo X. oorerft noch geneigt §u fein fdhien, bem 
berühmten unb gefährlichen ©chriftftetter eine glimpfliche 93e* 
hanbtung guteil merben gu taffen, fo mar ber ^öijefan^ter ÜUtebici 
unter bem ©inftuffe be§ ihn beratenben S£)ominifaner3 SRifotauä 
oon ©chönberg entfdhtoffen, auch 9 e 9 en ®ra§mu§ mit äuperfter 
©trenge einjufdhreiten, mie biefer fdhon im nädhften ©ommer §u 
feinem ©dhredfen erfahren fottte.^) ©3 h at ft<h je|t gezeigt, bap 
für Sutfjer eine ernfte perfönUcfje ©efapr nur in ben erften 

‘) Anfänge ber ©egenreformation I, 5. 84 ff. 2l9i®. I, 36. Über feine 
2lu§fd}Iiefjung au§ ber theologifcf)en gafullät im gufammenhang mit feinem 
ftampfe gegen bie Veröffentlichung ber VerbammungSbutle »gl. 219t®. I, 
31. 44. 3 u 9^ e ^ tnujjte er einfehen, bafj bie Veröffentlichung ber großen 
ftampffchriften üut^erö unb bie Verbrennung beS fanonifchen $Red)te3 ju= 
farnt ber VerbammungÖbuUe ben 9tif} unheilbar machte. Vgl. 2191®. 1,55 f. 

2 ) Vgl. $ap. V ber „Anfänge": $ie Verbrängung be§ @ra§mu3 au§ 
ben 9tieberlanben. II, 35 ff. 


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®ra8mu3, Sutljer unb griebrid) bet SBcife. 103 

Monaten beS AblafjftreiteS beftanb, etje er beS unbebingten 
Schußes feines SanbeSherrn öerfidjert mar,*) mährenb gerabe 
Zurzeit feines ©rfcheinenS oor Äaifer unb Sfteidfj fc^on feftftanb, 
baff bie $ReidfjSacf)t, menn fie überhaupt oon ber alttirdhlidhen 
URehrheit bemiUigt mürbe, nidi)t zu ootlftredten fein mürbe. ©raSmuS 
bagegen mar bei ber iRüdffehr feines DobfeinbeS Aleanber nach 
ben SRieberlanben ber gangen Schärfe beS ütetigionSgefe^eS preis« 
gegeben, baS allein in ben tjabSburgifd^en ©ebieten ernftlicf) burcf)= 
geführt merben follte, in ben burgunbifdhen Staaten aber gerabeju 
als SanbeSgefefc eingeführt unb burcf) eine furchtbare Drganifation 
in SSoItjug gefegt mürbe. $ftur meit ©raSrnuS burcf) feine hoch 
hinaufreicpenben SSeibinbungen oon ber ihm brofjenben ©efaljr 
rechtzeitig unterrichtet mar unb meit Aleanber bei ber Demütigung 
beS oerhafjten IRioalen feinen erbarmungSlofen ©rintm ju beuttidh 
üerraten hatte, tonnte er noch eine Ie|te günftige ©elegenfjeit jur 
Stucht nach ©chmeij benufcen. 2öer motlte eS ihm oerargen, 
bafj er feit bem Frühjahr 1521 mehr unb mehr auf feine Dedfung 
bebacht mar! £>at hoch auch Sutljer fidh mit allen erbenflicfjen 
Ausflüchten bagegen gefträubt, ber Sorlabung nadh SRom $o!ge 
Zu leiften unb fidh & em oermeinttichen Anfdfjlage beS ßegaten in 
Augsburg burct) bie flucht entzogen! 

Vielmehr ift eS bisher nicht genügenb anerfannt morben, mit 
meldher 9tüf)rigteit unb Kühnheit ©raSrnuS unter ben fcfjmierigften 
SBerhättniffen, unter ben täglichen Angriffen fcharfblidfenber ©egner 
baran gearbeitet hat, für SutherS ütßerf bie ju feiner SBefeftigung 
unb Ausbreitung nötige ßeit ju fidhern unb if)m perföntidh bie 
folgen ber päpftlidhen ßenfuren fernzuhalten. Sei bem marnten 
Sntereffe, baS in jenen Dagen gemeinfamen Kampfes jeber ber 
beiben ©eiehrten bem SebenSmerf beS'gtounbeS entgegenbrachte, 
mufften bie in SutherS erftem Appell an ©raSrnuS angebeuteten 
Differenzen in ben ^intergrunb treten; aber auch & cr feineren 
traben, bie ficf) jener äReinungSoerfchiebenheit ungeachtet auch in 
ben fpefulatioen fragen zmifdhen ihnen nadhmeifen liefen, ift bei 


*) $gl. bie Qufammenfaffung ber betr. Äabitel meiner Unterfudjungen 
über „2utl)er§ römifd)en ißrojefj" in bem Sluffajj „SutljerS |)elbenjeit" 
®. 177—181. 


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104 


ißaul ftalfoff, 


ber Aufregung jener Stage unb ber Änappfjeit ber nertraulidjen 
Mitteilungen faum gebadet worben. v Umfo beutticJjer finb fid) 
beibe beS grunblegenben gemeinsamen (Strebend bewußt gewefen* 
ber ßurücfführwtg ber religiösen ©rfenntniS auf bie erften 
Duellen. MeibloS f>at Sutßer baS gewaltige SSerbienft beS 
älteren MitftreiterS anerlamtt, wenn auch beibe fid^ barüber 
Sftechenfchaft gaben, baß fi e bemfelben ßiele auf oerfdhiebenen 
Sßegen, ber eine als Philologe, ber anbere als St^eologe, gu* 
Strebten. ©rft bie rücffichtSlofe unb oberflächliche Berwerfung 
feiner Abfichten burch bie römifd^en Machthaber braute ben 
weltfremben Möndfj bagu, auch ben auf Befämpfung ber äußeren 
Mißftänbe ber Sf)riftenl)eit gerichteten Bemühungen beS ©raSrnuS* 
feinen Angriffen auf bie bilbungSfeinblidjen Mächte innerhalb 
ber Kirche, auf bie Berweltlidjung ber (Geiftlichleit, bie Berrohung 
ber Saienwelt, mehr BerftänbniS entgegengubringen unb Schließlich 
in feine Bahnen etngulenlen, J ) als jener felbft ficf) Schon 
gezwungen fah, alle Kräfte auf bie eigene Berteibigung gu 
richten, um nur bie weitere Durchführung feines literarifdhen 
Arbeitsplanes gu fidhern. 

Unb neben biefem auf bem Boben wiffenfchaftlidher ^orfdhung 
oeranlerten ©inüentehmen 2 ) beftanb biefe gange $eit über auch 
ein fchöneS BerljältniS gegenseitiger SBertfchäßung, baS (Gefühl 
perfönlicher greunbfchaft, baS gerabe oon ©raSmuS oietleicht noch 
garter empfunben unb {ebenfalls taftooHer gehütet würbe als oon 
bem berb gufahrenben £utl)er, ohne baß beShalb bem in „$lofter* 
winleln" großgeworbenen Bauernfohne bem gewanbten SBelt« 
manne gegenüber ein Borwurf erwachfen foll. Unb auf biefe 
Berfcßiebenheit beS SebenSgangeS bei ber nicht außer acht gu 
laffenben grunboerfchiebenen Beranlagung ihres (Gefühlslebens 
geßt nun auch e i ne für ißr lirchenpolitifcheS Bemalten gang ent« 
fcheibenbe Abweichung gurücf, bie im Saufe biefer Unterfudjung 
mehrfadh h erö orgetreten ift. Der fdfjarfblicfenbe, im BerJeljr mit 


*) Sn meiner Arbeit über Ulrich o. §utten habe id) nachgumeifen 
öerfud)t, bafj bie Anregung, bie Sutljer butd) beffett antirßmifdje ißolentif, 
im befonberen feine „Trias Romana“ empfangen hoben foll, ^um minbeften 
ftarf überfdjäfct roorben ift. 

2 ) »gl. A31®. 1,17. 


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GrraSmuS, üut^er unb gtiebrid) bcr SBeife. 105 

mettlichen unb fird^tic£)en Staatsmännern, mit ©eiehrten alter 
Sauber gefaulte ©raSntuS, ber in Senebig unb in ißaris gearbeitet 
hatte, ber in Sonbon ebenfo gu £>aufe mar mie in Stntmerpen 
ober in Söafet, überfatj bie 9ttöglid)feiten einer ben tirctjtic^en 
9Kac^tt)abern oom Zapfte bis gum reifen 93enebiftinerabt, oom 
Äarbinat bis gunt gelehrten ©ettelmönch aufgenötigten Reform 
meit ftarer ats Sut^er. Snbem er beffen ©emiffenhaftigleit unb 
Freimut öottauf anerfannte, mufjte er boct), auch abgefefjen oon 
ber itjm eigenen Sorfidjt unb SSebäcfjtigfeit, mit bem berechtigten 
Sßemufjtfein einer überlegenen ©rfahrung unb ©inficht bie ÜKög* 
tid)!eit einer gtüdlic^en Durchführung fotzen Unterfangens be= 
gmeifeln. ©ang entfdfjeibenb muffte babei baS Verhalten ber 
mettlichen ättäctjte, beS ÄaiferS unb ber dürften fein, unb ber 
Verlauf ber ©reigniffe t>at bem großen ißubligiften nur in attgu* 
meitem Umfange SRedEjt gegeben. üfticf)t nur bafj baS ^ßapfttum 
bei meitem nicht fo machtlos unb bie fathotifdje Äirdje nicht fo 
oöttig gemittet mar, bajj fte refttoS oon ber burdh Sutfjer tjeroor* 
gerufenen Semegung übermättigt merben fonnten: befonberS 
burcf) feine nachbarlichen unb perfönlichen ^Beziehungen gu ben 
romanifdhen SBölfern beS SübenS unb SEBeftenS mar ©raSmuS 
berufen, ein über SutherS ^origont hinauSretchenbeS Urteil fich 
beigulegen. Stber oor allem hot er baS hoch übermiegenb auf bie 
Seite ber ißapfttirche neigenbe Sntereffe ber dürften unb beS 
ÜlbelS 1 ) richtiger eingefchä^t atS Snther, ber testen ©nbeS bie 
eigene Rettung mie bie teitmeife Durchführung feines Programms 
auf bem ©oben beS SanbeSfirchentumS hoch nur bem felbftlofen, 
auf gläubiger Aneignung beS oon Suther gemiefenen ^eilStoegeS 
beruhenben Schule ^riebrtchS beS SBeifen oerbanfte. ©raSmuS 
hat grnar gerabe biefen bie ibealen ©eftrebungen SutherS fidhernben 
fftüdhalt beffer getonnt, als man bisher angenommen hot, unb 
ihn auch nach ©ebühr gemürbigt. 5lber er mufjte bodh oorauS* 


*) 3Sgl. @ntfd)eibung8jaljte ©. 168 ff. unb meine Darlegungen in bem 
Sluffafc „SutljerS §elbenjeit" ©. 170 ff. mit ben fritifc^en @rgän*ungen in 
meiner Arbeit über „griebrid) ben SEBeifen, ben SBefdjüjjer Sutljer3 unb 
beS SReformationSwerfeS" im 31 s Jiö). XIV, 253 f., bie im roefentlidjen mit 
ben 2tu3fül)rungen ©. o. 99elom’§ in ber $ift. 3eitfd)r.116» 112 ff. überein* 
ftimmen. 


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106 


$aul tattoff, 


fehen, baß ber ©dhuß eines einzelnen dürften gegenüber ber 
beS fßapfttumS unb feiner weltlichen SBerbünbeten fjöd^ftenS 
einen Teilerfolg gewährleiften fonnte. Unb wenn er nun llarer 
al§ mancher ber nac^lebenben Kirchenhiftorifer erfannt hatte, baß 
auf bem Sßege getoaltfamer Söfung oom Kirdfenoerbanbe außer 
ben unoermeiblidien Segleiterfd^einungen übelfter 51rt im beften 
t^atte nur ein Schisma, bie ©rünbmtg einer mehr ober auch 
Weniger lebensfähigen Sonberfircße erreicht werben fonnte, wer 
wollte eS iJjm öerübeln, wenn er ben Schritten 2utl)erS mit 
wadifenber SöeforgniS folgte: bie „Tragöbie" ber beutfdjen Kirchen* 
fpaltung f)at biefem öon ihm oft angewanbten 9luSbrucf, biefem 
SBarnungSrufe eines treubeforgten greunbeS, fRed^t gegeben. 

Tiefe tiefempfunbene Teilnaffme beS EraSmuS an bem ©ang 
ber lut^erifc^en Bewegung wurzelte fcßließlich auch in einem leb* 
haften unb mit beruhigtem Stolze geäußerten üftationalgefüf)! beS 
großen SKieberlänber». Sehr. mit Unrecht ßat matt ben Dotter* 
bamer einen „Kosmopoliten" gef polten, i) Er burfte bie $luf* 
merffamfeiten ber englifcßen unb burgunbifeßen ©roßen, . ber 
römifchen Karbinäle unb beutfefjen dürften als woßloerbiente 
2lnerfennung feines Talents ßinneßmen; ber SBerfeßr in biefen 
Kreifen ßat feinen Sßlicf für alle menfcßlidhen SBerßältniffe gefdßörft, 
feine Sßorftellungen bemeßert; iEjre ©efd^enfe unb Stiftungen 
ßaben ihm bie Mittel jur Erweiterung feiner Stubien, jur 93er* 
ttoHftänbigung feiner Bücherei geliefert; ohne biefe 93erbinbungen 
hätte er fdffwerlich einen berartigen Einblidf in ben Staub ber 
firdhlidhen SSerhältniffe gewonnen unb feineSfaÜS einen Einfluß. 
auSüben fönnen, wie er ißn jugunften SutßerS geltenb ju madhen 
fueßte. Sßenn eS noch h eu * e einen wehmütigen Sfteij für uns 
befißt, ju beobachten, wie bie reiche Künftlernatur unfereS Türer 
inmitten ber fleinlicßcn beutfeßen 93erhältniffe, ber Engherzigkeit 


‘) 9ftid)ter <3.14. 9ludj Tb- Stieget (Tie ^Reformation. Serlin 1914. 
<5.130 ff. ober in o. Sflugf«§arttung§ 2Bettgefd}i<bte. Ta§ religiöfe Seit* 
alter <3.274 ff.) bebt bie oatertänbifebe ©efinnung beS beutfd)en IpumaniSmuS 
Verbot mit ber Semerfung: „nur üon feinem loSmofjotitifdben Raupte miiffen 
wir abfeben". Qm übrigen oertritt er bie oben nach Stöftlin gefennjeiCbnete 
9tuffaffung oon bem Ouieti3mu$ beS ©raSmuä, ber „!übt unb oorneljm" 
nur barauf bebaut war, „fidj nicht in bie Tragöbie b inein jieben ju taffen". 


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graSmuS, Cutter unb griebticf) bet SBetfe. 


107 


beS Bürgerftanbe3, ber SRofyeit unb Kargheit unferer dürften, 
ber ©d|rutlenhaftigteit unb unehrlichen ©elbftfudht äßafimilianä I. 
fid) mühte, prn fitste emporpftreben, ba§ ben italienifctjen 
SJialera, Bilbf)auern unb Baumeiftern oon aßen ©eiten pftrömte, 
fo bürfen mir boch nicht oert)et)Ien, bafj felbft biefe geniale Statur 
unter folgern 3)rucf oertümmerte;*) wie |aben bie wenigen 
SJZonate, bie er in ber „fogmopolitifdfjen" ©efeUfdjaft oon 9lnt= 
toerpen, unter fläraifcfjen Äünftlem, oberbeutfdfen Äaufteuten, 
Portugiesen guben, italienifcf)en (geteerten, pbradjte, if)n geiftig 
erfrifc^t unb fünfttertfefj angeregt! 31udj @ra3mu§ tjatte in einer 
ähnlichen BerleljrSWelt baä Bewufjtfem beutfd^er Stbftammung 
nicht üerloren unb gerabe baä ©elbftgefühl, bafj er felbft fdfjliefjlich 
baS Befte getan t)atte, bie Borljerrfchaft ber 2)eutfdhen auf bem ' 
gelbe wiffenfchaftlicfier gorftfjung unb titerarifdfjer Betätigung p 
entfepeiben, lief! it»n nie oergeffen, baf 3 er ein 2)eutfcf)er war. 
Sie oft t)at er bie Seiftungen ber beutfdjen ^umaniften gepriefen 
unb fiel) banlbar feiner eigenen ßeljrer erinnert unb wie glüdlich 
hat er fiep gefüllt, an feiner 2iebling§fcf)öpfung, bem 2)retfprad^en= 
JoHeg, im Greife feiner beutfdjen ©dpler p wirlen ober mit ben 
treuen SDUtarbeitera in Bafel feine gelehrten Unternehmungen 
Oorpbereiten! 3)er ©roß StleanberS über ba8 tropige ©elbft= 
bewufjtfein ber beutfdjen §umaniften ,) bie fiep rühmten, „ben 
$iber in ihren Schein abgeleitet unb Italien ben (Schah ber 
SBiffenfcpaften entriffen p hoben", 2 ) war nicht piept aud) burdh 
ba§ fühne Unterfangen be§ @ra§mu§ h eröor 9 eru f en worben. 

Bielfach ift auch biefe falfcpe Sluffaffung auf ben methobifchen 
gehler prüdpfüpren, bafj man Schmeicheleien be§ Sra3mu§ in 
Briefen an auSlänbifdje ©önner, Slufjerungen, bie einem italienifdhen 
ober franpfifepen ißublifum p ©epör fommen faßten, für ben 
SuSbrud feineg innerften ©efüplS, für geugniffe feiner 2Belt= 


J ) »gl. bie »efpredjung beS überfd)n)englid)en »udjeS SB. »aftorS 
($a3 Sieben 3t. SüterS. SBerlin 1917) üoit §. SB. Singet in bet 2)eutfd)en 
Citeratutjeitung 38, ©p. 772 f. 

2 ) ©epefdjen 3lleanber3 ©. 130 f. 3134®. I, 57. VIII, 374. »gl. bie 
Itolje »emerfung eines jungen ©djtDeijer Quriften in SRom: „Italis aliena 
est haec Germanorum in literis experientia et amoenitas.“ 31»©. III, 
73, 3tnm. 2. 


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108 


$aul Äalfoff, 


anfdhauung genommen ^at. demgegenüber fei mieber auf einen 
jener intimen 93riefe *) oermiefen, mie fie (SraSmuä fo rütftjaltloS 
nur mit Sapito gemedhfett fjat, ber ibjm mof)I oon alten 3«** 
genoffen am näcfjften ftanb unb it)m jebenfattS am meiften 
mefenäöermanbt mar. (Sr ftammt au§ ben fritifdhen SBocijen 
nach ber ÜBüctjeroerbrennung in Sömen unb nach ber SRüdttehr 
be§ (SraSmuS au3 $öln (öom 6. dejember 1520). die Heine 
gtugfdfjrift, in ber er bie Umtriebe ber Sömener dt)eotogen bei 
ber 93efef)bung SutfjerS an ben Pranger geftettt unb fo manu 
für Suther fßartei ergriffen tjatte, entfeffette einen neuen Sturm 
in ben Greifen ber bortigen Agitatoren, fo bah (Sra3ntu8 ja^l* 
reiche (Sinjetheiten über ifjr mütenbe§ ©ebaren ju berichten f)at 
9Kit fiit)ter Überlegenheit fteUt er aber bor allem feft, bafj feine 
lieben Sanbäleute („Hollandi nostri“) bie SSeröffenttichung ber 
pöpftticf>en ober richtiger Sömener Sßerbammung§butle tapfer ab* 
gelehnt fjaben: ber f)ödfjfte Beamte biefer *ßrooinj, ber Ißräfibent 
be§ |jofe§ .bon §ottanb, Sftifotauä (Sbertjarbö, ^abe — unter 
ßurücfmeifung ber Aufforberung AteanberS — erttärt, bah er 
erft ÜDUtteilung bon bem beffer unterrichteten Zapfte ermarte unb 
auct) einem 23efeht be§ ÄaiferS at§ Sanbe^herrn nicf>t ohne 
weiteres $otge teiften merbe. die ernfteren dheotogen möchten 
gern atteS tun, um SutherS (Sinftufi auf bie ©emüter abjuf(^machen; 
boch mißtrauen fie ihren eigenen Seiftungen unb glauben, bah 
nur bie $eber be§ (SraSmuS über Suther ben Sieg babontragen 
fönne; fie geben ihm bieS beuttief) genug ju berftehen, bah er 
gegen Suther fdhreiben möge: „aber baS fei ferne bon mir, bah 
idh biefe dorheit beginge". 2 ) dann aber taucht bie Erinnerung 


*) (Sin wettere« SöeifpieX aufcer ben Briefen an Solj. Sang ift bet 
'Brief an Ai!, ©berljarb« SIA®. I, 38 f. unb ein weitere«, ebenfall« erft in 
ber Appendix ber 2et)b. 2lu«g. öeröffentlidjte«, alfo nidjt oon @ra«mu« felbft 
ljerau«gegebene« ober überarbeitete« (Schreiben, ebenba ©.41. 3wingK« 
SBerfe, Briefe I, 402, Sinnt., wo id) auf 6. 408 bie Bemerfnng benötigen 
mö<f)te, al« ob bie nationale 2lpoftropt>e am ©dpuffe ber glugfcbrtft SS. 
Aefen« (©. 401: „Germanis omnibus“) bem ®ra«mu« felbft ferngelegen 
habe. Sgl. auch bie felbftbewufjte Äußerung Aefen« (©. 379 f.) über ben 
Sluffdt)Wung ber beutfdjen SSiffenfd)aft. 

2 ) Theologi putant, Lutherum non posse confici nisi meo stilo, et 
id tacite flagitant, ut scribam in illum. At ego absit ut sic inaaniamj 


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©raSmuS, Sutger unb griebricg ber SBeife. 109 

on einen noch mpt gefährlicheren getnb, an SMeanber, in ihm 
auf, ber i^nt in Äötn fo feinbfetig entgegengetreten mar, bafj 
^ 6ra8mu8 fich fpöttifch anftellte, atö h°& e & er SßuntiuS ihn gar 
öergiften motten. Sefct fafet er bei ruhigerem ©lute bie in 
ßötn empfangenen ©inbrmfe bahin gufammen, e3 fdhienen biefe 
Stattener fich gegen unä oerfchmoren ju haben, in ber 9lbficht 
ben ganzen tttuhm ber miffenfcfjaftlichen ©Übung ben 2)eutfchen 
gu entreißen: baä liege offenbar einem 3tleanber noch mehr 
am £>ergen als bie ©efämpfung SutherS: „aber menn ihm bie 
5Deutf<hen baä ungeftraft hi n 9 e h en laffen, bann mitt id) ein 
granjofe heilen"! J ) 

©anadh ift e§ unoerfennbar, bafj (SraSmuä ba3 Unternehmen 
fiutherä afe eine ©rofjtat ber.beutfchen Sßiffenfchaft fdjäfcte, ber 
rr fetbft ben ©orrang oor bem ©eifteöleben ber romanifdhen 
©ötter haüe erringen helfen. (Sr gab atfo im f>erjen feinen 
©egnern bottfommen 0tecf)t, menn fie ihn al§ ben eigentlidhen 
Urheber ber fird)Iichen Steuerung bejeicfineten, unb mar ftolj 

SRoig 1522 fugten beibe einen literarifcgen Sufammenftofj ju oermetben: 
Uutger fegrieb am 28. 5Dtai: „Non provocabo Erasmnm“ ... unb ©raSmuS 
nerfic^erte am 8. Sluguft, bafj er trog ber bringenben Slufforberung beS 
ftaiferS unb ber Äarbinäle aus oielen ©rünben fieg niegt entfcgUefjen fönne, 
fiutger anjugreifen (©nberS III, 376 f.). (Silier biefer ©rünbe aber mar 
für ign unoerfennbar bie jroei Safjre ginbureg betätigte SBaffenbrüberfcgaft. 

’) 3)er 2eft ift bei ©. £efj, ©raSmuS o. 9t. naeg feinem fieben unb 
©egriften. 2. Hälfte. $üricg 1790. ©. 551 ff. fegr oerberbt. ©ine 9lbfcgrift 
im Thesaurus Baumianus üon bem Original in ber ©afeler UnioerfitätS- 
bibliotgef mürbe oon §enn ©rof. ©. fJrinSler, bem Herausgeber ber SBerfe 
gminglis, genau oergliigen, bod) bietet bas übel erhaltene SfJtanuffript manche 
©Cgmierigleiten; bie enbgiltige Herftetlung beS SejteS möcgte t<g baget bem 
Herausgeber beS Opus epistolarum oorbegalten, bem oielleicgt noch ältere 
Slbfcgriften jur Verfügung fielen. ®ie gier angefügrte ©teile lautet mit 
ben ©erbefferungen ginSlerS: „Videntur Itali conspirasse in hos (Hf. hoc), 
nt totam eruditionis gloriam Germanis adimant: id Aleandro magis est 
cordi, quam Lutheri negocium. Quod si illi per Germanos sit impune, • 
ego fio (Hf.: fuero) Gallus.“ ©enterfenStoert ift aueg, bafj in biefen Oer» 
traulidjen ©riefmedjfel ber Kölner 2)omgerr, ©raf Hermann oon iReuenagr, 
ber mütenbe ©egner HotgftratenS, eingemeigt mar: ©raSmuS gatte biefen 
ermäßigt, bie SBriefe ©apitoS ju öffnen unb mieber mit feinem Siegel ju 
Oerfcgliefjen. 3u bem fonftigen Qngalt beS ©cgreibenS ogl. ©apito im 
©ienfte SllbrecgtS ©.41 ff., gmingliS SBerfe, ©riefe 1,408 f. 


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110 s #aul Äalfoff, GfraSmuS, Sut^er ttnb griebrid) bcr Seife. 

barauf, in Sutfjerö SBerf bie grucf)t feiner eigenen SebenSarbett 
oor ficf) fel>en. ©o badjte, fo füllte er in biefer entfd>eibenbeu 
©tunbe ber beutfdfen @efcf)icle, bie zugleich ber grofje Sßenbepunft 
feinet eigenen SebenSgangeS werben foUte: mit bem Verluft ber 
§eimat, mit ber lebenslänglichen Verbannung üon ber nieber* 
länbifchen £>ocf)fchule hot er feinem fülmen unb warmherzigen 
(Sintreten für bie gemeinfame ©adje ber eoangelifchen SGBahrheit 
ein Opfer gebracht, wie eS Suther banf bem ©dfu^e feiner 
SanbeSherren erfpart geblieben ift. 


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Perfonenver3etd)nis. 


33. = 33ifd)of; ©6. = ©tgbifd)of; §. = §untanift; $g. ^ftergog; f. = faifer- 
li<p; fff. = ff ur für ft; p. = $apft, päpftticp; 3?. = 9iat; ©. = ©efretär; 

Slj. = Stjeolöge. 

Sie im Sitet genannten -Kanten geljen burd) bie gange SIrbeit Ijinburd). 


Slteanber, ©irolamo (Seanbro), p. 
9tuntiu§ 4 ff. 22 f. 36. 39. 50. 57. 
84. 93. 97. 99 f. 102 f. 107. 109. 
3tlba, geberigo be Sotebo, §g. o. 76. 
2Uoaru3 f. Solebo. 

3llöaro ißelapo, Slj. 76. 

SlntSborf, KifotauS ö., SI). 87. 
3Iuguftiner 21. 57. 61. 90. 

33aed)em, -Kifolauä, au8 ©gmonb, Zf). 

44. 51. 56. 59. 64. 71. 88. 
33anniffio, 3acopo, !. ©. 45. 52. 
33arbiriu8, betrug, Sombedjant non 
Soumai 5. 89. 

33afet, Spriftopt) o. Utenpeim, 33. öon 
29. 40. 66. 85. 

—, ftumauiften ». 38 f. 107. 

33eecfer, ^an (33orfatu8), Stj. 60. 
33enebi!tiner 61. 

33erglje3, SKajimilian o., f. 91. 88. 
33ernt)arb ü. Klairöauf, Sp. 72. 
33obenftein, 3Inbrea3, aus ffarlftabt, 
Zf). 21. 30. 37. 71. 97. 
33tanbenburg, $oad)im I., fff. o. 15. 
—, $ieront)mu3 ©dpulg, 33. t>. 61.74. 
33raffitanu$, ^otjann 2Hejanber(fföl), 
fc. 87 f. 

33riarb, ^ean, 44. 51. 

33rüd, ©regor, furfäd)f. ffg. 11. 15. 


33runner, $ieronpntu§, !. 9t. 87 f. 
33ufd)e, ^ermann 0. b., 5. 56. 

33u3leiben, $gibiu$, niebert. 9t. 52. 
33u|jer, 9Jiartin, Zf). 65. 

©ampegio, Sorengo, p. ffarbinallegat 
37. 45. 53. 

Sapito, SSolfgang gabriciuä, Zf)., 
furmaing. 9t. 27 ff. 32 f. 37.108 f. 
©priftian II. o. Sänematf 87. 
Gontarini, ©aSparo, oenetian. ©e- 
fanbter 39. 

6rop, 333ilfjelm ö., $err 0. Gpieores 1 , 
!. SDtinifter 53. 87. 

-, @b. 0. Solebo 53. 67. 

Sominifaner 4. 14. 21. 23. 25 f. 31. 
41. 51. 63 f. 66. 70. 72. 74 ff. 78 ff. 

81. 92. 

Sorp, SJtartin, Sp. 52. 91. 

Sraco, Qopann (Srad)), 18. 
Sürer, 3llbred)t 106 f. 

Gberparbl, 9tifoIau3, !. 9t. 108. 

©cf, 3°P a nn Sütatjr aug, Zf). 21 ff. 25. 
28. 30. 37. 40 f. 44. 56 f. 69 ff. 

82. 86. 93. 95 f. 

@gmonbanu§, f. 33aecpem. 
©ngentinuS, ^pilipp (©ngetbredjt au£ 

Gngen) §. 10. 

©rfurter Speotogen 35. 82. 


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Original fro-m 

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112 


ißaul Äalfoff, 


i 


gaber ©taputenfig (gacqueg le gebreg 
aug ©tapleg) 3ft. 9f. 91. 

— Etuguftanug, gobann, 3ft- 84.100. 
giftet, Qofjti, 93. b. iRoftefter, 3ft- 
16. 48. 

goj, Sitftarb, 93. b. SBindjefter 53. 
granjtgfaner 61. 63 f. 75. 

"groben, gobann, 93ud)brucfer 18. 28. 

32. 39. 50 f. 68. 70. 

—, §ieroni)mug 67. 

Oerolbgeef, Siebolt b., 33). 29. 
Oerfon, gean ©barlier aug, 33). 42. 
Olapion, gean, granjigfaner 4. 
©runniug,2ambert, fingierter Hantel, 
©uilbforb, fjenrt), 31. ^einriftg VIII. 
52. 

•§abrian VI., iß., 4. 71. 

^einrift VIII. 45. 53. 

^erjogenbufft, ißifolaug aug, 5.56. 
^»effng, §eliug ©obanug (Äodj), 6. 
18. 23. 34. 62. 

£odjftraten, gafob aug, 2b- 4.41.44. 

46. 50 f. 65. 67 ff. 83. 92. 97.109. 
^»otloniug, Sambertug, 28. 
Jütten, Ulrift b., £. 3. 37. 45. 50. 

67. 73. 84 f. 94. 104. 
gejjer, gobann, $ominifaner 81. 
gonag, guftug, 2b- 18. 34 ff. 41. 

43 f. 49 f. 55. 60. 62. 82. 

Äajetan, f. 93io. 

Äarl y. 4. 15 f. 26. 76. 87 f. 93. 
99. 108 f. 

Äarlftabt, f. 93obenftein. 

Äarmeliten 51. 63. 79. 

Äölner Sfteotogen 69. 91. 

Sang, gobann, üluguftiner, 33). 9. 

18. 23. 27. 44. 46. 62 f. 65 f. 108. 
Satomug, gafob (SDtaffon), 3%. 44. 
52. 71. 92. 

See, ©btoarb, 2ft. 44- 51. 53. 92. 
Setpjiger Üb e °t°9 en 58. 

2eo X., iß. 4. 6.14. 21 f. 25 f. 31. 42 f. 

45 f. 69 f. 74. 77—84. 90. 98.102. 
Sinf, 9SBenjegIaug, Eluguftiner, 33). 
25. 96. 


Sipftug, ÜJiartin, $. 65. 

Sotfter, Eßelftior, 93ud)btucfer 38. 
Sotjola, ggnatiug b. 77. 

Sötoenet Sfteotogen 4. 6. 24. 28. 43. 
45 f. 50 ff. 58 f. 63 f. 67—75. 89. 
91 f. 94. 97. 100 ff. 108. 

Sütticp, ©bewarb b. b. ERarf, 93. b. 
6. 35. 53. 62. 

ÜJtagbeburgifcbe 9iäte Ellbrefttg b. 
ERainj 37. 84 f. 

ERainj, Etlbreftt b. 93ranbenbutg, 
©b. b. 14. 29 f. 36 f. 40. 53. 66 f. 
83 ff. 

ERarf, Etobert b. b., §err b. ©eban 53. 
—, Einton b.b., Slrftibiafon b.93rabant, 
iBonftert b. Süttift 53. 

SRarliano, Suigi, 93. b. Üup, f. 91. 76. 
ERajimilian I. 15. 26. 78. 107. 
ERajjolini, ©ilbeftro, aug ißrierio 
• 3ft- 24. 26. 41. 56. 69. 76. 79. 
ERebici, ©iulio be’, p. SBijefj. 6. 57. 
102 . 

SMancbfton, ißbitipp, 2b- 27. 32 f. 

57 f. 65. 90 f. 93 f. 96 f. 
SRerfeburg, Elbolf b. Elnbalt, 93. b. 82. 
ERiltijj, Starl b., p. ftommiffar, bann 
furfäftf. 9J. 22. 

ERire, ißierre 2a, nieberl. Elgent 14.17. 
SRorug, Sftomag, engl. Äj., 28.52. 
ERofeöanug, ißetrug (©ftabe), §. 44 f. 

49. 58 f. 65. 82. 97. 

ERountjot), SBiHiam Slount, 93aron 52. 
ERutianug Etufug, fionrab (ERuft) 
10. 18. 

Etagel, §ang, f. Elgent 15. 

Etefen, ftonrab, 51. 

—, SBiftelm, £. 5. 51. 56. 64. 71. 
73. 75. 108, 

•Jteuenabr, Sßiftelm, ©raf b., $. 109. 
öfolampabiug, gobann, 94. 
Öfterreicb, gerbinanb, ©cftj. b. 93. 
—, ftaftarina b., 17. 87. 

—, Margarete, Statthalterin ber 
Elieberlanbe 4.15. 45. 62. 76. 87. 
89. 93. 


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Original fram 

UMIVERSITY OF MICHIGAN 



I 


(Sraämuä, Sutljer uitb gtiebrid) bcr Sßeife. 


Ißace, SRidjarb, 91. §etnrid)3 VIII. 52. 
93arifer Xljeologen 42. 51. 82. 

$au1 III., «p. 76. 
s pirffjeimer, SBilibatb, £). 96 f. 
^5rietia^, f. SJlajjolini. 

*ßropft§, Qafob (Praepositi), %1j. 57. 
9?eud)lin, Qofjann, $. 11. 67. 78 f. 
81. 86. 

9üjenamt§, 93eatu§ (93ilb), $. 65. 
9flfeticiu4, 93. 0. 9lutun, Slj. 12. 
SRiario, SRaffaele, Äarbinal 98. 
SRubloff, §ieront)mu3, furfädjf. ©. 11. 
Slutfjall, SfjomaS, 93. o. Surljam 53. 
Sipgropf, .§ et mann b., fc. 46. 
©adjfen, Wibrecht, o. 18. 

—, ©eorg, £}. b. 16 ff. 58. 

—, Sofjann, §*. b. 23. 

—, $ofjann ^rtebrid), $h- b. 23. 
Salzburg, 9Äattljäu§ Sang, (Sb. ö. 26. 
©abonarola, ©irolamo, Sf). 81. 
©$albe, ftafpar, $. 34 ff. 49. 62. 
©djeutl, ßljriftopf), 96. 

Stainer, f. ©itten. 

©djlettftäbter |mmaniften 66. 
©djönberg, 9?ifolau3, Sominifaner 
78. 102. 

©erralonga, Urbano be 89. 
©idingen, f^tanj b. 3. 6. 

©itten, 9Rattljäu§ ©djiner, 93. b. 29. 
©palatin, ©eorg, furfädjf. ©. 1. 6. 
9-17. 24. 30. 32. 35. 49. 62. 65. 
87—90. 93 ff. 98 f. 

©pengler, Samaras, $. 96 f. 


113 

©tanbtff), igoljn, fjrranjigfaner, 93. b. 

@. 9lffapl), ZI). 92. 94. 

©taupi|, Qoljann b, 9luguftiner, 21). 
31 56. 

Setleben, 93alentin b., furmainj. ©e- 
fanbter 98. 

Sefeel, 3°^ an ”/ Somtnifaner, Zf). 

13 f. 21. 28. 40 f. 56.69.72 78 81'. 
Solebo, Quait 9Iloare^ be, Somini» 
faner 75 ff. 79. 

Songem, 9lrnolb Supbe aus, 2lj. 99. 
Stier, fRidjarb 93oflratS b. ©retffen» 
flau, (Sb. b. 22 f. 82. 

Utrecht, 9lbriait b., f. §abrian VI. 
93io, Sommafo be, 93- o. ©aeta, Zf). 
21 f. 25. 28. 41 ff. 47. 71. 75 f. 
79. 82. 103. 

Sßatt, 9Äel$ior b, §. 107. 
2Bertf)ern, Sietrid) b., albertin. 9i. 17. 
SBefel, 3oljann 9iudjratl) b., 21). 91. 
9EBimpfeling, Qafob, 40. 66. 85. 
SBittenberg, Sljeologen bon 7. 12. 
20. 22. 29 ff. 34 f. 37. 39. 49. 
64 f. 82. 88 ff. 92 ff. 96. 

SBolfep, Sljomaä, (Sb. b. Dorf 15. 

37 f. 43 ff. 51. 53. 68. 84. 93 f. 
58orm§, 99eid)§ftänbe in 80. 
•EimeneS, gtanceSco, (Sb. b. Solebo, 
ZI 76. 

£od), Sorefis, Äj. beS (Sb. bi SfKagbe* 
bürg, 37. 84 f. 

3wingli, §ulbreidj, Zf). 5. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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<Druch oon <£t)r^arbt Barras m. b. ß. in ßaüe (6aale). 


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Original fro-m 

UNIVERSETY ÖF MICHIGAN 




Gegriffen öes Vereins für Beformaftonsgefd)id)ie 

Safjrgang 38 (<Rr. 133) 

2)te Besiegungen (Safoins 
3U $ranftfuri a. Bl 


Bon 


Lic. &arl Sauer 

< ßriDatÖ 03 ent an ber QBeftfälifcben 3Bilf)elm5uniDerfität in fünfter i. OB. 

/ 


ßeip 3 ig 1920 

äommifflonsoerlag oon Bi. ßeinfius Bad)folger 


fffir 9Ritglieber 

bureb bie ©efd)äftsftelle bes Vereins für ^ef ormafionsgefd)td)fe: 
Qiubolf Äaupf, fiaße a. 6., $rancfceplab 1 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





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♦ 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Am 28. ^ooember 1552 fdffrieb ©alüin an 9JWancf)tf)on, er 
miffe mof)(, welche Flotte ifym ©ott übertragen tjabe. 1 ) tiefem 
Söetnufetfein üon feiner prooibentieUen Stellung unb Aufgabe 
entfpraef) eS üoUfommen, baß er fid^ mit feiner ÜEßirffamfeit 
nidj)t auf ©enf befdjränfte. $ein jmeiter unter ben ÜDfännern beS 
SReformationSjeitaiterS gehört fo wie er bem ©efamtproteftantiSmuS 
an. SEBie baS Äirdjenibeal, in meldjem feine Snftitutio gipfelt, , 
unioerfalen ©fjarafter trägt unb alles in fid^ aufgenommen f)at, 
maS er bei Sutfjer unb ßmingli unb ben Käufern, aud) am 
^attjoIijiSmuS als berechtigte Momente ertannt Ijat, fo ift aud^ 
feiner Arbeit für bie Äirdfje ein $ug ins ©roße unb SBeite eigen. 
Als er fich öon gare! in ©enf feft^atten ließ, ftanb für ißn neben 
ber ©emißljeit, baß eS fief» um einen SRuf ©otteS tjanble, bie 
©rfenntniS, miebiel er gejabe oon biefem oorgefetjobenen Sßoften 
ber reformierten Sdffmeij für bie Ausbreitung beS ©öangeliumS 
in ^ranfreidt) unb überhaupt im meftlicfien ©uropa mürbe leiften 
fönnen. SBätjrenb feiner Straßburger Satire t)at er fobann nicht 
oerfäumt, güijlung mit bem beutfcf)en SßroteftantiSmuS §u neunten 
unb SBejietjungen ju ben teitenben Sßerfönlidjfeiten ber beutfdtjen 
9teformationSfir<$en anjufnüpfen. SRacf) ©enf jurüctgete^rt, t>at 
er enbli«h feinen Augenblicf ben ©ang ber firdjlicfjen ©reigniffe 
aus bem Auge gelaffen. SRamentlicf) feitbem feine Stellung fjier 
enbgültig befeftigt mar, f>at er in SBerbinbung mit nafjeju aßen 
Säubern ©uropaS geftanben: Italien unb Spanien, granfreih 
unb bie ÜRieberlanbe, ©ngtanb unb Sdtjottlanb, Sänemarf unb 
Sdjmeben, Sßolen unb Ungarn, 33öf>men unb 2)eutfd^Ianb f>at er 
in fein ArbeitSfelb miteinbejogen. Selbft über baS SBeltmeer, 


*) Opp. XIV, p. 415: Non ignoro, in quem theatri sui gradum me 
Deus extulerit. 

S$r. ». f. 9t. 38. 1 


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2 


Sfarl fttauer, 


nad^ 23rafilien fjat er jeine 93fufe gerietet. Sn einer ßeit, in 
melcfier ber ermachenbe nationale (Sebanfe ben Unioerfaligmug non 
üteid) unb Kirche fprengte, |at er baran feftgehalten, bafj eg einen 
ßtotholijigmug ber toatjren Äirdje geben müffe, ber an bie ©teile, 
beg entarteten mittelalterlichen ^athoIijiSmuS ju treten habe. Unb 
er mar oon einem mahrhaft propljetifchen Söemufjtfein baüon erfüllt, 
bajj eg feine ©enbung, fein göttlicher Söeruf fei, biefem mähren 
Äatholijigmug bie SSSege ju bereiten. 

25on ber SBarte aug, oon melier er jo bie SBeltaufgabe beg 
sßroteftantigmug erfaßte unb überfdEjaute, fonnte ihm auch *ü e 
Sebeutung nicht entgehen, bie eg für bie ürdjliche (Sntmicflung 
SDeutfdjlanbg h a ^ en mufjte, menn eine ©tabt mie ffranffurt a. 9 Jl. 
auf feine Slnfdjauungen unb ißläne einging. SEBenn man in jener 
$eit (Sine ©tabt bie |jauptftabt bei Steidjeg nennen fonnte, jo 
mar eg bieje ©tabt.') (Sin meitoerjmeigteg ©trafjennejj im $u* 
jammenhang mit ber Sage an bem fchiffbaren ©trome oerbanb 
fie mit ben Üftieberlanben unb $ranfrei<h ebenjo mie mit ©trafj* 
bürg unb 93afel, auf ber anberen ©eite mit Augsburg unb 9ttirn= 
berg unb Seipjig. §ier famen feit Snh r ^nnberten bie beutfdjen 
dürften jufammen, um in ber SßahlfapeUe im 2)om ben Äönig 
ju füren. ßroei äßefjen führten in ber gaftenjeit unb mieber im 
©pätjahr jebegmal brei äSodjen lang jahllofe ffrembe in bie 
©tabt, bie nicht nur oiel (Selb um jetten 2 ), fonbern auch neue 
(Sebanfen augbreiteten. Namentlich ber beutjche iöudhhmtbel hatte 
hier feinen eigentlichen ©i$ unb ^auptmittelpunft, unb eg mar 
auch ein geilen ber ßeit, bafj bereitg 1520 ein einziger Such* 
hänbler auf einer granffurter SJtejje allein 1400 (Syemplare oon 
Sutherg ©chriften oerfaufte. 3 ) 2)rei Suchhänbler arbeiteten hier 
nebeneinanber, unb bag Sageroergeichnig beg einen aug bem Sahre 
1567, bag ung erhalten ift, gemährt ung einen lehrreichen <Sin= 
blief in ben ftarf reformatorijeh beftimmten Sntereffenfreig ber 


*) üBgl. Striegf, ©efdjic&te oon granffurt a. 9R. ©. 1—8, befonberg 
bag Urteil Sfarlg V. Oom Sabre 1552, ©. 4 2lnm. 

2 ) Sutbcr batte begbalb toenig $reube an ber ©tabt unb ihren 
ÜReffen. S3gl. oon Äaufgbanblung unb SBudjer. 21. 22, 201. 

8 ) Siambfcbulie, $>ie Uniüerfitat (Srfurt in ihrem SSerbaltniffe ju bem 
§umanigmug unb ber ^Reformation. 2lnm. 4 gu II, 80. 


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3 


2>ie Segteljunflen <£albin8 ju gronffurt a. SM. 

* / 

Sefermelt jener ,geit. J ) SDaju bot bie Stabt, bie fic^ unabhängig 
ju erhalten gemufjt hatte üon geiftlicher unb meltlicher Ober» 
herrfchaft, oermöge ihrer Sage (Gelegenheit, ben Junten beS 
©üangeliumS auch in bie alte sßfaffengaffe am Schein unb in 
anbere benachbarte geiftliche ©ebiete zu merfen. Für ben ganzen 
firchlidhen (Sharafter ^Oeutfc^tanbS mufite eS bie meitgreifenbften 
Folgen haben, menn biefe ©tabt fich Galoin anfdhlofj. 

3)er neuen Sehre mar fie bereits jugetan, als ©aloin fie 
1539 jum erftenmal betrat. Hatte bei ben ©efchlechtern ber 
Humanismus ber Deformation ben SBeg geebnet, 2 ) fo hatten bie 
fünfte über einen religiöfen Sozialismus hin fidh ihr angefchloffen. 3 ) 
2)er Nat hatte bemgegenüber eine oorfidjtig abmartenbe Stellung 
eingenommen. ©rft feitbem mit bem Nürnberger NeligionS» 
oergleich ber grofje Auffdhmung beS beutfdjen *ßroteftantiSmuS 
eingefefct hatte, mar auch 3*anlfurt im Fahre 1536 bem Schmal* 
falbifchen Sunbe beigetreten. SDie Auguftana unb bie Apologie, 
bie SBittenberger Äonforbie unb fpäter bie DegenSburger Artifel 
bilbeten oon ba an bie Norm ber Sehre. 2)ie Äonoente unb 
NeligionSgefpräche mürben fortan auch *>on ^ranffurt befdf)ic!t. 
Namentlich bie ©trafjburger Theologen roaren neben ÜNelandhthon 
bie Autoritäten, bei benen fich bie Franffurter in fdjmierigen 
fragen NatS erholten, mährenb bie ^Beziehungen ju Suther ber» 
hältniSmäjjig !üt)l blieben. SBei ben ©trafjburgern fonnte fich 
atfo auch Galüin über bie Franffurter SBerljältniffe unterrichten, 
noch ehe er fie aüS eigener Anfcfjauung fennen lernte. 

S3efopberS nahe mürbe bie Franffurter Kirche bem Fntereffe 
©aloinS gerüdEt, als nach bem $obe (SbuarbS VI. fidh aus @ng* 
lanb ©dharen eoangelifdher Flüchtlinge in bie alte Äaiferftabt am 
SNain ergoffen. ©eit / 1554 folgten einanber SBaUonen, ®ng* 
länber unb Dlaemen unb grünbeten eigene ©emeinben. 2)er Führer 
ber SBallonen, SBaleranb (ober auch Valerien) SßouHain, mar mit 

*) SIrdbib für FranffurtS ©efdjicfete unb Sunft. Sleue ^olge, 7. 33b. 
(1881) @. 172 ff. 

*) Slrdjib 2 c., !Meue golge IV (1869) <S. 57 ff. 

8 ) Äriegf, franffurter SBürgerjtoifte unb guftänbe im SMütelalter. 
1862, ©.137ff. — Steife’ Abfeanblungen ju tJrattffurtS 9leformationS= 
gcfdjidjte aus Slrcfeib 2 C. V) 1872, <5. 1—215. 

1 * 


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4 


Sari Sauer, 


©aloin bereits in ©trapurg befannt geworben, 2fod t) 3of)« ®nof, 
ber anfangs eine jeitlang ber englifdjen ©emeinbe angeljörte, 
unb 3of)anne§ o 2a3co, ber bie Rieberlänber Flüchtlinge fammette, 
ftanben bem ©enfer Reformator nafje. 2113 fidj bann halb atlertei 
©ctjwierigfeiten in ber wallonifcfien ©emeinbe ergaben, fuctjte 
©alöin ben ^rieben mieber^erjuftenen. 3n ber gleiten $eit Ijätte 
er gerne einen Sluggleich ljerbeigefüf)rt jwifchen ben ^remben* 
gemeinDen unb ben ^ßräbifanten ber ©tabt, bie jene ber Irrlehre 
berichtigten. Unb alg feine Bemühungen enbgültig gefdjeitert 
Waren unb ben Stationen unb Rieberlänbern — bie ©nglänber 
waren nach bem j£obe ber bloody Mary in it)re alte |jeimat 
jurüdtgefe^rt — bie Äird^e gefdjloffen worben war, ^at er ihnen 
noch einmal in ber $rage, wie fie eg fünftig mit ber Xaufe ihrer 
Äinber galten füllten, mit feinem Rate gebient. 

SDer Anteil, welker itjm fo an ber ^ranffurter Äirdfjen* 
gefehlte rulommt, ift im gujammenhange nur üon^enrp bar* 
gefteUt worben. 1 ) $)od) fehlt biefer $>arfteHung, um ju genügen, 
bie erfte Rorau3fe|ung, nämlich eine flare unb richtige ©rfenntnig 
ber grantfurter 9Serf)ältniffe^ 2 ) Rur einen Stugfdhnitt (Calvin a 
Francfort et les eontroverses sur la Ste. Cöne) beljanbelte 
©gröber bei ber 2)reif)unbertjaf)rfeier ber franröfifd^reformierten 
©emeinbe in Franffurt, unb aud) itjrt nur furj in einem Sln^ang. 3 ) 
Sie fpateren Arbeiten über ©alöin öon Äampfdtjulte 4 ) unb 
©orneliug 5 ) finb nicht big jur Behanblung feiner über ©enf unb 
bie ©d&weij ^inauggreifenben SBirffamfeit gebieten, Wä^renb 
©tähelin«) bie Beziehungen ©alüing zu granffurt nur gelegent* 

') igettrt), 2)a§ ßeben Sodann (SalüinS. III, 412 ff. 

*) §enrb fdjöbfte feine Senntni« ber grantfurter Rerbältniffe au8 
ber 1751 erfdjienenen, mit einer SSorrebe beS Senior« D. $refeniu8 ber* 
febenen „Sird)en=®efcbicbte bon benen Reformirten in graneffurt am ÜRabn", 
bie eine ©treitfdjrift gegen bie Reformierten barfteUt. 

®) (©djröber,) Troisiöme Jubile Seculaire de la fondation de l’£glise 
rdformee frantjaise de Francfort s. M. 1854, 70—75. 

*) %. 2Ö. Sambfdjulte, Sobann ßalüin, feine Sirdje unb fein Staat 
in ©enf. 3® ei SBanbe, 1869 unb 1899. 

5 ) ©. R. (SorneliuS, §iftorifcbe Arbeiten, bornebmlidj pr Reformation«* 
geit. ©. 105—557. 

8 ) ©tdbclin, Sobanne« ©albin. ßeben unb auggefoäblte ©Triften. 
II, 76 ff. 223 f. 226. 


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$ie »egiefjungen (SalbinS ju granffürt a. 3)i. 


5 


lieh berührt t)at. Stucf) bag Saloinjahr 1909 t>at ung feine 
Strbeit über biefeg $hema gebraut. Sin Stuffafc, ben ©ornemann 
neuerbingg beröffentticht hot, 1 ) fügt nur bie töichtigften ©riefe 
Satüing, bie fidf) auf granffurt beziehen, furj $u einem ©anjen 
jufammen. SRad^bem aber auf bem ©ebiete ber ^ranffurter 
ßirdhengefchichte fcf)on feit geraumer geit fel)r fleißig unb gebiegen 
gearbeitet morben ift 2 ) unb oudf) bie Stuggabe ber Sßerfe Satbing 
im Corpus Reformatorum töngft jum Slbfchluffe gelangt ift, 3 ) 
fann ber ©erfudh unternommen werben, bie f)ier befte^enbe Südfe 
auSjufütlen unb bamit nicht nur einen ©eitrag jur totalen $ir<hen= 
gefehlte granffurtg, fonbern auch ju unferer Kenntnis Satbing 
ju liefern. 

I. 

ßum erften SKate trat Salbin ju ^ranffurter ©er föntictjf eiten 
in ©ejiehung, als er im Frühjahr 1539 ben ^ranffurter dürften» 
tag befugte. Sin ©rief, in bem ifjrn ©ucer mitteilte, feine ©er=? 
roenbung für bie ©laubenggenoffen in granfreicf) fei ohne Srfotg 
geblieben, beftimmte if>n jiemlieb unbermittett baju, einer Sin* 
labung Sapitog $otge triften unb fictj mit ©türm unb anberen 
trefflichen SJtännern nach ^ranffurt ju begeben, um hier ©djritte 
für bie franjöfifdhen ©rüber ju unternehmen, daneben todfte ihn 
bie Slugficht, bei biefer Gelegenheit bie perfönliche ©efanntfdhaft 
ÜRetanchthong ju machen, unb fidt) mit ihm über retigiöfe unb 
fir^Iidhe fragen ju befprechen. 4 ) ©eine Hoffnung erfüllte ft<h, 
unb er hotte bie ©enugtuung, in häufiger Stugfpradhe mit bem 
großen Sßittenberger ©etehrten feftfteHen $u fönnen, baff biefer 
in ber fjrage einer ©erftänbigung über bie Stbenbmatjlgtehre ganj 
einer SKeinung mit ihm fei. 5 ) 


9 granffurter »riefe ©alüinS. granffurter ftirdjensßalenber 1918. 
<5. 41—45. 

2 ) 3u nennen ift befonberS g. ©I. Sbrarb, ®ie frangBfifdjsreformierte 
©emeinbe in granffurt am 2Jtain 1554—1904. 

8 ) 3n »etrac&t fommi baneben 91. ©djtoarj, gobamteS (£alöin8 ßebeng* 
tterf in feinen »riefen. ©ine Siugtnabl bon »riefen ©albinS in beutfd&er 
Überfefeunß. 2 »be. 1909. 

4 ) Calv. Opp. 10 b, 9tr. 162. »rief an göret bom 16. ÜDtärs 1539. 

5 ) ©bba. 9tr. 164. »rief an garet bom Sftärj 1539. 


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6 


ftarl Rauer, 


Rtelancptpon patte in jenen SBodpen fein Slbfteigequartier bei 
£ifa üon Rüdfingen, ber SJßitme beS ^atrigierS $anS Rromm, im 
£auS gum gatten am unteren ßornmarft, ! ) an metdpeS jept noep 
ber Rame ber gattengaffe erinnert, ©eine ^jauSmirtin mar bie 
ÜJiutter feineg ©cpüterS Staus Rromm, ber bis Sluguft 1538 in 
RJittenberg ftubiert unb bann eine ©tubienreife naep Italien an* 
getreten patte. 2 ) SUS biefer fünfgepn ^atjre fpäter ^ßoutlain unb 
feine Söattonen naep granffurt gog unb aus biefem Intaffe fein 
Sporne auep in ©enf genannt mürbe, mag fiep Satüin ber guten 
Rteinung erinnert paben, bie Rietancptpon non feinem granf* 
furter ©dpüter tjatte. 3 ) Unb als mieber brei gapre fpäter Hubert 
Sanguet ipm üon ber SluSfpracpe berichtete, bie gmifepen SRetancptpon 
unb bem lut^erifd^en Sßräbifanten £artmann Reper in bem $aufe 
Staus RrommS erfolgte, burfte er üorauSfepen, bafs ber $err beS 
Kaufes für ben ©enfer Reformator fein Unbefannter mar. 2)ocp 
finb perföntiepe Regierungen gmifepen Safüin unb Staus Rromm 
nid^t nacpmeiSbar. 

SaSfetbe gilt üon ben Regierungen SatüinS gu bem granf* 
furter Reftor gafob SRicpttuS, ber üon 1537 bis 1547 gum 
gmeiten 9Jiate bie Sateiufcpule ber ©tabt leitete. St IS ÜRicpUuS 
am 28. Januar 1558 ats ißrofeffor in ^eibelberg ftarb, metbete 
$otomanuS üon ©trafjburg aus biefen SobeSfatt an Saloin. 4 ) 
©ept man ber grage naep, metcpeS gntereffe Satüin an ber Radp* 
ridpt raben tonnte, fo liegt bie Stntmort in ber Satfaepe, bafj 
ÜRetancptpon 1539 in granffurt ferr üiet mit bem begabten unb 
eifrigen -jpumaniften üerteprte; nur irn ermärnt er üon grant* 
furter ^erföntiepfeiten, unb irn gerabe in ber eprenüottften ÜBeife: 
Micyllus magnae mihi voluptati est. 5 ) Satüin ^atte barer 
reicplicTe ©etegenpeit, irn bei feinen ©efprädpen mit RMancptpon 

‘) ®er iefcigen Rudjgaffe. 

2 ) ©tei&, $ie 9fteIaud)tt)on3s unb ßutperSperbergen gu granffurt a.2Jl. 
üfteujaprSblatt beS granff. 23erein8 für (Sefdjicpte unb SlltertumSfunbc. 
1861, ©. 10ff. 

3 ) 23gl. Mel. Opp. III, 509 unb 987. 23ei Staffen, Uber bie Regierungen 
2Mandjtf)on8 gu granffurt a. 3)1. (granffurter ©tjmnaftalprogramm 1860) 
@. 10 ff. 

4 ) Calv. Opp. XVII, 9tr. 2806. 23rief üom 19. Februar 1558. 

5 ) Rrief bom 24. Februar 1539. Rei Staffen @. 15. 


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X'tc iöcjie^unßtti ©albinS §u ftranffurt a. 2)t. 


7 


fennen ju lernen. Unb aus bem Sluge oerlor er ipn umfo 
weniger, als SDUcpßuS (Strafeburger war. 

Ratürfrcp maepte ISaloin in jenen Söocpen and) bie perfön* 
tiepe löefanntfcpaft ber Scanner, welcpe oon gtanffurt ju ber 
' Tagung abgeorbnet waren. £>ocp war eine näpere güplungnapme 
mit ipnen für ipn teilweife unmöglicp, ba er fein Söort 3)eutfcp 
oerftanb unb fie jum £eil beS Sateinifcpen nnb granjöfifcpen 
unfunbig waren. SDer tpeologifcpe Vertreter ber Stabt war ^ßeter 
(Seltner, 1 ) ein Scpüler SutperS, ber 1536 auf gezogen war unb 
bereits 1537 naep Scpmalfalben gefdjicft würbe, wo er aus eigener 
SRacptooIIfommenpeit bie Slrtifel SutperS unterjeiepnete. $8on Rats 
wegen waren ©eorg SCBeife oon Simburg jum Söwenftein, Sopann 
oon (Slauburg nnb Drtp junt jungen beputiert. 2 ) 93on biefen 
entbehren SBeife 3 ) unb jum jungen 4 ) pier jebeS weiteren 3ntereffeS. 
^Dagegen erfepeint (Slauburg als einer ber peroorragenbften 
ÜRänner im bamaligen fjranffurt. 5 6 ) @r entflammte aus einem 
ritterbürtigen (Sefcplecpte ber SBetterau, baS fiep brei Qaprpunberte 
juoor in granffurt niebergelaffen patte. Seine innere ©ntwicflung 
war üor allem burep feinen SBormunb ^amann oon §oljpaufen 
unb burep ben SSerfepr, ben er als Stubent in SBittenberg mit 
ben Reformatoren gepflegt patte, beftimmt. 3n feinem näepften 
gamilienfreife begegneten fiep bie oerfepiebenften ©eifteSrieptnngen 
ber 3 clt ®) : um bie §anb feiner älteften Sepwefter patte einft 
Jütten oergebliep angepalten; 7 ) bie beiben anberen waren Älofter* 


1 ) Witter, ©bang, ©encfmaljl ber Stabt ^randfurtb am 2Jtapn, <5.258. 

2 ) ßerSner, granffurter ©tjronif. 1.33b. 1. Sud), 6.341. 

3 ) üHadj ßerSner, II. 39b. 1. 39ud& <5. 153 mar er am 12. Slpril 1537 
in ben SHat eingetreten, mürbe 1542 jüngerer 93ürgermeifier, am 24. 2lprit 
1548 ©tföffe unb ftarb am 13. SKärg 1551. 

4 ) ©r mar nach ßerSner, ebba. S. 152 am 9. Suli 1533 in ben 9lat 
eingetreten, batte 1537 baS 2Imt beS jüngeren 33ürgermeifter8 bef leibet, 
mürbe bann am 24. Slpril 1539 Sdjöffe unb ftarb am 20. Januar 1547. 

5 ) 3ung, 8lrt. 3obann bon ©lauburg. SlHg. 2>eutfd)e 39iogr. 33b. 49, 
©. 380. 

6 ) Steife, iReformatorifcfee ißerfönlid&feiten in ftranffurt. 2lrd)ib für 
granffurtS ©efdjicfete unb Äunft. Reue $olge IV, 6. 61. 33gl. auch ben 
bort als 33eilage abgebrueften Stammbaum ber Familie. 

7 ) ©benba ©. 72-81. 


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8 


ffcirl Sauer, 


frauen; jein jüngerer ©ruber |)ieront)muS, ©räflidf) Äönigfteinifdf)er 
9tat, war als greunb unb Parteigänger ^artmann ©etyerS 
ejflufiber Sutljeraner. (Sr felber begegnet uns fpäter als ber treue 
greunb unb ©d)innf)err ber ^rembengemeinben. 9 (SineS ©inneS 
mit ifjrn mar unter jeinen ©erwanbten nur jein um jwanjig 
3af>re jüngerer ©etter ^tbolf mm ©lauburg. §IIS ©ierunbjmanjig* 
jähriger mar Soljann non ©lauburg am 16. Suli 1527 in ben 
9tat eingetreten unb mar bann am 30. Styril 1532 ©c^öffe 
geworben. 2 ) (Sr tjatte bereits 1537 baS 9lmt beS älteren ©ürger* 
meijterS bef leibet, als er 1539 jeine ©aterftabt auf bem in ihren 
üütauern oerjammelten ^ürftentag unb bem gleichzeitig mit biejem 
einberufenen ©täbtetag ju oertreten hatte. 3 ) (Sin ©eweiS beS 
©ertrauenS, baS jeine Mitbürger in iljn festen, mar eS, baj3 er 
aud) jpäter nod) miebert)olt an bie ©pijje beS ftäbtijd^en ©emein* 
mejenS berufen mürbe, jo namentlich 1547 in ber fritifcfjen $eit 
beS ©dhmatfalbijdjen Krieges unb 1552 wäljrenb ber ©elagerung 
ber ©tabt. ÜJtadfj jeiner ©rabfdjrift — er ftarb 1571 — mar er 
in Ärieg unb ^rieben ftetS auf ber 2öadt)t unb fefcte baS 2Bof)l 
jeiner ©aterftabt über feinen eigenen ©orteil. 

9tucf) bie SReligionSgefürädje ber folgenben 3tof)te brachten 
(Saloin mieber mit fjranffurtern jujammen. 9iur in |>agenau, 
wo er fidf) otjne offiziellen Auftrag mieber^olt mit ben ©trafj* 
burger greunben einfanb, mar fein Stbgeorbneter oon g-ranffurt 
anmejenb. 3n SBormS bagegen, mo er als tbeologifdjer per* 
treter bCS ^erjogS oon Süneburg fich einfanb, traf er mieber mit 
(Seltner jufammen, bem bieSmal noch (SeHariuS aus ®reSben 
beigegeben mar. 4 ) Slufjerbem lernte er hier in ©eorg oon SJtelem 5 ) 


*) StuSbrücflicö begeidmet ihn (Saloin als praefectus etiam in tutelam 
et patrocinium eiusdem ecclesiae (sc. Gallicanae, quae est Francoforti). 
Calv. Opp. XVI, 292. 

2 ) ßerSner, II. Sb. 1. Such, ©. 152. 

3 ) ©benba I. Sb. 1. Such, 341. 

*) Witter, @. 263. 

5 ) ßerSner, I. Söb. 1. Sud), ©. 342. (Sinen @eorg bon 2Welem ermähnt 
ßerSner fonft nicht, fonbern nur: 1. Soljann bon 3Jte(em, ber bereits am 
29 Slpril 1529 ftarb, unb 2. Oper bon SDJelem, ber (II. 93b. 1. Such, ©. 152) 
am 23. 9Ipri( 1535 in ben 9iat eingetreten unb am 25. Stpril 1540 Schöffe 


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$>ie {Begebungen ©albinS gu ftranffurt a. 2R. 9 

bcn meltlidfjen Slbgeorbneten granlfurtS fennen. 35aS ReligionS* 
gefpräd) oon Regensburg fobann, an metchem er auf auSbrüdf* 
liehen SBunfcf) StRelanchthonS neben öucer als Ülbgefanbter ©trafj* 
burgS teitnahm, 1 .) unb oon beffen SBerhanblungen er aufgrunb 
ber oon Sucer oeröffentlic£)ten lateinifchen S£ejte eine franjöfifche 
StuSgabe oeranftaltete, 2 ) bot iljnt ©elegenheit, bie 23efanntfchaft 
mit Johann oon ©latfburg ju erneuern unb neben biefem in bem 
breiunbamanjigjährigen |>ieronbmuS §um Samra, 3 ) ber oon 1540 
bi§ ju feinem am 15. Februar 1559 erfolgten SEobe baS Stmt 
eines ©tjnbüuS befletbete, 4 ) einen ber bebeutenbften "f^rantfurter 
RatSaboofaten fennen ju lernen. 5 ) Ron ber Stätigfeit, bie Sodann 
oon ©tauburg bei ben ftrdjlicf)en Rerhanblungen entfaltete, tourte 
ber Rtarburger ißrofeffor Johannes SDraconiteS namentlich ju 
rühmen, bafj er in RegenSburg „©otteS SBort unb ©hriftum oon 
gemeiner ©tabt granffurt megen oor ber ganzen SEBelt befannt" 
habe. 6 ) Sei ber großen Slufmerffamleit, mit meldher ©aloin ben 
Regensburger Rerhanblungen folgte, märe es fdjon an fidh nicht 
ju bejmeifeln, bhfj auch auf ihn baS fluge unb dharafterooHe 3luf= 
treten beS granffurter Ratsherrn ftarfen ©inbrudE mailte. SEBir 
miffen aber überbieS aus einem SBriefe, ben ©lauburg oierjehn 
Sahre fpäter an ©aloin fdhrieb, baff bie beiben SRänner bort in 
Regensburg in ber Verberge ber ©trafjburger ©efanbtfcf)aft innige 
greunbfchaft mit einanber gefdhloffen unb gepflegt hoben. 7 ) 

©inftmeilen freilidh mar für ©aloin bie $eit noch nicht ge* 
fornmen, auf feine ©inbrüdfe oon einzelnen ^ßerfönlichfeiten Sßläne 
für bie ßufunft ju bauen, Rorerft erfcheint er noch als ber 

getoorben mar. ©r fungierte 1545, 1550 unb 1553 als älterer {Bürger* 
meifter unb fiarb am 21. (September 1575 . {gemütlich ifi er gemeint. 

*) SBrief an ftarel öom 31. Sanuar 1541. Opp. XI, 146. 

*) Opp. V, 509—689. ©ine mertboHe ©rgängung bagu bilben feine 
Briefe aus {RegenSburg. 

8 ) {Ritter, 6 . 264. 

*) fietSner, I. { 8 b. 1 . {Buch, ©. 277. II. ©b. 1 . {Buch, ©. 132. 

5 ) flirdjner, ©efdjidjte ber (Stabt ftranffurt a. 2 R. II, 362 f. S)ie 
Jranffufter erreichten barnalS ein faiferlidjeS Sßriüileg, baS ihnen bie 2lb= 
löfung ber emigen 8 infen gufagte. ®echent, Äirdjengefcbicbte bon granf» 
furt a. 2Jt. feit ber {Reformation. <S. 154. 

6 ) 3ung, a- a- €)• @. 380. 

7 ) Srief oom 1. SDegember 1555. Calv. Opp. XV, 873. 


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10 


$tirl Stauer, 


aufmertfame ^Beobachter, 4 ) beffen fcfjarfei Auge fich jo leidet nid^tS 
entgehen lä§t, bejfen 23ti<f mit intuitioer Sicherheit bai SBejent* 
tidhe ünb ©harafteriftifdhe erfaßt, bejjen Urteil oft in einer über* 
rajdhenben SBeife bai Nichtige trifft, unb beffen ©efidhtifelb fidh 
äufehenbi meitet, mie benn feine Snftitutio gerabe bamali unter 
bem ©influffe ber größeren SSertjältniffe, in meldhe er jejjt einen 
(SinblidE gemamt, ihre tiefgreifenbfte Umai'beitung erfuhr. Aber 
noch ift cr nicht ber $ 0 tann, in beffen $änben bie Säben einer 
halben SBelt gufantmenlaufen unb ber bie Angelegenheiten faft 
bei gefamten ißroteftantiimui mit feiner Sorge umfängt. 

Snbeffen auch fo fdhon tonnte er bie Aufmertfamteit ber 
Sranffurter auf fidh Stehen. Seine Süchtigteit unb Begabung 
blieben fdhon jefct nidht oerborgen. Sn Hagenau empfing $afpar 
Sruciger oon feinem @ifer unb äöiffen einen bebeutenben (SinbrucE. 2 ) 
Sn SBorrni gab ihm 9Jtelandhthon, ber ihn in feinen $ranffurter 
^Briefen noch nicht ermähnt hatte, ben in feinem SJhtnbe befonberi 
ehrenooüen SBeinamen bei ih c °t° 9 en - 3 ) Sn 9tegeniburg aber 
mar ber junge Sranjofe, ber nidht einmal bei 2 )eutfcf)en mächtig 
mar, bodh ber ©egenftanb ber SBetounberung für bie Theologen, 
bett auch ^> er Sanbgraf oon Reffen gerne an feine Safe! 50 g. 4 ) 
Unter biefen Umftänben ift nidht baran ju jmeifeln, bafj audh bie 
granffurter Abgeorbneten fidh feinen tarnen ali ben einei äftannei 
einprägten, oon bem für bie ßufunft noch ©rofjei ju ermarten ftanb. 

SDafj er noch einmal mit ihnen felbft unb ihrer Stabt in 
nähere ^Berührung tommen mürbe, tonnten fie babei freilich nidht 
üorauifehen. Ali ei gefdhah, lag bie Urfache audh nidht an ihnen, 
fonbern an neuen fßerhältniffen, bie injmifdhen eingetreten maren. 


II. 

SDen nädhften Anlafj, in unmittelbare Söejiehung ju ben grant*' 
furtern ju treten, bot Saloin ber ißrojefj Seroeti im Sahte 1553. 5 ) 

*) AfS foldjer erfc^eint er uni bereits tn feinen granffurter Briefen 
an Sarel. 

2 ) Stampfdjulte, Sodann (Salbin I, 331. 

3 ) §enrt) I, 368. 

*) Am 9.3Bai. 33rief an Sarel Dom 11.Sftai 1541. Calv. Opp. XI, 216. 

3 ) Sßgl. für baS folgenbe Calv. Opp. VIII, 752. XIV, 599 f. SBeber 


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Die Riepbungen ©altobtS ju granffurt al 2R. 11 

Sin 93rief, ben ber Verleger oon SeroetS Christianismi 
Restitutio an einen 33udjfjänbler in Sljätillon getrieben hatte, 
war Saloin in bie $änbe gefallen. SluS it)m ergab fiel), baft öon 
ber taufenb Sjremplare untfaffenben Auflage beS SßerfeS; nicht nur 
ein namhafter Xeit nah Spon abgegangen war, fonbern baft auch 
auf ber SReffe in $ran!furt ein Sailen baoon abgefefct werben 
fotlte. 2)ie nähfte ÜDtaftregel, bie Saloin baraufhin ergriff, beftanb 
barin, baft er ben Veifenben beS SDrucferS, bem er baS ßeugnis 
eines frommen unb recf)tfdjaffenen 3JianneS auSftellte, nah granf* 
furt fhiefte mit bem Aufträge, bie Senbung p oerbrennen, bamit 
fie nicht ihren 2öeg in bie Öffentli<f>feit finbe. liefen Auftrag 
führte ber Vertreter ber ^irrna benn auch aus, fobalb er barauf 
aufmerffam gemalt worben war, baft baS Such nur einen un* 
geljeuren SBuft oon grrlehren enthalte. 

$)amit glaubte inbeffen Saloin noch nicht alles getan p 
haben, was ihm feine Pflicht in biefer wichtigen Sache gebot. 
Um ganj fidler p gehen, richtete er an bie gianffurter Pfarrer 
am 27. Stuguft einen ©rief, in welchem er fie über ben Stanb 
ber Sache unterrichtete unb fie um Vernichtung ber Schrift beS 
Spaniers bat. „Stellt Such nur", fo Ijeiftt eS in biefem ©riefe, 1 ) 
„ein Sammelfurium oor, pfammengeftücft aus ben gottlofen 
Söahnibeen aller ßeiten; benn feine Slrt ©ottlofigfeit gibts, bie 
biefe ©eftie nicht gleihfam aus ber £>öHe hetaufbefhworen hat. 
SS ift mir lieber, 3h r bilbet Suer Urteil aus ber Seftüre beS 
SBerfeS felbft. 5h r werbet fidjet auf jeber Seite etwas finben, 
waS Suer Sntfefjen wachruft ... Sure Pflicht ift eS nun, £u 
oerhüten, baft nicht fein unheilooUeS ©ift fi<h Weiter ausbreite... 
3)ie 2lrt beS Vorgehens wirb Such leiht fein; ift bie Sähe 
(nämlich bie Verbrennung ber Vüher) auf Suer Urteil f)in 
erlaubt, fo iftS nicht nötig, baft 3h r bie Obrigfeit erfuht, §anb 
anplegen. Obwohl ich ötm ®urer rehten ©efimtung fo überzeugt 
bin, baft eS genügte, Such nur auf bie Sähe aufmerffam p 

Dedjent, Ätrcbengefdjicbte üott granffurt a. 2Jt. feit ber ^Reformation. ßeipgig 
unb granffurt a. 2R. 1913, noch ©rabau, Das eb.*Iutb. Sßrebigermintfierium 
ber 6tabt granffurt a. 3R. granffurt a. 2R. unb ßeipgtg 1913, nehmen 
auf bie Slngelegenbeit Segug. 

l ) SRadj ber ttberfefcung üon ©djtoarjj 1,485 f. 


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Äarl S3auer, 


macpen, fo oerlangt eS bodp itjre Söidptigfeit, bajj iep Sucp im 
kanten Sprifti befepmöre, lafet bie ©elegenpeit nicpt borbeigepen, 
mit Sifer Surer ^ImtSpftid^t ju malten/' 

®ie Slntmort beS granffurter ißrebigerminifteriumS ift un£ 
nidpt erhalten. 233ir miffen aber, 1 ) bajj eS bem SReifenben beS 
Verlegers einen S3rief mitgab, in melcpem eS ©erbet als $eper 
berbammte. 

Sßieptiger als biefe ©teflungnapme ju bem Seftreiter ber 
XrinitätSlepre, bie mir bei ben granffurter Pfarrern ja niept 
anberS Ratten ermarten bürfen, ift uns ber ganje Vorgang für 
baS Urteil, baS man bamalS in ^ranffurt über Salbin patte. SS 
ift ju beamten, baff, als ber ^ßrojejj gegen ©erbet fepmebte, Söeftppal 
bereits feine Farrago beröffentlicpt tjatte, bie fiep in erfter Sinie 
gegen Salbin menbete, $ür biefen Angriff fanb ber Hamburger 
©uperintenbent in $ranffurt junäepft feine Unterftüpung. SCBaS 
moUte SalbinS Slbmeiepung bon ber Slbenbmaplslepre ßutperS gegen* 
über ben Säfternngen ©erbets bebeuten! ©egen ©erbet aber 
patte fiep ja Salbin fo entfepieben gemenbet, als eS überpaupt 
möglidp mar. 

Sn ber nädpften geit fonnte eS fogar ben Slnfcpein geminnen, 
als ob ^ranffurt ju ben ©täbten jäple, bie auf ber ©eite beS 
©enfer ^Reformators ftanben. 2)ie Haltung, melcpe ber 9?at ber 
©tabt ju ben 1554 unb 1555 entftepenben ^rembengemeinben 
einnapm, legte biefen ©ebanfen nape. 

III. 

ßunäepft freilidp panbelte eS fiep für Saloin nur um 5Be* 
jiepungen ju ben neuentftanbenen ©emeinben unb ipren rnafj* 
gebenben Sßerföntiepfeiten. 

Sin erfter ©teile ift pier ^ßouHain ju nennen, ber SBegrünbet 
ber peute noep beftepenben franjöfifep* reformierten, urfprünglidp 
mallonifepen ©emeinbe. 3)iefer nadp bem ßeugniS ber granffurter 
sßräbifanten „ein Sbelmann aus SRpffel, in ^lanbern gelegen" 2 ), 
mar unter bem Sinfluffe SutperS unb SöucerS ju ber ebangelifdpen 

!) Sßgl. Calv. Opp. XIV, 599 Sinnt. 1. 

*) %. 31. (= ftrcmff. 8leliflionS*§anblungen) II. S3eü. XIV § 1, 6.50. 


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■<®v 


©ie »egiefeungen (5albin8 gu ^ranffurt a. 3ft. 13 

©rfenntni« gelangt; am Anfänge feiner ^ranffurter ßeit tonnte t 
er bezeugen, er ^abe feine ganje Geologie au« ihren ©Triften 
gelernt. 1 ) ©eit 1543 begegnen mir if>m 2 ) im $aufe 23ucer« in 
©trafjburg ä 1$ 23ifar oon Saloin« Rachfolger an ber bortigen 
grembengemeinbe, fßierre örult). 2Bie er mit Galoin befannt 
gemorben ift, miffen mir niefit. dagegen genügt fdjon ein ©lief 
in ben $8riefmechfel, ben er mit ihm unterhielt, um un« $u jeigen, 
mit melcher Verehrung er ju bem älteren ^reunbe unb ßehrer 
emporblicfte. Äinbliche fßietät bejeugte er ihm unb erbat fich 
oon ihm oäterlidhe ßeitung. 3 ) Über alle«, ma« ihn befehäftigte, 
hielt er ben ©enfer Reformator auf bem Saufenben, über feine 
■ORiffion nach SBefel, mo er ©treitigfeiten über bie Slbenbmahl«- 
feier ju fdjlichten h°tte, 4 ) ebenfo, mie über bie literarifche Xätig= 
feit, ju ber er feine 9Rufje in 93ebburg benufcte, al« er eine 
©ehrift über ba« Slbenbmahl oerfafjte. 5 ) @r ift an ßaloin auch 
nicht irre gemorben, al« biefer mit ber ganjen 9Serftänbni«lofigfeit 
eine« Sunggefeüen in £)erjen«angelegenheiten ihm, ber al« 
unmillfommener freier um eine Sermanbte be« mit ßaloin 
befreunbeten $errn oon galai« marb, menig ©erechtigfeit miber* 
fahren lieh- 6 ) ©benfomenig brach er Rerbinbung mit ©enf 
ab, al« er nach @rlafe be« Interim« ©trafjburg oerlaffen muffte 
unb mit Söucer unb $agiu« nach ©nglanb flüchtete. 9Rit großer 
fjreube berichtete er Saloin oon bem blühenben ßeben ber fleinen 
maUonifchen ©emeinbe ju ©laftonburh, bie ihn 1551 ju ihrem 

*) @bba. @. 51. 

*) »gl. ben »riefmedjfel (Salbin8. @r regte barnal« an, DJtarot ober 
fonft jemanb möge bie feften liturgifdjen ©ejänge mie ba8 Agnus Dei für 
ben <8e6raucf)' ber ©trafeburger grembengemeinbe bearbeiten. Calv. Opp. 

XI, 713. 

3 ) Slttt 26. SJtai 1544. Caly. Opp. XI, 712: Jnvenies me semper 
filium. Oro, ut mihi pater esse velis. »ucer begeiebnet er hier al8 alterum 
meum parentem. 

4 ) Calv. Opp. XII, 214 sq. 

5 ) SBrief Dom 28. SKuguft 1546. Calv. Opp. XII, 376. ©ie 6<brift 
erfebien 1547 in Strafeburg unter bem Xitel: Traicte tres utile du S. 
Sacrament de la Cene. Avec response aux principaux arguraens des anciens 
& modernes contre ce S. Sacrament par Valerand Poullain. Jßgl. über 
fie %. Dt. II, 187. 

•) S3gl. bie »riefe bei ©<bmarg I, 269 f. 274. 275. 277. 


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Slarl Bauer, 


©uperintenbenten berufen hatte.») 2Bie -er auch t>ier beftrebt war, 
oon ©aloin ju lernen unb für beffen ßirchenorbnung ju werben, 
jeigt feine lateinifcfje Bearbeitung oon ©aloinS ©trapurger Ber» 
faffung unb ßiturgie, bje er am 19. gebruar 1551 bem ßönig 
wibmete unb jur (Sinfütjrung empfahl. 2 ) Sbenfo richtete' er fidfj 
nach bem SUiufter GaloinS mit ber ©emeinbe* unb ©otteSbienft* 
orbnung famt ©laubenSbefenntniS, bie er für feine ©enternde 1552 
in Sonbon brucfen lieft, unb bie bann mit geringfügigen Anbetungen 
auch nach ber Überfiebelung nach ^ranffurt beibefjalten würben, 
wo fie pute nodj im ©ebrauche ber fransöfifdjen ©emeinbe finb. 3 ) 

Galoin feinerfeits §at ben jungen SöaHonen im Sluge bemalten 
unb gewußt, baft baS Temperament biefeS geuergeifteS — gelegene 
lieh jjat er iljn als einen ^i^fopf (brouillon) bezeichnet 4 ) — 
bisweilen ber ßügetung bebürfte, namentlich feitbem itjm feine 
$rau mehr begütigenb unb mäftigenb jur ©eite ftanb. 8 ) Ähnlich 
wie ßaloin h ot ÜUtyconiuS über ^ßoullain geurteilt, als er fidh 
bahin äußerte, er möchte fein (Steift fein, wenn eS notwenbig jum 
©harafto eines &f)riften gehöre, fo ftürmifdh unb unruhig zu fein 
wie BaleranbuS. 6 ) Taft übrigens auch Boullain felber bie 
©efapen feines Temperamentes fannte unb unermüblidh gegen 
fie anfämpfte, h a * ih m 0 ßaSco bezeugt, als nachmals in ber 
^ranffurter SBaUonengemeinbe nicht ohne ißouüainS ©dhulb 
ärgerliche ©treitigfeiten auSgebrochen waren. 7 ) 

*) Sörief bont 28. 2)?ai 1553. Calv. Opp. XIV, ©. 537: Ecclesiola 
ist» in magna patientia retinet hactenus fidem et timorem Christi cou- 
stantissime. 

*) ©brarb @. 34. 

*) ©brarb ©. 37. Sgl. 55 ff. 

*) Calv. Opp. XII, 523. 

5 ) Sbre ©rüfee finb jum lefcten 2Me ermahnt in bem Söricf Dom 
16. Suli 1556. Calv. Opp. XVI, 234. $urd) fie mar er mit bem fpanifdjen 
Bibeliiberfefcer ^ranceSco be (Sngina berfdjtoSgert. 2)alttm, 3oh. a ßaSco, 
6. 326. 

6 ) SBrief SrntjanberS (ftranceSco be ©nginaS) an BuUinger bom 
8. 2Jtai 1547. Calv. Opp. XE, 519. 

7 ) 3n einem Briefe, ben er mitten auS ben granffurter SBirren 
berauS am 18. 2)eg. 1555 an (Salbiri richtete ($. 9t. II. Beil. 57, ©. 438), 
berficherte er: Illud unum scio et testari etiam vere possum, Valerandum 
graviter secum ipsum colluctatum esse et indies colluctari, ut se ipsum 


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©ie Segiehungen SaltimS gu ftranffurt a. SW. 15 

^ouflatn ^atte nach bem frühen Stöbe ©bmarbS VI. mit 
feinet ©laftonburger SßaHonengemeinbe ©nglanb oertaffen unb 
bat am 15. 3Jtärj 1554 ben $ranffurter Sftat für fid^ unb feine 
Dierunbjtoanjig Vurfatmeber (^ofamentierer) um Sttufnahnte in 
bie ©tabt unb um bie (Erlaubnis eigener ©otteSbienfte. SluS* 
brüctlid) |ie^ es in bem ©efudfje, bafj bie Flüchtlinge beSfelben 
©taubenS feien mie bie ^ranffurter, maS auch trofj aller fpäteren 
2lnjmeifelungen ganz richtig mar, ba man beiberfeitS auf bem 
©oben ber Vucetfdhen VermittelungStheofogie ftanb. 1 ) Stm 18.9J?ärj 
mürbe bem ©efucf) entfproben. ©ie ^ re mben mürben in bem 
tarnen ©otteS aufgenommen. SRafcf) erhielten fie ßujug üon 
aufjen. Sßic&t nur Söaüonen fanben ficf) ein. Sludj ©nglänber 
unb Vtaemen folgten nach unb grünbeten gleichfalls eigene ©e* 
meinben. 

SllS ßaloin oon biefen ©emeinbegrünbungen erfuhr, richtete 
er ein herzliches ©lüctmunfchfchreiben an ^ouDain, mobei er jeboch 
nicht unterliefe, ihm einen feelforgerlidfjen SBinf für feine Seitung 
ber ©emeinbe ju erteilen: „©afe ©u nach lungern, fernerem ©türm 
enbUcfj in einen §afen gefommen bift, m.o ©u bocf) mieber 9Jlut 
faffen barfft, freut mich- ©afe ©u bort aber auch eine Stellung 
gefunben, in ber ©u ©ich nü|lidh machen unb ©i<h ber Keinen 
#erbe mibmen fannft, bie burdj ©eine eifrige SBirffamleit 
gefammelt morben ift, baju münfche ich riic^t nur ©ir perfönlidf), 
fonbern auch °ielen frommen Vrübern, bie baoon 9?ufeen haben 
merben, ©tücf. @S ift ein trauriges, fläglicheS ©cfeaufpiet, biefe 
jerftreuten ©emeinben ju fehen, mie ©lieber eines in ©tücfe 
geriffenen SeibeS. Stber mie, menn biefe $erftreuung uns baran 
erinnert, baff bie $eit nahe ift, in ber ber $err feine Äinber 
fammeln mirb in ben fpimmel, bie jefct auf ©rben !aum einen 
Ort finben für ihre Verbannung ? Snbeffen gemöhnen fich bie 


yincat. Quod equidem certaminis genus, ut est omnium longe 
pulcherrimum, ita etiam omnium difficillimum esse, fateamur necesse 
est, quicunque in Domino indies magis ac magis renovari ex animo 
optamus. 

*) ©en ÜRadjtoeiS hierfür gebenfe ich in meinem Suche über ben 
„SefenntniSfianb ber @tabt grantfurt a. 50t. im 3eitalter ber ^Reformation" 
ju erbringen. 


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ftdrl Söauer, * 

oertriebenen Vrüber, bie Sßilger waren an Seib unb ©eele, an 
bie lefcte SBanberung. $amit fie ftd^ nun in ihrem unfidhern 
SCftjl ruhig »erhalten, mujjt 2)u ihnen bag SBeifpiet befcheibener 
9Wäfiigung geben." 1 ) 

IY. 

Snbeffen (Salöin war eine nie! ju fachliche Statur, alg bafj 
er fid) auf ben Slugbrucf perfönlicf)er Slnteilnahme hätte befchränfen 
fönnen. S)er oberfte ©efichtgpunft, non bent er fiel) in aflem 
leiten lieft, war bie SBaljrljeit bei? (Sbangeliumg. Unb fo war 
jefct auch wieber bag für iljn bie Hauptfrage: 2Ba§ bebeutet bie 
§lufnaf)me ber (Sjulanten für bie eoattgelifche ©a<he? 

gür bie eöangelifdje ©acfje, wie er fie oerftanb, war gerabe 
barnalg eine fritifc^e $eit angebrochen. 2)em fräftigen, unauf* 
haltfamen Vorbringen feineg Uniongproteftantigmug im norb= 
weftlichen ©uropa war eben jefct unter ben Nachfolgern Sutljerg 
entfcljloffener 2Biberftanb entgegengefe^t worben. SDie Veranlaffung 
baju war — wag man aug ber Literatur über biefen ©treit 
nicht erfahren !ann — non Antwerpen auggegangen, unb $um 
Vorfämpfer war in erfter Neifje (Sragmug Silber, ber bem Ver= 
nehmen nach ohnebieg gerabe eine ©chrift contra furores Zwinglii 
et Calvini unter ber geber hotte, neben ihm auch H am burger 
©uperintenbent Joachim Sßeftphal augerfehen. 2Bir wiffen bag 
je|t aug einem ung zugänglich geworbenen Vriefe, ben Sllejanber 
Vrudhfal in Slntwerpen am 10. Sluguft 1552 an SBeftphal 
richtete, 2 ) unb in bem er bag ©ignal jum Äampf gegen ben 
©aloinigmug gab. Sn bewegten 28orten fchilberte Vruchfal bie 
^ortfchritte ber ©alramentierer in (Snglanb, ^ranfreich unb ben 

*) ©cbwarj II, 30. 

2 ) ©tHent, SBrieffammluttg be8 ^amburgifcbert ©upermtettbenten 
Soacbtm Sßeftppal. 1,127 f. Über »ruc&fal ögl. ebba, @.125f. »ruc&fal 
flagte: Domine, vix crederes, quantnm hic et in Anglia et in his 
regionibus circumjacentibus item in Francia augmentum sumat et 
crescat secta haec sacramentariorum, quae et maxima ex parte habet 
Calvinum patronum vel architectum suae sectae. Quare veilem et 
obnixe oro te, D. Joh. Aepinum, item Mat. Flac. Illiricnm, ut Calvino, 
item omnibus et singulis argumentis Johannis a Lasco, item horum 
scriptorum, quae ad te mitto, respondeatis publico scripto in lingua latina 
et deleatis omnia argumenta et objecta illorum. 


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I 


Die Regierungen ©albinS gu granffurt a. 21t. 17 

umliegenben ©cbietcn unb befchmor 2Öeftpb>aI, zufammen mit $pinuS 
unb glaciuS ben Äarnpf aufzunehmen. 5HS Material foUten 
aufjer einigen ©Triften, bie ©ruchfal beitegte, 1 ) befonber» bienen 
ber ßüricher SSergteid^ non 1549, bie Tractatio 2 ) q SaScoS öon 
1552 unb bie Ojforber Disputation oon 1549. 3 ) Die Daupt* 
grünbe biefer ©Triften mären um ber Einfältigen mitten ju 
mibertegen. Damit fei bem |>errn StjriftuS ein großer ©efatten 
ermiefen, unb Diele mürben aus beS DeufetS fRachen geriffen. 

Stuf mie fruchtbaren ©oben bie Anregung ©rudjfalS bei 
Söeftphal fiel, ift befannt. Der ehrgeizige ©uperintenbent mottte 
aber benIRuhm, bie Äirche gerettet ju haben, mit feinem jmeiten 
teilen. Da er fich jebocf) ber Aufgabe, feine ©egner ju mibertegen, 
nicht recht gemachten fühlte, fo üereinfadjte er ficf) feine Slrbeit, 
inbem er fich barauf befchränfte, anfzujählen, in melden ©tücfen 
ber Sehre oom f)l< Slbenbmahl bie ©aframentierer oon Earlftabt 
an bis auf a SaSco falfdj lehrten, ©o erfdjien im Sahre 1552 

- i 

l ) (SS toaren: 1. ©ine in ©nglanb.gebrucfte ©djrift beS( Rfarrer» 
ber blaemifcben ©emeiitbe in'Bonbon, Martin 2Jttcron, bie Rrudjfal in8 
ßateinifdje überfe^t batte. 2. Die ©djrift eines in Slntmerpen im Dftober 
1551 berbrannten ©aframentierer», bie er gleichfalls in» £ateinifd)e über* 
tragen batte. 3. ©in Rrief eine» frommen 2Jtanne» in Slntioerpen i an 
©raSrnu» Silber. 4. 2lu»gfige au» Rüdjern ©albin», Rußinger» unb 
a 2a»coS, bie bemeifen foßten, aud) ©albin fei ein berfappter ©aframentierer. 

*) Brevis et dilncida de Sacramentis Ecclesiae Christi tractati'o. 
A. Kuyper, Joannis a Lasco \ Opera I, 97. Rgl. ftruSfe, 3ob- a £a»co 
unb ber ©aframentSftreit. Beipgig 1901, ©.71. §ein, Die ©aframent»* 
lehre ,be» So^. a £a»co. Rerlin 1904, @. 102 ff. 

*) Slujser ben bon ©. ©djmibt, Reter 2Jtartpr Rermigli, ©Iberfelb 
1858, @. 105 Slum, bergeiebneten Druden beranftaltete auch Roußain eine 
lateinifebe SluSgabe. Rgl. Retri Datbeni ©rgebtung. 1. ©apitel. § IX: 
ft.R. II. Reil. 16, ©.132. Valerandi Pollaui Antidotus. %. 91. II. Reil. 18, 
©. 224. Ex his veilem, fuhr Rrudjfal bann fort, nt colligeretis omnia 
argumenta et objecta, quae videntur responsione propter simplices 
necessaria, et his plane respondete et solvite; indies ducendo lineam, 
absolvetis opns, indies unum argumentum solvendo, facile ad finem 
venietis. Vellern, ut mutuam operam huc copferre velletis, et hoc propter 
Christum Jesum, dominum nostrum, cui (incredibile est) quantum bene- 
ficium praestabitis et multos sic ex diaboli faucibus eripietis. Dominus 
bene fortunet opns vestrum et det vobis gratiam et sapientiam, cui 
omnes adversarii non possint resistere. Amen. 

Sd)r. SB. f. SR. 38 . 2 


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18 


Starl Sauer, 


/ 


ju ßRagbeburg feine Farrago confusanearum et inter se 
dissidentium Opinionum de Coena Domini, ex sacramentariorum 
libris congesta. (Sine tabeßarifdje Überfielt über bie oerfdjiebeneit 
(Srflärungen ber (Sinfe|ungSworte bei ben Saframentierern bitbete 
ben Anljang. ÜRidfjt weniger als adfjtunbjwanjig öerfdjiebene Aus¬ 
legungen ber (SinfefcungSWorte Wüßte er bei ben Saframentierern 
gefunben tjaben, — ein Ergebnis, ju Wettern er freilich nur fjatte 
tommen fönnen, inbem er ©leidjbebeutenbeS unb ßufammen» 
gehöriges gewattfam auSeinanberrifj unb als oerfdjiebenattig f)in= 
fteflte. 

S)er (Streit, Wetter mit biefer Sdjrift einfefcte, griff batb 
aud) auf granffurt über. Snt Satjre 1555 fanb eS SBeftptjat 
ängemeffen, im §inblid auf bie injwijctjen entftanbenen ^rernben* 
gemeinben ben ffSräbifanten ber Stabt eS als if)re $ßflid)t einju= 
fdtjärfen, bab fie fid^ ben reifjenben Sßölfen, bie fidj unter ifjre 
£erbe einfdjleidfjen Wüßten, mit afler 3Ra<f)t wiberfe|ten. J ) (Sbenfo 
wanbte er fid) bann aud) an ben fRat ber Stabt, inbem er it)tn 
feine Schrift gegen (Saloitr wibmete unb in ber it)r oorauS* 
gefdt)idten epistola dedicatoria baS Xtjerna weiter auSfüljrte, baS 
er am Sdtßuffe feiner Farrago mit ben ätöorten angefd)lagen 
Ijatte: bie Säfterungen ber Saframentierer würben beffer mit beut 
ßepter ber Dbrigfeit, als mit ber $eber gurüdgewfefen. 2 ) (Sr 
belehrte bie Herren auf bem fRömer über baS ißerbienft, baS er 
fid^ mit feiner Schrift audf) um iljre Stabt erworben fjabe, inbem 
er it)nen ju erwägen gab: „So jemanb ber Obrigfeit anjeigte, ,eS 
wären Brenner in ber Stabt ober Vergiftet, >fo SBaffer unb SBeibe 
oerunreinigten, aufier ber Stabt aber SRäuber *unb 9Rörber, ber 
täte ein löblidjeS SEBerf unb oerbiente wot)I wegen feiner Etreue 
ein löbliches 5£rin?gelb. AIS oertjoffe idj bemnaef), eS fei lobenswert^ 
bafj bie üon mir angejeigt worben, bie ein oiel ärgeres geuer 
unb fdjäblidjeren Söranb anfteden, mit ©ift bie Brunnen unb 
tjeilfame SBeibe ber gefunben Setjre oerberben, rauben unb fte^ten 
uns baS SEBort ©otteS, bie ewigen ©üter unb oerberben bie Seelen. 

*) ^lancf, ©efebiebie ber ©utftebung, ber SBeränberungen utib ber 
Stlbung unfereS Orot. SebrbegrtffS V, 2, ©. 69. 

2 ) ©benba €>. 29, Aitm. 46: quod blasphemiae Sacramentariorum 
dignae potius sint, ut sceptro Magistratus, quam calamo refutentur. 


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®ie iöeäietyungen Kolbing 311 $ranffurt a. 9 ) 2 . 

SDarum werben fie oor bern §errn ß^rifto geftraft, baff fie SDiebe 
finb unb Sföörber. 9luS Slntrieb beS ^eiligen (Seiftet h°t biefen 
fftat ber SÄann ©otteS, SutheruS, gegeben, baß man bie ©afra*, 
mentierer rneiben unb au§ ber bürgerlichen ©erneinfehaft fte 
oerjagen foüte ." l ) 

©aloin wujste lein beffereS üftittel, *um biefen ©treid) feines 
©egnerS ju parieren, als bafj auch er ftd) mit einer SBibntung 
an ben ^ranlfurter 9tat wanbte. Slber er tat baS auf eine ojel 
üornehntere Slrt als SBeftptjal. Reicht feine nächfte «Schrift gegen 
ben Hamburger ©iferer bebijierte er bent 9tate, foribern eine grofje 
ejegetifdhe Arbeit. ©cf|on öfters unb nicht ohne ©rfolg hotte er 
biefen Sßeg betreten, um feinen $lnfdj)auungen in einem Sanbe 
Eingang ju oerfc^affen. So war er an ben $erjog ßljriftoph 
non SBürttemberg, an ben Sorbproteftor ©omerfet, an ben jungen 
Äönig ©bwarb VI. non ©nglanb, an ben ‘•ßolentönig ©igiSmunb 
Sluguft unb an ben ßönig unb ben Äronprinjen non 3)änemarf mit 
ber Auslegung biblifdher Sücher herangetreten. 2 ) 3e|t überfanbte 
er bem iftate ju ^ranffuft feine ©oangetienharmonie. 3 ) 2luS 
biefem SBerle mochten fid) bie Herren felber MUrteil bilben, ob 
er ber Srrgeift unb Verführer fei, als ben ihn SBeftphal hotte 
branbmarten wollen. SEBie fie ihn richtig ju beurteilen hotten, 
beutete er ihnen noch befonberS an, inbem er am ©djluffe ber 
(Einleitung fich auSbrüdlich auf bie iheologifdje Autorität ber 
granlfurter, ben injwifchen oerftorbenen 23ucer, berief. 4 ) begleitet 

*) Si quis iüdicaret Magistrate esse incendiarios in urbe, veneficos, 
qui inficerent fontes et pascua, extra urbem raptores et latrones, gratam 
rem faceret et acciperet graemia suae fidelitatis. Spero etiam haud 
ingratum futurum, quod a me indicantur, qui incendia multo nocentiora 
astruunt et veneticiis inficiunt fontes ac pabula doctrinae salutaris, verbum 
Dei et aeterna bona sulfurantur et aniinos interimunt ideoque a Christo 
Domino arguuntur, quod sint fnraces et latrones. Ex spiritu Dei dedit 
oonsilium yir Dei D. Lutherus, fugiendos et ex coetu civium relegandos 
esse Sacramentarios. gittert Don ©ouHain in feinem Antidotus (1557). 
fj. 9t. II, ©eil. 18, ©. 246 unb 249. ©gl. föeppe, ©efdjictyte beS beutfdjen 
©roteftantiSmuS in ben Satyren 1555—1581. 1,121. 

*) 81. Sang, SotyanneS (Salbin. Seipgig 1909, ©. 184. 

3 ) Commentarius in Jlarmoniam Evangelicam. Calv. Opp. XLV. 

4 ) Ibid. 4: Bucerum praesertim sanctae memoriae yirum et 
eximium ecclesiae Dei doctorem sum imitatus. Über feine Slbtoeidjungen 

' 2 *' 


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20 


ftarl Sauer, 


war bie Senbung bon einem SBibmungSbriefe, J ) ber ein charafte* 
riftifcheS 35en!moI ber biplomatifchen Äunft feines SßerfafferS ift. 
SBejc ben eigentlichen Slnlafj feiner SBibnrung nicht müfjte, mürbe 
ihn aus bem Schreiben felbft faum erraten. Salbin fpradf bor 
allem feine Slnertennung aus für bie mannhafte Haltung, bie bie 
Stabt in ber ßeit beS Interims — allerbingS mehr aus Sßerbienft 
ihrer ^räbilanten atS beS 9tateS 2 ) — beobachtet ^attc. 9htr biefe 
eine SEugenb motte er je|t loben, bie ihn unb manche anberen 
Wiener (S^rifti mie mit einem heiligen Vanbe mit ben granffurtero 
berfnüpft höbe. 3 ) Sfticht minber fprach er ihnen feine fffreube 
barüber aus, baff man bie Riefte ber bermüfteten $ir<he in $ranf= 
furt fammele. 4 ) @r ftettte fie bafür in eine ttteihe mit gürief), 
mo man bie Verbannten bon Socamo auch nicht nur aufgenommen, 
fonbern fogar in ben Vefip einer Äirdje gefegt hotte, — ein Ver* 
gleich, ber in ben klugen SBeftp^atS freilich nichts meniger als 
ehrenbott für fjrantfurt fein tonnte, ©anj perfönlich, fo fuhr 
Salbin bann fort, fühle er fid) ben $rantfurtern für baS ber* 
pflichtet, maS fie an feinen SanbSleüten getan hotten, unb als 
geichen feiner $)anfbarfeit roibme er bem tttate feine ^oangelien* 


beruhigte er fie ’ Sicubi autem ab eo dissentio (quod mihi libere, quoties 
necesse erat, permisi), ne ipse quidem, si superstes ageret in terra, 
moleste ferret. 23gl. SH. ßang, 3 )er ©bangelienfomtnentar ÜJlartin SugerS 
unb bie ©runbjüge feiner Rheologie, ©. 9. 

0 23om 1. Sluguft 1555. Calv. Opp. XV, 710. ©leidjgeitig fchrieb 
(Jalbin auch an Sogann bon ©lauburg Opp. XV, 717 f. unb — 3 um erften 
3JtaIe — an beffen Neffen Stbolf bon ©lauburg Opp. XV, 716 f. 

2 ) 23gl. barüber «Steig, Jpartmann Seher, ©.25 ff. 

8 ) Magnum illud fuit, quod ante quinquennium, horribili terrore 
passim omnibns iniecto, quum et Germanicis ecclesiis miseram dissipationem 
et evangelio interitum prope minitaretur accepta clades, vos ad primos 
quosque telorum iactus expositi in libera ftdei confessione tune valde 
odiosa firmi stetistis ac constanter retinuistis, quam eratis amplexi 
sinceram pietatis doctrinam: ut facile constaret, vobis inter summas 
curas et discrimina nihil pluris esse quam militare sub Christi Vexillo. 

4 ) Non parum mihi attulit solatii, quum audirem, pios Dei cultores, 
qui ex Anglia profugi et aliis partibus advenerant, istic benigne fuisse 
hospitio exceptos: neque modo tristi eorum exsilio portum esse datum, 
sed iustum quoque honorem filio Dei fuisse habitum, ut in urbe vestra 
eius evangelium linguis exteris personet. 


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Sie löegiebungen (SalbinS gu ftratiffurt a. SÄ. 21 

Harmonie. £)a$ Urteil über biefeS SBer! überlaffe er anberen. 
©on ben feinfinntgen (gelehrten, bie er als Sefer im Sluge hotte, 
unterf^ieb er bie Darren unb ©öfemichte, bei bereit ©efläff er 
ftch nicht aufhalten mollte. >) S)aS mar, auch ohne Preisgabe ber 
tarnen, beutlidh genug öon SBeftphal, feinen Stuftraggebern unb 
feinen ©efolgSleuten gerebet. 

3Rit ber Stufnahme non ©udf unb ©rief fonnte Saloin ju= 
frieben fein. £)er 0tat ermieS fich ihm burdf) eine ©penbe üon 
oierjig ©olbgulben erfenntlidfj unb fpraef) ihm aufjerbem in einem 
befonberen ©Treiben feine 2)anlbar!eit aus. 2 ) $)iefeS Schreiben 
befi|en mir nicf)t mehr. dagegen hat ber fjßrebiger ©t. Stnbre, 
ber baS ©efdjen! GatbinS nach fjranffurt befprgt batte, in einem 
uns erhaltenen ©rief nicht genug rühmen lönnen, mie freunblicf) 
baS ©udh aufgenommen morben fei. 3 ) £)rei Sage nach ber Über* 
gäbe fpraef) in Stnfoefenfjeit beS ©ürgermeifterS unb bor fecfjS 
ÜtatSherren ein Softor 4 ) ben San! beS SftateS aus unb über* 


*) Ingenuos, doctos et cordatos lectores intelligo, quos nec barbarus 
discendi pudor a studio profectus impedit et communis utilitas delectat. 
Nam peryersos malignosque nebulones (non modo cucullatos monachos 
dico, qui pro tuenda papae tyrannide bellum palam nobiscum gerunt, 
sed degeneres fucos, qui nobis permisti, dum tegendae suae ignorantiae 
latebras captant, omnem veilent doctriuae lucem exstinctam) nihil moror. 
Quantumvis enim proterve me allatrent, in promptu semper erit exceptio, 
me eorum censurae neque divino neque humano iure esse obnoxium, 
qui non minus propter foedissimam inscitiam ferula, quam propter 
obstinatam malitiae et impudentiae duritiem flagello digni sunt. 

*) Sa8 SSürgernteifierbucb bom 12. September 1555 enthält barüber 
bic'ÜJtotig: „Sem §errn (Salbtno foll man für bie bebiciert §armon. 
40 ©olbgulben bereljren unb baneben fd&retben." Sögl. SÖeffer, 3eitfdjr. f. 
Äircbengefd). XXVI, 405, Sinnt. 2. Ser Überbringer bc8 SBerfe8, ©t. Stnbrö, 
erhielt aufeerbem 6 Saler. 

*) Magnas, melbete @t. Stnbre barüber Kalo in, imo immensas gratias 
agit pro munere tarn eximio, tarn docto ac sancto, idque nomine senatus, 
qui te ut fidel em Christi servum ac eximium ecclesiae doctorem amplec- 
tatur. In multas laudes humanissimasque gratias protracta est oratio. 
Sie (Babe foUte fein (Entgelt für bie ßeiftung (SalbinS fein, er möge fie 
freunblidj annebmen pro propensione animomm eorum, qui tibi offerebant, 
quos habjturus esses .perpetuo tibi paratissimos. SBrief an (Salbin bom 
14. ©ept. 1555. Calv. Opp. XV, 765 f. 

4 ) SJermutlitb D. (Sonrab ^umbracht. 


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22 


Starl Sauer, 

» 

reichte bann baS ©prengefcpent. SluSbrüctliep würbe babei ©alöin 
als ein treuer Wiener ©prifti unb peröorragenber ßeprer ber 
^ircf>e bejeicpnet. 3lm ©dpluffe ber $eier üerabfcpiebete man fiep 
auf ba§ perslicpfte öoneinanber. 

Y. 

3e freunblidper biefer SluStaufcp ber (gaben war, befto mepr 
fann e§ überrafdpen, bafj ©alöin fiep big jum 29. gebritar 1556 
ßeit napm, um bem 0tate ju banfen, unb bafj er feinen 2)an! 
bann in einer SBeife abftattete, bie weniger ben pöftkpen granjofen 
erfennen läßt, ber bie $orm nicpt üerlept, als ben „Temperamente 
tpeologen", als welchen ipn ©pittler*) einmal niept übel bejeicpnet 
pat. Tie ©rtlärung paben wir in ben ©reigniffen gu fudpen, bie 
in bie ßwifcpenjeit fallen. ' 

©inmal nämlicp macpte fidp ber ©influfj ber SCBeftppalfcpen 
Greife fe|t audp in ber Haltung ber granffurter Sßräbifanten ben 
gremben gegenüber bemerllicp. 51ug bemfelben Antwerpen, aus 
bem SSeftppal bie Anregung ju feiner Farrago empfangen, war 
ißouflain bereits wäprenb feiner Üteife nacp granffurt bie 
Tenunjiation üorauSgeeilt, er woüe pier für feine Srrlepre (Doctrina 
erronea) Sßropaganba machen. 2 ) Stirer baraufpin bie Siturgie 
unb baS ©laubenSbefenntniS feiner ©emeinbe im TrueE patte 
auSgepen laffen, um fidp bon jebern Söerbaept ju reinigen, lieb fiep 
^artmann Seper bon SRicolauS ©all in ÜtegenSburg befdpeinigen, 
biefe ßiturgie riedpe ftarf uadp ßwinglianiSmuS, unb er müffe fiep 
wunbern, bab man fie, wie in ber SBorrebe ftepe, in ^ranffurt 
gebilligt pabe. 3 ) 55er Söucpbruefer ^ßeter Srubadp aber, ber biefe 
Urfunben ber ^fretnben auf 23efepl beS fRateS patte brudEen müffen, 
fanb fidp neranlafjt, Söeftppat über bie granffurter SSerpältniffe 
auf bem Saufenben ju palten, bereits im Ütuguft 1555 patten 
bie ^rernben Urfadpe, fiep bei bem fftate über bie Äanjelpolemi! 
ju befdpweren, bie bie ©tabtgeiftliepfeit gegen fie eröffnet patte. 4 ) 

*) 2. X. Spittler, ©rmtbrifc ber ©efdjidjte ber cpriftl. ftirdje. 4. Stuft. 
(1806), ©. 397. 

*) %■ 91. II, 188. 

3 ) SBrtef ©aQS an Seper Dom 19.2Jlarg 1555. Srieffamntlung tpart* 
ntatm SeperS auf ber Sfranffurter Stabtbibliotpef. M. S. III, 21. 

*) fr 91. I, Seil. 8, ©. 12 ff. 


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-£ic »cgiepuugm (5alüinSgu $ranffurt a. »t. 23 

$)iefe iprerfeits äußerte in einem ©Treiben an ben 9tat oorn 
5. September 1555 ßroeifel, ob bie ^remben bie Sluguftana mirf* 
lidp angenommen patten unb pielten unb fie nidpt oieimepr nacp 
iprer eigenen Opinion ftatt nadp ber Apologie auslegten. 1 ) 9Sier= 
jepit Xage fpäter mar bann 3opanneS ÜUtarbacp in ©trafcburg jo 
gefällig, jeinen $ranffurter Kollegen baS Sftejept ju fdpicfen, mie 
man in jeiner ©tabt mit ben ^remben fertig gemorben jei. 2 ) 2lm 
29. Oftober fcpienen bann bem ^ranffurter ■äftinifterium bie 3lb» 
meicpungen ber $remben in Sepre nnb Zeremonien jcpon jo grofj 
ju jein, bajj jie ben 9tat aufjorberten, er jofle fiep an ©änemarf 
unb ben ©eeftäbten ein gutes 93eijpiel nepmen, bie um iprer 9tecpt= 
gläubigfeit mitten bieje ^rernben mit aller ©trenge abgemiejen 
patten. 3 ) 3)er ©tanb ber Unjcpulb, in meinem bie ^räbifanten 
ber ©tabt in bogmatijepen Gingen jo lange bapin gelebt patten, 
mar unmiberrufliep bapin. 4 ) 

©in grelles ©cplaglicpt fiel auf bieje SBenbung ber 2)inge 
bei bem Sobe beS jungen Slbolf oon ©tauburg. 5 ) $>iefer, ein 93er= 
treter ber ©aloinifdpen t 2lbenbmaplSlepre, ber ^oullain in ber erften 
ßeit mertootle ®tenfte geleiftet patte, mar gerabe fdpmer erfranft, 
als bie ©oangelienparmonie SaloinS eintraf, unb naep menigen 
SBocpen erlag er jeiner Äranfpeit, nodp nidpt jmeiunbbreifeig Sapre 
alt. 3c tiefer 3opann oon ©lauburg burdp biejen friipen £ob 
feines Neffen erjepiittert mar, ben er mie feinen eigenen ©opn 
liebte, befto mepr mufjte es ipn oerlepen, als ^artmann 93eper 

*) %. SU. I, »eil. 3, e. 4 ff. 

3 ) »rief »larbacpg an »eper oont 18. ©ept. 1555. Calv. Opp. 
XV, 767—769. hieraus erflärt eS fiep, bajj bie ßeibenSgefdjitpte ber 
granffurter ©emeinben einen fo äpnlicpen »erlauf genommen pat mie bie 
ber ©trajjburger ©emehtbe. »gl. ©brarb 6. 78, 2lnm. 2. 

») 5R. I, »eil. 5, ©. 7 ff. 

4 ) @ie paben in iprem „©egenberiept" (%. SU. II, »eil. 14, ©.47 ff.) 
felber befannt, fie pätten feine Slpnuttg baDon gepabi, bafc in ©nglanb 
„ber gminglifcpen Srrtpumb offeutlicp gelert unb getrieben morben" (§ 3), 
unb bafc fie aus ben ©epriften »ouHainS, menn fie fie gelefen pätten, 
fcpmerlicp gemerft paben mfirben^baf* ber »erfaffer ein gminglianer fei, 
„fonberlidö biemeil mir gur felbigen 3eit Per nemen gminglianer ßift unb 
»racticfen noep menig erfaren, unb alfo jnen Diel gu einfeltig gemefen" 
(§ 14). 

*) »gl. ©teip, §artmann »eper, ©. 117 ff. 


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24 


$?ntl 33oucr, 


bei bem ©egräbniS gegen ©nbe feiner ©rabrebe bie ©afttofigleit 
Ibeging ju fagen: ®ott rufe junge Seute, bie in ber ©lüte iprer 
3topre fielen, pauptfäcplicp um besmillen aus biefem Seben ab, 
bamit fie nidpt bei längerer ©auer ipreS SebenS auf grrlepren 
unb Äepereten oerftelen. ©ie ganje ©rregung über biefe ©nt* 
gleifung beS lutperifdpen ßeloten jittert noep in bem ^Briefe nadp, 
ben ^o^ann t»on ©fauburg am 1. ©ejember 1555 an ßaloin 
fdprieb, um ipm für bie ©oangelienparmonie ju banfen, oon ber 
auep er .ein ©jemplar erhalten patte, unb um jugleidp feiner perj* 
tiepen greube barüber SluSbrucf ju oerleipen, bafj jene innige 
greunbfcpaft, bie fie auf bem Steicpstage $u SlugSburg 1541 in 
ber Verberge ber ©trafjburger ©efanbten gefdploffen unb gepflegt 
Ratten, über ben Slngelegenpeiten ber gremben fiep jept erneuere. 1 ) 

©ie Stntmort, bie ßaloin am 25. gebruar auf biefen SBrief 
gab, 2 ) pat ©lauburg fepr moplgetan. 3 ) Sßenn ipm audp, fo 
begann ßafoin, ber ©rief feines grantfutter greunbeS ben «Scpmerj 
erneuert pabe über ben ©ob eines fo guten unb auSgejeidpneten 
ÜDtomneS, fo fei er ipm boep jugteiep audp überaus angenepm 
gemefen, weil ipm aus jeber ßeile eine feltene Siebe entgegemoepe. 
©ann füprte er aus, toaS ©eper in feiner ©rabrebe pätte fagen 
fönnen: „©ntriffen ift uns ©ein Stoffe worben, wenn mir naep 
unfereS §erjenS ©egepren urteilen bürfen, oiel ju früp, bodp ba 
man bei ©otteS SöiHen bleiben muff, (fo fagen mir:) nadpbem er 
bie ipm juerfannte SebenSbapn burdpmeffen, ift er ju feiner $eit 
aufgenommen morben ins felige Ouartier, mo er jept in s Jtupe 
auf uns märtet. ©Senn nun biefer ©uer ©räbifant einen ©ejt 
aus bem ©udpe SefuS ©iradp napm 4 ) unb auf ©einen Steffen 
fo anmanbte, er fei oon ©ott pinmeggenommen morben, bamit 
fein £erj niept böfer merbe, fo mufj idp gemifj jugeben, bafj 
©ott aufs befte für baS Sßopl berer forgt, bie er aus all bem 
©Öfen, baS peutjutage überall in ber SCßelt perrfdpt, perauSpolt; 

o Calv. Opp. XV, 871 ff. 

2 ) Calv. Opp. XVI, 48 ff. ©djttmra II, 134. 

8 ) SBrief ©lauburgS an Gatbin Dom 3. Slpril 1556. Calv. Opp. 
XVI, 95. 

4 ) Johann oon ©lauburg patte (Salbin Slap. 38 angegeben, ©ernetnt 
waren {ebenfalls bie SSerfe 16—24. 


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®te aSejie^ungen (Salbittg ju gronffurt a. Wl. 25 

ober wag deinem SBerwanbten jurn f)ödt)ften £ob gereichte, nun 
in einen S3orwurf ju oerwanbeln, bag jeugt bon böStoiöt'ger unb 
berberbter ©efinnung." ®afj er bomit 33etyer, nid)t unrecht tue, 
ergab fid) if)tn aug ber äRitteitung. ©lauburgg, bafj Söeijer burd) 
mandje grofie, ftiUe Söotjttat bem SBerftorbenen berpflidEjtet gewefen 
fei. „Slbet", fo fragte er angefidjtg biefer Jatfadje, „wag ift ju 
tun gegen fotdje Xtofcföpfe, benen alleg atg $e|erei gilt, wag nur 
ein wenig oon ibjrer '^ßtjantafterei abweidjt? 9Bie füllen bie mit 
1 ben ÜRenfdjen fdjonenb umgeben, bie bie reine ebangetiftfje fietjre 
mit ebenfo tjodjmütigem ©tot$ mit güfjen treten, atg in wilbern 
SCrofc bon fic^ weifen?" 

2)ie lebten SBorte taffen erfennen, bafj nod) etwag anbereg 
©atbin erbitterte atg ber Slugfalt Se^erg am ©rabe beg jungen 
Jranffurter fßatrijierg. Sluctj er war injwifdjen in fteigenbem 
ÜJtafje jur ßielfcfjeibe ber Singriffe für bie Äretfe geworben, unter 
beren ©inftüffe Setjer metjr unb mef>r geriet. 2)er Stbenbmat)!* 
ftreit jog immer weitere Greife. SBeftpfjal liefj fiel) burd) bie 
®erteibigung, wetdje Saloin am 17. Sßobember 1554 ben refor* 
mierten Äirdjen in ber ©djweij, ©raubünben unb S'ieufd^atel 
gewibmet tjatte,') nidjt jum ©djmetgen bringen. Sßact) hier 
äJtonaten antwortete er mit einer neuen ©djrift. l 2 ) Unb um bie* 
fetbe $eit erftanb iljm ein ©ibegfyetfer in Sodann Stimann in 
Sremen, ber mit einer jweiten Farrago tjerbortrat, in welcher bie 
ßeugniffe für bie wafjre Setjre oon bem Zeitigen Slbenbmaf)l 
gefammett waren. 3 ) ©ebrudEt aber waren beibe ©driften in 


l ) Defensio sanae et orthodoxae doctrinae de sacramentis eorumque 
materia, vi, fine, usu et fructu, quam Pastores et Ministri Tigurinae 
Ecclesiae et Genevensis ante aliquot annos brevi consensionis formula 
complexi fuerunt. 1555. » 

*) Adversus cuiusdam Sacramentarii falsam criminationem justa 
defensio Joach. Westphali, in qua et Eucharistiae causa agitur. 

3 ) Farrago sententiarum in vera et catholica doctrina de Coena 
Domini consentientium, quam firma assensione et uno spiritu iuxta 
divinam vocem ecclesiae A. C. amplexae sunt, sonant et profitentur, ex 
apostolicis scriptis, praeterea ex orthodoxorum tum veterum quam 
recentiorum perspicuis testimoniis contra Sacramentariorum dissidentes 
inter se opiniones diligenter et bona fide collecta per Joann. Timannum, 


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26 . / ftarl ©auer, 

/ 

^ranffurt unter ben Slugen beweiben tftateö, ber foeben nocf) 
ßalöin 'bejeugt tjatte, bafj er in ihm einen treuen Wiener ß^rifti 
unb einen ausgezeichneten Setjrer ber Strebe oerehre. 

Unter biefen Umftänben wollte fich ßaloin nicht barauf 
bekrönten, eine berteibigungSfchrift gegen 2öeftpb)at ju öeröffent- 
lidEjcn. 1 ) @r toanbte fid) auch am 29. gefyruar 1556 an ben 
f^ranlfurter fRat. 2 ) 9tochbem er biefem gegenüber ber Pflicht ber 
2)an!barfeit für bie ßtjrengabe genügt tjatte, entfcfjulbigte er 
bie Verzögerung feines $)anle3 mit ber Veröffentlichung jener 
beiben (Schriften. ©3 habe ihn, offen geftanben, gemunbert, bafj 
budfbruder unb unruhige ©eifter in granlfurt eine fo grofje 
Freiheit genöffen, unb wenn er unter biefem frifchen ©inbrude 
geantwortet hätte* fo wäre er üieUeicht in feinem Schreiben ein wenig 
temperamentbott geworben. bei ruhiger Überlegung halte er x nun 
eine offene unb brüberliche SluSfpradje mit ben ^ßräbifanten be£ 
States für ba§ SBefte, falls biefe an feiner Sehre bielleicht etwas 
auSjufe^en haben füllten. 2lu<h bie befchwerben einer Steife wolle 
er in biefem pralle nicht freuen. 

®er Stat nahm biefeS Schreiben am 24. äßärz * lebiglid» zu 
ben Elften. 3 ) $)a er aber felber baS berechtigte an ber bean* 
ftanbung ©aloinS enipfanb, fo traf er borfehr, bafj bie Silage 
fich dicht wieberholen fonnte. 2113 ÜBeftpIjal ein Sehr fpäter auch 
feine Antwort auf bie jweite berteibigung GaloinS bei ^eter 
brubach bruden laffen wollte, würbe am 25.üftär§ 1557 befdjloffen 4 ): 


Amsterodamum, Pa8torem Bremensern. 1555. (©orrebe Dom 15.2Wai 1554. 
©gl. Siüem 1,174 unb 195 f.) 

l ) Secunda defensio piae et orthodoxae fiefei de Sacramentis contra 
Joachimi Westphali calumnias. 1556. 

*) ®aB Schreiben, baß bie Strafeburger Herausgeber für tierloren 
hielten, finbet fich auf bem granffurter Stabtarcfjib, Tom. I Actorum beS 
2rran&öfeifd)= unb ©ieberlänbifdjen $irchen*2Befeenß de 1554-1561, ©l. 80 
unb 84. danach ift eS mit geringfügigen ©erfeljen bon ©effer beriJffent* 
licht: 3eitfchr. f. Stirchengefä. XXVI, 405-407. 8llB ©erfchlufe tragt eS 
unten baB Siegel ßalbinß (bie Hanb, Welche baB Hera barreicht). 

3 ) Act. ref. Tom. I, ©l. 84 b: „Sllfe Herr SWhanneB (SalbinuB ©. 6. 
fltatfe bmb bie getfeane ©erehrung fdjrifftlich ®andf gefagt, Safe mann bff 
fich felbft beruhen." 

4 ) Saut ©ürgermeifterbuch- 


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/ 


$ie Süeäiehungen IklbinS p granffurt a. 9ft. 27 

„Petro Brubachio fotl man jein ©egehren, bafj er beS SGßeftp^ati 
(Spiftet contra convicia Domini Calvini aUtjie an einen $ßrä* 
bifanteu, hoch unbenennet beffelbigen StantenS . . . ufjgangen, 
brutfen möge, füglich abfdjlagen®ie ©cfjrift erjdjien bann in 
bem benachbarten Oberurjet. 3m übrigen tonnte ©lauburg nach 
©enf berichten, ber ©rief ßafoinS h a & e bei bem State bie freunb* 
tichfte Aufnahme' gefunben. 0 

' VI. 

@ine perjönliche ©erhanbtung mit ben grantfutter ^räbifanten, 
rnie fie ßalüin bei bem State anregte,' tonnte nicht nur baju bienen, 
ben ©emüpüTigen SSeftphatS um (Sinflujj auf bie granffurter 
Äircfje bie ©pi£e abjubrechen. ©ie fchien auch 3ntereffe ber 
gremben ju liegen, bie ben erften SlnpraÜ be§ jept auffommenben 
granffurter ©nefioluthertumS auSjuhalten h Q tten. 2)enn biejeS 
juchte jept bie ©eftimmung be£ StugSburger SteligionSfriebenS auf 
bie ©erhältniffe ber ©tabt anjumenben, bajj nur bie SlugSburgifcpen 
ÄonfejfionSoertoanbten in biejen Sanbfrieben aufgenommen, alle 
©eften aber auSgefdjloffen fern joflten. 2 ) Um ben gremben jebe / 
firchti^e @£iftenjbere<htigung ju entziehen, beftritten fie ihnen, 
bajs fie auf bem ©oben ber Sluguftana ftünben, unb fteUten eine 
gormet über bie SlbenbmahlSlehre auf, bon ber fie annahmen, 
bajj fie für jene unannehmbar fei. 3 ) £>a fich inbejfen an biejer 
SIftion bie beiben ätteften Pfarrer nicht beteiligten, bie in 
bogmatifchen gragen anbere SGBege gingen, jo juchte ber Stat ben 
©treit ju jchlichten, inbem er auf bie granffurter $onforbie ©ucerS 
oom gahre 1542 als bie majjgebenbe ©efenntniSfchrift ber ©tabt. 
jurücfgriff. Stach ber SJteinung SatoinS beftanben feine ©ebenfen, 


*) De literis, quas ad senatum nostrum dedisti, hoc possum affirmare, 
illas senatui gratissimas esse. Sörtef Dom 3.Slpril 1556. Calv. Opp. XVI, 95. 

2 ) Schreiben ber Sßrabifanten an ben 9tat born 29. Dftober 1555. 
g. 9t. I, »eilage 5, S. 8. 

3 ) Sie lautete: Credimus, fatemur et docemus, quod Domini verum 
corpus, pro nobis traditum, et verus sanguis,*pro nobis effusus, corporaliter, 
hoc est vere essentialiter et realiter in Cena presentia sint et cum pane 
et vino exhibeantur et a sumentibus percipiantur non in cibum ventris, 
sed animae. Schreiben ber ißräbifanten an ben 9tat bom 7. 9tobember 
1556. g. 9t. I, Beilage 6, S. 10. 


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28 Hart Sauer, 

fich mit bcn l)ier niebergelegten Formulierungen einüerftanben ju 
erflären. J ) 2)ie ©emiffenhaftigfeit o SaScoS ober, ber feit feiner 
Überfiebelung nad) ^ranffurt bie eigentliche 3lutoritjit ber ©emeinben^ 
auch in bogmotifdhen Fragen gemorben mar, ftiefe fich on gemtffen 
SBenbungen jenes 2)ofumenieS. 2 ) Fnfolgebeffen moUte eS bem 
fftate bolb fcheinen, als ob Sßoullain unb bie ©einen, als fie in 
ihrem 3tufnahmegefuch ihre Übereinftimmung mit bem SefenntniS* 
ftanbe ber ©tabt oerficherten, „ein anberS jm munbt, onb ein 
anbereS jm tyxfytn foltenn gehupt hüben." 3 ) 

Sei biefer SBenbung ber ®inge legten eS ©lauburg 4 ) unb 
• a SaSco 5 ) ©aloin nahe, mit einem Schreiben an bie Pfarrer ber 
©tabt' in ben ©ang ber 2)inge einzugreifen, ba am erften oon 
feiner in Fronffurt nodh unbeftrittenen Autorität eine Sefeitigung 
ber oon bem ßuthertum brohenben ©efapr fich erwarten liefe. 
Salbin entfprad) biefer Sitte. 9iacf>bem ihn aud) noch Sßoullain 
am 8. Februar 1556 über ben ©ang ber SDinge unterrichtet hotte, 6 ) 
richtete er am 5. SDtörj an bie Fronffurter fßräbifanten einen 
Srief') beS Inhalts, er fei ber Überzeugung gewefen, er ftimme 
mit ihnen aufs befte überein, ober wenn ihre 31 rt ju lehren nicht 
ganj biefelbe fei, fo beftehe hoch lein foldjer Unterfdjieb, bafe eS 
ZU einem gehäffigen ©treite lommen fönne. deshalb höbe eS ihn 
gemunbert, bafe ein fo albernes unb giftiges Such wie baS 
SBeftphalS in F*anffurt habe erfcheinen lönnen. Sr wolle ihnen 
feinen Sormurf machen, benn er fönne nid^t glauben, bafe fie zu 
biefer Seröffentlichung ihre guftimmung gegeben hoben follten. 
3lber toeil baS ©erüdht gehe, einigen oon ihnen gefalle nicht recht, 
maS er über bie ©aframente fage, fo wolle er nicht burch ©chroeigen 

‘) Sgl. feinen Srief an Soußain Dom 8. 2Rärg 1556. Cal?. Opp! 
XYI, 64. 

2 ) Ad quod equidem nobis haudqnaqnam connivendum esse 
existimavimus. Srief a ßaScoS an (Salbin Dom 2. Slpril 1556. Calv. 
Opp. XVI, 98. 

3 ) Sgl. bie ©röffnung ber Ratfd&lagung Dora 3. unb 4. Februar 1556 
an bie ^remben. $ranff. ©tabtardjib, Reformierte Sitten I, Slatt 52—54. 

4 ) Srief Dom 1. ^ejember 1555. Calv. Opp. XV, 873. 

5 ) Srief Dom 18. fDejember 1555. Ibid. XV, 891. 

«) Ibid. XVI, 19 ff. 

7 ) Ibid. XVI, 53 f. ©ebtoars II, 136 f. 


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20 


©ie Sejiehungen (SaltoinS gu granffurt a. 2tt. 

beit $mift üergröbern. Dh ne , fid^ aufbrängen ju wollen, moHe 
er bod) alles tun, um einen etmaigen Slnfiob an feiner ßefjre ju 
befeitigen, unb wenn bagu eine Steife nad) granffurt fiüblidh märe, 
fo mürbe er audj biefe SKühe nicht freuen, obmoljl es eine meite 
unb unbequeme Steife märe. 2>abei befdjäftige it)n feine eigene 
<Sad)e nid^t einmal fo fe^r, mie ber SBunfch, bajg fie ficfj ber 
fremben ©rüber, benen ber $err in ihrer «Stabt ein Slftjl gegeben, 
in echter Siebe annehmen mosten. $)enn er Jjöre, bafj biefe 
irgenbmeldje ßänfereien unb «Sdjifanen befürchteten unb ftch ba= 
burd) beunruhigt fühlten. „Stun", fchlojj er, „ba 3h r wifft bafj 
fie, teils burd) bie ©emalt unb ^rannet ber $einbe (S^rifti aus 
ihrer $eimat oertrieben, ju Such gejogen finb, teils aber auch, 
um mit Such ben reinen chriftlid)en ©tauben befennen gu bürfen, 
freimiflig ficf) bie ©erbannung auferlegt haben, braune ich bor 
Such oicht gu erörtern, mie fehr für bie einen ihr Stenb, für bie 
anberen ihre entfdjloffene ©ereitmiUigfeit gur Siadjfolge Sljtifti 
uns einnehmen muh- 3a, menn 3h* auch einiges an ihnen noch 
gu münden habt, mie fie ja mahrfdjeinlich auch unter ihren 
fehlem gu leiben haben, fo mijjt 3h* bo<h, bah 3h* fie gnäbig 
unb freunbtich ertragen follt. ©her als bah eftoa.bisher oer* 
borgene Siferfucht gu offenem (Streit auSbreche, mitt idj felbft 
übernehmen, maS 3h r mit- in biefer Sache als meine Stufgabe 
gumeifen moUt. 3<h werbe beiben Parteien treulich gum ^riebenS* 
fchtuh raten unb helfen." 

3)a ber Stat in biefer gangen geit eine mohtmottenbe Gattung 
gegen bie fremben einnahm l ) unb auf SatoinS Urteil ben aller* 
gröfjten SBert legte, 2 ) fo mar eS oon grober ©ebeutung, bah 

') Gratia sit Domino, fdjrieb a 2aBco barüber an 33uQinger am 
31. SWärj 1556, magistratum nobis satis aequum habemus, adeoque et 
indies plures nostrae sententiae accedunt. Calv. Opp. XVI, 89. 

*) SßouHam fonnte Saltoin hierüber am 8. Februar 1556 berichten: 
Tu» scripta nostri senatores amant et expetunt, id quod nostris con- 
cioiiatoribus displicet. Avide exspectatur tua responsio contra West- 
phalnm. StngefirfjtS ber Schriften öon ©djnepf, gtaciuS unb SBefiphnl, 
bie teils fdjon erfchienen toaren, teils bamalS ermartet mürben, fchrieb er: 
Nostri senatores eo magis incenduntur desiderio tuorum scriptorum, quo 
clamosi homines magis vociferantur. ©ab nur eine (Slique ihren ©influfj 
gugunften ber gremben geltenb gemacht hätte, mirb man nach biefen 8eug* 


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I 


30 ftorl »au«, 

©lauburg bafür forgte, baff biefer Vrief unter bie Sßoft beS fftateS 
!am unb baraufhin ben ißräbifanten burdff ben Vürgermeifter 
eröffnet mürbe. @r glaubte annehmen ju bürfen, baff fie fünftig 
maffüoUer auftreten mürben, ba fie nun gemerft hätten, SBeft^al 
habe nicht nur einen, fonbern eine ganje Vethe non (Gegnern. J ) 

2)ie Slntmort ber ^räbifanten lieff niefjt lange auf fidt) 
märten, ©ie ift batiert tiorn 5. Styril 1556, 2 ) unb tennjeic^net 
fid) als ein ^ßrobuft ber Verlegenheit, ben hodhangefehenen Genfer 
Geologen ju befriebigen, ohne fieff hoch einem Stabe! bei SBeftp^al 
auSjufeffen. ©ie t>erfid^ern bem nereljrten £>errn, baff'fein Vtief 
ihnen fo angenehm mie möglidh gemefen fei, ba fie nichts öfter 
unb hoffet erflehten, als eine fromme unb fefte ©emeinfehaft mit 
aÜen, bie bie reine Sehre beS ©otteSfoljneS mit reinem ^jerjen 
erfaßten. @r folle hoch ia nicht benfen, fie hätten SBeftphol 'i$u 
feiner ©<hrift gegen ihn üeranlafft ober babei unterftüfft, unb 
eS liege ihnen gänjlich ferne, in ©cfjuff ju nehmen, maS biefe 
©chrift etroa an ©treitfudht unb ©ift enthalte. 9Jur oerhinbern 
hätten fie ihren Strurf nicht lönnen: 3m übrigen aber müßten fie 
befennen, baff fie bie barin borgetragene SlbenbmahlSlehre 2BeftffhoI§ 
nicht ablehnten, ba ft'e ihnen mit ber Sluguftana unb ber SBitten« 
berger unb ^rantfurter Äonforbie im (Sinflang ju ftehen fdjeine. 
3)iefe Sehre hätten auch bisher oerfünbet, unb e& fei ihre 
Pflicht, eS auch ferner ju tun. ©ie bebauerten ben ©treit, ber 
fie nur bon ihren ©tubien abjiehe. SDie Vefcffmerben ber gremben 
feien nicht gerechtfertigt, benn bie unbefannten Zeremonien ber« 
felben hätten fie länger als ein bolleS 3affr gebulbet, unb auch 
je|t, mo ber Unterfchieb in ber Sehre flar jutage liege, hätten fie 
nichts gegen fie unternommen, fonbern nur, mie bie Vifligfeit 
berlangte, bem s Jiate Veridht erftattet, — baff biefe Berichte fich 
auf ben SüugSburger fReligionSfrieben berufen unb bie £ärte 3)äne« 
marfS unb ber ©eeftäbte gegen bie armen kulanten als ÜRufter 
hingefteüt hotten, mar ihnen anfdheinenb aus bem ©ebädhtniS ent« 

ntffen Söeffer (®efdj. b. ^franff. glücbtlingSgemeinben 1554—1558. §aHe a. ^ 
1906) fcbtterlidj glauben. 

0 Brief ©lauburgS an ©alpin Dom 3. 2lpril 1556. Calv. Opp. 

XVI, 95 f. 

*) Ibid. XVI, 89 ff. Sögt: % 3t. II, Beil. 14, 73: ©egenberiebt § 58. 


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2>ie Regierungen ßalöinS gu granffurt a. 2Ji. 31 

fchmunben. 3h r ? Kanselpolemit ober fchrumpfte * in ihrer (Sr= 
innerung jujammen gu einer Mahnung on ihre ©emeinben, bei 
ber alten, reinen Sehre ju bleiben unb fic^ burd) nichts öer= 
mirren ju taffen, ©ie münfdjten ben Rieben, ben fidjerften 2Beg 
SU biefem $iele tonnten aber nicf)t fie beftimmen, ba eS fi<h um 
eine gemeinfame Angelegenheit alter eöangelifc^en ©tänbe hanble. 
83iS biefe bie Kontroberfen gefd^lic£)tet hotten, hinten fie e§ für 
ihre Pflicht, bafür ju forgen, bah ifm en btc reine Sehre erhalten 
bteibe, bie fie nicht gegen ihr ©emiffen änbern ober preisgeben 
bürften, einfach metl inan eS üon ihnen üerlange ober metl fie 
fich bamit beliebt machten. 

Ratten bie ißräbitanten fich in biefem ©chreiben über ba§ 
Anerbieten (SaloinS, sur ©Züchtung ber ©treitigfeiten felber nach 
^rantfurt jn tommen, überhaupt auSgefchmiegen, fo entfiel ju= 
nädhft für Saloin jeber Aniah, biefe Steife ju unternehmen. (Sine 
fachliche (Srfchmerung für bie babei ju führenben ißerhanblungen 
bebeutete in ber $o!ge ber Verlauf, ben baS ©tuttgarter Kolloquium 
jmifchen a SaSco unb Srenj über bie Abenbmahtefrage am 
22. 9Jtai 1556 nahm. SDer fßole mar bereit, bie Auguftana, beren 
Sehnten Artifel er aus bem breisehnten ertlärte, su unterfdjreiben, 
unb münfchte biefe Auslegung burch jenes Kolloquium öffentlich 
anertannt s« fehett, für baS Sßoußain am liebften eine turse 
Formel ßaloinS in feinen Rauben gemuht ^ätte. J ) Aber SBrens 
folgte ihm auf biefem Sßege nicht, fonbern brach bie SBertjanblungen 
Siemlidh nnoermittelt ab unb lieh fi<h auch meber münblich noch 
fchriftlich auf meitereS mehr ein. 5Die @egner a SaScoS beuteten 
baS als eine 9äeberlage beS ißolen. 2 ) Unter biefen Umftänben 
fanben auch bie ^ranffurter ißräbitanten, bie insmifchen fich aus 
2öeftphalS f @chrift De baptismo neue Belehrung berfdjafft hatten, 


‘) Rgl. ben Rrief RouHainS an (Salbin Dom 6. April 1556. Calv. 
Opp. XVI, 97. $tru§fe ©.120, Anrn. 1, ber ebenfo tote Reffer überall 
geheime Alachinationen ber gremben toittert, macht au8 biefem Rriefe einen 
Reftanbteil beS RriefeS RouHainS über bie ^ranffurter Angelegenheiten 
unb führt bann bie AuSbrucfStoeife ber gremben in ihrem Schreiben an 
ben Aat Dom 12. 2Jtai 1556 auf (Salbin gurücf. 

a ) Rgl. über baS ©tuttgarter SÜoHoquium Calv. Opp. XVI, 150 ff. 
155 ff. 186. 


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32 


Stad SBaucr, 


tpr Selbftbewufjtfein miebet uitb führten über Saloin Sieben, bie 
p bem tftefpeft wenig ftimtnen wollten, ben fie iljm in intern 
©riefe bezeugt Ratten. 3n feinem ©riefe an ©louburg öont 
24. Suni hat benn auch Saloin über biefen Umfcfjlag ihrer ®e*= 
finnung bitter SHage geführt. „$)a fie mich", fdjrteb er ba, *) 
„als treuen unb um bie Kirche wohloerbienten $nedjt Shrifti an* 
erfennen, hat eS mich umfomehr oerwunbert, bafj fie wich in 
gehäffiger ©Seife in ben ßampf hineinjogen, als fie oor furjem bie 
©eljauptung aufftettten, eS fei beffer, Äinber p §aufe unb Oon 
grauen taufen p laffen, als bah fie ohne Xaufe ftürben. Ratten 
fie nur meine Sehre getabelt, fo Ware baS ja p ertragen; wenn 
fie aber in bie ©Seit fchleubern, bie $ranpfen wollten nach 
meinem ©eifpiet beh anberen ©efe|e auferlegen, unb beifügen, ich 
führe ja auch io ®enf ein tprannifcheS Regiment, fo entflicht 
baS bem brüberlidjen ©Sohlwollen gar nicht, baS fie mir brieflich 
pfagten. ©Sie faul bie Sltachrebe oon meiner Xprannei ift, baS 
fann ich ruhig ö on meinen ©rübern unb Kollegen beurteilen laffen, 
bie fich gewifj noch nie über meine brüdenbe |jerrfchaft beflogt 
haben. Oft haben fie mir fogar üorgeworfen, ich fei p ängftlich 
unb brauche meine ÜDiachtfteUung, bie fie alle billigten, im 9tot* . 
faß nicht offen genug ... 3ch möchte oon ihnen, benen meine 
9Wacht auf foldje 3)iftanj unangenehm ift, felbft hören, was ich 
benn fo SEprannifcheS an mir habe. @twa, bafj id) mich angeboten 
habe, ihnen 9techenfchaft abjulegen ? 3)afj ich wich ihnen juliebe 
p einer langen, befcf)Wertichen flteife bereit erflärt habe unb, ohne 
bafs mich jemanb oon ihnen barum mit einem ©Sörtlein begrübt 
hätte, fo poorfommenb gewefen bin ? «Scheint baS etwa |>errfch- 
fucht p fein? Sie finb wirflich p reijbar, wenn fie ein fo 
freunbfchaftlicheS Angebot nicht nur fdjnöbe ablehnert, fonbern 
fogar noch barüber erbittert finb. 3)o<h wirb mich ihre Unfreunb* 
iichfeit nicht bap bringen, je p bereuen, bafj ich biefe ©flicht 
übernommen habe, aber eS tut mir hoch wehe, bafj fie über einen 
©ruber fo unbefonnen herfallen unb fich nicht einmal baoor hüten, 
ihm grobes Unrecht p tun." 

3m September 1556 benufcte bann ßaloin eine Dteife, bie 


') Calv. Opp. XVI, 205. ©djfoorg II, 148. 


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Die Bestehungen GalbiitS gu $ranffurt a. 2Jt. 33 

er aus anberett ©rünben nacfe granffurt macfeen rnufete, um audfe 
mit ben Sßräbifanten güfetung gu getoinnen. *) Stm 23. «September, 
einen Dag oor feiner ?tbreife, tiefe er ifenen burdfe ein paar 
befreunbete SRatSfeerren in bie ßaftenftube, mo fie ifere ßondente 
featten, auSridfeten: er »olle nidfet fo grob unb unfreunblidfe fein, 
bafe er fie nidfet oor feiner geimreife anfprecfee unb fegne; feien 
fie einoerftanben, fo fomnte er gerne in iferen Äonoent; er fei 
auf bem Ütömer unb »arte ba itjre 2tntmort ab. Den Sßrä® 
bitanten mocfete e§ nacfe bem, maS dorauSgegangen mar, bei bem 
©ebanfen an eine perfönticfee Begegnung mit Satdin nidfet eben 
befeagtidfe gumute fein, ßugteicfe fdfeien ifenen bie Stnmefenfeeit don 
SRatSfeerren bei ber in 2lu§ficfet geftetlten ßufammenfunft auf eine 
Disputation gu beuten, ber fie ficfe nidfet redfet gemadfefen fiifelten. 
Sie tiefeen ifem bafeer gur 5tntmort fagen: er fei nidfet iferetmegen 
nadfe granffurt gefommen, feabe fie audfe bei feiner $lnfunft nidfet 
begrüfet, fie fönnten eS ifem bafeer aucfe nidfet übet nefemen, menn 
er mieber feeimreife, ofene fidfe don ifenen gu derabfcfeieben. Sünfcfee 
er nur eine freunbfcfeafttidfee StuSfpradfee mit ifenen, fo bebürfe e§ 
bagu feiner SftatSfeerren. „üRit fotdfeer Stntmort", mufeten fie 
fpäter atterbingS bericfeten, „feaben mir gmar nidfet groffen DandE 
derbient, bocfe finb mir barauff befearret unb enttidfe alfo don ein® 
anber gefdfeieben." ßufättig aber fam eine Begegnung bann bodfe 
guftanbe, ba ßatdin mit ein paar ^Begleitern an bem Äonoent 
dorbeiging, als bie Sßräbifanten nodfe unter ber Diir ftanben unb 
ben galt mit einanber befpradfeen. @r begrüfete fie, unb e§ bteibt 
ein ßeicfeen beS (Sinbrucfs, ben fie don feiner Sßerfönlidfefeit 
empfingen, bafe fie ben SBericfet, ben fie ein Safer oor feinem Dobe 
baräber oeröffentlidfeten, bei alter underfennbaren Stbneigung gegen 
(Salden boife nur mit ber Sßotig fcfeliefeen fonnten, er feabe fie 
„freunb tiefe gefegnet". Der ©inbruef, bafe baS moratifdfee Über® 
gemidfet bei Satoin mar, derftärft fidfe, menn man gur ©rgängung 
ben SBrief tieft, ben biefer einen 3Ronat fpäter an SBotfgang 
ÜRuSculuS in tBern 2 ) fdferieb. Danadfe forberte ber ütat fetbft bie 

*) $. 9t- H, Beilage 14: ©egenbericht § 64. 

2 ) Brief bom 26. Oftober 1556. Bei «Scbtoarg II, 158 f. Calv. Opp 
XVI, 319 sq. 

©<&r. 83. f. 91. 38. 3 


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34 


Sari Sauer, 


fßräbifanten auf, wenigftenS oor (SaloinS Slbreife noch einmal 
mit ihm p reben. @3 war ihnen aber,' wie fie antworteten, „ p 
gewagt", ©ie fjegten ben SSerbadjt, (Saloin wolle nur ©elegen* 
beit finben, mit iljnen p biSputieren; fie aber feien ungelehrte 
Seute nnb nicht ftarf genug, ihm p antworten. SBon ber 
^Begegnung üor ber Äaftenftube berietet Saloin bann: er habe 
ihnen feine Serwunberung barüber auSgefprodjen, baff fie in einer 
fo Karen ©acfje fo befangen feien; er höbe nur oorgehabt, eine 
Slrt ©tnigung herbeipführen;- ba fie baS aber nicht pgäben, fo 
Wolle er nicht fo pbringlicl) fein, fie wiber ihren SBitten an ben 
paaren herbeipphen. 3)ie SBirfung ber Überlegenheit, mit ber 
er ihnen baS fagte unb bann auSeinanberfepte, was ihm am 
§er$en lag, war üerbtüffenb. ©dhliefjlich polterte einer JherauS • 
2Bie ein göttliches SBefen fei er ihnen erfchienen, Wenn er nicht 
fo hörtnäifig auf“ feinem Irrtum .beftünbe; fo aber fönnten fie 
ihn nicht mit gutem ©ewiffen aufnehmen, ©einen StmtSbrübern 
war baS nun aber hoch p ehrlich, unb fie gaben ihm ihr SDtifc 
fallen beutlidh p erfennen, fo bafj audh ©aloin nadh ©ebüljr mit 
ihm oerfahren fonnte. 2)iplomatifcher hotte fi«h ber $ßatri$ier* 
freunb Matthias Stitter oerhalten, ben man für gelehrter hielt 
als bie anbern. @r afj einmal mit ßaloin p SRittag unb 
titulierte ihn: ehrwürbiger Sehrer. 2)er „ehrwürbige ßeljrer" 
freilich meinte, ber ©d^üler fei gar üerftocft gewefen. 

SBoljltuenb hob fi(h bie 93ehanblung feitenS beS States oon 
bem fßarteifanatiSmuS ber ^räbifanten ab: „SSom ^ranlfurter 
Stat", fdhrieb ©aloin barüber an ÜRuSculuS, „würben mir alle 
^Bezeugungen beS SBoIjlwoUenS unb ber ^jöflidjfeit pteil, fo bafj 
idf) 9°r nidht ehrenooller hätte behanbelt werben fönnen." 

TU. 

®ie Steife SaloinS nadh $ran!furt im |>erbft 1556, bie für 
feine ißläne, eine Union in ber ©tabt anpbahnen, ein fo un= 
günftigeS Ergebnis hatte, war üeranlajjt burdh ©treitigfeiten in 
ber wallonifdhen ©emeinbe, bie nicht pr Stuhe fommen wollten. 
®ie ©efdjichte ber granffurter ^rembengemeinben hat auf ihren 
erften IBlättern fehr Oiel Oon inneren ßwiftigfeiten p erphlen. 
Slm ruhigften ging eS bei ben Sßlaemen p. dagegen war bei 


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$>ie ^Beziehungen ©albinS zu ftranffurt a. 2 ) 1 . 35 

ben ©nglättbern bereits ein ©freit borauSgegattgen, ber ben 
fpäteren Äarnpf ber Puritaner unb ber ^jochfirdje in ihrer alten 
Heimat bormegnahm.') 

$)ie (Snglänber, meldje am 27. Suni 1554 nach granlfurt 
gelomnten mären unb fich fjier am 29. Suli als ©emeinbe Ion* 
ftituiert Ratten, maren bon bem SKate unter ber SßorauSfe|uug 
zugeiaffen morben, baß fie in ßeljre unb ©otteSbienft mit ben 
SSatlonen SßoußainS äbereinftimmten unb beren ©laubenSbefenntniS 
unterfdjrieben. )J3raftifch bebeutete baS fiit fie, baß fie fich nicfjt 
beS 1552 berfaßten Common-Prayer-Book bebienten. Xatfädjlich 
aber benufcten fie meber biefeS nod) bie SßouUainfdje ßiturgie, unb 
nun erhob ftd^ bie grage, meldje Orbnung ihren ©otteSbienften 
gugrunbe gelegt merben foHte. $tm rätlichften fchien es, fidj bem 
©enfer ÜlituS angufcf)Iießen, ber benn auch i« englifdjer Über* 
fefcung erfchien. S)iefer Regelung aber, bie ben englijdjen 
Srabitionen frembartig fd^ien, miberfpradj $noj, ber im 9iobember 
1554 auf ßureben (SalbinS einen fftuf feiner ßanbsleute nach 
fjranffurt angenommen hotte, ßufammen mit SBittingham ber* 
faßte er einen StuSjug aus bem Common-Prayer-Book unb bat 
(Salbin, ihn gu begutachten. (Salbin, ber natürlich lieber gefeljen 
hätte, menn bie ©enfer Drönung in bem neuen Äirdjenmefen ein* 
geführt morben märe, hielt mit feiner Äritif an bem ßmtmurfe 
nidht gurücf. 9iacf)bem er in einem Briefe an bie ©emeinbe bom 
18. Januar 1555 2 ) ben gangen ©treit, ber bie ©ammlung gu 
einer ©emeinbe nur tjinbere, als recht unzeitgemäß berurteilt hatte, 
erllärte er eS für unangebracht, bem törichten ©igenfinn bon 
ßeuten, bie nicht bon bem ©emohnten laffen moHten, nur immer 
nachzugeben. $)ie anglilanifchc ßiturgie mit ihren „erträglichen 

*) Unfere Duelle für bie ÄenntniS biefer Vorgänge ift bie 1575 als 
fßarteifdjrift bon SSittingham berfafete Schrift A brieff discours off tbe 
troubles begonnes at Franckfort in Germany Anno Dni 1554, bon ber 
ein SJieubrucf mit toeriboKer (Einleitung in ßonbon 1846 erfdjienen ift. 
Steife gebührt baS SSerbienft, barauf aufmerffam gemacht gu haben. 
(§artmann fBefeer €>. 113 unb 130.) ©ine neue SluSgabe mit (Einleitung 
unb Slnmerfungen beranftaltete fßrofeffoHEbtoarb 2lrber in feiner Christian 
Library (ßonbon 1908). Sfer folgt Sung, ®ie engl. $lücfetlingS=@emetnbe 
in ^ranffurt am 2Wain 1554—1559. (fjranffurt a. 2J1. 1910.) 

2 ) Sei ©chtoarg II, 59 f. Calv. Opp. XY, 393 sq. 

3* 


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36 


ftarl Sauer, 


Sorbetten" *) fei nur für ben Slnfang nidtjt ju beanftanben gewefen. 
©ine grünblidje Üteoifion fei in ©nglanb nur burdt) ben ©ang 
ber ©reigniffe aufgeljalten worben. Sn fjranffurt aber, wo man 
bie Äircf)e erft Wieber neu grünben müffe unb babei freie §anb 
l)abe, bie $orm ju fcfjaffen, weldfje junt 23raucf) unb jur ©rbauung 
ber ©emeinbe am beften tauge, fei iffm unoerftänblidf), wag bie 
eigentlich wollten, bie ihre $reube an bem „SBobenfafc beg 
ißapigmug" 2 ) tjätten; „fie lieben iljn, meil fie eg fo gemeint finb." 
$)ie $urcf)t oor ber Übeln SRadfjrebe in ©nglanb, fie feien non 
bem ©lauben abgefallen, um begwiUen fie oertrieben morben feien, 
bejeidfjnete er als unbegrünbet. „SBielmeljr jtoingt ein fotd^eS 
eblereg, ehrliches Sefennen etjer bie ©laubigen, bie jurücfgeblieben 
finb, ju ber ©rwägung, in melden tiefen Ülbgrunb fie gefallen 
finb. 3f)r ©turj wirb ifynen umfo fctjtnerjlidjer fühlbar werben, 
wenn fie fe|en, wie Sljr über ben falben SBeg Ifinaug, üon bem 
man fie jurüdfgejogen feat, weiterf<hreitet." Stuf biefeg ©Treiben 
beauftragten bie ©nglänber einen &ugfdf)uf 3 oon fünf ©liebem 
iljrer ©emeinbe, unter ber Seitung oon $no;r eine neue ©otteg* 
bienftorbnung ju entwerfen. £)iefeg 2Berf tarn halb pftanbe, 
inbem man fidh beiberfeitg entgegenlam. 2>ie eine Partei willigte 
in ben Slnfdjlufc an bag Common-Prayer-Book, bie anbere lief* 
einige SRiten unb SBenbungen fallen, bie einen !att)olifierenben 
©fjarafter Ratten. SBefiegelt würbe ber $riebe burdj bie geier 
beg hl* 2lbenbntaf)lg, bag feit ÜRoüember ein 93ierteljahr lang nicht 
meljr gefeiert worben war. 

Snbeffen ber Triebe währte nicht lange. 3 ) SDie Greife, Welche 
an ber englifd^en Siturgie gingen, erhielten einen $üljrer in 
Dr. Sftidf)arb ©oj,'einem SJtitüerfaffer beg Common-Prayer-Book, 
ber am 13. äRärj 1555 mit einigen Sanbgleuten in S ran ^f ur i 
eintraf. 2)iefer betrieb nun mit allen Mitteln bie SBiebertjerfteUung 


*) Tolerabiles ineptias. 

2 ) Faecis papisticae reliquiae. 

s ) SereitS am 23. Februar 1555 ftferieb SbomaS Sampfon oon (Strafe* 
bürg aus an ßaloin, er fürtfete, ber Streit werbe nur noch heftiger ent* 
brennen. Calv. Opp. XV, 447 —449. ®ie Slnttoort (Halbing auf biefen 
Srief ift uns nidjt erhalten, (Salbin nimmt auf fie Segug in feinem Srief 
an (Sop bom 12. 3uni 1555. Ibid. 628. 


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2>ie ©egiebungen (fcalühtS gu granffurt a. SW. 37 

fcincg SBerfeS. SDtit feinen Seuten ftörte er ben ©otteSbienft. 
$ann fefjte er in einer ©emeinbederfammlung burdj feinen Sin* 
bang, bern Änoj baS Stimmrecht juerfannte, obmohl beffen 
Unterfchrift ju ber ©enteinbeorbnung noch fehlte, bie dorläufige 
SlmtSentfepung ÄnojenS bur<h, unb als bann Johann don ©lau* 
bürg, bem SBittingham ben ^anbel dortrug, als VedoUmächtigter 
beS IRateS auf ben Vefdjlub jurüdgriff, bie ©nglänber hätten fich 
ber Siturgie ißouUainS ju bebienen, muhte eine 3)enun$iation bei 
bem State fchliefjlich baju helfen, $noj als ben $auptgegner aus 
ber Stabt ju entfernen. Sn feiner lebten Schrift, ber Faythfull 
Admonition unto the professours of Gods truth in England, 
hatte biefer im $inblid auf bie bedorftehenbe Vermählung ber 
Königin SDtaria mit $htfipp non Spanien u. a. getrieben: „0 
©nglanb, ©nglanb, menn bu ^artnäefig (obstinately) nach 
Sigppten jurüdlehren unb ^eiratSderträge unb greunbf<hafts* 
bünbniffe mit Stuften fd)lie^en millft, melche bie Abgötterei der* 
fechten unb förbem, wie ber Äaifer tut, ber ein ebenfo bitterer 
geinb (Sljrifti ift, als einft Stero es mar, ja menn bu, um folgen 
Surften ju gefallen, ju ben alten ©reueln beS SßapfttumS jurüd* 
lehren millft, fo mirft bu unfehlbar in bein Verberben eilen, unb 
jmar burch bie §änbe eben berer, um beren ©unft unb Sreunb* 
fdfoft bu buhlft." 0 Stufgrunb biefer unb ähnlicher Stellen mürbe 
Änof beS ^ochderratS unb ber ÜDtajeftätSbeleibigung befdjulbigt,. 
unb eS hulf bemgegenüber nichts, bah ih m SSittingham dor bem 
State baS Zeugnis eines gelehrten, mürbigen unb frommen SDtanneS 
auSftellte. 2)ec Stat lieh ihn bitten, er möge Sranlfurt derlaffen, 
mo man auf etmaigeS Verlangen beS ÄaiferS feine Auslieferung 
nicht mürbe dermeigem lönnen. daraufhin lehrte er am 26. ÜDtärj 
nach ©enf jurüd. Söittingham aber lonnte ßaldin berieten, 
auch t> em State fei eS fchmerjlich, bah biefer SDtann höbe meichen 
müffen, niemals höbe etmaS guten SJtenfchen gröberen Sd)mer$ 
unb gröbere Scham gebraut, als biefer Sredel. 2 ) 

ßof derftanb eS, feinen ©rfolg auSjunü|en. @r ermirlte 
bei bem State bie Erlaubnis jum ©ebrauch beS"Common-Prayer- 

*) ©teiö, §artmann Söetjer, 183. ©ranbeä, 3oIm Änoj, @. 109. 

2 ) ©rief dom 25. SWärj 1555. Calv. Opp. XV, 524. ©gl. Sung, 
©. 14. 


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ftatl Sauer, 


Book, on roetefjem mit IHüdEfic^t auf bie 9Jftnberf>eit nur gering* 
fügige Anbetungen oorgenommen mürben, unb bie Anerfennmtg 
ber 42 Artifet ©bmatbs VI. als BefenntniSfchrift feiner ©emeinbe. 1 ) 
5)ann befe|te er bie Butter in ber ©emeinbe mit ÜÖtännern feiner 
Partei, Schließlich fanb er eS auch angejeigt, in einem Brief 
an Calöin 2 ), beffen Autorität nietjt nur. für if)n, fonbern für ben 
gangen ©rbfreis non jeher bie geroichtigfte fei, bie Bortommniffe 
in feiner ©emeinbe in bie ifjm ermünfehte Beleuchtung ju rüden. 
25ie ferneren Kämpfe aber, in bie er feine ©emeinbe geftürjt 
hatte, oerfchmieg er babei mohlmeiSlid) ebenfo, mie bie 2)enunjiation, 
burch bie er fich feinet ©egnerS $no£ entlebigt hotte, dagegen 
beteuerte er, nichts anbereS gefneht ju hoben, als ben ^rieben ber 
©emeinbe unb bie Beratung ber brohenben fchmerften Ärger niffe. 

Auf Saloin, ber ben mirtlichen Sad)öerholt burch $nof 
felbft erfuhr 3 ), tonnte biefer Brief nicht ben beabfidjtigten ©in* 
bruef machen. (Sachlich ift fein Urteil über bie anglitanifchen 
Zeremonien in feinem Briefe an ©oj 4 ) nach wie oor baSfelbe. 
„SDaß Seuchter, Ärujifije unb berartige SHeinigfeiten noch aus 
bem röntifchen Aberglauben flammen, mirb meines @racf)tenS gemifs 
lein oernünftiger SÖJenfch leugnen, deshalb finbe ich, tter aus 
freier SBaljl beibehält, fdjöpft aUjugern aus bem Bobenfap, unb 
ich f c h e nicht ein, mo$u es bienen foU, ber Äirche abgefchmadte, 
unnü|e Zeremonien — um fie nicht eigentlich fdjäbtich ju nennen 
— aufjulaben, roo mir Freiheit haben ju einer reineren, fchlichteren 
©eftaltung beS ©otteSbienfteS." Aber nachbem nun ber ganje 
Raubet im ^rieben beigelegt ift, mill er fich nicht bem Scheine 

*) ©ine beutfdje Überfefcung berfelben, offenbar baS ©jemplar, baS 
3 itr Benfur eingeretefü morben mar, befinbet ficb im fjranffurter @tabt= 
ardjiü: Tom. I Actorura beS ^ran&öfcifd)* unb Aieberlänbifdjen Jtird)en= 
2BejjenS de 1554—1561, gmifdjen Blatt 27 unb 28. Befdjrieben bei 3ung 
®. 6f. ®en Straßburger Herausgebern ber SBerfe ©aloinS (XV, 558 
Anm. 10) mar biefe Ausgabe unbefannt. 

2 ) Am 5. April 1555. Calv. Opp. XV, 551—554. 

3 ) SSgl. ben Brief SöittingbamS an ©alpin Pom 25. Atürj 1555: 
(Dominus Knoxus) ad vos perveniens rem totam ordine explicabit . . . 
ipsemet melius et explicatius coram disseret. 

4 ) Born 31. Atai 1555. Bei ©djmarj 11,84 f. Calv. Opp. XV, 628 sq. 
ift als 2>atum nach Beja pridie Idus Junii angegeben. 


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Sie SSejieljungen ©albinS §u ftranffurt a. 2Jt. 39 

auSfepen, als fange er öon neuem Streit an. Sie Schänblidfffeit - 
ber Senunsiation bagegen bringt er © 0 £ fetjr nadhbriidElich jum 
Vemufjtfein: „SaS !ann ich nicht berfchmeigen, bafj man meines 
©racljtenS meber fromm noch brüberlich an $noj geljanbelt f)at, 
mentt er burch tjeimlic^eS ^Betreiben einiger ßeute benunjiert 
morben ift. Senn ba märe es ja beffer geroefen, im Vaterlanb 
ju bleiben, als bie glamrne beS ungerechten paffes in frembe 
Sänber ju tragen, bie auch bie erfaßt, bie gar nicht moflen." Slrn 
liebften möchte er ben geiler in emiger Vergeffenljeit begraben 
miffen, unb er mahnt © 0 £ unb feine Seute, fie foßten fiel) be= 
müi)en, if)r Unrecht an benen, bie fie beleibigt hätten, mieber gut 
$u ptadjen. Srop ber getroffenen Vereinbarung mar nämlich bei - 
ber Änojfdjen Partei eine tiefe Verftimmung juriicEgeblieben, 
unb ein Seil ber ©emeinbe trug fich mit bem ©ebanfen, nach 
©enf auSftumanbern. SeShalb mahnte ©alöin fchliejjtidh noch, 
menn es nicht aßen paffe, am gleichen Orte ju mohnen; fo foße 
boch bie örtliche Srennung nicht bie brüberlic^e ©intracht jer* 
reifjen. ,,©S ift fcfjon genug gefünbigt morben, als bafj bie 
gmietracfjt nun noch länger fich t)infc^teppen bürfte. Sin ©urer 
Klugheit unb ©erecfjtigfeit iftS nun, fie burch 2ßot)lmoßen feft* 
ju^alten, inbem 3h r aßeS, maS noch öon ©ntfrembung oorhanben 
ift, Sorgfältig auSfegt." 

Ser ©rfolg biefeS ernften Schreibens entfprad) leiber nicht 
ben ©rmartungen feines VerfafferS. Sie Minorität ber englifchen 
©emeinbe blieb unter ber güfjrung SBittinghamS nur noch bis 
September 1555 in ffranffurt. Sann jog fie eS üor, angefidhtS 
ber neuen. Kämpfe, in bie fie fid) mit ber ©ojfdhen Partei üer= 
midtelt fah, bie Stabt ju öerlaffen unb nach ®enf unb Vafel 
iiber$ufiebeln. 

VIII. 

Ser Streit tn ber englifchen ©emeinbe mürbe halb abgelöft 
burch 9Jtifjheßigfeiten unter ben SBaßonen. 1 ) 


*) Sen ©injelbeiten biefeS ©treiteS ift SBeffer ©.30 ff. 56 ff. 68 ff. 
nadjgegangen. SaS 23üb, meldjeS er babei üon bem ©barafter SßouHainS 
enüoorfen bat» fdjeint mir berjeidjnet su fein. SSgl. auch ©brarb ©. 93 
Slnrn. 1. 


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flarl Sauer, 


3)ie maUonifc^c ©emeinbe in graitffurt fab ftcfc» als bie 
gortfe^ung ber ©emeinbe öon ©laftonburp an, unb bie Stellung, 
toeldje SßouHain in ihr einnafjm, fonnte ftd^ nur feftigen unb 
beben angefiebts ber unleugbaren $8erbienfte, bie er ficb bei bent 
Übergang in bie neuen $Berf)ältniffe um fie ermorben f)atte. Um 
jo jcbmerglidber muffte er es nun empfinben, als bie neuen (Elemente, 
bie aHmäblidb in feine ©emeinbe einftrömten, anfingen, biefer ein 
anbereS ©epräge p geben, unb fiel) auch gegen tljn mehr fritijet) 
»erhielten. @S fehlte ihm aber oiel p febjr an innerer Über* 
legenbeit, Slugenmafj unb Sacblicbfeit, um ft<b ben Schmierig* 
feiten gemäßen p jeigen, unb fo beging er einen SDUfjgriff um 
ben anbern, moburc| fidj bie ©egenfäfce nur oerfebärften unb 
feine Stellung mehr unb mehr ins SEBanfen geriet, ©inmal fudjte 
er bem $uftrom neuer ©emeinbeglieber p mebren, inbem er bei 
ber Prüfung ihres. ©laubenS mit unnötiger Strenge »erfuhr.') 
©in attbermal badete er fein Slnfeben p mebren, inbem er feinen 
Kollegen als feinen SSifar bejeiebnete. 2 ) 2)ann moüte er mieber 
bie Vertrauensfrage ftellen unb »on feinem §lmte prüeftreten, 
bodb mit bem ^intergebanfen, baf$ eS nid^t fomeit fommen merbe, 
ba bie ©emeinbe ohne ibn ja gar nid^t mürbe befielen fönnen. 
9US einen neroöfen, feiner Sache nicht gemiffen fütann trafen ihn 
bie ©reigniffe, bie feit Oftober 1554 eintraten. 

3)er Streit, meldjer bamalS auSbradb, mar für bie neuen 
©emeinbeglieber ein ßampf um ihre firc^Iid^e ©leicbberedjtigung. 
3b re Rührer maren Stuguftin Segranb unb f^ranj Secterq, aujjer 
ihnen noch ein greunb ©aloinS, §err be SecbeUe. SDer einzige 
©rfolg, ben fie pnädbft erhielten, beftanb freilich uur barin, bah 
fie im £inblitf auf baS ftarfe 5lnmachfen ber ©emeinbe im ÜDfärs 


‘) Queruntur boni quidam, te imperiose magis quam iuste con- 
fessionem exigere a fidei probatae hominibus ... Et certe, si tuo loco 
essem, non sine rubore audirem, qui ad examen novum vocarentur, pro- 
batos iam fuisse in eo loco, ubi sincera pietas colitur. Calv. Opp. 
XVI, 369. $ajj Soullain ber Empfänger btefeS SriefeS ift, Wie bie 
©trajjburger Herausgeber unb ©djtparj Permuten, fd&eint auch mtr fic&er 
SU fein. Sgl. @. 42 Sinnt. .2 

2 ) Quum fratrem nostrum N. saepe diaconum tuum vocares, nomen 
illud nescio quid inanis iactantiae spirasse. Ibid. 370. 


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5>ie SBejichungen (SalbinS ju granffurt a. SR. 41 

1555 bic StnfteHung eines jweiten Pfarrers burdhfefcten. $)a 
iebodj ber ©ewählte — fötdjarb SSaudttte — ein griebenSmann 
lüar, ber feinen SBeruf nicht barin erblicfte, fic^ als Sturmboot 
gegen Poullaitt unb ben alten (Stamm benu&en ju taffen, fo war 
mit ihm ben neuen (Elementen wenig gebient, unb fie gölten nun 
(Snbe Suli 1555 ju einem fräftigeren (Schlage aus, inbem fie 
tircfylidje Neuwahlen, unb jwar Urwayien in baS Presbyterium 
unb bie ©iafonie aufgrunb eines bemofratifcfjen Stimmrechtes, 
dertangten. ßugteidh erflärten fie bie Stellung PouüainS für 
ufurpiert. 2)odh gelang eS bem (Singreifen St. SlnbreS, ber im 
September 1555 mit ber (Soangetienharmonie (SaldinS eintraf, im 
herein mit bem 58ud)f)änbler Sodann (Srifpin, eine frieöliche Söfung 
berbeijufü^ren. 2)ie fird^lid^en Neuwahlen würben jwar guge* 
ftanben; inbem fie aber mit einer (Srweiterung . ber fachlichen 
Äörperfdjaften derbunben würben'), war bie Gefahr, baff burch 
fie bie bisherigen $lteften unb 2)ia!onen weggefegt würben, ab* 
gewehrt. SSon einer Slbbantung PouüainS aber war nicht mehr 
bie 9tebe, er erhielt dielmehr ein SSertrauenSdotum. Silier Slrgmohn 
aber war nidht befeitigt. 33ei ben fachlichen (SrneuerungSwahlen 
SInfang Oftober hielt eS PouHain für baS fidherfte, wenn nidht 
eine allgemeine Neuwahl ftattfanb, fonbern nur gu ben bisherigen 
ÜÖfagliebern beS preSbyteriumS unb ber SDiatonie nodh einige 
neue ÜDlänner hingugewählt würben, daraufhin lebte ber Streit 
don neuem auf. SDieSage würbe baburch nur nodh derworrener, 
bah bie Stnhänger SegranbS fidh auch unter biefen deränberten 
SJerhältniffen an ber SEÖahl beteiligten, bann aber beren (SrgebniS 
nicht anerkannten, unb bah ih re Vertreter ihr Statt nieberlegten, 
ehe fie eS noch ongetreten holten, worauf ihre Stellen bann don 
Slnhängern PouüainS eingenommen würben. SSotlenbS Öl ins 
geuer war eS noch, als auch bie SBahlen in bie 2)iafonie burdh 
Unregetmäfngfeiten, bie fich PouHain gu fchulben tomnten lieh, 
gu ungunften ber Segranbfchen Partei auSfäelen. Sdhliehlidh fiel 
auch noch SSaudiHe ber Peft gur 33eute unb erhielt monate* 

*) ®ajj biefe (Srtoetterung, tote SBeffer <3.24 Ogi. S. 35 Sinnt. 2 an* 
nimmt, öon ben Gegnern SßouHatnS „in SluSfidfjt genommen" toorben fei, 
ifl nidht toahrfdjeinlich. ®ie Sftajjregel macht mehr ben (Sinbrucf eines 
ÄompromiffeS. 


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42 / ftarl Sauer, 

lang feinen Sßadjfolger. So festen bie Stellung ^euttainS un- 
bejd^ränft. 

Snbeffen er mar weit entfernt, fid^ ruf)ig unb feiner ©adje 
fidler ju füllen. SBäljrenb ber Streit in feiner ©enteinbe bem 
©d^iebSgerid^te ©tauburgS unterworfen würbe, wanbte er fid) in 
immer neuert ©riefen an (Safoin, bem auef) feine Silteften fdfjriebett. 1 ) 
2)ie Antwort 2 ) war (Safoin erfdfjwert, ba ©outtain ben ©erbacfjt 


*) Sgl. baS Softffriptum an ©albtn bont 11. Sunt 1556. Calv. Opp. 
XVI, 187 unb ben Srief botn 1. ©eaember 1555. Calv. Opp. XV, 874—877. 

2 ) Sit Hegt uns üor in bem Sriefe 'Calvinus Incerto, ben bie@trajj= 
bürg er Herausgeber XVI, 368—370 Nr. 2573 aus bem Sabre 1556 ohne 
genaueres ®atum mitteüen. @djwara n, 112—114 berlegt biefen Srief 
mittfürlid) in ben Dftober 1555. Sermutlich iji er bagu berfübrt worben 
burd) bie £atfad)e, bah Saubitte, auf ben er bie beiben NamenSangaben 
N. bezieht, bereits im Nobember 1555 gefiorben ift, ber Jörief ibn aber bei 
feiner erfien ©rtoäbnung mit yocares nodj als lebenb borauSpfefcen 
febeint. (SS iji aber fraglich, ob in bem Sriefe überhaupt bon Saubitte 
bie Siebe ifi, unb ob bie NamenSanbeutung N. beibemal auf biefelbe 
Serfönlicbfeit gebt, ©in fefter SluSgangSpunfi febeint ficb mir für bie 
Datierung aus bem ©ingang gu ergeben: $>er Srief iji löngji bon bem 
©mpfänger ermattet, unb ©albin lann ficb nicht einmal mit einem Stängel 
an Seit entfcbulbigen. tiefer Anfang nimmt — wenn anberS ber Srief 
überhaupt, was auch mir fefijiebt, an Souttain gerichtet iji — beutlidj 
genug Segug auf bie 2>ringlicbfeit, mit ber ftd) Souttain am 11. Suni 
1556 auf feine Wieberbolten Sriefe Antwort erbat: Mirari satis non 
possum, quod hactenus nihil ad me scripseris. Vereor, ne meae sint 
interceptae literae. Bis in nundinis scripsi atque inde postea semel 
atque iterum. $)er frater noster N., ben Souttain als feinen Sifar 
(Diaconus) p bezeichnen beliebte, fann auch fo noch Saubitte fein, ba biefe 
Segeidjnung bem Sriefe zufolge fdjon längft beutet ft worben war (quod 
pridem a multis animadyersum fuit); möglich iji eS aber auch, bajj bereits 
ber neue Äottege, Houbraque gemeint ift, beffen Serufung febon feit 
geraumer Seit im ©ange war, unb ber fein Statt in fSfranffurt tat Slpril 
1556 antrat. (Sgl. ©brarb S. 97 Sinnt. 1. ©djroeber, Troisiöme Jubile 
seculaire de la fondation de l’eglise röformee Franchise de Francfort 8. M. 
1854, S. 52.) ÄeineSfattB aber geht bie zweite NamenSanbeutung N. auf 
Saubitte ober feinen Nachfolger: Si N. nostro succensuerim, mihi constat 
optima ratio: quam sanis iudicibus haud dubie probabo. Et tarnen illam 
indignationem sincerus erga eum vereque fraternus amor expressit mihi, 
quia ipsum sibi noeuisse non secus dolebam, quam si in me recideret 
calamitas. Ac nunc quantopere me excruciet infelix quam semper timui 
eventus, yerbis explicare nihil attinet. SBelchen Stnlajj fottte Ipoubraque 


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Die SBegiehungen (Salbin8 gu granffurt a. SK. 43 

Ifegte, er fei — wofjl burtfy be ©edjelle — bei iljm oerteumbet 
worben. $118 er fidfj eitblid) $u if)t entfdjtofj, würbe fie iijrn ju 
einem ernften feelforgerlidffen gufprucl), in bem fidE» Freimut unb 
Siebe üereinten, um bem kbreffoten ju |)erjen $u bringen. Statt 
auf bie bieten @in$elfjeiten in ben ©riefen ©oultainS etnjugelfen, 
machte er iljn auf bie ©cfjulb aufmerffam, bie er fetber an ben 
28 irren trug: „ßwei f^e^Ier finb an ©tr allgemein befannt: 
©efaHfudfjt unb ein tnafslofer ©rang, ©td) fjeroorjutun. ÜBiUft 
©u alfo baS ©erebe ber Seute jum Schweigen bringen, fo mufft 
©u ©ir juerft red^t 9Rüf)e geben, bafj ©ein $erj rein Wirb oon 
allem @t>rgeij unb nach magrer ©efcf)eibenf)eit trautet, bann aber 
aud), bafj auch äufjerlicl) in ©einen ÜJlienen unb 333prten nidft 
meljr foöiel §od)mut unb Selbftbewufftfein jutage tritt. ©aS 
jage id) ©ir im ©ertrauen, nicf)t, wie ©u meinft, nadb ber 
Meinung eine« meiner greunbe, fonbem nad) bem Urteil öieler, 
bie (eg tut mir leib) ©eine ©ücljtigfeit nid)t fo wertfcl)äj 3 en, bafj 
fie nid^t bod) glauben, foldje SKängel täten tfjr (Sintrag. Um aber 
bem anbern ©orwurf $u entgegen — benn bei oielen bjat fid) bie 
Meinung eingefdffticljen unb ift ni(f)t auSjurotten, bafj ©u ©id) in 
©inge, bie ©id) nichts angeljen, mifefjeft, ja fie mit Suft fudjft —, 
mufft ©u burd) bie ©at jeigen, bafj ©u ©idj in ben ©renjen 
©eineg 2ImteS tjältft." 9iad)bem er it)tn bann nodl) $u ©emüte 
geführt Ijat, bafj er Weber mit feiner SßrajiS ber ©laubenSpriifung, 
nodj mit feiner ©ejeicfjnung ©auoißeS als feines ©ifarS einüer* 
ftanben fei, fäljrt er bann fort: „©iet anbereS ber Slrt will id) 


ober üottenbS ber fo friebfertige Saubille (Salbtn geboten haben, auf= 
gebracht gu fein? Stach bem gangen 3ufammenhang mufj e8 fid) um einen 
SKann .hanbeln, über beffen tpanblungSmeife (Salbin anber8 unb, wie bie 
©atfadjen geigten, richtiger urteilte al8 SPouüain. Diefer SKann ift a Sa8co, 
unb bie calamitas fein Stuttgarter StoHoquium mit Sreng am 22. SKai 
1556. Durch biefeS hatte fich a 2a8co in ber ©at fclber jdjwer gefchabet, 
ba er ben für feine Utfidfehr nottoenbigen SladjWeiS feiner Ubereinftimmung 
mit ber Sluguftana, wie iefct offenfunbig getoorben mar, nicht erbracht 
hatte, Diefeit eventus hatte (Salbin in ber ©at befürchtet, unb er mar 
aufgebracht über ben Sßolen, ber burch feinen SBerfudj mit ungulänglichen 
SKitteln nur ihm fein UnionStoerf unnötig erfdjtoert hatte. Sgl. meinen 
Ruf fab: 3ur Datierung gmeier Stüde au8 bem SBriefwedjfel (Salbin8.' 
Reformierte Äirchengeitung bom 20. unb 27. 3uni 1920. 


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44 


Star! Sauer, 


beifeite taffen, aus bemfetben ©runbe, au$ bem icfe bisher aucfe 
baS eine nicfet berührt feabe, nämlicfe weit icfe ©icfe fronen tooUte, 
um ©eine greubigfeit junt ©Uten nicfjt tjerabjuftimmen, unb meit 
icfe jugtcicfe hoffte, junefemenbe Steife merbe bei ©ir biefe ^e^Ier 
oon fetbft üerfcfeminben taffen." ©aS aber erläßt er SßouUain 
nicfjt, bafe er ifent oorfeält, mie er feine anbere Meinung als feine 
eigene gelten taffen motte: „Bebenfe bocfe aucfe, bafe ©u ntir fo 
beftimmt oorfcfereibft, mag icfe ju meinen feabe, als ob atteS auf 
©ein Urteil allein anfäme; benn oon ©ingen, bie ©u gar nicfet 
fennft, trägft ©u ©einen ©prucfe oor unb oerbieteft mir, anberS 
barüber $u benfen." (Scfetiefeticfe oerfidfeert er nodj: „Scfe fjatte 
feinen anbern ßmecf, fo fcfearf ju fcfereiben, als bafj ©u unbefdfeolten * 
bem Herren treu bieneft." Berföfenenb mirft an biefem emften 
Borfeatt, bafe ©atüin nicfet oon oben fjerab fßouUain abfertigt, 
fonbern fidfe als äfenlicfeer gelter fcfeulbig befennt. 2Bo er baoon 
fcfereibt, ißouüain ntifcfee ficfe in mandfee ©inge, bie nicfet feines 
SlmteS feien, fügt er feinju: „©ie ßubringticfefeit ber Seute jmingt 
einen freilidfe oft, toeiter $u gefjen, als man mißt; baS feabe aucfe 
icfe nur $u gut erfahren, unb eS mar mir nidjt anberS möglich, 
als bafe icfe in mannen fotcfeen SEBirbet feineingejogen mürbe." 3u 
feiner ©ntfdfeulbigung fann er nur anfüferen: „Billige Beurteiler 
merben mir täftige ©efcfeicfeten nicfet junt Bormurf ntacfeen, meit 
man meife, bafe icfe nur miber SCBitten micfe jujiefeen tiefe.' 4 Unb 
mo ^ßoulXain immer mieberfeott, er fotte nicfet teicfetfein glauben^ 
maS man nicfet nur oon ifem, fonbern audfe oon anberen erjäfele, 
ba oermafert er ficfe jmar gegen ben Bormurf ber Seicfetfertigfeit, 
aber er gibt jugteicfe ju, bafe er meniger bebäcfetig (circumspectus) 
fei, als er fein foltte. 

Satoin fonnte umfo efeer in biefer rüdfeattlofen SEBeife an 
BouHain fcfereiben, als er bereits ein fealbeS Safer oorfeer ficfe in 
einem ©dfereiben an bie franjöfifdfee ©enieinbe in grantfurt fefer 
nadfebrüdftidfe für ifen oerroenbet featte. ‘) ©r tabette ben juriftifcfeen 
Formalismus, ber ^ßoutlain nicfet atS orbnungSmäfeigen Bfarrer 
anerfennen mottte, meit er in granffurt nicfet in alter Form 


>) S3rief Dom 26. 2)egember 1555. Calv. Opp. XV, 895—898. Söei 

Samara n, 119 - 121 . 


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$>ie S3egifbunflen (SaltoinS gu granffurt a. 3ft. 45 

gemähtt morben fei: „üftir fdheint, eg märe unbantbar, einen 
Sftann mit einem 3M p oermerfen, ber bei ber ©rünbung ber * 
©emeinbe foldje 2)ienfte geteiftet hat, unb ihn nicht mehr p 
berüdffidhtigen, ba er hoch erft bie äftöglicfjfeit unb ben beginn 
eineg ©emeinbelebeng im tarnen ©otteg unb unter feiner Rührung 
pftanbe gebraut hot." „©eht hoch olle bie Kirchen an, bie in 
ganj SDeutfdjtanb unferm $errn 3efu ©^rifto getoonnen morben 
finb! ©inb nicht überall bie, bie perft in ihnen gemirft hoben 
an ber Slugfaat beg (Söangeliuntg, alg Pfarrer anerfannt morben 
o^ne meitere ^örmtid^feit?" $udh an bie folgen, bie ihr Äirdfjen* 
ftreit für fie felbft haben tonnte, erinnerte er fie: „Sljr mohnt 
ba in fjrantfurt gleichfam pr ÜUtiete. $inbet man nun, bafj 3h r 
fo fermer p befriebigen feib, mirb bann nicht biefe unangenehme 
2lrt bie guten Herren entmutigen, bie (Sud) fo freunblidfj auf* 
genommen haben?" ifnb ebenfo mieg er fie auf ben ganzen 
(Srnft ihrer Sage überhaupt hm: „Unfere ©egner in berSlbenb* 
mahtgfrage beginnen einen SSernidhtunggfrieg audh gegen (Such. 

2J2ag. SSaleranb ift bereit, fie prüdfpmeifen unb halt bie erften 
©chtäge aug. 2)afj er nun öon ber anbern ©eite noch burcl) 

Such behelligt mirb, ift bodh p munberlidh. ©erabe bie 9iot, in 
ber er ift, 1 ) foKte felbft bie $erjen be^er rühren, bie mirflidh 
©runb hätten, ihm p prnen. # ©eht oor allen Gingen audh 
barauf, bafj ©ott (Such h«tmfucht mit ber Sßeft, unb baff er (Sud) 
fdhon einen (Suerer Pfarrer genommen hot, fopfagen alg eine 
SDrohung, er molle (Such bag ganje geiftlidhe 3lmt nehmen, menn 
3h* nicht pr ßufriebenheit p bringen feib." 

5Die SDinge maren inbeffen in ^ranffurt fdhon p meit ge* 
biehen, alg bafj eip fo emfteg unb treugemeinteg ©dhreiben noch 
oiel hätte helfen fönnen. |>ier 2 ) hotte ©lauburg ben gaU ein* 
geljenb geprüft unb fidh oon (Saloin beraten laffen, ehe er feinen 
©dhiebgfprudh fällte. 2)a ©lauburg aber baran fefthielt, bafj bie 
granffurter ©emeinbe bie gortfepung ber ©laftonburger fei unb 
bie neuen ©lieber fidh begl)alb ihr fügen müßten, fo gab fidh 
Segranb mit ihm nicht pfrieben, fonbent nahm ben ©treit oon 

x ) SöoTt ibr batte er foeben Stunbe erbalten bur<b ben SBrief SßouHainS 
üom 1. $)egember 1555. Calv. Opp. XV, 877. 

2 ) SSfll. bie (Singelbeiten bei Seffer <B. 70 ff. 


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46 


* 

Starl Raiter, 

neuem auf, in bem er nun auch batmr nicht jurüdffchrecfte, ganj 
> haltlofe Verfeumbungen gegen fßouHain unb baS ^ßreSbhterium in 
Umlauf ju fe|en. Sfteue ©dhreiben, bie ©alpin am 24.Suni 1556 
an fßouUain unb ©fauburg, an bie ©emeinbe unb ihre Vertretungen 
richtete, blieben bei ber allgemeinen ©rregmtg, bie fi<h ber ©emüter 
bemächtigt hatte, ohne ©rfolg. Am 21. Sufi fanb fich ber Vat 
oeranlafjt, fich mit ber Angelegenheit ju befaffen. 9Kit feiner 
ßuftimmung nmrbe ein neues ©dfjiebSgericht eingefefct, baS unter 
bem Vorfi|e ©ültiinS 0 ben ©treit fchtichten follte. Aufjer biefem 
gehörten ihm noch an: ber ©uperintenbent ber fjranffurter grentben* 
gemeinben SohanneS a SaSco, ber Pfarrer ber engfifdhen ©emeinbe 
Robert |jorne, ßaurent be Sßormanbie, ber Vudhhänbler Soh aime§ 
©rifpinuS, ber uns fonft unbefannte ©panier SohanneS ißieriuS, 
ein Ältefter ber franjöfifchen ©emeinbe namens SfäcofauS SBalet 
unb ber Ar§t ©uftatfjiuS OuercetanuS (bu tlueSnop) bon Saufanne. 

SKitte ©eptember 1556 traf ©afoin in $ranffurt ein. 2 ) 
Vieren Sage mährte ber Aufenthalt. 3 ) Sie ßeit mar in einem 
Sftafee mit Arbeiten auSgefüttt, bafj er nicht baju fam, eine Senf« 
fdhrift für ben Reichstag aufjufepen. 4 ) ©S berftanb fich für bie 
©emeinbe bon felbft, bafj er ihr in ber SGBeifjfrauenfirdhe prebigte. 
Auch ein $inb Vfoparb hat er in jenen Sagen getauft. 5 ) Aufjer 
ben $änbeln in ber franjöfifchen ©emeinbe maren auch neue 
©treitigfeiten unter ben ©ngfänbern ju fdhlidhten. 6 ) Unb als ob 
eS an aflebem noch nicht genug märe, berffodjt ihn audh ein Arjt 


*) Die Aufforberung fam für ©albin gänglid) unertoartet. Repente 
iter arripui, fdjrieb er beSholb am 17. September 1556 an ben iüngeren 
SonaS. Caly. Opp. XVI, 282. 

2 ) Ser genaue Sag feiner Anfunft ift uns unbefannt. Sriefe, bie 
er bon granffurt aus an 2Mandjthon unb ben jüngeren SuftuS SonaS 
fdjrieb, finb bom 17. ©eptember batiert. 

®) Srief an Sßolfgang AtuScuIuS in Sern bom 26. Dftober 1556. 
Calv. Opp. XVI, 319-321. Sei ©chtoarg n, 158. 

4 ) Srief an Solmar. Calv. Opp. XVI, 284. 

s ) Sgl. bie hanbfd&riftlidbe ©fpronif bon Abraham Atangon (6.113) 
im Ardjib ber beutfd&en ebang.*reformierten ©emeinbe in ^ranffurt a. Ai. 

6 ) Son ihnen buffen mir nur au$ ber Sotig ©albinS in feinem Srief 
an AtuSculuS in Sem bom 26. Dftober 1556: Quasdam etiam turbas in 
ecclesia anglicana composui. 


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Die ^Beziehungen (SalbinS 31 t granffurt a. 21 t. 


47 


namens SuftuS SMS aus bem |>aag in eine jweitätige Disputation 
über SBiflenSfreiheit unb ißräbeftination. 

SuftuS ielS, ber mtS 1543 als ^ßrofeffor ber Sßljilofopfyie 
in ©trapurg begegnet, bertrat Slnfchauungen nach Slrt ©dornend* 
fetbS unb ber Sßiebertäufer, 0 bie if>n 1555 in ©öln in ben 
Werter ber Snquifitoren gebraut Ratten. 3« $ranffurt, wo if)n 
©albinS ^Reisebegleiter £>otomattuS als einen breiften @dE>toä^er 
v Qiomo loquaculus et satis audax) lernten lernte, fjatte er un* 
längft ^ome mitgeteilt, er Ijabe gemiffe propf)etif<he Offenbarungen, 
bie er jum ©egenftanbe einer öffentlichen Disputation machen 
wolle. StlS er bon SalbinS ©intreffen prte, wünfepe er, bafj 
biefer präfibiere. Der ©runbgebanle feiner Dhefen war nach 
§otomanuS l 2 ): entweber gebe es einen freien SEBiUen, ober ©ott 
fei ein Dprann. Sorbeeren erntete er freilich nicht. SWuSculuS, 
meinte ©atbin, 3 ) folle fi<h einmal erhöhten taffen, Wie ber ein* 
gebilbete SDGenfdf) unter bem ®eläcf)ter beS ganjen SlubitoriumS 
habe abtreten muffen, $otomanu^ aber metbete am 22. September 
an 33uHinger 4 ): bei ber zweitägigen 5 ) Disputation fyobt S8elS 
nach bem übereinftimmenben Urteil bon Seuten aus allen Greifen 
auch ben testen 9teft bon Slnfeljen bertoren. Sin ©atbin bagegen 
fei bon allen Deutfdjen namentlich Sein ©dfjarffinn unb feine 
Dialefti! bewunbert unb mit ben hoffen Sobfprüdhen bebaefff 


l ) @0 baS Urteil ber ffranlfurier Stabtpfarrer über lein 23udj „Die 
«Summa ©briftlicb Sehre bnb ßebenS", ba8 er 1561 nt ber Stabt brudfen 
laffen wollte. 9tatfchlagung8proioIoII Dom 14. 2lpril 1561. 

8 ) ©rief an SJuDinger bom 22. September 1556. Caly. Opp. XVI, 301. 

3 ) Calv. Opp. XVI, 319. Quanto cum dedecore, atque etiam totius 
auditorii ludibrio discesserit homo mira arrogantia turgidus, ex aliis 
te scire malo. 

4 ) Ibid. p. 301 sq. Biduum ita diaputavit, ut summo omnium ordinum 
hominumque consensu, si quid reliqui haberet, quod de existimatione 
deperderet, id ei totum sit abiudicatum. Calvinus contra ab omnibus 
Germania non tarn propter eruditionem, quae iampridem nota est, quam 
propter acumen ingenii et in disputandodexteritatemquandam admirabilem 
in coelum laudibus est sublatus. 

5 ) Sßohl am 18. unb 19. September. Denn in ben ^Briefen bom 17. 
ift bie Disputation nodj nicht ermähnt, am 20. aber begannen nach bem 
Schreiben SßouHainS an baS ©d&iebSgericht (Caly. Opp. XVI, 288—290) 
bie SSerhanblungen über ben Streit in ber franjöfifchen (Semeinbe. 


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48 Äarl Sauer, 

Worben. hiernach ift eg wohl berftänblich, bafj eg bie lutljerifcfjen 
^ßräbifanten nicht gelüftete, ftdj mit Ealbin in eine ©igputation 
einptaffen. ©er 0tat feinerfeitg wieg Sßetg aug ber ©tabt oug , x ) 
mag biefen aber nicht §inberte, öier Sahre fpäter mieber in ihr 
aufptauihen. 

©ie (Schlichtung ber Bwietradjt im ber frangöfifdjen ©emeinbe 
war für Ealoin, wie er felber Sötugculug geftanb, ein fef)r unan» 
genehmeg ©efchäft. ßuerft war bie ftlagefdjrift p ftubieren, bie 
nicht weniger alg fünfunbjwanjig ©efdjwerbepunfte umfaßte. 2 ) < 
©ann erhielt ©outtain fchriftlid) unb münblidj Gelegenheit fi<h p 
rechtfertigen, ©anach befamen beibe Parteien bag SGBort pr 
Erwiberung. hierauf waren bie Beugen p bernehmen unb ©riefe 
unb Sitten p lefen, bie pr Ermittlung beg ©atbeftanbeg erheblich 
waren. Enblid) würbe bei jebem einzelnen fünfte unterfudht, 
wer 3ted)t unb Wer Unrecht habe. 

©afi bag ©chiebSgericht pgunften ßegranbg entfdjieben höbe, 3 ) 
fann man nicht behaupten. Vielmehr lam eg bezüglich ©ouHaing 4 ) 
p bem Ergebnis, ber SSahrheitgbeweig fei bon ben Stnflägera 
nicht erbracht, 6 ) unb eg hielt eg noch befonberg für nötig, ihm 
bie Erhebung einer ©eleibigunggflage p unterfagen, fo wie eg 
Segranb berbot, mit neuen Stnflagen gegen ©ouKain herborptreten. 

Eine Veilje bon Ätagepunften fchieb eg überhaupt aug, weil hier 
sßouöain nicht auf eigene Verantwortung, fonbern pfammen mit 
feinem ^regbpterium gehanbett habe. Sn anberen fällen fam eg 
p bem ©djluf}, bie Slnflage fallen p taffen. 6 ) ©aneben ergaben 

*) 23firgermeifterbu<h bom 20. Oftober 1556: „Eodem die ift befohlen, 
bg man Justo Yelsio faßen foß, fein Sßfenning anberStoo gu bergehren." 

2 ) ©ie Slnfchulbigung, bie fich bie Sibilanten laut ©egenbericht § 64 
gutragen liefen, „a(8 hette er (fßoutlain) mit ben gemeinen Slßmofen bnb 
mit ettlidjer feiner ßeut föaufjginS, benett er bie §eufer befteßt, bntretolich 
gehanbelt" (S- 91. n, Seil. 14, ©. 76) finbet fich nicht barunter. 

8 ) So Seffer @. 71. 

4 ) Sgl. hierüber Proc&c-Verbal de l’interrogatoired’Augustin Legrand. 

Calv. Opp. XVI, 290—292 unb Calvini iudicium in causa Pollani. Ibid. 
292-300. 

8 ) Quod temere et iniuste de rebu» non compertis accusatus fuerit. 

6 ) Excusabilis erit Valerandns; pro absoluto habendum decrevimus; 
tarn calumniae quam violatae fidei culpa liberamus; id minime fuisse 
nobis probatum, itaque Valerandum absolvimus. 


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$>te Sejjte^mtgen SaltotnS gu ftranffurt a. >tft. 49 

fid^ aber audf) einige Söeifpiete, in benen eS bent 9lnge!lagten 
Unrecht geben mußte, aber aucß l^ier bebiente e§ fid^ in ber 
Raffung beS Urteils einer feßr milben Formulierung, 5 .93. Sßoullain 
ßätte einen gemiffen SluSbrud lieber nidjt gebraust unb fidj 
mäßigen fotlen; ober bei ber Söaßl ber Siafonen fei er §mar mit 
einem fträflidßen öeidßtfinn ju Söerfe gegangen, aber ba ein 93 etrug 
nidßt nadßmeisbar fei, fönne man aucß biefen F a ß nidßt meiter 
oerfolgen. 1 ) Sodß mar eS eben biefe Formulierung, bie auf eine 
Freifprecfjung megen mangelnber 93emeife ßinauSfam, rnaS SßouHain 
bann beftimmte, freimiflig oon feinem 9lmte jurüdjutreten. 

ßalüinS eigene Meinung fommt inbeffett in biefem Urteil 
nur bis $u einem gemiffen ©rabe jum SluSbrud. Fit ißrer ^einßeit 
lernen mir fie aus feinem 93riefe an ÜfliuScutuS fennen, bem er 
fdßrieb: „Obmotjl 93 aleranb jeher 9 lrt oon ©träfe mert gemefen 
märe, fo finb mir bocß auS gemiffen ©rünben nacßfidjtig fdjonenb 
mit feinen F e ^ crn umgegangen. 2öeil baS aber baS einzige 
äftittel mar, ben F r ^ en in ber ©emeinbe mieberßerjuftellen, fo 
mußte er abbanfen, unb jugleicß ßaben mir offen oor ber ©emeinbe 
auSgefprocßen, menn aucß in etrnaS gemilberter Form, baß er nidjt 
in allen Gingen baS Pfarramt redßtfdjaffen oermaltet ßabe. Senn 
eS maren ißm offentunbige Singe ttacßgemiefen, beretmegen idj 
mid), falls midß folcßer Sabel träfe, auf alle $eit in bie tieffte 
£ößle üerfröcße; er aber, gelungen, unfern ©prucß anjuerfennen, 
ßört in feiner gemößnlidßen Unoerfrorenßeit nicpt auf, mit feiner 
Fteifpredjung ju praßten." 2 ) 

Saß SaloinS Urteil in bem ©prucß beS ©djiebSgeridjtS fo 
feßr jurüdtritt, liegt junäcßft moßl baran, baß er nadß ben mieber* 
ßolten ©rmaßnungen sßouflainS, nicßt alles ju glauben, maS er 
über ißn ßöre, fiep bei ber 93 erßanblung nicßt bem ©cßeine aus* 
feßen moflte, als ßabe er fiep oon feinem F reu nbe be ©ecßeHe 
beeinfluffen taffen. Sann aber gehörte bem ©cßiebSgericßte nicßt 
nur ein ©laftonburger 9Ritglieb beS F ran lfurter ißreSbpteriumS 
an, baS natürlich nacß feiner intimen Kenntnis ber Vorgänge 
ißouKain baS SBort rebete, fonbern eS patten in biefem aucß ber 

*) Quia tarnen de fraude nobis non constat, pronunciare etiara 
nolumus, nec eum etiam subiicimus huic crimini. 
a ) <3d&toarg II, 158. 

S<^r. 8 . f. 9t. 38. 4 


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itarl SBaucr, 


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V 


50 

über manche SBorfommutfje gleichfalls mo§luuterricf)tete englifche 
Pfarrer |jorue unb öor adern ber Superintenbent ber $remben= 
gemeinben a SaSco Si| uttb (Stimme, unb auf ben if|m tvofyU 
gefinnten ^Solen f>atte fidj ber Angeflagte nocl) unmittelbar oor 
(Eröffnung beS SBerfaljrettS am 20. September berufen. *) liefen 
ÜDiännern gegenüber mufjte fid) Saloin eine gemiffe ßurüdpaltung 
aufertegen, unb eS ift ein ßeicljen jeiner biptomatijcfien Älugfjeit, 
bajj er bie mitbefte $orm beS Urteils roäfjlte, menn er nur in 
ber ©ad)e fetbft jum ßiele gelangte unb ben üiüdftritt fßoullainS 
erreichte, ben er im Sntereffe beS griebenS in ber ©emeinbe für 
notmenbig hielt. So fteHt fich uns ber SdjiebSfprucf) als ein 
Äompromift in bem Antagonismus jmifc^en Salttin unb a SaSco 
bar, bei bem baS Ü6ergemidf)t auf ber Seite SalöinS mar. fßouüain 
hat audf) gemußt, bafj Salbin an jeiner, menn aucf) nodt) jo fef)r 
öerjdfjleierten Abfejjung jcfjulb mar, „barurnb er barnadj bis an 
jein enb Salutno befte feinber gemejen," 1 2 ) — jeine ©efütjle maren 
bie eines fßfatrerS bon heute, ber jtdf) bon jeinent Äirdjenregimente 
einem faulen ^rieben in jeiner ©emeinbe geopfert jie§t. SCBenn 
aber Salöin meinte, er pabe einen großen Srfolg in granffurt 
erreicht, 3 ) jo jeigte ber meitere ©ang ber ®inge jdfjon halb, bajj 

1 ) SBrief 5ßouQainS an ©albin unb bie übrigen ©chiebSrichter oom 
2Ö. ©eptembsr 1556. Calv. Opp. XVI, 289: Rogandi mihi estis, siquidem 
hodie convenitis ea de causa, imprimis ut de facto . . . maxime audiatur 
ipse D. a Lasco, vir non solum nobilitate et eruditione clarus, sed etiam 
pietate et prudentia apud omnes ecclesias illustris: qui unus inter vos 
omnes totam hanc causam optime novit, cui etiam testium adversariorum 
mores, affectus et studia magis quam cuivis alteri sunt cogniti. 

2 ) ©eg enb er ich t ber ^ranffurter SJkabifanten § 64. %. 91. II, SBeil. 14, 
©. 76. 

8 ) Denique uberem quantumvis laboriosae operae fructum ex illa 
urbe mihi retulisse videor. ©rief an 2Ru8culu8 bom 26. Dftober 1556. 
Calv; Opp. XVI, 319. Unrichtig ift bie ^Behauptung 33effer8 ©. 73, 2lnm. 1 
ber „grojjfprecherifche" $arel ^abe bem ©ingreifen ©alüin8 in ben $ranf* 
furter J?ircpenftreit einen „großartigen ©rfolg" gugefchrieben. Satfächlich 
hat fjarel am 28. 2lpril 1558, at8 Sßouöain tot mar unb bie ©emüter fiep 
in $ranffurt beruhigt hatten, an ©albin gcfchrieben: Profectionem satis 
difficilem et longam et multorum dierum suscepisti pro componenda 
Francofordiensi Gallica ecclesia, ubi istic tibi non minus erat negotii 
quam nunc sit, nec minori laborabas invidia. Et Dominus effecit, ut 


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$)ie SBegiehungen ©albing su ^ranffurt a. 2W. 51 

ein bauerljafter griebe au cf) mit ber Preisgabe fßouflainS nid)t 
erlaufen mar. 

s J2atf)bem ber Streitfall jraifdjeu ^ouÜain unb ßegranb ent= 
fliehen mar, motlte bie Äommiffton aud) bie $ ra 9 e megen be§ 
fßre§bt)terium§ entfdfeiben. dagegen aber erhöben nun ^ßouUain 
unb bie Sftteften Sßiberfprud), meil mit biefer Untermerfung unter 
ein frembeS Sd)ieb3gerid)t ein fßräjebensfall gefdfaffen merbe; 1 ) 
fie Ratten au§ ben Schriften SaloinS gelernt, eine $ird)e fei ber 
anbern nicf)t untertan. 2>a3 ©injige, moju fie fic^ bereit erllärten, 
mar eine fftüdfprad)e mit ©atoin unb ^orne. hierauf aber ging 
bie ßommiffion nid)t ein, ba iljr Auftrag nid)t auf einzelne 
if)rer ÜRitglieber lautete. 9 iud)beni it>r burd) bie ableljnenbe 
Haltung be£ fßresbpteriumS bie §änbe gebunben maren, betrachtete 
fie ihre Aufgabe al§ erlebigt unb empfahl bie ©emeinbe ber 
Obljut ©otteS, baff er ifjr nad) feiner unergrünblidjen 23arm= 
fjerjigfeit helfe non ben ungeorbneten ßuftänben, in benen fie fie 
Surücf liefen. 

$ür feine Slbreife nal)m Saloiit ben 24. September in 2lu§= 
ftcht. ®er fRat mar mit bem ©rfolg feiner Serlfanblungen ju= 
frieben unb lieh ifpn 2>anf fagen unb einen @t)rentrun! reifen.' 2 ) 
fßouDain aber gebaute bie Stabt ju oerlaffen, in ber er fiel) um 
feine ©emeinbe fo große SBerbienfte ermorben unb fo oiel Unbanf 
bei ihr geerntet hatte. 3 ) 


irritus non fuerit labor. Calv. Opp. XVII, 147. (§ür ^oulIairtS Job 
Dgl. bie Sßenbung in bem 33riefe be8 ©nipiuS an ©albin toom 2. Slpril 
1558: Valerandus piae memoriae. Oalv. Opp. XVII, 121.) 

1 ) Fore hoc maii exempli, si alieno arbitrio se submitterent. Calv. 
Opp, XVI, 300. SBeffer ©. 71 gibt fiatt beffen al§ (Srunb für bie Steigerung 
ber $lteften ba& Urteil über fßouüain an. 

2 ) A senata gratiae actae, et vinum per tres apparitores honorifice 
missum. $otomnnu§ an SnOinger am 22. September 1556. Calv. Opp. 
XVI, 302. 

8 ) SSürgermeifterbud), 20. Oftober 1556. Eodem die ift befohlen .. . 
begleichen Valerando Pollano ^ranfcofifcben fßrebicanten menn ©r üon 
hinnen sieben mirbt, ein Slbfd&ieb in gemöhnlicher formb mittheilen. fßoullain 
blieb inbeffen bann bod) in ^ranffnrt, mo er 1557 feinen Antidotus gegen 
tpartmann Söeper fchrieb. 

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52 


Starl Sauer, 

IX. 

SBie ernft bie Sage ber ^remben fitf) burch i^re unaufhör= 
liehen «Streitigfeiten geftattete, fchrteb ©lauburg am 3. Stpril 1556 
an Satbin. @r meinte oorauSjufehen, bajj bie ©emeinbe an biefen 
Streitigfeiten nicht nur fdjliefjticf) untergeben merbe, fonbern bafj 
überhaupt nirgenbg in 2)eutfdhlanb mehr ihres VleibenS fein 
merbe. @r felber molle gmar audh fünftig treu ju ihnen ftehen. 
Sluch ber 9tat fei ihnen bisher freunblicf) gefinnt gemefen. SBenn 
fie gleidhmoht julept nod) einmal famt unb fonberg auggemiefen 
mürben, fo hätten fie fich bag nur felber gugufchreiben. *) SCßie 
fehr biefe ^Befürchtung begrünbet mar, geigte fich fchon balb. 

3mar bie Saljre 1557 unb 1558' fchienen eher auf eine 
^eftigung ber Sage ber ffrembengemeinben t)i n 5 u beuten. ©in 
ffürftentag, ber ©nbe 3uni 1557 gur Vorbereitung beg SBormfer 
Kolloquiums in granffurt ftattfanb, 1 2 ) unb bem bie $remben bie 
Confessio Saxonica üütelanchthonS mit ihrer Unterfchrift alg ihr 
VefenntniS borlegten, braute ihnen nicht nur namhafte Sllmofen, 
fonbern auch bie gemichtige $ürfpracl)e mehrerer dürften ein. 
Valb barauf bermanbte fich auch 31teIand)thon in einem befonberen 
Schreiben 3 ) für fie bei bem State, unb alg er auf ber Steife gum 
SBormfer Kolloquium fich f e ® er in ber Stabt aufhielt, lieft er 
Veper, ber feinen Stauten gegen fie hatte auSfpielen moflen, am 

1 ) Calv. Opp. XYI, 96: Certe si mihi liceret proferre id, quod sentio, 
dicerem Satanam eo intendisse omnes nervös, quo non solum hic galli- 
canam destruat ecclesiam, verum etiam illam reddat propter ipsorum 
implacabile odium sic exosam et detestabilem, ut nullum amplius in 
Germania locum invenire possit, sicut tua excellens pietas pro donis tibi 
a Deo concessis facillime poterit iudicare. Quantum in me tarnen erit, 
non deseram pios et pacificos huius ecclesiae, quamdiu illa hic habuerit 
locum. Senatus huius urbis illos hactenus benigne et humaniter tractavit. 
Ipsimet nunc videant ne sint in culpa ut omnes urbe expellantur. 

2 ) öejfer fdjeint il»n nicht au fennen. 2Benig|len8 bringt er ba8 
barauf bezügliche Schreiben DttheinrichS oon ber Sßfalj mit bem ftranf* 
furter Dtegeft 1558 in SSerbinbung (@. 75 Sforn. 2). 

3 ) SBorn 13.3uli 1557. 9t. I, »eil. 21, 6. 44 f. Original in ben 

Slften be8 ^rauffurter ©tabtardjibS über ba8 reformierte Stirdjentoefen. 
Tom. I, 331.154—157. »erlefen tourbe baS Schreiben laut 9tat3protofoll 
am 22. Quli. ©8 tourbe lebiglidj ju ben SXften genommen. („9Jtan lajj e8 
off fich fclbft beruhen".) 


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$)ie SSegiehungen (SalbinS gu ftranffurt a. SW. 53 

5Cifc^c feines ©aftfreunbeS Staus SBromm nicht ben geringften 
ßweifel barüber, wie fefjarf er fein unb feiner Kollegen Stellung 
ju ben gremben oerurteile. Sein 3tnfe£jcn aber überwog in 
fjranffurt noch immer baSjenige SSeftphalS. 211S bann bie gremben 
ebenfp wie bie eintjeimifcfyen Sßräbifanten 1558 ifjre ^uftimmung 
ju bem grauffurter SRe^efj erflärten, 0 fc^ien für bie ßufunft jebe 
©efatjr befeifigt. 

5fber fepon bamatS fehlte es nicht an Sittlichen bafür, baff 
baS jidbemufite ßut^ertum feine giele mit jäher ©ntfdjloffenheit 
oerfolgte, ßwei bisher nicht beamtete Symptome lieferte baS 
Sah* 1557. SllS man in biefem Satjre bie feit ben Streitigfeiten 
um baS Interim in 93ergeffenf»eit geratenen ärmlichen Katecpi* 
fationen wieberaufnahm, fefjrte man nicht ju bem granffurter 
Katechismus jurücf, ber nach einem langwierigen Streit jwifepen ben 
„ßwingtianern" Imbach, SuliuS unb SigariuS unb ihren lutherifdjen 
Kollegen 1541 juftanbe gefommen war, fonbern man legte ben Kleinen 
Katechismus SutherS jugrunbe. $)ah ©eltner, SÖeper unb Ütitter 
ben Kompromi^fatechiSmuS für ihre ßwerfe wenig geeignet fanben, 
ift nicht ju oerwunbern angeficptS ber ^atfache, bah bie gremben 
biefen Katechismus fpäter als ihren Katechismus neu briufen 
tiefeen. 2)aS jweite Slnjeidjen bafür, wie man barnats in $ ran f s 
furt bie gapne beS SuthertumS entrollte, war bie 2utf)erbiographie, 

bie äßatthiaS Witter 1557 oeröffenttidhte. 2 ) 5tbgefepen üon bem 

\ - - - 

•) $)ie ^ranffurtcr Sßrabifanten erflärten ihre 3uftimmung am 
25. SWai (SBürgermeifterbucf) bom 26. SWai). ©leichgeitig ftimmten auch bie 
gremben gu (§. W. I, Söeil. 20, <3. 39—44. WatSprotofoII bom 31. SWai). 
$afe man auch in bem Greife (SalbinS mit bem Wegejj einberftanben mar, 
geigt ber SBrief, ben föotomanuS am 28. 3uni 1558 au§ ©trafcburg an 
(Salbin fdjrieb: Nisi putarem missam tibi fuis&e consensionem nostrarum 
ecclesiarum in religione Francofordiae in comitiis imperatoriis a prin- 
cipibus obsignatam, eam ad te mitterem. Mihi sane articulus de coena 
placuit et D. Zancho valde arridet. Calv. Opp. XVII, 226. (Salbin mar 
mahl burch SPerrucel unterrichtet, bgl. beffen SBrief än ihn' bom 9. 3uni 
1558, ibid. 199. 

») H1ST0RIA DE | VITA ET ACTIS REVERENDIS-1 SIMI VIRI 
D. MARTINI LVTHE-|RI VERAE THEOLOGLE DOCTO-|RIS, BONA 
FIDE CONSCRI- | PTA A PHILIPPO ME- | LANCHTHO- | NE. | 
ADIECTA EST PRJ5TEREA DE 0- | bitu eius breuis Narratio, Cum 
Oratione D. JO. Po-1 merani, in funere habita, quae nunc primum in | 


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54 


Äarl Sauer, 


3 übet, mit bcm fie if)tt auf ber Sßormfer s Jteife begrüßt Ratten, 
mar bie (Stellung ber ^ranffurter 3 U ßutljer mehr als jurücf» 
paltenb gewefett. @eHariu§, ben er ihnen als Pfarrer pgebacht, 
hatten fte abgelebt, unb auf feinen 2Barnung§brief 1533 hatten 
fie iE)m burch 93ucer eine unoerblümte SÄbfage erteilt. 9£icf)t er, 
fonbern ßapito unb SBucer, SReland^ttjon, Salotn unb SWuSculuS 
waren ifjre SertrauenSmänner. SBenn biefen gegenüber jefct er 
jut ©eltUng tommen follte, fo mußte man ben grantfurtem bor 
adern eine genauere SBefanntfchaft mit feinem Seben oermitteln. 
Unb am beften fc^ien e§ §u biefem ßweefe, ben ßebenSabriß felbft 
fnapp jn galten, ißn aber mit 3 eu Ö n iffen anberer, namentlich 
2 J?elanci)tt)on§, einjuleiten, bie über bie Sebeutung be§ ÜEBittenberger 
^Reformators feinen ßweifel ließen. Unter biefem ©eficljtäpunfi 
ift bie tleine Slrbeit 9titter§ $u oerftehen. äRocfjten bie Stabt» 
uäter (Salotn f>och au^eichnen, unb mochte ÜMandjthott „bor 
einem Xifdj boH Seut" Seper jurechtroeifen tote einen Schuljungen: 
toer waren benn ßaloin unb ÜKelancf)tf)on neben ßuther! 1 ). SRit 
töebacht faßte dtitter feine Schrift aber lateinifdj ab. ($r wollte 
bamit auf bie Herren auf bem Körner einwirfen, unter benen bie 
gremben fo gewichtige gürfprecher hatten. $)aß er, wie er angibt, 
bie Seute oon geringer Söilbung unb niebriger SebenSftellung 
(minus peritos et inferioris sortis homines) habe belehren 
wollen, glauben wir ihm nicht, benn biefe Greife oerftanben batnalS 
in fjranffurt ebenfowentg Öatein wie heute. |jätte er e£ auf fi € 

Latiuum Sermonem conuersa sunt, | per Matthiam Ritteruni | Francofor. 
darunter in einem Greife ein fepr auSbrucfSboßer Jpolsfcbnitt ßutberS mit 
ber Umfcbrift: Iustus perit | & ne mo (sic!) con-1 siderat. Esai.56. Unten 
bie SabreSjabl: 1557. 25er ®rucfort ift nicht angegeben; ber Srudter bürfte 
©eter ©rubad) in f^ranffurt fein. 2>ie Kenntnis beS 86 ©latter in Hein 8°, 
umfaffenben ©ucbeS berbaitfe id) ber ©üte bon #errn ©rofeffor Dr. Sdjötie 
in ©fünfter i. SB., ber eg einft bon einem Antiquar in ©reifStoalb er= 
worben bat. (Sinen Vorgänger batte Stifter übrigens bereits in Rabannes 
©oüicaviuS ©bgnäuS in SBei&enfelS, beffen ßutberbücblein bon 1547 famt 
ber SBibmung an ben dürften ©eorg bon Slnbalt er an bie Spifce feiner 
eigenen Slrbeit fteUtc. 

') 25ie ©eaeidptung itutberS als tertii Eliae gebt bis in jene 3eit 
*urütf. ©gl. ben ©rief beS 25atbenuS an ©albin bom 20. September 1560. 
c'alv. Opp. XVIII, 189, 


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2)te Sejtefjungert Sattiin« jtt ftranffurt a. 2R. 55 

Wirflich abgefehen gehabt, jo t)ätte er ftcb» bie SRiHje fparen fönnen, 
beit offiziellen ©ericht oon SuftuS SonaS unb ©enoffen über ben 
Xob £utf)er§ unb bie Seidjenprebigt ©ugenljagenS in$ Sateinifche 
ju übertragen. 2öirflicf>feit |atte er eS auf bie einflußreichen 
Patrizier abgefehen. @1 mar ein SlppeH an ihre UrteitSfähigfeit, 
toemt er fdjloß: 2Ber nicht ganz ntit 23linbf)eit gejdhlagen fei, 
müffe in Suther ein auSerwählteS 9lüftgeug ©otteS erfenüen, baju 
bereitet, um mit großer Äraft unb ©lauben bie wahre Religion 
aus ber $infterni3 toieber ans Sicht $u bringen. 1 ) ^Diefe „wahre 
Religion" bertraten aber in granffurt Witter, ©eper unb ihre 
Kollegen. 2öer wußte, ob 9Mand)thon unb ©aloin ihr ergeben 
waren? ©ei ben ^remben aber war fie feineSfallS ju finben. 
@o galt e§, fiep gegen fie ju erflären unb hinter bie ^ßräbifanten 
ber «Stabt ju treten, bie baS teuere ©rbe biefeS ÜDtonneS tro§ aller 
©nfeinbungen fo treu oerwalteten. SSenn aber bie Sßräbifanten 
gerabe jept unter bem ©influffe ber beiben fjranffurter Tagungen 
feit 1558 eS fiep zwei ^apre laug berfagten, bei bem floate 
Schritte gegen bie ^rernben zu unternehmen, 2 * 4 ) fo war ba§ nur bie 
Stille bor bem Sturm, ber nach & cm äMancptponS loSbrad) 
unb ben ©otteSbienften in ber SBeißfrauenfircpe ein ©nbe machte. 

@3 war ba§ ©erpängniS ber ^rernben, baß fie biefe ßeicpen 
ber $eit nicht berftanben. 2)ie Streitigfeiten, welche baS Schiebe 
geriet unter bem ©orfipe ©albinS nur foweit patte fdf>ticf)ten 
fönnen, al§ ^ouUain an ihnen beteiligt war, lebten fehr rafch 
mit neuer Schärfe wieber auf. 

X. 

3 n granffurt erfuhr man eS fcpon halb, baß e§ eine berfehlte 
fircf»enpo!itifcf)e ©JeiSpeit war, um beS griebenS willen einen ber* 
dienten Pfarrer einigen auffäffigen ©lementen zn opfern, ftatt ihm 
einen neuen 3tü<fpalt zu geben. @3 war umfonft, baß Sßoullain 
bon Salbin feinen ©egnern geopfert worben war. ©Sir wunbern 

l ) Statt ii 5: Vident euim homines uou pl&ue coeci tautas res nou 

huuianis consiliis potuisse geri, sed hunc virum ,praecipuum Dei organum 

fuisse, ad hoc electum et praeparatum, ut magna vi et fidncia veram 
religionera e tenebris erueret et hi lucem reduceret, 

4 ) 9t. II, Seit. 14, ©. 85. 


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56 


Äarl Sauer, 


un§ nid)t, bajj ade ßiebe unb Verehrung, bie er bis baljin für 
Galüin gehegt E)atte, in eine tiefe Verbitterung untfdhlug. 1 ) 53Der 
Triebe war nur fdjeinbar wieber^ergefteflt, unb eS währte nid^t 
lange, fo bracf) ber gwift t>on neuem aus, ja er nahm mit ber 
$eit formen an, wie fie ihm, folange fßoullain an ber ©emeinbe 
war, fremb geblieben waren. 

«IS Pfarrer bienten je|t ber ©emeinbe ©uillauine ^oubraque, 
ber fcffon bisher ^SoutlainS College gewefen war, unb $rauQoiS 
ißerrucel bit be la Stioiere. 2 ) 3h re griebenStiebe ift, wie; baS 
auch fonft in folgen Jütten jn gefc^eEjen pflegt, auf Soften iEjreS 
Vorgängers unb Kollegen fräftig IjerauSge^oben worben. Von 
^onbraque meinte ßaloin rühmen ju bürfen, er beftpe baS nötige 
Sftafs oon 5EEugE)eit, s Jteife unb Sftäfjigung, um ©treitigfeiten bei* 
julegen, unb werbe gewifj oor allem baS 2BoE)E ber ©emeinbe fid) 
angelegen fein laffen. 3 ) fßerrucel aber fjaben bie f$ranffurter 
Sßräbifanten befdjeinigt, bafj er „etwas befcheibener war, benn 
ValeranbuS gewejen." 4 ) Xatfädjlich fjat ^oubraque im 9iotiember 

') „Sarumb er barnadj bis an fein ^nb, (Saluino befte feinber ge= 
wefen", fdfjreiben bie ftranffurfer ißrabifanten in ihrem „©egenberidjt" 1563. 
fr 9t. II, Seil. 14, @. 76. / 

2 ) SEurge biograpt)ifcf)e «otigen über beibe gibt ©dfröber, Troisieme 
Jubile 1854, 52 

3 ) Srief (SalbinS an Sßoullain Dom 24. 3uni 1556 . Calv. Opp. XVI, 
201: Oordatus est non minus quam ad moderationem propensus. Accedit 
etiam et prüdentia et maturitas, quae non solum hoinini autoritatem 
conciliet, sed plurimum valeat ad sedandas turbas. Itaque nec gratia nec 
ambitione, ut spero, flectetur, quin ecclesiae aedificationem fideliter 
procuret. 

4 ) ©egenberiebt § 80. fr H» Seil. 14, ©. 86. 3n biefelbe Sterbe 
bat bann Seffer, ©. 72 gehauen, gu beffen ungünftiger üReinung oon 
ijßoullain biefeS ßob üortrefflicb pafcte: „3n ben (Erwartungen, bie fie auf 
ihn festen, foUten fie fid) nicht getaufebt feben. 2Ba8 3ob<«tn bon ©lau* 
bürg unb (Salbin, was a 2aSco unb Dlbrac nicht gufianbe gebracht batten, 
ba8 erreichte er binnen Wenigen Sagen. fDlit ber feltenen ©abe aus* 
geftattet, überall Vertrauen gu erweefen unb £iebe gu gewinnen, berftanb 
er e8, ohne Slntoenbung bon fdjarfen SJiaferegeln ben frrieben berbetgufübren. 
Unter bem ©inbruef feiner angiebenben ißerfönlicbfeit’ bergaben bie ftreitenben 
Parteien ihren &afc unb ©roll." SaS ift eine bübfebe Umfcbreibung ber 
iltotig im „@egenberi(bt", aber fachlich nur ein SetoeiS, bafj Seffer bie 
'IBenbung, welche bie Singe unter ijkmicel nahmen, nicht gefannt bat. 


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Die »eaieljungen (SalbinS jtt ftranffurt a. SW. 57 

1560 ft<h eine ßurechtweifung oon (Saloin gefallen laffen müffen 
wegen unfreunbltdjer Sieben, bie er ganz ohne ©runb über biefett 
geführt f>atte, unb ftc^ red^t ftäglicb» bei itjm entfdjutbigt. 1 ) 
Sßerrucel aber muffte fid^ auf ©runb ber ©inbrüefe, bie bie ©enfer 
oon feinem Stuf treten in granlfurt empfangen Ratten, bei feiner 
Berufung jum ^pofprebiger beg Sßtinjen Souig oon Sonbe im §erbft 

1561 oon 93eza zu Demut unb Sefdjeiben^eit oermabnen laffen (ut 
se placidum et modestum deinceps ostenderet). 2 ) ©ein fjranf* 
furter College über begleitete feine Berufung nach Sßarig, wie er 
an ©aloin fc^rteb, 3 ) niept mit 9?etb, fonbern oerfi^erte, er erflehe für 
if)n oon bem ^errn ben ©eift echter Demut, Sauterfeit Unb 9Jiilbe. 

Da§ bie ©emeinbe mit ihren unfertigen guftänben unb 
ben oielen Stioalitäten unb (Siferfücfjteleien ihrer ©lieber unter 
biefen beiben Pfarrern niept eine Slra beg g-riebepg erlebte, ift 
hiernach faurn überrafdbenb. ^errucel waltete noch nid^t ein 3apr 
feineg Slmteg in granffurt, ba brach um Sieujabr 1558 ein neuer 
JUrdjenftreit in ber ©emeinbe aug, beffen eigentlidber ©runb ibm 
nicht redbt flar würbe. @g febeinen ÜRonate oergangen ju fein, 
big bie ©ernüter ftcb wieber beruhigten. @rft Einfang ÜDtoi fonnte 
er mit bem Anfang zugleich auch bag @nbe ber Differenzen nach 
©enf melben^): ber biplomatifche granjofe muffte, baff eg für 
einen Pfarrer oorteilbafter ift, wenn er nicht oon beftebenben, 
fonbern oon überwunbenen ©cbwierigfeiten in feiner Slmtgfübrung . 
an mabgebenbe Sßerfönlicbfeiten berichtet. Doch währte ber fjriebe 
nicht lange. Sereitg am 9. Suni 1558 muffte ^errucel in einem 
Briefe, in weldbem er Saloin oon ber «Stellung feiner ©emeinbe 
ju bem granffurter Stezejf Sflitteilung machte, auch oon einigen 
Unruhen, bie oon gewiffen Seuten erregt feien (etiam de 


*) Oalv. Opp. XVIII, 232 sq. 247 sq. 

*) »rief »e^a« an (Salbin Dom 30. Dftober 1561. Calv. Opp. XIX, 89. 

3 ) Spiritum humilitatis, sinceritatis et mansuetudinis non fictae a 
Domino ipsi enixe precor. »rief £oubraque8 an (Salbin bom 31. Dezember 
1561. Calv. Opp. XIX, 223. (Der ©djreibfeljler mansuetudine ift bon mir 
Derbeifert.) 

*) Circiter Calendas Januarias exeitavit Satan nescio quos tumultus. 
sed Dei beneficio rursus pacata omnia et tranqnilla. »rief an (Salbin 
bom 6. 2»ai 1558. Calv. Opp. XVII, 159. 


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58 


Sfarl 93auer, 


nonnullis tamultibus a quibusdam excitatis), fdjreiben. 1 ) @r 
war aber auch bieSntal fing genug, ftdj brieflich nicht über bie 
®injelf)eiten beS Streitet ju oerbreiten, fonbern er inftruierte 
einen ©efannten, D. ©ieriuS, 2 ) ber ben ©rief nach ©enf über* 
brachte, tiefer mochte bann alles in eine für ©errucel mögtichft 
günftige ^Beleuchtung rüden unb etwaige ©ebenfen ©aloinS jer* 
ftreuen. 

©on Schmierigfeiten, mit benen ©errucel felbft in ber 
©emeinbe ju fämpfen gehabt hätte, wiffen wir ni^tS. ©S fteljt 
ju oermuten, bafe er fte mit berfelben Klugheit, mit welcher er 
feine, Sache in ©enf führte, ju oermeiben mufete. dagegen [tiefe 
.^oubraque mit ber $eit auf offene ©egnerfdhaft in ber ©emeinbe, 
unb feine greunbe wufeten fchliefjlich feinen anberen [Rat, als bafe 
fte fidh burdh ben 2lrjt ©uftachiuS QuercetanuS, ber einft mit 
©aloin oon Saufanne nach Sftnnffurt gefontmen unb feitbem ba* 
geblieben war, an ©aloin wanbten mit ber ©itte, er möge burdh 
einen ©rief ober auf fonft eine ©Seife — gebacht war wohl an 
eine jtueite [Reife nach fjronffurt — fchlichtenb in ben Streit 
eingreifen. 3 ) ©aloin, ber fidh & e i ber oorgerüdften SaljreSseit ben 
Unbilben einer fo weiten [Reife nicht auSfefcen burfte, richtete 
baraufhin einen ©rief an bie ©emeinbe, 4 ) unb ba in bem Streite 
auch iefct wieber ©uguftin Segranb heroortrat, ber fich bereits an 
ber Slftion gegen [ßoullain in fo erfolgreicher ©Seife beteiligt 
hatte, wanbte er fidh no $ in einem eigenen Schreiben an biefen 
befonberS unb mahnte ihn einbringltch, ^rieben su h a ^en. 5 ) 

. 2)ie Streitigfeiten betrafen sunt £eil bie [Reinheit ber Sehre, 
inbem „fidh öiel irriger föpff, Scljwencffelbifcher, SBiberteuffifd^er 
unb fonft frembber unb nemer Sehr anljengig neben jnen ein* 
f^leidherten. 2)a famen fie barnadh s um ®i8putiren nidht allein 
oom |). [Racfjtmal, fonbern audh oom £j. $auff." 6 ) ©Sie bie 

‘) Calv. Opp. XVII, 199. 

-) Vir alioqui(n) ignotus verbi minister fuisse videtnr iam (ienevaiu 
rediens, bemerfen bie Strajjburget Herausgeber über il)n. @r mar ©aloin 
befanttt üott bem ScbiebSgericbt über ©oullaiit, bgl. ©. 46. 

') Calv. Opp. XVII, 367 <1. d. Nouis Novembris Anno MDLVIII. 

«) Ibid. XVII, 440. 

•’) Ibid. XVII, 442. 

•’) (Segenbericbt § 81. fr dt. II, ©eil. 14, ©'. 86. 


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$ie Segiegungen ©albtnS gu ^fratiffurt a. 2R. 59 

5ilteften utib Pfarrer ber ©emeinben ben ©räbifanten bcr (Stabt 
barüber fragten, jo fcbrieb ^oubroque auch an Qaloin, bafc es 
fidj u. a. um bie 9teinf)eit ber Sehre tjanble. 0 2Sir miffen aus 
einem ©riefe ©aloinS, bafj bie mqftif^en Greife, bie je£t einju= 
bringen oerfucbten, ifjre geiftige 9?at)tung oor allem aus berfelben 
„^eologia teutfdb" jogen, bie erft burdf) Suitier weiteren Greifen 
befannt gemacht morben mar. 9lber mätjrenb Sut^er einft bie 
Verausgabe biefeS £raftateS mit ben SBorten begleitet batte: „3<h 
baute ©ott, bafj id) in beutfcber ßunge meinen ©ott alfo \foxt 
unb finbe, als id) ... anber nicht funben bube, meber in lateinifd^er, 
griedbifcber nodb b e &räijcber jungen. ®ott gebe, bafj biefer 
©ücbtein mehr an Xag fornmen", fö urteilte Saloin über biefe 
Theologie germanique, bie SafteHion 1558 burdb eine franjöfifcbe 
überfefcung 2 ) ben SBalloneit jugänglicb gemacht fjatte, man müffe 
oor ihr auf ber V ut fein, ,benn fie enthalte tätliches ©ift. :1 ) 

*) ^örief oom 16. ®{ärg 1559. Calv. Opp. XVII, 475. 

*) La Theologie (ierraanique, livret auquel est traicte connueut il 
taut ilepouiller le vieil homme. et vestir le nouveau. Anvers chez 
Martin 1558. ^Bereits 1557 batte (Safteflion ben Xraftat auch ittS 2ateinifcgc 
überfegt: Th. germ. libellus aureus, quomodo sit exuendns vetus horau 
induendusque novus, ex germ. anonymi equitis teutonici trausl. studio 
Jo. Theophili Bas. $iefe Überlegung erlegten in Cftao, ein 'Jtacgbrucf in 
Scbeg lolgte in Antwerpen 1558. Stuf ben ©influfj GafteüionS utar (SalPitt 
bereits bureg QucrcetanuS aufmerffam gemaegt morben, ogl. beffen Sörief 
oom 7. fJioPember 1558. Calv. Opp. XVII, 867. @teid)geitig mit bcr 
frangöfifegen Überlegung (SaftettionS erlcgien noeg eine gmeite frangöiilcge 
Überlegung in Antwerpen bei (Sgriftopgle ißlantin. Übrigens gab eS and) 
des traductions vieilles flamendes. 33g(. fy. Pfeiffer, Xgeologia beutfeg. 
3. Stuft, iöorrebe ©. rbi f. 

9 ) 33rief an bie granffurter frangöiilcge ©emeinbe Pont 23. gebruar 
1559. Calv. Opp. XVII, 422: Quant a cela si iamais iay rien cogueu ou 
gouste en la parolle de Dieu, ie voudroye bien que les autheurs seu 
fussent abstenus. Car eneores quil uy ayt point derreurs notables, ce 
sont badinages forgez par lastuce de Satan pour embrouiller toute la 
siraplicite de lEvangile. Mais si vous y regardez de plus pres, vous 
trouverez quil y a du veniu cache si mortel, que de les avancer cest 
empoisonuer lEglise. Parquoy, mes freres, devant toutes choses ie vous 
prie et exhorte au nom de Dieu de fuir conime peste tous ceux qui 
tascheront de vous infecter de telles ordures. Je prie aussi ceux qui 
iusqnes yci seu sont meslez, destre mieux advisez, et ne plus nourrir 
le mal lequel ils ne pourront pas reparer quant ile voudront. 


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60 


Jtarl Sauer, 


3unäcßft mar bcm granjofen bie t8e$eidf>nung beS IBudffeS als 
„beutfcßer" Geologie unfpmpatljifd}, jumal Suttjer biefen beutfefjen 
©fjatatter nocf> befonberS betont ßatte mit ber (SrJlärung, baß 
„bie beutfeßen Geologen oßne 3®eifel beften Geologen" 
feien. 2BaS oon 2)eutf<f)lanb Jam, lernte er ab, fo mie er gegen 
bie Slnnaßme ber Sluguftana in granfreid^ bem ©rafen bon ©rbaeß 
jmei 3a|re fpäter feßrieb: „SBie? ©ollen mir uns etrna oon ben 
©eutfdßen ©efefce oorfdßreiben ober unferen ©tauben mie Knaben 
biftieren taffen?" 1 ) |)inju Jam aber, baff er bie jerfeßenben unb 
auftöfenben SBirJungen ber SÖtyftiJ ganj anberS überblidten Jonnte, 
als baS fü$ Sutßer üierjig Saßre früher möglicß gemefen mar, 
unb baß er an ber ©inßeit ber Äircße oon Anfang an gan$ 
anberS intereffiert mar, als ßutßer jur 3^it beS SlblaßftreiteS. 

SBaS inbeffen ben 2lnftoß ju ben neuen 3^ifÜ9^n bot, 
maren nießt bie ÜReinungSüerfcßiebenßeiten über ben SBert ber 
SJfßftiJ, fonbern Differenzen, bie §u öeginn beS 3aßreS bei ben 
Jircßlicßen ©rneuerungSmaßlen jutage traten. 2 ) $tlS am 16. Januar 
ber Sßanbel ber adßt SRänner geprüft merben füllte, benen für 
baS neue 3taßr bie §anbßabung ber Äirdßenjucßt in ber maßonifeßen 
©emeinbe oblag, erßob ein Seit ber ©emeinbegtieber Sefcßmerben 
gegen bie 9ieugemäßlten, unb naeßbem maneßerlei Unruße in bie 
©emeinbe gebraut morben mar, gelangte bie ©aeße an ben Sftat, 
ber Sodann oon ©lauburg, Daniet jum jungen unb D. Äonrab 
.fpumbraeßt ju ©cßiebSridßtern befteßte. Äomptijiert mürbe ber 
Streitfall babureß, bafs gleichzeitig bie beiben Pfarrer ber ©emeinbe 
miteinanber in ©treit gerieten über bie grage, ob jemanb jum 
9lbenbmaßl jugelaffen merben Jönne, menn offenJunbig fei, baß 
er einen anberen ßaffe. ^oubraque, ber hierin ben ftrengeren 
©tanbpunJt oertrat, meigerte fidh, baS Slbenbmaßl unter biefen 
Umftänben auSjuteilen, unb mürbe beSßalb oon bem ätteren 
töürgermeifter einftmeiten feines SlmteS enthoben, moran aueß 
SBittfcßriften feiner greunbe umfo meniger ju änbern oermoeßten, 
atS ißnen regelmäßig ©egeneingaben feiner ©egner folgten. Anfangs 

*) Quid? an Germani leges nobis praescribent? An nobis dictabünt 
tauquam pueris, quid credere oporteat? Srief bom 30. September 1561. 
c'alv. Opp. XVIII, 752. 

z ) Sgl. bierjn %• 9t- I» Seilage 22—31, S. 45—59. 


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$>ie »egiebuttgen 6a(üm8 gu ^fratiffurt a. 3)1. 61 

gebaute er granffurt ju oerlaffen, liefe fid) aber bann burefe 
QuercetanuS unb SDatijenuS- beftimmen ju bleiben, bis er fiefj 
fdfjtiefetidf) bod) bafür entfdjieb, naef) ©trafeburg überjufiebeln, mo 
er un$ im ©ejember 1559 begegnet, ©alöin betrachtete feinen 
SBeggang non fjranffurt als ein Opfer, baS im Sittereffe beS 
JrtebenS in ber ©emeinbe nötig gemefen fei, ba ber ©egner mit 
feinem ©fergeij unb ©tölj unb mit feinen trügerifd&en Schmeicheleien 
bie ©emeinbe elenb jugrunbe gerichtet tyabe. 1 ) 

©S mag auffallen, miebiel günstiger baS Urteil SalöinS in 
biefen Streitigfeiten über £>oubraque ausgefallen ift als über 
^errucel. ®ie Greife feiner eigenen ©emeinbe, bie fich um 
Sluguftin ßegranb fammeiten, erflärten eS oor bem 9tate für un* 
möglich, bafe $oubraque mit feinem Kollegen fein 2lmt gott* 
feliglich int ^rieben unb ohne Ärgernis unb 9la<f|teil ber ßu^örer 
üerridjten fönne, ba er „tton 9?atur alfo geraffen, bafe Sme 
befcfpoerlicf) fein rnurbt feinen ßoflegam önangetaftet unb unoer« 
.leumbt ju taffen. 2 ) Unb bafe er mit feiner bitteren 93erfd)loffenl)eit 
fchulb mar, menn bie ®inge fidh fo öerfeängniSöoU jufpifjten, mo 
eine offene, ruhige 2tuSfpradf)e rechtzeitig eine Sßerftänbigung fjätte 
herbeiführen fönnen, l)at ilpn auef) Saloin nicht oerfdjmiegen. 3 ) 
9lber über biefe perfönlicfeen 9Kängel faf) (Salttin bei ifem tjintoeg, 
ba er mufete, bafe eS auch *§m mit ber Aufrechter hattun g ber 
Äirdfjenjudjt heiliger ©ruft mar, meil er fich ohne biefe eine 
gefunbe ©ntfaltung beS ©emeinbelebenS ebenfomenig ju benlen 
mufete mie ofjne bie reine ßef)re. 2)aS Sntereffe an biefen beiben 
©runbpfeilern beS ©emeinbelebenS ftanb auch hinter feinen 

*) 8luf bie mantberlei Berichte, mit betten ibn houbraque über bie 
granffurter guftänbe auf bem ßaufenbett hielt, fdjrieb er ibm jurücf: Quia tibi 
cnm adversario pugnandum erat, cuius ambitio et superbia cum fallacibus 
blanditiis coniunctae ecclesiara misere perdiderant, nihil fnisse ntilins 
quam pacem redimere tuo discessu. Brief Dom 24. Slugufi 1559. Calv. 
Opp. XVII, 611. 

4 ) %. 81. I, »eil. 25, 6. 51. 

3 ) Quod de tua patientia antehac soripsisti, credo equidem verum 
esse: sed quum magis ingenue cum tuo collega agere deberes, ex tuo 
silentio et tacita indignatione nata est simultas, quae variis delationibus 
aucta est, donec inde erupit contentionis incendium. Brief bom 24. Stuguft 
1559. Calv. Opp. XVII, 610, cf. 475. 


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62 


Star! Malier, 


Differenzen mit *ßerrucel, mie er einmal mitten im Äampf 
getrieben t)at, eS Ijanble ficfj nädjft ber Feinheit ber £el)re um 
bie Slufrechterhaltung bet ^ircfjenjudjt, baS einzige Mittel, um 
eine (Sntroeitjung beS t)t. 5lbenbmat)leS z u uethüten. 1 ) 

Snbeffen maS ^oubraque fo bei CSaloin zur ©mpfehlung 
gereichte, mar zugleich bie Urfadje, roeSt)alb er in bem 0tate auf 
eine fo entfdjiebene ©egnerfchaft ftiefj. §ier hatte Berrucet alle 
<5t)mpatf)ien für fidE). 9tucf) ©lauburg urteilte über biefen oiel 
freunblicijer als Satoin, fo ba§ DatfjenuS, ber Pfarrer ber nieber* 
länbifdhen ©emeinbe, es einmal für nötig hielt, ©aloin bei ihm 
gegen ben SBerbadjt ber Boreingenommenbeit in ©dju^ zu nehmen. 2 ) 
Dafj ber ©runby für bie Berf<f)iebenbeit ber Beurteilung in ber 
Dat in ber üerfdjiebenen Stellung zu ber 5Ur<benzucht lag, miffen 
mir aus ber Älage £>oubraqueS über feinen SlmtSbruber: auf 
bem 9tömer mache man für alle ©treitigfeiten in ber ©emeinbe 
bie ßirdjenzudjt oerantmortlicb, unb ba er, £oubraque, für fie 
eintrete, fo gelte er für einen ehrgeizigen 3ftenfd)en, melier nach 
einer $errfcf)aft ftrebe, burch bie ber bürgerlichen ©emalt Abbruch 
gefd^etje; Berrucel bagegen, ber in allen ©tücfen fich unb bie 
anberen bem Urteil beS äRagiftrateS untermerfen moUe, gelte für 
bemütig, ruhig unb nüfctich für ben ©taat. 3 ) 3nmiefern aber ber 

') Sörief an <£alüin Dom 16. 2ftärg 1559. Calv. Opp. XXVII, 475: 
Quura de puritate doctrinae et de retinenda autoritate discjplinae agatur, 
quae unica est ratio, qua coenae profanatio vitari potest, quibus legibus 
cum ad versa parte paciscar nisi ut haec inviolata conservaretur? 

2 ) SSrtef bon DatljenuS an (Jalbin Dom 11. Stpril 1560. Calv. Opp. 
XVIII, 44. 

3 ) Tantam enim apud primae autoritatis in senatu viros mihi con- 
flavit Fra. invidiäm, idque disciplinae ecclesiasticae nomine, ut illorum 
animos vis unquam erga me placatum iri aperem. Illis enim est per- 
suasum disciplinam fomitem esse dissidiorum in ecclesia, nec finem 
dissidiorum fore, si restituatur: me, qui restitutionem peto, moliri novum 
papatum et ambitiosum esse, qui cupianu iudicium esstare in ecclesia et 
dominationem appetere, qua civili potestati derogeturi: eum vero esse 
humilem et quietum atque reipublicae utilem, qui in omnibus se atque 
alios omnes velit iudicio magistratus submittere. His petor machinis. 
non modo hic, verum Antwerpiae, Tornaci atque in toto Belgio: dicor 
magistratni rebellis, seditiosus, turbator pacis ecclesiasticae, hypocrita. 
qui pietatem et humilitatem cum modestia simulem, et intus tumorem 
auimi alam. SJrtef an (Salbin Dom 19. Suni 1559. Calv. Opp. XVII, 555. 


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$ie »egiebungen ©aloinS gu granffuct a. 2K. 63 

amtlichen ©emalt ber Dbrigfeit butcf) bie ÄirdEjenpcfjt 9lbbruch 
gefchal), bafür hat, als fpäter ein Seil ber granffurter Reformierten 
nach £anau überfiebelte, ber (Sdjultfjeifj unb ß^ronift SBilhetm 
©turio bafelbft einen fehr praftifctjen ©efichtspunft geltenb gemacht: 
bie ißre3bt)terien vermittelten bei 23eleibigmtgS!lagen, beStjalb 
mürben *ßro$effe niebergefdjlagen, unb ber Dbrigfeit entgingen bie 
©trafgelber. ‘) , 

SBie unter biefen Umftänben baS Urteil ber Ä'ommiffion -) 
auSfaÜen mürbe, fonnte oon vornherein nicht jmeifelljaft fein. 
ßS erging, nadfjbem eS ben Rat am 27. Sluguft befcfjäftigt tjatte, 
im ©eptember 1560 im Rarnen ber brei Rerorbneten. Sßerrucel 
mürbe oon allen Sef^ulbigungen freigefprodfjen, fo pwr, bafj and) 
feine ©egner nid^t verurteilt mürben. 3 ) 3m übrigen mürben bie 
Söelfdjen angemiefen, ihre ©treitigteiten fünftig vor ben ^Bürger* 
meiftern pm lustrage p bringen. 4 ) ßrlebigt freilich mar bie 
Angelegenheit bamit nicht. 3m SRärj unb April beS folgenben 
3aljre3 fanb fiel) ber Rat veranlagt, nod) einmal auf fie prüd* 
pfommen, unb bieSmal verfügte er aufgrunb eines Berichtes »ber 
©tabtpfarrer, „bafj für baS erft ben toelfcherf Sßrebicanten (meldt)e 
p fotdjer SSnrulje nit bie geringfte SSrfacfj gegeben) gefagt merben 
foH, ber ßanpel unb beS ^ßrebigenS, bifj auf ß. ßrb. Ratf)S meittern 
Sefdtieib müffig p fielen." 5 ) Safe bie $rage ber Äirchenpcht 
ben AuSfchlag gegeben bjatte, unterließ man babei auSpfprechen, 
unb pg ftatt beffen vor, baS Dbium ber Rtafjregel auf ben 
lutl)erifcf)en Sßräbifanten ber ©tobt ruhen p taffen. 

Auch ^oubraque mar bem SBoljle ber ©emeinben vergeblich 
geopfert morben. Aber fein SEßeggang oon ^ranffurt bebeutete 

*) Causas iniuriarum unterfteben ficb bie Consistoriales gu recoufiliiren; 
sic processus cadunt, et magistratui subtrahuntur mulctae. 5ßunTt 67 
feiner Notamina auS ber ©räfl. $anglei über öerfdjiebene ßinriebtungen 
ber Aeuftabt §anau. S3ei ß. Aefeler, fjeftfdörift gur 300jabrigen Subel* 
feier ber SöaHonifdjen ©emeinbe gu £anau (1897) <3. 59. 

*) ftranfturter ©tabtarebib, erfter föanb ber Sitten über baS nieber= 
länbifebe unb frangöfifdje ^ird&entoefen, 331.176 a. 

3 ) Impurus Riverius, sine aliornm tarnen condemnatione, purgatus 
est. ®atbenuS an ßalbin am 20. September 1560. Calv. Opp. XVIII, 188. 
*) Sürgermeifterbucb, 27. Sluguft 1560. 
ä ) SRatfcblaguug üom 11; SIpril 1561. %. 9i. I, »eil. 31, @. 58. 


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64 


Starl Sauer, 


jugteidj bie Stugfd&altung beS lebten OtefteS dott ©inftuß, ben 
(Saldin big batjin auf ben fRat auggeübt tjatte. @g ift begeidjnenb, 
bafj (Glauburg fiel} bei ber Prüfung be§ (Streiteg jmijdjen ben 
beiben fronjöfijd^en Pfarrern ein ©utacfjteu bon 9Retaudf}tf)on 
erbat, bag jugunften ißerrucetg entfcf)ieb. ’) Slucf) bie Schiebungen 
jmifdjen biefent ^reunb ber gremben unb (Saldiit braten je|t ab. 

XI. 

2)a ber 9tat ben 5 rem ben bie ÜEBeifcfrauenfirdje nur „big 
auf tueitereg" entzogen t)atte, fo toaren fie dotier Hoffnung, bajj 
ifinen bie Äircfje aucf> toieber einmal merbe geöffnet merben. ©iefe 
Hoffnung ftieg, atg (Snbe 1561 Strnotb Saue 2 ) atg 9ßadf)foIger 
^ßerrucetS fein 5tmt bei it)nen antrat unb nad) (Sinreidjuug feineg 
©taubengbetenntniffeS ihnen an ©3eit)nacf)ten prebigen burfte. 
®amatg 3 ) metbete Ouercetanug öatbin: „3eßt, nach ber ©rftärung 
Strnolb Sancg, fangen gemiffe Seute an, beffer ju oerfte^en, mag 
unfere üfteinung ift, atg eg ihnen dorher möglich mar. 5)eg^alb 
geben mir ung ber fronen ßuoerficfit hin, eg merbe ung batb bag 
Sftedfjt beg öffentlichen ©ottegbienfteg bertieben merben. $>aj 3 ©ott 
bag malte nach fobiet Ungtüd, bag fein armeg $irdf)Iein gugrunbe 
gerichtet hat, ift ©egenftanb unferer inbränftigen ©ebete, unb mir 
bitten (Sud) inftänbig, ung mit (Suren Sitten gu unterftüfcen unb ©ott 


1 ) granffurier ©tabtarcpib Mglb. F. 16 Nr. 1. 2)a8 ©utadjten toirb 
oon mir bemnächft in ber geitfcpr. f. Stird&engefdj. beröffentlidjt »erben. 

2 ) ©gl. über ihn ©d&röber, Troisieme Jubile 1854, 53. 

*) Quarto Calend. Jannarias anno 1561. Calv. Opp. XVIII, 288—290. 
$>ie Straßburger Herausgeber haben baS 35atum auf ben 29. 25egember 
1560 gebeutet. 2)aS ift aber falfd}, ba barnalS bie potestas publici 
ministerii ben ©emeinben noch nicht entzogen mar, alfo auch nicht erft 
mieber erhofft gu merben brauchte. 25er ©rief ift in SBirfHdjfeit ein 3«hr 
fpäter angufefcen, meShalb DuercetanuS auch anno (nicht anni) 1561 fdjrieb. 
©anc mürbe am 27. 9tobember 1561 bem State präfentiert. %. 9t. I, ©eil. 40, 
@. 76 f. ©ein ©laubenSbefenntniS: %. 9t. II, ©eil. 37, ©. 327. ©8 mürbe 
im State beriefen am 11. ©egember 1561. daraufhin mürbe am 23. unb 
24. 2)egember befdjloffen, bie Stirche borubergehenb gu öffnen. *5- 8t- I# 
©eil. 43, ©. 77 f. 8tm 1. Sanuar 1562 jeboch erfolgte bie Stritif ber 
lutherifchen ©räbifanten an bem ©efenntntS. ©egenbericht § 119. St. n, 
©eil. 38, ©. 330. ©gl. meinen Sluffafc in ber Stef. Ütirdjeng. bom 27. 3uni 
1920: 3ur Datierung gmeier ©tücfe au« bem ©riefmedjfel (SalbinS. 


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Sie ^Beziehungen ©albtng zu ^ranffurt a. 3)t. 65 

ju beferen." Sie ßufunft freilich gab tiefer Hoffnung nidEft 
fRe^t. Sag tRed^t beg öffentlichen ©ottegbienfteg blieb ben 
^Reformierten ber (Stabt entzogen. «Sie mufften noch froh fein, 
baß man ihnen — freilich nur big gegen ©nbe beg ^a^rbjitnbertS 
— toenigfteng einen *ßrioatgottegbienft ftiUfchmeigenb juliefs. 

-93ei tiefer neuen Sachlage hatte ßatoin nodh einmal 
, ©elegenheit, ihnen mit feinem IRate ju bienen. @g hantelte fich 
um bie $rage, ob bie reformierten ©Item ihre hinter oon ben 
tutherifdjert Pfarrern taufen taffen biirften, nad^bem ihnen bie 
HRöglichfeit entzogen mar, fie burcf) ihre eigenen Pfarrer taufen 
ju taffen. 

gür bie nieberlänbifche ©emeinbe mar tiefe grage oon 
geringerer Vebeutung, ba fie gunt größten Steit in bie ^Sfatj über* 
fiebette unb nur ein SReft in fffranffurt oerblieb.*) Sie mar an 
ihr nur infofent intereffiert, alg fie bie ißrafig, bie fie oon ber 
Schließung ber Äirdje an elf ÜRonate befolgt hatte, nämlich bei 
Äafuatien bie Sienfte ber Sutheraner in Slnfprucf) ju nehmen, 
nachträglich gered^tfertigt miffen mollte. 

SBichtiger mar bie $rage für bie mattonifdje ©emeinbe, oon 
ber bie üRehrheit in granffurt geblieben mar. ©in Seit ihrer 
©lieber ließen ihre @h en öon ben ßutheranern einfegnen unb ihre 
Äinber oon ihnen taufen unb taten tag umfo 'unbefangener, alg 
bie Saufe nach bem einfachen SRitug ooUjogen mürbe, ben einft 
Vucer eingeführt hatte, alfo ohne ©jorcigmug, Öl, Salj unb 
Speichel, nur mit ©ebet unb frommen ©rmahnungen. 2 ) Über 
bie Slbrenunjiation festen fie fich h^toeg unb maren jufrieben, 
baß feine Verleugnung ber Sehre, fonbern nur ©laubeng* unb 
Sünbenbefenntnig oertangt mürbe. 3 ) Sintere freilich halten tiefe 
Stellungnahme für unerlaubt unb ließen ihre Äinber lieber un* 
getauft. 

Ser Streit blieb nicht auf ftranffurt befchränft. Sie Vrüber 
in Vrabant unb glanbern, in Sanbmich unb Sonbon erblicften 

O ©o berichtet ihr eigener Sßfarrer SatbenuS, ber bie Slugtoanberung 
nach Sranfentijal leitete. Calv. Opp. XIX, 525. 

*) Ibid. 528. 

8 ) Sathenu« an (Salbin. S3rief bout 28. Slpril 1562. Calv. Opp. 
XIX, 397. 

®d)r. 8. f. 9». 38. 5 


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66 


Äarl Sauer, 


in ber Iutf)erifd)en Saufe reformierter hinter ein grofjeS Ärgernis. 
Sen ©Item biefer Äinber marfen fie Slbfall oon ber reinen £ef)re 
unb Heudjelei oor unb brangen mit i^ren Briefen in fie, i|re 
©ünbe ju ertennen . l ) ©iner ©ünbe maren fiel) biefe nun freitic^ 
nidjt bemüht, Sie beriefen fic^ einmal auf ba§ ©laubenS* 
befenntniS, baS fie abgelegt Ratten, unb auf it>re SBermerfung ber 
ÜJ?ifibrciud)e. Sann aber ertlärten fie aud) bie granffurter $ird)e, 
in ber fie bie Saufe nadjgefud)t Ratten, für eine redjte $ird)e 
(vera ecclesia), ba tljre Pfarrer burd) ben 9tat orbnungSmäfjig 
ju tfjrem Stmt berufen unb burdj bie Äirdje beftötigt roorben 
feien, Sie tonnten inbeffen mit aUebem nid)t t)ittbern, bafj matt 
fie oerad}tete unb für oerbäd)tig f|ielt. Unb beSljalb famen bie 
beiben Parteien in ber f^ranffrirter ©emeinbe überein, ©utadjten 
geteerter ÜWänner über bie jmei fragen einjuljolen, 1. ob bie 
granffurter $irdje eine Äircfye ©fjrifti fei ober nid)t, unb 2. ob 
©lieber ber grembengemeinben, bie ot)ne eigenes ÜJänifterium 
‘ nod) in ^ranffurt moljnten, otjne Sünbe itjre $inber oon ben ' 
Pfarrern biefer ßirdje taufen laffen bürften, menn fie nur bie 
2Baf)rIjeit, mann unb mo ©f)riftenpflid)t es oerlange, offen befennten 
unb bie äRifjbräudje oerbammten. 2 ) Sie Hauptfrage mar bie 
jmeite. 

Sie erfte Autorität, an bie man fidj manbte, mar ißetruS 
SKartpr SBermigli. @r antmortete im Slpril 1562. 3 ) Sa manche 
fid) baljin auSgefprocfjen tjatten, bie oon ben Sutfjeranern getauften 
Äinber feien nod) einmal $u taufen, fo natjm er junäcfjft ju 
biefem SBorfdjlag Stellung, ©r fprad) fid) entfdjiebett bagegen 
aus, ba ja audj bie fatbjolifdje Saufe als gültig angefefien merbe. 
Sann aber riet er, bie ßinber lieber gar nic^t, als lutfjerifdj 
taufen ju laffen, unb begrünbete baS folgenbermafjen: ,,3d) fage 


1 ) Ibid. 397. 

2 ) Calv. Opp. XIX, 524 sq. 

3 ) Sgl. ©. ©d&mibt, Steter 2Rartqr Sermigli, <3. 286. ©ine 8lbfdjrift 
ebne Ort, Saturn unb Untcrfdjrift finbet fid) in ber Uffenbacbfc&en «Samnt* 
lung be8 ^rantfurter @tabtard)iö§ 33anb 5, 339—361. 2U8 Serfaffer ift 
SetruS SKartqr auS fjloreng <5.330 unb 338 genannt, ©amt folgen 
©. 362—368 unb @. 369—376 bie beiben nachher gu ertoafjnenben Sriefe 
©albinS oom 18. Suni unb 27. Dftober 1562. 


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Sie Regierungen ©albittS gu granffurt a. SK. 67 

bieg nicht etwa, weil idj bie lutherifche Äircfje nicht für eine 
$irdt)e holte, ober weil ich, wegen ber Qwtbfeligfeit ber ßntfieroner 
gegen ung, ihre Saufe öerf<f)mäJ)e, fonbern aug üiel wütigeren 
©rünben. ©rftlich lehren wir, bie Saufe fei eine Befieglung beg 
©laubeng beffen, ber getauft wirb; ober, wenn biefer ein Äinb 
ift unb alfo ben ©lauben noch nicht hot, fo oerfteljen wir barunter 
eine Berheifjung unb eine Berpflicfjtung auf ben ©lauben berer, 
bie bag $inh jur Saufe bringen. Sa nun unfer ©laube unb 
ber ber Sutfjeraner nicht in adelt ©tüden ber nämliche ift, fo 
fönnen wir ben unfern nicht burdj biefe befiegeln laffen, unb fie 
fefbft fönnen ung bieg nicht geftatten. glaubt öieHeid^t, bie 
SlbenbntahlSbifferenj fei nur üon untergeorbneter 2Bi<htigfeit; 
warum aber würbe fo heftig barüber geftritten, wenn eg fiel) babei 
nicht um eine ber üoraeljmften Sehren banbeite? Sie Sutljeraner 
haben Stecht, bei ung nicht taufen ju laffen; wir müffen aud) fo 
banbeln, wenn wir an unferm Befenntnig fefttjalten wollen. 3h r 
befürchtet oiellei(bt, wenn i^r eure Äinber ungetauft laffet, ben 
©chwachen unter euch Strgernig jn geben. SBenn ibr eg aber nicht 
aug SJtangel tut $römmigfeit, fonbern aug Sreue gegen eure 
$ird)e tut, fo ift bieg nicht ju befürchten, ©urer Äinber §eit ift 
nicht gefäbrbet, wenn fie aud) ohne Saufe fterben, weil Weber bie 
©nabe ©tfrifti noch bie SBirfungen ber fßräbeftination an äufcere 
Singe gebunben finb. Ober befürchtet ihr, ber ßwiefpalt jwifchen 
ben ßutberifeben unb ung werbe noch gröfjer, wenn ihr bei ihnen 
nicht taufen labt? @g ift möglich, bafj eg fo gefchehe, aber nicht 
burdh unfere ©chulb, benn fie haben bisher alle unfere Bemühungen 
abgewiefen, ung alg Brüber mit ihnen ju oereinigen." 

Sag war nun freilich nicht bie Stugfunft, bie fidj ber an- 
gefodhtene Seit ber ©emeinbe gewännt hotte. Segf)alb wanbte 
man fid) burch Sathenug am 28. SIpril 1562 an ©atoin um ein 
©utachten ber ©enfer Äircfje, bag mit einer Slugwahl flarer 
©djriftjeugniffe begrünbet fein foHte. 1 ) 

©aloin, öon Äranlheiten geplagt unb mit Slrbeit überhäuft, 
antwortete am 18.3uni 1562 2 ): Sängft höbe er oorauggefehen, 

*) Calv. Opp. XIX, 397 sq. 

2 ) Ibid. 461—463. 

5 * 


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68 


Sari Sauer, 


bafj bie ©treitigfeiten in ber franjöfifcpen ©emeinbe ju feinem 
anberen ©nbe führen mürben, als jur äuflöfung ber ©emeinbe. 
Sefct miffe er feinen belferen ßtat, als bafj mer ©ott fürste unb 
recpt tue, eine onbere guflucpt fucpe, foütel praftifcpe ©ebenfen 
einer folcpen 9luSmanberung aucp entgegenftünben. SBer aber 
bleibe, bürfe feine $inber feineSfaßS oon ben Sutperanern taufen 
Iaffen, bie fiep ja als $etnbe unferer maprpaft dpriftlicpen Religion 
befennten, benn baS fäme barauf fjinauS, baf} fie ipnen bie 
SEBaprpeit ©otteS mit $üfjen treten pälfen. 0b benn ein ©läubiget 
einen 2J?ann jutn Pfarrer nehmen fönne, ber offen oerfudp, bie 
äBaprpeit oorn 1)1. Sttbenbmapl ju ftürjen famt beffen rechtem ©raucp 
unb ©infepng, unb ber fiel) mit Sßißen trenne oon ben magren 
©emeinben ©prifti ? ^ebetifafls müffe er barauf beftepen, bafj 
mer glekpmopl fein $inb jur Inipetifdpen Staufe bringe, oerpflicptet 
fei, runb unb offen ju befennen, mag er oon bem pl. ÜRaple palte, 
unb £U bezeugen, bafj er oon ^erjen unb in brüberiieper 
©efinnung mit aßen ©emeinben oerbunben fei, bie mit ipt ben 
gleichen ©lauben ptten. @r fei überzeugt, bie Sutperaner mürben 
eS ablepnen, ßinber $u taufen, bie iljnen nur unter biefer 
©ebingung gebracht mürben, bafj fie in ipen burep bie Staufe 
biefen nnferen ©lauben unb unfer ©efenntniS befiegelten. SKüffe 
man ben nic^t für einen ©erratet an ber SBaprpeit palten, ber 
burdE) fein ©tißfepmeigen biefem gottlofen |jocptnut unb biefer 
gotteSläfterlidpen Trennung oon ben mapen ©emeinben noep ßteept 
gebe unb ben ßtodfen fteife? 

Sßie grofj bie äfteinungSOerfdpiebenpeiten in ben ^ranffurter 
grembengemeinben maren, geigte fict» baran, bafj biefeS ©Treiben 
©aloinS bie ©intraept nidpt mieberprfteßte. ©in ©ierteljap fpäter 
fap fiep ®atpenuS oeranlafjt, fiep in ber gleichen ©adpe nocpmalS 
an ©aloin $u menben. 1 ) ©on ben SBaßonen tonnte er jtoar 
beridpten, bafj fie mit feinem ©utaepten in beiben ©ejiepungen 
einoerftanben feien, nämlidp entroeber augjumanbern ober aber bei 
ber $aufe oon ber ©erfepiebenpeit beS ©laubeng üom Slbenbmapt' 
unb oon ber ©emeinfdpaft mit aßen ©emeinben gleiepen ©laubenS 
ßeugniS apulegen. dagegen in ber olaentifepen ©emeinbe moße 

3 ) Slm 18. «September 1562. Calv. Opp. XIX, 522 sqq. 


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2>ie SBegieljuttgen (SalbtttS ju ^rcmffurt o. SW. 69 

man fid) nicht beruhigen, Sinige feiner SanbSleute gingen in 
blinbem Sifer fo weit p behaupten, bie ßuttjeraner gehörten über* 
haupt nicht pr ßirdje ß^rifti, unb wer bie SDienfte i^rer Pfarrer 
in Slnfpruch nehme, beflecfe fiep bamit. Ungeachtet alles ßurebenS 
dritten fie fogar pr Separation. SSon ber 2JtögIichfeit auSp- 
manbern unb anberSwo ihres ©laubenS p leben, malten fie ba* 
gegen feinen ©ebraudj, fonbern richteten unb oermirrten bie 
anberen. Sin neues bonatiftifd^eS Schisma fchieft fiep anpfünbigen, 
ba eS auch ön folgen niept fehlte, bie bie fehler ber ißräbifanten 
aufbaufchten nur p bem gweefe, um p beweifen, bah bie 
fünbigten, bie ihre Äinber non biefen ißräbifanten taufen liefen. 
Um biefeSeute p befepwieptigen, befcpwor ®atpenuS Saloin, fein 
©utaepten abpgeben. ßwar enthalte bie Snftitutio bie ©runb* 
fäfce, nach benen fich ein frommer üßtann in biefem $aße p 
rieten höbe, aber biefe ©runbfäpe mühten toieberholt unb auf bie 
^ranffurter Sßerpältniffe angemenbet werben. Sr hoffte, bah es 
ber Autorität ber ©enfer gelingen werbe, bie, Welche fich jefct f° 
leichtfertig unb oerwegen äußerten, auf ben rechten 2Beg prücf* 
pbringen. 

Obwohl 2)atpenuS feinem ^Briefe ein ausführliches Schrift* 
ftücf beigelegt hötte, in welchem bie ©rünbe unb ©egengrünbe ber 
beiben Parteien enthalten waren, 1 ) fanb eS Saloin in feiner 
Antwort am 27. Oftober 1562 2 ) nidht geraten, auf alle fragen 
im einzelnen einpgepen, er wollte nicht „öl ins $euer giefjen." 
Sachlich oertrat er beufeiben Stanbpunft, ben er bereits am 
18. Suni eingenommen hatte, inbern er erflärte, eS wäre am 
beften gewefen, alSbatb nach ©cpliefjung ber Äircpe bie Staot 
p oerlaffen. S)ie aber, welche bap nicht in ber Sage gewefen 
feien, meinte er, oerbienten mehr 2Kitleib, als baff man fie mit 
üftifjgunft oerfolge. Slucp ben Vorwurf, bah eS eine unent* 
fchulbbare unb unerträgliche Sünbe wiber ShriftuS fei, feine 
Äinber bei ben Sutheranern taufen p laffen, wollte er nur bei 
benen gelten laffen, bie heuchelten unb nicht offen zeigten, bah fie 
ebenfo fepr bie Srrlepren wie bie ^prannei unb ben barbarifchen 


») Calv. Opp. XIX, 524—529. 
*) Ibid. 566 sq. 


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70 


Starl SBauer, 


Hochmut ber granffurter Stabtpfarrer oerabfcpeuten. SSenn aber 
reformierte SSäter ein freimütigeg unb üoHftänbigeg ©laubeng* 
befenntnig abtegten, burch bag fie bie Stnrnafjung jener H 0 ^ 
würbigen bemütigten, fo fei nicht einjufetjen, marum fie, bie unter 
bem ßwang ber Sßer^ättniffe tjanbelten, oößig oerurteilt werben 
füllten. Stnberg alg mit ber Daufe oertjalte eg fich mit bem 
2tbenbmat)t, bag man oon ihrer Hanb nicht empfangen fönne, ohne 
fchmählich auf bie heilige Sehre p Berichten. 2lber ber Schwer* 
punft beg Sdjreibeng ruht nicht auf biefen Säpen, in benen bie 
Slfyente eiwag anberg oerteilt finb, atg in bem erften 93rief. Sn 
ber |>auptfache ift bag Schreiben ein Hirtenbrief, ber bie ftreitenben 
SBrüber pm ^rieben oermahnt. * liefen Don fd&lägt ßaloin fogteich 
in ben erften geilen an: Der Schlag, ben fie mit ber gerftörung 
ihrer ©emeinbe erlitten hätten, fei hoch ferner genug; wie traurig 
nun, bafj fo bitterer Streit auggebrodjen fei, ber feine Slugficht 
auf bie SGBieberfehr wahrer SBrüberlicpfeit mehr eröffne! Die ©egner 
möchten fich hoch um ©otteg Witten wieber oerföhnen; ber Herr 
wolle fie boef) bap leiten burch feinen ©eift ber 2Kilbe unb ber 
©üte nnb fie attefamt oereint erhalten — ©in Seib — burch bag 
SBanb beg griebeng. 

@g waren bie testen feiten, bie ©aloin nach fjranffurt'fanbte. 
Sein Dob anberthatb Saht« fpäter fepte bann aßen Dienften, bie 
er ben g-rembengemeinben in biefer Stabt fünftig etwa noch hätte 
leiften fönnen, ein ©nbe. Die grage aber, bie ihm piept üor- 
gelegt worben war, fam erft 1586 auf einer Spnobe in H^l* 
berg pr enbgültigen ©rlebigung. „Die nach reiftichfter ^Beratung 
aufgrunb eineg augführlichen ©utadjteng beg ^eibetberger Sßrofefforg 
bu Son gegebene ©ntfdheibung bejahte bie $rage aufg unbebingtefte: 
feine wohltuenb weitherzigen Darlegungen gipfeln in ben Seit* 
jäpen, bafj eg eine einzige allgemeine Äirche gebe, einen einzigen 
Seib ©hrifti, ein einjigeg Hang ©otteg hier auf ©rben, bag bie 
Säule unb ber Sip ber äßahrpeit ift; bafj bie reformierten unb 
bie lutperifdhen ©emeinben beibe wahre unb wirfliche SBeftanbteile 
biefer Äircpe, biefeg Seibeg unb biefeg Haufeg feien; enblicp bafj 
bie ©eiftlidhen beiber in ihrer ^Berufung unb alg Slugfpenber ber 
©aben ©hrifti unb Diener ©otteg in feiner $irdje anperfennen 
feien unb ihr Slmt in allem, wag ©otteg Drbnung unb ber 


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Sie 58eäieI)Mi0«n ©albing gu ftranffurt a. 2JI. 71 

©emeinfchaft wtfereS Herrn Sefu S^rifti entspricht, anju* 
neunten fei." 0 

©djiufe. 

$)ie Bemühungen ©aloinS pm ffranffurt finb erfolglos 
geblieben. 

2)aS gilt junädhft oon ben Hoffnungen, bie er für ben gort* / 

gang feines UnionSproteftantiSmuS 2 ) gerabe auf biefe ©tabt gefept 
hat. ©o günftig ber Boben feinen Begebungen Ijier ju fein 
fdjien, wo bie fachlichen Srabitionen burd) bie bauten ©apitoS, 

BucerS unb 9Manchtt)onS beftimmt waren, unb fo wertooU ihm 
* bie Beziehungen ju Johann oon ©lauburg waren, fo hat bie ©tabt 
hoch in ben fünfziger Sauren ben Umfdhwung oon bem ober* 
beutfdjen unb pt)ilippiftifdjen 2t)puS junt ©nefioluthertum ooU* 

Sogen. Bon ©trafjburg f)er machte fid) nach bem SBeggange 
BucerS ber ©influfj ÜRarbadhS immer fräftiger geltenb, unb oon 
9torben her oerftärfte fid) biefer ©influfj namentlich burdfj 5BBeftpfjal, 
ber baS $nfehen SDtelanchthonS mehr unb mehr überwog. Unter 
biefen Umftänben war feine 2luSfi<ht, granffurt für ben ©aloiniSmuS 
ju gewinnen. 2)aS H* n ^ ern ^ ftar bejeichnenberweife nidht bie 
BräbeftinationSlel)re, bie fpäter ber Bopanj geworben ift, mit bem 
man. bie ßeute oor ©aloin fopffcheu machte, fonbern feine Slbenb* 
mahlslehre, bie bie Ubiquität ßi)rifti unb bamit alles, was irgenb 
magifdh fdheinen fonnte, abtehnte. 3)och hätte ber SBiberfprud) ber 
$h e °l°0 cn gegen biefe SlbenbmahlSlehre Schwerlich ausgereicht, um 
bem ©aloiniSmuS ben ©ingang ju oerwehren. 3)ie ©ntfcheibung 
ftanb bei bem Bäte, in welchem fie ihre offenfunbigen Anhänger 
hatte. 25ajj ber Bat fich Schließlich nidht für ben ©aloiniSmuS 
entfdhieb, lag an ber Äirchenjudht unb ber hinter biefer ftehenben 
Beteiligung am Äirdhenregiment, woburdh unerwünfdhte Beibungen, 


. *) ©brarb 107. ®er SBefdüuf} ber §eibelberger (Sijnobe im SBori* 
laut bei (@djröber,) Troisifeme Jubil6 SSculaire de la fondation de l’Eglise 
r6formee franqaise de Francfort s. M. 1854, 68 —70. 

2 ) 3u einem joldjen befannte er ftcb felbft in ber SBorrebe jtt ber 
lateinifdjen Ausgabe feimS erften ftatecbiSmuS: Quid? annon hostis quoque 
ipse diabolus aculeos nobis ad syncretismum agendum admovere 
debet? Calv. Opp. V, 321. 


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I 


72 Sari Sauer, 

©renjüberfcbreitungen unb Singriffe in bie SRedjte ber welitidjen 
©emalt fi<h ergeben tonnten. 

5Iud^ in ben grembengemeinben ber <Stabt ^at Salüin fein 
ßiel nicht erreicht. Sr mar jtoar auch für fie ein äRann öoH 
SBürbe unb Autorität, beffen SRat man gerne einfjotte, unb beffen • 
Sntfcbeibung man in ßmeifetSfäUen anrief. 5lber ba, mo eS am 
nötigsten gemefen märe, auf if)n ju hören, prebigte er tauben 
Obren: feine Mahnungen jum ^rieben oerbaUten ungebört, unb 
alle Opfer, bie er felber braute, um ben ^rieben mieberberjufteUen, 
maren umfonft. 5Iu<h jenes 9Rah t»on Sntfcbiebenbeit, lieber ju 
brecben atö ju biegen, mie er e§ im gegebenen Salle liebte, bot 
nur ein £eil ber Sranffurter ^Reformierten aufgebracht. SDie 
©cbliejjung ber SBeihfrauentircbe mar teineSmegS für äße ein 
Stnlafj, fidb eine neue Heimat ju fudjen. 2Ba8 niete auch je|t nodb 
in ber «Stabt feftbielt, ba8 mar bodj nicht bloh bie «Scheu oor ben 
Unbequetqlicbfeiten einer neuen SBanberfcbaft ober bie Sd^mierigfeit, 
£auSbaft unb ©efdbäft aufjulöfen. SDiefe ÜRieberlänber unb 
SBallonen Ratten nid^t nur äuherlicf), fonbern auch geiftig ihre 
|jeimat in Srantfurt gefunben. $er Unterfcbieb mürbe non ihnen 
im mefentlicben nidbt al§ ein Unterfcbieb ber bogmatifcben Stn* 
fdbauungen, fonbern ber «Sprache empfunben 1 ): ein Beiden, bah 
fie fidb innerlidb mit ben alten granffurter ißroteftanten oerbunben 
fühlten, bie bie Xrabitionen 93ucer8 fortfepten, unb bah ihnen an 
ber gortbitbung ber SBucerfdben Sbeotogie burdb Saloin meniger 
gelegen mar. Sn ber Solge trat ber Sinflufc SatöinS bei ben 
Sranffurter reformierten ©emeinben noch Oiet mehr jurüdE. 
Sbarafteriftifdb ift bt er für, bah ber Pfarrer ber franjöfifdben 
©enteinbe Simotbee ^ßoterat im Sabre 1610 bem SRate unb ber 
ganzen Söürgerfcbaft eine Schrift über bie emige ©nabenmabl unb 
baS b^ Slbenbmabt mibmete, bie jeigen foflte, bah ^Reformierte 
unb Sutberaner in biefen beiben SebrftücEen einig feien. 2 ) Sünf 


*) ©o bezeugt eS toenigflenS ©atljenuS Salbin bon ben Stieberlänbern, 
bie er nach granfental geführt batte: Qui cesserunt, ultro ac sponte sua 
cessernnt, nt alibi ministerio vernaculi idiomatis efficacius consolarentur 
ac aedificarentur. C. R. XIX, 525. Setlage gu bem Srief bom 18. ©ept. 1562. 

2 ) %. 81. n, 145. Siel ®anf ermarb er fiep bamit freilich nidjt. 2)a8 
Swbigerminifierium fdjob i&m in einer SorfteHung, bie e$ im Sanuar 1611 


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2)te Segiehungem ©albtnS gu granffurt a. SK. 73 

Satire fpäter aber erfolgte ein Sfteubruif beS granffurter Äompromifj- 
{atecbiSmuS oon 1541, an beffen ©ntftebung ßatoin {einerlei 
Stnteil hatte, in ber Slbfid^t, bie Übereinftimmung mit ben 
Suttieranern $u ermeifen. 

Dro$ biefer ÜKifjerfolge, bie er bei feinen ^Bemühungen um 
$ran!furt batte, benten mir oon ©atoin felbft nicht geringer. 
Seicht feine ©rfolge finb fcbliefjlicb baS ©ntfcbeibenbe für unfer 
Urteil über ihn, fonbern fein (S^arafter. Unb gerabe fein ©barafter 
fteHt fid) uns in feiner ganzen imponierenben ©röfje Oor Stugen, 
menn mir biefeS eine Kapitel feines SebenS überb tiefen. 

©aloin bot eS uns freilich in gemiffer töejiebung nicht Ieidjt 
gemacht, ihm gerabe hier baS Sttafj oon ©erecbtigleit miberfabren ju 
laffen, auf baS er unbebingt Slnfprud) bat- $ür ben Deutfdjen liegt 
junäcbft etmaS SlbftofjenbeS in ber ©eringfebäpung, mit melier 
(Jaloin auf bie beutfeben Xbeologen b era M a ^ wob es ablebnte, ficb 
oon ihnen ben ©lauben üorfdjreiben ju laffen. J ) Slber mo maren 
benn in ben fünfziger fahren beS 16. SahrtjunbertS in Deutfcb* 
lanb bie Theologen ju finben, bie ihm ebenbürtig maren? Den 
einen äKelancbtbon ausgenommen, ber in faft allen fünften mit 
ihm übereinftimmte, beberrfebten bie ©pigonen SutherS bie beutfebe 
Dbeologie, uhb es mirb niemanb behaupten motten, bafj bie 
JtaciuS, ©all, SEBeftpbat, äftarbad), SBeper unb mie fie alle beiden 
geiftig ben gleichen SRang einnabmen mie ©atoin, bem febon töueer 
unb 2Mand)tbon auf bem SBormfer Dag ben ©hrennamen 
Dbeologen beigelegt batten. Die $ran!furter Pfarrer fühlten biefe 
geiftige Überlegenheit, oon bet er ihnen in ber Disputation mit 
SBelS einen unmittelbaren ©inbruef oermittett hatte, nnb gingen 
beSbalb einem tbeologifdhen ©efpräd) mit ihm lieber aus bem SEBege. 


bei bem Kate einretchte, bie 31b fiept unter, er malte nur bie calbinifdje 
Keligion unter ber SBfirgerfdjaft auSbretien. 2)er Kat berfügte barauf, ber 
Serfcffer habe bie gange Auflage auf bem Körner abguliefern unb fiep bei 
Kerluft ber Söürgerfdpaft in 3ufunft ber Kbfaffung ähnlicher Südjer gu 
enthalten, ©ingelne ©Eemblare ber «Schrift fanben übrigens ben SB eg nach 
©enf, SlugSburg unb ßeipgig. 

x ) ©benfo ferne lag eS ihm nach feiner eigenen ©rflärung aHerbingS 
auch, feinerfeitS mit ben ^rangofen anberen ©efefce aufguerlegen. SBgl- ben 
Srief an Sfob- bon ©lauburg bom 24. 3uni 1556. Sei «Sdjmarg II, 148. 


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74 


Sfarl ©auer, 


Snbeffen nicht bicfc theologifcfje Turchbilbung ift eS eigentlich, 
toaS i§n uns über feine beutfdjen ßeitgenoffen emporhebt. ©ein 
Vlid ift ojel umfaffenber, feine VetrachtungSmeife ütel gtofjgügiger. 
Sn ber beutfchen Rheologie unb Kirche jener $eit fpiegelt fich 
baS gange ©tenb ber Äleinftaaterei unb ber ganzen politifchen 
©iferfudjt unb gerriffenheit. TaS n>ar bie oerhängnisoolle Äehr* 
feite beS lanbeSfjerrlidhen ©ummepiffopateS, baff bie |)oftf)eoIogen 
biefer Ntiniaturftaaten fich unb ihrer Theologie eine Sßichtigfeit 
gufdjrieben, bie ihnen in 233irflichfeit gar nicht gufam. Über bie 
©rengen ihres Territoriums hinaus reichte ihr Vlicf faum, ber 
Vegriff eines alle Nationalitäten umfpannenben ^ßroteftantiSmuS 
mit gemeinfamen Sntereffen, fielen unb Aufgaben mar ihnen 
fremb. SBieoiel höher ift bemgegenüber ber ©tanbpunft (SaloitiS, 
ber nicht nur ©enf unb allenfalls noch ein paar benachbarte 
Kantone inS 5tuge fa§te, fonbern bem es um einen reformierten 
©efamtproteftantiSmuS in allen Säubern gu tun mar, ob fie 
frangöfifdjer ober beutfdjer, englifdher ober polnifcher ßunge maren, 
unb bem granffurt eben barum fo midjtig mar, meil oon ihm 
aus biefer reformierte ©efamtproteftantiSmuS in Teutfchlanb oot= 
bringen tonnte! 

Tiefes Sntereffe madhte ben Theologen gum Tiplomaten. 
Slber mit biefem Namen oerbinbet fich öei ihm nicht ber Vegriff 
beS Verftecften unb Unaufrichtigen. Tie $unft ber äGBinfelgüge 
mar ihm fremb. tlar unb gielbemufjt ging er auf fein $iel gu. 
2Benn ihn etmaS als ÜNeifter ber Tiplomatie fenngeichnet, fo ift 
eS bie innere Vornehmheit feines Vorgehens unb baS ©efchicf, 
ben richtigen SlnfnüpfungSpunft gu ftnben unb gu benupen.. @S 
läfjt fi(h faum eine feinere Slrt benfen, ben ©chlag gu parieren, 
ben Söeftphal in ff-ranffurt gegen ihn geführt hatte, unb zugleich 
mit bem Note ber ©tobt Fühlung gu geminnen, als et eS mit 
ber SBibmung feiner ©oangelienharmonie getan hat- Tabei ent* 
fpradh eS feiner angeborenen frangöftfchen |>öflichfeit, bah er jeber= 
geit bie gütm wahrte unb fich aon feinem leibenfdjaftlichett 
Temperament nicht hinreihen lieh- 3lu<h mertboHe perfönlidhe 
Vegiehungen mit einfluhreichen $erfönli<hfeiten mie Johann 
oon ©lauburg hat er nach Saht unb Tag mieber aufgenommen unb 
gepflegt, menn fie ber ©ache, ber fein Seben gehörte, gugute famen. 


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$ic 23cgiehungen (SalbtnS gu granffuri a. 2ß. 


75 


2)te perfönlidje ©eite beS Sßer^ältniffeS trat für ihn babei 
freilich hinter ber @acf)e felbft oöUig jurücf. (Sr ift eine rein 
faepefje ÜÄatur. $)iefe ©achlichfeit feiner 9totur ift oft falfdf) 
oerftanben worben unb §at ihm ben SJorwurf ber Sttjrannei 
eingetragen, gegen ben er fich fdhpn bei ben ^ranffurtern oer= 
teibigen mufjte.*) $)aS eben ift feine grojje (Siufamleit, baff er 
ftd), wo fein Sehenswert — ber ®f)re ©otteS ju bienen — in 
grage fommt, ju einer tjerben ©röfje ergebt. (Sr fdhont bann 
anbere ebenfowenig wie fidf) felbft. (Sr nimmt bie 93efd)Werben 
einer Sfteife nach ^ranffurt auf fidt), ofjne fich um feine 
©efunbljeit ju forgen, wenn er nur fjoffen barf, bamit bem 
(Soangelium unb ber $eftigung ber jerrütteten ©emeinbeoerhältniffe 
ju bienen. 2)em ^rieben ber ©emeinbe opfert er’ bann aber auch 
ebenfo fchonungSIoS oerbiente Scanner wie ^outtain unb §oubraque, 
ohne lange ju fragen, ob fie nicht etwas beffereS oerbient ptten. 

SEBir würben uns mit biefet unerbittlichen ©adjlichfeit, ber äße 
fentimentalen (Srwägungen OöUig fern liegen, wohl leidster be=* 
freunben, wenn Wir fie nicht manchmal auch mit üßtifjgriffen 
oerbunben jähen. Sttudh (SaloinS Slicf ift bisweilen getrübt, jo I 
bafj'fein Urteil ungerecht wirb. 2)aS war ber $aÜ ißoutlain 
gegenüber, ber eS für nötig fanb, (Saloin $u bitten, er möge nicht 
auf anbere fyömx, fonbern fidh felber ein Urteil bilben, — bie 
„anberen" waren (SaloinS ©chwager 2 ) SBhM n ($am unb fein greunb 

*) S3gl. ben Sörief an 3ob- bon ©lauburg bom 24. 3uni 1556: 

SBenn fte (bie granffitrter Sßfarrer) beifügen, id) führe ja auch in ©enf 
ein tbrannifcheS Regiment, fo entflicht baS bem brüberlidjen SBohltoollen 
gar nicht, baS fie mir brieflich gufagten. SGßie faul bie Sßachrebe bon 
meiner Xhrannei ift, baS fann ich ruhig bon meinen Sörübern unb ßoöegen 
beurteilen laffen, bie fidj gewiß noch nie über meine brfidfenbe §errfchaft 
beflagt haben. Dft haben fie mir-fogar borgetnorfen, ich fei gu ängßlich 
unb braudhe meine SRachtfteHung, bie fie alle billigten, im Notfall nicht 
offen genug . . . SBenn ich mich auch bamit befdjeibe, bem beißenben 
©efd&wäß böfer gangen nicht entgehen gu Jönnen, fo genügt nicht nur ba$ 
geugniS meines ©eWiffenS, fonbern auch baS ber £atfachen unb beutlidjen 
©rfaßrungen reichlich, alles gurüdfguweifen, toaS böswillige ßeute mir auS 
ber gerne bortoerfen. 3<h möchte bon ihnen, benen meine ÜDlacßt auf 
foldje 2)ißang unangenehm iß, felbft hören, toaS ich benn fo ShrannifcßeS 
an mir habe, ©chtoarg n, 148. 

2 ) $>aß SBiHiam SBIjittingbam mit ©albtn berfchtoägert gewefen fei, 


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76 flarl Sauer, 2)te Segiebungen SaltiinS gu 'granffurt a. 2Jt. 

be <SedjeUe. 2Iud^ fadtjlidfje 9Jteinunggoerfcbiebenf)eiten tonnten if>n 
hinbern, ben ©Ijarafter eineg ÜDtanneg unbefangen ju beurteilen, 
tiefer fjafl trat bei Sßerrucel ein. 2)afj ^errucel in fragen ber 
Äird&enjudjt nicht bie (Strenge ©aloinl teilte, ift ber ©runb für 
all bie Schlechten $enfuren, bie ihm nid^t nur oon ©aloin, fonbern 
auch oon ©efinnungggenoffen ©aloing mie Seja unb $)atl)enug 
auggeftedt morben finb. 

Slber tro| biefer <Scf)ranfe in bem Sefen beg ©enferg föhnen 
ung bod^ jtoei 3)inge fofort roteber mit itjm aug. 2)ag eine ift 
bie (Seelforge, bie er an feinen fjreunben immer mieber übt; oon 
bem ©ruft unb ber 2)emut, ber SBeigfjeit unb ber fjerjgetoinnenben 
fjreunblichfeit ßaloing f)at ^ßoudain unoerfennbare groben 
empfangen; unb mie er eg oerftanb, auch bittere 2Bat>rIjeiten ohne 
oertefcenbe (Schärfe augjufprechen, baoon tonnte fich ©oy über* 
jengen. 2)ag anbere ift ber ftarte ©inbrucf, bafj mir eg bei Üjm 
mirflidh mit einem burct) unb burd^ djriftlichen ©Ijarafter ju tun 
haben, ber mit ber Heiligung beg Sanbelg, bie er oon anberen 
oerlangte, üor allem bei fidf) felbft ben Einfang machte. Sie ftart 
er gerabe baburdj auch auf miberftrebenbe ©emüter gemirft fyat, 
bafür finb ung bie f^rantfurter Pfarrer unüerbädfjtige ßeugen, bie 
noch nach Saljr unb £ag bei aller unoertennbaren Slbneigung 
gegen feinen tircljlichen unb bogmatifdfjen ©tanbpunft bod^ nicht 
umhin tonnten, oon feiner perfönlidjen ^Begegnung mit ihnen 
oor adern bag eine ju berieten: ©r fegnete ung freunblicf). 

bat 8t. Sunfl, ®ie engl, tjlüd&tlingggemetnbe, ©. 65 als „offenbar unrichtig" 
begeidjnet, aber obtu ®,rünbe für biefe Sebauptung beigubringen. 


$rud oon Äarraä, Äröber & 9lietfc$mann in $aHe (Saale). 


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Terlag von M. Heinsius Nachfolger in Leipzig 


Archiv für Reformationsgeschichte 

Texte und Untersuchungen 

im Auftrag des Vereins für Reformationsgeschichte herausgegeben 
von Walter Friedensburg 

Das „Archiv für Reformationsgeschichte“ bringt in streng 
wissenschaftlicher Weise unveröffentlichte Quellenstoffe, denen 
im allgemeinen auch solche Urschriften gleichgeachtet werden, 
die lediglich in unzulänglichen oder schwer, erreichbaren, ins¬ 
besondere etwa nur in zeitgenössischen Drucken vorliegen. 
Ferner kommen auch prüfende Untersuchungen, zumal solche, 
die der Erläuterung von Quellenstoffen dienen, zur Veröffent¬ 
lichung, und endlich wird darauf Bedacht genommen, neue Er¬ 
scheinungen auf diesem Gebiet, namentlich Zeitschriftenaufsätze, 
zu verzeichnen, sowie kleinere Mitteilungen, Nachrichten über 
Funde und einzelne. Beobachtungen zu bringen, die für den 
Forscher oder den Freund der Geschichte des Reformations¬ 
zeitalters von Belang sein mögen. 


Vorzugsangebot ,Ur XÄ efende 

Jahrgang 1—16 (Heft 1—64) und 4 Ergänzungsbände 

zusammen auf einmal bezogen: M 175,— (statt M 218,70) 
ohne die Ergänzungsbände : ' M 146,— (statt M 189,70) 


Inhaltsangabe dieser 64 Hefte uud der Ergänzungsbände stehen auf Wunsch 

kostenlos zur Verfügung. 

Neueste Hefte, 17. Jabrg. 1920, Nr. 1 und 2: 

XVII, 1 (Heft 65): G. Kawerauf, Aus dem Wittenberger Universitäts¬ 
leben. — A. Wahl, Beiträge zur Kritik der Ueberlieferung von 
Luthers Tischgesprächen der Frühzeit. — R. Stölzle, Ein un¬ 
bekanntes deutsches Lied des Paul Schede Melissus. — Th.Wotschke, 
Johann Laski und der Abenteurer Heraklid Basilikus. — E. Hirsch, 
Melanchthon und das Interim. — G. Bossert, Drei Briefe Melanch- 
thons. — G. Stnhlfauth, Zum Passional Christi und Antichristi. — 
Mitteilungen (Neuerscheinungen). 80 S. 

Bezugspreis M 5,— ; Einzelpreis M 6,— 
XVII, 2 (Heft 66): J. Haußleiter, Ein Stück der Genesisvorlesung 
Luthers in einer Greifswalder Handschrift. — G. Buchwald, Bugen- 
hagens Katechismuspredigten vom Jahre 1534. — K. Schornbaum, 
Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg und die Einigungs¬ 
bestrebungen der protestantischen Stände 1556—1559. — 0. Clemen, 
Georg Witzei und Justus Jonas. — Mitteilungen (aus Zeitschriften). 
80 S. Bezugspreis M 7,50; Einzelpreis M 8,50 


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UNIVERSfTY OF MICHIGAN 




Verein für Reformationsgeschichte 
Vermittlungsverlag von M. Heinsius Nachfolger in Leipzig 


Soeben erschien: 

Martin Luthers Briefwechsel. 

Herausgegeben von f Ludwig Enders und f Gustav Kawerau 
weitergeführt von Paul Flemming 

Band XVII. 8». XII, 384 S. Ji, 20.— geh. v Ji> 26.— geb. 
Subskriptionspreis ist aufgehoben - 

Die Preise für Band I—XVI erhöhen sich gleichzeitig auf: 
Jb 10.— geh., Jb 15.— geb. für jeden Band 

1 Verleger-Teuerungszuschläge kommen in Fortfall " 


Das Werk ist nicht nur für jeden Lutherforscher unentbehrlich, - 
sondern hlle, die sich über diesen oder jenen Punkt in Luthers 
Leben oder über seine Stellungnahme zu den verschiedensten 
fragen seiner Zeit oder über Einzelvorgänge der Reformations* 
geschichte orientieren wollen, müssen immer und immer wieder 
zu diesem umfassenden Werke greifen. 

Der Schlußband wird auch die ausführlichen Register 
für das ganze Werk enthalten, durch die der reiche Inhalt des 
Briefwechsels der Forschung erst voll erschlossen und zu¬ 
gänglich gemacht werden wird. 


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UMIVERSITY OF MICHIGAN 



Verein für Reformationsgeschichte 
Vermittlungsverlag von M. Heinsius Nachfolger in Leipzig 

Supplementa Melanchthoniana. - 

Werke Philipp Melanchthons 
die im Corpus Reformatorum vermisst werden. 

Herausgegeben von der 

Melanchthon-Kommission des Vereins für Reformationsgeschichte. 

I. Abteilung: Dogmatische Schriften. Herausgegeben von Otto 
Cie men. Teil I. Lex.-8°. LII, 250 S. 

Ji 21.— einscbl. Teuerungszuschlag des Verlegers. 

II. Abteilung: Philologische Schriften. Herausgegeben von Hanns 
Zwicker. Teil I. Lex.-8°. XXXH, 189 S. 

Ji, 15.— einschl. Teuerungszuschlag des Verlegers. 
V. Abteilung: Schriften zur praktischen Theologie. Herausgegeben 
von Paul Drewsf und Ferdinand Cohrs. Teil I: Kate- 
chetische Schriften. Herausgegeben von Ferdinand Cohrs. 
Mit einer Nachbildung des kleinen Katechismus von 1549. Lex.-8°. 
CLVI, 485 S. Ji 45.— einschl.'Teuerungszuschlag des Verlegers. 
Die neu herauszugebenden Werke Melanchthons sind auf 
7 Abteilungen verteilt: I. Dogmatica (Prof. D. ?Dr. Clemen, 
Zwickau), II. Philologica (Oberlehrer Dr. Zwicker, Leipzig), 

III. Academica (Geh. Konsistorialrat Prof. D. Hansleiter, 
Greifswald), IV. Exegetica (Prof. D. Ficker, Halle), V. Prac¬ 
tica (Eonsistorialrat D. Cohrs, Ilfeld), VI. Briefe, Gut¬ 
achten usw. (Prof. Flemming, Schulpforta), VII. Varia (Prof. 
D. Dr. 0. Clemen, -Zwickau). 

Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 

(früher Studien zur Kultur und Geschichte der Kultur) 
Herausgegeben vom Verein für Reformationsgeschichte 
Band I. Theodor Wotschke, Geschichte der Reformation in Polen. 
8». [XII, 316 S.] 

Ji 9,— einschl. Teuerungszuschlag des Verlegers. 
Band U. Paul Mestwerdt, Die Anfänge des Erasmus. Humanismus 
und „Devotio Moderna“. Mit einer Lebensskizze von 
C. H. Becker herausgegeben von Hans von Schubert. 
80. [XXXII, 343 S.] 

Ji 13,50 einschl. Teuerungszuschlag des Verlegers. 
Band III. Leonid Arbusow, Die Einführung der Reformation in 
Liv-, Est- und Kurland. Im Druck 

Band IV. Paul Kalkoff, Ulrich von Hutten und die Reformation. 

Eine kritische Geschichte seiner wichtigsten Lebens¬ 
zeit und der Entscheidungsjahre der Reformation. 
(1517—1523). [XVI, 602 S.] 

Ji 40,— einschl. Teuerungszuschlag des Verlegers. 


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V ermittlungsverlag von M. Heinsius Nachfolger in Leipzig 


Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte. 

Zu nachstehenden Preisen tritt ein Verlegerzuschlag von 50 v. H. 

Nummer 

91. Niemöller, Heinrich, Reformationsgeschichte von Lipp- 

stadt, der ersten evangelischen Stadt in Westfalen. 
(79 S.) 8». 1906. [XXIV, 2] Jt 1,20 

92. Schmidt, Wilhelm, Die Kirchen- und Schulvisitation 

im sächsischen Kurkreise vom Jahre 1555. Zweites 
Heft: Die wirtschaftlichen Verhältnisse. (IV, 58 8.) 
80. 190£. [XXIV, 3] Jt 1,20 

93. Kawerau, Gustav, Paul Gerhardt. Ein Erinnerungs¬ 
blatt. (85 S.) 80. 1907. [XXIV, 4] Jt 1,20 

94. Ney, Julius, Die Reformation in Trier 1559 und ihre 

Unterdrückung. Zweites Heft: Die Unterdrückung. 
(101 S.) 80. 1906/07. [XXV, 1] Jt 1,20 

95. Westphal, F., Zur Erinnerung an Fürst Georg den 

Gottseligen zu Anhalt. Zum 400jährigen Geburtstag. 
(93 S.) 8«.- 1907. [XXV, 2] Jt 1,20 

96/97. Müller, Nikolaus, Georg Schwartzerdt, der Bruder Me- 
lanchthons und Schultheiß in Bretten. Festschrift zur 
Feier des 25 jährigen Bestehens des Vereins. (IX, 276 S.) 
80. 1908. [XXV, 3/4] Jt 3,— 

98. von Schubert, H., Bündnis und Bekenntnis 1529/1530. 

— Hermelink, H., Der Toleranzgedanke im Refor¬ 
mationszeitalter. Vorträge, gehalten auf der VIII. 
Generalversammlung des Vereins für Reformations¬ 
geschichte am 22. und 23. April 1908 in Bretten. 
(70 S.) 8°. 1908. [XXVI, 1] Jt. 1,20 

99. Lang, Aug., Johannes Calvin, Ein Lebensbild zu seinem 

400jährigen Geburtstag, 10. Juli 1909. (222 S.) 8°. 

1909. [XXVI, 2/4] Jt 2,40 

100. Jubiläumsschrift. Mit Beiträgen von W. Friedens¬ 
burg, Otto Scheel, K. Bauer, Fritz Herrmann,\ 
K. Benrath, G. Kawerau. (VIII, 348 S.) 8«. 1910. x 
[XXVII, 1/4] Jt 4,80 


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Gegriffen bes Q3ereins N für 9teformafionsgefcf)icf)fe 

3af)rgang 39 (<ftr. 134) 


Cutters Zat in Qßorms 


93on 

5 ftaj 2 en 3 


ßeipjig 1921 

Äommiffionsoerlag oon 911. äeinfius <Racf>foIger 
5ür tDlitglieber 

öurd) bie @efd)äft5ffelle bes Vereins für 91eformationsgefd)id)te: 
-Hubolf fiaupf, ßaße a. S., Örrandieplafj 1 

i 

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OfBan fpridjt bon SutfterS %at in SortnS unb pflegt babei 
im ©runbe bod) nur an ein Sort gu benfen, einen furgeit 
SluSfprudj be§ Reformators, ber, mie mir peute miffen, nicht 
einmal bucftftäblich fo gelautet hat, mie er auf bem Senfmal 
ju SormS in (Srg gegraben fiept, beffen (Sinn freilich in 93er* 
binbung mit ben Säften, auf bie er fid) gurüdbegog, bom erften 
’ Slugenblid an feftftanb, unb beffen meltberoegenbe 33ebeutung, 
unauSgefcpöpft bis fteute, noch auf Sahrftunberte hinaus immer 
Don neuem offenbar merben mirb. 

gür Sutfter felbft, ich meine für bie innere ©ntmidlung 
>eS Reformators, lag in bem Sorte bon SormS, in fenem 
w ©ott helfe mir, 9lmen", mit bem er am Racpmittag beS 
18. 9lpril 1521 bor Äaifer unb Reich baS 33efenntniS gu feiner 
kftre abfdjlojj unb beftätigte, nichts 33efonbereS. Über feinen 
Glauben mar er feit Salden, lange bebor er bie 95 Sftefen über 
oie Äraft beS 9lblaffeS an bie Sür ber Sdjlojjfirche gu Siitenberg 
angefcftlagen ftatte, mit fid) ins reine gefommen; bie Schriften 
* aber, burdj bie er iftn gerechtfertigt, unb bie iftrn nun bon bem 
1 Offizial beS ©rgbifdjofS bon Strier namenS ber Stänbe beS Reiches 
borgehalten mürben, maren gu bielen Saufenben in gang Seutfcp* 

» lanb auSgegoffen; fie hatten bereits bie ©rennen beS Reiches über* 
fepritten. §atte bie Kirche ben rebeßifepen SRöndj auSgeftoften, 
fo patte auch er alle 23rücfen nach Rom I»in abgebrochen; ja 
man fann gmeifelnb fragen, mo anfangs baS größere ÜUfajj ber 
| geinbfeligfeit borgemaltet hatte, in Rom ober in Sittenberg. 

Ser Angreifer mar febenfaHS Sutper gemefen, unb ber ©egenfaft 
■ gegen bie römifche Seftre mit bem Sßoment gegeben, mo er fieft 
beS neuen ©IaubenS bemuftt gemorben mar, lange bebor er iftn 
in bie Seit ftiriauStrug, in ber Stille beS ÄlofterS unb im 
Ringen feiner Seele. ÜRan mujj bie Stftefen Men, toefefte fich 
unmittelbar gegen bie fßerfon beS regierenben SßapfteS richten, 
ctma bie 83.: marum er nicht um ber Siebe $um £>öcftften unb 


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'DJaj 2ens, 

ber Rot ber (Seelen mitten baS gegfener gang auslöfcfee, ba er 
bo<h für einen fo gleichgültigen 3b>ed roie ben Vau einer Äirdfee 
um unfeligeS ©elb ga^llofe (Seelen erlöfe? ober bie 87.: marum 
er, ber reicher fei als ÄraffuS unb ftröfuS, nicht bon bem 
eigenen ©olbe, ftatt bem ©djtoeifee ber armen ©laubigen, bie 
SSafilifa ©anft SßeterS erbaue? — um fidj barüber flar gu merben, 
mie tief ber Reformator bereits bamalS ben Rife empfanb, unb 
mie frei er im ©runbe feiner ©eele fid) bereits bon ben geffeln 
füllte, mit benen iljn fein ©elübbe an bie ©ebote feiner &ir<he 
banb. Argumente unb ©frupel ber Saien nannte er folcfee 
fragen: als plagten iljn, ben SRöncfe, meber ©frupel noch 
ßroeifel. Slber, fefet er fofort feingu, mit biofeer ©emalt folche 
©tnmänbe nieberfealten, anftatt fie mit rechtfertigenben ©rünben 
aufgulöfen, Reifee Äircfee unb fßapft ben geinben gum ©elächter 
unb bie ©feriftgläubigen unglücflicfe machen. 

©S maren bie 3 u f*änbe, bie bor aller 9Iugen lagen, über 
bie in ®eutfd)Ianb alle SEBelt feit Safergefenten fdjalt ober fpottete. 
3n ben (Spöttern gehörte Sutfeer nicht; bie feofenbolle (Satire 
in ben Vriefen ber Viri obscuri mar gar nicht nach feinem 
bergen, ©r fah fo gut mie bie anbern, bafe, mie er mit einem 
Vibelmort fagte, alle ©affen SerufalemS bott beS ©eftanlS maren; 
aber er mochte nicht, bafe baS ^eilige, auch nicht in feiner SBer- 
feferung, bem Volf 511 m ©efpött gemacht merbe; er nannte bieS 
ein Veifeen unter bem 3 aun feer. $iel 8 U emft nahm er eS 
mit feinem Veruf unb ben Aufgaben, bie ipm barin geftefft 
maren, um an Eingriffen gegen feinen eigenen <Stanb greube 
gu höben, bie mehr auf Veluftigung ber Sefer als auf Vefferung 
be§ VolfeS abgielten unb in ihrer Verallgemeinerung ber fßfaffen* 
fiinben boH bon Ungeredfetigfeit maren; mir brauchen nur an • 
Luther felbft unb feine (Seelenfämpfe gu benlen, um uns gu 
fagen, mie biel ©rnft unb ©ebanfentiefe in ben Sföauern beutfcher 
Älöfter eben bamalS lebenbig mar. Vor feinen Vrübern im 
SHofter, ben Kollegen an ber Uniberfität, felbft bor ben ©tubenten 
berbarg er freilich feine ©ebanlen längft nicht mehr. ©<hon im 
Safere 1515 auf 1516, in ber Vorlcfurig über ben Römerbrief, 
ja fdjon gmei Safere früfeer in ber über bie Vfalmen fe Q tte er 
bie ©eifeel über bie Verrottung in Kirche unb SSelt gefchmungen; 
man fiifelt fi<h an feine ©turmfdjrift bom ©omrner 1520, „9ln 


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SuttjcrS Sat in 2&onn£. 


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ben djriftlidjen Stbel bcutfd^er Nation", erinnert, trenn man barin 
lieft, toie fdfarf er mit bem geiftlidfen mie bem meltlidfen 9tegi* 
ment ins ©eridft geht. 9lber bamit glaubte Sutlfer -noch nid)t 
ben ÄreiS gu überfcßreiten, in ben ihn fein 2lmt, mie er eS 
anfaf), gefteüt ^atte; als Doctor Sacrae paginae füllte er fidf 
bagu berufen, für bie Stjre unb Feinheit ber ßirdfe gu ftreiten. 
formell überfd^ritt er bie ©dfranfen, in bie Älofter unb Uniber* 
fität ihn bannten, nicht einmal mit ber SSeröffentlidfung ber 
Siefen; benn er folgte babei nur bem allgemeinen UniberfitätS* 
brauch unb bem iWedht, baS ihm feine Sßrofeffur gab, unb an 
bem gerabe bie p^ilofop^tfd^e ©dfule, ber er angehörte, mit be* 
fonberem Sftadfbruc! fefthielt. Sn Sßirflichfeit freilidh mar er über 
bie Sragmeite feines ©drittes nid)t im unflaren. (Sr tat ihn, 
alS ihm feine Seidftfinber bie 9lblaßgettel borgeigten, für bie fie 
fidf in bem nahen Süterbogf bon bem SJiainger 5lblaßfrämer 
ihre ©ünben Ratten abfaufen laffen, mit anbern Sßorten, als 
ber böfe geinb ih m bie eigene §ürbe, in ben ^Bereich feiner 
©eelforge eingebrodjen mar: nun aber fogleid) mit einer 2öudjt 
unb einer (Sntfdfloffenheit, bie fein gurücf mehr fannte unb 
allen Äonfequengen entgegen fah; in baS Sutrum beS feinb* 
Häfen ©tjftemS, gegen baS §erg beS ©egnerS, unmittelbar gegen 
9 iom führte er ben ©toß. 

5tn biefer Sluffaffung ber £at bom 31. Dftober 1517 barf 
unS nidft irre machen, baß Suther fidf in ben 3^^efen fo gibt, 
als fü§re er im ©runbe bie ©adfe beS fßapfteS, fprädfe beffen 
eigene Meinung aus, bie nur bon ben 5tblaßfrämern gefälfdjt 
mürbe. S)aS mar eine SBanb, h^to ber er $edung fudfte, 
eitt ©d)ilb, ben er bor fid) ^inftettte, um bie ©egenftöße ber 
überftarfen 9J2ad)t, gegen bie er anging, einigermaßen abgu* 
fdfmädfen. Sn ber gleiten Slbfidft bat er ben „Iftefolutionen", 
b. h- ben Erläuterungen gu ben Siefen, bie er im ©ommer 
barauf auSgehen ließ, ein offenes ©dfreiben an ben fßapft felbft 
borangefteHt, morin er fidf bem heiligen SSater gu güßen legt, 
fein gangeS Seben unb ©ein, fein Urteil felbft ihm untermirft: 
„befiehl über Seben unb Stob, rufe midh gu bir ober berftoße 
midf, beftätige ober bermirf, mie eS bir gefällt. 3<h miü beine 
©timme als bie ©timme ©hrifti, ber in bir regiert unb fpricßt, 
anerfennen. §abe ich ben 2mb berbient, idf meigere midh nidit 


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'JJtor Ccnj, 

SU fterben". Sieft man bann aber bie ©chrift felbft, fo ftöfet 
man auf ©äfce über ba§ „römifche 23abel", ben ©djlunb, ber 
ctte Reicfjtümer ber SEBelt berfcf)linge, it»eld>e hinter ben Gpifteln 
fputten§ gegen ben 23lutfäufer $uüu§ II. (ber un§ übriaen§ auch 
in Sutber§ RSorlefung über ben Römerbrief begegnet, fowie in 
ben Refolutionen ber blutige ©chatten Stleyanber§ VI. auftaucht) 
nicht gurücffteben. SD?an wirb bem Reformator nicht geregt, 
man würbe ihm fogar Unrecht antun, wollte man annebmen, 
bafe er weltfremb unb im Jinblidjen Vertrauen fidf) bem Ober* 
Wirten ber (SEjriften^eit genagt hätte, al§ wiffe berfelbe ni<ht§ 
bon ben ÜDftffetaten feiner Wiener unb werbe 'fidf) gern eine§ 
23efferen belebten taffen, aud) gegen bie Übertreter ber fiebre 
Gbrifti einfdjreiten. 9ll§ ob Sutber Rom nie gefeben unb bon 
ben literarifeben ^ e ^ en ber Jpumaniften gegen bie Römlinge 
auf beiben ©eiten ber 5llpen nie etwa§ gehört habe! ©ewife: 
bajj er ber Anfänger einer ungeheuren Sßeltberwirrung war, bafj 
er bie Kirche be§ ?lbenblanbe§ gerreifcen unb alfo bie Nationen, 
bie bisher in ihrem ©chofee geruht batten, bon ihrer Kultur* 
gemeinfd)aft getragen waren, einer $ra bon Rebolutionen, einer 
Umgeftaltung bon ©runb au§ entgegenfübren würbe, ahnte ber 
Reformator nicht, al§ er fidj gurn Kampfe fteHte. ©her glaubte 
er an ba§ Umgefebrte: bajj er mit bem SobanneSruf, mit bem 
er feine %b e f en eröffnete, nicht burchbringen, bafe er fi<h aut 
©nbe bon aller Söelt ebenfo berraten unb berlaffen feben werbe, 
wie fein fpetr unb SCReifter unb taufenb anbere, welche ber blöben 
9Renge bie SSabrbeit berfünbet unb fich gu ihr befannt batten. 
„®iefer Jpanbel", fo fd)reibt er, noch bor bem Kolloquium in 
Üeipgig, feinem SBertrauteften, ©eorg ©palatin, „wirb, wenn er 
bon ©ott ift, nicht eher enben, al§ bi§, Wie ©briftum feine 
jünger, fo auch mich aüe meine $reunbe berlaffen haben unb 
bie SSabrijeit allein bleibt, welche fich errettet mit ihrer Rechten, 
nicht mit meiner, nicht mit beiner, noch mit ber irgenbeineS 
9Renf<hen. Unb bafe biefe ©tunbe lornmen wirb, b Q be ich bon 
Anfang an gewußt." $u Öen Dptimiften im lanbläufigen ©inne 
gehörte Sutber nicht, wenigftenS nicht, feitbem er ÜRöndj ge* 
worben; er wäre fonft nicht in§ Klofter gegangen. 9Iu<b bie 
^riebfertigen, bie nach SSerföbnung, SSerftänbigung mit ben ^einben 
SMirftenben fonnten ihn nicht gu ben übrigen gäblen, fo febr 


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üutl)er$ £at in SEBormä. 


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er fid) allezeit nad^ bem ^rieben feinte. üftur im (Sturm, in 
ber SRot ber (Seele erfefeien ifem baS emige Sieht. „9Ri<h munbert, 
bafe id) nod) traurig bin" — ba§ ift ber ©runbafforb in feinem 
Seben. 

' ©afe er trofe allem burdjbracfe, fobalb er fab), baff bie 3eit 
•gefommen mar — gerabe barin offenbarte fid) bie Stärfe feines 
©laubenS. , ©amit fott nid)t geleugnet merben, bafe ber Stefor* 
mator Schritt für Stritt, halb borfidfetig taftenb, halb ftürmifd) 
uorbringenb, OormärtS gegangen, ift, unb bafe er gunäd^ft niefet 
mufete, mobin bie Steife ging. So mie e§ ein anberer ©eroaltiger 
•aus fpäterer 3eit, auch er ein Sßelterfdjütterer, obfdjon aus 
•einer gang anberen Spfeäre ftammenb, im Hinblicf auf fid) felbft 
' auSgefagt t»at: ©erfenige fomme nic^t meit, ber fogleid) miffe, 
mobin er gebe. (SS mar in bem ^Reformator jene 23linbbeit 
ber SimfonSfraft, meldje biejenigen, in benen fie mobnt (unb 
baS finb eben bie 9Rä<htigen, bie gang ©rofeen in ber ©efebiefete), 
•mobl auf ÜRebenmege führen fann, fie auch mobl ein paar Stritte 
jurüeftun ober gar ftraudjeln unb an ©ingen, melcbe bereits 
ebenfalls reif gum Untergange finb, üorübergeben läfet; bie 
aber, menn einmal ein folcfeer oom ©eift ©etriebener, bon feinem 
©ämon ©efübrter feine §anb an bie Säule legt, mel(be ein 
attgemorbeneS SBeltffeftem trägt, fie bann um fo gemaltiger an* 
padt unb auS ihrem ©runbe reifet. 

SSie meit aber ber ^Reformator fd^on in bem erften Äarnfef* 
jafer gefommen mar, lehrt uns eben jene Schrift, beren 5Hrcfeen* 
* begriff fid) gar nicht mehr mit bem ber römifdjen Hierarchie 
. beeft, bie bon ben Saframenten nur noch brei, neben ber 
IBufee ©aufe unb ?lbenbmafel, nennt unb biefe allein an ben 
©lauben binbet, ben s $apft aber unb alle ^eiligen als irrenbe 
unb fünbenbelaberie 2Renfd)en begeichnet. SSenn Sutfeer barin 
bem fßapft noch bie ©efefegebung in ber Äirdje im SBerein mit 
bem Äongil guerfennt, fo ift auch baS nur eine neue ©eefung, 
bie er gegen bie Summa potestas beS römifchen fßontifej 
auffucht; benn baS Äongil felbft ift ihm fdfon nicht mehr bie 
Jefete Snftang: gerabe baS füngfte, baS Sateranfongil SnliuS’ II., 
bermirft er, unb gmar aus bem ©runbe, meil eS bem fßafefte 
bie Unfefelbarfeit gugefeferieben unb bamit felbft gegen bie gött* 
licfee SEBaferfeeit berftofeen habe. ,,©ie Kirche", fo fefereibt er, „be* 


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-ÜJar yeiij, 

batf einer Deformation, aber biefe ift nid)t bie ©adje eirted 
SDenfdhen, mie ber fßapft, ober oieler Karbinäle, mie auf ben 
lefcten beiben Kongilien, fonbern ber gangen d^riftlidjen Söelt — 
nein, @otte§ felbft, ber allein bie 3^it bagu beftimmen fann, 
er, ber' bie ßeiten geraffen hat-" ©djon tönt un§ au§ bdm 
Wibmung§fdhreiben an Seo X. ba§ Wort bon Worm§ entgegen, 
an einer ©teile, bie im übrigen mieberum angeigt, mie bertraut 
bem Wittenberger SDönch auch ba§ Dom be§ 9Kebigäerf>apfte§- 
mar; benn er fbielt barin auf bie am römifdjen §of ^eimifd) 
gemorbene ^umaniftif^e ©legang an, bie feinfte SBIiite italienifdjer 
Kultur, ber gegenüber er, mit fidhtlidjer Ironie, in mol)Igeformter, 
feingifelierter Debemenbung feine beutfdje Ungelenfheit betont. 
„Wa§ foH id) tun?", fo lauten bie Worte: „Wiberrufen !ann 
id) nic^t, unb fehe bodj) ben £>ah ber Dfenge gegen mich ent* 
flammt; ungern trete idj hinaus in bie ©efahren unb ben Särm 
ber Welt, id) ungelehrter, befdjränfter, nicht feingebilbeter SDann 
in unferm 3aljrf)unbert boU ©eift unb ©dhönheit, ba§ einen 
©icero in ben Winfel brüden fönnte. SIber bie Dot gmingt 
mid), bie ©an§ muf» unter ben ©dhmänen fdjnattern." Ilm 
bann gum ©chluh bem heiligen S3ater, bor bem er felbft fidj in 
ben ©taub mirft, bie SDajeftät be§ Slümädhtigen gegenüber gu 
ftellen, als beffen ©teübertreter auf (Srben jenen bie Stljeoretiler 
be§ heiligen ©tul)le§ unb taufenb SBuUen rühmen: „2)enn ©otte§ 
ift bie ©rbe mit allem, ma§ fie trägt: er fei geheiligt in (Hürnig* 
feit, Simen; er bemahre aud) bidj immerbar, Simen!" 

3nbem aber Sutf)er fo in bie Slrena herabftieg, führte er ben * 
Kampf fdjon nicht mehr, mie bisher, für fid) allein, für bie eigene 
©eele, fonbern, mie bemerft, auch fü r feine 33eicf»tfinber, für 
feine SDitbrüber unb Kommilitonen im Klofter unb an ber Uni* 
berfität, ja auch für ihren hohen ffSroteftor, ’Kurfürft $riebrid> 
felbft, ber burdj fein Sind als ber Defensor Ecclesiae in feinem 
Sanbe befteUt mar, unb ber bem Drben SutljerS unb feiner 
eigenen Sßftangung, ber jungen £>o<hf<hule in Wittenberg, feine 
gang befonbere §ulb gugettranbt hatte. @o fühlte fich ber De* 
formator fofort burch hnnbert Düdfichten gebunben. @r fonnte 
gar nidht bamit rechnen, bah ber gürft, fobiel SSerftänbniS ber* 
felbe für bie frommen Sehren feines 2)oftor SJZartinuS bejah, 
unb fo hoch er ihn unb feinen ©influfj an ber Unioerfität fdjäbte. 


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yutljevS Xat in 28orm$. 


9 


alle ©djranfett, bie if)n felbft in Äirdje unb SReidj umgaben, 
burdjbredjen unb ficf) fdfort mit feinem gangen Sanb für ben 
23ettelmöndj einfe&en mürbe. Unb bie§ nidjt blofj um ber 
©efaljren mißen, bie ber Äurfiirft bamit über fidj unb fein Sanb 
mie über bie Uniberfität heraufbefdjmor: ptte $riebridj ber 
Steife fidj nur bon gurdjt ober bon SERotiben be§ ©igennufce§ 
unb ber 23egetjrlidj!eit leiten taffen, etma bon ber ©iferfudjt auf 
feine ÜRadjbarn, bie tio^engoßernfd^en SSrüber, ben ©rgbifdfjof, 
ber it)m burct) bie Slbtafjberläufer fein gutes (Selb au§ bent 
Sanbe gog, unb ben SJZarfgrafen $urfürften, ber ifjrn ben 28eg 
gum 9Jiagbeburger ©tiftStanb berfperrte, ober bon feinen nadj* 
bärtigen jungen mit bem SSetter in SreSben, bem fteifnacftgen 
^ergog ©eorg — er ptte Sutljer mahrtidj nidjt fo meit auf 
feinem hornigen SSege begleitet, ©omie auch ber ^Reformator 
fcfjmerlidf» bis 2öormS gelangt märe, menn er, mie bie ©egner 
fofort gu erfennen glaubten, feine Siefen nur, um bem dürften 
bei jenen Sbnftiften gur Jpiitfe gu fommen, beröffentlic£)t f)ätte. 
33eibe, $ürft mie ^Reformator, Ratten ferner an ber Sßerantmortung 
für iljr Sun gu tragen; benn fie fatjen ftarer als anbere bie 
©efaljren, bie fidj ihnen bon überaßljer auf ihren Sßegen ent* 
gegentürmten. 2Senn ^riebridj ber 335eife nidjt blojj bie Snter* 
effen feines JpaufeS unb bie fßftidjten gegen fein Sanb gu berück 
fidjtigen ^atte, fonbern audj bie meitgefpannten ÜRefje ber aßge* 
meinen jßolitif, bie gerabe in biefen SSatjren auf bie großen 
©ntfdjeibungen I)inbrängte, fo mujjte Suther bei jebem feiner 
©djritte, bie fobiel Söanbe beS Sitten, Jperfömmlidjen gerbrachen 
unb bem frommen Äurfürften taufenb 33ertegentjeiten fdjufen, 
ebenfaßS auf beffen ©teßung im SReidj unb in ber Hierarchie 
felbft adjt geben, bie ber fädhfifdjen Sßolitif an fidj eine ber* 
mittelnbe 5Rid)tung, bie StuSgleidjung ber ©egenfäfce borfdjrieb: 
er burfte um fo meniger baran borübergeljen, als feine uni* 
berfale, bon aßem ©rbenftaub befreite ^Religion ihrem 3^1 unb 
SBefen nach ber bürgerlichen ©emalt, ber melttidjen Dbrigteit, 
mie Sutljer eS nannte, ihre SBürbe gu magren, ijjre ©igenlraft, 
Freiheit unb ©elbftänbigfeit gu befeftigen unb gu beftätigen ge* 
mißt mar. 

Srei 3ah re l)inburdj ^at>en fo gürft unb ^Reformator ge* 
mcinfam ben $ampf gegen Otoni geführt, nicht ohne aßerhaub 


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10 


Diai' yen$. 


Siften inib ßunftgriffe gu gebrauten, um fiep bem Bugriff ber 
römifcpen S^ronnei gu entgiepen. Sn feber fßpafe beS Kampfes 
nehmen mir wapr, wie eng fie müeinanber berbünbet, unb wie 
wohlüberlegt feber ©cpritt beS fHeformatorS war, guglcicp aber 
auch, wie unmöglich eine Verföpnung ber ©egenfäfce war, bie 
fid) gwifdpen biefer aus ber Stiefe beS beutfd)en ©ewiffenS ge* 
fcpöpften Religion unb berjenigen, bie bon Dtom her bie Sßelt 
gefangen hielt, erhoben hatten. 

2)afe hier Vkltanfdpauungen miteinanber rangen, gwifcpen 
benen ein Ausgleich nicpt gu erreichen war, barüber waren fiep 
auch bie ©egner beS SBittenberger 90?öncpS -feinen SOfoment im 
unflaren SBenn 9tom bennoch fo lange gegögert unb berhanbelt 
hat, beoor eS ben Vannblife gegen ben fftebellen fchleuberte, fo 
gefcpap e§ in ber Hoffnung, biefen gu ifolieren, ihn mit feinem 
§errn. ober mit fi<h felbft in SBiberfprud) gu bringen, ober — 
was ben SJfonfignori faft baS liebfte gewefen wäre — ihm, 
wenn nicht eiferne, fo hoch golbene geffeln angulegen, ihn, nach 
altem Vraud), mit einer reichen fßfrünbe (man wäre am ©nbe 
bi§ gur Anbietung beS roten JputS gegangen) gu begaben unb 
baburd) munbtot gu- machen, ©eit bem ©ommer 1520, als 
Sohann @cf bie ^Bannbulle über bie Sllpen brachte, Sutper abet 
in feinen brei großen fReformationSfdpriften ben Slbgrunb, ber 
gwifchen SBittenberg unb 9tom gähnte, in feiner gangen Süefe 
aufgebedt hatte, war jeboch jebe 9luSficpt auf eine frieblicpe 
Söfung berfchwunben. ÜEBenn Sutper im £>erbft fich burch feine 
$reunbe bei £>of unb burch ängftliche Kollegen bon ber Uni* 
berfität hoch noch einmal Überreben liefe, bie S3uHe als unter* 
gefcpoben auSgugeben unb an ein Äongil gu appellieren, in gwei 
Tvlugfchriften, worin er freilich ben Verfaffer biefeS „unechten" 
©chriftftücfeS als ben Slnticprift felbft begeidpnete unb ben ©tuhl 
gu IRom, falls eS wirfHd) bon ipin auSgepe, als ben ©ife beS 
©atanS, beS ©rgfeinbeS <5b>rifti, im tarnen ©otteS beS 33arm* 
bergigen, feines ©rlöferS, bon fid) auS berflucpen gu wollen bropte, 
fo fcpob er wenige SBocpen fpäter auch biefe lefete Äuliffe beifeite: 
mit ber grofeartigen ©emonftration ber Verbrennung ber 23uHe 
am 20. 2)egember bor bem ©Iftertor gu SBittenberg in ©egen* 
wart ber ©ogenten unb ©(polaren ber Uniberfität patte er bie 
©cpiffe hinter fiep uerbrannt. 


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Vutljevs £at in 2Bonn§. 


11 


©emnadj liegt bie SBebeutung, bie bem Stage öon SBorrnS 
im SebenSgange SutherS gufommt, nidjt in ber Sluflehnung gegen 
bie ^öd>fte firdjlidje, fonbern gegen bie höchfte ftaatlidhe ©emalt, 
on bie er mitfamt feinem 2anbe§fürften gebunben mar, nicht in 
bem SBrud^ mit 5tom — ber nun hinter ihm lag —, fonbern mit 
flaifer itnb 9teidh, mit bem römifdjen Sfteidj beutfc^er Nation. 

£)ier aber mar Sut^er nicht ber Angreifer; er .ftettte ficfy 
vielmehr millig feinen Siebtem. Sin SBerfuchungen, ihn gurüd* 
guhalten, ho* e§ nidht gefehlt. Sluf bem gangen 2Bege öon 
SBittenberg bis SEBormS haben fie ihn begleitet: in ber Slngft, 
bem SDtfitleib, ber ©otge um fein ©dhidfal, bie fidj in ben 23ei* 
fatt mifchten, mit bem v er, mohin er Jam, aufgenommen marb, 
in ber Sftachridht öon bem ©equeftrationSmanbat gegen feine 
Söüdjer, baS ihn untermegS, nodh in feiner thüringifd>en §eimat, 
erreichte, in ber (Sinlabung nad) ber ©bernburg, bie ihm SJJartin 
23ucer, ber ©ominifaner, ber feit brei fahren, feit ben Stagen 
öon £>eibelberg, fein glühenber Slnhänger gemorben mar, ihm 
nach Oppenheim überbrad)te, unb bie auf Sodungen beS Jaifer* 
litten 23ei<htüaterS felbft gurüdging, unb — maS für ihn faft 
baS ?ßeinlid)fte öon allem mar — in ben beforgten SBarnungen, 
bie er burd) ©palattn öon feiten feines furfürftlidjen greunbeS 
erfuhr, ben er in fein eigenes ©dhidfal gu üermideln fürsten 
mufete, fanben biefelben ihren SluSbrud. gür ihn aber gab eS 
fein ©chmanfen: bie Sabung, im tarnen beS Reiches an ihn 
ergangen, mar für ihn 33efef)l: er mollte, er mujjte na<h SCBormS, 
nnb.menn barin fo öiel Teufel mären als .ßiegel auf ben ©ädhera. 
©aS alfo mar bie «Stimmung, in ber er feinen greunben ent* 
^egentrat, als fie ihn öor feiner Verberge im Soljanniterhof ber 
ulten 9teid)&ftabt empfingen: „@ott mirb mit mir fein", fprad) er, 
olS er üom SBagen ftieg. 

3SaS feiner bort harrte, mar ihm unöerborgen. £>atte er 
im öergangenen ©ommer nodh feine Hoffnung auf ben Saienftanb 
gefegt, nadhbem ber geiftlidje „unadjtfam" unb „untüchtig" ge* 
morben mar, bem „dhriftlichen SSolf, öornehmlid) beutfdjer Nation" 
gu helfen, hotte er bamalS ben „dhriftlichen Slbel beutfdjer Nation" 
unb ben Äaifer felbft, „baS junge eble SSlut (SaroluS", b. h- 
bie meltlidjen Vertreter beS beutfdhen ©taateS in ihrer ©efamt* 
heit für fidh unb fein (Soangelium aufgerufen, fo mar er feit* 


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12 


'Diaj Seng, 


bem audj in bem Vertrauen auf fie Eängft erfd£)üttert. ©aE) er 
bodj in feinem eigenen Sanbe, in ©labt unb Uniberfität, bei 
Ipofe unb an feinem trofj allem fo bereiten unb treuen dürften 
felbft, miebiel mettlitfje gntereffen fidE) in iljre Dp^ofition gegen 
bie römifdEjen ^bmngSgebote mieten, unb mie fdjtoadj ber SSiKe ) 
entmidelt mar, bem „EReic£)e @otte§", an ba§ er ficEj galten moflte, 
gu bienen. „SSerlaffe bidfj nidfjt auf dürften nod» auf ba§ Urteil 
ber 9Renfäjen", fo Ijatte er fdjon im ÜRobember feinem ©palatin 
gefdjrieben, „benn menn ba§ ©bangelium bon ben SDRädjtigen 
* ber (Srbe gepfEangt unb erhalten merben fottte,. mürbe ©ott e§ 
nidE|t ben gifcEjern geoffenbart paben." „Sdp mitt", fo patte er 
beh Äaifer felbft, inbem er ftdp gum SBerpör anbot, angerebet, 
„feinen ©cpup, menn idp ber ©ottlofigfeit unb ber Äeperei über^ 
füprt merbe. ©a§ eine bitte idp, bafe meine Sepre, fei fie nun 
mapr ober falfdp, nidpt berbammt merbe unberpört uub unüber* 
munben." gept mar bie ©tunbe ba, bon ber er bon Anfang, 
an gemußt, bajj fie fommen merbe: ber ü£ag ber 23emäprung, 
ber Moment, mo er berlaffen „mie bie SBIume auf bem gelbe" 
allein bleiben füllte mit ber SBaprpeit gu feiner ERedpten. ©o 
trat er nun piu bor $aifer unb EReidp; fo antmortete er auf bie 
gragen, bie ipm ber Slnmalt ber ©tänbe borpielt; fo berteibigte 
er fein ©bangeEium, unb fo griff er bie päpftEicpen grrEepren an, 
bie römifdpen ©prannen, metdpe bie Sßaprpeit gum EBerberben 
©eutfdptanb§ gefäEfcpt hätten; fo befannte er feine greube an ber 
ßmietradpt über ba§ göttlidpe 2Bort, mie ja ber £>err fpreepe: 
„gdp bin uidpt gefommen, grieben gu bringen, fonbern «ba& 
©cpmert, icp bin gefommen, ben ©opn gu erregen miber feinen 
Skater unb bie ©odpter miber ipre SCRutter"; fo magte er, ber 
EBettelmöncp, ben jungen 90?ann, ber ba im ©lang ber faifer- 
liefen 9J?ajeftät, bon feinen ERäten unb Wienern unb ben gürften 
be§ EReicpeS umgeben, bor ipm fafe, an bie bieEen ©jempeE ber 
©d^rift gu erinnern, bom Eßparao, bom Sönig gu SBabel unb 
ben Königen SfraelS, metepe gerabe bann ba§ EBerberben über 
fiep pergogen, menn fie mit ben flügften 9EnfdpEägen ipre EReidpe 
gu befrieben unb gu befeftigen gebadeten. Unb fo gab er gum 
©dpEufg auf ba§ ©rängen be§ DffigiaES, opne Urnfcpmeife unb 
©den gu befennen, ob er bie ©äpe be§ Epu§ unb anberer 
Seper gegen bie EBefcpIüffe ber Äongilien, befonberS be§ bon 


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Öutt>cr§ £at iit ättonnS. 


13 


$onftan$, aufrechterhalte, jene „ urtftöfeige. unb unbiffige" Stnt* 
mort in ben unfterblichen SSorten: ,,©S fei benn, bajj ich 
bur<h ßeugniS ber ©djrift überrounben toerb’ ober aber burdj 
offenbare ©rünbe (benn ich glaub’ meber bem Sßapft noch ben 
Konsilien allein, meil eS am. Stage ift, bafe biefelben p mehr* 
malen geirrt unb toiber fid) felbft gerebet haben): id) bin über* 
munben burd) bie ©djriftfteflen, meldje id) angeführt habe, unb 
gefangen im ©emiffen an bem B3ort ©otteS; berhalben id) nidjts 
mag noch mitt miberrufen, meil miber baS ©emiffen p fjanbeiit 
befdjmertidj, unljeilfam unb gefährlich ift. ©ott helf mir, Simen!" 

S)ie beiben Nuntien, ©aracciolo unb Stleanber, bie bem 
faiferlidjen §oflager öon ben Nieberlanben bis SSormS gefolgt 
toaren, hatten on beiben BerhörStagen burdj Slbroefenheit 
geglängt. f^ür fie mar bie ©adje abgetan, benn Nom batte 
^efprodjen. ©ie hätten fidj unb ihrem iperrn etmaS bergeben, 
menn fie auch nur einen 23Iicf auf ben $et)er, eS fei benn, bafj 
er auf bem ^»olgftofe ftanb, gemorfen hätten. (Schon bafj er bon 
bem ®aifer freies '©eleit erhalten, pm Berljör bor ben ©tänben 
be§ 9tei<he§ pgelaffen mar, mar ein Berftofe gegen baS ERecht 
ber Kirche gemefen, nach bem bie meltlidje SNadjt einfach aus* 
gufüE)ren hatte, maS ber §err ber ©hriftentjeit befahl; hatte ihnt 
fein ©ott hoch beibe ©chmerter in bie £>anb gegeben! ©o hatte 
benn Slleanber, beffen befonberer Auftrag bie Betreibung beS 
Iutherfd)en JpanbelS mar, lebiglidj feine Pflicht getan, menn er 
uEeS baran gefegt hatte, um bie §infunft beS SNöndjeS nadj 
2BormS p hintertreiben; mie er benn auch iet)t nodj hinter 
ber ©jene unaufhörlich feine ©önner unb greunbe bei £>of 
unb unter ben ©tänben gegen Suther bearbeitete unb fdjarf 
p machen fudjte. Niemanb hatte barum ein bremtenbereS 
Sntereffe als er, §u erfahren, mie fich ber Äetjer oerhalten, mie 
er oor ben ©tänben aufgetreten, maS er gefagt, unb mie feine 
SBorte aufgenommen mären, ©eine $reunbe hatten ihm öon 
einer ©efte beS Bruber SNartin berichtet, bie fie beobachtet, als 
er in einem ©djmarm öon Neugierigen unb geleitet öon öielen 
fächfifchen ©bedeuten ben ©aal üerlaffen hatte. ®a habe er, 
fo fchreibt ber Nuntius •feinen Stuftraggebern, bie §anb in bie 
§öt)e geredt, „mie bie beutfdjen SanbSfnedjte pflegen, menn fie 
im Äampffpiel über einen mohlgelungenen §ieb froljlocfeu". 


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14 


Ufa): Seng, 


Uttb ähnliche? ergäbt ein ©panier: „mit hocherhobenen taten, 
bie gefpreigten Jpänbe au?geftrecft, mie bie 2)eutf<hen beim Sangen* 
brechen gum 3ei<hen be? ©icgcS gu tun pflegen", feien ber 
Äefcer unb feine Begleiter hinau?gegangen. ©o mar e? in ber 
£at: mie ein ©ieger öom Äampfplap, fo lehrte Sutper gum 
Sopanniterpof gurücf. ©erabe fo pat e? ein 2)eutfcper, ©ijtu? 
Ölhafen bon Nürnberg, bon feinem (Eintritt in bie Verberge noch 
in berfeiben ©tunbe aufgegeidpnet: bie Jpänbe in bie §öpe ge* 
poben, fei Dr. SDZartinu? unter feine greunbe getreten, „unb 
mit fröhlichem ^Ingeficpt fd>rie er: 3<h bin pinburcp, ic() bin 
hinburdp!" Ob aber jene Beobachter, ber ©eutfdpe mie bie 
3Iu§länber, ben ©inn jener ©ebärbe Sutper? unb be? 5lu?fprucf)§, 
mit bem er fie begleitete, richtig berftanben höben? 2)ajj er 
nun eben ben 22eg, ben ©ott ihn geführt, boüenbet unb ba§ 
ßiel erreicht gu höben meinte, ba? er bon Anfang an bor fich 
gefehen hötte: ben SJfoment, mo bie SBaprpeit allein blieb, mo 
fie — nicht ihn, aber fich erretten merbe, mit ihrer Rechten, nicht 
mit feiner, auch nicht mit ber ©palatin? urib feinet dürften, 
noch mit ber irgenbeine? SJfenfdpen? 

2Bir aber fragen: mar bieS mirflich bereits ba? ßiel? §atte 
Suther ben lepten ©dhritt bereit? getan? 2öe?palb mar er benn 
nach 2Bornt? gefommen? ÜEöeil ber Äaifer ihn'gerufen hötte, 
im tarnen be? Reiche?, ba? ©ott. ihm gegeben, al? ber 2/räger 
be? ©dproerte?, ba? ©ott ihm anbertraut hatte, al? ber Inhaber 
ber richterlichen ©emalt, bie nach bem ^Bitten be? £>öcpften in 
feine §änbe gelegt mar. ©ben biefer ©emalt hatte $efu? (Spriftu? 
fich gebeugt. 3p;n hätten Segionen ber ©ngel gu §ilfe fommen 
fönnen: er rief fie nicht herbei; er untermarf fich bem ©prudh 
feiner dichter, mie ungerecht er mar; er bot bem genfer feinen 
üftacfen bar, mie ein Samm, ba? gur ©dhladhtban! geführt mirb; 
©eijgelung, bie ©ornenfrone unb ben £ob am ßreuge nahm er 
auf fich, toeil er bent Äaifer geben mottte, ma? be? Äaifer? 
mar — bem ©taate feinen Seib, feine ©eele ©ott: er betätigte 
feine Sehre burdp ba? Opfer feiner felbft. 

Sutper folgte hierin feinem £>errn unb SSJieifter nicht: baS 
SKartprium hat er nicht auf fich genommen. Sßa? SCaufenbe 
erbulbet patten, feitbem ©priftu? in bie 2BeIt gefommen mar, 
mochten fie ®eper gemefen fein ober 9iom? ßinber, alle bie 


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VutljerS Jcit in ittorm*. 


15 


^eiligen, gu bcnen er einft gebetet, unb bie er nun als Sünber, 
mie er felbft fidp nannte, erlannt patte, bermieb er- ©t rt)artete 
ben $Hecf)t§fprud^, ber nun unabmenbbar ersten, unb ben audp bie 
Sefpredpungen, bie in ben nädpften Sagen int Setfein beS alten 
Vermittlers, (Sräbifd£)of§ Stidparb bon Srier, noch ftattfanben, 
nidpt mepr berpinbern tonnten, nidpt mepr ab: unter bem Sdpup 
beS gugefagten ©eteitS, baS nodp ein paar ÜJßocpen in Äraft 
blieb, 30 g er babon,-unt, bebor man nodp in SßorntS gu'rn Sdplujj 
gefommen mar — ficf» unfidjtbar gu madpen. 

Surfte SJfartin Sutper baS? Vertrug fidp folcfje Haltung 
mit bem ©eporfam gegen bie meltlicpe Dbrigfeit, ben er prebigte, 
unb ben feine Sepre berlangte? Satj barin nicpt eine Verleugn 
nung beS ©laubenS, bon bem alle feine Viicper fpracpen, unb 
gu bem er fidp eben erft bor Äaifer unb Sleidp befannt patte? 


Vergegenmärtigen mir mtS, bebor mir auf biefe alles ent- 
fcpeibenbe grage bit Slntmort fucpen, bie allgemeine Sage unb 
bie fßerfönlidpteiten, bie im Vorbergritnbe ber Jpanblung ftanben. 

'2Öäre aÜeS fo gegangen, mie ber Äaifer eS münfdpte, fo 
märe SgtperS Sdpidffal balb entfepieben gemefen. „Ser fott midp 
nicpt pm Äeper madpen", in biefen Sßorten, bie Äarl an feine 
Umgebung rieptete, als er ben pageren, abgepärmten 5luguftiner* 
eremiten mit ben glüpenben klugen in bem bleidpeit ©efiept bor 
fidp ftepen fap, malte fidp bie Stimmung, in ber er ber Vegegnung 
bereits entgegengefepen patte. ©S mar nidpt blofj bie mit podp* 
mütigfter Veradptung gepaarte Sgnorang (maS mujjte biefer junge 
SRenfdp, beffen religiöfeS Innenleben, fomeit babon gefprodpen 
merben tarnt, bie entfdpeibenben ©inbrüdfe in Spanien erpalten 
patte, ber meber Satein nodp Seutfdp genügenb berftanb, um 
ber Siebe SutperS gu folgen, bon ben Seelenfämpfen beS beutfdpen 
9J?öndpeS!): eS mifdpte fiep barin boep audp ber Unmille, bafe bie 
Stänbe ipn, ben $aifer (benn baS ©efüpl ber üütajeftät, bie eingige 
gro^e Seibenfdpaft, bie in biefer fcpmerbliitigen, melancpolifdpen 
Sßerfönlidpfeit glüpte, mar fepon bantalS bott in ipm entmidfelt), 
gegmungen patten, ben $eper überpaupt gum Verpör bor ipm 
gugulaffen. ©ine ßeitlang patte er ober mer ipn barin beraten 
(an erfter Stelle alfo mopl nodp ber Suc be ©pidbreS) baran 


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gebadjt, ben 9J?öndj gu benufeen, um, auf ben päpftlidjen ©tuhl 
gu brüden unb il)n bon [einer Hinneigung gu granfreid) gu 
fütteren, mie ja fdjon ber Sfljnherr, $aifer 9Jfaj, mit folgen 
©ebanfen gefpielt £)atte; [eitbem aber hatte man ficf) miteinanber 
öerftänbigt, unb bamit mar für bie faifertidje fßolitif Sut^er gum 
©tein beS SlnftofeeS gemorben, ber aus bem SBege geräumt 
merben mufete. Sn biefem ©inne liefe ®arl gleidj am 9Jforgen 
beS 19. 2lpril fidj gegen bie Äurfürften unb biele anbere dürften, 
bic er bagu entboten Ejatte, auS, in einer ©rflärung, bie er mit 
eigener Jpanb in frangöfifdjer ©pradje (eine anbere betyerrfdjte 
er nid^t) niebergefdjrieben “tjatte, unb bie er nun aus bem Dri* 
ginal unb in beutfdjer Übettragung borlefen liefe. Hiergu maren 
and) bie Nuntien feerbeigefontmen, unb fie fonnten gufrieben [ein, 
eS mar mehr, als [ie ermattet Ratten. $arl gab fid) barin [o, 
al§ [ei jefet alles entfliehen, als bleibe ben ©tänben nidfets 
anbereS mehr gu tun übrig, als* ben übermiefenen Äefeet ben 
£rabitionen ber Äirdje gemäfe gur Slhnbung [eines Verbrechens 
iferem faiferlidjen Herrn gu überlaffen. ©ang überglüdElicf» mar 
ülleanber. (Sr gab bem Äaifer gleidj beibe SCitet, beS aller* 
djriftlidjften unb beS maljrhaft fatholifdjen dürften; Äarl habe 
nun [ooiel für ©ott unb ben fßapft getan, bafe er unb ©araccioto 
fdjon mit etroaS meniger gufrieben gemefen- mären, ©r glaubte 
bei ber Verlefung ber ©rflärung bemerft gu haben, bafe biete 
ber giirften [o bleich mie ber 2 ob gemorben [eien. 

V3ie fefet ber Äaifer, [o maren bie ©panier üon bornherein 
geftimmt gemefen. $ür [ie mar Feinheit beS ©laubenS unb beS 
VluteS ein unb baSfelbe, SlbfaH bon ber Kirche Verrat an ber 
Station. Von bem Hergog bon 2Uba (eS mar ber ©rofebater 
beS H en ferS ber üftieberlanbe) fdjreibt Slleanber fdjon in ben 
erften Söormfer £agen, er mürbe fid), mie [eher gute ©panier, 
,bent ^Sapft unb.ber Äirdje guliebe baS $eug öom Seibe reifeen. 
„Sns geuer mit bem ßefeer!", fdhrien bie Trabanten beS HergogS, 
bie am 9(uSgang beS ©aaleS poftiert maren, Suther nadh, als 
er nadh bem gmeiten Verhör [ortgeführt mürbe, ©ie hätten es 
aber nur magen [otten, bem 9 JZönd) ein §aar S u frommen! 
2 L*o Sttther ging unb [tanb, falj er fid) bon ^anbSleuten um* 
geben." 2(lS er 311111 Verhör in beit ©aal eintrat, brängten 
fid) fedjS ober fieben 9 J?änner (0 imgeftüm mit hinein, bafe 


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äutljers 2at in shSonnS. 


17 


fie alles beifette Robert; eS mar ber SBeftfale Hermann Don 
bem 23ufd)e, ein §umanift unb fo tjeifeblütig tüie fein greunb 
Don Jputten, mit feinen ©efetten; fie ftettten fid^ als frei' 
mittige Seibmädjter bem geiftlidjen gelben gut ©eite. SSon per* 
fönlidjer ©efahr mar für Sutljer in allen biefen Sagen feine 
Siebe. 3m ©egenteil, 9IIeanber patte für fiep gu fürsten; 
menigftenS beforgte er für feine prfon baS ©cplimmfte; unb 
über $üffe, bie ipm ein „pödjft lutperifcper Sürpüter", mie er 
mit fcpmerglid)em Spumor fcpreibt, Derfept patte, fonnte er in ber 
Sat fid£) mit Stecht beflagen. ©r meinte, ber Äaifer felbft mürbe 
oerloren fein, menn bie aufrüprerifdp ©efinnten ipm an ben Seib 
mottten. 2)aS modpte attgu ängftiicp gebadtjt fein: Sfaifer $arl 
menigftenS liefe fid) nicht einfdpüdhtern, auch nicpt burcp ben ßettel 
mit bem auS ben 23auernre0olten befannten Stopruf „SBunbfdpup! 
23unbfcpup! 33unbfcpup!", ben man am SJtorgen beS 20. 2tpril, 
alfo bem Sage nad) jener ©rflärung $arlS Dor ben dürften, 
an ber StgtpauStiir unb anberen Orten ber (Stabt angepeftet 
fanb, unb als beffen Untergeicpner „400 ©bedeute", Dorficptiger= 
meife opne ihren Stauten barunter gu feiten, fiep „befannt" 
Ratten, ©r larfjte über bie geigljersigfeit SllbredptS (benn biefer 
mar es, ber ihm unb ben dürften baS pafat gugefanbt hotte, 
beffen Urfprung Dietteidpt in feiner eigenen Umgebung, aber 
fidperlidp ohne • fein 3 u tun, gn fudpen mar) unb bemerfte gu 
ben Stuntien, benen eS ber ©rgbiftpof ebenfalls hotte gugepen 
laffen, eS Derhalte fiel» mit biefer 33erfd)mödung mie mit ber 
beS SJtuciuS ©cäDola, ber audp 300 ©enoffen hoben mottte, 
mäprenb er gang allein ftanb. ©S mar bie Haltung, bie Äaifer 
$art auch fpäter, üt gefahrDotteren Momenten fernes Sehens, 
bemahrt, unb bie ihm fo oft über bie fdjmierigften Sagen hin* 
meggepolfen hot — bis gu bem Sage, mo er Dor ben §eer= 
häufen beS Äurfürften SJZorip über ben Brenner flüchten rnujjte, 
unb ber Sßerrat, gu bem er jenen angeftiftet, ihm Don bem Verräter 
felbft Dergolten mürbe; in ipr liegt ber 3 U 9 ber ©röjje, bie ber 
• plitif Claris V. bei allen ihren ©cpmäcplicpfeiten unb ©dpman* 
fungen eignet. 

SJtodpte nun auch bie ©orge beS mälfcpen pälaten, bem 
beiqt 3nngen= unb geberfampf {ebenfalls mohler gu SJtut mar, 
al§ ba, mo bie ©chmerter flirrten, Dergeblidp fein, fo ift eS bodp 

Gcfjr. 3?. f. SH. 134 . 2 


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18 


'JJi'ar yenj, 

nidpt gu leugnen, bajj ber Äaifer in jenem 9JZoment fo gut mie 
meprloS mar; unb man fann in ber SCat fragen, ob er nidjt, 
menn eS mirfüdp gum Slufrupr farn, bodj mit feinen Spaniern 
unb SBurgunbern allein geblieben märe- Leiter unb ftnedpte 
patte {ebenfalls nur einer im 9teidp gur Stelle, baS mar $rang. 
bon Sidfingen, bem fie auf allen Strafen guliefen; ber fei, fa 
melbete 2tleanber eS nadp fltom, gurjeü Äönig in Seutfdplanb. 
9fain riiftete $rang ctHetbingS mopl — gang fidler mar jebocp 
auch baS nodp nidpt — für ben Jtaifer. 9lber guglenp mar er ber 
güprer ber SReid»§ritterfö^aft, bon allen öffentlichen ®emalten im 
SReidh biejenige, bie fich bem Wittenberger Sßrofeffor gang offen 
gum ßantpf gegen jRotn unb bie fftömlinge in beutfcpen Sanben 
gur SSerfügung gefteüt patte; ipr tgauptgebiet mar gerabe bie 
fßfalg; ring§ um WormS lagen ipre Bürgen, bie feftefte, bie 
nape ©bernburg, eben ber Sip Sief ingenS, bie „Verberge ber 
©ereeptigfeit", auf ber bie Häupter beS jungen 2)eutfcplanbS, 
SSKartin SSucer oon Scplettftabt, Sodann Decolampab bon SSafel 
unb ber tpeijjfporn ber Sßoetenpartei, Ulricp bon Jütten, beS 
IRitterS ©äfte maren. Sie fjatten eine eigene treffe in bem 
§aufe ipreS 23efcpüperS aufgefteüt, bon ber ipre Sänften, bor 
allem £>uttenS milbe Snbeftiben gegen jßapft unb Äarbinäle, bie 
Nuntien unb alle jJtomaniften mie SBranbpfeile ins Sanb flogen. 

3n WormS fanb man fie auf allen Strafen; in gangen Wagen* 
labungen bradjten bie S3ucpfiiprer fie unb, bem sDianbat gum 
£rop, audp SutperS Sdpriften in bie Stabt, unb baS 3Solf rijj 

fidh um fie unb bie gapllofen Spottfdpriften unb bie funftlofen 

§olgfdpnitte, auf beiten eS feine gelben abgebilbet fap, bie 
Sdpmertträger Sidfingen unb, mit beut Sorbeer befrängt, Jütten, 
oor allem aber, mie ein ^eiliger in ber Straplenfrone, ben 9Jföndp. 
in bem eS feinen 9J?effiaS erbliche; audp 9lleanberS jßorträt' (er 
felbft fdpreibt eS) bot man feil — ben aber, mie er am ©algett 

ping. Unb baS alles; opne bafe audp nur ber SBerfudp einer 

§entmung erfolgte; bie Pfaffen auf ben hangeln, gegen bie ber 
Sturm bodp ging, prebigten felbft im Sinne ber neuen Sei)re. * 
90?an fiept, meSpalb ber Äaifer ttidpt baran gebadet pat, im 
Sinne feines 33orfapren, beS ÄaiferS Sigmunb, gu panbeln unb 
bem iiberroiefenen Äeper baS ©eleit gu bredpen; er patte „ben 
Stront unmittelbar gegen fidp gemenbet. Sftur menn er bie 


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U 



yuttjers lat in Morins. 


19 


Stänbe für bic 9ld)tSer!Iärung gemann, fonnte er hoffen, an 
Suther hetangufommen. 

SRun mären freilich bie dürften unb «Stabte nod) feines* 
megS fämtlid) ober aud) nur in ber äRehrgahl für SutljerS ©ban* 
gelium gu haben. S)er Äurfürft bon 33ranbenburg 5 . 33. ftanb 
gu bem SEBittenberger Spanbel bon jeher nicht biel anberS als 
ber Äaifer. Sein 33ruber SUbredjt hatte freilich 3 e tten gehabt, 
roo er bon fo etmaS mie einer nationalen gührerfdjaft in geift* 
liehen unb meltlidjen Gingen (etma nach 5lrt feines $lmt§bor* 
gängerS 2)ieterS bon Sfenburg ober gar beS großen ©rafen 
Sertholb bon Spenneberg) geträumt hatte, unb an baS Slben* 
teuer mit £eljelS 9luSfenbung mochte er mohl noch immer ungern 
unb mit leichter ©emiffenSbefchmerung guriiefbenfen; aber im 
Sommer 1520 hatte er gemerft, bafj bie Sperren in 9tom nicht 
mit fich fbafeen liefen, unb feitbem mürbe er fidjtlicb, täte eine 
imifchenmeltliche Seele, hin unb h er geriffen bon ber Spoff* 
nung, unter römifchen unb faiferlichen 9lufpigien gur Spöf)e ber 
Sßofition eine§ Äarbinallegaten ©ermanienS emporgufteigen, unb 
ber 3lu§ficht, bem 2 )rud ber aus bemfelben ©ermanien auf 5 
ftrebenben Elemente ber Stiefe folgen gu müffen, bie nirgenbS 
ftarfer müßten, als in feiner 9Jfainger £)iögefe, unb ihn noch 
immer mit fich fortgugiehen juchten. 9D?it ihrem jßrimaS unb 
©rgfangler maren auch bie anbern ©lieber ber beutfehen ßürdje, 
33if<höfe unb Sßrälaten, alles, maS bon ben Stänben geiftlicfje 
^arbe trug, bon bem fächfifchen 9Rön<h abgeriieft, ben anfäng* 
lic^ biele fo freunblid) begrübt hatten, feitbem ihnen ber ©rnft 
ber Sage gu 33emujjifein gefommen mar. Stuf ber 33anf ber 
roeltlichen dürften hielt §ergog ©eorg an ber ftarren Spaltung 
gegen ben Schübling feines 93etterS unb Nachbarn unbebingt 
feft, bon ben anbern hatten bie menigften bereits eine fefte 
Stellung genommen. 233enn ber jugenblidje Sanbgraf bon 
Reffen, beffen lebenSbotte Sßerfönlichfeit SlleanbetS befonbereS 
Sntereffe erregte (er fdjien ihm ein junger 9JZann bon glängenber 
Begabung gu fein), feiner Sympathie für ben 9ttön<h, ben er 
im Sohanniterhof befuchte, unberhohlen 9luSbrucf gab, fo ftanb 
bo<h einem offenen ©intreten für ben ^Reformator feine $einb* 
fchaft mit Sicfingen unb beffen ©efeHen, bie bem Ünmünbigett 
in baS Sanb gefallen, Aufruhr unb 33erbeerung hineingebracht 

2 * 


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20 


, iOiar üett.v 

Ratten, im SSege; beöor biefer ©pan beigelegt mar, burften 
Suther unb bie ©einen faum auf Jpilfe öon Philipps ©eite 
regnen. Sn ben ©täbten, gumal in benen bom fReidh, befafe 
bie 23emegung bereits ihre Hauptherbe, unb bie SRagiftrate 
Ratten fernere Arbeit, um bie anbrängenbe $Iut in gefahrlofere 
Sahnen gu Ienlen; aber gurgeit lag ihnen faft noch mehr baran, 
einen gnäbigen Äaifer als einen gnäbigen ©ott gu haben; audh 
Ratten fie in ber !£at Urfadhe gu flogen, Penn fie fahen fidE) auf 
bem ^Reichstage überall gurüdfgebrängt gugunften ber dürften, 
bie iReichSregiment unb 9faidhSfammergeridht nach ihrem ©efaflen 
einrichteten unb burcf) bie 3 0 ^9 ren 8 e ' *n e um baS SReidj gelegt 
merben füllte, bem Jpanbel eine geffel angulegett ficb» anfdhicften, 
roeldhe allen ©täbteboten als etmaS gang Unerhörtes, Unerträg* 
lidjeS erfdjien; ihrer Hinneigung gu ber eöangelifdhen Sßartei matb 
baburch, fomeit fie überhaupt öorhanben mar, ein ftarfer Kämpfer 
aufgebrücEt. 

2lber mie öerfdhieben auch bie Sntereffen ber ©tänbe unb 
bie SluSfidfjten, bie fidf) SutljerS ©adhe öon ihrer ©eite barboten, 
maren, in einer fRidjtung ftanben gum minbeften bie meltlid)en 
unter ihnen alle beieinanber: fobalb eS gegen 9iom ging. ^lm 
menigften hatte ber H 0 h en 3°tt er in ^Berlin Urfadhe fidh gu be* 
fdhmeren, ba er feine Äirdhe burch baS Äonforbat öon 1448 
fefter als bie anbern in ber H°nb hielt; an Häfeleien fehlte eS 
aber arnf) bei ihm nidfjt; gerabe fefct hatie er SJiülie, feinen 
ßanbibaten für ben 33ranbeitburger SBifdhofSftuhl, feinen geift= 
liehen 5Rat ©cultetuS, SutherS fdharfen ©egiier, gegen ben Äanbi* 
baten beS SomfapitelS, ©eorg öon 23Iumentl)al, bei ber $urie 
burdhgubrüdfen. Hergog ©eorg forberte ebenfo energifdh, mie bie 
Unlerbrücfung ber Iutherifchen Sehre, bie Herftettung ber Kirchen* 
ginht, unb 9lleanber begeidhnete fomohl ihn mie bie SBittelSbadher 
beiber Sinien auSbrüdflich als geinbe beS päpftlidjen ©tuhlcS. 
5ludh in firchlidben Greifen maren folche ©timmungen feineStoegS 
unerhört. 3öar bodh bie Semegung mehr öon ihrer ©eite als 
öon ber Saienmelt ausgegangen. 2)ie Rührer maren faft burdhmeg 
©eiftlidhe; unb ber ©tof; mirfte gerabe baburdj fo ftar! unb 
unmiberftehlich, meil er aus bem ©dhojj ber ^irdje h erö or= 
gebrochen mar; bie Humaniften felbft maren üielfadj, ober gar 
in ber SReprgahl, Älertfer. Sn biefer allgemeinen Smpörung 


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Sutfjers Sat in Üüorntg. 


21 


über bie römifdpe SBermaltung, bie mit iprer gentralifierenben 
£enbeng unb burdp bie felbftfüdptige ?lu?nupung ber innerbeutfcpeit 
Parteiungen ben in jebem territorialen 23egirf bi? gu ben S3urg* 
unb 2)orfgemeinben herunter lebeUben SBiüen gur .Qufammen* 
faffung unb gum 9 lu?bau ber eigenen, partifularen SRadpt 
pemmte unb bamit audp bie 2 tu?bilbung eine? nationalen ©efamt* 
mitten? in allen firdplidpen fragen unmöglich madpte, lag ber * 
$ern ber SSemegung; baper flammte bie unerhörte SEBucpt unb 
2 But, mit ber fie gum 9lu?brudp tarn: fo baf} Slleanber mit 
Redpt fdpreiben tonnte, neun 3 e P nte I ber beutfcpen Nation unb 
bie Steine felbft f(f>rien: „Sutper". 

2 Bie menn nun ber Reformator bie 9lu?ficpten, bie fidp 
barau? für feine Sacpe ergaben, benupt, menn er feite Strö* 
mungen in fein 23ett geleitet, fidp gum Elfter ber Ration 
gegen Rom gemalt pätte? ©ajj er ben ßufammen^ang feine? 
©bangelium? mit ben nationalen Hoffnungen unb Rotmenbig* 
feiten längft begriffen patte, lepren feine ^Briefe; mit febem feiner 
Sdpritte mar e? ipm nur immer flarer gemorben, bap er im 
tiefften ©runbe nidpt blop um ba? Heil feiner Seele, fonbern 
um bie Seele feine? SSolfe? felber fämpfte. glätte er ba nicf)t 
poffen fönnen, audp bie 23ifdpöfe unb Prälaten pinter fidp per 
511 giepen, bie, mocpten fie ipn audp nodp öerleugnen, meil fie 
(fcpreibt Slleanber) oor Sicfingen unb feinen ©efetten gitterten 
mie bie Hafen, bie gejagt unb berfpeift merben füllten, bemtocp 
bereit? felbft an ben fetten gerrten, mit benen fie an ben 
römifdpeft Stupl gefeffelt maren? 

Gr? märe ber S33eg gemorben, ben einft SSiclif unb §u? 
gegangen maren. Sie maren babei gefdpeitert. Stber feitbem 
mar bie Sßelt ein gute? Stiicf bormärt? gefommen. Unb baf> 
bie ©ebanfen Sutper? an fiep mopl fäpig maren, einen nationalen 
Staat?bau gu funbamentieren, fottte ber Siege?gug offenbaren, 
ben fie nodp in bemfelben Saprgepnt runb um bie Dftfee bott= 
enbeten. ®ie gange norbifepe SBelt rupte fortan auf bem ©runbe, 
ben ber fädpfifdpe SRöndp gelegt patte. 5luf ipm erridpteten in 
Sdpmeben bie Safa?, inbem fie ba? bänifdpe Socp bon bem 
Radfen ipre? SSoUe? napmen, ipren Staat, ber bann bem Rorben 
©efepe gab. Sutper? Sepre berliep 2 )änemarf felbft, ba? fidp 
nun gegen ben eigenen Äönig erpob, neue Äraft. Sie ger* 


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'JNaf i.'enü. 




ftörte bie fyierartf)ifcf)en formen, in bcneit bie pregfcifchen unb 
baltifcpen ßolonifationen Don ihrer ©rünbung ab gelebt Ratten, 
unb fdjuf auch ^ier StaätSgebilbe, bie beit ©türmen ber 3 e it 
(unb mo mären fie ftärfer als gmifchen ber Sßeichfel unb bent 
finnifdjen 9J?eerbufen?) Sahrhunberte getrost unb bem beutfefjert 
©eift, ber biefen 23oben ber abenblänbifdhen flultur erfdjloffcit 
* batte, bie Iperrfdhaft neu gefiebert, ja nun erft recht ihm beit 
3ugang su bem Dften ermöglicht haben, gür alle biefe Sänber, 
uon ©rönlanb bis Narma unb ©ünaburg, marb auf ©enc* 
rationen hinaus Söittenberg baS geiftige ßeutrum, allen po!t= 
tifchen unb Dölfifdjen SBirren unb ©egenfätjen, bie in ihnen 
herrfchten, gum ü£rofc. 5tu<h bann noch, als unter neuen SBelt* 
Derhältniffen bie Starrheit ber firdjlidhen formen attgemein nach* 
lieh nnb, jeboch immer noch auf bem alten ©ntnbe, ber beutfdje 
©eift fich in neuen ©eftaltungen berfuchte, blieb biefe geiftige 
©inheit gemährt: man benfe nur an bie NftffionSfahrten beS 
©rafen ßingenborf unb feiner geiftlichen 93rüber unb Schmeftern 
nach ©rönlanbS lüften, an bie Slbhängigfeit, fa bie ©leid)* 
fe£ung unb Untermerfung ber bänifch s normegifd)en Siteratur unter 
ben ©eift unferer ßlaffifer gur 3«it eines §olberg unb Steffens, 
an bie innige SBerbinbung beS fchmebifdjen unb beS beutfehen 
©eifteS in benfelben Sah^ehnten, unb an bie bis ©harfom unb 
über ben Ural hiumeg reidjenbe Hegemonie ber auf tutherifchen 
Unioerfitäten Dorgebilbeten beutfehen ©eiehrten, bie hier bis tief 
in baS neunsehnte Sahrhunbert hinein ungebrochen blieb. 2)aS 
gleiche 23ilb bietet itnS Ungarns ©ntmicflung. Sn Sohann 
3apoltja, bem SBoimoben Don Siebenbürgen, bem Sanbe ber 
Sgefler unb ber Sadhfen, tritt unS mieberum fdjon in bem 
Sahrgehnt nadh bem Reichstage Don SöormS gunt erftenmal ber 
Vertreter einer magtjarifchen Nationalpartei entgegen, ber ben 
Staat auf ben ©runb ber lutherifeben Sbeen fteUte, faum 
40 Sahre nach bem SCobe beS SCRatt^iaS ©orbinuS, ber baS 
gleiche 3id, ben 5lufbau eines magharifdhen NationalftaateS, 
in engfter SSerbinbung mit . ber Shirie Derfolgt hatte; burdh gmei 
Sahrhunberte hin ift fo baS beutfdje ©Dangelium baS ftärffte mora= 
lifdje ©lement in ber magharifdhen Nationalpartei gemefen; bie 
23ethlen, Nafocgt) unb Sölolp maren, menn auch nicht mehr per* 
fönlidh ßutheraner, politifdh boch alle Nachfolger Sohann ßapolpaS. 


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23 


fiutberS 2at iit Siloim*. 

ipätte alfo &uther, wir wieberholen e§, bie beut|'d)e Nation 
nicht auch auf foldhe SKege führen foKen? tpätte er eS über* 
haupt gefonnt? Ober war etwa, was ber norbtfdjen (Staaten* 
weit gum Ipeil warb, für ©eutfdjlanb unmöglich? 

Ranfe, ber in feiner ©arftettung be§ SSormfer Reichstages 
biefe ^agen (nur etwas anberS gefteflt) ebenfalls aufgeworfen 
pat, war noch geneigt, wenigftenS bie zweite in gewiffen ©rengen 
4 U bejahen. Snbem er ber 100 ©rabamina gebenft, jenes ©dhrift* 
ftiicfS, in bem alle SBorwürfe unb ^Inflagen gegen bie ütprannei 
unb ©imonie beS römtfchen ©tuplS, welche bie Ration, geift* 
licken Wie Weltlidjen ©tanbeS, feit Sahrgeljnten in ©rregung 
hielten, gum SSortrag bor bem Äaifer gefammelt waren, fügt er 
fjingu: Rfan fönnte fich faft 31 t bem Sßunfche berfucf)t fühlen, bafj 
Suther fürs ©rfte hierbei fteljen geblieben fein mödhte. Suther 
hätte bann bon ben ©tänben nimmermehr berlaffen werben fönnen; 
benn er hätte bann nur bie ©efinnung ber ©tänbe felbft gum 
EluSbrucf gebracht; audh ber Äaifer, ben ber eigene Söeid^tbater 
mit bem ßorn beS Rimmels bebrohte, wenn er bie ctirdje nicht 
reformiere, hätte ihr wa^rf(f>einli<f) nicht wiberftehen fönnen. ,,©S 
würbe", fo fchliefot Ranfe biefe ©ebanfen ab, „bie Ration in 
ihrer ©inheit befeftigt, gu einem 93ewnfetfein berfelben erft boH* 
fommen geführt haben, wenn fie einen gemeinfchaftlicben Stampf 
wiber bie weltliche Jperrfdjaft bon Rom unter feiner Einführung 
beftanben hätte." 

3 <h tüeife nicht, ob wir bem SJteifter auch nur foWeit folgen 
bürfen. Ranfe felbft weift barauf hin, bafj bie geiftlidhen ©tänbe 
bereits febwanfenb geworben waren, fo bafj bie Räte ber Welt* 
liehen dürften bie ©ingabe, iri ber bodh ein ganger £eil ben 
^Befchwerben ber ©eiftlichen felbft gewibmet war, bor bem Staifer 
«Hein gum SBortrag brachten, am 22 . Elpril, alfo im Elnfdhlufj 
unb, wie eS faft fcheint, als ©egengug gegen bie faiferliche @r* 
flärung bom 19. unb im ßufammenhang mit ber SSermittlungS* 
«ftion, bie Ridjarb bon Syrier burdh bie neue Befragung CutperS 
in ©ang brachte, ©rfcheint eS baher fdjon an fidh mehr als 
zweifelhaft, ob Suther auch nur bie ©tänbe in ber SSielgeftaltig* 
feit ihrer Sntereffen auf biefe fßarole inSgefamt hinter fich ge* 
bracht hätte, fo wäre eS böUig unmöglich gewefen, bie faiferliche 
Ißolitif, bie fich eben erft mit ber Sturie berftänbigt hatte, gerabe 


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24 


Üflaj yens. 


jefet, unmittelbar bor bent erften großen SCÖaffengange $art§ mit 
bem frangöfifdjen Oübaten, bon 9tom abgureifeen unb auf ber 
Sinie einer national *beutfdjen ißotitif feftgutegen. 

SSir tjaben e§ jebocf) nicfjt nötig, folgen ©rmägungen meiter 
nadjgupngen: fjat bodj ber Slltmeifter fetbft itjre üWufetofigfeit 
burcfe bie tjerrlicfeen Sßorte bargetan, bie er jener Slufeerung 
unmittelbar folgen läfet, unb in benen er fie in einem tjötjeren 
(Sinne beanttoortet. „Sebod) bie ?tntmort ift", fo fdjreibt er: 
„bie Äraft biefe§ ©eifte§ mürbe gebroden gemefen fein, menn 
eine 9^üdficE)t ifen gefeffelt ptte bon einem nidfft burdjau§ reti* 
giöfen Sntjatt. S^icfjt bon ben 33ebürfniffen ber Nation, fonbern 
bon religiöfen Überzeugungen mar er au§gegangen, ope bie er 
nie etma§ gemalt feätte, unb bie itjn nun freilich meiter geführt 
tjatten, at§ e§ gu jenem poXitifd£)en Äampf nötig ober aud) nüfetid) 
mar. ©et emig freie ©eift bemegt fid) in feinen eigenen SSatjnen." 

233ir bemerken, bafe SBiclif unb §u§ ein Satjrtjunbert gubor 
bei bem SSerfud), ben Aufbau itjrer Nationen auf bem ©runbe 
romfeinblicfeer ©ebanfen gu erreichen, gefdjeitert mären, ßutfeer 
fetbft pat, toie man meife, im Sßeiterfdjreiten auf feiner SBatjn 
in ber Sbeenmett be§ böfemifdjen 9ieformator§ feine eigenen ©e* 
banfen mieber gu finben geglaubt; unb man pt tange Beit in 
jenen beiben mirfticf) bie „SSorreformatoren", in Suttjer aber eben 
nur ben $ortfütjrer unb SBottenber itjrer Sbeen fepn motten. 
.Spute merben mir bie§ nid£)t mef)r nadjfdjreiben bürfen, audj ab* 
gefetjen babon, bafe bem ©fdjedjen überhaupt bie Originalität ab* 
gufpredjen ift, ba er in feinen, ©djriften, mie mir feit Sofertp 
einbringenben gorfdjungen miffen, bi§ auf ben SBorttaut bon 
feinem engtifdXjen Vorgänger abhängig mar. ©ernife, perfönlid) 
neigten beibe nid^t gu ben ©jtremen; bie Äirdje be§ UItraqui§mu§, 
in ber ber ©eift be§ ©rünber§ be§ böbmifcfeen 2BicIifiti§mu§ 
forttebte, trug ßüge, bie in SSerfaffung unb $uttu§ an bie eng* 
lifdje §odjfirdje erinnern, unb bie 5tnfdjauungen 2Bictif§ bon ben 
©aframenten, ber ©cfetüffetgematt be§ jßapfteS, bom ^eiligen* 
fittt unb 9teliquienbienft, ja bon ber ©nabenmaf)! unb Ätrdje 
fetbft beuten ofjne grage bereite auf Sutfeer tjin. ©§ mar mie 
ein SSetterteudjten bor bem 33Iifeen unb Bonnern, ba§ in bem 
fotgenben Saferpunbert toSbredjen unb ©egen mie Berftörung- über 
bie SSett bringen fottte. Unb niemanb mirb jenen Scannern ben 


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i?ut()er* Jat in &>orms. 


25 


©rnft ber Übergeugung abfpredjen bürfeit; fie Robert beibe für 
ihren ©lauben gelitten, §u§ hat für ihn, unb nicht blojj für 
bie ©ad)e feiner Nation, ben Sob be§ SKärtprerS auf fid^ ge* 
nommen. Aber e§ läfet fid) bod) nidjt leugnen, bah fie bon 
Politiken, nationalen Sntereffen ausgegangen finb, unb fid) immer 
Don biefen unb ben Parteien, bie fid) im befonberen gu ibjren Prägern 
gemacht Ratten, haben leiten laffen. SSeibe maren, mie Sutlfer, 
Stpeologen unb Sßrofefforen an ihren SanbeSunioerfitäten. Aber 
9 JZönd)e maren fie nic^t; gu feber ßeit maren fie in bie lird)lid)en 
unb ftaatli<hen SSerhältniffe ihrer Sänber tief berflodften. §u§ mar 
ber Rührer ber tfdjedjifchen SJZagifter gemefen, melche bie beut* 
fdjen Sogenten unb ©cholaren bon ben Präger Uniberfitäten ber* 
trieben, unb SBiclif, mochte er felbft, als er bem Parlament bei 
feiner Dppofition gegen bie ©elbforbernngen ber $urie bon 
Abignon feine geber lieh, nnb fo auch fpäterhin fid) in ©d)ran!en 
halten, hat feine Sehre bon bem Recht beS,23efitjeS, an bem 
ber Xobfünber feinen Seil habe, unb bie für fenen Slampf bie 
Rechtfertigung feinfqllte, auf ©ebanfen geftellt, bereu $onfequengen 
bie Saboriten gegogen haben; hat er bo<h felbft gugegeben, bah 
fie in bielen fünften mit bem gegenmärtigen ©tanb ber ©e* 
feUf(haft unberträglidj feien. Suther hingegen mar, als er ins 
•Älofter trat, fern bon feber Auflehnung, bon febem ©ebanfen 
an einen Äonflift mit ber Hierarchie. 2SaS muhte er, ber 
Plebejer, ber 9RanSfelber 23ergmannSfohn, ber ©tubent, ber 
gerabe erft bie Sßorftufe beS $ad)ftubium§ hi nter fi<h gebraut, 
roeber Surifterei noch Sheologie ftubiert hatte, bon ben 2Belt* 
hänbeln? ©r glaubte mirflich ber 28elt SSalet gu fagen, für 
immer in ben dauern beS ÄlofterS gu bleiben, als er bon ben 
greunben Abfd)ieb nahm unb mit feinem SSater, ber fo biel 
Hoffnungen auf feinen SRartin gefegt, barüber brach- ©in ©ott* 
fucher mar er bereits, aber Sljeologe ift er erft im Älofter ge* 
morben. ©S mar ber ©ott feiner Sfircfje, ber fi<h täglich in taufenb 
SBunbern offenbarte, ber hinter febem Sütteldjen ihrer Sehre, 
• feber 333iüenSäuherung, febem Anfprud), ben fie machte, fid) ber* 
barg, beffen 9Rad)t unb ©hre alle Sah^hnnberte, Himmel unb 
©rbe priejen unb begeugten, bor bem alles, maS irbifch, ©taub 
mar, unb berloren, menn er giirnte. Sah biefer ©ott auch fein 
©ott fei, mar für ben fungen SKöndj bie SBorauSfebung, ber 


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Original fro-m 

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' , 'JJtojr i'eu.v 

SSoben, ouf bem ec ftanb; er batte ihn niemals derlaffeit. SaS 
er modte, mar baS gleiche, maS bie $ir<he ihm anbot, in beffen 
SSefifc fie mar (fo fagten ihm ihre Wiener), fie allein, baS maS 
fie einem jeben gab, unb umfonft, menn er nur banach ber* 
langte, fid) ihr anbertraute, bie ©nabenmittel annaljm, bie fie 
in öerfdjmenberifdier güde auS ©chö^en, bie fie feit Satyrtjunberten 
aufgebäuft unb unabläffig der mehrte, feilbot: bie ©emifebeit ber 
göttlichen ©nabe, bie ©rrettung auS ber ©ünben ©dmf}, ben 
^rieben ber ©eele. ©ben beSbalb fudjte biefer junge ©iinber 
(fo betrachtete er felbft fich) baS ßlofter auf. Senn einen Seg, 
ber fixerer jum 3 ^' Stint Jpeil, nad) bem er bürftete, führte, gab 
eS nad) ber Sehre ber $irdje nicht. Unb fo fdjritt er auf ihm 
dormärtS, burch baS §eer immer neuer Anfechtungen binburch, 
ohne jeben anberen ©brgeij, jeben anberen ©ebanfen, als ben 
einen, ber ibn inS- Älofter getrieben — bis er ins ^freie fam, 
ober menigftenS 51 k einer Sichtung, boit mo er ben Fimmel unb 
feine ©terne über fich erblicfte, mochten auch bie ©chatten ber 
Sömmerung noch um ihn fich lagern. 

SSon hier aus, bon ber Seitferne feines ©otteSbemujjtfeinS 
gegenüber bem ber römifcben Äirche müffen mir bie Sat SutberS 
in SormS betrachten, um ihre ©rö^e unb ihre Sebeittung ganj 
p ermeffen: meil feine Religion fo gan§ perfönlidj mar, meil 
fie ihn dor ©otteS Angefidjt frei binftedte, feinen anbern Mittler 
anerfannte, als ben, in bem er fich felbft offenbart batte, jebeS 
geilfdjen unb SJfärften um bie göttliche ©nabe ablebnte, bebnte 
fich ib* Bereich über alle Sabrbunberte unb alles, maS irbifch 
mar, hinaus, mar fie nicht an 3 eit nodj ©tätte gebunben. ®ben 
bieS mar aber auch ber Anfprudj dtomS. Auch feine ©ebote 
richteten fich pnädjft nur an baS Snbioibuum. SieS hielt feine 
Kirche burch baS fiebenfache 33anb ihrer ©aframente gefeffelt, baS 
jebermann, ber ihr untertan gemorben mar, don ber Siege bis 
pr 23abre, an jeher großen ©tation feines SebenSmegeS, um* 
fdjlojj. ©ben beSbalb behauptete fie bie uniberfale Äirdje p 
fein, unb mar eS in ber Sat, infofern fie fich um bie politifdjen * 
formen nicht fiimmerte, über nationale ©rennen binmegfab unb 
ade fßarteiungen, jeben partifularen ober adgemeinen Siden nur 
don fich aus unb don jenem ßentralgebanfen her beachtete, ©e* 
rabe baburd) aber umflammerte unb burdjfehte fie ade Drb* 


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Ünginal fm*m 

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yutfyeuö 2at in Sonne. 


27 


nurtgen in «Staat unb ©efettfdjaft, bannte fie jeben perfönlic^eit 
©eftaltungSmillen in bie ©rengen, bie fie felbft fefete, liefe fie auf 
feinem ©ebiete, in feiner Höhenlage beS SebenS gelten, maS ihrem 
eigenen SBiUen miberftrebte. DaS mar baS „babplonifche ©efäng« 
niS", auS bem Cutter fid) unb feine Nation gu retten öerfudjt hat. 

SSaS fjätte eS if)m nun genügt, menn er bie Klagen unb 
9lnltagen ber beutfdjen Stänbe, baS gange ®^ao§ i^rer 2öünf<he 
unb Sntereffen fid) gu eigen gemalt, fid) gum Führer jener anti* 
römifd)en 23emegung gemalt hätte! ©r märe halb am ©nbe 
feine§ SateinS geroefen. Sie Ratten ifjrt alle für fiel) gu benutzen, 
an ihren Darren gu fpannen gefugt: Sidingen, Jütten unb ihre 
Freunbe ebenfo mie bie hergoglidj Sädjfifd^ett, ober bie SBittelS* 
badjer, ober itarbinal 5ttbredjt unb bie Sifdjöfe. ©§ märe ein 
Sßirrmarr, ein $ampf atter gegen alle gemorben, in bem er 
felber ben S3oben unter ben $üfeen unb feine $iele rettungslos 
aus ben klugen öerloren hätte; in taufenb 2Biberfprüd)e berftridt, 
märe er gerabe in bie Untiefen gefallen, in bie ihn bie römifdjen 
Diplomaten hatten führen moüen, unb nichts hätte bie Äirdje in 
ihrem Slnfprudj, bie SSerföhnerin, bie $riebenSftifterin, bie uni« 
nerfale Butter aller (Shriftgläubigen grt fein, beffer recht« 
fertigen fönnen. 

Diefe ßirdje hatte in ben lebten beiben Faljrhunberten fdjoit 
ftärfere ©rfdjütterungen erfahren, als ihr bamit befdjieben morben 
mären: Spaltungen, bie um fo gejährlid^er fidh angelaffen hatten, 
als fie nicht, mie im Mittelalter fo oft, Pon ber meltlidjert Macht, 
bem Imperium ober einem ber Könige beS SBeftenS, in bie 
JUrdje l;ineingetragen mürben, fonbern Pon ipr felbft, unb gmar 
oon ber Spifee her ihren SluSgang nahmen. Sene hatten bie 
©lieber an baS ßentrum ber Kirche nur noch mehr herangetrieben; 
im Äampf mar bie Hierarchie erftarft, mar baS jßapfttum feiner 
Macht beroufet gemorben, hatte auch bie Dpeorie beS firchiiehen 
ülbfolutiSmuS ihre fchärffte Formulierung gefunben. 311S aber 
baS Haupt fid) fpaltete, mürben alle ©lieber mitergriffen unb 
bropte bem gangen Körper bie Sähmung. So unlöslich tuarb 
ber ßonflift, bafe innerhalb ber hterarcijifd;ea Greife felbft ber 
©ebanfe auftauchen unb für ben Moment fiegen fonnte, ber.Kirche 
parlamentarifche Drbnungen gu geben, bie $ßt)ramibe (nach bem 
befannten ÜBortbilb aus einer mobernen politifchen SFleöolution) 


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28 


Üi'ar i'cnj, 

) 

auf ipre 23afi§, ftatt auf ipre Spipe, gu fteHen, bie Sßrobingeit 
bei Jtirdpe, bie Dbebiengen, tt)ie mau barnalS fagte, in ge* 
fcploffenen SSerbänben bereinigt gu ipren Prägern gu mauern 
Stllmäplidp mar febodp bie Äurie iprer geinbe bon neuem Meifter 
gemorben. ®enn bafj bie ©inpeit gum SBefen ber ßircpe gehöre, 
mar bon febermann gugcftanben unb trat, je größer bie SSer- 
roirrung mar, um fo mepr in§ allgemeine SBemuptfein. ©erabe 
um biefe ©inpeit mieberperguftetten, fam ber ©ebanle an ein über 
ben köpften ftepenbeS Äongil auf; bie 33emegung, bie gu ben 
ßongilien bon fßifa unb $onftang führte, patte barin gerabe ipren 
Utfprung. 21n ipr unb ber Uniberfalität ber ßirdpe, bon ber 
jene ja nur bie Äonfequeng mar, pielten bie ©egner be§ päpft* 
lidpen 91bfoIutiSmu§ (bie 9tabi!alen mit eingefcploffen) ebenfo feft 
roie bie greunbe, nur bap bie SÖpeorie, ber begriff ber Äirdpe 
fiep änberte. $)er Subeiruf „Papam habemus“, ber bie Sßöpler 
be§ ÄongilSpapfteS empfing, als au§ bem Äonflabe im Äaufpau& 
bon Äonftang ber ftaatSfluge Äarbinal Otto bon ©olonna al§ 
Sßapft Martin V. perborging, bradpte gum 2IuSbrucf, mie fepr 
baS ©emeingefüpl beS Zeitalters na<jp biefer Söfung berlangte. 
Unb fo lange bie Äirdpe ein in fi(p rupenber, ben meltlicpen 
Drbnungen gegenüber fouberäner, ja ipre Organe burdpfepenber 
Körper blieb, mar ipre 3ufammenfaffung in einer zentralen, alle 
£eilgemalten überragenben unb auSgleidpenben ©emalt baS ©e* 
gebene. Sie ©efdpidpte ber 9teformfongilien beS 15. Saprpunbert$ 
pat eS bemiefen. 3)er SBerfudp eines ftänbifdp * parlamentarifdpen 
SBieberaufbauS ber fßapftfirepe überlebte bie Regierung Martins Y. 
nur um ein paar Sapre. 9tuS bem Scpope beS gu 33afel gu* 
fammengefommenen neuen SKeformfongilS felbft braep baS SdpiSma 
auS, gerrüttenber unb fläglicper nodp in feinem Verlauf als ber 
S?ampf ber Sßäpfte bon 5lbignon gegen ipre römifepen ©egner, 
unb baS ©nbe bom ©angen mar bie §erftettung beS $ßapfttum£ 
gu einer SSoHgemalt, mie eS fie im gangen Mittelalter nidpt ge* 
pabt pat; niemals patte eS fiep in ber emigen «Stabt fo unbeforgt 
füplen bürfen unb fo glängenb gu repräfentieren berftanben, mie 
tu ben 70 3apren, bie ipm, feitbem bie geiftlicpen Gebellen bon SBafel 
gu Äreuge gefrodpen, nodp bergönnt maren, bebor baS Ungemitter 
ber Siefe perborbradp, in ber ©podpe ber Dlobere, ber Mebici 
unb ber SBorgia. 



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l'uttjcvS lat in föorms. 


29 


freilich gelang bieS nur auf bem Sßege beS ÄompromiffeS. 
2 )emt audj bie Dbebiensen, ober, beffer gefagt, bte in ihnen Oor* 
mattenden, in ihrem ftdatlidjen 3ufammenhang bereits gefeftigten 
Ntädjte Ratten bie grojje Spaltung ofjne Schaben überftanben. 
28ie fie bereits h^ttr den Äonfliften, bie im Zentrum ber ^ird^e 
gunt SluSbruch gefommen, geftanben unb in jebem Moment ber 
nachfolgenden Kämpfe ihren Vorteil mahrgenommen, im 3 Us 
fammenfchluh mit ber eigenen ©eiftlidjfeit (maS benn auch h ier 
Reibungen genug h^rbeiführte) ihren «Staat aufgebaut hatten, fo 
liefen fie fidj ben griebenSfd)üth mit ber Äurie unb ihren 23ie= 
beraufbau auch nur mieber abfaufen; nur fo gelang eS Qüugen IV., 
ben Söiberftanb ber SSafeler gu brechen, unb fo fonnten auch 
feine Nachfolger niemals fid) geftatten, etma in ber 9lrt eines 
Oregor VII. ober ber großen köpfte beS 12. unb 13. Sapr* 
hunberts gegenüber ben neuen Mächten aufjutreten. Snbem fie 
aber bie iNadjt refpeftierten, fid) auf bie Steilung beS (SinftuffeS 
in Äontorbaten einliehen, tonnten fie im übrigen bie 3 entr as 
lifierung ber SSermaltung, audj in ben Sündern, mit beren Ne* 
rjierungen fie ihre Verträge abgefd)Ioffen, fo gut ober beffer als 
in ben früheren 3 e tten betreiben. @S maren üor allem bie großen 
ÜNonard)ien beS SSeftenS, in benen biefe SSeretnbarungen gmifdjen 
Staats* unb Äirdjengemalt getroffen mürben; aber audj bieÄönig* 
reiche beS Nordens unb beS DftenS maren fraftOoll genug ober 
durch ihre politifdhe Sage fo begünftigt, bah f* e au f biefe Sßeife 
einer aUgu ftraffen ^tttgieljung ber papalen bemalt fidj ermepren 
fonnten; fogar bie itatienifdjen Steilftaaten oermochten fiel) fo ober 
fo mit ber Äurie, an beren SBeftanb in ihrem Sanbe fie fdjlieh* 
li<h mehr ober meniger alle intereffiert maren, auSeinanbersu* 
fetten. (£ingig ber beutfd)en Nation blieb bieS üerfagt. Nur 
gmei gürftenhäufer gab eS -hmr, benen bieS fdjon beim Stbfdjluh 
beS SBafeler ÄonjilS Oergönnt mar: bie Habsburger unb bie 
HohenjoEern. giir alle anberen partifularen ©emalten im Neid) 
unb für beffen ©efamtorganifation felbft maren bie Neform* 
fonjilien, tro^bem fie auf beutfcper (Srbe abgel)alten maren, um* 
fonft gemefen: in ber allgemeinen 3^fplüterung, in bem 2)urd)* 
einander fürftlidjer, ftäbtifdjer, ritterlicher unb bäurifdjer ©lemente, 
geiftlicher unb meltlidjer Äomporationen unb (Sigengemalten, mar 
Nom bie eingige 9Nad)t, bie in fidh gefdjtoffen unb üoit 


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:>o 


IKar ven;. 


einem SBiüen beherrfdjt mar unb jo bie Snftang geworben ober 
geblieben mar, an bie fidj alle Sonberintereffenten menben, ©na* 
ben für fid) erlangen, ober ihre Slbmeifung gugunften ihrer 
©egner befürchten mufcten. Vlieb eS hierbei, bermochte fi<h nicht 
ein Zentrum, ein 2Ka<htmiHe in ber Nation gu erheben, ber alle 
auSeinanberlaufenben (Strömungen in ein Vett gu lenlen, einem 
gemeinfamen Sntereffe, einer bie Nation gufammenfchliefcenben 
Sbee unterwarf, fo war nur bie Verewigung beS 3 rt, *efpalt§ r 
ja eine machfenbe ßerrüttung gu erwarten. 

Stud) bie fongiliareit Theorien waren mit bem Scheitern ber 
fongiliaren Reformen in 9Jfiftfrebit gefommen; niemals waren,, 
wir faheti eS, bie papaliftifd^en Slnfprüdje rücfhaltlofer auSge* 
fprodjen unb fo miberfprud)SIoS als bie heiligften ©efefce ber SJZutter 
Atirdje ex Cathedra berfünbet worben, als bon ben köpften, 
beren Slnbenfen boll Vlut unb Söolluft ber Slbfdjeu ber Saljr* 
bunberte geworben ift. (iS war baSfelbe 9tom, um baS ber 
ÄuItuS ebelfter Schönheit uitbergänglichen ©lang gewoben bat: 
genährt bon ben erhabenften ©ebanfen ber Slntife, burchgebilbet 
bon ben formen ihrer Stunft, hatte ber italienifche ©eift im 
Vatifan feinen fd)immernbeit Sh ron errichtet; ein 2eud)ten wie bor 
bem ©rmadjen beS jungen SageS ging nun bon bort, bon bem 
Ipontififat eines SuliuS II., eines S3eoX. burdj bie Sahthunberte 
hin. Unb fo hat man wirtlich in bem ©eift ber 9tenaiffance bie 
Straft fehen wollen, welche bie Vielt erneuert, ben SppuS *>eS 
mobernen Sdtenfchen, einen neuen Vegriff ber ©efellfchaft gefchaffen 
habe. Slber wir brauchen uns blofc baran gu erinnern, bah &a£ 
Latein beS SateranbefretS über bie päpftliche Unfehlbarfeit unb 
ber Vuüe, Welche ben beutfehen Äe^er in ben Slbgruitb ber §öllo 
ucrwieS, bon benfelben Gebern entworfen worben ift, bie fid) mit 
jener hamaniftifd)en Vilbung fehmüeften, um gu erfemten, bafe, 
wer ihrem 3 e üalter foldje Vorftellungen entgegeubringt, bon ben 
bie Siefen bemegenben, baS Slntlih ber Nationen unb ben Stuf* 
bau ihrer Staaten bebingenben unb geftaltenben Kräften feine 
Slhnung hat Sn SBahrheit hat bie 5Henaiffance ber hierarchifdjen 
Vkltgeftalt faum bie §aut geriet, ©emifc ift fie aus bem ita* 
lienifd)en ©eift in feiner Vermählung mit bent ber Slntife, in 
ber er fid) felber wiebergufinben bermeinte, h erl) orgegangen 
unb ruht auf ben politifd)cn ^unbamenten unb Stonfteflationen, 


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I 


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i 



Viitfecrs lat in 3i5orms. 


31 


melcfee baS Italien beS 14. 3al)rf)unbert§ barbot, fo mie jebe 
geiftige 23emegung aus bem ©cfeofee einer Nation unb ihrer poti= 
tifdfeen ©eftaltung geboren mirb. SIber fdjon in ber ©pocfee 
^5etrarca§ unb (Sola StienjiS, in benen bie neue SSilbung fidb 
biefeS UrfprungeS öob bemufet tyarb unb mirflidj bon nationalem 
©cfemunge fidh tragen liefe, fcfelofe fie fid) bon ber 90?enge, bon 
ber SSelt beS SBolgare ab, auch toenn fie eS gelegentlich meifter* 
feaft feanbhabie unb in flaffifcfee formen gofe, unb fucfete bie ipöfeen, 
bie 2Belt ber Mächtigen auf, in ber fie allein atfhen fonnte unb 
leben toollte. 3h re Vertreter toaren unb blieben bodj nur ein 
SluSfdhnitt aus ber Nation, ein StreiS bon fßriöilegierten, eine 
neue geiftige 9lriftofratie; an bie Siefen reichten fie nicht heran, fie 
fdfeeuten eher mit ifer bie Berührung. Sie Siefen blieben burcfe 
fie unbemegt; mo fie aber einmal in $dnflift gerieten mit jener 
iöilbung, raie in bem ganf, Öen bie üfteapolitanifdfeen 9Kön<he 
mit SaurentiuS SSaDa, bem ©feptifer, ober bor adern bei bem 
Angriff beS grofeen S3ufeprebigerS ©abonarola, beS Sominifaner* 
möndfeeS bon ©an 9J2arco, auf baS mebijeifdhe gloreng, berfagte 
bie ©elbftgemifeheit ber bornehmen Herren gänzlich, unb betoiefen 
fie bamit, bafe fie bei aller ihrer 93ilbung mit bem, maS bie 
9Jiaffe mar unb rnollte, nichts ju fcfeaffen, unb gugleidh, bafe fie 
ben auf bie (Sntpfinbungen unb SBebürfniffe eben biefer OTaffe 
abgeftellten unb burdh fie bebingten fogialen Snftitutionen in ©taat, 
ftirdje unb ©efettfcfeaft nicht gemachten maren unb benfelben nichts 
anhaben lonnten. 

SSoHenbS bem beutfdjen ©eift ftanben biefe SBälfdhett burcfe* 
äuS fremb gegenüber. Nichts lehrreicher hierfür als baS 9Iuf* • 
treten unb Verhalten $HeanberS in SCBormS. Sluch er mar ein 
-Sßrofeffor mießutljer, einer ber namhafteren £>umaniften, fein gacfe 
baS ©riedjifdhe; an ber berühmteften Uniberfität ber (Sljtiftenheit, 
an ber ©orbonne in fßariS, hotte er öielbefudhte 33orlefungen 
gehalten, er mar ein ©räcift, ber fidh neben (SraSmuS, mit bem 
er ribalifierte, fehen laffen fonnte; als S3ibliothefar beS päpft* 
lidfeen ©tuhleS unb Äarbitral ber Äircfee ift er geftorben. Hber 
niemanb ftcmb bem SBittenberger SSJföndh öerftänbniSlofer gegen* 
über als biefer beftgebilbete Italiener. gür ihn mar Suther 
■immer nur ber fRebed, ber §unb, ber SBafiliSf, ein Äefeer, 
taufenbmal fdfelimmer als §lriuS; fomie er nur ben tarnen beS 


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32 


ÜDJai' Vens, 


beutfdjen $oEegen fpnfdjreibt, fteigt ifjrn bie ©alle iitS Wut. 
9lu<h bie beutfehen Jpumaniften fiet)t er faunt anberS an. ©r 
fann aEerbingS nidjt leugnen, bajj biefe toEen £>unbe, bie ©eutfchen, 
jebt and) mit ben Waffen beS ©eifteS au^geriiftet finb unb fiep 
befjW 3 U rühmen miffen, baff fie nicht mehr bie bummen 23eftien 
feien, mie ihre-Vorfahren, bah fie baS Waffer beS !£iber in ihren 
Eth^n geleitet, unb bah ihnen Italien bie ©d)äbe feinet WiffenS 
habe abtreten müffen. 9Iber Barbaren bleiben fie mit ihrem 
Jütten an ber ©pipe für ihn hoch; fo etma mie ©mit S3outrouj, 
ber jßarifer fßhilofophieprofeffor, fonft ein trefftidjer Sföann, ber 
feine ©ebanfen im mefentliehen aus ©eutfdjtanb besagen pot, 
nach SEuSbrucp beS WeltfriegeS unb offenbar unter bem ©inftujj 
einer ÄriegSpfpcpofe bon ber burd) bie Wiffenfcpaft oerftärften 
beutfehen Barbarei gü fehreiben üermoehte. 

Unb in ber £at, ber ©egenfap groifchen bem beutfehen unb 
bem italienifehen Humanismus mar oon Slnfang an gegeben, unb 
man fpürt ihn mit jebem ©epritt ber beutfehen ©ntmidtung mehr, 
©erabe in biefem Moment, in ben Sagen üoit WormS, mar er 
auf feiner Hope. 23or aEern: bie beutfehen Humaniften fonberten 
fieh bon ihrem SSotfe nieht ab, mie fie benn aueh meift aus bem 
SSoIfe ftammten, als dauern * unb Wirgerföpne auf ben Uni* 
oerfitäten ftubiert patten, fonbern fie ftanben mitten in ber 
nationalen 23emegung, beren Wortführer fie bon jeher gemefen, 
unb ber fie in ber SCXJehrgahX eben jebjt, aEen boranftürmenb Eiitter 
Utrieh bon Hutten, ihre gebet liehen. 9Iucp fie mieben nieht ge» 
rabe bie §öfe; Äaifer Eftaj: patte- fie fogar geftiffenttieh an fiep 
perangegogen, unb ein §utten eS nieht berfehmäht, bem Hope * 5 
goEern in 9J?aing gu bienen; fepon als biefer Stemel auSgefanbt, 
mar er an feinem £mfe gemefen. 9lber aueh bieS SBerpältniS patte- 
einen populären ^>intergrunb; gerabe bureh bie fßoeten auf bie 
öffentlid)e Meinung gu mitten, mar bie Slbficpt jener beiben ge» 
mefen. Stleanber entpfanb biefen ©egenfap burcpauS. „geh fage 
eS", fd)reibt er, „unfern fßoeten unb Eipetoren, bereit (jangeS Sun 
barin befteht, an ein paar Versehen monatelang gu feilen unb 
um eine§ armen Wortes miEen einanber gu berteumben, gerabe 
ins ©efidpt, bah fie fid) bertragen unb einmütig in ihren ©ehriften 
unfern ©tauben berteibigen foEten." EJiit ihren ©infiepten unb 
gäpigfeiten, meint er, mürben fie mehr als fiebett biefer ©eprei» 


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Üutf)erg $at in 2Bom3. 


33 


pätfe gum ©cpmeigen bringen, bie allein mit ipren fipriftfteUerifcpen 
unb poetifcpeu fünften fiep bei ber 9Kenge in foIdjeS 9Infepen 
gefegt paben, als menn fie bie ecpte Geologie fcpon gang unter 
bie güjje getreten Ratten. 2)iefe ©ipreipälfe mürben aber bem 
römifcpen ©tauben um fo gefä^rtid^er, als fie fept, bem SBeifpiel 
SutperS folgenb, fcpon bagu übergingen, bem Sßolfe ipre Etagen 
unb ©pottreben über fRom unb, bie IRomantften auf ©eutfcp in 
93erS unb fßrofu borgutragen. 

93ei altebem barf man ben ©influfs ber beutfcpen Jpuma* 
niften auf bie Nation im ßampf gegen 9iom nicpt überfcpäpen. 
©turmgeifter mie Jütten maren bod) bie menigften. 9ln ©pott 
unb ©atire patten fie fid) gerne beteiligt, aucp fo ernfte ©eifter 
mie fcpon bor Sapren fßrofeffor SBebel in Tübingen. Stber gum 
©tperg maren bie geiten nicpt mepr angetan. 2)aS befam SBifli* 
halb Sßirdpeimer gu fpüren, als ber bon ipm fo graufant „ab* 
gepobelte" ©<f feinen tarnen in bie Bannbulle gegen Sutper ge* 
braipt patte: er beeilte fiep, um ni(pt mit Dtom in $onflift gu 
geraten, gu bepregieren. 9JZut mar au(p bei ben beutfcpen Siteraten 
(mie man baS ja aucp gu anbern ßeiten finben mag) ni(pt bie §aupt* 
tugenb, barin ftanb Jütten giemlicp einfam, bem eS baran menig* 
ftenS, obfcpon gerabe er nirgenbS in bie Stiefe fcpifefte, fo menig 
feptte mie an ecptnationaler ©efinnung. 3n ber SReprgapl maren 
fie bocp ©(putmeifter, mie ja bie 23emegung bon ben ©cpulen ipren 
SluSgang genommen patte, unb bieltad) frop, bei alter ©pmpatpie 
für ben tüpnen fßrofeffor an ber ©Ibuniberfität, fo mie etma ber 
alte Safob SBimppeting, ber nun in ©trapurg lebte, unb 23eatuS 
9ipenanuS in ©cptettftabt, in iprem SSinfel bei ipren geliebten 
Sücpern bleiben gu tönnen; im £)inblid auf bie ftolgen Sperren an 
ber Safelrunbe eines Sorengo 9J?ebici ober bie 5£ifcpgenoffen $ßapft 
SeoS X. erfcpeinen uns biefe braben SanbSleute !aum biet anberS 
atS fo, mie 9llbre<pt S)itrer fiep feinen JpieronpmuS im ©epäuS 
borftettte, berglicpen mit 9tafael§ fßlatonifcper 5lfabemie. 

^ebenfalls, bie güprung ber nationalen SBemegung bepietten 
bie beutfcpen Ipumaniften, bie fid) fcpon gu fpatten begannen (trat 
bocp ein ©ocpläuS fcpon perfönlidj in SEBormS gegen Sutper in 
bie ©cpranfen), nicpt mepr, feitbem ber SJtöncp bon SBittenberg 
‘ im SBorbergrunbe beS Kampfes ftanb. ©S gab fortan nur nocp 
•bie eine 5llternatioe: für ober gegen ben ^Reformator. 

©d)r. 33. f. SR. 134. 3 


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34 


9)i'aj - Senj, 

9JZan barf aber, um bie ©röfce ber %at bon 2Sorm§ mür* 
bigen gu fönnen, überhaupt nidjt an ber Satfadje borübergeben, 
bafc ba§ bierartf)tfd)e ©tjftem, öon auften angefeben, noch an 
feinem fünfte mirflidj burcbbrodjen mar. Sie Uniberfitäten, auch 
bie neugegriinbeten in SGBittenberg unb granffurt, maren nodj 
immer geiftlidje $örberfdjaften,- au§geftattet mit päpftlidjen $ribi* 
legien, organisiert mie alle ihre 2Kitfdjmeftem im ganzen Abenb* 
lanb, geiftlidj audj bie gafultäten, bie Geologie bie Königin 
berSBiffenfdjaften, bie. großen Sßrofefforen faft burdjgebenb Äirdjen* 
lidjter, geiftlidj unb in geiftlidjen Drbnungen gufammengebalten 
auch bie grobe Sftaffe ber ©cfjüler, erfdjüttert bielleidjt, aber bodj 
im großen unb ganzen ungebrochen audj bie fdjolaftifdjen Sehr* 
metfjoben, für bie ber „blinbe £>eibe" AriftoteleS, r gegen ben 
Sutfjer feinen erften Äampf geführt batte, bie mafjgebenbe Auto¬ 
rität geblieben mar; fo heftig bie £>umaniften gegen bie alten 
formen anfärnpften, burdjgebrungen maren fie hoch erft an 
menigen ©teilen, felbft in SBittenberg mürbe bie\Deformierung 
ber Uniberfität mit Jpodjbrucf bodj erft nad) bem SBormfer 
9teidj§tag, al§ Sutber auf ber SBartburg fafj, in Angriff ge* 
nommen. 

Unb nicht anber§ mar el mit allen Drganifationen, ©e* 
mobnbeiten, ©ebräudjen, in benen bie abenblänbifdje SSelt feit 
Sabrbunberten fidj eingelebt b^tte, im ©roben mie im kleinen, 
in SEBiffenfdjaften unb fünften, in ber SebenSfübrung unb ber 
SBeltanfdjauung, iit ber Auffaffung ber menfdjlidjen unb ber gött* 
li<ben Singe, ©o mie e§ JKanfe mit gemobnter fßrägifion au§* 
gebrüdt b^t: »3Ba§ in ©uropa beftanb, mar bodj im ©runbe 
jener friegerifdjspriefterlicfje ©taat, ber im 8. unb 9. Sabrbunbert 
auSgebilbet mar. Sa§ priefterlidje ©lement mar nur immer tiefer 
gebrungen — alfo mujjte ber Angriff ben ©runb be§ gefamten’ 
Safein§ erfdjitttern." 

©ben bie§ mar SutberS Sat. 

©§ mar ba§ Corpus Christianum, bie Res publica chri- 
stiana, bie abenblänbifdje (Sb^iften^eit, beren ©inbeit er gerftört 
bat, beren in fidj berflammerte ©lieber er au§einanberbradj. 
©r mar in ber Sat ber grobe ÜBalbredjter, mie er fi(b felbft be* 
geidjnet bat, ber bie Ajt an bie 2S3itrgeI legte, au§ ber alle§ er* 
madjfen mar. 


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Sutfyerä £at in 2Borm$. 


35 


2 )abei bleibt böttig hefteten, bafe ber Reformator bon ber 
überfommenen 9lnfdfeauung ber (Sinfeeit, audfe ber politifdfeen 
3 ufammengefeörigfeit ber abenblänbifdfeen Sßelt, überzeugt blieb. 
28ie feätte er eine; SSeltanfidfet aufgeben foflen, bie nod) länger 
als ein Saferfeunbert in ßraft blieb, bon ber aus ein Sodann 
©leiban nod) nadfe Sauren feine '„©efcfeidfete beS dferiftlidfeen ©taatS 
unter Äaifer Äarl V." unb fein S3udfe bon ben SSier SKonardfeien 
fdferieb, aus bem nod) ein $riebridfe SBilfeelm I. bon Sßreufeen als 
Snabe feine SSeltgefdfeidfete gelernt feat! (£r ftiefe aus, maS er 
für feinen ©lauben, fein S3efenntniS brauchte, unb liefe hefteten, 
ja feielt mofel aud) trofeiger, als bieüeidjt nötig gemefen märe, an 
bem feft, maS ifen barin nidfet ftörte, befielt barum SBorfteUungen 
bei, bie unS nidfet meniger als mobern erfdfeeinen, bie bon ben 
Riännern ber Renaiffance Iängft über 33 orb gemorfen ober audfe 
bon ben ©eftierern feiner eigenen ßonfeffion ber neueren 3 e ü 
fonformer bünfen ober eS in ber £at finb, nafem fogar unter 
Umftänben 2 lnfidjten unb ©äfee gurücf, bie ifen felbft fdjon auf 
bem Sßege gu einer neueren, aufgeflarteren 5 luffaffung politifcfeer 
ober religiöfer Probleme gezeigt Ratten. ®aS alles !ann uns 
nidfet feinbern, in ifem ben grofeen 23afenbredfeer, ben ©imfon gu 
fefeen, ber bie ©äule, meldfee baS SCBeltffeftem beS RftttelalterS 
bi§feer getragen featte, gerbrocfeen feat. 2)afe barum baS 9Rittelalter 
an ficfe nidfet 311 gatt gefommen ift — mer mollte bieS leugnen! 
öS marb nur gu halb unb gu feft, fürs nadfe feinem ütobe, mieber 
aufgeridfetet unb fo ftarf gemadfet, bafe eS nodfe feeute, aucfe im 
SSaterlanbe 9J?artin SutfeerS felbft, uniiberminblicfe baftefet. ©0 
reinlicfe pflegen ficfe leiber bie 3S3eltepodjen nidfet öoneinanber gu 
fdfeeiben, bafe bort baS 9llte unb feier baS Reue gu finben ift: 
bie ©trömungen laufen öielmefer burcfe bie Saferfeunberte neben 
unb oft im mirren 2 )urd)einanber fein, nidfet in Cuerfdfenitten, 

fonbern in ber fiängSridjtung; freugen fie ficfe bodfe gumeilen in ber 
gleüfeen 33ruft; in bemfelben fersen mofenett oft einanber feinb« 
licfee, alte unb neue ©ebanfen! 

6 S fomrnt immer nur barauf an, ben $unft gu finben, 

an ben bie SÜBelterfdfeütterer bie .'panb gelegt, unb oon mo 

aus fie bie 3 e ^ ten öoneinanber gefdfeieben, ein neues Element 
in bie SSeltentmicflung feineingebraefet feaben. hierüber aber fann 
uns mieber ber grofee Rieifter unferer ©efdfeidjtfcfereibung be* 

3* 


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36 


3Kaf ßertä, 


lehren: „Snbem SutherS Religion ein freies ©einet anerfannte, 
welches fie nicht unmittelbar gu beherrfdjen brauste, gab er ben 
SBegriff beS Corpus Christian um, grt bem er fefthielt, im Sßringip 
bereits auf". (Sr gab ber hiftorifdjen unb natürlichen Sßelt ihr 
Recht, ihre ©h re oor ©ott gurücf, fteflte auch fie unmittelbar oor 
baS Slntlih beS §ö<hften, als beS Schöpfers, bem fie ihr ®afein 
Oerbanft, unb aus beffen §anb nichts 23öfeS, fonbern nur ©uteS 
Jommen fann. 2)aS Recht ber 9Ra<ht, ber ftaatlichen Drbnung 
an unb für fich, unabhängig non ber gorm beS ©laubenS, bie 
©rengen ber ©hriftenheit überfdjreitenb, ja über bie ©rengen ihrer 
ßeit in bie Sahrpunberte gurücfreichenb, h at er ' unmittelbar aus 
feinem ©lauben h er a«§, beffen Korrelat biefe 3luffaffung beS 
(Staates lebiglich ift, runbum anerfannt unb feftgeftettt. Unb 
barum ift er ber SBegrünber eines neuen SSeltalterS geworben. 


Run enblich fönnen mir bie grage beantworten, bie wir 
norhin ungelöft laffen mußten, Sutper war nach SBorrnS ge# 
gangen, weil ber ßaifer ats ber Präger beS @<hwertes, ber 
non ©ott beftettte Schirmer beS griebenS unb beS Rechtes, ihn 
gerufen hatte; aus feinem innerften ©lauben war fein ©ntfchlufe 
entfprungen. SSaS er aber in SßormS erlebte, war fein ©ericfjt, 
war Weber 93erhanblung noch Urteil, fonbern ein 2)iftat, S3efef|I, 
auSgeführt burdj ben Äaifer nach bem SBiüen jener fremben 
©ewalt, bie ben Reformator mit bem 33ann belegt, bie er aber 
auch felbft foeben nerflucht hatte. 

Sn bemfelben SSormS, in ber Stabt ber 23urgonben, um 
bie einft bie beutfdje Sage, baS hohe Sieb non beutfcher Streue 
unb beutfchem Sßerrat, ihre golbenen gäben gefponnen, hatte 
nor langen feiten (eS war halb ein halbes Sahrtaufenb her 
ein beutfcher Äaifer bie SBifdjöfe beS Reichs unb piele gürften 
mit ihnen um fidj nerfammelt, um bem fßapft feiner 3eit gehbe 
angufagen. 1 ) Sn einem Sdjriftftücf non granbiofem ißartjoS 

1 ) ©cffon Slleanber ift bie parallele 311 bem Stfationalfonjil in SBorms 
oon 1076 aufgefallen, (Sr meinte, bie (Sntpörung §einric^ä IV. gegen 
©regor VII., bie hier in 2Borm3, ber alten 93rutftätte aller unb BefonberS 
ber gegen ben Äleru§ gerichteten Äämpfe, angefjoBen, fei noch ein wahres 
Äinberfpief (viole et rose) gegen bie je^ige (Smpörung gemefen, ba bamalS 


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Sutperl £at in SBorml. 


37 


patte er namens bcr beutfcfjen 93if<pöfe unb traft beS eigenen 
faiferlidpen 9tecpteS £>ilbebranb, bem fallen SJföncp, bem Ufur* 
pator be§ römifcpen StupIeS, bem Sprannen unb ßerftörer ber 
allgemeinen Äirdje, fein Descende, Descende gugerufen. (Sben 
gegen biefen geinb ©otteS unb ber beutfcpen Nation, ben jßapft, 
patte SERartin ßutper ben Äaifer unb be§ fReicf)e§ dürften um £>tlfe 
angerufen. „2Bo bift Su", fo patte er no<p im Sommer ge* 
fcprieben, „trefflidjer Äaifer ßarl? tt>o feib ipr cpriftlicpen dürften? 
3pr pabt eud) ©prifto in ber Saufe angelobt unb fönnt biefe 
pMifcpe (Stimme beS 9lnti<prifteS ertragen! 28o feib ipr 23if(pöfe, 
ipr Softoren alle, bie ipr (SpriftuS bef erntet? $önnt ipr 
fdjmeigenju biefen ©reueln ber fßapijten? ©efommen, gefommen 
ift ber ßorn ©otteS über fie, bie geinbe beS ÄreujeS ©prifti unb 
ber SSaprpeit ©otteS, bap fie aucp aßen SCRenfcpen juroiber finb 
unb mepren bie SBaprpeit §u prebigen, mie fßauIuS fagt ju ben 
Suben." Sollte er jept feinen üftacfen bem genfer jum Streicp 
pinpalten?, patte er bann nidjt eben baSjenige als fRedjt an* 
erfannt, maS er befämpft patte: ben Sap, bap ber ffSapft als 
oberfter Sperr beS Corpus Christianum, als ber SteHüertreter 
©otteS, in ber Sat unb SSaprpeit beibe Scpmerter füpre? Sgatte 
(üpriftuS, beffen ÜRadpfolger ju fein ber Stprann in SRom fidj 
rüpmen burfte, b a S getan, als er fiep miberftanbSloS jur Sepladjt* 
banf füpren liep? Sgatte SßilatuS, ber Sfeptifer, ber, mie aucp 
SperobeS, feine Scpulb an biefem SJfenfdjen fanb, ber feine £>änbe 
in Unfcpulb # mafepen mottte, fo gepanbeit mie ßaifer ®arl? 
Spatte er niept biefen Seftierer eben nur feinen 9ticptern, unter 
benen freilidj ber Spopepriefter SubaS mar, bie aber als bie 
“älteften bie SSertretet, bie öerorbneten Dtiepter ipreS SBolfeS 
maren, überlaffen? Unb patte StefuS nitpt als Sopn feines 
S3olfeS gerabe ipr Dticpteramt beftätigt, als er fi<p iprem Sprutp 
untermarf, burep ben fie ben $eper, ben Verräter feines SöoIfeS, 
baS ipnen barin nun beifiel, ipn unb fein SInbenfen, für emig 
ju oertilgen gebauten ? SBäprenb ber Sanbpfleger, als er jenen, 


ganj 2)eutfcplanb, bcr ©opn bei Äaiferl fetbft, auf feiten bei ißapftel ge= 
itanben pabc, roäprenb je|t nur ber Äaifet mit Sftom gepe (©rief t>om 
15./16. ÜDtai, bei Äalfoff, ©cpr. bei SB. f. SR.*©. XVII, 101). 3Jlan fiept, bafe 
bie piftorifepen Äenntniffe, beren bcr 9tuntiu§ fiep rüpmt, boep etroal 
fliicptig jufammengetefen waren. 


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38 


'Dia? Öen$, 


bie er berachtete, bie 93erantmortung für ifjrc ©at gufdjob, unb 
nur eben feine $riegSfned)te gur ©fefution beS SSerurteillen ber¬ 
gab, bod) aud) nur mieber tat, maS er als Vertreter feines 
ÄaiferS tun burfte, unb ma§ feines 9lmteS mar? 

9Ran meife, roie ferner &utfjer ber ©ntfcblufc gemorben ift, 
bem ©rängen feiner greunbe nachgugeben unb fidj auf einen 
Sßeg gu begeben, ber ihn bon ber graben Strafee, bie er bisher 
gegangen mar, abgumeichen fdjien, unb ber feinen dürften unb 
fein S3ol! (niemanb fab bteS beffer als er borauS) in immer neue 
©efahren unb SSirrfale führen mufjte. SRodf» auf ber Sßartburg 
finb ibm biefe ferneren ©ebanfen nachgegangen. Sßir aber müffen 
fagen, bafj Suther, inbem er feinem fürftlidjen §errn folgte, 
xedEjt gebanbelt bat- SSeil ßaifer Äarl eben nicht gebanbelt batte 
als ber ©räger beS bon ©ott ibm anbertrauten ScbmerteS, als 
$inber beS Rechtes aus bem eigenen ©mpfinben unb ©emiffen 
heraus unb nad) bem Rate ber Silteften feines SSoXFeS, fonbern 
als Anbeter einer fremben ©emalt, als ber $nedjt beS römifd)en 
2lntid)rtftS. ©S mar ber stampf um baS beutfdje fHed^t, ben 
beutfcben Staat, ben Surtjer führte, unb bem 5Xarl, ber gremb» 
üng im Reich, ber SBurgunber, ber Spanier, ober maS er fonft 
mar, auSmid), nicht blofe bem fßapft, fonbern meit mehr fidb 
felbft unb ben meltumfaffenben 3* e t e n feines Kaufes guliebe. 
©iefem beutfcben StaatSgebanfen biente, mie ber Reformator, 
fo auch fein $ürft, in bem Greife, in ben feine ©eburt 
unb baS Recht feines §aufeS ihn gefteKt hotte, als Amtmann 
an ©otteS Statt, ber feinen Untertanen ein gerechter fperr fein 
moUte, fie im ^rieben g U führen unb gu erhalten, gu richten unb 
gu regieren als feine ©bre unb feine Pflicht anfah- 0b ber 
SBeg, ben Äurfürft f^riebrid^ einfehlug, um fi<h unb feinen 9J?ön<b 
ber ©emalt, bie ihren 9trm gegen ihn erhoben, für ben SRoment 
gu entstehen, richtig gemäht mar, mag bahingefteUt bleiben; 
griebrid) bat babei bieüeicht Flüger als gerabe meife gebanbelt. 
©aS 3^ unb baS ©rgebniS aber ber ©agung bon SBormS 
fonnte fein anbereS fein, menn baS ©oangelium £ulberS unber- 
fälfcbt unb in fortroirfenber Straft bleiben foUte. 


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Sutf)ers> 2at in SBormS. 


39 


Denn nun mufete an jeben, ber im SReidj unb in ber Stirdje 
DeutfdjlanbS etmaS gu bebeuten hatte, bie $rage, ber $riebridj 
gunädjft nodj auSgumeidjen für nötig gehalten, bon Sah r gu Saljr. 
näher unb brofjenber herantreten: bie grage, ob er proteftieren, 
ober fidj untermerfen moüe. fßroteftieren aber bebeutete gu jener 
$eit nidjt, Sdjriftftücfe entmerfen, bie, mit IXnterfdjrift unb «Siegel 
öerfefjen, bie Untermerfung nur beftätigten, fonbern äßermeigerwtg 
beS ©ehorfamS unb ben (Sntfdjlufc, menn eS benn nicht anberS fein 
fönne, mit ber $auft, 9Cßa<^t gegen SRadjt, für feine Über* 
geugmtg eingutreten. §atte fidj ber Äaifer als ber SSafalt 91omS 
enthüllt, hatte er bie SSertretung beS 9ieid£)§ felbft burdj bie 
Äniffe unb Siften feiner Diplomatie pinter fidj Ijergegogen, fo 
fonnte bieS (Sbift, audj memt eS im tarnen beS fReicpS ergangen 
mar, für alle biejenigen, bie für ipre fßerfon unb ihre Untertanen 
fidj ©ott allein berantmortlidj füllten, feine ©eltung mehr be* 
fi&en. 

Dies mirb nun baS fßroblem ber beutfdjen SReformationS* 
gefdjicfjte, bie fefjr oiel meiter reicht als bis gum Dobe $arIS V. 
Die fiofung fonnte fortan nicht mehr blofj fiei^en: loS bon 9iom, 
fonbern auch: loS bom ßüifertum, loS bon ben beiben inter* 
nationalen ©emalten, bie Deutfdjlanb umflammert gelten unb 
ben Slufbau eines iReidjeS, baS bem ©eniuS ber Nation gemäfj 
mar, berljinberten. 9Ran brauet aber nur bie Aufgabe fo gu 
formulieren, um [ich ber ungeheuren Sdjmierigfeiten, bie fie 
barbot, bemüht gu merben. (Sin Drittel beS beutfdhen SanbeS 
mar unmittelbares Äirdjengut, jeber gufjbreit, jebe fßfrünbe, 
jeber SBeft^titel barin lebten (SnbeS an [Rom gebunben; nirgenbS, 
aujjer etma in SBien unb 23erlin, maren bie Dpnaftien, bie 
Stabte, grofce unb fleine Stänbe bon ber fremben geiftlidjen 
9Q?ad)t abgelöft, unb ebenfo audj bem Äaifertum freimillig 
ober gegmungen, fo ober fo, nadj fReidfjSredjt berbunben. Unb 
anberfeitS maren fie alle mieber in fict) gu ftarf unb mit bem 
Seben bon Safmhunberten gu eng bermadjfen, um [ich einfach einer 
menn audj gang national gearteten (SinheitSmadjt gu untermerfen. 
Niemals hätte baher bie [Reformation üJJartin SutfjerS eine 
nationale 9Jfonardjie im Sinne ber SRadjbarftaaten begrünben 
fönnen. DaS $iel, baS bieEeidf)t erreichbar mar, unb baS jeben* 
falls ben beften poütifdjen köpfen ber proteftantifcfjen Sßartei 


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40 


9Ma£ Seng, 


bamalS borfdjmebte, mar eine Drganifation ber nationalen Äräfte 
nach 9trt ber ©eneralftaaten, bie ben fßarttfulargeroatten eine 
©ernähr ihres SeftanbeS unb ber ganzen Nation auf bem ©runbe 
ber lutherifdjen Sehre öon ©ott unb ber SCBelt Sicherung unb 
eine Stellung unter ben großen Nationen ber ©rbe gemährt 
hätte. 

Unb barin ift unfer Solf gefd^eitert. 

9J?an !ann aber nid)t fagen, bafe bieS nur an bem eigenen 
Unbermögen gelegen ^at. SSenigftenS trägt unfere Nation nicht 
allein bie Sd)ulb. ©S ift maljr, baS 9?äd)fte nach 2öorm§ mar 
bie gerftörung: in ungeheurem Sturj trachte bie beutfdje Kirche, 
ein Sau bon acht Sa^^unberten, pfammen. 2)em $all ber 
hierardjifchen Drbnungen folgte auf bem $ufe ber Slufftanb, perft 
bie Rebellion ber Gleich dritter, banad) ber Sauernaufrühr, betbeS 
Seilbemegungen, bie erftere bon fehr geringem, bie gmeite bon 
größerem Umfange; bod) ging aud) ber Sauernfrieg im korben 
faum über baS @id)Sfelb unb ben fR^eingan hinaus, unb eng 
genug maren bei beiben bie ßiele mie baS SerftänbniS für bie 
großen fragen ber Nation. 9lud) bie täuferifd)e Semegung, bie 
befonberS in ben Sdjidjten ber §anbmer!er mutherte, meldje bieU 
fad) mit ben Säuern gemeinfame Sache gemacht hatten, mar, 
obfchon halb hier halb ba aufflacfernb, bennoch nur bon lofaler 
unb oorübergehenber SBirfung. 2)aS ©bangelium SutherS liefe 
fich burch alles bieS nicht aufhatten. 3m ©egenteil, nur um fo 
mehr griffen bie Regierungen nach feinen Drbnungen, bie ihnen 
einen §alt in ber hin* unb hermogenben Semegung gaben unb 
gemährleifteten. Unb fo geigte fich ail( h bie faiferliche unb bie 
fatholifche Sßartei im Reiche (benn beibeS bedte ftd) fd£>on nicht 
mehr) nicht imftanbe, bie ebangelifche Semegung bauernb p 
hemmen: meber baS SlugSburger ReligionSebüt bon 1530, noch 
bie $onforbienberfu<he, bie ber ßaifer geptungen auf bie Sahn 
brachte; auch fein Sieg über bie Schmaüalbener, mie entfdjeibenb 
er mar, moUte nichts helfen, fo menig mie baS Snterim, mit bem 
er auf ber tpöhe feiner RZadjt bie beutfchen Parteien in fein boli= 
tifcheS Stjftem empfangen berfud)te. Rieht einmal ber ReligionS* 
friebe bon StugSburg (1555), burd) ben bie 2>eutfd)en über ben 
$of)f ÄarlS hinmeg ihrem §aber ein bortäufigeS 3ie( festen, tonnte 
in ben erften Salden feines SeftanbeS bie ©bangelifierung ber 


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SutfyerS lat in 2öorm§. 


41 


Nation auftyalten. SBenn 51leanber fdEjon in SßormS neun getyntel 
ber ©eutfdtyen ber neuen Äetyerei öerfallen faty, fo mar gu ber 
ßeit, ba Äaifer Äarl bie Regierung feiner Steife in bie §änbe 
feines ©otyneS legte, SuttyerS Glaube in ben feften formen beS 
33e!enntniffeS mirflicty für bie grofee 9JZetyrtyeit ber Nation baS 
binbenbe Gefety für feine ftaatlid^ =* fircf)licf)en Drbnungen gemorben. 
Grft int arfjten Satyrgetynt beS fectygetynten SatyrtyunbertS !am e.in 
bauentber jRüdfdtylag. 

2)er entfcfjeibenbe Grunb hierfür lag in ben großen Äon- 
ftettationen ber europätfdtyen $ßolitif, bon benen fidty bie Gefctyide 
unferer Nation nictyt löfen liefen, ©ie maren fctyon in ben brei 
erften Satyrgetynten, mo fie im übrigen günftiger als jemals 
fpäter für baS 2lnfetjen ber Äeimfräfte ber rteuen Äirctye maren, 
roirffam, menn nidtyt maßgebenb: bie griebenSfctylüffe ebenfo mie 
bie ©ctyladjttage ÄarlS V. bilbeten ebenfooiele Sporen für ben 
Fortgang ober bie Hemmung ber ebangelifctyen Gebauten. Unb 
banad) geftaltete fidty bann baS Seben ber Nation in ben fpäteren 
Generationen, bie mir als bie Gpodtye ber Gegenreformation 
gufammengufaffen pflegen. 

©o ift eS nur ben Sßartifulargemalten, bie, feit Satyr* 
tyunberten oorgebilbet, fctyon mit fefteren formen in baS ßeitalter 
SuttyerS eintraten, tnöglidty gemorben, bem ©taatSgebanlen feiner 
iReligion fidty angugleictyen ober audty itynt gu miberftetyen. ®aS 
SefenntniS mürbe in jebem $alle (mo in Guropa märe eS anberS 
gemefen, mo tyätte eS anberS fein fönnen?) für ben Aufbau ber 
beutfdtyen Slerritorialftaaten ber feftefte $itt. $ür bie Dbrigleiten, 
bie bem alten Glauben treu blieben, mar audty ber SBeg bagu ber 
alte, bie SSerftänbigung mit ber Äurie, bie Steilung ber SRactyt, baS 
Äontorbat. GS tyat fie für eine $eit gu Herren tn ityren Sänbern 
gemadtyt; gumal bie 33ifctyöfe unb s 31bte beS SfteictyS tyaben burdty 
engen ?lnfdtyluj 3 an 9tom, ber . aber einer üöüigcn Slbtyängigfeit 
nidtyt gleicty laut, ityre Gjifteng, fomeit fie nidtyt bem ©turnt gang 
erlagen, auf lange tyinauS gerettet. 9J?it ber $eit aber ftellte 
eS fidty tyerauS, baty bie ©taatSgebanlen ber ^Reformation (unb 
gmar mar bieS beim Suttyertunt minbeftenS in bem gleidtyen 
SRatye ber $all, mie bei bem faloinifdtyen Glauben, ber nacty ber 
Dlücffetyr in baS Sanb, bem er feine ftärlften SBurgeln Oer* 
banfte, mit ber älteren Äonfeffion in fo fctyarfen SBettbemerb trat) 


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42 


3Kaj Seng, 


politifd) öon unbergleidjlicf) biel höherer $raft mären, als ber in 
Orient neu gefertigte, nun gang l^ifpanifierte ©laube ber römifdhen 
$ir<he fie barbot. ÜRun er ft, auf bem burd) SutherS SBort ge* 
meisten 23oben fonnte ber beutfdje ©eniuS bie (Stellung in ber 
2Belt erringen, bie er im 16. Saf)rl)unbert, forneit auch bamalS 
fdt>on feine 2Birf ungen reichten, bod) nicht gu erlangen bermodjt, 
unb tote er fie in feinem 3af)rl)unbert borljer entroicfelt hatte. 
Senn im SRittelalter mar er, mie lebenSboll unb tatenreid) er 
fid) ermeifen modt)te, boef) in allen feinen (Schöpfungen abhängig 
gemefen bon fremben ÄitUurmerten; ber Humanismus felbft, an 
bem fiel) ber neue ©eift emporguranleit berfud)te, ftammte nod) 
aus bem 9luSlanb. ÜRun aber berfudhte fidf» ber nationale ©eniuS 
in originalen fßrobuftionen, gumal uuf ben ©ebieten beS rein 
geiftigen SebenS, burd) bie er alles hinter fidh liefe, maS frühere 
Sahrfeunberte herborgebraefet, unb, man barf eS auSfprecheit, eine 
©ebanfenmelt fdfeuf, bie bis an bie (Sterne reichte. 

©S ift neuerbingS mieber einmal 9Robe gemorben, ßutfeer 
bon ber Scheibe ber beiben SBeltalter, auf ber ihn bie ÜRadhmelt, 
auch feine geinbe, gu fehen gemohnt maren, fortguftofeen, ihn 
(feinen ©egnern bieEeidht ebenfomenig gur greube, als benen, bie 
noch immer gu ihm halten) in baS Mittelalter gurü<fgufd)ieben 
hingegen bie gtoeite £>älfte beS 17. Sah\h un ^ er te' alfo bie 
©poche eines SS^omafiu§ (mit bem SSertreter foldfeer Meinungen 
allerbingS felbft gemiffe $üge gemein hoben) unb eines Seibnig, 
als bie ©poche ber eigentlichen ^Reformation, ber ÜReugeburt beS 
„ europäifefeen" ©eifteS (benn als einen beutfdjen im eigentlichen 
(Sinne faffen fie ihn nid)t auf), eines ÜReuproteftantiSmuS angu* 
fdhauen. Theologen unb (leiber!) auch Jpiftorifer' finben fi<h barin 
gufamnten: jen^, meil fie gu fepr ©pftematifer finb, um ben 
politifdhen Unterbau ihrer Sbeologien fonberlid) gu beachten, biefe, 
meil fie bie unlösliche ÜBerflechtung ber gebanflidjen unb ber 
politifcfeen 28elt fidh nicht !lartnad)en. 

Ratten biefe SSerbiinbeten mit ihrer 9Iuffaffung recht, fo 
märe eS gang unerflärbar, bafe ber 3lufbau ber neuen beutfdjen 
©ebanlenmelt, Sichtung unb fph^°f°hh^ e unb ber * n baS ©efüge 
ber fittlid)en mie ber natürlichen 2Belt furchtlos einbringenbe 
^orfdjergeift, überatt fidh au f bem 3 un bamente ber ebangelifdhen 
«StaatSorbnungen erhoben hot, unb bafe, mo immer bie latholifdjen 


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l'ntiierc' iat in 33orm£. 


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ßtegierungen jreien Biegungen ßtaum gaben, fie nur üftadjahmer 
waren, ftcf» unb ihre Säitber, jumeift im $ampf mit 9iom unb 
bem römifd)eit ©eift felbft, bem neuen, ober fagen mir lieber 
bem beut|'cf)en ©eifte ergeben haben. 

©S ift nicht einmal maljr, baß in bem geitalter e ( ne § geibnig 
unb Newton (baS and) baSjenige Soffuets unb genelonS, ßub* 
migS XIV. unb SafobS II. bon ©nglanb mar) ein Srudß ber 
fird)licf)en 23eltanf<hauung, bon bem bie geitgenoffen felbft übrigens 
gar nid)S gefpürt haben, erfolgt ift, fo mie eS jene üfteueften meinen, 
bie babei offenbar felbft unter bem ©influß fepr moberner politifdjer 
(Strömungen ftefjen. ©S mar bielmehr, mie im geitalter ber 
ßtenaiffance, junäcfyft nur' ein Heiner $reiS bornefymer ©eifter, 
bielfach aud) fojiat t)öf)er ©efteHter, bie einer Annäherung unb 
Ausgleichung ber ftreitenbcn Scfenntniffe, ber ^Bereinigung in 
einer Ijöberen ©ebanfenfdjidjt baS SBort rebeten: mieber nur 
$r Unlegierte, eine Ariftofratie beS ©eifteS, ber Struttnr ber 
politifcßen 2Belt entfpredhenb, bie jet^t meit meljr noch als im 
16. 3af)rt)unbert, beit oberen SHaffen gehörte. Sie 'breiteren 
Sd)id)ten blieben itocf» lange bon jenen Seitben^en unberührt. 
SaS ßtichtige an jener Seobad)tung liegt lebiglid) barin, baß 
baS SefenntniS nidE)t niepr, mie in ber ©podhe borljer, baS bor* 
miegenb beftimmenbe Moment in ben Äonfteßationen ber europä* 
ifdfjen fßolitif mar. SaS9J?otib hierfür aber lag in ber Äonfolibie* 
rung ber Staatsgewalten felbft, bie nun ihre 9D?ad)t mehr als je 
auf autonomen Kräften, oor allem SSaffen unb Steuern, auf* 
Sitbauen bermodhten; unb bieS mar mieberum baS ©rgebniS ber 
Kriege in ber erften Hälfte jenes maffenflirrenben SahrpunbertS, 
bor allem beS lebten großen Kampfes ber breifeig Sapre, ber 
aßeS, maS Sdjmäcpe mar, zermalmte ober zermürbte, bie froitbi* 
rettben ©leinente unterwarf unb bie Starten zwang, ifere Kräfte 
mehr als jemals im gentrum äufammettjufaffen. Ser fird)lid)e 
Soben, auf bem fie im Kriege ober meift fdtjon borher geftanben, 
mürbe barum nid)t aufgegeben; fie berfolgten, fomeit eS möglich 
mar, ihre alten Sahnen, in bie fie nun einmal unter bem gmaitge 
ber aßgemeinen Äonfteßation unb burd) ihre eigene ©ntmidelung 
gebrängt waren. Saher pat ßianfe mit boßent ßteept als bie 
©poche ber bießeiept größten ©efahr für ben europäifdheit ^Srote= 
ftantiSmus bie Sapre 168(3 bis 1688 bezeichnet, alfo bie geit ber 


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2Kaf Sens, 


Jpöfyeftettung ber ölten frangöfifdjen 9Ronard)ie, als Submig XIV. 
ben Kontinent unter ben ©cpreden feiner SBaffen unb feiner 
^ßolitif pielt unb Salob II. ©tuart im 23unbe mit i^m ©nglanb 
gu refatbolifieren unternahm. 

SDie Stoffen aber nahmen an biefen planen unb Kämpfen 
nod) immer ben ftärlften Anteil, ©ie maren eS unb ityre gityrer, 
benen fie i^r tägliches ©mpfinben unb SßoHen anbertrauten, 
meldje bie Regierungen gu ihrer feber Stolerang faft burebmeg 
no<b ob^olben SReligion^oIitif ontrieben, ober bie, menn fie ihr 
miberftrebten, ba ihnen ja in ber Siegel bie SBaffen gum Sßiber* 
ftanbe bereits fehlten, eher bagu bereit maren, baS SSaterlanb 
gu medjfeln als ihren ©Iauben. ©s'mar barin noch gang mie 
in ben alten geiten: bor bem 33efenntniS traten ©Staat unb 
Station gurücf; mer biefeS fct»ü^te, bem hielt man bie Streue. 
28'ie oft mürbe bieS (man benfe an bie Hugenotten ober an 
SBiHiam fßennS ©enoffen) bie Sßurgel, aus ber ein neues SBater* 
lanbSempfinben ermudjS! 

23iS tief in baS 18. Safjrljunbert hinein reifte bie H errs 
fd^aft biefeS ©eifteS. ©tarb er in ben Regierungen allmählich 
ab, fo burcf)brang er um fo tiefer baS perföntidfe ©mpfinben 
unb baS Seben in ber ©emeinbe; hielt er nicpt mehr bie Sßbilo* 
fopbie unb baS miffenfdfaftlidbe Stenfen unter feinem 33ann, fo 
berfenfte er fiel) um fo mehr in bie Söelt ber ©efüple, bie ihm 
am ©nbe mertbotter mürbe, als bie UnterfcpeibungSlepren ber 
ßonfeffion unb bie Stialeltif ihrer ©pfteme. 5Iber baS religiöfe 
©emeingefiipl blieb bennod) gunäd^ft unberloren. „©S mar ein 
geitalter", fo pat ber alternbe ©oetpe im Rüdblid auf feine 
^inbljeit unb bie unmittelbar borbergehenben Sabre geurteilt, „in 
meldfem bie ©efiiblSibealität ber SJZaffen noch immer lebiglid) in 
ber Religion mar." S£)aS mar ber Untergrunb für bie entbu* 
fiaftifdje Aufnahme, bie JHopftod, fo jung er mar, fanb, als er, 
auf ben Sahnen SRiltonS bcmujjt einbcrfd)reitenb, fidf mit fugenb* 
liebem SBagemut an einen noch höheren, heiligeren ©toff, baS 
Seben unb Seibeit feines Herrn unb HeilanbS felbft, beranmaebte; 
unmittelbar an religiöfeit ©toffen fammelte bie beutfdfje SRufe ihre 
Kräfte. Unb meldje Stiefe ber 9lnbad)t, meld)e ©röfje ber ©mp? 
finbung auf bem Soben proteftanti|d)*lutberifd)er Religiofität 
nod) im ßeitalter eines Stiberot unb SSoltaire bei unS Steutfdjen 


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SuttyerS £at in 3Borm§. 45 

lebte, offenbaren uns bie erhabenen Jtlänge Söac^fdjer unb 
$änbelfdfjer SJiufi!, bie and) wir bon bem (Seift jener $eit 
längft SSerlaffenen als baS (Sr^abenfte unb Snnigfte aller mufifa- 
lifdhen Offenbarungen bereden. 

2)iefe Sahre aber waren zugleich bie ©poefje, in benen bie 
politifdje Energie, bie bie Staaten, welche fidf) zum SßroteftantiS* 
mu§ befannt, bamit erworben Ratten, U)re Äraft überall unb mit 
einer SBudjt bewies, bor ber alles, was in ber firdjlidjen unb 
ftaatlidjen Sßelt unfereS (SrbteileS fatholifcpe garbe trug, faffungS* 
loS surüdwic^, um halb, nadj ben großen Dieberlagen feit ber 
90?itte beS SahtlpnbertS, feine Rettung in ber Da<bahmung ber 
politifdfjen Snftitutionen zu fudjen, bie ben proteftantifdjen Staaten 
(SuropaS ein fo entfdheibenbeS, fdfjon über beibe £>emifphären 
binwegreidbenbeS Übergewidbt gegeben batten. 

SaS finb nun bie ^Begebenheiten, bie ©uropaS Nationen 
p neuen Ärifen unb ßataftropben geführt unb burdb fie binburdb 
ein neues Saljrhunbert allgemeiner ©efdjichte beraufgefübrt haben. 

Sßir aber halten hier inne, benn fdjon ftehen wir mitten 
in neuen Ärifen, DadjwirFungen ber alten, bie aüeS in $rage 
p ftetten brohen, was ber beutfdje (Seift auf bem (Srunbe ber 
Deformation gefebaffen hat. SEBohin fie führen werben, wie alles 
enben Wirb — wer mag baS fagen! galten wir ©bangelifdfjen uns 
nur öor klugen, bafj bie (Srunbformen ber SBeltorbnung, fo wie 
Suther fie gefehen unb im (Seift geftaltet hat, nadj atten SBanb* 
lungen, allen Sataftrophen, auch allen Sriumphen beS menfdh* 
liehen ©eifteS unb feiner fittlidben Wie inteüeftuetten Äräfte nodb 
unüerloren, unerfdbüttert, unwiberlegt finb, bajj fie in bem ©haoS 
ber ©egenwart felbft jebem fdbärferen 'üluge fiebtbar fein müffen; 
fudben wir in bem ©lauben, in bem SBefenntniS ber größten 
SDänner unfereS SSoIfeS, bafj fie auf bem 23oben ber Deformation 
ftänben, unfern Sroft; beherzigen wir ben ^tnSfprudj, ben ber 
51Ite bon SBeimar einmal über baS ßufunftswirfen DDartin 
SutherS getan hat, unb in bem wir baS SBort beS fterbenben 
Sauft wiberhatten hören: „(Sr wirft nun fdjon mannen guten 
Sag, unb bie gabt ber Sage, wo er in ferneren Sahrljunberten 
aufhören wirb, probuftio zu fein, ift nicht abzufehen." 


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$3uctjbrucferei beS $Bat[eitIjaute§ tu $alle a. b. <5. 




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